Die Wetterfahne

Viel Fahnen sind verloren,
Doch eine ist erkoren,
Sie schwebt noch obenauf
Und zeigt der Stürme Lauf.
So steht die Wetterfahne,
Daß sie uns all' ermahne
Zu künft'ger Wachsamkeit,
In Leid und auch in Freud'.
Sie drehet sich geschwinde,
Und steht doch fest im Winde,
Es spielt drinn der Wind,
Wie ein unartig Kind.
[314]
Er kommt nicht, wenn wir glauben,
Doch steht die Fahn' im Glauben
Auf eines Kirchthurms Spitz
Und leitet ab den Blitz.
Das Glück kann Gott nur geben,
Die Sonne will sich heben.
Die Fahne klirrt in Glanz,
Das Wetter ändert ganz.
Und wo die Thränen flossen,
Die grünen Blätter sprossen,
Die Blüten allzumal,
Ich grüß dich freundlich Thal.
Ich grüß dich von der Höhe,
Vom Thurme weit ich sehe,
Ich seh' der Erde Rand,
Die Wellen ohne Stand.
Hoch auf des Thurmes Zinnen,
Will ich den Geist gewinnen,
Daß er mir frei und klar
Das Schicksal sage wahr.
Das Land ist aufgeräumet,
Das Meer hat ausgeschäumet,
Die Taub' den Ölzweig bringt,
Ihr armen Völker singt.
Laßt euer Lied ertönen,
Den Erdkreis zu versöhnen,
Gott in der Höh' sei Ehr',
Er straft euch nun nicht mehr.
[315]
Gott hat von uns entrücket
Den Feind, der uns erdrücket,
Die Vögel singen laut,
Daß sie den Herrn geschaut.

Notes
Entstanden zwischen 1806 und 1808. Erstdruck in: Berliner Taschenbuch, hg. von H. Kletke, Berlin 1843.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Die Wetterfahne. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0D1F-8