[196] Johann Peter Hebel
Gelegenheitsgedichte

Bitt- und Huldigungsgedicht an das Markgrafenpaar

Marei.

Ich und mi Chnab an miner Hand,
mer wandlen usem Schwitzerland.
's isch jez nit hübsch in Berg und Tal,
's het Schnee und Grappen überal.
In Carlisrueh, sel sagi lut,
do gfalt's mim Chnab und siner Brut.
Drum wohnt e gueti Herrschaft do,
me merkt's bim Bluest enanderno.
Der Fürst vom Land, erhalt en Gott,
Und was er tuet, das lohn em Gott!
Er sorgt mit Liebi Tag und Nacht,
und het so viel scho glücklich gmacht.
D'Frau Markgräfin, und was sie tuet,
es isch so fründli, 's isch so guet.
und au der Prinz, er wandelt jo
so lieblig siner Mutter no.
Und wer en sieht, der isch em guet.
Drum nehm en Gott in treui Huet,
und gebich Gott denn alliwil
der liebe Mutterfreude viel.
Und wenni dörft! Denkwol, i wog's?
[197] Friedli.

Was bsinsch di lang? Zeig wie und sag's!
Marei.

Ich und mi liebe Friedli do,
mer möchte gern in Gnade stoh.
Friedli.

Wie sie's gseit het, wünschi au, und 's goht mer vo Herze!
Marei, chumm! Mer sin schier gar e wengili z'frei gsi.

