197.

Der Teufel als Schatzhüter. Der Teufel steht in besonderer Beziehung zu vergrabenen Schätzen, deren Hüter er ist. Auch hier trifft er zusammen mit den Wiedergängern. Als Regel wird angegeben: Wo Gold vergraben ist, da brennt zu einer gewissen Zeit im Jahre – meist Johannisnacht – ein Feuer, und dabei ruht ein großer Hund, der Teufel, mit seinem bekannten Merkmale, den tellergroßen glühenden Augen, der den Schatz bewacht. Man kann solche Schätze unter gewissen Bedingungen, deren oberste ein strenges Stillschweigen ist, heben. Nicht selten fehlt indes die Hundegestalt, und der Teufel wählt allerlei absonderliche Aufzüge, mit denen er die Schatzgräber zu schrecken oder zum Sprechen zu bringen sucht. Namentlich häufig ist es, daß ein rasches Gefährt in höchster Eile bei den Schatzgräbern vorbeifährt, eine Weile nachher aber ein sehr langsam sich bewegender Reiter folgt und fragt, ob er jenes noch wohl einholen könne. Das verneinen dann die Schatzgräber und brechen so das Schweigen. Die Phantasie des Volkes scheint sich förmlich angestrengt zu haben, die Langsamkeit des Reiters durch Erfindung seltsamer Reittiere und Reitweisen recht stark hervorzuheben. – Übrigens wird auch in dieser Art Erzählungen der Teufel selten genannt, aber stets vorausgesetzt.

a.

Im Wechloyer Holze bei Oldenburg, da wo der Fußpfad nach Ofen einbiegt, brennt mitunter des Nachts ein großes starkes Feuer, an welchem der Teufel sein Gold schmelzen soll. Kommt jemand vorbei und wirft rasch etwas von Stahl hinein, so verschwinden Teufel und Feuer, aber die Schätze bleiben zurück.

b.

Zu Strückhausen zeigte sich ehedem des Nachts auf dem Wege ein großer schwarzer Hund. Vor reichlich fünfzig Jahren fand man indessen im Moore bei Strückhausen einen Schatz, nämlich ein goldenes Marienbild und eine Anzahl ganz alter silberner Münzen, und seitdem ist der Hund verschwunden.

c.

Nicht weit von der Brücke, die auf der Landstraße Vechta-Goldenstedt über den Moorbach führt, liegt nach Osten [323] hin eine Erhöhung, in welcher ein Schatz vergraben ist, der vom Teufel bewacht wird. Einst haben Oyther junge Leute den Entschluß gefaßt, den Schatz zu heben und sich das Versprechen gegeben, bei der Nachgrabung kein Wort zu reden. Zur Nachtzeit geben sie sich an die Arbeit und haben bald einen großen Kessel, der den Schatz enthielt, blosgelegt. Da kommt, als sie sich anschicken, den Kessel zu heben, auf einer Gans ein Mann angeritten und bietet den Arbeitern einen guten Abend. Die Leute schweigen der Verabredung gemäß. Der Fremde wiederholt seinen Gruß, und als wiederum Stillschweigen erfolgt, wird er böse. »Ich habe mich verirrt,« bemerkt er, »muß um Mitternacht auf einer Hochzeit sein, um dort zu kochen, und ihr wollt einen Verirrten nicht einmal zurechtweisen?« »Nach einem Koch siehst du auch aus,« erwiedert ihm hitzig einer der Oyther, und alsbald versinkt der Kessel in die Tiefe und der Fremdling ist verschwunden. Der Schatz harrt noch jetzt seines Befreiers.

d.

In einem Dorfe an der Jade unterhielt sich einst eine Gesellschaft über die von dem Meere vorzeiten verschlungenen Dörfer und Kirchen, deren Schätze hinreichen würden, einen für das ganze Leben reich zu machen, wenn er nur den Mut hätte, sie herauszuholen. Aber freilich, meinten alle, werde das niemand wagen, da er fürchten müsse, daß er nicht lebendig wieder an das Tageslicht komme. Nur einer sprach: »Wenn hier so viele feige Memmen sind, so will ich doch eine Ausnahme machen; ich will mich als ein armer Mann in die See hinablassen und als reicher wieder auftauchen.« Und so viel die andern auch abmahnten, er ließ nicht ab, sondern führte seinen Vorsatz aus. Auf dem Boden der See fand er eine prächtige Kirche, die voll silberner und goldener Geräte war. Er trat hinein und raffte deren viele zusammen, aber die kostbarsten Schätze lagen auf dem Altar, und vor dem Altare lag ein großer schwarzer Hund mit tellergroßen, glühenden Augen und fletschte die Zähne. Doch der Habgierige fürchtete sich nicht und ging kühn auf den Altar los. Wie er aber nach den silbernen Leuchtern auf dem Altare griff, stürzte sich der Hund auf ihn und zerriß ihn. (Schwei.)


