[][][][][][][[1]]
EUROPÄISCHES
VÖLKERRECHT.


ERSTER BAND.

STUTTGART,:
in der J. G. Cotta’schen Buchhandlung.
1821.

[[2]][[3]]

Uebersetzung ist dieses Werk auf dem Ti-
tel nicht genannt, obgleich es zuerst in fran-
zösischer Sprache erschien, unter folgendem
Titel:


  • Droit des gens moderne de l’Europe. Par
    Jean-Louis Klüber. Tome Ier et
    Tome II, avec un Supplément contenant
    une Bibliothèque choisie du droit des gens.
    à Stuttgart
    1819. gr. in-8°. Beide
    Bände zusammen 624 Seiten.

Ein Schriftsteller übersetzt sich nicht, wenn er
dieselben Ideen in verschiedenen Sprachen öffent-
lich mittheilt. Die Gründe, warum es in der
genannten Sprache erschien, sind in der Vorrede
zu der französischen Ausgabe angegeben. Der Ver-
fasser ahnte damals nicht, daſs eine teutsche Aus-
[[4]] gabe nöthig seyn werde. Er ward, von verschiede-
nen hohen Schulen Teutschlands her, des Gegen-
theils belehrt. Er läſst es daher nun auch in teut-
scher Sprache erscheinen; um so williger, da er,
nach Pflicht und Neigung, der edlen teutschen Na-
tion zunächst angehört und stets angehören will.
Er giebt es selbst, weil jeder Andere nur eine Ue-
bersetzung hätte liefern können. Daſs manches
Neue hinzugekommen sey, wird hier einer Er-
wähnung kaum bedürfen. *)


[[5]]

VORREDE
IN DER FRANZÖSISCHEN AUSGABE.


Als der Verfasser dieses Werk begonn, durfte
er vielleicht hoffen, etliche Gegenstände der eu-
ropäischen VölkerrechtsWissenschaft in neues
Licht zu stellen, ihr System zu vereinfachen,
sie mit manchen Notizen und Bemerkungen zu
bereichern, die dem Scharfblick seiner Vorgän-
ger entgangen waren, und hinzuzufügen, was
nach ihnen Erfahrung und Umstände darbieten
konnten; doch hatte er einen mehr noch em-
pfehlungswerthen und dringenderen Beweggrund.
Er glaubte, in Hinsicht auf Diplomatie, das Ver-
dienst verschiedener von seinen Landsleuten er-
höhen zu können, wenn er sich bestrebte, zu
dem Studium des positiven Völkerrechtes vor-
züglich diejenigen seiner Zeitgenossen zu er-
[6]Vorrede.
muntern, die in dem Fall seyn möchten, sich
einst Staatsgeschäften zu widmen. Zum wenig-
sten schien ihm nicht überflüssig, in diesem
Augenblick die Rechtsgelehrten eben so wohl
als die Politiker auf die Nothwendigkeit die-
ses Theils des Unterrichtes aufmerksam zu ma-
chen.


So viel möglich das Ganze der Wissen-
schaft zu umfassen, ihre Grundsätze klar und
bestimmt zu entwickeln, sie zu erläutern durch
historische sowohl als literärische Notizen, nütz-
lich insbesondere denen, die einem tiefer ein-
dringenden Studium sich widmen wollen, das
war seine Absicht bei diesem Werk.


Das natürliche Völkerrecht war hiebei von
grossem Gewicht. Da es einem System des unter
den Staaten durch ausdrückliche oder stillschwei-
gende Verträge festgesetzten Rechtes zur Grund-
lage dienen soll, so kommt es hier zweifach
in Betracht. Es füllt die Lücken aus, die nur
zu oft in einem System des positiven Völker-
rechtes sich zeigen, und so weit ist sein Ge-
brauch wesentlich. Überdieſs dient es demsel-
ben System als Bindemittel, indem nach ihm
[7]Vorrede.
die Grundsätze geordnet und an einander ge-
reihet werden.


Wer dem Studium des heutigen europäi-
schen Völkerrechtes sich widmet, würde verge-
bens mit der Hoffnung sich schmeicheln, von
jedem freien Volk, das diesen Theil des Erd-
balls bewohnt, jeglichen Satz, er sey rechtlich
oder geschichtlich, den die Theorie aufzustel-
len oder zu bewahren nicht verfehlen darf, an-
erkannt zu sehen. Der Verfasser eines Werkes
wie dieses, ist oft verpflichtet sich schlechthin
an Abstractionen zu halten, die aus sorgfältiger
und unparteyischer Betrachtung des natürlichen
Völkerrechtes, aus gewissen Verträgen, und aus
manchen Gewohnheiten hervorgehen, die, wenn
nicht von allen, doch von den meisten euro-
päischen Staaten angenommen sind. Die aus
einer solchen Vergleichung sich bildende allge-
meine Theorie, kann daher in einem einzel-
nen Fall nur so weit Anwendung finden, als
sie hier mit dessen besondern Umständen sich
verträgt. Da diese Theorie nie in der Art ge-
gründet ist, daſs durch sie die besondern Be-
ziehungen zurückgesetzt würden, die auf That-
sachen oder particuläre Rechtsquellen sich stü-
[8]Vorrede.
tzen, so muſs ein Staatsmann überall zuerst die
besondern Verhältnisse in das Auge fassen, wel-
che zwischen den in Betracht kommenden Mäch-
ten bestehen. Dieser Grundwahrheit ungeach-
tet, sind die allgemeinen Grundsätze von gröſs-
ter Wichtigkeit, und zu keiner Zeit sollte das
Studium derselben, von denen, welche die di-
plomatische Laufbahn wählen, vernachlässigt
werden.


Unstreitig kann hier die Rede nur davon
seyn, was, dem Rechtsgesetz zufolge, unter
freien Völkern beobachtet werden soll. Aber
verhelen kann man sich nicht, daſs es Fälle
giebt, wo Uebermacht eines oder mehrerer
Staaten, oder ausserordentliche Ereignisse, ge-
bieterisch Schritte begünstigt haben, wofür man
einen zureichenden Grund in dem Völkerrecht
vergebens suchen würde. Indeſs ist darum
nicht minder wichtig, die Rechte der Nationen
zu kennen; denn was wirklich recht ist, wird
zuverlässig einst als solches anerkannt werden;
und überdieſs vermag keine Macht, durch will-
kührliches Benehmen, der Würde des Völker-
rechtes etwas zu vergeben. Dem Unrecht hul-
digen, die zerstörenden Maximen einer solchen
[9]Vorrede.
Macht, gleichviel aus welchem Beweggrund,
zu Grundsätzen erheben wollen, wovon man
nur zu oft, vorzüglich bei neueren Schrift-
stellern, Beispiele gesehen hat, würde in
schwere Verantwortung gegen die Menschheit
bringen.


Die Erschütterungen, welche unlängst den
europäischen Staaten ein ViertelJahrhundert
lang widerfahren sind, werden höchstwahr-
scheinlich manche Aenderungen oder Modifica-
tionen in den Grundsätzen des positiven Völ-
kerrechtes zur Folge haben, deren Festsetzung
man vergebens schon von dem wiener Congreſs
erwartet hatte; doch hat man alle Ursache zu
glauben, daſs diese Aenderungen weder so
zahlreich noch so nah seyn werden, daſs dar-
um die Bekanntmachung dieses Werkes zu ver-
schieben wäre. Möge es dazu beitragen, den
Zeitpunct ihres Daseyns zu beschleunigen, der
nie so nah seyn wird, als der Vortheil der
Menschheit und der Staaten es gebietet; viel-
leicht irret der Verfasser, doch möchte er hof-
fen dürfen, daſs dieses Werk hiezu als Einlei-
tung dienen könne. Auch geschah es haupt-
sächlich unter diesem Gesichtpunct, daſs sich
[10]Vorrede.
derselbe bestrebt hat, dem Seerecht, vorzüg-
lich demjenigen der Neutralen, eine Entwi-
ckelung und eine Aufmerksamkeit zu widmen,
die seiner dermaligen Wichtigkeit angemes-
sen ist.


Findet man den Verfasser, wie er ange-
legentlich wünscht, untadelhaft in Hinsicht auf
Wahrhaftigkeit, so werden Manche vielleicht
stärkere Farben, einen minder didactischen
Ton vermissen. Er gesteht, daſs ihn die Hoff-
nung verläſst von diesen freigesprochen zu
werden, wenn nicht die für einen Lehrbegriff
so nothwendige Gedrängtheit, die Menge der
Gegenstände, die mit dem geringsten Wort-
aufwand abzuhandeln, und auf einem mög-
lichst kleinen Raum zu entwickeln waren,
vor ihren Augen ihn Entschuldigung finden
lassen.


Nur allein die Erwägung einer sich weiter
verbreitenden Nützlichkeit, hat den Verfasser
veranlassen können sich einer Sprache zu be-
dienen, die weder die seinige, noch diejenige
seines Vaterlandes ist, und es nie seyn soll.
Er bedient sich dieser Sprache, nicht sowohl
[11]Vorrede.
wie derjenigen der Franzosen, als vielmehr
darum, weil nicht nur seine wissenschaftlich
gebildeten Landsleute, sondern auch die mei-
sten Diplomaten der übrigen zu Beobachtung
des Völkerrechtes ebenmäsig verpflichteten eu-
ropäischen Nationen, mit derselben vertraut
sind. Dieses Geständniſs, diese Absicht, werden
ihn entschuldigen, und ihm einiges Recht auf
die Nachsicht derer geben, die jener Sprache
mächtiger sind als er.


Eine grosse Anzahl literärischer Notizen
ist hinzugefügt, viele Controversen der Publi-
cisten sind angeführt worden. Wie ungern
auch der Verfasserr hiezu sich entschloſs, so
hat er doch geglaubt, sich dessen nicht über-
heben zu dürfen, in einem Werk, das zu-
gleich bestimmt ist dem Unterricht in einer
Wissenschaft zur Grundlage zu dienen, in wel-
cher es von hoher Wichtigkeit ist, die ver-
schiedenen Meinungen und auch die Schriften
zu kennen, aus denen man sein Wissen berei-
chern kann. Dieser festen Ueberzeugung un-
geachtet, bekennt er jedoch, daſs er des
gröſsten Theils dieser Noten und Citationen
sich würde enthalten haben, wenn er sich
[12]Vorrede.
bloſs Leser französischen Ursprungs gedacht
hätte.


Er hat überdieſs geglaubt, als Anhang
eine auserlesene Bibliothek für das Völker-
recht hinzufügen zu müssen, um auf die ge-
schwindeste und bequemste Art den bibliogra-
phischen Bedürfnissen nicht nur der Anfän-
ger, sondern auch der übrigen zu Hülfe zu
kommen. Das alphabetische Verzeichniſs der
Schriftsteller, am Schluſs des Buches, wird
den Gebrauch dieser Bibliothek erleichtern.


[[13]]

INHALT.


  • EINLEITUNG.
    Vorbereitender Theil.
  • I. Cap. Begriff, Abtheilung, Quellen, verwandte
    und Hülfwissenschaften, Methode des Völker-
    rechtes. §. 1—9.
  • II. Cap. Cultur-Geschichte und Literatur des Völ-
    kerrechtes. §. 10—19.
  • ERSTER THEIL.
    Die Staaten,
    überhaupt, und die europäischen insbesondere.
  • I. Cap. Begriff, SouverainetätsVerhältnisse, und Vereini-
    gung der Staaten. §. 20—28.
  • II. Cap. Die europäischen Staaten. §. 29—35.
  • ZWEITER THEIL.
    Rechte der europäischen Staaten unter sich.
  • ERSTER TITEL.
    Unbedingte Rechte.
  • I. Cap. Recht der Selbsterhaltung. §. 36—44.
  • II. Cap. Recht der Unabhängigkeit. §. 45—88.
  • III. Cap. Recht der Gleichheit. §. 89—122.
  • ZWEITER TITEL.
    Bedingte Rechte.
  • ERSTER ABSCHNITT.
    Rechte in Absicht auf friedliche Verhältnisse.
  • I. Cap. Recht des Staatseigenthums. §. 123—140.
  • II. Cap. Recht der Verträge. §. 141—165.
  • III. Cap. Recht der Unterhandlungen, insonderheit durch Gesandte.
    §. 166—230.
  • ZWEITER ABSCHNITT.
    Rechte in Absicht auf feindliche Verhältnisse.
  • I. Cap. Recht des Kriegs. §. 231—278.
  • II. Cap. Recht der Neutralität. §. 279—316.
  • III. Cap. Recht des Friedens. §. 317—329.
  • ANHANG.
    Bibliothek für das Völkerrecht.
[[15]]

EUROPÄISCHES
VÖLKERRECHT.


EINLEITUNG.
VORBEREITENDER THEIL.


ERSTES CAPITEL.
BEGRIFF, ABTHEILUNG, QUELLEN, VERWANDTE UND
HÜLFWISSENSCHAFTEN, METHODE DES VÖLRER-
RECHTES.


§. 1.
Begriff und Arten des Völkerrechtes.

Unabhängige Staaten führen als moralische
Personen, in ihrem gegenseitigen Verhältniſs, den
Namen freie Völker a). Der Inbegriff ihrer
wechselseitigen vollkommenen Rechte, das Recht
der Staaten im Verhältniſs zu einander, heiſst
Völkerrecht (jus gentium, droit des gens, Staa-
tenrecht, jus civitatum inter se). So weit diese
Rechte aus der Natur ihrer gegenseitigen Verhält-
nisse fliessen, ist das Völkerrecht natürliches oder
allgemeines (jus gentium naturale s. universale):
positives b) (jus gentium positivum, so fern es
sich gründet auf Uebereinkunft, ausdrückliche
[16]Einleitung. Vorbereitender Theil.
oder stillschweigende c). Wissenschaftlich kann
das positive Völkerrecht, sowohl eines einzelnen
Staates, als auch mehrerer Staaten zusammen,
namentlich der europäischend), abgehandelt
werden. Obgleich weder alle Völker einen allge-
meinen Weltstaat (§§. 15, 24 u. f.), noch die eu-
ropäischen insbesondere eine VölkerRepublik
bilden, so ist doch gewiſs, daſs die letzten einan-
der einen gewissen Inbegriff von Rechten einräu-
men, und daſs sie, in dieser Hinsicht, sich in
einer bestimmten Rechtsgemeinschaft befinden.
Es ist also das Daseyn eines europäischen Völker-
rechtes eben so einleuchtend, als die Nothwen-
digkeit und Nützlichkeit seiner wissenschaftlichen
Bearbeitung e).


§. 2.





§. 2.
Verhältniſs des VR. zu dem Staatsrecht, zu der VölkerMo-
ral, Convenienz, und Staatsklugheit, und zu dem Völker-
gebrauch.

I) Jede obligatorische Beziehung eines Staates,
in dieser Eigenschaft, entweder zu andern Staa-
ten, oder zu seinen Bürgern, heiſst eine öf-
fentliche.
Der Inbegriff aller dieser obliga-
torischen Beziehungen, bildet das öffentliche
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 2
[18]Einleitung. Vorbereitender Theil.
Recht überhaupt. Daher ist das Völkerrecht, auch
das natürliche, ein Theil des öffentlichen Rech-
tes a). Das natürliche Völkerrecht, das Recht der
Einzelnen im Stande der Natur, zweckmäsig an-
gewandt auf das Verhältniſs der Staaten unter
sich b), gehört zu dem allgemeinen oder natürlichen
öffentlichen Recht. Das wechselseitige obligato-
rische Verhältniſs zwischen dem Staat, als solchem,
und seinen Bürgern, wird bestimmt durch das
Staatsrecht: dasjenige zwischen dem Staat, als
solchem, und einzelnen Menschen ausserhalb
derselben Staatsverbindung, durch das Privat-
recht c
). II) Das Völkerrecht begreift nur Zwang-
rechte unter sich. Es fordert nur Legalität,
nicht Moralität, nicht Schicklichkeit, nicht Klug-
heit, nicht blosse Gebräuche ohne moralische
Nothwendigkeit. Es ist also wesentlich ver-
schieden, von Völker Moral d) (droit interne),
deren Beobachtung ein Staat nur sich selbst schul-
dig ist, von Convenienz (decorum gentium, règles
de convenance), von Staatsklugheit e) (Politik),
von Völkergebrauch (usus gentium, simple usa-
ge); wiewohl diese in dem Völkerrecht nicht sel-
ten erläuternd, immer wissenswerth sind.




[19]I. Cap. Begriff, Abtheilung, Quellen, u. s. w.



§. 3.
Quellen des VR. der europäischen Staaten.
1) Verträge.

Die Quellen des Völkerrechtes der europäi-
schen Staaten, sind folgende. I) Verträge der
Staaten unter sich, sowohl ausdrückliche a) als
auch stillschweigende b). Die letzten gründen
[20]Einleitung. Vorbereitender Theil.
sich auf sprechende Handlungen der Interessen-
ten c). Beide Arten von Verträgen, begründen
zusammen das eigentlich so genannte Vertrag-
recht
der Völker. Ausdrückliche allgemeine Ver-
träge der europäischen Staaten, giebt es nicht;
aber oft ist wichtig, bald die Gleichheit, bald
die Aehnlichkeit der Grundsätze wahrzunehmen,
von welchen die Mächte bei ihren Verträgen aus-
gegangen sind. Erst die neueste Zeit hat etliche
Beispiele von Verträgen geliefert, zu deren Beob-
achtung fast alle europäischen Staaten ausdrück-
lich sich verpflichtet haben d). Rechte der Völ-
ker, welche sich gründen auf stillschweigende
Verträge oder Rechtsgewohnheiten, werden auch
Herkommen oder Gewohnheitsrecht der Völker
(jus gentium consuetudinarium) genannt. In dem
Völkerrecht unterscheidet sich dieses nicht von
Observanz, wohl aber von blossem Völkerge-
brauch
(§. 34 f.), womit ein Zwangrecht nicht
verbunden ist e). Blosse Vermuthung kann un-
ter unabhängigen Staaten kein Recht begründen,
also auch keinen Vertrag f). Eben so wenig eine
Fiction g), so fern ihr nicht durch Vertrag eine
solche Wirkung beigelegt ist.








[22]Einleitung. Vorbereitender Theil.

§. 4.
2) Analogie.

II) Eine zweite Quelle ist die Analogie;
eine aus positiven völkerrechtlichen Bestimmun-
gen, für ähnliche oder für entgegengesetzte Fälle
(durch Argumente a simili aut a contrario, von
Harmonie oder Disharmonie völkerrechtlicher Be-
stimmungen), abgeleitete Handlungsvorschrift a).
Nur subsidiarisch, wenn es an unzweifelhaften
vertragmäsigen Bestimmungen fehlt, ist sie an-
wendbar. Durch Analogie können nicht nur man-
gelhafte, oder unvollständige vertragmäsige Be-
stimmungen ergänzt, sondern sogar neue begrün-
det werden. Auch kann sie als Auslegungsregel
dienen b).




§. 5.
3) Natürliches Völkerrecht.

III) So oft weder Verträge noch Analogie
für das Rechtsverhältniſs unter unabhängigen
Staaten hinlängliche Bestimmung liefern, muſs
dieselbe aus dem natürlichen Völkerrecht a)
genommen werden. Auch ist dieses ein wichti-
[23]I. Cap. Begriff, Abtheilung, Quellen, u. s. w.
ges Hülfsmittel für Theorie und Lehrvortrag des
positiven Völkerrechtes, und bei Anwendung des-
selben.



§. 6.
Ueber Verjährung, Besitzstand, Staatsvortheil, Gleichgewicht.

Verjahrung, ein Erzeugniſs des positiven
Privatrechtes, findet, ohne vertragmäsige Be-
stimmung, unter unabhängigen Staaten nicht
statt a). Wohl aber ist der Besitzstand (uti pos-
sidetis, favor possessionis) zu achten b), bis man
rechtmäsig zu den Waffen geschritten, oder der
Streit auf völkerrechtliche Art beendigt ist. Blos-
ser Staatsvortheil (StaatsInteresse, intérêt de l’é-
tat), so genanntes ConvenienzRecht (droit de con-
venance), hat nur politisches Gewicht c). Auch
das Gleichgewicht d), das politische, eine unbe-
stimmte Idee unter augenblicklichem Einfluſs der
Convenienz, hat nicht die Natur einer völker-
rechtlichen Entscheidungsquelle.



[24]Einleitung. Vorbereitender Theil.



§. 7.
Verwandte Wissenschaften.

Das Völkerrecht, als Wissenschaft betrach-
tet, ist ein Theil der Diplomatie, eines Inbe-
griffs wissenschaftlich geordneter Kenntnisse und
Grundsätze, für richtige und geschickte Betreibung
öffentlicher Geschäfte unter Staaten a). Man lernt
die Diplomatie bei dem Studium der so genann-
ten politischen oder Staatswissenschaften, der Staa-
tengeschichte b
), besonders der drei letzten Jahr-
hunderte, der Politik c), der Statistik d), der Staats-
wirthschaft
und National Oekonomie oder Gewerb-
kunde e), der Kriegskunde f), sowohl Heerkunst
(Taktik) als auch Heerleitung (Strategie), vorzüg-
lich aber des Staats- und Völkerrechtes g), des na-
türlichen und positiven, der politischen Negocia-
tionsKunst h
), und der StaatsPraxis i), mit In-
begriff der Geheimschreibekunst k) (Chiffrir- und
DechiffrirKunst). Fast allen diesen Wissenschaft-
ten liegt die Geschichte zum Grunde, so viel das
[25]I. Cap. Begriff, Abtheilung, Quellen, u. s. w.
Empirische betrifft; dann die Wissenschaft von
dem Staat, dieser als Idee betrachtet. Alle bezie-
hen sich entweder auf Rechtmäsigkeit, oder auf
Zweckmäsigkeit.












§. 8.
Hülfwissenschaften.

Hülfwissenschaften sind: Erdbeschreibung a)
(Geographie), Urkundenlehre b) (Diplomatik),
nebst der urkundlichen Zeitkunde c) (Chronolo-
gie), Wappenkunde d) (Heraldik), Geschlecht-
kunde e
) (Genealogie), Auslegungskunst f) (Her-
meneutik). Auch sind wichtig für den Diploma-
ten: die fleisige Lesung politischer Zeitschrif-
ten g
), die Beobachtung der Staatsvorfälle, der
Umgang mit Staatsbeamten, auch mit andern
unterrichteten und ausgezeichneten Personen.



[27]I. Cap. Begriff, Abtheilung, Quellen, u. s. w.






§. 9.
Methode.

In dem Lehrvortrag des Völkerrechtes der
europäischen Staaten, sind die Grundsätze nach
einem einfachen systematischen Plan, aus Ver-
trägen, ausdrücklichen und stillschweigenden,
aus der Analogie, und aus der Natur der wech-
selseitigen Staatenverhältnisse, kurz, bestimmt,
und leicht faſslich zu entwickeln, und aus der Ge-
schichte, so weit möglich, zu erläutern; beides
[28]Einleitung. Vorbereitender Theil.
ohne Vorurtheil, Hypothesensucht, Partei- und
Sectengeist, ohne Miſsbrauch rationaler Formen
und metaphysischer Speculationen. Die dogma-
tisch-historische LehrMethode verdient den Vor-
zug vor der bloſs dogmatischen, mehr noch
vor der bloſs historischen, am meisten vor der
bloſs raisonnirenden a). Reine Wahrheitsliebe,
Unbefangenheit, Nüchternheit des Urtheils, ver-
bunden mit edler, anständiger Freimüthigkeit,
müssen überall vorherrschen. Controversen b)
und Erläuterung durch merkwürdige Staatsvor-
fälle c), bleiben hauptsächlich dem mündlichen
Vortrag vorbehalten.





[29]II. Cap. CulturGeschichte und Literatur.

ZWEITES CAPITEL.
CULTURGESCHICHTE UND LITERATUR DES VÖLKER-
RECHTES.


A) Cultur Geschichte.

§. 10.
I) Gebrauch des Völkerrechtes in Europa.
Aeltere Periode
.

Bei den wichtigsten Gegenständen des Völ-
kerrechtes, bei Rechtsverletzungen, Kriegen,
Bündnissen, Absendung eigener, Aufnahme und
Behandlung fremder Gesandten, war in der alten
Welt
, so weit man die Ereignisse nach Ursa-
chen und Zusammenhang zu ergründen vermag,
die Handlungsweise der Staaten so verschieden,
so ungleich, daſs man weder in Fällen des
Rechtsverhaltens auf ein deutliches Bewuſstseyn
von Grundsätzen des Völkerrechtes, noch bei
Rechtsverletzungen auf ein wider besseres Wis-
sen begangenes Unrecht, immer mit Sicherheit
schliessen kann. So wird dem Tadel der Israe-
liten
, wegen mancher Kriege und Erbfeindschaft,
hauptsächlich die erhaltene höhere Vorschrift ent-
gegengesetzt a). Aus klarer Einsicht des Rechtes
und des wohlverstandenen Staatsvortheils, scheint
das Rechtsverhalten der griechischen Staaten, in
ihrem auswärtigen Verhältniſs, geflossen zu
[30]Einleitung. Vorbereitender Theil.
seyn b). Doch verräth wenigstens noch grössere
Aufmerksamkeit auf das Völkerrecht, bei den
Römern, zur Zeit der freien Republik, die An-
ordnung eines eigenen Departements der aus-
wärtigen Angelegenheiten, des Collegii der Fe-
cialen; ein Ruhm, der durch die nachherige
Handlungsweise der Regierung, schon während
der innern bürgerlichen Kriege, mehr noch spä-
ter durch Annahme eines Eroberungs- und Un-
terjochungsSystems, sehr verdunkelt ward c).





§. 11.
Mittlere Periode.

Die Staatsereignisse in dem Zeitraum der
Völkerwanderungen, verriethen eben so viel Un-
kunde des Völkerrechtes, als rechtwidrigen Wil-
len. In dem eigentlich so genannten Mittelal-
ter
, läſst das gegenseitige Benehmen der euro-
päischen Völker, auf einen verminderten Grad
von Rohheit und Rechtwidrigkeit sehliessen.
Sehr wahrscheinlich, hat man dieses grossentheils
dem Einfluſs der christlichen Religion auf Den-
kungsart der Machthaber und auf öffentliche Mei-
nung a) zu danken; zum Theil auch dem da-
[31]II. Cap. CulturGeschichte und Literatur.
maligen Ansehen der Päpste, und ihrem hierar-
chischen System. Weniger mag, in dieser Hin-
sicht, die lang und weit verbreitete Idee von
einem allgemeinen Staatenbunde der christlichen
Mächte b), gewirkt haben, da sie zunächst auf
Unfrieden mit nichtchristlichen Staaten, haupt-
sächlich in dem Zeitraum der Kreuzzüge, sich
bezog.




§. 12.
Neuere Periode.

Die Unterdrückung der päpstlichen Anmas-
sungen über die weltlichen Regenten, haupt-
sächlich seit der baseler Kirchenversammlung,
kann für die AnfangsEpoche des positiven Völ-
kerrechtes der europäischen Staaten gelten. Seit
dem Anfang des XVI. Jahrhunderts, ward der
politische Verkehr der europäischen Staaten leb-
hafter. Ereignisse, besonders in der Regierungs-
zeit Carls V. und Heinrichs IV., und vorherr-
schende Klugheit, veranlaſsten Staatsverträge.
Die christlich-kirchliche Spaltung, das Handels-
Interesse, die stehenden Kriegsheere, der lange,
[32]Einleitung. Vorbereitender Theil.
stark besuchte westphälische FriedensCongreſs,
die beständigen Gesandschaften, die durch den
häufigen Gebrauch der Buchdruckerkunst ver-
mehrte Oeffentlichkeit der Staatsverhandlungen,
weckten und unterhielten die Aufmerksamkeit
der Cabinete auf die europäischen Staatenver-
hältnisse. Folgen hievon waren: fast immer-
währende Unterhandlungen, häufige und reich-
haltige Staatsverträge, allgemeinere Anerken-
nung
des natürlichen Völkerrechtes, laute, mit
Rechtsgründen unterstützte Beschwerden der Ver-
letzten und Unterdrückten, öffentliche Verthei-
digung
dawider von Seite ihrer Gegner, die
eben dadurch, daſs sie wenigstens den Schein
des Rechtes für sich in Anspruch nahmen, das
Daseyn eines Völkerrechtes anerkannten, und
die durch Heurathen entstandene Verwandschaft
fast aller Regentenhäuser in Europa, die sie
fast alle gleichsam zu einer Familie vereinigt.
Die französische Revolution, mit ihren Folgen,
lieferte reichen Stoff zu Beobachtungen, Beleh-
rung, Besorgnissen und Maasnehmungen. Die
letzten Resultate dieses ereigniſsvollen Zeitraums,
scheinen der Folgezeit vorbehalten zu seyn a).



§. 13.
II) Wissenschaftliche Bearbeitung des VR.
Vor Grotius
.

Was vor Grotius für die Völkerrechts Wis-
senschaft
geschah, war Stückwerk, und auch
dieses meist ohne feste Begründung. Aristoteles
und Plato beschäftigten sich einigermaſsen mit
dem rechtlichen Verhältniſs der Staaten. Die
griechischen Geschichtschreiber, die römischen
Philosophen, Rechtsgelehrten, Gesetzgeber, lie-
fern wenige, zerstreute Bemerkungen darüber a).
Sehr ungünstig für wissenschaftliche Ausbildung
des Völkerrechtes, waren in dem Mittelalter,
das Ansehen der unpassenden Aussprüche der
Kirchenväter b), die überwiegende politische
Wichtigkeit der Päpste, die abentheuerliche Grille
von einem Dominio mundi und Imperio christia-
Klübers Europ. Völkerr. I. 3
[34]Einleitung. Vorbereitender Theil.
nitatis der römischen Kaiser, die Alleinherrschaft
der scholastischen Philosophie c), der Mangel
allgemeiner wissenschaftlicher Cultur und der
Buchdruckerkunst, das Faustrecht. Einige Licht-
funken für die Wissenschaft des Völkerrechtes,
besonders für deren Befreiung aus dem Joch
der Päpste, sprangen aus Reibungen zwischen
der päpstlichen und weltlichen Macht; mehr
noch, späterhin, aus Luther’s und Zwingli’s
Reformation d). Doch nahm man, in streitigen
Fällen, noch oft Zuflucht zu Grundsätzen des
römischen und canonisch-päpstlichen Rechtes,
zu Gutachten der Legisten und Decretisten, und
selbst der Gottesgelehrten. Zwar erschienen et-
liche gedruckte Schriften für das Völkerrecht,
aber die Verfasser giengen von unrichtigen Be-
griffen und Vordersätzen aus; wie Oldendorp
(1539), Vasquez oder Vasquius (1572), und
Winckler (1615), theils entwickelten, und ver-
folgten sie ihre richtigen Ansichten nicht genug,
wie Albericus Gentilis (1598) und Suarez
(1613) e).







§. 14.
Von Grotius bis Wolff.

Die eigentliche Schöpfung dieser Wissen-
schaft war dem scharfsinnigen, weltkundigen,
gelehrten Hugo Grotius (de Groot) vorbehalten.
In seinem Werk „de jure belli et pacis“ (1625),
handelte er nicht nur das natürliche Völker-
recht in seinem Zusammenhang gründlich ab,
sondern er sammelte auch für das positive Völ-
kerrecht, zu Erläuterung seiner Lehrsätze, viele
Beispiele aus der ältern Zeit a). Weit verbrei-
tete sich der Ruhm dieses Werkes; auch durch
Uebersetzungen, Auszüge, compendiarische Dar-
stellungen, Tabellen, und Commentare b). Das
erste Lehrbuch des Völkerrechtes, nach seinem
ganzen Umfang, lieferte (1650) Zouchaeus (Zou-
chy), in gedrängter Kürze c); um dieselbe Zeit,
wo sein Landsmann Hobbes eine besondere Be-
arbeitung des Völkerrechtes für überflüssig er-
klärte. Obgleich mittelbar, doch bedeutend,
nützte dem Völkerrecht Samuel Freiherr von Pu-
fendorf
, durch seine treffliche, dreifache Bear-
beitung des Naturrechtes der einzelnen Menschen
(1660, 1672, 1673). Während er die Identität
des letzten mit dem natürlichen Völkerrecht be-
hauptete, bestritt er wenigstens das formale Da-
[36]Einleitung. Vorbereitender Theil.
seyn eines positiven Völkerrechtes. Die Gewohn-
heiten der europäischen Völker, in Absicht auf
Kriegsmanier und Unverletzbarkeit der Gesand-
ten, erklärte er für willkührlich, und die in
Völkerverträgen enthaltenen Stipulationen zwar
für verbindlich, aber doch grossentheils für tem-
porär oder vorübergehend; Recht oder Gesetz
könnten diese Stipulationen nicht genannt wer-
den, da sie vielmehr der Geschichte angehör-
ten d). Dessen ungeachtet widmete er eigene
Abschnitte dem Rechte des Kriegs, der Kriegs-
verträge, der Friedensschlüsse, der Bündnisse.
Seine Eigenheiten entgiengen nicht dem Wider-
spruch anderer Gelehrten e), fanden aber auch
Vertheidiger und Anhänger f). Eine Reihe von
Lehr- und Handbüchern g), welche seitdem in
dieser Periode erschienen, beweisen die immer
steigende Theilnahme an dem Studium der Völ-
kerrechtsWissenschaft. Für das positive Völker-
recht, erschienen vorerst Sammlungen von Staats-
verträgen und andern schriftlichen Staatsverhand-
lungen h), nebst historischer Darstellung der
Staatsverträge i).




[37]II. Cap. CulturGeschichte und Literatur.







§. 15.
Von Wolff bis jetzt.

Die Bahn war gebrochen, zu vollständiger
und systematischer Bearbeitung des gesammten
Völkerrechtes. Dem natürlichen Völkerrecht
ward diese, lichtvoll, zu Theil von dem ord-
nenden Forschungsgeist des berühmten Christian
Freiherrn von Wolffa) (1749 u. 1750). Da
er auf vermuthete Einwilligung der Völker, und
sogar auf die Fiction eines allgemeinen oder
[38]Einleitung. Vorbereitender Theil.
gröſsten Welt- oder Völkerstaates, Zwangrechte
freier Völker gründen wollte, so wird das Be-
dauern gemindert, daſs er nicht auch dem posi-
tiven Völkerrecht seine schriftstellerische Thä-
tigkeit gewidmet hat. Desto fleissiger sorgte
für dieses, abgesondert von dem natürlichen,
der emsige und geradsinnige Joh. Jacob Moser,
in mehreren Schriften, während seiner langen
literärischen Laufbahn (1732 — 1781). Mehr
einfach und deutlich als systematisch, mehr hi-
storisch als philosophisch, aber ohne Rückhalt,
trachtete er auch diesem Theil des öffentlichen
Rechtes nützlich zu werden b). Neben und
nach ihm, ward von Andern, besonders von
dem scharfsinnigen Kantc), überzeugend be-
wiesen, wie sehr positives Völkerrecht, bei der
Unzulänglichkeit des natürlichen, dem Interesse
der Staaten gemäſs sey.





§. 16.
Fortsetzung.

Nach Moser, erwarb sich, seit 1785, aus-
gezeichnete Verdienste um das positive euro-
[39]Cap. II. Cultur Geschichte und Literatur.
päische Völkerrecht, Georg Friedrich von Mar-
tens
, durch Lehrbücher und andere Schriften,
durch Sammlungen von Staatsverträgen und
Staatsgrundgesetzen, und durch Lehrvorträge a).
Sehr bereichert ward das Völkerrecht in diesem
Zeitraum, durch Lehrbücher b) und ausführli-
chere Werke c), durch Sammlungen von Staats-
verträgen d), welche in mehreren Staaten, auch
einzeln, bald nach ihrer Abschliessung in offi-
ciellen Abdrücken erscheinen, durch Sammlun-
gen von Staatsschriften, durch gesandschaftliche
Memoires, und durch einzelne Abhandlungen,
besonders über See- und Handelsrecht, über
das Recht der Neutralen, über Gesandschaft-
recht. Auch ward gesorgt für Casuistik e), und
für den historischen Theil des positiven Völker-
rechtes der europäischen Staaten, durch eigene
Werke, worin die neuern Welthändel erzählt
und erläutert sind f), und durch politische Zeit-
schriften. Es erschienen eigene Repertorien über
die Staatsverträge g). Das gesammte Völker-
recht erhielt (1785) eine eigene, sehr schätz-
bare Literatur von Died. Heinr. Ludw. Frei-
herrn von Ompteda, wozu im Jahr 1817, C. A.
von Kamptz eine reichhaltige Ergänzung und
Fortsetzung lieferte.









§. 17.
Jetziger Standpunct.

Auf ihren jetzigen Standpunct ward die
VölkerrechtsWissenschaft erhoben, durch die Sit-
[41]II. Cap CulturGeschichte und Literatur.
tenverfeinerung und den zunehmenden Verkehr
der europäischen Staaten, durch den Einfluſs
der neuern Kriegskunst auf das gegenseitige Ver-
hältniſs derselben, durch vermehrte Thätigkeit
der Machthaber, durch Vervielfältigung der po-
litischen Unterhandlungen, insbesondere mittelst
beständiger Gesandschaften, durch Cultur der
Wissenschaften überhaupt, insonderheit des na-
türlichen Völkerrechtes, der Staatengeschichte,
und der übrigen verwandten und Hülfwissen-
schaften, durch literärische Fruchtbarkeit rechts-
und geschichtkundiger Männer, politischer Ge-
schäftmänner, Beobachter und Sammler a), durch
Begünstigung der Preſsfreiheit in mehreren Staa-
ten, durch allgemeinere Theilnahme an Staats-
vorfällen, durch akademischen Lehrvortrag.
Wie die Kraft der Ereignisse Seyn und Nicht-
seyn der Staaten unwiderstehlich bestimmt, also
wirkt mächtig der Geist der Zeit, die öffentli-
che Meinung, auf Ausbildung und Anwendung
völkerrechtlicher Grundsätze.



B) Literatur.

§. 18.
Bibliographie und Biographie.

Zahlreich, gehaltvoll, unentbehrlich, sind
schon jetzt die literärischen Hülfsmittel zu dem
[42]Einleitung. Vorbereitender Theil.
Völkerrecht. Mehr noch werden sie es werden,
mit neuen Staatsvorfällen und vertragmäsigen
Bestimmungen, mit fortschreitender wissenschaft-
licher Cultur und literärischer Thätigkeit. Wich-
tig ist und bleibt demnach, die Bibliographie
oder Bücherkunde dieses Theils der Rechtswis-
senschaft a). Ganz vorzüglich dient, zu Beur-
theilung völkerrechtlicher Schriften, die Biogra-
phie
oder Schriftstellerkunde b). Sie entwickelt
die innern und äussern Umstände, welche auf
Grundsätze und Aeusserungen der Schriftsteller
können eingewirkt haben, ihre Talente, Cha-
rakter, Religion, Erziehung, wissenschaftliche
Bildung, Vaterland, Wohnort, Dienstverhältniſs,
den Schauplatz ihrer practischen Thätigkeit.




§. 19.
Bibliothek für das Völkerrecht.

Der Büchervorrath für das Völkerrecht
läſst sich auf folgende Art ordnen a). I) Ge-
schichte des Völkerrechtes; literärische und bio-
graphische Hülfsmittel; verwandte und Hülfwis-
senschaften. II) Quellen, Staatsverträge und
StaatsActen. III) Lehrbücher, und Handbücher
oder ausführlichere systematische Werke, über
das Völkerrecht, auch das teutsche. IV) Werke
[43]Cap. II. CulturGeschichte und Literatur.
über einzelne Haupttheile des Völkerrechtes.
V) Sammlungen von Aufsätzen über verschiedene
Materien. VI) Monographien (Dissertationen
und Tractate). VII) Deductionen, Gutachten,
und Rechtsfälle. VIII) Lexicographische Werke.
IX) Schriften für Geschichte und Erläuterung
der Staatsverträge. X) Gesandschaftliche und
andere historische Memorires. XI) Werke für
die Geschichte der neueren Welthändel, und
politische Zeitschriften.



[[44]]

ERSTER THEIL.
DIE STAATEN,
überhaupt,
und die europäischen insbesondere
.


ERSTES CAPITEL.
BEGRIFF, SOUVERAINETÄTSVERHÄLTNISSE, UND VER-
EINIGUNG DER STAATEN.


§. 20.
Begriff und Entstehung der Staaten.

Bilden einzelne Menschen und Familien,
auf einem bestimmten Landesbezirk, eine bür-
gerliche Gesellschaft, unter gemeinschaftlicher
Obergewalt, zu allseitiger Sicherheit, so heiſst
ihre Verbindung Staat a). In dieser Vereini-
gung, werden sie als moralische Person betrach-
tet, und Volk (Nation) genannt b); dieses auch,
nebst ihrem Oberhaupt, im Verhältniſs zu an-
dern Staaten (§. 1). Die Staatsgesellschaft, eine
Schutzanstalt, entsteht, rechtlich betrachtet, nur
durch Verträge, ausdrückliche oder stillschwei-
gende c), wozu die moralische Nothwendigkeit
eines Sicherheitsbundes antreibt.


[45]I. Th. Die Staaten, überh. etc. I. Cap. Begriff, etc.



§. 21.
Souverainetät.

Staatshoheit oder Souverainetät a) in dem
weitern Sinn, ist der Inbegriff aller Rechte,
welche einem unabhängigen Staat in Hinsicht
auf den Staatszweck zustehen. Hierunter sind
begriffen: 1) die politische Unabhängigkeit (Sou-
verainetät im engern Sinn), das Recht politischer
Persönlichkeit oder Selbstständigkeit, im Ver-
hältniſs zu jedem andern Subject; 2) die Staats-
gewalt (im engern Sinn), die Gewalt zu dem
Zweck des Staates. — In dem engern oder völ-
kerrechtlichen Sinn, versteht man unter Souve-
rainetät bloſs die Unabhängigkeit eines Staates
von dem Willen anderer Staaten. In diesem
Sinn, heiſst souverainer Staat derjenige, welcher,
wie auch seine innere Verfassung seyn mag, für
sich selbst und ohne fremden Einfluſs die Staats-
hoheitsrechte auszuüben berechtigt ist b). Selbst-
ständigkeit solcher Art fordert das Völkerrecht
[46]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ.
von einem Staat, der, als moralische unabhän-
gige Person, im Verhältniſs zu andern Staaten
auf die Rechte politischer Persönlichkeit oder
Unabhängigkeit Anspruch macht c). — Unmit-
telbar bezieht sich die Souverainetät auf den
Staat, mittelbar auf das regierende Subject,
welchem von dem Staat die Ausübung derselben
übertragen ist. Wer zur Vertretung und Ver-
waltung eines unabhängigen Staates berufen ist,
heiſst Souverain. Ihm gebührt die Majestät,
die erhabenste Würde, die Vertretung des Staa-
tes, in dessen Verhältniſs nach Aussen, die
Staatsregierung, die Ausübung der Staatsgewalt
im Innern für den Zweck des Staates. So fern
entweder in der Vertretung oder in der Regie-
rung des Staates, oder in beiden, dem Staats-
oberhaupt positive Schranken gesetzt sind, heiſst
dieses ein verfassungsmäsiger (constitutioneller)
Souverain.





§. 22.
Ihre Unabhängigkeit von manchen innern und äussern
Verhältnissen
.

Da die völkerrechtliche Souverainetät eines
Staates, einzig bestimmt wird durch dessen Un-
abhängigkeit von dem Willen eines jeden Aus-
wärtigen in Ausübung seiner Hoheitsrechte; so
ist die Berechtigung dazu nicht abhängig von
dem Alter des Staates, von der Art seiner Grund-
verfassung oder Staatsform, von seiner Verwal-
tungsart, von dem Maas seiner politischen
Macht a), von der Art der Thronfolge, von
dem Titel des Staates oder seines Regenten, von
dem FamilienVerhältniſs des Staatsoberhauptes,
von dem Umfang des Staatsgebietes, von der
Grösse seiner Bevölkerung, von dem Stand der
inländischen Cultur in jeder Beziehung, von
Religion, Gewerbe und Verkehr der Bewohner.
Aus demselben Grund wird die Souverainetät
[48]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ.
nicht aufgehoben, durch Verhältnisse, worin der
Staat etwa zu andern Staaten steht in Hinsicht auf
Kirchengewalt, Vermittlung b), Gewährleistung c)
(Garantie), Bündnisse (Allianzen und Staatenbund),
Schutzverhältniſs d), Lehnpflicht e), Zinspflicht,
Subsidien, und selbst in Hinsicht auf Stiftung f)
oder ConstitutionsVerleihung g). Auch Dienst- h)
und untergeordnete Besitzverhältnisse, worin
etwa der Regent eines souverainen Staates für
seine Person, oder dessen Familie, zu einem
andern souverainen Staat sich befindet, sind
ohne Nachtheil für die Unabhängigkeit desjeni-
gen Staates, welchem er vorsteht.










§. 23.
Erwerb, Anerkennung, Garantie, Ende der Souverainetät.

Erworben wird die Souverainetät von einem
Staat, entweder ursprünglich, bei der ersten
Gründung des Staates, oder nachher, durch
rechtmäsige Aufhebung der bisherigen Unterwür-
figkeit a). Zu ihrer rechtlichen Gültigkeit bedarf
es, bei untadelhaftem Besitz, weder einer Aner-
kennung
noch einer Garantie von Seite anderer
Mächte. Doch kann der Klugheit gemäſs seyn,
sich Anerkennung b), ausdrückliche c) oder still-
schweigende d), und Garantie e) zu verschaffen.
Dagegen ist Anerkennung, nicht bloſs des einst-
weiligen Besitzstandes, sondern der Unabhängig-
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 4
[50]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
keit eines in widerrechtlicher Empörung begriffe-
nen Volkes, oder eines Usurpators, Beleidigung
des rechtmäsigen Souverains, so lang dieser seine
Oberherrschaft über jenes nicht aufgegeben hat,
oder dieselbe rechtlich als aufgegeben muſs be-
trachtet werden f). Die Souverainetät erreicht
ihr Ende, durch Untergang des Staatsgebietes,
durch Auflösung der Staatsverbindung, durch
Einverleibung oder unterwürfige Vereinigung
des Staates, oder eines Theils desselben, mit
einem andern Staat g).









§. 24.
Abhängige oder halbsouveraine Staaten.

Ist ein Staat in der Ausübung eines oder
mehrerer wesentlicher Hoheitsrechte abhängig von
der Obergewalt eines andern Staates, in Anse-
hung der übrigen wesentlichen Hoheitsrechte
aber unabhängig, so wird er, in Hinsicht auf
jene Art von Unterordnung, in dem Völkerrecht
bezeichnet mit dem Namen abhängiger oder
halbsouverainer Staat, état mi-souverain a).
[52]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
Das Maas und die Art der Abhängigkeit eines sol-
chen Staates, ist zu beurtheilen nach den vertragmä-
sigen Bestimmungen des concreten Falles. Meist
bezieht sich die Abhängigkeit auf die äussern Ho-
heitsrechte, deren Ausübung dem andern Staat
ganz oder zum Theil gebührt.



§. 25.
Ihr völkerrechtliches Verhältniſs. Streitige Souverainetät.

Wie weit einem halbsouverainen Staat die
Ausübung völkerrechtlicher Befugnisse, nament-
lich des Gesandschaftrechtes, zustehe, im Ver-
hältniſs nicht nur zu demjenigen Staat, dessen
Obergewalt er in gewisser Art anzuerkennen hat,
sondern auch zu andern Staaten, hängt ab theils
von dem Maas und der Art seiner Unabhängig-
keit, theils von besonderer Uebereinkunft. In
dem europäischen Völkerrecht kommen abhän-
gige Staaten unmittelbar nur so weit in Betracht,
als ihnen im Verhältniſs zu andern Staaten das
Recht politischer Persönlichkeit, und vermöge
derselben das Recht zusteht zu unmittelbaren
Verhandlungen mit souverainen oder halbsouve-
rainen Staaten a). — Ist die Souverainetät eines
Staates streitig b), so entscheidet, bis zu ausge-
machter Sache, bei denen Staaten, welche an
dem Streit nicht Theil nehmen, meist der Be-
sitzstand.


[53]I. Cap. Begriff, SouverainetäsVerhältnisse, u. s. w.


§. 26.
Privilegirte Provinzen und Städte.

Bloſs privilegirten Provinzen und Städten
eines Staates, welchen, unter der Hoheit des letz-
ten a), nur die Ausübung bestimmter Vorrechte
und Regierungsrechte zukommt, fehlt politische
Persönlichkeit oder Selbstständigkeit, im Ver-
hältniſs zu souverainen Staaten; selbst dann,
wenn der Inbegriff ihrer privilegirten Rechte
den Namen einer untergeordneten Landeshoheit
(jus territorii subordinati s. subalterni, superio-
ritas territorialis subalterna s. pactitia) verdiente,
oder führte b). Sie sind daher nicht befugt zu
unmittelbarem Gebrauch des Völkerrechtes c).



[54]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.


§. 27.
Vereinigung mehrerer Staaten:
1) unter Einem Regenten.

Mehrere Staaten können vereinigt seyn a)
(unio civitatum), auf zweifache Art: entweder
unter gemeinschaftlicher Oberherrschaft, oder
durch Gesellschaftrecht zu einem StaatenSystem b).
Die nähere Bestimmung und der Rechtsgrund
ergeben sich aus dem Vereinigungsvertrag (pac-
tum unionis).


Die Vereinigung unter gemeinschaftlicher
Oberherrschaft
hebt die individuelle Unabhän-
gigkeit der vereinigten Staaten nicht auf, wenn
sie nur persönlich ist c), d. h. beschränkt auf die
Person des gemeinschaftlichen Regenten, es sey
temporär oder immerwährend; desgleichen, wenn
sie dinglich ist, d. h. die Staaten selbst unter sich,
und zwar nach gleichem Recht (coordinirt) ver-
einigt sind d). Anders, wenn die Vereinigung
[55]I. Cap. Begriff, SouverainetätsVerhältnisse, u. s. w.
dinglich mit so ungleichem e) Rechte ist, daſs
sie entweder den einen Staat der Oberherrschaft
des andern unterordnet, oder gar für den einen
Staat eine Einverleibung (Incorporation) in sich
schlieſst, d. h. den einen Staat, mit Vernichtung
jeder Art von politischer Selbstständigkeit, in ei-
nen Bestandtheil des andern verwandelt (unio in-
aequalis incorporativa). Da indeſs die Vereini-
gung nach ungleichem Recht, Grade zuläſst, so
ist denkbar, daſs dem einen der ungleich verei-
nigten Staaten nicht alle Souverainetät entzogen
sey, so daſs er z. B. noch zu der Classe der so
genannten halbsouverainen Staaten (§. 24) gerech-
net werden könne.


Die dingliche Vereinigung, begründet die
Eintheilung der Staaten, in einfache und zusam-
mengesetzte
. Sie unterscheidet sich wesentlich
von der Zusammenschmelzung oder Verwandlung
mehrerer Staaten in einen f).








§. 28.
2) zu einem StaatenSystem.

Sind souveraine Staaten durch Gesellschaft-
recht
, nicht unter gemeinschaftlicher Obergewalt,
für einen bestimmten Zweck bleibend vereinigt,
so bilden sie ein StaatenSystem a), einen Staa-
tenbund
(StaatenSocietät, System vereinigter oder
verbündeter Staaten, Systema civitatum foederata-
rum seu achaicarum). Wenn gleich so vereinigte
Staaten, andern mit ihnen nicht vereinigten Staa-
ten gegenüber, zusammen in das Verhältniſs ei-
ner
unabhängigen moralischen Person, einer völ-
[58]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
kerrechtlichen GesammtMacht, treten, so ge-
schieht dieses doch unbeschadet der individuel-
len Souverainetät jedes einzelnen, und es kann
ihre Vereinigung, wie auch die Gemeinschaft in
ihrem Innern eingerichtet seyn mag, nicht be-
trachtet werden wie ein Societäts-, Völker- oder
Bundesstaat b). — Demnach kommt bei einem
StaatenSystem in Betracht, die völkerrechtliche
Beziehung, 1) des Staatenbundes, und zwar so-
wohl gegen die Bundesstaaten, als auch gegen
fremde Staaten und StaatenSysteme; 2) der einzel-
nen Bundesstaaten
, und zwar theils zu dem Bund,
theils unter sich ausserhalb der Bundesverhält-
nisse, theils gegen fremde (zu diesem Staatenbund
nicht gehörige) Staaten und StaatenSysteme.




[59]II. Cap. Die europäischen Staaten.

ZWEITES CAPITEL.
DIE EUROPÄISCHEN STAATEN
.


§. 29.
Heutige souveraine Staaten in Europa.

Die Zahl der souverainen Staaten von Euro-
pa, das Staatsgebiet, die Volksmenge, die politi-
sche Macht derselben, ist von jeher grossen Ver-
änderungen unterworfen gewesen; in der neuern
Zeit am meisten am Ende des achtzehnten und am
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Jetzt ist
der ganze, einer Beherrschung fähige Flächenin-
halt von Europa, unter folgende souveraine Staa-
ten, theils monarchische theils republikanische,
vertheilt. I) Monarchische Staaten, nach alphabe-
tischer Ordnung: 1) Kaiserthümer: Oestreich a),
Ruſsland, Türkei oder ottomanische Pforte;
2) Königreiche: Baiern, Dänemark, Frankreich,
das vereinigte Reich Groſsbritannien und Irland
(le royaume-uni de la Grande-Bretagne et de
l’Irlande), Hannover, das Königreich der Nieder-
lande, das vereinigte Königreich Portugal, (Brasi-
lien) und der beiden Algarbien b), Polen, Preus-
sen, Sachsen, Sardinien, Schweden und Norwe-
gen, das Königreich beider Sicilien, Spanien, Wir-
temberg; 3) Groſsherzogthümer: Baden, Hes-
sen, Luxemburg, MecklenburgSchwerin, Mecklen-
burgStrelitz, Sachsen WeimarEisenach, Toscana;
4) Kurfürstenthum: Hessen; 5) Herzogthü-
[60]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
mer: AnhaltBernburg, AnhaltCöthen, AnhaltDes-
sau, Braunschweig, Holstein (-Glückstadt) und
Lauenburg, HolsteinOldenburg c), Lucca, Mo-
dena nebst Reggio und Mirandola, Massa nebst
dem Fürstenthum Carrara, Nassau, Parma nebst
Piacenza und Guastalla, SachsenCoburg, Sachsen-
Gotha, SachsenHildburghausen, SachsenMeinin-
gen; 6) Fürstenthümer: HohenzollernHechingen,
HohenzollernSigmaringen, Lichtenstein, Lippe-
(-Detmold), Schaumburg (-Lippe), ReuſsGreitz,
ReuſsSchleitz, ReuſsLobenstein, ReuſsEbersdorf,
SchwarzburgRudolstadt, SchwarzburgSondershau-
sen, Waldeck, HessenHomburg; 7) der Kirchen-
staat
(Statto della Chiesa, patrimonium Petri) d).
II) Republikanische Staaten: die schweizer Canto-
ne, die freien Hansestädte Hamburg, Bremen,
Lübeck, die freie Stadt Frankfurt, die freie Stadt
Cracau nebst ihrem Gebiet e), die kleine sehr alte
Republik San Marino f).




[61]II. Cap. Die europäischen Staaten.




§. 30.
Ihre Staatsform.

Die Staatsform der vorhin genannten souve-
rainen Staaten ist verschieden a). Alle monarchi-
schen
Staaten, den Kirchenstaat ausgenommen,
sind jetzt Erbstaaten (regna hereditaria, états hé-
réditaires ou successifs), Staaten, in welchen erbliche
Thronfolge staatsgrundgesetzlich festgesetzt ist b).
Mit Ausnahme des Kirchenstaates, giebt es in Eu-
ropa keine souveraine Wahlstaaten mehr, wie
ehehin das teutsche Reich, Polen, die Insel Malta,
[62]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
bis in das Jahr 1798 Sitz des Groſsmeisters des
JohanniterOrdens, und in dem teutschen Reich
die (halbsouverainen) geistlichen Wahlstaaten c),
Staaten, deren Wahlregent verfassungsmäsig ein
Geistlicher war. Auch besteht kein monarchischer
Ernennungsstaat (état monarchique nominatif)
mehr, welches von 1806 bis in das Jahr 1810 der
fürstlich-primatische Staat, von 1810 bis in das
Jahr 1815 das Groſsherzogthum Frankfurt war d).
Ein Erbwahlreich ist der türkische Staat e). Ein
Theil der monarchischen Staaten, hat land- oder
reichsständische Verfassung. Die jetzigen repu-
blikanischen
Staaten (§. 29) sind Demokratieen,
theils reine, theils repräsentative. Ein Theil der
oben genannten souverainen Staaten ist vereinigt
zu zwei StaatenSystemen (§. 28); dem teutschen
Bund f
) (confédération germanique), der aus
monarchischen Staaten und freien Städten, und
der schweizerischen Eidgenossenschaft g) (confé-
dération suisse), welche aus republikanischen
Staaten besteht, nur mit Ausnahme des Fürsten-
thums Neufchatel h).










§. 31.
Und andere öffentliche Verhältnisse.

Lehnbar ist jetzt a) keiner der oben genann-
ten souverainen Staaten. Dagegen stehen manche
derselben in eigener Beziehung zu andern Staaten,
durch Bundes- oder ProtectionsVerhältnisse, durch
das Recht der Eroberung, durch Stiftung, oder
durch ConstitutionsVerleihung. Nicht alle ge-
nies-
[65]II. Cap. Die europ. Staaten.
sen königliche Ehren b) (honneurs royaux). Aber
in allen monarchischen Staaten, den Kirchenstaat
ausgenommen, ist der Titel und die Würde des
Staates (dignitas realis) dem persönlichen Titel
und der Würde des Regenten gleich. Die Staats-
gebiete sind fast durchgehends geschlossene (ter-
ritoria clausa). Der StaatsReligionsCharakter,
das Verhältniſs der in dem Staat angenommenen
kirchlichen Lehrbegriffe und ihrer Bekenner c),
hat jetzt selten mehr völkerrechtliche Beziehung,
es sey denn vermöge der mit dem päpstlichen
Stuhl von verschiedenen Staaten geschlossenen
Concordate d), oder der in manchen Staatsver-
trägen in Beziehung auf eine bestimmte Religions-
Partei enthaltenen Stipulationen e). Die Eigen-
schaft eines PatrimonialStaates, das heiſst, daſs
der Regent nach Eigenthumsrecht über den Staat
verfügen könne, ist in Europa durch Staatsgrund-
gesetze nirgend festgesetzt f).








§. 32.
Insonderheit gewisse Classificationen der Staaten.

In völkerrechtlichem Sinn, ist kein Unterschied
zwischen grossen und kleinen a), oder zwischen
mächtigen und mindermächtigen souverainen
Staaten. Wohl aber kommt die Verschiedenheit
der Machtverhältnisse, besonders der militairi-
schen, sehr in Betracht, wenn von politischer
Wichtigkeit der einzelnen Staaten die Rede ist.
Doch fehlt es auch hier an gehöriger Grundlage
zu einer festen und durchgreifenden Abtheilung
der Staaten; gewiſs ist die oben angeführte, so wie
die von einigen gewählte, in Staaten der ersten, zwei-
ten, dritten
und vierten Ordnung b), ganz will-
kührlich und unbestimmt. — Die Kriegsmacht
der meisten souverainen Staaten von Europa, ist
bloſs für Landkriege eingerichtet; bei verschiede-
nen jedoch für Land- und Seekriege. Die ersten
sind blosse Landmächte, die letzten sind Land-
und Seemächte zugleich. Diese werden auch vor-
zugweise Seemächte genannt, wenn ihre Haupt-
macht auf den Seekrieg sich bezieht c). Souve-
[68]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
raine Staaten, die zwar an die See grenzen, aber
keine Kriegsflotte, sondern etwa nur einzelne
Kriegsschiffe, Fregatten, oder Galeeren, zu Be-
schützung ihrer Küsten und Handelsschiffe, unter-
halten, sind bloſs Land- und Seestaaten. — Nur
auf geographische und nachbarliche Verhältnisse,
bezieht sich die Abtheilung in östliche, südliche,
westliche
und nordische Mächte.





§. 33.
Jetzige halbsouveraine Staaten.

Die vormaligen abhängigen oder halbsouve-
rainen
Staaten in Teutschland und in Italien a),
haben sich theils in souveraine Staaten verwandelt,
theils sind sie souverainen Staaten einverleibt oder
gänzlich untergeordnet worden. Das letzte gilt
[69]II. Cap. Die europäischen Staaten.
auch von den Herzogthümern Curland und Sem-
gallen
, welche unter russischen Scepter gekom-
men sind b). Die völkerrechtlichen Verhältnisse
der Hospodare in den Fürstenthümern Moldau
und Wallachei c) scheinen noch nicht vollständig
festgesetzt zu seyn. So war es auch, bis in das
Jahr 1814, mit den im Jahr 1806 von Napoleon
neu constituirten Fürstenthümern Lucca und
Piombino, Neufchatel, Benevento, und Ponte-
corvo
. Lucca und Piombino waren als franzö-
sische Reichsmannlehen verliehen, aber mit aller
Proprietät, und so daſs der Besitzer dem Kaiser
von Frankreich die Pflichten eines guten und
treuen Unterthans (d’un bon et fidèle sujet) eid-
lich versprechen muſste d). Dasselbe galt von
Neufchatel, von Benevento, und von Ponte-corvo.
Alle drei waren zwar mit aller Proprietät und
Souverainetät („en toute propriété et souverai-
neté“), und die beiden letzten überdem als un-
mittelbare Lehen der Krone Frankreich („comme
fiefs immédiats de la couronne“) verliehen, es
sollte aber der jedesmalige Besitzer eines dieser
drei Fürstenthümer schwören, „dem Kaiser der
„Franzosen als guter und treuer Unterthan (en
„bon et loyal sujet) zu dienen“ e). Einen wah-
ren halbsouverainen Staat bilden, seit 1815, die
Vereinigten Staaten der jonischen Inseln, wegen
der Schutz- und SouverainetätsRechte, welche
Groſsbritannien über sie auszuüben hat f).


[70]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.






§. 34.
Gegenseitiges politisches Verhältniſs der europäischen Staaten.
Europäische Völkersitte
.

Das gegenseitige politische Verhältniſs der
souverainen Staaten von Europa, beruht nicht auf
einer Vereinigung zu einem StaatenSystem, auch
nicht zu einer so genannten VölkerRepublik a),
noch weniger zu einem grossen Weltstaat b), über-
haupt nicht auf allgemeinen ausdrücklichen Ver-
trägen. Für die christlichen Staaten ward, in
dem Mittelalter, nähere Theilnahme an ihrem
wechselseitigen politischen Verhältniſs veranlaſst,
durch die Einheit des kirchlichen Lehrbegriffs
[72]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
und Rituals, durch die Anerkennung eines ge-
meinschaftlichen geistlichen Oberhauptes der Kir-
che und des von diesem ausgegangenen allgemei-
nen hierarchischen Systems, durch den gemein-
schaftlichen Unfrieden gegen die nichtchristlichen
Staaten, und die in dieser Beziehung dem römisch-
teutschen Kaiser eingeräumte weltliche Oberge-
walt, hauptsächlich in dem Zeitraum der Kreuz-
züge, auch durch die Blutsfreundschaft und Ver-
schwägerung der RegentenFamilien.




§. 35.
Fortsetzung.

Ungeachtet der eingetretenen kirchlichen
Trennung, ward jene nähere Theilnahme den-
noch unterhalten und vermehrt, durch allseiti-
ges Aufstreben zu höherer, geistiger und geselli-
ger Cultur, durch vermehrtes Handels- und
FamilienInteresse, durch östere Kriege, durch
fast immerwährende Kriegsrüstung, durch von
Zeit zu Zeit sichtbar gewordene Vergrösserungs-
Absicht einzelner Machthaber, und durch das
[73]II. Cap. Die europäischen Staaten.
hieraus entstandene fast allgemeine System der
Eifersucht und des Miſstrauens, verbunden mit
sorgsamem Streben, in dem politischen Verkehr
nicht aus den Schranken des äussern Anstandes
und der Humanität zu treten, noch ungestraft
treten zu lassen. Nicht nur hat dieses Anlaſs
gegeben zu Bildung gewisser politischen Theo-
rien
, welche nicht immer ohne Einfluſs auf die
Ereignisse geblieben sind a), sondern es hat sich
auch nicht selten eine Macht festgesetzt b); ja
es hat sich, wie verabredet, allmählig, unter
den europäischen Staaten von christlichem Glau-
bensbekenntniſs eine ziemlich allgemeine Ueber-
einstimmung
gebildet, nicht nur in der öffent-
lichen Handlungsweise, sondern auch in gewis-
sen VertragStipulationen. Fast allgemein wird
jetzt diese Uebereinstimmung, wenn auch nicht
durchgehends als strenges Recht c), doch als
europäische Völkersitte, zuweilen mit der Kraft
moralischer Nothwendigkeit, betrachtet, und un-
ter manchen Staaten ist sie selbst der Form nach
in strenges Recht übergegangen, so weit man sie
durch ausdrückliche oder stillschweigende Ver-
träge sanctionirt hat. Auf solche Weise von un-
sichtbaren Banden umschlungen, betrachten sich
die christlichen Mächte von Europa jetzt wie Ge-
nossen eines sittlichen Vereins d
), dem sich nun
auch der einzige nichtchristliche Staat in Europa,
die osmanische Pforte, einigermasen nähern zu
[74]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
wollen scheint e). Selbst einige aussereuropäi-
sche
Staaten, wie die Vereinigten Staaten von
Nordamerika, haben sich, durch die That und
ausdrücklich, für den Beitritt zu dieser Genossen-
schaft erklärt f). Ueberall ist jedoch von jener
Völkersitte, das natürliche und positive völker-
rechtliche
Verhältniſs der einzelnen Staaten zu
unterscheiden (§. 2, 3 u. 31).








[[75]]

ZWEITER THEIL.
RECHTE DER EUROPÄISCHEN
STAATEN UNTER SICH
.


ERSTER TITEL.
UNBEDINGTE RECHTE DER EUROPÄI-
SCHEN STAATEN UNTER SICH.


ERSTES CAPITEL.
RECHT DER SELBSTERHALTUNG
.

§. 36.
Zwei HauptClassen der Staatenrechte. Ihre Natur und Dauer.

Es giebt Rechte, welche jedem Staat im
Verhältniſs zu andern Staaten schon darum zu-
stehen, weil er Staat ist, das heiſst, vermöge
seiner freien moralischen Persönlichkeit. Der
Inbegriff dieser Urrechte des Staates, ist das
unbedingte oder absolute (thetische) Völkerrecht
(I. Titel). Andere Rechte gebühren ihm nur
unter Voraussetzung gewisser Verhältnisse (II. Ti-
tel), entweder freundschaftlicher (1. Abschnitt),
oder feindlicher (2. Abschnitt). Diese Rechte, de-
ren Daseyn einen besondern Entstehungsgrund
[76]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
voraussetzt, sind Gegenstand des bedingten oder
hypothetischen Völkerrechtes. Beide Arten von
Rechten sind Bedingungen der Individualität des
Staates, und er ist befugt dieselben durch Zwang
zu vertheidigen. Sie hören nicht auf, bei einer
Veränderung der Mitglieder des Staates a); denn
die Gesammtheit der Staatsbürger ist das Sub-
ject dieser Rechte, nicht ein Einzelner.



§. 37.
Absolutes Verhältniſs der Staaten zu einander.

Ein Staat ist eine Gesellschaft; eine freie
Gesellschaft, weil er aus einzelnen Personen und
Familien besteht, welche ohne die Staatsverbin-
dung in natürlicher Freiheit leben würden, und
welche in dieser sich selbst ihren Zweck gesetzt
haben. Er ist also, im Verhältniſs zu jedem
andern Staat, eine moralische Person in natür-
licher Freiheit. Da dieses von jedem Staat gilt, so
verhalten sich alle Staaten in ihrem Recht zu ein-
ander, wie physische Personen in dem Stande na-
türlicher Freiheit. Sonach stehen dieselben Rech-
te, welche das Vernunftgesetz dem Einzelnen gegen
den Einzelnen einräumt, auch dem Staat gegen
den Staat zu. Da indeſs der Staat, als moralische
Person, von dem Einzelnen, als einer physischen
Person, specifisch verschieden ist, so bedingt
der unterscheidende Begriff des Staates noch
[77]I. Cap. Recht der Selbsterhaltung.
besondere Rechte für den Staat, als Zusatz zu
den allgemeinen Rechten des Einzelnen gegen
den Einzelnen.


§. 38.
Recht der Selbsterhaltung.

Demnach hat jeder Staat, wie der einzelne
freie Mensch, ein vollkommenes Recht auf Selbst-
erhaltung a
). Es bezieht sich dieses Recht 1) auf
rechtlichen Fortbestand des Staates, nach Ver-
fassung, nach Verwaltung, und nach dem gan-
zen Inbegriff seiner Mitglieder, vereinigt und
einzeln; 2) auf den Erwerb äusserer Gegenstände;
3) auf den Gebrauch jeder Art natürlicher und
erworbener Rechte, des Staates sowohl, als auch
seiner Mitglieder; 4) auf guten Namen, auf
Anerkennung seiner Rechtlichkeit.



§. 39.
Daher der Gebrauch erlaubter Sicherheitsmittel.

Vermöge des Rechtes auf Selbsterhaltung,
ist jeder Staat befugt, gerechte Sicherheitsmittel
jeder Art, zu dem Schutz seiner Rechte anzu-
schaffen, in Bereitschaft zu halten, und anzu-
wenden, nicht nur vertheidigungsweise, sondern
auch zu Abwendung möglicher Rechtsverletzun-
gen, und zu Genugthuung wegen erlittener.
Dahin gehört 1) die Verhütung der Entvölke-
rung
des Staatsgebietes, insbesondere durch Ver-
[78]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
hinderung der Auswanderung a), und der An-
nehmung fremder Staatsdienste b
). Das Recht
hiezu hann jedoch beschränkt seyn, im Verhält-
niſs zu den eigenen Unterthanen durch das Staats-
recht c), im Verhältniſs zu andern Staaten durch
Verträge d).






§. 40.
Fortsetzung.

Zu den Sicherheitsmitteln, welche auf Selbst-
erhaltung abzwecken, gehört vorzüglich 2) die
Ausübung des Wehr- und Waffenrechtes, so weit
dasselbe nicht durch Verträge beschränkt ist a).
[79]I. Cap. Recht der Selbsterhaltung.
Vermöge dieses Rechtes, ist ein Staat befugt zu
Kriegsrüstung aller Art, namentlich zu Anschaf-
fung, Einrichtung und Unterhaltung von Kriegs-
mannschaft, Kriegsflotten, Geschütz und ande-
rem Waffenvorrath, zu Befestigung sowohl im
Innern des Landes, als auch an den Grenzen, zu
Heerschau, Heerlager, und Volksbewaffnung, zu
SubsidienTractaten und andern Kriegsbündnis-
sen. Ungeachtet keinem Staat eine Zwangpflicht
obliegt, in Absicht auf Bereitung und Gebrauch
solcher Sicherheitsmittel einem andern Rede
zu stehen b), so kann doch das eigene StaatsInter-
esse die moralische Pflicht auflegen, einer andern
Macht, von ihr gefragt oder ungefragt, deſshalb
Erklärung zu geben. Die Verweigerung einer
solchen, oder die Ertheilung einer zweideutigen,
oder selbstgenügsamen, auf anständige Anfrage,
hat gewöhnlich Miſstrauen und Gegenrüstungen,
wo nicht Thätlichkeiten und Krieg, zur Folge.




[80]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

§. 41.
Doch nicht gegen gerechtes Anwachsen der Macht.

In der Regel (in thesi), gehört zu den er-
laubten Sicherheitsmitteln nicht, die Verhinde-
rung
des gerechten Anwachsens der Macht eines
andern Staates a
). Nur unter der, aus den je-
desmaligen Umständen (in hypothesi) zu beur-
theilenden, Voraussetzung einer daher drohen-
den Rechtsverletzung, kann sie ausnahmweise
gerechtfertigt werden b). Wird bei dem Aus-
bruch eines Kriegs darauf sich bezogen, so muſs
hienach beurtheilt werden, ob sie als wirklich
rechtfertigende, (justa belli causa, raison justifi-
cative), oder als bloſs anrathende Ursache des
Kriegs (causa belli suasoria, simple motif) gel-
ten könne. Die Geschichte, vergleichen mit der
Rechtstheorie, stellt sie meist in der letzten Ei-
genschaft dar c).





§. 42.
[81]I. Cap. Recht der Selbsterhaltung.

§. 42.
Noch aus dem Grund eines politischen Gleichgewichtes.

Schon darum hat das so genannte System
des Gleichgewichtes a
) (bilanx s. trutina gentium,
balance du pouvoir, équilibre politique, systême
de contre-poids), ohne Verträge keinen völker-
rechtlichen Grund b). Unterschieden von dem
rechtlichen Gleichgewicht, dem Suum cuique, ist
dieses vermeintliche System des politischen Gleich-
gewichtes gebaut auf die Idee von Macht und
Uebermacht. Da aber hiebei nicht bloſs die je-
desmalige Kriegsmacht und Volksmenge, son-
dern auch NationalCharakter, Cultur und Reich-
thum, Lage und Umfang des Staatsgebietes, Men-
ge und Stärke der Allianzen, Staatsform und Per-
sönlichkeit des Regenten, überhaupt der ganze
Inbegriff der geistigen und körperlichen Kräfte
der Staaten in Betrachtung kommt, und eine
gleiche Vertheilung der Länder nach ihrem po-
litischem Gewicht (lex agraria gentium) nie er-
folgt, oder zu hoffen ist, so bleibt jenes so ge-
nannte System, rechtlich und politisch betrach-
set, eine unbestimmte Idee c). Dessen ungeach-
tet haben Eifersucht, Miſstrauen und Convenienz
schon mehrmal Staatsregierungen veranlaſst, in
einzelnen Fällen die Behauptung aufzustellen,
von Erhaltung oder Herstellung eines Gleichge-
wichtes in Europa, im Norden, im Westen, im
Orient, in Teutschland, in Italien, zur See, auf
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 6
[82]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
dem festen Lande, in der Schiffahrt und Hand-
lung. Theoretiker sogar, haben das Austreten
aus demselben, als gerechte Ursache zum Krieg
betrachtet d). Dagegen ist ausser Zweifel, daſs
jede Macht befugt sey, sich jedem ungerechten
Streben nach Oberherrschaft, Vergrösserung, Ue-
bermacht oder UniversalMonarchie e) zu wider-
setzen.







[84]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

§. 43.
Verhalten in Absicht auf Selbsterhaltung.

Ein Staat ist berechtigt, jede Rechtsverle-
tzung, unmittelbare oder mittelbare, welche ihm
droht in Absicht auf seine Selbsterhaltung, auf
Fortbestand, Erwerb äusserer Gegenstände, Ge-
brauch seiner Rechte, und guten Namen, abzu-
wenden, und wegen erlittener Verletzung dieser
Rechte sich vollständige Genugthuung zu ver-
schaffen. In dieser Hinsicht werden bisweilen
öffentliche Gerüchte, geschriebene und gedruckte
Aeusserungen und Thathandlungen, welche der
Ehre eines andern Staates oder der Person sei-
nes Regenten nachtheilig sind, von den Staats-
regierungen, bald aus eigener Bewegung, bald
auf deſshalb geführte Beschwerde, öffentlich
miſsbilligt, und gegen die Urheber, Theilneh-
mer und Verbreiter geahndet a), eben so als
wären sie gegen den eigenen Staat oder Regen-
ten gerichtet b), auch werden deſshalb dem
beleidigten Staat miſsbilligende und entschuldi-
gende Erklärungen gemacht.




§. 44.
Nothrecht.

Da die Pflicht der Selbsterhaltung für den
[85]I. Cap. Recht der Selbsterhaltung.
Verpflichteten höher ist als jede andere, so kann
als Rechtsverletzung nicht geahndet werden,
wenn bei evidenter, dringender Noth des Staa-
tes, in dem Fall unvermeidlicher Collision zwi-
schen vollkommenen Pflichten gegen andere
Staaten und seiner Selbsterhaltung (status gen-
tis extraordinarius, casus extremae necessitatis),
eine Staatsregierung, sich für entbunden haltend
von dem strengen Rechtsgesetz, die letzte vor-
zieht, und so von der Nothgunst (favor neces-
sitatis, ratio status scil. extraordinarii, raison
d’état) Gebrauch macht a), die von einigen so-
gar Nothrecht (jus necessitatis) genannt wird.
Dieser Fall des Nothgebrauchs unterscheidet sich
wesentlich von dem übel so benannten Conve-
nienzRecht b
), das auf bloſse Vortheile oder Be-
quemlichkeit gegründet wird. Nicht nur muſs
das Nothrecht mit äusserster Schonung ausge-
übt werden, sondern es gebührt auch dem Staat,
der darunter leidet, nach Möglichkeit Entschä-
digung c).





[86]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

II. CAPITEL.
RECHT DER UNABHÄNGIGKEIT.

§. 45.
Unabhängigkeit.

Als freie moralische Person (§. 57) ist je-
der Staat sich selbst Zweck, nicht Mittel für
Zwecke anderer Staaten. Hieraus folgt für jeden
Staat das Recht der Unabhängigkeit von frem-
dem Willen, ein Recht politischer Persönlich-
keit oder Selbstständigkeit, oder das Recht für
und durch sich selbst zu bestehen. Ihn gerecht
nur nach eigenem Willen handeln zu lassen,
kann er von jedem andern Staat mit Zwang
fordern. Die Anerkennung dieser Selbstbestim-
mung des Willens, kann nur dann mit Recht
verweigert werden, wenn der Staat noch kein
rechtmäſsiges Daseyn erlangt hat a). Doch ist
hievon unterschieden die Weigerung, ein be-
stimmtes Individuum als rechtmäsigen Regenten
eines unstreitig souverainen Staates anzuerken-
nen, welche auf besondern Gründen beruhen
kann.



§. 46.
In Absicht auf
I
) das Recht zu Handlungen.

Vermöge seiner Unabhängigkeit, ist einStaat
berechtigt zu allen Handlungen, welche nach
[87]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
einem Grundsatz geschehen, mit dessen allge-
meiner practischen Gültigkeit die Unabhängig-
keit aller andern Staaten bestehen kann a). Diese
Befugniſs des Staates zu rechtlicher Wirksam-
keit, kann von ihm benutzt werden zu Grün-
dung
, zu Erhaltung, und zu Erweiterung sei-
ner eigenen Rechte und der Rechte anderer
Staaten
. Insbesondere kann er sich derselben
bedienen zu Vervollkommnung seines Zustan-
des
, durch Vermehrung der geistigen, sittlichen
und wirthschastlichen Cultur seiner Einwohner,
durch erlaubte Vergrösserung seines Gebietes b),
durch Vermehrung der Volksmenge.




§. 47.
II) das Recht zu dem Gebrauch, zu Aufbewahrung und
Zueignung der Dinge.

Aus dem Rechte der Unabhängigkeit oder
politischen Selbstständigkeit, flieſst für jeden Staat
das Recht, die Niemand gehörigen Sachen oder
Dinge auf dem Erdboden nicht nur zu gebrau-
chen
, und zwar eben sowohl zur Nothdurft und
Bequemlichkeit, als zum Vergnügen, sondern
auch dieselben für sich aufzubewahren und sich
ausschliessend zuzueignen, so fern ein Alleinbe-
[88]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
sitz derselben physisch möglich ist a). So weit
dieser unmöglich, oder nicht wirklich ist, be-
steht noch jetzt unter den europäischen Staaten
die dem allseitigen Recht entsprechende allsei-
tige Pflicht, keinen Staat in dem Gebrauch die-
ses Urrechtes zu hindern; eine Pflicht, welche
einige, ohne Noth b), haben gründen wollen,
nicht auf ein Recht das allen Staaten gemein
ist, sondern auf eine ursprüngliche Gemein-
schaft der Dinge (communio primaeva), die
bald als eine wirkliche, oder positive c), bald
als eine negative d), bald als eine privative e),
dargestellt worden ist.







§. 48.
III) den Regenten.

Die Unabhängigkeit des Staates kommt auch
der Person seines Repräsentanten, dem Regen-
[89]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
ten, zu statten. Daher ist, in Hinsicht auf
auswärtige Verhältnisse, die Rechtmäsigkeit sei-
ner Regentenwürde nicht abhängig von einer
Inauguration, von einer Krönung a), oder von
der Anerkennung anderer Staaten (§. 23). Noch
weniger gebührt diesen, ohne besondern Rechts-
titel, ein Entscheidungsrecht bei streitiger Thron-
folge in Erbreichen b), oder die Besetzung des
Throns
in Wahlreichen c). Doch ist in Erb-
reichen die Bestimmung der streitigen Thron-
folge, in der neuern Zeit oft ein Gegenstand
von Verträgen bald desjenigen Staates, den es zu-
nächst betrifft, mit andern Mächten, bald gar nur
dritter Mächte unter sich, gewesen d). Auch sind
in Wahlreichen, die Regentenwahlen nicht sel-
ten ein Gegenstand mittelbarer oder unmittel-
barer Einmischung fremder Mächte gewesen e).







§. 49.
Fortsetzung.

Die Meldung (Notification) des Regierungs-
antritts
eines neuen Regenten an andere Staaten,
und der letzten Glückwunsch oder GegenCom-
pliment hierauf, beides entweder bloſs schrift-
lich, oder zugleich durch einen oder mehrere
Gesandte, ist europäische Völkersitte, aber nicht
nothwendig a). Das letzte gilt auch von der
Exterritorialität oder Unabhängigkeit des wirk-
lichen Regenten eines souverainen Staates, wel-
cher als solcher in einem fremden Staatsgebiet
friedlich sich aufhält b), für ihn c), sein Gefolge,
seine Wohnung und Mobilien. Er ist für sich
und sein Gefolge befreit von der Gerichtbarkeit
des inländischen Staates, und man gestattet ihm
daselbst die Ausübung der CivilGerichtbarkeit
über sein Gefolge d), Befreiung von Wege-,
Thor- und Brückengeld, von der Zollfreiheit
der für seinen, auch wohl seiner Familie, Ge-
brauch bestimmten Waaren e). Besitzungen ei-
nes Regenten in fremdem Staatsgebiet, sind da-
selbst, in der Regel, der inländischen Staatsho-
heit unterworfen f).







[92]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

§. 50.
Schluſs.

Ueber dingliche PrivatStreitigkeiten souve-
rainer Regenten unter sich a), ist die Gericht-
barkeit der gehörigen richtenden Staatsbehörde
(z. B. das forum rei sitae, hereditatis, arresti)
gegründet, so fern beide Theile hier nur als
Privatpersonen in Betrachtung kommen; es wer-
den aber Streitigkeiten dieser Art nicht selten
als völkerrechtliche behandelt b). Das letzte gilt
auch von PrivatStreitigkeiten der Verwandten
eines Souverains
, die als Regenten, oder durch
Vermählung c), Aufenthalt, Gutsbesitz, oder An-
sprüche, in besonderem Verhältniſs zu einem
andern Staat sich befinden; wiewohl der Staat
keine Verwandten hat, und hier, ausser dem
Rechte der Fürsprache, dem Staat nur dann
eine Einmischung gebührt, wenn eine wahre
völkerrechtliche Verletzung droht, oder einge-
treten ist. Die Privat Verwandtschaft- und Höf-
lichkeitsverhältnisse
eines Regenten zu andern
Staaten oder deren Regenten, können, ihrer Na-
tur nach, die politische Unabhängigkeit eines
Staates oder seines Regenten weder mindern
noch aufheben.



[93]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.


§. 51.
IV) die Staatsverfassung.

Unabhängig ist ein Staat, in Absicht auf
ursprüngliche Bestimmung und nachherige Aen-
derung seiner Verfassung (StaatsConstitution),
sowohl Staatsform als auch Regierungs- oder
Verwaltungsform. Einmischung eines andern
Staates in dergleichen Angelegenheiten a), so
bald sie mehr in sich schlieſst, als Anbietung
seiner guten Dienste oder Vermittlung, ist nur
dann zulässig, wenn sie sich gründet auf ein
von ihm erworbenes Recht, oder durch den
Nothgebrauch entschuldigt werden kann (§. 44).
Sogar von einer Partei bei innern Streitigkeiten
über die Staatsverfassung zu Hülfe gerufen, darf
ein fremder Staat sich nicht einmischen, ohne
[94]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
besondere Gründe dieser Art b); wohin inson-
derheit der Fall einer geleisteten Garantie der
Staatsverfassung gehört c).





§. 52.
Fortsetzung.

Am wenigsten begründen eine Einmischung
des einen Staates in die Angelegenheiten des an-
dern, blosse Nachbarschaft, Freundschaft, Ver-
wandschaft der beiderseitigen Regenten, Conve-
nienz. Unruhestiftung zwischen dem Regenten
und den Unterthanen, Anstiftung oder Begünsti-
gung einer rechtwidrigen Empörung, wären gro-
[95]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
be Beleidigung a). Dagegen ist, in dem Fall
eines Zwistes, und noch mehr einer Revolution,
einer Aufkündigung des Gehorsams von Seite ei-
nes Landestheils, oder einer Entthronung des
Regenten, einstweilige Anerkennung des Besitz-
standes nicht Beleidigung des andern Theils,
auf jeden Fall unverfänglich für dessen Rechte b).
Sind die streitenden Theile ausgesöhnt, etwa
durch Verzichtleistung des einen, oder durch
dessen Anerkennung der Rechte des andern Theils,
oder hört der Streit auf durch den Tod des
Prätendenten c), so sind fremde Staaten schul-
dig, die Resultate der Beilegung des Streites
anzuerkennen.





§. 53.
V) die Staatsregierung.
1) Oberaufsicht.

Dieselbe Unabhängigkeit gebührt jedem Staat
in Absicht auf die Staatsregierung oder Ausübung
der Staatsgewalt, das heiſst, des Inbegriffs der in-
nern Hoheitsrechte in dem ganzen Staatsgebiet,
und über alle Unterthanen, beständige und tem-
poräre. Die höchste Oberaufsicht, das Recht
fortwährender Aufmerksamkeit auf Alles, was
[96]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
auf den Zweck des Staates Einfluſs haben
kann, welches beobachtend jeder Anordnung und
Vorschrift vorausgehen, und deren Vollziehung
und Erfolg begleiten muſs, gebührt jedem Staat,
auch in Beziehung auf das, was fremde Staa-
ten oder deren Unterthanen in Beziehung auf
ihn und seine Angehörigen unternehmen; doch
innerhalb der gehörigen Schranken a).



§. 54.
2) Gesetze und Privilegien.

Die Gesetze des Staates sind anwendbar
auch auf Unterthanen anderer Staaten, so weit
sie in dem diesseitigen Staatsgebiet sich aufhal-
ten, oder Handlungen, insbesondere Rechtsge-
schäfte vornehmen a), oder Vermögen besitzen;
es sey denn, daſs Staatsverträge ihnen in dieser
Hinsicht Befreiung von der persönlichen oder
dinglichen Unterthänigkeit einräumen b). Blosse
Verschiedenheit des Privatrechtes der beidersei-
tigen Staaten, berechtigt nicht zu einer Befrei-
ung dieser Art. Wohl aber begründet eine un-
gleiche beschwerende Behandlung fremder Un-
terthanen, im Verhältniſs zu einheimischen, z. B.
bei Concursen, Erbschaften u. d., die Retorsion
dieser Behandlung von Seite des andern Staa-
tes c). Auch Privilegien für eigene oder fremde
Unterthanen, müssen Fremde in dem Staatsge-
biete des Ertheilers achten d).


a) Wo-
[97]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.




§. 55.
Bisweilen wirksam in fremdem Staatsgebiet.

Selbst in fremdem Staatsgebiet können,
unter gewissen Voraussetzungen, Staatsgesetze
wirksam seyn. So fern nicht verbietende Gesetze
des fremden Staates entgegen stehen, ist dieses
der Fall, 1) bei Gesetzen über die Form der
in dem diesseitigen Staatsgebiet vorgenommenen
Rechtsgeschäfte, z. B. der Testamente, Verträge,
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 7
[98]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
der gerichtlichen Verhandlungen, so weit davon
Gültigkeit der Handlung abhängt, und diese
auch in fremdem Gebiet Wirkung haben soll a);
2) bei Gesetzen über den Stand, die Fähigkeit
oder Unfähigkeit diesseitiger Unterthanen zu
Rechtsgeschäften, z. B. ihre Volljährigkeit, Con-
tract- und Testamentfähigkeit, Eidesmündigkeit,
Adelstand u. d., welche auch dort, wo der Han-
delnde als Fremder zu betrachten ist, seine Hand-
lungsfähigkeit oder seinen Stand bestimmen b);
3) wenn fremden Staatsunterthanen durch Ver-
träge, Gesetze, oder Privilegien das Recht ver-
liehen ist, nach den Gesetzen ihres oder eines
andern fremden Landes auch in dem diesseiti-
gen Staate gerichtet zu werden c); 4) wenn die
Interessenten, ohne Ueberschreitung der Gren-
zen ihrer Autonomie, durch ausdrücklichen oder
stillschweigenden Vertrag fremden Staatsgesetzen
sich unterworfen haben, in welchem Fall diese
die Natur einesVertragrechtes annehmen d); 5) bei
Kriegsschiffen in fremdem Seegebiet, welchen
nach allgemeinem Herkommen die Ausübung der
Gerichtbarkeit nach den Gesetzen ihres Staates
über ihre Gerichtpflichtigen zukommt e); 6) wenn
ein Staat eigene Unterthanen aus Auftrag ei-
nes auswärtigen Staates bestraft, wegen in des-
sen Staatsgebiet begangener Verbrechen (§. 63
u. f.).







§. 56.
3) Vollziehende Gewalt.

Die höchste vollziehende oder ExecutivGe-
walt des Staates, die Befugniſs, zu Ausführung
und Anwendung der, dem Staatszweck gemäſs
festgesetzten Normen, die nöthige Anordnung zu
machen a), müssen auch fremde Staaten und de-
[100]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
ren Angehörige in so weit sich gefallen lassen,
als ihre Verhältnisse eine oberherrliche Einwirkung
des andern Staates begründen, und ihnen durch
Verträge keine Ausnahme eingeräumt ist.



§. 57.
4) Justizhoheit.
A) Freiwillige Gerichtbarkeit.

Unabhängig von andern Staaten, ist ein sou-
verainer Staat auch in Ansehung der Justizho-
heit a
). Die Befugniſs zu gesetzmäſsiger Ver-
fahrungsweise in allen Angelegenheiten der so
genannten freiwilligen Gerichtbarkeit oder Ge-
richtbarkeit in nichtstreitigen Sachen (Rechts-
Polizei, jurisdictio civilis voluntaria), gebührt
ihm in dem ganzen Staatsgebiet, über Güter und
Personen; doch über fremde Personen nur so
weit, als sich dieselbe bloſs auf obrigkeitliche Be-
glaubigung ihrer Rechtsgeschäfte bezieht b). Wie-
wohl kein Staat diese Gerichtbarkeit ausserhalb
seines Gebietes gültigerweise auszuüben ver-
mag c), so werden doch die innerhalb dessel-
ben von seinen Staatsbehörden gesetzmäsig vor-
genommenen, dahin gehörigen Handlungen, we-
nigstens der Form nach, fast allgemein auch in
dem Ausland für gültig betrachtet, so fern nicht
daselbst Staatsgesetze die Autorität einer inlän-
[101]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
dischen Behörde zur nothwendigen Bedingung
ihrer Gültigkeit machen d).






§. 58.
B) CivilGerichtbarkeit in streitigen Sachen.

Zu der bürgerlichen Gerichtbarkeit in strei-
tigen Rechtsachen
(jurisdictio civilis contentiosa),
ist ein Staat gegen Unterthanen fremder Staaten
dann nicht berechtigt, wenn zugleich der frem-
de Staat, als solcher, bei der Rechtsache ein
unmittelbares Interesse hat, mithin dieselbe aus
dem inländischen Privat- oder Staatsrecht nicht
zu entscheiden ist a). Eben so, wenn den Frem-
den Exterritorialität in dem Staatsgebiet einge-
räumt ist, wie fremden Souverainen, Gesandten,
und ihrem Gefolge, und fremden Truppen, oder
wenn ihnen unter sich eigene Richter ihrer Na-
tion bewilligt sind, wie die Consuln, nach man-
[102]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
chen Handelsverträgen b). Dagegen ist jene Ge-
richtbarkeit gegründet in Rechtshändeln fremder
Unterthanen, als Kläger oder Wiederbeklagter,
gegen Einheimische c). Zu einem Vorzug in
dem Rechtsverfahren oder Gerichtstand, sind die
Fremden in diesem Fall nicht berechtigt d), so
fern nicht Staatsverträge oder Privilegien einen
solchen festsetzen e): wohl aber zu völlig unpar-
teyischer, unverzögerter Rechtspflege, deren Ver-
weigerung ihren Staat zu Intercession, Retorsion,
und selbst zu Gewaltthätigkeiten berechtigen
würde f).








§. 59.
Wirkung der Rechtshängigkeit und rechtskräftiger Erkenntnisse
in fremdem Gebiet
.

Die Justizhoheit eines Staates, mithin auch
die Wirksamkeit der bei seinen Gerichten er-
[103]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
gangenen Decrete und Rechtsprüche, schränkt
sich ein auf die Grenzen seines Gebietes. Aber
die Rechtshängigkeit einer Streitsache, wenn
solche durch Klage des Fremden, oder durch
dessen befugte Einlassung auf die wider ihn
erhobene Klage vor dem gehörigen Richter be-
gründet ist, und eben so die Wirksamkeit in
einer solchen Rechtsache ergangener rechtskräf-
tiger Erkenntnisse
des gehörigen Richters, sollte,
wie diejenige rechtsgültiger Verträge, insbeson-
dere eines Compromisses auf Schiedsrichter, in
jedem andern Staat anerkannt werden. In sol-
chem Fall, sollte also auch auswärts die Ein-
rede des schon rechtshängigen oder rechtskräf-
tig entschiedenen Rechtstreites wirksam seyn a),
und die Vollziehung des rechtskräftigen Erkennt-
nisses nicht verweigert werden b). Es wird
dieses von mehrern Staaten anerkannt c), zum
Theil vermöge besonderer Verträge d). Dage-
gen enthalten manche Staatsgesetze e) andere
Bestimmungen; und auch ohne solche, hat man
hie und da entgegengesetzte Grundsätze beob-
achtet f).








