484. Teufelswald.

Einige Stunden von Augsburg, gegen München zu, liegt ein großer Wald, worin von Alters her der Teufel sein Wesen treibt.

Ein Bischof, der zu seinem Amtsbruder nach Augsburg reis'te und nachts durch diesen Wald kam, hörte[404] hinter sich das laute Rufen: halt, halt! welches immer stärker und anhaltender wurde. Von andern bereits gewarnt, achtete er gar nicht darauf, sondern ließ seinen Kutscher möglich schnell zufahren, so, daß er bald am Ende des Waldes war, wo die Stimme ihm noch nachrief, er möge in Augsburg von ihr des Bischofs Katze grüßen. Bei diesem angelangt, erzählte er den Vorfall, ohne den Gruß an die Katze zu vergessen, welche im Zimmer unterm Ofen lag und ungewöhnlich groß war. Kaum hatte dieselbe den Gruß vernommen, so sprang sie wie rasend auf und zum Fenster hinaus, wobei sie den ganzen Kreuzstock mit fortriß. Nun erkannte ihr seitheriger Herr, was sie sei, und daß nur sie, die stets um ihn war, es gewesen, welche bis jetzt alle seine geheimen Rathschläge verrathen habe.

Ein anderes Mal ging ein Handwerksbursch, der nach Friedberg wollte, in der Woche nach Dreikönigstag durch diesen Wald. Als er an den Weg kam, welchen man ihm als den rechten bezeichnet hatte, fand er ihn durch gefällte Bäume und Sträuche verhauen, auch, so weit er sehen konnte, ganz aufgegraben, wie wenn er nicht mehr gebraucht werden sollte. Er ging daher vorüber und dem Schall eines Hackens nach, das er schon früher gehört hatte, in der Hoffnung, durch die Holzhauer den richtigen Weg zu erfahren. Unvermerkt war er lange diesem, bald nähern bald entferntern, Schalle gefolgt, als er mit Schrecken gewahrte, daß er sich verirrt habe, und es, der Sonne nach, bald Mittag sei, wo er in Friedberg hatte eintreffen wollen. Zu seinem Troste hackte es jetzt in der Nähe, er rief mehrmals, allein es erfolgte keine Antwort und das Gehack hörte auf, wenn er stillstand, erscholl aber wieder, sobald er weiter ging. [405] Nun wurde ihm erst recht bange; er rief dreimal die vermeintlichen Holzhauer um Gotteswillen an, aber alles blieb still, und auch das Hacken ließ sich ferner nicht mehr hören. Aus dem Walde zu kommen, war jetzt sein einziges Bestreben; einen Jäger, der plötzlich mit zwölf Hunden aus dem Dickicht trat, redete er dieserhalb flehentlich an, allein statt der Anwort richtete derselbe das gespannte Gewehr gegen ihn. Entsetzt sprang der Handwerksbursch hinter eine dicke Buche, betete, was er nur konnte und beschwor den Jäger, seiner zu schonen. Da winkte ihm derselbe, fortzugehen, was er auch, allen guten Geistern sich empfehlend, that, jedoch noch stundenlang in der Irre umherlaufen mußte, wobei er, nebst andern seltsamen Dingen, wieder die zwölf Hunde sah, welche einem angeschossenen Hasen nachjagten, und dreimal tief im Sumpfe stecken blieb. Endlich gegen Abend gelangte er aus dem Wald und in ein ihm unbekanntes Dorf, das eine halbe Stunde von Friedberg lag. Dort erzählte er, was ihm begegnet war, und erfuhr, daß seit undenklichen Zeiten der Teufel in dem Wald hause und in Gestalt eines Jägers mit seinen dienstbaren Geistern, welche bald als Menschen, bald als Thiere sich zeigten, die Durchreisenden auf vielfältige Weise anfechte.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Baader, Bernhard. Sagen. Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. 484. Teufelswald. 484. Teufelswald. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-1C95-3