Vgl. 34c.

e.

Bei der Pastorei zu Hude liegt ein Hügel, der heißt der Goldberg, weil ein großer Schatz darin verborgen ist. Schon viele haben versucht, den Schatz zu heben, aber keinem [324] ist es gelungen, denn es kann nur unter tiefem Schweigen geschehen, und noch alle, die es versucht, haben sich in ihrer Unvorsichtigkeit des Sprechens nicht enthalten können. Einmal hatten zwei Brüder die Kiste mit den Schätzen bereits gefunden und mit Stricken an die Oberfläche gezogen, da rief der eine: »Nun, will's Gott! ist er unser!« Da polterte mit großem Lärme die Kiste wieder hinunter, und die Brüder eilten voller Angst davon. – Ein andermal kam einer aus Stedingerland des Nachts am Goldberge vorbei, da stand die Kiste bereits geöffnet auf dem Berge, und das Gold blitzte und glitzerte im Mondenschein. Neben der Kiste stand ein stolzer vielendiger Hirsch. Der Stedinger sprang herzu, stieß mit dem Stocke in die Kiste und rief verwundert und erfreut: »Hoho!« Und wie er das rief, verschwand die ganze Erscheinung. – Wieder ein andermal hatten sich einige Freunde zum Schatzgraben zusammengetan. Als sie beim Graben waren, rollte ein glänzender Wagen, mit Ratten bespannt, vorüber. Nach einiger Zeit kam ein hinkender Ziegenbock, welcher mit Not einen stämmigen Reiter trug. »Könnt ich den Wagen noch wohl einholen?« fragte der Reiter, und, in der Verwunderung über den sonderbaren Aufzug sich vergessend riefen die Schatzgräber: »O nein!« Da entstand plötzlich ein stürmischer Wirbelwind, faßte die Schatzgräber und schleuderte sie von dem Berge hinunter. – So ist denn der Schatz noch nicht gehoben, und ein großer schwarzer Hund mit tellergroßen, glühenden Augen bewacht ihn. Noch hört man in dem Hügel oft ein polterndes Geräusch, alsdann schüttet der Teufel die Goldstücke um und will neue Abenteurer herbeilocken.

f.

In einem Kamp zu Neuenhuntorf ist vor Zeiten ein großer Schatz verborgen gewesen. Den versuchten einmal ein paar Leute zu heben und wußten wohl, daß sie während der Arbeit kein Wort reden durften. Fast hatten die beiden ihren Zweck schon erreicht und den Schatz heraus, da ritt einer zu Rosse, wie auf einem Flügelrosse, an ihnen vorüber. Kurz darauf kommt ein anderer geritten, dessen Pferd ein lahmes Bein hat. Um weiter zu kommen, setzt er zuerst seinem Pferde das lahme Bein einen Schritt vorwärts, steigt dann auf, und ohne Hülfe holt dann das Pferd seine drei gesunden Beine nach. Hierauf steigt er wieder ab, um abermals das lahme Bein vorzusetzen, sitzt dann wieder auf und so fort. Auf diese Weise kommt er vorwärts, aber freilich so, daß eine Schnecke [325] hätte sein Vorreiter sein können. Dieser absonderliche Reiter fragt nun die Schatzgräber: »Wat meent ji, kann ick den Rieder vaer mi woll inhalen?« »Magst den Düwel inhalen kaenen!« antworteten, ihrer selbst vergessend, die Schatzgräber, und augenblicklich ist der ganze Schatz verschwunden.

g.

Zu Donnerschwee bei Oldenburg, westlich vom Grünenhof und nördlich von der Chaussee, liegt der Sonnenkamp. In diesem befand sich früher, von einer Niederung umgeben, ein kleiner buschbewachsener Hügel, welcher einen Schatz in sich barg. Einst gingen einige Schatzgräber hin, um stillschweigend, wie es sich gehört, den Schatz zu heben. Schon fühlten sie etwas Hartes unter ihren Spaten, als ein Wagen, mit vier Hirschen bespannt, sausend an ihnen vorbeifuhr. Nicht lange darauf kam ein Gefährt, gezogen von hinkenden Tieren, Hähnen glaube ich, langsam daher, und der Kutscher rief den Schatzgräbern zu: »Kann ick den ersten Wagen noch woll wedder inhallen?« »Bi'n Deuwel nich«, antwortete einer, und kaum war das Wort aus dem Munde, so war der Schatz wieder versunken. Da machten die Schatzgräber, daß sie fortkamen. Jetzt sind der Hügel und die Niederung dem anliegenden Lande gleich gemacht, so daß man keine Spur mehr davon sieht. Doch soll der Schatz noch immer dort liegen, und einige sagen, daß nur drei Männer, die alle drei Johann heißen, ihn heben können.

h.