An Pfarrer Günttert in Weil

Vetter Vogt!
Der Bammert (i muß ichs chlage) wird tägli
liederlicher, füler, versoffener – 's isch nümme z'lebe,
's isch nümme z' gschire mitem; 's hilft weder Strofe, no Zuspruch.
Lueget, wie's er mers macht – 's isch wege 'me Tubakspfifli,
wege 'me tusig-nette Pfifli, 's het mi sechs Gulde
g'chost, und ungradi Chrützre, no oni 's Bschleg dra, und ohni
's Chetemli dra; sust seit me der Gattig Pfiflene Meerschum.
Wiß sin si wie Chlabaster, und weich wie Anke, und wie 'ne
Fliegeschißli so licht, wenn eim e Fliegen uf d'Hand schißt.
Raucht men us so me Pfifli, se würds ich wie länger, wie schöner:
Zerst würds grün am Bschleg, as wie der libhaftig Grüespo,
alliwil witer abe, und alliwil grüner und dunkler,
[198]
bis es schwarz isch, wie d'Nacht, doch brun wirds gegenem Chopf zu,
und der Chopf blibt wiß, 's isch nüt nutz, wenn er nit wiß blibt.
Aber so e Pfifli isch wie e schallos Eili,
wie e Sexmonetchindli (doch nit der Landvögti ihres).
Wo mes arührt, tuts em weh; im Augeblick het es
Mose, Chritzli, Löchli, me darf nit herzhaft dra chuche.
Het ein e Rusch, se will i'm nit rote, us some Pfifli
z'rauche, 's Pfifli wär hi und überhaupt, wenn ein voll isch,
soll er's rauche lo si; me het bitrübti Exempel.
's goot mittem zunderst und zöberst, der Bode will unterem breche,
d'Bruke schwanke, d'Berg bewege si, d'Lüt sicht me doppelt,
schwezt mit em selber – armsdicki Wort – si schieße kem Pfarer
so vo de Lippe; der Ziezero z'Rom isch numme ne Naar gsi.
Aber wieder zum Pfifli. Wenn so e Pfifli versaut isch,
lueget, se cha me's buze, und wenns so rueßig und schwarz ist,
wie der Michel mit 14 Striche, so würds ich doch wider
wie der g'falle Schnee, me glaubts nit, wemmes nit gseh het.
Schabe cha mes – und wenns so rublig, wie's Here Faktore
Jobek Friderli wär, se wirds ich so glatt, und so glänzig –
's Suffilis Bäckli chönne nit glänziger, chönne nit glätter
si – und wenn so e Pfifli recht g'schlacht soll blibe, se nimmt me
näume ne Tüpfi, wo no ke Eieren-Anke isch drinn gsi,
[199]
wo no ke Her (mit Salveni z' vermelde) s' Füdle drus gsalbt het,
loßt im Tüpfi Wax vergo, wie finer, wie besser,
und chocht 's Pfifli im Wax. 's isch aber e besundere, Vortel,
's cha's nit iedwedi Chue. Der werdets selber nit chönne.
Usem Fundement verstoht's der Bammert und sider
aß er d'Feldhut verlore, und kenni Einig me z' zieh het,
puzt er Pfifli. Der Burscht het sust schier nüt me z' verdiene.
's Stunde rüeffe treit nit viel i – zwor brüelt er enzetzli,
er, und d'Chatze, und d'Guhl, und 's Wirts fulärtige Hofhund
henn e Gragöl mit enander; der Mond am Himmel wird schüch drob,
d'Hexe bsegne si selber im rueßige Chemi, und bete:
»Das walt Gott, und b'hüt is Gott« – so grüseli tut er.
Aber brüele und suffe isch zweierlei. Gsoffe muß doch si.
Und wie ärger er brüelt, wie erger suft er, bis d'Sterne
notno verbleichen am graue Himmel und ene am Turnberg
lisli der Morge verwacht. Und was er mit Wache verdient het,
het er vor Tag scho versoffe. Wovo iez lebe? Der Tag will
au si Sach; und der Bammert isch ken vo dene, wo's Esse
obem Suffe verbi lön. Er frißt ich mit viere um d'Wetti,
wenn ers het, seigs Chees, seig's Brotis, Strübli und Tübli.
[200]
Aber so ne Lebe chost Geld in iezige Zite;
d'Not lert bete, d'Not lert schaffe, d'Not lehrt der Bammert
Pfifli buzen. Es treit zwor wenig i, doch ischs so viel.
Loset iez, wie er mers macht. Mi Pfifli isch rublig; i gib em's
vor zwölf Wuche. 's het no gschneit, 's het no ke Blümli
's Chöpfli zeigt, se gib i'm 's Pfifli, und sag em: »Do hent ers!
Schabets, siedets, buzets! Gent achtig druf, 's chostet 6 Gulde
ohni's Bschleg dra, und ohni's Chetemli. Bringets bald wider!
Wenn ders ordeli buzet und zitli bringet, se hilf i'ch
wider zu eurem Ämtli, und zahl ich extra zwo Halbi.«
Wärs nit Ehre wert? Was tut er? Er nimt mer mi Pfifli:
»Jo, i will ich's buze und ordeli wider bringe!« –
Sellemols gseh, und nümme. I frog en, wo i'm der Chopf siech:
»Bammert, henn der mers Pfifli?« – »I schiß ich ufs Pfifli!« isch d'Antwort.
»Henders verlohre?« – »Nei.« – »Se henders versoffe, bikennets!« –
»Nei, i ha's nit versoffe!« – »Se bringets!« – »Morn will i's bringe.«
Lueget, so trib is vo Fasnecht bis Ostre, vo Ostre bis Pfingste,
wer mer's Pfifli nit bringt, das isch der liederlich Bammert.
Vetter Vogt, drum meint i, der chöntet mer öppe do bistoh,
wenn der e scharpfe Bifehl im Bammert schicktet; der wüsset,
[201]
wi me mit em muß rede! vernehmlich: »'s Dunder und 's Wetter
fahr ich in Chrage denn au! Dir dunderschießige Chetzer.
Het der Her Stabhalter si tusignett Pfifli für euch gchauft?
's Pfifli use! Bi Gott! sust müent er sechs Wuche ins Hüsli!
Dixi! Günttert, Vogt.« – Was gilts, er lost's nit druf a cho?
Tüent mer der Gfalle, Heer Vogt! – Der neu Vikari vo Löhrech
bringt ich mi Briefli, e brave Her, und g'mei mit de Lüte.
Sust sin die junge Burst mengmol e wenig phantestig,
meine, sie heige ellei mit Löffle d'Glehrsamkeit gfresse.
Dreck hen si gfresse, jo woll! (vor euen Ehre z' vermelde)
schwetze uf der Chanzle vo weltliche Sachen us Büch're
('s fräs e ke Hund und ke Chatz) und ziehn ich ke gotsig Sprüchli
us der Bibel a. – sie wüsse bi Gott nit, was drin stoht!
B'haupte, Christus der Her seig 's Josephs libliche Suhn gsi,
heig nit füris glitte, seig nit vo de Toten erstande.
Hol ich der Teufel denn au! die dunderschießigi Läri!
Bringen is no um Glauben und Liebi, um Hoffnig und Himmel.
Und wenn ein vor Chummer und Trübsal schier gar verschmachtet
oder wenn ein's Gwisse an sine Sünden erinnret,
oder wemme vo hinnen im lezte Stündli soll scheide,
stöhn sie wie Mulaffe do mit ihrer weltliche Wisheit,
wüsse nit gix no gax und chönnen ein ebe nit tröste.
[202]
Aber der neu Vikari isch ken vo dene. Er predigt
wie's si ghört no' em Text und nit usem hunderst'n ins tausigst,
het e tröstliche Zuspruch, und führt e christliche Wandel,
git de Lüte Bscheid, und wenn er d'Bibel vom Schaft lengt,
hexefrisirt er eim d'Sprüch so dütlich, aß es e Freud isch.
So e Her muß men ehre. Sind ordeli, wenn er ins Dorf chunnt!
Machet em ke Verdruß. I will ich en grehkumedirt ha!
Gent wol Achtig uf d'Gmei, und grüßet's Bammerte Schwoger.

H[e]b[e]l. St[a]bh[al]t[e]r.