§. 60.
C) CriminalGewalt.
Nur in dem eigenen Staatsgebiet
.

Die CriminalGewalt, ein Theil der Justizhoheit
im weitern Sinn, das Recht, nicht nur peinliche Straf-
gesetze zu geben, sondern auch die Strafgerech-
[105]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
tigkeitspflege anzuordnen und auszuüben, steht
jedem Staat zu, aber nur in dem eigenen Staats-
gebiet. Die gerichtliche oder polizeiliche Ver-
folgung peinlicher Incu [...]ten oder Verbrecher,
mit bewaffneter (Nacheile) oder unbewaffne-
ter Hand, in fremdem Staatsgebiet a), die Er-
greifung und Verhaftung derselben in solchem b),
ihre bewaffnete Durchführung c), überhaupt ir-
gend eine Handlung der peinlichen Gerichtbar-
keit in fremdem Staatsgebiet, auch das Strei-
fen d), kann ohne besondere Erlaubniſs, oder
ohne allgemeine Bewilligung der dortigen Re-
gierung mittelst Staatsvertrags, nicht statt fin-
den e).







[106]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

§. 61.
Und in der Regel nur über innerhalb Landes begangene
Verbrechen
.

In der Regel ist [e]in Staat befugt, Verbre-
chen zu strafen, die ausserhalb seines Gebietes
sind begangen worden a), noch zu fordern, daſs
andere Staaten solches thun sollen. In dieser
Hinsicht sind jedoch folgende Fälle zu unterschei-
den. I) Ist eine Rechtsverletzung begangen aus-
serhalb eines Staatsgebietes
, das heiſst, an einem
Ort, wo keine Staatsgewalt herrscht, z. B. von
einem Seeräuber auf offener See, so ist kein Staat
dieselbe als Verbrechen zu bestrafen befugt;
denn es ist hier kein Verhältniſs der Handlung zu
den Gesetzen irgend eines Staates. Wohl aber
kann der Staat, welcher selbst, oder dessen Un-
terthan dadurch beleidigt ist, sich deſshalb Ge-
nugthuung nehmen b
), wenn er Gelegenheit dazu
findet an einem Ort, wo keine Staatsgewalt, oder
seine eigene herrscht. Zu einer Genugthuung ist
aber hier derjenige Staat nicht berechtigt, welcher
selbst, oder dessen Unterthan nicht beleidigt ist.



[107]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.

§. 62.
Fortsetzung.

II) Rechtsverletzungen, welche innerhalb
unsers Staatsgebietes
sind begangen worden, von
Einheimischen oder Fremden, 1) gegen Unter-
thanen anderer Staaten
, ist unser Staat nach sei-
nen Strafgesetzen zu bestrafen befugt und ver-
pflichtet; denn der Beleidigte stand unter seinem
Schutz, und der Verbrecher als temporärer Un-
terthan unter seinen Strafgesetzen. Ohne Ver-
stoſs wider die Unabhängigkeit unsers Staates,
kann ein anderer Staat, gleichviel ob ihm der
Verbrecher angehört oder nicht, dessen Ausliese-
rung zur Bestrafung nicht verlangen. Ist die Rechts-
verletzung 2) gegen einen andern Staat, als solchen,
begangen, z. B. durch Nachprägung seiner Münzen,
Verschwörung, Schmähschriften, ehrenrührige bild-
liche Darstellungen u. d., so ist unser Staat ver-
pflichtet, demselben, auf Verlangen, Genug-
thuung
zu verschaffen, so weit eine solche mög-
lich ist: Strafe kann er aber deſshalb, da der Be-
leidigte nicht unter seinem Schutz steht, nur dann
verfügen, wenn seine Strafgesetze auch wider
diese Art von Vergehen gerichtet sind, und wenn
darin eine solche Verletzung der durch das Völ-
kerrecht garantirten Sicherheit, als Verbrechen
wider den eigenen Staat betrachtet wird a).


[108]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

§. 63.
Schluſs.

III) Ist die Rechtsverletzung in einem frem-
den Staatsgebiet
begangen, von Auswärtigen oder
von Unterthanen unsers Staates, 1) gegen Aus-
wärtige
, oder gegen Unterthanen unsers Staates,
so ist unser Staat verpflichtet, dem Beleidigten,
auf Verlangen, Entschädigung zu verschaffen, so
weit es rechtlich in seiner Macht steht: zu Bestra-
fung
ist er aber, weil der Beleidigte an dem Or-
te der Rechtsverletzung nicht unter seinem Schutz,
und der Beleidiger nicht unter seinen Strafgese-
tzen stand, nicht berechtigt a). Ausnahmweise
kann er den Beleidiger, der sein Unterthan ist,
und in dem fremden Staatsgebiet bloſs unter der
Strafgewalt des dortigen Staates steht, nur in zwei
Fällen strafen; entweder aus Auftrag dieses Staa-
tes, und dann nach dessen Gesetzen, oder kraft
eigener Strafgesetze b), wenn dergleichen wider
auswärts begangene Rechtsverletzungen dieser Art
[109]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
gegeben sind c). Ist die Rechtsverletzung in frem-
dem Staatsgebiet 2) gegen unsern Staat, als sol-
chen, begangen, so kann dieser Genugthuung
fordern von dem Beleidiger, nicht nur in jedem
andern, sondern auch in dem eigenen Staatsge-
biet; Strafe kann er aber gegen ihn, wenn er
nicht sein eigener Unterthan und ein eigenes
Strafgesetz für den Fall vorhanden ist, nicht ver-
fügen, noch anderswo ohne besondere dortige
Strafgesetze für diesen Fall verlangen, da er nicht
unter dem Schutz des fremden Staates steht, ob-
gleich er die natürlichen Rechte des Beleidigten
gegen den Beleidiger ausüben darf, sowohl in sei-
nem Staatsgebiet, als auch an solchen Orten, wo
keine Staatsgewalt herrscht. IV) Ist die Rechts-
verletzung auf der Staatsgrenze begangen, so ist
die Gerichtbarkeit beider Staaten begründet, und
es gilt die Prävention d).






[110]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

§. 64.
Unabhängigkeit der Staaten, in Absicht
a) auf Bestrafung auswärts begangener Verbrechen;
b) auf auswärtige Abolition, Begnadigung und Bestrafung;

I) Ohne Verträge ist kein Staat berechtigt,
von einem andern Staate zu fordern, daſs dieser
ausserhalb seines Gebietes begangene Verbrechen
bestrafe
. Daher kann auch der Staat, in dessen
Gebiet ein Verbrechen begangen ward, wenn er
den ihm zur Auslieferung angebotenen Verbre-
cher von demjenigen Staat, in dessen Gebiet
derselbe ergriffen ward, nicht annehmen will,
von diesem Staat nicht verlangen, daſs derselbe
den Verbrecher bestrafe a). II) Ist dasselbe
Verbrechen in mehrern Staatsgebieten strafbar,
so verpflichtet die in dem einen Staat erfolgte
Abolition, Begnadigung, oder Bestrafung b),
den andern Staat nicht, das Verbrechen unun-
tersucht oder ungestraft zu lassen.




§. 65.
c) auf eigenes CriminalVerfahren, und d) auswärtige
CriminalUrtheile;

III) Nur offenbare Schuldlosigkeit des An-
geschuldigten, offenbare Incompetenz der Ge-
richte des andern Staates, übertriebene Härte,
oder wahre Nichtigkeit ihres Verfahrens, kann
[111]I. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
einen andern Staat berechtigen, sich solcher
Angeschuldigten, die auf seinen Schutz Anspruch
haben, durch gütliche Vorstellung, allenfalls
auch mit Zwang, anzunehmen. IV) Unwirk-
sam in dem eigenen Staatsgebiet, sind die von
Gerichten eines fremden Staates gesprochenen
CriminalUrtheile, in Absicht auf Person, Ver-
mögen und bürgerliche Ehre des Verurtheilten,
Namentlich gilt dieses von der erkannten Ver-
mögensConfiscation und Verbannung; und auch
der erkannte Verlust der Titel, Ehrenzeichen,
und andern Ehrenvorzüge, beschränkt sich auf
die von dem verurtheilenden Staat verliehenen oder
hestätigten.


§. 66.
und e) auf Auslieferung der Verbrecher.

V) Ohne Verträge, ist kein Staat verpflichtet
zu Auslieferung eigener Unterthanen an fremde
Gerichte, zu dem Zweck der Untersuchung und
Bestrafung, wegen ausserhalb oder innerhalb sei-
nes Staatsgebietes begangenerVerbrechen a); selbst
dann nicht, wenn schon die Untersuchung dort
angefangen, oder das Urtheil gesprochen wäre.
In manchen Staaten ist die Auslieferung sogar durch
Gesetze verboten b). Eben so wenig ist ein Staat
ohne Verträge schuldig, Fremde, wegen in seinem,
oder in fremdem Gebiet begangener Verbrechen, ei-
nem andern Staat auszuliefern c). Aber durch Ver-
träge haben manche Staaten sich dazu verpflichtet d),
vorzüglich durch Cartel in Ansehung der Deserteure
[112]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
und entflohenen Milizpflichtigen, auch wohl der
Schleichhändler e). Und selbst ohne Verträge, sind
manche Staaten hierin sehr willfährig, besonders
kleinere im Verhältniſs zu grössern f). In Ab-
sicht auf Landstreicher (Vagabunden), ist eine
Verpflichtung zu wechselseitiger Uebernahme der-
selben bisweilen durch Verträge festgesetzt g).









§. 67.
5) Polizeigewalt.

Ohne Verträge, ist kein Staat berechtigt,
für
[113]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
für seine Unterthanen, in Hinsicht auf ihren
Aufenthalt, ihr Gewerbe, oder ihr Vermögen in
dem Gebiet eines andern Staates, Befreiung von
dessen Polizeigewalt zu verlangen. Den allge-
meinen PolizeiVerfügungen sind daher auch Frem-
de während ihres Aufenthaltes und für ihr Ge-
werbe oder Vermögen in dem Staatsgebiet, un-
terworfen a). Obgleich in einem Uebertretungs-
fall, von einer inländischen Staatsbehörde wider
solche Fremde, welchen Exterritorialität bewilligt
ist, wie den Gesandten, Strafe nicht verfügt wer-
den darf, so berechtigt doch bestimmte, zumal
beharrliche Weigerung des Fremden, durch po-
lizeigemäses Verhalten die innere Sicherheit, Ruhe
und Ordnung zu befördern, nicht nur zu Beschwer-
deführung bei der Regierung des Exterritorialen,
sondern auch zu Aufkündigung der Exterritoria-
lität.



§. 68.
6) Finanzhoheit,
insbesondere
a) Besteuerung.

Dieselbe Unabhängigkeit genieſst jeder Staat
auch in Ansehung der Finanzhoheit. Daher müs-
sen Unterthanen eines fremden Staates, in Absicht
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 8
[114]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
auf ihren Aufenthalt, Gewerbe, oder Vermögen
in einem andern Staat, sich dessen Finanzverfü-
gungen gefallen lassen. Sie sind daselbst, für den
ihnen zu gut kommenden Staatsschutz, nach ih-
rem Verhältniſs in dem fremden Staatsgebiet, der
Besteuerung unterworfen, den ordentlichen und
ausserordentlichen, directen und indirecten, Per-
sonal- und RealSteuern. Doch geniessen in man-
chen Staaten die Fremden, entweder gesetz- oder
vertragmäsig, auf gewisse Zeit Befreiung von be-
stimmten Steuern. Auch ist in den meisten Han-
delsverträgen, den Unterthanen des einen Staates
in dem Gebiete des andern, Abgabengleichheit
entweder mit den eigenen Unterthanen, oder mit
den Angehörigen der am meisten begünstigten
Nation bewilligt. Ausserdem wäre eine Ungleich-
heit nicht wider das Völkerrecht; wiewohl dieselbe
Anlaſs zu Retorsion geben könnte. Die auswärti-
gen Güterbesitzer (Forenses) sollten überall in dem
Lande wo sie bloſs Güter besitzen, mit Personal-
Steuern, und in dem Lande, wo sie ihren Wohn-
sitz haben, in Ansehung ihrer auswärtigen Grund-
besitzungen mit RealSteuern verschont werden a).



§. 69.
b) Strassen-, c) Geleite- und d) CommerzRegal.

Die Unabhängigkeit des Staates begründet den
[115]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
freien Gebrauch des Strassen- und GeleiteRegals,
und des CommerzRegals a), des Rechtes auf Lei-
tung und Benutzung aller Arten des Handels zu
dem Staatszweck. Kein Staat ist befugt zu hin-
dern, daſs ein anderer Staat in seinem Land- und
Seegebiet durch Einrichtungen und gesetzliche Be-
stimmungen zweckmäsig wirke für Leitung und
Beförderung des Handels, auch des ausländischen,
so daſs bei diesem, wo möglich, die Bilanz zum
Vortheil des Inlandes ausfalle. Hiezu sollen un-
ter anderem dienen: die Ausübung der Handels-
Polizei, Gesetzgebung und Gerichtbarkeit, die
Schliessung vortheilhafter Handels- und Schiffahrt-
verträge mit andern Staaten b), Bestimmungen
über Ein-, Aus- und Durchfuhr der Handelswaa-
ren, der Land- und Wasserzoll von ein-, aus-
und durchgehenden Waaren, sowohl Producten
als auch Manufacturen, Messen und Märkte, Han-
delsPrivilegien (jus emporii) für Gemeinheiten,
Gesellschaften und Einzelne, der Vorkauf (jus
propolii), die Lagerhaus- oder Niederlagegerech-
tigkeit, die Wagegerechtigkeit, das Kranrecht,
die Stapelgerechtigkeit zu gezwungener temporärer
Feilbietung aller, oder bestimmter Waaren, der
Strassenzwang, der Umschlag oder das Stationen-
recht c) (droit de relâche et d’échelle), das Recht
des Alleinhandels (Monopolien), die Errichtung
der Kaufmannsgilden und Krämerinnungen, der
Giro-, Deposital- oder UmsatzBanken, der Zet-
[116]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
tel-, Wechsel- oder CirculationsBanken, der Cre-
ditCassen, der Pfand- oder Leihhäuser (Lom-
bards), die Aufsicht und Gesetzgebung über das
Assecuranz-, Bodmerei- und GroſsAventüreWesen
(contrats à la grosse aventure), die Bestimmung
des Verhältniſses der Fremden in Hinsicht auf den
inländischen Handel d), die Begünstigung einer
Nation vor der andern e), die Erwerbung eigener
Staatsdienstbarkeiten zum Vortheil des Handels f),
u. d. m.








§. 70.
In Ansehung der verschiedenen Arten des Handels, besonders
des ColonialHandels.

Diese Handelsberechtigung eines unabhängi-
gen Staates erstreckt sich auf jede Art des Handels;
auf öffentlichen und PrivatHandel; auf Land- und
Seehandel a); auf Groſs- und Kleinhandel; auf
ProductenHandel, Fabrik- und ManufacturHan-
[118]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
del, Geld- und Wechselhandel, Assecuranz-,
GroſsAventüre- und BodmereiHandel; auf Han-
del für eigene Rechnung (PropreHandel) und
für Fremde, wie der Commissions-, Speditions-
und Frachthandel; auf inländischen Handel,
TransitoHandel und Handel nach dem Ausland,
es sey dieser ökonomischer (mit inländischen
Materialien) oder Zwischenhandel; endlich auch
auf den Handel mit Nebenländern und mit den
Colonien eines europäischen Staates in fremden
Welttheilen, so weit diese Colonien zu seinem
Land- und Seegebiet gehören b). Den meisten
Colonien wird der Handel nur mit dem Haupt-
staat c), bisweilen nur mit einer von diesem
octroirten grossen Handelsgesellschaft d), etli-
chen auch mit aussereuropäischen Völkern, we-
nigen mit etlichen oder allen europäischen Staa-
ten gestattet e). Auch der TransitoHandel durch
das Colonialgebiet, kann jedem andern Staat,
der nicht durch Vertrag dazu berechtigt ist, ver-
sagt werden f).








§. 71.
Natürliche Handelsfreiheit, besonders nach frem-
den Welttheilen
.

Ausser dem, daſs jeder Staat in seinem Land-
und Seegebiet über den Handel zu verfügen hat,
steht demselben auch die natürliche Handelsfreiheit
zu, das Recht mit andern Staaten und deren Un-
terthanen, selbst oder durch seine Unterthanen,
nach beiderseitigem Willen Handel zu treiben.
Diesem Recht steht gegenüber die Pflicht eines
jeden dritten Staates, die gegenseitig Handel trei-
benden Staaten in der Ausübung dieses Rechtes
nicht zu stören, so fern er durch solche an seinen
Hoheits- oder Vertragrechten nicht gekränkt wird.
Namentlich gilt dieses von dem Handel und der
Handelsschifffahrt nach fremden Welttheilen, ins-
besondere nach Indien a). Auch sind die ehema-
ligen ungegründeten Ansprüche auf Alleinhandel,
von Seite Portugals nach Ostindien, von Seite Spa-
niens nach Westindien b), nunmehr wenigstens
stillschweigend aufgegeben. Dagegen ist jeder
Staat befugt, durch Verträge seiner natürlichen
Handelsfreiheit auch hier Schranken zu setzen.
So haben zuweilen europäische Mächte, zum Vor-
theil anderer europäischen Staaten, auf den Han-
del nach Indien ganz oder zum Theil verzichtet c);
[121]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
und bisweilen hat ein aussereuropäischer Staat sich
gegen eine europäische Macht zu ausschliessendem
Handel mit derselben verpflichtet d). — Von
dem Handel, besonders dem Seehandel der Neu-
tralen, in Kriegszeiten, wird unten gehandelt
(Th. II, Tit. 2, Abschn. 2, Cap. 1 u. 2); und
eben so von Handelsverträgen (Th. II, Tit. 2,
Abschn. 1, Cap. 2).






[122]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

§. 72.
Abschaffung des Negerhandels.

In Gemäſsheit des pariser Friedens von
1814 a), beschäftigten auf dem wiener Congreſs
die acht Mächte, welche diesen Frieden unter-
zeichnet hatten, sich eifrig mit Maasregeln zu
vollständiger und allgemeiner Abschaffung des af-
rikanischen Sclaven- oder Negerhandels b) (traite
des nègres d’ Afrique). In dem pariser Tractat
vom 20 Nov. 1815 c), verpflichteten sich hierauf
Oestreich, Ruſsland, Groſsbritannien, Preussen
und Frankreich, nachdem sie allerseits schon,
jeder in seinen Staaten, ihren Unterthanen und
Colonien jede Theilnahme an dem Negerhandel
ohne Einschränkung verboten hatten, ihre Bemü-
hungen abermal dahin zu vereinigen, daſs den
von ihnen auf dem wiener Congreſs ausgespro-
chenen Grundsätzen ein endlicher Erfolg zu Theil
werde. Zu dem Ende machten sie sich anhei-
schig, durch ihre Gesandten an den Höfen von
London und Paris, ohne Zeitverlust die wirksam-
sten Maasregeln zu verabreden, um die gänzli-
che und definitive Abschaffung eines so gehässigen,
durch die Gesetze der Religion und der Natur so
laut gemiſsbilligten Gewerbes zu bewirken. Hier-
auf wurden Verträge geschlossen, wegen gänzli-
cher und definitiver Abschaffung des Negerhan-
dels d).






§. 73.
e) Münz Regal.

Dieselbe Unabhängigkeit der Staaten findet
statt bei dem Regal der Münze. Bei Bestimmung
des inländischen Münzfusses und des Zahlwerthes
auswärtiger Münzen, bei dem gänzlichen Verbot
der letzten in den öffentlichen Cassen und in dem
inländischen Verkehr, so auch der Ausfuhr inlän-
[124]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
discher Münzen und des rohen Goldes und Silbers,
kann jeder Staat bloſs auf eigenes Interesse Rück-
sicht nehmen a), wenn nicht etwa Verträge Aus-
nahmen in Ansehung der Fremden festsetzen b),
oder man sich, bei ungleicher beschwerender
Behandlung der Auswärtigen im Verhältniſs zu
Einheimischen, der Retorsion aussetzen will. Ta-
lion, Repressalien, und andere gewaltsame Maas-
regeln müſste der Staat sich gefallen lassen, wenn
er sich eine Rechtsverletzung anderer Staaten
oder ihrer Unterthanen erlaubte, durch Nach-
prägung ihrer Münze, oder Prägung geringhalti-
ger Münze unter ihrem Stempel c), durch ver-
tragwidrige Nöthigung fremder Staaten oder ihrer
Unterthanen, geringhaltige Münzen, Papiergeld
und andere Münzzeichen nach ihrem vollen Nenn-
werth (al Pari) anstatt vollwichtiger Metallmünze
anzunehmen d), und durch Verfügung anderer
unrechtlicher Finanzoperationen e). In Staatsver-
trägen wird, in dieser Hinsicht, die Enthaltung
von Recht [...]verletzung fremder Unterthanen, bis-
weilen ausdrücklich bedungen f).








§. 74.
f) Post Regal.

Das Institut der Posten, dieses unschätzba-
re Verkehrmittel aller civilisirten Nationen, ob-
gleich an sich unabhängig von andern Staaten,
wird von benachbarten Staaten für ihr gemein-
schaftliches Interesse an den Grenzen in Verbindung
gesetzt, [durch] Combinations- u. a. Postverträge a).
Da der Zweck Einheit der Anstalt auf einem gros-
sen Raum gebietet, so überlassen gewöhnlich klei-
nere Staasen dieselbe durch Verträge, unter ih-
rer Aufsicht, Gesetzgebung, Polizei und Gericht-
barkeit, entweder benachbarten grössern Staaten,
oder einem PrivatUnternehmer der Post in meh-
[126]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
rern angrenzenden Staatsgebieten b). Selten hat
jetzt ein Staat das Postrecht als Staatsdienstbarkeit
in fremdem Gebiet c). Durch Annehmung der
Briefe, Packete, und Effecten auf die Post, auch
von und nach dem Ausland, verpflichtet sich die
Post, und mit ihr der Staat, unter dessen Au-
ctorität dieselbe betrieben wird, zu Handhabung
des Briefgeheimnisses, der Unverletzbarkeit der
der Post anvertrauten Briefe, Packete und Ef-
fecten d), dem geraden Gegentheil des so genann-
ten Postgeheimnisses (secret de la poste), der
heimlichen Eröffnung derselben ausserhalb des
dringenden Nothfalles e). Bei erlittenem Schaden
durch gewaltsame Beraubung der Posten, oder
durch Schuld der Postbeamten, können fremde
Staaten oder deren Unterthanen auf gleiche Genug-
thuung und Entschädigung Anspruch machen, wie
die eigenen f).








§. 75.
g) Recht der Bergwerke; h) Forst- und JagdRegal.

Das Recht der Bergwerke, an sich unabhän-
gig von dem Willen fremder Staaten, wird auch
unterirdisch begrenzt durch die Staatsgrenze auf
der Erdoberfläche. Es kann in einem bestimmten
Bezirk mehrern Staaten gemeinschaftlich a), und
einem Staat in dem Gebiet des andern als Staats-
dienstbarkeit b) zustehen. Das letzte gilt auch
von dem Forst- und JagdRegal c). In mehrern
Staaten bestehen gesetzliche Einschränkungen oder
[128]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Verbote des Holzverkaufs ausser Landes, in Ab-
sicht auf Brenn- und Nutzholz, namentlich zu
dem Schiffbau. Die Wildfolge, die Verfolgung
des angeschossenen Wildes in fremdes Gebiet oder
Jagdrevier, kann nur durch Verträge gerechtfertigt
werden d),






§. 76.
i) Wasser Regal.

Ganz vorzüglich bewährt sich die Unabhän-
gigkeit der Staaten in dem freien, ausschliessen-
den Gebrauch des WasserRegals; nach seinem
ganzen Umfang a), in dem eigenen See- und Fluſs-
gebiet (§. 129 f.), so fern nicht durch Vertrag ei-
nem andern Staat ein Recht auf dessen völligen
oder theilweisen Nichtgebrauch b), ausschliessen-
den Gebrauch oder Mitgebrarch c) eingeräumt
ist.
[129]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
ist. Nicht widerrechtlich wäre selbst das gänz-
liche Verbot der Durchfahrt fremder Schiffe auf
inländischen Strömen, Flüssen, Seen und Canälen,
der Durchfahrt auf dem Meer unterhalb der
Canonen, des Einlaufens und Aufenthaltes in den
Häfen und auf der Rhede des Staates. Doch wird
alles dieses den Schiffen freundschaftlicher Mächte,
ausserhalb der geschlossenen Häfen, jetzt nicht
leicht versagt, gegen Entrichtung der eingeführten
Zölle d) des Hafengeldes für den Aufenthalt in
dem Hafen, des Grundgeldes (groundage) für auf
den Strand gesegelte Schiffe, des Tonnengeldes e),
und anderer Abgaben, auch mit Beobachtung des
etwa geltenden Stapelrechtes und Umschlags oder
Stationenrechtes (§. 69); nur bedürfen Kriegs-
schiffe, den Fall der Noth oder eines Vertrags aus-
genommen, an den meisten Orten jedesmal beson-
derer Erlaubniſs. Gemildert oder aufgehoben
sind meist die in dem Mittelalter so häufigen,
strengen Verbote, Fremden Schiffe zu bauen oder
zu verkaufen f).








[131]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.

§. 77.
Insbesondere Strandrecht und Bergung.

Ein so genanntes Strandrecht a) (Grundruhr,
jus littoris, droit de varech), ein Recht, die schiff-
brüchigen, oder aus Noth über Bord geworfenen
Güter sich zuzueignen, wäre wider das natürliche
Völkerrecht; denn jene Güter werden, durch
den Schiffbruch oder das Auswerfen zu Erleich-
terung des Schiffes, nicht verlassenes oder Nie-
mand gehöriges Gut (res derelictae aut nullius).
Auch wird ein solches Recht jetzt nur noch aus-
geübt gegen Seeräuber, Schleichhändler, und
Schiffer in verbotenen Fluſs- oder Seegegenden,
an den dänischen Ufern der Elbe b), und retor-
sionsweise. Durch Gesetze und Staatsverträge c)
ist es vielfältig ausdrücklich abgeschafft. Dage-
gen ist an den meisten Orten durch Gesetze und
Verträge das Recht der Bergung (jus bona nau-
fragorum colligendi, droit de sauvement) ein-
geführt und bestimmt; nach welchem die geret-
teten, geworfenen oder schiffbrüchigen, Güter
gewisse Zeit, meist Jahr und Tag, aufzubewah-
ren, und den unterdessen sich meldenden Eigen-
thümern herauszugeben sind, gegen Entrichtung
des Bergegeldes (Bergelohn, pecunia servaticia),
welches gewöhnlich besteht in einem verhältniſs-
mäsigen Theil des Werthes der geretteten Gü-
ter d).






§. 78.
k) IndustrieConcessionsRegal.

Bei Ausübung des Regals der IndustrieCon-
cessionen
für nützliche Unternehmungen, Gewer-
[133]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
be, Handlungen und Befugnisse, die wegen des
[StaatsInteresse] der Willkühr eines Jeden nicht
überlassen werden a), kann ein Staat ausschlies-
send die Inländer begünstigen, oder den Aus-
wärtigen und Fremden minder vortheilhafte Be-
dingungen bewilligen. Den Inländern kann er
verbieten, von andern Staaten Concessionen die-
ser Art anzunehmen, solche zu unterstützen,
oder auf irgend eine Art daran Theil zu neh-
men, z. B. in ausländische Handels- und an-
dere Gesellschaften zu treten, für auswärtige
Zahlen- oder Classenlotterien und WettComtoire
zu sammeln, oder darein zu setzen b); aus-
wärts Fabriken anzulegen und zu betreiben,
u. d.




§. 79.
l) LandesschutzRegal.

In Absicht auf das LandesschutzRegal, darf,
ohne Verträge, kein Staat den andern beschrän-
ken in Festsetzung und Ausübung seines Wil-
lens, ob und welchen Auswärtigen, und unter
welchen Bedingungen, er das Indigenat, die
Aufnahme zu Landesunterthanen, und das Staats-
bürgerrecht bewilligen a), ob und unter wel-
chen Bedingungen er Auswärtigen inländischen,
und Inländern ausländischen Gutsbesitz b), oder
anderes auswärtiges unterthanschaftliches Ver-
[134]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
hältniſs c) gestatten, ob und wie weit er Frem-
den, durchreisenden und andern, die sich für
bestimmte oder unbestimmte Zeit erlaubterweise
in dem Staatsgebiet aufhalten, für die Zeit ihres
Aufenthaltes den temporären Landesschutz erthei-
len will d).






[135]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.

§. 80.
Fortsetzung.

Durch Aufnahme fremder Staatsangehörigen zu
Unterthanen, handelt ein Staat nicht widerrecht-
lich, so fern Anlockung oder Verleitung derselben
zur Auswanderung a), gegen das Verbot ihres
Staates, oder gar gewaltsame Wegnehmung der-
selben b), damit nicht verbunden ist. Wenn
dagegen einem Staat unverwehrt ist, seine in
fremden Staaten befindlichen Unterthanen, welche
ihrer Unterthanpflicht noch nicht entlassen, oder
widerrechtlich ausgewandert sind, zur Rückkehr
aufzufordern, so ist derselbe doch nicht befugt,
öffentliche Bekanntmachung seiner Avocatorien
in andern Staaten, oder Auslieferung jener Un-
terthanen zu verlangen, am wenigsten aber
dieselben mit Gewalt aus dem fremden Staats-
gebiet abzuholen, gleichviel ob sie daselbst schon
naturalisirt sind, oder nicht c).





§. 81.
m) LandesdienstRegal.

Vermöge des LandesdienstRegals ist jeder
Staat befugt, von seinen Unterthanen ausschlies-
send Staatsdienste, dem Staatszweck gemäſs, zu
[136]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
verlangen. Von seinem Willen hängt daher ab,
ob und wie fern seine Unterthanen in einem
andern Staat Hof-, Civil- oder MilitärDienste
leisten dürfen. Manche Staaten setzen hierin
der natürlichen Freiheit ihrer Unterthanen keine
positiven Grenzen; doch bleibt ihnen, und üben
sie die Befugniſs aus, in dem Nothfall dieselben
zurückzurufen, vorzüglich in Kriegszeiten aus den
MilitärDiensten der feindlichen Macht. Andere
gestatten ihren Unterthanen nicht, ohne ihre
besondere Erlaubniſs in fremde Staatsdienste zu
treten, oder darin zu bleiben a); eine Einschrän-
kung, welche jedoch aufhört mit einer recht-
mäsigen gänzlichen Trennung des Unterthans von
dem Staat.



§. 82.
n) Fiscalgewalt.
Heimfallsrecht
.

In dem Mittelalter übte der Fiscus allgemein a)
[137]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
das Heimfallsrecht (Fremdlingsrecht, jus albina-
gii, droit d’aubaine) aus, das Recht, nach wel-
chem der ganze inländische Nachlaſs der im
Lande verstorbenen Fremden, dem Fiscus heim-
fällt, mit Ausschluſs aller Testament- und Ver-
tragerben und der auswärtigen Intestaterben b).
In der neuern Zeit ward es fast überall aufge-
hoben, durch Gesetze oder Herkommen, häufig
auch durch Staatsverträge, besonders mit Frank-
reich c). Die französische NationalVersammlung
erklärte dasselbe für eine Schande der Mensch-
heit, und schaffte es allgemein ab d). Seitdem
gilt, so viel man weiſs, in allen europäischen
Staaten der Grundsatz, daſs das Heimfallsrecht
nur retorsionsweise von dem StaatsFiscus gegen
diejenigen Staaten auszuüben sey, welche sich
desselben gegen den eigenen Staat bedienen
würden e). Bei dem Nachlaſs solcher Frem-
den, welchen der Staat Naturalisation bewilligt
hat, sollte es da, wo es etwa noch besteht, nicht
ausgeübt werden f); ausgenommen als Retorsion
gegen solche Staaten, die sich desselben auch
in diesem Fall bedienen.






[139]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.


§. 83.
Nachsteuer. Abzugsgeld. Confiscation.

Von inländischem Vermögen, welches in
das Ausland geschafft wird, erhebt der Fiscus a)
nicht selten eine letzte Steuer, in zwei verschie-
denen Fällen: 1) die Nachsteuer (Nachschoſs,
gabella s. census emigrationis, droit de retraite
ou gabelle d’émigration), welche von dem, bei
oder nach der freiwilligen Auswanderung eines
Unterthans aus dem Staatsgebiet gezogenen Ver-
mögen desselben zu bezahlen ist, und 2) das
Abzugsgeld (Abschoſs, census hereditatis vel legati,
droit de détraction), welches von dem aus dem
Nachlaſs eines Unterthans durch Erbrecht in das
Ausland kommenden Vermögen, nach einem be-
stimmten Verhältniſs zu entrichten ist b). Beide,
[140]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
auch bisweilen zusammen unter dem Namen
Detract (jus detractus) begriffen, sind in der
neuern Zeit in manchen Staaten durch Gesetze
allgemein abgeschafft c), in vielen sind sie ent-
weder allgemein auf Retorsion beschränkt d), oder
mit einzelnen Staaten durch Verträge gegenseitig
aufgehoben, wenigstens beschränkt e). Dagegen
kann die Verfügung einer VermögensConfisca-
tion f
), auf auswärtiges Vermögen nicht gezogen
werden (§. 65).








§. 84.
7) Recht der Aemter, Titel, Ehrenzeichen, des Ranges, und
der Standeserhöhungen.

Die Selbstbestimmung seines Willens gebührt
jedem Staat auch bei Ausübung des Rechtes,
Aemter, Titel, Ehrenzeichen, Rang und Stan-
deserhöhung
zu ertheilen. Namentlich gilt die-
ses nicht nur von der Zulassung oder Ausschlies-
sung fremder Unterthanen, in Absicht auf die
genannten Vortheile a), sondern auch von der
Ernennung zu Hof- und Staatsämtern, von der
Versetzung, Zuruhesetzung, Suspension, Dienst-
entlassung und Cassation der Hof- und Staats-
diener. Doch können Gründe der Politik eine
Staatsregierung bestimmen, von ihren eigenen
Maasnehmungen dieser Art andern Höfen Nach-
richt zu ertheilen b), oder wohl gar von diesen
positive oder negative Handlungen bei ihrer Ausü-
bung oben gedachter Rechte zu begehren c),
deren Verweigerung jedoch als Rechtsverletzung
in der Regel nicht zu betrachten ist. Auch können
in manchen, wenn gleich souverainen Staaten,
[142]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Gebrauch, Politik, und politische Machtverhält-
nisse gewisse Schranken setzen, bei Ertheilung
wirklicher und TitularChargen, der Decoratio-
nen und Standeserhöhungen; zumal wenn man
Rücksicht nimmt auf öffentliche Achtung und Hof-
Etiquette, auch eigene Rangverhältnisse mit an-
dern Staaten d).






§. 85.
Fortsetzung.

Seinen eigenen Unterthanen kann jeder Staat
verbieten, unbedingt, oder ohne seine besondere
Bewilligung, Vortheile der vorhin genannten
Art, und Pensionen a) von andern Staaten an-
zunehmen b) (§. 81). Auch wäre derselbe nach
natürlichem Völkerrecht nicht verpflichtet, die
an solche Personen, welche nicht in unterthan-
schaftlichem Verhältniſs zu ihm stehen, von an-
dern Staaten verliehenen Aemter, Titel, Deco-
rationen, Rang und Standeserhöhung in seinem
Staatsgebiet anzuerkennen c). Aber die Erwä-
gung des eigenen StaatsInteresse, hat diese An-
erkennung zu europäischer Völkersitte erhoben,
wovon nur in solchen Fällen Ausnahmen vor-
kommen, wo nothwendige Voraussetzungen in
[143]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
dem Recht der Ertheilung d) oder Annehmung
streitig sind.






§. 86.
8) Erziehungs- und UnterrichtRegal.

In Absicht auf das Erziehungs- und Unter-
richtRegal a
) steht es in dem freien Willen
eines jeden Staates, ob und wie weit er Aus
wärtige an inländischen, und Inländer an aus-
wärtigen Erziehungs- und Unterrichtanstalten b),
Industrie-, Kunst- und gelehrten Gesellschaften
will Theil nehmen lassen, auch die in dem
Ausland ertheilten akademischen Würden in sei-
nem Staatsgebiet anerkennen, und die Einfuhr
auswärtiger Druckschriften gestatten will c).





§. 87.
9) Kirchenhoheit.

Vermöge der Unabhängigkeit seiner Kir-
chenhoheit
, ist kein Staat verpflichtet, sich von
einem andern irgend einen kirchlichen Lehrbe-
griff, die Duldung einer bestimmten Glaubens-
partei, oder die äussere Religionsübung (ausser der
einfachen Hausandacht) für die in seinem Staats-
gebiet sich aufhaltenden Unterthanen des andern
Staates aufdringen zu lassen. Selbst das in der
römisch-katholischen Kirche, nach dem darin
angenommenen Grundsatz der Einheit (des Pon-
tificats), regierende Oberhaupt, ist in seiner
kirchlichen Wirksamkeit von Rechtswegen überall
der Staatsgewalt untergeordnet a), so weit nicht
Concordate (§. 31) Ausnahmen festsetzen. Da-
gegen ist auch, in der Regel, kein Staat be-
rechtigt, der Religionsbeschwerden einer Glau-
benspartei in dem Gebiet eines andern Staates
sich zwangweise anzunehmen b), oder in frem-
dem
[145]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
dem Staatsgebiet gelegenes Kirchengut sich zu-
zueignen c).





§. 88.
10) Lehnhoheit. 11) Wehr- u. Waffenrecht. 12) Aeusserstes Recht.

Jedem Staat gebührt die Lehnhoheit, auch
über die in seinem Staatsgebiet befindlichen Activ-
und Passiv-Lehen anderer Staaten, so fern diesen
nicht, ganz oder zum Theil, Befreiung davon,
durch Vertrag bewilligt ist. Befindet der Vassall
selbst, in Absicht auf das Lehn sich in dem
Besitz der Souverainetät überhaupt, so gebührt
ihm auch die Lehnhoheit a). In dem Wehr-
und Waffenrecht b), namentlich in Absicht auf
Gestattung des TruppenDurchmarsches c) und
der Werbung (§. 272) in seinem Gebiet, und
in dem Gebrauch des äussersten Rechtes (jus
eminens s. ratio status scil. extraordinarii), selbst
Klüber’s europ. Völkerr. I. 10
[146]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte der europ. Staaten.
gegen die Person und das Eigenthum auswärtiger
Staatsunterthanen d), ist kein Staat schuldig, sich
von andern Staaten willkührliche Einschränkungen
gefallen zu lassen.






III. CAPITEL.
RECHT DER GLEICHHEIT
.

§. 89.
Gleichheit.

Die natürliche Gleichheit der Staaten, eine
Folge ihrer Unabhängigkeit, ist das dritte Ur-
recht derselben. Sie besteht in dem Recht eines
jeden Staates, zu fordern, daſs die Rechte an-
derer Staaten nicht gröſser, die Pflichten der-
selben nicht geringer seyen, als die seinigen,
in ihrem gegenseitigen Verhältniſs. Weil in
diesem Verhältniss alle Staaten das Recht der
freien moralischen Persönlichkeit geniessen, so
[147] muſs jeder von ihnen alle Rechte haben, welche
unbedingt daraus fliessen. Es gebühren also
von Natur allen Staaten gleiche Rechte, die
rechtliche Gleichheit. Da das natürliche gegen-
seitige Verhältniſs der Staaten überall dasselbe,
mithin wesentlich ist, so wird jene Gleichheit
durch zufällige Eigenschaften eines Staates nicht
gemindert, noch aufgehoben; nicht durch Ver-
hältnisse des Alters, der Volksmenge, des Staats-
gebietes, der Macht, der Staatsform, des Re-
gentenTitels, der Cultur jeder Art a), des An-
sehens, der von andern Staaten erhaltenen Eh-
renbezeugungen, u. d. Insbesondere gestattet
die rechtliche Gleichheit nicht die Anmassung
eines Vorranges, einer Oberherrschaft, der Gericht-
barkeit, des Strafrechtes, gegen andere Staaten.



§. 90.
Auch in dem Ceremoniel.

Die rechtliche Gleichheit äussert ihre Wir-
kung in der Regel auch in dem Ceremoniel der
Staaten unter sich, das heiſst, in dem Inbegriff
der Förmlichkeiten bei ihrem gegenseitigen Be-
[148]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
nehmen. Dieses Ceremoniel findet statt, theils
bei körperlicher Gegenwart der Souveraine und
ihrer Stellvertreter, theils in ihrer Abwesenheit,
wo in schriftlichen Verhandlungen das Canzlei-
Ceremoniel der Souveraine, ihrer Staatsbehörden
und Gesandten, in Betracht kommt. Besondere
Arten von beiden, sind das Schiff- oder See-
Ceremoniel
, und das KriegsCeremoniel. Nur
ein kleiner Theil des Ceremoniels beruht auf
vertragmäsiger Uebereinkunft, das meiste hinge-
gen entweder auf blosser Willkühr, oder auf
blossem Gebrauch a). Das letzte, wie sorgfältig
auch darüber pflegt gehalten zu werden, ist kein
eigentlicher Gegenstand des Völkerrechtes b).
Von weit geringerem Umfang, als das Ceremo-
nielWesen überhaupt, ist daher das Ceremoniel-
Recht der Staaten unter sich, wiewohl das letzte
in Schriften c) gewöhnlich nicht streng genug
abgesondert wird von dem übrigen Ceremoniel.
Das gesandschaftliche oder diplomatische Cere-
monielRecht kommt unten vor, bei dem Gesand-
schaftrecht, aber das übrige Völker- oder Staa-
tenCeremoniel findet hier seine Stelle, so weit
eine Gleichheit oder Ungleichheit darin erscheint.





§. 91.
Abweichung von der Gleichheit.
I) Königliche Ehren.

Durch freie Uebereinkunft kann selbst ein
souverainer Staat, im Verhältniſs zu einem oder
mehreren andern, der ursprünglichen Gleichheit
der Rechte zum Theil entsagen. Nicht selten
geschieht dieses in Hinsicht auf Vorzug, Rang,
Staats- und RegentenTitel, und andere Gegen-
stände des Völker- oder StaatenCeremoniels. So
haben manche europäische Staaten andern gewisse
Vorzüge (Prärogative) eingeräumt, Auszeichnun-
[150]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
gen vor ihnen. Besonders gehören hieher die
königlichen Ehren (honores regii, honneurs
royaux), ein Inbegriff conventioneller Ehrenbe-
zeugungen, welche in Europa als die höchsten
betrachtet werden, die ein Staat von einem an-
dern empfangen kann a). Nicht bloſs der Rang
vor allen andern unabhängigen Staaten, denen
königliche Ehren nicht zustehen, und manche
Ceremonielrechte, z. B. die Königskrone, der
Brudertitel, sondern auch das Recht Gesandte
vom ersten Range (Botschafter, Ambassadeurs)
zu schicken, wird dahin gerechnet. Nicht allein
kaiserliche und königliche Staaten, auch groſs-
herzogliche, die ehemaligen kurfürstlichen des
teutschen Reichs, und verschiedene grössere Re-
publiken b), geniessen königliche Ehren; doch
die letzten meist mit gewissen Einschränkungen.




[151]III. Cap. Recht der Gleichheit.

§. 92.
II) Vorrang.
Begriff und Rechtsgrund
.

Zu den Vorzügen, wodurch ein Theil der
natürlichen Gleichheit freiwillig aufgegeben wird,
gehört auch die Einräumung des Vorranges,
(Präcedenz, Proëdria, Protostasia, Précédence,
Pas, Préséance), eines Vorzugs in der von meh-
reren zu beobachtenden Ordnung a). Aus der
Natur des gegenseitigen Verhältnisses freier Staaten,
ist eine bestimmte Rangordnung derselben nicht
abzuleiten b), vielmehr ist nach der Natur die-
ser Verhältnisse jede Stelle oben, das heiſst,
es giebt in persönlichen und schriftlichen Ver-
handlungen keine obere und keine untere Stelle,
keinen vorzüglichen oder Ehrenplatz. Nur durch
Verträge, ausdrückliche oder stillschweigende,
kann unter freien Staaten eine Rangordnung
festgesetzt werden c).





§. 93.
Rang streitigkeiten.

Daher können Streitigkeiten über den Vor-
rang
, oder über die Gleichheit in dem Rang, nur
auf dieselbe Art, wie jeder andere Streit unter
freien Völkern, beigelegt werden a); doch sollte
während des Streites, überall dem fehlerfreien
Besitzstand Achtung widerfahren b). Verwerf-
lich aber ist, was man hie und da als Entschei-
dungsgründe des Vorranges angeführt hat c):
Alter der Unabhängigkeit des Staates, Alter des
Regentenhauses, oder der königlichen Würde,
frühere Annahme des Christenthums, grössere
Macht oder Uebermacht des Staates, Zahl und
Grösse der zu einem Staat vereinigten Länder,
Staats- und Regierungsform, höhere Staats- und
Regenten Titel, Vielheit und Grösse der Kriegs-
thaten, höhere geistige und sittliche Cultur,
Schutz-, Lehn- oder Zinsverhältnisse über an-
dere unabhängige Staaten, hohe Würde der an-
[153]III. Cap. Recht der Gleichheit.
gehörigen Vassallen, Verdienste um den Papst
und die katholische Kirche, u. d. m.





§. 94.
Jetzige Rangverhältnisse der europäischen Staaten.

Eine allgemeine Rangordnung der euro-
päischen Staaten hat nie bestanden a). Die
verschiedenen päpstlichen Rangordnungen für
die katholischen Staaten, vorzüglich diejenige
des Papstes Julius II. von 1504 b), eine An-
massung der Päpste, wobei meist der Besitz-
stand auf den Kirchenversammlungen, dem ehe-
maligen Mittelpunct der Rangverhältnisse christ-
licher Staaten, zum Grunde gelegt ward, sind
nie allgemein anerkannt worden, nicht einmal
auf den Concilien und in der päpstlichen Ca-
pelle. Eben so wenig kam die auf dem wiener
Congreſs beabsichtigte Bestimmung des Ranges
unter den europäischen Mächten, zu Stande c).
Wohl aber haben hin und wieder vertragmäsige
[154]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Bestimmungen statt gehabt, in Absicht auf
den individuellen Rang einzelner europäischen
Staaten.





§. 95.
Insonderheit 1) des Papstes, und des ehemaligen römisch-
teutschen Kaisers
.

So haben 1) die katholischen Souveraine,
selbst der römisch-teutsche Kaiser, geglaubt,
dem Papst, als dem (angeblichen) Statthalter
Christi und dem geistlichen Oberhaupt der ka-
tholischen Kirche, den persönlichen Vorrang,
[155]III. Cap. Recht der Gleichheit.
ohne Nachtheil ihrer weltlichen Rechte, einräu-
men zu müssen a). Als weltlicher souverainer
Regent, befand sich der Papst auch gegen man-
che evangelische Souveraine, vorzüglich solche,
denen königliche Ehren nicht zustehen, in dem
Besitz des Vorranges: nie aber gegen Ruſsland
und die Pforte. 2) Dem römisch-teutschen
Kaiser
, ward von allen christlichen Mächten
in Europa der Vorrang eingeräumt b). Da-
gegen hatte derselbe, auch als Beherrscher sei-
ner Erbstaaten (seit 1804 Kaiser von Oestreich),
mit der osmanischen Pforte völlige Ranggleich-
heit festgesetzt c).





§. 96.
2) der jetzigen gekrönten Häupter.

Die meisten jetzigen gekrönten Häupter
von Europa behaupten, in der Regel, die
Gleichheit des Ranges unter sich a); und wenn
einige, vorzüglich Frankreich b), Spanien c),
und in der neuern Zeit Ruſsland d), wahr-
scheinlich jetzt auch Oestreich e), einen durch-
gängigen Vorrang, vor allen oder einzelnen,
[156]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
in Anspruch genommen haben f), so hat es
selten an Widerspruch gefehlt. Doch hatte
Frankreich, unter Napoleon’s Regierung, von
mehreren Königen, besonders solchen, die durch
seine Bemühung die Königswürde erlangt hatten,
willige Anerkennung des von ihm behaupteten
Vorranges erlangt. Einige dringen zwar auf
allgemeine Gleichheit, besonders in schriftlichen
Auſsätzen, räumen jedoch ausnahmweise bei ge-
wissen Gelegenheiten einigen Mächten den Vor-
rang ein, wie Portugal und Sardinien den Kro-
nen Frankreich, Spanien und Groſsbritannien g),
und Dänemark der Krone Frankreich h).










§. 97.
Fortsetzung.

Von der Pforte liessen für ihre Gesandten
bei derselben, sich den Rang versprechen, Frank-
reich
für seine Botschafter vor den Botschaftern
Spaniens und der andern Könige a), und nach-
her Ruſsland für seine Gesandten der zweiten
Classe unmittelbar nach dem Gesandten des rö-
misch-teutschen Kaisers, wenn dieser ebenfalls
von der zweiten Classe ist, wenn er aber von
einer höhern oder niedern Classe wäre, unmit-
telbar nach dem Botschafter von Holland, und,
[158]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
in dessen Abwesenheit, von Venedig b). Für
das teutsche Bundesverhältniſs, sind in der Bun-
desActe c) die Könige in folgender Ordnung
genannt: Baiern, Sachsen d), Hannover e), Wir-
temberg
.







§. 98.
3) der monarchischen nicht gekrönten Souveraine, mit königlichen
Ehren, und
4) ohne solche; 5) der halbsouverainen Staaten.

1) Diejenigen monarchischen Souveraine mit
königlichen Ehren
, welche weder den kaiser-
lichen noch den königlichen Titel führen, räu-
men allen Kaisern und Königen den Vorrang
ein a). In der teutschen BundesActe b), ist
der Rang der Groſsherzoge und des Kurfürsten
von Hessen definitiv noch nicht bestimmt, ins-
besondere ausserhalb der Bundesversammlung.
2) Die monarchischen Souveraine ohne könig-
liche Ehren
, weichen im Rang denen, welche
[159]III. Cap. Recht der Gleichheit.
solche Ehren geniessen. Der Rang derer, wel-
che Mitglieder des teutschen Bundes sind, soll
von der Bundesversammlung definitiv festgesetzt
werden, jedoch nur in Hinsicht auf ihre Stimm-
ordnung in derselben, ohne Einfluſs auf ihren
Rang überhaupt und auf ihren Vortritt ausser
den Verhältnissen der Bundesversammlung c).
3) Halbsouveraine oder abhängige Staaten ste-
hen, in der Regel, den ganz souverainen in dem
Range nach d).






§. 99.
6) der Republiken. 7) Etliche besondere Fälle.

1) Die Republiken räumen, in der Regel,
den wirklichen Kaisern und Königen den Vor-
rang ein a); aber in Ansehung der meisten übri-
gen monarchischen Souveraine, ist ihr Rangver-
hältniſs weniger bestimmt b). 2) Auf Friedens-
und andern Congressen, geniessen gewöhnlich
die Gesandten der vermittelnden Mächte den
Vorrang vor denjenigen der streitenden Theile,
selbst dann, wenn sie von geringerer Classe sind.
[160]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
3) Bei wechselseitigen Besuchen der Souveraine,
giebt gewöhnlich der Wirth dem Gast den Vor-
rang, wenn beide von gleicher Rangclasse sind c).
Dasselbe gilt in der Regel auch von Besuchen
der Gesandten d).






§. 100.
Ordnung der Rangplätze.
1) In schriftlichen Aufsätzen.

Für diejenigen Staaten, unter welchen ein
bestimmter Rang festgesetzt ist, hat der Gebrauch
nach und nach eine gewisse Ordnung der Rang-
plätze
eingeführt. I) In schriftlichen Aufsätzen,
besonders in Staatsverträgen, wenn eine Ordnung
unter mehreren benannten Staaten oder deren
Stell-
[161]III. Cap. Recht der Gleichheit.
Stellvertretern in Betrachtung kommt, hat 1) in
dem Context, vorzüglich in dem Eingang, der
zuerst genannte Staat den ersten, der nächstfol-
gende den zweiten, der weiter folgende den drit-
ten Platz, u. s. w. 2) Die Unterschrift geschieht
nicht selten auf zwei Columnen a). Auf der he-
raldisch rechten Columne (dem Leser zur Linken),
ist die oberste Stelle der erste Platz; auf der he-
raldisch linken Columne, ist die oberste Stelle der
zweite Platz; auf der rechten, ist die zweite Stelle
der dritte Platz; auf der linken, ist die zweite Stelle
der vierte Platz, u. s. w.



§. 101.
2) Im Gehen, Sitzen und Stehen.

II) Bei persönlicher Zusammenkunft, z. B.
Besuchen, Conserenzen, Congressen, Processio-
nen, unterscheidet man zuvörderst 1) in dem
Sitzen, die Oberstelle oder den Ehrenplatz (la
place d’honneur), und nach diesem den Vorsitz
(la préséance). An einer viereckigen, oder run-
den, auf allen Seiten besetzten Tafel, sind im-
mer die letzten Plätze dem ersten gegenüber, der
erste wird aber meist dem Eingang gegenüber ge-
wählt. Dann wechselt die Sitzordnung, von dem
ersten Platz an gerechnet, immer von der Rech-
ten zur Linken a). In dem Gehen und Stehen,
ist die Oberhand (la main ou main d’honneur)
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 11
[162]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
die rechte Hand, wenn der Geehrtere dem Andern
zur Rechten b) geht oder steht, und der Vortritt
oder Vorrang (le pas), wenn der Geehrtere einen
Schritt vor dem Andern, der ihm links zur Seite
geht, die Treppe hinauf und in die Zimmer
geht c).





§. 102.
Fortsetzung.

Sodann ist 3) in der LinealOrdnung, d. h.
wenn Einer sich hinter dem Andern befindet, bald
der vorderste Platz der erste, der folgende der
zweite, u. s. w. a); bald ist der hinterste Platz
der erste, der nächste vor diesem der zweite b),
u. s. w.; bald ist a) unter zweien der vordere
Platz der erste; b) unter dreien der mittlere Platz
der erste, der vordere der zweite, der hintere der
dritte; c) unter vieren der vorderste Platz der vierte,
der folgende der zweite, der auf diesen folgende der
erste, und der hintere der dritte; d) unter fünfen der
mittlere der erste, vor diesem der zweite, hinter
ihm der dritte, der vorderste der vierte, der hin-
terste der fünfte; e) unter sechsen und mehreren
eben so, nach Verhältniſs.


[163]III. Cap. Recht der Gleichheit.


§. 103.
Schluſs.

4) In der Seiten- oder LateralOrdnung a),
d. h. wenn in gerader Linie, immer Einer an der
Seite des Andern sich befindet, ist bald der äus-
serste Platz, auf der rechten oder linken Seite
der erste, der folgende der zweite b), u. s. w.;
bald ist a) unter zweien die Stelle zur rechten Hand
die erste; b) unter dreien die mittlere die er-
ste, die zur Rechten die zweite, die zur Lin-
ken die dritte; c) unter vieren der entfernteste
Platz rechter Hand der zweite, der folgende
der erste, diesem zur Linken zuerst der dritte,
dann der vierte; d) unter fünfen ist der erste
in der Mitte, diesem zunächst auf der Rechten
der zweite, auf der Linken der dritte, dann
weiter auf der Rechten der vierte, auf der Lin-
ken der fünfte; e) unter sechsen und mehreren
eben so, abwechselnd nach der Entfernung von
dem mittlern oder Ehrenplatz c).





[164]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.

§. 104.
Auskunftmittel bei Ranggleichheit, oder streitigem Rang.

Ist der Rang der Staaten gleich, oder strei-
tig, so finden, wenn die Gelegenheit wo Rang
in Frage kommt unvermeidlich ist, verschiedene
Auswege statt, bei welchen die Rechte und An-
sprüche der Interessenten auf ihrem Werth oder
Unwerth beruhen. Dahin gehören folgende Fälle.
1) Die Interessenten erklären, daſs jede Stelle
als die obere
anzusehen, und der augenblickliche
Vorgang für ihre allseitigen Rechte und Ansprüche
unverfänglich sey. 2) Es wird irgend eine Ab-
wechslung
festgesetzt. Diese kann statt finden,
in einzelnen Fällen, nach der Zeit, nach dem
persönlichen oder Regierungsalter der Souveraine,
nach den verschiedenen Theilen des Ceremoniels,
nach dem Loos a), u. d. In Staatsverträgen pfle-
gen die grössern Mächte, und so auch unter sich
die minder grossen, zu Behauptung ihrer Rang-
gleichheit, in der Benennung der Paciscenten
in dem Eingang und Inhalt, und in der Unter-
schrift zu wechseln (das „Alternat“); so daſs jede
von ihnen in demjenigen Exemplar, welches für
sie bestimmt, und in ihrer Canzlei ausgefertigt
ist, den ersten Platz einnimmt b). Indeſs sind
auch wegen dieser Abwechslung oder Nichtab-
wechslung bisweilen beruhigende, vorbehaltende,
verwahrende, oder widersprechende Erklärungen
erfolgt c); oder es hat jeder Theil dem andern
[165]III. Cap. Recht der Gleichheit.
eine von ihm allein unterzeichnete Urkunde zu-
gestellt d).






§. 105.
Fortsetzung.

Zu den erwähnten Auswegen gehören ferner.
3) Beobachtung des Incognito, durch Anneh-
mung eines geringeren Titels a). 4) Beobach-
tung gewisser Förmlichkeiten, bei welchen der
Rang unentschieden bleibt b). 5) Gleichförmig-
keit c
), oder 6) Aufhebung d) des Ceremoniels
für sämmtliche Interessenten. 7) Nachgeben,
mit Verwahrung seiner Rechte, oder gegen Em-
pfang eines Reverses. 8) In Absicht auf Gesandte,
[166]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
giebt es überdieſs noch verschiedene andere Aus-
wege e), z. B. a) Sendung eines Gesandten von
einer andern Classe als der Classe desjenigen,
mit welchem der Rangstreit vorwaltet; b) Aus-
bleiben oder Abwechslung in dem Erscheinen bei
solchen Gelegenheiten, wo der Rang in Betrach-
tung kommt f); c) gleichzeitiger Einzug von ver-
schiedenen Seiten her, und AudienzErtheilung an
verschiedenen Tagen; d) schriftliche Unterhand-
lung, mit Vermeidung förmlicher Zusammen-
künfte; e) Bestimmung der Rangordnung durch
die Zeit der Ankunft in dem Ort, oder in dem
ConferenzSaal g).







[167]III. Cap. Recht der Gleichheit.


§. 106.
Fortsetzung.

9) Auf dem wiener Congreſs (1815) unter-
warfen, bei Unterzeichnung feierlicher Urkunden,
der Friedensschlüsse und anderer Staatsverträge,
die Bevollmächtigten von Oestreich, Russland,
Frankreich, Spanien, Groſsbritannien, Schweden,
Dänemark und Preussen, sich mehrmal derjeni-
gen Ordnung, welche der Zufall des französischen
Alphabetes ihren Staaten angewiesen hatte a). In
dem auf diesem Congreſs errichteten Rang Regle-
ment
für die diplomatischen Agenten gekrönter
Häupter, Art. 7, ist festgesetzt, daſs in Urkunden
und Verträgen zwischen mehreren (mehr als zwei)
Mächten, unter welchen Abwechslung (das Alternat)
gilt (§. 104), das Loos unter den Gesandten über die
Ordnung entscheiden soll, welche in den Unter-
zeichnungen zu befolgen sey b). Damit ist je-
doch der Gebrauch nicht aufgehoben, daſs jeder
Theil, in den von ihm selbst ausgefertigten Exem-
plaren, sich selbst zuerst nennt, und auch zuerst
unterzeichnet c). Nur für die Unterzeichnung
der übrigen Theile, wenn mehr als zwei Contra-
henten sind, in jenen Exemplaren, und in sol-
[168]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
chen Fällen, wo nur eine Urkunde (documen-
tum unicum) von mehreren Mächten gemein-
schaftlich ausgefertigt wird, soll das Loos entschei-
den d).






§. 107.
III) Titel.

Vermöge der natürlichen Gleichheit der Staa-
ten, begründet der Titel oder die Würde, welche
ein Staat sich selbst, oder seinem Regenten, oder
beiden beilegt, an sich keinen Vorzug vor andern
Staaten. So wenig ein Staat, nach seiner natürli-
chen Freiheit, in der Wahl eines solchen Titels
eingeschränkt ist, eben so wenig ist derselbe be-
fugt, von andern Staaten zu fordern, daſs sie den
von ihm gewählten Titel anerkennen, oder ihm
geben sollen a). Wohl aber kann eine Einschrän-
kung jener, oder eine Befugniſs dieser Art, durch
Verträge festgesetzt werden. Daher ist bei An-
nehmung eines höhern Titels, gewöhnlich die er-
ste Sorge der Souveraine, dessen Anerkennung
bei andern Mächten, wo nicht schon vorher b),
doch unmittelbar nachher c) zu erwirken. Diese
[169]III. Cap. Recht der Gleichheit.
Anerkennung geschieht bisweilen unter der aus-
drücklichen Bedingung, daſs damit kein Vorrang
eingeräumt werde d), Auch wird die Unverfäng-
lichkeit des Gebrauchs oder Nichtgebrauchs ge-
wisser Titel, zu Zeiten ausdrücklich festgesezt e).







§. 108.
Kaiser Titel.

Der KaiserTitel ward von jeher für den höch-
sten gehalten. Doch betrachten jetzt die Könige
solchen, an sich, nicht als einen gültigen Grund
zu Behauptung irgend eines Vorzugs a). Den
KaiserTitel (Imperator, Caesar) führten zuerst
die alten römischen, nach ihnen die byzantini-
schen und die römisch-teutschen Kaiser. Der
Sultan der Osmanen legte diesen Titel (Padi-
schah
) sich ebenfalls bei b). Desgleichen Ruſs-
land 1721 c), Frankreich 1804 d), und Oest-
reich 1804 e). Auch haben noch in der neuern
Zeit manche Könige, bei gewissen Gelegenheiten,
sich des KaiserTitels bedient f).








§. 109.
Königs-, Majestäts- und HoheitsTitel. TitularKönige. Groſs-
herzoge und Kurfürst
.

Nach dem kaiserlichen, wird der KönigsTi-
tel allgemein als der höchste betrachtet. Die Kö-
nigswürde ertheilten ehehin die alten römischen,
die byzantinischen und die römisch-teutschen Kai-
ser a), auch der Papst b). Aber nicht nur schon
in dem Mittelalter c), sondern auch vorzüglich
in der neuern Zeit, nahmen mehrere souveraine
Fürsten den KönigsTitel aus eigener Macht an,
und krönten sich mit eigener Hand d). Mit der
Anerkennung des Kaiser- und KönigsTitels, ist
gemeiniglich auch die Bewilligung des Majestäts-
Titels verbunden. Diesen Titel erhielten ehehin
die römisch-teutschen Kaiser ausschliessend, seit
dem Ende des funfzehnten Jahrhunderts aber nach
und nach alle Könige, nicht nur von Geringern,
sondern auch von Kaisern und Königen e). Dem
türkischen Kaiser, geben die meisten von ihnen
nur den Titel Hoheit f) (Hautesse). Einem ExKö-
nig
wird, von freundschaftlichen Mächten, die fort-
währende Anerkennung seines Königs- und Maje-
stätsTitels nicht versagt; doch in der Regel nur
in der Eigenschaft eines Titular Königs g). Die
GroſsHerzoge und der Kurfürst von Hessen (§.
[173]III. Cap. Recht der Gleichheit.
29), obgleich sie königliche Ehren geniessen (§.
91), erhalten nicht den MajestätsTitel (§. 110),
man nennt sie Königliche Hoheit (Altesse Royale.)









§. 110.
Titel: Hoheit und Durchlaucht; Bruder- u. a. Verwandschaft-
Titel; Titel der Republiken, des Papstes, der Pforte, des
malteser Groſsmeisters, u. a.

Das Prädicat Kaiserliche Hoheit (Altesse im-
périale) erhalten Prinzen und Prinzessinnen von
kaiserlicher Abkunft a), Das Prädicat Königliche
Hoheit
(Altesse royale) geniessen jezt nicht nur
Prinzen und Prinzessinnen von königlichem Ge-
blüte, sondern auch die Groſsherzoge b). Auch
der Kurfürst von Hessen, der einzige, welcher
den KurfürstenTitel fortführt, hat dasselbe ange-
nommen. Dagegen erhalten jetzt die von Groſs-
herzogen abstammenden Prinzen und Prinzessin-
nen, so wie auch manche Prinzen und Prinzes-
sinnen, die zwar aus dem Hause eines jetzigen
Königs, aber nicht von einem König abstam-
men c), den Titel Hoheit d) (Altesse). — Durch-
laucht
(Altesse Sérénissime) werden die souverai-
nen Herzoge und Fürsten titulirt. — Die Repu-
bliken
werden, von monarchischen Souverainen,
in dem Context bloſs Sie, Vos oder Vous angere-
det e). — Alle gekrönten Häupter geben einan-
der den Bruder Titel (mon frère, notre oder vo-
[175]III. Cap. Recht der Gleichheit.
tre bon frère), und auch die Groſsherzoge erhal-
ten solchen von ihnen f). Auch die Titel Freund,
Allürter
und Nachbar (ami, allié, voisin), des-
gleichen die Verwandschaft Titel (titres de paren-
té), z. B. Vater, Mutter, Bruder, Schwester,
Oheim, Muhme, Neffe, Vetter, Schwager, im
Teutschen auch Gevatter und Gevatterin, so wie
Ew. Liebden, sind unter Souverainen in der Cour-
toisie nicht ungewöhnlich g). — Der Papst er-
hält, wenigstens von katholischen Souverainen,
die Titel Heiligster Vater (Sanctissime Pater,
tres-saint Père) und Ew. Heiligkeit (vestra Sanc-
titas, votre Sainteté). — Die Pforte heiſst die
erhabene h) (la sublime Porte, la fulgida Porta).
— Der malteser Groſsmeister erhielt von andern
Souverainen gewöhnlich den Titel Altesse Éminen-
tissime
, von seinen Unterthanen, Éminence Séré-
nissime
, von den Malteser-Rittern Éminence.










§. 111.
Titel: von G. G. und Wir. Religiöse Titel. Länder-, Familien-,
Prätensions- u. a. BesitzTitel. Titel der vermuthlichen
Thronfolger
.

Den Titel von Gottes Gnaden (Dei gratia,
par la grâce de Dieu) führen alle monarchischen
Souveraine, in feierlichen Auſsätzen von offener
Form, und in Staats- oder Canzleischreiben a).
Desgleichen das Prädicat Wir (Nos, Nous), des-
sen im Französischen auch die Gesandten und
Kriegsbefehlhaber, in den unter ihrem Namen aus-
gefertigten Pässen und andern offenen Schriften,
sich bedienen b). — Theils durch altes Herkom-
men, theils durch päpstliche Verleihung, führen
etliche gekrönte Häupter noch anerkannte religiö-
se Titel c
). So heissen: der König von Frank-
reich
[177]III. Cap. Recht der Gleichheit.
reich allerchristlichste Majestät (Rex christianissi-
mus, Roi très-chrétien, Sa M. T. C.), der König
von Spanien seit 1496, katholische Majestät (Rex
catholicus, Roi catholique, M. C.), der König von
Portugal seit 1748 allergetreueste, oder vielmehr
allergläubigste Majestät (Rex fidelissimus, Roi très-
fidèle), der König von Ungarn seit 1758 aposto-
lische
Majestät (Rex apostolicus, Roi apostoli-
que); doch nur so, daſs diese Titel ihnen von
Andern gegeben werden. Den Titel Beschützer
des Glaubens
(Defensor fidei) führt der König
von Groſsbritannien, seit 1521, in seinem grossen
Titel. — Der römisch-teutsche Kaiser nannte sich
Semper augustus oder — im Teutschen, nach fal-
scher Uebersetzung — allzeit Mehrer des Reichs d).
— Manche Souveraine führen, ausser den, bis-
weilen sehr reichhaltigen, wirklichen Länder-
und FamilienTiteln, auch Prätensions Titel, des-
gleichen Titel von ehemaligen Besitzungen, wenn
gleich sie auf solche keinen Anspruch mehr ma-
chen e) (Gedächtniſstitel), welches bisweilen Wi-
derspruch und verwahrende Erklärungen veran-
laſst. — In manchen Staaten führen die vermuth-
lichen Thronfolger
, die Kron- und Erbprinzen,
eigene Titel f).








§. 112.
IV) Diplomatischer CanzleiStyl.

In dem diplomatischen CanzleiStyl a) (Style
diplomatique) sind manche Regeln und Verschie-
denheiten eingeführt, welche auf das angenomme-
ne Titel- und Rangverhältniss der Staaten sich be-
ziehen, und deren Vernachlässigung in dem Fall
unterbleibender oder nicht hinlänglicher Entschul-
digung oder Verbesserung, wenigstens als Canz-
leifehler selten ohne Folge ist b). Sie zeigen sich,
mehr oder weniger, in jeder Art diplomatischer
Aufsätze oder Staatsschriften c) (actes diplomati-
ques); nicht nur in solchen Aufsätzen, die wenig-
stens ihrer Form nach bloſs für die zunächst in-
teressirten Mächte oder Personen bestimmt sind,
wie theils die förmlichen Schreiben d), die Staats-
oder CanzleiSchreiben (lettres de conseil ou de
chancellerie), die Cabinet- oder Handschreiben
(lettres de cabinet), die eigenhändigen Schreiben
(lettres de main propre) e), theils die nicht in
[179]III. Cap. Recht der Gleichheit.
Briefform abgefaſsten Erlasse, die blossen Pro-
Memoria f), Denkschreiben oder Mémoires, No-
ten, VerbalNoten, CircularNoten, Memoriale,
Berichte oder Rapports, Rescripte, Decrete, Sig-
naturen, Resolutionen, Instructionen, Vollmach-
ten, Protestationen, u. d.; sondern auch in den-
jenigen Aufsätzen, die gewöhnlich schon ihrer
Form nach zugleich für das Publicum bestimmt
sind, wie Staatsverträge oder Traités, Deductio-
nen, Exposés des motifs, Mémoires raisonnés,
Manifeste, Patente (lettres patentes), Pässe, Sau-
vegarden, und andere Staatsaufsätze (actes publics)
dieser Art.



[180]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.





§. 113.
Sprache der Staaten.

Das Recht der Gleichheit erstreckt sich auch
auf die Sprache, welcher die Staaten in ihren ge-
genseitigen Verhandlungen sich bedienen a). Oh-
ne Zweifel ist jeder Staat berechtigt zu ausschlies-
sendem, activem und passivem Gebrauch der sei-
nigen
, und jeder andern Sprache, nicht nur in
dem mündlichen b), sondern auch in dem schrift-
lichen Verkehr mit andern Staaten. Wollen, in
dem Fall einer Verschiedenheit der Sprachen, die
interessirten Staaten über den gemeinschaftlichen
[181]III. Cap. Recht der Gleichheit.
Gebrauch einer Sprache sich nicht vereinigen, so
bedient jeder sich seiner eigenen, oder einer an-
dern beliebigen Sprache, mit oder ohne Ueberse-
tzung
in der Sprache des andern, oder in einer
dritten, z. B. der lateinischen c). Die Verträge
werden dann urschriftlich in mehreren Sprachen
abgefaſst d).






§. 114.
Fortsetzung.

Dieser Unbequemlichkeit auszuweichen, hat
man nicht selten eine dritte Sprache gewählt.
Bis auf das achtzehnte Jahrhundert diente gewöhn-
[183]III. Cap. Recht der Gleichheit.
lich hiezu die lateinische a), seitdem meist die
französische, deren Gebrauch ohnedieſs in der
neuern Zeit, an Höfen und in diplomatischen Ver-
handlungen, in Europa ziemlich allgemein gewor-
den ist b). Sogar Staaten von gleicher Landes-
sprache, haben sich schon der französischen in
Verträgen unter sich bedient c). In neuern Zei-
ten hat man bei alleinigem Gebrauch der franzö-
sischen Sprache in einem Staatsvertrag, einer nach-
theiligen Schluſsfolge bisweilen durch eine verwah-
rende Clausel
vorzubeugen gesucht d). Da die
osmanische Pforte durch einen Vertrag sich nur
dann für vollkommen verpflichtet erachtet, wenn
derselbe in ihrer Gemeinsprache abgefaſst ist, und
die andern Staaten zu dem Gebrauch der türki-
schen Sprache sich nicht bequemen wollen, so
werden die Verträge der Pforte mit europäischen
Staaten, immer in mehreren Sprachen aufgesezt e).







[185]III. Cap. Recht der Gleichheit.

§. 115.
V) Verschiedene andere CeremonielGegenstände, auch in Hinsicht
auf persönliche und FamilienAngelegenheiten der Souveraine
.

Zu Bezeugung der Achtung, Höflichkeit,
Freundschaft oder Zuneigung gegen andere Staa-
ten, deren Regenten und ihre Familien, sind un-
ter den christlichen Staaten von Europa verschie-
dene Handlungen üblich, welche in der Regel
zwar auf Willkühr beruhen, wozu aber doch
Staatsklugheit und VölkerMoral nicht selten ver-
pflichten a). Dahin gehören: 1) die Benachrich-
tigung
(Notification) von dem RegierungsAntritt
(§. 49), von Vermählung, Schwangerschaft, Ge-
burts- und Todesfällen in der RegentenFamilie,
und von andern erfreulichen oder unangenehmen
Staats- und FamilienBegebenheiten; und die da-
rauf erfolgten Glückwünsche oder Bezeugungen
des Beileids b) (Condolenz). 2) Feierlicher Em-
pfang
, festliche Unterhaltung und Bewirthung
besuchender Souveraine
, oder ihrer Verwandten,
vorzüglich sofern sie nicht das Incognito beobach-
ten c). 3) Begrüssung und Bewirthung durch-
oder vorbeireisender Souveraine d). 4) Oeffent-
liche Freudenbezeugung bei angenehmen, und
Trauer bei unangenehmen Ereignissen e), wohin
selbst gewisse religiöse Höflichkeit gehört, z. B.
Absingung des Te Deum, feierliche Exequien,
Fürbitte in der Kirche oder Einschliessung in das
Kirchengebet f). 5) Das Gevatterbitten g).


[186]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.







§. 116.
Fortsetzung.

6) Die Geschenke a) sind unter Staaten und
ihren Regenten theils ganz willkührlich, theils üb-
lich, entweder zu bestimmter Zeit b), oder bei
gewissen Gelegenheiten, z. B. bei Vermählungen,
Schwangerschaft, Entbindung, Gevatterschaft, Be-
suchen c), auch die Gegengeschenke d), insonder-
heit nach Empfang eines Ritterordens, die Ueber-
sendung des eigenen Ritterordens. Die bedunge-
nen oder vertragmäsigen Geschenke und Gegenge-
schenke, welche besonders in Verträgen mit der
Pforte und afrikanischen Staaten vorkommen e),
sind Leistungen aus Zwangpflicht, mithin keine
wahren Geschenke. 7) Selbst die Vermählungen
[187]III. Cap. Recht der Gleichheit.
der Souveraine, nebst den dabei üblichen Ceremo-
nien, gehören in so weit hieher, als Staatsursa-
chen die vorzüglichen Bestimmungsgründe sind,
wofern sie nicht gar durch Verträge bedungen wer-
den f). In der Regel gilt jedoch auch hier freie
Selbstbestimmung des Willens, namentlich auch
in Absicht auf den Stand des von dem Souverain
gewählten Ehegatten, so daſs hier von einer Miſs-
heurath und ihren Folgen, besonders in Ansehung
der Ebenbürtigkeit und SuccessionsFähigkeit der
Rinder, die Rede nicht seyn kann g), so fern
nicht eine rechtmäsige Bestimmung entgegen-
steht h).






[188]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.




§. 117.
VI) SeeCeremoniel.

Das SeeCeremoniel (cérémonial maritime) be-
steht in bestimmten Ehrenbezeugungen, welche
auf der See fahrende oder stationirte Schiffe an-
dern Schiffen von bestimmter Art, oder in der
Nähe befindlichen Häfen, Festungen, Schanzen,
Batterien, Schlössern, oder Personen von hohem
Rang erweisen, und welches ihnen zum Theil
erwiedert wird. Es gilt bald als Merkmal der
Unterwerfung, bald als Anerkennung der Ober-
herrschaft über das Schiff oder den Seebezirk,
[189]III. Cap. Recht der Gleichheit.
bald nur als Bezeugung freiwilliger, conventio-
neller, oder gesetzlich vorgeschriebener Höflich-
keit a). Verletzung dieses Ceremoniels hat bis-
weilen Gewaltthätigkeiten, und selbst Krieg ver-
anlaſst b).




§. 118.
Verschiedene Arten desselben.

In dieser dreifachen Beziehung, sind fol-
gende Arten des Schiffgruſses (salut en mer) üb-
lich. 1) Das Flaggenstreichen (salut du pavil-
lon
), indem man, als Merkmal der Anerken-
nung der Oberherrschaft, die Flagge umfaſst und
an ihren Stab zieht, daſs sie nicht mehr wehen
kann, oder wenn man dieselbe herunterneigt,
oder, zum Zeichen der Unterwerfung, ganz ab-
nimmt; der höchste Grad des SeeCeremoniels a).
[190]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
2) Das Segelstreichen (die Losung, salut des voi-
les), das Heranziehen der MarsSegel, vorzüglich
des groſsen, an ihre Masten b). 3) Die Lösung
der Canonen
(salut du canon), der ordentliche
oder eigentlich so genannte Schiffgruſs, eine be-
stimmte Anzahl Canonenschüsse, mehr oder we-
niger, mit losem Kraut oder scharf geladen (salut
sans boulet ou à boulet, das letzte meist nur gegen
gekrönte Häupter), je nach dem Grade der Ehren-
bezeugung. Kriegsschiffe grüssen gewöhnlich in
ungleicher Zahl der Schüsse — 5, 7, 9, u. s. w.
auſs höchste 21 c) —, Ruderschiffe oder Galee-
ren in gleicher Zahl. In Betrachtung kommt
hier, in welcher Entfernung, von wem, und mit
wieviel EhrenSchüssen gegrüſst, ob und mit wie-
viel geantwortet werden muſs. Die Antwort ge-
schieht, in der bestimmten Anzahl Schüsse, ent-
weder Schuſs um Schuſs d), oder erst nach geen-
digtem Gruſs.




[191]III. Cap. Recht der Gleichheit.


§. 119.
Fortsetzung.

Ausserdem gehört noch hieher 4) das Vivat-
rufen
(salut de la voix), durch ein ein-, drei-, fünf-
oder siebenmaliges Lebehoch (vive le ....);
es erfolgt nach Lösung der Canonen, oder auch
wenn diese nicht statt haben kann oder darf a).
5) Das Abfeuern des kleinen Gewehrs (salut de
la mousqueterie), indem man eine oder drei
Salven aus dem kleinen Gewehr giebt. Es ist
üblich bei gewissen Festen und Feierlichkeiten,
und geschieht vor Lösung der Canonen. 6) Aus-
serdem sind noch Merkmale der Höflichkeit,
daſs das Schiff sich unter den Wind legt, daſs
es einen oder mehrere Offiziere an Bord des
andern sendet, oder unter dessen Flagge kommt b).
Erwiedert werden, kann der Gruſs nur durch
Canonenschüsse c) und Vivatrufen; doch antwor-
tet zuweilen eine Festung auch durch das Auf-
stecken eines Wimpels (flamme).



[192]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.


§. 120.
SeeCeremoniel für eigene Schiffe, und für fremde in dem
eigenen Seegebiet
.

Jede Macht ist, vermöge ihrer Unabhängig-
keit, berechtigt das SeeCeremoniel zu bestimmen,
welches 1) die ihr angehörigen Schiffe, sowohl
in ihrem Seegebiet als auch auf offener See, na-
mentlich auch gegen fremde Schiffe, beobachten
sollen, und welchem 2) fremde Schiffe gegen
die einheimischen, und die Schiffe dritter Mäch-
te sich unterwerfen müssen, wenn sie sich in
derselben Seegebiet einfinden wollen a), gleich-
viel ob sie Handelsschiffe sind, oder Kriegsschif-
fe, und in diesem Fall Linienschiffe oder Fre-
gatten, einzeln oder vereinigt in Escadren oder
Flotten. In dieser zweifachen Hinsicht erfolgt
die Bestimmung theils durch gesetzliche Vor-
schrift oder besondere Instructionen b), theils
durch Verträge c). In dem zweiten Fall ver-
langt man meist den Gruſs durch Canonenschüs-
se und Flaggenstreichen gegen die eigenen Kriegs-
schiffe, Häfen, Festungen und Schlösser; worauf
in der Regel mit Canonenschüssen geantwortet
wird. Bei streitiger Oberherrschaft über einen
Seebezirk, wie in den vier Meeren, welche
Groſsbritannien umgeben d), wird auch die Ver-
pflich-
[193]II. Cap. Recht der Gleichheit.
pflichtung zu dem Seegruſs bestritten. Auch
verlangen zuweilen groſse Seemächte gegen min-
dermächtige, wenigstens für ihre Admiralschiffe,
Befreiung vom Seegruſs, oder auf das Mindeste,
daſs man diese zuerst grüſse e). Einem Sou-
verain, Prinzen vom Geblüte, Botschafter, Ad-
miral u. d. werden, wenn er in dem Hafen er-
scheint oder vorüberfährt, desgleichen bei dem
Leichenbegängniſs des Souverains, Admirals u. s. w.
(honneurs funèbres), und bei Freudenfesten, be-
stimmte Ehrenbezeugungen erwiesen f).








§. 121.
SeeCeremoniel auf offenem Meer.

Auf offener See, befinden sich die Schiffe
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 13
[194]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
aller Mächte gegenseitig in dem Zustand natür-
licher Unabhängigkeit und Gleichheit. Daher
ist, ohne Verträge, keine Macht berechtigt, von
fremden Schiffen für die ihrigen irgend eine Eh-
renbezeugung daselbst zu fordern a). Dem zu-
folge haben mehrere Mächte sogar durch Ver-
träge den Schiffgruſs auf offener See, entweder
ganz b) oder zum Theil c), abgeschafft. Ande-
re hingegen beharren auch hier fest bei der äl-
tern Sitte des Salutirens, zum Theil so streng,
daſs sie dessen Weigerung oder unvollständige
Bewirkung, nach fruchtloser Aufforderung durch
einen Schuſs mit losem Kraut, mit Scharfschüs-
sen ahnden.





§. 122.
Gebrauch deſshalb.

Wenn Verträge a) nichts bestimmen über
das Ceremoniel auf offener See, so wird meist
folgender Gebrauch befolgt. Kauffartheischiffe
geben Kriegsschiffen den Gruſs durch Canonen-
schüsse, Segelstreichen und Flaggenstreichen;
doch wird ihnen, wenn sie in vollem Lauf sind,
[195]III. Cap. Recht der Gleichheit.
zuweilen ein Theil dieses Gruſses erlassen. Was
Kriegsschiffe betrifft, so wird 1) wenn sie von
gleichem Rang sind, entweder die Begrüssung
ganz unterlassen, oder es grüſst dasjenige zu-
erst, welches sich unter dem Winde befindet b).
2) Das von niederem Rang, giebt dem von hö-
herem den Gruſs. 3) So auch ein einzelnes
Kriegsschiff, der ihm begegnenden Escadre oder
Flotte, und eine HülfsEscadre der Hauptflotte.
In allen diesen Fällen, erfolgt die Erwiederung
oder der Gegengruſs durch Canonenschüsse.
Einige grosse Seemächte, besonders Groſsbritan-
nien, fordern für ihre Admiralschiffe von Kriegs-
schiffen anderer Mächte den Gruſs nicht nur
durch Ehrenschüsse, sondern auch durch Flag-
genstreichen. Dieselbe Forderung machten, bis
auf die neueste Zeit, alle Kriegsschiffe gekrön-
ter Häupter an die Kriegsschiffe der Republi-
ken c).





[[196]]

ZWEITER TITEL.
BEDINGTE RECHTE DER EUROPÄISCHEN
STAATEN UNTER SICH.


ERSTER ABSCHNITT.
RECHTE DER STAATEN, IN ABSICHT AUF FRIEDLICHE
VERHÄLTNISSE.


ERSTES CAPITEL.
RECHT DES STAATSEIGENTHUMS.

§. 123.
Uebergang zu den bedingten Rechten der Staaten.

Als freie moralische Person hat jeder Staat,
gleich einzelnen Personen in natürlicher Frei-
heit, im Verhältniſs zu andern Staaten, auch
bedingte oder hypothetische Rechte (§. 36).
Diese sind, 1) in friedlicher Hinsicht: die Rech-
te des Eigenthums, der Verträge, insonderheit
in Beziehung auf den Handel, und der Unter-
handlung mit andern Staaten, insbesondere durch
Gesandte (1. Abschnitt); 2) in Absicht auf erlit-
tene Rechtsverletzung oder Beleidigung, von Sei-
te anderer Staaten: das Recht, sich Genug-
thuung zu verschaffen durch Selbsthülfe, im äus-
[197]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
sersten Fall durch Krieg, und so, daſs die strei-
tigen Verhältnisse beigelegt werden, in dem We-
ge der Gewalt, des Rechtes, oder der Güte,
und das Recht, bei Streitigkeiten anderer Mäch-
te, neutral zu bleiben (2. Abschnitt).


§. 124.
Oberherrschaft. Staatseigenthum.

Jeder Staat hat nicht nur das Recht der
Oberherrschaft (imperium s. potestas publica),
den Inbegriff der oberherrlichen Rechte zu
dem Zweck des Staates a), sondern er ist auch
fähig, Eigenthum zu erwerben und zu besitzen
(capax dominii, §. 47). Staatseigenthumsrecht
(jus in patrimonium reip.) ist die Befugniſs des
Staates, alle Auswärtigen (Staaten und Einzel-
ne) von der Zueignung und dem Gebrauch des
Staatsgebietes und der darin befindlichen Sachen
auszuschliessen b). Gegenstände dieses Staats-
eigenthumsrechtes sind: nicht nur 1) das Ver-
mögen der staatsbürgerlichen Gesammtheit, das
Staatsvermögen oder Staatsgut in dem eigentli-
chen Sinn c) (patrimonium reip. publicum), ein
Inbegriff von Sachen, deren Eigenthum dem
Staat zusteht, so daſs ihr eigenthümlicher Ge-
brauch, nach Art des Privateigenthums, aus-
schliessend für den Staatszweck bestimmt ist;
sondern auch 2) das Vermögen der Privatperso-
nen, als solcher, das Privatvermögen (patrimo-
nium privatum), welches als mögliches Mittel für
[198]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
den Staatszweck, unter dem Schutz des Staates,
auch gegen Auswärtige, steht d); und 3) selbst die
innerhalb des Staatsgebietes befindlichen herren-
losen Sachen
(adespota). Die letzten sind als
nicht occupirt anzusehen, nur in Ansehung des
Staates und seiner Bürger: in Hinsicht auf alle
Auswärtigen, sind sie fremd oder occupirt e).







§. 125.
Erwerbrecht, durch Occupation und Vertrag.

Ein Staat erwirbt, Niemand gehörige Sachen
(res nullius) durch Occupation oder Bemächti-
gung (originarie): Sachen eines andern durch
[199]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
Vertrag (derivative), nicht aber durch Verjäh-
rung gegen solche, welche diese anzuerkennen
durch positive Bestimmungen nicht verpflichtet
sind. Zu der rechtlichen Occupation wird er-
fordert
, daſs die Sache eines ausschliessenden
Besitzes fähig, und Niemand gehörig sey a),
daſs der Staat die Absicht habe ihr Eigenthum
zu erwerben, und daſs er wirklich Besitz da-
von ergreife, d. h. dieselbe, mit Ausschlies-
sung Anderer, in seine physische Gewalt bringe.
Das letzte geschieht durch eine solche Einwir-
kung mit seinen Kräften auf die Sache, daſs sie
ihm nicht mehr kann entzogen werden, ohne
ihm zugleich das Product seiner rechtlichen
Kraftäusserung zu entziehen b).




§. 126.
Fortsetzung.

Die blosse Absicht zur Occupation, der blos-
se Ideal- oder MentalBesitz, ist nicht hinrei-
chend; also auch nicht die frühere Erklärung
jener Absicht a), sondern nur die frühere wirk-
liche Ausübung des Erwerbungsrechtes, welche
[200]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
jedem Andern die Pflicht auflegt, sich des Ge-
brauchs der occupirten Sache zu enthalten b).
Die Occupation eines unbewohnten, Niemand
gehörigen Theils des Erdbodens, erstreckt sich
daher weiter nicht, als die geschehene eigenthüm-
liche Besitznehmung klar ist. Als Zeichen die-
ser Besitzergreifung und der Fortdauer des ei-
genthümlichen Besitzes, dienen alle äussern Merk-
male, wodurch einem Andern die schon gesche-
hene Zueignung der Sache, und deren Fort-
dauer c), bekannt werden kann.





[202]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.

§. 127.
Staatsvermögensrecht.

Die rechtlichen Wirkungen des Eigenthums
stehen auch einem Staat über sein Staatsvermö-
gen
zu; also ausschliessend nicht nur das ei-
genthümliche Besitz- und Genuſsrecht, sondern
auch das Verfügungs- oder ProprietätsRecht.
Unabhängig von andern Staaten, kann er dar-
über verfügen, durch Einrichtungen für eigene
Zwecke, durch jede Art von Uebereinkunft mit
Einheimischen oder Auswärtigen, durch Ver-
pfändung, Veräusserung, oder Aufgebung (De-
reliction). Auch findet sich bei ihm die recht-
liche Möglichkeit, durch Accession zu erwerben.


§. 128.
Staatseigenthumsrecht.
Staatsgebiet, mit allgemeiner Oberherrschaft darin
.

Das Staatseigenthumsrecht bezieht sich auf
das ganze Staatsgebiet (Territorium), auf den-
jenigen Theil des Erdbodens nebst Zugehör,
worüber dem Staat das Recht der Oberherr-
schaft mit unabhängiger ausschliessender Wirk-
samkeit zusteht. Der Regent des Staates heiſst
darum, weil er als Oberherr über diesen Lan-
desbezirk zu gebieten hat, regierender Herr
oder Landesherr (dominus territorii). Nicht
bloſs das Staats- und Privatvermögen, sondern
auch die herrenlosen Sachen (adespota) inner-
[203]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
halb dieses Bezirkes (§. 124), stehen physisch
und moralisch zur ausschliessenden oberherr-
lichen Verfügung desselben Staates. Da nun alle
Sachen in dem Staatsgebiet zu einer von diesen
drei Arten der Sachen gehören, so gilt die Re-
gel, daſs jede in dem Gebiet eines Staates be-
findliche Sache, auch der Oberherrschaft dessel-
ben unterworfen sey (quicquid est in territorio,
etiam est de territorio), bis das Gegentheil er-
wiesen ist a). Demnach gehört zu dem Staats-
gebiet nicht bloſs derjenige Bezirk, welchen das
Volk wirklich bewohnt, sondern auch der ganze
Land- und Wasserbezirk, welcher von der Staats-
grenze umschlossen ist, mit Allem was darin sich
befindet, es sey von Natur, oder durch mensch-
lichen Fleiſs, oder durch Zufall.



§. 129.
Bestandtheile des Staatsgebietes.

Das Gebiet eines Staates besteht theils aus
festem Lande (Landgebiet), theils aus Wasser
(Wassergebiet). Beide zusammen können als
Haupt- und Nebenland unterschieden seyn, je nach-
[204]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
dem sie als Hauptwohnsitz des Staates betrachtet
werden, oder nicht. Fehlt gleich dem Haupt- und
Nebenland gewöhnlich der geographische Zusam-
menhang, so sind doch, im Verhältniſs zu Aus-
wärtigen, die Rechte des Staates in Ansehung
beider der Regel nach dieselben a). Auch lie-
gen bisweilen, als Zugehörungen (Pertinenzen)
des Staatsgebietes, einzelne TerritorialStücke in
fremdem Staatsgebiet b). In Hinsicht auf das
in dem Staatsgebiet befindliche Wasser, gehören
zu dem Fluſsgebiet, alle Ströme, Flüsse, Bäche
und Canäle c), auch die Grenzflüsse, ganz oder
zum Theil (§. 133), wenn nicht schon das dies-
seitige Ufer die Staatsgrenze macht. Bei Ver-
änderung des Fluſslaufs, bleibt das Eigenthum
oder Miteigenthum des verlassenen Fluſsbettes,
wie vor der Veränderung d).






§. 130.
Insonderheit des Seegebietes.

Zu dem Seegebiet eines Staates gehören die-
jenigen Seebezirke, welche eines ausschliessen-
den Besitzes fähig sind, und über welche der
Staat die Oberherrschaft durch Occupation oder
Vertrag erworben und beibehalten hat. Von
dieser Art sind: 1) diejenigen Theile des Welt-
[205]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
meeres, welche an das eigene Landgebiet gren-
zen, wenigstens (der jetzt fast allgemein an-
genommenen Meinung nach) so weit, als sie
mit Canonenschüssen von der Küste aus kön-
nen bestrichen werden a) (nächstangrenzendes
Meer, mare proximum s. vicinum); 2) die-
jenigen Theile des Weltmeeres, welche sich in
das eigene Landgebiet hinein ausbreiten, so
weit sie von beiden Ufern mit Canonen können
bestrichen, oder der Eingang den Schiffen kann
verwehrt werden b) (Meerbusen, Bay, Bucht,
Golfo, Sinus); 3) diejenigen Theile des Welt-
meeres, wo das Meerwasser zwischen zwei Län-
dern durchflieſst und zwei Meere verbindet, so
weit jene Theile vom Ufer aus mit Canonen
sich bestreichen lassen, oder die Ein- und Aus-
fahrt den Schiffen kann verwehrt werden (Meer-
enge, Canal, Strasse, Sund, Bosporus).




§. 131.
Fortsetzung.

Von der angezeigten Art sind ferner: 4) die-
jenigen grössern Meerbusen, Meerengen und
angrenzenden Meere, welche, obgleich sie von
dem Ufer aus mit Canonen nicht ganz können
bestrichen werden, dennoch als beherrscht von
andern Staaten anerkannt sind a) (mare clau-
sum); 5) diejenigen Theile des Weltmeeres an
dem Landgebiet, wo den Schiffen durch die
Natur oder Kunst mehr oder weniger Sicher-
heit gegen Sturm verschafft wird, so weit man
den Schiffen nach Willkühr den Eingang oder
Aufenthalt wehren kann b) (Rheden, Hafen);
[207]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
6) die von dem Staatsgebiet umgebenen Seen
(Landseen, lacus), so fern nicht auch der Be-
herrscher eines andern daran grenzenden Land-
gebietes Theil daran hat c), nebst den kleineren
Seen, Teichen und Lachen.





