Lieflaͤndiſchen Chronik
Andrer Theil
Liefland
unter ſeinen Herren Meiſtern,
welche
die alte Geſchichte
des Ordens und der benachbarten Voͤlker
erleutert.
mit Zuziehung der gedruckten und ungedruckten Schriftſteller
als fuͤrnemlich
aus einer zalreichen Menge alter Documente im Original, beglaubten Copeien
und andern Abſchriften
zuſammen getragen:
nebſt angehaͤngten Tabellen,
worinne
die Ramen der Erz- und Biſchoͤfe von Riga, Revel, Doͤrpt und
Oeſel, die Sigille der Ordensgebietiger, die Wapen der lieflaͤndiſchen Staͤdte,
das Verzeichnis aller ehemaligen Schloͤſſer,
wie auch
alle zur Zeit des Ordens und nachher gepraͤgte auch noch vorhandene Muͤnzen
aus den beruͤmteſten Cabinetten geſamlet ꝛc.
beſchrieben worden
[][]
Denen
Hochverordneten Obrigkeiten
und
Haͤmtlichen Mitgliedern
eines
Hochanſehnlichen Ritterſtandes
der
zu der vormaligen hochberuͤmten lieflaͤndiſchen Ordensprovinz
gehoͤrigen Herzogtuͤmer
Lief-Eſth-und Curland
wie auch
der Provinz Oeſel
widmet
dieſen andern Theil der lieflaͤndiſchen Chronik
in ſubmiſſem Gehorſam
der Verfaſſer.
[][]
Gnaͤdige Herren,
Ew. Hochwolgebornen geruhen der pflicht-
maͤßigen Zuſchrift dieſes andern Theils der lief-
laͤndiſchen Chronik deſto geneigtere Aufname
zu ſchenken, je naͤher mich mein Beruf ans kaiſerliche Lyceum
zur Hiſtorie, und ſonderlich zur einheimiſchen Geſchichte des Lan-
des verbindet, und welcher wegen Kuͤrze unſrer nicht mehr um
Geld feil ſtehenden Scribenten eine genauere Unterſuchung der
alten Ordensverfaſſung von mir erfordert.
Die Anfechtung wurde im vorigen Jahrhundert manchem
die erſte Lehrmeiſterin der Landesgeſchichte, und Liefland hatte
die betruͤbte Erfarung damals in Haͤnden, was die Gleichguͤl-
tigkeit oder Kaltſinnigkeit gegen dis edle Studium fuͤr uͤble Fol-
gen nach ſich zoͤge. Der Mangel der Huͤlfsmittel aber trug
Schuld, daß ein Cavalier nicht eher an die Hiſtorie ſeines Va-
terlandes mit Ernſt denken konte, als bis er nach Niederlegung
oͤffentlicher Aemter und Kriegesdienſte auf ſeinen Landguͤtern
ein ruhig und unbeſchaͤftigt Alter abwartete. Nunmehr wer-
den auch die juͤngern Gelegenheit haben, ihr Vaterland eigentli-
cher zu kennen, und mit dieſer Kentnis die Reiſen in fremde Laͤn-
der deſto nuͤtzlicher und fruchtbarer anzutreten.
)(Die
[]
Die Verdienſte, Hochwolgeborne Herren, die theils
Dero ruhmwuͤrdige Vorfahren und Anherren, theils Dero
hohen Anverwandte durch das Regiment der Kirche und des
Ordens ſich erworben, bleiben unvergeslich. Die Wirkungen
derſelben liegen am Tage, ob uns gleich die Parteilichkeit oder
Scheelſucht damaliger Geſchichtſchreiber viel namhafte Thaten
verhelet, oder ſie auf der unrechten Seite vorgeſtellet. Haben
nicht dieſe Helden der alten Zeit ein blindes und aberglaͤubi-
ſches Volk von unterſchiedenen Sitten und Sprachen durch
das Gluͤck der Waffen zur Annemung der geoffenbarten Reli-
gion gebracht, und nach den Grundſaͤtzen ihrer Kirche durch
noͤtige Zwangsmittel vor dem oft gewagten Ruͤckfal verwa-
ret? Haben ſie nicht mit Verleugnung aller Gemaͤchlichkeit
und Ruhe ſich an die Spitze der Heere geſtellet, wenn ſie ent-
weder das Chriſtentum auszubreiten oder zu beſchuͤtzen hat-
ten? Und wie gluͤcklich ſind nicht dieſe Unternemungen abge-
laufen, bis die groſſe Vorſicht die Kriegesſchule aͤnderte, und
ihnen unter der Anfuͤrung gekroͤnter Haͤupter andere Ritter-
dienſte anwies?
So viel glorwuͤrdige Koͤnige der Pohlen und Schweden
die einzelnen Theile des alten Lieflandes beherrſchet, ſo viel
Ehrenbuͤhnen oͤfneten ſich dem lieflaͤndiſchen Adel, Uebungen
eines ritterlichen Heldenmuts zu zeigen. Jch berufe mich auf
das Vertrauen der groͤſten Potentaten zu der Pflicht und dem
Wohlverhalten eingeborner Lieflaͤnder, die unter ihren Armeen
Dienſte genommen, und auf dem Bette der Ehren ſichs zur
Unſterblichkeit angerechnet, Blut und Leben fuͤr ihren Koͤnig,
nicht ihre Treue zu verlieren. Wie wichtige Bedienungen des
Staats, des Hofes und Landes in erlauchten Collegien und
Regierungen haben nicht Dero an Wiſſenſchaft und Klugheit
beruͤmte Vorfaren verwaltet, die entweder durch neue Ver-
dienſte den alten Adel erhoͤhet, oder einen neuen auf ihre Nach-
kommen fortgepflanzet? Hier verſchweige ich dieſe Namen, die
in der fernern Folge der lieflaͤndiſchen Chronik eine anſehnliche
Zierde geben, mit Ehrerbietung, aus Beiſorge bey ſo zalreicher
Menge derſelben einige zu uͤbergehen.
Was ſol ich von jenen wohlverdienten Maͤnnern ſagen,
welche das Gluͤck hatten, Zeugen der Siege eines unſterblich
groſſen Petrus zu ſeyn; die dieſem nunmehr verewigten Helde
in ſeinen Feldzuͤgen durch unuͤberſteigliche Gefaͤrlichkeiten nach-
ſchritten, und von ſeiner allerhoͤchſten Perſon die Kriegeskunſt
lernten; die er wuͤrdig fand, ſeiner hohen Weisheit in Rath-
ſchlaͤgen theilhaftig zu machen, und ihnen nach wohlgepruͤf-
ter Faͤhigkeit das Ruder des Regiments und Staats in Mili-
tair- und Civilgeſchaͤften anzuvertrauen? Sie haben den Nach-
ruhm
[] ruhm und Lohn rechtſchaffener Patrioten: und die jetzo von den-
ſelben ſich noch am Leben befinden, werden ihre Verdienſte ums
Reich und das Vaterland nach dem Wechſel der Zeit mit der
Ewigkeit in der Hiſtorie unverweslich erhalten.
Die Ordnung der Gedanken fuͤret mich auf die gluͤckſe-
lige Regierung der unvergleichlichen Eliſabeth, der glorwuͤr-
digſten Kaiſerin und Selbſtherſcherin aller Ruſſen. Sie,
Hochwolgeborne Herren, genieſſen die vorzuͤgliche Gna-
de, der allergnaͤdigſten und ſanftmuͤtigſten Monarchin zur
Hand zu ſeyn, ihren Laͤndern weislich zu rathen, ihre Befele
zu befolgen, ihren Unterthanen Gerechtigkeit zu verſchaffen,
und zum Theil unter ihren Siegesfahnen in Dienſten zu ſte-
hen. Sie widmen nicht nur wackere Soͤhne fuͤr den Staat
und die Heere unſerer allerhoͤchſten Souveraine, ſondern er-
ziehen ſie auch zu dieſen Ehrenaͤmtern gelehrt und rittermaͤßig.
Sie koͤnnen nicht ohne empfindliche Ruͤhrung und Dankbar-
keit bleiben gegen die hoͤchſte Vorſicht GOttes und gegen ſei-
ne Geſalbte, die eine an Verdienſten ſo glaͤnzende Ritterſchaft
bey den theuer hergebrachten Privilegien nicht nur erhaͤlt, ſon-
dern dieſe Freiheiten aufs grosmuͤtigſte vermeret; die den
Wohlſtand des Landes mit ausnemender kaiſerlichen Huld ver-
beſſert und uns den unſchaͤtzbaren Frieden erhaͤlt. Der al-
maͤchtige Arm des Hoͤchſten unterſtuͤtze die Schultern, welche
die Regierungslaſt ſo weitlaͤufiger Reiche und Provinzen tra-
gen, mit auſſerordentlicher Kraft, und begluͤcke das allerhoͤch-
ſte |kaiſerliche Haus mit alle dem Gute, was die von tiefſter
Ehrfurcht und treueſter Liebe geruͤhrte Vaſallen und Untertha-
nen vom Himmel erbitten. GOtt goͤnne auch unſern Nach-
barn die Fruͤchte eines ſo geſegneten Regiments, und laſſe inſon-
derheit Curland unter dem Scepter eines allerweiſeſten Auguſts
bey dem Fette und der Fruchtbarkeit ſeiner Felder mit uns uͤber
die Tage des ewigen Friedens vergnuͤgt und froͤlich ſeyn.
Die Betrachtung ſolcher Vorzuͤge, Hochwolgeborne
Herren, beweget mich, dieſe wenigen Nachrichten, die Krieg,
Brand, Verwuͤſtung und andere Ungluͤcksfaͤlle uns uͤbrig gelaſ-
ſen, Denenſelben zu beſondrer Geneigtheit zu empfelen; weil
ſie auſſer buͤrgerlichen Haͤndeln auch das Andenken Dero beſt-
verdienten Vorfaren der Nachwelt aufheben. Nicht meine
maͤßige Wiſſenſchaft, ſondern Dero edelmuͤtigen Befoͤrderung
iſt es zuzuſchreiben, daß aus der Zeit des Ordens mehreres be-
kant geworden, daß man einige lateiniſche Documente zum Nu-
tzen der ſtudierenden Jugend auf behalten, und daß wir die be-
ruͤmte rußiſche Nation, aus den Zeugniſſen vernuͤnftiger Ge-
ſchichtſchreiber, in ihrer wahren hoͤchſt wuͤrdigen Geſtalt der
)( 2Welt
[] Welt darſtellen koͤnnen. Es wuͤrde aber manches aus den alten
Zeiten in groͤſſere Deutlichkeit geſetzet worden ſeyn, wenn eine
ſo fuͤrtrefliche Ritterſchaft nach dem Exempel des uͤbrigen euro-
paͤiſchen Adels Belieben faͤnde, Dero Geſchlechtsregiſter zum
Gedaͤchtnis ſo hochberuͤhmter Vorfaren im Druck kund zu ma-
chen. Was hier und da dem groſſen Univerſallexico einverlei-
bet worden, iſt zu abgebrochen, und enthaͤlt zu wenig aufs
Ganze, zu geſchweigen, daß dieſes weitlaͤuftige Werk in den
Haͤnden der meiſten Praͤnumeranten ſich unvolſtaͤndig befin-
det. Die andern Familiennachrichten kleinerer Buͤcher zeigen
uns den lieflaͤndiſchen Zweig nur durchs Fernglas, oder beken-
nen ihre Unwiſſenheit, weil ſie erſt aus Liefland den Zuſammen-
hang erwarten.
Die Muͤnzen der Ordenszeit ſind von Liebhabern fleißig
genug geſamlet. Da nun noch eine gute Anzal derſelben zer-
ſtreuet, dieſe aber auſſer ihrer Ordnung und Zeitfolge wenig
vorſtellen: ſo waͤre allerdings zu wuͤnſchen, daß ſie entweder
aus vielen Haͤnden in ein Cabinet geriethen, oder daß eine
hinlaͤngliche und nach den Jahren eingerichtete Samlung an
einem oͤffentlichen Orte zum Beſehen aufgeſtellet, und durch
dieſes Aufheben ihrer Vergeſſenheit und ihrem Untergang ent-
riſſen wuͤrde. Sie ſind die unverwerflichſten Denkmale, daß
Liefland wirklich das geweſen, wie es die Geſchichte be-
ſchreiben.
Jch weis keine angenemere Belonung meiner eigenen Ar-
beit, als Dero Beifal, den mir aufs zuverſichtlichſte ausbitte,
und fuͤr den ich mit begierigſter Gegenerkentlichkeit bin,
Gnaͤdige Herren,
Ew. Hochwolgebornen
Riga, den 25ſten April 1753.
unterthaͤniger und gehorſamſter Diener
Johann Gottfried Arndt.
[]
Vorrede.
Die Seltenheit unſerer Geſchichtſchreiber kan die Ausar-
beitung einer neuen Ordensgeſchichte von Liefland
zur Gnuͤge rechtfertigen, die bey ſo bewandten Um-
ſtaͤnden keine unnoͤthige Arbeit ſeyn kan. Wenige Lieb-
haber beſitzen die theuren Werke des Huitfelds, des
Pontanus und Chytraͤus, welche Schriftſteller doch noch nicht einmal
zur Hauptabſicht gehabt, die Haͤndel des lieflaͤndiſchen Ordens aus-
fuͤhrlich zu erzehlen. Die Menge der pohlniſchen und preußiſchen Ge-
ſchichtſchreiber treiben ſie gleichfals bey andern Materien nur als ein Ne-
benwerk. Die ſo den Staat von Rusland beſchrieben, bleiben nur bey
den neueſten lieflaͤndiſchen Begebenheiten. Unſere einheimiſchen Ge-
ſchichtſchreiber, Ruſſow*) und Kelch**), ſind bey uns ſo ſelten, daß ſie auf
aden
[]Vorrede.
den oͤffentlichen Buͤcherauctionen um 3 bis 4 Dukaten erſtanden werden;
daher ſie ſchwerlich jungen Leuten in die Haͤnde gerathen; zu geſchweigen,
daß ſie ſich bey den Zeiten des Ordens nur kurz aufgehalten. Die beiden
Herren Schurtzfleiſche*) in Wittenberg haben zwar die Ordensge-
ſchichte eigentlich zu ihrem Zweck erwehlet**); allein die Huͤlfsmittel, de-
ren ſie ſich bedienet, waren nicht von der Beſchaffenheit, daß ſie dieſelbe zu-
verlaͤßig darnach abhandeln konten.
Nachdem der koͤnigliche grosbrittanniſche geheime Juſtizrath, Hi-
ſtoriographus, und Bibliothekarius zu Hannover, Herr Daniel Gru-
ber, durch ſeine Entdeckungen in den Originibus Liuoniae der Ordenshi-
ſtorie von Liefland die Bahn gebrochen; ſo ſchien es nicht ganz unmoͤglich,
dieſen Fuſtapfen nachzuſpuͤren, zumal da in dem ſchoͤnen gruberſchen
Werke eine ganze Bibliothek zur lieflaͤndiſchen Hiſtorie angewieſen wor-
den. Der Herr Rittmeiſter Otto Magnus von Aderkas auf Kuͤrbis
bot auch gleich aus freien Stuͤcken durch Vorſchub gedruckter und unge-
druckter Schriftſteller, die nur einiger maaſſen in die Geſchichte des Landes
einzuſchlagen ſchienen, die erſte huͤlfreiche Hand dazu an. Wir haben eine
ſo ruͤmliche Beihuͤlfe nicht obenhin angenommen, ſondern ſie zur Ermun-
terung gebraucht, ſelbſt Hand ans Werk zu legen, und ſind aus mehr
als einer Bibliothek mit den benoͤthigten, theils geſuchten, theils unge-
ſuchten Huͤlfsmitteln verſehen, und alſo zur Ausarbeitung dieſes Theils
gleichſam berufen worden.
Die Quellen, daraus die Geſchichte des Ordens geſchoͤpfet werden
muſte, und worauf alles ankam, waren verſiegen, oder doch hinter ſolche
Zaͤune verleget, zu denen der Zugang hoͤchſt ſchwer war. Man hatte uns
zwar
**)
[]Vorrede.
zwar dieſen und jenen Canal angewieſen: allein wie ſolten ſolche kleine
Stroͤmgen das leere Meer der hiſtoriſchen Begebenheiten fuͤllen koͤnnen,
welches durch gar zu ſtarke und oͤftere Ableitungen bis auf den Grund
ausgetrocknet war? Der wichtigen und ſchon bekanten Zerſtoͤrung des al-
ten erzbiſchoͤflichen Archivs zu Kokenhauſen nicht zu gedenken, ſo hat die
buͤrgerliche Geſchichte durch den 1532 entſtandenen Brand in Riga und
den Verluſt der Gildeſtubenbuͤcher einen anſehnlichen Abgang erlitten.
Aus dem rigiſchen Archiv holten die Pohlen 1620 ein ſtark Packet Ori-
ginale weg. Jm Jahr 1621 wurden aus Mitau durch die Schweden
viele daſelbſt verwarte lief- und eſtlaͤndiſche Documente nach Stock-
holm gebracht, dergleichen 1710 den oͤffentlichen Archiven der Regierung,
des Burggerichts und des Conſiſtorii zu Revel ſo gar mit Wegnehmung
aller hiſtoriſchen Privatſamlungen in Eſtland wiederfuhr. Jm Jahr
1674 den 9ten Febr. gerieth das Obertheil des rigiſchen Rathhauſes in
Brand, wodurch die Protocolle bis 1660 zu Aſche wurden, welchen Ver-
fal der Hr. Oberpaſtor, Mag. Brever in einer beweglichen Predigt uͤber
AmosVII, v. 4. 5. 6 den Tag darauf beklagte. Laut des hard-
tiſchen Verzeichniſſes giengen recht alte und wichtige lieflaͤndiſche Brief-
ſchaften bey ploͤtzlicher Abbrennung des koͤniglichen Schloſſes zu Stock-
holm 1697 in Rauch auf, die uns 3 Jahrhunderte hindurch Licht gege-
ben haͤtten. Weil auch bey den unruhigen Kriegeszeiten das Ritterſchafts-
archiv von Haus zu Haus, ja wol gar zu Lande herum wandern muͤſſen,
ſo iſt manches ſchoͤne Original daruͤber verloren gegangen. Denn ob ſich
wol dann und wann ein Ulyſſes nach langen Umſchweifen und zwar ganz
unkentlich wieder zu Hauſe eingefunden; ſo haben doch viele durch die uͤble
Haushaltung des Mars ihren Reſt, oder in den Briefladen der Privat-
leute ein unrecht angewieſenes Quartier bekommen, und in ſolchem un-
ſchuldig vermodern muͤſſen.
Dieſer Verluſt waͤre einigermaſſen zu verſchmerzen, wenn ſich die al-
ten Aufſaͤtze der Pfaffen finden wolten, welche zur Zeit der Ordensregie-
rung merkwuͤrdige Veraͤnderungen erlebet haben. Auch dieſen Papieren
haben die Regenten das Garaus gemacht. Der culmiſche Kanzler Lu-
cas David berichtet, daß der Orden alle preußiſche Chroniken auſſer
den Duisburger und Jeroſchin verbrant habe. Der Hochmeiſter Mi-
chael von Sternberg lies alle Chroniken vertilgen, weil ſie den Hußiten
das Wort redeten, daher viele ihre Chroniken vermaurten. An Kettlern
ſelbſt haben manche bemerken wollen, daß er keine Chroniken leiden koͤn-
nen, weil die Moͤnche gemeiniglich der Cleriſey Recht gegeben.
Die Privilegien der Staͤdte, ſo die Vorſicht ihres Magiſtrats meh-
rentheils in Urſchriften aufgehoben, gehen hie und da in Abſchriften durch
die Haͤnde, und erlauben uns noch einige Blicke in die verloſchenen Zeiten
des Alterthums. Doch liegen noch manche unter dem Namen der henſi-
ſchen Vertraͤge, oder wolmerſcher und wendenſcher Receſſe, in ſtarken
Stoͤſſen unaufgeloͤſt und unberuͤret. Sie werden auch in dieſer langen
Ruhe ungeſtoͤrt bleiben. Jhre Schrift erfordert mehr als 2 Augen, und
die Durchſicht derſelben eine Freiheit von andern oͤffentlichen Geſchaͤften.
Da ſie keinen andern Gehalt als ein kleines Vergnuͤgen fuͤr die Neubegier-
de gewaͤhren, ſo duͤrfte wol der Tag ihrer Auferweckung ſo bald noch
nicht anbrechen.
Bey ſo oftmaliger Ausleerung der Archive koͤnnen die einheimiſchen
Urkunden wenig Stof zur Hiſtorie ertheilen. Es iſt daher kein Wunder,
wenn die zahlreiche Samlung unſerer Handſchriften nichts beſonders ent-
haͤlt, und die Liebhaber der Hiſtorie die angewandten Schreibekoſten als
a 2ein
[]Vorrede.
ein anſtaͤndiges Almoſen anſehen muͤſſen. Wir berufen uns auf die Erfah-
rung aller geſchickten Kenner, ob ſie in dergleichen Abſchriften was anders
finden, als eine magere Geſchichte der alten Zeiten, die ihres gezerreten
und uͤbel ausgedehnten Vortrags halber mit altvaͤteriſchen Formeln we-
nig oder nichts ſagen, und einen lehrbegierigen Leſer von einem Blat zum
andern auf ein leeres Jch weis nicht warten laſſen. Jn dem vorigen
Jahrhundert, da das Chronikenſchreiben in Liefland recht zur epidemi-
ſchen Krankheit geworden, haben die Verfaſſer nicht fuͤr die gelehrte Welt,
ſondern zu ihrem Zeitvertreib geſchrieben, oder nur die Abſicht gehabt, die
Begebenheiten ihrer Zeiten zu bemerken; daher ſie entweder die alte Hi-
ſtorie fluͤchtig uͤberhuͤpfen, oder den alten Ruſſow und Henning bald ſtuͤck-
weiſe, bald ganz ausſchreiben, nach dem einer vor dem andern was zuſam-
menhaͤngendes liefern wollen. Selbſt Neuſtaͤdt bindet ſich im Anfang
ſeiner Geſchichte an keine Ordnung, und Thomas Hiaͤrne*), der unſern
Livius vorſtellet, bringt auſſer den kurzen Auszuͤgen aus der gruberi-
ſchen Handſchrift und den daͤniſchen Geſchichtſchreibern wenig erhebli-
ches von der Regierung der Erzbiſchoͤfe und des Ordens vor. Hierzu
komt noch, daß ſeine Handſchrift in denen Documenten aus dem Huitfeld
und Pontanus durch unlateiniſche Schreiber oft bis zur Unverſtaͤnd-
lichkeit gemishandelt worden.
Solchen Hauptmaͤngeln der Handſchriften haben gelehrte und tuͤchti-
ge Maͤnner durch Hervorſuchung der noch vorhandenen oder auswerts be-
findlichen Urkunden abzuhelfen geſucht. Weil aber hierdurch die Hiſtorie
ein geraumiges Feld bekommen, und die letzten Jahre von 1560 bis auf
ihre Zeiten an Documenten ſehr fruchtbar ſind, ſie aber den ganzen Um-
fang auf einmal durchzuarbeiten ſich vorgeſetzet; ſo hat ſie der Tod bey ſo
weit geſtecktem Ziel ohne Uebereilung abholen koͤnnen.
Der gelehrte rigiſche Rathsherr, Herr Johan Witte**), hat mit
auſſerordentlichem Fleis und erſtaunlicher Arbeitſamkeit das Archiv der
Stadt
[]Vorrede.
Stadt Riga durchſucht, und auſſer vielen herrlichen Huͤlfsmitteln, durch
hohen Vorſchub aus Schweden einen ziemlichen Vorrath von Urkunden
ſich abgeſchrieben, die doch mit ſeinem Abſterben der Nachwelt eben ſo bald
durch Verſchlieſſung, als ſeine Perſon durch den Tod entzogen worden.
Der Vicepraͤſident des rußiſch-kaiſerlichen Juſtizcollegii, Herr Her-
man von Brevern*), ein Vater zweier hochverdienten Staatsminiſter,
bbeſas
**)
[]Vorrede.
beſas den groſſen Geiſt, der ſich an die merkwuͤrdigſten Sachen des Alter-
thums und an die Urkunden des Landes ohne Schwachheit wagen konte.
Sein aufgeweckter und lebhafter Witz, der ſich ſchon in ſeinen kleinern
Schriften zeiget, wuͤrde uns was ausnehmendes geliefert haben, wenn
das oberſte Verhaͤngnis nicht ſeinem Leben ein enger Ziel als ſeinen Ab-
ſichten haͤtte ſetzen wollen. Einige ſeiner durch Erbſchaften zerſtreueten
Papiere ſind in Abſchriften der Vergeſſenheit gluͤcklich entzogen; dahinge-
gen die uͤbrigen ſamt den rareſten Muͤnzen von ihren jetzigen Beſitzern aus
ſonderlicher Liebe geheimer gehalten werden, als es der Hiſtorie zutraͤg-
lich iſt.
Der Secretair des Generalgouvernements von Eſtland, Herr
Bernhard Rieſemann, hatte ſich in den eſtlaͤndiſchen und revelſchen
Documenten wohl umgeſehen. Er ſuchte bey ſeinem erfahrnen Alter, und
in der nach vielen Amtsgeſchaͤften erbetenen Ruhe, ſein Vergnuͤgen darin,
die Hiſtorie des Landes zu erweitern. Wir wuͤrden ſeinem freiwilligen
Verſprechen zu Folge ſeine Beitraͤge mit erhalten haben, wenn ihn nicht
nach einer kurzen Krankheit ein uns, nicht ihm, unerwarteter Tod den
11ten April 1750 die Feder haͤtte niederlegen heiſſen. Die Erben, welche
ſeine Arbeit, die groͤſtentheils die Rechte und Privilegien von Eſtland be-
trift, nicht zerſtreuen wollen, werden ſie mit der Zeit vielleicht der Welt
mittheilen.
Unter denen, welche zur Ausfuͤhrung und Herbeiſchaffung der ver-
lohrnen Hiſtorie von Liefland das meiſte beigetragen, macht der Land-
rath und Praͤſident des lieflaͤndiſchen Oberconſiſtorii, Herr Carl Guſtav
Clodt von Juͤrgensburg, die erſte Perſon aus. Die Veranlaſſung war
folgende. Die Provinzen und Staͤdte des Koͤnigreichs Schweden mu-
ſten bey dem Leichenbegaͤngnis des hoͤchſtſeligen Koͤnigs Carls des XIten
und der damit verknuͤpften Gluͤckwuͤnſchung wegen der Thronfolge ſich.
im Jahr 1697 durch ihre Abgeordneten in Stockholm einfinden. Das
damals hochbedraͤngte Liefland hatte, auſſer andern politiſchen Anfechtun-
gen, eine recht gefaͤhrliche Obſervation wegen des ſo genanten Biſchofszehnden
von ſich abzulehnen. Eine Unterſuchung, die dem groͤſten Theil des
Adels den Verluſt der Guͤter und den gaͤnzlichen Untergang drohete;
weswegen derſelbe entſchloſſen war, durch eine beſondere Botſchaft nach
Rom uͤber dieſen Zehnden eine naͤhere Belehrung einzuziehen, wenn es
wegen Kuͤrze der Zeit und ohne Aufſehen geſchehen koͤnte. Die auf das
Ausſchreiben des koͤniglichen Generalgouverneurs auf dem Landtage zu
Wenden verſamlete Ritterſchaft bemuͤhete ſich um drey angeſehene Mit-
glieder, die dieſen Verrichtungen am ſchwediſchen Hofe bey ſo gefaͤhrli-
chen Umſtaͤnden gewachſen waͤren. Sie fiel mit einhelliger Stimme
auf den Herrn Praͤſidenten Clodt von Juͤrgensburg und ernante ihn zu
ihrem Abgeordneten, tanquam (wie die lateiniſchen Worte des deut-
ſchen Receſſes lauten,) ad hunc actum maxime idoneum. Dieſer treue
Patriote war fuͤr die algemeinen Angelegenheiten des Landes eben ſo be-
muͤhet, als fuͤr die Ausfuͤhrung der ihm uͤbertragenen Staatsgeſchaͤfte.
Allein das nach Schweden weggebrachte herrmeiſterliche Archiv, ſo
Kettler in Mitau verwahret, und das Stilſchweigen der Hiſtorie mach-
te der lieflaͤndiſchen Ritterſchaft den Hauptbeweis ſchwer, und ſo lange
un-
*)
[]Vorrede.
unmoͤglich, bis aus tuͤchtigen Urkunden der Grund oder Ungrund der
vorgegebenen Frage klaͤrlich dargethan wuͤrde. Zu dem Ende wirkte der-
ſelbige durch inſtaͤndiges und anhaltendes Bitten, den 15ten Merz 1698,
an den damaligen Canzleyſecretair und Archivarius, Herrn Sven Ley-
onmarck, den hohen koͤniglichen Befehl aus, vermoͤge deſſen er alle zu
ſeinem Unterricht dienliche Urkunden aus dem Reichsarchiv zur Abſchrift
erhielt, in welchem zugleich eine Menge eſtlaͤndiſcher, curlaͤndiſcher,
preußiſcher und pohlniſcher Briefſchaften verwahret lagen. Der ge-
ſchickte Altertumskundige in Stockholm, Herr Richard von der
Hardt, beſorgte dieſe Abſchrift, und unſer redlicher Patriot ſchonete kei-
ne Koſten und Geſchenke zur Vergeltung einer ſo vieler Sorgfalt benoͤ-
tigten und weitlaͤufigen Arbeit. Dieſe Freigebigkeit aber ermunterte den
Abſchreiber, auch einen ziemlichen Theil der vom Herrn Hiaͤrne abge-
nommenen Documente wieder herbey zu ſchaffen, durch welche der alten
und neuern Hiſtorie von Liefland konte aufgeholfen werden.
Der Sohn deſſelben, der Herr Kammerjunker Jacob Guſtav
Clodt von Juͤrgensburg, war nicht nur der einzige Erbe dieſer Stoͤſſe
von Schriften, ſondern beſas auch den patriotiſchen Trieb ſeines Herrn
Vaters, dieſelben brauchbar und nuͤtzlich zu machen. Er lieferte ſelbige
nach genommener deutlichen Abſchrift in das Archiv der Ritterſchaft ein,
und vermehrte ſeinen Vorrath mit vielen andern Handſchriften. Wir
finden bey ihm die Folge faſt aller gedruckten und ungedruckten Geſchicht-
ſchreiber, die nur irgend in die lieflaͤndiſche Hiſtorie einſchlagen; inſon-
derheit aber das wohlgeordnete Kabinet der alten lieflaͤndiſchen Muͤn-
zen, ſo unſers Wiſſens das ordentlichſte und volſtaͤndigſte in ſeiner Art
genennet zu werden verdienet. Der Freigebigkeit des Herrn Kammer-
junkers haben wir hier oͤffentlichen Dank abzuſtatten, der ſo theuer an-
geſchafte Schriften faſt allein und umſonſt hergegeben, die man zum Ge-
brauch unſerer Leſer in dieſem Werke auszugsweiſe angefuͤhret, oder vol-
ſtaͤndig mitgetheilet.
Den vortreflichen clodtiſchen Samlungen fuͤgen wir billig die aus-
erleſenen Beitraͤge des Herrn Peter von Schievelbein, Obervogts der
Stadt Riga, bey. Durch die ruͤhmliche Vorſorge dieſes in unſerer Ge-
ſchichte wohl bewanderten Mannes haben wir manches ſeltene Origi-
nal zu Geſichte, und manche alte Abſchrift in die Haͤnde bekommen. Da
auch zur Zuſammenhaltung und Bergleichung einiger Abſchriften meh-
rere Exemplare noͤthig geweſen, ſo hat der Staatsſecretair des kaiſerli-
chen Generalgouvernements von Liefland, Herr D. Bernhard Theodor
Hausdorf, nach ſeiner Liebe fuͤr die ſchoͤnen Wiſſenſchaften, dieſelben her-
beizuſchaffen ſich Muͤhe gegeben. Eine gleiche Art der Beihuͤlfe iſt
uns durch den muntern Fleis des Herrn Ernſt Wilhelm Rour, Secre-
tairs der Stadt Mitau, zugefloſſen.
Was von buͤrgerlichen Sachen der Stadt unter den Briefſchaften
der groſſen Gildenſtube verwahrlich aufgehoben worden, hat der Elte-
ſte, Herr Bernhard von Huickelhaven, ſo wie die Doeumente der kleinen
Gilde, derſelben Elterman Herr Johan Chriſtoph Kleeburg, uns
mit vieler Willigkeit zu unſerm Gebrauch in der Geſchichte uͤberlaſſen
wollen.
Aus dieſen allen hat man die ordensmeiſterliche Geſchichte zu Stan-
de gebracht, viele Jahrzahlen verbeſſert, die verlornen Namen wieder
b 2her-
[]Vorrede.
hergeſtellet, und alten Berichten ihre Gewisheit verſchaffet. Zwar iſt
die alte Hiſtorie von Liefland fuͤr die Ehre eines Schriftſtellers gefaͤhr-
lich genug; weil ſie ſelbſt in den Urkunden durch ſo viele Luͤcken ganzer
Jahrzehnde durchbrochen iſt, zumal wenn unſere Leſer getrennete Bege-
benheiten in einer anmuthigen Erzehlung und richtigem Zuſammenhang
von uns verlangen ſolten. Allein da die witzigſten Einfaͤlle am leichte-
ſten ſtraucheln koͤnnen, ſo hat man ſich derſelben mit gutem Bedacht
enthalten, und lieber den Titel einer Chronik erwehlet, auch nicht den
Text nach den Jahren, ſondern die Jahre nach dem Text eingerichtet,
wenn gleich dadurch mehrere Luͤcken entſtanden. Denn Kauf- und Han-
delsbriefe in die ledigen Stellen einzuſchieben, die die Jahre haͤtten zur
Noth fuͤllen koͤnnen, wuͤrde ſo wol jedermans Erwartung als un-
ſerm Endzweck zuwider geweſen ſeyn. Wir geben ſelbſt dieſe Materien
fuͤr weiter nichts als einige vom algemeinen Schifbruch uͤbrige Truͤmmern
aus. Verungluͤckte oder verſchlagene Leute ſehen ſich nach ein paar Bret-
tern um, wenn ſie ihr altes Vaterland wieder finden wollen. Ein
Haus aus alten Werkſtuͤcken komt der Natur am aͤhnſichſten. Die
Kentnis der Knochen an einem Gerippe iſt eben ſo noͤthig, als die Kentnis
der fleiſchichten und feſten Theile des Koͤrpers. Vielleicht finden ſich
nach unſern Tagen Kuͤnſtler, welche uͤber dieſe Gebeine eine ſaubere
Haut ziehen. Wir haben uns der vorhandenen Documente nicht weiter
bedienet, als es unſere Abſicht, Faͤhigkeit, Kraͤfte und Nebenſtunden zu-
gelaſſen. Manche gar beſondere Nachrichten ſind um des lieflaͤndiſchen
Leſers willen unumgaͤnglich nothwendig geweſen.
So trocken die alte Hiſtorie an ausfuͤhrlichen Begebenheiten iſt; ſo
fruchtbar wird ſie nach der Zeit des Ordens an Feldzuͤgen, Belagerun-
gen, Streifereien, Scharmuͤtzeln, beruͤhmten Perſonen und merkwuͤr-
digen Veraͤnderungen; nicht als ob es vorher an dergleichen Vorfaͤllen
gefehlet, ſondern weil die Moͤnche zu gemaͤchlich und neidiſch geweſen, die
haͤufigen Siege der Ordensherren und ihrer Ritterſchaft umſtaͤndlich und
ruͤhmlich zu melden. Was auch von Moͤnchsarbeiten noch zu Papier ge-
bracht worden, hat nicht immer Gedeihen gehabt. Vermuthlich iſt
mancher Aufſatz von dem Orden unterdruͤckt, weil mehrentheils die Geiſt-
lichen, als der beleidigte Theil, ihr Unrecht und die erlittenen Bedraͤngniſ-
ſe zu lebhaft beklagten. Dazu komt noch, daß die Stadt Riga in den er-
ſtern Zeiten wenig mit den Meiſtern zu thun gehabt. Es giengen 130
Jahr vorbey, ehe die Buͤrgerſchaft, der ſchon das ſanfte Regiment des
Krumſtabs beſchwerlich fiel, auch noch uͤber dem das harte Joch des
Kreuzes, wiewol nicht ohne Murren, auf ſich nahm, und dem Meiſter
ſo wol als dem Erzbiſchof huldigen muſte. Daher auch die Zahl der
Ordensmeiſter des dreizehnten Jahrhunderts ſo wenig, als ihre Na-
men, von unſtreitiger Richtigkeit ſind, auch nicht aus dem Archiv der
Stadt hergeſtellet werden koͤnnen.
Der Oberſte unter den Ordensgebietigern hies der Meiſter. Die
Hoͤflichkeit der mitlern Zeiten ſetzte das Ehrenwort Herr davor, daher
ſie HerrmeiſterDomini Magiſtri, keinesweges aber Heermeiſter,Duces
exercitus, genennet worden. Jn dem 16ten Jahrhundert ſagte man
auch Vorſtenmeiſter, nachdem Plettenberg die Fuͤrſtenwuͤrde erhalten.
Wir haben ſie, um den harten und zweideutigen Ausdruck des Alter-
thums zu vermeiden, Ordensmeiſter betiteln wollen. Hochmeiſter,
Magiſtri generales, waren allein in Preuſſen zu ſuchen, welche ih-
ren
[]Vorrede.
ren Landmeiſter unter ſich hatten, obgleich dieſer letztere Name auch
in alten Zeiten dem Meiſter von Liefland beigeleget worden.
Die Eigenſchaften dieſer Helden ſind bey den alten Chronikenſchrei-
bern durch die Beinamen eines alten, frommen, tapfern, beſcheidenen,
erfahrnen und braven Mannes ausgedruckt. Der Herr Hofrath
Schurzfleiſch ſchildert ſie gleichſam, wie ſie vor oder nach der Schlacht
ausgeſehen, nachdem ſie gluͤcklich oder ungluͤcklich gefochten. Da dieſe al-
gemeine Abbildungen zu ſchwach ſind, die meiſten ihre Rolle ſehr kurz ge-
ſpielet, auch ihre Handlungen nicht im Zuſammenhang bekant geworden;
ſo hat man lieber keine Charactere beibringen wollen. Geſichtsbildungen
entwerfen, oder bey jeder Polizeiverordnung ihre Weisheit, Staatskunſt
und Einſicht ruͤhmen, hieſſe in den Verſtand unſerer Leſer ein zu groſſes
Mistrauen ſetzen, deren Nachdenken und Urtheil manches uͤberlaſſen
werden muͤſſen.
Die Abhandlung dieſer Geſchichte beſtehet aus einer fortlaufenden
Erzaͤhlung, die man ohne Anſtos fortleſen kan. Die Urkunden zum Be-
weis oder zur Erlaͤuterung ſind in die Anmerkungen gebracht. Aus
dieſen iſt manches in den Nebenanmerkungen erklaͤret worden, worin
manche Urtheile uͤber unſere Geſchichtſchreiber mit vorkommen. Hier-
durch hat dieſes Werk zufaͤlliger Weiſe eine Aehnlichkeit mit dem erſten
Theil empfangen. Die wenigen Materien, ſo wider die Ordnung ein-
geſtreuet und doch mit einem Sterngen bezeichnet worden, ohnerachtet
ſie fuͤglicher in die Anmerkungen ſelbſt gehoͤret haͤtten, ſind Spaͤtlinge,
mit welchen man wegen der ohnedem ſchon ſtark beſchriebenen Hand-
ſchrift dem Drucker die Arbeit nicht noch verworrener machen durfte.
Die Urkunden der aͤlteſten Zeiten haben den Text lateiniſch, davon
man einige, die zum Beweis gehoͤren, der ſtudirenden Jugend wegen
beibehalten. Unter den deutſchen ſind wol auſſer einigen buͤrgerlichen
Geſetzen die monheimiſchen Briefe an die Stadt Riga 1330 die er-
ſten. Sie ſind alle in der platten Sprache abgefaſt, die man in etlichen
in die hochdeutſche Mundart uͤberſetzet, doch ſo, daß man die alten Wort-
fuͤgungen, ſo viel moͤglich, beibehalten wollen. Es war daher nicht noͤ-
tig, denenſelben eine neue Ueberſetzung an die Seite zu ſetzen, wie der
Herr Landrath von Ceumern bey dem ſylveſtriſchen Privilegio thun
muͤſſen. Einige platteutſche hat man zwar zur Probe mit angebracht;
wir bitten aber der Rechtſchreibung wegen um Verzeihung, weil eine ans
hochdeutſche gewoͤhnte Hand mit ſolchen Abſchriften ungemein ſchwer
zurechte komt. Die hochdeutſchen Urkunden fallen ſchon gelaͤufiger;
von welchen der Ordensmeiſter Galen 1553 zu Wenden, Montags
nach Catharinen, die erſte niederſchreiben laſſen, da die vorhergehenden
von eben dem Jahr noch plattentſch abgefaſſet ſind. Doch unterzeichne-
ten die Herren Meiſter die hochdeutſchen Briefſchaften noch platteutſch,
als: Goͤddert Kedler, Meiſter, myn Handt, oder: Goͤddert,
myn egen Handt.
Bey den Auszuͤgen der Urkunden haben wir auſſer dem Jahr und
Tage hauptſaͤchlich auf den jedesmaligen Endzweck, die vornemſten Stuͤcke
des Jnhalts, und auf die Zeugen geſehen. Damit aber bey der Menge
ſo vieler Namen die oͤftere Wiederholung derſelben in den hintereinander
folgenden Documenten kein Misvergnuͤgen erwecke, ſo hat man ſolche
lieber weglaſſen, als zehnmal einerley Perſonen namhaft machen wol-
clen;
[]Vorrede.
len; zumal da dieſe Sorgfalt hoͤchſtens nur zur Ausfuͤrlichkeit der Ge-
ſchlechtsregiſter dienen koͤnnen. An einigen Stellen hat man die ſonder-
baren feierlichen Ausdrucke, weil ſie was beſonders haben, mit unterlau-
fen laſſen. Man erkennet ſie gleich an der Seltſamkeit oder an der ihren
Zeiten ganz eigenen Einfalt.
Die angehengten fuͤnf Tabellen haben jede ihre beſondere Vorerinne-
rung. Wir wuͤnſchten, die von den Muͤnzen und Sigillen durch Kupfer-
ſtiche beleben zu koͤnnen. Was die Muͤnzen betrift, ſo koͤnte man Hof-
nung haben, dieſelben durch die geneigte Bemuͤhung eines vornemen Goͤn-
ners in Kupfer abgeſtochen zu ſehen, wenn diejenigen, ſo dieſe und mehre-
re Arten beſitzen, durch Mittheilung der vorhandenen Stuͤcke dazu be-
huͤlflich ſeyn wolten. Wie die Beſitzer dadurch ihres Schatzes nicht be-
raubet werden, ſondern ihn in vieler Haͤnden vervielfaͤltiget wieder fin-
den; ſo wollen wir alle diejenigen, welche ſolches ſchoͤne Vorhaben zu be-
foͤrdern gedenken, hiemit aufs ergebenſte erſuchen, die bey ihnen vorraͤti-
gen und hier nicht namhaft gemachten Muͤnzen an uns nach Riga einzu-
ſenden; wofuͤr man auſſer der Erlegung des Werths ſich ihnen fuͤr ganz
beſonders verpflichtet erkennen wird. Die Altertuͤmer der herrmeiſterli-
chen Leichenſteine in der Domkirche zu Wenden, und dieſe Zeugen von
der ehemaligen Ordensregierung, ſolten billig bey den Liebhabern oder
den noch vorhandenen Familien in ſolchem Werth ſeyn, daß man ſie in
natuͤrlichen Abbildungen dem ſo nahen Untergang entzoͤge. Wie vieles
lieſſe ſich nicht dagegen an nuͤchternen und uͤbel ausgearbeiteten handſchrift-
lichen Aufſaͤtzen erſparen?
GOTT wolle uͤbrigens auch dieſer Arbeit den zur Abſicht gehabten
Nutzen in Gnaden angedeihen laſſen, deſſen Schirmwaltung wir un-
ſere Leſer empfehlen. Geſchrieben zu Riga den 25ſten April
1753.
Der
Der erſte Ordensmeiſter der Ritterſchaft Chriſti
oder des Schwerdtbruͤderordens in Lieflanda)
Agren-
[2]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1208a)
ten
[3]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Vinno.
a)
***)
[4]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1208a)
*)
[5]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
a).
Vinnob).
Er war der erſte Grosmeiſter des vom Biſchof Albert in die-1201
ſem Jahre geſtifteten Ordens der Schwerdtbruͤder. Sei-
ne Herkunft, Thaten und Regierung ſind von den Ge-
ſchichtſchreibern, der damaligen Schwaͤche dieſes neuen Or-
dens wegen, in wenige oder gar keine Betrachtung gekommen.
Die Geſchichte ſeiner Ordensbruͤder, die er als ein tapfrer
Vorgaͤnger angefuͤhret, und ſeinen gewaltſamen Tod haben wir unter dieſen Jah-
ren im erſten Theil dieſer Chronik zu ſuchen c)
[6]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1208c).
[7]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
Der groſſe Biſchof Albert ſparte keine Klugheit, die neue Republik in Flor1208
zu bringen, und das wichtige Werk der Heidenbekehrung zu erleichtern. Er
ſorgte zuerſt fuͤr die Schiffart, um viele Buͤrger nach Riga zu ziehen; ſo wie er
bisher der Ritterſchaft und der Cleriſey viele Freiheiten zugeſtanden. Um die
neue Stadt volkreicher zu machen, und ſie mit allen Beduͤrfniſſen zu verſehen,
findet ſich folgende Verordnung von ihm (dabey aber ſowol der lateiniſchen Ur-
ſchrift als der altdeutſchen Ueberſetzung die Jahrzahl fehlet): Alle Kaufleute,
ſonderlich die gothlaͤndiſchen (Gutlenſes) beſchiffen die Duͤne Zolfrey. Al-
le Hafen in Liefland werden zu Freyhafen erklaͤret. Kein Buͤrger oder Deut-
ſcher traͤget das gluͤende Eiſen, oder hat noͤthig ſich in einen Zweikampf einzulaſ-
ſen. Die ſchifbruͤchigen Guͤter darf niemand ihnen abnehmen. Keine Gil-
de (Gilda) darf ohne biſchoͤfl. Auctoritaͤt angeleget werden. Vier und eine halbe
Mark an Denarien machen eine gothlaͤndiſche Mark Silber aus. Zwey Oer
davon bekomt der Muͤnzer. So viel ſollen auch die rigiſchen Pfennige (dena-
rii) gelten, und an Gewichte, doch nicht an Geſtalt, den gothlaͤndiſchen gleich
ſeyn. Ein Todtſchlaͤger erleget ohne Unterſchied 40 Mark an Denarien. Dieſe
Ordnung iſt von dem Biſchof Bartholomaͤus zu Paderborn, dem Biſchof
Peter zu Ratzeburg, Bruder Bernhard Graf von der Lippe, Heinrich
Graf von Pleſſe, Alexander von Luͤneborch, Daniel dem Prieſter, Ru-
dolph Lange (Longus), Philip Joh. Travemann, Weſſel Born-
ſchatte, Engelbert Enervorn und andern mehr unterſiegelt.
Der
[8]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der zweite Ordensmeiſter der Schwerdtbruͤder
in Liefland,
Volquina).
Ein in ſeinen Unternehmungen gluͤcklicher Herr, weil er die im Kriege
ſo noͤthige Beobachtung des rechten Zeitpunkts niemals aus der
Acht lies. Seine Reiſe nach Rom der Theilung Lief- und
Lettlands halber, ſein Widerſtand gegen die Litthauer, ſein
doppelter Einfal in Harrien, ſein Feldzug nach Jerwen, ſei-
ne Streitigkeiten wegen Eſtland, die Verjagung der Eſten aus den lettiſchen
Grenzen, ſein bey Winterszeit unternommener Feldzug uͤber das Eis nach Oeſel,
und mehrere Umſtaͤnde von ihm befinden ſich ſchon in unſerm erſten Theile.
Nachdem der Biſchof Albert allen Buͤrgern ſeiner neuen Stadt Riga die
Plaͤtze zu ihren Haͤuſern angewieſen, und ſich einen neuen Platz zur Domkirche
gewaͤlet, ſo gieng er am Tage des Apoſtels Jacobi in voͤlligem Ornat, mit den
Reliquien, Kreutzen, und der geſamten Proceßion der Geiſtlichen und Laien auſ-
ſerhalb der Stadtmauer hinaus, und weihete den Raum, wo die Liven wohn-
ten, zur Anlage eines Kloſters und der Kapitelshaͤuſer zur Ehre der heil. Jung-
frau und zum Dienſt der Domkirche ein; zu welchem Platz alles gehoͤrte, was
zwiſchen der Mauer, der Duͤne und dem Graben lag. Die daſelbſt ſtehenden
Haͤuſer der Deutſchen und Liven kaufte er an ſich, oder wies ihnen andre Woh-
nungen an und legte einen ſchweren Fluch auf die, ſo dem Kapitel dieſen Platz
ſtreitig machen wuͤrden. Die deshalb ausgefertigte Urkunde iſt vom 25ſten Jul.
unterzeichnet*).
Zur Zeit der Meiſterſchaft dieſes Volquins, wolte der Biſchof Philip
von Ratzeburg mit dem eſtlaͤndiſchen Biſchof Dietrich die Kirchenverſam-
lung zu Rom beſuchen. Sie ſegelten beide von Riga ab, kamen aber auf Oeſel
in Gefahr, woraus ſie durch Vorſchub ihres Schiffers b) errettet wurden.
Doch
[9]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
Doch konte Philip Rom ſelbſt nicht erreichen, ſondern ſtarb unterweges zu1214
Veronac).
CEſt-
[10]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Eſtlandd) ſol nach dem Zeugniß des rothen Buchs in Revel ſein erſtes
ſchriftliches Lehnrecht vom Koͤnig Waldemar dem Zweiten in Daͤnnemark erhal-
ten haben. Es beſteht aus 53 Puncten, und erſtreckt ſich auf alle angeſeſſene Maͤn-
ner in Riga, Doͤrpt, Oeſel und in den Bruderlaͤndern. Die Guͤterfolge
bleibt
c)
[11]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
bleibt bey dem maͤnnlichen Geſchlecht in abſteigender Linie, nach welcher ungetheil-1215
te Bruͤder einer auf den andern erben. Das Lehngut faͤlt, im Fall keine maͤnnliche
Erben vorhanden ſind, an den Lehnsherren zuruͤck, ohne deſſen Einwilligung es
nicht veraͤuſſert werden kan e).
Des-
C 2Ver-
[12]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter
Desgleichen ſoll Koͤnig Waldemar einen lundiſchen Geiſtlichen, Na-
mens Ernemod nach Curland geſchickt haben, welcher das Schlos Pilten
angelegt, und in der neubekehrten Lande den erſten Biſchof abgegeben. Dieſer
Be-
e)
*)
[13]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
Bericht der daͤniſchen Geſchichtſchreiber ſtimmet ebenfals mit der wahren Hiſto-1219
rie nicht uͤberein f).
Der Graf Adolph von Daſſel begab ſich auf die Ruͤckreiſe nach Deutſch-1220
land. Unter den ankommenden Pilgrimen hingegen befand ſich auch ein edler
Herr Bodo von Hohenborgg), welcher nebſt andern Fremden eine Bruͤcke
uͤber
[14]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1220uͤber die rodenpoiſiſche See ſchlagen muſte. Weil ihnen der Biſchof Albert,
mit Einwilligung des Ordensmeiſters, dieſe Arbeit als eine Bedingung der Ver-
gebung der Suͤnden aufgetragen, ſo verbot auch ſelbiger bey Strafe des Bannes,
keinem von den Uebergehenden das Bruͤckengeld abzufordern.
Der Biſchof ſtiftete in dieſem Jahr das Hoſpital St. Juͤrgen. Jn dem
Stiftungsbriefe wird zwar der Gottesdienſt im Hauſe verſtattet, nur ſol aus der
Kapelle keine Pfarrkirche gemacht, noch ein Gottesacker dabey angeleget werden.
Der rigiſche Biſchof Albert ſowol als ſein Bruder Herman, Biſchof
zu Doͤrpt, erhielten vom roͤmiſchen Koͤnig Heinrich ihre Jnveſtitur h) nebſt
der
****)
[15]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
der voͤlligen Gewalt, in der rigiſchen Gegend und an andern Orten eine Stadt1224
anzulegen und Muͤnzen zu praͤgen i).
Der Biſchof belehnte hinwieder den Ordensmeiſter Volquin und ſeine Or-
densverwandten fuͤr ihre treuen Dienſte mit den Laͤndern Sotakele, Leale,
Hanhele, Lodhe, Rotalewien, der ganzen Wyk, und der voͤlligen geiſtli-
chen und weltlichen Gerichtsbarkeit uͤber dieſe Laͤnder. Jhre Namen haben unter-
ſchrieben Johann, Probſt zu Riga, und ſein Kapitel; Albert, Prior von
Duͤnemuͤnde, Rothmar, des Biſchofs leibl. Bruder, Thomas, Pfarrer
von Luͤneburg, Graf Burchard von Altenburg, Daniel von Lennewar-
de, Conrad von Ykeskole, Joh. von Dahlen, Walther Truchſes,
Wilhelm von Pnoch, Didrich von Eſcherd, Ludgert von Hardorpe,
Advocat der Pilger. Helmold von Luͤneborch, Heinrich von Lith, Joh.
v. Bikishovede, Engelbert von Tiſenhauſen; Jacob von Stade, (de
vrbe) Bernhard von Deventer und Albert uth Norden unſere Buͤrger.
Der Biſchof nennet den Rothmar und Herman von Doͤrptgermanos ſuos.
Der Orden verbindet ſich noch weiter fuͤr die Aufnahme der Kirche GOttes zu
fechten. Geſchehen am 24ſten Julius.
Der doͤrptiſche Biſchof Hermann verlegte mit Genehmhaltung des paͤpſt-
lichen Legaten, Wilhelms, ſeines Vorfahren Dietrichs Sitz von Leal nach
Doͤrpt, bey welcher Gelegenheit er auf Anrathen des rigiſchen Biſchofs und
ſeines Kapitels, nach Einwilligung der Pilger und Buͤrger zu Riga, mit den Bruͤ-
dern der Ritterſchaft einen Vertrag machte, daß ſie mit ihren Nachkommen bey.
nahe die Helfte ſeines Landes mit Kirchen, Zehenden und allen zeitlichen Nutzungen zu
ewigen Beſitz inne haben und gebrauchen ſolten, nemlich Saccala, Nurme-
gunde, Mocke, Alumbus, und Waigele, doch den geiſtlichen Rechten unbe-
ſchadet. Als Zeugen waren dabey der Biſchof Albrecht, Johann der Propſt,
und andre mehr, Rothmar der Propſt und das ganze doͤrptiſche Domkapi-
tel k). Gregorius der IXte beſtaͤtigte dieſen Vergleich zu Perugia am 2ten
D 2November
h)
[16]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1224November 1229 im 3ten Jahr ſeiner Regierung, und wurde Uggenois, (Ungan-
nien) Otela und Sobolit noch dazu dem Orten abgetreten. Die Ritter-
ſchaft ſtellet dem Biſchof die Geiſtl. zur Jnveſtitur vor. Sie erhielten auch den
freien Flus Emmajoͤggi und das halbe Fiſchwehr, das ſonſt dem Koͤnige gehoͤret.
Dagegen mus ſie den Biſchof und ſein Land ſchuͤtzen, ihm auch in geiſtlichen Din-
gen unterthan ſeyn.
Der
[17]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
Der modeneſiſche Biſchof Wilhelm war etliche Jahr im Lande. Sei-1225
ne Geſchaͤfte, welche er mit Volmacht und im Namen des Papſts gluͤcklich und
zum Beſten von Liefland ausrichtete, beſtanden auſſer andern erbaulichen Ar-
beiten auch in Beilegung der Grenzſtreitigkeiten, wobey er der Stadt Riga
durch Anweiſung einer richtigen Mark und Grenze beſondere Dienſte gethan,
weil ſie in allen folgenden Grenzirrungen fuͤr entſcheidend angenommen wor-
den. Jn der Jacobi Kirche entſchied er den Streit zwiſchen dem Biſchof und
Meiſter uͤber die Worte: „Mit aller weltlichen und geiſtlichen Gerichtbarkeit‟ alſo:
der Meiſter hat das Gericht uͤber die Bruͤder und deren Geiſtliche in weltlichen Haͤn-
deln: im Geiſtlichen ſtehen alle, ja der Meiſter ſelbſt, unter dem Biſchof, an
welchen auch die Apellation ergehet. Als Zeugen davon waren zugegen Albert
Biſch. z. Riga, Lambert B. z. Semgallen, Mag. Ludolph, Domherr zu
Luͤbeck, Siegfried Domherr zu Hildesheim, Arnold, Kapellan des Bi-
ſchof Alberts, im Auguſt in der 13 Jndiction.
Am 8ten April ſprach er Volquin das Jus patronatus auf die damals1226
in der Vorſtadt gelegene Jacobskirche ab, weil der Biſchof dieſes Recht durch
beſondere Briefe des Papſts erhalten. Den Bruͤdern wird die Juͤrgenskirche
angewieſen, doch ohne eine Parochie dabey zu haben. Auſſer den vorhin gedach-
ten war noch Hr. Dietrich Abt zu Duͤnemuͤnde zugegen l).
Wie
E
[18]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Als die Deutſchen auf Oeſel mit der groſſen Heidenbekehrung zu thun
hatten, ſo paſſeten die Semgaller ihre Zeit ab, und gaben bey der ſchoͤnen
Winterbahn den Rigiſchen in ihrer Abweſenheit einen unangenehmen Beſuch.
Sie zerſtoͤrten das duͤnemuͤndiſche Kloſter, den Clausberg, machten die Pfaf-
fen nieder, und veruͤbten allen Muthwillen. Volquin hatte alſo nicht Zeit,
das
l)
[19]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
das Schworbiſche von Oeſel, wo die Seeraͤuber recht ihr Neſt hatten, zu1226
erobern, ſondern eilte nach Hauſe, alwo er die Seinigen erſt ausruhen lies und
ſo dann in Semgallen den Gegenbeſuch abſtattete, wo er bey 1600 Feinde er-
ſchlug, und viel Beute machte, aber auch 300 Mann ſchwaͤcher in Riga an-
kam. Albert von Stade meldet die Begebenheit, da die Moͤnche zu Duͤne-
muͤnde von den Heiden zu Maͤrtyrern gemacht worden, zwey Jahre ſpaͤter.
So bald die See wider aufgegangen war, gieng der Herzog Barmm von
Pommern und der Graf von Arnſtein nebſt einer zahlreichen Pilgergeſel-
ſchaft wieder nach Deutſchland. Hierauf hatte ſich der Semgaller Aelteſte,
Weſthard, geſpitzet. Er verband ſich alſo mit den Litthauern, uͤberfiel
Aſcherade, und verheerte die ganze Gegend. Der Schlosvogt, Marquard
von Buͤhrbach, ein braver und geſetzter Mann, nahm ſo viel Lieflaͤnder und
Letten, als er aufbringen konte, ſetzte dieſen Freibeutern des Morgens nach, jagte
ihnen den Raub ab, und ſtreckte bey 500 ins Gras. Weſthard, der eben
beim Fruͤſtuͤcken uͤberrumpelt wurde, nahm gleich einen Brand aus dem Feuer,
und ſchlug den Schlosvogt damit ſo derb ins Geſicht, daß ihm die Zaͤhne aus
dem Munde fielen. Hierdurch bekam er Zeit zu entwiſchen. Die von Aſche-
rade gewonnen das Feld und lieſſen 200 Mann im Stiche. Volquin gab auf
erhaltene Nachricht von dieſem vortheilhaften Scharmuͤtzel Weſtharden noch
weiter das Geleite, holte auch die Semgaller ein, erbeutete uͤber 1500 Pferde
und erlegte 2000 Feinde. Doch koſtete ihm dieſer Sieg gleichfals 600 von den
Seinigen.
Jn eben dem Jahr ſandte der Ordensmeiſter einen luͤbiſchen Domherren,
Joh. Volckarſon, und die Buͤrger zu Luͤbeck, Wilhelm Bertholſon,
und Joh. von Bremen an den Kaiſer Fridrich den IIten, um denſelben im
Namen der Bruͤder vorzutragen, wie noͤthig es dem Orden zur Beſchuͤtzung der
neuen Republic ſey, daß ihm alle Guͤter und Rechte, ſo ihnen die Biſchoͤfe von
Liefland und Leal auf eine rechtsbeſtaͤndige Weiſe ertheilet oder noch kuͤnftig
ertheilen moͤchten, beſtaͤtiget, und alles Metal in und uͤber der Erde, das ſonſt
zur kaiſerl. Kammer gehoͤre, zugeſprochen wuͤrde. Der Kaiſer wilfahrete dem
Orden in Betrachtung des Todeskampfes, welchen die Bruͤder taͤglich auszuſtehen
haͤtten, und verbot durchs ganze roͤmiſche Reich bey 50 Mark reines Goldes,
daß niemand ſie in ihren Grenzen beunruhigen ſolte. Der Urbrief davon iſt
bey Parma im Maymonat des 14ten Jndictionsjahrs unterzeichnet. Als Zeu-
gen waren dabey gegenwaͤrtig die Erzbiſchoͤfe, Albert von Magdeburg, von
Meiland und der von Jvrea, der Biſchof von Chur und Abt zu St. Gal-
len, die Biſchoͤfe zu Zeitz, Hildesheim, Jacob von Turin und M. von
Ymola, der Hochmeiſter Herman Landgraf von Thuͤringen, Herzog zu
Sachſen, Renald Herzog von Spoleto, ein Graf von Wien, von
Queurenberch, von Evreſteen, deſſen Bruͤder und andre mehr m).
E 2Der
[20]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der paͤpſtliche Legate Wilhelm endigte die Streitigkeiten zwiſchen der Cle-
riſey, dem Orden und der Stadt durch eine neue Verordnung, die wir der vielen
darin feſtgeſetzten Stuͤcke wegen ganz beibringen wollen n).
Noch
[21]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
Noch eine neue Grenzeinrichtung von dieſem Legaten, in Abſicht der Stadt-1227
mark, verdienet hier aufgehoben zu werden. Sie iſt zwar vom 13 Merz unter-
ſchrieben. Doch hat ſie der Papſt Honorius der IIIte in einer eigenen Bulle
aufbehalten; und da die Urkunde des Legaten, ſo in hieſigen Archiven mit 5 Sie-
geln bekraͤftiget lieget, im geringſten nicht volſtaͤndiger iſt, ob ſich gleich der
Papſt darauf beziehet, ſo mag zur Abwechſelung die paͤpſtliche Bulle ihre Stelle
vertreten. o)
Der
F
[22]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der roͤmiſche Koͤnig, HeinrichVII, ſchenkte die Stadt und das Schlos Re-
vel nebſt den Provinzen Jerwen, Harrien und Wirland, als ihm und dem Reich
zuſtaͤndige Laͤnder, dem Meiſter und Ordensbruͤdern in Liefland, zum Loͤſegelde
fuͤr die Seelen ſeiner durchlauchtigſten Vorfahren. Bey dieſem Schenkungs-
briefe,
o)
[23]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
briefe, der bey Nuͤrnberg vom 1 Jul. im erſten Jndictionsjahre unterſchrieben1228
worden, ſtunden als Zeugen, der hochwuͤrdige Biſchof Herman von Wuͤrtz-
burg, Conrad Burggraf von Nuͤrnberg, Fridrich von Brahendingen,
‒ ‒ von Tannenrode, Eberhard Truchſes von Waldpurg, Conrad
Schenke von Winterſtaͤdt, Ulrich von Truchtelingen, 4 Bruͤder und Rit-
ter von Grindelahe, ‒ ‒ genant Rindesmule, Cunrad von Bergen und
andre mehr.
Jn dieſem Jahre erhielt die Stadt Riga inrußiſcher und lateiniſcher Spra-
ein herlich Handelsprivilegium, welches des Koͤnigs David in Smolensko
Sohn Mcislaus im Namen der Koͤnige von Polocz und der Rußen in Wi-
tebeck unterzeichnet hatte.
Der Biſchof Albert richtete nach Masgebung der ſaͤchſiſchen Rechte das
erſte und aͤlteſte Ritter- und Landrecht ein, deßen 67 Artikel die Biſtuͤmer Ri-
ga, Doͤrpt, Oeſel, Curland und die Ordenslaͤnder angiengen. p)Es wird ihm
F 2auch
[24]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
p)
*)
[25]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
p)
**)
[26]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
p)
[27]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquins.
p)
[28]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1228auch die Verfauſſng des weltlichen Bauerrechts zugeſchrieben, wie ſolches von den
aͤlteſten Liven fuͤr Burgrecht gehalten worden q). Zu welcher Zeit aber das alte
geſchrie-
p)
[29]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin
q)
[30]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
1228geſchriebene Stadtrecht r)eingefuͤhret ſey, laͤſt ſich ſo wenig mit Gewisheit ſagen,
als
q)
[31]Biſch. Albert. zur Zeit der Regierung des Volquin.
r)
[32]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
1228als man von dem in Gerichte eingefuͤhrten Eide der alten Letten, ſ) den eigentlichen
Zeitpunkt beſtimmen kan.
Der
[33]Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin.
Der Biſchof Albert ſtarb nach einer 31 jaͤhrigen gluͤcklichen Regierung, wel-1229
cher ſeiner wichtigen Dienſte halber unter den geiſtlichen Oberhaͤuptern von Lief-
land, ſo wie Plettenberg unter den Ordensmeiſtern, den Beinamen des Groſ-
ſen verdienet haͤtte, wie ſie denn ihr Regiment am gluͤcklichſten verwaltet. Sein
Leichnam ward in die von ihm erbauete Domkirche beigeſetzet. Der toͤdliche Hin-
trit dieſes klugen Mannes war eine mit von den Urſachen, welche den Volquin
bewogen, die Vereinbarung des Schwerdtbruͤderordens mit dem in dem benach-
barten Preuſſen in Aufnam gekommenen deutſchen Orden zu ſuchen. Er fer-
tigte alſo an den Hochmeiſter Herman von Salze, welcher ſich damals in Ve-
nedig aufhielt, eine Botſchaft ab. Allein es ſey nun, daß demſelben die Lieflaͤn-
der ſchlecht abgemahlet worden, oder daß er geglaubet, man muͤſſe ſich bey einem ſo
wichtigen Werk nicht uͤbereilen, deſſen Bereuung beiden Theilen zu ſchlechtem Ruh-
me gereichen duͤrfe; ſo verzog er eine geraume Zeit, ſich deshalb zu erklaͤren.
Eine andere Folge von dem Abſterben des Biſchofs war der Vergleich, den1230
die rigiſche Kirche mit den heidniſchen Curlaͤndern eingehen muſte, worin
denſelben die bisherige jaͤhrliche Abgabe gemildert ward.
Nicolaus von Magdeburg erhielt die biſchoͤfliche Wuͤrde durch die ein-1231
ſtimmige Wahl des Domkapitels in Riga, welches des Widerſpruchs, den der
bremiſche Erzbiſchof Gerhard der IIte dagegen machte, ohnerachtet, den Pro-
ces am paͤpſtlichen Hofe gewan; und empfing von Gregorius dem IXten die Be-
ſtaͤtigung daruͤber. Er hat ſich bey der Stadt den Nachruhm eines guͤtigen und
verſtaͤndigen Regenten erworben, die ihn auch laͤnger in ihren Mauren herſchen
geſehen, als verſchiedene von unſern Geſchichtſchreibern melden. Die Buͤrger-
ſchaft machte er ſich durch viele Wohlthaten, ſonderlich durch Ertheilung des
gothlaͤndiſchen Rechts und durch die Losſprechung von dem zu errichtenden
Zehnden verbindlich t), welche Urkunde die Stadt treflich zu gebrauchen wuſte,
Jals
[34]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1231als ſie in den neuern Zeiten, wegen unterlaſſenen Abtrages des Biſchofszehnden, ſich
zu erklaͤren hatte, dahingegen die Ritterſchaft ihren Beweis nicht ſo klar fuͤhren
konte.
Herzog Albert von Sachſen begnadigte die ganze Gemeine der rigiſchen
Kaufleute mit eben dem Recht und Freiheiten in ſeinen Laͤndern, welche ſie zur Zeit
der Biſchoͤfe Alberts und Wilhelms von Modena genoſſen; und ſprach ſie
auch von allen Ungeldern (Ungeldo), Zoͤllen und Strandgeldern frey. Alle vom
Schifbruch gerettete Guͤter ſollen ihnen wieder ausgeliefert werden.
Die vom paͤpſtlichen Geſandten zur Grenzeinrichtung der Stadt verordne-
ten Schiedsmaͤnner, Dietrich von Berenwig, und Johann von Huren-
huſen, ſprechen den neuen Anbauern in Riga gewiſſe Haken Landes zu, die ſie
8 Jahr lang, ohne alle Abgaben, beſitzen ſollen. Nach deren Verlauf zahlen ſie
fuͤr jeden Haken jaͤhrlich einen halben Ferding (dimidium Tertonem) und fuͤr ei-
nen halben Haken ein Loth, dagegen ſie es ihren Kindern und Freunden erblich
uͤbergeben, im Fal des Verkaufs aber weder an Pilger noch Kloſterleute, ſon-
dern nur an Mitbuͤrger ablaſſen koͤnnen. Nicolaus beſtaͤtigte dieſes zu Riga;
und ſteht Helenwick, ein Schiffer (nauta) als Zeuge beigeſchrieben. Jn eben
dem Jahr zog der Biſchof nach Wisby, weil die rigiſchen Buͤrger ohne Ein-
willigung derer zu Wisby keine Synodalzeugen waͤhlen wolten, und verſiegelte
daſelbſt in der Marienkirche am 6ten May mit den daſigen Buͤrgermeiſtern die
eingeholte Bewilligung, doch mit der Bedingung, daß der Stadt Riga im Sy-
nodalgerichte kein Nachtheil (nulla Vara) daraus zuwachſen ſolle.
Der doͤrptiſche Biſchof Herman, erbauete das Dominicanerkloſter
Falkenaw an der Embach, damit die Bruͤder immer Fiſche haben koͤnten.
Da dieſes Kloſter bey wenigem Einkommen viele Baͤuche fuͤllen muſte, ſo ſchickten
die Moͤnche 2 aus ihrem Mittel an Se. paͤpſtl. Heiligkeit, um bey derſelben eine Ver-
guͤnſtigung auszuwuͤrken, vermoͤge welcher ihnen der Biſchof einen fettern Unterhalt
ausmachen ſolte. Dieſe erzehlten dem Papſt, ſie bekaͤmen nichts anders als den ekeln
Jas, (ein weiſſer langer und niedlicher weicher Fiſch, welcher haͤufig bey Doͤrpt
gefangen, und lieber gebraten als geſotten wird) und grobes Brod zu eſſen,
und Gerſtenbier mit Wermuth zu trinken, zu geſchweigen wie ſie woͤchentlich ih-
ren Leib caſteyen muͤſten. Der Papſt ſchickte einen Jtaliaͤner mit, der von
dieſer ſtrengen Lebensart warhaften Bericht einſenden ſolte. Man ſetzte dieſem
einfaͤltigen Kloſterbeſichtiger lauter gedoͤrten Jas und Bier vor, in welches Bors,
ein bitteres Waldkraut, an ſtat des Hopfens geleget war, ſo dem auswertigem Ge-
ſchmack ziemlich fremd vorkam. Des Sonnabends fuͤhrten ſie den neuen Gaſt in
ihre Badſtube, goſſen zur Verſtaͤrkung der Hitze haͤufig Waſſer auf die gluͤhenden
Steine, nahmen groſſe Quaſten, goſſen auch wol kalt Waſſer zu, und peitſch-
ten auf den von Schweis geſamleten Unflat ganz unbarmherzig los. Wie bey
dieſer Zucht die Reihe den zaͤrtlichen Jtaliaͤner treffen ſolte, ſo lief er aus dem
Bade weg, und ſchrie: Proh Deum! auſtera nimis haec vere eſt vitae regula,
vix audita ab hominibus! Mein GOtt! das iſt eine unerhoͤrte und unertraͤgliche
Diſciplin! brachte es auch bey dem Papſt ſo weit, daß das Kloſter mit mehrern
Guͤtern verſorget wurde u).
Nach Alberts von Stade Bericht, ſol in dieſem Jahr in Liefland eine ſo
groſſe
t)
[35]Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin.
groſſe Hungersnoth geweſen ſeyn, daß ein Menſch den andern gefreſſen, und der1233
Diebe am Galgen nicht geſchonet worden.
Der ſemgalliſche Biſchof Balduin bezeuget, daß im vorhergehenden1234
Jahr der Vogt, die Buͤrgermeiſter und ganze Buͤrgerſchaft zu Riga ihm ihr An-
theil und Recht auf Curland und Semgallen ſamt 70 ihrer Lehnsleute abge-
treten, dagegen er ihnen auf erhaltene paͤpſtl. Volmacht, auf den Fus des mit
dem vorigen Biſchof Lambert in Semgallen getroffenen Vergleichs, die
Grenzen ihrer Stadt anſehnlich erweitert.
Auf Anſuchen der Schwerdtritter w) ſandte endlich der Hochmeiſter Her-1235
man von Salze, 2 deutſche Ordensritter nach Liefland, nemlich den
Comtur zu Altenburg, Ehrenfried von Neuenburg, und den Comtur zu
Negelſtaͤdt, Arnold von Dorf oder Neuendorf, die von dem Verhalten
der Schwerdtbruͤder naͤhere Nachricht einziehen ſolten. Die Geſandten muſten
wegen des fruͤhen Winters ihre Ruͤckreiſe bis aufs Fruͤhjahr verſchieben.
Sie reiſeten ſo dann, ſo bald das Waſſer aufgegangen, ab, und der Ordens-1236
meiſter Volquin gab ihnen 3 von ſeinen Ordensbruͤdern mit, nemlich den Vogt
zu Wenden, Erdmund oder Reimund; den Ordensmarſchal Joh. Sa-
linger und Joh. von Meydeburg. Der Vicemeiſter, Ludwig von Oet-
tingen, nahm ſie zu Marpurg in Empfang, bey welchem erſten Gehoͤr ſich 70
J 2deut-
[36]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1236deutſche Ordensbruͤder gegenwaͤrtig befanden: doch konten die Lieflaͤnder mit
dem Hochmeiſter ſelbſt nicht zur Unterredung kommen, weil derſelbe eine Reiſe an
den kaiſerl. und paͤpſtl. Hof unternehmen muͤſſen. Man machte ihnen mit Fleis
die Aufnahme ſchwer, damit dieſelbe als eine hohe und wichtige Wohlthat angeſe-
hen werden moͤchte. Man erkundigte ſich nach ihren Ordensgeſetzen, nach ihren
Vorrechten, nach ihren Laͤndern, nach ihrem Leben, und lies den beiden zuruͤck-
gekommenen Geſandten Bericht abſtatten, wie ſie es in Liefland gefunden
haͤtten.
Der Bruder Ehrenfried war nicht am beſten auf die Bruͤder der Ritter-
ſchaft Chriſti in Liefland zu ſprechen. Es ſind ſagte er, eigenſinnige nnd muth-
willige Koͤpfe, die ſich nicht gern an die Ordensregeln binden. Sie begehen ſelt-
ſame Dinge, und ſehen mehr auf ihren Eigennutz als auf die gemeine Wohlfarth.
Dabey wies er vor dem Vicemeiſter auf 2 von den lieflaͤndiſchen Abgeordneten
mit dem Finger, und fuͤgte hinzu: dieſe nebſt 4 andern, welche ich kenne, ſind
die alleraͤrgſten. Dieſe ſchoͤne Empfelung begleitete der zweite Geſandte, Arnold,
mit einem neuen Lobſpruch: Alles, fieng er an, was dieſer mein Reiſegefaͤhrte
hier vorgebracht, hat ſeine Richtigkeit. Da aber die Schwerdtbruͤder unſern
Orden annehmen und allen Misbrauch fahren laſſen; ſo wollen wir das Beſte
hoffen. Jndeſſen wollen wir ihnen durch unſern Wandel ein Muſter der Nach-
folge vorſtellen.
Der Vicemeiſter fragte nach der Reihe herum, was die deutſchen Bruͤder
zu dieſer Vereinigung gedaͤchten. Alle Anweſende gaben dem Bruder Ehrenfried
Beifal, und wiederriethen ſie als die gefaͤhrlichſte Sache. Ganz zuletzt kam das
Wort an einen damals noch jungen Bruder, aber nachmaligen Hochmeiſter,
Herman von Heldrungen, der dieſen kuͤtzlichen Handel bis zur Ruͤckkunft des
Hochmeiſters auszuſetzen rieth. Arnold von Neuendorf ergrif dieſen Vor-
ſchlag, und bat die Bruͤderſchaft, auf die Stimme dieſes jungen Ritters Acht zu
geben. Man beſchlos alſo das Anbringen der lieflaͤndiſchen Geſandſchaft un-
eroͤrtert zu laſſen, bis der Hochmeiſter in Perſon zugegen waͤre. Der Vogt zu
Wenden, Erdmund, und der Ordensmarſchal Joh. Salinger, beur-
laubten ſich hierauf bey dem Vicemeiſter, Ludwig von Oettingen, und zo-
gen wieder nach Hauſe, von denen doch der Ordensmarſchal unterwegens ſtarb.
Der dritte Schwerdtbruder Joh. von Meydeburg ſolte inzwiſchen die Ankunft
des Hochmeiſter Hermans mit Geduld abwarten.
Der Vicemeiſter ward beim Auſſenbleiben ſeines Principals, zumal, da
ihn der lieflaͤndiſche Abgeordnete faſt taͤglich uͤberlief, auch ungedultig, und
reiſete ſelbſt an den kaiſerl. Hof, wohin er den Abgeordneten mit nahm, und vom
deutſchen Orden die Bruͤder Ulrich von Doͤre, Wichmannen von Wuͤrz-
burg und Hermannen von Heldrungen zur Begleitung bey ſich hatte. Sie
fanden den Hochmeiſter ziemlich willig. Doch wolte er alles auf die paͤpſtl. Ein-
willigung ankommen laſſen; da denn um dieſelbe einzuholen, der Hochmeiſter mit
dem Abgeordneten Herman von Heldrungen ſich zum Papſt Gregorius dem
IXten verfuͤgte, der zu Viterbo, nicht aber zu Salerno, oder gar, wie Waiſ-
ſel ſchreibt, zu Lucern, ſeine Hofſtadt aufgeſchlagen.
Am paͤpſtl. Hofe machte der daͤniſche Geſandte viele Schwierigkeiten, weil
Waldemar der IIte weder Muͤhe noch Koſten ſparen lies, den Papſt dahin zu
vermoͤgen, daß derſelbe das Schlos Revel dem Koͤnig zuſprechen ſolte x). Der
Papſt
[37]Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin.
Papſt ſchrieb auch an ſeinen Botſchafter nach Liefland, er ſolte dieſes Geſchaͤfte1237
zu Stande zu bringen ſuchen; wogegen der Orden durch ihren Abgeordneten an-
haltend proteſtirte. Doch die ungluͤckliche Niederlage, in welcher Volquin mit
manchem braven Streiter ins Gras beiſſen muſte, machte den Lieflaͤndern die
Tractaten leichter; daher ſie einen andern Bruder, Gerlach Fuchsy), nach
Viterbo abſchickten, die Vereinigung beider Orden inſtaͤndiger zu ſuchen, die
Abtretung Eſtlandes an Daͤnnemark beſtmoͤglichſt zu hintertreiben, und fuͤr
den groſſen Verluſt ſo braver Maͤnner Troſt zu ſuchen z). Der Hochmeiſter ſahe
als ein ſtaatsverſtaͤndiger Kopf wol ein, daß der Papſt dem Koͤnig von Daͤnne-
mark in ſeinen Anſpruͤchen auf Revel nicht entgegen ſeyn, ſondern dadurch die-
ſen Herrn deſto mehr an die Vortheile der Kirche binden wolte. Er merkre aber
auch, daß wenn er den Lieflaͤndern die paͤpſtl. Abſichten entdeckte, der ganze
heilſame Vereinigungshandel, woran uͤber 6 Jahr vergeblich gearbeitet worden, krebs-
gaͤngig werden, und Muͤhe und Koſten vergeblich ſeyn duͤrften. Um aber doch
dieſes gute Werk zu befoͤrdern, ſagte er den Abgeordneten viel angenehme Dinge
vor, in Hofnung, er wuͤrde die Lieflaͤnder bedeuten koͤnnen, nach getroffener
Vereinigung, ſich gegen Daͤnnemark nicht zu ſperren, ſondern dieſer Krone,
wenn ſie die Kriegeskoſten dem Orden erleget, in dem weitlaͤuftigen Lieflande
einen feſten Fus zu goͤnnen.
Er ſuchte demnach Gehoͤr beim Papſt, welches ihm auch, wiewol oh-
ne Gepraͤnge, zugeſtanden wurde. Es befanden ſich nur 4 Perſonen um
Se. Heiligkeit, nemlich der antiocheniſche Patriarch; der Biſchof von
Bari; Conrad von Strasburg, ein Bruder vom deutſchen Orden
und Marſchal des Papſts; und der paͤpſtliche Kaͤmmerling, ein Johanniter-
Kritter.
107
[38]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1237ritter. Die beiden Lieflaͤnder traten hierauf ins Audienzzimmer, und erhielten
vom Papſt das Jawort, welcher ſie auch vor ſeinem Stuhl niederknieen hies.
Er ertheilte ihnen Vergebung aller ihrer Suͤnden, ſprach ſie von dem Eid und
den Regeln ihres Ordens los, ermahnte ſie zur|Tapferkeit und ertheilte ihnen nebſt
den neuen Ordensregeln den paͤpſtl. Segen mit der Jnveſtitur. Sie legten ihre
vorigen Maͤntel mit dem Schwerdte ab, und lieſſen ſich die neuen weiſſen mit dem
ſchwarzen Kreuz umhaͤngen. Die Lieflaͤnder wechſelten anfaͤnglich einige Wor-
te mit dem Kaͤmmerling, welcher die Ceremonien verrichtete, und wolten die al-
ten Maͤntel mit nach Hauſe nehmen. Allein der paͤpſtl. Marſchal bedeutete den
Bruder Gerlach, daß ſie dem Kaͤmmerling mit Rechte verfallen waͤren, daß er
alſo ſeinen geliebten Mantel fahren laſſen muſte.
Nach volbrachter Jnveſtitur begleiteten die neu aufgenommenen Ritter den
Hochmeiſter nach Hauſe, und erhielten des Papſts Befehle, welcher fuͤr gut ange-
ſehen, daß die Lieflaͤnder Revel an Daͤnnemark wieder abtreten, dagegen
aber die Unkoſten ausgezahlt bekommen ſolten, die ſie darauf gewandt, die aufruͤ-
rigen Eſten aus Revel zu vertreiben. Dieſes Anmuthen war fuͤr die Lieflaͤn-
der ein Donnerſchlag. Der Abgeordnete und neue Ordensbruder Gerlach,
ſchlug fuͤr Eifer an die Bruſt, und brach gegen den deutſchen Ordensbruder,
Herman von Heldrungen in die Worte aus: Waͤre es nicht geſchehen,
es geſchaͤhe nun und nimmermehr, das ſage ich, warlich! Doch es
ſtund nicht mehr zu aͤndern, und die Abgeordneten muſten wieder Willen mit
des Hochmeiſters Erklaͤrung zu frieden ſeyn.
Der Hochmeiſter fertigte dieſen Herman und Gerlach gleich an den Vi-
cemeiſter Ludwig nach Marpurg ab, mit Befehl, in der Eil 60 Ritter zu weh-
len, und die Stellen der erſchlagenen in Liefland damit zu beſetzen. Er ſelbſt
reiſete mit Joh. von Meydeburg an den kaiſerl. Hof Friedrichs und ſtattete
von ſeiner wohl abgelaufenen Verrichtung Bericht ab, wo ihm der Kaiſer 60 Mk.
Goldes, oder nach Waiſſeln 1500 Mk. mit gab, um ſelbige den lieflaͤndi-
ſchen Ordensbruͤdern zur Beiſteuer zu verehren.
Nachdem der Hochmeiſter in Marpurg angekommen, brachte er ein Ka-
pitel zuſammen und machte Anſtalt, die erwehlten 60 Ritter mit einer andern
Anzahl Reuterey nach Liefland abzufertigen, ernante auch Dietrich von Gruͤ-
ningen zum Meiſter von Liefland. Als aber das Kapitel vorſtelte, daß es
nicht rathſam ſey, ſolchen tapfern und verſuchten Maͤnnern in Liefland einen ſo
jungen Ritter zum Haupte zu geben; ſo bedachte er ſich anders, und ernante an
deſſen ſtat Herman Balken, ein altes redliches und beruͤhmtes Mitglied des
deutſchen Ordens, der ſchon vorher in Preuſſen Landmeiſter oder Proviſor
des Ordens geweſen, und welcher alſo der dritte unter den Ordensmeiſtern in
Liefland, vom deutſchen Orden aber der erſte iſt a)Und damit ward die
Jncorporationsacte volzogen b),*).
[39]Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung des Volquin.
a).
Der
[40]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der dritte Ordensmeiſter in Liefland, deutſchen
Ordens.
Herman Balckea).
Er brachte vor allen Dingen am koͤnigl. daͤniſchen Hofe die Ceßions-
acte wegen Eſtland zu Stande, welche der Koͤnig Waldemar
am 7ten Jun. zu Stenby ausfertigen laſſen. Der Koͤnig be-
ſchweret ſich, daß der Urteilsſpruch des Papſtes und der ganzen
Cardinalverſamlung, worin man ſein Recht auf das Schlos und die Stadt Re-
vel, Jerven, Wirland und Harrien fuͤr guͤltig erkant, ſeit 2 Jahren her
nicht zur Volziehung gekommen, und er daher genoͤthiget worden, zu einem aͤrgerli-
chen und ſeelenverderblichen Kriege, eine Flotte auszuruͤſten, und ſich ſelbſt Recht
zu ſchaffen. Doch habe er, auf Vermittelung des Legaten Wilhelms und des
lieflaͤndiſchen Gebietigers Hermans, nachſtehende Punkte beliebet, deren
unverbruͤchliche Volziehung, mit gegebenem Handſchlag, gemeinſchaftlich verſichert
worden. Zum erſten, der Orden ſol dem Koͤnig die Heiden bezwingen helfen, da-
gegen behaͤlt der Orden den dritten Theil des Eroberten auf gemeinſchaftliche Un-
koſten. Zum zweiten, der Orden raͤumet ſo gleich das Schlos Revel, und ziehet
mit Haab und Gut davon, ohne das Geringſte nachzulaſſen, dafuͤr der Koͤnig das
Land Jerwen dem Orden abtrit, mit beigefuͤgter Bedingung, daß der Orden
darin keine Veſtung ohne koͤnigl. Einwilligung anlege, und deſto williger den Koͤ-
nig in ſeine Fuͤrbitte zu GOtt einſchlieſſe. Zum dritten, der Erzbiſchof von Lund
uͤber-
b
[41]Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Herman Balckens.
uͤberlaͤſt dem Orden das geiſtl. Recht uͤber Jerwen, wie es ſonſt die Biſchoͤfe1238
von Eſtland haben. Zum vierten, der Koͤnig wil den Orden in der Wyck und auf
Oeſel nicht beunruhigen. Zum fuͤnften, beide Theile unterwerfen ſich in den
Grenzſtreitigkeiten den Ausſpruͤchen der Biſchoͤfe von Liefland von Eſtland frei-
willig. Zum ſechſten, dem Orden wird zuletzt die Auszahlung aller bisher gehobenen
Einkuͤnfte aus Eſtland im weltlichen und geiſtlichen erlaſſen b).
Die anwachſende Macht der Schwerdtbruͤder wolte den herſchſuͤchtigen Geiſt-
lichen nicht laͤnger anſtehen. Der Ausgang hat gewieſen, daß die Biſchoͤfe mit dem
deutſchen Orden noch ſchlimmer angekommen. Die erſten ſind es aber, uͤber wel-
che der Biſchof Heinrich von Oeſel, ſich in einem Briefe unterm 1ſten Merz be-
ſchweret, daß ſeine Vaſallen die Kirchenguͤter mit Gewalt an ſich riſſen und ſich aus
dem Ban der Kirche nichts mehr machten. Er meinet auch, der Unfug dieſer Leute
koͤnne nicht beſſer gezaͤhmet, noch der Kirche eher geholfen werden, als durch die Ma-
rienbruͤder vom deutſchen Hauſe, daher er, auf erhaltene Volmacht von dem
apoſtoliſchen Legaten Wilhelm, mit dem Ordensmeiſter Herman den Vertrag
gemacht, daß deſſen Ordensbruͤder den 4ten Theil von der Wyk inne haben ſolten,
nemlich 7 Kilegunden, und 50 Haken, mit allen Zehnden und Gerechtſamen; nur
daß der Biſchof ſich die geiſtliche Obergewalt daruͤber vorbehaͤlt. 300 Haken werden
zur Stiftung einer Domkirche beſtimmet, deren Einkuͤnfte 3 Jahr lang auf die Er-
bauung eines Schloſſes, Steenberg genant, verwendet werden. Fuͤr dieſe Gefaͤl-
ligkeit ſchenken die Bruͤder den 4ten Theil von Mone an den Biſchof. Obbeſagtes
Schlos mit ſeiner Vorſtadt wird auf gemeine Koſten erbauet und gleich getheilet. Je-
der Theil haͤlt wenigſtens 10 Mann zur Beſatzung darin. Den Thurm und das
Schlosthor beſetzt der Biſchof mit ſeinen Leuten, ohne deſſen Einwilligung die Bruͤder
auf ihrer Seite keinen Thurm anlegen duͤrfen. Die Ordensbruͤder geloben an, die un-
rechtmaͤßig entzogenen Kirchenguͤter in Jahr und Tag denen Verbanneten wieder ab-
zunehmen und den Biſchof in allem zu ſchuͤtzen. Papſt Clemens der IVte beſtaͤtig-
te dieſes den 28ſten May 1625 zu Viterbo.
Jn dieſem Jahr ſprengeten 2 lieflaͤndiſche Schiffe mit ausgeſpanten Segeln
die ſtarke Kette, welche der Koͤnig von Daͤnnemark vor der Muͤndung der Trave
ziehen laſſen, als er mit dem Grafen Adolph von Holſtein die Stadt Luͤbeck ein-
ſperrete. Die Lieflaͤnder zogen dadurch in ihrer Handlung von der Stadt viele
Vortheile. Cranzlib. VII, c. 12 haͤlt dieſes fuͤr luͤbiſche Schiffe, die nur aus Lief-
land gekommen, weil die neuangelegten Staͤdte Revel und Riga noch zu ſchwach ge-
weſen, eigene Schiffe zu halten. Allein Luͤbeck war auch ſo alt nicht. Zur Zeit des
Ordens aber hat die Stadt Riga gar ihre eigene Kriegesſchiffe ausgeruͤſtet, warum
ſolte ſie denn nicht auch Kaufmansſchiffe haben halten koͤnnen? Ob aber die Stadt
Riga mit dem daͤniſchen und holſteiniſchen Hofe es der Handlung wegen ver-
derben wollen, iſt eine andre Frage.
Unter den vornehmen Feldzuͤgern in Liefland befand ſich dieſes Jahr auch,
nach Alberts von Stade Zeugnis, der Graf Adolph von Schauenburg.
Er hatte, wie der Dominikanermoͤnch, Herman von Leerbach, in der Chro-
Lnik
[42]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1239nik der Grafen von Schauenburg berichtet, ſeine Gemahlin Helwig, eine Toch-
ter Hermans Grafen von der Lippe, zur Reiſegefaͤrtin. Jm folgenden Jahr
gieng er wieder nach Hauſe, und zog am 13ten Aug. am Tage Hippolyti die
Franciskanerkutte an.
Der Koͤnig Woldemar befahl allen Lehnsleuten in Eſt- und Wirland
unterm 14ten Jul. von Wartinsborg, von allen Zehnden, welche die Eſten
erlegen muͤſten, wieder den Zehnden dem revelſchen Biſchof ins Haus zu ſchi-
cken. Er beſtimte auch dem Torchill zum Nutzen des revelſchen Stifts 80 Haken
im Revelſchen, und 40 Haken in Wirland, welche letztern doch, ſo bald Wir-
land einen eigenen Biſchof bekommen wuͤrde, ſo gleich wieder an das wirlaͤndi-
ſche Stift fallen ſolten. Gegeben zu Eresborg am 16ten September.
Die oeſelſchen Bauren hatten das Joch des Chriſtenthums abgeſchuͤttelt,
wurden aber von Andreas von Velven bald wieder gedemuͤthiget c), und muſten
ſich
[43]Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Herman Balckens.
ſich ihrem Biſchof Heinrich unter ſchweren Bedingungen aufs neue unterwerfen.1241
Doch die Ordensbruͤder thaten dabey das Beſte; und dafuͤr vermachte ihnen der Bi-
ſchof Heinrich den Strich Serwen*) zu ihrem Antheil auf Oeſel, mit der
Bedingung, daß der daſige Hafen fuͤr jederman frey und offen bleiben ſolte, eben
ſo wie alle Hafen in der Wyk. Er ſchenkte ihnen auch die Helfte des Dorfs Lo-
de, nicht weit vom biſchoͤfl. Schloſſe.
Der Koͤnig von Daͤnnemark, Erich der Vte, genant Plogpenning,1242
errichtete mit dem Biſchof zu Revel den Vergleich, daß der revelſche, nach
dem Beiſpiel des doͤrptiſchen Biſchofs, von 20 Haken Landes zwey gewogene
Schifpfund Korn, halb an Rocken, halb an Gerſte, ſowol von den Kron- als
Lehnguͤtern zu empfangen habe: gegeben zu Nachſchouf am 22ſten Jun. d).
L 2Erich
[44]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Erich der Vte vermachte dem revelſchen Biſtum noch 14 Haken, zu
Lund, ohne beigefuͤgte Zeitbeſtimmung. Gegen die Ruſſen war Balcke gluͤck-
lich,
123
[45]Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Hermans Balcke.
lich, und erlegte ihrer in einem Treffen bey Jſebursky, 2 Meilen von Pit-1243
ſchuer, 600 Mann, verband ſich hierauf mit dem doͤrptiſchen Biſchof, ruͤck-
te vor die Stadt Pleskow, und verſahe ſie mit guter Beſatzung, weil der ruſ-
ſiſche Czaar Gerpold kapituliret hatte und mit ſeiner Beſatzung abgezogen war.
Albert der Abt berichtet, daß Graf Adolph von Holſtein den Lieflaͤndern
damals mit einer ziemlichen Macht beigeſtanden habe.
Des Alters und der Ruhe halben begab ſich dieſer Meiſter nach Deutſch-
land, wo er 2 Jahr nachher geſtorben und begraben worden e).
Der
[46]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der vierdte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen
Ordens.
Heinrich von Heimburga).
Seine ſchwaͤchliche Leibesbeſchaffenheit ſowol, als die verworrenen Um-
ſtaͤnde in dem unruhigen Deutſchland, erhielten dieſen ſonſt wuͤr-
digen Regenten in ſtillen Friedensgedanken, deswegen von ſeinen
Thaten nichts in die Geſchichtbuͤcher gekommen.
Der Groskoͤnig von Nogarden, Alexander, ruͤckte vor Pleskow,
in welchem Ort er, trotz aller Gegenwehr, 70 Ordensbruͤder und manchen Deut-
ſchen niedermachte, 6 aber, die er lebendig bekam, uͤber die Klinge ſpringen lies.
Der Orden fertigte nach dieſem Verluſt eine Botſchaft nach Daͤnnemark
ab, in Begleitung des koͤnigl. Statthalters von Eſtland. Der Koͤnig brachte
auch ſchon zu Yſtaͤdt eine maͤchtige Flotte zuſammen, nach Eſtland zu ſegeln,
und uͤbertrug ſeinem Bruder Abel die Anfuͤrung derſelben, weil er ihn im Rei-
che nicht ohne Furcht zuruͤck laſſen konte. Doch der Koͤnig und ſein Bruder ſtel-
ten auf die andre Botſchaft, daß Alexander ſich zuruͤck gezogen, die Reiſe ein,
und begnuͤgten ſich, einige Truppen zur Verſtaͤrkung der Beſatzung in die Grenz-
veſtungen nach Eſtland zu ſchicken.
Der ehemals modeneſiſche und damals ſabiniſche Biſchof, Wilhelm,
machte am 7ten Febr. im 2ten Jahr der Regierung Jnnocentius des IVten zu
Lyonb) 2 Theile von Curland dem Orden, und dem Biſchof den dritten aus,
wobey man die in Preuſſen getroffene Einrichtung zum Muſter anfuͤrete, weil
die Vorrechte des deutſchen Ordens, durch der Schwerdtbruͤder Vereinigung,
mit auf die Lieflaͤnder gekommen ſeyn. Der Orden hatte nicht nur Curland
wieder erobert, nachdem die abgefallenen Curen ihren Biſchof Engelbert umge-
bracht; ſondern auch das Schlos, ſo ehmals Goldingen, anjetzo aber Jeſus-
bore heiſt, daſelbſt erbauet.
Jn
[47]Biſch. Nicolaus. zur Zeit der Regierung Heinrichs v. Heimburg.
Jn demſelben Jahre vermachte der rechtmaͤßige Erbe des Fuͤrſtententhums1254
Pleskow, Jaroslaw, den halben Theil ſeines Landes an die Kirche zu
Doͤrptc).
Nach einer zweijaͤhrigen Regierung noͤthigte den Ordensmeiſter ſeine Unpaͤs-
lichkeit nach Deutſchland zu gehen, und der Ruhe zu genieſſen.
Der fuͤnfte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen
Ordens.
Dietrich von Gruͤningen.a)
Er brachte den groͤſten Theil ſeiner Regierung mit den unruhigen Curen1246
zu. Dieſen Leuten wolte es nicht recht in den Kopf, mit der Taufe
zugleich die Knechtſchaft der Deutſchen anzutreten, und hiengen
ſich daher an die Litthauer, welche auch unter ihrem Grosfuͤrſten
Myndow aufbrachen, und Curland von der fremden Re-
gierung erloͤſen wolten. Am 25 May verſtattete Johann, Herr von Meck-
lenburg, den rigiſchen Buͤrgern zu Wismar und in andern Oertern ſeines
Gebietes, eben die Freiheit, welche die Luͤbecker genieſſen. Herr Gottfried
Buͤlow, Herr Johann ſein Bruder, Herr Bernhard von Walie, Herr
Dietrich Clawe, Herr Ulrich ſein Bruder, Ludecke von Ham, Zolein-
nehmer, Heinrich von Dortmund, Buͤrgermeiſter, Dittmar von Buco-
M 2we,
[48]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1246we, Ulrich und Niclaus von Cusveld, Wizzel Kleine(Paruus)Hin-
rich von Bucow, Hildebrand von Pole; rigiſche Buͤrger, waren
Zeugen.
Auf eingelaufene Nachricht, daß die Curen und Litthauer mit einem
Heer von 30000 Man Ampoten belagert, machte ſich der Ordensmeiſter in
Perſon auf, uͤberrumpelte die Belagerer, und jagte ſie nach einem Verluſt von
500 Mann nach Hauſe, doch blieben beim Entſatz vier Ordensritter und 10
andre Lieflaͤnder. Der Ordensmarſchal Berwart ſol dieſer Unternehmung
mit beigewohnet haben. Dietrich drang hierauf in Litthauen ein, wo er
ſengte und brente, aber auch manchen Kopf verlor.
Der daͤniſche Koͤnig Erich beſtaͤtigte zu Rotſchild dem Ciſtercienſer-
kloſter Gudwall in dem Biſtum Linkoͤping,b) die vom Herzog Cnut er-
haltenen Privilegien, und erhandelte zum Nutzen deſſelben von den Deutſchen
in Eſt- und Wirland die Doͤrfer Kale, Xalemachi, Ugri, Culmias,
Sicudal, Adalica, Kallis, Wonei, und Perniſpaͤ. Doch muſten die
Bauren auf das Schlos nach Revel froͤnen, und in Kriegszeiten ſich wie Sol-
daten gebrauchen laſſen. Er ſegelte auch ſelbſt nach Eſtland, beſorgte die noͤ-
thigſten Anſtalten im Geiſtlichen und Weltlichen, machte allerhand geiſtliche Stif-
tungen und ſchenkte, als er wieder nach Lund kam, am 8ten April dem eſtlaͤndi-
ſchen Biſchof Torchill 14 Haken im Dorfe Kawwel, ſo Ulrich Schuͤ-
tzen gehoͤrte, beſtaͤtigte auch das gottſelige Vermaͤchtnis, in welchem ſein Vater
vor 9 Jahren das Biſtum Revel ſo reichlich beſchenket hatte, geſchehen zu War-
tinsborg, am 11 September c) Dem Orden in Preuſſen und Liefland
aber
[49]B. Nicolaus. zur Zeit der Reg. Dietrichs v. Gruͤningen.
aber unterſagte er in einem eigenen Schreibenden Eingrif in die koͤniglichen Guͤter1249
in Eſtland.
Nach einigen Verdrieslichkeiten mit dem Erzbiſchof Albert, dankte Die-1250
trich ab, und begab ſich nach Lyon, wo er fuͤr den Orden manches Gute aus-
richtete. Der Papſt Jnnocentius der Iſte lies durch die Biſchoͤfe, Peter von
Alba und Wilhelm von Sabina zwiſchen ihm und dem Erzbiſchof einen
Vergleich ſtiften, der auch im folgenden Jahre am 24 Febr. zu Stande kam,
darin alle Beleidigungen gegen einander aufgehoben werden. Der Erzbiſchof
ſol das Kreutz und Glaubensgeſchaͤfte durch Predigen und Rathen befoͤrdern, die
Ordensprivilegien unangefochten laſſen, ſich nach des modeneſiſchen Biſchofs
Urtheil mit einem Theil in Preuſſen und Curland begnuͤgen laſſen, den Or-
densbruͤdern das Loͤſegeld von den Geluͤbden abgeben, ihnen nichts zu Leide thun, oder
thun laſſen, ſich weder mit Chriſten noch Heiden gegen den Orden verbinden,
dagegen die Bruͤder dem Erzbiſchof ſeinen gebuͤhrenden Reſpect geben, keine Ver-
bannten in Schutz nehmen und alle Neubekehrten freundlich und gelinde halten
muͤſſen.
Jhm wird ſonſt die Erbauung der Schloͤſſer Ampoten und Curlandd),1251
zugeſchrieben.
Der
[50]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der ſechſte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen
Ordens.
Andreas von Stuckland.a)
Die Grafen Johann und Gerhard von Holſtein, Wagrien und
Stormarn gaben den Buͤrgern und Kaufleuten zu Riga die
Freiheit unterm 7. Aug. daß, wenn ſie nach Hamburg oder ſonſt
in ihre Lande kaͤmen, ſelbige von Zoll und Unpflichten ewig und
gaͤnzlich los ſeyn ſolten. Der Brief iſt unterzeichnet vom Bruder
Adolph, ihrem Vater, Gervaſius dem Kapellan, den Rittern Vrowin, ih-
rem Lehnsmanne Otto von Luͤneborch, Albrecht von Medebeke und an-
dern mehr. An der Urkunde henget an einer gelben ſeidenen Schnur von gemei-
nem Wachs ein Siegel, in deſſen Mitte das Bild eines geharniſchten Reuters,
der in der Rechten den bloſſen Sebel, mit der Linken hingegen den Zaum des Pfer-
des haͤlt: umher ſtehet die Umſchrift: S. Iohannis Comitis Stormarie, Wagrie et
Holtzatie. Das andre Siegel haͤlt eine rothe ſeidene Schnur, mit einem
Schilde in Geſtalt eines gezackten Neſſelblats, nebſt den Buchſtaben am Rande:
S. Johannis et Gerhardi Comitum de Schowenburg. Dieſer Freiheitsbrief iſt
etlichemal, und unter andern vom Erzbiſchof Sylveſter, in Abſchrift genommen
worden. Der Koͤnig von Daͤnnemark, Abel, uͤbertrug dem Biſchof Her-
man von Oeſel und der Wyck den ewigen freien und voͤlligen Beſitz des oͤſel-
ſchen und wyckiſchen Biſtums, entſagte ſich aller Anſpruͤche darauf, und
der Koſten, welche der Biſchof dem Koͤnige nach gewonnenen paͤpſtlichen Ur-
theil auszahlen muͤſſen. b) Gleichfals trat Abel dieſem Ordensmeiſter Andreas
ſein
*)
[51]B. Nicolaus. zur Zeit der Reg. Andreaͤ v. Stuckland.
ſein ganzes Recht auf Gerwen, Alenpoys, Normegunde, Moche und1251
Waigele ab, damit das Reich GOttes durch Einigkeit erbauet wuͤrde zur Ver-
gebung ſeiner Suͤnden. c)
Die Litthauer verſuchten ihr Heil durch eine neue Streiferey in Liefland,1252
wurden aber mit blutigen Koͤpfen nach Hauſe begleitet. Die Lieflaͤnder hinge-
gen ruͤckten gar in Samogitien, und zogen durch Semgallien, nachdem ſie
in beyden Laͤndern fette Beute geſamlet, wieder nach Hauſe. Der Koͤnig Min-
dow in Litthauen bekam hiedurch Friedensgedanken, ſtellte ſich auch auf der
Deutſchen Einladung zu einer Unterredung ein, in der er ſeine Neigung zum
Chriſtenthum entdeckte, welches dem Papſt Jnnocentius dem IVten hinter-
bracht wurde. Der Papſt ſandte zwey Kronen, oder lies ſie auch in Riga ver-
fertigen, die der lieflaͤndiſche Erzbiſchof an ſeinen Bruder Heinrich, Biſchof
zu Culm, in Begleitung des Ordensmeiſters nach dem koͤniglichen Wohnſitz in
Litthauen ſchickte, wo Heinrich den Mindow nebſt ſeiner Gemahlin, wel-
che in der Taufe Martha genennet wurde, nach geſchehener Taufhandlung zum
Koͤnig und zur Koͤnigin von Litthauen kroͤnete. Der Biſchof belehnte auch
den Mindow im Namen des Papſts mit Litthauen; da denn dieſe feierliche
Handlung bey allen Hofleuten einen ſolchen Eindruck machte, daß uͤber 600 vor-
nehme Litthauer ſich mit taufen lieſſen, obgleich die uͤbrigen Unterthanen auf
dieſe Unterwerfung ſchlecht zu ſprechen waren. d)
N 2Der
[52]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
Der Ordensmeiſter Andreas unterſiegelte nebſt dem Biſchof Heiden-
reich in Preuſſen und dem rigiſchen Dompropſt Hezelin, den andern Tag
nach Lucaͤ des Evangeliſten, auf dem Schloſſe zu Goldingen 1252 einen Ver-
trag, in welchem der Biſchof Heinrich von Curland und der Ordensgebietiger
Eberhard von Seine, auf Anſuchen des rigiſchen Propſts die Worte eines
Briefes: daß ohne Genemhaltung des Biſchofs und der Bruͤder keine Staͤdte in
Curland angeleget werden, die Bruͤder hingegen zwey Theile und der Biſchof ei-
nen Theil haben ſolle, blos von der Stadt Memelburg wollen verſtanden wiſ-
ſen, welche Stadt zwiſchen der Memel und Daughe liege. Die Muͤnze, ſo
zu Memel gepraͤget iſt, wird durch ganz Curland fuͤr guͤltig erklaͤret.
Der lieflaͤndiſche Erzbiſchof Albert, der bis jetzo noch Diener der Kirche
zu Luͤbeck war, ſandte einen Bannbrief herein wider die Strandkaper, die
ſich die Schiffe, welche zwiſchen Luͤbeck, Gothland und die Duͤne hinauf,
oder nach Lief- und Eſtland ſegelten, nach der Strandung zu pluͤndern unter-
ſtehen wuͤrden, vermoͤge deſſen auch andere, ſo durch kaͤufliche Erſtehung, Ein-
tauſchung oder Bergung etwas von dem Geſtrandeten an ſich gebracht, als muth-
willige Todtſchlaͤger angeſehen, und ſo lange von der Kirchengemeinſchaft ausge-
ſchloſſen wurden, bis ſie das Geraubete doppelt erſetzet. Luͤbeck im Monat
Junius. e) Der littauiſche Koͤnig Myndowe gab den rigiſchen Kaufleuten
ein anſehnlich Handelsprivilegium in ſeinen Landen.
Nachdem
[53]Erzbiſch. Albert. zur Zeit der Reg. Andr. v. Stuckland.
Nachdem der letzte rigiſche Biſchof Nicolaus die Augen zugethan, ſuchte1254
ſich das Domkapitel, dem der Orden ſchon zu Haupte gewachſen, einen bey dem
Papſt beliebten Mann aus, und fiel mit einmuͤthiger Wahl auf den um Liefland
ſehr verdienten Albert,f) welcher um ſeiner wichtigen Aemter willen, vom Papſt1255
Alexander dem IVten zu Neapolis am 20 Jenner die Volmacht erhielt, in
welcher das bisherige Biſtum zu Riga in ein Erzbiſtum verwandelt wurde. g)
Der Papſt giebt ihm nun den Titel von einem gewiſſen Sitze als rigiſchen Erz-
biſchof, nachdem er vorher nur Erzbiſchof uͤber Lief-Eſtland und Preuſſen
geheiſſen.*) Weil ſich Albert mit dem bloſſen Beifal ſeiner Suffraganen
zum
e)
O
[54]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1255zum Erzbiſchof von Riga gemacht, ſo bedinget der Papſt ordentlich dabey aus,
daß dergleichen inskuͤnftige weder den Vorrechten der roͤmiſchen Kirche, noch
ſeinen lieben Soͤhnen, dem Meiſter und ſeinen Bruͤdern zum Nachtheil gereichen
ſolle. der Ordensmeiſter hatte ſich mitlerweile mit den Oeſelern herum zu tum-
meln, die er auch gluͤcklich zu Paaren trieb.
Der ſiebente Ordensmeiſter deutſchen Ordens
in Liefland
Eberhard von Seine.a)
Seine kurze Regierung hat ihn nicht ſonderlich beruͤhmt werden laſſen;
doch ſcheinet der Orden unter ihm in ziemlichen Anſehen geſtanden
zu haben. Alexander der 4te beſtaͤtigte am 15ten May im La-
teran ſeinen lieben Soͤhnen, den Buͤrgern in Riga, alle ihre eh-
maligen Freiheiten, nahm ſie in ſeinen und des heiligen Peters beſondern Schutz,
ſprach ſie auch ihrer Buͤrgerſchaft halber von Entrichtung des Zehnden frey,
und ſchlichtete das Jahr darauf verſchiedene Haͤndel, die zwiſchen dem Erzbiſchof
und der Stadt vorgefallen. Der Erzbiſchof Albert ſelbſt verordnete zur mehrern
Aufnahme der Buͤrgerſchaft, daß der Orden kein Haus an ſich bringen, ſondern
nur den Werth des Vermaͤchtniſſes heben koͤnte, Grund und Boden aber unter
dem weltlichen Richter ſtehen ſolten. Er verglich ſich auch mit dem Orden,
wegen des dritten Theils des Schloſſes Gercike deſſen Grenzen er beſtimmte. b)
Bra-
[55]Erzb. Albert. zur Zeit der Regierung Eberh. v. Seine.
Barwin, Herr von Roſtock, gab am 17 Junius den rigiſchen Buͤrgern1257
in ſeinen Haͤfen die Zolfreiheit, mit dem Vorbehalt, alle Jahr fuͤr ihn gegen die
Heiden einen gewapneten Mann ins Feld zu ſtellen, wie ſie fuͤr die Seele ſeines
Vaters und Grosvaters bisher zu thun gewohnt geweſen. c)
Der Biſchof von Wirland Diedrichd) ernannte einige Domherren zu
Hildesheim, ſeinen letzten Willen zu volziehen, und mit ſeiner Verlaſſenſchaft
O 2ſo
b)
[56]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1257ſo umzugehen, wie ſie es fuͤr der ſtrengen Unterſuchung des ewigen GOttes zu ver-
antworten gedaͤchten. Er ſpricht dem Biſchof von Paderborn und dem Abt von
Corbey das Recht uͤber ſein Vermoͤgen ab, weil ers nicht durch ſein Biſtum,
noch von den Kirchenguͤtern, ſondern durch Beitrag redlicher Leute und durch
Schenkung der Adelichen fuͤr ſeine Arbeit und Dienſte geſamlet. Gegeben am
Sonntage Oculi.
Der litthauiſche Koͤnig Myndow vermachte aus Erkentlichkeit dem Or-
den ein anſehnliches Stuͤck ſeiner Laͤnder, weil ſelbiger dem Koͤnig gegen ſeine auf-
ruͤhrigen Unterthanen getreue und nachbarſchaftliche Huͤlfe geleiſtet e)
Das unvermoͤgende hohe Alter noͤthigte den Ordensmeiſter nach Deutſch-
land zu gehen, nachdem er nur 3 Jahr in Liefland zugebracht.
Der achte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen
Ordens,
Anno von Sangerhauſen.a)
Er hatte ebenfals mit den Litthauern und Samogiten und Cu-
ren vieles zu thun, um den Myndow aufm Throne zu erhal-
ten, mit deſſen Chriſtenthum nicht alle Unterthanen zufrieden wa-
ren. Die Feldzuͤge giengen auf Seiten der Deutſchen nicht ſo
gar trocken ab. Doch erwies ſich Myndow bey dem Verluſt des Ordens,
durch Schenkung ſeiner Laͤnder, wieder dankbar.
Am
[57]Erzb. Albert. zur Zeit der Regierung des Anno v. Sangerhauſen.
Am 7. Auguſt vermehrte alſo Myndow die vorige Schenkung, damit der1529
Orden ihn und ſeine rechtmaͤßigen Erben beym Reiche ſchuͤtzen moͤchte. Er ver-
machte uͤber dis ganz Denow, ſo auch einige Jecweſin*) nennen, an denſel-
ben, doch behielt der Koͤnig Sentane, Dernen, Croſinen, den Hof Gri-
bunthin, und drey andre Doͤrfer in Weltzow fuͤr ſich: weiter verſchenkte er
ganz Schalowen, ganz Samoythen, auſſer was im letztern Lande dem Bi-
ſchof von Litthauen gehoͤret, beſtaͤtigte auch dem Orden den kuͤnftigen Beſitz aller
beweglichen und unbeweglichen Guͤter, die ſeine Erben einmal ganz, oder zum Theil,
den Bruͤdern vermachen wuͤrden.
Jn Betrachtung der von dem Orden auf ſein Reich gewandten Unkoſten,1260
vermachte Myndow, im Fall er ohne Erben abgehen ſolte, ſein ganzes Koͤnig-
reich Litthauen nebſt allen herumliegenden Laͤndern, mit Genehmhaltung ſeiner
Erben und edlen Maͤnner, an den Orden in Liefland, doch ohne Nachtheil der
biſchoͤflichen Laͤnder und Rechte. Gegeben auf dem koͤniglichen Schloſſe Lit-
thauen mitten im Junius. Als Zeugen ſind angefuͤhret der Biſchof von Culm,
Meiſter Andreas und ſeine Bruͤder, Langutin, des Koͤnigs Schweſtermann,
Lygeike, Schabbe, Bie, Bune, deſſen Barone und Blutsverwandte,
Parbuſe von Neraͤ, Gerdine von Nailſaͤ, Vege, Veſegele und Parbu-
ſe der juͤngere. Von den Predigermoͤnchen, Bruder Snideram, von den
Minoriten, Bruder Adolph, ſeine Gehuͤlfen und andere Redliche mehr.
Jm dritten Jahre ſeiner Meiſterſchaft ward er nach Preuſſen an die Stelle
des alten Pappo von Oſterna zum Hochmeiſter berufen, wobey er noch groſſen
Ruhm erworben. b)
Der neunte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen
Ordens,
Burchard von Hornhauſena).
Dieſen Herrn mahlet uns Pet. v. Duisburg als einen ſehr leutſeligen1261
und bey jederman beliebten Man ab, dem es aber andre als eine
Verwegenheit auslegen, daß er ſich 3 wilde Nationen, die
Semgallier, Litthauer und Samogiten auf einmal auf
den
a)
P
[58]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1261den Hals gezogen. Er war erſtlich Comthur zu Koͤnigsberg, und bauete auf
gemeinſchaftliche Koſten der Preuſſen und Lieflaͤnder ein Schlos auf dem
Berge des heiligen Georgs, im Carſauiſchen Gebiete in Curland,b) wel-
ches auch nachher eine Gelegenheit zu ſeinem Tode geworden.
Seine erſte Beſichtigung der Schloͤſſer in Curland, wohin er ſich mit 40
Ordensbruͤdern und 500 Reutern begeben hatte, lief ſehr mislich ab, indem ihm die
verſteckten Litthauer und Samogiten aufpaſten; worauf er nach einem hitzigen
Gefechte, mit Verluſt von 20 Bruͤdern, ſelbſt ſtark verwundet, ſeine Zuflucht nach
Memel nahm. Er befeligte hierauf Bernhard von Zewen, mit der ganzen
lieflaͤndiſchen Macht aufzubrechen, welcher auch ſchon auf dem Schlachtfelde
ſtand, als eben durch Vermittelung des rigiſchen Erzbiſchofs Albert ein zwei-
jaͤhriger Stilſtand ausgerufen wurde, indem Albert fuͤr ſein neuerbautes Ron-
neburg ſo wol, als Myndows fetter Schenkung halber bange war, und dem
Anwachs des Ordens nicht viel Gutes zutraute.
Der Erzbiſchof Albert uͤberlies der Stadt Riga das an der Rodenpoy-
ſer See gelegene Haus, ſo die Buͤrger bisher im Bau erhalten: doch ſol die of-
fentliche Glocke darinne abgeſchaffet werden. Die 3 beeideten Perſonen, ſo die ri-
giſche Stadtmark beſorgen, legen und beſſern die Bruͤcke, und haben uͤber die
daran ſtoſſenden Aecker und Wieſen die Aufſicht.
Die Aebtißin und der ganze Convent der Nonnen erhielten auf gemeinſchaft-
liches Anſuchen der Parochialien bey St. Jacob die Freyheit, eine Mauer gerade
durchs Kloſter, durch alle alte Gebaͤude zu ziehen, und die Fenſter bequemer an-
zulegen, nur an der Loͤbe (Lobia) und Thuͤren mus nichts geaͤndert werden, da-
fuͤr ſie die alten Gebaͤude an dem Kirchhofe, innerhalb 10 Jahren, ganz wegzuſchaf-
fen verſprechen. Riga am 14 Auguſt.
Peter von Duisburg meldet uns bey dieſem Jahre einen Handel mit den
Samlaͤndern. Die koͤnigsbergiſchen Ordensbruͤder getraueten ſich nicht al-
lein die Gegend von Bethen anzugreifen. Denn es wohnten wilde Menſchen
da, und oft bey 500 in einem Dorfe. Sie baten daher den Ordensmeiſter in
Liefland, gemeinſchaftliche Sache mit ihnen zu machen, beſtimten ihm auch
Tag und Ort zum Treffen. Die Koͤnigsberger kamen, ſahen aber keine Lief-
laͤnder. Sie wurden daher uͤbermannet nnd zum Weichen genoͤthiget. Eben
da es ans Laufen gehen ſolte, ruͤckte das Heer der lieflaͤndiſchen Bruͤder an, die
alle groſſe und ſchoͤne Sattelpferde bey ſich hatten. Hierauf wandten ſich die
Koͤnigsberger, erlegten alle Manſchaft mit der Schaͤrfe des Schwerdts, nah-
men Weib und Kinder gefangen, und ſteckten Doͤrfer und Huͤtten in Brand.
Wilhelm, Abt in Duͤnemuͤnde, Ciſtercienſerordens, macht ſich
anheiſchig, die Stelle ſeines Kloſters und deſſen Laͤnder von der Semgallen
Aa an, bis an den Flus Thoraida,*) ohne des rigiſchen Magiſtrats Vor-
wiſſen niemals weder durch Tauſch noch Verkauf zu veraͤuſſern, noch auch in die-
ſen
a)
*)
[59]Erzb. Albert. zur Zeit der Regierung Burchards v. Hornhauſen.
ſen Grenzen Haͤuſer zu errichten, welche der Stadt Eintrag thun koͤnten. Zeu-1263
gen waren Herman der Prior, Gottfried der Kellermeiſter, Dietrich der
Cantor, Heinrich der Unterprior, Johann der Kuͤſter, Gerhard der Spit-
ler, Engelbert der Gaſtwirth, Winand der Krankenwaͤrter, Conrad Yſen-
bat, Johann Meiſter der Novitien, Conrad, Ulrich der Kaͤmmerer.
Als die Bruͤder von Liefland und Preuſſen, unter einer ſtarken Bede-
ckung, den Bruͤdern auf der neuen Juͤrgensburg Lebensmittel zufuͤhren wolten,
lief die Nachricht ein, daß 4000 Litthauer in Curland eingefallen, viel Chri-
ſtenblut vergoſſen, und Weiber und Kinder in die Gefangenſchaft weggefuͤhret.
Wie nun der Ordensmarſchal Heinrich Botel, einen edlen Pomeſanier,
Macto, Pipins Sohn fragte, wie man den Feind angreiffen muͤſte, antworte-
te dieſer: Wir wollen unſre Pferde eine gute Ecke von uns weg anbinden, und
auf den Schwarm zu Fuſſe losgehen, ſo wird man deſto eher Stand halten. Al-
lein die Daͤnen aus Revel wandten ein, ſie koͤnten es in der ſchweren Ruͤſtung
ohne Pferd nicht aushalten. Die Curen baten um Rettung ihrer entfuͤhrten
Weiber, erhielten aber zur Antwort, daß man mit ihnen nach Kriegsgebrauch
umgehen werde, weil ihre treuloſe Maͤnner auf die Chriſten von hinten zu ge-
hauen, wenn dieſe von forne her von den Litthauern Stoͤſſe bekommen. Ein
edler Samlaͤnder aber von Quedenow, Namens Sclodo, Nalubs
Vater, ermunterte ſeine nechſten Freunde zur Schlacht, da es denn zum Hand-
gemenge kam; und obgleich die Deutſchen wie die Maccabaͤer fochten, ſo
wurden ſie doch am Fluſſe Durbin uͤbermannet, daß am Margaretentage
der Ordensmeiſter Burchard, der preußiſche Marſchal nebſt 150 Bruͤdern
auf der Wahlſtadt blieben, auſer einer ziemlichen Anzahl Gemeiner. Die Furcht
und Beſtuͤrzung war unter den Chriſten ſo gros, daß 3 oder 4 verwegene Kerls
wol 100 auf der Flucht niedermachten, oder zum Ausreiſſen brachten. Andre
fuͤgen hinzu, daß die Feinde von den gefangenen 14 Rittern 8 ihren
Goͤtzen geopfert, den uͤbrigen Arme und Beine abgehauen, und den Leib gevier-
theilet. c)
Der zehnte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen
Ordens.
Juͤrgen von Aichſtaͤdt,
Ehmaliger Comthur zu Sygewalde, hatte gegen die Litthauer und1264
Samogiten auch kein beſonder Gluͤck; doch kam er dem preußi-
ſchen Orden noch zu rechter Zeit zu Huͤlfe, welcher im Treffen
mit den Samlaͤndern zum Weichen genoͤthiget worden, weil er der Lieflaͤn-
der verzoͤgerte Ankunft nicht abwarten wolte. Daher fing man die Schlacht von
P 2neuen
[60]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1264neuen an, und bauete nach geſaͤubertem Lande, die Feſtungen Tapiaw und Loch-
ſtedt den Samlaͤndern zur Brille auf die Naſe.
Der Papſt Clemens der IVte beklaget in einem aus Perugia an den Bi-
ſchof zu Marienwerder in Pomerellien abgelaſſenen Schreiben mit Thraͤnen
die ungluͤckliche Zeitung von den in Liefland, Curland und Preuſſen erſchla-
genen 500 Ordensbruͤdern, beſtimmet auch fuͤr dieſe 3 Laͤnder die ſonſt nach dem
gelobten Lande reiſenden Pilger aus Boͤhmen, Daͤnnemark, Norwegen,
Schweden, Friesland, Polen, Pommern, Gotland und der Pro-
vinz Bremen, welche der Biſchof zur Reiſe nach Liefland ermuntern ſolte.
Wer unter dieſen den Kreuzbruͤderorden traͤgt, aus Schwachheit oder Armuth aber
nicht in Perſon die Reiſe antreten kan, iſt zwar von dem Geluͤbde des Kreuzes
losgeſprochen, mus aber von ſeinen Guͤtern, nach Vermoͤgen, eine verhaͤltnismaͤßi-
ge Beiſteuer entrichten. Alle Guͤter derer, ſo tuͤchtige Krieger auf ihre Unkoſten
dahin gefuͤhret, bleiben ſo lange unter genauem apoſtoliſchem Schutz, bis gewiſſe
Nachricht von ihrem Tode oder ihrer Ruͤckkunft eingelaufen. Die, ſo auf fremde
Koſten dahin gegangen, mitſſen wenigſtens ein Jahr Dienſte thun; denen aber,
ſo die Reiſe in Perſon thun, werden an der aufgelegten Buſſe 40 Tage erlaſſen.
Die Koͤnigin Margaretha Sambiria in Daͤnnemark ſchrieb unter
dem 13ten Auguſt, bey noch waͤhrender Minderjaͤhrigkeit ihres Kronprinzen
Erichs des VIten, an die Herren Odward von Lode, und an die beiden Bruͤ-
der Hohenreich und Egbert von Beſchoneck, daß ſie mit Zuziehung des
Schloshauptmanns und einiger andern von Adel, die Wieſen und Heuſchlaͤge der
Stadt Revel und der Kronguͤter mit Grenzſteinen bezeichnen ſolten, damit
weder die Stadt noch das Schlos etwas leiden duͤrfte. Sie ertheilte auch in dem-
ſelben Jahre der Stadt die Muͤnzgerechtigkeit, mit angehengtem Befehl, aus einer
Mark reines Silbers 6 Mark und 2 Oer an Denarien zu praͤgen. a) Kein koͤ-
niglicher Advocat oder Vogt ſoll ſich mit dem Stadtweſen befaſſen, die Muͤnzver-
faͤlſcher aber nach dem luͤbiſchen Rechte geurtheilet werden.
Die unruhigen Oeſeler trieb dieſer Ordensmeiſter in der gluͤcklichen
Schlacht bey Carmel wieder zu Paaren, daß ſie zum Kreuze kriechen und die ge-
woͤhnliche Gerechtigkeit wieder erlegen muſten. Nach dieſem dankte er ab, und
genos der Ruhe, nachdem er das Schlos Helmet erbauet, und ſeinem Amte ins
dritte Jahr vorgeſtanden.
Der eilfte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen
Ordens,
Werner von Breithauſen.a)
Dieſer Regent hatte mit den Litthauern und deren Bundsgenoſſen
verdriesliche Haͤndel. Der litthauiſche Koͤnig Myndow
hatte ſeine uͤbertriebene Freigebigkeit an den Orden, ſeit einiger
Zeit, ſchon heimlich bereuet, war aber von ſeiner Gemalin, Mar-
tha
c)
[61]Erzb. Albert. zur Zeit der Regierung Werners v. Breithauſen.
tha bisher noch zufrieden geſprochen worden. Nun kam der Samogiten An-1267
fuͤhrer Tramate darzu, und verwies ihm ſeine Dumheit nachdruͤcklich, daß er
als ein freigeborner Herr ſein Erbreich vom Papſt und dem Orden zum Lehn ge-
nommen, und ſelbiges ſeinem nechſten Erben entwandt haͤtte. Myndow brach
hierauf los, lies alle Chriſten in ſeinem Lande niedermachen, und verband ſich mit
dem Czaar von Rusland wider alle Lieflaͤnder, ruͤckte auch vor Wenden,
wo beide Heere, der genommenen Abrede gemaͤs, zuſammen ſtoſſen ſolten: als aber
die Ruſſen nicht zu rechter Zeit eintrafen, verwuͤſtete er das ganze Land, und
lies die Fuſtapfen einer Grauſamkeit nach, die ein abgeſchworner Feind des chriſt-
lichen Namens nur veruͤben konte.
Nach Abzug der Litthauer ſtelten ſich die Ruſſen ein, die im Ruͤckwege
Doͤrpt in Brand ſteckten, und mit reicher Beute wieder nach Hauſe giengen.
Werner holte ſie noch ein, nahm ihnen die Beute ab, und drang mitten in
Rusland, wo ſeine Leute es nicht beſſer als die Ruſſen im Doͤrptiſchen
machten. Eine Unpaͤslichkeit noͤthigte ihn hierauf nach Hauſe zu gehen.
Unterdeſſen hatte Tramate mit ſeinen Samogiten einen Einfal in die1268
Wyck unternommen, das alte Pernau zerſtoͤret, und den Einwohnern nicht gerin-
gen Schaden zugefuͤget. Werner lauerte ihnen alſo mit den Bruͤdern und
Buͤrgern in Riga auf dem Heimwege auf, ertapte ſie des Nachts beim Klo-
ſter zu Duͤnemuͤnde und richtete bey hellem Mondſchein ein entſetzliches Blut-
bad unter ihnen an. Tramate flohe nach Litthauen, die Deutſchen aber
verloren 9 Bruͤder und einige Buͤrgerknechte.
Der Erzbiſchof und Ordensmeiſter verglichen im December die Stadt und
das Kapitel uͤber gewiſſe Stuͤcke, unter andern, daß beide Theile die entſtandenen
Zwiſtigkeiten durch den ordentlichen Richter, oder einen beliebig erwehlten
Schiedsmann entſcheiden laſſen wollen, ohne bey einem Fuͤrſten oder am paͤpſt-
lichen Hofe ein Urtheil zu erſchleichen, und zu beider Theile Schaden zu erringen.
Auch ſolle das Kapitel keinen Fuͤrſten oder Herrn, der maͤchtig (potens) ſey, ins Land
verſchreiben, uͤbrigens aber die canoniſche Wahl ungeſtoͤhrt behalten. Eine bedenk-
liche und fruͤhzeitige Behutſamkeit!
Werner bekriegte die abtruͤnnigen Curen, denen er drey Veſtungen und1269
darunter Durbin zerſtoͤrte; bey anhaltender Leibesſchwaͤchlichkeit aber beurlaubte
er ſich vom Amte und zog nach Deutſchland.
Der zwoͤlfte Ordensmeiſter in Liefland, deutſchen
Ordens.
Conrad von Medena).
Er verlohr in einem Gefecht mit den moscoviſchen und novogo-1270
rodiſchen Ruſſen, Samogiten und Litthauern uͤber 600
Mann und 20 Ordensbruͤder. Ein andermal kam er ſelbſt in
Gefahr, und buͤſte 10 Ritter ein. Den Semgallen legte er
das Handwerk, in dem Rigiſchen zu ſtreifen, und verſahe die
Grenzen mit tuͤchtigen Veſtungen.
Der
Q
[62]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der Koͤnig in Daͤnnemark, Erich der VIte b) ſandte den Revelſchen
ſeinen Reichsdroſten Matthias zu Huͤlfe, welcher den uͤber die Ruſſen und ih-
re Bundsgenoſſen erfochtenen Sieg mit dem Leben bezahlen und auf der Wahlſtat
bleiben muſte.
Myndow ward von ſeines Bruders Sohn Tramaten auf dem Bette
ermordet, und von ſeinen Erben kein einziger am Leben gelaſſen. c) Der Ordens-
meiſter befand nicht vor gut, deſſen ehmaliges Teſtament zu volziehen, ſondern er-
wehlte das Privatleben, und gieng nach Deutſchland. Es war aber auch nie-
mand, der etwas heraus zu geben geſonnen war.
Der Koͤnig Waldemar in Schweden beſtaͤtigte der Stadt Riga die
von ſeinen Vorfahren ihr ertheilten Vorrechte, daß ſie ohne Durchzugsgelder
(ſine pedagio) Zoll und Abgaben frey handeln und wandeln koͤnten, weil die
Schweden in Riga gleiches Recht genoͤſſen. Zur Verhuͤtung des Unter-
ſchleifs ſolten die Buͤrger das aͤchte Siegel ihres Erzbiſchofs bey ſich haben. Nach
vier Jahren beſtaͤtigte dieſes der Koͤnig Magnus zu Lincoͤping.
Der dreizehnte Ordensmeiſter in Liefland deutſchen
Ordens.
Otto von Rodenſtein.a)
Sein Feldzug wider die Ruſſen lief nicht zum gluͤcklichſten ab. Denn ob er
gleich das Feld behielt, und 5000 von den Feinden niedermachte, ſo ließ er
doch auch an 1350 Mann von ſeinen Leuten ſitzen. Der Biſchof Ale-
xander von Doͤrpt hatte ſeinen Hirtenſtab ſo lange abgeleget und das
Schwert dafuͤr um ſich geguͤrtet, welcher unbedungene Beruf aber ihm
das Leben koſtete.
Jn
[63]Erzb. Joh. v. Luͤnen. zur Zeit der Reg. des Otto v. Rodenſtein.
Jn Riga gieng der Erzbiſchof Albert mit Tode ab, und ward in die Dom-1272
kirche unter dem hohen Altar begraben. b) Vor ſeinem Ende ſchenkte er der rigi-
ſchen Buͤrgerſchaft das Land von Ekowemuͤnde bey der Semgallen Aa,
wie auch das Land zwiſchen dieſer Aa, dem Waſſer Ekow und dem Waſſer
Miſne bis an die Grenzen des Herrn Joh. v. Dalen. Jhm folgte Johannes
von Luͤnen, der doch erſt nach zwey Jahren den Stuhl beſetzte.
Der Ordensmeiſter ſtreifte mit 18000 Mann, und noch etlichen Tauſenden,1273
die auf Schuͤten uͤber die Peipus ſetzten, in Rusland, verbrante Jſenburg,
und beſtuͤrmete Plescow mit geſamter Macht; doch auf Vermittelung des
Groskoͤniges von Nogarden ward die Belagerung nach getroffenem guͤtlichen
Vergleich aufgehoben. welchen der Knees Jerian bewirken helfen.
Otto gab der Stadt die Verſicherung, daß die angelegten Veſtungen ihr
nicht zur Hindernis ſondern zur Befoͤrderung gereichen, und die Buͤrger in dem
Ordensgebiete, wie zu Volquins Zeiten, frey Gewerbe treiben ſollen. Andre
ſchreiben dis richtiger Woltern von Nordeck zu.
Waͤhrender Zeit, da die Lieflaͤnder in Rusland ſtunden, hatten die1274
Litthauer und Semgallen einen Streif bis ganz nach Oeſel unternommen,
daher ſich Otto mit dem koͤniglich daͤniſchen Statthalter in Revel, Sig-
frid, wie auch mit den Biſchoͤfen Friedrich in Doͤrpt und Herman auf
Oeſel verband, und ihnen bey Karkus auf dem Eiſe aufpaſte. Allein den
Feinden waren die Haͤnde nicht gefroren, ſondern ſie ſtreckten den Ordensmeiſter
nebſt 52 Bruͤdern und 600 Deutſchen auf dem ſchluͤpfrigen und glatten Schlacht-
felde nieder. Nach Huitfelds Bericht blieb der Biſchof Herman von Oeſel
auch, oder ward vielmehr halb verblutet nach Hauſe getragen. c)
Der vierzehnte Ordensmeiſter deutſchen Ordens
in Liefland,
Andreas von Weſtphalen.a)
Sein Gluͤck wolte ihm nicht aus Preuſſen mit folgen, wo er als Or-
densmarſchal ſchoͤne Proben der Tapferkeit abgeleget. Die Lit-
thauer und deren Bundsgenoſſen machten ihn und 20 ſeiner Bruͤ-
der zum Ziel ihrer Pfeile, welcher Schaden doch einigermaſſen von
dem preußiſchen Hochmeiſter Anno von Sangerhauſen durch drey erfochte-
ne Hauptſiege bey Chriſtburg, Kreuzburg und Brandenburg erſetzet ward.
Der doͤrptiſche Biſchof Friedrichb) ertheilte den Kaufleuten in Lief- und
Q 2Eſt-
[64]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1274Eſtland ein Privilegium, vermoͤge deſſen alle auf der Peipus verungluͤckte
Waaren, nach Entrichtung der Bergegelder, ihren Eigenthuͤmern oder deren Erben
abgefolget werden. Alle Schiffe ſind zolfrey; das Holz wird am Peipus-
ſtrande zur Ausbeſſerung der Schiffe ohne Entgeld gefaͤllet. Doͤrpt, vom 3ten
April.
Der funfzehnte Ordensmeiſter in Liefland deut-
ſchen Ordens,
Wolther von Nordeck.a)
Er bezwang die Samogiten und Semgallen, zerſtoͤrte Tarweyte
und Meſoythen, und ſchenkte die Helfte von ſeinen Eroberungen
der rigiſchen Geiſtlichkeit.
Der Erzbiſchof bewilligte, daß der gewoͤhnliche Advocat in Ri-
ga oder zeitliche Richter ſich ſelbſt einen Subſtituten ſetzen koͤnne,
damit der neue Nachfolger die Jnveſtitur nicht von neuen zu ſuchen noͤthig habe.
Desgleichen vermehrte er im dritten Jahr ſeiner Regierung den 8ten Nov.
die Stadtmark mit der ganzen Gegend von dem Ort, wo die Naba von Babat
in den Flus der Semgallen faͤlt, den Strom hinauf bis an das Dorf Putule-
ne. Der Koͤnig von Schweden, Magnus, aber beſtaͤtigte den Rigiſchen die
freie Handlung auf dem Fus, wie ſie Gothland und Luͤbeck hat. Aarhus,
im erſten Jahr ſeiner Regierung.
Erich der VIte, Koͤnig von Daͤnnemark, erklaͤrte die Buͤrger von Riga in
ſeinem Reiche fuͤr zollfrey, auſſer auf dem ſchoniſchen Markte; die Guͤter der
Schifbruͤchigen werden dem Eigenthuͤmer zuerkannt. Gegeben zu Nykioͤping,
am Tage Johannis des Apoſtels und Evangeliſten.
Die Koͤnigin Margarethab), als Frau von Eſtland, gab am erſten
Septemb. zu Wardingsburg den revelſchen Domherren die Freiheit, ſich
ſelbſt einen Biſchof zu wehlen, und fuͤr ſeinen Unterhalt anſtaͤndige Sorge zu
tragen.
Die Abhaͤnglichkeit der revelſchen Kirche von der Metropolitankirche zu
Lunden ward aufgehoben, dem Biſchof und Kapitel die Gemeinheit der Felder,
Waͤlder und Heuſchlaͤge, die Erlaſſung aller Steuern und Ungelder zugeſtanden,
bis es ihr Sohn der Koͤnig beſtaͤtigen wuͤrde.
Wolther gieng nach getroffenen guten Anſtalten nach Preuſſen und legte
im dritten Jahre ſeine Regierung nieder. Eine ſeiner Urkunden haben verſiegelt
Bru-
b)
[65]Erzb. Joh. v. Luͤnen. zur Zeit der Reg. Ernſts v. Ratzeburg.
Bruder Joh. von Magedeborch, Comtur zu Riga, Bruder Heinrich von1277
Arnesberch, Bruder Heinrich Sturmann, und Bruder Rembold.
Der ſechzehnte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens.
Ernſt von Ratzeburg,a)
Ein witziger und arbeitſamer, aber nicht gar gluͤcklicher Regent.1277
Der rigiſche Erzbiſchof Johan, der oͤſeliſche Biſchof Her-
man und dieſer Meiſter ertheilten am Oſtertage allen, ſo nach
Liefland handeln, die Erlaſſung von Zol und Ungeldern,
nebſt folgenden Vortheilen: Die auf der See oder in der Duͤne verungluͤckten
Guͤter werden nach Erlegung des Bergegeldes frey verabfolget, Hafen und Ufer
in bequemen Stand geſetzet; die Weide fuͤr die von auswaͤrts eingekommenen
Pferde iſt offen, nur daß ſie kein Kornfeld oder Heuwachs verderben. Holz
zum Brennen und zur Ausbeſſerung der Schiffe duͤrfen ſie frey faͤllen; wer aber
zum Bau neuer Schiffe Holz haben wil, mus der Obern Einwilligung ſuchen.
Jn Strand- und Seezwiſtigkeiten wehlen ſich die Parteien einen Richter, der
nach gothlaͤndiſchem Rechte ſchlichtet. Haben die Fremden mit den Buͤrgern
Verdrus, ſo verſchaft ihnen der Aelterman nach rigiſchem Rechte Genugthuung,
oder es ſollen beſondere Gevolmaͤchtigte geſetzet werden, Fremde gegen die Buͤrger
zu ſchuͤtzen b). Der Erzbiſchof belehnte ſeiner Schweſter Man Johan von Lu-
nen und deſſen Erben mit den Doͤrfern Viderſele, Cauſele und Morikas,
nach Lehnsrechte. Zeugen waren Heinrich von Wrangel, Johan von Tie-
ſenhauſen, Otto und Helmold, Bruͤder, genant von Luͤneborch, Ale-
xander, Rodolph von Ungern, (de Ungaria) Johan von Adrikas,
Hinrich von Pickever, Vaſallen der Kirche. Weil des Erzbiſchofs Schwa-
ger den Beinamen von Luͤnen gefuͤhret, ſo ſind einige auf den Zweifel gefallen, ob
auch der Erzbiſchof wuͤrklich ein Herr von Luͤnen ſeyn koͤnnen.
Die Litthauer und Samogiten droheten das von Ernſten neu ange-1278
legte Duͤneburg zu ſchleifen, welches den Ordensmeiſter noͤthigte, mit dem koͤ-
niglichen Statthalter in Revel, Elert, ſich zu verbinden, und mit lieflaͤndi-
ſchen und daͤniſchen Truppen in Litthauen einzuruͤcken. Dieſe ſiegenden
Voͤlker wolten nicht gerne mit leeren Haͤnden nach Hauſe gehen, und ſchlepten
alſo mit, was ſich fortbringen lies, lockten aber eben daher die Litthauer mit ſich
nach Liefland, die wie die Barbaren Haus hielten, und ſich fuͤr ihren Schaden be-
zahlt machten. Sie ruͤckten im erſten Schrecken vor Aſcherade, wo es den1279
Son-
R
[66]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1279Sontag nach Laͤtare zum Handgemenge kam, und worin dieſe erbitterten
Feinde alles zertraten nnd niederſebelten. Ernſt verlohr nebſt 71 Ordensrittern
und vielen Gemeinen das Leben. Die uͤbrigen machten ſich auf die Flucht, als
ſie durch den Fal des tapfern Heinrichs von Tieſenhauſen die Marienfahne,
in welcher das Bild der Mutter GOttes ſehr koſtbar geſticket war, in die feind-
lichen Haͤnde gerathen ſahen. Elert wolte zwar mit ſeinen Leuten die Fahne wie-
der erobern, wurde aber von ihnen im Gedraͤnge gelaſſen, und muſte alſo, nach-
dem ihm ſein Pferd unterm Leibe getoͤdtet worden, mit vielen Wunden uͤbel zuge-
richtet, den Seinigen nacheilen. c)
Unter ſeiner Regierung ward den eſtniſchen Bauern zuerſt auferleget, von
ihren Feldern ſtatt des Tributs ein gewiſſes Maas Getreide zu entrichten, wel-
ches in ihrer Sprache Kuͤlmetd) genennet wurde.
Der ſiebzehnte Ordensmeiſter in Liefland
deutſches Ordenn,
Conrad von Feuchtwangena).
Die Semgallen machten ihm groſſes Herzeleid, nachdem ſie ihm
und dem Erzbiſchof den Tribut aufgekuͤndiget, daher dieſe beide
Regenten ihre Kraͤfte vereinigten, und dieſen trotzigen Feinden
eins beibrachten, aber auch eben keine Seide dabey ſponnen.
1281Er wurde des Handels bald uͤberdruͤßig und gieng nach Preuſſen, wo ihm die
hohe Wuͤrde des Hochmeiſterthums zu Theile ward.
Der
[67]Erzb. Joh. v. Luͤnen. zur Zeit der Reg. Wilhelms v. Schauerburg.
Der achtzehnte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Wilhelm von Schauerburg,a)
Ward ſeiner bekanten Tapferkeit halber von den Rittern auf dem zu Vel-1281
lyn gehaltenem Landtage erwehlet, und ſetzte ſich gegen die feindliche
Macht, durch Werbung neuer Voͤlker, gleich anfangs in gute Ver-
faſſung.
Der rigiſche Fuͤrſt Wiczlaus verſtattete den rigiſchen Kaufleuten, die1282
in den Grenzen ſeiner Herrſchaft anlanden wuͤrden, von allen ihren Guͤtern die
Angaria und Perangaria, die Freiheit von Zol und von der Schepwracke; beſtaͤ-
tigte ihnen auch die Privilegien ſeiner Vorfahren. Unterzeichnet zu Riga am
19ten April.
Der Koͤnig Erich beſtimte am Sontag Trinitatis zu Lunden der revel-1283
ſchen Kirche 60 Haken Landes von den Hoͤfen Wartel und Kadjal, und be-
fahl dem eſtlaͤndiſchen Adel, von jedem Haken zwey Kuͤlmet Getreide nach der
alten Gewonheit zu entrichten, deſſen ſich die Ritterſchaft bisher entſchuͤttet hatte.
Der Ordensmeiſter war gegen die Semgallen anfaͤnglich ziemlich gluͤcklich,1284
und wies ihnen einen Huͤgel, auf dem er ein Crucifix ſetzte, zur gottesdienſtlichen
Verſamlung an, bey welchem das Volk ſeine Andacht haben, die Predigt hoͤren
und Betſtunden halten konte, und den man nachher Heiligenberg nante. Bey
den Streitigkeiten zwiſchen dem Koͤnig Erich in Norwegen, und den Staͤdten
an der Oſtſee, Lybikh, Roczſtok, Vismarh, Stralaſund, Grips-
woldh, Riga und den Deutſchen in Wisby, 1285, ſetzte der Koͤnig
Magnus von Schweden um Michaelis zu Calmar vier Commiſſarien
nieder, von ieder Seite zwey, daruͤber er ſich jedoch die endliche Entſcheidung vorbe-
hielt. Der Erzbiſchof erbaute unterdeſſen die beruͤhmte Kirche zu Wenden;
nach deren Vollendung er aus dieſer Welt Abſchied nahm, und im rigiſchen
Dom vor dem Catharinenaltar begraben wurde. An ſeine Stelle kam Jo-1286
hann von Fechten.
Dieſer Ordensmeiſter ſahe ſich uͤbrigens genoͤthiget, mit den Litthauern,1287
Samogiten und den unruhigen Semgalliern zu ſchlagen, deren Heerfuͤhrer
auch das Leben verlohr. Er wurde aber von der uͤberlegenen Macht der Feinde
umzingelt, und ſtandhaft entleibet, nachdem von ſeinen Rittern 33 erſchlagen,
und 16 gefangen worden, die man theils nacket auf Pferde band, und mit Knuͤt-
teln zu Tode pruͤgelte, theils auf hoͤlzernen Roſten uͤber dem Feuer langſam
briet. b)
R 2Der
[68]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der neunzehnte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Conrad von Herzogenſtein.a)
Die uͤbermuͤthigen Feinde verfolgten ihren Sieg bis in Liefland, er
beſchnit ihnen aber die Fluͤgel, und nahm ihnen Doblin, Ra-
ten und Sidropien weg. Die Litthauer verlohren bey der
Niederlage der Semgallen ihren Muth dergeſtalt, daß ſich
keiner ſich zu regen getraute. Ruſſov haͤlt ihn daher fuͤr gluͤcklich,
daß er die Semgaller voͤllig bezwungen, gegen welche alle ſeine Vorfahren ver-
geblich zu Felde gelegen. Es bemerket aber Hartknoch aus dem Duisburger,
daß die Semgallen noch fernere Unruhen erregt.
Er gieng nach einer zweijaͤhrigen Regierung aus der Welt, und wurde von
vielen, ſeiner ruͤmlichen Amtsfuͤhrung wegen, bedauret. b)
Der
[69]Erzb. Joh. v. Fechten. zur Zeit der Reg. des Bodo v. Hohenbach.
Der zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Bodo von Hohenbach.a)
Unter demſelben giengen bey der Ruhe von auswaͤrtigen Feinden die
innerlichen Haͤndel an, woruͤber die Gemuͤther der Weltlichen ſo
wol als der Geiſtlichen gegen einander erbittert wurden, und bei-
de einander weit auſſehende Abſichten vorwarfen. b)
Der curiſche Biſchof Emund uͤberlies ihm das Schlos1290
Memel und eine dabey gelegene Muͤhle; doch durfte an dieſem Bach keine neue
Muͤhle angeleget werden. Die Kirche dabey laͤſt- darin ohne Entgeld mahlen
und giebt auch nicht die Metze (ſine moletro, quod vulgo Methe dicitur).
Der Koͤnig Erich der VIIte verliehe den Bruͤdern in Duͤnemuͤnde alle1291
Guͤter des Dorfs Arrenkuͤlle, welche ſie von Peter Saxen rechtmaͤßig erkauft,
mit eben dem Lehnrecht, wie ſie der erſte Beſitzer vom Koͤnig empfangen. Als
Zeugen haben ſich unterſchrieben, Peter Jndeß, ehmaliger Droſt, Skielm
Stigh, dermaliger wirklicher Droſt, Otto von Roſen, Nicolaus Abſo-
lonsſohn und Odward von Revel. Die Urkunde iſt deswegen merkwuͤrdig,
weil der Koͤnig ſie am vierten Tage vor Mariaͤ Magdalenaͤ zu Revel in Ge-
genwart ſeiner geliebten Mutter unterzeichnet, von deren damaligem Aufenthalt
in Eſtland die daͤniſchen Geſchichtſchreiber nichts erwehnen. Der Erzbiſchof
lies zur Anlegung der St. Nicolaikirche zu Penninckholm eine Collecte ſam-
len, und erlies denen, ſo einen willigen Beitrag dazu thaten, 40 Tage und einen
Faſttag an der Buſſe. Zu Riga in der Oſterwoche.
Der in der Stadt Riga entſtandene Brand veranlaſte die erſte Bauord-1293
nung von 10 Artikeln, deren Vorrede alſo lautet: Dat ſy witlick alle, de
nu ſyn vnde thokamende, dat na Bort unſes Heren 1293 in Suͤnte
Martens Nacht brande de Stad tho Riga, do wilkoͤrde de Raht
vnd de Menen Boͤrgere deſe Ding holdende, de hirna beſchreven
ſtat.
Philip
S
[70]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
Philip der IVte, Koͤnig in Frankreich, gab der Stadt Riga nebſt 8 an-
dern Staͤdten die Handelsfreiheit in ſeinen Haͤfen, nach der ſie nichts mehr, als
den gewoͤnlichen Zol entrichten durfte.
Die Haͤndel zwiſchen dem Ordensmeiſter und Erzbiſchof gediehen endlich ſo
weit, daß dieſer einen langwierigen Arreſt bekam, wozu die Ritterſchaft des Erz-
ſtifts das Jhrige mit beitrug, die an dieſen Praͤlaten bisher eine mehrere Nei-
gung gegen die Pfaffen, als gegen die Ritterſchaft bemerkt haben wolte. Doch
der Tod trente dieſe Partheien, und ſchafte den Meiſter in der beſten Arbeit zur Ruhe.
Der ein und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Heinrich von Dumpeshagena).
Er ſchafte ſich gleich den doͤrptiſchen Biſchof Bernhard durch einen
guͤtlichen Vergleich vom Halfe, welches den einſamen Erzbiſchof ver-
anlaſte, ſich hinter die Litthauer zu ſtecken, und gewiſſe Betſtun-
den anzuordnen, in welchen er den Ordensmeiſter und ſeine Ritter-
ſchaft wolte zu Tode beten laſſen. Der Tod aber faſte zuerſt den Erzbiſchof beim
Mantel, und wanderte im folgenden Jahr mit ihm aus der Welt.
Das revelſche Kapitel muſte ſeine Domherren, Peter Degen, Jacob
Cimeterraͤ, Johan Terristerraͤ und Johan von Ymbria nach Roth-
ſchild abfertigen, wo ſie in Gegenwart des daſigen Biſchofs Johannes das
Bekentnis ablegten, daß weder ſie, noch ihre Vorfahren ſich der freien Biſchofs-
wahl bedienet. Sie verſprachen auch, weil es ein Regale waͤre, in dergleichen
Faͤllen nie etwas gegen die koͤnigl. Vorrechte zu wagen. Rothſchild am 25ten Julii.
Die Kapitelsherren in Curland umzogen Pilten mit einer Mauer, weil
ſich deutſche Kaufleute daſelbſt niedergelaſſen. Der Orden aber bezog das Ha-
kelwerk vor dem Schloſſe Neu- Pernau, welches eine alte preußiſche Chro-
nike ein Jahr vorher meldet.
Der Meiſter folgte dem Erzbiſchof Johan von Fechten bald nach, und ſtarb.
Der zwey und zwanzigſte Ordensmeiſter in
Liefland deutſchen Ordens,
Bruno.a)
Der neue Erzbiſchof, Johannes Graf von Schwerin, ſetzte das
Buͤndnis mit den Litthauern gegen den Orden fort, auf welche
Gelegenheit der Grosfuͤrſt Vitenes laͤngſt gewartet hatte. Um aber die
Buͤrgerſchaft mit in ſeine Vortheile einzuflechten, bekraͤftigte er alle
von
[71]Erzb. Joh. v. Schwerin. zur Zeit der Reg. Gottfrieds v. Rogga.
von ſeinen Vorfahren ihnen ertheilte Freiheiten, mit dem Zuſatz, daß der Stadt-1296
vogt ſich einen Nachfolger ernennen koͤnne, ohne daß derſelbe die Jnveſtitur zu
ſuchen noͤthig habe. Zu Riga im April.
Die Kaufleute zu Wisby kamen bey dem Koͤnig in Daͤnnemark, Erich,
klagbar ein, daß ihnen die Eſtlaͤnder einige Kaufmansguͤter vorenthalten,
worauf derſelbe an ſeinen Stadthalter in Revel, Nils Axelſon, und an die
Raͤthe uͤber Eſtland, die Herren Henrich von Lode, Herman von Bux-
thoͤveden, Woldemar Roſen und Helmold von Lode, Befehl ſtelte, die-
ſen Buͤrgern zu ihrem Rechte zu verhelfen, wodurch die Zwiſtigkeiten gehoben
wurden. S. Strelovs gothlaͤndiſche Chronik Bl. 147.
Bruno zerfiel mit den Buͤrgern zu Riga einer Bruͤcke halber, welchen1297
Streit der Erzbiſchof und der Biſchof Bernhard von Doͤrpt ſo ſchlichteten,
daß die Buͤrger zwar am Bau zum gemeinen Beſten nicht gehindert werden, aber
auch keine Muͤhlen und Wehren (gurguſtia) ohne Einwilligung des Ordens an-
legen ſollen.
Der litthauiſche Grosfuͤrſt Vithenes ruͤckte indeſſen mit ſeinem Heere in
Liefland ein, da der Erzbiſchof und die Buͤrgerſchaft das Rauhe heraus kehr-
ten, und mit dem Orden in anderthalb Jahren 9 Schlachten wagten. Die
letzte bey Treyder-Aa am erſten Junius war entſcheidend, und Bruno ſamt
60 Rittern und vielen Gemeinen blieben in derſelben. Die Sieger machten ſich
hierauf an die Belagerung des Ordensſchloſſes Neuermuͤhlen,b) hatten aber
auch faſt 3000 Chriſten aus ihren Haͤnden reiſſen, und von ihren eigenen Leuten
800, oder wie andre leſen, 1800 ſitzen laſſen muͤſſen.
Der drey und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Gottfried von Roggaa).
Er erhielt aus Preuſſen noch zu rechter Zeit eine gute Anzahl neu-1298
geworbener Soldaten, welche der tapfere Berthold von Oe-
ſterreich, mit dem Zunamen Bruͤhan, anfuͤhrete. Sie ruͤck-
ten miteinander zum Entſatz vor Neuermuͤhlen an, und fielen
S 2am
a)
[72]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1298am Tage Petri und Pauli mit ſolcher Verbitterung auf die Belagerer, daß uͤber
4000 theils in den Strom geſprenget, theils durchs Schwert niedergemacht
wurden.
Jnzwiſchen ſuchten die Litthauer den Bruͤhan aus Liefland zu ziehen,
und thaten deshalb einen Einfal in Preuſſen, wo ſie gar ſeltſam wirthſchafteten.
Doch Bruͤhanb) kam ihnen unvermuthet auf den Hals, und wies dieſen frem-
den Gaͤſten nach etlichen Scharmuͤtzeln den Ruͤckweg.
Der Erzbiſchof hatte ſich muͤſſen gefangen geben. Als aber die Buͤrgerſchaft
nach Bruͤhans Abzuge Luft bekommen, ſengte und brente ſie ſo lange in dem
Gebiete des Ordens, bis der Erzbiſchof auf freien Fus geſetzt wurde.
Erich der VIIte Koͤnig in Daͤnnemark erklaͤrte, daß wer ſich ihm gefaͤllig
erweiſen wolte, die Buͤrger zu Riga in- und auſerhalb des Reichs, guͤnſtig auf-
nehmen, guͤtlich bewirthen, und ihre Abſichten befoͤrdern moͤchte. Kein Rich-
ter (Aduocatus) oder Unterthan ſolte ihnen etwas in den Weg legen, bey koͤnig-
licher Ungnade uud Ahndung an ihren| Guͤtern oder Perſonen. Worthingburg,
am Tage vor Antonii des Bekenners.
So bald der Erzbiſchof ſich in Freiheit ſahe, war ſeine erſte Verrichtung eine
Reiſe nach Rom, ſein Aufenthalt aber daſelbſt ziemlich kurz, indem ihn das
Jahr darauf der Tod aus der Welt forderte. Der Papſt Bonifacius derIIXte
ſandte hierauf ſeinen Kapellan, den Prior des Auguſtinerkloſters zu Bene-
vent, Namens Jſarnusc), nach Liefland, und beſtaͤtigte ihm das rigiſche
Erz-
[73]Erzb. Jſarnus. zur Zeit der Reg. Gottfr. v. Rogga.
Erzbiſtum. Allein er hatte ein zu redliches Herz, als daß er dieſem ewigen Ge-
zaͤnke lange zuſehen konte; daher ihn der Papſt zum Erzbiſchof von Lunden er-
nante, dem lundenſchen aber, Johannes Grand, das rigiſche Erzbiſtum
auftrug. Doch Johannes bedankte ſich fuͤr dieſe unruhige Ehrenſtelle, und
Jſarnus muſte in Daͤnnemark noch eine kleine Zeit unter dem Namen eines
paͤpſtlichen Legaten warten, bis die lundenſche Stelle erlediget wurde.
Den heiligen Abend vor Jacobi lies dieſer Gottfried den Luͤbeckern,
aus Dankbarkeit fuͤr ihre Bemuͤhungen, zum Aufkommen des Ordens alle An-
ſtalten vorzukehren, ein gar ſchoͤnes Handelsprivilegium ausfertigen, in welchem
den luͤbiſchen Kaufleuten zugeſtanden wird, auch in Kriegszeiten mit den Ruſ-
ſen zu handeln, ja ihren Handel zu Lande bis Preuſſen zu treiben, ohne von
den Lieflaͤndern geſtoͤret zu werden. Jn See- und Hafenverbrechen ſollen die
Schuldigen nach luͤbiſchem Rechte, in Stadtſachen aber durch den zeitigen Ael-
termann (Oldermannum) gerichtet werden. d)
Jſarnus kam nach Liefland, wo er 6 Tage vor Reminiſcere die alten1300
obſchwebenden Zwiſtigkeiten auf dieſen Fus abthat: Der Erzbiſchof und der Or-
den heben die Koſten gegen einander auf. Wolmar von Roſen erhaͤlt ſein
Schlos wieder. Der Orden braucht die St. Juͤrgenskirche zu Riga zum
Gottesdienſt, nur daß niemals uͤber 10 Bruͤder in der Stadt bleiben, noch viele
Bediente bey ſich haben, oder oͤffentliche und heimliche Zuſammenkuͤnfte halten,
keine Thuͤrme oder Schanzen in der Stadtmark oder Grenze anlegen. Die Or-
densſchiffe haben durch die Bruͤcke der Buͤrger freie Durchfahrt. Das ganze
Land gehoͤret dem Papſt, und iſt den Bruͤdern nur zur Fortpflazung des chriſtli-
chen Glaubens verliehen; daher duͤrfen keine neue Zoͤlle eingefuͤhret werden.
Uber die Guͤter, ſo die Buͤrger dem Orden im Stadtgebiete abgezwacket, und
welche der Orden der Buͤrgerſchaft zu Riga in Lief- und Curland weggenom-
men, wird der Papſt den Ausſpruch thun. Das Kirchenregiment beruhet allein
anf dem Erzbiſchof und ſeinen Nachfolgern. Biſchof Heinrich von Revel,
Esger
c)
T
[74]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Esger Jul, Domherr zu Rypen, Bernhard Virolettus, Biſchof zu
Karkes, Heinrich von Lubeke, Canonicus zu Rypen, Porrius von
Cuſa, Jacob von Caſulis, Pero von St. Benedicto, Rechtsgelehrte
und Advocaten des roͤmiſchen Hofes nebſt andern mehr, e) haben ſich dabey unter-
ſchrieben.
Die eſtlaͤndiſche Ritterſchaft verſamlete ſich zu Weſenberg, wo ſie in
einer Schrift mit 31 angehengten Siegeln an Erich den VIIten berichtet, daß
ſie zwar Eſtland dem revelſchen Biſchof Heinrich zugeeignet, doch unter der
Bedingung, daß es nie von der Krone Daͤnnemark veraͤuſſert werde.
Drr Ordensmeiſter ſahe ſich gezwungen, die aufruͤhrigen Oeſeler zu demuͤ-
thigen, welches der Biſchof fuͤr einen Eingrif in fremde Rechte anſahe. Gott-
fried lies ſich daher von der Nothwendigkeit dieſes Krieges von etlichen Rittern
und Hofleuten des Stifts Doͤrpt, wie auch von dem Ritter des Stifts Oeſel,
Johan von Yxkul, ein Zeugnis ertheilen, womit er dem oͤſelſchen Biſchof
Conrad den Mund ſtopfte, daß ſelbiger mit ſeiner Klage beim Papſt kein Ge-
hoͤr fand. Conrad erhielt indeſſen keine ſonderliche Genugthuung, und am
paͤpſtlichen Hofe war man gegen alles taub. Zuletzt ernante der Papſt Bene-
dictus der XIte einen Minoritenmoͤnch, Namens Friedrich, einen gebornen
1302boͤmiſchen Bannerherrn, zum Erzbiſchof von Riga, welcher den Streit zwi-
ſchen dem Orden und dem oͤſelſchen Biſchof beilegte. f)
Erich
[75]Erzb. Friedrich. zur Zeit der Reg. Gottfr. v. Rogga.
Erich der VIIte belehnte ſeinen Bruder den Herzog Chriſtoph auf 61303
Jahr mit Eſtland, um ſolches vor den Unglaͤubigen unter koͤniglichem Beiſtand
zu ſchuͤtzen, wogegen der Herzog verſpricht, ein getreuer Lehnsman zu ſeyn, und
dem Koͤnig im Nothfal mit 50 bewehrten Leuten zu dienen.
Jm Maͤrzmonat verſamlete ſich der Meiſter, der Landmarſchal und alle Be-1304
fehlshaber des Ordens zu Doͤrpt, wobey ſich die daͤniſchen Vaſallen von der
eſtlaͤndiſchen Ritterſchaft mit einfanden, und ſchloſſen dieſes ewige Buͤndnis,
daß ſie keine daͤniſche Vaſallen abſpenſtig machen wolten, weil dieſelben noch
vom Heidenthum her zu dieſer Krone gehoͤret, ingleichen daß keiner ohne den an-
dern eine Verbindung errichten ſolte. Die Biſchoͤfe von Doͤrpt und Oeſel
ſollen mit dem Ordensmeiſter den rigiſchen Erzbiſchof bereden, gemeinſchaftliche
Sache zu machen. Welcher Ort nun zwiſchen der Duͤne und Narve ſich dieſem
Bunde nicht unterwerfen wuͤrde, dem ſolle feindſelig begegnet werden. Wer das
Land unter fremde Herrſchaft zu bringen trachtet, mit einem ſolchen wird als ei-
nem Verraͤther umgegangen. Wenn obgemeldte Biſchoͤfe und der Orden mit
den Ruſſen in Verdrieslichkeit gerathen, ſo giebt eine Commißion den Aus-
ſchlag, worin 3 von Riga, 3 von Oeſel, 6 von Doͤrpt, 6 koͤnigliche
Lehnsmaͤnner und 6 Ordensbruͤder ſitzen. Werden dieſe Verbundene unter ſich
uneins, ſo thun 6 Commiſſarien von Doͤrpt und Oeſel, 6 koͤnigliche Lehns-
maͤnner und 6 Ordensbruͤder den Ausſpruch, wobey es ſein Bewenden haben
mus. Thut jemand den Ruſſen zu viel, und wil nach ſeinem Kopfe mit ihnen
anbinden, der ſol ohne Beiſtand bleiben und ſeine Gefahr ſtehen g).
