Fünfter Auftritt
Diakue, Dessalines.
DESSALINES.
Willkommen Diakue, Du bist der Mann
de ich das große Werk vertrauen will
mit einmal unsre Freyheit fest zu gründen,
daß keine fremde Macht sie niederreißt.
Die vierte Division auf Cap Français,
sie ist die wüthendste, Du führst sie an.
Die Truppen sollen nach Gefallen würgen
und wenn die Sonne dreimal wiederkehrt,
soll sich kein weißes Haupt vom Lager heben.
Die hier genannten sterben öffentlich,
weil sie mit unsern Feinden einverstanden;
[13] die andern werden nächtlich überfallen,
denn groß ist ihre Zahl – sie könnten leicht
zum Widerstand noch Lust und Kräfte finden.
Verliere keine Zeit, der Abend naht,
der Morgen schaue die vollbrachte That.
DIAKUE
sehr betroffen.
Mein General –
DESSALINES.
Du siehst, ich ehre Dich,
daß ich vor andern Dir den Auftrag gebe.
Du hast dort, wie mich dünkt, ein schönes Haus
und eine Frau, die Du recht zärtlich liebst –
Auch kennest Du der Weißen Thun und Lassen,
weißt, wo ihr Mammon schnell zu finden ist.
Die reichste Beute fällt in meinen Schatz,
es bleibt Dir noch genug Dein Haus zu füllen
und die Soldaten theilen dann den Rest.
Reich darf mir das Gesindel so nicht werden,
sonst spielt ein jeder bald den eignen Herrn.
DIAKUE
hat sich gefaßt.
Die Weisheit leitet alle Deine Schritte,
doch dieser, General! bringt dir Gefahr.
Noch lebt den Weißen heimlich mancher Freund,
noch sind sie nicht so hilflos und verlassen.
DESSALINES
zornig.
Schweig, Diakue, soll ich nicht Dich auch hassen;
Es lebt kein Schwarzer der vergessen kann,
was diese weiße Brut um uns verschuldet.
Und wär' es so – ha – um so mehr muß ich
des Aufruhrs Saamen noch im Keim ersticken,
und um so schneller übe Deine Pflicht.
[14] Sie sind französ'ch gesinnt auf Cap Français.
Als Rochambeau mit vollen Segeln floh,
da wichen sie der Noth, sie huld'gen uns;
kehrt er zurück – so fliegt ihr Herz ihm zu,
und umgestürzt wird unsre Macht durch sie.
D'rum handle schnell indeß ich hier vollbringe,
was zu dem großen Ganzen nöthig ist.
DIAKUE.
Das wäre General?
DESSALINES.
Du weißt, als ich
mich Cap Français genaht, war die Armee
von weitem Marsche allzusehr ermattet,
als daß ich gleich, den heißen Durst gestillt
im Sturme diese Frevler zu vernichten.
So schickt ich Tag für Tag Commandos hin
und ließ die reichsten mir als Geißel holen.
's sind Hundertsiebzig – eine schöne Zahl,
noch heute feyern wir ihr Todtenmahl.
DIAKUE
für sich.
Wie rett' ich St. Janvier den theuern Freund,
verloren ist er –
DESSALINES.
Wie? – was sinnest Du?
DIAKUE.
Dich knieend hier um einen Fr – –
Für sich.
umsonst –
Vergrößern würd' ich seine Pein –
DESSALINES.
Nun Diakue,
wirst Du bald Worte finden? sprich – wie wird's?
[15]DIAKUE
hat sich gefaßt.
So wisse denn – ich habe einen Feind,
dem ich seit Jahren schon vergelten möchte,
und endlich war der Augenblick gekommen,
doch – Du hast meiner Rache ihn genommen.
DESSALINES.
Ha – sorge nicht – er wird Dir nicht entrinnen,
Dein Feind ist auch der meine Diakue.
DIAKUE.
Nein – so wie ich – so kannst Du ihn nicht hassen.
O gieb ihn meiner heißen Rache preis.
Er soll nach Cap Français, soll Zeuge sein
wie wir uns rächend, morden, rasen wüthen,
lass' mich erlitt'ne Schmach ihm so vergelten!
O, gieb mir St. Janvier!
DESSALINES.
Den reichen Pflanzer?
DIAKUE.
Ja ihn, er ist mein Feind –
DESSALINES.
Und meine Geißel.
Gerächt bist Du noch eh' die Sonne sinkt.
Hm, eben recht – er hat ja Weib und Kind.
Als ich das letztemal die Stadt besuchte,
ward ich voll Gnade an den Tisch gezogen;
man lebte groß in dieses Weißen Haus.