An Rechnungsrat Gyßer in Müllheim

Dunderschieß! Wer rennt mer in mi Gäu?
Isch's der Gyßer? – 's isch bi miner Treu
Euer Glück, aß Ihr's sind, Meister Gyßer!
Rime her! – Potz Fürio, und Miser-
ere, Domine! 's hätt schier verseit,
hätt mi nit d'Verzwiflung use treit.
Jez, was Euer Versli abetrifft,
uf mi Seecht, i bi voll Chib und Gift,
aß me Ratte mit mer chönnt verge.
Drum, i ha gmeint, 's chönn 's sust niemes meh,
weder ich, mit miner lange Pfife,
und Ihr wüsset's au so schön z'begrife.
Lueget, 's Hamberch sott enander schelte,
doch, wil Ihr's sind, willi 's Recht lo gelte.
Euer Versli isch so nett und gschlacht,
aß i schier mein, i heig's selber gmacht.
Frili, wer's bidenkt, es isch ke Wunder,
aß er's chönnet, schla' mi au der Dunder.
[203]
Ihr trinket urig Poesie
in lange Züge z'Müllen an der Post.
Tausig Sappermost,
isch sel nit e chospire Wi!
Aber chömmet, sind er's echt im Stand,
doher au ne Rung ins Welschchornland,
sufet Prosa usem nasse Züber
in der Chuchi ('s tribt mer d'Augen über);
sel bi Gollig luegt en anderst a.
Zwor i wil's bikenne, jo i ha
au no Oberländer Poesie
imme Fäßli, und henk d'Zunge dri,
wenn's nit go will. Aber 's isch ke Art,
nei es isch nüt, uf der sandige Hart.
He der wüsset's wohl, i hannich jo
lang und mengmol gseh bim Füeßli stoh.
(Churz het Euch no niene niemes gseh,
wer's bihauptet, seit ke Wohret meh.)
Selmols, traui, het's au Batze gchost,
bis der füürig Geist in Eure Odere
und in Eurem Chopf het welle lodere,
und 's isch doch nit gsi, wie an der Post.
Neie wohl! Se hettich au der Schmid
z'Hüglen überlistet mit mim Lied!
So ne gscheite Ma, wie Ihr sust sind,
chauft e Chatz im Sack, und seig sie blind!
Geb der Himmel, aß sie schöner Art
und mit chloren Augen use fahrt,
wenni 's Säckli lös und lock und sag:
»Büüsli chumm, und loß di seh am Tag!«
Jez, Her Gyßer, bhüetich Gott der Her!
Haltet mer mi Grobheit für en Ehr!
Und Sanct Michael mit langem Säbel
Sollich bschirme! – Johann Peter Hebel.
Am fünften November Tusig Achthundert Zwei;
i hätt's schier vergesse, mi armi Treu!

[204] An denselben

Wie? Was sagetder, aß der seiget, in Eure Epistle?
Schatzigbleger? Nei, was muß me für Sachen erlebe?
Hender d'Schatzig bleit, Her Gyßer? Jesis, gent Achtig,
wenn sie jünglet, wie's ich goht! Das chönnemer bruche.
Was het selle gseit, wo ghört het, d'Sunne heig gwibet?
's stoht ins Vetters Fable. Er het mit schrundige Hände
in de Hoore gchratzt. »I mein, sie mach eim alleinig
heiß gnug«, het er gseit, »mit ihrem durstigen Otem,
und trinkt alli Brunnen us; 's wird suferi Arbet
werde, wenn sie Jungi het, und hinter de Berge
wie ne Gluckere füre chunnt mit sieben und achte.«
Lueget, so wird's goh, wenn d'Schatzig Bueben und Meidli
überchunnt und lebig bhaltet, gfräßige Chinder,
's wird nit z'bschribe si, was für e Lamento ins Land chunnt.
Vetter Gyßer, loset, der hent doch bsunderi Jeste!
Jo, i mueß es sage, und wenn's mi gnädige Landsher
über churz und lang erfahrt, und henktich der Brotkorb
höcher, wie der selber förchtet, nimmt's mi nit wunder.
Isch's ich öbbe, wil der Moler z'Müllen eweg chunnt,
gumperig, und meinet, jez lueg ich niemes uf d'Ise?
Hender gmeint? Jowohl! Sie hen scho wieder en andre
in der Machi, und er würd ich d'Zeche verlese.
Wie het Rehabeam gseit? »Mein Finger«, seit er, »soll schwerer
sein als meines Vaters Arm.« Der werdet's erfahre!
[205]
Holzma heißt er, sage d'Lüt, er schribt si vo Spir her
ehnen am breite Rhi, wo jez der Premie Consul
d'Schatzig bleit, und 's Volch regiert mit bluetige Hände.
Vetter Gyßer, 's fallt mer i, isch nit wohr, mer hen doch
mengerlei Heren im Land von allen Enden und Orte.
und mir sin no als die brävste? Hättemer numme
näumis glehrt! Mer hätte doch so ordli der Zit gha.
Aber jez isch z'spotl Und mengmol, wenn mini Schüler
mehr verstöhn as ich, und froge mi spitzigi Sache,
woni selber nit weiß, se sagi: »Loset, der müent ein
nit gli z'Schande mache! 's isch almig nit gsi, wie's jez isch,
mittem Lehre, und me het just d'Glegeheit nit gha.
Bhaltet's binich, was der wüsset! Wendet's im stillen
a, und werdet brav, und saget, der heiget's bi mir glehrt,
aß i au no Ehr erleb, und dankbari Zite!«
Vetter Gyßer, hent der Buebe, soll ein e Pfarer
werde, hani nüt derwider. Rüeihig verlebt er
sini Stunden uffem Land. Ne freudige Wechsel
zwischen Arbet und Rueih, und zwische Studieren und Martsche,
zwischen Essen und Verdaue flicht si durch's Lebe.
Ob em hangt der Himmel voll Sunne, Sternen und Gige;
unterem der Boden, er treit em fruchtberi Zehnte.
Uf de Matte weide d'Chüeih, ihm trage sie d'Milch zue;
an de Berge grase d'Schof, ihm chrüslet si d'Wulle;
in den Eichle chnarflet d'Sau, ihm leit sie der Speck a.
Färlet näume ne Moor, het au der Pfarer si Säuli.
Meint der Fürst, er heig si Sach an Zinsen und Gfälle,
mueß er mittem Pfarer teilen oder Prozeß ha.
[206]
Drum, Her Gyßer, was i sag, und wenn ein e Pfarer
werde will, und wenn e schöni mannberi Tochter
no nem Vikari luegt, und er luegt wieder no ihre,
und sie wechsle mitenander fründligi Rede,
lönt sie mache, sagi. Doch vorem leidige Schulstaub
soll der Himmel euer Chind in Gnade biwahre.
Aber mi Red nit z'vergessen und eui Jesten und Rime,
jo, i ha sie übercho; si hemmer e Freud gmacht,
bsunders selli Frau. Wie isch's ere endli no gange?
Isch sie wieder z'Chräfte cho? I möchtere's gunne.
Oder het sie g'endet, und trinkt in blaue Reviere
Sterneluft und Himmelstau, und mutteret nümme?
Helfis Gott! Mer werde au no 's Bündeli mache,
und ins himmlisch Canaan der Weg unter d'Füeß neh!
's seig e gangberi Stroß; sie gang gwiß übere Chilchhof.
Sieder wemmer leben, und 's Lebe freudig verbruuche,
Trübli esse, Neue trinke, Chestene brote!
(Vetter Gyßer, chunnt deim Buur si sunnige Rebberg
mit der Zit an Stab, se bietet für mi. Es chunnt mer
nit uf näumis a, und d'Morgesunnen isch viel wert.
Lueget, jez mueßi in d'Schul, sust wotti no allerlei sage.
Bhüetich Gott! Vergelt's Gott au! Und chömmet bal wieder.