§. 132.
Wovon die offene See zu unterscheiden ist.

Von den genannten occupirten Meeren oder
Abtheilungen des Meeres, den so genannten Par-
ticular Meeren, ist zu unterscheiden die offene
See
, das offene, weite oder grosse Weltmeer,
der Ocean (Mare exterum s. universum, Ocea-
nus), welcher die verschiedenen Welttheile des
Erdbodens mit einander verbindet, und idea-
lisch in vier grosse oder Hauptmeere getheilt
wird, in das Eismeer, den indischen Ocean,
den amerikanischen oder westlichen Ocean, das
Süd- oder stille Meer (Mare pacificum oder Mar
del Zur); von welchen das erste und dritte die
Küsten von Europa berühren. Die physische Un-
möglichkeit, sich der offenen See mit Ausschlies-
sung
[209]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
sung Anderer fortwährend zu bemächtigen, und
dieselbe mit einem, die Fortdauer des erlangten
eigenthümlichen Besitzes aussprechenden Merk-
mal zu versehen, verbunden mit der völker-
rechtlichen Unwirksamkeit eines blossen Mental-
oder Ideal Besitzes (§. 126), legt allen Staaten
die Pflicht auf, die offene See für unbesitzbar,
mithin fortdauernd als Niemand gehörig, und
eben darum für frei von Eigenthum und Ober-
herrschaft
(mare liberum) anzuerkennen a).
Sie sind folglich gegenseitig verpflichtet, ein-
ander an dem Gebrauch derselben nicht zu hin-
dern b). Wenn es indeſs an sich jedem Staat
wie an Macht, also auch an Recht fehlt, Ei-
genthum und Oberherrschaft über die offene
See zu behaupten, so wäre doch deren Einräu-
mung durch Vertrag, von Seite der Interessen-
ten, aller oder einzelner, ganz oder theilweise,
denkbar c). Doch würde dieses nur die Ein-
willigenden verpflichten, und auch diese nur
gegen den andern contrahirenden Theil.





§. 133.
Grenzbestimmungen des Staatsgebietes.

Ein Staatsgebiet hat meist bestimmte Gren-
zen
. Man unterscheidet bei diesen, die natür-
lichen
(limites naturales s. occupatorii), z. B.
Wasser, das Ufer, der Thalweg, oder auch die
Mitte eines Flusses, Gebirge, Thäler, wüste
Plätze, Steppen, Klippen, Felsen, Küsten, Sand-
bänke, Inseln, und die künstlichen (limites ar-
tificiales), z. B. Steine, Pfähle, Säulen, Ge-
bäude, Brücken, gezeichnete Bäume oder Fel-
sen, Strassen, Erdhaufen, Landgraben und
Landwehren, befestigte schwimmende Tonnen,
u. d. a). Auf dem Meer ist eine vertragmäsige
ungefähre Raumbestimmung nach Graden der
Länge und Breite denkbar, mittelst der mathe-
matischen Geographie, in Verbindung mit der
Sternkunde. Bisweilen ist dieselbe festgesetzt
[212]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
nach CanonenSchuſsweite, oder nach einer be-
stimmten Anzahl Seemeilen, von einer Insel oder
Küste an gerechnet b). Auf Grenzflüssen und
Landseen ist, wenn auch das entgegengesetzte
Ufer occupirt ist, im Zweifel die Mitte dersel-
ben, mit Einschluſs der von der Mitte durch-
schnittenen Inseln, die Staatsgrenze c). Statt
dessen hat man in neuerer Zeit auf Flüssen bis-
weilen den Thalweg zur Grenzbestimmung ge-
wählt d), das heiſst, die (wandelbare) Fahr-
bahn der thal- oder abwärtsfahrenden Schiffer,
oder vielmehr die Mitte dieser Fahrbahn; des-
gleichen auf Brücken, die Mitte derselben. Nicht
selten werden die Staatsgrenzen durch eigene
Verträge (foedera finium, traités de limites ou
de barrière) genau bestimmt e), und darüber ei-
gene GrenzCharten errichtet f). Zu Verhütung
oder Beilegung der Grenzirrungen, so auch zu
Veränderung der Grenzen, dienen Grenzbesich-
tigungen und GrenzCommissionen g), auch Beweis-
führung durch Zeugen und Urkunden jeder Art h).



[213]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.







§. 134.
Wirkungen des Staatseigenthumsrechtes in dem Staatsgebiet.
In Absicht auf
1) Zuwachs, und 2) Einrichtungen für
eigene Zwecke.

Vermöge des Staatseigenthumsrechtes steht
dem Staat, mit Ausschluſs aller Auswärtigen,
die Befugniſs zu, das Staatsgebiet nicht nur
zu besitzen und zu gebrauchen, sondern auch
darüber zu verfügen, und dasselbe durch Ac-
cession zu vermehren. Der Staat ist dem-
nach berechtigt, 1) Sachen, welche durch äus-
serlich wirkende Ursachen zu dem Staatsgebiet
hinzukommen (Accessionen), mit demselben als
Staatseigenthum zu verbinden; gleichviel, ob
der Zuwachs erfolgt durch Anspülung (alluvio),
oder durch Anwurf (appulsio, coalitio), oder
durch Bildung einer Insel in seinem Wasser-
gebiet a). Der Staat hat 2) das Recht, das
[215]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
Staatsgebiet für eigene Zwecke einzurichten, na-
mentlich durch Anlegung von Festungen, Hä-
fen, Brücken und Straſsen, durch Leitung oder
Aenderung des Lauſs der Flüsse, u. d., selbst
dann, wenn solches in seinen Folgen nachthei-
lig seyn könnte für andere Staaten b).




§. 135.
3) Gebrauch des Staatsgebietes für Auswärtige.

Aus dem unabhängigen Staatseigenthums-
recht, flieſst ferner 3) die Befugniſs, alle Aus-
wärtigen
, namentlich fremde Staaten und de-
ren Angehörige, nicht nur von der Occupa-
tion herrnloser Sachen (adespotorum) in dem
Staatsgebiet (§. 124), und von dem Nothge-
brauch des letzten a), sondern auch von jeder
Art seines unschädlichen Gebrauchs b), von
Durchreise, Aufenthalt, Verkehr, Erwerb und
Niederlassung in demselben c) auszuschliessen,
oder solche nur unter gewissen Bedingungen
oder Einschränkungen zu erlauben, insbeson-
dere gegen Legitimation und bestimmte Ab-
gaben, und daſs ein Auswärtiger bei einem
vorübergehenden Aufenthalt in dem Lande als
[216]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
temporärer Unterthan zu behandeln, den in-
ländischen Staatsgesetzen unterworfen, auch ge-
gen seinen Nachlaſs daselbst das Heimfalls- oder
Fremdlingsrecht auszuüben sey. Wenn in ein-
zelnen Staaten Politik, StaatsInteresse, oder Hu-
manität, in der Ausübung dieser Befugnisse
Nachsicht oder Ungleichheit gegen manche Aus-
wärtige veranlassen, so kann solches als Recht
von diesen, und eine gleiche Behandlung von
Andern, ohne Vertrag nicht in Anspruch ge-
nommen werden d), selbst nicht aus dem Grunde
der Nachbarschaft e). Gewaltsam angemaſster
Gebrauch, wäre Verletzung des Territoriums,
und könnte als Rechtsverletzung geahndet wer-
den f).








§. 136.
Fortsetzung.

Nach der jetzigen Praxis der europäischen
Staaten, wird 1) in friedlichen Verhältnissen
des Staates, unverdächtigen Fremden der Ein-
laſs in das Staatsgebiet, für Durchreise und an-
dern temporären Aufenthalt, nicht leicht er-
schwert a); doch oft unter Beobachtung mehr
oder minder strenger Förmlichkeiten b), und
unter der Bedingung, daſs sie der PolizeiAuf-
sicht und den auf sie anwendbaren Gesetzen des
Landes unterworfen seyen. 2) Dagegen werden
TruppenDurchmärsche, Ein- u. Durchfahrt der
Militär Transportschiffe, und Durchführung der
Verbrecher mit bewaffneter Escorte, anders nicht
[218]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
erlaubt, als nach vorhergegangener Requisition
und Bewilligung c). 3) Auch werden, nach der
eigenen Meinung von dem StaatsBedürfniſs oder
Vortheil, bald Freiheit bald Einschränkungen
des Verkehrs, insbesondere Handelssperre oder
Freiheit, ganz oder theilweise, active oder pas-
sive, verfügt, auch wohl durch Staatsverträge
bedungen d). Namentlich gilt dieses von der
Zulassung fremder Post- und Handelsschiffe, wel-
che überall leichter eingelassen werden, als Kriegs-
schiffe, die ausser offenbarer Seegefahr entweder
gar nicht, oder nur in geringer Anzahl in das
Seegebiet einlaufen dürfen e). 4) In Absicht auf
inländischen Gütererwerb und Güterbesitz, wer-
den Auswärtige bald gar nicht, bald mehr oder
weniger eingeschränkt f), am meisten da wo
strenge IndigenatGesetze gelten (§. 79). 5) End-
lich wird fremden Souverainen, während ihres
temporären Aufenthaltes im Lande, meist Ex-
territorialität eingeräumt g).









§. 137.
4) StaatsServituten.

Auch ist 4) jeder Staat befugt, in seinem
Gebiet StaatsServituten zum Vortheil anderer
Staaten zu übernehmen. StaatsServitut a) heiſst
ein, auf besondern Rechtstitel gegründetes Recht
eines Staates, oder Staatenbundes, wodurch zu
dessen Vortheil, die Freiheit eines andern Staa-
tes oder Staatenbundes, in desselben Gebiet, un-
abhängig von seiner Staats- oder Bundeshoheit
eingeschränkt wird. Activ ist diejenige, welche
der eine Theil in dem Gebiet des andern aus-
zuüben, passiv diejenige, welche er in seinem
[220]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Gebiet von dem andern zu dulden hat b). Eine
solche Dienstbarkeit kann einem europäischen
Staat gegen einen Staat in oder ausser Europa,
und umgekehrt, zustehen. Es fehlt weder an
ältern noch an neuern Beispielen von StaatsSer-
vituten c).





§. 138.
Grundsätze von StaatsServituten.

1) Bei StaatsServituten, müssen beide Theile
unabhängige Staaten seyn a). 2) Die Unab-
hängigkeit
des Berechtigten, in Ansehung sei-
ner Befugniſs, von dem belasteten Staate, ist
wesentlicher Charakter einer StaatsServitut b).
3) Alle Staatsdienstbarkeiten sind, auf beiden
Seiten, dinglich c). 4) Nicht nur Hoheitsrech-
te, sondern auch Privatrechte, verbunden mit
der Staatshoheit darüber, können Gegenstand der
StaatsServituten seyn d). Hingegen sind bloſse
Privatrechte
, wenn sie gleich einem auswärtigen
Regenten, oder einer fremden landesherrlichen
Kammer zustehen, z. B. Grundeigenthum, Ren-
ten, Triftgerechtigkeit, unterworfen der inlän-
dischen Staatshoheit, nie StaatsServitut e). 5) Rech-
te, auch hoheitliche, und Befreiungen, welche
das Staatsrecht eines einzelnen Staates, einzelnen
Unterthanen, oder einer gewissen PersonenClas-
se, in dem Staatsgebiet beilegt, gehören nicht
in die Reihe der StaatsServituten f).








§. 139.
Fortsetzung.

6) Eine StaatsServitut muſs immer auf ei-
nen besondern Rechtstitel gegründet seyn a). Da-
her ist die Regel oder Rechtsvermuthung jedes-
mal für den einheimischen Staat b). 7) Und
jede StaatsServitut ist, als Ausnahme von der
Regel, einschränkend zu erklären c). 8) Sie
erreicht ihr Ende, durch aufhebende Verträge,
Untergang der Sache, Consolidation, Ablauf der
festgesetzten Zeit d).






§. 140.
5—7) Veräusserung, Verpfändung, Dereliction des Staats-
eigenthums
.

Aus dem Staatseigenthumsrecht flieſst ferner,
5) die Befugniſs, nicht nur das ganze Eigen-
thum über einen Landestheil, sondern auch ein
besonderes in dem Eigenthum begriffenes Recht
zu veräussern, oder auch 6) einen Theil seines
Staatseigenthums einem andern Staat zu verpfän-
den
. So fern endlich 7) ein Staat einen Theil
seines Staatseigenthums, z. B. eine Insel, auf-
giebt
oder verläſst (Dereliction), hört solcher
auf ein Theil seines Staatsgebietes zu seyn, und
wird Niemand gehörig (res nullius). Ein an-
derer Staat kann hierauf solchen durch Occupa-
tion sich eigenthümlich zueignen, und seiner
Oberherrschaft unterwerfen a). Doch wird zu
Aufhebung des Staatseigenthums eine deutliche,
ausdrückliche oder stillschweigende, Erklärung
erfordert. Da blosse Vermuthung des Einen,
für Willenserklärung des Andern nicht gelten
kann, so könnte jene eine Dereliction, einen
Verlust des Staatseigenthums, nicht begründen,
am wenigsten einen Verlust durch Verjährung b).


a) Gro-
[225]II. Cap. Recht der Verträge.


II. CAPITEL.
RECHT DER VERTRÄGE
.

§. 141.
Begriff.

Vermöge der Unabhängigkeit seines Wil-
lens, ist ein Staat befugt, seinen Urrechten und
erworbenen Rechten nach Willkühr zu entsagen,
oder Einschränkungen zu setzen. Die auf sol-
che Art gegründeten Rechte und Pflichten, heis-
sen willkührliche oder positive. Ihre einzige
Quelle sind freie, wirkliche Willenserklärungen,
ausdrückliche oder stillschweigende, schriftliche
oder mündliche a). Blosse Vermuthungen oder
Muthmassungen können unter Staaten nur Wahr-
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 15
[226]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
scheinlichkeit, nie Gewiſsheit, am wenigsten
Zwangrechte begründen; und erdichtete Einwil-
ligung (consensus fictus) ist nach dem Völker-
recht nicht denkbar.


Will ein Staat, aus der an ihn gerichte-
ten versprechenden Willenserklärung eines andern
Staates, ein Recht erwerben, so muſs er die Er-
klärung annehmen. In solchem Fall entsteht,
durch die wechselseitig erklärte Einwilligung über
denselben Gegenstand, zwischen beiden ein Ver-
trag b), ein Völkervertrag (pactum gentium
publicum, traité public des gens), so und auch
Staatsvertrag im weitern Sinn benannt, weil die
Contrahenten freie Völker oder Staaten sind c).


So werden gegenseitig, unter unabhängi-
gen Staaten, positive Rechte und Pflichten fest-
gesetzt. Halbsouveraine oder abhängige Staaten
(§. 33), haben meist ein eingeschränktes Recht,
Staatsverträge zu schliessen d); und selbst un-
abhängige Staaten können ihrer Befugniſs, Ver-
träge zu schliessen, durch Bündnisse mit ein-
zelnen Mächten Schranken setzen. Einer Staats-
regierung untergeordnete Individuen und Cor-
porationen, z. B. Städte, und selbst Land- oder
Reichsstände, können mit auswärtigen Staaten
nur Privatverträge schliessen, unter Aufsicht ih-
res Staates e).



[227]II. Cap. Recht der Verträge.




§. 142.
Erfordernisse eines verbindlichen Staatsvertrags.
1) Machtbefugniſs der handelnden Personen.

Rechtsgültig werden Völkerverträge geschlos-
sen, 1) nur von dem Stellvertreter des Staates
gegen Auswärtige a
) (welches in der Regel das
regierende Subject ist), von ihm unmittelbar
oder durch Bevollmächtigte, und 2) nur auf eine
der Staatsgrundverfassung angemessene Weise b).
Der von einem Bevollmächtigten geschlossene
[228]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
Staatsvertrag ist gültig, wenn jener die Grenzen
seiner offenen c) Vollmacht nicht überschritten
hat. Einer nachfolgenden Genehmigung (Ra-
tification) bedarf ein solcher Vertrag nur dann,
wenn sie in der offenen Vollmacht, oder in
dem Vertrag vorbehalten ist; welches letzte
jetzt in der Regel zu geschehen pflegt d), nur
Kriegsverträge der Kriegsbefehlhaber (arrangemens
militaires) und andere durch augenblickliches
Bedürfniſs gebotene Verträge ausgenommen. Die
von dem einen Theil erfolgte Genehmigung,
verpflichtet den andern nicht, auch von seiner
Seite zu ratificiren e). Der Tag der Unter-
zeichnung des Vertrags, auch wenn die vor-
behaltene Genehmigung später erfolgt wäre f),
bestimmt im Zweifel den Anfangspunct seiner
Gültigkeit. Eine blosse Sponsion, ein ausserhalb
der Grenzen seiner Macht von Jemand, wäre er
auch der Stellvertreter des Staates oder dessen
Bevollmächtigter, für den Staat gegebenes Ver-
sprechen, bedarf zu ihrer Verbindlichkeit der
Genehmigung des Staates g). Sehr streitig ist,
ob und unter welchen Umständen ein von dem
Regenten mit dem Feind, während er sich in
dessen Gefangenschaft befand, für den Staat ge-
schlossener Vertrag, für diesen unverbindlich, oder
höchstens als Sponsion zu betrachten sey h)?



[229]II. Cap. Recht der Verträge.







§. 143.
2) Wechselseitige, freie Einwilligung.

Auch gehört zur Gültigkeit eines Völker-
[231]II. Cap. Recht der Verträge.
vertrags wechselseitige, freie Einwilligung der
dabei wesentlich interessirten Staaten, ausdrück-
liche oder stillschweigende (§. 3). Blosse Un-
terhandlungen (Tractaten), vorbereitende ge-
genseitige Erklärungen über Bestimmungen eines
zu schliessenden Vertrags, sind, ihrer Natur
nach, unverbindlich. Auch fehlt wahre Ein-
willigung in dem Fall eines wesentlichen Irr-
thums eines oder beider Contrahenten, oder des
Betrugs eines von beiden, so fern dadurch allein
die Willenserklärung des andern bestimmt wor-
den ist; nicht aber bei einer Verletzung wegen
Ungleichheit des Geldwerthes der ausgetauschten
Gegenstände a). — Wechselseitig ist die Ein-
willigung, so bald das Versprechen des einen
Theils von dem andern angenommen ist. Form
und Zeit dieser Annahme sind gleichgültig, wenn
sie nicht durch den Inhalt des Vertrags besonders
bedingt sind b). Die Annahme kann geschehen
vor und nach dem Versprechen, nur nicht nach
dessen rechtsgültiger Zurücknahme; ferner, in
der Form einer gemeinschaftlich entworfenen
und unterzeichneten Urkunde, einer Erklärung
und Gegenerklärung c), eines Reverses, eines
nach Uebereinkunft an Staatsunterthanen erlas-
senen Edictes, Befehls, Patentes, Verordnung d),
u. d. — Für frei gilt jede Einwilligung, wel-
che nicht durch unrechtmäsigen Zwang abgenö-
thigt worden ist; also auch diejenige, welche
erwirkt ward durch solchen Zwang, der zum
[232]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
Schutz eines angegriffenen Rechtes, so weit es
nöthig, angewandt ward e). Der ungerechte
Zwang, wodurch ein Dritter den versprechen-
den Staat einzuwilligen nöthigte, macht den Ver-
trag nur dann ungültig, wenn der das Ver-
sprechen annehmende Theil zu der unrechtmä-
sigen Handlung des Dritten wissentlich mitgewirkt
hat f).








[233]II. Cap. Recht der Verträge.

§. 144.
3) Möglichkeit der Erfüllung des Versprechens.

Endlich gehört noch zur Gültigkeit eines
Vertrags, die Möglichkeit der Erfüllung des
gegebenen Versprechens a
). Nach physischen
und nach Rechtsgesetzen, muſs die zugesagte
Leistung möglich seyn. Jenen wäre ein Ver-
sprechen zuwider, zu dessen Erfüllung die phy-
sische Macht des Versprechenden in jeder Hin-
sicht nicht hinreicht. Rechtlich unmöglich hin-
gegen wäre eine Leistung, welche zu verspre-
chen ein Staat darum nicht befugt ist, weil
durch sie die Rechte eines Dritten würden ver-
letzt werden b). Wohl aber ist ein Staat be-
fugt, seine Dienstleistung (bona officia) zu ver-
sprechen, daſs eine dritte Macht sich zu be-
stimmten Leistungen verstehe. Bei einer Un-
möglichkeit der versprochenen Leistung, ist der
versprechende Theil dem andern zur Entschädi-
gung verpflichtet, wenn die Unmöglichkeit die-
sem, nicht aber jenem, zur Zeit des geschlos-
senen Vertrags unbekannt war c); so auch, wenn
sie nachher von dem Versprechenden veranlaſst
worden ist. Für eine rechtliche Unmöglichkeit
der Leistung, kann der offenbare Nachtheil al-
lein nicht gelten, welcher durch die Leistung
dem versprechenden Staat zuwachsen würde;
selbst dann nicht, wenn sie ihn mit Umsturz
seines politischen Daseyns, seiner Unabhängig-
[234]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
keit, oder seiner Verfassung, bedrohte d). Nicht
erst durch eine wirkliche Leistung, erhält ein
Vertrag seine Rechtsgültigkeit.






§. 145.
Heiligkeit der Verträge.

Der Staatszweck eines jeden Volkes fordert,
unter gewissen Umständen, Verträge mit andern
Staaten. Völkerverträge sind demnach rechtlich
nothwendig. Da nun vernünftigerweise kein Staat
geneigt seyn könnte, mit andern Staaten Ver-
träge zu schliessen, folglich kein Vertrag mög-
lich wäre, wenn jedem Staat rechtsgültig frei
stünde, sein vertragmäsig gegebenes Versprechen
[235]II. Cap. Recht der Verträge.
nach einseitigem Willen zurückzunehmen; so
muſs die Heiligkeit a), die unverbrüchliche Hal-
tung der Völkerverträge (sanctitas pactorum gen-
tium publicorum), durch den Staatszweck ge-
botener Grundsatz eines jeden Volkes seyn b).
Heilig sind sie für den Staat, für den ganzen
Staat; denn im Namen des ganzen Staates wer-
den sie geschlossen. Nur mit dem ganzen Staat
hört demnach, im Zweifel, ihre Verbindlichkeit
auf (pacta aeterna et realia); nicht mit der gleich-
zeitigen Staatsverfassung oder Person des regie-
renden Subjectes. Der ewige Staat spricht durch
jeden Regenten c). Wer behauptet, daſs die
Verbindlichkeit eines einzelnen Völkervertrags,
oder einer einzelnen Stipulation desselben, ein-
geschränkt sey auf die physische Person des Re-
genten (pactum personale), oder auf die Regen-
ten aus einem bestimmten Stamm d), oder auf
eine bestimmte Staatsverfassung, muſs den Be-
weis der von ihm behaupteten Einschränkung
übernehmen e).







§. 146.
Gegenstand und Arten der Verträge.

Gegenstand der Völkerverträge kann Alles
seyn, Handlung oder Sache, worüber ein Staat
zu verfügen hat. Die Art und die Bedingungen
der Verfügung, hängen von dem Willen der Con-
trahenten ab. Die Verträge können daher sehr
verschieden seyn. Sie können geschlossen wer-
den, von den Regenten persönlich, wie im Jahr
1815 die heilige Allianz a), oder von ihren Be-
vollmächtigten, ausdrücklich oder stillschweigend,
unbedingt oder (resolutiv oder suspensiv) bedingt,
[237]II. Cap. Recht der Verträge.
mit Zweckbestimmung (sub modo), mit Zeitbe-
stimmung (ex die, oder in diem), mit einseitig
oder gegenseitig versprochener Leistung, unent-
geltlich oder gegen Vergeltung b), wiederruflich
oder unwiederruflich, welches letzte im Zwei-
fel zu vermuthen ist. Auch unterscheidet man
Haupt- und Nebenverträge (pacta principalia et
minus principalia, accessoria, adjecta, subsidia-
ria); desgleichen Präliminär- (Interims-, vorläu-
fige oder provisorische, conventiones praeparato-
riae s. praeliminares) und DefinitivVerträge c).





§. 147.
Mit ihren verschiedenen Artikeln.

Enthält ein Vertrag mehrere Versprechen
(zusammengesetzter Vertrag, pactum composi-
tum), so pflegen solche in mehrere Artikel ver-
theilt zu werden, die unter sich bald in mate-
riellem Zusammenhang stehen, bald nicht (ar-
ticuli connexi, vel non connexi). Manche die-
ser Artikel enthalten Hauptbestimmungen (Haupt-
Artikel, articuli principales); der Inhalt anderer
besteht aus Nebenbestimmungen (NebenArtikel,
articuli accessorii s. minus principales). Alle
diese verschiedenen Artikel können dem Haupt-
Instrument
theils eingerückt, theils als Zusatz
oder Anhang beigefügt seyn, bald in der Form
eines Nebenvertrags (convention additionnelle),
bald als abgesonderte oder Separat Artikel a).
[239]II. Cap. Recht der Verträge.
Für den Inhalt mancher Völkerverträge, oder
mancher SeparatArtikel, wird bisweilen eine, we-
nigstens temporäre Geheimhaltung festgesetzt (ge-
heime Verträge, traités séparés et secrets, gehei-
me und SeparatArtikel b), articles secrets). Diese
werden offene Artikel (articles patents), so bald
die Zeit der Geheimhaltung abgelaufen ist.




§. 148.
Insonderheit Bündnisse.

In manchen Völkerverträgen, werden bloſs
vorübergehende (transitorische) Leistungen ver-
sprochen. Diese heissen daher im eingeschränk-
tern
Sinn Verträge (accords, conventions, pactes,
arrangemens). In andern sind die versprochenen
Leistungen fortdauernd. Diese werden über-
haupt Bündnisse a) (foedera, alliances, ligues)
genannt, weil die contrahirenden Theile sich
zu einem gemeinschaftlichen Zweck verbinden,
mithin ein Gesellschaftvertrag (pactum sociale)
[240]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
zum Grunde liegt. Die Bündnisse sind bald
immerwährende (perpetua, auch aeterna), bald
temporäre (temporaria), je nachdem die Lei-
stungen für immer, wenigstens auf unbestimmte
Zeit, oder nur für bestimmte Zeit zugesagt sind.
Ungleich ist ein Bündniſs (foedus inaequale),
wenn dadurch ein Bundesgenoſs, und nur die-
ser, zum Vortheil des andern, in der Ausübung
eines oder mehrerer Rechte seiner Unabhängig-
keit eingeschränkt wird b).




§. 149.
Friedens- und KriegsBündnisse.

Nach Verschiedenheit des Zwecks, führen
die Bündnisse besondere Benennungen. Sie sind
theils FriedensBündnisse, theils KriegsBündnisse.
Zu den ersten gehören die so genannten Freund-
schaft
Bündnisse (traités d’amitié), wodurch nicht
nur gewissenhafte Erfüllung aller Zwangpflich-
ten zugesagt oder bekräftigt wird, sondern auch
die auf gegenseitiges freundliches Benehmen sich
be-
[241]II. Cap. Recht der Verträge.
beziehenden Humanitäts Pflichten zu Zwangpflich-
ten erhoben werden, und die HandelsBündnisse,
wodurch die Handelsverhältnisse gegenseitig be-
stimmt werden, nebst den MünzConventionen,
wodurch vorzüglich die Beobachtung eines be-
stimmten Münzfusses festgesetzt wird. Durch
KriegsBündnisse wird Beistand versprochen ge-
gen äussere Feinde. Sie heissen im engsten Sinn
Allianzen a); zu gemeinschaftlicher Vertheidigung
gegen feindliche Angriffe, SchutzBündnisse oder
DefensivAllianzen; zu dem Zweck eines gemein-
schaftlichen Angriffs, TrutzBündnisse oder Of-
fensiv
Allianzen b); NeutralitätsVerträge, wenn
für den Fall eines Kriegs Neutralität, einseitig
oder gegenseitig, bedungen wird, entweder zwi-
schen dritten nicht kriegführenden Mächten, oder
zwischen einer oder mehreren kriegführenden
und einer oder mehreren nicht kriegführenden
Mächten; SubsidienTractate, wenn einem Contra-
henten für den Kriegszweck Beistand, eingeschränkt
auf bestimmte Quantität und Qualität, von dem
andern versprochen wird; GrenzBündnisse (foe-
dera limitum custodiendorum, traités de bar-
rière), wenn die Bewachung und Vertheidigung
der Staatsgrenzen der Gegenstand ist c).





§. 150.
Und Handelsverträge.

Zu Sicherung, Erweiterung, oder Ein-
schränkung der natürlichen Handelsfreiheit der
Völker, werden, besonders seit dem XVI. Jahr-
hundert, nicht selten Handelsverträge a) von eu-
ropäischen Staaten geschlossen, theils unter sich,
theils mit aussereuropäischen Mächten. Der ge-
wöhnliche Zweck dieser Verträge ist: Freiheit,
Sicherheit, und Leichtigkeit des Handels und
der seinetwegen zu treibenden Schiffahrt. Bald
[243]II. Cap. Recht der Verträge.
wird darin gesorgt für Freiheit und Beschützung
des Handels der Angehörigen eines bestimmten
Staates; bald werden gewisse Leistungen fest-
gesetzt, wodurch die natürliche Freiheit einge-
schränkt oder erweitert wird. Einige Handels-
verträge haben das Ansehen von gesellschaftlichen
Verbindungen, wie der ehemalige hanseatische
Bund; andere sind im Grund anders nichts als
eine Art von Freundschaftverträgen. Die bei-
den Hauptgesichtpuncte der neuern Handelsver-
träge betreffen den Handel unter friedlichen und
feindlichen Verhältnissen, und zwar die letzten
theils unter den Contrahenten selbst, theils zwi-
schen einem von ihnen und einer dritten Macht,
theils zwischen dritten Mächten.



§. 151.
Bestimmt, theils für friedliche Verhältnisse.

In Absicht auf friedliche Verhältnisse, be-
treffen die Hauptbestimmungen der Handelsver-
träge die Aus-, Ein- und Durchfuhr der Han-
delswaaren und ihrer verschiedenen Arten, die
Handelsabgaben, insbesondere die Zölle, die
Rechte, Freiheiten und Pflichten der Staatsange-
hörigen, welche des Handels wegen in dem Ge-
biet des andern Staates sich aufhalten, in An-
sehung ihres Gewerbes und Gerichtstandes, ih-
rer Religionsübung, Abgaben, Arrest-, Nach-
steuer- und Abzugsgeldfreiheit, der Rechte ihres
Nachlasses, des Strandrechtes, u. d. m. Ueber
Sinn und Umfang der nicht selten vorkommen-
den Clausel, „daſs die handelnden Angehörigen
„des einen contrahirenden Staates, in dem Ge-
„biete des andern den eigenen Unterthanen“,
oder „den Angehörigen der am meisten begün-
„stigten Nation sollen gleich gehalten werden“,
ist hin und wieder gestritten worden a).



§. 152.
Theils für feindliche Verhältnisse.

Für den Fall eintretender feindlicher Ver-
hältnisse a), und zwar unter den Contrahenten,
pflegt bestimmt zu werden: die Freiheit des
fortwährenden Aufenthaltes der wechselseitigen
handelnden Staatsangehörigen in dem feindlichen
Staatsgebiet, oder die Nothwendigkeit ihres Ab-
zugs innerhalb bestimmter Frist, von einem ge-
wissen Zeitpunct an gerechnet, und die Bedin-
gungen beider, die Rechte in Ansehung der Be-
schlagnehmung ihrer Güter, u. d. Für den Fall
des Kriegs eines der Contrahenten mit einer
dritten Macht, pflegen die NeutralitätsRechte des
Handels der Staatsangehörigen des andern Con-
trahenten bestimmt zu werden, besonders wel-
che Waaren als neutral, und welche als Kriegs-
Contrebande behandelt werden sollen, ob, wann,
und wie die Handelsschiffe des neutralen Con-
trahenten auf offener See der Visitation der
Kriegsschiffe des kriegführenden Contrahenten
sollen unterworfen seyn, unter welchen Bedin-
gungen sie in dessen Seegebiet von Embargo
frei seyn sollen, das Verhalten des neutralen
Contrahenten in eigenem Seegebiet, gegen die
Schiffe nicht nur des kriegführenden Contrahen-
ten, sondern auch seines Feindes, u. d. m. b)
[246]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Selbst für den Fall eines Kriegs zwischen drit-
ten Mächten, werden bisweilen durch Vertrag
gewisse Grundsätze festgestellt, nach welchen
die Contrahenten die Freiheit und Neutralität
des Handels ihrer Staatsangehörigen auf offener
See, allenfalls mit bewaffneter Macht, behaupten
wollen.




§. 153.
Wirkung und Bestätigung der Verträge.

Ein an sich gültiger Vertrag, begründet
für den Contrahenten ein Zwangrecht, nicht
nur von seinem Mitcontrahenten vollständige Er-
füllung des Versprechens, sondern auch von je-
dem zu Widerspruch nicht befugtem Dritten zu
fordern, daſs er die Erfüllung des Vertrags nicht
hindere. Zu Ausübung dieses Zwangrechtes, be-
darf es weder einer Bestätigung, noch einer Er-
neuerung, Wiederherstellung, oder Verstärkung
des Vertrags. Nützlich kann jedoch die Bestä-
tigung
eines Vertrags seyn, wenn über dessen
Gültigkeit, oder über die Fortdauer derselben,
Streit oder Zweifel vorwaltet, oder zu besorgen
wäre a). Die Versicherung, welche monarchi-
sche Regenten nach ihrer Thronbesteigung an-
[247]II. Cap. Recht der Verträge.
dern Mächten oft zu ertheilen pflegen, daſs sie
die mit ihren Staaten bestehenden Verträge ge-
hörig erfüllen würden, ist eine Förmlichkeit,
welche wenigstens einer allgemeinen Freund-
schaftversicherung gleich zu achten ist. Bis-
weilen liegt bei der Bestätigung eines ältern
Vertrags, bloſs die Absicht zum Grunde, seine
fortdauernde Gültigkeit bei den jetzigen Contra-
henten in frischem Andenken zu erhalten. Ist
ein Vertrag in einem spätern so bestätigt, „als
„ob er von Wort zu Wort dem neuen Vertrag
„eingerückt wäre b)“, so wird darum jener noch
nicht nach seinem ganzen Inhalt ein Theil des
letzten, sondern es wird dadurch, im Zweifel,
die Anerkennung der Gültigkeit des ersten, bloſs
für die Contrahenten des letzten eine Vertrag-
bedingung c).





§. 154.
Erneuerung und Wiederherstellung der Verträge.

Die Erneuerung der Verträge (renovatio
pactorum) ist eine Verlängerung ihrer Gültig-
keit über denjenigen Zeitpunct hinaus, mit wel-
chem diese ihr Ende erreichen würde a). Bei
der Erneuerung treten dieselben Erfordernisse
ein, wie bei der ursprünglichen Errichtung des
Vertrags. Vermuthet wird sie nie, aber sie
kann nicht nur ausdrücklich geschehen, sondern
auch stillschweigend, durch wissentliche Fort-
setzung der Leistung und Annahme der Ver-
tragpflichten über den gedachten Zeitpunct hin-
aus b). Sie kann sich beziehen auf den ganzen
Vertrag, oder nur auf einzelne Artikel oder Sti-
pulationen desselben c). — Soll ein Vertrag,
dessen Gültigkeit schon aufgehört hat, wieder
Kraft erhalten, so ist eine Wiederherstellung (re-
stitutio) desselben nöthig. Diese, von einigen
auch Erneuerung benannt, geschieht nicht selten
in Friedensschlüssen bei solchen Verträgen, die
durch den Krieg ihr Ende erreicht hatten d).
Soll die Erneuerung oder die Wiederherstellung
nicht bloſs die HauptContrahenten, sondern auch
die NebenContrahenten, z. B. die Garants, ver-
pflichten, so wird auch deren Einwilligung er-
fordert.


[249]II. Cap. Recht der Verträge.




§. 155.
Verstärkung der Verträge.

Zu möglichster Entfernung der Besorgniſs
einer Nichterfüllung, kann auch ein Völkerver-
trag Verstärkung (Corroboration) erhalten durch
Sicherungsverträge (pacta cautionis), welche, als
hinzukommende Nebenverträge, für den Fall ei-
ner Verletzung des Vertragrechtes ein Hülfs-
recht begründen a). Die Sicherheit wird ge-
leistet, entweder von Contrahenten selbst, oder
von einer dritten Macht. Die gewöhnlichsten
Sicherungsverträge sind jetzt: Pfand, Geisel, Ga-
rantie.
Die Verstärkung durch Versprechungs-
Eide
der Contrahenten, ist seit dem siebenzehn-
ten Jahrhundert kaum Einmal vorgekommen b).
Conventionelle Geldstrafe und Bürgschaft werden
bei Verträgen der Staaten unter sich, jetzt nicht
[250]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
leicht vorkommen, und die ehemaligen Con-
servatoren
(warrant, guarandi), angesehene Un-
terthanen, Schutzverwandte oder Vassallen, wel-
che durch Zusage ihres bewaffneten Beistandes
gegen ihren eigenen contrahirenden Regenten,
Schutz- oder Lehnherrn, für dessen Versprechen
Gewähr leisteten c), sind seit dem Ende des
Mittelalters ausser Gebrauch d). Dasselbe gilt
von der Verpflichtung zu dem Kirchenbann e)
(excommunicatio major), zu dem Einlager (ob-
stagium), zu Schelmschelten, Schandgemälden,
und andern veralteten ConventionalStrafen f).








§. 156.
Insbesondere, durch 1) Pfand; 2) Geissel.

Zur Sicherheit völkerrechtlicher Stipulatio-
nen, dient bisweilen ein Pfand a), welches der
versprechende Theil einsetzt. Es besteht meist
in Landestheilen b), verbunden mit Uebergabe
an den andern Contrahenten (eigentliches Pfand,
Faustpfand), und mit eingeräumtem, mehr oder
[252]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
weniger eingeschränktem Gebrauch desselben.
Einräumung eines Pfandrechtes ohne Uebergabe
(Hypothek), ist selten c). — Geissel (obsides),
Staatsangehörige, die zu Sicherung eines Ver-
tragrechtes einem andern Staat in Verwahrung
gegeben, oder zum Zweck des Kriegs gewaltsam
genommen werden d), sind von jeher üblich
gewesen. Die gewaltsame Nehmung pflegt nur
im Kriege zu geschehen e), und wird nicht sel-
ten Anlaſs, daſs Repressalien gebraucht, insbe-
sondere daſs Gegengeissel genommen werden.
Die freiwillige Gebung, kommt am meisten vor
bei Kriegsverträgen und Friedensschlüssen f).
Strengeres Verfahren gegen sie, als der Zweck
der Verwahrung fordert, wäre widerrechtlich g);
nur mit ihrer Freiheit haften sie.









§. 157.
3) Garantie.

Ein sehr gewöhnlicher Sicherungsvertrag ist
die Garantie a), in dem engern Sinn; ein Völ-
kervertrag, wodurch ein Staat verspricht, einem
andern Staat Hülfe zu leisten, auf den Fall,
wenn diesem eine Rechtsverletzung der bestimm-
ten Art b) von einer dritten Macht drohen, oder
zugefügt würde. Die Garantie wird geleistet,
immer in Beziehung auf eine dritte Macht, von
deren Seite eine Rechtsverletzung möglich wäre.
Denkbar ist sie demnach als Sicherheitsmittel für
jedes Rechtsverhältniſs, in welchem zwei oder
mehrere Mächte, ausser dem Garant, unter sich
stehen können c), namentlich in Ansehung ih-
rer TerritorialBesitzungen, ihrer Souverainetät
und Unabhängigkeit, der Staatsverfassung, der
Thronfolge, u. d. d). Am häufigsten findet sie
sich bei Friedensschlüssen e). Die Schliessung
des GarantieVertrags beruht auf freiem Willen
des Garants und derjenigen Macht, welcher sie
versprochen wird. Versprochen kann sie wer-
[254]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
den, nicht nur derjenigen Macht, deren Rechts-
verhältniſs garantirt wird, sondern auch für diese
einer dritten Macht f). Auch kann die Pflicht,
mit jener Macht auf ihr Verlangen den Garantie-
Vertrag zu schliessen, Gegenstand eines Vertrags
des Garants mit einer dritten Macht seyn. Ein-
willigung desjenigen, wider welchen Garantie
versprochen wird, ist nicht nöthig; doch kann
nützlich seyn, daſs die Garantie ihm bekannt
werde.








§. 158.
Fortsetzung.

Ist der GarantieVertrag bestimmt zu der
Sicherung eines Vertrags, so ist derselbe stets
ein Hülf- oder Nebenvertrag (pactum accesso-
rium), selbst wenn er dem Hauptvertrag ein-
verleibt wäre a). Dann kann die Garantie ge-
[256]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
leistet werden, nicht nur von einer dritten Macht
ausser den HauptContrahenten, sondern auch von
einem HauptContrahenten dem andern, gegen
einen oder mehrere ihrer MitContrahenten b).
In dem letzten Fall, ist die Garantie entweder
einseitig, oder wechselseitig c). Die wechsel-
seitige ist gleich oder ungleich; das letzte, wenn
die von dem einen Theil geleistete Garantie,
von grösserem Umfang ist als diejenige des an-
dern Theils d).






§. 159.
[257]II. Cap. Recht der Verträge.

§. 159.
Schluſs.

Die Garantien sind bald allgemein, bald
particulär, je nachdem alle Rechte der be-
stimmten Art, oder alle Besitzungen eines Staa-
tes, so auch alle Stipulationen eines Vertrags,
garantirt werden, oder nur ein Theil dersel-
ben a). Einige werden für beständig, andere
nur auf gewisse Zeit übernommen b). In dem
Fall einer drohenden oder wirklichen Verletzung
des garantirten Gegenstandes, ist der Garant,
auf erhaltene Aufforderung c), verpflichtet, die
versprochene Hülfe zu leisten d); doch nur so
weit, als der die Garantie anrufende Theil zur
Selbsthülfe berechtigt ist e), und in jedem Fall
ohne Nachtheil der Rechte eines Dritten f) (salvo
jure tertii). Zu mehr als der versprochenen
Hülfleistung, ist der Garant weder berechtigt
noch verpflichtet. Vermag er durch Leistung
der versprochenen Hülfe, den Verlust des ga-
rantirten Gegenstandes nicht abzuwenden, so ist
er, da Garantie keine Bürgschaft in sich schlieſst,
zu Entschädigung nicht verpflichtet g). Eben
so wenig ist er berechtigt, einer Aufhebung,
Erweiterung, oder Aenderung des garantirten
Vertrags, durch Einwilligung beider, sich zu
widersetzen; er ist aber nach einer Abänderung,
so weit diese den garantirten Gegenstand we-
sentlich berührt, zur vorigen Garantie fernerhin
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 17
[258]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
nicht verbunden, und auch auf spätere Zusätze
des Vertrags erstreckt sich seine Garantie im
Zweifel nicht. Die Garantie erreicht ihr Ende,
auf dieselbe Art wie andere Völkerverträge h).
Der garantieberechtigte Staat hat ein pflichtmäsiges
Verhalten zu beobachten, dafern er der durch
die Garantie erlangten Rechte nicht verlustig wer-
den will i).











§. 160.
Gute Dienste und Vermittlung dritter Mächte.

Ausser den genannten SicherungsVerträgen,
[259]II. Cap. Recht der Verträge.
concurriren dritte Mächte bisweilen noch auf an-
dere Weise bei Schliessung der Völkerverträge.
Eine dritte Macht kann 1) zu Schliessung eines
Vertrags, insbesondere zu Eröffnung der Unter-
handlungen, bei den interessirten Mächten sich
verwenden, mittelst Anwendung so genannter gu-
ter Dienste
(bona officia, bons offices). Diese
werden geleistet, aus eigenem Antrieb, auf Er-
suchen eines oder beider Theile, oder in Folge
eines gegebenen Versprechens a). Ihre Annah-
me kann, wenn sie aus eigenem Antrieb an-
gewandt oder angeboten werden, allerseits ver-
weigert werden; doch nicht, wenn die Annah-
me durch Vertrag zugesagt ist b). Ihre Er-
bittung oder Annahme, giebt noch kein Recht
auf Vermittlung c). 2) Mittler (mediator, pa-
rarius, médiateur) ist diejenige Macht, wel-
che in der Unterhandlung eines Vertrags bei-
den Theilen durch Rath und That Beistand lei-
stet d). Obgleich die Mediation sowohl durch
eigenen Antrieb, als auch durch Ersuchen eines
oder beider Theile, und selbst einer dritten
Macht, veranlaſst werden kann, so findet sie
doch anders nicht statt, als mit Einwilligung
beider Theile und des Mittlers. Nach allerseits
angenommener Mediation, ist unparteyisches
Wohlwollen die erste Pflicht des Mittlers e).
In der Regel wird ihm das Recht eingeräumt,
den Conferenzen beider Theile beizuwohnen,
und sich eben so wohl mit Nachdruck, als mit
[260]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Glimpf zweckmäsig zu verwenden. Aber die
Vermittlung giebt ihm kein Recht, seine An-
träge mit Gewalt durchzusetzen. Zu einer Ga-
rantie des vermittelten Vertrags, giebt die Ver-
mittlung weder Recht noch Pflicht f).








§. 161.
Beitritt dritter Mächte.

Zuweilen wird dritten Mächten Theilneh-
mung an einem Völkervertrag
, als Haupt- oder
Neben Contrahenten, gestattet, oder wenigstens
bedungen a). Erklärt sich die dritte Macht be-
reit zu der Theilnahme, so geschieht dieses
entweder in dem Vertrag selbst, oder nachher
[261]II. Cap. Recht der Verträge.
in der Form eines Beitritts (Accession). In
dem letzten Fall, pflegt eine Beitritt- oder Ac-
cessionsActe von der einen, und eine Acceptations-
Urkunde von der andern Seite ausgesertigt zu
werden b). In beiden Fällen wird zu der Theil-
nehmung die Einwilligung oder Genehmigung
der dritten Macht erfordert; es sey nun daſs
solche zu den Stipulationen, zu allen oder ein-
zelnen, nothwendig war, oder daſs die Theil-
nehmung bloſs aus Gründen der Politik erbeten
und angenommen ward c). Zwang zu dem Bei-
tritt d), könnte nur statt finden, sofern er recht-
mäsig wäre.





[262]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.

§. 162.
Einschliessung dritter Mächte in den Vertrag. Protestation
von Seite dritter Mächte.

Auch erfolgt zu Zeiten die Einschliessung
einer dritten Macht a
), besonders einer alliir-
ten, in einen Vertrag, namentlich in einen Frie-
densschluſs, indem derselbe für gemeinschaftlich
mit ihr erklärt wird b); selbst ohne vorher-
gegangene oder nachfolgende, ausdrückliche Er-
klärung ihrer Einwilligung c), und ohne einen
von ihr einem oder beiden Paciscenten zu dieser
Einschliessung gegebenen Auftrag d). — Der
Widerspruch einer Macht gegen einen von an-
dern Mächten, und vielleicht von ihr selbst ge-
schlossenen Vertrag, geschieht bisweilen durch
eine feierliche Verwahrungs- oder Protestations-
Urkunde
, auf welche meist eine GegenProtesta-
tion folgt e). Die rechtliche Wirkung solcher
Erklärungen, hängt ab von dem rechtlichen
Grund oder Ungrund des Widerspruchs.




[263]II. Cap. Recht der Verträge.



§. 163.
Auslegung der Verträge.

Der zweifelhafte Sinn eines Völkervertrags
kann authentische Auslegung erhalten, nur durch
übereinstimmende Erklärung der Contrahenten,
oder, an ihrer Stelle, von dem, welchem sie
das Recht der Auslegung durch Compromiss über-
[264]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
tragen haben. Selbst die Entscheidung der strei-
tigen Vorfrage, ob der Sinn zweifelhaft sey?
kann nur auf demselben Weg der Güte oder
des conventionellen Rechtes erlangt werden. Die
unmittelbare Auslegung der Contrahenten, kann
in jeder Form statt haben, in welche ein Völ-
kervertrag eingekleidet seyn darf, insbesondere
in einem NachReceſs oder ErläuterungsVertrag a).
Ein Dritter, welchem die Auslegung nach Grün-
den des Rechtes, von beiden Theilen übertragen
ist, hat die allgemeinen Regeln der Wissenschaft
von grammatischer und logischer Auslegung an-
zuwenden b).




§. 164.
Ende der Wirksamkeit der Verträge.

Die rechtliche Wirksamkeit der Völkerver-
träge hört auf a): 1) durch wechselseitige Ein-
willigung der Interessenten b); 2) nach einsei-
tigem, voraus bedungenem Wiederruf c); 3) bei
einer Zeitbestimmung, nach Ablauf des festge-
setzten Zeitraums d); 4) bei einer Zweckbe-
stimmung, nach Erreichung des Zwecks; 5) bei
einer auflösenden Bedingung, nach dem Eintritt
[265]II. Cap. Recht der Verträge.
derselben; 6) bei eintretender physischer oder
moralischer Unmöglichkeit der Wirksamkeit des
Vertrags e).





[266]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.


§. 165.
Fortsetzung.

Auch hört die rechtliche Wirksamkeit der
Völkerverträge auf, 7) bei wesentlicher Ver-
änderung solcher Umstände, deren Daseyn für
die Wirksamkeit des Vertrags, nach dem Wil-
len beider Theile, als nothwendig vorausgesetzt
war a) (clausula rebus sic stantibus); gleichviel,
ob die Voraussetzung ausdrücklich, oder ver-
möge der Natur des Vertrags stillschweigend
gemacht war b). 8) Durch Treulosigkeit des
[267]II. Cap. Recht der Verträge.
einen Theils, wenn er die Erfüllung dieses oder
eines andern Vertrags verweigert, wird der an-
dere Theil frei von der Verbindlichkeit zur Ge-
genleistung c). Hat dieser, in Hinsicht auf die
Erfüllung des Vertrags, schon Leistungen ge-
macht, oder Anstalten dazu entweder getroffen
oder unterlassen, so gebührt ihm auch deſshalb
Schadenersatz. 9) Durch vollständige, von den
Contrahenten beabsichtigte Erfüllung der vertrag-
mäsigen Verbindlichkeiten, erreicht der Vertrag
zwar sein Ende, aber die durch ihn bestimm-
ten Folgen dauern, in Hinsicht auf die Con-
trahenten unter sich, rechtsgültig fort, unabhän-
gig von etwa späterhin eintretenden Veränderun-
gen der Umstände.





III. CAPITEL.
RECHT DER UNTERHANDLUNGEN,

insonderheit
DURCH GESANDTE.

§. 166.
Recht der Staaten zu Unterhandlungen.

Das Interesse eines jeden Staates erfordert,
von Zeit zu Zeit, mit andern Staaten Unter-
handlungen
(Negociationen) zu pflegen, nicht
bloſs um Verträge vorzubereiten und zu schlies-
sen, sondern auch um über die rechtlichen
und politischen Verhältnisse zu andern Staaten
zu wachen. Das Recht eines Staates zu sol-
chen Unterhandlungen, ist begründet durch
seine Unabhängigkeit (§. 46). Die Ausübung
desselben gebührt dem Stellvertreter des Staates
gegen Auswärtige; wiewohl dieser hiebei, in
dem Verhältniſs zu dem eigenen Staat, durch
dessen Grundverfassung zu gewissen Einschrän-
kungen verpflichtet seyn kann.


§. 167.
Verschiedene Arten dasselbe auszuüben.

Dieses Recht zu unterhandeln kann aus-
[270]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
geübt werden, sowohl mündlich bei persönlicher
Zusammenkunft, als auch schriftlich, mit Beob-
achtung des diplomatischen CanzleiStyls (§. 112).
Die mündlichen und die schriftlichen Unter-
handlungen können statt haben, entweder un-
mittelbar
zwischen den Stellvertretern der bei-
derseitigen Staaten gegen Auswärtige, oder mit-
telbar
durch Bevollmächtigte derselben. Die
letzten können Staatsbehörden seyn, welche mit
fortwährendem oder besonderem Auftrag für die
in Frage stehenden Unterhandlungen versehen
sind, oder auch einzelne Personen, bevollmäch-
tigt von dem Regenten für Unterhandlungen mit
andern Staaten, als Gesandte oder diplomatische
Agenten a). — Der Ort der Unterhandlungen
ist, in dem Fall einer Zusammenkunft, bald in
dem Gebiet einer der unterhandelnden Mächte,
es sey nun in der Haupt- oder ResidenzStadt,
oder an einem andern Ort, bald auf der Grenze
beider Staaten b), bald in dem Gebiet einer
dritten Macht.




§. 168.
Unterhandlungskunst.

Abgesehen von den Zwangpflichten, welche
[271]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
einem politischen Unterhändler obliegen, und
davon, daſs es sehr oft nicht in seiner Macht
steht, über die Umstände Meister zu wer-
den, ist auch in diplomatischen Unterhandlun-
gen die Ueberlegenheit nicht zu verkennen, wel-
che Genie, Wissenschaft, Geschäft- und Men-
schenkenntniſs, Klugheit, Geistesgegenwart, Ge-
wandtheit, Weltbildung, persönliches Ansehen,
und Liebenswürdigkeit verschaffen a). Vernunft
und Erfahrung dienen vereinigt zu Bildung ge-
wisser Regeln, theils in Hinsicht auf die per-
sönlichen Eigenschaften, welche man bei einem
geschickten Unterhändler vorauszusetzen berech-
tigt ist, theils in Ansehung seines Verhaltens in
dem Lauf der Unterhandlungen. Mittelst Zu-
sammenstellung dieser Regeln, läſst sich eine
Art von System der politischen Unterhandlungs-
kunst b
) darstellen.




§. 169.
Gesandter. Gesandschaftrecht.

Gesandter (legatus, ministre public, envoyé,
agent politique ou diplomatique, agent de re-
lations extérieures) heiſst ein Staatsbeamter, wel-
cher zu Verhandlungen des Staates mit einem
andern Staat bevollmächtigt ist a). Der In-
begriff der Rechte, welche in Hinsicht auf ge-
sandschaftliche Verhandlungen einem Staat zu-
stehen,
[273]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
stehen, heiſst Gesandschaftrecht b) (jus legationum,
droit de légation ou d’ambassade).




§. 170.
Zweifache Eigenschaft eines Gesandten.

In Hinsicht auf den Staat, welcher ihn sen-
det, vereinigt ein Gesandter in seiner Person
zwei Eigenschaften. Er ist Staatsbeamter (of-
ficialis publicus, administer reip., fonctionnaire
public) des Staates, welcher ihn sendet, und
dessen Mandatar in Ansehung des ihm ertheilten
[275]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
gesandschaftlichen Auftrags. In der letzten Ei-
genschaft handelt er, im Namen des Staates,
mit demjenigen an welchen er gesendet ist a).
Die erste Eigenschaft wird, in der Regel, als
fortwährend betrachtet, die andere, ein beson-
derer Auftrag, als vorübergehend. Daher sind
die gesandschaftliche Würde und Function, selbst
diejenigen eines ordentlichen Gesandten, nebst
dem damit verbundenen Gehalt b), wiederruf-
lich.




§. 171.
Unterschied von Commissarien, Deputirten, Agenten.

Ein Gesandter unterscheidet sich von einem
Commissär, welchem der Regent einen Auftrag
für nicht ‒ diplomatische Geschäfte ertheilt hat,
z. B. für inländische Staatsgeschäfte, für Streit-
gegenstände, für Grenz-, Schiffahrt-, Liquida-
tions- u. d. g. Angelegenheiten a). Desgleichen,
von Deputirten, welche von Unterthanen, in-
sonderheit Gemeinheiten, abgeordnet werden,
an ihren Regenten, oder an inländische Staats-
behörden, unter ausserordentlichen Umständen
auch wohl an Auswärtige. Agenten für Privat-
geschäfte eines Staates, oder seines Regenten,
wenn gleich mit dem Titel Resident oder Le-
gationsrath bekleidet, können auf die Rechte
diplomatischer Agenten keinen Anspruch machen,
namentlich nicht auf gesandschaftliche Vorrechte,
Befreiungen, und Ceremoniel b).




§. 172.
Von geheimen Abgesandten, und von Abgesandten ohne gesand-
schaftlichen Charakter
.

Noch mehr gilt dieses von geheimen Ab-
gesandten
(émissaires cachés ou secrets), die ein
Staat in das Gebiet eines andern Staates schickt;
denn nicht nur führen sie daselbst keinen öf-
fentlichen gesandschaftlichen Charakter, sondern
es wird sogar die Thatsache ihrer Sendung und
deren Absicht allgemein verheimlicht a). Zu
Zeiten werden aber auch Unterhändler von ei-
ner Staatsregierung ingeheim an einen Souverain
oder dessen Ministerium abgeordnet, und bei
ihm accreditirt b) (envoyés confidentiels, né-
gociateurs secrets). Diese nehmen bisweilen in
dem Fortgang der Unterhandlung einen öffent-
lichen gesandschaftlichen Charakter an c). —
Von einem Gesandten in dem eigentlichen Sinn,
unterscheidet sich auch der Abgesandte, wel-
chen ein Staat an einen andern Staat zwar mit
Aufträgen in Staatsgeschäften, aber ohne gesand-
schaftlichen Charakter
sendet, wenn gleich die
Thatsache der Sendung nicht verheimlicht wird d).
Man wählt hiezu nicht nur hohe und niedere
[278]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
Staatsbeamte, z. B. Staatsminister, Admirale,
Generale, Räthe jeder Classe, LegationsSecretäre
ohne Gesandschaft, sondern auch Prinzen vom
Regentenhause, und andere Personen von hohem
Stande e).







§. 173.
Und von Consuln.

Auch die Consuln haben in der Regel nicht
[279]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
gesandschaftlichen, wenn gleich öffentlichen Cha-
rakter. Doch fehlt es nicht an Beispielen, daſs
ihnen zugleich gesandschaftliche Angelegenheiten
übertragen, und sie zu dem Ende accreditirt
worden sind, es sey nun interimistisch oder für
beständig a). Ihrer eigentlichen Bestimmung
nach sind sie HandelsAgenten, welche ein Staat b)
in fremden Handelsplätzen oder Seehäfen be-
stellt, um daselbst sein HandelsInteresse zu wah-
ren, insbesondere den Handelsleuten und Schif-
fern ihrer Nation Beistand zu leisten c). Es
giebt Consuln (ParticulärConsuln), in Seestäd-
ten zuweilen auch Commissaires de la marine
genannt, ViceConsuln, welche den Consuln bei-
gegeben sind, und GeneralConsuln, diese für
mehrere Handelsplätze, und mit Auſsicht über
die Consuln und ViceConsuln d) ihres Bezirks
(Consuls ‒ particuliers, Vice ‒ consuls, Consuls-
généraux). Zu diesen Stellen wählt man Un-
terthanen des eigenen, oder eines dritten, oder
selbst desjenigen Staates, in dessen Gebiet das
Consulat zu verwalten ist. Ausser dem letzten
Fall, werden die daselbst sich aufhaltenden frem-
den Consuln in der Regel als temporäre Unter-
thanen dieses Staates betrachtet e).







§. 174.
Fortsetzung.

Der Umfang der persönlichen und amtlichen
Rechte und Freiheiten der Consuln, wird meist
durch Verträge oder Herkommen, zum Theil auch
durch Verordnungen und Decrete ihrer Staaten
bestimmt a). Wie verschieden auch die hierüber
sprechenden Bestimmungen seyn mögen, so kom-
men solche doch darin überein, daſs die Consuln
in Angelegenheiten ihres Amtes einzig von dem
Staat, der sie bestellt hat, abhängen, und daſs
sie besondern völkerrechtlichen Schutz geniessen b).
In streitigen Handelssachen der Unterthanen ihrer
Nation unter sich, ist ihnen wohl nirgend ver-
wehrt, das Amt eines erwählten Schiedsrichters zu
verwalten. Ob sie aber in jenen und andern Streit-
sachen unter Angehörigen ihrer Nation, die Civil-
Gerichtbarkeit ausüben dürfen, hängt von Ver-
trägen und Concessionen ab. Oefterer ist ihnen
Gerichtbarkeit in nicht streitigen Sachen einge-
räumt. Das meiste Ansehen und die ausgedehn-
testen Gerechtsame, fast ganz wie Gesandte, ge-
niessen die Consuln europäischer Staaten in der
Levante und in Afrika c). Auch werden sie dort
förmlich accreditirt.





§. 175.
Recht und Pflicht, Gesandte zu schicken.

Gesandte vertreten die Stelle des Staates bei
andern Staaten. Es steht daher das Recht Ge-
sandte zu schicken
, als ein Majestätsrecht, nur
einem Staat zu, der demjenigen Staat gegenüber,
an welchen der Gesandte geschickt wird, das Recht
der politischen Unabhängigkeit zu behaupten be-
fugt ist a). Abhängigen oder halbsouverainen
[283]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Staaten gebührt es nur so weit, als durch dessen
Ausübung das festgesetzte Maas ihrer Abhängigkeit
von einem andern Staat, nicht überschritten wird,
namentlich so weit, als Verträge, oder Vorschrif-
ten des Staates, von welchem sie abhängen, ihnen
dasselbe einräumen b). Einer Staatsregierung völ-
lig untergeordnete
Personen und Gemeinheiten,
wie hoch auch ihr Rang und Stand seyn mag,
sind von diesem Recht ausgeschlossen c); auch
sie werden, gleich andern Unterthanen, von dem
Souverain gegen Auswärtige repräsentirt. So fern
bei dem activen Gesandschaftrecht eines Subjectes
politisches Bedenken vorwaltet, oder der Aus-
übung desselben politische Hindernisse oder Be-
denklichkeiten auf einer oder beiden Seiten im
Wege stehen, wird bisweilen ein Agent ohne öf-
fentlichen gesandschaftlichen Charakter gesendet
und angenommen d). Die Ausübung des Ge-
sandschaftrechtes hat der Stellvertreter des Staates
gegen Auswärtige, der jedoch hierin auf verschie-
dene Art durch die Grundverfassung des Staates
eingeschränkt seyn kann e). Eine Zwangpflicht,
Gesandte zu schicken, liegt keinem Staat ob, es
sey denn kraft eines Vertrags. Die Absicht, einen
Gesandten, oder statt des bisherigen einen andern,
an einen Hof zu schicken, pflegt diesem, mit Be-
nennung der Person, vorher eröffnet zu werden.







§. 176.
Recht und Pflicht Gesandte anzunehmen. Durchreise.

Jeder unabhängige Staat hat ein unbeschränk-
tes Recht Gesandte anzunehmen a), so fern er
nicht durch Vertrag sich zu Einschränkungen ver-
pflichtet hat. Abhängige Staaten sind nicht be-
rechtigt Gesandte anzunehmen, oder es ist we-
nigstens ihre Befugniſs hiezu auf irgend eine Art
beschränkt. Steht ihnen actives Gesandschaftrecht
zu, so gilt hievon noch kein Schluſs auf passives,
und eben so wenig auf ein harmonisches Verhält-
niſs zwischen den Graden beider. — Ohne Ver-
trag, hat ein zu Annehmung der Gesandten be-
rechtigter Staat keine Zwangpflicht, einen Gesand-
ten anzunehmen b), oder einem Gesandten Auf-
enthalt
oder Durchreise zu gestatten c). In dem
Fall freiwilliger Annahme, oder Gestattung der
Durchreise eines Gesandten, ist der Staat berech-
tigt Bedingungen derselben festzusetzen. Persön-
[286]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
liche Sicherheit ist das wenigste, worauf dann der
Gesandte Anspruch zu machen hat d). Es fehlt
nicht an Beispielen von Weigerung, eine bestimmte
Person als Gesandten anzunehmen, mit oder ohne
Anführung von Gründen der Ablehnung (§. 187).






[287]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. darch Gesandte.

§. 177.
Verschiedenheit der Gesandten: 1) nach ihrer Macht, und 2) der
Dauer ihrer gesandschaftlichen Eigenschaft oder Sendung
.

Die Gesandten sind von verschiedener Art.
1) Die Macht, welche einem Gesandten für den
ihm übertragenen Geschäftkreis in der offenen Voll-
macht eingeräumt ist, kann eingeschränkt, oder
uneingeschränkt seyn. In dem letzten Fall ist er
Plenipotentiär a) (plena potestate munitus), so
fern diese Benennung nicht ein blosser Titel ist;
in welchem letzten Fall er gewöhnlich Am-
bassadeur oder Ministre plénipotentiaire heiſst.
2) In Ansehung der voraus bestimmten wahr-
scheinlichen Dauer der gesandschaftlichen Eigen-
schaft
oder Sendung, unterscheidet man ordent-
liche
und ausserordentliche Gesandte. Den ersten
ist die gesandschaftliche Eigenschaft für beständig
verliehen b), Wiederruf vorbehalten. Bei den
andern ist sie im Voraus auf einen mehr oder
weniger bestimmten Zeitraum eingeschränkt, wie
in dem Fall eines übertragenen vorübergehenden
(transitorischen) Geschäftes c). Auf diese Ver-
schiedenheit beziehen sich die Benennungen Am-
bassadeur oder Envoyé ordinaire und extraordi-
naire, ausserordentlicher Botschafter oder Gesand-
ter. Doch haben diejenigen, welche die Titel
Envoyé extraordinaire et Ministre plénipotentiaire
(§. 181, Note b) zusammen führen, in der Re-
gel die Bestimmung, für gewöhnlich bei dem frem-
[288]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
den Souverain zu residiren. Zuweilen wird ein
Gesandter ausdrücklich nur zu einem einstweiligen
oder InterimsGesandten ernannt, für die Zeit ei-
ner Vacanz in dem Gesandschaftposten, oder der
Abwesenheit des ordentlichen Gesandten d).






§. 178.
3) Nach der Natur der übertragenen Geschäfte.

3) Auch die Natur der dem Gesandten über-
tragenen Geschäfte, begründet eine Verschiedenheit.
Ist dem Gesandten die Betreibung eigentlicher Staats-
geschäfte, für Bestimmung oder Erhaltung gegen-
seitiger Rechtsverhältnisse, vorzugweise übertragen,
so ist er GeschäftGesandter (Ministre négociateur).
Ist
[289]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Ist der Gesandte zunächst für einen Gegenstand
des Staats- oder landesherrlichen Familien-Cere-
moniels a) abgeordnet, so ist er Ceremoniel-
oder EhrenGesandter (Ministre d’étiquette, de
cérémonie, ou figurant). Ein unabhängiger grös-
serer Staat ertheilt einem solchen, an einen ähn-
lichen Staat abgeordneten Gesandten, in der Re-
gel, den Rang eines Botschafters. Er wählt da-
zu gewöhnlich eine Person von hohem Rang,
welches von dem andern Staat, bei Sendung ei-
nes Gegengesandten, erwiedert zu werden pflegt b).
Ein blosser CeremonielGesandter, ist fast immer
ein ausserordentlicher. Beide Arten von Auf-
trägen, können auch einer Person übertragen
werden.




Klüber’s Europ. Völkerr. I. 19
[290]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.

§. 179.
4) Nach Rangclassen der Gesandten.

In Beziehung auf die verschiedenen Grade
des Ceremoniels
, haben die europäischen Staaten,
nach und nach, einen Unterschied der Gesandten
nach Rangclassen festgesetzt. Ungefähr seit dem
Ausgang des XV. Jahrhunderts unterschied man
zwei a) Classen; seit dem Anfang des XVIII. Jahr-
hunderts drei b). Dieser letzte Gebrauch ward
bestätigt, in dem Reglement über den Rang der
diplomatischen Agenten c
), welches auf dem wiener
Congreſs
die Bevollmächtigten der acht Mächte, die
den pariser Frieden von 1814 unterzeichnet haben,
errichteten, mit Einladung an die übrigen gekrönten
Häupter
, dasselbe ebenfalls anzunehmen d). End-
lich beschlossen, im Jahr 1818, in den Conferenzen
zu Aachen e), die daselbst versammelten fünf
Mächte
(Oestreich, Preussen, Ruſsland, Groſs-
britannien, und Frankreich), daſs die bei ihnen
accreditirten MinisterResidenten (ministres ‒ rési-
dens), in Hinsicht auf Rang, eine Mittelclasse zwi-
schen den Gesandten vom zweiten Rang und den
Geschäftträgern (chargés-d’affaires) bilden sollten.
Nach diesem Beschluſs bestehen demnach, bei den
genannten fünf Mächten, vier Classen von Ge-
sandten. — Von diesen Eintheilungen der di-
plomatischen Agenten in gewisse Classen, unter
scheidet sich diejenige Abtheilung der Angestellten,
welche eine Regierung etwa bei sich, in dem Dienst
[291]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
ihres Departements der auswärtigen Angelegen-
heiten, für die Partie der auswärtigen Agentschaf-
ten verordnet hat f).








§. 180.
Erste Classe.

Die erste Rangclasse der Gesandten besteht
jetzt aus denen, welchen von ihrem Staat, ohne
Widerrede des annehmenden Staates, der höchste
[292]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
Grad des CeremonielCharakters beigelegt ist a).
Dahin gehören die Botschafter oder Groſsbot-
schafter b
) (Ambassadeurs, Embaxadores, Am-
basciatores, Magni legati, Oratores), ordentliche
und ausserordentliche; desgleichen diejenigen Ge-
sandten des Papstes, welche den Titel Legati (dati
s. missi) a latere oder de latere führen c), und
die päpstlichen Nuncien d), ordentliche und aus-
serordentliche e).







[293]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.

§. 181.
Zweite Classe.

Zu der zweiten Rangclasse der Gesandten a)
gehören, die Envoyés b) (Ablegati, Prolegati,
Inviati), sowohl die ordinaires als auch die extra-
ordinaires, sodann die eigentlich so genannten
bevollmächtigten Gesandten oder Minister c) (Mi-
nistres plénipotentiaires), auch der kaiserlich-öst-
reichische Internuncius zu Constantinopel, und
die päpstlichen Internuncien d). Oft sind aus
dieser Classe auch die einstweiligen oder Interims-
Gesandten (§. 177); doch können diese zu einer
andern Classe gehören. — Das auf dem wiener Con-
greſs errichtete Reglement e) (§. 179) setzt in diese
Classe die Envoyés, Ministres, und andern Ge-
sandten, welche (gleich den Botschaftern, Legaten
und Nuncien) bei den Souverainen selbst accreditirt
werden.







§. 182.
Dritte Classe.

Gesandte vom dritten Rang sind: die eigent-
lich so genannten Minister a), die MinisterRe-
sidenten b
) (ministres-résidens), die Ministres
chargés-d’affaires c
), die Residenten d) (Rési-
dents, agentes in rebus), die Geschäftträger oder
Geschäftbetrauten (Chargés-d’affaires), die ei-
gentlich so genannten diplomatischen Agenten e)
(Agens diplomatiques), auch die Consuln, so fern
ihnen gesandschaftlicher Charakter beigelegt ist
(§. 173). Die Geschäftträger oder Chargés-d’af-
faires werden entweder unmittelbar von ihrem
Souverain oder seinem Minister der auswärtigen
Angelegenheiten accreditirt, oder nur interimistisch
von seinem, an demselben Hofe residirenden, or-
dentlichen Gesandten, für die Zeit seiner Abwesen-
heit f). In dem ersten Fall, bringen sie ein ei-
genes Beglaubigungsschreiben, wenigstens an den
Chef des auswärtigen Departements; in dem an-
dern Fall, giebt ihnen bei diesem Chef der Ge-
sandte eine schriftliche oder mündliche Legitima-
tion. — Das auf dem wiener Congreſs errichtete
Reglement g) (§. 179), setzt in diese dritte Classe
[295]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
nur die Chargés ‒ d’affaires, die bloſs bei dem
Chef des Departements der auswärtigen Angele-
genheiten accreditirt werden. — Nach dem oben
(§. 179) angeführten Beschluſs der im J. 1818 zu
Aachen versammelten fünf Mächte, sollen die bei
ihnen accreditirten Minister Residenten eine Mittel-
classe
bilden, zwischen den Gesandten vom zwei-
ten Rang und den Geschäftträgern (chargés-d’af-
faires).









§. 183.
Wahl, in Absicht auf
1) die Rangelasse der Gesandten.

In der Regel kann ein Staat nach eigenem
Willen die Rangclasse bestimmen, zu welcher
seine Gesandten gehören sollen. Doch kann die
Freiheit dieser Bestimmung beschränkt seyn, weil
die Verschiedenheit der Rangclassen auf die ver-
schiedenen Grade des gesandschaftlichen Ceremo-
niels sich bezieht, und in dem Rechte des Ceremo-
niels manche Ungleichheit unter den europäischen
Staaten selbst festgesetzt ist, auch jedem Staat in
der Regel frei steht, mit welchem CeremonielCha-
rakter er von einem andern Staat einen Gesandten
bei sich annehmen will. Gesandte vom ersten
Rang zu schicken, wird keinem Staat, an dessen
Spitze ein anerkanntes gekröntes Haupt, oder
ein anderer Regent mit königlichen Ehren. (§. 91)
steht, und keiner der grössern Republiken ver-
weigert a). Einigen andern Fürsten ward die-
ses Recht nur nicht allgemein eingeräumt, wie
dem vormaligen Groſsmeister des malteser Or-
dens b), und verschiedenen ehemaligen halb-
souverainen Fürsten mit königlichen Ehren c).





§. 184.
Fortsetzung.

Den souverainen Fürsten ohne königliche
Ehren, den kleineren Republiken, den jetzigen
halbsouverainen Staaten, wird das Recht, Ge-
sandte vom ersten Rang zu schicken, von Staa-
ten mit königlichen Ehren allgemein versagt a).
Doch hindert dieses nicht, daſs jene Staaten
einander Gesandte vom ersten Rang schicken
können. Bestreitet ein Staat das Recht, Gesandte
vom ersten Rang zu schicken, einem andern
Staat, so sendet er diesem auch keinen Ge-
[298]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
sandten erster Classe. Erwiedert ein Staat die
Sendung eines Gesandten gegen einen andern
Staat, so giebt er gewöhnlich seinem Gesandten
denselben Grad des Ranges, von welchem der
an ihn gesendete ist. Zuweilen wird ein Ge-
sandter in dem Laufe seiner Gesandschaft zu
einer höheren Rangstufe erhoben, namentlich
zu dem Rang des Botschafters; es sey für be-
ständig, oder nur für einige Zeit, oder für ein
bestimmtes Geschäft. Auch geschieht zu Zeiten,
daſs ein ordentlicher Gesandter in einen ausser-
ordentlichen verwandelt wird, eine Ceremoniel-
Gesandschaft in eine GeschäftGesandschaft, und
umgekehrt, ein Botschafter in einen Gesandten
vom zweiten Rang b).




§. 185.
2) die Anzahl der Gesandten; 3) subjective Vereinigung
mehrerer Gesandschaftposten
.

Von der Willkühr eines jeden Staates hängt
in der Regel ab, wieviel Gesandte er zu glei-
cher Zeit bei einem andern Staat accreditiren
will; es sey für verschiedene, oder für diesel-
ben Geschäfte, und im letzten Fall ob mit der
[299]III. Cap. Recht d. Unterhandl. ins. durch Gesandte.
Clausel sammt oder sonders, oder ohne diesel-
be, so daſs dann die mehreren anders nicht als
gemeinschaftlich handeln können. Eben so steht
in der Willkühr des absendenden Staates, ob
die mehreren Gesandten von gleicher a), oder
von verschiedener Rangelasse seyn sollen. Da-
her geschieht zuweilen, daſs ein Staat nicht nur
mehrere Gesandte zu gleicher Zeit an denselben
Ort sendet b), sondern auch daſs er die schon
bestehende Gesandschaft vermehrt, durch Hin-
zufügung eines zweiten oder dritten Gesandten;
namentlich daſs einem ordentlichen Gesandten
ein ausserordentlicher, einem Gesandten vom
zweiten oder dritten Rang ein Gesandter der er-
sten oder zweiten Classe beigefügt wird c). Doch
hat man Beispiele, nicht nur daſs gleichzeitige
Annahme oder Anerkennung mehrerer Gesandten
vom ersten Rang verweigert d), sondern auch
daſs für gewisse CeremonielGesandschaften Mehr-
heit der Gesandten begehrt oder bedungen wor-
den ist e). — Auch werden, vorzüglich in
Teutschland, zuweilen einem Gesandten mehrere
Gesandschaftposten
, in verschiedenen Staaten, an-
vertraut f), oder auch an einen Souverain meh-
rere Gesandte
geschickt, etwa nach seinen verschie-
denen Eigenschaften g). — Sogar fehlt es nicht
an Beispielen, daſs mehrere Souveraine einen ge-
meinschaftlichen
Gesandten gehabt haben h).










§. 186.
4) und die Person der Gesandten.

In Absicht auf die Wahl der Person des
[301]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesundte.
Gesandten, ist ein Staat ohne Verträge rechtlich
nicht eingeschränkt a); namentlich nicht in
Hinsicht auf Vaterland, Religion, Alter, Unter-
thanschaft, Dienstverhältnisse, Rang, Stand, Ge-
burt, Geschlecht. Vorzugweise werden gewählt,
eigene Unterthanen, und Staats- oder Hofdiener,
männlichen Geschlechtes. Sehr selten ist die
Sendung eines Frauenzimmers, mit öffentlichem
gesandschaftlichem Charakter b). Manche Staa-
ten haben oder hatten den Grundsatz aufgestellt,
keinen ihrer gebohrnen Unterthanen als Ge-
sandten von einer fremden Macht anzuneh-
men c).



[302]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.


§. 187.
Fortsetzung.

Etliche katholische Souveraine haben nie
andere als Katholiken zu Gesandten gewählt,
[303]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
und katholische geistliche Fürsten, wenigstens
zu den ersten Gesandschaftstellen, fast immer
nur Geistliche a). Es fehlt nicht ganz an Bei-
spielen, daſs ein bestimmter Stand für gewisse
Gesandte erforderlich war b). Desto häufiger
sind Beispiele, daſs Nichtadeliche, besonders
MilitärPersonen und Gelehrte, auch Geistliche,
die ersten und wichtigsten Gesandschaftposten
bekleidet haben c). GesandschaftSecretäre wer-
den zuweilen an demselben Ort, wo sie bisher
standen, oder an einem andern, zu Gesandten
ernannt, doch in der Regel anfangs nur zu Ge-
sandten der dritten Classe. — Die Annehmung
eines Gesandten, dessen Person dem Staat, an
welchen er soll gesendet werden, unangenehm
ist, wird zuweilen von diesem abgelehnt d),
mit oder ohne Anführung von Gründen der Ab-
lehnung.






§. 188.
Gefolge; insonderheit 1) LegationsSecretäre.

Jeder Gesandter hat ein mehr oder minder
zahl-
[305]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
zahlreiches Gefolge a); eine Anzahl Personen,
welche theils für den Dienst der Gesandschaft
angestellt sind, theils bloſs bei der Person des
Gesandten, als Familienglieder oder in Dienst-
verbindung, sich befinden. Alle diese Personen,
werden als Angehörige der Gesandschaft be-
trachtet; gleichviel ob ihre Verbindung mit der-
selben nothwendig, oder nützlich für solche,
oder nur zufällig ist b). Zu den wichtigsten
Personen bei einer Gesandschaft gehören die
Gesandschaft- oder LegationsSecretäre (secré-
taires de légation), bei Gesandschaften der er-
sten Classe BotschaftSecretäre (secrétaires d’am-
bassade) genannt c), zuweilen auch mit dem
Titel Legationsrath bekleidet. Sie sind in der
Regel Staatsdiener, und werden daher von dem
Staat ernannt und besoldet; zuweilen in mehr-
facher Zahl. Ihre Bestimmung ist, Unter-
stützung des Gesandten in Besorgung der ge-
sandschaftlichen Angelegenheiten, nicht nur der
schriftlichen, sondern auch der mündlichen,
z. B. bei mündlichen Geschäft- und Ceremoniel-
Erklärungen, Visiten und Festins, bei Entwer-
fung der gesandschaftlichen Auſsätze aller Art,
bei dem Chiffriren und Dechiffriren, bei Ver-
wahrung und Verwaltung des Archivs, u. d. d).
In Abwesenheit oder Verhinderung des Gesand-
ten, dienen sie nicht selten als Geschäftträger e)
(chargés-d’affaires).


Klüber’s Europ. Völkerr. I. 20
[306]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.





§. 189.
2) und übriges GesandschaftPersonal.

Bei manchen Gesandschaften sind, ausser
den LegationsSecretären, von dem Staat ange-
stellt: ein GesandschaftCanzler, Gesandschaft-
[307]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
CanzleiDirector, Gesandschaft- oder Legationsräthe
(beiGesandschaften der ersten Classe Botschafträthe,
conseillers d’ambassade, benannt), ein Ueber-
setzer oder secrétaire-interprète, Déchiffreur,
GesandschaftCommis (employés), Practikanten,
Attachés, Canzlisten a) (zuweilen mit dem Titel
Secretär), ein Zahlmeister, GesandschaftFourier,
Canzleidiener. Dolmetscher (drogmans, drago-
mans, truchemans) werden jetzt fast nur noch
bei Missionen an der osmanischen Pforte und
in asiatischen und afrikanischen Staaten, so wie
bei den von diesen Staaten an europäische Mächte
geschickten Gesandten, gebraucht b). — Aus-
schliessend für die CeremonielPartie, für Eh-
rendienste, sind bestimmt, der Gesandschaft-
Marschall, die GesandschaftCavaliere (gentils-
hommes d’ambassade), die Edelknaben oder Pa-
gen, wo etwa dergleichen, und zwar Marschall
und Pagen nur bei Botschaftern, angestellt sind c).
GesandschaftGeistliche (aumôniers-d’ambassade)
sind da noch üblich, wo die Gesandschaft eine
eigene Hauscapelle unterhält d). Noch seltener
sind eigene Gesandschaftärzte. Militärisches Ge-
folge ist nicht mehr üblich, etwa einige Schwei-
zer, Heiducken, oder Kammerhusaren bei Bot-
schaftern ausgenommen e). — Manche Personen
gehören nicht sowohl zu dem Gefolge eines Ge-
sandten, als vielmehr unter dessen Schutz (Pro-
tection) f).



[308]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.





§. 190.
3) Couriere.

Für Sendung der Depeschen, von und an
Gesandschaften, sind bei diesen zuweilen eigene
Eilboten oder Couriere (Feldjäger) angestellt.
Sie und die übrigen Staats- oder CabinetsCou-
riere a
), sind bisweilen ausgezeichnet durch ei-
[309]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
gene Amtskleidung, wenigstens durch einen Brust-
schild (SchildCouriere). Doch werden auch an-
dere Staatsdiener vom Civil- und MilitärStand,
desgleichen Hofbeamte, Privatdiener, und ausser
Dienst stehende Personen, als Couriere gesendet.
In den Gebieten aller europäischen Mächte,
welche mit ihrem Staat nicht in Krieg ver-
wickelt sind, geniessen die StaatsCouriere, auf
amtlichen Land- und Seereisen, wenn sie sich
in jener Eigenschaft angeben und legitimiren,
nicht nur vorzüglich geschwinde Beförderung,
sondern auch den höchsten Grad der Unverletz-
barkeit b), meist auch Befreiung von Durch-
suchung (Visitation) ihres Gepäckes c), hie und
da sogar von gewöhnlichen Abgaben der Rei-
senden, z. B. Weg-, Thor-, Sperr- und Brücken-
geld. Die Verletzung ihrer Sicherheit, wird als
Verletzung des Völkerrechtes geahndet d). Selbst
unter kriegführenden Mächten, wird die Unver-
letzlichkeit derjenigen Couriere, welche beide
Theile einander, oder zu und von dem Frie-
densCongreſs senden, geachtet, und bisweilen
noch besonders durch Verträge, Pässe, oder
Escorte gesichert e).







§. 191.
4) Familie, insbesondere die Gemahlin, und die Privatdiener
des Gesandten
.

Endlich gehören auch zu dem Gefolge eines
Gesandten, die bei ihm befindlichen Mitglieder
seiner Familie
, und seine Privatdiener. Zu den
letzten gehören, der eigene PrivatArzt des Ge-
sandten, sein PrivatSecretär, sein Hauslehrer,
seine HausOfficianten (z. B. Haushofmeister, Be-
reiter, Kammerdiener, Kellner, Portier) und
LivreeDiener, Laufer, Köche, Kutscher, Postil-
lon, Stallknechte, u. d. a). Alle stehen, gleich
dem übrigen Gefolge, unter dem besondern
Schutz des Völkerrechtes, und sind der Hoheit
des Staates, bei welchem der Gesandte accre-
ditirt ist, nicht unterworfen b). — Die meiste
[311]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Auszeichnung genieſst die Gemahlin des Gesand-
ten, vorzüglich diejenige eines Botschafters c).
Doch ist die Etiquette der Höfe hierin sehr ver-
schieden d), z. B. in Ansehung der Ehre des
Tabourets bei der Kaiserin oder Königin e), des
Empfangs bei ihrer ersten und letzten Audienz
oder Präsentation, ihres Ranges, und des übrigen
Ceremoniels f). Auf eigenen Hausgottesdienst,
hat sie in der Regel keinen Anspruch, selbst dann
nicht, wenn ihre Religionsgenossen weder an
demselben Ort, noch in der Nähe, das Recht der
öffentlichen oder PrivatReligionsübung haben g).
Sie nimmt Theil an der Unabhängigkeit ihres
Gemahls, und sie hat, gleich ihm, ein beson-
deres Recht auf den Schutz des Staates, an wel-
chen er gesendet ist h).










§. 192.
GesandschaftQuartier. Wappen. Gepränge.

Für den Gesandten und sein Gefolge, ist eine
[312]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
angemessene Wohnung nöthig, ein Gesandschaft-
Quartier a
) (hôtel de légation ou d’ambassade).
Da jetzt selten ein Staat eigene Gesandschaft-
gebäude, mit oder ohne Mobilien, in den Haupt-
und Residenzstädten anderer Staaten eigenthüm-
lich besitzt b), so sind die meisten Gesandten
in dem Fall, Miethwohnungen zu beziehen,
und sich darin gehörig einzurichten; wofür
ihnen, in der Regel, eine bestimmte Summe
als Entschädigung bewilligt wird c) (à titre
de frais de premier établissement, ou d’in-
demnité). Nur ausserordentliche Gesandschaften
für kurze Zeit, erhalten zuweilen Quartier von
dem Staat, an welchen sie gesendet sind d).
— Fast allgemein ist die Sitte, daſs Gesandte
das Wappen ihres Staates an ihrem Quartier
aufhängen lassen e); doch wird solches den
Gesandten vom dritten Rang nicht überall ge-
stattet f). — Vorzüglich von einem Gesandten
der ersten Classe, erwartet man ein gewisses
Gepränge, namentlich Pracht in seiner Gar-
derobe, in dem Geräthe, z. B. SilberService,
in Livreen, Staatswagen, Pferden g), bei sei-
nen Gastmahlen, und in Allem, was sich auf
äussern Glanz bezieht.









§. 193.
Vollmacht.

Soll ein Gesandter Stellvertreter eines Staa-
tes bei einem andern Staat seyn, so muſs er
von jenem hiezu die Macht erhalten haben, und
diesem, daſs solches geschehen, glaubwürdig
bekannt seyn. Zu dem Ende wird ihm von
jenem eine Vollmacht (mandatum procurato-
rium, pouvoirs, Creditiv, litterae fidei s. cre-
dentiales, lettres de créance) ertheilt, welche
er bei diesem oder dessen Stellvertreter vor-
zuzeigen hat, und woraus (wenigstens im All-
gemeinen) erhellet, daſs und wozu er als Ge-
sandter bevollmächtigt sey a). Die Vollmacht
kann eingeschränkt seyn auf ein bestimmtes
Geschäft, oder nur auf Besorgung einzelner
Handlungen in demselben, (SpecialVollmacht):
sie kann aber auch überhaupt für Verhandlungen
[314]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
mit dem andern Staat Macht ertheilen (allgemeine
oder GeneralVollmacht); in beiden Fällen, ent-
weder beschränkt (mandatum limitatum) oder un-
beschränkt b) (mandatum illimitatum s. cum li-
bera sive plenipotentia, plein-pouvoir). In der
Regel, lautet jede Vollmacht auf Verhandlun-
gen mit einem oder mehreren benannten Staa-
ten c).


Ohne angenommene hinlängliche Vollmacht,
kann der Gesendete auf die Rechte eines Gesand-
ten nicht Anspruch machen; ohne sie, kann mit
ihm mit Sicherheit nicht unterhandelt wer-
den d). So weit die Vollmacht den Gesandten
für den Stellvertreter seines Staates bei dem
andern Staat erklärt, sind die derselben gemäſs
bei diesem unternommenen Handlungen, nament-
lich die mit ihm geschlossenen Verträge, ver-
bindlich für seinen Staat; auch dann, wenn sie
der geheimen Instruction des Gesandten zuwider
wären e), der in solchem Fall bloſs seinem
Staat zu Schadenersatz und Strafe verpflichtet
ist f).








§. 194.
Form der Vollmacht.

Die Form der Vollmacht, ist in der Regel will-
kührlich. Sie kann aus einem offenen Brief (in for-
ma patente) bestehen; dann heiſst sie Vollmacht
(mandatum procuratorium, pouvoirs) im engern
Sinn. Sie kann aber auch in ein versiegeltes
Schreiben (in forma litterarum) eingekleidet
seyn a); in welchem Fall sie BeglaubigungsSchreiben
(Creditiv, lettres de créance) im engern Sinn genannt
wird b). Zuweilen wird beides einem Gesand-
ten mitgegeben c). Erhält er nur eines von bei-
den, so wählt man gemeiniglich die erste Form,
wenn er bei einem Congreſs von Gesandten ac-
creditirt ist, z. B. bei einem FriedensCongreſs;
die zweite, wenn er bei dem Souverain eines an-
dern Staates accreditirt ist d). Bei der letzten
[316]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
bedient man sich gewöhnlich eines CanzleiSchrei-
bens (lettre de conseil), obwohl ein CabinetSchrei-
ben (lettre de cabinet) eben so gültig, und nur
minder feierlich ist. — Der Inhalt des Creditivs
muſs vor dessen feierlicher Ueberreichung dem,
welchem es überreicht werden soll, glaubwür-
dig bekannt seyn, damit dieser zu dessen An-
nahme sich entschliessen, und das dem Gesand-
ten zu bewilligende Ceremoniel bestimmen kön-
ne. Zu dem Ende wird das Creditiv, wenn es
in offener Form, oder sub sigillo volante aus-
gesertigt ist, im Original, ausserdem in beglau-
bigter Abschrift, vor der feierlichen Ueberrei-
chung vorgezeigt e). Eine Verschiedenheit der
Beziehungen, in welchen ein Gesandter accre-
ditirt ist, kann mehrere Creditive nothwendig
machen f).






[317]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.


§. 195.
Empfehlungs- und AdreſsSchreiben.

Ausser dem Creditiv, bringt ein Gesandter
zuweilen noch EmpfehlungsSchreiben (lettres de
recommandation) seines Souverains oder dessen
Stellvertreters, an ausgezeichnete Mitglieder der Fa-
milie oder an Staatsdiener desjenigen Souverains,
bei welchem er accreditirt wird, an einzelne
Mitglieder der Regierung eines republikanischen
Staates, an LocalAutoritäten auf einem Congreſs,
u. d. a). — Ein Abgeordneter ohne gesandschaft-
lichen Charakter, bringt kein förmliches Creditiv,
sondern meist ein so genanntes AdreſsSchreiben b).




§. 196.
Instruction.

Jeder Gesandter empfängt von seinem Macht-
[318]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
geber, über die Art der Betreibung und Vollen-
dung des ihm übertragenen Geschäftes, und über
sein Verhalten während seiner Sendung, eine
Vorschrift, Instruction a). Dieselbe ist ent-
weder allgemein oder speciell, mündlich oder
schriftlich. Sie kann ihm bei dem Anfang seiner
Sendung (HauptInstruction), und auch nachher
von Zeit zu Zeit ertheilt werden; das erste meist
in einem eigenen Aufsatz, das andere gewöhnlich
in den an ihn abgehenden Depeschen b). In der
Regel ist die Instruction geheim zu halten, und
nur nach erklärtem Willen des Machtgebers darf
sie vorgezeigt werden c). Für den letzten Fall
wird nicht selten doppelte Instruction ertheilt,
eine geheime (secrète) und eine vorzeigbare
(ostensible).





§. 197.
Gesandschaftliche Handlungen.
1) Eigene Geschäftordnung des Gesandten.

Die gesandschaftlichen Handlungen eines Ge-
sandten, beziehen sich theils auf seine Geschäft-
ordnung, theils auf den Verkehr mit seiner Staats-
regierung und deren Behörden, theils auf seine
Verhandlungen mit der Staatsregierung oder Ver-
sammlung, an welche er gesendet ist, oder mit
andern fremden Gesandten an dem Ort seiner
Sendung. Zu der ersten gehört die zweckmäsige
Bearbeitung und Betreibung der ihm übertra-
genen Geschäfte, die Concipirung der nöthigen
schriftlichen Aufsätze, die Revision der Concepte,
die Ausfertigung, Unterzeichnung, Besieglung
und Bestellung derselben, die Aufsicht über die
Führung des gesandschaftlichen Tagebuchs, über
die gehörige Verwaltung der Canzlei und Re-
gistratur, die Wahrung der gesandschaftlichen
Gerechtsame, die Aufsicht und Ausübung der ihm
übertragenen Gerichtbarkeit über das Gefolge a),
die Ertheilung der Reisepässe, der Lebenszeug-
nisse, u. d. m. b). Unterthanen seines Sou-
verains, die in dem Lande seines gesandschaft-
[320]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
lichen Aufenthaltes sich befinden, muſs er schir-
men und vertheidigen wider völkerrechtwidrige
Anfechtung. Er kann und muſs Urkunden über
Rechtsgeschäfte legalisiren, wenn solches nöthig
ist, um davon bei Behörden seines Landes Ge-
brauch machen zu können c).





§. 198.
2) Verhandlungen mit dem eigenenStaat. Berichterstattung.

