Von Ernst das 667.
Einer het verzweiflet und kam zů Genaden durch Predigen.
Es was ein Graf, der het ein Schaffner, einen Ynemer, der det dem Heren alle Jar gůte Rechnung und was ein frum Man. Dem gab Got das Glück, das er reich ward und het gůte Narung und was auch wolverdient under dem Adel. Dan er het seinen Sünen edle Weiber und seiner Tochter einen Edelman geben. Het auch Mariam, die Můter Jesu, fast lieb, eeret ire fünf Hochzeit. Und an den Tagen da lůd er die Priesterschaft zů Tisch und botz inen wol und gab ein Spend uff solchen hochzeitlichen Tagen den armen Lüten und sunst alle Tag, welcher in der Eer unser Frawen hiesch, dem gab er ein Almůsen, das er denselben Tag zů essen het.
Uff einmal was ein grosse Theure, das fast vil Lüt kamen uff unser Frawen Tag, das Almůsen zů nemen. Es begab sich, das sein Her der Graf daselbst fürreit. Er fragt, was so vil Menschen da warteten. Man sagt es dem Grafen, sein Schaffner geb al unser Frawentag das Almůsen. Der Graf ward zornig und sprach: ›Er fürt ein größeren Bracht dan ich; es ist nit on mein Schaden.‹ Und ließ in fahen, legt in in ein Thurn und sprach zů im: ›Daherauß kumpst du nit, du gebest mir dan hundertdaußent Pfund.‹ Der Gefangen antwurt und sprach: ›Gnediger Her, alles, das ich hab und vermag, ist nit halb als vil wert.‹
Er můst da ligen, er beschicket seinen Tochterman, seine Sün mit iren Weiberen, bat sie, sy solten zůsamenthůn und so vil Gůtz fur in geben. Sie hielten Rat über die Sach und entboten im, es wer besser, das er alein Mangel hett dan sie all. Er beschickt die Edlen, denen er Gůtz het gethon und geeret mit Wein, Wiltbret und anderen Dingen; er bat sie, das sie wolten in der Sach [371] handlen, das er ledig wurd. Sie hielten Rat und sprachen: ›Diser hat uns vil Gůtz gethon. Sollen wir im jetz nit helfen, so würt man den Edlen nichtz Gůtz me thůn und würt sprechen, wir seien undanckbar. Seine Kind und Töchterman haben im nit wöllen helffen.‹ Und kamen zů dem Heren, zům Grafen und batten für den armen gefangnen Man, er solt im die Schatzung milteren. Der Tyran sprach: ›Das Gelt můß da sein.‹ Die Edlen erwarben im so vil, sie wolten Bürg und Schuldner sein, sie wolten im verkauffen alles, das er het, und solt alle Jar die Zinß von demselbigen Gůt nemen, biß das er bezalt wurde. Darnach so solt sölliche Zins und Gült widerumb hinder sich fallen an seine nechsten Erben. Denselben Pact nam der Graff an. Alß nun die Brieff warden uffgerichtet, da ließ er den Gefangnen uß dem Thurn.
Da er nun ledig was, da gedacht er: ›Nun bistu ein ellender armer Man. Was wilt du nun anfahen? Du hast weder Huß noch Hof me. Wamit wilt du dein Weib und dein Kind erneren? Du wilt auß disem Land ziehen. Es ist besser, du betlest under den Fremden dan under den Heimschen und Bekanten.‹ Also da er hinwegzoch uß dem Land und gieng durch ein Wald, da sach er ein jungen lustigen Gesellen uff einem Baum, also leichtlich von einem Baum uff den anderen springen, lachet und was frölich. Der arm Man fraget in und sprach: ›Gesel, wer bist du, und warumb bist du also gůter Ding?‹ Er sprach: ›Ich bin der Tüfel und bin darumb also frölich, das es dir also übel gat. Du hast Christo und seiner Můter lang gedient, uff iren Festen und Hochzeiten hast du vil Almůsen geben, und sie geben dir sollichen Lon. Hettest du mir gedienet oder woltest mir noch dienen, so wolt ich dich reich machen und deines Leids wol ergetzen.‹ Er sprach: ›Was můß ich thůn?‹ Da sprach der Tüfel: ›Du můst Gotes verleügnen und des Taufs, und mir můstu einen Eyd schweren.‹ Diser arm Man als ein Verzweifletter schwůr den Eyd und verzeich sich Gottes Hilff und des Taufs. Der Tüfel sprach: ›Ich můß dich zeichnen, das ich dich kenn,‹ und stach im ein Loch in seinen linken Arm mit seinem Finger on Schmertzen. Darnach fůrt er in under einen Baum und sprach zů im: ›Thů dise Stein hinweg und grab ein wenig, so würst du ein Schatz finden. Und wan du Geltz bedarfest, so findest du es hie.‹
Er grůb daselbst und fand Kronen, Guldin und Geltz genůg. Er zoch widerumb heim und löset sein Huß und Hof, Silbergeschir und was versetzt was, und gab dem Grafen die Schatzung und hielt gar ratlich Hauß wie vor, mit Verwunderung aller Menschen. Er fieng widerumb an uff unser Frawen Tag Priester zů Gast halten und den Armen Spend und Almůsen zů geben wie vor etc.