Der lundenſche Erzbiſchof Jſarnus legte in dieſem Jahr die zwiſchen dem
Orden und der Stadt noch obwaltenden Zwiſtigkeiten bey.
Der Erzbiſchof Friedrich aber beſtaͤtigte am 9ten October der letztern alle1305
Rechte und Freiheiten, insbeſondre das gothiſche Recht, nebſt der Befreiung
vom Kampfſchlagen, vom Zol, vom gluͤenden Eiſen und den Strandungsko-
ſten. Zum gothiſchen Rechte wird gerechnet, daß ſich die Buͤrger einen
Stadtrichter wehlen, den erwehlten aber dem Erzbiſchof zur Jnveſtitur vorſtellen
ſollen. Dieſer Stadtrichter entſcheidet alle weltliche Sachen, doch iſt kein ſtifti-
ſcher Lehnsman an dieſes Gericht gebunden. Der Erzbiſchof behaͤlt die Muͤnzge-
rechtigkeit, die Buͤrger hingegen ſind frey vom Zehnden und andern Abgaben.
Alle die in die Stadt kommen, ſind des Buͤrgerrechts faͤhig, und mit der Dar-
ſtellung des Stadtvogts wird es ſo genau nicht genommen. Unterſchrieben ſind:
Bruder Bernhard, Unterprior der Predigermoͤnche, Bruder Johannes von
T 2Oeſel,
f)
[76]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Oeſel, von eben dem Orden in Riga, Bruder Friedrich, Vicegardian der
Minoriten in Riga, Bruder Johan von Pohlen, Leſer, Bruder Wen-
ceslaus, Bruder Gerhard, ebenfals Minoriten. Herr Gerlach, Herr
Lambert, Johan von Oſtinghuſen und Magiſter Marcus von St. Ger-
mano.
Als die Stadt den St. Juͤrgenshof zerſtoͤret, und in eine Strafe von
1000 Mark verfallen war, weil es bisher die ordensmeiſterliche Reſidenz geweſen;
ſo erlegte ſie fuͤr allen Schaden uͤberhaupt 800 Mark, woruͤber ſie der Meiſter
Gottfrid, ſein Marſchal Cono, und der wendenſche Comtur Albert, ge-
nant Pladere, in der Octave Petri und Pauli voͤllig quitiret.
Der Biſchof Conrad von Oeſel hatte die rigiſchen Buͤrger zu Beſchu-
tzern ſeiner nach Riga gefluͤchteten Leute und Guͤter beſtellet. Da aber ein ver-
ungluͤcktes Schif auf den oͤſelſchen Kuͤſten wider den Freiheitsbrief keine Sicher-
heit genos, ward die Stadt erbittert, nnd nahm was ihr im Weg kam, erſchlug
auch einige Bedienten des Biſchofs. Doch das Jahr drauf ward zu Leal am
Tage Philippi u. Jacobi die Sache verglichen. Beide Theile genieſſen in des an-
dern Grenzen Sicherheit, und die Rigiſchen liefern die genommenen Pferde
und Waffen zu Neuermuͤhlen oder Duͤnemuͤnde aus. Ueber den Todſchlag
iſt der Erzbiſchof Richter. Als Mitler waren zugegen, Bruder Cuno von Ol-
denborch, Comtur zu Leal, Bruder Ravo, daſiger Prieſter, Bruder Jo-
han, genant Holſathen, Vogt in der Wyck, Herr Wal, Ritter, genant
von Wranghel; Herr Gerlach, genant Reiſe, Herr Lambert, genant
Seyme, Burgermeiſter der Stadt Riga.
Am 26 Maͤrz traten die eſtlaͤndiſchen Landraͤthe mit der Ritterſchaft zu-
ſammen, machten eine naͤhere Landesordnung, deren Handhabung ſie auch be-
ſchworen, und uͤbergaben ſie dem revelſchen Biſchof Heinrich zur Beſtaͤtigung,
der ſie auch auf zwey Jahr bis zur koͤniglichen Genehmigung beſtaͤtigte. Die
Namen derer, ſo dabey zugegen geweſen, ſind: Wolmar Roſen, Heinrich
von Lode, Diedrich Thoys, Diedrich Kiwel, Bruno von Dolle,
Ludolph Fahrensbach, Johan von Loͤwenwolde, Johan Uxkuͤl,
Woldemar Wrangel, Johan Waigithe, Leo Orgies, Johan Wa-
ckolt, Nicolaus Askerſon, Johan Weſenberg, Otto von Kiwel,
Nicolaus von Haffwesforde, Odoard von Revel, Conrad Soͤge,
Heinrich von Lechtes, Albert und Nicolaus von Dohlen.
Am St. Moriztage uͤbertrugen vorerwehnte Herren Landraͤthe und Rit-
ter auf einem Landtage zu Weſenberg dem Biſchof Heinrich in des Koͤnigs Na-
men ganz Eſtland. Der Biſchof ſandte die Reſignation dem Koͤnig zu, und
legte die ſchoͤnen Zeugniſſe bey, worin der Adel des Biſchofs Treue und Eifer ge-
gen den Koͤnig ungemein geruͤhmet hatte. Jnsbeſondre war mit ausbedungen
worden, daß Eſtland auf keinerley Weiſe von Daͤnnemark veraͤuſſert werden
ſolle. h)
Der
[77]Erzbiſchof Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.
Der vier und zwanzigſte Ordensmeiſter in
Liefland, deutſchen Ordens.
Gerdt von Jocke.a)
Er erhielt unter der Anfuͤhrung des tapfern Conrad Keſſelhuts,
Schatzmeiſters und nachmaligen Landmarſchals, eine ziemliche
Verſtaͤrkung von preußiſchen Ordenstruppen, mit welchen er
Plescow eroberte, und die Ruſſen zum Frieden noͤthigte.
Hieauf gieng er dem Biſchof von Oeſel zu Leibe, und nahm im erſten Schrecken
Hapſal, Lode, Leal und die ganze Wyck weg, weil die Litthauer als der
Geiſtlichen Bundesgenoſſen nicht abkommen konten, indem ſie in Preuſſen alle
Haͤnde vol zu thun hatten. Doch kam es bald zum Vergleich, und muſte die
nach Riga entfuͤhrte Beute, oder der Werth derſelben, zu Neuermuͤhlen oder zu
Duͤnemuͤnde wieder ausgeliefert werden.
Der Koͤnig von Daͤnnemark ſandte Johan Kanen nach Revel, unter1310
welchem die Mauren der Stadt auf der Nord- und Oſtſeite erweitert, erhoͤhet,
und mit Thuͤrmen, Schanzen und Graben beveſtiget werden ſolten. Hierdurch
kam das beruͤhmte Nonnenkloſter St. Michaelisb) mit in den Bezirk der
Stadt; die Nonnen aber erhielten Erlaubnis, ſo nahe an die Stadtmauer zu
bauen, als ihr Grund gienge.
Der
U
[78]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
Der Erzbiſchof ertheilte der Stadt die Erlaubnis, die Pforte und alle Thuͤren
auf dem Stiftshofe zu vermauren, und verbot den Domherren, kein Thor, kein
Fenſter oder ſonſt eine Oefnung in die Mauer zu brechen, weil es die Stadt-
mauer ſey; widrigenfals waͤre die Stadt berechtiget, ſolche ungehindert zuzumau-
ren. Riga vom 15 Dec.*)
Das Kapitel, der Erzvoigt und die Burgemeiſter zu Riga trafen einen
Vergleich wegen der eine Zeitlang verſchloſſen gehaltenen Kapitelpforte. Die
Schluͤſſel werden den Herren Burgemeiſtern eingehaͤndiget, doch ſo, daß im
Nothfal das Kapitel ſelbige gebrauchen koͤnne. Wenn auf erforderndem Fal an-
dre Stadtthore zu verſchlieſſen ſind, und das Kapitel zaudert, ſo koͤnnen die Bur-
gemeiſter auch dieſe Kapitelpforte ſchlieſſen.
Nachdem der koͤnigliche Stadthalter zu Revel, Johan Waigithe in Un-
gnade gefallen, und deſſen Nachfolger Age Saxeſon entweder geſtorben oder
nach Hauſe gezogen war; ſo kam Heinrich Pernawer zur revelſchen Stadt-
hal-
b)
[79]Erzbiſchof Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.
halterſchaft. Jhm wird die Verordnung mit zugeſchrieben, daß, wenn ein an-1313
beerbter ſeine Guͤter verkaufe, um anderwerts ſich nieder zu laſſen, unterdeſſen
aber vom Tode uͤbereilet werde, der Kaufſchilling an den koͤniglichen Fiſcus ver-
fallen ſeyn ſolle.
Am Tage Viti und Modeſti nahm der Koͤnig mit dem Ordensmeiſter die1314
Verabredung, daß die Grenzſtreitigkeiten zwiſchen den koͤniglichen und Ordens-
unterthanen durch den revelſchen Befehlshaber, vermittelſt drey koͤniglicher
Lehnsmaͤnner und vier Ordensbruͤder, entſchieden werden ſolten. Bey der Ge-
legenheit erhielt die harriſche Ritterſchaft die Beſtaͤtigung ihrer Briefſchaften,
und die Cleriſey auf ihre angebrachte Klage den Troſt, daß ihr jeder den Zehenden
nach dem alten groͤſſern Maas entrichten muͤſſe, wer nicht als ein Verfaͤlſcher des
Maaſſes beſtrafet ſeyn wolte. Ueber das letzte ward drey Tage vor Matthaͤi zu
Stenloß ein eigener Befehl ausgefertiget.
Der Koͤnig Erich der VIIte beſtaͤtigte der revelſchen Buͤrgerſchaft ihre1315
Freiheiten, die ſie Zeit ſeiner Minderjaͤhrigkeit erhalten, und vergab ihnen alle
Beleidigungen. Nur die Stadtmauren ſolten, im Fal ſie dem Schloſſe
nachtheilig fielen, eingeriſſen werden. Waldemars des IIten Ritterrechte fuͤr
das Herzogthum Eſtland wurden gleichfals wohl verbeſſert.
Papſt Johannes der XXIIte zu Avignon, machte die Erzbiſchoͤfe von1316
Coͤln und Magdeburg, nebſt dem Biſchof zu Utrecht, zu Beſchirmern des
deutſchen Ordens in Liefland. Die Schirmherren koͤnnen den weltlichen
Arm gegen die Beleidiger des Ordens zu Huͤlfe rufen, ohne ſich an Bonifacius
des IIXten Bulle zu kehren. d)
Der Koͤnig von Daͤnnemark Erich der VIIte, erlaubte am fuͤnften Ta-1317
ge nach Trinitatis dem Abt und Convent zu Stolpe, das Ciſtercienſerklo-
ſter Padisc) in Eſtland, GOtt und der heiligen Jungfrau zu Ehren von
U 2Stei-
[80]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1317Steinen aufzufuͤhren. Die Mauren ſollen 4 Ellen hoch und dicke ſeyn. Der
Abt kan mit den Nonnen zu Leal 30 Hacken Land, die ihm gelegener fallen, um-
tauſchen, ſol aber die paͤpſtliche Beſtaͤtigung deshalb einholen. Jm Fal das
Kloſter dem Lande Eintrag thut, mus ſelbiges an die Krone wieder zuruͤck fallen.
Die Aebte des Kloſters Johan, Michel und Juͤrgen, ſchwuren dem revel-
ſchen Biſchof Nicolaus den Eid der Unterthaͤnigkeit, welchen Huitfeld S.
396 und Pontan S. 419 lateiniſch liefern. e)
Er
[81]Erzbiſchof Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.
Er ſchrieb auch an die Ordensherren nach Liefland, ſie moͤchten in ihren1318
Zaͤnkereien mit dem Erzbiſchof nicht ſo weit gehen, daß Eſtland davon Scha-
den haͤtte. Sonſt nahmen viele eſtlaͤndiſche Herren zu Coldingen ihre Erb-
guͤter von ihm zu Lehen, nemlich: Engelbrecht, Wolmar, Niclas und
Thile von Dolen, Johan von Weſenberg, Gottſchalck Preen, Hincko
Raliken, Simon Nilsſon, Floͤrike und Henrich Balcke, Gott-
ſchalck Capelle, Adeke Hansſon, Henrich von Aruſel, Johan Goͤdi-
cke von Oerzen, Luder von Brunswich, Lambert Birckhahn, Hen-
rich Witte, Wolmer, Niclas und Helmold von Lode, Conrad Soͤ-
ge, Wilhelm Fahrensbach, Gerdt Hohenbeck, Otto Roſen, Her-
man Orgies, Thile von Kiwele, Otto Bikishovde, Bertram und
Conrad Fahrensbach, Johan Orgies, Thile Mekis, Johan Hah-
ne, Evert Mekis, Thile Valderſen, Henrich Lechtis, Thile Thoys,
Uldelempe von Guldene, nebſt den Herren von Luͤdinghauſen, Vorkele,
Hildenſen, Risbyten, Racheln, Sorſevere, Pekelen, Wacke, As-
ſen, Tanckes, Nattemuͤhlen, Alven, Roſenheim, von Moer, und
Wolmer von Dolen.
Eben dieſer Koͤnig legte den Grund zu einem Gymnaſio der Stadt Revel,1319
ſchafte die Winkelſchulen ab, und befahl den Einwohnern bey Strafe von 10
Mark Silber, ihre Kinder in keine andre Schule zu ſchicken; welche Strafgel-
der innerhalb 14 Tagen erleget werden muſten, nemlich 4 Mark zum Schlos- 3
Mark zum Kirchen- und 3 Mark zum Maurenbau, uͤber welche Verordnung
der Biſchof, der Statthalter und der geſamte Magiſtrat halten ſolten.
Die ſchwediſche Herzogin Jngeburg, Herzog Erichs Witwe, ſprach1320
in ihrem, des Reichs und ihres Sohnes Magni, Koͤnigs von Schweden
und Norwegen, Namen die rigiſchen Buͤrger, weil ſie mit Korn bezahlet,
von Lieferung des Pelzwerks frey, welches ſie ihrem ſeligen Gemahl dem Herzog
Erich zu liefern ſich verbindlich gemacht. Bagenhuus, 4 Tage nach Mi-
chaelis. Der oͤſelſche Biſchof Hartwig und ſeine Canonici ſchickten ihren
Scholaren Gottfried von Memel an den Papſt, um von dem Orden fuͤr
allen erlittenen Schaden Genugthuung zu fordern. Die Volmacht, welche die
bitterſten Klagen, wiewol nur in algemeinen Ausdruͤcken, enthaͤlt, iſt unter-
zeichnet in der dritten Jndiction, am 23 Auguſt, zu Hapſal (Hapizalis).
Hingegen erwies er den Ciſtercienſern zu Padis deſto mehr Liebe, und ver-
ehrte ihnen, zum Bau ihres Kloſters, die Doͤrfer | Karrinemme und Metzen-
kuͤlle, wofuͤr er kuͤnftig als der Stifter des Orts angeſehen ſeyn wil. Er ver-
kaufte ihnen zugleich die Doͤrfer Normes, Tragereverre, Wattele und Ho-
veſelle, die alle, wie die vorigen, im lealſchen Gebiete liegen, und zwar um
500 Mark rigiſches Silbers. Beſchloſſen zu Duͤnemuͤnde, am Sabbath in
der Octave der Himmelfart Chriſti.
Der Koͤnig in Daͤnnemark, Chriſtoph der IIte, beſchied die edlen1321
Maͤnner, Ritter und Wapener in Eſtland, durch ihre Abgeordnete, Herrn
Friedrich von Wrangel, Karſten von Scharenberg, Johan von Saſ-
ſure und Bartholomaͤus von Vellyn, innerhalb Jahr und Tag das Lehn
auf ihre Guͤter zu ſuchen, es waͤre denn, daß der Ruſſen Einfal ihre Reiſe hin-
derte. Wartinsborg, Dienſtags in Pfingſten. Doch die eſtlaͤndiſche Rit-
terſchaft ward dieſer weiten Reiſe uͤberhoben, indem der Koͤnig ganz Eſtland
mit allen Staͤdten und Schloͤſſern dem Herzog von Halland und Samſoe,
XNa-
225
[82]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1321Namens Cnutf) in einem feierlichen offenen Briefe, als ein freiwilliges Ge-
ſchenk uͤbertrug. Geſchehen zu Ringſtadt am Martinstage.
Die
[83]Erzbiſchof Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.
Die Litthauer ſtreiften bis Eſtland, und erſchlugen im Biſtum Doͤrpt1322
5000 Chriſten, und ſchlepten auch viele als Gefangene mit. g)
Der koͤnigliche Stadthalter Johan Kanna in Revel, verſprach, auf be-1323
ſondern Befehl des Koͤnigs in Daͤnnemark, allen, die nach Nogarden han-
deln wuͤrden, voͤllige Sicherheit, ſo lange die nogardiſchen Buͤrger mit den
Chriſten Freundſchaft halten wuͤrden. Die Schifbruͤchigen koͤnnen ihre Guͤter in
des Koͤnigs Land in Sicherheit bringen. Am Tage Mariaͤ Geburt.
X 2Der
[84]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der fuͤr die Stadt ſo noͤthige Friede mit den Litthauern kam zu Vilna,
Sontags nach Michaelis zur Verſiegelung. Der Koͤnig Gedimin erlaubt
freien Handel, und liefert die Entlaufenen wieder aus, laͤſt auch den Lieflaͤn-
dern in ſeinem Reiche das rigiſche Recht genieſſen. Die nach Vilna abgefer-
tigten Boten waren Herr Arnold Stoyver, des Biſchofs Vicarius, Herr
Woldemer von Roſen, von Seiten des Kapitels; Herr Johan Muͤhlen,
(Molendinum) und Herr Thomas, von Seiten des oͤſelſchen Stifts; Herr
Barth. von Vellyn und Herr Ludolf von dem Vitenhawe, Domherr von
Hapſal; Herman Lange von Seiten des doͤrptiſchen Stifts; Arnold,
Prior von Revel, und Herr Hinrich von Parenbeke, von Seiten des Koͤ-
nigs von Daͤnnemark; Von dem Meiſter der Bruͤder, Johan von Leu-
wenbroke, der Comtur von der Mitau, und Bruder Otto Bramhorn;
von Seiten der Stadt auſſer den Burgemeiſtern auch noch Bruder Weſſel, der
Prediger Prior, und Albert Sluk, Minoritenbruͤder.
Der Koͤnig Chriſtoph vermaͤhlte ſeine Prinzeßin Tochter Margarethag)
mit dem Marggrafen von Brandenburg, Ludwig, einem Sohn Kaiſer
Ludwigs von Bayern, und verſchrieb ihm 12000 Mark zum Brautſchatz,
welche aus gewiſſen Guͤtern in Eſtland gehoben werden ſolten; die nachher ſein
Sohn Woldemar wieder ausloͤſete.
Bey dieſem Jahr meldet Peter von Duisburg, daß der Papſt Johan
der XXIIſte zwey angeſehene Praͤlaten nach Liefland abgeſchickt, weil der Erzbi-
ſchof und die Buͤrger zu Riga in ganz Europa ausgeſprenget, der Koͤnig der
Litthauer wolle ſich taufen laſſen. Die Praͤlaten kamen zu Riga am Tage
Matthaͤi des Apoſtels und Evangeliſten an, und brachten den Frieden zwiſchen
den Litthauern und dem Orden zu Stande. Sie ſchaͤrften den Litthauern
ein, wer den Frieden braͤche, ſolte ſich in Zeit von einem Vierteljahre zu Rom
demuͤthigen. Sie lieſſen auch durch ausdruͤcklich dazu abgefertigte Perſonen den
Koͤnig Gedimin zur Taufe einladen, der ſich aber anders bedachte, und weg-
blieb.h)
Den
[85]Erzb. Friedrich. zur Zeit der Reg. des Gerdt v. Jocke.
Den dritten Tag nach dem Fronleichnamsfeſte machte ſich die eſtlaͤndiſche1325
Ritterſchaft anheiſchig, dem Koͤnig Chriſtoph in Daͤnnemark und ſeinem
Prinz Erich 2000 Mark Silber zu zahlen, welche ſie ſeinem Vater dem Koͤnig
Erich abzutragen angelobet. Unterzeichnet ſtehen aus Harrien: Johan und
Hennike Risbyt, Johan von Lemed, Hennike von Napale, Role von
Herkula, Thilo von Kirkuta, Thilo von Hoppanima, Hennike von
Sylkula, Hincke von Rokula, Palno Tuveſoen, Henneke von
Hunkimpa, Henneke von Sagemuͤle, Eylard von Eiſenberg, Ever-
hard von Engila, Hennike Raffven, Lippold von Altenthorn, Hen-
neke von Hemſebeck, Bysle von Orgyle, Hennike von Kirkuta, Hen-
nike von Waras; Aus Wirland: Wilke von Embeke, Ridder, Hinke
von Revel, Berthold von Lechtes, Henneke von Brakel, Goͤdeke von
Brakel, Floͤrke von Hafvesforde, Hincke Moer, Gerhard Skye,
Hennike von Knudes, Hennike von Roſenhagen, Odward von Refel,
Thilo von Poll, Hennike von Ylſen, Andreas von Poll, Hennike von
Walck, Simon Moer, Hinrich Hafvesforde, Berthold von Wirks,
und Conrad von Hyrmen.i)
Den
Y
[86]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Den Tag nach Mariaͤ Himmelfahrt verſprach der Koͤnig und ſein Kronprinz,
die Kirche unſrer lieben Frauen auf dem Schloſſe zu Revel, ſamt dem Biſchof
und Kapitel bey ihren vorigen Freiheiten zu erhalten.
Der Burgermeiſter und etliche Buͤrger aus Riga fanden an einem Morgen
die Kapitelspforte offen, und weil die Buͤrgerſchaft eine Verraͤtherey beſorgte, ſo
verſchuͤtteten ſie das Thor mit Steinen, und verlangten, daß ſolches durchaus
nicht wieder geoͤfnet wuͤrde. Dieſes gab Gelegenheit zu langwierigem Gezaͤnke.
Die Unterſuchung ward den Herren Johan Brelo, Domherrn zu Oeſel,
Volquin von Oſtinghuſen, Domherrn zu Doͤrpt, Arnold Stoyvern,
Pfarherrn der Kirche St. Paul zu Kokenhauſen, den Rittern Wolmern
von Roſen, Rudolph von Ungern nnd Barthol. von Vellyn aufgetragen.
Da nach vielem Beſchicken das Kapitel nicht nachgeben wolte, bediente ſich die
Stadt der Appellation; daruͤber im Notariatsinſtrument unter andern ein Her-
man Molling, Pfarrer zu Papendorp in der rigiſchen Dioͤces, als Zeuge
angegeben wird. Dieſes wurde am 12ten Febr. etwan um 3 Uhr errichtet. Doch
der Biſchof Engelbert zu Doͤrpt lies den Handel durch Diedrich Schwar-
zen (Niger) ſeinen Domherrn, durch Conrad Kruſen (Criſpus) ſeinen Lehns-
man, und durch den doͤrptiſchen Burgemeiſter Heinrich Schelen dergeſtalt
beilegen, daß die Mitler die Steine wegwelzen laſſen, und die Schluͤſſel dem
Probſt ehrerbietig ausliefern, der ſie dem Burgemeiſter und Buͤrgern geneigt zu-
ruͤck giebt, bis auf die Ankunft des Erzbiſchofs. Geſchehen am Sontag Qua-
ſimodogeniti. Dieſe Kapitelspforte oder das ietzige Stifthor hat mit ſeiner groſ-
ſen und kleinen Thuͤre beſtaͤndigen Lerm zwiſchen der Stadt und den Pfaffen ver-
anlaſſet.
Vier Tage nach Oſtern verglich der Biſchof zu Doͤrpt, Engelbert, als
Mitler, den Biſchof Jacob zu Oeſel, und den Ordensmeiſter, welcher das
vierte Theil von der Wyk hatte, daß ſelbiges durch vier gute Maͤnner beſichtiget
werden ſolte. Der Vertrag iſt auf dem Schloſſe Leal unterzeichnet. k)
Nach allerhand uͤberſtandenen Widerwaͤrtigkeiten legte ſich der Ordensmeiſter
Gerdt nieder und ſtarb, im 21ſten Jahr ſeiner Regierung.
Der
[87]Erzbiſch. Friedrich. zur Zeit der Reg. Eberhard v. Monheim.
Der fuͤnf und zwanzigſte Ordensmeiſter in1328
Liefland, deutſchen Ordens.
Eberhard von Monheim.a)
Nach dem Tode ſeines Vorgaͤngers fertigte der Orden ihn als gol-
dingiſchen Comtur an den Landmarſchal Johan von Ungna-
de, und Dirik Bock an den Hochmeiſter Werner von Orze-
la ab, um demſelben das Schlos und Gebiete Memelb) zu
uͤbertragen; weil es den Lieflaͤndern zur Beſchuͤtzung etwas zu weit abgelegen
waͤre. Dafuͤr erklaͤret der Hochmeiſter den goldingiſchen Comtur Eberhard
von Monheim zum Meiſter in Liefland, und uͤbernimt das Land nach dieſer
Grenzmeſſung: Von der Muͤndung der heiligen Aa bis an ihre Quelle, von da
nach der Quelle Emme, von da nach der Emmebach bis an eine See, wo die
Meme einflieſt. Weiter die Meme herauf bis an das Land Letthowie, an
eine See, die aus der Meme komt, Haſenpot genant. Das ganze Land der
Carſowiten gehoͤret alſo mit Memel zu Preuſſen. Damit aber das Schlos
Goldingen an Fiſchen keinen Mangel leide, ſo muͤſſen die Fiſcher zu Memel ein
gros Schock und eine Geſpe von eingeſalzenen Streckfoͤten (Sternipedes) um 3
Mark preußiſcher Pfennige, und das hundert Hechte fuͤr 2 Mark verkaufen,
welche die in Goldingen mit eigenem Salze einpoͤckeln muͤſſen. Geſchehen zu
Elbingen, am Tage Urbani. Er wohnte auch der algemeinen Ordensverſam-
lung zu Marienburg in Preuſſen bey, deren Statuta uns Waiſſel S. 105
aufgezeichnet hinterlaſſen.
Am Tage Matthiaͤ des Apoſtels bezeuget Chriſtoph der IIte in einem1329
Schreiben, daß Eſtland mit allen ſeinen Staͤdten, Schloͤſſern, und was wei-
ter dazu gehoͤret, weder durch ihn noch durch ſeine Nachfolger verkauft, verpfaͤn-
det, vertauſcht, oder auf einige Weiſe iemals von der Krone veraͤuſſert werden
ſolte. Jn ſelbigem Briefe verleihet er aus Hochachtung gegen die Jungfrau Ma-
ria und um ſeiner Seelen Seligkeit willen den Toͤchtern in Eſtland das Recht
von ihren Eltern zu erben, doch faͤlt nach deren Tode die Erbſchaft an den Koͤnig
oder deſſen Nachfolger. Der nechſte Blutsfreund iſt Vormund der nachgebliebe-
nen unmuͤndigen Soͤhne. Die Herren Landraͤthe bleiben im vorigen Anſehen und
in der Gewalt Gerichte zu halten, wie ſie ehmals zu thun pflegen, ohne daß an
hoͤhern Ort appelliret werde Den koͤniglichen Befehlshabern wird genau verbo-
ten, dagegen zu handeln. Der Biſchof Olaus unterzeichnete es zu Copenha-
gen in Gegenwart der koͤniglichen Raͤthe. c)
Dieſes Jahr war fuͤr die Stadt Riga insbeſondre ungluͤcklich, indem ſie1330
mit dem Ordensmeiſter einen nachtheiligen Tractat eingehen muſte. Die Buͤrger-
ſchaft ſahe, wie ſchlecht der Orden ſein dem oͤſelſchen Biſchof gegebenes Wort
gehalten, woruͤber die noch nicht voͤllig geheilte Wunde der vorigen Beleidigung
Y 2von
[88]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1330von neuen aufbrach. Sie faſten alſo einen Anſchlag auf Dunemuͤnde, wur-
den aber zuruͤck getrieben. Eberhard lies es bey dem Entſatz nicht bewenden,
ſondern ruͤckte vor die Stadt Riga ſelbſt, der er auch auf allen Seiten faſt ein
Jahr lang die Zufuhr abſchnit, und ſie nicht eher zu beſtuͤrmen auf hoͤrte, als bis er
ihr auf Vermittelung des Landmarſchals gewiſſe Stuͤcke eines Vergleichs zugeſtand.
Denn weil ſich keine Litthauer zur Huͤlfe einfanden, und der Ordensmeiſter vor-
her kein Thor zum Einzuge erhalten konte, muſte ſie 30 Faden von der Stadt-
mauer einreiſſen, um die Straſſe recht breit zu machen. d) Sie ergab ſich am
Ger-
[89]Erzbiſch. Friedrich. zur Zeit der Reg. des Eberhard v. Monheim.
Gertrudentage, und lies keine Gelegenheit aus den Haͤnden, den ihr ſo1330
nachtheiligen Soͤhnebrief almaͤlig in ſeinen haͤrteſten Punkten todt zu machen, zu
tilgen oder den Stachel zu benehmen.
Die
[90]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Die rigiſchen Buͤrgermeiſter verkauften am St. Stephanstage dem
Prior und ganzem Convent der Predigermoͤnche einen Platz innerhalb der Stadt
und St. Juͤrgenshof fuͤr 6 Mark, jede Mark zu 48 Oer gerechnet, und er-
laub-
d)
*)
[91]Erzbiſch. Friedrich. zur Zeit der Reg. des Eberhard v. Monheim.
laubten ihnen die Stadtmauer zwiſchen dem Kloſter und Juͤrgenshoſpital (infir-1330
maria*) nach eigenem Gefallen zu gebrauchen, nur daß ſie keine niedrigere Mau-
er
d)
[92]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1330er ziehen, ſondern eine Loͤbe oder Altan darauf bauen ſolten. Dahingegen ver-
ſtattet das Kloſter den Herren Buͤrgermeiſtern den St. Thomasaltar in ihrer
Kirche zu etlichen Seelmeſſen. Damit ſol der Zank gehoben ſeyn.
Otto von GOttes Gnaden, Kronprinz von Daͤnnemark (Danorum
Domicellus)*) Herzog von Eſt- und Laland, trat nach erhaltener Einwilli-
gung ſeines Bruders Woldemars, dem Marggrafen Ludwig von Bran-
denburg, als ſeinem Schweſtermanne, in Anſehung ſeiner Heirath das ganze Land
Revel, das Recht, einen Biſchof vorzuſchlagen, alles Antheil an dieſem Bi-
ſtum, alle Veſtungen im Lande, und was ſonſt dazu gehoͤret, auf ewig ab; der-
geſtalt, daß der Marggraf gleiche Gewalt daruͤber haben ſolte, als vormals die
Koͤnige von Daͤnnemark beſeſſen, auch daſſelbe Land frey und ungehindert ver-
kaufen, verſchenken oder vertauſchen koͤnne, auch ſolle es niemals wieder an Daͤn-
nemark kommen, wo nicht Ludwig oder deſſen rechte Erben aus gutem Willen
es dieſer Krone wieder verkaufen wollen; doch duͤrfe aus dieſer Verſchenkung ſei-
ner lieben Schweſter Margaretha kein Nachtheil zuwachſen. Als Zeugen ſte-
hen dabey angefuͤhret, Herr Lorenz Johanſon, Reichsdroſt, Herr Conrad
Preyn, Ritter, Herr Gerlach, Propſt der Lande Errien und Thosland,
Sigfried genant von Orreby, Hofmarſchal, Boetius genant Valcke, Johan
genant Becker, Advocat in Laland. Gegeben zu Saxekioͤping am 4ten
Tage vor Dioniſii und der andern Maͤrterer.
Da dieſe Schenkung die ſo oft wiederholten Verſicherungen der Koͤnige von
Daͤnnemark uͤbern Haufen warf, ſo war dieſelbe ſo wenig nach dem Geſchmack
der Eſtlaͤnder, als diejenige Abtretungsacte, worin der revelſche Stadthal-
ter, Herr Marquard Breyde, ſich gemuͤßiget ſahe, nach Koͤnig Chriſtof-
fers Tode, bey den damaligen weitauſſehenden Unruhen in der daͤniſchen ſieben-
jaͤhrigen Thronerledigung, Eſtland den lieflaͤndiſchen Ordensherren zu uͤber-
geben, weil er daſſelbe nicht laͤnger behaupten konte. Die Urkunde davon iſt
ſchon oben bey Nerona angefuͤhret. Alſo blieb Eſtland eine Zeitlang ohne
Koͤnig, Herzog und Stadthalter; vielweniger bequemte es ſich den Ordensmei-
ſter Eberhard fuͤr ſein Haupt zu erkennen, ſondern wurde durch ſeine Landraͤ-
the unumſchraͤnkt beherſcht.
Der Ordensmeiſter Eberhard gedachte dem Orden in Preuſſen Luft zu
machen, gegen welchen der litthauiſche Grosfuͤrſt Gedimin mit ſeinem Bun-
desgenoſſen, dem rußiſchen Grosfuͤrſten Satates, zu Felde lag. Er brach alſo
in Rusland ein. Doch dieſe vereinigten Maͤchte beſuchten Liefland indeſſen, da-
her Eberhard umkehrte und ſie auch dergeſtalt in die Enge trieb, daß ſie um gut
Wetter bitten muſten. Er ruͤckte hierauf wieder in Rusland, und brachte
Plescow
d)
[93]Erzbiſch. Friedrich. zur Zeit der Reg. Eberhards v. Monheim.
Plescow zum Gehorſam, wobey ihm der Graf von Arensborge) mit etlichen1334
preußiſchen Rittern huͤlfliche Hand leiſtete. Die vom Kriege abgemuͤßigte Zeit
wandte er aufs Bauen, wie denn unter ihm auſſer dem rigiſchen Schloſſe auch
das dobblenſche und mitauiſche in Semgallen zu Stande kam.
Bisher hatte Eſtland noch keinen andern Oberherrn als ſeine Landraͤthe.1339
Nunmehr aber ſchrieb der Kaiſer Ludwig an den preußiſchen Hochmeiſter
Dietrich von Aldenburg, daß ſelbiger mit ſeinen Mitbrudern und Untertha-
nen das Land und Biſtum Revel und die Provinz Eſtland angreifen, wegneh-
men und wieder unter den Gehorſam des Koͤnigs Waldemarsf) in Daͤnne-
mark bringen, es auch ohne Wiederſpruch auf kaiſerl. oder koͤnigl. Befehl auslie-
fern ſolte, wobey dem Hochmeiſter die Kriegeskoſten erſtattet werden ſolten. An
den lieflaͤndiſchdeutſchen Orden ergieng ein anderes Schreiben von gleichem
Jnhalt. Das dritte Schreiben, auch an den Orden in Liefland, enthaͤlt den Be-
fehl, daß Eſtland, wenn es eingenommen ſey, keinem andern, als dem Koͤnig
Waldemar oder dem kaiſerl. erſtgebornen Sohn, dem Marggraf Ludwig
von Brandenburg uͤberlaſſen, und deren Gevolmaͤchtigten abgetreten werden
ſolle, weil dem letztern die Morgengabe von Seiten ſeiner Gemahlin (conthora-
lis) aus Eſtland zukomme, wogegen der Kaiſer nach Vermoͤgen ſeine Erkent-
lichkeit verſichert. Alle 3 Briefe hat der Kaiſer zu Frankfurt 3 Tage vor Judi-
ca im 25ſten Jahr ſeiner Regierung und im 12ten ſeines Kaiſerthums unter-
zeichnet.
Waldemar, erwehlter Koͤnig von Daͤnnemark verſchrieb ſeinem Schwa-1340
ger Ludwig, Marggrafen zu Brandenburg, das ganze Herzogthum Eſt-
land, das iſt, das Biſtum, Schlos und Stadt Revel, das Schlos und die
Stadt Weſenberg, das Schlos und die Stadt Narva, ſamt den Provinzen
Harrien, Wierland und Allentaken mit allen Weichbilden, Vorwerken,
Doͤrfern, Lehnguͤtern, Frohndienſten, Weiden, Wieſen, Heuſchlaͤgen, Waͤl-
dern, Heiden, Buͤſchen, Aeckern, Gold- Silber- Kupfer- und andern Metal-
gruben, die jetzo oder kuͤnftig moͤchten gefunden werden, wie auch allen Wildbah-
nen, Waſſern, Fluͤſſen, Muͤhlen, Bruͤchen, Fiſchereien, Zoͤllen, Muͤnzfrei-
heit, Steuren und Renten auf immer und ewig; verſpricht auch, ſo bald die koͤ-
nigl. Kroͤnung werde vor ſich gegangen ſeyn, in einem feierlichen Briefe ſolchen
Handel von neuen zu beſtaͤtigen. Geſchehen zu Spandow am Sontage
Oculi. Zugegen waren Sveno Biſchof von Aarhus, Graf Guͤnther von
Schwarzburg, Heinrich von Reiſchach Haushofmeiſter, Hr. Joh. von
Buch, Stadthalter, Beringer Helo Marſchalk, die Ritter Gerike Wolf,
Haſſo der aͤltere von Wedel, nebſt andern glaubwuͤrdigen Maͤnnern.
Der
A a
[94]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der roͤmiſche Kaiſer Ludwig, ertheilte zu Landshut ſeinem Sohn,
dem Marggrafen Ludwig, die Volmacht, mit dem deutſchen Orden um das
Land zu Ryvel (Revel) zu handeln und zu dingen, am Sontage Laͤtareg).
Der Erzbiſchof Friedrich ſtarb am paͤpſtl. Hofe zu Avignon; Benedi-
ctus der XIIte beſtaͤtigte den bisherigen Biſchof zu Doͤrpt, Engelbert von
Dahlenb), in dem rigiſchen Erzbiſtum, welcher aber die rigiſche Luft nicht
lange vertragen konte.
Sontags nach Jacobi brachte der revelſche Hauptman, Conrad Pfreen,
einen Vergleich zwiſchen der Ritter- und Buͤrgerſchaft wegen gemeinſchaftlicher
Heuſchlaͤge, von der See Jerwekuͤlle und Mullen an, bis an die Salzſee zu
ſtande. Der Hauptm. Cordt Pfrein, Herm. von Thoys, Otto von Ro-
ſen, Bartholom. von Vellyn, Helmich von Zoͤge, Heinr. und Joh.
Fahrensbeke, Claus Riſebyter, Barthel von Lechtes, Ritter; Be-
rend von Thoys, Robekin von Alven, und Aſſerie von Niehawen,
achtbare Maͤnner, haben ſich dabey unterſchrieben. Der Brief iſt von dem Abt
Berthold zu Padis am Michaelistage 1383, durchſichtiget und beſtaͤtiget.
Der Ordensmeiſter Eberhard dankte endlich ab, und gieng nach Deutſch-
land. Die Ordensritterſchaft verlor an ihm einen tapfern Vorfechter.
Der ſechs und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Burchard von Dreylewena).
Er ſuchte gleich nach angetretenem Amt den ſtreifenden Ruſſen durch
Anlegung der Schloͤſſer Marienburg und Frauenburg in
Liefland den Weg zu verſperren, welches dieſen Nachbarn
dergeſtalt empfindlich fiel, daß ſie vor Marienburg ruͤckten, und
die Beſatzung mit Schmauch und Dampf zu verjagen trachteten, aber auch 28
Man davor einbuͤſten. Der nachmalige tapfere Comthur, Arnold von Vie-
tinghoff, kam mit ihnen endlich zu rechte, weswegen ſie ſich zur Ruhe be-
quemten.
Hein-
[95]Erzb. Engelb. v. Dahlen. zur Zeit der Reg. Buchards v. Dreylewen.
Heinrich, Biſchof von Oeſel, verſtattete allen Schiffen in den Haͤfen ſei-1341
ner Dioͤces die Zolfreiheit, und die Erlaubnis am nechſten Ufer zur Ausbeſſe-
rung der Schiffe Holz zu ſchlagen. Alle geſtrandete Guͤter, ſo innerhalb Jah-
resfriſt abgefordert werden, kommen ohne Vorbehalt an die rechtmaͤßigen Erben.
Die Herren von Scherenbeck ſetzten am 28ſten May in Beiſeyn des
Wapners, Herman Risbyters, dem Abt Nieolaus zu Padis die Doͤrfer
Puggete und Yarnſelle zu Grenzen ſeines Kloſters an, von welchem Briefe der
Anfang merkwuͤrdig ſcheinet, wenn ſich dieſe Grenzrichter Nos Chriſtianus, mi-
les, et Willekinus armiger, fratres Domini de Scherenbecke ſchreiben. Es ge-
ſchiehet darin Erwehnung eines Grabens Lambivaha cayvanda, eines Hofes
Taghe, eines Orts Tycderden Mecke kako, einer See Karjawomees
und eines Schloſſes Lepoyo.
Freitags vor Mariaͤ Geburt fertigte Koͤnig Magnus von Schweden
und Norwegen die eſtlaͤndiſchen Abgeordneten Joh. von Wieder, Hein-
rich von Loden und Heinrich Lucasb), Wapentraͤger, und von Seiten der
Stadt Wennemar Kahtern zu Revel, mit einer Amneſtie wegen dem was
zwiſchen ſeiner Stadt Wieborg und der koͤnigl. Stadt Reval vorgegangen, zuruͤck,
und verlangte dagegen, daß, wenn die Revelſchen und Wiburgiſchen mit
einander Haͤndel haͤtten, jeder Partey in des andern Lande innerhalb Monats-
friſt Recht verſchaffet werden moͤchte.
Dieſes und das folgende Jahr iſt wegen des algemeinen Baurentumults
recht denkwuͤrdig. Die Bauren in Harrien machten den Anfang, und erſchlu-
gen in der St. Juͤrgens Nacht uͤber 1800 daͤniſche und deutſche Herren.
Die Bauerſchaft in der Wyck und in Wirland folgten dieſem ungluͤcklichen
Beiſpiel nach, und ermordeten ohne Unterſchied des Alters und Geſchlechs alles,
was nur einen deutſchen Othem hatte. Manche entſprungen noch, und fluͤch-
teten nackend und blos nach Revel oder Weiſſenſtein, wo ſie unterwegens zum
Theil vor Hunger ſturben. Jm Kloſter Padis wurden allein 28 Moͤnche ge-
toͤdtet. Die oeſelſchen Bauren machten ſich um Jacobi mit uͤber ihre Her-
ſchaften her, und ſchlugen erſt alle Auslaͤnder todt, und darauf auch den Or-
densvogt, ſamt allen Kloſtermoͤnchen zu Peude, denen ſie in der Belagerung
zwar freien Abzug verſprochen hatten, ihr Wort aber als Barbaren hielten. Sie
vereinigten ſich hierauf mit denen in der Wyck, wo ſie etliche vor Hapſal ruͤcken
lieſſen, den Biſchof mit ſeinen Leuten einzuſperren. Die andern zogen weiter und
brachten unterwegens einen Schwarm von etwa 10000 Man zuſammen, die das
Schlos Revel umringten, und durch eine Botſchaft den Biſchoͤfen zu Abo und
Wiborg verſicherten, die Stadt den Schweden in die Haͤnde zu ſpielen, wenn
ſie ihnen Huͤlfsvoͤlker zuſchicken wolten. Der Ordensmeiſter Burchard eilte
hierauf zum Entſatz herbey, zerſtreute dieſes aufruͤrige Geſindel, von denen die
wenigſten ihre Heimat wieder zu ſehen bekamen, ob ſie gleich angeloben lieſſen,
dem lieflaͤndiſchen Orden ſich gutwillig zu ergeben, wenn ſie nur nicht Sclaven
der Edelleute ſeyn duͤrften c). Er legte alſo Goswinen von Herike nebſt etlichen
Rittern
[96]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1343Rittern und Kriegesleuten in das revelſche Schlos zur Beſatzung, und machte
auf ſeinem Ruͤckzuge dem in Hapſal belagerten Biſchof Luft, durch welche Ret-
tung Burchard dem deutſchen Orden die Zuneigung der Eſtlaͤnder zu
wege brachte. Als indeſſen die finniſchen Schuͤten in den revelſchen Hafen
einliefen, die Stadt in Empfang zu nehmen, ſo war niemand mehr da, der ihnen
die Reiſe bezahlte. Denn die Raͤdelsfuͤhrer waren ſchon nach Verdienſt belohnet,
die Entwiſchten aber ſtacken in den Waͤldern und Moraͤſten verborgen, wo ſie ih-
ren Hunger mit Wurzeln und Baumrinden ſtilten, weil keiner ſich auf oͤffentli-
cher Straſſe zeigen durfte. Das ganze Protocol von dieſem Baurenkriege iſt im
Brande zu Stockholm drauf gegangen.
Bey dieſem Lerm der abtruͤnnigen Bauerſchaft ſahe ſich Eſtland nicht mehr
im Stande ſich ohne Schutzherren zu behelfen. Alſo traten Joh. von Sorſe-
vere, Herm. von Thoys, Otto von Roſen, Heinr. und Joh. von Fah-
rensbeck, Heinr. von Wirks, Heinr. von Lode, Dietr. Toltz, Ritter,
Joh. von Mekes, Joh. Wacke, Robert von Alwen, Chriſtian von
Scharenbecke, Aſſverus von Neuenhoff, Tilo von Sorſevere Hinr.
von Bikirhovede, Wapener und Raͤthe des Koͤnigs und der Krone Daͤnne-
mark, wie auch Heinr. Lechtes, Joh. von Fahrensbeke, Bernhard von
Thoreyde, Heinemann Risbyter, Lippold von Aydes nebſt allen koͤ-
nigl. Vaſallen, zuſammen, und unterzeichneten zu Revel am Tage vor Chriſti
Himmelfart einen Vertrag, laut deſſen ſie dem Ordensmeiſter Revel und We-
ſenberg zur Vormundſchaft uͤbergeben, um dieſe Plaͤtze der Krone Daͤnne-
mark zum Beſten zu erhalten. Sie berufen ſich auf ihr gut Gewiſſen, und be-
zeugen bey dem Worte der Warheit daß ſie hiebey im geringſten nicht gewilliget ſeyn,
Daͤnnemark nachtheilig zu fallen, ſondern daß ſie es nur darum thun, damit
das Land nicht auf ewig Daͤnnemark entriſſen werde. Wenn ſie es einhellig
wiederfordern, ſol es der Orden in Monatsfriſt wieder raͤumen. Heinrich
von Bikshoͤveden, die Ritterſchaft und revelſchen Buͤrgermeiſter wiederholen
dieſes am Tage vor Simonis und Judaͤ noch einmal, und bezeugen zugleich,
daß ſie nach dieſer entſetzlichen Empoͤrung, von der ſie allein uͤbrig geblieben, und
durch welche die Neubekehrten im Glauben wankend geworden, aus Noth
ſich an den Ordensmeiſter in Liefland gewand, und obbeſagte Laͤnder ihm in
Schutz gegeben.
Dem Koͤnig von Daͤnnemark war mit dieſer fremden Beſatzung in Revel
wenig gedienet. Er ſchrieb daher am Johannistage dem Orden in Liefland,
daß er ſich zwar fuͤr ihre Treue und Gehorſam bedanke, die ſie jederzeit ihm und
ſeinen Vorfahren erwieſen, insbeſondere daß ſie in der groſſen Gefahr ſeine
Schloͤſſer in Schutz genommen; aber weil ſie oft verſichert, auf das erſte Erfor-
dern dem Koͤnig ſie wieder auszuliefern, ſo ſchicke er ſeinen Rath und Ritter Hr.
Stigot Anderſſon als Stathalter nach Revel, in deſſen Haͤnde die Ueberga-
be geſchehen ſolle. Geſchrieben zu Aalburgd).
Nichts
[97]Erzb. Engelb. v. Dahlen. zur Zeit der Reg. Burchards v. Dreylewen.
Nichts deſto weniger ſahen ſich obgenante eſtlaͤndiſche Raͤthe gedrungen,1345
auch das Schlos Narva gegen ein Darlehn von 1423 Mark rigiſchen Silbers
dem lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter zu verſchreiben. Weil die unglaͤubigen und
abtruͤnnigen Eſten ihren Verwandten und Blutsfreunden unmenſchliche Marter
angethan, und ihre Guͤter und faſt ganz Harrien verwuͤſtet, ihre Kraͤfte aber
zum Widerſtande nicht zureichen, und noch mehr Unruhe zu befuͤrchten ſeyn
duͤrfte; ſo behaͤlt der Orden das Schlos 1 Jahr in Verwahrung fuͤr den Koͤnig
von Daͤnnemark. Bleibet die Zahlung aus, ſo erſcheinen die Unterſchriebenen
in Vellin und machen da Richtigkeit, ſtehen aber fuͤr keine Ausbeſſerungskoſten.
Gezeichnet in Revel am Tage Pauli Bekehrung.
Dieſes alles noͤthigte Woldemarn in eigner Perſon nach Eſtland aufzu-
brechen e), und ſeine Unterthanen durch ſeine Gegenwart zu troͤſten, wo er auch
den Winter uͤber zubrachte, die Einkuͤnfte des Kapitels vergroͤſſerte, Kirchen und
Kapellen anlegte, den Staͤdten ihre Priviligien beſtaͤtigte und auf dem Schloſſe
zu Revel die Kirche unſrer lieben Frauen ſtiftete. Er ſorgte auch fuͤr die Stadt
Narva, und gab ihrer Kirche, die wenig Einkuͤnfte hatte, und von den Ruſ-
ſen etliche mal abgebrant worden, am Mariaͤreinigungstage in Stigot An-
derſons Gegenwart den Gnadenbrief, daß der Oberrichter (Advocatus) oder
Befelshaber, den Pfarrherrn, nebſt ſeinem Kapellan und Scholaren an ſeinen
Tiſch nehmen, ihnen alle Jahr einen Rock von ſchoͤnem Tuche, alle 2 Jahr einen Prie-
ſterrock nebſt andern Nothwendigkeiten, wie auch Heu und Haber auf 2 Pferde
zum Beſuch der Neubekehrten geben, und ihnen bey koͤnigl. Ungnade nichts davon
abbrechen ſolle. Das daran befindliche Siegel iſt in weiſſem Wachs in einer waͤch-
ſernen Kapſel (preſſula), und ſtelt auf einer Seite den Koͤnig auf dem Thron mit
dem Scepter und Reichsapfel ſitzend vor, mit der Umſchrift: Woldemarus Dei
G. Danorum Slavorumque Rex et Dux Eſtoniæ. Auf der andern Seite ſtehen 3
Leoparden, einer groͤſſer als der andre; am Rande lieſet man: Clypeus Woldemari,
D. Sq; R. et D. E.
Die narviſche Buͤrgerſchaft f) nahm er am Tage Jacobi gleichfals in
ſeinen genauern Schutz, beſtaͤtigte ihre von ſeinem Grosvater Erich erhaltene
Vorrechte, ſo wie ſeine revelſchen Buͤrger ſich derſelben frey bedienet, ſchuͤtzte ſie
bey
B b
[98]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1345bey ihren Grenzen, Aeckern, Wieſen, Heuſchlaͤgen, Holzungen, Waſſern und
Fiſchfang ober- und unterhalb des Schloſſes, vornemlich bey dem Verkauf der
Aale. Kein Kaufman darf uͤber dem Waſſer Lauke Handel treiben, wenn er
ſich nicht unter den Schutz der Krone und der Stadt begiebt. Solte die Stadt
von den Ruſſen zerſtoͤret werden, ſo begeben ſich die Einwohner nach dem
Schloſſe, bauen ſich da Buden und Haͤuſer auf, und handeln ſo lange auſſerhalb
der Stadt nach aller Freiheit, worinne ſie kein koͤnigl. Richter ſtoͤren ſol. Beide
Briefe hat der Koͤnig zu Revel unterzeichnet.
Die harriſchen und doͤrptiſchen Bauren ſaſſen noch nicht ſtille, ſondern
hetzten die Ruſſen auf, denen Burchard bey Odenpeh nach einem ziemlichen
Verluſt den Weg verlegte, dabey aber nebſt einigen Rittern den tapfern Joh.
von Loͤwenwolde einbuͤſte. Die Bauren machten hierauf einen Anſchlag Vel-
lin zu uͤberrumpeln, und da ſie am Thomasabend ihre Gebuͤren abtragen ſolten,
ſo ſteckten ſie in jeden Kornſack einen vierſchroͤtigen verwegenen Kerl. Doch ein
altes Muͤttergen, die ihren Sohn gern verſchonet wiſſen wolte, entdeckte dem
Comthur den ganzen Handel, bat fuͤr ſein Leben, und gab das Zeichen an, in
welchem Sacke der Junge laͤge. Die Deutſchen hielten ſich indeſſen bereit, die-
ſe lebendige Gebuͤren mit langen Spieſſen auszumeſſen, wodurch den uͤbrigen der
Kitzel vergieng, die vor der deutſchen Heimſuchung gern in die Erde gekrochen
waͤren. Doch dieſes half nichts, das Joch wurde ſchwerer und die Reihe kam
nun auch an die oͤſelſchen Bauren. Die Ordensvoͤlker ſchlugen ihr Lager zu
Karris auf, durchſtreiften die Jnſel, und muſten bey 9000 uͤber die Klinge ſprin-
gen. Jhr abgenommenes Gewehr ward nach Leal gebracht. Diejenigen ſo
um Leben ihr baten, muſten ſich ſelbſt zur Strafe das Schlos Sonneburgg)
zum Kapzaum aufbauen.
Der Abt Nicolaus zu Padis verkaufte an Peter Roͤver, Harald
Roͤdeger, Hinko Rudolph, Haquin Chriſtiani, Simon Clementis
und ihre rechte Erben die Jnſel Daghoe nach ſchwaͤbiſchem Rechte um 34
Mark Silber, doch behaͤlt ſich das Kloſter das Recht Bandholz zu faͤllen, allein
vor. Fuͤnf Tage nach Cantate.
Die Litthauer und Samogiten verſalzten dem Orden dieſe Freude.
Dieſes unruhige Volk fiel gegen die Faſtenzeit in Semgallien ein, eroberten
nach vielen Grauſamkeiten das Schlos Tarweten am Sontage Reminiſcere,
ermordeten darin 7 Ritter nebſt einer Beſatzung von 160 Man. Von da zogen
ſie vor Mitau, nahmen die Vorburg weg, ſteckten die Palliſaden in Brand,
davon das Schlos Feuer fieng, daß 600 Man nebſt manchem braven Ritter im
Rauche erſtickten. Sie zogen neben Riga vorbey, beſetzten Neuermuͤhlen,
giengen
[99]Erzb. Engelb. v. Dahlen. zur Zeit der Reg. Goßwins v. Herike.
giengen auf Segewolde zu, ſchliefen 2 Naͤchte zu Walck, und ſchlepten uͤber1345
1200 Menſchen mit Vieh und Guͤtern in die Gefangenſchaft b).
Die eſtniſche Ritterſchaft in Harrien und Wierland machte am 5ten1346
Tage nach Quaſimodogeniti mit den revelſchen den Vergleich, daß wer auf
ſeine Einkuͤnfte 10 Mark Silber ſchuldig ſey, einen Haken Landes nebſt den dazu
gehoͤrigen Pferden und Ochſen zum Pfande verſchreiben muͤſſe. Der Ritter und
Statthalter Stigot Anderſon, die Ritter Heinrich Lode, Heinr. Lechtes,
Diedr. Tolck, Chriſtian Scharenbeke, Gottfr. von Fahrensbeke, die
koͤnigl. Raͤthe Joh. Mekes, Joh. Wakke, Diedr. Wirks, Heinr. Ha-
veſforde, Aſſverus von Neuem Hofe, Tidemann Kele, Herm. Ris-
byter, Joh. Wolderſo, Hartekin Kirkotoy, Odward Sorſevere,
Nicl. Minnekrop, und Didrich Wrangel, der Vogt, die Buͤrgermeiſter
und Rathsherren der Stadt Revel, Herm. Moremann, Reineking Ko-
wel und Wennemar Hollogher haben ſich unterſchrieben. Der Koͤnig Wol-
demar beſtaͤtigte nachher dieſen Vertrag. Nach des Herrn von Lode Zeugnis
liegt dieſe Urkunde mit dem koͤnigl. Jnſiegel in dem revelſchen Stadtarchiv. Jn
dieſem Jahr gieng der Ordensmeiſter mit Tode ab, und folgte ihm
Der ſieben und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Goßwin von Herikea).
Seine erſte Unternehmung war, daß er dem preußiſchen Orden Huͤlfs-1347
voͤlker zufuͤhrte und in Litthauen einbrach. Der litthauiſche
Grosfuͤrſt Olgerd, Gedimins Sohn ruͤckte unter Beiſtand der
Ruſſen von Smolensko, Polocz und Witepski auch ins
Feld, wo es am 2ten Febr. zum Treffen kam, in welchem der Orden ſiegte, und
nach Auſſage der preußiſchen Geſchichtſchreiber 22000 Feinde erlegte, welche
Zahl Michov auf 18000, Guagnini aber auf 10000 herunter ſetzet. Den
B b 2Sa-
c)
[100]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1347Samogiten wurden die Veſtungen Kylabeſyne, Dobbeſyne und Ze-
la zerſtoͤret.
Jm Sommer zog der Koͤnig von Daͤnnemark Woldemar der IIIte uͤber
Luͤbeck nach Preuſſen, um einen Zug gegen die unglaͤubigen Litthauer zu
thun, fand aber den Krieg ſchon beigeleget. Er gieng hierauf nach dem gelobten
Lande, zu welcher Walfarth er einen ſtarken Reiſepfennig brauchte. Er brachte
daher mit Einwilligung ſeiner Getreuen die ſchon laͤngſt entworfene Acte zu Stan-
de, in welcher er dem Hochmeiſter Henrich Duſemer das ganze Herzogthum
Eſtland mit allen Zubehoͤrigen und Einkuͤnften um 19000 Mark reines Silbers
coͤlniſchen Gewichts kaͤuflich uͤberlaͤſt, und den Unterthanen entdecket, daß ſein
aͤlteſter Bruder, Junker Otto, um ſeiner Seelen Seligkeit willen, und um
ſich GOtt zu opfern und zu heiligen, in den deutſchen Orden zu treten ſich ent-
ſchloſſen habe. Der Ritter Stigot Anderſſon, Hauptman des Landes Re-
vel, und Friedrich von Lochen, geweſener Marſchal, haben als Zeugen ihr
Siegel beigedruckt. Geſchehen zu Marienburg am Tage der Enthauptung
Johannis des Taͤufers, durch Veranſtaltung des wartinsborgiſchen Kirch-
herrns Hinrich Luneborchs, ſeines Kanzlers, der Ritter Hinrich Lode von
Lechtis, Goedekens von Fahrensbeck, des Wapeners, Thilo Soerſe-
vers, Arnolds von Coͤlln und Wieckenhauſen und vieler andrer Wuͤr-
digen des Glaubens. Der Papſt Clemens der VIIte beſtaͤtigte den Kauf
noch in demſelben Jahr, der Hochmeiſter lies aber Eſtland gar bald wieder an
Goswin von Heriken kaͤuflich uͤber, der auch des vorigen Ordensmeiſters ſeinen
Vetter, Burchard von Dreylewen, zum Comthur auf Revel verordnete.
Die Beſitznehmung des Ordens geſchahe am Tage Aller Heiligen, und das daͤni-
ſche Regiment uͤber Eſtland, ſo von Waldemar dem IIten bis Woldemar
dem IIIten beherrſchet worden, nahm ſolcher geſtalt ſein Ende b).
Tuſmer
[101]Erzb. Engelb. v. Dahlen. zur Zeit der Reg. Goßwins v. Herike.
Tuſmer beſtaͤtigte alle daͤniſche Privilegien ingleichen das Succeßionsrecht1347
fuͤr die Fraͤuleins in Eſtland, nach deren Abgang die Guͤter erſt an den Orden
fallen.
b)
[102]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1347fallen. Der nechſte Blutsfreund iſt aller Muͤndel Vormund, und die Landraͤthe
behalten das vorige Anſehen. Marienburg im groſſen Kapitel, in der Octave
des Fronleichnamsfeſts 1347.
Durch den Beſitz von Eſtland gewan der Ordensmeiſter ein groͤſſeres An-
ſehen, und die erzbiſchoͤfliche Hoheit wurde auch in Riga zu einer altvaͤteriſchen
Sache. Der Erzbiſchof Engelbert hatte ſich lange genug zu Avignon aufge-
halten, und fuͤr ſich und ſeine Praͤlaten gefochten. Er fand aber den Papſt
Clemens den VIten ſo parteiiſch, daß er ſich fuͤr Aergernis niederlegte und ſtarb.
Jhm folgte Fromhold von Fyfhuſen. Die Stadt Riga erlegte an das
Schlos Riga damals jaͤhrlich 100 Mark, wie Goswins Quitungen daruͤber
ausweiſen. Am Sontag nach Philippi und Jacobic).
Zwey
[103]Erzbiſch. Fromhold. zur Zeit der Reg. Goßwins v. Herike.
Zwey Urkunden von dieſem Ordensmeiſter verdienen alhier mitgetheilet zu1349
werden. Die lateiniſche iſt ein Freiheitsbrief fuͤr Eſtland,d) die deutſche
ein Vergleich zwiſchen der Stadt und zwiſchen ſeinen Liven von Kirchholm,
C c 2wegen
c)
[104]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
wegen etlicher Honigbaͤume. e) Beyde koͤnnen zur Erlaͤuterung der Geſchichte et-
was beitragen.
Am 6ten Septembr. verliehe der Erzbiſchof Fromhold den fremden Kauf-
leuten das Vorrecht, daß ihre Rechtshaͤndel zwar von einheimiſchen Richtern,
aber doch nach dem Jure patriae geſchlichtet werden ſollen.
Magnus Koͤnig von Schweden und Norwegen, Herr von Hal-
land und Schonen gab der rigiſchen Kaufmanſchaft einen anſehnlichen
Schutzbrief, und verſprach ihnen in Anſehung ihrer Perſonen und Guͤter allen
Vorſchub in ſeinen Landen, wenn ſie nur einen Pas vom Ordensmeiſter oder von
dem Comtur des Schloſſes Duͤnemuͤnde bey ſich haͤtten. Riga, (alwo ſich
Magnus damals aufhielt) am 20 Febr.
Der Ordensmeiſter Goswin verkaufte der Stadt die heutigen beiden Gil-
denſtuben, die groſſe, das Haus von Muͤnſter, und die kleine, das Haus
von Soͤſt genant. Der daruͤber ausgefertigte Brief iſt am St. Eliſabeth
Abend unterſchrieben. Auch in dieſem Namen hat uns die rigiſche Buͤrgerſchaft
ihre erſte Heimat entdecken wollen. Zugleich aber dienen dieſelben zur Erklaͤ-
rung einiger Stellen in den buͤrgerlichen Privilegien, und belehren uns, wo wir
den Oldermann van Muͤnſter, und den Oldermann van Soeſt zu ſu-
chen haben. Doch iſt die Stube von Muͤnſter und die von Soeſt viel aͤlter
als dieſe Kapellen, davon die eine der Jungfrau Maria, die andre dem heiligen
Jo-
275
[105]Erzb. Fromhold. zur Zeit der Reg. des Arnold v. Vietinghof.
Johannes gewidmet war. Sie wurden erſt das Jahr nachher am Tage der
Reinigung Mariaͤ abgetreten, weil der Meiſter ſie fuͤr eine andre Schuld ver-
pfaͤndet hielt. Jm lateiniſchen heiſſen ſie Stubae de Monaſterio et de Zoſato.
Ganz nahe an dem erſten lag das Moͤnchskloſter zu St. Catharinen.
Am Dienſtage nach Jubilate brachte der Ordensmeiſter die Grenzſchei-1355
dung der Stadt Goldingen zu Stande.
Der Erzbiſchof Fromhold hatte durch Verpfaͤndung der beiden Schloͤſſer1356
Pebalgen und Serben an den Ritter und Stiftsvogt zu Treyden, Herrn
Berthold von Tieſenhauſen, ſich Geld geſchaft, mit welchem er an den paͤpſt-
lichen Hof nach Avignon zog, und ein ſo geneigtes Gehoͤr fand, daß der Papſt
Jnnocentius derVIte den Orden in nicht gar zu guͤnſtigen Ausdruͤcken vor ſich
lud. Er wandte ſich auch an den Kaiſer Carl den IVten, der ihm das Diploma
der Biſchoͤfe Alberts zu Riga, und Hermanns zu Doͤrpt, welches ſie 1224
vom Kaiſer Heinrich dem VIIten als Reichsfuͤrſten erhalten, beſtaͤtigte, ihn und
ſeine Nachkommen dabey zu ſchuͤtzen verſprach, und die Koͤnige von Daͤnne-
mark und Pohlen zu Schutzherren ernante. Hierdurch fiel dem Erzbiſchof die
Hoheit uͤber die Stadt Riga wieder zu, welche ſich der Orden eine Zeitlang allein
angemaſſet hatte. Der Biſchof Johan von Doͤrpt genos davon auch ſeine
Vortheile, und zog den Ordensbruͤdern in ſeinem Stifte etwas engere Grenzen.
Der Duͤneſtrom drang durch Daͤmme und Thore in die Stadt, und das1358
Waſſer ſtund uͤber Mannes hoch im Kreutzgange des Doms, wo noch lange ein
eiſern Kreuz mit der Jahrzahl zu ſehen geweſen.
H. Rebdorf berichtet uns bey dieſem Jahre, daß der Koͤnig des heidni-
ſchen Lieflandes im Julius durch ſeinen Bruder dem Kaiſer Carl dem IVten
nach Nuͤrnberg melden laſſen, daß er ein Chriſt werden und die Taufe anneh-
men wolle. Der Kaiſer habe den Erzbiſchof von Prag und den Hochmeiſter an
ihn abgeſchickt, welchen der Koͤnig verſprochen, ſich auf Weinachten in Breslau
einzufinden, wo ſich auch der Kaiſer hinbegeben, dieſer Handlung beizuwohnen.
Endlich habe der Koͤnig Geſandten geſchickt und melden laſſen, daß er nicht eher
kommen wuͤrde, bis ihm der preußiſche Orden die entzogenen Laͤnder wieder ab-
getreten. Der Kaiſer ſey alſo unverrichteter Sache wieder nach Hauſe gegangen.
Darin begehet aber Rebdorf einen Fehler, daß er aus dem Koͤnig von Lit-
thauen einen Koͤnig im heidniſchen Liefland macht.
Goswin dankte endlich ſeine Ordensmeiſterwuͤrde ab, und hat ſich den1360
Nachruhm eines klugen, tapfern und wohlverdienten Regenten erworben, dem
viele Staͤdte ihre Privilegien zu danken haben.
Der acht und zwanzigſte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Arnold von Vietinghof,a)
Ehmaliger Comthur auf Marienburg, ein braver und geſchickter Regent,1360
welcher dem gemeinen Weſen mit algemeinem Beifal vorſtand. Er
muſte zur Huͤlfe des preußiſchen Ordens im Winter einen
Feldzug wider die Litthauer vornehmen, in welchem er den
unruhigen Grosfuͤrſten Kieyſtut, das iſt, Conſtantin, gefangen bekam, und
D dnach
[106]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1361nach Marienburg ſchafte, nachdem er 2000 Feinde erleget. Doch Kieyſtut
fand ein Mittel, die deutſche Wache zu blenden, und langte in verkapter Klei-
dung nach dreitaͤgigem Herumſchweifen in Litthauen an, wo er ſeine Leute
wieder zuſammen rafte, mit denſelben in Preuſſen einfiel, das Land verwuͤſtete,
ſich aber bey den Abſchiedscomplimenten ſo lange aufhielt, daß ihn Cuno von
Bartenſtein und Raſtenberg zum andernmal beim Kopf nahm und gefangen
ſetzte. b)
Der Stadt Goldingen erlaubte er, die Gerichtbarkeit uͤber die neue cu-
riſche Stadt, ſo wie uͤber die alte zu gebrauchen; verordnete auch, daß kein
Todſchlaͤger weiter Sicherheit finden ſolte, als allein auf dem Kirchhofe, derſel-
ben Stadt, oder in der Vorburg und in dem Schloſſe. Gegeben Freitags vor
Vocem Jucunditatis.
Der Ordensmeiſter drang bey dem Gluͤck des preußiſchen Ordens immer
weiter in Litthauen ein, und nahm das feſte Schlos Canen ein, nachdem er
Kieyſtuts Bruder Olgerden, der zum Entſatz angeruͤckt war, aus dem Felde
geſchlagen. Kieyſtuts juͤngſter Prinz, Woidat, und 36 vornehme Lit-
thauer muſten ſich gefangen geben, die uͤbrigen von der Beſatzung lieſſen ſich zu
Tode ſchmauchen und verbrennen.
Nach den Geſchlechtsnachrichten der Grafen von Brahe ſol dieſes Jahr
Jſrael Birgerſon, Reichsrath in Schweden, Lagmann von Upland
und ernenter Koͤnig von Schweden zu Riga geſtorben, und ſeine Leiche nach
Upſal gebracht worden ſeyn.
Die Haͤndel mit der uͤbermuͤthigen litthauiſchen Nation waren ſo weit
ausſehend, daß Arnold, ehe es noch zum Frieden kam, bey einem alzuhitzigen
Anfal auf die Feinde, ſein Leben in Gefahr ſetzte, und nach einer kurzen Regie-
rung das Amt ſeinem Nachfolger hinterlies. c)
De
[107]Erzb. Fromhold. zur Zeit der Reg. Wilhelms v. Freymerſen.
Der neun und zwanzigſte Ordensmeiſter in1364
Liefland, deutſchen Ordens,
Wilhelm von Freymerſen.a)
Er ſetzte den Krieg wider die Litthauer ſo lange fort, bis die Feinde
den Frieden ſuchten. Er ſprach auch den Ruſſen und Semgal-
len zu, die er nach einem ſauren und beſchwerlichen Zuge zur Ruhe
zwang. Nur mit der Cleriſey konte er nicht fertig werden. Der
Erzbiſchof Fromholdb) hatte ſeine Bittte auch bey dem Papſt
Urbanus dem Vten ſo fein eingefaͤdelt, daß dem Orden die lan-
desherrliche Gewalt uͤber die Stadt Riga gleichfals abgeſprochen wurde, doch
gieng es mit Volziehung dieſes Urtheils in Liefland langſamer als die Geiſtlichkeit
wuͤnſchte.
Als Woldemar, Koͤnig in Daͤnnemark, mit den Hanſeeſtaͤdten einen1365
Waffenſtilſtand getroffen; ſo machte ſich der Magiſtrat zu Riga, Wenden und
Wolmer anheiſchig, uͤber dieſe Vereinigung zu halten, und die Buͤrgſchaft
uͤber ſich zu nehmen. Am Palmſontage.
Wratislaus der Vte, Fuͤrſt des Landes Pommern, verehrte der Com-
pagnie der ſchwarzen Haͤupter*) in Riga die Rippe eines zu Uſedom gefangnen
D 2groſ-
[108]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
groſſen Walfiſches, welche noch jetzo auf dem Hofe des neuen Hauſes bey der
Mauer an Ketten aufgehaͤnget iſt. Aus dieſer Seebeſtie wurden 300 Tonnen
Speck gehauen und zu Tran geſotten, einige uͤbrige Rippen aber ſchickten die Her-
zoge als eine Seltenheit nach Wittenberg, Stettin und Stralſund.
Am 7ten May muſte ſich endlich der deutſche Orden, der zu Danzig
verſamlet war, der Gerichtbarkeit auf die Stadt Riga foͤrmlich entſagen, doch
behielt er ſich laut des Suͤhnebriefes die Dienſte der Heerfahrt vor, doch ſo, daß
jederzeit die erzbiſchoͤfliche Einwilligung daruͤber eingeholet wuͤrde. Fromhold
begab ſich dagegen aus gutem Willen, wie es heiſt, aller Anforderung auf die
Schloͤſſer und Veſtungen, welche der Orden bisher in Beſitz gehabt, wolte auch
von dem Ordensmeiſter den Huldigungseid nicht weiter annehmen. Der Hoch-
meiſter Kniprode hoͤrte das Urteil in Danzig ſehr gelaſſen vorleſen, und weil
gegen Carls des VIten kaiſerlichen Ausſpruch kein Appelliren half, muſte ſich
Wilhelm in die Zeit ſchicken.
Die lieflaͤndiſchen Hanſeeſtaͤdte, Riga, Doͤrpt, Revel und Vernaw
erhielten nach beigelegter Unruhe von dem Koͤnig der Schweden und Gothen,
als Herrn des Landes Schonen, mit Genehmigung der Biſchoͤfe und Reichsraͤ-
the ein anſehnliches Handelsprivilegium.
Am 3ten Auguſt ſtelten Johan Barſowen, Secretair, und Diedrich
Vrygenſteen, Rectores der Kirche zu St. Jacob in Riga, dem Erzbiſchof
Fromhold, ihren neuerwehlten Propſt Didrich von Freden zur Beſtaͤtigung
vor; woruͤber das Kapitel durch ſeinen oͤffentlichen Notarius, Johan von
Biſcopenrode, einem mindenſchen Geiſtlichen in Beiſeyn Sigfrid The-
keneborchs und Heinrich Luchowens, ein Jnſtrument errichtete, und es
Fromholden nach Rom zuſchickte. Der Erzbiſchof heiſt: Reuerendiſſimus in
Chriſto pater, gratioſiſſimus Dominus, und im Context: Reuerendiſſima
paternitas Veſtra. Den Rathmaͤnnern in Goldingen gab Wilhelm Mon-
tags nach Allerheiligen zu Wenden die Volmacht, von ihren Buͤrgern einen
Schoß zu heben.
Der Erzbiſchof Fromhold ward von dem Orden nicht ſonderlich genoͤ-
thiget nach Riga zu kommen, ſo daß ihn daruͤber der Tod zu Rom ſchlafen
legte, alwo er auch jenſeit der Tiber in der Kirche unſrer lieben Frauen beige-
ſetzt ward. Sein Nachfolger war Sigfrid von Blomberg.
Obbeſagte Hanſeeſtaͤdte in Liefland ſchickten ihre Gevolmaͤchtigten nach
Stralſund, alwo der Koͤnig Woldemar durch ſeine Raͤthe am Tage nach
Chriſti Himmelfahrt allen Hanſeeſtaͤdten verſichern lies, daß er ihnen zur Wie-
dererſetzung ihres vielfaͤltigen Schadens faſt ganz Schonen zum Pfande gebe,
welches ſie nach 16 Jahren wieder ausliefern, indeſſen aber der freien Schif-
fart auf alle ſeine Laͤnder genieſſen ſollen. c)
Der
[109]Erzb. Siegfr. v. Blomb. zur Zeit der Reg. Wilh. v. Freymerſen.
Der Orden gerieth in eine neue Verbitterung gegen die Cleriſey, als der1371
Erzbiſchof Sigfried und ſeine Domherren beim Papſt Gregorius dem XIten
mit ihrem Geſuch durchdrangen, und ihren bisherigen Praͤmonſtratenſerhabit
mit den Ordenskleidern der Auguſtinermoͤnche vertauſchen durften. Dieſe Neue-
rung ſchien dem Ordensmeiſter Wilhelm gefaͤhrlich zu ſeyn; und weil er die
Geiſtlichen bey einer mit dem Orden gleichfoͤrmigen Tracht erhalten wolte, ſo mu-
ſten die erzſtiftiſchen Guͤter uͤber der Duͤne in Semgallen und Oliva herhal-
ten, davon er die Einkuͤnfte in die Ordenskaſſe nahm. Sigfried gieng nach
Avignon, konte aber daſelbſt nichts ausrichten. Endlich nahm ihm der Tod den
neuen Ordenskittel zugleich mit dem Leben, da er denn daſelbſt bey den Prediger-1373
moͤnchen begraben wurde. Jhm folgte Johan von Sinten. Der Ordensmei-1374
ſter legte ſich faſt zu gleicher Zeit nieder und ſtarb.
Der dreyßigſte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Robin von Eltzena).
Unter ihm brachte der Rath zu Riga die ſogenante Buurſpracheb),1376
zum Beſten der Stadt zu Stande. Dieſe wilkuͤhrlichen Geſetze
des Raths heiſſen auch die Bauerſprache, oder Buͤrgerſprache,
auf lateiniſchCiuiloquium, und beſtehen aus 96, oder nach
Meniiprodrom. S. 6, aus 100 Artikeln, deren Anzahl nach Beſchaffenheit der
Umſtaͤnde manchmal vermehret oder vermindert worden. Sie werden noch alle
Jahr am Sonntage vor Michaelis nach geendigter Fruͤhpredigt mit eini-
gen
c)
E e
[110]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1376gen uͤblichen Ceremonien durch den Herrn Oberſecretair der Stadt aus dem Fen-
ſter
b)
[111]Erzb. Joh. v. Sinten. zur Zeit der Reg. Robins v. Eltzen.
ſter des Rathhauſes abgeleſen, c)
Der Has des Ordens gegen die Geiſtlichen ward durch einen neuen Grol1378
noch mehr entzuͤndet. Johann Damerow, ein Canonicus, war nemlich von
dem doͤrptiſchen Domkapitel zum Biſchof erwehlet und vom Papſt Urban dem
VIten, deſſen Wahl die vornehmſten Haͤupter der Chriſtenheit fuͤr rechtmaͤßig
hielten, beſtaͤtiget worden. Der Ordensmeiſter drung aber dem Stifte einen
neuen Biſchof Namens Johan Hebet auf, den er auch auf erhaltene Beſtaͤ-
tigung vom Gegenpapſt Clemens dem VIIten mit gewafneter Hand in die Dom-
kirche fuͤhrte, den erſtern Biſchof aber wieder zum Domherrn machte. Nachdem
aber Hebet die alten Rechte ſeines Stiftes gegen den Ordensmeiſter hervor ſuchte,
auch nicht zu allen Zunoͤthigungen dieſes Herrn Ja ſagte; ſo entſtunden daraus
allerhand und endlich blutige Verdrieslichkeiten. Cranz, der uns dieſe Geſchich-
te aufbehalten, giebt den Ordensbruͤdern das Zeugnis, daß ſie alle lieflaͤndi-
ſche Biſtuͤmer unter den weiſſen Mantel zu ziehen getrachtet haͤtten; doch habe
es ihnen mit dem oͤſelſchen, doͤrptiſchen und revelſchen nimmer recht gelin-
gen wollen. Der Erzbiſchof Johan von Sinten ruhete aber doch nicht eher,
als bis er dieſen Guͤnſtling des Ordens wieder vom biſchoͤflichen Stuhl herunter
geworfen.
Der Czaar von Moskau belagerte das Schlos Nienhus in eigner Per-1381
ſon mit einem Heer von 300000 Mann. Da die Veſtung ſchon an dem war ſich
zu ergeben, ſo warf ſich der Befehlshaber an einem Freitage vor dem Altar auf
ſeine Knie und bat, GOtt moͤchte doch den Ort ſelbſt entſetzen. Mit der Son-
nen Aufgang, da die Ruſſen eine unfehlbare Eroberung vermutheten, nahm der
Befehlshaber ſeinen Bogen mit einem geſpitzten Pfeile, und ſchos ihn aus dem
Fenſter ſeiner Burg, mitten unter die Belagerer, womit er dem Grosfuͤrſten das
Herz traf, worauf das geſamte Heer voller Beſtuͤrzung mit der Leiche nach Mos-
kau zuruͤck gieng. d)
Der Papſt Urbanus der VIte uͤbrrtrug das Urtheil uͤber den oͤſelſchen
Domherrn, Herman Balne, weicher den Biſchof grfaͤnglich ſetzen und wuͤrgen
laſſen, an den Erzbiſchof zu Riga, der ſich auch, wiewol ohne ſonderlichen Eifer,
an die Unterſuchung machte. e)
E e 2Der
[112]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der Ordensmeiſter Robin half um dieſe Zeit dem Grosfuͤrſten Sirgall,
welchen ſeine aufruͤhriſchen Unterthanen aus Ploscow verjaget hatten. Ob nun
gleich die Ruſſen ſich dem Ordensmeiſter zu ergeben verſprachen, wenn er ſeine
Verbindungen mit dem Sirgall aufheben wolte, ſo blieb derſelbe doch da-
bey, fand aber auch die Ploscower ſo hartnaͤckig, daß er und Sirgall weiter
nichts ausrichteten, ſondern wie Cranz ſchreibet, unverrichteter Sache abzogen.
Die oͤſelſchen Domherren, Johan Lowenborch, Vicedechant, Gott-
fried von Metzepole, Jacob von Hapſal, Johan Gracian, Henrich
Bornſtaͤdt, der Ritter f)Niclaus Yxkuͤl, Claus und Johan Wyklen,
Bruͤder, Evert von Herkuͤl, genant Herr Paſchetag, Vicko Wran-
gel, Barthol. von Vellyn, Johan Trychtleven, Henke Pyther,
Gerard Thuwe, Thile Paſſe, Arnold Udenoys, Kerſten Guz-
leve, Hinr. Trychtleven, Hennike Lennold, Vaſallen der oͤſelſchen
Kirche, ſtelten am 15ten November zu Wolmer dem Ordensmeiſter und Erz-
biſchof aufs angelegentlichſte vor, daß der Biſchofshof und das Schlos zu Hap-
ſal erbrochen, und alle canoniſche Buͤcher und Schaͤtze entfuͤhret worden. Ob
gleich Didr. Jxkuͤl und Johan Scharenbecke Beſſerung angelobet, ſo haͤt-
ten ſie doch das Schlos Hapſal wieder mit Leitern erſtiegen, Geiſtliche und
Laien erſchlagen, die Kirche und das Zeughaus| gepluͤndert, das Schlos in Brand
geſteckt und die Domherren verjaget. Weil der Erzbiſchof ſich ſehr laulich be-
zeigte, erſuchten ſie den Herrmeiſter, ſich ins Mittel zu ſchlagen, welches dieſer
auch
e)
[113]Erzbiſch. Joh. v. Sinte. zur Zeit der Reg. Robins v. Eltzen.
auch zuſagte; wogegen ihm denn die Domherren alle Unkoſten, welche auf die-
ſen Beiſtand in geiſtlichen und leiblichen verwendet werden moͤchten, zu verguͤten
verſprachen. Aus den Documenten erhellet, daß der Ordensmeiſter bey Anhoͤ-
rung dieſer Klagen bitterlich geweinet, und ſolchen Kirchenraͤubern die Guͤter zu
nehmen gedrohet. Sie ſind durch die Vaſallen der oͤſelſchen Kirche, Henneke
Mekes, Rudger Breme und Nic. Yxkuͤl beglaubiget. Die Biſchoͤfe von
Liefland, die alle gegenwaͤrtig waren, leiſteten ihrem Mitbruder nachdruͤckli-
chen Beiſtand.
Die Staͤdte Riga und Doͤrpt ſchickten ihre Abgeordneten nach Luͤbeck,1385
alwo ſich der Koͤnig Albrecht von Schweden und die Koͤnigin Margare-
tha von Daͤnnemark befanden, um die an die Hanſeeſtaͤdte verpfaͤndeten
Schloͤſſer in Schonen dem Koͤnig Olaus von Daͤnnemark wieder abzutre-
ten, und den Handel auf Liefland und Schonen fuͤr beiderſeitige Unterthanen
ordentlich einzurichten.
Robin erweiterte die Mark der Stadt Goldingen mit einigen Aeckern am1386
Tage vor dem Feſt der 11000 Jungfrauen.
Um dieſe Zeit gerieth der Orden mit den Litthauern in Verdrieslichkeit.
Der hochmuͤthige Vitold hielt ſichs fuͤr ſchimpflich, den Skergelo als
Grosfuͤrſten von Litthauen herrſchen zu ſehen. Er wandte ſich, wie Guagni-
ni Band I S. 329 berichtet, unter andern Parteien auch an die Kreuzherren, die
durch ihn zu Litthauen und Samogitien zu kommen gedachten. Er verheer-
te vermittelſt ihrer Huͤlfsvoͤlker das ganze Grosfuͤrſtenthum. Doch da er die Ab-
ſichten der deutſchen Herren merkte, ſoͤhnte er ſich mit ſeinem Vetter Jagello
aus, und lies ſich von ihm eine Verſprechung auf Litthauen geben. Um den
Polen aber eine Freude zu machen, ſo verkleidete er ſich wie ein Ordensbruder,
bemaͤchtigte ſich der Schloͤſſer Juͤrgensburg, Marienburg und Neuhaus,
ſteckte ſie in Brand, hieb die Beſatzung nieder, und fuͤhrte die Comture gefangen.
Dis machte ihn ſo ſtolz, daß er auch auf Vilna Anſchlaͤge ſchmiedete, weil der Koͤ-
nig Jagello in Polen mit Litthauen nicht gleich heraus ruͤckte. Hieruͤber mu-
ſte er nach Preuſſen fluͤchten. Man gab ihm daſelbſt ein Heer, der Ordens-
meiſter von Liefland fuͤhrete ſeine eigne Huͤlfsarmee, der Hochmeiſter Wallen-
rod machte mit ſeiner Macht den dritten Haufen aus, uud ſo gieng der Zug
nach Litthauen. Weil ein jeder ſich in dieſem Rohr ſeine Pfeiffe ſchneiden wolte,
war ihnen Vitold zu liſtig, und wies beide mit ziemlichen Verluſt nach Hauſe.
Durch Vorſchub des Koͤnigs von Pohlen kam alſo Vitold zur Regierung.
Der ein und dreyßigſte Ordensmeiſter in
Liefland, deutſchen Ordens.
Wennemar von Bruͤggene,a)
Ein geſchickter, aber fuͤr die Abſichten der damaligen Cleriſey gefaͤhrlicher1392
Herr, der deshalb mit ihm ſo wenig als mit dem preußiſchen Hochmei-
ſter Conrad von Wallenrode zufrieden war. b) Weil es dem Orden
gelungen, dem Stift Oeſel ein Geſchoͤpf ſeines Willens aufzudringen; ſo gieng es
F fnun
[114]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1392nun auch uͤber den rigiſchen Erzbiſchof Johan von Sinten her. Der Hochmei-
ſter ſchien ihn darin zu unterſtuͤtzen, weil er ſo wenig mit den Geiſtlichen, als dieſe mit
ihm, ſich vertragen konte. Zwar lieſſen ſich der Biſchof Eberhard zu Luͤbeck,
der Comtur zu Bremen und andre, mit Beihuͤlfe des luͤbiſchen Magiſtrats, ſehr an-
gelegen ſeyn die Streitigkeiten beizulegen. Sie ſchickten auch den rigiſchen Dom-
propſt mit dem Plan des entworfenen Vergleichs nach Liefland zuruͤck, den aber
die uͤberal ſtreifenden Ordensbruͤder auf der Reiſe auffiengen und in Verhaft nah-
men. Der Erzbiſchof hielt deswegen ſeine eigene Perſon nicht mehr fuͤr geſichert,
ſondern begab ſich heimlich zu Schiffe, gieng nach Luͤbeck und ſahe eine gute
Weile zu, wo die Sache hinaus wolte. Wennemar erklaͤrte nach deſſelben
Abzuge das Erzſtift fuͤr erledigt, ſequeſtrirte deſſelben Guͤter, und ſtelte zugleich
Ordensmeiſter und Erzbiſchof vor. Johan von Sinten wandte ſich an den
Kaiſer Wenceslaus, und fand bey demſelben ein ſo gnaͤdiges Gehoͤr, daß der
Kaiſer alle deutſche Ordensguͤter in Boͤhmen mit der Sequeſtration belegte, und
dem Erzbiſchof ein Empfehlungsſchreiben an den Papſt mit gab, auch ſelbi-
gen bat, mit dem Bannſtrahl gegen den Orden loszubrechen. Allein bey Boni-
facius dem IXten machte die kaiſerliche Fuͤrbitte wenig Eindruck, auſſer, daß er
dem Erzbiſchof das Patriarchat von Antiochia auftrug, welches dieſer mit Freu-
den annahm, und dieſe Art von Landesverweiſung willig antrat. Die Procura-
tores des preußiſchen Hochmeiſters Johan von Felde (a Campo), Arnold
Stapul, und des lieflaͤndiſchen Herrn Meiſters Wolmer Hafvesvorde
ſtelten dem Papſt die Sache des Ordens ſo vortheilhaft vor, daß Bonifacius
der IXte in einem Schreiben vom 10ten Merz, und in einem andern vom 24ten
Sept. im 4ten Jahr ſeiner Regierung ſich gegen Wenemarn erklaͤrete, er habe wohl
gethan, daß er die erzſtiftiſchen Staͤdte, Schloͤſſer und Doͤrfer der rigiſchen
Kirche wider die Ruſſen und andre Nachbarn in Schutz genommen, und ein
Jnventarium daruͤber gemacht, nachdem ſie der alexandriniſche Patriarch ver-
laſſen, und in entfernte Laͤnder gezogen. Der Orden in Liefland habe zwar ein
gros Suͤndenregiſter, und ſein Verbrechen gegen die Geiſtlichen ſey ziemlich gros,
weil ſie es aber gleichwol abbaͤten, und die Einkuͤnfte des Erzſtifts an 11500 Gold-
guͤlden jaͤhrlich der paͤpſtlichen Kammer entrichten wolten, keinem Busfertigen
aber Vergebung der Suͤnden abgeſchlagen werden koͤnne, ſo ſpreche er die Lief-
laͤnder von dem Banne los, und vergebe die peccata captionis, injectionis,
contumaciarum exceſſuum, criminum, delictorum et damnorum praemiſ-
ſorum aufs volkommenſte.
Am 13ten Octob. legte der Ordensmeiſter Wennemar die Grenzſtreitigkei-
ten bey, welche der Biſchof Johan Rekelings zu Revel, und der Abt Johan
von Padis uͤbee Sagentake und Roſeke zu Wenden entſcheiden lieſſen.
Der Landmarſchal Johan von Ole, Arnold von Altena, Comtur zu Revel,
Werner von Oilſe, Vogt zu Jerwen, waren als Mitler dabey zugegen.
Didr. Hoͤvelmann zu Goldingen, Conrad von Vitinghof zu Aſchera-
de, Didr. von Wylberg zu Mitau, Comture, Nicl. Hahn, Pfarrer in
Wenden und Mag. Marquard von Warſten, haben c) ſich als Zeugen un-
terſchrieben.
das
[115]Erzb. Joh. v. Sinten. zur Zeit der Reg. Wennemars v. Bruͤggene.
Das gute Wetter fuͤr die Bruͤder dauerte in Rom nicht gar lange. Bo-1393
nifacius der IXte ſchrieb im fuͤnften Jahr ſeiner Regierung am 13ten Maͤrz an
den Meiſter und ſeinen Orden, ſie moͤchten ſich mit der Bezahlung und Rech-
nung einfinden, weil er nach Abzug des Patriarchen und Hirten zu Antiochiend)
in weit abgelegene Laͤnder, und nach der Flucht einiger Domherren, eine Beſatzung in
die erzbiſchoͤflichen Guͤter geleget, welche jaͤhrlich 11500*) Goldguͤlden eingebracht,
worauf nur 5000 entrichtet waͤren. Wennemar ſolte den Reſt der 6500 Gold-
guͤlden zwiſchen hier und dem letzten October in die apoſtoliſche Kammer liefern,
ſonſt wuͤrde der Bann erfolgen, und man den weltlichen Arm zu Huͤlfe rufen.
Allein vorerwehnte Procuratores des Ordens gewannen mit ihrer Vorſtellung ſo1394
viel, daß ihnen der Papſt den Reſt der ausgefegten Ordenskaſſe ſchenkte, und
am 26ten Maͤrz dem Orden eine algemeine Vergebung der Suͤnden zukommen
lies. Er ſandte auch des Hochmeiſters Bruder, Johan von Wallenradee),
nach Riga, die erzbiſchoͤfliche Stelle zu bekleiden: weil aber ſelbiger ſeiner Nei-
gung gegen den Orden wegen bey den Domherren und Vaſallen des Erzſtifts ver-
daͤchtig war, muſte er eine Zeitlang auf die Huldigung warten.
Jn dieſem Jahr nahm die Stadt Revel nebſt 6 andern Staͤdten eine be-
denkliche Buͤrgſchaft auf ſich, mit welcher es folgende Bewandnis hatte. Die
Stadt Luͤbeck nebſt andern Abgeordneten der Hanſeeſtaͤdte hatte 2 Buͤrgermei-
ſter, Hinrich Weſthoffen und Johan Nieburen an die Koͤnigin Marga-
retha nach Schonen abgefertiget, die um die Erledigung des gefangenen
F f 2ſchwe-
c)
[116]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1395ſchwediſchen Koͤnigs Albrechts und deſſen Prinzen Erichs anhalten muſten.
Die Koͤnigin erklaͤrte ſich endlich zu Lindholm, ſie wolle die beiden koͤnigl. Gefan-
genen an obbemeldte Hanſeeſtaͤdte liefern; verlange aber dagegen, daß Revel nebſt
den andern 6 Haͤnſeeſtaͤdten innerhalb drey Jahren von Michaelis an, die Loͤſe-
gelder erlege, widrigenfals ſollen ſie beide Gefangene wieder ſtellen, oder 6000
Mark erlegen, oder ihr auch Stockholm ſamt allen Feſtungen einraͤumen, wel-
che Plaͤtze die Staͤnde des Reichs den Hanſeeſtaͤdten fuͤr ihre Buͤrgſchaft zum Un-
terpfande uͤbertragen hatten. Der Koͤnig Albrecht ward ſodann nach Roſtock
und ſein Sohn Erich nach Wismar gebracht.
Am 23 April gab Bonifacius der IXte den Ordensmeiſtern in Liefland
Volmacht, ihre Bedienten (familiares) in Faͤllen da ein Bruder dem andern ver-
geben kan, von ihren Suͤnden loszuſprechen, und ihnen eine heilſame Buſſe aufzu-
legen. f)
Der Ordensmeiſter Wennemar, der, wie ſein Vorgaͤnger, mit dem Um-
ſturz des geiſtlichen Regiments in Liefland ſchwanger gieng, verſuchte ſein Heil
nun auch an dem Biſchof Diedrich zu Doͤrpt, welcher dem Orden einen jaͤhr-
lichen Tribut entrichten oder ſeine Stiftsguͤter raͤumen ſolte. Der Biſchof wagte
alles fuͤr die Freiheit ſeines Stifts, und weil er den Orden nicht aͤrger kraͤnken
konte, ſo begab er ſich mit den benachbarten Ruſſen von Plescow mit den Lit-
thauern und Samogiten in ein Buͤndnis, die ſich auch willig zu ſeinem Schu-
tze einfanden. Wennemar gewan zwar das Feld, war aber zu ſchwach ſich den
Sieg recht zu Nutze zu machen. Doch brauchte er ſeine uͤbrige Macht gegen die
rigiſchen Domherren, welche bisher Bedenken getragen hatten, Johan von
Wallenrode fuͤr ihren Erzbiſchof zu erkennen.
Die Ritter und Herren Bartholomaͤus und Johan von Tieſenhauſen
hatten das Ungluͤck, daß ihnen ihre Schloͤſſer, Kokenhauſen und Berſon,
welche ſie ſeit des Biſchof Alberts Zeiten beſeſſen hatten, eingezogen wurden.
Sie ſelbſt entwichen auf ihre Guͤter ins Doͤrptiſche. Der Hochmeiſter, der
Biſchof von Pomeſanien, ein Herzog von Lignitz und andre hohe Haͤupter
ſolten ſich zwar als Mittelsperſonen gebrauchen laſſen; man erklaͤrte ſie aber fuͤr
parteiiſch. Jndeſſen bewilligten doch beide Theile einen Compromis, wozu die
Biſchoͤfe von Beursberg und Doͤrpt, wie auch die Stadt Luͤbeck erbeten
1397wurden. Der Vergleich kam auch am 4ten Jul. zu jedermans Vergnuͤgen zu
Stande. Die Artikel deſſelben enthielten folgendes: Alle Entwichene vom Adel
ſollen wieder ins Stift kommen, dem Erzbiſchof die Huldigung leiſten, und den
Beſitz ihrer Guͤter wieder antreten. Die Herren von Tieſenhauſen laſſen ihr
Recht an Kokenhauſen fahren; dagegen werden ſie mit andern Landguͤtern be-
friediget, erhalten Berſon wieder, und duͤrfen das angefangene Schlos Erla un-
geſtoͤrt ausbauen.*)
Um
[117]Erzb. J. v. Wallenrade. zur Zeit der Reg. Wennem. v. Bruͤggene.
Um die Zeit machten die ſo genanten Vitalienbruͤder g) den |Hanſeeſtaͤdten1397
viel Ungelegenheit und unterbrachen die Sicherheit ihres Handels. Unter andern
fiel ein Schif, ſo zu Revel mit Pelzwerk, Wachs und Kupfer befrachtet worden,
in ihre Haͤnde, welches die Jntereſſenten aber vor 8000 Roſenobel wieder erhan-
delt, indem der Werth der Ladung ſich wol fuͤnfmal ſo hoch belief.
Der Hochmeiſter Conrad von Jungingen beſtaͤtigte am Margarethen-
abend zu Danzig ſeinen lieben Getreuen, den Rittern und Knechten der Lande
Harrien und Wierland alle Rechte, Begnadigungen und Freiheiten, die ihnen
von Alters her gegeben und verlehnet ſind. Am Tage nachher verſiegelte er ihnen
das ſo genante barriſche und wiriſche Recht h), in welcher er der Schwerd-
ſeite ſo wie der Spillſeite bis ins 5te Glied i) die Erbſchaften uͤber bewegliche und
unbe-
*)
G g
[118]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1397unbewegliche Guͤter zuſpricht. Wennemar von Bruͤggenei, Gebietiger zu
Liefland, Wilhelm von Helferſen, Groscomtur, Werner von Oettingen,
oberſter Marſchal, Graf Conrad von Kriezburg oberſter Spittler und Com-
tur von Elbingen, Joh. von Breffarod oberſter Trappier und Comtur zu
Chriſtburg, Borchard von Webeke, Threſeler, Graf Albrecht von
Schwarzenburg, Comtur zu Danzig, Conrad von Vietinghoff, Com-
tur zu Vellyn, Diedrich von Willborg Comtur zu Revel, Franck Spa-
de Vogt zu Wenden, Herr Nicol. Holland, unſer Kapellan, Barthel von
Truchburg, und Eberhard von Wollenfels, unſer Compan, Matthias
und Heinrich, unſre Schreiber, und viel andre ehrſame und treuwuͤrdige Leute
haben ſich als Zeugen unterſchrieben.
Der Ordensmeiſter war bisher den Samogiten fuͤr ihren dem doͤrp-
tiſchen Biſchof geleiſteten Beiſtand eins ſchuldig geblieben. Er fiel alſo bey da-
maligem harten Winter mit 15000 Man in ihr Land, erſchlug alles, was ſich
zur Wehre ſetzte und ſchlepte einen groſſen Haufen als Knechte mit ſich nach
Liefland. Nach vielen Verdienſten um die Macht ſeines Ordens gieng er den
Weg aller Welt.
Der zwey und dreyßigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Conrad von Vietinghofa).
Er war ehmaliger Comtur zu Vellin. Der Anfang ſeines klugen und
tapfern Regiments wurde durch einen Einfal der Litthauer ſehr be-
unruhiget. Dieſe Leute gaben den Lieflaͤndern einen Gegenbeſuch,
eroberten das Staͤdtgen und Schlos Duͤneburg, ſteckten es in Brand, pluͤn-
derten und entfuͤhrten viel 1000 arme Menſchen. Doch der preußiſche Orden
machte es mit Conrads Huͤlfsvoͤlkern in Litthauen nicht beſſer, ſondern wirth-
ſchaftete ſo lange auf gut ſoldatiſch, bis der Koͤnig von Pohlen Jagello den
Frieden zu Radzis eingieng, in welchem er Dobrin von den Ordensherren um
50000 Goldguͤlden einloͤſte, Samogitien an den Orden abtrat, und dieſer hin-
gegen ſich aller Anſpruͤche auf Litthauen begeben muſte. Und obgleich noch andre
nach-
i)
[119]Erzb. J. v. Wallenrade. zur Zeit der Reg. Conrads v. Vietinghof.
nachbarſchaftliche Verordnungen bedungen wurden, ſo war dennoch der Vergleich1404
von ſchlechtem Beſtande.
Der Ordensmeiſter wohnte einem Generalkapitel in Preuſſen bey, welches1405
der Hochmeiſter Conr. von Jungingen zu Marienburg hielt, und worin die
alten Ordnungen beſtaͤtiget, folgende neue aber hierzu gethan wurden. Erſtlich,
nur den Ordensbruͤdern werden die Aemter des Landes verlehnet. Zweytens, kein
Bruder haͤlt mehr als 10 Pferde, ein Comtur nicht uͤber 100, auſſer denen ſo
zum Ackerbau gebraucht werden. Drittens, nur rittermaͤßige Leute fuͤhren Ge-
wehr, Waffen oder Geſchos. Viertens, an den Feiertagen komt aus jedem
Hauſe wenigſtens eine Perſon in die Kirche. Fuͤnftens, kein Verurtheilter wird
abgethan, ehe er gebeichtet und das Sacrament empfangen. Sechſtens, Wahr-
ſager, Zauberer und Teufelskuͤnſtler werden lebendig mit Feuer verbrant. Sie-
bentens, Gewerke und Gilden halten nur einmal des Jahrs ihre Zuſammenkunft.
Achtens, jeder greift ſein entlaufenes Geſinde, wo ers antrift. Neuntens, ein in
die Acht Erklaͤrter iſt vogelfrey. Zehntens, an heiliger Staͤdte begehet niemand
Unfug, bey Verluſt Leibes und Gutes. Eilftens, wer an heiliger Staͤdte einen
ſchlaͤget oder verwundet, verlieret die Fauſt. Zwoͤlftens, die Handwerker brau-
chen die Wrake, um die Faͤlſcherey zu erkennen. Dreyzehntens, wer eine Jung-
frau entfuͤhret, wird des Landes verwieſen; williget ſie darein, ſo verlieret ſie alle
Erbguͤter. Vierzehntens, wer eine Jungfrau nothzuͤchtiget, heirathet ſie oder
verlieret den Kopf. Fuͤnfzehntens, wer ſeinem Pfarrherrn den Zehnden verſaget,
wird fuͤr ehrlos gehalten und in keinem Gerichte zu Rechte verſtattet.
Conrad bekam bald darauf eine andre Verrichtung in Samogitien.1406
Dieſes dem Orden abgetretene Land ſehnte ſich nach ſeinen alten Herrn wieder, da-
her der daſige Comtur Martialis von Helfenbach einigen Bojaren die Koͤpfe
abſchlagen lies. Um aber den uͤbrigen die Rechtmaͤßigkeit ſeines Verfahrens ge-
gen die Aufruͤrer darzulegen, ſo lies er die Vornehmſten unter ihnen zuſammen
fordern, denen denn der Dolmetſcher aus Liſt oder Ungeſchicklichkeit die Sache ſo
vorſtelte, daß ſie ihr Misvergnuͤgen deutlich merken lieſſen; Helfenbach be-
fahl daher ſie alle auf dem Schloſſe Friedeburg in gefaͤngliche Haft zu nehmen.
Allein der Kerkermeiſter lies ſeine Gefangenen frey, die denn aus Rache den Landcom-
tur und alle Deutſchen die Nacht uͤber, da ſie im tiefſten Schlafe waren, ermor-
deten, und noch mehr Plaͤtze verwuͤſteten. Der lieflaͤndiſche Ordensmeiſter
aber machte den Schuldigen einen kurzen Proces, und lies etliche Schloͤſſer von
neuen aufbauen, um dieſe gefaͤhrliche Nachbaren und Ordensunterthanen enger
im Zaum zu halten.
Jn Riga ward die ſteinerne Peterskirche zu bauen angefangen und 10
Mark rigiſch golten damals 9 Roſenobel und 1 Ferding*).
G g 2Unter
[120]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Unter dem revelſchen Biſchof Johan Ocke legten 3 beguͤterte Kaufleute
aus Revel, nemlich Heinrich Schwalberg, Heinrich Huͤxer, und Gerlach
Kruſe am St. Vitustage das Brigittenkloſter Marienthal eine Stunde von
Revel an, welches erſt nach 29 Jahren fertig, und von Moͤnchen und Nonnen
bewohnet wurde. Die Stifter deſſelben wurden die erſten Kloſterbruͤder b).
Nachher gerieth Conrad mit den Ruſſen aus Plescow in Verdrieslich-
keiten
*)
[121]Erzb. J. v. Wallenrade. zur Zeit der Reg. Conrads v. Vietinghof.
keiten. Er erlegte 7000 derſelben, davon viele in der Moddac) erſaufen mu-1408
ſten. Des Hochmeiſters wiederholte Befehle, Preuſſen gegen die Litthauer
ſchuͤtzen zu helfen, hielten ihn ab, etwas weiters zu unternehmen, welchen er auch
gehorſamte.
Die Samogiten nemlich ſaſſen niemals ſtille, und lieſſen ſich, ſo oft ſie1410
auch bezwungen waren, nicht zinsbar machen. Sie jagten jetzo die Marianer
oder preußiſchen Ordensritter aus dem Lande, welcher Streich ihnen um ſo viel
beſſer gluͤckte, weil ſie von Vitold ſowol als dem Jagello unterſtuͤtzet wurden.
Der neue Hochmeiſter Ulrich von Jungingen, ein leiblicher Bruder ſeines
Vorgaͤngers Conrads von Jungingen, war zu hitzig, und wolte gegen alle gut-
gemeinte Warnungen nicht einen Schrit nachgeben. Jagello ſtand mit 40000
Tartern, 21000 Boͤhmen, und 60000 Pohlen fertig. Hierzu brachte Vitold
42000 Man auf die Beine; gegen welches zahlreiche Heer von 163000 Man der
Hochmeiſter Ulrich mit 82000 anruͤckte. Es kam alſo zwiſchen beiden Theilen
zu der fuͤr den Orden hoͤchſt ungluͤcklichen Schlacht bey Tannebergd), in welcher
bey 40000 Deutſche blieben, weil bey einiger Ermuͤdung der Litthauer und
Samogiten, immer friſche Pohlen anruͤckten, und die Deutſchen duͤnne
machten. Nachdem die Lieflaͤnder dazu kamen, und auf der andern Seite die
Ungern einzufallen droheten; ſo zogen die Pohlen vor Marienburg ab, und
trafen einen Frieden, kraft deſſen Samogitien wieder an Litthauen verfiel.1411
Jagello lieferte zwar die eroberten Plaͤtze dem Orden wieder aus, erhielt aber zur
Erſetzung der Kriegskoſten 100000 Schock alte boͤhmiſche Groſchen.
Der Ordensmeiſter zog hierauf die Heerſtraſſe zuruͤck, und verſchrieb zu der
Liwa, das iſt zu Liebau 3 Kindern eines gewiſſen Lorentz Grote ein Stuͤck
Landes nach Lehnguͤterrechte nebſt einem Heuſchlage bey dem Baͤrenbuſche.
Nach 3 Jahren gieng Conrad mit Tode ab.
Der
[122]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der drey und dreißigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Diederich Torcka).
Er hatte das Gluͤck, daß unter ihm Liefland von innen und auſſen im geiſt-
und weltlichen Stande Friede hatte, indem alle Staͤnde hoften, ihre Be-
ſchwerden wuͤrden auf der algemeinen und groſſen Kirchenverſamlung
zu Coſtnitz entſchieden werden. Auf dieſes Concilium begab ſich der
Erzbiſchof Johan von Wallnrade mit einem ziemlichen Staat von 180 Pfer-
den, welches dem Stifte groſſe Koſten verurſachte.
Wallenrod ſtelte auf dem Concilio recht eine Hauptperſon vor. Er war
unter andern Abgeordneten der erſte, welcher den Joh. Huß im Gefaͤngnis zur
Abſchwoͤrung der von ihm bekanten Warheiten bewegen ſolte, erhielt aber weiter
nichts als einen Zettel welchen ihm Huß am 1ſten Jul. zuſchickte, und worin er bat,
man moͤchte ihn von der Unrichtigkeit ſeiner Lehrſaͤtze aus dem Worte GOttes
uͤberweiſen. Die Vaͤter dieſer Kirchenverſamlung ſchickten ihn am 23ſten Aug. an
den Koͤnig Sigismund, bey dem er in groſſen Gnaden ſtand, und der ſich da-
mals in Frankreich aufhielt, um ihn zu bewegen, daß er ſich bey der Vermitte-
lung zwiſchen dem Koͤnig von Frankreich und dem Koͤnig von England nicht
laͤnger aufhalten, ſondern je eher je lieber zum Koͤnig Ferdinand von Arrago-
nien aufbrechen moͤchte, damit die Vereinigung der Kirche befoͤrdert wuͤrde.
Mitlerweile fanden ſich auch von Seiten des Herrmeiſters Gevolmaͤchtigte
ein, und beſchwerten ſich auf dem Concilio uͤber des Erzbiſchofs und ſeiner Cleri-
ſey Kuͤhnheit, daß ſie den aͤuſſern Habit mit dem Ordenskreuz abegelegt, da es
doch dem Orden groſſe Summen gekoſtet, ehe er bey Bonifacius dem IXten
ſo viel auswuͤrken koͤnnen, daß alle Geiſtliche in Liefland zum Zeichen ihrer Un-
terwerfung unter den Orden auch die Ordenskleider tragen muͤſſen. Dieſe ernſt-
liche Vorſtellung fand bey den Praͤlaten und andern hohen Haͤuptern auch nicht
den geringſten Eingang. Die hardtiſchen Acten des coſtnitzer Concilii ent-
hal-
[123]Erzb. J. v. Wallenrade. zur Zeit der Reg. Sif. Landers v. Spanheim.
halten die Antwort der lieflaͤndiſchen Geiſtlichkeit, in deren Namen Wallen-1414
rod nachdruͤcklich und mit algemeinem Beifal erwies, daß der Orden die Kirche zu
Riga wiederrechtlich zur Magd mache, da ſie vorher Frau geweſen. Er verklag-
te die Bruͤder des Ordens, daß ſie nicht mehr wie vormals wider Heiden und
Unglaͤubige, ſondern gegen die Chriſten foͤchten, die ihre Nachbaren, keinesweges
aber ihre Unterthanen waͤren. Sie lieſſen, hies es, keinen Menſchen zufrieden,
und was das ſchlimſte waͤre, ſo packten ſie mit Gewalt an, was ihnen anſtuͤnde,
ohne geringſte Achtung fuͤr die Freiheit und Vorrechte der Kirche zu bezeugen.
Kein Menſch koͤnne es glauben, als wer es perſoͤnlich angeſehen. Sie wuͤſten
glimpflich mit den Bauren umzugehen, und wuͤſten wol hundert Wege, ſich un-
aufhoͤrlich zu bereichern. Das einzige ruͤhmte doch Wallenrod an dieſen ſo uͤbel-
beſchriebenen Ordensherren, daß ſie ihr Land und Volk vor den feindlichen Ueber-
faͤllen wacker und gut vertheidigten.
Hieruͤber ſtarb der Ordensmeiſter Torck nach einer kurzen aber loͤblichen
Regierung. Jhm folgte
Der vier und dreißigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Sifert Lander von Spanheima)
Jm erſten Jahr ſeiner Regierung hielt er einen Manntag auf Ronne-1416
burg, wo er in Abweſenheit des Erzbiſchofs ſich des erzbiſchoͤfli-
chen Vicariatſiegels bediente*).
Er und ſeine Ordensherren lieſſen ſich Montags vor Maria Magdale-1417
na durch den Erzbiſchof uͤber die von dem Orden 12 Jahr gefuͤhrte Vormund-
ſchaft des Erzſtits quitiren. Der Erzbiſchof, welcher ſchon abgereiſet war, be-
volmaͤchtigte dazu den Dechanten Peter Valkenberg, die Kirchenprocuratoren
Jsbrand Koskuͤl, Vogt zu Treiden, Juͤrgen Gudslef, Vogt zu Koken-
hauſen, Hinr. Aderkaſſe, Hr. Hinr. von Vitinghove, Rittern, Hinrich
Saſſe, Hans Wideburg, Maͤnner der Kirche, den Vicarius Joh. Noͤllen-
H h 2borg,
[124]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1417borg, Joh. Pfarrern zu Lemſel, und Joh. Brakel, Kirchherrn zu Seſſ-
wegen.
Der Erzbiſchof Wallenrod uͤbertrug zu Coſtnitz in ſeinem und das Kapi-
tels Namen den Soͤhnen der hochgedachten Herren und Ritter von Tieſenhau-
ſen, namentlich Herren Engelbrecht und Peter, das Recht der geſamten Hand
oder Stamlehnsgerechtigkeit (beneficium coniunctae manus et fimultaneae inve-
ſtiturae), wogegen ſie ſich ihrer Anforderung auf Kokenhauſen nochmals
begaben.
Wallenrod kam nicht wieder nach Liefland. Denn nachdem der Papſt
Joh. der XXIIIſte auf dem Concilio abgeſetzet und gefangen genommen war; ſo
beſchlos die Verſamlung, daß kuͤnftig kein Papſt mehr gewehlet werden ſolle. Die
Cardinaͤle aber, die mit Gewalt einen Papſt verlangten, wiederſprachen dieſem
Schlus und zogen die Franzoſen, Spanier und Longobarden auf ihre Seite.
Sie gewannen auch die Englaͤnder, nachdem der ſtandhafte Erzbiſchof Robert
von Salisbury geſtorben war. Nun fehlte ihnen noch die Stimme der deut-
ſchen Nation, welche vornemlich auf den rigiſchen Erzbiſchof und den Biſchof zu
Chur in Graubuͤndten ankamen. Allein die Cardinaͤle griffen dieſe beiden
Maͤnner auf der ſchwaͤchſten Seite an. Sie fuͤhrten Wallenroden die ewigen
Verdrieslichkeiten der rigiſchen Erzbiſchoͤfe mit dem Orden zu Gemuͤthe, und
verſprachen ihm das fette und ruhige Biſtum Luͤttich, der kleine Biſchof zu
Chur aber Johannes Habundi, dem ſeine Buͤrger auch das Leben ſauer mach-
ten, ſolte ein groſſer Erzbiſchof zu Riga werden. Dadurch erhielten die Cardi-
naͤle ihren Willen, und Wallenrode befoͤrderte die Wahl Martins des Vten
zum Papſt b). Unſre Documente melden dieſe Begebenheiten ein Jahr fruͤher,
als das hardtiſcheConcilium Conſtantienſe.
Am 26ſten Jenner gab Martin der Vte dieſem Wallenrod ſamt den Bi-
ſchoͤfen von Paſſau und Brandenburg die Volmacht aus den Kirchenguͤtern in
Deutſchland den zugeſtandenen Zehnden fuͤr den Kaiſer einzutreiben, derglei-
chen Befehl auch unterm 2ten May deſſen Nachfolger und nunmehrigem Erzbi-
ſchof zu Riga Joh. Habundi uͤbertragen wurde. Doch auf die Vorſtellungen
der Deutſchen gerieth dieſer Befehl ins Stecken und kam zu keiner Volziehung.
Wallenrod gieng das Jahr darauf zu Luͤttich mit Tode ab.
Der neue Papſt las den Pohlen nach der greulichen Niedermetzelung der
Ordensbruͤder in der tannebergiſchen Schlacht einen harten Text, und rieth
ihnen, kuͤnftig lieber ihre Sebel an den Tuͤrkenkoͤpfen zu wetzen.
Die Staͤdte Riga, Doͤrpt und Revel ſandten ihre Abgeordneten nach
Luͤbeck, woſelbſt ſie nebſt vielen andern Botſchaftern der Hanſeeſtaͤdte auf den
Koͤnig von Daͤnnemark warteten, bey deſſen Auſſenbleiben aber der Handlung
wegen unter andern Stuͤcken auch dieſe ausmachten:
Zum erſten, niemand ſol in 2 Staͤdten zugleich Buͤrger ſeyn, auch nicht
Aelterman werden koͤnnen, wenn er nicht aus einer Hanſeeſtadt iſt. Zum zweiten,
niemand ſol ungefaͤrbtes Tuch aufkaufen, und es anderwerts zu faͤrben hinfuͤhren,
bey
[125]Erzb. Joh. Habundi. zur Zeit der Reg. Sif. Landers v. Spanheim.
bey Verluſt des Tuchs. Zum dritten, kein Buͤrger oder Fremder ſol das beſſere1418
und uͤberwichtige Geld von dem leichtern und ſchlechtern um Gewinſtes willen ab-
ſondern, bey Verluſt des hanſeeiſchen Privilegii. Zum vierten, kein Kaufman
oder Schiffer ſol Getreide (bladum)*) kaufen, ehe es gewachſen, noch Stroͤm-
linge (alleca Strumlin)**) vor dem Fang oder Tuch vor dem Weben bey Strafe
10 Mark. Zum fuͤnften, kein Schiffer darf ſein Schif uͤberladen bey Strafe der
Erſetzung des Schadens; und wenn auch kein Schade daraus entſtuͤnde, ſol er
dafuͤr doch keine Fracht erhalten. Zum ſechſten, kein Schiffer ſol nach Martini
in die See gehen oder vor Petri Stuhlfeier aus dem Winterhafen ſegeln, auſſer
die Bier- und Heringsſchiffe, die noch nach St. Nicolai befrachtet und ſchon
auf Mariaͤ Reinigung aus den Hafen gelaſſen werden koͤnnen c).
Dieſem Sifert hat die Stadt Pernaw etliche ihrer ſchoͤnſten Privilegien
zu danken. Er ſandte auch ſeine Boten, nemlich den Comtur von Vellin, Gos-
win, und den Vogt von der Narve, Herman, ſamt ihrer Geſelſchaft, an den
Groskoͤnig Waßili Demetrowitz, an den Koͤnig Conſtantin Demetro-
witz, an den Erzbiſchof und die ganze Gemeine zu Nogarden. Die Ruſſen
ſandten den Kneſen Feodor Petrowitz nebſt andern erfahrnen Handelsleuten
nach dem narviſchen Bache, die Grenzen einzurichten und die Handlung mit
Liefland in Richtigkeit zu bringen. Der Landmarſchal Walrabe, der revel-
ſche Comtur Didrich und Joh. Vogt zu Wenden, haben dieſen Vergleich
unter Kuͤſſung des Kreutzes beſchworen, an welchen 6 Siegel gehaͤngt worden.
Nachdem der Erzbiſchof Johannes der VIte, der Stadt Riga unter an-1421
dern die alte Freiheit zu muͤnzen und ihre Freiheiten, Rechte und Gnadenbriefe al-
le mit einander und jeden insbeſondere 5 Tage vor Urbani zu Lemſel beſtaͤtiget
hatte, ſo uͤbergab der Rath dem Propſt, Dechanten und Kapitel eine Monſtranz
von reinem Golde, reich mit Perlen beſetzt, die Wendele von Pithofere zum
Nutzen dieſer Kirche machen laſſen. Freitags nach Bonifacius.
Der Ordensmeiſter legte in Revel etliche Jrrungen zwiſchen der Stadt1422
und dem Jungfernkloſter in der Guͤte bey.
Der Erzbiſchof Johan ſtarb in dieſem Jahr zu Ronneburg und ward zu1243
Riga im Dom begraben. Nach ihm kam der ehmals geweſene rigiſche Dom-
propſt Henning Scharfenberg, welcher ſeine Jnveſtitur vom Papſt Mar-
tin dem Vten am 11ten October im 7ten Jahr ſeiner Regierung erhielt, und ganz
unrichtig in einer alten geſchriebenen Chronik von Preuſſen Heinrich von Ber-
bohm genennet wird. Weil ihn das Kapitel einmaͤchtig gewehlet, ſo gieng der
Papſt ſchwer an das Jawort.
Mitwochs nach Jubilate ſchickte der Kaiſer Sigismund dem Erzbiſchof1424
zu Riga und andern Praͤlaten in Preuſſen und Liefland aus Blindenburg
die geſchaͤrfte Erinnerung zu, daß ſie die Hochmeiſter in Preuſſen und Liefland
an ihren Rechten und Handfeſten nicht kraͤnken ſolten, ſo lieb ihnen die Vermei-
dung
[126]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1424dung des Kaiſers und des Reichs ſchwerer Ungnade ſey. Widrigenfals wil er ſchon
ſolche Maasregeln nehmen, daß die Cleriſey den Orden wol ungekraͤnkt laſſen ſol.
Auf dieſe deutſche Ermahnung erfolgte noch ein lateiniſcher Freiheitsbrief an
die Unterthanen des Ordens, daß dieſelben nicht vor das kaiſerl. Gerichte ſollen
citiret werden koͤnnen, welchen Brief der Biſchof Caſpar zu Pommern in eben
dem Jahr tranſſumiret. Die folgenden Zeiten belehren uns, daß der Orden ſich
dieſer Beguͤnſtigungen vortheilhaft genug zu bedienen gewuſt.
Jhm folgte nach einer 7 jaͤhrigen Regierung d)
Der fuͤnf und dreißigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Cyſſe von Rutenbergea).
Am Tage Criſpini und Criſpiniani errichteten die geiſtlichen und
weltlichen Staͤnde zu Walk einen Reces, laut welchem der Land-
und Zinsman alle ſeine jaͤhrlichen Zinſen als Kuͤhe- und Ochſen-
haͤute, Kornſchuld und andre Gerechtſamen mit neuen Paga-
ment bezahlt. Wegen der Drillen (das ſind Leute, die von einer Herrſchaft zu
der
[127]Erzb. Henn. Scharfenberg. zur Zeit der Reg. Cyſſens v. Rutenberge.
der andern ziehen) wird beſchloſſen, daß ſie der Herr behalten mag, wenn er ihre1424
Drillſchaft mit einer Mark loͤſet. Die Drillen aus der unglaͤubigen Lande wer-
den auf Begehren ihres Herren wieder ausgeantwortet. Ein Todſchlag wird mit
10 Mark rigiſch gebeſſert. Alle Schulden und Geldbuſſe vor dieſem Reces wird
nach alten Muͤnzfus, die neuen aber nach dem neuen Pagament bezahlet, derge-
ſtalt, daß ein Mark neues Geld bezahle 4 Mark altes Geld am luͤbiſchen*).
Alle Jahr mus durch einen Muͤnzherrn die Muͤnze probiret werden. Hierbey
waren zugegen auſſer den Biſchoͤfen von Liefland und Meiſter Cyſen, Gos-
win von Pahle zu Vellin, Goswin von Velmeck, zu Revel, Comture.
Helwich von Gilſen zu Jerwen, Joh. von Tircht zu Wenden, Wer-
ner von Neſſelrade zu Carkus, Joh. Voßinger zu Weſenberg, Voͤgte.
Tanne Wulf von Spanheim, Comtur zu Marienburg. Henning
Scharfenberg, Electus und Dompropſt, Martin Kegeter, Domherr und
Oeconomus, Joh. Treppe, Domherr zu Riga, Hinr. von Vitinghofe,
Ritter und Helfer derſelben Vereinigung, Joh. Wildenborg, Vogt, Gott-
ſchalck von der Pahl, Hovetman zu Treyden, Juͤrgen Gutsleff, Vogt
zu Kokenhuſen, Kerſten von Roſen, Bertram von Jxkuͤl, Hinrich
Aderkaß und Odert Orges von Seiten des Stifts zu Riga.
Die Stadt Riga muſte bisher zu einer Vicarie dem Orden jaͤhrlich 12 gute1426
neue Mark rigiſch entrichten, weil ſie an den vorhergehenden Ordensmeiſter
Syfrid in der Domkirche einen Uebermuth begangen. Hans Schaffrode,
der Groſſen Gildenſtube, und Werner Herzveld, der kleinen (luͤttiken) Gil-
denſtube Eltermaͤnner, ſtelten die Armuth der Stadt Cyſſen vor, welcher ih-
nen auch 6 Mark erlies. Die uͤbrigen 6 Mark ſollen jaͤhrlich an den Comtur zu
Duͤnemuͤnde, und zwar 3 auf Weinachten und 3 auf Johannis, entrichtet
werden. Der Landmarſchal Diedrich Kraa, der Vogt zu Wenden Joh.
von Trecht; die Comture Lambrecht von Merkenich zu Aſcherade, Fran-
cke von Vorſſen zur Mitau, und Wolter von Plettenberg zu Dobblen,
waren als Zeugen dabey. Riga am Thomastage.
Cyſſe machte ſich um die Stadt Narva durch Ertheilung eines beſondern
Siegels und Wapens wie auch eines herlichen Privilegii verdient. Desgleichen
machten am Sontage vor Fabian Sebaſtian die geiſtlichen und weltlichen Her-
ren von Liefland eine eigene Muͤnzordnung zu Walck. Den Schilling**) ſol
J i 2man
a)
[128]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1426man einen Artig, und den Sechsling einen Scherf nennen. Drey luͤbiſche
Pfennige ſollen auf einen neuen Artig gehen, und keine andre Muͤnze im Schwan-
ge gehen als Artige, Luͤbiſche und Scherfe. Damit man Scheidemuͤnze be-
komme, werden neue Scherfe geſchlagen. Wer nach Laͤtare ſich der alten
Muͤnze bedient, buͤſſet 100 Mark Goldes, davon ein Viertel an die paͤpſtliche
Kammer, ein anderes an die Reichskammer, das dritte an des Uebertreters Ober-
herrn, das vierte an den Erzbiſchof, die Biſchoͤfe und den Orden verfaͤlt.
Der Papſt Jnnocentius der IIIte, hatte ſchon vor mehr als zweihundert
Jahren der Geiſtlichkeit in Liefland die Erlaubnis ertheilet, ſich in ihrer Klei-
dung von dem Orden zu unterſcheiden, damit das Gegentheil keine Unterwerfung
anzeige, und der Orden ein Recht daraus mache. Doch wurden die Geiſtlichen
und ſonderlich die Moͤnche auch ermahnet, um der Schwachheit der Neubekehr-
ten willen allen Unterſchied in ihren Moͤnchstrachten aufzuheben, und einerley
Kleider zu tragen, weil es ſonſt die Schwachglaͤubigen fuͤr eine Mishelligkeit in
Glaubensſaͤtzen anſehen duͤrften. Der Orden hielt es mit der Zeit ſeiner Hoheit
fuͤr verkleinerlich, wenn die Praͤlaten und Prieſter ſich durch eine beſondere Tracht
und Farbe unterſchieden, gewan aber endlich am paͤpſtlichen Hofe den langweili-
gen Rechtshandel, indem Martin der Vte die ſo berufene Bulla habitus*) heraus
gab, mit gemeſſenem Befehl, daß kuͤnftig von der Geiſtlichkeit durch ganz Lief-
land die Uniform des Ordens ohne Ausnahme getragen werden ſolle.
Die Ruſſen von Plescow fielen in dieſem Jahr ins Doͤrptiſche ein,
wobey der Ordensmeiſter ſo gelaſſen war, daß er nur auf die erwuͤnſchte Stunde
hofte, wenn der Biſchof ihn um Huͤlfe erſuchen und dabey ſich zur Unterwer-
fung anbieten wuͤrde. Doch der Biſchof erſparte das Compliment, und wandte
ſich an die Litthauer, deren Grosfuͤrſt Vitold nicht nur dem Biſchof Die-
drich Luft machte, ſondern auch Plescow ſelbſt pluͤnderte. Dieſes Buͤndnis
mit den Litthauern gab den Orden wieder zu allerhand Ubermuth gegen die
Geiſtlichkeit Anlas. Der Erzbiſchof Henning konte ſich nicht laͤnger halten,
und berief eine algemeine Verſamlung, auf welcher dem Domdechanten zu Re-
vel und den Domherren zu Doͤrpt aufgetragen ward, dem Papſt das Elend der
lieflaͤndiſchen Cleriſey muͤndlich vorzuſtellen, zu welcher Reiſe ihnen verſtattet
wurde, einige Collegen zu Gefehrten auf dem weiten Wege mit zu nehmen.
Einige Rathsherrnſoͤhne von Revel und Doͤrpt unternahmen eine gemein-
ſchaftliche Reiſe, um ſowol Rom zu beſehen als in Jtalien zu ſtudiren. Dieſer
Geſelſchaft von etwa 16 Perſonen laurte an dem Pas des Waſſers Liba ein Hau-
fen Reuter auf, welche Goswin von Aſchenberg, Vogt zu Grubin, anfuͤhrte,
der ihnen ihre Briefſchaften abnahm, das Reiſegeld einſteckte, und die dabey be-
findlichen Domherren mit gebundenen Haͤnden unter das Eis werfen lies. Dieſe
That berichtete er an die Biſchoͤfe des Landes, unter ſeinem Namen, weil er mit
ſolchen Verraͤthern des Landes nicht anders umgehen koͤnnen. Ob Cyſſe davon
Kundſchaft gehabt, laͤſt ſich nicht ſagen. Wenigſtens kraͤhete kein Hahn dar-
nach, und der Ordensmeiſter lies nach eingelaufenem Bericht weder die Sache
recht zur Unterſuchung, noch den Thaͤter vor Gericht ziehen; ja da die Sache rege
gemacht
**)
[129]Erzb. Henn. Scharfenberg. zur Zeit der Reg. Cyſſens v. Rutenberge.
rege gemacht wurde, erhielt der beleidigte Theil nicht einmal die gewoͤhnliche Ge-1426
nugthuung.
Auf Mariaͤ Himmelfart nahm der Erzbiſchof Henning mit dem Orden1428
zu Walke wegen des Ordenshabits Verabredung.
Der Landmarſchal Werner von Eſchelraden, der revelſche Comtur
Goswin von Veldmede, Hr. Otto Brakel, Ritter zu Ronneburg von
Seiten des Ordens; und Juͤrgen Gutslef, Vogt zu Treiden, Bertram Uxkul
zu Roſenbeck und Gottſchalck von der Pahle von Seiten des Erzbiſchofs und
Kapitels vertrugen ſich am Tage der Himmelfart Mariaͤ zu Walke folgender ge-
ſtalt: Der ehrwuͤrdige Herr von der Rige ſol den Meiſter und ſeine Ordensleute
der Aenderung ihrer Tracht wegen um Vergebung bitten; und, wenn es der Meiſter
begehret, auf ihr Gewiſſen bezeugen, daß ſie nicht dem Orden zum Hohn noch zur
Schmach die Kleider verwechſelt. Die Domherren von Riga begehen alle Jahr Mon-
tags nach Laͤtare eine ehrliche Begaͤngnis mit Vigilien und Meſſen, zu ewigen Zei-
ten, fuͤr alle verſtorbene Meiſter und Bruͤder des Ordens, auch fuͤr die, ſo noch ſter-
ben moͤchten, zu einer Erleichterung fuͤr die Mishelligkeiten, die dem Orden durch
Ablegung ihrer Kleider geſchehen iſt. Wegen der todgeſchlagenen Boten der Praͤ-
laten ſollen weder der Erzbiſchof, noch die andern Biſchoͤfe den ehrwuͤrdigen Meiſter
und ſeinen Orden in- und auſſerhalb Landes belangen, weil ſowol der Hochmei-
ſter in Preuſſen als der Meiſter in Liefland ſich entſchuldiget haben. Wer
Leute und Geld verlohren, ſol ſich an Goswin von Aſcheberg und ſeine ſchul-
digen Mitgehuͤlfen halten, wo ſie auch gefunden werden. Findet ſie jemand,
ſo wil man ſie nicht hegen, ſondern uͤber ſie Gericht halten. Die Praͤlaten haben
beim Papſt und roͤmiſchen Koͤnig auszumachen, warum der Zuſchus auf die
Ketzer in Boͤhmen nach Entbietung des Legaten verſaͤumet worden. Der Pro-
ces am roͤmiſchen Hofe wegen der Kleidertracht mag inzwiſchen fortgeſetzet wer-
den, und kan jeder Theil ſich ſeiner Bullen und Privilegien dabey bedienen.
Auſſer oberwehnten haben ihr Siegel noch beigedruckt Hinrich von Vitinghof,
Ritter, Odert Orges, Vogt zu Kokenhauſen, Wollmer Wrangel
und Hans Lode, Helmolds Sohn; Hr. Joh. von Lechtes, und Koſt
von Borſtel Buͤrgermeiſter zu Revel, Herman Soye, Claus Soye, Ot-
to Soye, William Lode*), Hans Tuwe, Hinrich Metzetake und
K kHans
[130]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1428Hans Soye von einer Seite, und Herr Engelbrecht von Tiſenhuſen, Pe-
ter von Tiſinghuſen, Kerſten von Roſen, Didrich Uxkul, Fridrich
Schwarthoff, Claus Mekes, Eilerd Kruſe, und Rolof Perſewall
als Gevolmaͤchtigte des andern Theils.
Der Ordensmeiſter befahl ſeinem Landmarſchal, nach Litthauen aufzu-
brechen, um den Svidrigell gegen ſeinen Bruder den Koͤnig in Pohlen Ula-
dislaus oder Jagello beim Grosfuͤrſtenthum zu erhalten, welcher auch mit ſei-
nen Lieflaͤndern nebſt dem preußiſchen Landmeiſter und Grosmarſchal aus
Koͤnigsberg in der litthauiſchen Coya ſo Haus hielten, daß 24 Staͤdte im
Rauch aufgiengen und gepluͤndert wurden. Die Pohlen wolten auch etwas von
der litthauiſchen Beute erſchnappen, und uͤberfielen die Lieflaͤnder bey ihrem
Zaudern ſo heimlich, daß ſie den Landmarſchal beim Fluͤgel bekamen und uͤber 800
ſeiner Leute niederſaͤbelten. Der Landmarſchal ward gegen etliche vornehme Lit-
thauer los gegeben, Svidrigell aber ſeiner uͤblen Regierung wegen von ſeinen
Unterthanen aus dem Lande gejaget b).
Der Biſchof auf Oeſel, Chriſtian Gorband, ein beim Papſt Mar-
tin dem Vten wohl gelittener Man lernte auf der Viſitation ſeines Kirchenſpren-
gels die ſchaͤdlichen Abſichten des Ordens wider ſein Biſtum genauer kennen,
und uͤbertrug auf ſeiner Hinreiſe nach Rom dem Koͤnig in Daͤnnemark die Vor-
ſorge fuͤr ſein Stift und die Beſchuͤtzung ſeiner Praͤlaten. Doch Cyſſe nahm den
Vorſprung, und beſetzte die Schloͤſſer des Stifs mit ſeiner Manſchaft, welches
ein neuer Zunder zu kuͤnftigen Gewaltthaͤtigkeiten zu werden ſchien. Allein die
Kapitelsherren richteten daruͤber einen Vertrag auf, und uͤbergaben dem Orden
das Schlos Arensburg in treue Hand bis auf die Ankunft eines neuen Herrn zu
Oeſel, worauf 12 Man zur Beſatzung hineingeleget wurden.
Der Biſchof Chriſtoph zu Lebus, Balzer von Schlieben, Meiſter
des St. Johannisordens in der Mark und Pommern, Peter von Borch-
ſtorf, Dechant, und das Kapitel zu Fuͤrſtenwalde, Merten Winſe und
Entze Brandenburg, Buͤrgermeiſter zu Frankfurt an der Oder, errichteten
einen Vergleich zwiſchen Herrn Niclas Wilpergen, Biſchof zu Fernen, St.
Johannisordens, und den Stadtſchreiber von Rige, welcher erſtere etliche rigi-
ſche Kaufleute mit Huͤlfe der ehrbaren Raͤthe zu Francford, Berlin und
Coͤlln einer Schuld wegen von 1000 Gulden zu Fuͤrſtenwalde anhalten laſſen.
Gegeben zu Fuͤrſtenwalde am Abend des heil. St. Johannistages.
Die Stadt Revel betraf am 11ten May das unvermuthete Ungluͤck, daß ih-
re Haͤuſer ſamt den Vorſtaͤdten durch eine wuͤtende Feuersbrunſt in die Aſche gele-
get wurden. Die Moͤnche haben uns die Jahrzahl in dieſem Verſe aufheben
wollen:
tVnC IaCet eXVſta MaIo reVaLIa pVLChra.
Der damalige Biſchof Heinrich von Uxkuͤl bauete das Jahr nachher den ſo
genanten Biſchofshof aufm Dom, und weihete im dritten Jahr das Brigitten-
kloſter Marienthal ein, in welchem Moͤnche und Nonnen durch eine Mauer
unterſchiedene Zellen hatten.
Der
[131]Erzb. Henn. Scharfenberg. zur Zeit der Reg. Frankens v. Kerßdorf.
Der Ordensmeiſter Cyſſe war indeſſen wider die Litthauer auf Rache be-1434
dacht, und bot die ganze lieflaͤndiſche Ritterſchaft bey 600 Perſonen auf, dar-
unter ein Comtur 100, ein Ritter aber 10 von ſeinen Leuten mitnahm, wozu
der weltliche Adel ſowol als die Staͤnde und Biſtuͤmer ihre Manſchaft mit
hergaben. Er brach auch mit ihnen nach Litthauen auf, die Feinde wichen
aber, und lieſſen der Lieflaͤnder erſte Hitze beim Rauben und Pluͤndern verrau-
chen. Er wuͤrde ohne Zweifel in 12 Wochen fertig geworden ſeyn, wenn nicht
ein maͤchtigerer Feind, nemlich die rothe Ruhr ins Lager gekommen, an welcher
er nebſt vielen neuangekommenen Herren aus Geldern und Weſtphalen ſter-
ben muſte. Der Hochmeiſter Paul Pelnitzer von Rusdorf, den die Poh-
len ſeines frommen Gemuͤths wegen nur Sanctum Spiritum nenten, drung den
Lieflaͤndern nach Cyſſens Tode ſeinen Verwandten auf. Dieſer war
Der ſechs und dreißigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Francke von Kerßdorfa).
Er begab ſich gleich zu dem Heer, welches in Litthauen noch ſtreifte,
lies ſich aber ſo tief in die Wildnis heinein locken, daß weder Zufuhr
noch Ruͤckweg offen blieb. Die Waͤlder waren verhauen, die Paͤſſe
ſtark beſetzet, keine Lebensmittel im Lager, und die feindliche Macht
vor Augen. Das Gefecht war unvermeidlich und die Niederlage fuͤr die Lief-
laͤnder ſo ungluͤcklich, daß der Landmarſchal Heinrich von Buckenvorde froh
war, den wenigen Reſt der Manſchaft mit unſaͤglichem Ungemach durch lauter
Wuͤſteneien zuruͤck zu fuͤhren. Hierdurch gerieth der lieflaͤndiſche Orden in ein
ſolches Bad als der preußiſche in der Schlacht bey Tanneberg; die vornehm-
ſten Haͤuſer in Deutſchland aber in Beſtuͤrzung und Trauer b).
K k 2Am
[132]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Am Tage der heil. Jungfrau Barbara errichtete dieſer Ordensmeiſter zu
Walck mit Vorwiſſen, Vollbort und Willen ſeiner ehrſamen Gebietiger als
Gottfrieds von den Roddenberge, Landmarſchals, Thomas von Hun-
gersdorp, anders geheiſſen Greversmuͤhle zu Vellin, Heinrich von der
Vorſte zu Revel, Simons Langeſchinckel zu Goldingen Comture, Mat-
this von Bouningen zu Jerwen, Heidenreichs Vincke zu Wenden Vog-
te, einen guͤtlichen Vergleich mit dem rigiſchen Dompropſt Arnold von
dem Brincke wegen der Laͤnder an der Duͤne gegen Kirchholm und Dah-
len zu. Der Propſt entſaget allen Anſpruͤchen uͤber die Guͤter von der Berſe-
bach an bis an die uxkuͤlſche Scheidung, dagegen erhaͤlt er vom Meiſter den
Hof Alpe, Duͤvelshof genant, auſſer der Kalkpforte vor der Stadt Riga
und Sarendorf bey der Duͤne uͤber dem Ziegelhauſe des Ordens gelegen; in-
gleichen 1000 Mark rigiſch nach Werth des alten Pagaments, wofuͤr der Propſt
in dem Lande des Ordens ſich ein ander Gut ankaufen kan. Der Propſt laͤſt
auch ſein Recht fahren an dem ſo genanten oͤſelſchen Wehr auf der Duͤne, wo-
gegen ſich der Orden ſeines Antheils an dem oͤſtingholmiſchen Wehre begiebt.
Dem Propſt werden die Guͤter Memorgha und Kekowe eingegraͤnzet, von
der berſebeckiſchen Muͤnde, die in die Duͤne faͤlt, bis an die Berſemuͤhle,
welches Muͤhlhaus der Orden behaͤlt, von dem Muͤhlenteiche weiter zur Berſe-
ſee um das Dorf Polkarden bis an die Muͤſſe, von der Muͤſſe bis an die Stadt-
guͤter zu Riga. Das Erzbiſchofs Hennings Siegel befindet ſich am Original
mit dabey, der die Privilegien der Stadt Riga ſelbigen Tages beſtaͤtigte.
Jn dieſem Jahr gieng die engliſche und flaͤmiſche Kaufarteiflotte aus
Duͤnemuͤnde unter Segel, zu welcher auch einige wohl beladene Schiffe mit
Stuͤckguͤtern aus Liefland ſtieſſen die nach den Abendlaͤndern handeln wolten,
muſten aber widrigen Windes halben auf der Rhede liegen. Die Lieflaͤnder
wurden von den Engliſchen an Bord zu kommen genoͤthiget, bey ihrem Beſuch
aber von den Englaͤndern aus Neid uͤber dieſen Handel im Schifsraum verſper-
ret, und nachgehends uͤber Bord geworfen. Die Schiffe und Waaren nahm
man mit nach England. Ob nun gleich die Englaͤnder eine Summe Geldes
zu Cadix dafuͤr zu zahlen verſprachen, ſo wil ſich doch die Nachricht von der Er-
ſtattung nirgends ſinden c).
So kreuzten auch die Englaͤnder auf die Preuſſen, um ihnen den Han-
del nach Frankreich zu wehren d).
Der
[133]Erzb. Henn. Scharfenberg. zur Zeit der Reg. Heinr. v. Buckenvorde.
Der ſieben und dreißigſte Ordensmeiſter in1435
Liefland, deutſchen Ordens.
Heinrich von Buckenvorde ſonſt Schungella).
Er wurde als geweſener Landmarſchal von der Ritterſchaft ſelbſt erweh-
let, weil ſie ſich aus Preuſſen keinen mehr wolte aufbuͤrden laſſen;
welche Wahl aber der Hochmeiſter Paul fuͤr unguͤltig erklaͤrte, bis
er auf ſtandhafte Vorſtellung der Lieflaͤnder ſich zur Beſtaͤtigung
derſelben bewegen lies.
Dieſer Meiſter Schungel legte die Streitigkeiten zwiſchen dem Orden und
der Geiſtlichkeit mit vieler Maͤßigung bey. Der Orden trat die in Beſchlag ge-
nommenen erzſtiftiſchen Guͤter wieder ab, und entrichtete dem Erzbiſchof 20000
Mark rigiſch, jedes zu 7 Loth Silber, fuͤr etliche uͤberduͤniſche Laͤnder, die Lief-
land zur Vormauer dienen ſolten, und hiermit war die Sache fuͤr dieſes mal
beigelegt. b)
Nach ſeinem Tode fuhr der Orden fort ſeine Herren Meiſter zu waͤhlen, oh-1438
ne auf die preußiſche Beſtaͤtigung zu warten. Die Gebietiger ernenneten ſo
lange Heidenreich Vincken von Oberbergen, geweſenen Vogt zu Wenden,
zu ihren Meiſter, und verſprachen ihm allen Gehorſam, den man ſonſt einem or-
dentlich beſtaͤtigten Meiſter in Liefland zu leiſten pflegte, bis zu einem gemeinen
und groſſen Kapitel. Jndeſſen wollen alle den Statthalter bey ſeinem Anſehen
ſchuͤtzen, und wer dagegen handelt, ſol ſeines Dienſtes entſetzet ſeyn. Hieruͤber
verglichen ſich am Donnerſtage nach Michaelis zu Walck, der Vogt zu Jer-
wen, Heinrich von Nothleven, der Comtur zu Mitau, Hinrich
Schleregen, die Voͤgte Johan Boͤſinger zu Weſenberg und Matthias
von Boͤninghen zu Roſiten, welche mit dem Landmarſchal Gottfried von
Radenberge, und andern Gebietigern, unter Vermittelung des Erzbiſchofs
Hen-
d)
L l
[134]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1438Henning, des doͤrptiſchen Biſchofs Theodors, des oͤſelſchen Dechanten
Mag. Walter Remelingraden, und des Domherrn Ludolp Green, die-
ſen Stathalter beſtaͤtigten. Von den Oeſelern haben ſich noch unterſchrieben,
Conrad Jxkole, Hans Ditwer und Otto Lode, Sendeboten. Von
Harrien, Hinrich Scherenbeck, Ritter, Hermann Soye, Hermann
Toydewen, Ebert Weckebrodt, Otto Soye, Hans Threyden.
Von Wirland, Claus Meks, Thile Lode, Hans Lode, Didrich
Wirks, Hinrich Meks, Odert Lode, Hans Sorſevere, Hans We-
deweſt, Hans Luggenhuſen. Von Liefland, Hinrich von Hofe, Rit-
ter, Gert Goes, Ritter, Bartholomaͤus Steigemeß, Ewald von
Velde, Didrich Peetz, Herman von Gilſen, Didrich Mezentake,
nebſt Buͤrgermeiſter und Rathmaͤnnern der Stadt Revel.
Vincke machte in eben dem Jahr als Statthalter des Meiſters in Liefland,
mit dem Biſchof Johan von Oeſel, eine Grenzſcheidung zu Arensburg, und
waren Ludolph Green, wie auch Gert Herkel, Mann der Kirche zu Oeſel,
von Seiten des Kapitels, der lealſche Comtur aber, Henrich von dem Fur-
ſte, von Seiten des Ordens Commiſſarien. Auſſer dem Landmarſchal erſchie-
nen dabey Thomas Grevesmoͤle zu Vellin, Wolter von Loo zu Revel,
Comtur, Hinrich Nothleve zu Jerwen, und Peter Wesler zu Suͤnne-
burg, Voͤgte. Der Streit uͤber die Kirchſpiele Kilegunde, Kaͤrgel und
Carmel wird beigelegt. Die Grenze der Ordenslaͤnder gehet an laut eines zu
Arensburg zerſchnittenen Briefes, uͤber der oltleviſchen See, an der Muͤn-
dung des joͤggiſchen Bachs, durch die See bis an die mit Kreuzen bezeichneten
Steine, von da weiter uͤber die poydiſche See bis an einen bekreuzten Birken-
baum. Die Kirchſpiele Walke und Poyde bekommen ihre Scheidung von den
Bauren im Stifte Wilsdeck nach dem Sunde und Payenpaͤh zu, bis an das
Dorf Sall.
Der Vergleich, welchen der Ordensmeiſter Heinrich Schungell1436
auf dem Hofe zu Laukoe geſchloſſen, ward hierbey zum Grunde geleget.
Nach reifer Ueberlegung ernante ihn der Orden zu ſeinem Fuͤhrer, und fol-
get alſo
Der acht und dreyßigſte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Heidenreich Vincke von Oberbergen.a)
Sontags nach Petri Kettenfeyer verband ſich der geſamte Orden
zu Wenden uͤber alle die Geſetze mit Ernſt zu halten, welche
der ehmalige Hochmeiſter Werner von Urſula, der Meiſter
deutſcher Lande, Wolfram von Stilleborg, und der
Meiſter von Liefland, Eberhard von Monheim, in einem groſſen Kapitel
zu Marienburg in Preuſſen, abgefaſſet. Dieſes war die Vorbereitung den
Hochmeiſter Paul von Rußdorf, weil er das lieflaͤndiſche Geld nicht aus-
zahlen wolte, foͤrmlich abzuſetzen. Eberhard von Sanenſchein, Meiſter
deut-
[135]Erzb. Henn. Scharfenberg. zur Zeit der Reg. Heidenr. Vinkens.
deutſchen Ordens in deutſchen und welſchen Landen, verband ſich alſo am1439
Freitage nach St. Veit mit dem ehrwuͤrdigen Meiſter Heinrich Fincken zu
Liefland, und ſprachen Paul von Rusdorf ſein Amt ab, kraft eines zu Mer-
geteheim verſiegelten Geſetzes, welches ſie vorzeigten, und dieſes Jnhalts war:
„Da ein Hochmeiſter unrechtig und unredlich regieret, daß ſie denſelbigen zu recht-
„fertigen haͤtten, und da ein Hochmeiſter mit Tode abgienge, oder um ſeiner Un-
„gerechtigkeit willen fuͤr untauglich erkant wuͤrde, und er bey ſolchem Amte mit
„Gewalt vermeinte zu bleiben, daß der Meiſter deutſchen Ordens in Deutſch-
„land ſamt ſeinen Nachkommen ein Statthalter ſeyn ſolle bis auf einen kuͤnftigen
„Hochmeiſter, der durch die Dreizehn ernennet werden muͤſſe.
Sanenſchein und Fincke arbeiteten an der Abſetzung des Hochmeiſters ſo1440
ernſtlich, daß am 19ten October 1440 zu Danzig eine algemeine Verſamlung
zuſammen berufen ward, wo man bald die Ausſoͤhnung, bald den Compromis
verſuchte. Allein der Landtag zerſchlug ſich unfriedlich. Daher kam Rusdorf
weitern Spaltungen zuvor, dankte nach dieſem ſelbſt ab, und ſtarb nach 29 Ta-
gen, womit beiden Theilen am liebſten gedienet war. Als die beiden Ordensmei-
ſter unterweges die Nachricht von der Wahl eines neuen Hochmeiſters erhielten,
kehrten ſie gleich wieder zuruͤck, und ſuchten fuͤr ihre Laͤnder einige Vortheile, wie
auch die Beſtaͤtigung ihrer alten Privilegien.
Der Koͤnig von Daͤnnemark, Chriſtoph, ertheilte nicht nur den Han-1441
ſeeſtaͤdten in Liefland die Beſtaͤtigung aller Freiheiten in ſeinen Laͤndern, ſondern
der roͤmiſche Kaiſer, Friderich, bezeugte ebenfals, daß er alle ſeine und ſeiner1442
Vorfahren Privilegien, welche ſie dem Lande ertheilet, fuͤr genehm hielte. b) Die
Stadt loͤſete zwey Haͤuſer in der Kalck- und Kuͤterſtraſſe aus, die durch den Tod
des ſeligen Henricks, ehmaligen Buͤrgers und nachmaligen Hauscomthurs dem
Orden zugefallen waren, woruͤber Vincke am Aſchertag quitiret.
Der Ordensmeiſter Fincke wagte gegen die Ruſſen einen Feldzug, wobey
er aber ſchlecht ſeine Rechnung fand. Die Ruſſen lockten die Lieflaͤnder durch
eine verſtelte Flucht in die Enge, fielen ihnen in den Ruͤcken, und machten dem
kleinen Ueberreſt den Heimweg von Herzen ſauer.
Nach einiger Zeit verſuchte er ſein Heil bey einem andern Zuge, der aber
nicht gluͤcklicher ablief, als der erſte; weil die Ruſſen das Land wohl beſetzt hat-
ten und keinen lebendig durchlieſſen: daher er ſich an einigen Parteigaͤngen und
Pluͤndern begnuͤgen muſte c). Litthauen und Samogitien lies er in Ruhe,
um es nicht mit Pohlen zu verderben.
L l 2Nach
[136]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Nach Huitfelds Zeugnis hatteſich der Koͤnig Chriſtoph von Daͤnnemark,
Schweden und Norvegen von glaubwuͤrdigen Maͤnnern ſeines Reichs vor-
tragen laſſen, daß die Kirche zu Oeſel, ſo unter das Biſtum Ripe gehoͤrt, von
ſeinem Vorfahren auf gethanes Erſuchen immer ſey beſchuͤtzet worden, theils we-
gen einiger beſondern Befehle vom apoſtoliſchen Stuhl, theils wegen vieler Ge-
faͤlligkeiten, welche die vorigen Biſchoͤfe, und noch der jetzige Herr Ludolph der
Krone Daͤnnemark erwieſen; daher nahm er deſſen Perſon, Kirche, Kapitel,
Vaſallen, Schloͤſſer, Guͤter und Unterthanen in ſeinen Schutz, und verſprach
die canoniſche Wahl des Kapitels zu unterſtuͤtzen, den Boten des Biſchofs in ſei-
nen Reichen freien Zutrit, Stand und Gang zu verſtatten, und keinen Freveler
wider den Biſchof zu hegen, ſondern aus dem Reiche nachdruͤcklich wegzujagen.
Er unterzeichnete dieſen Freiheitsbrief am 16 Jul. auf dem Schloſſe Stockholm.
Wie das letztere wol ſeyn kan, ſo iſt das erſte ganz falſch, daß Oeſel zum Biſtum
Ripen gehoͤret, wenn auch noch ſo viel warhaftige Orakel es dem Koͤnig vorgeſa-
get haͤtten. Vielleicht hat man aus Rige und Ripe ein Biſtum gemacht.
Am Andreastage weihete der Biſchof Heinrich von Revel, auf Anſuchen
des Abts Johan Greves, das Kloſter Padis ein, und widmete ſelbiges der
heiligen Dreifaltigkeit, der Mutter GOttes, dem heiligen Kreutz, Johan
dem Taͤufer, Johan dem Evangeliſten, wie auch dem Apoſtel Bartholo-
maͤus, den Maͤrterern Lorenz und Georg, den Bekennern Georg, Nico-
laus, Bernhard, Anton, den heiligen Jungfrauen Catharina und
Barbara, der heiligen Witwen Maria Magdalena und St. Anna, nebſt
allen Heiligen. Wer dem Kloſter Gutes thut, und oft Walfarthen dahin an-
ſtellet, bekomt 40 Tage von der aufgelegten Buſſe erlaſſen. das Jnſtrument
daruͤber iſt auf dem groſſen Schloſſe zu Revel ausgefertiget.
Der Erzbiſchof Henning von Scharfenberg ſtarb nach einer 24 jaͤhrigen
Regierung; und nach ihm ward der 14te Erzbiſchof, Sylveſter Stobwaſſer,
ein Preuſſe aus Thorn, des Hochmeiſters Kanzler und bisheriger Ordensbru-
der, am Johannistage erwehlet. Das rigiſche Kapitel ſandte den Probſt
Diedrich Nageln und die Maͤnner der Kirche, Carl von Vietinghof und
Ewold Patkuͤln an ihn, die ihn ſo weit brachten, daß er am Mitwochen in
1449den heiligen Oſtertagen zu Marienburg die ſchriftliche Verſicherung ausſtelte,
nach loͤblicher Gewonheit ſeiner Vorfahren keine Kriege anzufangen oder zu belie-
ben, wo es nicht mit des Kapitels und der Ritterſchaft Einwilligung geſchaͤhe.
Wobey er zugleich ihre alten Rechte, Freiheiten und Gewonheiten lieber zu vermeh-
ren als zu mindern angelobet. Am Johannistage ward er in der Domkirche
zu Riga vorgeſtellet. Der Stadt Riga beſtaͤtigte er das Jahr darauf zu Ko-
1450kenhauſen, am Tage Jacobi, alle ihre Privilegien, Rechte und Gewonheiten
unter hohen Betheurungen.
Der neun und dreyßigſte Ordensmeiſter in Liefland
deutſchen Ordens,
Johan Mengden, ſonſt Oſthofa).
Seine erſte Sorge gieng dahin, ſich die Klagen der Pfaffen uͤber den
Orden vom Halſe zu ſchaffen. Daher trat er unter Vermittelung
des Hochmeiſters mit dem Erzbiſchof Silveſter zuſammen, und
verglich ſich zu Wolmer Dienſtags nach Mariaͤ Heimſuchung,
uͤber folgende mit 17 Siegeln beſtaͤtigte Punkte. Der Hochmeiſter
und
c)
[137]Erzb. Silveſt. Stobwaſſer. zur Zeit der Reg. Joh. Mengdens.
uud er verzeihen ſich aller Bullen und Briefe, die Bonifacius der IXte dem1451
Orden uͤber die rigiſche Kirche gegeben. Der Erzbiſchof begiebt ſich aller Bul-
len
a)
M m
[138]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1451len und Briefe, die der Papſt Martinus der Vte ihrer Kirche ertheilet, ſeitdem
er ihnen die Kleidung des Auguſtinerordens zugeſtanden; jeder Theil hebt die am
paͤpſtlichen Hofe errungenen Vortheile gegen einander auf, bleibet aber im Genus
der alten Privilegien, und beſtaͤtiget den walker Frieden von 1435. Der Orden
wil ſich keiner Gerichtbarkeit oder Viſitation in Abſicht der Geiſtlichen anmaſſen,
ſondern den Propſt und Dechanten zu ihren heimlichſten Freunden und Rathge-
bern ernennen, die freie Wahl eines Erzbiſchofs nicht hindern, und den Hafen in
Duͤnemuͤnde jedem zum Ein- und Auslaufen offen laſſen. Der Vergleich zwi-
ſchen dem Ordensmeiſter und Propſt wegen des Landes uͤber der Duͤne gegen
den Holm Dalen zu, und gegen die Wehre der Duͤne wird beſtaͤtiget. Die
Neunaugenwehre in der Treyder Aa, ſol der Meiſter ein Jahr und das Kapi-
tel das andre Jahr beſchlagen. Die Kirchenſchloͤſſer Lennewarde und Ko-
kenhauſen genieſſen frey Bau- und Brennholz. Zur Beſtaͤtigung deſſen hat
der Meiſter das Begraͤbnis im Dom unter dem Chor erwehlet. Die Geiſtlich-
keit verbindet ſich hauptſaͤchlich, Kleider von gleicher Farbe mit dem Orden zu tra-
gen, und erneuern die Bulla habitus, daher dieſer Vergleich auch noch die Bulla
habitus oder der wolmerſche Brief heiſt.
Der Kaiſer Friedrich der IIIte beſtaͤtigte den lieflaͤndiſchen Staͤnden die
vor 10 Jahren abgefaſte Ratification aller Privilegien, ſo jenen von ihm, ſeinen
Vorfahren und andern Herren gegeben ſeyn, von neuem mit Vernichtung aller
andern Freiheiten, die dieſem zuwider laufen.
Nachdem der Ordensmeiſter den Erzbiſchof nebſt ſeinen Geiſtlichen wieder
in ihre alte Kleidung gebracht, gab er ſich die aͤuſerſte Muͤhe, die halbe Gericht-
barkeit uͤber die Stadt Riga zu erringen. Silveſter muſte ſich von den kaiſer-
lichen Privilegien Carls des IVten auch losſagen. Nach langen Gezaͤnke kam es
zu dem berufenen Vergleich, welcher von ſeinem Stiftungsort der kirchholmi-
ſche Vertrag genant wurde, den man billig zu den Tractaten rechnen kan, welche
der Republik den letzten Stos gegeben; weil die Erfahrung gelehret, daß nicht
allein Ruhe, Sicherheit und viel Gutes gehindert, ſondern auch von Seiten der
Stadt den Ordensmeiſtern ſowol als den Erzbiſchoͤfen viel Herzeleid und Kraͤn-
kung zugefuͤget worden. b)
Dienſtags
[139]Erzb. Silveſter. zur Zeit der Reg. Johan Mengdens.
Dienſtags vor Oſtern ertheilte der preußiſche Hochmeiſter Ludwig von1452
Erlinghauſen, der Ritterſchaft von Harrien und Wirland die Beſtaͤtigung
M m 2ihrer
b)
[140]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1452ihrer Handfeſte, ſo ihnen der ehrwuͤrdige Herr Conrad von Jungingen, vor
55 Jahren uͤber ihr Recht gegeben. Der Gnadenbrief iſt ausgeſtellet zu Ma-
rien-
b)
[141]Erzbiſchof Silveſter. zur Zeit der Reg. Johan Mengdens.
rienburg, und auſſer den preußiſchen Ordensherren von dem oberſten Gebie-1452
tiger in Liefland, Johan von Mengden, anders Oſthof genant, Peter
Wes-
b)
N
[142]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1452Weslern, Comthur zu Vellin, Berend von Heyden, Vogt zu Jerwen,
Thomas von Jungersdorf, Andreas Grewesmuͤhl, Comthur zu Duͤ-
nemuͤnde, und Eberhard Voigt, Comthur zur Pernau, unterſchrieben.
Der
[143]Erzbiſch. Silveſter. zur Zeit der Reg. Johan Mengdens.
Der Erzbiſchof gab zu Treyden, Donnerſtags vor dem Sontage Oculi,1452
dem Domherren Detmer, Roper, Engelbrecht von Tieſenhauſen und
Didrich von Vietinghof Volmacht, ſich in neue Unterhandlungen mit der
Stadt einzulaſſen. Sonderlich tilgete und toͤdtete er den ganzen kirchholmi-
ſchen Vergleich, im Beiſein des ganzen Kapitels und der Herren Juͤrgen Per-
ſevall, Juͤrgen Yxkuͤl, Engelbrecht von Tieſenhauſen und Mertens
von Ungern, in einer Urkunde mit 6 Siegeln, zu Riga am Sontage Judica.
Doch das gute Wetter war von keiner Dauer.
Da die Ordenslaͤnder und Staͤdte in Preuſſen dem Hochmeiſter Ludwig
von Erlinghauſen, ihrer empfindlichen Bedraͤngnis wegen, Eid und Pflicht auf-
gekuͤndiget, und ſich dem Koͤnig von Pohlen, Caſimir dem IVten in die Arme
geworfen hatten; ſo machte dem lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter ein Beiſpiel von
der Art nicht wenig Beſorgnis. Er wandte ſich alſo an den Koͤnig Chriſtiern
von Daͤnnemark, und lies ihm durch ſeine Geſandten, Conrad von Vie-
tinghof, Reinholden zu Aſcherade, Brune von Wettbergen und Rein-
hold Stormich, 1000 Mark gutes reinen loͤthigen Silbers entrichten, und
N n 2zu-
b)
[144]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
zugleich verſprechen, daß ſie auſſer dieſen 1000 Mark loͤthigen Silbers noch 5000
Gulden rheiniſch innerhalb 5 Jahren in Luͤbeck an die koͤniglichen Gevolmaͤch-
tigten abtragen wolten, nemlich alle Johannistage 200 Mark und 1000 rhei-
niſche Gulden. Der Hochmeiſter lies gleichfals durch ſeinen Gevolmaͤchtigten,
Herrn Walter von Kokeritz, 60000 ungariſche Gulden uͤbergeben. Da-
gegen machte ſich Chriſtiern verbindlich, dem Orden wider die ungehorſamen
1455Lande und Staͤdte in Preuſſen mit allem Vermoͤgen beizuſtehen, und den Fein-
den des Ordens ſein Reich, Laͤnder, Waſſer, Stroͤme und Haͤfen zu verbieten,
auch ſelbigen allen erſinlichen Abbruch zu thun. Der Brief iſt auf dem Schloſſe
zu Kopenhagen am St. Brigittentage ausgefertiget, und mit dem koͤniglichen
wie auch des Biſchofs zu Skalhold, Marcellus, Petſchaft verſiegelt. Dabey
ſtehen noch die Siegel des Hofmeiſters Nils Erichsſon, und des Ritters
Hartwich Cromdich.c)
Dieſe ausgeſtelte Recognition ſahe der Koͤnig der Schweden, Norwe-
gen und Gothen, Carl Cnutſon, als eine Verhandelung des Landes an
Daͤnnemark an: hierzu kam noch, daß die Eſtlaͤnder ſich von Chriſtiern
ſeiner Vorfahren Privilegien erneuern lieſſen, in welchem Briefe er die revelſche
Kirche eine Suffraganin der Metropolitankirche zu Lunden nennet, und ſich
das Patronatrecht vorbehaͤlt. Cnutſon warnte daher ſeine ehrſamen und lieben
Freunde, die beiden Buͤrgermeiſter in Revel, Joſt von Borſten und Albrecht
Rumoren, ſich dem Verkauf der Lande Harrien und Wierland zu widerſe-
tzen, wo ſie nicht einen oͤffentlichen Krieg von Schweden ſich ankuͤndigen, und
Revel eben ſo, wie neulich Wisby zerſtoͤren laſſen wolten. d) Doch die Abſe-
tzung dieſes Koͤnigs befreiete Eſtland von dieſer unnoͤthigen Furcht. Dagegen
fertigte der neuerwehlte Koͤnig Chriſtiern in Daͤnnemark, Schweden und
1457Norwegen, am Tage St. Luciaͤ durch den Hofmeiſter im Reiche Schwe-
den, Erich Axel, den Marſchal in Daͤnnemark, Claus Reinhold, und
den Amtman zu Stockholm, Magnus Green, ſaͤmtliche Rittere, einen
Schutzbrief aus, in welchem er den lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter namentlich
15 Jahr lang in ſeinen Schutz nimt, 300 oder 500 wehrhafte Mann dem Orden
zu ſtellen verſpricht, und dafuͤr alle Jahr 1000 gute rheiniſche uͤberlaͤndiſche
Goldgulden empfaͤnget. Dieſer Schutz ſol dem Meiſter und Orden an ihrer
Herrlichkeit und Privilegien unſchaͤdlich ſeyn. Die Manſchaft wird 4 Wochen
nach ihrer Abſegelung aus dem Reiche vom Koͤnig verproviantiret, in Liefland
aber wird ſie von dem Orden auf daͤniſchen Fus gehalten. e)
Auf
[145]Erzb. Sylveſter. zur Zeit der Reg. Johan Mengdens.
