179. Der todte Mann.

Am Pfingstsonntag, unterm Hochamt, wollte ein Ettlinger Mann ein Nest junger Staaren aus einer Eiche[159] holen. Ehe er auf den Baum stieg, versprach er, den schönsten der Vögel, Gott zu Lieb', fliegen zu lassen; aber als er sie hatte, ließ er sein Versprechen unerfüllt. Da fiel er von der Eiche und verletzte sich so, daß er augenblicklich starb. Zum Andenken wurde auf dem Platz, der seitdem zum todten Mann heißt, ein hoher Stein errichtet, worauf ein Gerippe mit einer Sanduhr ausgehauen ist, über dem die Worte stehen:


Von Alters her zum todten Mann

Werd' ich von der Stadt Ettlingen genannt.


Auf der andern Seite des Steines sind ein Schild und die Jahrzahl 1570 eingehauen. Der Geist des Mannes geht nachts daselbst um, und einmal hat ein Wanderer, der ihn auf dem Baum sitzen sah und ihn nicht kannte, folgendes Gespräch mit ihm geführt.

Wanderer. Wo geht der Weg naus?

Geist. Da oben hau' ich Vögel aus.

W. Ich glaub', du hörst nicht wohl!

G. Ja, der Baum ist faßhohl.

W. Ich glaub', du bist ein Narr!

G. Es können drin sein, sieben Stück oder acht.

W. Du bist wahrhaftig nicht gescheidt!

G. Ja, das Loch ist jetzt ziemlich weit.

W. Wenn ich dich hunten hätt', wollt ich dich klopfen!

G. Wenn ich sie haus hätt', wollt ich sie ropfen! 1

Andere erzählen: Der Mann habe den Staaren die Zungen ausgeschnitten und sei, zur Strafe dafür, in den hohlen Eichstamm hinabgefallen, worin, lange Zeit nachher, sein Gerippe gefunden worden.

Fußnoten

1 rupfen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Baader, Bernhard. Sagen. Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. 179. Der todte Mann. 179. Der todte Mann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-1AE1-7