[372] Uff einmal waren vil armer Lüt da jung und alt, und wolten das Almůsen nemen. Da waren fier oder fünff můtwilliger junger Gesellen da, die trungen mit hellem Gewalt durch jederman hinzů und wolten das Almůsen zů dem ersten haben. Ander Lüt trungen auch hinzů, wie man dan thůt, und ward einer Frawen ein Kind von dem Arm getruckt und ward uff den Boden getruckt und ward ertretten. Und da das Folck hinwegkam, da hůb die Frau ir dot Kind wider uff mit zimlichem Weinen. Der verzweiflet Man, der das Almůsen ußteilt, der sprach zů der Frawen: ›Liebe Frau, ist euch das Kind lieb gewesen?‹ Sie sprach: ›Ja, nach Got so hab ich nichtz Liebers gehebt dan das Kind.‹ Der Man sprach: ›Ist es euch auch leid?‹ Sie sprach: ›Ja, aber ich gib es Got dem Herren. Der mir es geben hat, der hat es wider genumen. Got gab, Got nam, sein Nam sei gesegnet.‹ Der Man gab ir ein Guldin, das sie das Kind solt lassen vergraben, und schlůg in sich selber, warumb er sein Armůt und sein Leiden auch nit het Got befolhen, und fieng an zů rüwen und sich selbs zů capitlen, warumb er Gottes verlöcknet het und sich dem Tüffel ergeben umb ein wennig Gůtz willen.
In disen Dingen kamen zwen Ordenßman an sein Huß und begerten Herberg. Er fůrt sie hinyn und gab inen zů essen und satzt sich zwischen sie beide. Er aß aber nichtz und süfftzet und gedacht: ›Da wer gůt beichten.‹ Man legt sie schlaffen, und sprach einer zů dem andern: ›Unserm Hußwirt ligt etwas Groses an.‹ Und da es Tag ward, da wolten die Brüder hinweg. Da sprach der Hußwirt: ›Ir sollen nit hinweg vor dem Imbiß. Leß euwer einer Meß und predig ein wenig. Dan Predig sein hie seltzam.‹ Der ein het Meß, und der ander dient im zů Altar, und under der Meß predigt er von der milten götlichen Barmhertzikeit. Der Hußwirt stůnd ußwendig vor der Kirchen an einem Fenster und hört im zů predigen und rüwet seine Sünd. Da man nun gessen het und die Ordenßlüt hinweggiengen, da nam der Hußwirt sein Knecht und die Jaghund und sprach: ›Wir wöllen gon jagen.‹ Und da sie uff das Feld kamen, da sprach er zů dem Knecht: ›Far du da hinuß und sůch! Du bedarffest mein nit warten, ich hab etwas mit den Vättern zů reden.‹ Und gieng mit inen biß in den Wald. Da beichtet er inen und sagt, wie es ergangen wer etc. Der Hußwirt ward geabsolviert, und empfieng Bůß über seine Sünd.
Und da in die zwen Ordenßman nit me sahen, da knüwten sie nider und batten Got, das er disem armen Man offenbaren wolt, damit er gesichert würd, ob er von dem bösen Geist erlößt wer oder nit. Got erhört ir Gebet. Und da diser Man heimgieng und ee er uß dem Wald kam, da sahe er ein jungen [373] hübschen Gesellen sitzen uff einem Baum, der was gantz trurig und raufft sein Har uß und zerreiß seine Kleider. Der Man sprach zů im: ›Gůt Gesel, wer bistu? Warumb bistu so trurig?‹ Er antwurt im und sprach: ›Ich bin der Tüfel und hab ein Diener gehebt, den hab ich verloren und weiß nit, wa er ist.‹ Der Man sprach: ›Wan du in sehest, kantestu in auch?‹ Der Tüffel sprach: ›Ich mein, so ich in sehe, ich wolt in wol kennen, besunder bei meinem Zeichen. Ich hab im ein Loch durch den lincken Arm gestochen. Ich mein, du seiest es. Laß mich den Arm sehen!‹ Der Man zohe sich mit groser Forcht uß, und der Tüfel besahe im den Arm und sprach: ›Nein, du bist es nit; wan du hast das Loch nit.‹ Wan Got het es geheilt. Also danckt der Man Got dem Herren etc.
Dise histori mag zů vil Materi dienen, als die Bescheidenheit des Predicanten erkent.