[276] Das Wanders-Leben der Welt/ bey höchst schmertzlicher Wanderung und seeligem Absterben des Hn. Grafen Sebastian von Hatsfeld unn Gleichen

In Namen eines wehrten Freundes in Wanders-Leben.


Rom baue Schlösser auf/ und Griechenland Palläste;
Versailles sey berühmt/ Escurial sey schön;
Da meinen immer hin der Erden hohe Gäste
Durch des Galeni Kunst unsterblich sich zu sehn;
Vor allen diesen Preißt die Tugend Wanders leben/
Und rufft: hier siehet man die Wohnung dieser Welt.
Hier kehren Fürsten ein/ und müssen Abschied geben/
Hier baut sich Troja auf/ und wird auch hingefällt.
Du Wanders leben bleibst ein Bild der Städt' und Leute:
Diß wandert morgen ab/ und jenes reis't noch heute.
Schrieb jene kluge Faust zu Mosen in der Wüsten:
Sie wandern/ aber doch unsicher allzumahl:
So schreiben wirs zur Welt/ zum Labyrinth in Lüsten/
Die wüst' an Glück und Wohl/ und reich an Angst und Qvaal.
Die höchste Tugend ist ein Pilgerim auf Erden/
Sie findet hier nicht statt/ und wandert wieder fort/
Denn ihr bewehrter Sitz muß nur im Himmel werden.
Drum unglückseeliges/ doch allzu wahres Wort:
Ein Graf der Lebens wehrt und rühmlich war vor andern/
Muß aus der Herberge der Welt auch wieder wandern!
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Wie auf den Erden Ball die Sonnen Strahlen kommen/
So kamst du theurer Graf/ zum Heil auf diese Welt/
Von herrlicher Geburt und Tugend hoch entglommen/
Zum Pharus wurdest du dem Lande vorgestellt.
Dein Huld- und Weißheits-Strahl führt alle die zum Hafen/
Die Ehr-Furcht/ Lieb und Treu dir unterthan gemacht.
Wenn hier im Wander-Thal uns Sturm und Unglück trafen/
So hast du uns gar offt in Ruh und Schutz gebracht.
Bey allen Wegen hat uns so ein Herr vertreten/
In dem ein Hertz/ worum Gott Salomon gebeten.
Wie Bienen trugest du aus Blumen fremder Erden
Durch deine Reisen dir der Klugheit Honig ein.
Wie Probus 1 woltest du auch zum Regenten werden/
Durch hören/ thun und sehn/ wie andre Herren seyn.
Du kamst vortrefflicher/ so wie des Mondes-Strahlen
Im vollem Glantz zurück. Dein Einfluß hat erqvickt.
Dein Licht wolt' aus der Fern das Land mit Huld bemahlen/
Dein Schimmer hat dir Ruhm/ uns Leben zugeschickt.
Die Tugend sahen wir in deiner Weißheit prangen:
Biß deiner Sonnen-Gold zum Westen ist gegangen.
Ihr Bürger dieser Welt/ die hier im Unglück schweben/
Bedencket und beweint die allgemeine Pein:
Von Wanders-leben geht der Weg nach Grabes-leben/ 2
Da senckt man Kleinen gleich auch große Herren ein.
Doch geht die Sonne weg/ so kommen tausend Sternen/
Nebst einem silber Mond ans hohe Firmament.
So kan man einen Trost im Creutze fassen lernen/
Wer unsre Gräfin recht und junge Herrschafft kennt.
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Es rief der Graf uns zu/ indem er wolt erblassen:
Ich wandre/ doch zum Heil will ich euch diese lassen.
Ja seine Tugenden/ die zwar nicht wohl zu zehlen/
Doch fortgepflantzet sind/ beweisen hell und klar/
Wenn sonst die Meinung falsch von Wanderung der Seelen/ 3
Daß sie dennoch zum Ruhm in unsrer Herrschafft wahr.
Und wie ein Wanders-Mann/ zwar aus dem Gast-hoff gehet/
Doch seinen Nahmen offt darein geschrieben läßt.
So gehst du aus der Welt/ wo noch dein Nahme stehet/
Und wo dein hoher Ruhm stets Diamanten fest.
So kan sich deine Seel in Zions Wunder-Auen/
Wir aber dich annoch auf Erden lebend schauen.
Nun hoch-gebohrnes Hauß/ ihr tief gebeugten Hertzen/
Es kehre Gottes Krafft bey euch von oben ein/
Es komm ein Freuden-Tag auf diese Nacht der Schmertzen;
Es müsse Crottorfs Schloß des Seegens Wohnung seyn.
Der holden Gräfin Glantz/ ihr Klug und Weißheits Schimmer/
Der theuren Herrschaffts Strahl beleuchten diß Revier.
Herr zeig uns deinen Weg/ dein Licht verlaß uns nimmer/
Beschütze du diß Land/ daß aus Egypten wir/
Daß Wanders-leben kan vom Elend frey nebst andern
Biß letzt an Canaan beschirmt und ruhig wandern.

Fußnoten

1 Vom Käyser Probo schreibt ein Historicus: Tu apud alias gentes, alioque calentibus sole terris prius didicisti, quid populis es imperaturus. Bey andern/ und untern fremden Horizont gelegenen Völckern hast du die Kunst gelernet/ über dein Land zu herrschen.

2 Ein Ort/ so nicht weit von Wanders-leben lieget.

3 Wovon Pythagoras träumet.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Hunold, Christian Friedrich. Gedichte. Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte. Lob- und Trauer-Gedichte. Das Wanders-Leben der Welt. Das Wanders-Leben der Welt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-87F0-C