Sie ruft alle Kreaturen Gott zu loben
1
Auf, auf, mein Herz, ermuntre dich,
Laß durch die Luft dich hören,
Ich sehne mich ganz inniglich,
Den Bräutigam zu ehren.
[259]Alls, was die ganze weite Welt
In ihrem Kreis beschlossen hält,
Will ich zusammen rufen hier,
Daß es ihn loben soll mit mir.
2
Kommt her, ihr kleinen Vögelein,
So viel ihr seid zerstreuet
Und mit den süßen Stimmelein
Wald, Berg und Tal erfreuet.
Kommt, singt und schreiet allzumal:
Lob, Ehr und Preis sei ohne Zahl
Jesu, dem Heiland aller Welt,
Der unser Herz zufrieden stellt.
3
Heb an, du werte Nachtigall,
Dein künstlich Figurieren
Und hilf mit deinem süßen Schall
Mein Brautlied musizieren.
Die Lerche soll ihr Dir, Dir, Dir,
Dir Herr sei Lob auch für und für,
Erzwingen in dem besten Ton
Und mit uns loben Gottes Sohn.
4
Der Westwind mache sich herbei
Mit seinem linden Brausen,
Die frischen Lüftlein mancherlei
Und alles sanftes Sausen.
Ihr süßen Bächlein rinnt zu mir,
Ihr kühlen Brünnlein quellt allhier,
Ihr großen Flüsse strömt hier an,
Daß ich mit euch ihn loben kann.
5
Ihr Blumen in der ganzen Welt,
In Sümpfen und in Flüssen,
[260]In Gärten und auf offnem Feld,
Helft meinen Bräutgam grüßen.
Ihr Lilien und ihr Röselein,
Ihr Tulpen, Veilchen insgemein,
Lobt Jesum, mein und eure Kron,
Die schönste Blume zu Saron.
6
Ihr Gräslein alle kriecht herfür,
Ihr Kräuter, Stauden, Stecken,
Ihr Wiesen selber kommt zu mir,
Ihr Dornen und ihr Hecken.
Ihr Sträuch und Büsche, groß und klein,
Kommt, stimmet alle mit mir ein,
Ihr Bäume beide, wild und zahm,
Kommt, lobet meinen Bräutigam.
7
Ihr Wurzeln (daß ich euer nicht
Bei meinem Lied vergesse),
Kommt, lobt bei hellem Tagelicht
Die weite Wurzel Jesse.
Ihr Furchen und du grüne Saat,
Lobt meinen Lieben früh und spat.
Der Regen, Schnee, der Reif und Tau
Lob ihn mit Macht auf jeder Au.
8
Ihr auch, ihr meine Schäfelein,
Die ihr im Grünen weidet,
Lobt ihn, das liebe Lämmelein,
Er ists, der euch bekleidet.
Er ists, der mich und euch bewacht,
Die List des Wolfs zunichte macht.
Er ists, der ewig wird regiern
Und mich zum Brunn des Lebens führn.
[261] 9
Herbei, ihr Hirtenmägdelein,
Herbei, herbei mit Freude,
Tanzt ihm zu Ehren einen Reihn
Auf dieser grünen Weide.
Versammelt euch hier, jung und alt,
Lobt meinen Bräutgam mannigfalt,
Erzählet manche große Tat,
Die er für uns verrichtet hat.
10
Es lob ihn jedes Element,
Luft, Feuer, Wasser, Erde.
Das hochgewölbte Firmament
Dazu erreget werde.
Die Morgenröte nahe sich
Und lob ihn unveränderlich.
Der angenehme frühe Stern
Sei wegen seines Lobs nicht fern.
11
Die Sternen all ins Himmels Feld
Solln ihn ganz herrlich preisen
Und vor den Augen aller Welt
Groß Ehr und Dienst erweisen.
Die Sonne mit der Cynthia
Solln ihn mit mir erheben da.
Er ist und bleibet allezeit
Die Sonne der Gerechtigkeit.
12
Ihr auch, ihr werten Geisterlein,
Die ihr uns stets begleitet,
Ihr Englichen, ihr Flämmelein,
Die ihr uns aufwärts leitet,
[262]Versammlet euch in großer Schar,
Kommt mit den andren allen gar,
Ihr müßt auf dieser Wiesen da
Erschalln das schöne Gloria.
13
Insonderheit, ihr Seraphim,
Erhebet eure Flammen
Und schreit das Sanktus über ihn,
Den Heiligsten, zusammen.
Ach, daß ich brennte lichterloh
In heißer Liebe wie ein Stroh.
Ach, zündet doch mein Herz ganz an,
Daß ich wie ihr ihn loben kann.
14
Ich suche nichts als seinen Ruhm,
Will auch nichts anders singen.
Ihn loben ist mein Eigentum,
Mein Ehr, ihm Ehre bringen.
Mein Leib, mein Herze, Seel und Geist
Und alles, was man meine heißt,
Soll ihn durch Zeit und Ewigkeit
Zu loben immer sein bereit.
15
Du aber, liebster Jesu Christ,
Gib, daß ich dir gefalle,
Daß ich dein Lob zu jeder Frist
Mit reinem Mund erschalle.
Nimm mich, mein Lieb, wenn ich dich preis,
Aus dieser Welt ins Paradeis.
Daß ich vergeh mit diesem Wort:
Jesu sei Lob an allem Ort!