Die Verhandlungen eines Gesandten mit sei-
nem eigenen Staat, erfolgen theils mündlich,
theils, und zwar mehrentheils, schriftlich. Sie
haben statt, bald unmittelbar mit dem Souverain,
bald mit dem Departement der auswärtigen An-
gelegenheiten, mit dem Minister StaatsSecretär,
mit andern Staatsbehörden, auch wohl mit ein-
zelnen Mitgliedern des Regentenhauses, mit Per-
sonen am Hofe, und mit Abgeordneten. Die
wichtigste und häufigste Beschäftigung, welche
dem Gesandten in dieser Hinsicht obliegt, ist die
Erstattung gesandschaftlicher Berichte a). Diese
wer-
[321]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
werden regelmäsig zu bestimmter Zeit, und auch
ausserdem so oft etwas Erhebliches vorfällt, er-
stattet, nicht nur über Hauptgegenstände der
Unterhandlung, sondern auch über Incident-
und Nebensachen, über alle politisch wichtigen
Ereignisse, welche auf dem Schauplatz des Ge-
sandten sich zutragen, besonders auch über die
innern und äussern Verhältnisse des Staates und
des Hofes wo der Gesandte residirt b). Nütz-
lich ist die Erstattung eines Hauptberichtes, am
Schluſs einer jeden Unterhandlung oder Gesand-
schaft, wie in der Republik Venedig gewöhn-
lich war.




§. 199.
Fortsetzung.

Diejenigen Depeschen des Gesandten oder
seiner Regierung, deren besondere Geheim-
haltung das wesentliche Interesse seines Staates
erfordert, müssen nicht nur, wie alle andern,
wohl eingepackt und versiegelt, sondern auch
in zuverlässige Geheimschrift (Chiffre) eingehüllt
werden a), so oft es an einem völlig sichern
Weg der Uebersendung fehlt. Die Uebersen-
dung geschieht mit der ordentlichen Post, mit
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 21
[322]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
einer Landkutsche oder einem ordentlichen Bo-
ten, durch Estafette, durch Couriere, durch
Reisende, durch Einschluſs an dritte Personen,
auch wohl unter fingirter Adresse, bald ein-
fach, bald mehrfach (in Duplicaten, Triplicaten,
u. s. w.), auf verschiedenen Wegen, je nach-
dem Umstände und Gelegenheit solches erfor-
dern oder zulassen b). Um das Geheimniſs
desto besser zu verhüllen, werden auch wohl
unächte, oder mit dem Zeichen des Widersin-
nes (contre-sens) versehene Depeschen der Post
oder einer andern unsichern Gelegenheit über-
geben, wenn man deren Eröffnung wünscht oder
besorgt c).





§. 200.
3) Verhandlungen mit demjenigen, an welchen der Gesandte
abgeordnet ist
.

Mit demjenigen, an welchen der Gesandte
abgeordnet ist, haben die gesandschaftlichen
Verhandlungen theils unmittelbar statt, theils
mittelbar a). Mittelbar erfolgen sie, mit Staats-
ministern, Commissarien, Deputirten, oder auch,
[323]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
auf Friedens- und andern Congressen, mit Ge-
sandten eines oder mehrerer anderer Staaten,
zuweilen auch durch dritte Staaten, oder deren
Gesandte, z. B. durch Vermittler. Die mittel-
baren und die unmittelbaren Verhandlungen ge-
schehen entweder schriftlich, durch Schreiben,
Memoiren, Noten, VerbalNoten (notes verba-
les), oder mündlich, in Audienzen oder Con-
ferenzen b). Kein Staat ist in der Regel voll-
kommen berechtigt, einen andern zu einer be-
stimmten Art von Verhandlungen zu nöthigen;
indeſs giebt es doch Beispiele, daſs Staaten den
Grundsatz aufgestellt haben, nur auf erhaltene
schriftliche Mittheilung, Erklärung oder Anfrage,
zu berathschlagen oder zu antworten c). Da-
gegen kann es in gesandschaftlichen Verhand-
lungen der Klugheit gemäſs seyn, dasjenige,
was man mündlich vorgetragen, oder von dem
andern Theil vernommen hat, diesem schriftlich
zu wiederholen (note verbale, aperçu de con-
versation), um die Thatsache der mündlichen
Erklärung, so viel möglich, glaubwürdig in An-
denken zu erhalten. Auch ist zuweilen räthlich,
von dem Inhalt eines schriftlichen Aufsatzes, wel-
chen der Gesandte in einer Audienz dem Sou-
verain überreichen will, vorher den Minister
der auswärtigen Angelegenheiten in Kenntniſs zu
setzen.





§. 201.
Insonderheit Audienzen.

Unmittelbare Verhandlung mit dem Sou-
verain, kann in der Regel von dem Gesandten
als Zwangpflicht nicht verlangt werden a). Ob-
gleich eine solche selten, und gemeiniglich nur
ausnahmweise statt hat, so pflegt sie doch auch
nicht leicht ganz verweigert zu werden. An
manchen Höfen, wird den Gesandten regelmäsig
an bestimmten Tagen Audienz ertheilt, und aus-
serdem werden einzelnen von ihnen, nach den
Umständen, auch ausserordentliche Audienzen be-
willigt, bald öffentliche, bald PrivatAudienzen b).
Das Wenigste, wozu jeder Gesandter vom er-
sten oder zweiten Rang bei einem Hof mit kö-
niglichen Ehren sich Hoffnung machen darf, ist
eine Antritt- und eine AbschiedsAudienz bei der
Person des Regenten. Beide werden den Bot-
schaftern, in der Regel, öffentlich und mit gros-
[325]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
sem Gepränge ertheilt c); bei Gesandten vom
zweiten Rang hingegen, ist es nicht immer eine
öffentliche, und bei denen vom dritten Rang,
wenn sie bei dem Souverain selbst accreditirt
sind, stets eine PrivatAudienz d).






§. 202.
Repräsentativ- und CeremonielCharakter der Gesandten.

In dem Verhältniſs zu dem Staat, bei wel-
chem der Gesandte accreditirt ist, unterscheidet
man in seiner gesandschaftlichen Person, kraft
seiner Bestellung und Annehmung, eine zwei-
fache Eigenschaft (Charakter). In Hinsicht auf
die ihm übertragenen gesandschaftlichen Ge-
schäfte, wird er als unmittelbarer Stellvertre-
ter seines Souverains betrachtet; er hat also ei-
nen stellvertretenden oder RepräsentativCharak-
ter
. Diese Eigenschaft ist wesentlich, und bei
allen Gesandten dieselbe a), gleichviel von wel-
chem Rang sie sind. — Eine andere Eigen-
schaft des Gesandten geht hervor aus dem In-
begriff von Ehrenvorzügen, welche ihm, in Hin-
[326]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
sicht auf seine achtbare Sendung in dem Ge-
biete des Staates, an welchen er abgeordnet ist,
eingeräumt werden; sie heiſst der Ceremoniel-
Charakter
. Diese Eigenschaft ist zufällig, und
läſst als Nebensache willkührliche Abstufungen
zu b). — In dem zweiten Artikel des auf dem
wiener Congreſs errichteten Reglements über den
Rang der diplomatischen Agenten (§. 179), ist
festgesetzt, daſs nur allein die Botschafter und
die Nuncien RepräsentativCharakter haben sol-
len; worunter der CeremonielCharakter erster
Classe verstanden ward. — Im übrigen sind in
den europäischen Staaten jetzt drei verschiedene
gesandschaftliche CeremonielGrade angenommen,
nach welchen die Gesandten in drei (in etlichen,
seit 1818, in vier) Rangelassen eingetheilt wer-
den (§. 179 u. ff.) Die nähere Bestimmung
des einer jeden Classe gebührenden Ceremo-
niels, ist nicht in allen Staaten dieselbe. Das
oben erwähnte wiener Reglement (Art. 5) will,
daſs in jedem Staat eine gleichförmige Vorschrift
für den Empfang der diplomatischen Agenten
jeder Classe errichtet werde.




§. 203.
Vorrechte der Gesandten.
1) Unverletzbarkeit.

Den Gesandten räumt theils das natürliche
Völkerrecht, theils das positive der europäischen
Staaten, besondere Vorrechte ein a). Eines der
wichtigsten ist die Unverletzbarkeit. So bald ein
Gesandter von der Regierung des Staates, wohin
[328]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
er geschickt ist, als unmittelbarer Stellvertreter
seines Souverains öffentliche Anerkennung er-
halten hat, ist, im Fall einer ihm in seiner ge-
sandschaftlichen Eigenschaft b) daselbst wider-
fahrnen Rechtsverletzung, anzunehmen, daſs sein
Staat in der Person des Gesandten sey beleidigt
worden. Für jenen Staat unmittelbar, ist Ge-
fahr und Nachtheil aus solchen Rechtsverletzun-
gen zu besorgen. Daher gebietet sein Interesse,
dieselben innerhalb der Grenzen seines recht-
mäsigen Wirkungskreises nicht nur möglichst zu
verhüten, sondern auch als Staatsverbrechen mit
besonderer Strenge zu ahnden, und noch viel
mehr sich selbst derselben gänzlich zu enthal-
ten. Der hieraus für den Gesandten entsprin-
gende Zustand höherer Sicherheit, heiſst dessen
Unverletzbarkeit (inviolabilitas) in dem völker-
rechtlichen oder eminenten Sinn c), auch Hei-
ligkeit
(sanctitas) genannt, weil das gemein-
schaftliche Interesse der Staaten jenen Sicher-
heitszustand heilig zu halten gebietet. Diese
Unverletzbarkeit, dieser auszeichnende Staats-
schutz, gebührt den Gesandten jeder Classe d).
Sie erstreckt sich auf Alles, was als Bedingung
der gesandschaftlichen Wirksamkeit zu betrach-
ten ist, ganz vorzüglich auf Verrichtung der
gesandschaftlichen Geschäfte e), auf sicheres Ge-
leite während der Her-, Rück- und Durchreise,
und auf die ganze Dauer des gesandschaftlichen
Aufenthaltes in dem Staatsgebiet f), selbst bei
[329]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Ausbruch eines Kriegs zwischen beiden Staa-
ten g).









§. 204.
2) Exterritorialität.

So bald der Staat, an welchen der Gesandte
geschickt ist, denselben als einen solchen an-
erkannt hat, welcher die Person eines andern
Staates in der seinigen unmittelbar darstellt, so
gebührt dem Gesandten schon als stillschwei-
gende Bedingung seiner Sendung und Annahme,
in dem Gebiet jenes Staates dasselbe Recht der
Unabhängigkeit, welches dem ihn absendenden
Staat zusteht, so weit eine Einschränkung hierin
durch Uebereinkunft nicht festgesetzt ist a). Er
ist daher, als Gesandter, frei von der Ober-
herrschaft oder TerritorialHoheit jenes Staates.
[331]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Diese Befreiung heiſst Exterritorialität oder Un-
abhängigkeit des Gesandten b). Da solche der
Person desselben zusteht, so muſs sie auch auf
alles dasjenige bezogen werden, was als zu sei-
ner Person gehörig zu betrachten ist; auf sein
Gefolge, GesandschaftQuartier, und Fahrniſs c)
(suite, hôtel, équipages, mobilier). Dieselbe
Exterritorialität gebührt dem Gesandten auch,
wenn ihm, als einem Gesandten d), in frem-
dem Staatsgebiet bloſs temporärer Aufenthalt,
insbesondere Durchreise, gestattet ist. Immer
beruht die Exterritorialität auf einer ausdrück-
lichen oder stillschweigenden Willenserklärung
desjenigen Staates, welcher sie bewilligt. Dafür
gilt, nach europäischer Völkersitte, schon die
Ertheilung eines Reisepasses, worin die Reise
in oder durch das Staatsgebiet, mit Anzeige der
gesandschaftlichen Eigenschaft des Reisenden, be-
willigt wird e). — Während seiner Abwesen-
heit, hört ein Minister nicht auf seinem Lande
anzugehören. Er behält daselbst, im recht-
lichen Sinn, seinen Wohnsitz f), und er muſs
daselbst vor dem competenten Richter Recht ge-
ben g), wie lang auch seine Abwesenheit dauern
möge.









§. 205.
Insbesondere a) Abgaben Freiheit.

Zufolge der Exterritorialität, gebührt den
Gesandten Befreiung von allen persönlichen
Staatsauflagen
, welche Oberherrschaft des ei-
nen, und Unterthanschaft des andern Theils
voraussetzen, wie die Kopfsteuer. Dieselbe Be-
freiung kommt ihnen in der Regel zu, in An-
sehung indirecter Steuern, wie Zoll, Accise und
andere ConsumtionsAbgaben, so fern ein Ge-
sandter Gegenstände derselben a) unmittelbar von
dem Ausland, unter eigenem Namen, zu seinem
und der Seinigen Gebrauch, bezieht: nicht so,
[333]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
wenn die Abgabe bloſs von dem Verkäufer in
dem Inland entrichtet, und von demselben bei
Bestimmung des Kaufpreises darauf Rücksicht
genommen wird b). Zollfreiheit in dem Gebiet
eines dritten Staates, kann von Gesandten ohne
Verträge nicht begehrt werden; doch wird sie
zuweilen aus Höflichkeit bewilligt c).





§. 206.
Fortsetzung.

Befreiung kann ein Gesandter nicht be-
gehren von solchen Abgaben, welche bei dem
Genuſs individueller Vortheile, zunächst als un-
mittelbarer Ersatz
für den von dem Staat, von
Gemeinheiten oder Privatpersonen deſshalb ge-
machten Aufwand zu betrachten sind, wie Weg-
und Brückengeld, Postgeld, u. d. m. a). Auch
nicht von dinglichen Abgaben, wie die Grund-
steuer, von Handels- und andern Gewerbe Ab-
gaben b
), von Gemeinheits- und Societäts Bei-
trägen
, so fern der Gesandte als Gemeinde-
[334]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
oder GesellschaftMitglied zu betrachten ist. Aus
Gefälligkeit, oder durch Verträge, wird Ge-
sandten bisweilen grössere Abgabenfreiheit ein-
geräumt, als das natürliche Völkerrecht fordert.
Dagegen ist in andern Staaten die völkerrecht-
liche Abgabenfreiheit der Gesandten eingeschränkt,
umgangen
, oder aufgehoben, oder es wird be-
stimmte Vergütung dafür gegeben c). Wo bei
gewissen Abgaben die Verpflichtung des Gesand-
ten zweifelhaft, oder sie anzuerkennen für ihn
bedenklich ist, dient in manchen Fällen die Dar-
bringung freiwilliger, unbestimmter Beiträge,
z. B. zu den Armen- und LaternenCassen des
Ortes, als Auskunftmittel. Alles dieses gilt auch
von durchreisenden Gesandten, wenn ihnen Ex-
territorialität eingeräumt ist d). Durchsuchung
seiner Effecten, ist ein Gesandter wenigstens in
seiner Wohnung zu leiden nicht verbunden, und
auch anderswo nur da, wo ihm nicht gestattet
ist, zu eigenem Gebrauch, verbotene Waaren,
oder unverbotene, zoll- und accisefrei einzu-
führen e).







§. 207.
b) Quartier Freiheit.

Eine zweite Folge der Exterritorialität der
Gesandten, ist die Quartier Freiheit (l’indépen-
dance, l’immunité ou la franchise de l’hôtel, jus
franchisiae s. franchitiarum). So heiſst die Un-
abhängigkeit des GesandschaftQuartiers von der
Oberherrschaft des Staates, bei welchem der Ge-
sandte accreditirt ist, etwa nur mit Ausnahme
der dinglichen Steuerpflicht und RealGerichtbar-
keit a). Diese QuartierFreiheit wird jetzt in
Europa überall anerkannt. — Nicht so die Aus-
dehnung derselben auf die übrigen Häuser des-
selben Bezirks oder Quartiers der Stadt, welche
die Gesandten deſswegen mit dem Wappen ihres
Souverains zu bezeichnen pflegten. Die Quar-
tierfreiheit in diesem ausgedehnten Sinn, das
[336]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
so genannte jus quarteriorum, auch jus franchi-
siae s. franchitiarum, franchise des quartiers,
hatte ehedem an verschiedenen Orten statt, be-
sonders in Rom, Venedig und Madrid, auch
in Frankfurt am Main während der Convente
für Kaiserwahl und Krönung b). Jetzt wird sie
nicht mehr anerkannt.




§. 208.
Unterschieden von dem AsylRecht.

Von jener QuartierFreiheit unterscheidet
sich das gesandschaftliche AsylRecht, Recht der
Freiung oder Freistätte (jus asyli, droit d’asile),
das Recht, zu dem Gefolge des Gesandten nicht
gehörigen Verbrechern oder eines Verbrechens
Verdächtigen, welche sich in das Gesandschaft-
Quartier geflüchtet haben, daselbst Schutz zu
geben gegen die verfolgende Ortsobrigkeit a).
Dieses zu Begünstigung der Verbrecher oft miſs-
brauchte Recht, ist in den europäischen Staaten
fast allgemein aufgehoben, mit der Einschrän-
kung, daſs dem Gesandten das Recht und die
Pflicht der Auslieferung, nach vorhergegangener
Requisition, zukommt b). Die Ortsobrigkeiten
sind berechtigt, nicht nur zu schleunigen Sicher-
heitsmaasregeln von Aussen, daſs der Verbrecher
oder Verdächtige aus dem GesandschaftQuartier
nicht entkomme, sondern auch, in dem Fall
verweigerter Auslieferung, zu gewaltsamer Ab-
holung desselben c). So wenig ein Souverain
berechtigt wäre, den straffälligen Gesandten eines
andern Staates, unter dem Vorwand, daſs er in
seinem Staatsgebiet sich befinde, dem Richter-
stuhl seines Souverains zu entziehen, eben so
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 22
[338]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
wenig ist ein Gesandter befugt, Verbrechern,
deren Bestrafung dem Richter des Landes, wo
er residirt, zukommt, in seinem Hôtel eine
Freistätte gegen den Arm der inländischen Ge-
rechtigkeit zu geben.





§. 209.
c) Befreiung von Gesetzen, Polizei, CivilGerichtbarkeit.

Die Exterritorialität des Gesandten begrün-
det ferner für ihn, als solchen, die Befreiung
von den Gesetzen, von der Polizei und Gericht-
barkeit a
) des Staates, in dessen Gebiet er als
Gesandter sich aushält. Doch wird die Beob-
achtung gewisser Polizeivorschriften, besonders
solcher, welche auf Erhaltung der öffentlichen
Sicherheit abzwecken, jetzt fast allgemein, we-
nigstens stillschweigend, zur Bedingung der An-
nahme eines Gesandten gemacht b). Befreiung
von der CivilGerichtbarkeit, in streitigen und
nicht streitigen Sachen, gebührt dem Gesandten
[340]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
in dem ganzen Gebiete des Staates, bei welchem
er accreditirt ist, so weit er, sein Gefolge c),
und seine Effecten, daselbst bloſs in gesand-
schaftlicher Hinsicht in Betrachtung kommen d).
In nichtstreitigen Sachen, in Sachen der so ge-
nannten freiwilligen Gerichtbarkeit (jurisdictio
civilis voluntaria) oder Rechtspolizei, kann auch
ein Gesandter der Autorität der Gerichte oder
Notarien des Landes, zu Beglaubigung solcher
Rechtsgeschäfte sich bedienen, zu welchen die
Interessenten irgendwo eine gerichtliche Behörde
oder einen Notar nach Willkühr wählen kön-
nen, z. B. zu Beglaubigung einer Abschrift,
oder einer Erklärung, zu Hinterlegung eines Te-
stamentes e), oder einer andern Sache. So bald
aber diese Wahl nicht statt findet, sondern ein
obrigkeitlicher oder Gerichtszwang eintritt, ist
jede Staatsbehörde des Landes für den Gesandten
und sein Gefolge, so fern sie bloſs in gesand-
schaftlicher Eigenschaft in Betrachtung kommen,
incompetent, namentlich in Hinsicht auf Versie-
gelung und Inventur der Effecten, Erbvertheilung
und Bevormundung nach einem Todesfall. Nach
dem Ableben eines Gesandten, gebührt die Ob-
signatur dem LegationsSecretär, oder einem an-
dern Gesandten oder Diener desselben Staates;
in deren Ermanglung, der Gesandschaft eines
freundschaftlichen Hofes, der durch Vertrag oder
Ersuchen dazu ermächtigt ist; subsidiarisch einer
[341]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Gerichtsbehörde des Landes, doch ohne Einsicht
der gesandschaftlichen Papiere f).








[342]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.

§. 210.
Fortsetzung.

Da Befreiung von der CivilGerichtbarkeit
des Landes, dem Gesandten, für ihn, seine Ef-
fecten und Gefolge, nur so weit zusteht, als er
daselbst bloſs in gesandschaftlicher Hinsicht zu
betrachten ist (§. 209), so tritt eine solche Be-
freiung in streitigen Rechtsachen (in caussis ju-
risdictionis contentiosae) nicht ein, bei Immo-
bilien
, welche er oder Jemand von seinem Ge-
folge, in dem Lande, wo er Gesandter ist, be-
sitzt, und bei allen andern in dieser Hinsicht
ihn oder die Seinigen betreffenden Rechtsachen.
Dasselbe gilt bei solcher Fahrniſs (Mobilien),
die er in anderer als gesandschaftlicher Eigen-
schaft besitzt, z. B. als Fabrikant, als Kauf-
mann a), als Gutsbesitzer, als Verwalter frem-
der Geschäfte, u. d. Endlich steht ihm auch
die genannte Befreiung nicht zu, wenn er zu-
gleich Staatsdiener, oder in anderer Hinsicht Un-
terthan desjenigen Staates ist, bei welchem er
als Gesandter steht b), oder wenn er die Ge-
richtbarkeit eines inländischen, nicht gehörigen
Richters erlaubterweise prorogirt hat c). In al-
len diesen Fällen kann von den Landesgerichten
nach den Gesetzen wider ihn verfahren, und
selbst Arrest wider seine Person und Güter ge-
setzmäsig verfügt werden d). Hingegen findet
Arrest gegen ihn und seine Sachen nicht statt,
[343]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
so oft und so weit er bloſs als Gesandter eines
auswärtigen Staates in Betrachtung kommt e).
In manchen Staaten ist, in solchem Fall, jede
ArrestVerfügung durch Landesgesetze ausdrück-
lich verboten f). — Das Recht, für den Ge-
brauch der Gesandschaft, eine eigene Buch-
druckerei
zu haben, folgt aus der Exterritoria-
lität des Gesandten g).









§. 211.
Und von der CriminalGerichtbarkeit des fremden Staates.

So fern nur gesandschaftliche Verhältnisse
bestehen, zwischen der Person eines Gesandten,
nebst Gefolge, und dem Staat, bei welchem er
residirt, ist der Gesandte der CriminalGericht-
barkeit
des letzten nicht unterworfen a). In so
weit, gebührt also einem Richter dieses Staates,
wider den Gesandten und dessen Angehörige b),
wegen Verbrechen, weder Verhaftnehmung noch
Untersuchung und Verurtheilung zu Strafe und
Privatgenugthuung c). Dagegen können Privat-
Verbrechen ein Begehren dieses Staates bei dem
sendenden Staat, um Zurückrufung d) und Be-
strafung, ja, im Fall beharrlicher Weigerung,
[345]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
sogar eigenmächtige Ausschaffung und Anhaltung
zu Privatgenugthuung begründen. Handlungen
des Gesandten oder seiner Angehörigen gegen
die Sicherheit jenes Staates, berechtigen diesen,
sich der Person augenblicklich zu versichern,
und überhaupt alle Maasregeln zu ergreifen, wel-
che die Noth gebietet. Ist die Gefahr vorüber,
so kann die Staatsregierung von dem sendenden
Staat Untersuchung und Verurtheilung zu Strafe
und Genugthuung fordern. Wird solche verwei-
gert, so kann dieselbe gegen den Beleidiger als
einen Feind verfahren, um Entschädigung und
Sicherheit zu erlangen e). Denn Exterritorialität
kann für eingeräumt nur so weit erachtet wer-
den, als sie mit Selbsterhaltung und öffentlicher
Sicherheit bestehen kann, auf welche eine Ver-
zichtleistung von einem Staat nie zu vermuthen
ist; sie kann also nicht dienen zum Deckmantel
feindlicher Handlungen des Gesandten oder seiner
Angehörigen f).





[346]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.



§. 212.
d) Aufsicht und Gerichtbarkeit über das Gefolge.

Da einem Gesandten im Zweifel volle Ex-
territorialität gebührt, für ihn und sein Gefolge
(§. 204), so kann dem Staat, an welchen er ge-
sendet ist, irgend eine Aufsicht und Gerichtbar-
keit über Personen des gesandschaftlichen Gefol-
ges, als solche, in der Regel nicht zustehen a).
In Ansehung der CivilGerichtbarkeit, in streitigen
und nicht streitigen Sachen, wird dieser Grund-
satz in Europa fast allgemein anerkannt. Die
Aufnahme und Hinterlegung der Testamente von
Personen die zu dem Gefolge gehören, und auch
von andern Unterthanen des absendenden Staa-
tes, steht dem mit Gerichtbarkeit von seinem
Hof ausgestatteten Gesandten unstreitig zu. So
auch die Errichtung oder Hinterlegung seines
eigenen letzten Willens, in der Gesandschaft-
Canzlei b). Beides jedoch nach der in den Ge-
setzen seines Landes vorgeschriebenen Form.
Ist ein Zeugniſs von Personen aus dem Gefolge,
bei den Gerichten des Landes nöthig, so pflegt
an den Gesandten durch das Departement der
auswärtigen Angelegenheiten ein Ersuchungsschrei-
ben zu ergehen, daſs er den Zeugen entweder
zur Abhörung stelle, oder ihn bei der Gesand-
schaft gesetzmäsig abhören lasse, und das Pro-
[348]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
tocoll über das Zeugenverhör mittheile c). Rei-
sepässe
kann ein Gesandter ertheilen, nicht nur
Personen von seinem Gefolge, sondern auch an-
dern Unterthanen seines Staates, ja sogar Unter-
thanen jedes andern Staates, wenn sie in das
Gebiet seines Souverains reisen. Dasselbe gilt
von Aufsetzung des Visa auf ihm vorgezeigte
Pässe.





§. 213.
Fortsetzung.

Bei Civil- und PolizeiVergehen der An-
[349]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
gehörigen einer Gesandschaft, folgt man meist
dem oben erwähnten Grundsatz der Exterrito-
rialität, so daſs sogar der ausserhalb des Gesand-
schaftQuartiers ergriffene Uebertreter von dem
Gefolge, dem Gesandten gewöhnlich ohne Schwie-
rigkeit zur Untersuchung und Bestrafung aus-
geliefert wird a). — Dieselbe Befreiung gilt,
so viel die CriminalGerichtbarkeit betrifft, von
allen innerhalb des GesandschaftQuartiers von
oder an Personen des Gefolges begangenen Ver-
brechen, wenn der Thäter daselbst ist ergriffen
worden, in welchem Fall es einer Auslieferung
desselben an den Gesandten nicht bedarf b).
Nicht so, wenn der zu dem Gefolge gehörige
CriminalVerbrecher ausserhalb des Gesandschaft-
Quartiers ergriffen ist, gleichviel, ob das Ver-
brechen innerhalb oder ausserhalb dieses Quar-
tiers begangen ward c). Hier finden überhaupt
die oben (§. 64 u. f.) vorgetragenen Grundsätze,
von Auslieferung der Verbrecher und von Be-
strafung auswärts begangener Verbrechen, An-
wendung d). Doch wird dann die Auslieferung
am ehesten bewilligt, wenn der Verbrecher auch
ohne seine Dienstverbindung Unterthan dessel-
ben Staates ist, welchem die Gesandschaft an-
gehört e).






[351]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.

§. 214.
Schluſs.

Ob, wie, und wie weit der Gesandte, in den
gehörigen Fällen, die Gerichtbarkeit über das Ge-
folge auszuüben, oder streitige Civil- und Cri-
minalSachen an die Gerichte seines Souverains zu
verweisen habe? hängt von der Bestimmung sei-
nes Constituenten ab a). Meist ist ihm eine ein-
geschränkte Polizeigewalt und CivilGerichtbarkeit,
in streitigen und nicht streitigen Sachen, ein-
geräumt; doch einem Gesandten vom dritten
Rang oft weniger als den übrigen. Bei Criminal-
Verbrechen, muſs gewöhnlich der Verbrecher in
das Gebiet seines Souverains gebracht werden, zu
vollständiger Untersuchung und Bestrafung b).




§. 215.
e) PrivatReligionsübung.

Aus dem Begriff der Exterritorialität, flieſst
das Recht eines Gesandten, in seinem Gesand-
schaftQuartier für sich und sein Gefolge eigene
Haus- oder Privat Religionsübung (sacra privata
s. devotio domestica qualificata) zu unterhalten,
eine GesandschaftCapelle, zwar mit Zuziehung
eines eigenen Geistlichen (aumônier) und anderer
Kirchendiener, doch ohne Form und Recht einer,
über die zu der Gesandschaft gehörigen Personen
und das GesandschaftQuartier hinaus sich er-
streckenden Kirchengemeinde a). Seit der Kir-
chentrennung in dem XVI. Jahrhundert, räumen
die europäischen Mächte den Gesandten dieses
Recht wenigstens dann ein b), wenn an dem
Ort ihrer Residenz weder öffentliche noch Privat-
Uebung ihrer Religion statt hat c), oder nicht
schon ein anderer Gesandter desselben Hofes da-
selbst eine HausCapelle für dieselbe Religion un-
terhält.





§. 216.
Fortsetzung.

Alle ParochialHandlungen desselben Cultus,
sind dem GesandschaftGeistlichen in der gesand-
schaftlichen Capelle für die gehörigen Personen
erlaubt a). In neuern Zeiten wird nicht selten
durch Verträge oder Connivenz gestattet, daſs
auch andere als zu dem Gefolge der Gesandschaft
gehörige Personen, selbst Unterthanen des ein-
heimischen Staates, die HausCapelle eines Ge-
sandten besuchen b), daſs auch während der tem-
porären Abwesenheit eines Gesandten, ja selbst
Klüber’s europ. Völkerr. I. 23
[354]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
während einer Vacanz in dem Gesandschaftposten,
und nach dem Tode des Constituenten bis zu
der Ueberreichung eines neuen Creditivs, die
Gottesverehrung in der GesandschaftCapelle ihren
Fortgang habe c).





§. 217.
3) CeremonielRechte.

Seit Einführung beständiger Gesandschaften,
und seit den grossen FriedensCongressen, dem
westphälischen und denjenigen von Nimwegen
und Ryswik, welche von so vielen, an Würde
und Macht verschiedenen Staaten beschickt wur-
den, hat sich das gesandschaftliche Ceremoniel-
Recht
nach und nach ausgebildet. So groſs auch
die Verschiedenheit ist, welche darin herrscht,
theils nach dem Rang der Staaten und den Rang-
classen der Gesandten, theils nach Verträgen,
[355]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
nach dem Gebrauch und der Willkühr einzelner
Regenten, bei welchen die Gesandten accreditirt
sind a), so ist es doch in mehrern Puncten
nicht nur zu festen Grundsätzen, sondern auch
zu einer gewissen Gleichförmigkeit, wenigstens
in mehreren Staaten, gekommen. Das auf dem
wiener Congreſs errichtete Reglement (§. 179)
fordert ausdrücklich, daſs in jedem Staat eine
gleichförmige Vorschrift, für den Empfang der
diplomatischen Agenten jeder Classe, errichtet
werde (§. 202).



§. 218.
Insbesondere a) Excellenz Titel.

Das EhrenPrädicat Excellenz a), womit ehe-
hin selbst Kaiser, Könige und andere regierende
Fürsten beehrt wurden, gebührt den Gesandten
vom ersten Rang, als solchen, in dem schrift-
lichen und mündlichen Verkehr, zwar nicht von
dem Souverain, bei welchem sie accreditirt sind,
aber doch von allen seinen Staatsdienern und
andern Unterthanen, auch von allen andern Ge-
sandten jeden Ranges b). Ein höheres Prädicat
wird ihnen, selbst wenn sie von fürstlicher Ge-
burt wären, nicht gegeben, so oft sie als Ge-
sandte auftreten c). Diese gesandschaftliche oder
diplomatische Excellenz unterscheidet sich von
[356]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
der Staats-, Hof- und militärischen Excellenz,
auch von der ehemaligen akademischen und Schul-
Excellenz d). In der neuern Zeit erhalten oft
auch Gesandte vom zweiten Rang, zwar nicht
von denjenigen vom ersten Rang, doch aber selbst
von StaatsMinistern des Hofes wo sie residiren,
und von andern Gesandten vom zweiten Rang,
wenigstens aus Höflichkeit oder Politik, die Ex-
cellenz e). Zuweilen gebührt einem Gesandten,
der auf die diplomatische Excellenz keinen An-
spruch machen kann, dieses Prädicat aus einem
andern Grund, z. B. vermöge eines andern Staats-
amtes welches er zugleich bekleidet, oder kraft
eines Privilegiums.







[357]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.

§. 219.
b) Rang der Gesandten.
α) Unter sich: am dritten Ort.

Der Rang der Gesandten unter sich, in
demjenigen Lande wo sie accreditirt sind, erhält
seine Bestimmung, I) unter Gesandten eines Staa-
tes, durch die Vorschrift ihres Souverains a).
II) Unter Gesandten verschiedener Staaten b), wird
der Rang bestimmt, zuvörderst 1) durch die
Rangclasse zu welcher sie gehören, so daſs in
der Regel alle Gesandten der ersten Classe denen
der zweiten, alle Gesandten der zweiten Classe
denen der dritten vorgehen, ohne Rücksicht auf
den gegenseitigen Rang ihrer Souveraine c); so-
dann 2) in jeder Rangclasse der Gesandten, theils
durch den Rang welcher ihren Constituenten ge-
genseitig, nach Anerkennung des die Gesandten
annehmenden Staates zukommt, theils durch die
Rangvorschrift dieses Staates für die verschiedenen
Arten der bei ihm residirenden Gesandten dersel-
ben Classe d). In dem vierten Artikel des auf
dem wiener Congreſs errichteten Reglements (§.
179), ist festgesetzt, daſs die diplomatischen Agen-
ten unter sich, in jeder Rangclasse den Rang
nehmen sollen nach dem Datum der amtlichen
Bekanntmachung ihrer Ankunft; doch solle diese
Vorschrift in Absicht auf die Repräsentanten des
Papstes keine Neuerung veranlassen. Nach dem
oben (§. 179) angeführten Beschluſs der im J.
[358]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
1818 zu Aachen versammelten fünf Mächte, sol-
len die bei ihnen accreditirten MinisterResidenten,
den Rang haben zwischen den Gesandten der
zweiten Classe und den Geschäftträgern.






§. 220.
Fortsetzung.

Die Vorschriften der verschiedenen Sou-
veraine entscheiden, z. B. ob und wie fern der
ausserordentliche Gesandte eines Hofes von nie-
derem Rang, dem ordentlichen Gesandten des-
selben Grades, welchen ein Hof von höherem
Rang sendet, vorgehe? ob und wie fern über-
haupt Gesandte der zweiten Classe denen der
dritten vorgehen? ob ein Envoyé extraordinaire
einem Ministre plénipotentiaire, und dieser einem
blossen Envoyé vorgehe? ob und wie fern ein
Resident einem Geschäftträger, und dieser einem
mit gesandschaftlichem Charakter bekleideten Con-
sul vorgehe? Das oben (§. 179) erwähnte Re-
glement des wiener Congresses, setzt in dieser
Hinsicht fest, daſs in ausserordentlicher Sendung
sich befindende diplomatische Agenten, darum
keinen höheren Rang haben sollen (Art. 3), und
[360]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
daſs eben so wenig verwandschaftliche Verhält-
nisse oder FamilienVerbindungen der Souveraine,
ihren diplomatischen Angestellten einen höheren
Rang geben sollen. Fehlt es an dergleichen, von
seinem Staat anerkannten Rangbestimmungen, so
muſs der Gesandte trachten, die Rechte seines
Staates, so weit solche auf die natürliche Gleich-
heit, auf Verträge oder Besitzstand sich gründen,
aufrecht zu erhalten, und zwar, wo möglich, auf
solche Art, daſs der Fortgang der Unterhandlun-
gen und das gute Vernehmen der Höfe nicht ge-
stört werde, und daſs der Humanität und Sitten-
feinheit ihr Recht widerfahre a).



§. 221.
Und im eigenen Hause.

Vorstehendes gilt von dem Zusammentreffen
der Gesandten an einem dritten Ort (in loco
tertio). In dem eigenen Hause räumt, bei Ce-
remonielBesuchen, jeder Gesandter einem andern
Gesandten derselben Classe den Vorrang ein, mit-
hin auch die rechte Hand, ohne Rücksicht auf
das Rangverhältniſs, welches unter ihren Sou-
verainen statt findet a). Auch Gesandte der zwei-
ten
Classe pflegen dieses gegen Gesandte der drit-
ten Classe um so eher zu beobachten, da unter
[361]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
ihnen nur minder feierliche Besuche üblich sind.
Hingegen Gesandte der ersten Classe, räumen
selbst in dem eigenen Hause, einem Gesandten
der zweiten und dritten Classe, bei feierlichen
Besuchen, die rechte Hand oder irgend einen an-
dern Rangvorzug nicht ein b).




§. 222.
β) Gegen dritte Personen.

Das Rangverhältniſs der Gesandten zu dritten
Personen, wird bestimmt entweder durch Staats-
verträge, oder durch Rangvorschriften des Sou-
verains an welchen sie gesendet sind. In dem
letzten Fall, oder wenn es überhaupt an einer
positiven Vorschrift ermangelt, hat es selten an
Rangstreitigkeiten gefehlt. Gesandte der ersten
Classe, fordern den Rang unmittelbar nach den
Prinzen von kaiserlichem oder königlichem Ge-
blüt a). Sie fordern den Rang vor allen den-
jenigen Fürsten in Person, welche nicht von hö-
herem oder gleichem Stande sind mit ihrem Sou-
verain b), und vor den Cardinälen, als sol-
chen c). Gesandte der zweiten, und oft auch
die von der dritten Classe, beziehen sich bei
[362]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
ihren Rangforderungen nicht bloſs auf ihren ge-
sandschaftlichen Charakter, sondern auch auf
das Rangverhältniſs ihres Souverains überhaupt,
und zu demjenigen Souverain an welchen sie
gesendet sind. Auf das letzte berufen sich, bei
ihren höheren Rangforderungen, vorzüglich kai-
serliche und königliche Gesandte der zweiten
Classe bei Groſsherzogen, Herzogen, und Für-
sten, auch bei Republiken. Wegen solcher Rang-
streitigkeiten, ist nicht selten nöthig, zu einem
der oben (§. 104 u. ff.) angezeigten Auskunft-
mittel Zuflucht zu nehmen.





§. 223.
c) Etiquette, insbesondere in Absicht auf Audienzen.

In der diplomatischen Etiquette herrscht
grosse Verschiedenheit, theils nach dem Rang
der Gesandten, theils nach Verträgen, Vorschrif-
ten, und Gebräuchen a). Den Gesandten vom
ersten Rang, besonders den CeremonielGesand-
[363]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
ten, werden bei ihrer Ankunft auszeichnende Eh-
renbezeugungen bewilligt, oft schon auf der Rei-
se, noch mehr aber bei ihrem Eintritt in die
Residenz oder den Congreſsort, wo sie zuweilen
einen feierlichen Einzug halten b). Nach ge-
höriger Notification seiner Ankunft bei dem Vor-
steher des auswärtigen Departements oder einem
Oberhofbeamten, und nach erhaltenem Gegen-
Compliment, erhält ein solcher Gesandter von
dem Souverain eine feierliche oder Ceremoniel-
Audienz c), zuweilen eine öffentliche, zu Ueber-
reichung seines Creditivs; bei Gesandschaften an
oder von der Pforte, werden hier zugleich Ge-
schenke übergeben d). In Republiken, ist das
Ceremoniel zum Theil anders. Zuweilen wird
auch zu dem Antritt nur eine minder feier-
liche oder PrivatAudienz bewilligt, oder be-
gehrt e), wie sie nachher und in dem Laufe
der Sendung von Zeit zu Zeit statt hat. Nach
einer feierlichen Audienz, begiebt sich der Bot-
schafter meist auch zu einer Audienz bei der
Gemahlin des Souverains, bei dem Kronprinzen,
auch wohl bei andern Prinzen und Prinzessin-
nen vom Hause f). — Ein Gesandter vom zwei-
ten
Rang erhält nicht leicht öffentliche, sondern
PrivatAudienz; hier wird er von dem Souverain
in seinem Zimmer, stehend, meist in Beiseyn
eines Staatsministers oder Oberhofbeamten, em-
pfangen. Gesandte der dritten Classe, erhalten
bei ihrer Ankunft und Rückkehr entweder nur
[364]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
PrivatAudienz, oder sie überreichen ihre Be-
glaubigungs- und ZurückberufungsSchreiben bloſs
dem Vorsteher des auswärtigen Departements, je
nachdem es der Staat, an welchen sie gesendet
sind, allgemein oder gegen einzelne Staaten fest-
gesetzt hat g).









§. 224.
Fortsetzung.

CeremonielMerkwürdigkeiten der feierlichen
Antritt- oder AbschiedAudienz eines Botschaf-
ters a), sind: der feierliche Hin- und Rückzug
des Botschafters, die militärischen und HofEhren-
bezeugungen, welche ihm zu Theil werden, die
Staats- und Hofpracht, womit der Souverain sich
umgiebt, die Anrede des Botschafters an diesen,
in der eigenen Staatssprache, oder in der fran-
zösischen (§. 113 u. f.), und die darauf erfol-
gende Antwort, die Ueberreichung des Creditivs
während seiner Rede, die Bedeckung des Haup-
tes, welche dem Botschafter vor dem mit bedeck-
tem Haupt anwesenden Souverain zukommt b),
u. d. m. Zu den in solchem Fall üblichen Eh-
renbezeugungen gehört: Abholung und Rückfahrt
in einem sechsspännigen HofStaatswagen, nebst
Hofbegleitung, in feierlichem Zug mit mehreren
eigenen sechsspännigen Wagen, militärische Be-
grüssung von der Haupt- und Schloſswache, Ein-
[366]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
fahren in das Schloſs oder den innern Schloſshof
(l’entrée du Louvre), oder vor das HauptPortal
des Schlosses, feierlicher Empfang von Hofbeam-
ten c), Eingang über die grosse Schloſstreppe
(escalier des ambassadeurs), in den HauptAudienz-
saal, bei Eröffnung beider Flügelthüren (des
deux battans), zu dem unter einem Baldachin
stehenden oder sitzenden Souverain in glänzender
Umgebung, dem er, begleitet von etlichen Per-
sonen seines Gefolges, mit drei Verbeugungen
sich nähert, und der ihn mit Abnehmung des
Hutes begrüſst, und durch ein Zeichen zu ei-
gener Bedeckung des Hauptes einladet, u. d. m.
Begleitung hiebei von andern fremden Gesandten,
kommt selten mehr vor.





§. 225.
Staatsfeierlichkeiten, militärische Ehrenbezeugungen, u. a.
Auszeichnung
.

Bei Staatsfeierlichkeiten, z. B. in dem Fall
[367]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
einer Huldigung oder Krönung, eines Einzugs
oder Begräbnisses, auch bei öffentlichen Ver-
sammlungen der Reichs- oder Landstände, und
in der Hofkirche, u. d., wird dem diplomati-
schen Corps ein Ehrenplatz (place distinguée)
angewiesen. Auch geniessen die Gesandten am
Hofe, nicht nur in den gewöhnlichen Hofver-
sammlungen, sondern auch an GalaTagen und
Hoffesten, Zutritt a), und zum Theil Auszeich-
nung. Die Ehrenvorzüge, welche ihnen bei
Conferenzen mit Staatsdienern des Landes wo
sie residiren, und auf Congressen zu Theil
werden, richten sich nach dem wechselseitigen
Staats- und gesandschaftlichen Standesverhältniſs.
Dasselbe gilt von militärischen Ehrenbezeugun-
gen
, welche gewöhnlich durch eigene Vorschrif-
ten bestimmt sind, z. B. in Ansehung des An-
ziehens oder Präsentirens des Gewehrs von den
Schildwachen, des Herausrufens der Hauptwache,
der Rührung der Trommel oder des Spiels, der
Aufstellung einer Ehrenwache b). Als Auszeich-
nung
gebührt den Botschaftern das Recht, mit
sechs Pferden c), die mit Staatsquasten oder
Fiocchi d) geziert sind, zu fahren, und in ih-
rem Hauptsaal einen Baldachin oder Thronhim-
mel (dais) zu haben e). Gewöhnlich erhalten
die Gesandten bei ihrem Abschied, mache auch
bei ihrer Ankunft, Geschenke f).








§. 226.
d) CeremonielBesuche.

Ausser den PrivatBesuchen a), hat ein Ge-
sandter manche Staats- oder Ceremoniel Besuche b)
zu machen und zu empfangen. In der Ordnung
dieser Besuche und Gegenbesuche, herrscht grosse
Verschiedenheit, in Beziehung nicht nur auf die
Rangclassen der Gesandten, sondern auch auf das
gegenseitige Rangverhältniſs ihrer Constituenten,
und selbst auf LocalEtiquette. Daher auch man-
che Streitigkeiten. Erst nachdem die Ehrenbesuche
und Gegenbesuche zu beiderseitiger Zufriedenheit
ab-
[369]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
abgelegt sind, oder man wegen eines Auskunft-
mittels übereingekommen ist c), erkennen Ge-
sandte verschiedener Staaten, welche an dem-
selben Ort residiren, einander in dieser Eigen-
schaft an. Jene Besuche haben eher nicht statt,
als nach gehörig geschehener Legitimation des
neuangekommenen Gesandten.





§. 227.
Fortsetzung.

Botschafter erwarten, nach gegebener No-
tification ihrer Ankunft durch einen Gesandschaft-
Cavalier oder LegationsSecretär, von allen früher
legitimirten Botschaftern, die erste Ceremoniel-
Visite a), und erwiedern solche hierauf b).
Von den Gesandten der zweiten und dritten
Classe, begehren sie gleichfalls die erste Visite,
sie pflegen diesen aber die Notification nicht
immer auf dieselbe Art wie ihres Gleichen zu
geben. Auch erwarten sie von denselben, daſs
diese sich die Bestimmung der Stunde der er-
sten Visite von ihnen erbitten; und den Gegen-
besuch machen sie bei ihnen bloſs durch ein
VisitenBillet (par carte). — Anlangend die Ge-
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 24
[370]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
sandten der zweiten und dritten Classe, so giebt
der zuletzt legitimirte dieser Classen, allen frü-
her legitimirten Gesandten jeder Classe die erste
Visite, den Botschaftern in Person, zu der von
diesen bestimmten Stunde, den Gesandten der
andern Classen zu beliebiger Zeit durch Vor-
fahren und Visitenkarten; worauf er von allen
den Gegenbesuch durch Vorfahren und par carte
empfängt. — Der Rang und die Etiquette der
Gesandten bei CeremonielGastmahlen und Ver-
sammlungen
, sowohl in dem eigenen Hause,
als auch bei andern Gesandten, bei Staats- und
Privatpersonen, ist ebenfalls nach den oben vor-
getragenen Grundsätzen und Gebräuchen zu be-
urtheilen.




§. 228.
Ende der Gesandschaft.

Der Auftrag eines Gesandten hört auf:
1) durch Ablauf der festgesetzten Zeit, z. B.
bei InterimsGesandten nach Ankunft oder Rück-
kehr des ordentlichen Gesandten a); 2) durch
Beendigung des übertragenen Geschäftes, z. B.
bei Ceremoniel-, Wahl- und Krönungs-, Frie-
densgesandschaften, u. d.; 3) durch Zurück-
berufung des Gesandten (rappel); 4) durch den
Tod desselben; 5) durch den Tod, physischen
oder moralischen b), sowohl des Machtgebers,
als auch 6) desjenigen Souverains, bei welchem
der Gesandte accreditirt war c); 7) durch Auf-
kündigung (Resignation) von Seite des Gesand-
ten; 8) durch Erklärung des Gesandten, aus-
drückliche oder stillschweigende, daſs seine Ge-
sandschaft als beendigt anzusehen sey, z. B. we-
gen grober Verletzung des Völkerrechtes, we-
gen erheblicher Hindernisse in der Unterhand-
lung, u. d.; 9) durch Zurückschickung (Aus-
weisung oder Ausschaffung) des Gesandten d). —
Gewisse Ereignisse können die gesandschaftliche
Thätigkeit (fonctions) eines Gesandten suspendi-
ren e
). Während dieser Suspension, dauert die
Unverletzbarkeit und Exterritorialität des Ge-
sandten fort. So auch, in der Regel, nach dem
[372]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Ende der Gesandschaft, wenigstens auf so lange
Zeit als der Gesandte bedarf, um sich anständig
aus dem Staatsgebiet hinwegzubegeben f). —
Auch kann mit einem Gesandten eine Verände-
rung
sich ereignen, in Absicht auf die Rang-
classe, zu welcher er gehört (§. 184).








§. 229.
Insbesondere Zurückberufung.

Wird ein Gesandter zurückberufen, so über-
reicht er gewöhnlich in einer eigenen, mehr
oder minder feierlichen Audienz, ein Zurück-
berufungsSchreiben (lettres de rappel), verab-
schiedet sich, und empfängt ein Recreditiv (let-
tres de récréance), ein Geschenk, und Reise-
pässe für sich und sein Gefolge a). Er stattet
die gewöhnlichen Abschiedbesuche ab, empfängt
Gegenbesuche, und reiset sodann ab b), zuwei-
len unter militärischer Begleitung c). In der
AbschiedAudienz pflegt er zugleich seinen Nach-
folger, oder den für die Zwischenzeit (par in-
térim) ernannten Gesandten oder Geschäftträger
vorzustellen, wenn ein solcher schon anwesend
ist. Empfängt er, nach erhaltenem Rappel und
Recreditiv, Befehl, sich noch länger an dem-
selben Ort in gesandschaftlicher Eigenschaft auf-
zuhalten, so wird hiezu, in der Regel, ein
[374]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
neues Creditiv erfordert d). Zuweilen ist er
genöthigt, während seiner Abwesenheit das Zu-
rückberufungsSchreiben dem Souverain, bei wel-
chem er accreditirt war, zu übersenden. In
diesem Fall nimmt er zugleich schriftlich Ab-
schied von demselben e). In dem Fall eines
Miſsverhältnisses zwischen beiden Staaten, erhält
er bisweilen Befehl, ohne Abschied und Recre-
ditiv zurückzureisen f).








§. 230.
Und Tod des Gesandten.

Stirbt ein Gesandter in dem Staatsgebiet,
worin er residirt, so ist zuvörderst für gehörige
Versiegelung seiner Amtspapiere, und auch, wenn
es nöthig, seiner Effecten, Sorge zu tragen (§. 209).
Es gebührt ihm ein seinem Verhältniſs angemessenes
Leichenbegängniſs und Begräbniſs; es sey nun an
dem Ort seiner gewöhnlichen Residenz, oder sei-
nes Todes, oder an einem dritten Ort, etwa weil
an jenen beiden seine Religionsverwandten keine
[375]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
öffentliche Religionsübung haben a). Zuweilen
wird der Leichnam abgeführt in das Gebiet
seines Souverains, gemeiniglich mit Befreiung
von den sonst bei der Durchfuhr üblichen Stol-
gebühren b). — Der Witwe c), den andern
Familien Angehörigen und dem übrigen Gefolge
des Gesandten, gebühren die vorhin genossenen
gesandschaftlichen Vorrechte bis zu ihrer nahen,
bequemen Abreise und Verlassung des Staats-
gebietes. Hiezu kann, wenn es nöthig, eine
Frist gesetzt werden, nach deren Ablauf sie die
inländische Staatshoheit über sich anerkennen
müssen. — Die Inventur geschieht, wenn sie
nöthig ist, von einer gesandschaftlichen, oder
von einer andern durch den absendenden Staat
dazu bestimmten Behörde. Die Erbfolge in
den, in dem Gebiet des annehmenden Staa-
tes befindlichen MobiliarNachlaſs des Gesandten,
richtet sich in der Regel nach den Gesetzen des
sendenden Staates d), und dieser Nachlaſs ist
frei von jeder Art von Erbschaftsteuer, so wie
von dem Heimfallsrecht e) (droit d’aubaine).





[376]II. T. II. T. Bed. Rechte; in fr. Verh. III. C. Recht u. s. w.


[]
Notes
*)
Unter vielen andern, darf man nur folgende §§. verglei-
chen: 2 c, 3 d, 22 d, 27 d und f, 31, 49 e, 66, 87 a und c,
105, 107 c, 115, 116 a und h, 133, und ebendaselbst c, d
und e, 135 a, 137 c, 142 c und d, 146 a, 164 b, 176 a,
und ebendaselbst c, 185, 186 a, 187 c und d, 204, 210 c,
213 b, d und e, 234, 255, und ebendaselbst b, 258, 259,
294 a.
Notes
a)
Das Wort Volk (Nation) wird in dreifachem Sinn genommen,
in dem metapolitischen, staatsrechtlichen, und völkerrecht-
lichen. Vergl. unten, §. 20, und J. Th. Roth’s Archiv für
das Völkerrecht, Heft I, S. 1—12.
b)
Von Einigen auch droit politique oder jus politicum, von
Andern freiwilliges oder willkührliches VR., jus gentium vo-
luntarium, jus foederum, usus gentium, genannt.
c)
Ueber die Abtheilung des VR. sind die Meinungen verschie-
den. Einige nehmen ausser dem natürlichen, drei Arten des
positiven VR. an; willkührliches d. h. freiwilliges (volunta-
rium), conventionelles (pactitium), und GewohnheitsVölker-
recht (consuetudinarium). Das letzte kann für wahres Völ-
kerrecht nur dann gelten, wenn es nicht auf blossem Völker-
gebrauch, sondern auf stillschweigenden Verträgen beruht.
Der ersten Art fehlt der wesentliche Charakter eines Zwang-
rechtes. — Andere unterscheiden überhaupt: 1) bloſs natür-
liches Völkerrecht; 2) modificirtes natürliches VR., welches
auf der vermutheten Einwilligung polizirter Völker beruhe;
3) Ge-
[17]I. Cap. Begriff, Abtheilung, Quellen, u. s. w.
3) GewohnheitsVR.; 4) VertragVR. D. H. L. Frhrn. v. Omp-
teda
’s Literatur des VR., S. 8 ff. v. Kamptz neue Literatur
des VR., S. 28 f. — Noch Andere theilen das VR. in 1) na-
türliches oder philosophisches, dieses in nothwendiges oder
ursprüngliches (necessarium s. primarium) und freiwilliges
(voluntarium s. secundarium); 2) willkührliches oder positi-
ves. C. G. Günther’s europ. Völkerrecht in Friedenszeiten,
Th. I, S. 4 ff. — Noch andere Eintheilungen ebendas. S. 22 f.
d)
Das positive VR. der europäischen Staaten, nennen Einige
practisches europäisches VR., jus gentium europaearum prac-
ticum. — Der osmanische Staat erkennt dasselbe nicht durch-
gehends; wohl aber, auſserhalb Europa, die Vereinigten Staa-
ten von Nordamerika, zufolge ihrer ausdrücklichen Erklä-
rung, und der Regent von Brasilien, jetzt König des verei-
nigten Königreichs Portugal, Brasilien, und der beiden Al-
garbien. Vergl. Günther a. a. O. Th. I, S. 27 f. u. 31, Note *.
De Martens recueil des principaux traités, T. IV, p. 196 et
suiv. — Von dem VR. des teutschen Bundes, s. Klüber’s öf-
fentliches Recht des teutschen Bundes, §. 9. — Von dem teut-
schen Völkerrecht zur Zeit des teutschen Reichs, s. Schriften
unten im Anhang, §. 28.
e)
G. F. v. Martens Progr. v. der Existenz eines positiven euro-
päischen Völkerrechts und dem Nutzen dieser Wissenschaft.
Gött. 1787, und in J. C. Koppe’s niedersächs. Archiv für die
Jurisprudenz, Bd. I, (1788. 8.), S. 82—95. — Schriften von
der Nothwendigkeit und dem Nutzen des VR., s. bei v. Kamptz
a. a. O., S. 29 f.
a)
Das öffentliche Recht theilt sich ab, in Staatsrecht und Völ-
kerrecht. Einige begreifen beides unter dem Namen Staats-
recht, und unterscheiden dann auswärtiges und inneres Staats-
recht; das erste ist Völkerrecht.
b)
Dieses hat ihm bei Einigen die Benennung Privat-Völker-
recht verschafft. Crome’s und Jaup’s Zeitschrift: Germanien,
Bd. II (Giesen 1809. 8.), S. 231 f.
c)
Vergl. unten, §. 141, Note c, und §. 259, Note a. — Einige
rechnen auch das obligatorische Verhältniſs eines Staates zu
einzelnen Menschen, die nicht seine Unterthanen sind, als sol-
chen, zu dem Völkerrecht. Man s. aber v. Ompteda a. a. O.
I. 6 u. 7, Note b. — Auch der Rechtszustand zwischen dem
Staat und einzelnen Unterthanen desselben, gehört, so weit
er auf Privatverhältnisse sich bezieht, zu dem Privatrecht;
wie derjenige, welcher sich gründet auf Privatverhältnisse mit
einzelnen Menschen, die nicht seine Unterthanen sind. Vergl.
unten, §. 141, Note c.
d)
Ueber das Verhältniſs zwischen Moral und Politik, s. die
Schriften bei v. Kamptz a. a. O., S. 97 f.
e)
Was in dem wechselseitigen Verkehr der Privatpersonen Klug-
heit heiſst, wird in demjenigen der Staaten Politik genannt.
Diese ächte Politik darf nicht verwechselt werden mit der
Kunst, Ränke zu schmieden, und mit jener Trugsucht, die
auf Kosten der Gerechtigkeit und Billigkeit nur eigenem Vor-
theil fröhnt. Hier waltet Arglist, verwerflich bei Regenten
nicht minder als bei Privatpersonen. Nur eine wahre Politik
giebt es; diejenige, die sich nie entfernt von den ewigen Ge-
setzen der Gerechtigkeit, welche die Unabhängigkeit, das
Eigenthum, und alle Rechte Anderer ehrt, welche gewissen-
haft die schützenden und verhütenden Formen beobachtet.
Es ist dieselbe, deren Anwendung die heilige Allianz (Sainte-
Alliance) gebietet, die zu Paris am 26. Sept. 1815 durch die
Monarchen von Oestreich, Ruſsland und Preuſsen persönlich
geschlossen ward, und welcher fast alle christlichen Staats-
regierungen von Europa beigetreten sind. Man s. unten,
§. 146 u. 329.
a)
Sammlungen der Staatsverträge sind unten, in dem Anhang
zu diesem Werk, §. 5 ff. angeführt. In den meisten europäi-
schen Staaten werden die neuen Staatsverträge jedesmal durch
besondere amtliche Abdrücke, auch durch die Staats- oder
Regierungsblätter, Gesetzsammlungen u. d., bekannt gemacht.
b)
Huld. ab Eyben diss. de jure inter et intra gentes scripto et
[21]I. Cap. Begriff, Abtheilung, Quellen, u. s. w.
non scripto. Giess. 1661, und in dessen Operib. I. 13 sqq.
J. W. Hoffmann diss. de observantia gentium. Vitob. 1736.
rec. Francof. ad Viadr. 1758. 4. A. F. Reinhardt von den
Wirkungen der stillschweigenden Einwilligung zwischen freien
Völkern; in dessen Samml. jurist. philosoph. und krit. Aufsätze
(1775), St. V, S. 307 ff. v. Kamptz neue Lit., §. 240 f. —
Von dem Beweise, den Eigenschaften, und der Wirkung des
Herkommens, s. Klüber’s öffentliches Recht des teutschen Bun-
des, §. 58 ff. — In einer Menge von europäischen Staatsver-
trägen, zeigt sich über viele Gegenstände so groſse Ueberein-
stimmung
, daſs einer dem andern sichtbar zum Muster ge-
dient hat, daſs folglich jener bei diesem zuweilen als Erklä-
rungsmittel dienen kann.
c)
Erfordernisse dieser stillschweigenden Handlungen und des
Herkommens; s. Günther a. a. O. I. 18. 28 ff. J. J. Burlamaqui
principes ou élémens du droit politique (à Lausanne 1784. 8.),
P. I, ch. I, §. 11 et 12. Schmalz europ. Völkerrecht, S. 45.
d)
Z. B. der Acte final du congrès de Vienne, die heilige Allianz
(Sainte-Alliance), und der wiener Allianz-Vertrag wider Buo-
naparte und seine Anhänger, vom 25. März 1815.
e)
Bloſser Völkergebrauch ist die Sitte, diplomatischen Agenten
am Schluſs ihrer Sendung (§. 225), und Unterhändlern nach
Abschlieſsung eines Staatsvertrags, Geschenke zu machen. So
auch die ehemalige Sitte, den fremden Gesandten freie Zeh-
rung zu geben (§. 170 b). Andere Beispiele unten, §. 34, 35,
49, 90, 113—122, 136, 139 a, 228 c, 239, 243 ff.
f)
Etliche verstehen unter Herkommen oder Gewohnheitsrecht
der Völker, einen so genannten vermutheten Vertrag (con-
ventio praesumta). Von Martens Einl. in das positive euro-
päische VR., §. 2 f., 40, 59 u. 60. Die Einwilligung in eine
solche HandlungsNorm sey zu vermuthen von jedem Volk, das
zu der Classe gesitteter Völker, gezählt werden wolle. Gro-
tius
de jure belli et pacis, proleg. §. 17. Wolf jur. gent., in
praefat. De Vattel, droit des gens, prélimin. §. 21. Gün-
ther
a. a. O. Th. I, §. 4. — Auf diese präsumtive Einwilli-
gung aller civilisirten Völker, gründen sie ein Recht, das ei-
nige Neuere modificirtes natürliches VR. nennen. v. Ompteda
a. a. O. I. 9. — Das ganze VR. baut auf vermuthete Einwil-
ligung der Völker, der ungenannte Verfasser des Buchs De
jure generis humani vel divisi in gentes, etc. (Stuttg. 1811.
8.), p. 59.
g)
Wie das römische Recht in der Fiction bei Quasi-Contracten,
nehmen Etliche Einwilligung der Völker zu gewissen Gewohn-
heiten an, weil dieselbe ihrem Interesse gemäſs sey. Man s.
aber Günther a. a. O. I. 17.
a)
Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 61—64.
b)
Die Induction ist anders nichts als ein analogisches Product.
a)
Oben §. 1. Schriften davon, unten in dem Anhang, §. 26 u. f.
a)
Günther a. a. O. I. 35. Note*. Neyron principes du droit
des gens européen, §. 292 sqq. J. R. Kugler diss. vindiciae
juris nat. et gent. contra usucapionem. Argent. 1779. 4. Leop.
F. Fredersdorf’s Versuch, ob die Usucapion unter freien Völ-
kern statt finde? Braunschw. 1785. 8. — Anders, de Real in
s. Science du gouvernement, T. V, ch. 4, Sect. 5. — Schrif-
ten über diese Controvers, in v. Ompteda’s Lit. II. 512. u. in
v. Kamptz neuer Lit., §. 150. — Von der ImmemorialPrä-
scription
unter unabhängigen Staaten, s. C. E. Wächter diss.
de modis tollendi pacta inter gentes (Stuttg. 1779. 4.),
§. 39—43.
b)
Schmalz europ. Völkerrecht, S. 208 — 210.
c)
J. J. Moser’s Beiträge zum europ. VR. in Friedenszeiten, I. 8.
Günther I. 33. — Von dem römischen und canonischen Recht,
ebendas. I. 35. — Die Systeme von Abrundung (Arrondirung)
und von natürlichen und militärischen Grenzen, welche nicht
selten aufgestellt wurden, beruhen fast immer auf blosser Con-
venienz. Unbestimmtheiten zulassend, die der Stärkere zum
Nachtheil des Schwächeren zu benutzen weiſs, sind sie ohne
Grenzen.
d)
Hievon unten, §. 42.
a)
Eine andere Definition giebt Jos. Max. Frhr. v. Liechten-
stern
, in s. Abh. über den Begriff der Diplomatie und die
nothwend. Eigenschaften des Diplomatikers (Diplomaten); in
Ebendess. Anzeiger des cosmographischen Büreau (2. Aufl.
Wien 1814. 8.), S. 105 — 111.
b)
Man s. die in dem Anhang, §. 35 — 39, angeführten Schriften.
c)
So heiſst der Inbegriff von Grundsätzen, nach welchen ein
Staat gegründet, eingerichtet, und regiert werden soll; also,
die Lehre von dem Zweck der Staatsverbindung, und von den
Mitteln, denselben zu erreichen. Der Weg in das Gebiet der
Politik (Staatslehre, Staatskunst, Lehre der Staatsweisheit oder
Staatsklugheit, Politique, Science de gouvernement, Political-
Philosophy), ist zu nehmen durch die Gebiete der Pflichten-
lehre, des Naturrechtes der einzelnen Menschen, und des all-
gemeinen Staatsrechtes. Man vergl. oben, §. 2, Note d, und
Schmalz europ. Völkerr., S. 6 ff. u. 43. — Lehrbücher der
Politik, von Achenwall, Rössig, Behr, A. H. Müller, Lu-
den
, Ge. v. Seckendorf. Auſser diesen noch Schriften von
Macchiavelli, Mazarini, Joh. v. Müller, L. Muratori, J
Craig
, u. a. Ueberhaupt s. man Joh. Wilh. Placidus (Peter-
sen
) Literatur der Staatslehre. I. Abth. Strasburg (Stuttgart)
1798. 8. — Vorzüglich die Staatswissenschaften haben zwei
Seiten, eine juristische und eine politische. J. F. Reitemeier
über das Studium der Staatswissenschaft (Berl. 1791. 8.),
S. 12 ff.
d)
Lehrbücher von Meusel (1817), Milbiller, Mannert,
Sprengel
, und Werke von Toze, Crome, Randel, Ockhart,
Hassel, Liechtenstern
, u. a. Ueberhaupt s. man J. G. Meusel’s
Literatur der Statistik. Bd. I u. II. Leipz. 1806 u. 1807. 8. u. A.
F. Lueder’s Kritik der Statistik u. Politik. Gött. 1812. 8.
e)
Werke von Ad. Smith, v. Heynitz, Niemann, Playfair, Sar-
torius, Lauderdale
, C. J. Kraus, Say, L. H. Jacob, Simonde
de Sismondi, Lueder, Ganilh, Ch. v. Schlözer, Canard, Leop.
[26]Einleitung. Vorbereitender Theil.
Krug, F. B. Weber, Th. Schmalz, Dutens, Hufeland, Lotz,
A. H. Müller, v. Cölln, A. W. v. Leipziger, H. Storch,
Harl
, u. a.
f)
Werke von Feuquieres, Lloid, Venturini, Jos. Theobald,
Heinr. v. Bülow, Aug. Wagner, Aster, Erzherzog Carl von
Oestreich, Rogniat. Die Strategie, von J. v. X. München
1818. 8.
g)
Die vorzüglichsten Werke über das Völkerrecht, sind unten
in dem Anhang genannt. Diejenigen über das Staatsrecht der
verschiedenen Staaten von Europa, werden angeführt in Püt-
ter
’s Literatur des teutschen Staatsrechtes, und in Klüber’s
neuer Literatur des t. Staatsrechtes. Auch s. man die unten,
§. 30, Note a, angef. Schriften.
h)
Man s. die Werke von Vera et de Cuniga, de Callieres, de
la Sarraz du Franquesnay, Pecquet, Digges, Mably, u. a.,
welche unten §. 168 angeführt sind.
i)
Schriften, unten §. 111, Note a.
k)
Klüber’s Kryptographik. Mit Kupfern. Tübingen 1809. gr. 8.
a)
Werke von Büsching, Normann, Fabri, Gaspari, Stein,
Malte-Brun
, u. a.
b)
Lehr und Handbücher von Gatterer, Gruber, Schönemann,
Mereau
, von Schmidt genannt Phiseldeck, Mabillon, le
Moine et Batheney, u. a. F. A. Huch’s Literatur der Diplo-
matik. Erlangen 1792. 8.
c)
D. H. Hegewisch Einleitung in die Chronologie. Altona 1811.
8. F. Schoell élémens de chronologie historique. Paris 1812.
2 vol. in 18°.
d)
Lehrbücher von Reinhard und Gatterer. Gröſsere Werke
sind: P. F. Speneri opus heraldicum. T. I. 1680. T. II. 1690.
fol. (J. C. Siebenrees) Erläuterungen der Heraldik, nach Gat-
terer
. Nürnb. 1789. Fol. J. C. Gatterer’s practische Heral-
dik. Gött. 1791. 8.
e)
Lehrbücher von Will und Gatterer. Stammtafeln von Hüb-
ner, Biedermann, Pütter, Koch, Gebhardi, Voigtel
. Zu
Frankfurt bei Varrentrapp erschien von 1742 bis 1805, jähr-
lich in zwei Octav-Bänden: Genalogisches Reichs- und Staats-
Handbuch; im J. 1811 erschien wieder ein erster Theil dessel-
ben. Man s. auch G. Hassel’s allgem. europäisches Staats- und
Adreſs-Handbuch. Weimar Th. I. 1816. Th. II. 1817. 8.
f)
Schriften von Eckhard, Conradi, Wittich, Sammet, Zacha-
riä
. Man s. auch Pütter’s Literatur des t. Staatsrechtes, Th.
III, S. 304. Klüber’s Literatur des t. Staatsr., §. 287.
g)
Ein Verzeichniſs unten im Anhang, §. 39.
a)
Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 379. v. Kamptz neue Lit.
§. 1 ff., 26 u. 30 ff.
b)
v. Kamptz a. a. O. §. 53.
c)
Von dem Werth der Beispiele, s. Moser’s Versuch des neue-
sten europ. VR. I. 28. Ueber politische Erfahrungen; in der
Minerva, Sept. 1813, S. 487 — 498.
a)
J. D. Michaelis mosaisches Recht, Th. I, §. 19 ff. u. 61.
Schriften bei v. Kamptz a. a. O. S. 54.
b)
v. Ompteda a. a. O. I. 141 ff. v. Kamptz a. a. O. S. 54 ff.
c)
v. Ompteda a. a. O. I. 142 ff. 3787. Schriften bei v. Kamptz
a. a. O. S. 56. Die unten im Anhang, §. 35, angef. Historie
des anciens traités, par Mr. Barbeyrac.
a)
Tyge Rothe’s Wirkung des Christenthums auf den Zustand
der Völker in Europa. Aus dem Dänischen. Copenhagen
1775 — 1782. Th. I — IV. 8. Schmalz europ. Völkerrecht,
S. 14 ff.
b)
Grotius de J. B. et P. lib. II. c. 15. §. 12. Leibnitz in prae-
fat. ad. Cod. jur. gent. diplomat. J. P. Ludewig diss. de jure
reges appellandi, c. II. §. 6.; auch in dessen Opusc. miscell. I. 45.
a)
J. G. Büsch Grundriſs einer Geschichte der merkwürdigsten
Welthändel neuerer Zeit (4. Ausg. von G. G. Bredow. Hamb.
1810. gr. 8.), S. 42 ff. An enquiry into the Foundation and
history of the law of nations in Europa, from the time of the
Greeks and Romans to the age of Grotius; by Robert Ward.
Lond. 1795. T. I. II. 8. Nic. Vogt’s histor. Darstellung des
europ. Völkerbundes. Frankf. Th. I. 1808. 8. Robertson’s
Ge-
[33]II. Cap. CulturGeschichte und Literatur.
Geschichte Kaiser Carls V., Th. I, S. 172. Man s. auch die
Einleitung in A. H. L. Heeren’s Handbuch der Geschichte des
europäischen StaatenSystems. — Ueber den Einfluſs der fran-
zösischen Revolution, insbesondere der Eroberungssucht und
der Usurpationen Napoleon’s Buonaparte, auf Politik und
Völkerrecht, s. man Benjamin Constant de Rebecque, de
l’esprit de conquête et de l’usurpation, dans leurs rapports
avec la civilisation européenne. (Sine loco) 1814. 8. Teutsch
übersetzt unter folg. Titel: Ueber Eroberungsgeist und Usur-
pation, im Verhältniſs zur neu-europäischen Bildung; von
B. Constant. 1814. 8. De la restauration politique de l’Eu-
rope et de la France; par M. de Flassan. Paris 1814. 8.
Ans. v. Feuerbach, die Weltherrschaft, das Grab der Mensch-
heit. München 1814. 8. C. H. K. A. v. Kamptz Beiträge zum
Staats- und Völkerrecht, Bd. I, S. 95 — 112.
a)
v. Ompteda’s Lit. I. 139 — 161. v. Kamptz neue Lit. 26. 56.
Günther a. a. O. I. 2 f. H. G. Scheidemantel’s allgem. Staats-
recht (Jena 1775. 8.), S. 13 ff.
b)
Jean Barbeyrac traité de la morale des pères de l’église. à
Amsterd. 1728. 4. J. J. Schmauss neues Systema des Rechts
der Natur (Gött. 1754. 8.), S. 73 — 97.
c)
Schmauss a. a. O. S. 97 ff.
d)
Mart. Hübneri orat. de immortalibus Mart. Lutheri in impe-
[35]II. Cap. Cultur Geschichte und Literatur.
ria meritis. Hafn. 1761. 4. J. W. Placidus (Petersen) Lite-
ratur der Staatslehre, I. Abth., S. 160 ff.
e)
v. Ompteda a. a. O. I. 163 — 170.
a)
J. M. Schröckh’s Abbildung und Lebensbeschreibungen be-
rühmter Gelehrten, Bd. II, S. 257 — 376. v. Ompteda a. a. O.
I. 172. 175 — 248. v. Kamptz a. a. O. S. 45 f. — Damalige
Staatsverträge wurden zu jener Zeit selten durch den Druck
bekannt.
b)
Meister’s biblioth. jur. nat. I. 199 sqq. G. C. Gebaueri nova
juris nat. historia, p. 23 sqq. Glafey’s Geschichte des Rechts
der Vernunft, S. 111. C. H. L. Pölitz comm. cit. unten in dem
Anhang, §. 1.
c)
v. Ompteda I. 252 — 265. — Von Hobbes, s. ebend. 249.
d)
Ebendas. I. 270 — 283. J. G. Mzusel’s hist. liter. bibliogr.
Magazin (1788), I. 27 ff. II. 22 ff. III. 306.
e)
Dahin gehören: Rachel, Dürr, Uffelmann, Nic. Becmann,
Menzer, Alberti, Pompeji, Zentgrav, Werlhof, Ludewig,
Leirnitz, Strimesius
, u. a. v. Ompteda I. 276 — 289. Meu-
sel
II. 42 ff. 47 f. — Der angef. Rachel gründete, 1676, das
positive Völkerrecht bestimmt auf ausdrückliche und still-
schweigende Verträge. Er unterschied zugleich die Vertrag-
rechte einzelner Völker, von einem gemeinschaftlichen positi-
ven Völkerrecht, das aus Rechtsgewohnheiten hervorgehe.
f)
Z. B. Christian. Thomasius. v. Ompteda I. 293 f.
g)
Von Joh. Wolfg. Textor 1680, Christi. Thomasius 1688 und
1705, Joh. Jac. Müller 1694, Joh. Heinr. Mollenbeck 1695,
Joh. Friedr. Hombergk zu Vach 1721, Ad. Friedr. Glafey
1723, Joh. Friedr. Schneider 1729, Heinr. Köhler 1735, Joh.
Sigism. Stapf 1735, Lorenz Reinhard 1736, Joh. Ad. Ick-
stadt
1740.
h)
Von J. C. Lünig, 1694 u. 1702; Leibnitz, 1695 u. 1700;
Jac. Bernard oder Mötjens, 1700; Du Mont, 1726 — 1731,
mit den Supplementen von Barbeyrac und Rousset, 1739;
Joh. Jac. Schmauss 1730, u. a. — Register über diese und
andere Sammlungen, von Pet. Georgisch, 1740 — 1744.
i)
Von St. Priest 1735, und von Barbeyrac 1739.
a)
v. Ompteda a. a. O. I. 320 ff. Schmauss a. a. O. S. 336 — 354.
b)
Lebensgeschichte Joh. Jac. Moser’s, von ihm selbst beschrie-
ben. Frankf. u. Leipz. Th. I — III. Dritte, stark verm. Aufl.
1777. Th. IV. 1783. 8. Cph. Weidlich’s Nachrichten von
jetzt lebenden Rechtsgel. Th. VI, S. 1 — 119. v. Ompteda a.
a. O. I. 352. J. G. Meusel’s Lexicon von 1750 bis 1800 ver-
storbener Schriftsteller, Bd. IX, S. 293 ff.
c)
Imman. Kant’s metaphys. Anfangsgründe der Rechtslehre
(Königsb. 1797. 8.), §. 53 ff.
a)
J. St. Pütter’s Geschichte der Universität Göttingen, Th. II,
§. 109. Cph. Weidlich’s biographische Nachrichten, Th. III
und IV.
b)
Auſser denen Lehrbüchern, worin das Naturrecht und das
[40]Einleitung. Vorbereitender Theil.
allgemeine Völkerrecht zusammen abgehandelt werden (v.
Ompteda II. 383 ff.), gehören hieher, die Lehrbücher von H.
F. Kahrel 1750; J. J. Burlamaqui 1751 u. 1784; J. F. L.
Schrodt 1768 u. 1780; de la Maillardiere 1775; G. Achen-
wall
1775; Lauriz Nörregaard 1776; C. G. Günther 1777;
P. J. Neyron 1783; G. F. v. Martens 1785, 1789, 1796, 1801,
1820; P. T. Köhler 1790; C. U. D. v. Eggers 1796; F. Saalfeld
1809; von einem Ungenannten (De jure gentium et cosmopo-
litico) 1811; Th. Schmalz 1817; Jul. Schmelzing 1818 u. f.
c)
Von A. F. Glafey 1752; G. de Real 1754; E. de Vattel 1758
(gröſstentheils französische Umarbeitung des Wolffischen Wer-
kes, in leichterem und angenehmerem Vortrag); J. J. Burla-
maqui
und de Felice 1766 — 1768; C. G. Günther 1787 u. 1792,
unvollendet; G. de Rayneval 1803; J. B. Gondon d’Assoni
1808; C. U. D. v. Eggers 1809 u. 1810.
d)
Allgemeine, von F. A. W. Wenck 1781, 1788 u. 1796, und
G. F. v. Martens 1791 — 1820. Von besondern Sammlungen
für einzelne Staaten, unten, in dem Anhang zu diesem Buche.
e)
G. F. v. Martens, 1800 u. 1802.
f)
Von J. J. Schmauss, 1741 u. 1747; Mably 1747 (1748, 1761,
1764, 1773, 1776, 1792, 1794); C. F. Hempel 1751 — 1755;
J. C. Adelung 1762 — 1769; G. Achenwall 1756 (1761, 1767,
1779); J. G. Meusel 1775 (1782, 1788, 1800, 1817); L. T.
Spittler 1793 (1807); J. G. Büsch 1781 (1783, 1796, fort-
gesetzt von G. G. Bredow 1810); C. W. Koch 1796 u. 1797,
vermehrt und fortgesetzt von F. Schöll 1817 u. 1818; M. C.
Sprengel 1797; J. G. Eichhorn 1803 u. 1804, (1817); C. D.
Voss 1801 ff.; F. Ancillon 1803 — 1805; G. F. v. Martens
1807; A. C. Wedekind 1808; A. H. L. Heeren 1809 u. 1811;
Flassan 1809 (1811); L. v. Dresch 1815; F. Saalfeld 1816;
Paolo-Chagni 1817.
g)
Von C. F. Hempel 1751 — 1755, und von G. F. v. Martens
1801.
a)
Vergl. C. A. v. Kamptz neue Literatur des Völkerrechts,
§. 1 — 16.
a)
Die Schriften sind unten genannt, in dem Anhang, §. 2.
b)
Die biographischen Werke sind angegeben, in dem Anhang,
§. 3.
a)
Nach dieser Ordnung, sind die wichtigsten Schriften verzeich-
net, unten in dem Anhang, welcher eine Bibliothek für das
Völkerrecht enthält.
a)
Klüber’s öffentliches Recht des teutschen Bundes, §. 1—4.
b)
Ebendaselbst, §. 192 u. 194.
c)
Anti-Leviathan (Gött. 1807. 8.), S. 49 ff. — Andere denken
sich den Staat als NaturProduct, und erklären dessen Entste-
hung durch NaturNothwendigkeit. Rousseau du contract so-
cial, liv. I, ch. 5 et 6; liv. III, ch. 16. Principe fondamental
du droit des souverains (à Genève 1788. gr. 8.), T. 1, p. 13
et suiv., vergl. jedoch mit T. II, p. 85, wo ein QuasiContract
angenommen wird. Hugo’s Naturrecht, §. 318 ff. Fries phi-
losophische Rechtslehre, S. 76 ff. Man s. jedoch Klüber a.
a. O., §. 2.
a)
Summitas imperii, summa potestas, summum imperium, su-
prematus, potentatus. In dem welauer Tractat 1657, Art. 5,
wird die Souverainetät so ausgedrückt: „Ducatum Prussiae
Elector possidebit jure supremi dominii, cum summa atque
absoluta potestate“. Schmauss corp. jur. gent. acad. I. 654.
Souverainer Fürst, princeps summa vel suprema potestate, ist
derjenige, welchem die Ausübung der Souverainetät zusteht.
Oestreich wollte in dem westphälischen FriedensInstrument
genannt seyn: „Princeps per se absolutus et liber“. Von
dem Streit hierüber, s. de Meiern Acta Pacis Westph., V. 507
— 540. — Von den verschiedenen Bedeutungen des Wortes
Souverainetät, s. Klübers öffentl. Recht des teutschen Bundes,
§. 176, Note b.
b)
„Un Souverain n’est tenu de rendre compte de sa conduite
[47]I. Cap. Begriff, SouverainetätsVerhältnisse, u. s. w.
qu’ à Dieu et à son épée“. Von dem Sinn dieser Redensart,
s. de Real science du gouvernement, T. IV, ch. 2, Sect. 2,
§. 11. Oestreichs Erklärung auf dem westphälischen Friedens
Congreſs 1648, bei v. Meiern l. c. V. 513 sq.
c)
Grotius de J. B. et P. lib. I. c. 3. §. 6 sq. Pufendorf de J.
N. et G. lib. VII. c. 6. — Schriften von der Unabhängigkeit
der Völker, s. bei v. Ompteda II. 484 f. — Abhandlung von
der Souverainetät überhaupt, und der rheinischen Bundes-
fürsten insbesondere, in Winkopp’s rheinischem Bund, XXXI.
1. XLIX. 75. 79. L. III. 184. 289. Abh. von der Souverainetät
des Staates und der Souverainetät des Fürsten, ebendas. III.
383. Fr. Ancillon über Souverainetät und Staatsverfassungen.
Berlin 1815. 8. Institutions politiques, par le baron de Biel-
feld
, T. I. (à la Haye 1740. 4.), p. 29.
a)
Darauf gründete Leibnitz die Hypothese von einem Unter-
schied zwischen Supremat und Potentat, der aber bloſs factisch
ist. Man s. dessen Abh. Caesarinus Fürstenerius de jure su-
prematus ac legationis principum imperii (1677. 8.), c. 10 —
12. p. 40 — 57.
b)
Beispiel der französischen MediationsActe für die Constitutio-
nen der 19 schweizer Cantone, und ihren Staatenbund, v.
19. Febr. 1803, in dem Code politique (à Paris 1809. gr. 8.),
p. 417 — 515.
c)
Vergl. den folg. §.
d)
Erklärungen K. Napoleon’s, als Protectors des rheinischen
Bundes, in der BundesActe, Art. 1, 2, 3, 4, 7, 17 — 26; in
einer Erklärung an die teutsche Reichsversammlung v. 1. Aug.
1806; und in einem Schreiben an den Fürsten Primas v. 11.
Sept. 1806. Klüber’s Staatsr. des Rheinbundes, §. 79. — Dan-
zig ward, seiner Unabhängigkeit unbeschadet, unter königlich-
preuſsische und sächsische Protection gestellt, in den tilsiter
Friedensschlüssen 1807, Art. 6. u. Art. 19. — Die Stadt Cra-
cau, nebst ihrem Gebiet, ward für eine freie, unabhängige
und völlig neutrale Stadt, unter Ruſslands, Oestreichs und
Preussens Schutz, erklärt, in der SchluſsActe des wiener Con-
gres-
[49]I. Cap. Begriff, SouverainetätsVerhältnisse, u. s. w.
gresses, Art. 6. Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. VI,
S. 22, u. Bd. V, S. 158. — Das Schutzverhältniſs eines sou-
verainen Staates zu einem andern, verpflichtet ihn bloſs, sich
so zu benehmen, daſs der Schutzherr, in einem vorkommenden
Fall, sich nicht als entledigt von der Schirmpflicht betrachten
könne.
e)
H. G. Scheidemantel diss. de nexu feudali inter gentes. Jen.
1767. 4. J. A. H. Thalwitzer diss. de obligatione utriusque
Siciliae Regis tributum annuum ex nexu clientelari Pontifici
Romano ulterius praestandi. Vitemb. 1790. 4.
f)
K. Napoleon’s Fundation des Königreichs Westphalen, in Ge-
mäſsheit der tilsiter Friedensschlüsse, durch die Constitution
v. 15. Nov. 1807, in dem angef. Code politique, p. 589, und
in dem Rhein. Bund, XII. 472. — Von dem Herzogthum War-
schau und der Stadt Danzig, s. die tilsiter Friedensschlüsse,
Art. 5 u. 6, u. Art. 15 u. 19.
g)
Von solchen Verhältnissen überhaupt, sehe man de Real a.
a. O. T. IV, ch. 2, sect. 3, §. 17.
h)
Rheinische BundesActe v. 12. Jul. 1806, Art. 7. Vergl. Win-
kopp
’s rhein. Bund, IV. 147. IX. 445. VI. 408.
a)
Moser’s Versuch des neuesten europ. Völkerrechts, Th. VI,
S. 126 ff. Günther’s Völkerrecht, I. 76 f.
b)
L. G. Magen diss. de eo quod circa imperantem agnoscen-
dum est juris gentium, etc. Giess. 1748. 4. J. C. W. v.
Steck von Erkennung der Unabhängigkeit einer Nation und
eines Staats; in dessen Versuchen über verschiedene Materien
politischer und rechtl. Kenntnisse (Berl. 1783. 8.), S. 49 ff.
c)
Beispiele, in dem münsterischen Fr. zwischen Spanien und
den verein. Niederl. v. 1648, Art. 1, Friede zu Kaingard vom
10/21 Jul. 1774, Art. 3. Pariser Friede von 1783, Art. 1. Aner-
kennung des Königreichs Westphalen, von Ruſsland, in dem
tilsiter Fr. 1807, Art. 18 — 20, und von Preuſsen in dem til-
siter Fr. 1807, Art. 6 — 9. Preuſsens Anerkennung des rhei-
nischen Bundes, ebendas. Art. 4. Russische und preuſsische
Anerkennung der neuen Könige von Neapel und Holland,
ebendas. Art. 14 u. Art. 3. Oestreichische Anerkennung der
Königswürde und Souverainetät von Baiern und Wirtemberg,
und Napoleon’s Königswürde von Italien, in dem presburger
Fr. 1805, Art. 5, 7, 14. Oestreich und Frankreich erkannten
die Unabhängigkeit der helvetischen und der batavischen Re-
publik, ebendas. Art. 18. In dem wiener Fr. 1809, Art. 15,
erkannte Oestreich alle Veränderungen, die in Spanien, in
Portugal, und in Italien statt gehabt haben, oder statt haben
könnten. Beispiele von den Königreichen Hannover und der
Niederlande, von der Schweiz, von dem Königreich beider Sici-
[51]I. Cap. Begriff, SouverainetätsVerhältnisse, u. s. w.
lien, in dem Acte final du congrès de Vienne, art. 26, 65, 7 [...]
et 104. Von San Marino, s. §. 29 f.
d)
Münster Fr. 1648, Art. 53. Beispiele in dem Acte final du
congrès de Vienne, z. B. art. 1, 6, 17, 53, 65 ff., 98, 99, 101
u. 103.
e)
AllianzTractat zwischen Frankreich und der Schweitz v. 1777,
Art. 4. Tractat zwischen Frankreich und den vereinigten Staa-
ten von Nordamerika von 1778, Art. 11. Russische Garantie
der Intregität der rheinischen Bundesstaaten, in dem tilsiter
französisch-russischen Frieden v. 1807, Art. 25. Wechselsei-
tige StaatenGarantie in den Tractaten Frankreichs mit Baiern,
Wirtemberg und Baden, vom J. 1805. Klüber’s Staatsr. des
Rheinbundes, §. 135. Frankreich garantirt, in dem presbur-
ger Fr. 1805, Art. 17, und in dem wiener Fr. 1809, Art. 14,
die Integrität der Besitzungen des Hauses Oestreich. Verschie-
dene andere Beispiele, in Klüber’s Acten des wiener Congres-
ses, Bd. I, Heft I, S. 96; Heft 2, S. 90, 93 u. 95; Bd. VI,
S. 545 f.; Bd. IV, S. 429 u. 456; Bd. II, S. 281.
f)
Beispiele von den vereinigten Niederlanden, von Portugal,
von den vereinigten Staaten von Nordamerika. Günther’s
Völkerrecht, I. 78—86. Vergl. auch de Steck observatt.
subseciv. cap. 14. u. Schmalz europ. Völkerrecht, S. 36 f.
g)
de Vattel droit des gens, L. I, ch. 16, §. 194. Man vergl.
unten §. 27.
a)
Nach Hertius, QuasiRegnum, nach Neyron, État du second
ordre; und dessen Regent, nach de Real, Prince-sujet.
a)
Aeltere Beispiele bei Günther a. a. O. I. 120 ff. Die Repu-
blik Polen war durch den Allianz-Tractat mit Ruſsland von
1793, Art. 6—8 u. 11, ein halbsouverainer Staat geworden.
de Martens recueil, V. 222. So auch die Carthaginenser,
als sie nach dem zweiten punischen Krieg den Römern ver-
sprachen, ohne ihre Einwilligung keinen Krieg zu führen. —
Neuere Beispiele s. unten §. 33.
b)
Von so genannten streitigen souverainen Staaten, s. Günther
a. a. O. Th. I, S. 110 ff. — Ueber Prätensionen der ver-
schiedenen Staaten von Europa, s. man Cph. Herm. Schwe-
ders
theatrum praetensionum et controversiarum illustrium.
Leipz. 1712. Zweite Ausg. vermehrt von A. F. Glafey. Leipz.
1727. fol. Les intérêts présens et les prétentions des puissan-
ces de l’Europe, fondés sur les traités depuis la paix d’Utrecht
inclusivement, et sur les preuves de leurs droits particuliers;
par Jean Rousset. à la Haye 1740. T. I — III. 4. Klüber’s
öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 82 f.
a)
Vergl. Klüber’s öffentliches Recht des teutschen Bundes,
§. 101.
b)
Nettelbladt’s Erörterungen einiger Lehren des t. Staatsr.,
S. 371 ff. Ebendess. Sammlung kleiner jurist. Abhandl. (1792.
8.), S. 139. Moser von der Landeshoheit überhaupt, Cap. XI.
Pütter’s hist. Entwickel. der Staatsverfass. des t. Reichs, III.
290. de Ludolf T. I. obs. 33. Strube’s rechtl. Bedenken, II.
195 ff. Klüber a. a. O. §. 102 ff. 188 ff. Schriften in Pütter’s
Lit. des t. Staatsr. III. §. 1623. u. in Klüber’s neuer Lit. des t.
Staatsr., S. 693.
c)
Baiern, Baden und Hessen haben dieses, in Absicht auf die
ihnen unterworfenen Standesherren, ausdrücklich erklärt.
Klüber’s Staatsrecht des rheinischen Bundes, §. 198. — Von
der Stadt Podgorze, s. man die SchluſsActe des wiener Con-
gresses, Art. 8.
a)
Schriften von der Vereinigung der Staaten, s. in Pütter’s
Literatur des t. Staatsr. III. 134. Klüber’s neue Literatur des
t. Staatsr. §. 928. — Vergl. auch Pufendorf de J. N. et G. lib.
VII. c. 5. §. 16 sq. Martini positiones de jure civitatis, c. XII.
§. 407. Schrodt jur. publ. univ. P. III. c. 4. §. 8. Pütteri
instit. jur. publ. germ. §. 76. Ebendess. Beiträge, Th. I,
Abh. 2. (Pet. Ant. Frhrn. von Franck’s) Beweis, daſs dem
erzstiftischen Domkapitel von Trier die landesherrliche Zwi-
schenregierung in dem mit dem Erzstift auf ewig vereinigten
Fürstenthum Prüm, bei gehindertem oder erledigtem erz-
bischöflichen Stuhl, ausschlieſslich zustehe (1781. fol.), §. 5
— 13. u. §. 20 — 27, wo diese Materie durch viele Beispiele
aus der europäischen Staatengeschichte erläutert ist. — Von
[56]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
dem Königreich Sachsen, s. v. Römer’s kursächs. Staatsr. Th. I,
S. 106 — 176.
b)
Folgender Abriſs, nach des Verfassers Ansicht, gewährt eine
schnelle Uebersicht der verschiedenen UnionsArten. Unio
civitatum
, sive perpetua sit sive temporaria, fit jure I) vel
societatis (systema civitatum foederatarum), II) vel imperii,
h. e. sub eodem imperante. Haec est: 1) vel personalis; 2) vel
réalis, jure a) sive aequali, b) sive inaequali, ita ut haec sit
α) vel inaequalis proprie sic dicta, β) vel incorporativa.
c)
So das Groſsherzogthum Luxemburg mit dem Königreich der
Niederlande, nach dem Acte final du congrès de Vienne, du
9 juin 1815, art. 67 et 71. Traité du Roi des Pays-Bas avec
l’Autriche, la Russie, la Grande-Bretagne et la Prusse, du
31. mai 1815, art. 3 et 6; in Klüber’s Acten des wiener Con-
gresses, Bd. VI, S. 171 u. 173. Klüber’s Uebersicht der diplo-
mat. Verhandlungen des wiener Congr., S. 161.
d)
Von dieser Art ist die Vereinigung 1) zwischen Ruſsland und
Polen, nach dem Acte final du congrès de Vienne, art. 1.
und nach den Tractaten Ruſslands mit Oestreich und Preuſsen,
vom 3. Mai 1815, in Klüber’s Acten des wiener Congresses,
Bd. V, S. 124, u. Bd. VI, S. 100; Politisches Journal v. 1815,
S. 483 ff., v. 1816, S. 99 u. 114 ff.; 2) zwischen Norwegen
und Schweden, seit 1814. Polit. Journal v. 1815, S. 62 ff.,
138 ff., 226 ff., 419 ff. u. 516 ff. — seit 1819 führen die in
Norwegen geschlagenen Münzen den Titel: König von Norwe-
gen und Schweden, so wie auf den in Schweden geschlagenen
Münzen Norwegen vorgesetzt wird; 3) zwischen Neapel und
Sicilien, unter dem Namen des Königreichs beider Sicilien,
vermöge des ThronfolgeGesetzes Carls III. v. 6. Oct. 1759, der
SchluſsActe des wiener Congresses, Art. 104, und der Procla-
mationen Ferdinands IV. v. 8. u. 12. Dec. 1816, in v. Mar-
tens
recueil, Supplém. VIII. 275; 4) zwischen Portugal,
Brasilien
und den beiden Algarbien, nach einem Patent des
Prinzen Regenten von Portugal, datirt aus Rio-Janeiro vom
16. Dec. 1815, in dem Journal des débats du 22 février 1816.
5) Auch gehören hieher verschiedene Staaten, welche unter
dem Scepter des Kaisers von Oestreich vereinigt sind. 6) Von
der Union der vereinigten Staaten der jonischen Inseln, sehe
man unten, §. 33, Note f.
e)
Von der ungleichen RealVereinigung s. Mevius consil. post-
[57]I. Cap. Begriff, SouverainetätsVerhältnisse, u. s. w.
hum., cons. V, n. 67 sqq. Olenschlager’s Erläuterung der
goldenen Bulle K. Carls IV, S. 66 u. 357. — Auf dem wie-
ner Congreſs wurden nach gleichem Recht mit den Staaten des
Königs von Sardinien auf immer vereinigt (unio realis aequa-
lis perpetua), die Staaten welche früher die Republik Genua
gebildet hatten, und die Bezirke der ehemaligen Feudi impé-
riali
die mit der ligurischen Republik waren vereinigt wor-
den. Acte final du congrès de Vienne, art. 85 — 89. Acten
des wiener Congresses, Bd. VI, S. 77, 182, 194 u. 202.
f)
So wurden im J. 1815 die Vereinigten Niederlande (Holland)
und die vormaligen belgischen Provinzen zusammengeschmol-
zen, unter dem Namen Königreich der Niederlande. Acte
final du congrès de Vienne, art. 65 et 73. Der angef. Traité
du Roi des Pays-Bas etc. v. 31. Mai 1815, Art. 1, nebst dem
Anhang zu dem 8. Art., in Klüber’s Acten des wiener Congr.,
Bd. VI, S. 168 u. 175 ff. — Von der beständigen RealUnion
des schwedischen Finnlandes mit dem russischen Reich, s. man
das kaiserl. Manifest vom 20. März 1808, in v. Martens re-
cueil, Supplém. V. 9. 23. — Vereinigung der Herrschaft Jever
mit dem Herzogthum Oldenburg im J. 1818 (nicht 1813), in
v. Marten’s recueil, Supplém. VII. 296. — Von den Herzog-
thümern Curland und Semgallen, unten §. 33, Note b.
Von Gerisau, unten §. 29, Note f.
a)
Polybius historiar. lib. II. c. 4. Praschius de rep. Achaica.
C. G. Heyne progr. de eod. arg. Gött. 1783. Bynrershoer
quaest. jur. publ. lib. 2. c. 24. Burlamaqui principes du droit
politique, P. II, ch. 1, §. 43 sqq. Pütter’s Beiträge, I. 24.
Sam. de Pufendorf diss. de systematibus civitatum; in s. Dis-
sert. acad. select. (Upsal. 1677. u. Francof. 1678. 12.), p. 210;
auch in dessen Politica inculp. p. 226. Joach. Erdm. Schmidt
diss. de civitatis origine civitatumque systemate. Jen. 1745.
J. C. Wieland diss. de systemate civitatum. Lips. 1777, u. in
s. Opusc. acad. Fasc. I. (1790. 8.) n. 2. Sainte-Croix des an-
ciens gouvernemens fédératiſs. Comparaison de la ligue des
Achéens, des Suisses et des Provinces-unies, par M. J. Meer-
mann
, à la Haye 1784. 4. E. A. Zinserling le système fédé-
ratif des Anciens, mis en parallèle avec celui des Modernes.
à Heidelb., Strasb. et Paris 1809. 8. F. W. Tittmann über
den Bund der Amphictionen. Berlin 1812. 8.
b)
Günther’s Völkerr. I. 140. G. H. v. Berg’s Abhandlungen zur
Erläuterung der rhein. BundesActe, Th. I, S. 6 f.
a)
Der östreichische Kaiserstaat begreift in sich, auſser dem
Erzherzogthum Oestreich, die Königreiche Böhmen, Galizien,
Ungarn, Illyrien (gebildet durch ein Patent vom 3. Aug. 1816),
Sclavonien, Croatien, Dalmatien, das lombardisch-venetia-
nische Königreich (gebildet durch ein Patent vom 7. April 1815,
in Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. VII, S. 303),
u. s. w.
b)
Durch ein Patent, datirt aus Rio-Janeiro vom 16. Dec. 1815,
erhob der König von Portugal den brasilianischen Staat zu
der Würde eines Königreichs von Brasilien. Zugleich befahl
er, daſs die Königreiche Portugal, beide Algarbien, und Bra-
silien künftig ein einziges Königreich bilden sollten, unter dem
Namen vereinigtes Königreich Portugal, Brasilien, und bei-
ler Algarbien
.
c)
Durch den Acte final du congrès de Vienne, art. 34, ward
dem Herzog von Oldenburg die groſsherzogliche Würde be-
willigt; aber der jetzige Administrator des Herzogthums hat
zeither hievon keinen Gebrauch gemacht. Klüber’s Uebersicht
der diplomatischen Verhandlungen des wiener Congresses,
S. 162. Vergl. unten, §. 107 c. — Von den Titeln der teut-
schen Souveraine überhaupt, s. man Klüber’s öffentl. Recht
des teutschen Bundes, §. 107 u. f.
d)
Die Souverainetät der in diesem Verzeichniſs nicht angeführ-
ten Herrschaft (Herrlichkeit) Kniphausen, dem Grafen von
Bentinck gehörig, wird in diesem Augenblick von dem Her-
zog Administrator von Oldenburg verwaltet. Klüber’s Acten
des wiener Congresses, Bd. III, S. 355.
e)
Von Cracau, oben §. 22, Note d.
f)
Die Unabhängigkeit der Republik San Marino, welche von
dem Kirchenstaat umgeben ist, ward im Jahr 1817 von dem
Papst in einem Breve von Neuem anerkannt. — Die Verei-
nigten Staaten
der jonischen Inseln (États-Unis des îles Jo-
niennes) gehören jetzt zu den halbsouverainen Staaten. Man
s. unten, §. 33. — Durch einen Beschluſs der helvetischen
Tagsatzung, ward Gerisau oder Gersau in der Schweiz, für
einen Bestandtheil des Cantons Schwytz erklärt. Diese Ver-
einigung kam im Jahr 1817 zu Stande.
a)
G. F. v. Marten’s Sammlung der wichtigsten Reichsgrund-
gesetze, Erbvereinigungen, Capitulationen, Familienverträge
u. s. f., welche zur Erläuterung des Staatsrechts und der prag-
matischen Geschichte der vornehmsten europäischen Staaten
dienen. Th. I. Dänemark, Schweden, Groſsbritannien. Gött.
1794. gr. 8. Ebendess. Abriſs des Staatsrechts der vornehm-
sten europäischen Staaten. Th. I, Abth. 1, Dänemark, Schwe-
den, Groſsbritannien. Gött. 1794. gr. 8. De la Croix Verfas-
sung der vornehmsten europäischen und der vereinigten ame-
rikanischen Staaten. Aus dem Französischen, mit Berichti-
[63]II. Cap. Die europäischen Staaten.
gungen. Leipz. 1792—1797. Th. I—V. gr. 8. Die Con-
stitutionen der europäischen Staaten, seit den letzten 25
Jahren. Altenb. u. Leipz. Bd. I u. II. 1817. Bd. III.
1820. (Noch ein vierter Band soll erscheinen.) 8. Con-
stitutions des différens peuples, ou textes de tous les Actes
constitutionnels en vigueur, avec des discours historiques et
politiques sur les principes qui en font la base; par MM. Benj.
de Constant, Esmenard, Jay, le comte Lanjuinais, Letel-
lier, Grégoire, Thérémin
, etc. (Sollte 1818 zu Paris in
7 Bänden erscheinen.) L. v. Dresch Betrachtungen über die
Hauptstaaten des europäischen StaatenSystems. Tübingen.
I. Betrachtung, der teutsche Bund. 1817. 8.
b)
Auch Ruſsland ist jetzt eine Erbmonarchie, nach Erstgeburt-
recht. Beweis, daſs Peters I. Thronfolgeordnung unter Pe-
ter II. (1727) confiscirt worden; in Schlözers Briefwechsel,
Heft XIII. (1797), S. 61—67. Curtius über das russ. Succes-
sionsGesetz; in Dohm’s Materialien zur Statistik, III. Liefe-
rung, S. 248. Hupels Versuch über die Staatsverfassung des
russ. Reichs, S. 248. SuccessionsActe K. Pauls I. u. seiner
Gemahlin, von ihm als Groſsfürsten errichtet am 4. Jan. 1788,
u. an seinem Krönungstage am 16. Apr. 1797 bestätigt; in den
Verordnungen Sr. K. M. Pauls I. (St. Petersb. 1797. 4.), S. 245
—249.
c)
Diese geistlichen Wahlstaaten, nur diejenigen des Kurfür-
sten ReichsErzkanzlers (seit 1806 fürstlich-primatischer Staat
genannt) ausgenommen, wurden secularisirt, vermöge des
lünéviller Friedens v. 1801, Art. 7, und des regensburger
ReichsDeputationsHauptschlusses v. 25. Febr. 1803. — Vergl.
de Pradt, les quatre concordats, T. Ier, ch. 6.
d)
Rheinische BundesActe, Art. 12. Der fürstlich-primatische
WahlStaat ward in einen Erbstaat verwandelt, unter dem
Titel Groſsherzogthum Frankfurt, durch einen Tractat zwi-
schen Napoleon und dem Fürsten Primas, zu Paris 19. Febr.
1810, in dem Rhein. Bund, XLVIII. 406, und durch ein Er-
nennungsDecret Napoleon’s für den ViceKönig von Italien,
Eugen Napoleon, und dessen männliche Nachkommen, datirt
Paris 1. März 1810, in d. Polit. Journal 1810, März, S. 304.
Aufgelöset ward das Groſsherzogthum Frankfurt, durch den
Acte final du congrès de Vienne.
e)
J. G. Meusel’s Lehrb. der Statistik (3. Ausg. 1804), S. 547.
[64]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
Für ein Patrimonium des Musti erklärt diesen Staat, Neyron
in s. principes du droit des gens, §. 94. — Vergl. übrigens
G. Achenwall diss. de regnis mixtae successionis. Goett.
1762. 4.
f)
Grundvertrag des teutschen Bundes, unterzeichnet zu Wien
am 8. Jun. 1815. SchluſsActe des wiener Congresses v. 9. Jun.
1815, und BundesActe oder Grundvertrag des teutschen Bun-
des v. 8. Jun. 1815; mit vielen Anmerkungen u. s. w. von J.
L. Klüber. Zweite Aufl. Erlangen 1818. 8. SchluſsActe der
über Ausbildung und Befestigung des teutschen Bundes zu
Wien gehaltenen Conferenzen, vom 15. Mai 1820.
g)
Convention des cantons formant la Confédération Helvétique,
signée à Zurich le 29. déc. 1813; in v. Martens recueil, Sup-
plém. T. V. p. 659. Diese Uebereinkunft ward als Grundlage
des helvetischen StaatenSystems anerkannt, in dem Acte final
du congrès de Vienne, art. 75 et suiv., und in der Déclaration
des puissances signataires du traité de paix de Paris du 30 mai
1814, sur les affaires de la Suisse, datirt aus Wien vom 20. März
1815; in Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. V, S. 310
—318. — Acte d’alliance conclu le 16 août 1814 entre les can-
tons de la Confédération Suisse, et acte d’acceptation de la
diète, du 8. Sept. 1814, in de Martens recueil, Supplém. VI.
68. VIII. 161. Bundesvertrag der 22 Cantone der Schweiz, v.
7. Aug. 1815, ebendas. VIII. 137, und in dem Manuel du droit
public de la Suisse, T. II, p. 3.
h)
Auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika, welche sich
für Beobachtung der Grundsätze des europäischen Völkerrech-
tes erklärt haben (§. 1, Note d), bilden ein StaatenSystem. —
Von den Vereinigten Staaten der Jonischen Inseln, s. §. 33.
a)
Die Lehnverpflichtung Neapel’s und Parma’s gegen den päpst-
lichen Stuhl, wird nicht mehr anerkannt, von Neapel seit 1788,
von Parma seit der im Jahr 1796 im oberen Theil von Italien statt
gehabten Staatsumwälzung, und nach der durch die SchluſsActe
des wiener Congresses statt gehabten Wiederherstellung dieses
Staates. Doch protestirt der Papst noch in jedem Jahr öffent-
lich, wegen des von beiden nicht entrichteten Lehnzinses, wi-
der Neapel am PeterPaulstage, wider Parma am Vorabend
dieses Tages. — Auch Malta war ein päpstliches Lehn, bis
auf die Veränderung seiner politischen Verhältnisse, in Folge
der Eroberung durch die Franzosen im J. 1798.
b)
Hievon unten §. 91.
c)
H. Stäudlin’s kirchliche Geographie u. Statistik, Tüb. 1804.
Bd. I. u. II. 8. L. Meiners allgem. Geschichte der Religionen.
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 5
[66]I. Th. Die Staaten, überhaupt, u. die europ. insb.
Hannover 1806 u. 1807. Bd. I. II. 8. A new universal history
of the religious Rites, Ceremonies and Customs of the whole
World. By William Hurd. London (ohne Jahrzahl, doch vor
1799) gr. fol. Origine de tous les cultes, ou Religion uni-
verselle, par Dupuis. à Paris 1795. T. I—XI. 4. Histoire
générale et particulière des Religions et du Culte de tous les
peuples du monde, par Fr. H. St. Delaulnaye; ouvrage orné
de 300 figures gravées. à Paris 1796. gr. 4. Histoire des sectes
religieuses, depuis le commencement du siècle dernier; par
Grégoire. Paris 1809. 8.
d)
Man s. die Concordate in C. Gärtner’s Corp. juris ecclesia-
stici Catholicorum, I. 89. II. 353. Spaniens Concordat v. 1753,
in de Martens recueil, Supplément, II. 18. Mailändisches v.
1757, ebendas. II. 82. Sardinisches v. 1770, ebendas. recueil,
VI. 126. Frankreichs Concordate, von 1516, von 1801, und
von 1813, die beiden letzten bei v. Martens a. a. O. Supplém.
II. 519. V. 552. Les quatre Concordats, suivis de considéra-
tions sur le gouvernement de l’église en général, et sur l’église
de France en particulier, depuis 1515. Par M. de Pradt.
à Paris 1818. T. I—III. 8. Concordat der vormaligen italiä-
nischen Republik, von 1803, in dem Journal politique de
Mannheim, 1804, N° 21 et suiv. Concordate, mit dem Groſs-
herzog von Toscana von 1815, mit Baiern vom 5. Jun. 1817,
mit Frankreich vom 11. Jun. 1817 (de Pradt l. c. III. 74 et suiv.),
mit Neapel vom 16. Febr. 1818. Verzeichniſs der Concordate,
in le Bret’s Vorlesungen über die Statistik, II. 352. Von Con-
cordaten überhaupt, s. de Pradt a. a. O. T. I, ch. 13 et 14.
e)
Beispiele in Günther’s Völkerrecht, II. 331 ff. De Martens
recueil, I. 398. IV. 623. 625, in dem Frieden v. Bucharest
1812, Art. 7. und in dem Westphäl. Frieden v. 1648, I. P.
Osnabr., vorzüglich Art. 5.
f)
Für eine Chimäre erklärt, nach dem natürlichen Staatsrecht,
die so genannten erbeigenthümlichen oder PatrimonialReiche,
L. J. F. Höpfner in s. Naturrecht, §. 201. Dagegen verthei-
digen solche, Grotius, der Erfinder der Eintheilung in Patri-
monial- und UsufructuarReiche, de J. B. et P. lib. I. c. 3.
§. 11 sqq. Casp. Achat. Beck diss. de jure regni patrimonialis
(Jen. 1712), §. 11 sqq. Theod. Schmalz de jure alienandi ter-
ritoria (Rint. 1786), §. 4 sqq. — Unter strengen Voraus-
setzungen nimmt sie an, H. G. Scheidemantel in s. allgem.
[67]II. Cap. Die europ. Staaten.
Staatsrecht überhaupt u. nach der Regierungsform, §. 63 f.
— Auf jeden Fall ist das Factische von dem Rechtlichen zu
unterscheiden. J. St. Pütter’s Beiträge zu dem t. Staats- und
Fürstenr. I. 140. — In einem eingeschränktern Sinn, heiſsen
PatrimonialReiche diejenigen, worin Jemand die freie Ver-
fügung über die jedesmalige Thronfolge zusteht; wie ehedem
in Ruſsland, nach der ThronfolgeOrdnung Peter’s I. v. 1722.
Scheidemantel a. a. O. Neyron principes du dr. des gens, §. 92.
a)
Moser’s Versuch des neuesten europ. VR. I, 3 f.
b)
Institutions politiques, par le baron de Bielfeld, T. II, ch. 4.
§. 14. p. 85. Neyron principes du droit des gens européen.
Schmalz europ. Völkerrecht, S. 38. — Auf dem wiener Con-
greſs, konnten die Bevollmächtigten der acht Mächte, welche
den pariser Frieden unterzeichnet haben, in einer Sitzung vom
9. Febr. 1815, sich nicht vereinigen über die Frage, ob man
den Grundsatz einer Classification der Mächte annehmen solle?
und wenn man ihn annähme, ob sie in zwei oder in drei Clas-
sen abzutheilen seyen? insbesondere aber, in welche Classe
man dann die groſsen Republiken zu setzen habe? Klüber’s
Uebersicht der diplomat. Verhandlungen des wiener Congres-
ses, S. 167 f., so wie S. 13, 15, 22 f. und S. 20 f. 45 f. 59 u.
131. Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. I, Heft 1,
S. 97, Heft 2, S. 63, Bd. IV, S. 45. — Von dem Rang der
souverainen Staaten, unten §. 92 ff.
c)
Günther’s Völkerrecht, II. 75.
a)
Moser’s Versuch des europ. Völkerrechts, I. 26 ff.
b)
UnterwerfungsActe der Land- und Ritterschaft vom 20. März
1795, in dem Polit. Journal 1795, April, S. 413, Mai, S. 525.
UnterwerfungsActe des Herzogs v. 28. März 1795, ebendas.
Jul. S. 698. De Martens recueil, VI. 476 ff. Büsch Gesch.
der merkw. Welthändel, S. 642. — Von dem Gesandschaft-
recht, auf welches diese Herzogthümer ehehin Anspruch
machten, s. man Schriften in v. Kamptz neuer Lit. des VR.,
S. 244.
c)
Die Rechte dieser Fürstenthümer, im Verhältniſs zu der os-
manischen Pforte, sind bestimmt durch die Friedensschlüsse
von Koutschouc Kainardgi 1774, Art. 16, von Yassy 9. Jan.
1792, Art. 4, und Bucharest 1812, Art. 5, durch die erklä-
rende russisch-türkische Convention zu Constantinopel v.
10. März 1779, Art. 7, und durch die von dem Groſsvezier
ausgestellte Acte v. 28. Dec. 1783. De Martens recueil III.
355. IV. 623. V. 70. Gazette de Francfort, 1812, N° 312.
Unter Anderem ist festgesetzt, daſs jeder der beiden Hospodare
einen Chargé-d’affaires griechischer Religion zu Constantino-
pel halten dürfe, der als eine Person zu betrachten sey, wel-
che das Völkerrecht genieſst. Vergl. auch Büsching’s Maga-
zin, III. 3. ff.
d)
Decret K. Napoleon’s v. 27. Ventose, Jahr XIII. (10. März
1805), wodurch das Fürstenthum Piombino der Prinzessin
Elise, Schwester des Kaisers, und ihren männlichen Nach-
kommen, „en toute propriété“ als französisches Reichslehn
verliehen ward, in dem Moniteur v. 19. März 1805, Num. 178;
nebst dem Bericht der SenatCommission, in der Sitzung vom
23. März 1805. Napoleon’s Decret vom 30. März 1806, wo-
durch das Land Massa und Carrara, und la Garfagnana, mit
dem Fürstenthum Lucca vereinigt wird, um mit diesem als
französisches Reichsmannlehn verliehen zu werden. Bulletin
des lois, N° 84. Diese Verfügung über Lucca und Piombino
ward von Oestreich anerkannt, in dem presburger Fr. 1805,
Art. 3. Mit dem Sturz Napoleon’s fiel auch sie.
e)
Man s. von Neufchatel Napoleon’s Decret vom 30. März
1806, in dem Bulletin des lois, N° 84, und in dem Polit.
Journal 1806, April, S. 391 ff.; von Benevento u. Ponte-corvo
die InvestiturBriefe v. 5. Jun. 1806, in dem Bulletin des lois,
N° 100, u. in dem Polit. Journal 1806, Junius, S. 597 ff.
[71]II. Cap. Die europäischen Staaten.
Institution des majorats et de la légion d’honneur; par L. Ron-
donneau
(à Paris 1811. gr. 8.), p. 248—252.
f)
Diese Vereinigten Staaten sollen „einen einzigen freien und
„unabhängigen Staat bilden, unter dem unmittelbaren und
„ausschlieſsenden Schutz Groſsbritanniens“. Man s. den zwi-
schen Groſsbritannien, Ruſsland, Oestreich und Preuſsen, zu
Paris am 5. Nov. 1815 geschlossenen Tractat, in v. Martens
recueil, Supplém. VI. 663. Die übrigen Mächte, welche den
pariser Frieden unterzeichnet haben, so wie der König beider
Sicilien und die ottomanische Pforte, wurden eingeladen die-
sem Vertrag beizutreten. Politisches Journal von 1815, S. 851,
u. von 1816, S. 879 f. Durch einen Vertrag mit Groſsbritan-
nien, den der Sultan am 24. April 1819 ratificirte, erkannte
die Pforte die brittische Schutzherrschaft über die jonischen
Inseln an, unter der Bedingung, daſs die kleine, aber feste
Stadt Parga, in Albanien Corfu gegenüber, nebst ihrem Ge-
biet, davon getrennt, und ihr abgetreten werde; welches im
Mai 1819 geschah. — Constitution der Vereinigten Staaten
der jonischen Inseln, vom 29. Dec. 1817, welche mit dem
1. Jan. 1818 in Wirksamkeit getreten ist. Journal de Franc-
fort, 1818, N° 69 et suiv.
a)
Vergleichbar mit einer Demokratie. Vergl. Nic. Vogt über
die europäische Republik. Th. I—V. Frankf. 1787—1792.
8. Ebendeſs. histor. Darstellung des europäischen Völkerbun-
des. Frankf. Th. I. 1808. 8. (Mehr ist nicht erschienen.)
b)
Eine Idee, die schon Seneca (de otio sapientis, c. 31.) an-
deutete, einige neuere Schriftsteller aber (Grotius de J. B. et
P., proleg. §. 18. Real, science du gouvernement, T. V, p. 2.),
am meisten und mit Vorliebe Wolff (jure gent. proleg. §. 7.
sqq. et 21.), ausgebildet haben. Dawider s. Günther a. a. O.
I. 151. L. C. Schröder elem. juris naturalis, socialis et gen-
tium, §. 1049.
a)
Vergl. A. H. L. Heeren’s kleine Schriften, Th. II (Gött. 1805.
8.), S. 147—250.
b)
Von der Macht der Meinung, in Beziehung auf den Papst,
s. von Bielfeld’s institutions politiques, T. II. p. 603 f. — Etli-
chen von den kleinen Staaten scheint eine Macht des Neides
(puissance d’envie) zu statten zu kommen, die sie gegen Lü-
sternheit mächtiger Nachbarn sicher stellt.
c)
Wofür Wolff a. a. O. §. 9, sie erklärt, zum Vortheil seiner
LieblingsHypothese von einem grossen Weltstaat, den er auf
vermuthete Einwilligung der Völker gründen wollte.
d)
Mehr scheint Günther, a. a. O. I. 152—187, mit der von
von ihm angenommenen „freiwilligen Gesellschaft der Völker“,
insbesondere der europäischen Nationen, nicht zu behaupten.
e)
Vergl. Real, science du gouvernement, T. V, ch. 3, Sect. 9.
f)
De Marten’s recueil, T. IV. p. 196. 197.
a)
Daher die rechtliche Ewigkeit oder der immerwährende
Fortbestand der Staaten. Civitas (universitas) non moritur.
a)
[Schrodt] systema juris gentium, P. I. c. 1. §. 8.
a)
Schriften in Pütter’s Literatur des teutschen Staatsrechts, III.
715, in Klüber’s neuer Lit. des t. Staatsr. 595 f. u. in v. Kamptz
neuer Lit. des Völkerr., §. 122 f. Günther’s Völkerr. II. 306 ff.
Moser’s Versuch des europ. VR. VI. 25 ff. Königl. wirtemberg.
Verbot der Auswanderung für alle Unterthanen, Frauensper-
sonen ausgenommen, vom 29. Mai 1807. Königl. baier. Ver-
ordn. v. 12. Aug. 1812, wodurch die Retorsion dieses Verbots
gegen Wirtemberg festgesetzt wird.
b)
Vergl. unten §. 81.
c)
Von dem ehemaligen teutschen Staatsrecht, s. Pütteri instit,
juris publ. imperii germanici, §. 368. 431.
d)
Teutsche BundesActe, Art. 18. Klüber’s öffentl. Recht des
teutschen Bundes, §. 167 f. u. 381. Baiern’s Verträge mit S.
Weimar u. S. Gotha, in der baier. Bekanntmachung v. 10. Nov.
1817. — Bei Räumung feindlich occupirterLande, desgleichen bei
Abtretung eines Landes oder Bezirks, wird in Friedens-, Grenz-,
Tausch- u. a. Staatsverträgen oft die Freiheit der Auswande-
rung, und zwar meist auf gewisse Zeit, bedungen. Fr. v. Bu-
charest 1812, Art. 7. Wiener Fr. 1809, Art. 10. Pariser Fr.
1783, Art. 7. 18. Moser’s angef. Versuch V. 395. Ebendeſs.
Nordamerika nach den Friedensschlüssen von 1783, III. 335.
a)
Beispiele, in dem lünéviller Fr. 1801, Art. 6. Die Einschrän-
kung, welche Frankreich, in Ansehung der Befestigung Dün-
kirchens auf der Seeseite, in den Friedensschlüssen von 1713,
1748 und 1763 übernommen hatte, wurden aufgehoben in
dem pariser Fr. v. 1783, Art. 17. De Marten’s recueil, II.
469. Verminderung seiner Kriegsflotte und Verzichtleistung
auf alle seit dem 1. Jan. 1685 geschlossene Bündnisse u. Allian-
zen, versprach Genua in dem Tractat mit Frankreich von 1685,
Art. 3 u. 4. in Du Mont’s Corps diplom. T. VII. P. 2. p. 88.
b)
F. C. v. Moser von dem Recht eines Souverains den andern
zur Rede zu stellen; in s. kleinen Schriften, Th. VI, S. 287 ff.
J. J. Moser’s Versuch des europ. Völkerrechts, VI. 397 — 420.
Günther’s Völkerr. I. 293—320.
a)
Hugo Grotius de J. B. et P. I. 16. 17. u. II. 1. 17. Pufendorf
de O. H. et C. II. 16. 4. Vattel III. 3. 42. Boehmer jur. publ.
univ., Part. spec. lib. II. c. I. §. 9. Cph. Friedr. Schott diss.
de justis bellum gerendi et inferendi limitibus, §. 22.; in dessen
Dissertat. jur. nat. T. I. p. 278. Gottl. Aug. Tittel diss. opes
gentis quantumvis crescentes in causis belli non esse numeran-
das. Carolsr. 1771; in dessen Erläuterungen der Philosophie,
St. VI. Schröder elem. juris nat., soc. et gent. §. 1121. sq.
Klüber’s kl. jurist. Biblioth. X. 142. — Anders Hobbes de cive,
c. 13. Gundling jur. nat. c. 9. §. 12. Daries obss. juris natura-
lis, socialis et gentium, Vol. II. p. 319 sqq. Canz discipl. mor.
§. 1387. sqq. §. 3528. sqq., und selbst die Sorbonne unter Lud-
wig XIII.
b)
Franc. Hutcheson philosophiae moralis institutio compendia-
ria, lib. III. c. 9. §. 2.
c)
Beispiele in Bynkershoer’s quaest. jur. publ. lib. I. c. 25. n. 10.
a)
Vergl. oben §. 6. Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 484 ff.
v. Kamptz neue Lit. 97 u. 99. Klüber’s Lit. des t. Staatsr. S. 144.
und J. Th. Roth’s Archiv für das Völkerrecht, Heft I, S. 98 ff. —
E. C. de Hertzberg sur la véritable richesse des états, la ba-
lance de commerce et celle du pouvoir. à Berlin 1786. (Gaspa-
ri
’s) Versuch über das politische Gleichgewicht der europäi-
schen Staaten; mit Tabellen. Hamb. 1790. gr. 8. (F. J.
v. Hendrich’s) Historischer Versuch über das Gleichgewicht
der Macht, bei den alten und neuen Staaten. 1796. 8. Plan
d’un nouvel èquilibre politique. à Londres 1798. 8. (Nic.
Vogt’s) System des Gleichgewichtes und der Gerechtigkeit.
Frankf. 1802. Th. I. u. II. gr. 8. Essai sur le nouvel équilibre
de l’Europe; par Alphonse Gary. à Paris 1806. 8. Fr. v. Genz
Fragmente aus der neuesten Geschichte des polit. Gleichge-
wichts. Petersb. 1806. 8. Ideen über das politische Gleichge-
wicht von Europa. Leipz. 1814. 8. Betrachtungen über die
Wiederherstellung des polit. Gleichgewichts in Europa. Hannov.
1814. 8. Rom u. London, oder über die Beschaffenheit der
nächsten UniversalMonarchie (von Fr. Buchholz). Tüb. 1807.
gr. 8. De l’équilibre du pouvoir en Europe; traduit de
l’anglais de Gould Francis Leckie. Paris 1820. 8. Gün-
ther
’s Völkerr. I. 321 — 389. Robertson’s Geschichte
K. Carls V., Th. I, S. 159 ff. (Joh. Müller’s) Darstel-
lung des Fürstenbundes, 21 — 89. Posselt’s europ. Anna-
len, 1803, XI. 120. XII. 223; 1806, VIII. 101. 124. X. 3. XI.
145. XII. 270; 1807, I. 3. De Salles Ideen über das Gleich-
gewicht in Europa; in v. Archenholz Minerva, 1801, März,
S. 386 ff. Reuss teutsche Staatskanzley, XIV. 100. Schlett-
[83]I. Cap. Recht der Selbsterhaltung.
wein’s StaatsCabinet, I. 75 — 134. A. C. Gaspari’s Deputa-
tionsReceſs, Th. I. (Hamb. 1803. 8.) S. 70 ff. Einleitung zur
Geschichte des europ. Gleichgewichts; in Georgius (Otto’s)
Geschichts, Finanz- und HandelsAnsichten, II. Bändchen
(Nürnb. 1811. 8.); auch schon früher in Woltmann’s Geschich-
te und Politik, 1801, St. II u. III. Minerva, April 1814,
S. 88 ff. A. G. L. Heeren’s Handb. der Geschichte des europ.
StaatenSystems, (2. Aufl. 1811), S. 13. Bredow’s Chronik des
19. Jahrhunderts, Bd. III, S. 19.
b)
Anders v. Martens in der Einleit. in das europ. VR. §. 118 ff.
und Schmalz europ. Völkerrecht, S. 206 ff.
c)
Es ist zu wünschen, daſs das zweideutige Wort „politisches
Gleichgewicht“, aus der Sprache sowohl der Politik als auch
des Völkerrechtes, möge verbannt werden.
d)
Jo. Jac. Lehmann tr. trutina, vulgo bilanx Europae (Jen.
1716, 8.), p. 187. sq. L. M. Kahlii diss. de trutina Europae,
praecipua belli et pacis norma. Gött. 1744, und in dessen Opusc.
minor. T. l. (Francof. 1751. 4), n. 3. — Dawider s. Vattel
III. 5. 47. Glafey’s VR. S. 66. J. G. Neureuter diss. de justis
aequilibrii finibus (Moy. 1746), §. 8. sqq. — Man vergl. die
Erklärungen des Fürsten Talleyrand’s, königl. französischen
Bevollmächtigten, über den Sinn u. Umfang des politischen
Gleichgewichtes, in dessen Note v. 19. Dec. 1814, in Klüber’s
Acten des wiener Congresses, Bd. VII, S. 50. Darin wird sich
berufen, auf „die Grundsätze des politischen Gleichgewich-
tes, oder, was gleichviel ist, auf die Grundsätze für Erhal-
tung der Rechte eines Jeden und der Ruhe Aller“.
e)
A. v. Feuerbach, die Weltherrschaft, das Grab der Mensch-
heit. München 1814. 8. Benj. Constant de Rebecque, de l’esprit
de conquête et de l’usurpation. (S. l.) 1814. 8. v. Kamptz neue
Lit. des VR., S. 102. — Ohne Zweifel in diesem Sinn, haben
Oestreich, Groſsbritannien, Preussen, Ruſsland und der Kö-
nig von Neapel, in den zu Töplitz am 9. Sept. 1813 geschlos-
senen AllianzVerträgen, ihr Bestreben erklärt, Europa’s „künf-
tige Ruhe durch Wiederherstellung eines gerechten Gleichge-
wichtes der Mächte
“ zu sichern. v. Martens recueil, Sup-
plém. V. 596. 600. 607. 660. 661. Man vergl. Klüber’s Acton
des wiener Congresses, Bd. II, S. 95.
a)
Moser’s Versuch des europ. VR. I. 292 ff. VIII. 38 ff. Ade-
lung
’s pragm. Staatsgeschichte Europens, von dem Ableben K.
Karls VI. an, Bd. III, Th. I, S. 236.
b)
Mehr kann nicht verlangt werden. Moser a. a. O. VI. 80. I.
292. Ebendeſs. Beyträge zu d. europ. VR. I. 292 f.
a)
Vergl. W. G. Tafinger’s Lehrsätze des Naturrechts, §. 37 —
63. Fichte’s Grundlage des Naturrechts, Th. II, S. 85 ff.
Kant’s metaphys. Anfangsgründe der Rechtslehre, Einleitung
S. XLVIII. Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes etc.,
§. 456.
b)
Moser’s Beyträge zum europ. VR. in Friedenszeiten, Th. I, S. 5.
c)
Bynckershoek quaest. jur. publ. lib. II. c. 15. Klüeer a. a. O.
§. 457.
a)
Verhalten verschiedener Staaten in Fällen dieser Art. Gün-
ther
’s VR. I. 76—87.
a)
Vattel droit des gens, L. I, ch. 4, §. 54 et 55. L. C. Schrö-
der
elem. jur. nat., socialis et gentium, §. 1061. sq. 1066.
Günther’s europ. VR. I. 280 ff. 293 f.
b)
Vergl. oben §. 42. Günther a. a. O. I. 322. v. Martens
Einleit. in das europ. VR., §. 117 f.
a)
Von dem Mitgebrauch des freien Weltmeers s. unten §. 132.
b)
Mit Recht behaupten dieses, Kulpis in collegio Grotiano, p. 26.
Strauch diss. de imperio maris, c. I. §. 5. et 8. Cph. Frid.
Schott diss. de origine dominiorum, §. 9. sq. in dessen Disser-
tatt. jur. nat. T. I. p. 384. sqq. Achenwall jur. nat. §. 116.
Schröder l. c. §. 238. Günther a. a. O. II. 3 f. Vergl. auch
Jo. Chr. Muhrbeck diss. theses communionem primaevam et
primordia dominii inprimis spectantes. Gryph. 1782. 4.
c)
Grotius de J. B. et P. lib. II. c. 2. §. 2. sqq.
d)
Pufendorf de J. N. et G. lib. IV. c. 4. §. 4. Heineccius elem.
jur. nat. et gent. lib. I. §. 233.
e)
Jo. Bapt. Aloys. Samhaber diss. de eo quod circa rei vindica-
tionem instituendam juris naturalis est (Wirceb. 1788), cap. 1.
Klüber’s kl. jurist. Biblioth. XV. 339.
a)
Histoire des inaugurations des rois, empereurs et autres sou-
verains; avec beaucoup de figures. Paris 1776. Dan. Nettel-
bladt
diss. de coronatione ejusque effectu inter gentes. Halae
1747. 4.
b)
v. Martens Einl. in das europ. VR. §. 68. Gottfr. Achenwall
diss. de jure in aemulum regni, vulgo Praetendentem. Marb.
1747. 4. H. G. Scheidemantel de judice in causis litigiosa[e]
successionis in regna, commentationes duae. Jen. 1768.
c)
v. Martens a. a. O. §. 69. v. Justi’s historische u. jurist.
Schriften, Th. I, S. 185.
d)
Beispiele liefert die Thronfolge, in Spanien 1713 u. 1714; in
Sicilien 1713 u. 1720; in Sardinien 1713 und 1720; in Neapel
und Siciliien 1735; in Toscana 1735; in Oestreich 1748; in
Baiern 1779; in Etrurien 1801; in Spanien 1808.
e)
Beispiele liefert die Geschichte Polens, des Kirchenstaates,
[90]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
und des teutschen Reichs in Hinsicht auf die Kaiserwahl. Bei
der Papstwahl sind die Könige von Frankreich und Spanien
noch jetzt, so wie ehehin auch der römisch-teutsche Kaiser,
berechtigt, einem Einzelnen die Exclusive zu ertheilen. Eob.
Toze’s kleine Schriften (Leipz. 1791. 8.), Num. XVII.
a)
Fast jeder Hof hat hierin eine eigene Observanz. Moser’s
[91]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
Versuch des europ. VR. III. 71. 101. Ebendess. Beyträge zu
dem europ. Gesandschaftsrecht, S. 36 f. v. Martens a. a. O.
§. 70. Selbst gegenseitig in Krieg begriffene Souveraine, beob-
achten bisweilen diese Höflichkeit. Der Papst erwartete ehe-
hin, von den katholischen Regenten, nach ihrer Thronbestei-
gung eine ObedienzGesandschaft (legatio obedientiae), welche
diese in neuern Zeiten ReverenzGesandschaft zu nennen pfleg-
ten. Buder’s Opusc. p. 331. Rossmann in den Erlang. gel.
Anz. v. 1746, Num. VII. Klüber’s neue Lit. des t. Staatsr.,
S. 722.
b)
Diese Exterritorialität wird von einigen als dem natürlichen
Völkerrecht gemäſs behauptet, z. B. von Pufendorf, Bar-
beyrac, Bynkershoek, Cassius, Pfeffinger, Ludolf, Strube

