[44] An seine Schöne
Nur eine bleibet meine Taube,
Und diese, werthes Kind, bist du;
Die Welt hat nichts von süßrem Schmerze,
Als wenn ich dir, vertrautes Herze,
Die Armen um den Nacken thu
Und dort zwey Handvoll Blumen raube.
So wie uns oft nach warmen Regen
Ein grünlichter Geruch erquickt,
So geil, so kräftig und so süße
Erfahr ich den Geruch der Küße,
Die, wenn sich deine Zunge rückt,
Herz, Nieren, Marck und Bein bewegen.
So herrlich dämpft Dianens Tempel
Mit seinem theuren Räuchwerk nicht,
So liebreich wißen keine Rosen
Den schwachen Sinnen liebzukosen
Als dies, was hier die Regung spricht:
Die Wollust leidet kein Exempel.
Mich deucht, es geht auf deinem Munde
Der nechste Weg in Amors Reich.
Der Vorschmack von den reinen Lüsten
Führt mich durch Berge, Thal und Wüsten;
So denck ich oft, und irr ich gleich,
So irr ich doch mit gutem Grunde.
Reißt, sanfte Lippen, reißt mein Leben
Durch so ein warmes Gift dahin;
So komm ich beßer und auch eher
Ins Paradies der Elisäer,
Allwo ich schon im Traume bin,
Weil Fried und Schönheit um mich schweben.
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Ja, ja, du magst es auch belachen,
Ich will mit deinen Küßen fliehn,
Und wird mich dort Petrarch umfaßen,
Ihn gleichfalls einen kosten laßen.
Was gilt's? Er soll vor Sehnsucht glühn
Und viele Geister lüsternd machen.