Graf Friedrich

Fliegendes Blat aus der Schweiz.


Graf Friedrich thät ausreiten
Mit seinen Edelleuten,
Wollt' holen seine liebe Braut,
Die ihm zur Ehe war vertraut.
Als er mit seinem hellen Hauf
Ritt einen hohen Berg hinauf
An einem kleinen Weg,
Kam er auf einen schmalen Steg.
In dem Gedräng dem Grafen werth
Schoß aus der Scheid ein scharfes Schwerdt,
Verwundet ihm sein liebe Braut
Mit grosem Schmerz sein's Herzens traut.
[288]
Also zog er bald sein Hemmed weiß
Druket 's ihr in die Wunden mit Fleiß,
Das Hemmed war mit Blut so roth,
Als ob mans draus gewaschen hätt'.
Er gab ihr gar sehr freundlich Wort',
Man hat nie größer Klag gehört,
Die von eim Manne kommen schon,
Als von dem Grafen wolgethan.
Graf Friedrich edler Herre,
Ich bitt' euch gar sehre,
Sprecht ihr zu eurem Hofgesind,
Daß sie nicht reiten so geschwind!
Graf Friedrich ruft seinen Herren:
Ihr sollt nicht reiten so sehre!
Meine liebe Braut ist mir verwundt,
O reicher Gott, mach sie mir gesund!
Graf Friedrich zu seinem Hof einrit
Sein Mutter ihm entgegen schrit:
Bis Gott willkomm du Sohne mein,
Und All' die mit dir kommen sein!
Wie ist dein liebe Braut so bleich,
Als ob sie ein Kindlein hab gezeugt;
Wie ist sie also inniglich,
Als ob sie ein's Kindleins schwanger sei!
Ei schweig mein Mütterlein stille,
Und thu's um meinet wille!
Sie ist Kindshalben nicht ungesund
Sie ist bis auf den Tod verwundt.
[289]
Da es nun war die rechte Zeit,
Ein köstlich Wirtschaft war bereit,
Mit aller Sach' versehen wol,
Wie eins Fürsten Hochzeit seyn soll.
Man sezt die Braut zum Tische,
Man gab ihr Wildpret und Fische,
Man schenkt ihr ein den besten Wein,
Die Braut die mocht nicht frölich seyn.
Sie mocht weder trinken noch essen,
Ihr's Unmuths konnt sie nicht vergessen,
Sie sprach: Ich wollt es wär die Zeit,
Daß mir das Bettlein würd bereit't.
Das höret die übel Schwieger,
Sie redt gar bald hin wieder:
Hab ich das mein Tag nie gehört,
Das eine Braut zu Bett begehrt.
Ei schweig mein Mütterlein stille!
Hab daran kein'n Unwillen!
Sie redt es nicht aus falschem. Grund,
Sie ist todtkrank zu dieser Stund.
Man leuchtet der Braut zu Bette
Vor Unmuth sie nichts red'te,
Mit brennenden Kerzen und Fakeln gut,
Sie war traurig und ungemuth.
Man leuchtet der Gräfin schlafen
Mit Rittern und mit Grafen,
Mit Rittern und mit Reitern,
Mit lauter Edelleuten.
[290]
Graf Friedrich edler Herre
So bitt ich euch so sehre:
Ihr wollt thun nach dem Willen mein,
Laßt mich die Nacht ein Jungfrau sein!
O allerliebste Gemahle mein!
Der Bitt' sollt du gewähret sein.
Mein Schaz! mein Trost, mein schönes Lieb,
Ob deinem Schmerzen ich mich betrüb.
Du herzigs Lieb! mein höchster Hort,
Ich bitt dich: hör mich nur ein Wort!
Hab ich dich tödlich wund erkennt,
Verzeih mir das vor deinem End!
Ach allerliebster Gemal und Herr!
Bekümmert euch doch nicht so sehr!
Es ist euch alles verziehen schon,
Nichts Arges habt ihr mir gethan.
Sie kehrt sich gegen die Wände,
Und nahm ein seeligs Ende,
In Gott endt sie ihr Leben fein,
Und blieb ein Jungfrau, keusch und rein.
Zu Morgens wollt sie haben
Ihr Vater reichlich begabet,
Da war sie schon verschieden
In Gottes Nahmen und Frieden.
Ihr Vater fragt all' Umstände,
Wie sie genommen hätt' ein Ende?
Graf Friedrich sprach: Ich armer Mann
Bin, Gott sei's klagt! selbst schuldig dran.
[291]
Der Braut Vater sprach in Unmuth:
Hast du verderbet ihr junges Blut,
So must du auch darum aufgeben
Durch meine Hand dein junges Leben.
Indem so zog er aus sein Schwerdt,
Er stach den edlen Grafen werth,
Mit großen Schmerzen durch seinen Leib,
Daß er tod auf der Erden bleib.
Man band ihn an ein hohes Roß,
Man schleift ihn durch das tiefe Moos,
Darin man seinen Leib begrub;
Kürzlich zu blühen er anhub.
Es stund an bis den dritten Tag,
Da wuchsen drei Lilien auf seinem Grab,
Darauf da stund geschrieben:
Er wär bei Gott geblieben.
Ein Stimm vom Himmel kam herab,
Man sollt ihn nehmen aus dem Grab!
Der schuldig war an seinem Tod,
Der muß darum leiden ewig Noth.
Man grub ihn wieder aus dem Moos,
Man führt ihn auf sein bestes Schloß,
Zu seiner Braut man ihn begrub,
Sein liebliche Farb sich erhub.
Er war bei dreien Tagen schon todt,
Noch blühte er als ein' Rose roth
Unter seinem Angesicht fürwahr,
Sein ganzer Leib war weis und klar.
[292]
Ein groß Wunder auch da geschah,
Das mancher Mensch glaubhaftig sah:
Sein Lieb er mit Armen umfing,
Ein Red aus seinem Munde ging.
Und sprach: Gott sei gebenedeit!
Der geb uns heut die ewig' Freud!
Seit ich bei meinem Bulen bin,
Fahr ich mit leichtem Muth dahin.

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Graf Friedrich. Graf Friedrich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0A6A-9