Bei näherer Bekanntschaft

Praesentia minuit famam


Von ferne gleichen die Großen im Geist
den Göttern, den hehren.
Solange du nichts von ihnen weißt,
kannst du sie verehren.
Doch hast du mit Deutschlands Musenpracht
erst nähere Bekanntschaft gemacht,
dann schick deine Illusionen man pennen:
Du mußt sie nicht kennen! Du mußt sie nicht kennen!
Der flicht an der alten Griechen Statt
die tragische Kette –
doch verreißt ihn das ›Nordhausener Tageblatt‹,
dann fällt er aus't Bette.
Der meckert im Alter wie ein Bock
und kriecht einer Tänzerin unter den Rock.
Und was sie an Damen ihr Eigen nennen:
Du mußt sie nicht kennen! Du mußt sie nicht kennen!
Denn mit etwas hat Gott sie schön angeschmiert:
mit ihren Frauen.
»Mein Mann, mein Mann!«
Dergleichen blamiert:
ein Weibstück, scheeläugig und verschmiert,
in den himmlischen Gauen.
Der sitzt in der Höhle, ein krötiger Greis,
der spricht nur von sich, weil er sonst nichts weiß . . .
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Von weitem! Laß sie am Himmel brennen!
In Büchern und an Rundfunkantennen . . .
Aber: Du mußt sie nicht kennen. Du mußt sie nicht kennen!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1926. Bei näherer Bekanntschaft. Bei näherer Bekanntschaft. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-676C-3