Am 6ten Febr. als am Dorotheentage gab der Erzbiſchof Silveſter auf1457
ſeinem Kirchenſchloſſe Ronneburg, der getreuen Ritter- und Manſchaft des
Erzſtifts Riga, um ſie der Ritter- und Manſchaft in den Landen Harrien und
Wierland gleich zu machen, die ſo genante ſtiftiſche Begnadigung oder das neue
Manrecht, (feudum gratiae) damit ſie unter einander als geborne Freunde ein
gleiches Erbrecht genieſſen moͤchten, wofuͤr dieſelben eine namhafte Summe Gel-
des zu Ausloͤſung, Steuer, Huͤlfe und Erbauung etlicher Kirchenſchloͤſſer erleget
hatten. Vermoͤge dieſer Begnadigung koͤnnen und ſollen ſelbige zu ewigen Zeiten
alle ihre Guͤter, liegende Gruͤnde, Geld, fahrende Habe, und alle bewegliche
Guͤter erben bis ins 5te Glied maͤnlichen und weiblichen Geſchlechts. f)
Nachdem
[146]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Nachdem die Ritter- und Manſchaft der Lande Harrien und Wierland
eine betraͤchtliche doch gutwillige Beiſteuer zur Rettung des Ordens wider die ver-
bundenen Staͤdte und Lande in Preuſſen hergegeben, ſo erklaͤret der Ordens-
meiſter Johan von Mengden, daß er beſagte Ritter und Manſchaft nach wie
vor von aller Schatzung frey ſpreche, und verſichert, daß die geleiſtete Huͤlfe nicht
zur Gewonheit werden ſolle. Gegeben zu Waldemar (Wolmar), am Tage
Valentins des Maͤrtirers.
Desgleichen vereinigte ſich der Ordensmeiſter mit dem Erzbiſchof zu Walck,
am Tage Agnetaͤ, und verſiegelte nicht nur einen Friedensbrief auf 10 Jahr,
ſondern verband ſich auch mit demſelben wider alle auswaͤrtige Feinde, welcher
letzte Brief Sonnabends nach Dorotheentage von beiden Theilen unterſchrieben
wurde g).
Die
[147]Erzbiſchof Sylveſter. zur Zeit der Reg. Johan Mengdens.
Die Stadt Danzig ſchickte bey der Unruhe mit dem Orden einige Kapers1458
nach Oeſel, die auch ans Land ſtiegen und auf den Guͤtern des ehmaligen Ordens-
O o 2procu-
g)
*)[148]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
procurators am paͤpſtlichen Hofe, und nunmehrigen Biſchofs Joſt, wie auch
auf den Guͤtern des Ordensvogts zu Sonneburg, ſchlecht Haus hielten. Sie
wichen endlich auf Vorſtellung, daß das Stift Oeſel keinen Theil an dem Or-
denskriege naͤhme, da zumal der Biſchof Joſt einen Stilſtand von 20 Monaten
zwiſchen dem Koͤnig Caſimir in Polen, deſſen Partey ſie ergriffen, und zwiſchen
dem Orden vermittelt haͤtte. Als nachher Danzig ins Gedraͤnge kam, wolte
ſie der oͤſelſche Landshauptman, Hans von Wallſtein, mit gleicher Muͤnze
bezahlen, und ſchickte ſeiner Seits etliche Kaper aus, die aber von den Danzi-
gern gefangen und mit dem Schwerte hingerichtet wurden.
Montags nach St. Michaelis confirmirte Silveſter den ihm zum erſten-
mal vorgeſtelten Stadtvogt Johan Soltrump, und verſpricht, ihn Sontags
nach Omnis terra zu inveſtiren, und dat Ambacht des Rigiſchen Rechtens
to vullenforende unde to vorſtande. Unter andern haben unterſiegelt
Peter von der Borch, Vogt zu Treiden, Hinrich von Ungern, Hans von
Tieſenhauſen und Ewold Patkuͤl.
Die beſondere Treue, welche Johan von Mengden ſeinem Hochmeiſter
in den gefaͤhrlichſten Zeiten bewieſen, bewog den Hochmeiſter Ludwig von Er-
linghauſen, dem Orden in Liefland in einer feierlichen Urkunde die oberherr-
liche
g)
[149]Erzb. Silveſt. Stobwaſſer. zur Zeit der Reg. Joh. Mengdens.
liche Gewalt uͤber ganz Eſtland aufzutragen, welche ihres Jnhalts wegen hier1459
einen Platz verdienet. h)
Dien-
[150]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Dienſtags nach Johannis Geburt quitirt der Koͤnig Chriſtiern von
Daͤnnemark, den Ehrenbornen Herrn Gerdt von Mellingrode, Comtur
zu Revel, auf 4000 Mark, welche der Koͤnig auf das Gut Danhof vorge-
ſchoſſen; unterzeichnet zu Kopenhagen mit dem koͤniglichen Jnſiegel.
Joh. Vatelkanne, Electus der Kirche zu Oeſel, gab am Tage vor Kreuz-
erhoͤhung dem Meiſter das dem Orden ehmals abgenommene Antheil des Schloſ-
ſes Leal wieder, damit nicht weiteres Blutvergieſſen daraus erfolge. Der
Landmarſchal Godert von Plettenbeege erklaͤret Vatelkannen im Namen des
Herrn Meiſters fuͤr den rechten Biſchof von Oeſel, dem Joſt Hagenſtein
weichen ſolle, ohnerachtet der Papſt Pius der Iſte des Vatelkanne Erwehlung
vor 3 Jahren vernichtet haͤtte. Doch nach etlichen Jahren ſahe ſich Jodocus
oder Joſt durch Beiſtand des Meiſters wieder in Beſitz des Biſtums; und Va-
telkanne muſte abziehen, weil der Erzbiſchof und uͤbrige Biſchoͤfe mit Oſthofen
gemeinſchaftliche Sache machten.
Der Koͤnig Carl von Schweden erſuchet zu Danzig, am Abend der
heil. drey Koͤnige, den Landmarſchal und die Gebietiger in Liefland, daß ſie die
hagerſchen Guͤter zu Ripe in Jutland, ſo dem Orden gehoͤren, Hans
Schenckeln uͤberlaſſen moͤchten, welcher dem Orden huldigen und alle Dienſte
leiſten ſolle. Die Briefe, welche Fridr. Depenbrock auf dieſe Guͤter unter des
Koͤnigs Namen angewieſen, erklaͤret Carl fuͤr untergeſchoben, ob man ſie gleich
vor 2 Jahren durch eine Liſt von ihm erſchleichen wollen.
Nach faſt unaufhoͤrlichen Zaͤnkereien muſte die Stadt Riga endlich dem
Ordensmeiſter nachgeben. Fuͤr dieſe Verleugnung erhielt ſie von Oſthoffen
am Sonnabend vor Martini einen fuͤrtreflichen Freiheitsbrief, den zwar einige
Abſchriften 10 Jahr aͤlter machen, die richtigſten aber in dieſes Jahr ſetzen, ſo
mit der Zeitrechnung und den Umſtaͤnden am beſten uͤbereinſtimt. Die Staͤdte
Revel und Doͤrpt haben ihre Siegel mit angehaͤnget. Der Ordensmeiſter be-
ſtaͤtiget der Stadt die alte Mark auf beiden Seiten der Duͤne, wie ſie ſelbige
durch den Biſchof Wilhelm von Modena vor Alters erhalten, auſſer das Ge-
hege Lutzenhagen und die Koppel unter dem Berge, die zur Nothdurft des
Schloſſes gehoͤren. Die Honigweide bleibt nach dem Alten. Wenn der Herr
Meiſter reiſet, ſo giebt ihm die Stadt 30 Reiſige zu Pferde gegen inlaͤndiſche Fein-
de, gegen die auswertigen hilft ſie ihm mit aller Macht. Die uͤbrigen Beſchwerden
wegen der Huͤlfe, welche die Buͤrgerſchaft dem Orden nach dem vorigen Soͤhnebrief
leiſten mus, fallen weg, nur daß die Stadt dem Orden nicht entgegen iſt. Der
Wahrzins wird der Stadt wieder gegeben, und ihr von den 5 Vicarien nur 3 zu
halten erlaubet. Er goͤnnet der Stadt eine ziemliche Mauer, 5 Faden dicke, doch
ohne Thuͤrme, zwiſchen der Vorburg des Schloſſes und der Staͤdtmauer. Zur
groſſen Pforte behaͤlt die Stadt die Schluͤſſel, um ſie zu gewoͤhnlichen Zeiten zu
oͤfnen, auch zum Behuf der Ordensgebietiger ſie Tag und Nacht aufzuſchlieſſen.
Den Schluͤſſel zur kleinen Pforte verwahret der Hauscomtur. Der Haberthurm
ſol bey der Vorburg bleiben und nicht wieder gebauet werden. Auch die neuen
Thuͤrme bey der St. Andreaskapelle am Schlosgraben ſollen nicht hoͤher gemau-
ret
h)
[151]Erzb. Silveſt. Stobwaſſer. zur Zeit der Reg. Joh. Mengdens.
ret werden. Es ſtehet den Buͤrgern frey, die Roboysmuͤhle zu bauen und1464
2 Windmuͤhlen dazu zu machen. Das Stuͤck Wieſewachs hinter des Hauscom-
turs Hofe und die freie Fiſcherey behaͤlt die Stadt nach dem alten Fus. Der
Kaufman kan zu Waſſer und Lande die Duͤne auf und nieder handeln. Die Zie-
gelkoppel iſt der Stadt, der Ziegelholm an der Schlosweide aber, der an dem Holm
Koͤgenlage ſtoͤſt, und woruͤber in vorigen Zeiten lange geſtritten worden, bleibt
zum Behuf des Schloſſes. Die Buͤrger und ihre Nachkoͤmlinge ſollen zum Nu-
tzen der Stadt freie Holzung haben auf der Palen, ſo ferne ſie darauf redlichen
Beweis fuͤhren. Die 100 Mark, welche die Stadt nach dem Soͤhnebriefe jaͤhr-
lich ans Schlos gezahlt, und die ſie in ihren Zeiten abgekauft, ſind vertragen.
Aus beſonderer Gunſt giebt Oſthoff noch der Stadt einen Brief auf 800 Mark,
den ſie zu ihrem Nutzen verwenden kan. Von Seiten des Ordens haben God-
dert von Plettenberge, Landmarſchal, und Conrad von Vietinghoff, Com-
tur zu Aſcherade zu Riga unterſiegelt.
Um Pauli Bekehrung ſandte Joh. von Mengden den preußiſchen Or-1466
densbruͤdern 700 Reuter und einiges Fusvolk zu Huͤlfe, die aber durch die von
den Samogiten verhauenen Waͤlder nicht durchdringen konten. Sie ſchlugen
ſich auf die rechte Seite, um den Strandweg zu nehmen, allein auch dieſen hat-
ten die Samogiten mit tiefen und bedeckten heimlichen Gruben unſicher ge-
macht, wo die Lieflaͤnder herein fielen, und gefangen oder erſchlagen wurden.
Die Zerſtreueten wurden in dem dicken Buſche durch Hunger und Kaͤlte aufgerie-
ben, etliche nahmen ihre Zuflucht auf das Eis, welches aber einbrach, und die
Fluͤchtlinge in der See umkommen lies. Wie denn auch den Herbſt vorher 40
Schiffe, welche mit Kriegesvolk, Munition, und Proviant beladen waren, und
aus Liefland nach Preuſſen giengen, unweit Choinitz am curiſchen Stran-
de ſcheiterten, und durch ihr Auſſenbleiben den Frieden des preußiſchen Ordens
mit den Pohlen befoͤrderten i).
Dieſer Ordensmeiſter hatte das Gluͤck, daß ſeiner Genuͤgſamkeit wegen al-
les unter ihm in Liefland ruhig wurde; daher konte er ſeine Augen in Frieden
ſchlieſſen, wie denn ſein Ende bald nachher erfolgte.
Der
[152]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der vierzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Johan Wolthus von Ferſena).
Sein gar kurzes Regiment von anderthalb Jahren hat ihn auſſer eini-
gen Lehnbriefen wenig bekant werden laſſen, wie denn auch ſein
friedfertiges Naturel ihm den Argwohn zuzog, daß er mit den Ruſ-
ſen einige Tractaten pfloͤge. Man nahm ihn kurz vor Oſtern zu
1471Helmet beim Kopf, und brachte ihn nach Wenden, wo er ſich im Gefaͤngnis
mit ſeinem guten Gewiſſen troͤſtete und nach einiger Zeit den Geiſt aufgab.
Der
[153]Erzb. Silveſt. Stobwaſſer. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg.
Der ein und vierzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Bernhard von der Borga).
Jm andern Jahr ſeiner Regierung reiſete die am paͤpſtlichen Hofe1472
zu Rom erzogene Prinzeßin des griechiſchen Kaiſers Ma-
nuels, Namens Sophia, uͤber Luͤbeck, und langte mit ei-
nem praͤchtigen Schiffe zu Revel an, von dannen ſie nach em-
pfangenen ſtandesmaͤßigen Ehrenbezeugungen nach Doͤrpt gefoͤrdert ward.
Hier
[154]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1472Hier ward ſie von dem rußiſchen Abgeſandten als verlobte Braut des Czaars,
Jvan Baſilowitz weiter bis Moſkau begleitet, wo ſie wider alles Vermu-
then des Papſts Sixtus des IVten die roͤmiſchcatholiſche Religion niederlegte
und ſich aufs feierlichſte zur griechiſchen Kirche bekante.
Der Ordensmeiſter ertheilte unter andern Freiheiten der Staͤdte Doͤrpt
und Revel auch der Stadt Riga folgende vorzuͤgliche Privilegien: Die Stadt
bleibt bey ihren alten Vorrechten, und darf keine Vicarien halten; der kirchhol-
miſche Vertrag wird vernichtet; und weil ſie ſich gutwillig dem Orden ergeben,
ſo werden ihr alle Beleidigungen mit Schieſſen, Stuͤrmen und Brennen gegen
den Orden, das Schlos und die Vorburg uͤberſehen. Beide Theile leiſten ſich
gemeinſchaftlichen Beiſtand. Jm Fal eines Einbruchs iſt die Stadt an keinen
Vertrag gebunden. Dieſe Tilgung des kirchholmiſchen Vertrags geſchahe
Sonnabends vor Calixti. Jhre Siegel haben mit angehaͤnget Cordt von Her-
tzenrade, Landmarſchal, Didrich von der Dornenburg, genant von der
Laye, zu Vellin, Gerd von Mellingrade zu Goldingen, Gerdt von
Ylſen zu Aſcherade, Otto Hocheler zu Mitau, Willem von Boink-
huſen zu Dobblehn Comture, und der Vogt zu Karkus, Evert Lappe
von der Roer haben ihre Siegel mitangehaͤngt. Hierauf leiſtete die Stadt die
Huldigung, und fertigte eine eigene Urkunde daruͤber aus, die unter andern der
Buͤrgermeiſter Hr. Joh. von der Borch unterſchrieben. So verglich er ſich
auch mit den Biſchoͤfen und ihren Kapiteln, daß innerhalb 10 Jahren alle Zwi-
ſtigkeiten ohne Lerm und Aufruhr in der Guͤte abgethan, und mitlerweile dasjeni-
ge beobachtet werden ſolle, was ſaͤmtliche Staͤnde fuͤr jetzo zu Walck am Tage
Agnetis beliebet haͤtten.
Auſſer dem Erzbiſchof, Biſchoͤfen und Meiſter traten der Landmarſchal
Cordt von Herzenrade, die Camture, Didrich von der Laye anders genant
von der Dornenborg zu Vellin, Johan Freydag zu Revel, und Cordt
von Vitinghof zu Pernow dieſer Sache wegen in Unterhandlung; wozu von
Seiten des Stifts zu Riga, Juͤrgen Jxkul, Engelbrecht von Tiſen-
hauſen, Ewold Patkul und Hinrich von Ungern; aus dem Stifte
Doͤrpt, Barthol. von Tiſenhauſen, Bertold Wrangel, Peter
Jxkul, Juͤrgen Luggenhuſen; vom Stift Oeſel, Didrich Fahrensbe-
cke, Hinrich Bixhofden, Vogt in der Wick, Wolmar Jxkul, Herrn
Conrads Sohn, und Juͤrgen Herkel; aus Harrien und Wirland,
Goswin Doͤnhof, Hans Lode von Kochtel, Didr. Thuͤne, Didr.
Brakel, Wolmar Thuͤne, und Berend Thuͤne; wie auch die Buͤrgermei-
ſter der Staͤdte Riga, Doͤrpt und Revel kamen. Dieſe vereinbarten ſich, alle
Streithaͤndel kuͤnftig unter ſich auszumachen, und gegen den, ſo einen fremden
Richter ſuche, los zu ſchlagen. Die Domkapitel behielten das Recht ihre Praͤla-
ten ſelbſt zu waͤhlen. Wer Krieg anfienge, ſolte alle wider ſich haben. Dabey
iſt
a)
[155]Erzb. Silveſt. Stobwaſſer. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg.
iſt merkwuͤrdig, daß die einzige Stadt Riga ihr Siegel nicht beigeſetzt hat, ob-1472
gleich noch Platz auf dem Pergament war.
Zu Stregnaͤs auf U. L. F. Tag verglichen ſich der upſalſche Erzbiſchof1477
Jacob, der ſtregneſiſche Biſchof Johan, die Reichsraͤthe Steno Sture,
Niclas Sture, und Guſtav Carlſſon mit dem Ordensmeiſter, daß ſie des
Gefaͤngniſſes, darin Erich Rawaldſon geleget worden, nimmermehr geden-
ken wolten.
Der Propſt, Dechant und das Kapitel hatte vom Papſt ſchon vor 24 Jahren1478
die Guͤter und das Land Titigerb) gegen Dahlen und Steinholm, uͤber der
Duͤne, geſchenkt bekommen, ſelbige auch nebſt andern in und auſſer der Stadt
gutwillig und zur Erhaltung guter Freundſchaft abgetreten, und der Stadt wieder
zum Beſitz uͤberlaſſen. Auf Befehl des Papſts Sixtus des IVten muſte der Pre-
digerorden dieſelben von neuen dem Magiſtrat verſchreiben laſſen, damit der Erz-
biſchof keinen Anſpruch darauf machen koͤnte.
Desgleichen verſtattete der Papſt, daß ein jeder Erzvogt (Pro-Conſul) und
Buͤrgermeiſter waͤhrend ſeines Amts einen Tragaltar mit gehoͤrigen Zierrathen ge-
brauchen duͤrfe, an dem er in Beiſeyn ſeines Hausgeſindes und anderer die Meſſe
und den uͤbrigen Gottesdienſt auch vor Tage, doch in der Fruͤhſtunde, durch ſei-
nen eigenen oder fremden Prieſter, halten laſſen koͤnne. Rom am 10ten Febr.
Hierbey folgte eine andre Bulle, worin der Stadt verſtattet wird, die Acciſe ein-
zufuͤhren, Maas und andre Ordnungen einzurichten, und die Guͤter dererjenigen
zu erben, die ohne Erben und ohne Teſtament ſterben, ihre Bedienungen zu ver-
geben, doch ohne Nachtheil der Geiſtlichkeit. So gab auch der General des Pre-
digerordens Leonhardde Manſvetis de Peruſio der Stadt wegen ihrer reichlichen
Gaben und Almoſen den freien Zutrit zu ihren gottesdienſtlichen Uebungen, der
Meſſe, Betſtunden, geiſtlichen Aemtern, Leſen, Andacht, Betrachtungen, Pre-
digten, Seufzen, Thraͤnen und Wachen, welche zu gewiſſen Stunden gehalten
werden; und verſtattete ihr ein Antheil an allen Faſten, Enthaltungen, Zucht,
Pilgerſchaften, Arbeiten, Buſſe, Gehorſam und andern guten Werken.
Die Geiſtlichen, der Vogt und die Buͤrgermeiſter in Riga beſchwerten ſich1479
am 21ſten Febr. bey dem Papſt Sixtus den IVten uͤber das ungerechte Execu-
tionsurtel, ſo der Erzbiſchof zur Volziehung gebracht, da er ſich doch lange von
der Gerichtbarkeit uͤber die Stadt losgeſaget. Weil Silveſter ihre rechtmaͤßige
Appellation nicht achtete und viel Unſchuldige in den Ban that; ſo verordnete der
Q q 2Papſt
[156]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1479Papſt den neapolitaniſchen Cardinal und Biſchof von Albanien zum Schieds-
man, und gab ihm Compulſoriales mit, daß alle bey Strafe des Bannes die
Briefſchaften des Erzbiſchofs ausliefern ſolten.
Der Erzbiſchof Silveſter, Metropolit der Lande Lief-Eſt-Lett-Cur-
land und Preuſſen, des heil. roͤmiſchen Kaiſerreichs Fuͤrſt, ingleichen
Georg, Doctor der geiſtlichen Rechte und Propſt, Ditmar, Dechant, und
das ganze Kapitel, desgleichen die Ritter Hr. Hinrich von Hohenberge,
Hauptman, Hr. Engelbrecht von Tiſenhauſen, Hr. Detlef von Tieſenhau-
ſen, Hr. Engelbrecht Same, Hinrich von Ungern, Wollmar Uxkuͤl,
Kerſten von Roſen, Vogt zu Treyden, und Juͤrgen Curſell, Vogt zu
Kokenhauſen, traten dis Jahr in ein bedenkliches Buͤndnis mit dem Erzbiſchof
Jacob zu Upſal, dem Biſchof Johan zu Stregnes, dem Herrn Steno
Sture, des Reichs Schweden Vorſtaͤnder, Hrn. Nils Sture, Hrn.
Guſtav Carlſſon und andern Reichsraͤthen. Jene klagen, daß der Meiſter
Berend von der Borg auſſer der Stadt Riga ihre Schloͤſſer, Leute, Laͤnder,
Gewaͤſſer und Stroͤme abgedrungen, und weder der Orden noch die Stadt
ſich an die paͤpſtlichen Bullen, noch an die erzbiſchoͤflichen guten lateiniſchen
Vermahnungen etwas kehren wollen; daher ſie aus Noth obige von paͤpſtlicher
und kaiſerlichen Gewalt verordnete Kirchenbeſchirmer um Huͤlfe erſuchen muͤſſen.
Sie verſprechen den uͤberſchickten Huͤlfsvoͤlkern vor allem Schaden und Gefaͤng-
nis zu ſtehen, bedingen ſich aber ein gleiches fuͤr ihre Voͤlker aus, wenn ſie
Schweden zur Behauptung ihres vermeinten Rechts auf Harrien und Wier-
land, helfen ſolten. Sie wollen mit Schweden die Helfte der wiedereroberten
Stiftsguͤter theilen, welche bisher der Orden unrechtmaͤßiger Weiſe in ſeine Ge-
walt bekommen. Dieſer Bund brachte aber den Orden erſt recht in die Hitze.
Der Meiſter holete den Erzbiſchof ſelbſt von Kokenhauſen weg, und verbrante
mit dem Schloſſe das ganze ſchoͤne Archiv; Silveſter war in der Gefangenſchaft
und ſtarb vor Gram, oder, wie einige faͤlſchlich muthmaſſen an beigebrachtem
Gifte c), am St. Margarethenabend, und ward vor dem hohen Altar im Dom
zu Riga begraben, nachdem er 30 Jahr ſeinem Amte vorgeſtanden.
Papſt
[157]Erzb. Steph. v. Gruben. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg.
Papſt Sixtus der IVte ſandte noch in eben dem Jahre den geweſenen Re-1479
ſidenten des rigiſchen Stifts zu Rom und bisherigen Biſchof zu Doͤrpt, oder
beſſer nach andern zu Troja in Neapolis, Stephan von Gruben, nach
Riga, dem Erzſtifte vorzuſtehen und ermahnte die Stadt ihn als einen Vater
und Seelenhirten aufzunehmen. Allein der Orden bedankte ſich fuͤr die Em-
pfelung und wolte dieſen Stephan nicht einlaſſen; daher Sixtus der IVte den
Biſchoͤfen von Uladislav, Doͤrpt und Oeſel die Einfuͤhrung dieſes Mannes1480
mit Ernſt anbefehlen muſte, weil die Rigiſchen ſtarke Hofnung auf ihn ſetzen d).
Die Rigiſchen, welche der Aufhebung des kirchholmiſchen Vertrags
halben dem Ordensmeiſter gegen den vorigen Erzbiſchof geholfen hatten, giengen
daruͤber ihres dritten Theils auf Oeſel zur Haͤlfte verluſtig, weil der daſige Bi-
ſchof ſie ſequeſtirte. Doch des Meiſters Bruder Simon von der Borg, Bi-
ſchof zu Revel, lud den oͤſeiſchen Biſchof im Namen des Papſts vor ſich, und
verlangte ausdruͤcklich, daß beſagte Guͤter der rigiſchen Buͤrgerſchaft wieder frey
gegeben werden ſolten. Dem ohnerachtet gieng es damit langſam zu, und muſte
der paͤpſtliche Legat 9 Jahr nachher den Dechanten zu Riga und den Propſt zu
Doͤrpt daruͤber zu Schiedsmaͤnnern beſtellen e).
Auf
[158]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Auf Jacobi wurde der ſo genante Weinbrief fertig. Der Herr Meiſter
verliehe der Stadt die Bruͤche und Poͤne, die Wedde genant; wofuͤr die Stadt
2000 Mark erlegte, und dem Meiſter jaͤhrlich auf Jacobi mit 4 Ohmen Rhein-
wein ein Geſchenk zu machen verſprach.
Nachdem der Czaar Jwan Baſilewitz das Jahr vorher das Grorfuͤrſten-
thum und deſſen Hauptſtadt Naugardenf) erobert, kam ein Theil des ſiegen-
den
e)
[159]Erzb. Steph. v. Gruben. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg.
den Heers mit nach Liefland, welcher Einfal im ganzen Lande Schrecken und1480
Verwuͤſtung anrichtete. Bernhard von der Borg dachte nun auf Rache. Er
bot die geſamte Macht von Lief- und Eſtland auf, und that mit ſelbiger einen
Zug gegen die Ruſſen, ſteckte die Vorſtadt zu Plescow in Brand, und wol-
te ſich von der Stadt ſelbſt Meiſter machen. Doch ſein Bruder, der revelſche
Biſchof Simon, las erſt eine ſo lange Meſſe, daß ſich die Ruſſen daruͤber ver-
ſtaͤrkten; daher der doͤrptiſche Biſchof aus Furcht eines Ueberfals ſich nach
Hauſe machte, und ſeine Schloͤſſer beſetzte. Bernhard zog mit verdrieslichem
Muthe ab, und beſchwerte ſich uͤber des Biſchofs Trennung, der nun allein der
arme Suͤnder ſeyn ſolte. Die Ruſſen gaben den Lieflaͤndern das Geleit, nah-
men Fellin mit ſtuͤrmender Hand weg, eroberten Tarweſt am See Ferſcher,
ſonſt Wortzjerwe genant, fuͤhrten viele in die Gefangenſchaft, und machten
aus Verbitterung die ganze Gegend zur Einoͤde. Die traurigen Folgen dieſes
mislungenen Unternehmens leitet Cranz aus der Unvorſichtigkeit her, daß man
die Nachbaren die groͤſte Macht zu unrechter Zeit in Augenſchein nehmen laſſen.
Von dieſer dem Vorgeben nach ungeheuren Armee g) hatte jeder ſchon den
Heimweg gefunden. Mit dem Ueberreſt derſelben langte Bernhard vor der
Stadt Riga an, die ſich auch des beſten nicht verſahe, ſondern die Thore ſperrete,
und wiederum die ſchwaͤchere erzbiſchoͤfliche Partey ergrif. Die Buͤrgerſchaft
R r 2wehrte
f)
[160]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1480 wehrte ſich tapfer, und noͤthigte den Ordensmeiſter zum Abzuge, wie denn auch
die Schloͤſſer Berſon und Hochroſen von der Ritterſchaft des Erzſtifts mit vie-
lem Gluͤcke vrrtreflich vertheidiget wurden.
Der Papſt Sixtus der IVte und der roͤmiſche Kaiſer bemuͤheten ſich recht
um die Wette, der erſte ſeinen Erzbiſchof, und der andre den Ordensmeiſter bey An-
ſehen zu erhalten. Friedrich der IIIte ertheilte Berndten von der Borg und
ſeinen Nachkommen des Stifts Regalien und Weltlichkeit, und gebot der Stadt
Riga bey Strafe von 100 Mark loͤthigen Goldes ihn von der kaiſerl. Maj. und
des Reichs wegen fuͤr ihren rechten natuͤrlichen Herrn zu halten und in allen ziem-
lichen Geboten treu und gehorſam zu ſeyn: Wien am 22ſten April. Den
Brief machte der Biſchof Simon von der Borg, am 13ten November deſſel-
bigen Jahrs, zu Wenden in Gegenwart des paͤpſtlichen und kaiſerlichen Notarius,
Eberhard Szelle von Aſcherade, bekant. Der Biſchof nennet ſich in demſel-
ben der heil. rigiſchen Kirche Poſtulaten, und erbittet ſich die Vaſallen, Gerhard
Patkuͤl und Bernd Nienborgen, rigiſche und wendiſche Clericos, zu Zeugen.
So ſchrieb auch der Kaiſer unterm 20ſten April an Caſimir den IVten, Koͤnig in
Pohlen, an Chriſtiern Koͤnig von Daͤnnemark und Schweden, und an
den Grosfuͤrſten zu Litthauen; gebot auch allen Reichsfuͤrſten bey Verluſt kaiſerli-
cher Gnade und Bedrohung ſchwerer Strafe, den Meiſter zu Liefland bey dem
Stift Riga zu handhaben und zu ſchuͤtzen, wo das unordentliche Regiment, das
boͤſe Vornehmen und Uebungen der Erzbiſchoͤfe bisher gros geweſen; ſintemal ihm
als roͤmiſchem chriſtlichen Kaiſer, von dem des Stifts Riga Regalien und
Weltlichkeit zum Lehn herruͤhre, ſolchen zuvor zu kommen, und chriſtlichen Glau-
ben zu vermehren, wie auch bey Aufnehmen und Ruhe zu erhalten gebuͤhre.
Der Papſt hingegen befahl dem Rath und der Stadt, daß ſie den excommu-
nicirten Meiſter nicht fuͤr ihren Herrn erkennen, dem Erzbiſchof Stephan aber
als ihrem rechtmaͤßigen Befehlshaber gehorchen ſolte, Rom am 11ten September.
Ein gleiches ergieng an die Lieflaͤnder, dem Ordensmeiſter bey Strafe des Bans
keine Huͤlfe zu leiſten. Der Papſt gab ſo gar ein Warnungsſchreiben an den
1482Kaiſer aus, und verlangte, Fridrich ſolte die Verſchenk[u]ng der Stadt Riga,
der kleinen Staͤdte und der Doͤrfer als unrechtmaͤßig und unbillig aufheben, weil
er von dem Orden mit falſchen Berichten hintergangen waͤre, Rom am 25ſten
Junii; welche apoſtoliſche Breves der Erzbiſchof Michael nach 6 Jahren in
umſtaͤndlichen Tranſſumten aufnahm.
Bey dieſen Unruhen fand der Ordensmeiſter fuͤr rathſam, ſich zum Ziel zu
legen. Er ſchlos alſo mit der Stadt einen Stilſtand auf 2 Jahr, ſetzte auch auf
Petri und Pauli eine Mahlſtat an, und was da nicht verglichen wuͤrde, das
ſolten verſchriebene Commiſſarien von Luͤbeck und andern wendiſchen Staͤd-
ten, wie auch von Danzig ausmachen. Jndeſſen ſol der Handel und Wandel
zu Waſſer und Lande offen ſtehen. Doch auf den geſetzten Termin verglichen ſich
die Parteien ſo, daß jeder Theil die im Kriege gewonnenen Schloͤſſer wieder
abtrat h).
Zu
[161]Erzb. Steph. v. Gruben. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg.
Zu Waimel, einem Dorfe bey Karkus, trat in dieſem Jahr der Aus-1482
ſchus des lieflaͤndiſchen Adels zuſammen, welchem das Elend von Liefland
am nechſten zu Herzen gieng. Jhre Beſchwerden waren kurz und gut dieſe: Die
Biſchoͤfe bekuͤmmerten ſich wenig um den Gottesdienſt, und ſuchten nur Kuͤche
und Keller zu ſpicken; der Meiſter und ſein Orden arbeiteten an der Unterdruͤ-
ckung ihrer Mitbruͤder und der andern Staͤnde, und machten nur durch ihre
Wechſel an ihre Guͤnſtlinge zu Rom das Land arm; die Bauren wuͤrden un-
gerechter Weiſe ausgeſogen; die Kaufleute und Fremden fuͤhrten das Korn aus
dem Lande, und verkauften es bey Miswachs und Kriegszeiten dreimal ſo theuer
an die Bauren zuruͤck, woruͤber viele Hungers ſterben muͤſten. Sie legten auch
3 Faſttage an am Fronleichnams-Mariaͤ Heimſuchungs- und Aller Heiligen
Abend, an welchen alle die uͤber 12 Jahr alt waͤren bey Waſſer und Brod faſten,
oder an die Kirche einen Schilling entrichten ſolten i). Es blieb aber bey den
bloſſen Entwuͤrfen.
Als die Ordensherren in Riga wieder eingelaſſen wurden, ſo war ihre erſte1483
Arbeit dieſe, den neuen Erzbiſchof um ſeine Gerichtbarkeit uͤber die Stadt zu brin-
gen. Sie bemaͤchtigten ſich ſeiner Perſon; ſetzten ihn mit verbundenen Augen
ruͤckwerts auf eine Stute, und fuͤhrten ihn zum Thore hinaus; woruͤber der Erz-
biſchof in eine tiefe Schwermuth verfiel, 22 Wochen nachher, nemlich am
22ſten December ſtarb, und an Silveſters Seite im Dom begraben wurde.
Allein Cranz, der doch ſonſt der Cleriſey nicht gern entſtehet, meldet nur, daß
Stephan aus Melancholie uͤber ſeine Duͤrftigkeit geſtorben k).
Der
[162]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der rigiſche Dompropſt Heinrich Heiligenfeld legte ſeinen weiſſen
Chorrock ab und zog den Harniſch an, eroberte auch mit ſeinen Leuten etliche Or-
densſchloͤſſer; bey welchem Tumult die Rigiſchen auch ein Herz faſten und die
Burg zu Riga, weil ſie der Stadt zu nahe gebauet war, niederriſſen und der
Erde gleich machten. Die Biſchoͤfe von Doͤrpt, Oeſel und Curland nahmen
indeſſen mit dem Kapitel Abrede, wie es mit Kokenhauſen und andern Schloͤſ-
ſern bis auf die Wahl eines neuen Erzbiſchofs ſolte gehalten werden. Die Rigi-
ſchen ruͤckten gar vor Duͤnemuͤnde, und lieſſen keinen Stein auf den andern.
Ja ſie ſchickten Kalk und Steinſtuͤcke ſtat der gewoͤhnlichen Birk- und Haſelhuͤner
an ihre Correſpondenten noch Luͤbeck zum Praͤſent, welche von dem wichtigen
Siege uͤber ihren ſonſt maͤchtigen Oberherrn die Gewisheit uͤberbringen muſten l).
Der Kaiſer Fridrich ſahe ſich genoͤthiget, aus Graͤtz an den Rath zu
Wismar zu ſchreiben, daß die Stadt bey Strafe von 1000 Mark loͤthigen Goldes
den Rigiſchen keine Huͤlfe leiſten ſolte, weil ſie den Herrn Meiſter bekrieget und
ſich einen neuen Erzbiſchof Stephan Gruben zum Oberherrn erwehlet, auch
auf vorhergegangene Vorladung vor das Kammergerichte nicht erſchienen waͤren.
Die Appellation an den Papſt helfe nichts; weil er in weltlichen Sachen nicht
Richter ſeyn koͤnne m). Dahingegen verſprachen der Erzbiſchof Jacob von Up-
ſal,
k)
[163]Erzb. Michael Hildebrand. zur Zeit der Reg. Bernh. v. der Borg.
ſal, der Biſchof Conrad von Stregnes und der Regent in Schweden,1484
Steno Stuure, dem Erzbiſchof Stephan allen Beiſtand, wenn die an den
Meiſter abgefertigten Sendeboten nichts ausrichten wuͤrden; welcher Troſt fuͤr
den bereits geſtorbenen Biſchof zu ſpaͤte kam.
Am 4ten Jun. ward am paͤpſtlichen Hofe Michael Hildebrand, eines
revelſchen Buͤrgers Sohn, zum Erzbiſchof nach Riga beſtimmet, weil der
Graf von Schwarzenburg ſich fuͤr die damit verknuͤpfte Weitlaͤuftigkeiten
bedankte, muſte ſich aber auch gegen den Orden und die Stadt erklaͤren alle vor-
gelegte Punkte einzugehen. Die lieflaͤndiſchen Unruhen machten ihm aber den-
noch eine Pauſe in ſeiner Abreiſe nach Riga. Bey ſeiner Ankunft wurde er
gleich der Stadt verdaͤchtig, die ihm die Kleidung worin er aufzog vorwarf, und
nicht glauben konte, daß ein Erzbiſchof, der die Kleiderfarbe des Ordens truͤge, es gut
mit ihr meinen koͤnte. Dieſer Argwohn ward auch mit ihrem groͤſten Schaden
gegruͤndet befunden, weil er die ſchwediſchen Soldaten in Riga, die doch
der Stadt und dem Stift helfen ſolten, gar vortheilhaft zu gebrauchen wuſte.
Mit der Zeit verlor Meiſter Berendt auch alles Anſehen bey ſeinen Mit-1485
bruͤdern, die ihn zum Dank fuͤr ſeine wichtigen Dienſte, ohne den Kaiſer darum zu
begruͤſſen, mit einer herzhaften Entſchlieſſung abſetzten. Sie verſamleten ſich zu
Wenden in eines Buͤrgers Hauſe, welches ſchon den Ordensmeiſter befremdete;
und darauf nahmen ſie ihn mit in die Rathſtube hinauf. Herr und Bruder Be-
rend, hies es, die Comturen zaͤhlen euch vom Amt los, und ſprechen es dem
Bruder Johannes zu, im Namen der heil. Jungfrauen. Sein Vetter Si-
mon, Biſchof zu Revel, ſuchte ſich gleich eine andre Herberge. Der Meiſter
bat um das Schlos Marienburg zu ſeinem Leibgedinge, welches ihm unverwei-
gert zugeſtanden ward. CranzWandal. B. XIII, K. 16.
Der zwey und vierzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Johan Freitag von Loringhof a),
Hatte bisher den Comturen in Revel vorgeſtanden, und die Stat-1486
halterſchaft des Meiſters dabey gefuͤhret, welche beide Titel in
den Urkunden dieſer Zeit von ihm gebraucht werden.
Er verglich ſich von neuen mit dem Erzbiſchof Michael,
deſſelben Kapitel und der Stadt auf dem vorigen Fus. Der Papſt ſol die Stadt
S ſ 2Ko-
m)
[164]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1486Kokenhauſen mit der Vorburg und den dahin gehoͤrigen Schloͤſſern Kreutz-
burg, Pebalgen, Seswegen, Serben, Uxkuͤl und Lenewarden bis
zur Ankunft eines rechtmaͤßigen Erzbiſchofs in Verwahrung haben; der Rath
nimt das Gebiete Duͤnemuͤnde zu Waſſer und zu Lande, das Schlos zu Riga
mit allem Zubehoͤr bis an die Bulderaa, und uͤber die Aa nach der Schlocke
und Bulle hin bis zu einem Landtage; der Orden beſitzet Calven und Deger-
hoͤfden pfandweiſe, bis man erſt den confirmirten Herrn ſiehet und abwartet.
Dienſtags nach Judica gelobte er zu Blumenthal der Stadt alle Gefan-
gene im Briefe, der Borge Tucht genant, in 8 Tagen vom erſten Landtag an-
gerechnet, auszuliefern: wo nicht, ſo ſolle der Orden in Poen von 20000 rhei-
niſchen Gulden verfallen ſeyn. Die Rigiſchen beſitzen die in der Fehde vom
Orden beſchlagenen Guͤter frey und friedſam, bis die Gefangenen oder die Poen
geliefert worden; alsdenn mag der Herr Meiſter die Rigiſchen in den gewoͤhn-
lichen Landtagen der vorgeſchriebenen Guͤter wegen beſchuldigen. Was bey Kapi-
tel und Rath nicht entſchieden werden kan, ſol man bey dem Papſt ſuchen, oder die
6 wendiſchen Staͤdte dazu berufen. Alle Straſſenfreiheit zu Waſſer und zu
Lande auf der Duͤne, den beiden Aaen in Curland und auf der Narve bleibt
ungeſtoͤrt. Welcher Theil ſich nicht an ſeinem Rechte genuͤgen laͤſt, dem ſol das
ganze Land entgegen ſeyn und dem Richtigen mit Leib und Gut beifallen.
Die Biſchoͤfe von Doͤrpt, Oeſel und Curland thaten zwar ihr moͤglich-
ſtes das Schwert in der Scheide zu halten, und den Ordensmeiſter zur Erfuͤllung
ſeiner Zuſage zu bringen, welcher aber auf die Abdankung der ſchwediſchen Voͤl-
ker in Riga drang, und ſich unter den Waffen keine Geſetze vorſchreiben laſſen
1487wolte. Es kam alſo bey Treyden zum Handgemenge, worin die Rigiſchen
6 Comture erlegten, viele Ordensſoldaten todt ſchlugen und 6 Comture im Tri-
umph nach Riga fuͤhrten. Der Ordensmeiſter verſperte den Rigiſchen den
Pas, durch Beſetzung der Jnſel Parwalck, und uͤberwaͤltigte auch das Block-
haus, ſo die Buͤrger an dem andern Arm der Duͤne angelegt. Die Soldaten
der Stadt capitulirten darin, den armen Bauren aber gieng es elend. Sie wur-
den unters Eis geworfen, und weil ihnen die Haͤnde geſchnuͤret waren, machten
ſie mit den Beinen das Kreuz uͤber ſich, und fuhren ganz gelaſſen hinunter
zum Tode. Dieſe geſperte Handlung benahm der Stadt Muth und Kraͤfte, ſo
daß ſie nicht lange darauf ſich zu Friedensunterhandlungen bequemte; dazu kam
noch, daß die ſchwediſchen Soldaten in der Stadt ſelbſt viel Uebermuth be-
giengen und ihr zur Laſt wurden, daß eine rigiſche Partey in dem Scharmuͤtzel
bey Neuermuͤhlen den kuͤrzern zog, daß viele Gefangene, und darunter der Com-
tur von Mitau, und der von Goldingen entwiſchten, welcher letztere doch ins
Eis einbrach und erſticken muſte.
Es kam derohalben auf dem Preſtholm zu Ratzeborg an der Mitwoche
vor Petri Kettenfeier zwiſchen den kriegenden Parteien zum Frieden. Gregor
Matthieſſon, Age Joͤenſon, Erich Ottſon, Ritter, Magnus Nico-
lai, Dompropſt zu Abo, Erich Ramelſon, Joh. Kuhle, Magnus
Schwenſon, Claes Hindrichſon, und Jacob Flemming, Wapener,
Reichs-
a)
[165]Erzb. Mich. Hildebrand. zur Zeit der Reg. Joh. Freit. v. Loringhof.
raͤthe und Maͤnner zu Schweden, bekennen, daß ſie als Mitler zwiſchen dem ed-1488
len und wohlgebornen und geſtkengen Herrn Steno Sture von Gryps-
holm, ihrem wuͤrdigen Hauptman, eines Theils, und zwiſchen dem wuͤrdigen acht-
baren Herrn Joh. Stael von Hollſtein, Vogt zu Weſenberg, den ehrba-
ren und wohltuͤchtigen Maͤnnern Kerſten Radmann und Thomas Maydeln,
Wapener, und den ehrſamen wohlweiſen Herren Heinrich Hoͤnerjaͤger und Die-
drich Hagen, Rathmaͤnnern der Stadt Revel, als Gevolmaͤchtigten des hoch-
wuͤrdigen und grosmaͤchtigen Herrn Joh. Frid. von Loringhoffe, andern Theils,
dieſen Vergleich getroffen: 1. Ueber Jahr und Tag auf Johannis ſollen die
6 wendiſchen Staͤdte alle Unordnungen ſchlichten, wozu der Reichsvorſteher
Steno auch ſeine Boten hinſenden wil. 2. Der Ordensmeiſter erfuͤllet die zu
Blumenthal bey Riga geſchloſſenen Tractaten, und verbindet ſich 3 zur Ehre
der gebenedeiten Mutter Gottes gegen die Ruſſen gemeinſchaftlich den Krieg
anzufangen b).
Der rigiſche Dompropſt Heiligenfeld brachte dieſes Jahr mit ſeinem Erz-
biſchof Michael einen dem Kapitel und ihm vortheilhaften Vertrag zu Stande.
Der Erzbiſchof machte ſich anheiſchig, alle Schulden, die der Propſt bey Deut-
ſchen und Ruſſen gemacht, zu bezahlen und den Propſt bey der Propſtey zu
ſchuͤtzen; alle der Kirche nachtheilige Verſchreibungen und Verſiegelungen zu ver-
nichten; auf die vom Orden zuruͤck gegebenen Schloͤſſer, wie auf Kokenhau-
ſen und Creutzburg, eigene Hauptleute zu ſetzen; an die Krone Schweden,
als Beſchuͤtzerin, und an den Papſt, im Namen der 3 Staͤnde des Kapitels der
Manſchaft und der Stadt, Sendeboten abzufertigen; dahin zu ſehen, daß der Or-
den der Kirche und den 3 Staͤnden Gnugthuung verſchaffe; dem monitorio poe-
nali zu folgen, im Fal der Orden ſich nicht vertragen wolle; den Rath aus allen
3 Staͤnden wehlen zu laſſen; alle bey des Erzbiſchofs Stephans Privilegien zu
ſchuͤtzen; die kaiſerliche Acht zu entkraͤften; alle erweisliche Schulden vom Erzbi-
ſchof Stephan, dem Propſte und dem Kapitel zu bezahlen; den Parteien Recht
zu ſchaffen, und ſich nach den Rathſchlaͤgen ſeines geſchwornen Raths und der Kir-
che zu richten; den Kokenhaͤuſern, die es mit dem Proſt gehalten, zu verge-
ben;
T t
[166]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1488ben; alle Staͤnde der Kirche zu Riga bey ihrem Herkommen zu erhalten; keiner
Partey etwas abzubringen; den Kirchenparten alle Anklage nachzugeben; dem
Kapitel das Schlos Suntzel, auch andern von Adel laut des monitorii ihre
Guͤter wieder zuzukehren; die kaiſerlichen Briefe uͤber die Regalien den Gliedern
der Kirche auszuantworten; und keine Amtleute, welche den Orden tragen, ins
Stift zu ſetzen. Riga, vom 2ten Merz.
Montags vor Eliſabeth verglich der Erzbiſchof die Krone Schweden
und den Ordensmeiſter wegen des Schadens und Geldverluſts mit einander, den
Schweden mit Einbuͤſſung vieler Leute in Liefland erlitten, daß kuͤnftig keiner
Forderungen mehr gedacht werde. Geſchehen zu Revel.
Am Michaelisabend uͤbertrug der Rath zu Riga die Kirche des heiligen
Geiſtes, gegen der Peterskirche uͤber, an die Franciſcaner der dritten Regel, un-
ter welchen Claus Schriner von Eppenſteen, Hans Wulf, Sywert
Holtſadel und Merten Oeſthoff die erſten Bruͤder waren. Der Bruͤder
durften nicht uͤber 13 ſeyn, ſie ſtunden aber unter den Franciſcanern von der er-
ſten Regel. Sie muſten im Fal eines Krieges die Schluͤſſel zu ihrer Pforte in der
Stadtmauer an die Stadt uͤberantworten, keine Kaufmanſchaft oder Handthie-
rung treiben, und auf ihre Koſten das Bolwerk auſſer der Stadt bauen, ſo weit
ihre Hoſte kehret. Die grauen Schweſtern von der 3ten Regel Franciſci ſollen
bey ihrer Aufnahme nicht unter 15 Jahr und nicht uͤber 30 Jahr ſeyn. Welche
unter 15 Jahren ins Kloſter gehen, bezahlen die Koſt. Zwey Stellen bleiben of-
fen zur Aufnahme der Buͤrgertoͤchter, wenn etwan auch eine oder die andre die
Welt verſchmaͤhen und GOtt dienen wolte.
Der Papſt Jnnocentius der IIXte erlaubte der Stadt Riga, ihrer ſchwe-
ren Ausgaben wegen, auf Meth, Wein und Bier eine neue Acciſe zu legen, von
der aber die Geiſtlichen und die ſo geiſtliche Vorrechte genieſſen ausgenommen
werden; er beſtaͤtigt ſie auch in dem Recht zu erben, wenn keine natuͤrliche Erben
oder kein Teſtament vorhanden, Maas und Gewicht anzuordnen und die Stadt-
bedienungen zu beſetzen; er ſpricht auch den Rath von allen Arten des Bannes
und der Kirchenzucht frey. Rom am 20ſten Junii.
Nachdem der Erzbiſchof von dem Orden Genugthuung erhalten, und ſelbi-
gem Vergebung ertheilet, gieng der Lerm mit der Stadt wieder an, welche den
paͤpſtlichen Ausſpruch nicht fuͤr guͤltig erkennen wolte. Der Biſchof von Revel,
1491Simon von der Borch, aber gab dem Erzbiſchof das Zeugnis, daß ſein Be-
richt in allen Artikeln wahr ſey, und der rigiſche Rath den apoſtoliſchen Stuhl
verachte. Simon nennet ſich, Biſchof von Revel, Jnnocentius des IIXten
und ſeines Stuhls Legaten de latere an die Reiche Daͤnnemark, Schweden,
Norwegen und ihre Gebiete, Nuncius und Orator an Preuſſen, Liefland,
Litthauen, die Staͤdte und Flecken in Semgallen und deren Nachbarſchaft,
gegeben zu Fegefeuer (Vegevuͤr). Bey ſo bewandten Umſtaͤnden muſte die
Stadt Riga alles uͤber ſich hergehen laſſen. Das Urtheil der Geiſtlichen in Sa-
chen des Ordens fiel fuͤr ſie hoͤchſt mislich und widerſinniſch aus, und ſie muſte ſie
dieſes Jahr ſich nicht allein eine bedenkliche Unterwerfung vorſchreiben laſſen, ſon-
dern auch das Jahr darauf den ſchon vernichteten kirchholmiſchen Vertrag be-
kant machen und von neuen genehmigen. Um den Loͤwen aus ſeinen Klauen ken-
nen zu lernen, wollen wir dieſen zu Wolmer errichteten ſchmaͤhligen Vertrag hier
ganz mittheilen c). Er war fuͤr die Stadt ſo gefaͤhrlich daß ſie ihn nicht auf die
Naͤhe
[167]Erzb. Mich. Hildebrand. zur Zeit der Reg. Joh. Freit. v. Loringhof.
Naͤhe kommen, ſondern ohne Aufnahme in dem Hauſe ſeines alten Herren das1491
Lager beziehen hies.
Zu
[168]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Zu Revel ward in Gegenwart des Ordensmeiſters ein Ausſpruch oder eine
Beliebung niedergeſchrieben, fuͤr Geiſtliche ſowol als Weltliche, daß welcher
Schuld-
c)
[169]Erzb. Mich. Hildebrand. zur Zeit der Reg. Joh. Freit. v. Loringhof.
Schuldner im Lande in Jahr und Tag, und auſſer Landes in 3 Jahren bey dem1491
Kaͤufer eines Gutes ſich nicht melde, oder ihn belange, ſelbiger alsdenn ſich an den
Ver-
c)
[170]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1491Verkaͤufer halten muͤſſe, und das Gut frey ſey. Wer 2 Briefe auf ein Pfand
verſiegelt, ſol aufs hoͤchſte gerichtet und geſtraft werden.
Der
[171]Erzb. Mich. Hildebrand. zur Zeit der Reg. Joh. Freit. v. Loringhof.
Der Papſt Alexander der VIte trug dem Prior von Duͤnemuͤnde die1492
Commißion auf, daß er den Zwiſt zwiſchen dem rigiſchen Rath und dem
oͤſel-
c)
[172]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1492oͤſelſchen Biſchof beilege, und keinem Theil die Appellation nach Rom erlaube.
Dieſer Lerm betraf die Einziehung der rigiſchen Stadtguͤter auf Oeſel.
Die
[173]Erzb. Mich. Hildebrand. zur Zeit der Reg. Joh. Freit. v. Loringhof.
Die Praͤlaten und Oberſten des Koͤnigreichs Schweden erklaͤrten ſich in1492
einem lateiniſchen Briefe vom 22ſten October aus Stockholm, daß dis
Buͤndnis, welches ihre Abgeſandten mit den Lieflaͤndern wider die Ruſſen ge-
troffen, unwiederruflich, bey gutem chriſtlichen Glauben, gehalten werden ſolte.
Die lateiniſche Urſchrift iſt vom erſten Jahre des Papſts Alexanders des VIten
unterzeichnet.
Montags vor Urbani verglich ſich der Erzbiſchof mit der Stadt. Er zahlte
fuͤr ihre aufgewandte Koſten 1000 Mark und gab ihr einen Brief von 100 Mark
nebſt 30 Mark an fuͤnfjaͤhriger ruͤckſtaͤndiger Zinſe zuruͤck, den Henrich Ronne in
ſeinem letzten im Namen der Stadt gegeben hatte. Auch wurden die Schwe-
den dafuͤr bezahlt, daß ſie den Thurm zu Salzmuͤnde eingenommen.
Der Ordensmeiſter Joh. Freytag gieng endlich den Weg alles Fleiſches
und ward in der St. Johanniskirche zu Wenden, nach einigen, am Palmſontag
recht fuͤrſtlich beerdiget. Seine Grabſchrift daſelbſt iſt: Jnt. Jar.XVII.deß.
mandageß. na. de. hilligen. Drevoldicheit. do. ſtarf. Her. Johan.
Fridach. van. Lorinkhoven. meſter. to. Liflant. duſches. Ordenß.
den. got. gnade.d).
Der
[174]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der drey und vierzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Wolther von Plettenberga).
Nach den auf ſeinem Leichenſtein angegebenen 44 Jahren ſeines Re-
giments ſolte man wol den Antrit deſſelben 3 Jahr fruͤher ange-
ben, wenn es andre Schwierigkeiten nur verſtatten wolten. Sein
weiſes gluͤckliches und langwieriges Regiment, nebſt der daraus
entſtandenen Ruhe und Aufnahme des Landes, macht dieſem loͤblichen Regenten
unter
d)
[175]Erzb. Mich. Hildebrand. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
unter allen Herren Meiſtern den wohlverdienten Beinahmen des Groſſen un-1494
ſtreitig. Die Stadt erkante ihn kurz vor Faſtabend fuͤr ihren Oberherrn und lei-1495
ſtete ihm den Huldigungseid. Nach geſchehener Wahl waren ſeine erſten Verrich-
tungen, daß er den Beſchwerden der Buͤrgerſchaft abhalf, Duͤnemuͤnde befe-
ſtigte, Wenden mit 3 ſtarken Thuͤrmen verſtaͤrkte, und dem bisherigen Natio-
naliſmus durch eine Verordnung das Ende machte, nach welcher die hoch deut-
ſche Nation allein in Preuſſen; die niederſaͤchſiſche und weſtphaͤliſche hin-
gegen blos in Liefland aufgenommen und befoͤrdert werden ſolte.
Die Ruſſen veruͤbten um Narva, Doͤrpt und Oeſel herum verſchiede-1499
ne Streifereien, daher die Staͤnde in Liefland beſchloſſen, mit des Czaars
Schwiegerſohn, dem Grosfuͤrſten zu Litthauen, Alexander, ein Buͤndnis
einzugehen, nach deſſen Beſchwoͤrung auch der Erzbiſchof Michael zu Riga, der
Biſchof Johan zu Oeſel, Johan Electus zu Doͤrpt, Nicol. Lemborch,
Dechant der Kirche Curland, und Joh. Freſe, bevolmaͤchtige des Biſchofs zu
Curland, desgleichen Wolter von Plettenberg Meiſter, Wilmer von
Delwich, Comtur zu Vellin, mit den Abgeordneten des Koͤnigs von Daͤn-
nemark, Schweden und Norwegen ein Buͤndnis eingiengen, daß einer dem
andern wider den Ruſſen beiſtehen und helfen ſolte. Geſchehen zu Walck auf
dem gemeinen Landtage, Donnerſtags nach Mariaͤ Geburt.
Die Lieflaͤnder hatten ſich in dem ſchwediſchen Kriege wider Rußland1501
ziemlich unparteiiſch aufgefuͤhret, nnd konten ſich daher keine ſonderliche Huͤlfe ver-
ſprechen. Der litthauiſche Grosfuͤrſt Alexander wurde an ſeines Bruders ſtat
zum Koͤnig von Pohlen erwehlet, welches Plettenbergen ungelegen kam, der
das Buͤndnis mit Pohlen eben ſo gefaͤhrlich hielt, als den uͤbereilten Frieden mit
Rußland. Er war alſo gezwungen ſeine eigene Macht zuſammen zu ziehen und
weder auf Schweden noch Litthauen zu warten. Plettenberg brach mit
ſeiner Macht von Vellyn auf, lagerte ſich zu Maholm, 3 Meilen von We-
ſenberg, 2 Meilen vom Strande und 12 von Narva, hoͤrte in der auf freiem
Felde ſtehenden Kreuzkapelle die Meſſe, grif die Ruſſen am 7ten Sept. Mor-
gens um 9 Uhr recht wuͤtend an, und trente ihre zahlreiche Reuterey, verfolgte
auch die Fluͤchtigen auf 3 Meilen, bis der Abend einbrach, und bauete auf der
Wahlſtat die Marienkirche zum Andenken des Sieges, den 4000 Reuter nebſt
einer ziemlichen Anzahl Lanzknechte und Bauren uͤber 40000 ihrer Feinde erfoch-
ten hatten, wobey das grobe Geſchuͤtz das Beſte gethan. Der Ordensmeiſter
that ſelbſt einen Zug nach Rußland, und zerſtoͤrte die Schloͤſſer Oſtrowa,
Kraſnowa, und Jſeburg, brante Jvanogrod ab, und erſchlug alles, was
ſich ihm widerſetzte. Doch Plettenbergen kam ein andrer Feind ins Lager,
nemlich die rothe Ruhr, weil es den Truppen an Salz gefehlet, und einige die
rohen und unreifen Fruͤchte zu begierig verſchluckt hatten, weswegen er mit ſeinen
Soldaten in die Winterlaͤger eilte, die aber nicht alle ſo weit kamen; indem viele
auf den Doͤrfern Pflege zn ſuchen genoͤthiget waren. Der Ordensmeiſter ſelbſt
konte kaum ſein Schlos erreichen. Der Erzbiſchof Michael, welcher im Treffen
Plettenbergen immer zur Seite geweſen, hielt ſich noch am maͤnlichſten, und
kam geſund und wohl behalten in Riga wieder an.
Die Ruſſen machten ſich dieſen Zufal der Lieflaͤnder, die nicht aus den1502
Betten ſteigen konten, zu Nutze, und thaten in der Faſtenzeit einen neuen Einfal.
Sie fanden weder Grenzwachen noch Vorpoſten, und alſo eine ofne Thuͤr das
ganze oͤſtliche Liefland zu uͤberfallen, wo ſie auch alles, was die Ruhr uͤbrig ge-
laſſen, mit der Schaͤrfe des Schwerdts aufrieben. Es ſollen, wie Venator will,
40000 Menſchen auf ſolche Art an der Ruhr geſtorben oder vom Feinde nieder-
gemacht und die andern in die Gefangenſchaft gefuͤhret ſeyn. Von feſten Schloͤſ-
X x 2ſern
a)
[176]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1502ſern wurde dismal keins erobert. Der Kneſe Alexander Opalinsky belagerte
zwar Helmet, er ſol aber von einen zum Entſatz herbey eilenden Haufen ſamt
1500 ſeiner Leute davor erſchlagen ſeyn.
Wie nun hierbey jeder auf Plettenbergs Geneſung hofte, und des Herrn
Meiſters Geſundheit wieder hergeſtellet war; ſo zog dieſer das zerſtreute Heer wie-
der an ſich, zahlte ihnen die Loͤhnung voraus, brachte 7000 Man Reuter, 1500
deutſche Fusgaͤnger, 5000 curiſche und lettiſche, auch etliche 100 eſtniſche
Bauren auf die Beine, verſahe ſich mit groben Geſchuͤtz, und nahm den Weg
nach Plescow zu. Zwey aufgefangene Ruſſen gaben die feindliche Macht auf
90000 Man an, die auch am 13ten September gegen die Lieflaͤnder anruͤckten,
und ſich in 12 Haufen zeigten. Die ſtarke Artillerie des Ordensmeiſters machte
unter den Ruſſen viele Unordnung, und ſollen von ihnen 40000 geblieben ſeyn,
da hingegen von Seiten der Lieflaͤnder nur 400 gemeine Soldaten, etliche Reu-
ter, ein Hauptman mit Namen Matthias Pernauer, ſein Bruder der Lieut.
Heinrich Pernauer und der Faͤhnrich Conrad Schwarz geblieben. Die-
ſer ungleiche Vortheil brachte die Ruſſen zum Weichen, das Ordensheer aber
ruhete 3 Tage auf dem Schlachtfelde aus, weil es zum Nachſetzen zu muͤde war b).
Doch
[177]Erzb. Mich. Hildebrand. zur Zeit der Reg. Wolthers v. Plettenberg.
Doch beide Theile ſehnten ſich nach dem Frieden, deſſen Bedingungen dem Czaar1503
mit der Poſt zugeſchickt wurden, welcher ſie auch gleich bewilligte. Die czariſchen
Geſandten kamen nach Giſelern, wo ſie der Herrmeiſter praͤchtig bewirthete.
Man hatte dabey die alten Kreutzkuͤſſungen zum Grunde gelegt, aus welchen der
Punkt von dem Zins des rechten Glaubens die Hauptmaterie war, den ſich der
Czaar um ſo viel weniger abſtreiten lies, je ſteifer ſeine Vorfahren darauf gehal-
ten, und ihn alſo unumgaͤnglich wolte beſtaͤtiget wiſſen. Zu Plescow ward
dieſer Friede unter Losbrennung der Stuͤcken und Laͤutung der Glocken, bekant
gemacht; und Liefland genos ſodann einer Ruhe von mehr als 50 Jahren. Die
Tractaten waren im Septemb. unterzeichnet. c)
Bey einer ſo dauerhaften Ruhe des Landes legte Plettenberg den aͤlteſten1504
Ordensrittern eine Walfahrt nach dem heiligen Grabe auf; unter dem Vorwande,
daß er in dem Treffen gegen die Ruſſen, ſelbige in eigner Perſon zu verrichten,
ſich bey der heiligen Jungfrau Maria anheiſchig gemacht, ſeiner Schwaͤchlich-
keit halben aber dieſe heilige Reiſe andern anpreiſen muͤſte. Allein die Ordensher-
ren waren gemaͤchlicher als ihr Meiſter. Sie bedienten ſich gleiches Rechts, zu
Hauſe zu bleiben und der Fruͤchte des Friedens zu genieſſen. Der einzige Com-
thur
b)
Y
[177]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
thur Rupert zu Vellyn erbot ſich zur Walfahrt, wenn man ihm den Character
eines Ordensgeſandten zugeſtehen wolte. Er gieng auch auf Koſten der Ordens-
kaſſe fort, und nahm den damaligen beruͤhmten Ordensſyndicus, Dionys Fa-
bri, als Worthalter mit ſich. Beide begaben ſich mit einer Bedeckung von 50
Reutern an den paͤpſtlichen und kaiſerlichen Hof, wo ſie Paͤſſe erhielten, und
nach einiger Zeit aus Jeruſalem gluͤcklich wieder in Liefland anlangten.
Der roͤmiſche Kaiſer Maximilian gab dem Ordensmeiſter auf drey Jahr
die Zolgerechtigkeit, vermoͤge welcher alle deutſche Schiffe von 1000 Fl. den
zwanzigſten Pfennig, von 10000 den 30ſten, von groͤſſern Summen den 40ſten
Pfennig zur Erholung der Staͤnde abgeben muſten. Die Ungehorſamen fallen
in Reichsarreſt und Oberacht, die Obrigkeit aber, ſo nicht daruͤber haͤlt, in
Strafe von 100 Mark loͤthigen Goldes. Gegeben zu Bruͤſſel, am 13ten
Sept. und wiederholet zu Mecheln, den 19ten Sept. Dergleichen Verſiche-
rung gaben auch vier Churfuͤrſten Freitags nach Cantate zu Oberweſel,
1506auf ihre Unterthanen, daß ſie in den lieflaͤndiſchen Haͤfen den Zol nach dieſer
kaiſerlichen Taxe erlegen ſolten.
Als Plettenberg durch dieſe ausgewuͤrkte Verordnung dem Lande gerathen
ſahe, ſo legte er ſich weiter auf die Verbeſſerung der Policey, und ſchafte die liefl. alt-
1507deutſchen Misbraͤuche mit Ernſt ab. Er verfaſte zu Wolmer, am St. Ja-
cobitage, in 11 Artikeln einen Befehl uͤber die Morgengabe und Begiftung
auf Hochzeiten, deren vornehmſter Jnhalt iſt: Die Braut ſol an Geſchmeide
nichts mehr erhalten als 10 Mark loͤthig, und niemand mehr beſchenken auſſer der
Braut und des Braͤutigams Mutter, jede mit einem Nobel, (Roſenobel) jede
von der Braut Schweſtern mit einem rheiniſchen Gulden, den Braͤutigam mit
einem Hemde, von Werth eines rheiniſchen Guldens, jeden Knecht mit einer
Mark; welche Verordnung doch nicht mit auf Harrien und Wierland aus-
zudehnen iſt, als deren Privilegien zu unwiederruflichen Zeiten aufs neue hiermit
beſtaͤtiget werden. Die Appellation in fremde Lande ward hart verboten*).
Die Staͤnde in Liefland ſandten ihre Boten Johan Hildorp, Meiſter
1509Johan Oldenſon, Kanzler, Johan Kammern und Karſten Soͤge,
an den Kaiſer und Herrn aller Reuſſen, Waßilie, mit welchem folgendes ver-
abredet ward. Die alten Kreuzkuͤſſungen bleiben in Wuͤrden. Die Kaufman-
ſchaft wird auf altem Fus getrieben. Die Lieflaͤnder verſprechen, mit Pohlen
und Litthauen kein Buͤndnis zu errichten. Die rußiſchen Kaufleute genieſſen
gute Aufnahme und allen Schutz. Die rußiſchen Kirchen in Liefland wer-
den reinlich und unbeſchaͤdigt gehalten, alles nach dem alten Gebrauch. Wie
dieſer Brief auf die Einwohner von Grosnogarden gerichtet iſt; ſo iſt zu
gleicher Zeit einer von eben dem Jnhalt fuͤr die plescowiſchen Ruſſen ausgeſtel-
let. Beide ſind unterzeichnet: Grosnogarden, den 25 Merz im 7017ten
Jahr d).
Der
[178]Erzb. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolthers v. Plettenberg.
Der Erzbiſchoſ Michael ſtarb bald darauf nach einer 25 jaͤhrigen Regierung,1509
am Abend Dorotheaͤ, und ward ſeinem Begehren nach zu Riga am Kreutz-
gange des Doms auf dem Kirchhofe beerdiget. Das Domkapitel erwehlte hierauf
am Sontage Jnvocavit den geweſenen Domdechanten, Caſpar Linde, zum
Erzbiſchof, welcher aus Cham in der Pfalz, oder, wie Chytraͤus lieber wil,
aus Weſtphalen gebuͤrtig war. Er holte zu Rom die Beſtaͤtigung unterm
23ſten May, kam am 5ten Septemb. in Riga wieder an, und wohnte Tages
darauf dem Leichenbegaͤngnis ſeines Vorgaͤngers bey. Er war ein Liebhaber vom
Bauen, verſahe die Schloͤſſer Kokenhauſen und Ronneburg mit hoͤhern
Mauren und gutem Geſchuͤtz. Marienhauſen fuͤhrte er von Grund aus neu
Y y 2auf,
d)
*)
[179]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1509auf, lies fuͤr die Kirchen viel Geſchmeide und Zierrathen machen, und ſchenkte
der rigiſchen Domkirche ein groſſes ſilbernes Marienbild. Bey allem dieſen
Staat lies er volle Magazine und Kaſſe nach, welches lauter Fruͤchte des Friedens
und der bluͤhenden Handlung waren. Der hohe Thurm zu Ronneburg, der
nachher einfiel, hies nach ſeinem Namen der groſſe Caſper.
Plettenberg unterzeichnete am Johannistagee) eine Einigung wegen
der Bauren, welche der revelſche Biſchof Gottſchalck Hagen mit ſeinen
geiſtlichen Herren und allen Comturen und Gebietigern von Eſtland, die von
Harrien und Wierland mit eingeſchloſſen, verabredet hatte. Sie enthaͤlt 17
Artikel, und wird darin den Hakenrichtern die Gerichtsbarkeit uͤber verlaufene
Bauren, Fuͤßlinge und Lostreiber mit uͤbertragen. Alle unter 30 Jahren Ver-
laufene werden an den Eigenthuͤmer eingeliefert. Wer ſeine Leute an Hals und
Haut richten wil, nimt zwey des Herrmeiſters Maͤnner dazu, denen das Land-
recht bekant iſt. Die Schweden bleiben bey ihrem alten Rechte. Der
Hakenrichter ſind nur zwey, einer in Harrien und der andre in Wierland,
die ſich deſſen nicht weigern duͤrfen bey 6 Mark Strafe, denen nachher der dritte
zu Jerwen beigefuͤget wird. Dieſe laſſen in angeſchuldigten Halsverbrechen den
Bauren das heiſſe Eiſen tragen; der Klaͤger ſetzt nach alter Gewonheit eine neue
Mark entgegen f).
Am
[181]Erzbiſch. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolthers v. Plettenberg.
Am Tage des heiligen Moriz publicirte er zu Vellyn auf Anſuchen der1510
eſtlaͤndiſchen Gebietiger in 6 Artikeln eine Landesverordnung, daß niemand zum
Scha-
f)
[182]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Schaden des lieflaͤndiſchen Rechts ſein Recht freventlich an auswaͤrtigen Orten
und auſſer Landes ſuchen, keiner auf die Gebietiger des Ordens, noch auf ehrli-
che Frauen und Jungfrauen uͤble Reden fuͤhren, keiner mit alten verlegnen Te-
ſtamenten dreißigjaͤhrige Beſitzer beunruhigen, fremde Sachen zum Nachtheil der
rechten Erben an ſich handeln, noch auf den Bierbaͤnken und in den Kruͤgen
Heimlichkeiten ausplaudern ſolle. Der Uebertreter ſol aufs hoͤchſte gerichtet wer-
den.
Der Ordensmeiſter hielt ſich in Tuckum auf, wo er Sonnabends nach
Bartholomaͤi die Verordnung unterſiegelte, daß, welcher gute Man ein
Haus in Goldingen habe und handle oder kriege, derſelbige auch buͤrgerliche
Abgaben tragen ſolle.
Donnerſtags nach Jubilate unterzeichnete der Herzog Bugslaff zu
Stettin fuͤr die Geſandten der Staͤdte Rige, Doͤrpt und Revel das Geleite
durch ſeine Lande.
Weil kein Erzbiſchof befugt geweſen, zum Schaden ſeiner Nachfolger ohne
paͤpſtliche Einwilligung Tafelguͤter zu veraͤuſſern, dem ohnerachtet aber der Erzbi-
ſchof Henning dergleichen gethan; ſo loͤſete der Erzbiſchof Caſpar um mehrerer
Sicherheit ſeines Gewiſſens willen die veraͤuſſerten Guͤter wieder ein, und unter
andern das Gut Audern, welches er vor 4000 Mark rigiſch erkaufte, und
wieder zur Tafel ſchlug.
Am erſten Dec. beſtaͤtigte der Papſt Leo der Xte alle Privilegien, welche
der deutſche Orden vom Honorius dem IIIten an bis auf ſeine und aller kuͤnfti-
tigen Paͤpſte Zeiten erhalten hatte, oder noch erhalten moͤchte. Die Hauptſumme
aller Privilegien wird unter jedem Papſt angefuͤhret. Ein unverwerfllicher
Beweis, daß das paͤpſtliche Anſehen in Preuſſen und Liefland ſehr gewanket.
Leo der Xte lies den Landmarſchal Johan Plater nach Rom fordern,
weil ſelbiger der Stadt die Guͤter Babat ſtreitig machen wolte. Die Stadt
erhielt
f)
*)
[183]Erzbiſch. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolthers v. Plettenberg.
erhielt ſie auf 7 Jahr, und die Einkuͤnfte wurden ſequeſtriret. Nach zwey1515
Jahren wurden gegen Quitung dem Kapitel 140 Mark, 33 Schillinge und 2
Pfennige, laut der wolmerſchen Abſprache, abgegeben.
Der revelſche Biſchof Johan von Blanckenfeldg), verglich ſich mit1516
dem Ordensmeiſter am Tage Petri und Pauli zu Wolmer auf den Fus, daß
alle geiſtliche Klagen kuͤnftig an die Biſchoͤfe verwieſen werden ſolten. Waͤre
auch ſelbſt Klage uͤber den Biſchof um Landguͤter und Bauerſachen, ſo muͤſte
das Loos den Ausſpruch thun, im Fal daß 8 Richter ſich daruͤber nicht vertra-
gen koͤnten.
Der Ordensmeiſter ſante ſeine Gevolmaͤchtigten nach Berlin, welche ſich1518
mit dem Hochmeiſter zur gemeinſchaftlichen Fuͤhrung des Krieges gegen Pohlen
verbanden. Kraft dieſes Vergleichs ſchickte Plettenberg einige von ſeinen Voͤl-
kern nach Preuſſen, deren etliche bey Barthenſtein von den Pohlen nieder-
gemacht, der Hauscomtur von Riga und der von Goldingen aber gefangen1520
genommen wurden.
Der Hochmeiſter, Marggraf Albrecht, beſtaͤtigte zu Koͤnigsberg auf
Michaelis den Mitgebietigern in Liefland, in Betrachtung ihrer bis-
herigen vielen Dienſte, die voͤllige Gewalt, ſich einen oberſten Gebietiger oder
Ordensmeiſter nach Belieben zu erwehlen, und nicht mehr zwey Perſonen in
Vorſchlag zu bringen, oder ſie dem Hochmeiſter zur Wahl vorzuſtellen, weil die-
ſer Zwang in Liefland immer viele Verdrieslichkeiten erreget hatte, und man
ſchon viermal davon abzuweichen gezwungen worden. Doch ſol der Candidat eine
tugendhafte verdiente Perſon vom Orden ſeyn, welche der Hochmeiſter ohne
Aufenthalt confirmiren wil. Hierbey iſt zugleich die Ceßionsacte aus Eſtland,
welche Ludw. von Erlinghauſen dem Orden in Liefland ausgeſtellet, voͤllig
transſumiret und erneuert, auch noch einmal der Beſitz der Lande Eſtland,
Harrien und Wirland, nebſt den Schloͤſſern und Staͤdten Revel, Narva,
Weſenberg und Tolsburg mit allem Zubehoͤr beſtaͤtiget worden. Unterſchrie-
ben haben nebſt vielen andern Friedrich Truchſes, Herr zu Waldburg, un-
ſer Compan, und Simon von Drache, Groscomtur h).
Die Kreutzkuͤſſung eines neuen Kaufmansfriedens geſchahe auch in dieſem1522
Jahr durch Johan Buck, Arend von Lohne aus Doͤrpt, wie auch durch
Johan Brandt und Johan Roͤtcher aus Revel, im Namen der 73
Staͤdte. Die Grenzen im Narvaſtrohme werden nach den alten Kreutzbriefen
beſtimmet. Die Nogarden geben fuͤr die Waaren, ſo aus den deutſchen
Schiffen in die Lodigen geladen werden, keinen Zol noch Wagegeld, und erhalten
auf Begehren Tolck (Dolmetſcher) und Wegweiſer. Die Deutſchen genieſſen
Z z 2in
[184]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1522in Rußland gleiche Freiheit, nur daß ſie kein Salz in Rusland fuͤhren. Die
auswertigen Geſandten haben freien Pas und Geleite. Ein Deutſcher, ſo ei-
nen Ruſſen an den Bart greift, iſt nach dem alten Rechte bruchfaͤllig.
Nach Verlauf des vor 14 Jahren getroffenen Friedens ward auch zu Ples-
cow ein neuer errichtet. Der rußiſche Kaiſer Waſili, die Fuͤrſten Alexan-
der Wolodemirewitz, Michael Waſilewitz und Peter Simonewitz,
nebſt den Elterleuten zu Plescow, bezeugen, daß von dem edlen Fuͤrſten zu
Liefland, Wolthern von Plettenberg, Boten gekommen, nemlich Timen
von der Borch, und Johan Lode, welchen auf 10 Jahr, nemlich von
7030 bis 7040, folgendes zugeſtanden worden: Keiner ſol auf der plescowi-
ſchen See in des andern Grenzen fiſchen, und kein Deutſcher auf dem Klit-
ſari Holm treten. Wer auf fremd Waſſer und Land trit, dem ſol man das
Leben nicht laſſen. Die Plescower koͤnnen in den Buͤſchen an der Embach
ihr Holz ungehindert hauen. Das alte, wie es Kaiſer Jvan und ſein Sohn
der Kaiſer Waſili angeordnet, bleibet ungeaͤndert. Die rußiſchen Kirchen
GOttes ſollen nicht beſchaͤdiget, das Geraubte aber derſelben nach der Kuͤſſung
des Kreutzes erſtattet werden. Welcher Deutſche dem Plescower ſeinen
Bart ausrauft, ſol hart geſtrafet werden. Jvan Conſtantinowitz, Herr-
meiſter *) zu Grosnogarden, hat ſich noch unterſchrieben. Die Siegel des
Czaars, Erzbiſchofs und des Ordensmeiſters ſind angehengt; Plettenbergen
aber wird der Titel des Vorſtenmeiſters beigeleget.
Nachdem GOtt in Deutſchland durch ſein geſegnetes Ruͤſtzeug D. Mar-
tin Luthern, das Licht des Evangelii angezuͤndet hatte, ſo drang der Glanz
deſſelben auch in Liefland, und zeigete nach ſo langer Finſternis eine angenehme
Morgenroͤthe. Man hatte ſich nach dem Anbruch dieſes Tages lange geſehnet,
allein viele waren daruͤber hingeſtorben, indem der Papſt ſo wol, als die Bi-
ſchoͤfe in Liefland, die Unterſuchung der herſchenden Misbraͤuche der Religion,
auf ſo vielfaͤltige Beſchwerden der Buͤrgerſchaft und anderer redlich geſinten Leute,
auf ein algemeines Concilium ausſetzte, welcher Punkt ſeit vielen Jahren in allen
Huldigungsbriefen und oͤffentlichen Landesreceſſen war verſprochen worden. Bey
den Greueln aͤrgerlicher Menſchenſatzungen, hatten die aus Riga kein Herz
mehr ihre Kinder den Moͤnchen zur Unterweiſung anzuvertrauen, und ſchickten
ſelbige auf die damals beruͤhmte Schule zu Treptow in Pommern, woran Jo-
han Bugenhagen und Andreas Knoͤpken, zwey treue evangeliſche Lehrer,
als Arbeiter ſtunden. Der caminſche Biſchof, Eraſmus Manteufel, ver-
jagte dieſe wuͤrdigen Bekenner der unverfaͤlſchten Lehre Chriſti und ſeiner Apoſtel;
daher Knoͤpken mit ſeinen Schuͤlern ſich nach Riga wandte, und ſeinen Bru-
der Jacob Knoͤpken, einen rigiſchen Domherren beſuchte. Man berief ihn
gar bald zum Archidiaconus an die Peterskirche, in welcher er am 23ten Octob.
1522 ſeine Antritspredigt hielt. Seine Beſcheidenheit und ſein ſanftmuͤthiger
Sinn erweckte ihm bey den Buͤrgern Liebe und Zuneigung, und ſelbſt bey denen
eine Hochachtung, die aus beſondern Abſichten mit ihrem Beitrit zur evangeli-
ſchen Kirche an ſich hielten. Einige nennen ihn mit Grunde den rigiſchen
Apoſtel, deſſen ſchoͤne Kirchengeſaͤnge vol Geiſt und Glauben ſind, wovon unter
vielen andern das herrliche Lied: HErr Chriſt, der einige GOttes Sohn,
zum Beweiſe dienet. Er lies ſich ſo gar mit den Moͤnchen in eine Diſputation
ein, welche unter Beiſitz und Schutz des Buͤrgermeiſters Conrad Durkop,
in dem Chor der Peterskirche gehalten wurde, wobey er vielen Ruhm erhielt.
Dieſen
[185]Erzb. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Dieſen erwuͤnſchten Anfang unterbrach ein Zufal, welchen jedoch die goͤttli-1522
che Regierung zur weitern Befoͤrderung der reinen Reiligion zu lenken wuſte.
Knoͤpken erhielt aus Roſtock einen Mitarbeiter, der eine Erbſchaft von ſeinem
Bruder zu heben ohngefehr angekommen war. Dieſer war Sylveſter Teget-
meier, ein Mann von groſſer Beredſamkeit, geweſener Prediger an der Jaco-
bigemeine zu Roſtock; welcher den erſten Advent ſeine erſte Predigt uͤber Luc.
XIX, 6 in der Jacobikirche gehalten. Seine zu hoch geſpanten Ausdruͤcke und
uͤbertriebenen Redensarten von der evangeliſchen Freiheit, und von dem Goͤtzen-
tand und Misbrauch der Bilder, wurden von dem gemeinen Mann noch unrich-
tiger verſtanden, welcher daraus Anlas zu vielen Ausſchweifungen nahm, ſeinen
Eifer an den Bildern auslies, die Leichenſteine zerbrach, und dadurch bey andern,
die vielleicht noch zu gewinnen geweſen waͤren, viel Aergernis anrichtete i). Sei-
ne Amtsgaben machten ihn indeſſen doch zu einem brauchbaren Manne, wie ſein
eigner Aufſatz von ſeinen merkwuͤrdigen Lebensumſtaͤnden bezeuget k).
Der-
A a a
[186]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Dergleichen Verfahren muſte bey dem Erzbiſchof Caſpar ein groſſes Auf-
ſehen machen. Er verwarf nicht nur die Bitte des Raths, welcher ihm vorſtelte,
um des Heils ſo vieler Seelen willen ſelbſt eine Reformation vorzunehmen, ſon-
dern ſandte auch heimlich drey Monche an den kaiſerlichen Hof, die bey dem kai-
ſerlichen Statthalter, Marggraf Philip zu Baden, einen Befehl auswuͤrkten,
daß in Riga alles, bey Strafe der Oberacht, in vorigen Stand ſolte geſetzt
werden. Die Rigiſchen paſten dieſem unaluͤcklichen Boten auf der Ruͤckreiſe
auf; und weil der eine bereits zu Duͤnemuͤnde ans Land getreten, ſo holtenſie
die beiden andern vom Schiffe, von denen einer uͤber ein Jahr im Gefaͤngnis ſas,
der andre Burchard Waldis aber nach etlichen Wochen los kam, weil er nicht
mehr Luſt zur catholiſchen Religion hatte. Der Schloshauptmann zu Riga,
Hermann Hoyte, ſandte eine Knotenpeitſche l) auf das Schwarzehaͤupterhaus,
und lies daſelbſt der verſamleten Buͤrgerſchaft anſagen, dieſe Karbatſche gegen
die Pfaffen und Moͤnche zu brauchen, wenn ſie Friede haben wolten. Die Cle-
riſey zog aber lieber am Charfreitage mit fliegender Fahne und harten Drohworten
freiwillig aus der Stadt, kam aber, als der erſte Schrecken voruͤber war, einer
nach dem andern in aller Stille wieder zuruͤck.
Dieſe ſo geſchwind zuruͤck gekommenen Pilger lagen dem alten Erzbiſchof
Caſpar ſo lange in den Ohren, bis er ſichs gefallen lies, den doͤrptiſchen
Biſchof Johan zu ſeinem Coadjutor zu nehmen, wogegen doch die Stadt auf
des Erzbiſchofs Anfrage einwandte: wofern der neue Stuhlfolger nicht ange-
lobte, die Lehre des reinen Evangelii zu beſchuͤtzen, ſo waͤre ſie nie geſonnen, ihn
fuͤr ihren Erzbiſchof zu erkennen und anzunehmen.
Die Ritterſchaft that dieſes Jahr dem Verkauf verſchiedener Guͤter in die ſa-
mende Hand, durch eine zu Lemſel aufgerichtete Vereinigung Einhalt, ſo ihnen
gleich
k)
[187]Erzb. Caſpar Linde. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenderg.
gleich darauf durch obrigkeitliches Anſehen verſichert worden. m). Der Erzbi-1524
ſchof gieng auf Petri und Pauli aus dem Getuͤmmel zu ſeiner Ruhe, und ward
A a a 2im
[188]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1524im Chor des Doms, am Abend Kiliani, unter einen meßingenen Grabmal
begraben. Jhm folgte alſo ſein erwehlter Coadjutor, bisheriger 8 Jahr regieren-
der Biſchof zu Revel und Doͤrpt, Johan Blanckenfeld, von Geburt ein
Berliner, welcher Doctor und Profeſſor der Rechte auf der Univerſitaͤt zu
Frankfurt an der Oder geweſen, und ſich bey einem hohen und herrſchſuͤchtigen
Geiſte zu den Ehrenſtellen, die er bekleidete, empor geſchwungen. Er dachte
ſich durch ſem Anſehen mit einer vorher uͤberſandten ſeichten Beſtaͤtigung aller ri-
giſchen Privilegien, die Pforten der Stadt zu eroͤfnen, und begehrte auch die
Erſtattung zweier Kirchen. Jn Lemſel ſetzte er den Stadtprediger aus dem
Dienſte. Jn ſeiner Reſidenzſtadt Kokenhauſen verjagte er ſo gleich die beiden
Prediger Bernhard Bruͤgmannen, Paul Bloshagen, und den Rector
der Schule Gisbert Schoͤslern, da er doch den Kokenhaͤuſern alle Reli-
gionsfreiheit verſichern laſſen. Aus dieſem Betragen lernten die zu Riga den
Erzbiſchof kennen, und wandten ſich an ihren beliebten Herrn Meiſter, dem ſie
mit Ausſchlieſſung des Erzbiſchofs allein die Huldigung leiſteten, und ſich ver-
pflichteten, mit ihm gegen alle Einſprache gemeinſchaftliche Sache zu machen.
Blankenfeldds doppelte Botſchaft wieſen ſie zuruͤck, woruͤber den Domherren in
Riga der Muth dergeſtalt entfiel, daß ſie mit Sack und Pack heimlich weggien-
gen, auch das Geſchuͤtz von dem Thurm und den Mauren hinter ſich nachkommen
laſſen wolten, welches aber der Rath hinderte, und alle liegende Gruͤnde, Haͤu-
ſer, Muͤhlen, oder was ſonſt bey der Stadt lag, ſequeſtrirte, den Domher-
ren aber doch freies Gewerbe in der Stadt zu treiben erlaubte.
Jn
[189]Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Jn Revel trieben die redlichen Knechte GOttes, Zacharias Haſſe, Jo-1524
han Lange und Heinrich Boͤckhold, das Werk des Evangelii mit vielem
Segen; ſo wurden auch die Einwohner auf Oeſel gegen die reine Lehre geneig-
ter, und nahmen ſich derſelben mit ſonderbarem Eifer an.
Der oͤſelſche Biſchof Johan Kiewel begnadigte ſein Land mit dem ſo be-
ruͤhmten Freiheitsbriefe, welchen er am Donnerſtage nach Luciaͤ zu Hapſal ver-
ſiegelte. Der weitlaͤufige Jnhalt deſſelbigen laͤuft auf folgende kurzgefaſte
Punkte hinaus. Die Tafelguͤter fallen nach dem Lehnrechte wieder ans Stift.
Der Adel iſt frey vom Aufgebot, und kan ſeine Guͤter nach Belieben verkaufen.
Das gnadenreiche Wort GOttes und des heiligen Evangelii wird nach Jnhalt
des neuen und alten Teſtaments gelehret, wie es Chriſtus ſelbſt geprediget. Der
Biſchof wil gute Paſtoren auf den Kirchſpielen verordnen, die alda ihren unter-
thaͤnigen Schaͤfgen, den armen Bauren, den chriſtlichen Glauben lehren, das
heilige Evangelium predigen, und den Kirchſpielen ſonder einige Beſchatzung,
Redlichkeit thun. Die Ritterſchaft praͤſentirt fromme und gelehrte Leute dazu,
welche nach ihrer Verhoͤrung vom Biſchof und Kanzler wohl beſtaͤtiget werden und
auf den Paſtoraten bleiben, ſo lang ſie nuͤtzlich ſeyn. Der Biſchof und das Ka-
pitel koͤnnen zu Rechte geladen werden, es mus aber durch vier geſchworne Raͤthe
des Kapitels, und 10 Geſchworne von der Ritterſchaft geſchehen, doch behalten ſie
ſich die Appellation an den roͤmiſchen Kaiſer vor. Jeder bindet ſeine Waffen ab,
wenn der Feind gebannet und man vor Gerichte iſt. Die Praͤbenden bleiben
bey denen von Adel auf ewig, ſie muͤſſen aber auch ihre Kinder fleißig zur Schule
halten. Die Ritterſchaft iſt der Warte und Wache frey, darf aber nicht auſer-
halb Landes dienen. Der grauſame Mord und Todtſchlag wird peinlich beſtra-
fet. Zuletzt verſpricht der Biſchof dieſen Brief auf Pergament auszuſtellen, den
man in Ermangelung deſſelben itzo auf Papier geſetzet. Kaiſer Carl der Vte be-
ſtaͤtigte ihn am 30 Octob. 1527 zu Speier, auf Erſuchen der oͤſelſchen Dom-
herren, Georgs von Ungern, von Puͤrkel und Johan Balcks zu Oeſel.
Ein gleiches that das Jahr darauf auch der Erzbiſchof Georg von Tieſenhau-
ſen zu Hapſal, am Tage Mariaͤ Reinigung. Der Biſchof nennet ſich aus
Gnaden der kaiſerlichen Majeſtaͤt in der Wyck und auf Oeſel Fuͤrſt.
Der rigiſche Erzbiſchof Blanckenfeld war bisher vom Herzog Albrecht1525
in Preuſſen angegangen worden, deſſen Bruder, den Marggraf Wilhelm
von Brandenburg, bisherigen Domherrn der Stifte Mainz und Coͤln, zu
ſeinem Coadiutor in Vorſchlag zu bringen. Wilhelm ſtelte ſich auch auf dem
Landtage zu Wolmer mit vortreflichen Empfelungsſchreiben ein, in Hofnung,
daß ihm viele Stimmen zu Theil werden ſolten. Allein die Religionsſtreitigkeiten
hinderten alles, und der Marggraf muſte viele Jahr auf die Coadiutur das Nach-
ſehen haben, weil ſelbſt der Erzbiſchof in Verdrus kam. Denn Blancken-
felds uͤbermuͤthiges Betragen und unzeitiger Eigenſin zog ihm den Has des ge-
ſamten Volks auf den Hals, ſo daß an ſeinem Ungluͤck nichts mehr fehlte als die
Beſchuldigung eines heimlichen Verſtaͤndniſſes, welches er mit den Ruſſen haben
ſolte. Man ſprengte aus, er habe den Czaar aufgehetzet, die Evangeliſchen we-
gen Niederreiſſung der griechiſchen Kirche abzuſtrafen, und deswegen mit den
Doͤrptiſchen und dem Orden anzubinden. Kaum hatte man angefangen dieſes
auszuſtreuen, als die doͤrptiſche Ritterſchaft von der Partey ihres Biſchofs ab-
trat, und ſich der biſchoͤflichen Schloͤſſer bemaͤchtigte. Der Adel des Erzſtifts fand
es fuͤr noͤthig, ſich Blanckenfelds eigner Perſon zu verſichern und nahm ihn
Freitags vor Weihnachten zu Ronneburg in Verhaft, alwo er uͤber ein halb
Jahr auf ſeine Freiheit wartetete. Doch kam Blanckenfeld dismal noch gut
von Wolmer weg*).
Frei-
[190]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Freitags auf Fabian und Sebaſtian trug der Hochmeiſter Albrecht dem
ehrwuͤrdigen und geiſtlichen Herrn Wolter von Plettenberg, oberſten Gebie-
tiger in Liefland in Betrachtung ſeiner dem preußiſchen Orden geleiſteten
Willigkeit, Guͤte und Treue die voͤllige Oberherſchaft uͤber Wirland, Har-
rien und Allentaken auf, wobey zugleich die vorigen Abtretungsacten beigele-
get und mit verſiegelt ſind, geſchehen zu Memeln).
Den
[191]Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Den Unterthanen beſagter Provinzen ſchickte er aus Presburg den Befehl1525
zu, dem Herrn Meiſter allein zu huldigen, und erlies ſie ihres bisherigen Eides;
von welchem Handel die Urkunden auf dem Hofe zu Alp von dem revelſchen
Biſchof Georg tranſſumiret worden, Donnerſtags nach Valentini in eben dem
Jahr. Der Abt Eberhard von Padis empfieng von Plettenbergen die Be-
ſtaͤtigung aller hochmeiſterlichen Privilegien ſeines Kloſters, Revel, Montags
nach Laͤtare, an welchem Tage alle eſtlaͤndiſche Privilegien von dem Meiſter
im Beiſeyn des Landmarſchals, Johan Plater anders genant von dem Broͤle,
des vellinſchen Comturs, Robert Grave, des revelſchen, Didrich
Bock, des jerwiſchen Vogts Joh. Clodt*) und des Comturs zu Goldin-
gen, Gerdt von der Bruͤggeno), beſtaͤtiget worden.
Nach-
[192]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Nachdem Plettenberg in Wenden angekommen, ſchickte die Stadt Ri-
ga ihre Abgeordnete dahin, mit Erſuchen, ſie von der Bedingung des kirchhol-
miſchen Vertrags zu befreien, vermoͤge welcher ſie bisher dem Erzbiſchof mit
hul-
o)
[193]Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
huldigen muͤſſen. Sie erkennete den Ordensmeiſter fuͤr ihren rechten natuͤrlichen1525
und einigen Landesherrn, dem ſie allein ſchwoͤren wolten. Dagegen verſichert
Plettenberg mit den buͤndigſten Ausdruͤcken, die Stadt bey der Lehre neues und
altes Teſtaments zu ſchuͤtzen, ihre Privilegien von neuem zu beſtaͤtigen, nnd ſie
bey des Cardinal Biſchofs von Modena, Wilhelms, Grenzeinrichtungen ge-
gen alle Anſpruͤche zu ſchuͤtzen. Er erlies ihr nicht nur den kirchholmiſchen
Vertrag, ſondern uͤbergab auch der Stadt die Guͤter Titiger. Sontags nach
Bartholomaͤi, unter 36 Siegeln. Hierdurch erhielt die Stadt alle zwiſchen dem
Kapitel und ihr ſtreitige Guͤter, und ſahe es fuͤr ihren geiſtlichen und zeitlichen
Vortheil an, ſich allein an den Herrnmeiſter zu halten. Er beſtaͤtigte es auch zu
Riga, am Tage Matthaͤi des Apoſtels.
Doͤrpt hatte in dieſem Jahr das Ungluͤck, bey dem Segen des Evangelii
durch einen Schwaͤrmer verfuͤhret zu werden, der mit erſtaunlicher Verwegenheit
die gefaͤhrlichſten Haͤndel unternahm und der Sache GOttes viele Laͤſterungen zu-
zog. Dieſer war ein ſchwaͤbiſcher Kuͤrſchner, der aus Wittenberg kam. Er
hies Melchior Hofmannp), und nante ſich nur den armen Laienpelzer, hin-
ter
[194]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1525ter welcher Demuth aber 7 Teufel ſteckten. Er gab ſich fuͤr Luthers Schuͤler aus,
hielt in Doͤrpt am Frohnleichnamstage Winkelpredigten, brachte einige junge
Kaufgeſellen auf ſeine Seite und lies ſich durch dieſe neu geſamlete Gemeine in der
Schloskapelle zu U. L. Fr. auf die Kanzel ſetzen. Gleich den naͤchſten Sontag
darauf jagten dieſe verfuͤhrten Neulinge die Prieſter und Saͤnger aus der Kapelle,
riſſen die Bilder herunter, und verbranten ſie auf dem Markt. Hierauf wandte
ſich der Schwarm nach der Johanniskirche, brach die Orgel in Stuͤcken, und
ſchlepten die Bilder mit zum Scheiterhaufen. Von hier ranten dieſe Stoͤrer zum
Dominicanerkloſter, gaben den Moͤnchen den Laufzettel und lieſſen ihnen weiter
nichts als ihre Gebetbuͤcher mit nehmen. Nun kam die Reihe ans Minoriten-
kloſter, wo ſich der Pater Gardian mit den Moͤnchen vorher aus dem Staube
gemacht hatte. Endlich gieng es uͤber das Nonnenkloſter Franziſcanerordens
her, wobey doch nur den Nonnen angedeutet wurde, daß diejenigen, ſo ordentlich
heirathen wolten, bleiben koͤnten; auch erhielt ein jeder das Buͤrgerrecht, welcher
die Moͤnchskutte ablegte. Jn dieſer Blindheit vergrif man ſich auch an der grie-
chiſchen Kirche, und weil dergleichen zu Riga und Revel ſchon vorhin geſche-
hen, wurde der Czaar von Rußland ſo empfindlich, daß er in die Worte aus-
brach: Wenn der Papſt und Kaiſer ihre Pfaffen ſo uͤbel tractiren laſſen, ſo wol-
len wir es doch an unſrer Religion nicht leiden, und dieſen Bilderſtuͤrmern den
Krieg ankuͤndigen, ſo bald die Friedensjahre verlaufen ſeyn werden. Kurz nach-
her zog dieſer unruhige Kuͤrſchner etliche hundert gemeine Leute zuſammen und wol-
te die Domherren, welche man ihres Standes wegen bisher geſchonet, ebenfals
zu Paaren treiben. Sie ſtiegen alſo den Domberg hinauf, alwo ſie der Commen-
dant mit 13 ſeiner Trabanten erwartete, aber auch ſo unſanft empfieng, daß ih-
rer 4 blieben, 20 verwundet wurden, und die uͤbrigen den Ruͤckweg vom Berge
mehr herunter ſtuͤrzten als liefen. Bey ihrer Ankunft in die Stadt zogen ſie die
Sturm-
p)
[195]Erzb. Blankenfeld. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Sturmglocken, jeder lief ins Gewehr, ſie fanden aber den Befelshaber nicht zu1525
Hauſe, weil er ſich auf die biſchoͤfliche Reſidenz verſteckt hatte. Der Poͤbel brach
mit deſto groͤſſerer Furie in die Kirche ein; und da gieng es uͤber die armen Bilder
her. Nach deren Zerſtuͤmmelung gab man in den Haͤuſern der Domherren alle
Eswaaren preis. Zuletzt ward dieſer Lerm mit den Domherren in ſo weit vergli-
chen, daß dieſe in ihrer Kirche den Gottesdienſt ungeſtoͤrt verrichten ſolten. Der
Rath gab an ſeinem Theil ſcharfen Befehl, daß kein Buͤrger bey Strafe 10 Mark
in der Domkirche Meſſe oder Predigt hoͤren durfte, welches auch 30 Jahr hinter-
einander genau beobachtet worden. Man ſchonte auch des Nonnenkloſters auf
dem Dome, in Betrachtung, daß viele Standesperſonen des Landes in ſelbiges
aufgenommen ſeyn.
Freytags vor Johannis zog man den gefangenen Erzbiſchof Blanken-1526
feld aus ſeiner gefaͤnglichen Haft zur Verantwortung auf dem Landtag zu Wol-
mer, alwo er nunmehr aus einem gelindern Thon redete, auch verſchiedene Be-
dingungen eingieng, die er aber nachher wieder umgeſtoſſen. Er lies auch eine
Proteſtation nach, that aber in eigener Perſon eine Reiſe zu dem Kaiſer Carl
den Vten nach Madrit. Allein als er nur noch vier Meilen von Placenz, oder
2 Tagereiſen von Madrit war, ward er von der Ruhr befallen, und muſte den
9ten Novemb. ſterben q). Der Kaiſer beklagte ſeinen Tod, daß ein ſo vornehmer
Praͤlat nach der langwierigen hoͤchſt beſchwerlichen Reiſe ihn nicht ſprechen ſollen.
Doch lies er ſich deſſen bey ſich habende Briefſchaften vorlegen, in welchen das Ka-
pitel zu Riga den coͤlniſchen Dompropſt, Herzog Georgen von Braun-
ſchweig und Luͤneburg zum Poſtulaten, und den kaiſerlichen Vicekanzler, Balzer
Waldkirchen zum doͤrptiſchen Biſchof vorgeſchlagen hatte. Kaiſer Carl1527
ſchickte ſeinen Gevolmaͤchtigten nach Liefland, die Unruhe beizulegen, die Lief-
laͤnder in Religionsſachen aufs algemeine Concilium zu vertroͤſten und den Her-
zog Georg nachdruͤcklich zu empfelen, dabey er alles verwarf, was der Erzbiſchof
zu Wolmer gezwungener Weiſe verſprechen muͤſſen. Allein in Liefland litten
es weder des Ordens noch der Stadt Vortheil, Geiſtliche anzunehmen, deren
Verwandſchaft ſo hoch und ſo maͤchtig war; und von des Kaiſers gnaͤdigem Regi-
mente ſtund zu glauben, daß er in Gewiſſensſachen dem Lande keinen Zwang an-
thun werde. Man ſchritte alſo den 8ten Sept. zur neuen Wahl, und nahm des
geweſenen rigiſchen Buͤrgermeiſters und Erzvogts Johan Schoͤnings Sohn,
C c c 2Tho-
[196]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1527Thomas Schoͤning, geweſenen Dechanten zum Erzbiſchof. Das Stift
Doͤrpt wehlte eines daſigen Buͤrgers Sohn Johan Beyen zu ſeinem geiſtlichen
Haupte. Doch beide waren keine in ihrem Vaterlande ſonderlich beliebte
Propheten.
Der neue Erzbiſchof Thomas befand ſich unterdeſſen in Deutſchland,
wo er den vom Kapitel poſtulirten Herzog Georg mit Gelde befriedigen ſolte;
worein die rigiſchen Domherren leicht willigten, indem Plettenberg ihnen beim
Magiſtrat die Erſtattung ihrer verlornen Guͤter auszuwirken verſprochen hatte.
Bey ſeiner Zuruͤckkunft drang er auf die Erfuͤllung, mit der es aber langweilig
zugieng, ſo, daß Plettenberg daruͤber vors ſpeierſche Kammergericht gela-
den wurde.
Am 6ten Jul. uͤberreichten die erzbiſchoͤflichen Raͤthe den kaiſerlichen Befehl
von Einraͤumung der Stiftsguͤter, welcher nebſt den Vorſtellungen des Biſchofs
zu Doͤrpt den Ordensmeiſter bewog, daß er die wolmerſchen Haͤndel mit
Blanckenfelden auch fuͤr unguͤltig erkante, dem Erzbiſchof die halbe Gerichtbar-
keit uͤber Riga wieder uͤberlies, beim Herzog Albrecht aber die Poſtulation ſei-
nes Bruders zum Coadiutor zu hintertreiben ſuchte. Die Stadt willigte im Au-
guſt zu Dahlen auf einer Zuſammenkunft in die Zuruͤckgabe der Stiftsguͤter,
wolte aber dem Erzbiſchof, als einem Paͤpſtler, keine Gewalt uͤber die Kirchenſa-
chen zugeſtehen, ſondern ſich bey der evangeliſchen Lehre geſchuͤtzet wiſſen, wozu
D. Johan Brismann von Koͤnigsberg von Seiten der Stadt verſchrieben
war r). Doch da die Cleriſey nicht nachgab, ſo wurde auf Unterhandlung etli-
cher Fuͤrſten wegen der Unkoſten, des Schadens und anderer unausgemachten
Punkte auf beiden Seiten ein Anſtand von 2 Jahren genehmiget. Die verſam-
leten Biſchoͤfe und der Ordensmeiſter nahmen Sonnabends nach der Apoſtel Thei-
lung zu Wolmer ſichere Abrede, wie es nach Thomaͤ Tode mit der Stuhlfolge
ſolte gehalten werden. Der Erzbiſchof war dabey in vielen Artikeln uͤbergangen,
auch nicht einmal gegenwaͤrtig.
Carl der Vte lies durch den maͤynziſchen Cardinal Albert, als Erzkanzler,
durch den Vicekanzler Waldkirch und den Secretair Alexander Sweich am
5ten Auguſt zu Augſpurg Plettenbergen das wichtige Diploma uͤber alle
lieflaͤndiſche Vorrechte in den nachdruͤchlichſten Ausdruͤcken ausfertigen, und
unter andern die freie Meiſterwahl, die Zoͤlle, Acciſe und Einkuͤnfte dem Orden
in Liefland vergewiſſern. Der Rath der Stadt Luͤbeck hat Montags nach
Remigii dieſes Diploma noch daſſelbe Jahr in einem Tranſſumt aufgenom-
men ſ).
Ob
[197]Erzb. Thom. Schoͤning. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Ob nun gleich die Ritterſchaft und Staͤnde gegen den neuen Coadiutor1530
Wilhelmen proteſtirten, daß er ohne ihre Einwilligung und wider die aufge-
richteten Receſſe erwehlet worden; ſo fand ſich Wilhelm dem ungeachtet ein,
und nahm Mitwochs nach Michaelis von dem Schloſſe Ronneburg Beſitz.1531
Auſſer dem behielt er auch noch die Schloͤſſer Schmilten, Pebalg, Serben,
Wainſel, Lemſel und Salis. Der Erzbiſchof Thomas aber behalf ſich
mit Treyden, Uxkuͤl, Lennewarden, Kokenhauſen, Creutzburg, Lau-
don, Seswegen, Schwanenburg, Marienhauſen und Lubant).
Carl
[198]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Carl der Vte ertheilte am 16ten Jul. zu Bruͤſſel Georgen von Ungern
Herrn zu Puͤrkel den gar anſehnlichen Gnadenbrief, worin et ihn, ſeine Haus-
frau, Kinder, Schloͤſſer, Guͤter, Leute und Unterthanen in ſeinen und des heil.
roͤmiſchen Reichs Vorſorge, Schutz und Schirm nimt, dem Beleidiger aber
20 Mark loͤthigen Goldes zur Poen aufleget.
Jn
[199]Erzb. Thom. Schoͤning. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Jn Revel ward der groſſe Thurm Kiek in de Koͤke gebauet. Die Stadt1532
verlor durch eine anſteckende Seuche bey 2000 Einwohner, durch eine unvermu-
thete Feuersbrunſt aber ihr ſchoͤnſtes Kloſtergebaͤude und die Kirche der Moͤnche.
Jn Riga hatten die Stadtgemeinen das Ungluͤck, daß in ihres Eltermans Kar-
ſten
t)
[200]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1532ſten Schlottmakers Hauſe die Buͤcher der Gildeſtube ſamt allen Privilegien
auſſer den Schragen in einem ploͤtzlichen Brande eingeaͤſchert wurden. Am 4ten
Merz ſuchte der Erzbiſchof den verlegenen Tractat zu Kirchholm vor, und ver-
langte die Huldigung von der Stadt, wozu ihm die Staͤnde behuͤlflich zu ſeyn ver-
ſprachen.
t)
[201]Erzb. Thom. Schoͤning. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
ſprachen. Als der zweijaͤhrige Stilſtand im Auguſt vorbey war, berief er die Ri-1532
giſchen nach Kokenhauſen, die ſich auch einfanden, aber ohne vorher aus-
gemachte Sicherheit der evangeliſchen Religion von keiner Huldigung etwas
wiſſen wolten. Jm October ward dieſe Handlung noch einmal zu Dahlen
vorgenommen, wo ſich die von Riga mit der auf dem Convent zu Nuͤrnberg
vom Kaiſer zugeſtandenen Gewiſſensfreiheit ſchuͤtzten, durch welche die vorigen
Befehle des Kaiſers ſo lange aufgehoben waͤren. Der Erzbiſchof ſteckte ſich hin-
ter den Ordensmeiſter, dem er ſchon Montags nach Oculi die Beſtaͤtigung des
wolmerſchen Receſſes ausgeſtellet. Die Stadt lief hierbey Gefahr, und verſi-
cherte ſich alſo von neuem aller Haͤuſer der Domherren, des Biſchofes, und der
Stiftsguͤter, die ſie vor 2 Jahren nach Jnhalt des kaiſerlichen Befehls zuruͤck ge-
geben hatte. Sie ſchickte auch ihrem Anwald Joh. Hofman zu Speier den
Verlauf der Sache zu, mit der Anweiſung, daß er ſich auf den im roͤmiſchen
Reiche bekant gemachten Religionsfrieden beziehen ſolte. Die Stadt ſelbſt ſuchte
immittelſt die Aufnahme in den ſchmalkaldiſchen Bund, und erhielt vom Koͤ-
nig Fridrich von Daͤnnemark die Beſtaͤtigung aller Privilegien ſeiner Vorfah-
ren in daͤniſchen Landen, dafuͤr ſie ihm nach langen Bedenklichkeiten ein Schif und
ein Fahrzeug mit Kraut und Loth, Proviant und Bootsleuten unter dem Seeca-
pitain Cord Durkop zuſchickten. Der Koͤnig verlangte von der Stadt 5 Or-
logſchiffe, die er im Sunde mit Manſchaft beſetzen wolte. Durkop lag uͤber
4 Wochen im Sunde, weil ihm der Wind entgegen war, und kam alſo zu ſpaͤte;
weil Fridrich den verjagten Koͤnig Chriſtiern ſchon in Norwegen gefangen
bekommen hatte. Gleichwie die deutſchen Fuͤrſten der Religion wegen zuſam-
men getreten waren, ſo machten es in dieſem Jahr, am Donnerſtag nach Chriſti
Beſchneidung, auch die Staͤnde in Liefland. Plettenberg ſelbſt und die vor-
nehmſten des Adels verbanden ſich mit dem Rath und der Buͤrgerſchaft in Riga
bey der reinen Religion alten und neuen Teſtaments zu bleiben und fuͤr einander
zu fechten. Der Marggraf Albrecht, Herzog in Preuſſen, nahm die Rigi-
ſchen als ſeine Bundesgenoſſen um des heil. Evangelii willen in genauen Schutz,
davon ſich 2 chriſtliche Vereinigungen finden. Wilhelm von der Pahlen, ge-
nant Fleck, Comtur zu Windau, verband ſich mit dem Rath zu Riga der aug-
ſpurgiſchen Confeßion wegen, welches ſo gar die Ritterſchaft des Erzſtifts Ri-
ga nachmachte: da denn jeder Theil dem andern huͤlfliche Hand zu leiſten verſprach,
im Fal er dem Religionsfrieden zuwieder angefochten werden ſolte, Riga am
Dienſtage nach Pauli Bekehrung n).
Der Coadiutor konte aus des Erzbiſchofs Begegnung ſein kuͤnftiges Schick-
ſal bereits abnehmen, und nahm daher den Ruf der wickiſchen Ritterſchaft zu
ihren Biſchof mit beiden Haͤnden an, obgleich der Ordensmeiſter und der Erzbi-
ſchof
E e e
[202]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1532ſchof ihm ſolches im Ernſt wiederriethen. Er trat alſo in die Stelle des abgeſetz-
ten Reinholds von Buxthoͤveden und ſchrieb ſich nunmehro: „Wir von
GOttes Gnaden Wilhelm des erzbiſchoͤflichen Stifts Riga, confirmirter Coad-
iutor und Succeſſor, poſtulirter Herr des Stifts zu Oeſel, und Marggraf zu
Brandenburg‟. Hierdurch machte ſich dieſer ſonſt kluge Herr noch fuͤrchterli-
cher, und ſeine Gegner wandten alles dran, ſeine wohlgemeinten Abſichten zu
hintertreiben.
Das Stift Doͤrpt und deſſen Biſchof Johan verbanden ſich Donnerſtags
nach Pauli Bekehrung mit dem Ordensmeiſter gegen alle Gewalt und Wider-
waͤrtigkeit deſto veſter. Plettenberg drang darauf, daß Wilhelm am 1ſten
April zu Wenden verſprechen muſte, die Religion nach der heil. Schrift zu ver-
kuͤndigen, des ungebraͤuchlichen Scheltens ſich zu enthalten, keinen Krieg anzu-
zetteln, keinen auswertigen Potentaten in ſein Jntereſſe zu ziehen, die freie Wahl
und Poſtulation den Staͤnden nicht zu hindern, und vornehmlich ſeine erſte Zuſage
bey ſeiner Ankunft ins Land beſtens zu beobachten.
Der alte Plettenberg ſchickte auch nach eingeholter Einwilligung des deut-
ſchen Ordensadminiſtrators, Walters von Groͤnberg, ſeine Bevolmaͤchtigten,
den Vogt zu Roſiten, Dietrich von Galen und Dietrich Schneebergen
an den roͤmiſchen Koͤnig Ferdinand mit Erſuchen, daß ſein Landmarſchal Her-
man von Bruͤggeney ihm noch bey ſeinen Lebzeiten als ſein Nachfolger und
Meiſter beſtaͤtiget wuͤrde. Der Koͤnig Ferdinand ertheilte ihm auch am 8ten
Jul. zu Wien die Beſtaͤtigung daruͤber, und zwar im Namen des Kaiſers ſeines
Bruders. Da dieſe aber auch fuͤr Hermannen von Bruͤggeney um die Be-
lehnung der Regalien anhielten, ſchlug es Ferdinand am 9ten Jul. ab, und er-
bot ſich aber ſo bald ſie beſſere Volmacht haͤtten, oder ihm von Plettenbergs
Tode ein Schein vorgezeiget wuͤrde, dem Herrn Meiſter das Lehn und die Re-
galien gern zu reichen w).
Der
[203]Erzb. Thom. Schoͤning. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
Der Coadiutor Wilhelm ſuchte mit Ernſt den Verdacht von ſich abzuleh-1533
nen, den man bisher gegen ſeinen hohen Stand gefaſſet, und verband ſich daher
mit den Staͤnden, mit geſamten Kraͤften uͤber den Schriften alten und neuen Te-
ſtaments zu halten, das Wort GOttes lauter verkuͤndigen zu laſſen, und die Jr-
lehrer
w)
[204]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1534lehrer nach dreifacher vorgaͤngiger Ermahnung gebuͤhrlich zu beſtrafen. Den Ver-
gleich unterzeichneten die Herrn Henrich von Tulen zu Jerwen, Hinrich
von Galen zu Goldingen, Joh. von der Recke zu Marienburg, Loff
von Loh zur Pernau, Joh. von Ekell zu Duͤneburg, Melchior von
Gahlen zu Karkus, Juͤrgen von Hoyten zu Dobbelehn Comture. Ebert
von Schuren Hauscomtur, Kerſten von Roſen, Meyneke von Schier-
ſtaͤdt Hofmeiſter, Herr Matth. Unverfehrt Domherr, Joh. von Tieſen-
hauſen Hauptman, Heinrich von Ungern, Jurgen von Roſen zur Nabbe,
Reinhold von Roſen, Heinrich von Tieſenhauſen, Wolf von Schier-
ſtaͤdt und Wolf Loß des Erzſtits Riga. Juͤrgen von Ungern Herr zu
Puͤrkel, Hr. Johan Lode Domherr, Otto Yxkuͤl zu Fickel des Stifts
Oeſel. Hartwig Plater, Lorenz Schungel, Joh. Bockhorſt Raͤthe.
Hr. Paul Dreling, Hr. Hinrich Ulenbrock Buͤrgermeiſter, Conrad Dur-
kop Rathsfreund, Mag. Joh. Lohmuͤller Syndicus und Joh. Tiſeler Se-
cretarius, Verordnete der Stadt Riga. Der Propſt Heineman Rode ent-
ſchlos ſich auch zu einem guͤtlichen Vergleich mit dem Rath zu Riga, deſſen Guͤ-
ter ſo wie die erzbiſchoͤflichen in Sequeſter blieben; wie er ſich denn nicht gegen die
Sache des Evangelii auflehnen durfte.
Zur Befoͤrderung des Handels gab Plettenberg zu Wenden an Petri
und Pauli Abend die Straſſe nach Litthauen von Riga nach dem langen Stei-
ne, von da auf die Rekow, von der Rekow auf die Muͤſſe, von der Muͤſſe
auf die Ekow, von da nach Bauskenburg bis uͤber die Grenze in Litthauen
frey. Der Termin wird von Michaelis an auf 3 Jahr gerechnet. Ueber das
geſetzte werden keine Pferde ausgebracht. Kein Deutſcher und Litthauer darf
ein Pferd uͤber 14 Meilen, kain Bauer uͤber 10 Meilen uͤber die Grenze fuͤhren,
oder ſol daſſelbige miſſen. Dem Vogt zu Bauskenburg wird fuͤr jedes gekauf-
te Pferd 12 Schilling und dem Tolk 2 Schillinge entrichtet. Kein Schiespulver,
Kraut, Loth, trockne und ſalzige Fiſche duͤrfen uͤber die Grenze gefuͤhret werden.
Geſchenkte Guͤter gehen frey heraus, und alles kan ohne Bedenken herein kommen.
Die Muͤſſe ſtehet jedem zum Durchzuge offen.
Am 21ſten November langte der Coadiutor Wilhelm als poſtulirter oͤſel-
ſcher Biſchof in der Wyk an, und beſahe ſeine neue Domkirche zu Hapſal.
Er nahm die Schloͤſſer Lode, Leal und andre Stiftsguͤter in Beſitz, ob ihm
gleich
w)
*)
[205]Erzb. Thom. Schoͤning. zur Zeit der Reg. Wolther v. Plettenberg.
gleich in Riga keine lange Dauer dieſer Wuͤrde prophezeiet wurde, indem der al-1533
te Biſchof Reinhold ſich nach Arensburg auf das Schlos begab, weil ihm
die Ritterſchaft auf Oeſel zugethan blieb, und ſeinem Nachfolger in Ha-
pſal die Behauptung dieſer Stelle ziemlich ſchwer machte. Wilhelmen
ward dieſe Art ſich ins Amt zu dringen von jederman uͤbel ausgelegt. Der Erz-
biſchof Thomas ſelbſt trat mit den Biſchoͤfen zu Doͤrpt, Curland und Re-
vel am 13ten Febr. zu Fellin zuſammen, lies ſich auch mit dem Ordensmeiſter1534
und deſſen Landmarſchal genauer ein; indem beliebet wurde, daß keiner des Sei-
nigen gewaltthaͤtiger Weiſe beraubet werden ſolte, wenn es nicht nach ordentli-
chem Rechte geſchaͤhe, und es alle Herren und Staͤnde auf einem algemeinen
Landtage bewilliget haͤtten. Bey ſich eraͤugnenden Empoͤrungen und Unruhen
verſprachen ſie ſich gemeinſchaftlichen Rath und Beiſtand. Wolte der Marggraf
Wilhelm nach endlicher Schlichtung und Beilegung des oͤſelſchen Zwieſpalts
mit in dieſes Buͤndnis treten, ſo ſol es ihrer fuͤrſtl. Gnaden ungeweigert frey und
offen ſtehen. Dieſe Verordnung machte dem oͤſelſchen Biſchof Reinhold Luft,
der die Wyk mit einigen Kriegesvoͤlkern beſetzt hielt und Wilhelmen von Hap-
ſal wegzuziehen noͤthigte, zumal da der wykiſche Adel die Huldigung zu leiſten
Bedenken trug. Wilhelm fand bey ſeiner Zuruͤckkunft auch da die Gemuͤther
gegen ihn kaltſinnig, welche geſamte Widerſetzlichkeit ſamt dem eilfertigen Abzug
aus der Wyk, und der daraus erfolgten Geringſchaͤtzung ſeiner Perſon und Ga-
ben weder ſeinem Willen noch gnaͤdigen Betragen, ſondern blos der Hoheit ſeiner
Geburt und der Hitze ſeiner Raͤthe zuzuſchreiben war.
Am Sontag Oculi nahm der durch ſeine Froͤmmigkeit ſowol als durch alle1535
einen Regenten zierende Eigenſchaften warhaftig groſſe Wolter von Plettenberg
ſeinen Abſchied aus dieſer Welt und gieng unter vielen groſſen Bemuͤhungen fuͤr
das Wohl des Landes zu ſeiner Ruhe x). Jhm folgte
Der vier und vierzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Herman von Bruͤggeney genant Haſenkampa).
Am Freytage nach Mariaͤ Magdalenaͤ unterzeichnete derſelbe, nebſt
dem Landmarſchal Hinrich von Galen und dem goldingiſchen
Comtur Ernſt von Moͤnninckhuſen, den Huldigungsbrief an die
Stadt Riga. Er preiſet darin die goͤttliche Vorſehung, daß er
noch bey Lebzeiten ſeines Vorgaͤngers in das Meiſteramt eingeſetzet worden. Der
Stadt giebt er auf Anſuchen ihrer ſtatlichen Botſchaft aus dem Rath und der Gemei-
ne die Erlaubnis zu huldigen, mit beigefuͤgter Eidesformel. Dagegen gelobet er an,
die Lehre des Evangelii und alle buͤrgerliche Freiheiten nachdruͤcklich zu ſchuͤtzen,
und die ſchaͤdlichen Gebaͤude zu Neuermuͤhlen weg zu ſchaffen. Dem alten Doͤm-
dechanten Joh. Norbeck wird bey deſſen lebendigen Tagen eine Vicarie beſtan-
den,
F f f
[206]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1535den, nach deſſen Tode dieſelbe nebſt andern Seelmeſſen der Stadt uͤberlaſſen wird,
ſie zur Ehre GOttes zu gebrauchen. Er erlaubet den Wall zwiſchen der Sand-
und Jacobspforte feſter zu bauen, verbietet alle Vorkaͤuferey, laͤſt den an der
Stintſee angeſeſſenen Stadtbauren die Holzung in dem Ordenswalde frey, und
kein Buͤrger darf ohne Haupturſache gefangen oder arreſtiret werden. Die Stadt
behaͤlt die Wedde zu ihrem Selbſtnutz, dafuͤr ſie jaͤhrlich auf Jacobi dem Haus-
comtur zu Riga 100 Mark zu entrichten hat. Die Straſſe nach Litthauen
uͤber Bauske bleibet noch 4 Jahr offen.
Jn Eſtland entſponnen ſich zwiſchen dem Adel und der Buͤrgerſchaft recht ge-
faͤrliche Mishelligkeiten. Am Tage Mariaͤ Heimſuchung nahm Bruͤggeney zu
Revel die Huldigung an, worauf ihn die Stadt auf dem Rathhauſe mit einem praͤch-
tigen Gaſtmal bewirthete. Jn dem dabey gehaltenen Turnier gelung es einem
jungen Kaufgeſellen, daß er einen Landjunker aus dem Sattel hob, woruͤber die
Buͤrger ihr Vergnuͤgen zu ausgelaſſen bezeugten, und dadurch die ſchon vorher em-
pfindlichen Gemuͤther des Adels in noch groͤſſere Hitze brachten. Denn die Stadt
hatte ein Jahr zuvor einen gewiſſen Johan Uxkuͤl, Herrn von Rieſenberg,
durch ihren Boten Schroͤder in Verhaft nehmen laſſen, weil er einen von ſei-
nen Bauren erſchlagen, deſſen Verwandten ihm das Geleite geſperret. Ja ſie
lies ihm gar am 7ten May 1535 zwiſchen den Stadtthoren den Kopf abſchlagen,
ob er gleich ein ziemlich anſehnliches Loͤſegeld darbot. Dieſes Unterfangen nun
kam dem Adel bey dem Thurniere wieder in friſches Andenken, es kam zu Strei-
chen, und einige waren ſchon wirklich toͤdlich verwundet. Die Wuth machte ſie
gegen das Verbot des Herrn Meiſters blind und taub, ob er gleich mit Hut,
Brod und Teller unter die erhitzten Parteien zum Fenſter herunter warf. Nur
der wackere Thomas Fegeſack, Buͤrgermeiſter der Stadt, redete den Laͤrmenden
ſo nachdruͤcklich zu, daß der Tumult ſich legte, wobey er ihnen die Vertroͤſtung
gab, daß alles gruͤndlich unterſucht werden ſolte. Wie nun der Adel nach erhal-
tenem nicht angenehmen Beſcheide dem Ordensmeiſter Parteilichkeit vorwarf, wur-
den einige in Verhaft genommen, die alles Widerſpruchs ohnerachtet einige Jahr
ſitzen muſten. Dieſe Haͤndel griffen zwar noch weiter um ſich, wurden aber durch
das kluge Betragen des Ordensmeiſters nach und nach gluͤcklich abgethan b).
Am
[207]Erzb. Thom. Schoͤning. zur Zeit der Reg. Herman v. Bruͤggeney.
Am Michaelistage unterſchrieben der Erzbiſchof, ſein Coadiutor, die uͤbri-1537
gen Biſchoͤfe ſamt dem Ordensmeiſter und dem Landmarſchal zu Wolmer einen
Reces, in welchem ſie ſich zur Ehre GOttes verbindlich machen, die Kirchen im bau-
lichen Weſen zu erhalten, ſelbige mit tauglichen Perſonen zu beſetzen, alle Untu-
genden abzuſchaffen und unter ſich Friede und Einigkeit zu halten. Der fellin-
ſche vor 3 Jahren geſchloſſene Reces wird zum Grunde gelegt. Jeder Stand
behaͤlt das freie Wahlrecht. Die Kleiderbulle und der kirchholmiſche Vertrag
bleiben in ihren Wuͤrden. Die Geiſtlichen duͤrfen ihre Guͤter an keine weltliche
Hand bringen; keiner ohne der Staͤnde Mitwiſſen Krieg anfangen; Fiſchwerk,
Ochſen, Pferde und allerley Proviant ſol nicht zum Nachtheil des Landes nach
Deutſchland, Rußland oder Litthauen verfuͤhret werden; niemand ſol bey
Verluſt ſeiner Waaren einen ungewoͤhnlichen Weg reiſen, oder ungewoͤhnliche
Kruͤge halten. Bauren und Undeutſche ſollen mit der Kaͤuferey nichts zu thun
haben; kein Bauer darf Geld auf die Hand nehmen, Waaren aufzukaufen. Die
Erbbauren werden von den Herrſchaften ausgeantwortet. Weil endlich der Marg-
graf ſich mit in dieſe Vereinigung begeben, ſo verſehe er ſich des Beſten, daß wie
er gegen die Staͤnde, alſo auch die Staͤnde gegen ihn allen Verdacht und Arg-
wohn werden fahren laſſen.
Am Sonnabend nach heil. drey Koͤnige ſchickte Bruͤggeney den Landmar-1538
ſchal Heinrich von Galen, den vellinſchen Comtur Joh. von der Recke, den
Vogt zu Jerwen Heinrich von Teile, die Herren Joh. von Brockhorſt,
Hartwich Plater, Peter Robel und Wolter von Plettenberg als Com-
miſſarien nach Eſtland, die zu Weiſſenſtein einen Vergleich zwiſchen der Rit-
ter- und Buͤrgerſchaft in Revel trafen. Der revelſche Comtur hatte Andreas
Deken und ſeine Soͤhne auf Befehl des Ordensmeiſters in Beſtrickung genom-
men, welches der Adel dem revelſchen Rath zur Laſt legte, und daher drohete
die Buͤrger in Stuͤcken zu zerhauen. Beide Theile erklaͤrten ſich zur gemeinſchaft-
lichen Befriedigung, welche von dem Ordensmeiſter, Montags nach Mariaͤ Em-
pfaͤngnis, zu Wolmer ihre Beſtaͤtigung erhielt. Und in einem beſondern Geſetze
ward die Laͤſterung der hohen Obrigkeit aufs haͤrteſte verboten.
F f f 2Am
[208]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Am 11ten Febr. gab Kaiſer Carl der Vte den Herren Meiſtern das Privile-
gium uͤber die Regalien, welche dieſelben 4 Jahr nach angetretenem Meiſteramte
empfangen ſolten; und am 28ſten dieſes Monats einen verſiegelten Brief, in wel-
chem der Kaiſer der Entlegenheit der Laͤnder wegen fuͤr Liefland den Erzbiſchof
zu Coͤln, die Herzoge zu Sachſen, die Marggrafen zu Brandenburg, den
Erzbiſchof zu Bremen, den Biſchof zu Muͤnſter und Osnabruͤgge, alle Her-
zoge zu Julich, die Herzoge zu Braunſchweig und Luͤneburg, Mecklen-
burg, Stettin und Pommern nebſt der Stadt Luͤbeck zu Conſervatoren
und Handhabern auf 6 Jahr ernennet. Beide ſind gezeichnet zu Barcinone,
(Barcellona).
Der Stadt Goldingen ertheilte Bruͤggeney zu Riga, am Dienſtage
nach Laurentii, denjenigen Brief, der ſie mit Wenden und Wolmer in allem
gleich macht, auch ihr alle Wochen einen gemeinen Markt zu halten verſtattet.
Der Erzbiſchof Thomas ſegnete auf ſeinem Schloſſe Kokenhauſen, am
Tage Laurentii, das Zeitliche, und ward den Sonnabend darauf in daſiger
Pfarrkirche begraben. Die Rigiſchen drungen ſo gleich auf die Beſetzung des Ha-
fens, welche ihnen der Ordensmeiſter zugeſtand. Sie zogen die 4 Kloͤſter der Mino-
riten, der Dominicaner, der Franziſcaner, und der Benedictinernonnen
bey der St. Catharinenkirche, welches 1251 geſtiftet worden, auf einmal ein, und
bemuͤhten ſich indeſſen um die Aufnahme in den ſchmalkaldiſchen Bund, ver-
ſagten hingegen dem neuen Erzbiſchof Wilhelm die Huldigung und Wiederer-
ſtattung der Domguͤter, bis ihnen hinlaͤngliche Sicherheit wegen der Religion
ausgeſtellet wuͤrde. Dem Domkapitel ſelbſt war wegen der Wankelmuͤthigkeit
des Coadiutors in der Religion bange: da aber auf dem Reichstage zu Regen-
1540ſpurg alle Beiſorge gehoben wurde, erkante es dieſen Wilhelm, Marggrafen
zu Brandenburg, in der erzbiſchoͤflichen Wuͤrde ohne die geringſte Schwierigkeit
fuͤr ſein Oberhaupt.
Die Ritterſchaft des Stifts Doͤrpt hatte ihre Erbſchaftsprivilegien durch
einen Dechanten, dem ſie dieſelben anvertrauet, von Handen kommen laſſen, da-
her ſie ihrem Biſchof Johan anlag, ihre Gnade zu erneuren und zu vermehren;
welche denn auch der Biſchof unterm 16 December in Doͤrpt auf folgende Punk-
te ausſtelte. Die Soͤhne erben die vaͤterlichen und muͤtterlichen Guͤter, und in
deren Ermangelung erben die Toͤchter. Die berathene Tochter erbet nicht, ſo
lange Soͤhne und unberathene Toͤchter vorhanden ſind. Die unberathenen Toͤch-
ter erben auch nicht, ſondern werden von den Soͤhnen abgefunden nach ihrem
Vermoͤgen. Toͤchter gehen, wo keine Soͤhne ſeyn, unter ſich in gleiche Thei-
lung. Der berathenen Schweſter Kinder theilen ſich ins vaͤterliche und bruͤderli-
che Erbe ihrer Mutter in gleiche Theile. Der unbeerbten Frau bleibet alle fahren-
de Habe, Hausgeraͤthe, Kleinodien, und alles Korn im Hofe, was aber auſſer
den 4 Pfaͤlen iſt, bleibt bey den Erben. Doch ſitzt ſie Jahr und Tag im Genus
der Guͤter, bis ſie nach geſetzten Terminen ihre eingebrachte Morgengabe zuruͤck
empfaͤnget. Bey dem erſten Termin raͤumet ſie Hof und Gut. Wird ihr die
Morgengabe nicht entrichtet, ſo bleibt ſie ſo lange im Gute ſitzen. Die Hausfrau
mit Kindern erbet Kindestheil, zu ihrer Leibzucht aber das vorraͤthige Korn im
Hofe und was an Winter- und Sommerſaat faͤlt. Die Guͤter eines unbeerbten
Mannes fallen an die naͤchſten Freunde maͤnlichen und weiblichen Geſchlechts.
Wenn den Einwohnern der Stadt Doͤrpt auf dem Lande an Ritterguͤtern etwas
zuſtirbt, ſo ſollen ſie nach Jnhalt der Gnade davon nicht ausgeſchloſſen werden.
Die Ritterſchaft hat freie Hand, Guͤter zu kaufen und zu verkaufen. Alle Jahr
wird ein Manntag gehalten. Keiner von Adel wird gefaͤnglich eingezogen, wenn
nicht die offenbare That vor Augen iſt. Die ritterliche Hand ſol ſein Buͤrge ſeyn.
Der Abt Gerhard und das ganze Convent des Gotteshauſes Valckena wird
bey allen Privilegien geſchirmet und gehandhabet. Dieſes alles verſpricht der Bi-
ſchof
[209]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Reg. Herman v. Bruͤggeney.
ſchof als Landesfuͤrſt bey ſeinen fuͤrſtlichen Ehren zu halten. Donnerſtags nach1540
Luciaͤ, mit dem biſchoͤflichen und des Kapitels Siegel.
Durch das Jawort des Domkapitels ward indeſſen des Erzbiſchofs Sache bey1541
den andern Staͤnden nur verſchlimmert. Die Ritterſchaft in der Wyk und
Oeſel erklaͤrte ſich durch ihren Adminiſtrator den Biſchof von Curland, daß ſie
laut der Receſſe ſich von den andern Staͤnden nicht abſondern, ſondern mit ihnen
und dem Herrn Meiſter leben und ſterben wolte. Der Biſchof Arnold zu Re-
vel erwehnet gar in einem verſiegelten Briefe, daß man bisher die Laͤnder dem
roͤmiſchen Reiche zu entziehen und fremde Regenten einzufuͤhren bemuͤhet gewe-
ſen; weswegen er ſich mit an den Kaiſer zu wenden gemuͤßiget werde, den Herrn
Meiſter dergeſtalt zu begnadigen, daß kein Auslaͤnder oder anderer zu einigem
Stift oder obrigkeitlichen Amte erhoͤhet werde, es geſchehe denn mit Bewilligung
des ganzen Ordens.
Sontags nach Aller Heiligen empfieng die Stadt Riga den ſo lange geſuch-
ten Bundesbrief, welchen der Churfuͤrſt Joh. Friedrich zu Torgau ſelbſt ver-
ſiegelt, wobey die Abſchrift des ſchmalkaldiſchen Bundes nebſt der zehnjaͤhrigen
Verlaͤngerung deſſelben angehaͤnget iſt. Weil die Stadt um die feierliche Auf-
nahme in daſſelbe Buͤndnis bey den Bundeshaͤuptern fleißige und dienſtliche An-
ſuchung gethan, und zu Luͤbeck ſchon 1400 Fl. erleget, die man bey der groſſen
Anlage zu Braunſchweig berechnet, ſo haben alle Bundesgenoſſen vermoͤge
des arnſtaͤdtſchen Abſchiedes darein gewilliget; hingegen erklaͤret ſich auch die
Stadt, ſich mit Zuſetzung Leibes und Gutes dem Verſtaͤndnis gemaͤs zu be-
zeigen c).
Jn Riga lies der Rath eine in 20 Punkten abgefaſte neue Kriegs- und Feu-1542
erordnung bekant machen. Jn Revel verglichen ſich Donnerſtags nach Oculi
der Biſchof ſamt den Herren Gebietigern und der Ritterſchaft wegen des ſo ge-
nanten Sendekorns, welcher Vertrag ein Jahr nachher auf Johannis ſo weit
ausgedehnet wurde, daß der Biſchof und ſein Kapitel das Sendekorn gaͤnzlich erlies.
Jn dieſes Jahr faͤlt die kurz vorher in den Anmerkungen gemeldte Commiſ-1543
ſion zwiſchen der Ritterſchaſt und den Buͤrgern in Revel. Nach 8 Jahren be-
ſchickten die Rigiſchen den wolmerſchen Landtag, um dem Ordensmeiſter
Bruͤggeney nach angenommenem Habit des ritterlichen Ordens, dem Jnhalt der
Kleiderbulle zu Folge, die Huldigung zu leiſten. Weil aber die Bevolmaͤchtigten
nicht gehoͤrig unterrichtet waren, ſo ſolte zu dieſer Handlung um Johannis oder
Jacobi ein eigner Tag beſtimmet ſeyn, an welchem der Meiſter ſich perſoͤnlich in
Riga einfinden wuͤrde. Der revelſche Comtur Remmert von Scharen-
berg verliehe dem Kloſter Padis und deſſen Abte Eberhard die Gewalt, alle
Miſſethaͤter durch deutſche und ehrliche Unterſaſſen richten zu laſſen; weil durch
die Verſchreibung der Richter aus Revel und ihrer langſamen Ankunft viele Ver-
brecher Zeit zum Entwiſchen bekommen. Gegeben am Tage Laurentii.
Der alte Koͤnig von Pohlen Sigismund der Iſte ſchrieb mit eigner Hand1544
an die Stadt Riga, daß dieſelbe dem Erzbiſchof die Domkirche, den Minoriten-
Nonnen und andern Orden aber die Guͤter wieder einraͤumen moͤchte: da aber
die Verſicherung wegen der Lehre des Evangelii nicht mit uͤberſandt wurde, ſo wol-
te die Stadt erſt naͤhere Sicherheit erwarten. Jndeſſen bewilligte der Koͤnig das
Anſuchen des Landes, daß zwiſchen Litthauen und Liefland eine richtige
Grenze gezogen wuͤrde.
Don-
G g g
[210]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Donnerſtags nach Laͤtare traten die Staͤnde des Landes aus eigener Bewe-
gung zu Wolmer zuſammen, um ihre Gebrechen zu wandeln, und wieder in gute
Ordnung zu bringen, auf welchem Landtage nachſtehende Artikel beliebet und nie-
dergeſchrieben wurden. Weil das Land durch uͤberfluͤßige Bekoͤſtigung, Kindel-
biere, ſeidene Kleidung, Begiftigung und andre Unkoſten in Theurung und Ver-
derb geſetzet wird, ſo ſol jeder von Adel in ganz Eſtland ſeine Tochter nach ſeinem
Vermoͤgen berathen. Den unbeerbten Witwen werden auf 400 Mark Mitgabe,
800 Mark Morgengabe, doch in Terminen, zugelegt, und ſo nach Proportion.
Niemand ſol ſeiner Tochter aufs allerhoͤchſte mehr denn 10 Mark Silbers, wor-
unter das Hauptgeſchmeide mit begriffen iſt, mit geben. Ein Aermerer giebt we-
niger. Die beſtickten und belegten uͤberfluͤfligen ſeidenen Roͤcke ſamt allen theu-
ren Geſchmeiden, Perlen, Silber und Unzengolde werden bey Maͤnnern und
Frauen abgeſchaffet. Stat der geſtickten Kragen mag jeder von Adel ſeiner Toch-
ter eine guͤldene oder ſilberne Kette mit geben. Den Frauen und Jungfrauen
wird an Muͤtzen und Legeperlen, ſonderlich den Jungfrauen ein beſtickter Perlen-
kragen zu tragen zugelaſſen. Der Braͤutigam giebt ſeinem Vater, Bruder und
Diener ferner hin nichts denn Hemden mit weiſſen geneheten Kragen, ohne alle Per-
len oder Gold. Die Frauen in Weichbilden und Pfalzen duͤrfen ſich den Adli-
chen nicht gleich kleiden bey wilkuͤhrlicher Strafe. Allen andern unzuͤchtigen und
mit Warheit beruͤchtigten Weibesperſonen, ſonderlich den Meyerinnen iſt nicht
nachgelaſſen, ſich den ehrlichen mit Kleidung und Geſchmeide gleich zu zieren, oder
auch in loͤbliche Geſelſchaften neben her zu treten, ſondern ſich bey gebuͤhrlicher
Strafe ihrem Stande gemaͤs zu halten. Die Koͤſte des Freytages vor der Koͤſte
iſt ganz abgethan. Der Braͤutigam wird nicht eher als des Sonnabends im Felde
empfangen, wobey niemand mit Ausruͤſtung und Kleidung in ſeiner Farbe be-
ſchweret werden ſol. Der Braͤutigam giebt der Braut nicht mehr als ein lieflaͤn-
diſch Paternoſter *), eine beſchlagene Scheide mit Meſſer, eine ſamtene Taſche
mit einem ſilbernen Ringe, und an 300 Mark am Gelde oder Silber zum Geſchenk.
Die Koͤſte ſol nicht laͤnger, denn den Sonnabend, Sontag und Montag waͤhren,
und damit ein Ende haben. Wein und Kraͤuter werden in Brautkammern, Wil-
kommenheiten, Kindelbier, Badſtuben und Hausbringungen ganz abgethan, aus-
genommen Sontags und Montags in der Koͤſte, und Sontags in den Kindel-
bieren zur Mittagsmalzeit, doch in ziemlicher und nicht uͤberfluͤßiger Maſſe. Auf
Manntagen, Handlungen und Zuſammenkuͤnften des Adels ſind Wein und
Kraͤuter voͤllig zu meiden. Die Witwe, ſo ſich ohne Wiſſen der Freundſchaft
mit einem ſchlechten Geſellen verehliget, die Ehefrau, die auſſer ihren Stande
ſich unehrlicher Weiſe verſiehet, ſollen aller ihrer fraͤulichen Gerechtigkeit entbeh-
ren, welche ſo dann an die naͤchſten Freunde erblich verfaͤlt. Wenn ein wohlge-
borner Knecht eine Jungfrau mit geliebten oder behenden Worten an Ehren
ſchwaͤchet und zu Fal bringet, ſol er ſich mit ihr echtigen laſſen. Wenn Bauren
ſich tod ſchlagen, wird der Thaͤter am Halſe gericht, und wer dem Thaͤter beiſte-
het, ſol auch am Halſe brechen. Entfuͤhrt ein Bauer eine Dirne ohne der Freun-
de Wiſſen, den richtet man am Hals. Der Bauer, welcher Gewehr bey ſich
traͤgt ohne Zeichen der Herrſchaft, verlieret daſſelbe. Ledige unbeſeſſene Bauer-
knechte ſollen keinen Acker haben, ſondern um Lohn ſich auf ein Jahr vermiethen,
verlaufen ſie, ſo fallen ſie in gebuͤhrliche Strafe. Weil die Muͤnchskloͤſter zur
Unterweiſung der Undeutſchen, und die Jungfernkloͤſter fuͤr adeliche Toͤchter zur
Erler-
[211]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regiegung Herman v. Bruͤggeney.
Erlernung der Gottesfurcht, Kuͤnſte und guten Sitten nicht entbehret werden1545
koͤnnen, ſo bleiben ſie in Schutz der Obrigkeit, nur daß alle Unordnung, alles
Ein- und Auslaufen abgeſchaft ſey, und die Freunde nicht, wie bisher, ſelbige
ausnehmen, ſondern daß ſie von den Conventsguͤtern ziemlich und nothduͤrftig er-
halten werden. Alle adliche Jungfrauen enthalten ſich andern zum Exempel alles
Affens (Apens) ſonderlich im Tanzen; die gemeinen Diener zumal enthalten ſich
des unhoͤflichen Scherzens und Handgeberden mit denſelben, laſſen das Affen
nach, und erzeigen ſich ihrem Stande gleichmaͤßig. Niemand ſpannet des andern
Diener ab, und nimt ſie ohne Pasbrief auf. Die Ritterſchaft des Erzſtifts Ri-
ga appelliret von einem Manntage bis zum andern an die hohe Obrigkeit; die in
den uͤbrigen Stiften halten es mit der Apellation nach dem alten. Die in Harrien
und Wirland richten ſich nach ihren koͤniglichen Privilegien. Die 2 oder 3 mal
in ein Pfand verſiegeln, ſind Ehrenlos. Wer unleidliche Schmaͤhworte braucht,
wird nach kaiſerlichen und Landsrechten geſtrafet. Wer Waldener iſt, und mit
dem Rechte der Landesobrigkeit ſich nicht begnuͤget, faͤlt in Strafe des Rechts.
Solten Frau, Soͤhne, Toͤchter, Knechte, Geſinde und Nachkommen gegen
dieſe Geſetze freveln, ſo iſt ihnen eine Poen von 200 rheiniſchen Guͤlden ange-
ſetzt. Unterzeichnet haben aus dem Erzſtift Riga Juͤrg Kruͤdner zu Roſen-
beck, Juͤrg. von Roſen zu Nabbe, Goͤddert von Theilen zu Treiden
und Kokenhauſen Stiftsvogt, Joh. von Roſen zu Hochroſen, Jac. von
der Pahle, Didr. von Roſen. Aus dem Stift Doͤrpt. Johan Wran-
gel zu Regel und Rogel, Pet. Stakelberg, Heinrich und Fabian von
Tiſenhauſen Raͤthe, Juͤrgen Kurſel, Joh. Meks und Elerd Kruſe.
Aus dem Stift Oeſel Otto Uxkuͤl zu Vickel, Wolm. von Treiden, Joh.
Farensbeke, Didr. Brakel, Claus Uxkuͤl, Claus von Ungern. Aus
Harrien, Johan Taube zu Mart, Lorentz Ferſen, Johann Bre-
men, Ebert Duͤcker. Aus Wirland Jacob von Loͤwenwolde, Thu-
we von Bremen, Otto Gilſen, Arend von Aſſeri. Aus dem Stifte
Curland Otto von Sacken. Etliche Junker und gute Maͤnner aus Jer-
wen, Curland, aus allen Gebietern und aus den Lehnrechten in Volmacht der
gemeinen Ritterſchaft: Johan von Bockhorſt, Lorentz Schungel, Pe-
ter Robel, Wolt. von Plettenberg, Philip von der Bruͤggen, Juͤrg.
von dem Velde, Johan Wrangel von Wedema, Joh. Firx, und Gerd
Doenhoff.
Bruͤggeney fand bey den ſchweren Regimentsſorgen und ſeiner Schwach-
heit fuͤr rathſam, einen Coadiutor anzunehmen, zu welchem Amte denn Johan
von der Recke erkohren ward. Die Stadt Riga verſtand ſich auch zu deſſen Huldi-
gung, woruͤber zu Neuermuͤhlen Sontags nach Luciaͤ ein Vergleich errichtet1546
wurde, wie es dabey gehalten werden ſolte. Sie hielt es zugleich fuͤr gefaͤhr-
lich, dem Orden allein zu huldigen; weswegen ſie den Erzbiſchof den 16 Jahre
lang verweigerten Eid gutwillig anbot. Es ſchien dabey ihre Abſicht zu ſeyn, ei-
ner von beiden Parteien durch ihren Beitrit das Uebergewicht zu geben, oder we-
nigſtens das Gleichgewichte unter ihnen zu erhalten, und ſolchergeſtalt zwiſchen
beiden Eiferſucht zu erwecken und von einer jeden das zu erlangen, was ihrer Si-
cherheit zutraͤglich ſeyn konte. Hierzu kam der almaͤlig eingegangene ſchmalkal-
diſche Bund; weswegen die Stadt von Seiten des Erzbiſchofs nicht nur Ver-
drus beſorgte, ſondern auch bald die Wirkungen davon erfuhr; und die erzbiſchoͤ-
fliche Titulation eines Marrggrafen zu Brandenburg, zu Stettin, Pom-
mern, der Caſſuben, und Wenden Herzogs, Burggrafens zu Nuͤrnberg und
Fuͤrſten zu Ruͤgen, wie ſich Wilhelm zu ſchreiben pflegte, hatte einen gar zu lan-
gen und gehaͤßigen Klang. Auſſer dem hatte ſich ſchon der Erzbiſchof, die Biſchoͤfe
und der Ordensmeiſter nebſt ſeinen Comturen am 28ſten Jul. zu Wolmer aufs
beſte erklaͤret, den uͤbrigen Staͤnden zum Verdrus keinen Befehl auszuwirken,
die von der Art bereits vorhandenen zu vernichten, und blos bey der Kleiderbulle
G g g 2und
[212]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1546und dem lemſelſchen Vergleich zu bleiben, ein ander gemeinſchaftlich gegen den
Feind zu beſchirmen, und keinen Coadiutor auſſer Landes von Macht und Anſe-
hen und fuͤrſtlichem Stande einzuverſchreiben; welcher letztere Punkt in allen Land-
tagen verſchrieben, aber auch am wenigſten gehalten wurde.
Am Freitag nach Pauli Bekehrung gab der neue Coadiutor der Stadt Ri-
ga vor ſeinem Einzuge in dieſelbe zu Neuermuͤhlen mit den feierlichſten Verbin-
dungen die ſchriftliche Verſicherung, die Stadt bey dem allein ſeligmachenden
Worte GOttes und dem Evangelio, nebſt den Ceremonien ihres chriſtlichen Got-
tesdienſtes und allen Privilegien, zu ſchuͤtzen, die Klagen wegen des Thorſchlieſſens
abzuſtellen, und die alte Gerichtbarkeit des Raths gegen das unzeitige Appelliren
zu handhaben. Der Erzbiſchof ſtellete ſchon am Freitage nach Mariaͤ Reinigung
eine gleiche Verſicherung von ſich, daß die Stadt ihm gutwillig den Eid geleiſtet,
daher er alles wie der Herr Meiſter zu halten angelobet, und die jetzige reine Re-
ligion der Stadt mit ſeinem groͤſſern Jnſiegel beſtaͤtiget. Der Ordensmeiſter
Bruͤggeney, ſein Coadiutor Recke, und der Erzbiſchof Wilhelm hielten hier-
auf den praͤchtigſten Einzug mit 2200 Pferden; die Stadt legte an den Coadiu-
tor Recke den Eid ab, und raͤumte die Haͤuſer der Domherren der Geiſtlichkeit
wieder ein, welche ſie doch nur auf eine kurze Zeit bezogen. Denn am Sontag
Exaudi entſtund durch Unvorſichtigkeit einer Buͤrgerstochter, die ihrem Vater
Klotwachs, oder Wachs im Klumpen ſchmelzen ſolte, aber dabey einen jungen
Geſellen zu ſprechen hatte, ein Feuer in der Vorburg. Die im Rauch haͤngenden
Speckſeiten flogen nach der Stadt zu, und eine davon zuͤndete den Thurm der
Domkirche an, und legte die herrlichſte Spitze an der Oſtſee in die Aſche *).
Von dem Thurme flog das Feuer in die Vorſtadt, wo die Korn und Flachsſpei-
cher drauf giengen, die Stiftsſtraſſe und Kaufmansgaſſe kam zum Theil mit in
Brand, und wenig Haͤuſer der Domherren wurden gerettet, wodurch dem Propſt
Matthias Unverfehrt der Vergleich mit der Stadt leichter wurde. Nach
Schmelzung der groſſen Glocken fiel ein Balken ins Kirchengewoͤlbe, der 6 Faden
tief in die Erde drang, wobey man dieſe Worte zeichnete: Den 21ſten May
1547 fiel dieſer Balken vom Thurm herunter.
Jn dieſem Jahr legten die Lieflaͤnder dem Czaar in Rußland wieder ei-
nen Stein des Anſtoſſes in den Weg. Dieſer in der Staatsoͤconomie erfahrne
Herr lies durch ſeinen Geſandten Hans Schlitte im roͤmiſchen Reiche an 300
Gelehrte und Kuͤnſtler mit Anweiſung anſehnlicher Beſoldungen fuͤr ſeine Laͤnder
aufſuchen. Aerzte und Weltweiſe, Papiermacher, Bergwerksverſtaͤndige,
Bauleute, Goldſchmiede, Glockengieſſer, Brunnenmeiſter und dergleichen wa-
ren in Deutſchland fertig, mit kaiſerlicher Erlaubnis nach Rußland zu gehen,
doch unter dem Vorbehalt, weder unter Tuͤrken noch Tartern dergleichen Kuͤn-
ſte einzufuͤhren, noch ſie zum Schaden der Deutſchen zu gebrauchen. Es ward
ſolches von dem roͤmiſchen Kaiſer deſto eher bewilliget, je mehr man ſich die
eitle Hofnung machte, es wuͤrde der Czaar und deſſelben Kronprinz zur lateini-
ſchen Kirche treten. Allein auf der andern Seite glaubten die Lieflaͤnder, daß
dieſe Maximen des rußiſchen Hofes fuͤr ihren Staat gar gefaͤhrlich ausfallen
koͤnten. Der Orden hatte auch wirklich ſo viel beim Kaiſer ausgewirkt, daß die-
ſem Schlitte mit ſeinen Leuten die Paͤſſe in Luͤbeck abgenommen und zuruͤck ge-
ſandt wurden, woruͤber man in Rußland nachdruͤckliche Beſchwerden fuͤhrete,
die aber kein Gehoͤr fanden. Die Kuͤnſtler ſelbſt nahmen den Heimweg, ohne
eine neue Erlaubnis vom Kaiſer abzuwarten, wiewol ſich auch viele nachher heim-
lich in Rußland hinein ſtahlen. Sal. Henning beſchreibet Schlittens Rei-
ſege-
[213]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Herman v. Bruͤggeney.
ſegeſelſchaft noch anſehnlicher, und rechnet noch Leute, die im Waſſer ſuchen kon-1547
ten, Steinmetzen, Maͤnner die zierliche Kirchen bauen konten, Waffenſchmie-
de, Panzermacher, Rothgieſſer, Mahler, und Bildſchnitzer. Noch andre fuͤ-
gen Gottesgelehrte, Rechtsgelehrte und Staatsleute hinzu, welche die jungen
Ruſſen im Lateiniſchen, in Kirchenceremonien und guten Sitten unterweiſen ſolten,
wie auch etliche Jngenieurs, um an den tartariſchen Grenzen Veſtungen an-
zulegen. Der Kaiſer ſchrieb ſelbſt an den Herrn Meiſter, daß er dieſe Reiſende
bis auf weitern Beſcheid in Liefland auf halten moͤchte. Da der rußiſche Mo-
narch auf die Verbeſſerung ſeiner Laͤnder und die Ausbildung ſeiner Nation bedacht
war, hierdurch aber ſeine wohlgemeinten Abſichten ein uͤbles Anſehen gewannen;
ſo muſten ihn dieſe Hinderniſſe freilich in Zorn jagen, den er aber doch damals mit
vieler Klugheit und Maͤßigung zu verbeiſſen wuſte d).
Am 5ten Feiertage nach Martini gieng der rigiſche Superintendent und1548
Rector der Schule, Herr Magiſter Jacobus Battus mit Tode ab e).
Die Peſt, welche Liefland 5 Jahr hinter einander um ſeine Einwohner1549
brachte f), ergrif nun auch den Ordensmeiſter und machte ſeinem Leben nach ei-
ner 14 jaͤhrigen Regierung ein Ende. Er liegt in der Domkirche zu Wenden
begraben, alwo man auf ſeinem Grabmal folgendes lieſt: Anno 1549 man-
dach na Marie Lichtmeſſen iſt Herr Hermann von Bruggenei genant
Haſenkampf des ritt. d. o. Meiſter zu Liefland in Gott ſelliglich
vorſtorben, hat chriſtl. und wol regiert 14 Jahr.
Der
[214]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Der fuͤnf und vierzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Johan von der Reckea).
Von ſo kurzer Dauer auch das Regiment dieſes Meiſters war, indem es
nur zwey Jahr waͤhrete, ſo beſas er doch Weisheit und Geſchicklich-
keit genug, die vorgenommene Vereinigung aller Staͤnde ruͤckgaͤngig
zu machen.
Der Churfuͤrſt zu Maynz fertigte als Erzkanzler des Reichs zu Maynz
dem Orden unterm 13ten Auguſt eine Schrift aus, in welchem Liefland auf
dem Reichstage zu Regenſpurg wegen ſteter Gefahr von den Ruſſen von dem
gemeinen Anſchlag und Abgaben ans Reich frey geſprochen wird. Jns Kam-
mergericht ſol der Meiſter zur Unterhaltung gemeinen Friedens jaͤhrlich 50 Fl. ge-
ben, ſeiner und ſeiner Lande Exemtion, Privilegien und Appellationsfreiheit un-
beſchadet.
Am Donnerſtage nach Judica erneuerte der Ordensmeiſter zu Vellin der
eſtlaͤndiſchen Ritterſchaft die derſelben ſchon ehmals ertheilte Befreiung von al-
ler Schatzung und Beſchwerde, auf welche ſie von ſeinem Vorfahren Schutzbrie-
fe erhalten. Diejenigen ſo uͤberfuͤhret werden, daß ſie wider das Beſte der Lan-
de gehandelt, verfallen in das Urtheil der Gebietiger zu Revel und Weſenberg,
und werden mit Zuziehung der Raͤthe und Ritterſchaft aufs hoͤchſte geſtraffet.
Am 31ſten Jenner, Nachmittags um 3 Uhr, erſchien der Secretarius der
Stadt Riga, Hr. Bernhard Bruel in Wolmer und wies die Vorſchrift
auf, mit welcher der daſige Rath ſeine Geſandten, den Rathsherrn Hinrich
Kinwitz, Hans Lembken aus der groſſen und Juͤrgen Zabel aus der klei-
nen Gilde auf die Vorladung des Erzbiſchofs nach Kokenhauſen abgefertiget:
Sie proteſtirten bey Jhro ehrwuͤrdigen Vaͤterlichkeit gegen den kirchholmiſchen
Vertrag, als der von Schickung GOttes des Almaͤchtigen und der Lande zu
Preuſſen kraftlos, machtlos und von keinem Werthe ſey, indem ſeine Vaͤter-
lichkeit wol wiſſe, daß ſie ſeit Anbegin der Stadt weder Biſchof noch Erzbiſchof
gehuldiget, ſondern allein dem Herrn Meiſter den Eid gethan. Hieruͤber fertig-
ten Jochim Werneke und Joh. Topf, der Staͤdte Doͤrpt und Revel Se-
cretarien, ein eigen Jnſtrument aus. Der Erzbiſchof hat hierauf der Stadt die
Domkirche bis zu einem algemeinen Concilio zugeſtanden, dafuͤr ſie 3 Jahr nach
einander jedes Jahr 6000 Mark zahlte, den Thaler zu drey und einer halben Mark
gerechnet. Die Streitigkeiten der Stadt mit der Aebtißin des St. Magdale-
nenkloſters, Alheit Wrangelb), und dem Convent des Kloſters zu Riga wur-
den
[215]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Joh. von der Recke.
den Donnerſtags nach Bartholomaͤi auch geſchlichtet. Die blumenthalſche1551
Grenze gab zu dieſem Lerm Anlas, wobey der Vogt zu Bauskenburg Joſt
Wolrave, der Hauscomtur zu Riga Georg Sieberg zu Wiſchlingen,
der zu Duͤnemuͤnde Georg von Brabeck, Otto Klokmann, Thomas
Grothaus, und Matthias Huroder, von dem Herrmeiſter zu Commiſſa-
rien ernennet waren.
Nach ſeinem Tode zu Vellin folgte
Der ſechs und vierzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Hinrich von Galena).
Unter dieſem Meiſter ſuchten die roͤmiſch kaiſerlichen Commiſſa-
rien die Sache des Erzbiſchofs beizulegen. Es wurden auch von
den in Vorſchlag gebrachten Artickeln achte bewilliget, aber
nicht lange gehalten.
Am 13ten Jenner verlangten des Herrn Meiſters Gevolmaͤch-1552
tigte, der Comtur zu Revel Rolof Genſerad, der rigiſche Hauscomtur Didr.
von der Steinkuhle, Joh. Wrangel von Wedema, Helmet Anrep; Joh.
Viſcher und Simon Grasmann, ſeine Secretarien, von der Ritterſchaft
und der Stadt Revel die Huldigung, zeigten auch die Formalien des vorgeſchrie-
benen Eides vor, und entſchuldigten ihren Principal, daß er ſich ſelbſt nicht ein-
finden koͤnne, weil er ſich gegen die Feinde ruͤſte, und eine Geſandſchaft aus Poh-
len abwarte. Da die Stadt ſich uͤber das Auſſenbleiben des Meiſters beſchwerte,
wurden ihr Reverſalien ausgeſtelt, daß es wegen des Kuͤnftigen von keinen Folgen
ſeyn ſolte.
Mitlerweile lies der Herr Meiſter durch ſeinen Gewalttraͤger Franz von
Stiten dem roͤmiſchen Kaiſer den Lehnseid ablegen, wogegen er zu Jnſpruck
an 22ſten Jenner die Regalien, Weltlichkeit und Lehn uͤber alle Lande in Lief-
land, Eſtland, Harrien, Wirland, Allentaken, Jerwen, Oeſel,
Dagdoͤ, Mohn, Wyck, Sochale, Waigel, Revel und Curland, ſamt ihren
Zubehoͤrungen, Landen, Staͤdten, Schloͤſſern, Maͤrkten, Doͤrfern, Guͤtern,
Ritterſchaften, Manſchaften, Herrſchaften, Lehnſchaften, geiſtlichen und welt-
lichen, mit allen Erzbergwerken, Fiſchereien, Wildbahnen, Waſſern, Weiden,
H h h 2Wacken-
b)
[216]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1552Wackengelde, Bruͤckenzoll, hohen Gerichten, Gerichtszwange, alles nach Art
ſeiner Vorfahren, bey Strafe 50 Mark Goldes fuͤr den, ſo ihm dieſes beeintraͤch-
tiget, beſtaͤtiget erhielt.
Die Stadt Luͤbeck ſuchte die alten Commercientractate mit Revel zu erneu-
ren, und ſchickte zu dem Ende 2 von ihren Rathsherren, D. Herman Volcken
und Albrecht Kleinen, wie auch 2 Buͤrger Hans von Renteln und Hans
Grentzen dahin ab, die aber in Revel wenig ausrichteten. Bey der andern
Botſchaft befanden ſich Herman Ploͤnnies und Gottſchalck von Wykeden,
bey der dritten Herman Boytyn, der nachher nach Rußland gieng. Hier-
durch entſtand eine ziemliche Kaltſinnigkeit, die Handlung zu Jvanogrod nahm
zu, dabey aber muſten die Luͤbecker ſich aus Uebereilung nachſagen laſſen, daß
ſie zum Untergange der Provinz Liefland vieles beigetragen.
Der Erzbiſchof Marggraf Wilhelm fand der Schwaͤche des Landes und
ſeines Alters halber fuͤr noͤthig, einen Coadiutor anzunehmen, und brachte des-
halb Herzog Chriſtophern von Mecklenburg in Vorſchlag, in Hofnung, der
Koͤnig von Pohlen Siegm. Auguſt, ſeiner Mutter Bruder, wuͤrde ſolches durch
hohe Vermittelung am bequemſten durchtreiben. Allein dieſe wohlgemeinte Ab-
ſicht machte die ſchwuͤrigen Gemuͤther noch empfindlicher, weil der ganze Anſchlag
gegen die wolmerſchen Receſſe lief. Der Ordensmeiſter trat alſo mit den geiſt-
lichen und weltlichen Staͤnden von Liefland zuſammen, und ſandte ſeine Gevol-
maͤchtigten, den Ordensverwandten Joh. Hoywen und ſeinen Kanzler Chri-
ſtoph Boͤdekern auf den Reichstag nach Ulm, denen ihre Volmacht zu Wen-
den am Montage nach Laurentii ausgefertiget wurde. Unter allen gab ſich der
Biſchof Herman von Doͤrpt die meiſte Muͤhe, den Kaiſer und das Reich in
die lieflaͤndiſchen Vortheile zu ziehen. Zu dem Ende fertigte er ſeinen Stifts-
kanzler und Geſandten Herrn Georg Holtzſchuherb), einen edlen Francken,
nach Bruͤſſel an Carl den Vten ab, welcher die triftigſten Vorſtellungen that, aber
auch voraus ſahe, wo es bey der Kaltſinnigkeit des Kaiſers hinaus wolte. Der
Kaiſer entſchuldigte ſich mit der Macht der Tuͤrken, daher er allein nicht im
Stande ſey Liefland zu ſchuͤtzen. Der groͤſte Troſt, welchen Carl den lieflaͤn-
diſchen Geſandten ertheilte, beſtand in 3 Briefen, an welche die kaiſerliche guͤl-
dene Bulle gehaͤnget war. Jn dem erſten beſtaͤtiget der Kaiſer die doͤrptiſchen
Privilegien fuͤr die Stadt und das Stift, in dem andern verbietet er die Einfuͤh-
rung des Metals, der Panzer und der Kriegesruͤſtungen in Rußland, in dem
dritten empfielt er die Lieflaͤnder dem Koͤnig in Schweden in ſeinen beſondern
Schutz. Dieſe Briefe ſind zu Bruͤſſel vom 27ſten Jun. unterzeichnet.
