1911

[170] Blumentag

Der dicke Bürger greift in seine Weste:
»Da nimm! mein Kind!« –
Er gibt den Sechser mit gerührter Geste –
die Träne rinnt! –
Das Auge tropft. Der dicke Bauch schlägt Wellen.
Er schenkte was!! – –
In solchen Patriotenrummelfällen
da tut er das!
Er sorgt für Veteranenpensionierung
von Stolz geschwellt –
Bei uns hat nämlich dafür die Regierung,
weiß Gott! kein Geld.
Denn sie muß eifrig auf die ††† Roten fahnden –
sie darf nicht ruhn.
Sie muß politische Verbrechen ahnden –
sie hat zu tun –!!
Das leert vor allem andern ihre Kassen. –
Fürs Kriegerpack
da betteln sie derweil auf allen Gassen –
Kornblumentag . . .
Der Bürger denkt bei Tisch, nach süßen Torten
und blauem Aal,
(Hupp! stößt's ihm auf – ): »Wie sind wir allerorten
christlich-sozial!« –


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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Blumentag. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5DE4-4