Schweizerisch: Gedicht:
Du hast nach reiffer Müh, und nach durchwachten Jahren;
Erst selbst wie viel uns fehlt, wie nichts man weiß, erfahren.
Du hast nach reiffer Müh, und nach durchwachten Jahren;
Erst selbst wie viel uns fehlt, wie nichts man weiß, erfahren.
[2] Bey dem
Hohen und Höchstfeyerlichsten
Geburts-Feste
Ihr. Königl. Hoheit
des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn
HERRN
Carl Friderichs
Erbens zu Norwegen / Herzogs zu
Schleswig, Holstein, Stormarn und
der Dithmarsen, Grafens zu Oldenburg
und Delmenhorst ec. ec.
Schrieb dieses
mit unterthänigster Ehrfurcht
Friderica Carolina Neuberin.
Lübeck / den 30. April / 1736.
Herr!
es soll mich auch entfernt nichts in meinen Pflichten stöhren /
Du wirst den Beweis davon itzund sehn / und künftig hören.
Da ich DICH bewundern durfte / preist ich DEINE Gegenwart;
Da ich von DIR ziehen muste / fiel der Zug mir ziemlich hart:
Nun DU mir entfernet bist / such ich DICH im Geist zu sehen,
Und das soll an DEINEM Fest / so / wie jeden Tag geschehen /
Der DEIN Leben neu vermehret / und mir neues Zeugnis giebt /
Daß der Höchste Deine Hoheit seegnet / schützet / hält und liebt.
Herr! DU hast mir neuen Schutz / neue Kraft und Lust gegeben /
Daß ich kan der ganzen Welt so / wie DIR / zu Ehren leben;
Dieser Schutz hat mich verbunden / hebt die Kunst und mehrt den Fleis /
Ihn so dankbar zu erkennen / daß es Welt und Nachwelt weis /
Wie Du hast der armen Kunst unverhoft die Hand gereichet /
Daß ihr Grund nicht mehr wie sonst / von der wahren Regel weichet /
Da sie sich auf DICH beruffen / und nach DIR benennen kan /
Da DU ihr aus eigner Regung Gnad und Wohlthat hast gethan.
Aller angewandte Fleis / den ich oft umsonst verschwendet /
Ist damit allein belohnt / eingesehn / gut angewendet:
Deiner Grosmuht / Deiner Gnade / Deiner Weisheit ganz allein
Hab ich nun das Glück zu danken / daß ich kan beschützet seyn.
Nun bewundert mich der Neid / ich bin nicht / wie sonst / verlassen.
DU liebst die vernünftge Kunst / nun wird sie kein Kluger hassen:
DU hast sie der hohen Gnade der Erhaltung wehrt geschätzt /
Und dadurch viel Vorurtheilen ein gemeßnes Ziel gesetzt.
Ich kan itzt mit bessern Muht unsern Schau-Plaz ganz befreyen
Von dem / was ihm Schande bringt / daß sich Niemand mehr darf scheuen;
Daß kein ärgerlicher Possen alt und jung beschämen kan:
Sieht man gleich die Narren-Werke hier und dort noch frölich an,
Nun will ich der ganzen Welt ohne Furcht die Regeln sagen,
Itzt kan sie mich weiter nicht mit den falschen Gründen plagen:
Weil kein Hof die Kunst beschützet / duldet / suchet und belohnt /
Ist sie auch nichts nütz / und würdig / daß man ihrer nicht verschont.
DU hebst diesen Irrthum auf / billigest die guten Sitten;
Suchst und liebst sie auch an uns / läßt DICH nicht vergeblich bitten:
Übst Geduld und hegest Gnade / sorgst / daß Lohn und Nutzen sey /
Und machst mich von den Beschwerden übrig grosser Gaben frey.
Hörest keinen Schmeichler an / heissest auch die Lästrer schweigen;
Kurz / DU machest mir mein Glück / DIR mein ganzes Leben eigen:
Das in seinem Thun und Lassen immer auf DICH Achtung giebt /
Und mit Vorsatz oder Bosheit weder GOtt noch DICH betrübt.
Weil ich nun so leben kan / will ich DIR zu Ehren leben /
Jederman wird zum Beweis DIR den Dank mit Ehrfurcht geben.
[4]Ja wenn die verderbte Regung keine Regeln leiden kan /
Bring ich sie zu ihrem Nutzen wider ihren Willen an.
Zwar ich solte stille seyn / heimlich nur den Nutzen nehmen /
Und mich nicht für mich so sehr / als für andern Leuten schämen;
Wer die Welt in ihrer Schwäche und in ihrer Stärke sieht /
Sucht sich ihrer zu bedienen / daß er seinen Nutzen zieht.