u. a. Mit Recht widersprechen es andere, z. B. Stryk, Coc-
ceji, Fleischer, Helmershausen
, Caesarinus Fürstenerius
(Leibnitz) de jure suprematus ac legationis principum Ger-
maniae (1677. 8.), c. VII. p. 21. Man vergl. Strube’s rechtl.
Bedenken, Th. III, Num. 3, §. 1, S. 48.
c)
Besondere Fälle sind: 1) die Person eines Regenten, der in
dem Dienste desjenigen Staates steht, in dessen Gebiet er sich
aufhält; 2) wenn ein Souverain incognito in fremdem Staats-
gebiet sich befindet; 3) wenn er TitulärSouverain ist, etwa
nach erfolgter Abdankung, oder als Prätendent; 4) wenn ein
wirklicher Souverain in fremdem Staatsgebiet Verbrechen ge-
gen die öffentliche Sicherheit begeht, oder daselbst feindliche
Handlungen gegen denselben Staat oder andere Mächte un-
ternimmt.
d)
Anders Caesarinus Fürstenerius l. c.
e)
Fremdem Staats- und Fürstengut wird, zumal auf erfolgte
Requisition, die Zollfreiheit nicht leicht versagt. Moser’s
Staatsr. Th. XXXVI, S. 317 ff. Pfeffinger in Vitriar. illustr.
T. III. p. 1043. J. G. Neureuter diss. de eo q. j. e. circa exem-
tionem rerum principum a vectigalibus. Mogunt. 1748, und in
Hartleben’s Thesauro Dissert. Moguntin., Vol. I. P. 1. n. 6.
Zollfreiheit in Schlesien, für alles Fürstengut, welches der
König von Polen, Kurfürst von Sachsen, aus Polen nach
Sachsen, oder von daher dorthin senden würde, bewilligte
Preussen in dem dresdner Fr. v. 1745, Art. 10. Wenck cod.
jur. gent. II. 214. — Von der Zollfreiheit des Gesandtenguts
s. unten §. 205 f.
f)
Namentlich der Gerichtbarkeit, also in gehörigen Fällen auch
der Sequestration, dem Arrestschlag, u. d. Das Gebot der
Politik hemmt bisweilen den Arm des Richters.
a)
z. B. Streitigkeiten über PrivatGüter, PrivatAnsprüche, Pri-
vatNachlaſs eines verstorbenen Souverains, oder eines Mit-
gliedes seines Hauses.
b)
Die Geschichte kennt Privatkriege der Regenten, auf Kosten
des Staates. — Streit zwischen dem französischen und dem
kurpfälzischen Hofe (1685—1702), wegen des Anspruchs der
Herzogin von Orleans auf den Nachlaſs des Kurfürsten Carl,
des letzten von der simmernschen Linie. Büsch Welthändel,
S. 232. 240. Ryswiker Fr. 1697, Art. 8; in Schmauss corp.
jur. publici acad. n. CI. Das obmannschaftliche Laudum des
Papstes v. 17. Febr. 1702, in Faber’s europ. StaatsCanzley,
VI. 767. Andere Beispiele in Moser’s Beyträgen zu d. europ.
VR. I. 449—457. Von Kriegen üb. Vermählungen s. Gün-
ther
’s Völkerrecht, II. 485 f. Note f, g, h. — Anders v. Mar-
tens
in s. Einleit. in das VR. §. 169.
c)
Beispiele aus Dänemark 1772, aus Holland 1787, aus Frank-
reich 1792 u. f. Büsch Welthändel, S. 489 ff. 569 ff. Gün-
ther
’s Völkerrecht, II. 489. 491. — Gustav’s IV. Verzichtlei-
stung auf den schwedischen Thron, im J. 1809 (v. Martens re-
cueil, Supplém. V. 170), erfolgte ohne fremde Einmischung.
a)
Günther’s europ. VR. I. 284 ff. Schmalz europ. Völker.
recht, S. 142 ff.
b)
Moser’s Abhandlung verschiedener Rechtsmaterien, St. II,
S. 146 ff.
c)
Garantie, 1) des westphälischen Friedens von 1648, mithin
der teutschen Reichsverfassung, durch Frankreich u. Schwe-
den; 2) der polnischen Constitution von 1775, durch Ruſs-
land, Oestreich, Preussen; 3) der Constitution der Republik
Genf von 1738, so wie des PacificationsEdictes von 1782,
durch Frankreich, Sardinien, und den Canton Bern; 4) der
Constitution der Republik Wallis von 1802, durch die franzö-
sische, italiänische u. helvetische Republik. Posselt’s europ.
Annalen, 1808, VI. 285 ff.; 5) der Constitution des Herzog-
thums Wirtemberg, durch Preussen, Dänemark, und Kur-
braunschweig, im J. 1771. Klüber’s Acten des wiener Con-
gresses, Bd. VI, S. 614, Note*; 6) der Constitution der freien
Stadt Cracau, durch Oestreich, Preussen und Ruſsland, eben-
das. Bd. VI, S. 24; 7) der landständischen Verfassung des
Groſsherzogthums SachsenWeimarEisenach, durch den teut-
schen Bund, im Jahr 1817. Protocoll der Bundesversamm-
lung v. 17. März 1817. — Vergl. Klüber’s öffentl. Recht des
teutschen Bundes, §. 74, 150 u. 164.
a)
J. C. G. de Steck observation. subsec., obs. 16. Schriften
in v. Kamptz neuer Lit. §. 104.
b)
Vergl. v. Martens Einl. in d. europ. VR. §. 72.
c)
Godofr. Achenwall diss. de jure in aemulum regni, vulgo
Praetendentem. Marb. 1747. 4.
a)
Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes. §. 278—280.
a)
Wohin auch die gerichtliche Rechtsverfolgung und Ver-
fahrungsweise gehört; überhaupt, wenn ein Fremder in dem
Lande einen Inländer zu einer Leistung anhalten will. —
Die IntestatErbfolge der Ausländer in inländischen Nachlaſs
eines Auswärtigen oder Inländers, richtet sich nach den in-
ländischen Gesetzen. Hofacker princ. juris civ. T. I. §. 140.
Leyser medit. ad Pandect., Spec. 529. m. 5. Gegengründe,
in den Rechtsgutachten des SpruchCollegii zu Heidelberg
(1808. 8.), S. 175 ff. Manche unterscheiden zwischen Im-
mobilien und Mobilien. K. S. Zachariä’s Handb. des franz.
Civilrechts, Bd. I. (1811. 8.), Einl. S. XLIII f.
b)
Ein Beispiel liefert die Exterritorialität auswärtiger Souve-
raine und Gesandten. In dem Projet du Code civil français,
stellte ein eigener Artikel diese Ausnahme ausdrücklich auf.
Er ward aber in den Code nicht aufgenommen, weil er in
das Völkerrecht gehöre.
c)
Vinc. Oldenburg diss. de retorsione jurium, praecipue in
causis cambialibus. Gött. 1780. 4. Jo. Godofr. Bauer diss. de
vero fundamento, quo inter civitates nititur retorsie juris.
Lips. 1740. Hofacker l. c. T. I. §. 146. — In einem Lande,
wo kein Wechselrecht gilt, kann auch ein Fremder aus ei-
nem anderswo ausgestellten Wechsel nicht nach Wechsel-
recht mit Erfolg Klage erheben.
d)
Beispiele liefern vorzüglich die BücherPrivilegien. Noch
andere Beispiele in Moser’s Versuch des europ. Völkerr.
VII. 244 ff.
a)
Locus regit actum. Jo. Theoph. Seger diss. de vi legum.
[99]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
et decretorum in territorio alieno (Lips. 1777. 4.), §. 5.
Car. Cph. Hofacker diss. de efficacia statutorum in res extra
territorium sitas (Tub. 1778. 4.), §. 22. Cours du droit fran-
çais, par M. Proudhon, T. I. p. 53. sq. Vergl. Code civil
français, art. 47. 170. 999. Dawider s. Schmalz europ. Völ-
kerrecht, S. 151 f.
b)
Hofacker princ. juris civ. T. I. §. 139. Code civil français,
art. 3, §. 3. — Dasselbe Recht wird also auch den Fremden
in Frankreich angedeihen müssen. Proudhon a. a. O., T. I,
ch. 5, sect. 1, p. 48.
c)
Dieses ist unter anderem der Fall, wenn in einem Lande
Gerichte eines fremden Staates, für dessen daselbst befind-
liche Unterthanen, bestehen, z. B. MilitärGerichte für seine
Truppen daselbst. Den Consuln ist die Anwendung ihrer
Staatsgesetze, bei Rechtshändeln und Rechtsgeschäften der
Unterthanen ihres Staates, oft durch Staatsverträge bewilligt.
Verträge der Pforte mit Preussen 1761, Art. 5, mit Spanien
1782, Art. 5, mit Ruſsland 1783, Art. 63. De Martens re-
cueil, III. 203. II. 223. 398. De Steck essai sur les consuls.
à Berlin 1790. 8. Ebendeſs. Versuche über verschiedene
Materien (Berl. 1783. 8.), S. 88 ff. Ebendess. Versuch über
Handels- und SchiffahrtVerträge. Halle 1782. 8. Hamburg
bewilligte 1611 den englischen AdventurierKaufleuten die Be-
urtheilung ihrer Rechtshändel nach englischen Gesetzen.
Marquard de jure mercatorum, in Append. p. 194.
d)
De Selchow elem. juris germ. priv. §. 55. Geisler sciagra-
phia juris germ. priv. §. 65. Klüber’s öffentl. Recht des t.
Bundes, §. 282.
e)
De Vattel droit des gens, L. I, ch. 19, §. 216.
a)
L. C. Schröder elem. juris nat. et gent. §. 829. Klüber’s
öffentl. Recht des teutschen Bundes etc., §. 284 f.
a)
Klüber’s öffentliches Recht des teutschen Bundes, §. 286.
Schriften in v. Kamptz neuer Lit. des VR. §. 110 ff. —
Entwurf eines Staatsvertrags über die gegenseitigen Gerichts-
verhältnisse zweier Staaten; in P. J. A. Feuerbach’s The-
mis oder Beiträgen zur Gesetzgebung (Landshut 1812. 8.),
Num. VIII.
b)
Von der gerichtlichen Errichtung und Hinterlegung letzter
Willenserklärungen, läugnet dieses Reinharth ad Christinaeum,
vol. IV. obs. 15. casu I.
c)
A. D. Glafey diss. de jurisdictione voluntaria extra territo-
rium non exercenda. Lips. 1719. rec. Jen. 1754. 4. Tob.
Jac. Reinharth diss. de judice jurisdictionem voluntariam
extra territorium perperam exercente. Erford. 1735. 4.
d)
Wie der Code civil français, art. 2123. 2128. Dagegen
sehe man ebendas. die oben schon angeführten Art. 47.
170. 999.
a)
Streit deſshalb zwischen Groſsbritannien und Preussen
1753 ff. Moser’s Versuch des europ. VR. VI. 441 ff. v. Mar-
tens
Erzählungen merkw. Fälle des VR., Th. I, S. 236 ff.
Beigelegt durch den Tractat v. 1756, in Wenck’s Cod. jur.
gent. III. 87.
b)
v. Steck’s Versuche über verschied. Materien (Berlin 1783.
8.), S. 88 — 96.
c)
Actor sequitur forum rei. — Weiter noch geht der Code
civil français, art. 14 et 15.
d)
De Vattel, L. II, ch. 7, §. 84.
e)
Wie der Staatsvertrag zwischen Frankreich und Hamburg
v. 1769 (erneuert 1789), Art. 9. De Martens recueil, I.
251. — Ehemalige Gastgerichte. Runde’s t. Privatrecht,
§. 315. Danz Handb. des t. Privatr. Th. III, §. 315.
f)
v. Martens Einl. in das europ. VR. §. 96.
a)
Jos. Alo. Haas diss. de effectu exceptionis rei judicatae in
territorio alieno. Goett. 1791. 4.
b)
De Martens précis du droit des gens (Goett. 1801), §. 94.
v. Kamptz in Crome’s u. Jaup’s Germanien, Bd. III, Num. 10.
Ebendess. Beyträge zum Staats- u. Völkerrecht, Bd. I (Berlin
1815. 8.), S. 113. J. P. A. Feuerbach’s Themis oder Bey-
träge zur Gesetzgebung (Landsh. 1812. 8.), Num. 2. Schmalz
europ. Völkerrecht, S. 153 f. — Anders K. S. Zachariä, in
[104]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Crome’s u. Jaup’s Germanien, Bd. II, Num. 10, S. 229 ff.
Vergl. Haas l. c. §. 12. sq.
c)
Von den schweizer Cantonen unter sich, ehedem auch von
den meisten Territorien des teutschen Reichs, und von Frank-
reich und dem Bisthum Basel laut eines Tractats von 1780,
in v. Martens recueil, II. 93. Baierische Verordn. v. 2. Jun.
1811. Wirzburgische Verordn. v. 6. Jul. 1811. Königl. westphäl.
StaatsrathsGutachten, in dem Rhein. Bund, Heft LVII, Num. 40.
Badische Verordn. v. 5. Mai 1813, §. 11, in dem Bad. Regierungs-
blatt 1813, St. XVII. Päpstliche Erklärung durch den Car-
dinal StaatsSecretär zu Rom, am 11. März 1820.
d)
AllianzVertrag zwischen Frankreich und den schweizer Can-
tonen, geschlossen zu Solothurn am 28. Mai 1777, so wie ein
am 1. Jun. 1658 zwischen ebendenselben zu Aarau errichte-
ter Vertrag. Merlin recueil alphabétique des questions de
droit, T. III (2e édit. 1810), p. 200.
e)
Code français de procédure civile, art. 546. Code civil
français, art. 2123. Eben so die ältern französischen Grund-
sätze, nach der Ordonnance de 1629, art. 121. Merlin re-
cueil alphabétique des questions de droit, T. III, voc. Juge-
ment, §. 14 — 19. Ebendess. Répertoire universel et rai-
sonné de jurisprudence, T. VI. voc. Jugement, §. 8. Emé-
rigon
traité des assurances, T. I. p. 123. Königl. baierische
Verordn. v. 9. Oct. 1807, in d. Rhein. Bund, XIII. 151, aber
zurückgenommen durch die oben angef. Verordn. von 1811.
f)
In Frankreich 1756. v. Holzschuher’s DeductionsBibliothek.
II. 997 f. Reuss StaatsCanzley, XIV. 50. In Teutschland
der Reichshofrath, 1778. v. Holzschuher a. a. O. II. 922 f.
Moser’s Zusätze zu s. neuen Staatsr. II. 543 ff. Pütter’s Rechts-
fälle, Bd. III, Th. I, Resp. CCXLVII—CCXLIX, u. die Ur-
theile S. 43 ff.
a)
Schriften in Pütter’s Lit. des t. Staatsr. III. §. 1609. Klü-
ber
’s neue Literat. d. t. Staatsr. S. 687. Feuerbach’s Lehrb.
des peinl. Rechts, §. 537. — Diese Nacheile halten nach dem
teutschen Gerichtsgebrauch dann für allgemein erlaubt, wenn
sie ohne Gewaltthätigkeit geschieht, der Ergriffene sofort der
Gerichtsherrschaft des Ortes zur Verwahrung überliefert, und
um Erlaubniſs der Wegführung gebeten wird, Quistorp in s.
Grundsätzen des peinl. Rechts, Th. II. §. 824. Moser in dem
Versuch des europ. VR. VI. 463. Andere unterscheiden
zwischen bewaffneter u. unbewaffneter Nacheile. v. Mar-
tens
Einl. in das europ. VR., §. 102, Note c.
b)
Beispiele bei Moser a. a. O. VI. 385. 464. v. Martens
a. a. O. §. 102, Note a.
c)
Moser a. a. O. VI. 462. Ebendess. nachbarl. Staatsr., S. 555.
Claproth’s summar. Processe; peinl. Proceſs, S. 64.
d)
Moser’s nachbarl. Staatsr., S. 397 f. 552 f.
e)
Schriften in v. Kamptz neuer Lit. des VR., §. 111.
a)
Von dieser verwickelten Frage, worüber die Meinungen
sehr getheilt sind, und deren Beantwortung nirgend er-
schöpft ist, vergl. G. L. Böhmer diss. de delictis extra ter-
ritorium admissis. Goett. 1748, und in dessen Electis jur.
civ. T. III. exerc. 20. p. 201. Jo. Achat. Rudolph diss. de
poena delictorum extra territorium admissorum. Erlang. 1790.
4. Klüber’s kl. jurist. Biblioth. St. XXIII. S. 321 ff. Feuer-
bach
’s Lehrbuch des peinl. Rechts, §. 40. Cours du droit
français, par M. Proudhon, T. I. p. 51. sq. Schmalz europ.
Völkerrecht, S. 155 — 161.
b)
Der französische Code d’instruction criminelle, art. 5. 6.,
erstreckt auf diesen Fall auch das Strafrecht des französischen
Staates.
a)
Beispiele von Beschwerden und wechselseitigen Erklärun-
gen, über Druckschriften, wodurch eine Staatsregierung ihre
Ehre für rechtswidrig angegriffen hielt, in Moser’s Versuch
des europ. VR. I. 292. VI. 80. VIII. 38 ff. Ebendess. Bey-
träge, IV. 292 ff. (unter andern Frankreichs wider den Che-
valier d’Éon 1764); desgleichen Englands in Copenhagen, in
den Nouvelles extraord. 1794, n. 27. 31. 47. 52. 53. Königl.
niederländische Verordn. über die Preſsfreiheit v. 22. Sept.
1814, und deren Modification, in Beziehung auf auswärtige
Mächte, v. 25. Sept. 1816, in dem Journal de Francfort,
1816, n° 277.
a)
Anders v. Martens Einl. in d. europ. VR. §. 100. — Oft
wird der Beleidiger, wenn er Ausländer ist, an Gerichte
des fremden Staates, auf ihr Ansuchen, ausgeliefert. Vergl.
§. 66.
b)
Von Bestimmung der Strafe für auswärts begangene Ver-
brechen, vergl. Meister’s Einleit. zur peinl. Rechtsgelehr-
samkeit, Th. III, Abschn. I, Cap. 10. §. 14. Rudolph l. c.
§. 13 — 19. Boehmer l. c. §. 13. sqq.
c)
Rudolph l. c. §. 10. fordert ausserdem noch, daſs die That
[strafbar] sey, auch nach den Gesetzen desjenigen Landes, wo
sie begangen ward.
d)
C. C. Stuebel diss. de foro delicti in confinio civitatum
commissi. Viteb. 1793. 4.
a)
Rudolph diss. cit. §. 20. J. F. H. Abegg über die Be-
strafung der im Ausland begangenen Verbrechen. Erlangen
1819. 8.
b)
Anders Rudolph l. c. §. 18.
a)
C. T. Gutjahr diss. de exhibitione delinquentium secundum
principia juris publici universalis, gentium, romani atque
saxonici. Lips. 1795. 4.
b)
So in Preussen und Baiern.
c)
Verschiedene grössere Staaten bewilligen in keinem Fall eine
Auslieferung. Vergl. E. Buschleb comm. de principiis juris
civilis circa comprehensionem, punitionem vel remissionem
peregrinorum, qui in alieno territorio deliquerunt, prae-
sertim ad requisitionem exterae gentis. Goett. 1800. 4.
v. Martens Erzählungen merkw. Rechtsfälle, Th. I, Num. II;
Th. II, Num. XIII. — Eigene Bestimmungen hat die preuſs.
CriminalOrdnung, §. 96 u. 257.
d)
J. A. Reuss, s. resp. B. F. Mohl, diss. de juribus et obli-
gationibus specialium rerumpublicarum Germaniae inter se
in exercenda jurisdictione criminali obviis. Stuttg. 1787. 4.
e)
Beispiel von 1748, in Wenck’s Cod. jur. gent. II. 281. Mo-
ser
’s Versuch des europ. VR. VI. 461. Cartels und Verträge
wegen Auslieferung der Deserteure und Vaganten, von 1808
bis 1818, in v. Martens recueil, Supplém. VIII. 282. et suiv.
f)
Vattel L. II, ch. 6, §. 76. Moser a. a. O. VI. 428. — Zumal
im Fall der Erwiederung. Kurhess. Verordn. v. 1. Sept. 1820.
g)
Verträge, zw. Baiern, Wirtemberg u. Baden, v. 7. März 1816;
Preussen u. Baiern, v. 9. Mai 1818; d. K. v. Sachsen, m. Preussen,
v. 21. Jan. 1820, u. m. Baiern, v. 25. Jun. 1820; als Beilagen zu
d. Protocoll der t. Bundesversamml. v. 14. Jun. u. 2. Sept. 1819,
§. 118 u. 199, u. v. 3. Aug. 1820, §. 101. Vgl. auch oben, Note e.
a)
z. B. Verbot gewisser KleidungsTracht, des Fahrens in ge
wissen Straſsen, Plätzen, Thoren, desgleichen mit Fackeln,
der öffentlichen Lustbarkeiten, Gebot des Feierabends, des
Gebrauchs der Laternen bei Nacht, u. d. m. Dasselbe gilt
von der PaſsPolizei, von den QuarantaineAnstalten, von Auf-
enthalt- und Sicherheitskarten, u. d. m. Vergl. unten §. 78 f.
a)
Schriften in Pütter’s Lit. des t. Staatsr. III. 373. und in
v. Kamptz neuer Lit. des VR., §. 113. — Mynsinger cent. 2.
obs. 22. Mevius P. II. dec. 72. 372. v. Cramer’s wezlar.
Nebenstunden, XVII. 78. Moser von der Landeshoheit in
Steuersachen, S. 485.
a)
Moser’s Versuch des europ. Völkerrechts, VII. 283 ff. Klü-
ber
’s öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 328 ff. 332 f. —
Von dem Nutzen der Handelsfreiheit, s. Schmalz europ. Völ-
kerrecht, S. 170, 193 ff., u. 208 u. 243, und die Schriften
bei v. Kamptz a. a. O., §. 254.
b)
Hievon unten §. 150 — 152.
c)
Klüber a. a. O. §. 333, 471, 481. ConversationsLexicon
(4. Ausg. Leipz. 1818. 8.), v. Stationenrecht.
d)
Schriften in v. Ompteda’s Lit., §. 277, und in v. Kamptz
neuer Lit. §. 252 ff. G. L. Boehmer diss. de jure principis
libertatem commerciorum restringendi in utilitatem subdito-
rum, §. 24. sq. (in dessen Electis jur. civ. III. 194.) H. Han-
ker
’s Rechte und Freiheiten des Handels der Völker unter
einander (Hamb. 1782. 8.), §. 10 — 16. Moser’s Versuch,
VII. 444 ff. Le Commerce, par J. A. H. Reimarus. à Am-
sterd. et Paris 1808. 8. Dieser Verf. fordert „le rétablis-
sement d’un droit des gens, d’un droit fondé sur ce prin-
cipe éternel et impérissable: „ne fais à autrui que ce que tu
voudrais que te fût fait“. A. H. L. Heeren’s Ideen üb. die Politik,
den Verkehr und den Handel der vornehmsten Völker der alten
Welt. Th. I u. II. 3. Aufl. Gött. 1815. 8. — Spanisches Verbot des
Handels mit Gibraltar, bei Todesstrafe, 1752. Moser’s Beytr.
V. 326. Brittische NavigationsActe v. 1660, wodurch allen
fremden Schiffen, die nicht mit ihren eigenen LandesPro-
ducten beladen sind, die brittischen Häfen verschlossen wer-
den, u. s. w., in v. Martens Samml. der wichtigsten Reichs-
[117]II. Cap. Recht der Unabhängigheit.
grundgesetze, Th. I, S. 794 ff. Ihre Geschichte in Büsch
u. Ebeling’s HandlungsBibliothek, Th. II, S. 630 ff. Büsch
Welthändel, S. 204 ff. NavigationsActe (der brittischen ähn-
lich) der vereinigten Staaten von NordAmerika, vom 1. März
1817. Schwedisches ProductPlacat v. 1724. In Schweden
ist der Handel mit Auswärtigen, nur den 34 Stapelstädten
gestattet. v. Martens Staatsr. der vornehmsten europ. Staa-
ten, I. 120. In dem Freundschaft- und Subsidien-Tractat
v. 3. Mai 1813, Art. 6, bewilligt Schweden den Engländern
auf 20 Jahre das Recht der WaarenNiederlage in den Häfen
von Gothenburg, Carlsham und Stralsund. Gazette de Franc-
fort 1813, n. 189. Durch eine schwedische Verordnung von
1794, ward dem Hafen von Gothenburg das Recht der Nie-
derlage (droit d’entrepôt) bewilligt. De Martens recueil,
VII. 505. Verordnungen der meisten rheinischen Bundes-
staaten, vom Oct. u. Nov. 1810, wodurch, nach dem Ver-
langen des Protectors, die Einfuhr und der Verbrauch der
ColonialWaaren theils verboten, theils eingeschränkt, auch
das Verbrennen der englischen Fabrikwaaren befohlen wird;
in dem Polit. Journal, Nov. 1810, S. 1075 ff. und Rhein.
Bund, XLIX. 34. 99. 136. L. 161. 310. — Schriften von
Contrebande, in v. Ompteda’s Lit. II. 601 f.
e)
Moser’s Versuch, VII. 709 ff.
f)
F. Guil. Pestel diss. selecta capita doctrinae de servitutibus
commerciorum. Rintel. 1760. 4. Ehemalige französische und
königlich-sächsische Staatsdienstbarkeit, wegen des Transito-
Handels, in Preussisch-Schlesien, und preussische in dem
Königreich Sachsen, vermöge des Tractats v. Elbing v. 13.
Oct. 1807, in d. Rhein. Bund, XVI. 37.
a)
Schriften über das Seerecht, insonderheit den Seehandel,
von Azuni, Arnould, Jouffroy, Jacobsen u. A. sind unten
angeführt, §. 291. S. auch v. Ompteda’s Lit. des VR., §. 217 ff.
u. v. Kamptz neue Lit. des VR., §. 152 ff.
b)
F. Saalfelds allgemeine ColonialGeschichte des neuern Eu-
ropa; Th. I, allgemeine Einleitung in das ColonialWesen
der neuern Welt. (Ist noch nicht erschienen.) Th. II.
Geschichte des portugiesischen ColonialWesens in Ostindien.
Göttingen 1810. Th. III u. IV. Geschichte des holländischen
ColonialWesens in Ostindien. Ebendas. 1812 u. 1813. 8.
c)
Wenigstens in Friedenszeiten. Beispiele in Moser’s Versuch,
[119]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
VII. 678 — 699. 701. — Diese Rechtsbestimmung ward in
der neuern Zeit, zuerst von Franzosen, MunicipalRechte
(droits municipaux) benannt. — Während eines Kriegs des
Mutterlandes, werden diese Rechte bisweilen für aufgescho-
ben erklärt, damit Handel unter neutraler Flagge mit den
Colonien statt habe, und unter solcher, wenn es nöihig,
selbst das Mutterland den vorigen Handel fortsetzen könne.
Sogar England bewilligte, in manchen Verträgen, für Kriegs-
zeiten die Zulassung neutraler Handelsschiffe in seinen Co-
lonien, z. B. in dem Vertrag mit den vereinigten Staaten
von Nordamerika, von 1794. ConversationsLexicon (4. Ausg.
Leipz. 1818. 8.) voc. Freibriefe, Th. III, S. 128 ff. und
in dem Anhang, S. ciii ff. Schmalz europ. Völkerrecht,
S. 292 f. Vergl. unten, Th. II, Tit. 2, Abschn. 2, Cap. 2. —
Dagegen stellte England in dem siebenjährigen Krieg als
Grundsatz auf, daſs die Neutralen nicht berechtigt seyen,
mit den Colonien einer kriegführenden Macht Handlung zu
treiben, wenn ihnen solches nicht auch in Friedenszeiten
gestattet werde. Dawider s. man Mémoire sur les prin-
cipes et les lois de la neutralité maritime (à Paris 1812.
8.), p. 7. sq. — In Nothfällen, pflegt das Landen fremder
Handelsschiffe in Colonien nicht versagt zu werden. Mo-
ser
’s Versuch, VII. 701.
d)
Jo. Frid. L. B. Bachov ab Echt diss. de eo quod justum
est circa commercia inter gentes, ac praecipue de origine
ac justitia societatum mercatoriarum majorum. Jen. 1730. 4.
J. G. Büsch über die öffentl. HandlungsCompagnieen; in
dessen u. Ebeling’s HandlungsBibliothek, Bd. I, St. 1, S.
9 — 116. Ebendess. Darstellung der Handlung, Th. I, Buch 3,
Cap. 5, und in den Zusätzen, Bd. II, S. 51. 65. 69. Bd. III,
S. 82. C. G. Gründler’s allgemeine Beyträge zur Handlung,
Th. II (Berlin 1788. 8.). v. Kamptz neue Lit. S. 308 ff. —
Beispiele solcher Octrois auf gewisse Jahre, in Moser’s Ver-
such des europ. Völkerr. VII. 313 ff. und in v. Martens
Gesetzen und Verordnungen der einzelnen europ. Mächte über
Handel, Schiffahrt und Assecuranzen, seit der Mitte des 17.
Jahrhunderts, mit erläuternden Anmerkungen. Gött. Th. I.
1802. Th. II. 1805. 8.
e)
Beispiele in Martens Einleitung in das europ. Völkerr. §. 138,
Note c. Durch eine Verordnung vom 17. Jun. 1814 erlaubte
[120]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Groſsbritannien den Holländern, mit ihren vormaligen, jetzt
unter brittischer Hoheit stehenden, amerikanischen Colonien
zu handeln.
f)
Hanker a. a. O. §. 17, S. 49 f.
a)
v. Ompteda Lit. §. 281. v. Kamptz neue Lit. S. 307 f.
Eob. Toze von dem Handel der europäischen Völker nach
Ostindien und China; in dessen kleinen Schriften (Leipz.
1791. 8.), S. 124 — 150. Joh. Jul. Surland’s erläutertes Recht
der Deutschen nach Indien zu handeln (Cassel 1752. 4.),
§. 48 ff. Karsten’s Europens Handel mit beiden Indien. Ro-
stock u. Leipz. 1780. 8. The history of the European com-
merce with the Indies; by David Macpherson. London 1812.
8. Moser’s Versuch, VII. 675. 702 — 708. — Von Unter-
drückung der Handlungsgesellschaft zu Ostende; in v. Steck’s
Ausführungen, Num. I. Mémoires de l’abbé de Montgon,
I. 316. — Ausdrückliche und stillschweigende Erklärungen
europäischer Mächte, z. B. Frankreichs 1663, Dänemarks
wegen der zu Altona 1728, Schwedens wegen der 1731,
Preussens wegen der 1750 zu Emden errichteten ostindischen
Handelsgesellschaft, Oestreichs bei Errichtung der triester
Handelsgesellschaft, Spaniens gegen Groſsbritannien 1790,
wegen des Handels nach NutkaSund, u. a. s. Moser’s Ver-
such, VII. 313 ff. v. Martens Einleit. in das europ. Völkerr.
§. 130, Note g. Von Verträgen deſshalb, Surland a. a. O.
§. 24 ff.
b)
Hanker a. a. O. §. 17.
c)
Beispiele in Moser’s Versuch, VII. 677. Bouchaud théorie
des traités de commerce, p. 202. sqq. v. Ompteda’s Lit.
II. 600 f.
d)
Moser’s Versuch, VII. 708 f. Kluit historiae federum Bel-
gii federati primae lineae, P. II. p. 339.
a)
Traité de paix de Paris du 30 mai 1814, article 1er ad-
[123]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
ditionnel au traité avec la Grande-Bretagne; in Klüber’s
Acten des wiener Congresses, Bd. I, Heft 1, S. 29. — Eine
Reihe von Briefen und Depeschen über diesen Gegenstand,
aus den Jahren 1813, 1814 und 1815, steht in Schöll’s re-
cueil des pièces officielles, T. VII (Paris 1815. 8.), p. 67 — 273.
Man s. auch den Vertrag Groſsbritanniens mit Portugal, vom
19. Febr. 1810, Art. 10; in v. Martens recueil, Supplém. V. 249.
b)
Déclaration des plénipotentiaires des huit puissances signa-
taires du traité de paix de Paris, datée de Vienne le 8 fé-
vrier 1815, in Klüber’s angef. Acten, Bd. IV, S. 531. —
Die Verhandlungen deſshalb auf d. Congreſs, s. ebendas. Bd. IV,
S. 509 ff., Bd. VII, S. 3—52. — Vergl. Klüber’s Uebersicht der
diplomat. Verhandl. des wiener Congr., S. 17. 48 f. 54 ff. 572.
c)
Article additionnel. — Actes, en date de Paris le 27 et
le 30 juillet 1815, in v. Martens recueil, Supplém. VI. 602.
d)
Vertrag Groſsbritanniens mit Spanien, geschlossen zu Ma-
drid am 23. Sept. 1817; in v. Martens recueil, Supplément
VII. 135. VIII. 492. Königl. spanische Verordn., wegen Ab-
schaffung des Negerhandels in den spanischen Besitzungen, vom
30. Mai 1820 an. — Vertrag Groſsbritanniens mit Portugal, vom
22. Jan. 1815, bei v. Martens a. a. O. VI. 96. Convention addition-
nelle zu diesem Vertrag, v. 28. Jul. 1817, ebendas. VIII. 438. —
Die Vereinigten Staaten von Amerika verboten ihren Staats-
bürgern den Negerhandel, und ertheilten den Commandan-
ten der Staatsschiffe Befehl, jedes amerikanische mit Scla-
ven beladene Schiff wegzunehmen. Man s. des Präsidenten
Botschaft an den Congreſs, vom 7. Dec. 1819, in dem Jour-
nal de Francfort, vom 18. Jan. 1820.
a)
Mosér’s Versuch des europ. VR. VIII. 15 ff. 45 ff. (F.
Cleynmann’s) Aphorismen aus d. Fache der Münzgesetzgeb.
u. d. Münzwesens (Frankf. 1817. 8.), S. 160 ff. J. G. Büsch
Grunds. der MünzPolitik. Hamb. 1789. 8. u. in dessen Sämmtl.
Schriften über Banken u. Münzwesen. Hamb. 1801. 8.
b)
De Martens recueil, I. 144. art. 5.
c)
Nothmünzen in dem siebenjährigen Krieg unter fremdem
Stempel. v. Praun’s Nachr. v. d. Münzwesen (Leipz. 1784.
8.), S. 163 ff v. Struensee’s Abhandlungen über wichtige
[125]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
Gegenstände der Staatswirthschaft, Bd. III, S. 565 u. 572 f.
(Klotzsch) Kursächs. Münzgesch., S. 840 — 914. Grell-
mann
’s Staatskunde von Teutschland, I. 91. 105. Allgem.
deutsche Bibliothek, Bd. 105, S. 137. 139.
d)
Moser’s Versuch VIII. 19 f. Klüber über den staatswirth-
schaftlichen Werth des Papiergeldes. Tüb. 1805. 3. Eben-
dess.
öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 342 f.
e)
Schwedische Mynttecken (Münzzeichen, les Dieux de Görtz)
unter Carl XII. 1715 — 1718. — Der Lawische Actienhan-
del in Frankreich, 1719 u. ff. — Das französische papierne
RevolutionsGeld mit gezwungenem Curs, und das robespier-
rische Maximum. — Gezwungener Curs, Herabsetzung oder
Verrufung des Papiergeldes, eigenmächtige Herabsetzung oder
Sistirung der Zinsen von StaatsCapitalen, Münzveränderung
zum Vortheil der Schuldner, gezwungene Anleihen, u. d. m.
Vergl. Schmalz europ. Völkerrecht, S. 176 f.
f)
Hubertsburger Fr. 1763, Art. 7. u. SeparatArt. 2. in de Mar-
tens
recueil, I. 75. 77. Lünéviller Fr. 1801, Art. 9. Wie-
ner Fr. 1809, Art. 9.
a)
Moser’s Versuch des europ. VR. VIII. 47 f. Klüber’s öffentl.
Recht des t. Bundes, §. 350. Staatsverträge zwischen Baden u. d.
Canton Aargau v. 17. Sept. 1808, Westphalen u. Oldenburg im
Febr. 1809, Baiern u. Sachsen im Febr. 1811, Baiern u. Baden
v. 22. Febr. 1810, Dänemark u. Schweden v. 10. Dec. 1809, art. 6,
bei Martens Suppl. V. 225.
b)
Beispiele in Klüber’s angef. öffentl. Recht, §. 352 f. Eben-
dess.
Postwesen in Teutschland, wie es war, ist, und seyn
könnte. Erlangen 1811. 8. Verträge des Königreichs West-
phaten von 1808 mit den drei anhaltischen Herzogthümern,
den Fürstenthümern Waldeck u. Lippe; desgl. des König-
reichs Wirtemberg mit HohenzollernHechingen. Rhein. Bund,
XX. 307. XXIV. 425.
c)
Als solche hatte das Königreich Sachsen eine Transito-
PostRoute durch Schlesien, von und nach dem Herzogthum
[127]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
Warschau, vermöge der preussisch-sächsisch-französischen
Convention von Elbing v. 13. Oct. 1807, Art. 11 u. 12. Rhein.
Bund, XVI. 40.
d)
Das Briefgeheimniſs sichern die Postordnungen gewöhnlich
zu, z. B. die königl. westphälische v. 31. Oct. 1808, Art. 32
13, 18, 101, 146; die königl. baierische Pflichtformel für
die Postbeamten, in dem baier. Regierungsblatt v. 1806,
Num. 34; eine k. wirtembergische Verordn. v. 18. Nov. 1816;
die sachsen-weimar-eisenachische Postordnung v. 1. Jan. 1820,
§. 19. — Vergl. davon J. B. Friesen diss. de eo q. j. e.
circa litteras resignatas (Jen. 1752), c. 2. Jo. Jod. Beck
diss. de resignatione, revulsione et turbatione sigillorum
(Altorf 1742), §. 25. Danz Handbuch des t. Privatr. §. 155.
n. IV. v. Kamptz neue Lit. des VR., S. 96.
e)
Klagen darüber, in Schlözer’s Staatsanzeigen, Heft 42, S.
229. Moser’s Lebensbeschreibung, Th. IV, S. 105. Eben-
dess.
angef. Versuch, IV. 144 f. Hönn’s BetrugsLexicon,
voc. Postmeister, S. 288. Die Postgeheimnisse. Leipz. 1803.
8. Ueber das Geheimniſs der Posten. Frankf. u. Leipz.
1788. 8. — Verwahrungsmittel gegen das unmerkliche Brief-
erbrechen s. in Klüber’s Kryptographik, §. 17 — 29. Gegen
die Entdeckung des Inhaltes erbrochener Briefe, dient das
Chiffriren, wovon ebendas.
f)
Schriften in Klüber’s angef. öffentl. Recht, §. 356, Note b.
a)
Von dem Gebiet der Salzbergwerke von Wieliczka, s. den
wiener Fr. 1809, Art. IV. n. 4.
b)
Das Königreich Sachsen hat das BergRegal in der Herr-
schaft Schwarzenberg böhmischen Antheils. v. Römer’s kur-
sächs. Staatsr. II. 673. Auch erstreckte sich das kursäch-
sische BergRegal in der Grafschaft Mannsfeld über die kur-
sächsische Landesgrenze hinaus, in den magdeburgischen An-
theil der Grafschaft. v. Römer a. a. O. II. 46. Es ward
an das Königreich Westphalen abgetreten, durch die leip-
ziger Convention v. 19. März 1808. Rhein. Bund, XL. 151.
c)
J. C. Bonhöfer diss. de jure venandi per modum servitutis
juris publici in territorio alieno. Alt. 1748.
d)
J. A. Nieper diss. de sequela venatoria. Goett. 1789. Reichs-
anzeiger 1794, Num. 76 u. 78. v. Römer a. a. O. II. 758.
Strube’s rechtl. Bedenken, Th. II, Bed. 140. Pütter’s Lit.
des t. Staatsr. III. §. 1610.
a)
Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 370 ff.
v. Kamptz neue Lit. des VR., §. 183 ff. 194 ff.
b)
Von der Schelde, ehedem, s. den münster. Fr. 1648, zwi-
schen Spanien u. den verein. Niederlanden, Art. 14, in
Schmauss C. J. G. p. 619., u. den Vertrag zwischen Oestreich
u. den vereinigten Niederlanden v. 1785, Art. 2 u. 7, in
de Martens recueil, II. 605. Von der Weichsel s. die til-
siter Friedensschlüsse mit Frankreich v. 1807, den russischen
Art. 8, den preussischen Art. 20. Vorzüglich vergleiche
man die auf dem wiener Congreſs festgesetzten Artikel über
die Schifffahrt auf denjenigen Flüssen, welche in ihrem schiff-
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 9
[130]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
baren Lauf verschiedene Staaten trennen oder durchströ-
men
, in Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. III,
S. 254 — 257, u. 245, so wie den Acte final du congrès de
Vienne, art. 108 — 117, ebendas. S. 89 ff. Man s. auch
Klüber’s öffentliches Recht des teutschen Bundes, §. 468
— 486. Die genannten Artikel sollen auch auf die Schiff-
fahrt auf dem Po angewandt werden, so wie auf diejenige
auf allen Flüssen und Canälen in dem ganzen Umfang des
ehemaligen Polens, laut des angef. Acte final etc., art. 14
et 96. Von der freien Schifffahrt auf dem StecknitzCanal,
ebendas. Art. 30. Dieselben Grundsätze wurden angewandt,
nicht nur auf die Schifffahrt auf dem Elsterwerdaer Floſs-
graben, auf der schwarzen Elster, auf der weissen Elster,
und auf dem aus dieser abgeleiteten Floſsgraben, in dem
von dem König von Sachsen mit Oestreich, Preussen und
Ruſsland geschlossenen Vertrag vom 18. Mai 1815, Art. 17
(in Klüber’s angef. Acten, Bd. VI, S. 133), sondern auch auf
die Schifffahrt auf allen Flüssen, welche die östreichischen
und baierischen Staaten trennen oder durchströmen. Auch
vergl. man den zwischen Oestreich und Baiern geschlossenen
Vertrag vom 14. April 1816, in Klüber’s Staatsarchiv des
teutschen Bundes, Bd. I, S. 406.
c)
Von der Weichsel s. den wiener Fr. v. 1809, Art. 2, Num. 4.
Ueber die freie Schifffahrt auf den Flüssen und Canälen in
dem ganzen Umfang des ehemaligen Polens, so wie über
die Benutzung der Häfen, s. man den Acte final du congrès
de Vienńe, art. 14.
d)
Hieher gehört auch der Sundzoll, der einzige, welcher für
die Fahrt durch eine offene Meerenge in Europa entrichtet
wird; er ist festgesetzt durch Verträge mit den meisten eu-
ropäischen Staaten. Th. A. de Marien tableau des droits
et usages de commerce relatiſs au passage du Sund. à Co-
penhague 1778. 8. Auch in das Dänische und Spanische
übersetzt. Moser’s Versuch des europ. VR. V. 473. 489.
v. Steck vom Sundzoll, in dessen Versuchen (von 1772), S.
39 ff.
e)
Von dem Tonnenrechte der Stadt Bremen, s. v. Bülow’s
u. Hagemann’s pract. Erörterungen, I. 1 — 38.
f)
v. Martens Grundriſs des Handelsrechts, §. 148.
a)
J. Schuback commentarius de jure littoris. T. I. Hamb. 1751.
[132]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Fol. Nachher vermehrt u. teutsch, von Wodarch u. Grei-
lich
, unter dem Titel: Vom Strandrecht. Hamb. 1767. 4.
Th. II, besorgt von Amsink, ebendas. 1781. 4. Emérigon
traité des assurances, T. I, p. 455. 528. v. Martens Einleit.
in d. Völkerr. §. 150 f. Moser’s nachbarl. Staatsr., S. 705.
Ebeuders. von der Landeshoheit in Ansehung Erde und
Wassers, S. 270. Jargow von Regalien, S. 471 — 489.
Pfeffinger Vitriar. illustr. III. 1471. Fischer’s Gesch. des
teutsch. Handels I. 425. Schriften in Pütter’s Lit. III. 615.
Klüber’s neuer Lit. §. 1374. und v. Kamptz neuer Lit. des
VR., §. 193.
b)
J. G. Büsch Darstellung der Handlung, Th. II (1792. 8.),
S. 113. Ebendess. Darstellung des in den nördlichen Ge-
wässern üblichen, besonders des schleswig-holsteinischen
Strandrechtes. Hamb. 1798. 8. Dänische Strandordnung v.
1803, in Häberlin’s Staatsarchiv, Heft 45, S. 1 ff.
c)
Durch Gesetze — ausser dem römischen und canonischen
Recht (Auth. navigia C. de furt. et serv. corrupt. und c. 3.
X. de raptorib.), der peinl. Gerichtsordn. Carls V. Art. 218,
und dem Reichsabschied v. 1559, §. 35 — in Frankreich
(1681), in Preussen (allgem. Landrecht, Th. II, Tit. 15, §.
81 — 87), in Jever (Verordn. v. 28. Febr. 1724), in Pom-
mern, Hamburg, Lübeck, u. a. O. — Durch viele Ver-
träge
, z. B. der Hansestadt Lübeck (wovon Dreyer’s Spe-
cimen etc. 1762. 4.), Preussens, Groſsbritanniens, Däne-
marks, Schwedens, Spaniens, u. a. Schmauss C. J. G. 77.
218. 144. 434. 583. 596. 755. 967. Du Mont Corps dipl.
T. I, P. 2, p. 223. Moser’s Versuch, VII. 672.
d)
J. S. F. Boehmer diss. de servaticio. Hal. 1743. Reinharth
ad Christinaeum, vol. V. obs. 8. Camerer’s Nachrichten von
Holstein, Th. I, S. 207 f. F. E. C. Mereau’s Miscellaneen,
Th. I (Gotha 1791. 8.), Num. 18. Danz Handbuch des t.
Privatrechts, Th. I, §. 112.
a)
Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 375 ff.
b)
Moser’s Versuch des europ. VR. VIII. 45.
a)
Code civil français, art. 13. Königl. baierisches Edict v.
6. Jan. 1812, über Indigenat, Staatsbürgerrecht, Rechte der
Forensen u. Fremden; in dem baierischen Regierungsblatt
v. 1812, St. V.
b)
Das angef. baierische Edict, Tit. IV, Art. 25 ff. Baierische
Verordn. v. 21. März 1812, betr. die auswärtigen Unter-
thanen, welche Immobilien in Baiern besitzen; in d. baier.
Regierungshlatt v. 1812. — In mehreren teutschen Staaten,
nicht auch in Frankreich (vergl. Code civil, a. 3. §. 2.),
gilt der vollständige Landsassiat (landsassiatus plenus), das
heiſst, daſs für auswärtige Gutsbesitzer (Forensen) der blosse
Besitz inländischen Grundeigenthums auch die persönliche
Unterthänigkeit begründet. Klüber’s öffentl. Recht des teut-
schen Bundes, §. 204.
c)
Code civil français, art. 17—21. K. französisches Décret
du 26 août 1811, relatif à la condition des Français établis
en pays étranger, nebst dem erklärenden Avis du 21 janvier
1812. Königl. baierische Verordn. v. 21. März 1812, betr.
die Erlaubniſs für die in fremden Diensten befindlichen
Baiern.
d)
Code civil français, art. 3. 11—14. Groſsherzogl. badisches
Edict v. 4. Jun. 1808, die Grundverfassung der verschiede-
nen Stände betr., §. 1—5, in d. Rhein. Bund, XXII. 64.
K. E. Schmid’s Einl. in das gesammte Recht des französischen
Reichs, Th. I (Hildburgh. 1808. 8.), S. 390 ff. Schmalz
europ. Völkerrecht, S. 163 ff. J. J. Lehmann diss. an po-
tentiores rebelles aliique hujus fere generis in vicinis regnis
jure asylorum frui possint? Jen. 1716. 4. — Von durch-
reisenden Gesandten, s. Real, science du gouvernement, Th. V,
S. 165 u. 179 (der teutschen Uebersetzung). Vergl. unten,
§. 176 u. 204.
a)
Moser’s Versuch des europ. VR. VI. 118 f. Günther a. a. O.
II. 301—306.
b)
Moser a. a. O. V. 376. 390. Ebendess. Beyträge zu dem
europ. VR. V. 72.
c)
Günther a. a. O. II. 309 ff.
a)
Code civil français, art. 21. Das bei dem vorigen §. angef.
kaiserl. franz. Decret v. 26. Aug. 1811. Das angef. baierische
Edict vom 6. Jan. 1812, Art. 7, Num. 2, Art. 25, 28, 29,
nebst der angef. Verordn. v. 21. März 1812, wegen Erlaub-
niſs für die in fremden Diensten befindl. Baiern. Kaiserl.
russische Verordn. v. 1762, wodurch dem russischen Adel
verboten wird, in fremde Kriegsdienste zu treten. Moser’s
Versuch des europ. VR. VI. 25. Von den Einschränkungen
der Standesherren und Grundherren in ehemaligen rheini-
schen Bundesstaaten, s. Klüber’s Staatsr. des Rheinbundes,
§. 192. 220. Selbst rheinische souveraine Bundesfürsten
durften nur bei einem rheinischen Bundesstaat, oder bei
einem mit dem Rheinbund alliirten Staat, in Staatsdienste
treten. Ebendas. §. 80 u. 135.
a)
Robertson’s history of the Emperour Charles V., T. I. in
den beigefügten Beweisen und Erläuterungen, Num. XXIX.
Pufendorf observationes juris univ., T. III. obs. 14.
b)
Bacquet du droit d’aubaine. à Paris 1603. und in dessen
Oeuvres, T. I. D’Espeisses oeuvres, T. II. P. II. p. 243.
Guyot répertoire de jurisprudence, art. aubaine. Les loisirs
du chevalier d’Éon de Beaumont, Tome IX (à Amsterdam
1774. 8.), p. 177—191. Viele andere Schriften, in Pütter’s
[138]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Lit. d. t. Staatsr. III. 610. u. Klüber’s neuer Lit. d. t. Staatsr.
§. 1369. v. Kamptz neue Lit. des VR., S. 125 f.
c)
Zuerst in dem Frieden v. Crespi 1514, und letzthin wieder
in dem pariser Frieden von 1814, Art. 28. Verzeichnisse
solcher Verträge, in Moser’s auswärt. Staatsr. S. 263 f. 331 f.
381, in Ebendess. Zusätzen zu s. neuen Staatsr. III. 1204,
u. in Schlözer’s Staatsanzeigen, Heft. 31 (1786), Num. 32.
De St. Gerens diss. de usu juris albinagii in Gallia. Argent.
1778. 4. Ein Verzeichniſs der von 1715—1782 geschlos-
senen Verträge, steht in dem Dictionnaire géographique et
politique de l’Alsace, T. I. (à Strasb. 1787. 4.), Art. aubaine.
K. Napoleon’s Decret v. 24. Aug. 1812, wodurch das Heim-
fallsrecht und Abzugsgeld in dem Königreich Italien gegen
die Schweiz aufgehoben wird. Gazette de Francfort, 1812,
n. 299. Ebendess. Decrete vom 25. April, 28. Mai, u. 4.
Aug. 1812, wodurch, nach deſshalb geschlossenen Verträgen,
das Heimfallsrecht aufgehoben wird, in dem ersten für das
Groſsherzogthum Frankfurt, in dem andern für das Her-
zogthum Mecklenburg-Schwerin, durch das dritte, in Hin-
sicht auf das Königreich Italien, für die preussischen Staa-
ten; in dem Moniteur universel von 1812, Num. 124 u. 164,
und in der Gazette de Francfort von 1812, Num. 128 u. 251.
Eine Sammlung von Verträgen und Decreten, besonders
französischen und preussischen, aus den Jahren 1811 und
1812, befindet sich in v. Martens recueil, Supplément V.
394—409. Im Jahr 1813 ward dasselbe Recht aufgehoben
zwischen Frankreich und dem Königreich Italien einer Seits,
und dem Königreich Sachsen anderer Seits. Eben so, im
J. 1818, zwischen Kurhessen und dem Königreich beider
Sicilien. Da in dem letzten dieses Recht durch ein Decret
v. 12. Aug. 1818 gegen alle Staaten, die es gegen seine Un-
terthanen nicht ausüben würden, für aufgehoben erklärt
ward, so verordneten mehrere Staaten Erwiederung, z. B.
Oestreich durch ein Decret v. 30. Jul. 1819, und die freie
Stadt Frankfurt durch ein Decret vom 6. Jul. 1819. Auch
in der östreichischen Lombardie ward das Heimfallsrecht
aufgehoben, durch Verordnung vom 15. Jun, 1815.
d)
Das Decret v. 6. Aug. 1790 steht in de Martens recueil, VI.
289. Vergl. Möser, in d. berliner Monatschrift v. 1791,
St. 2, S. 114 ff.
e)
Behmer jus nov. controv. T. I. obs. 52. Runde’s Grundsätze
des allgem. deutschen Privatrechts, §. 321.— In dem J. 1804
erklärte die französische Regierung, daſs sie das droit d’au-
baine et de retraite retorsionsweise streng ausüben werde.
Vergl. auch Code civil français, art. 726, und Proudhon cours
de droit français, T. Ier, p. 83, welcher behauptet, daſs in
Frankreich das Heimfallsrecht, in Gemäſsheit der Art. 11,
726 u. 920 des Code civil, noch jetzt bestehe, und daſs
man solches daselbst als abgeschafft nur in so weit betrachten
könne, als Verträge dieses festsetzen. — Durch Beschlüsse
der schweizer Tagsatzungen von 1803 und 1809 sind beide
Rechte abgeschafft, gegen alle Staaten, welche dasselbe gegen
die Schweiz beobachten wollen. Gazette de Francfort, 1812,
n. 74. Dasselbe erklärte öffentlich, unter dem 20. Aug. 1818,
der König beider Sicilien.
f)
v. Meiern’s Gutachten, hinter G. H. Ayreri diss. de jure oc-
cupandi bona vacantia, p. 55.
a)
In Teutschland nicht immer der StaatsFiscus, sondern bis-
weilen auch landsässige Unterobrigkeiten, Standesherren, Städte
und Rittergutsbesitzer, wohl gar auch gegen inländische Be-
zirke.
b)
Runde a. a. O. §. 322 ff. Danz Handbuch des t. Privatr-
Bd. III, §. 322—326. J. F. Reitemeier’s allgemeines Ab-
schoſsrecht in Deutschland. Frankf. an d. O. 1800. 8. C.
D. U. v. Eggers Archiv der Staatswissenschaft, Th. I, S.
62—87. Pütter’s angef. Lit. III. 648. Klüber’s neue Lit.
§. 1370. v. Kamptz neue Lit. §. 122 f.
c)
Durch das bei dem vorigen §. angeführte Decret der franz.
NationalVersammlung v. 6. Aug. 1790, ist auch das Abzugs-
geld abgeschafft; ob aber die Nachsteuer ebenfalls darunter
zu verstehen sey, ist nicht bestimmt. In Gemäſsheit der teut-
schen BundesActe, Art. 18, ward der Detract zwischen allen
teutschen Bundesstaaten gegenseitig aufgehoben, durch einen
Beschluſs der Bundesversammlung, in ihrem Protocoll vom
23. Jun. 1817.
d)
Durch die bei dem vorigen §. angef. Beschlüsse der schwei-
zer Tagsatzung, sind beide Rechte („le droit de détraction
et tout droit semblable“) abgeschafft, gegen alle Staaten,
welche gegen die Schweiz dasselbe beobachten wollen. Das-
selbe verordnete ein königl. westphäl. Decret v. 18. März 1809.
e)
Eine groſse Anzahl Verträge über Freizügigkeit, sind in der
neuern Zeit, besonders von teutschen Staaten, geschlossen wor-
den. Beispiele in de Martens recueil, IV. 79. 81. 83. 174 sqq.
[141]II. Cap. Recht der Unabhängigkeit.
431. 452. 575. V. 93. VIII. 39—70, et préface, p. VIII et
suiv. Auch 1813 von dem Königreich Sachsen mit Frank-
reich und dem Königreich Italien, und im Jahr 1819 zwi-
schen Schweden und den vereinigten Königreichen Portugal,
Brasilien, und beider Algarbien.
f)
Königl. baier. Edict von 1808, über die Confiscationen, in
d. baier. Regier. Blatt, 1808, St. 51. Jargow von Regalien,
S. 553. Chr. Schlözer de bonorum confiscatione. Goett. 1796.—
Manche Staaten haben diese Confiscationen ganz abgeschafft.
a)
Von dem Indigenat hiebei, s. Klüber’s öffentl. Recht des
t. Bundes, §. 403, Note c.
b)
Moser’s Versuch des europ. VR. VI. 21 f.
c)
F. C. v. Moser’s kl. Schriften, VI. 315. v. Martens Einl.
in d. europ. VR. §. 83, Note a.
d)
Klüber a. a. O. §. 403, Note b.
a)
Moser’s Versuch des europ. VR. VI. 19 f.
b)
Das angef. baierische Edict v. 6. Jan. 1812, Art. 7, Num. 3.
Moser’s auswärt. Staatsr. S. 321. Ebendess. Staatsr. V. 402.
C. F. v. Moser’s Hofrecht, II. 692. Klüber’s öffentl. Recht
des teutschen Bundes, §. 410 u. 412. L’Ambassadeur, par
Wicquefort, p. 99 (éd. 1689. 4.). (Levett Hanson’s) Account
of all the Orders of Knighthood, Vol. II. p. 304. sqq.
c)
C. Wildvogel consil. jur., cons. 132.
d)
Wie bei dem Ritterorden des goldnen Vliesses. v. Mar-
tens
Einl. in d. VR. §. 165.
a)
Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 413—418.
b)
Daher der in manchen Ländern eingeführte Schul- und
UniversitätsBann. Verordnungen deſshalb, in dem Allgem.
Anzeiger der Deutschen, 1807, Num. 340; 1808, Num. 76.
Rhein. Bund, XIII. 152. XXIII. 237. XLVII. 297. Décret
imp. relatif à l’instruction publique et à l’université de l’Em-
pire français, v. .. März 1808, u. Décret imp. sur le ré-
gime de l’Université impériale, v. 15. Nov. 1811, in d. Mo-
niteur 1811. n. 321. Edit royal français du 17 février 1815
[144]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
relatif à l’instruction publique, in dem Journal de Franc-
fort de 1815, n° 57. Königl. baierische Schulordnung v.
1809. Groſsherzogl. frankfurt. Decret vom 1. Febr. 1812,
wegen der öffentl. Unterrichtanstalten.
c)
K. französisches Decret v. 5. Febr. 1810, die Buchdrucke-
reien, die Censur u. den Buchhandel betr., in d. Moniteur
v. 1810, und auszugweise in der (Hallischen) Allgem. Lit.
Zeitung, 1810, Num. 63. Modificationen dieses Decrets, in
einem zweiten Decret v. 14. Dec. 1810. Königl. sächs. Cen-
sur- und BücherEdict v. 10. Aug. 1812, in d. Allgem. An-
zeiger der Deutschen, 1812, Num. 321. Vergl. Klüber’s
öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 414 u. 417 ff.
a)
P. C. lib. baron. de Knigge comm. de habitu religionis ad
gentes. Goett. 1747. 4. Klüber’s öffentl. Recht des t. Bun-
des, §. 421, 423, 426 ff. — Ueber die Vermischung des
Temporellen mit dem Spirituellen, und des Spirituellen mit
dem Temporellen, s. man de Pradt, les quatre concordats,
T. Ier, ch. 5, 6 et 7. Ueber das Sprichwort: „Rome ne re-
cule pas“, ebendas. T. II, ch. 27.
b)
v. Martens Einl. in das europ. VR. §. 110. Schmalz europ.
Völkerrecht, S. 168 f.
c)
Klüber’s öffentl. Recht des rhein. Bundes, §. 438, wo auch
die Frage abgehandelt ist, ob das fiscalische Occupations-
recht (droit d’épave) bei inländischen Besitzungen, Renten
und Rechten auswärtiger secularisirter geistlicher Stiftungen
statt habe? — Von dem Patronatrecht und LeichenTransport
in fremdem Gebiet, s. Schriften in v. Kamptz neuer Lit., §. 114.
a)
Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 439 ff.
M. H. Gribner diss. de dominio directo in territorio alieno.
Viteb. 1717. 4. B. C. Struv diss. de eod. arg. Jen. 1724. 4.
b)
Hievon oben §. 40.
c)
Schriften in v. Kamptz neuer Lit. des VR., §. 112. Etappen-
und Durchmarschverträge, geschlossen 1816 u. 1817 von
Preussen mit verschiedenen teutschen Staaten, in v. Martens
recueil, Supplém. VIII. 321—394.
d)
Klüber a. a. O. §. 455 ff. J. J. Burlamaqui principes ou
élémens du droit politique (à Lausanne 1784. 8.), P. III,
ch. 5, §. 24 sqq. p. 273 sqq.
a)
Wie unter einzelnen Menschen in dem Naturstande, so giebt
es auch unter unabhängigen Staaten keine NaturSclaven (non
dantur gentes a natura servae). Was Aristoteles Polit.
lib. I. c. 3.), und lang nach ihm ein Ungenannter (Deut-
scher Mercur, Nov. 1777) für das Gegentheil behaupteten,
ist gründlich widerlegt von Jacobi, in dem Deutschen Mu-
seum v. 1781, St. VI, S. 522 ff. Vergl. auch Franc. Hut-
gheson
’s System of moral Philosophy, B. III, ch. 10, §. 14.
a)
v. Ompteda’s Lit. des VR. II. 499 ff. F. C. v. Moser’s kleine
Schriften, I. 3.
b)
v. Moser a. a. O. S. 6, begreift es unter der Staats-
Galanterie
.
c)
Il Ceremoniale historico e politico di Gregorio Leti. Am-
stelod. 1685. Vol. I—VI. 12. Gottfr. Stieve’s europ. Hof-
Ceremoniel. Leipz. 1715. 2. Ausg. 1723. 8. J. C. Lünig’s
[149]III. Cap. Recht der Gleichheit.
Theatrum ceremoniale historico-politicum, oder historisch-
und politischer Schauplatz aller Ceremonien, u. s. w. Zwei
Bände (wovon der zweite das europ. CanzleiCeremoniel ent-
hält). Leipz. 1716. Fol. 2. Aufl. ebendas. 1719 u. 1720. Fol.
Jul. Bernh. v. Rohr’s Einleit. zur CeremonielWissenschaft
grosser Herren. Berlin 1730. 8. 2. Aufl. ebend. 1755. 8.
Cérémonial diplomatique des cours de l’Europe. Recueille
en partie par M. du Mont; mis en ordre et considérable-
ment augmenté par M. Rousset. à Amsterd. et à la Haye
1739. T. I. II. fol. (Ist unter den Supplémens au corps di-
plomatique de du Mont, Tome IV. et V.) F. C. v. Moser’s
teutsches Hofrecht. Frankf. 1754. Th. I. II. 4. J. Jac. Mo-
ser
’s Versuch des neuesten europ. Ceremoniels, vornehm-
lich aus den Staatshandlungen der europ. Mächte seit Kaiser
Carls VI. Tode (Auch als 2. Th. von des Verf. Versuch des
europ. VR.). Frankf. 1778. gr. 8. C. G. Ahnert’s Lehr-
begriff der Wissenschaften, Erfordernisse und Rechte der
Gesandten, Th. II (Dresd. 1784. 8.), welcher ganz von dem
Rang-, Staats- u. CanzleiCeremoniel u. von dem Styl der Staats-
schriften handelt. De Bielfeld institutions politiques, T. II.
p. 234. — Von dem Ceremoniel einzelner Höfe, s. Schriften
in v. Kamptz neuer Lit., §. 141 ff. Cérémonial de la cour
de France; par N. L. Pissot. Paris 1816. 18.
a)
Weil in dem politischen Verkehr der europäischen Staaten,
von jeher die Könige den höchsten Grad des Ansehens, und
Ehrenvorzüge vor den mit der Königswürde nicht versehe-
nen souverainen Regenten genossen, so hat man den höch-
sten Grad der Ehrenvorzüge, welche souverainen Staaten
zukommen, königliche Ehren (honores regios) genannt, und
daher in Hinsicht auf jene Vorzüge, alle souverainen Staaten
von Europa, ohne Unterschied ihrer Staatsform, abgetheilt
in solche, denen königliche Ehren zustehen, und denen diese
nicht erzeigt werden
(§. 31).
b)
Ehedem die vereinigten Niederlande und die Republik Ve-
nedig; jetzt noch die schweizer Eidgenossenschaft (aber nicht
die einzelnen Cantone), so wie der Teutsche Bund und die
Vereinigten Staaten von NordAmerika (§. 1 d). Streitig war,
ob die Republik Genua und der malteser Orden den zu kö-
niglichen Ehren berechtigten Staaten beizuzählen seyen.
a)
Schriften in v. Ompteda’s Lit. des VR. II. 490—498, in
v. Ramptz neuer Lit., §. 124 ff., in Pütter’s Lit. d. t. Staatsr.,
Th. III, S. 310 ff. u. Klüber’s neuer Lit. d. Staatsr., §. 1110.
Jac. Andr. Crusius de praeeminentia, sessione, praecedentia
et universo jure proëdrias magnatum in Europa. Bremae
1666. 4. Balth. Sigism. v. Stosch Tr. vom Präcedenz- oder
Vorderrecht aller Potentaten u. Republiquen in Europa. Bres-
lau 1678. 8. Ehrenhart Zweyburg’s (oder, wie er in der
zweiten Ausg. sich nennt, Zach. Zwanzig’s) Theatrum prae-
cedentiae. Francof. 1706. 2. Ausg. ebend. 1709. Fod. Gottsr.
Stieve’s europ. HofCeremoniel. Leipz. 1715. 2. Ausg. 1723. 8.
Agastino Paradisi Atteneo dell’ uomo nobile (Venet. 1731. fel.),
T. I. c. 4. et 5. und der ganze Tom. V. Jo. Cph. Hellbachii
meditationes juris proëdriae moderni, oder Abhandl. von den
[152]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
heutigen Rechten des Ranges, Vorzugs u. Vorsitzes. Leipz.
1742. 4. 2. Ausg. ebend. 1746. 4. Ejusd. primitiae lexici juris
proëdriae. Erf. 1748. 4. Ejusd. accessiones juris proëdriae.
(Noch ungedruckt; vergl. Siebenkees neues jurist. Magaz. I.
508.) Rousset mémoires sur le rang et la préséance entre
les souverains de l’Europe et entre leurs ministres représen-
tans. à Amsterd. 1746. 4. Ch. Hellbach’s Handb. des Rang-
rechtes. Ansb. 1804. 8. Günther’s europ. VR. I. 198—279.
b)
Das Gegentheil behaupteten Rousset a. a. O. u. Real, science
du gouvernement, T. V, ch. 4, sect. 3.
c)
Günther a. a. O. I. 215 ff.
a)
Günther a. a. O. I. 267 f. — Benehmen dritter Mächte
dabei. Ebendas. I. 269.
b)
Beispiel aus Venedig v. 1558, in Lünig’s Theatr. cerem.
T. I. p. 14. — Von mangelhaftem Besitzstand, s. Günther I.
217 f. 232 f. Zwanzig a. a. O. I. 14. 25. 28.
c)
Stieve a. a. O. Th. I, Cap. 2, S. 9—72. Real a. a. O.
Vattel liv. II, ch. 3, §. 37. Jo. Ad. Ickstadt elem. juris
gentium, lib. II. c. 1. §. 22. Schol. et c. 6. §. 15. L’am-
bassadeur et ses fonctions, par Wicquefort, liv. I, ch. 24 et 25.
p. 324—367. Man s. aber Chr. Gottfr. Hoffmann diss. de
fundamento decidendi controversias de praecedentia inter li-
beras gentes. Lips. 1721. Günther a. a. O. I. 203 ff.
a)
Von Classificationen der Staaten, welche auf ihren Rang
keine Beziehung haben, oben, §. 32.
b)
In Lünig’s Theatr. cerem. I. 8. Gebhardi’s genealog. Ge
schichte der erblichen Reichsstände, II. 7 f. u. Günther’s
europ. VR. I. 219. Dänemark, Schweden und Ruſsland,
sind in dieser Rangordnung weggelassen.
c)
In der Sitzung vom 10. Dec. 1814, ernannten die Bevoll-
mächtigten der acht Mächte, welche den pariser Frieden
unterzeichnet haben, eine Commission, die sich mit den fest-
zustellenden Grundsätzen über den Rang der Kronen, und
was dahin gehört, beschäftigen sollte. In der Sitzung vom
9. Febr. 1815, ward ein Entwurf dieser Commission erörtert,
worin die Mächte, in Hinsicht auf den Rang ihrer Gesand-
ten, in drei Classen abgetheilt waren. Da über diese Ab-
theilung Zweifel erhoben wurden, vorzüglich über die Frage,
in welche Classe die grossen Republiken zu setzen seyen, so
ward der Streitgegenstand aufgegeben, und man beschränkte
sich darauf, ein Reglement über den Rang unter den di-
plomatischen Agenten der gekrönten Häupter zu errichten.
Acte final du congrès de Vienne, art. 118, et son Annexe
n° 17. Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. VIII,
S. 98, 102 u. 108 f., Bd. VI, S. 95 u. 204 f. Ebendess.
Uebersicht der diplomat. Verhandlungen des wiener Congres-
ses, S. 167 f.
a)
Rousset a. a. O. T. I. ch. 1. Moser’s Staatsr. III. 86. Gün-
ther
a. a. O. I. 221 f.
b)
v. Ompteda’s Lit., §. 196. v. Kamptz neue Lit., §. 125.
v. Martens Einleit. in das europ. VR. §. 129.
c)
Passarowitzer Fr. 1718, Art. 17. Auch in den nachfolgen-
den Friedensschlüssen, z. B. in dem belgrader 1739, Art.
20. 21. Moser’s Staatsr. III. 106. Lünig’s Theatr. cerem.
II. 1438. Günther a. a. O. I. 225. 247.
a)
Moser’s Versuch des europ. VR. I. 58. Als förmlicher
Grundsatz ward dieses hauptsächlich behauptet von Schwe-
den
, von Gustav Adolph (Günther I. 278, Note a), dann
auf dem westphälischen FriedensCongreſs von der Königin
Christine (Moser’s Beyträge zu dem europ. VR. I. 41. Rous-
set
ch. 7.); endlich auch von Groſsbritannien (v. Ompteda’s
Lit. II. 496.). — Von der londner QuadrupelAllianz v. 1718,
und von Spaniens Beitritt zu derselben, datiren die All-
gemeinheit
dieses Grundsatzes, Rousset ch. 28, p. 152, und
Neyron principes du droit des gens, §. 106.
b)
v. Ompteda’s Lit. II. 494 ff. v. Kamptz neue Lit., §. 127.
Günther I. 220 f.
c)
v. Ompteda II. 496. v. Kamptz §. 128. — Spaniens ehe-
maliger Streit mit Frankreich (Zwanzig a. a. O. I. 13 ff.
Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. II. c. 9. in Ejus operib.
omn. T. I. p. 254. sq.) ward auf eine gewisse Abwechslung
verglichen in dem nun aufgelöseten FamilienVertrag der
bourbonischen Höfe v. 1761, Art. 27. v. Martens recueil,
I. 10. Günther I. 233.
d)
Von Ruſslands Behauptungen, besonders gegen Frankreich,
handelt Günther I. 244 ff. De Martens cours diplomatique;
tableau, liv. I. ch. 8. §. 80. Ungeachtet bei Anerkennung
[157]III. Cap. Recht der Gleichheit.
des 1721 von ihm angenommenen Kaisertitels, mehrere Mächte
sich bedungen hatten, daſs solche irgend ein weiteres Vor-
recht nicht bewirken solle, so hat doch Ruſsland nachher
nur dem römisch-teutschen Kaiser den Vorrang einräumen
wollen. Aber in dem tilsiter Fr. 1807, Art. 28, setzten Ruſs-
land
und Frankreich vollkommene Erwiederung und Gleich-
heit fest, in Ansehung des Ceremoniels unter sich, und in
Hinsicht auf die Ambassadeure, Minister und Envoyés, wel-
che die eine Macht bei der andern accreditiren werde.
e)
Seit Annehmung des Kaiser Titels in dem J. 1804. Abwechs-
lung
in der Ordnung der Benennung in Verträgen, zwischen
Ungarn und Böhmen einer Seits, und Frankreich anderer
Seits, ward als anerkannt festgesetzt, und als gebräuchlich
bestätigt, schon in dem 1. SeparatArtikel zu dem Allianz-
Vertrag v. 1756, in Moser’s Versuch des europ. VR. VIII. 74.
v. Kamptz neue Lit., §. 134.
f)
Dänemark verlangt den Rang vor Schweden. Günther
I. 240.
g)
Günther I. 229. 238. Moser’s Versuch des europ. VR. I. 64.
Ebendess. Beyträge zu d. e. VR. I. 43.
h)
Moser’s angef. Beyträge, I. 41. v. Ompteda’s Lit., §. 201.
v. Kamptz neue Lit., §. 129.
a)
Durch Verträge von 1604, Art. 20 u. 27, von 1673, Art. 19,
von 1740, Art. 17 u. 44. Schmauss C. J. G. I. 433. Wenck
codex jur. gent. I. 549. 358. Real, science du gouvernement,
T. V, ch. 4, §. 3.
b)
In dem Frieden von Kaimardgi 1774, Art. 5. De Martens
recueil, IV. 615.
c)
Teutsche BundesActe, Art. 4; wo jedoch, so wie Art. 8, für
die Rangverhältnisse ausser dem Bund, eine VorbehaltClausel
beigefügt ist.
d)
Rheinischer Bund, Heft III, S. 467.
e)
Erörterung über einen Rangstreit zwischen Hannover u.
Wirtemberg, auf dem wiener Congreſs, in Klüber’s Acten
des wiener Congr., Bd. II, S. 74 ff. Ebendess. Uebersicht
der diplomat. Verhandlungen des wiener Congresses, S. 505 f
a)
Moser’s Grundsätze des VR. in Friedensz. S. 45. Ebendess.
Versuch des europ. VR. I. 65. v. Kamptz neue Lit., §. 131 f.
b)
Teutsche BundesActe, Art. 4 u. 8. Klüber’s Uebersicht der
diplomat. Verhandlungen, S. 504 f.
c)
Teutsche BundesActe, Art. 4 u. 8. Klüber’s öffentl. Recht
des teutschen Bundes, §, 113 u. 122—124.
d)
Moser’s Versuch des europ. VR. I. 60. Günther a. a. O.
I. 214. 253. 255. — Eine Ausnahme, in Ansehung mancher
ganz souverainen Staaten, besonders der Republiken, be-
haupteten die ehemaligen Kurfürsten des teutschen Reichs.
a)
Günther a. a. O. I. 207. 248. v. Martens Einl. in d. e.
VR. §. 131. — Die ScheinRepublik England unter Crom-
well, behauptete den Rang wie vorhin das Königreich Eng-
land. Auch ward in dem Fr. von CampoFormio 1797, Art.
23 (de Martens recueil, VII. 214.), bestätigt in dem lüné-
viller Fr. 1801, Art. 17, von Oestreich der damaligen Re-
publik Frankreich
der Rang und die übrige Etiquette, wie
vor dem Krieg, und der cisalpinischen Republik, wie vorhin
der Republik Venedig, eingeräumt. Nach denselben Grund-
sätzen benahm sich die Republik Frankreich auch in andern
von ihr errichteten Friedensschlüssen, z. B. in den baseler
mit Preussen und Spanien 1795.
b)
Ihr Streit mit den ehemaligen Kurfürsten des teutschen
Reichs. v. Martens Einl. in das europ VR. §. 131. Gün-
ther
I. 256. — Unter sich, beobachteten sie ehehin diese
Ordnung: 1) Venedig, 2) vereinigte Niederlande, 3) Eid-
genossenschaft, u. s. w. — Genua forderte Gleichheit mit
Venedig, u. den Rang vor der Schweiz.
c)
Günther I. 277 f.
d)
Von dem gesandschaftlichen Ceremoniel, unten §. 217 ff.
a)
Frankreich bestritt, in dem 17. Jahrhundert, den vereinig-
ten Niederlanden das Recht, auf einer zweiten Columne zu
unterzeichnen.
a)
F. C. v. Moser’s Hofrecht, II. 528 ff. Schemata in Lünig’s
Theatr. cerem. I. 161. 170 f. 181. 292.
b)
In gewissen Fällen hat die Linke den Vorzug, z. B. bei den
Türken, desgleichen bei den Katholiken in sacris. Protokoll
des kurfürstl. WahlConvents zu Frankfurt im J. 1790. Bd. II.
(Frankf. 1791. 4.), S. 373. v. Martens Einl. in d. europ.
VR. §. 128, Note b.
c)
v. Moser’s Hofrecht, I. 278 f.
a)
Vergl. Pütter’s instit. juris publ. germ. §. 89, not. b.
b)
Wahl- und KrönungsDiarium Kaiser Leopolds II. (Frankf.
a. M. 1791. fol.), S. 278. Das angef. Protokoll des kur-
fürstl. WahlConvents v. 1790, Bd. II, S. 399. 401. 434 f. 448.
a)
Von den verschiedenen Arten der Seitenordnung in dem
ehemaligen Collegium der Kurfürsten, in und ohne Gegen-
wart des Kaisers, s. Pütter l. c. §. 89, nota c. Moser’s
teutsches Staatsr., Th. XXXIII, S. 274 ff. 280 ff.
b)
In dem angef. Wahl- und KrönungsDiarium K. Leopolds II.,
das Schema zu S. 122, der VotantenTisch.
c)
Ebendas., auf der Estrade. Moser a. a. O. S. 274.
a)
So die Könige von Dänemark u. Polen 1709, bei ihrer Zu-
sammenkunft in Berlin. Lünig’s Theatr. cerem. I. 211. Man
s. auch die Instruction für die spanischen Gesandten zu Mün
ster 1643, in Gärtner’s westphäl. FriedensCanzley, Th. II,
S. 299.
b)
Wie es in den vier Exemplaren des aachner Fr. v. 1748
gehalten ward, erzählt Günther I. 275. Moser’s Versuch,
X. 2. 374 ff. Von der londner QuadrupelAllianz v. 1718,
wovon zwölf Exemplare ausgefertigt wurden, s. Schmauss
C. J. G. II. 1743 ff. Frankreich und England setzten schon
1546 die Abwechslung unter sich fest. Rousset p. 66. Jedes
Exemplar der utrechter FriedensPräliminarien ward nur von
einem Theil unterschrieben, der andere ertheilte dagegen
eine genehmigende Erklärung. Günther a. a. O.
c)
Beispiele, von Portugal 1763, von Sardinien 1748, von der
Pforte 1699, von Frankreich, Ungarn u. Böhmen; bei Gün-
ther
I. 229. 234. 238. 247 f. 274 f. Moser’s Versuch des
europ. VR. VIII. 74.
d)
Beispiele von den Congressen zu Utrecht 1713, und zu
Aachen 1748. Günther I. 275.
a)
Günther I. 277. II. 221, Note f. Moser’s Versuch des eu-
rop. V.R. VI. 44. F. C. v. Moser’s Hofrecht, I. 265—273.
Vergl. unten §. 136, Note b, u. §. 115.
b)
So auf der ConferenzInsel (isle Caritte, isle de l’Hôpital,
isle des faisans ou de la conférence, in dem Fluſs Bidassoa)
1660, bei Zusammenkunft der Könige von Frankreich und
Spanien, die Linie in der Mitte des Saales, u. s. w. Lünig
a. a. O. I. 199 f. 842. 845. Stieve a. a. O. S. 410 ff. Ver-
meidung des Niedersitzens durch Auf- und Abgehen, bei der
Zusammenkunft des Königs von Ungarn (nachherigen Kai-
sers) Leopold mit dem Kurfürsten von Mainz 1658, und des
nachherigen Kaisers Joseph I. mit dem Kurfürsten von Baiern
1690. Spener’s teutsches jus publ. Th. VII, S. 13.
c)
Beispiele bei Günther I. 247. Auch der pyrenäische u. der
ryswiker FriedensCongreſs liefern Beispiele.
d)
z. B. der Sitz an einer runden Tafel, wie auf den Friedens-
Congressen zu Utrecht, Cambrai, Soissons und Aachen. Real
a. a. O. Th. V, S. 980 ff. der teutschen Uebersetzung. Die
Zusammenkunft auf freiem Felde, oder auf einer Landpartie.
Günther I. 277.
e)
Günther a. a. O. I. 272 ff.
f)
Klüber’s Erzählung eines merkwürdigen Rangstreites; in
Posselt’s wissenschaftl. Magazin, Bd. II, St. 1.
g)
Wie auf den Congressen von Carlowitz 1698, u. Nimirow
1757. Real T. V. S. 978 f. Lünig’s Theatr. cerem. T. I.
p. 957. — Auf dem wiener Congreſs 1814 und 1815, und
auf der aachener Staatsversammlung 1818, überlieſs man in
den Conferenzen die Sitzordnung dem Zufall.
a)
Des Verfassers Uebersicht der diplomatischen Verhandlungen
des wiener Congresses, S. 164 f.
b)
Acten des wiener Congresses, Bd. VI, S. 206. Vergl. oben
§. 104 a und 94 c, u. unten §. 179.
c)
So ward es gehalten noch in den Ratificationen des Acte
final du congrès de Vienne. Man s. die angef. Acten, Bd. VI,
S. 216, Note *.
d)
Man s. des Verf. angef. Uebersicht, S. 166 f.
a)
Frankreichs bestimmte Erklärung hierüber, vom 28. Jan.
1765, in Ant. Faber’s neuer europ. StaatsCanzley, Th. X,
S. 3 f. Königlich-dänische Erklärung über Veränderungen
in dem königlich-dänischen Titel und Wappen, in dem Pro-
tocoll der t. Bundesversammlung vom 15. Jun. 1820, §. 8.
b)
Preussischer KronTractat mit Kaiser Leopold I. v. 1700,
in Rousset Supplément au corps diplomatique, T. II. P. I,
p. 463. Moser’s Staatsr. Th. IV, S. 108. Pfeffinger Vitriar.
illustr. T. I. p. 424. sq. Pater Wolf’s, eines Jesuiten, Ver-
dienst in dieser Negociation. Klüber’s Kryptographik, S.
23—26.
c)
Die preussische Königswürde ward von dem Papst bis auf
K. Friedrich Wilhelm II. 1786 nicht anerkannt (Gr. v. Hertz-
berg
’s Abh. in der berliner Monatschrift, August 1786, S.
101 ff. Vergl. ebendas. 1787, März, S. 299), und von dem
teutschen Orden noch bis in das Jahr 1792 nicht. Moser
von Teutschland überhaupt, S. 111—133. Protocoll des
kurfürstlichen Wahltags v. 1790, I. 347. 359. II. 307; u. von
1792, S. 60 f. — Anerkannt und festgesetzt wurden in dem
Acte final du congrès de Vienne, die Titel: Czar, König
von Polen für Ruſsland (Art. 1); König von Hannover (Art.
26); König der Niederlande (Art. 65); Groſsherzog von Lu-
xemburg (Art. 67), von Posen und Niederrhein (Art. 2 u.
25), von Oldenburg (welches solchen bis jetzt nicht führt,
doch s. man den unten angef. GeneralReceſs von 1819, Art.
27, 30 u. 33), MecklenburgSchwerin, MecklenburgStrelitz,
SachsenWeimar (Art. 34—36), Kurfürst von Hessen (still-
schweigend anerkannt in den Art. 41, 56 u. 58); freie Städte
(Art. 6, 53, 56 u. 58); etliche Titel für Preussen (Art. 16).
Das Fürstenth. Lucca ward in ein Herzogth. erhoben (Art. 101).
Vergl. Klüber’s Uebersicht der diplomat. Verhandlungen des
wiener Congresses, S. 160 ff. Ebendess. öffentl. Recht des
teutschen Bundes, §. 109. In dem GeneralReceſs der frank-
[170]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
furter TerritorialCommission, vom 20. Jul. 1819, Art. 30,
setzten die vier verbündeten Mächte fest, daſs der Landgraf
von HessenHomburg den Titel „souverainer Landgraf“ füh-
ren könne. v. Martens recueil, Supplém. VIII. 617.
d)
Frankreich u. Spanien liessen sich deſshalb von der Kai-
serin von Ruſsland, bei Anerkennung ihres KaiserTitels, ei-
gene Reversalen geben. Als Catharina II. 1762 diese ver-
weigerte, protestirten sie, mit der Erklärung, daſs sie jenen
Titel nicht mehr geben würden, sobald in dem Ceremoniel
Neuerung eintreten werde. De Martens recueil, I. 30 ff.
Real, T. V, ch. 4, Sect. I.
e)
So in dem aachner Fr. 1748, erster SeparatArtikel. Wenck
cod. jur. gent. II. 360. Auch in einem SeparatArtikel zu
