Actus quartus.
Kompt Leudegast, der Fürst inn der Wiltau, mit Francisco vnd Elemao vnd sagt kleglich.
Ach wie soll ich meim hertzleid thon,
Das Engelbrecht, mein einiger Sohn,
In seiner schrecklichen Gefengknuß
So lang aufgehalten werden mußt
Wir haben vil nach jhm außgsand,
Aber es findet jhn niemand,
Das ich besorg, er sey schon gstorben.
Nun hab ich jhm ein Weib erworben,
Nemlich deß Königs Tochter auß Poln,
Die wir schon haben her lassen holn.
Die wartet seiner mit verlangen,
Vnd als sie hört, das er ist gfangen,
Will sie sich nimmer trösten lahn.
Sie auch nicht mehr erhalten kan.
Sie will morgen wider heimb fahrn.
FRANCISCUS
sagt.
Wir sollen keinen fleiß nicht sparn,
Sonder dran wenden, was wir künnen,
Biß wir den Jungen Fürsten finnen.
Auch soll man bey nacht vnd bey tag
Mit Kriegsmacht Ludolff folgen nach
Vnd jhn erschlagen wie ein Hund,
Dann er feirt doch zu keiner stund,
Vns vnd dem Land schaden zu thon.
ELEMAUS
sagt.
Wöll wir eur Fürstlich Gnaden Sohn
Bringen auß deß Ludolffen Henden,
Müß wir ein groses Heer außsenden
Vnd jhm den mit gwalt tringen ab.
Mich dunckt, wie ich vernommen hab,
[2213] Das sich Leut finden vor der Thür.
LEUDEGAST
sagt.
Was draussen ist, das laß als für!
Vielleicht kompt vns ein Bottschafft her
Von meinem Sohn ohn als gefehr.
Elemaus thut auff, so gehet Engelbrecht gar übel zerrissen ein.
LEUDEGAST, DER FÜRST stehet auff, gehet jhm entgegen vnd sagt.
Ach secht! ach weh! was soll wir thon?
Ach, sey vns Willkomm, lieber Sohn!
Ach, solstu sein ein Fürst geborn
Vnd so gar übl sein ghalten worn?
Ach, wo bistu blieben die zeit?
Geht eylend vnd bringt jhm ein Kleid,
Neu Schu vnd auch ein FingerRing
Vnd seyt mit mir all guter ding!
Du aber sag! wie ist dirs gangen?
ENGELBRECHT
sagt.
Ludolff, der Fürst, hat mich gefangen.
Durch den kam ich in groß vnruh,
Must jhm holtz genug tragen zu
Vnd auch dasselb schneiden vnd spalten
Vnd thet mich auch gar übel halten
Vnd seiner Tochter übergeben,
Die mir balt gnommen hett das leben.
Dann thet sie sich über mich armen
Halb todtkrancken Menschen erbarmen,
Thet mir forthin nicht mehr so wehe.
Die hat mich gnommen zu der Ehe,
Ist mit mir zogen biß nahend her.
Als sie kund nicht fort kommen mehr,
Hab ich sie abwegs von der Strassen
Auff einen Baumen steigen lassen,
Auff einer Kutschen her zu holn.
Drumb, Herr Vatter, es wird befohln,
Das man Sidea führ hieher.
[2214] Ietzt kommen die Räht, bringen jhm kleider, legen jhn an.
LEUDEGAST
sagt.
Mein lieber Sohn, was fehlt dir mehr?
Dann alles, was du thust begern,
Des woll wir dich gnedig gewern.
Auch theten wir dir vmbschauen
Nach der allerschönsten Jungkfrauen,
Die solstu nemen zu eim Weib.
Derhalb, mein Sohn, fort bey vns bleib
Vnd gib dich nicht, wie vor, in gfehr!
Ihr Herrn, bringt doch die Jungkfrau her,
Die hie schon lang gewartet dein!
Die wird auch hoch erfreuet sein.
ELEMAUS
geht ab, tregt die Kleider ab, kompt wider, bringt Juliam, die Jungkfrau, vnd sagt.
Gnediger Fürst, ich bring die Jungkfrau,
Das sie eur Gnaden Sohn anschau,
Den wir mit Freuden theten sehen!
JULIA, DIE JUNGKFRAU sagt.
Den Göttern wöll wir lob verjehen,
Die eur lieb zu Land gholffen han.
