566. Pumphut

In der Gegend um Pausa trieb sich vor langen Zeiten ein koboldähnlicher Bursche herum, aus dem die Leute gar nicht recht klug werden konnten, wußten nicht, ob er ein Mensch sei oder ein Hinzelmann; immer jedoch erschien er als ein Mühlknappe und wurde wegen eines eigentümlich geformten Hütleins, das er zu tragen pflegte, von alt und jung der Pumphut genannt. Er war ungeheuer fleißig, hielt es aber in keiner Mühle lange aus, indem er es durch neckische oder täppische Streiche immer dahin brachte, daß man ihm Feierabend gab. Er konnte, das sagten alle, die ihn kannten, mehr als Brot essen und hatte schon manchen, der an ihn wollte, garstig ablaufen lassen, meist aber trieb er harmlosen Schabernack, wenn man ihn ruhig gewähren ließ. So saß einst in einem Bauernhause zu Wallengrün die Familie, groß und klein, beim Mittagsmahle am Tische, umschwärmt von einer ungeheuern Schar von Fliegen, als sich die Türe auftat und der Pumphut hereinsah. Er wurde freundlich willkommen geheißen und zur Teilnahme am Essen eingeladen, was er sich nicht zweimal bieten ließ, sondern rasch dabei war. Gleich, als ihm die gastliche Bäuerin den schweren Kloß auf den Teller gelegt hatte, ereignete sich ein Spaß, denn wie Pumphut besagten Kloß zerteilen wollte, zeigte der Kloß sich von solcher Härte, daß er unter dem Messer Pumphuts hinwegschlüpfte, wie eine Kanonenkugel durch die Stubentüre schlug, durch die dieser gegenüber befindliche Stalltüre ebenso fuhr und sich auf das Horn eines scheckigen Ochsen spießte. Alle sperrten vor Verwunderung Maul und Nasen auf, Pumphut aber nahm sich ruhig [386] einen Kloß nach dem andern und verzehrte ihn mit großem Wohlbehagen. Da ihn nun die Fliegen bei dieser angenehmen Arbeit aufs äußerste belästigten, so brummte er über deren große Menge gegen seine Wirte und riet, daß man doch das Ungeziefer zur Türe hinausjagen solle. – Ja, wenn sie sich hinausjagen ließen und draußen blieben, ward ihm erwidert, was hilft denn aber das Hinausjagen? – Nun, entgegnete Pumphut, so solltet ihr sie doch nur so lange an einem besondern Platz bleiben lassen, bis das liebe Essen verzehrt ist, daß man Ruhe hätte vor den zudringlichen Bestien. – Alles lachte, und der Hausvater sagte: Tue Er das doch, Pumphut, bringe Er doch die Fliegen auf einen Platz, Er ist ja ein Hexenmeister! – Der Pumphut fletschte, legte sein Hütlein auf eine besondere Stelle, gebot den Fliegen, sich hineinzubegeben, und zum Erstaunen aller schwärmten alle Fliegen wie ein Bienenschwarm in den Hut, so daß er voll und übervoll wurde und sie über den Rand noch wimmelnd aufeinanderkrochen. Pumphut aber wischte sich den etwas großen und breiten Mund, bedankte sich fein, nahm den Hut samt den Fliegen, trug sie zur Türe hinaus und schüttelte sie draußen in die Milchtöpfe, indem er laut lachend von dannen ging.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 566. Pumphut. 566. Pumphut. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2952-3