In dem zum Klosterhof Lindern (Ksp. Bockhorn) gehörigen Busche befindet sich ein Hügel, die hohe Burg genannt, ohne Zweifel eine alte Burgstelle, wie auch die zwar verfallenen, aber noch deutlich erkennbaren Gräben bestätigen. In dem Hügel sollen große Schätze verborgen sein. Vor langer Zeit machte einmal der Besitzer des Hofes den Versuch, die Schätze zu heben. Er nahm einige Arbeiter mit, gebot ihnen, ja kein einziges Wort zu reden, weil sonst alle Mühe vergeblich sein würde, und machte sich ans Werk. Ein großer kupferner Kessel mit Goldstücken gefüllt, ward gefunden und glücklich bis an den Rand der Grube gehoben. Da kam ein großes Fuder Erbsensträuche daher gefahren, nur von einem hinkenden Gänseküchlein gezogen. Es war der Teufel, »de ole Jung,« welcher eine solche Gestalt angenommen hatte, um die Leute zum Sprechen zu bringen. Verwundert staunten die Leute das Fuhrwerk an, und einer flüsterte spöttelnd die Worte: »Du schast der ok woll kamen!« Plötzlich verschwand der Schatz [326] unter ihren Händen und ist auch bis auf den heutigen Tag nicht wiedergefunden.

i.

Am Fußwege von Edewecht nach Osterscheps, nicht weit von letzterem Orte, ist eine Stelle, die heißt de Schatt, weil ein Schatz dort vergraben ist. Es steht ein Speicher darauf. Einstmals waren zwei darüber aus, den Schatz zu heben, und fingen an zu graben. Sie wußten, daß das Werk nur gelingen könne, wenn kein Wort dabei gesagt würde, und hüteten sich wohl, den Mund zum Sprechen aufzutun. Schon fühlten sie etwas Hartes unter ihren Spaten, da sahen sie ein sonderbares Gefährt herankommen. Vor einem Wagen ging ein Pferd mit einem Reiter, vor diesem war ein Hahn eingespannt. Der Reiter aber war eben so viel auf der Erde wie auf dem Pferde. Er sprang ab und setzte dem Pferde den rechten Vorderfuß vor, saß wieder auf, und das Pferd zog den linken Hinterfuß nach. Dann saß der Reiter ab und setzte dem Pferde den linken Vorderfuß vor, saß auf, und das Pferd zog den rechten Hinterfuß nach. So ging es fort, und man kann sich denken, daß es nicht rasch ging. Darum rief auch der eine der Schatzgräber: »Du dumme Kärl, wenn du doch dat Pärd een Been voert anner setten mußt, denn schustu ok man lewer glieks unnen bliwen!« Da verschwand die Erscheinung, aber auch der Schatz war verschwunden, und ihr Graben half ihnen nichts mehr.


Vgl. noch 505d. o. 508 f.

k.

In der Gemarkung Peheim liegt das Steindenkmal bei Bischofsbrück, östlich davon befanden sich früher noch zwei Denkmale, wovon das eine vollständig zerstört ist, das andere zum Teil. Unter dem Hauptdenkmal bei Bischofsbrück liegt ein Schatz vergraben. Schatzgräber haben oft versucht, die Kostbarkeiten zu heben, sind aber jedesmal durch ein gewaltiges Sausen und Brausen in Schrecken gesetzt und davon gelaufen. Des Nachts ging früher ein großer Hund zwischen dem Hauptdenkmal und dem nach Osten liegenden hin und her, um die vergrabenen Schätze zu bewachen. Die Steine sind vom Teufel hingetragen, um den Zugang zu den Schätzen zu erschweren, sie lassen sich nicht zählen, bei jeder Neuzählung ist die Zahl eine andere.

l.

In der Gem. Ganderkesee liegt nach Delmenhorst zu im Felde ein freier Platz, darauf ein großer Findling zwischen zwei Bäumen befindlich ist. Unter dem Stein liegt ein Geldschatz in einer Truhe. Einmal haben sich zwei des [327] Namens Johann, die in der Johannisnacht geboren waren, in der Johannisnacht daran gemacht, den Schatz zu heben. Stumm, wie erforderlich, haben sie die Arbeit verrichtet. Schließlich kommt der Kasten zum Vorschein. Voll Freude ruft der eine: Nu willt wi en woll kriegen! Im selben Augenblick versinkt die Truhe in die Tiefe. Voll Ärger ruft der andere: Du dumme Düwel! Als sie aufsehen, reitet der Teufel auf einem Hahn vorbei, und der Tag fängt an zu grauen.


License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 197. [Der Teufel als Schatzhüter. Der Teufel steht in besonderer Beziehung]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2FB9-4