ENGELBRECHT
sagt.
Mein freud ich nicht außsprechen kan,
Das ich die stund hab eine gnommen,
Vnd das vnglück, darauß ich kommen,
Kan mir kein Mensch glauben auff Erden.
Doch hoff ich, es soll besser werden.
Nach Regen kompt der Sonnenschein.
LEUDEGAST, DER FÜRST sagt.
Hertzlieber Sohn, so komb herein!
So wöll wir reden von den sachen,
Wie wir auffs ehest ein Hochzeit machen
Vnd als auffs köstlichst richten zu,
Das es an nichten mangeln thu!
Sie gehn alle ab. Engelbrecht führet die Jungkfrau. Ludolff, [2215] der Hertzog, geht ein mit seinem Jahnen vnd sagt.
Jahn Molitor, nun sein wir verdorben.
Es muß sein gwunnen oder gstorben.
Mein Tochter will ich wider han
Oder mein leben setzen dran.
Will der Jung Fürst Sidea bhalten,
Muß er mich beim Vatter, dem alten,
Wider zu hult vnd gnaden bringen.
Weil du bist schuldig an den dingen,
Das Sidea ist zogen davon,
So wirstu wissen, das best zu thon
Oder zu zahlen mit der häut.
JAHN MOLITOR
ziecht ab vnd sagt.
Ein kluger Mann ward ich allzeit.
Drumb, wenn eur Gnad mir folgen wolt,
Mein Kleider jhr anziehen solt,
So wolt ich eure ziehen an
Vnd darinn auch gen Hof mit gahn,
So vil practict suchen vnd finden,
Wie wir wider wegk führen künden
Die Sideam oder den Jungen.
Dardurch wird der alt Fürst bezwungen,
Das er zu fürkommung den schaden
Eur Fürstlich Gnad auch thet begnaden
Vnd machet mit euch einen Fridt.
LUDOLFFUS, DER FÜRST sagt.
Ja wol, versuchen schadt doch nit.
Wir wolln versuchen vnser Heil.
Guts glück wöll sein auff vnserm theil!
Sie gehn ab. Kompt Julia vnd sagt traurig.
Ach, ich bin in erfahrung kommen,
Fürst Engelbrecht hab vorhin gnommen
Sideam, die allrschönst Jungkfrau,
Deß Fürsten Tochter in Littau.
Ach weh! vnd wann das war soll sein,
So würd sie sich auch lassen ein,
[2216] Mein Verliebnuß zu disputirn.
So müst ich als die letzt verliern,
Darzu bestehn in spot vnd schand
Vor Reich vnd Armen in dem Land.
Ach, wenn ich das solt haben gwist,
Es bett mich keines Menschen list
In das Land nimmermehr gebracht.
Der Fürst mir die sach wol gut macht,
Verheist mir Silber Hügel vnd Berg.
Geht mir derhalb nichts über zwerg,
Möcht ich villeicht noch wol bestehn.
Ich will jetzt in mein Gmach nein gehn.
Abgang. Kompt Sidea, hat über jhre schöne Kleider eine schlechte Schauben an, eine stauchen auff, die sie bald von jhr werffen kan, tregt ein Scheurn voll Getrancks vnd sagt.
Nun bin ich wol gen Hof her kommen,
Aber sehr böse mehr vernommen,
Nemlich das der Fürst Englbrecht
Hab nun mehr gar vergessen schlecht
Mein wohlthat, die ich jhm gethan,
Auch leib vnd leben gwaget dran,
Allerdings auß den augen gsetzt
Vnd ein andere gnommen zu letzt,
Mit der er heint helt sein Hochzeit.
So hab ich jhm ein Trunck bereit,
Mit dem ich schleich nein zu den Gästen,
Vnd wenn sie sind bereit am besten,
So beut ich jhm den trunck zu Trincken.
Den ersten tropffen, den er will schlincken,
Der macht, das er mich muß erkennen,
Mich ehrn vnd mit Kamen nennen
Vnd dencken, was er mir versprach,
Mich zu Kirchen führen darnach,
Damit vnser traurigkeit anfang
Gewinn ein frölichen außgang.
Sie geht ab. Kompt Leudegast, der Fürst, mit seinen Räthen Francisco vnd Elemao, Julia vnnd
Engelbrecht, seinem Sohn, [2217] setzt sich vnd sagt.
