Der Klosterarzt.
Agathe kämpfte mit dem Tode;
ihr Herz war zwar noch frisch, allein kein Saft
im Körper mehr – es schwand die Lebenskraft
dahin. – Ach, rief des Jammers Bote,
ein Schüler Aesculaps – hier ist's gethan,
das Uebel ist zu groß. – Zwar half der Mann,
so gut er konnt' – und Cordiale,
Decoct und Pillen, Minerale,
nichts ward gespart – allein umsonst verschrieb
er Medizin, Agathens Krankheit blieb.
Man ließ zur Ader – man clistirte –
vergebens. – Nun kann ich nichts weiter thun,
sprach er, strich seinen Bart und führte
sich plötzlich ab. – Ein and'rer folgt ihm nun,
der war nicht klüger, als der erste;
er sah der Krankheit wahren Grund nicht ein
und schrieb Character auf. Das Mehreste,
[173]was er noch wissen mocht', war, im Latein
fast jedes Uebel zu benennen,
vielleicht auch, ohn' es selbst zu kennen. –
Ein dritter kam, sehr kunsterfahren,
sprach: Recipe den Lebensstamm, halt' ihn
recht fest, man lass' ihn ja nicht fahren,
und tu ihn dann – ihr wißt ja wohl – wohin –
bis ihr genug von seinen Säften
herausgezogen habt. Ihr werdet seh'n,
dies wird euch Ueberfluß von Kräften
verschaffen, und die Krankheit muß vergeh'n. –
Wär' Aesculap – wär' unter allen
den größten Aerzten einer wohl so klug?
Agathe ließ sich's gern gefallen,
zog Brustsaft aus dem Stamm – so viel genug,
man wiederholt' es, und Agathe
war bald geheilt. – Nach des Capitels Schluß
und nach der Nonnen bestem Rathe
ward unser Arzt dann Klostermedicus.
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