Antwort auf den Glückwunsch zur Würde eines Viertelsvogts

's isch frili wohr, e Viertelsvogt,
wenn so ne Her im Sessel hockt,
und ißt si Fleisch und trinkt si Wi,
sel luegt e wenig anderst dri.
[207]
Sust hani wol zu Brot und Schunke
ne Moos, au anderthalbi trunke,
jez, wie's der Name mit em bringt,
der Viertelsvogt e Viertel zwingt.
Sust isch meng Eichli, ungvexirt,
z' Nacht usem Gmeiwald furt spazirt,
's het glengt no zu de chleine Poste,
jez cha's bi Gost e Wäldli choste.
Sust hani nit no Ehre gspannt,
ha's au nit gha, 's isch wohlbikannt,
jez heißt's: »Tue d'Augen uf, du Stock,
siehsch nit, wer chunnt, der Viertelsvogt!«
Sust hani, wiene Burgersma,
mi Laubi und mi Lusti gha
und bi mit Holz und andere Ware
go Basel und ins Rebland gfahre.
Jez isch's verbei, sel isch für d'Chnecht,
die Lumperkerli, ebe recht.
Der Viertelsvogt den Gaul besteigt
und drauf hinein nach Basel reit.
Ne brave Choli hani do,
und isch mi zimli wolfel cho.
I ha ne alte Esel gchauft,
und vor der Hand zum Rößli tauft.
Zerst hani sini Ohre gstuzt,
druf hani en mit Chienrueß puzt,
e falsche Zopf ans Füdle ghenkt,
wo bis an Boden abe lengt,
und riit jez druf in Stadt und Land,
und woni näume gang und stand.

[208] Erinnerung an Basel

Z'Basel an mim Rhi,
jo dört möchti si!
Weiht nit d'Luft so mild und lau,
und der Himmel ist so blau
an mim liebe Rhi!
In der Münsterschuel
uf mim herte Stuehl
magi zwor jez nüt meh ha,
d'Töpli stöhn mer nümmen a
in der Basler Schuel.
Aber uf der Pfalz
alle Lüte gfallt's.
O wie wechsle Berg und Tal,
Land und Wasser überal
vor der Basler Pfalz!
Uf der breite Bruck;
fürsi hin und zruck,
nei, was sieht me Here stoh,
nei, was sieht me Jumpfere goh
uf der Basler Bruck!
Eis isch nimme do;
wo isch's ane cho?
's Scholers Nase, weie weh,
git der Bruck kei Schatte meh.
Wo bisch ane cho?
Wie ne freie Spatz
uffem Petersplatz
fliegi um, und 's wird mer wohl
wie im Buebekamisol
uffem Petersplatz.
Uf der grüene Schanz,
in der Sunne Glanz,
woni Sinn und Auge ha,
lacht's mi nit so lieblig a
bis go Sante Hans.
[209]
's Seilers Rädli springt;
los, der Vogel singt.
Summervögeli jung und froh
ziehn de blaue Blueme no.
Alles singt und springt.
Und e bravi Frau
wohnt dört ussen au.
»Gunnich Gott e frohe Muet!
Nehmich Gott in treui Huet,
liebi Basler Frau!«

An den Geheimrat von Ittner, Curator der Universität zu Freiburg, bei dessen Gesandtschaftsreise in die Schweiz

