Construction der Welt

Mündlich.


Als Gott die Welt erschaffen
Und allerhand Gethier,
Konnt er nicht ruhig schlafen,
Er hat noch etwas für;
Wann nur ein Mensch auf Erden,
Dacht er in seinem Sinn,
Die Welt muß voller werden,
Es sey noch etwas drinn.
Dem könnt wohl alles nutzen
So schön gemacht voraus,
Drauf nahm er einen Butzen
Und macht ein Männlein draus;
Er schnipt ihn in die Höhe,
Blies ihn ein bissel an,
Da sah er vor sich stehen
Adam! den ersten Mann.
Der Stein, wo Adam saße,
Der war sehr kalt und naß,
Es fror ihn ans Gesaße,
Drum legt er sich ins Gras;
Gott Vater schaut vom Himmel,
Und schaut dem Adam zu,
Gedacht bey sich schon immer:
Was macht mein grosser Bu?
[398]
Ich darf ihn ja nicht schlagen,
Es ist ein jung frisch Blut,
Ein Weib muß ich ihm schaffen,
Sonst thut er mir kein gut.
Dann kommt er hergeschlichen,
Daß mans konnt merken schier,
Fein geschwind nahm er ein Rippe,
Aus Adams Seit herfür.
Adam, der thut erwachen,
Und hat das Ding gespürt,
Es war ihm nicht ums Lachen,
Drum er so heftig schrie:
O Herr! Wo ist mein Rippen?
Ich bin kein ganzer Mann,
Wann ich daran will dippen,
So ist kein Ripp mehr da.
Adam sey nur zufrieden,
Schlaf fort in guter Ruh,
Vor Schaden dich will b'hüten,
Ich stell dirs wiedrum zu.
Ein Weib will ich draus machen,
Ein wunderliches Thier,
Du sollst mir drüber lachen,
Schau gschwind, da stehts schon hier!
Kannst du so schöne Sachen
O lieber Gott und Herr!
Aus meinen Rippen machen,
So nimm der Rippen mehr;
Komm her mein liebe Rippe,
Sey tausendmal willkomm,
[399]
Geh hin und nimm die Schippe,
Und grab die Erd herum.
Eins will ich euch noch sagen,
Den Baum laßt mir mit Fried,
Die Frucht so er thut tragen
Sollt ihr verkosten nit.
Ihr sollt des Tods gleich sterben,
Zum Garten naus gejagt,
Ins Elend und Verderben,
Zum Garten naus gejagt.
Ach Gott, was schöne Aepfel,
So roth als wie ein Blut,
Sie wär'n recht in mein Kröpfel,
Ich glaub sie seynd recht gut!
Bräucht nicht lang zu studieren,
Könnt bald ein Doktor seyn;
Bräucht nicht lang zu studieren,
Könnt bald ein Doktor seyn.
Darauf die Schlang sich krümmet
An die verbotne Frucht,
Anbey ganz lieblich singet:
Glaubt nicht daß dieser Fluch
An euch erfüllt soll werden,
Viel lieber wird euch seyn
Das Leben hier auf Erden,
Wie Götter könnt ihr seyn.
Mit Gott das laß du bleiben,
Fangst schöne Händel an,
Er ist im Stand, thut treiben
[400]
Uns gleich zum Garten naus.
Adam wo bist hinkrochen?
O weh er ruft uns schon;
Adam wo bist hinkrochen?
O weh er ruft uns schon.
O Herr! thut mich verschonen,
Ich kann ja nichts dafür,
Die Rippe hats gethan,
Die Schlang hat uns verführt.
Die Schlang hat uns versprochen,
Wir könnten was bessers seyn,
Drauf dachten wir wolltens wagen,
Und haben halt bissen drein.
Kriech mit mir unters Gebüsche,
Geschwind laßt uns bedecken,
Sonst thut er uns erwischen,
Wann er herein thut treten.
Adam wo bist hingangen?
O weh! er ruft uns schon!
Adam wo bist hingangen?
O weh! er ruft uns schon!
Untreues Lumpeng'sindel,
Wie übel habt ihr g'haußt;
Geschwind macht euren Bündel.
Packt euch zum Garten naus;
In Arbeit sollst du schwitzen,
Weil dieses hast gethan,
Und bey dem Rocken sitzen,
Das ist der Sünden Lohn.
[401]
Die Eva wollt nicht gehen,
Die rief sich ihren Mann,
Der wollt ihr nicht beystehen,
Da gieng das Zanken an. –
Jezt wird das größte Wetter
Um meinen Hals hergehn,
Hätt ich das alte Leder
Mein Lebtag nicht gesehn!
Zu Fuß sollst du nicht laufen,
Ich sags bey meiner Treu,
Was Schöns will ich dir kaufen,
Wenn Kirchweih kommt herbey.
Und kriegst du mir erst Kinder,
Wohl übers Jahr hinaus,
So wasch ich dir die Windel
Und kehr die Stuben aus.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Construction der Welt. Construction der Welt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0C10-E