3. Auf Jungfrau Marien Schürers Begräbnüß
1632.
Die heiße Zährenbach
rinnt nur umbsonst die roten Backen ab.
Kein herzerzwungnes Ach
füllt für uns aus das schon gemachte Grab.
Man hat noch nie vernommen,
daß auf die Klagewort'
[250]ein Geist sei rückwärts kommen,
der einmal schon war fort.
Die tugendvolle Lust
der schönen vor, itzt totenfarbnen Stadt
hat auch an das gemußt,
was kurzer Zeit so Viel' ermordet hat.
Was uns an ihr beliebet,
liegt vor uns kalt und tot.
Sei, junge Welt, betrübet!
Dich rührt die meiste Not.
Die neun Aonien,
der Nymphen Zunft, die ganze Götterschar
samt allen Chariten
stehn tief betrübt umb die verhüllte Bahr'.
Apollo kan nichts sagen,
ist Leid und Ächzens voll,
hat mir es aufgetragen,
daß ich sie klagen soll.
Die Tugenden gehn aus
und samblen ein Cypreß und Majoran;
sie winden manchen Strauß
und ziehen sie mit bunten Kränzen an.
Sie malen alle Plätze
und rufen aus vor ihr,
daß man in Blumen setze
sie, aller Blumen Zier.
Der deutsche Helikon
hat schwarzen Flor und Binden vorgetan.
Cytheris und ihr Sohn,
das liebe Kind, ziehn Trauerkleider an
und folgen derer Leichen,
auf die sie dachten schon,
wie sie ihr wolten reichen
den Malschatz, ihren Lohn.
Der bleiche Würger steht,
als reu' es ihn, was er an ihr getan,
weil ihm zu Sinnen geht,
was er verübt und nun nicht ändern kan.
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Doch solt' ihn was gereuen?
Er würget Tag für Tag,
für dem sich Alle scheuen,
den Niemand scheuchen mag.
Wie sollen wir ihm tun?
Wir heißen dich, Leib, unter deiner Gruft
in sanfter Stille ruhn,
bis dich einmal die Seele wieder ruft,
die Seele, die schon höret,
was sie vor nicht gewußt,
bis sie auch dich verehret
mit jener langen Lust.
Im Übrigen will ich,
wie ich denn soll, durch meiner Verse Preis
geschäftig sein umb dich,
will wenden an nicht angelehrten Fleiß,
daß die, so dieses lesen,
auch melden meinen Sin,
daß ich dir hold gewesen,
du keusche Schürerin.
Ihr Andern, sündet an
die teure Myrrh' und fremdes Benzoe,
daß von dem Oliban
und Aloe ein süßer Dampf entsteh'!
Inmittelst will ich tönen
die weise Melodei,
daß auch das Grab der Schönen
nicht ohne Freude sei.