Se bhüetich Gott der Her, und zürnet nüt!
Me schwezt, wie eim der Schnabel gwachsen isch.
Gern chönnti's besser, aber 's will nit goh.
Doch was vom Herze chunnt, isch au nit schlecht.
Der Chrüterma vo Badewiler het
mer's mengmal gseit, und gfluecht derzu, es soll
kei Hypnum meh, kei Carex in der Welt
vor sini Auge cho (der Teufel weiß,
sin's Buben oder Meidli), wenn e Ma
wie Ihr in siebe Here Ländere seig.
I will's nit repetiere. Besser wär's,
der Chrüterma hätt's au nit gseit; es isch
mit so me Fluech nit z'spasse. Het's der Recht
zum Unglück ghört, se glänzt mim Chrüterma
kei Sternli meh vom blaue Himmelszelt,
kei Blüemli meh im grüene Mattegrund.
Du arme Chetzer, Carex, Hypnum schießt
dim Aug eggege, wo de stohsch und gohsch.
[210]
I mach kei Gspaß, es isch mer selber so,
und woni näumen ane lueg, se stoht
was hent der gmeint? E Hypnum? Nei, se stoht
libhaftig Euer Bildnuß vor mim Aug,
so fründlig und so lieb, und stirbi morn,
und siehnich nümme, bis am jüngste Tag,
se chummi in mim goldne Sunntigrock,
(es heißt, mer werden alli neu gstaffiert),
und sag mim Kamerad, wo mit mer goht:
»Isch sel nit der Her Ittner, wo im Duft
dört an der Milchstroß goht? Jez buckt er si,
und bschaut e Blüemli, 's wird Dudaim si.«
Drum laufi, was i laufe cha, d'Stroß uf;
der Kamerad blibt zruck, er chunnt nit no.
Druf sagi: »Mit Verlaub! I mein emol,
der seiget's. Hani nit vor langer Zit
bim Kaiserwirt e Schöpli mitich gha?
Wie hent der gschlofe? Wohl? Der Morgen isch
so heiter. Wemmer nit e wengeli
do ane sitze zue dem Amarant?«
Jez bhüetich Gott, und spar ich frisch und gsund
uf euer lange Berg- und Schwizerreis.
's het d'Milchstroß uf, am jüngste Tag, no Zit
wohl hunderttausig Johr, und isch's denn dört
viel schöner echt, as an der Limmat Gstad?
Wie glitzert uffem See der Silberstaub!
Wie wechsle hundertfältig Färb und Glanz,
Palästli, Dörfer, Chilchtürn, Bluemegstad
am Ufer her, und wie ne Nebel stigt
dört hinte d'Nagelflue mit ihrem Schnee
zum Himmel uf durs Morgeduft! Es schnuuft
meng Geißli dört und menge schöne Bock.
Nu gunnich Gott der liebi Freude viel
mit eue brave Fründen in der Schwiz,
und grüeßet mer der Wiese Gschwisterchind,
d'Frau Limmet, und vergesset 's Heimcho nit;
's sin herwärts Schwarzwald gar viel bravi Lüt,
[211]
und hennich lieb, und schöni Jümpferli
(me seit, sie heiße Muse) warten au
am Dreisamgstad. Es heißt, Ihr seiget jo
ihr Vogtma z' Friburg, und sie singe schön,
und rede mittich allerlei; 's verstand's
ke gmeine Ma, und menge Pfarrer nit.

Auf die Insel bei Odelshofen

Zeig, Jumpfere us em Oberland,
mit diner Harpfen in der Hand,
flicht di Zirinkechranz ins Hoor,
leg 's Halstuech a us Silberflor,
chumm, sing e Liedli so und so!
De chasch nit viel. Mer wisse's scho.
Findsch echt der Weg ins Unterland?
Der Schwarzwald blibt uf rechter Hand,
mit sine Firste hoch und lang,
und 's Wasser links, 's goht au di Gang,
und obe Himmel rein und blau,
und unte frische Morgetau.
Doch wenn de n'über d'Chinzig gohsch,
und z'Offeburg am Scheidweg stohsch,
's goht links di Weg, und denk mer dra,
jez goht di d'Bergstroß nüt meh a.
Lueg um di! Siehsch kei Insle do?
»O bhüet is Gott, do isch sie jo.«
Wie isch das Inseli so nett,
as wenn's en Engel zirklet hätt,
as wenn's si eige Gärtli wär!
Wie badet's in sim chleine Meer!
Wie badet's in sim Bluemeduft,
und sunnt si in der reine Luft!
's treit menge Her e Stern am Band,
het Geld wie Laub, und Lüt und Land;
er ißt Pastete, Fleisch und Fisch,
[212]
e goldne Bueb stoht hinterm Tisch;
es fehlt em nüt. Frog, was de witt!
Doch so ne Plätzli het er nit.
Und heig er au; was isch derno?
Ihm singe d'Vögeli doch nit froh,
ihm blüeihe d'Blüemli nit so blau,
der Nachtluft weiht em nit so lau.
's chunnt nit uf Luft und Vögel a,
me mueß es in em selber ha.
Ne frohe Sinn, e lustig Bluet,
in Freud und Leid e guete Muet;
und wemme binenander sitzt,
und d'Freud eim us den Auge glitzt,
sel will en ander Röckli ha,
im gstickte Gala goht's nit a.
Bim Bluest, dört chömme Herelüt!
Sing herzhaft furt, sie tüen der nüt.
Sag: »Grüeß ich Gott, und mach ich froh
in euem nette Pärkli do«;
und wenn sie bi der dure göhn,
gang usem Weg und neig di schön.
»Se grüeßich Gott und mach ich froh,
in eurem nette Gärtli do,
und spar ich gsund Johr i, Johr us,
o schenket mer e Bluemli drus.
I flicht mer's in d'Zirinken i,
es soll mi fürnehmst Blüemli si.
Frau Sunne, was i z'bitte ha,
lueg lieb und süeß das Plätzli a,
und wärm's frei wohl und tränk's mit Lust
us diner süeße Muetterbrust.
Mer sin zwor nit elleinig do,
doch hen die andren au dervo.
Her Vollmo', und was d'Nacht erhellt,
wenn d'Sunne schloft im stille Zelt,
i will ich's au bifohle ha;
und luegt e Chnab si Schätzli a,
[213]
und wenn's em au ne Schmützli git,
sind still derzue; verrotet's nit.«
Jez, Jumpfere mit dim Harpfespiel,
mach, aß de furt chunnsch! Z'viel isch z'viel,
und chunnsch mer heim im Obedrot,
und 's frogt di eis: Woher so spot?
Se sag's, und rüehm's frei do und dört,
und halt di redli. Hesch mer's ghört?