Aber wer sie dennoch liebt / weil sie GOtt hält / und regieret;
Wer sein Glück darinnen sucht / daß er thut was ihm gebühret:
Wer die Fehler hilft verbessern / an der Tugend sich ergötzt /
Hat zwar öfters seine Feinde / aber nicht die Pflicht verletzt.
In der Absicht lieb ich sie / lerne ihre Art betrachten /
Und das, was ihr schädlich ist, an ihr, wie an mir verachten /
Ihr Erhabnes zu bewundern / ihren Nutzen einzusehn /
Muß ich oft durch alle Stände mit ihr auf und nieder gehn.
Dazu giebt die Schau-Spiel-Kunst mir die allertreuste Lehre /
Daß ich keinen guten Grund tadle / ändre und verkehre;
Daß ich mich selbst schärfer richte / als das strengste Recht gebeut /
Und die reine Wahrheit sage / ohne Furcht und Weichlichkeit.
Thut es gleich dem Laster weh / daß es laut darüber schreyet /
Trifft mich unverschuldt ein Fall / der auch meinen Feind erfreuet;
Meynt und schließt ein Unverständger, daß ich keinen Nutzen bring /
Achtet er wohl höhre Sachen / und daher auch mich gering /
Ich verachte solch Geschrey / und verstopfe mir die Ohren /
Denke: besser / Haab und Guht / als ein redlich Herz verlohren:
Besser / streng und schlecht gelebt / als in Stolz und Übermuht:
Besser / in zufriedner Stille / als bey viel verschwendtem Guht
Ein gebückter Diener seyn / allen Fehlern willig schmeicheln /
Und sich gute Tage nur auf die schlimmste Art erheucheln /
In verdeckter Bosheit bleiben / öffentlich den Tag nicht seyn,
Insgeheim mit allen Lastern in verbundner Freundschaft stehn /
Hab ich keinen hohen Stand / will ich keinen höhern suchen;
Keinen Freund beleidigen / keinen Feind aus Haß verfluchen:
Alle Obrigkeiten ehren / keinem Stand zur Schande seyn:
Alle Fehler bessern helfen. Diese Pflicht ist allgemein;
Aber schwer und ohne Lohn: dennoch will ich mich nicht kränken /
Sondern nur auf meine Pflicht / und auf die Erfüllung denken;
Die befiehlt DICH zu verehren / und das soll dadurch geschehn /
Wenn man Leben / Kunst und Übung täglich wird gebessert sehn.
GOtt verleihe DIR die Kraft diesen Tag wohl zu zu bringen!
Lasse DIR was DU verlangst, IHM zu Ehren wohl gelingen!
Seegne Land und Unterthanen! Stehe Deinem Prinzen bey!
Daß für DICH zu Dessen Freude gar kein Wunsch vergeblich sey /
Der DIR viele Jahre schenkt / und mein Glück damit verbindet /
Wenn die Welt durch Deinen Schutz ein gebessert Schau-Spiel findet!
So kan GOtt und DIR zu Ehren unser Schau-Platz so bestehn /
Daß man kan aus allen Ständen ohne Sünde zu ihm gehn.
[5] Lieber Leser!
Wenn du gerne siehest, daß eine Frau denken, reden, lesen, und schreiben kan, so wirst du zufrieden seyn, daß ich dir etwas ausgedacht, geschrieben, gelesen, und einen Theil davon öffentlich geredet habe. Dieses geb ich dir nun gedruckt. Wundre dich nicht, daß ich meinen neuen Schutz Ihr. Königl. Hoheit, des Durchl. Herzogs Carl Friderichs mit unterthänigster Ehrfurcht dankbar erkenne, und Ihm an Seinem Hohen Geburts-Feste ein Zeichen davon überreiche. Laß dir die Ausübung meiner Schuldigkeit gefallen, und vergis deine niemahls. Beurtheile mich so strenge, als du darfst, wilst, und kanst. Bessere die Fehler, und erfülle dadurch meine Absicht. Bist du mein Gönner, so verehre ich dich. Bist du mein Helfer, so nehme ich deine Hülfe mit Ehrerbiehtung an, gebrauche sie zu deinem Ruhme, und bin dir, weil ich lebe, dafür mit Dank verbunden. Findest du etwas an meiner Gesellschaft oder Einrichtung auszusetzen, so wisse: daß ich selbst viel auszusetzen gefunden habe. In 9. und einem halben Jahre [6] hab ich an 50. Personen, deren Namen, Herkunft, Wissenschaften und Verhalten ich dir bey anderer Gelegenheit bekannt machen will, sehr viel auszusetzen, und sie endlich gar abzuschaffen