Nun weil heut ist der Hochzeittag,
So legt von euch als leit vnd klagt
Es samblen sich die Fürsten vnd Herrn
Von allen Landen weit vnd ferrn,
Die begeren, vns diß Fest zu zirn.
Darumb so wil vns auch gebürn,
Bas wir jhn erzeigen als guts.
Darumb seit alle gutes muts!
Balt wöll wir nach altem Exempl
Gehn in Jovis, deß grosen, Templ,
Euch darinn lassen Copulirn,
Essen, Trincken vnd Musicirn,
Rennen, Stechen, Streiten vnd Kempffen,
Mit kurtzweil alles trauren dempffen.
Darumb empfangt die frembten Gäst
Vnd ehret sie auffs allerbest!
Sie neigen sich alle. Kompt Sidea, wie vor gemelt, verkleidet, tregt jhre Scheurn in henden, gibt jhnen die hend, sagt darnach zum Breutigam.
Herr Breutigam, ich bin ein gsande,
Villeicht euch gar ein vnbekante,
Doch von grossen Leuten hergschickt,
Das jhr euch jetzt stattlich erquickt
Vnd heut erfahrt, das jhr nicht west.
So trinckt den Wein! der ist der best.
Den wil ich euch verehren heut
Auff euer Fürstliche Hochzeit.
ENGELBRECHT
nimbt die Scheurn, sicht sie an, trinckt, legt die hend zusammen vnd sagt.
Ach weh! ich bin je gwest vermessen,
Das ich hab so schendlich vergessen
Sidea, der hertzliebsten mein.
O weh, weh, jammer, angst vnd pein!
Weh, hertzenleid, seufftzen vnd schmertzen!
Er zuckt den Dolchen vnd sagt.
[2218] Ich will meinem betrübten hertzen
Hiemit helffen auß langer pein
Vnd mir selbsten ein Richter sein,
Das ich meiner liebsten vergessen.
Sidea fellt in Dolchen, sie lauffen alle zu.
SIDEA
sagt.
Mit was thorheit seit jhr besessen?
Seit getrost! all sach wird noch gut.
Drumb fast, euch selbst ein kecken mut!
Ob jhr schon auf der willen Strassen
Sideam auff dem Baum verlassen,
So lebt sie doch noch frisch vnd gsund
Vnd jhr soll, sie sehen jetzund.
Sidea wirfft die schauben vnd stauchen von sich.
ENGELBRECHT
fellt dem Vatter zu fuß vnd sagt.
Ach, Herr Vatter, erbarmt euch mein!
Secht das Mensch, das da kompt herein,
Ist ein Tochter Fürsten Ludolffs,
Deß gmüt war böser, denn eins Wolffs.
Der hat mich jhr zu eygen geben.
Die hat mich erhalten beim leben.
Vnd hett die Jungkfrau nicht gethan,
Wehr ich vor lengst erfaulet schon.
Der versprach ich Ehliche pflicht,
Vnd als sie fort konnt kommen nicht,
Stellt ich s' auff einen Baum im Walt,
Verhieß, sie her zu holen balt,
Wie ich euch zeigt, Herr Vatter, an.
Darnach ich es vergessen han
Vnd mich mit Julia verlobt.
Derhalb mein gwissen also tobt,
Das ich s' nicht kan zu Kirchen führn,
Will eh mein leben drob verliehrn.
Zu der Julia sagt er.
Drumb bitt ich, Fürstlichs Fräuelein,
Last euch erbarmen meiner pein
Vnd gebt mich meiner Ehpflicht loß!
[2219]JULIA
sagt.
Es ist daran nicht glegen groß.
Wann jhr sie vor mir habt genommen,
Solt ich billich nicht her sein kommen,
Dann das erst gelobt gehet doch vor.
Also muß ich nun armer thor
Von jederman groß schimpff einnemen.
Doch habt jhrs euch noch mehr zu schemen,
Als ich, die ich nichts darumb west.
LEUDEGAST, DER FÜRST sagt.
Ach, last bey euch bestehn das best!
Ist es gschehen vnwissent doch,
Das euch kein schimpff so groß vnd hoch,
Wie jhr vermelt, drauß kan entstehn.
Thut mit vns in die Kirchen gehn!
Wir wöllen euch mit seines gleichen
Ein Gfürsten Sohn schönen vnd reichen,
Eh jhr wegk kompt, noch wol begaben.
