52. An Herzogen Friederichs zu Schleswig-Holstein Fürstl. Durchleuchtigkeit, aus Astrachan geschrieben

1638 September.


Schau, edles Holstein, auf, erfreu' dich deiner Ehren
und hilf dir deinen Ruhm auch selbst durch dich vermehren,
indem dein Glück und Preis so hoch und schöne blüht,
daß ganz Europa nun auf dich alleine sieht!
Nicht nur um dieses zwar, daß, seit der harte Himmel,
von Sünden aufgereizt, ein blutiges Getümmel
auf unser Vaterland, das arme, hat erregt,
das achtzehn Jahre nun auf eine Stelle schlägt
und noch nicht höret auf, – du einigs aller Landen
in Alemannien bist unverrückt bestanden,
so ganz, daß, da die Glut die nächsten Nachbarn fraß
und nun der wilde Brand dir auf der Achseln saß,
dich doch kein Schade traf. Wie wenn das Wetter blitzet
und auf den dicken Wald viel' Donnerkeile sprützet,
die steinern' Eiche spält, der Fichten Kraft zerbricht:
blos an den Lorbeerbaum wagt sich kein Donner nicht.
So steht ein hoher Fels, läßt die erbosten Wellen
an seiner starken Brust umbsonst zurücke brällen;
der Zorn der Flut kehrt umb, und, weil er mehr nicht kan,
so schäumt, so brennet er und fällt sich selbsten an.
Umb dieses zu voraus, daß Fama steigt zu Wagen,
dein unerhörtes Lob der Erden anzusagen;
sie schreit den Völkern zu: Wenn, ruft sie, ists geschehn,
daß man wol Persien in Holstein hat gesehn,
als wie es itzund kömt? Das seltzame Gerüchte
erschallet durch und durch. Der deutschen Welt Gesichte
folgt dieser Zeitung nach, schaut, wo denn wir noch sein,
und zeucht auf einen Tag mit uns zu Gottorf ein.
Nichts Schlechtes geht hier vor. Kehrt hieher eure Sinnen
und seid mit mir bemüht, ihr deutschen Kastalinnen!
Bist du nur, Vaterland, nicht gar so übel dran,
daß du noch einen hast, der dich betauren kan,
der mag den Schreibezeug in lauter Blute netzen
und auf sein großes Buch die langen Kriege setzen,
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ein ungeliebtes Werk, mag seufzen einen Streit,
den wider sich noch führt die arme Christenheit,
ihr eigner Feind und Tod. Ich will hingegen melden
ein weit viel schöner Tun, die Vorsicht eines Helden.
der, da Europe selbst ihr' eigne Brust durchstach,
und itzt ihr schöner Leib gleich wie zu Stücken brach,
so ernstlich war bedacht alleine von so Vielen,
woher ein Mittel doch wol wäre zu erzielen,
das für der Mutter Fall, die schon zu Boden sank
und nun ihr eigen Blut als für ein Labsal trank,
recht wert und kräftig sei. Er sah' ins Nach' und Weite:
zu Hause war kein Rat, kein Landsman war zur Seite.
Ob, sprach er, unsre Welt nichts für die Wunden hat,
so weist doch Asien der kranken Schwester Rat.
Bald hieß er Boten gehn in Elams fremde Gränzen,
umb diesen harten Bruch hinwieder zu ergänzen.
Sie zohen glücklich hin und brachten wol zurück'
ein gutes Konterfet von diesem Meisterstück'.
Hat Thessalis so hoch des Äsons Sohn gezieret,
daß er das güldne Schaf aus Kolchis nur gefüret,
was Ehre wird sein hier? Hier ist nicht Griechenland,
das nur bis auf ein Schiff gränzt an den Kolcherstrand,
kein Goldfell nur ist hier. Wir reisen dieser Ware
mit so viel Mühen nach mehr als fünf ganzer Jahre.
So manche große See, so manches langes Land
hat das und jenes Feld durch diesen Weg getrant.
Wol, werter Friederich, dir ists durch uns gelungen,
daß du wirst so erhöht durch vieler Völker Zungen,
dahin dein Name dringt. Dein Vorsatz, der ist gut:
Gott gebe, daß die Frucht uns balde sanfte tut,
als wie sie lieblich reift! Und wenn dein fürstlichs Herze
die Namen überdenkt, die so viel Ernst und Scherze
des leichten Glücks versucht und nun durch Hitz' und Frost,
durch List und Haß der Welt dir die gewolte Post
zurücke bringen zu, so lasse dir belieben,
daß sie zu Gnaden dir stets stehen vorgeschrieben!
Ihr Lohn ist deine Gunst. Und wisse, großer Fürst,
daß du durch dieses Volk noch täglich größer wirst!
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Dieselben, die sind wir, die dich geherzten Prinzen
gefürcht't und groß gemacht bei mancherlei Provinzen.
Ganz Rußland stund dir auf als wir dich trugen an,
und, was es Königen und Kaisern nie getan,
das ließ es dir geschehn. Die wilden Zeremissen,
die liefen umb die Rha und stritten dich zu grüßen.
Der greuliche Nagai und strenge Morduwin
warf Pfeil' und Bogen weg und ließ uns frei durchhin,
wie die Zirkassen auch. Die grausamen Komücken,
das ungemenschte Volk, sahn wir vor dir sich bücken.

Das Wilde ward dir zahm. Und da der streng' Hyrkan, der Fremden harter Wirt, uns warf an sein Schirvan,

da lief uns Persien, das edle, stracks entgegen
und tröstet' unser Leid mit seinem reichen Segen,
blies Freudenfeuer auf und führt' uns an der Hand
hin auf sein Hisfahan, allda wir denn dein Pfand
wol haben vorgelegt. Hier ward dein hoch Gesinnen
nach Wundsche wol gehört. Man lobte dein Beginnen.
Der trefliche Söfi nahm dich zum Bruder an
und sendet' dir mit uns Imamculi Sultan,
den Auszug seines Sinns; der wird dir mündlich sagen,
was uns nicht müglich ist dir schriftlich anzutragen.
Drumb halte dich gefaßt auf diesen großen Gast,
den du vom Morgen her durch uns geholet hast!
Dein Dank, der folget dir bis in die Ewigkeiten
und setzet, Herzog, dich den Rittern an die Seiten,
die Manheit und Verstand einander zu vermält,
und für das Vaterland nie keinen Streich verfehlt.
Erheb, Germanie, dein sterbendes Gesichte!
Wir wissen, wo sie stehn, die nun fast reifen Früchte;
der Weg, der ist gebähnt; die Brück' hat man gemacht,
dardurch auch selbst dein Tod ins Leben wird gebracht.
Und, teure Christenheit, laß noch nur nach zu kämpfen,
laß noch nur nach dich selbst so durch dich selbst zu dämpfen,
ach, werde Freund mit dir! Schau, der Gewin steht hier,
für welchem dein Verlust dir kömt wie keiner für.
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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Fleming, Paul. Gedichte. Deutsche Gedichte. Poetische Wälder. 4. Von Glückwünschungen. 52. An Herzogen Friederichs zu Schleswig-Holstein. 52. An Herzogen Friederichs zu Schleswig-Holstein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-ACF7-1