562. Der Dockenteich
Eine halbe Stunde nordwestlich von Merkendorf bei Auma, bei der Aumamühle, liegt ein Teich, der Dockenteich genannt; vor langer Zeit sollen in ihm ein Vater und zwei wunderliebliche Töchter gehaust haben, deren Zartheit und Anmut die Leute nicht besser zu bezeichnen wußten, als daß sie die Schwestern, [384] welche ihnen sonst unbekannt waren, mit dem Namen der Docken bezeichneten. Diese Mädchen teilten auch mit Erdentöchtern die Schwachheit, Freundinnen vom Tanze zu sein, ließen sich daher oft herab, nach Merkendorf und Piesigitz zu kommen. Natürlich fanden sie bald Anbeter, und diese unterließen nicht, sie nach Hause zu geleiten; an dem Teiche angekommen, fanden sie eine Art Tür, hinter welcher Stufen hinabführten, auf denen sie bald zu einer bequemen und geräumigen Wohnung gelangten. Doch versteckten die Mädchen ihre Begleiter sorgfältig hinter der Haustür, indem sie äußerten, ihr Vater, der alte Nix, müßte erst zur Ruhe und könnte keine Christen reichen (riechen). Hier hatten sie Gelegenheit, mit Zittern ein Gespräch zwischen den Töchtern und dem Vater zu belauschen, worin letzterer äußerte: Entweder seid ihr bei Christen gewesen, oder ihr habt Christen bei euch; indem sie ersteres bejahten, wurde der Vater ruhiger. Diesen Docken war von dem Vater sehr streng anbefohlen, abends zehn Uhr nach Hause zu kommen, indem er drohte, sie sonst umzubringen. Absichtlich hielten sie einst die Merkendorfer Bursche länger zurück und begleiteten sie dann. Bei dem längeren Ausbleiben der Bursche sagten die Merkendorfer Jungfrauen ahnungsvoll zu der Jugend, morgen früh sollten sie nur hinten nach dem Teich sehen; wäre das Wasser des Teiches rot, so wären sie ermordet. Früh war wirklich der Teich blutrot, und von den Burschen und Mädchen sah man niemals etwas wieder.