Des rheinländischen Hausfreundes Danksagung an Herrn Pfarrer Jäck in Triberg

»Zeig wie, Her Peter! Wenn der's Gläsli schmeckt,
voll Chirsiwasser, und der Chueche dri,
und 's Lied vo Triberg vom Her Pfarer Jäck,
weisch nit, was schön isch? Git men eim nit d'Hand,
zieht's Chäppli ab und seit: Vergelt's ich Gott!
Du nit? Und trinksch, as wenn di eigne Baum
die Chirsi treit hätt? Und de hesch doch kein.«
's isch wohr, Her Jäck, i ha kei eigne Baum,
i ha kei Hus, i ha kei Schof im Stall,
kei Pflueg im Feld, kei Immestand im Hof,
kei Chatz, kei Hüenli, mengmol au kei Geld.
's macht nüt. 's isch doch im ganze Dorf kei Buur
so rich as ich. Der wüßet, wie me's macht.
Me meint, me heig's. So meini au, i heig's
im süeße Wahn, und wo ne Bäumli blüeiht,
's isch mi, und wo ne Feld voll Ähri schwankt,
's isch au mi; wo ne Säuli Eichle frißt,
es frißt sie us mim Wald.
So bini rich. Doch richer bini no
im Heuet, in der Ernt, im frohe Herbst.
I sag: »Jez chömmet Lüt, wer will und mag,
und heuet, schnidet, hauet Trübli ab!
I ha mi Freud an allem gha, mi Herz
an alle Düften, aller Schöni g'labt.
Was übrig isch, isch euer. Traget's heim.«
[214]
Her Jäck, mir isch, der schüttlet eue Chopf,
und saget für ich selber: »Guete Fründ,
so lebt men im Schlaraffeland.« He jo,
so lebi im Schlaraffland, 's isch wohr.
Treit nit meng Immli süeße Hunig heim
um Triberg? Hangt nit menge Chirsibaum
voll schwarze Chinder? Mir do niede fliegt
der Chuechen und der Chirsiwasserchrueg
und drei für ein zum Fenster i. »Do trink!«
Und lueg, do fliegt e Blatt, 's isch schwarz uf wiiß.
Her Jäck, viel Süeßi wohnt im Bluemechelch,
viel Gwürz im brune Chirsichern, 's isch wohr.
Doch was im frumme Menscheherz ersprießt,
und ufgoht, und in schöne Liedere blüeiht,
wie euer Lied, goht übers Zuckerbrot
und Zimmetgeist. Das treit ke Immli heim.
Das distellirt der Summer an keim Baum.
Drum dank ich Gott für alles Liebs und Guets.
Drum dank ich Gott für eue dreifach Gschenk,
und gebich Sunneschin und frohi Zit.
Der sehnt, i dank mit Chapezinerdank,
mit Segen und Papier.

An Frau C. Laumeier in Freiburg

Wer so ne Liedli mache cha,
mueß selber schier en Immli si.
Es leit so zarti Zellen a
und treit so reine Hunig dri.
Nei, in der Stube chunnt's eim nit,
und in de Büechere lehrt me's nit.
Wo's Immli sini Stiefel chauft,
im Bluemeschooß si Chöpfli tauft,
dört findt me so scharmanti Sache;
und so ne Gmüetli zart und guet,
e frumme Sinn, e frohe Muet
cha's au zum nette Liedli mache.

[215] Aus einem Brief an die Weiler Freunde

Hosche ho! Isch niemes do? –
»Nummen ine! Was wär Ich lieb?« –
Wennmer die Frau Vögtin oder die
J(ungfer) G(ustave) ne Briefle schrieb. –
»Chömmet e andermol!
Mer henn jez nit der Zit!« –
Numme au ne halb's, mi Weg
isch gar grüseli wit.
Nummen au ne chleis,
nummen au ne paar Wörtli! –
»Wartet denn, i schrieb ich eis.
Sitzet dört an sell Örtli!«

Bruchstück einer Epistel

Jumpfere, sitzet mer jez ufs Stüehli do nider und loset,
bis i sag: »Jez gang!« und hent der im vorige Summer
oberländisch an mi gschriebe, willi's vergelte.
Bini nit au deheim, wo alles schöner und süeßer
tönt in Matten und Feld und in de vertäflete Stube?
's het mi kei Mutter gebore und keini christlige Pate
hen mi an Taufstei treit. In mine dämmrige Tage
het mi kei Brei erquickt. In d'Kirche bini nit gange
bis ins füfzeht Johr. Mi Müetterli het mi gebore,
d'Götti hen mi ghebt, und Peter het mi der Her tauft,
Pape hani gschleckt, und mittem sturzene Löffel
het mer d'Muetter usem Pfännli d'Schareten uschratzt:
»Se, Hans Peterli, iß!« In alli Chilche vo Basel
und im Wiesetal vo Rieche ane bis Schönau
bini gwandlet us und i, au mengmol ins Wirtshus
mit mim Vogtma. Tröst en Gott im ewige Lebe.
Was wohl will, fangt zitli a – – –

