[Viel Glücks zum neuen Meisterrechte!]

[99] Als Herr T(obias) E(hrenfried) F(ritsche) Anno 1718. in Wittenberg die Magisterwürde erhielt.


Viel Glücks zum neuen Meisterrechte!
So kurz erklärt sich unsre Pflicht,
Die wie das buhlrische Geschlechte
Mehr wüntscht als sagt, mehr denckt als spricht.
Man muß nur mit den Wölfen heulen
Und, weil die Mode so befiehlt,
Dir, edler Freund, ein Lied ertheilen,
Es sey auch noch so lahm gespielt.
Dein Violet, Sophiens Gabe,
Erinnert unsern kalten Geist,
Als ob man zu bedencken habe,
Was eigentlich Magister heist.
Vorwahr, der grundgelehrte Tittel
Bedeutet mehr, als mancher denckt,
Und ist anjezt ein wohlfeil Mittel,
Das ungemeinen Vortheil schenckt.
Zum ersten schmückt dies Wort den Nahmen
Und ziert ihn wie den Hund der Schwanz
Und wie ein großer Hecht den Hamen
Und wie ein schönes Haupt der Kranz.
Herr F(ritsche) ließe gar zu seichte;
Magister F(ritsche) klappt und klingt
So zärtlich als die Ohrenbeichte,
Die Dorchen in dem Bette singt.
Zum andern hat sich ein Magister
Des großen Ranges zu erfreun,
Wenn Mutter, Schwäger und Geschwister
Magister und Magister schreyn.
Da steht er auf den Treppenstufen,
So bald der Tisch voll Speisen steht,
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Und harrt und läst sich zehnmahl rufen,
Weil ihm das Wort durchs Herze geht.
Zum dritten sieht er sich verehren,
Er komm auch nur wohin er will,
Da muß er von den Jungfern hören:
Wie, Herr Magister, wie so still?
Ach Herr Magister, sie vexiren;
Der Herr Magister geh voraus;
Der Herr Magister wird uns führen;
Der Herr Magister fällt ins Haus.
Magister scherzen allzeit beßer;
Magister läßet noch so schön,
So oft sie mit dem langen Meßer
Nebst fünf Gevattern schneiden gehn.
Magisterküße schmecken süßer
Als Mandelmilch und Honigseim;
Magister laufen viel gewißer
Als eines Dichters bester Reim.
Magister kriegen von dem Schreiber
(Schulmeister klappt nicht) mehr Respect;
Magister finden reichre Weiber,
Dieweil die Kraft im Titul steckt.
Magister predigen gelinder;
Magisterworte gelten viel;
Magister ziehn die frömmsten Kinder
Und kommen eher an das Spiel.
Zunechst kam einer in die Schencke
Und trunck magistermäßig rum
Und sof sich Degen und Gehencke
Und Füß und Haupt und Buckel krumm.
Darauf vervielt ihn noch die Zeche;
Ja, sprach der Wirth, mein Herr, verzeiht,
Denn daß ich euch den Beuthel schwäche,
Das macht, weil ihr Magister seyd.
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Du weist wohl, in dem grauen Thiere
Kommt ein Magister früher dran,
Und hinckt er auch auf alle Viere
Wie Herr Magister Lobesan.
Was brauchts? Du wirst es selbst erfahren:
Die heutige Promotion
Gewähret deinen jungen Jahren
Den herrlichsten Magisterlohn.
Wie manche wird im Vaterlande
Ein heimliches Gelübde thun,
Mit dir und deinem neuen Stande
Ins künftige vergnügt zu ruhn.
Wir halten nichts vom Seegensprechen
Und stückeln keinen Wuntsch ans Blat,
Und gleichwohl wird dir nichts gebrechen,
Wo unser Anfang Würckung hat.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Günther, Johann Christian. Gedichte. Gedichte. Lob- und Strafschriften. (Frankfurt) Wittenberg November 1715 - Dresden Anfang September 1719. [Viel Glücks zum neuen Meisterrechte!]. [Viel Glücks zum neuen Meisterrechte!]. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2527-3