höchstnohtdringende Ursachen gehabt. Diejenigen, die ich zu deinem und ihrem Ruhme auf das sorgfältigste erhalte und behalte, empfehle ich deinem guten Andenken und Beyfalle. Schätze ihren Fleis und redliches Verhalten deiner Betrachtung würdig! Bemühe dich den Unterscheid der Comödien und Comödianten recht zu erfahren, und einzusehen. Frage, wie sie seyn sollen, und wie sie sind, was sie nützen, und wie viel sie schaden können. Mache durch die Wahl guter Comödien deinen Geschmack rühmlich und käntlich. Beharre nicht eigensinnig auf leichten Vorurtheilen, und verwirff keine Sache, die du nicht genugsam kennest. Laß dir keinen Harlekin ans Herz gewachsen seyn. Die Natur hat ihn nicht gegeben, wenn sie gleich viele Harlekins erhält, und wider annimmt; Indessen erschrickt sie vor ihm, als vor einer Misgebuhrt. Sie zeiget ihn, zu ihrer Betrübnis, in der Gestalt, wie er ist, daß du sehen solst, was sie an ihm ertragen muß, und beschämet dich mit ihm, daß du siehest, was du an ihm geliebet hast. Achte die Wahrheit hoch. Sie unterrichtet dich und mich, [7] und kömmt dir zu Ehren ans Licht. Sprich für mich, weil ich es redlich meyne, und mein Fleis dieses Wohlthat verdienet. Gönne mir etwas von dem, was du öfters gerne weg wirfst, ich wil dir weisen, wie ich es zu deinem Ruhme und Nutzen aufhebe. Tadle meinen Aufwand nicht, weil er nothwendig ist, du veruhrsachest und verlangest ihn selbst. Verachte meine Armuht nicht, weil ich von deiner Erhaltung lebe. Unterdrücke keine Gelegenheit, wo mich deine Billigkeit erfreuen kan, und wenn es in deiner Macht stehet, so schütze mich wider ungerechte und boshafte Verfolger. Laß dich das wenige Geld für gute Comödien nicht reuen. Nimm verlieb, wenn sie dir nicht allemahl gefallen können. Sey nicht schuld an ihren Schaden. Liebe und lobe sie nicht ohne Grund. Hasse und verachte sie nicht ohne Ursache. Hilf dem Guten, steure dem Bösen, so wirst du deine Pflichten so gar an den guten und schlechten Comödien, an rechtschaffenen und liederlichen Comödianten ausüben, beyde Theile recht beurtheilen, und so wohl der guten als bösen Schaubühne Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ruhm und Nutzen wird dafür deine seyn. Ich aber werde dich durch gereinigte Schauspiele und guten Wandel lebenslang verehren können.
F. C. Neuberin.
[8] Personen.
Ihr! die ihr also uns und unsre Spiele seht /
Sie liebet / untersucht / und aus dem Grund versteht /
Verwundert Euch ja nicht / daß ich Euch Nachricht gebe /
Wornach ich mich mit Fleis und aller Macht bestrebe.
Vor Euern Beytrag hab ich Dank und Schuldigkeit /
Ich ehr Euch hier so sehr als in Abwesenheit /
Und hab Euch andern schon zum Muster vorgeschrieben;
Ich bin einmahl bey Euch schon ohne Schaden blieben /
Und hoff: Ihr schenket mir auch itzund Eure Huld /
Damit ich nicht umsonst / und ohne meine Schuld
Bey euch verlieren muß. Es kan Euch wenig schaden /
Ihr könt / was ihr mir gebt / noch alle wohl entrahten /
Wenn die Gewohnheit nur die Zeit vergönnen wolt:
Genug! Daß ihr es nicht an uns bereuen solt.
Ich dank Euch / daß Ihr uns an diesem Fest wolt sehen /
Wir können es aus Pflicht nicht schweigend übergehen.
Die Ehrfurcht heisset es durch ihren edlen Trieb /
Ihr habt die Billigkeit und die Erkäntnis lieb.
Wir haben Euch zugleich dadurch mit wollen ehren /
Und SEINEN Ruhm bey Euch / bey IHM auch Euern mehren.
Ihr liebt die / so ER schützt / und nehmt sie freundlich ein /
Daß muß IHM angenehm / wie uns erfreulich seyn.
Wir wünschen IHM mit Recht ein hohes langes Leben!
Und wollen IHM und Euch Dank vor die Wohlthat geben.
Ihr werdet alles schön und doch verschieden finden,
Und den zu reichen Schatz stets graben, nie ergründen.