Am
[217]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Hinrichs von Galen.
Am Sontage Exaudi kam auf dem Dom zu Revel bey einem Fleiſcher,1553
welcher am Sontage Bier braute, Feuer aus, wodurch die meiſten Haͤuſer des
Doms, und viele in der Stadt bis in die Staveſtraſſe verzehret, und der
Hochzeitſchmaus auf der groſſen Gildenſtube manchem verſalzen wurde.
Jn dieſem Jahr ſandten die Staͤnde eine Geſandſchaft nach Moskau, den
Frieden mit dieſer Krone zu verlaͤngern. Allein ſie kam unverrichteter Sache wie-
der zuruͤck, weil ſie wegen des Zinſes des chriſtlichen Glaubens keine Verhal-
tungsbefehle gehabt.
Auf dem Landtage zu Wolmer erwehlten die Staͤnde am 6ten Jenner den1554
jungen Gotthard Kettler fuͤr ſeine dem Orden oft mit Lebensgefahr geleiſteten
Dienſte zum Comtur zu Duͤneburg, wozu ihm der ehmalige Comtur zu Vellin,
Henrich von Thulen, der zu Tarvaſt ſein Alter in Ruhe zubringen wolte,
ſeinen ganzen Staat an Meublen, Geſchmeide und Pferden verehrte, damit der
Empfang der pohlniſchen Geſandtſchaft dadurch praͤchtiger und die ſtarke Aus-
gabe fuͤr die freie Zehrung ſo anſehnlicher Durchreiſenden, weil Duͤneburg das
Grenzſchlos gegen Litthauen war, einiger maſſen erſetzet wuͤrde. Auch dieſer
Umſtand fiel gleich dem Orden verdaͤchtig, indem man den Ueberlauf der Pohlen
nicht noch mehr befoͤrdern wolte, als deren Koͤnig, Sigism. Auguſtus, den
Herzog Chriſtoph von Mecklenburg durch ſeinen Geſandten Caſper Lonski
nachdruͤcklich und mit allen Rednerkuͤnſten zum Coadiutor des Erzbiſtums empfe-
len lies.
Am 17ten Jenner faſten der Erzbiſchof, die Biſchoͤfe und der Ordensmeiſter
von Liefland zu Wolmer einen Schlus ab, worin feſt geſetzt ward, daß man der
Religion bis zur Eroͤrterung eines algemeinen Concilii freien Lauf laſſen, keine
Prediger und Seelſorger ohne rechtmaͤßigen Beruf und Zeugnis von ihrer Lehre und
Leben annehmen, die unehlichen Beiwohnungen unter den Bauren mit Ernſt ab-
ſchaffen; in keine bis ins 4te Glied verbotene Grade des Gebluͤts heirathen, und
keine neue Stroͤme und Hafen verſtatten wolte. Wegen der Muͤnzen wird ein
geſchworner Wardein beſtellet, der nur halbe Marke, ganze Ferdinge und das
Drittheil an Schillingen und Pfennigen praͤgen laͤſt. Jeder Kaufman mus den
6ten Theil ſeines Silbers auf die Muͤnze liefern. Aller Aufwechſel mit kleinem Gol-
de iſt verboten. Den Botſchaftern nach Rußland ward Volmacht ertheilet,
einen Frieden auf 30 Jahr beim Czaar zu ſuchen, nur daß ſie wegen der Zufuhr
der verbotenen Waaren nichts nachgeben, in keine Paͤſſe fuͤr die Auslaͤnder und
fuͤr die fremde Kriegsruͤſtung willigen, und daß der Ruſſe ſeine Waaren verlie-
re, wenn er ſie von den Lieflaͤndern kaufe, dafuͤr dieſe hoch geſtrafet werden
muͤſten. Lauter Verhaltungsbefehle, die zur Verlaͤngerung des Friedens ſehr zu-
traͤglich geweſen ſeyn wuͤrden, wenn nicht der Czaar, alles puͤnktlich bey dem Alten
zu laſſen, ernſtlich verlanget haͤtte.
Jn der Faſtenzeit giengen alſo die Geſandten ab, nemlich Joh. von Bock-
horſt, Otto Grothuſen, Benedict Foͤrſtenaw, und der Dolmetſcher
Melchior Grothuſen von Seiten des Erzbiſchofs und Herrn Meiſters. Der
Biſchof von Doͤrpt ſandte Wolmer Wrangeln, Didrich Kawern, und
Blaſius Becke, die nichts weiter als einen Stilſtand auf 15 Jahr erlangten,
und innerhalb 3 Jahren ſich mit der Zinſemuͤnze einfinden ſolten c).
Ein
[218]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Ein Jahr vor Schlieſſung dieſes Friedens ſuchte der Ordensmeiſter durch
eine abgefertigte Geſandſchaft den Koͤnig Guſtav den erſten in Schweden
zur Allianz zu bewegen, der auch mit den Ruſſen gebrochen hatte, und von ſelbi-
gem Feinde in Carelen ziemlich beunruhiget wurde. Nunmehro, da die Schwe-
den dem Orden anſehnliche Anerbietungen thaten, und von den Lieflaͤndern
unterſtuͤtzt ſeyn wolten, gab Hinrich von Galen dem jerwiſchen Vogte,
Berndt von Smerten, Wolthern von Plettenberg und Rembert Wils-
heimen, beider Rechte Doctorn, als neuen Geſandten die Volmacht, den Koͤnig
in Schweden dienſtfreundlich und nachbarlich zu begruͤſſen, und den Orden zu
entſchuldigen, daß er nicht helfen koͤnne, weil er mit den Ruſſen einen hoͤchſtbe-
ſchwerlichen Frieden eingehen muͤſſen. Er beſorge ſich eines Krieges, weil nach
3 Jahren kein Zins einkommen werde, und getroͤſte ſich der koͤnigl. Huͤlfe. We-
gen des Einfals in Carelen bezeugen ſie ihr herzliches Mitleiden, verſtatten auch
dem Koͤnige, in Liefland auf eigne Koſten Reuter und Knechte werben zu laſſen,
ſo viel ohne ſonderliche Entbloͤſſung des Landes moͤglich ſey. Er verſpricht ſeine
Vermittelung, wenn der Koͤnig mit andern chriſtlichen Potentaten zerfallen ſolte,
und verſichert ihn freundlicher, wahrer, treuer Nachbarſchaft. Dieſe Volmacht
iſt unterzeichnet zu Wenden, am Margarethen Abend. Die ganze Handlung
ſchrieb man ſich in Schweden hinters Ohr, und man ſahe wohl, daß der Or-
densmeiſter mehr Luſt hatte mit eingebildeten nahen Feinden zu fechten, die auch
am leichteſten zu bezwingen waren. Hierzu gab der Einzug des neuen Coadiutors
Chriſtophs, Herzogs zu Mecklenburg, eine neue Gelegenheit, welcher im
Sommer zu Kokenhauſen ankam und am 25ſten Nov. in Riga unter groſſem
Gepraͤnge des ſtiftiſchen Adels einritte.
Jn der Faſtenzeit nahm der duͤnemuͤndiſche Comtur, Gotth. Kettler, laut
des wendiſchen Herrentages ſeinen Weg durch Litthauen, Pohlen, Schle-
ſien und Sachſen auf Luͤbeck, deutſche Soldaten ins Land zu ſchaffen. Er
gerieth deshalb zu Brieg und Breßlau in einige Ungelegenheit, half ſich aber doch
durch ſeine Behendigkeit los, er brachte 4 volſtaͤndige Compagnien d) auf die Bei-
ne, die im Fruͤhjahr von Travemuͤnde aus unter Segel giengen, und in Riga
durch den jerwiſchen Vogt Bernhard von Smerten gemuſtert wurden.
Das bevorſtehende Ungluͤck hatte einen Cometen zum Vorboten, welcher ſeine
Stralen wie ein langer Beſen von ſich ſtreuete. Er gieng mit Anfang des Merz-
monats in dem der Sonne gegenuͤber ſtehenden Zeichen der Jungfrau auf, nahe
bey
c)
[219]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Hinrichs von Galen.
bey dem Stern von der dritten Groͤſſe ihres Fluͤgels. Von da eilte er nach den1556
Arcturus, dem Cepheus, der Andromeda, naͤherte ſich dem Nordpol,
und beugte von da nach den Widder, worauf er im April mit dem Saturn,
Mars, der Venus und Sonne zuſammen kam, ſich noch einige Zeit vor der
Sonnen Aufgang ſehen lies, und kurz darauf verſchwand e).
Mitlerweile wurden des Erzbiſchofs mit Ziffern und Caracteren geſchriebene
Briefe an ſeinen Bruder, Herzog Albrecht zu Preuſſen, in welchen er denſel-
ben um Huͤlfstruppen erſuchet, und ihnen die Haͤfen Duͤnemuͤnde, Pernaw und
Salis zur Landung der Voͤlker angewieſen hatte, in Curland aufgefangen. Da ein
Ordensſecretarius dieſes Geheimnis wolte entdeckt haben; ſo wurde ſogleich uͤberal Lerm
geblaſen, der Erzbiſchof von den Staͤnden fuͤr einen Feind des Landes erklaͤret, und
ihm von der Stadt der Eid aufgekuͤndiget, woruͤber Galen am 8ten Jun. zu
Wenden eiren Revers ausſtellete. Dieſer nahm indeſſen zur Ausfuͤhrung ſeines
Unternehmens den Comtur zu Vellin, Wilhelm von Fuͤrſtenberg zum Coad-
iutor in dem Meiſteramte. Der Landmarſchal Caſpar von Muͤnſter, welcher
ordentlicher Weiſe die naͤchſte Anwartſchaft darauf hatte, proteſtirte gegen dieſe Wahl,
und ſetzte an Fuͤrſtenbergen aus, daß er ſich mit den Pohlen nicht vertragen
koͤnne, wie er denn ſchon als Comtur des Grenzſchloſſes Duͤneburg ſich zu ver-
ſchiedenen Malen mit dieſen Nachbarn uͤberworfen haͤtte. Daher rieth er, man
moͤchte lieber Gotthard Kettlern annehmen; welcher Meinung auch bald meh-
rere von den Mitgebietigern beipflichteten. Und dieſer Rath waͤre fuͤr Liefland
damals freilich der beſte geweſen.
Um aber doch ſeinen Willen zu haben, und dem Ordensmeiſter einen Poſſen
zu ſpielen, ſo ruͤckte der Landmarſchal Muͤnſter mit ſeinen Hofleuten in Sege-
wolde vor das Schlos Dunemuͤnde, und als der daſige Comtur Juͤrgen
von Brabeck auf geheimen Befehl des Ordensmeiſters Feuer zu geben drohete,
wandte er ſich nach Aſcherade. Hier wolte ihn auch niemand einlaſſen, wes-
halb er ſich denn zu der erzbiſchoͤflichen Partey ſchlug, und nach Kokenhauſen
gieng. Nun wolte ihn zwar der Orden als einen oͤffentlichen Feind ausgeliefert
wiſſen; allein der Erzbiſchof erwies den zu Lemſel verſamleten Stiftsraͤthen die
Rechtmaͤßigkeit ſeiner Beſchuͤtzung, und ſchickte den Landmarſchal Muͤnſter als
ſeinen Geſandten nach Preuſſen. Hier gab man ihm Schuld, daß er daſelbſt
wichtige Haͤndel angeſponnen, die das gemeine Geſchrey in Liefland noch groͤſſer
machte, ob er gleich in der That nur aus einer perſoͤnlichen Rache gegen die Or-
densgebietiger, die ihn in der Wahl uͤbergangen, die Vortheile des Erzbiſchofs et-
was zu hitzig verfochte, aber ſchlechten Dank dafuͤr erlangte f).
J i i 2Nun-
[220]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Runmehro gieng alles nach den hitzigen Anſchlaͤgen des Coadiutors Fuͤr-
ſtenbergs. Der roſitenſche Vogt, Herr Werner Schall von Bell, ward
mit einigen Voͤlkern nach dem Hofe Setzen befehligt, die Malve zu halten und
dem Erzbiſchof den Briefwechſel nach Pohlen und Preuſſen zu ſperren. Der
pohlniſche Geſandte, Caſpar Lonsky, reiſete eben dieſelbe Straſſe, wurde aber
in Ermangelung eines herrmeiſterlichen Paſſes zuruͤck gewieſen. Stanislaus
Vodt gab ihm den Rath, ſich heimlich durchzuſchleichen. Man ſetzte ihm aber
nach, beraubte ſein ganzes Gefolge, und verwundete den koͤniglichen Geſandten
ſelbſt ſo gefaͤhrlich, daß er den dritten Tag davon ſtarb. Dieſe Beleidigung em-
pfand der Koͤnig hoͤher, als die Haͤndel wider den Erzbiſchof ſelbſt.
Am 16ten Junii ſchickten die Biſchoͤfe von Doͤrpt, Oeſel und Curland,
der Ordensmeiſter, und die Stadt Riga dem Erzbiſchof das Manifeſt von dem
groſſen kokenhauſiſchen Kriege zu, deſſen Ueberbringer von dem Erzbiſchof ein
Geſchenk erhielten. Was dieſelben dabey am meiſten befremdete, war die Ueber-
eilung der Rigiſchen. Denn man hatte der Buͤrgerſchaft eingebildet, daß ſchon
wirklich 10000 Preuſſen durch Curland nach Riga auf dem Wege waͤren,
und etliche Kriegsſchiffe den Hafen von Revel geſperret hielten. Der Erzbiſchof
wolte ſeinem Herrn Bruder davon Kundſchaft geben; allein ſein Abgeordneter,
Georg Taube von Lemſel, ward an der Muͤndung des Salisſtroms da er eben
ins Boot ſteigen wolte, am 18ten Junii erſchoſſen. Der ſegewoldiſche Com-
tur nahm dem Erzbiſchof Cremone weg, und die Herrmeiſterlichen verbranten
Ronneburg, welches ſich am 21ſten Jun. ergab. Der alte Galen hatte Fuͤr-
ſtenbergen ſchon zu viele Freiheit gelaſſen, der daher bey allen Erinnerungen ſei-
nes Vormannes nicht zu regieren war g).
Fuͤr-
[221]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Hinrichs von Galen.
Fuͤrſtenberg ruͤckte am 28ſten Junii vor Kokenhauſen, wo ſich die Ri-1556
giſchen den Tag darauf mit einfanden. Der Coadiutor Chriſtoph von Meck-
lenburg, welcher mit bey dem Erzbiſchof war, lies ſich gleich zu den alten Galen
nach Wenden bringen, der ihn auch mit etlichen Pferden einholete, und ihm bey
ſeiner Fortbringung nach dem Schloſſe Treyden etliche Hengſte und verguͤldete
Pferdedecken verehrte, in welchem Arreſt der Coadiutor doch Erlaubnis hatte, ſich
durch eigene Boten die Vermittelung des Koͤnigs in Pohlen und der Herzoge
von Preuſſen und Mecklenburg auszubitten. Der Erzbiſchof ergab ſich am
30ſten Junii an Fuͤrſtenberg, und uͤberlieferte ihm zugleich die Schluͤſſel zu
ſeiner Reſidenz, worauf er mit 100 Pferden nach Smilten und von da nach
Azel gefuͤhret wurde, wo man eben nicht gar zu freundlich mit ihm umgieng; in-
dem der marienburgiſche Comtur Philip Schall von Bell beſchuldiget
ward, daß er die zum erzbiſchoͤflichen Unterhalt ausgeſetzten Gelder in ſeinen Beutel
geſtrichen und ſeinen hohen Gefangenen Noth leiden laſſen. Doch konten beide
Gefangene zur Luſt ſpatziren, wohin ſie wolten. Auf eingelaufene Nachricht von
der Gefangenſchaft des Coadiutors, ſchickte der Koͤnig von Pohlen einen neuen
Geſandten, ſich zu erkundigen, ob Chriſtoph lebendig oder tod waͤre. Er
hatte aber bey ſeinem Gehoͤr ſo viele Zugeordnete bey ſich, die auf alle ſeine Reden
genau Acht geben muſten, daß er ſeines Principalen Troſt weder dem Herzoge
noch dem gefangenen Erzbiſchof, den er ebenfals beſuchte, oͤffentlich ertheilen
konte. Den Lieflaͤndern ſelbſt war bey dieſer Unruhe nicht wohl zu Muthe.
Sie erſuchten Coͤlln, Juͤlich und Muͤnſter, als Reichsſtaͤnde, die Staͤdte
Luͤbeck, Hamburg, Luͤneburg, Bremen und andre, der Handlung zum
beſten die Freiheit des Landes zu ſchuͤtzen. Der ganze Beiſtand der Gefangenen
beſtund in Abfertigung etlicher Geſandten, die ſich theils keine uͤberfluͤßige Muͤhe
gaben, theils mit etlichen |leichten Troͤſtungen vorlieb nahmen. Des Hochdeutſch-
meiſters Abgeordnete, Hans Wilhelm Nothoff, Comtur zu Mergentheim,
und ein Herr von Bevern nahmen ſchon in Luͤbeck ihren Ruͤckweg, wo ſie von
den daſelbſt ſich aufhaltenden Comturen von Duͤneburg und Riga, Gott-
hard Kettlern und Georg Sieborgen, zu Wiſchlingen die noͤthige Beleh-
rung und gute Nachricht empfiengen. Die pommerſchen Geſandten, nemlich
der blumenthaliſche Comtur D. Matthias Boes und Joh. Wulf erhiel-
ten nach dem am 21ſten Auguſt beim Erzbiſchof erlangten Gehoͤr von dem Herrn
Meiſter ſo viel, daß er die vorgeſchlagene Vermittelung des Koͤnigs in Daͤnne-
mark, des Churfuͤrſten zu Brandenburg, der pommerſchen und juͤlichſchen
Herzoge, und der Stadt Luͤbeck genehmigte. Die daͤniſchen Geſandten und
Ritter, Otto Krump, Johan Ochſe, Elert Krabbe und D. Johan
Strubbe wirkten endlich ſo viel aus, daß das Erzbiſtum den Biſchoͤfen zu
Doͤrpt und Oeſel in ſo ferne zum Sequeſter uͤbertragen wurde, wenn der Koͤ-
nig in Pohlen, und der Herzog in Preuſſen damit zufrieden waͤren h).
Die
[222]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Die ernſtlichen Kriegesanſtalten, womit die Pohlen Liefland bedrohe-
ten, verurſachten zuletzt ſo viel, daß der alte Galen an einem Vergleich mit dem
Erzbiſchof und deſſen Coadiutor arbeiten lies. Er ſtelte am 12ten Febr. zu Wen-
den, den eingezogenen Capitelsherren Johan von der Palen, auf Fuͤrbitte des
Koͤnigs in Daͤnnemark, auf freien Fus, unter der Bedingung, daß der entle-
digte nichts gegen das Land handeln oder ſchreiben ſolte. Es kam auch am 10ten
Merz mit allen intereßirten Parteien zu Unterhandlungen, in welchen die Befrei-
ung des Marggrafen und Herzogs die Hauptmaterie war, die in den Beſitz der
erzſtiftiſchen Guͤter wieder eingeſetzet werden ſolten. Die Stadt verſprach dem
Herzog Chriſtoph zu huldigen; doch wurde alles ans deutſche Reich zur Eroͤr-
terung verwieſen. Allein dieſer Richter ſchien dem Koͤnige von Pohlen ein wenig
zu entlegen zu ſeyn; daher er ſich in der Zuruͤſtung gegen die Lieflaͤnder nicht
aufhalten lies, obgleich die daͤniſchen Geſandten die Einſtellung dieſes Feldzuges
zu bewirken ſich viele Muͤhe gaben.
Der alte Ordensmeiſter, welcher ſich ſchon vorher aus dieſen Haͤndeln aus-
gewickelt, fand nicht vor gut die Ankunft des Koͤnigs von Pohlen abzuwarten;
ſondern ſtarb am 3ten May, und hinterlies ſeine Wuͤrde dem vorher dazu erſehenen
Coadiutor i).
Der
[223]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Der ſieben und vierzigſte Ordensmeiſter in Liefland,
deutſchen Ordens,
Wilhelm von Fuͤrſtenberga)
Ein Herr, der in allen ſeinen Unternehmungen Unerſchrockenheit und1557
Herzhaftigkeit bewies, aber dabey zu haͤrtern Mitteln ſchritte, als
die damaligen kuͤtzlichen Zeiten erlaubten. Die Stadt huldigte
ihm zu Neuermuͤhlen, Mitwochs nach Bartholomaͤi.
Nachdem Sigismund Auguſt den zu Wolmer getroffe-
nen Vergleich zu ſeichte befunden, und ihn nicht fuͤr guͤltig erklaͤren wollen; ſo
K k k 2ſchlu-
[224]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1557ſchlugen ſich der Kaiſer, das Reich, und die Herzoge Barnim und Philip von
Stettin und Pommern ins Mittel, und trafen durch ihre Bevolmaͤchtigten
Wetzlaff Michaelowitz von Neuenſchloß, Valentin Saurmann zur
Fels, wie auch D. Lorentz Otto und Henning von Wolde zu Laſen am
12ten Julii zu Wolmer einen neuen Vergleich, worin der erſtere zum Grunde
geleget, die Kriegeskoſten gegen einander aufgehoben, der Herr Meiſter fuͤr un-
ſchuldig an dieſem Kriege erkant, den erzbiſchoͤflichen Unterthanen, die ſich in
Schutz des Herrn Meiſters begeben, Vergebung ertheilet, dem Coadiutor Chri-
ſtoph wegen ſeines minderjaͤhrigen Alters zwey Raͤthe aus dem Capitel und zwey
aus der Ritterſchaft des Erzſtifts zugeordnet, und alle beſtrickte und verbuͤrgte
Perſonen los gegeben werden. Weil auch hier manches dem Koͤnig nicht anſtand,
zumal da der Herr Meiſter die Huldigung der Stadt an den Erzbiſchof noch durch
Proceſſe verzoͤgern, und den Ausgewichenen keine Amneſtie zuſtehen wolte, womit
auf den Landmarſchal gedeutet wurde; ſo lief die Unterhandlung gleichfals frucht-
los ab.
Am 23ſten Auguſt ſchickte die Stadt ihre Botſchaft nach Neuermuͤhlen,
die mit dem Ordensmeiſter die noͤthige Abrede wegen der Huldigung nahm. Am
24ſten kam Fuͤrſtenberg ſelbſt nach Riga, und empfieng den Tag darauf den
gewoͤhnlichen Eid, wogegen er ſich der Lehre das Evangelii aͤuſſerſt anzunehmen,
und die Stadt bey allen alten und neuen Privilegien zu ſchuͤtzen ſich anheiſchig
machte. Er erlaubet zugleich den Ordensbauren, das Jhrige frey und ungehindert
nach der Stadt zu fuͤhren, leget den Amtleuten des Ordens die ungewoͤhnliche
Kaufmanſchaft, und bedinget ſich aus, beim Schloſſe etliche Fiſcher, Becker, Zim-
merleute, Maurer und Brieftraͤger hinzuſetzen, welche doch der Stadt zum Nach-
theil keine Kaufmanſchaft treiben ſolten. Der Landmarſchal Chriſtoph von
Neuenhoff genant von der Laye, und der goldingiſche Comtur Heinrich
Steding haben ſich dabey mit unterſchrieben. Mitwochs nach Bartholomaͤi.
Die pohlniſche Armee ruͤckte in Litthauen immer weiter, und ſtand nur
7 Meilen von Bauske zu Paswal nahe bey Birze in Samogitien. Ge-
gen dieſe 80000 Man hatten die Lieflaͤnder ſich nicht gewafnet, ſondern uͤber-
lieſſen dem Koͤnig die Verbeſſerung des wolmerſchen Friedensſchluſſes nach ſei-
nem eignen Gefallen, der denn auch am 5ten Sept. die berufenen Pacta Poſſolien-
ſia aufſetzen, und nach deren willigen Annehmung mit dem Orden unterſchiedliche
wichtige Sachen in Richtigkeit bringen lies. Der Jnhalt des paswaliſchen
Vertrags iſt folgender: Der Erzbiſchof erhaͤlt die Reſtitution und halbe Jurisdi-
ction uͤber die Stadt nach dem alten, nebſt Meublen, Muͤtze, Stab, Privile-
gien, Buͤchern, Canonen, Panzer, Gewehr, Kugeln, Kriegsvorrath und 100
Laſt Rocken laut des Jnventarii; was daran ſchadhaft geworden, wird ergaͤnzet.
Weil der Erzbiſchof den Bedienten des Coadiutors Unterhalt verſchaffen muͤſſen,
werden zu Verguͤtigung deſſelben uͤberhaupt 50 Laſt Rocken zugeſtanden. Die Ein-
kuͤnfte des Erzſtifts bleiben bis zu weiterm Vergleich in Sequeſter. Die Unter-
thanen des Erzbiſchofs thun keinen neuen Eid, weil ſie nicht freiwillig ſondern ge-
zwungen ſeine Partey verlaſſen. Der Coadiutor wird beſtaͤtigt, und iſt ungezwei-
felter Stuhlfolger, mus ſich aber des Verdachts wegen in Preuſſen oder Meck-
lenburg bis zum Tode ſeines Vorfahren aufhalten b).
Den
[225]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Den 14ten und 15ten Septemb. brachte man zu Paswal mit einem neuen1557
Buͤndnis gegen die Ruſſen zu. Der Ordensmeiſter verlanget innerhalb 12 Jah-
ren keinen Beiſtand von Pohlen; wil aber auch nach deren Verlauf ohne koͤni-
gliche Einwilligung keinen neuen Frieden mit Rußland eingehen. Am 20ſten
Septemb. ſchickte der Herzog Albrecht die Beſtaͤtigung des paswaliſchen Ver-
trags ein. Allein andrer Seits ſetzte es bey dieſer Sache noch verſchiedene
Schwierigkeiten. Der Koͤnig hatte unter den vorlaͤufigen Bedingungen 20000
Thlr. Kriegeskoſten und eine voͤllige Genugthuung wegen ſeines erſchlagenen Ge-
ſandten begehret. Dazu konten mit vieler Muͤhe kaum 15000 Thlr. in Riga zu-
ſammen gebracht werden, ob man ſie gleich auf heil. Drey Koͤnige wieder zu zahlen
verſprach. Die beiden rigiſchen Herrn Buͤrgermeiſter Joh. Butte und Juͤr-
gen Padell ſchoſſen dieſe Summe von 15000 Thlrn. auf Wiederbezahlung der Rit-
terſchaft und Verbuͤrgung der ſaͤmtlichen Landesſtaͤnde vor; bedungen aber auch zu
Wenden, daß ſelbige in keiner Contribution oder Zulage zuruͤck gehalten noch ihnen
abgekuͤrzet werden moͤchten. Der Vogt zu Roſiten ſolte nach Wilda kommen, und
dem Koͤnig demuͤthige Abbitte thun, den Verwandten des Entleibten Lonsky aber ei-
ne Geldbuſſe erlegen und nachher ins Gefaͤngnis wandern. Doch der Befehlshaber
in Wilda, Kettlers guter Freund, vermittelte es bey dem Koͤnige dahin, daß
alles unterblieb, nur muſte er bey dem Koͤnige ſein Verſehen erkennen. Der Vogt
zog ſodann wieder nach Roſiten, und bedankte ſich ins kuͤnftige vor den Commiſ-
ſionen
b)
L l l
[226]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1557ſionen des Ordens nach Litthauen, wenn ſein Principal, der Herr Meiſter, ſeine
Gebietiger nicht beſſer ſchuͤtzen koͤnte.
Am 5ten October ward der Erzbiſchof und ſein Coadiutor des Arreſts entle-
diget, und beide hielten in Wolmer, wohin das ganze Land verſchrieben war,
ihren praͤchtigen Einzug mit 300 Pferden, in Begleitung des erzſtiftiſchen Adels
und der Herren Raͤthe. Nach etlichen Tagen kam der Erzbiſchof mit den Herren
Raͤthen auf die Rathsſtube, gruͤſte den Herrn Meiſter, welcher auch den Erzbi-
ſchof freundlich wilkommen hies, worauf ſich beide zum Vertrag die Haͤnde gaben.
Wie der Erzbiſchof nach Riga kam, ſetzte er ſich im Dom nach geendigter Pre-
digt aufs hohe Chor in einen Seſſel. Der Rath zu Riga trat zuerſt hin, und
bat nach einer kurzen Begruͤſſung um Vergeſſenheit des Vergangenen, damit es
der Stadt nicht zur Laſt fiele. Er reichte dem Rathe ſitzend die Hand, und ant-
wortete nur kurz, ſie haͤtten es koͤnnen anders machen, doch ſolle es die gute Stadt
nicht entgelten, wenn ſie ſich nur ferner hin treu erweiſen wuͤrde. Nach Abtre-
tung des Raths naͤherte ſich der Elterman der groſſen Gilde, Jaſper Romberg,
nebſt dem Elterman und Elteſten der kleinen Gilde, wuͤnſchten eine gluͤckliche Zu-
ruͤckkunft und Regierung, baten um Vergeſſung des Geſchehenen und um Fortſetzung
der fuͤrſtlichen Gnade gegen die Stadt. Der Erzbiſchof ſtand hierbey auf, bot
den Elterleuten die Hand, und verſetzte: Lieben Elterleute und Getreuen, wir
nehmen die Entſchuldigung wegen der guten Gemeine in Gnaden an, wir kennen
auch die doppelten Herzen wohl, es ſollen ſich aber dennoch Elterleute und Elteſten mit
der ganzen Gemeine zu uns nichts anders als aller vaͤterlichen Gnade und Guͤte zu
verſehen haben. Hierauf reichte er allen insbeſondre die Hand, und begab ſich
vom Chor nach dem erzbiſchoͤflichen Hofe. Am 12ten Dec. brachen der Erzbiſchof,
der Coadiutor und der Herr Meiſter nach Litthauen auf, wo ſie ſich auch in des
Koͤnigs Gegenwart die Haͤnde gaben, und ſich einer ewigen Freundſchaft ver-
ſicherten.
Mitlerweile, da der dreijaͤhrige Termin zu Ende lief, in welchem die doͤr-
ptiſchen dem Czaar den Tribut erlegen ſolten, und die Ruſſen ſich zum Feldzu-
ge ruͤſteten, war aus Riga und Wenden wenig Troſt zu erwarten, weil der
Ordensmeiſter mit ſeinem Marggrafen und Herzog, ja ſelbſt mit dem Koͤnig von
Pohlen beide Haͤnde vol zu thun hatte. Sie muſten alſo allein fuͤr ihre Sicher-
heit ſorgen, und damit ſie die Ruſſen etwas aufhielten, fertigten ſie eine Bot-
ſchaft nach Moſcau, die frey Geleite fuͤr eine groſſe Geſandſchaft auswirken ſol-
te. Dieſe Botſchafter waren Hr. Jacob Steinweg und Hr. Franz Neu-
ſtaͤdt. Sie fanden in Rußland alles zum Feldzuge fertig; viel 1000 Schlit-
ten mit Proviant, Kraut, Loth und Geſchuͤtz ſtunden an den Grenzen. Die Poſt-
hoͤfe, die 4 oder 5 Meilen von einander lagen, waren mit doppelten neuen Herber-
gen und Stallungen fuͤr 50 und 100 Pferde verſehen, und neue Bruͤcken, eine
viertel Meile lang und 4 Faden breit, geſchlagen. Dem ohnerachtet nahm der
Czaar dieſe Botſchaft ſehr guͤtig auf, und fertigte ſie nach 7 Wochen mit freiem
Geleite fuͤr die neuen Geſandten ab. Elerd Cruſe und Claus Francke nah-
men dieſe Geſandſchaft auf ſich, hatten aber keine ſolche Geſchenke mit, als die
ſchwediſchen Geſandten, die dem Czaar einen verguldeten Credenztiſch mit dem
praͤchtigſten Aufſatz an Trinkgeſchirren verehrten. Die Lieflaͤnder fanden die
erſte Unterhandlung ſehr ſchwer, weil ſie von neuem den ſchon durch Briefe und
Siegel ausgemachten Zins ableugneten, den ihnen der Czaar aus den alten Creuz-
briefen erwies, und ſo lange ſtehen gelaſſen hatte. Auf ihr Achſelzucken lies der
Czaar noch den plettenbergiſchen Friedensſchlus vorzeigen, und ſchalt ſie fuͤr
Leute ohne Treue und Redlichkeit. Jhm gehoͤre fuͤr jeden Kopf eine rußiſche
Mark oder 10 Dennißken. Ob ſie denn nicht wuͤſten, daß ſeine Vorfahren ihnen
das Land um gewiſſen Tribut zu bewohnen uͤbergeben. Er ſaͤhe wohl, daß man
in Liefland fuͤr das Siegel der Geſandten keine Achtung mehr habe, er wolle es
von nun an aus der Hand des Herrn Meiſters und Biſchofs ſelbſt empfangen,
und
[227]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
und zu dem Ende noch ſeinen Geſandten abfertigen, ehe er zu haͤrtern Mit-1557
teln ſchritte.
Es langte auch der rußiſche Botſchafter Kelar Terpigore mit dem von
der lieflaͤndiſchen Geſandſchaft verſiegelten Zinsbriefe im Junio zu Doͤrpt an.
Man wies ihm Andreaͤ Waſſermans Haus am Markte zur Wohnung an.
Der Biſchof ertheilte ihm auf dem Schloſſe Gehoͤr, im Beiſeyn aller Herren Land-
raͤthe, des Ausſchuſſes aus dem Rath und der Buͤrgerſchaft, nebſt etlichen Nota-
rien die ſeine Gewerbe urkundlich niederſchreiben muſten.
Er uͤberreichte dem Biſchof ein ſeiden Jaͤgernetz, ein paar moskoviſche
Jagdhunde und einen koſtbaren Teppich zum Geſchenk. Sein Anbringen beſtand
in Erhebung der Langmuth ſeines Principals, der Liefland bey den innern Un-
ruhen dieſes Landes laͤngſt den Garaus machen koͤnnen. Der Grosfuͤrſt und Kai-
ſer aller Reuſſen verlange nun, daß der Biſchof und Fuͤrſtenmeiſter, der genom-
menen Abrede gemaͤs, ihrer Geſandten Siegel von dem Zinsbrief abſchneiden,
und ihr eignes daran haͤngen ſolten. Man lies hierauf den Geſandten eines gu-
ten Beſcheides verſichern und ihn bitten, in der ihm angewieſenen Wohnung ab-
zutreten c).
L l l 2Jm
[228]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Jm Schloſſe war guter Rath theuer. Man war nur auf die lieflaͤndi-
ſchen Geſandten ungehalten, die ſich mit der Unterſchrift uͤbereilet haͤtten. Der
rußiſche Botſchafter wurde bey der Unentſchloſſenheit der Doͤrptiſchen unge-
duldig, und wolte auch ohne Beſcheid aufbrechen. Jn dieſen Berathſchlagungen
ſtelte der alte Jacob Krabbe ſo wol als der Buͤrgermeiſter Hencke die Noth
vor, die aus der Verſiegelung entſtehen wuͤrde; und doch fand ſich keiner, der ſie
abſchlagen oder einen andern Ausweg zeigen konte. Bey dieſer Verlegenheit, bey
dieſem algemeinen Stilſchweigen, bey der Eilfertigkeit des rußiſchen Botſchaf-
ters trat endlich der biſchoͤfliche Kanzler, Herr Georg Holtzſchuher auf und
ſagte: Lieben Herren, ſo reifliche Ueberlegung dieſer Handel ſonſt erfordert, ſo
muͤſſen wir uns doch dismal in die Zeit ſchicken. Wir wollen durch unſre Nota-
rien und den Orator dem grosfuͤrſtlichen Geſandten vorſtellen: wir haͤtten uns
dieſer Uebereilung nicht verſehen; wir koͤnten nichts ohne Einwilligung Sr. roͤ-
miſch kaiſerlichen Majeſtaͤt als unſers oberſten Lehnsherrn thun; wir proteſtirten
aber indeſſen gegen den Zins. Was aber die Verſiegelung betrift, ſo koͤnnen wir
uns derſelben unmoͤglich entſchuͤtten d). Dieſer Entſchlus fand durchgaͤngigen
Bey-
c)
[229]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Beyfal, und es wurde gleich ein beſonderer Bote an den roͤmiſchen Kaiſer abge-1557
fertiget, damit durch deſſen hoͤchſte Vermittelung und Geſandſchaft die Ungnade
des Czaars von Liefland abgewendet wuͤrde.
Als der Botſchafter Kelar Terpigorre nachher aufs Schlos kam und den
verſiegelten Zinsbrief empfing, ſo befahl der Orator den Notarien die Proteſta-
tion nieder zu ſchreiben. Da ſich der Botſchafter davon durch den Dolmetſcher
verſtaͤndigen lies, ſprach er: Was hat mein Herr mit dem roͤmiſchen Kaiſer zu
ſchaffen? Gebt mir den Brief. Komt die Zinſe nicht, ſo wird ſie mein Herr zu
holen wiſſen. Einige Hofjunker begleiteten ihn ſo dann nach ſeinem Quartier,
welchen er nach Gewohnheit den Brantewein vorſetzte. Er ſelbſt ſprang auf den
Tiſch, und zog die Briefe aus dem Buſen, die ſein Diener vor ſeinen Augen in
einen ſeidenen Schleier wickeln und in eine beſchlagene Lade legen muſte, zu dem
er noch die Worte ſagte: Verwahre und hege mir das Kalb wohl, damit es gros
und fet werde. Der Biſchof ſchickte ihm hierauf ein Geſchenk von Fiſchen, Fleiſch,
weiſſem Brodt, Eyern, Gewuͤrze und allerhand Getraͤnken, weil der Czaar den
lieflaͤndiſchen Geſandten ein gleiches zu thun pflegte. Der Magiſtrat wartete
ihm ebenfals mit einigen Erfriſchungen auf, lies durch den Stadtkoch einige wohl-
bereitete Gerichte auftragen, und dabey zuentbieten, wenn es ihm gefaͤllig ſey,
wolte er ihm 2 Perſonen zur Geſelſchaft an die Tafel mit geben; welches dem Bot-
ſchafter recht angenehm war.
Kurz vor ſeinem Abſchiede legte der rußiſche Botſchafter bey dem Magi-
ſtrat noch ein Gewerbe ab, da man ihn denn in der Kaͤmmerey mit Confect tractirte,
hernach in den Reventer auf einen Seſſel nieder zu ſitzen noͤthigte, um ſeinen Vor-
trag zu thun. Er hatte einen Ruſſen bey ſich, deſſen Bruder auf dem plesco-
wiſchen Wege erſchlagen worden, und der deshalb bey dem Biſchof um eine Be-
friedigung von etlichen 100 Thalern, aber vergeblich, angehalten. Nun muſten
in Ruß- und Liefland, beſage der alten Kreuzbriefe, die Nachbaren, in deren
Bezirk Raub oder Mordthaten begangen worden, dem Anverwandten des Erſchla-
genen entweder die geraubten Guͤter erſtatten, oder den Thaͤter liefern; der Bi-
ſchof hatte aber mit dem Rechte gegen dieſen Ruſſen etwas ſaumſelig verfahren.
Man erſuchte alſo den Botſchafter um Geduld, bis die Nachbarn derſelben Ge-
gend nach Doͤrpt verſchrieben wuͤrden. Der Botſchafter muthete der Stadt zu,
das Geld ſo lange auszulegen, weil ſie wol 12 Tonnen von dieſer Waare unter
dem Rathhaus liegen habe. Ob nun gleich dieſes ein falſches Geruͤchte war; ſo ver-
ſetzte doch der Buͤrgermeiſter Joh. Dorſtelmann: Wenn auch ſo viel Geld da iſt,
ſo haben doch die Staͤdte Riga und Revel den Schluͤſſel mit dazu. Der Botſchaf-
ter erinnerte alſo noch die baldige Abtragung des Zinſes, nahm Abſchied von dem
Rath, und zog wieder nach Moſcaue).
Jn Liefland uͤbereilte man ſich mit nichts weniger als mit Herbeiſchaffung1558
der Zinſe. Dieſes bewog den Czaar bey Pleſcow eine Kriegsmacht von 40000
Man zuſammen zu ziehen. Die Oberbefehlshaberſtelle uͤber dieſes Heer trug er
einem tattariſchen Herrn, Namens Czaar Czigaley auf f), einem von Per-
ſon
[230]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1558ſon anſehnlichen und groſſen Manne, von vielem Verſtande und Beſcheidenheit, der
am 25ſten Jenner mit dieſen Voͤlkern in 3 Haufen in Liefland einbrach, und die
Grenzen von Doͤrpt, Wirland und der Narve durchſtreifen lies, wobey die
Vortruppen und Freicompagnien uͤberal Furcht und Schrecken ausbreiteten. Er
ſelbſt zog ſich gleich wieder nach Pleſcow zuruͤck.
Aus Pleſcow ſchickte er ein Schreiben an den Biſchof zu Doͤrpt, in wel-
chem er ihm und den Staͤnden die Unbeſonnenheit vorſtelte, wodurch ſie das Blut
ſo vieler Unſchuldigen auf ſich ladeten. Da ſie ſich doch nicht im Stande befaͤn-
ben Gegenwehr zu thun, ſo moͤchten ſie fernerm Unheil vorbeugen, und durch ih-
re Geſandten den Zins einliefern, er wolle denſelben durch ſeine Fuͤrſprache beim
Czaar zu mindern und einen anſtaͤndigen Frieden zu vermitteln ſuchen. Dis
Schreiben fruchtete nebſt andern Zwangsmitteln gleichwol ſo viel, daß die geiſtli-
chen und weltlichen Staͤnde ſich zu Wenden auf Oculi verſamleten, und Dien-
ſtags nach Judica verſchiedene Sachen ausmachten. Man verglich ſich dahin,
daß eine Reformation angeſtellet und alle Misbraͤuche der Lehre und Cerimonien
abgeſchaffet wuͤrden. Man beſtimte die Geſandten nach Rußland, und im Fal
kein Friede zu erhalten, wurde berathſchlaget, wie viel man Compagnien anwerben
muͤſſe. Man ſchickte einige Abgeordnete nach Moſcau ein frey Geleite auszu-
wirken, die auch bald wieder zu Hauſe eintrafen; worauf die Geſandten, unter
welchen Chriſtoph Luggenhuſen und der Stadtſecretair Groß mit war, den
Frieden beim Czaar um 60000 Thlr. behandelten. Der Biſchof von Doͤrpt hatte
ſeinen Bedienten Chriſtoph Luſtfer durch einige Verſprechungen dahin ver-
mocht, daß er mit gieng, und das Beſte ſeines Stiftes mit in Obacht nahm, zu-
mal da in Doͤrpt der traurige Anblick ſo vieler ungluͤcklichen Leute die groͤſte Be-
ſtuͤrzung verurſachte. Denn da Czigaley ins Doͤrptiſche ruͤckte, gieng es an
ein ſo entſetzlich Fluͤchten von 10 bis 20 Meilen her nach der Stadt, daß alle
Straſſen, Kirchhoͤfe und Vorſtaͤdte von elenden Menſchen wimmelten, deren
bey 10000 mit Weib und Kindern in den Stadtgraben zu Doͤrpt lagen, und
wegen des ſtrengen Winters theils erfroren, theils verhungerten, theils von den
annaͤhernden Ruſſen niedergehauen wurden. Die Leute in der Stadt konten nie-
mand einnehmen, ſondern verkrochen ſich ſelbſt, und dankten GOtt, daß ſie den
Feind mit dem groben Geſchuͤtze von den Mauren abhalten konten. Der laͤngſt
erwuͤnſchte Friede war nun in Rußland zu Stande gekommen; da es aber zum
Geldzahlen kam, war nichts bey der Hand. Die Geſandten vermeinten zwar
von den rußiſchen Kaufleuten in Moſcau ſo viel aufzunehmen; allein der Czaar
hatte ſeinen Unterthanen bey Leibesſtrafe allen Vorſchus unterſagen laſſen: weil
er befuͤrchtete, die Lieflaͤnder wuͤrden ſeinen Leuten das Wort eben ſo langſam
halten als ihm; wie er denn auch den Geſandten ihre Taͤuſchung in heftigen Aus-
druͤcken vorwarf, ſie bis zur Ankunft des Wechſels als Geiſſel dazu bleiben noͤ-
thigte, und 6 Meilen von Moſcau nach Zerna verſchickte.
Den Geſandten blieb alſo nichts mehr uͤbrig, als daß ſie einen Ruſſen heim-
lich um 60 Thlr. erkauften, welcher des doͤrptiſchen Secretairs Fridrich
Groſſens Bericht ſchriftlich uͤberbringen muſte. Der Ruſſe gab den Brief in
Pleſcow an Luſtfern ab, der ihn dem doͤrptiſchen Secretair Valentin
Neu-
f)
[231]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Neuherz wieder einlieferte. Man ſetzte ſo gleich zu Wolmer einen neuen Land-1558
tag an, und nahm Abrede, daß jeder Haken 4 Mark, und wo die Hakenzahl
nicht uͤblich ſey, jedes Geſinde gut und boͤſe, 4 Mark rigiſch die Staͤdte und
Landſaſſen aber von jedem 1000 viere auf Trinitatis zu Wolmer erlegen ſolten.
Der Herr Meiſter erbot ſich zu 12000 Thalern, Harrien und Wirland bewil-
ligte 10000 Mark, das Erzſtiftskapitel, Raͤthe und Ritterſchaft 7000 Mark,
das Stift Doͤrpt 10000 Mark, die Staͤdte Riga, Doͤrpt und Revel 10000
Mark innerhalb 8 Tagen zu Doͤrpt zu erlegen. Fuͤr den Reſt wolte der Erzbi-
ſchof ſorgen, und die Stadt Riga uͤberdis noch ein Darlehn von 15000 Thlr.
Montags nach Trinitatis zuſammen bringen. Dabey ward dem ganzen Lande
angedeutet, daß jeder mit der erſten Graſung aufſitzen und dem Herrn Meiſter
folgen ſolte.
Ein anderes Heer aus Rußland nahm ſeinen Zug nach Narva, welche
Stadt nach vergeblich gethaner Aufforderung 9 Tage vor Oſtern mit einer ent-
ſetzlichen Bombardirung beaͤngſtiget wurde, weil der Czaar vorher eine ſtarke Ar-
tillerie nach Jvanogrod abfuͤhren laſſen. Taͤglich flogen 300 Kugeln in die
Stadt, unter welchen einige Bomben wol 13 Lispfund wogen. Jn Narva waren
wenig Buͤrger und Landsknechte, und ſolte der arme Ort in Oſtern geſtuͤrmet wer-
den. Da nun an keinem Entſatz zu denken war, trat der Vogt Ernſt von
Schnellenberg mit dem Rath, der Gemeine und dem revelſchen Hauptman
Wolf von Strasburg zuſammen, und bewirkten bey den Waywoden Alexei
Danielowitz Bafmanof und Paul Pietrowitz Sabelinski einen vier-
monathlichen Stilſtand, um ihre Botſchafter an den Czaar abzufertigen, in ſiche-
rer Vermuthung, es werde den Staͤnden in Liefland gelingen, einen General-
frieden auszudingen oder um Geld zu erkaufen. Man zwang auch die beiden
Kaufleute Jochim Krumhauſen, und Arnd von Deden im Namen der
Stadt Narva mit dem Czaar zu tractiren, unter ſicherer Verſprechung, ſie
ſchadlos zu ſtellen, ob gleich erſterer die Bemuͤhung mit 1000 Thlr. abzukaufen
ſich beſtrebte. Dieſe Gevolmaͤchtigten erreichten Novogrod und langten in
Teſſowe an, als ihnen die geſamte rußiſche Macht begegnete. Der Genera-
lißimus that ihnen die Ehre und ſandte ſie auf Poſtpferden nach Moſcau, wo ſie
mit ihrem Anbringen nicht ſonderlich wilkommen waren; indem man des Stat-
halters zu Jvanogrod Schreiben ſo auslegte, als ſey der Stadt deswegen ein
Stilſtand bewilliget, weil die Buͤrger die Stadt und das Schlos zu uͤbergeben
verſprochen. Der Czaar drohete Narva umzukehren, im Fal der Uebergabe aber
ihr die herrlichſten Privilegien zu ſchenken, wobey er die uͤberſchrittenen Tractaten
der Stadt, welche ſie oft mit Rußland auf dem Narvaſtrom errichtet, vorle-
gen lies. Die Deputirten boten eine Summe Geldes fuͤr den Frieden, ſo bald
die Beſtaͤtigung davon aus Narva einlaufen wuͤrde; welches der Czaar ſchlechter-
dings verwarf.
Nun hatte zwar Krumhauſen der Handlung auf Rußland wegen
durch des Czaars Beichtvater und deſſen Fuͤrbitte einen anſehnlichen Freiheitsbrief
fuͤr ſeine Perſon erhalten, den er auch manchem Deutſchen in friedlichen Zeiten
auf ſeinem Namen geliehen und zu gebrauchen gegeben. Allein da er ſich in die-
ſer Geſandſchaft blos auf des Befehlhabers in Jvanogrod Zuſage berief, und
von dem Czaar kein ſicher Geleite aufzuweiſen hatte; ſo wurde beiden Abgeordne-
ten der Arreſt angekuͤndiget, ohnerachtet die Stadt bey der Abreiſe dieſer Maͤnner
eigene Geiſſel zu Jvanogrod eingeliefert hatte. Doch der Czaar aͤnderte ſeine
Meinung, und befahl ſeinen Miniſtern einige Punkte aufzuſetzen, die einen gar
leidlichen Accord fuͤr die Stadt in ſich enthielten. Die Abgeordneten wuſten wohl,
wie halsbrechend es in Liefland war, etwas anzunehmen, was von einer Ueber-
gabe handelte. Sie konten es aber auch nicht ausſchlagen, weil ihre Freiheit da-
von abhieng; und Krumhauſen muſte ſich noch dazu verbindlich machen, ſo
lange im Ruͤckwege auf Jvanogrod in Arreſt zu bleiben, bis Deden den czaa-
M m m 2riſchen
[232]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1558riſchen Gnadenbrief den Narviſchen uͤberbraͤchte. Und alſo beurlaubten ſich bei-
de Abgeordnete, fanden aber bey ihrer Zuruͤckkunft die Stadt in ganz andern
Umſtaͤnden.
Der vellinſche Comtur, Gotthard Kettler, und der revelſche Comtur
Franz von Segehafen, genant Azel, waren mit etlichen 800 Man und einigem
Feldgeſchuͤtze auf dem Wege Narva zu entſetzen; dieſes machte einige Conſtabler
von der narviſchen Beſatzung ſo uͤbermuͤthig, daß ſie auf eine hoͤchſt unbeſonne-
ne Weiſe unter die in Jvanogrod an einem Feſttage bezechten Ruſſen ihr gro-
bes Geſchuͤtz losbranten, und viele toͤdteten. Die Ruſſen geriethen daruͤber in
groſſe Beſtuͤrzung, und holten von ihren Befehlshabern Befehl zur Gegenwehr
ein’ weil ſie den Stilſtand zu beobachten hatten. Zum Ungluͤck der armen Stadt
kam in des Barbiers Cordt Ulken Hauſe ploͤtzlich Feuer aus, welches unter den
mehrentheils hoͤlzernen Haͤuſern recht wuͤtend um ſich grif und ſie in Aſche legte.
Bey dieſer Unordnung ſchwammen die Ruſſen uͤber den Strom, drungen in die
Stadt hinein, beſetzten die Thore und halfen noch manches retten. Die Buͤrger-
ſchaft und Beſatzung fluͤchtete nach dem Schloſſe. Hier erboten ſie ſich ſo gleich
zur Uebergabe, unter der Bedingung eines freien Abzugs, welcher ihnen auch von
den Ruſſen zugeſtanden wurde. Kettler lag 3 Meilen von der Stadt hinter
3 Bergen, ſahe ſich aber viel zu ſchwach den Entſatz zu wagen: doch glaubte er,
dieſe Vormauer von Eſtland koͤnne ihrer Veſtigkeit wegen den grimmigſten An-
grif aushalten, zumal da eine auf Kundſchaft ausgeſchickte Parthey die Nachricht
uͤberbrachte, daß ſie nur eine halbe Meile von der Stadt geweſen, in welcher das
Feuer gluͤcklich gedaͤmpfet worden, und alles auſſer Gefahr ſey. Doch da man
im Lager erſt recht ruhen wolte, ſo kam ſchon die Buͤrgerſchaft und Garniſon aus
Narva bey ihnen an, und legte von ihrer Uebergabe den warhaftigen Bericht ab.
Die Narviſchen beklagten ſich uͤber die ausgebliebene Huͤlfe, Kettler hingegen,
der dieſen ſo unvermutheten Verluſt nicht begreifen konte, fiel auf die Gedanken,
die Stadt muͤſte durch Verraͤtherey uͤbergeben ſeyn, davon er die Urheber zu ent-
decken ſich bemuͤhte. Die Eroberung dieſes haltbaren Platzes, ſo am 12ten May
geſchahe, verurſachte in den benachbarten Oertern ein ſolches Schrecken, daß eine
Unordnung auf die andre folgte, und man dieſelbe billig fuͤr den Anfang aller wi-
derwaͤrtigen Begebenheiten damaliger Zeit halten kan.
Zwey Tage nach Einaͤſcherung der Stadt Narva kamen die Abgeordneten,
Krumhauſen und Deden, aus Moſcau mit dem czaariſchen Gnadenbriefe
zuruͤck, und ſahen ihr Hab und Gut unter der noch rauchenden Aſche verzehret.
Sie begaben ſich laut ihrem Verſprechen nach Jvanogrod und baten um die Frei-
heit der eingelieferten Geiſſeln, weil der Czaar die Stadt ſeiner Gnade verſichert.
Man verſprach auch ſie loszugeben, wenn Krumhauſen den Gnadenbrief den
ausgezogenen Einwohnern den Augenblick nachſchicken wuͤrde, damit ſie ſich wieder
anbauen und die Handlung nach Rußland fortſetzen moͤchten. Ein Buͤrger,
Namens Hans Bernd, ſtelte vor, daß es keine Lieflaͤnder, ſondern nur
Fremde waͤren, die bisher nach Rußland gehandelt haͤtten, worauf er auch in
Freiheit kam, dabey aber angeloben muſte, die czaariſche Begnadigung der Stadt
an Kettlern abzugeben. Der unſchuldige Man erhielt ein ſchlechtes Botenlohn,
indem ihn Kettler nach Revel abfuͤhren lies, wo er auf dem Schloſſe lange Zeit
gefangen ſitzen muſte. Die Beſchuldigung der Verraͤtherey traf endlich Krum-
hauſen ſelbſt, in welchen Verdacht ſo gar der Vogt, der Rath und die ganze
Gemeine verwickelt wurde g). Denn die in Jvanogrod nachgebliebenen Geiſ-
ſeln
[233]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
ſeln hatten Bernd Briefe an ihre Angehoͤrigen mit gegeben, und ihnen aus des1558
Czaars Begnadigungsbriefe Troſt eingeſprochen und Hofnung zur Ruͤckkunft ge-
macht, welches Kettler fuͤr heimliche Tractaten des Krumhauſen mit dem
Czaar anſahe, da man doch Krumhauſen zu Jvanogrod hart genoͤthiget, durch
ſeinen Sohn dem Vogt zum Neuenſchloſſe, Diedrich von der Steinkuhle, eine
Abſchrift von der Begnadigung einzuhaͤndigen, und ihn zur Uebergabe zu bereden.
Jn Doͤrpt machte man aus der Einpackung der 60000 Thlr. endlich ein-
mal Ernſt, wobey ſich die Herren Fabian und Heinrich von Tieſenhauſen,
der Stiftsvogt Elhard Kruſe, der Buͤrgermeiſter Joh. Dorſtelman, die
Rathsherren Heinrich Cornelius, Herman von Embden, Johan En-
gelſtaͤdt und andre mit willigem Vorſchus ſehen lieſſen, des Hrn. Neuſtaͤdts
Schwiegervater Dittmar Meier aber noch 500 Thlr. zulegte. Die Geſandten
giengen der Eil wegen mit erſtem ofnen Waſſer nach Pleſcow, unter welchen
ſich D. Wolfgang Zaber, ein Man, den man wegen ſeines Anſehens nur den
lieflaͤndiſchen Papſt zu nennen pflegte, mit befand, welcher aber unterwegens
von dem Tode eine andre Geſandſchaft zu beſtellen bekam. Seine Stelle vertrat
Johan Taube von Uxkuͤl.
Jn Liefland glaubte man, daß dieſes Geld alle erwuͤnſchte Wirkung thun
wuͤrde, und man nicht eben ſo ſchnel zu ſatteln noͤthig haͤtte, obgleich der Biſchof
von Doͤrpt in oͤftern Briefen auf den Schutz drang, den man ihm in ſo vielen
Vertraͤgen feierlich zugeſagt. Einige hielten es nicht fuͤr warſcheinlich daß der
Czaar gegen Liefland Ernſt gebrauchen wolle, weil ers mit dem roͤmiſchen
Kaiſer nicht verderben wuͤrde, auch keiner ihrer Correſpondenten aus Rußland
etwas von dem Einfal der rußiſchen Voͤlker ſchriebe. Der Biſchof von Doͤrpt
war der erſte, welcher mit 270 Pferden ins Lager bey Kyrnpeh ruͤckte. Der
Ordensmeiſter Fuͤrſtenberg kam auch mit 200 Man zu Pferde; und eine glei-
che Anzahl brachte ſein Ritmeiſter Metzauge herbey. Almaͤhlig langte auch der
Propſt Ulrich Beer wegen des Stifts Curland mit 80 Pferden, und der
Vogt von Bauske und Seeleburg, der Comtur von Goldingen, Ma-
rienburg und Dobblen mit ihrer Macht an, wobey 1500 Bauren, Schuͤtzen
und Feldgeſchuͤtz mit kamen, welche dem maͤchtigſten Feinde den Pas wehren ſol-
ten,
g)
N n n
[234]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1558ten, da ſie an ſtreitbarer Manſchaft noch keine 1500 Man ausmachten. Die
Voͤlker des Erzſtifts Riga hielt man fuͤr eben ſo ſtark, und wartete ſehnlich
nach ihrer Ankunft; allein der Erzbiſchof fand ſich mit einer Entſchuldigung ein,
welchem Beiſpiel die Biſchoͤfe von Oeſel, Harrien und Wirland folgten.
Das Gebiet von Vellin aber muſte bey Kettlern in Eſtland bleiben. Dieſer
Umſtand ſetzte Fuͤrſtenbergen in groſſe Verlegenheit, ſo daß er den Ruſſen
ſchon etliche Veſtungen uͤbergeben wolte, welches jedoch die Doͤrptiſchen durch
vieles Bitten noch hintertrieben. Die Unordnung und das Gezaͤnke kam gar ſo
weit, das wenig daran fehlte, daß der Orden und die Doͤrptiſchen ſich uͤbern
Haufen geworfen, und ſelbſt erwuͤrget haͤtten, wie denn etliche toͤdlich verwun-
det, viele aber in die groͤſte Lebensgefahr geſtuͤrzet wurden. Der Biſchof von
Doͤrpt eilte nach ſeiner Stadt zu, um ſelbige in Vertheidigungsſtand zu ſetzen,
welches alles dem Orden wenig Luſt machte, im Felde zu bleiben, im Gegentheil
vielmehr Anlas gab, daß man alles Unheil unſchuldigen Leuten zur Laſt legen wol-
te, und ihnen den damals nicht ungewoͤhnlichen Namen der Landesverraͤther zur
Beſchimpfung anhieng.
Die rußiſche Armee wandte ſich von Narva nach dem Schloſſe Neuen-
haus, in welchem ſich eine Beſatzung von 80 Man und etlichen Bauren befand,
uͤber welche Georg Uxkuͤl von Padenorm Hauptman war. Die Ruſſen
lagen 6 Wochen lang davor, waͤhrend welcher Zeit durch das unaufhoͤrliche Be-
ſchieſſen die Bruſtwehre, die Mantelmauer und ein Thurm eingeſchoſſen, etliche
Manſchaft getoͤdtet, und den Belagerten ein vortheilhafter Vergleich war angebo-
ten worden. Ob nun gleich der tapfere Uxkuͤl von keiner Uebergabe hoͤren wol-
te, ſo konte doch niemand vor Muͤdigkeit mehr fechten; ja die Soldaten droheten
gar ihren Hauptman uͤber die Mauren zu henken, wenn er die angebotenen Be-
dingungen ausſchlagen wuͤrde. Er muſte ſich alſo in die Zeit ſchicken, und behielt
beim Auszuge wenige von ſeinen Leuten bey ſich, weil die meiſten von freien Stuͤ-
cken bey den Ruſſen Dienſte nahmen. Der Biſchof hielt dieſes Neuenhaus
fuͤr den Schluͤſſel zu Doͤrpt; da es alſo Fuͤrſtenberg nicht entſetzen konte, ob ſich
gleich der Biſchof Rechnung darauf machte, ſo wuͤrkte dieſes auf beiden Seiten
ein neues Misverſtaͤndnis. Der Biſchof hatte unterſchiedliche Unterredungen
mit Chriſtoph Muͤnnichhauſen und Johan Soͤgen, ſeinen Raͤthen, wo-
zu er auch den Stiftsvogt Kruſen aus dem herrmeiſterlichen Lager verſchrieben;
auf die Nachricht von der Uebergabe des neuen Hauſes aber war es zu ſpaͤt, das
neue Project auszufuͤhren, und den Koͤnig von Daͤnnemark Chriſtian den
IIIten um Schutz und ſchleunige Huͤlfe anzurufen.
Die Eroberung dieſes wichtigen Platzes zog viele andre Wiederwaͤrtigkeiten
nach ſich. Der Ordensmeiſter trauete denen in Doͤrpt ſo wenig als den Ruſ-
ſen, und brach in moͤglichſter Eil vor Kyrenpeh auf, zog ſich nach Walck in
ſein Ordensgebiete, und Kettler muſte mit eigener groſſen Gefahr dieſen Ruͤckzug
bedecken. Das Schlos Kyrenpeh, worinnen aller Lebens und Kriegsvorrath
aufgeſchuͤttet lag, wurde auf Fuͤrſtenbergs Befehl in Brand geſtecket, und die
deutſche Beſatzung herausgezogen. Die Bauren hingegen liefen wieder hinauf,
loͤſchten die Glut, ſoffen ſich in Meth, Wein und Bier tol und vol, ſchickten
nachher einen aus ihrem Mittel an die Ruſſen ab, mit Vermelden, die Deut-
ſchen waͤren weg; ſie koͤnten das Schlos beſetzen. Die Ruſſen ſaͤumten nicht,
ſchickten aber eine Parthey von ihren Voͤlkern dem fluͤchtenden Ordensheer nach,
die auch mit dem Nachtrab der Deutſchen blutige Scharmuͤtzel hatten; wobey
Kettler, weil er vom Pferde ſtuͤrzte, bald gefangen worden waͤre, wenn nicht
Fuͤrſtenberg ſich umgewandt und zur Unterſtuͤtzung deſſelben herbey geeilet waͤre.
Die Hitze war fuͤr Menſchen und Pferde ſo gros, daß etliche in ihrem Harniſch
erſtickten, und umfielen. Man erreichte nach Abwerfung einiger Bruͤcken einen
Heuſchlag bey der olzenſchen See, und lagerte ſich den folgenden Tag zu Wal-
ke. Hier faſten die Staͤnde einen geſchwinden Entſchlus, und noͤthigten bey
Fuͤr-
[235]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Fuͤrſtenbergs hohem Alter den bisherigen Comtur zu Vellin, Gotthard1558
Kettlern, einen noch jungen aber verſuchten Held, die Coadiutur anzunehmen.
Die ſchlechte Beſchaffenheit der zur Erhaltung des Landes noͤthigen Mittel, der
elende Zuſtand der Ordenscaſſe, die Uneinigkeit der Staͤnde, von welchen allen
Kettler die beſte Kentnis hatte, gaben ihm Entſchuldigungen genug an die Hand,
dieſe Buͤrde auszuſchlagen. Das Vertrauen aber, ſo jederman in ſeinen Helden-
muth geſetzet hatte, und die Liebe, ſo ihm jederman ſeiner Eigenſchaften wegen erwei-
ſen muſte, brachten ihn dahin laut der Ordensregeln dieſen Antrag zu genehmi-
gen, welches er am 9ten Jul. fruͤh um 7 Uhr unter Vergieſſung ſeiner Thraͤnen
einzugehen ſich gezwungen ſahe.
Man kan leicht erachten, daß, wenn die Vormauern des Landes, die noch
am beſten verſehen waren und Entſatz hoffen konten, verloren giengen, die andern
nicht ſo haltbaren Plaͤtze gewis nicht werden im Stande geweſen ſeyn die rußiſche
Macht aufzuhalten. Gerd Huen von Anſterath, Vogt zu Weſenberg, Die-
drich von der Steinkuhle, Vogt zum Neuenſchloſſe, und Heinrich von Kal-
lenbach, Vogt zu Tolsburg, zogen ſich mit ihren Leuten ins Feld, welches man
ſein Haus verlaufen nante, und mit welchem Titel damals mancher braver
Man beſchimpfet wurde, der ſein und der Seinigen augenſcheinliches Verderben nicht
abwartete. Die Ruſſen beſetzten das Schlos Weſenberg, und befeſtigten es
beſſer; die Stadt, ſo dabey lag, ward mit Kirchen, Rathhaus und Gildenſtu-
ben dem Erdboden gleich gemacht. So legten ſie auch ihre Voͤlker in Lais,
Oberpahlen, Ringen, Kawelecht und andere Oerter mehr, welche die
Deutſchen gleichfals verlaſſen hatten, weil das Schrecken und die Verwirrung
weder Rath noch Huͤlfe verſtattete. Fuͤrſtenberg ſchrieb nach Doͤrpt, er wol-
le mit ſeinen Voͤlkern in die Stadt ruͤcken, dafuͤr ſich die Stadt und Stift zu al-
ler unterthaͤnigen Treue gegen den ritterlichen Orden erbot; er machte ihr auch
ſonſt viele Hofnung von einem tapfern Beiſtande, ſo aber alles aufs neue durch
allerhand Mistrauen geſtoͤret und krebsgaͤngig gemacht wurde.
Der Biſchof, welcher zuvor mit 270 Pferden ins Feldlager bey Kyran-
peh geruͤcket war, hatte bey ſeinem Ruͤckzuge lange nicht die Helfte mehr uͤbrig.
Einige davon zwang der Ordensmeiſter bey ihm zu bleiben, und von dem Stiftsa-
del folgten dem Biſchof nur 17 Man in die Stadt, worunter doch etliche noch
ohne Abſchied, andre unter mancherley Entſchuldigungen abzogen. An Reute-
rey waren noch 80 Man vorhanden, die nebſt 80 Landsknechten den Dom und
ein weitlaͤuftiges Schlos beſetzen und vertheidigen ſolten. Das groͤſte Ungluͤck
war daß auch die Geſandten zuruͤck kamen, und den Beſcheid mitbrachten, der
Czaar wolle kein Geld nehmen, ſondern verlange in den Beſitz der eroberten Plaͤ-
tze zu bleiben, weil man es durch das lange Zaudern aufs hoͤchſte kommen laſſen.
So aͤngſtlich das Stift und die Stadt an Fuͤrſtenbergen ſchrieb und ihn ſeiner
Zuſage von neuem erinnerte; ſo lies ſich der alte Ordensmeiſter doch von ſeinen
Gebietigern zum Gegentheil bereden, und ruͤhrte ſich alſo nicht aus der Stelle.
Ja der marienburgiſche Comtur, Schall von Bell, lies ſich gar oͤffentlich ver-
nehmen, dem Orden waͤre das Hemde naͤher als der Rock; daher muͤſſe der Mei-
ſter mehr die Ordenslaͤnder als die Stiftsguͤter zu ſchuͤtzen trachten.
Da die Ordensgebietiger im Lager bey Walck ſich mit Abfertigung neuer
Geſandten um kaiſerliche und daͤniſche Huͤlfe beſchaͤftigten, kam die rußiſche
Armee der Stadt Doͤrpt immer naͤher. Das ſchwere Geſchuͤtz ward auf der
Peipus nach der Stadt gebracht, und das Schlos Werbeck bey Nacht durch
300 Coſaken uͤberrumpelt. Die Beſatzung hatte ſich den Abend vorher in Wer-
beck ſtark bezecht, und daher das Feuer nicht wahrgenommen, welches dieſes
ſtreifende Volk mit Pergel und Stroh an die Pforte gebracht. Der Burggraf
Claus Gelmuth ergab ſich gleich nebſt etlichen andern, welche dem rußiſchen
Feldherrn den Zuſtand der armen Stadt Doͤrpt entdecken muſten. Am 11ten
Julii als den zweiten Pfingſtag ward die Stadt Doͤrpt von dem Feinde berennet.
N n n 2Die
[236]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Die Ruſſen warfen 2 Schanzen auf, eine vor der Drenspforte, die an-
dre an der Deutſchen Pforte uͤber der Embach, auf der Balbahne, welche man
aus der Stadt des dicken Nebels wegen in 3 Tagen nicht ſehen konte. Der an-
fuͤhrende Feldherr Knees Peter Jvanewitz Zuski forderte die Stadt auf,
und bot den Einwohnern einen ſehr leidlichen Vergleich an, der aber von Seiten
des Biſchofs ausgeſchlagen wurde. Auf die erſte Lage mit dem Geſchuͤtz fluͤchte-
ten die Domherren und der ſtiftiſche Adel des Nachts aus der Stadt, und nah-
men ihren Weg nach Riga, wo ſie nicht ſonderlich wilkommen waren. Der
Magiſtrat entdeckte dem Biſchof ſo gleich die Schwaͤche der Gegenwehr, und wie
wenig man ſich auf den Entſatz des Herrn Meiſters verlaſſen koͤnne. Von ihren
Soldaten, deren 200 in voͤlliger Bereitſchaft ſeyn ſolten, waͤren viele krank und
geſtorben. Die Bruſtſeuche habe manchen jungen Buͤrger weggeraffet, und die
Handwerksburſche waͤren ſchon vorher nach Deutſchland gezogen. Der Bi-
ſchof frug, ob auch das feindliche Schieſſen Schaden angerichtet, worauf der
Magiſtrat verſetzte, daß ihrem Quartiermeiſter Eberhard Starcken auf dem
Drensthurm ein Schenkel abgeſchoſſen, zwey Handlanger getoͤdtet und etliche an-
dre bey dem Ausfal verungluͤcket waͤren. Die Tag und Nacht zu haltende Wa-
che fiele der Buͤrgerſchaft und Beſatzung zu ſchwer; indeſſen haͤtten ſie 2 Bauren
erkauft, die ſich bereden laſſen dem Ordensmeiſter einige Bitſchreiben um baldige
Huͤlfe zu uͤberbringen; welchen Vorſchlag ſich denn der Biſchof gefallen lies.
Die beiden Bauren wurden in der Nacht 3 Stunden von einander mit einem
Schreiben an den Meiſter abgeſchickt, die auch beide ankamen, aber keine andre
Antwort zuruͤck brachten, als den aufrichtigen Wunſch, die Doͤrptiſchen moͤch-
ten ſich heldenmuͤthig betragen, und ſich nach Moͤglichkeit wehren; der Orden
koͤnne nicht helfen, der Meiſter wolle fuͤr ſie beten, und zur Herbeiſchaffung eini-
ger neu angeworbenen Manſchaft Anſtalt machen. Das war der ganze Troſt in
in einer Noth, da der Feind nur 5 oder 6 Faden weit von den Thoren ſeine Schan-
zen errichtet, und den Sandberg unter dem Schloſſe ſchon untergraben hatte.
Der Feldherr Zuski, dem Neuſtaͤdt das Zeugnis eines frommen und ſit-
ſamen Mannes giebt, lies die Gnade ſeines Czaars nochmals unter Trompeten-
ſchal bekant machen, und der Stadt verſichern, ſein Herr werde ſie als ein chriſt-
licher Kaiſer und Grosfuͤrſt bey ihrer Religion und Rechten nach dem alten Her-
kommen ſchuͤtzen; wie er denn auch allen, die abziehen wolten, freien Pas und
freie Ruͤckkehr erlaubte. Der Magiſtrat nebſt der Buͤrgerſchaft lagen dem Bi-
ſchof ſehr an, er moͤchte ſich bey ſo herrlichen Vortheilen zu Unterhandlungen ver-
ſtehen, zumal da Zuski der Stadt auf 2 Tage einen Stilſtand bewilligte; ſie er-
boten ſich aber dabey ſich zu wehren und zu fechten, ſo lange ein Schluͤſſel an der
Wand und ein Loͤffel im Schranke ſtecke, wenn nur dieſes Verfahren den Na-
men einer vernuͤnftigen Tapferkeit und keiner verwegenen Unbeſonnenheit verdiene.
Ein gleiches verſicherte die Beſatzung, und verlangte ein Zeugnis von ihrem Wohl-
verhalten nebſt einem ordentlichen Reiſepas. Die Prieſterſchaft verbot gleichfals
alle Widerſpenſtigkeit, wodurch die Ruſſen erbittert werden koͤnten. Die Ge-
meinde hielt nur theils um die Sicherheit ihrer Habe und Guͤter, theils um freien
und ungehinderten Abzug an h).
Den
[237]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Am 16ten und 17ten Julii, als unter waͤhrendem Stilſtande, machten ſich1558
die Ruſſen zum Sturme fertig, ſie muſten aber noch den dritten Tag abwarten,
den der rußiſche Feldherr auf Bitte der Stadt zu weiterer Verabredung noch
verwilliget hatte. Am 18ten alſo, des Morgens fruͤh, ward nach langem Ueber-
legen endlich beſchloſſen, daß Zuski am 19ten die Capitulation zur Unterzeich-
nung erhalten ſolte, wobey die Prediger wegen der Kirche und Schule ein wachſa-
mes Auge hatten. Der alte Buͤrgermeiſter Anton Thyle hielt vor der voͤlligen
Abfaſſung eines Entſchluſſes an den Biſchof noch eine Anrede. Erlauchter,
hochwuͤrdiger Fuͤrſt und Herr, ſagte der brave Man, wenn etwan jemand mein-
te, daß durch Wehr und Waffen die Stadt Doͤrpt noch erhalten werden moͤch-
te, bey dem erbiete ich mich zu ſtehen und Leib und Leben zu laſſen. Sein Vor-
trag
h)
O o o
[238]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1558trag machte einiges Aufſehen. Der Biſchof faſte ſich gleich und antwortete: Ehr-
barer, hochweiſer Herr Buͤrgermeiſter, es ſol dieſe Handlung der Uebergabe kei-
ner Privatperſon ſchuld gegeben und beigemeſſen werden. Hierauf wurde unten-
ſtehende Capitulation zum Feldherrn ins Lager gebracht, der ſie durch ſeinen Dol-
metſcher uͤberſetzen lies, nachher aber des Biſchofs und Magiſtrats Anforderun-
gen unterzeichnete, welche groͤſtentheils in alten Gewohnheiten beſtunden. Die-
ſer wakere und vernuͤnftige Feldherr gab nicht nur dem Biſchof zu ſeiner ſichern
Fortbringung nach Falckena eine anſehnliche Bedeckung von 200 Pferden zu,
ſondern lies auch die Buͤrger, welche ausgezogen, mit ſicherer Manſchaft durch
die ſtreifenden Coſaken begleiten. Ja er handelte ſo billig, daß er um der ſchuͤch-
ternen Weiber und Kinder willen ſeine Voͤlker nicht einmal in die Stadt lies, ſon-
dern ein Piquet in die Thore ſtelte, damit die betruͤbten Einwohner bey ihrem
Einpacken durch nichts beunruhiget wuͤrden. Jndeſſen wurde in Doͤrpt die
Stadtwache bezahlt, und die nicht bleiben wolten, kramten das Jhrige zuſammen,
wodurch das Fuhrwerk ſehr ſelten wurde, und mancher Freund den andern ver-
lies i).
Da
[239]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Da alles vorbey war, ſo hielt der Feldherr ſeinen Einzug, nachdem 2 Ka-1558
pitelherren, etliche Abgeordnete des Magiſtrats und der Buͤrgerſchaft ihm im La-
ger die Schluͤſſel zum Schlos und der Stadt uͤberreicht hatten. Ein Woywode
mit der Friedensfahne ritte voraus; die obgedachten Deputirten aber hatten den
Feldherrn in der Mitte. Die Straſſen waren mit dem Leibregimente des Czaars
beſetzt. Die ſcharfe Manszucht und Ordnung, welche Zuski beobachtete, brachte
der erſchrockenen Buͤrgerſchaft almaͤlig friſchen Muth bey. Der Magiſtrat und
die Gemeine ſchickte dem Feldherrn Wein, Bier, Fiſche, Erfriſchungen, Haber,
und ein guͤldenes Trinkgeſchir zur Verehrung, welches er auch mit den verpflichte-
teſten Ausdruͤcken annahm, und ſich erklaͤrte, daß ſeine Stube und Ohren jedem
offen ſtuͤnden; er ſey deswegen da, die Uebelthaͤter zu ſtrafen und die Tugendhaf-
ten zu ſchuͤtzen. Dieſes verſicherte er nochmals auf ſeinem groſſen Gaſtgebote,
welches er auf dem Schloſſe dem Rath, den Elterleuten und Elteſten gab, der-
gleichen gnaͤdige Verſprechungen er einige mal wiederholte. Doch der Biſchof
Herman ward auf Befehl des Czaars durch einen abgeſchickten Haufen von Fal-
ckena wieder abgeholet, und bis zum Ausgang des Krieges nach Moſcau gefuͤh-
ret, weil man dadurch den Frieden zu beſchleunigen hofte.
O o o 2Nach-
[240]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Nachdem ſich Doͤrpt am 19ten Jul. ergeben hatte, fertigte Zuski Bevol-
maͤchtigte ab, die die Stadt Revel zur Uebergabe auffordern und ihr die ſchoͤn-
ſten Bedingungen anbieten ſolten. Die Stadt aber, die ſich auf weit feſtere und
von der Natur verſtaͤrkte Werke verlaſſen konte, dergleichen Doͤrpt nicht hatte,
ertheilte 2 Meilen von Revel in des Raths Hofe den rußiſchen Unterhaͤndlern
die kurze Antwort, daß ſie als eine herrmeiſterliche Stadt zum Capituliren keine
Erlaubnis habe.
Da der Orden in Liefland wegen der Uebergabe kleinerer Plaͤtze ſchon ſo
viel Aufhebens machte, ſo iſt leicht zu begreifen, warum dieſes ein wenig befeſtigte
Doͤrpt, das man mit Gewalt fuͤr eine Vormauer des Landes ausgab, bey ſei-
ner Ergebung noch viel mehr Reden und Verwirrung verurſachte. Man nante
die Einwohner deſſelben reiche und bemittelte Leute, die ihr Vermoͤgen zur Ret-
tung des ganzen Landes haͤtten anwenden ſollen. Man ſchaͤtzte die Baarſchaft an-
ſehnlicher Stiftsraͤthe, denen man Geitz und Eigennutz vorwarf. Die Aermern
beſchuldigte man der Schwelgerey und des Durchbringens. Man redete von
Verraͤthern, man ſpottete der Ungluͤcklichen, und verfuhr nicht anders, als ob
die Rechnung ſchon richtig waͤre, daß ein jeder Doͤrptiſcher wol 100 Ruſſen
auf ſich nehmen koͤnte.
Das erſte Gericht hielt man uͤber die aus Moskau zuruͤckgekommenen Gel-
der, die zu Riga in der Maſſelſtraſſe in dem Hauſe des Herrn Joh. Uxkuͤls
von Mentzen niedergeleget waren, wovon denen Doͤrptern wenig wieder in die
Haͤnde kam. Man ſahe ſie als Gelder an, welche nun rußiſch waͤren, und die
man daher nicht zuruͤckgeben duͤrfte. Selbſt diejenigen Gelder, welche die aus
Doͤrpt wegziehenden Einwohner aus Verkaufung ihres Geraͤthes geloͤſet, wur-
den fuͤr feindlich erklaͤret, und dieſen fluͤchtigen Leuten auf dem Wege nach Re-
vel durch den Gebietiger Wilhelm Wifferling abgenommen.
Der Ordensmeiſter Fuͤrſtenberg, bey welchem der gegen den Biſchof ge-
faſte Argwohn bey dieſem Verluſt gleichſam von neuem aufwachte, ruhete nicht
eher, bis er die vermuthete Verraͤtherey entdecket hatte. Man nahm den biſchoͤfli-
chen Bedienten Chriſtoph Luſtvern in Verhaft, und brachte ihn nach Wenden
in den Peinthurm. Dieſer der Tortur ungewohnte Hoͤfling that eine ziemlich un-
ordentliche Auſſage, und muſte ſie nach empfangenem Abendmahl den 25ſten Jul.
in Gegenwart des roͤmiſch-kaiſerlichen Notarii Thomas Tarnow in der
hauscomturlichen Kammer Vormittages um 8 Uhr guͤtlich bekraͤftigen, woruͤber
der Ordensſecretarius Baſtian Dittmarſchen das Protocol fuͤhrete. Die
Auſſage des Weinſchenken in Wenden, Reinhold Fackens, hieng nicht ordentli-
cher zuſammen; gleichwol machte des erſtern Bekentnis, daß man den ehrlichen
Kanzler Georg Holtſchuher in Hapſal einzog, deſſen Auſſage man wieder
ſo drehete, als ob der Biſchof mit Fleis und Vorſatz die Ruſſen ins Land einge-
locket, und ihnen die Feſtungen in die Haͤnde geſpielet habe. Dis Verfahren
machte den uͤbrigen doͤrptiſchen Kapitelsherren geſchwinde Fuͤſſe nach ihrem Va-
terlande, damit ſie nicht auch das Ungluͤck haͤtten, unſchuldiger weiſe mit in die
Jnquiſition uͤber die ſo genanten Landesverraͤther zu gerathen. Luſtver fiel ſelbſt
uͤber ſeine Ausſage in Verzweifelung und erhieng ſich im Gefaͤngnis k).
Haͤtte
[241]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤnſtenberg.
Haͤtte ſich Fuͤrſtenberg im Felde halten, und die noch uͤbrigen nothleiden-1558
den Schloͤſſer beſchuͤtzen koͤnnen; ſo wuͤrde der erſte Schrecken nach dem Verluſt
von Doͤrpt keinen beſondern Eindruck gemacht haben. Allein da es mit dem gruͤ-
nen Holze ſo gieng, ſo war das duͤrre nicht mehr ſicher, und der Vogt Bernhard
von
k)
[242]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1558von Smerten, verlies das feſte Wittenſtein, deſſen Lebensmittel ſich die aus
Doͤrpt ausgezogene Beſatzung zu Nutze machte, und ſich den darin befindlichen
Wein und Bier wohl ſchmecken lies, ohne doch lange an einem ſo wohl geſpickten
Orte zu verweilen. Doch der junge Caſper von Oldenbockum beſetzte das
ausgelerte Schlos gleich mit einiger friſchen Manſchaft, und hielt aus ſelbigem
die herumſchweifenden Freibeuter vom rußiſchen Heer noch etwas im Zaum.
Jn Revel wurde die Verwirrung noch groͤſſer. Der Domberg, auf wel-
chem der Orden ein von Natur und Kunſt wohlbefeſtigtes Schlos hatte, ward
bey der durchgaͤngigen Furcht von dem daſigen Comtur, Franz Segehaven von
Anſtel, in Hofnung auf koͤniglichen daͤniſchen Schutz, an einen Edelman aus
der Wyk Chriſtoph von Moͤnnichshauſen, einen Gevolmaͤchtigten des Koͤ-
nigs von Daͤnnemark, uͤbertragen, der auch gleich die in Beſatzung liegende
Compagnie der Ordensſoldaten ſeinem Koͤnig ſchweren lies. Dieſer unerwartete
Streich veranlaſte den Adel in Harrien und Wirland zu einem neuen Ent-
ſchlus, daß ſie ihre Geſandten Fabian von Tieſenhauſen und Bruno von
Wedbergen nach Daͤnnemark abfertigten, in der Zuverſicht, der Koͤnig
Chriſtian der IIIte werde ſeinen Beiſtand dem Lande um ſo viel weniger verſa-
gen, je laͤnger dieſe Krone in dem Beſitz von Eſtland geweſen. Die Stadt
Revel lies ein gleiches durch ihre Abgeordneten Jvo von der Hoͤge, und den
Rathsherrn Caſpar Breitholtz ſuchen; bey welcher Geſandſchaft der geſchickte
und beliebte Syndicus Joſt Clodt das Wort fuͤhrte. Der alte Koͤnig leh-
nete aber nach einigem Bedenken das ganze Anbringen mit der Entſchuldigung von
ſich ab, daß ihm GOtt Laͤnder und Staͤdte genug zu regieren gegeben, und eine
groͤſſere Buͤrde aufgeleget, als ſein graues Alter ihm zu tragen erlaube. Doch
ſchickte er den Ordensherren zur Beihuͤlfe 20000 Thaler, wofuͤr dieſe Geſchuͤtz,
Pulver und Lebensmittel ankauften. Tieſenhauſen ſtarb in Daͤnnemark, und
Wedberg auf dem Schiffe, von denen der letztere in Revel begraben wurde.
Moͤnnichhauſen der koͤniglichen Befehl erhielt, den Dom dem Orden zuruͤck zu
geben, gerieth auf einen andern Ausſchlag, und bot denſelben der Stadt um eine
Summe Geldes an, die aber auch Bedenken trug ſich in Weitlaͤuftigkeiten einzu-
laſſen; daher Moͤnnichhauſen ſeinen Schatz auf eigne Gefahr zu bewahren hat-
te, bis im Herbſt Gotthard Kettler durch Vermittelung des Herrn Diedrich
Behr und Heinrich Uxkuͤl von Fickel das Schlos Revel dem Orden wieder
unterwuͤrfig machte. Endlich ſties Fridrich Voͤlckerſam, Domproſt und
Obriſter uͤber die Voͤlker des Erzbiſchofs, zu Kettlers Armee, und wagte noch den
Sommer die Berennung des Schloſſes Ringen, aus welchem er die Ruſſen
verjagte, und mit ihnen beim Dorfe Torrifer ein gluͤckliches Scharmuͤtzel hielt.
Ein vornehmer rußiſcher Herr, der einige toͤdliche Wunden bekommen, bat ihn
in lateiniſcher Sprache ſeiner Heilung wegen Sorge zu tragen und ſagte: Rogo
dominationem tuam, intercedat pro me apud Dominum ſuum, Magnum Li-
uoniae
k)
[243]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
uoniae Magiſtrum, vt me in ciuitatem ſuam ad medicos mittat, quia grauiter et1558
letaliter ſum vulneratus. Er verſchied aber unter ſeinen Haͤnden. Das Schlos
Ringen ward alſo von Kettlern erobert, und weil er 400 Ruſſen in ſelbigem
niederhauen lies, verdros ſolches den Czaar dergeſtalt, daß er auſſer den Biſchof
Herman alle Buͤrger und junge Leute aus Doͤrpt nach Pleſcow zu fuͤhren
befahl, die doch aber bald wieder zuruͤck gebracht wurden.
Noch erwies der gottſelige Koͤnig von Daͤnnemark Chriſtian der IIIte
kurz vor ſeinem Hintrit aus der Welt den Lieflaͤndern die Gefaͤlligkeit, daß er
durch ſeine Geſandten Claus Uhr, Waslaff Wobeſſer, Peter Bilde und
D. Hieronymus Tennern bey dem Czaar um einigen Stilſtand fuͤr die Lief-
laͤnder anhalten lies, der aber von den Ruſſen nicht laͤnger als auf ein halbes
Jahr genehmiget wurde. Jm roͤmiſchen Reiche verfuhr man weit kaltſinniger,
indem der Kaiſer ſeinen ganzen Beiſtand auf einige Ermahnungsſchreiben an die
Staͤdte Luͤbeck und Hamburg einſchraͤnkte, daß ſelbige den Ruſſen nach
Narva keine Contrebande zufuͤhren moͤchten; die aber nicht geſonnen waren ſich
ſo genau darnach zu richten. Die Lieflaͤnder ſelbſt erhielten keinen weitern Troſt,
als ſich an Schweden zu halten. Die Chriſtenheit ſey gros, und koͤnne weder
er noch das Reich der Tuͤrken wegen die Chriſten aller Orten ſchuͤtzen l).
Der Czaar unterlies mitlerweile nicht, dem roͤmiſchen Kaiſer Ferdinand
dem Iſten die Urſachen vorzulegen, die ihn zu dieſem Kriege mit Recht gereitzet.
Jhr Hauptinhalt lief darauf hinaus, daß die Staͤnde den Tribut, der alle 3 Jahr zu
erlegen geweſen, nicht gehoͤrig abgetragen, den rußiſchen Handel geſtoͤret, aus
den griechiſchen Kirchen Zeughaͤuſer und Cloaken gemacht, ſich an ſeine Warnun-
gen nicht gekehret, ſondern wie Pharao verſtockt geblieben waͤren; weswegen er
ſie mit Feuer und Schwerdt heimzuſuchen berechtiget ſey.
Die Lieflaͤnder wandten ſich in dieſem Gedraͤnge um Jacobi an die Kro-
ne Schweden, und ſandten nebſt Salomon Henning, D. Rembert
Gilſen und dem Secretair Michael Brinckmann, den duͤnemuͤndiſchen
Comtur Georg Brabeck nach Abo an den Grosfuͤrſten Johannes in Finn-
land, welcher nicht abgeneigt war auf Verpfaͤndung einiger Schloͤſſer ein Dar-
lehn von 200000 Thlr. zu thun, und dem Lande mit Volk, Munition und Pro-
viant beizuſpringen, in Hofnung, ſolchergeſtalt einen feſten Fus in Liefland
zu erhalten. Er gab den Geſandten zwar eine Befoͤrderung an ſeinen Herrn Va-
ter mit, verwies ihnen aber die Unachtſamkeit, welche in der lieflaͤndiſchen
P p p 2Kanzley
[244]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1558Kanzley mit dem koͤniglichen Titel begangen war, da man den Koͤnig im Lateini-
ſchen nur Jhro Erlauchten genant, und ſagte: Die koͤnigliche Majeſtaͤt von
Schweden iſt durch GOttes Gnade ſo verfinſtert nicht, daß ſie auf die Er-
leuchtung der Lieflaͤnder wartet. Jn Stockholm erwies der Stathalter
Lorenz Flemming den Geſandten alle Ehre und guten Willen, befoͤrderte ſie
auch zu dem Koͤnig nach Suderkioͤping in Oſtergothland, bey dem ſie aber
nicht ſonderlichen Eingang fanden, indem Guſtavus der Iſte ihnen den bey vo-
rigen Kriegen bewieſenen Wankelmuth vorwarf, da die Schweden ſich ehmals
der Lieflaͤnder wegen in einen weitlaͤuftigen Krieg verwickelt, und durch den ein-
ſeitigen Frieden des Meiſters mit Rußland im Stich gelaſſen waͤren. Er war-
nete auch ſeinen Prinzen Johan ſich mit den Lieflaͤndern auf nichts einzulaſſen;
die Verpfaͤndung erwecke bey Rußland nur Eiferſucht, welches dieſen Handel
fuͤr einen Friedensbruch der Schweden auslegen wuͤrde. Man werde ſich den
Neid des roͤmiſchen Reichs, der Krone Pohlen, und Daͤnnemark, ja aller
wendiſchen Staͤdte auf den Hals laden. Die Erhaltung der Pfandſchloͤſſer
ſey mit vielen Koſten verbunden, und das Pfand oft nicht ſo viel werth als das
Darlehn. Doch hatte der Koͤnig eine Fuͤrſprache bey Rußland einzulegen ver-
ſprochen, welche der eine Geſandte nach der Heimreiſe des andern abwarten wolte.
Es gieng aber auch dieſes zuruͤck, als der Koͤnig erfuhr, daß Daͤnnemark einen
Stilſtand bewirken wolle, und den ſchwediſchen Unterthanen auf ihrer Farth
nach Narva mancherley Beunruhigungen im Weg geleget worden. So viel ver-
ſprach gleichwol der Koͤnig, daß er Liefland aufs moͤglichſte helfen wolle, wenn
der Herr Meiſter Revel und andre Plaͤtze an Schweden verpfaͤndete. Jn
Riga thaten ſich viele durchs Evangelium geruͤhrte Perſonen zuſammen, und
ſtifteten die ſo genante milde Gift, ſo der Stadt einen ewigen Nachruhm zu
wege gebracht m).
Jm
[245]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
Jm Hornung unternahmen die Ruſſen eine erſchreckliche Streiferey durch1558
Liefland, und erlegten den tapfern Dompropſt Voͤlckerſam nebſt vielen aus
dem vornehmſten Adel bey Tyrſen, deſſen Leiche nach Riga gefuͤhret und im
Dom beigeſetzet ward. Sie ruͤckten vor Riga vorbey in Curland bis an die
litthauiſche Grenze, und waͤren bis Memel gezogen, wenn nicht ein blinder
Lerm entſtanden waͤre, daß der mit etlichen hundert Reutern in Curland ange-
kommene Coadiutor des Erzſtifts, Chriſtoph, Herzog von Mecklenburg, ein
faſt unzehlbares Kriegesheer bey ſich fuͤhre. Die Ruſſen erhielten zugleich Nach-
richt von des Czaars Einwilligung in den durch daͤniſche Vermittelung verſchaf-
ten
m)
[246]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1559ten Stilſtand, daher ſie nach vielen zuruͤckgelaſſenen Fusſtapfen eines erbitterten
Feindes eilfertig wieder nach Moskau kehrten.
Da ſich die erwuͤnſchte Huͤlfe fuͤr Liefland aus keinem Theile der Welt ein-
finden wolte, ſo wandten ſich die Staͤnde an ihren Paswaliſchen Bundesver-
wandten, den Koͤnig Sigismund Auguſt von Pohlen, und ſtelten ihm die
Gefahr vor, welche durch den Untergang von Liefland auch ſeinem Reiche naͤ-
her traͤte. Allein die Herren Pohlen hatten auch nicht Luſt ihre Pferde fuͤr die
Lieflaͤnder umſonſt zu ſatteln, und gedachten den Frieden mit Rußland nicht
ſo leichtſinnig zu brechen; daher die Geſandten auf dem Reichstage zu Peterkaw
nicht einmal zum Gehoͤr gelaſſen wurden, ſondern dem Koͤnig nach Cracau fol-
gen muſten. Um aber Zeit zu gewinnen, nahm der Coadiutor Kettler von dem
Ordensmeiſter eine hinlaͤngliche Volmacht, und gieng auf der Poſt mit etli-
chen Ordensraͤthen in eigener Perſon nach Cracau. Jn Pohlen lies ſichs
ziemlich zur Huͤlfe an, doch wolte der Koͤnig erſt die Meinung der Republik ver-
nehmen,
m)
[247]Erzb. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Wilhelms v. Fuͤrſtenberg.
nehmen, beſtelte demnach Kettlern auf den 24ſten Junii nach der Stadt1559
Wilda.
Kettler war willens den Reichstag zu Augſpurg unterdeſſen zu beſuchen;
woran ihn aber der zu Wilda angeſetzte Termin hinderte. Doch ſprach er in
Wien ein, wo er dem Kaiſer die Abſicht ſeiner Reiſe nach Pohlen umſtaͤndlich
eroͤfnete, und auf die neuen Zuruͤſtungen der Ruſſen, weil der halbjaͤhrige Stil-
ſtand verlaufen, auch neue Anſuchung um Huͤlfe that. Der Kaiſer lehnte dieſes
mit vieler Gelaſſenheit ab, und verwies ihn auf den Reichstag. Der Bevol-
maͤchtigte des Ordens, Georg Sigeburgn), that auch zu Augſpurg ſo triftige
Vorſtellungen, daß die Reichsſtaͤnde auf ſo viele Fuͤrſprache andrer chriſtlichen Ge-
ſandten in eine Beiſteuer von 100000 Ducaten willigten, aber keine ſichere An-
weiſung darauf gaben, ſo noͤthig auch Liefland dieſe Mittel damals brauchte.
Kettler reiſte wieder nach Pohlen, und ſetzte ſein Geſuch fort, doch alles auf
dem Fus, daß dem roͤmiſchen Reich an ſeiner Oberherrſchaft uͤber Liefland
kein Eintrag geſchehe. Da Kettler in auswaͤrtigen Landen die Vortheile von
Liefland beſorgte, ſo richtete der alte Ordensmeiſter Fuͤrſtenberg es bey den
Gebietigern in die Wege, daß ſie Kettlern das Meiſteramt uͤbertrugen, daß er
mit ſeinen Unterhandlungen in Pohlen deſto ungehinderter und freier fortkom-
men koͤnte. Es wurde alſo Kettlern von ſeinem Vorfahren das Patent nach
Wilda zugeſchicket, und Fuͤrſtenberg ſchrieb ſelbſt einen Brief an den Koͤnig
von Pohlen, worin die Ordensgebietiger ihre Volmacht mit beigeleget, daß,
weil Fuͤrſtenberg Alters und Schwachheit halber die Regierung verbeten, ſie
Kettlern an ſeine Stelle genommen, welcher alſo als Oberhaupt Befugnis ha-
be alles zu handeln und zu ſchlieſſen, was zur Errettung von Liefland irgends
dienlich und noͤthig ſeyn koͤnne.
Fuͤrſtenberg erwehlte Vellyn zu ſeiner Ruhe, wo er eine Campagnie
deutſche Soldaten, ſeine alten Bedienten, und das grobe Geſchuͤtz bey ſich hatte;
womit er ſich doch ſchlecht genug ſchuͤtzen konte. Alſo folget
Der acht und vierzigſte und letzte Ordensmeiſter in
Liefland, deutſchen Ordens,
Gotthard Kettlera),
Ein in ſeinen Voreltern und Nachkommen groſſer Herr, deſſen un-
gemeine Regententugenden ihn deswegen uͤber den groſſen Plet-
tenberg erheben, weil ſein Regiment in die elendeſten und verwor-
renſten Zeiten in Liefland fiel, und er waͤrend ſeiner kurzen Regie-
rung der bedraͤngten Republik mehr Dienſte leiſtete, als jener in langen Jahren Ge-
Q q q 2legen-
[248]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1559legenheit gehabt hatte. Er war damals der einzige, den man, ſeiner Staats- und
Kriegserfahrenheit und ſeines wahren Heldenmuths halber, zu dieſer Wuͤrde am
tuͤchtigſten befand.
Er hatte zu Wilda am 3ten September den Tractat unterzeichnet, in wel-
chem der Koͤnig ſich zu aller Huͤlfe gegen die Ruſſen verbindet, wogegen der Erz-
biſchof der Kron Pohlen die Schloͤſſer, Lenewarden, Marienhauſen,
Berſon und Luban, der Meiſter aber ein Stuͤck von Aſcheraden, die Schloͤſ-
ſer Lutzen, Roſiten, Duͤneburg, Seleburg und Bauſchkenburg fuͤr
die aufzuwendenden Kriegeskoſten verpfaͤndet. Bey kuͤnftiger Wiedereinloͤſung
derſelben bezahlet der Erzbiſchof auf ſeinen Theil 100000, und der Meiſter 600000
Gulden, jeden zu 24 Groſchen litthauiſch gerechnet. Solte indeſſen Lief-
land Friede erhalten, ſo laͤſt ſich der Koͤnig mit einer geringern Erſtattung be-
gnuͤgen b). Die Stadt Riga, welche dieſes Buͤndnis fuͤr den erſten feſten Fus
der Pohlen in Liefland hielt, und fuͤr ihre Freiheit, noch mehr aber fuͤr die
Religion beſorgt war, bezeugte uͤber die Tractaten keine ſonderliche Freude, ſondern
nahm es noch in Bedenken, ob man die Huldigung nicht aufſchieben ſolte, wel-
che doch der Orden an Kettlern bey ſeiner Zuruͤckkunft aus Pohlen ſchon abge-
leget hatte. Kettler kehrte ſich daran nicht, ſondern uͤberlies dem Erzbiſchof
Wilhelm immittelſt die Stadt zur Beſchuͤtzung uͤber, der mit dem Koͤnig am be-
ſten zu rechte kommen wuͤrde. Er ſelbſt entſchlos ſich, in Eſtland den weitern
Einfaͤllen der Ruſſen Einhalt zu thun, und den Untergang der Provinz abzu-
wehren.
Dazu war Geld noͤthig; und gleichwol war die Ordenskaſſe leer. Er ver-
pfaͤndete demnach an den Herzog Albrecht von Preuſſen das Schlos Gru-
bin auf 5 Jahr um 50000 Gulden, und den Hof Kegel an die Stadt Revel um
46000 Mark, weil Fuͤrſtenberg ſchon 60000 Mark darauf gehoben. Jnglei-
chen bediente er ſich der aus Rußland zuruͤckgekommenen Gelder, und lies auch
viel Silber, Geſchmeide und Wagen wegnehmen, mit welche die Doͤrpti-
ſchen ſich unter der Hand aus dem Lande machen wolten. Ein alter Kaufgeſelle
zu Riga, Billerbeck ſtreckte ihm gegen Handſchrift 30000 Mark vor. So
kam es auch am 5ten October mit der alten Anforderung des Ordens auf die Guͤ-
ter des Kloſters Padis zur Richtigkeit. Der Abt Georg empfaͤngt freien Un-
terhalt auf Lebenszeit, nebſt 200 Mark rigiſch, eine Kammer auf dem Hauſe,
eine Badſtube auf dem Holm mit freiem Holze, das Geſinde Raßibold, wenn
er Leute zum verſchicken gebraucht, einen Garten, Futter fuͤr 2 Pferde, eine
Magd, einen Jungen, jaͤhrlich 2 Pf. Pfeffer, 1 Pf. Safran, von Hausgeraͤ-
the, was ihm anſteht, wie auch die Freiheit, ſeine Verlaſſenſchaft nach ſeinem To-
de an die naͤchſten Erben zu vermachen. Den uͤbrigen Geiſtlichen kam dieſe Ueber-
laſſung des Kloſters der Nachahmung wegen bedenklich und gefaͤhrlich vor.
Bey
[249]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Bey der Huldigung, welche er in der Mittwoche nach St. Gallen in Re-1559
vel annahm, ſprach er alle Eſtlaͤnder von der Schatzung und andern Be-
ſchwerden fuͤr ſich und ſeine Nachkommen los, weil ſie den Ruſſen mit groſſem
Schaden ihrer Guͤter ſtandhaften Widerſtand gethan.
Mit den zu Revel gehobenen Geldern zog der Ordensmeiſter Kettler auf
Martini auf den ſchlimſten Wegen, wo weder Geſchuͤtz noch Reuter durch kon-
ten, gegen die Ruſſen zu Felde, und ſchlug ſein Lager 3 Meilen von Doͤrpt bey
der Kirche zu Nugge auf, hielt auch ein gluͤcklich Gefechte bey Ruyn, weil ihn
des Erzbiſchofs Coadiutor mit Manſchaft unterſtuͤtzte. Bey Doͤrpt ſelbſt kam
es auch zu einigen Scharmuͤtzeln, in deren einem der Hauptman Lucning von
den Thuͤrmen der Stadt durch die Ruſſen erſchoſſen ward. Die Lieflaͤnder
waren zu ſchwach, ſonſt haͤtten ſie damals in Doͤrpt mit eindringen koͤnnen.
Der Befelshaber der Stadt lies die Buͤrgerſchaft indeſſen auf dem Rathhauſe ver-
ſchlieſſen, aber doch wohl verſorgen, bis das Lager bey Nugge aufgehoben war,
womit die Buͤrger ziemlich zu frieden zu ſeyn ſchienen, in Betrachtung, daß ſonſt
die Quartiere in Plescow viel beſchwerlicher geweſen ſeyn wuͤrden. Lais wur-
de von Kettlern auch zweimal beſtuͤrmet: doch gerieth die Belagerung bey anbre-
chendem Winter ins Stecken, weil die Soldaten nicht mehr im Felde dauren kon-
ten. Die groſſen Stuͤcke wurden nach Vellyn gefuͤhret, wo ſie bey dem dritten
Einfal den Ruſſen in die Haͤnde geriethen. Vor Lais wurde mancher braver
Soldat und Gebietiger aufgeopfert, worunter der revelſche Hauptman Wulf
von Strasburg auch ſein Ende fand, weil der Coadiutor ſchon mit ſeinen Leu-
ten in die Winterlaͤger aufgebrochen, und Kettler ſich den Siegeskranz ein we-
nig zu hitzig erfechten wolte. Der gemeine Soldat war des lieflaͤndiſchen
Winters ungewohnt, hatte auch nichts zu leben, weswegen die Beſatzung auf
Oberpahlen mit aufſaͤtzig wurde, und Geld oder den Abſchied forderte. Doch
Kettler wuſte ſie mit guten Worten zu befriedigen, und wies ſie in die Winter-
laͤger. Ein ſchoͤnes Mittel auf eine kurze Zeit!
Der misgelungene Anſchlag auf Lais zog Kettlern wieder ſein Verſchulden
uͤble Nachreden zu. Jndeſſen bekam er zu ſeiner Ermunterung in Vellyn ein
erzbiſchoͤfliches Schreiben, darin ihn Wilhelm zu friſcher Hofnung ermunterte,
ſo lange ihm Riga und Revel noch den Ruͤcken geſichert hielten. Den alten Fuͤr-
ſtenberg lies der roͤmiſche Kaiſer auch nicht ungetroͤſtet. Er ſchickte ſeinen
Kammerherrn Zacharias Hofmann an denſelben ab, der das kaiſerliche Schrei-
ben an den Czaar von Rusland vorzeigte, und eine nachdruͤckliche Veraͤnderung
verſprach. Etwas unangenehmer fiel Kettlern der Brief des Koͤnigs in
Schweden Guſtavs, unterm 30ſten November, als welcher die Schadlos-
haltung der koͤniglichen Unterthanen von dem Orden mit mehrerm Nachdruck be-
gehrete. Mit den Haͤndeln, welche in dieſem Jahr zwiſchen Schweden und
Liefland vorgefallen, hat es folgende Bewandnis. Der Czaar hatte ſich bis-
her die Buͤrger in Doͤrpt durch gar betraͤchtliche Vorzuͤge in ſeinen Landen ver-
bindlich gemacht, um durch dieſelben den andern Staͤdten beſſere Gedanken von
ihm beizubringen, und ſie zur Unterwerfung zu bereden. Als dieſes Mittel den
geſuchten Zweck nicht erreichte; ſo ſchickte er der Stadt Revel einen ſo genanten
Abſagebrief zu: worauf die Stadt ſich in guten Vertheidigungsſtand ſetzte, in
aller Eil das groſſe Rundel bey der Schmiedepforte, viele Waͤlle, Mauren, Gra-
ben und Steinwehren verfertigte, bey welcher Arbeit Buͤrger und Geſellen die
Hand anlegen muſten. Die Buͤrgerſchaft hatte auch einige Kaper in See ſte-
chen, und etliche rußiſche Loddigen oder Fahrzeuge pluͤndern laſſen, die auf dem
ſchwediſchen Fahrwaſſer bey Biorkioͤ, (Borgo) und andern Hafen in
Nyland Handlung trieben. Dieſe Kaper hatten ſich aber endlich auch an ſchwe-
diſchen Schiffen vergriffen, weil ſie den Ruſſen nach Narva Salz zugefuͤh-
ret, und den Schiffer Veit Olden gepluͤndert, den andern aber Hans Gam-
la unter Eckholm auf den Strand gejagt; wodurch der Gouverneur in Wi-
R r rburg
[250]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1559burg, Clas Chriſterſon Horn, ſich genoͤthiget ſahe die Kaufleute aus Re-
vel, Berlhold Buſſen, Meinhard Frilſen und Diedrich Reſenkam-
pen zu Wiburg in Verhaft zu nehmen. Der Koͤnig ſelbſt lies einige Kriegs-
ſchiffe zur Bedeckung ſeines Handels in dem finniſchen Meerbuſen kreutzen.
Der Koͤnig bezeuget dem Ordensmeiſter, daß an dieſem Unfug nicht die Zufuhr
Schuld habe, indem man ja aus Riga uͤber Plescow weit ſtaͤrker mit Ruß-
land handele, ſondern der Neid, daß Schweden hierdurch etwas gewinne.
Er verſichert, die Gefangenen in Wiborg nicht eher los zu geben, bis ſeine ge-
pluͤnderten Unterthanen befriediget worden; zuletzt verlanget er auch fuͤr die auf
ſchwediſchen Kuͤſten beraubten Ruſſen eine Genugthuung. Allein die Kriegs-
unruhen verſtatteten den Lieflaͤndern nicht dieſes alles zu volziehen.
So ſchlecht muſten ſich auch die Luͤbecker befriedigen laſſen, denen man
etliche Schiffe wegnahm, und die Waaren fuͤr Contrebande erklaͤrte. Die Sa-
che kam fuͤr die Hanſeeſtaͤdte. Dieſe thaten nun zwar den Ausſpruch zum Vor-
theil der Stadt Revel; allein die Luͤbecker lieſſen ſichs nur in ſo weit gefallen,
wenn andre Nationen auch den Handel nach Wiborg und Narva unterlieſſen.
Sie beriefen ſich zugleich auf das kaiſerliche Privilegium, vermoͤge deſſen ſie bis
an die Newa nach Nyen handeln koͤnten; ingleichen auf des Herrn Meiſters
Gottfrieds Brief, worin ihnen ſo gar in feindlichen Zeiten mit Rußland der
Handel offen gelaſſen worden. Sie gewannen auch das Urtheil bey Ferdinan-
den, welcher bey Kettlern auf die Wiedererſtattung der Guͤter drang. Der
Ordensmeiſter wolte von Vellyn nach Revel gehen und die Haͤndel naͤher unter-
ſuchen, weil faſt alle Nationen nach Narva fuhren und die Kaufmanſchaft zu
Revel verderbten. Allein die Ankunft der pohlniſchen Geſandten, Sta-
nislaus Narkuski, Praͤpoſitus zu Vilna, und des litthauiſchen Schatzmei-
ſters Nicolaus Naruscewitz, noͤthigten ihn nach Riga zu reiſen, woruͤber der
Handelsproces ins Stecken gerieth, und an keine Ruͤckgabe mehr gedacht wurde.
Sonſt meldet Ruſſov bey dieſem Jahre noch, daß der Tater Cham auch ſeine
Botſchafter an den Ordensmeiſter geſandt, und Huͤlfe gegen den Ruſſen ver-
ſprechen laſſen, wobey aber die Botſchafter begehret, ihren Herren mit Geſchen-
ken und Boten wieder zu beſuchen. Allein auf dieſen Rohrſtab wolte Kettler
ſich nicht ſtuͤtzen.
Mit Anfang des neuen Jahrs brach die geſamte rußiſche Macht in Lief-
land ein, nachdem ſie ſich noch eine Zeitlang uͤber den Ablauf des Stilſtandes
geduldet hatte. Der Comtur von Marienburg, Caſpar Sieburg, der ſich
dieſes unvermutheten Ueberfals nicht verſehen, ſich auch nicht im Stande der Ge-
genwehr befand, capitulirte gleich, wurde aber von Kettlern nach Kirchholm
ins Gefaͤngnis geſchickt, worin er bis an ſein Ende liegen muſte.
Der Ordensmeiſter fertigte nach genommener Abrede mit dem Pohlni-
ſchen Geſandten ſeinen Bevolmaͤchtigten mit an den Koͤnig ab, welcher bisher den
Lieflaͤndern ganz kaltſinnig begegnet war, und mit Verlegung ſeiner Truppen
in die geraͤumten Pfandhaͤuſer ſehr langſam verfuhr, theils den Ruſſen keine Be-
ſchwerden zu verurſachen, theils die Staͤnde in Liefland etwas zappeln zu laſſen,
und zu billigern Bedingungen zu bewegen. Ja es lies ſich jetzo mehr als ſonſt da-
zu an, daß dieſe Ordensrepublik nicht lange mehr wuͤrde beſtehen koͤnnen. Der
Czaar war wegen eines dauerhaften Friedens unſicher, und wolte die Handlung
ſeiner Unterthanen nicht gern ſtoͤren laſſen. Die Schweden waren ſchon zur
See beunruhiget worden, ohne Genugthuung zu erhalten. Die Daͤnen wolten
ſich auch nicht umſonſt eine Laſt aufbuͤrden. Der Kaiſer hatte noch naͤhere Sor-
gen. Des roͤmiſchen Reichs Staͤnde fanden ſich dadurch beleidiget, daß man
in Liefland keine andere Nation als Weſtphaͤlinger aufnahm. Die Hanſeeſtaͤd-
te waren eiferſuͤchtig, weil Liefland ihnen ihren Handel nach Rußland beneidete,
und ihren Schiffen feindlich begegnete. Es war niemand, der ſich des Landes in
ſeiner Armuth und Noth annahm, ohne einen Vergleich, der dem Orden nach-
thei-
[251]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
theilig fiel. Und ſo machten es auch die Pohlen, die doch endlich nach langem1560
Zaudern den Kronunterkanzler Philip Padenewski und den Waywoden von
Vilna, Nicolaus Radzivil, Herzog von Olika, nach Seleburg ſchick-
ten, welche mit den Haͤuptern des Landes in naͤhere Unterhandlung traten, die
haltbarſten Plaͤtze beſichtigten, und nach und nach den Beſatzungsvoͤlkern Befehl
zum Anzuge ertheilten. Kettler muſte auch die 4 Schloͤſſer Goldingen, Ha-
ſenpot, Durben und Windau um 80000 Gulden an Pohlen verſetzen,
um nur ſo viel in die Haͤnde zu bekommen, daß er die deutſchen Soldaten be-
friedigen konte, die nicht mehr von guten und boͤſen Worten leben konten, und
deren etliche ſchon mit fliegenden Fahnen aus dem Lande ziehen wolten. Jm Lan-
de war fuͤr dieſe armen Leute auch um Geld nicht viel zu haben, da alles verheeret
lag, und viele adeliche Beſitzer nicht mehr den Roßdienſt zu leiſten im Stande
waren. Der Hunger, welcher ſonſt den beherzteſten Kerl feige machen kan,
band ſelbſt dem Ordensmeiſter die Haͤnde, daß er dasjenige mit ſeinen Soldaten
nicht auszufuͤhren vermochte, wozu ſein nie gebeugter Muth den gehoͤrigen Nach-
druck und Standhaftigkeit beſas.
Solche kuͤmmerlichen Umſtaͤnde brachten dieſen um das Wohl des Or-
dens beſorgten Herrn wie ſchon ehemals alſo auch jetzo in unterſchiedliche Verſuchun-
gen. Er ſahe ſo gar den Herzog Albrecht von Preuſſen fuͤr einen Mitwerber
um Liefland an, welche Furcht er doch ziemlich fahren lies, als ihm der Herzog
unterm 17ten Merz ſchriftlich verſicherte, daß er fuͤr ſeine Perſon, Erben und
Nachkommen Liefland alle freundſchaftliche Nachbarſchaft verſpreche, und ſich
des Adels und der Unterthanen auf der ihm verſetzten Vogtey Gruben nicht wei-
ter, als die Pfandverſchreibung enthalte, anmaſſen wolle.
Die Ankunft des Herzogs Magnus von Hollſtein, welcher am 14ten
April in den Oſtertagen zu Arensburg ans Land ſtieg, um von der Jnſel Oeſel
Beſitz zu nehmen, duͤnkte Kettlern weit gefaͤhrlicher und bedenklicher zu ſeyn c).
R r r 2Der
[252]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1560Der Vater dieſes Herrn, Koͤnig Chriſtian der IIIte von Daͤnnemark, hatte
ſchon vor 2 Jahren fuͤr dieſen ſeinen zweiten Prinz um die Wyk und Oeſel ge-
handelt, den Kauf aber nicht zu Stande gebracht. Als nun, nach Abſterben des
alten Koͤnigs, der Herzog Magnus von ſeinem Herrn Bruder, dem folgenden
Koͤnige Fridrich dem IIten, fuͤr ſein Antheil an Hollſtein befriediget ſeyn wolte,
ſo trieb Friedrich den Handel im vorigen Jahr ernſtlicher, und kaufte von dem
daſigen Biſchof Johan von Muͤnchhauſen das Biſtum. Das Kapitel, die
Raͤthe und die oͤſelſche Ritterſchaft nahmen den neuen Biſchof begierig an; weil
ihnen der Koͤnig ſchon ſeit einem Jahre allen Schutz zugeſaget und in einer zu
Nieburg abgefaſten Urkunde die freie Wahl eines Biſchofs aus ihrem Kapitel
zugeſtanden. Ob nun wol der Orden beſagten Johan von Muͤnchhauſen
auf Fuͤrſprache ſeines Verwandten Ernſts von Muͤnchhauſen, Comturs auf
Goldingen, nur mit der Bedingung zum Biſtum gelaſſen, daß er ohne Ein-
willigung des Ordens ſein Stift nicht veraͤndern ſolte, welches auch der Kaiſer
unterm 4ten May 1541 beſtaͤtigen muͤſſen; ſo wolte ſich doch der Biſchof nichts
vorſchreiben laſſen, ſondern nahm die 20000 Thlr. und gieng damit nach Hauſe.
Der koͤniglich daͤniſche Bevolmaͤchtigte, Ulrich von Baͤhr, ſetzte den Handel
auf das Stift Curland fort, womit es aber langſam hergieng. Und damit der
regierende Koͤnig Friedrich fuͤr ſich und ſeinem Bruder um ſein baares Geld noch
mehr Verdrieslichkeiten erhandelte, ſo brachte er auch das Biſtum Revel von dem
Biſchof Moritz Wrangel kaͤuflich an den Herzog Magnus. Ja Magnus
hatte das Gluͤck, daß der Ordensvogt Hinrich von Luͤdinghuſen, genant Wolf
auf Sonneburg, ihm ſein Schlos gutwillig uͤbergab, unter dem Vorwand, daß
Magnus es gegen die Schweden vertheidigen und dem Orden wieder uͤberlie-
fern ſolte, wobey ſich aber der Vogt uͤbel bettete.
Kurz vor ſeiner Ankunft gieng Kettler in Riga mit den Staͤnden des Lan-
des zu Rathe, und machte den 5ten April dieſen Abſchied: Alle wollen GOtt
bitten, daß ihr bisheriges ſuͤndliches Leben in ein chriſtliches busfertiges Weſen
moͤge verkehret werden. Da ihre Bemuͤhung auswaͤrtige Huͤlfe zu ſuchen, frucht-
los abgelaufen, und ſie ſich ein Gewiſſen machen, Liefland zum Schaden der
Chriſtenheit in andre Haͤnde gerathen zu laſſen; ſo wollen ſie zu guter letzt noch
einmal ihre Kraͤfte anwenden, und bey chriſtlichen Potentaten auf allerley Be-
dingungen Huͤlfe, Troſt, Errettung und Geld ſuchen, dabey es denn ſein Be-
wenden haben ſolle. Koͤnte der Herr Meiſter durch eine chriſtliche Heirath zum
Heil der bedruͤckten Lande etwas ausrichten, ſo bewilligen ſie nicht nur dieſes, ſon-
dern laſſen ſichs auch gefallen, wenn er die Ordenslande erblich und eigen als ein
natuͤrlicher Erbfuͤrſt bey dem zutraͤglichſten Potentaten erhalten kan, nur daß alle
Einwohner bey dem Beſitz ihrer Guͤter gehandhabet werden. Solten aber keine
huͤlfliche Mittel ausfuͤndig gemacht werden koͤnnen, ſo wollen ſie ſich an den Koͤ-
nig von Pohlen wenden, weil ſie ſich mit demſelben ſchon durch ein doppeltes
Band
c)
*)
[253]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Band ſo wol des paswalkiſchen Vergleichs als der Pfandſchloͤſſer verbun-1560
den d).
Kettler hatte ſich bisher wieder den Verkauf des revelſchen Biſtums hart
geſtraͤubet, gleichwol aber den Handel nicht hintertreiben koͤnnen. Er ſchickte ei-
nige Reuter nach Oeſel, die Sonneburg wieder beſetzen und den Vogt abho-
len ſolten, woruͤber bald ein einheimiſcher Krieg entſtanden waͤre. Denn Ma-
gnus lies die Schuͤten oder Fahrzeuge beſchlagen, die Ordensperſonen verſtri-
cken, und legte ſeine Manſchaft bey den Domherren in die Haͤuſer. Doch weil
Magnus von ſeinem Herrn Bruder ein Empfelungsſchreiben an Kettlern hat-
te, ſo beehrte ihn der Ordensmeiſter mit einer Geſandſchaft, die ihn bewilkomme-
te, und alle gute Verſicherungen ſeines Wohlmeinens empfing. Nur dieſes fiel
den Geſandten verdrieslich, daß ſeine Raͤthe ſich in einer Geſelſchaft etwas leiſe
beſprachen, und der Herzog nebſt unterſchiedlichen andern Punkten auch die Ab-
tey Padis heraus forderte, welche der Orden bisher ſequeſtriret hielt.
Um Pfingſten fiel der Feind mit 16000 Man in Harrien ein, woſelbſt er
das biſchoͤfliche Schlos Fegefeuer, nebſt vielen adlichen Hoͤfen und Doͤrfern
verbrante. Da er noch in dem Kirchſpiel Koskuͤl ſtand, verſamleten ſich einige
von Adel mit ihren Leuten und fielen zu Neuenhof bey neblichtem Wetter mit
95 Pferden auf einen Haufen Ruſſen mit ziemlichem Gluͤck. Als es aber heiter
wurde, ruͤckte eine ſtaͤrkere Macht an, die ſich in einem Hegewalde ohnweit Neu-
enhof verborgen hatte, und trieb dieſe hitzigen Streiter aus dem Felde, die meh-
rentheils unterweges blieben, und unter denen man den tapfern Ebert von Del-
wig bedauerte. Der Reſt fluͤchtete in die koskuͤlſche Kirche, wo ihrer 32 ſich
gefangen geben muſten. Die Ruſſen, welche bisher der Kirchen im Lande geſcho-
net hatten, ſteckten dieſe in Brand, und eroberten | Neuenhof, woraus der erſte
Anfal auf ſie geſchehen. An ſich fruchtete ſolche ſchwache und kraftloſe Gegen-
wehr weiter nichts, als einen erzuͤrten Feind noch erbitterter zu machen.
Da es nun mit dem Ordenslande auf allen Seiten mislich ſtand, fand
Kettler fuͤr dienlich, der Stadt Riga behutſamer zu begegnen, und gegen Ver-
ſicherung ihrer Privilegien die Huldigung anzunehmen, welche ihm an 24ſten
Junii zu Riga geleiſtet wurde e). So ſuchte er auch den Anforderungen des
Her-
[254]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1560Herzogs Magnus ein Gnuͤge zu thun. Zu Pernau war im Julius ein Land-
tag angeſetzet, auf welchen der Erzbiſchof, der Coadiutor, der Herzog und Kett-
ler
e)
[255]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
ler mit aller Genehmhaltung am 6ten Auguſt einen Anſtand oder Vertrag unter-1560
S s s 2zeich-
e)
[256]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1560zeichneten f). Der ſteife Sin des Herzogs, dem Kettler bey dieſem Vergleich in
allem zu willen ſeyn muſte, war dieſem jungen Herrn vermuthlich durch die alten
biſchoͤflichen Raͤthe des Stifts Doͤrpt, von denen er einige um ſich hatte beigebracht,
weil ſie hierdurch Gelegenheit hatten ſich wegen der ihnen Schuld gegebenen Ver-
raͤtherey an den Orden zu raͤchen, und ihren alten Widerwillen auszulaſſen.
Die Geſchichtſchreiber, ſo fuͤr den Orden geſinnet ſind, beurtheilen dieſe Hand-
lungen des Herzogs und ſeiner Raͤthe freilich ungleich; darin aber ſind ſie einig,
daß wenn die Ruſſen auf Pernaw losgegangen waͤren, ſie die Standeshaͤupter
des Landes gleichſam im Sacke fangen und dem ganzen Kriege ein geſchwindes En-
de machen koͤnnen.
Doch die rußiſche Armee nahm ihren Weg unter Anfuͤhrung des Kneſen
Andrei Kurpſche nach dem Ordensſchloſſe Ermis, wo ſie auf die erzbiſchoͤfli-
chen und Ordensvoͤlker ſties, 500 von denenſelben erlegte, und den Landmar-
ſchal und Comtur zu Segewolde, Philip Schall von Bell, ſeinen Bruder den
Comtur von Goldingen, Werner Schall von Bell, den Vogt zu Baus-
ke, Hinrich von Galen, den Vogt zu Candau, Chriſtoph Sieborgen
und einen vornehmen Stiftsadlichen, Namens Reinhold Saſſe, ſamt an-
dern mehr gefangen bekam und nach Moskau ſchickte g). Hierauf gieng der
Zug
[257]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Zug nach Vellin. Der Ort wurde am Tage Mariaͤ Magdalenaͤ beſchoſſen,1560
die Mauren eingeworfen, und das Staͤdgen bis auf 5 Haͤuſer verbrant. Die einzige
Compagnie Soldaten hielt ſich auf dem Schloſſe noch 4 Wochen. Als ſie weiter
nichts als die unausbleibliche Gefangenſchaft zu erwarten hatten, ſprachen ſie von
Unterhandlungen. Ob nun wol der alte Fuͤrſtenberg, welcher ſich hier der Ruhe
halber niedergelaſſen, alle ſein Gold und Silber den murrenden Soldaten ſo lan-
ge anbot, bis er ſie mit gepraͤgter Muͤnze wuͤrde befriedigen koͤnnen, auch an
Vorrath noch kein Mangel war; ſo war doch weder aus der Naͤhe noch Ferne ein
Entſatz zu hoffen. Die Beſatzung bedung ſich alſo freien Abzug, und lies trefliches
Geſchuͤtz im Stiche. Doch wolte ſie ſich wegen des ruͤckſtaͤndigen Soldes ſelbſt
bezahlt machen, und erbrach Kiſten und Kaſten, in welche der alte Fuͤrſtenberg
und viele vom Adel aus der Naͤhe ihre Geraͤthe eingepacket hatten, in der Mei-
nung ſelbige zum Reiſegelde zu gebrauchen. Allein die Ruſſen bekamen Wind
davon, jagten den unrechtmaͤßigen Jnhabern die gepluͤnderten Schaͤtze wieder ab
und ſandten die Leute nackend und kahl nach Riga. Hier machte ihnen Kettler
einen kurzen Proces, und lies ſie als Verraͤther aufhaͤngen. Fuͤrſtenberg wur-
de ſamt ſeinem Diener von den Ruſſen nach Moskau auf das Schlos Lubin
gefuͤhret, und ihm ſelbiges Zeitlebens zum Leibgedinge uͤberlaſſen, wo er auch To-
des verblichen h).
Als
[258]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Als Vellin am 22ſten Auguſt uͤbergegangen, theilte ſich das rußiſche Heer in
3 Haufen. Die kleinſte Partey ruͤckte im September vor Weiſſenſtein, wel-
ches der obgemeldte Caſper von Oldenbockum tapfer vertheidigte, und beſchos
das Schlos 5 Wochen. Die umliegende Gegend wurde verheeret, dem Schloſ-
ſe aber war nicht beizukommen. Ein andrer Haufen gieng; nach Wenden und
Wolmar. Die Buͤrgerſchaft von Wolmar that mit 3 Rotten Schuͤtzen einen
Ausfal, um das weggetriebene Vieh zu erbeuten, wagte ſich aber ſo unvorſichtig,
daß ſie voͤllig umringet und gefangen genommen, auch ſo gleich nach Moskau
geſchickt wurde. Die dritte Abtheilung ſchlug ſich nach der Wyk, wohin die
Harriſchen ihr Vieh und ihre Koſtbarkeiten geſchaffet, weil man dieſes Land,
des Herzogs Magnus wegen fuͤr ſicher hielt, allein weil Magnus mit auf dem
pernauiſchen Landtage geweſen, und ſich bey den Ruſſen verdaͤchtig gemacht,
ſo wurden auch aus dieſem Kreiſe die Einwohner nach Moskau gebracht. Selbſt
Magnus hielt ſich in Hapſal nicht ſicher, ſondern ſtieg ins Boot und fuhr
nach
h)
[259]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
nach Oeſel. Aus der Wyk zogen die Ruſſen mit der Beute fuͤr Revel vor-1560
bey, und ſchlugen 2 Meilen davon auf dem Hofe Harke ihr Lager auf. Die
Revelſchen wolten gern von dem Weggebrachten etwas retten, und wagten ſich
am 11ten September Morgens fruͤh zu Pferde und zu Fus aus der Stadt, wo
ſie ſich zwar einiger Gefangenen und etlicher 1000 Stuͤck Rindvieh bemaͤchtigten: weil
aber die Fusgaͤnger mit dem Geſchuͤtz nicht ſo geſchwind herbey eilen konten; ſo
kam ihnen die feindliche Macht gar zu ſtark auf den Leib, ſo daß ſie ſich in der
groͤſten Unordnung wieder zuruͤck ziehen, und den nachſetzenden Ruſſen Beute
und Stuͤcke ſamt den Rathspferden uͤberlaſſen muſten. Von Adelichen vermiſte
man inſonderheit Johan von Galen, Juͤrgen von Ungern und Lorenz
von Ermis, von den Staͤdtſchen den Rathsherrn Luͤtke von Oyten, den
Buͤrger Blaſius Hochgref ſamt andern Buͤrgern und Kaufgeſellen. Viel
brachte man hart verwundet nach der Stadt. Die Ruſſen ſelbſt konten ſich uͤber
die Unbeſonnenheit dieſes Ausfals nicht genug verwundern. Die Ruſſen ſuchten
alle Todten zuſammen, ſchlepten ſie nach den umliegenden Doͤrfern, verbranten
die Koͤrper, ſo daß die Doͤrfer daruͤber mit im Rauch aufgiengen, und ſchlugen
ſich hierauf nach der Gegend von Wittenſtein.
Der Erzbiſchof, der zur Errettung des Landes auch was thun wolte, brachte
es beim Koͤnig von Pohlen ſo weit, daß ihm 200 Man Reuterey geſchickt wur-
den, die, wie es in den Tractaten heiſt, zum Troſt des roͤmiſchen Reichs und
zum Schutz der geſamten Chriſtenheit ihre Tapferkeit beweiſen ſolten. Die Stadt
machte aber gegen ihre Aufnahme ſo viel Ausfluͤchte, daß ſie ſich vom Erzbiſchof
unterm 3ten December und vom Herrn Meiſter unterm 21ten Decemb. eigene Si-
cherheitsbreife geben lies, worin beide die theureſten Verſicherungen wegen der
evangeliſchen Religion unterſchrieben, und der Stadt zur Sicherheit die herrlich-
ſten Vortheile zugeſtehen muſten.
Die harriſchen und wykiſchen Bauren wolten Schutz oder Freiheit ha-
ben, und rotteten ſich daher haufenweiſe zuſammen, pluͤnderten die adlichen Hoͤfe
aus, und erſchlugen die Herren Jacob Uxkuͤl von Luͤmmat, Otto Uxkuͤl
von Kirketa, Juͤrgen Risbyter, und Hinrich (nach andern Diedrich) von
Liwen, ſandten auch einige aus ihrem Mittel nach Revel, und boten der Stadt
ein Buͤndnis an, wovon der Adel ausgeſchloſſen werden ſolte. Als der Rath ih-
nen die Unbeſonnenheit vorruͤckte, und ſie zum Gehorſam ermahnte, belagerten
ſie das Schlos Lode, wohin viele von der Ritterſchaft ihre Zuflucht genommen
hatten. Chriſtoph (oder nach andern Wilhelm) von Muͤnchshauſen trieb
aber die ungedungenen Krieger ſo gluͤcklich zuruͤck, daß eine ziemliche Menge von
ihnen auf dem Platze blieb. Die Raͤdelsfuͤhrer, welche man gefangen bekommen,
wurden theils vor Lode theils vor Revel hingerichtet.
Waͤhrend dieſer recht aͤngſtlichen Zeit gereichte dem Lande zu einem wiewol
kurzen Troſt, daß der Koͤnig von Schweden Guſtav der Iſte die Staͤnde er-
mahnen lies, weder der Macht von Rußland noch den Liebkoſungen der Kron
Daͤnnemark nachzugeben, ſondern bey dem Herrn Meiſter treulich auszuhal-
ten; wobey die Geſandten, die mit 3 Galeien angekommen, noch verſicherten, daß
ihr Koͤnig keinem andern Potentaten das Land goͤnnen wuͤrde; er wolle ſie mit Le-
bensmitteln und Kriegsvorrath verſehen, und im Fal einer Belagerung koͤnten die
Revelſchen Weib und Kinder nach Finnland ſchicken, woſelbſt ſie Verſorgung und
Sicherheit finden ſolten. Der Ordensmeiſter ſchickte denn auch ſo gleich Geſand-
ten nach Stockholm, wohin ſie der pohlniſche Geſandte Chriſtoph Co-
narski begleitete. Sie kamen dahin, fanden aber nach einer vierwoͤchentlichen
Reiſe zur See den Koͤnig Guſtav in letzten Zuͤgen, welcher ſie deshalb an ſeine
Prinzen und Reichsſtaͤnde verwies. Den Geſandten war in ihrer Vollmacht auf-
getragen, entweder Huͤlfe, oder Vermittelung eines Friedens, oder Geld auszu-
wirken. Der Herzog Erich, welcher an des nunmehr verſtorbenen Guſtavs
Stelle kam, gieng mit der Antwort ſehr bedaͤchtig zu Werke, daß auch die Stadt
T t t 2Re-
[260]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1560Revel, welcher die Zeit zu lange waͤrete, aus Furcht fuͤr der rußiſchen Belagerung
ihre eigenen Deputirten den Rathsherrn Johan Schmiedemann und den Elte-
ſten der groſſen Gilde Claes tor Hake den 5. Sept. nach Stockholm abfertigten,
eine gewiſſe Summe Geldes auszuwirken. Weil dieſe mit den herrmeiſterlichen
und pohlniſchen Geſandten alles uͤberlegten, ſo fand es der Koͤnig fuͤr rathſam,
die Revelſchen allein zu ſprechen, und die Herrmeiſterlichen mit der kurzen Ant-
wort zu beurlauben: er traue den Lieflaͤndern nicht, weil ſie Schweden ſchon
einmal ſitzen laſſen; doch wolle er ihnen gegen Verpfaͤndung der Stadt Pernaw
60000 Thlr. vorſchieſſen, verlange aber fuͤr die Kaperey auf die Schiffe ſeiner
Unterthanen noch vor Oſtern eine hinlaͤngliche Genugthuung. Alſo kam aus
Schweden nichts, und aus Deutſchland nichts beſſers, ohnerachtet der
deutſche Hochmeiſter durch ſeine Geſandten, den Landcomtur der Balley Heſſen
Johan von Rehen, Georg Hund von Wenckheim, Comtur zu Frank-
furt und den Doctor der Rechte, Thomas Meyerhoͤfer, auf dem Reichstage
zu Speier wegen der Errettung der Republik Liefland die triftigſten Vorſtel-
lungen thun laſſen. Die herrmeiſterlichen Geſandten hatten bey ihrer Ruͤckreiſe
aus Schweden noch das Ungluͤck, daß, da ſie in der Mitten des Jenners von
1561Helſingfors nach Revel uͤber das Eis wolten und des Abends die Jnſel Nar-
joͤ 3 Meilen von Revel erreichten, des Nachts ein ſo ploͤtzliches Thauwetter ein-
fiel, daß ſie mit genauer Noth auf einem Bote die ſchlechte Antwort des Koͤnigs
ihrem Meiſter uͤberbringen konten.
Sodann bot Koͤnig Erich den revelſchen Geſandten ſeinen Schutz, Huͤl-
fe und Geld unter der Bedingung an, wenn die Stadt ſich ſeiner Botmaͤßigkeit
unterwerfen wolle: doch meinte er noch ſicherer zu gehen, wenn ganz Eſtland
die Unterwerfung unter den ſchwediſchen Scepter annaͤhme, gleichwie Lief-
land mit den Pohlen in Tractaten ſtand; indem es doch dem Czaar bedenklich
fallen wuͤrde, ſich um dieſer Laͤnder willen zwey maͤchtige Nachbarn zu Feinden zu
machen. Die Stadt Revel uͤberlegte die Willensmeinung des Koͤnigs mit der
Ritterſchaft von Harrien und Wirland, und ſodann ſchickte der Adel Her-
man Szoͤgen und Rembert von Gilſen, die Stadt aber den Buͤrgermeiſter
Johan Koͤnig, den Rathsherrn Juͤrgen Huͤnerjaͤger, und den Secretair
Lorenz Schmidt an den Ordensmeiſter Kettler ab, und entdeckten ihm
nach ihrem langen und vergeblichen Ausſehen um Huͤlfe ihren gefaſten Entſchlus,
Schweden zum Oberherrn anzunehmen. Kettlern gieng es freilich nahe; er
that daher wieder gute Verſprechungen, ſchickte auch eine Compagnie Pohlen
mit, die aber mit den Buͤrgern ſo viel Lerm machten, daß der Magiſtrat ihnen
eine Belohnung austheilen und ſie wieder zum Thore hinaus ziehen lies.
Jn der Faſtenzeit am 25ſten Merz fanden ſich von ſchwediſcher Seite
die Gevolmaͤchtigten ein, welche die Unterwerfung des Herzogthums Eſtland
unter die Kron Schweden gluͤcklich zu Stande brachten. Sie hieſſen Clas
(Claudius) Chriſterſon, Herr auf Amine, Hans Larſſon zu Jsnes,
nebſt dem koͤniglichen Secretair Herman Bruſer. Jhr erſtes Anbringen be-
ſtand in der Zuruͤckforderung der geraubten Kaufmansguͤter, dem ſie durch Vor-
weiſung des koͤniglichen Befels Nachdruck gaben, und vermoͤge welcher die ſchwe-
diſchen Hauptleute Hans Kyle, Erich Timmeſon, Caſper Wittenberg
und Lille Marten, die mit einigen Kriegesſchiffen und Voͤlkern in Finnland
lagen, befehliget wurden, auf Anforderung der Herren Commiſſarien ſich fertig
zu halten. So wurde auch Anders Peerſon zu Ferdahl aus dem beruͤhmten
Geſchlechte der Lilienhoͤeke mit einigen Schiffen, Geſchuͤtz, und andrer Kriegs-
geraͤthſchaft, und 3 Compagnien Soldaten nach Revel geſchickt. Kettler war
nicht geſonnen auf dieſe Nachricht nach Revel zu kommen, daß es alſo den Com-
miſſarien leicht fiel, den Einwohnern die Annehmung des ſchwediſchen Schu-
tzes angenehm und ſuͤs vorzuſtellen.
Die
[261]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Die Staͤnde des Herzogtums Eſtland giengen allerdings mit ſchwerem1561
Herzen daran, ſich von ihrem lieben Ordensmeiſter loszureiſſen. Sie bemerkten
aber bey ihren Mitbruͤdern in Liefland ſelbſt kein gros Vertrauen zu den Poh-
len, uͤberdem waren ſie der weiten Entfernung halber beſorgt, daß die pohlni-
ſche Huͤlfe zu ſpaͤt kommen moͤchte, noch vielweniger konten ſie die Vortheile der
Kaufmanſchaft hoffen, welche Riga gaͤnzlich an ſich gezogen. Die Nation war
ihnen fremder, hatte andere Sitten und Sprache, und was das Vornehmſte
war, eine verſchiedene Religion, und ihre Soldaten waren zu uͤbermuͤthig.
Von Daͤnnemark waren ſie abgewieſen, und der Herzog Magnus kam mit
ſeinen ſchwachen Vorſtellungen zu ſpaͤt. Schweden hatte nicht nur einerley
Religion, ſondern war ihnen auch zum Beiſtande im Kriege, und zur Handlung
uͤberaus wohl gelegen i). Da nun die Ritterſchaft von der Stadt nicht abtreten,
ſondern mit ihr gleiches Schickſal erwarten wolte; ſo fertigte jene Reinholden
von Lode*), dieſe aber den Rathsherrn Johan Winter an den Herrn Mei-
ſter
U u u
[262]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1561ſter nach Mietau ab, welche demſelben den bisher beobachteten Eid aufkuͤndigten,
und rund heraus ſagten, das ſie nicht mehr herrmeiſterlich ſondern ſchwediſch
waͤren. Kettler gab davon dem Koͤnig in Pohlen durch einen Curier ſchleunige
Nachricht, und ſchickte auch Heinrich von Dohna, Johan Fiſcher ſei-
nen Kanzler, und Joſt Clodtk) ſeinen Rath eiligſt nach Revel, um einen
kur-
[263]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
kurzen Stilſtand zu treffen, bis er den Koͤnig von Schweden ſelbſt darum be-1561
ſprechen laſſen. Eſtland aber wartete ſolches nicht ab, ſondern leiſtete den
ſchwediſchen Commiſſarien den 4ten Junii die Huldigung, die Stadt that ein
gleiches den 6ten Junii. Das daruͤber errichtete Jnſtrument enthaͤlt der Geſand-
ten Bekentnis, daß Erich, ihr Oberherr, Eſtland und die Stadt Revel auf
Anſuchen der Herrn Raͤthe, Ritterſchaft und Adel der Kreiſe Harrien, Wir-
land und Jerwen in ſeinen Schutz nehme; wovon die Commiſſarien die Beſtaͤ-
tigung herbey zu ſchaffen angeloben. Kettlers Abgeordnete wurden in Revel
nicht einmal recht vorgelaſſen, und als man den von Dohna allein aufs Rath-
haus beſchied, behielt er ſein Gewerbe im Buſen, proteſtirte aber gegen das Un-
ternehmen als eine unbefugte Handlung. Alſo geriet dieſes Herzogtum in ſchwe-
diſche Gewalt, und erhielt dieſelben Vortheile von Schweden erfuͤllet, die
Liefland von Pohlen nur verſprochen bekam. Der junge Caſper von Ol-
denbockum, welcher Weiſſenſtein ſo wohl vertheidiget, war von Kettlern
zum Comtur auf Revel ernennet, und wolte den Schweden das Schlos nicht
uͤbergeben. Allein die koͤniglichen Commiſſarien beaͤngſtigten ihn mit Carthaunen
und Schlangen 6 Wochen lang; und weil kein Entſatz zu hoffen, auch der Vor-
rath zu Ende war, ſo capitulirte er am Johannistage, und erhielt freien Abzug l).
U u u 2Un-
[264]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Unterdeſſen ſandte die eſtlaͤndiſche Ritterſchaft ihren Geſandten Claes
Meck, und die Stadt ihren Buͤrgermeiſter Johan Peperſack, die Rathsher-
ren
l)
[265]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
ren Johan Schmiedemannen und Johan Bettholtz nach Schweden,1561
welche nach der zu Upſala am 29ſten Junii volzogenen Kroͤnung dem Koͤnig
Erich
l)
[266]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1561Erich in Stockholm vorgeſtellet wurden. Claes Meeks*) ward am 13ten
Julii vom Koͤnig zum Ritter geſchlagen, und erhielt fuͤr das Land eine anſehnli-
che Summe Geldes; der Stadt aber entrichtete der Koͤnig die 106000 Mark,
wel-
l)
[267]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
welche ſie den Ordensmeiſtern auf Kegel vorgeſchoſſen, mit 30000 Thlr. wieder.1561
Eſtland bekam viel Proviant, das revelſche Schlos alle erforderliche Noth-
durft; ja viele Eſtlaͤnder, welche nach Schweden reiſeten, um dem Koͤnig
ihren Schaden, den ſie an ihren Guͤtern vom Feinde erlitten, zu zeigen, em-
pfiengen theils Geld, theils Landguͤter, und keiner gieng misvergnuͤgt nach
Hauſe.
Kurz vor der Kroͤnung ſchickte Erich ſeine Geſandten nach Rußland,
nemlich Hrn. Nils Krummen zu Oerboͤholm, Mag. Erich Biſchof zu
Linkoͤping, Johan Peterſon Both zu Sigtuna, Nils Himning zu
Thyrſoe, und den Secretair Olof Larſſon, welche dem alten Gebrauch nach
den Frieden beſtaͤtigen und dem Czaar die Urſachen eroͤfnen ſolten, weswegen er
Eſtland in ſeinen Schutz genommen, damit dieſes Herzogtum auch mit in den
Frieden eingeſchloſſen wuͤrde. Gegen den Herbſt kamen die Geſandten wieder zu-
ruͤck, mit dem Gegenbericht, der Czaar wolle dem Reiche einen zweijaͤhrigen Stil-
ſtand gewaͤren, und ſeine Legaten nach Schweden abfertigen; da denn wegen
Eſtland und Revel durch ſelbige naͤherer Beſcheid erfolgen ſolte.
Am 20ſten Julii kam der pohlniſche Geſandte, Graf von Tensky in
Stockholm an, welcher ein Buͤndnis wider Rußland errichten, zum Kriege
100000 Thaler aufnehmen, und eine Vermaͤhlung mit der pohlniſchen Prin-
zeßin Catharina, des Koͤnigs Schweſter, und dem Herzog Johannes, nach-
maligem Koͤnige, in Vorſchlag bringen ſolte. Dem Grafen wurden zwar guͤtige
Verſicherungen gegeben, doch begehrte Erich dabey, daß die Pohlen ihre Be-
ſatzung aus den ordensmeiſterlichen Feſtungen herausnehmen ſolten, weil Kettler
ſein Feind ſey, dahingegen er die Pfandhaͤuſer m) unbeſtritten laſſen wolte. Zum
X x x 2Vor-
l)
[268]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1561Vorſchus der Gelder ward gleich Rath geſchaft, ſo bald die Pohlen Duͤne-
muͤnde, Wollmer und Wenden zur Hypothek einraͤumten.
Jn Harrien fielen den Schweden immer mehr Plaͤtze zu. Fegefeuer
und Borgholm wurden eingenommen. So muſte ſich auch im Herbſt das
ziemlich befeſtigte Kloſter Padis in welchem der Ordenscomtur Engelbrecht
von der Lippe bisher zur Vertheidigung gelegen hatte, an den koͤniglich ſchwe-
diſchen Obercommiſſarius Clas Chriſterſon Horn ergeben.
Am 2ten Auguſt unterzeichnete der Koͤnig Erich zu Norkioͤping den
Schutzbrief fuͤr die Provinzen Harrien, Wirland, Jerwen und die Stadt
Revel, welchen die Commiſſarien vorher verſichert hatten, nebſt den angeheng-
ten Bedingungen des Vergleichs, vermoͤge deſſen alle Einwohner bey der Lehre
des Evangelii geſchuͤtzet werden ſolten. Die Land- und Stadtſuperintendenten
haben Macht Pfarrherrn zu verordnen und einzuſetzen, die untuͤchtigen Lehrer
aber abzuſchaffen. Alle alte Privilegien bleiben in ihrem Gange. Die 2 Jung-
frauenkloͤſter in und auſſer der Stadt werden nach Abſchaffung der Abgoͤtterey in
ihrem Weſen gelaſſen, und der Ritterſchaft die Vergeltung ihrer treuen Dienſte
zugeſaget, wie ſie ſolche in herrmeiſterlichen Zeiten belohnet bekommen n). Den
Frei-
m)
[269]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Freiherrn zu Sundby, Lorenz Flemmingen, beſtaͤtigte er zum erſten Gou-1561
verneur, Clas Chriſterſon zum oberſten Feldmarſchal, Erich Hakenſon zum
Schlosvogt zu Revel, und Johan von Geldern zum Superintendenten der
Stadt. Doch der Gouverneur ſtarb am 27ſten Febr. bald nach ſeiner Ankunft;
ſo giengen auch in der Fiſchermaye etliche 1000 Schweden an einer anſteckenden
Seuche darauf, die aber nicht unter die Buͤrger kam, woraus der gemeine Man
den Schweden wenig Gluͤck in Eſtland prophezeiete.
Da es Schweden ſo leicht geworden, Eſtland unter ſich zu bekommen,
ſo wolten die Pohlen auch Liefland nicht ſo theuer einkaufen, zumal da ſie
die Schwaͤche des Landes naͤher kanten. Sie verſtunden ſich alſo weiter zu nichts,
als zu den ausgemachten Beſatzungsvoͤlkern; im Fal aber Liefland weiter Huͤlfe
brauchte, verlangten ſie ſchlechterdings die Unterwerfung. Kettler kam hieruͤber
ins Gedraͤnge. Der Mitwerber um Liefland waren viel, und er durfte den
rechten Zeitpunct nicht verſaͤumen, ein Erbfuͤrſtentum zu erhalten, zumal da die
Ritterſchaft gut pohlniſch geſinnet war, und nicht viel Bedenklichkeiten hatte
Sigismund zum Schutzherrn anzunehmen. Nur Riga trauete gleichſam aus
einer geheimen Ahndung den Pohlen nicht. Jngleichen war der Coadiutor des
Erzbiſchofs, Herzog Chriſtoph von Mecklenburg dem Unterwerfungshandel
entgegen, obgleich der Koͤnig von Pohlen, ſein naher Anverwandter, ihm zur
Behauptung ſeiner Wuͤrde in voriger Zeit behuͤlflich geweſen war. Er begab ſich
am 18ten Julii auf die Reiſe an den kaiſerlichen Hof, und walfartete bey ſchlech-
ter Vertroͤſtung uͤberal herum, bis er doch endlich den Pohlen nicht laͤnger ent-
gehen konte o).
Y y yDie
[270]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Die Unterwerfung unter Pohlen war alſo die Frucht aller Geſandſchaften,
mit welchen die Lieflaͤnder einige Jahr her alle Reichstage und Landesverſamlun-
gen zu Cracau, Peterkau, Warſchau, Parſchoff, Lublin, Vilna
und Grodno beſchicket hatten. Sie war der ganze Troſt, welchen der koͤnigli-
che Gevolmaͤchtigte Nicolaus Radzivil in Begleitung etlicher 100 pohlni-
ſcher Reuter nach Liefland uͤberbrachte. Dieſer gar gnaͤdige, anſehnliche und
beliebte Herr ruͤckte mit dem grosmuͤthigſten Anerbieten koͤniglicher Huld und Huͤl-
fe vor Riga, ſchlug ſein Hoflager auf Kellers Acker auf, und verſicherte aufs
edelmuͤthigſte, der Stadt auf alle ihr Anſuchen die koͤnigliche Einwilligung zu
ſchaffen, welchen Vorſtellungen des Radzivils der Herr Meiſter durch ſein An-
ſehen und ſanftes Zureden noch mehrern Eingang verſchafte. Auf ſolches gefaͤlli-
ge Verſprechen, erlaubte ihm der Rath die Stadt durchzureiten und alles in Au-
genſchein zu nehmen. Die Armenier, Tuͤrken, Tatern, Ukrainer, Ruſ-
ſen, Wallachen, Deutſchen, Pohlen und Litthauer, und wer weis
was ſonſt noch fuͤr Fremde Nationen, die unter dieſem Gefolge waren, machten
bey ihrem Einzuge mit Gewehr, Kleidung, Muſik und Waffen ein ſo ungewohn-
tes Aufſehen, daß ſich der gemeine Man darin vergafte, die Buͤrger aber nicht
ohne naſſe Augen dieſen ihrer Freiheit drohenden Aufzug mit anſahen. Radzi-
vil bezog hierauf ſein Hoflager wieder, und begab ſich zum Koͤnige, nachdem er
der Stadt unterm 8ten September die ſo genante erſte radziviliſche Caution
ausgeſtellet, und ihr die Freiheit von der roͤmiſchen Reichsacht, die Beibehal-
tung der evangeliſchen Religion und die Beſtaͤtigung ihrer Privilegien bis zur
weitern Erlaͤuterung des Koͤnigs verſiegelt hatte p).
Vilna
[271]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Vilna war der Ort, wo man die Freiheit der Ordens zu Grabe trug, und1561
wo der Unterwerfungshandel zu Stande kam. Sigismund Auguſt begab
ſich mit den litthauiſchen Magnaten gleich im Anfang des Octobers dahin, und
machte dazu die erforderlichen Zuruͤſtungen. Nicht lange hernach fand ſich der
Erzbiſchof zu Riga, Marggraf Wilhelmq) und der Ordensmeiſter Kettler
Y y y 2zu
p)
[272]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1561zu benanten Vilna ein. Jm Namen der Ritter- und Landſchaft hatten Philip
von Oldenbockum, turiſcher Manrichter, Johan Wrangel von Wai-
demar, Otto Grothaus, Valentin Hane, Johan Treiden, Johan
Plettenberg, Sander Nettelhorſt, Claus Wahl, Johan Smoͤ-
ling, Johan Anrep, Chriſtoph von der Rope, Dionyſius von Oelſen
mit Genehmhaltung des Herrn Thies von der Recke und anderer Or-
densverwandten deſſelben ſchon am 12ten September ihren Gevolmaͤchtigten die noͤ-
thigen Verhaltungsbefehle mit dem Koͤnig zu handeln ertheilet. Weil ſie vom
roͤmiſchen Reiche ohne Troſt geblieben und klaͤglich und erbaͤrmlich verlaſſen, auch
von denen, die ſie retten ſolten, feindlich angegriffen waͤren, ſo bitten ſie, daß
ſie nach ihrer Unterwerfung unter Pohlen bey der Religion, Kirchenordnung
und Kirchenguͤtern, alten Freiheit, deutſchen Obrigkeit und altem Erbrechte
bleiben moͤgen. Die Gevolmaͤchtigten, nehmlich der Doctor der Rechte Rem-
bert Gildesheim, Georg Francke, Heinrich Plater, Johan Meden,
und Fabian von der Borg erſuchen alsdenn, was Radzivil verſprochen, zu
beſtaͤtigen, als: daß die Kirchenordnung unveraͤndert bleibe, die untergeſchlage-
nen Kirchenguͤter wieder herbey geſchaffet, alle Rechte und Gewohnheiten beſtaͤti-
get, und das Erbſchaftsrecht auf das maͤnliche und weibliche Geſchlecht beibehal-
ten werde, wogegen ſie den Eid der Treue angeloben laſſen. Des kranken
Platers Stelle muſte nachgehends Heinrich von Meden vertreten r).
Am
[273]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Am 19ten October, welches der fuͤnfte Tag nach ihrer Ankunft war, hatten1561
ſie ſaͤmtlich das erſte Gehoͤr beim Koͤnig. Nach vielen Unterredungen kam endlich
dieſes wichtige Werk zu ſeiner Reiffe, und Sigism. Auguſt unterzeichnete am 28.
Nov. das recht herrliche und Liefland ſo heilſame Privilegium, deſſen Fruͤchte die
Lieflaͤn-
r)
[274]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1561Lieflaͤnder in allen nachfolgenden Zeiten zu genieſſen hoften. Der ſummariſche
Jnhalt deſſelben betrift ſonderlich nachfolgende Stuͤcke. Der Koͤnig ſorget, daß
die Unterwerfung Lieflands demſelben vom roͤmiſchen Reiche keine Verdries-
lichkeiten zuziehe. Die evangeliſche Religion nach Masgebung der augſpurgi-
ſchen Confeßion bleibt ungekraͤnket. Alle Gerechtigkeiten, Lehne, Privilegien,
die Erbfolge maͤnlichen und weiblichen Geſchlechts, alle Superioritaͤt, Vorzug,
Wuͤrden, Beſitz, Freiheit, Vertraͤge, Wilkuͤhr und Jmmunitaͤten, ja die gan-
ze Jurisdiction nach den alten Geſetzen und Gewohnheiten werden beſtaͤtiget.
Die koͤniglichen Gerichte und Aemter werden nach dem Exempel des Herzogtums
Preuſſen aus dem deutſchen und lieflaͤndiſchen Adel, die Stadtgerichte aber
aus den angeſeſſenen von der Buͤrgerſchaft beſetzet. Der Herr Meiſter Gott-
hard Kettler wird zum Herzog von Curland und Semgallen erklaͤret. Die
Grenzen ſeines Landes werden ſo gezogen, daß alles, was diſſeits der Duͤne,
zwiſchen Samogitien und Litthauen dem Orden gehoͤret, dem Herzog zufal-
le, die Gegenden uͤber der Duͤne aber, und vornehmlich dei Stadt Riga der Kron
Pohlen| zuſtaͤndig ſey. Der Herzog wird zugleich Stathalter des Erzſtifts Ri-
ga. Der koͤnigliche Burggraf wird aus dem Stadtrath erwehlet, wie der zu Dan-
zig vom Koͤnig beſtaͤtiget, und ſchweret dem Koͤnig. Die biſchoͤflichen Guͤter in
Curland behaͤlt der neue Herzog, fuͤr welchen Abgang Herzog Magnus von
Hollſtein mit den Schloͤſſern Sonneburg, Leal und Hapſal befriediget
wird. Das Recht auf der Helfte der Duͤne zu fiſchen, behaͤlt der Herzog, wel-
cher
r)
[275]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
cher mit ſeiner Ritterſchaft, ſo wie Liefland, von der gegenwaͤrtigen Kriegeslaſt1561
frey bleibet. Zum Abtrag ſeiner in-und auslaͤndiſchen gemachten Schul-
den verſichert der Koͤnig alle Beihuͤlfe. Der Herzog praͤget auf ſeine Muͤnzen
das Bild des Koͤnigs, oder das Reichswapen, auf der andern Seite ſein eigen
Bildnis oder das kettlerſche Wapen. Der Herzog kan Aemter verkaufen oder
verpfaͤnden, doch behaͤlt ſich der Koͤnig in ſolchem Fal das Naͤherrecht. Wenn
der Koͤnig Eſtland einbekomt, ſo empfaͤngt der Herzog nach Abzug der Krieges-
koſten die Helfte davon. Der Koͤnig ſchaft nach geendigtem Kriege bey Raͤumung
der Staͤdte und Schloͤſſer, das vorhandene Geſchuͤtz wieder von gleicher Groͤſſe
und Guͤte. Die Juden ſollen in Liefland nicht handeln, noch Zoͤlle pachten.
Dieſe Stuͤcke beſchwor der Koͤnig, dagegen ihm ſeine neue Provinz Liefland den
Huldigungseid ablegte.
Am 3ten Tage nachher, ward der Koͤnig mit dem, was er mit dem Erzbi-
ſchof, dem Meiſter, und Staͤnden des Landes inſonderheit in Richtigkeit zu brin-
gen hatte, fertig. Viele Punkte des vorigen wichtigen Privilegii wurden in ein
mehreres Licht geſetzet, uud die Materien von Verſorgung der Waiſen, von den
Jungfernkloͤſtern, dem algemeinen Land-und Lehnrechte, den verlohrnen Privi-
legien, der Soldatenloͤhnung, den Ackergrenzen nach der Hakenzahl, den Roß-
dienſtsgeldern, den Policey-und Handelsſachen, dem Landweſen und Bauren,
der Muͤnze, der Domaine und mehrere Stuͤcke in 26 Artikeln genauer erlaͤutert
und vom Koͤnig bekraͤftiget ſ). Ob es gleich der Koͤnig 3 Tage nach dem vorigen
verſiegelt, ſo wird doch das Datum nicht der 30ſte November, ſondern der 6te
Tag nach Catharinen genant, und dieſer Unterſchrift wegen heiſſen es die
LieflaͤnderPriuilegium Sigism. Auguſti feria ſexta poſt feſtum S. Catharinaet).
Z z z 2Das
[276]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
Das darin beſtaͤtigte Erbrecht auf alle Lehnguͤter iſt der unſchaͤtzbare Preis fuͤr ih-
re gutwillige Unterwerfung geweſen. Als die Republik und folgende Koͤnige in
ſo koſtbaren Kriegen mit den Ruſſen Liefland gleichſam von neuen kaufen mu-
ſten; ſo ſchienen die Pohlen mit dieſem von Sigismund verſiegelten Diplo-
ma nicht gaͤnzlich zu frieden zu ſeyn.
Mit
[277]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
[278]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
[279]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
III. Cum
[280]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
e Germanis
eligendus
[281]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
[282]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
[283]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
[284]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
[285]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
[286]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
[287]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
[288]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
[289]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Mit dem Schlus des Hornungs langte der zur Annehmung des Unterwer-1562
fungseides gevolmaͤchtigte koͤnigliche Geſandte zu Riga an, der ſo gleich die Lan-
desſtaͤnde verſchreiben und den 5ten Merz zur Huldigung nach der Stadt berufen
lies, nachdem der Ordensmeiſter den 3ten Merz der Stadt Riga ihren bisheri-
gen Eid erlaſſen n). Nicolaus Radzivil, Herzog zu Olika, welchen ſein
Koͤnig
t)
[290]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1562Koͤnig zu dieſem anſehnlichen Geſchaͤfte ernennet hatte, verſicherte nach einer kur-
zen Anrede nochmals allen die ausnehmende koͤnigliche Huld und betheurte mit ei-
nem foͤrmlichen Eide, ſoͤ wahr ihm GOtt helfe und dieſe heiligen Evangelia, wel-
che Worte er in die Seele ſeines Principalen ſchwur, daß alle vorerwehnte und
nunmehr mit des Koͤnigs Hand unterzeichnete Artikel nach ihrem ganzen Jnhalt ge-
treulich und ohne Gefehrde gehalten werden ſolten. Er nahm hierauf Kettlern
den Eid der Treue ab, welcher ſein Ordenskreutz, das groſſe Siegel, die kaiſerli-
chen und koͤniglichen Urkunden und Gnadenbriefe, die Schluͤſſel zum Schlos und
der Stadt, zuletzt aber mit ſeinem Gebietigern den Ordensmantel ablegte, und
alles unter vielen Thraͤnen der ſaͤmtlichen Anweſenden in die Haͤnde des koͤniglichen
Gevolmaͤchtigten uͤberreichte. Die Comturen und Voͤgte, die Ritterſchaft und
Vaſallen, die Buͤrgermeiſter der Staͤdte mit der geſamten Buͤrgerſchaft ſchwuren
ihren beſondern Eid. Zuletzt verlas der Herzog Radzivil das koͤnigliche Diplo-
ma, laut welchem der bisherige Ordensmeiſter Gotthard Kettler zum Herzog
von Curland und Semgallen beſtaͤtiget war, worauf der Landadel hinzu trat,
und dem Herzog huldigte. Den Tag nachher, als den 6ten Merz, fuͤhrte Rad-
zivil den neuen Herzog als immerwaͤhrenden koͤniglichen Gouverneur der Pro-
vinz Liefland auf dem Rathhauſe der Stadt ein, und uͤberreichte ihm die Schluͤſ-
ſel der Stadt von Seiten des Koͤnigs in treue Haͤnde. Solchergeſtalt fiel dieſe
ſchoͤne Provinz der Kron Pohlen anheim. Die Lieflaͤnder, ſamt der Stadt
Riga, hatten an der pohlniſchen Regimentsform viele Jahre zu lernen, und
konten ſelbiger doch nie recht gewohnt werden; daher ſich die Stadt Riga bey
Unterwerfung des ganzen Landes allein an das roͤmiſche Reich hielt, und dem
Koͤnig den Eid zu thun, ſich faſt 20 Jahr weigerte w).