Auch solt jhr von vns abtrag haben
Alles eurs schadens groß vnd klein.
Er geht zu der Sidea, gibt jhr die hend vnd sagt.
Ach, solt jhr denn mein Schnur fort sein?
Eur Vatter ist mein ergster Feindt.
So wolt ich, das er auch köm heint;
Wir wolten vns beede vertragen
Vnd forthin bey all vnsern tagen
Kein vnfried haben nimmermehr.
Auch habet danck der treu vnd ehr,
Die jhr habt meinem Sohn gethan!
Man klopfft.
DER FÜRST
sagt.
Lieber, sich, wer doch klopffet an!
Man thut auff; geht Ludolffus, der Fürst, mit Jahn Molitor ein, stellt sich in ein ecken.
HERTZOG LEUDEGAST
sagt.
Wer seint die Leut, die herein gehn?
Zwar gar vngleicher Gsellen zwen.
[2220]SIDEA
sicht sich vmb, erkennt alsbalt jhrn Vatter vnd sagt.
Ach weh! es ist der Vatter mein.
Wie waget er sich da herein?
Zu jhrem Vatter sagt sie.
Ach, Herr Vatter, was macht jhr hie?
Für euch bin ich erschrocken je,
Das jhr euch daher wagen thut.
LUDOLFF
sagt.
Ach, solstu sein mein fleisch vnd blut
Vnd mich so jämmerlich verrahten?
Er geht zu Leudegast vnd sagt.
Ich bitt, eur Lieb wöll mich begnaden.
Weil sich die sach so hat begeben,
So will ich fort bey meinem leben
Nimmermehr thun wider eur Liebt.
LEUDEGAST, DER FÜRST gibt jhm die hend vnd sagt.
Weil sich all ding also begibt,
Das wir nun sollen gut Freund sein,
Gib ich euch eur Land wider ein
Vnd mach mit euch ein stetten Fried,
Das keiner mehr den breche nit,
Sonder es stets dabey soll bleiben.
So wöll wir den fleissig beschreiben,
Nach dem wir vns werden bereden,
Vnd Sigln mit vnsern Secreten,
So balt die Hochzeit hat ein end.
LUDOLFF
sagt.
Aller vnfried soll sein verwend
In lauter Lieb vnd gut Freundschafft.
Das auch fort derselbig hat krafft
Vnd fang balt an zu dieser stund,
Versprich ich euch mit Hand vnd Mund.
LUDOLFF
gibt jhm die Hand vnd sagt zu seinem Eyden.
[2221] Nun wünsch ich euch vil glücks vnd heil.
Wiewol ich euch hart hielt zum theil,
Ist es doch abgangen ohn schaden
Vnd noch alles zum besten grahten.
LUDOLFF
sagt zum Jahnen.
Seh hin! hab dein Kleider wider!
Leg mir dargegen meine nider!
Er legt sich Hochzeitlich an, Leudegast nimbt Juliam bey der hand vnd sagt.
Weil sich dann das glück zu vns wend
Vnd alle feindschafft hat ein end,
So kompt allsampt mit vns herein!
Last vns lustig vnd frölich sein
Vnd die Hochzeit anfangen schan!
Euch, Julia, gebn wir zum Mann
Vnsern Fürsten, Herrn Franciscum,
Mit einem zimlichen Reichthum,
Auff das dest grösser werd die freüd.
Er führt sie zum Fürsten Francisco, gibt sie zusammen vnd sagt.
So gebn wir euch zusammen beyd;
So geht die Hochzeit in eim hin.
FRANCISCUS
sagt.
Es ist kein schad, es bringt ein gwin.
Hertzallerliebste, nun seit getröst!
Auß allem leidt seit jhr erlöst.
Die Heüraht soll euch nicht gereuhen.
JULIA
sagt.
Wenns eur Lieb meint gen mir in treuen,
Ich mit eur Lieb zu frieden bin
Vnd ist mir alles trauren hin,
Will auch als thun, was euch gefellt.
LEUDEGAST, DER FÜRST sagt.
Weil dann alle ding ist bestellt
Vnd die zeit ist vorhanden schen,
[2222] Das man die Hochzeit fange an,
So folget vns allsampt hernach
Vnd leget von euch alle klag!
Heut ist eur aller Freudentag.
Sie gehn alle in einer Ordnung ab.