Der Schmiedegesellen Gruß

Fliegendes Blat.

Frage.

Grüß dich Gott mein Schmidt!
[70] Antwort.

Dank dir Gott mein Schmidt!
Frage.

Mein Schmidt, wo streichst du her?
Daß deine Schuhe so staubig,
Dein Haar so krausig, dein Bart auf beiden Backen herausfährt
Wie ein zweischneidig Schlachtschwerdt?
Du hast eine feine meisterliche Art,
Einen feinen meisterlichen Bart,
Eine feine meisterliche Gestalt,
Du bist weder zu jung noch zu alt,
Mein Schmidt bist du Meister gewesen,
Oder denkst du noch mit der Zeit Meister zu werden?
Antwort.

Mein Schmidt, ich streich daher übers Land,
Wie der Krebs übern Sand,
Wie der Fisch übers Meer,
Daß ich mich junger Hufschmidt auch ernähr.
Mein Schmidt ich bin nicht Meister gewesen,
Ich denk aber mit der Zeit noch Meister zu werden,
Ist es gleich nicht hier,
So ist es anderswo schier,
Wenn es gleich ist eine Meile von dem Ring,
Da der Hund übern Zaun springt,
Da ist auch gut Meister zu werden.
Frage.

Mein Schmidt, wie thust du dich nennen,
Wenn du hier und anderswo auf der Gesellen Herberge kommst,
[71]
Die Gesellenlade offen steht,
Büchse, Briefe, Siegel, Geld und Gut drinnen
Und draußen herum liegen, günstige Meister und Gesellen,
Jung und alt um den Tisch herum sitzen, und halten eine feine stille Umfrage,
Gleich wie jetzt und allhier geschiehet?
Antwort.

Mein Schmidt, ich thu mich nennen,
Ferdinand Silbernagel, das ehrliche Blut,
Dem Essen und Trinken wohl thut,
Essen und Trinken hat mich ernährt,
Darüber hab ich manchen schönen Pfenning verzehrt,
All mein Vaters Gut,
Bis auf einen alten Filzhut,
Der liegt in der Königlichen See- und Handlungs-Stadt Danzig,
Unter des Herrn Vaters Dach;
Wenn ich aber vorübergeh,
So muß ich seiner lachen,
Er ist mir weder zu gut noch zu bös,
Daß ich ihn nicht mag lösen, mein Schmidt wilst du ihn lösen,
So will ich dir auch 3 Heller zur Beisteuer schenken.
Frage.

Mein Schmidt, bedanke mich deines alten Filzhuts,
Ich habe selbst einen der ist nicht gut.
Aber Ferdinand Silbernagel ist wohl ein feiner Name,
Er ist wohl 100 Reichsthaler mehr als ein fauler Apfel einen Pfenning werth,
Denselben nimmt man und wirft ihn zum Fenster hinaus,
[72]
Da kommt wohl ein grober, toller, voller Bauer mit seinen großen Hanreystiefeln
Und bricht wohl 99 mahl den Hals darüber,
Und spricht nicht einmal ho ho!
Aber dich und deinen ehrlichen Namen wollen wir hier behalten,
Er ist auch wohl behaltens werth.
Mein Schmidt, wo hast du ihn bekommen?
Hast du ihn ersungen oder hast du ihn ersprungen,
Oder hast du ihn bey schönen Jungfern bekommen?
Antwort.

Mein Schmidt, ich konte wohl singen,
Ich konte wohl springen,
Ich konte wohl mit schönen Jungfern umgehen, das alles wollte nichts helfen,
Ich muste meinen ehrlichen Namen um ein frei Wochlohn kaufen,
Das Wochlohn wollte nicht recken,
Ich muste die Mutterpfennige und das Trinkgeld auch drein stecken.
Frage.

Mein Schmidt, in welcher Stadt oder Markflecken
Sind dir solch edle Wohlthaten wiederfahren?
Antwort.

Mein Schmidt, in der Königlichen See- und Handlungs-Stadt Danzig,
Da man mehr Gersten zu Bier mälzt,
Als man Silber und Gold schmelzt.
[73] Frage.

Mein Schmidt, kannst du mir nicht zwei oder drei nennen,
Damit ich dich und deinen ehrlichen Namen mög erkennen?
Antwort.

Mein Schmidt, ich kan sie dir wohl nennen,
Wenn du sie nur thätest erkennen;
Es ist da bey gewesen Gotthelf Springinsfeld, Andreas Silbernagel, Gottlob Trifteisen,
Mit diesen dreien kan ichs bezeugen und beweisen
Und ist es dir nicht genug,
So bin Ferdinand Silbernagel der vierte
Und andere gute Gesellen mehr,
Die ich nicht alle herzählen kann.
Frage.

Mein Schmidt, war es dir nicht leid,
Daß es deren so viel waren?
Antwort.

Mein Schmidt es war mir nicht leid,
Daß es ihrer so viel waren,
Es war mir leid,
Daß du und deine gute Neben-Gesellen nicht auch dabei waren,
Daß die Stube oben so voll wie unten, und unten so voll wie oben,
Und hätten einander zum Fenster hinaus getrunken,
Und zum Kachelofen wieder herein,
Der Kopf hätte doch allezeit der vorderste must sein.
Frage.

Mein Schmidt, was wäre dir mit meinem Kopfschaden gedient gewesen?
[74]
Wäre es nicht besser gewesen,
Wir wären gewesen zu Kölln am Rhein,
Und hätten einander zugetrunken 24 Kannen Bier oder Wein?
Indessen scheid ich von dir, und du von mir,
Und ich werde dich hinfort nicht fragen mehr.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Der Schmiedegesellen Gruß. Der Schmiedegesellen Gruß. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0B28-2