[216] An Kirchenrat Dreuttel

Jez loset, Dreuttel, was i Euch will sage:
's neu Johr het uffem Chilchturn Drizeh gschlage;
druf luegi no de Sterne, wie's au stoht,
und wie's im neue Johr echt öppe goht!
Bi Euch goht's guet. Denn was en Astrolog
gern seh möcht, sieht er, seig es an der Woog,
am Widder oder Leu, und an der Jumpfere (wohl
verstande, selsch am Himmel, ielimol
au uf der Erde). – Was seit iezze d'Woog
mit ihrem goldne Gwicht zum Astrolog?
Sie seit: »Wem gilt's?« I sag: »Im Spicial
in Müllen obe. Hesch e gueti Wahl,
se gunnem si, und schwank nit lang!« Sie seit:
»Gang, leng mer no meh Gwicht. Was d'Schale treit.«
Jez lengi tausig Zentner Gold, 's isch nit
für Euch. Was tätet der dermit!
Gold macht nit rich, Gold macht nit gsund und froh.
's isch numme s' Gwicht; doch Glück u. Freud u. Fried
lit in der andre Schale, bis sie zieht.
Jez zieht sie sölli, »Leng mer no mehr Gwicht.«
I sag: »Gib achtig, aß nit d'Schale bricht.«
Sie seit: »Hält's Muul! Verstohsch du's echterst besser?«
I sag: »He nei. I bi jo numme ne Professer.«
Jez stoht es inn. Jez leert sie d'Schalen us,
dur's Chemi ab, ins Spicials si Huus.
Druff sagi: »Wenn de ferdig bisch, se tue
au no e Gwichtstei oder zwe derzue!
Isch Gold kei Glück, so bringt's doch au kei Harm,
und macht's nit rich, se macht's doch au nit arm,
wer's z'bnutze weiß wie er.« Sie seit: »Mir a,
es chunnt mer uffe Zentner au nit a
für so ne Biederma!« –
Jez wissener's, und wird's im neue Johr
an Euch und Eurer Frau und Chinde wohr,
sen isch's mi Freud. I blib, bis i verrebel, Euer Hebel

[217] Der Sackgeist

Zur Jubelfeier des Schulrats G.Fr. Ruf


I bi ne Geist usem Oberland,
und vierzig Johr und achti huus i scho
do in dem Zwerchsack, und gang nie me drus.
I ha ne frische Chnab us 's Vaters Huus
z'bigleite cha in d'Stadt zu siner Lehr
und mit sim Bündeli, und wenig drin.
»Gib achtig uffen«, het der lieb Gott gseit,
»und mach, daß öbbis Ordligs usem wird!«
's isch öbbis us der worden, alte Chnab,
und schön stoht jez di grüene Ehrechranz
in dine graue Locken, und di Sack –
nei lueg, bim Bluest, er chennt di nit,
er chennt di nimme! Aber du chennsch ihn
in Demut – alle gute Gabe kommt
von oben her, vom Vater alles Lichts –
und denksch jez wieder an di ersti Stund
voll banger Hoffnig in der fremde Stadt:
»In deine Vaterhände, du, mein Gott,
leg' ich mein Schicksal!« Guete Hände hesch's
vertraut – 's isch näume wie ne fremde Somechern,
me luegt en a, me weiß nit, was isch drin.
Was gschieht? Im Rege und im Morgetau
wachst usem chline Chörnli öbbis uff
und streckt si sölli; jez grüent Laub an Laub,
jez tribt's in alle-n-Äste Bluest an Bluest,
jez hangt's voll Frucht. So isch us seller Stund –
de hesch's nit gewüßt, di Herz het ni dra denkt –
meng Freudejohr ersproßt, und Glück und Heil
und Ehr und Chinderdank isch jez di Teil.
– Nun freue dich in Ruh und Heiterkeit
des Segens, der dich krönt, und lieblich sei
dein Abend nach des Tages schwüler Hitze.
Genieße lang des treuen Lebens Lohn
zu deiner Gattin, deiner Kinder Trost!

[218] Die Hauensteiner Bauernhochzeit

Ein Schulmeister tritt mit den Hochzeitleuten und spricht:


Jez stelletich! – Du doher, hani gseit!
Und du dört mit dim große Dreispitz links!
Und neig si jeds, und bettet lisli no!
Do bringi, liebi gnädigi Fürstefrau,
ne ganzi Hochzit usem Hauestei
vo Herischwand. Vor vierzeh Johre hen
si alli 's ABC no bi mer glehrt
und treui Fürsteliebi. – Der do het
scho in der Schuel gern 's Mariannli gseh
und Töpli ghobe für's. Drum, d'Liebi het
kei Zit. Jez endli vor Michelitag
hen's d'Vätter usgmacht. – »Loset«, hani gseit,
»lönt's mittem Chilchgang, mittem Freudesprung
no Zit ha bis zum heilige Stephanstag!
Mer göhn go Carlisrueh! Wer weiß, es macht
der liebi Fürstin au ne chleini Freud.
Sie isch jo au zu üs cho. Großi Freud
isch's gsi im Land.« – O gnädigi Fürstefrau,
mer chönnes nie vergesse. D'Muetter seit's
im Chindli uffem Schoß, und 's Chindli lacht
und zuckt vor Freude. Dankich Gott der Her
für Eui Liebi, und was Euer Herz
erfreue mag, das gebich Gott! – 's erfreut
viel tausig, tausig Herze. Üsereis
cha's nit so sagen, au ne Schuelher nit.
– 's isch viel gseit. – Bring der lieb Gott gsund und froh
bald wieder üse Heren in sein Schloß,
und segne seine Kronen und sein Haus
auf späte Zeit! – Sin Eui Chinder brav?
's größt wird jez bald in d'Schuel go, denki wol.
Erhalt Gott ihri Bäckli frisch und rot,
[219]
und schenkene der Muetter chöstlig Herz,
und bald e Brüederli. – Jez weihet au
mi Pärli do mit Euem liebe Blick,
und chömmet, wenn der Maie wieder grüent,
und Bluest zue neue Freudechränze bringt,
au wieder ufe! – 's g'rotet Frucht und Wi
nit, bis der wieder in der Nöchi sind,
und Sege bringet, wie im Johrgang Ölf.
's isch Sege, wo der sind. – Jez, Mariann,
gang, gib's Papierli umme! Bisch nit schüch,
und neig di zimpfer! Zeig!

