[76] Personen
- Ino
- Athamas, ihr Gemahl
- Learch
- Melizert, ihre Kinder
- Juno
- Chor der Nereiden
- Chor der Tritonen [76]
[76] Personen
Wie grausam und ungöttlich sich Juno an allen ihren Nebenbuhlerinnen zu rächen gesucht hat, erhellt daraus, daß sie Semelen, welche schwach und eitel genug war, alles für aufrichtige Freundschaft anzunehmen, was ihr die verstellte Juno sagte, den Rath gab: vom Jupiter eine göttliche Umarmung, wie er seine unsterbliche Gattinn zu umarmen pflege, zu erflehen. Zeus erschien. – Semele, vom Stolz übermannt, bat, was ihre Feindinn rieth. Der Donnerer weigerte sich dieser Bitte zu willfahren, weil er Semelens Verderben voraus sah, war [77] aber doch galant genug, um seinem Liebchen etwas abzuschlagen. Das nächstemal erschien er in seiner Maiestät mit Blizz und Donner; umarmte Semelen, welche unsterblich zu werden hoffte – und als Mensch vom Blizze getödtet war. Zeus erkannte nun die Rache seines Weibes, nahm das schon lebende Kind aus dem Schoosse der Sterbenden heraus; sicherte es vor der Verfolgung Junos, indem er es Inon, der Tochter des Kadmus, zur Pflege und Erziehung anvertrauet hatte.
Juno erfuhr es, und suchte sich an der Pflegemutter dieses kleinen Aftergottes nachdrükklich zu rächen. Sie kränkte sie vorzüglich dadurch, daß sie ihr ihren Gemahl Athamas auf den Weg der zügellosesten [78] Ausschweifung – in die Arme der Nephele führte, aus welchen er nur zuspät für Inos Ruhe zurükkkehrte. Wahnsinn ergrief ihn, – er zerschmetterte seinen Sohn Learch, eilte seiner Gattinn nach, – welche aber den Wink der Gortheit erfüllte, und sich nebst ihrem Sohne Melizert in die Fluthen warf.
Nur auf diese Art konnte Juno versöhnt werden!
[79]Die Szene ist auf einer wüsten Insel, dem einzigen Aufenthalt der verlassnen und verfolgten Ino, und ihrer Söhne.
[80]Learch! Melizert! Meine Söhne! – Getreue Gefährten meines Unglükks! ruhet sanft, ihr zwei Unschuldigen!
Noch empfindet ihr kaum zur Hälfte das Elend, so euch drükkt! –
Fühlt nicht den Kummer, der euch verzehrt.
Wißt nicht das Schiksal, so euch erwartet. Ruhet sanft!
Ich will indeß zu den Göttern für eure Erhaltung flehn!
Götter! Sollte irgend ein neues Unglükk? – O! ich Elende! – bin ich nicht schon unglükklich genug? –
Von der höchsten Staffel des Glükks, aus dem Schooße der reinsten Frenden – zu diesem gränzenlosen Jammer hinabgesunken.
Von aller Welt entfernt! –
[82]Vom Athamas, dem einzigen Sterblichen, den ich unaussprechlich liebe, dem Treulosen, dem Bundbrüchtigen, den ich noch jezt mehr als mein Leben liebe, verrathen, verstossen!
Er in den Armen einer nichtswürdigen, verworfenen Buhlerinn – einer Nephele? –
Und ich – und meine Kinder? –
Ha, Juno! –
Grausame Göttinn! Dein Werk! Das Werk deiner Rache!
Du fluchtest mir –
Schwurst mir einen unversöhnlichen Haß, als ich Semelens Sohn, das Götterkind ernährte.
Du verliehst der Nephele jene zauberischen Reize, meinen Athamas zu fesseln!
Erstikktest in ihm das Gefühl der Liebe, der Trene – der Menschheit! –
Unerbittliche! – – Kann nichts dich erweichen? – Dich nichts versöhnen? – Wohl!
[83]Wohl! – So nimm auch das lezte, was mir übrig ist – mein Leben! – Nimm auch mein Leben!
Ach! –
Ach, wohin verleitet mich mein Schmerz? –
Ich Unbesonnene! bin ich nicht Mutter? Mutter von den Söhnen meines Athamas? –
Verzeiht, ihr Unglükkseligen, verzeiht dem übereilten Wunsche den Kummer und Verzweiflung erzeugten! –
Verzeiht! –
Verzeiht, ihr Unglükkseligen! –
Ich muß leben – für euch leden!
Ha! was ist das? –
Welch Geräusch?
Rief man nicht meinen Namen? –
Götter! – Hätte Rephele meinen Aufenthalt entdekkt! – Die Diener ihrer Rache entbothen!
– Ino! – – Man hintergieng mich – sie ist nicht mehr! Vergebens such ich sie, – vergebens irre ich durch Wald und Klippen! – –
Ino! –
Meine Ino!
