Liebe zwischen Przetislauen, Fürsten in Böhmen, und Fräulein Jutta Keyser Ottens des Andern Tochter
Przetislaus, Fürst in Böhmen, einer von den hurtigsten Herren seiner Zeit, begunte einmahl schertzweise unter seinen liebsten Hofeleuten von Heyraths Sachen zusprachen, mit beygefügten vermelden, daß er niemahls dieses beschwerliche Joch ihm aufbürden zulassen gedächte; es sey denn, daß ihm ein Fräulein von sehr hohen Hause, fürtrefflichem Gemüthe, und sonderbahrer Schönheit, ja derer Beschaffenheit nach dem Abriß seiner Gedancken wehren, fürkommen solte. Als nun von gegenwärtiger Gesellschaft, einer dieses, ein ander einanders fürnehmes Fräulein nach vermögen herausstrich, begunte endlich des Fürsten Hofemeister Keyser Ottens des II. Fräulein Tochter über die massen zurühmen, und zugleich zugedencken, [19] daß keine, daferne nur solche auß dem Kloster, dahin sie gethan worden, zubringen möglich, mehr würdig, Przetislauens Gemahlin genennet zuwerden. Der Junge Fürst ließ die süsse Beschreibung gedachter Person ihme so wohl gefallen, und empfand eben so süsse Würckungen, als wenn derselbten Bildnüß ihm vollkommen in das Gesichte geschienen, und von dannen in das Hertze gesuncken wäre. Mit einem Worte, er ward in kurtzen so verliebet, als wenn Auge, Reden und Gebehrde, dazu langwierige Gelegenheit gegeben hetten. Den Hofemeister, als welchem solche frembde Begebenheit nicht lange verborgen seyn konte, gereuete fast, daß er die geringste Meldung darvon gethan, in mehrer Anmerckung, daß sein Fürst, weil er ihm dieser Schönheit, so allbereit zum Fechel gewidmet, anders nicht habhafft zu werden getrauete, solche auch mit Gefahr seines Lebens zu entführen sich gäntzlich entschlossen. Was vor weise Einwürffe, was für helle Abbildungen der daraus erwachsenden Gefahr man auch diesem hitzigen Herren für die Augen legte, so ward doch alles zu einem Oele die Flammen desto mehr aufzujagen. Daß auch endlich der Hofemeister allerhand schädliche Anschläge zu hintertreiben, sich mit einem Brief von dem Fürsten, unter dem Schein eines Geistlichen Gelübdes, nach Regenspurg begab, in das Nonnen-Kloster wo sich das Fräulein aufhilt, zukommen Gelegenheit suchte, und ihr nebenst Uberlieferung des Fürstlichen Schreibens und etlicher kostbahren Kleinodien, das Fürhaben des Fürsten Prtzetislauens weitläuftig entdeckte. Ich weis nicht durch was für Verhängnüß diese tugendhaffte und sonst vorsichtige Fürstin, der Nahmen, die Beschreibung, und das Begehren Prtzetislauen so unverhofft übermeisterte, daß sie die überreichten Geschencke nicht anders als freudig annahm, sich auch neben beantwortung gedachten Schreibens, seine allezeit getreue Freundin zu verbleiben erklärete. Erwehnter Hofemeister säumete nicht diesen unverhofften Bericht seinem Herren zurück zubringen, welcher dann über diesem Glück gleichsam aus sich selbsten die schöne Fräulein allbereit in seinen Armen zu haben sich bedüncken ließ. Einen Augenblick zuverschieben, schien ihm auf ein gantzes Jahr seine Liebesgeniessungen zuverliehren. Eilete dessentwegen nebenst seinem getreuen Hofemeister und etlich wenigen der witzigsten seiner Leuthe nach Regenspurg, und ließ ihm angelegen seyn die meisten Stiffter daselbsten zu besichtigen, [20] und zu beschencken. Der Ruff kam endlich auch in das Kloster, wo sich das Keyserliche Fräulein aufhilt, und die gute Aebtissin, so mehr Frömmigkeit als Nachdencken hatte, hofte allbereit auch ihr vertrauetes Gestiffte durch dieses Fürsten Freygebigkeit mercklich zubereichern. Przetislaus unterließ nicht diesen heyligen Ort so bald ihm möglich zu besuchen, und die Aebtissin empfieng ihn mit Thränen in den Augen vor freuden, in gäntzlicher Meinung, daß der Stern ihres Glückes nunmehr recht erschienen wehre. Sie zeigete ihm alle daselbst sich befindliche Sachen, und führete ihn endlich ohne bedencken der Fräulein Hände zu küssen. Beyde verliebten verhöleten im Anfang ihre Regungen so viel möglich, und weil der Hofemeister immittelst offtgedachte Aebtissin mit Gespräche unterhilt, so hatte der Fürst Gelegenheit, seine Liebe bey der Fräulein zuerfrischen. Der Innhalt ihrer Worte ist zu weitläufftig hier beschrieben zu werden. Doch ist dieses gewiß, das offt erwehnte Schöne, wohin sie auch der Fürst zu führen begehret, zu folgen sich erklähret, und die Reise auf folgenden Tag unter ihnen abgeredet worden ist. Wie nun nach Abrede dessen Przetislaues gleich umb die Zeit, als die anderen Jungfrauen sich im Gebethe aufhilten, in das Kloster kam, also unterließ die Fräulein nicht nebenst einer alten Nonne, so ihr zugegeben war, dem Fürsten entgegen zu gehen, und nach genommenen Abschiede ihn biß für das Thor zu begleiten. In deme nun diese einfältige Jungfrau einen Brief aus der Cammer zu holen sich überreden ließ, läßt sich die Fräulein schleunig zu Pferde setzen, und eilet mit ihren Geliebten in Böhmen, da sie dann Christlicher Verordnung nach zusammen gegeben worden seyn. Die wunderbahren Zufälle, so wegen dieser Entführung endlich entstanden, ferner zubeschreiben, wäre nichts anders, als den Anfang zu einer neuen Geschicht zumachen. Ich wende mich zu meinen Briefen und höre hier auf.
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- TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Sinnreiche Heldenbriefe. Liebe zwischen Przetislauen, Fürsten in Böhmen. Przetislaues an Juthen. Przetislaues an Juthen. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6B4E-9