Nun-
[291]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
Nunmehr ſtand das zertheilte weitlaͤuftige Liefland unter 5 gebietenden1562
Herren, die ihren neuen Unterthanen das veraͤnderte Regiment durch mancherley
zugeſtandene Vortheile ertraͤglich zu machen ſuchten. Der Czaar von Rußland,
Jvan Baſilowitz, welcher auſſer der Stadt Narva das ganze Stift Doͤrpt,
D d d d 2Allen-
w)
*)
[292]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1562Alentacken, einen Theil von Wirland und Jerwen, ja alle Schloͤſſer und
Oerter laͤngſt der rußiſchen Grenze erobert hatte, zog viele Buͤrger und Kauf-
leute ins Land, und befoͤrderte die Handelſchaft. Der Koͤnig von Schweden
Erich der XIVte, welchem die Provinz Harrien mit der Hauptſtadt Revel und
einem
w)
[293]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
einem Theil von Wirland zugehoͤrte, that ein gleiches, und berief die ausgetre-1562
tene Ritterſchaft aus Rußland zuruͤck, mit Verſicherung, daß ein jeder die Guͤter
erblich beſitzen ſolte, die er den Ruſſen abnehmen wuͤrde. Der Herzog Mag-
nus von Hollſtein, welcher Herr uͤber die Jnſel Oeſel und die Wyck war,
ver-
w)
[294]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1562verſchafte ſeinen Unterſaſſen ſchoͤne Freiheiten, welche ſein Herr Bruder, der Koͤ-
nig Fridrich von Daͤnnemark, den 14ten Merz verſiegelte. Der Koͤnig von
Pohlen Sigismund Auguſt, raͤumte ſeiner Provinz Lettland, in welcher
der Erzbiſchof Wilhelm nur noch wenige Guͤter hatte, ein Vorrecht nach dem
andern ein. Curland und Semgallen genoſſen unter ihrem Herzog Gott-
hard ein gar gnaͤdiges und gluͤckliches Regiment. Jedoch da dieſe Theilung un-
gleich und nicht nach jedermans Geſchmack war, ſo legte ſie den Grund zu vielen
ſchaͤdlichen Unruhen, und machte das ausgemergelte Liefland noch lange Zeit zu
einer betruͤbten Schaubuͤne blutiger und landverderblicher Kriege x)
589
[295]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
x)
[296]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
x)
[297]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
x)
[298]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
x)[299]Erzbiſch. Wilhelm. zur Zeit der Regierung Gotthard Kettlers.
x)
[300]Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter.
x).
Die
[301-302[301]]
Die I. Tabelle, von den Erzbiſchoͤfen, Biſchoͤfen und Herrmeiſtern des alten Lieflandes.
§. 1.
Dieſe Tabelle iſt aus etlichen tauſend Kauf- und Lehnbriefen ausgezogen, und aus gedruckten Schriftſtellern volſtaͤndiger gemacht. Wer das Gluͤck kuͤnftig hat, mehrere alte Briefſchaften zu brauchen, wird in manchen Claſſen noch
einen und den andern hinzuzuſetzen finden.
§. 2.
Mit dem Antritsjahr der Erzbiſchoͤfe und Herrmeiſter hat es groͤſtentheils ſeine Richtigkeit, weil die erſtern ihren Briefen das Jahr ihres Regiments gewoͤhnlich beigeſchrieben, beide Regenten aber beim Antrit ihrer Re-
gierung die Privilegien der Stadt Riga beſtaͤtigen muͤſſen. Anders aber verhaͤlt es ſich mit den Biſchoͤfen, denen man nur das Jahr ihrer erſten bekanten Urkunde beigelegt, daher ihr Antritsjahr, zumal in aͤltern Zeiten, ungewis geblieben.
§. 3.
Die Biſchoͤfe von Curland durchs 14te und 15te Jahrhundert bis auf Martinum ſind in ihren Jahren noch ungewiſſer. Man hat ſich blos eines alten Verzeichniſſes bedienen koͤnnen, das die Laͤnge ihres Regiments an-
giebt, denen alſo von Martino an, deſſen Antritsjahr man beſtimmen konte, eine etwanige Jahrzahl durch das Zuruͤcktechnen beigefuͤget worden.
- Biſchoͤfe zu Riga.
- Meinhard von Segeberg1186
- Berthold von Lockum1196
- AlbertI. Herr von Apeldern1198
- Nicolaus von Magdeburg1231
- Erzbiſchoͤfe zu Riga.
- AlbertII. von Sauerbeer1254
- Joh.I. von Luͤnen, weil die
lateiniſche Fuͤnfe und Zwey
ſchwer in den Urkunden zu un-
terſcheiden iſt, ſo iſt ſein An-
tritsjahr ungewis. Jn den
Privilegien der Stadt, ſich ei-
nen Vogt zu wehlen, heiſt das
Jahr 1275 das erſte ſeines
Pontificats, welches mit meh-
rern uͤbereinſtimt. 1274 - Joh.II. von Fechten1286
- Joh.III. von Schwerin1296
- Jſarus, gab das Privilegium
uͤber Altenwoge im wen-
denſchen Kreiſe, ſo in dem
Kloſter Duͤnemuͤnde, 1302
in Gegenwart des Meiſter
Gottfrieds ertheilet worden. 1299 - Friedrich aus Boͤhmen1302
- Engelbert von Dahlen1340
- Fromhold von Fyfhuſen1348
- Sigfried von Blomberg1369
- Joh.IV. von Sinten1373
- Joh.V. von Wallenrode,
ward Biſchof zu Luͤttich.1394 - Joh.VI.Habundius Naſo,
geweſener Biſchof zu Chur.1416 - Henning Scharfenberg,
ſchrieb ſich Electus und Dom-
propſt zu Riga.1423 - Silveſter Stobwaͤſſer1448
- Stephan von Gruben1479
- Michael Hildebrandt1484
- Jaſpar Linde1509
- Joh.VII. von Blanckenfeldt1524
- Thomas Schoening und ſein
Coadjutor 1527 - Wilhelm, Margg. zu Bran-
denburg*) und deſſen Coad-
jutor 1540 - Chriſtoph Herzog zu Meck-
lenburg.1553
- Eſtlaͤndiſche Biſchoͤfe.
- Fulco, nach Oernhiel-
men Julius.1170 - TheodoricusI.1210
- Revelſche Biſchoͤfe.
- Weſſelinus oder
Weſcelo1218 - Guilielmus, in vielen
Documenten. 1225 - Torchillus1240
- Wirlaͤndiſche Biſchoͤfe.
- Oſtradus nach Albe-
ric. Chron.1218 - Theodoricus,Chron.
Mont. Franc. * 1257 - Jn einem daͤniſchen
Docum. beim Huitfeld S. 285 heiſt er Trugetus.
Aus den Urkunden iſt er noch bis 1277 bekant; da-
her irren diejenigen, welche den wirlaͤndiſchen Bi-
ſchof Theodoricus hier einſchieben. Jn unſern
Documenten heiſt er auch Thurgot. Allein in
einer Donation der Muͤhle zu Sagentaken erſchei-
net ein Theodoricus Biſchof zu Revel von 1250
auch von 1251. - JohannesI. uͤbertrug der Stadt Revel das Ius
eccleſ. und epiſcopale 1284. 1280 - HeinrichI.1298
- NicolausI. erbauete die Nicolaikirche
Gottſchalck nach Huitfeld S. 396 1317 - Olaus erbauete die Olaikirche 1329
- HeinrichII. aus ſeinen Briefen 1364
- Ludwig1376
- JohanII.Rekeling1393
- JohanIII.Ocke1407
- HeinrichIII.1424
- Chriſtian1426
- GottſchalckI.- -
- HeinrichIV. von Uxkuͤl, bauete den Biſchofshof.
Er weihete 1434 das Brigittenkloſter ein. S.
Kelch S. 136. Der Stadt erlaubte er 1438 auſ-
ſerhalb der groſſen Strandtpforte die Gertruten-
kapelle zu bauen, und ſie mit einem Prieſter zu ver-
ſehen. 1434 - Eberhard, aus des revelſchen Profeſſors Aulini
Biſchoͤfen, und unſern Documenten. 1472 - Simon von der Borg, geweſener Canonicus zu
Hildesheim.1477 - NicolausII.Rottendorp, hielt die Kirchenviſi-
tation. Das dabey ausgerichtete Tractament be-
ſchreibt Kelch S. 157, und mit einiger Verſchie-
denheit Ceumern S. 138. 1501 - GottſchalckII.Hagen1509
- Joh.IV.Blanckenfeldt, nachher Biſchof zu
Doͤrpt und Erzbiſchof zu Riga.1516 - Georg von Tieſenhauſen, war ſeit 1527 zugleich po-
ſtulirter Biſchof zu Oeſel1520 - Arnold von Anneberg, er verſchrieb dem Dechan-
ten und Kapitel zu Oeſel den Hof Jackenwolde
mit der Rieſenmuͤhle 1549 um 1000 Thlr. gegen
60 Thlr. jaͤhrliche Renten. 1537 - Friedrich, aus den Stadtprivilegien 1553
- Mauritius Wrangel, ihm kaufte das Biſtum ab 1560
- Magnus Herzog von Holſtein.
- Semgalliſche Biſchoͤfe.
- Bernhard, Graf von der
Lippe, ſolte zu Mepthen
und nachher zu Selburg
reſidiren 1217 - Lambert1226
- Balduin von Alna1232
- Curlaͤndiſche Biſchοͤfe.
- HermanI. nach Gribern
S. 183 - HeinrichI. nach Gribern
S. 183 und laut unſerer Do-
cumente. 1250 - Emund bey Brandis und
andern, komt zu fruͤh. - Engelbert, ward von den
Curen erſchlagen 1245 - HeinrichII. v. Luͤtzelburg,
war nach Semgallen be-
ſtimmet; weil aber Sem-
gallen zu Riga geſchlagen
war: ſo bekam er das Stift
Pilten und das Haus des
ſemgalliſchen Biſchofs in
Riga, bis es in Pilten und
Curland ruhiger ward 1252 - Emund, uͤbertrug die Muͤh-
le bey Memel an den Or-
den, den 9ten Maͤy 1290 - Johannes und
- Burchard, deren Jahre un-
gewis ſind - PaulusI.1317
- Joh.I.1326
- Joh.II.1332
- Ludolph1353
- Jacob1362
- Otto1374
- Rutgerd1398
- Gottſchalck1404
- JohannesIII.Tirgarde1426
- PaulusII. von Walkris.
Doct. 1458 - Martin zu Pilten, mit dem
Zunamen Levit.1475 - Michael Gualteri oder
Wolthers - HeinrichIII.Bazdore1512
- HermanII.Konnenberg,
rigiſcher Dechant 1530 - JohanIV. Biſch. zu Cur-
land und Oeſel v. Muͤnch-
hauſen, ihm kaufte das Bi-
ſtum ab 1541 - Magnus Herzog von Hol-
ſtein ſtarb 1583, liegt in der
Schloskirche zu Pilten be-
graben 1560
- Eſtlaͤndiſche Biſchoͤfe in der Wyck zu Leal.
- Theodoricus, ein Ciſtercienſermoͤnch, ward 1218 in dem
daͤniſchen Lager von den Eſten ermordet. - Herman von Apeldern, ſeit 1218 Abt Benedictineror-
dens zu St. Pauli in Bremen, verlegte das lealſche
Stift nach Doͤrpt. - Gottfried, Prior der Himmelspforte, 1224, ward Bi-
ſchof der Wyck und Oeſel. - Oeſelſche Biſchoͤfe.
- Gottfried, der vorh. zu Leal1228
- HeinrichI.1235
- Laut der Doc. mus hier noch
ein Heinr. gefolget ſeyn bis 1256 - HermanII. von Buxhoͤve-
den nach Huitfelds Chro-
nik ſchon 1251 1271 - HenricusII.1293
- ConradI. vertrug ſich mit dem
Orden deshalb, daß er die Bruͤ-
der von Leal getrieben, brach
aber den Frieden ohne Einwilli-
gung des Kapitels, welches ſich
daher mit dem Orden wieder
ihn verband. Er komt noch
1304 vor, und ſetzte 1306 die
Stadt Riga zur Beſchuͤtzerin
ſeiner Laͤnder ein. 1298 - Marcus, dem man keine Jahr-
zahl beilegen koͤnnen. - Hartwich od. Hartthungus1310
- Jacob1324
- Herm.III. v. Oßnabruͤgge1334
- ConradII.- -
- HeinrichIII.1381
- Weinrich v. Knipenrode,
er fuͤhrte 3 Voͤgel im Wapen. 1389 - Caſpar Schoͤneflug1422
- Chriſtian Gorband oder
Rohband1424 - Joh.I.Schuͤtte1434
- Ludolph1446
- Joh.II.Krauel1450
- Jodocus oder Joſt von
Hagerſtein1461 - Joh.III.Vatelkanne, ver-
drang den vorigen mit Bei-
huͤlfe des Ordens 1461 - Peter Wedberg ſtarb 1491
Jn dieſem Jahrhundert fallen
die Jahre in den Docum. ſehr
unordentlich aus, weil ſich 3 heil.
Vaͤter zugleich um den Sitz zank-
ten, und theils von dem Papſt,
theils von dem Herrmeiſter,
theils von dem Kapitel unterſtuͤ-
tzet wurden. 1472 - Joh.IV.Orgies ſtarb den 19
Merz 1515 1499 - Joh.V.Kiewell, ſtarb 1527. 1516
- Georg von Tieſenhauſen,
ſtarb zu Revel 1536. 1530 - Wilhelm Marg. zu Bran-
denb. Coadj. des Erzſt. zu
Riga und ſein Gegner 1532 - Reinhold v. Buxthoͤveden,
war einmal abgeſetzt bis 1538 1538 - Joh.VI. v. Muͤnchhauſen,
ihm kaufte das Biſtum ab 1541 - Magnus Herz. v. Holſtein1560
- Doͤrptiſche Biſchoͤfe.
- Herm.I. von Apeldern1224
- BernhardI.1247
- Alexander, Huitfeld S. 274,
wird von den Heiden erſchla-
gen. 1272 - Fridrich1274
- BernhardusII. uach Ruſ-
ſow. Jn den Documenten
lebte er noch 1299. Crantz
Wandal. B. 7, K. 42, erweh-
net eines Alberts aus dem
herzogl. mecklenburgiſch.
Hauſe, legte ihm aber keine
Jahrzahl bey. Er ſol nach ei-
nem Jahre getoͤdtet ſeyn. 1294 - TheodoricusI.1304
- Nicolaus, Huitfeld S. 413
war in Daͤnnemark S. 382. 1315 - Engelbrecht von Dalen,
ward rigiſcher Erzbiſchof. 1326 - JohannesI.1341
- Joh.II.Damerow oder
Damme.1378 - Joh.III.Hebet. Nach Crantz
Bl. 310, ward er mit Urba-
no zugleich Cardinal. 1382 - DiedrichII. komt noch vor
1416. 1395 - Theodorus oder Theodo-
ricusIII.1426 - Bartholomaͤus1449
- Henricus- -
- Andreas1472
- Joh.IV. nennet in den an-
zenſchen Documenten einen
Vorfahren Heinrich.1476 - Theodorus auch Theodori-
cus der IV.1486 - JohanV.1499
- BernhardIII. andre Ger-
hard aus des valckenai-
ſch. Abt Lamberts Briefe. 1511 - Chriſtianus1516
- Joh.VI.Blanckenfeldt,
ward rigiſcher Erzbiſchof. 1520 - Joh.VII.Gellingshauſen1528
- Herm.II.Bey, ein Buͤr-
gersſohn aus Doͤrpt*). 1543 - Jodocus oder Joſt von der
Recke.1543 - HermanIII.Weyland von
Weſel.1552
- Meiſter des Ordens der Ritterſchaft
Chriſti in Liefland. - α) Schwerdtbruͤderordens.
- Vinno1201
- Volquin1208
- β) Deutſchen Ordens.
- Herman Balcke1238
- Heinrich v. Heimburg1244
- Didrich v. Groͤningen1246
- Andreas v. Stuckland1251
- Eberhard von Seine1256
- Anno von Sangerhauſen1258
- Burchard v. Hornhauſen1261
- Juͤrgen von Aichſtaͤdt1264
- Werner von Breithauſen1267
- Conrad von Meden1269
- Otto von Rodenſtein1272
- Andreas v. Weſtphalen1274
- Wolter v. Nordeck1275
- Ernſt von Ratzeburg1277
- Conrad v. Feuchrwangen1279
- Wilhelm von Schauerburg1281
- Conrad von Herzogenſtein1287
- Bodo von Hohenbach1289
- Heinrich von Dumpeshagen,
oder von Dincelaghe1294 - Bruno1296
- Gottfried von Rogga1298
- Gerdt von Jocke1307
- Eberhard von Monheim1328
- Burchard von Dreyleven, oder
Drogeleven1341 - Goswin von Hericke1347
- Arnold von Vietinghoff1360
- Wilhelm von Freymerſen1364
- Robin von Eitzen oder Lobbe
von Huͤlſen1374 - Wennemar von Bruͤggenei1392
- Conrad von Vietinghoff1402
- Didrich Torck1413
- Sifert Lander von Spanheim1417
- Cyſſe von Rutenberge1424
- Francke von Kersdorff, oder beſ-
ſer von Kerſebruͤgge1434 - Heinr. v. Buckenvorde anders
geheiſſen Schungell1436 - Heidenreich Vincke v. Oberberg1439
- Joh. Mengden and. gen. Oſthoff1451
- Joh. Wolthus von Ferſen1470
- Berndt von der Borg1471
- Joh. Freytag von Loringhoff1486
- Walther von Plettenberg1494
- Herman von Bruͤggenet genant
Haſenkampf1535 - Joh. von der Recke1549
- Heinr. v. Galen1551
- Wilhelm von Fuͤrſtenberg1557
- Gotthard Kettler1595
Die
[[302]][303]
Die II. Tabelle
von den Sigillen der Ordens- und andrer geiſtlichen
Perſonen nebſt den aͤltern und neuern Sigillen und Wapen
der Staͤdte.
Vorerinnerung.
§. 1.
Dieſe Jnfiegel befinden ſich groͤſtentheils unter den clodiſchen Documenten, und ſind
von der geſchickten und genauen Feder des Herrn Richards von der Hardt von den
Originalen abgeriſſen. Von dieſem in alten Papieren und Urkunden bewanderten
Man, deſſen Gelehrſamkeit aus ſeinem beliebten Werke: Holmia litterata, mit erhellet,
hat ſchon der halliſche Superintendent D. Joh. Michael Heinecciusin Syntagm. de
Veterum Sigillis part. I, c. XIII, §. 12, p. 155 die erhaltenen Siegel des Herrmeiſters und
des Hauscomturs von Liefland in Kupfer ſtechen laſſen. Wir haben uns nur der oͤffentli-
chen Sigille bedienet, die vielen Privatſiegel der alten lieflaͤndiſchen Ritterſchaft aber mit
Fleis weggelaſſen, weil die meiſten heutigen Nachkommen das alte Wapen ihrer beruͤhm-
ten Ahnherrn aus der Ordenszeit beibehalten und mehr verzieret haben; welche Samlung der
Wapen und genealogiſchen Stamtafeln ein eigenes und koſtbares Werk erfordert, in einer
Chronik aber gar nicht angebracht werden kan.
§. 2.
Einige Ordensſiegel, als die Geburt Chriſti, deſſelben Flucht in Egypten, und
dergleichen laſſen ſich kurz beſchreiben. Man ſiehet ſie faſt in allen Kirchengemaͤhlden, oder
Bilderbibeln. Auch die Kinder kennen ſie aus ihren Evangeliumbuche. Die Andacht der
damaligen Zeit fand in dieſen bibliſchen Geſchichten und ihrer natuͤrlichen Abbildung ein fuͤr
ihren geiſtlichen Ordensſtand uͤberaus bequemes Sinbild.
§. 3.
Die dabey ſtehende Jahrzahl iſt das Jahr der Urkunde, unter der ſie vorkom-
men. Wo daſſelbe gefehlet, da iſt auch dem Siegel keines beigeſetzet. Jn den neuern
Zeiten des Ordens ſcheinen die Hauptſiegel unveraͤndert geblieben zu ſeyn, ob ſie gleich in aͤltern
Zeiten einige Veraͤnderung gelitten. Aus Verſehen des Nachſchreibers ſind die Abbreviatu-
ren der Moͤnchsſchrift nicht uͤberal beobachtet, ſondern ausgeſchrieben. Dahin gehoͤret auch
das der Hand ſo gelaͤufige ae, dafuͤr die Moͤnche ein ſchlechtes e gebrauchten.
§. 4.
Verblichene Siegel ſind von der hardtiſchen Feder mit einer Figur bezeichnet,
die ſich in ihren ungewiſſen Linien, die noch dazu zertruͤmmert und im Graus lagen, ſo
ſchwer als gar keine errathen lies. Dieſen durch die Einbildungskraft eine Figur zu geben,
waͤre zu dreiſt gehandelt; daher man ſie gar weglaſſen: die aber, ſo noch kentbar geſchienen,
lieber mit algemeinen Ausdruͤcken einer Perſon und eines Heiligen benennen, als ſie genauer
beſtimmen wollen. Doch haben wir verſchiedene darunter aus einer betraͤchtlichen Menge
Originalſiegeln ergaͤnzen koͤnnen, die uns zu dieſem Endzweck von geneigter Hand erlaubet
worden.
§. 5.
Von den Stiftsſiegeln der Erz- und Biſchoͤfe waͤre noch zu merken, daß ſie
faſt alle den Biſchofsſtab zur Rechten, das lange Kreuz aber oder den Patriarchenſtab zur
Linken, beide en ſautoir, haben.
§. 6.
Die Siegel und Wapen der Staͤdte haben wir der ſchoͤnen Samlung des Herrn
Obervogts von Schievelbein, und die Wapen der herrmeiſterlichen Familien den ſaubern
Abzeichnungen des Herrn Buͤrgermeiſters Gotthard von Vegeſack in Riga zu danken.
Sie ſind hier in der Ordnung angebracht, wie ſie mit vieler Muͤhe haben angeſchaft werden
koͤnnen. Mit der Zeit kan man eine volſtaͤndige Samlung derſelben hoffen.
§. 7.
Die groͤſten Jnſiegel ſind mit O bezeichnet. Die andern haben dieſe Geſtalt
und Groͤſſe.
- No. 1. Runde, wie der groͤſte Doppelthaler oder Ducaton.
- 2. Runde, in der Groͤſſe eines ſtarken Thalers.
- 3. Runde, in der Groͤſſe eines halben Thalers.
- 4. Viereckigte oder rautenfoͤrmige.
- 5. Elliptiſche oder laͤnglichtrunde von der erſten Groͤſſe.
- 6. Elliptiſche von halber Groͤſſe.
- 7. Ovale, kleine.
- 8. Runde ganz kleine.
H h h hSigille
[304]Die II. Tabelle von den Sigillen
Sigille der Haͤupter und Befehlhaber des Ordens.
Hinricus Dei gratia Romanorum Rex et Semper Auguſtus. Ein groſſes rundes Siegel in
weiſſem Wachs, auf welchem der Koͤnig in ſeiner koͤniglichen Reſidenz und Krone mit
ausgereckten Armen ſitzend, in der Rechten das Scepter mit dem Kreuz an der Spitze,
in der Linken den Reichsapfel mit dem Kreuz haͤlt. Aus der Beſchreibung des Tranſ-
ſumts, welches der luͤbiſche Biſchof Eberhard, auf Vorzeigung des rigiſchen Dom-
herrn, Johannis Bocheym, durch den kaiſerlichen Notarius Joh. Lenardi, bre-
miſchen Clerikus, abnehmen laſſen. Der Urkunde iſt Indictio XIV beigeſchrieben.
dulus.
Die uͤbrigen kaiſerlichen Briefe haben nur diejenige Chifre, wie ſie Muͤnſter in der
Cosmographie abnehmen laſſen.
Sigillum Waldemari Dei Gratia Danorum Regis, Ducis Aeſthoniae. Der Koͤnig mit der
Krone, dem Scepter und Reichsapfel, unter einem Baldachin ſitzend, auf einem Thron
oder Zelte, ſo auf 4 Saͤulen ruhet. Auf der andern Seite ſiehet man 3 Leoparden uͤber-
einander, die hier gekroͤnet ſcheinen, und eben die Umſchrift haben.
Ein anderes Siegel von eben demſelben, wo der Koͤnig ſtehend und Apfel und Scepter
mit ausgerecktem Arm haltend abgebildet iſt. Beide haͤngen an den eſtlaͤndiſchen Ceſ-
ſionsacten von den Jahren 1346 und 1352.
3.
Sigillum Magiſtri Livonie, auf welchem nach den aͤlteſten Documenten die Geburt Chriſti
abgebildet iſt, dergleichen Siegel 1349 unter den Briefen Goswins von Herike erſchei-
net. Noch 1426 bediente ſich Syſe von Rutenberg dieſes alten Sigils. Allein nach-
her erwehlte man die Flucht Chriſti in Egypten, da Maria mit dem Kinde auf dem
Eſel reitend vorgeſtellet wird, dergleichen ſich unter den Briefen Heidenrik Vinckens von
1442 findet. Auf den folgenden begleitet Joſeph das Kind, oder leitet den Eſel, z. E.
1451 unter Johannis von Mengede Documenten. Sie ſind insgeſamt auf roth Wachs
gedruckt; die alten aber haben recht ungeſchickte Figuren. Das kleinere von der dritten
Groͤſſe brauchte Plettenberg in unterſchiedlichen Briefen und Handſchreiben.
So findet ſichs in den Originaldocumenten der Stadt Riga. Jn denen ritterſchaft-
lichen hat ſchon Cyſe von Rutenberg den walckiſchen Vertrag 1424 mit dem neuen
herrmeiſterlichen Siegel unterzeichnet. Gemeiniglich lieget das Ordens- und Geſchlechts-
wapen, jedes in eigenem Schilde, darunter.
Sigill. Landmarſchalki in Liuonia. Ein geharniſchter Ritter zu Pferde in vollen Spruͤngen
mit ausgeſtrecktem Speer oder Lanze, zur Linken mit dem deutſchen Ordensſchilde bedeckt.
1364 in gruͤnem Wachs.
Dieſes Siegel fuͤhrte auch der Grosmarſchal des deutſchen Ordens in Preuſſen, aber
in rothem Wachs.
Sigill. Commendatoris Domus Theutonicorum in Lyuonia. Die Geburt Chriſti 1277
rothem Wachs.
Sigillum Commendatoris Dom. Teuton. in Liuonia. Ein im Bette liegender Kranker, zu
deſſen Haupt ein Engel, zu den Fuͤſſen aber ein Pilger mit dem Wanderſtab ſtehet: oben,
wohin der Kranke die Augen ſchlaͤget, ſiehet man das Kriplein Chriſti mit hervorragenden
Ochſen und Eſel. 1320.
Der Groscomtur in Preuſſen hat das Jeſusbild, ſo Mariam ſegnet, in gruͤnem Wachs.
1451.
2.
Sigill. Commendatoris de Vellin. Der Koͤnig Ahaſverus, der den Scepter zur Eſther
neiget, 1320; oder in gelbem Wachs den Vater, der Mariam ſegnet 1451.
Sigillum Commendatoris in Dunemunde. Eine Jungfrau mit der Maͤrtererkrone, welche
in der Rechten ein zur Erde geſenktes Schwerdt, und in der Linken das Rad haͤlt. 1347.
Sigillum Commendatoris in Wenden. Das juͤngſte Gericht. 1347.
Sigillum Commendatoris de Segewolde. Ein Mandelbaum. 1320.
Sigillum Commendatoris de Leal. Ein Adler der nach der Linken zu ſiehet. 1320.
Sigillum Commendatoris in Wittenſtene. Der auferſtandene Heiland, mit der Siegesfah-
ne in der Rechten. Dieſes iſt uns von dem oͤſelſchen Biſchof Winrich in einem Trans-
ſumt beſchrieben.
Sigillum Commendatoris in Goldingen. Der barmherzige Samariter, welcher die Wun-
den des Menſchen von Jericho auswaͤſchet, 1347, in gelbem Wachs.
2.
Sigillum Commendatoris de Revalia. Die Anferſtehung JEſu Chriſti mit den beim Gra-
be beſtuͤrzten und zu Boden gelegten Waͤchtern, 1364, in gruͤnem Wachs.
Sigillum Commendatoris de Perona. Ein Ordensbruder in Ruͤſtung, der in der Rechten
den Spies, und in der Linken das Ordenswapen mit dem Kreuze haͤlt. 1347.
Si-
[305]der Ordens- und andrer geiſtlichen Perſonen.
dulus.
6.
Sigillum Commendatoris de Windau. Ein Eichenzweig, zwiſchen zwey ruͤckwerts geſetzten
Voͤgeln, die ſich nach einander umſehen. 1347.
Das Siegel der Comture von Mitau war ausgefallen.
Sigillum Ducatus Livoniae. Ein ſilberner Grelf mit dem Schwerdt im rothen Felde, auf
deſſen Bruſt der gekroͤnte guͤldene Namenszug des geſalbten Oberhaupts zu ſehen iſt.
Sigismund Auguſt ertheilte dem Lande dieſes Wapen in dem Privilegio von 26ſten
Septemb. 1566. Aus dem Kajolawitz iſt erweislich, daß die Lieflaͤnder den Greif
aus Gefaͤlligkeit gegen den erſten pohlniſchen Generaladminiſtrator und Freiherrn Joh.
Chotkiewitz, der ihn auch fuͤhrte, ins Wapen genommen. Der Herr Landrath von
Ceumern hat das Wapen von Liefland vor ſeinem Theatridio, mit dieſem Diſticho:
In campo erigitur rubro Gryps enſifer albus;
Cor Regis titulos et diadema gerit.
Jm Siegeln iſt das Wapen mit einer Krone gedeckt. Jn der lieflaͤndiſchen Fahne
aber iſts dem rußiſchen Reichsadler auf die Bruſt geſetzt.
Sigillum Ludovici Marchionis Brandenburg. Ein Adler im deutſchen Schilde, ſo mit
Laubwerk gezieret iſt. Es findet ſich daſſelbe unter den Verkaufbriefen von Eſtland.
S. Walther von Cronenberg Adminiſtrator des Hochmeiſteramts und Maiſter Teut-
ſches Ordens in Teutſchen und Welſchen Landen. Ein ſehr groſſes Siegel,
deſſen Umſchrift in der Runde 2 Zeilen einnimt. Ein Schild mit zierlicher Einfaſſung,
welches durch das Ordenskreuz in 4 Felder getheilet wird, darin das deutſche Ordens-
wapen mit dem Geſchlechtswapen abwechſelt. Das Mittelſchild hat den Adler.
Sigille der Ordensvoͤgte.
Sigillum Aduocati de Oberpahlen. Ein Lilienkreuz. 1347.
Sigillum Aduocati de Karkus. Eine beſaamte Roſe. 1347.
Sigillum Aduocati de Weſenberg. Ein Ordensbruder im Harniſch, der in der Rechten eine
Fahne, und in der Linken das deutſche Ordensſchild haͤlt.
Sigillum Aduocati de Ierwen. Die Mandelruthe Aarons. 1438. Ein aͤlteres von 1364
gleicht einer Lilienſtaude.
Sigillum Aduocati de Sackala. Ein Kreuz im deutſchen Schilde. 1347.
Sigillum Aduocati de Sünneburg. Ein ganz kleines Siegel. Zwey ins Andreaskreuz geſetzte
Schwerdter, mit zur Erde geſenkten Spitzen. 1438.
3.
Sigillum Aduocati de Kokenhuſen. Ein Praͤlatenſtab und Schwerdt im Andreaskreuz.
1417.
Die Siegel der Voͤgte von Ermis und Roſiten waren ausgefallen.
Sigillum fratrum militiae Chriſti in Livonia. Zwey Heilige, die aber ganz verblichen.
1256.
Sigillum Capitanei Peregrinorum. Ganz klein und rund. Ein bloſſes Kreuz. 1298.
Sigillum Hoſpitalis S. Mariae. Das Marienbild in gelbem Wachs. Auf der andern Sei-
te der Heiland, der Petro die Fuͤſſe waͤſchet: Domus Teutonicorum fratrum. 1451.
Siegel der Erz- und Biſchoͤfe des alten Lieflandes.
Die paͤpſtlichen Bullen haben alle die 2 bleiernen Siegel von der Groͤſſe 3. Sie zeigen 2
Geſichter mit der Aufſchrift S. P A. S. P E. und auf der andern Seite den Namen
des Papſts.
S. Alberti D. G. Livonienſis Epiſcopi. Ein Biſchof im Pontificalhabit, hinter welchem ei-
nige Spitzen wie Stralen hervorragen. 1224.
S. Alberti Archiep. Bapt. O. gentes e. abluentes. Ein in der Hoͤhe eines praͤchtigen Altars
ſitzender Erzbiſchof, an deſſen rechtem Fus in einer Kapelle ein andrer Biſchof ſtehet, mit
der Unterſchrift Pruſſ. Am linken Fus iſt ebenfals ein Biſchof mit der Unterſchrift Livon.
unten aber eine Menge Taͤuflinge, mit der Unterſchrift Eſtonie. 1255.
Sigill. Ioh. Dei Gr. Sanctae Rigenſis Eccleſ. Archi-Epiſcop. Ein ſitzender Biſchof mit dem
Stabe, mit der rechten Hand ſegnend. Rev. Secretum Iohannis Archiep. Rig. Die
Kroͤnung der Jungfr. Mariaͤ, unter ihr ein Biſchof, welcher ſie mit gebognen Knien
anbetet. Aus einen Tranſſumt beſchrieben 1277. So ſteht auch des damaligen oͤſel-
ſchen Biſchof Hermanns Secret bezeichnet.
Secret. Henningi Archiep. Rig. Ein im Chor betender Biſchof mit gebogenen Knien. Un-
ter ihm zwey zuſammen geſetzte Schilde, in deren einem der Patriarchenſtab und Bi-
ſchofsſtab quer uͤber einander liegen, in dem andern aber die Lilie als das Kapitelswapen
zu ſehen iſt. 1426.
H h h h 2Sigill.
[306]Die II. Tabelle von den Sigillen
dulus.
4.
Sigill. Silveſtri D. G. Sancte Eccleſie Rigen. catholice Archi Epiſcopus Ordinis Theutonici.
Der heil. Franciſcus im Chor mit ſeinen Wunden. 1457.
Auf einem andern ſchmaͤlern iſt die Mutter GOttes mit gefaltenen Haͤnden, ihr gegen uͤber
GOtt der Vater, der ſie mit der Rechten ſegnet, und in der Linken die Erdkugel haͤlt.
Beide fuͤhren unten 2 zuſammen geſetzte Schilde, in deren einem der Biſchofsſtab zur
Rechten und der lange Kreuzſtab zur Linken quer uͤber einander liegen, in dem andern aber
3 Sterne als ſein angenommenes Wapen erſcheinen. Den Zwiſchenraum fuͤllet die Stifs-
lilie. 1472.
Herr Rich. von der Hardt lieſt ordinis Theologici, welches wir in Theutonici ver-
wandelt. Silveſter bediente ſich auch in deutſchen Urkunden des Ausdrucks: Erzbi-
ſchop duͤdſches Ordens, blos aus Gefaͤlligkeit; welche Ehre ihm ſeine Nachfolger ganz
allein uͤberlaſſen haben, weil ſich nachher kein Erzbiſchof ſo mehr geſchrieben, auſſer daß
Caſper von Linde dieſe Formel wieder hervorſuchte.
Sigill. Domini Iaſparis Sancte Rigenſis Eccleſie Archiepiſcopi ord. Teuton. Ein im
praͤchtigen Altarchor ſtehender Erzbiſchof mit dem Patriarchenſtab, und zum Segnen auf-
gehabener rechten Hand. Unten ein in vier Felder getheiltes Wapenſchild, darin das
Patriarchenkreuz und der Krumſtab mit dem Lindenbaume abwechſelt. 1521. Die meh-
reſten Siegel dieſes Erzbiſchofs ſind praͤchtig und haben eine laͤngere mit vielen Abkuͤrzun-
gen verſehene Umſchrift z. Ex. b. eatae Mar. iae Teuton. icorum in Liuonia.
Sig. Dom. Iohannis Archiep. Rigenſ. Epiſco. Tarpat. Ein Erzbiſchof in Pontificalibus.
Zu ſeinem Fuͤſſen iſt das in ſechs Felder getheilte blankenfeldiſche Wapen, und oben ne-
ben ſeinem Haupt die Dreieinigkeit, in der Hoͤhe eines ſchoͤnen und mit Cherubinen gezier-
ten Altarchors. Die Umſchrift enthaͤlt beide Stiftstitel. 1526.
Sigill. Willhelmi Dei Gratia Arch. Rig. March. Brandenb. Ein vierfach getheiltes Schild
mit abwechſelndem Adler und Greif. Das Mittelſchild iſt das Amts-Stifts-Kapitel-
und Stadtwapen im deutſchen gevierten Schilde. 1545.
S. Wilhelmi D. G. Archi. Rigenſis Marchio. Brande. Ein geviertes Schild; im 1 Felde iſt
der Adler, im 2 der Greif, im 3 der Loͤwe, im 4 das hohenzolleriſche Wapen. Das
Mittelſchild iſt auch geviert und hat im 1 Felde das lange Kreuz und den Krumſtab quer
uͤber einander liegen, im 2 die Stiftslilie, im 3 das Ordenskreuz und im 4 die Stadtſchluͤſ-
ſel von Riga. Ueber dem ganzen Schilde iſt die Jahrzahl 1545.
Sigill. Henrici D. Gr. Epiſc. Revaliens. Ein Marienbild im praͤchtigen Altarhauſe mit
dem Kinde und dem Scepter in den Haͤnden. 1448.
Ein anderes mit dem Marienbilde, ſo das Kind in der linken Hand haͤlt. Jn der Mitte
zur Seiten ſtehen die Apoſtel Petrus und Paulus. Zu den Fuͤſſen ein Biſchof mit der
Muͤtze, welcher die Mutter GOttes anbetet. Die Umſchrift iſt der vorigen gleich. 1426.
Die Biſchoͤfe aber ſind unterſchiedene Perſonen.
Anm. Siebmacher B. I, S. 12, ſtellet das Wapen des Biſtums Revel ſo vor:
Jn der Mitten iſt ein ganz rothes Schild; die Feldung umher iſt mit blau und
Gold abgetheilet.
Secretum Eberhardi D. G. Epiſcopi Revalienſis. Das Marienbild in einem mit Engeln
gezierten Altar. Unten in 2 zuſammengeſetzten Schilden der Praͤlatenſtab und der lange
Kreuzſtab; im andern 3 Balken. 1472.
Sigil. Fratris Simonis D. G. Epiſc. Reval. Die Mutter GOttes mit dem Kinde in der lin-
ken und dem Scepter in der rechten Hand. Unten im Altarchor liegt det Patriarchenſtab
im Andreaskreuze. Jn dem andern Schilde das borgiſche Geſchlechtswapen, 3 Am-
ſeln. 1478.
Jn einem anden Sigil ſiehet man an den Seiten | des Altars die beiden Apoſtel, die ein
darunter liegender Biſchof anbetet. 1481.
Nicolaus Epiſcopus Revalie. Ein deutſcher Schild, oben mit der Biſchofsmuͤtze bedeckt;
das linke Feld iſt verblichen, das rechte hat 2 Sparren. 1501.
Sigill. Herman. D. G. Lealenſis Epiſc. 1224. Ein Biſchof.
Sig. Bartholomaei D. G. Epiſc. Tarbat. Ein zierliches Altarchor mit der Mutter GOttes
und dem Kinde auf dem Arm. Jn der Mitten Petrus und Paulus; unten ein Win-
delkind. Zur Rechten und Linken das Stifts- und Geſchlechtswapen, nemlich Schwerdt
und Schluͤſſel, und ein wachſender Widder. 1457.
Die Biſchoͤfe von Doͤrpt ſiegelten wie alle Biſchoͤfe in roth Wachs, welches auch aus
einem verblichenen Sigil des Biſchofs Theodorici von 1424 erhellet.
Ein praͤchtiger Altarchor, in welchem die Maria ſitzet, zu deren Seite die Apoſtel Paulus
und Petrus in eignem Haͤusgen ſtehen. Oben in der Spitze ſiehet man ein Schwerdt
mit dem Praͤlatenſtab ins Andreaskreuz geleget, und uͤber ſolchem eine Biſchofsmuͤtze.
Zur Rechten liegt ein Schild, wo Schwerdt und Schluͤſſel, zur Linken ein anders, wo
Schluͤſ-
[307]der Ordens- und andrer geiſtlichen Perſonen.
dulus.
Schluͤſſel und Schwerdt quer uͤber einander. Unter | dem Marienbilde iſt das gevierte
Wapen, in deſſen 1ſtem und 4ten Felde das Stiftswapen, in dem 2ten und 3ten das Familien-
wapen erſcheinet. Dabey zu merken, daß das 2te und 3te Feld quer getheilet, und 2 Ha-
ken in Metal, und einer in Farbe ſtehen. Sig. Iohannis Epiſcopi Terbatenſis. 1540.
Sig. Hermanni D. G. Epiſc. Tarbat. Ein geviertes Wapenſchild, in deſſen erſten und 4ten
Felde Schwerdt und Schluͤſſel kreuzweiſe; im 2ten und 3ten eine halbe Lilie von 2 Roſen
zur Rechten begleitet vorkommen. 1552.
Frater Henricus D. G. Epiſcop. Oſilie. Ein Praͤlate in Pontificalibus. 1242.
S. Winrici Epiſc. Oſilienſ. Ein Biſchof mit Stab und Jnſel in einer Kapelle; zur Rechten
ein ſich umſehender Adler, zur Linken 3 Voͤgel. 1389.
Sigill. Chriſtiani Epiſc. Oſilienſ. Ein am Pfeiler angeſpantes Rind oder Widder. 1426.
Secr. Ludolphi Ep. Oſil. Eine groſſe Roſe, in welcher ein ſchraͤgrechts gelehntes deutſches
Schild lieget, worin ein Schweinskopf mit den Zaͤhnen. 1457.
Sigil. Iohannis Vatelkanne electi eccleſiae Oſiliens. epiſcop. Das Wapen der Stadt Hapſal.
1461.
Sigil. Petri de Wedberg Epiſcop. eccleſie Oſilienſ. Ein Mesprieſter mit dem Kelch in der
Hand. 1472.
Sigil. Iohannis D. G. Oſilienſ. epiſc. adminiſtrat. Curon. Ein zierlich quadrirter Schild mit
abwechſelnden agnus Dei und Adler. 1545.
Sig. Emundi D. G. Epiſc. Curon. Ein auf einem Quadratſtein ſtehender Biſchof im Chor-
rock, mit dem Stab in der Linken, die Rechte zum ſegnen ausſtreckend. Zu beiden Sei-
ten 2 hervorſehende Thiere. 1290.
Sig. Iohann. D. G. Epiſcop. Curoni.Maria auf einem halben Mond ſtehend, in der Rech-
ten das Kind, in der Linken den Scepter haltend in lauter Strahlen. Zur rechten Sei-
ten der Adler, zur Linken ein punctirter Schild. 1426.
Secretum Pauli Epiſcop. Curon. Ein Altar mit dem Mesprieſter, ſo den Kelch reichet.
1457.
Sigil. Martini D. G. Epiſc. Curon. Eccleſ. Ein mit Heiligen geſchmuͤckter Altar, worun-
ter der Biſchof ſtehet, der zur Rechten ein agnus Dei, zur Linken die ſtralende Sonne
hat. 1495.
Einige fremde, doch unter lieflaͤndiſchen Documenten
befindliche Sigille.
S.Wilhelmi Epiſc. Mutinenſ. Ein Biſchof im Ornat. 1226.
S. Petri miſeratione diuina Epiſ. Albanens. Ein Biſchof, mit den 6 Buchſtaben zu beiden
Seiten C-H. M-G. V-S. 1251.
S. Ioh. D. G. Epiſcop. Lubicenſ. Der Biſchof, hinter deſſen Kleidern 2 Thiere zur Seite
den Kopf hervorſtrecken. 1270.
S. Marcelli Epiſc. Eccl. Skalholtenſ. Ein Biſchof im Ornat. Zu beiden Seiten 2 kreuz-
weiſe liegende Schluͤſſel. Unten ein Schild mit einem Loͤwen. 1469.
Jn gruͤnem Wachs, das Marienbild mit dem Kinde auf einem praͤchtigen Seſſel ſitzend:
Sig. Mag. Gener. Hoſpitalis Fratrum Hieroſolym. Der Revers hat in rothem Wachs das
deutſche Ordensſchild. Sanctae Mariae domus Teuton. 1451.
Sigill. Hoſpitalarii. Ein Bruder, der dem andern die Fuͤſſe waͤſchet, 1451, in gelbem
Wachs.
Sigille der Aebte, Proͤpſte, Kapitel und Kloͤſter im alten
Liefland.
S. Capituli ſancte Rigenſis Eccleſie. Die Mutter GOttes wird vom Vater geſegnet. Zur
Rechten Petrus und Paulus, zur Linken ein Praͤlate. 1457.
S. Eccleſ. Sanct. Mariae Rigenſ. Das Marienbild mit dem Kinde ſitzend. 1224.
Dergleichen, wo das Marienbild uͤber den Thoren einer Stadt ſitzend vorgeſtellet wird.
1271.
Mit der Zeit ward das Stiftswapen geaͤndert, und der lange Kreuzſtab, mit dem
Krumſtabe ins Andreaskreuz geleget, zum Wapen angenommen. Das rigiſche Dom-
kapitel ſiegelte entweder mit der Lilie, oder dem Ordenskreuz, auf gruͤnes Wachs. Sib-
macher, dem ſonſt nicht immer zu trauen iſt, fuͤhrt das erzbiſchoͤflich-rigiſche Wapen
unter den geiſtlichen Praͤlaten an der 9ten Stelle ſo an: Jm rothen Felve ein gelbes
Kreuz, uͤber dem Wapen die Biſchofsmuͤtze, hinter welchem Schwerdt und Krumſtab
durchgeſteckt erſcheinen. Vermuthlich ſol dieſes das Wapen des Erzbiſchofs Wilhelmi
J i i iſeyn,
[308]Die II. Tabelle, von den Sigillen
Mo-
dulus.ſeyn, welcher als ein geborner Reichsfuͤrſt ſich des Degens bediente; da hingegen die an-
dern Biſchoͤfe dafuͤr den Kreuzſtab oder Patriarchenſtab gefuͤhret.
Sig. Capituli Tarbatenſis. Ein Stern von 6 Strahlen in einem die Laͤnge herab getheilten
Schilde, im rechten Felde die Ruthe Aarons. 1457.
Auf einem gepflaſterten Poſtement 2 Chorſtuͤhle, auf deſſen rechten Petrus mit dem Schluͤſ-
ſel, auf dem linken aber Paulus mit dem Schwerdte ſitzet. Sigillum Eccleſie Tarba-
tenſis. 1540.
Sig. Capituli Arensborgenſ. 1383. Ein Adler mit dem Ringe um den Kopf, und auf einem
Zettel oder einer Pergamentrolle ſtehend, worauf die erſten Worte des Evangelii Jo-
hannis geleſen werden: In principio erat, weil die Domkirche dem Evangeliſten Jo-
hannes geweihet war.
Ein anders. Sig. Capituli Oſilie.Andreas mit dem Kreuze. 1457.
Sig. Capituli Curonienſis. Eine ſechseckigte Figur, in welcher Herodes ſitzend und der nackte
Heiland fuͤr ihn ſtehend vorgeſtellet wird. 1457.
S. Ioh. Abbatis in Padis. Ein im Chor ſtehender Abt 1393.
Die andern Aebte bedienten ſich eines groͤſſern Siegels, von recht ſchoͤnem Griffelſtich.
Secret. Herman. Abbatis in Valckena. Ein im Altarchor ſtehender Abt. 1457.
Sig. Henrici de Kniperode Prouiſor. Eccleſ. Oſilien. Jm deutſchen Schilde 3 Voͤgel,
durch welche ein Querbalken gehet.
S. Ioh. Rigenſ. Praepoſitus. Ein Predigermoͤnch auf einem Stein ſtehend, 1271. Jtem der
Evangeliſt Johannes. 1518.
S. Ioh. Praepoſiti Oſilienſ. Eine verblichene Perſon, die ein Kind bey der Hand fuͤhret.
Unten 2 ins Andreaskreuz gelegte Pfeile. 1376.
S. Praepoſiti Curonienſ. Eccleſie. Ein Predigermoͤnch mit dem Evangelio in der rechten,
und dem Kreuz in der linken Hand. 1290.
Secre. Godfridi Decani eccleſie Revalienſis. Ein Marienbild im Chor, ſo von einer
knienden Perſon angebetet wird. Unten ein Schild mit einem Menſchenhaupte. 1347.
Sig. Prioris fratrum Ordinis Praedicat. in Revalia. Eine auf dem Poſtement ſtehende
Perſon in der Rechten mit empor gehobenem Schwerdt, in der Linken mit dem Rade, zu
deſſen Knien eiuer anbetet. 1364.
Sig. Prioris fratrum Ordinis Praedicat. in Riga.Johannes, welcher in einem Schilde
das Laͤmlein mit der Kreuzfahne haͤlt, und uͤber ſeinem Prieſterrocke die Worte: Ecce
agnus Dei leſen laͤſt, in gruͤnem Wachs. 1281.
Sig. Gardiani Praedicat. in Rige. Ein gekroͤntes Bild, in der Rechten ein Schwerdt, in
der Linken ein Rad haltend. 1290.
Sig. Fratrum Praedicat. in Rige. Eine Perſon auf dem Stuhle ſitzend. 1426.
Sig. Conuentus fratr. Minorum in Rige. Die Taufe Chriſti. 1256.
Sigillum cuſtodis Frm. minor. Liuonie et Pruſie. Der am Oelberg kniende Heiland, wel-
chen ein Engel ſtaͤrket. 1518.
S. Matris et Dom. ns. Sororu. Franciſci in Riga. Das Marienbild mit dem Kinde auf
dem rechten und dem Scepter auf dem linken Arm. Aus dem Fundationsbriefe eines
Elend- oder Siechenhauſes beider grauen Nonnenkloͤſter 1495, am Tage Antonii des
heiligen Beichtigers. Sie waren von der 3ten Regel des heiligen Franciſcus und wohn-
ten an der Norderſeite des Peterskirchhofs. Der oberſte Pater von der erſten Regel
des heiligen Franciſcus in Liefland, der wuͤrdige geiſtliche Vater und Herr Hinrich
Voß war zum Volzieher dieſer Siechenanſtalt eingeſetzet, wie der ſelige Buͤrgermeiſter
Peter Hinrichs ſie in ſeinem Teſtament angeordnet. Roth Wachs.
Sigillum Officialatus curiae Dni Archi. Epi. Rig. Ein Taͤufling mit gefaltnen Haͤnden auf
die Gnade der Taufe wartend, und in einer Waſſerkuͤbe oder Bottich ganz nackend ſitzend.
1508, in rothem Wachs.
Wa-
[309]und Wapen der Staͤdte und Flecken.
Wapen und Siegel der Staͤdte und Flecken.
Riga. Das aͤlteſte Stadtſiegel von 1232 zeiget eine Mauer mit freiem Thor und 5 Zin-
nen, auf der Mauer 2 Thuͤrme, zwiſchen den Thuͤrmen 2 empor gerichtete Schluͤſſel
mit aufwerts und auswerts gekehrten Schliesblaͤttern; zwiſchen den Schluͤſſeln ein langes
erzbiſchoͤfliches Kreuz, weil ſchon damals die Paͤpſte Jnnocentius der IIIte und Hono-
rius der IIIte dem rigiſchen Biſchof die Gewalt eines Crzbiſchofs verliehen, ob ihm
gleich der Titel noch fehlte. Die Umſchrift heiſt: Sigillum Burgencium in Rige manen-
cium. Als die Stadt dem Orden huldigte, blieben zwar die Thuͤrme und Mauren; al-
lein ohne Zinnen. Das Thor bekam ein Falgatter, unter dem ein Loͤwenkopf hervorgu-
cket. Ueber dem Thor ſiehet man ein Ziegeldach mit 2 Windfaͤhnlein, welche uͤber ſich
die 2 Schluͤſſel in Form des Andreaskreuzes mit auswerts gekehrten Schliesblaͤttern ha-
ben. Ueber den Schluͤſſeln iſt nicht mehr das Patriarchenkreuz, ſondern das kleine Kreuz
des deutſchen Ordens, z. E. auf dem Siegel von 1349 mit der Umſchrift Sigillum ciuita-
tis Rigenſis. Dieſe Stuͤcke ſind als weſentlich beibehalten worden. Schon zu den herrmei-
ſterlichen Zeiten nahm die Stadt die Loͤwen zu Schildhaltern an, wie ſolches das auf der
Wage am Markte in Stein gehauene Wapen von 1554 bezeuget. Dieſe Loͤwen erſcheinen
auch auf den Muͤnzen, welche die Stadt waͤrend ihrer 20 jaͤhrigen Ununterwuͤrfigkeit ge-
praͤget. Jngleichen finden ſich die Loͤwen als Schildhalter auf den Stadtmuͤnzen von
pohlniſcher Regierung, wie auf denen unter dem Koͤnig Stephano 1586 und Sigis-
mund dem IIIten 1592 geſchlagenen Goldſtuͤcken von 10 Dukaten zu ſehen iſt. Daher
man ſie in der Hiſtorie nicht aus der koͤniglich ſchwediſchen Regierung herleiten darf.
Der Kaiſer Maximilian der IIte ſchenkte der Stadt die Freiheit mit rothem Wachs zu
ſiegeln, unterm 9ten April 1576, weil die Stadt ſich damals ans Reich hieng, und dem
Hauſe Oeſterreich ihre Stimme zum pohlniſchen Thron verſprach. Als Koͤnig Carl
der XIte in Schweden in einem zu Stockholm den 23ſten November 1660 gedruckten
Diploma fuͤr die im Jahr 1656 ausgeſtandene pohlniſche Belagerung den Buͤrgermeiſtern
und dem Rath der Stadt den Adelſtand auf dem Rathsſtul ertheilte; ſo verliehe er der Stadt die
Krone uͤber dem Loͤwen im Thor, und uͤber dem kleinen Kreuze, und geſtand ihr den naͤchſten
Rang nach Stockholm vor allen andern ſchwediſchen Staͤdten zu, welche Vorrechte
ihnen auch von dem rußiſchen Kaiſer Peter dem Groſſen allergnaͤdigſt beſtaͤtiget wurden.
Auf dieſe erhaltene Diſtinction lies die Stadt 1660 die in der Muͤnztabelle beſchriebene
Gedaͤchtnismuͤnze in Gold und Silber praͤgen. Als 1723 die Buͤrgerſchaft ihre neuen
Fahnen erhielt, nahm ſie an ſtat der Loͤwen zwey mit offenen Fluͤgeln in die Hoͤhe aufrecht
ſtehende gekroͤnte Adler zu Schildhaltern an. Das kleinere Wapen der Stadt ſind die 2
ins Andreaskreuz gelegten Schluͤſſel mit einem daruͤber geſetzten Kreuze, ſo nach Dili-
chii Zeugnis in der bremiſchen Chronik S. 76 das Wapen des Erzbiſtums Bremen
iſt; dahingegen die Stadt Bremen nur einen Schluͤſſel fuͤhret. Die Blaſonirung des
rigiſchen Wapens iſt dieſe: Das Feld iſt blau, die Thuͤrme und Mauer roth, die Thurm-
ſpitzen und Schluͤſſel ſilbern, die Thurmfahnen, Kronen und das Kreuz guͤlden, die
Schildhalter in natuͤrlicher Farbe.
Revel. Jn alten Sigillen, und auch in neuern von 1545, ſtehen 3 gekroͤnte Leoparden uͤber einan-
der im deutſchen Schilde; und daruͤber ein gekroͤntes Haupt. Secret. Ciuit. Revalien-
ſis. Das jetzige Wapen ſind 3 leopardirte oder gehende blaue Loͤwen mit ausgeſchlagener
Zunge im guͤldenen Felde. Auf einigen Wapen haben auch dieſe Loͤwen eine Krone.
Ueber dieſem Wapen ſiehet man einen gekroͤnttn Helm, aus welchem ein gekroͤntes Weibs-
bild mit geſchlungenen Armen und fliegenden Haaren hervorwaͤchſet, ſo vielleicht die heili-
ge Brigitta ſeyn ſol. Auf den Sigillen dieſer Art lieſet man die Worte: Secretum ci-
J i i i 2uitatis
601
[310]Die II. Tabelle, von den Sigillen
uitatis Revalienſis. Zu andern Sigillen bedienet ſich auch die Stadt dos daͤniſchen ſil-
hernen Kreuzes von Dannebrogge im rothen Felde. Das Wapen dieſer Art decken
2 Strausfedern, eine rothe und eine ſilberne, die auf einem Helm ohne Krone ſtehen.
Beide Wapen hat die Stadt von Waldemaro den IIten, Koͤnig von Daͤnnemark,
erhalten, weswegen auch auf den aͤlteſten uͤber dem Schilde Waldemars gekroͤntes
Haupt zu ſehen iſt.
Narva. Das alte Stadtwapen iſt ein Fiſch, uͤber welchem eine Krone ſchwebet. Cyſſe
von Rutenberg ertheilte ihr im Namen des Hochmeiſters Paul Pelnitzer von Ruß-
dorff 1426 das Lilienkreuz, in deſſen rechten und linken Oberwinkel 2 Roſen mit dem
Stengel herabhangen. Koͤnig Johannes der IIIte in Schweden verliehe ihr den 22ſten
Julii 1585 zum Wapen und Siegel ein im blauen Felde oben ſchiefgelegtes bloſſes Schwerdt,
auf deſſen ieder Seite eine ſchwarze Karthaunenkugel lieget. Jn der Mitte des Schildes
ſiehet man 2 ſchwimmende Fiſche, unter den Fiſchen einen Sebel, der ſeine Spitze wie
das Schwerdt nach der rechten | Seite richtet, unter dem Sebel aber die dritte ſchwarze
Karthaunenkugel. Dieſes Wapen befindet ſich auch auf den narviſchen Muͤnzen unter
koͤniglich ſchwediſcher Regierung. Nach dem Wapenbuche der ſchwediſchen Ritter-
ſchaft und des Adels von 1650 beſtehet zwar das narviſche Wapen in einem geviertem gekroͤn-
ten Schilde mit abwechſelnder Burg und Schiesſcharten, und zweien Kugeln, in
deren Mitte ſchraͤglinks eine Thurnierlanze durchgehet, deren Faͤhnlein das daͤniſche
Kreuz fuͤhret und in dem linken Oberwinkel zu ſtehen komt; allein Kaiſer Peter der Groſſe
behielt das Wapen von 1585 bey, und verwandelte die ſchwarzen Kugeln in rothe Feuer-
kugeln, lies auch den Sebel mit der Spitze nach der linken Seite kehren.
Das Wapen der gegen uͤber liegenden Feſtung Jvanogrod iſt ein aus dem linken
Winkel ſchraͤgrechts flieſſender Waſſerſtrom zwiſchen zwey Mauren mit Schies-
ſcharten.
Pernau. Eiu ſilbern Kreuz im blauen Felde, ſo von einem aus den Wolken herorragen-
den linken Arm gehalten wird. Die Wolken ſind roͤthlichblau, der Arm hochroth, die
Handkrauſe weis, der Handſchuh gelb, und deſſen Stolpe ſilbern. Das Kreuz begleitet
ein ſilberner Schluͤſſel, der ſein Schliesblat demſelben zukehret.
Die Stadt Pernau fuͤhrte in alten Zeiten den Namen Embeck, nach dem daran vorbey-
flieſſenden Strome. Es beweiſet ſolches nicht allein das oben angefuͤhrte mandriſche
Privilegium Vellin vom 5ten April 1265, ſondern auch ein anders von Jocken unterm 15ten
November 1318, wo es unter andern heiſt: Praedicta ciuitas Embeck, quae nunc Pernau
vocatur. Und in dem groſſen Henſereces von Epiphanias 1388 lieſet man Pernova
von olderß Perona oder Porona. Heut zu Tage iſt die Stadt wohl befeſtiget, hat
einen bequemen Hafen und treibt gute Handlung mit Holz, Bretern, Korn und Lebens-
mitteln; nur muͤſſen die neuern Erdbeſchreibungen ihr keine Univerſitaͤt mehr beilegen,
weil ſchon um das Jahr 1709, da die Flamme des Krieges in vollem Brande war, die
Muſen ſich nach andern Univerſitaͤten, und ſonderlich nach Schweden, wandten. Unter
denen ehemaligen Profeſſoribus ſol der Herr Wilde, als koͤniglicher ſchwediſcher Hiſto-
riographus, noch jetzo am Leben ſeyn.
Doͤrpt hies in alten Zeiten Tarbete, welches eben ſo viel iſt als Tarabita, d. i. Thar,
hilf.
Das groͤſſere Jnſiegel der Stadt zeiget eine rothe Burg mit 2 Thuͤrmen, unter der
Mauer ein ofnes Thor, mit ſilbern Falgattern, unter demſelben einen goldenen Stern,
unter dem Sterne einen blauen halben Mond. Auf dem Portal des Thers ſtehet ein Loͤ-
wenkopf, auf der Mauer liegen 3 blaue Kugeln, davon die mitlere groͤſſer iſt. Ueber
der Mauer liegt ein| ſilberner Schluͤſſel und ein natuͤrlich gefaͤrbtes Schwerdt mit golde-
nem Handgrif im Andreaskreuz. Ueber dieſen ſchwebet eine goldene Krone. Das
kleinere Jnſiegel hat Schluͤſſel und Schwerdt mit daruͤber ſchwebender Krone allein.
Das Conſiſtorialſecretum hat die Ruthe Aarons, in deren rechten Oberwinkel eine der
Ruthe zugewandte Krone ſich befindet. Jn dem Diario der 1599 gehaltenen groſſen Re-
viſionscommißion iſt am 24ſten April beliebet worden, daß das Siegel des doͤrptiſchen
Landgerichts ein Greif ſeyn ſolle, der in der Vorderpfotel die in die Quer gelegten Spieſ-
ſe, als des Groskanzlers Zamoiski Wapen, halte.
Wenden. Dieſe ehemalige herrmeiſterliche Reſidenz hat auf ihrem Siegel die Umſchrift:
Sigillum Civitatis Vendenſis, und zum Wapen eine Stadt im ſilbernen Felde; uͤber derſel-
ben einen geharniſchten Ordensbruder, der mit dem rechten Arm uͤber dem Kopfe ein
Schwerdt, auf einigen Wapen aber einen krummen Sebel, mit dem linken unterwerts,
doch uͤber dem Knie, einen Schild haͤlt, und mit ausgeſperten Beinen ſtehet. Die Fuͤſſe
ruhen auf 2 runden Thurmknoͤpfen zwiſchen 2 mit dem Ellenbogen gleich hohen Thurm-
ſpitzen, die ihre Wetterfaͤhnlein haben. Mit den Beinen ſchlieſſet er 2 hinter dem
Stadt-
[311]und Wapen der Staͤdte und Flecken.
Stadtthore hervorragende Thuͤrme mit Wetterfaͤhnlein ein. Das Thor hat ein Ziegel-
dach, und darunter ein Falgatter, das uͤbrige des Thors iſt offen. Jn der wendiſchen
Stadtfahne zeigen ſich die Farben ſo: Die Thurmfahnen, Knoͤpfe, Koppeln und Kraͤn-
ze ſind verguldet; Thuͤrme und Fenſter ſchwarz; der Harniſch des Ritters, ſein Schild
am Rande und in der Mitten, die Schienbeine bis an den Fus, das Schwerdtgefaͤs, der
Ellenbogen des Harniſches und das Falgatter ſind verguldet; Sebel oder Schwerdt eiſen-
farbig, die Thuͤrme und Stadtmauren graulich, der Grund vor dem Thore gruͤn. Jn
einem Document von 1365 ſiehet man Proconſules und Conſules ciuitatis Wendae unter-
ſchrieben. Auf dem daran hangenden alten Siegel hat die Stadt einen Haag oder Ge-
haͤge um ſich herum; womit man vielleicht auf den Namensurſprung Zaͤhſis d. i.
Indago, Septum, geſehen.
Lemſel. Dieſe ehemalige erzbiſchoͤfliche Reſidenzſtadt brauchte 1439 einen Roſt von 5 Zacken
zum Siegel in gruͤnem Wachs. Seit 1553 fuͤhrt ſie eine ordentliche Burg mit 2 bedeck-
ten Thuͤrmen im Wapen. Jn der Mitte ſtehet ein niedriger breiter Thurm mit rundem
Dache, mit einem Faͤhnlein, in welchem unten das Thor mit ofnen Fluͤgeln mit einem Fal-
gatter verſehen iſt, worunter ein Loͤwenkopf hervorraget. Ueber der Burg ſchwebt ein
Kreuzſtab und Krumſtab ins Andreaskreuz geleget, oben aber ein biſchoͤflich Geſicht
mit der Jnſel und Vitte. Sigillum Ciuitatis Lemſaliae. Der Erzbiſchof Henning leg-
te ſie an, nach welchem Liebhaber der Baukunſt auch der hohe Thurm zu Kokenhau-
ſen nur der lange Henning genant wurde.
Wolmer. Ein rother Schopf mit Ohren von einem Buͤffelskopf, zwiſchen deſſen 2 Hoͤr-
nern eine gruͤne Eiche mit daneben auswachſenden braunen Sturz in guͤldenem Felde ſte-
het. Die Legende iſt Sigillum ciuitatis Wolmarienſis Comitum Södermöre; weil dieſes
Staͤdtgen dem Grafen Axel von Oxenſtierna geſchenkt war, der Eekhof beſas, und den
die Koͤnigin Chriſtina 1645 zum Grafen von Soͤdermore gemacht.
Walck. Ein aus dem linken Rande im gruͤnen Felde hervorgehender guͤldner Arm im Har-
niſch, der mit einem ſilbernen, manchmal gekroͤnten, Sebel drohet, mit der Umſchrift:
DAS WALKISHE SIGEL. Anno 1590. Der Koͤnig Stephanus machte ſie
1584 aufs neue zur Stadt, und Sigismund der IIIte gab ihr im Jahr 1590 die Freiheit
in gruͤn Wachs zu ſiegeln, oder nach Belieben weis Wachs zu brauchen. Ein Sigil von
1424 hat den geharniſchten Arm mit einem Schwerdte. Auf dem groſſen Henſereces von
1387 heiſt die Stadt von dem vorbeiflieſſenden Bache, Poͤdel oder Poͤdeln, das iſt
Walck, und in einem von 1391 ſteht: tho Poͤdeln up dem Walcke.
Fellin. Das Ordenswapen iſt im rothen Wachs ein Marienbild mit dem Jeſuskinde.
Zu beiden Seiten Blumenzweige. Das in den pohlniſchen und folgenden Zeiten ge-
brauchte Wapen iſt ein rothes rundes Siegel, ſo in der Mitten ein blaues Schild traͤget
mit einer ſilbernen Roſe. Ueber dem Schilde ſchweben 9 goldene Sterne 5 und 4. Aus
dem rechten Oberwinkel waͤchſet ein ſilbernes Kreuz heraus, deſſen Stellung ſchraͤge iſt.
Jn den pohlniſchen Zeiten hatte die Stadt einen eignen Burggrafen, und noch im vori-
gen Jahrhundert einen Magiſtrat und Buͤrgermeiſter.
Hapſal. Eine halbe Burg im blauen Felde. Der rechte Thurm ſteht gedeckt, die mit
Schiesloͤchern und Zinnen durchbrochne Mauer ziehet ſich unten am Schildrande in der
Runde nach einem ofnen Thor hin, deſſen Seitendach roth iſt, und einen ſtarken unge-
deckten Thurm uͤber ſich hat. Der braune Adler ſiehet ſich um, und ſitzet entweder
auf dem Thordache, oder iſt mit halben Leibe an das Thor angeleget. Sigillum ciuita-
tis Hapſaliae. Das kleinere Stadtſiegel iſt ein Anker.
Arensburg. Eine Burg mit gedecktem rechten, und ungedecktem linken Thurm. Das
Thor iſt in der Mauer. Jm Thor nimt der Adler den Flug nach der linken Seite.
Sigillum ciuitatis Arensburgenſis 1563. Auf dem ofnen Helm ſiehet man einen Flug.
Mitau. Jm purpurfarbenen Felde ein gekroͤnter natuͤrlicher Elendskopf mit ſeinem Ge-
weihe. Auf dem Halfe das kettlerſche Stamwapen, ein ſilberner Keſſelhaken, in deſſen
Mitte ein rothes Feld mit einem ſilbernen Kinbacken eines Wolfes *) mit 3 Zaͤhnen beſetzt,
und den blauen Buchſtaben S. A. ſo durch einander geſchlungen ſind, und ſo wol als die
K k k kWolfs-
[312]Die II. Tabelle von den Sigillen
Wolfszaͤhne von einer guͤldenen Krone bedecket werden. Das ganze Schild decket eine
Krone und wird von 2 zuruͤckſehenden Loͤwen gehalten. Das Gerichtsſiegel der Stadt iſt
eben ſo geſtochen, und wird in gruͤn Wachs gedruckt.
Goldingen. Goswin von Herike gab ihr das Siegel in gruͤn Wachs, die heilige Ca-
tharine mit der guͤldenen Maͤrtererkrone und fliegenden Haaren. Sie haͤlt in der rechten
Hand das Maͤrtererrad, in der linken ein zur Erde geſenktes Schwerdt, und ſtehet auf ei-
nem Erdreich, wo Geſtraͤuch waͤchſet. Dieſes Siegel in rothem Wachs von No. 6
fuͤhrte die Mutter des Kloſters der grauen Schweſtern St. Franciſci der dritten Regel
in Riga, Namens Caͤcilia zum Amtsſiegel 1518. Die Maͤrterin hat das Schwerdt in
der rechten und das Rad in der linken Hand.
Liebau erhielt ihr Siegel 1625 vom Herzog Friedrich zu Curland, einen rothen Loͤwen der
einen Lindenbaum anfaſſet, im blauen Felde. Jhre Seeflagge iſt ein deutſcher roth und
weis quer getheilter Schild.
Windau. Ein Jaͤgerhorn, uͤber dem das Kreuz ſtehet, mit der Umſchrift: SECRE-
TVM DER STADT WINDA. Anno 1643.
Bauske. Ein Loͤwe in rothem Wachs. Sigillum civitatis Bauske 1609. Jm Wapen iſt
der Loͤwe guͤlden, das Feld roth. Der Loͤwe ſieht in einigen groͤſſern nach der Linken, und
ſteht zum Raube geſchickt.
Pilten. Das kleinere Siegel hat 2 ins Andreaskreuz geſtelte Krumſtaͤbe, uͤber denen
eine Kugel lieget, und uͤber der Kugel zur Rechten und Linken 2 Thuͤrmgen ſtehen. Si-
gillum Civium in Pilten. Das groͤſſere ſtellet eine Stadt vor mit durchſichtigen Thuͤrmen.
Sigillum Civitatis Piltenſis 1694, in gruͤnem Wachs.
Grubin. Ein Kranich der in der linken Pfote einen Stein haͤlt 1697. Das Amt Gru-
bin hat im Siegel den Alandsbleier, ſo im Waſſer ſchwimmet, und uͤber demſelben eine
goldene Krone. Dis Siegel verliehe ihr der Herrmeiſter Rettler 1560 zum Andenken
eines uͤberausreichen Fiſchzuges.
Haſenpot. Das Wapen dieſes Staͤdgens iſt ein Ordensmeiſter, der in der linken Hand
den Kelch haͤlt, mit darunter hangendem Wiſchtuche. Das Feld iſt weitlaͤuftig gegittert.
Tuckum. Jſt jetzo blos ein Hakelwerk. Der daſige Herr Oberhauptman bedienet ſich des
herzoglich curlaͤndiſchen Siegels mit denſelben Jnſignien und der Umſchrift: Sigillum
Iudicii Tuckum.
Blaſonirte Wapen einiger mit den Herrn Meiſtern verwand-
ten Familien.
- 1. Von Vitinghof. Ein durch einen ſchwarzen Balken ſchraͤgrechts getheiltes Schild,
deſſen oberſtes Feld golden, das untere ſilbern iſt. Auf dem Balken liegen 3 ſilber-
ne Auſtermuſcheln. Auf dem Helm lieget ein ſchwarzer Hut, auf dem ein rother Fuchs
nach der rechten Seite ſchreitet. Sibmacher S. 146 macht den ganzen Schild weis,
die Muſcheln gelb, den Hut zu einen weiſſem Biſchofshute, das Geſchlechte aber zu Thuͤ-
ringern, legt auch den Balken ſchraͤglinks. Doch hat Sibmacher B. II, S. 116 den
rhein- und niederlaͤndiſchen Vitinghoͤfen den Balken ſchraͤgrechts gelegt, behaͤlt aber das
ganz weiſſe Feld und die gelben Muſcheln; nur iſt der Hut gekrempt, und beidesmal der
Name Uttinghoff unrichtig ausgedruckt. - 2. Von Torck. Ein von roth und Silber quergetheiltes Schild. Jm Silber liegen ſie-
ben blaue rautenfoͤrmige Tuͤrkiſſe, 4 und 3. Daſſelbe ganze Schild lieget uͤber dem Helm
zwiſchen einem Fluge, deſſen linker Fluͤgel ſilbern, der rechte roth iſt. - 3. Von Rutenberg. Sieben ſchwarze Rauten 4 und 3 im goldenen Felde. Auf dem
Helme ein rother Hut mit ſchwarzem Knopf und gruͤnen Federn. Sibmacher hat es S.
182 unter den braunſchweigiſchen Familien. - 4. Von Mengden. Ein ſilbernes Feld mit 2 ſchwarzen Querbalken. Ueber dem Helm
2 Fluͤgel, der linke ſchwarz, der rechte ſilbern. Die Helmdecken ſind ſilbern mit ſchwarz
gemiſcht. Dieſes Wapen macht auf dem groͤſſern freyherrlichen Wapen nur das Herz-
ſchild aus. - 5. Von Borg. Drey Staare, 2 und 1, im ſilbernen Felde. Auf dem Helm ein ſchwarzer
Flug mit einem dazwiſchen ſtehenden einzelnen Staar, mit natuͤrlicher Farbe. Sibma-
cher S. 172 hat das Wapen unter den ſaͤchſiſchen Geſchlechtern. - 6. Von Freytag von Loringhof. Jm blauen Felde 3 ſilberne Ringe, 2 und 1. Ueber dem
Helm 2 blaue Fluͤgel, in jedem die 3 Ringe, allein 1 und 2 geſetzt. Nach Sibmachern
S. 190 iſt das Feld weis, die Ringe ſchwarz, auf dem Helm 2 weiſſe Federn, in deren
Mitte 3 ſchwarze Ringe uͤbereinander ſtehen.
7. Von
[313]und Wapen der herrmeiſterlichen Familien.
- 7. Von Plettenberg. Ein von blau und Gold in die Laͤnge getheiltes Schild. Auf dem
gekroͤnten Helm zur Rechten eine guͤldene, zur Linken eine blaue Strausfeder *). - 8. Von Bruͤggeney genant Haſenkamp. Jm ſilbernen Felde 3 rothe Querbalken. An
dem Helme ein geſchloſſener ſilberner Flug mit durchgehenden 3 rothen Querbalken. Die
Helmdecke iſt ſilbern mit rothen Verzierungen. Sibmacher hat es B. II, S. 111 unter
den rheinlaͤndiſchen Geſchlechtern. - 9. Von der Recke. Jm blauen Felde eine ſilberne Recke oder 2 ſchmale Hoͤlzer in die Que-
re neben einander geleget mit 3 rothen darauf gelegten Balken. Den Helm decket eine
guͤldene Krone, woruͤber ein blauer Flug mit derſelben Recke erſcheinet. Einige nennen
es einen Querbalken oder eine Querſtraſſe in der Mitte roth und weis abgetheilet. Das
Wapen der Freyherren von Recke ſtellet Sibmacher S. 30 quadrirt vor. - 10. Von Galen. Drey rothe Haken, 2 und 1, im guͤldenen Felde. Auf dem gekroͤnten
Helm ein Flug, deſſen rechten Fluͤgel guͤlden, der linke roth iſt, zwiſchen beiden 2 Haken
neben einander. Die Herrn von Gaelen rheinlaͤndiſcher Linie haben nur einen Haken
zwiſchen dem Fluge oben. - 11. Von Fuͤrſtenberg. Zwey rothe Querbalken im goldenen Felde. Auf einem gekroͤn-
ten Helm 2 guͤldene Schwungfedern, jede mit 2 rothen Balken. Der Helmzierrath iſt
roth mit Golde. - 12. Von Kettler. Ein rother Keſſelhaken im guͤldenen Felde. Ueber dem gekroͤnten Helm
daſſelbige Schild zwiſchen 2 guͤldenen ſchraͤgliegenden Birkhansfedern. Sibmacher S.
187 macht das Feld weis, und die beiden Faſanfedern auf dem Helme halb roth und
halb weis.
Das alte Wapen des Herzogs Gotthards aus dem Hauſe Kettler liefert
Henning im Anfang ſeiner Chronik, mit Frowins thor Hake Beſchreibung deſſelben
in elegiſchen lateiniſchen Verſen. Ein geviertes Schild mit abwechſelnden rothen Loͤ-
wen in ſilbernen Felde und einem hervorſchreitend natuͤrlich gefaͤrbten Elend im blau-
en Felde. Der Mittelſchild iſt roth, und fuͤhret den ſilbernen Keſſelhaken, in welchem
zur Rechten die drey Wolfszaͤhne im Balten, zur linken S. A. oder der zuſammengefloch-
tene Namenszug des Konigs Sigismund Auguſti von einer Krone bedecket werden.
Dieſe Thiere im Schilde ſind ohne Kronen. Oben ſtehen 3 gekroͤnte Helme. Aus dem
mitlern wachſen 2 Birkhahnsfedern, die den Keſſelhaken zwiſchen ſich haben; aus dem
Rechten ein gekroͤntes Elend, und aus dem Linken ein gekroͤnter Loͤwe. Da der Keſſelhaken,
den Frowin immer Climacter nent, zum redenden Wapen nothwendig und weſentlich
erfordert wird; ſo hat es wol keinen Grund, wenn man ihn entweder auslaͤſt, oder ſtat
deſſen dem Wolfskinbacken kleine Zacken giebt. Auch zeugen Farbe und Geweihe, daß nicht
ſilberne Hirſche, ſondern graue Elendsthiere das Wapen von Semgallien vorſtellen ſollen.
Jn der curlaͤndiſchen Kirchenordnung vom Jahr 1570, vor welcher das kettlerſche
Wapen ſtehet, ſind die aus gekroͤnten Helmen wachſende Thiere, der Loͤwe und das Elend,
ungekroͤnt. Auf denen herzoglichen Fahnen ſo wol als in Gebaͤuden hat die Einbildungs-
kraft der Mahler und Bildhauer ſelbſt des erſten Originals verfehlet, welches aus dem
Henning hergeſtellet werden mus. Doch iſt unter dem Bildnis des Herzogs Friedrich
Wilhelms, ſo der Deſcription de la Livonie vorgeſetzet worden, das curlaͤndiſche Wa-
pen ziemlich getroffen. Auf einigen Schauſtuͤcken des Herzog Friedrichs und des Her-
zog Wilhelms praͤſentiret ſich das curlaͤndiſche Wapen am deutlichſten, und iſt der
henningſchen Abbildung in allem gleich, nur das die Elendsthiere nicht hervor ſchreiten,
ſondern hervor ſpringen. Andre Muͤnzen ſtellen die Elende volkommen dar, ſo aber was
neues iſt.
Die
[314]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
Die III. Tabelle
von den Muͤnzen, ſo in Liefland zur Zeit des Or-
dens und nachher gepraͤget worden.
Vorerinnerungen.
§. 1.
Zu dieſem Verſuch einer Beſchreibung der lieflaͤndiſchen Ordensmuͤnzen haben wir
das wohlverſehene lieflaͤndiſche Muͤnzcabinet des Herrn Cammerjunkers Clodt von
Juͤrgensburg zum Grunde gelegt, welchem die bequeme Eintheilung dieſer Muͤnzen
nach ihren Landsmanſchaften beliebig geweſen, da ſie hingegen in andern vermiſcht und blos
nach der Folge der Jahre erſcheinen. Die Vermehrung iſt aus den Samlungen des Herrn
Manrichters von Torck in Curland, und des Herrn Obervogts von Schievelbein in Ri-
ga genommen, zu deren Volſtaͤndigkeit man ſich etlicher Privatſamlungen bedienen
muͤſſen.
§. 2.
Auſſer andern ſind ſonderlich das toͤrnhielm- und gyllengriepiſche Cabinet
in Stockholm, bey uns aber die zahlreichen Samlungen des Herrn Vicepraͤſidenten von
Brevern, und des Herrn Vicepraͤſidenten von Schultz in dieſem Seculo beruͤhmt gewe-
ſen. Sie ſind in Erbſchaften zerſtreuet, und warten vielleicht auf ihren Erretter.
§. 3.
Wenn dieſe Muͤnzen durch unſre Beſchreibung bekanter werden, ſo kan man
ſich Hofnung machen, noch viel mehr zu entdecken. Wie viel liegen nicht noch bey Auslaͤndern,
die Fluͤchtige mitgenommen haben? Mancher Bauer wird ſeines Gluͤcks froher werden,
wenn ihm eine und die andere unter dem Pflug aufſtoͤſt; da er ſie bisher nicht anbringen
koͤnnen, ſondern in eigennuͤtzige Haͤnde fuͤr altes Silber verwenden muͤſſen.
§. 4.
Vor dem 16ten Jahrhundert laͤſt ſich keine Jahrzahl auf dieſen Muͤnzen ſehen.
Sehr viele Jahre ſind mit Auslaſſung der groͤſſern Zahl nur mit den beiden letzten ausge-
druckt, die entweder im Rande, oder uͤber dem Wapen ſtehen, oder auch ſo angebracht
ſind, daß ſie beide die Figur zwiſchen ſich haben. Die Moͤnchsſchrift auf der Vorder- und
Ruͤckſeite geht uͤber das dritte Decennium hinweg. Die Kreuze ſind theils ſchlecht, theils
am Ende der Staͤbe mit Lilien, Kerben und Stufe verzieret. Auch iſt das kleine revel-
ſche Stadtkreuz mit dieſen Zierraten verſehen, gleichwie das kleine rigiſche Stadtkreuz
oft nagelſpitz iſt.
§. 5.
Die Fortſetzung dieſer lieflaͤndiſchen Muͤnzen unter den koͤniglich pohlniſchen
und koͤniglich ſchwediſchen Regierungen iſt ſehr anſehnlich. Doch haben die Herren
Samler in Liefland mehr die einheimiſchen, gleichwie die in Curland ihre herzoglichen
volſtaͤndig zu machen geſucht. Alle Cabinete aber haben die Volkommenheit nicht, daß ſie
eine ununterbrochene Folge aufweiſen koͤnten.
§. 6.
Alle lieflaͤndiſche Muͤnzen, die Kreuzſchlillinge ausgenommen, ſind rar, auch
ſelbſt in Liefland. Die ſeltenſten haben wir unter den ſeltenen ausdruͤcklich bezeichnet.
Doch iſt ihre Seltenheit nur beziehungsweiſe, und fuͤr den ſo ſie ſuchet, zu beſtimmen.
Die aͤlteſten und kleinſten, ſo unſichtbar ſie auch ſind, trift man manchmal bey halben Du-
tzenden in den Haͤnden ſolcher Leute an, die ſich nicht darauf verſtehen, und ſie daher zum
Schmelztiegel des Goldſchmids mit andern groͤſſern aufheben; dergleichen Feuerprobe ſchon
viele, und vielleicht die beſten und ſchoͤnſten, haben ausſtehen muͤſſen.
§. 7.
Jhre Groͤſſe nach dem Durchmeſſer zu beſtimmen, war etwas ungewis und
ſchwer. Wir haben deswegen ihre Vergleichung gegen andre gangbare Muͤnzen eingerich-
tet, und weil die ſaͤchſiſchen unter den Deutſchen am bekanteſten ſind, ſo dienet folgen-
der Schluͤſſel zur Anzeige des Moduli der Groſſen.
- A Goldſtuͤcke.
- Th Thaler.
- T Halbe Thaler, dabey die ſo genanten Marke beſonders angefuͤhret werden.
Model der kleinen. - a Wie kleine ſaͤchſiſche Pfennige, und heiſſen Artiger, oder Pfennige.
- b Sind Schillinge. Die alten fallen wie Sechſer, die neuern kupfrigen noch nicht
ſo gros wie Dreier. - c Sind doppelſchillinge, die ſelten vorkommen, in der Groͤſſe eines Groſchens.
- d Wie Zweygroſchenſtuͤcke oder luͤneburger 6 Mariengroſchen, oder Viergro-
ſchenſtuͤcke von feinem Silber. Wir heiſſen ſie mit ihrem alten Namen Ferdinge. - e Dieſelbigen, nur theils dicker, theils mit breiterm Rande, und ſind auch Fer-
dinge.
f Wie
[315]ſo in Liefland zur Zeit des Ordens und nachher gepraͤget worden.
- f Wie Achtgroſchenſtuͤcke oder Reichsoͤrter, doch ſchlechter Silber, und von leich-
tern Gewichte, ſind halbe Mark.
§. 8.
Zuletzt legen wir eine oͤffentliche Fuͤrbitte bey allen ſtillen Beſitzern fuͤr dieſe Ge-
fangenen ein, ſonderlich bey den frommen Matronen, die weiter nichts an ihnen als das
bisgen Silber zu brauchen wiſſen, daß ſie ihnen Freiheit und Leben ſchenken wollen, woge-
gen ihnen alle Kenner und Liebhaber noch mit vielem Dank das Aequivalent nach Billigkeit
erſtatten werden.
I. Herrmeiſterliche Muͤnzen in Wenden gepraͤget.
Die wendenſchen Muͤnzen des 15ten Jahrhunderts ſind ohne Jahrzahl. Die kleinenAnnus
Muͤnzen haben das Ordenskreuz, ſo in die Umſchrift des Randes trit, am Ende aber
nach Art des Malteſerkreuzes eingeſchnitten, und zugleich durchbrochen iſt. Am Rande
lieſet man die Moͤnchsſchrift: MON. ETA. WEN. DEN; oder WEN. DeNSis.
Auf dem Revers erſcheinet das Geſchlechtswapen, an welchem ſie allein erkant werden.
bSo haben zum Exempel die Schillinge von Meiſter Berendt von der Borg 3 Voͤgel;
die freytagiſchen 3 Ringe; die plettenbergiſchen ein in die Laͤnge herab getheiltes
Schild, deſſen linke Seite gegittert iſt. Die Umſchrift dieſer Seite heiſt: MAGI-
STRI LIVONIE.
Die aͤlteſte unter ihnen iſt ein kleiner Artiger oder Pfennig von feinem Silber, doch
ſehr verblichen, im clodtiſchen Cabinet. Das Ordenskreuz geht uͤber die ganze Muͤn-
ze Moneta Rev. Magis. Das Wapen ſcheint quergetheilt. Oben waͤchſt der Kopf und
Hals eines Thiers hervor, unten ſiehts aus, als ob ein Baum da ſtuͤnde.
Plettenbergs geharniſchtes voͤlliges Bildnis mit ſtarkem Bart, in der Rechten das Schwerdt1525.
empor mit der Linken das Schild mit dem Ordens- und Geſchlechtswapen an einem Ban-
de vor dem Knie haltend, mit der Umſchrift: MONE. NOVA. MAGRI. LIVO-
NI. Rev. Ein gekroͤntes und mit Stralen umgebenes Marienbild mit dem Kinde JE-
ſu auf dem linken Arm. S. MARIA. 9 SERVA. POPVLV. TVV. 25. Die-
ſer Thaler war in der beruͤhmten Muͤnzſamlung des Herrn Obriſten Gyllengriep in
Stockholm befindlich. Er iſt auch in dem Thalercabinet beſchrieben. Jn Liefland
iſt er bis jetzo nicht zum Vorſchein gekommen.
So rar dieſer Stempel an Silber iſt, ſo haͤufig iſt er in Golde bey vielen Liebhabern
anzutreffen, und ſiehet bey nahe wie gegoſſen aus. Ein ſolches Stuͤck wiegt 10 Dukaten,
und iſt, wie Ruſſow es ausdruckt, am Gewichte, Schrot und Korn wie ein Portu-
galoͤſer. Auf der rechten Seite des Schwerdts zeiget ſich ein Kreuz und gegen uͤber eine
Roſe. Auf etlichen wird die Roſe durch einen Stempel bedeckt, da die Stadt Riga ihr
kleines Wapen, nemlich die 2 ins Andreaskreuz gelegten Schluͤſſel mit dem kleinen Or-
denskreuz daruͤber zum Zeichen der Verhoͤhung drauf praͤgen laſſen.
Daß der Herr Aſſeſſor von Dunte ein dergleichen Goldſtuͤck von 20 Dukaten beſeſſen
habe, iſt hier bekant. Die Noua litteraria maris Balthici et Septentrionis, Lubecae in
in 4to Menſe Auguſto 1699 p. 234 Tab. VIII, 4 |zeigen uns dieſes Stuͤck von 20 Duka-
ten im Kupferſtich. Der Herrmeiſter hat das Kreuz auf der Bruſt und ſteht mit ent-
bloͤſtem Haupte.
Das herrmeiſterliche Wapen in geviertem Schilde, worin das Ordenskreuz und die 3 galen-1556.
ſchen Hacken abwechſeln. Das Schild iſt mit kleinen Roͤsgen gezieret. HEINRICH. V.
GALEN. MEISTER. DES. Rev. RITTERLICHEN. D. eutſchen O. rdens
ZVLIVLANDT. Das Ordenskreuz im Schilde.
Ein Ferding mit ſelbiger Umſchrift und von dieſem Gepraͤge. Weil dieſe Muͤnze den Ort1556.
des Stempels nicht anzeiget, ſo hat man ſelbige nicht unter die Revelſchen bringen
koͤnnen; und iſt alſo das wendiſche Ordenskreuz im Revers, nicht aber das revelſche
Stadtkreuz. Dieſer Ferding iſt der einzige, den wir von dieſer Art gefunden, dahinge-
gen die vorhergehenden halben Markſtuͤcke ſich oͤfterer ſehen laſſen. Er liegt im clodti-
ſchen Kabinet.
Ein rarer Schilling. Das lange Ordenskreuz und am ſelbigen im deutſchen Schilde die1556.
3 galenſchen Haken. Hin. d. Ga. M. Livon. Rev. Das kleine Ordenskreuz Meiſt. to
Liflandt 56. Aus der Geſtalt dieſes Kreuzes lieſſe ſich am erſten erweiſen, daß dieſe Muͤn-
zen von 1556 in Revel gepraͤget waͤren.
Eine Klippe oder viereckte Muͤnze ohne Revers und Umſchrift, mit dem gevierten Wapen-1558.
ſtempel, darin das Ordenskreuz und die fuͤrſtenbergiſchen 2 Querbalken umwechſeln,
und uͤber dem Wapen die Jahrzahl 58.
L l l lDieſe
[316]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
Dieſe Muͤnzen ſind ſehr irregulair, fuͤnfeckigt, und auch ganz rund. Der StempelAnnut
iſt bald oben, bald in einer Ecke. Da ſie im Silber die Probe halten, kan man ſie
nicht unter die Nothmuͤnzen rechnen.
Eine Klippe mit vorigem Stempel, am Gewichte einen Reichsort haltend.
Ein halber Thaler, ebenfals viereckigt und wie der vorige gepraͤget.
Ein ſchoͤnes Goldſtuͤck am Gewichte ein und ein viertel Dukaten. Der Herrmeiſter im Har-1559.
niſch und Bart, mit der Linken ſein geviertes Wapenſchild vor ſich haltend. WIL-
HELM FVRSTE: NBERG D. G. M. LI. Rev. Das Marienbild mit dem
Kinde in Stralen. Die Worte umher lauten ſchon evangeliſcher als die plettenbergi-
ſchen:CHRISTVS SALVS NOSTRA. 59.
Ein Noththaler ohne Revers und Umſchrift. Jn der Mitten ſteht ein klein geviertes Schild1559.
mit abwechſelnden Ordenskreuz und Keſſelhaken. Oben druͤber lieſt man die 4 lateini-
ſchen Buchſtaben G. otthard M. eiſter Z. u. L. iefland.
Ein halber Thaler von ſelbigem Stempel befindet ſich in den breverſchen Abriſſen einiger1559.
lieflaͤndiſchen Muͤnzen.
Ein Ferding mit des Herrmeiſters baͤrtigem Geſichte und Feldkragen: Gothrt. Ketler. D.1559.
G. auf dem Revers das gewoͤhnliche gevierte Schild, mit der Jahrzahl 59. Mag.
Teut.onici Ord. inis.
Eine guͤldene Muͤnze von ein und ein viertel Dukaten. Des Herrmeiſters geharniſchtes Bruſt-1560.
bild in der Rechten das Schwerdt haltend, und die Linke auf einen Todtenkopf lehnend,
mit dem Ordenskreuz auf der Bruſt. Gothard. D. G. Magis. Liuoniæ. Rev. Ein ge-
vierter Schild mit abwechſelnden Ordenskreuz und Keſſelhaken. Das Schild wird von
2 Helmen bedeckt, zwiſchen denen ein Crucifix ſteht. Auf dem rechten Helm ſieht man
das Ordenskreuz, auf dem linken, der gekroͤnt iſt, den Keſſelhaken. Mariae fili ſer-
ua nos.
Ein Goldſtuͤck von zwey und einem halben Dukaten nach vorigem Gepraͤge im torckiſchen1560.
Kabinet, aus der Samlung des Herrn Magiſter Rhanaͤus.
Ein Ferding mit geviertem Schilde, wobey 60 ſtehet. Gothard 9 D. G. Magiſtri Livon.1560.
Rev. Das lange Ordenskreuz im Schilde. Moneta. noua. Magis. Livon.
II. Herrmeiſterliche Muͤnzen, ſo in Riga gepraͤget worden.
Dieſe haben alle das Wapen der Stadt auf einer Seite. Doch findet ſich in dem tor-
ckiſchen Kabinet ein Schilling von dem Herrmeiſter Borg, auf deſſen einer Seite
das Ordenskreuz mit der deutlichen Moͤnchsſchrift: MONETA RIGENS. auf der
andern Seite die 3 Voͤgel MAGISTRI LIVONIE zu ſehen ſind.
Ein andrer iſt nachher ins clodtiſche Kabinet gekommen.
Ein Ferding von feinem Silber. WOL. BLET. MAGIS. LIV. Ein Marienbild1526.
mit dem Kinde auf dem linken Arm, darunter das mit dem Ordenskreuz abwechſelnde
plettenbergiſche Wapen. Rev. Das ganze rigiſche Stadtwapen. MONE. NO-
VA. RIGEN. 1526. Einige Exemplare ſind mit dem doͤrptiſchen Stiftsſtempel,
Schluͤſſel und Schwerdt kreuzweiſe geleget, zur Verhoͤhung geſtempelt, deren eine hat
PLET. MA.
Jn Rhanaͤi Samlungen befand ſich eine dergleichen von 1523. Die Umſchrift war:
WOLT. PLAS. MAG. LIV. und MONE. NOV. RIGS.
Noch ungeſchickter hat der Stempelſchneider den plettenbergiſchen Namen ausgedruckt in
einer Muͤnze von der Groͤſſe e, der man wegen der ungewiſſen Jahrzahl keinen rechten
Ort anweiſen koͤnnen. Sie weiſet ein Marienbild, ſo das Kind in der Rechten, und in der
Linken das Scepter haͤlt. Unter dem Bruſtbild ſtehet das kreuzweis geſetzte Ordens- und
Geſchlechtswapen; am Rande die Schrift: BLAT. MAG. LIWO. Rev. Das klei-
ne rigiſche Wapen, zu deſſen linken Seite die Zahlen 12 und zur rechten 9 ſichtbar ſind.
Die Umſchrift hat auch 11 Buchſtaben MONE. NOVA. RIG. Jhr Alter iſt 1509
oder 1519, weil die 5 auf den alten lieflaͤndiſchen Muͤnzen oft wie eine 2 geſtaltet iſt.
Ein halber Dukaten. WOLTER. V. PLETBAR. M. LIVO. Ein geviertes1528.
Schild, in welchem das Ordenskreuz mit dem Stamwapen abwechſelt, daruͤber 28. Rev.
Das kleine rigiſche Wapen. MONE. NO. RIGENSIS. 1528.
Ein doppelter Dukaten. Plettenbergs geharniſches Bildnis, in der Rechten das Schwerdt,1528.
in der Linken das gevierte Schild unter ſich haltend, zu deſſen rechten Seite ein kleines
Kreuz, zur linken eine 3 blaͤttrichte Roſe liegt. WOLT. VA. PLETBAR MA.
LIVON. Rev. Das groͤſſere Stadtwapen. MONE. NOVA. RIGENS. 1528.
Eine Silbermuͤnze. Mone. nova Rig. 1529 und Wo. Blet. Mag. Li. ſonſt wie die oberſte.1529.
Einige haben das Kind auf dem rechten Arm, ſind mit dem revelſchen Wapen erhoͤhet,
und fuͤhren beim Marienbilde die ſeltſame Umſchriſt WO. BIST. MAG. LI.
Zwey
[317]ſo zur Zeit des Ordens und nachher in Liefland gepraͤget worden.
d
Zwey dergleichen. Mone. nova. Rigenſis und Wolt. Plettcnb. Ma. Livo.
1532.
Eine kleine aber ſehr ſeltene Muͤnze ohne Umſchrift, blos mit dem Ordenskreuz, an welchem1533.
des Herrmeiſters Wapen haͤnget. Rev. Das kleine Stadtwapen. Sie iſt auch von 1532.
Noch ein kleiner ſauberer Artiger von voriger Art ohne Jahrzahl. Zur Zierrath ſind die
Luͤcken der hervorſtehenden Figuren auf beiden Seiten mit kleinen Cirkelgen oder Nullen
ausgefuͤllet.
Ein halber Dukaten. Das gewoͤhnliche vierfeldige Schild. WOLTI. DE. PLET-1533.
TENB. MA. LIV. Rev. Das kleinere Stadtwapen MONE. NO. AVREA
RIGENSIS. Zur linken Hand ſteht bey den Schluͤſſeln das Ordenskreuz, zur rechten
Hand eine dreiblaͤttrichte Blume.
Einige Stempel haben an RIGENSIS das letzte S weggelaſſen.
Ein Schilling. WOL. PLETTENB. MA. LIV. Das herrmeiſterliche Wapen,1533.
hinter welchem das Ordenskreuz bis uͤber die Schrift des Randes gehet. Rev. MONE.
NOVA. RIGENSIS. 1533. und das kleinere Stadtwapen. Sie ſind auch von 1532.
Ein dergleichen. Wo. d. Plet. Mag. Livo.
Noch von dieſer Forme.
Ein rarer Dukaten. Das Marienbild mit dem Kinde auf dem rechten Arm und dem1535.
Scepter in der linken Hand. Unter demſelben die 3 Querbalken, als das bruͤggeneiſche
Wapen. Zur Seiten des Bildes die Buchſtaben T. R. als Namen des Muͤnzmeiſters.
Die Umſchrift heiſt: HERMAN. D. BRVG. M. LIVO. Rev. Das groͤſſere rigi-
ſche Stadtwapen. MONE. NOVA. RIGENS. 1535. Er iſt noch jetzo der einzige
in ſeiner Art. Solche Goldgulden blieben nicht lange im Lande *).
L l l l 2Herm.
[318]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
Herm. de Bregna. M. Livon. Rev. Mo. Nov. Argent. Civ. Rig.
1535.
Her.de Brug. Ha. Ma. Li. Rev. Moneta noua Rigenſis, ein Schilling.
Herm. de Bregna. Ma. Liv. Rev. Moneta noua Rigenſis. Eine dergleichen von 1537, 1538,1536.
b1539, 1540, 1543, 1545, 1546, ebenfals Schillinge.
HER. D. BRVG. H. K. M. LIVO. Des Herrmeiſters Herman von Bruͤggenei ge-1547.
fnant Haſenkamp |geharniſchtes Bildnis mit einem groſſen Bart und bloſſen Haupt, in der
Rechten das Schwerdt, in der Linken das Wapen vor ſich unten haltend. Rev. Das groͤſſere
Stadtwapen. Mone. No. Rigens. 47. Sie iſt rar.
Ein Schilling, worauf nach Art dieſer Muͤnzſorte das Ordenskreuz mit angehenktem Ge-1547.
bſchlechtsſchilde. HER. D. BRVG. H. K. M. LIVO. Rev. Das kleine Stadtwapen
MONE. NO. RIGENS. 47.
IOAN. D. RE. D. iuina. O. rdinatione M. agiſter LIVO. Das reckiſche Wapen, eine1549.
bRecke in der Mitte. Das Ordenskreuz gehet wie auf andern Schillingen mitten durch
bis in die Randſchrift. Rev. MONE. NO. RIGENSI. 49, und das kleine Stadt-
wapen item von 1550.
Anmerk. Eine Recke ſieht aus wie eine Wagenleiter. Das Wort iſt deutſch, und
bedeutet die oberſten Hoͤlzer an einem Bauerſchlitten. Die Eſten ſagen reggi die Let-
ten raggou, beide verſtehen aber den ganzen Schlitten des Bauers.
Alle Muͤnzſorten dieſes Herrn ſind hoͤchſt rar. Die halben Marke von ihm faſt in Groͤſſe ei-
nes Ortsthalers werden in unſern Kabinetten vermiſſet.
Ein Schilling. Die 3 Haken. Hinric. v. Gal. Ma. Liuo. Rev. Das kleine Stadtwapen.1551.
bMone. no. Rigens.
Hinri de Gal. D. G. Mag. Liv. Des Herrmeiſters geharniſchtes Bildnis, mit bloſſem Haupt1556.
fund groſſem Bart, Schwerdt und Wapen gewoͤhnlich haltend. Rev. Moneta noua
Rige. 56. Das ganze rigiſche Wapen.
Eine ganze Mark. Der Herrmeiſter im Harniſch, bloſſem Haupt und ſtarkem Bart, in1557.
Tder Rechten das Schwerdt, in der Linken den Schild vor ſich haltend, daneben 1557.
Auf dem Bruſtharniſch ſiehet man das Ordenskreuz. Die Umſchrift heiſt: Henricus de
Galen D. G. M. Livon. Rev. Das ganze Stadtwapen ohne Schildhalter, ſo bis in den
Rand gehet: Moneta noua Rigenſis.
Eine dergleichen. Henrich de Gale. D. G. M. LIVON. Das koͤnigsbergiſche Thaler-1557.
fkabinet fuͤhrt dieſe Muͤnze auch unter den Thalern an. Die caſſeburgiſche Samlung
von Thalern hat ſie S. 91, wo es aber Garen G. M. Livoni. heiſſet. Jn Liefland war-
Thtet man ſtark auf die Zuruͤckkunft dieſer in die Jrre gerathenen zweiloͤthigen Exulanten.
WILHELM. VORSTENB. D. ivina O. rdinatione M. agiſter LI.Fuͤrſtenbergs1557.
fBildnis im Harniſch mit entbloͤſtem Haupt und baͤrtig, das Schwerdt in der Rechten,
das Wapen in der Linken vor ſich unten haltend, auf den Seiten die Jahrzahl 57. Rev.
Das ganze rigiſche Wapen. Moneta noua Rigenſis. Man hat ſie noch von 1559.
Dieſe 3 Stuͤck ſind halbe Mark rigiſch, aber von ſchlechtem Silber. Das Thalerkabinet
Thfuͤhret die letzte unter den zweiloͤthigen Muͤnzen an, lieſt aber des Herrmeiſters Namen
unrecht VON STERNBERG. So iſt auch ein Thaler von dieſem Stempel in Caſ-
ſeburgs preußiſcher und pohlniſcher Thaler-Samlung S. 91 angefuͤhrt.
Die 2 Querbalken als das fuͤrſtenbergiſche Wapen im deutſchen Schilde, ſo an dem1558.
bgroſſen Ordenskreuz haͤnget, daneben 58. Wilhelm V. D. G. M. Liv. Rev. Das kleinere
Stadtwapen Moneta noua Rige.
Got-
[319]ſo zur Zeit des Ordens und nachher in Liefland gepraͤget worden.
b
Gothard Mag. Liv. Revers Moneta no. Rigenſis.
1560.
Eine dergleichen. Beide haben den Keſſelhaken in einem blauen Schilde. Der erſte hat in1561.
dem Keſſelhaken eine Kugel, die wol vom Stempel des Muͤnzmeiſters herkomt. Der
Revers hat das kleine rigiſche Wapen.
Ein Ferding mit quadrirtem Schilde, worin das Ordenskreuz und der Keſſelhaken abwechſeln.
Gothard. D. G. M. Livoni. Rev. Das kleinere Stadtwapen. Moneta, noua, Rige.
1561. Ein andrer Stempel lieſt: Moneta no. Rigenſis. 61.
Die herzoglich kettlerſchen Schillinge von 1570, 71, 72, 73, 74, 75, 76 und 77 haben
in dem Keſſelhaken die zuſammengezogenen Buchſtaben S. A. mit der Umſchrift: MO-
NE. NOVA. ARGENTEA. Auf der andern Seite den Loͤwen: DVCIS CVR.
ET SEMIGA.
Anm. Der Keſſelhaken hat gewoͤhnlich die Geſtalt einer Davidsharfe ohne Saiten,
deren Bauch eingekerbt iſt. Doch viele gehen unten mit einem Bogen zu, an dem die
Zacken ſich verlieren. Einige Heraldici laſſen aus Unwiſſenheit gar die Zacken weg, und
geben den Keſſelhaken ganz unrecht fuͤr einen Steigbuͤgel aus.
III. Herrmeiſterliche Muͤnzen in Revel gepraͤget.
Dieſe Muͤnzen, wenn | ſie entweder gar keine oder unleſerliche Schrift haben, erkennet
man an dem daͤniſchen Kreuz im deutſchen Schilde, als dem kleinern in vorigen
Zeiten aber ſehr uͤblichen Wapen der Stadt Revel. Die kleinere Muͤnzſorte hat das
groſſe Ordenskreuz, ſo uͤber die Schrift hinaus trit, und manchmal eingekerbet, oder auch
mit dem Zierrath des Lilienkreuzes verſehen iſt.
Man hat einige Schillinge mit alter Moͤnchsſchrift Moneta Revalie. ✠; die in der Mitte ein
kleines mit breiten Enden verſehenes Kreuz, ſo in jedem Winkel von 3 Kugeln begleitet
wird, aufweiſen. Auf dem Revers ſtehet Magiſtri Livonie und obbeſchriebenes kleine
revelſche Stadtwapen, deſſen Schild oben einen Ring zum aufhenken hat. Sie ſind
von gutem Silber und ſehr rar.
Eine andre Sorte, vermuthlich ſo genante Artiger, deren 4 einen Schilling gegolten. Weil
ein ſolcher Artiger oder Pfennig aber etwas mehr als ein Viertheil des vorigen Schillings
wieget, ſo hat man ihm auch ſchlechter Korn gegeben. Jhre Umſchrift iſt mehr zu erra-
then als zu erkennen. Auf den neuern findet man das Gepraͤge der revelſchen Schillin-
ge mit dem Buchſtaben WO. PL. M. LI. Revers: MONET. REVAL. Jhre
Seltenheit iſt gros, doch haben die alten fein Silber.
Hieher gehoͤren die ſo genanten Blaumiſer. Ein ſolcher Blaumiſer iſt ein kuͤpfrigtes rundes
Blech, mit erhabenem geſtreiften Rande. Jn der Mitte iſt das kleine Kreuz tief einge-
ſchlagen, wodurch auf der andern Seite 4 erhabene groſſe Punkte entſtehen. Sie ſind
ohne Jahrzahl und Umſchriſt, aber auch rar. Ob es aber eben das revelſche Kreuz
ſey, getrauen wir uns nicht zu beſtimmen.
Schillinge von etwas groͤſſerer Forme, aber auch geringerm Pagement. Sie fuͤhren das
groſſe Ordenskreuz bis an die Spitze des Randes durch die Schrift durch, MAGISTRI
LIVONIE ✠ und das kleine Stadtwapen, MONETAREVALIE. Dis ſind die
alten Kreuzſchillinge, ſo von dem gemeinen Man zu Curen und magiſchen Kunſtſtuͤcken
ſehr aberglaͤubiſch gemisbraucht worden. Die alten haben unten am Kreuz einen erhabe-
nen Punkt, oder einige eine kleine Null, ſo einfaͤltigen Leuten die Zahl Eins, d. i. einen
Schilling bezeichnen ſol, gleichwie die vormaligen rußiſchen fuͤnf Copeckenſtuͤcke
von Kupfer 5 Punkte, die ſilbernen Griwen oder 10 Copeckenſtuͤcke aber zehn Punkte auf-
weiſen. Auf etlichen iſt im Rande ein groſſer Stern zu ſehen, der nur ein Einfal des
Stempelſchneiders iſt.
Ein Schilling nach Art eines Bracteaten. Er iſt ohne Revers und Jahrzahl und hat das
revelſche Kreuz mit der Umſchrift: Magiſtr. Livonie.
Ein feines Silberſtuͤck mit dem revelſchen Kreuz oder kleinern Stadtwapen und der Um-1515.
ſchrift MONETA NOVA REVALIE, uͤber dem Wapen die Jahrzahl 1515.
Rev. Ein Marienbild mit dem Kinde auf dem linken Arm, das von dem rechten Arm
angefaſt wird. Darunter ein Schild in deſſen 4 Feldungen das Ordenskreuz und das pletten-
bergiſche Stamwapen abwechſeln. Dieſe Muͤnze iſt mit dem kleinen Stempel der Stadt
Revel verhoͤhet, wiewol nicht in allem Gepraͤge. Auf der andern Seite ſteht CON-
SERVA NOS DomiNA.
Ein Ferding mit dem Marienbilde nach Art des vorigen, CONSerVA. NOS. CHRIS.1527.
Rev. Das revelſche Kreuz. Moneta noua Revel. Ueber dem Schilde 1527, davon
die zwey letzten Ziffern ſo ſchief liegen, daß ſie die Buchſtaben NA vorſtellen, im
clodtiſchen Kabinet.
M m m mEine
[320]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
T
Eine rare Mark. Des Herrmeiſters Bild mit bloſſem Haupte und Bart im weiten Man-Annus
1528.
tel, vor ſich ein quadrirtes Schild haltend. Walter9 Pletten. Mgr. Livonie. Das
Bild iſt ſehr ungeſtalt. Rev. Moneta noua argenti. Revalie. Anno. Ueber dem deut-
ſchen Schilde mit dem Kreuz ſteht 1528.
Ein Ferding nach obiger Art, nur daß das Kind auf dem rechten Arm getragen wird, und Ma-1528.
ria in der Linken das Scepter fuͤhret. Sie iſt auch mit dem vorigen Stempel verhoͤhet.
Einige aͤndern die Umſchrift: Conſva nos Cris. und Moneta noua Reval.
Ein dergleichen. MONETA NOVA REVALIEN ✠. Rev. SALVA NO.s1530.
CRI.ſte. Eine andre hat Revali. o und Salua. n. Cris. auch Salua. no. Criſt. und Mo-
neta no. Revalie.
Eine andre, wo CHRIS. te geleſen wird. Rev. Moneta nov. Revaliens. Sie iſt mit1533.
dem doͤrptiſchen Stempel erhoͤhet. Jngleichen CRISTHE und Moneta noua ari-
hent. Reval. von ſauberm Stempel.
Noch eine von ſelbiger Art mit dem Stempel der Stadt Revel erhoͤhet, und mit der Um-1534.
ſchrift: Moneta noua Revalie. Ein ander Gepraͤge fuͤhret den Stempel des Stifts
Doͤrpt zur Erhoͤhung.
Um dieſe Jahre ſind die obbeſchriebenen Kreuzſchillinge nicht mehr rar, auſſer bey Lieb-
habern, die ſie nach den Jahren completiren wollen. Sie aͤndern ſich aber in den Wa-
pen des Herrmeiſters, an Groͤſſe und innerm Gehalt, und in den Buchſtaben. Die
bMoͤnchsſchrift bleibt weg, die lateiniſchen Buchſtaben erſcheinen wie gewoͤhnlich, und
das Korn wird immer kupfriger. Aus dieſem Seculo hat man welche von den Jahren
32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 49, 51 und wer weis wie viel ſonſt noch?
Die kettlerſchen ſind am ſchlechteſten von 1560 und 1561.
Der geharniſchte Ordensmeiſter unter ſich das bloſſe Schwerdt haltend, mit dem Wapen zwi-1536.
ſchen den Fuͤſſen. HERMAN. BRVGNA MAGIS. LIVO. Rev. Das revel-
ſche Stadtkreuz im Blumenſchilde, daruͤber die Jahrzahl 1536. Moneta noua argen-
tea Revalienſis. Ein ſchoͤner Thaler, welchen das Thalerkabinet aus den hamburgi-
ſchen Remarquen anfuͤhret, und der auch einmal wieder den Heimweg zu nehmen gebe-
ten wird.
und e
Ein ſauber Stuͤck, auf deſſen einen Seite des Herrmeiſter Galens Wapen, in welchem das1553.
Ordenskreuz mit den 3 Haken in quadrirtem Schilde abwechſelt; Hinr. de Galen; Mag.
Livonie; und auf der andern Seite das kleine Stadtwapen zu ſehen iſt, mit der Umſchrift:
Mo. No. Revalie. 1553. Einige Stempel gehen ab, und haben Ma. Liv.
Eine dergleichen; nur ſtehet Ma. Liv. drauf.
Noch eine: Hinri de Galen Ma. Liv. Rev. Mo. No. Revalie. 1555 auch Hinr. de Ga-1555.
len Ma. Liv.
Von eben der Art eine andre. Man ſehe von dieſem Jahre nach bey den wendiſchen Muͤn-1556.
zen der erſten Claſſe.
Eine ſilbene Muͤnze vom vorigen Gepraͤge. HINR: DE: GALEN: MA: LIV:1557.
Rev. MO: NO: REVALIE.
Eine dergleichen.
WILH: FVRST: MAG. LIV. Das Ordenskreuz mit dem Geſchlechtswapen wech-1558.
ſeln ab in einem gevierten Schilde. Rev. MO. NO. REVALIE, und das kleine
Stadtwapen. Jſt rar.
Eine dergleichen.
GOTHART. M. LIVONI. Das Ordenskreuz und das kettlerſche Geſchlechtswa-1560.
pen, der Keſſelhaken, wechſeln ab in einem gevierten Schilde. Rev. Das kleine Stadt-
wapen, MONE. NO. REVAL. 60. ingl. eine andere ohne Jahrzahl; manche ſchrei-
ben die Jahrzahl 06.
Den Beſchlus dieſer Muͤnzen machen die kettlerſchen Schillinge. Sie haben den Keſſel-1560.
haken im deutſchen Schilde mit der Umſchrift Gothard Ma. Li. Rev. Das Ordens-
kreuz bis in den Rand der Schrift: Mo. no. Re. Dergleichen ſind auch von 1561.
IV. Erzbiſchoͤfliche Muͤnzen, mit herrmeiſterlichen Wapen
und Titel.
Eine ſilberne Muͤnze, auf deren einer Seite das Ankerkreuz als das erzbiſchoͤfliche Amts-
wapen. Arci. Epi. Rigenſis. Auf der andern des Herrmeiſters Plettenbergs Ge-
ſchlechtswapen, und hinter ſolchem das Ordenskreuz mit eingeſchnittenen Staͤben in Ge-
ſtalt eines Gabelkreuzes. Magiſtri Livonie.
Eine dergleichen, nur daß ſtat des Amtswapens der Erzbiſchof Jaſper Linde ſein redend
Geſchlechtswapen, einen Lindenbaum, drauf praͤgen laſſen.
Eine
[321]ſo in Liefland zur Zeit des Ordens und nachher gepraͤget worden.
a
Eine ſilberne doch etwas kupfrige Muͤnze, nach Art der Bracteaten oder Blechmuͤnzen, nurAnnus
auf einer Seite gepraͤgt. Sie ſtellet die zwey Wapen des Erzbiſchofs Linde und des
Herrmeiſters Plettenberg neben einander vor, daruͤber ſteht das kleine Kreuz ohne
Schrift und Jahrzahl. Jſt rar und vermuthlich ein alter Pfennig.
Man hat auch kleine Artiger mit dem erzbiſchoͤflichen und herrmeiſterlichen Wapen. Nur iſt
die Form laͤnglich rund nach Art der rußiſchen Copeken.
Eine kleine runde Silbermuͤnze mit dem Lindenbaum als dem erzbiſchoͤflichen Wapen: ARCHI-
EPIS. RIGE; auf dem Revers Plettenbergs Wapen, und dahinter das Ordenskreuz.
W. P. M. Li.
Einige dergleichen mit der Jahrzahl 1530. Dieſe haben die Groͤſſe eines deutſchen Pfen-
nigs kaum.
Des Erzbiſchofs Jaſper Linde und des Herrmeiſters Plettenbergs Bruſtbild neben ein-1515.
ander. Jeder hat ſein Wapen unter ſich. MO. NO. ARCHEPI. ET MAGI-
STRI LI. Revers. Das Marienbild: DOMINA. MARI. CONSERVA.
NOS. Jhr Werth iſt eine Mark, und war vom Original in Silber abgegoſſen, am
Gewichte ⅝ Loth.
Ein Stuͤck von feinem Silber hat auf der einen Seite das groſſe Ordenskreuz, an dem die1515.
Geſchlechtswapen des Erzbiſchofs Linde und des Herrmeiſters Plettenbergs neben ein-
ander hangen, daruͤber 1515 mit Moͤnchsſchrift herum: MO. ARHC. RI. ET MA-
GI. LIV. auf der andern Seite die heilige Maria in Strahlen mit dem Kinde. MA-
tER. TVuM SALVA PO. pulum. Andre haben fuͤr mater MARI. TV. und
TVM, und auf der erſten Seite: MO. ARCH’PI. ET MAGI. LIV.
Eine von gleicher Jnvention mit der Umſchrift: MO. AR. EPI. ET MAGIS. LI-1516.
VON. Rev. MARIa TVM. SALVA. PO.
Eine dergleichen mit der Umſchrift: MO. ARC. EPIS. ET MAGRI LIV. Rev. O1516.
MARIA SAL. PO. TV.
Eine dergleichen. MO. ARCH. RIGEN. ET. MAGIS. LIV. Rev. CON-1516.
SERVA NOS DOMNA; andre DOMI. Ueberhaupt aͤndern ſich die Umſchrif-
ten von dieſem Jahr ſtark.
Eine andre: MO. ARCHEPIS. ET MAGIS LIVON. Rev. MARIA. TV.1516.
M. ea DOM. ina.
Noch eine mit der umgebognen 6 auf dieſe Art 2. ARCIEPIS. ET MAGIS LIV.1516.
Rev. MARIA S. ancta. TV Mea. DO. mina.
Ein rarer halber Thaler. Der Erzbiſchof Linde in der Jnſel, mit der rechten Hand ſeg-1516.
nend. Zur linken Plettenberg im bloſſen Haupte mit dem Ordenskreuz an der linken
Bruſt auf dem Mantel. Jeder hat ſein Geſchlechtswapen MO. NO. ARCHIEPI
ET MAGISTRILI. Rev. Maria mit dem Kinde und Scepter in Strahlen, auf
dem halben Mond ſtehend, CONSERVANOS DOMINA MARIA. Wir fuͤh-
ren ihn nur aus dem Thalerkabinet an.
Ein Exemplar von ſelbiger Groͤſſe eines halben Speciesthalers findet ſich hier unter einer et-1516.
was geaͤnderten Umſchrift: MONETA NOV. ARCHIEP. ET MAGISTRI
LIVONIE. Rev. DOM. MINASAN. cta CONSERVANOS. Dem Gewichte
nach iſt er eine Mark, deren 3 einen Thaler betragen.
Ein anders von gleichem Gepraͤge; davon uns nur der Abgus bekant geworden und das1516.
⅞ Loth wieget. MO. NO. ARCHIE. ET. MAGISTRI. LIVONIE. RI. Rev.
DOM. MINA. SAN. CON. SERVA. NOS. 1516.
Ein Ferding nach Art der obigen Ferdinge. IASPER. ERZEPS. ET MGR. LI-1518.
VONIE. Rev. SALVA NOSDOMINA. Einige Stempel haben CONSERVA.
Dergleichen: IASPER ARCHIEPS. ET MGR. LIV. Rev. Das Marienbild ſi-1520.
tzend und das Kind im linken Arm mit der rechten feſt haltend. SALVA NOS DO-
MINA. Auf einigen Stempeln iſt das Kind auf dem rechten Arm. Man hat dis
Gepraͤge auch von halber Groͤſſe, oder von dem Modul c, und feinem Silber. MO.
AR. ET. MA. LI. Rev. O. Mari. tu. ſal. p. ohne Jahrzahl.
Ein Ferding; das Marienbild. Salua nos Domina. Rev. Ein Kreuz unter welchem zur1521.
Rechten die Linde im Schilde, zur Linken das plettenbergiſche Wapen haͤnget. Iasper
Erchi. Eps et Mgr. Livoni.
Ein alter Schilling vom Erzb. Wilhelm. Der brandenb. Adler. Wilh. D. G. Arch.1551.
Rig. 51. und Joh. von der Recke Wapen, eine Recke. Ioan. d. Re. D. O. M. Livo.
Ein andrer; der Adler. Wilh. D. G. Arche. Ri. 51. Rev. Das lange Ordenskreuz, an1551.
welchem ein deutſches Schild mit den 3 Haken, 2 und 1, als dem galenſchen Wapen herget.
Hinnric. v. Gal. M. Liuo.
M m m m 2Eine
[322]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
f
Eine halbe Mark. Ein Schild mit 4 Feldern, in deſſen erſtem der brandenburgiſcheAnnus
1553.
Adler, im 2ten der pommerſche Greif, im 3ten der nuͤrnbergiſche Loͤwe, im 4ten das
hohenzollerſche von Silber und ſchwarz quadrirte Wapen zu ſehen. Das Mittelſchild
iſt auch vierfeldig; in dem erſten und 4ten Felde liegen der Patriarchenſtab und Biſchofs-
ſtab kreuzweiſe, im 2ten iſt das Ordenskreuz als das erzbiſchoͤfliche Amtswapen, im 3ten
die Lilie als das Kapitelswapen. WILHELM. D. G. ARC. E. RIGENS. MAR.
chio BR. and. Rev. Galens vierfeldiges gewoͤhnliches Schild. HINRICVS DE
GALE. D. O. M. LIVONIE. Man hat auch ſolche von 1554 und 1556, wo in
dem erſten Felde des Mittelſchildes das Kreuz, im 2ten und 3ten die Staͤbe, und im 4ten
ddie Lilie liegen, und ſind gleichfals halbe Marke. Man hat von dieſem Gepraͤge auch
Ferdinge von 1553, 1554 und 1555.
Der brandenburgiſche Adler. Wilhelm. D. G. Arci. E. Rigen. Rev. Das herrmeiſter-1553.
liche Wapen, dahinter das Ordenskreuz. Hinric. v. Galn. D. O. M. Livoni.
Eine dergleichen Muͤnze. Hinr. v. Gal. D. O. M. Livon.
Ein andre wo der Erzbiſchof Gvilhel. ſich ſchreibet.
Noch eine, da dem erzbiſchoͤflichen Titel die Buchſtaben M. B. zugefuͤget werden.
Noch eine, da der Erzbiſchof Gvil. heiſſet.
Ein Schilling mit vielen Zuſatz. Ein Schild mit dem Adler. Gvilhelm. D. G. Epis. Rig.
Rev. Ein Schild mit dem Keſſelhaken. Gothar. D. G. M. Livo. Sie iſt ohne Jahr-
zahl.
V. Erzbiſchoͤfliche | Muͤnzen in Riga geſchlagen.
Dieſe Muͤnzen unterſcheiden ſich durch den ins Andreaskreuz gelegten Patriarchenſtab und
biſchoͤflichen Krumſtab; oder haben die Lilie als das Wapen des Stifts zum Zeichen.
Ioharines Arcps. Hat in der Mitten ein quergetheiltes Schild, wo uͤber 6 Rauten ein Ein-
horn auf aufgehobnen Forderfuͤſſen hervor ſteiget. Rev. Moneta Rigenſis. Der Pa-
triarchen- und Biſchofsſtab kreuzweis gelegt. Jſt ſehr rar. Da ſie das blankenfel-
diſche und wallenrodiſche Wapen nicht hat, mus ſie etwa vom Iohannes Habundi ſeyn.
HENIC 9: ARCHEPS. Des Erzbiſchofs Henning Scharfenbergs Bildnis in der
Jnfel, ohne Bart, gerade ſehend. Rev. Moneta Rigenſis. Die beiden Staͤbe ſind,
wie gewoͤhnlich ins Andreaskreuz gelegt, an welchen unten die Stiftslilie haͤnget. Die-
ſe beiden ſind von feinem Silber und die letzte ſchwerer als die erſtere.
Der lange Kreuzſtab und Krumſtab kreuzweiſe. Moneta Michaelis. Rev. Das Anker-
kreuz als das erzbiſchoͤfliche Ehrenwapen: Moneta Michaelis. Andre fuͤhren bey den
Staͤben die Umſchrift Archiepiſcopi Rige.
MONET. CIVITATIs RI. Eine Lilie. Rev. - - - Eccleſie. - - Die 2 Staͤ-
be ins Kreuz.
Moneta Eccleſie. Die beiden Staͤbe. Rev. et civitatis Rigens. Die 2 Schluͤſſel mit
dem kleinen Kreuz als dem kleinen rigiſchen Stadtwapen. Jſt leicht.
Moneta arc. Ein Wapenſchild mit dem Ankerkreuz. Rev. Arch. Rigens. Die 2 Staͤbe.
Jſt ſchwerer und beſſer am Silber als die 2 nechſt vorhergehenden.
Moneta. Die 2 Staͤbe. Rev. Rig- - - - wieder die 2 Staͤbe.
Moneta. Die 2 Staͤbe. Rev. Rigenſis, ein ſechseckigter Stern. Dieſe beiden ſind ver-
muthlich alte Artiger.
Schillinge mit der Jahrzahl. MO: NO. ARC. EPI. RIGE. Das Wapen iſt eine1533.
Sparre begleitet von 3 Baͤumen. Rev. MO. ECLSIE. RIGEN. Die 2 Staͤbe.
Dergleichen hat man von den Jahren 34, 35, 36, 37, 39, 40. Sie laſſen ſich leicht
mit dem doͤrptiſchen Schwerdt und Schluͤſſel verwechſeln, zumal wenn die Obertheile
der Praͤlatenſtaͤbe ſich nicht deutlich genug zeigen. Dieſe Schillinge von Thomas
Schoͤningen findet man haͤufig unter dem ausgeſchoſſenen alten Gelde, ſo nicht mehr
gaͤnge iſt. Einige haben ICLESIE RIGENSI. Die von 1540 haben auch die 4 nach
der Nulle.
Eine feine Silbermuͤnze. An einem erzbiſchoͤflichen Stabe haͤnget ein quadrirtes Schild,1537.
deſſen erſtes Feld die Sparre mit 3 Baͤumen, das 2te Kreuz und Krumſtab kreuzweiſe, das
3te die Lilie, das 4te das kleinere Stadtwapen zeiget. MO. NO. DO. THO. SA. RI.
ECLE. ARG. EPIS. Rev. Das Marienbild mit dem Kinde auf dem linken Arm,
in Strahlen. ORA PRO FAM ulis SAN. cta MA.ria TVIS. Wieget ⅝ Loth.
GVILH, D. G. ARCHIEP. RIG. Die Lilie und daruͤber 2 Staͤbe. Rev. M. ater1540.
D.ei TVA EST POTESTA. s TV. um RE.gnum. Der Adler, als das bran-
denburgiſche Wapen.
Ein-
[323]ſo zur Zeit des Ordens und nachher in Liefland gepraͤget worden.
Eine dergleichen 1541, 1544, 1545, 1546, welche noch oft vorkommen, wie denn auchAnnus
manche keine Jahrzahl haben, andre aber TVA EST. OTENSIA fuͤr POTEN-
TIA leſen; man findet auch Otinſia; und ſind von 1550 und 1555.
Gvilhelm. D. G. Arch. Rig. Sein vierfeldiges Wapen mit abwechſelndem Adler und Greif-1561.
Loͤwan im gevierten hohenzolleriſchen Schilde. Jn dem Mittelſchilde, ſo auch quadrirt
iſt, wechſelt die Lilie und Kreuz mit dem kreuzweis gelegten Schwerdt und Praͤlatenſtab
ab. Rev. Mo. nov. Rig. Das kleine Stadtwapen.
Ein dergleichen rares Stuͤck von ſelbiger Groͤſſe und gutem Silber hat zur Umſchrift Gvil-
helm D. G. Arcepis. Rig. Rev. Das kleinere Stadtwapen. Moneta. No. Rigen-
ſis. 61.
Ein Schilling. GVIL HEL|M. M. B. A. EP. RIG. Der brandenburgiſche Ad.1562.
ler mit dem Bruſtſchilde. Rev. MON. ETA NOVA RIGEN. Das kleine Stadt-
wapen.
Ein Schilling von merkwuͤrdigem Gepraͤge. MONET. GVILHE. RI. GE. Das1562.
kleine Kreuz aus dem Stadtwapen mit der Oberhelfte der 2 Schluͤſſel; darunter der Ad-
ler, mit Kopf, Bruſtſchild und linkem Fluͤgel lieget. Hierbey die Zahl 62. Rev.
GVIL HELM. D. G. A. RIGE. Noch einmal das kleine Kreuz, die Oberhelfte des
einen und die Unterhelfte des andern Schluͤſſels, wobey die Ziffer 6, weil die 2 von dem
Fluͤgel bedecket wird. Alsdenn ein Stuͤck von dem Bruſtſchilde, der linke Fluͤgel ſamt
dem Fus und ganzen Schwanz des Adlers. Ein rares Stuͤck, wodurch der Erzbiſchof
ſeine genaue Verbindung mit der Stadt Riga an Tag legen wolte und liegt im clodti-
ſchen Kabinet.
Noch ein Schilling. GVILM. D. AR. -. -. -. -. -. mit der Zahl 15. Der bran-1562.
denburgiſche Adler mit dem Bruſtſchilde. Rev. Domine TV. EST. POTEN-
SIA. TV. RE. Ein in die Quere getheilter Wapenſchild, oben die 2 Staͤbe kreuz-
weis, unten die Lilie.
Ein rarer Ferding. Des Erzbiſchofs vierfeldiges Wapen, und in ſolchem das quadrirte1563.
Mittelſchild. Gvilhelm D. G. E. Rige. Ma. Bra. Rev. Das kleine Stadtwapen. 63.
Ein andrer Schilling von vorigem Gepraͤge. GVILH. D. G. ARCHIEP. RI-1563.
GENS. Rev. MONETA NOVARIGENSIS. Dergleichen ſind auch da von
1561, 1562.
Ein Doppelſchilling mit dem Adler, auf deſſen Bruſt ein geviertes Schild als das hohen-1563.
zolleriſche Wapen. GVILHEL M. D. G. AR EP. RIGE. Rev. Das rigiſche
groͤſſere Stadtwapen. MONETA. NOV. RIGENSIS. Dieſe Doppelſchillinge
hieſſen in alten Zeiten Nagate.
Ein ſehr erfahrner Kenner verſichert von dieſem Wilhelm mit der Jnfel und langem Bart
einen Thaler in Holzſchnit geſehen zu haben, von dem er aber ungewis iſt, ob er zur
IVten oder Vten Claſſe gehoͤre. Er befand ſich in einem duͤnnen Folianten, worin die
2 loͤthigen Silbermuͤnzen, und im andern Theil die einfachen und doppelten Dukaten ab-
gedruckt ſtunden. Dieſer lag zu Stockholm im gyllengriepiſchen Kabinette, und
ſcheinet den Verfaſſern der neuern Thalerkabinette unbekant geweſen zu ſeyn.
VI. Biſchoͤfliche Muͤnzen in Doͤrpt gepraͤget.
Die Muͤnzen dieſer Art fallen in alten Zeiten ſehr unleſerlich. Die Namen der Biſchoͤfe
ſind gleichfals ſchwer heraus zu bringen, und dabey ſo homonymiſch und vieldeutig,
daß ſich keine Jahrzahl dazu finden laͤſt, zumal da ſo gar die Geſchlechtswapen abgegrif-
fen und verblichen ſind, auch die noch kentbaren vermiſſet werden. Alle aber laſſen ſich
an den ins Andreaskreuz gelegten Schluͤſſel und Schwerdt, oder manchmal an Schwerdt
und Schluͤſſel erkennen; weil das Stift die Apoſtel Petrum und Paulum zu Patronen
habe, ſo von dem Dom zu Osnabruͤgge beibehalten worden, obgleich die doͤrptiſche
Domkirche dem heiligen Dionyſius gewidmet war. Kelch S. 68 und 456. Sieb-
macher S. 11 ſtellet das naumburgiſche biſchoͤfliche Wapen wie das doͤrptiſche vor.
Iohannes Epus. Drey laͤnglichte und zugeſpitzte Blaͤtter. Rev. Das doͤrptiſche Stifts-
wapen, Schwerdt und Schluͤſſel Moneta Ta. Ein kleines rares Stuͤck von feinem Sil-
ber. Das Wapen gleicht dem Mellinckrodiſchen bey Siebmachern S. 189 oder den
ronnbergiſchen S. 132.
TIDERICVS EPI. Des Biſchofs Bildnis gerade ſehend mit der Biſchofsmuͤtze. Rev.
MONETA TARPAT. Zwiſchen dem Schluͤſſel und Schwerdt ſind 2 Biſchofs-
ſtaͤbe auch kreuzweiſe, als das biſchoͤfliche Ehrenwapen. Jſt rar.
IOANNES EPVS. Des Biſchofs Bildnis im Hute und gerade ſehend. Rev.
MONETA TARPA. Oben iſt zwiſchen Schluͤſſel und Schwerdt ein ganzes
N n n nHirſch-
[324]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
Mod.Hirſchgeweihe. Das Modul iſt kleiner als der vorigen, aber um den vierten TheilAnnus
ſchwerer.
IOANNES EPVS. Ein ganzes Hirſchgeweihe, in deſſen Mitte eine Kugel ſchwebet.
MVNETA TARP. Das gewoͤhnliche Stiftswapen, Schwerdt und Schluͤſſel. Fein
Silber und wieget ein Drittel der vorigen.
TIDERICVS EPVS. Das biſchoͤfliche Bild in der Muͤtze, hat an der Naſe beim lin-
ken Auge ein Gewaͤchſe, das ſich auch auf den abgeſchliſſenen Stuͤcken erkennen laͤſt. Rev.
Moneta TARBAT. Ueber dem Stiftswapen ſiehet man eine Figur wie einer halben
Lilie oder eines Zweiges, und unter dem Wapen einen Stern mit 6 Strahlen.
HINRICVS EPVS. Das Bruſtbild in der Jnfel. MONE. TARBET. Das
Stiftswapen, daruͤber 2 Fluͤgel oder ein Geweihe ganz klein zu ſehen.
IOHANNES EPS. THA. Das Biſchofs Bildnis. Rev. Ueber dem Stiftswapen
eine Lilie. Moneta Thar - - - Einige Stempel haben Iohannes Epc. T. und Mone-
ta Tharbe.
TIDERICVS EPVS. Des Biſchofs Bildnis gerade ſehend. Rev. Das Stiftswapen
MONETA. TERBE. Zwiſchen dem Stiftswapen eine Figur wie ein Palmenzweig,
unten ein kleiner Ring. Eine andere von dieſem Gepraͤge lieſt THARBET.
S. PETRE OR. P. N. Ein laͤnglicht erzbiſchoͤfliches Geſichte. Rev. Schluͤſſel und
Schwerdt: Mo. no. Tarpaten.
Eine ganz kleine Muͤnze von feinem Silber mit dem biſchoͤflichen Geſichte. Rev. Schluͤſſel
und Schwerdt. Die Umſchrift iſt unleſerlich.
Eine dergleichen mit Zuſatz von Kupfer. MONETA. Schluͤſſel und Schwerdt. Rev.
THARBAT. und wie der Schluͤſſel und Schwerdt. Dieſe kleine Stuͤck iſt hoͤchſtrar.
Beide aber ſind ſo klein als ein ſaͤchſiſcher Pfennig. Dieſe letztere hat man auch von
dem feinſten Silber.
Eine gleichſchwere doch etwas groͤſſere und von beſſerm Korn. BARTHOLO. EPS.
Eine Menſchenhand. Rev. Moneta Tar. Das Stiftswapen. Andre dieſer Art leſen
Bortolo. Eps.
Ein Ferding. Der ſitzende Petrus hat zun Fuͤſſen ein kleines doch leeres Wapen. S. PE-1515.
TRV. OR. P. NO. Rev. Schluͤſſel und Schwerdt, uͤber dem Schilde 1515. MO.
NO. ARGENTA. TARPAT.
Ein Ferding. S. PETERE OR.a P.ro NO.bis. Der auf einem Lehnſtuhl ſitzende Pe-1515.
trus haͤlt einen groſſen Schluͤſſel aufwerts, und vor den Knien ein quer getheiltes Wa-
pen. Jn der Oberhelfte ein Thier mit aufgeſpertem Rachen, und der Streitaxt in den
Klauen. Jn der untern Helfte 3 Figuren, die man fuͤr Reiſer oder Zweige anſehen
koͤnte. Rev. MO. NO. ARGENTA. TARPT. Das Stifswapen.
Eine dergleichen, die der Herrmeiſter Galen mit ſeinem Stempel erhoͤhen laſſen. Jn der1516.
Umſchrift ſteht ARGENTEA.
Moneta. no. Tar. Schluͤſſel und Schwerdt. Rev. Des Biſchofs Blankenfelds Wa-
pen mit 6 Feldern. Ein Artiger: man hat mehr dergleichen, doch von unterſchiedenem
Stempel.
IOAN. E. T. MONE. NO. ARG. Das Stiftswapen, daruͤber 1221. Rev. Petrus1521.
im Bruſtbilde, in der Rechten den Schluͤſſel empor, in der Linken das Evangeliumbuch
haltend, unter ihm das ſechsfeldige blankenfeldiſche Familienwapen. SAN.cte P.etre
OR.a PRO. N.
Eine dergleichen, mit der Jahrzahl 1222. Jn dieſen beiden Muͤnzen iſt die erſte 2 eine um-1522
gekehrte 5, welche auf andern Stempeln dieſes Jahrhunderts vorkomt.
Von den blankenfeldiſchen Muͤnzen ſol der Herr Obriſte Gyllengriep eine ganze Mark
mit der 2 ſtat der 5 beſeſſen haben. Sie beſtand aus feinem Silber, hatte die Groͤſſe ei-
nes Viertheilthalers oder Reichsorts, aber das Gewichte einer Mark, deren 3 auf einen
Thaler giengen.
Petrus Santus.Petri Bruſtbild darunter das biſchoͤfliche Wapen. Rev. Das Stiftswa-1525.
pen. Moneta noua ar. Tar. Um dieſe Zeit hat man das Ora pro nobis weggelaſſen.
Auf einigen iſt unter Petri Bilde das Schild leer.
Dom. Iohan. E. Tarb. Das biſchoͤfliche Geſichte. Rev. Moneta no. Tarb. Das Stifts-1528.
wapen.
Ein ſauberer Artiger. 3 Haken zwey und eins Io. Ep. Ta. das Stiftswapen. Mo. no.
Ta. iſt ohne Jahrzahl.
SANTVS PETRVS. Des Apoſtels Bruſtſchild, mit unterliegendem gellinghauſi-1532.
ſchen Wapen in 4 Feldern, Schluͤſſel und Schwerdt im ordinairen Kreuz im erſten und
vierten Felde. Rev. Das Stiftswapen Schwerdt und Schluͤſſel. Moneta noua ar.
Tarpt. Das gellingshauſiſche Wapen ſind 3 Haken, 2 und 1 geſtelt, die aber ver-
kehrt
[325]ſo in Liefland zur Zeit des Ordens und nachher gepraͤget worden.
Mod.kehrt liegen, da man ſie in des Herrmeiſter Galens Wapen ordentlich liegen ſiehet.Annus
Siebmacher S. 187 hat die Figur in dem Wapen der Herrn von Prabeck. Doch hat
auf einigen Schillingen der Stempelſchneider dieſe Haken, wie die galenſchen gemacht.
SANTVS PETRVS.Petri Bruſtbild, wie gewoͤhnlich mit dem Schluͤſſel und Evan-
geliumbuch. Jn dem darunter geſetzten Schilde liegt im erſten und vierten Felde Schwerdt1533.
und Schild nicht kreuzweiſe, ſondern ſchlecht neben einander, wie es auch auf einigen blan-
kenfeldiſchen Muͤnzen ſchon vorgekommen, daß die Spitze des Schwerdts oben ſtehet. Das
2te und 3te Feld zeiget das Geſchlechtswapen. Rev. Schluͤſſel und Schwerdt. Moneta
noua. ar. Ta. Dieſer Stempel leidet ſtarke Abaͤnderungen; andre leſen Tar.
Eine dergleichen, nur daß in dem 1ſten Felde das biſchoͤfliche Wapen, Schluͤſſel und Schwerdt1534.
wieder kreuzweis geſetzt, und im 4ten Felde Schwerdt und Schluͤſſel ſo gelegt ſind, wie
etwan auf einigen paͤpſtlichen bleiernen Bullen S. PA. S. PE. ſtehet, ob ſonſt gleich Pe-
tro der Vortrit zuerkant wird. Die Schillinge mit dieſem Wapen gehn bis 1542; auf
ſelbigen nennet ſich der Biſchof Electus.
Eine Muͤnze mit vielem Zuſatz mit dem Stiftswapen. MON. NO. TARPT. Rev.
DOMI. IOHA. EL. ectus TA. Das gellingshauſiſche Wapen. Hat keine
Jahrzahl. Einige Stempel haben: DOMIN. IOHAN. EL. TARP.
Ein Schilling Dns. Iudocus El. Ta. Die Recke ſehr ſchmal. Rev. Das Stiftswapen1543.
Mone noua Ciuetat.
Ein Schilling mit dem reckiſchen Wapen. DNS. IVDOCVS EL.ectus TA. Das1544.
doͤrptiſche Wapen MONE. NOVA. CIVI. TA.
Ein Schilling. Die Recke. Iodocus a Reck. Ep. Tf. Rev. Schluͤſſel und Schwerdt. Mo.1545.
noua Tarbate.
Ein gegoſſenes Stuͤck von 4 Loth und grobem Stempel. Das biſchoͤfliche Bild in Chorrock1545.
und Bart nach der Linken ſehend, und mit der Linken den Degen haltend. Iodocus a Reck
epiſcopus ac Dns Terbaten. Rev. Ein gevierter Schild mit abwechſelnden Stifts. und
Geſchlechtswapen, hinter dem zur Rechten der Biſchofsſtab, zur Linken das Schwerdt
durchgeſteckt iſt. Das ganze Wapen wird von einer Biſchofsmuͤtze bedeckt. Es hat zur
Seite 1545 und zur Umſchrift: Civitas benedictione rector. fortunatur.
Iodocus a Re. Ep. D. 46. Die Recke als das Geſchlechtswapen. Rev. MO. NOVA1546.
TARPEENS. Das Stiftswapen. Jſt von ſchlechtem Silber.
Von dieſem Jahre fuͤhrt der ſelige M. Rhanaͤus in einem Briefe eine Muͤnze d an, mit1546.
der Umſchrift MON. NO. TARBATEN. und S. PETRE ORA P. NO.
wovon die Jahrzahl irrig ſcheinet.
Noch ein Schilling von voriger Art, mit der Recke. Iodocus a Reck Epiſe. Tarb. Rev.1547.
Mon. nov. Tarb. it. Iodocus Re. Ep. D. 47. die Recke. Rev. Das Stiftswapen. Mo.
noua Tarpata.
Ein Schilling: die Recke. Iodocus aRe. Ep. D. 49. Schwerdt und Schluͤſſel Mo. no-1549.
ua. Tarpata.
Eine feine Silbermuͤnze, etwas leicht. HERMA. DEI G. EPI. TA. Ein in die1554.
Laͤnge getheilter Schild, in deſſen rechtem Felde Schluͤſſel und Schwerdt, im linken eine
halbe Lilie und daneben zwey Roſen liegen. Rev. MONETA NOVA. TA. Das
Stiftswapen.
Eine dergleichen. Rev. Mone. noua. ar. 55. Andere: Moneta noua Tarpt. und uͤber dem1555.
Schilde 55.
Eine dergleichen, mit der Umſchrift HERMA. DEI. G. EP. T. Rev. MONETA1556.
NOVA. TA. mit den vorigen Wapen. Eine andre hat NVA; EPIS. und eine klei-
ne 6, iſt aber von feinem Silber.
Eine Silbermuͤnze. HER. DEI. G. EP. T. Das biſchoͤfliche Familienwapen allein,1557.
nehmlich die halbe Lilie mit 2 Roſen uͤbereinander zur Linken begleitet. Rev. Das Stifts-
wapen: MO. NO. TARP.
Die uͤbrigen Ferdinge und Schillinge dieſes Hermans ſind ohne Jahrzahl, unter ihnen aber
haͤlt man den Abdruck fuͤr den ſchoͤnſten, der die Lilie und Roſen nach heraldiſcher Art gros
praͤſentiret, und im clodtiſchen Kabinet verwahret liegt.
VII. Oeſelſch-biſchoͤfliche Muͤnzen in Hapſal und Arensburg
gepraͤget.
Dieſe Gattung wil ſich auch in den beruͤhmteſten Samlungen nicht uͤber die Regierung des
letzten Biſchofs Magni finden. Sie unterſcheidet ſich durch einen Adler, welcher
mit ſeinem langen Halſe wie ein Kranich zuruͤck ſiehet, und mit etwas aufgehobenen Fluͤ-
geln auf einem Zettel ſtehet, welches das Oeſelſche Wapen iſt. Andre haben 2 Balken,
als das oldenborgſche Stamwapen. Sie ſind mehrentheils von ſchlechtem Silber.
N n n n 2Ein
[326]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
d
Ein Ferding ohne Jahrzahl. Magni geharniſchtes Bruſtbild mit der Feldbinde und befe-Annus
dertem Hute. MAG. D. G. EPS. OSI. CV. ET RE. Rev. Der Adler: MO-
NETA. NOVA. HABSA.
Noch einer ohne Jahrzahl, wo um den Adler geleſen wird: MO. NOVA. ARENS.
BVR GENSYS.
MAGNVS D. G. E. O. ſiliæ W. ykiæ RE. valiæ. Des Herzogs Bruſtbild geharniſcht mit1562.
der Bruſtbinde und Federhute. Rev. MONE. NOVA HAPSAL. 62. Der obbe-
ſchriebene Adler. Ein anderer Stempel hat zwiſchen O und W, noch ein C, das iſt
Curlandiæ.
MAG. D. G. EPS. CV. rlandiæ ET. RE. valiæ. Das Bild wie auf der vorigen. Rev.1562.
Die oldenburgiſchen Balken. MO. NO. HAPSALIE.
MO. NO. HAPSAL. Der ſich umſehende Adler. Rev. MO. NO. HAPSALIE.
Die oldenburgiſchen Balken, ohne Jahrzahl.
Eine von ſchlechterm Korn. MAG. D. G. E. O. C. R. Die Balken. Rev. MO.
NO. HAPSALIE. Der Adler. Andre leſen nur Hapſel. 62. und Hapſal.
Mag. D. G. E. Oſil. Die Balken. Rev. Mon. Arensborch. der Adler.1562.
MAGN. D. G. EP. OSIL. CV. ET RE. HE.res NOR W.agiæ. Das Bruſtbild.1563.
Rev. Ne derel. inquas me Dom. der Adler.
Magn. D. G. Ep. Oſil. E. R. Das Bruſtbild. Rev. Mon. nov. arg. Arensb. Der1564.
Adler.
Mag. D. G. Epiſc. Oſil. Cu. et Re. Ein Bruſtbild, ſtat des Federhelms eine herzogliche1564.
Krone auf dem Haupte tragend. Rev. Der Adler. Moneta noua Arensburgenſis.
Mag. D. G. Eps. O. C. Re. Ein geviertes Wapen mit abwechſelnden oldenburgiſchen1564.
Balken und delmenhorſtiſchem Kreuz. Rev. Der Adler. Mo. no. Arensbur. Die-
ſes Wapen gleichet dem herrmeiſterlich-fuͤrſtenbergiſchen, und mus mit ſelbigem nicht
verwechſelt werden.
MA. D. G. EP. OSI. C. E. RE. Sein Bruſtbild. Rev. Der Adler. MON. ARENS-1564.
BORCH. Von ſchlechtem Silber.
Eine dergleichen von feinem Silber.
Eine ſchoͤne Medaille. MAG. D. G. EPS. OSIL. CVR|ON. ET RE. H. NORV.1565.
Magni Bildnis in einem weiten mit Blumen beſtreuten Pelz. Rev. NE DERE-
LINQVAS ME DOM. 65. Sein ganzes Wapen in 3 auf einander liegenden Schil-
den. Das innerſte hat 2 Balken wegen Oldenburg. Der andre Schild hat 4 Felder.
Jm erſten den norwegiſchen Loͤwen mit der Streitaxt; im 2ten die ſchleswigiſchen zwey
gehenden Loͤwen, im 3ten das hollſteiniſche Neſſelblat, im 4ten den ſtormarſchen Schwan
mit der Krone am Halſe; in dem aͤuſſerſten vierfeldigen Schilde wechſeln der Adler und
das Lam mit der Kreuzesfahne ab, ſo die Bistuͤmer Oeſel und Deutſchland bedeuten.
Den Schild zieren 3 Helme, auf deren mittelſten der Loͤwe mit der Streitaxt, dem rech-
ten 7 Fahnen, und dem linken 3 Pfauenſchwaͤnze erſcheinen.
Dieſe rare Medaille beſas der ſelige Herr Vicepraͤſident von Schultz, wir haben ſie
nur aus dem Abris davon beſchrieben; doch iſt ſie nach dem Zeugnis derer, ſo ſie im Ur-
bilde geſehen, groͤſſer als ein Thaler.
Die 2 Balken. MA. D. G, E. O. C. E. RE. 67. Rev. Der Adler. Mon. Arensbor.1567.
Nach dieſen Jahren verſchwinden die oͤſelſchen Muͤnzen wieder, wie denn auch keine
von Magno mehr geſehen werden. Die Buchſtaben RE. welche der Stempelſchnei-
der noch etwan mit einem Kreuz geſchloſſen, moͤgen vielleicht einige auf die Meinung ge-
bracht haben, daß dieſer Herr ſich auf ſeinen Muͤnzen REX nenne.
VIII. Rigiſche Muͤnzen, welche die Stadt Riga zur Zeit ihrer
zwanzigjaͤhrigen Freiheit praͤgen laſſen.
Dieſe Muͤnzen haben auf der einen Seite die zwey ins Andreaskreuz gelegten Schluͤſſel
mit dem kleinen Kreuz, und auf der andern, das groͤſſere ganze Stadtwapen. Wir
duͤrfen daher nur ihre groͤſſe und Umſchrift melden.
Ein Schilling. MONETA NOVA ARG. Rev. CIVITATIS RIGENSIS.
Einer von demſelben Schlage.
Noch ein ſolcher.
Ein Stuͤck wie ein Ort, nur leichter, und von ſchlechterm Korn, war eine halbe Mark ri-1565.
giſch oder 18 Schillinge. Das kleine Stadtwapen. Moneta nova argentea. 65. Rev.
Das ganze rigiſche Wapen mit 2 Loͤwen zu Schildhaltern. CIvitatis Rigenſis.
Man hat von dieſem Jahre unterſchiedene Stempel, nur daß das kleine Stadtkreuz
uͤber den Schluͤſſeln nagelſpitz gemacht iſt; auch haben einige die Jahrzahl zur Seite.
Ein
[327]ſo in Liefland zur Zeit des Ordens und nachher gepraͤget worden.
Th
Ein ganzer Thaler, und ein halber Thaler aus dem torkiſchen Kabinet, mit derſelbigenAnnus
1565.
TUmſchrift.
Ein Ferding, der 9 Schillinge gegolten, und deren 4 eine Mark rigiſch betragen, mit vo-1565.
riger Umſchrift. Eine Sorte iſt von feinem Silber; obgleich die mehreſten ſehr kuͤpfrig
fallen.
Eine halbe Mark von der Groͤſſe eines Reichsorts, doch geringhaltiger.
Ein Ferding: zwiſchen den Schluͤſſeln ein nagelſpitziges Kreuz.
Ein Ferding. Moneta noua argentea. Rev. Civitatatis Rigen.
Ein Schilling.
Ein halber Thaler, wie der obige.
Eine halbe Mark wie obige.
Ein Ferding.
Ein Schilling. Moneta no. age. von ſchoͤnem Gepraͤge.
Ein alter Schilling. Moneta no. argen. Rev. Civitat. Rigenſis, auch einer von 1571.
Ein recht ſaubrer Artiger von Kupfer, ohne Umſchrift, mit dem kleinen zugeſpitzten Kreuz und1571.
beiden Stadtwapen.
Moneta noua argentea. Rev. Civi. Rigenſis. Jſt ein ſchoͤnes Stuͤck, faſt von der Groͤſſe1572.
eines halben Thalers. Unter dem Loͤwenkopf im Stadtthore lieſet man 1 Mark rigiſch.
Jn dem pagencoppiſchen Kabinet iſt dieſes Stuͤck in Gold abgenommen, obgleich ar-
gentea darauf gepraͤget iſt, und wieget 3⅛ Ducaten. Jſt eine Hauptrare Mark, an
Silber ⅞ Loth.
Ein Reichsthaler. Das kleine Stadtwapen im Schilde; daneben 73. Denarius Argenteus1573.
XVIII Ferd. R. Auf der andern Seite das ganze rigiſche Wapen doch ohne Schildhal.
ter. Civitatis Rigenſis. Unten 18 F. iſt ein ſauberes und rares Stuͤck.
Ein andrer Reichsthaler aus der andreiſchen Samlung, von dem Gepraͤge, wie ihn Loch-1573.
ner unter dem Jahr 1574 beſchreibet.
Ein Schilling.
Ein andrer Thaler. DENARIVS NOVVS ARGENTEVS. Rev. CIVITA-1574.
TIS RIGENSIS. Unten 18 F.
Lochner fuͤhret hiervon noch einen Stempel an, nach welchem das ſ in civitatis von
dem i abgeſondert ſteht, und die 18 F. umgekehrt, wie mit der Randſchriſt in einem Text
geleſen werden muͤſſen. Was ſonſt dieſer geſchickte und fleißige Auctor S. 68 von einem
rigiſchen Goldſtuͤck von 1421 ſchreibet, iſt ohne Zweifel ein Druckfehler, und ſol 1621
heiſſen. Siehe Lochners Samlung merkwuͤrdiger Medaillen im Jahr 1741 bey der
9ten Woche.
Ein Schilling wie die obigen Schillinge.
Dergleichen
Dergl.
Dergl.
Und noch einer.
Dieſe Muͤnzen nennen die Bauren ſchwarze Schillinge, weil ſie mehrentheils in der
Erde gefunden werden, und beim Abreiben viel Kupfer zeigen. Die Ferdinge von die-
ſem Gepraͤge fuͤhren wir deswegen nicht alle an, weil einige keine Jahrzahl haben; dahin-
gegen die von 65 und 66 ſie auf beiden Seiten fuͤhren. Sie gehen bis 1579, und ſind die
letzten von ſauberm Gepraͤge.
So weit gehen die Muͤnzen der Stadt zu einer Zeit, da ſie ihr eige-
nes Oberhaupt war. Die folgenden Muͤnzen unter den pohlniſchen und ſchwe-
diſchen Koͤnigen machen in den Kabinetten eine ſchoͤne Samlung aus an Goldſtuͤ-
cken, Dukaten, Thalern, Schau- und Gedaͤchtnismuͤnzen, welche alle auf der einen
Seite das rigiſche Wapen haben. Unter den erſten pohlniſchen ſind die Groſchen am
ſchoͤnſten, welche des Koͤnigs Bild mit der Krone zeigen: Steph. D. G. Rex. Pol. M.
cD. Li. und auf der andern das groſſe rigiſche Wapen haben, Groſſus civitatis Rig. mit
der Zahl 81, 82 und 84. Jn der Taxa des rigiſchen Portorii von 1582 werden 35 pohl-
niſche Groſchen auf einen Thaler gerechnet. Sechſe giengen auf die Mark rigiſch, und
einer betrug 6 rigiſche Schillinge. Sie fuͤhren ſchoͤn Korn und haben die Groͤſſe eines
deutſchen Groſchens. Andre haben zum Revers das pohlniſche und litthauiſche Wa-
pen, unter dem das kleine Stadtwapen lieget.
Auch iſt die ganz kleine Muͤnze rar, die auf der einen Seite das koͤnigliche gekroͤnte Bildnis
aufweiſet: Step. D. G. Rex. Po. Rev. Das ganze rigiſche Wapen, civitatis Rige. 82.
Die Folge davon ſiehe weiter unten.
Nicht weniger iſt ein Goldſtuͤck denkwuͤrdig, welches der bekante Buͤrgermeiſter Ecke als
eine Privaperſon muͤnzen laſſen. Es zeiget ſein Bruſtbild nach roͤmiſcher Art: Nicolaus
O o o oEcke
[328]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
Mod.Ecke ætatis 60. Rev. Sein Wapen: ein Greif, mit der bedenklichen Umſchrift: Ode-Annus
rint. dum. benefaciam. Anno 1601. Es wieget an Golde 8 Dukaten.
XI. Muͤnzen des Herzogthums Liefland.
Dieſe ſind zur Zeit des koͤniglich pohlniſchen Adminiſtrators Chorkiewitz gepraͤget, und
werden an dem lieflaͤndiſchen Greif erkant, der in den Vorderklauen ein Schwerdt
haͤlt. Von den Klippingen dieſer Zeit iſt uns keiner zur Hand gekommen. Sie muͤſ-
ſen laut koͤniglicher Verordnung 1 Gulden pohlniſch oder 4 Mark rigiſch gelten, 10
Stuͤck auf eine Mark loͤthig gehen, und in 10 Stuͤcken 10 Loth fein Silber ſeyn, ſo daß
16 Stuͤck eine Mark fein, oder 16 pohlniſche Gulden ausmachen. Sie fielen ſchlechter
als das herrmeiſterliche Geld. Denn nach der Muͤnztaxa vom 5 May 1582 galt gegen
die pohlniſchen Gulden:
- Ein fuͤrſtenberger Gulden 1 fl. 28 gr. pohlniſch, oder 9 mk. 18 ßl. rigiſch.
- Ein ungerſcher und Meiſtergulden 1 ‒ 26 ‒ ‒ 9 ‒ 12 ‒
- Ein fuͤrſtenberger Klipping 1 ‒ 5 ‒ ‒ 5 ‒ 30 ‒
- Ein Meiſter-Klipping 1 ‒ 3 ‒ ‒ 5 ‒ 18 ‒
Es galt aber damals ein Portugaloͤſer 19 fl. 10 gr. pohlniſch oder 96 mk. 24 ßl. rigiſch,
und ein Kreuzgulden 8 mk. 6 ßl. rigiſch; welcher Kreuzgulden doch im Jahr 1560 nur
7 mk. vor 1553 aber 5 mk. betrug.
Schillinge, ſehr geringhaltig an Silber mit der Aufſchrift 1 SCHILLING. 72. und der1572.
Umſchrift: Mone. noua. argentea. Rev. Der vorbeſchriebene Greif. Ducatus Livonie.
Dieſe Sorte hielt 2 Loth, galt 3 Pfennige, und 36 machten eine Mark rigiſch.
Ein ſchoͤn Stuͤck von der Groͤſſe eines halben Thalers, doch ſchlechterm Korn. Zwey neben-1573.
einander geſetzte Schilde mit dem pohlniſchen Adler und litthauiſchen Reuter, und
daruͤber EINE MARK, mit der Umſchrift: MONE. NO. ARGENTEA. Rev.
Der Greif mit dem Schwerdte DVCATVS LIVONIE. Sie galten 5 Loth, und
18 Stuͤck machten eine Mark loͤthig. Jedes Stuͤck galt eine Mark rigiſch.
Eine gleichartige halbe Mark von demſelben Gepraͤge und der Aufſchrift: HALB1573.
MARCK. Sie galten 18 Schilling, hielten 5 Loth, und gehen 36 auf die Mark loͤthig.
Ein Ferding mit der Aufſchrift: 1 FERDING und ſelbigem Stempel, wie vorbeſchrie-1573.
ben. Sie halten 5 Loth, gelten 9 ßl. und 72 betragen eine Mark loͤthig.
X. Unbekante und fremde Muͤnzen, die in Liefland aus der Er-
de gegraben worden.
Dieſe Art Muͤnzen finden ſich hier haͤufiger als die einheimiſchen. Sie ſind dem Metal
nach theils ſilbern, theils kupfern, der Forme nach theils rund, theils laͤnglich, theils
eckigt, dem Gepraͤge nach roͤmiſche, griechiſche, perſiſche, tuͤrckiſche, rußiſche,
pohlniſche, gothiſche und runiſche vom Koͤnig Magnus von Norwegen und
Daͤnnemark, und wer ſagt uns, wie ſie ſonſt noch claßificiret werden muͤſſen. Man
hat Bracteaten von Groͤſſe eines Reichsthalers; arabiſche auf Gothland gefundene
Muͤnzen, engliſche Sterlinge von Edelredo und Canuto, arabiſche in Siberien
gegrabene Stuͤcke. Es finden ſich auch deutſche kaiſerliche mit den Namen Otto, Hen-
ricus ꝛc. biſchoͤfliche, ſonderlich coͤllniſche, auch ſchwediſche aus den letzten 4 Se-
culis. Auf einigen deutſchen und ſaͤchſiſchen laͤſt ſich die Umſchrift der Moͤnchsbuch-
ſtaben noch ziemlich leſen. Wir fuͤhren ſie hier zur Nachricht der Leſer an, weil einige
von ihnen wider ihr Verdienſt unter die lieflaͤndiſchen gerathen, die es doch nicht ſind,
da denn Ungeuͤbte ſich durch ihre ſcheinbare Zeichen leichtlich noch blenden laſſen koͤnnen.
So geht es mit einer cleviſchen Muͤnze, daran das C vorne verblichen iſt, und man da-
her DVC. LIVIAE geleſen. Desgleichen mit einer biſchoͤflichen bremiſchen, auf der
manchmal die Moͤnchsumſchrift nicht kentbar iſt. Sie kan billig die Mutter der lieflaͤn-
diſchen Muͤnzen heiſſen. Jhre Groͤſſe iſt wie eines Viergroſchenſtuͤcks. Sie hat das
Marienbild in Stralen, und auf der andern Seite die zwey creuzweis uͤbereinander ge-
legten Schluͤſſel. Die alten luͤbiſchen mit dem Kreuz, die regenſpurgiſchen mit den
2 Schluͤſſeln, auch alte ungeriſchen Dukaten mit dem Marienbilde, koͤnnen bey undeut-
licher Umſchrift bald den lieflaͤndiſchen Muͤnzen beigezehlet werden. Man verſiehet ſich
leicht mit den alten hamburgiſchen, die ein Kreuz, und auf der andern Seite eine Stadt
haben. Sonderlich hat man mit den lieflaͤndiſchen nicht zu verwechſeln etliche preußi-
ſche, deren Umſchrift unleſerlich geworden, und die wegen ihrer Ordenskreuze den lieflaͤndi-
ſchen oder revelſchen Schillingen am aͤhnlichſten kommen. Eine gothlaͤndiſche, mit
einem Querbalken MONETA WISBV, auf andern MOETA WISBYE. Rev.
Das Lam mit der Siegesfahne. AGNE DEI MI.ſerere MEI. Da nun der Stem-
pel
[329]ſo zur Zeit des Ordens und nachher in Liefland gepraͤget worden.
Mod.pel oft einige Buchſtaben uͤber den Rand gebracht, und daher WIKYE gerathen wor-Annus
den; ſo man hat ſie fuͤr eine hapſalſche oder oeſelſche angeſehen. Die Muͤnzen des
Stifts Wisbu haben ſtat des Balkens eine zierliche Lilie.
Diejenige Blechmuͤnze, welche ſonſt dem erſten Biſchof Albert zugeeignet wird, iſt
in der Chronik gleich vorne beſchrieben. Von einigen andern Bracteaten aus feinem Sil-
ber, die einen Menſchenkopf unter einem Stadtthor zeigen, und keine Umſchrift haben,
iſt ungewis, ob man ſie den lieflaͤndiſchen beilegen kan, ohnerachtet ſie in Liefland ehe-
mals gefunden worden. Da auch die alten daͤniſchen wegen des dannebrogiſchen
Kreuzes und den 3 Loͤwen leicht fuͤr revelſche Muͤnzen aufbehalten werden, ſo haben Lieb-
haber derſelben Verwechſelung wohl zu verhuͤten. Ueberhaupt faͤlt es ſchwer, aus der faſt
unzehlbaren Menge aͤhnlicher Muͤnzen alle die Kenzeichen anzugeben, um Ungeuͤbten den
Jrthum zu benehmen, wozu eine vergriffene oder verblaſte Umſchrift verleiten kan.
Neuere Muͤnzen.
Es wird einigen Liebhabern nicht unangenehm fallen, wenn wir die Folge der neuern Muͤn-
zen in dieſen Laͤndern vorſtellen, welche ſich fuͤglich in 4 Abhandlungen anbringen laſſen,
die aber alle viere eben darum, daß ſie neu, wenig geſamlet werden, dennoch rar nnd
ſchwer aufzutreiben ſind, ſehr mangelhaft erſcheinen. Jnsbeſondre laſſen ſich die kleinſten
auch von mehrern Jahren noch hier und da von ohngefehr finden, wenn ſie ſorgfaͤltiger auf-
geſuchet wuͤrden.