dem teschener Vertrag zwischen Kurpfalz und Kursachsen
v. 1779. De Martens recueil, II. 19.
a)
M. C. Curtius de Senatu romano (Hal. 1762. 8.), c. 1. 2.
et 3. Mascov princ. juris publ. imperii rom. germ., p. 165. sq.
(B. G. Struv’s) Untersuchung von dem kayserl. Titul u. Würde.
[171]III. Cap. Recht der Gleichheit.
Cöln 1723. 8. Günther I. 210. 212. e. Moser’s auswärtiges
Staatsrecht, S. 17. v. Ompteda’s Lit., §. 210. v. Kamptz
neue Lit., §. 139.
b)
Kaiser Rudolph II. verglich sich, im J. 1606, mit Sultan
Achmet I. auf gegenseitige Erwiederung dieses Titels. In
dem belgrader Fr. 1739, Art. 21, wird einer Auszeichnung
der kaiserlichen Würde gedacht. Vergl. Lünig’s Canzley-
Ceremoniel, S. 61. Moser’s Staatsr. III. 22. Ebendess. Ver-
such des europ. VR. I. 52. Rousset mémoires sur le rang etc.,
ch. 2 et 7. De Martens recueil, Supplém. V. 160.
c)
In Ruſsland ward seit 1721 der Titel Czar in Kaiser ver-
wandelt. Moser’s Staatsr. III. 22 ff. Lünig a. a. O. S. 39.
v. Ompteda’s Lit. II. 508. Geschichte der Anerkennung die-
ses Titels, in v. Martens Einl. in d. VR. §. 125, Note d.
Noch in dem Fr. von Kainardgi 1774, Art. 13, versprach
die Pforte, den russischen KaiserTitel in türkischer Spra-
che, in allen Acten und öffentlichen Schreiben, so wie in
jedem andern Fall, zu gebrauchen. De Martens recueil,
IV. 621. Von dem Titel Autocrator, s. Moser’s Nebenstun-
den, S. 285.
d)
Europa’s politische Verhältnisse zu der neuen Kaiserwürde
in Frankreich; in dem Politischen Journal 1804, I. 623 ff.
Nic. Vogt’s StaatsRelationen, Bd. II, S. 3 ff. Posselt’s [eu-
ropäische]
Annalen, 1804, VI. 302—314. VIII. 97—143. IX.
205—223. X. 143—162. E. K. Wieland über die Ein-
führung der erblichen Kaiserwürde in Frankreich. Berlin
1805. 8. — Mit Napoleon’s Regierung hörte dieser Titel
für Frankreich auf.
e)
Politisches Journal, 1804, Sept., S. 869. Nic. Vogts Staats-
Relationen, Bd. II, S. 213 ff.
f)
Les Rois qui se qualifient Empereur; in (v. Stecks) Echan-
tillon d’Essais sur divers sujets intéressans (a Halle 1789. 8.),
n° 1. Eob. Totze’s kleine Schriften (1791. 8.), Num. 7.
Moser’s belgrad. Friedensschluſs (1740. 4.), im Anhang, S.
109. — Einige Könige von England nannten sich zuweilen,
selbst in einheimischen Verhandlungen, Kaiser, z. B. 1603,
1604, 1727; und noch jetzt wird dort in allen StaatsActen
ihre Krone imperial crown genannt. v. Martens Einl. in
das VR. §. 124, Note c. — Von Spanien s. ebendas. —
Die Könige von Frankreich führten diesen Titel in ihren
[172]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Verhandlungen mit der Pforte und den afrikanischen Staa-
ten. Die Pforte versprach, in dem Tractat v. 1740, Art. 44,
ihnen solchen fortwährend beizulegen. Wenck’s codex juris
gent. I. 558.
a)
J. P. de Ludewig diss. de jure reges appellandi. Hal.
1701, u. in s. Opusc. misc. T. I. p. 47. sqq. Idem de
auspicio regum ad solennia gentium jura revocato; ibid.
p. 121. sqq. C. W. Küstner diss. de modo reges appellandi
apud Romanos. Lips. 1744. De Selchow elem. juris publ.
germ. T. I. §. 354. not. 3. Moser von kaiserl. Regierungs-
rechten, S. 418—448. Real science du gouvernement, T. V,
p. 842. v. Ompteda’s Lit., §. 209. v. Kamptz neue Lit.,
§. 140.
b)
J. P. de Ludewig l. c. cap. 4. Ejusd. neniae pontificis de
jure reges appellandi; in s. Opusc. misc. I. 129. sqq. Real
l. c. V. 837.
c)
De Ludewig de jure reges appellandi, cap. 3.
d)
Real, T. V, ch. 4, Sect. 6. Ludewig diss. cit. c. 6.
v. Ompteda’s Lit. II. 507.
e)
F. C. v. Moser von dem Titel Majestät; in s. kleinen
Schriften, VI. 20—167. Moser’s Versuch des europ. VR.
I. 234. Ebendess. Beyträge zu d. europ. VR. I. 378. L’am-
bassadeur, par Wicquefort, p. 347. Real, T. V. ch. IV.
Sect. 1. v. Martens Einleit. in d. europ. VR. §. 174, Note
g. — Weigerung Kaiser Leopold’s I., diesen Titel den rus-
sischen Czaren zu geben. Mascov princ. juris publ. imp. rom.
germ. p. 174.
f)
Rousset cérémonial diplomatique, II. 742.
g)
Beispiele: Christine von Schweden 1654—1689, der Prä-
tendent von England 1683—1766, August I. von Polen
1706—1709, Stanislaus Lesczinski von Polen 1709—1766,
(der KronPrätendent von Frankreich, von 1793 bis 1814).
Carl Ludwig von Etrurien seit 1807 (in dem pariser Tractat
vom 10. Jun. 1817, wird er Infant Don Carl Ludwig ge-
nannt), Carl IV. von Spanien seit 1808, Gustav IV. von
Schweden seit 1809, Ludwig von Holland seit 1810. Von
dem letzten s. man Klüber’s Acten des wiener Congresses,
Bd. VI, S. 227. Die ehemalige Königin von Etrurien wird
Ihro Majestät die Infantin Marie Louise genannt, in dem
[174]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Acte final du congrès de Vienne, art. 101. Die Titel, wel-
che Napoleon Buonaparte, seiner Gemahlin, und seiner Fa-
milie, in dem pariser Vertrag vom 11. April 1814 bewilligt
wurden, findet man in Klüber’s Acten des wiener Congres-
ses, Bd. VI, S. 225, und in v. Martens recueil, Supplém.
V. 695. — Die ehemaligen Kurfürsten wollten keinem Ti-
tularKönig den Vorrang einräumen. Moser’s auswärt. Staatsr.
S. 217.
a)
Kaiserl. östreichische Verordn. v. .. Dec. 1806.
b)
Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 110.
c)
In dem königl. sächsischen Hause, erhalten alle Prinzen
und Prinzessinnen den Titel königliche Hoheit. In dem kö-
niglichen Hause Wirtemberg, erhalten die Brüder des er-
sten Königs den Titel Hoheit. Klüber a. a. O. 110, Note f.
d)
In Wirtemberg erhalten diejenigen Prinzen vom Hause, wel-
che nicht Descendenten und nicht Brüder des ersten Königs
sind, nur den Titel Durchlaucht. — Von den Titeln Ho-
heit, Altesse, Altesse Sérénissime, Celsitudo etc. s. F. C.
v. Moser’s kleine Schriften, VII. 167—348.
e)
Die ehemaligen GeneralStaaten hatten den Titel: Vos hautes
Puissances, Ihre Hochmögenden. Von dem Titel, welchen
die Schweiz von andern Staaten erhält, handelt Rousset in
dem Cérémonial dipl. II. 818. Real, T. V, ch. 4, Sect. 1.
[176]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
S. 910 ff. der teutschen Uebersetzung. Moser’s Versuch des
europ. VR. I. 240 f. Von den übrigen Titeln der Republi-
ken s. L’ambassadeur, par Wicquefort, p. 247.
f)
Jac. Aug. Franrenstein diss. I. et II. de titulo fratris. Erf.
1715 et 1716. 4. J. J. Moser’s Progr. von dem Bruder-
Titul unter grossen Herren, besonders den gekrönten Häup-
tern. Frankf. 1737. und in s. Opusc. p. 413. sq. M. C.
Curtius von dem BruderTitel der Könige und Fürsten; in
s. histor. u. polit. Abhandlungen (1783. 8.), S. 104—127.
Klüber über Einführung, Rang, Erzämter, Titel, Wappen-
zeichen und Wartschilde der neuen Kurfürsten, §. 28 u. 46.
g)
F. C. v. Moser von dem Titel: Vater, Mutter und Sohn;
in s. kleinen Schriften, I. 366 ff. — Ebenders. von den
Gevatterschaften grosser Herren; ebendas. I. 291 ff. — Eben-
ders
. vom Titel Gnaden; ebendas. VI. 20 ff. — Ebenders.
de titulo Domini. Lips. 1751. 4.
h)
Moser’s Beyträge zu d. europ. VR. I. 379.
a)
Huch’s Lit, der Diplomatik, S. 383 ff. Klüber’s neue Lit.
des t. Staatsr. §. 993.
b)
Klüber a. a. O.
c)
Moser’s Versuch des europ. VR. I. 269—278. — Von
dem Titel des Königs von Frankreich, s. Ebendess. verm.
Abhandlungen aus dem europ. VR. Num. 2, und Kierulf’s
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 12
[178]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
Abh. in Det skandinaviske Literaturselskabs Skrifter; femte
Aargang 1809, Haefte 2 (Kopenhagen 1809, in 8). — Die
päpstlichen VerleihungsBullen für Portugal und Ungarn, von
1748 u. 1758, stehen in Wenck’s cod. jur. gent. II. 432.
III. 184.
d)
Klüber’s Lit. S. 152.
e)
Beispiele bei Real, science du gouvernement, T. V. ch. 4,
Sect. 4, gegen das Ende. Die letzte Art von Titeln könnte
man Denk Titel, titres de mémoire, nennen.
f)
z. B. Prinz von Wales, von Brasilien, Asturien, u. a. Gün-
ther
’s Völkerrecht, II. 487.
a)
Rousset’s und Lünig’s oben (§. 89) angef. Schriften. C. A.
Beck’s Staatspraxis oder Canzleiübung aus der Politik, dem
Staats- u. Völkerrechte. Wien 1754. 8. Zweite Aufl. 1778.
J. S. Sneedorf essai d’un traité du stile des cours. Gött.
1751. 8. Revu et corrigé par de Colom du Clos. ib. 1776. 8.
F. C. v. Moser’s Staatsgrammatik. Frankf. 1749. 8. J. J.
Moser’s Einleit. zu den Canzleigeschäften. Hanau 1750. 8.
J. St. Pütter’s Anleitung zur jurist. Praxi. Th. I. II. Gött.
1753. 1765. 1780. 1789. 1802. 8. C. G. Ahnert’s Lehrbegriff
der Wissenschaften, Erfordernisse u. Rechte der Gesandten,
Th. II (Dresden 1784. 8.) H. Bensen’s Versuch einer sy-
stemat. Entwickel. der Lehre von den Staatsgeschäften. Bd.
I u. II. Erlangen 1800. 1802. 8. J. C. Adelung von dem
Canzlei- u. CurialStyl; in dessen Werk „über den teutschen
Styl“ Th. II, Abschn. 2, Cap. 1, S. 67 ff. Bischof’s Lehr-
buch des teutschen Canzleystyls, I. 381. Neues vollständiges
französisches und teutsches Titulaturbuch. Leipz. 1780. 8.
Neues teutsches TitulaturBuch. Mit Einl. v. G. C. Claudius.
2. umgearb. Aufl. Leipz. 1811. 8. Le Secrétaire de la cour
impériale de France, ou Modèles etc. à Paris 1810. 12. Von
der StaatsPraxis handelt auch die zweite oder practische Ab-
theilung von F. X. v. Moshamm’s europ. Gesandschaftsrecht.
Landshut 1805. 8.
b)
z. B. Rüge des Fehlers, etwa in einem eigenen Schreiben,
Postscript oder CanzleiNote, Protestation, Verzögerung oder.
Verweigerung der Antwort, Erwiederung des Fehlers, Rück-
sendung des Schreibens, u. d. F. C. Moser von Ahndung
fehlerhafter Schreiben. Frankf. 1750. 8. Ebenders. von Canz-
leifehlern; in s. kleinen Schriften, V. 229. J. J. Moser von
Schreib- u. Druckfehlern; in s. Rechtsmaterien, Th. I, Num. 5.
C. F. v. Moser über das Prädicat „allerhöchst“; in s. histor.
u. jurist. Schriften, Th. I, S. 484.
c)
v. Martens Einl. in das europ. VR. §. 174—181.
d)
Davon s. Rousset, Beck u. Sneedorf a. a. O. Pütter
a. a. O. I. 37. 50. 53. 54. II. 87. v. Martens a. a. O. §.
174—176. Beispiele, in des Gr. v. Hertzberg’s Recueil des
déductions, manifestes, déclarations, traités, etc. à Berlin
1788—1795. T. I—III. 8.
e)
Von diesen s. man F. C. v. Moser’s kl. Schriften, I. 75.
Eine interessante Sammlung ist die StaatsCorrespondenz von
1778, zwischen den Souverainen von Oestreich und Preussen,
in den Oeuvres posthumes de Frédéric II. T. III. (à Hamb.
1790. 8.), p. 365—407.
f)
Von dem Gebrauch der ProMemoria, s. Moser’s Rechts-
materien, VIII. 668 ff.
a)
Schriften von dem SprachenRegal (jus idiomatis, jus prin-
cipis circa linguam) s. in Pütter’s Lit. d. t. Staatsr. III. 205.
Klüber’s neue Lit. S. 219. Huch’s Lit. der Diplomatik, S.
29. 376. Strube’s Nebenst. VI. 416. Jargow von den Re-
galien, S. 266. Moser’s Versuch des europ. VR. III. 128.
250. IV. 37. VIII. 262. X. Bd. 2, S. 245. 368. Ebendess.
Beyträge zu d. europ. VR. II. 431. F. C. v. Moser von
den europäischen Hof- u. Staatssprachen. Frankf. 1750. 8.
De Real science du gouvernement, T. V, ch. 3, Sect. 1,
p. 698 der teutschen Uebers. — Man unterscheide: Staats-,
Canzlei- und Gerichtsprache, Kirchen- und Schulsprache,
Hof- und Gemeinsprache (idioma publicum, judiciale, sa-
crum, scholasticum, aulicum, vulgare).
b)
z. B. bei Audienzen und Conferenzen der Gesandten, wo
dann gemeiniglich jeder Theil seine mündlichen Erklärungen
durch seinen Dolmetscher übersetzen läſst. Moser’s Versuch
des europ. VR. III. 250. 393. 394. 401. 406. 408. 424. 430.
Ebendess. Beyträge III. 128. Ein Beispiel von 1660, wo
man sich keines Dolmetschers bediente, in Lünig’s Theatr.
cerem. T. II. p. 847.
c)
Auf dem rastatter FriedensCongreſs (1797—1799) schrieb
die teutsche ReichsDeputation an die französische Gesandt-
schaft teutsch, und diese an jene französisch, beide ohne
beigelegte Uebersetzung. Protokoll der ReichsfriedensDe-
putation zu Rastatt, Bd. I, S. 156, 244 f., 258 f. Dasselbe
ward beobachtet auf dem ReichsdeputationsTag zu Regens-
burg 1802 und 1803. Auf dem teutschen Reichstag legten
auswärtige Gesandte, den in ihrer Landessprache abgefaſs-
ten Vollmachten u. a. Aufsätzen lateinische Uebersetzungen
bei. Vergl. Moser’s Versuch III. 128. Auf dem wiener Con-
greſs bedienten sich die Bevollmächtigten meist der fran-
[182]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
zösischen Sprache; doch war der Gebrauch ihrer Landes-
sprache, und selbst des Lateinischen, nicht ganz ausgeschlos-
sen, vorzüglich für die teutschen Angelegenheiten. Man s.
Klüber’s Uebersicht der diplomatischen Verhandlungen des
wiener Congr., S. 537—540. Die GeneralStaaten commu-
nicirten mit den fremden Gesandten in holländischer Spra-
che, legten aber eine französische Uebersetzung bei; und
die Pforte verlangte 1761 von den Gesandten die schrift-
lichen Aufsätze in französischer Sprache. Moser’s Beytr.
IV. 22. f. Ebendess. Versuch, IV. 38.
d)
Der wiener Fr. von 1738 ist lateinisch und französisch ab-
gefaſst; der belgrader von 1739 türkisch und lateinisch.
Wenck cod. juris gent. I. 88. 359. — Der russisch-türkische
Fr. von 1774 in drei Sprachen, in russischer, türkischer
u. italiänischer; das russische Exemplar in russischer und
italiänischer, das türkische in türkischer u. italiänischer Spra-
che. De Martens recueil, IV. 636. 638. — Auch Schwe-
den, Dänemark, Groſsbritannien, die vereinigten Staaten von
Nordamerika, und am meisten Frankreich, haben in Ver-
trägen sich ihrer eigenen Sprache bedient, und dadurch
Anlaſs gegeben zu Ausfertigungen in mehrern Sprachen. —
Die teutsche Bundesversammlung setzte (in ihrem Protocoll
vom 5. Dec. 1816) fest, daſs, in Hinsicht auf die innern
Verhältnisse, die bei ihr eingereichten Aufsätze teutsch ab-
gefaſst, und die in fremder Sprache geschriebenen Beilagen
mit einer teutschen Uebersetzung begleitet seyn müſsten: in
Ansehung der äussern Verhältnisse, beschloſs dieselbe (in ih-
rem Protocoll vom 12. Jun. 1817, m. I, n° 2, 3 u. 4, m. III,
n° 3, 5 u. 8, u. m. IV, n° 2), daſs sie nur der teutschen
Sprache sich bedienen wolle, jedoch mit Beifügung einer
französischen oder lateinischen Uebersetzung für solche, die
sich zur Erwiederung verstehen würden.
a)
Der westphälische Friede, der nimweger und ryswiker,
der utrechter von 1713, der badener von 1714, die wiener
von 1725 u. 1738, ein Exemplar des belgrader von 1739,
und die londner QuadrupelAllianz von 1718, sind lateinisch
abgefaſst. Versicherung der französischen Gesandten auf dem
utrechter Congreſs, 11. April 1713, ein lateinisches Instru-
ment nachzuliefern, in Schmauss C. J. G. II. 1355. Du Mont
corps dipl. T. VIII, P. 1, p. 344. Noch im J. 1752 redete
zu Neapel, der östreichische Gesandte in zierlichem Latein
zu dem König. Moser’s Versuch III. 430. Der Papst be-
diente sich der lateinischen Sprache noch in der neuesten
Zeit. Das teutsche Reich hatte eine zweifache Staatssprache,
die teutsche und die lateinische. Dennoch ward der lüné-
viller Fr. 1801, in seinem Namen, ohne Rechtsverwahrung,
bloſs französisch abgefaſst; aber die Ratification von Seite
des Kaisers und Reichs v. 9. März 1801, ist lateinisch. —
[184]II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
J. L. E. Püttmann pr. de usu linguae latinae in vita civili
causisque maxime publicis. Lips. 1793. 4. Arth. Duck de
usu et auctoritate juris civ. rom., p. 150. sqq. C. F. Walch
de lingua latina, lingua legitima; in s. Opusc. I. 402. C. G.
Heyne’s Vorlesung; in d. Götting. gel. Anz. 1809, St. 127.
128. C. H. Pudor de palma linguae latinae ab Europae ci-
vitatibus de pace, foederibus etc. publice agentibus optimo
jure retribuenda. Vratislaviae 1817. 4.
b)
J. A. Eberhard über die Allgemeinheit der französ. Spra-
che; in s. verm. Schriften (Halle 1784. 8.), Th. I, N. 2.
J. C. Schwab von den Ursachen der Allgemeinheit der franz.
Sprache. Berlin 1784. verm. u. verb. Stuttg. 1785. 3. Fran-
zösisch von Robelot, mit Anmerk., Münster 1804. gr. 8.,
u. in e. franz. Auszug von Merian, ohne Druckort 1785. 8.
De l’universalité de la langue française (par le comte de Ri-
varol
). à Berlin 1784. 8. à Paris 1784. 8. ib. 1797. 4.
und in den Oeuvres complètes de Rivarol (à Paris 1808.
gr. 8.), T. II, n° 1. Sur l’universalité de la langue fran-
çaise; in dem Journal: Le Nord physique, politique et mo-
ral, 1798, n. IV.
c)
Namentlich teutsche Fürsten. Breslauer u. berliner Fr.
1742, die beiden dresdner 1745, der hubertsburger 1763,
der teschner 1779. Moser’s teschner Fr. mit Anmerkungen
(1779. 4.), S. 49 f. Bisweilen lag ein Beweggrund hiezu,
in der Unkunde der teutschen Sprache, auf Seite der
Gesandten der vermittelnden Mächte. Von dem Gebrauch
der französischen Sprache auf dem westphäl. Fr. Congreſs,
s. v. Meiern’s Acta Pac. Westph., Register, voc. französ.
Sprache.
d)
Rastatter Fr. 1714, Art. 33. SeparatArt. 2 des aachner
Fr. 1748. Wenck cod. jur. gent. II. 360. SeparatArt. 2 zu
dem AllianzVertr. zwischen Oestreich u. Frankreich, von
1756. Moser’s Versuch, VIII. 75. Tractat zwischen Polen
und Preussen 1773, Art. 14. De Martens recueil, I. 495.
Acte final du congrès de Vienne, 1815, art. 120. Recès-
général de la commission territoriale rassemblée à Franc-
fort, du 20 juillet 1819, art. 49, bei v. Martens l. c., Sup-
plém. VIII. 625. Von der londner QuadrupelAllianz 1718,
s. Schmauss corp. jur. gent. II. 1734.
e)
Vergl. Note d zu dem vorigen §. Real science du gouver-
nement, T. V, ch. 3, Sect. 1, p. 702 der teutsch. Uebers.
a)
F. C. v. Moser von der StaatsGalanterie; in s. kleinen
Schriften, Bd. I, S. 1—181.
b)
v. Moser a. a. O. S. 53 ff. Schriftlich, oder mündlich
durch ordentliche oder ausserordentliche Gesandte, oder
beides. Selbst unter kriegführenden Souverainen wird diese
Höflichkeit nicht selten beobachtet. v. Moser S. 68. 74. 80 ff.
Bisweilen erfolgt auch eine Einladung zu solchen Feierlich-
keiten. v. Moser S. 52.
c)
v. Moser a. a. O. S. 12 ff. Moser’s Beyträge, II. 255 ff.
Vergl. oben §. 106 u. unten §. 136.
d)
v. Moser a. a. O. S. 21 f. 29 ff. Moser’s Versuch des
europ. VR. I. 355. II. 66. Ebendess. Beyträge, I. 496. II.
255 ff.
e)
v. Moser a. a. O. S. 54 ff. 62. 65.
f)
v. Moser a. a. O. S. 50 ff.
g)
F. C. v. Moser von den Gevatterschaften grosser Herren;
in s. kleinen Schriften, Bd. I, S. 291—365. Moser’s Ver-
such, I. 341. Ebendess. Beyträge, I. 466.
a)
Moser’s Versuch des europ. VR. I. 344. Ebendess. Bey-
träge, I. 469 ff. 514. F. C. v. Moser’s kleine Schriften, I.
47 f. — Von den Geschenken an die Pforte, u. von ihr,
s. Moser’s Versuch I. 344 ff. u. Beyträge I. 470 — 478. —
Gegenstände der Geschenke sind: Ritterorden, allenfalls mit
Dispensation von den OrdensStatuten (Moser’s Versuch I.
333. u. Beyträge I. 461. II. 549), Kleinode u. a. Kostbarkeiten,
Kunst- oder NaturSeltenheiten, literärische Merkwürdigkei-
ten, Lieblingsgegenstände des einen oder des andern Theils,
selbstverfertigte Arbeiten, u. d. F. C. v. MOSER’s kleine
Schriften, I. 36 f. 41 ff. Moser’s Beyträge I. 514. Dem
König von Frankreich sendete ehehin der König von Dä-
nemark, meist jährlich, so auch der Groſsmeister von Mal-
ta, zur Reigerbeitze abgerichtete Falken. Napoleon erhielt
aus Teutschland vielfältig lebendige Hirsche. Der Papst sen-
det geweihte Sachen, z. B. Windeln, goldne Rosen, Hut und
Degen, Agnus Dei, Reliquien. v. MOSER’s kl. Schriften, I.
44 ff. Moser’s Beytr. I. 481 f.
b)
Moser’s Versuch, I. 347.
c)
Moser’s Beyträge, II. 255 ff. v. Moser’s kl. Schriften, I.
32 ff.
d)
Moser’s Versuch, I. 347. Ebendess. Beyträge, I. 501 ff.
e)
Russisch-türkische FriedensPräliminarien v. 1. Sept. 1739,
Art. 8. Belgrader Fr. 1739, Art. 20. Fr. zu Jassy 1792,
Art. 10. Vertrag zwischen K. Friedr. Wilhelm I. von Preus-
sen und der holländisch-ostind. Compagnie 1717. Lamberty
Mémoires, T. X. p. 172.
f)
Günther’s europ. VR. II. 483 ff. J. P. de Ludewig de ma-
trimonio principis per procuratorem. Hal. 1724. rec. 1736.
F. C. v. Moser’s Hofrecht, I. 537 ff. — Von dem ehedem
üblichen Bettsprung (conscensio thori solemnis) s. Köler’s
Münzbelustigungen, I. 93 ff. v. Moser a. a. O. I. 576.
g)
Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes u. s. w., §.
182. Beispiele, vorzüglich aus der russischen Geschichte.
h)
Beispiele in Klüber’s angef. öffentl. Recht, §. 182 a. Durch
ein Manifest v. 20. März (2. April) 1820, fügte K. Alexan-
der I. von Ruſsland, den früheren Verordnungen über die
kaiserliche Familie als ergänzende Verfügung hinzu, daſs die
Ehe eines Mitgliedes dieser Familie mit einem Individuum
von nicht entsprechendem Stande, d. h. welches nicht einem
herrschenden oder einen Staat regierenden Hause angehört,
diesem Individuum die den Mitgliedern der Kaiserlichen Fa-
milie zustehenden Rechte, und den aus einer solchen Ehe
gebohrnen Kindern das Recht zur Thronfolge nicht mittheilen
solle. Journal de Francfort, 1820, n° 128.
a)
J. J. Moser von dem Flaggen- und Segelstreichen; in s. ver-
mischten Abhandlungen aus dem Völkerrecht, St. II, Num. 6,
S. 134 ff. F. C. v. Moser von dem Segelstreichen und Schiff-
gruſs; in dessen kleinen Schriften, IX. 287—436. X. 218
—396. XII. 1—34. J. J. Moser’s Versuch des europ. Völ-
kerr. II. 481—493. Ebendess. Beyträge, II. 441—448. Sur-
land
’s Grundsätze des europ. Seerechts, §. 601 ff. Bouchaud
théorie des traités de commerce, p. 41. sqq. Encyclopédie,
voc. Saluer et Salut. Encyclopédie méthodique; Marine,
T. II. voc. Honneurs, T. III. voc. Saluer. v. Kamptz neue
Lit. §. 192.
b)
Pufendorf de reb. gest. Friderici Wilh. elect. brandenb.,
lib. IX. §. 68. Stypmann de jure maritimo, P. V. c. 1.
n. 21. F. C. v. Moser a. a. O. X. 236 ff. Groſsbritan-
nische Kriegserklärung gegen die vereinigten Niederlande,
vom März 1672, in Sylvius Vervolg van Aitzema, B. III,
S. 193 f. v. Moser a. a. O. X. 301 ff. 315. 372. 389.
a)
„Le salut du canon est majestueux: celui du pavillon plié
est humble, si on l’amène tout bas, il est de la plus grande
humilité et même avilissant; aussi les nations ne se sou-
mettent pas à cette dernière manière de saluer“. Encyclo-
pédie méthodique, I. c. II. 389. sq. — In Seegefechten ist
das Abnehmen der Flagge und das Aufstecken einer weissen,
ein Zeichen, daſs das Schiff sich ergeben wolle. — Von
FlaggenSachen s. Moser’s Versuch, V. 503 ff. Connoissance
des Pavillons. à la Haye 1737. Nouveau tableau des Pa-
villons etc. Paris 1820. in - 4° oblong. Recueil des Planches
de l’Encyclopédie, T. I. planches 17—20.
b)
Gewöhnlich verstehen nur Kauffartheischiffe sich zu dieser
Art des Schiffgrusses. Jo. Sibrand diss. de velorum sub-
missione. Rost. 1691. 4.
c)
Eine Begrüssung mit sieben und zwanzig Canonenschüssen,
lieſs sich Groſsbritannien für seine Kriegsschiffe versprechen,
in dem Friedens- und Handelsvertrag mit Tripolis, von 1751,
Art. 18. Wenck cod. jur. gent. II. 578. Die schwedischen
Kriegsschiffe geben den Gruſs meist mit Schüssen in gleicher
Zahl. — Von dem Scharfschiessen, als einer Auszeichnung,
v. Moser’s kleine Schriften, XII. 23.
d)
Friede von Friedrichshamm, zwischen Ruſsland u. Schwe-
den, vom 17. Sept. 1809; in v. Martens recueil, Supplém.
V. 29.
a)
z. B. bei Aufsteckung der Admiralflagge, oder wenn ein
Schiff einem AdmiralSchiff seines Staates begegnet.
b)
Auch werden bei Katholiken dem Allerheiligsten oder hoch-
würdigen Gut gewisse Ehrenbezeugungen erwiesen, wenn
es auf einem Kai in dem Angesicht eines Schiffs vorüber-
getragen wird.
c)
v. Moser’s kleine Schriften, XII. 21.
a)
Bynkershoek quando et quorum navibus praestanda sit re-
verentia? in Ejus quaest. juris publ. lib. II. c. 21. in s.
Operib. omnib. II. 278.
b)
Beispiele liefert die französische Ordonnance de la marine
v. 1681, wovon ein Auszug in der Encyclopédie, voc. Salut.
Auszüge aus ihr und andern französischen Verordnungen,
in der Encyclopédie méthod. l. c. II. 533. und Real science
du gouvernement, T. V, ch. 4, Sect. 3. Englische, por-
tugiesische, niederländische Gesetze, in v. Moser’s kleinen
Schriften, XII. 4 ff. 11 ff. Andere Beispiele in v. Martens
Einleit. in das europ. VR. §. 155, Note a.
c)
Beispiele in Wenck cod. jur. gent. II. 578. de Martens
recueil, II. 521. III. 41. 115. Supplément, I. 224. Moser’s
Versuch, II. 485 ff. v. Moser’s kleine Schriften, IX. 329 ff.
X. 219 ff. 285. 364. 371.
d)
Pestel diss. selecta capita juris gent. maritimi, §. 7. v. MO-
SER
’s kleine Schriften, X. 218 ff.
e)
Moser’s Versuch, II. 492.
f)
F. C. v. Moser’s kleine Schriften, X. 24—34.
a)
Bynkershoek l. c. Dasselbe gilt von dem Fall, wenn Schiffe
zweier Mächte in dem Seegebiet einer dritten Macht sich
begegnen; so fern diese nicht eigene Bestimmungen darüber
gemacht hat (§. 120).
b)
Beispiele in Wenck cod. jur. gent. II. 72. De Martens
recueil, III. 13. Vergl. auch v. Moser’s kleine Schriften,
XII. 22.
c)
Beispiel von 1692, bei Du Mont, corps dipl. T. VII. P. 2.
p. 310.
a)
Beispiele oben §. 120, Note c.
b)
Encyclopédie, voc. Saluer du canon.
c)
Englisch-holländische Friedensschlüsse v. 1654, Art. 13;
1662, Art. 10; 1667, Art. 19; 1674, Art. 4. F. C. v. Moser
a. a. O. X. 285. 364.
a)
Das Recht der Oberherrschaft erstreckt sich über alle Per-
sonen
und Sachen, die der Gewalt des Staates unterworfen
sind. Dahin gehört auch das unter dem äussersten Recht
des Staates (§. 88) begriffene so genannte Obereigenthums-
recht
(dominium eminens). Auch sind die Rechte des Staa-
tes über das so genannte mittelbare Staatsvermögen (Klüber’s
öffentl. Recht des teutschen Bundes, §. 254, 387 u. 436), an-
ders nichts als Rechte der Oberherrschaft.
b)
Auswärtigem Staats- oder Privatgut kann, in dem Staats-
gebiet, eine bedingte Exterritorialität zustehen. Auch
Grundeigenthum, innerhalb der Grenzen des Staatsgebietes
(inclavirt), kann sich hierunter befinden. Man s. §. 128,
Note a.
c)
Bewegliches (Fahrniſs) und unbewegliches, z. B. öffentliche
Flüsse, Canäle, Straſsen, Forsten, Bergwerke, Staatsgebäu-
de, Grundeigenthum, überhaupt Domänen oder Kammer-
güter.
d)
Auch das Privat- oder Schatullgut und das Familiengut des
Regenten gehören dahin. Klüber a. a. O. §. 255.
e)
Klüber a. a. O. §. 256 f. In diesem Sinn spricht Grotius
(de J. B. et P. lib. II. c. 4. §. 14) von einem dominio po-
puli generali.
a)
Das Eigenthum ist rechtlich gesichert, durch untadelhafte
Occupation und fortgesetzten Besitz. Daher berechtigt keine
Eigenschaft eines Volkes, namentlich nicht irgend eine Art
höherer Cultur, zu Verdrängung eines andern Volkes von
seinem Eigenthum, selbst Wilde und Nomaden nicht aus-
genommen. Günther’s VR. II. 10 f.
b)
J. C. F. Meister’s Lehrbuch des Naturrechts (Frankf. a. d.
O. 1809. 8.). Hanrer’s Rechte und Freiheiten des Handels
(Hamb. 1782. 8.), §. 5. 17. 19. Schmalz europ. Völker-
recht, S. 156 ff.
a)
Auch nicht die blosse Entdeckung, z. B. einer Insel. — Un-
befugt waren die päpstlichen ExclusivPrivilegien auf Län-
derEntdeckungen und Occupationen, für Portugal 1454, be-
stätigt 1481 und 1493, für Spanien 1493, nebst der vom
Papst gezogenen DemarcationsLinie; auch war unverbind-
lich für dritte Mächte, der unter jenen beiden Staaten, in
Absicht auf eine solche Linie, unter päpstlicher Vermittlung
geschlossene Vergleich von 1494, bestätigt 1506 von Papst
Julius II. Günther’s VR. II, 7 f. 203 f. Büsch Welthän-
del, S. 63. Meusel’s europ. Staatengeschichte (Leipz. 1816),
S. 82 f. Dennoch hielt Spanien noch in der neuern Zeit
sich für berechtigt, alle andern Nationen von Erwerbungen
in der Südsee auszuschliessen, auch sogar die diesseit der
Meerenge gelegene Küste von den portugiesischen Grenzen
in Brasilien bis an die Spitze von SüdAmerika allein zu be-
sitzen, obgleich es dort fast keine Colonien hat. Moser’s
Beyträge, V. 515. Auch behauptete es, daſs England unter
Jacob I. zu seinem Vortheil verzichtet habe auf Anlegung
irgend eines Etablissements in SüdAmerika. Ebendas. V. 521.
Auch Holland that Vorstellung gegen Anlegung einer groſs-
britannischen Colonie in Ostindien, auf einer Insel in der
Nähe holländischer Besitzungen. Ebendas. V. 556. — Un-
ter dem Vorwand der ersten Entdeckung, Eroberung und
Occupation, liessen die Vereinigten Staaten von Amerika im
J. 1813 von einer ziemlich bevölkerten Insel Besitz nehmen,
[201]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
welcher der amerikanische Capitain David Porter den Na-
men MaddisonsInsel gegeben hatte, welche aber die Ein-
gebohrnen Nooa-Beevah nennen. Die Besitzergreifungs
Acte, vom 19. Nov. 1813, steht in den Miscellen aus der
neuesten ausländischen Literatur, Heft 3 (Leipz. 1814), S.
577 ff.
b)
Mehr nicht sagt die Regel: res nullius cedit primo occu
panti. Denn die Zeit, eine Form der Sinnlichkeit, ist eben
so unfähig, Rechte zu geben, als sie zu nehmen. Nihil fit
a tempore, quanquam nihil non fit in tempore. Grotius de
J. B. et P. lib. II. c. 4. §. 1.
c)
Fortwährender körperlicher Besitz (Inhabung) wird nach
dem Völkerrecht zu der Fortdauer des Staatseigenthumsrech-
tes nicht erfordert. Das Daseyn eines sprechenden Merk-
mals, daſs die Sache weder nullius noch derelicta sey, ist
hinreichend. In solchem Fall vermöchte ein Anderer die
Sache sich nicht zuzueignen, ohne dem bisherigen Eigen-
thümer das Product seiner rechtlichen Kraftäusserung eigen-
mächtig zu entziehen, das heiſst, ohne dessen Recht zu ver-
letzen. Vergl. Hanrer a. a. O. §. 17. — Bynkershoek (de
dominio maris, c. 1.) stellte den Satz auf: „ultra detentio-
nem corporalem dominium non extendi, nisi ex conventio-
ne; eam conventionem esse civium in quaque civitate; solam
legem civitatis dominia rerum defendere etiam sine posses-
sione corporali; ex vetusta apprehensione nihil esse juris
tam in adipiscendo quam retinendo rerum dominio, nisi
animo simul et corpore perpetuo iis incumbamus“. Gegen
ihn traten auf, Christian. Thomasius in notis ad Ulr. Huber,
de jure civitatis, lib. II. Sect. 4. c. 2. n. 43. und Gottl.
Gerh. Titius diss. de dominio in rebus occupatis ultra pos-
sessionem durante (Lips. 1704. 4. und in seiner Collectione
dissertat. p. 316.), §. 31. sq. Bynkershoek ward vertheidigt
von Theod. Graver diss. de mari natura libero, pactis clauso
(Ultraj. 1728. 4.), Sect. I. c. 3. §. 5. sqq. und von Breuning
in quaest. juris nat. illustr. p. 13. Auch stimmt ihm bei, J. A.
Schlettwein in den Rechten der Menschheit (Giessen 1784.
8.), §. 124. In einer spätern Ausgabe erklärte Bynkershoek
selbst seine Meinung wie folgt: „Praeter animum possessio-
nem desidero, sed qualemcunque, quae probet, me nec cor-
pore desiisse possidere. Man s. dessen Opera omnia, T. II.
p. 136.
a)
Durch Vertrag, kann auswärtigem Staats- oder Privatgut,
innerhalb des diesseitigen Staatsgebietes, Exterritorialität
zustehen. Auch Grundeigenthum (eingeschlossenes Territo-
rium, Enclave, Portion séparée) kann sich hierunter befin-
den. Moser’s Grundsätze des europ. VR. in Friedensz. S.
361 ff. Günther’s VR. II. 206. — Daher die Eintheilung
der Territorien in geschlossene und ungeschlossene oder ver-
mischte (clausa et non clausa). Günther II. 177. 206. Klü-
ber
’s öffentliches Recht des teutschen Bundes, §. 212.
a)
Schrodt syst. juris gent. P. II. c. 1. §. 17.
b)
Günther a. a. O. II. 170.
c)
F. L. v. Cancrin’s Abhandlungen aus dem Wasserrecht, Bd. I,
(Halle 1789. 4.) S. 37 ff. 71 ff.
d)
Günther, II. 25.
a)
„Non ultra, quam e terra mari imperari potest“. — „Eo
potestas terrae extenditur, quousque tormenta exploduntur,
eatenus quippe cum imperare, tum possidere videmur“.
Bynrershoek de dominio maris, c. 2., in s. Operib. omnib.
T. II. (Lugd. Bat. 1767. fol.), p. 126. sq. Surland’s Grunds.
des europ. Seerechts (Hannov. 1750. 8.), §. 483. Moser’s
Versuch, V. 486. Neyron principes du droit des gens, §. 266.
H. Hanker’s Rechte u. Freiheiten des Handels (Hamb. 1782.
8.), §. 20, S. 58 ff. La liberté de la navigation et du com-
merce des nations neutres pendant la guerre (à Lond. et
Amst., vielmehr Giessen, 1780. 8.), §. 22. Günther a. a. O.
II. 38 f. 48 ff. 203. — Ohne Zweifel gilt dieses namentlich
auch von der Meerenge von Gibraltar, von dem britan-
nischen Canal (la manche), und von der Meerenge von Ca-
lais, unlängst (von 1806 bis 1815) auch von der Meerenge
zwischen Sicilien und Calabrien (il Fano di Messina), wo
[206]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
die beiderseitigen Küsten verschiedenen Staaten gehörten. —
Viele Staatsverträge bestimmen für benachbarte Meere eine
Entfernung von drei Lieues, z. B. der pariser Fr. von 1763,
Art. 5, vergl. jedoch mit Art. 15, wo 15 Lieues festgesetzt
sind; der französische Tractat mit Algier, von 1689, be-
stimmt 10 Lieues von der französischen Küste an. Daher
betrachten einige die Weite von drei Lieues als einen auf
Herkommen beruhenden Grundsatz des europäischen Völker-
rechtes. Manche der ältern Rechtslehrer bestimmten nach
Willkühr eine Meilenzahl, z. B. 60, oder 100; andere wähl-
ten einen andern, noch schwankenderen Maasstab, z. B. zwei
Tagreisen, oder so weit das Gesicht eines Menschen, oder
ein Wurfspieſs in die See trägt, oder die Stimme eines Men-
schen von der Küste aus gehört werden kann. Rayneval
stimmt für den sichtbaren Horizont. Oberherrschaft und
Eigenthum über die See behauptet Dänemark, 4 Meilen von
Island, und 15 von Grönland. Streit deſswegen mit Groſs-
britannien und den vereinigten Niederlanden. Moser’s Ver-
such, VII. 677. Kluit hist. federum Belgii federati, P. II.
p. 422. Pestel diss. selecta capita juris gentium maritimi, §. 9.
b)
z. B. die Südersee, das curische und das frische Haff.
a)
Beispiele zu Num. 5 und 4 sind: die Meerengen des gros-
sen und kleinen Belts, und der Oeresund, der Canal von
Bristol, der St. GeorgCanal, und die Meerenge zwischen
Schottland und Irland, nebst dem irischen oder irländischen
Meer; die Meerengen der Dardanellen (Hellespont) und von
Constantinopel (Bosporus Thraciae), nebst dem Mar di Mar-
mora; die Meerenge von Messina. — Die Pforte betrachtet als
eine alte Regel, daſs den Kriegsschiffen fremder Mächte nicht
frei stehe, in den Canal von Constantinopel zu segeln, das heiſst,
in die Meerengen der Dardanellen und des schwarzen Meeres.
M. s. ihren Friedensschluſs mit Groſsbritannien von 1809, Art.
11, in v. Martens recueil, Supplém. V. 162. — Weil in dem Sund,
wegen der Untiefen auf der Seite von Schonen, alle Schiffe
genöthigt sind, auf der dänischen Seite unter den Canonen
von Cronenburg durchzusegeln, so lieſs sich Schweden von
Dänemark die freie Fahrt durch den Sund und Belt ver-
sprechen, in dem Fr. v. Brömsebroe 1645, Art. 1 u. 14.
Schmauss C. J. G. I. 541 f. Von dem Streit wegen der dä-
nischen Oberherrschaft über den Sund, s. v. Moser’s kleine
Schriften, IX. 290 ff. u. v. Kamptz neue Lit., S. 210, Num.
7—8. — Bei Gelegenheit der ersten bewaffneten Neutra-
lität von 1780, stellten die nordischen Mächte den Grundsatz
auf, das baltische Meer sey ein geschlossenes Meer (mare
elausum), auf welchem in Kriegen anderer Mächte keine Art
von Feindseligkeiten statt haben dürfe. De Martens recueil,
II.84. 135 f. V. 276. Dawider erklärte sich England, am 18.
Dee. 1807. Polit. Journal v. Jan. 1808, S. 88. Vergl. ebendas. 1806,
Jun., S. 628.— Schriften in v. Kamptz neuer Lit., §. 176.
b)
Drei Arten von Häfen: 1) offene, offen für den Handel al-
ler Völker, gegen Bezahlung der verordneten Zölle; 2) Frei-
häfen
, offen, mit Befreiung der Schiffe von allen oder ge-
wissen Zöllen, auch wohl nebst manchen andern Befreiun-
gen (Beispiele in Schmauss C. J. G. I. 947. 952., de Martens
recueil VI. 162., und Moser’s Versuch des europ. Völkerr.
[208]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
VII. 732 ff. Im J. 1815 ward der Freihafen von Genua
wieder hergestellt. Klüber’s Acten des wiener Congresses,
Bd. VI, S. 195. L. J. Colling delineatio jurid. portus franci.
Lugduni (Gall.) 1775. 4. Emérigon traité des assurances,
I. 190.); 3) geschlossene, für fremde Schiffe, den Nothfall
ausgenommen (so fast alle Häfen in aussereuropäischen Colonien
europäischer Staaten). v. Martens Einl. in d. VR. 149. i. F. L.
v. Cancrin von dem Begriff und Rechte der Häfen, u. s. w.;
ist der dritte Band seiner Abhandlungen von dem Wasserrecht.
Halle 1800. 4. Schriften in v. Kamptz neuer Lit., §. 198.
c)
Von Landseen, Günther, II. 21. Moser’s Versuch des europ.
VR. V. 284. 288. 307. Ebendess. Beyträge zu dem europ.
VR. V. 237. — Von den Streitigkeiten über den Bodensee
(lacus acronius s. bodamicus): Günther, II. 55. Moser’s
nachbarl. Staatsr., S. 440. v. Römer’s Völkerrecht der Teut-
schen, S. 250. C. G. Buder diss. de dominio maris suevici
(Jen. 1742), p. 30. sqq. 42. sqq. Matth. Seutter de Loezen
diss. de jure navandi in lacu bodamico (Erlang. 1764), p.
14. sq. 20. sq.
a)
Diese merkwürdige Frage ist verschieden beantwortet wor-
den. Einige behaupten die Freiheit der offenen See, z. B.
Grotius (1609), Graswinkel, Böcler, Glafey, Wolff, Schrodt,
Günther, Kant (metaphys. Anfangsgr. der Rechtslehre, S. 95),
Hanker a. a. O. §. 18 f., u. a. De la liberté des mers,
par M. Gérard de Rayneval. à Paris 1811. 2 vol. 8. Auch
ins Englische übersetzt in England und Nordamerika, 1812. —
Andere streiten für Eigenthum und Oberherrschaft, z. B.
Freitas (1625), Selden (1635), Strauch, Conring, Bouchaud
(1777), u. der Verf. von A general Treatise of the dominion of the
Sea and a compleat body of the Sea-laws. Lond. 1709.— Noch
Kläber’s europ. Völkerr. I. 14
[210]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Andere meinen, wenigstens die Besetzung eines Meeres durch
Schiffe, insonderheit durch Wachtschiffe, könne, so lang
sie mit dieser Absicht dauert, das Eigenthum desselben ge-
währen. „Ita quippe censeo: mare in dominium redigi pos-
se, ut quod maxime, neque tamen hodie ullum mare im-
perio alicujus Principis teneri, nisi qua forte in illud terra
dominetur“. — „Non aliter id dominium retineri, quam
possessione perpetua, hoc est, navigatione, quae perpetuo
exercetur ad custodiam maris, si exterum est, habendam;
ea namque remissa, remittitur dominium, et redit mare in
causam pristinam, atque ita rursus occupanti primum ce-
dit“. Bynkershoek l. c. in praefat. et cap. 2. 3. et 9., in
s. Operib. omn. T. II. p. 127. sqq. et 137. Eine Prüfung
der Bynkershoekischen Gründe, liefert Thomasius in notis
ad Huber. de jure civitatis, lib. II. Sect. 4. c. 2. n. 43. p.
452. sqq. — Die Schriften sind angezeigt, in v. Ompteda’s
Lit. II. 521—528, in v. Kamptz neuer Literatur, §. 172 f.,
u. J. Th. Roth’s Archiv für das Völkerrecht, Heft I, S. 103. A. M.
Jaques Dupin diss. sur le domaine des mers et la contrebande.
Paris 1811. 12. — Die Geschichte des Streites erzählen, v. Cancrin
in s. Abhandlungen v. d. Wasserrecht, Bd. I, S. 44—46.,
Günther, II. 28 ff., u. Bouchaud in s. Théorie des traités de
commerce. à Paris 1777. 8. — Gründe und Gegengründe,
bei Günther, II. 25—28, 32 f. u. 34 f.
b)
Die hierüber aufgeworfene Frage ist nicht bloſs Schul-
frage. Verschiedene europäische Mächte, besonders Por-
tugal u. Spanien, haben, zu verschiedenen Zeiten, die Be-
hauptung eines ausschliessenden Rechtes auf das Weltmeer,
ganz oder zum Theil, aufgestellt. Günther II. 35. Spanien
hielt noch in der neuern Zeit sich für berechtigt, alle an-
dern Nationen von der Südsee auszuschliessen. Moser’s Bey-
träge, V. 115. Neueste Staatsbegebenheiten, 1775, S. 124.
Spaniens Erklärung vom 4. Jul. 1790, in dem Hist. polit.
Magazin 1790, Bd. II, S. 182. — Von Streitigkeiten über
eingeschlossene grössere Abtheilungen des Meeres, z. B. das
britannische, die Nord- und Ostsee, das mittelländische,
adriatische, ligustische, rothe und schwarze Meer. Gün-
ther
II. 35. 39—47 u. 54. v. Moser’s kleine Schriften, X.
218 ff. v. Kamptz neue Lit., §. 174—181. Bynkershoek
I. c. cap. 5. 6. 7. — Häufige Streitigkeiten europäischer
Staaten unter sich, in Ansehung der Meere an ihren ausser-
[211]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
europäischen Besitzungen (J. J. Moser’s Nordamerika nach
den Friedensschlüssen v. 1783, Bd. III); zum Theil durch
Verträge beigelegt, z. B. in dem Vertrag zw. Groſsbritannien
u. Spanien 1790, in de Martens recueil III. 148. — Von Mee-
ren, deren Freiheit unbestritten ist, s. Güntmer, II. 54.
c)
Pufendorf de J. N. et G. lib. IV. c. 5. §. 5. sq. Bynkers-
hoek
l. c. cap. 3. Theod. Graver diss. de mari natura li-
bero, pactis clauso. Ultraj. 1728. 4. — Vertrag zwischen Oest-
reich und Groſsbritannien von 1731, in Rousset’s Supplément
zu Du Mont’s Corps diplomatique, T. II, P. II, p. 285; und
Hollands Beitritt von 1732, ebendas. S. 287. — Eine Ser-
vitutem non navigandi behaupteten die vereinigten Nieder-
lande gegen die 1723 errichtete, durch den wiener Trac-
tat von 1731 aufgehobene Handelsgesellschaft von Ostende.
v. Ompteda’s Lit. II. 600 f.
a)
Günther, II. 170—176. v. Kamptz neue Lit. §. 106. —
Man unterscheide Staats- und PrivatGrenze, und von bei-
den die politische (limes politicus s. mensuratus), als Raum-
bestimmung für die Ausübung gewisser Rechte, z. B. der
Schiffahrt und des Handels auf dem Meer. Schrodt l. c.
§. 25. 26 — Auch sind zu unterscheiden: Staats- und kirch-
liche, z. B. Provinzial-, Diöces- und Kirchspielgrenze; des-
gleichen Militär-, Geleite- und Gerichts- oder Amtsgrenze,
auch Stadt-, Dorf- und Gutsgrenze, ferner Mark-, Forst-,
Jagd-, Grundeigenthums- u. d. Grenze. Eine MilitärGrenze,
in dem Fr. v. Campo-Formio 1797, Art. 6.
b)
Günther, II. 202 ff.
c)
Beispiele von Grenzflüssen, bei Günther, II. 19 ff. u. in
Moser’s Versuch des europ. VR. V. 284. 288. 307. Ebendess.
nachbarl. Staatsr., S. 442 ff. — HauptReceſs der frank-
furter TerritorialCommission, vom 20. Jul. 1819, Art. 41;
in v. Martens recueil, Supplém. VIII. 621. — Von Landseen
s. oben §. 131.
d)
Lünéviller Fr. 1801, Art. 6. Wiener Fr. 1809, Art. 3,
Num. 2, u. Art. 11. Tilsiter Fr. 1807, der russische, Art. 9,
der preussische, Art. 18. Cessions- u. DemarcationsVertrag
zwischen Oestreich u. Ruſsland, v. 19. März 1810, in v. Mar-
tens
recueil, Supplém. V. 252. Grenzvertrag zwischen Preus-
sen u. Westphalen, v. 14. Mai 1811; bei v. Martens l. c.
V. 382. Acte final du congrès de Vienne, art. 4 et 95.
Frankreichs Vertrag mit Groſsbritannien, Oestreich, Preus-
sen und Ruſsland, v. 20. Nov. 1815, Art. 1, Num. 2; bei
v. Martens a. a. O. VI. 686. Oestreich-baier. Staatsvertrag
v. 14. April 1816, Art. 1 u. 9, in Klüber’s Staatsarchiv, Bd.
I, S. 401 u. 406. HauptReceſs der frankf. TerritorialCom-
mission, v. 20. Jul. 1819, a. a. O. Grenzvertrag zwischen
Ruſsland und Schweden vom 20. Nov. 1810, bei v. Martens l. c.
V. 313. VIII. 33. — Der Staatsvertrag zwischen Baden und dem
Canton Aargau, v. 17. Sept. 1808, Art. 1, bestimmt zur
Grenze den Thalweg des Rheins, worunter hier die gröſste
Tiefe des Stroms verstanden wird, und auf Brücken die
Mitte derselben. Badisches Regier. Blatt, 1809, Num. 35.—
Dasselbe ist festgesetzt, in Ansehung der Rheinbrücke zwi-
schen Strasburg und Kehl, in dem angef. pariser Vertrag
v. 20. Nov. 1815, Art. 1, Num. 2. — Von den Mängeln
einer Grenzbestimmung durch den Thalweg, s. Klüber’s öf-
fentl. Recht des teutschen Bundes, §. 90. — Von zwei Thal-
wegen, die es in einigen Gegenden des Rheins giebt, s. Du
Thalweg du Rhin (par M. Jollivet), à Mayence an X
(1801) 8. §. 6. 7. 11. 64.
e)
Petr. Fr. L. B. ab Hohenthal diss. de foederibus limitum.
Lips. 1763. 4. Institutions politiques, par le baron de Biel-
feld
, T. II, ch. 6, §. 22. 23. p. 120. — Beispiele in der
musterhaften Grenzbeschreibung, Chr. Hub. Pfeffel diss.
de limite Galliae. Argent. 1785. 4. (Ein Auszug in Klüber’s
kl. jur. Bibl., I. 85—113.) — Grenzvertrag zw. Oestreich
[214]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
u. dem Königr. Italien, zu Fontainebleau am 10. Oct. 1807
geschlossen, in d. Polit. Journal 1807, St. XII, S. 1212. Desgl.
zw. Ruſsland u. Schweden, v. 20. Nov. 1810, in v. Martens
recueil, Supplém. V. 313. VIII. 33. Desgl. zw. Preussen u.
dem K. Sachsen, v. 22. Aug. 1819. Preussische Grenzen auf
der linken Rheinseite, in d. angef. HauptReceſs der frankf.
Territ.Commission, Art. 13 u. 14. Desgl. zw. Frankreich u.
d. Königr. der Niederlande, v. 28. März 1820. Acte final du
congrès de Vienne, art. 2, 4, 7, 66, 85 et 95.
f)
Günther, II. 196. 208. Moser v. d. R.Stände Landen, S.
14 f. 17 f.
g)
Günther, II. 200. 185. 197. J. J. Moser v. d. geogra-
phischen Staatsklugheit bei Schliessung der Tractaten; in
s. vermischten Abhandl. aus d. europ. Völkerr. (Frankf.
1756. 8.), S. 264.
h)
Günther, II. 189. Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes,
§. 207—212.
a)
Grotius de J. B. et P. II. 3. 17. v. Cancrin’s Wasserrecht,
Bd. I, Abhandl. 3, S. 167 ff. 184. 212. Vattel droit des
gens, L. I, ch. 22, §. 268, 275. Günther’s VR. II. 57—64.—
Von schwimmenden Inseln, s. v. Cancrin, I. 175. 206. Gün-
ther
II. 61. — Ob zu Erlangung des Eigenthums an dem
Anwurf, Besitzergreifung nöthig sey? Günther, II. 59 f.
b)
Qui jure suo utitur, nemini facit injuriam.
a)
Bei Seegefahr machen alle europäischen Staaten, billig,
eine Ausnahme. Nicht so bei der Flucht vor dem Feind,
und bei einbrechenden Seuchen. — Ob eingeschlossene Staa-
ten den Durchgang durch andere Staatsgebiete, zu Land oder
zu Wasser, als natürliche Zwangpflicht fordern können? z. B.
Portugal durch Spanien, Neapel durch das mittlere und obere
Italien, der gröſste Theil der herzoglich-anhaltischen Be-
sitzungen und das Fürstenthum SchwarzbürgSondershausen
durch die preussischen Staaten, die Staaten an der Ostsee
durch den Sund, die teutschen Staaten an der Donau auf
diesem Fluſs durch die östreichischen und türkischen Staa-
ten? Einige nehmen hier eine natürliche Staatsdienstbarkeit
an Wolff jur. gent. c. 3. §. 323. Günther, II. 233. J.
N. Hertius diss. de servitute naturaliter constituta, cum in-
ter diversos populos, tum inter ejusdem reip. cives. Giess.
1699, u. in s. Opusc. Vol. II. T. III. p. 103—154. Durch
Vertŕäge wird ein solcher Durchzug oft bedungen, z. B.
von Ruſsland aus dem schwarzen Meer. Fr. v. Kainardschy
1774, Art. 11. Bestimmungen des wiener Congresses für
die Schiffahrt auf Strömen, welche verschiedene Staaten
[217]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
scheiden oder durchströmen, in dem Acte final, art. 108—117,
und in dem Annexe 16. Man s. oben §. 76, Noten b u. c.
b)
G. L. Boehmer diss. de jure principis libertatem commer-
ciorum restringendi, §. 16. sqq., u. in s. Electis juris civ.
T. III. exerc. 19. Günther, II. 216—229. Moser’s Versuch,
VI. 37.
c)
Unter Anderem gehört hieher: Werbung für fremde Kriegs-
dienste oder Colonien, Handlungsunternehmungen, Samm-
lung für fremde Lotterien u. a. Glückspiele, Gewerbe durch
Kunstfertigkeiten und Sehenswürdigkeiten, u. d.
d)
Grotius de J. B. et P. lib. II. c. 2. §. 22. Vattel, droit
des gens, liv. II, ch. 10, §. 237 sqq.
e)
Günther, II. 230 f.
f)
Günther, II. 234 ff. — Bei streitigem TerritorialEigen-
thum kann ein gewaltsamer Gebrauch von Seite des unab-
hängigen Gegners, in der Regel als violatio territorii nicht
betrachtet werden. Moser’s Versuch, V. 379. Ebendess.
Beyträge, V. 334.
a)
Schriften in v. Kamptz neuer Lit. des VR., §. 118 f. —
Anders oft in aussereuropäischen Besitzungen europäischer
Mächte, besonders in Colonien. Moser’s Versuch, VI. 42 ff.
b)
Z. B. Pässe, Visitation, Sicherheits- oder Polizeikarten. Am
strengsten sind die Einschränkungen bei Besehung der Fe-
stungswerke, Zeughäuser u. d. Moser’s Versuch, VI. 45.
Desgleichen bei Seuchen, wo Quarantaine zu halten ist.
Günther, II. 220. Spanische Verordnung v. 1791, die Ein-
lassung und den Aufenthalt der Fremden betr., in de Mar-
tens
recueil, V. 8—18. Sie ward nachher eingeschränkt,
auf Vorstellung verschiedener Mächte. — Das Incognito
wird nur aus besondern Rücksichten gestattet. Moser’s Ver-
such, VI. 44. Jos. Dresler epist. de juribus principis in-
[219]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
cognito peregrinantis odiosis. Martisb. 1730. 4. Vergl. oben
§. 49 a, 106 u. 115.
c)
Vergl. oben §. 88. — In manchen Staatsverträgen ist dieses
ausdrücklich festgesetzt. Adr. Kluit hist. fed. Belgii federa-
ti, II. 459. Vertrag zwischen Portugal u. Spanien v. 1715,
Art. 19.
d)
Westphäl. Fr. 1648, J. P. O. art. 9. §. 1. 2. — Selbst in
Staatsgesetzen zuweilen, z. B. in der englischen Magna charta
Heinrichs VII. v. 1224, Art. 30, in v. Martens Samml. der
wichtigsten Reichsgrundgesetze, I. 728.
e)
Meist nur drei. Fr. v. Utrecht 1713, Art. 7. Bisweilen
sechs. Französisch-portugiesischer Fr. v. 1713, Art. 7. Auch
wohl nur eines. Vertrag zwischen England u. Spanien 1667,
Art. 16. Mehrere Verträge Dänemarks mit andern Seestaa-
ten.— Von Schwierigkeiten in aussereuropäischen Besitzun-
gen, s. Günther, II. 221. Moser’s Beyträge, V. 481.
f)
Russisch-östreichischer Vertrag v. 1785, Art. 24. Russisch-
portugiesischer v. 1787, Art. 36. Französisch-östreich. Ver-
trag v. 30. Aug. 1810, u. baierische Verordnung v. 13. Nov.
1810, in dem Rhein-Bund, Heft L, S. 218 u. 307.
g)
Schriften in v. Kamptz neuer Lit. des VR., §. 117.
a)
Sowohl Staatsrechts Servitut, als auch VölkerrechtsServitut,
servitus juris tam publici quam gentium (beide Gegensatz
der Privat Servituten). — Schriften in Pütter’s Lit. III. 819.
Klüber’s Lit. 689. C. J. C. Engelbrecht tr. de servitutibus
juris publici. Helmst. 1715. rec. c. praef. C. G. Buderi.
Lips. 1739. 4. (De Steck) Eclaircissemens de divers sujets
intéressans (1785), n. 6. (J. F. v. Tröltsch) Von Freiheiten
und Immunitäten in fremdem Gebiete; in Siebenkees Beiträ-
gen, Th. I—VI. N. T. Gönner’s Entwickel. des Begriffs
und der rechtl. Verhältnisse deutscher Staatsrechtsdienst-
barkeiten. Erl. 1800. 8. Moser’s nachbarl. Staatsr. 239 ff.
Günther’s Völkerr., II. 231. v. Martens Völkerr. §. 111.
Majer’s weltl. Staatsr. III. 27 ff. Pütter’s histor. Entwicke-
lung der Staatsverfassung des t. Reichs, III. 277 ff.
b)
Unpassend sind hier die in dem Civilrecht angenommenen
Eintheilungen, in dingliche und persönliche, in urbanas et
rusticas, in continuas et discontinuas. Richtig, wenn gleich
ohne practisches Moment, sind die in affirmative und nega-
tive, in einseitige und wechselseitige.
c)
Aeltere Beispiele bei Moser a. a. O. Majer, III. 29. v. Rö-
mer
’s Völkerr. der Teutschen, 224 ff. Ebendess. kursachs.
Staatsrecht, III. 96 u. 673. Gönner, a. a. O. 11 ff. 92 ff.
Reuss Staatskanzlei, IV. 235. F. Guil Pestel diss. de ser-
vitutibus commerciorum. Rint. 1760. 4. — Von dem Ton-
nenrechte der Stadt Bremen, nach vormaligem Staatsverhält-
niſs, s. v. Bülow’s u. Hagemann’s pract. Erörterungen, I.
1—38. Von der Wildhämmelei in fremdem Gebiet, s. J. R.
v. Roth’s Abhandlungen aus dem t. Staats- und Völkerrecht
(Bamb. 1804. 8.), S. 233. Die ehemalige Sperrung der
Schelde, vermöge des münsterischen Fr. v. 1648, Art. 14.
Schmauss C. J. G. I. 619. Frankreichs mehrmaliges Ver-
sprechen an Groſsbritannien seit dem utrechter Fr. 1713,
[221]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
Dünkirchen nicht zu befestigen; erloschen durch den pariser
Fr. 1783, Art. 17. Besatzungsrecht der vereinigten Nieder-
lande in den BarrièrePlätzen der östreichischen Niederlan-
de, vermöge des BarrièreTractats v. 1715. — Neuere Bei-
spiele sind: 1) der RheinschiffahrtOctroi seit 1804. Lüné-
viller Fr. 1801, Art. 6. ReichsDeputationsHauptschluſs 1803,
§. 39. Rhein. BundesActe 1806, Art. 2. Klüber’s öffentl.
Recht des teutschen Bundes, §. 473 ff. 2) Baierns ehemalige
Pflicht, Augsburg u. Lindau zu befestigen u. s. w. Rhein.
BundesActe 1806, Art. 37. 3) Baierische Souverainetät auf
der ganzen Hauptstrasse von Lindau nach Memmingen, nach
der Rhein. BundesActe, Art. 24. 4) Groſsherzogl. bergischer
CommunicationsWeg durch das fürstl. salmische Gebiet, nach
der Rhein. BundesActe, Art. 24. 5) Groſsherzogl. frankfur-
tisches und wirzburgisches Flössungsrecht auf dem Sinnfluſs.
Rhein. Bund, Heft XXIV, S. 392. 6) Königl. westphälische
Post in dem Anhaltischen. Ebendas. Heft XX. 307. XXIV.
124. 7) Beispiele in dem Staatsvertrag zwischen Wirtemberg
und Baden, v. 31. Dec. 1808, Art. 1, lit. c, Art. 4. Ba-
disches Regier. Blatt 1809. Num. 4. 8) Durch einen Staats-
vertrag, geschlossen zwischen Frankreich, Preussen, und
dem König von Sachsen zu Elbing den 13. Oct. 1807, ge-
mäſs dem französisch-preuſs. Fr. von Tilsit, Art. 16, wur-
den verschiedene StaatsServituten in den preussischen und
königlich-sächsischen Staaten, sowohl gegenseitig als auch
für Frankreich, festgesetzt. Rhein. Bund, Heft XVI, S. 37.
9) Freiheit der Schiffahrt auf der Weichsel, in den Gebieten
von Warschau, Preussen und Danzig; in dem französisch-
preuſs. Fr. v. Tilsit 1807, Art. 20. Desgleichen auf der
Netze und dem Canal von Bromberg, von Driesen bis an
die Weichsel. Ebendas. Art. 17. 10) Oestreichisches Be-
satzungsrecht in Ferrara u. Commacchio. Acte final du con-
grès de Vienne, art. 103. 11) Oestreichisches Besatzungs-
recht in Piacenza, festgesetzt in Spaniens Vertrag mit Oest-
reich, Ruſsland, Preussen, Groſsbritannien u. Frankreich, zu
Paris am 19. Jun. 1817, Art. 5, u. in dem Recès-général der
frankfurter TerritorialCommission, v. 20. Jul. 1819, Art. 46, in
v. Martens recueil, Supplém. VIII. 623. 12) Schleifung der
Festungswerke von Hünningen, u. s. w. Traité de l’Autriche,
de la Grande-Bretagne, de la Prusse et de la Russie, avec
la France, conclu à Paris le 20 nov. 1815, art. 3. 13) Das
[222]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Recht der MilitärStrasse für Baiern, Preussen, u. Oestreich,
durch badische, hessische, oldenburgische u. a. Staaten, fest-
gesetzt in dem angef. Recès-général von 1819, Art. 6, 23,
u. 32. 14) Die Rechte des teutschen Bundes in den Bundes-
festungen. Der angef. Recès-général v. 1819, Art. 15, 16,
20—22, 35—38. Klüber’s öffentl. Recht des t. Bundes,
§. 153.
a)
Durch den AllianzVertrag v. 1793, Art. 6—8 u. 11 (Mar-
tens
recueil, V. 222.), übernahm die Republik Polen nicht
sowohl eine StaatsServitut, als vielmehr eine Abhängigkeit
[223]I. Cap. Recht des Staatseigenthums.
von Ruſsland, so daſs sie ein halbsouverainer Staat ward. —
Gleichviel ist, ob dem berechtigten Staat der Vortheil von
der StaatsServitut unmittelbar zugeht, oder mittelbar, z. B.
durch den seinen Unterthanen unter seiner Staatshoheit ein-
geräumten Genuſs. (De Steck) Essais sur divers sujets de
politique (1779. 8.), p. 3—12.
b)
Reuss Staatskanzley, XVII. 32 ff. Nettelbladt’s Erörterun-
gen, 365. Andere Meinungen in Westphal’s Staatsr., 535.
Schnaubert’s Staatsr. der gesammten Reichslande, §. 113.
Gönner a. a. O. §. 84—90.
c)
Engelbrecht, p. 232. sqq. Gönner, §. 78.
d)
J. R. v. Roth’s Abhandlungen aus d. t. Staats- und Völkerr.
Abth. II. Num. IX. Anders Gönner, §. 9.
e)
Reuss Staatskanzley, IV. 237. XVII. 32 ff. Gönner, §. 27 ff.
f)
Beispiele: PatrimonialGerichtbarkeit, Jagd, Fischerei,
TransitoHandel, Befreiung von Zoll, Chausseegeld, Nachsteuer
und Abzugsgeld. v. Roth’s Staatsrecht deutscher Reichslan
de, II. 219.
a)
Engelbrecht, p. 167. sqq. — Natürliche StaatsServituten
statuiren, Hertius, Engelbrecht u. a. Vergl. oben §. 135 a.
— Blosse Völkergebräuche und StaatsCeremoniel gehören
nicht zu den StaatsServituten. De Neumann meditationes
juris privati principum, T. IV. lib. 2. tit. 3. — Aber der
[224]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
Besitzstand äussert auch hier rechtliche Wirkung. Engel-
brecht
, p. 332. sqq. Gönner, §. 91.
b)
Reuss Staatskanzley, I. 360. XVII. 32 ff. Gönner, §. 31—34.
c)
Westphäl. Fr. 1648, J. P. Osnabr. Art. 5, §. 44. L. 99. D.
de V. O. Gönner, §. 80 ff.
d)
Engelbrecht, p. 384. sqq. Gönner, §. 94 ff.
a)
Grotius de J. B. et P. lib. II. c. 3. §. 19. n. 1. Günther,
II. 64 ff. J. H. Feltz diss. excerpta controversiarum il-
lustrium de rebus pro derelictis habitis. Argent. 1708. 4.
D. F. Hoheisel diss. de fundamentis in doctrina de prae-
scriptione et derelictione gentium tacita. Hal. 1723. 4. —
Ob die blosse Verlassung eines Landes für Dereliction zu
halten sey? Günther, II. S. 68. — Ob bei wirklicher Vor-
lassung eines Landes, dessen Eigenthum und Oberherrschaft
durch Willenserklärung, z. B. auf daselbst angeschlagenen
Hoheitstafeln, noch beibehalten werden könne? Ebendas.
S. 69. 14 f. De Martens recueil, III. 252. — Von wirk-
lichen Fällen vergl. überhaupt, J. J. Moser’s NordAmerika
nach den Friedensschlüssen vom J. 1783. Leipz. 1784. 1785.
Bd. I—III. gr. 8. Mémoires des Commissaires de S. M.
Très-chrétienne et de ceux de S. M. Britannique sur les
possessions des deux couronnes en Amérique. Amsterd. 1755.
T. I—III. 8.
b)
Verschiedene Meinungen, bei Günther, II. 70 f.
a)
Für unverbindlich halten mündlich geschlossene Völker-
verträge, P. J. Neyron diss. de vi foederum (Goett. 1778.
4.), §. 23, u. Schmalz in s. europ. Völkerrecht, S. 52 f.
b)
Schriften von Verträgen der Völker, in v. Ompteda’s Lit. II.
583 ff. u. in v. Kamptz neuer Lit. §. 239 ff. — Grotius
lib. II. c. 15. Encyclopédie méthodique; économie politique
et diplomatique, T. IV (à Paris 1788. 4.) p. 353—361.
Moser’s Versuch, VIII. 53—391. Ueber Völkerverträge u.
deren Dauer; in der Zeitschrift Minerva, Jun. 1813 (Leipz.
8.), S. 423—439.— Verzeichnisse u. Sammlungen der wichtig-
sten Staatsverträge, werden unten in dem Anhang angeführt.
c)
Unter Staatsverträgen im weitern Sinn, sind begriffen, theils
Völkerverträge, theils Grundverträge eines Staates (pacta ci-
vitatum fundamentalia). — Verträge eines Staates mit aus-
wärtigen Privatpersonen, und diejenigen mit Unterthanen
über Privatverhältnisse, so auch Privatverträge des Regen-
ten, sind zu beurtheilen nach Privatrecht, nach natürlichem
oder positivem. Vergl. oben, §. 2, u. unten, §. 259, Note a.
Grotius, II. 15. 1. sq. Vattel, liv. II, ch. 12, §. 154. —
Indirect erwirbt ein Staat aus Verträgen, welche eine unter
seinem Schutz stehende Privatperson mit einer auswärtigen
Privatperson oder einem Staat geschlossen hat, das Recht,
jene bei ihrem Vertragrecht zu schützen.
d)
So ehehin die teutschen reichsständischen Landesherren. West-
phäl. Fr. 1648, J. P. O. Art. 8. §. 2. Kaiserl. Wahlcapitulation,
Art. 6, §. 4 u. 5. Noch mehr die ehemalige Republik Polen,
nach dem Tractat mit Ruſsland von 1793, Art. 6—8 u. 11.
De Martens recueil, V. 222.
e)
Vergl. Scheidemantel’s allgem. Staatsrecht, Th. I, §. 196.
a)
In dem Fall einer Revolution, kann eine stellvertretende
Autorität, so lang sie nicht zu ruhigem Besitzstand gelangt
ist, nur einstweilige Staatsverträge schliessen.
b)
Die Grundverfassung des Staates kann erfordern, Mitwir-
kung, Vollmacht, oder Genehmigung des Reichstags, des Se-
nats, der Volksversammlung (Landgemeinde), der National-
Repräsentanten, der Tagsatzung, u. d.
c)
Grotius lib. II. c. 11. §. 12. Jo. Gerhard dissertationes
acad. P. IV. n. 11. Jan. Harm Lohman diss. de diverso
mandatorum genere quibus legati constituuntur, et obliga
tione quae ex iis oritur (Lugd. Bat. 1750), c. 4. §. sqq.
Anders Bynkershoek quaest. juris publ. lib. II. c. 7. und der
Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, in sei-
ner unten (Note d) angef. Botschaft an den Congreſs vom
7. Dec. 1819. — Die geheime Vollmacht oder Instruction
kommt nicht in Betrachtung, obwohl der Bevollmächtigte
wegen deren Ueberschreitung seinem Staat verantwortlich
ist. M. Hasse diss. de legato violati mandati reo. Viteb.
1717. 4.
d)
Vattel, liv. II, ch. 14, §. 156. F. L. Waldner de Freund-
stein
diss. de firmamentis conventionum publicarum, cap. 13.
p. 126. Lohman diss. cit. cap. 4. §. 6. sqq. — Daſs heut-
zutage die Ratification in der Regel nothwendig sey, be-
haupten Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. II. c. 7. und
Schmalz a. a. O. S. 51. — Schriften in Lipen 11 bibl. jurid.
voc. ratihabitio und ratificatio, T. II. p. 242. u. in Schott’s
Suppl. S. 411, in v. Senkenberg’s Supplem., p. 344. — Die
ältere, mittlere und neuere Geschichte liefert Beispiele von
nicht ratificirten Völkerverträgen. Grotius lib. II. c. 15.
So auch die haager Convention zwischen Oestreich, Groſs-
britannien, Preussen, und den Vereinigten Niederlanden v.
10. Dec. 1790, in de Martens recueil, III. 342. de Herzberg
recueil des déductions etc. T. III. p. 223. not. *. Eben so
der SubjectionsVertrag der Reichsstadt Nürnberg mit Preus-
sen, vom 2. Sept. 1796; in Häberlin’s Staatsarchiv, Heft VI,
S. 178, und T. L. U. Jäger’s Magazin für die Reichsstädte,
Bd. VI (Ulm 1797. 8.), Num. 18. Der nicht ratificirte pa-
riser Friede zwischen Ruſsland und Frankreich, v. 20. Jul.
1806, in de Martens recueil, Supplém. IV. 305. Desgleichen
der östreichisch-baierische Staatsvertrag vom 23. April 1815,
in Klüber’s Acten des wiener Congr. VIII. 129. 149 ff. Der
im J. 1819 von den Vereinigten Staaten von Nordamerika,
über neue Niederlassungen und Grenzen, mit Spanien ge-
[230]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
schlossene Vertrag, ward nur von den ersten ratificirt. Man
s. die Botschaft ihres Präsidenten an den Congreſs, v. 7.
Dec. 1819, in dem Journal de Francfort v. 18. Jan. 1820. —
Von dem französisch-englischen Streit, ob die Convention
von Kloster Zeven (Seven) v. 10. Sept. 1757 für einen Staats-
vertrag, oder für ein blosses Arrangement militaire anzusehen
sey? s. Moser’s Versuch, Th. X, Bd. I, S. 185—198, und
Staatsschriften des Grafen von Lynar, Th. II (Hamb. 1797.
8.), S. 71 ff.
e)
Einige behaupten das Gegentheil. v. Martens Einl. in das
europ. VR. §. 42. Jo. Zach. Hartmann pr. de variatione
a pactis gentium ante ratificationes, quae voeari solent, il-
licita. Kilon. 1736.
f)
De Martens essai concernant les armateurs (Goett. 1795.
8.), §. 41, not. c, et §. 61, not. y.
g)
Grotius lib. II. c. 15. §. 3. 16. 17. Vattel liv. II, ch. 14,
§. 212. Jo. Cph. Hommel, s. resp. J. G. Riedesel L. B. ab
Eisenbach, diss. de sponsionibus ministrorum. Isen. 1723. 4.
De Martens recueil, IV. 568. Schriften in v. Ompteda’s
Lit. II. 585, u. v. Kamptz neuer Lit. §. 244.— Der Sponsor
ist verpflichtet, sich alle Mühe zu geben, daſs der Staat das
für ihn gegebene Versprechen genehmige, aber auch zu
mehr nicht. Wird die Sponsion nicht genehmigt, und sind
deſshalb schon Leistungen erfolgt, so muſs Alles in den vo-
rigen Stand gesetzt werden. Beispiel bei Schmalz, europ.
Völkerrecht, S. 50.
h)
Grotius lib. III. c. 20. Pufendorf de J. N. et G. lib. 8.
c. 2. §. 2. Scheidemantel’s allgem. Staatsr., Th. I, §. 197 f.
C. S. Eisenhart diss. de pactis inter reges victores et capti-
vos. Helmst. 1710. 4. Car. Lud. L. B. de Danckelmann
diss. de pactis et mandatis principis captivi. Hal. 1718. rec.
1741. 4. Frid. Platner diss. de pactis principum capti-
vorum. Lips. 1754. 4. B. P. van Weseln-Scholten (praes.
Const. Cras) diss. de foedere Madritano, quod Franciscus I.
rex cum Carolo V. imp. captivus fecit. Amstelod. 1784. 4.
Vergl. auch Vattel, liv. 2, ch. 16, §. 257. Schmalz a. a. O.
S. 55.
a)
Bynkershoek quaest. juris publ. lib. I. c. 10. N. G. Gund-
ling
lib. sing. de efficientia metus, tum in promissionibus
liberar. gentium etc. Hal. 1711. u. in s. Exercit. acad. T. II.
n. 2. Christ. Otto van Boeckelen de exceptionibus tacitis
in pactis publicis. Groening. 1730. 4. u. in s. Opusc. A. E.
Rossmann von den Ausflüchten im Völkerrecht (in den Er-
lang. gel. Anzeigen, 1744, Num. 37 u. 38, u. in J. C. Sie-
benkees
jurist. Magazin, Bd. I, Num. 4, S. 40 ff.) §. 26.
Schmalz a. a. O., S. 55 f.
b)
Etliche behaupten, daſs nur ein schriftlicher Staatsvertrag
verbindende Kraft habe. S. oben §. 141, Note a.
c)
Beispiele in de Martens recueil, III. 103. 166. 248. IV. 565.
Moser’s Versuch, X. 2. 377.
d)
So der Handelsvertrag zwischen Oestreich und Ruſsland,
von 1785, in de Martens recueil, II. 620. 632.
e)
So bei einem Friedensschluſs, durch welchen der Sieger
einen von seiner Seite gerechten Krieg endigt. — Für un-
gültig wird der Vertrag mit einer unterjochten Nation er-
klärt, nicht weil er erzwungen sey, sondern weil er „von
Jemand eingegangen worden, der als keine Rechte habend
angesehen werde“, in der Minerva, Jun. 1817, S. 425.
f)
Da es meist an Evidenz, bald der Thatsache des Zwanges,
bald seiner Unrechtmäsigkeit fehlt, und in solchem Fall Be-
weisführung und deren Prüfung nöthig wäre, so wird die
Anwendung obiger Grundsätze in hypothesi oft mit vielen
Schwierigkeiten verbunden seyn. Deſswegen kann selbst das
StaatsInteresse anrathen, einen Staatsvertrag aus dem Grunde
des unrechtmäsigen Zwanges nicht anzufechten.
a)
C. E. Wächter diss. de modis tollendi pacta inter gentes
(Stuttg. 1779. 4.), §. 25. 26.
b)
Diese moralische Unmöglichkeit oder Rechtsverletzung zeigt
sich namentlich bei wahrer Collision eines Vertrags mit ei-
nem ältern Vertrag, der mit einem andern Staat errichtet ist.
Vergl. das Bündniſs zwischen Frankreich und den schweizer
Cantonen, vom 28. Mai 1777, Art. 8, in de Martens re-
cueil, T. I. p. 606. Desgleichen bei dem Versprechen un-
übertragbarer Rechte gegen einen Dritten, z. B. wenn ein
Staat die aus dem Bündniſs mit einem andern Staat erlang-
ten unübertragbaren Rechte, ohne Einwilligung des letzten,
vertragweise auf eine dritte Macht übertragen wollte. Vergl.
Wächter l. c. §. 30—37.
c)
Dieses kann der Fall seyn bei dem Versprechen einer Lei-
stung, welche, vermöge eines mit einer andern Macht frü-
her schon geschlossenen Vertrags, moralisch unmöglich ist.
d)
Wie fern ein Staat dagegen sich durch Nothgebrauch (§. 44)
schützen könne? — Daſs ein Staat zu Erfüllung seines Ver-
sprechens schon dann nicht verpflichtet sey, wenn solche
ihm mehr schaden, als dem andern nützen würde, behaup-
tet, mit Cicero, Wächter l. c. §. 28. sq.
a)
Kaum bedarf es einer Erinnerung, daſs diese Heiligkeit
keine religiöse Beziehung habe; daſs also der aufgestellte
Grundsatz ganz unabhängig sey von dem kirchlichen Lehr-
begriff und von der ReligionsVerschiedenheit der Völker.
b)
Vergl. Leviathan, or the Matter, Form et Power of a
Common-Wealth, by Thom. Hobres (Lond. 1651. fol.), p. 68.
Corn. van Bynkershoer quaest. jur. publ. lib. II. c. 10. in
s. Operib. omn. T. II. p. 256. G. S. Treuer de auctoritate
et fide gentium. Lips. 1747. 4. Wächter diss. cit. §. 39.
Henr. Fagel diss. de foederum sanctitate (Lugd. Bat. 1785.
4.), cap. 2. p. 14. sqq., besonders p. 23. sqq. u. cap. 4. p.
[236]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
59. sqq. Garve’s Anmerk. zu Cicero von den Pflichten, Bd.
I. (5. Aufl. 1801), S. 71. Kant’s metaphys. Anfangsgründe
der Rechtslehre, S. 99 f. Grolman über die Rechtsgültig-
keit der Verträge; in s. Magazin für die Philosophie des
Rechts und der Gesetzgebung, Bd. I, Heft 1. Ignaz Rud-
hart
’s Untersuchung über systemat. Eintheilung und Stellung
