952. Das Fuën und Futteln.
(S. Lyncker a.a.O. S. 236 u. Landau in d. Zeitschr. f. hess. Gesch. Bd. II. S. 278.)
An den meisten Orten der Grafschaft Schaumburg ist es Sitte, daß die jungen Burschen oder Knechte am Fastnachtsvorabend aus dem Walde Ruthen von der an ihren stacheligen Blättern leicht kenntlichen immergrünen Stecheiche (ilex aquifol.) holen und diese zu den sogenannten Hülsen oder Fuësträuchen zusammenbinden. Damit ziehen sie am Fastnachtsabend im Dorfe umher, dringen in die Häuser und schlagen den Frauen und Mädchen die Waden damit, so daß oft Blut fließt, unter dem Rufe:
»Fuë, fuë Faßlahmt (Fastenabend)
Wenn du geeren geben wutt
Schast du sau langen Flaß (Flachs) hebben!«
Hierbei wird eine Pantomime gemacht, welche anzeigt, wie lang der Flachs werden soll. Dies nennt man Futteln, oder Fuën. Sind die Weiber [803] tüchtig gefuët, so muß Branntwein und Wurst aufgetragen werden. Am zweiten Fastnachtstag haben aber die Mädchen das Recht des Fuëns, wobei die Männer wieder nicht ohne blutige Hände davonkommen. Es wird hierbei in jedes Haus gedrungen und weder der Pfarrer noch der Gutsherr bleiben verschont.