I. Muͤnzen der Stadt Riga unter ihren Koͤnigen,
wobey man die ſchoͤne Samlung des Rathsherrn zu Riga, Herrn George Chri-
ſtoph Andreaͤ zum Grunde geleget, ſelbige aber aus des Herrn Rentmeiſters Olderog-
ge Vorrath anſehnlich vermehret hat. Auſſer denen zu Ende der 8ten Claſſe angefuͤhrten
merken wir noch:
Ein Goldftuͤck von 10 Dukaten. Das halbe Bild des Koͤnigs, in der Rechten das Scepter,
und mit der Linken das Degengefaͤs haltend. Stephanus. D. G. Rex. Polo. niæ.1586.
Mag. nus D. ux. Li.thuaniæ. Rev. Das ganze Stadtwapen, mit den Loͤwen zu Schild-
haltern, und darunter 1586. Monet. noua. aurea. ciuitat. Rigens.
Ein Dreygroſchenſtuͤck. Des Koͤnigs Bildnis Steph. D. G. Rex. Pol. Rev. Das ganze1586.
Stadtwapen klein. Gros. Arg. Trip. Civi. Rige.
Ein Goldſtuͤck von 10 Dukaten. Der Koͤnig in ganzer Poſitur geharniſcht, in der Rechten1592.
das Scepter haltend, mit der Linken den Degen anfaſſend. Sigismundus III. D. G. Rex
Pol. M. D. Lit. Rev. Das ganze Stadtwapen, darunter 1592. Moneta noua aurea
Ciuitat. Rigenſis.
Um dieſe Zeit fangen die ſigismundiſchen Dreygroſchenſtuͤcke der Stadt an. Alle haben1588.
das Kopfſtuͤck des Koͤnigs in der Krone, und die Umſchrift: Sig. III. D. G. Rex Po. D.ux
Li.thuaniæ oder M.agnus D. L. Auf dem Revers iſt eine III, unter ſelbiger das ganze
Stadtwapen im kleinen, und neben ſolcher das Jahr. Die Unterſchrift lautet: Gros.ſus.
Arg. Trip.lex ciui. tatis Rige. und bey dieſem Worte die Garbe als das Wapen der Koͤ-
nige aus dem Hauſe Vaſa. Sie ſind je aͤlter, je beſſer. Man findet ſie von 1588,
1589, 90, 91, 92, 94, 96, 97, 98, 1600, bis 1621, davon die beiden letzten Jahre merklich
ſchlecht fallen. Wir nennen ſie hier gemeiniglich Marke. Sie ſind alſo von den Mar-
ken der Ordenszeit ſehr unterſchieden; denn ſie halten nur 2 Ferdinge. Ein Ferding aber
in dieſen neuern Muͤnzen iſt kaum der 5te Theil eines alten Ferdings der vorigen Ta-
bellen.
Eine groſſe ſilberne Medaille auſ die ſchwediſche Eroberung der Stadt Riga. Der Koͤ-1621.
nig Guſtav Adolph zu Pferde mit dem Commandoſtab; um ſich her das ſchwediſche
Lager vor der ſehr fein geſtochenen Stadt Riga. Ueber einigen Wolken 2 Engel, ſo ei-
ne Krone uͤber ſeinem Haupte halten. Unten mit dem Namen des Medailleurs S. D.
Die Umſchrift heiſt Guſtauus Adolphus Magnus Dei Gratia Suecor. Gothor. et Vanda-
lor. Rex Auguſtus. Rev. Die ganze Stadt Riga nach der Seite der Duͤne ſehr ſauber
entworfen, mit dem Flus und dem ſchwediſchen Lager. Ueber den Wolken das groͤſ-
ſere Stadtwapen mit den Loͤwen zu Schildhaltern, welches von 2 Engeln mit einem ſchwe-
benden Siegeskranz gekroͤnet wird. Unten der Name des Muͤnzdirectors. H.ermann
W.inckelmann. Die Umſchrift enthaͤlt die Zahrzahl:
rIga DeVICta VICtorIa VenIt ab aXe
LaVrV VbI gVſtaVI CInXIt raD Iante CapIL Los.
Der Stempel dieſer Medaille iſt ungemein ſauber. Sie wieget 4 Loth und hat die
Groͤſſe eines Doppelthalers. Man hat ſie auch in Gold.
Ein Dukate. Des Koͤnigs Bruſtbild Guſtav. Adol. D. G. Rex. Sve. Got. V. Rev.1621.
Das ganze Stadtwapen. Mone. no. aur. ciui. Rigenſis. 1621.
O o o o 2Ein
[330]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
Th
Ein Thaler. Des Koͤnigs halbes Bild mit dem bloſſen Degen in der rechten, und den Reichs-Annus
1629.
apfel in der linken Hand. Guſtauus Adolphus D. G. Rex Sueco. Gott. Van. Rev.
Das ganze rigiſche Wapen mit den Loͤwen zu Schildhaltern, dazwiſchen 1629, unten
des Muͤnzdirectors Name: M.artin W.olff. Moneta noua argentæa ciuitatis Rigenſis.
Ein halber Thaler wie voriger: Sveco. Got. V. und Rigenſi.
Ein ganzer Thaler wie der vorige. Guſtauus Adolphus D. G. Rex Svecor. Got. Va. Der1630.
Revers iſt vorigem gleich, die Jahrzahl ſteht uͤber den Schildhaltern.
Ein ganzer Thaler von obigem Gepraͤge, nur daß die Worte des Reverſes ſo lauten: Mone-1631.
ta noua argentæ ciuitatis Rigenſis.
Ein Thaler mit dem halben Bilde der Koͤnigin, vor einem Tiſche, auf dem die Reichsin-1639.
ſignien liegen, wobey die junge Koͤnigin nach dem Scepter greift. Chriſtina D. G. Sve.
Got. Van. deſ.ignata reg. ina e.t. principiſſa. He.reditaria. Rev. Das ganze Stadt-
wapen, unter ſelbigem M. W. als des Muͤnzdirectors Name. Moneta noua argentæ
ciuitatis Rigenſis. Man ſagt, es ſey noch wo ein Doppelthaler der Stadt auf ihre Kroͤ-
nung vorhanden.
Eine Goldmuͤnze von 4 Dukaten. Der Koͤnigin Bruſtbild. Chriſtina D. G. Sve. Got.1643.
Van. q. de. regi. et princip. hæ. Das ganze Stadtwapen. Moneta noua aurea ciui-
tatis Rigenſis. Faͤlt klein, aber dick.
Ein doppelter Dukaten nach dem vorigen Stempel.
Das halbe Bild der Koͤnigin. Chriſtina D. G. Sve. Got. Van. q. ue. de. regi. \& Princip.1643.
hæ. Rev. Das ganze Stadtwapen und unter ſelbigem 1643. Moneta noua argentea
ciuitatis Rigenſis. Zwiſchen den Fuͤſſen der Loͤwen die Buchſtaben H. einr. W.olff. Die-
ſer Thaler iſt von ſchlechterm Stempel. Doch findet ſich ein Gepraͤge, ſo deſto ſau-
berer iſt.
Das Bruſtſtuͤck der Koͤnigin. Chriſtina D. G. Sve. Got. Vand. q. de regi. \& Princip. H.1644.
Rev. Das Stadtwapen ganz. Moneta noua argentea ciuitatis Rigenſis. Gepraͤgt von
H. W. Ein anderer Stempel hat im Abſchnit die Jahrzahl, und unterſcheidet ſich durch
die Umſchrift.
Ein Goldſtuͤck von 8 Dukaten. Der Koͤnigin halbes Bild. Chriſtina D. G. Sve. Got.1644.
Van. q. de. regi. et prin. hæ. Rev. Das ganze Stadtwapen, ſo von einer Sonne mit
dem Namen Jehovah beſtralet wird. 1644; darunter H. W. Die Umſchrift lautet:
Ex auro ſolido regia ciuitas Rigenſis fieri fecit.
Ein Dukaten. Der Koͤnigin Bruſtbild. Chriſtina D. G. Sve. Go. Va. g. d. reg. et1644.
Prin. H. Rev. Das ganze rigiſche Wapen. Moneta anrea ciuitatis Rigenſis. 1644.
Unten H. W.
Ein Thaler. Der Koͤnigin Bruſtbild in fliegenden Haaren und kleiner Krone. Chriſtina1645.
D. G. Sve. Go. Wan.q. Deſ. Reg. Rev. Das rigiſche Wapen. Moneta argentea ci-
uitatis Rigenſis. 1645. Aus dem Thalerkabinet.
Ein Goldſtuͤck von 5 Dukaten. Der gekroͤnte Koͤnig im Bruſtbilde, geharniſcht. Carolus1645.
Guſtauus X. D. G. Svec. Goth. Va. Rex. Unter der rechten Armſchiene iſt die Jahrzahl
1645 ganz klein und kaum erkentlich, obgleich ſehr deutlich. Rev. Die Stadt Riga, vor
welcher viele Schiffe auf der Duͤne liegen; oben druͤber das ganze Stadtwapen, ſo von
2 Engeln mit einem Siegeskranz bedecket wird. Ex aureo ſolido ciuitatis Rigenſis me
fieri fecit. Der Stempel iſt von beſonderer Schoͤnheit, obgleich die Jahrzahl 1654 heiſ-
ſen ſolte, und gehoͤret alſo wegen ihrer Umſchrift ſo wol als Jahrzahl zu den ſingulairen
Muͤnzen, ob ſie gleich hier nicht ſelten gefunden wird.
Ein Goldſtuͤck von 3 Dukaten. Das halbe Bruſtbild der Koͤnigin. Chriſtina D. G. Sve.1646.
Got. Van. q.ue Regina \& Princip. iffa Hæ. reditaria. M.agna D.uciſſa F. inniæ. Rev.
Das zierlich angebrachte ganze Stadtwapen wobey H. W. und die Jahrzahl 1646 dar-
unter. Ex auro ſolido regia ciuitas Rigenſis fieri f. ecit.
Ein doppelter Dukaten nach Art des vorigen.
Ein Thaler. Der Koͤnigin Bruſtbild. Chriſtina D. G. Svec. Got. Van. Q. Regina et1646.
Princ. Hæ M. D. F. Rev. Das Stadtwapen, im Abſchnit 1646. H. W. Moneta
noua argentea ciuitatis Rigenſis.
Eine goldene Medaille von 10 Dukaten ohne Jahrzahl. Das koͤnigliche gekroͤnte Bruſtbild
im Harniſch. Carolo Guſtavo D. G. Svecorum Goth. Vand. Regi. Rev. Die Stadt
Riga nach der Duͤnenſeite, unten mit dem ganzen Wapen der Stadt, uͤber welchem
Wapen 2 Palmenzweige durch einen Lorberkranz durchgeſteckt erſcheinen, unter den Wapen
aber der Name des Muͤnzmeiſters I. H. zu ſehen iſt. Ueber den Wolken ſteht ein lan-
ges Scepter und ein Schwerdt, um welches ſich ein Schlangenkoͤnig windet, mit der Auf-
ſchrift: Prudenter et fortiter. Sie iſt mit groſſer Kunſt gearbeitet.
Eine
[331]ſo zur Zeit des Ordens und nachher in Liefland gepraͤget worden.
A
Eine goldene Medaille von 13 Dukaten. Des Koͤnigs und der Koͤnigin Bruſtbild nebenAnnus
1654.
einander geſtelt. Unter der Armſchiene erſcheinet ganz fein das Jahr 1655. Carolo Gu-
ſtauo et Hedwigi Eleonoræ Augg. Regg. S. S. Rev. Eine umwundene Pyramide, an
deren Piedeſtal das Stadtwapen mit den Schildhaltern; zur Rechten unten ganz ſauber
die andere Jahrzahl 1654 und zur Linken S. D. zeiget. Hinter der Pyramide praͤſentiret
ſich die Stadt Riga von der Waſſerſeite. TE STANTE VIRESCO. Man
hat ſie auch von Silber.
Ein Goldſtuͤck von 10 Dukaten. Des jungen Koͤnigs Bruſtbild im Harniſch. Carolus D.1660.
G. Sveco. Gotho. Vandalo. Rex. Rev. Das ganze rigiſche Wapen, in welchem der
Loͤwe unterm Thore jetzo gekroͤnet erſcheinet, wie denn auch eine aus den linken Wolken
hervorgehende rechte Hand eine Krone uͤber das Wapen haͤlt. Ciuitatis ſuæ Rigenſis
fidem coronauit. An den Seiten der Thuͤrme iſt des Muͤnzmeiſters Name I.ochim
M.eincke. Von der Zeit an ſind die Kronen im rigiſchen Wapen beibehalten worden,
aber die Schildhalter weggeblieben.
Ein Thaler von ſelbigem Gepraͤge. Ein anderer Stempel macht das Geſichte aͤlter, und1660.
hat groͤſſere Buchſtaben. Die Urſache der Umſchrift findet man bey Beſchreibung des
Wapens von Riga.
Ein Doppeldukaten. Des jungen Koͤnigs Bruſtbild. Carolus D. G. Sveco. Goth. Vand.1667.
Rex. Rev. Das gekroͤnte Wapen der Stadt. Neben den Thuͤrmen 1667 und I. M. Die
Umſchrift. Moneta noua aurea ciuitatis Rigenſis. Einige Stempel leſen nur ciuitat.
Ein Thaler. Des Koͤnigs Bruſtbild. Carolus D. G. Sveco. Goth. Vand. Rex. Rev.1668.
Das gekroͤnte neue Wapen; daneben 1668 und des Muͤnzmeiſters Name I. M. Moneta
noua argentea Ciuitatis Rigenſis.
Ein halber Thaler. Des Koͤnigs Bruſtbild. Carolus D. G. Sveco. Gotho. Vandalo. Rex.1668.
Der Revers iſt wie auf vorigem Doppeldukaten, die Umſchrift aber: Moneta noua ar-
gentea ciuitatis Rigenſis.
Ein Reichsort, oder eigentlich eine Caroline. Der Avers wie die vorige Muͤnze und mit1668.
der Umſchrift: Carolus D. G. Svec. Goth. Vand. Rex. Der Revers komt vorigem
gleich. Moneta noua argent. ciuitatis Rigenſis.
Ein Dukaten. Des Koͤnigs Bruſtbild. Carolus D. G. Svec. Goth. Vand. Rex. Rev.1673.
Das ganze Stadtwapen. Moneta aurea ciuit. Rigenſis. Des Muͤnzmeiſters Name
W G.
Ein Dukaten, nach dem Gepraͤge des folgenden, wo ſtat des Muͤnzmeiſters Namen deſſen1700.
Wapen zu ſehen.
Ein Dukaten. Des Koͤnigs Bruſtbild in langer Peruque. Carolus XII. D. G. Rex. Sve.1701.
Das ganze Stadtwapen; unter ſelbigem die in Zug gebrachten Buchſtaben von den Namen
des Muͤnzmeiſters G.eorg H.ill. Die Umſchrift lautet. Mon. noua aurea ciuitat. Ri-
genſis.
Einer von ſelbiger Art; nur daß die Thuͤrme in rigiſchen Wapen ohne Fahnen und Kreuz1707.
erſcheinen, unten mit des Muͤnzmeiſters Namen im Zuge I. B. C.
Die kleinen Muͤnzen der Stadt, welche in dieſem Periodus viel Jahre fuͤllen, ſind bey
den Muͤnzliebhabern in keine ſonderliche Betrachtung gekommen, und daher nur in dem ac-
curaten clodriſchen Kabinet geſamlet worden. Sie beſtehen
1) in Dreypoͤlchern oder wie ſie jetzo heiſſen, in Ferdingen, und fangen ſich mit dem
Jahr 1621 an. Sie haben auf einer Seite das koͤniglich ſchwediſche gekroͤnte Wapen-
ſchild, in welchem die 3 Kronen mit dem Loͤwen abwechſeln. Das Mittelſchild iſt bey den
Koͤnigen aus dem Hauſe Vaſa, die Waſe oder Garbe, bey den folgenden der zweibruͤcki-
ſche Loͤwe. Einige Stempel haben zum Mittelſchild eine viereckigte Raute, in der die bay-
riſchen Wecken als kleine Punkte zum Wapen angebracht zu ſeyn ſcheinen, ſo doch bald
geaͤndert worden. Etliche fuͤhren unter den koͤniglichen Wapen noch die beiden Schluͤſſel
als das kleine rigiſche Wapen im Rande. Die Umſchrift aller meldet den Namen des
regierenden Koͤnigs mit dem Zuſatz D. G. Rex Sve. Der Revers hat wie die deutſchen
Groſchen den Reichsapfel, daneben die kleinere Zahl des Jahrs, und in dem Apfel 24.
Unten im Rande iſt eine 3, ſo laut dem Archiv drey Poͤlcher bedeutet. Die 24 im Apfel
hingegen laͤſt ſich auf keine Muͤnzſorte reduciren, und ſol daher vielleicht nur die Aehnlich-
keit mit deutſchen Groſchen vorſtellen. Sie hoͤren auf mit dem Jahr 1701, und ſind
umſchrieben: Mon. nov. Civ. Rig.
2) in Schillingen, deren 9 Stuͤck einen Dreypoͤlcher oder rigiſchen Ferding betragen,
obgleich die ſigismundiſchen den Dreypoͤlchern an Groͤſſe faſt gleich kommen. Alle
Schillinge fuͤhren das kleine rigiſche Wapen mit der Umſchrift: Solidus Ciuitatis Rigen-
ſis. Auf der andern Seite iſt der koͤnigliche Name in der Mitte, und mit voͤlligerm
Ausdruck im Rande. Die ſtephaniſchen und ſigismundiſchen weiſen in der Mitten
P p p pden
[332]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
Mod.den Buchſtaben S, und in ſelbigem die 3 Wolfszaͤhne oder die Garbe. Die guſtav-Annus
adolphiſchen fuͤhren in dem G das A, und erſcheinen mit dieſem Stempel nach 1633.
Die von der Koͤnigin Chriſtina haben im C die Garbe, die carl-guſtaviſchen im C
ein G; die von Carl dem XI ein durch R gezogenes C. Von Carl dem XII finden ſich
keine Schillinge. Manche ſind nur wie ein deutſcher Pfennig, kleiner oder groͤſſer, ſehr
kuͤpfrig, auch wol ganz roth. Um der Fehler willen, die auch noch in neuern Schriften
begangen werden, kan man ſich von den rigiſchen Muͤnzen folgenden Tarif merken:
Albersthaler, oder creuz-burgunder-
hollaͤndiſche Thaler.
Es iſt auch eine ſehr uͤbliche Mode, dieſen Thaler auf 90 Gr. alberts zu berechnen.
Weil die Alberrsgroſchen keine gepraͤgte Muͤnze ſind, ſo gelten 90 Gr. gleich 80 Fer-
dingen. Eine Mark wird mit einem pohlniſchen oder preußiſchen Dreigroſchenſtuͤck,
oder einem Kaiſergroſchen, oder 2 Dreipoͤlchern oder 2 ſchwediſchen Oeren an Silber
verguͤtet. Die Ferdinge bezahlet man mit ſchwediſchen Weiſſen oder den in Pohlen,
Preuſſen, Curland und Riga gepraͤgten Ferdingen oder Dreipoͤlchern. Schillinge
gehn im Handel gar nicht, und kommen ſelten vor. Ein Albertsthaler wird auch ge-
gen 112-120 Copeken umgewechſelt. Jn den uͤbrigen Staͤdten von Lief- und Eſtland
iſt die rußiſche Muͤnze gangbar, nemlich 1 Rubel iſt = 10 Griwen = 100 Copeken
= 200 Denisken = 400 Polusken. Alſo iſt ein viertel Rubelſtuͤck 25 Cop. ein halbes
Rubelſtuͤck 50 Copeken.
Es gehoͤren auch in dieſen Periodus einige Muͤnzen, die zur 9ten Claſſe oben nicht fuͤg-
lich gebracht werden konten, nemlich die
Koͤniglich ſchwediſchen Muͤnzen des Herzogthums Liefland.
Den 27 April 1641 erhielt ein gewiſſer Marſilius Philipſen von der Koͤnigin Chri-
ſtina die Muͤnzgerechtigkeit, und legte in dem Kloſter bey der Jacobikrche ein Muͤnz-
haus auf eigene Koſten an. Jn dieſer Fabrike wurden die ſo genanten Dreipoͤlcher gepraͤ-
get, die 5 loͤthig ſeyn ſolten, 185 Stuͤck pro Mark, die Mark fein zu 29 fl. 18 ßl. Die
Schillinge 1⅜ loͤthig giengen zu 348 ſtk. auf die Mark, und kam die feine Mark auf 45 fl.
Beide Sorten muſten mit einer crakauiſchen Mark allewege richtig aufgezogen werden.
Auf die Dreipoͤlcher ward im Schrot 2 Stuͤck, im Korn 2 Pfennige; auf die Schillinge
im Schrot 5 Stuͤck, im Korn 2 Pf. nachgegeben. Wir wollen die erſtern mit b, die letz-
tern mit a bezeichnen, weil keine kleinere Muͤnze damals vorhanden geweſen. Da auch
der Name der Dreipoͤlcher in dieſen Laͤndern unbekant iſt, ſo paßiren ſie alle unter dem ge-
woͤhnlichen Namen der Ferdinge.
Das koͤniglich ſchwediſche Wapen mit abwechſelnden 3 Kronen und dem gothiſchen Loͤwen1648.
in geviertem Schilde. Jm Mittelſchilde die Garbe von Vaſa.Chriſtina D. G. R. S.
Rev. Der Reichsapfel mit der Zahl 24. Mon. noua. Livon.
Das C mit der Garbe. Chriſtina D. G. R. S. Rev. Der lieflaͤndiſche Greif: Solidus1648.
Liuoniæ. 48.
Dergleichen. Carolus Guſtav. D. G. R. S. 57.
Noch eine Art. Carolus D. G. Rex. S. 65.
Ein Dreipoͤlcher wie der erſte. Carolus. D. G. R. S. und Mon. noua. Livoniæ. 69.
Dieſe und die rigiſchen Scheidemuͤnzen wurden endlich ſo ſchlecht, daß die Ritterſchaft
viel Beſchwerden daruͤber fuͤhrte, wie unterſchiedliche Receſſe, Acten und beſondere
Nachrichten zeugen. Siehe die Patkuliana p. 40 lit. D. §. 2etc. Sie galten auch in an-
dern Laͤndern nichts, noch weniger taugten ſie zum Umſchmelzen. Nichts deſtoweniger
rouliren ſie nicht, ſondern werden dann und wann nur in Klingebeuteln gefunden. Ver-
muthlich ſind manche in Kriegeszeiten vergraben, der Bauer aber, der ſie findet, traͤget
ſie mit den alten Ordensſchillingen pfundweiſe zum Kupferſchmidt, dem ſie ein gu-
tes Metal abgeben. Die Stadt Riga ſtelte gleich anfaͤnglich der Koͤnigin den geringen
Profit und den groſſen Schaden dieſes Muͤnzhauſes vor. Es gieng auch mit allen dieſem
kleinen Gelde den Ruͤckgang. Denn im Jahr 1664 gab man gegen hartes Geld ſchon
40 pro Cent agio. 1665 war das Aufgeld 75 Thlr. und 1666 wechſelte man 100 Thlr.
grobe Muͤnze mit 220 Thlrn. kleiner Muͤnze ein, ſo daß ein ganzer Thaler um 33 Mark
oder 198 Gr. vertauſchet wurde. Unter die Urſachen dieſes Verfals rechnet man erſtlich,
daß die lieflaͤndiſche Muͤnze in Pohlen verboten war, und zweitens, daß die Schwe-
den
[333]ſo in Liefland zur Zeit des Ordens und nachher gepraͤget worden.
Mod.den in dem pohlniſchen Kriege eine unſaͤgliche Menge klein Geld aus Litthauen mit-Annus
brachten, bis das letztere ſich almaͤlig aus dem Lande wieder verzog, und man 1670 nur
58 Thlr. Aufgeld auf 100 harte Thaler zahlte. Da die Stadt Riga ſelbſt ihre Scheide-
muͤnze zu haͤufig ſchlug, und deren Werth beliebig zu ihrem Vortheil und zum Schaden
des Landes oft veraͤnderte, das Land aber damit uͤberhaͤufet ward, ſo iſt es allerdings eine
curieuſe Frage, wo doch endlich alle geblieben, weil die Schillinge nur von den Bauren
in die Kirchenkaſten geleget werden, die Dreipoͤlcher oder ſo genanten Ferdinge aber nur
maͤßig unter dem Courantgelde mit unterlaufen.
2. Muͤnzen der Stadt Revel unter der koͤniglich ſchwediſchen
Regierung.
Dieſe haben gewoͤhnlich das Kopfſtuͤck oder den gekroͤnten Namenszug des Koͤnigs auf der
einen, und das revelſche Kreuz, mehrentheils aber die 3 uͤbereinander gehenden Loͤwen
oder 3 Leoparden zum Revers, an welches Schild oft das kleine Kreuz haͤngend vorge-
ſtellet wird.
Ein ſchoͤnes Stuͤck in Groͤſſe einer doppelten ſchwediſchen Caroline. Jn einem gewunde-1561.
nen und gekroͤnten Dval das ſchwediſche Wapen mit der Waſe oder Garbe im Mittel-
ſchilde. Ericus XIIII. D. G. Sve. Got. V. Rex. Rev. Ein gewundener Ovalſchild, im
ſelbigen das revelſche Kreuz. Moneta noua Revalienſis. 1561.
Das koͤnigliche Bruſtſtuͤck in der Krone. Ericus XIIII. D. G. Sve. Got. Van. Ren. Rev.1561.
Moneta noua Revalienſis. 1561. Ein ovaler Schild mit dem revelſchen Kreuz. Eine
feine Mark.
Ein Ferding. Des Koͤnigs Bruſtbild. Ericus D. G. Rex Sveciæ. Das revelſche Kreuz1561.
mit der Krone. Mon. noua Reval. Einige Stempel aͤndern die Umſchrift.
Ein Stuͤck von der Groͤſſe einer doppelten Caroline, gleich der vorigen. Ericus XIIII. D.1562.
G. Sve. Got. V. Re. Rev. Ein zierlich eckigter Schild mit dem revelſchen Kreuz.
Moneta noua Reualienſis. 1562.
Eine andere Muͤnze, gleich einer doppelten Caroline. Des Koͤnigs Bruſtbild in der Kro-1562.
ne. Ericus XIIII. D. G. Sue. Got. Van. Rex. Rev. Moneta noua Revalienſis. 1562.
Das revelſche Kreuz in ovalem Schilde. Dieſe groſſen Stuͤcke galten damals 16 Oer.
Wir haben ſie, wie einige andere ſchoͤne, aus der Samlung, welche der Rathsherr und
Commercienrath, Herr Joh. Herman Haecks in Revel beſitzet.
Ein Ferding mit der Umſchrift: Ericus XIIII. D. G. Rex Sveciæ. Rev. Das Kreuz im1562.
Schilde. Mone. nova Revalie. Dis Gepraͤge iſt von unterſchiedenem Stempel.
Ein Schilling mit dem gekroͤnten E. Rev. Das Kreuz, deſſen Staͤbe auf dieſen Schillingen1562.
am Ende nach Art eines Gabelkreuzes gebogen ſind.
Ein Schilling mit dem gekroͤnten E, hat auf dem Revers die drey Leoparden.
Dergleichen
Dergleichen
Ein anderer dieſer Art.
Ein Schilling. Das gekroͤnte E und daneben 67. Eric. XIIII. D. G. R. SW. Rev. Die1567.
Loͤwen. Mon. noua Reval.
Ein Ferding. Ericus 14 D. G. Rex. Svecie. Das koͤnigliche Bild in der Krone. Rev.1567.
Die 3 Loͤwen. Moneta noua Reval. Ein anderes Gepraͤge lieſt Eric. XIIII. D. G. Rex
Swe. und Mone. noua Roval. 67.
Ein Ferding wie voriger.
Ein Schilling. Das gekroͤnte E. Eric. 14. D. G. Rex. Rev. Die 3 Loͤwen. Mo. no.1568.
Reval. auch Mo. noua Reva.
Der Namenszug des Koͤnigs I. R unter der Krone. Iohann 3 D. G. Rex. Svec. 69.1569.
Rev. Drey Loͤwen. Moneta noua Revalie.
Ein Schilling, das gekroͤnte I. R. Iohann III. D. G. Rex. Rev. 3 Leoparden. Mo. noua1569.
Rev. Einige ſind ohne Jahrzahl und veraͤndern die Buchſtaben der Umſchrift.
Der bloſſe Buchſtabe I unter der Krone. Iohan. 3. D. G. Rex. Rev. Die 3 Loͤwen ohne1570.
Schild, daneben 70. Mo. noua. Reval.
Ein ſchoͤnes Silberſtuͤck. Das koͤnigliche Bruſtbild gekroͤnt. Sigis. D. G. Sve. et Pol.1597.
Rex. 97. Rev. Die 3 Loͤwen. Zur Seite des Schildes 1. O. d. i. Ein Oer.Mone-
ta noua civi. Reval.
NB. Dieſe und die folgenden Muͤnzen ſind nach den ſchwediſchen Reichsfus gepraͤ-
get, und werden unter der Groͤſſe b von nun an die weiſſen Rundſtuͤcke, unter c die dop-
pelten und unter d die vierfachen verſtanden.
Die Weiſſen von Carl dem IXten haben den gothiſchen Loͤwen mit doppeltem Schwanze1605.
daneben 1605 und 1606. Die Umſchrift Carolus D. G. Rex. Sve. Rev. Die 3 Loͤwen
P p p p 2in
[334]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
Mod.in deutſchem Schilde mit einem Henkel am Wapen, daruͤber die Krone neben dem Schil-Annus
de 1. R. d. i. Ein Rundſtuͤck.Mon. nov. Civit. Reval.
Die Waſe oder Garbe. G. A. R. Moneta noua. Rev. Die Loͤwen. Civitat. Reval. Ein1622.
rares viereckigtes Stuͤck mit rundem Stempel. Dieſe Klippe ſcheinet ein Oer geweſen
zu ſeyn.
Die Weiſſen von Guſtav Adolph zeigen die Garbe des Hauſes Vaſa, daneben G. oben1625.
A, und zur Seite unten R.ex. Die Umſchrift Moneta noua. Rev. Die 3 Loͤwen.
Civitat. Reval.
Dergleichen.
Ein Weiſſen. Die Garbe. Chriſtina D. G. Re. Svec. Rev. Die 3 Loͤwen, daneben 1 ör,1648.
Mone. noua Civdat. Reva.
Ein Weiſſen, denen folgenden aͤhnlich, doch mit der Benennung 1 ör.
Ein ſchoͤner Dukaten. Der Koͤnigin Bruſtbild. Chriſtina D. G. Svec. Goth. Vand. Q.1650.
Regina. Rev. Ein laͤnglichter oval Schild, in ſelbigem die 3 Loͤwen daneben 1650. Die
Umſchrift Nummus aureus ciuitat. Revalien. Der Muͤnzmeiſter nent ſich unten G. P.
Die Weiſſen haben auf einer Seite die Garbe im Schilde, daneben die Jahrzahl. Chri-1650.
ſtina D. G. Re. Sve. Rev. Die 3 Loͤwen im ſchmalen Schilde, uͤber welchen die Krone und
ſchwebet. Mon. nov. Civita. Reval. Neben dem Schilde ſteht 1. R. Man hat ſie1651.
auch von 1655.
Ein Thaler. Chriſtina D. G. Svec. Goth. Vand. Regina. Der Koͤnigin Bruſtbild mit1652.
der kleinen Krone. Rev. Das gekroͤnte Wapen der Stadt Revel. 1652. Nummns ar-
gent. Civitatis Revalienſis. Unten der Name des Muͤnzmeiſters ganz fein G. P.
Ein doppelt weis Rundſtuͤck. Der koͤnigliche Namenszug C. R. S. gekroͤnt und mit um-1660.
zogenen Loberkranz. Rev. 3 Loͤwen in gekroͤntem Schilde, daneben 2 R. und 1660.
Die Weiſſen dieſes Koͤnigs haben den gothiſchen Loͤwen, und zum Revers die revelſchen1663.
Loͤwen, auch auf beiden Seiten Umſchrift.
Ein halber Thaler, nach der Groͤſſe eines ganzen. Des jungen Koͤnigs Bruſtbild. Ca-1664.
rolus D. G. Sve. Goth. Wan. q. Rex et Pr. Hæ. Rev. Die 3 revelſchen Loͤwen in ge-
kroͤntem Schilde, unter dieſem das revelſche Kreuz im eigenen Schildgen; zur Seite 4
M. d. i. vier Mark. Die Umſchrift iſt Mon. nov. Revaliens. Ein anderer Stempel
hat das Wapen mit Helmzierrathen, aus dem gekroͤnten Helm waͤchſet ein Frauenzim-
mer und hat zur Seite 4. M. Die Umſchrift heiſt: Moneta noua arg. Ciuitatis Reva-
liens. hat aber keine Jahrzahl.
Eine Caroline. Des Koͤnigs Bruſtbild. Carolus D. G. Sve. Goth. Van. q. Rex. Pr. Hæ.1664.
Die 3 Loͤwen, neben der Krone des Schildes 2 M. Unten das revelſche Kreuz.
Jn einem Loberkranz die gekroͤnten Buchſtaben C. R. S. Rev. Die 3 Loͤwen im gekroͤnten1665.
Schilde, darunter zwey Palmzweige. Neben dem Schilde 2 R.
Der gothiſche Loͤwe. Carolus D. G. Rex. Sve. Rev. Die 3 Loͤwen in gekroͤntem Schil-1665.
de, daneben 1 R. Umher Mon. nov. Civit. Reval.
Die Buchſtaben C. R. S. unter der Krone im Loberkranz. Rev. Die 3 Loͤwen in gekroͤntem1665.
Schilde, darunter 2 Palmzweige 1. R.
Ein Weiſſen nach der vorigen Art.
Ein doppelter Weiſſen, wie oben; unten haͤngt am Loͤwenſchilde das kleine Kreuz.
Dergleichen. Cxi, unter der Krone.
Die 4 Rundſtuͤcke weiſen 3 Loͤwen in gekroͤntem Schilde, worunter das kleine Kreuz haͤnget.1668.
Zur Seiten ſtehet die Jahrzahl und 4 R. Die Buchſtaben C. R. S. ſtehen in einer Zei-
le mit dem Lorberkranz umwunden.
Ein anderes Gepraͤge hat das gekroͤnte C mit der Umſchrift: Dominus Protector meus.
Noch ein Stempel von dieſem Jahre hat auſſer bemeldten Worten auf dem Revers zur Um-
ſchrift: Mon. arg. civ. Revalienſis.
Das gekroͤnte C. Dominus Protector meus. Rev. Die 3 Loͤwen in gekroͤntem Schilde,1669.
daneben 4 R. und die Umſchrift: Mon. noua arg. Civit. Reval.
Die Weiſſen mit Cxi. haben keine Umſchrift.
Ein Dukaten. Der junge Koͤnig im Bruſtbilde. Carolus XI Rex Svecie. Rev. Die1669.
3 Loͤwen. Mon. nov. aur. Civ. Revaliens. 1669.
Ein Doppeldukaten. Des Koͤnigs Bruſtbild im Loberkranze. Carolus XI D. G. Rex1669.
Sveciæ. Rev. Die Loͤwen. Mon. aur. Civ. Reualienſis.
Ein Dukaten nach vorigem Gepraͤge.
Die 4 weiſſen Rundſtuͤcke dieſes Jahrs laſſen die Umſchrift des Reverſes weg, ſonſt gleichen1670.
ſie dem erſtern von 1668; unter den Loͤwen haͤngt das kleine Kreuz.
Eine andere Sorte hat auf beiden Seiten keine Umſchrift, ſondern zeigt nur den gekroͤnten1670.
Namen C R S im Blumenſchilde, und auf der andern Seite die Loͤwen.
Ein
[335]ſo zur Zeit des Ordens und nachher in Liefland gepraͤget worden.
b
Ein Weiſſen. Das gekroͤnte C; in ſelbigem die XI. Rev. Die Loͤwen im gekroͤnten Schilde,Annus
1670.
daneben 1 R.
Ein Weiſſen nach voriger Art.
Dieſe laſſen nur die Umſchrift des Reverſes weg.
Ein Weiſſen.
Die Weiſſen dieſes Jahrs ſtellen das C ohne die Ziffer XI dar.
Ein Thaler mit dem Bildnis dieſes Koͤnigs befand ſich in der ſchoͤnen ſchulziſchen Sam-
lung.
3. Muͤnzen der Stadt Narva zur Zeit der koͤniglich ſchwediſchen
Regierung.
Eine kupferne aber ſehr ſauber geſtochene und rare Muͤnze. Die Buchſtaben C. R. S.1670.
eRev. Das narviſche Wapen; zur Seite 2 R. d. i. zwey Rundſtuͤck und die Jahrzahl.
Ein ſolches Stuͤck galt ein Dritteloer, denn 6 Rundſtuͤck betrugen ein ganzes.
Die Buchſtaben C. R. S. unter der Krone, um die ein Loberkranz gehet. Rev. Das nar-1670.
viſche Wapen; darunter 2 Palmzweige. Neben dem Schilde die Jahrzahl 1670 und
2 R.
Cxi. im Lorberkranze. Rev. Das gekroͤnte narviſche Wapen, daneben 1 R. und 1670.1670.
Unten L. N. im Zuge.
Das gekroͤnte C. mit der Umſchrift: Dominus Protector meus. Rev. Das narviſche1671.
Wapen; daneben 4 R. Jm Rande Mon. arg. Civ. Narvæ.
Ein recht ſchoͤner Dukaten. Des jungen Koͤnigs Kopfſtuͤck. Carolus XI. D. G. Rex Sveciæ.1671.
Rev. Ein Schild mit der Krone, darin ein Degen, deſſen Spitze in den linken Oberwin-
kel trit, begleitet von 2 Kugeln; unter dem Degen 2 ſchwimmende Fiſche, unter den Fi-
ſchen ein gerade liegender Sebel, unter dem Sebel die 3te Kugel, welche Figuren das
narviſche Wapen formiren. Mon. aur. Civ. Narvæ 1671. Unten der Name L. evin
N.ummers, Rathsherrn daſelbſt, der die Muͤnze der Stadt in Pacht gehabt. Ein ra-
res Stuͤck.
Ein doppelt Rundſtuͤck von Silber. C. R. S. im Kreuze. Rev. Das narviſche Wapen;1671.
alles ohne Umſchrift, neben dem Wapen 2 R.
Ein Rundſtuͤck von Silber. Cxi. Rev. Das Stadtwapen; daneben 1 R. beides ohne Um-1671.
ſchrift; L. N. im Zuge.
ein doppelt weis Rundſtuͤck wie obiges.
Ein zwiefach weis Rundſtuͤck gleich dem vorigen; zur Seiten die Buchſtaben L. N. ohne Zug.
4. Muͤnzen der Herzoge von Curland.
Auſſer denen zu Ende der andern Claſſe angefuͤhrten kettlerſchen Schillingen kommen in
der Samlung des Herrn Hofgerichtsadvokaten Chriſtoph George Ziegenhorn fol-
gende vor, die uns derſelbe aus Mietau zugeſandt. Wir haben den Namen jeder
Muͤnze gleich beigefuͤget. Sie richten ſich nach dem pohlniſchen Reichsfus. Man haͤlt
nach unſerm Gewichte die zu Mietau gemuͤnzten Thaler fuͤr 12 loͤthig, gleichwie die zu
Riga 13 und die deutſchen 14 loͤthig, dafuͤr ſie auch in gerichtlichen Urteilen taxiret wer-
den. Doch halten auch viel rigiſche Thaler den deutſchen Reichsfus. Die Groſchen
heiſſen wegen der 24 uneigentlich Groſchen. Eigentlich ſind es Dreypoͤlcher oder ſo ge-
nante Ferdinge, deren 2 drey pohlniſche Groſchen betragen.
Das ganze herzogliche Wapen auf einem ſchoͤnen Thaler, doch iſt der bathoriſche Wolfszahn1575.
noch nicht in der Mitte des Keſſelhakens. Gothart. D. G. Dux Curlan. et Semgal. Rev.
Der pohlniſche Adler und litthauiſche Reuter neben einander, daruͤber die Jahrzahl
75, unten aber 5 Mark Rig. Moneta noua argen. ducatus Curland.
Ein anderer Thaler. Das herzogliche Wapen, wie auf vorigem. Gothardi D. G. Ducis1576.
Cur. et Semiga. Rev. Das pohlniſche und litthauiſche Wapen; oben 1576; unten
4½ mk. R. d. i. vier und eine halbe Mark rigiſch.Moneta noua argente. ducis Curlan.
Eine goldene ovale Schaumuͤnze von 8½ Dukaten. Der herzoglichen Witwe Bruſtbild mit
groſſer Krauſe und praͤchtigem Hauptzierrath. V.on G.ottes G naden ANNA. G.ott-
hards Zu. C.urland V.nd S.emgallen H.er Z.ogs O. Gemahlin V.nd N.achgelaſſene
W.ittwe. Rev. Das curlaͤndiſche Wapen, ohne Umſchrift.
Ein Schauſtuͤck von 4½ Dukaten mit dem herzoglichen Bruſtbilde im Barte. D. G. Fri-
dericus in Livo. Curl. et Sem. Rev. Das ganze volſtaͤndige Wapen, mit Elenden,
die hervorſpringen. Das Mittelſchild iſt der Keſſelhaken, in deſſen rechtem Felde die 3 ba-
thoriſche Woflszaͤhne, in dem linken der Namenszug des Koͤnigs S. A. zu ſehen.
Daſſelbige in Silber.
Q q q qEin
[336]Die III. Tabelle von den Muͤnzen,
A
Ein dergleichen Schaupfennig. D. G. Wilhelm in Liefland. Z. Curl. v. S. H. Das her-Annus
zogliche Bruſtbild. Rev. Das curlaͤndiſche Wapen.
Derſelbige in Silber.
Ein Schaupfennig nach dem vorigen. W. D. G. in Livon. Curl. et Semgal. Dux; auch
faͤlt der Bart etwas kuͤrzer.
Derſelbige in Silber.
Ein Duͤtchen. Das Kopfſtuͤck des Herzogs. Mone. arg. Cur. Rev. III. d. i. Triplexi1590.
darunter der pohlniſche Adler und litthauiſche Reuter neben einander. Unter dieſen
Gros.ſus. ar.genteus tri.plex ducum Cu. et Se.
Dergleichen.
Ein Duͤtchen ſelbiges Gepraͤges, nur daß die Umſchrift des Averſes hat. Mo. arg. Du-1596.
cum Cur.
Dergleichen. Mo. arg. Ducum Cur. et Sem. Andre von dieſem Jahr ſind den Duͤtchen1598.
von 1590 in allen gleich.
Ein anders.
Dergleichen. Sie gehen bis 1619. Zwoͤlfe derſelben wiegen einen Speciesthaler. Sie1600.
haben meiſtentheils zwiſchen dem Adler und Reuter die Garbe im eignen kleinen Schilde.
Schillinge. Der curiſche Loͤwe. Moneta ducum Cur. et. Sem. Rev. Der Buchſtabe S,1600.
ain deſſen Mitte die Garbe des Hauſes Vaſa.Solidus nov. Cur. et Se.
Auf dieſen iſt auf der Seite des S eine Umſchrift. Sigis. III. D. G. Rex P. M. D. L.1601.
Ein anderer dieſer Art.
Ein Thaler. Das herzogliche Bruſtbild. Iacobi. D. G. Ducis Curlandiæ et Semgalliæ.1644.
Rev. Der pohlniſche Adler und litthauiſche Reuter in einem die Laͤnge herab getheilten
Schilde. Moneta noua argentea Anno 1644. Ein anderer Stempel hat das Bruft-
bild groͤſſer.
Ein Goldſtuͤck von 10 Dukaten nach dieſem Stempel.
Ein Shaler nach Art des vorigen.
Ein Dukaten. Des Herzogs Kopfſtuͤck. Iacobi D. G. Ducis Curland. Semgal. Rev.1646.
Das pohlniſche und litthauiſche Wapen neben einander geſtellet. Moneta noua au-
rea anno 1646. Es iſt noch ein Dukaten von dieſem Herzoge uͤbrig, den wir aber nicht
zu ſehen bekommen, und daher deſſen Jahrzahl nicht anzugeben wiſſen.
Eine groſſe Medaille. Des Herzogs Bruſtſtuͤck. Iacobus Dei Gratia in Livonia Curlan-
diæ et Semigalliæ Dux. Rev. Das ganze curlaͤndiſche Wapen nach Gotthard Rett-
lers Einrichtung und ohne Umſchrift.
Die Schillinge haben 3 gekroͤnte III, die mit einem Querſtrich zuſammen gezogen ſind.1662.
Solidus Curlandiæ. Rev. Der pohlniſche Adler, der das curlaͤndiſche Wapen auf
der Bruſt traͤget. Iacobi D. G. Ducis. Sle ſind von unterſchiedlichen Jahren da.
Eine ſilberne Medaille, nicht ſonderlich gravirt. Das herzogliche halbe Bild, Iacobus Dei
Gratia in Livonia Curlandiæ et Semigalliæ dux. Rev. Das curlaͤndiſche ganze Wapen.
Eine ſilberne Gedaͤchtnismuͤnze. Der Herzogin Bruſtbild. Lovyſa Charlot. D. G. M.ar-1676.
chioniſſa E.t P.rincipiſſa E.lectoralis B.randenburgi. M.agdeburg: I.n P.ruſſia, I.uliaci
C.liuiæ, E.t M.ontium. S.tetini P.omeraniæ, I.n L.ivonia C.urlandiæ E.t S.emgalliæ
D.uciſſa. P.rincipiſſa H.alberſtad. E.t M.inden. C.omitiſſa I.n R.avensberg. D.omina I.n.
R.avenſtein. Rev. Jn der Mitte Herr Ieſu nim meine Seele in deine Hænde und las
ſie dir befohlen ſeyn. Amen. Die Umſchrift Nata ao. MDCXVII d. III Sept. denata
MDCLXXVI. d. XVIII Au. ætat. LIX. Die Buchſtaben ſind alle von ungeſchickter
Hand.
Die Groſchen oder eigentlicher die Ferdinge, oder Dreypoͤlcher haben das curlaͤndiſche Wa-1687.
pen Frid. Caſ. in L. Cur. et S. D. Unten eine 3, die Poͤlcher bedeutet. Neben dem Wapen 87.
Rev. Der Reichsapfel mit 24. Ioh. III. D. G. Rex Pol. M. D. L.
Ein Dukaten. Des Herzogs Bruſtbild. Frid. Caſ. in L. Cur. et Sem. Dux. Rev.1689.
Der pohlniſche Adler, auf deſſen Bruſt das curlaͤndiſche Wapen mit ſeinem Mittel-
ſchilde, doch ohne Helmdecken. Unter dem Adler iſt der litthauiſche Reuter. Mone-
ta noua aurea.
Eine ſilberne groſſe Medaille auf die gefaͤhrliche Seereiſe des Herzogs. Ein Schif, ſo bey
ſtuͤrmiſchem Himmel umſchlagen und ſcheitern wil, mit der Umſchrift Iuuante ’ con-
ſeruor. Rev. Das Bruſtbild des Herzogs. Frid. Caſim. in Liv. Cur. et Semig. Dux.
Dieſelbige Medaille in Golde.
Eine goldene Medaille auf gleiche Begebenheit. Sie faͤlt etwas kleiner, hat ſtat des
hebraͤiſchen Iehovah die Buchſtaben DEO, und aͤndert die Umſchrift des Reverſes. Frid.
Caſ. in L. Cur. e. Sem. Dux.
Dergleichen iſt auch in Silber vorhanden.
Ein
[337]ſo in Liefland zur Zeit des Ordens und nachher gepraͤget worden.
Th
Ein ſilbernes Vermaͤhlungsſtuͤck. Der neuen Herzogin Bruſtbild. El. Soph. Pr. El. Br.Annus
D. in L. Cur. et Sem. Rev. Ein fliegender Cupido, der ein brennend Herz nach dem Lan-
de bringt, mit dem Lemmate: Ablatum refero.
Ein Goldſtuͤck von 11 Dukaten. Das Bruſtſtuͤck des Herzogs. Frid. Caſ. in L. Cur. e. Sem.
Dux. Rev. Das Bruſtſtuͤck der Herzogin. Soph. Amel. Duc. in. L. Cur. e. Sem.
Pr. a Naſſ.
Dieſelbe Medaille von Silber.
Ein Ferding nach obiger Art.
Einer von gleichem Gepraͤge.
Die Tympfe haben das herzogliche Bruſtſtuͤck. Frid. Caſ. in L. Cur. et S. D. Rev. Ein1694.
geviertes gekroͤntes| Schild mit abwechſelndem pohlniſchen Adler und litthauiſchen Reu-
ter. Moneta ducis Curland. Zur Seiten ſtehen 18. d. i. 18 Groſchen. Einige ſchrei-
ben die Jahrzahl aus, andere laſſen die groͤſſere Zahl weg.
Die Schoſtake. Das herzogliche Kopfſtuͤck. Frid. Caſ. in L. Cur. et S. D. Rev. Das1694.
pohlniſche und litthauiſche Wapen, daher ſie auch Seckſer heiſſen. Moneta Ducis
Curland. Andere haben zur Umſchrift Frider. Caſim. D. G. in. Livon. Rev. Curland
et Semgal Dux, und ſind beide von dieſem Jahre.
Die Ferdinge dieſes Jahrs fallen nach Art der obigen, verlieren aber den Keſſelhaken und1695.
haben nur den Wolfszahn.
Dergleichen.
Die Schillinge haben das Bruſtſtuͤck des Herzogs. Frid. Caſ. in L. C. S. Dux. Rev. Der1696.
pohlniſche Adler, der das curlaͤndiſche Wapen auf der Bruſt traͤget. Solidus Cur-
landiæ. 1696.
Andere Schillinge haben nur den durchflochtenen Namenszug F. C. unter einer Krone. So-
lidus Curlandiæ. Rev. Der vorbeſchriebene Adler. Frid. Caſ. D. G. Ducis. Zur
Jahrzahl iſt der Raum leer geblieben.
Von Herzog Fridrich Wilhelm wil ſich keine Muͤnze finden. Er hat ſich aber durch
einen den 13ten May 1710 geſtifteten Orden, l’ ordre de la reconnoiſſance genant, in den
Kabinetten beruͤhmt gemacht, wo man das Ordenskreuz aufhebet. Selbiges iſt von
Gold, weis emaillirt, gleichet dem Malteſerkreuz, und hat an ſeinen 8 Ecken goldene
Kugeln. Es haͤngt an einem Ring, der aus einer gewundenen Schlange formiret iſt.
Das guͤldene ovale Bruſtſtuͤck zeiget das ganze curlaͤndiſche Wapen en email mit ſei-
nen heraldiſchen Farben. Die Elende ſind natuͤrlich braun im blauen Felde. Der Wa-
penmantel roth mit Hermelin gefuͤttert, und ſtat der Helme in vorigen, erſcheinet hier
ein rother Herzogshut mit Hermelin beſetzt. Die andere Seite des Bruſtſtuͤcks hat die
Buchſtaben F. W. im Zuge. Zwiſchen den Zacken des Kreuzes lieſet man: Pour les
honnêtes gens. Die Staͤbe ſind mit guͤldenen Ketteln als 2 zuſammengeſchobene C oder
♓ verbunden.
Vom letzten geweſenen Herzog iſt nichts mehr vorhanden als eine auswertige Medaille von1736.
4 Dukaten. Ein Arm aus den Wolken ſchlaͤgt mit einem Hirtenſtab an einen Felſen,
aus welchem lebendiges Waſſer ſpringet. Auf dem graſichten Felde weiden Laͤmmer, da-
von die groͤſſern ein Kreuz auf dem Ruͤcken haben; einige trinken ſchon, andere laufen
noch hinzu. Die Umſchrift iſt: Eſurientes impleuit bonis. Luc. I. 53. Jm Abſchnit
lieſet man Aeternæ Dei Cæſaris Bironii memoriæ, wo die noͤthigen Unterſcheidungszeichen
weggelaſſen ſind. Rev. Ein brennender Altar, auf deſſen Poſtement B, auf dem Opfer-
herzen aber ein W, als der Name der Stadt Wartenberg zu ſehen. Oben faͤlt Feuer
vom Himmel, das Opfer anzuzuͤnden, deſſen Flammen wieder empor ſteigen. Vor dem
Altar kniet das Bild der Gottſeligkeit, ſo die Stadt Wartenberg vorſtellet, in der Lin-
ken das Kreuz, in der Rechten die Weihrauchpfanne haltend, vor ihr liegt eine ofne Bi-
bel. Die Umſchrift heiſt: Dies, quem fecit Dominus Pf. 118, 24. Jm Abſchnit findet
man: Ob Sacra Evangel. Wartenbergæ inſtaurata 1736 d. 4. Nov.
Dergleichen in Silber.
[338]Die IV. Tabelle der Staͤdte, Feſtungen,
Die IV. Tabelle
der Staͤdte, Feſtungen, Schloͤſſer, gemaurten
Haͤuſer und Kloͤſter des alten Lieflandes.
Vorbericht.
§. 1.
Dieſe Tabelle iſt an Namen ziemlich reich. Man hat ſich aber unter Schloͤſſern
nicht immer Grenzfeſtungen oder wichtige Fortereſſen vorzuſtellen, weil den erſten
deutſchen Eroberern des alten Lieflands ein ſteinernes mit Mauer und Graben
verſehenes Haus fuͤr dem Ueberfal der Feinde ſchon hinlaͤngliche Sicherheit verſchaffen konte.
Einige darunter moͤgen nur wohlgebaute Edelhoͤfe geweſen ſeyn. Jn der Folge der Geſchich-
te werden die eigentlich feſten Plaͤtze bekanter werden. Wir haben einige aus Strubiczen
beibehalten, welche derſelbe arces nennet, und ſie von prædiis und villis wol unterſcheidet, ob
ſie gleich in unſern Tagen keine Spur mehr von Schloͤſſern aufzuweiſen haben.
§. 2.
Von nicht wenigen haben ſich ſelbſt die Truͤmmern faſt ganz verloren. Und
weil die neuern Beſitzer einen unordentlichen Steinhaufen zu bequemern Gebaͤuden nutzen
koͤnnen, ſo iſt obige Ungewisheit daraus entſtanden. Manche oͤffentliche Schloͤſſer ſind noch
mit dieſem oder jenem Fluͤgel in wohnbarem Stande. Andere ſind von ihren Privatbeſi-
tzern von neuem gut aufgebauet, darunter vornehmlich in Curland noch viele zu Ritterſitzen
recht artig angeleget ſind.
§. 3.
Zu einer ziemlichen Menge hat Juͤrgen Helms in ſeiner geſchriebenen Chronik
aus alten Nachrichten das Erbauungsjahr beigeſetzet, welche Chronologie aus echten Doku-
menten ſtark verbeſſert worden.
§. 4.
Wo der Eſte und Lette in der deutſchen Benennung abweichet, iſt ſolches an-
gemerkt. Verſchiedene ſind uns nur dem Namen nach bekant, daher ihr Erbauer und Er-
bauungsjahr wegbleiben muͤſſen.
§. 5.
Die heutigen Herren Beſitzer waͤren leicht nahmhaft zu machen geweſen. Weil
aber haͤufige Aenderungen darin vorfallen, auch hier und da einer uͤbergangen werden moͤchte,
ſo hat man lieber dieſe Ordnung nicht anfangen, als ſie unvolkommen und mangelhaft aus-
fuͤhren wollen.
[339]Schloͤſſer, gemaurten Haͤuſer und Kloͤſter des alten Lieflandes.
[340]Die IV. Tabelle der Staͤdte, Feſtungen,
[341]Schloͤſſer, gemaurten Haͤuſer und Kloͤſter des alten Lieflandes.
[342]Die IV. Tabelle der Staͤdte, Feſtungen,
[343]Schloͤſſer, gemaurten Haͤuſer und Kloͤſter des alten Lieflandes.
[344]Die IV. Tabelle der Staͤdte, Feſtungen,
[345]Schloͤſſer, gemaurten Haͤuſer und Kloͤſter des alten Lieflandes.
[346]Die IV. Tabelle der Staͤdte, Feſtungen,
[347]Schloͤſſer, gemaurten Haͤuſer und Kloͤſter des alten Lieflandes.
[348]Die V. Tabelle/
Die V. Tabelle
oder Verzeichnis des geſamten Raths zu Riga, der
Herren Buͤrgermeiſter zu Revel, und des geſamten evangeliſchen
Miniſterii beider Staͤdte bis ins Jahr 1562.
Vorbericht.
§. 1.
Die Namen der rigiſchen Herrn des Raths ſind ſo wol aus den Briefſchaften, als
aus alten Regiſtern von verſchiedener Art zuſammen getragen. Sie erſcheinen hier
vor andern aufs zahlreichſte, ob man gleich aus dem 13ten Jahrhundert viele wegge-
laſſen, die ein gewiſſes Verzeichnis aus Verſehen unter die Rathsherren gebracht, da es nur
zu Zeugen angefuͤhrte Buͤrger in alten Documenten geweſen, indem jederman nicht die Namen
in verjaͤhrten Briefen fertig zu leſen verſtanden; und daher oft ſtark abgewichen. Man hat ih-
re Fortſetzung bis 1710, da die Peſt dieſes Collegium duͤnne machte; die weitere Folge derſel-
ben wuͤrde auch kuͤnftig beſorget werden koͤnnen.
§. 2.
Fuͤr ihre Volſtaͤndigkeit laͤſt ſich keine Gewehr leiſten. Aus Revel iſt uns nur
das Namenverzeichnis der Herren Buͤrgermeiſter eingeſandt, die man mit einer ziemlichen
Liſte aus dem Rathsherrnſtande haͤtte bereichern koͤnnen, wenn man gleich anfangs auf dieſe
Tabelle gedacht haͤtte.
§. 3.
Das Regiſter der evangeliſchen Prediger in Revel faͤlt weitlaͤuftiger als das zu
Riga, weil jene Stadt freiere Haͤnde hatte. Riga hingegen muſte zur Zeit der Reforma-
tion bey der nahen Gegenwart ihrer roͤmiſch-catholiſchen Regenten einen maͤchtigern Wi-
derſtand uͤberwinden. Selbſt Plettenberg warf ihr in mehrern Reſcripten vor, daß ſie bey
Aus-
[349]Verzeichnis des geſamten Raths zu Riga und Revel.
Ausbreitung der evangeliſchen Religion vom Kaiſer huͤlflos und ihren Feinden werde uͤberlaſ-
ſen werden. Weiter hin iſt das evangeliſche Miniſterium ſtaͤrker beſetzet worden.
§. 4.
Die Buchſtaben E. V. bedeuten Erzvogt, und B. Buͤrgermeiſter. Die ver-
richteten Legationen betreffen das Jntereſſe der Stadt, mehrentheils auf den Henſetagen, in
Abſicht der Kaufmanſchaft.
Buͤrgermeiſter und Rathsherren der ehemaligen erzbiſchoͤflichen
und Ordensſtadt Riga.
Herr
- 1230 Adelbert, Advocatus, oder Archi-Praͤ-
tor, Obervogt.- Theodorus de Berewick, Pro-Conſ.
- Johannes de Horehuſen, Pro-Conſ.
- Wernerus, Rathman.
- Thidericus de Wenden.
- 1258 Conrad genant Prawegalle B.
Ludolphus. - 1296 Werner von der Rope, Statvogt.
- 1298 Joh. v. Vellin.
- 1300 Henning Mey, Buͤrgermeiſter.
- 1302 Tidemann, Vogt.
- Gottfried Langeſuͤde.
- Wolqwin v. Oſthuſen.
- Henr. v. der Mytowe.
- 1306 Joh. v. Warendorpe. B.
- 1307 Lambert Seyme,
- - - Heinrich Holſt,
- - - Gyſeler Wymann,
- - - Gerlach Reſe,
- 1308 Henrich Ronne.
- 1310 Harmen Rode.
- 1315 Henricus Gigas, (Reſe).
- 1317 Joh. v. der Rhatporte.
- 1318 Gerhard Bobbe Buͤrgerm.
- - - Leonhard Bobbe, Rathman, liegt
auf dem St. Jacobskirchhof begra-
ben, vor der groſſen Thuͤrſchwelle. - 1319 Ernſt Reiche (Dives).
- 1321 Gottſchalck Wichmann B. † 1358,
neben dem vorigon begraben. - 1323 Joh. Langeſide.
- 1373 Brun Cullik, Geſandter nach Luͤ-
beck zum Hanſetage. - 1373 Johan Duhrkop, zweimaliger Ge-
ſandter nach Luͤbeck. - 1376 Meiner von Bockhem, Geſandter
nach Doͤrpt.- Arnold Vorwerck gieng mit.
- 1381 Frowin Romlingrode, hat 3 Ge-
ſandſchaften verrichtet, nach Doͤrpt,
Luͤbeck und Walck.- Peter von Ardren.
- 1383 Tiedeman Grona.
- 1384 Tiedeman von Halle, hat 7 Geſand-
ſchaften verrichtet. - Meinert von Sandbahr.
- 1385 Wolfart von Ravensborch.
- Meinert von Sandsbochen und
- 1387 Conrad Duhrkop, hat 4 Legationes
verrichtet. - 1388 Johan Kalmar.
- Johan von Coͤlln.
Herr
- 1390 Herman Winckel.
- hat 4 Geſandſchaften verrichtet.
- 1391 Tiedeman von der Hacke.
- 1392 Tiedeman von der Niebruͤgge B.
- Wulfhard von Rawenſchlage.
- 1393 Conrad Fiſch, hat 4. Geſandſchaften
verrichtet. - 1394 Wolfradt von Stade.
- 1397 Johan von Wyſenbergh.
- 1398 Borcherd Weſendahl.
- 1399 Joh. Friſtenberg.
- 1400 Johan Roſtock.
- - - Hartwich Steinhoͤfer.
- 1401 Lubbert Wittenbargher B.
- 1405 Gottſchalck Bredebecke.
- 1406 Ewert Stehwer.
- 1407 Johan Wantſchede.
- 1408 Herman Bobbe B.
- - - Albrecht Stockman, beſuchte den
Hanſetag zur Pernau, † 1420. - 1409 Goͤdecke Oldenslohe.
- 1410 Harbert von der Heide.
- - - Hinrich Durkop.
- 1411 Tideman von der Nihenlohe.
- - - Joh. up dem Orde.
- 1412 Godecke Schuweher, B. war zu
Luͤneburg auf dem Hanſetage. - 1420 Johan Looman.
- - - Meinhard von Bochheim B.
- 1421 Lubbert Miſtenborch.
- 1422 Lubbert von der Pahle.
- 1424 Joh. Folſan, Erzvogt.
- 1434 Gottſchalck Viſcher.
- - - Niclas Otterſtede.
- 1434 Hinrich Brederworder.
- - - Reinhold Solt Rumpt.
- 1437 Heilwich Kleinſchmidt, Vorſteher
zum heil. Geiſte. - 1440 Johan Eppinghuſen.
- 1448 Joh. von dem Wege B.
- - - Hinr. Schoͤnhart.
- 1450 Joh. von Dicke.
- 1453 Hinrich von Wele oder Welinck.
- - - Joh. Genitzen.
- - - Joh. Goedeken.
- 1454 Joh. von Sundern, Stadtvogt.
- 1455 Joh. Geismer, Stadtvogt.
- - - Joh. Volbrecht.
- - - Herman Reinerman.
- - - Cordt Bartman B.
- 1456 Joh. Woninckhuſen B.
- - - Hinr. Mey, Stadtvogt.
- - - Grewin Gendena, B.
T t t t 2Cordt
[350]Die V. Tabelle,
Herr
- - - Cordt Viſcher, B. und Erzvogt †
1486. - - - Wennemer Harmes.
- - - Herm. Radenow.
- 1457 Engelbrecht Gunter.
- - - Frowin Solt-Rump.
- - - Joh. Solt-Rump, B. und Erzvogt.
- 1458 Hinr. Wesbom, Erzvogt.
- - - Gerdt Schluter.
- - - Stephan vom Sande.
- 1459 Hartwich Voet, B. † 1464 iſt in St.
Jacob begraben. - - - Gottſchalck Polemann.
- 1460 Hartwich Siefried.
- - - Hinrich Eppinghuſen, B.
- 1461 Joh. Brecker.
- - - Joh. Groeſſen.
- - - Hinr. von den Brocke.
- - - Joh. Buckenwerder.
- 1465 Joh. von der Borch.
- - - Harmen von Sonders.
- 1467 Ewert Tier.
- - - Thomas von der Borch.
- 1468 Gabriel von Howe.
- - - Herman Meye.
- - - Joh. Luckelin.
- - - Cordt Durkopf.
- 1470 Lambert Hulſcher, B. und Erzvogt.
- 1473 Joh. Schoͤning, B. und Erzvogt;
war 1486 bey der Friedenshandlung
zu Blomdahl. - 1474 Hinrich Kriwitz.
- - - Hinrich Moller, Stadtvogt.
- 1475 Reinhold Hodde.
- 1477 Joh. Tierrave.
- 1479 Peter Mannen.
- 1480 Herman Voſſ.
- - - M. Joh. Molner, Synd. und Pro-
curator der Stadt aus Sehauſen. - 1483 Tetſe Sulke, Kaͤmmerer.
- 1484 Joh. Holthuſen.
- - - Peter Hinrichs, B.
- - - Cordt von Loͤwen, B.
- - - Herm. Helwich.
- 1485 Evert von Steven.
- - - Niclas Feldt.
- 1486 Carſten Herberdes, B.
- 1488 Goſwin Menninck, B. † 1515.
- - - Merten Breckerfeldt, B. und Erz-
vogt. - 1490 Werner Weddemeyer.
- 1492 Joh. Camphuſen, Vogt † 1492.
- 1493 Joh. Scheper.
- 1494 Wilhelm Strick.
- - - Joh. Endthorn.
- 1495 Herm. Duncker.
- 1496 Joachim Rodenberch.
- - - Anton von Scheden, Untervogt.
- 1497 Niclas Holſt.
- - - Wilhelm Meyer.
- - - Joh. Reuter.
Herr
- - - Joh. Broetze.
- - - Ludert Streper.
- - - Lutke Lembeke.
- 1499 Joh. Schroeder.
- - - Joh. Wyckhauſen.
- - - Wenemer Mey.
- - - Toͤnnis Suileken.
- - - Chriſtoffer Meyer.
- - - Lubbert Witte.
- - - Asmus Suileken, B.
- - - Gerdt von Steven.
- - - Hinrich Stenhauer.
- 1500 Joh. Meteler, B.
- - - Gerdt Hultſcher, Erzvogt.
- 1501 Frowin Geismer.
- 1503 Hinrich Hane.
- 1506 Joh. Camphauſen.
- - - Joh. Rodenberg.
- 1507 Carſten Bonnickhuſen.
- - - Mag. Bernhardt Brandt, Secret.
† 1515. - 1508 Wilhelm Titzens, (Tidiken) B.
- - - Peter Grauert.
- 1510 Jurgen Koning, B.
- - - Joh. Spenckhuſen † 1532.
- 1512 Toͤnnis Muyter, (Muth) B. u. Erzv.
- 1513 Herman Buring.
- - - Stobel von Dale, Erzvogt.
- - - Joh. Meyer.
- 1514 Paul Drehling, Erzvogt.
- - - Jacob vom Hoffe.
- 1515 Niclas Borch.
- - - Caſpar Kolthoff.
- - - Herman thor Moͤlen.
- 1516 Goͤdeke Durkop.
- - - Martin Brekerfeld.
- 1517 Heinrich von Carpen.
- - - Joh. Becker.
- 1518 Mag. Joachim Saſſe, Procurat, und
Secret. der Stadt. - 1519 Herman Schleper.
- 1520 Herman Bulow.
- - - Mag. Joh. Lomoͤller.
- 1522 Antoni Tileken.
- 1524 Hinrich Goͤtte, B. † 1540.
- - - Heinrich v. Ulenbrocke, B. † 1541
den 22ſten Jan. - 1526 Troclus Klocke.
- 1527 Jordan Pleskau.
- - - Johan Duvel.
- - - Johan Butte, B.
- 1529 Carſten Stoͤrling.
- 1530 Johan Schleper.
- - - Bernhardt Bruel, Stadtſecretair.
- 1531 Barthold Friderichs.
- - - Cordt Durekop, † 1548 ſchrieb ſich
hochdeutſch Theuerkauf. - 1533 Peter Boninghuſen, ſtarb zu Luͤ-
beck. - - - Johan zum Berge, † 1564.
- 1535 Caſpar Spenckhuſen, † 1547.
Ben-
[351]Verzeichnis des geſamten Raths zu Revel.
- - - Bendix Wilken, † 1564.
- 1536 Herman Schriver, † 1563.
- - - Juͤrgen Padel, † 1571.
- 1542 Frantz Ronning.
- - - Evert von Karpen.
- 1543 Jaſper Kolthoff, Vogt.
- - - Michel Schultze, † 1563.
- 1545 Joh. Spenckhuſen, B. † 1570.
- - - Niclas Peitauw.
- - - Dominicus Becker.
- 1547 Caſpar vom Hoffe, Oberkaͤmmerer, †
1577. - - - Werner Meye.
- 1548 Roͤtgert Schulte, † 1566.
- - - Juͤrgen Koͤnig.
- - - Thomas thor Moͤlen, † 1563.
- 1549 Melchior Kirchhoff, † 1571.
- - - Hinrich Hake, † 1566.
- - - - - Graveſand.
- 1551 Balthaſar Ganskaw, † 1557.
- - - Heinrich Kinwitz
- - - Laurens Timermann, † 1572, hat al-
le Aemter bedienet. - 1555 Joh. thom Bergen, B. † 1576 den
30 Sept. - - - Gerdt Friedrichs.
- 1556 Mag. Stephan Schoͤnbach, Synd.
- 1557 Vincentz Glandorff, † 1566.
- - - Nicolaus Ficke.
- 1558 Heinrich von Ulenbrock, B. † 1576 den
1 May. - - - Caſper Rombarch † 1564.
- - - Hinricus Rigemann,I. V. L. B. †
1576 den 27ſten Dec. - 1560 Roͤtgert Eweken, † 1571.
- - - Ewert Oetting, Stadtvogt, † 1581.
- 1562 Johann Groͤne, † 1584.
- - - Joſt Lohmann.
Rigiſches Stadtminiſterium ſeit der Reformation.
- 1. Andreas Knop oder Rnoͤpken, ſtarb
1539. Auf ſeinem Leichenſtein ſtehen die
Worte: Mors, ero mors tua, morſus
tuus, inferne. Die drey Knoͤpfe auf ſei-
nem Leichenſtein liegen 1 und 2, da ſie ſonſt
in ſeinem Wapen 2 und 1 liegen *). - 2. Sylveſter Tegetmeyer, kam 1522, und
diente an der Jacobikirche. Seine An-
tritspredigt hielt er den erſten Advent uͤber
Luc. 19, v. 6. 1542 ward er Paſtor prima-
rius zu St. Petri, und ſtarb 1552. - 3. Johann Briſmann, der Gottesgelahrt-
heit Doctor, kam 1527 den 22ſten Oct.
mit ſeiner Frau und ſeinem Sohn, Elias,
nach Riga, und richtete mit Beihuͤlfe der
beiden vorigen Prediger die Kirchenge-
braͤuche auf wittenbergiſchen Fus ein,
gieng aber bald wieder nach Koͤnigsberg.
- 4. Mag. Jacob Batt, Superintendent
und Rector der Schule, brachte 1529 ſein
Recommendationsſchreiben von Luthern
und Melanchthon mit ſich, und ſtarb
den fuͤnften Feiertag nach Martini 1548. - 5. Mag. Wenceslaus Laͤmken kam in
demſelben Jahr mit Batten herein. - 6. Johann Moͤller der Aeltere, kam auch
1529, und ſtarb 1566. - 7. Georg Sterbel, kam 1552, und ward am
30 Nov. mit wittenb. Gebraͤuchen ordiniret. - 8. Roͤtger Becker oder Piſtorius, wur-
de 1553 ordiniret, und 1558 Oberpaſtor. - 9. Matthias Knoͤpken, des erſten Luthe-
riſchen Predigers Sohn, wurde mit vori-
gen zugleich ordiniret, und ſtarb den 14ten
Dec. 1581. - 10. Joachim Moͤller der juͤngere erhielt
U u u umit
[352]Die V. Tabelle,
mit beiden vorigen zugleich die Ordination,
und ſtarb den 3ten Dec. 1565. - 11. Mag. Gregorius Ploͤnius oder Pli-
nius, ward ordiniret 1554, war Senior
Miniſterii, und ſind unter ihm den 13ten
Merz 1558 die erſten Veſperpredigten in
Riga gehalten worden.
- 12. Johannes Reckmann, ein Luͤbecker,
ordinirt den 15ten Jul. 1558, lebte im Am-
te 43, im Eheſtande 36 Jahr und ſtarb im
69ſten Jahr ſeines Alters den 11ten Febr.
1601. Er liegt beim Altar in den Peters-
kirche begraben.
Verzeichnis der Herren Burgermeiſter der kaiſerlichen Anſee-
und Handelsſtadt Reval, wie ſolche vom J. 1346 an bis 1562, ſo viel
man deren aus denen alten Protocollen und Canzeley-Nachrichten
hat aufſuchen koͤnnen, geheiſſen haben:
Herr
- 1346 Hermann Movemann.
- Reinekin Kowel.
- Wenemar Hollogher.
- 1397 Curt Kegeler.
- 1400 Marquart Bretholt.
- 1415 Gert Witte.
- 1430 Matthias Schanze.
- Nicolaus Staͤmler.
- 1436 Jurgen Knickmann.
- 1438 Caſt. von Borſtell.
- Hinrich Schelwent.
- Johann Suͤnnenſchyn.
- 1457 Albert Rumor.
- 1480 Joh. Grefft.
- 1482 Hinr. Schelwente.
- Gert Schale.
- 1499 Didrich Hagen und Johann Gru-
ther. - 1504 Johann Kullerde.
Herr
- 1512 Albrecht Fegeſack.
- 1519 Johann Viant.
- 1520 Heiſe Patiner.
- 1521 Johann Hudde.
- 1522 Jacob Richgerdes.
- 1523 Matthias Depholt.
- 1524 Johann Kullert.
- 1525 Both Schroͤder.
- Hinrich Schmidt.
- 1526 Thomas Fegeſack.
- 1527 Carſten Loͤningk.
- 1550 Johann Hower.
- Johann Egeling.
- Thomas von Wernen.
- Jacob Hynneke.
- 1554 Joharn Peperſack.
- 1559 Arent Packebuſch.
- 1662 Johann Koͤning, der in Schweden
die Capitulation von Eſtland be-
trieben.
Lutheriſche Superintendenten und Paſtores zu Reval.
1. Zu St. Olai.
- 1517 Zacharias Haſſe, der erſte Prediger
der reinen Evangeliſchen Lehre in
Reval, ſtarb in der Peſt Anno 1531. - 1540 M. Henricus Bockius, Hamelen-
ſis, wurde vom Rath in Reval ver-
ſchrieben, welchen D. Luther, M.
Philippus Melanchthon, D. Bu-
genhagen und D. Juſtus Jonas
von Wittenberg hieher recomman-
diret, den 17ten May 1540, ſtarb in der
Peſt 1549 eines ſchnellen Todes. Sei-
ne Grabſchrift in der Nicolaikir-
che liefert Kelch S. 185.- Reinhold Geiſt, ſtarb 1551 den 6ten
Febr. - Herman Groͤnau, war zuvor Paſtor
zu St. Michaelis im Kloſter, ſtarb
im hohen Alter 1563.
- Reinhold Geiſt, ſtarb 1551 den 6ten
- 1561 Johannes Robertus, Geldrenſis,
war vorher Diaconus zu St. Olai
1551, nachgehends Superintendens
uͤber Reval, und endlich Biſchof
uͤber Ehſtland, ſtarb 1572.
2. Bey St. Nicolai.
- 1522 Johann Lange, der erſte evangeli-
ſche Prediger hieſelbſt, ſtarb in der
Peſt 1531. Siehe das aͤlteſte Mini-
ſterialkirchenbuch S. 545. - 1532 Joachim Walter, ſtarb den 13 Ja-
nuarii 1556. - 1556 Johann von Kaesfeldt, Weſtpha-
lus, den 4ten Jul. ſein Bildnis und
Epitaphium ſtehet in der Nicolaikir-
che bey der kleinen Thuͤr. Er ſtarb
den 23ſten Nov. 1558. - 1559 M. Nicolaus Ziegelmeiſter, von
Roſtock, ſtarb im Nov. 1566.
3. Bey der heil. Geiſtkirche.
- 1520 Heinr. Boͤckhold, ſtarb in der Peſt 1531.
- 1532 Johann Kohl ſtarb den 16 May 1540.
- 1540 Reinhold Beſeler, Paſtor barbaro-
rum ad Spir. S. ſtarb den 17 Febr. 1554. - 1554 Marcus Papius,eccleſiaſtes piſcato-
rum, hat gelebt zur Zeit Bockii bey
der St. Gerdruthenkirche in der Fi-
ſchermaye, ſtarb den 24ſten Aug. 1549.
1550 Her-
[353]Verzeichnis des geſamten Raths zu Riga und Revel.
- 1550 Hermann Ehrenſtein.
- 1560. Thomas Harderus,alias Mün-
drix, primo Paſtor leproſorum ad D.
Johannnis, poſtea Paſtor ad Spir. S.
ſtarb 1565.
4. Diaconi bey der St. Olaikirche.
- 1550 Gerhard Cullmann.
- Bartholdos Froͤling ſtarb 1559.
- M. Johannes Robertus, damals
ſind ſowol bey Olai, als bey Nico-
lai zwey Diaconi, oder ein Diaco-
nus und ein Catechet nebſt einem Pa-
ſtore geweſen.
5. Diaconi bey der St. Nicolai-
kirche*).
- 1540. Herman Brinck † in der Peſt 1540.
- 1550 Johann Hobbing, Koͤsfeldenſis.
- 1556 Chriſtianus Tangermundenſis, †
1563.
Einige Zuſaͤtze und Verbeſſerungen.
- Seite 1, in der letzten Zeile der Note a) mus es heiſſen: ſol ſich nicht auf das feſte Land beziehen.
- Zu S. 32, beim Eid der Bauren iſt zu wiſſen, daß der Schwoͤrende in der linken Hand eine ausgeloͤſchte
Kohle, in der rechten einen duͤrren Stab hielt, mit dem einen Fus auf einem duͤrren Raſen ſtand, und
auf dem Kopfe einen Stein trug. Der Herr Vicepraͤſident von Brevern bezeugen in einer Hand-
ſchrift, daß ſie beim Landgerichte zu deſſen Abſchaffung vieles geholfen. - Seite 34, Z. 13, mus geleſen werden dimidium Fertonem, dafuͤr doch einige Abſchriften Franconem le-
ſen, welche letztere Muͤnze auch in dem alten Preuſſen ſehr uͤblich war.
Beim Jahr 1274 zwiſchen den 29 Aug. und 5 Nov. mus ver Erzbiſchof Johann anf den Stuhl
gekommen ſeyn.
- Zu Seite 92 not. *) diener zur Erleuterung des Worts: Domicellus, daß der erſte Erzbiſchof Jſarnus
in einem Briefe von 1302 die Herren Woldemar von Roſen, Andreas von Koskuͤl, Ritter, die
Herren Helmold von Roſen, und Rudolphinus von Ungern Domicellos und Vaſallos nenne,
welches erſte Wort ſich durch Junker ausdrucken laͤſt.
Jm Jahr 1400 wurden des Meiſters Einkuͤnfte aus ſeinen Guͤtern auf 4000 Mark taxiret. Die Voͤgte
von Karkus, Helmet und Ruyen muſten alle Jahr in des Meiſters Kammer geben 2000 Mark. So
meldet auch Beſoldi Theatrum unter dem Worte: Erbaͤmter, daß der Herr Meiſter, der Erzbiſchof und
die Biſchoͤfe von Liefland bey Empfang des kaiſerlichen Lehns an die Erbaͤmter ein gewiſſes an Gel-
de gegeben.
- Zu S. 112, not. f) Hiezu gehoͤren die Exempel: Wy Broder Henrich Stamme, Voghet zu Oberpa-
len 1406. Wy Broder Herbert von der Heide, Voght zu Oberpalen 1418. Hingegen ſtehet 1468:
Jch Gerdt von Wellingraden, Bruder duͤtſches Ordens zu Liefland, Vogt tho Oberpalen. - Seite 115 not. c) hat Carl der IVte die Urkunde nicht fuͤr unguͤltig, ſondern fuͤr aͤcht erkant.
Jm Jahr 1446 unterſchrieb ſich am Tage der elf duſend Meide zu Segewolde Heidenreich Vin-
cke, mik dem Zunamen von Oberbeck, der Ordensmeiſter Johann Woldhus aber braucht 1470 den
Beinamen von Kerſe.
1506 unterſchrieb ein gewiſſer Schreiber von Randen, Namens Hinrich Mandel, ein Palloper-
ſches Document, mit der ſaubern Jahrzahl IVIIIIII.
- Seite 185 not. i) DieterichsHilaria Liuoniae berichten in der Dedication, daß Knoͤpgens Erklaͤ-
rung der Epiſtel an die Roͤmer 1525 zu Strasburg gedruckt ſey. Knoͤpgens geſamte Lieder aber ſte-
hen im rigiſchen Geſangbuch, das der 1615 gedruckten Ordnung des Kirchendienſtes beigefuͤget iſt, al-
ſo citiret:
Von der chriſtlichen Kirche: Hilf GOTT, wie geht es immer zu, daß alles Volk ſo
grimmet.
- PſalmIII. Ach GOtt, mein einger Troſt und Heil, warum ſind meiner Feinde ſo viel ꝛc.
- Pſ.XXIII. Was kan uns kommen an fuͤr Noth, ſo uns der HErre weidet.
- Pſ.XXV. Von allen Menſchen abgewandt, zu dir mein Seel erhoben.
- Pſ.XXXIII. Jhr Frommen, freuet euch des HErrn.
- Pſ.CXVI. Jch glaub es feſt und bins gewis, daß mir mein Suͤnd vergeben.
- Pſ.CXXV. Da es wol ging, mein Herz und Sinn, Stunden ſtets in Furchten.
- Pſ.CXXXIII. Sieh, wie ganz lieblich und wie fein, Stehn Chriſtus und die Sein.
- Pſ.CXLVI. Preis, meine Seel, GOtt, deinen HErrn, lob, ſing, dank und ſtets ehre.
HErr Chriſt der einge GOttes Sohn. Das Lied aber, Hilf uns in deinem Namen, du allmaͤch-
tiger GOtt, daß an uns nicht erjage der Satan ſeinen Muth ꝛc. hat zur Rubrik: Verkaͤntnis,
der neuen, als man ſagt, Lehre wider die, ſo der irrigen Geiſter und des Teufels Lehren anhaͤngig
ſind, 1 Tim.IV.
U u u u 2Jm
[354]Einige Zuſaͤtze und Verbeſſerungen.
Jm Jahr 1528 war Thomas noch zu Speier, und unterſchrieb das Privilegium uͤber Roſen-
beckThomas S. Eccleſiae Rigenſis Electus, hatte auch noch nicht das Stiftsſiegel. Den 12 Sept.
nent ihm CarlV. Erzbiſchof zu Riga unſern Fuͤrſten und lieben Andaͤchtigen.
Karkus heiſt in alten Documenten, anch 1552, Kerckhuus.
Jin dem Jungferkloſter zu Lemſel muſte 1532 Hinrich Wrangel auf Befehl des Erzb. Tho-
mas mit ſeinem Beiſitzer Kerſten Gutsleff und Gerdt von Meden auf Hans Noͤtkens Anſuchen
einen Verhoͤr anſtellen, und bekennet die ehrbare und tugendſame Jungfer Syſter Grete Balckin,
daß ſie die erſte Schweſter ſey, ſeit dem das Kloſter geſtiftet worden, ſamt Syſter Grete Vyſch, Sy-
ſter Elſaben, und Syſter Engel, daß ſie mit ihren Augen geſehen, daß ſel. Michel Noͤtken das
Dorf zu Stecklen um 400 Mark verpfaͤndet.
1552 war Georg Syburg Hauscomtur zu Riga, Gotthard Kettler Schoͤſſer zu Wenden,
Evert Syburg Cumpan zu Riga, und Claus Nieroth Landknecht zu Tuckum.
Ronneburg liegt an der Raune, und hatte wie Wenden ein rigiſches Thor. Man ſieht
hieraus, warum das Thor in der Vorſtadt Riga, wo man nach Ronneburg reiſet, die Raunspfor-
te heiſſen koͤnne.
Gleichwie Liefland ehemals eine Provinz Sontagana hatte, ſo hat es auch noch die Guͤter
Sontagen, die ſonſt ein Obriſtlieut. Wolmer Anton von Schlippenbach, und ein Major, Rein-
hold von Ungern Sternberg, beſeſſen.
- Seite 120 Z. 47 ſchenkte der Koͤnig von Schweden nicht 50 Centner, ſondern 50 Schifpfund Kupfer
zum Dach der Peterskirche, die 5000 Rthlr. ausmachten. - Seite 181 not. *) heiſt es: Verſuchung GOttes. Zu den Wapen der Staͤdte iſt noch hinzuzufuͤgen:
Friedrichſtadt. Ein gekroͤnter Greif. Sie ſiegelt in gelb Wachs, mit der Unterſchrift: Sigillum
Friedrich-Stadt. Anno 1646. - Seite 277 iſt das ſchoͤne Privilegium Sigism. Aug. nicht den Tag, ſondern den 6 Tag nach Cathrin.
ertheilet.
Jn der Vorrede heiſt der Rigiſche Stadtelterman nicht Kleeburg, ſondern Kleeberg.
- Seite 337, die Schoſtacke in Curland haben den Model d, und weil ſie uͤber dem Wapen die VI haben,
heiſſen ſie Sechſer.
Daß die aͤlteſten Kirchen dieſer Laͤnder faſt durchgehends Kloͤſter neben ſich oder in der Naͤhe ge-
habt, iſt warſcheinlich.
Wie noch in Eſtland die Ueberbleibſel des alten Schloſſes Roͤtel vorhanden, ſo ſiehet man auch in
Liefland hinter Kokenhauſen an der andern Seite der Duͤne gegen Klauenſtein uͤber die Rudera ei-
ner alten Burg, die vieleicht Gercike geweſen.
Regi-[[355]]
Appendix A Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen.
Appendix A.1 A.
- Abel, Koͤnig von Daͤnnemark, Schen-
kung deſſelben an den oͤſelſchen Biſchof
Hermann, und den Herrmeiſter Andr. von
Stuckland 50. 51 - Adalica, wird zum Kloſter Gudwall gekauft 48
- Adel, alter lieflaͤndiſcher, Titel deſſelben 112f)
- Adelin. Titel der aͤlteſten daͤniſchen Prinzen 92 *)
- Adolph, Graf von Holſtein, Beiſtand der Lief-
laͤnder gegen die Ruſſen 45 - Adolph, Graf von Schauenburg, thut einen
einen Feldzug nach Liefland 41 ꝛc. - Age Saxeſon, daͤniſcher Stathalter in Revel 78
- von Aichſtaͤdt, S. Juͤrgen.
- Albert, Herzog von Sachſen, Freiheiten, ſo er
den rigiſchen Kaufleuten verſtattet 34 - Albert, Biſchof von Riga, Bemuͤhungen deſſel-
ben zur Aufname von Liefland 7. legt ein
Kloſter an 8. ſtiftet das Hoſpital S. Juͤrgen
14. Freiheiten, ſo er vom roͤmiſchen Koͤnig
Heinrich erhalten 14h). 15. verfaſſet ein Rit-
ter- und Landrecht 23. Tod deſſelben 33 - Albert, Erzbiſchof von Liefland, Banbrief deſſelben
wider die Strandkaper 52 ꝛc. Erwaͤlung deſ-
ſelben zum Erzbiſchof 53. Vertraͤge deſſelben
mit dem Orden, der Stadt Riga und des Schloſ-
ſes Gercicke wegen 54 vermittelt einen Stil-
ſtand zwiſchen dem Orden und den Litthauern
58. Tod deſſelben 63 - Albrecht, Koͤnig in Schweden, Gefangenſchaft
und Befreiung deſſelben 115. 116 - Albrecht, Herzog von Preuſſen, freundſchaftli-
che Erklaͤrung deſſelben gegen den Orden in
Liefland 251 - Alenpois, wird dem Orden vom Koͤnig von
Daͤnnemark abgetreten 51 - Alexander, Groskoͤnig von Nogarden, erobert
Pleskow von dem Orden 46 - Alexander, Biſchof von Doͤrpt, bleibt im Gefecht
wider die Ruſſen 62 - AlexanderIV, Papſt, geſtehet den Rigiſchen eini-
ge Vortheile zu 54 - Alexander, Grosfuͤrſt zu Litthauen, Buͤndnis der
Lieflaͤnder mit demſelben 175 - Allentaken, wird dem Ordensmeiſter unterwuͤr-
fig gemacht 190 - Alumbus, wird von Herman der lieflaͤndiſchen
Ritterſchaft abgetreten 15 - Ampoten, wird von den Ruſſen belagert 48. Stif-
ter deſſelben 49 - Anno von Sangerhauſen, Herrmeiſter in Lief-
land 56. 57. wird zum Hochmeiſter des deut-
ſchen Ordens berufen 57. Siege deſſelben uͤber
die Litthauer und ihre Bundsgenoſſen 63 - Arce, (Graf von) ungluͤckliches Schickſal deſſel-
ben 267m) - Arensborg, (Graf von) koͤmt Eberhard von Man-
heim wider Gedimin zu Huͤlfe 93 - Arnſtein, (Graf von) einer von den lieflaͤndiſchen
Feldzuͤgern. 19 - Arrenkuͤlle, wird den Bruͤdern von Erich VII zu
Lehn gegeben 69 - Artig, was es fuͤr eine Muͤnze geweſen 128
- Aſcherade, wird von Weſthard uͤberfallen 19
- Aßiſa, Bedeutung dieſes Worts 20
Appendix A.2 B.
- Babat, wird der Stadt Riga zuerkant 182. 183.
- von Baͤhr, Ulr. daͤniſcher Gevolmaͤchtigter in
Liefland 252 - Balduin, ein ſemgalliſcher Biſchof, erweitert die
rigiſchen Stadtgrenzen 35 - Balke, Herman, wird zum Herrmeiſter erwaͤlet
38. 40. Gluͤck deſſelben gegen die Ruſſen 44.
45. Tod deſſelben 45 - Barnim, Herzog von Pommern, Abzug deſſelben
aus Liefland 19 - Barwin, Herr von Roſtock, giebt den Rigiſchen
die Zolfreiheit 55 - Battus, Jac. Tod deſſelben 213
- Bauerrecht, lieflaͤndiſches 28-30
- Bauerſprache, S. Buurſprache
- Bauorduung, erſte rigiſche 69
- Baurentumult in Liefland 95. 98
- Berno, Hans, Gefaͤngnis deſſelben 232
- von Berenwich, Dietr. bringet die Grenzen der
Stadt Riga in Richtigkeit 34 - Bernhard, Biſchof zu Doͤrpt, Schenkung deſ-
ſelben an den Orden 47c). Vergleich deſſel-
ben mit dem Herrmeiſter Heinr. von Dumpes-
hagen 70 - Berthold von Oeſterreich, gluͤckliche Gefechte
deſſelben mit den Litthauern 72 - Bettholtz, Joh. Abgeordneter des revelſchen
Raths an den Koͤnig Erich von Schweden 265 - Biſchoͤfliche Titel, Beiſpiel ausſchweifender Ver-
groͤſſerung derſelben 183g). 256f) - Biſchofschronick, Nachricht von dieſem Buch 72 *)
- von Blankenfeld, Joh. Biſchof zu Revel 183.
wird zum Erzbiſchof von Riga erwaͤlet 188.
vom Adel in Verhaft genommen 189. Erledi-
gung und Tod deſſelben 185 - von Blomberg, Sigfried, Erzbiſchof von Ri-
ga 108. Tod deſſelben 109 - von Blomberg, (Baron) Verfaſſer einer engli-
ſchen Beſchreibung von Liefland 176 * - Bodo von Hohenburg13. 14
- Bockhold, Heinr. einer von den Reformatoren
zu Revel 189 - BonifaciusIX, Forderungen deſſelben an den
lieflaͤndiſchen Orden 115 - von der Borg, Bernh. Herrmeiſter 153-163.
wird abgeſetzt 163 - - - - Simon, Biſchof zu Revel 157
- der Borge Tucht164
- Borgholm wird von den Schweden einge-
nommen 268 - Botel, Heinr. Ordensmarſchal, ungluͤckliches
Gefecht deſſelben gegen die Litthauer 59 - Bredenbach, Tileman, Nachricht von ſeinem
Buch Bellum liuonicum111 * - von Breithauſen, Werner, Herrmeiſter 60. 61
- Bremer, kommen nach Liefland 3. 4
- Briſman, Joh. wird nach Riga verſchrieben 196
- von Bruͤggene, Wennemar, Herrmeiſter
113-118 - von Bruͤggeney, Herman, Beſtaͤtigung ſeiner
Landmarſchalwuͤrde 202 ꝛc. herrmeiſterliche
Wuͤrde deſſelben 203. 205. Tod deſſelben 213 - Bruͤhan, S. Berthold von Oeſterreich
- Bruel, Bernh. rigiſcher Secretarius 214
X x x xBru-
[156]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen.
- Bruno, Herrmeiſter 70. 71
- Buchdrucker, erſter in Riga 24
- von Buckenvorde, Heinr. Herrmeiſter 133. 134
- Burchard von Hornhauſen, Herrmeiſter 57-59
- Buurſprache der Stadt Riga 109 ꝛc.
- von Buxthoͤveden, Reinhold, wird aus dem
Biſtum Oeſel verdrengt 202. 205
Appendix A.3 C.
- Canen, ein litthauiſches Schlos, wird von den
Ordensbruͤdern erobert 106 - Carls des5Diploma von den Vorrechten des
Ordens in Liefland 196. Einige Briefe deſſel-
ben zum Vortheil der Lieflaͤnder 216 - Caſpar Linde, S. Linde.
- der groſſe Caſper, Name eines Thurms zu Ron-
neburg 180 - S. Catharinenkloſter in Riga 105
- Cautio Radziviliana prima270
- Chriſterſon, Claes, Verrichtungen deſſelben in
Eſtland fuͤr die Krone Schweden 265. wird
zum oberſten Feldmarſchal ernant 269 - ChriſtianIII, Koͤnig von Daͤnnemark, Vorſpra-
che deſſelben bey dem Czaar fuͤr die Lieflaͤnder
243 - Chriſtoph, Erichs VII Bruder, wird von die-
ſem mit Eſtland belehnet 75 - ChriſtophII, Koͤnig von Daͤnnemark, verſchenkt
Eſtland an den Herzog Cnut 81. 82 - Chriſtoph, Herzog zu Mecklenburg, wird zum
Coadiutor des Stifts Riga ernant 217. 218.
Gefangenſchaft deſſelben 221. Loslaſſung deſ-
ſelben 226. nachmalige Schickſale deſſelben
269 - Ciſtercienſer, Geſchichte dieſes Ordens in Lief-
land 79d) - Clausberg, wird von den Semgallern zerſtoͤrt
18 - ClemensIV, vortheilhafte Anſtalt deſſelben fuͤr
den Orden in Liefland 60 - Clodt, Joſt, Haupt einer revelſchen Geſandſchaft
nach Daͤnnemark 242. mehrere Nachricht von
ihm 261k) - Clodtiſches Geſchlecht, einige Nachricht von
demſelben 191 * 261k) - Cnut, Porſe, Herzog von Holland und Samſoe,
Nachricht von ihm 82f) - Coͤlniſche Erzbiſchoͤfe werden zu Beſchirmern des
deutſchens Ordens in Liefland ernant 79 - Conarski, Chriſtoph, polniſcher Geſandter in
Liefland 259 - Conrad, Biſchof von Oeſel, Zwiſtigkeiten deſſel-
ben mit dem Orden 74. vereinigt ſich mit dem-
ſelben 74f) - Cruſe, Elerd, doͤrptiſcher Geſandter nach Rus-
land 226 - Culmias, wird zum Kloſter Gudwall gekauft 48
- Curland, zwey Theile davon werden dem Orden
eingeraͤumet 46. neuer Vertrag deshalb zwi-
ſchen dem Biſchof von Curland und Eberhard
von Seine 52 - Curland, ein Schlos, Stifter deſſelben 49. eben-
daſelbſt d) - Curlaͤnder, heidniſche, Vergleich derſelben mit
der rigiſchen Kirche 33. Eintheilung ihres
Landes unter den Orden und Biſchof 46. Un-
ruhen derſelben 47. 48. aͤlteſte Nachrichten von
denſelben 49d) - Cyſſe von Rutenberge, S. von Rutenberge
- Czigaley, Anfuͤrer des rußiſchen Heers gegen die
Lieflaͤnder 229
Appendix A.4 D.
- Daghoe, wird von dem Kloſter Padis ver-
aͤuſſert 98
- Damerow, Johann, Unruhen wegen ſeiner
Wahl zum doͤrptiſchen Biſchof 111 - Danhof, iſt an den Koͤnig von Daͤnnemark ver-
pfaͤndet 150 - Danziger, pluͤndern die Gegend von Oeſel 148
- von Deden, Arnd, narviſcher Gevolmaͤchtigter
am rußiſchen Hofe eines Friedens wegen 231 - Denow, wird vom Mindow der Orden vermacht
57 - Deutſcher Orden, wenn er geſtiftet worden 38a)
Gebraͤuche bey der Wahl ſeiner Glieder und
deren Verpflichtung 39. Generalkapitel deſ-
ſelben zu Marienburg unter Conr. von Jungin-
gen 119. bekomt ſeine Freiheiten von Leo
den 10 beſtaͤtigt 182 - Diedrich, Biſchof von Wirland 55
- Diedrich, Biſchof zu Doͤrpt, Haͤndel deſſelben
mit dem Orden 116 - Dieterich, ein eſtlaͤndiſcher Biſchof, Reiſe deſ-
ſelben nach Rom 8 - Dobbeſyne, ein ſamogitiſches Schlos, wird von
den Ordensvoͤlkern zerſtoͤret 100 - Dobblenſches Schlos, erbauet 93
- Doͤrpt, Unruhen, ſo Melchior Hoffman daſelbſt
angerichtet 193. 194. Anſtalten der Stadt
zur Beſchuͤtzung der evangeliſchen Religion 202
mus dem Czaar einen Tribut erlegen 217.
226. 233. wird von den Ruſſen belagert 235.
236. ergiebt ſich an dieſelben. 238. wird des-
halb von den Rigiſchen ſehr mitgenommen 240 - Doͤrptiſche Ritterſchaft, Privilegien derſelben
208 - von Dreyleven, Burchard, Herrmeiſter 94-99
- Drillen, was es fuͤr Leute ſeyn 126. 127
- Duͤne, ergieſt ſich 105
- Duͤnemuͤnde, Vertrag, ſo der Abt Wilhelm die-
ſes Kloſters halben mit der Stadt Riga errich-
tet 58. 59. Lage deſſelben 68 *) wird von
den Rigiſchen zerſtoͤret 162. wird von Pletten-
berg befeſtiget 175 - von Dumpeshagen, Heinr. Herrmeiſter 70
- Durben, wird an Polen verſetzt 251
Appendix A.5 E.
- Eberhard, Abt von Padis 191
- Eeck, Nicol. Haͤndel deſſelben mit Dav. Hil-
chen 24 - Eifland, verdorbener Name von Liefland 2
- Ekowemuͤnde, wird von dem Erzbiſchof Albert
der rigiſchen Buͤrgerſchaft geſchenkt 63 - Elert, Stathalter in Revel 65
- von Eltzen, Robin, Herrmeiſter 109-113
- Emmajoͤggt, Flus, wird dem Orden abgetre-
ten 16 - Emund, Biſchof von Curland, uͤberlaͤſt den Or-
den das Schlos Memel 69 - Engelbert, curlaͤndiſcher Biſchof, wird von den
Curen umgebracht 46 - Engelbert, Biſchof zu Doͤrpt 86. wird Erz-
biſchof von Riga 94. ſtirbt 102 - Erich, Biſchof zu Lincoͤping, ſchwediſcher Geſand-
ter nach Rusland 267 - ErichV, Koͤnig von Daͤnnemark, Vergleich deſ-
ſelben mit dem Biſchof zu Revel 43. 44 - ErichVI, ſchickt den Revelſchen Huͤlfsvoͤlker ge-
gen die Ruſſen zu 62. giebt den Rigiſchen in
ſeinem Reich die Zolfreiheit 64 - ErichVII, vortheilhafte Geſinnung deſſelben ge-
gen die Buͤrger zu Riga 72. Vergleichung
deſſelben mit dem Orden wegen der Grenzſtrei-
tigkeiten 79 - ErichVIII, bekomt Eſtland 260. 261. 263.
Friedensſchlus deſſelben mit Rusland 266. 267
Schutz-
[137[157]]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen.
Schutzbrief deſſelben fuͤr Harrien, Wirland,
Jerwen und Revel 268 - von Erlinghauſen, Ludw. preußiſcher Hoch-
meiſter, beſtaͤtigt die Handfeſte der Ritterſchaft
von Harrien und Wirland 139. 140. Abfal
der Ordenslaͤnder von demſelben 143. Ver-
gleich deſſelben mit dem Koͤnig Chriſtian von
Daͤnnemark 144 giebt dem Orden in Lief-
land die oberherſchaftliche Gewalt uͤber Eſt-
land 149 ꝛc. - von Ermis, Lorenz, bleibt in einem Gefecht
gegen die Ruſſen 259 - Ernemod, erſter Biſchof in Curland 12
- Eſten, Altertuͤmer und Sprache derſelben 10d)
11 - Eſtland, erſtes Lehnrecht deſſelben 10. wird
vom Papſt dem Koͤnig in Daͤnnemark, Walde-
mar, zugeſprochen 38. an denſelben vom Or-
den abgetreten 40. 41. Erklaͤrung der Ritter-
ſchaft wegen der Abhaͤnglichkeit dieſes Landes
von Daͤnnemark 74. wird von Erich VII dem
Herzog Chriſtoph zur Lehn gegeben 75. Ver-
fertigung einer neuen Landordnung dieſes
Stifts 76. es wird dem Biſchof Heinrich uͤber-
tragen 76. wird vom Chriſtoph 2 an dem
Herzog Cnut verſchenkt 81. 82. dem Orden
abgetreten 92. Kaiſer Ludwigs Verordnung
wegen des Beſitzes deſſelben 93. es wird vom
Waldemar an den Hochmeiſter Heinrich Duſemer
verkauft 100. von demſelben dem Herrmeiſter
Großwin von Hericke uͤberlaſſen 100. Mis-
helligkeiten zwiſchen dem Adel und der Buͤrger-
ſchaft daſelbſt 206. ergiebt ſich an Schwe-
den 260. 262 - Eſtlaͤndiſche Ritterrechte werden verbeſſert 79
- Eſtlaͤndiſche Ritterſchaft, Verpflichtung der-
ſelben an Chriſtoph 2 in Daͤnnemark wegen
einer Geldſchuld 85 - Eſtniſche Bauren, Einfuͤrung einer Getraidauf-
lage derſelben 66 - Evangeliſche Religion, Verſtattung derſelben
in Liefland vom Koͤnig in Polen 274 - Evenius, Sigiſm. erſter Rector des revelſchen
Gymnaſii 78
Appendix A.6 F.
- Fabry, Dionyſ. Ordensſyndicus, reiſet nach dem
gelobten Lande 177 - Fabricius, Dionyſ. Nachricht und Urtheil von
ſeiner lieflaͤndiſchen Geſchichte 3 *) - Faden, ein lieflaͤndiſches Feldmaas 44
- Falkenau, an der Embach, erbauet 34
- von Fechten, Johann, wird zum Erzbiſchof von
Riga erwaͤlet 67. ſtirbt 70 - Fegefeuer, ein Schlos in Harrien, wird von den
Ruſſen verbrant 253. wird von den Schwe-
den eingenommen 268 - Fegeſack, Thom. Buͤrgemeiſter zu Revel, ſtillet
daſelbſt einen Tumult 206 - Fellin, wird von den Ruſſen erobert 159
- von Feuchtwangen, Conr. Herrmeiſter 66
- Fiſchwehren in Liefland, Beſchreibung derſelben
16 *) - Flemming, erſter ſchwediſcher Gouverneur von
Eſtland 269 - Franciſcaner, bekommen die Kirche des h. Gei-
ſtes in Riga 166 - Francke, Claus, doͤrptiſcher Geſandter nach
Rusland 226 - Frauenburg, Erbauung dieſes Schloſſes 94
- von Freden, Diedr. Probſt zu St. Jacob in
Riga 108 - Freitag, Joh. S. Loringhof
- von Freymerſen, Wilh. Ordensmeiſter 107-109
- Friedrich2 roͤmiſcher Kaiſer, Freiheiten, ſo er
dem lieflaͤndiſchen Orden verſtattet 19. Frei-
gebigkeit deſſelben gegen ſie 38 - Friedrich3 beſtaͤtiget den lieflaͤndiſchen Staͤdten
ihre Privilegien 138. ertheilet den lieflaͤndi-
ſchen Ordensmeiſtern groſſe Vorrechte 160 - Friedrich, Koͤnig von Daͤnnemark, beſtaͤtiget
den Rigiſchen ihre Vorrechte in ſeinen Landen
201 - Friedrich, Biſchof von Doͤrpt, Freiheiten, ſo
er den lief- und eſtlaͤndiſchen Kaufleuten er-
theilet 63. 64 - Friedrich, Erzbiſchof von Riga 74. Buͤndnis
deſſelben mit den Litthauern 84h). Tod deſſel-
ben 194 - von Fuͤrſtenberg, Wilhelm, Hermeiſter 223 ꝛc.
Verpflichtungen deſſelben gegen die Stadt Ri-
ga 224. legt die Regierung nieder 247. wird
gefangen nach Rusland gefuͤret 257 - von Fyfhuſen, Fromhold, Erzbiſchof von Ri-
ga 102. Verklagt den Orden beim Papſt 105
Vergleich deſſelben mit dem Orden wegen der
Stadt Riga ꝛc. 108. Tod deſſelben, ebend. - von Galen, Joh. bleibt in einem Gefecht gegen
die Ruſſen 259 - von Galen, Hinr. Herrmeiſter 215 ꝛc. bewerk-
ſtelliget einen Frieden mit Rusland 217. ſchlaͤgt
Schweden ſeinen Beiſtand wider die Ruſſen ab
218. ſtirbt 222 - - - - Hinrich, Comthur von Goldingen wird
von den Ruſſen gefangen 256 - Gedinim, Koͤnig der Litthauer, vergebliche An-
ſtalten zur Taufe deſſelben 83. Haͤndel deſſel-
ben mit dem Orden 92 - Geiſtlichkeit in Liefland, Verordnung wegen ih-
rer Kleidertracht 128 - von Geldern, Joh. Superintendent von Revel
269 - Gelmuth, Claus, ergiebt ſich an die Ruſſen 235
- Georg, Abt zu Padis, Verſorgung deſſelben vom
Orden 248 - Georg, Herzog von Braunſch. wird zum Poſtula-
ten von Riga vorgeſchlagen 195 - Gercicke, Vergleichung der Erzb. Alberts und des
Ordens uͤber dieſes Schlos 54 - Gerhard, Graf von Holſtein, ſchenkt den rigi-
ſchen die Zolfreiheit 50 - Gerlach, befoͤrdert die Vereinigung des Schwerdt-
traͤger- und deutſchen Ordens 37. ebend. y) 83 - Gerwen, wird dem Orden vom Koͤnige von Daͤn-
nemark abgetreten 51 - Goldingen, Erbauung dieſes Schloſſes 46. ei-
nige Rechte deſſelben 87. Grenzſcheidung die-
ſes Orts 105. erhaͤlt vom Arn. von Vietinghof
neue Vorrechte 106. die Rathmaͤnner daſelbſt
erhalten die Freiheit von den Buͤrgern Schos
zu heben 108. die Grenze der Stadt wird er-
weitert 112. bekomt von Bruͤggeney neue
Vorrechte 208. wird an Rusland verſetzt 251 - Goswin von Aſchenberg, hebt eine biſchoͤfliche
Geſandſchaft an den Pabſt auf 128 - Gothlaͤndiſch verbeſſert Recht31. wird vom
Erzbiſchof Friedrich beſtaͤtiget 75 - Gottſchenius, Pet. zweiter Rector des revelſchen
Gymnaſii 78 - Grand, Joh. ſchlaͤgt das rigiſche Erzbiſtum aus 73
- Graue Schweſtern von der dritten Regel
Franciſci, Verordnung wegen der Aufnam der-
ſelben 166 - GregoriusXIII, vereinigt den Schwerdtbruͤderor-
den mit dem deutſchen 39b) 40 - Grubers lieflaͤndiſche Chronik, Verbeſſerungen der-
ſelben 8 - Grubin, wird an Herzog Albrecht in Preuſſen
verpfaͤndet 248
X x x x 2von
[358]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen.
- von Gruͤningen, Dietr. wird zum Herrmeiſter des
lieflaͤndiſchen Ordens vorgeſchlagen 38. Re-
gierung deſſelben 47 ꝛc. dankt von der Mei-
ſterſchaft ab 49. Vergleich zwiſchen| ihm und
dem Erzbiſchof 49 - Gudwall, Bereicherung dieſes Kloſters von dem
Koͤnig Erich in Daͤnnemark 48. Nachricht von
den Umſtaͤnden dieſes Kloſters 48b) - Gurguſtia, S. Fiſchwehren.
- GuſtavI, von Schweden, wird von den Lief-
laͤndern um Huͤlfe wider die Ruſſen angeſpro-
chen 244. Anforderungen deſſelben an Kett-
lern 249. 250. freundſchaftliche Erbietungen
deſſelben gegen die Lieflaͤnder wider die Ruſſen
259
Appendix A.7 H.
- Habundi, Joh. Erzbiſchof zu Riga 124 ꝛc. Tod
deſſelben 125 - Hagerſche Guͤter in Juͤtland, Geſuch des Koͤnigs
Carls von Schweden deshalb an dem Orden
150 - Haken, Beſtimmung dieſes lieflaͤndiſchen Feld-
maaſſes 43d). 44 - Hakenrichter180
- Hakenſon, wird zum Schlosvogt zu Revel be-
ſtellet 269 - Hanhele, wird Volquin von dem B. Albert zu
Lehn gegeben 15 - Hanſeeſtaͤdte, Verordnungen derſelben 124 ꝛc.
lieflaͤndiſche, bekommen ihre Freiheiten vom
Koͤnig Chriſtoph in Daͤnnemark beſtaͤtiget 135 - Hapſal, wird von dem Orden dem Biſchof von
Oeſel weggenommen 77. von Diedr. Jxkuͤl
gepluͤndert 112 - Harrien, wird von Heinrich VII dem lieflaͤndi-
ſchen Orden geſchenkt 22. die daſige Ritter-
ſchaft bekomt vom Koͤnig in Daͤnnemark ihre
Briefſchaften beſtaͤtigt 79. wird dem Ordens-
meiſter voͤllig unterwuͤrfig gemacht 190. Em-
poͤrung der Bauren daſelbſt 259 - Hartwig, Biſchof von Oeſel, Zwiſtigkeiten deſ-
ſelben mit dem Orden 81 - Hauptſchlag, eine rußiſche Ehrenbezeugung
179Anm. - Haſenpot wird an Polen verſetzt 251
- Haſſe, Zach. einer von den Reformatoren zu Re-
vel 189 - Heiligenfeld, Heinrich, Probſt zu Riga, Un-
ternemungen deſſelben gegen den Orden 162.
Vergleich deſſelben mit dem Erzbiſchof Michael
Hildebrand 165 - Hebet, Johan, biſchoͤfliche Wuͤrde deſſelben zu
Doͤrpt 111 - HeinrichVII, roͤmiſcher Koͤnig, ſchenkt dem lief-
laͤndiſchen Orden verſchiedene Laͤnder 22 - Heinrich, Biſchof von Revel, weihet das Klo-
ſter Padis ein 136 - Heinrich, Biſchof auf Oeſel, Vertrag deſſelben
mit dem Herrmeiſter Herman Balke 41. ver-
ſtattet den Schiffen in ſeinem Hafen die Zol-
freiheit 95. jaͤmmerliches Ende deſſelben 112 - Heinrich von Heimburg, Herrmeiſter 46
- Heinrich, Herzog von Mecklenburg, tuͤrkiſche
Gefangenſchaft und Befreiung deſſelben 55e) - Helmet, Erbauung dieſes Schloſſes 60
- von Helfenbach, Martialis, Landcomthur von
Samogitien, wird von den Einwohnern er-
mordet 119 - Helms, Juͤrgen, Nachricht von ſeiner lieflaͤndi-
ſchen Chronik 68 *) - von Herike, Goßwin, Herrmeiſter 99-105.
dankt von dieſer Wuͤrde ab 105 - Herman, Biſchof zu Doͤrpt, Freiheiten, ſo er
vom roͤmiſchen Koͤnig Heinrich erhalten 14.
15. verlegt den biſchoͤflichen Sitz nach Doͤrpt
15. erbauet das Kloſter Falkenan an der
Embach 34. Tod deſſelben 34u) - Herman, Biſchof zu Oeſel, bekomt von Daͤnne-
mark das oͤſelſche und wykiſche Biſtum geſchenkt
50 ebend. b) - Herman von Weſel, Biſchof zu Doͤrpt 227e)
- Herman von Salze, Hochmeiſter des deutſchen
Ordens, nimt den Schwerdtbruͤderorden in
denſelben auf 35-38 - Herrmeiſter in Liefland, erhalten von Friedrich
3 groſſe Vorrechte 160. erhalten vom Carl 5
die Regalien 208 - von Herzogenſtein, Conr. Herrmeiſter 68
- Heuſchlaͤge, Vergleich zwiſchen der rigiſchen Rit-
ter- und Buͤrgerſchaft deshalb 94 - Hexenproceſſe in Liefland 3 *)
- Hilchen, Dav. verbeſſert das lieflaͤndiſche Ritter-
recht 23p). Nachrichten von ſeinen Lebens-
umſtaͤnden 23 *) - Hildebrand, Michael, Erzbiſchof von Riga 163.
ſtiftet einen Vergleich zwiſchen dem Ordens-
meiſter und Schweden 166. Tod deſſelben 178 - Himming, Nils, ſchwediſcher Geſandter nach
Rusland 267 - Hirren, was es fuͤr ein Volk geweſen 49d)
- Hofmann, Melchior, Verwirrungen, ſo derſelbe
in Doͤrpt angerichtet 193 - Hofman, Zacharias, kaiſerlicher Botſchafter
nach Liefland 249 - von Hohenbach, Bodo. Herrmeiſter 69. 70
- Holtzſchuher, Georg, Kanzler von Doͤrpt 216.
kluger Rath deſſelben wegen des noͤtigen Ver-
haltens gegen die Ruſſen 228. wird von Fuͤr-
ſtenbergen gefaͤnglich eingezogen 240 - Honorius3. Papſt, Bulle deſſelben wegen der
Rechte des lieflaͤndiſchen Ordens 21 ꝛc. - von Hornhauſen, S. Burchard5
- Hoveſelle, wird an das Kloſter Padis verkauft
81 - Huldigungsbrief des Ordensmeiſters an die
Stadt Riga 253 ꝛc. - von Hurenhuſen, Joh. Bevolmaͤchtigter zur
Grenzeinrichtung der Stadt Riga 34
Appendix A.8 J.
- Jacob, Biſchof von Oeſel, Vergleich des Ordens
mit demſelben 75Anm.86 - Jacobskirche in Riga, Volquins Streitigkeiten
wegen des Jur. Patronatus bey derſelben 17 - Jaczwingi, Nachricht von dieſem Volk 57 *)
- Jagello, Koͤnig in Polen, Haͤndel deſſelben mit
Vitold 113. ſtehet demſelben gegen den Or-
den bey 121 - Jaroslaw, richtiges Vermaͤchtnis deſſelben an
die Kirche zu Doͤrpt 47 - Jecreſin, wo es gelegen 57 *)
- Jerwen, wird von Heinrich VII dem Orden in
Liefland geſchenkt 22. demſelben von Walde-
mar abgetreten 40 - Jeſuiten, Abzug derſelben aus Riga 186
- Jeſusbore, Erbauung dieſes Schloſſes 46
- von Jocke, Gerdt, Hermeiſter 77-86
- Jodocus Hagenſtein, Biſchof von Oeſel 150
- Jodocus von der Recke, Biſchof von Doͤrpt
227e) - Johann, Herr von Mecklenburg, Freiheiten, ſo
derſelbe den Rigiſchen verſtattet 47 - Johann, Graf von Holſtein, ſchenkt den Rigi-
ſchen die Zolfreiheit 50 - Johannes von Luͤnen, wird Erzbiſchof von Ri-
ga 63. Freiheiten, ſo er den rigiſchen Buͤr-
ger verſtattet 64. | Tod deſſelben 67.
Jo-
[359]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen
- Johannes von Fechten, Erzbiſchof von Riga
67. ſtirbt 70 - Johannes von Schwerin, Erzbiſchof von Ri-
ga 70. Gefangenſchaft und Befreiung deſſel-
ben 72. Tod deſſelben, ebend. - Johann von Sinten, S. von Sinten
- Johann, Biſchof von Doͤrpt, ſchrenkt die Ge-
walt des Ordens in ſeinem Stifte ein 105 - Jſarnus, wird Erzbiſchof von Riga 72. ver-
gleicht die Zwiſtigkeiten zwiſchen dem Orden
und der Stadt Riga 75 - Jſrael Birgerſon, ſchwediſcher Reichsrath,
ſtirbt 106 - Juͤrgen von Aichſtaͤdt, Herrmeiſter 59. 60
- Juͤrgen, ein wunderlicher Separatiſt 229e)
- S. Juͤrgen, Hoſpital, Stiftung deſſelben 14
- Juͤrgenskirche wird dem Orden angewieſen 17
- S. Juͤrgenshof, wird von den Rigiſchen zerſtoͤret
76 - die S. Juͤrgenbruͤderſchaft in Riga 107 *
- von Jungingen, Conr. Hochmeiſter des deut-
ſchen Ordens 117. haͤlt ein Generalkapitel zu
Marienburg 119 - - - - - - Ulrich, Hochmeiſter, wird von
den Pohlen und Litthauern aufs Haupt geſchla-
gen 121 - Jwan Baſilewitz, Einfal deſſelben in Liefland
159. Herrſchaften, ſo derſelbe von Liefland
bekommen 291 - Jwanogrod, wird von den Schweden in Brand
geſteckt 165b) - Jxkuͤl, Diedr. pluͤndert das Schlos Hapſal 112
Appendix A.9 K.
- Kale, wird an das Kloſter Gudwall gekauft 48
- Kallis, wird zum Kloſter Gudwall gekauft 48
- Kanen, Joh. bauet die Stadt Revel weiter aus
77 - Kapitelpforte zu Riga, Vergleich zwiſchen der
Stadt und dem Kapitel daruͤber 78. Strei-
tigkeiten, ſo zwiſchen beiden daruͤber entſtanden
86 - Karkus, wird von den Ruſſen erobert 265
- Karinemme, wird dem Kloſter Padis geſchenkt
81 - Kawelecht, wird von den Ruſſen beſetzt 235
- Kegel, wird an Revel verpfaͤndet 248
- Kettler, Gotthard, wird zum Comthur zu Duͤ-
neburg beſtellet 217. wirbt in Deutſchland
Voͤlker 218. Gefar deſſelben in einem Gefecht
wider die Ruſſen 234. wird zu Wilh. von
Fuͤrſtenberg Coadjutor ernant 235. erobert
das Schlos Ringen von den Ruſſen 243. ſucht
ſich gegen dieſelben mit Polen zu verbinden 246.
wird zum Herrmeiſter erwaͤlet 247. nimt von
der Stadt Riga die Huldigung ein 253. frucht-
loſe Geſandſchaft deſſelben nach Schweden um
Huͤlfe wider die Ruſſen 260. Vorrechte, ſo er
bey der Unterwerfung des Landes unter Polen
erhalten 274. Remisbrief deſſelben 289 - Kiek in de Koͤke, Erbauung dieſes revelſchen
Thurms 199 - Kiewel, Joh. Biſchof zu Oeſel, Freiheitsbrief
derſelben 189 - Kieyſtut, Grosfuͤrſt der Litthauer, doppelte Ge-
fangenſchaft deſſelben 105106 - der Kirchholmiſche Vertrag 137 ꝛc. wird vom
Erzbiſchof Sylveſter getilget 143 - Kniprode, Hochmeiſter des deutſchen Ordens
108 - Knoͤpken, Andr. erſter Urheber der Reformation
in Liefland 184 - Koͤnig, Ludolph, preußiſcher Hochmeiſter 99
- Koͤnigsberger, Haͤndel derſelben mit den Einwo-
nern von Bethen 58 - Kokenhauſen, wird den Herrn von Tieſenhau-
ſen abgenommen 116 - Komet, Erſcheinung deſſelben im Jahr 1556.
218. 219 - Krewen, Krewitzen, alte Benennung der Ruſ-
ſen 37 *) - Krumhauſen, Joachim, narviſcher Botſchafter
nach Rusland eines Friedens wegen 231. wird
der Verraͤterey beſchuldiget 232233 - Krumme, Nils, ſchwediſcher Geſandter nach
Rusland 267 - Kuͤlmet, Gehalt dieſes Maaſſes 66d)
- Kurpſche, Andrei, Anfuͤrer der rußiſchen Voͤl-
ker in Liefland, gluͤcklicher Fortgang ſeiner
Waffen 256 ꝛc. - Kylabeſine, ein ſamogitiſches Schlos, wird von
den Ordensvoͤlkern zerſtoͤret 100 - Kyrenpeh, ein Schlos, wird in Brand geſteckt
234
Appendix A.10 L.
- Lais, wird von den Ruſſen beſetzt 235. von Kett-
lern vergeblich beſtuͤrmet 249 - Lange, Joh. einer von den Reformatoren zu
Revel 189 - Larſſon, Oloff, ſchwediſcher Geſandſchaftsſecre-
tair nach Rusland 267 - Leale, wird Volquin von dem B. Albert zu Lehn
gegeben 15. von Gerdt von Jocke dem Bi-
ſchof von Oeſel weggenommen 477. dem Or-
den von dem Biſchof Joh. Vatelkanne abge-
treten 150 - Lehnguͤter, lieflaͤndiſche, verſchiedene Arten
derſelben 146 *) - Leichenſteine einiger Herrmeiſter 173d) 174
- Leipzig, Urſprung des Namens dieſer Stadt 2
der Lembſelſche Vertrag 197 ꝛc. - Lettiſcher Bauereid32
- Libau in Curland, woher es ſo heiſſe 2
- Liefland, Urſprung ſeines Namens 1a). Ent-
deckung deſſelben von den Bremern 3-5. daſi-
ges Feldmaas 43d). Verſchiedenheit des lief-
laͤndiſchen Erzbiſtums von dem rigiſchen 53 *)
groſſe Peſt und Hungersnot daſelbſt 80e). der
daſige Handel wird mit Daͤnnemark eingerich-
tet 113. Buͤndnis der Lieflaͤnder mit Schwe-
den wider die Ruſſen 173. groſſe Peſt in die-
ſem Lande 213. wird von allen Abgaben ans
Reich frey geſprochen 214. unterwirft ſich
dem Koͤnig von Polen 270 ꝛc. - Linde, Caſpar, Erzbiſchof von Riga 179. loͤ-
ſet die von ſeinem Vorgaͤnger veraͤuſſerte Guͤ-
ter wieder ein 182. Tod deſſelben 187 - Linkerlaͤnder117g)
- Litthauer, Vortheile, ſo Dietr. von Gruͤningen
uͤber ſie erhalten 48. werden vom Andreas
von Stuckland gedemuͤtiget 51. ſchlagen die
Deutſchen in Curland 59. werden von Juͤr-
gen von Aichſtaͤdt aus Curland gejagt 59. 60.
ſchlagen den Otto von Rodenſtein 63. ſchla-
gen den Hermeiſter Ernſt von Ratzeburg 65.
66. Vereinigung derſelben mit dem Erzbi-
ſchof von Riga wider den Orden 71. 72. Strei-
fereien derſelben in Eſtland 83. Friedens-
ſchlus derſelben mit den Eſtlaͤndern 84. Ein-
fal derſelben in Semgallien und Liefland unter
Burch. von Dreylewen 98. 99. Haͤndel derſel-
ben mit Conr. von Vietinghoff 118 - Liven, aͤlteſte, Wonungen derſelben 4 *). Spra-
che derſelben 10d). Regierungsart derſelben
14Anm. - Lochſtedt, Erbauung dieſer Feſtung 60
Y y y yvon
[360]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen.
- von Lode, Reinhold, Botſchafter der eſtniſchen
Ritterſchaft an Kettlern 260 - Lodhe, wird Volquin von dem B. Albert zur
Lehn gegeben 15. wird von Gerdt von Jocke dem
Biſchof zu Oeſel weggenommen 77. wird von
den aufruͤrigen Bauren belagert 259 - Lonsky, polniſcher Geſandter, ſchimpfliche Be-
gegnung deſſelben von den Lieflaͤndern 220 - von Loringhof, Joh. Freitag, Herrmeiſter
163-173 - Lucning, Hauptman unter den Ordensvoͤlkern,
Tod deſſelben 249 - Ludwig, Marggraf von Brandenburg, bekomt
Eſtland vom Koͤnig Waldemar in Daͤnnemark
verſchrieben 93 - Ludwig von Oettingen, Vicemeiſter des deut-
ſchen Ordens 35. 38 - Luͤbecker, bekomt von Gottfr. von Rogga ein
Handelsprivilegium 73. erneuern ihre Com-
mercientractate mit Riga 216. Haͤndel der-
ſelben mit den Revelern 250 - Luͤbiſches Recht, Einfuͤrung deſſelben in Revel
206 - von Luͤdinghuſen, Hinr. uͤbergiebt dem Herzog
Magnus das Schlos Sonneburg 252 - von Luͤnen, Joh. Erzbiſchof von Riga, S. Jo-
bannes. - von Lunen, Johann, wird vom Erzbiſchof zu
Riga mit verſchiedenen Doͤrfern belenet 65 - Luſtfer, Chriſtoph, Abgeordneter des doͤrpti-
ſchen Biſchofs an den rußiſchen Hof 230. wird
von Fuͤrſtenberg als ein Landesverraͤter in
Verhaft genommen 240. elendes Ende deſſel-
ben, ebend.
Appendix A.11 M.
- Magdeburgiſche Erzbiſchoͤfe werden zu Be-
ſchirmern des Ordens in Liefland ernant 79 - Magnus, Koͤnig in Schweden, beſtaͤtiget der
Stadt Riga die Zolfreiheit in ſeinen Landen 62.
64. Schutzbrief deſſelben fuͤr die rigiſchen
Kaufleute 104 - Magnus, Herzog von Holſtein, Ankunft und
Anſpruͤche deſſelben in Liefland 251. 252. Ver-
gleich deſſelben mitt Kettlern zu Pernau 254 ꝛc.
256f). mus von den Ruſſen entweichen 258 - Margaretha Sambiria, Koͤnigin von Daͤnne-
Mark, Verordnungen derſelben wegen der
Stadt Revel 60 - Marianerorden, Zeit der Stifturg deſſelben 38a)
- Marienburg, Erbauung dieſes Schloſſes 94.
Eroberung deſſelben vom Vitold 113. ergiebt
ſich an die Ruſſen 250 - Marienhauſen wird von dem Erzbiſchof Caſpar
Linde neu aufgebauet 179. 180 - Marienthal, ein Brigittenkloſter bey Revel,
Stiftung deſſelben 120 - Matthias, daͤniſcher Reichsdroſte, bleibt in ei-
nem Treffen gegen die Ruſſen 62 - Maximilian, roͤmiſcher Kaiſer, giebt dem Herr-
meiſter Plettenberg auf drey Jahr die Zolge-
rechtigkeit 177 - Meck, Claes, Abgeordneter der eſtlaͤndiſchen
Ritterſchaft an den Koͤnig Erich von Schwe-
den 264. wird von demſelben zum Ritter ge-
macht 266 - von Meden, Conr. Herrmeiſter 61. 62
- Meekiſche Familie, Nachricht von derſelben
266 *) - Memel, Theilung dieſes Orts zwiſchen den Bi-
ſchof von Curland und den Orden 52. wird
vom Biſchof Emund dem Orden ganz uͤber-
laſſen 69. wird an den Hochmeiſter Werner
von Orzela abgetreten 87 - Memelſche Muͤnze, Guͤltigkeit derſelben 52
- von Mengden, Engelbr. vermeret das lieflaͤndi-
ſche Landrecht 23 - - - - - - Guſtav, Poeſien deſſelben 24**)
- - - - - - Johann, Herrmeiſter, Vergleich
deſſelben mit dem Erzbiſchof Silveſter 136 ꝛc.
Buͤndnis deſſelben mit dem Koͤnig Chriſtian
von Daͤnnemark 143. 146. ſpricht die Rit-
terſchaft von Harrien und Wirland von allen
Schatzungen frey 146. Buͤndnis deſſelben
mit dem Erzbiſchof Silveſter 147 ꝛc. ſeine
Ordination zum curlaͤndiſchen Biſchof 147 *) - Menius, Friedr. Nachricht von ſeinem Entwurf
einer lieflaͤndiſchen Geſchichte 5. 6. perſoͤnliche
Nachrichten von demſelben 7 - Meſoythen, wird vom Walther von Nordeck
zerſtoͤret 64 - Metzenkuͤlle, wird zum Kloſter Padis geſchenkt
81 - Michaeliskloſter zu Revel, Nachricht von dem-
ſelben 77b) - Milde Gift in Riga, Stiftung derſelben 244 ꝛc.
- Mitau, erbauung des daſigen Schloſſes 93.
wird von den Litthauern in Brand geſteckt 98 - Mocke, wird von Herman der Ritterſchaft ab-
getreten 15. Abel, Koͤnig von Daͤnnemark,
begiebt ſich ſeiner Anſpruͤche darauf 51 - Moͤnche zu Falkenau, Liſt derſelben, ihre Ein-
kuͤnfte zu vermeren 34 - von Moͤnnichhauſen, Chriſtoph, beſetzt das
Schlos zu Revel 242 - Mollin, Nicol. erſter Buchdrucker in Riga 24
- Mone, ein Theil davon ſchenkt der Orden dem
Biſchof auf Oeſel 41 - von Monheim, Eberh. Herrmeiſter 87-94
- Muͤnchhauſen, Joh. Biſchof von Oeſel, uͤber-
laͤſt ſein Stift dem Herzog Magnus 252 - Muͤnſter (das Haus von) eine Gildenſtube in
Riga 104 - von Muͤnſter, Caſp. Landmarſchal 219
- Muͤnzen, alte, ſo in Fin- und Eſtland gefun-
den worden 15i) - Muͤnzordnung der geiſtlichen und weltlichen
Herrn von Liefland 127 - Myndow, Haͤndel deſſelben mit dem lieflaͤndi-
ſchen Orden 47. 48. nimt das Chriſtentum
an 51. Veranlaſſung dazu 51d) Vermaͤcht-
nis deſſelben an den Orden 56. 57. bekriegt
denſelben 61. wird meuchelmoͤrderiſcher Wei-
ſe ermordet 62
Appendix A.12 N.
- der Nackende Brief89 ꝛc.
- Narkusky, Stanisl. polniſcher Abgeſandter an
Kettlern 250 - Narva, wird dem lieflaͤndiſchen Orden verſchrie-
ben 97. bekomt ein beſonderes Siegel und
Wapen 127. wird von den Ruſſen belagert
231. gehet an dieſelben uͤber 232 - Naruscewitz, Nicol. polniſcher Abgeſandter an
Kettlern 250 - Nes, Nos ꝛc. Bedeutung dieſer Worte 43 *)
- Neuenhaus, gehet an die Ruſſen uͤber 234
- Neuermuͤhlen wird vom Bitenes belagert 71
- Neuhaus, wird vom Vitold erobert 113
- Neuſtaͤdt, Franz, Nachricht und Urtheil von
ſeiner lieflaͤndiſchen Geſchichte 2 ***) - Nicolaus, wird zum Biſchof von Riga erwaͤ-
let 33 - Nicolaus, Abt zu Padis 98
- Nienhus, wird von den Ruſſen belagert 111
- Nogarden, freier Handel dahin angelegt 83.
wird vom Czaar Jwan Baſilewitz erobert 158.
Nachricht von der Aufnam und Verfal des da-
ſigen Handels 158f) - Norbeck, Joh. bekomt eine Vicarie 205
von
[361]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen.
- von Nordeck, Walther, Herrmeiſter 64
- Normegunde, wird dem Orden vom Koͤnig von
Daͤnnemark abgetreten 51 - Normes, wird an das Kloſter Padis verkauft 81
Appendix A.13 O.
- Oberpahlen, wird von den Ruſſen beſetzt 235
- Oertgen, was es fuͤr eine Muͤnze ſey 30*)
- Oeſel, wird dem Biſchof Herman geſchenkt 50.
wird vom Koͤnig Chriſtoph in Daͤnnemark in
Schutz genommen 136 - Oeſeler, Empoͤrung und Demuͤtigung derſelben
von Andr. von Velwen 42. 43. bekommen vom
Andr. von Stuckland neue Freiheiten 45e).
Unruhen derſelben werden vom Juͤrgen von
Aichſtaͤdt gedaͤmpft 60. ein gleiches geſchiehet
von Gotfr. von Rogga 74 - von Oldenbockum, Caſp. vertheidiget Weiſſen-
ſtein gegen die Ruſſen 258. uͤbergiebt Revel
an die Schweden 263 - Olgerod, Grosfuͤrſt der Litthauer, wird vom
Goswin von Herike geſchlagen 99 - Orden in Liefland, Verſamlung und gemeinſchaft-
liche Schluͤſſe deſſelben zu Doͤrpt 75. bekomt
die Volmacht der Abſolution 116. bekomt vom
Hochmeiſter Conr. von Jungingen ſeine Vor-
rechte beſtaͤtiget 117. 118. wird auf der koſt-
nitziſchen Kirchenverſamlung verklagt 123. waͤ-
let ſeine Meiſter ſelbſt ohne Zuziehung des
Hochmeiſters 133. Vergleich zwiſchen demſel-
ben und dem Erzbiſchof, wegen der Graͤnzen
ihrer Laͤnder 134. bekomt von dem Hochmei-
ſter die oberherrliche Gewalt uͤber ganz Eſtland
148. 149. bekomt vom Hochmeiſter das freie
Wahlrecht 183. ſucht ſich mit dem Reich wider
die Ruſſen zu verbinden 216 - Oſtrad, Biſchof von Wirland 55d)
- Otela, wird dem Orden abgetreten 16
- Otto, ein daͤniſcher Prinz, trit in den deutſchen Or-
den 100 - Ovelack, Joh. Vermaͤchtnis deſſelben an die ri-
giſche Stadthibliothek 24 - Overſch, Joh. wird Verraͤterey gegen den Or-
den halber hingerichtet 225
Appendix A.14 P.
- Padenewsky, polniſcher Gevolmaͤchtigter in
Liefland 251 - Padis, neue Ausbauung dieſes Kloſters 80. kur-
ze Geſchichte deſſelben 79d) Grenzen deſſelben
werden von den Herrn von Scherenbeck beſtimt.
95. Einweihung deſſelben 136. gerichtbar-
keit deſſelben 209. Anforderungen des Ordens
an daſſelbe 248. wird von den Schweden ein-
genommen 268 - von der Palen, Joh. Befreiung deſſelben aus
der Gefangenſchaft 222 - Paſſagia, was es bedeute 20**)
- Paswaliſcher Vertrag zwiſchen Polen und Lief-
land 224 - Paternoſter, Geſtalt derſelben bey den Lieflaͤndern
210 - Pebalgen, wird vom Erzbiſchof Fromhold an
Berthold von Tieſenhauſen verpfaͤndet 105 - Peperſack, Joh. Abgeordneter der Stadt Revel
an den Koͤnig Erich von Schweden 264 - Pernau, erhaͤlt vom Koͤnig von Schweden ein
Handelsprivilegium 108. Landtag der Haͤu-
pter von Liefland daſelbſt unter Kettlern 254 ꝛc.
wird von den Schweden eingenommen 266
- Pernau, das alte, wird von den Samogiten zer-
ſtoͤret 61 - Pernawer, Heinr. daͤniſcher Statthalter in Re-
vel 78. 79 - Perniſpaͤ, wird zum Kloſter Gudwall gekauft 48
- Peterskirche in Riga, Erbauung derſelben 119
- Peterſon, Joh. ſchwediſcher Geſandter nach Rus-
land 267 - Philip, Biſchof von Ratzeburg, Lebensgefar und
Tod deſſelben 8. 9. Begraͤbnisort deſſelben
9c) - Phrimer, Herrmeiſter 86k)
- Pilten, Erbauer dieſes Schloſſes 12
- Pleſkow, die Stadt, wird von dem Orden er-
obert 45. (das Fuͤrſtentum) wird zur Haͤlfte
der rigiſchen Kirche vermacht 47. (die Stadt)
wird von Otto von Rodenſtein belagert 63.
von Gerdt von Jocke erobert 77. von Eberh.
von Monheim wieder zum Gehorſam gebracht
93 - Pleſcower, werden von Conr. von Vietinghof
geſchlagen 120. 121. Haͤndel derſelben mit
dem Biſchof zu Doͤrpt 128 - von Plettenberg, Wolther, wird zum Herr-
meiſter erwaͤlet 174. erhaͤlt einen Sieg uͤber
die Ruſſen 175. 176. bekomt vom Kaiſer drei-
jaͤrige Zolgerechtigkeit 177. Patent derſelben
uͤber die Einung der Bauren zu Revel 180 ꝛc.
erneuert den Frieden mit den Ruſſen 184. be-
komt die voͤllige Oberherſchaft uͤber Wirland,
Harrien und Allentaken 190. bekomt von
Carl 5 ein Diploma uͤber die Vorrechte des
Ordens 196. Anſtalten deſſelben zur Beſchuͤ-
tzung der evangeliſchen Religion. 201. 202.
Einrichtung deſſelben zur Befoͤrderung der Han-
delſchaft 204. Tod deſſelben 205 - Polen, Buͤndnis derſelben mit den Lieflaͤndern ge-
gen die Ruſſen 225 - Predigermoͤnche, Schenkungen der Stadt Riga
an dieſelben 90. 91
Appendix A.15 R.
- Radzivil, Nicol. polniſcher Bevolmaͤchtigter in
Liefland 251. bringt die Unterwerfung dieſes
Landes unter Polen zu Stande 270 ꝛc. - Ragg, Bedeutung dieſes lettiſchen Worts 43*)
- von Ratzeburg, Ernſt, Herrmeiſter 65. 66
- Rawaldſon, Erich, Gefangenſchaft deſſelben
155 - von der Recke, wird von dem Herrmeiſter Bruͤg-
geney zu ſeinem Coadjutor angenommen 211.
herrmeiſterliche Regierung deſſelben 214 - Reimer, Herrmeiſter des Ordens in Liefland
86 - Reckelings, Joh. Biſchof zu Revel, Streitigkei-
ten deſſelben mit dem Abt zu Padis werden bei-
gelegt 114 - Revel, wird von Heinrich VII dem lieflaͤndiſchen
Orden geſchenkt 22. vom Papſt dem Koͤnig
von Daͤnnemark zugeſprochen 38. bekomt von
der Margaretha Sambiria die Muͤnzgerech-
tigkeit 60. die Domherrn des Stifts bekom-
men die Freiheit, ſelbſt einen Biſchof zu waͤlen
64. die Abhaͤnglichkeit deſſelben von Lunden
wird aufgehoben 64. wird vom Erich dem VI
beſchenkt 67. Stiftung des daſigen Gymnaſii
78. 81. wird an den Marggraf Ludwig von
Brandenburg verſchenkt 92. wird dem Or-
densmeiſter zur Vormundſchaft uͤbergeben 96.
erhaͤlt vom Koͤnig von Schweden ein Handels-
privilegium 108. bedenkliche Buͤrgſchaft, ſo
ſie uͤbernommen 115. 116. Theilnemung der-
ſelben an der Reformation Lutheri 189. An-
ſteckende Seuche und Feuersbrunſt daſelbſt 199.
gefaͤrlicher Tumult daſelbſt 206. abermalige
Y y y y 2Feuers-
[362]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen.
Feuersbrunſt daſelbſt 217. das Stift wird
kaͤuflich an den Herzog Magnus gebracht 252.
ſucht bey Schweden Huͤlfe wider die Ruſſen
260 - Revelſche Familien, alte 85 *)
- Riga, Urſprung des Namens dieſer Stadt 110*)
Zeit der Erbauung derſelben 114a). ſie er-
halten von den Pohlen und Ruſſen ein Handels-
privilegium 23. erſte Anlegung einer Buch-
druckerey daſelbſt 24. Stadtrecht derſelben
30. 31. Grenze derſelben durch paͤpſtliche Be-
volmaͤchtigte beſtimt 34. dieſelben werden von
Balduin erweitert 35. erſte Schiffart derſel-
ben 41. Einwoner werden im holſteiniſchen
zolfrey gemacht 50. wird zum Erzbiſtum er-
hoben 53. vom Papſt Alexander IV mit ver-
ſchiedenen Freiheiten verſehen 54. Vertraͤge
derſelben mit Barwin, Herrn von Roſtock 55.
bekomt von Schweden die Zolfreiheit 62. der
daſige zeitliche Richter bekomt das Recht, ſich
einen Subſtituten zu ſetzen 64. Feuersbrunſt
daſelbſt 69. wird von dem Erzbiſchof der
Kron Daͤnnemark ergeben 74e). Jrrungen
zwiſchen dieſer Stadt und dem Biſchof von Oe-
ſel, Conrad 76. neue Vorrechte, ſo die Stadt
vom Erzbiſchof Friedrich bekommen 78. allerley
Zwiſtigkeiten zwiſchen der Stadt und der Geiſt-
lichkeit 78 *). ſie wird von der Zollieferung an
Schweden frey geſprochen 81. Belagerung der-
ſelben von Eberhard von Monheim 78 ꝛc. Er-
gebung derſelben an dem Orden 90. Nach-
richt von den Kirchen der Stadt 91 *) Schutz-
brief fuͤr die rigiſchen Kaufleute von Magno,
Koͤnig in Schweden 104. die Stadt komt wie-
der unter den Erzbiſchof 105. 107. 108. uͤber-
nimt die Buͤrgſchaft fuͤr einen Waffenſtilſtand
Woldemars mit den Hanſeeſtaͤdten 107. erhaͤlt
vom Koͤnig von Schweden ein Handelsprivile-
gium 108. Neuerung in der Kleidung des daſi-
gen Erzbiſchofs und ſeiner Domherren 109.
Einkuͤnfte des Stifts 115 *). Vergleich der
Stadt mit Cyſſen von Rutenberge wegen Er-
laſſung einer Abgabe 127. Vergleich derſelben
mit Johann von Mengden 150. 151. bekomt
neue Freiheiten von dem Hermeiſter Bernhard
von der Borg 154. Friedrichs 3 und Sixti 4
widerſprechende Befele wegen ihrer Oberherrn
160. Haͤndel der Einwoner mit dem Herrmei-
ſter Joh. Freitag von Loringhof 163. ſie be-
kommen vom Papſt Volmacht zu einer neuen
Auflage 166. Einfuͤrung der Reformation in
dieſer Stadt 184 ꝛc. unterwirft ſich Pletten-
bergen 193. Einziehung verſchiedener Kloͤſter
daſelbſt 208. wird in den ſchmalkaldiſchen Bund
mit aufgenommen 209 - Rige, ein Flus in Liefland 110*)
- Ringen, wird von den Ruſſen beſetzt 235. die-
ſe werden von Friedr. Voͤlkerſam daraus ver-
trieben 242 - Ritterrecht, rigiſches 23. Auszug daraus 25 ꝛc.
- Ritterſchaft, lieflaͤndiſche, Vortheile ſo ihr der
doͤrptiſche Biſchof Herman zugeſtanden 15.
neues Privilegium, ſo ſie vom Erzbiſchof Sil-
veſter erhalten 145. lemſelſche Vereinigung
derſelben wider den Verkauf der Guͤter ꝛc.
187 ꝛc. Volmacht derſelben fuͤr ihre Abgeſand-
ten an den Koͤnig von Polen bey dem Unter-
werfungshandel von Liefland 272 ꝛc. - Rodenpois, Lage dieſer See 13***)
- von Rodenſtein, Otto, Herrmeiſter 62. 63
- von Rogga, Gottfr. Herrmeiſter 71-77
- Ronneburg, wird von den Ordensvoͤlkern in
Brand geſteckt 220
- Rotaleven, wird Volquin von dem B. Albert zur
Lehn gegeben 15 - Rupert, Comthur zu Vellin, thut eine Walfart
nach dem gelobten Lande 178 - von Rußdorf, Paul, Hochmeiſter des deutſchen
Ordens, dankt von dieſer Wuͤrde ab 134. 135 - Ruſſen, werden von Heinr. Balke geſchlagen.
44. 45. Haͤndel derſelben mit Werner von
Breithauſen 61. mit Otto von Rodenſtein 63.
werden von Gerdt von Jocke zum Frieden ge-
noͤtiget 77. Handelsvergleich zwiſchen ihnen
und den Lieflaͤndern 125. vergeblicher Verſuch
des Meiſters Vincke gegen dieſelben 135. Ein-
faͤlle derſelben in Liefland unter Plettenberg 175
Zeitrechnung derſelben 177d). Einfal derſel-
ben in Harrien 253 - von Rutenberge, Cyſſe, Herrmeiſter 226-228
Appendix A.16 S.
- Saccala, wird von Herman der lieflaͤndiſchen
Ritterſchaft abgetreten 15 - Salinger, Joh. lieflaͤndiſcher Ordensmarſchal,
ſtirbt 36 - Samogiten, werden von Walther von Nordeck
bezwungen 64. von Wennemar von Bruͤggene
uͤberfallen 117. ihr Land wird an den Or-
den abgetreten 118. gefaͤrlicher Aufſtand der-
ſelben 119. ihr Land faͤlt wieder an Litthauen
121. reiben einen Haufen lieflaͤndiſcher dem
Hochmeiſter zu Huͤlfe geſchickten Voͤlker auf 151 - Samoythen ſchenkt Myndow dem Orden 57
- von Sanenſchein, Eberh. Antheil deſſelben an
der vorgehabten Abſetzung des Hochmeiſters
Paul von Rusdorf 134. 135 - von Sangerhauſen, S. Anno.
- Schalowen, ſchenkt Mindow dem Orden 57
- Schall von Bell, Phil. und Werner, werden
von den Ruſſen gefangen und hingerichtet 256.
ebend.g) - Scharenbecke, Joh. pluͤndert das Schlos Hapſal
112 - Scharfenberg, Henning, Erzbiſchof von Riga
125. ſtirbt 136 - von Schauerburg, Wilh. Herrmeiſter 67
- Scherf, eine lieflaͤndiſche Muͤnze 128
- Schlitte, Hans, rußiſcher Geſandter 240
- Schmiedeman, Joh. Abgeordneter des revel-
ſchen Raths an den Koͤnig Erich in Schweden
265 - Schungell, Herrmeiſter 133. 134
- Schwarzer Pfennig, Gehalt dieſer Muͤnze 31*)
- Schwarze Haͤupter in Riga 107 *)
- Schweden, Buͤndnis der Lieflaͤnder mit denſel-
ben wider die Ruſſen 173 - Schwerdtbruͤderorden, wird mit dem deutſchen
Orden vereiniget 35-38 - Schworben, was darunter zu verſtehen ſey 43 *)
- Sclodo, greift die Litthauer an 59
- Scyren, was es fuͤr ein Volk geweſen 49d)
- von Seine, Eberhard, Herrmeiſter 54-56
- Semgaller, werden von Volquin geſchlagen 19.
von Conrad von Meden gedemuͤtiget 61. von
Wolther von Nordeck bezwungen 64. Haͤndel
deſſelben mit Conr. von Feuchtwangen 66. wer-
den von Conr. von Herzogenſtein geſchlagen 68 - Semgallien, ein Theil davon wird dem Orden
eingeraͤumet 46b) - Serwen, wird von den oͤſelſchen Biſchof dem Or-
den geſchenkt 43 - Sicudel, wird zum Kloſter Gudwall gekauft 48
- Sieborg, Chriſtoph, Vogt zu Candau, wird
von den Ruſſen gefangen 256 - Sieborg, Georg, Geſandſchaft deſſelben an den
Kaiſer 222i). mehrere Nachricht von ihm 247u)
Sie-
[363]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen.
- Sieburg, Caſp. wird wegen Uebergebung des
Schloſſes Marienburg an die Ruſſen ins Ge-
faͤngnis gelegt 250 - Sigismund, roͤmiſcher Kaiſer, nimt ſich des
Lieflaͤndiſchen Ordens gegen die daſige Geiſtlich-
keit an 125 - Sigismund Auguſt, Koͤnig von Polen, Unter-
handlungen deſſelben mit dem lieflaͤndiſchen Or-
den 223. 224. 246. verbindet ſich mit demſel-
ben gegen die Ruſſen 248. bekomt Liefland un-
ter ſeine Herſchaft 271 ꝛc. Privilegium, ſo er
den lieflaͤndiſchen Staͤnden ertheilet 277-288 - von Sinten, Johann, Erzbiſchof von Riga 109.
Haͤndel deſſelben mit dem Herrmeiſter Wenne-
mar von Bruͤggene 114 - Sirgall, Verbindungen deſſelben mit dem Herr-
meiſter Robin von Eltzen 112 - Skergelo, Grosfuͤrſt von Litthauen. 113
- Sluck, verſchiedene Lieflaͤnder dieſes Namens 9
- Sobolit, wird dem Orden abgetreten 16
- Soͤſt (das Haus von) eine Gildenſtube in Riga
104 - Soltrump, Joh. Stadtvogt zu Riga 148
- der Sonebrief88 ꝛc.
- Sonneburg, Nachricht von der Erbauung die-
ſes Schloſſes 98g). es wird dem Herzog
Magnus von Holſtein eingeraͤumet 252 - Sophia, eine griechiſche Princeßin, heiratet den
Czar Jvan Baſilewitz 153. 154 - Sotakele, wird Volquin von Alberto I zu Lehn
gegeben 15 - von Spanheim, Sifert Lander, Herrmeiſter
123-126 - Sternberg, erbauet 41
- Stephan von Gruben, Erzbiſchof zu Riga 157.
Tod deſſelben 161 - Strubycz, Matth. Beurtheilung ſeiner Beſchrei-
bung von Liefland 5 - von Stuckland, Andr. Herrmeiſter 50 ꝛc.
- Sylveſter Stobwaſſer, Erzbiſchof von Riga
136. Privilegium deſſelben fuͤr die Ritter- und
Manſchaft zu Riga 145 ꝛc. Buͤndnis deſſel-
ben mit dem Herrmeiſter Johann von Mengden
146 ꝛc. Zwiſtigkeiten deſſelben mit Bernhard
von der Borg 156. Schickſale deſſelben vor
Erlangung der erzbiſchoͤflichen Wuͤrde 156c)
Appendix A.17 T.
- Tageleiſtung des lieflaͤndiſchen Adels zu Waimel
161 - Tapiaw, Erbauung dieſer Feſtung 60
- Tarweſt, wird von den Ruſſen erobert 159. 265
- Tarwede, wird von den Litthauern erobert 98.
wird von Walther von Nordeck zerſtoͤret
64 - Tater Cham, bietet Kettlern Huͤlfe wider die
Ruſſen an 250 - Taube, Georg, wird erſchoſſen 220
- Tegetmeier, Sylveſter, einer von den erſten
Reformatoren in Liefland, vornemſte Lebens-
umſtaͤnde deſſelben 185. 186. 190 - Tensky (Graf) polniſcher Geſandter am ſchwedi-
ſchen Hofe 267 - Terpingorre, Kelar, rußiſcher Botſchafter an
den doͤrptiſchen Biſchof 227. Verrichtungen deſ-
ſelben 229 - Thoraida, Nachricht von dieſem Flus 58 *)
- von Thulen, Hinr. Geſchenk deſſelben an Gott-
hard Kettler 217 - Thyle, Ant. Buͤrgemeiſter von Doͤrpt, herzhafte
Erklaͤrung deſſelben bey der Belagerung dieſes
Orts von den Ruſſen 237
- von Tieſenhauſen, Heinr. bleibt in einem Treffen
gegen die Litthauer 66 - - - - - - - Johan, mus Kokenhauſen ab-
treten. 116 - - - - - - - Engelrecht und Peter, be-
kommen das Recht der geſamten Hand 124 - - - - - - - Fabian, wird als Geſandter
nach Daͤnnemank geſchickt 242 - Titiger, wird dem rigiſchen Kapitel geſchenkt 155
- Torchill, vortheilhafte Bewilligung des Koͤnigs
Waldemar an denſelben 42. Schenkung Koͤ-
nig Erichs an denſelben 48 - Torck, Diederich, Herrmeiſter 122. 123
- Tragereverre, wird an das Kloſter Padis ver-
kauft 81 - Tramate, Anfuͤrer der Samogiten, Haͤndel deſ-
ſelben mit Werner von Breithauſen 61. er-
mordet den Myndow 62 - Trave, wird von Waldemar geſperret 41
- Treider, Matthi. wird auf Dav. Hilchens Be-
fel erſchoſſen 24
Appendix A.18 U.
- Uggenois, wird dem Orden abgetreten 16
- Ugri, wird zum Kloſter Gudwall gekauft 48
- von Ungern, Georg, erhaͤlt einen Gnadenbrief
von Carl 5198 - von Ungern, Juͤrgen, bleibt in einem Gefecht
gegen die Ruſſen 259 - von Urenbach, Wilh. Hochmeiſter des deutſchen
Ordens 46 - Utrechtſche Biſchoͤfe, werden zu Beſchirmern
des Ordens in Liefland ernant 79 - Uxkuͤl, Georg, Hauptman im Schlos Neuen-
haus 234 - - - - Jac. und Otto, werden von den ſchwuͤ-
rigen Bauren erſchlagen. 259
Appendix A.19 V.
- Vatelkanne, Joh. Vergleich deſſelben mit dem
Orden wegen Leale 150 - Vellin, wird von den Ruſſen erobert 257
- von Velven, Andr. demuͤtiget die aufruͤrigen
Oeſeler 42. 43. Ordensmeiſterſchaft deſſelben
45e) - Verpfaͤndung, Vertrag, ſo deshalb zwiſchen
der harriſchen und wiriſchen Ritterſchaft und
den Revelſchen errichtet worden 99. Verord-
nung der Revelſchen deshalb 170 - Vicarien, lieflaͤndiſche, was es damit zu bedeu-
ten habe 191o) - von Vietinghof, Arn. Haͤndel deſſelben mit den
Ruſſen 94. wird zum Herrmeiſter des lieflaͤn-
diſchen Ordens erwaͤlet 205 - - - - - - Conr. Herrmeiſter 118-121
- Vincke von Oberbergen, Heidenreich, wird
zum Herrmeiſter des lieflaͤndiſchen Ordens er-
nant 133. 134-136 - Vinno, Herrmeiſter 1 ꝛc. 5 ꝛc.
- Vitalienbruͤder117
- Vithenes, Grosfuͤrſt der Litthauer, Einfal deſſel-
ben in Liefland 71 - Vitold, Haͤndel deſſelben mit dem Orden 113.
hilft dem Erzbiſchof von Riga wider die Ruſ-
ſen 128 - Voͤlkerſam, Friedr. erhaͤlt einige Vortheile wi-
der die Ruſſen 242. bleibt in einem Treffen
gegen dieſelben 245 - Volkarſon, Volquins Abgeordneter an den Kai-
ſer Friedrich 2. 19 - Volguin, Herrmeiſter, 8 ꝛc. wird von dem
Biſchof Albert mit einigen Laͤndern belenet 15.
vergeblicher Verſuch deſſelben, den Schwerdt-
Z z z zbruͤ-
[364]Regiſter der merkwuͤrdigſten Sachen
bruͤderorden mit dem deutſchen zu vereini-
gen 33 - Volſtinicz, wird von den Litthauern zu ihrem
Regenten erwaͤlet 62c)
Appendix A.20 W.
- Wagithe, daͤniſcher Stadthalter in Revel 78
- Waigele, wird vom Herman der lieflaͤndiſchen
Ritterſchaft abgetreten 15. Abel, Koͤnig von
Daͤnnemark, begiebt ſich ſeiner Anſpruͤche dar-
auf 51 - Waldemar, Koͤnig von Daͤnnenark, Vergleich
deſſelben mit dem lieflaͤndiſchen Orden 40 ꝛc.
geſteht dem revelſchen Biſchof neue Zehenden
zu 42 - Waldemar, Koͤnig in Schweden, beſtaͤtiget den
Rigiſchen die Zolfreiheit 62 - Waldkirch, Balzer, wird zum doͤrptiſchen Bi-
ſchof vorgeſchlagen 195 - Walfiſch von auſſerordentlicher Groͤſſe, gefan-
gen 108 - Walkiſcher Reces, wird errichtet 126. 127
- von Wallenrode, Joh. Erzbiſchof von Riga
115. Verrichtungen deſſelben auf der Coſtni-
zer Kircherverſamlung 122. wird Biſchof zu
Luͤttich und ſtirbt 124 - Wattele, wird an das Kloſter Padis ver-
kauft 81 - von Wedbergen, Bruno, wird als Geſandter
nach Daͤnnemark geſchickt 242. - die Wedde, wird der Stadt Riga ertheilet
158 - der Weinbrief, Verfertigung deſſelben 158
- Weiſſenſtein, vergeblicher Verſuch der Ruſſen
darauf 258 - Wenden, wird von Plettenbergen befeſtiget 175
von den Ruſſen erobert 265 - Werbeck, wird von den Coſacken uͤberrumpelt
235 - Werner von Urſula, Urheber einer Samlung
von Geſetzen des deutſchen Ordens 134 - Weſenberg, wird dem Ordensmeiſter zur Vor-
mundſchaft uͤbergeben 96. wird von den Ruſ-
ſen beſetzt 235 - Weſthard, Handel deſſelben mit den Deutſchen
in Liefland 19 - von Weſtphalen, Andr. Herrmeiſter 63. 64
- Wieborg, Haͤndel zwiſchen dieſer Stadt und Re-
vel werden beigelegt 95 - Wilhelm, Biſchof von Modena, wenn er nach
Liefland gekommen 6. 7. Verrichtungen deſſel-
ben darinnen 17. Verordnung deſſelben wegen
der Streitigkeiten der Cleriſey und des Ordens
20 ꝛc. Einrichtung deſſelben wegen Curland 46 - Wilhelm, Marggraf von Brandenburg, ver-
gebliches Geſuch deſſelben um die Coadjutur zu
Riga 189. Anzug deſſelben in Liefland 197.
Schwierigkeiten gegen die Aufnam deſſelben
201. nimt die biſchoͤfliche Wuͤrde zu Oeſel an
202. Vergleich deſſelben mit den Lieflaͤndiſchen
Staͤnden der Religion halber 203. 204. mus
Reinholden von Buxthoͤveden weichen 205.
geraͤth in Verdacht der Landesverraͤtherey 219.
Gefangenſchaft deſſelben 221. Erledigung deſ-
ſelben 226 - Windau, wird an Polen verſetzt 251
- Wiriſche Biſchoͤfe, wo ſie ihren Sitz gehabt 55d)
- Winter, Joh. Botſchafter der Stadt Revel an
Kettlern 260 ꝛc. - Wirland, wird von Heinrich VII dem lieflaͤndi-
ſchen Orden Geſchenkt 22. wird dem Ordens-
meiſter voͤllig |unterwuͤrfig gemacht 190 - Wisbyer, Zwiſtigkeiten derſelben mit den Eſt-
laͤndern 71 - Wisbyer Seerecht33t)
- Woidat, ein litthauiſcher Prinz, wird von den
Ordensbruͤdern gefangen genommen 106 - Woldemar der dritte, Koͤnig in Daͤnnemark
93f). Reiſe deſſelben nach Eſtland und da-
ſelbſt getroffene Anſtalten 97. Auszug aus
einigen Briefen deſſelben 97e). Reiſe deſſelben
nach Preuſſen und dem gelobten Lande 100 - Woldemariſches Lehnrecht 11e). 12
- Wolmar, Gefangenſchaft eines Theils der daſi-
gen Buͤrgerſchaft bey den Ruſſen 258. die
Stadt wird von den Ruſſen erobert 265 - Wolmerſche Abſprache 167 ꝛc.
- Wolmerſcher Landtag vom J. 1545210
- Wolthus von Ferſen, Johan, Herrmeiſter in
Liefland 152 - Wonei, wird zum Kloſter Gudwall gekauft 48
- Wrangel, Alheit, Aebtißin des Magdaleuenklo-
ſters zu Riga 214 - Wrangel, Moritz, Biſchof von Revel, ver-
kauft ſein Stift an den Herzog Magnus 252 - die Wyck, wird Volquin von dem B. Albert zu
Lehn gegeben 15. wird dem Biſchof Herman
vom Koͤnig in Daͤnnemark geſchenkt 50. Ein-
fal der Ruſſen in dieſelbe 258. Empoͤrung der
Bauren daſelbſt 259
Appendix A.21 X.
- Xalemachie, wird zum Kloſter| Gudwall gekauft
48
Appendix A.22 Z.
- Zaber, Wolfgang, ſtirbt auf dem Wege nach
Rusland 233 - Zela, ein ſamogitiſches Schlos, wird von den
Ordensvoͤlkern zerſtoͤret 100 - von Zewen, Anfuͤrer der Lieflaͤnder gegen die Lit-
thauer 58 - Zoll, wird den nach Liefland handelnden Kauf-
leuten erlaſſen 65 - Zuski, rußiſcher Feldherr, erobert Doͤrpt 238
- Jn der Vorrede S. 5 Anm. *) Z. 1 mus anſtat 1563 geleſen werden 1663.
- S. 63 beim Jahr 1379 anſtat Beursberg, Braunsberg.
- S. 326 beim Jahr 1565 anſtat Oeſel und Deutſchland, Oeſel und Curland.
[[365]]
land ſind 3 Ausgaben vorhanden. Die erſte iſt zu Roſtock 1578 in 4 gedruckt; die
andere eben daſelbſt, in 8, noch in eben dem Jahr, doch mit einigen Zuſaͤtzen; die
dritte zu Barth in Pommern in gros 4, durch Andreas Seitner, in der fuͤrſtlichen
Druckerey, welche letztere die beſte und volſtaͤndigſte iſt. Er hat eine beiſſende Schreib-
art, und mahlet die Laſter ſeiner Zeit ohne Anſehen der Perſon mit natuͤrlichen Farben.
Da hingegen Salomon Hennigs Chronik von Lief- und Curland mit Chytraͤi
Vorrede vielen parteiiſch vorkoͤmt, weil ſie mit noch lebenden Perſonen oder deren Haͤu-
ſern zu thun gehabt. Sie ſamlet auch nur die Begebenheiten von 1554 bis 1590, wes-
wegen man ſie beim Ruſſow zur Fortſetzung gebrauchen kan. Sie iſt ſo wol, als
die Arbeit des Menius und Herrn von Ceumern, in den Nebenanmerkungen dieſes
Theils beſchrieben worden, wo auch von unſern ungedruckten Geſchichtſchreibern Nach-
richt zu finden iſt.
velſcher Oberpaſtor, Herr Chriſtian Relch, hat eine lieflaͤndiſche Krieges- und
Friedensgeſchichte geſchrieben, die zu Rudolphſtadt 1695 in 4 gedruckt worden.
Sie hat ihres ordentlichen Vortrages und ihrer Volſtaͤndigkeit halber durchgaͤngig Bei-
fal erhalten, ohnerachtet dieſe Arbeit vor dem Druck wider des Verfaſſers Willen ei-
ne oͤffentliche Durchſichtigung ausſtehen muͤſſen. Jn den lieflaͤndiſchen Hiſtorien, ſo
in lateiniſcher, engliſcher, franzoͤſiſcher, ſchwediſcher und andern Sprachen
geſchrieben ſind, hat man dieſes Werk theils ſtuͤckweiſe, theils voͤllig uͤberſetzet, auch
hier
rad Samuel in einer hiſtoriſchen Diſſertation in 4, der Hofrath aber und Profeſſor
der Hiſtorie, Heinrich Leonhard, in einem eigenen Tractat in 8 abgehandelt. Beide
irren ſchon in dem Titel de ordine Enſiferorum, weil von dem Schwerdtbruͤderorden
nur 2 Meiſter, die andern 46 aber ordinis Crucigerorum, oder wie ſie ſich ſelbſt ſchrei-
ben, Teutonicorum in Livonia geweſen. Der letztere giebt unſern Schriftſtellern nach
academiſcher Gewonheit ein lateiniſch Kleid. Seine Zuſaͤtze ſind Berichte des
Duisburgers, Venators und Bredenbachs. Unter den auswaͤrtigen Geſchicht-
ſchreibern nimt er Kojalowiczen mehrentheils als entſcheidend an, und unter denen,
ſo ohne Documente geſchrieben, haͤlt man ſeine Arbeit fuͤr die gelehrteſte.
