161.

Sieht man auf dem Felde an der Erde ein Feuer, so wird an dieser Stelle ein Haus gebaut werden. Einige sagen, es sei schlichtweg das künftige Herdfeuer, und würde es alsdann dem gewöhnlichen Vorlaufe angehören. Wenn man ein Haus spukweise hell brennen sieht, so muß man die Wände befühlen. Sind diese kalt, so bedeutet es einen Todesfall im Hause, und zwar vermutlich für den Hausherrn oder doch die Hausfrau, oder aber (Vechta) im Hause dessen, welcher den Spuk erblickt. Einige fügen hinzu, daß der Todesfall in neun Tagen eintreten werde. Andere dagegen wollen behaupten, ein Haus, das hell und weiß aussehe, und sich kalt anfühle, deute auf eine Hochzeit hin. Findet man aber die Wände des brennenden Hauses warm, so ist das Feuer ein Vorspuk der gewöhnlichen Art: das Haus wird abbrennen. Durch das Jahrgebet in der Kirche kann der Brand auf 10, längstens auf 100 Jahre hinausgeschoben werden (Münsterland). – Hört man des Nachts Wasser im Zimmer rieseln, so deutet dies entweder auf die Geburt eines Kindes oder auf einen Todesfall (Kimmen). – Wenn in einem Hause, wo ein Kranker liegt, man nachts eine Tür sich öffnen hört, muß der Kranke sterben.

a.

Der frühere Amtmann Schilgen zu Vörden sah zur französischen Zeit, als er eines Abends nach Hause ritt, in [164] weiter Entfernung abseiten des Weges ein Feuer im Walde. In der Meinung, es könnten Kosacken dort wider alle Ordnung sich ein Feuer angemacht haben, um ihre Lanzenschäfte, wie sie zu tun pflegten, über demselben zu schwärzen, ritt der eifrige Beamte auf die Stelle zu, um dem Unfug zu steuern. Doch als er an den Platz kam, fand er nichts. Viele Jahre nachher legte er selbst an dem Wege nach Damme ein Kolonat an, und das Haus kam gerade auf der Stelle zu stehen, wo er jenes Feuer vorhergesehen hatte.

b.

Ende August 1902 gingen am frühen Morgen zwei Männer den Kämpe-Weg. Sie hatten ungefähr die Hälfte des Weges zurückgelegt, da sehen beide zu gleicher Zeit, daß in nordöstlicher Richtung eine Feuersäule langsam emporsteigt und sich dann langsam wieder senkt. Das ist Vorgeschichte, sagte der eine zum andern. In der Richtung des Feuerscheins lag das Haus des Joh. E. Mehrenkamp, welches Ende September ein Raub der Flammen wurde. (Altenoythe.)

c.

Als im Jahre 1867 eines Tages gegen Mittag die Kinder aus der Schule zu Rüschendorf kamen, rief plötzlich wohl ein Dutzend derselben: Bäumers Hus dat brennt, Bäumers Hus dat brennt! Die Leute liefen auf die Straße, sahen aber nichts. Acht Tage nachher, um 12 Uhr mittags, stand das Haus in Flammen. (Damme.)

d.