der Verträge (Nürnb. 1810. 8.), §. 26 f. u. 36. — Schrif-
ten in v. Ompteda’s Lit. §. 270, u. in v. Kamptz neuer Lit.
§. 242.
c)
„Ἐμμέσως, id est, per interpositam civitatem“. Grotius
de J. B. et P. II. 14. 11. — Henr. Fagel diss. cit. cap. 3.
p. 41. sqq. cap. 4. §. 4. sqq. p. 63. sqq. — Von der Ver-
bindlichkeit des Regenten zu den Staatshandlungen seiner
Vorfahren, s. Klüber’s öffentl. Recht des teutschen Bundes,
§. 189. — Daſs Bündnisse weder für den Regierungsfolger,
noch für den überlebenden Bundesgenossen verbindlich seyen,
behauptet Wächter diss. cit. §. 84.
d)
Bourbonischer FamilienPact zwischen Frankreich und Spa-
nien, von 1761. De Martens recueil, I. 1 ff.
e)
Henr. Fagel diss. cit. cap. 4. §. 7. pag. 66. sqq. Wächter
diss. cit. §. 73. — Merkwürdige Beispiele von Verletzung
der Völkerverträge, erzählt Henr. Fagel diss. cit. c. 2. §. 2.
a)
Die heilige Allianz scheint nichts anderes zu seyn, als das
Sittengesetz der Christen, angewandt auf die Regierung über
Menschen, und auf das wechselseitige politische Verhalten
der Souveraine (§. 2, Note e); ihr Zweck ist, christlich-
gerechte Erhaltung allgemeinen Friedens in Europa. Sie
ward, zu Paris am 26. Sept. 1815, persönlich geschlossen
zwischen den Monarchen von Oestreich, Ruſsland, und Preus-
sen. Durch förmliche AdhäsionsVerträge, sind ihr fast alle
christlichen Staaten von Europa beygetreten. Nur der Prinz-
Regent von England lehnte den Beitritt ab, doch bloſs in
Hinsicht auf die Form, nicht auch in Ansehung der in dem
AllianzVertrag aufgestellten Grundsätze; der Form wegen,
weil sie von den Souverainen bloſs in Person geschlossen
worden, während die brittische Constitution fordert, daſs
die Staatsverträge von einem Staatsminister contrasignirt seyen,
der deſshalb verantwortlich ist. Man s. das Schreiben des
PrinzRegenten vom 6. Oct. 1816, in dem Journal de Franc-
fort de 1816, n° 302. Diese heilige Allianz, deren Grund-
sätze oben §. 2 d und unten §. ult. dargestellt sind, ist ab-
gedruckt in dem Politischen Journal vom Febr. 1816, S. 133,
in v. Martens recueil, Supplém. VI. 556., und in W. T.
Krug’s la Sainte-Alliance, oder Denkmal des von Oestreich,
Preussen, und Ruſsland geschlossenen heiligen Bundes. Leipz.
1816. 8. Betrachtungen über das heilige Bündniſs. Hamb.
1816. 8. v. Willemer über das Verhältniſs der Zeit zum
[238]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
heil. Bunde. Frankf. 1818. 8. Politische Betrachtungen über
den heil. Bund, in der Allgemeinen Zeitung, 1818, Num. 74;
desgleichen, in der Minerve française; cahier 55 (Paris,
Févr. 1819). Die Idee des heiligen Bundes; in H. E. G.
Paulus Sophronizon, Bd. II, Heft 1 (Frankf. 1820. 8.), S.
31—109. — Interessant ist, mit diesem Vertrag zu ver-
gleichen die „Considérations sur les vrais intérêts de l’Eu-
rope, relativement à la Ste. Alliance“, welche zuerst in St.
Petersburg bekannt gemacht wurden, in der Zeitung „Le
Conservateur impartial“ vom 14. März 1817, nachher auch
in dem Journal de Francfort de 1817, n° 98, und in der
Allgemeinen Zeitung von 1817, Num. 101 u. 110.
b)
Günther’s europ. VR. II. 91 ff. 107 ff. Insbesondere gehören
dahin: Kauf-, Tausch-, Cessions-, Demarcations- und Ter-
ritorialPurificationsVerträge.
c)
Moser’s Versuch, VIII. 55.
a)
SeparatArtikel der utrechter Friedensschlüsse v. 1713. Schmauss
corp. jur. gent. II. 1371. 1401. 1416. 1428. sq. 1465.
b)
Geheime Artikel des Fr. v. Campo-Formio 1797; in de Mar-
tens
recueil, VII. 215. Geheime und SeparatArtikel der Al-
lianzVerträge Preussens mit Ruſsland zu Kalisch am 28. Febr.
1813, und mit Groſsbritannien zu Reichenbach am 14. Jun.
1813; Groſsbritanniens mit Oestreich, Ruſsland und Preussen,
zu Töplitz am 9. Sept. 1813; Oestreichs mit Baiern und Wir-
temberg im J. 1813; in Klüber’s Acten des wiener Congres-
ses, Bd. VII, S. 280—282, Bd. I, Heft 2, S. 89 u. 93. Ge-
heime Artikel des pariser Friedens von 1814, in v. Martens
recueil, Supplém. VIII. préface, p. VI et suiv. Andere Bei-
spiele aus der neuern Zeit, ebendaselbst, Supplém. V. 612.
646. 653. 665.
a)
Bei den Römern auch fraternitates genannt, z. B. von
Caesar, Cicero u. Tacitus. — Schriften von Bündnissen,
in v. Ompteda’s Lit., II. 585—594, u. in v. Kamptz neuer
Lit., §. 245.
b)
z. B. daſs er ohne Einwilligung des Bundesgenossen, mit
andern Mächten sich nicht in Bündnisse einlasse, keinen
Krieg führe, keinen Frieden schliesse, seine Staatsverfas-
sung nicht ändere, u. d. — In einem andern Sinn heiſst
ein Bündniſs ungleich, wenn die darin gegenseitig verspro-
chenen Leistungen nicht von gleichem Werth sind. Henr.
Fagel diss. cit. cap. I. §. 10. — Von der Eintheilung der
Bündnisse in persönliche und dingliche, ebendas. cap. I.
§. 3.—8.
a)
Moser’s Versuch, X. 1. S. 1 ff. Galiani’s Recht der Neu-
tralität, S. 160 ff. Vattel, liv. III, ch. 6. Henr. Hoeufft
diss. de jure quiescendi in bello (Lugd. Bat. 1768. 4.),
§. 22—33. Mémoires sur les alliances entre la France et
la Suède; par M. Rousset. 1745. — Beispiele: Frankreichs
Allianzverträge mit Preussen und Oestreich 1812, und mit
Klüber’s Europ. Völkerr. I. 16
[242]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Dänemark 1813, in v. Martens recueil, Supplém. V. 414—431
u. 589. Russisch-preussischer AllianzVertrag, zu Kalisch u.
Breslau am 28. (16.) Febr. 1813, in Schöll’s histoire des
traités, T. X (Paris 1818), p. 545. Groſsbritanniens Allianz-
Verträge mit Ruſsland und Preussen, zu Reichenbach am
15. u. 14. Jun. 1813, bei v. Martens a. a. O. V. 568 u.
571, und dieser drei Mächte mit Oestreich, zu Töplitz am
9. Sept. 1813, ebendas. V. 596—610. Oestreich-baierischer
AllianzVertrag, zu Ried am 8. Oct. 1813, ebendas. V. 610.
Oestreich-wirtembergischer, zu Fulda am 2. Nov. 1813,
ebendas. 643. AllianzVertrag, geschlossen zu Chaumont am
1. März 1814 auf 25 Jahre, von Oestreich, Ruſsland, Groſs-
britannien und Preussen, in Klüber’s Acten des wiener Con-
gresses, Bd. I, Heft 1, S. 1 ff. Bestätigung dieses Vertrags,
in den zu Wien am 25. März 1815 (Art. 4), und zu Paris
am 20. Nov. 1815 (Art. 3) geschlossenen Verträgen, bei
v. Martens a. a. O. VI. 115. 736. DefensivAllianz zwischen
Oestreich und Neapel v. 12. Jun. 1815. Endlich, die heilige
Allianz (§. 146).
b)
Gerecht, so fern sie bloſs rechtmäsige Kriege bezwecken,
wohin insbesondere auch die gehören, welche zu Ausübung
des PräventionsRechtes (eigentlich eines Vertheidigungsrech-
tes) geschlossen werden.
c)
Pet. Frid. Guil. L. B. de Hohenthal diss. de foederibus
finium. Lips. 1763. 4.
a)
Viele Handels- und Schiffahrtverträge stehen in den Samm-
lungen von Staatsverträgen. Eine eigene Sammlung für Eng-
land ist: A Collection of all the marine treaties between
Great-Britain and other Powers. 1779. 8. Auszüge aus den
von den vereinigten Niederlanden geschlossenen Handelsver-
trägen, in Adr. Kluit historiae federum Belgii federati pri-
mis lineis, T. I. cap. 4. Ein Verzeichniſs der von den vor-
nehmsten europäischen Staaten bis auf das Jahr 1782 er-
richteten Handelsverträge, nebst Angabe ihres wichtigsten
Inhaltes, steht in dem V. Hauptst. v. J. C. W. v. Steck’s
Versuch über Handels- und Schiffahrtsverträge. Halle 1782.
8. Und ein Verzeichniſs von Sammlungen der Handelsver-
träge einzelner Staaten u. von Schriften darüber, in v. Kamptz
neuer Lit., §. 256. — Schriften: Jo. Jac. Mascov diss. de
foederibus commerciorum. Lips. 1735. 4. Mably droit pu-
blic de l’Europe, T. II, ch. 12. Théorie des traités de
commerce, par M. Bouchaud. à Paris 1777. 8. v. Steck’s
angef. Versuch. Ebenders. von den Handlungsverträgen des
russischen Reichs; in s. Versuchen von 1783, S. 61—84.
Ebenders. von den Handelsverträgen der osmanischen Pforte,
[244]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
in s. Versuchen von 1772, S. 86—118. Ebenders. von dem
AssientoVertrag, ebendas. S. 1—13. Ebenders. von dem
Sundzoll, dem odenseeischen Vertrag u. dem brömsebroischen
Friedensschluſs, ebendas. S. 39—48. Ebenders. von den
wechselseitigen Vortheilen der Kronen Groſsbritannien u. Por-
tugal aus ihrem Handlungsvertrag von 1703, in dessen Aus-
führungen (1784), S. 9 ff. Moser’s Versuch, VII. 454 ff. 677.
a)
v. Steck’s Versuch über Handelsverträge, S. 23 ff. De Mar-
tens
essai concernant les armateurs, §. 57. sq. — Als Bei-
spiele s. man den Handelsvertrag zwischen Dänemark und Ge-
[245]II. Cap. Recht der Verträge.
nua, von 1756, bestätigt und berichtigt im J. 1789, in v. Mar-
tens
recueil, IV. 532, und denjenigen zwischen Preussen u.
Dänemark von 1817, ebendas. Supplém. VIII. 527.
a)
Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 598 f. Essais sur divers
sujets relatifs à la navigation et au commerce, pendant la
guerre, par Mr. de Steck. à Berlin 1794. 8.
b)
Vergl. die Convention von 1744, zwischen Groſsbritannien
u. Frankreich, in dem Mercure historique et polit. 1744,
T. I. p. 560.
a)
Das letzte ist bisweilen der Fall bei neuern Verträgen über
denselben Gegenstand; man pflegt darin die ältern Verträge,
so weit sie fernerhin gelten sollen, ausdrücklich zu bestä-
tigen. Hubertsburger Fr. v. 1763, Art. 5 u. 12. Moser’s
Versuch, Th. X, Bd. 2, S. 601 f. Bestätigung des Allianz-
Vertrags von Chaumont, in wiener und pariser Staatsver-
trägen von 1815; man s. oben §. 149 a.
b)
Wie der westphälische, und die breslauer, berliner, dresdner
und hubertsburger Friedensschlüsse bestätigt wurden in dem
teschener Frieden v. 1779, Art. 12, und die Convention zwi-
schen Oestreich, Kurpfalz und Zweibrücken, ebendas. Art. 7.
De Martens recueil, II. 5. 6.
c)
Also nicht auch für die Garants des letzten. Wenigstens
schränkt sich dann ihre Garantie ein, auf die bedungene
Anerkennung des ältern Vertrags durch die Contrahenten
des neuern. Hierauf beruht die Streitfrage: ob Ruſsland
[248]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
durch seine Garantie des teschener Friedens auch (allgemeiner)
Garant des westphälischen geworden sey? v. Kamptz neue Lit.
des VR., S. 81 f.
a)
Am gewöhnlichsten ist die Erneuerung bei SubsidienTrac-
taten. — Oft werden verwechselt, Bestätigung (§. 153),
Erneuerung und Wiederherstellung eines Vertrags. Wald-
ner
diss. ad §. seq. cit. cap. 12. p. 124. Bisweilen werden
in Praxi die beiden ersten, oder auch alle drei, wenigstens
den Worten nach mit einander verbunden, um allen Zwei-
feln vorzubeugen. Hubertsburger Fr. 1763, Art. 5 u. 12.
Aachner Fr. 1748, Art. 3.
b)
Ob in diesem Fall auch die vorige Zeitbestimmung für er-
neuert zu achten sey? Vattel, liv. II, ch. 13, §. 199.
c)
Aus der Erneuerung einzelner Stipulationen, läſst sich, wenn
diese für sich allein bestehen können, noch nicht schliessen
auf Erneuerung des ganzen Vertrags.
d)
G. F. v. Martens über die Erneuerung der Verträge in
den Friedensschlüssen der europ. Mächte; eine Einladungs-
schrift. Gött. 1797. 8. Ebendess. recueil, Supplém. V. 681.
a)
Vattel, liv. II, ch. 16, §. 235—261. F. L. Waldner
de Freundstein diss. de firmamentis conventionum publica-
rum. Giessae 1709 (1701). rec. ib. 1753. 4. C. F. Woller
diss. de modis, qui pactionibus publicis firmandis proprii
sunt, scil. de guarantia pacis et obsidibus. Vindob. 1775. 4.
b)
Im J. 1777, wo in der Hauptkirche zu Solothurn das Bünd-
niſs zwischen Frankreich und der Schweiz, vom 28. Mai
1777, von beiden Theilen beschworen ward. Moser’s Ver-
such, VIII. 287 f. Beschworen wurden auch: von Franz I.
sein mit Carl V. 1526 zu Madrid geschlossener Vertrag, der
Fr. v. Cambray 1529, Art. 46; der Fr. v. Château-Cambresis
1559. Art. 24; der münsterische Friede, geschlossen 1648
zwischen Spanien und den Vereinigten Niederlanden; der
pyrenäische Fr. 1659, Art. 124; der aachner, zwischen Frank-
reich und Spanien, 1668; der ryswiker Fr. zwischen Frank-
reich und Spanien, 1697, Art. 38. Vergl. Grotius lib. II.
c. 13. Franc. Fagel diss. de guarantia foederum, c. 2.
Leonh. Hoffmann diss. de conservatione foederis jurejurando
firmati. Jen. 1720. 4. Waldner diss. cit. c. 7. p. 73. —
Manche katholische Regenten erlangten Lossprechung von
dem Eid, wodurch sie Staatsverträge bekräftigt hatten; z. B.
Ferdinand der Katholische von Papst Julius II. (Rousset Sup-
plément, T. III. P. 1. p. 17.); Franz I. von Leo X. und
Clemens VII. (Négociations secrètes touchant la paix de
[251]II. Cap. Recht der Verträge.
Munster, T. I. p. 20. Glafey’s Vernunft- u. Völkerrecht,
S. 466); Heinrich II. von dem päpstl. Legaten Caraffa (Vat-
tel
L. II, ch. 15, §. 223). Dieser Miſsbrauch veranlaſste
in manchen Verträgen die Clausel: „daſs der Promittent Re-
„laxation von seinem Eid, weder selbst noch durch einen
„Andern suchen, noch die ihm angebotene annehmen wolle“.
Beispiele in Schmauss C. J. G. 1165. Lamberty, I. 571. Rous-
set
intérêts et prétentions, II. 13. 23. Faber’s StaatsCanzley,
XC. 215.
c)
Beispiele liefern noch, die Friedensschlüsse von Arras, zwi-
schen Maximilian I. u. Ludwig XI. 1482; von Senlis, zwi-
schen Max. I. u. Carl VIII. 1493; von Orleans, zwischen Lud-
wig XII. u. England 1514. Vergl. auch Fagel, l. c. p. 26. sqq.
(Neyron) Essai sur les garanties, p. 100.
d)
An ihrer Stelle, wählte man dritte Mächte zu Conserva-
toren. Daher der Ursprung der heutigen Garantieen, von
welchen der Tractat von Blois 1505 das erste Beispiel lie-
fert. Du Mont corps dipl. T. IV. P. 1. p. 74. Franc. Fa-
gel
l. c. p. 29. sq. v. Steck’s Versuche (von 1772), Num. 5,
S. 48 ff.
e)
Noch Carl V. u. Franz I. suchten den Frieden von Cambray
1529, Art. 46, dadurch zu verstärken; obgleich die Päpste
Bonifacius VIII. u. IX. 1302 u. 1390 diese Verpflichtungsart
verboten hatten. De Gudenus cod. dipl. T. V. p. 336.
f)
Von diesen und andern ehemaligen Verpflichtungsarten,
s. J. L. Klüber comm. de pictura contumeliosa (Erlang.
1787. 4.), §. 6. Mémoires sur l’ancienne chevalerie, par
M. de la Curne de Sainte-Palaye, T. I, p. 382. et suiv.
a)
Vattel, liv. II, ch. 16, §. 241—243.
b)
N. H. Gundling de jure oppignorati territorii; in s. Exercit.
acad. Vol. I. p. 31. sq. — Beispiele, besonders aus der Ge-
schichte der Vereinigten Niederlande. Günther’s Völkerrecht,
II. 153. Franc. Fagel diss. cit. cap. 3. p. 16. sq. Durch
den pariser Vertrag v. 8. Sept. 1808, räumte Preussen an
Frankreich den pfandweisen Besitz der drei Oder Festungen,
Stettin, Cüstrin u. Glogau ein, bis zu Bezahlung der 140
Mill. Fr. KriegsContribution. Büsch Welthändel, mit Bre-
dow
’s Fortsetz. S. 134. — Auch bewegliche Sachen haben
bisweilen als Faustpfand gedient, z. B. Polen versetzte einst
an Preussen eine Krone u. a. Kleinode.
c)
Beispiele bei Günther, II. 154. Vattel, l. c. §. 244.
Schmauss C. J. G. II. 1140. art. V. 1150. art. III.
d)
Schriften in v. Ompteda’s Lit., II. 646 f. u. in v. Kamptz
n. Lit., S. 276 f. — Vattel, liv. II, ch. 16, §. 311—324.
Franc. Fagel diss. cit. cap. IV. p. 17. sqq. Waldner diss.
[253]II. Cap. Recht der Verträge.
cit. c. 8. p. 89. Moser’s Versuch, Th. IX, Bd. 2, S. 457.
Wächter diss. cit. §. 94. Woller diss. cit.
e)
v. Martens Einl. in d. europ. VR. §. 291, Note b. Vattel,
l. c. §. 248.
f)
Aachner Fr. v. 1748, Art. 9. Wenck cod. jur. gent. II. 352.
g)
Scipio bei Livius, XXVIII. 34. Grotius, lib. II. c. 15. §. 7.
c. 21. §. 55. C. H. Breuning diss. de fuga obsidum. Lips.
1766. 4. De Steck observatt. subsecivae, c. 22. Vattel,
§. 247. Fagel l. c. §. 9. p. 22.
a)
Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 594 f. in v. Kamptz n.
Lit., §. 249 u. 328; u. in Klüber’s neuer Lit. des t. Staatsr.
§. 1667. — Vattel, liv. II, ch. 16, §. 235. sqq. Moser’s
Versuch, VIII. 335 ff. Franc. Fagel diss. de garantia foe-
derum (Lugd. Bat. 1759. 4.), p. 29. sqq. Woller diss. cit.
(oben §. 155). Essai historique et politique sur les garanties
(par P. J. Neyron). à Goett. 1777. 8. H. G. Scheidemantel,
die Garantie nach Vernunft und teutschen Reichsgesetzen.
Jena 1782. 8. u. in dessen Ausgabe des Repertoriums des
teutschen Staats- und Lehnrechtes, Bd. II, S. 156—166.
C. D. Erhard pr. de sponsoribus juris gentium. Lips. 1787. 4.
(Vergl. jedoch Klüber’s kl. jurist. Biblioth., St. XV, S. 293.)
b)
Wird überhaupt gegen Rechtsverletzung Hülfe versprochen,
so ist der Vertrag ein Bündniſs. Fagel diss. cit. cap. 7.
§. 5. p. 34. — In dem weitern Sinn, heiſst Garantie jeder
Vertrag, dessen Zweck Sicherung eines andern Vertrags ist.
Eine Musterung der verschiedenen Definitionen der Garantie
in dem engern Sinn, liefert Erhard a. a. O. Alle scheinen
mangelhaft.
c)
Von Garantie der Verträge über Religionsrechte, v. Steck’s
Abhandlungen aus dem teutschen Staatsrecht, Num. 7. Eben-
dess.
Observationes subsecivae, obs. 8.
d)
Von Garantirung der Länder, Moser’s Versuch, V. 455 ff.
und Beispiele in Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. I,
Heft 1, S. 96, Heft 2, S. 90, 93 u. 95, Bd. V, S. 545 f.,
Bd. II, S. 281. — Etlichemal war die politische Existenz
[255]II. Cap. Recht der Verträge.
oder die Souverainetät und Unabhängigkeit eines Staates, Ge-
genstand der Garantie. Beispiele in Klüber’s angef. Acten,
Bd. IV, S. 429 u. 436, Bd. VI, S. 577, und in Ebendess.
Uebersicht der diplomat. Verhandlungen des wiener Congres-
ses, S. 551. — Von Garantirung streitiger Länder, ebendas.
V. 458. — Auch Staatsformen oder Constitutionen (§. 51,
Note c), Successionsrechte, Darlehen, u. d. werden bis-
weilen garantirt. Ruſsland garantirte 1776 ein polnisches
Anlehn von 500,000 Ducaten. Oestreich lieſs sich seine
pragmatische Sanction (SuccessionsStatut) von 1713 garan-
tiren, von Spanien in dem wiener Fr. 1725, Art. 12, von
Frankreich in dem wiener Fr. 1738, Art. 10, und von dem
teutschen Reich 1732. Pachner’s v. Eggenstorff Samml. der
Reichsschlüsse, Th. IV, S. 368 ff. Spanien lieſs sich seine
SuccessionsOrdnung garantiren von Oestreich, in dem wiener
Fr. 1725, Art. 12.
e)
H. de Cocceji exercitatt. T. II. n. 31. p. 597. Moser’s Ver-
such, Th. X, Bd. 2, S. 552—600. Ueber FriedensGaran-
tien, in v. Archenholz Minerva, Febr. 1812, S. 265—275.
— Schriften von der Garantie des westphäl. Fr. 1648, bei
v. Ompteda II. 619 f. Pütter’s Lit. des t. Staatsr. III. 90
u. 866. Klüber’s neue Lit. §. 1660. u. v. Martens Einleit.
in das europ. VR. §. 57, Note e.
f)
Beispiele, in dem teschener Fr. 1779, Art. 8, (de Martens
recueil, II. 5.) und in dem aachner 1748, Art. 22. Faber’s
europ. StaatsCanzley, Th. 99, S. 277. In dem haager Con-
cert von 1659, Art. 5, versprachen Frankreich, Groſsbri-
tannien, und die Vereinigten Niederlande einander Garantie
eines Friedens, den sie zwischen Schweden und Dänemark
vermitteln wollten. Du Mont corps dipl. T. VI. P. 2. p. 253.
a)
Der GarantieVertrag kann dem Hauptvertrag selbst ein-
gerückt seyn, wie in dem teschener Fr. 1779, Art. 7, 8,
9 u. 16, und die GarantieErklärung am Schluſs. Es kann
aber auch eine eigene GarantieUrkunde ausgefertigt werden,
wie von dem teutschen Kaiser und Reich 1751, wegen Ga-
rantie des dresdner Friedens v. 1745. Gerstlacher’s Handb.
der teutschen Reichsgesetze, I. 190 f. Auch zu dem teschener
Frieden kam noch eine eigene GarantieUrkunde. De Mar-
tens
recueil, II. 26. Die Friedensschlüsse zwischen dem teut-
schen Reich und Frankreich, zu Nimwegen 1679, Art. 34,
und zu Ryswick 1697, Art. 54, laden alle andern Mächte
ein, deren Garantie zu übernehmen.
b)
In dem aachner Fr. 1748, Art. 23, garantirten alle acht
contrahirenden Mächte einander den Friedensvertrag. In
dem Fr. v. Oliva 1660, Art. 30, garantirten „partes pa-
ciscentes omnes, tam principales quam foederatae“, einander
den Friedensschluſs. Du Mont corps dipl. T. VI. P. 2. p. 308.
Eben so in dem westphäl. Fr. 1648; J. P. O. art. 17. §. 5. sq.
c)
Wechselseitig zwischen Preussen u. Oestreich, in dem dres-
dener Fr. 1745, Art. 8. Wechselseitige Garantie der beider-
seitigen Staaten, und der Staaten der in dem Frieden mit-
begriffenen Mächte, in dem französisch-russischen Fr. v. Tilsit
1807, Art. 25. Einseitige Garantie Frankreichs, in Hinsicht
auf die Integrität der östreichischen Staaten, in dem wiener
Fr. 1809, Art. 14. Andere Beispiele bei Scheidemantel a. a. O.
§. 3. n. 4.
d)
Moser’s Versuch, V. 458.
a)
Moser’s Versuch, V. 457.
b)
Moser’s Versuch, V. 456.
c)
Moser’s Versuch, V. 462.
d)
Moser’s Versuch, V. 459. — Der Garant ist schuldig, alle
angemessenen Mittel anzuwenden, um den seine Pflicht hint-
ansetzenden Contrahenten zu Erfüllung des Vertrags zu ver-
anlassen, und selbst zu nöthigen.
e)
Strube’s rechtl. Bedenken, Th. I, Bed. 127. Fagel diss.
cit. c. 7. §. 5.
f)
Vattel, liv. II, ch. 16, §. 238.
g)
Vattel, liv. II, ch. 16, §. 240. Henr. Fagel diss. cit. c. 7.
§. 8. sqq. — Cautelen, in Absicht auf die Art der Hülf-
leistung, bei Uebernehmung der Garantie, enthält in dieser
Hinsicht, der Beitritt der Vereinigten Niederlande zu der
östreichischen pragmatischen Sanction, in Rousset’s recueil
historique, T. VI, p. 442—452. Auch der westphäl. Fr.
1648, J. P. O. art. 17. §. 6., u. der olivische Fr. 1660,
Art. 35, §. 2. Ein Formular mit nützlichen Cautelen, liefert
Ulr. Obrecht in s. Dissertatt. acad., Diss. VII. c. 6.
h)
Moser’s Versuch, V. 460. Henr. Fagel l. c. c. 7. §. 15. sq. —
Diejenige Garantie, welche eine DefensivAllianz bezweckt
(Beispiele in Schmauss C. J. G. II. 1013, Art. 4. Schmauss
Staatswissensch. I. 109. Art. 2), erklärt für wiederruflich, nach
Willkühr des Promittenten, Wächter diss. cit. §. 95.
i)
Fagel diss. cit. c. 7. §. 14.
a)
Moser’s Versuch, VIII. 422 f. u. Th. X, Bd. 2, S. 310.
Institutions politiques, par le B. de Bielfeld, T. II, p. 152.
b)
Französisch-preussischer Fr. zu Basel 1795, Art. 11, in
de Martens recueil, VI. 498.
c)
Russische Erklärung an Frankreich 1742, bei Moser a. a. O.
d)
G. S. Treuer diss. de prudentia circa officium pacificatoris
inter gentes. Lips. 1727. 4. Heinichen über Friedens Ver-
mittlungen; in der Minerva, Oct. 1813, S. 1—12. De Steck
sur la médiation d’honneur; in s. Essais sur plusieurs ma-
tières, n° 1. Die bewaffnete Vermittlung; in Vogt’s Staats-
Relationen, Bd. V, Heft I (Frankf. 1805), Num. I. Moser’s
Versuch, VIII. 421 ff. u. Th. X. Bd. 2, S. 310. Bielfeld
a. a. O. v. Ompteda’s Lit. II. 667. v. Kamptz neue Lit., §. 326.
e)
Man sehe z. B. den Vertrag zwischen Frankreich und Oest-
reich, betr. die Friedensvermittlung, geschlossen zu Dresden
am 30. Jun. 1813; in v. Martens recueil, Supplém. V. 586.
f)
Fagel diss. cit. cap. 7. §. 4. — Doch kann die Garantie
auch von einer vermittelnden Macht versprochen werden,
wie in dem teschener Fr. 1779, Art. 8, und am Schluſs die
GarantieErklärung. Vertrag zwischen Kurpfalz u. Kursachsen
zu Teschen, v. 1779, Art. 5. De Martens recueil, II. 5. 8. 18.
a)
(J. C. W. v. Steck’s) Ausführungen polit. und rechtl. Ma-
terien, Num. 2, S. 49—56. Moser’s Versuch, VIII. 306 ff.
X. 2. 416. SeparatArtikel des teschener Fr. 1779, wodurch
Kursachsen in den Frieden als contrahirender Theil auf-
genommen wird, in v. Martens recueil, II. 9.
b)
AccessionsUrkunden Spaniens, Siciliens, u. Sardiniens zu
dem wiener Fr. v. 1738, in Wenck’s cod. jur. gent. I. 50.
149. 157. 165. AccessionsUrkunden zu dem aachner Fr. 1748,
ebendas. II. 323. 326. 327. 329. 376. 382. 386. 390. 398. 404.
Accessions- u. AcceptationsActen zu d. teschener Frieden 1779,
in v. Martens recueil, II. 14. 20. 23. 24. 27. BeitrittUrkunden
d. teutschen Reichs zu d. teschener Fr. v. 1779, in Gerstlacher’s
Handb. der t. Reichsgesetze, I. 208 ff. AccessionsActen ver-
schiedener Fürsten zu dem rhein. Bund, von 1806 — 1808.
De Martens l. c. Supplém. IV. 387 et suiv. Kluber’s Staatsr.
d. Rheinbundes, §. 33. b. Wirtembergs u. Badens Beitritt zu
d. teutschen Bund, 1815, De Martens l. c. VI. 368. Aeltere
Beispiele, in Du Mont’s corps dipl. univ. T. VIII. P. 1. p. 539.
u. Rousset’s recueil, T. I. p. 212. 213.
c)
Diese Art des Beitritts hält Mably (droit publ. de l’Europe,
III. 164) für blosses Spiegelgefecht u. eitle Illusion. So auch
v. Steck S. 55.
d)
Beispiele in dem zweiten Theilungsvertrag über die spa-
nische Monarchie v. 25. März 1700, in der londner Qua-
drupleAllianz v. 1718, 2. SeparatArt., und deren Erfolg.
v. Steck a. a. O. S. 51 f. Vergl. auch die aachner Friedens-
Präliminarien v. 1748, Art. 22, in Moser’s Versuch, Th. X.
Bd. 2, S. 88.
a)
v. Steck a. a. O. 45—49. Moser’s Grunds. des europ.
Völkerr. in Friedenszeiten, S. 555. Ebendess. Versuch,
X. 2. 416 ff.
b)
Presburger Fr. 1805, Art. 6. Tilsiter Fr. 1807, der rus-
sische, Art. 17, der preussische, Art. 5. Wiener Fr. 1809,
Art. 2.
c)
Hubertsburger Fr. 1763, Art. 2, u. die dazu gehörige Se-
paratActe, in de Martens recueil, I. 68. sqq.
d)
Ob u. wiefern die dritte Macht hieraus ein Recht erlange?
Ob und wiefern ein Contrahent, oder beide, diese Ein-
schliessung wiederrufen könne? Grotius lib. II. c. 11. §. 18.
Pufendorf de J. N. et G. lib. III. c. 9. §. 8. De Mably
droit public de l’Europe, T. III, p. 367. E. F. Klein’s
Grundsätze d. natürlichen Rechtswissenschaft, §. 193. Höpf-
ner
’s Naturrecht, §. 72. Frid. Lang diss. de nonnullis sun
damentis obligationum ex pacto tertii quaesitarum. Goett.
1798.
e)
Protestationen wider den aachner Fr. 1748, in Wenck’s
cod. jur. gent. II. 321. 416. 419. 421. 422. Moser’s Versuch,
X. 2. 448 ff. — ProtestationsBulle des Papst Innocenz X.
von 1651, wider den westphäl. Fr. 1648. Bougeant histoire
du traité de Westphalie, T. VI. p. 413. Herm. Conring ani-
madversio in bullam Innocentii X. etc. Helmst. edit. 2. 1677.
Vergl. auch Moser’s Versuch, VIII. 320 ff. und Klüber’s Ueber-
sicht der diplomat. Verhandlungen des wiener Congresses,
S. 468 ff. u. 483 ff. Von andern päpstlichen Protestationen
wider Staatsverträge, seit 1707, ebendas. S. 480. Päpstliche
Protestation wider etliche Stipulationen des wiener Congres-
ses, ebendas. S. 479 ff. und Klüber’s Acten des wiener Con-
gresses, Bd. IV, S. 312, 319 ff., 325, u. Bd. VI, S. 437 u.
441. — Spaniens Protestation wider etliche Stipulationen
des wiener Congresses, ebendas. Bd. VI, S. 208, u. Bd. VII,
S. 446. — Protestation der provisorischen Regierung von
Genua, wider die Vereinigung dieses Staates mit Piemont,
ebendas. Bd. VII, S. 420 u. 433.
a)
Moser’s Versuch des europ. VR., VIII. 323 ff.
b)
Ihre Anwendung auf Völkerverträge, zeigt ausführlich Vat-
tel
, droit des gens, liv. II, ch. 17, §. 262 — 415. (E. A.
Haus) Versuch über die ersten Grundsätze der Interpretation
staats- und völkerrechtlicher Normen; in Crome’s u. Jaup’s
Germanien, Bd. II, Heft 2 (Giessen 1809. 8.), S. 161 — 214.
Schmalz a. a. O., S. 56 ff.
a)
C. H. Breuning diss. de caussis juste soluti foederis ex jure
gentium. Lips. 1762. 4. Car. Eberh. Wächter diss. de mo-
dis tollendi pacta inter gentes. Stuttg. 1779. 4. Leonh.
Dresch über die Dauer der Völkerverträge. Landsh. 1808. 8.
C. W. v. Tröltsch, Versuch einer Entwickel. der Grund-
sätze, nach welchen die rechtliche Fortdauer der Völker-
verträge zu beurtheilen ist. Landsh. 1809. 8. — Ob Wie-
dereinsetzung
in den vorigen Stand, wider einen Staatsver-
trag statt habe? s. J. H. Boecler diss. de restitutione in in-
tegrum inter gentes. Argent. 1712. 4.
b)
Ausdrücklich geschieht dieses bisweilen in späteren Verträ-
gen. Moser’s Versuch, Th. X, Bd. 1, S. 603. Wächter
l. c. §. 71. sq. — In dem pariser Frieden von 1814, wur-
den die östreichisch-französischen Friedensschlüsse von Pres-
burg (1805) und Wien (1809), und die preussisch-fran-
zösischen von Basel (1795) und Tilsit (1807), für aufgeho-
ben erklärt. Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. I,
Heft 1, S. 26 u. 32. — Aufhebungen dieser Art haben, im
Zweifel, keine rückwirkende, weder vernichtende noch än-
dernde, Kraft für Rechtsverhältnisse, die in einer Erfüllung
der durch den nun aufgehobenen Vertrag festgesetzten Ver-
bindlichkeiten ihren Grund haben.
c)
Ob Völkerverträge an sich schon wiederruflich sind? — Die
meisten halten sie, im Zweifel, für eben so unwiederruflich,
als Privatverträge. Justa imperia sunto. Andere halten sie
für wiederruflich, nach einseitiger Convenienz; entweder
schlechthin (Wicquefort, l’Ambassadeur et ses fonctions,
Liv. II. Sect. 12. p. 126. Ein Recensent in der Leipz. neuen
Lit. Zeit. 1810, Num. 17), oder mit gewissen Einschrän-
kungen, in deren Bestimmung sie aber sehr von einander,
und zum Theil von sich selbst (wie Neyron), abweichen,
z. B. P. J. Neyron diss. de vi foederum inter gentes. Goett.
1778. 4. Ebendess. principes du droit des gens, §. 210. sqq.
Wächter l. c. §. 28. sq. 80—85. 88. Dresch a. a. O. §. 44 ff.
v. Tröltsch a. a. O. Dictionnaire universel des sciences, T. III.
p. 406. Encyclopédie méthodique; Economie politique et Di-
plomatique, T. IV, p. 355.
d)
Vattel, liv. II, ch. 13, §. 198. Wächter l. c. §. 68. —
Die ehemaligen AssientoVerträge Spaniens mit Portugal, Frank-
reich, und England, waren immer auf eine bestimmte Zahl
von Jahren eingeschränkt. Fr. v. Aachen 1748, Art. 16. Rous-
set
recueil d’actes, négociations et traités, T. XX, p. 201.
Schmauss corp. jur. gent. II. 1295. 1421. 1490. Wenck cod.
jur. gent., II. 357. 464. v. Steck’s Versuche, von 1772, S. 1—13.
e)
Vergl. §. 144. Fagel diss. cit. c. 4. §. 10. p. 70. Schmalz a. a. O.,
S. 64—68. Bignon du congrès de Troppau, ch. V. — Für eine
solche Unmöglichkeit kann blosse Erschwerung der Leistung
nicht gelten; doch berechtigt sie zu Schadenersatz gegen den,
welcher die Erschwerung widerrechtlich veranlaſst hat. — Ins-
besondere gehört hieher, die oben (§. 144, Note b) schon
erwähnte wahre Collision mehrerer Verträge. Beispiele: 1) Ein
Staat hat verschiedene Kriegsbündnisse mit mehreren Staaten.
Diese gerathen alle in Krieg, muſs er ihnen Allen die ver-
sprochene Kriegshülfe leisten, wenn sie Krieg führen, a) mit
andern Staaten? b) unter sich? Grotius lib. II. c. 15. §. 13.
Henr. Cocceji Grotius illustrat. in not. ad h. l. ibique Sam.
Cocceji. Vattel, liv. II, ch. 12, §. 166. Henr. Fagel diss.
cit. c. 4. §. 12. 13. p. 72. 2) Drei Staaten schliessen unter
sich ein DefensivBündniſs, eine TripleAllianz, zwei davon
gerathen mit einander in Krieg, wie soll der dritte sich ver-
halten? Vattel, liv. III, ch. 6, §. 93.
a)
Vattel, liv. 2, ch. 17, §. 296. Henr. Cocceji diss. de
clausula rebus sic stantibus; in dessen Exercit. curios. T. II.
n. 15. Wächter diss. cit. §. 59—65. J. E. Eberhard’s Bey-
träge zur Erläuter. der teutschen Rechte, Th. I, Abh. 1,
§. 5 ff., S. 8 ff. — Anders J. Wolfg. Kipping de tacita clau-
sula rebus sic stantibus ad publicas conventiones non per-
tinente. Helmst. 1739. 8. — Hieher gehört, die Fortdauer
der unabhängigen Selbstständigkeit beider Theile (Henr. Fa-
gel
diss. cit. cap. 4. §. 3. p. 62.); desgleichen, das Daseyn
einer bestimmten Staatsform, oder eines Regenten aus einer
bestimmten Familie (§. 145); bei SubsidienTractaten, daſs
der versprechende Theil der Hülfsmittel nicht zur Selbst-
vertheidigung bedürfe, Wächter diss. cit. §. 86. — Auch
gehört hieher, die Fortdauer vorausgesetzter friedlicher Ver-
hältnisse zwischen beiden Theilen; weſshalb nach einem da-
zwischen gekommenen Krieg, Erneuerung der vorigen Bünd-
nisse nöthig und üblich ist, wenn sie von neuem gelten sol-
len. Ohne jene Voraussetzung, zerfallen die frühern Ver-
träge durch den Krieg nicht von selbst, sondern das Recht
der Aufkündigung der Verträge steht einem kriegführenden
[268]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
Theil nur so weit zu, als dieses sein rechtmäsiger Zweck
des Kriegs fordert. Da indeſs die Anwendung dieser Sätze
unter unabhängigen Staaten eigene Schwierigkeiten hat, so
ist das sicherste, in dem Friedensschluſs bestimmt zu erklären,
welche von den frühern Verträgen noch oder wieder gelten
sollen, und wie weit (hubertsburger Fr. 1763, Art. 5 u. 12),
oder über die Gegenstände derselben neue Verträge zu errich-
ten. — Von diesen Streitfragen: ob und wie weit Verträge
durch den Krieg aufgehoben, oder suspendirt werden? ob und
wie weit sie nach eingetretenem Frieden einer Erneuerung be-
dürfen? handeln: Cicero de officiis, I. 10. Schröder elem. jur.
nat. §. 1130. Wächter diss. cit. §. 53 — 58. J. J. Moser’s
vermischte Abhandlungen, Num. 1. P. C. A. Leopold comm.
de effectu novi belli quoad vim obligandi pristinarum paci-
ficationum. Helmst. 1792. 4. v. Martens in der oben (§. 154)
angef. Abhandl., Dresch u. v. Tröltsch in den oben (§. 164)
angef. Abhandlungen, u. Schmalz a. a. O., S. 69. Vergl.
auch unten, das Cap. von dem Kriegsrecht, §. 250, u. oben
§. 152. — KriegsContributionsVerträge und Capitulationen
hören mit dem dabei vorausgesetzten Kriegsstand auf ver-
bindlich zu seyn. Wächter §. 90.
b)
Pufendorf de J. N. et G. lib. V. cap. 12. §. 20. Adolph
Diet. Weber von der natürl. Verbindlichkeit, Abh. 3, §. 90.
K. H. Gros Lehrbuch der philosoph. Rechtswissenschaft, §. 216.
c)
Von dieser streitigen Materie s. Schriften in v. Kamptz neuer
Lit., §. 251. Grotius de J. B. et P. lib. II. c. 15. §. 15.
Schrodt system. juris gent. p. 167. sqq. Henr. Fagel diss.
cit. cap. 4. §. 17—20. p. 68. Wächter diss. cit. §. 44—58.
Höpfner’s Naturrecht, §. 112. Gros a. a. O. §. 208. Note
des Cardinals StaatsSecretärs Consalvi auf dem wiener Con-
greſs, vom 14. Jun. 1815, in Klüber’s Acten des wiener Con-
gresses, Bd. IV, S. 321 ff. Erklärung der acht Mächte, wel-
che den pariser Frieden von 1814 unterzeichnet haben, wider
Napoleon Buonaparte, nach seiner Entweichung von der Insel
Elba, datirt aus Wien vom 13. März 1815, ebendas. Bd. I,
Heft 1, S. 51, und die Schriften in v. Kamptz neuer Lit.
des Völkerr., §. 251. — Daſs Verträge keine Verbindlich-
keit mehr haben, wenn der eine Theil es nicht mehr will,
und der andere noch nichts geleistet hat, oder für das
Geleistete Ersatz erhält, behauptet Fichte, in s. Beyträgen
[269]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
zur Berichtigung der Urtheile des Publicums über die fran-
zösische Revolution (1794. 8.), und in der Fortsetzung dieser
Beyträge; auch Schmalz in s. europ. Völkerrecht, S. 49
u. 64. Dawider s. J. G. E. Maass über Rechte und Ver-
bindlichkeiten überhaupt, und die bürgerlichen insbesondere.
Halle 1794. 8.
a)
Die, welche so genannte gute Dienste leisten, sind in der
Regel bloſs zu Beförderung der Eröffnung der Unterhand-
lungen, oft nur von einem Theil, und die Vermittler (Me-
diateurs) nur zu Einleitung und Unterstützung der Unter-
handlungen, von beiden Theilen autorisirt (§. 160).
b)
Im J. 1659 auf der Fasanen- oder ConferenzInsel (§. 105 b).
So auch bei manchen Grenzverhandlungen.
a)
Vergl. Phil. Honorii thesaurus politicus. Francof. 1617 u.
1618. 4. Le secret des cours, par Franc. Walsingham.
Maximes importantes pour un homme public; in den Lettres
choisies de Messieurs de l’acad. françoise, p. 314. sqq. Mo-
dèles de conversations pour les personnes polies, par l’abbé
Bellegarde, p. 11. Breviarium politicorum, secundum ru-
bricas Mazarinicas. Colon. Agrip. 1684. Vermehrt, mit dem
Zusatz auf dem Titel: seu Arcana politica Cardinalis Jul.
Mazarini. Amstelod. 1721. 12. Auch teutsch unter dem
Titel: Politisches Brevier, nach den Rubriken des Mazarin.
Leipz. 1801. 12. und mit folgendem, umgedrucktem Titel:
Die Kunst durch die Welt zu kommen. Ein Taschenbuch.
(Ohne Druckort u. Jahrzahl.)
b)
Le parfait Ambassadeur; composé en espagnol, par Don Ant.
de Vera et de Cunniga, et traduit en françois par le SrLan-
[272]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
celot. à Paris 1635. 4. (en Hollande) 1642. 12. à Leide
1709. P. I et II. petit in-8°. De la manière de négocier
avec les Souverains; par M. de Callières. à Paris 1716. 8.
à Amsterd. 1717. 12. Nouvelle édition considérablement
augmentée par Mr..... Partie I. et II. à Londres (Paris)
1750. 8. ib. 1757. 12. à Ryswik 1777. 8. Uebersetzt in das
Englische, Italiänische, u. Teutsche, in das letzte zweimal,
unter dem Titel: Der staatserfahrene Abgesandte. Leipz.
1712. 12. und unter dem Titel: Kluger Minister u. geschick-
ter Gesandten Staatsschule. Leipz. 1717. 8. Jaques de la
Sarraz du Franquesnay, le Ministre public dans les cours
étrangères, ses fonctions et ses prérogatives. à Amsterd.
1731. 12. ib. 1742. 12. De l’art de négocier avec les Sou-
verains; par M. Pecquet. à Paris 1737. 8. à la Haye 1738. 8.
The compleat Ambassador. Lond. 1755. 8. (Herausgegeben
von Dudly Digges; stellt als Muster dar, den englischen
StaatsSecretär und Gesandten Franz Walsingham.) Principes
des négociations; par l’abbé de Mably. à la Haye 1757. 8.
Steht auch als Introduction in des Verf. Droit public de
l’Europe, in der Ausgabe von 1761, und in allen folgenden,
in derjenigen von 1773 als dritter Theil. La manière d’étu-
dier l’histoire, par l’abbé de Mably. Nouv. édit. à Mastricht
et Paris 1778. 12. Teutsch, Bern 1777. 8. Encyclopédie
méthodique; Economie polit. et Diplomatique, T. III. art.
négociation, p. 406—413. Die politische Unterhandlungs-
kunst oder Anweisung mit Fürsten und Republiken zu un-
terhandeln. Leipz. 1811. 8.
a)
Minister, in dem weitern Sinn, bezeichnet einen Gesandten
von jeder Classe. Sarraz du Franquesnay a. a. O. liv. I,
ch. 9. — Nach Einigen, verstand man wenigstens ehehin
unter Gesandten im engern Sinn, Gesandte vom ersten Rang,
unter Abgesandten Gesandte vom zweiten und dritten Rang.
F. C. Moser’s Versuch einer StaatsGrammatik (1749. 8.),
S. 255 f. J. Th. Roth’s Archiv für das Völkerrecht, Heft I,
S. 88 ff. Nach Andern hiessen Abgesandte die Gesandten
vom ersten Rang. Gutschmid diss. de praerogativa ordinis
inter legatos, §. 26. not. z. Moser’s teutsches Staatsrecht,
Th. 45, S. 254 f. — Der römisch-kaiserliche Hof erinnerte
1726 gegen das Creditiv des französischen Gesandten bei der
teutschen Reichsversammlung, daſs er darin schlechtweg
Ministre, nicht Ministre plénipotentiaire, charakterisirt sey.
Montgon mémoires, T. III. p. 157.
b)
Schriften von dem Gesandschaftrecht: Alberici Gentilis de
legationibus libri III. Londini 1583 u. 1585. 4. Hanov.
1594 (oder 1596) und 1607. 4. ib. 1612. 8. L’ambassadeur
et ses fonctions, par M. (Abraham) de Wicquefort. à la
Haye 1680 et 1681. P. I et II. 4. ibid. 1682. 2 vol. in 4.
à Cologne P. I. 1690. P. II. 1689. (der zweite Theil früher
als der erste) in 4., wo beigefügt sind (des Spaniers Ferd.
de Galardi) Réflexions sur les Mémoires pour les ambas-
sadeurs, und Wicquefort’s Discours historique de l’élection
de l’Empereur et des Électeurs de l’Empire. Neue Auflagen,
à Cologne 1715, 2 vol. in 4., verm. mit e. franz. Ueber-
setzung von Bynkershoer’s Abhandlung de foro legatorum,
von Joh. Barbeyrac. T. I et II. à la Haye 1724. 4. à Am-
sterd. 1730. 4. ibid. 1741. 4. 1746. 4. Eine teutsche Ueber-
setzung von J. L. Sauter. Leipz. 1682. 4. Eine englische
von Digpy. Lond. 1740. Fol. — Justini Presbeutae (Henr.
Henniges) discursus de jure legationum statuum imperii.
Eleutheropoli 1701. 8. (Enthält auch vorzüglich allgemeine
Grundsätze. Von dem Inhalt s. Obss. select. Halens. T. II.
obs. 17. p. 400 — 417.) Traité des ambassades et des am-
bassadeurs. 1726. Les droits des Ambassadeurs et des autres
Ministres publics les plus éminents; par Jean Gottl. Uhlich.
à Leipsic (1731.) 4. Jo. Gottl. Waldin diss. de primis le-
Klüber’s europ. Völkerr. I. 18
[274]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
gationis principiis. Marb. 1767. 4. Ejusd. jus legationum
universale. Marb. 1771. 4. Joh. Frhrn. v. Pacassi Einl.
in die sämmtl. Gesandschaftsrechte. Wien 1777. 8. Cph.
Gottl. Ahnert’s Lehrbegriff der Wissenschaften, Erforder-
nisse und Rechte der Gesandten. Th. I. u. II. Dresd. 1784. 4.
C. H. v. Römer’s Versuch einer Einleit. in die rechtl., mo-
ral. u. polit. Grundsätze über die Gesandschaften, als Lehr-
buch. Gotha 1788. gr. 8. Grundlinien des europäischen
Gesandschaftsrechtes. Mainz 1790. 8. Franz Xav. v. Mos-
hamms
europäisches Gesandschaftsrecht. Landsh. 1805. 8. J. J.
Moser’s Versuch des europ. Völkerrechts, Th. IV. Ebendess.
Beyträge zu dem neuesten europ. VR., Th. IV. Ebendess.
Beyträge zu dem neuesten europ. Gesandschaftsrecht. Frankf.
1781. 8. La science du gouvernement, par M. de Real,
T. V. ch. 1. Institutions politiques, par le B. de Bielfeld,
T. II. ch. 8—13. Répertoire universel et raisonné de ju-
risprudence, par M. Merlin (3e édit. à Paris 1808. 4.),
voc. Ministre public, T. VIII, p. 235—291. Dictionnaire
de Brillon, au mot Ambassadeur (nouv. édit.). — Die
Literatur des Gesandschaftrechtes, in Meister’s bibliotheca
juris naturalis, Part. II. p. 2. sqq., in Barbeyrac’s Vorrede
zu s. franz. Uebersetzung von Bynkershoek, de foro lega-
torum. 1746. 4., in von Ompteda’s Lit. des VR. II. 534 ff.,
in v. Kamptz neuer Lit. §. 200 ff., u. in C. H. v. Römer’s
Handb. für Gesandte, Th. I., die Literatur des natürl. u.
positiv. Gesandschaftrechtes enthaltend. Leipz. 1791. 167 S.
in 8. (Ein zweiter Theil ist nicht erschienen.) Verzeichniſs
der in Holland erschienenen Dissertationen über das Gesand-
schaftrecht, in Adr. Kluit hist. federum Belgii federati, T. II
p. 527. sqq.
a)
Zu andern Staaten steht ein Gesandter, in der Regel, bloſs
in dem allgemeinen Verhältniſs eines Auswärtigen. Wicque-
fort
, liv. I, sect. 15. Doch pflegt man durchreisenden Ge-
sandten eines fremden Staates, in manchen Staaten gewisse
Befreiungen aus Höflichkeit einzuräumen.
b)
F. C. v. Moser von dem Appointement oder Gehalt eines
Gesandten; in dessen kleinen Schriften, Th. I, S. 182—290.
Moser’s Versuch, III. 147. Ebendess. Beyträge, III. 117 ff. —
Die freie Bewirthung oder Gastfreiheit (défrai, lautia pu-
blica), welche ehehin den Gesandten zu Theil ward, hat
mit der Einführung beständiger Gesandschaften vollends auf-
gehört; etwa die Gesandten der Pforte und afrikanischer
oder asiatischer Fürsten bei europäischen Höfen, und etliche
andere seltene Beispiele ausgenommen. Moser’s Versuch,
III. 259. Ebendess. Beiträge, III. 411. Förmlich aufgeho-
ben ward sie zwischen Ruſsland und Schweden, in dem
nystädter Frieden 1721, Art. 10, und in dem aboer Frieden
1743, Art. 10. — Ausserordentliche, auf kürzere Zeit ge-
schickte Gesandte erhalten als solche meist nur Taggelder
(Diäten), keinen stehenden Gehalt, oder sie leben auf Rech-
nung des Hofes. — Ausserordentliche Kosten werden, auch
bei stehendem Gehalt oder Diäten, besonders angerechnet.
Mancher Gesandter bestreitet seinen gesandschaftlichen Auf-
wand wenigstens zum Theil aus eigenen Mitteln. „Gardons-
„nous de placer les agens extérieurs entre la pénurie et la
„séduction“, schrieb das französische Directoire exécutif im
J. 1798 an das Conseil des cinq cents. Le Rédacteur, du
[276]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
13 Brumaire an VII, n° 1052. — Geheime Ausgaben (gastos
secretos) zu machen, erfordert zuweilen der Zweck der Ge-
sandschaft. Wicquefort, T. II, sect. 9, p. 96. Politische
Unterhandlungskunst, S. 22 ff. 264.
a)
Wicquefort, liv. I, sect. 5, p. 62. 64. Sarraz du Fran-
quesnay
, liv. I, ch. 10. Justin. Presbeuta l. c. §. 66. 67.
Gutschmid l. c. §. 44. 45. — Wenn wirkliche Gesandte
(ministres publics) zu Staatsverhandlungen mit auswärtigen
Staaten, z. B. zu Grenzverhandlungen, oder von dem ehe-
maligen teutschen Kaiser und Reich zu Friedensverhandlun-
gen, bisweilen den Titel Commissarien, Commission, De-
putirte, Deputation, führen, so hebt dieses ihre gesand-
schaftliche Eigenschaft nicht auf. De la Maillardière précis
[277]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
du droit des gens, p. 335. Moser’s Beyträge, IV. 495.
532 ff.
b)
Nur aus besonderer Gefälligkeit werden ihnen bisweilen,
besonders in kleinern Staaten, gewisse Befreiungen, z. B.
von Gerichtbarkeit und gewissen Abgaben, eingeräumt. —
Von diplomatischen Agenten im engern Sinn, s. unten §. 182.
a)
Ausweisung des Marquis de la Chétardie aus St. Peters-
burg im J. 1744. Moser’s Versuch, Th. IV, S. 417 ff.
v. Justi Anweis. zu einer guten deutschen Schreibart, S.
270 f. Russische Günstlinge (Tüb. 1809. 8.), S. 187 f. —
Der Chevalier d’Éon war einst ebenfalls französischer Emis-
saire caché zu St. Petersburg. — Aeltere Beispiele, in der
Polit. Unterhandlungskunst, S. 197 f. — Vergl. auch Moser
a. a. O., IV. 45.
b)
Daſs diese gleiche Sicherheit geniessen müſsten, wie öf-
fentliche Gesandte, behauptet mit Recht de Callières de la
manière de négocier avec les souverains, ch. VI, p. 112. sq.,
und mit ihm Bielfeld in s. Institutions politiques, T. II,
p. 176. — Gesandschaftliches Ceremoniel kommt ihnen je-
doch nicht zu, und öffentlich werden sie als gewöhnliche
Fremde ihres Ranges behandelt.
c)
Moser’s Versuch, IV. 572.
d)
Moser’s Versuch, IV. 576. 606 ff. Sarraz du Franquesnay
a. a. O. liv. I, ch. 12, p. 89. 90. — Von CardinälenPro-
tectoren
an dem päpstlichen Hof, s. Bielfeld a. a. O. T. II,
p. 172, §. 17. Jo. Gottl. Boehme diss. de nationis germa-
nicae in curia romana protectione. Lips. 1763. 4. Vergl.
auch Moser’s Beyträge, III. 19. u. unten §. 182, Note f.
e)
Moser’s Versuch, IV. 576. 578. 602. 608. — Von Adreſs-
Schreiben
, ebendas. IV. 614. — Von Parlementären, Tam-
bouren, FeldTrompetern
u. d. unten in dem Kriegsrecht. —
Von WerbOfficieren u. Postillonen, Moser’s Versuch, VII. 53.
IV. 615 f.
a)
Moser’s Versuch, IV. 613 f. Ebendess. Beyträge, IV. 529.
b)
Unmittelbar, oder mittelbar. Preussen und Schweden über-
lassen ihren Gesandten zu Constantinopel, die Bestellung der
Consuln in jener Gegend. De Martens recueil, III. 201.
Wenck codex jur. gent. I. 478. — Handelsgesellschaften und
einer Staatsregierung untergeordnete Handels- oder Seestädte,
[280]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
sind nicht berechtigt Consuln zu bestallen. De Steck essai
sur les consuls, p. 56.
c)
Moser’s Versuch, VII. 817 — 848. Sarraz du Franquesnay
a. a. O. liv. I, ch. 11, p. 83. Die Dictionnaires de com-
merce von Savary, Postlewayth u. Mortimer, voc. Consul.
Dictionnaire de jurisprudence u. Dictionnaire du citoyen
h. v. Répertoire universel et raisonné de jurisprudence, par
Merlin, h. v. Ebauche d’un discours sur les consuls, par
J. H. Meissler. à Hamb. 1751. 4. Essai sur les consuls etc.,
par M. de Steck. à Berlin 1790. 8. v. Steck’s Versuche
(von 1772), S. 119 — 150. Von den Consuln handelnder
Nationen, von E. (Engelbrecht); in J. A. Engelbrecht’s
Materialien, Bd. I, St. 2 u. 3, Num. VI; auch in dem
Journal für Fabrik, Manufactur, Handlung u. Mode, 1795.
(Leipz. gr. 8.), März, Num. II. (Ein Auszug aus den
v. Steckischen Schriften.) F. Borel de l’origine et des fonc-
tions des consuls. à St. Pétersbourg 1807, et à Brounswie
1812. 8. On the origin, nature, progress and influence of
consular etablishments, by D. Warden. Paris 1813. 8. Tra-
duit en français, par Bernard Barrere de Morlaix. Paris
1815. 8. v. Martens Einleit. zu d. VR. §. 144 ff. — Von
dem Geschäftkreis der Consuln s. v. Steck’s essai, p. 18 ff.
22 ff. — Eine Art von Consuln sind die Commissaires de
la marine
, denen das Consulat in einem Seeplatz anvertraut
ist. De Steck essai, p. 55. Desgleichen die ehemaligen
holländischen Jus conservadores, Richter unter holländischen
Handelsleuten auf fremden Handelsplätzen. Kluit hist. fe-
derum Belgii federati, T. II. p. 561. 564.
d)
Als im Jahr 1799 die drei obersten MagistratsPersonen der
französischen Republik den Titel Consuln erhalten hatten,
muſsten die französischen HandelsConsuln, den Titel Agens
de commerce annehmen, und auch die andern Staaten wur-
den ersucht, ihren in dem Gebiete der Republik befindlichen
Consuln den Titel Handelsagenten beizulegen.
e)
Bynkershoek de foro legatorum, cap. 10. v. Römer’s Grund-
sätze über die Gesandschaften, S. 122 u. 134. Daher haben
sie in der Regel keinen Anspruch auf Befreiung von Ge-
richtbarkeit und Abgaben, auf gesandschaftliches Ceremo-
niel, Hausgottesdienst, u. d. m. v. Martens a. a. O. §. 145.
Doch hängen sie gewöhnlich das Wappen ihres Souverains
[281]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
an ihrer Wohnung auf, und beobachten unter sich den Rang
ihrer Souveraine. Moser’s Versuch, VII. 831. 343 f.
a)
Reglement für alle preussischen GeneralConsuln, Consuln,
Agenten und ViceConsuln, v. 18. Sept. 1796; in der Preuſs.
EdictenSammlung v. 1796, Num. 97, S. 651, auch in C. L.
[282]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
Paalzow’s Handb. für practische Rechtsgelehrte in den preuſs.
Staaten, Bd. I. (1802. 8.), S. 5 — 32. Königl. franz. Edit
concernant les droits des Consuls dans l’Archipel et en Afrique
de 1781, in v. Steck’s essai, p. 71 ff. (Eine ähnliche Or-
donnance v. 9. Dec. 1776, in Moser’s Versuch, VII. 837.)
Französische Verordn. über die Rechte und Pflichten der
Consuln v. 1759, in den Nouvelles extraord. 1759, n. 44.
Den Inhalt der neuesten französischen Verordnungen findet
man in dem Code de la compétence des autorités constituées
de l’Empire français, par Y. C. Jourdain (à Paris 1811. 8.),
T. III, p. 403 — 408. Dänische v. 1749, in Moser’s Ver-
such, VII. 831. Vertrag zwischen Spanien und Frankreich
v. 1769, in v. Martens recueil, I. 242. — Ein Auszug aus
Völkerverträgen über die Rechte der Consuln, in v. Steck’s
essai, S. 24 ff., und Verträge selbst, ebendas. in den Bei-
lagen, S. 71 ff. Auch Schmauss corp. jur. gent., in dem
Register, voc. Consules. v. Kamptz neue Lit. S. 252 f.
b)
Vattel, liv. II, ch. 2, §. 47. De Steck essai, p. 18.
c)
Sie haben Hausgottesdienst, desgleichen Gerichtbarkeit nicht
nur in nichtstreitigen, sondern auch fast überall in strei-
tigen Rechtsachen der Unterthanen ihres Staates, sowohl
unter sich, als auch auf Klage anderer Ausländer. v. Steck’s
Versuche (von 1783), S. 88 — 95. Ebendess. essai, p. 24.
Dennoch stehen die Consuln in dem Gebiet der osmanischen
Pforte, in einer Art von Abhängigkeit von den Gesandten
ihrer Höfe zu Constantinopel. — Von den Echelles du Le-
vant, s. F. D. Häberlin’s kleine Schriften, II. 450 ff.
a)
Folglich auch Staaten, die mit andern Staaten zu einem
StaatenSystem vereinigt sind, so fern der Bundesvertrag
nicht Ausnahmen oder Einschränkungen macht. So die Staaten
[284]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
des teutschen Bundes, die Cantone der Schweiz, und ehehin
unter den einzelnen Provinzen der Vereinigten Niederlande
nur Holland und Seeland, welche actives Gesandschaftrecht
hatten. Die zweite BundesActe der Vereinigten Staaten von
Nordamerika, versagt dieses Recht den einzelnen Provinzen.
Bynkershoek qui recte legatos mittant, in s. Quaest. jur.
publ. lib. II. c. 3. et 4. und in s. Operib. omn. T. II. p.
243. sqq. Merlin l. c., Sect. II, §. 1, n° 5. T. VIII, p. 240. —
Ist der Usurpator einer Staatsregierung berechtigt Gesandte
zu schicken? Fremde Mächte können hier nur den Besitz-
stand in Betrachtung ziehen, wenn ihr Staatsinteresse sie
dahin führt. Vattel, liv. IV, ch. 5, n. 68. Wicquefort,
liv. I, sect. 3. Merlin l. c. n° 6. — Einem dethronisirten
oder aus seinen Staaten vertriebenen Souverain, mag das
blosse Recht diesen Vorzug bei solchen Staatsregierungen
sichern, die seinen Feind für seinen Nachfolger nicht an-
erkennen.
b)
Beispiele liefern die teutschen reichsständischen Landes-
herren, während der teutschen Reichsverfassung, und die
ehemaligen Herzoge von Curland. v. Ompteda’s Lit., §. 239.
v. Kamptz neue Lit., S. 244 ff. Den Hospodaren der Mol-
dau und Wallachey ertheilt der Fr. von Kainardgi 1774,
Art. 16, Num. 9, jedem bloſs das Recht, einen Chargé d’af-
faires griechischer Religion, unter dem Schutz des Völker-
rechtes in Constantinopel zu haben.
c)
Vergl. Vattel, liv. IV, ch. 5, n° 60, und Merlin l. c.
n° 9. — Den Standesherren in teutschen Bundesstaaten,
wird von ihren Souverainen weder actives noch passives
Gesandschaftrecht eingeräumt. Vergl. Klüber’s Staatsr. des
Rheinbundes, §. 198.
d)
So ehedem in Rom die Chargés d’affaires secrets mancher
protestantischen Fürsten. Bielfeld a. a. O. II. 173. So
auch zuweilen die Abgeordneten ehemaliger teutscher Land-
stände auf Congressen und an Höfen, die Agenten mancher
Prinzen vom Geblüte, KronPrätendenten, dethronisirter Re-
genten, TitularKönige, u. d. m.
e)
Wie ehehin der römisch-teutsche Kaiser, der König von
Polen, u. a. Moser’s Versuch, III. 119. — Statthaltern,
ViceKönigen, GeneralGouverneuren u. d., kann ein ein-
geschränktes, actives und passives Gesandschaftrecht über-
[285]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
lassen seyn. Beispiele in der Polit. Unterhandlungskunst,
S. 131 f., bei Wicquefort, liv. I, sect. 3, bei Brillon, in
s. Dictionnaire des arrèts, (nouv. édit. de Prost de Royer),
voc. Ambassadeur, n. 17, und bei Callières a. a. O. ch. XI. —
Dasselbe gilt von der Regentschaft während der Minder-
jährigkeit, Krankheit, oder Gefangenschaft, oder des Exils
eines Monarchen, oder eines Streites über die Thronfolge;
auch von den Reichsverwesern oder Reichsständen während
eines Interregnums, oder in geistlichen Wahlstaaten während
einer Sedisvacanz. Wicquefort (edit. 1690), I. 34. sq. —
Einem Gesandten selbst, kann sogar Substitutions- oder
SubdelegationsRecht ertheilt seyn. Ebendas. I. 35. Moser’s
Versuch, III. 54 f. Ebendess. Beyträge, III. 38. Klüber’s
öffentl. Recht des t. Bundes, §. 128.
a)
In seinem Namen, kann dieses Recht auch ViceKönigen,
Statthaltern, GeneralGouverneuren u. d. zustehen.
b)
Den Fall ausgenommen, wenn die auf andere Art nicht zu
bethätigende Absicht der Sendung darin besteht, das be-
strittene Recht des sendenden Staates zu erörtern und zu
beweisen, oder den Streit wegen einer von dem andern
Staat ihm zugefügten offenbaren Rechtsverletzung in Güte
beizulegen. Auch liegt in der Ertheilung eines Reisepasses
zur Herreise, oder in der Annahme des Creditivs, ein still-
schweigendes Versprechen der Annahme des Gesandten. Man
s. Vattel, liv. IV, ch. 5, n° 63 et suiv. Merlin, in dem
angef. Répertoire, T. VIII, p. 247. Gottfr. Achenwall diss.
de transitu et admissione legati ex pacto repetendis. Goett.
1748. 4. Chr. Rau diss. de transitu et admissione legati.
Lips. 1797. 4. — Von Annehmung u. Abweisung der Ge-
sandten, Moser’s Versuch, III. 226. Ebendess. Beyträge,
III. 211. — Mit der Pforte werden bisweilen wechselseitig
geschickte Gesandte auf der Grenze ausgewechselt. Beispiele
von russischen Gesandten, in Moser’s Beyträgen, III. 200.
u. in d. Mercure hist. et polit. 1747. II. 626., von östreichi-
schen, ebendas. 1740, II. 162., u. von englischen, in Moser’s
Beyträgen, III. 201.
c)
Zu dem Ende wird ein ReisePaſs ertheilt, oder verweigert.
Jo. Nic. Hertius diss. de litteris commeatus pro pace. Giess.
1680. 4. Idem de commeatu litterarum. ibid. 1680. 4. Beide
Abhandl. auch in s. Opusc. vol. I. p. 319. et 335.
d)
Vergl. unten §. 204. Achenwall u. Rau, citirt oben Note b.
P. B. Vitriarius diss. de officio illorum, qui recipiunt le-
gatos. Lugd. Bat. 1719. 4. Jo. Gottl. Waldin diss. de le-
gati admissi et non admissi inviolabilitate. Marb. 1767. 4.
J. L. E. Püttmann adversaria juris, lib. III. p. 220. — Von
Verhaftnehmung eines durchreisenden Gesandten, s. v. Mar-
tens
Erzählungen, Bd. I, Num. 7, u. das Historisch-polit.
Magazin, Bd. XV, Heft 1, Num. 3.
a)
Caesarin. Fürstenerius (Leibnitz) de suprematu, c. 6.
Justin. Presbeuta l. c. p. 109. Gutschmid diss. cit. §. 42.
Sam. Meuron diss. de legati plenipotentiarii idea. Basil.
1724. 4. — Der französische Gesandte zu dem pyrenäi-
schen FriedensCongreſs, Cardinal Mazarini, erhielt den
Titel Plenipotentiarius. So auch der schwedische, Frhr.
v. Lilienroth, auf dem ryswiker FriedensCongreſs.
b)
Die Sitte, beständige Gesandschaften in auswärtigen Staa-
ten zu unterhalten, kam erst um die Mitte des 17. Jahr-
hunderts auf. Jo. Dorn diss. de eo quod justum est circa
legationes assiduas. Jen. 1716. 4. Wicquefort, der gegen
das Ende des 17. Jahrhunderts schrieb, meldet, zu seiner
Zeit habe man als gewiſs betrachtet, daſs ordentliche Am-
bassaden seit noch nicht zwei Jahrhunderten üblich seyen.
c)
Doch fehlt es nicht an Beispielen von Ambassadeurs extra-
ordinaires, die bloſs ordentliche GeschäftGesandte waren.
Man s. das angef. Répertoire von Merlin, T. VIII, p. 236.
d)
Moser’s Versuch, III. 53. Ebendess. Beyträge, III. 38.
Discours sur les différens caractères des envoyés extraordi-
naires, des envoyés ordinaires ou résidens; par M. Hagedorn.
Amsterd. 1736. 4. Auch teutsch, von J. J. Moser. Jena 1740. 4.
a)
Zu Abstattung einer Danksagung oder eines Glückwunsches,
zu Bezeugung des Beileids (Condolenz), zu Braut- oder
Ehewerbung, zu Vermählung, zu Kindtaufe, zu den ehe-
maligen ObedienzGesandschaften nach Rom, u. d. Moser’s
Beyträge, III. 58. — Auch zu Entschuldigung wegen er-
regten Miſsfallens, werden bisweilen Gesandte abgeordnet
(ambassades d’excuse). In dem Frieden von Versailles (1685)
zwischen Frankreich und Genua, Art. 1, ward dieses sogar
vertragweise bedungen. Beispiel eines Gesandten dieser Art
von England, 1709 zu Moscau, in Kemmerich’s Abh. von
der Unverletzlichkeit der Gesandten, S. 40, u. in Voltaire’s
histoire de Russie sous Pierre le Grand, T. Ier, ch. 19.
Aehnliche Beispiele, in dem Mercure historique et politique,
1745, T. II, p. 201 et 638; 1774, T. I, p. 157; in der
Gazette de Francfort, 1813, n° 25 et 27; u. in Moser’s
Versuch, III. 104. IV. 621. — Von Bettelgesandschaften
der Barbaresken, s. Schlözer’s Briefwechsel, Th. VII,
p. 235 ff.
b)
Rousset, supplément, T. IV, p. 245.
a)
J. C. Dithmar diss. de legatis primi et secundi ordinis.
Francof. 1721. 4. Wicquefort, T. I, sect. 1 et 5, p. 3.
et 52. Vattel, T. III, liv. 4, ch. 6, §. 69 ff. v. Martens Einleit.
in d. VR. §. 188.
b)
Lünig’s Theatrum ceremoniale, T. I. p. 368. sqq. Pecquet
de l’art de négocier, p. 105. J. J. Moser von den dermal
üblichen Gattungen der Gesandten; als Vorrede zu s. Bel-
gradischen Friedensschluſs. Jena 1740. 4. C. G. Gutschmid
(resp. F. G. Ferber) diss. de praerogativa ordinis inter le-
gatos (Lips. 1755. 4.), cap. 2. §. 26. sqq. (Der letzte nimmt
jedoch nur zwei Classen der Gesandten an, die erste mit,
die andere ohne RepräsentativCharakter; doch so, daſs in
jeder Classe verschiedene Formen statt haben könnten.) J. A.
Herzmann diss. de variis legatorum classibus. Upsal. 1787. 4.
De Bielfeld a. a. O. T. II. p. 170. sqq. Moser’s Versuch,
III. 37 ff. Ebendess. Beyträge, III. 17 ff.
c)
Klüber’s Acten des wiener Congresses, Bd. VI, S. 204.
Ebendess. Uebersicht der diplomat. Verhandlungen des wiener
Congr., S. 168 f. Vergl. oben, §. 94 c u. 106.
d)
Angenommen von der t. Bundesversammlung, in ihrem Pro-
tocoll v. 12. Jun. 1817.
e)
Aachener ConferenzProtocoll vom 21. Nov. 1818. v. Mar-
tens
recueil, Supplém. VIII. 648.
f)
So wurden in Frankreich diese Staatsbeamten, durch ein
Arrêté vom 3. Floréal Jahr 8, in verschiedene Grade ab-
getheilt, nach folgenden Classen: 1) Secrétaire de légation
de deuxième classe; 2) Idem de première; 3) Ministre plé-
nipotentiaire; 4) Ambassadeur. Code de la compétence des
autorités constituées de l’Empire français, par Y. C. Jourdain
(à Paris 1811. 8.), T. III. p. 400.
a)
Pet. Müller diss. de legatis primi ordinis. Jen. 1692. rec.
1711. 4. Dithmar diss. cit. Gutschmid diss. cit. §. 27. sq.
Man s. auch das (§. 179) angef. Reglement des wiener Con-
gresses, Art. 1.
b)
E. D. Schröter diss. de ambasciatoribus. Jen. 1665. 4.
Casp. Conr. Retheln comm. de ambasciatoribus. Martisb.
1685. 12.
c)
Schriften in v. Ompteda’s lit. II. 555. u. v. Kamptz neue
Lit. S. 240 ff. — Nic. Boërius de potestate legati a latere.
Venet. 1584. fol. Pet. Andr. Grammarus de officio atque
auctoritate legati a latere. Venet. fol. Peregrini Maseri
tr. de legatis et nuntiis apostolicis. Vol. I. et II. Romae
1709. fol. De legatis et nuntiis pontificum eorumque fatis
et potestate (auct. Langhaider). (Salisb.) 1785. 8. Armin.
Seld über das päpstliche Gesandschaftrecht. Athen. 1787. 4.
Moser’s teutsches Staatsrecht, III. 156. IV. 2. Ebendess.
Beyträge, III. 19. Encyclopédie méthodique; Economie po-
lit. et Diplomatique, T. III. p. 107. sqq. Bielfeld a. a. O.
II. 171. — Von Legatis natis, s. v. Sartori Staatsrecht der
Erz-, Hoch- und Ritterstifter, Bd. I, Th. 1, S. 266 ff.
d)
v. Ompteda u. v. Kamptz a. a. O. Klüber’s neue Lit.
des t. Staatsr. S. 556 ff. — Von beständigen Nunciaturen,
v. Sartori a. a. O. S. 209 ff. — Zu den Gesandten der
zweiten Classe rechnet die Nuncien, Bielfeld a. a. O.
II. 174. §. 20.
e)
Auch der ehemalige venetianische Bailo in Constantinopel,
gehörte zu der ersten Classe. Lünig’s Theatr. cerem. I. 746.
a)
Dithmar diss. cit.
b)
Discours sur les différens caractères des Envoyés extra-
ordinaires, des Envoyés ordinaires ou Résidens, et des Agens
révètus du caractère de Résident (par C. L. de Hagedorn).
à Amsterd. 1736. 4. u. hinter der Vorrede zu J. J. Moser’s
belgradischen Friedensschluſs, S. 36 ff. Moser’s Versuch,
III. 46 f. — Die Envoyés ordinaires werden jetzt, wenn
sie vorkommen, bloſs Envoyés, ohne Beisatz, genannt. Da-
gegen werden die Titel Envoyé extraordinaire et Ministre
plénipotentiaire, desto häufiger einem Gesandten zugleich
ertheilt.
c)
Sam. Meuron diss. cit. Moser’s Versuch, III. 47 f. — Die
Ministres plénipotentiaires behandelten zuerst als Gesandte
vom zweiten Rang, Frankreich 1738, Oestreich 1740, u. s. w.
Moser’s Beyträge zu d. europ. VR. III. 28. — An dem
[294]II. Th. II. Tit. BedingteRechte; in friedl. Verhältn.
kurcölnischen Hof unterschied man den bevollmächtigten Ge-
sandten von dem Ministre plénipotentiaire, und gab diesem
den Rang vor jenem. Polit. Journal 1787, April, S. 447.
d)
Moser’s Beyträge zu dem Gesandschaftrecht, S. 8. — Zu
den Gesandten vom dritten Rang rechnet die Internuncien,
Bielfeld a. a. O. II. 175. §. 22.
e)
Art. 1.
a)
Moser’s Versuch, III. 50. ff. Ebendess. Beyträge, IV. 496. —
Die Ministres-résidens und die Ministres chargés-d’affaires
setzt in die zweite Rangclasse, Bielfeld in s. Institutions
politiques, II. 174.
b)
Moser’s Beyträge, IV. 497. — Die MinisterResidenten ge-
niessen, an etlichen Höfen, einigen CeremonielVorzug vor
den blossen Residenten. Man s. auch oben am Schluſs die-
ses §.
c)
Der schwedische Geschäftträger in Constantinopel, erhielt
1784 zuerst diesen Titel. Der bei Moser (Versuch, IV. 188)
mit diesem Titel beehrte Hr. Durand, nannte sich selbst nur
Chargé-d’affaires.
d)
Pet. Müller diss. de residentibus eorumque jure. Jen.
1690. 4. rec. 1742. Siebenkees neues jurist. Magaz. I. 395 ff.
Moser’s Versuch, III. 50. IV. 579. Ebendess. Beyträge,
IV. 497.
e)
Agrippa Elistranus von Agenten; in den dresdner gelehr-
ten Anzeigen v. 1771, St. 41, 42, 43, 46; u. in Siebenkees
neuem jurist. Magazin, Th. I, S. 388 — 426, insbesondere
§. 22 ff., S. 404 ff. Wicquefort, T. I, sect. 5, p. 60. Sarraz
du Franquesnay, L. I. ch. 13. p. 88. Rousset cérémonial
diplomatique, T. I. p. 21. §. 7. Merlin l. c. T. VIII, p. 237.
Moser’s Beyträge, IV. 530. Vergl. oben, §. 171.
f)
Moser’s Versuch, III. 55. IV. 580 ff. Merlin l. c. p. 238.—
Die Cardinaux, chargés des affaires des Princes auprès du
St. Siège, sind Abgesandte vom ersten Rang, obgleich sie
bloſs den Titel Chargé-d’affaires führen. De la Maillardiere
[296]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
précis du droit des gens, p. 330. Moser’s Beyträge, III. 19.
Vergl. oben, §. 172 d.
g)
Art. 1.
a)
Auch nicht dem Papst, als weltlichem Souverain. — Die
schweizerische Eidgenossenschaft ist unstreitig in dem Besitz
dieses Rechts, wiewohl nicht überall mit vollem Ceremoniel.
[297]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Auch die Republiken Venedig und der Vereinigten Nieder-
lande waren es. Moser’s Vorsuch, III. 5.
b)
Förmliche Zeugnisse, daſs man ihm das Gesandschaftrecht
der ersten Classe einräume, erhielt er 1747 von dem päpst-
lichen, 1749 von dem römisch-kaiserlichen Hof. Sie ste-
hen in Moser’s Versuch, III. 5 ff. Erklärung der Republik
Venedig von 1749, in dem Mercure hist. et polit. 1749,
I. 372.
c)
Den teutschen Kurfürsten ward es eingeräumt, an dem
römisch-teutschen kaiserl. Hof, auf der allgemeinen teut-
schen Reichsversammlung, auf Kaiserwahl- und Krönungs-
tagen, überhaupt in dem teutschen Reich, und auf meh-
reren FriedensCongressen. Aber nicht in allen Staaten aus-
ser Teutschland, ward es ihnen zugestanden, von einigen nur
nicht vollständig. Mascov princ. jur. publ. germ. p. 802.
edit. 1769. Moser’s auswärt. Staatsr. S. 227 ff. Ebendess.
teutsches Staatsr. Th. V, S. 541 ff. Wie sich Frankreich
benahm, findet man bei Rousset, cérémonial diplomatique,
T. I, p. 69 et suiv. — Auch mehreren italiänischen sou-
verainen Fürsten, ward dieses Recht von einigen Höfen,
insbesondere von Familienhöfen, eingeräumt, von andern
versagt. Moser’s Beyträge zu d. europ. VR. III. 7.
a)
Von dem Gesandschaftrecht der Fürsten und übrigen Stände
des ehemaligen teutschen Reichs, s. Mascov l. c. p. 803.
Ahnert a. a. O. Th. II, Cap. 4. Rousset l. c. p. 70. Püt-
ter
’s Lit. des t. Staatsr. III. 219. Klüber’s neue Lit. des
t. Staatsr., S. 238. 665.
b)
Moser’s Versuch, III. 76. Ebendess. Beyträge, IV. 359. 29.
37. — In diesen Fällen wird gemeiniglich, in derselben Au-
dienz, ein ZurückberufungsSchreiben und ein neues Creditiv
überreicht.
a)
In diesem Fall geniessen sie alle gleiches Ceremonielrecht.
Wicquefort, T. I. p. 372. Von den heftigen Streitigkeiten
[300]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
deſshalb auf den westphälischen, nimwegischen u. ryswikischen
FriedensCongressen, s. Gutschmid l. c. §. 56. nota r.
b)
Wicquefort, liv. I, sect. 26. Bynkershoek de foro lega-
torum, c. VI. §. 12. Politische Unterhandlungskunst, S.
198 ff. — Vorzüglich auf FriedensCongressen, ist dieses
Recht oft ausgeübt worden. — Jeder Kurfürst des teut-
schen Reichs, sendete zu der Kaiserwahl und Krönung zwei
bis vier Botschafter. Auch bei dem kaiserlichen Hofe zu
Wien, konnte ein Kurfürst mehrere Botschafter accreditiren.
Kaiserliche Wahlcapitulation, III. 20. — Zu dem Glück-
wunsch wegen der Thronbesteigung, pflegte die Republik
Venedig einem Kaiser oder König zwei, dem Papst vier
Botschafter zu senden. Moser’s Beyträge zu d. europ. Ge-
sandschaftsr., S. 36. — An Frankreich sendete die Schweiz
meist mehrere Gesandte zugleich, bisweilen von sämmtlichen
Cantonen einen. — Die Vereinigten Niederlande pflegten
dem König von England, durch drei Gesandte zu dem Re-
gierungsantritt zu gratuliren. Comte d’Avaux, mémoires,
IV. 284.
c)
Moser’s Versuch, III. 102. 105. 113. Zu Wien unterhielten
ehedem manche Kurfürsten und grössere teutsche Reichs-
fürsten, mehrere Gesandte von verschiedenem Rang. Auch
Frankreich hat mehrmal Gesandte von verschiedenem Rang,
