[80] Wacht auf mit innern Sinnen

Wacht auf mit innern Sinnen,
Erhebt die Augenlieder,
Von denen Thränen rinnen,
Von Innen strahlts hernieder:
In tiefe Kerkernacht
Unsichtbar Lauernden,
Strahlt frei des Herren Macht,
Unschuldig Trauernden.
In Geistes Dämmerungen
Naht euch der Unerreichte,
Hat euer Herz durchdrungen,
Daß Geist vom Geiste leuchte;
In seiner Gnade Macht
Strahlt der Verachtete,
Er hat ans Licht gebracht,
Schuldlos Umnachtete.
Ihr hebt die trüben Blicke
Hinauf zu dunklen Fernen,
Sie bauen euch die Brücke,
Aus ewgen Himmelssternen:
Ein jeder Blick zum Herrn
Vom still Erliegenden,
Glänzt hell als ew'ger Stern
Am Thron des Siegenden.
Er braucht nicht Menschenhände,
Mit seinen Gnadenworten
Durchbricht er Kerkerwände,
Und öffnet Himmelspforten:
Was euch geschieht auf Erden,
Ihr schuldlos Leidenden,
Wird reich vergütigt werden
Euch selig Scheidenden.

Notes
Aus »Marino Caboga. Donnerstag-Erzählung des Theaterdichters«. Erstdruck in: Landhausleben, Leipzig 1826.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Wacht auf mit innern Sinnen. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0B40-A