»Der Blitz war in einen Stall gefahren und hatte gezündet. Der Nachbar des Stalles war in Gefahr und ich lief hin, um zu helfen. Ich traf die Frau beim Einpacken. Der Mann derselben redete auf sie ein: ›Laß alles nur stehen, ich habe den Brand längst gesehen, er geht nicht weiter.‹ Und so geschah es. Der Stall brannte ab, die Nachbarhäuser blieben verschont. Ich war erstaunt gewesen über die Rede des vom Feuer Bedrohten und erzählte das Gehörte beim Fortgehen einem Schuhmacher, der ebenfalls zur Hilfeleistung herbeigeeilt war. ›Der C.,‹ entgegnete dieser, ›versteht das Schichtkieken, auf den kann man sich verlassen.‹ Und er erzählte folgende Geschichte: ›Ich hatte einen Gesellen, der plötzlich erkrankte. Gelegentlich traf ich mit C. zusammen und teilte ihm mit: ich wäre durch die Erkrankung des jungen Mannes in große Verlegenheit gekommen, hoffe aber, daß er bald wieder hergestellt sei. »Der kommt nicht durch,« erwiderte C., »ich habe seinen Leichenzug gesehen. Und hinter der Leiche wird ein Mann gehen, dem ein rotes Taschentuch [165] aus der Rocktasche hängt.« Richtig kam es zum Sterben bei meinem Gesellen, und beim Begräbnis suchte ich, so gut es ging, Träger und Leidtragende dahin zu bereden, daß sie ihre Taschentücher gut wegsteckten. Da kommt plötzlich, als wir mit der Leiche schon unterwegs sind, ein Verwandter des Verstorbenen aus Harpstedt, schließt sich dem Zuge an, und alle können sehen, wie ihm sein rotes Taschentuch aus der Tasche baumelt. C. war übrigens ein alter guter Mann, der für seine Frau und zwei Töchter prächtig sorgte.‹« (Wildeshausen.)

e.

Mein in Vechta ansässiger Großvater bemerkte eines Abends einen Feuerschein in der Richtung nach Lutten. Da er ein Gehöft in Lutten besaß, begab er sich auf den Weg nach Oythe; seinen jüngsten 15jährigen Sohn nahm er mit sich. Auf der Oyther Straße glaubte er die Wahrnehmung zu machen, daß das Feuer auf seinem Gehöft oder in unmittelbarer Nähe desselben wüte und beschloß hinzugehen. Als sie der Brandstätte ziemlich nahe gekommen waren, konnten sie durch einen Busch, der sie von dem brennenden Hause trennte, die Flammen zum Himmel emporschlagen sehen. Gleich darauf, nachdem sie das Gehölz durchquert hatten, sahen sie deutlich das Nachbarhaus von Großvaters Besitztum in Flammen stehen, aber nirgends war ein Mensch zu erblicken, der retten oder löschen wollte. Mit den Worten: die verbrennen ja samt und sonders, setzten sich beide in Laufschritt, immer das brennende Haus vor sich sehend. Sie sahen es noch brennen, als sie bis auf 50 Schritte herangekommen waren. Da auf einmal, sie sind schon ganz nahe der Brandstätte, ist aller Feuerschein verschwunden, das Haus steht schwarz und kalt da. – Einige Jahre später brannte das Haus ab, die Einwohner retteten nur das nackte Leben. (Vechta.) (Wie Feuerscheine entstehen, zeigte eine Begebenheit in Oythe im Winter 1907. Eines Morgens wurden dort die Notglocken gezogen. Leute, welche in der Kirche sind, stürzen heraus und fragen: Wo brennts? Auf dem Stoppelmarkt! ist die Antwort. Gleich darauf löste sich alles in Wohlgefallen auf. Die aufgehende Sonne hatte die Fenster eines Hauses auf dem Stoppelmarkt rot gefärbt und so einen Brand ohne Rauch erzeugt. Die Allarmrufer brauchten fortan für den Spott nicht zu sorgen.)

f.

Mein Vater hatte die Gewohnheit, kurz vor dem Zubettgehen einen Augenblick vor die Tür zu treten und frische Luft zu schöpfen. Eines Abends tritt er aus dem Hause und [166] sieht das K.sche Haus, das durch eine große tief liegende Wiese von unserer Wohnung (jetzt Brenner Kröger) getrennt war, in vollen Flammen stehen. Er eilt zurück, schnallt seinen Säbel um (er war Gendarm) und eilt nach der Brandstätte. Als er am Platze anlangt, ist alles ruhig, kein Feuer zu sehen. Ein oder einige Jahre später brannte das K.sche Haus ab. (Goldenstedt.)


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 161. [Sieht man auf dem Felde an der Erde ein Feuer, so wird an dieser]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2E00-A