zugleich an denselben Ort gesendet.
d)
Frankreich verweigerte dieses den Kurfürsten, selbst bei
der Kaiserwahl 1741; es gab aber, doch nur für dieſsmal,
nach. Moser’s Versuch, III. 106 ff.
e)
Moser’s Versuch, III. 71. Ebendess. angef. Beyträge, S. 36.
Bedungen, in dem Fr. zu Versailles, zwischen Frankreich
u. Genua, 1685, Art. 1.
f)
Moser’s Beyträge, III. 56.
g)
Moser’s Beyträge, III. 57.
h)
Vorzüglich ehehin am teutschen Reichstag. Andere Bei-
spiele, bei Bynkershoek l. c. cap. XIX. §. 3. u. bei Merlin,
in dem angef. Répertoire, sect. II, §. 2, n° 3, p. 246.
a)
Bynkershoek qui recte legati mittantur; in s. Quaestion.
jur. publ. lib. II. c. 5; in s. Operib. omn. T. I. p. 247.
Merlin in d. angef. Répertoire, T. VIII, p. 247 et suiv. —
Moser’s Versuch, III. 93 ff. Ebendess. Beyträge, III. 101 ff.
Ein Herkommen legt verschiedenen katholischen Höfen, z. B.
Oestreich, Frankreich, Spanien, das Recht bei, die Person
zu benennen, welche der Papst als Nuncius bei ihnen ac-
creditiren soll. F. D. Häberlin’s röm. Conclave (Halle 1769.
8.), S. 23. Moser’s Beyträge, III. 84 ff. — Die Grund-
verfassung des Staates kann, in Absicht auf Präsentation, Er-
nennung und Mitwirkung zu Besetzung der Gesandschaft-
Stellen, manches Besondere vorschreiben. Moser’s Beyträ-
ge, III. 86 ff. — Von den rechtlichen Erfordernissen un-
terscheide man diejenigen, welche die Staatsklugheit vor-
schreibt. In dieser Hinsicht, verhält es sich mit einem
Gesandten oft anders als mit einem geheimen Agenten.
Wicquefort, T. I. Sect. 7 — 13. Bielfeld, II. ch. 9. §.
27. sqq. p. 177. sqq. De Callieres a. a. O. Die politische
Unterhandlungskunst (1811. 8.), S. 14 ff. 35 ff. 44 ff. 187.
264 ff.— Den gegründetesten Anspruch auf eine Gesandschaft-
stelle, geben, das Vertrauen des Souverains und erworbene
Achtung.
b)
Wicquefort T. I. Sect. 11. p. 116. Bynkershoek quaest. cit.
Bielfeld II. 173. §. 19. Jo. Simon num femina legati mu-
nere fungi possit? in dessen Dissertatt. sex (Upsaliae 1626.
8.), Diss. I. II. et III. L’ambassadrice et ses droits (par
F. C. de Moser). à la Haye 1752. 8. à Berlin 1754. 8.
à Francfort 1757. 4. Auch teutsch unter dem Titel: Die
Gesandtin, nach ihren Rechten und Pflichten; in des Verf.
kleinen Schriften, Th. III, S. 133 — 331. Merlin a. a. O.
T. VIII, p. 248. — Die Maréchale de Guebriant war 1646
französische Ambassadrice extraordinaire bei K. Wladislaw IV.
von Polen. v. Moser a. a. O. Cap. I, §. 4. — In meh-
reren Beispielen, die man anführt, hatte die gesendete Dame
négociatrice keinen gesandschaftlichen Charakter, wenigstens
keinen öffentlichen, oder selbst ihre Sendung war ein Ge-
heimniſs, oder es waren einem Frauenzimmer Geschäfte
von anderer als diplomatischer Art übertragen. F. C. v. Mo-
ser
’s kleine Schriften, III. 311 ff. — Der berühmte Che-
valier d’Éon de Beaumont (gest. 21. Mai 1810, bei London,
79 J. alt), französischer émissaire secret zu Petersburg, dann
seit 1763 französischer LegationsSecretär und nachher Mi-
nistre plénipotentiaire zu London, ward unrichtig für ein
Frauenzimmer gehalten, wie sich nach seinem Tod gezeigt
hat. v. Archenholz Minerva, 1810, Jun., S. 567.
c)
So die Könige von Frankreich (de Callières a. a. O. ch. 6.
p. 72. Bynkershoek de foro legatorum, c. 11. Moser’s
Versuch, III. 89. 96.), und die kaiserlich-französische Re-
gierung unter Napoleon. So auch Schweden (Cod. Leg.
Suecic., tit. de crimin. §. 7.), und ehedem die Vereinigten
Niederlande, seit 1727. Die teutsche Bundesversammlung
hat festgesetzt, daſs ein Bürger der Stadt Frankfurt als Ge-
sandter eines Bundesstaates bei ihr nicht zugelassen werden
solle, ausgenommen als Gesandter der freien Stadt Frank-
furt. Klüber’s öffentl. Recht des t. Bundes, §. 131. — Bloſs
naturalisirte Unterthanen, werden leichter angenommen.
a)
z. B. der Papst. Auch ehehin die geistlichen Kurfürsten,
zu der Kaiserwahl und Krönung. Vergl. Moser’s Versuch,
III. 95. 98. — Von der Religion der Gesandten, ebendas.
III. 96. 98. Ebendess. Beyträge, III. 103.
b)
Der kaiserliche PrincipalCommissarius bei der teutschen
Reichsversammlung, muſste Fürst seyn. Moser von den
teutschen Reichstagen, Th. I, S. 127. Zu der Belehnung
mit Reichsthronlehen, muſsten „vornehme Ministri aus dem
Herren- oder Ritterstand“ als Gesandte geschickt werden.
Des Reichshofraths gemeiner Bescheid v. 28. Aug. 1768.
Schmauss corp. jur. publ. S. 1098. Pütter’s Anleit. zum t.
Staatsr., übers. v. C. A. F. Gr. v. Hohenthal, II. 352.
c)
Gelehrte, besonders Doctoren der Rechte, nicht bloſs in
der Vorzeit, wo mehr als jetzt auf Gelehrsamkeit und la-
teinische Sprachkenntniſs gesehen ward. Wicquefort T. I.
[304]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Sect. 7. p. 73. sqq. Merlin in d. angef. Répertoire, T. VIII,
p. 247 et suiv. Moser’s Versuch, III. 97. 98 f. (Joh. Frhr.
v. Horix) Die Ehre des Bürgerstandes nach den Reichs-
rechten (Wien 1791. 8.), §. 22, S. 56 ff. Als die kaiser-
lichen Minister in Wien, 1676 den kurfürstlichen nicht-
adelichen Botschaftern die Excellenz und die Oberhand in
eigenem Quartier verweigern wollten, erklärte der grosse
Kurfürst von Brandenburg, „quod sibi magis dexteritas le-
gatorum quam natales sint respiciendi“. Pufendorf rer.
brandenburg. lib. 14. c. 57. Der Cardinal d’Ossat, Gesand-
ter Heinrichs IV. zu Rom und an andern Höfen, und der
berühmte Maler Rubens, dem der König von Spanien zwei
Gesandschaften anvertraute, waren nicht von vornehmer Ge-
burt. Philipp II. von Spanien fragte den Botschafter Hein-
richs IV., Präsidenten Pierre Jeannin, in der ersten Audienz:
„êtes-vous gentil-homme“? Antw. „oui, si Adam l’était“.
— „De qui êtes-vous fils“? Antw. „de mes vertus“. Be-
troffen über diese Antworten, beeiferte sich der König ihn
gütig zu behandeln. Lettres, mémoires et négociations du
chev. d’Éon (à la Haye 1764. 4.), P. I, p. 65.
d)
Wicquefort, liv. I, sect. 13. Merlin l. c. p. 249. Deſs-
wegen muſste 1758 der englische Gesandte Goderike, wel-
cher an den schwedischen Hof bestimmt war, umkehren.
In den Jahren 1801 u. 1802 weigerte sich der wiener Hof,
den Grafen Armfeld als schwedischen Gesandten anzuneh-
men; er gab aber endlich nach. Ein Beispiel von 1768, in
Schmalz Völkerr. S. 88 f. Im J. 1815 verweigerte der König
der Niederlande die Annahme eines von dem Groſsherzog
von Baden schon zu Brüssel angekommenen Gesandten.
Dasselbe that, bei demselben Individuum, bald nachher die
schweizerische Eidgenossenschaft. — Um einer solchen Wei-
gerung auszuweichen, wird bisweilen der andere Hof über
eine oder die andere Person sondirt, oder wohl gar ihm
eine Personenliste zur Auswahl zugesendet. Vergl. Bielfeld
II. 178. §. 28. Moser’s Versuch, III. 100. Zuweilen bittet
er um Ernennung einer bestimmten Person. Moser’s Beyträge,
III. 89.
a)
Bynkershoek de comitibus legatorum, in s. tr. de foro
legatorum, c. 15. Moser’s Versuch, III. 134 ff. IV. 315 ff.
Ebendess. Beyträge, III. 146. IV. 529. Bielfeld T. II;
ch. 11, p. 197. sqq. v. Römer a. a. O. S. 173 ff. 387 ff.
b)
In manchen Staaten muſs jeder Gesandter ein Verzeichniſs
der Personen seines Gefolges gleich bei seiner Ankunft dem
auswärtigen Departement einreichen, und nachher von Zeit
zu Zeit die Veränderungen anzeigen. So in England, ver-
möge der ParlamentsActe 10 Anna (1711), Cap. 7. Por-
tugies. Verordn. v. 11. Dec. 1748.
c)
Moser’s Versuch, III. 138 ff. 142, welcher ebendas. S. 94
äussert: „der Gesandte sey mehrmal nur der Zeiger an
„der Uhr, das meiste komme dann auf einen ihm zugegebe-
„nen tüchtigen LegationsSecretär an“. Moser’s Beyträge,
IV. 227 ff. 450. 528. Wicquefort, T. I, Sect. 5, p. 68.
Sarraz du Franquesnay a. a. O. L. I, ch. 11, p. 86. Biel-
feld
II. 198. §. 2. sqq. — Bei den päpstlichen Nunciaturen,
heissen die LegationsSecretäre auditores nunciaturae, oder
datarii und subdatarii. Bielfeld II. 199. § 5. Moser’s Bey-
träge, III. 157. Dictionnaire de jurisprudence, v. Auditeur.
Diese Auditoren nehmen zuweilen den Titel Internuncius an,
wenn sie in Abwesenheit eines Nuncius dessen Stelle ad in-
terim versehen. — Auch giebt es Gesandschaften der zwei-
ten und dritten Classe, ohne LegationsSecretär u. Canzlisten.
Bielfeld, II. 200.
d)
Ob und wie fern sie am Hofe präsentationsfähig seyen?
darüber ist der Hofgebrauch verschieden. Zu Paris waren
sie es ohne Ausnahme, in der Zeit der Republik und unter
Napoleon. Vergl. Moser’s Beyträge, IV. 227 ff. Bielfeld,
II. 198.
e)
Moser’s Versuch, IV. 602. Ebendess. Beyträge, IV. 461 ff.
Wicquefort, I. 69.
a)
Moser’s Versuch, III. 141.
b)
Bielfeld II. 205. §. 17. Moser’s Versuch, III. 143 f. IV.
608 ff. Ebendess. Beyträge, III. 157. IV. 259. In dem Fr.
v. Kainardgi 1774, Art. 9, ward den russischen Dolmetschern
bei der Pforte, gefällige Behandlung versprochen.
c)
Bielfeld II. 200. sq. Moser’s Versuch, III. 136. Ebendess.
Beyträge, III. 150. — Zuweilen werden die Gesandschaft-
Cavaliere gar nicht besoldet, die Pagen aber von dem Ge-
sandten angenommen und besoldet.
d)
Moser’s Versuch, III. 140. IV. 158 ff. Ebendess. Beyträge,
IV. 237. Bielfeld II. 206. §. 19.
e)
Militärische Begleitung (Escorte) auf der Reise, Ehren- und
Sicherheitswache in dem Ort der R [...]lenz des Gesandten, kann
nach Umständen noch vorkommen, sie wird aber von dem
Souverain des Landes gegeben. Bei Gesandschaften zu Frie-
densCongressen mit der Pforte, ist beides üblich. Moser’s
Versuch, III. 142. IV. 114 ff. Ebendess. Beyträge, IV. 117.
207. 306. 564. — Beispiele von sehr zahlreichem Gefolge.
Moser’s Versuch, III. 146. Lünig’s theatr. cerem. I. 746 ff.
Werhrlin’s Chronologen, Bd. XII. (1781. 8.), S. 75 — 105.
Morgenblatt, 1812, Num. 306. — Juden im Gefolge. Mo-
ser
’s Beyträge, III. 159.
f)
Moser’s Versuch, III. 146 f. IV. 320. Ebendess. Beyträge,
IV. 257 ff. 209. Unten §. 212 a. — Am teutschen Bundes-
tag, darf kein Gesandter Personen, die nicht zu der Ge-
sandschaft gehören, Schutz ertheilen. Klüber’s öffentl. Recht
des t. Bundes, §. 131. Die Pforte hat in verschiedenen Staats-
verträgen sich versprechen lassen, daſs fremde Gesandte und
Consuln in ihrem Gebiet, an türkische Unterthanen keine Pro-
tectionsPatente ertheilen dürfen, z. B. in dem mit Groſsbritan-
nien vom 5. Jan. 1809, Art. 10, in v. Martens recueil, Supplém. V.
162.— Von Spionen und Ausspähern (espions, furets etc.) s. Biel-
feld
II. 205. §. 18.
a)
F. C. v. Moser, der Courier, nach seinen Rechten und
Pflichten; in s. kleinen Schriften, Th. IV, S. 177 — 510.
Bielfeld II. 73. §. 25. u. 204. §. 16. Moser’s Versuch, IV.
616 ff. Ebendess. Beyträge, IV. 542 ff. — Man unter-
scheidet ordentliche und ausserordentliche, desgleichen Ca-
binets-, Hof- und Feld- oder Armee-, auch Land- und
SeeCouriere. F. C. v. Moser a. a. O. S. 179 f. 478 ff.
b)
Eine Reihe von Friedensschlüssen, wo dieses ausdrücklich
[310]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
bedungen ward, führt an, F. C. v. Moser a. a. O. Cap. 2,
§. 6 — 18, S. 189 ff. 412 ff.
c)
F. C. v. Moser’s kleine Schriften, Bd. VII, S. 17, §. 15.
d)
Die merkwürdige Ermordung des als Courier von Con-
stantinopel nach Stockholm reisenden schwedischen Majors
Sinclair, in Schlesien bei dem Dorf Zaucha am 17. Jun.
1739, ward 1742, in dem Manifest, von Schweden unter
den Ursachen der Kriegserklärung gegen Ruſsland angeführt.
Büsching’s Magazin, VIII. 309. Schlözer’s Briefwechsel, IV.
243. Europ. Annalen, 1808, IX. 101. F. C. v. Moser’s
kleine Schriften, Th. IV, S. 440 ff. Moser’s Versuch, IV.
620. Ebendess. Beyträge, IV. 560. Merkwürdige, in dem
Archiv der Bastille gefundene InquisitionsActen (Leipz. 1790),
S. 205. — Neuere Beispiele von Beraubung und Ermor-
dung der Couriere, in Klüber’s Kryptographik, S. 35 f.
e)
Moser’s Versuch, IV. 623 f. F. C. v. Moser kleine Schrif-
ten, Th. IV, S. 256 ff. 353. 356. Ausserdem hört im Krieg
die Sicherheit der feindlichen Couriere auf. Ebendas. S.
244 ff.
a)
Moser’s Beyträge, IV. 240. Bielfeld II. 201. §. 10.
b)
Wicquefort, T. I, Sect. 28.
c)
F. C. v. Moser, die Gesandtin nach ihren Rechten und
Pflichten; in s. kleinen Schriften, III. 133 ff. Moser’s Ver-
such, III. 145. IV. 315 ff. Ebendess. Beyträge, IV. 175. 329.
427. 450. Bynrershoer de foro legatorum, c. 15.
d)
F. C. v. Moser a. a. O. S. 149 ff. 151 ff. 166 ff.
e)
De la Maillardière précis du droit des gens, p. 339. F. C.
v. Moser a. a. O. S. 174. 195.
f)
Ausführlich hievon, F. C. v. Moser a. a. O. Moser’s Bey-
träge, IV. 175 — 182. 329. 427. 450.
g)
F. C. v. Moser a. a. O. S. 305 — 309.
h)
Daher, sagt Bynkershoek de foro legatorum, c. 15. §. 4.,
kann man ihre Effecten nicht mit Arrest belegen.
a)
Wicquefort T. I, sect. 28.
b)
Moser’s Beyträge, III. 288. — Im J. 1814 kauften Oest-
reich und England zu Paris Häuser, und bestimmten sie zu
GesandschaftQuartieren.
c)
Moser’s Versuch, III. 152. Ebendess. Beyträge, III. 288.
[313]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
IV. 205. 219 ff. Vergl. hierüber die pariser Verhandlungen
von 1798, zwischen dem Directoire exécutif und dem Con-
seil des cinq cents; in dem Rédacteur du 13 Brumaire an
VII, n° 1052.
d)
Moser’s Beyträge, III. 280 f.
e)
Moser’s Versuch, IV. 264. Ebendess. Beyträge, III. 300.
IV. 205. F. C. v. Moser von den Rechten der Gesandten
in Ansehung der Wappen ihres Souverains; in den wöchentl.
frankfurt. Abhandlungen, 1755, St. 7, u. in Schott’s jurist.
Wochenblatt, III. Jahrgang, S. 600 — 614.
f)
F. C. v. Moser a. a. O. §. 4.
g)
Drei Züge von sechs Pferden. Moser’s Versuch, III. 151.
Vergl. auch Bielfeld, II. 202. sqq.
a)
Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 562. — Jan. Harm. Loh-
man
diss. de diverso mandatorum genere, quibus legati con-
stituuntur, et obligatione quae ex iis oritur. Lugd. Bat.
1750. 4. Bielfeld a. a. O. II. 164. §. 4. 183. §. 6. 7. 8.
v. Römer a. a. O. S. 146.
b)
Beispiele von beiden, bei Lohman diss. cit. c. 2. §. 6. 7. —
Der Plenipotentiarius hat mandatum cum libera, scil. po-
testate agendi.
c)
Von der seltensten Art, ist das Mandatum s. actus ad omnes
populos. Zwei Beispiele in Lamberty mémoires, VIII. 748.
[315]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
IX. 653. Sneedorf essai d’un traité du stile des cours, P.
spéc., art. 1, §. 20 et suiv.
d)
Marselaer de legato, lib. II. Diss. 6. Wicquefort, P. I.
Sect. 15. Lohman diss. cit. c. 2. §. 3. J. G. Estor progr.
de jure poscendi auctoritatem publicam, quam litteras vo-
cant credentiales, a legatis (Jen. 1740. u. in s. Comment.
et Opusc. Vol. I. P. 2. n. VIII.), §. 36. sq.
e)
Grotius lib. III. c. 22. §. 4. Lohman diss. cit. cap. 4. §. 2. sqq.
Anders Bynkershoek quaest. jur. publ. lib. II. c. 7.
f)
Der Gesandte ist seinem Souverain verpflichtet, nach Ei-
nigen ex mandato. Wicquefort T. I. Sect. 16. p. 392. Byn-
kershoek
quaest. juris publ. lib. II. c. 7. Nach Andern ex
jussu. Pufendorf de J. N. et G. lib. V. c. 4. §. 5. Boecler
diss. de relig. mandat., in s. Opusc. T. I. Nach Andern ex
jussu, wenn er dessen Unterthan ist, ex mandato, wenn er
dieses nicht ist. Lohman diss. cit. cap. 3. §. 2. sqq.
a)
Wicquefort, T. I, ch. 15 et 16. Stieve’s europ. Hof-
Ceremoniel, Th. III, Cap. 3, §. 4, S. 238. Gutschmid diss.
cit. §. 27.
b)
Von den Förmlichkeiten s. man C. A. Beck’s Versuch einer
StaatsPraxis, Buch V, Cap. 1, S. 225 ff. Cap. 3, S. 253 ff.
Dan. Nettelbladt s. potius resp. F. J. E. Eisenberg, diss.
de forma litterarum credentialinm legatorum (Hal. 1753. 4.);
cap. 2. et 3. Sneedorf a. a. O., P. spéc., ch. 1, art. 1.
Formulare bei Estor l. c. §. 39. sqq.
c)
Lohman diss. cit. cap. 2. §. 3. 4. 8. — Auch erhielten ehe-
hin die französischen Gesandten eine lettre de cachet (an-
derswo lettre de chancellerie genannt), und eine lettre de
la main. Die erste ward bei der ersten PrivatAudienz, die
andere bei der ersten öffentlichen Audienz überreicht. Cal-
lières
a. a. O. ch. XI.
d)
Callières a. a. O. ch. XI. Politische Unterhandlungskunst,
Cap. 11, S. 130 ff. Dan. Nettelbladt diss. cit. §. 5.
e)
Gewöhnlich dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten.
J. F. Jugler diss. de litteris legatorum credentialibus (Lips.
1742), §. 9. Moser’s europ. Völkerrecht, Buch III, Cap. 14.
Ebendess. Versuch, III. 241. Bielfeld T. II. p. 183. §. 7.
f)
Z. B. bei Gesandten an die Eidgenossenschaft, in Hinsicht
auf die Gesammtheit und die einzelnen Cantone, alle, einen,
oder etliche; ehedem in der Republik Polen, nicht nur bei
dem König, sondern auch bei den Reichsständen. Beck
a. a. O. S. 240, §. 21. — Von NebenCreditiven, even-
tuellen Creditiven, und Creditiven der LegationsSecretäre,
ebendas. §. 22 — 24, S. 241 ff.
a)
z. B. an den Prinzen Regenten, an die Gemahlin des Sou-
verains, an den Thronfolger, an den Minister der aus-
wärtigen Angelegenheiten, in Constantinopel jedesmal an den
GroſsVezir, ehedem in den Vereinigten Niederlanden an den
Erbstatthalter.
b)
Beck a. a. O. S. 243, §. 26.
a)
Wicquefort, T. I, ch. 14. Callières a. a. O. ch. XII.
Pecquet a. a. O. p. 53. sqq. Bielfeld, II. 180. Neyron
principes du droit des gens, §. 173 — 175. Die politische
Unterhandlungskunst, Cap. 8, S. 115 ff. Lohman diss. cit.
c. 2. §. 9. 10.
b)
Von dem Inhalt und den Förmlichkeiten der Instructionen,
s. man Beck a. a. O. Buch V, Cap. 2, S. 245 ff. Pütter’s
jurist. Praxis, I. 232. Walsingham maximes politiques, p.
503 et suiv. — Interessante Instructionen findet man ge-
druckt in verschiedenen gesandschaftlichen Mémoires, z. B.
von Walsingham, Richelieu, Avaux, Estrades, Walpole,
Torcy, Rusdorf
, d’Éon. Auch eine von Kaiser Ferdinand II.
in Khevenhüller’s annal. Ferdinandeis, Th. XII, S. 1392 ff.
und in Leyser’s meditat. ad Pandect. Sp. 671. med. 16. Eine
französische von 1609, von dem Präsidenten Jeannin, bei
Wicquefort, T. II, Sect. 9, p. 101. sq. Eine englische von
1570, für Walsingham, ebendas. T. II. Sect. 1. p. 6. An-
dere findet man in Rousset recueil, V. 301. VII. 18. XI. 355.
[319]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
u. in F. C. v. Moser’s kleinen Schriften, III. 357. — Eine
Sammlung auserlesener geheimer Instructionen, wäre ein
Schatz für politische Unterhändler und für die Geschichte.
c)
Die politische Unterhandlungskunst, S. 217 ff. Lohman diss.
cit. c. 2. §. 9. Lord Chesterfield’s Briefe an seinen Sohn
Stanhope, Th. III, Brief 189.
a)
Man s. unten, §. 212 ff.
b)
Besondere Vorschriften über diese Gegenstände, enthält meist
die Instruction eines ordentlichen Gesandten, oder ein eigenes
Reglement für die Gesandschaften desselben Staates. — Von
der Ordnung in den Geschäften, s. Wicquefort T. II. Sect. 2.
p. 110.
c)
Vergl. unten §. 212. Merlin in d. angef. Répertoire,
v. Légalisation. — Franzosen im Ausland, können adop-
tiren, sich verheurathen, überhaupt alle auf den CivilStand
sich beziehenden Rechtsgeschäfte vornehmen, bei dem da-
selbst residirenden französischen Gesandten. Merlin a. a. O.,
v. Etat civil et Mariage, sact. IV, §. 2, n° 9.
a)
Von den gesandschaftlichen Depeschen, Wicquefort T. II,
sect. 10, p. 102. Bielfeld II. 182. §. 4. 186. §. 13. — 17.
Die politische Unterhandlungskunst, Cap. 17, S. 171. Cal-
lières
a. a. O. ch. 19.
b)
Wicquefort, T. II, sect. 16. p. 192. Schmalz europ. Völ-
kerrecht, S. 96 ff.
a)
J. L. Klüber’s Kryptographik, Lehrbuch der Geheimschrei-
bekunst (Chiffrir- und Dechiffrirkunst) in Staats- und Pri-
vatgeschäften. Mit Tabellen und 6 Kupfertafeln. Tübingen
1809. gr. 8. Die politische Unterhandlungskunst, Cap. 18,
S. 184. Bielfeld, II. 190. §. 19. sqq. Callières a. a. O.
ch. 20.
b)
Bielfeld, II. 189. §. 18. u. 204. §. 16.
c)
Klüber’s Kryptographik, S. 31 u. 64. — Verwahrungs-
mittel gegen unmerkliche Eröffnung der Depeschen, ebendas.
S. 49 — 56.
a)
Von dem Verhalten des Gesandten bei diesen Unterhand-
lungen, s. Wicquefort, T. II, sect. 3 — 8. Callières, ch.
[324]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
16. 17. Pecquet, p. 78. sqq. Die politische Unterhand-
lungskunst, S. 147 ff. 158 ff. — Wicquefort (II. 6.) giebt
folgende GeneralRegel für den Gesandten: „que la sonction
principale consiste à entretenir la bonne correspondance
entre les deux princes: à rendre les lettres, que son maistre
escrit au prince, auprès duquel il réside: à en solliciter la
réponse: à observer tout ce qui se passe en la cour où il
négocie: à protéger les sujets, et à conserver les interests
de son maistre“.
b)
Die Republik Venedig hatte für Conferenzen mit auswär-
tigen Gesandten ein Collegium bestimmt, das aus weniger
nicht als 26 Mitgliedern bestand.
c)
So ehehin die Republik der Vereinigten Niederlande.
a)
Wicquefort, T. II, sect. 2. p. 14.
b)
Von Audienzen, Wicquefort, T. I, sect. 19. p. 229. Mo-
ser
’s Versuch, III. 245. 248. Ebendess. Beyträge, III. 401.
408. Bynkershoek quaest. juris publ. lib. II. c. 7. Vergl.
unten §. 223 f.
c)
Von eigentlicher Unterhandlung, ist in öffentlichen Audien-
zen nicht leicht die Rede. Scherzhaft handelt von ihnen,
Bynkershoek in quaest. jur. publ. lib. II. c. 6. in s. Operib.
omn. II. 248.
d)
Von der Etiquette bei diesen Audienzen, unten §. 224.
a)
Vattel, liv. IV, ch. 6, §. 70. L. C. Schröder elem. juris
nat. soc. et gent. §. 1103. Höpfner’s Naturrecht, §. 224.
Henr. Cocceji diss. de repraesentativa legatorum qualitate,
Heidelb. 1680. 4. u. in s. Exerc. T. I. n. 38. — Einige
legen nur den Gesandten vom ersten Rang Repräsentativ-
Charakter bei. C. G. Gutschmid diss. de praerogativa or-
dinis inter legatos, §. 26. 39. Auch manche Andere ver-
stehen unter dem gesandschaftlichen RepräsentativCharakter
ausschliessend den Inbegriff von Ehrenvorzügen, welcher den
[327]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Gesandten vom ersten Rang zusteht, weil sie hierin ihren
Constituenten gleichgestellt würden. Allein nirgend genies-
sen Gesandte vom ersten Rang hierin völlige Gleichstellung
mit ihren Constituenten, sondern nur den höchsten Grad
des gesandschaftlichen Ceremoniels, welcher verschieden be-
stimmt ist.
b)
Die Meinungen der Publicisten sind verschieden. Einige
nehmen einen dreifachen RepräsentativCharakter an; we-
sentlichen, natürlichen, und zufälligen. Der erste beziehe
sich auf Vertretung des absendenden Staates durch den Ge-
sandten in allen gesandschaftlichen Angelegenheiten; der an-
dere beziehe sich auf die dem Gesandten, wegen der na-
türlichen Gleichheit und Freiheit seines Staates, zukommen-
den natürlichen Rechte; der dritte gehe hervor aus dem
Inbegriff von zufälligen Rechten (Rang, Titel, Ehrenbezeu-
gungen), welche dem Gesandten theils durch dessen Anneh-
mung in der ihm von seinem Constituenten beigelegten Ei-
genschaft, theils durch besondere Verträge zugestanden wer-
den. v. Römer’s Grundsätze über die Gesandschaften, S.
108 — 112. — Andere geben dem Gesandten einen zwei-
fachen Repräsentativ
Charakter; einen natürlichen oder we-
sentlichen, und einen beigelegten oder zufälligen. Unter
jenem verstehen sie den stellvertretenden, unter diesem den
CeremonielCharakter. E. C. Westphal instit. juris nat. §. 1288.
Gros Lehrb. der philos. Rechtswissensch. §. 446. — Noch
Andere sprechen dem Gesandten allen RepräsentativCharakter
ab, wenn nicht Verträge dafür sprechen. C. G. Rössig diss.
de jure asyli legatorum, §. 6. p. 8. sq.
a)
Schriften in v. Ompteda’s Lit. II. 566. u. v. Kamptz neuer
Lit. §. 227. J. G. Uhlich, citirt oben §. 169, Note b.
b)
Die Grenzlinie zwischen einer PrivatBeleidigung des Ge-
sandten, und einer Beleidigung in seiner gesandschaftlichen
Eigenschaft, ist in dem concreten Fall bisweilen schwer zu
ziehen. Vergl. v. Römer, S. 301.
c)
L. ult. D. de legation. L. 7. D. ad L. Jul. de vi publ.
Henr. Cocceji diss. de legato inviolabili. Heidelb. 1684. u.
in s. Exercit. Vol. I. n. 50. Ejusd. diss. de legato sancto
non impuni. Francof. ad. Viadr. 1699. 4. Jo. Jac. Leh-
mann
diss. de vero atque certo sundamento jurium ac spe-
ciatim sanctitatis legatorum. Jen. 1718. 4. D. H. Kemmerich
von der Unverletzbarkeit der Gesandten. Erlangen 1710. 4.
J. Hogeveen diss. legationum origo et sanctimonia. Lugd.
Bat. 1763. 4. J. G. Waldin diss. de legati admissi et non
admissi inviolabilitate. Marb. 1767. 4. H. F. Kahrel diss.
de sanctitate legatorum. Marb. 1769. 4. Grotius lib. II
c. 18. §. 4. n. 5. Wicquefort, T. I, sect. 29. Huber de
jure civitatis, lib. III. sect. 4. c. 2. §. 12. De Real, science
du gouvernement, T. V, Sect. 7. Merlin, in d. angef. Ré-
pertoire, T. VIII, p. 255 et suiv. Noch andere Schriften,
bei v. Ompteda II. 568. Waldin jus legationis universale,
Sect. V. et XI. v. Römer a. a. O. S. 295 ff.
d)
Bynkershoek de foro legator. c. 1., in s. Operib. omn.
II. 147.
e)
Unter andern gehört dahin die Sicherheit seines Brief-
wechsels
, nicht nur auf der öffentlichen Post, sondern auch
durch Estafetten und Couriere. Moser’s Versuch, IV. 144.
— Nach dem natürlichen Völkerrecht, kann dem Gesandten
das Recht der Selbsthülfe gegen seine Beleidiger nicht ver-
sagt werden. v. Römer, S. 298. Andere verweisen ihn zu-
vörderst zur Anklage oder Beschwerde; womit wenigstens
die neuere Praxis meist übereinstimmt. v. Pacassi a. a. O.
S. 167. — Beispiele von Insultirung der Gesandten; des
venetianischen in Madrid, 1597, Roth’s Archiv f. d. Völkerr.,
Heft I, S. 76; des russischen Gesandten Mantueof in Lon-
don, 1708, Kemmerich a. a. O. S. 39 ff. Neuere Beispiele,
[330]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
in Moser’s Beyträgen, IV. 154 ff. 170 ff. und bei Merlin
l. c. — Von der Unverletzbarkeit des Gefolges, s. Moser’s
Versuch, IV. 320. — Beispiele von Beschwerden und Ge-
nugthuung wegen Beleidigung gesandschaftlicher LivreeDie-
ner. Moser’s Beyträge, IV. 249 ff. 252 ff.
f)
Die Anfangs- und Endpuncte dieser Unverletzbarkeit, wer-
den dem Gesandten durch eigene Reisepässe bestimmt und
gesichert. v. Römer a. a. O. S. 141 — 144. Befindet er bei
seiner Ernennung sich ohnedem schon im Lande, so ist der
Anfang zu rechnen von der Annahme seines Creditivs.
g)
So schon die Römer. L. ult. D. de legationib. Vergl. auch
Moser’s Versuch, IV. 140. IX. 1. 40. Nur die osmanische
Pforte pflegt meist in diesem Fall den Gesandten einzuthür-
men, als Geissel für die Verträge; wodurch er zugleich
gesichert ist gegen die Wuth des Pöbels. Le Bret’s Ma-
gazin zum Gebrauch der Staaten- und Kirchengeschichte,
Th. II. (1772), S. 205 ff. — Achtmonatliche Gefangenschaft
des schwedischen Gesandten Coyet zu Copenhagen, während
des schwedisch-dänischen Kriegs, 1658. v. Ompteda’s Lit. II.
571. n. 1.
a)
Z. B. in Ansehung öffentlicher Abgaben, des Hausgottes-
dienstes, des AsylRechtes, der Polizeivorschriften, u. d.
b)
Nach dem allgemeinen Völkerrecht, schränken einige diese
Exterritorialität ein, auf die Verrichtung der dem Gesand-
ten übertragenen Geschäfte. Höpfner’s Naturrecht, §. 227.
v. Martens Einleit. in d. europ. VR. §. 212. Dagegen s.
[332]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
Achenwall jur. nat. P. II. §. 253. sq. Schröder l. c. §.
1107. sqq. Gros a. a. O. §. 447.
c)
Achenwall l. c. §. 253. Namentlich seine Wagen (§. 208 c).
Von den Gesandten der t. Bundesstaaten am Bundestage,
s. Klüber’s öffentl. Recht des t. Bundes, §. 130.
d)
Bynkershoek de foro competente legatorum, c. 9. §. 7.
Merlin, Répertoire, T. VIII, p. 276 et suiv., n° 14. Zu
Cassel ward 1763 ein holländischer Gesandter, Graf von War-
tensleben, welcher in Privatgeschäften sich dort aufhielt, in
Beziehung auf diese Geschäfte verhaftet. Moser’s Versuch,
III. 104. IV. 130. 167. Ebendess. Beyträge, IV. 161. Mercure
historique et polit. 1764, T. I, p. 101 et 104. T. II, p. 375.
Waldin jus legationis universale, p. 89. — 104. v. Kamptz
neue Lit., S. 261, Num. 7, u. S. 262 f. Num. 9, 10 u. 13.
e)
Leyser medit. ad Pandect., Spec. 672. Die oben §. 176,
Note b u. d angef. Schriften von Achenwall u. Rau. Vergl.
oben, §. 176, 79, Note b, u. 223, Note b.
f)
Merlin, Répertoire, v. Domicile. Seine Abwesenheit darf,
weder ihm nützen, noch Andern schaden. L. 180. D. de
regulis juris.
g)
Barbeyrac, in seinen Noten zu Bynkershoek de foro le-
gatorum, ch. 10, §. 3. Merlin l. c. T. VIII, p. 279, §. 5.
a)
Auch verbotene Waaren, zu eigenem Gebrauch, kann ein
Gesandter frei einführen, wenn nicht das Gegentheil zur
Bedingung seiner Annahme gemacht ist.
b)
F. C. v. Moser von der Zoll- und Accisfreiheit der Ge-
sandten; in s. kleinen Schriften, Bd. VII, S. 1 — 166. J. F.
Reitemeier über Zollfreiheit der Gesandten. v. Römer a. a. O.
S. 346 ff. Callières a. a. O. ch. 9. Merlin, in dem angef.
Répertoire, T. VIII, p. 278 et suiv. v. Pacassi a. a. O.
S. 267 ff. v. Ompteda’s Lit. §. 257. v. Kamptz neue Lit.
§. 252.
c)
F. C. v. Moser’s kleine Schriften, Th. VII, S. 43.
a)
Moser’s Versuch, IV. 145.
b)
J. C. W. v. Steck von einem Gesandten, der Handlung
treibt; in s. Ausführungen polit. u. rechtl. Materien (1776),
S. 197 — 202. Vattel, liv. IV, ch. 7, §. 105. 113. 114.
Bynkershoek de foro legatorum, c. 14.
c)
v. Moser a. a. O. §. 4, 9, 14, 19 ff. S. 5, 10, 17, 34.
Moser’s Beyträge, IV. 197. v. Pacassi a. a. O. S. 267 ff.
De Martens recueil, IV. 516. — In einigen Staaten läſst
die Regierung jedem Gesandten, nach Verhältniſs seiner
Rangelasse, ein für allemal, oder jährlich, eine bestimmte
[335]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Summe auszahlen, als Abfindung für seine Zoll- und Accise-
freiheit. So ehedem in Madrid und Genua, auch in Wien.
Eine königlich-spanische Verordnung vom Oct. 1814, giebt
den fremden Gesandten eine Frist von sechs Monaten, zu
abgabenfreier Einbringung ihrer Effecten. Eine ähnliche
Verfügung enthält für Ruſsland, eine an die dortigen frem-
den Gesandten adressirte Note des Finanzministers vom Febr.
1817, in v. Martens recueil, Supplément, VII. 96. — Von
Miſsbräuchen, s. F. C. v. Moser a. a. O. §. 9, S. 10.
d)
F. C. v. Moser a. a. O. §. 6, S. 8.
e)
F. C. v. Moser a. a. O. §. 12 — 17, S. 14 ff. Moser’s Ver-
such, IV. 303. — Militärische Einquartierung wird in ein
GesandschaftQuartier nicht gelegt, aber der Eigenthümer des
Hauses muſs da, wo solche als RealLast betrachtet wird,
Vergütung dafür leisten, oder die Mannschaft anderswo un-
terbringen.
a)
Presbeuta de jure legationum stat. imp. §. 110. Wicque-
fort
, T. I, sect. 28. p. 414. Real, science du gouverne-
ment, T. V, Sect. 7. Christian Thomasius de jure asyli le-
gatorum aedibus competente (Lips. 1689. 4. rec. Lips. 1718.
u. Hal. 1714 u. 1730. 4. Auch in dessen Dissert. Lipsiens.
p. 1103.), §. 14. sqq. Vattel, liv. IV, ch. 9, §. 117. Mo-
ser
’s Versuch, IV. 310 ff. 313 ff. v. Römer a. a. O. S. 375 ff.
Merlin, in dem angef. Répertoire, T. VIII, p. 279 et suiv.
— Von Durchsuchung des GesandschaftQuartiers. Moser’s
Versuch, IV. 303 ff. und der Wagen (ehedem in Venedig
der Gondeln) des Gesandten. Vattel a. a. O. §. 119. F. C.
v. Moser’s kl. Schriften, VII. 147. Moser’s Beyträge, IV.
152. — Angebotene Genugthuung wegen Durchsuchung des
GesandschaftQuartiers, zu Paris 1749, Mercure hist. et pol.
1749, I. 661; zu St. Petersburg 1752. Moser’s Versuch, IV.
307. Genugthuung wegen Wegnehmung eines Stallmeisters
des französischen Gesandten aus dessen Quartier in London,
1764. Moser’s Versuch, IV. 324 ff. — Tumultuarische Auf-
tritte in GesandschaftQuartieren, zu Madrid, 1597, Roth’s
Archiv für das Völkerr. Heft I, S. 76; zu Constantinopel
1763 — 1777, Moser’s Beytr. IV. 213 ff.; in Rom 1797,
Büsch Welthändel, S. 800; 1798 in Wien, Polit. Journal,
1798, April, S. 433. — Zuweilen unterhält ein Gesandter
eine eigene Druckerei in seinem GesandschaftQuartier. Vergl.
unten §. 110, Note g.
b)
Geschichte dieser ausgedehnten QuartierFreiheit in Rom,
und ihrer Aufhebung, bei Real a. a. O. Sect. 7. Uhlich,
les droits des ambassadeurs, p. 138. Büsch Welthändel,
S. 227. v. Ompteda’s Lit. II. 574. Bulle deſshalb von In-
nocenz XI. v. 1687, bei Schmauss C. J. G. I. 1069. Von
Streitigkeiten darüber, zwischen dem päpstlichen Hofe und
dem
[337]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
dem französischen, s. man Meusel’s Geschichte von Frank-
reich, Th. IV, S. 635 f. — Aufhebung in Spanien 1594,
u. durch eine Verordn. v. 1684.
a)
Schriften von dem AsylRecht, in Pütter’s Lit. des t. Staatsr.
Th. III, §. 1288, u. in Klüber’s neuer Lit. des t. Staatsr.
S. 413. — J. Th. B. Helfrecht von den Asylen. Hof
1801. 4. Pfeffinger Vitriar. illustr. III. 1254 — 1271. Mo-
ser
’s Staatsr. V. 286. Ebenders. von Gnadensachen, S. 84.
Merlin in d. angef. Répertoire, T. VIII, p. 280 et suiv.
Insbesondere Christ. Thomasius diss. ad §. praeced. cit. Jac.
Ge. Rutgers van Boezeluer diss. quatenus legatorum aedes
jure asyli gaudeant. Lugd. Bat. 1754. 4. Ol. Toerne, praes.
Jo. Upmarck diss. de franchisia quarteriorum s. jure asyli
apud legatos. Upsal. 1706. 8. C. G. Roessig diss. de jure
asyli legatorum secundum jus gentium absolutum dubio. Lips.
1787. 4. (Klüber’s jurist. Bibl. XV. 299.) — Daſs das ge-
sandschaftliche AsylRecht in dem natürlichen Völkerrecht ge-
gründet sey, behaupten Kulpis tr. de legat. stat. c. 20. §. 11.
Real, science du gouvernement, T. V, Sect. 8. Dawider
s. man Grotius lib. II. c. 18. §. 8. c. 21. §. 5. Thomasius
diss. cit. §. 20. sqq. Bynkershoek de foro legatorum, cap. 21.
Roessig diss. cit. §. 3. sqq. Vattel, liv. IV, ch. 9, §. 118.
v. Martens Einleit. in das VR. §. 217.
b)
Vergl. v. Martens Erzählungen u. s. w., Th. I, Num. 9. —
Die meisten nehmen an, daſs die Ortsobrigkeit das Hôtel
des Gesandten, wohin der Verbrecher sich geflüchtet, mit
Wache umstellen, aber in dasselbe nicht eindringen dürfe,
sondern bei dem Gesandten, und im Fall seiner Weigerung
bei dessen Souverain, um Auslieferung anhalten müsse. Vergl.
v. Pacassi a. a. O. 255. Daſs sie geradezu durch Gerichts-
diener die Auslieferung verlangen, dann im Weigerungsfall
sofort nicht nur Haussuchung thun, sondern auch die Ver-
brecher oder Verdächtigen herausholen dürfe, nöthigen Falls
mit Gewalt, doch mit möglichster Schonung des Gesandten
und seiner Leute, behauptet Rössig diss. cit. §. 9. sqq. —
Verordnungen wider das AsylRecht der Gesandten, por-
[339]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
tugiesische v. 1748, in Moser’s Beytr. IV. 209. Von Schwe-
den, Dänemark, Venedig, s. Mercure hist. et polit. 1748,
I. 53. 205. Lamberty T. II. p. 185. Mercure hist. et pol.
1745, I. 519. Vergl. auch Pacassi a. a. O. S. 262. Im Sept.
1815, erklärte der Cardinal StaatsSecretär, auf päpstlichen
Befehl, daſs das bis dahin den zu Rom residirenden Ge-
sandten zugestandene AsylRecht sich auf ihr Gesandschaft-
Quartier und auf blosse Polizeivergehen (délits correction-
nels) beschränken solle.
c)
Beispiele von gewaltsamer Abholung: des Duc de Ripperda
1726 zu Madrid, de Montgon mémoires, T. I, n° XI, XII
et XIII. Merlin l. c. p. 281. v. Pacassi a. a. O. S. 269 f.;
aus Venedig 1745 und 1769, Moser’s Versuch, IV. 299 ff.,
u. von 1770, Moser’s Beytr. IV. 212 f.; aus London, v. Hert-
lein
über die wesentl. Rechte der Majestät (Wirzburg 1787.
8.), S. 294. — Wegnehmung aus dem Wagen eines Ge-
sandten zu Rom. Vattel a. a. O. §. 119. — Auftritte in
Rom 1749 und Stockholm 1748, Moser’s Beyträge, IV. 265 ff.
und in Copenhagen 1789. Nouvelles extraordinaires, 1789,
n° 26 et 27. Suppl.
a)
Schriften über diesen streitigen Gegenstand, in v. Ompteda’s
Lit. II. 579 f. u. in v. Kamptz neuer Lit., §. 256. — Die
wichtigste und umfassendste ist, Corn. van Bynkershoek de
foro legatorum, tam in causa civili quam criminali, liber
singularis. Lugd. Bat. 1721. 8. Auch in seinen von Franz
Carl Conradi herausgegebenen Opusculis, und in s. Ope-
ribus omnib. T. II. (Lugd. Bat. 1767. fol.), p. 143 — 184.
Auch französisch: Traité du juge compétent des Ambassa-
deurs, traduit du latin de M. Bynkershoek, par Jean Bar-
beyrac
. à la Haye 1723. 8. édit. 2. 1727. 8. und bei ver-
schiedenen Ausgaben des Ambassadeur, par Wicquefort. Eine
neue franz. Uebersetzung, à la Haye 1783. 4. Jo. Ambrosius
de judice competente legatorum eorumque comitum. Viennae
1774. 8. Real, science du gouvernement, T. V, sect. 9.
Merlin in d. angef. Répertoire, T. VIII, p. 259 et suiv.
v. Martens Erzählungen u. s. w. Th. I, Num. 3. — Eine
Sammlung verschiedener Meinungen über diesen Gegenstand,
liefern Bynkershoek l. c. c. 24. und v. Römer in s. Grund-
sätzen über die Gesandschaften, S. 313.
b)
Vergl. Moser’s Versuch, IV. 331. — Von Streitigkeiten
der Gesandten mit den OrtsPolizeibehörden, s. Moser’s Bey-
träge, IV. 159 ff. 248 ff.
c)
Bynkershoek c. 15.
d)
Ad. Ignat. Turini diss. de illibata exemtione legatorum a
jurisdictione loci, ubi resident, in causis civilibus. Erford.
1772. 4. — Eine Wiederklage muſs ein Gesandter sich eben
so wohl, wie jeder Andere, gefallen lassen. Paullus in L. 22.
D. de judiciis. Merlin l. c. p. 271.
e)
C. Wildvogel diss. de testamento legati. Jen. 1711. 4. J. F.
Kayser diss. de legato testatore. Giess. 1740. 4.
f)
Car. Frid. Pauli s. resp. Guil. Wild diss. de obsignatione
rerum legati ejusque comitatus. Hal. 1751. 4. Moser’s Ver-
such, IV. 569 ff. Ebendess. Beyträge, IV. 363 ff. v. Kamptz
neue Lit., S. 268. — Päpstliche Anmassung, zu Rom 1687.
v. Römer, S. 428. — Eine bestimmte Vorschrift enthielt
die kaiserliche Wahlcapitulation, seit 1790, Art. 25, §. 7. —
Von den bei der teutschen Bundesversammlung accreditirten
Gesandten, s. Klüber’s öffentliches Recht des t. Bundes, §. 128.
a)
Bynkershoek, c. 14. v. Steck’s Ausführungen (1776), S. 17.
Merlin in d. angef. Répertoire, T. VIII, p. 268 et suiv.
b)
Bynkershoek, c. 11. F. E. de Pufendorf obss. juris uni-
versi, T. IV. obs. 100. v. Martens Erzählungen u. s. w.,
Th. I, Num. 3. Merlin l. c. T. VIII, p. 266. — Beispiel
von einem holländischen LegationsSecretär zu Cassel 1764.
Moser’s Versuch, IV. 529.
c)
Bynkershoek, c. 16. §. 15. c. 22. et 23. v. Römer a. a. O.
S. 328 ff. Vergl. auch C. F. Glück’s Erläuterung der Pan-
dekten, Bd. Il, Th. 1, §. 206. Grolman’s Theorie des ge-
richtl. Verfahrens in bürgerl. Rechtsstreitigkeiten (3. Aufl.
1810), §. 49. 50. Casp. Matth. Müller diss. de foro legati
contrahentis. Rost. 1704. 4. — Ohne Einwilligung seines
Souverains, kann ein Gesandter auf seine Unabhängigkeit
nicht verzichten, und sich der Landesgerichtbarkeit unter-
werfen. Bynkershoek, c. 23. §. 7. Vattel, liv. IV, ch. 8,
n° 3.
d)
Bynkershoek, c. 22. Merlin l. c. T. VIII, p. 266 et suiv.
— Ein Beispiel oben §. 204, Note d. — Andere Beispiele
von Arrestverfügungen gegen die Person eines Gesandten,
oder seine Effecten, s. in Moser’s Versuch, IV. 120. 139.
422. u. in Ebendess. Beyträgen, IV. 159. 167.
e)
Vergl. den folg. §. — Namentlich nicht wegen Schulden,
gleichviel ob er sie vor oder während seiner Gesandschaft
gemacht hat. Grotius lib. II. c. 18. §. 9. Selbst nicht wegen
Wechselschulden. Schott’s jurist. Wochenbl. Th. I, S. 173.
Scherer’s Handb. des Wechselrechts, Th. III, S. 622. Pütt-
mann
’s adversaria lib. III. p. 224. Riccius exercitatt. jur.
camb., Exerc. II. §. 11. J. Th. Roth’s Archiv für das Völ-
[344]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
kerr., Heft 1, S. 93. Merlin l. c. T. VIII, p. 261 et suiv. —
Angemaſste Verhaftnehmung des russischen Gesandten Man-
tucof zu London, wegen Schulden, und darauf erfolgte
Genugthuung, 1708. Kemmerich von der Unverletzlichkeit
der Gesandten, S. 39 ff. Merlin l. c. p. 262 et suiv. —
Beispiel verweigerter Pässe, wegen noch nicht erfolgter
Schuldenzahlung, in Moser’s Versuch, IV. 545 ff.
f)
Brittische ParlementsActe, 10 Anna (1711), Cap. 7. Por-
tugies. Verordn. v. 1748. Preuſs. Declaration v. 24. Sept.
1798, in der Preuſs. EdictenSammlung für 1798, Num. 73,
S. 1760, wo nur gegen durchreisende Gesandte Arrestver-
fügung erlaubt wird.
g)
In dem siebenjährigen Krieg, unterhielt der preussische
Gesandte zu Regensburg, in seinem GesandschaftQuartier,
eine eigene Druckerei. — Im Sept. 1815, machte in Rom
der Cardinal StaatsSecretär, auf Befehl des Papstes, be-
kannt, daſs das Vorrecht, eine eigene Druckerei zu halten,
wie solches in dem Palast des spanischen Botschafters aus-
geübt worden, aufgehoben sey.
a)
Bynkershoek l. c. cap. 17. — 19. Casp. Matth. Müller diss.
de foro legati delinquentis. Rost. 1704. 4. Abr. Dan. Cla-
vel
a Brenles diss. de exemtione legatorum a foro eriminali
ejus ad quem missi sunt. Marb. 1741. 4. v. Ompteda’s Lit.
II. 581. v. Kamptz neue Lit. §. 238.
b)
Bynkershoek, c. 20.
c)
Anders in England. CriminalProceſs gegen den französi-
schen Gesandten zu London, Grafen v. Guerchy, auf des
Ritters d’Éon Anklage wegen versuchter Vergiftung, 1765.
Moser’s Versuch, IV. 119. Beyträge, IV. 155. Roth’s Archiv
für das Völkerr., Heft I, S. 71. v. Archenholz England u.
Italien, Bd. I, Th. 2, S. 290 f. Rössig diss. de jure asyli
legator. p. 6. sq.
d)
Beispiel am sardinischen Hofe, 1778, in Moser’s Beyträgen,
IV. 277.
e)
Vergl. Grotius lib. II. c. 18. §. 4. n. 5. sq. Callières a. a. O.
ch. 9. Leyser Spec. 672. G. S. Treuer’s Beweis, daſs es
nicht wider das Völkerrecht sey, bei gewissen Umständen
einen fremden Gesandten zu arretiren (Zweite Ausg. Frankf.
u. Leipz. 1745. 4. Auch französisch: S’il est permis de faire
arrêter un Ambassadeur? à Helmstädt 1745. 4.), S. 5 ff.
Jäger, ob ein Souverain berechtigt sey, fremde Gesandte
arretiren zu lassen, in Schott’s jurist. Wochenblatt, Bd. I,
S. 157 — 176. Moser’s Versuch, IV. 377. Beyträge, IV. 293.
Merlin, Répertoire, T. VIII, p. 271 et suiv. Schriften in
v. Ompteda’s Lit. §. 253, u. in v. Kamptz neuer Lit. §. 228. —
Vorgang zu St. Petersburg mit dem königlich ‒ ungarischen
Gesandten, Marquis de Botta d’Andorno, 1743, Moser’s Ver-
such, IV. 382. Ebendess. Beyträge IV. 304. Adelung’s
Staatsgeschichte, Th. III, Abth. 2, S. 289. Th. IV, S. 137.
258. Vorfall mit dem französischen (noch nicht legitimirten
Gesandten) Marquis de la Chetardie, 1744, Moser’s Versuch,
IV. 331. 417. Ebendess. Beyträge, IV. 325. 367. Adelung
a. a. O. Th. IV, S. 134. Russische Günstlinge (Tüb. 1809.
8.), S. 187 f. Vorgang zu Stockholm mit dem russischen
Gesandten, Grafen v. Rasumowsky, 1788, Polit. Journal
1788, S. 795, 817, 830. Andere Beispiele bei Jäger a. a. O.
S. 172 ff. — Von Personen aus dem Gefolge, s. den folg. §.
— Von Verhaftnehmung eines durchreisenden Gesandten, oben
§. 176, Note d.
f)
Urtheil Heinrichs IV. bei Roth a. a. O. S. 73 f. — Bei-
spiele von Staatsverbrechen, deren Gesandte beschuldigt wor-
den sind, und zum Theil auch Verhaftnehmung der letzten;
ältere bei Wicquefort und Bynkershoek; neuere, der schwe-
dischen Gesandten v. Gyllenborg in London, und v. Görtz
im Haag 1717, Voltaire histoire de Pierre le Grand, T. II,
ch. 8, p. 99. Lamberty mémoires, T. I. v. Ompteda’s Lit.
II. 571. Num. 2 — 6; des spanischen Gesandten, Prinzen
v. Cellemare, zu Paris 1718, Mémoires de la régence du
Duc d’Orléans, II. 153. v. Ompteda II. 572. n. 7; des fran-
zösischen Gesandten, Marquis de Monti, zu Danzig 1733,
Faber’s europ. StaatsCanzley, Th. 65, S. 558 — 616, v. Om-
pteda
II. 572. n. 8 — 11; des durch die hannöverischen Lande
ohne Paſs reisenden französischen Gesandten, des Marschalls
[347]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Duc de Belle-isle 1744, v. Ompteda II. 573, N. 13. v. Kamptz
neue Lit., S. 262, Num. 5 — 8. Treuer a. a. O. S. 33 — 44.
Merlin l. c. p. 273 et suiv.
a)
Gewöhnlich wird einem Gesandten von seinem Souverain
bloſs eine CorrectionalGerichtbarkeit, eine gewisse Zucht-
gewalt, übertragen, über alle Personen, die zu seinem Haus-
staat gehören. — Ueber diese oft bestrittene Frage, s. man
Bynkershoek de foro competente legatorum, c. 15. et 20.
§. 24. Gérard de Rayneval institutions du droit de la na-
ture et des gens, p. 366 et suiv. Dictionnaire des arrêts,
par Brillon, v. Ambassadeur. Merlin in dem angef. Ré-
pertoire, T. VIII, p. 285 et 286 et suiv. Sam. Frid. Wil-
lenberg
diss. de jurisdictione legati in comites suos. Gedani
1705. 4. Jac. Carmon diss. de jurisdictione in legatos eorum-
que comites. Jen. 1738. 4. Anon. diss. de judice competente
legatorum eorumque comitum. Vienn. 1774. 8. (Vergl. Allgem.
deutsche Biblioth., Bd. 31, S. 153.) Grotius lib. II. c. 18.
§. 8. v. Steck von der Gerichtbarkeit der bei der osmani-
schen Pforte stehenden Botschafter, Gesandten, Consuln; in
s. Versuchen (1783), S. 88 — 95. Beispiel aus London 1764.
Moser’s Versuch, IV. 324 ff. — Für die blossen Schutz-
angehörigen
eines Gesandten, kann diese Befreiung nicht in
Anspruch genommen werden. Moser’s Beyträge, IV. 290 f.
257 ff. Vergl. oben §. 189.
b)
Chr. Wildvogel diss. de testamento legati. Jen. 1711. 4.
J. F. Kayser diss. de legato testatore. Giessae 1740. 4.
c)
De Steck essais sur divers sujets (1779), p. 36 — 38.
a)
Moser’s Versuch, IV. 323. — Doch räumen auch die Ge-
sandten nicht selten der OrtsPolizeibehörde, wenigstens still-
schweigend, eine gewisse Amtsgewalt ein, bei Polizeifreveln,
welche ihre Dienstleute ausser dem GesandschaftQuartier be-
gehen. Moser’s Beyträge, IV. 243 ff. — Händel zwischen
[350]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
dem Gesandten und seinem Gefolge. Moser’s Beyträge, IV.
245. Versuch, IV. 323. — Faustkampf zwischen drei fran-
zösischen Gesandten zu St. Petersburg, 1748. Mercure hist.
et polit. 1748, T. I. p. 50.
b)
Bynkershoek l. c. cap. 20. Vattel liv. 4, ch. 9, n° 124.
Dictionnaire des arrêts, par Brillon (nouv. édit.), v. Am-
bassadeur. Merlin l. c voc. Ministre public, Sect. 6, §. 5.
c)
Beispiele in Moser’s Beyträgen, IV. 257. Merkwürdiges Bei-
spiel zu Constantinopel, 1749, in Moser’s Versuch, IV. 329.
d)
Eigene Bestimmung in dem Fr. v. Kaimardgi 1774, Art. 6.
De Martens recueil, IV. 615. — Als 1791 ein LivreeJäger
des preussischen Gesandten, Grafen v. Brühl, in einem Gast-
hof zu München sich entleibt hatte, lieferte man den Leich-
nam dem Gesandten nicht aus; man unterschied zwischen
dem eigentlichen Gefolge und der übrigen Suite, wohin
HausOfficianten und LivreeDiener gehörten, und über wel-
che dem Gesandten keine Gerichtbarkeit gebühre. Der Ge-
sandte verlieſs deſswegen den Hof, ohne Abschied zu neh-
men. Vergl. Polit. Journal 1791, März, S. 322. Als im
Dec. 1812 der LivreeJäger des baierischen Gesandten zu
Berlin, einen LivreeDiener desselben Gesandten ausserhalb
des GesandschaftQuartiers ermordet hatte, und der Gesandte
den Mörder in diesem Quartier hatte verhaften lassen, über-
lieſs der preussische Hof die Untersuchung und Bestrafung
dem Hof des Gesandten, weil der Verbrecher kein preus-
sischer Unterthan, und dort stets im Dienste des Gesandten
gewesen sey; er ward daher unter baierischer MilitärBe-
gleitung nach München abgeführt, aber das berliner Stadt-
gericht besorgte die Besichtigung des Leichnams und das
Verhör der Zeugen des Vorgangs. Gazette de Francfort,
1813, n° 18. — Haben Dienstleute eines fremden Gesandten,
vorzüglich solche die seinem Staat als Eingebohrne nicht
angehören, ein Vergehen oder Verbrechen ausserhalb des
GesandschaftQuartiers begangen, so kann der Gesandte, ob-
gleich strengrechtlich dazu befugt, deren Auslieferung an
die Gerichtsbehörden des Orts selten verweigern, ohne wi-
der die Schicklichkeit zu verstossen, und ohne das Gehässige
der Straflosigkeit auf sich zu laden, die hiedurch fast immer
Personen zu Theil würde, welche mehr oder weniger straf-
bar sind. Man s. Merlin a. unten a. O.
e)
An sich sollte dieses keinen Unterschied machen. Bynkers-
hoek
c. 15. Daher sollte man Befreiung von der Landes-
gerichtbarkeit denjenigen nicht versagen, die vor ihrem Ein-
tritt in den Dienst des fremden Gesandten, Unterthanen des-
jenigen Souverains waren, an welchen dieser gesendet ist.
Merlin in d. angef. Répertoire, T. VIII, p. 286, Sect. VI.
Gérard de Rayneval, institutions du droit de la nature et
des gens, p. 368. Indeſs behauptet Barbeyrac, in seinen
Anmerkungen zu der angef. Stelle Bynkershoek’s, daſs die
inländischen Dienstleute eines fremden Gesandten, den Ge-
richten ihres Landes unterworfen bleiben.
a)
Bynkershoek c. 15. et 20. Moser’s Versuch, IV. 322 ff.
v. Martens Erzählungen u. s. w., Th. I, Num. 1; Th. II,
Num. 7, 14 u. 15. v. Ompteda’s Lit. §. 255. v. Kamptz
neue Lit. §. 230. — Grosse Gewalt der türkischen Gesand-
ten. Moser’s Beyträge, IV. 256. — Manche Publicisten
scheinen, ausser der allgemeinen Genehmigung der gesand-
schaftlichen Exterritorialität, noch eine besondere Einwil-
ligung des Staates, wo der Gesandte residirt, zu Ausübung
der ihm von seinem Souverain übertragenen Gerichtbarkeit
[352]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
für nöthig zu halten. Adr. Kluit historiae federum Belgii
federati primae lineae. T. II. c. 10.
b)
Code de la compétence des autorités constituées de l’Empire
français, par Y. C. Jourdain (à Paris 1811. 8.), T. II,
p. 405. — Vollstreckung eines Todesurtheils in einem Gesand-
schaftQuartier, ist unerhört, etwa ein türkisches ausgenom-
men. Moser’s Beyträge, IV. 256.
a)
Just. Henning. Böhmer diss. de privatis legatorum sacris
(Hal. 1713. 4. rec. ib. 1721 u. 1729. 4.), cap. 2. §. 13. sqq.
v. Römer’s Grundsätze über die Gesandschaften, S. 363 ff. —
Ausser-
[353]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Ausserdem vergl. man v. Ompteda’s Lit. II. 575 f. v. Kamptz
neue Lit. §. 231. Uhlich, les droits des ambassadeurs, ch. 5.
p. 61. sqq. Moser’s Versuch, IV. 155 ff. Ebendess. Bey-
träge, IV. 183 ff. C. Thomasius diss. de jure asyli legatorum
aedibus competente, §. 19.
b)
Theils durch Gesetze, wie in Dänemark (1676) und Schwe-
den (1719 u. 1720), theils durch Verträge, ausdrückliche
oder stillschweigende. Das letzte war besonders schon oft
der Fall in Ansehung der Gesandten, namentlich auch der
Consuln, in dem Gebiet der Pforte und der afrikanischen
Staaten. Moser’s Versuch, IV. 156. — Unruhen wegen der
in Cöln von dem preussischen Residenten v. Diest gehaltenen
reformirten PrivatGottesverehrung, 1708. Glafey’s Völkerr.
S. 488 ff. Rink’s Leben K. Josephs II., Th. II, S. 461.
Boehmer diss. cit. c. 2. §. 18. sqq. Uhlich a. a. O., p. 73.
c)
Als Joseph II. den augsburgischen ConfessionsVerwandten
zu Wien Privatübung ihrer Religion gestattet hatte, erklärte
er, daſs nun den Gesandten dieser Religion eigene Haus-
Religionsübung nicht mehr gestattet werde. — In Constan-
tinopel hat die russische Gesandschaft nicht nur eine eigene
GesandschaftCapelle, sondern auch eine selbst erbaute öf-
fentliche Kirche griechischer Religion unter ihrem Schutz.
Fr. v. Kainardgi 1774, Art. 7. 14. De Martens recueil,
IV. 615. 621.
a)
Moser’s Versuch, IV. 183 ff. 226 ff. Ebendess. Beyträge,
IV. 185. 183. — Von der Capelle. Moser’s Versuch, IV.
178. 217. — Von der Sprache, in welcher die Gottesver-
ehrung zu halten ist. Moser’s Versuch, IV. 181. 221. Ver-
tragmäsige Abwechslung in der Sprache, in der schwedischen
GesandschaftCapelle zu Paris. Schlözer’s Briefwechsel, Th.
III, S. 76. Moser a. a. O. 222. Daſs die Sprache des Lan-
des, wo der Gesandte residirt, nicht gebraucht werden dür-
fe, behauptet Pacassi a. a. O. S. 237 ff. Dawider s. v. Rö-
mer
S. 365 f.
b)
Moser’s Versuch, IV. 181 ff. 183 ff. 222 ff. Ebendess. Bey-
träge, IV. 185. 188. Böhmer l. c. cap. 2. §. 25.
c)
Moser’s Versuch, IV. 190. F. C. v. Moser’s kleine Schrif-
ten, Bd. II, S. 306. — Ob auch die Gemahlin des Gesand-
ten, wenn sie anderer Religion ist, als dieser, zu eigener
PrivatReligionsübung berechtigt sey? oben §. 191.
a)
Encyclopédie methodique; Diplomatique, T. I. p. 136. sqq.
Lünig’s theatr. cerem. I. 772 — 786. Vergl. die Schriften
oben §. 245, u. in v. Ompteda’s Lit. §. 245, u. v. Kamptz
neuer Lit. §. 217.
a)
F. C. v. Moser’s actenmäsige Geschichte der Excellenz-
Titulatur und der hierüber entstandenen Streitigkeiten; in
s. kleinen Schriften, Th. II, S. 100 — 558, Th. III, S. 1 — 132.
Abhandl. über den ExcellenzTitel; in König’s Select. jur.
publ. T. V. p. 353. Repertorium des Staats- u. Lehnrechts,
voc. Excellenz. v. Ompteda’s Lit. §. 244. v. Kamptz neue Lit.
S. 254.
b)
v. Moser a. a. O. II. 152 ff. 168 ff. Moser’s Versuch, III. 45.
IV. 53. Ebendess. Beyträge, IV. 116. Gutschmid diss. cit. §. 33.
c)
Moser’s Versuch, IV. 504 ff.
d)
v. Moser a. a. O. Th. II, S. 117 — 151.
e)
J. J. Moser von der Excellenz der Gesandten vom zweiten
Range. (Ohne Druckort) 1783. 8. Ebendess. Versuch, III. 45.
Nachtrag zu der Moserschen Abh. von der Excellenz der
Gesandten vom zweiten Range. 1784. 4. — Im J. 1807, gab
der französische Minister der auswärtigen Angelegenheiten,
Fürst von Benevent (Talleyrand), auch Gesandten vom
zweiten Rang solcher rheinischen Bundesfürsten, welche Mit-
glieder des fürstlichen Collegii sind, die Excellenz. Rhein.
Bund, IX. 447. Von seinem Nachfolger hingegen, s. ebendas.
XIII. 135.
a)
Dafür gilt im Zweifel schon die Ordnung, in welcher die
mehreren Gesandten in der Vollmacht oder in dem Creditiv
benannt sind. Aus dem in dem §. angegebenen Grund, geht
ein päpstlicher Legat einem Nuncius, ein ausserordentlicher
Nuncius einem ordentlichen vor. Eben so ein ausserordent-
licher Botschafter dem ordentlichen Botschafter desselben
Hofes (Lünig’s Theatr. cerem. I. 368.), obgleich alle diese
Gesandten zu Einer Classe gehören. Sendet ein Hof mehrere
Gesandte von gleichem Rang und Titel an Einen Ort, so
bestimmt er selbst ihre Rangordnung. Gutschmid diss. cit.
§. 36. 39.
b)
Vergl. Gutschmid diss. cit. §. 20. 22. 26. 30. — Der Titel,
welchen ein Gesandter ohne Beziehung auf seine Sendung
von seinem Souverain erhalten hat, z. B. der Titel Staats-
minister, bestimmt seinen gesandschaftlichen Rang nicht, ob-
gleich ihm deſswegen das Prädicat Excellenz zukommen kann,
auch dann wenn es ihm als Gesandten nicht gebührt. Vergl.
Gutschmid l. c., §. 24. — Auch der Geburtstand eines Ge-
sandten, ist ohne Einfluſs auf seinen gesandschaftlichen Rang.
Moser’s Versuch, III. 504.
c)
Gutschmid l. c. §. 37. — Doch wird auch hierüber zu-
weilen gestritten, z. B. zwischen Gesandten verschiedenen
Grades, wenn derjenige des geringern Grades von einem
Souverain geschickt ist welcher königliche Ehre genieſst,
der andere von einem solchen welcher diese Ehre nicht
genieſst. Die westphälischen, nimwegischen und ryswiki-
schen Friedenshandlungen liefern Beispiele. Man s. auch
Sam. Pufendorf de rebus gestis Friderici Wilh. elect. bran-
denb., lib. XVI. §. 53. sq.
d)
Seit 1653 war in der Wahlcapitulation des römisch-teutschen
Kaisers (in der neuesten, Art. III, §. 19) festgesetzt, daſs an
dem römisch ‒ kaiserlichen Hof die kurfürstlichen Gesandten
erster Classe, den Rang unmittelbar nach den Botschaftern
der recht titulirten und gekrönten regierenden ausländischen
[359]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Könige, vor allen Gesandten auswärtiger Republiken, haben
sollten. Bis dahin hatte vorzüglich die Republik Venedig
den Vorzug für ihre Gesandten behauptet. Vittorio Siri
Mercurio, T. V. P. 2. (Casale 1653.), p. 311. sqq. Moser’s
teutsches Staatsr. Th. 34, S. 167 — 183. — Den päpstlichen
Nuncien, räumten zeither die Botschafter katholischer Sou-
veraine den Vorrang ein: nicht so die Botschafter protestan-
tischer Souveraine. Wahl- und KrönungsDiarium K. Carl’s VII.
S. 77. — Bestreitet ein Staat das Recht eines andern Staates,
Gesandte vom ersten Rang zu schicken, und nimmt von die-
sem ein dritter Staat dergleichen Gesandte an, so muſs die-
ser ihnen, auch im Verhältniſs zu den Gesandten des wider-
sprechenden Staates, den Rang der ersten GesandschaftsClasse
einräumen.
a)
Kluge Vorschriften enthält die Instruction für die spanischen
Gesandten zu Münster 1643, in Gärtner’s westphäl. Friedens-
Canzley, Th. II, Num. 116, S. 299. Vergl. auch de Cal-
lières
a. a. O. ch. 10. Wicquefort T. I. sect. 24. 25. Rous-
set
Mémoires sur la préséance, ch. 7 et 28.
a)
Obgleich der römisch-teutsche Kaiser an seinem eigenen
Hofe den Kurfürsten in Person den Vorrang nicht einräum-
te, so thaten es doch seine Botschafter in eigenem Hause
gegen die kurfürstlichen Botschafter. Gutschmid l. c. §. 31.
not. h.
b)
Vergl. Vittorio Siri a. a. O. p. 377. Moser’s Zusätze zu
seinem teutschen Staatsr., I. 344. Wahl- und Krönungs-
Diarium K. Carl’s VII., I. 205.
a)
Sogar vor Kurfürsten und Fürsten, an welche sie gesendet
waren, haben manche kaiserliche und königliche Botschafter
den Rang verlangt. F. C. v. Moser’s kleine Schriften, Th. VII,
S. 190 ff.
b)
Von dieser Frage s. man Wicquefort, T. I, sect. 20, p. 275.
Moser’s teutsches Staatsrecht, Th. 33, S. 455. Th. 44, 8.
458 ff. Ebendess. Zusätze hiezu, Th. I, S. 283 ff. Byn-
kershoek
quaest. juris publ. lib. II. c. 9. in s. Operib. omn.
T. II. p. 254.
c)
Ein päpstliches Breve von 1750 behauptet für die Cardinäle
den Vorrang. Mercure hist. et polit. 1751, I. 382. Beispiele
in Moser’s Versuch, IV. 52. Ebendess. Beyträge zu dem
Gesandschaftsr., S. 100.
a)
Die oben §. 90 angef. Schriften. Joh. Finet’s (Ceremonien-
meisters in England, unter der Regierung Jacobs I. u. Carls I.)
auserlesene Anmerkungen, betreffend die Reception, Präce-
denz, Tractirung, Audienzen, wie auch vorgefallene Klei-
nigkeiten und Streitigkeiten zwischen auswärtigen Gesandten
in Engelland, mit e. Vorr. des Hrn. Prof. Treuer, und aus
d. Engl. ins Teutsche übers. durch C. H. Neubauer. Braunschw.
1728. 8. Das Original führt den Titel: Philoxenis: Som
choice observations of Sir John Finet — — toching the re-
ception and precedence, the treatment and audience, the
puntillios and contests of forren Ambassadors in England.
Lond. 1656. 8. Moser’s Versuch, III. 235. IV. 46. Ebendess.
Beyträge, III. 228. Von dem wiener Hofe, Moser’s Staats-
recht, Th. III, S. 128.
b)
Moser’s Versuch, III. 237. 251. 260. Ebendess. Beyträge,
III. 304. 309. Finet a. a. O. S. 43. 79. — Seit dem son-
derbaren Vorfall zu London 1661, werden die ankommen-
den oder abreisenden Gesandten selten mehr von den bei
demselben Hof oder an demselben CongreſsOrt residirenden
Gesandten feierlich eingeholt oder begleitet. Real, science
du gouvernement, V. 309. Ein Beispiel von 1785 zu Ma-
drid, bei dem Einzug des portugiesischen Gesandten. Nou-
velles extraord. 1785, n° 31. — Hinreise und Ehrenbezeu-
gungen auf derselben. Moser’s Versuch, III. 153. Ebendess.
Beyträge, III. 159.
c)
Vergl. oben §. 209. Moser’s Versuch, III. 245. 253. IV. 56.
Ebendess. Beyträge, III. 294. 401. 412. Bielfeld, II. 211.
et suiv. Encyclopédie méthodique; Diplomatique, T. I, u.
Dictionnaire de Jurisprudence, v. Audience. Beschreibung
der öffentlichen Audienz, welche der König von Frankreich
dem Herzog von Wellington, ausserordentlichem Botschafter
Groſsbritanniens, zu Paris am 24. Aug. 1814 ertheilte; in
[365]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
dem Moniteur universel von 1814, n° 237, und in dem Jour-
nal de Francfort von 1814, n° 242.
d)
Moser’s Beyträge, III. 143 ff.
e)
Moser’s Versuch, IV. 59. — Von PrivatAudienzen, ebendas.
III. 248.
f)
Moser’s Beyträge, IV. 408. Ebendess. Beyträge zum Ge-
sandschaftsrecht, S. 145. Wiener HofCeremoniel von 1752;
Mercure hist. et polit. 1744, II. 443; 1753, II. 629; 1754,
I. 428. II. 455.
g)
v. Martens Einleit. in das VR. §. 204.
a)
Finet a. a. O. S. 43 ff. 47. 63. 67. 69. 73. 250.
b)
Moser’s Versuch, IV. 53. Roth’s Archiv f. d. Völkerrecht,
Heft I, S. 91 ff. — Das Bedecken des Hauptes unterbleibt
bei dem Papst. Bei einer Kaiserin oder Königin, macht der
Gesandte bloſs eine Bewegung mit dem Hut, als wolle er sich
bedecken, ohne es jedoch wirklich zu thun. Roth a. a. O.
S. 92. Siebenkee’s neues jurist. Magazin, Bd. I, S. 392. Man
s. jedoch Finet a. a. O. S. 231.
c)
Von dem Introducteur des ambassadeurs, dessen Stelle zuwei-
len der OberCeremonienmeister, der Oberkammerherr u. s. w.
vertritt. Encyclopédie méthod.; Diplomatique, T. III. p. 67. —
In Constantinopel, wird der Botschafter und der Gesandte vom
zweiten Rang vor der Audienz mit dem Caftan (CeremonienKleid)
bekleidet. Lünig’s theatr. cerem. I. 1745. Bielfeld, II. 212.
a)
Zu Wien wurden, im J. 1776, die Residenten für appar-
tementfähig erklärt. Moser’s Beyträge, IV. 498. In Madrid
[368]II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
wurden, seit 1783, auch Chargés-d’affaires dem König vor-
gestellt. An dem Hofe Napoleon’s zu Paris, erschienen nicht
nur die Gesandten aller Classen, sondern auch die Legations-
Secretäre. — Streit über einen Gegenstand dieser Art, zwi-
schen Preussen und Ruſsland, 1750. Adelung’s Staatsgeschich-
te, Th. VII, S. 136.
b)
F. C. v. Moser von den militärischen Ehrenbezeugungen
der Gesandten; in s. kleinen Schriften, VI. 347.
c)
J. J. Moser von dem Recht und der Gewohnheit mit sechs
Pferden zu fahren; in s. Abhandlungen verschiedener Rechts-
materien, St. I, S. 126—138. Verordn. in Lissabon von
1752, in Moser’s Beyträgen, IV. 117.
d)
Moser’s Versuch, IV. 54. F. C. v. Moser’s Hofrecht, Th. II,
S. 328. Beylagen, S. 28.
e)
Moser’s Beyträge, IV. 116.
f)
Mémoires et négociations du chev. d’Éon, p. 96. Moser’s
Versuch, IV. 531. Beyträge, IV. 131. 432—450. — Auch
die Gemahlin und der LegationsSecretär erhalten zuweilen
Geschenke. Moser’s Beyträge, IV. 180. 227. 450. 451. —
Manche Staaten gestatten die Annehmung solcher Geschenke
nicht, ohne ihre besondere Erlaubniſs. Moser’s Beyträge,
IV. 482. Kluit primae lineae hist. federum Belgii federati,
II. 570.
a)
Moser’s Versuch, III. 240.
b)
Moser’s Versuch, III. 256 ff.
c)
Auf dem ryswiker FriedensCongreſs ward einmüthig fest-
gesetzt, daſs alle Notificationen der Ankunft der Gesandten,
und alle CeremonielBesuche und Gegenbesuche unterbleiben
sollten. Actes de la paix de Ryswik, T. I, p. 19.
a)
Finet a. a. O. S. 260 f. Wicquefort T. I, sect. 21. Cal-
lières
, ch. 10. Gutschmid diss. cit. §. 34. — Die kö-
niglichen Botschafter, besonders die französischen, haben
den später angekommenen republikanischen, die erste Staats-
Visite mehrmal verweigert, namentlich den schweizerischen.
Wicquefort, T. I, p. 286. 292. Callières a. a. O. — Die
kurfürstlichen Gesandten auf Kaiserwahl- und Krönungstagen,
betrachteten sich als daselbst einheimisch, und verlangten
daher, ohne Rücksicht auf frühere oder spätere Ankunft,
von allen fremden Botschaftern den ersten CeremonielBesuch.
Kurfürstl. Conclusum v. 7. Sept. 1745, §. 10. — Einige
Höfe verlangen, daſs auch Botschafter ihrem Minister der
auswärtigen Angelegenheiten die erste Visite machen sollen.
Moser’s Versuch, III. 257. — Von dem Fall, wenn ein Ge-
sandter bei der Ankunft des Botschafters abwesend ist, und
späterhin zurückkommt, s. Mémoires du comte d’Estrades,
T. I, p. 110 et 162 der brüsseler Ausgabe.
b)
Die Ordnung, in welcher die Erwiederung bei den ein-
zelnen Botschaftern erfolgt, hat zuweilen Streit veranlaſst.
[371]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
Gemeiniglich folgt man bei den GegenVisiten derselben Ord-
nung, in welcher man die Visiten erhalten hat.
a)
Dann bedarf es keines RappelSchreibens für den Interims-
Gesandten. Streit darüber in London, zwischen dem Che-
valier d’Éon und dem ordentlichen französischen Gesandten.
Man s. des ersten Lettres, mémoires et négociations, p. 85.
— Venedig pflegte seine Gesandten nie über drei Jahre an
einem Hofe zu lassen. Moser’s Beyträge, IV. 367.
b)
Auflösung oder Verlust der Selbstständigkeit des absenden-
den oder annehmenden Staates; Abdankung (Resignation),
freiwillige oder gezwungene, des absendenden oder anneh-
menden Regenten.
c)
So ist es nach europäischem Völkergebrauch, welcher eine
neue Bevollmächtigung des Gesandten, von oder bei dem
Regierungsnachfolger, fordert. Pecquet a. a. O. p. 115.
Lamberty mémoires, I. 241. Lünig’s litterae procerum Eu-
ropae, T. III. p. 770. 784. Vergl. Pacassi S. 304. v. Rö-
mer
S. 419 f. Nach dem allgemeinen Völkerrecht dauert die
rechtliche Wirkung der Bevollmächtigung, als einer Staats-
handlung, auch unter dem Nachfolger des absendenden oder
annehmenden Souverains fort. — Ist der absendende oder
annehmende Souverain eine moralische Person, so hört die
Gesandschaft nicht auf mit dem Tode der physischen Ein-
zelnen, aus welchen jene Person besteht, selbst nicht des
Vorstehers oder Dirigenten.
d)
Z. B. wegen Unzufriedenheit über das Benehmen des Ge-
sandten, oder seines Staates, oder als Retorsion, als Repres-
salien, wegen bevorstehenden oder ausgebrochenen Kriegs
(§. 228), wichtiger Staatsveränderung, u. d. F. C. v. Moser
von Ausschaffung der Gesandten, und was derselben anhän-
gig; in s. kleinen Schriften, VIII. 81 — 516. IX. 1 — 128.
C. H. Breuning diss. de jure expellendi legatum alterius
[373]III. Cap. Recht d. Unterhandl., ins. durch Gesandte.
gentis liberae. Lips. 1767. 4. u. in s. Opusc. juris nat.,
vol. II. Bielfeld, II. 179. §. 29. Siebenkees neues jurist.
Magazin, I. 400 f. Moser’s Versuch, IV. 414. IX. 1. 40.
164. Polit. Journal, 1788, S. 795. 817. 830. Büsch Welt-
händel, S. 583 (4. Ausg.) Fall mit dem russischen Ge-
sandten in Stockholm, 1808. De Martens recueil, Supplém.
V. 10.
e)
Bielfeld, II. 179. §. 30.
f)
F. C. v. Moser a. a. O. IX. 187 ff. Bielfeld, II. 180.
§. 31. „Quod in itu cautum, et de reditu censeatur“, sagt
Grotius.
a)
Moser’s Versuch, IV. 453—542. Ebendess. Beyträge, IV.
394. 396. 429. 451 ff. 475.
b)
Moser’s Versuch, IV. 542.
c)
Moser’s Beyträge, IV. 467 ff.
d)
C. A. Beck’s StaatsPraxis, S. 244.
e)
Moser’s Versuch, IV. 523 ff. Beyträge, IV. 392 ff.
f)
Moser’s Versuch, IV. 433 ff. Ebendess. Beyträge, IV. 382 ff.
391. 393. 414. — Von Gesandschaften in Kriegszeiten, Mo-
ser
’s Versuch, Th. IX, Bd. 1, S. 163 ff.
a)
Moser’s Versuch, IV. 569 ff. Ebendess. Beyträge, IV. 361 ff.
Siebenrees neues jurist. Magazin, I. 403.
b)
Moser’s Versuch, IV. 571. Ebendess. Beyträge, IV. 366.
c)
Moser, wie lang eines Gesandten Witwe sich ihres ver-
storbenen Gemahls Gerechtsame zu erfreuen habe, in s. Ab-
handlung verschiedener Rechtsmaterien, St. VI, S. 438—444.
Ebendess. Versuch, IV. 571. Leyser medit. ad Pandect.,
Spec. 671. med. 5. J. Guil. Engelbrecht de foro viduae
legati; in s. Obss. select. forens., Spec. IV. obs. 131.
d)
v. Martens Erzählungen u. s. w., Bd. II, Num. 17. — Von
dem Testament eines Gesandten, s. oben §. 209.
e)
Bacquet du droit d’aubaine, ch. 12, n° 2. — Anders ver-
hält es sich mit den Immobilien und Grundrenten, welche
ein Gesandter in dem Lande seiner Residenz hinterläſst.
Merlin, répertoire, T. VIII, p. 255.

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Rechtsinhaber*in
Kolimo+

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2025). Collection 3. Europäisches Völkerrecht. Europäisches Völkerrecht. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bq9w.0