Wettstreit des Kukuks mit der Nachtigal

Docen Miscellaneen. I, S. 284.


Einsmals in einem tiefen Thal
Der Kukuk und die Nachtigal
Thäten ein Wett anschlagen,
Zu singen um das Meisterstück:
»Gewinn es Kunst, gewinn es Glück,
Dank soll er davon tragen.«
Der Kukuk sprach: So dirs gefällt,
Ich hab zur Sach ein Richter wählt,
Und thät den Esel nennen,
Denn weil er hat zwey Ohren groß,
So kann er hören desto bas,
Und was recht ist, erkennen.
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Sie flogen vor den Richter bald,
Wie ihm die Sache ward erzählt,
Schuf er, sie sollten singen:
Die Nachtigal sang lieblich aus,
Der Esel sprach, du machst mirs kraus,
Ich kanns in Kopf nicht bringen.
Der Kukuk drauf anfing geschwind
Kukuk! sein Sang durch Terz, Quart, Quint
Und thät die Noten brechen;
Er lacht auch drein nach seiner Art,
Dem Esel gefiels, er sagt, nun wart,
Ein Urtheil will ich sprechen.
Wohl sungen hast du Nachtigal,
Aber Kukuk singst gut Choral,
Und hältst den Takt fein innen;
Das sprech ich nach mein hohen Verstand,
Und kostets gleich ein ganzes Land,
So laß ich dichs gewinnen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Wettstreit des Kukuks mit der Nachtigal. Wettstreit des Kukuks mit der Nachtigal. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-1099-E