ſterliche Chroniken ausgeben, deren Dicke noch keinen Finger breit ausmacht, und die
oft recht wunderliche Geſchoͤpfe ſind. Zu allem Gluͤck haben ſich ihre Verfaſſer nicht
nennen wollen.
verſchiedenen Begebenheiten des 16ten und 17ten Jahrhunderts hat er die hoͤchſte Glaub-
wuͤrdigkeit, weil ihm das revelſche Archiv zu ſeinem Gebrauch offen geſtanden. Die
Fortſetzung, welche dieſer Verfaſſer bis 1706 handſchriftlich hinterlaſſen, verdienet ſorg-
faͤltig aufgehoben zu werden.
Was ſeine perſoͤnlichen Umſtaͤnde betrift, ſo war er am 5ten December 1657 in der
Stadt Greiffenhagen in Pommern geboren. Sein Vater Gottfried Relch war
Prediger, ſein Grosvater aber Paul Kelch Buͤrgermeiſter in beſagter Stadt. Von
ſeiner erſten Ehe finden wir weiter nichts, als daß er mit ſeinen noch uͤbrigen 3 Stief-
toͤchtern Richtigkeit getroffen. Seine andere Ehe volzog er am 25ſten Nov. 1696 mit
Jungfer Euphroſyna Coſtera, einer Tochter des Magiſter Caſpar Coſteri, Pa-
ſtoris zu Haggers und Praͤpoſiti des oſtharriſchen Kreiſes, in welcher er 3 Toͤchter
erzeuget, und einen einzigen Sohn, Chriſtian Relch, der den 23ſten April 1704 geboren,
und jetzo Rathsherr und Kaufman in Doͤrpt iſt, welcher uns auf Verlangen dieſe
wenige Nachricht von ſeinem ſeligen Herrn Vater mittheilen koͤnnen. Er ſo wol, als
ſeine Frau ſtarben beide 1710; er nemlich in der groſſen Peſt zu Revel, nachdem die
Stadt an die Ruſſen uͤbergegangen war, in dem Paſtorathauſe bey St. Nicolai,
bey welcher Gemeine der ſelige Praͤpoſitus zum Oberpaſtor berufen geweſen.
worden. Seine eigene Handſchrift mit Luftens Fortſetzung wird in Riga auf dem
Ritterhauſe verwahret. Er wandte eine erſtaunliche Muͤhe auf die Hiſtorie des Lan-
des, und ſein geſchriebenes Werk wurde ſo guͤltig aufgenommen, daß Oernhielm,
Patkuͤl, Stralenberg und Nettelbladt in ihren gedruckten Werken ſich auf ihn be-
rufen. Nichts deſto weniger erkennet ein vornehmes Urtheil ſeine Ordensgeſchichte fuͤr
mager und trocken. Jndeſſen behaͤlt ſein Fleis einen ewigen Nachruhm. Sein| ſchon
fertiges Werk bahnte ihm erſt den Weg zu Urkunden. Seine Collectanea zeigen,
was von ihm zu hoffen geweſen. Er bediente ſich der oxenſtierniſchen Bibliothek
auf Fyholm. Der ſchwediſche Reichskanzler Magnus Gabriel de la Gardie
ertheilte ihm gegen einen eidlichen Revers vom 29ſten May 1676 die Freiheit, alle zur
eſt- und lieflaͤndiſchen Hiſtorie gehoͤrige Sachen aus dem Reichsarchiv abzuſchreiben,
doch alle Staatsgeheimniſſe zu verſchweigen. Hiaͤrne wuͤrde mit ſeiner Arbeit alle
praleriſchen Menios uͤbertroffen haben, wenn nicht das Vorhaben, die lieflaͤndiſche
Hiſtorie auf einmal und diplomatiſch in vielen Folianten ans Licht zu ſtellen, ihn ſo wie
andere um Zeit und Leben gebracht haͤtte.
Agent am koͤniglich ſchwediſchen Hofe in Staatsſachen bewieſen, 1648 als Archi-
varius und in claſſe Secretariorum Rigenſ. gebraucht, wo er ſehr gute Dienſte gelei-
ſtet, ſo dann 1654 am 27ſten October zum vogteilichen Gerichtsſecretarius, ernennet
und 1656 in den Rath gezogen. Er bekleidete bis an ſein Abſterben, ſo am 25ſten
Julii 1657 erfolget, die Wuͤrde eines Ober- Bau- und Waiſenherrn. Daß er 1654
auf die Empfelung des Grafen Erichs Oxenſtierna, Praͤſidentens des Cammercol-
legii, der ihm alle ſeine Handſchriften gegeben, die Stelle eines koͤniglichen Hiſtorio-
graphus
D. Joh. Brever, koͤniglicher Superintendent, die Mutter Frau Sophia von
Dunten, und ſein Grosvater Herr Joh. Brever, graͤflich- mannsfeldiſcher Con-
ſiſtorialſecretair. Seine noch auf Schulen verfertigte Reden, Diſputationen und Ver-
ſe liegen der Welt im Druck vor Augen. Jm Jahr 1683 begab er ſich vom rigi-
ſchen Gymnaſio nach Deutſchland, beſuchte die vornehmſten Hoͤfe, Handeleplaͤtze und
Univerſitaͤten, und ſtudirte 3 Jahr in Altdorf, alwo ihn eine Diſputation de Sym-
bolo heroico beruͤhmt machte. Er wandte ſich 1686 nach Jena, und nahm mehrere
Reſidenzſtaͤdte von Deutſchland in Augenſchein. Von Wien nahm er ſeinen Weg
nach Ungern, und kehrte von Ofen zuruͤck nach Augſpurg. Von da reiſete er nach
Venedig, Florenz und Rom, beſichtigte die vaticaniſche Bibliothek, und nahm
die Poſt nach Neapolis, wo ihm die tuͤrkiſchen Seeraͤuber den Pas nach Sici-
lien unſicher machten. Hier beobachtete er die Flammen und Schluͤnde des Veſu-
vius, und richtete ſeine Reiſe wieder uͤber Rom nach Mayland und Genua. So
dann begab er ſich nach Turin, und ſo weiter von Geneve nach Paris und Ver-
ſaille. Hiernaͤchſt wolte er die Niederlande durchreiſen; allein eine Krankheit, ſo ihn
in Amſterdam das Bette zu huͤten noͤtigte, unterbrach ſein Vorhaben nach Eng-
land zu ſchiffen. Er trat alſo auf Erinnerung ſeines Herrn Vaters 1691 die Ruͤck-
reiſe durch Holſtein, Mecklenburg, Pommern und Preuſſen zu Lande an.
Jm Jahr 1693 ward er Aſſeſſor des Landgerichts, 1694 am 5ten Octobr. in den Adel-
ſtand erhoben, verheyrathete ſich darauf mit Catharine von Reutern, und nahm
1696 die Praͤſidentenſtelle in dem koͤniglichen Burggerichte zu Riga an. Gleich nach-
her ernante ihn der Koͤnig zum ordentlichen Aſſeſſor des 1701 von Doͤrpt nach Riga
verlegten Hofgerichts. Bey den vorwaltenden Kriegslaͤuften wandte er ſich mit ſeiner
Familie nach Luͤbeck. Seine daſelbſt ausgearbeitete herrmeiſterliche Hiſtorie iſt uns
nicht zu Geſicht gekommen. Mit dem Fruͤhjahr kam er wieder nach Riga, wo
er ein halbes Jahr in Abweſenheit des Hrn. Statthalters von Strokirch der Landes-
regierung vorgeſtanden. Hier noͤtigte ihn der Krieg zum andern mal nach Luͤbeck
zu gehen. Alhier erhielt er das kaiſerlich rußiſche Patent als Vicepraͤſident des
Hofgerichts, mit welchem er 1711 nach einer gefaͤhrlichen Reiſe im Herbſt zur See uͤber
Liebau zu Riga ankam. Jm Jahr 1717 ward er zugleich Vicepraͤſident des erlauch-
ten hohen Reichsjuſtizcollegii, und ſtand in Petersburg am kaiſerlichen Hofe in be-
ſondern Gnaden. So maͤßig er auch lebte, und ſich vor allen heftigen Leidenſchaften
huͤtete, ſo verurſachten ihm doch die Steinſchmerzen am 17ten Jun. 1721 ein ſchmerzli-
ches Lager. Das Singgedicht, ſo er uͤber dieſen Stein in ſeinen Nieren mit eigner
Hand aufgeſetzet, iſt ſo ſinreich, als beweglich; wie denn auch ſeine gedruckten Ge-
dichte viel Schoͤnheiten und artige Gedanken enthalten. Er ſtarb am 3ten Jul. und
ſeine Leiche ward von Petersburg nach Riga abgefuͤhret, wo ſie am 23ſten Febr.
1722 beerdiget worden. Unter ſeinen Handſchriften iſt die leſenswuͤrdige Unterſuchung
von der Warhaftigkeit des Privilegii, ſo Sigismund Auguſt 1561 fer. 6 poſt
Cathar. den Lieflaͤndern ertheilet hat, die bekanteſte; ſonſt finden ſich auch gelehrte
An-
von 300 Thlr. Alberts gehoben, erhellet aus einer Birſchrift an den Koͤnig, in wel-
cher er ſich ſeine Beſoldung aus dem rigiſchen Portorio ausbittet, weil die Licent-
gelder ſehr unordentlich ausfielen. Sein Sohn, Herman Witte, ward am 19ten
May 1698 von Carl den XIIten geadelt. Er ſchlos nebſt dem Rathsherrn Joh. von
Reutern, und den Elterleuten beider Gilden, am 30ſten Jun. 1710 mit dem rußi-
ſchen Generalfeldmarſchal Scheremetow die Capitulation der Stadt Riga, und
ſtarb am 2ten Auguſt darauf. Sein Sohn Herman Claudius Witte von Nor-
deck, der letzte im Rathe von ſeinem Geſchlecht, war Buͤrgermeiſter, und ſtarb am
19ten Auguſt 1736 auf Uxkuͤl in einem Alter von 53 Jahren.
ctor des rigiſchen Gymnaſii, Herr Adam Gottfried Hoͤrnick, hat von dieſem unſern
Polyhiſtor mehrere Lebensumſtaͤnde in ſeiner zu Riga gedruckten Gedaͤchtnis-
Seule mitgetheilet.
nanten preußiſchen Chronikenſchreiber Lyvonia. Ein angeſehener Gelehrter die-
ſes Landes*), welcher unter dem Namen Montan verborgen bleiben wollen, ſucht weit-
laͤufig zu beweiſen, daß der Name Liefland von dem eſtniſchen und lettiſchen Worte
Liv, ein klein Netz, herzuleiten ſey; weil die Liven zu den Venedis gehoͤret, die Ta-
citus wie Schnaphaͤne und Raͤuber beſchreibet. Der Landesname Widduſemme,
Mittelland, deſſen ſich die Curlaͤnder und Letten bedienen, ſol ſich nach ſeiner Mei-
nung auf das feſte Land beziehen, indem es nur etliche Meilen breit an Semgallen
rede zum 9ten Theil angefuͤhrte lieflaͤndiſche Gelehrte, welcher einige ſchoͤne Anmerkungen und
Beitraͤge zur allgemeinen Welthiſtorie, von den Gegenden unſers Reichs, eingeſandt, nemlich der
Rußiſch Kaͤyſerl. Leibarzt und Doctor der Arzneykunſt, Herr Johann Bernhard von Fiſcher,
der um das Aufnehmen gruͤndlicher Wiſſenſchaften und um die Befoͤrderung mediciniſcher heilſa-
men Anſtalten, in unſerm Reiche ſich wohl verdient gemacht. Er lebt anietzo vor ſich bey Riga,
auf ſeinem neu angelegten Hofe Hinterbergen, deſſen Winter- und Sommerluſt er in Verſen be-
ſchrieben, und von den Anfangsbuchſtaben ſeines Namens, ſich den In Beruhigung Vnd Friede
wohnenden Montan nennet, welchen Namen wir der Kuͤrze wegen beybehalten. Dieſe phyſiea-
liſchen und moraliſchen Betrachtungen ſind 1745 zu Riga in 8vo gedruckt, hinten aber des Ver-
faſſers Gedanken von dem Urſprunge des Namens der Stadt Riga, und der Provinzen Cur-
und Liefland beygefuͤget, die eigentlich hieher gehoͤren. Dieſe kleine Schrift iſt in Leipzig in
der Gleditſchiſchen Buchhandlung zu haben. Da wir nur kurz das Stammwort anzeigen ſo, wer-
den neugierige Leſer wohl thun, wenn ſie die ganze Abhandlung mit den Beweiſen aus dem Werk-
gen ſelbſt in Erwegung ziehen.
Oſtſee, ſondern an einem Mittelwaſſer, nemlich dem lieflaͤndiſchen Meerbuſen, liege, der-
gleichen Waſſer die Daͤnen und Hollaͤnder Het Binne-Water zu nennen pflegen.
Die Ruſſen nanten in ganz alten Zeiten das Land Livonskaja Semla, anjetzo aber
nennen ſie es Lieflandie. Die Wenden*) und Letten, welche die Liven ver-
drungen und ehmals von einander unterſchieden waren, haben uns jetzo keine Spur von
ihrem vormaligen Unterſchiede uͤbrig gelaſſen. Es kan auch die Sprache dieſer ſlavoni-
ſchen Voͤlker nicht ſehr unterſchieden geweſen ſeyn. Was fuͤr einen Commentarius
koͤnte nicht ein Sprachkundiger hieruͤber verfertigen? Die Stadt Libau in Curland
hat ihren Namen von Leepa, ſo auf curiſch und lettiſch den Lindenbaum bedeutet,
den auch die Stadt in Wapen hat. Leepicz nent der Litthauer den beſten Meth,
der aus dem von Lindenbluͤten geſamleten Honig gebrauet wird. Das ſchoͤne Leipzig
in Sachſen hat von den Linden ſeinen Namen durch die Wenden erhalten. Mit
dem Urſprung der Wenden wird Heinrich der Lette geſchwind fertig, vtpote a Wyn-
dow repulſi. Es waͤre ja eben ſo kurz von den Liven geſchloſſen, Liui vtpote a Liva
repulſi.Liwa iſt der alte Name des Stroms und der Stadt Liebau in Curland.
Doch Guagninitom. II p. 42 fuͤhret terram Liuenſem an, in der Liwo, eine hoͤlzerne
Stadt mit einem ſteinern Schloſſe, am Fluß Liwiecz lieget. Zu dem in Leuen-
klaus, Zeylers, Hennings, Waiſſels und andrer Schriften befindlichen Namen
Eifland iſt es ganz unſchuldig gekommen. Man trift in unſern alten und neuen Do-
cumenten kein Eifland an, ſondern der Buchdrucker hat das in einen Zug gebrachte
L fuͤr ein E geleſen, weil die erſten Schriftſteller, nach der Einfuͤhrung der Buchdrucke-
rey, wegen der Entlegenheit der Druckorte, die Durchſichtigung der Bogen nicht ſelbſt
beſorgen koͤnnen, wie denn noch in einigen unſrer Handſchriften das zierliche Anfangs L,
wegen des durchgehenden Zuges, als ein E geleſen werden kan**). Wir wiſſen nicht,
aus welchen Quellen Herr Franz Neuſtaͤdt***) ſeine ſo gar umſtaͤndlichen Nachrich-
en, Ueberfaͤlle und Gewaltthaͤtigkeiten anzeigen, finden in Guagninirerum Polon. tom. I p. 16
das ſlavoniſche Wort Wenda oder Venda, das einen Fiſcherhamen bedeutet, und vielleicht
den Wenden den Namen gegeben. Die Wenden aber in Liefland haben heutiges Tages vor an-
dern Letten nicht das geringſte Unterſcheidungszeichen mehr uͤbrig. Daher ſind ſie ohne Zweifel
dieſelbe Nation, die ehmals am Fluß Winda in Curland gewohnt, und den die Letten noch
Wenda ausſprechen.
che, da hingegen die Sachſen Liefland ſagen. Entfernte Voͤlker verfehlen gemeiniglich des rech-
ten Namens, den die Nachbarn oder ſolche Nationen, welche mit einem Lande Handel treiben,
richtiger ſchreiben und ausſprechen. So geht es dem Athenienſer Laonicus Chalcocondylas,
der in ſeinem 3ten Buche de rebus Turcicis auf ein Land Euphraſtaͤ oder Jnflaſtaͤ komt, deſſen
Hauptſtadt er Ycra heiſſet. Es mag nun dieſer Grieche oder ſein Abſchreiber gefelet haben; ſo
zeiget doch die Beſchreibung dieſer Seeſtadt, wohin die Deutſchen, Daͤnen, Franzoſen und
Engellaͤnder handeln, und die ein ariſtocratiſch Regiment haben ſoll, daß ſie Ryca oder Riga,
und das Land Liefland oder Eifland heiſſen muͤſſe, und man alſo nur die Buchſtaben verſetzen
duͤrfe. Auf die Art wird man mit den verworrenen Namen auch eher fertig, als wenn man
nach der Erklaͤrung des Franzoͤſiſchen Ueberſetzers, es auf die Stadt Nogarden deuten wolte.
Chalcocondylas hat mehr ungewoͤhnliche Namen. Die deutſchen Ordensherren heiſſen bey
ihm Nazaraͤer, weil ſie weiſſe Maͤntel trugen und Geluͤbde thaten. Leuenclau ſelbſt, der
die Einwohner des Landes von den Juden ableitet, iſt vom Herrn Praͤpoſitus Kelch S. 13 gruͤnd-
lich widerleget worden. Sein Joͤrru, Joͤrru Maſcolon, welches er von den Bauren ſingen
hoͤren, und fuͤr ein Klagelied uͤber Jeruſalem und Damaskus haͤlt, iſt ein ordentlich Schaͤfer-
liedgen, nicht aber wie Fabricius meinet, ein Ehrengeſang fuͤr die eſtniſchen Waldgoͤtzen. Wir
hatten eine Provinz Jdumaͤa, wir haben noch ein Egypten, ein Bethlehem, ein Engeddi,
aber keine Juden in denſelben. Dieſe bibliſchen Namen brauchten die Moͤnche, weil ſie darin
eine beſondre Andacht ſetzten.
Chytraͤusin Saxonia p. 805 wegen ſeiner ſonderbaren Klugheit, Gelaſſenheit und ſtandhaften
Weſens ruͤhmet, hat eine handſchriftliche Nachricht von Liefland hinterlaſſen, die aber wenige
Liebhaber vollſtaͤndig, ſondern nur in einem Auszuge, beſitzen. Jn der alten Hiſtorie iſt er andern
kurz nachgegangen. Jn der neuern Geſchichte aber, ſonderlich vom Jahr 1558, hat er uns die
doͤrptiſchen Veraͤnderungen am ordentlichſten beſchrieben, weil ihm ſein Aufenthalt in dem Hau-
ſe ſeines Schwiegervaters, des Herrn Buͤrgermeiſter Meyers in Doͤrpt, vieles entdeckt, was
unter dem gemeinen Mann entweder gar nicht, oder mit manchen erdichteten Zuſaͤtzen bekant ge-
weſen; daher man auch in der doͤrptiſchen Geſchichte ſich faſt allein an ihn halten mus. Wir
werden an gehoͤrigem Orte zeigen, daß Neuſtaͤdt unter den Lieflaͤndern von der rußiſchen Na-
tion zuerſt unparteiiſche Begriffe geheget, weil er ſich als ein Kaufmann in Pleskow, Nogar-
den und Moskau lange aufgehalten, und die Ruſſen naͤher kennen gelernet. Er ſchrieb ſeine
Hiſtorie auf dem Landgute Sonzel, wohin er ſich in einem hohen Alter der Ruhe halber begeben
hatte,
geweſen, (denn zu eigenen Erdichtungen war er zu aufrichtig,) und ohne genugſame Pruͤ-
fung ſich etwas zu weit in den Gebrauch der bremiſchen Scribenten eingelaſſen, die
ihrem Vortrag durch genaue, ſonſt aber bey jeder Landeserfindung ſehr gewoͤhnliche Um-
ſtaͤnde eine Farbe zu geben gewuſt. Seine Erzehlung laͤuft ohngefehr auf folgendes
hinaus: Jm Jahr 1148 wolten die Bremer nach Wisby ſegeln, wurden aber durch
einen Sturm aus Nordweſt nach Curland verſchlagen, von da ihnen eine Fiſcher-
ſchuͤte den Weg nach der Duͤne zeigte. Als die Wilden ſich uͤber ein vorher nie geſehe-
nes Schif ſehr verwunderten, ſetzten die Deutſchen zwey ledige Tonnen, mit Brod und
andern Eswaren und Naſchwerk bedecket, ans Ufer, und bewirtheten die Heiden ſo wohl,
daß dieſe ihre beſten Waaren herbey brachten, wofuͤr ſie von den Deutſchen unter-
ſchiedliche Verehrungen erhielten. Hier beſchreibet Neuſtaͤdt den ganzen Bauerkram,
als er ob dabey geweſen, und bezeichnet uns faſt die Minen, mit welchen die Liven den
Bremern das deutſche Geld zuruͤck gegeben, weil ſie es nicht gekant, und lieber aus-
laͤndiſche Waaren zu tauſchen begehret. Den Tag drauf komt ein armer Betler, wel-
cher den Kaufleuten fuͤr ein Meſſer, ein Hutband und ein paar Stecknadeln, etliche Ey-
er hinleget, bey vermerktem ungleichen Tauſch aber zwey Grauwerksohren mit kleinen
ſilbernen Stiften beſtreuet aus dem Buſen ziehet, welche die Deutſchen begierig an-
nemen, um die Muͤnze der Liven kennen zu lernen. Dieſe ſilbernen Buckeln, ſagt Neu-
ſtaͤdt, haͤtten die Liven Nagat, die Deutſchen aber, von den Ohren eines Eichhoͤrn-
gens, ein Oer geheiſſen. Damit nun dieſe Kaufleute die Sprache der Liven lernen
moͤchten, ſo koͤrnten ſie einen jungen Menſchen taͤglich mit Zucker, Feigen und Roſinen,
brachten auch deſſen Eltern dahin, daß ſie ihr Kind von 15 Jahren mit nach Bremen
reiſen, daſelbſt taufen und die deutſche Sprache lernen lieſſen. Anno 1149 fuͤhrten die
Bremen dieſen jungen Liven, als nunmehrigen Dolmetſcher, mit nach Liefland. Un-
ter andern Handwerkern befand ſich auch ein Goldſchmidt auf dem Schiffe, uͤber wel-
chen ſich die Heiden am meiſten verwunderten. Hier weis Neuſtaͤdt die Schifsla-
dung wieder aufs umſtaͤndlichſte. Die Chriſten tractirten vor ihrer zweiten Abreiſe
noch 30 Liven, ſchrieben ihre Namen auf, ſchloſſen Vergleiche, und namen viere von
dieſen Leuten mit nach Deutſchland. Der bremiſche Erzbiſchof ſchickte endlich 1150
auf Philippi Jacobi den Prieſter Meinhard, ſamt ſeinem Chorſchuͤler, Johann
Hartmann, und einem Kuͤſter, Thomas Steger dahin, welche am 24ſten May
auf der Duͤne gluͤcklich ankamen. Jm Junius brachten noch 2 andere Schiffe einen
Glaſer und Schmidt, mit Weib, Kind und Geſellen mit, die viele Keſſel bey ſich
hatten ꝛc.
So umſtaͤndlich auch dieſer Bericht des Herrn Buͤrgermeiſter Neuſtaͤdts gera-
then, ſo gehet doch die Erdichtung des Dionyſ. Fabricius*) noch weiter. Dieſer
A 2Schrift-
Compendium hiſtoriae von Liefland, ſo noch hie und da in Abſchriften verwahret worden,
und gehet bis aufs Jahr 1610. Etwas davon iſt verdeutſcht und an Laur. Muͤllers ſeptentrio-
naliſche Hiſtorien als ein Supplement angehaͤngt worden. Es enthaͤlt nichts beſonders, als ei-
nige ſeltſame Wunderwerke, z. E. daß man durch geweihetes Salz und Weihwaſſer Kranke ge-
ſund gemacht. Unſre Bauren macht er zu erſchrecklichen Hexenmeiſtern, welche durch ihre Zau-
berey mitten im Sommer Eis und Schnee hervorbringen, und das junge Rockengras mit den
Spitzen ſo zur Erde drehen koͤnnen, daß es wie verworrene Haare gewachſen. Hiaͤrne hat die-
ſen Schriftſteller im Anfang ſeiner Hiſtorie faſt von Wort zu Wort uͤberſetzt, weil er die Sitten
des Landvolks am natuͤrlichſten zu ſchildern gewuſt. Daß es in dem alten Liefland Hexen die
Menge gegeben, wird auſſer andern, durch zwey unverwerfliche Zeugen beſtaͤtiget. Der Supe-
rintendent Hr. Mag. Hermann Samſonius ließ 1626 bey Gerhard Schroͤdern in Riga 9
auserleſene und wohlgegruͤndete Hexenpredigten drucken, ſo er in der Domkirche zu Riga gehal-
ten, darinne der terminus Magiae nach den logicaliſchen Terminis richtig und kuͤrzlich aus GOt-
tes Wort erklaͤret wird. Der Paſtor zu Riga, Hr. Roͤtger Becker, gab eben daſelbſt 1644
ſein
rent. Muͤllers ſeptentrionaliſche Hiſtorien, ſo zum erſtenmal in Fol. hernach in 4 gedruckt, und
auch ins Schwediſche uͤberſetzt worden. Neuſtaͤdt beſchuldiget Muͤllern der Unwarheit, wenn
er, Fol. 6, Pitſchur eine Meile von Pleskow entfernt, da es wol 8 Meilen davon liegt; wenn
er Fol. 13 alle Thuͤrme zu Pleskow uͤberguldet, Fol. 14 dem Herzog Magnus die Erbauung
des Schloſſes Neuenbaus zuſchreibt; Fol. 15 die Stadt Riga der vergebenen Freiheit beſchul-
diget. Fol. 18 macht Neuſtaͤdt die berufene Erzehlung von der Freiheit der Bauren, welche ſie
durch den poiniſchen Koͤnig Stephan empfangen ſolten und nicht wolten, zur Fabel, welche
Erzehlung dennoch in die Schriften der gelehrteſten Maͤnner eingeſchlichen, und verwirft endlich auf
demſelben Blat die Beſchreibung der ganzen undeutſchen Nation. Auch Henning S. 156 uͤber-
fuͤhret Muͤllern einer Unrichtigkeit, wenn dieſer nach den Stiftshaͤndeln in Pilten dem Herzog
Kettler vorwirft, der Herzog habe durch ſeine Abſchickung die Sequeſtration des Stifts Pilten
geſucht oder begehret.
Ankunft auf der Duͤne den Koͤnig der Liven zu Gaſte geladen, und ihm unter andern
Gerichten auch 2 Heringe vorgeſetzt. Der Koͤnig habe die Heringe auf die Nachricht,
daß es Seefiſche waͤren, beym Schwanze zu zerlegen angefangen, welches die Deut-
ſchen fuͤr ein gluͤckliches Zeichen gehalten; daher die lieflaͤndiſchen Bauern zu ſeiner
Zeit noch einen Hering beym Schwanze angefaſſet. Gleich darauf verfaͤlt Fabricius
auf die abgedroſchene Fabel von der carthaginienſiſchen Ochſenhaut, fuͤr welche die
Deutſchen ſich ein Raͤumgen ausgebeten, und dadurch auf Martinſaare, das iſt auf
dem Martinsholm, die erſte Kapelle, unter dem Namen Holme oder Jnſel aufge-
bauet haben; welcher letztere Umſtand des Orts vielleicht allein ſeine Richtigkeit hat.
Was Saxo Grammaticuslib. IX hiſt. Dan. p. 156, CrantzDan. l. 2, c. 16, p. 68,
Huitfeld in Danmarkis Rigis Kroͤnikepart. I p. 14, BeringFlor. Dan. p. 130
und andere, von vier Bruͤdern aus dem Helleſpont melden, die Jarmerich zur See
gefangen genommen, und unter denen ein lieflaͤndiſcher Prinz Bico*) am Hofe in
groſſen Gnaden geſtanden, hat Menius in ſeinem noch ungedruckten Syntagmate
wahrſcheinlich zu machen geſucht. Seiner Meinung nach ſollen die daͤniſchen Schrift-
ſteller durch Griechenland, Rußland, durch den Helleſpont, den mit der Lado-
gaſee verbundenen finniſchen Meerbuſen, und durch den Orient, alle Daͤnnemark
gegen Morgen gelegene Provinzen, als Lief- und Eſtland gemeinet haben, wie denn
auch in den Documenten die Oſtſee wuͤrklich Mare orientale genant wird. Fabricius
ſetzt den Wohnſitz des liviſchen Koͤnigs, zwiſchen Kirchholm und Uxkuͤl; weil zu ſei-
ner Zeit noch eine Bauerfamilie in derſelben Gegend den Namen Koͤnig gefuͤhret; den
Koͤnig der Curlaͤnder aber verweiſet er in die Gegend von Grubin, alwo deſſen Nach-
koͤmlinge den Herzogen weder gezinſet noch gearbeitet, ſondern nur zum Kriege ein
Reuterpferd unterhalten. Die liviſchen Prinzeßinnen, ſchreibt er, haͤtten zum Zeug-
niß ihrer koͤniglichen Herkunft, Kronen von meßingenem Blech, die gemeinen Maͤdgen
aber nur gewundene Kraͤnze von gefaͤrbten Pferdehaaren getragen. Allein wie vorer-
wehnte Bauren ihren Namen, Vorzug und Freiheit aus viel neuern Urſachen herzu-
leiten haben, ſo bemerkt ſchon Herr Thomas Hiaͤrne, daß das Bisgen Flittergold in
einem baͤuriſchen Hauptſchmuck ſo wenig als die Korallen ein koͤnigliches Gebluͤt anzei-
ge, indem ſonſt ſo viel Koͤnigstoͤchter als Bauerdirnen in Liefland ſeyn muͤſten.
Ueberhaupt iſt in der Benennung des| Baueradels und der Bauerkoͤnige etwas ſehr un-
foͤrmliches; zumal da man nunmehro mit Gewisheit weiß, daß die maͤchtigſten von
dieſer Nation ſich mit dem bloſſen Titel eines Elteſten beholfen. Eine der allerverwe-
genſten und ungegruͤndeteſten Muthmaſſungen aber iſt die, daß ein gewiſſer ungenanter
Verfaſſer vornehme und alte deutſche Geſchlechter, deren Zuname ſich mit kuͤl endi-
get, aus ſolchen Familien herleitet, welche den alten liviſchen Adel auch nach einge-
fuͤhrtem Chriſtenthum beybehalten. Daß inzwiſchen den Herren Bremern die Ehre
der Entdeckung von Liefland gebuͤhre, ſolches berichten faſt alle Scribenten, denen
wir noch Heinrich Wolters Zeugniß aus der bremiſchen Chronik beym Jahre 1159,
in
kommen Brandis in der zu ſeiner Zeit bekanten bickerſchen Bauerfamilie geſucht, aber ungluͤck-
lich gefunden hat; ſondern auch der Liven, welche ſamt den Slaven und Sachſen eine maͤchti-
ge Flotte von 7000 Mann verſtaͤrket, ſo daß man fuͤr den ausgeſpanten Segeln den Himmel
nicht ſehen koͤnnen. Eine andre Stelle des Saxo im IIXten Buch, fuͤhret der Heldin Hetha Leib-
compagnie an, cuius (centuriae) primi fuerunt Grimar ac Grenzle: poſt hos Ger, Liuicus,
Hama etc. Allein die daͤniſchen Ueberſetzer haben hierunter ſelbſt keinen Liven verſtanden.
Denn gleichwie der aͤltere Dolmetſcher ſich einer andern Leſeart bedienet, und poſt Hosger liuidus
durch Hosger den Schwarzen uͤberſetzet; ſo niacht hingegen der juͤngere noch eine Perſon daraus,
und giebt es: Nach dieſen kam Ger, Livik, Hama. Die Liven des Adelmi Benedicti, oder
nach andern, des Moͤnchs Adamari, deſſen fraͤnkiſche Jahrbuͤcher Marquardus Freherus ge-
ſamlet, haben mit unſern Liven eben ſo wenig einige Verwandtſchaft als die, ſo in Eginhards
Lebensbeſchreibung Carls des Groſſen vorkommen; weil Sagittariusdiſp. de originibus et in-
crementis Luneburgi cap. II §. VIII beweiſet, daß man ſtatt der Liuones, die Carl der Groſſe
bezwungen haben ſoll, Linones, und fuͤr bellum Liuonicum, Linonicum leſen muͤſſe. Unſre al-
ten Liven wohnten um Riga herum, laͤngſt der Duͤne bis Aſcherade, da ſchon Kokenhau-
ſen rußiſch war, und erſtreckten ſich nach Lettland zu bis Treyden, und laͤngſt dem rigi-
ſchen Meerbuſen nach Eſtland zu bis Salis, wo jetzo noch einige Ueberbleibſel ihrer Nachkom-
men vorhanden ſind.
de enthaͤlt. Wir lernen aus dieſen Schriften fuͤr uns, daß Felliu die vornehmſte unter den
9 gemauerten Staͤdten in Liefland geweſen, davon ſchon damals keine Truͤmmer mehr vor-
handen waren. Zu Thomaſii Zeiten hoͤrten die Schriften wider die Hexen auf, und iſt auch
ſeit der Zeit keine mehr in Liefland verbrant worden.
als einen Beweis davon anfuͤhret, daß die Bremer in Liefland gleich Leuten von
ritterlichem Stande weiſſe Ordensmaͤntel tragen duͤrfen, und der Stadt Bremen in
dem Gebete der Bruͤder namentlich ſey gedacht worden, dergleichen keiner andern Stadt
wiederfahren. Die haͤufigen Marienbilder ſelbſt auf den Muͤnzen, und die Schluͤſſel
bey dem Wapen der Stadt Riga beweiſen ein gleiches*).
weil das Land der heil. Jungfrau Maria gewidmet worden, und ihr dieſer Tag geweihet war.
Es komt viel natuͤrlicher heraus, wenn man annimt, daß die erſten Coloniſten das Wapen des
Erzſtifts Bremen deswegen beybehalten, damit ſie ſich ihres Vaterlandes dabey erinnern moͤch-
ten. Die Marienbilder ſind noch haͤufig in Liefland vorhanden. Auf der Gildenſtube hat der
naͤchſte Nachfolger im Elteſtenamte blos ſeine Auctoritaͤt zu reden, wenn er unter dem Bilde der
heil. Jungfrau oder der Docke ſtehet, davon er auch der Dockmann heiſſet. Jn der ſpaniſchen
Hiſtoria de nueſtra Sennora de Guadalupe kommen eben dergleichen uͤbertriebene Lobeserhebun-
gen von der Maria vor, wie ſie Heinrich der Lette im erſten Theil S. 169, § 2 anbringet.
Praͤpoſitus Kelch, Winand von Rohrbach, von Strubyczen**) gar Weimar ge-
nant. Peter von Duisburg laͤßt ihn aus, und ſelbſt Arnold von Luͤbeckl. 8, c. 9
gibt deſſen Namen nicht einmal an. Vinno, an ſtatt Vinhold, iſt ein alter ſaͤchſi-
ſcher Rittername. So ward ein gewiſſer Vinno, Abt zu Helmwardhauſen zu
Kayſer Conrads des 2ten Zeiten 1033 nach dem heil. Grabe geſchickt. Es iſt aber
auch nach unſern Documenten ein buͤrgerlicher Vorname. Die ſeiner Regierung mehr
Jahre und Thaten unrichtig beylegen, brechen ſie ſeinem Nachfolger Volquin ab.
Waiſſel und eine alte Ordenschronik ſetzen ſonſt die Stiftung dieſes Ordens in die
Zeit, da Alexander der dritte den paͤpſtlichen Stul bekleidet, welches mit der Zeit-
rechnung unmoͤglich beſtehen kan. Hartknoch, in ſeinen Anmerkungen uͤber den
Duisburg S. 115 getrauet ſich nicht es auszumachen. Jnnocentius der IIIte ſoll im
16ten Jahr ſeiner Wuͤrde, welches das 1213 Jahr nach C. G. waͤre, an ihn geſchrieben
haben, doch iſt der Name des Ordensmeiſters nicht genennet. Es bemerket aber
Bernhard Juſtinian in ſeiner italiaͤniſchen Geſchichte der Ritterorden S. 568, daß
das paͤpſtliche Breve beym Franciſcus Bosquetl. IV, reg. XVI, ep. 123 und beim
Steph. Baluzelib. XVI in der Jahrzahl einen Druckfehler habe. Gewiſſer iſt das
Schreiben beſagten Papſtes von 1210 an den folgenden Ordensmeiſter Wolcuin, das
ſich in denen Briefſchaften Jnnocentii des IIIten, lib. XIII, ep. 141, p. 479 befindet,
woraus die kurze Dauer der Regierung dieſes Vinno zugleich erhellet.
gar nuͤchternen Aufſatz zu Papier unter dem Titel: Breuis atque accurata Liuoniae ducatus de-
ſcriptio hiſtorico-geographica, und widmete ihn in einer eigenen Zuſchrift dem Koͤnig Ste-
phanus. Herr Mag. Diez ließ dieſes Werkgen von 4 Bogen zu Amſterdam 1727 drucken,
und eignete es dem ſachſenherzoglichen Rath Hrn. Joh. Mich. Langguth zu. So klein die-
ſe Schrift iſt, ſo vol iſt ſie von Fehlern in den Namen der Perſonen, Oerter, Fluͤſſe, in der
Zeitrechnung und der Landesbeſchreibung. Eine Probe von ſeiner ſaubern Chronologie mag uns
die 9te Seite geben, wo es heiſſet: Nach Alberts Tode, der 3 Jahr regieret, kam Nicolaus,
welcher 22 Jahr Biſchof war, und ſtarb 1242. Albert der andre regierte 30 Jahr, und ſtarb
1282. Johannes von Luͤnen ſtarb 1289 und regierte 13 Jahr. Johannes der andere ſtarb
nach 9 jaͤhrigem Regiment 1294. Wie muß hier der Verfaſſer gezehlet haben? Daß es keine
Druckfehler ſeyn, bezeugen die mit Buchſtaben uͤberall ausgedruckten Jahre. Die Acta boruſſi-
ca eccleſiaſtica, ciuilia et litteraria haben dieſer unbrauchbaren Geſchichte die Ehre gethan, und
ſie in dem 5ten Stuͤck des 3ten Bandes von neuen mit allen Unrichtigkeiten abgedruckt, ohne die
groben Schnitzer auch nur in einer Note anzuzeigen. Doch laͤſt ſich unter vielen Nieten noch
dann und wann ein Treffer greiffen.
laus, den Winter 1206 zu Riga mit aſcetiſchen Uebungen zubrachten, ſo haben unſere
Verfaſſer, Herr Kelch und Menius***) entweder den Aufenthalt dieſer Praͤlaten mit
Bder
und Alterthuͤmer in Doͤrpt, ein Mann von groſſer Arbeitſamkeit, aber wunderlichen Einfaͤllen,
erwehnet im hiſtoriſchen Prodromus S. I ſeiner bey Gerhard Schroͤder zu Riga 1630 gedruck-
ten Jntrada, welche nur eine vorlaͤufige Ankuͤndigung ſeiner Univerſalhiſtorie von Liefland ent-
haͤlt. Sie iſt von ihm zu Riga, da er noch Paſtor der Kirchen zu Neuermuͤhlen, Duͤne-
muͤnde, Czernichow und Rodenpois war, in einer etwas ſtachlichten Schreibart aufgeſetzet,
die er hier und da mit des Traianus Boccalini Relation vom Parnas noch beiſſender gemacht.
Weil dieſe kleine Schrift von etwan 4 Bogen bey uns faſt unſichtbar geworden, ſo wollen wir
unſern Leſern den Entwurf ſeiner Univerſalhiſtorie aus einer Abſchrift vorlegen, damit ſie urthei-
len koͤnnen, ob Menius mit manchen nichtsbedeutenden Kleinigkeiten, ſeltſamen Gedanken,
aber-
der Geſchichte verwechſelt; oder es muß die Urkunde dieſes paͤpſtlichen Geſandten,
welche eine Landeseintheilung von 21 Artikeln enthalten ſol, in das Jahr 1226 fallen.
Denn
len im Stande geweſen, oder nicht.
Der Anfang dieſes weitlaͤufigen Werks ſol mit der Cosmographie geſchehen, und die Polhoͤhe,
das Clima, die Zone und Tages- und Nachtlaͤnge in Winter und Sommer bezeichnen. Hier-
auf folget die Aſtronomie, unter welchen Zeichen und Planeten Liefland liege, um welche Stunde
und Minute Sonne und Mond aufgehe, und welches Zeichen alle Augenblicke uͤber jedem Orte
ſtehe. Die geographiſche Abhandlung ſol uns das feſte Land, die Jnſeln, die Seen, Haͤfen,
Fluͤſſe, Stroͤme, Edelhoͤfe, Kreiſe, Schloͤſſer, Staͤdte, Kirchen, freien Paͤſſe, Handel und Wan-
del, Wege und Stege, Wirthshaͤuſer und Herbergen, und wer weis was ſonſt noch, und
zwar nach der Reihe, entdecken. Jn der Topographie wird die Lage des Orts, die Beſchaffenheit
der Grenzprovinzen, wie auch das beſondere jedes Kreiſes vorgetragen. Die pragmatiſche Be-
ſchreibung erſtrecket ſich erſtlich auf den Feldbau, und handelt von den 4 Jahreszeiten, den ge-
meinſten Winden, der Luft, Natur der Erde, Fruchtbarkeit der Felder, von Heuſchlaͤgen, Gaͤr-
ten, Holzungen, Obſtbaͤumen, Wurzeln, Blumen, Bergen, Erzten, Brunnen, Baͤchen, Fi-
ſchen, Gewaͤſſern, zahmen und wilden Thieren, Voͤgeln, Gewuͤrmen, Alterthuͤmern, Ueber-
flus und Mangel des Landes; zum andern auf die Schiffart, ob ein Waſſer ſalzig oder ſuͤs ſey,
wo Grundſand, Reffe, blinde Klippen liegen, ob kleine oder groſſe Schiffe zu gebrauchen ſeyn;
drittens, auf die Policey, da die Menge der Einwohner, ihre verſchiedenen Sprachen, Haus-
haltungsart, Kleidertracht, Gemuͤthsart, Nahrung, Gewerbe, Jahrmaͤrkte, Muͤnzen,
Maas, Gewichte, Regierungsform, Richter, Privilegien, Zoll, Tribut, Tapferkeit, Gaſte-
reien, Hochzeit- und Begraͤbnisceremonien beſchrieben werden; und viertens auf die Kirchenſa-
chen, die Schulen und Lehrer im Lande, auf die vorige und jetzige Religion, die gottesdienſtli-
chen Gebraͤuche, auf die Prediger, auf deren Beſoldung, auf die Conſiſtoria und das Miniſte-
rium. Endlich macht die Abhandlung vom Alterthum des Landes, von den Geſchichtſchreibern,
den erſten Stiftern, dem Erbauungsjahr und Namendeutung jedes Ortes, den Wapen, erſten
Einwohnern, Urſprung der Geſchlechter, den obrigkeitlichen Perſonen, beruͤhmten Maͤnnern
und vielen andern Merkwuͤrdigkeiten den Beſchlus. Dieſes alles ſolte den erſten Band aus-
machen.
Jm andern Theile folget die ordentliche Geſchichte in 3 Buͤchern, nemlich 1) von den Zeiten
der Ordensherren, 2) von der ſchwediſchen und polniſchen Regierung zugleich, und 3) von
dem ſchwediſchen Regiment alleine. Dabey verſpricht der Verfaſſer alle Misgeburten, Wun-
derzeichen, Kaͤlte und Hitze, Feuer, Blitz, Brand, Ungewitter, Hagel, Erdbeben, Waſſers-
noth, theure Zeit, Ungeziefer, Peſt, Sterben, Krieg, Friede, Tumult und hundert andre ent-
ſetzliche Begebenheiten nicht zu vergeſſen.
Vom erſten Theile, glaubt Menius, wuͤrden die Herren Aerzte, Wundaͤrzte, Apotheker
und alle Hausvaͤter auſſerordentlichen Nutzen haben, wenn ſie die Polhoͤhe, die Tages- und
Nachtlaͤnge, der Sonnen Auf- und Untergang, den Grad der Sonne, des Mondes, und der
Planeten aus der von GOtt verordneten geheimen Naturkunſt verſtuͤnden. Kraͤuter ſamlen,
Arzneyen gebrauchen, Waſſer diſtilliren, durch Charactere heilen und Schaͤtze graben, alles dieſes
wuͤrde weit beſſer gehen, wenn dieſes Werk ans Licht treten ſolte.
Bey Gelegenheit der Bergwerke berichtet der Verfaſſer, daß man den Duͤneſtrom hinauf,
Eiſen, Kupfer, Wismuth, und Galmey gegraben, welches aber der Krieg unterbrochen; daß er
ſelbſt aus dem kleinern Bache in ſeinem Kirchenſprengel reine, klare und groſſe Perlen ſamlen ſehen,
auch davon einige beſitze, dergleichen Perlenfiſcherey an manchen Orten in Lief- und Eſtland
angetroffen werde; die meiſten aber fallen ſehr unreif.
Jn Unterſuchung der alten Geſchlechtsnamen ſcheinet Menius einen Fehlſchus |zu thun, wenn
er hieſigen Familien unvermuthete auswaͤrtige Erbſchaften zeigen will, und die Herren von Koß-
kuͤl, vermuthlich von dem Worte Kooſt, ſo nach der oeſelſchen Mundart einen Loͤffel bedeutet,
zu Herren von Loͤffelsdorf machet; da doch der Name ſolcher Gegenden von Koſk, einem Waſ-
ſerfall oder Damm herzuleiten, von deſſen Laͤnge oder Hoͤhe die Bauren gar viele Oerter in
Eſt- Finn- und Jngermannland benennet haben. Etwas gluͤcklicher gehet es doch den Herrn v.
Uxkuͤl, die er nach ſeiner etymologiſchen Kunſt bis auf einen Buchſtaben getroffen und ſie Her-
ren v. Eindorff nennet, da ſie doch v. Meindorf heiſſen, welcher Name richtig aus Nieder-
ſachſen und nicht aus Uxkuͤl herzuholen war.
Weiter raͤth dieſer Verfaſſer, daß man die Jahre und Zeiten am Himmel, Erde, Menſchen
und Vieh, Hitze, Kaͤlte und Miswachs in genaue Obacht nehmen und die darauf erfolgten Ver-
aͤnderungen in den 3 Hauptſtaͤnden bemerken ſolle; weil ſeiner Meinung nach dieſe vorgemeldete
Wunderzeichen die nuͤzlichſten Lehrmeiſter auf die kuͤnftigen Begebenheiten abgeben.
Hierauf beweiſet er die Unzulaͤnglichkeit der ruſſowiſchen Chronick, und beſchuldiget den cur-
laͤndiſchen Rath, Salomon Henningen, einer unfoͤrmlichen Ordnung, daß er keine weitere Nach-
richten, als aus ſeines Vaters Archiv beſeſſen, den Wohlſtand der Hiſtorie bey Seite geſetzt
und mehr um Einſchiebung ſeines Adelbriefes, als noͤthige Nachrichten bekuͤmmert geweſen, dafuͤr
er ihm aus dem Boccalini eine derbe Lection lieſet, und verſpricht aus ſeiner eigenen Feder am
Ende ſeiner Univerſalhiſtorie von Liefland eine unpartheiiſche Critik uͤber unſre Schriftſteller zu
liefern.
Nachher begegnet er dem Einwurfe, als verſtuͤnde ein Prediger, wie Ruſſow und er, keine
Geſchichte abzufaſſen; zeiget aber, daß die bisherigen Staatsleute, die von Liefland ſchreiben
wollen, eben auch nicht ſonderlich Mazariniſch gedacht, noch gar zu politiſch geſchrieben haben.
Zu-
legte Jnnocentius der IIIte ſelbſt bey, wie ſeine Briefe bezeugen, worin kein Biſchof
von Modena ſtehet. Honorius der IIIte aber ſandte zuerſt dieſen brauchbaren Mann
ums Jahr 1224 nach Liefland, wie die paͤpſtlichen und andere Schriftſteller auf das
einmuͤthigſte berichten.
von 66 Buͤchern, welche dem Verfaſſer fehlen, die vorhandenen geneigt einzuſenden.
Da nun Menius zur Ausfuͤhrung eines ſo weitlaͤufigen Werks, noch erſt das ganze Land
durchzureiſen geſonnen war, ſelbige Reiſe aber, der dazu erforderlichen betraͤchtlichen Unkoſten
wegen, nicht zu Stande gekommen; ſo kan die groͤſſere Hiſtorie dieſes muͤhſamen und recht eigenen
Mannes, auf deren Abſchrift ſich einige beziehen, unmoͤglich alle Stuͤcke dieſer Jntrada, ſon-
dern vielleicht nur die Ausfuͤhrung einzelner Materien, oder auch die Samlung der lieflaͤndi-
ſchen Rechte enthalten; wovon uns deſſen 1633 zu Doͤrpt herausgegebener Prodromus vorlaͤu-
fig benachrichtiget, den aber der Herr Vicepraͤſident von Brevern mit Recht einen Prodro-
mum vieler Pralereien zu nennen pflegte.
Sein Lebenswandel erhellet aus dem beim damaligen doͤrptiſchen Hofgerichte am 19ten Febr.
1638 gefaͤlletem Urtheil, darinne er in puncto atrocis diffamationis gegen des Prieſters Caſpar
Pegius nachgelaſſene Witwe, eine geborne Chriſtina Pauli, in die Reichsacht und als ein
in ſchwediſchen Reichen banniſirter Vogelfrey erklaͤret wird. Ja ein Jahr vorher, ward er von
dem Oberfiſcal wegen begangenen criminis bigamiae belanget.
Von ſeinen beſondern| Meinungen in der Religion, die er, unter dem ſymboliſchen Namen Sa-
lomon Majus, mit alchymiſtiſchen Erklaͤrungen der 3 erſten Kapitel Moſis, in dem Tractat:
Conſenſus Hermetico-Moſaicus entdecket, weswegen er den 11ten April 1645 vor dem ſtockhol-
miſchen Conſiſtorio verhoͤret und nach gethanem Wiederruf abgeſetzet worden, |iſt Nettelbladts
5tes Stuͤck der ſchwediſchen Bibliotheck S. 125 nachzuſehen. Jm Jahr darauf ſchrieb er eine
Nachricht von ſeinen verlornen Sachen, durch deren Verluſt ohne Zweifel ſein unter Haͤnden
habendes hiſtoriſches Werk den groͤſten Stos bekommen, welches Verzeichnis man vielleicht kuͤnf-
tig dem Leſer mittheilen wird, weil es noch in der Handſchrift verdeckt liegt.
Wittein diario biographico meldet, daß er zuletzt Verwalter der Kupferbergwerke in Schwe-
den geworden, wozu ihn die Achtung fuͤr die Chymie vielleicht befoͤrdert hat. Er hat Diatribam
criticam de maris Balthici nominibus et oſtiis herausgegeben, ingleichen in deutſcher Sprache
eine Probe von der letzten Zeit und dem juͤngſten Gerichte wieder Joh. Doͤling. Er gab auch
relationem de inauguratione Academiae Guſtauianae Dorpatenſis die 15 Octobr. 1632 facta in
Druck. Sein Ende faͤllt in den September des 1659ſten Jahrs.
ſtaͤdt, ſeinem Herkommen nach ein Schwabe. Spangenberg laͤſt dieſen Ordens-
meiſter gar weg. Andreas Mendo im Buche von Ritterorden q. 2 §. 14 nent ihn unrich-
tig den erſten. Pfeffingerin Inſtitution. p. I, l. 1, tit. 21 und Horner verwirren die Per-
ſonen noch wunderlicher und ſetzen den letzten zuerſt. Beſiehe Schurzfleiſchen S. 187.
ſte Domkirche innerhalb den Stadtmauren ruiniret habe. Siehe unten die Note beym Jahre 1547.
Muthmaſſung des Herrn Grubers**), auf die ihn Arnold von Luͤbekl. 6, c. 20,
n. 1
len laſſen, in einem lateiniſchen ſehr verbindlichen Briefe vom 3ten Nov. 1747 einige Anmer-
kungen und Verbeſſerungen ſeiner lieflaͤndiſchen Chronik auf unſre Bitte einzuſenden. Die Be-
ſitzer des lateiniſchen Exemplars werden nicht ungerne ſehen, wenn ſie nach dem Sinn des Herrn
Grubers, einige Stellen darinne aͤndern oder verbeſſern koͤnnen. Wir wollen ſie nach der
Ordnung mittheilen:
Correctiones et dilucidationes chronici latini.
Pag. 1 Raab et Babylonis. Pſalm. 87 v. 4. pag. 8 r) Sunt verba Sulpicii Seueri ad Baſſulam
ſocrum de obitu beati Martini. p. 13 h) pro videntes lege vident. p. 15 a) Parentum vocabu-
lo pro conſanguineis primus vſus eſt Curtius VI 10. 30, et poſt eum hiſtoriae Auguſtae ſcri-
ptores paſſim. Virum parentatum Suetonius in Othon. c. I dixit multarum et magnarum
propinquitatum. p. 20 a) adde teſtimonium Wolteri apud Meibom. t. 2, p. 55, p. 23 d) lege:
exurunt. p. 26 lin. 27 pro videtur lege vident. p. 28 c) lege: adueniens aduehensque cibaria.
p. 29 lin. 4 leg. mouent, lin. 7 nomine, ſupple: ſubſtitit ante portam b) lege vicerimus
p. 30 d) lege Iuuenis, deleto quem, p. 32 lin. 16 in ſe, lege, inter ſe. p. 35 lin. 16 pro
quam
in dem Briefe lauten ſo: Veronia aeque incognita eſt atque Neronia. Neque enim
VironiaWirlandeſſe poteſt, multo minus Verona Venetorum. Jch wuͤnſchte hiebey,
dieſer gelehrte Geſchichtkundige haͤtte nur die geringſte Urſach angegeben, warum das dem
Zuſammenhang ſo gemaͤſſe Verona nicht angenommen werden koͤnne, zumal da bekant ge-
nug iſt, daß die Moͤnche, oder ihre Abſchreiber, mit der Endigung a oder ia in der Erdbe-
ſchreibung der mitlern Zeiten nicht allzugewiſſenhaft umgegangen. Jndeſſen hat dieſer
Einwurf mich begierig gemacht dreierley Handſchriften nachzuſchlagen. Die eine iſt
von dem etwas weitlaͤuftig gerathenen Auszuge des Hrn. David Werners, unter der
Aufſchrift: Anales antiqui Liuoniae, welchen bisher viele fuͤr den wahren Text Hein-
richs des Letten gehalten, und ſich daher um das groͤſſere Werk nicht bekuͤmmert.
Weil dieſer Auszug ſich in vielen Abſchriften verbreitet, ſo ſind wir gleichfals durch die
Aufſchrift verleitet worden, in der Vorrede des erſten Theils zu glauben, daß der
Haupttext, wie ihn Herr Gruber herausgegeben, ſo gar ſelten nicht ſey; wovon wir
doch nachher das Gegentheil erfahren, und ihn unter den Samlungen unſerer beruͤhm-
teſten Liebhaber gar nicht, oder mit vieler Muͤhe antreffen koͤnnen. Jn dieſem Auszu-
ge meldet Werner, daß der Grundtext oder das wahre Original von Heinrichs des
Letten Chronik, in dem koͤnigl. ſchwediſchen Archiv zu Stockholm verwahret wer-
de, und Philip von Ratzeburg in einem Kloſter auf Gothland begraben liege, deſ-
ſen Namen er uns verſcheiget; ob ich ſchon nicht einſehe, was die Alpen bey Gothland
vorſtellen ſollen, wo keine hohe Gebirge zum Vorſchein kommen. Die andre Hand-
ſchrift hat die wittiſche Feder von einem Exemplar der ſchoͤnen Bibliothek des Herrn
Johann Axel, Grafens von Oxenſtierna genommen, welches mit der hannoͤveri-
ſchen Abſchrift auch in Kleinigkeiten uͤbereinkomt, und ebenfals Neronia und Neronien-
ſis beibehalten. Dieſes alles vermehrte meinen Zweifel, der ſich auch aus der zu Ba-
ſel 1573 in 12 gedruckten Nauigatio maris Arctoi i. e. Balthici et Sinus Codani de-
ſcri-
chen Worts Stucuanta, lieber Sarcianta leſen wil. Die Handſchriften, von denen wir
gleich ein mehreres ſagen wollen, behalten dieſes ungerathene Wort, deſſen Anfang aber
nicht mit St ſondern Sl geſchrieben wird, wie auch meine vorige revelſche Handſchrift
hatte. Der eine Text erklaͤrte es in einer Randgloſſe: Sluckhuarda noſter, gleichſam,
unſer Kellermeiſter, davon ein guter Schlucker herkommen ſoll. Die andre Abſchrift
liefert uns ein Wort mit alten verzogenen Muͤnchszuͤgen, die uns keinen Zweifel uͤbrig
laſſen, daß nicht im Grundtext: Et ait Albertus Sluk. nauta noſter, geſtanden, wie Huit-
feld einen Rubert von Sluk, ehemaligen Beſitzer der Doͤrfer Obwald, Ruts und
Sammitkertel im Revelſchen, unterm Jahre 1249 p. 221 anfuͤhret. Ein Minori-
tenbruder Namens Albert Sluck, erſcheinet in den Friedenstractaten mit den Lit-
thauern von 1323.
ubi cum plurimum profeciſſet, p. 39 lin. 2 tantorum i. e. tot hominum, phraſi Tertulliano
familiari. h) ad exemplum Vincentii Bellovac. ſpec. hiſtor. lib. 31 c. 83, 84, Cogones Colo-
nienſium: cogones, galeae, etc. p. 76 h) lege omen et eiice, ſenſum; p. 81 n) promtualibus
leg. pro victualibus vt n. I; p. 97 c) Papp Eſtonibus, Pop Slauis eſt ſacerdos teſte Io. Herbi-
nio de eryptis Kiov. c. 14, 8 p. 101 a) Chronicon Kiouienſe ſiue Theodoſii ſiue Neſtoris ante
omnia conſulendum; p. 160 b) Alphonſi verum nomen Raphael Sauanarola, p. 182 lin. 29
leg. vitia, dans. Jn der deutſchen Ueberſetzung entdecket der Herr geh. Juſtizrath uns fol-
gende wirkliche Fehler: S. 19 f) ſollen Inſcriptiones facti die Protokolle heiſſen. S. 87 e) bedeu-
tet Legatus imperii einen Reichsverweſer; S. 90 k) muß Sirmond den Vornamen Jacob be-
kommen. S. 147 a) in ſin. ſol id quod eſt in principio ſo viel ſeyn, als eine Petitio principii,
wenn man das zum Beweis gebraucht was noch ſelbſt erſt mus erwieſen werden. Noch eine
gruberſche Anmerkung nebſt unſern eigenen Verbeſſerungen uͤber den erſten Theil, ſollen weiter
unten folgen.
Vor der gruberſchen Ausgabe hat man den Werth der alten Annales nicht zu ſchaͤtzen ge-
wuſt, obgleich einige Gelehrte ſie auch in gedruckten Schriften angezogen. Selbſt der gelehrte
Verfaſſer des andern Aufſatzes in dem 3ten Theil der Liuonic. S. 130, welche 1700 ohne Benen-
nung des Orts ans Licht getreten, fuͤhrt daraus Meinhards Antheil an dem ſchwediſchen Einfal
in Curland, und die dadurch veranlaßte Verwuͤſtung in Wirland an, nennet aber den Chro-
nikenſchreiber Herman von Heldrungen.
Schreibart die aͤlteſte zu ſeyn ſcheinet, dahingegen andre Eſtonia ſetzen. Tacitus,
Solinus und Jornandes nennen die Nation Aeſtier, Eginhard zu Carls des
groſſen Zeiten Aiſten, und Caßiodorus Haͤſten, wo andre Aeſten leſen, Saxo der See-
laͤnder aber Eſtones. Diejenigen welche auf den Namensurſprung der Provinz ſe-
hen, ſchreiben Oeſtland; der Ausſprache nach hoͤret man Eeſten und Eeſtland.
Hermelin*) macht es S. 14 u. f. de Origine Linonorum warſcheinlich, daß die aus-
gebreitete Nation der Eſten von Oſten ihren Namen fuͤre. Nur laͤſt ſich hiebey fragen:
ob ein Volk ſeine urſpruͤngliche Benennung fahren laſſen, und den ihm von ſeinen
Nachbarn beigelegten Namen, als ſeinen eigenen, gebrauchen werde? Der Finne nent
ſich Some-mees einen Moraſtkerl, der Live Liwe-mees einen Sandmann, bei-
de von der natuͤrlichen Beſchaffenheit ihres Landes; und dieſe machen mit den Eſten ei-
ne Nation aus. Von den Finnen beweiſets die noch lebende Sprache. Was aber
die Ueberbleibſel der alten Liven in der ſo genanten liviſchen Wacke am Salisſtrom
betrift, welche ihre alte Sprache noch unter ſich gebrauchen; ſo hat der Herr Paſtor
Joh. Conrad Burchard zu Salis auf unſer Anſuchen uns ſolche Proben zuge-
ſchickt, die offenbar erhaͤrten, daß die liviſche Sprache ein gebrochener doͤrptiſcher
Dialect ſey. Und da dieſe Liven ſich beim Gottesdienſt der lettiſchen Sprache bedie-
nen, ſo zeigen die unter ihre Hausſprache mit untergemengten lettiſchen Woͤrter, daß
ſie ihre alte Sprache nicht einmal mehr zu reden verſtehen, wie ſie ſelbige auch
nicht
ſtoriographus, und endlich geheimer Kanzleyrath, ein Mann von ausnehmenden Gaben und ei-
ner weitläufigen Gelehrſamkeit, blieb, in Begleitung des Koͤnigs auf ſeinen Feldzuͤgen, bey Pul-
tawa am 27ſten Jan. 1709, wo ihm die Coſaken den Reſt gaben. Wir haben uns ſeiner Di-
ſputation de Origine Liuonorum in 4 bedienet, wie ſie Guſtav Adolph Humble aus Joͤn-
koͤping in Schweden vertheidiget, und Joh. Brendeken 1693 in Doͤrpt gedruckt. Mag.
Caſpari hat ſie zu Leipzig 1717 in 8 wieder auflegen laſſen.
daß Neringa daſelbſt die friſche Nehrung bezeichne. Zuletzt half mir die recht ſaube-
re Handſchrift des Herrn Paſtor Skodaiski zu Riga, welche an dieſem Orte Vero-
nia und gleich darauf gar Veronenſis quidam hatte. Warum ſolte wol Verona nicht
der Begraͤbnisort dieſes ratzeburgiſchen Biſchofs ſeyn koͤnnen? Doch da Herr
Gruber ſeinen Widerſpruch nicht ſo ausdruͤcklich gemacht haben wuͤrde, wenn er
durch die Staͤrke ſeiner Gegengruͤnde nicht geſichert waͤre, ſo wollen wir Leſern, die
ſcharfſichtiger ſind als wir, eine zu Nerona datirte Urkunde darlegen, ob ſie vielleicht
gluͤcklicher ſind, dieſen Ort aus den darin vorkommenden Umſtaͤnden herauszubringen.
Qualiter Domnus Marquardus Brede, Miles, poſt mortem regis Danorum
Chriſtophori, reſignat ordini Liuonienſi caſtra Eſtthoniae. Actum
Anno 1334.
Vniuerſis Chriſti fidelibus, ad quos praeſentes litterae peruenerint, Iacobus Dei
gratia, Oſilienſis eccleſiae Epiſcopus ſalutem in Domino ſempiternam. Teno-
re praeſentium publice proteſtamur, quod defuncto illuſtri principe, Domino Chri-
ſtophero quondam rege Daciae, dum Dominus Marquardus Breyde, Miles, caſtra,
quae eiusdem regis nomine tenuerat in Eſtonia, reſignaret, compoſitionem cum
fratribus Theutonicis Liuoniac in hunc modum iniuit, ſcilicet quod ipſe Dominus
Marquardus promiſit dictis fratribus data ſide, quod nunquam vllo tempore malum
ſeu damnum eorum vel ordinis eorundem ſcire aut procurare deberet, ſed ipſos
diligere ſemper et honorare et fideliter in omnibus promouere. Et illud idem di-
cto Domino Marquardo per fratrem Reynerum Mumme tunc Aduocatum Ierviae
extiterat repromiſſum, ex parte fratrum et ordinis praedictorum. Et quia eidem
compoſitioni praeſentialiter interfuimus, ſigillum noſtrum praeſentibus duximus ap-
ponendum in maiorem euidentiam praemiſſorum. Dat. Neronae anno Domini
MCCCXXXIIII ſeria ſecunda ante natiuitatem beatae Mariae virginis, celebrato ge-
nerali inibi parlamento.
Bruns Wettberg, Herman Anrep, Reinhold von Roſen, und Claas Mecks, als Raͤ-
the in Harrien, und Jacob von Loͤwenwolde, Thube Bremen, Herman Lode zu Aſ-
ſery, Peter von Tiſenhauſen, Otto Taube zu Kochtel, und Robert von Gilſen, Raͤthe
in
Es muß alſo noch der Grund unterſuchet werden, warum der Eſte in ſeiner Sprache
ſich ſelbſt einen Eſten und ſein Land Eeſti-ma benennet. Wir haben ſonſt eine ge-
ſchriebene Nachricht vom Fuͤrſtenthum Eſten, welche wegen ihrer Kuͤrze und magern
Jnhalts hier kaum erwehnet zu werden verdienet. Da die Sprache der Eſten in weit-
laͤufigem Verſtande was beſonders, Eſtland aber geſchickte Maͤnner hat, ſo waͤre zu
wuͤnſchen, daß einmal ein Kunſtrichter, dem es weder an einer gehoͤrigen Staͤrke in
der Sprachkunde, noch an regelmaͤßigem Witz fehlete, ſich an eine ſolche Materie machte.
Die europaͤiſchen Sprachen verrathen ihre ehmalige Verſchwiſterung wenigſtens in
Zahlwoͤrtern; der Eſte aber faͤngt, vom Salisſtrom bis gar weit nach Norden und
Nordoſten hinauf, die Zahlen mit einem gar ungewohnten uͤks, kaks, kolm, nelli
an, welcher Umſtand wohl einer genauern Unterſuchung werth waͤre.
Es haben ſchon verſchiedene bemerken wollen, daß die Eſten durchgaͤngig etwas
ſtaͤrker vom Leibe und laͤnger von Statur ſeyn als die Letten, wie ſich denn auch dieſe
Nationen in der Tracht unterſcheiden. Doch mus man dieſe letztern nicht zu ausgehunger-
ten Zwergen machen. Der Dichtkunſt wollen wirs zu gute halten, wenn Piſtorius die
Letten nicht in allen Zeilen richtig getroffen. Er ſchreibt nemlich ſo:
Vix homines dicas hos, ſi gens culta videres.Corpora ſunt illis attenuata fame,Et breuia, aſſiduo multum ſuppreſſa labore,Artubus et iuſta pro ratione carent.His potus lympha eſt, panis de furfure co-ctus.Pro plumis ceruix mollibus vrget humum.Et bene conueniens veſtitus iungitur illis,Calceus eſt cortex, cetera lana tegit;Quae tamen haud magna contexta cohae-reat arte,Velleribus ſimilis tergoribusque boum.Atque premunt humiles infirmo corporemannos,His equitant ſimili foemina virque modo.
Man vergleiche hiemit Paul EinhornsHiſtoria Lettica, die bey Joh. Vogeln
zu Doͤrpt 1649 in 4 gedruckt und dem Herzog Jacob von Curland und Semgallen
zugeſchrieben iſt. Mehrere Nachrichten findet man in den beckeriſchen zu Witten-
berg gehaltenen Diſputationen von lieflaͤndiſchen Voͤlkern, deren Sprache und Ge-
braͤuchen, beim Rumpaͤus in der Nachricht vom curiſchen Glauben, Hartknochin
diſſert. de Curonorum et Semgallorum republica und Joh. Menecius im libro de ſacrificiis
et Idololatria veterum Curonum, Regiomont. 1551. Jn ganz Curland und Lettland
gilt die lettiſche Sprache, in Eſtland und auf Oeſel die eſtniſche. An manchen
Orten in dieſen Provinzen findet man eigene Worte und eine geaͤnderte Ausſprache; wo-
durch in dieſen zweien Sprachen nur unterſchiedliche Mundarten entſtehen, die man
deswegen gar nicht fuͤr eine eigene Sprache ausgeben kan, wenn auch die Mundart et-
was unterſchieden iſt.
Es komt wol natuͤrlicher heraus, wenn man die Namen der Laͤnder von ihren Be-
wonern herfuͤhret, als von der Beſchaffenheit des Landes. Der Eſte und Finne
nent Finnland Some-ma, das iſt: der Somen Land, obgleich einige es erklaͤren
wollen ſe omma-ma das iſt unſer Land, welches nur der Finne ſagen koͤnte. Der
Eſte und Finne ſpricht: Rootſi-ma der Rootzen Land, von den Einwohnern
der Provinz Roslagen, und verſteht das Koͤnigreich Schweden darunter, weil
ehmals die alten Roxolanen da gewohnt haben. Er ſagt Leto-ma d. i. Litthauen,
oder der Leten Land; Wenne-ma, Rußland, entweder der Wenden Land, die
zum Theil rußiſche Vaſallen waren, oder auch Bruͤderland, wie die Roͤmer ſagten
Germania.Saxa-ma Deutſchland, das iſt der Sachſen Land.
land, Liefland und auf Oeſel*) ziehet dieſen Freibrief auch auf die Erbguͤter, und
derſelben Veraͤuſſerung, weil daraus nicht dargethan werden koͤnne, daß Waldemar
alle eſtlaͤndiſche Guͤter zu Mannlehnen gemacht, uͤberdem Erichs Privilegium
von 1252 dieſem Lehnrechte das erbliche oder Landrecht entgegen ſetze, auch die Ceßions-
acte der Provinz Eſtland an den Ritterorden erweiſe, daß auſſer den Lehnguͤtern auch
wahre Allodia ſich daſelbſt befinden. So richtig die Sache ſelbſt iſt, ſo unrichtig ſind
hingegen die Jahrzahlen, und zwar in ſolchen Buͤchern, auf welche bey dem Beweiſe
am meiſten ankomt. Denn Waldemar konte nicht 1215 dem Lande Geſetze geben
und es erſt 3 Jahr nachher erobern, vielweniger uͤber Doͤrpt befehlen, welches noch
uͤber 8 Jahr in heidniſchen Haͤnden war. So geht es auch mit der Jahrzahl des an-
dern Privilegii, nach welcher Erich, zwey Jahr nach ſeiner Enthauptung, ohne Kopf
Eſtland beherſchet haben muͤſte. Die Vorrede, welche Erich vor das woldemar-
ſche Lehnrecht geſetzet, zeiget deutlich an, daß Woldemar ehemals mit Zuziehung ſei-
ner Staͤnde Eſtland ein Lehnrecht verliehen, welches Erich, des vielen Misbrauchs
wegen, wieder in Gang zu bringen geſucht, worauf er auch ein damals uͤbliches Land-
oder Allodialrecht beſtaͤtiget. Weil Erich in dem 1248 Jahre ſich perſoͤnlich in Eſt-
land aufgehalten, und in ſelbigem Jahre der Stadt Revel unterm 11ten May das
luͤbiſche Recht verliehen, welches die folgenden Koͤnige von Daͤnnemark ſo oft wie-
derholt, beſtaͤtiget und erweitert haben; ſo duͤrfte ſich zu den erſten Rechten von Eſtland
nicht leicht eine andere Jahrzahl als 1248 ſchicken. Menius S. 8 raͤth fuͤr das wol-
demarſche Mannlehnsrecht aufs Jahr 1238, fuͤr Erichs Confirmation aber auf 1251; wel-
ches erſtere ungewiß, das letztere aus obigen Urſachen falſch iſt. Doch der revelſche Com-
thur, Rembert von Scharenberg, bezeuget in ſeinem Transſumt etlicher Privilegien,
daß dieſer Beſtaͤtigung des Koͤnigs Erich der 2te Octob. 1252 beigeſchrieben ſtehe. Un-
ſre Abſchrift eines Briefes vom Koͤnig Erich an die gelinden und guten Maͤnner in
Revel und Weſenberg, worin ihnen zugeſtanden wird, daß ſie ihre Guͤter nach Erb-
rechte, welches in gemeiner Sprache Landrecht heiſſet, erben koͤnnen, iſt verfiegelt zu
Leonnigas 1252 des andern Tages vor dem 1ſten October. Wenn dieſe Jahrzahlen
ihre Richtigkeit haͤtten, ſo muͤſten die Daͤnen die Regierung ihres Koͤnigs Abel ſpaͤter
als gewoͤhnlich anſetzen.
Unter einige merkwuͤrdige Stellen des woldemariſchen Lehnrechts ſind folgende zu
rechnen: §. 11.
„Stirbet ein Mann, der Erben hat, Soͤhne oder Toͤchter, und ſind
„die Kinder zu ihren Jahren nicht kommen, der nechſte Schwertmage ſol Vormund
„ſeyn, ob er des Koͤnigs Mann ſey; iſt da kein Schwertmage, der Koͤnig ſol ihr Vor-
„mund ſeyn; §. 18, Stirbet der Mann ohne Erben, ſo bleibt die Frau in ihres Man-
„nes Gut Jahr und Tag, das iſt 6 Wochen und ein Jahr, und ſol helfen ſeine Schul-
„den guͤten und pflegen ſeiner Seele; §. 42, Jſt ein Mann auſſer Landes beſeſſen, ſo
„entbeut man ihm ſein Gut, komt er denn nicht, ſo bricht er 3 Wedden, das ſind
„ſechzig Schillinge; §. 49, Wer ein unrecht Urtel findet, das iſt zwo Pfund, und wer
„ein recht Urtel beſchilt, das iſt 3 Pfund.‟
S. 385, von Erich dem VIIten ſehr verbeſſert worden; ſo hat ſich wol der Abſchreiber des
rothen Buchs mit der Jahrzahl 15 geirret, und dieſelbe bey Woldemars Lehnrecht un-
richtig angebracht. Billig ſolte es keine Jahrzahl haben, weil ſich aus keiner Geſchich-
te erweiſen laͤſt, daß die Daͤnen den Bruͤderlaͤndern, den Staͤdten Riga und
Doͤrpt Geſetze geben koͤnnen.
land gedruckt worden. Die Muthmaſſung derer iſt am gegruͤndeſten, welche den Herrn Land-
und Regierungsrath Richter fuͤr den Urheber beſagten Tractaͤtgens angeben.
Lorenz Ferſen, durch ihren Secretaͤr, Wolfgang Scheffel, im Hoͤfe zu Engedes am 4ten
Sept. Sonnabends nach Egidii die koͤnigl. daͤniſchen, hochmeiſterl. preußiſchen, und meiſterl.
lieflaͤndiſchen Privilegien aus den Hauptbriefen in ein Buch zuſammen tragen, welches von
ſeiner rothen Pergamentſchale den Namen des rothen Buchs fuͤhret. Der Herr Mannrichter
von Lode hat ſich deſſen zu ſeiner Hiſtorie wohl zu bedienen gewuſt.
fruͤh, wie das doͤrptiſche, ſtiften, ſo fehlen ſie dabey in der Namenserklaͤrung des Schloſ-
ſes Pilten, ſonſt Danipils genant. Der Koͤnig fragte nemlich den Biſchof, wo er
das Schlos anlegen wolte, dieſer antwortete: Ther ſom Pilten ſtaͤaͤr, da wo der
Junge ſteht. So gleich hieß der Ort Pilten. Natuͤrlicher laͤſts ja, weil die Curen
und Letten jede Burg Pils nennen, daß ſie dieſe neue Feſtung Danipils, der Daͤ-
nen Burg geheiſſen, und auch nur ſchlecht weg die Burg. Der Eſte ſagt Lin,
daher Revel Lindaniſſe, Danilin, kuͤrzer Tallin und auch auf lettiſch Dampils
heiſſet. Die Letten heiſſen die Stadt Wenden Zehf ſo ebenfals einen feſten Ort an-
zeiget. Unſere Geſchichtſchreiber legen dem Biſchof Albert die Errichtung des Bi-
ſtums Pilten beim Jahre 1229 bey, welches, der Handlung und Zeit nach, richtiger be-
ſtehen koͤnte, als das Zeugniß der daͤniſchen Scribenten. Heinrich der Lette wuͤrde
eine ſo nahe und wichtige Anſtalt beim J. 1220 uns wol beſchrieben haben. Allein am ſi-
cherſten iſt es, daß man nicht fruͤher in Curland Biſtuͤmer ſtifte, ehe das Land erobert
und bekehret worden; zumal da um dieſe Zeit das ſemgalliſche noch keine gewiſſe
Reſidenz hatte.
weil ſie in dem erſten Theil S. 168 unrichtig angegeben worden. Ob nun gleich die
damit verglichenen Handſchriften nicht Dasle ſondern Dalle, und Rodo von Hoenberg
leſen, ſo wird doch die gruberiſche Muthmaſſung in Abſicht des letzten Namens,
durch eine Urkunde beſchoͤniget, welche mit 3 Siegeln, wiewol ohne Meldung der Jahr-
zahl, verſehen iſt. Wir glauben, daß ſie aus mehr als einer Urſache aufgehoben und
mitgetheilet zu werden verdiene. Hier iſt ſie:
In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti, Amen!
Albertvs Dei dignatione Rigenſis Epiſcopus omnibus Chriſti fidelibus tam na-
tis quam naſcituris in perpetuum ſalutem! Cum Rigenſis ciuitas ad inhabitatio-
nem ſui plus libertatis gratia, quam praediorum circumiacentium ſertilitate*)fideles
alliceret, erat quaedam grauis importunitas et frequens periculum transeuntibus ſta-
gnum, quod a villa Rodenpois denominabatur. Vnde de conſilio et conſenſu Do-
mini volqvini, magiſtri militum Chriſti, et fratrum ſuorum ob publicam trans-
euntium vtilitatem placuit, trans ſtagnum ipſum pontem praeparari, hac cautione
praemiſſa, conſcripta et ſigillata, vt nihil vnquam a transeuntibus telonii nomine
exigeretur, et tam in transeundo quam in piſcando in ipſo ſtagno libertas fidelibus
in perpetuum permaneret. Nos ergo Peregrinis anni illius, videlicet Domino bo-
donidehoenborg**)et ceteris hoc in remiſſionem omnium peccatorum ſuorum
et expeditionis iniunximus, vt ipſum pontem***)in perpetuam ipſorum memoriam
elaborarent; quod et ſtudioſe perficere curauerunt. Statuimus ergo et ſub intermi-
natione Anathematis inhibemus, ne vlli vnquam hominum liceat transeuntes alicuius
exactionis moleſtia ſollicitare, neque ipſum pontem turpis lucri cauſſa diſſipare.
Huic tam neceſſariae rei pro fauore conſentit Robertus, Abbas de Dunemünde, Io-
hannes praepoſitus Stae Mariae, Volquinus magiſter militiae Chriſti cum fratribus
ſuis, Daniel de Lenewarde, Conradus de Ykeskole, Theodoricus de Raupena, Iohan-
nes de Dolen****)cum omnibus inhabitantibus terram.
zu; daher man mit Recht die Gegend um die Stadt die Sandbuͤchſe von Liefland nennen
moͤchte.
ermuͤhlen mit der Stintſee. Um der Heerſtraſſe willen nach Lief-Eſt- und Rußland
bediente man ſich in mitlern Zeiten einer Prame, dafuͤr die Stadt Riga jetzo eine ſtarke hoͤlzerne
Bruͤcke unterhaͤlt.
Bannerow, von Meindorf, von Roſen, wegen des von ihrem Lehngute angenommenen Na-
Dmens
rath dieſe Urkunden in Verdacht gezogen. Der Beweis iſt auſſer dem Zuſammenhan-
ge in der That ſcheinbar, weil niemand ſo leicht einer Sache halber um Erlaubnis
bittet, die er ſchon vor 24 Jahren volbracht hat. Allein da ſo alte und oft durch die
Muſterung gegangene Abſchriften, und zwar in den Hauptarchiven, davon vorhanden
ſind, ſo gehet man ſehr unſicher, wenn man eine Begebenheit von der Art durch einen
Schluß a priori leugnen wil. Der Orden hatte von dem der Cleriſey zugethanen
paͤpſtl. Hofe ſchon manches Reſcript erhalten, das Maͤnnern von ausgebreiteten Ver-
dienſten alzuenge Grenzen der Belohnung anwies, und ſuchte daher ſich mit dem welt-
lichen Arme zu ſtaͤrken. Albert merkte dieſes. Solte ihn nicht die Staatsklugheit,
deren er volkommen kundig war, haben antreiben koͤnnen, dem Orden zuvor zukom-
men, und dasjenige von Heinrich ſich beſtaͤtigen zu laſſen, wozu er ſchon vor langen
Jahren paͤpſtl. Volmacht gehabt. Der damals regierende Kaiſer Friedrich war ein
Pfaffenfeind und half lieber den Rittern, denen er auch anſehnliche Freiheiten ertheilet,
weswegen der Biſchof vielleicht Bedenken trug ſich an denſelben zu wenden. Daß
Herr Schurzfleiſch die Abſchrift bey Herrn Ceumern S. 133 wegen der neuern deut-
ſchen Sprache verdaͤchtig zu machen geſucht, iſt aus einem Misverſtaͤndnis gekommen,
weil Ceumern zu melden vergeſſen, daß er nur ſeine deutſche Ueberſetzung davon liefere.
Wir haben ſelbſt S. 209 die mitlere Urkunde von Hermans Jnveſtitur bey Wim-
pfen aus den Geſetzen der Rechtſchreibung verworfen, die doch niemals bey Abſchrif-
ten einen rechtsbeſtaͤndigen Richter abgeben kan, wenn man nicht die Fehler des Ab-
ſchreibers dem wirklichen Verfaſſer aufbuͤrden wil, bey welchem letztern ſelbſt dieſer Um-
ſtand nicht einmal von algemeiner Kraft zu beweiſen iſt. Daß Albert die Muͤnzfrei-
heit ungenuzt liegen laſſen, iſt von ſeiner Regentenklugheit nicht zu vermuthen. Der
roͤmiſche Kaiſer Carl der IVte hat das rigiſche Diploma ſowol als das doͤrptiſche
auf des Erzbiſchofß Fromholds Anſuchen 1356 in einem Tranſſumt beſtaͤtigen laſſen.
Sie wurden beide in den oliviſchen Friedenstractaten fuͤr guͤltig erkant, und ſind im
Diario Europaeo tom. VIII append. p. 47 ſqq. abgedruckt. Wem dieſes noch kein
Gnuͤgen thun ſolte, der darf nur den Grundſatz der damaligen catholiſchen Kirche zu Huͤlfe
neh-
beſtand nur in dem Seniorat. Der Name Veſceke von Kukenois heiſt nichts anders als Ael-
teſter von Kokenhauſen. Die ukrainiſchen und donniſchen Coſaken nennen noch denjenigen
Starſchin, d. i. Aelteſten, welchen die ſlavoniſchen Voͤlker Staroſt oder Staraſt nennen,
mit welchem Namen nur der Aufſeher uͤber die Bauren bezeichnet wird, weil ihn gemeiniglich das
Alter dazu erhebet. Dem letzten Johann von Dolen ſprach der Legat Wilhelm das Schlos Dolen
ab, weil er das daͤniſche Wirland, ohne des Legaten Vorwiſſen wegnahm, ſich auch ein eigen
Schlos anmaſte, daher er als ein praedo periurus, und vielfach Verbanneter ſeines Lehns verlu-
ſtig erklaͤret ward, ſtat deſſen es Wilhelm der Stadt zuſchlaͤgt, am 23ſten May in Duͤnemuͤnde.
Zuletzt melden wir uns ſelbſt, und bitten unſre Leſer um Verzeihung, daß wir uns S. 166 durch
unſere revelſche Handſchrift verleiten laſſen, dem Biſchof Albert einen neuen Bruder zu geben,
indem die andern Abſchriften den Text ſo liefern: Miſerunt etiam fratres Epiſcopi Rigenſis, Sa-
lomonem ſacerdotem in Rotaliam. Die uͤbrigen Abweichungen von dem neuen Texte ſind von
keiner Erheblichkeit, und beſtehen oft nur in Abkuͤrzungen. Doch waͤre folgendes etwa noch zu
aͤndern: S. 172 Z. 32 exactionibus an ſtat actionibus. S. 174 Z. 9 Cagethe an ſtat Coggelſe.
S. 176 Z. 6 cum mercibus ſuis an ſtat mercatoribus ſuis. Z. 29 a cinitate an ſtat in ciuitate,
nicht weit von der Stadt Nogardien. Und das waͤren die Verbeſſungen des erſten Theils.
Die durch eilfertige Umdruckung etlicher Bogen eingeſchlichenen Druckfehler, werden billige Leſer
weder dem Fleis des geſchickten Herrn Correctors noch unſerm Willen zurechnen. Es iſt ein
Gluͤck, daß ſie deutlich in die Augen fallen. Nur bey der 27ſten Seite e) iſt noch zu erinnern,
daß wer den Spruch nachſchlagen will, denſelben nicht im Evangelio Johannis, ſondern im
Buch Joſua k. 15 v. 19 aufſuchen muͤſſe. Jn der Zueignungsſchrift ſol unter andern gleich in der
5ten Zeile der dritten Seite ſtehen: Wir beugen Herz und Knie mit.
ſche, engliſche, gothiſche und runiſche Muͤnzen von einem 7 bis 800 jaͤhrigen
Alter aus der Erde gegraben worden, bezeuget Hiaͤrne und anderer Geſchichtſchreiber
ungedruckte Denkmale. Herr Neuſtaͤdt wil gar vom Biſchof Meinhard in Lief-
land einen Pfennig beſeſſen haben, auf deſſen einer Seite das Marienbild, auf der
andern die Kirche zu Holme zu ſehen geweſen. Von Albert weiſet man auch eine
ſilberne Muͤnze auf. Der in unſern Alterthuͤmern erfahrne Herr Vicepraͤſident von
Brevern haͤlt ſie fuͤr die erſte bekante Muͤnze von Liefland, und hat ſie mit eigner
Feder in einem Schreiben an ſeinen guten Freund abgeriſſen. Ein ruſchendorfiſcher
Bauer ſahe im Brachmonat 1698 beim Pfluͤgen eine Feldratze, die etwas Glaͤnzen-
des in der Schnauze trug, und ging ihr bis zu ihrem Loche nach, wo er etwan einen
halben Stof, oder ein deutſches Noͤſſel vol alte ſilbernen Muͤnzen entdeckte, worun-
ter viele engliſche und runiſche Waren. Unter denſelben war auch die vom Hrn. v.
Brevern abgeriſſene, in der Groͤſſe eines alten deutſchen Groſchens, auf deren einer
Seite das biſchoͤfl. Hauptbild mit einer hohen biſchoͤflichen Muͤtze und ſtarkem Barte,
auf der andern aber 2 Stadtthuͤrme mit dem Kreuz abgebildet waren, zwiſchen welchen
ein Loͤwenkopf hervor zu gucken ſcheinet. Sie iſt nur in der Mitte gepraͤget, und hat
den Rand leer. Unter den liefl. Muͤnzen wuͤrde ihr keine das Alterthum ſtreitig ma-
chen, wenn ſie gewiß eine lieflaͤndiſche waͤre. So aber ſcheinet ſie noch aͤlter, und
der Loͤwenkopf mit ſeinen Haaren komt dem Bilde eines menſchlichen Geſichts aͤhnli-
cher, zu geſchweigen, daß das Stadtwapen der damaligen Zeit noch keinen Loͤwenkopf
aufzeigen kan.
ſchadet nichts, wenn nur das Tranſſumt, dem kein Jahr beigeſchrieben iſt, von der
Vor-
die Chriſten abgenommene Laͤnder zukam, da es denn gleich viel war, ob die kaiſerliche
Genehmhaltung voraus gieng, oder einige Zeit nachher drauf erfolgte.
gezogen, und gleichwol einen Biſchof Albert als Zeugen angefuͤhret ſehen, haben des-
wegen den Biſchof Nicolaus 18 Jahr zu fruͤh tod geſchrieben und Albert den er-
ſten in den andern verwandelt, wie es auch Hiaͤrne macht; da doch Albert der andre
um dieſelbe Zeit noch Biſchof zu Armagh in Jrrland war.
In nomine Sanctae et indiuiduae Trinitatis. Hermannus Dei gratia Tarbatenſis
Epiſcopus omnibus hoc ſcriptum legentibus Salutem in eo, qui eſt Salus fide-
lium. Natura et conditionibus rerum mutatis neceſſe eſt quandoque nomina com-
mutari. Cum igitur anteceſſor noſter Dietericus ſecundum tempus ſuum voluerit ſi-
bi ſedem eligere in loco Leal et regionibus illis quibusdam neceſſitatibus et vtilitati-
bus interuenientibus renunciauerim, etiam infra ſcriptae dioeceſis nomen eccleſiae
et Sedi Epiſcopali impoſui de conſilio voluntate et auctoritate Venerabilis Patris Will-
helmi Epiſcopi, Mutinenſis qui erat tunc Apoſtolicae ſedis Legatus. Ne igitur pro-
pter mutationem huius nominis inter Nos et Fratres militiae Chriſti ſuper concordia,
quae inter nos et ipſos facta eſt, prout ex illis litteris ſub nomine Lealenſis Epiſcopi
factis apparet, aliqua in poſterum dubitatio oriretur de voluntate, conſilio et aucto-
ritate praedicti Legati, vt et Praepoſiti et Capituli Tarbatenſis praedictam concor-
diam in quibusdam etiam articulis declarantes renouamus et modis omnibus con-
firmamus tenorem praedictae concordiae praeſentibus teſtibus annotatum, qui ta-
lis erat:
In nomine Sanctae et Indiuiduae Trinitatis: Hermannus Dei gratia Lealenſis
Epiſcopus omnibus hoc ſcriptum cernentibus Salutem in eo, qui eſt Salus omni-
bus. Notum eſſe volumus, tam praeſentibus quam futuris, quod de conſilio
Venerabilis fratris Noſtri Alberti, Rigenſis Epiſcopi et Eccleſiae ſuae, peregri-
norum quoque ac ciuium Rigenſium cum fratribus Militiae Chriſti iuxta quod in
authentico ipſorum continetur, talem fecimus compoſitionem, vt videlicet a no-
bis et noſtris ſucceſſoribus ipſi teneant mediam circiter regionem Epiſcopatus no-
ſtri iurisdictione ciuili perpetuo poſſidendam cum Eccleſiis, Decimis et omni
emolumento temporali terram videlicet Saccale, Nurmigunde, Mogeke, Alumbus,
dimidiumque Waigele cum attinentiis ſuis, ſaluo in omnibus iure ſpirituali. In il-
lis igitur terris pro eccleſiis ſuis perſonas idoneas inſtituant et eas inueſtiendas no-
bis praeſentent. Pro eis autem terris nullum nobis temporale ſeruitium aliud ex-
hibebunt, niſi quod pro epiſcopatu noſtro contra incurſus hoſtium iugiter decer-
tabunt, et in ſpiritualibus nobis obedient, et cum ratione officii Epiſcopalis eccle-
ſias eorum viſitabimus, expenſas nobis neceſſarias miniſtrabunt. Fluuium Em-
majöggi liberum relinquemus, vel gurguſtium regis dimidium eis dimittemus. No
quis autem eis ſuper hac noſtra conceſſione malitioſum inferat impedimentum,
ſub anathematis interminatione prohibemus, et, vt actum noſtrum robur perpetuum
obtineat, hanc chartam inde conſcribi et ſigillo noſtro et Domini Rigenſis Epiſco-
pi et Eccleſiae ſuae muniri fecimus. Huius actionis teſtes ſunt Dn. Albertus Rigen-
ſis Epiſcopus, Iohannes Praepoſitus, et ceteri teſtes.
Verbum autem Gurguſtiiſupra dicti ſic terminabimus vt fratres militiae Chriſti
dimidium gurguſtium regis, ſicut medio poſitum eſt, perpetuo poſſidendum habeant,
ita
teiniſchen Namen haben, haͤufig vorkommen; ſo wollen wir doch dem geneigten Leſer eine Beſchreibung
davon ertheilen, und zwar nach der Art, wie die Lachswehren in unſrer Duͤne errichtet werden. Zuerſt
ſtellen die Fiſcher Waſteln oder Boͤcke, ſo breit der Strom iſt, faſt in einem halben Cirkel neben
einander, dergeſtalt daß die Ruͤndung gegen den Strom zu ſtehen komt. Dieſe Boͤcke, deren
Fuͤſſe unten weit, oben in einen ſpitzigen Windel zuſammen gehen, werden durch draufgelegte und
angebunde Stangen beveſtiget, und mit groſſen Steinen beſchweret, damit das Waſſer ſie nicht
aufheben noch der Strom fortreiſſen koͤnne. Fuͤrs andre werden die Decken oder ſo genanten
Pa-
man von dem Urteil des Meiſters ſich auf den Biſchof berufen koͤnne; ſondern ſtiftete
auch einen Vergleich zwiſchen dem ſemgalliſchen Biſchof Lambert, und zwiſchen
dem Syndicus und der rigiſchen Buͤrgerſchaft wegen des Schloſſes Babat, das
auch der heil. Marie Schlos heiſſet. Von der Vereinigung der Babat mit der
ſemgalliſchen Aa an bis nach der See, gehoͤret der halbe Strom und das ganze diſ-
ſeitige Ufer der Buͤrgerſchaft, welche eben ſo wie der Biſchof ſelbſt, die Freyheit hat,
auf dem biſchoͤflichen Theil Gras zu hauen, Heu zu machen, Holz zu faͤllen, und
ein ewiges Recht in der Babat zu fiſchen behaͤlt. Jm Jahr 1226 ſchlichtete er die
Verdrieslichkeiten, die ſich zwiſchen dem Abt und den Moͤnchen in Duͤnemuͤnde, und
zwiſchen der Stadt entſponnen. Er verordnete dazu die Comißarien, Lambert, ei-
nen
ceat piſcari ab ipſo gurguſtio, infra vsque ad locum a dextris in deſcenſu, vbi via
Ruthenorum. Haec autem libertas et apertio aquae permaneat omnibus temporibus,
quibus Dnus Epiſcopus vel praedicti fratres piſcari voluerint, in gurgnſtio ſupra di-
cto. Ad maiorem euidentiam termini praecipimus ab vtroque latere crucem adpo-
ni, a praedicto autem termino vsque ad ſtagnum nulli facere vel habere liceat gur-
guſtium, quod teneat vltra dimidium aquae.
Huius igitur actionis teſtes ſunt Rothmarus Praepoſitus Tarbatenſis et eius con-
uentus ac ceteri teſtes. Datum anno Domini 1224.
Durchſchnit 1 oder anderthalb Zolle betraͤget, und welche die Fiſcher Tharen nennen, mit Baſt an
drey Stangen, die anderthalb bis 2 Faden lang ſind und eine Elle weit von einander liegen,
ganz dichte zuſammen. Der Palaggen aber liegen 60, 80 bis 100 Stuͤck nach der Breite des
Stroms neben einander, werden gegen den Strom vor die Boͤcke bis auf den Grund geſetzet,
und an die Boͤcke mit Baſt oder Witzen, das iſt zuſammen geflochtenen jungen Birken, ange-
bunden. Jn den Palaggen wird eine Oefnung gelaſſen, vor welche die eigentliche Lachskammer
zu liegen komt. Dieſe Lachskammern, deren wol 5 bis 7 in einer Wehren liegen, ſind viereckigt
und haben vorne einen weiten Eingang, worein der Lachs, der aus der See gegen den Strom
gehet, den Strich nimt, hinten aber ſich durch eine Oefnung von etwan 4 bis 5 Zoll drengen und
durcharbeiten mus. Weil nun der Fiſch ſich gleich auf die Seite wendet, und in der geraumen
Kammer den Eingang nicht wieder findet, ſo heben die Fiſcher ihren Gefangenen mit einem groſ-
ſen ſo genanten Keſſel heraus, und keulen ihn auf den Kopf, daß er davon das Ausreiſſen ver-
giſt. Die Lachswehren werden im Anfang des Maymonats geſchlagen, gleichwie die Neunau-
genwehren im September. Dieſe letzten haben eben dieſelbe Zuſammenſetzung, nur daß an
ſtatt der Kammern Koͤrbe von feinem Weidenſtrauch angeſetzet werden, die den gewoͤhnlichen Fiſch-
reuſen aͤhnlich ſehen. Jn kleinern Fluͤſſen ſind die Gurguſtia oder Kaſten kleiner und mit einem
Gloͤcklein verſehen, welches bey dem Einſchlupfen des Lachſes oder eines andern groſſen Fiſches
klingeln mus. Auch die Aale muͤſſen dieſen Weg mehrentheils wandern.
und Luder Humbrecht von Soeſt, welche die Fiſcherey beiden Theilen gemein-
ſchaftlich zuſprachen, die Anlegung einer Muͤhle aber an dem kleinen Bache, der aus
der See Rodenpois gehet, nur den Moͤnchen verſtatteten. Auch die Holzung blieb
gemeinſchaftlich, nur ſolten die Eichen fuͤr die Moͤnche unbeſchaͤdigt erhalten werden,
vom 1ſten April. Die Jnſel Ramesholm gehoͤret den Bruͤdern. Wir lernen hieraus
eine See Laghen, einen Flus Pele, und noch einen, die Modizze, kennen. Als der
Biſchof und Meiſter zu weit in die buͤrgerlichen Rechte griffen, ſprach er die neuen
Laͤndereien der Selen der Stadt zu. Etliche geſchworne von der Buͤrgerſchaft ſolten jedes-
mal die Frage entſcheiden, welches alte oder neue Aecker ſeyn; die von Duͤnemuͤnde
ſolten diſſeits der Duͤne keine gebauete noch ungebauete Felder haben, vom 7ten May.
Weil Joh. von Dohlen wieder Willen des Biſchofs das buͤrgerliche Land angegrif-
fen, wird ihm alle Begnadigung verſaget, und das Schlos Dohlen ſamt allen ge-
baueten Lande den rigiſchen Buͤrgern ertheilet, vom 1ſten Jun. Die Volziehung
dieſer Befehle wird unter Bedrohung des kleinen Bannes den ſtreitenden Parteien
eingeſchaͤrft*). Der Papſt Gregorius der IXte ſchickte 1234 dieſen geſchickten und
wohlverdienten Mann mit einer Volmacht eines paͤpſtlichen Legaten wieder nach Lief-
land, wo er mit vielem Nachdruck die fernern Grenzſtreitigkeiten auf alten Fus ent-
ſchied, und die mehreſten der vorigen Urkunden beſtaͤtigte. Jn Raynalds Kirchen-
geſchichte ſtehen unterſchiedliche apoſtoliſche Verhaltungsbefehle an dieſem Wilhelm,
als vom Jahre 1236, worin ihm der Papſt auftraͤget, dahin zu ſehen, daß Liefland nicht
zum Salzfelde**) werde und zu dem Ende heilſame Anſtalten zu machen, den Neube-
kehrten geziemende Freyheit zu laſſen, den Kirchenzehnd zu erhalten, keine neue Lan-
destheilung vorzunehmen, den Pilgern unter die Arme zu greifen, und ſie wenigſtens
ein Jahr in Kriegsdienſten zu brauchen; Rayn.t. 13, p. 445, n. 62. So ſchenkte er
auch dem neuen Biſchof auf Oeſel das dritte Theil des Landes, welches die Buͤrger zu
Riga dem Legaten uͤberlaſſen. Papſt Alexander der IVte beſtaͤtigte es zu Viterbo
am 13ten Merz 1257. 1240 fuͤhrte Wilhelm den ehloſen Stand der Geiſtlichen in
Schweden ein, der doch erſt 8 Jahr nachher auf der ſchoͤningiſchen Kirchenver-
ſamlung zum Geſetz wurde***). Er hatte vorher ſchon die Biſtuͤmer in Erme-
land, Culm, Samland und Pomeſanien eingerichtet. Huitfeld S. 204.
Jn
ihr Albert und Wilhelm recht vaͤterlich beigeſtanden. Jn folgenden Zeiten wurden ſie durch den
Geitz der Pfaffen hie und da beeintraͤchtiget, allein ſie gewan immer den Rechtshandel. Da nach
der evangeliſchen Reformation die Cleriſey ein eigen Regiment anzufangen drohete, behauptete ſich
die Stadt auch in dem Beſitz der Kirchenguͤter, und erhandelte einige vom Erzbiſchof Wilhelm,
ſo ſehr auch die Pfaffen ſich dawider ſtreubten. Sigism. Auguſt half anfaͤnglich den Pfaffen
uͤber, und lies uͤberaus harte Reſcripte an die Stadt ergehen. Siehe unter deſſelben lateiniſchen
Briefen den 185 und 186. Allein die Grosmuth des Koͤnigs Stephani befeſtigte ſie in dem
Beſitz aller Stiftsguͤter, als curiae archiepiſcopalis, aedium Canonicorum et Capitularium
cum vniuerſo iure, dominio et proprietate unterm 7ten April 1582 zu Riga, ſo nachher in
eben dem Jahr am 16ten Octobr. zu Warſchau auf dem Reichstage beſtaͤtiget worden.
gend wo Salzquellen ſind und nichts Fruchtbares wachſen wil. Die Vulgate und die Moͤnche,
welche dieſelbe faſt auswendig lernen, folgen dem hebraͤiſchen Texte. Dahin gehoͤret der im 1ten
Theil vorkommende Ausdruck in millibus ſuis, der nichts anders ſagen wil, als in ihrer ganzen
Menge mit allen ihren Landsleuten; die deutſche Bibel hat Mich. 5 v. 1 dieſe Tauſend in
faſt gleichem Verſtande beibehalten.
Kindern unter dem Titel der Erbſchaft entwandt, da auch die Guͤter mit angegriffen wurden, wo-
durch die Kirchen verarmten. Er verfiel aber auf den greulichen Abweg die Ehe der Geiſtlichen
fuͤr eine Todſuͤnde zu erklaͤren. Jnnerhalb einem Jahre muſten ſich alle Ehefrauen der Cleriſey
wegpacken bey Strafe des haͤrteſten Bannes. Prieſter und ihre Frauen, die beide uͤber 50 Jahr
alt waren, konten beiſammen bleiben, muſten aber eine ſchwere Geldbuſſe erlegen, und angeloben,
niemals unter einem Dache oder in einem Hauſe zu ſchlafen. Der Papſt Alexander der IVte er-
lies den Bann, und gab dem Erzbiſchof zu Upſal Volmacht, den verehelichten Geiſtlichen eine
andere heilſame Buſſe aufzulegen. Schwediſcher Bibliothek zweites Stuͤck S. 124.
Orden verliehen, und an dem die Lieflaͤnder nach der Ordensvereinigung Theil nah-
men: als, eine vom April 1221 zu Tarent, von dem alten Beſitz der Schloͤſſer, Dorf-
ſchaften (caſalia) Menſchen und Guͤter, von dem freien Gebrauch des Waſſers, Graſes,
Hol-
IIte als Koͤnig von Sicilien nach der ſicilianiſchen Landſprache ſo benennet. Hugo Fulcandus,
ein ſicilianiſcher Schriftſteller, braucht das Wort in eben der Bedeutung. Gewoͤhnlich nennen
die
Biſchofs von Sabina. Aus den Documenten ſeiner Zeit bemerken wir, daß der
vornehmſte Adel, auch graͤfl. und fuͤrſtl. Perſonen ſich an den Biſchof gehalten, weil
ſie als Pilger und Freiwillige in Liefland dienten. Der Ordensmeiſter Volquin
hat in Verſiegelungen und Unterſchriften ſeinen Rang nach dem Propſte zu Riga: doch
folgen auch in vielen die Grafen und Vaſallen der Kirche erſt nach ihm.
omnibus praeſentes litteras inſpecturis in vero Salutari ſalutem! Cum ea, quae in-
ter habitatores Liuoniae Teutonicos ſuper diuiſione terrarum acquirendarum annis ſin-
gulis oriebatur, diſcordia odii fomitem et inuidiae generaret, ex qua radice peſſima
graue impedimentum ad conuerſionem gentium euidentiſſime naſcebatur, ſicut et
fama publica et facti euidentia comprobat; placuit Nobis et Viris praedictis, tempe-
ſtiue tanto morbo ſalubriter obuiare. Deducta itaque in praedicto articulo hora diei
non modica, tandem Dominus Albertus Epiſcopus, Iohannes Praepoſitus, Frater
V fratrum Militiae Chriſti, Comes Borcardus, Vaſalli Eccleſiae et Ciues Rigenſes
totum negotium commiſerunt noſtro arbitrio terminandum, promittentes, quod,
quamcunque faceremus in terris ſupradictis diuiſionem, et diuiſa quibuscunque par-
tiremur, ratum haberent, et inuiolabiliter obſeruarent, ſicut ipſorum Sigilla appenſa
inferius teſtantur.
Nos ergo ſtatum terrae attendentes, qualitate perſonarum et vtilitate perſpecta,
vidimus expedire, vt hi conſolationem reciperent, qui in expeditionibus faciendis et
rebus praeualent et perſonis, vt ſpe releuante laborem contra inimicos Eccleſiae
Chriſti intendant efficaciter vniuerſi. Terrarum ergo, quae omnimodo auxilio Dei
et praedictorum labore fuerint ad cultum fidei conuerlae, partem vnam Epiſcopo
Rigenſi et Eccleſiae ſuae, aliam Magiſtro et Fratribus Militiae Chriſti, et tertiam par-
tem Ciuibus Rigenſibus adſignamus, in his duntaxat, quae ad Dominium pertinent
temporale. Decimam enim et vniuerſa ſpiritualia creandis ibidem Epiſcopis reſer-
uamus. Epiſcopi etiam in quocunque loco conuenientem elegerint manſio-
nem,
Vaſallen, ſondern der Bauerſchaft entrichtet worden, beweiſen viele Urkunden, ſonderlich diejeni-
gen, welche bey Austheilung des Landes den Ordensbruͤdern die Kirchen ſamt den Zehnden zum
Unterhalt des Pfarrers zuſprachen, welcher auch noch dafuͤr eine Gerechtſame zu heben hat. Jn
den Jahren 1695 drohete dieſe hervor geſuchte Urkunde mit ihrer zu weit gedehnten Erklaͤrung der
lieflaͤndiſchen Ritterſchaft gefaͤrliche Folgen, welche deswegen alle Muͤhe anwandte, den rechten
Verſtand derſelben zu erlaͤutern. Sie erwies, daß von den ſchon errichteten Biſtuͤmern Riga
und Doͤrpt nicht die Rede ſey, weil da ſchon creati epiſcopi ſaͤſſen, der Biſchofszehnde aber fuͤr
die Creandos ausgemacht werde. Sie bezog flch auf die Verordnung des Biſchof Alberts, wel-
che 1537 vermehrt in Druck gekommen, und derer 2 und 167 Kap. womit die paͤpſtl. Briefſchaf-
ten uͤbereinſtimmen Hauptſaͤchlich ſchuͤtzte ſie ſich mit dem Beweis, daß die Ciſtercienſer, Tem-
pelherren und Hoſpitalbruͤder, nach dem Jure canonico c. 10; von ihren Guͤtern keinen Zehn-
den
(falangaticum) und zwar durchs ganze roͤmiſche Reich. Wer ſie aus ihren Guͤtern
jagen wil, ſol 100 Mark reines Gold zur Strafe erlegen (componat*). Eine an-
dre vom Merz 1226 zu Rimini, da der Kaiſer zur Aufnahme des Ordens der Bruͤ-
derſchaft die Freiheit giebt, Durchzugsgelder (paſſagia**) und Zoͤlle anzuordnen, Maͤrk-
te und Meſſen einzufuͤren, Muͤnzen zu praͤgen, Steuren (talliam) und andre Gerecht-
ſame aufzulegen, alle Gold-Silber-Eiſen-Salz- und andre Metalgruben, die ſich in
ihren Laͤndern hervorthun wuͤrden, auf ewig zu beſitzen, wie auch loͤbliche Geſetze und
Landtagsverordnungen (aſſiſſias***) abzufaſſen****).
oder den beleidigten Theil erlegen.
bedeutet es den Kreuzzug ſelbſt nach dem gelobten Lande.
deſſen ſich der alte britanniſche Rechtsgelehrte Jletalib. I c. 17 bedienet, das aber in den ſici-
lianiſchen Edicten deſto haͤufiger vorkomt, bedeutet nicht nur die Landtage, fondern auch die auf
ſelbigem gemachten Receſſe.
et Semgallis ad Chriſtianorum ſacra tranſituris libertatem publice conceſſiſſe, Goldaſtus Collect.
Conſtitut. Imperial. tom. II, p. 77, auctor eſt. Ipſum libertatis diploma Celeber. Schurz-
fleiſchius operi ſuo de ordine Enſiferorum ſubiecit.
Erzbiſchoͤfe von Coͤln und Magdeburg und den Biſchof von Utrecht zu Schirmherren uͤber die
Eccleſias, Georgia, caſtra caſalia etc. des lieflaͤndiſchen Ordens vom Jahr 1316.
lutem et Apoſtolicam benedictionem! Ea, quae judicio vel concordia terminantur,
firma debent et illibata perſiſtere, et ne in recidiuae contentionis ſcrupulum relaban-
tur, conuenit Apoſtolico praeſidio communiri. Significaſtis ſiquidem Nobis, quod,
cum inter vos ex parte vna et venerabilem fratrem noſtrum Epiſcopum, Praepoſi-
tum et Magiſtrum Militiae Chriſti Rigenſis ex altera ſuper terminis Marchiae ciuita-
tis noſtrae coram Venerabili fratre noſtro Mutinenſi Epiſcopo, Apoſtolicae ſedis
legato, quaeſtio verteretur, vos et pars altera ipſius Legati vos arbitrio commiſiſtis,
promittentes| ad inuicem, quod, quicquid ſuper hoc ordinaretur ab ipſo, ratum hinc
inde perpetuo haberetur, prout littere noſtro et partis alterius ſigillis munitae teſtan-
tur. Praedictus vero Legatus rerum, locorum et perſonarum qualitatibus circum-
ſpectis, et debita deliberatione praehabita, ordinauit, vt Marchia Ciuitatis Rigenſis citra
Dunam incipiat a Rumbula in ipſo angulo lapidee ripe fluminis, vbi ripa incipit altius
conſcendere relicto ſuperius prato; Et de illo angulo procedatur contra ſtagnum
Rodepois recta linea vsque ad pontem riuuli, qui Pitcorga*)vulgariter nuncupatur;
de ponte vero recta linea vsque prope caput ſtagni ad locum, vbi dicitur Lingua,
cui adiacet ſtagnum ex vna parte, ac ab alia aqua, quae dicitur Skilagius, et ſic citra
ſtag num vsque ad Dunemundenſem terminum deſcendendo; inter praedictos autem
fines comprehendantur prata facta vel facienda, quae ſunt inter pontem de Rodepois
et
cultos manſos ab omni onere obtineant expeditos. Epiſcopus etiam unusquisque in
Caſtris ſingulis, in ſua dioeceſi conſtitutis, ſi voluerit aream ad habitandum, habeat
competentem. Unicuique etiam Eccleſiae cathedrali de terra viciniori culta centum
vnci, et X manſi de inculta ſine cenſu et decimatione ab omni prouentu libere re-
ſeruentur. Coloni quoque praedictorum agrorum a vectigalibus et exactionibus
quibuslibet, nec non ab expeditionis onere ſint immunes. Eccleſiae vero parochiales
tam in agris quam in annona dotentur, ſicut per Liuoniam eccleſiae ſunt dotatae.
De peregrinis autem de voluntate praedictorum taliter ordinamus, vt, poſtquam ad
Dunemundam peregrinorum adplicuerint primae naues, infra decem dies liceat
praeeligere Domino Epiſcopo decem de voluntariis ab his peregrinis ad vſus ſuos
et caſtrorum ſuorum. Poſt decem vero dies liceat tam Praepoſito quam Magiſtro
et Ciuibus accipere voluntarios peregrinos in obſequium in caſtris et operibus ſuis,
nec liceat hoc alicui prohibere. Si autem contigerit, vnum vel duos de praedictis
portionariis velle aliquam paganorum terram expugnare et ſubiicere cultui |Chri-
ſtiano, faciant hoc communicato conſilio praedictorum trium; quod ſi vnus vel
duo noluerint, ſecundum quod poterunt ad hoc laborare, ille, vel illi ſoli obti-
neant, qui laborant, ſi terra fuerit conquiſita. Datum in Riga, anno Domini
MCCXXVI. III Idus Aprilis.
Quinque Sigilla adpenſa.
pus Juris Canon. Lib. V, Decretat. tit. 35 c. 3. Arnoldus Lubec. Hiſt. Slav. lib. VII, c. 9,
Pontanus l. 6, p. 317, Ziegler in notis ad Lancelotti inſtit. Juris Canon. l. II, t. 26, der Bul-
len JohannisXXII und BenedictiXII zugeſchweigen. Sie berief ſich auf die Freiheit der be-
nachbarten Preuſſen; Henneberg S. 282 u. f. Schütz fol. 65; weil die Kirchen ſtat des Zehn-
den mit andern Mitteln verſehen worden. Sie fuͤhrte aus der Geſchichte an, daß die Geiſtlich-
keit viel geringere Beſchwerden wider den Orden bey den Paͤpſten angebracht, niemals aber uͤber
den Abbruch des Zehnden geklaget, wie denn kein einzig Erempel vorkomme, daß der Orden dem
Biſchof den Zehnden entrichten muͤſſen, auch in keinen geiſtlichen Stiftungen deſſelben gedacht
werde. Hierzu komt noch das Praͤjudicat der Polen, die als Glieder der catholiſchen Kirche, die
Vorrechte der Biſchoͤfe am beſten kanten, aber niemals eines Zehnden, weder in den Subjections-
tractaten noch weiter hin, erwehnen. Weil dieſe Gruͤnde an ſich erweiſen, was ſie ſollen, ſo ha-
ben wir die uͤbrigen, weil ſie mehr beweiſen als ſie ſollen, weggelaſſen.
rum ulterior Naba vocatur propter riuulum Naba, qui ei noſcitur adjacere, citerior
vero vocatur Mons aquilae, pro eo quod ibi nidificare aquila conſueuit. Gurgu-
ſtium autem Fratrum Militiae, quod eſt ibi, eisdem fratribus perpetuo conſeruetur.
Ipſi vero dimittant ab vna parte ſpacium competens propter naues, nec faciant ca-
pturam in adſcenſu piſcium ſed tantummodo in deſcenſu. Vltra Dunam vero a
praedicto loco Rumbulae procedatur vſque ad aquam, quae dicitur Meiſſae recta li-
nea, vnde ad aquam citius peruenitur, et deinde ad locum, vbi flumen Semigal-
lorum jungitur ad Babat, et ſic per medium fluminis vsque ad mare et per terram
vsque ad fratrum Dunemundenſium terminos procedatur. Ad haec memoratus Lega-
tus illud de praedicta Marchia, quod eſt inter Babat et flumen Semigallorum, et
omnia gramina riparum ejusdem fluminis, quae a Venerabili fratre noſtro, Epiſco-
po Semigalliae redemiſtis, nec non omnia gramina quae ſunt vel poſſunt eſſe in
ſtagno Rodepois in citeriori ripa ejus vsque ad riuulum Pitcorga, et omnia gramina
culta vel inculta vallis ipſius riuuli ad communes vſus tantum ciuium, peregrinorum
et mercatorum non vero Epiſcopi, Praepoſiti vel Magiſtri ſpecialiter reſeruauit, ad-
jiciens, vt piſcatio Rodepois communis ſit omnibus, gurguſtio fratrum ſaluo. To-
ta vero alia Marchia omnibus tam Clericis quam Laicis in piſcationibus, paſcuis
lignis caedendis, argilla fodienda, lateribus et calce coquendis, fornace propter haec
habenda, et ea quae ſunt tectis neceſſaria. Ita tamen, quod poſt haec loca huius-
modi (talia) remaneant in communi, nec non in graminibus colligendis ad herbam;
et in fodiendis alueariis apum de lignis, quae ſunt in myricis, et ad omnem vtilita-
tem aliam ſint communia. Idem quoque Legatus ea, quae ſunt culta in ſupra
dicta Marchia ſiue in agris, ſiue in pratis ſeu in arboribus, nec non molendina cum
riuulis, ex quibus molunt, et vetera gurguſtia omnibus tam Clericis quam Laicis et
Dunemundenſibus fratribus, ſicut poſſident, integra conſeruans et libera, ſtatuit,
vt noua gurguſtia aut molendina inter dictos terminos ſine communi conſenſu non
fiant. Si qui vero ſunt Selones, vel alii intra Marchiam cenſum Magiſtro reddentes,
ad communem vtilitatem reſpondeant Ciuitati, Inſula, quae Omeſera (Osmeſara) di-
citur, Eccleſiae ſanctae Mariae integre reſeruata. Sin autem infra dictam Mar-
chiam alicubi dubitatio fuerit, vtrum ſit locus ille cultus vel incultus, et vbi ſunt ar-
bores, vtrum ſint agri vel ſiluae incultae, ac de gurguſtiis, utrum ſint noua vel
vetera, hoc totum trium juratorum ciuium arbitrio terminetur, qui eligantur a
praedictis Epiſcopo, Praepoſito et Magiſtro. Adiicit etiam legatus praedictus, vt
ſingulis noſtris conciuibus de inculta Marchia liceat colere vbi et quantum volunt,
ita quod octo annis integre ac libere percipiant inde fructus, et poſtmodum ad
communem vſum redeant, ſi poſſunt eſſe bona paſcua ſiue prata. Quod ſi eſſe ne-
quiuerint, ſed agri potius, reddant cenſum exinde ciuitati, ſi vere dubitetur, vtrum
paſcua eſſe poſſint, vel ſi plures forſan contenderent in eodem colere loco volentes,
praedictorum trium ciuium arbitrio terminetur. De ſupra dicta vero Marchia inte-
ger manſus Hoſpitali Sancti Spiritus et ponterio de Rodenpois dimidius eorundem
trium ciuium arbitrio aſſignetur, qui ſi fuerint in praemiſſis quandoque diſcordes,
duorum arbitrium obſeruetur. Cum autem conciues veſtri ob praedictas cauſſas
laborauerint, ab his, quorum interfuerit, expenſas recipiant moderatas. Quod
enim de fornace et tectis ad opus laterum eſt praedictum, ſi de loco fuerit conten-
tio, inter plures, vel quod non videatur ſorſitan opportunus, ſaepe dictorum
trium ciuium ſententia decidatur, prout praemiſſa omnia in litteris ſupradicti Legati
exinde confectis perſpeximus plenius contineri. Veſtris itaque ſupplicationibus in-
clinati, quod per eundem Legatum ſuper his rite ac proinde actum eſt, auctoritate
Apoſtolica confirmamus. Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam no-
ſtrae Confirmationis infringere, vel ei auſu temerario contraire. Si quis autem hoc
attentare praeſumſerit, indignationem omnipotentis Dei et Beatorum Petri et Pauli
Apoſtolorum eius ſe nouerit incurſurum. Datum Laterani III Idus Decembris
Pontificatus noſtri anno undecimo.
Sigillum penſile
Honorii Pont. P.
Handſchrift, und erſtreckt ſich auf obgemeldete Provinzen, ausgenommen Harrien
und Wierland, die ſich des woldemariſchen Lehnrechts bedienten. Wem der Sach-
ſenſpiegel bekant iſt, kan des Abdrucks von dieſem Lehnrecht entraten. Man hat ſonſt
eine erweiterte Abſchrift davon in 3 Buͤchern, deren erſtes 33 Kapitel, das andre 40 und
das 3te 28 Kap. enthaͤlt. Am vollſtaͤndigſten iſt es, vermutlich bey Ludwig Dietz
zu Roſtock, unter dem Titel in Druck gekommen: De gemenen Stichtiſchen
Rechte im Stichte van Riga, geheten dat Ridderrecht mit der Eininge unde
Uthanwerdinge der Buren dorch den Hochwerdigen unde Grothmechtigen
Foͤrſten unde Heren, Heren Michaelem, Erzbiſchop tho Ryga unde Wol-
thern van Plattenborch Meiſter Duͤdeſches Ordens tho Lyfland gemaket
und verſegelt.MDXXXVII. Das ganze Buch in 4 beſtehet aus 249 Kap. Hinten
iſt angedruckt: Formulare Procuratorum, Proces unde Rechtes ordeninge,
Rechter arth unde Wiſe der Ridderrechte yn Lifflande, So wol yn den
Stifften, alſe yn Harrien unde Wirlande unde gemennichliken ym Gebruke
aver gantzem Lyflande. Mutatis mutandis. Dith bock ys yn viff Dele ge-
delet, unde leret fyn, wo me ſaken, ym rechten anvangen, middelen unde
endigen, Klage unde Antwerde, unde alle andere noͤdige Dinge ym rechten
ſchicken, formeren unde ſtellen ſchoͤlle, unde ys ym xxxiij jare angevangen
unde ym xxxviij geendiget, unde ſe thor Prente, den Lifflaͤndiſchen Jun-
ckern, Armen unde Riken, ok andern des Rechten, nodtrofftig, thom be-
ſten uthgeſandt, GOtt geve ſyne Gnade, dat recht, recht gefordert unde
gerichtet werde, darup de name des Heren gepriſet unde ewich gebenediet
werde. Amen. Auf dem letzten Blat lieſet man: Gedruͤcker unde vollendet yn
demMDXXXIXyare am doͤrteinden Dage des Herueſtmaens. Die unge-
mein groſſe Seltenheit dieſes gedruckten Werkgens, hat uns den ganzen Titel abzufor-
dern geſchienen, indem es an oͤffentlichen Orten und bey den ſorgfaͤltigſten Liebhabern
gar nicht oder hoͤchſtſelten zu finden, die ſich daher mit bloßen Abſchriften behelfen
muͤſſen. Der Verfaſſer dieſes Formulare Procuratorum iſt der bey uns beruͤmt
geweſene Rechtsgelehrte Dionyſius Fabri aus Pommern, den man mit dem oban-
gefuͤhrten Dionyſ. Fabricius nicht verwechſeln mus. Der bekante David Hil-
chen*) hat uns von der ziemlich unverſtaͤndlichen platdeutſchen Urſchrift des letzten
eine
Lande eine wichtige und verdiente Perſon vorſtellet, ſo wird es nicht undienlich ſeyn, wenn wir
hier einige perſoͤnliche Umſtaͤnde deſſelben zum voraus bemerken. David Hilchen war eines Buͤr-
gers Sohn aus Riga. S. Caſelii Briefe S. 234. Jn dem ſigismundiſchen Diploma uͤber
ſeinen Adel, heiſt ſein Vater Thomas Hilchen,Tribunus, d. i. Eltermann; die Muter
Catherine Ralb, und ſein Bruder Johannes, der Philoſophie und Arzeneikunſt Doctor.
Nach zuruͤckgelegten Studien begab er ſich von auswaͤrtigen Univerſitaͤten zu dem beruͤmten
Groskanzler und Generalfeldherrn der Kron Polen, Johann Zamoiski von Zamoscie, der
ihm 1585 nach Riga zum Oberſecretariat half, wo er nach 4 Jahren Syndicus der Stadt wur-
de. Hier lies er ſich unter andern ruͤmlichen Bemuͤhungen ſehr angelegen ſeyn, im Conſiſto-
rio eine beſſere Einrichtung zu treffen, die Schulen in Aufnahme zu bringen, und auf eigne Ko-
ſten die erſte Buchdruckerey in der Stadt anzulegen, worin er die Vormuͤnder-Ordnung
im
als die erweiterte Abſchrift, wie auch des Fabri gedrucktes Stiftiſche Recht war fuͤr
ein lieflaͤndiſches Ritter- und | Landrecht unzulaͤnglich,*) weswegen Hilchen es| un-
ter polniſcher Regierung auf beſſern Fuß ſetzte, der Herr Vicepraͤſident Engelbrecht
von Mengden**) aber unter ſchwediſcher Regierung anſehnlich vermehrte. Al-
lein
Zeiten nicht anzuwenden. Unter die vielen Merkwuͤrdigkeiten deſſelben gehoͤret Lib. II tit. 17,
daß der Adel das Halsgericht habe, und tit. 44 der ſonderliche Wiederruf: Was ich geredet,
hab ich gelogen wie ein Hund.
Herrn Guſtav von Mengden, zu unterſcheiden. Letzterer muſte ſich 1679 wegen einer ungluͤcklichen
Begebenheit verborgen halten, in welcher Einſamkeit er uns die ſchoͤnen Sontagsgedanken eines
Chriſten, ſo ſich anGOttVerMiethet, und den verfolgten, erretteten und lobſingenden
David in deutſche Verſe gebracht. Das erſtere ſind Lieder uͤber die Evangelia, das andere eine
wohlge-
und das erſte Werk, ſo er ums Jahr 1588 gedruckt, war die platdeutſche Kirchenordnung, oder
eigentlich die Ordnung des Kirchendienſts in Singen und Beten, wie ſie D. Brisman aus Roͤ-
nigsberg aufgeſetzet. Bey der Druckerey beſorgte Hilchen zugleich die Anlegung eines Buchla-
dens. Auf ſein Zureden vermachte ein Lieflaͤndiſcher von Adel, Johann Overlack, am 23
December 1596 zu Ruſtjerwe, der kurz vorher zu Riga geſtifteten Stadtbibliothek 300 Mark
rigiſch, mit der Bedingung, daß auf alle Buͤcher, die von dieſem Gelde wuͤrden gekauft wer-
den, des Teſtatoris Overlacks Name zum ewigen Gedaͤchtnis gedrucket werde. Hier uͤber
ward Hilchen zum Teſtamentarius verordnet. Der Koͤnig von Polen, der die Geſchicklichkeit
dieſes Syndici erkante, gab ihm den Titel ſeines Secretarii, brauchte ihn in Geſandſchaften,
und ernennete ihn zum Landſchreiber des wendenſchen Diſtrikts, wie er denn auch als Mitcom-
miſſarius und Sekretair der groſſen Commißion in Liefland 1599 zur Reviſion der Guter bei-
wohnte. Er erhielt ſchon 1591 am 2 Jeuner fuͤr ſich, ſeine Eltern und Bruder das Adelsdiplo-
ma, worinne ihm das Zamosciſche Wapen, nemlich drey goldene Lanzen oder Spieſſe im rothen
Felde, verliehen wurden, worunter 2 kreuzweis liegen und die Spitzen in die Hoͤhe kehren, der
dritte aber mit niedergeſenkter Spitze mitten hindurch gehet. Der Koͤnig ſchenkte ihm aus beſon-
drer Gnade auf dieſen Schild noch einen gekroͤnten ofnen Ritterhelm, worauf ſich ein Pfauen-
ſchwanz in ſeinen natuͤrlichen Farben ausbreitet. Solche Huld bey ſeinem Koͤnige muſte
nothwendig bey einigen Verdacht und Misgunſt erwecken. Das handſchriftliche Tagebuch der vorer-
wehnten groſſen Commißion fuͤhret unter dem 24 April eine artige Begebenheit an. Ein gewiſ-
ſer Paul Spancke hatte Hilchen in einem Gedicht Sacro-Sanctum Regis Poloniæ legatum beti-
telt. Hilchens Feinde gaben vor, der Dichter habe dieſen Titel auf ſeines Gonners Begehren
ſo hinſchreiben muͤſſen. Spancke wurde vor die Commißion gefordert, da er jenen entſchuldigte,
und ſich auf das Geſandtenrecht berief, nach welchem alle Geſandten ſacro-ſancti waͤren. Jn
Riga war der Burgemeiſter Nicolaus Eeck das Haupt einer Gegenparthey, zu der ſich auch
der Viceſyndicus, Jacob Godeman, ſchlug, ob er gleich ſeine Erhebung zu dieſem wichtigen Po-
ſten Hilchens Empfelung zu danken hatte. Als Hilchen einsmals dieſem Godeman in der Vorburg
zu Pferde begegnete, hieb er mit der Spitzgerte nach demſelben. Dieſe Hitze zerſtorete nicht allein
Hilchens eigenes Gluͤck, ſondern auch ſeines Schwiegervaters, des Herrn Burgemeiſter Franz
Neuſtaͤdts. Jn Riga brachte man 15 Klagpunkte zuſammen, nach welchen Hilchen die Ma-
jeſtatem Senatus rigenſis (ſo war der eigentliche Ausdruck), die Privilegien der Stadt und das
gemeine Weſen beleidiget hatte. Weil ſich Hilchen nach Polen gewandt, ſo wurde er aufm Rath-
hauſe pro contumaci erklaͤret, ihm der Hals abgeſprochen, und er fuͤr vogelfrey erklaͤret. Auch
der Scharfrichter muſte in Hilchens Namen dem Syndico Godeman Abbitte thun, und ſich
aufs Maul ſchlagen. Die Speciem facti von der ganzen Sache lies Hilchen 1605 zu Cracau
in 4, in einer flieſſenden und beſcheidenen lateiniſchen Schreibart der Welt im Druck vorlegen.
Die Urſchrift hat die Aufſchrift: Clypeus innocentiae et veritatis; die deutſche Uberſetzung
aber: Gegenwehr der Unſchuld und Warheit wider Jae. Godeman ꝛc. Da man ſich
in Riga alle Muͤhe gab, dieſe Blaͤter zu unterdruͤcken, ſo iſt leicht zu erachten, daß ſie ungemein
ſelten und beinahe unſichtbar geworden. Man ſuchte in Polen dieſen Haͤndeln abzuhelfen, allein
mit ſchlechtem Fortgang. Simon Staravolski fuͤhret Hilchen mit unter den Elogiis et vitis
centum illuſtrium Poloniae Scriptorum an, meldet aber deſſen Tod ein Jahr zu fruͤh. Chy-
traͤus hat von ihm viel lieflaͤndiſche Nachrichten zur Verbeſſerung ſeiner neuern Ausgaben erhal-
ten, ihm auch das 30 Buch ſeiner Hiſtorien zugeeignet. Sein feuriges Temperament erſiehet man
uͤber dem aus einem alten Tagebuche, da er am 22 October 1589 Niclas Fickens Frau auf
oͤffentlicher Gaſſe die Muͤtze vom Kopfe herunter geſchlagen. Es iſt auch um ſeinetwillen Mat-
thias Treiden am 12 Junii 1591 von dem Bedienten des doͤrptiſchen Caſtellans Lenieck erſchoſ-
ſen worden, als Treiden nach Hilchen zu ſchieſſen gedrohet hatte. Nach vielem Kummer und
Verdrus, den auch ſein Schwiegervater Herr Neuſtaͤdt mit empfinden muſte, weil ihm als
Buͤrgen das Seinige ſequeſtriret und der Rathsſtuhl verboten wor, ſchafte ihm der Tod 1609 im
49 Jahre ſeines Alters auf einmal Ruhe. Er ſchrieb und ſprach fertig Latein, in welcher
Sprache er auch, bey ſeiner Durchreiſe durch Roſtock, an die daſelbſt ſtudirende Lieflaͤnder eine
wolgeſetzte Rede auf des Chytraͤus Catheder gehalten, und ſie zum Fleis in ihren Studien ver-
manet und aufgemuntert. Seiner Geſchicklichkeit halber wurde ihm 1599 von der groſſen Com-
mißion das Landrecht zu verfaſſen aufgetragen. Vid. Diarium Commiſſionis Manuſcript p. 88,
it. Relation. p. 7.
daß ſie in oͤffentlichen Druck haͤtten erſcheinen koͤnnen. Zur Befriedigung der Neu-
begierde, unſrer Leſer wollen wir einige merkwuͤrdige Stellen aus der mitlern Abſchrift
hier beibringen, weil ſelbige ſo gar von Fabri das landlaͤufige Recht genant wird.
Wobey wir das alte gebrochene Niederdeutſch ſo viel als thunlich, mit neuern deut-
ſchen Worten zu beſſerer Verſtaͤndlichkeit ausdrucken.
Auszug der merkwuͤrdigen Stellen
aus des dritten Biſchofs Alberts Lieflaͤndiſchem Ritterrechte
nach der volſtaͤndigern Abſchrift.
Das erſte Buch.
Wenn ein Biſchof erkoren oder beſtaͤtiget wird, auch der Lande und Schloͤſſer1 Kapitel.
maͤchtig iſt, und darein komt, ſo iſt ein jeder von Adel und Eingeſeſſener des
Stifts pflichtig, ſein Lehn zu empfahen, innerhalb Jahr und Tag, das iſt 1 Jahr und
6 Wochen, ſo ferne es ihm wiſſentlich iſt.
Nachdem das Chriſtenthum in Liefland gelegen innerhalb der Heidenſchaft der2 Kap.
Reuſſen, Littauer und Carelen, und der Adel und Eingeſeſſene des Stifts wehren
und beſchuͤtzen ſollen, auf ihre eigene Koſt; werden ſie gefangen, ſie muͤſſen ſich ſelbſt
loͤſen; verlieren ſie ihre Habe, ſie tragen den Schaden.
Wenn ein Stiftmann geſinnet iſt, ſein Gut zu empfangen von ſeinem Herrn, ſo3 Kap.
ſpricht er alſo:
Gnaͤdiger Herr, ich geſinne an Ew. Gnaden ſolchen Gutes meines vaͤterlichen
Erbes oder gekauften Kaufes, als ich an Ew. Gnaden gebracht habe, und bitte
Ew. Gnaden zum erſten, andern und drittenmale daſſelbe mir und meinen Erben
zu verleihen.
Enthaͤlt die Rechte der geſamten Hand.7 u. 8
Kap.
Hat eine Frau ein Kind, daß ſie bezeugen mag ſelbſt dritte, daß es die 4 Waͤnde9 Kap.
beſchrien, ſo iſt alle Wiedergabe, das iſt die Morgengabe, todt.
Die Erben moͤgen ſowol bewerben an der Witfrauen Gut vor dem Mondfeſt, da-13 Kap.
mit bewehret werde, daß nichts verloren werde, das Jhnen anfallen mag; mit Jh-
rem Rath ſoll auch die Witfrau Begraͤbnis und Mondfeſt begehen, anders ſollen aber
die Erben keine Gewalt haben bis an das Mondfeſt.
Ritter Heerweide iſt das beſte Pferd mit dem Sattel, zweier Knechte Pferde mit14 Kap.
den Satteln und Zaͤumen, und alles was man pfleget darauf zu fuͤhren, auch alle die
Waffen, die der Ritter pflegte an ſeinem Leibe zu fuͤren. Wo 2 oder 3 Mann zur
Heerweide geboren ſind, der aͤlteſte nimt das Schwerd zuvor, das andre theilen ſie
gleich unter ſich.
Nach der Heerweide ſoll man die Muß theilen. Zum Mußtheil gehoͤren alle Speiſen,15 Kap.
die der Mann in ſeiner Gewehr hat, oder einig Mann von ſeinetwegen im Haus und
Hofe, nemlich Fleiſch, gruͤn oder treuge Schmeer, Schmalz, alles gebackene Brod,
allerley Getraͤnke, alle Kuͤchenſpeiſe, als Erbſen, Bohnen, Gruͤtze, Senf, deutſche
Heringe, Buͤcklinge, Stockfiſch, Butter, Eyer, Kaͤſe, alle Molken, Oele, Zwie-
beln, Knoblauch, Ruͤben, alles gebrochene Obſt, alle Kraͤuter gemalen oder gebrochen,
Honig, Lactuaria, Feigen, Roſinen, Mandeln, Reiß und alles was manlich eſſen
oder trinken mag, roh oder gar, das man nicht aus der Erden graben darf, oder von
den Baͤumen pfluͤcken, und darneben gehoͤren dazu alle Maſtſchweine, nicht mehr ge-
hoͤret zum Mußtheil.
Wird ein Man mit Recht von ſeinem Weibe geſchieden, ſo ſollen ſie zu Recht thei-17 Kap.
len, was ſie haben halb und halb, und da ſie ohne Untugend von ihrem Manne geſchie-
den wuͤrde, ſo behaͤlt ſie, was ſie zu ihm gebracht hat, und er behaͤlt das ſeine, und
wenn ſie getheilet iſt von ihrem Manne, oder nach ihres Mannes Tode, ſo mag ihr
kein Lehnsgut mehr anfallen. Daſſelbe geſchicht auch einem Pfaffen, wenn der von
ſeinen Bruͤdern abgetheilet iſt.
GAlles
ten ſtehet. Dieſe Poeſien ſind voller Andacht und beweglicher Ausdruͤcke, die Gedanken lebhaft,
die Reime rein, das Sylbenmas und die Wortfuͤgung nach ihrer Zeit beſſer als man vermuthen
ſolte. Beide ſind zu Riga bey Georg Matthias Noͤllern, 1686 in 8 zuſammen gedruckt.
21 Kap.Erben Volwort, dieweil er ſo maͤchtig iſt, daß er auf ein Pferd ſitzen mag von einem
Stein oder Stoke, der Knies hoch iſt, daß man ihm das Pferd und den Steigriemen
halte, wenn er aber daſſelbe nicht mehr thun kan, ſo mag er weder vergeben, noch
verlaſſen oder lehnen.
22 Kap.Ohne des Herrn Urlaub mag ein Mann vergeben oder verkaufen oder verlehnen
ſein Gut, wenn er nur behaͤlt einen halben Hacken Landes und ſo viel Hofes, da man
einen Wagen innen kehren mag, davon er ſeinem Herren moͤge Eides pflegen, der ſo
vermoͤgen iſt, daß er mit guter Leute Huͤlfe auf ein Pferd ſitzen moͤge und reiten, wo-
hin er Gewerbe hat.
25 Kap.Leibzucht kan den Frauen noch Jungfrauen noch Pfaffen kein Mann brechen, kein
Vetter, noch geborner Freund oder Erbe, noch einig Mann, darauf das Gut verſtir-
bet, ſie verbrechens denn ſelber, alſo daß ſie die Obſtbaͤume oder Maulbeerbaͤume*)
abhieben, oder Mahlſteine verduͤrben, oder Leute vom Gute verwieſen, die zum Gute
geboren ſeyn, oder in welche Weiſe ſie ihre Leibzucht nicht in ihrer Wuͤrde lieſſen.
27 Kap.Der Pfaf theilet mit den Kindern und nicht der Moͤnch, der unter ſeinen Jahren
in die Kappen kommen iſt, auch mag der Moͤnch kein Lehngut beſitzen.
30 Kap.Will der Biſchof ſeinen Mann verklagen um Lehngut, und iſt der Mann zur Ant-
wort, er gewinnet 6 Wochen Zeit, verklaget er ihn aber um andre Sachen, ſo muß er
alſobald antworten, iſt auch ein Mann nicht zur Antwort, ſo leget man ihm ſeine Ta-
ge zu 3 malen und 14 Naͤchte, ob er im Stifte wonhaftig iſt, und zu entbieten ihm
die Tage in fein Haus mit wahren Worten zu zeugen; wohnet er aber auſſerhalb des
Stifts, ſo lege man ihm 6 Wochen zu 3 malen, und entbiete ihm die Tage in ſein
Haus oder Gut, komt er denn nicht, ſo bricht er drey Wetten oder Bruͤche, das
ſind 60 Schilling.
31 Kap.Wettet oder bricht ein Mann vor Gerichte, das ſoll er bezahlen bei ſcheinender
Sonnen, thut er das nicht, ſo ſteige die Wette oder Bruche 3 Tage, den erſten Tag
2 Pfund, den andern Tag 4 Pf. den 3ten Tag 8 Pf. und nicht hoͤher, ſo leget ihn der
Richter 3 mal uͤber 14 Nacht, entrichtet er denn nicht, ſo pfaͤndet der Richter aus ſei-
nem Hofe und Gut, und wo er des ſeinen etwas findet. Wer ein unrecht Urtheil fin-
det, das iſt 1 Pf. und wer ein recht Urtheil ſchilt, das ſind 2 Pf.
Das andre Buch.
1 Kap.Wird ein Kind geboren ſtum, blind, Handlos oder Fußlos, das iſt wol Erbe zu
Rechte, hat auch ein Mannslehn empfangen, ehe er dieſe Gebrechen gehabt, ſein Lehn
verleuret er damit nicht, aber auf den ausſaͤtzigen Mann ſtirbet noch Lehn noch Erbe.
Hat er aber das Lehn vor ſolcher Krankheit empfangen, und wird darnach krank, er
verleuret es damit nicht. Der Pfaf nimt gleiches Theil mit den Bruͤdern und
Schweſtern in Erb und eigen, es iſt aber keiner ein Pfaf, er ſey denn gelehrt und
geordneter Thumbpfaf.
5 Kap.Der mit Diebſtal oder Raub, mit Morden, mit Kirchenbrechen, mit Verraͤtherey
oder mit Gift und Zauberey einmal vor Gerichte verklaget und uͤberwunden worden,
und dafuͤr gebuͤſſet hat, wird er darnach anderswo ſolcher Laſter beſchuldiget, er mag
mit ſeinem Eide nicht unſchuldig werden.
6 Kap.Wer den andern wundet oder toͤdtet, und ihn gefangen vor Gericht fuͤret, und fuͤr
einen Friedbrecher bereden wil, mag er das nicht volfuͤren, ſo iſt er ſelbſt des Unge-
richts, ſo er hat an ihm gethan, uͤberwunden, und obgleich der Mann ein Spill-
mann oder Unrechtgeborner ſey, ſo iſt er darum kein Raͤuber oder Diebsgenos.
15 Kap.Welcher Mann nicht alſobald und unverwandtes Fuſſes ein Urtheil, das ihm an-
trift, ſchilt, wenn mans ausſpricht vor Gerichte, des Urtheil mus ſtets bleiben.
Vier Sachen ſind die echte Noth heiſſen: 1) Gefaͤngnis, 2) Krankheit, 3) Ver-
dienſtung ſeines Gutes und 4) auſſer Landes.
26 Kap.Wer ein Weib unwiſſend nimt, die ihm nicht gebuͤret mit Recht, oder haben muß
nach Rechte, und haben Kinder zuſammen, werden ſie darnach geſchieden mit Recht,
es ſchadet den Kindern an ihrem Rechte nicht, die geboren ſind vor der Scheidung,
ſowol auch dem, das die Mutter traͤget.
Wo zweene Maͤnner ein Erbe aufnehmen, und aufboͤhren ſollen, das ſol der aͤlte-
ſte legen und der juͤngſte kieſen. Sind ihrer aber mehr als zween, ſo theilen ſie nach
dem Loos.
Wer
ren heiſſen, und auf der Erde wachſen, ſondern Obſtbaͤume. Mori ſind nicht in Liefland.
ſetzen kan, der Richter ſol dem Klaͤger den Mann ausantworten, fuͤr das Geld, den28 Kap.
ſol er halten gleich ſeinem Geſinde mit Speiſe und Arbeit. Wil er ihn in eine Helde,
das mag er thun, anders aber mag er ihn nicht peinigen.
Singende oder kruͤmmende Staͤgelwiede, Jachthunde, Bracken mag man gelten30 Kap.
mit einem ihres gleichen, die ſo gut ſeyn als die andern, ob man es bey ſeinem Eide
erhaͤlt.
Haben zwey zankende Doͤrfer wegen ihrer Scheidung gleich rechte Gewehr an der36 Kap
zwiſtigen Scheidung, ſo frage man das Eiſen drauf, wem es denn GOtt giebt, der
behalte es; bleiben ſie aber beide unſchamfieret, ſo theile man das Land, brennen ſie
aber beide, ſo ſol man auch das Land theilen.
Kriegt ein Mann in der Gemeinheit Eigenthum zu ſich, und vernehme, daß dieje-37 Kap.
nigen, ſo zu der Gemeinheit gehoͤren, ſie ſeyn naͤher ihre Gemeinheit zu behalten mit
7 geſchwornen Eiden, denn der andre, wil aber derienige das heiſſe Eiſen tragen, das
mag er thun, gewinnet ers, die 7 geben ihm 1 Mark Silbers.
Das dritte Buch.
Ein Dieb der eines Ferdinges werth, (das iſt 4 Mark,) ſtielt, den ſol man hen-1 Kap.
ken; ſtielt er aber unter eines Ferdinges werth, man ſol ihn zeichnen in den Backen mit
einem heiſſen Eiſen, ein Ohr abſchneiden oder zur Staupe ſchlagen, er buͤſſe es denn mit
6 Mark Landguts. Stielt einer auf einer Burg, oder in einer Kirchen, in einer
Muͤhlen, oder in einer Badſtuben, das ein Loth Silbers werth iſt, das iſt der Galgen.
Wird einer zum drittenmale Diebſtals belanget vor Gerichte, und hat ſich erſt
zweimal losgeſchworen, ſo muß er ſich reinigen mit heiſſem Eiſen, aber der Klaͤger
ſol es mit ſeinem Eide bekraͤftigen, daß es nicht geſchehe durch Haß oder andrer Sa-
chen willen, ſondern allein durch Verluſt ſeines Gutes. Brennet er ſich, man ſol
ihn henken, bleibet er aber unverletzt, der Klaͤger ſol ihm geben ein Mark Silbers fuͤr
ſein Ungemach.
Daſſelbe Recht geht auch uͤber unrechte Maſſe, unrecht Gewicht und unrecht Kauf,
ob man ſolches bey ihm findet, denn ſie ſind Diebe allen Leuten.
Jtem alle Moͤrder, und die den Pflug, Muͤhlen, Kirchen oder Kirchhoͤfe berau-
ben, auch Verraͤter, Mordbrenner, und die in Botſchaften ihres Herrn ihren From-
men werben, und nicht ihres Herrn, die ſol man alle raͤdern. Jſt es aber ein Pfaf,
der ſolche Laſter begangen, den ſol man verbrennen.
Welch Chriſtenmann unglaͤubig iſt, oder mit Zauberey umgehet, oder mit Gift,2 Kap.
und wird des uͤberwunden, den ſol man auf einem Heerde brennen.
Schlaͤget ein Stiftsmann den andern tod, er ſol welchen Jahr und Tag aus dem4 Kap.
Stifte, ſo gebe er dem Biſchof 13 Ferding und 4 Oehr, und lege die Sache ab, ſo er
mag, mag er aber nicht, ſo trage er die Fetzde.
Der Biſchof mag ſeine weltliche Mannen nicht bannen um weltliche Sachen, er
verfolge denn die Sache mit weltlichem Rechte, weil er das weltliche mit im Geiſtli-
chen hat.
Wenn ein Mann an ſeinem Maul, Naſen, Ohren, Zunge oder an ſeiner Mann-6 Kap.
heit, Hand oder Fuß beſchaͤdiget wird, das ſol man beſſern mit einer halben Mann
Buſſe. Wer dem andern den Daumen abſchlaͤgt, der ſol geben 6 Mark Landsgut,
fuͤr den Finger nechſt dem Daumen 5 Mark, fuͤr den mittelſten Finger 4 Mark, fuͤr
den Finger nechſt dem, 3 Mark, fuͤr den kleinſten Finger 2 Mark. Daſſelbe Recht
haben die Zaͤhne auch, nemlich wer dem andern eine Kuſe oder Bakenzahn ausſchlaͤgt,
der ſol ihm geben 6 Mark Landguts, fuͤr der foͤrderſten einen 3 Mark.
Welch Mann einen andern wundet, daß man Knochen findet, der ſol fuͤr das erſte,
das daraus wuͤrde gezogen, 6 Mark Landguts, und fuͤr das andre 7 Mark, und ſo
fort bis auf 10 Mark geben, und nicht hoͤher.
Welch Mann herberget oder ſpeiſet oͤffentlich einen friedloſen Mann, der iſt fried-8 Kap.
los gleich ihm. Man mag auch keinen friedloſen Mann uͤberwinden in einem andern
Gerichte.
Wer einen Friedbrecher toͤdtet oder wundet, der bleibet des ohne Wandel, ob er10 Kap.
das ſelb 7 bezeugen kan, daß es auf der Flucht geſchehen ſey.
Man ſol kein Weib richten, das ein lebendig Kind traͤget, hoͤher denn zu Haut12 Kap.
und Haren; auch rechte Thoren und ſinloſe Leute ſol man nicht richten, wenn ſie
Schaden thun, oder jemand beſchaͤdigen, ihre Vormuͤnder aber ſollens gelten.
G 2Wer
Abſchrift mit.
Das weltliche Bauerrecht, wie es von den aͤlteſten Liven vor Burgrecht gehalten,
und von den Biſchoͤfen in Liefland beſtaͤtiget und genehmiget worden.
Wenn einer dem andern ein Auge ausſchlaͤget aus dem Haupte, derſelbige Schlaͤ-
- ger hat im Rechten verbohret ‒ ‒ 20 Mark ſtiftiſcher Muͤnze.
- Eine Hand ab ‒ ‒ 20 ‒ ‒
- Ein Fuß ab ‒ ‒ 20 ‒ ‒
- Ein Daumen ab ‒ iſt ‒ 5 ‒ ‒
Den
mehet iſt, der ſol geben fuͤr ein jeglich Rad ein Oehr, das iſt 3 Schilling, reitet er
aber, eine Oertning, das iſt noch ſo viel. Wehrt er ſich, ob man ihn pfaͤnden wolte,
das ſol er beſſern mit einer Mark Landesgut.
Wer Holz hauet, Gras maͤhet, oder fiſchet in eines andern Waſſer, ein ieder
wage ſeine Bruͤche, iſt ein Mark Landesgut; den Schaden gilt er nach Rechte; fiſchet
er aber Teiche, die gegraben ſeyn, oder hauet Holz, das geſetzet iſt, oder Baͤume,
die Fruͤchte tragen, oder bricht ſein Obſt, oder hauet er Maulbeerbaͤume ab, oder
graͤbet er aus, die zu Markſteinen geſetzet ſeyn, oder hauet Honigbaͤume ab; er mus
9 Mark Landesgut geben; den Schaden gilt er nach Rechten.
17 Kap.Ob iemand ſchieſſet oder wirft einen Menſchen oder Vieh, als er ſchieſſet oder rah-
met nach einem Vogel, oder anders wornach, hierum urtheilet man ſeinen Leib nicht,
noch ſeine Geſundheit, ob der Menſch gleich ſtirbet, aber er mus den Menſchen oder
das Vieh gelten, als ſein Wehrgeld iſt.
23 Kap.Haͤnget der Hopfen uͤber den Zaun, wer im Hofe die Wurzel hat, der greife zum
Zaune aufs hoͤchſte er kan, und ziehe den Hopfen, was ihm folget, das iſt ſein, was
nachbleibet, das iſt ſeines nechſten Nachbarn.
25 Kap.Der im Rechten verklaget wird, der mus nicht mehr als ſelb 7te vor Gerichte
kommen, und die ſollen keine andre Waffen bey ſich haben denn Schwerter.
Schlaͤgt ein Mann ein Kind tod, er ſol ſein vol Wehrgeld geben. Schlaͤgt aber
ein Mann ein Kind mit Rufen, oder ruft ers durch ſeine Miſſethat, er bleibt des ohne
Wandel, ſo fern ers halten wil mit ſeinem Eide, daß ers nicht anders um Miſſethat
geſchlagen.
26 Kap.Welch Mann einen Hund hat, der glupende beiſſet, einen zamen Baͤren, Wolf
oder Fuchs, was die Schaden thun, das ſol er gelten.
28 Kap.Jn gemeinen Tagen und Frieden, den der Landesherr gebeut, ſoll niemand andre
Waffen fuͤhren, denn alleine Schwerter, und daſſelbe nur ſeine Dienſtmanne. Alle,
die daruͤber Waffen fuͤhren, ſollen wetten auf die hoͤchſte Wette; Waffen ſol man wol
fuͤhren, wenn man dem Gerufte folgt; und demſelben folgen von rechtswegen alle,
die zu ihren Jahren kommen ſeyn, ſo ferne, daß ſie ein Schwert fuͤhren moͤgen, es
entſchuldige ſie denn rechte Noth.
Obſervat. I. Da in der aͤlteſten Abſchrift §. 10 dem Biſchof das naͤhere Recht in den Guͤtern der ge-
ſamten Hand zuerkant, und § 26 Man oder Frau kein Gut ohne des Herrn Volwort zu ver-
kaufen oder zu verſetzen befugt iſt; dieſe Einſchraͤnkung aber in der neuen Ausgabe dieſer Rechte von
dem Erzbiſchof Michael und dem Heermeiſter Plattenberg weggelaſſen worden, ſo iſt die Veraͤn-
ſerung der Lehnsguͤter in Liefland ohne Zweifel in freye Wilkuͤhr geſtellet worden. Aus dem 67
oder letzten § ſiehet man auch, daß die im erſten Theil beim Jahr 1222 not e) und *) vorkom-
mende Waypen oder Decken ein deutſches Wort ſey, das die Eſten nur angenommen, im Deut-
ſchen aber Wepen heiſſe und zum Heergeweide gerechnet werde.
Obſervat. II. Die in vorigen Geſetzen beniemten Strafgelder haben nach Ausſage der aͤlteſten Brief-
ſchaften folgende Stufen gehabt. Ein Pfund macht 32 Loth Silber; ein Ferding als ein viertel
Pfund 8 Loth oder 4 Mark Landgut, eine Mark Landgut 2 Loth. Die Manbuſſe fuͤr einen unvor-
ſetzlichen Todſchlag an einem Bauer wurde mit 40 Mark oder 80 Loth reines Silbers vergolten,
davon ein Theil der Kirche, der andere Theil dem Gerichte und das Drittel den nechſten Anver-
wandten des Entleibten zufiel. Unter Deutſchen und Freileuten ward das Soͤhnegeld verdoppelt
und 160 Loth Silber erleget. Die Ritterſchaft hat nie eine Taxe gehabt, ſondern jeder hat ſeine
Manbuſſe zur Verſoͤnung nach Gutbefinden der Anverwandten erlegen muͤſſen. Als mit der Zeit
die Marke gefallen und deren 40 etwan 10 Loth Silber betrugen, iſt dieſe Geſetzordnung vielen
Misbraͤuchen unterworfen geweſen, welchen die nachherigen Landesverfaſſungen endlich abgeholfen.
- Den mittelſten Finger ab iſt ‒ 4 Mark ſtiftiſcher Muͤnze.
- Den 4ten Finger ab ‒ ‒ 3 ‒ ‒
- Den 5ten und kleinſten Finger ‒ 3 ‒ ‒
- Wer einen Todſchlag gethan, hat im Rechten verbohret 40 ‒ ‒
ſo ferne er zu der Verſoͤnung mag kommen. - So ein Mann den andern vor einen Dieb anſpricht,
derjenige der angeſprochen wird, mag ſich des entgehen
mit ſeinem Eide, ſo er ihm das uͤbergehen wil, der ſol
ihm das uͤberzeugen mit 3 glaubwuͤrdigen unberuͤchtigten
Maͤnnern. - Wer den andern verwundet mit einem Stock oder
mit einem Meſſer, der hat verbohret ‒ 3 ‒ ‒ - Mit einem Schwerte ‒ ‒ 2 ‒ ‒
- Mit einem Brodmeſſer ‒ ‒ 6 ‒ ‒
- Mit einem Speer ‒ ‒ 3 ‒ ‒
- Mit einem Beil ‒ ‒ 1 ‒ ‒
- Wer einer Frauen Namen ſchwaͤchet, daß ſie bezeugen
kan mit 3 glaubwuͤrdigen Maͤnnern, iſt den Hals ab. - Wer ſeinem Herrn den Zehnden ſtielt, verbohret 20 ‒ ‒
ſonſt iſt auch der Hals ab. - So einer des andern Roͤhde faͤllet, hat verbohret 9 ‒ ‒
- Wer des andern Peener oder Miſtacker umhacket 9 ‒ ‒
- Wenn einer einen Peener zum Feldacker hacket ‒ 9 ‒ ‒
- Wer dem Herrn die Scheidung ſtielt, iſt Hals ab
- Schieſſet der eine des andern Queck, oder wird es ihm ge-
nommen aus ſeinem Stalle, ſo iſt es ‒ 9 ‒ ‒ - wird es ihm genommen aus ſeinem Hofe ‒ 6 ‒ ‒
- Wenn ein Mann das Queck vom Acker gebracht hat, wird
es ihm denn entwaͤltiget, iſt ‒ ‒ 9 ‒ ‒ - Wird ihm das Queck entwaͤltiget auf ſeinem Acker, iſt 18 ‒ ‒
- Eine Wunde im Antlitz iſt ‒ ‒ 6 ‒ ‒
und das dritte Theil komt der Herſchaft zu - Eine Blaue auſer den Haaren im Antlitz, iſt ‒ 3 ‒ ‒
- Wer den andern beiſſet, er mag beiſſen mit vier Zaͤhnen,
einen jeglichen Zahn ſol er loͤſen mit ‒ 4 ‒ ‒
oder man ſol ihm die Zaͤhne ausſchlagen. - Eine blaue Wunde, die gedeckt iſt unter den Kleidern, 4 ‒ ‒
- Eine Blutwunde unter den Kleidern iſt ‒ 1 ‒ ‒
- Eine blaue auf dem Haupte iſt ‒ 1 ‒ ‒
- Wer den andern ermordet, ſol aufs Rad.
- Einen Ketzer und Zauberer ſol man brennen.
- Wer des Herrn Gebot verſitzet, iſt die Staupe oder der
Hals. - Wer den andern beleugt, und kan es ihm nicht wahr ma-
chen, iſt die Staupe. - Wer den andern hilft zeugen von Gewonheit wegen, und
das nicht volbringen kan, iſt ‒ 1 ‒ ‒ - Es ſey denn Sache, daß ers mit ſeinem Eide und Recht
erhalten wil, als ſichs gehoͤret. - Wer unrechte Klage vorbringet, und einem andern Schaden
thun wil, iſt ‒ ‒ ‒ 1 ‒ ‒ - Wer der Herrſchaft ein Fuder Heu ſtielt, das ſol er bezahlen,
und daruͤber der Herrſchaft geben, als viel er geſtolen 3 ‒ ‒ - Wer den andern beraubet auf dem Wege auf ſechs Pfennig
werth, der ſol bezahlen und wiedergeben ‒ 40 ‒ ‒ - Jn der Stube und in der Kirche iſt desgleichen, ſonſt iſt
der Hals ab. - Ein Ding, das eins vertragen und gerichtet iſt, komts zum
andernmal vor die Herrſchaft, iſts 1 ‒ ‒ - Ziehet der Miethknecht vor der Zeit von ſeinem Herrn, ſo
ſol er ſeinen Lohn verlohren haben, und ſol nichts ſeyn die
Zeit, die er ſeinem Herrn gedienet hat.
HDes-
S. 6 richtig angiebt. Es| war auch in der Stadt Doͤrpt eingefuͤret, iſt aber niemals in
Druck gekommen, auſer daß das 7 Buch, unter dem Titel einer Vormuͤnder-Ord-
nung in 60 Artikeln, etwas erweitert bey Nic. Mollin 1591 gedruckt ans Licht ge-
treten, und zum andernmal 1687 zu Riga durch Noͤllern wieder abgedruckt worden,
bey welcher andern Auflage man doch die Vorrede vermiſſet. Um der Hiſtorie willen,
wollen wir unſern Leſern aus den uͤbrigen 10 Buͤchern etliche Artikel ausſuchen, die fuͤr
andern etwas Seltenes an ſich haben.
1 Buch,
17 Kap.Wenn ein Mann einen Kauf ſchließt, und einen
Gottespfennig darauf giebet, und wird der Kauf
nicht wiederrufen deſſelben Tages, und behaͤlt den Got-
tespfennig uͤber Nacht, ſo ſol der Kauf ſtets bleiben zu
beiden Seiten. Es ſey denn, daß ein Pferd ſtaar-
blind oder hauptſichtig ſey, alsdenn mags ein Mann
wol wiedergeben innerhalb 8 Tagen.
26 Kap.So einem Rathmanne geboten wird von dem
Buͤrgermeiſter zu Botſchaften oder zu andern Sa-
chen, als gen Duͤnemuͤnde oder dergleichen, binnen der
Stadtsmarke, und thut er das nicht, ſo ſol er das beſ-
ſern mit 3 Mark Silbers.
In emtione ſi arrhæ per
noctem retineantur, poe-
nitere non licet, exceptis
equis vitioſis, qui intra
octiduum reſtituantur.
Senatores a Conſulibus
vocati obtemperent.
2 Buch,
3 Kap.Ein Vorſprach ſol haben 6 Oehr, daß er einen Mann an ſeinem Leibe
ſpricht, und 4 an ſeiner Geſundheit, und von einer ſchlechten Klage 4 Pfennige Luͤbiſch.
Wird aber ein Urtel beſcholten aufs Haus, davon ſol er haben ein Oehr.
3 Buch,
8 Kap.Es mag ſich niemand entſchuldigen um Klage mit den Leuten, die mit am
Flooke und am Farde wehren; es mag auf den andern niemand zeugen, auf einige
Handſache von Schuld, mit dem, der ſein Compan daran iſt, oder dem die Sache
mit angehet.
5 Buch,
19 Kap.So ein Mann oder Weibsperſon in ein geiſtlich Leben gegeben wird, und
Gehorſam thut, die mag kein Erbe aufboͤhren, oder fahrende Habe, es waͤre ihm
denn gegeben mit Willen.
Ein
Was man fuͤr einen Todſchlag und Wunde giebt, iſt
dasdritte Theil der Herrſchaft, und zwey Theile dem Klaͤ-
ger, dem die Sache angehet.
Was man beſſert fuͤr Gewalt und Richtigkeit, iſt der Herr-
ſchaft.
Von dieſen Geſetzen hat man mancherley Abſchriften, die aber der Ordnung, den
Strafgeldern, und den Ausdruͤcken nach ſich unterſcheiden. Wir haben dieſe aus einem
oͤffentlichen Orte; die aͤlteſten haben ſo unleſerlich und unverſtaͤndlich deutſch, daß
wir eine neue Uberſetzung hinzu fuͤgen muͤſten. Die Marken machen in noch nicht ſehr
alten Berechnungen viele Schwierigkeiten, indem ſie in dem 16 und 17 Jahrh. von
3 bis gegen 40 auf einen Reichsthaler geſprungen. Doch muͤſſen die aͤlteſten Marke
an Silber ein gut Pfund gehalten haben, weil die Oeſeringe, die einer halben
Mark gleich kamen, das ſind die groſſen aus dichtem Silber verfertigten runden
Schnallen, womit die reichen Baͤuerinnen ihre Wepen auf der Bruſt feſt machen,
und nun ſchon ziemlich zur altvaͤteriſchen Tracht gehoͤren, ein halb Pfund und mehr an
Gewichte betragen.
Jn einer bey dem Archiv befindlichen weitlaͤuftigen Nachricht von der alten lief-
laͤndiſchen Muͤnzvaleur, aus der der Herr Landrath v. Ceumern einen Auszug bey
ſein Theatridion drucken laſſen, findet ſich noch am Ende dieſer Werth:
- 1 Mark Goldes iſt nach alter rigiſcher Gewonheit
- 1 Mark Silber ‒ ‒
- 1 Oehr ‒ ‒
- 1 Nagat ‒ ‒
- 1 Oertgen*) ‒ ‒
- 3 Pfennige machen einen Schilling.
- 8 Mark Rigiſch oder 8 Rthlr.
- 4 ‒ ‒ ‒ 4 ‒
- ‒ 3 ßl.
- ‒ 2 ‒
- ‒ 1 ‒
- Der groſſen Gilde in Riga Morgengabe iſt 60 Mark loͤthig á 4 Rthlr. ‒ 240 Rthlr.
‒ kleinen Gilde ‒ ‒ 40 ‒ ‒ á 4 Rthlr. ‒ 160 Rthlr.
mern S. 137 aus alten Berechnungen erwieſen.
Heiligen behalten, von ihren Herren oder Frauen, koͤnnen ſie ihnen beweiſen, daß ſie6 Buch,
8 Kap.
ihnen wol gedienet haben.