Ha, Echo, du bethörest mich! –
Sie ist nicht mehr, meine Ino! –
Auch ihr, meine Söhne! –
Learch! Melizert! Söhne meiner Ino! – Ihr kleinen, schuldlosen Gefährten eurer unglükklichen Mutter, folgtet ihr in diese Wüste, theiltet ihren Kummer, fluchtet mit ihr eurem Vater, dem Treulosen, dem Barbarn, [86] der euch hieher ins Elend verstieß. Auch ihr seid verloren! durch mich! – Durch mich! –
Rastlos umher irrend –
Vom Hunger ausgezehrt –
Von reissenden Thieren verfolgt seh' ich die Armseligen dem Jammer unterliegen; indeß ich im Schooße der Wollust – in den Armen einer Nephele – –
Ha! ich Ungeheuer! – kann ich den Gedanken denken, und ihn überleben? – Euch, Götter, ruf' ich zur Rache! – Straft den Verbrecher! – Rächet Ino! – rächet ihre Söhne! – Dich, Juno, rufe ich zur Rache, dich unversöhnlichste Feindinn des Hauses Kadmus! Ino ward dein Opfer! – Auch Learch, auch Melizert! – Athamas ist noch übrig! Vernichte auch mich!! – –
Und bin glükklich – trunken für Freude – für Entzükken!
O, mein Geliebter! – ich vernahm deine Reue, deine Klagen um mich! – Götter! verzeiht meinen Zweifel! – Ihr erhörtet mein Gebet! führtet diesen geliebten Flüchtling in meine Arme zurükk! Deine Wiederkehr, Athamas! welche überströmende Wonne für [88] mich! – Deine Liebe ist mir mehr, als die Weit – mehr als Elysium –
Zu viel! – zu viel, theueres Weib! – Ewige Liebe, ewige Treue zu demen Füssen – im Angesicht der Ghtter schwör ich dir!
Sie sind versöhnt, Ino! Zeus billigt unsre Wiedervereinigung! fein Donner bestätigt meinen dir geleisteten Eid. –
Dank dir, du Vater der Götter! – Du bestätigest mein Glükk! –
Sei ein Zeuge aller meiner Freuden!
Zu deinen Söhnen! Sie den Göttern darzustellen, in ihrer Gegenwart [89] ihnen einen Vater, der für sie verloren war, wieder zu geben.
Ists Wahrheit? –
Hab' ich sie wieder, meine Ino? meine Söhne?
Bin geliebt? –
Bin glükklich? – – Darf ichs glauben? –
Der Fluch auf Kadmus Haus – hätten ihn die Götter aufgehoben?
Juno – sie – diese unerbittliche Göttinn, diese unversöhnliche Feindinn meiner Ino, hätte sich ihr Zorn besäuftigt?
Morpheus! zerritte sein Gehirn! – und du Werkzeug meiner Rache, Tysiphone, hauch in seine Brnst deinen wüthenden Gift! – erfülle seine Adern mit Feuer des Phlegeton! – Entnerve dich, ihn zu begeistern, bewafne seine Faust mit Tod!
– Befliegle seine Füsse zum Verderben, daß der Gegenstand meines Hasses durch ihn vernichtet – meine gerechte Rache gesättiget werde! –
Ha! – mein Wink wird erfüllt! –
Dank euch, Götter der Nacht! – Dank dir Tysiphone! – Das Opfer meiner Rache nähert sich! –
Schlaf! entfeßle seine Augen!
Flieh' ihn auf ewig!
Noch einen Augenblikk Bewußtsein! – Noch einen Augenblikk Täuschung! – Dann, Furien, reißt ihn zum Orkus!
Wo bin ich? – welche plözliche Betänbung! – Dies Bild des Schrekkens – war es ein Traum? oder sah' ich sie, die unerbittliche Gottheit? –
Sie ergrief mich, – rief Rache! – Rache!! – Rache!!! – Angst, Schrekken – Verzweiflung – Furien der Hölle ergriefen mich! –
[94]Learch! – Melizert! – Meine Kinder! – verzeiht! – verzeiht eurem Vater! –
Ich war treulos, undankbar; aber der Gedanke an euch, an die Tugenden eurer Mutter, an ihre überschwengliche Liebe, führten mich zum Glükk – zur Wonne – in eure Arme zurükk! –
Dies reizende Bild der Liebe, der Gintracht; dieser höchste Grad der Glükkseligkeit; welch himmlisches Entzükken! – Welche unaussprechliche Wollust! – Komm, Athamas! – Kommt, meine Kinder! verlaßt die Wüste! – eilt mit mir zum Tempel der Juno! – Laßt uns vereint den Göttern danken, daß sie mein heisses Flehn erhörten; laßt uns der Juno Opfer bringen, ihren Zorn zu versöhnen!
[96]Learch! –
Ist kein Erbarmen? –
Er ist dahin! –
Verbirg dich, daß das Ungeheuer dich nicht ereilt, auch dich zerschmettert! – Verbirg dich! – Doch wohin? –
[100]Ein zerschmetterter Leichnam! – an meinen Händen Blut! – das Blut meines Sohnes! – Es schreit um Rache. – Rache! – Rache!! Rache!!! – Ihr ewigen Mächte! – Hier – hier ist das Ungehener! – hier liegt es im Staube – Vernichtet es! Vollende deine Rache, Juno! – Vernichte mich! – Vernichte mich!!!