[Niemand weiß wie schwer mirs fällt]
C.H.v.H.
Niemand weiß wie schwer mirs fällt/
Flammen in der brust zu hegen;
Und sie dennoch für der welt/
Nicht ans freye licht zu legen.
Feuer läst sich nicht verhelen;
Denn sein glantz ist allzuklar/
Und die glut verliebter seelen
Macht sich selber offenbar.
Hundert augen die von neid
Und von lauter argwohn brennen/
Sind auff mich zu sehn bereit/
Ob sie was vermercken können.
Noch verberg ich meine schmertzen/
Daß man keine funcken sieht/
Da die liebe doch im hertzen
Wie ein andrer Aetna glüht.
Dieses ist der liebe kunst/
Amor suchet finsternissen/
Und von seiner stillen brunst/
Muß der helle tag nichts wissen.
Venus bricht mit ihrem sterne
Erst bey dunckler nacht herein/
Daß die zarte jugend lerne
In der liebe heimlich seyn.
[389]
Drum gewehne dich mein muth/
Deine flammen zu verschweigen;
Laß von der verborgnen glut
Weder mund noch auge zeugen.
Must du dich gleich etwas zwingen/
Ist gleich die verstellung schwer;
Aus den allerschwersten dingen
Kommt die gröste lust offt her.
Perlen liegen eingeschrenckt
In den harten muschel-häusern.
Wer auff frische rosen denckt/
Sucht sie in den dornen-reisern.
Honig ist nicht ohne bienen.
Wer in Canaan will stehn/
Muß erst in Egypten dienen/
Und durch meer und wüsten gehn.
Vielleicht wird des himmels gunst
Mir das glück noch künfftig gönnen/
Daß die kohlen meiner brunst
Offenbarlich trennen können.
Itzo schreib ich meinem hertzen
Diesen wahren denck-spruch ein:
Feuers-glut und liebes-schmertzen
Müssen wohl bewahret seyn.