[279] Die vierundneunzigste Fabel.
Vom Esel und seinem Herrn.
Der esel eim undankbarn man
Het lang gedient, vil arbeit tan;
Sein herr het in vil jar gebraucht,
Doch het sein fuß kein mal gestraucht.
Einsmals, da er war überladen,
Im glatten weg zu seinem schaden
Fiel darnider on als gefer:
Bald lief sein herr auf in daher,
Schlug in umb oren, kopf und maul,
Hieß in dazu ein schelmen faul.
Der esel seufzet in dem leit:
Ach, wie groß ist undankbarkeit!
Mein herr leßt mich jetzt nit genießen,
Daß ich vil jar on all verdrießen
Vil seck getragen, kein mal gefallen;
Das ist jetzund vergeßen allen;
Helt mir nicht einen fall zu gut:
Verlorn, was man undankbarn tut!
Verlorn ist woltat und das gut,
Das man einem undankbarn tut.
Ein böses herz fürwar gar selten
Das gut mit gutem tut vergelten.
Wenn du ein solchen überwügst
Mit woltat und auf henden trügst
Gen Rom und setzst in unsanft nider,
Bezalt ers doch mit untat wider.