Bittgesuch

Ne Meiddeli usem Oberland
chunnt zuenich her und chüßt ich d'Hand,
der sind jo so ne brave Her,
i wüßt jo kein, wo lieber wär.
's chunnt mengen usem Oberland
und het e Bittschrift in der Hand,
und euer Gmüet, wenn's helfe cha,
sen isch er e versorgte Ma.
Drum bringi au mi Bitte dar.
Mer singe gern, mir jungi War,
d'Welt luegt is no so lustig a,
mer hen jo no kei Chummer gha –
und spielte gern Klavier derzue
wie d'Jumpferen in Carlisrueh.
Doch sel isch d'Chunst – i ha jo keis –
o sind so guet, und gent mer eis!
Es isch e mengs, wo singt und lacht,
und Ihr hend's froh und glücklich gmacht –
do stoht so eis – und dankt's ich viel,
het Vatergüeti doch kei Ziel.

[220] Der Ehrentag Karl Friedrichs, Markgrafen zu Baden, nach Aufhebung der Leibeigenschaft, den 23. Juli 1783, gefeiert im Oberland

Zu einem Bild von 1821


I ha scho menge Sturm und Schnee
i ha scho menge Früehlig gseh,
und Chrieg und Elend überal
im Rebland und im Wiesetal.
An so ne Zit, wo alles singt
und jung und alt in Freude springt,
an so ne Tag, wie Gott ein schenkt,
an so ne Freud het niemes denkt.
O wär er do, o chönnt er's seh,
der liebi Fürst, Gott het en ge!
Er isch so gnädig, isch so guet,
's wird Wohltat, was er denkt und tuet.
»Du, Gott im Himmel, sei sein Lohn,
und schirme seinen Fürstenthron.«
Siehsch, Friederli, sel Engelsbild?
Wie luegt's ein a so lieb und mild!
Es isch di Fürst, wo sorgt und wacht;
er het is alli glücklich gmacht.
Das lohnt em Gott, und uf si Hus
gießt Gott si Huld und Segen us.
O Chind, de bisch so jung und zart,
und wenn di Lebe Gott bewahrt,
und bisch emol dim Vater glich,
so wohnt di Fürst im Himmelrich,
und andere Zite chömme no.
Doch blibt si Geist und Liebi do,
und tröstet wieder treu und mild,
und segnet in sim Ebebild.

[221] An Fürstin Amalie von Fürstenberg zum Namenstag

Sie hen mer gseit im Dorf, i sott's nit tue.
Sie hen mer gseit: »Es schickt si nit. Sie zürnt's.
Du weisch nit, wie me mit der Fürstin redt
in diner guten Einfalt. Blib deheim!«
O nei, 's isch nit so, edli Fürstefrau!
Nei, d'Liebi het e gueti fini Red,
und so ne Gmüet wie eueres zürnt 's nit.
Der sind jo in ganz Fürsteberg so lieb
Der wüßet's nit, der glaubet's nit, wie lieb.
Drum hani denkt, i gang und sageres
und bringere mi frumme Segenswunsch
und bringere mi treu und dankbar Herz.
O Fürstin, euer schöne Name wohnt
in alle Herzen, und im Himmel stoht
er, denkwohl, au, und isch den Engle lieb.
Den Engle gfallt, was frumm und güetig isch
und in der Hoheit Demut übt und gern
mit Wort und Werk und süßem Blick erfreut.
Vergelt's Gott, was dr tüent und was dr sind.
Mehr gilt wohl, was men isch, as was me tut.
O Frau, es hen der süße Freude viel
im Menscheherze Platz, so eng es isch,
im Muetterherze gar. Erfüll Gott euch
und eue Her mit Freuden ohni Maß,
und heig Gott euch und eui Chindli lieb
und schenk em Töchterli der Muetter Gmüet,
em junge Herli 's Vaters Sinn und Geist!
Das isch mis Herze Wunsch zum schöne Tag,
zum Name, wo in alle Herze wohnt.
O nehmet's güetig uf.

[222] An eine Freundin bei Übersendung einer Anzahl Rätsel und Charaden

Nehmet das denn au,
liebe, frummi Frau!
's grotet just nit eins wie's ander,
Chorn und Spreu isch unterenander.
Leset's Fürnehmst us,
's isch, cha si, ne Fund;
's ander strichet us.
Gott erhalt ich gsund,
und Gott schenkich alliwil
liebi süeßi Freude viel!

Notizen
Erstdruck in verschiedenen Zeitschriften.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Hebel, Johann Peter. Gelegenheitsgedichte. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-4464-B