[186] Die fünfundzwanzigste Fabel.
Von den Affen und dem Parden.
Der parde ist ein tier ganz fleckecht
Und über seinen rücken scheckecht,
Und von natur den affen gram;
Könt ers ergreifen allesam,
So ließ er keinen affen leben,
Solchs hat im die natur eingeben;
Kan in aber nicht steigen noch,
Wenn sie sind auf den bäumen hoch
Und der parde daniden ist.
So braucht er einen klugen list;
Wenn er sie nit mit macht kan fellen,
Denn tut er in mit list nachstellen
Und streckt sich nider in das gras,
Leit stille wie ein totes as
Und regt sich gar nicht umb ein har.
Wenn des die affen werden gwar,
Bald steigt einr von dem baum hernider,
Schleicht umb den parden hin und wider,
Schaut fleißig, ob er sich auch regt
Und etwan auch ein glid bewegt;
Zuletst rürt in ein wenig an,
Springt wider hindersich hindan.
Wenn er sich denn nit leßt bewegen
Und tut sich gar mit all nit regen,
Der aff ein wenig neher schleicht,
Den parden umb und umb bereucht.
Des freuen sich die andern affen,
Wenns von den bäumen abher gaffen,
Und meinen, daß er sei ganz tot,
Es hab hinfurter gar kein not;
Tanzen und springen umb in her
Und steigen auf in überzwerg.
[187]Wenn sie des tanzes gnug gemacht
Und iren feind nun wol belacht,
Daß sie zuletst auch müde werden,
Strecken sich zu im an die erden,
Haben den feind nun wol genarrt,
So wüscht und springet auf der Pard,
Und tut an in den hohmut strafen,
Beißt all zu tot dieselben affen.
Die fabel tut uns nit erlauben,
Daß wir solln allen geistern glauben:
Wenn sich der feind onmechtig stellt
Und sich gegn uns der maßen helt,
Als sei er kraftlos und ganz mat,
Dahinder er die sterke hat,
Damit uns unvorsichtigkeit
Brengt oft in not und herzeleid.
Wenns kumt, daß sich die feinde stellen,
Als ob sie fried begeren wöllen,
Und sich gelimpflich laßen finden,
So ist gewis der schalk dahinden,
Wie das die alten krieger wißen,
Die sich des kriegs han lang geflißen.