Goldarbeiten auf dem Liebesbande

Christian Fende Anleitung für eine gottsuchende Seele. Grätz 1732. S. 175


Ich wollt um meines Herren Haupt,
Das ganz von Dornen war umschraubt,
Ein Kronenband von Golde binden;
Das sollte meine Liebe seyn,
Da braucht ich nun ein Schmelzwerk drein,
Das wußt ich nirgends aufzufinden;
Doch traf mein Geist auf guter Bahn
Noch endlich einen Goldschmied an.
Der legte mir zu dieser Zier
Der Muster eine Menge für;
Ich wählt und weiß es noch zu nennen,
[175]
Ein Haupt, darauf man Balsam goß,
Der auch davon herunter floß,
Doch, daß der Leib nicht wohl zu kennen;
Dabei war dies die Nebenschrift:
Wohl dem, den dieser Balsam trift.
Zum andern ward mir vorgelegt
Ein Oehlbaum, den man abgesägt,
Und frisch mit Reisern übersetzet;
Dabei ein alter Gärtner stund,
Von dem der ungehackte Grund
Mit Wasser ward umher benetzet;
Und schiens, als sagte dieser Greis:
Wohl dem, der hier steht, wie ein Reis.
Drauf legt er einen Weinstock dar,
Der voller grüner Reben war,
Die theils mit Trauben angefüllet,
Theils aber stunden nur zum Schein,
Und schnitt der Gärtner frisch darein,
Wo solches Laub den Stock verhüllet;
Sein Wort schien dies zu jeder Frist:
Weg, was kein fruchtbar Reben ist.
Das vierte war ein weisses Kleid,
Ein Sinnbild der Gerechtigkeit,
Mit Christi Werken ausgesticket;
Das gab ein Vater anzuziehn,
Der Sohn warf seinen Kittel hin,
Der ganz mit Flicken zugestücket;
Und wie es schien, fing dieser an:
Wohl, wenn ich mich so kleiden kann.
[176]
Drauf kam mir vor ein Waizenfeld,
Das große Bild der Christenwelt,
Mit Unkraut hin und her besprenget;
Da stand ein hurtger Ackermann,
Und schlug mit seiner Sichel an,
Wiewohl der Acker so gemenget;
Doch schiens, als spräch er dies darein:
Wohl dem, der hier kann Waizen sä'n.
Und was zum sechsten vor uns kam,
Das war ein edler Bräutigam,
Mit Hochzeitkleidern ausgeschmücket;
Der bot der Braut die Liebeshand,
Die war in reiner Lieb entbrannt,
Und schaut auf ihn, wie halb entzücket;
Vom Himmel gab es diesen Laut:
Wie selig ist des Höchsten Braut.
Darauf kam mir ein Schäfer für,
Zwar schlecht von Kleid und sonder Zier,
Doch lag ein Schaf auf seinem Rücken;
Das schien, als hätt ers aus der Nacht
Und aus der Irr auch heimgebracht,
Und wollt es bei der Heerd erquicken;
Dabei dies Wort gelesen ward:
Wohl, wenn man hat des Schäfleins Art.
Zum achten zog in einem Kahn
Ein Schiffer seinen Zug heran,
Als wollt er nun das Netz ausleeren;
Da sah man Fisch und Koth und Stein
In einem Garn ergriffen seyn,
Das fing er gleich an umzukehren;
[177]
Und mischte diesen Spruch darein:
Wohl dem, der wie ein Fisch kann seyn.
Drauf sah ich, wie Metall da floß,
Das einer in die Forme goß,
Ein Crucifix daraus zu giessen,
Das im Modell darneben stund;
Wie da der Herr für unsern Bund
Sein Blut ließ, wie die Ströme fliessen;
Darüber stand dies Wort erhöht:
Wohl, wer in dieser Forme steht.
Zum zehnten war da ein Spital,
Und Kranken drinnen ohne Zahl,
Und wollt ein Arzt zu ihnen treten,
Den liessen viel von ferne stehn,
Zu einem schien er hinzugehn,
Der ihn zuvor mit Ernst gebeten;
Dabei ward dies mit angeführt:
Wohl dem, den dieser Arzt kurirt.
Daraus mach ich mein Liebesband,
Und bring es als mein Seelenpfand,
Und ehre dich mit diesem Namen:
Herr, dessen Schrift dies selbst erdacht,
Sey dies für mich, was ich dir bracht,
Und sprich zu allem selbst das Amen;
So werd ich sonder Bild und Schein
In dir wahrhaftig selig seyn.
[178]

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 3. Goldarbeiten auf dem Liebesbande. Goldarbeiten auf dem Liebesbande. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0886-A