631. Der Rosenkranz

Zu Pirna an der Elbe, wo der Ablaßprediger Johannes Tetzel geboren ward, hatte eine fromme Jungfrauenhand bei einem Kirchenfeste einen blühenden Rosenkranz oder -zweig an die Wand gehangen und dabei ein Gelübde getan und einen Wunsch ausgesprochen, der mit dem Gelübde eng verbunden war. Der Kranz war längst verdorrt, aber doch nicht hinweggetan worden, niemand achtete seiner. Da geschah es im Jahr 1634, daß ein steinaltes Mütterlein in der Kirche saß und im heißen Gebet mit Gott rang. Du gnadenreicher Gott, mochte die Greisin beten, hast die Wünsche und Bitten erfüllt, die ich nun vor siebenzig Jahren in diesem deinen Tempel an dein Herz gelegt. O so erfülle mir noch einen Wunsch, gib mir ein Zeichen deiner Gnade und Barmherzigkeit, behüte dieses unser Städtlein vor des wilden Krieges Wüten, schenke ihm Frieden und mir einen sanften, seligen Tod! Und siehe, wie das Mütterlein seine Augen nach dem welken Rosenkranze richtete, den seine Hand vor siebenzig Jahren an jene Stelle gehangen, siehe – da grünte der Kranz und trieb neue junge Knospen, die zu Rosen ausblüheten, das Mütterlein aber ging ein zum ewigen Frieden. Und ward auch sein letzter Wunsch erfüllt und genau zu derselbigen Zeit in Pirna zwischen dem Kaiser und Kursachsen ein Friedensschluß durch Abgesandte beraten und beredet.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 631. Der Rosenkranz. 631. Der Rosenkranz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-250D-5