7. Auf Herrn Adam Zeidlers und Jungfrau Esther Webers Hochzeit

Frühling.


Sieh sie an, die Weberin,
fromme Zynthie, und höre!
Du auch, züchtige Zythere,
unsrer Nächte Heroldin,
trit herfür und gieb dein Zeichen,
daß die kühlen Schatten streichen!
Ja, ihr tuts. Der schöne Tag
ist der schönen Nacht gewichen.
Was ists, das dort kommt geschlichen,
was ists, daß ich fragen mag,
das aus jenen Hörnern lachet
und der Braut solch Sehnen machet?
Lune ists, der Tag der Nacht,
und die Herrscherin der Flammen,
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so die Lieben fügt zusammen,
hat sich neben sie gemacht,
neben sie, dieweil sie beide
Gleiches tun bei solcher Freude.
Sie stehn nun und sehn mit Lust
ihre güldnen Ritter ringen,
daß die süßen Bahnen klingen
einen Ton uns unbewußt.
Was sie mit dem Winken wollen,
ist, daß wir nun schlafen sollen.
Die verjüngte Frülingswelt
eilet, was sie kan, zu Bette.
Alles eilet um die Wette
und verbirgt sich in sein Zelt.
Alles hat sich schon geleget,
was Wald, Luft und Wasser heget.
Alles braucht sich seiner Ruh'.
Sehet, wie die Saat sich bücket,
die verwachte Rose nicket
und tut wie ihr Auge zu,
und die taumelnden Zypressen
haben ihrer selbst vergessen!
Die gekühlte Luft schleicht aus
und haucht auf die trucknen Matten
tauende gesunde Schatten,
und das frohe Sternenhaus
geußt den schlummernden Gewächsen
neue Kraft in ihre Flechsen.
Was ist mehr froh als die Braut,
daß der Lauf der hohen Sonnen
nun hat seinen Zweck gewonnen,
daß nun Alles, was sie schaut,
ist mit dicker Nacht begossen
und die Augen zugeschlossen?
Mahl und Tanz sind gleich nun aus.
Die bezechten Gäste wandern
immer einer nach dem andern;
Iederman der sucht sein Haus.
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Nun vermeint sie sich zu laben,
erst recht satten Fug zu haben.
Sie umfängt des Liebsten Leib.
Wahr ists, daß in süßem Zagen
sie einandern selbst verklagen,
sie ihn Man und er sie Weib,
daß mit halbgeweintem Lachen
sie so neue Namen machen.
Lieben, redet nicht zu viel!
Denn die abgeführten Sternen,
die behorchen euch vom Fernen
und verraten dieses Spiel.
Alle Götter wissen morgen,
was ihr meintet ganz verborgen.
Was ihr sonsten tut, das tut!
Nehmt und gebet, gebt und nehmet,
dessen sich kein Herze schämet,
dem es wird wie euch so gut!
Schaffets, daß sich selbsten müssen
die geküßten Küsse küssen!
Dieser angenähme Streit,
der aus Einigkeit entspringet,
bringt euch, was er Allen bringet,
die so sein, als wie ihr seid.
Was durch Streiten wird verloren,
wird durch Streiten auch geboren.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Fleming, Paul. Gedichte. Deutsche Gedichte. Oden. 3. Von Hochzeitliedern. 7. Auf Herrn Adam Zeidlers und Jungfrau Esther. 7. Auf Herrn Adam Zeidlers und Jungfrau Esther. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-AA86-F