Vergelten muß ich ihm die Gastfreiheit,
die er auch an den Franken jüngst geübt. –
Auch Weib und Kind sind mir schon längst verdächtig.
Lass' mich die Liste sehn – sie steh'n wohl hier –
Nimmt ihm das Papier.
[16] Beym Teufel – nein, die hätte ich vergessen.
Hab' Dank mein General, Du mahntest mich;
ich will sie öffentlich gerichtet wissen.
Mit frühem Morgen send ich Dir Befehle,
Dein Durst nach Rache wird mit Blut gestillt.
DIAKUE
für sich.
Mit Blut das auch aus meinem Herzen quillt.
Weh mir – wie rett' ich sie
Laut.
und St. Janvier?
DESSALINES.
Ist mein, fällt heute noch – dem Schwarzen halt ich Wort.
Die Truppen haben es um mich verdient
daß sie sich gütlich thun beim vollen Becher.
Dann geb ich jubelnd meine Geißeln preis
und jeder morde sie nach Herzenslust.
DIAKUE
für sich.
O Gott erbarme Dich!
DESSALINES
Pause.
Was ist Dir Freund?
Warum wird es so still? sprich General.
DIAKUE
sucht sich zu fassen.
Ich will es Dir gestehen: – es fällt mir schwer
mich kleinlich nur an Weib und Kind zu rächen.
Ich denke mir ihn in dem Kreis der Seinen,
als Gatte und als Vater hoch beglückt –
Ich trete ein – Entsetzen sträubt sein Haar,
er flehet ängstlich um der Kinder Leben,
er muß sie fallen, muß sie bluten sehen!
eh' ich den Dolch in seinen Busen senke.
O Dessalines, wenn ich dies Bild mir denke,
Da ich dem Manne jetzt vergelten kann,
[17] daß alle sich in meine Rache theilen, –
dann treibt mich wilde Wuth und Mordlust an,
dann möcht' ich hin in seinen Kerker eilen,
ich möchte Dich um einen Feind bestehlen,
um ihn nicht nur zu morden, auch zu quälen! –
O warum raubst Du mir die schönste That,
um die ich meinen Feldherrn knieend bat?
DESSALINES.
Ich sagte Dir ja – Gäste sind geladen,
ein guter Wirth sorgt für Belustigung.
Von meinen Geißeln darf mir keine fehlen,
Die Zahl ist voll – nun fort nach Cap Français.
Du könntest jetzt schon nach Gefallen würgen,
wenn Plaudern Dir nicht mehr als Handeln gälte.
Mit Zorn.
Wie Diakue, noch zögerst Du? – wohlan,
ich sende einen andern!
DIAKUE
schnell.
Keinen andern!
Denn keiner könnte so das Werk vollenden.
Du sollst zufrieden seyn, mein General.
Da ich dem Vater nicht vergelten kann,
sch' ich jetzt Weib und Kind als Feinde an.
Ha – zittert nur, der Rache Engel nah't,
und jubelnd ruf ich nach vollbrachter That:
So rächt sich Diakue!
Geht.
DESSALINES
ruft ihm nach.
Und Dessalines!
Du bist ja nur die Hand die ich bewege.
Halt, noch ein Wort. – Was Du gesagt,
daß diesen Weißen mancher Freund noch lebe,
Verdient Erwägung – forsche ämsig nach.
[18] Ich will den Schwarzen kennen der es wagt,
sich einen Freund der Weißen noch zu nennen.
DIAKUE.
Bau' auf mein Wort, Du sollst den Frevler kennen.
Schnell ab.
DESSALINES
allein; nachdenkend.
Hm, sonderbar – so sah ich ihn noch nie.
Es wogt ein Sturm in ihm – mir galt er nicht,
er ist mir treu, gewiß er ist mir treu.
Die Mundals die des Menschen Herz ergründen,
es mit geheimen Künsten ganz durchschauen,
sie sagten mir – ich dürfe ihm vertrauen.
Und alle Zeichen die sie mich gelehrt,
an denen ich Verräther oft erkannte,
bey ihm traf keines zu. Er ist mir treu,
nur Durst nach Rache glüht in seiner Brust;
er stille ihn – und fühle Himmelslust.
Ich morde hier nur die verlebten Alten,
die spotten meiner Macht wohl noch im Tode,
kein Laut, kein Fleh'n um Gnade werd' ich hören.
Zu seinen Füßen jammern Kinder, Mütter,
im Staub kann er sie wie Gewürm zertreten,
die weiße Brut, die uns mit Hunden hetzt,
die Menschenpflicht zuerst an uns verletzt.
Ha, Diakue, hoch hab' ich ihn geehrt,
doch er verdient es, er ist meiner werth.