So ein Mann begriffen wird mit falſcher Muͤnze, das ſich erſtrecket auf 2 Oehr8 Buch,
1 Kap.
oder mehr, der ſol der Stadt geben 1 Mark Silber. Jſt des falſchen ein Ferding,
ſo verleuret der Faͤlſcher ſeine Hand, oder die mag er loͤſen mit 5 Mark Silber. Jſt
aber des Falſchen uͤber ein Ferding, ſo ſol man ihn ſieden in einer Pfannen.
Wem das rigiſche Gut befohlen wird, der ſol die Mark alſo gieſſen, daß ſie2 Kap.
loͤthig ſey bey 1 Loth, und ſo jemand druͤber thut, daß ers aͤrger macht zweyer ſchwar-
zen Pfennige,*) der ſol der Stadt geben 3 Mark Silber. Macht er es aber aͤrger
eines Quentleins, denn es ſich gehoͤret, ſo verleurt er ſeine Hand, oder mag ſie loͤſen
mit 5 Mark Silbers. Macht er es aber noch aͤrger ein Loth, denn es ſich gehoͤret,
und zu Rechte ſeyn ſol, ſo verleuret er ſeinen Leib.
Wer mit der Elle umgehet, der ſol geben einem jeglichen Recht. Jſt ſeine Elle4 Kap.
zu kurz eines Fingers breit, ſo ſol er ſeinen Hals verlohren haben, oder er mag den
loͤſen mit 10 Mark. Und iſt die Elle zu kurz einen halben Finger breit, das ſol er
buͤſſen mit ſeiner Hand, und die mag er loͤſen mit 5 Mark Silbers.
Schlaͤget ein Mann den andern ohne eckhafte Waffen blau oder blutig, oder ſtehet9 Buch,
16 Kap.
ihm an ſeiner Ehre, als Dieb, Moͤrder, Raͤuber, Hurenſohn und dergleichen, das
ſol er buͤſſen dem Sachwalter mit 1 Mark Silber, und dem Vogt 3 Oehre, und der
Stadt 1 Mark Silber.
Ein Dieb, der geſtolen hat einen Ferding oder druͤber, den ſol man henken. So10 Buch
2 Kap.
jemand geſtolen hat einen halben Ferding oder druͤber, den ſol man zu den Zehnen
brennen oder ein Ohr abſchneiden, und laſſen die Stadt verſchweren und verloben bey
ſeinem Halſe, hat er auch drunter geſtolen, man ſol ihn zu der Staupe ſchlagen und
die Stadt verbieten bey ſeinem Leibe.
Wenn Schiffe, ein oder mehr in die Duͤne kommen, alſo, daß ſie von Noth we-1 Buch,
8 Kap.
gen des Eiſes in die Rieſing nicht kommen moͤgen; was denn das Schif koſtet in die
Rieſing zu bringen, das ſol gelten das Schif das vierte Theil, und das Gut, das
drinnen iſt, 3 Theile. Das Gut ſol man rechnen nach Zahl der Laſten.
Ein Schifman, der ein Schif heuret, giebt Windelgeld von der Laſt Korns 4 Ar-9 Kap.
tige, und von der Laſt Salz 4 Artige, von der Laſt Heringe 1 Oehr, von der Laſt
Wachs 4 Artige, von dem Pfund 4 Pfennige Luͤbiſch, von dem Faß Wein unter fuͤnf
Ahmen 4 Artige.
Ein jeglicher unſrer Buͤrger, der Schiffe zur Seewerts fuͤhret, der ſol fuͤhren ein14 Kap.
weiſſes Kreuz an einem ſchwarzen Fluͤgel, er lege es denn ab von Noth wegen. Wer
das nicht thut, der ſol buͤſſen der Stadt ein Mark Silber.
Dis waͤre der Jnhalt der Geſetze, die man Gothlaͤndiſch verbeſſert Recht
nent. Es wurden auch die ſchwediſchen Geſetze in neuern Zeiten aufs Tapet ge-
bracht, allein die Stadt Riga fand ſelbige fuͤr ſich ganz unbrauchbar. Dieſes iſt das
alte ſchwediſche Recht, ſo Koͤnig KarlIX beſtaͤtiget, und 1608 bekant machen laſſen.**)
Es kam auch 1643 zu Stockholm bey Heinrich Kayſern in ſchwediſcher Sprache in
Druck unter dem Titel: Sweriges Rijkes Landz-och Stadz-Lagh, ſamt
Uplandz, Oſtgoͤtha, Helſinge Laghen. Der beruͤmte Loccenius gab es
lateiniſch zu Stockholm bey Nicolaus Wankiif 1672 in Folio heraus. Zwey geſchick-
te Mitglieder des erlauchten Hofgerichts uͤberſetzten dieſe Rechte ins Deutſche und
widmeten ſie dem Koͤnige Karl dem XIIten. Dieſes Werk ward 1709 in 4to zu
Frankfurt und Leipzig wieder aufgeleget, und iſt in Noͤllers Verlag, oder bey
deſſen Schwiegerſohn Herrn Froͤlich in Riga zu finden. Jn den Tiufwa-Bal-
cker oder Geſetzen vom Diebſtal heiſt es: Es mag niemand haͤngen um weniger als
eine halbe Mark, auch muͤſſen die Haͤnde nicht auf dem Ruͤcken, ſondern vorwaͤrts ge-
bunden werden. Stielt ein Man 2 Rundſtuͤck, oder minder als 3 Rundſtuͤck, der
miſſe die Haut und das eine Ohr. Er ſol uͤberwieſen werden mit 6 Maͤnnern.
Wird
rung des ſchwediſchen Rechts an, in ſo weit ſolches zu bewerkſtelligen waͤre, welches aber demuͤthig
abgelehnet ward, weil Liefland ſchon ſein eigenes Recht hatte. Karl der XI lies an einem
andern Rechte arbeiten, davon die Ritterſchaft zwar gute Hofnung hatte; doch durch den Krieg
kam dieſe Sache ins Stecken. Die Stadt zog ihre 11 Buͤcher auf 6 Buͤcher zuſammen, welche ſie
der ſchwediſchen Commißion 1662 nach Stockholm uͤberſandte, die es auch bey allen Para-
graphis der Statuten bleiben lies. Sie wurden nachher im nieſtaͤdtiſchen und aboiſchen Friedens-
ſchluſſe von den allerdurchlauchtigſten Oberhaͤuptern dieſer Lande beſtaͤtiget, und bey allen Richter-
ſtuͤhlen gebrauchet und beibehalten.
Zeiten uͤblich geweſenen Ceremonien beym Schwoͤren. Die erſte Zeile enthaͤlt den
alten Text, die andre die Schreibart und Ausſprache der neuern Zeiten. Kenner,
welche der alten deutſchen Sprache kundig ſind, koͤnnen aus dieſer Probe ſehen, ob
die lettiſche Sprache ihren Urſprung aus Griechenland oder Deutſchland habe,
wo ſie nicht vielmehr mit der deutſchen von einer Mutter herſtammet.
Es N. runna un ſwaͤre pi Deewe, ka es uhs tho, ko man no
Es N. runnaju un ſwehru pee Deewa, ka es us to, kas man no
Jch N. rede und ſchwere bey GOtt, daß ich auf das, was mir vom
zeenige Tees kluist waizat, un kas man ſinnams gir, ta tire
zeenigas Teeſas kluhs waizahts, un kas man ſinnams irr, to tihru
Ehrwuͤrdigen Gerichte wird werden gefragt, und was mir wiſſend iſt, die reine
taisnibe, ne wenem per lab, ne otrem per liaun, ne daawne ne
taiſnibu, ne weenam par labb, ne ohtram par launu, ne dahwanas ne
Warheit, nicht einem zu gut, noch dem andern zum boͤſen, nicht Geſchenks noch
breesmibe paͤts, grib iſsadzit un ne neke ſlaͤhpt. Un jo es ta tire
breeſmibas pehz, gribbu isſazziht un ne neeka ſlehpt. Un ja es to tihru
Gefahr halber, wil ausſagen und nicht etwas verbergen. Und wenn ich die reine
taisnibe ne iſsak, tad dood Dees ka es tik mels palleck ka tas
taiſnibu ne isſakku, tad dohd Deews ka es tik melns paleeku ka tahs
Warheit nicht ausſage, ſo gebe GOtt daß ich alſo ſchwarz bleibe als dieſe
ogles, tik isnikuſch ka ta ſemme, tik zeets ka tas akmens, tik
ohgles, tik isnihzis ka ta ſemme, tik zeets ka tas akmins, tik
Kohlen, ſo vernichtiget wie dieſe Erde, ſo hart wie dieſer Stein, ſo
iskaltuſch ka tas kooks; un ſodi man manne Sewe, mannes Baͤrnes,
iskaltis ka tas kohks; un ſohdi man mannu Seewu, mannus Behrnus,
verdorrt wie dieſer Stock; und ſtrafe mich mein Weib, meine Kinder,
man lope un wiſs man augle, ſcheit laidzigue un tur mugi-
mannus lohpus un wiſſus mannus auglus, ſcheit laizigi un tur muhſchi-
mein Vieh und alle meine Feldfruͤchte, hier zeitlich und dort ewig-
gue beſs gal, Amen.
gi bes galla, Amen.
lich ohne Ende, Amen.
Als die Zeiten des dicken Aberglaubens aufhoͤrten, ward der letzte Theil geaͤndert,
und der Schlus ſo eingerichtet:
Tik teeſcham ka man Dees pallidzas pi mees un dwaͤſsel, ſcheit laid-
Tik teeſcham ka man Deews palihdſehs pee meeſas un dwehſeles, ſcheit lai-
So wahr als mir GOtt helfe, am Leibe und Seele, hier zeit-
zige un tur mugigue beſs gal, Amen.
zigi un tur muhſchigi bes galla, Amen.
lich und dort ewiglich ohne Ende, Amen.
Jn einer andern Eidesformul ſchwoͤren die Bauren bey dem Untergang ihrer Wol-
fart bis ins 9te Glied. Wobey zu merken iſt, daß dieſe Nation durch kein ander
Zwangsmittel in Furcht geſetzet werden koͤnnen, als durch die Eidesleiſtung, daher die
Letten auch in alten Zeiten einen ſolchen, der den Eid ablegen muͤſſen, verabſcheuet
nnd kaum unter ſich leiden wollen.
oder bezahle wieder, was er ſtahl, und dazu 6 Mark in 3 Theile. Wir haben eine
Anmerkung in einer alten Handſchrift gefunden, welche aus den aͤlteſten Receſſen be-
weiſet, daß eine Mark ſchwediſch 3 Speciesthaler gegolten, das ſind 8 Oer, oder
24 Oertige, wofuͤr man damals 6 Tonnen Rocken kaufen koͤnnen.
unſerm erſten Theil S. 216 ſchon beruͤhret worden. Auſſer den daſelbſt benanten Ur-
kunden errichtete Nicolaus noch 1231 zwiſchen den Buͤrgern zu Riga und den Kaufleu-
ten einen beſondern Theilungstractact wegen des von den Heiden eroberben Landes*).
Er ſcheinet mit dem Lande wenig zu thun gehabt zu haben. Wir finden noch von ihm
einen Freiheitsbrief, unterm Jahre 1250, in welchem er der rigiſchen Buͤrgerſchaft, und
den ankommenden und einheimiſchen Kaufleuten den freien Durchzug zu Lande auf der Duͤ-
ne, oder ſonſt hin und her zu reiſen erlaubet, wie ſie ſein Vorgaͤnger Albert zugeſtan-
den. Das gothlaͤndiſche Recht iſt ſonſt bey uns unter dem Titel bekant: Water-
Recht, dat de Koopluͤde unde Schippers gemaket hebben tho Wisby.
Man nent es auch Wisby-Sioͤret, das iſt, der Stadt Wisby Seerecht, das an-
dern Nationen zum Grunde ihrer Seerechte dienen, und daher in die ſchwediſche,
franzoͤſiſche, engliſche, hollaͤndiſche und andere Sprachen uͤberſetzet werden muͤſ-
ſen. Jndeſſen da viele Documente eines gothlaͤndiſchen Rechts erwehnen, deſſen
ſich die Stadt zur Entſcheidung der Grenzen und Stadtmark bedienet, ſo mus wol ſol-
ches nicht das ungedruckte Stadtrecht, ſondern eine Verordnung von Wilhelm
ſeyn, da er die rigiſchen Buͤrger durchgaͤngig mit denen zu Wisby auf gleich Recht ſe-
tzet,
ſeits der Winda fuͤr ſein Stift, den Kaufleuten wies er jenſeit der Winda mit dem Schlos Me-
derothe ihren Theil an, das uͤbrige empfiengen die andern Buͤrger. Von der Kaufman-
ſchaft muſten 71 Mann allezeit ſich marſchfertig halten, doch durften ſie nicht ihre eigene Fah-
ne fuͤhren, ſondern muſten der Stadtfahne folgen. Der Biſchof fertigte daruͤber am 1ſten
Merz 1232 eine eigene Urkunde aus, welche unter andern die Pilger und Ritter Herr Albert,
Edler von Arnesheim, Johann von Gatersleben und Hilmer Frocke zu Riga unterzeichnet.
Der ſemgalliſche Biſchof Balduin belehnte als paͤpſtl. Legat am 1ſten April 1234 zu Riga mit
dieſem Drittel 56 Buͤrger, jeden mit 25 Hacken, und wies ihnen die Gegend deutlicher an, nem-
lich das dritte Theil diſſeits der Winda, und das 6te Theil jenſeit des Fluſſes. Des Herzogs
von Sachſen Truchſes und Procurator gab hierzu ſeine beſondere Einwilligung. Die Aebte von
Duͤnemuͤnde und Valkena ſetzten ihr Siegel mit bey.
ausgeſchrieben. Fabricius fuͤgt hinzu, daß der Biſchof Herman kurz darauf nach
Rom gezogen, bald wieder gekommen, 1245 vor Alter blind geworden, ſodann Alex-
andern zu ſeinem Nachfolger beſtimmet, und im Kloſter Falkenaw ſein Leben be-
ſchloſſen habe.
Biſchof ſich dieſes Recht vorbehielt, nach der Urkunde des Legaten vom December 1225.
Sonſt bauete dieſer Biſchof ein Kloſter Bernhardinerordens in Riga, welches, wie
Fabricius klaget, zu ſeiner Zeit zu einem Speicher gemacht worden.
noͤthiger, je fruͤhzeitiger die Herſchſucht und der Eigennutz die neuen Eroberer Lieflan-
des*) in der Eintracht und Vertraͤglichkeit ſtoͤrte. Arnold von Luͤbeck, welcher
doch ſchon 1209 ſeine Hiſtorie endiget, beſchreibet uns Chron. Slav. lib. VII, c. IX, §. 11
den innerlichen Grol und das wunderliche Gezaͤnke, da die Bruͤder uͤber das dritte
Theil des bezwungenen Heidenthums ſich einen Biſchof ausgebeten, mit welchem Geſuch
ſie aber bey dem Biſchof Albert ſowol, als am paͤpſtlichen Hofe, abgewieſen worden.
Was hatte Papſt Jnnocentius nicht immer zu ermahnen, daß die Ordensbruͤder der
Geiſtlichkeit nicht Verdrus machten, und die Waffen ihrer Ritterſchaft nicht gegen
Chriſtum, das iſt, den Biſchof brauchen ſolten? Er erinnert ſie, die Kriege des HErrn
in der Macht goͤtlicher Staͤrke zu fuͤhren, mit Bedeuten, der Papſt werde es an ſeiner
Huͤlfe nicht fehlen laſſen, wenn GOtt und er ſehen wuͤrden, was ihnen noͤthig ſey.
Siehe Innocent. libr. XIV, epiſt. 149, t. 2, p. 580. Ja die Schwaͤche der neuen
Republic ſchien dieſe Verbindung mit einem maͤchtigern Orden zu erfordern. Die Be-
gierde um eines kahlen Ablasbriefes wegen zu fechten, verlor ſich almaͤlig; und wer in
Deutſchland Vergebung der Suͤnden und ein fettes Landgut hatte, blieb lieber zu Hau-
ſe, als daß er ſich in Liefland von den Heiden oder in Palaͤſtina von den Sarace-
nen tod ſchlagen lies. Dieſe Wenigkeit der ankommenden Pilger, unter denen ſich
der Biſchof doch immer die beſten auslas, reichte nicht zu, Liefland gegen die Daͤ-
nen, Ruſſen, Litthauer, ja wol gar kuͤnftig gegen den benachbarten deutſchen
Orden zu ſchuͤtzen. Ueber dem reitzten die anſehnlichen Vorrechte des deutſchen Or-
dens, die ſie vom Kaiſer| Friedrich erhalten, die Lieflaͤnder ſtark; wozu man des klu-
gen Biſchof Alberts Tod auch mit rechnen kan, wodurch der Orden gleichſam zum Waiſen
geworden. Wer dieſe Urſachen erweget, wird leicht die Nothwendigkeit gewahr wer-
den, warum die Lieflaͤnder dieſe maͤchtige Verbindung ſuchen muͤſſen.
der oft gebrauchen, als Raynaldt. 13, p. 445: Arcis Reualiae in Liuonia ſitae. Zur Zeit des
Ordens gehoͤrte Curland mit dazu, welches die Meiſter ſo wenig in ihrem Titel benanten, als
Eſtland, indem ſie unter dem Namen eines Meiſters von Liefland, das ganze Curland und
Eſtland mit begriffen. Jn dieſem Verſtande rechnen auch noch die polniſchen Reviſionsherren
1599 Liefland von Narva an bis an Memel auf 100 Meilen. Heutiges Tages begreift es den
rigiſchen, wendenſchen, pernauiſchen und doͤrptiſchen Kreis in ſich, in deren beiden erſten
die lettiſche, in den beiden andern aber die eſtniſche Sprache geredet wird. Das alte Ug-
gannien, oder das Doͤrptiſche nennen die Letten Jggaune Semme. Es faͤlt jetzo den Ohren
unertraͤglich Reualia-Liuenus zu ſchreiben; ob es gleich nicht ungeſchickt iſt, die in dieſen bei-
den Provinzen befindlichen Auslaͤnder und Deutſche Livonos zu betiteln, da die Nation des
Landes Liuones und Eſthones heiſſen, wie man etwan Liven, Eſten und Letten ſpricht,
durch Lieflaͤnder aber nur diejenigen verſtehet, welche ſonderlich aus Deutſchland als Coloni-
ſten Liefland beſetzet, und ſich einen Pflanzort, durch den Degen oder andre Mittel, zu wege ge-
bracht.
jaget, mit eignen Kraͤften des Ordens, wieder zu Paaren getrieben bezeuget, Raynald
annal. eccl. t. 13, p. 445, n. 65, beim Jahre 1236. Der Papſt ſchrieb aus Viterbo
den 11ten May 1237 an ſeinen Botſchafter, den Cardinal Wilhelm von Modena,
ſich alle erſinliche Muͤhe zu geben, damit Waldemar ſein Revel, die Bruͤder aber
die Unkoſten der Eroberung wieder bekaͤmen. Eine andre Jnſtruction bekam Wil-
helm
chen damals die Ehe noch nicht verboten war. Sein Beiname heiſt im Lateiniſchen
Rufus, welches wir durch Fuchs, Brandis aber durch Rothe uͤberſetzet; andre le-
ſen Rectus, oder Rade und heiſſen ihn alſo Gerlach den Geraden. Brandis hat
die Geſchichte der Ordensvereinigung aus Waiſſeln am weitlaͤufigſten ausgeputzet,
und wil ſie aus Hermans von Heldrungen eignem Aufſatz nachgeſchrieben haben,
welche Handſchrift uns nie vor Augen gekommen, auch wol nie in der Welt gewe-
ſen iſt. Jndeſſen muͤſſen wir uns mit dem brandiſiſchen Bericht dismal behelfen.
folgendes: Daer nae quam int lant den Grave van Danenberch, ende Heer Iohan Haſel-
dorpe mit veel pelgrims, die mitten Meyſter ſtreden tegen die Lettawen, ende
Meyſter Volquyn bleeff mit XLVIII, broeders van der Oirden doot, ende die Gra-
ve mit veel goeder mannen mit hem. Hy hadde Meiſter geweeſt XV jaer lanck,
veel goets gedaen, ende veel tribulation gehadt. Nach dem Albert von Stade ge-
ſchahe dieſes ungluͤckliche Ttreffen am St. Moritztag 1236.
Ruſſen Keenen genennet worden, die ſonſt Krewen heiſſen, auch von den Letten und Curen ſo
genennet werden. Jn der Hiſtorie ſind die Krewitzen oder Kriwitzen, oder Ruſſen, welche die
Duͤne hoͤher hinauf gewohnet haben, noch bekant. Daß die Ruſſen nicht nur Nachbaren ſon-
dern auch Herren der Preuſſen geweſen, beweiſet Hartknochdiſſ. III, de Orig. gent. Pruſſ.
ten Wuͤrde, etwas von ihrer Frohnarbeit erlaſſen, und dem Gottesdienſt beizuwohnen
erlaubet wuͤrde. Er ſolte nicht leiden, daß die Ordensbruͤder der heil. Mariaͤ der
Deutſchen freie Leute, die ſich zu Chriſten geſelleten, zu ihren Sclaven machten.
Ob nun gleich der Orden bey dieſer Vereinigung etwas zu verlieren ſchien, ſo traf der
Papſt doch eine Milderung, und unterwarf die preußiſchen Biſchoͤfe von Werme-
land, Culm, Pomeſan und Samland dem kuͤnftigen Erzbiſchof Albert zu Riga.
Pontanus begehet S. 318 einen ziemlichen Fehler, wenn er die Biſchoͤfe von Revel,
Doͤrpt, Oeſel und Curland unter den Erzbiſchof von Lunden zwinget, die doch
von dem zu Riga abhiengen, auſſer daß der Koͤnig von Daͤnnemark und der lun-
diſche Erzbiſchof ſich einige mal das Oberrecht uͤber Revel angemaſſet, und mit Recht
anmaſſen koͤnnen.
Jahr 1191, da Heinrich Walpot nach Eroberung der Stadt Akers im gelobten Lan-
de 31 Bruͤder annahm, welche der Kranken in Hoſpitaͤlern pflegen ſolten, daher ſie
auch Hoſpitalarii hieſſen. Sie muſten auch die Chriſten gegen die Feinde des Kreuzes
mit dem Schwerdte ſchuͤtzen. Sie lebten unter der Regel Auguſtini und waren ver-
bun-
herrſcht auch ſelbſt die beiden Manuſcripte*) von den Herrnmeiſtern eine unrichtige Jahr-
zahl anfuͤhren, ſo wird es dem Leſer nicht misfallen, wenn wir die ganze Urkunde davon bei-
bringen, die vom Jahr 1237 unterzeichnet iſt; dahingegen NauclerusVol. III, gen. XLII,
das Jahr 1239 unrichtig annimt.
Die lateiniſche Beſtaͤtigungsacte dieſer Ordensvereinigung findet man
beim Raynald um dieſes Jahr §. 64 ſqq. libr. II, ep. 64, davon wir
hier die Ueberſetzung mittheilen.
Gregorius ꝛc. denen Biſchoͤffen von Riga, Doͤrpt, und Oeſel ꝛc. Nachdem
der angenehme Geruch unſers geliebten Sohns des Hochmeiſters, und der deut-
ſchen Bruͤder der heil. Maria, ſich uͤber die Gegenden der Erden ausgebreitet, ſo
iſts der Gnade des Erloͤſers zuzuſchreiben, daß ſelbiger bey dem apoſtoliſchen Stule nicht
weniger werth, als bey der Menge glaͤubiger Voͤlker beliebt iſt. Dis iſt die Urſache,
warum unſer lieber Sohn, der Gebietiger (Praͤceptor) und die Bruͤder der Ritter-
ſchaft Chriſti aus Liefland, als ſie aus deutlichen Proben oberwehnter Hoſpitalgeſelſchaft
vielfaͤltigen Eifer gegen die Tugenden erſehen, zu mehrern malen, wie uns berichtet
worden, durch Botſchaften und ausdruͤckliche Briefe dieſen Hochmeiſter herzlich und
K 2ange-
liche Namen und Jahre. Die eine hat Meiſter Joh. Buͤlow 1525 geſchrieben. Die andre
faͤngt mit der Entdeckung des Landes 1160 an, und geht bis 1558, wobey die im Lande geſchrie-
bene Rechte, das alte Landrecht und rigiſche Stadtrecht angehaͤnget ſind. Die erſten Stellen er-
weiſen gleich ihre Unbrauchbarkeit. Wyne oder Wynrich regierte 1235. Jhm folget Wolquin
1253, dieſem ſuccediret Hermann Falko 1268. Verdienen ſolche Papiere wol den ſchoͤnen Titel
der Herrmeiſterlichen Chroniken?
Raynald fuͤhrt davon des Papſts Gregorius des IXten Brief an den Erzbiſchof von Upſala
an, den er ermahnet, die Catholiſchen im Reich und den benachbarten Jnſeln gegen dieſe wil-
den Schweine, die den Weinberg GOttes durchwuͤhlten, aufzubieten. Die Tavaſter werden
beſchuldiget, daß ſie die Kinder nach der Taufe geſchlachtet, denen Erwachſenen das Eingeweide
ausgeriſſen, ſie den Goͤtzen geopfert, andre um die abgoͤttiſchen Baͤume herumgetrieben, bis ih-
nen die Seele druͤber ausgefahren, etlichen Prieſtern die Augen ausgeſtochen, einigen Haͤnde und
Glieder zerſtuͤmmelt, andre mit Stroh umwunden, und ſo angezuͤndet. Dieſer Abfal gab Ge-
legenheit, daß Birger Jerl der IIte im Jahr 1250 mit einem Heer hinzog und Tavaſthus er-
bauete. Das paͤpſtl. Schreiben iſt vom 9ten September 1237 unterzeichnet.
bensbekentnis und das Ave Maria zu beten. Sie hatten ein fuͤnffaches Geluͤbde auf
ſich, des Gehorſams, der Keuſchheit oder des eheloſen Standes, der wilkuͤhrlichen
Armuth, der Vertheidigung der Armen, und der Freiwilligkeit gegen den Tuͤrken zu fechten,
zu welchem letzten ſie durch den zu Speier 1542 errichteten Reichsreces auch angehalten
worden. Daher ſie ſich einige mal beim Kaiſer angeboten, etliche Veſtungen in Un-
garn zu beſetzen, wenn die Chriſtenheit von den Tuͤrken bedrohet wuͤrde. Caͤſar Ba-
ronius ſchreibt tom. XII, Annal. eccel. beim Jahr 1198, daß der Papſt Caͤleſtinus
der IIIte auf Erſuchen des Kaiſers Heinrichs dieſe heiligen Feldzuͤger mit dem weiſſen
Kleide (veſte alba) oder Mantel und dem ſchwarzen Kreuz beſchenket habe. Der Herr
Profeſſor Liebhard zu Bareyth hat uns in ſeiner kleinen Schrift de incluto Teuto-
nicorum ſiue Marianorum Equitum ordine 1672 in 4to aus einem Manuſcript die Um-
ſtaͤnde aufbehalten, mit welchen Herr Wolfgang Erhard von Muckenthal 1587
in dieſen Orden aufgenommen worden. Der Adminiſtrator des Hochmeiſterthums in
Preuſſen, Erzherzog Maximilian zu Oeſterreich, bekennet, daß der Herr von Mu-
ckenthal ſeiner Vernunft und Glieder maͤchtig und geſchickt, am Leibe ganz unge-
brechlich, auch zum wenigſten von ſeinen 4 Ahnen edels und rittermaͤßigen Geſchlechs
geboren ſey, ſich auch aufs hoͤchſte verpflichte, die Tage ſeines Lebens in ſolchem rit-
terlichen Orden gehorſamlich zu bleiben. Wenn der Candidat ſeine ehrliche deutſche
Herkunft erwieſen, die Geluͤbde und Ordensſtatute beſchworen, ſpricht der Ordensgebieti-
ger zu ihm: Wir ſagen euch Waſſer und Brod zu, und des genug; dazu eine geringe
Kleidung euer Lebenlang. Wirds beſſer, ſo habt Jhrs auch. Mehr ſind wir euch
nicht ſchuldig. Der Ordensprieſter haͤngt hierauf dem neuen Ritter den Mantel um
mit dieſen Worten: Dis Kleid und Kreuz geben wir Euch, und ſo Jhr thut, was Jhr
gelobt habt, verſprechen wir Euch das ewige Leben. Der Ordensgebietiger nimt das
bloſſe Schwerdt des neuen Ritters, ſchlaͤgt damit 2 mal auf deſſen Schild und ſagt:
Hie beſſer Ritter denn Knecht. Den dritten Schlag bekomt der Ritter auf ſeinen
Ruͤcken, und wird ihm zugerufen: Den vertrag, und keinen mehr. Mehrere Gebraͤu-
che meldet Sebaſtian Frankein Chron. p. 223. Bey der Aufnahme der Schwerdt-
bruͤder, die ſich nicht gern lange hudeln lieſſen, fand weder der Papſt noch der Hoch-
meiſter noͤthig, viele Ceremonien vorzunehmen. Herr Juͤrgen Helms fuͤhret aus ei-
ner geſchriebenen preußiſchen Chronik an, daß der Hochmeiſter in alten Zeiten deni
Herrnmeiſter in Liefland einen Ring an den Finger geſteckt, und ihn auf den Stuhl
Seiner Herrlichkeit geſetzt; welche Ceremonie ſtat der paͤpſtl. und kaiſerl. Confirmation
war. Jn neuern Zeiten wehlten die Lieflaͤnder ſich ihr Ordenshaupt ſelbſt, und lieſ-
ſen nur die Wahl vom Hochmeiſter und Kaiſer beſtaͤtigen.
Handfeſte gehoͤren. Peter von Duisburg nennet ihn auch Balcke, und das Di-
ploma des cujaviſchen Herzogs Caſimirs, Balko. Walke, Falcke, Valleke ſind
unrichtige Namen. Michov. B. III, k. 35, macht aus ihm und dem Hochmeiſter
Herman von Saltza eine Perſon, da ſie in doch Anſehung der Geburt, Wuͤrde und
Vaterſtadt ganz unterſchieden ſind. Waͤrend ſeiner 7 jaͤhrigen Landmeiſterſchaft in
Preuſſen ſchrieb er ſich nicht Landmeiſter, ſondern Proviſor von Preuſſen, in-
dem er dem Orden als Vicemeiſter mit vorgeſtanden.
uns gelangen laſſen, nach dem der betruͤbte Fal erfolget, den ſie durch die Niederlage
ihres Herrmeiſters, und 50 Bruͤder von derſelben Ritterſchaft, nebſt vielen Pilgern,
durch Wuth und Untreue neulichſt erlitten haben, und bitten es zugleich nebſt euch fle-
hentlich und mit klaͤglichen Briefen. Sie leben der guten Hofnung, da beſagter Mei-
ſter und die Bruͤder eine tapfere und beruͤhmte Ritterſchaft in ihrem Hauſe haben, die
es theurer als einen Schatz halten, wenn ſie ihr Leben fuͤr denjenigen dahin geben, der
das ſeinige, wie bekant, fuͤr die Erloͤſung der Glaͤubigen gelaſſen, es werde unter
goͤttl. Beiſtand dazu kommen, daß ſie untereinander, wenn ſie eine Heerde geworden,
gar bald mit triumphirenden Haͤnden die Gegenpartey aufreiben, und dem Sohn des
ewigen Vaters da verherrlichen koͤnnen, wo eine unzehlbare Menge Seelen verloren
gegangen, die nun unter den h. Engeln ſchweben. Wir, die wir nichts lieber ſehen,
als die Ausbreitung des catholiſchen Glaubens, und gerne wollen, daß ihres Meiſters
und der Bruͤder gottſeliges Verlangen, bald zur erwuͤnſchten Erfuͤllung gelange, ſind
alſo voͤllig uͤberzeuget, daß der HErr den Bruͤdern beſagten Hoſpitals in Liefland ta-
pfere Maͤnner wird finden laſſen, die er durch ſeine Macht in den Gegenden von Preuſ-
ſen zum Siege wird ausruͤſten. Wir finden demnach fuͤr gut, obgedachten Meiſter
und Bruder auf Beirathen unſerer Bruͤder mit ihrem Orden zu vereinigen, und be-
ſchlieſſen bey dem Anſehen unſers apoſtoliſchen Stuhls, mit allen rechtſchaffenen unter
ihnen, daß ſie und die uͤbrigen Bruͤder des ſchon beruͤhrten Hoſpitals der heil. Ma-
ria fuͤr die Deutſchen, die jetzo in Liefland ſeyn moͤgen, unter der Gerichtbarkeit ih-
rer Biſchoͤfe und anderer Praͤlaten, wie bisher, ſtehen bleiben ꝛc.
Gegeben zu Viterbo am 14ten May im 11ten Jahr unſers paͤpſtl. Regiments.
fert, kennen wir aus einer Abſchrift, welche die Biſchoͤfe Dieterich von Doͤrpt und
Conrad zu Oeſel 1304 zu Weiſſenſtein davon genommen. Weil Hiaͤrne und an-
dre die Ordensvereinigung weiter hinausſetzen, ſo koͤnnen ſie freilich nicht begreifen,
wie Balcke in einem Jahre ſo vielerley Geſchaͤfte in Deutſchland, Jtalien, Daͤn-
nemark und Liefland beſorgen koͤnnen. Die Daͤnen datiren die Urkunde vom 9ten
May. Wir folgen der unſrigen, nach welcher der Koͤnig Waldemar, ſein Thronfol-
ger Erich und ſeine andern Prinzen, die Herzoge Abel und Chriſtoph, ingleichen
Herr Uffo, Erzbiſchof zu Lund, Wilhelm paͤpſtl. Legate, Peter zu Aarhus,
Nicolaus zu Rotſchild, Johann zu Borclum, Biſchoͤfe, Johann, Arn-
frid, Bonin Predigerordens, Reynard und Albert, Minoriten, die Grafen
Albrecht und Ernſt von Gleichen, der Gebietiger oder Ordensmeiſter Herman,
und die beſten des Koͤnigreichs Dacien dabey zugegen geweſen. Der Papſt Jnno-
centius der IVte beſtaͤtigte dieſen Vertrag zu Anagni am 24ſten September 1243.
Henrici Epiſcopi Oſilienſis in eadem dioeceſi Vicegerentis, qua fatetur Apoſtatas
Oſilienſes, qui profectui Chriſtianorum illius viciniae multum incommodarunt, con-
ditionibus ab iisdem propoſitis, quae hic inſeruntur, in gremium matris Eccleſiae
et ad vnitatem fidei ſe recepiſſe, ſaluo in omnibus iure dioeceſiano Epiſc. 1241.
In N. D. noſtri Ieſu Chriſti, Amen. Anno Dominicae Incarnationis MCCXLI
Venerabili Domino H. Epiſcopo Oſiliae et Maritimae*)pro ſuis agendis ad ſedem
Apoſtolicam vergente, qui negotia Epiſcopatus ſui Magiſtro et Fratribus Domus
Teutonicorum in Liuonia plene commiſerat et deuote, accidunt ea quae ſunt inferius
adnotata. Ego Frater Andreas de velven Domus Teutonicorum ſratr. Magi-
ſter**)in Liuonia, cum eſſem in maritima, Oſiliani apoſtatae, qui Chriſtianis nimis
infeſti et nociui exiſtunt, in mari, terris et inſulis cismarinis, ordinatione diuinae
gratiae nuncios ſuos pro attemptanda compoſitione in Maritimam transmiſerunt.
Multis itaque placitis et interlocutoriis hinc inde habitis, praedicti apoſtatae in hoc
tandem uniuerſaliter et finaliter conueniuut; Quod ſi Eccleſia ſubſcriptam formam
ſine omni permutatione violenta in perpetuum ab ipſis acceptare dignaretur, vellent
redire deuoto animo et prompta voluntate ad Catholicae fidei, a qua diabolico inſtin-
ctu receſſerant, vnitatem. Forma autem talis erat. Pro cenſu dimidiam menſuram
ſiliginis quod vulgariter dicitur, Punt, de quolibet vnco dare promiſerunt et in cog-
gam inferre, quam Epiſcopus eorum ſeu Magiſter Rigenſis ipſius ſumptibus procu-
rabunt. Si vero coggam habere non potuerint; Naues et Gubernatores in ipſa ter-
ra conducent, quae ab ipſis Oſilianis in Rigam ſeu Maritimam deducentur. Aduo-
catum ad ſecularia iudicia ſemel in anno, eo ſcil. tempore quo cenſus colligitur,
recipient, qui de ſeniorum terrae conſilio iudicabit, quae fuerint iudicanda. Pro
occiſione pueri 3 Oſeringh***)ad poenam dabunt, et mater ipſa quoque diebus do-
minicis nuda in Coemeterio recipiet diſciplinas. Interim ſi quis ritu gentili immo-
lauit et qui immolari fecit, vterque dimidiam Marcam argenti dabit; ipſe autem qui
ſic immolat 3 diebus dominicis nudus in Coemeterio vapulabit. Si quis in 6ta HR
vel quadrageſima, Vigiliis Apoſtolorum ſeu quatuor temporibus carnes comedit, di-
midiam marcam argenti perſoluet. Si homicidium inter ipſos et homines alterius
terrae contigit, X Marcis argenti redimet. Clericis Parochianis et Eccleſiis prae-
bendam dabunt, quam ante Apoſtaſiam dare conſueuerant, cum reſtitutione omnium
ablatorum. Cognito ergo, quod praedicti Oſiliani fidelibus in Circuitu ſuo poſitis minus
fuerant opportuni, quod proficientiam et incrementum fidei in partibus Liuoniae ve-
hementer impediebat; Ego praedictus frater A. Magiſter Rigenſis de Conſilio fra-
trum meorum et Clericorum Vaſallorum et de Maritima et multorum aliorum fide-
lium
Abſchriften groſſe Unordnung in Abſicht der Zeitrechnung indem dieſelben bald Herman bald
Heinrich daraus machen. 1256 war ein H.Epicopus Oſiliæ etMarimae zu Luͤbeck, wo er
allen Kaufleuten freie Handlung nach Oeſel und der Wyk erlaubte, ſie auch mit der Sicherheit
ihrer Guͤter im Fal des Schifsbruchs begnadigte.
kant geworden. Zwey Urſachen ſtunden im Wege, warum man ihn nicht mit in das Verzeich-
nis derſelben bringen wollen; einmal weil ſein Name ungewis lautet, und in dem Original Andreas
von Noͤtken geleſen werden kan. Zum andern hat ſich auch weiter nichts auſſer dieſem Document
von ihm finden wollen. Ein mehrers ſiehe beim Jahr 1245 in den Anmerkungen.
eine Sandbank, davon bey Riga der Kruſe-Ragg, und der Kenge-Ragg, bey Juͤtland aber
der Schagge-Ragg bekant ſind. Das Serw oder die groſſe Sanddank auf Oeſel nennen die
Schiffer und Deutſchen Schworben, welcher Name faſt dem halben ſuͤdlichen Theil des Lan-
des beigeleget worden. Eine Erdzunge, die lang und ſchmal in die See gehet, heiſt bey den
Ruſſen Nos, und bey allen gothiſchen Voͤlkern Nes, welches die Schiffer mit Ort ausdrucken.
Auf Oeſel kommen auſſer vielen vor: Pamme-Nes, das iſt Pammerort, und Schworber-
ort iſt der Hafen Zerelhamn beruͤhmt, den alle Schiffer, ſo den rigiſchen Meerbuſen beſchif-
fen, beſuchen muͤſſen; er hat ſeinen Namen von dem an den Herrn Landrath Job. Guſtav von
der Oſten genant Sacken gchoͤrigem Hauptgute Zerel, und hat einen Feuerthurm, der dem zu
Domesnes befindlichen faſt gegenuͤber ſteht. Wyk iſt ein Meerbuſen. An der weſtlichen Kuͤ-
ſte von Eſtland iſt eine groſſe Wyk, die zugleich dem feſten Lande den Namen gegeben. Der
Eſte heiſt das Land Laͤne-ma, das iſt terra fluctuum, oder nach lateiniſcher Art: Maritima.
Weil das Stift Hapſal in demſelben gelegen, ſo pflegten die alten Biſchoͤfe von Oeſel ſich
Epiſcopi hapſalienſes, auch wol Wykiae, zu ſchreiben. So wird auch ein Strich Landes auf
Oeſel, wo die See eintrit, und das Land niedrig iſt, Wyk genant.
daß er allezeit von 2 Haken ein Kuͤlmet Rocken, von 4 Haken ein Kuͤlmet Weitzen,
von einem Haken ein Kuͤlmet Haber von 2 Haken ein junges Huhn, von zwan-
zigen ein Fuder Heu, den Zins aber in Fleiſchwerk oder andern Nothwendigkeiten ent-
richtet bekaͤme. Huitfeld S. 210. Die Groͤſſe der Haken in alten Zeiten wird nicht
nach einerley Berechnung angegeben, und nach einigen Documenten ſcheinet es als
wenn manſus nur eine Hufe, vncus aber noch ein groͤſſerer Strich Ackerlandes ge-
weſen. Wir wollen folgende Nachricht davon mittheilen:
Jn den Jahren 1232 enthielt ein Hacken Landes 30 Morgen Landes, ein Morgen Lan-
des aber 40 Ruthen in die Laͤnge und 10 Ruthen in die Breite. Nach einer Com-
mißionsverordnung von 1262 ſol die Ruthe 16 Fus halten. Nach dieſer Zeit hatte
man von den lieflaͤndiſchen Hacken ein dreifaches Maas. Das groͤſte berechnete ei-
nen Hacken in der Laͤnge und Breite zu 99 Baſten, und jegliche Baſte zu 99 Faden, wel-
ches Maas im rigiſchen Kreiſe gaͤnge war; das mittelſte, ſo der Landhacken genennet
wurde, zu 77 Baſten, jede zu 77 Faden; das kleineſte zu 66 Baſten, jede zu 66
Faden, welches letztere Plettenberg in einem Privilegio 1518 zu Burtnick anzeiget.
Zu den Zeiten dieſes Herrmeiſters legte man auch eine Schnur von 260 rigiſchen El-
len 4 mal in die Breite und 5 mal in die Laͤnge, welches ohngefaͤhr mit 2 preußiſchen
Hufen uͤberein komt.
Aus dem herzogl. curlaͤndiſchen Archiv iſt zu erſehen, daß eine lieflaͤndiſche Ba-
ſte, deren 66 einen Hacken ausmachen, 66 Faden und uͤberdem eine Laͤnge, 6 mal um
den
praedictam formam ſaluo iure dioeceſano Epiſcopi in omnibus acceptaui, Prae-
ſentes literas ſuper ratificatione et confirmatione praedictorum conuentus noſtri Si-
gilli munimine perpetuo roborando. Teſtes ſunt Dominus Nicolaus, qui tunc gere-
bat vices Epiſcopi; Waltherus Sacerdos, Commendator in Maritima, tunc diocoeſis
praepoſitus; Frater Friedericus Stultus, Marſchalcus; Frater Ioh. Camerarius Pleba-
nus, et alii fratres de Domo Theutonica. Fundam, Frater Ordinis praedicatorum.
Conradus, Theodericus, Fratres de Ordine Nudipedum. Vaſalli Eccleſiae Iohannes
de Bardewich, Heinricus de Beckeshofwede, Henricus de Braehl, Gerbertus, Frater
Iohannes de Huxaria; Diedericus de Pallele, Diedrich Ezzecke, et ſeniores de Eſto-
nibus Maritimae et alii quam plures.
Faden betraͤget, daß alſo die Baſte 68 ordentliche Faden enthaͤlt, jeden Faden zu drey
und eine halbe rigiſche Elle gerechnet. Hierein ſaͤet man 12 Laſt rigiſch zu 42 Lof.
Die Heuſchlaͤge und unfruchtbaren Oerter ſind mit hierin begriffen.
Auf den Guͤtern kehrte man ſich an dieſe Landmeſſerrechnung nicht, ſondern berech-
nete die Hacken nach der Menge der Ausſaat; doch auch darnach ſind die Hacken drei-
fach unterſchieden. Ein deutſcher Hacken erforderte zur Ausſaat 30 Tonnen, ein
herrmeiſterlicher 60 Tonnen, ein polniſcher 120 Tonnen; alles nach rigiſchem Maas,
und ſo eingetheilet, daß 2 Drittel jaͤhrlich beſaͤet werden, das dritte aber Brache lie-
gen mus.
Zu einem Lof Ausſaat nahm man in herrmeiſterlichen Zeiten 231 \frac {2} {5} Quadratruthen, je-
de zu 7 Ellen gerechnet, zu ſchwediſchen Zeiten aber eine Baſte Landes von 29 Qua-
dratfaden.
Die Herren Reviſores geben von den lieflaͤndiſchen Hacken ſelbſt keine beſtaͤndige
Ausrechnung an, indem etliche als Herr Benedict. Protovius in Feldlaͤndern 40
Lof, und in Buſchlaͤndern 80 Lof, zuſammen 120 Lof Ausſaat auf einen Hacken angeben,
andere ihn aber zu 60 Linien*) in die Laͤnge und Breite beſtimmen. Jede Linie macht
60 Baſten, jede Baſte aber 60 Faden aus.
Gemeinem Landbrauche nach, miſt man jeden Hacken von 66 Baſten ordentlich nach 11
Baſt in die Laͤnge und 6 Baſt in die Breite, einen halben zu 6 Baſt in die Laͤnge und
5 und einen halben in die Breite, einen halben zu 6 Baſt in die Laͤnge und 5 und einen
halben in die Breite, einen viertel Hacken zu 5 und einen halben Baſt in die Laͤnge und
3 Baſt in die Breite.
Der Herr Rath Heinrich von Tiſenhauſen erzehlet unterm 7ten Jenner 1592, er
habe nach vorigem Fus einen halben Hacken ſo gros gefunden, daß er 4 Laſt Rocken,
und alſo auf dem ganzen Hacken 8 Laſt ausgeſaͤet, daß auf eine deutſche Meile un-
gefaͤhr 40 ſolche Hacken Landes zu liegen kaͤmen.
Nach der Mesart des Herrn Joh. Timotheus Happach, Geometraͤ, 1632 vom
9ten Merz, machen 15 preußiſchraſeburgiſche Schuh eine Ruthe; 10 Ruthen in die
Breite und 30 in die Laͤnge einen Morgen, worin man etwan 3 rigiſche Lof ſaͤet; 30
Morgen eine preußiſche Hufe, 2 Hufen einen Hacken, der 4 Laſt und 12 Lof rigi-
ſche Ausſaat faſſen kan. Doch ſind hierin Heuſchlaͤge, Moraͤſte, Holzung und ander
unbrauchbar Land nicht mit begriffen.
Unter dem 7ten Febr. 1627 meldet der revelſche Herr Buͤrgermeiſter Ramm, daß
ein Hacken in welchen 12 Tonnen Korn geſaͤet werden ſollen, 54 Stangen lang und 36
Stangen breit ſey, und alſo 1944 Stangen ins Gevierte betrage, jede Stange zu 6
revelſchen Ellen gerechnet. Jn Jerven hielt ein Hacken Landes in die Laͤnge 62
Baſt, jede Baſt 62 Faden in die Laͤnge und 62 Faden in die Breite, worin**) 12 Pf.
jerviſch geſaͤet werden kan. Auf die Baſt rechnete man 30 Tonnen jerviſch Maas,
in der Wyk aber machte ein Hacken Landes 3942 Quadratfaden aus.
Nach einer anderweitigen Beſtimmung nimt man zu einem lieflaͤndiſchen Hacken,
in dem 30 Tonnen geſaͤet werden, 1844 Faden in die Laͤnge und 961 Faden in die
Breite.
Das
haben, und wuͤrde alſo aus 216000 Faden beſtehen. Weil dieſes zu uͤbertrieben ſeyn wuͤrde,
ſo hat man den Satz ſo verbeſſern wollen: Ein Baſt hat 60 Faden, 60 Faden eine Linie, 60 Li-
nien einen Hacken, damit alſo 1 Baſt gleich einer Linie, und 60 Linien gleich einem Hacken waͤ-
re. Da aber dieſer Hacken 6 oder 8 Baſt kleiner ſeyn wuͤrde, als ein herrmeiſterlicher; ſo ſiehet
man wohl, daß die alte Hackenberechnung immer ihren Schwierigkeiten unterworfen bleibe, wenn
man nicht Zeit und Ort genau unterſcheidet. Ein Faden heiſt auch Filum, Baſten oder Stricke
nennen die PohlenReſtes in lateiniſchen Documenten. Vielleicht bedeutet corda auch eine
Baſt; die altdeutſchen Ueberſetzungen geben es durch Reepen.
Schenkungsbriefen, darin die talenta naualia das Maas beſtimmen, und aus alten Kaufbriefen
da 1547 Simon Anrep an Fromhold von Tieſenhanſen zu Doͤrpt einen Erbbauer um 110
Mk. und 114 Pf. Haber verhandelte; ſondern es ſind noch jetzo die Spuren davon in den ſo genan-
ten Kleinen Kornwagen uͤbrig, nach deren Anzeige die Guͤte und Schwere des Korns im Groſſen
beurtheilet wird. Noch heutiges Tages werden 5 Lieſpfund Mehl gewogen und fuͤr einen Lof ver-
kauft. Mehrere Beweisthuͤmer kommen in dieſem Theil vor.
ins Jahr 1238, und giebt das damals noch nicht angelegte Zantir zu ſeinem Begraͤbnis-
ort an; worin ihm Schurzfleiſch ein doppeltes Verſehen Schuld giebt. Wir fol-
gen dem Duisburger S. 61 und 114, nach deſſen Zeugnis Balcke nicht voͤllig 6 Jahr
Meiſter geweſen. Unſre Geſchichtſchreiber wiſſen von ſeiner Abdankung nichts, und
verwechſeln alſo ſein Abſchiedsjahr 1243 mit dem Jahre ſeines Todes, den faſt alle ins
Jahr 1245 ſetzen. Jndeſſen iſt man nicht in Abrede, daß dieſes Meiſters Regierung
gemeiniglich noch gar zu lang angegeben werde, da ſelbſt manche preußiſche Schrift-
ſteller von ihm nichts wiſſen wollen, ſondern Diedrich von Gruͤneck zum erſten
Meiſter angeben. Unſre Documente zeigen uns einen Meiſter von Liefland, Namens An-
dreas von Velven oder Noͤtken, der ſich lange Zeit mit den abtruͤnnig gewordenen
Oeſelern herum getummelt, und im Jahr 1241 mit ihnen einen Vergleich errichtet,
den wir bey dieſem Jahre beigebracht. Den preußiſchen Ordensherren ſtanden die
Beſchwerden in Liefland nicht wol an, daher ſie bald wieder nach Hauſe giengen oder
die Ruhe ſuchten. Vielleicht waren ſie den Lieflaͤndern ſelbſt nicht angenehm, die
der alten Freiheit gewohnt waren, und gerne Vorſteher aus ihrem Mittel hatten.
Daß aber dieſer Andreas von Velven nicht Promagiſter oder Vicemeiſter, ſondern
wirklicher Ordensmeiſter geweſen, bezeuget ein andrer Vergleich von 27 Aug. 1255, in
welchem Andreas von Stuckland den Oeſelern ihre Freiheit vermehret, um dieſe
armen Leute nicht zur Verzweifelung zu bringen, ſondern ihnen das Chriſtenthum er-
traͤglich zu machen. Er beziehet ſich ganz ausdruͤcklich auf den Vertrag, der von ſei-
nem Vorfahren, Magiſtro Andrea Domus St. Mariae Teutonicorum in Riga, mit
den Oeſelern geſtiftet ſey: und damit ſich dieſe Aufruͤrer nicht wieder an der heil. Ma-
ria verſuͤndigen moͤchten, ſo begnadiget er ſie mit 7 Artikeln, und darunter auch mit
dem Erbſchaftsrechte; daß, wo ſich jemand, auf Eingebung des Teufels, die Kehle abge-
ſchnitten, die Erben nicht mehr um des Selbſtmoͤrders Verlaſſenſchaft kommen, noch
die Erbſchaft dem Landesherrn zufallen, ſondern den nechſten Verwandten zu Theil wer-
den ſolle, die auch alle ſo gleich ihr Recht vor Gericht erhalten ſollen. Fuͤr dieſe Wohl-
that muͤſſen ſie dem Orden im Winter zu Pferde und im Sommer mit Schiffen wi-
der die Feinde dienen. Auſſer denen lieflaͤndiſchen Comturen, zu welchen auch der
Comtur zur Memelburg, Bernhard, und ein Vogt, Ludwig Balcke, gerechnet wird,
ſind bey dieſer Handlung viele oeſelſche Bauren gegenwaͤrtig geweſen, deren Aelteſten
ſich unterzeichnet Ylle, Culle, Emme, Murhedene, Tawete, Valde, Meſe-
te, Cake. Dieſe Leute haben ein unkentlich Siegel in weis Wachs darunter gedruckt,
von welchem nur die Umſchrift: Oſilianorum munimentum zu kennen.
200 Ruthen.
Der Herr Reviſor Roſenberg bezeuget 1744, daß einem Bauer, der ein Viertelhaͤ-
ker heiſſe, gemeiniglich eine Stelle von 15 Lof rigiſch an Ausſaat angewieſen werde.
Von 1683 und in folgenden Jahren ſey eine Tonne Landes von 2 Lof rigiſch zu 14000
ſchwediſchen Ellen, die 350\frac{35}{36} Quadratruthen rheinlaͤndiſch betragen, jede Ruthe
zu 611\frac{9}{6}ſchwediſchen Ellen gerechnet: Bey der Stadt Riga bediene man ſich des
rheinlaͤndiſchen Maaſſes zur Ausrechnung der Haus- und Gartenplaͤtze, welches auch
oft bey Landmeſſungen zur Parallele der ſchwediſchen Ellen gebrauchet werde.
Allen dieſen Ungewisheiten abzuhelfen, hat die hohe Krone die Abgaben der
Guͤter nicht nach der Hakenzahl, ſondern nach ihren Einkuͤnften und Vortheilen be-
ſtimmet, weil nicht alle Guͤter nach der Anzahl ihrer Haken dieſelben auch beſetzt
haben.
berg, in der Handſchrift von Herrmeiſtern Hindrich von Henneberg, bey andern
von Hemberg oder Hemborch. H. L. Schurzfleiſch verdenket es dem Ruſſov
ohne Grund, daß er dieſen Meiſter in die Zeit des 4ten Biſchofs Nicolaus ſetzet.
ein Jahr darauf ward den Rittern durch Petern von Alba, dieſem ſabiniſchen Bi-
ſchof Wilhelm und dem Cardinal Johannes, auſſer zwey Theilen in Curland
auch noch der dritte Theil von Seingallien zugeſprochen; welchen Ausſpruch auch
Jnnocentius der IVte zu Lyon im 8ten Jahre ſeiner paͤpſtlichen Wuͤrde am 14 Merz
beſtaͤtigte, und dem rigiſchen Biſchof 200 Haken von Donegange u. Thargele in Cur-
land anwies. Die paͤpſtliche Beſtaͤtigung iſt deswegen merkwuͤrdig, weil ſie dem Erz-
biſchof von Liefland, Preuſſen und Eſtland, dem Biſchof von Riga und dem von
Curland zugeſchicket worden. Der paͤpſtliche Geſandte Wilhelm nennet Curland
partem veteris Pruſſiae, Wegen des biſchoͤflichen dritten Theils in Curland verſchrieb
ſich der Hochmeiſter Wilhelm von Urenbach*), daß weder er noch ſeine Nachkom-
men was daruͤber zu ſprechen haben wolten.
denn auch Hartknoch die Unvolſtaͤndigkeit in dem Regiſter dieſer Regenten zugiebt. Die Urkun-
de ſtehet in des Herrn NettelbladtsFaſcic. rer. Curland. S. 148, doch mit einer unrichtigen
Jahrzahl: zu Venedig 1223, die wenigſtens 1246 heiſſen mus. Denn|| Urenbach beziehet ſich
auf den curiſchen Biſchof Herman, welcher den Bruͤdern ſchon einen Theil, und auf den Biſchoſ
Heinrich von Littlenburg, welcher den andern Theil von Curland dem Orden in Beſitz ein-
gegeben habe, da doch der letzte erſt 1245 ſein Biſtum Semgallien mit dem Biſtum Curland
verwechſelte.
ſen den chriſtlichen Glauben angenommen, findet nicht Stat; weil dieſe ſchon laͤngſt
Chriſten waren, welches auch Hiaͤrne eingeſehen. Vielleicht entdeckt uns Raynald
annal. eccleſ. t. 13, p. 559 n. 29 die Urſache. Jnnocentius der IVte ſchreibt von
Lyon am 3ten May, im dritten Jahre ſeiner Regierung, 1246 an einige Czaaren in
Rusland, daß er ſeinen Botſchafter Albert, Erzbiſchof von Preuſſen, Lief- und
Eſtland an ſie abfertigen wolle, weil er von ihrem Zutrit zur roͤmiſch- catholiſchen
Kirche benachrichtiget ſey. Der Papſt befehligte auch Albert unterm 7 September
nach Rusland, die Botſchaft an den durchlauchtigen Koͤnig Daniel anzutreten, und
deſſen Beitrit zur roͤmiſchen Kirche in den benachbarten Gegenden bekant zu machen.
Allein der doͤrptiſche Biſchof Bernhard wuſte ſich mit dieſer Schenkung nicht gar
ſicher, indem er 1247 mit des Legaten Bewilligung die ganze Donation dem Orden ab-
trat, mit beigefuͤgter Bedingung, daß die Bruͤder daſſelbe Land gegen die feindlichen
Anfaͤlle in eigner Perſon, zur Erhaltung der Kirche zu Doͤrpt, ſchuͤtzen und vertheidigen
ſolten.
Kajalowitz ſchreibat ſchlechtweg Meiſter Diedrich, andre Theodor von Groningen,
und von Gronen. Noch andre Meiſter von Gruneck oder blos Heinrich. Horner ſetzt
ihn gleich nach Balcken, andre noch wunderlicher nach Volquinen. Mit der Zeitrech-
nung hat es hier folgende Bewandnis. Die Urkunde, welche Herr Gruber aus
Nettelbladts Samlung anfuͤhret, und die vom 11ten Maͤrz im dritten Jahr der
paͤpſtlichen Regierung datiret iſt, meldet uns dieſen Ordensmeiſter zuerſt. Bey dieſem
Jnſtrument aber findet die am Rande beygeſchriebene Jahrzahl 1245 nicht ſtat, weil
beim Raynald, in dem Schreiben des Papſts an einige rußiſche Czaren, der 11te
May 1246 nicht ins dritte Jahr des JnnocentiusIV, fallen kan. Wir haben alſo
das Jahr 1246 ihm geben muͤſſen. Jnnocentius nahm ſich ſeiner beſonders an, und
lies zu Lyon durch Peter, Biſchof von Alba, und Wilhelm, nunmehrigen Biſchof
von Sabina, wie auch durch den Cardinalprieſter Johann, den Erzbiſchof zu Ri-
ga, Albert, ermahnen, die Freyheiten des Ordens nicht zu kraͤnken, den Verord-
nungen des Legaten von Modena nicht entgegen zu handeln, ſonderlich derjenigen,
in welcher den Bruͤdern zwey Theile von Curland mit dem Zehnden ausgemacht
ſein; auch ſolle der Erzbiſchof weder mit Chriſten noch Heiden gegen den Orden ein
Buͤndnis eingehen. Geſchrieben zu Lyon, am 24 Februar, 1251.
ſtercienſerordens. Was hat aber Huitfeld durch dieſen mangelhaften Bericht unſern un-
gedruckten Geſchichtſchreibern nicht zu rathen aufgegeben? Herr Thomas Hiaͤrne gab
ſich viel Muͤhe dieſes Kloſter zu finden, konte aber mit allem Nachſuchen weiter nichts
heraus bringen, als daß einige Guͤter in Harrien und Wirland dazu gehoͤret haben,
deren Namen er doch aus dem Huitfeld abgſchrieben zu haben ſcheinet. Einige haben
daher dieſes Kloſter in Walck geſucht. Jn der aus dem Huitfeld genommenen Er-
zehlung begehet Herr Hiaͤrne auch einen Fehler, indem er des lundiſchen Erzbiſchofs
Eskill Erbgut und geſtiftetes Kloſter Eſſerum fuͤr einen Moͤnch Namens Eſſerus,
angeſehen, den WaldemarI nach Eſtland geſchickt habe; da doch der daͤniſche
Geſchichtſchreiber ſich ſo ausdrucket, daß das Kloſter Eſſerum (Eſcheraum) dem
Kloſter Gutwal Moͤnche uͤberlaſſen, und ſelbige dahin geſchickt. Der Papſt weis
uns dieſes ſo lange vergeblich geſuchte Kloſter beſſer anzuweiſen. Benedictus
der XIte beſchweret ſich in einem Schreiben an den Stathalter des Koͤnigreichs Daͤn-
nemark und des Herzogthums Eſtland, daß der Hoͤchſte durch den Druck der Geiſtli-
chen und ſonderlich der Ordensleute ſehr beleidiget werde, daß man den Eifer der Ci-
ſtercienſer unterdruͤcke, den Moͤnchen viel Herzleid zufuͤge, ihre Guͤter einziehe, und
ſie ſelbſt im Gefaͤngnis halte, da doch alle Geiſtliche frey ſeyn muͤſten. Er verlanget
alſo, daß der Stathalter die Steuer der 400 Mark rigiſch den Ciſtercienſerkloͤſtern
Valckena, Padis und Guthwal erlaſſe, damit die Kirchenfreiheit nicht zu Grun-
de gehe. Gegeben zu Avignon, am 9ten Febr. Ein andrer Brief vom 20 April
wiederholet ein gleiches, ſetzet den Orden zum Schirmherrn dieſer drey Kloͤſter, und
ſpricht alle Kloͤſter in Eſtland von Schoß uud Abgaben frey. Jn beiden paͤpſtlichen
Schreiben werden beſagte Kloͤſter in die Biſtuͤmer Doͤrpt, Revel und Linkioͤping
verleget. Nach dem andern, ſo an den Ordensmeiſter in Liefland gerichtet iſt, gehoͤret
Padis zu Eſtland, in welcher Provinz die beiden andern Kloͤſter einen groſſen Theil
ihrer Guͤter haben. Nun wil ſich das 7te Jahr der paͤbſtlichen Regierung und der
Ort Avignon mit der dieſen Briefen beygeſetzten Jahrzahl 1305 nicht wol reimen,
wenn anders die gemeine Zeitrechnung der Paͤpſte um dieſe Zeit richtig iſt.
wir die an das Biſtum Revel geſchenkte 80 Hacken in den Doͤrfern Obwald,
Ruts, Sammitkertel, die ſonſt Robert von Sluck gehoͤrten, und in den Doͤr-
fern Chokere, Peſack, Carris und Waimel ſuchen, die ein gewiſſer Luttgard
ehemals beſeſſen. Die 40 Hacken, welche dem Biſtum Wirland zugeſchlagen wer-
den
Curen findet man bey dem hamburgiſchen Erzbiſchof Rembert im Leben des heili-
gen Ansgarius, k. 27, worinne dieſe Nation Chori heiſſen, welche der hiſtoriſche
Dichter Gualdo eben ſo benennet. Aus dem Rembert hat der Canonicus Adam von
Bremen dieſe Benennung entlehnet, in ſeinem Buch von der Lage Daͤnnemarks, Kap.
223. Saxo der Seelaͤnder nennt ſie Curetes, doch laſſen ſich des Ptolomaͤi
Caryones nicht dahin rechnen. Paul Einhorn hat in ſeiner lettiſchen Hiſtorie S. 11,
den alten Sitz der Cureten weder richtig geſucht noch richtig gefunden. Da Rembert
ſowol als Adam auf bloſſes Hoͤrenſagen geſchrieben, und Curland, wenn es nicht
Oeſel bedeuten ſol, eben ſo wie Eſtland, zur Jnſel machen; ſo laͤſt ſich aus ihnen ſo
wenig der alte Zuſtand beider Provinzen erweiſen als aus dem Snorro Sturlon-
ſon, wo der Lagman von Upland, Thorgnyr an Koͤnig OlausIII von groſſen
Schloͤſſern und Veſtungen pralet, welche der Koͤnig zu Upſal, Erich Eimund, in
dieſen Oſtlaͤndern angeleget haben ſol. Man vergleiche damit Seite 128 in den Liuo-
nicis, oder einiger zu mehrern Erleuterung der mit Anfang des 1700 Jahrs
in Liefland entſtandenen Unruhe dienlicher Stuͤcke undactorum publicorum
faſciculum tertium. Das Chronicon Kiouienſe nennt Curland Corſia. Montan
fuͤhrt den Namen des Landes von dem lettiſch- und curiſchen Worte Jure, das Meer,
welches wie Chure geleſen worden, und von Semme, das Land her; daher Oeſel die Be-
nennung Chureſaͤare d. i. die Meerinſel erhalten. Cluverius ſetzt die Scyren zwiſchen
die Weichſel und Duͤne, woraus Montan die Churen macht, weil y und u leicht
verwechſelt werden, als σϰύτος Scutica, ϰϱυςαλλος auf rußiſch Chruſtal, Yyrge
auf rußiſch Yurge, ſo auch Thyle und Thule. Unter den Hirren mag man ent-
weder die Wirics, Wirlaͤnder, oder die Harrier um Revel verſtehen, weil ſie eſt-
niſche Voͤlker ſeyn ſollen, und man ſie daher nicht in Curland zu ſuchen hat. Die
Sprache in Curland iſt die lettiſche.
eſt illa, quae Curland dicitur, iter octo dierum habens; gens crudeliſſima propter
nimium Idololatriae cultum fugitur ab omnibus: aurum ibi plurimum, equi opti-
mi, diuinis auguribus atque necromanticis omnes domus ſunt plenae, qui etiam veſtitu mo-
nachico induti ſunt. A toto orbe ibi reſponſa petuntur, maxime ab Hiſpanis et Graecis.
Herr Gruber verſtand darunter die Jnſel Oeſel, davon doch auſſer dem Namen nichts zutreffen
wil. Hielte mans auch fuͤr eine von den Moͤnchen in der lateiniſchen Bibel beibehaltene hebraͤi-
ſche
Schreibfehler ſich durch viel Jahrhunderte hindurch erhalten. Die Lieflaͤnder mu-
ſten ſchon 1375 eine Vereinigung uͤber gewiſſe Namen von ſolchen Doͤrfern ſchlieſſen,
die in den Specialbullen nicht richtig getroffen waren, weil die paͤpſtl. und kaiſerlichen
Kanzleien die eigenthuͤmlichen Benennungen der Oerter ſehr ungeſtalt und unkentlich
ausgedrucket hatten.
Die Urheber der neueſten Beſchreibung der Ritterorden, von Strickland, Stru-
bicz, von Seeland. Er heiſt auch Anno in dem deutſchen Briefe von 1255, nach
welchem die rigiſchen Buͤrger in der See Kanijerwe fiſchen koͤnnen.
340. Die an den Meiſter aber kennen wir aus oͤffentlichen Abſchriften, die mit der
erſten faſt gleichen Jnhalts ſind. Beyde ſind zu Nyborg am 8 Aug. von dem
ſchwediſchen Primas Uffo, Erzbiſchof zu Lund, den Biſchoͤfen Eſchil zu Schles-
wig, Jacob zu Rothſchild, Esger zu Rypen, Jacob zu Odenſee, dem koͤ-
niglichen Bruder Chriſtoph, dem Grafen Ernſt von Gleichen, dem Grafen Jo-
hann und Gerhard von Holſtein, dem Ritter Gerbert von Stoltenborch, dem
Kaͤmmerer Tycho Hoſt, Andreas Peterſon, Johann Nilſon, Saxo Peter-
ſon und andern mehr unterſchrieben. Der Koͤnig fuͤhret darin an, daß ſein
Vater Woldemar und ſein Bruder Erich dem Biſchof wider Abels Willen am
paͤpſtlichen Hofe zu viel gethan. Die daͤniſchen Geſchichten beſchreiben uns dieſen Her-
man als ehmaligen Kanzler bey Abeln, welcher um ſeines Herren willen manches
gewaget, und daher von Abeln bey deſſelben Gelangung zum Thron, mit dieſem
Freibriefe begnadiget, aber auch von deſſen Vorfahren gegen die Verſicherung von
1238 ſey beeintraͤchtiget worden. Eine alte Grenzſcheidung zwiſchen der Wyck und
Harrien, worin eines Abts von Padis Erwehnung geſchicht, nennet dieſen Her-
mann einen Herrn von Buxthoͤveden, Biſchof von Oeſel und Beſitzer des Kloſters
zu Leal, in den Zeiten da Bruder Ruſſe ſein Vogt zu Leal, und Leetgas Haupt-
mann
eigentliche Curland; ſo wird ſich doch die uͤbrige Beſchreibung, ohne groſſe Leichtglaͤubigkeit,
ſchwerlich auf das feſte Land deuten laſſen. Des Sieges uͤber die Curen ruͤhmt ſich der kluge
und groſſe Starcather in folgenden Verſen an Hatherum beym Saxo, S. 152.
Hinc mecum egregiis congreſſum viribus Hamam
Enecui, mox cum Rino duce, Flebace nato,
Obtriui Curios (Cranz lieſt Kyrios) vel quas alit Eſtia gentes,
Et populos, Semgalla, tuos.
1282 zu Monte Fiaſcone, der revelſche Biſchof Heinrich aber verſahe ſie 1307 mit
ſeinem Vidimus.
in den Schoos aufgenommen. Ruſſow giebt Jnnocentium dem IVten und Kelch
Alexandern dem IVten zu ſeinem geiſtlichen Vater an. Ruſſow hat Recht, weil
ihm KojalowiczP. I, lib. 4 nicht entgegen iſt, Michow, Guagnini und unſre Ur-
kunden aber beiſtimmen. H. Spodanus ſchlieſt es aus det Fortſetzung der Jahrbuͤ-
buͤcher des Baronius. Am unwiederſprechlichſten bezeugen es Myndows eigene
Briefſchaften, unterm Jahr 1257. Einige gehen in manchen Umſtaͤnden etwas von
ihm ab; nemlich weil der Fuͤrſt von Polocz, Theophilus, von ſeinem Bruder
Mindow bekrieget wurde, hieng er ſich, unter Vorwand des Beitrits zur roͤmiſchen
Kirche, an den Ordensmeiſter, daher ihm Mindow den Streich ſpielte, und beim
Erzbiſchof ebenfals um die Taufe anhielt, welches ſich dieſer fuͤr ſeinen Kopf nicht zu
bewilligen getrauete, bis ihn der Papſt dazu Erlaubnis ertheilte. Der Rath und die
Geiſtlichkeit in Riga haben eine eigene Acte in dieſer Heidenbekehrung ausgeſtellet,
daß der Koͤnig Mindow nach ſeiner Kroͤnung unb Salbung Geiſtliche und Moͤnche
in ſein Land genommen. Die Herren Polen und andre ſchreiben dieſen Namen Men-
doc, Mendego, Mendolph, Mende, Mendogunus und Mindog, welches
alles gegen die Urkunden iſt, und machen ihn, wiewol faͤlſchlich, gleich nach einem
Jahre
ſtaͤndliche und beſtimte Art mit dem daͤniſchen Statthalter zwiſchen ſeinem Stifte
und dem koͤniglichen Lande in Richtigkeit zu bringen. Sie faͤngt ſich an vom Dorfe
Walckle in Harrien, bey einem groſſen Baum vorbey, worein ein Biſchofsſtab ge-
hauen iſt, und gehet uͤber den Bach Kellamecki bis in den Buſch Aitepaͤh, wo der
Stiftsbauer Magdis zu Komedy wohnet. Hier ſetzt es Noth in unſern Hand-
ſchriften, die dieſen Grenzbrief, der keine Jahrzahl hat, weder mit den Jahren 1224
noch 1334 vergleichen koͤnnen, in welchen Hermanne regieret haben. Weil die letzte
Jahrzahl zu neu, indem Oeſel und Leal ſchon laͤngſt eingegraͤnzet geweſen, und der
andre Hermann den Beinamen von Osnabruͤg gefuͤhret, die erſtere aber des
Kloſters und Abts zu Paids halber zu alt iſt; ſo muͤſſen wir wol aus den daͤniſchen
Schriftſtellern und unſern Urkunden einen mitlern Biſchof Hermann annehmen, und
wer weis ob dieſer angegebene Herr von Buxthoͤveden nicht Schuld daran iſt, daß
man dem Biſchof Albert, als Bruder des erſten Hermanns, den ſonſt vornehmen
Namen derer von Buxthoͤveden beigeleget. Dieſer Hermann faͤllt in die Jahre
1277, und nicht, wie Huitfeld ſchreibt, ins Jahr 1251, indem ſelbſt in Urkunden noch
lange nachher Heinriche vorkommen.
hier nicht weglaſſen koͤnnen. Daß das Biſtum Revel mit unter den rigiſchen Kir-
chenſprengel gehoͤre, iſt ſchon aus andern Zeugniſſen bekant.
Albertus miſeratione diuina Archiepiſcopus Liuoniae, Eſthoniae et Pruſſiae, miniſter
Eccleſiae Lubecenſis: Omnibus Sanctae Matris Eccleſiae fidelibus, ad quos prae-
ſens ſcriptum peruenerit, ſalutem et benedictionem a Domino. Chriſtiani nomi-
nis religio hoc requirit, vt ſuper afflictos pia geſtent viſcera, quae ſibi volunt in ſuis
neceſſitatibus ſubueniri, et hoc idem perſuadet lex et ratio naturalis, vt, quaecun-
que volumus nobis fieri, eadem et nos proximis noſtris maxime, neceſſitatis tempo-
re, faciamus. Cum itaque neceſſitas non modica, imo vna de maximis et de prae-
cipuis reputetur, vt, cum ſideles quique mercatores in licitis negotiationibus res et
perſonas ſuas exponant diſcrimini, et tempeſtatis periculo ingruente quaſi nihil aliud
niſi mortem ante oculos videant incumbentem, et parum reputant res omnes deper-
dere, ſola vita contenti, miramur et mirari non ſufficimus, quomodo inueniri poſ-
ſet quisquam tam perditus et prophanus, qui manus ſuas ſacrilegas praeſumat exten-
dere ad res illorum, qui de naufragio et maris periculo per ſolam Dei clementiam
ſint ſaluati, quod omnium raptorum et praedonum crudelitatem excedit, vnde | vo-
lentes cum Dei adiutorio tanto ſceleri congruis remediis obuiare; tale duximus
prouidendum, vt ſecundum ſanctiones canonum et imperialia decreta maiorum
omnes huiusmodi ſceleratiſſimos praedones vno animo perſequamur, decernentes
inprimis, vt omnes ſupra dictos fideles, qui mare navigant inter Lubecam et Gotlan-
diam, et inter Dunam fluuium *) adſcendendo, nec non ad omnes partes Liuoniae
et Eſthoniae ſub Apoſtolica ſede et noſtra protectione conſiſtant, nec quisquam eos
contra juſtitiam audeat perturbare, et tam perturbatores, quam participes eorum,
ſeu tutores ac defenſores excommunicationis vinculo fint adſtricti, et quicunque de
rebus ſic ablatis in emtione, permutatione vcl conſeruatione aliquid participare prae-
ſumſerit, donec ablata in duplum reſtituat, tam diu ab ingreſſu eccleſiae ſit ſuſpen-
ſus, ac ſi voluntarium homicidium perpetraſſet. Iudices autem ſeculares huiusmodi
latrocinia poteſtate ſibi tradita, tanta diligentia perſequantur, vt ipſos non oporteat
rationem reddere de neglectu, quod non turbare peruerſos nihil aliud ſit quam fo-
uere. In parochia vero illa, vbi talis rapinae facinus perpetratur, ſtatim ceſſent di-
uina officia, et ſignificetur Epiſcopo loci et judici ſeculari, quod propter talem cauſam
diuina ceſſauerint, et vterque opponet remedium ſalutare antequam fiat reſumtio di-
uinorum
brief aus, durch ſein ganzes Land zu handeln, worinne er umſtaͤndlich bekennet, daß
er durch den Dienſt des culmiſchen Biſchofs H. zum Koͤnig von Litthauen geſal-
bet worden.
ſtimmen, als daß wir das Jahr 1254 dazu machen; weil er 1253 noch in Luͤbeck Bi-
ſchof, 1255 aber, im Jenner, ſchon in Riga Erzbiſchof war. Jnnocentius der IVte
ruͤhmet ihn in dem Brife an etliche rußiſche Czaren, als einen Mann nach ſeinem Her-
zen, den ein frommer Wandel, eine feine Gelehrſamkeit und reife Erfahrung ziere.
Als Biſchof zu Luͤbeck muſte er, nach dem Lindenbrogin Scriptor. Septembr. p. 173,
am 29 Novemb. 1247 dem bremiſchen Erzbiſchof, Gerhard dem IIten, einen doppelten
Eid ſchwoͤren, erſtlich die luͤbiſche Kirche in allem ſchadlos zu halten, und zweytens,
ſich niemals von der Unterwuͤrfigkeit unter dem Erzſtift loszureiſſen, und endlich noch,
wie Herr Gruber anmerket, als apoſtoliſcher Legate verſprechen, die Biſchoͤfe von
Liefland, Eſtland und Preuſſen dem erzbiſchoͤflichen Kirchenſprengel auf ſeine Ko-
ſten zu unterwerfen. Dabey iſt merkwuͤrdig, daß dieſer letzte Artickel nicht beſchworen
worden. Waͤre er aber auch beſchworen geweſen, ſo blieb doch noch die Frage uͤbrig:
ob der Eid, wozu der bremiſche Erzbiſchof einen paͤpſtlichen Geſandten ohne Vorwiſ-
ſen ſeines Herrn gezwungen, ſeine Verbindlichkeit behalten? Albert haͤtte mehr dem
Papſt, als dem Erzbiſchof gehorchen muͤſſen. Der Ausgang hat gewieſen, daß Albert
das Letzte, nicht ohne Vorbehalt in ſeinem Herzen, angelobet. Denn weil er ſchon lange
den erzbiſchoͤflichen Titel fuͤhrte, ſo fand er keine bequemere Stelle offen, als das ri-
giſche Biſtum, das ſich am natuͤrlichſten zu ſeiner Legatenwuͤrde ſchickte, und wo eine
erzbiſchoͤfliche Mutterkirche angeleget werden konte. Er begruͤſte deswegen Gerhar-
den zu Bremen mit keinem Worte darum, ſondern zog ohne Abſchied zu nehmen nach
Riga, machte ſich ſelbſt zum Primas, und fieng ſo gar bis Litthauen an um ſich zu
greiffen, wo er den vom Biſchof Albert geſetzten Biſchof den Eid eines Suffragans
ablegen lies. Alexander der IVte aber, wie Raynald beim Jahre 1254 n. 27 er-
zehlet, erklaͤrte dieſen Eid fuͤr unguͤltig und verwarf das ganze Unternehmen, weil er
ſelbſt Luſt hatte, die Litthauer unmittelbar unter den paͤpſtlichen Stuhl zu ziehen.
Raynald in ſeiner Kirchengeſchichte Th. 14, S. 13 und 64 volſtaͤndig aufgehoben. Sie
iſt zu Neapolis vom 23 Jenner 1255 unterzeichnet. Alexander der IVte bezieht ſich
darin auf ſeinen Vorgaͤnger Jnnocentius den IVten, welcher Albert den IIten zum
Erzbiſchof uͤber Preuſſen, Lief- und Eſtland ernennet.
rigiſche Erzbiſtum, ob es gleich eine Dioͤces iſt. Es ſtand Albert nemlich frey, eine von beſagten
drey Provinzen zu erwehlen, und in einer biſchoͤflichen Stadt das Erzbiſtum anzulegen, weil
die
greſſu eccleſiae ſit ſuſpenſus, judex vero ſecularis judiciaria careat poteſtate, et ſi
ipſum praeuenit, poenae ſimili ſubjacebit. Nullus autem omnium praedictorum,
niſi perfecte poenituerit et reſtituerit ante mortem, eccleſiaſticam habeat ſepulturam,
quin potius ſi in tali ſtatu diſceſſerit inconfeſſus, cadauer eius in mare projectum ibi
dignam recipiat vltionem, et ſit aliis in exemplum vbi contra terrae marisque Domi-
num et Confideles ipſius flagitia perpetrauit. Praecipimus autem vt haec litera Ec-
cleſiis parochialibus, et maxime in locis maritimis in quatuor anni temporibus et
poſtmodo ſemel in anno ſolemniter publicetur, ſaluis aliis remediis, quae dante Do-
mino et Conſilio Epiſcoporum et aliorum fidelium, cum ad partes illorum veneri-
mus, apponemus. Summa in neceſſitate noſtra haec ſit, vt pax Dei, quae exſu-
perat omnem ſenſum, ingrediatur nobiscum ad terras illas ad quas proficiſcimur
propter Deum, vt per pacem temporis ad pacem pectoris et demum ad pacem aeter-
nitatis concomitante diuina clementia veniamus. Dat. Lubecae Ao. Dni. 1253 Men-
ſe Iunio.
Strubicz laͤſt ihn gar weg. Er war erſt Landmeiſter von Preuſſen. Jn dem Trans-
ſumt des culmiſchen Privilegii von 1251 ſchreibt er ſich nicht comes, ſondern dictus
de Seine. So leicht faͤlt es Geſchichtſchreibern, jemand in den Grafenſtand zu erhe-
ben. Siehe ein gleiches im erſten Theil S. 200 not. i). Vor ſeiner Meiſterſchaft in
Liefland unterzeichnete er ſich 1252 auf dem Schloſſe Goldingen mit dieſem Titel:
Frater Eberhar dus dictus de Seine, praeceptor fratrum Teutonicorum per Alemanniam
ac vices Magiſtri Generalis gerens per Liuoniam, welcher Titel mit dem im culmi-
ſchen Transſumt faſt einerley iſt. Er ſtiftete auch 1253 zwiſchen dem oͤſelſchen Bi-
ſchof und dem Orden einen Vergleich, als Statthalter von Liefland und Meiſter in
Deutſchland.
doch nie wieder aufgebauet worden, ſondern auch ein neuer Meiſter, Ludwig von
Queden*) gezeiget, daher wir es der Mittheilung werth achten.
Albertus Miſeratione diuina ſanctae Rigenſis Eccleſiae Archi Epiſcopus H. Praepoſitus
D. Prior, Totumque eiusdem Eccleſiae Capitulum, Omnibus Chriſti fidelibus ad
quos praeſens ſcriptum peruenerit in ſalutis auctore ſalutem! Vt omnis controuerſia
et queſtio inter nos ex parte vna, et dilectos Magiſtrum Ludowicum Praeceptorem et
Fratres Hoſp. S. M. de domo Theutonica in Rigenſi dioeceſi commorantes ex altera
parte, penitus conquieſcat, praeſentibus literis confitemur, quod ſuper his, de quibus
erat quaeſtio, amicabiliter conuenimus cum eisdem fratribus ſub hac forma, ita vi-
delicet
dia in Henricum Holacheum dedignatus, ſua Pruſſiae prouiſoris ſorte coepit viuere contentus,
quo titulo Culmenſium immunitatibus 1251 ſubſcripſit. Sex fere poſt annos Liuoniae eum
praefuiſſe, hoc ipſo tempore documenta noſtra demonſtrant.
durch Nicolai Tod erledigt worden, erwehlte Albert dieſe Stadt zu ſeinem Sitze, und gab ihm
den Titel des rigiſchen Erzbiſtums, welche Benennung ihm der Papſt beſtaͤtigte, und Riga zur
Metropolitankirche erhob. Die rigiſche Dioͤces war die groͤſte, wie Revel das kleinſte Biſtum,
Curland das luſtigſte, Oeſel das reichſte, und Doͤrpt das maͤchtigſte.
Cranz, Wandal.c. 45 L. VII eine merkwuͤrdige Begebenheit, ohne doch das Jahr
in welcher ſie geſchehen, zu melden. Der Herzog Heinrich von Mecklenburg war
in der tuͤrkiſchen Gefangenſchaft grau geworden, als ihn ſein Herr, der Sultan
fragte: Wilt du wol zur Ehre deines Chriſti, deſſen Geburtsfeſt die Chriſtenheit mor-
gen feiren wird, frey ſeyn. Es ſtehet in deiner Hand, o Herr, antwortete der Her-
zog, mit deinem Knecht zu machen was du wilt. Wer ſolte mich aber wol zu den
Meinigen ſchaffen? Meine Gemahlin und meine Kinder haben mich ſchon lange unter
die Todten gerechnet. Es iſt nicht an dem, verſetzte der Sultan. Jch vernehme von
deinen Landesleuten, daß den Deinigen ſehnlich nach dir verlanget. Damit du aber
ſehen ſolt, daß ich von deiner Herkunft und deinen Umſtaͤnden wiſſe, ſo wirſt du dich
erinnern, daß zu der Zeit, da du unter deinem Vater in Liefland zu Felde giengeſt,
ein gewiſſer Zeugmeiſter (machinarum magiſter) demſelben gegen die Feinde trefliche
Dienſte gethan. Jch bin derſelbe; ich bekam nachher unter den Tattern eine vorneh-
me Stelle, und unter dieſer Nation bin ich noch hoͤher geſtiegen. Jch ſpreche dich
frey, und gebe dir unſerer vorigen Spiesgeſelſchaft wegen noch dieſen Reiſepfennig;
worauf er ihn reichlich beſchenkte, und vergnuͤgt nach ſeinem Vaterlande befoͤrderte.
theils in Deutſchland. Zu Goslar ertheilte er am Tage Georgii 1261 dem Non-
nenkloſter der heiligen Maria Magdalena in Frankenberg, mit Genemhaltung
des Biſchofs zu Hildesheim, die Macht die Suͤnden des vierten Gebots, die Mein-
eide, und Entheiligung der Feſttage, zu vergeben, zur Verbeſſerung ihrer Ein-
kuͤnfte. Siehe die frankenbergiſche Chronik S. 28. Jn SchatensAnnal. Paderborn.
t. 2. p. 109 hat er ſich noch 1265 zu Hannover als Zeugen unterſchrieben. Sein
Biſtum
temporali ſit eorum, ſpirituali iure nobis tantum relicto. Similiter debet intelligi et
eodem modo de tertia parte terrae quae Selonia nuncupatur hoc adiecto, quod terra
illa, quae adiacet caſtro dicto Aſerad in tertiam partem eiusdem Caſtri cedet. Et
duae partes, quae ſunt ſitae contra caſtrum Kukenois, iam dicto caſtro aſſignentur.
Ita tamen quod inter has diuiſiones fratrum videlicet, noſtra terra ſuper Dunam con-
tinens milliare in longitudinem et latitudiuem Abbatiſſae et Conuentui Sancti Iacobi
relinquatur. De cenſu autem et decimis Caſtrorum Segewald, Wenden et omnium
bonorum ſuorum per totam dioeceſim Rigenſem quae inter nos et ipſos in queſtione
fuerunt, omni actioni ceſſimus quam habuimus contra ipſos, non obſtantibus priui-
legiis ex vtraque parte ſuper his omnibus habitis aut habendis. In cuius rei Com-
penſationem relinquunt nobis Allodium et terram in Blomendal cum ſuis pertinen-
tiis et omnes agros quos in Stenholma habuerunt, cum pratis ab Archiepiſcopo
perpetuo poſſidenda. Nobis autem praepoſito et capitulo reliquerunt in Semi-
gallia in Villa quae Feſtene vocatur, VIII vncos cum omni iure ſuo. Item ſuper
bonis noſtris in Curonia in Donedange et Targele nobiscum taliter conuenerunt,
vt praedicta bona cum terminis ſuis in littore maris quod adiacet - - libere
nobis ab eisdem fratribus cum omni iure in perpetuum relinquantur. Ceſſimus
etiam actioni quam habuimus contra eosdem fratres in cenſu et decimis de ter-
ra, quae Calue dicitur, hoc conſcientiis eorum relinquentes, ſaluo tamen
iure ſpirituali Eccleſiae Rigenſis. Terra in Warkunde ad ipſos fratres perti-
nebit, ita ſane quod Epiſcopo et hominibus eorum in piſcariis nullum ex hoc
praeiudicium generetur, ſed cuilibet ius ſuum, vt hactenus poſſederit, relinquatur.
Vt autem haec omnia robur perpetuae firmitatis obtineant, praeſentem literam ſuper
hoc confectam noſtro et Eccleſiae noſtrae nec non et fratrum ſigillis fecimus robora-
ri, mediante Fratre Alberto quondam Gardiano, praeſentibus fratribus Praedicatoribus
et Minoribus, et ipſorum ſigillis roborata. Datum in Riga Anno Domini 1256.
culmiſchen Kanzlers und herzoglichen Raths, Lucas Davids, drey alte Documente,
in deren erſtem Myndowe von GOttes Gnaden Koͤnig in Litthauen, (Lettauiac
rex) bekennet, daß er aus goͤttlicher Erbarmung, auf Rath des Meiſters und der
Bruͤder in Liefland, von der Finſternis zum Licht gebracht, getauft, und von dem
allerheiligſten Vater und Herrn Jnnocentius dem IVten zum Koͤnig von Litthauen
gekroͤnet ſey, welcher ſeine Perſon ſamt dem Reich und Guͤtern in Schutz genommen.
Ob nun gleich der Orden fuͤr die ihm verſprochene Huͤlfe die ewige Seligkeit davon tra-
ge, ſo uͤbergebe er doch demſelben als eine Anfriſchung zum neuen Beiſtande das halbe
Raſſeyen, halb Lonkow, ganz Kulen, ganz Niderow, Craſſe, Weicze,
noch ein ander Weizze und Wanghe. Dieſe Stiftung iſt bezeichnet 1257. Die
beiden andern wollen wir gleich anfuͤhren.
daher ihn der lateiniſche Verfaſſer einer preußiſchen Chronik unrecht Haymo, andre
noch unrichtiger Hanno, das iſt Johannes, nennen. Wie etliche von unſern Schrift-
ſtellern ſeinen Vorgaͤnger zu einem Grafen von Sayn machen, ſo zehlen ſie auch un-
ſern Anno mit Hennebergern unter die Herzoge von Braunſchweig, ſangerhaͤu-
ſiſcher Linie, welches ſowol gegen die pragmatiſche Schreibart als die welfiſchen
Stamregiſter ſtreitet. Die aus Albini meißniſcher und Buͤntings braunſchwei-
giſcher Chronik angebrachten Zeugniſſe erweiſen nicht was ſie ſollen, die 3 Loͤwen aber,
die ſich auf des Anno Grabſtein im Wapen befinden, beweiſens gleichfals nicht; weil
oft groſſe Herren ihr Wapen den Vaſallen zu fuͤhren erlaubet. Simon Grunow
tract. IX, fol. 133. meldet bey Ausfuͤhrung ſeiner Geſchlechtsfolge, daß er ſeine Mutter
Juta
ſchen verbunden worden. Eine andre Frage iſt, wo dieſe Biſchoͤfe ihren Sitz gehabt?
Vermutlich in Revel, gleichwie der zu Semgallen zu Riga ſein eigen Haus hatte;
denn Tolsburg war noch nicht erbauet. Die Benennung nach einem Lande, und
ihr Aufenthalt in der Fremde zeiget an, daß dieſe Wuͤrde ein Titel von geringen Ein-
kuͤnften, die Dioͤces aber mit keiner Domkirche und Reſidenz verſehen geweſen.
in Preuſſen. Cromerde origine et rebus geſtis Pelonorum lib. 9 wil, daß ſie Boleslaus
Pudicus
er doch noch lange in Preuſſen regieret. Jn Abſicht des Jahrs, in welchem er aus
Liefland gezogen, ſind die Nachrichten ſehr widerſprechend. Ruſſov und
Kelch melden es beym Jahr 1261, obgleich Schurtzfleiſch aus Uebereilung Kelchen
die Jahrzahl 1258 zuſchreibet. Henneberger nimt 1263 an, und daher fuͤhrt Hart-
knoch S. 289 im alt und neuen Preuſſen ihn im Jahr 1263 nach Preuſſen, und
giebt ſeinem Amtsfolger mit dem Duisburger, eine Seite vorher, ſchon 1258 Abſchied,
welches gegen die Urkunden ſtreitet.
Michovl. 3, c. 55, Heinr. v. Hornſnuzzen, Guagnini v. Hornshuſen, Kojalowicz
Burgard
ſchen That mit Tragung eines gluͤenden Dreifuſſes befreien muͤſſen, worauf ſie die
Kranken gewartet, und weil ihr Chriſtus etliche mal erſchienen, als eine Heilige geehret
worden ſey. Siehe Hartknoch uͤber den Duisburger S. 212. Andreas von
Stuckland ſchreibt ſich auch in lateiniſchen und deutſchen Documenten Frater Anno
Magiſter, zum Beweis, daß Anno ein eigener Vorname geweſen.
wegen der dabey gehaltenen Schlacht durch andre Schriftſteller bekant geworden. Weil
es in Carſow gelegen, ſo hat es wol auch das Schlos Kerſaw heiſſen koͤnnen,
welcher Name beim Ruſſow vorkommt. Doch Kerſaw wurde bald zerſtoͤhret.
ſchen Aa nennen. Die alte heidniſche Burg hies auch Thoraida, das Schlos der deutſchen
Treyden, dafuͤr die Bauren noch Turreda ſprechen. Thoraida bedeutet ebenfals Thor hilf,
als Tharawita. Es wird aber deswegen niemand die alten Liven fuͤr Gallier halten, wenn
Aita aider, Kuck coq, Mois, meiſa, maiſon und dergleichen mit einander verwandt zu ſeyn
ſcheinen.
worren an, als das Abdankungsjahr ſeines Vorgaͤngers.
Sprache gebraucht, und an den littauiſchen Grenzen neben Mazovien gewohnet. Nach Cro-
mern iſt dieſe wilde Nation, weil ſie keine Begnadigung annehmen wollen, gaͤnzlich aufgerieben,
doch ſollen an der Theis in Ungern zu ſeiner Zeit noch einige Ueberbleibſel von ihnen vorhanden
geweſen ſeyn.
180, andre von 172 erlegten Ordensrittern. Wir folgen dem Duisburger, doch in
der Jahrzahl 1260 nicht. Dieſer Schriftſteller macht die Niederlage des Ordens durch
etliche, nach der Einfalt ſeiner Zeiten eingerichtete Hiſtoͤrchen, noch merkwuͤrdiger. Zum
Exempel, dem Bruder Herman, mit dem fuͤrchterlichen Zunamen der Saracene
ſey Maria erſchienen, und habe ihm zugerufen: Herman ich bitte dich bey meinem
Sohne zur Mahlzeit, daher er auch bey ſeinem Abſchiede aus Koͤnigsberg geſagt:
Lebt wohl, non nun an werdet ihr mich nicht ſehen, denn die Mutter GOttes hat mich
zur ewigen Freude eingeladen. Conrads von Feuchtwangen Schweſter, eine Non-
ne, ſahe in Deutſchland die Seelen der erſchlagenen Bruͤder von den Engeln gen
Himmel
ſchofs Johannis des Vten Privilegio an die kleine Gilde zu Riga von 1441 werden
den verarmten Bruͤdern oder Schweſtern im erſten und andern Jahre 4 orae denario-
rum ausgemacht.
Manne in der zuſammengezogenen kurzen Hiſtorie, welche Herr Schurtzfleiſch an-
fuͤhret,
get worden, der das ganze Gefechte am Himmel erblickte, und die Jungfrau Maria,
die heiligen Jungfern und Engel mit dieſen Seelen nach den Wolken ziehend zu Ge-
ſichte bekam. Des Saracenen und eines Bruders Gleisbergs Seelen hatten vor
andern das ſchoͤnſte Anſehen. Eine davon ſol verloren gegangen ſeyn. Warum ſie
verdammet worden, ſchreibt dieſer Geiſtliche S. 189, weis ich nicht, GOtt weis es.
Manderen, Praͤtorius und die deutſche Beſchreibung der Ritterorden, von
Wan-
dationsrede des neuen Schloſſes zu Mitaw 1739 erwieſen, indem ſich der eigentliche Name Con-
rad von Meden auf der Grundplatte gefunden.
beſchuldiget, und ihm bey hohem Alter die Weichlichkeit und den Muͤßiggang vorwirft.
bern der VIIte, daher ihn Hiaͤrne den Beinamen Meenwed unrichtig beilegt, wel-
chen Erich der VIIte fuͤhrte, der aber erſt 1287 zur Regierung gelanget.
Tramate oder Troynate ermordet wurden, der ſich daher zum Herrn uͤber Litthauen
aufwarf. Der dritte Prinz, Volſtinicz oder Voyſielck, war als Geiſſel und Buͤrge
in Rusland. Als ſein Vater ein Mammelucke geworden, dieſen Sohn aber auch da-
zu machen wolte, nahm derſelbe in Rusland den geiſtlichen Orden an, und begab ſich
in ein Kloſter. Tramate ſchafte ſich noch einen Mitwerber vom Halſe, der ein naher
Blutsfreund vom Myndow war, und brachte ihn meuchelmoͤrderiſcher Weiſe um,
muſte aber ſelbſt eben ſo liederlich umkommen. Die Staͤnde von Litthauen fielen ſodann
mit ihrer Wahl auf den dritten Prinz Volſtinicz, nahmen ihn aus dem Kloſter und
ſetzten ihn auf den Thron. Allein der rußiſche Czaar Leo lies ihn bald hinterliſtiger
Weiſe ums Leben bringen. Dergeſtalt kam Litthauen wieder an die alte Regenten-
familie, S. Kojalowiczhiſt. lit. part. I. l. 4 et l. 5. Die Stammtafel dieſer Czaare
hat Nicolaus Rittershuſen ſehr muͤhſam und gut ausgearbeitet. Chytraͤus faͤngt
mit dem Vithenes ſeine Geſchichte von Litthauen an, laͤſt aber vieles aus, ſo aus
den litthauiſchen Jahrbuͤchern zu ergaͤnzen iſt. Guagnini und andre melden uns
Myndows Hinrichtung 7 Jahr fruͤher.
Namen gar weg.
Riga an die Stadt zu appelliren, ſo dieſer Conrad der Stadt Embeck, das iſt,
Pernau, ertheilet, iſt ſchon vom 5ten April 1265 unterzeichnet.
trug ſchon der Erzbiſchof Johan dem Orden das Kapitelsſchlos Dohlen oder Spar-
nene, wenn derſelbe das Schlos Therwetere und Semgallen bauen und die Heiden
bekehren wolte.
lowicz B. 5. Horner nent es bellum moſchovitanum, weil die Litthauer mehren-
theils Ruſſen ſeyn und ſich der rußiſchen Sprache bedienen; S. Hartknochs alt
und neu Preuſſen, S. 3. Strubicz berichtet, er ſey bey Kokenhauſen in dem
Gefechte mit den Litthauern erſchlagen worden. Der Biſchof Herman von Oeſel,
ein Buxthoͤveder von Geburt, wil in unſern Urkunden noch lange nicht ſterben.
nicken machen ihn zum Herrn von Witten oder von Weiß. Sonſt ſind noch itzo
die Herrn von Weſtphalen im Weſtphaͤliſchen beruͤmt. S. Sibmacherde armis
gentilitiis, oper. German. part. I, p. 190.
Capolia
mit dem Beinamen der Sieghafte. Jn den Documenten der Stadt erſcheinet er ſchon
1273. Die Regierungsjahre der Ordensmeiſter ſind in der Hiſtorie ſehr unrichtig um
dieſe Zeiten.
von dieſer Provinz nanten. Die folgenden aber bedienten ſich des herzoglichen Titels
von Eſtland. Der Herr Praͤpoſ. Kelch mutmaſſet ganz richtig, daß ſich das Ka-
pitel der freien Biſchofswahl nicht bedienen koͤnnen. Zwar findet ſich eine Urkunde
von Erich dem VIten zu Wyburg 1280, worinne er dieſes dem Domkapitel von
ſeiner Mutter zugeſtandene Wahlrecht von neuen beſtaͤtiget, und eine andre zu War-
tinsborg unterm Jahr 1289, in welcher es Erich der VIIte ausdruͤcklich wiederholet; doch
muſte das Kapitel aus Zwang der daͤniſchen Geiſtlichkeit 1294 ſolcher Freiheit entſagen.
genzbrief, von gleichem Jnhalt als ſie von dem wirlaͤndiſchen Biſchof Diedrich
erhalten. Man findet ihn im Chron. Mont. Franc. p. 36.
heiſt er Raſuburg, in einer Handſchrift von den Herrmeiſtern, von Roſenberg,
beim Ceumern, Rosborg; beim Spangenberg, Raſperg; Pet. v. Duisburg giebt
ihm | den Vornamen Orneſt. Nach den Urk[u]nden muͤſſen wir ihn ein Jahr weiter
hinauf ſetzen, als unſre Chronikenſchreiber. Jn einigen Documenten der Stadt ſteht
er ſchon 1275 und 1276, gleichwie ſein Vorgaͤnger noch bis 1277 vorkomt.
nik, Luͤbeck 1747 in fol. S. 11 findet man die Nachricht, daß die verbundenen Staͤd-
te (Luͤbeck und Hamburg) 1276 die Zolfreiheit und Sicherheit der ſchifbruͤchigen
Guͤter bey dem Erzbiſchof und Ordensmeiſter geſuchet, auch um einen eigenen Rich-
ter zu Riga und in andern lieflaͤndiſchen Staͤdten angehalten; auf welches Geſuch
ohne Zweifel die obige Verordnung abgefaſſet worden.
Hiſt. Lituan. S. 1 Z. 5, nennet dieſen Herrn, welcher bey der Fahne ſein heldenmuͤ-
tiges Leben einbuͤſte, nach der polniſchen Schreibart Tyzenhauzen, mit welchem,
auſſer dem Ordensmeiſter Ernſt, auch der Graf Gilard und 67 andre Ritter geblie-
ben. Die einheimiſchen Chroniken haben 71, andre auch mehr als 70. Gilard iſt nicht
der holſteiniſche Graf Gerhard, als der nicht beim Treffen geweſen, und auch die
daͤniſchen Truppen nicht angefuͤhret.
dern aber der dritte Theil, und hat vermutlich ſeine Benennung von kuͤllima, ſaͤen,
weil ſie dieſes gleichſam dem Hofe zur Ausſaat entrichten muſten.
von Fuchtewangen, Peter von Duisburg ſchreibt Wuchwangen, und meldet
beim Jahr 1280, daß er zu gleicher Zeit Landmeiſter in Preuſſen und Liefland ge-
weſen, um der doppelten Laſt willen aber das erſtere Amt nach einem Jahre fahren
laſſen; Strubicz giebt unrichtig vor, daß ihn die Semgaller erſchlagen, da er doch
zu Prag geſtorben und zu Trebniz 1297 begraben worden. Die kurz gefaſten Nach-
richten belaͤſtigen ihn mit einem ſchlechten Nachruhm, und wollen wiſſen, daß die
Semgallen unter ſeiner Regierung das Schlos Feſte niedergeriſſen, wobey ſie 15 Rit-
ter mit ihren Bedienten erſchlagen, die chriſtliche Religion aber aus ganz Semgallen
verbannet.
ſchreiben Emsdorf, Schurborch, Syersburg; Schuͤtze nennet ihn Willeke
oder Wilm von Schuͤrborch, die alte Handſchrift von den Herrmeiſtern macht aus
Wilhelm von Schurborg und Wilhelm von Eindorf zwey Perſonen, die un-
mittelbar auf einander gefolgt. Andre ſchreiben gar Widekind von Schierburg.
daß ſich der Hochmeiſter Winrich von Kniprode von dem mit den Litthauern und
Samogiten 85 Jahr lang gefuͤhrten Kriege ein Verzeichnis vorzeigen laſſen, nach
welchem der Orden uͤber 168000 von dieſer Nation theils erſchlagen, theils gefangen
genommen, dabey aber 49 Ordensbruͤder, 28 andre vornehme Ritter, 4000 Buͤrger,
11000 von Adel, 8000 Gemeine und 15000 Pilger eingebuͤſſet habe. Der ehrliche
Buͤrger,
und Strubicz laͤſt ihn gar aus.
daß die Buͤrger zu Wisby mit dem Adel wegen Anlegung eines neuen Zols zerfallen.
Die eſt- und curlaͤndiſche Ritterſchaft halfen dem gothlaͤndiſchen Adel, die Han-
ſeeſtaͤdte aber der Buͤrgerſchaft; doch wurde dieſer einheimiſche Krieg durch die Ver-
mittelung des Herrn Odward von Lode beigeleget.
denen, ſo in den lieflaͤndiſchen Kriegen umgekommen, ſo wie ſie Ruſſow angege-
ben, zu uͤberrechnen, wovon die Anzahl von den Jahren 1198 bis 1557 in dieſem Ver-
zeichnis enthalten iſt.
- Biſchoͤfe, ‒ ‒ 2
- Moͤnche, ‒ ‒ 28
- Ordensbruͤder, ‒ ‒ 622
- Chriſten, ‒ ‒ 117691
- Heiden, ‒ ‒ 212012
- in allem 330355 Seelen.
und ſchrieb, weil er bey dem ruinirten Commercienweſen wenig zu thun hatte, und bey dem
Muͤßiggehen befuͤrchtete, in ſchwere Schande und Laſter zu gerathen, davon er aus der Bibel ein
ganz Regiſter anfuͤhret. Er ſchreibet Ruſſoven und Henningen von Wort zu Wort gaͤnzlich
aus, und wo dieſer aufhoͤret, beſchreibet Helms die Sachen ſeiner Zeit. An vielen Orten beruft
er ſich auf eine uralte preußiſche geſchriebene Chronik, aus der er die Riſſe der Veſtungen nach-
gemahlet, davon auch einige der Lage nach richtig getroffen ſind. Z. E. wenn er das alte Duͤ-
nemuͤnde von Riga aus zur rechten Seite der Duͤne angiebt, wo es auch eigentlich lag, da
hingegen das neue an dem linken Ufer aufgefuͤhret iſt. Er beſchreibet uns auch die alten Waffen
der Heiden, als Schwerter, Senſen, halbe Monde, Spieſſe, hoͤlzerne Keulen von Eichenholz,
Aexte mit langen Stielen, Baͤrenſpieſſe, Streithaͤmmer, Handbogen, Schleudern, Balken,
Steine, ſiedend heiſſes Theer und dergleichen. Nur dies klingt in der preußiſchen Chronik
einfaͤltig, wenn ſie auf dem 96 Blat noch lange vor dem Gebrauch des Schiespulvers und des Ge-
wehrs in Liefland erzehlet, daß die Heiden von Buͤchſen oder Roͤhren nichts gewuſt, bis ſie
einmal die Chriſten aus dem Felde geſchlagen, und ein geladen Rohr mit aufgeſpantem Hahn ge-
funden. Ein Heide henkt ſich dieſes um den Hals, als er aber im Fortgehen es beſichtigen wil,
und bey der Feder ruͤhret, ſo geht die Flinte los, und nimt ſeinem Spiesgeſellen die Naſe vorm
Kopf weg, der auch gleich wie todt zur Erden faͤlt. Solte man hier nicht auch fragen, was die-
ſen armen Kerl eigentlich um die Naſe gebracht, der Schuß oder die Erzehlung?
men Otto, beim Chytraͤus heiſt er Botho, beim Horner und Ruſſow Boltho,
wie ſich denn noch jetzo eine gewiſſe Familie dieſes Zunamens bedienet. Strubicz nennet
ihn Heltus, und die mehrgedachte Handſchrift von Herrmeiſtern, Boltho von Ha-
neburg, andre Bodo, dafuͤr einige aus den Urkunden B. Otto, d. i. beatus Otto, le-
ſen wollen. Spangenberg nennet ihn Herold von Hombach, andre von Hegen-
bach. Der wunderliche Name Heltus, den Strubicz hier anbringet, iſt werth in
Betrachtung gezogen zu werden. Unter den oͤſelſchen Briefſchaften entdecket uns ein
Auszug einer Urkunde, daß 1293 Meiſter Halt, Meiſter zu Liefland, gewiſſer Zwi-
ſtigkeiten wegen mit dem Biſchof Heinrich auf Oeſel eine Vereinigung getroffen.
Weiter findet man von dem Ordensmeiſter Halte nichts aufgezeichnet.
geſtoſſen, indem man ihre Guͤter als verſtopfte Quellen anſahe, aus deren Eroͤfnung
der Republik noch manche Beihuͤlfe zuflieſſen konte. Cranz und die Hiſtoria contracta
ſprechen den Ordensmeiſter von dieſer Gewaltthaͤtigkeit frey, beſchuldigen aber die Or-
densherren, daß ſie den Biſchoͤfen das Jhrige abzwacken wollen; da hingegen andre
dem Haupte die Schuld beimeſſen. Viele ſuchen den Knoten in dem Stolz und Geitz
des Erzbiſchofs und ſeiner Cleriſey. Wem die einſeitige Beſchuldigung zu parteiiſch
vorkomt, der thut am ſicherſten, wenn er beiderley Klagen zuſammen nimt. Die
Stadt lies ſich vom Propſt und dem Kapitel ein Zeugnis von der Verſicherung dieſes
Herrn ausſtellen, daß ihr die Schloͤſſer und Veſtungen des Ordens nicht nachtheilig
fallen ſollen, vom Jahr 1292.
ſchrift von den Herrmeiſtern, von Dingſchalen, eine andere, Hinrich von Ding-
ſchlagen. Jn einem Document vom 11ten Jul. 1295 heiſt er Hinrich von Din-
celaghe. Jn ſelbigem ſpricht er der Stadt dasjenige Stuͤck der Mauer zu, ſo hinter
den Fleiſchſcharren (infra apothecam carnium) und ſeinem Wohnſitze Wittenſteen
weggehet, und von dem St. Peters Kirchhof bis an den St. Juͤrgens Thurm ſich
erſtrecket. Nur muͤſſen keine Rennen von der Mauer in den Hof Wittenſteen gehen,
und er Freiheit behalten, die Balken ſeines Hofes in die Mauer, doch ohne Schaden
derſelben, einzulegen.
Stru-
ſte von Riga; nicht weit davon iſt die erſte Poſtſtation nach Pernau, Revel, Doͤrpt
und Petersburg. Peter von Duisburg K. 262 nent es caſtrum molendini noui,
Horner,noua mola.Kojalowitz ſchreibt auf eine ganz ſeltſame Art, nouem ly-
num, ſo ohne Zweifel nouum molendinum heiſſen ſollen. Peter von Duisburg
erzehlet, Bruno habe dem litthauiſchen Koͤnig Vithenus nachgeſetzet, weil dieſer
im Schloſſe Carthuſen 4 Bruͤder mit ihrem Volke gefangen genommen, und
das Schlos zerſtoͤret. Er habe ihn auch endlich bey der Treyderaamuͤnde oder
Gowmunde angetroffen, 3000 Chriſten aus ſeinen Haͤnden errettet, 800 Unglaͤubige
erſchlagen, wobey doch Bruno ſelbſt mit 22 Bruͤdern und 1500 Chriſten ins Gras
beiſſen muͤſſen.
ihn Gottfried Rugo. Strubicz, Andreas Gottfried; die eine Handſchrift,
Gottfried Roſus; die zweyte Curt Fridow genant Ruge; andre, Roge und Roggaa.
Meiſter Bruno. Spangenberg laͤſt ihn mit andern Ordensmeiſtern aus. Jn-
zwiſchen iſt es falſch, daß die Ritter bey Annehmung des Ordens ihre Namen geaͤn-
dert, wie Simon Grunov meinet. CranzVandal. lib. VII, c. 46 giebt die Suc-
ceßion der rigiſchen Erzbiſchoͤfe ganz unrecht an. Seinem Bericht nach folgte auf Al-
berten gleich der Graf Johan von Schwerin, den er Helmolds Bruder nennet
Auf dieſem folgte 1304 Johannes Brand, ein rigiſcher Domherr; welches den
Documenten entgegen iſt.
thur. Beim Michowlib. III, c. 66 heiſt er von Brunhaim, beim Kojalowitz
p. I, l. 6, Brunheim. Peter von Duisburg erzehlet S. 310 von ihm eine ſeltſa-
me Probe und Uebung ſeines Geluͤbdes der Keuſchheit. Der Entſatz bey Neuer-
muͤhlen geſchahe 1298 am Tage Petri und Pauli, und ſollen die Rigiſchen und
Litthauer uͤber 4000 Mann davor haben ſitzen laſſen. Ein Preuſſe aus Samland
focht ſo ſtandhaft, daß ſeine Haͤnde kraftlos wurden, und ihm das Schwerdt in den
Faͤuſten erſtarrte.
IIXte im Lateran, im 6ten Jahr ſeiner Regierung am 19 Dec. ausgefertiget. Die Daͤnen
nennen ihn Jſarnus, und Jſernus, andre Jſaurus, Strubicz Aßveruse Dania, die
Biſchofschronik*)Erasmus, Chytraͤus S. 19, Jvarus. Seines Vaterlandes
halben koͤnnen ſich die Geſchichtſchreiber auch noch nicht vertragen, indem ſie ihn bald
zu einem Franzoſen, bald zu einem Daͤnen machen, da er doch ein Jtaliaͤner von
Geburt war: welcher Meinung auch Magnus Matthias im Verzeichnis der lun-
diſchen Biſchoͤfe beypflichtet. Huitfeld, Pontanus und der Papſt nennen ihn einen
paͤpſtlichen Kapellan. Er ward endlich von Lunden weg, und zum Erzbiſtum Sa-
lerno berufen, wo er ohngefehr 1310 mit Tode abgieng. Jn der ſchwediſchen Bi-
bliothekTom. III p. 190. wird der Monat October 1310 beibehalten, doch ſol Jſarnus
auch
feldiſchen Biſpers Kroenicke aufgeſetzet zu ſeyn ſcheinet. Sie enthaͤlt einen magern Auszug aus
der Chronik Heinrichs des Letten und der Geſchichte der rigiſchen Erzbiſchoͤſe, dabey aber man
che unerweisliche und nicht gnugſam eingeſchraͤnkte Saͤtze befindlich ſind. Z. E. von dem 4jaͤhrigen Re-
giment des Biſchofs Nicolaus, von der drauf erfolgten Bekehrung der Ruſſen in Plescow, die
doch ſchon lange zuvor Chriſten waren; von Jnnocentii Befehl, das Sacrament des Altars un-
ter beiderley Geſtalt zu reichen; von Honorii Verbot, daß die Bauren nicht mehr das gluͤende
Eiſen tragen ſolten. Letzteres iſt wol ein Misverſtand einer Stelle beim Raynald, wo Hono-
rius bey den Neubekehrten, und zwar in nichtsbedeutenden Faͤllen, es abgeſchaffet: denn daß es
zu Plettenbergs Zeiten noch im Gebrauch geweſen, beweiſen dieſes Fuͤrſten Geſetze, die 1539 in
Druck gekommen, wiewol einige aus der darin beibehaltenen Gewonheit des gluͤenden Eiſens,
dieſe ungemein rare Samlung der alten lieflaͤndiſchen Geſetze fuͤr eine eigene Erfindung Diony-
ſii Fabri halten, die in Liefland von denen Regenten nie uͤberſehen, ſondern nur als eine Pro-
be etwan zu Roſtock bey Johan Ballhorn, in wenig Exemplaren gedrucket worden; daher
es ungemeiu rar iſt. Doch dieſe Urſache iſt nicht hinlaͤnglich; indem Plettenberg in der Einigung
der Bauren von 1509 das gluͤende Eiſen zu tragen anbefolen. Man hat noch eine Beſchrei-
bung aller Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe des Erzſtifts Riga aus alten Schriften zuſammen getragen,
im Manuſcript, von Gerhard Kuͤrich Roſenſtrauch; davon die erſten Proben ziemlich ſchlecht
gerathen, und nicht des Aufhebens werth ſind.
Richard, Senior, und das Domkapitel zu Luͤbeck durch den geſchwornen Notarius
Lorenz Walter am 11ten Jun. 1551 von dem weitlaͤuftigen Original nehmen. Die
Worte des angefuͤhrten Artikels lauten ſo: Si praeterea inter nos, fautores et coope-
ratores noſtros ex vna et Ruthenos ſeu Paganos ex altera vel eorum fautores con-
junctim vel diuiſim ſubortae fuerint inimicitiae ſeu cauſſae qualescunque, ciues ta-
men Lubecenſes eo non obſtante cum bonis ſuis in noſtra protectione et in ſua ipſo-
rum propria fortuna procedent et pergent per terras noſtras et extra eas, quorſum-
cunque ipſorum fuerit voluntatis, ſecuri prae omnibus, qui noſtris obedire adſtricti
ſunt mandatis. Hierauf bezogen ſich die Herren Luͤbecker an den Kaiſer Ferdinand,
als ihnen die Lieflaͤnder 1559 den Handel mit den Ruſſen auf Narva legen wolten.
Siehe beim Chytraͤus S. 612.
tii begraben ſeyn. Weil Thomas Hiaͤrne bey den Nachrichten von den Verrichtun-
gen dieſes Mannes viel widerſprechendes gefunden; ſo iſt ihm Jſarni erzbiſchoͤfliche
Wuͤrde in Riga verdaͤchtig: er wil ihn daher beym Jahr 1306 nur zum Legaten des
Papſts, nicht aber zum Erzbiſchof von Lunden machen. Doch dieſem Zweifel waͤre
noch abzuhelfen, nemlich im Jahr 1302 am Tage vor Himmelfahrt war er in Duͤne-
muͤnde, wo er vermutlich zu Schiffe gehen wolte. Der Herrmeiſter Gottfried gab
ihm das Geleite, und der Erzbiſchof unterzeichnete noch daſelbſt zum Abſchiede das
Privilegium uͤber Altenwogen. Was das folgende Jahr 1303 betrift, ſo beweiſet
die paͤpſtliche Beſtaͤtigung |des folgenden Erzbiſchofs Friedrichs von Benedict dem
XIten daß Jſarnus in demſelben nach Lunden gegangen, um mit Johan Gran-
dis einen Tauſch zu treffen, wofuͤr ſich aber der zu Lunden bedankte: Johannes
kam endlich 1307 auf Martini des Vten Volmacht, nach dem Erzbiſtum Bremen.
Wer weis aber, ob nicht Jſarnus, da er den Sitz nicht gleich ledig fand, unter dem
anſehnlichen Kirchentitel eines paͤpſtlichen Legaten, unterdeſſen eine und die andre Reiſe
in die benachbarten Laͤnder anſtellen koͤnnen?
und deſſen Uberſetzer Pontanus, S. 389, doch ohne Jahrzahl, Tag und Zeugen,
aus einem Stuͤck von einem lateiniſchen Jnſtrumente, daß der neue Erzbiſchof
Friedrich aus Mangel anderer Auswege ſich uud ſein Erzſtift dem Koͤnig von Daͤn-
nemark Erich dem VIIten auf folgende Bedingungen ergeben: Weil die Verfolgung,
welche der Orden den Geiſtlichen anthue, in Semgallen, Valez und Gerze uner-
ſetzlichen Schaden angerichtet, ſo ſuche der Erzbiſchof beim weltlichen Arm Huͤlfe,
und uͤbertrage mit Genemhaltung der rigiſchen Buͤrgerſchaft dem Koͤnige das Recht
zu den entledigten Guͤtern des Erſtifts die Perſonen vorzuſchlagen, welche vom Erz-
biſchof die Lehne erhalten ſollen. Gleichergeſtalt verhaͤlt ſichs mit den Guͤtern, welche
der Orden der Kirche abgedrungen, wenn ſie durch koͤnigliche oder erzbiſchoͤfliche
Macht wieder ans Erzſtift gebracht werden. Die Stadt Riga und die geiſtlichen Guͤ-
ter ſtehen des Koͤnigs Advocaten und ſeinen Maͤnnern allezeit offen, ohne deren Vor-
wiſſen der Erzbiſchof mit ſeinen Feinden keinerley Vergleich eingehen wil. Dieſe Ur-
kunde, worinne Friedrich den Ordensbruͤdern gewis keine Lobrede haͤlt, verdiente
hier ganz uͤberſetzet zu werden, wenn nicht zwey Hauptumſtaͤnde den Jnhalt derſelben
wankend machten. Einmal, daß von ſo vielen Urkunden, die wir von dieſem Erzbi-
ſchof uͤbrig haben, nicht eine einzige mit der daͤniſchen Nachricht uͤbereinſtimt; und
zweitens, daß Friedrich erſt von Bencdict dem XIten im erſten Jahr ſeiner paͤpſtli-
chen Regierung zum Erzbiſchof ernennet worden. Denn ſo heiſt es in der 1303 am
19ten Maͤrz aus dem Lateran ergangenen paͤpſtlichen Beſtaͤtigung deſſelben: weil Bo-
nifacius der IIXte den rigiſchen Erzbiſchof zur lundenſchen Kirche, den lunden-
ſchen Erzbiſchof Johan aber zur rigiſchen Kirche berufen; letzterer aber dieſen
Tauſch nicht antreten wollen, ſo uͤbertrage er dem Minoriten Bruder Friedrich das
Erzſtift, und ermahne die rigiſche Kirche, ihn als ihren Vater und Seelenhirten ehr-
erbietig aufzunehmen. Siehe auch Pontan, S. 391. Friedrich brachte es beim
Papſt dahin, daß er den Orden vom Banne losſprach, wohin derſelbe ſo wol wegen
Gefangennehmung des vorigen Erzbiſchofs, als wegen der Bedraͤngungen der Biſchoͤfe
von Oeſel belegt worden.
ſo bemerken wir nur, daß dieſelbe kurz ſo zuſammen haͤngen: 1302 wiederrief der
Biſchof Conrad auf Oeſel, ſeine Verbindungen gegen den Orden, und ſchwur auf
das heilige Evangelium, demſelben gegen die Ruſſen und andre Feinde beizuſtehen.
1304 vereinigten ſich der Biſchof von Oeſel, der zu Doͤrpt, der Orden und des Koͤ-
nigs von Daͤnnemark Hofleute in Harrien und Wirland. 1305 quitirt der Bi-
ſchof den Orden wegen des geſamten Schadens, den er im letzten Kriege gelitten. 1320
beſchwert ſich der Biſchof bey dem Cardinal zu Rom, daß ein Ordensherr einen oͤſel-
ſchen
das Verfahren der Herren Leo Orgies und Johan Waigithe ſich bey dem Koͤnig
beſchweret, daß ſie als Lehnsmaͤnner ohne koͤnigliches Vorwiſſen ſich in dis Buͤndnis
eingelaſſen. Huitfeld gehet in einigen Umſtaͤnden von uns ab.
weiter an den Papſt gelangte, in welcher der Entleibte ein Dumherr von Hapſall heiſ-
ſet. 1324 hetzte der curiſche Biſchof den von Oeſel auf, mit dem Orden anzubinden,
und verſprach in eigner Perſon nach Rom zu ziehen, das Verfahren des oͤſelſchen
Biſchofs zu verantworten. 1328 verglich ſich der Orden mit dem Biſchof Jacob uͤber
den vierten Theil von der Verlaſſenſchaft guter Maͤnner, die ohne Erben ſterben;
der Biſchof giebt dem Orden dafuͤr 36 Hacken Landes und 30 Mark. 1365 richtete der
Orden mit dem Biſchof eine Beliebung auf, was man fuͤr die Ueberfahrt uͤber beyde
Sunde und Moon erlegen ſolle. 1441 muſte Johan Claſen, Dechant zu
Doͤrpt und Oeſel, und beider Kirchen Domherr, jaͤhrlich 30 Mark verzinſen, zum
Behuf der St. Johannis Baptiſtaͤ Vicarie. 1446 befahl Eugenius der IVte
dem Orden, den Biſchof Johannes wider Ludolphen in den Beſitz der Kirche zu
Oeſel zu ſetzen. Von dem ehmaligen Zuſtande der Stadt und des Schloſſes Arens-
burg hat Simon Heinrici in ſeinem zu Roſtock 1634 in 4 gedruckten Buche, Ci-
uis Chriſtianus, eine weitlaͤufige Beſchreibung hinterlaſſen, die wir aber nie zu Geſicht be-
kommen koͤnnen.
Lode, Odward von Dohlen, Friedrich von Wrangel, Peter von Huds,
Jacob Fahrensbach, Berthold und Hans von Lechtes, Albrecht von Al-
wen, Johann von Vorkel, Gottfried, Daniel und Hinrich Brakel, Wil-
helm von Embach; Gerhard von Herke und Johan Tiſer, Ritter. Weil die
daͤniſchen Schriftſteller uns viele von dieſen Namen verdorben, ſo haben wir ſie aus
den beſten Abſchriften verbeſſert.
und auf lateiniſch Gerhardus nennen, wofuͤr unſre Chroniken Cordt und Conra-
dus, ingleichen Bernhardt geleſen. Huitfeld ſchreibt von Jorke, Strubicz,
Gotthard von Jorigk. Andre nennen ihn Joke. Spangenberg rechnet ihn
nicht mit, und Chytraͤus getrauet ſich nicht den Zunamen zu melden. Die eine
Handſchrift von Herrmeiſtern nennet ihn Cordt von Hocke, die andre Gerhard
von Docke, noch andre, Cordt von Hacke, oder noch ſeltſamer, Gerdt von Doͤ-
rigk. Oernhielm mus ein Blat in unſern Geſchichtſchreibern zu weit umgeſchlagen
haben, wenn er im Leben des Pontus de la Gardie S. 81 ſchreibt, daß dieſer Con-
rad bey Treiden erſchlagen worden, da dieſes doch ſeinen Vorfahren Bruno be-
troffen.
deſſelben aber iſt fabelhaft und von 1093 her unerweislich, indem derſelbe ſich weder
mit der Zeitrechnung, noch der Thronfolge der daͤniſchen Koͤnige reimet, ob gleich
Brandis es aus der letzten Aebtißin Munde gehoͤret, und die Privilegien ſelbſt gele-
ſen zu haben vorgiebt. Er iſt deswegen vom Herrn Mannrichter von Lode widerlegt
worden. Siehe den erſten Theil S. 18 in der Anmerkung. Die Namen der Aeb-
tißinnen dieſes Kloſters hat uns der ehemals beim revelſchen Gymnaſio beruͤhmte Herr
Profeſſor Jſaac Aulinus vom Anfange des 14ten Jahrhunderts her aus den alten
Briefſchaften aufbehalen. Sie folgen in folgender Ordnung auf einander:
- Chriſtina1310
- Margaretha von Bycke*)1348
und
1354 - Eliſabeth1392
- Eliſabeth von Lechtis1419
- Eliſabeth von Luggenhuſen1433
- Adelheit Wacke1484
- Margaretha Stakelberg1486
- Eliſabeth Brinck1497
- Sophia Schwarzhof1513
- Eliſabeth Taube1534
- Eliſabeth Zoͤge1540
dieſelbe Perſon geweſen, die 1348 der Stadt beſcheiniget, daß ihr Kloſter kein Recht an den bey
Revel gelegenen Jnſeln Nargoͤ, Wulfſoͤ und Carel, habe, indem ihr Zuname nicht ausge-
druckt worden, welcher ſich in einem Verlasbrief der Kloſtermuͤhle an die Stadt befindet.
Mutterſchweſter.
- Gerdrut Maydell1554
- Gerdrut Zoͤge1568
- Eliſabeth Lode1580
- Catharina Kudlen
oder Kudling**). 1598
Nach beigelegten Zwiſtigkeiten, welche ſich uͤber dis Kloſter zwiſchen der Ritter-
ſchaft und der Stadt entſponnen hatten, legte der Koͤnig Guſtav Adolph 1631 das
beruͤhmte Gymnaſium von 4 Profeſſoren an, wobey M. Sigismundus Evenius
der erſte Rector geworden, dem M. Pet. Gottſchenius gefolget, welchen Herr
Kelch aus Verſehen den erſten nennet.
Geſchichtſchreiber unrichtig folgern, daß er gar nicht nach Liefland gekommen, ſondern ſich in
Rom und Avignon aufgehalten habe. Die Stadt Riga muſte jetzo beide Augen aufthun, um
in ihren Rechten weder von der Cleriſey noch dem Orden beeintraͤchtiget zu werden. Es kamen
aber oft Leute von Anſehen in dieſem Gedraͤnge um, weswegen die Stadt ſich zu mancher Genug-
thuung verſtehen muſte. So befriedigte ſie z. E. 1311 Johan Kallen, damit er ſeines Bruders
Tod nicht raͤchen moͤchte, 1314 die Buͤrger aus Wenden, wegen der in letzten Kriege abgenom-
menen Guͤter, die aber den Vergleich nicht annahmen; 1315 Holken v. Buxthoͤvoͤden zu Doͤrpt,
damit er den des Todes ſeiner Anverwandten halber gegen die Stadt gefaſten Widerwillen fah-
ren laſſen moͤchte; 1317 den duͤnemuͤndiſchen Comtur Rycholph Wackerbarth, um ſeines
erſchlagenen Bruders und Vetters nicht mehr zu gedenken; 1317 die ſchwediſchen Herzoge Erich
und Waldemar, um ihren Grol gegen die Buͤrgerſchaft aus aufrichtigem Herzen zu vergeſſen;
1319 Johan von Buxthoͤveden, um den Tod ſeiner Freunde und andrer zu Riga erſchlagenen nicht
weiter zu ruͤgen. Dieſer letzte Vergleich wuͤrde am Tage Vitus zu Leal durch Vermittelung
des oͤſelſchen Biſchofs Harthung geſchloſſen, kam aber der Stadt am theuerſten, weil ſie zum
Heil ſo vieler Erſchlagenen viele Unkoſten beſtreiten muſte; Die Namen der Getoͤdteten machen
ein ganz Regiſter aus, davon die erſten mit dem Herrn Johan von Buxthoͤveden ſo wol als
mit dem Biſchof Conrad verwandt waren, nemlich Herr Wedekind, ehmaliger Probſt zu Ri-
ga und Herr Henrich von Luͤbeke, daſige Domherren; Mauritius von Hude, Heinrich
Greve, (Comes) Heinrich des Caͤmmerer Ludolphs Sohn, Johann Wackerbart, Mat-
thias, Moͤnch, (Monachus) Hyl. von Braunſchweig, Hyl. genant Sigteich, Marguard
Weis, (Albus) Heinrich von St. Egidien; Ludwig von Riga; Johan, genant Beſeworm;
Johan von Luͤbeke, Morizens Diener, Heinrich von Konde, Arnold Koch, (Coqus)
Mondewaſt von Aarhos, Herdar und Ludekin Schweſterſoͤhne des Bruder, Harders,
und Hennikin genant durch den Buſch. Fuͤr die Seelen dieſer Erſchlagenen muſte die Stadt
eine Vicarie in der Domkirche St. Johannis auf Oeſel ſtiften, und dazu von den Lehnguͤtern
des Herrn Johan von Buxthoͤveden, nemlich vom Dorfe Kauniver 8 Hacken, und von
Sallaver 4 Hacken erkaufen. Jn der Kirche, worunter die Mordthat geſchehen, wie auch bey
den Majoriten und Minoriten ſol die Stadt 3 Altaͤre erwehlen, woran taͤglich Meſſe gehalten
wird. Auch mus ſie ein Jahr lang in allen Kloͤſtern zwiſchen der Duͤne und Narwe, auf
Gothland und Wisby, zu Bremen, Stade, Hamburg, Luͤbeck, Wismar, Roſtock,
Stralſund und Greifswalde, von Michaelis an 1000 Meſſen und 1000 Seelmeſſen halten
laſſen, daneben noch am Johannestage in allen ihren Kirchen einen Sarg mit den Leichentuͤ-
chern, als wenn die Leichen gegenwaͤrtig waͤren, hinſtellen, und ihnen mit Vigilien und Meſſen
unter dem Gelaͤute der Glocken Ehre anthun. Mit unterſiegelt haben Johan Wachholt,
Heinrich von Northen. Buͤrgen waren Wolmer von Wrangel, Nicolai Aſſeri Sohn;
Kerſten von Scherenbeke, Bartholomaͤus von Vellyn, und die Burgemeiſter von Doͤrpt,
Gerhard von Mynden und Weſſel Schilling. Zeugen ſind angefuͤhret, Conrad von Luͤbe-
ke, Heinrich Jagemann, Domherren zu Oeſel, Herr Allexius, Ritter, Johan von Ru-
den, Vogt des oͤſelſchen Biſchofs, und Herrman ſein Kaͤmmerer.
liche Freiheiten. Jn Duͤnemuͤnde hatten ſie ihre erſte Abtey. Als dieſe Moͤnche
ſich mehr ausbreiteten, kauften ſie ſich das Gut Padis, und legten daſelbſt 1254 eine
Kapelle an. Den Bruͤdern des Ritterordens, ja ſelbſt den Geiſtlichen Anguſtiner-
ordens, fiel dieſer Anwachs ungelegen; ſie ſuchten daher die Ciſtercienſer beim
Papſt heslich anzuſchwaͤrzen, gegen welche Verleumdungen ſich Gregorius der Xte
ihrer annimt, und ihre Vorrechte vermehret. Der Biſchof zu Revel, Johan,
machte der Zaͤnkereyen, welche die Moͤnche zu Duͤnemuͤnde mit ſeinem Vorfaͤhren
Thurgot gehabt, ein Ende, und ſchlug 1281 am 23ten Maͤrz die Kapelle Padis zu
der Mutterkirche zu Hertele, woran aber die Ciſtercienſer ungern giengen. Sie
wieſen einen Freibrief von Jnnocentius dem IVten auf, den derſelbe im 11ten Jahr
ſeiner Regierung ertheilet, und in welchem alle Aebte und Mitaͤbte des Ciſtercienſer-
ordens vor dem Bann aller Praͤlaten geſichert werden; welchen Johan, Biſchof zu
Luͤbeck, am 27ten Maͤrz 1275 zu Reinfeld transſumiret hatte. Der revelſche Com-
tur, Bruder Heinrich von Appenhus, machte 1276 eine neue Grenzbeſtimmung,
auf den Fus, wie ſie der koͤnigliche Stathalter Saxe 1257 eingerichtet, weil Heinrich
von Kiwel und ſeine Leute auf Atle der Fiſcherey wegen mit ihnen in Streit geriethen.
Der Biſchof Thiederich von Revel ſprach 1250 auf des revelſchen Hanptmans Sa-
xens Forderung die Muͤhle Sagentaken dem duͤnemuͤndiſchen Abt Conrad zu, doch
mit dem Vorbehalt, daß die Bauren am Bach Sagentake und die von Voſeke nach dem
alten Herkommeu freie Fiſchwehren ſetzen koͤnnen, welche Abtretung der Comtur zu Witten
ſtein, Bruder Reymer 1314 beſtaͤtigte, wie aus dem Transſumt erhellet, ſo der Comtur
Helmich Depenbrock und der Prior der Predigermoͤnche zu Revel, Heinrich, 1364
ausgeſtellet. Der Ordensmeiſter Jocke und Arnold von Vietinghoff beſchenkten
das Kloſter mit gewiſſen Doͤrfern: 1345 verkaufte es ſeine Jnſel Daghoe: 1389 wur-
den ſeine Grenzen auf der Weſtſeite bis mitten in den Bach Sagentake beſtimmet, da
hingegen
welchem er zu Gudberg vom 23ten Auguſt 1386 unterſchrieben iſt. Der Erzbiſchof
entſchuldigte ſich damals mit ſeinen vielen Geſchaͤften, und uͤbertrug das Amt ſeinen
Herren Gehuͤlfen. Es wurde auch den Biſchoͤfen von Wermeland und Havelberg,
ingleichen dem Propſt zu Grypswalde, caminiſcher Dioͤces, davon Bericht ertheilet.
Liefland, wovon unſre Geſchichtſchreiber die Nachrichten aus des danziget Secre-
tairs, Herr Caſpar Schuͤtzens preußiſcher Chronik entlehnen. Jn dem jerwi-
ſchen Dorfe Pugger wolte ein Kerl ſeinen leiblichen Vater auffreſſen, den man des-
wegen hart am Leben ſtrafte. Das Getreide ſchlug nachher ab von 18 zu 3 Mark.
Hier wuͤrde uns Menius in ſeiner groſſen Hiſtorie ein paar hundert unnatuͤrliche Spei-
ſen beſchrieben haben, wie er bey den Jahren 1601 und 1602 zu thun verſprochen, da-
fern
nach Allerheiligen verhandelte Hinrich von Braseck ſein halbes Schlos Caſti an den
Abt Erdman mit dem ganzen Hofe Raykuͤl im Kirchſpiel Merjema vor 9500
Mark rigiſch, Goswin von Doͤnhof aber verpfaͤndet das ganze Dorf zu Rappel und
das ganze Dorf zu Hole, im Kirchſpiel zu Rappel, dem Kloſter um 44 Mark rigiſch.
1488 nahm der Orden, bey dem damaligen Lermen mit den Biſchoͤfen, das Kloſter ein, und
trat es das Jahr drauf wieder ab. 1499 verglich ſich der Abt Michael mit dem Abt Jo-
han in Revel, und dieſer letzte verſpricht das Licht auf dem Domhofe nicht zu verbauen,
wobey Herr. Diedrich Hagen, Herr Johan Gruther, Rathmaͤnner, Herman Ha-
gen, Lambert Oetting, Mitbuͤrger, als Zeugen angefuͤhret ſtehen. 1504 beſchenkte der
Abt Gisbert das Kloſter mit drey Haͤuptern von den 11000 Jungfrauen. 1543 bekam es
von dem revelſchen Comtur die Freiheit, ſeine Verbrecher durch eigne Unterſaſſen zu rich-
ten, weil bisher manche entronnen, ehe man die weltlichen Richter verſchreiben koͤnnen.
1545 bevolmaͤchtigte es Hinrich Boſemannen und Johan Volckerſamen in Revel,
die ausſtehenden Schulden einzufordern. 1554 ſtrandete ein Schif von Enkhuyſen,
deſſen Guͤter der Abt bergen lies, wofuͤr er von den Rhedern in Revel 5 Laſt Salz
bekam, und ein Zeugnis empfing, daß er der Eignerin des Schifs, einer Witwe, kein
Unrecht gethan. Auſſer dem, was ſonſt von dieſem Kloſter angefuͤhret worden, be-
merken wir noch die demſelben vorgeſetzten Aebte, ſo viel ſich in den Urkunden haben
finden wollen. Die erſtern wohnten noch in Duͤnemuͤnde, unter welchen 1250 ein
Conrad vorkomt. Sie hielten in Padis nur einen Prior, der aber wie die nachmali-
gen Aebte jederzeit unter der revelſchen Dioͤces ſtand. Die eigentlichen Aebte von
Padis ſind folgende:
- 1320 Johannes
- 1341 Nicolaus
- 1364 Nicol. Riſebyter
- 1383 Bertholdus
- 1393 Johan
- 1428 Georg
- 1448 Johann Greves
- 1478 Erdman
- 1499 Michael
- 1502 Nicolaus
- 1504 Gisbert
- 1525 Eberhard Sanenſchein*)
- 1547 Ludwig Duchſcherer
- ‒ ‒ Anton Dreyer, ſonſt Tor-
neator. - 1554 Georg Conradi.
Es gehoͤret demnach mit unter die fabelhaften Erzehlungen, wenn Huitfeld S. 220
beim Jahr 1248 uns eine Erſcheinung meldet, die dem Koͤnig bey ſeinem
Aufenthalt in Eſtland wiederfahren ſeyn ſol. Der heilige Wenceslaus trat vor den
ſchlummernden Koͤnig hin, und prophezeiete ihm den Maͤrterertod; welchen Betrug
nach ſeinem und Pontans Zeugnis ein liſtiger Moͤnch ſpielte. Hiedurch kam der Koͤ-
nig auf andre Gedanken, gab die Zuruͤſtungen gegen die Ruſſen auf, und befahl das
Kloſter Padis zu bauen. Wir wiſſen nun aus den Documenten die Anlegung dieſes
Kloſters durch die Ciſtercienſer von Duͤnemuͤnde richtiger. Da dieſes Kloſter noth-
wendig viel Honig und Fiſche brauchte, ſo hat es mit ſeinen Nachbarn, ſonderlich mit
einem Heinrich von Kiwel viel Grenzſtreitigkeiten angefangen. Die Gurguſtia
oder Fiſchwehren, deren Weite im Strom nach Faden (filum) beſtimmet werden, und
die arbores melligerae ſind in dieſen Zaͤnkereien immer das Hauptſtuͤck.
Wapen iſt eine ſtralende Sonne.
Winter ſchreibt Cranz beim Jahre 1322, daß die gefrorne Oſtſee 7 Wochen lang von
Deutſchland nach Duͤnemuͤnde und Preuſſen mit Schlitten habe befahren werden
koͤnnen, und man auf dem Eiſe ordentliche Wirthshaͤuſer, zur Bequemlichkeit der
Reiſenden, angeleget habe. Peter von Duisburg ſchreibt, alle Obſtbaͤume in
Liefland und Preuſſen ſeyn erfroren, und man habe den Feldzug wider die Lit-
thauer einſtellen muͤſſen.
ſolte. Wir kennen dieſen Cnut Porſe aus den daͤniſchen Geſchichtſchreibern; und er
war weiter nichts als ein bloſſer Edelmann ans Halland, welchen der Koͤnig um ſeiner
Verdienſte willen, wie es hies, zum Herzog machte, und ihm das ſuͤdliche Halland,
die Jnſel Samſoe und das Amt Holbeck ſchenkte. Er lies ſich gegen Chriſtophern
in eine Verſchwoͤrung ein, jagte den Prinz Erich aus dem Lande, und drohete
auch den Koͤnig vom Thron zu ſtoſſen. Woldemar ſchenkte ihm das nordliche Hal-
land nebſt Callenburg darzu, unter der Bedingung, wenn ſein Bruder Graf Ger-
hard von Holſtein dieſe Schenkung genehmigte. Porſe hatte des Koͤnigs Magni
in Schweden und Norwegen Mutter zur Ehe, konte ſich aber mit Magno nicht
vertragen. Er ſtarb 1330, und hinterlies 2 Soͤhne, Canut und Haquin, die ih-
rem Vater bald im Tode folgten. Bey denen damaligen Unruhen in Daͤnnemark
blieb er immer das Haupt einer anſehnlichen Partey, und ſcheinet ſich um Eſtland
wenig bekuͤmmert zu haben. So ſchwer wir dran gehen, deutſche Schriften mit la-
teiniſchen Brocken auszuputzen, ſo koͤnnen wir uns doch nicht enthalten, bey dem
Stilſchweigen der Daͤnen, und wegen der Seltenheit dieſer Nachricht die ganze Ceſ-
ſionsacte anzufuͤhren.
Donatio Chriſtophori Regis Danorum cuidam Principi Hallandiae facta
ſuper terra Eſthoniae et Reualiae Ao. 1321.
CHRISTOPHORVS DEI gratia Danorum Sclauorumque Rex, omnibus praeſens ſcri-
ptum cernentibus ſalutem in Domino IESV CHRISTO. Tenore praeſentium
conſtare volumus vniuerſis praeſentibus et futuris, quod Anno Domini Milleſimo
trecenteſimo XX primo, Ringſtad in die beati Martini Epiſcopi inter nos et liberos
noſtros vna parte ac principem nobilem D. Canutum, Ducem Hallandiae et Samſoe,
liberos ſuos, Conſanguineos et fautores ex altera, ſub ſufficienti literarum et pro-
miſſionum cautione, in modum, qui ſequitur, placitatum exſtitit, et quidem ita,
quod omnes exceſſus, rancores, inimicitiae et diſſenſionum materiae quaecunque
inter ipſos in praeſentem diem ventilati, ſint in perpetuum annihilati, ex corde no-
ſtro radicitus exſtirpati, nec vnquam ad vindictam de caetero reducendi. Nos in-
terim praelibati Rex Chriſtophorus et liberi noſtri. ex vnanimi conſilio noſtro et aſ-
ſenſu, ipſi Domino Duci Canuto, et haeredibus ſuis poſt ipſum, Ducatum Eſthoniae,
prout eum vnquam liberius a Corona Regni noſtri poſſedimus, cum omnibus et ſin-
gulis Caſtris, munitionibus, Ciuitatibus, villis forenſibus, Reualia, Waeſenbaergh et
Narua ac omnibus aliis Regalibus, bonis, cauſis, libertatibus et juribus ibidem
emergentibus, donamus ac omni jure feudali asſignamus perpetuis futuris tempori-
bus poſſidendum ipſi, quod et haeredes ſuos poſt ipſum in corporalem poſſeſſionem
ipſius Ducatus Eſthoniae, jurium ſuorum et omnium bonorum praedictorum ex par-
te noſtra et liberorum noſtrorum introducimus, transferentes in eosdem plenum
proprietatis Ius et poſſeſſionis dominium, ipſum Ducatum cum adiacentiis ſuis omni-
bus, ab impetitione omnium diſ brigatum,*)liberrime retinendi, ablata a nobis et
liberis noſtris penitus omni facultate et poſſe, ipſum Ducatum cum Attinentiis ſuis
prius dictis a dicto Domino Duce Canuto et haeredibus ſuis nullo vnquam adinventio-
nis ingenio reuocandi. In ſuper obligamus nos et omnes liberos noſtros ad mandandum
et informandum finaliter omnes et ſingulos ipſius Ducatus incolas, vt dicto Domino
Duci Canuto et haeredibus fuis ſincerae fidelitatis homagium faciant, reddituri ſe ipſi
tanquam vero ſuo Principi et Domino obſequioſos et benignos ad ſtandum ſuis per
omnia requiſitionibus et mandatis. Promittimus inſuper bona fide media, quod di-
lectus et fidelis nobis Dominus Henricus, dictus ſpecialiter miles, ipſi Domino Duci
Canuto vel haeredibus ſuis, ſeu ipſorum certis Nuntiis praenotatum Ducatum Eſtho-
nienſem cum dictis adiacentiis ſuis infra proximum feſtum Pentecoſtes libere reſigna-
bit tam ex parte noſtra quam noſtrorum liberorum. Contingente autem, quod
idem dominus Henricus in reſignando ipſum Ducatum Eſthoniae eo forſan tempore
ineuitabilibus praepedimentis impediatur, ex tunc ſaepedictis Domino Duci Canuto
et haeredibus ſuis ſeu ipſorum certis nuntiis praenominatum Ducatum Eſthoniae in-
fra
inſidias notat. Conf. Hartknochium ad ſupplem. incerti auctoris not. d) p. 445.
Begebenheit, daß der litthauiſche Hauptman, David, vom Schloſſe Gardin in
dem haͤrteſten Winter bis Revel geſtreifet, die Kirchen eingeaͤſchert, die heiligen Ge-
faͤſſe entfuͤhret, und nach dieſer fetten Beute mit 6000 Gefangenen den Ruͤckweg ge-
nommen habe. Schuͤtze wil, daß der Orden indeſſen in Litthauen Reprefſalien
gebraucht, die Feſtung Gardin zerſtoͤret, 38 Gefangene, 100 Pferde, viel Vieh und
alle Koſtbarkeiten, die in vielen Jahren aus Liefland und Preuſſen nach Litthauen
geſchleppet worden, wieder erbeutet, der grimmigen Kaͤlte wegen aber eine weitere
Verwuͤſtung unterlaſſen, womit Peter von Duisburg uͤbereinſtimmet. An dieſem
Unheil ſol der Erzbiſchof mit ſeiner Cleriſey Schuld geweſen ſeyn, wie die Ordensher-
ren bezeugen, auch dem Papſt daruͤber die Briefe des Erzbiſchofs und der Rigiſchen
an den litthauiſchen Feldherrn vorgewieſen haben ſollen. Es iſt uͤbrigens ſehr unwar-
ſcheinlich, was die daͤniſchen Geſchichtſchreiber melden, daß der Orden aus Furcht
fuͤr den Litthauern ſich in den Schutz des Koͤnigs von Daͤnnemark begeben, da
doch nur die eſtlaͤndiſche Ritterſchaft dem Koͤnig eine gewiſſe Summe zur Erhaltung
groͤſſerer Privilegien zugeſtanden.
omni impedimento et dilatione vlteriori faciemus finaliter aſſignari. Caeterum
etiam nos fide media per praeſentes aſtringimus, quod, poſtquam vltra paſſagium
Belteſund, ſcilicet in Feonia et Iutia in Regem recepti fuerimus, et ibidem pro Rege
et Domino reputati, praedicto domino Duci Canuto et ſuis haeredibus, pro praemiſ-
ſis omnibus et ſingulis, quae inter nos et ipſos placitata ſunt, inuiolabiliter obſeruan-
dis, cautionem conſimilem ſub ſigillis Dominorum Archiepiſcopi et aliorum Epiſco-
porum omnium et ſuorum Capitulorum infra*)Regnum Daciae, nec non et ſub
ſigillis quadraginta nobilium noſtrorum, viginti videlicet a parte occidentali Belteſund,
ſcilicet in Feonia et Iutia, et viginti a parte orientali, ſcilicet in Schania commorantium
et Siaelandia ſine omni contradictione debeamus procurare. Vt autem omnia et ſingula
praedicta huic praeſenti placitationi inſerta robnr habeant firmitatis, nec in aliquo
futuris temporibus videantur diminuta, non ſolum Nos, verum etiam magnificos prin-
cipes et dominos, milites etiam et armigeros infra ſcriptos per praeſentes firmiſſime
obligamus, videlicet Ericum et Ottonem, filios noſtros dilectos, Iohannem et Heni-
chinum dominos de Werle, fratrem noſtrum Iohannem comitem Holtſatiae et Storma-
riae, Albertum Domicellum Magnopolenſem, Henricum Moltozan, Thetluum de Bo-
kuald, Pinechinum de Vonsflet, Nicolaum de Sanſou, Henricum Mordare, Heyne
de Retſow, Conradum Moltike, Ficconem de Lobecke, Hermannum de Cremmin,
Henricum Nortmann, Vipertum Lutſoghu, Hinricum de Barnaecowe, Iohannem de
Plaeſſe, Marquardum Stacke, Marquardum, Henricum et Nicolaum de Brochthorp,
milites, Conradum Preen, Ficonem Moltike, Nicolaum de Lobeke, Henichinum Mol-
tike, Eggardum Brochthorp, et Gothfridum de Molendino, Armigeros, qui omnes
et ſinguli ſuper obſeruatione praemiſſorum omnium et ſingulorum vna nobiscum in
ſolidum, bona fide media, promiſerunt. In cuius rei teſtimonium Sigillum noſtrum
vna cum ſigillis praeſcriptorum Principum, militum et Armigerorum praeſentibus lit-
teris duximus apponendum. Actum et datum Anno, die et loco ſupradictis.
lent. Quae obſeruatio facere videtur ad an. 1214 §. 6, tom. I. Ad annum 1217 τὸ ſuper
pro ad ſeculum ſapit, et quemadmodum Galli Francfort ſur l’ oder, ſic monachi Curia ſa-
cerdotis ſuper Raupam dicunt. Caterizare non eſt catechizare, ſed a ϰαϑαϱίζω deriuandum,
quod denotat ex vſu eccleſiaſtico, aqua luſtrali adſpergere, qui ritus Ruſſis eſt ſolemnis ma-
xime. Cubbeſele idem quod Pagus Cauponis et Wiſſewald late - regem ruſſice ſignificant.
Sele Ruſſis pagus dicitur. Nagg, vnde Nagatae, vnguis digitorum eſt, qua forma Ruſſo-
rum nummi minores gaudent. Lettgalli dicuntur Letti in finibus Lettiae colentes. Ruſſi
Daniam et hodie Daciam adpellitant. Haec leui brachio in gratiam lectoris latini tetigimus.
nige, wie Pontanus S. 451 ſchreibet, unrecht fuͤr eine Eſtlaͤnderin angeben, da
ſie Alberts von Brandenburg Tochter geweſen. Der Koͤnig hatte ſeinem Schwieger-
ſohn Harrien und Wirland verpfaͤndet, und Ludwig machte ſich deswegen verbind-
lich, was dieſe Provinzen uͤber 12000 Mark am Silber abwuͤrfen, ſeiner Gemahlin
zum Leibgedinge zuzuſchlagen. Der baieriſche Kanzler Herwart beziehet ſich gegen
Bzovium auf 2 Briefe im baieriſchen Archiv von den J. 1323 und 1324. Den dritten
vom folgenden Jahre an das Cardinalscollegium bringet Pontanus S. 346 gleichfals
bey.
Verſtaͤndnis. Der Orden aber widerſetzte ſich demſelben mit ganzer Macht, und be-
hauptete die Schaͤndlichkeit dieſes Buͤndniſſes aus dem Grunde, weil GOtt ſeinem
Volk verboten, ſich mit den Heiden zu verbinden. Allein die Cleriſey bewies, daß
die Litthauer theils Chriſten waͤren, theils werden wolten. Schon 1298 am 26ten
Maͤrz wurde daruͤber ein Jnſtrument mit neun Siegeln ausgefertiget, worin der Rath,
die Gemeine der Stadt Riga, der Prior des Stadtkloſters, der Abt zu Duͤnemuͤn-
de, die Kioſterbruͤder und der Capitain der Pilger bezeugen, daß nicht nur ehmals der
Koͤnig Mindow gekroͤnet und getauft ſey, ſondern auch viele Litthauer den Goͤtzen-
dienſt verlaſſen, ſich mit den Glaͤubigen verheirathet, und ſtandhaft uͤber dem Glau-
ben zu halten verſprochen. Sie klagen dabey erſchrecklich uͤber die Bruͤder der Ritter-
ſchaft, welche die Boten der Litthauer, die doch ungebeten gekommen, und um das
Geheimnis des Glaubens und um den Bund des Friedens angehalten, weggeſchnappet,
ſo, daß manche mit groſſer Lebensgefahr ſich mit dieſer Botſchaft in Riga einſchlei-
chen muͤſſen. Doch die Bruͤder wuſtens zum voraus, daß es den Litthauern nicht
um Annehmung der chriſtlichen Lehre zu thun war, obgleich die Boten von der baldi-
gen Bekehrung ihres damaligen Koͤnigs viel Ruͤhmens machten. Der Erzbiſchof
Friedrich bekam auch gleich den Glauben in die Hand, daß er den Litthauern, und
wer
Jnhalt die daͤniſchen Schriftſteller uns liefern, ſo haben wir doch dieſe nebſt einigen
andern blos aus erwehnten Geſchichtſchreibern nehmen muͤſſen, wie Herr Hiaͤrne und
Herr Mannrichter von Lode vor uns gethan. Die Daͤnen machen zwar die Namen der
Deutſchen ſehr unkentlich; es laͤſt ſich aber doch aus dieſer und andern Urkunden of-
fenbar abnehmen, daß die Auslaͤnder den Namen ihres Geburtsorts und Geſchlechts
oft verſchwiegen, und einen neuen Namen von ihrem Lehn- oder Erbgute angenommen.
Wie es in Liefland gieng, ſo war es auch in Eſtland. Die Zunamen von Patkuͤl,
Paykuͤl, Herrakuͤl, Orrekuͤl, Roſtijerwe, Hoppanima, Rokuͤlo, Sylku-
la, Hunkimpaͤ, Zagemula und ſo weiter, ſind von den Guͤtern entlehnet: wer
wolte aber deswegen dieſe Herren fuͤr gebohrne Eſten ausgeben? Jndeſſen iſt nicht
unwarſcheinlich, daß einige Geſchlechter daruͤber den Namen ihres deutſchen Stamm-
hauſes vergeſſen, daher auch einige Auctores, obgleich mit ſchlechtem Gluͤck daran ge-
kuͤnſtelt, den verlornen Namen wieder zu finden.*) Einige hat die Ungeduld uͤber
dieſer
ihre adliche Verwandten haben, aus Liebe zur Kaufmanſchaft aber, oder aus andern Bewegungs-
gruͤnden das Buͤrgerrecht angenommen, hat uns der Herr Staatsſecretair Riſemann folgendes
Verzeichnis zugeſendet:
- Ausgeſtorbene
- von
- Corbmacher
- Derentbal
- Fegeſack
- Goldbergen
- die thor Haren
- die zur Hoͤgen
- Hoͤveln
- Huͤnerjaͤger
- Kettler
- Lohnen
- Recken. von welchen Familien doch
noch einige in Liefland bluͤhen.
- Noch Lebende
- von
- Brockhauſen oder Bruckhauſen
- Buchau
- Burchardi
- Clayhillis
- Giehn
- Hanen
- Hauſen oder Huſen
- zur Muͤhlen oder thor Moͤhlen
- a oder de Renteln
- Schoten
- Schwanenbach
- Thieren
- Wehren oder Wernen
- Willen
- Witten, und andre mehr.
dal. meldet, es habe der Erzbiſchof dem Papſt Johan dem XXIIten zu Avignon zu-
geſchrieben, Seine Heiligkeit moͤchten doch den Litthauern auf ihr Geſuch einen Bi-
ſchof und Abt zuſenden, weil dieſelben unter paͤpſtlichem Anſehen Kirchen errichten, und
Kloͤſter ſtiften laſſen wolten. Der Papſt war gleich fertig. Die Geſandſchaft kam an.
Der litthauiſche Koͤnig antwortete auf ihren Antrag kurz und gut: Von eurem Papſt
weis ich nichts, und begehre ihn auch nicht zu kennen. Meine vaͤterliche Religion
werde ich verfechten bis aufs Blut. Die Geſandten ſchlugen hiebey die Augen nieder,
giengen beſchaͤmt zuruͤck, und hatten eine ſo gefaͤhrliche und beſchwerliche Reiſe umſonſt
gethan.
einigen Abſchriften Reimer, in den Jahren 1327 und 1338 mit dem oͤſelſchen Biſchof
Jacob zu Leal ſowol als zu Pernau gewiſſe Vertraͤge eingegangen.
Ritter aus eſtniſchem und liviſchem Gebluͤt herleiten. Ja es ſcheinet, daß etliche ange-
ſehene Haͤuſer dieſen Urſprung ſich gefallen laſſen, wie denn Henneberger, und aus ſel-
bigem Hartknoch S. 444 viele urſpruͤnglich preußiſche Familien angeben, die viel-
leicht eben ſo unſchuldig zu dieſer Anverwandſchaft gekommen, als die Lieflaͤnder.
Es iſt ſchon eine kuͤhne Muthmaſſung, welche ein ungenanter, aber vornehmer Verfaſ-
ſer in ſeiner Critik von dem lieflaͤndiſchen Adel anbringt, als ob ſelbiger gezwungen
geweſen, in Ermangelung deutſches Frauenzimmers ſich Gemahlinnen aus der Nation
des Landes zu erwehlen. Denn dieſes iſt weder aus der alten Geſchichte, noch aus alten
Documenten erweislich, und ob gleich die polniſche Reviſion von 1599 manchen Na-
men den Ehrentitel genuinus Liuo beileget, ſo geben doch die uͤbrigen Ausdruͤcke zu er-
kennen, daß damit uralte deutſche Familien bezeichnet werden, nur, weil ſie in Lief-
land von ſpaͤten Zeiten her angeſeſſen geweſen. Die hohe Familie der Herren von
Liwen iſt unſers Erachtens in Lief- und Curland die einzige, die ihre Nachkom-
menſchaft von dem alten liviſchen Koͤnig Caupo herfuͤhret, und ſich zum Andenken
davon der ſieben Nordſterne bedienet, welche Caupo bey ſeinem Aufenthalt zu Rom
vom Papſt in ſein Wapen verehret erhalten. Unter den Nachrichten des freiherlichen
Hauſes von Ungern Sternberg, erſcheinet ein Johannes, der des Caupo Toch-
ter Hedwig ſol geheiratet, und von Meiſter Vinno den Syſegalliſchen Diſtrikt
erblich bekommen haben.
den Herrmeiſtern, von Volheim, die andere Emradt von Wolheim, Spangenberg,
von Neuenheim, Neuſtaͤdt, von Moͤnchen, andere Elverd von Munchheim, der
Berfaſſer der neueſten Beſchreibung der Ritterorden, von Mannheim. Er war
goldingiſcher Comtur, und hat das Zeugnis eines frommen, aufrichtigen und ernſt-
haften Regenten.
noch einmal beſtaͤtiget.
Buch in Revel enthaͤlt die deutſche Ueberſetzung davon.
thun muͤſſen, welcher Umſtand nur in der wolmerſchen Abſprache von 1491 befindlich,
in den oͤffentlichen Vertragsbriefen aber ſonſt nirgends geleſen wird. Von Einreiſſung
der Mauren gedenken unſre Documente ebenfals nichts, nur meldet der Fortſetzer des
Duisburgers, daß der Ordensmeiſter nicht eher einziehen wollen, bis die Mauer 30
Klaftern in die Laͤnge eingeriſſen worden. Er beziehet ſich noch auf die Spoͤtterey eines
rigiſchen Frauenzimmers, welches geſagt habe: Vtique iſte Magiſter groſſus eſt in
corpore, qui requirit tantum ſpatium, et non intrat per alias portas, ſicut ceteri
homines Chriſtiani. d. i. Warlich, dieſer Meiſter mus einen dicken Bauch haben,
daß er ſo viel Raum braucht, und nicht zum Thoren eingehen kan, wie andre Chri-
ſtenmenſchen.‟ Wir haben drey Briefſchaften hiervon, und weil ſie den Schluͤſſel zum
vorhergehenden und zu den folgenden Begebenheiten abgeben, ſo iſt noͤthig, daß wir
ſie hier volſtaͤndig mittheilen.
Der Sonebrieff.
Jn Gadeß Nahmen, Amen! Allen Gelovigen in Gade, de ſehen edder hoͤren deſſen ie-
genwerdigen Brieff, de Vaget, de Borger Meiſter de Radt vnd de Gemenen Bor-
ger der Stadt van der Rige wuͤnſchen Heil vnd Gruth van Gade; Wy bekennen
vnd betuͤgen in deſſen apenbaren Breve, dat ſodane Orloge vnd Twedrachting, de lei-
der ſin geweſen, van unß up de ene Syde de Chriſtenheit, den Meiſtern vnd den
Broͤdern van Lyfflande, up ander Syde frundtlick vnd loͤfflick van Gnaden des hil-
ligen Geſteß ſindt hengeleht, vnd geſoͤnet, vnd wene de Chriſtenheet de Meiſter vnd
de Broͤdere vorgenoͤhmet van vns vnd van der Heidenſchap, de vnſe Huͤlpere weren in
den Tyden vnſer Orloge vndrechtlick Schaden, vele Bedroͤffinge vnd ſchware Vervoͤ-
linge hebben entfangen, vnd genamen in den Worden, dat doch ichts icht hirvor ge-
ſchehen vnd ock damet alle Twedrachtinge vnd Schade genzlick uth den Herten kame,
vnd werde van ehnen vergeten. So wylle wy williglik den Meiſter vnd den Orden
des Dudſchen Huſes tho Lyfflande verbunden ſin, in deſſen Stuͤcke, de hirna geſchre-
ven ſtan: Tho dem Erſten, wente de Hof van Sunte Juͤrjens, van vns Bor-
gern in dem erſten Orloge ward thobracken, vnd ock up dat van vns vnd ock van vnſen
Nachkamling gehne Verbindung mit der Heidenſchap mehr werden moͤge.
So hebben wy ehn gegeven den hilligen Geeſt mit dem Rume alſe alß ehn dat uthbe-
wiſet is, ein Huß darup tho buwende nah eren Willen; vndt tho Nutten deſſulven
Huſes hebben wy gelaten, dat Rum, dat beſchlaten is, binnen den nyen Graven, de
dar geit by dem Steinwege uth der Stadtgraven van Sunte Jacobs Porten tho der
Veheweide in dem Twer- Graven, de dar geit in Tegel- Lake mit dem Holleme Kog-
genlage ganz mit allen, dat darinne licht, bet in de Dune; doch ſall de Vehweide ge-
meen ſyn, in der Wiſe, alſe geweſt iſt van Olders, vnd de Beke, de de Mohlen drifft
by dem Spittale mit allen Beken, de men darin leiden mach, ſchoͤllen hebben eren fryen
Gang tho dammende vnd Water tho ſtowende vnd Moͤlen tho buwende, wor de Mei-
ſter will, und ehm gut duncket, tho der Nut deſſulven Huſes, Sunder twe Windt-
Mohlen hebben wy tho Nutten vnſer Stadt beholden.
Vort mehr, alle de Ackere de vnſen Borgern tho behorden up den Rigeholme vnd
up Lockeſare mit dem Have, de Her Gerlach Roſen was, mit alle dem dat dartho
gehort in Ackern Weide vndt Weeſen, late wy en tho Nutte des Huſes; dartho ſolle
wy geven demſulven Huſe alle Jahr 100 Mark 36 ßl. Luͤbſch vor de Mark, half up
Oſtern und half up Sunte Michaelis Dag; Ock ſollen unſe Fiſchere ehn geven van al-
len Fiſchen de ſe fangen den teinden Fiſch tho Nutte des Huſes, dartho wor wy Rechtes
hadden in dem Wehre tho der Mitowe, laten wy freye demſelben Huſe. Vort mehr
alle de Arwen vnd Wuͤrde, de dem Orden thogehort, ſallen fry weſen van Schates
wegen, vnd alſe ſindt van Olders geweſen; doch de gennen, de darinnen wahnen, ſol-
len
ſter vnd dem Orden half alle Gerichte unſer Stadt, welken Broder, dat de Meiſter
bevelet, de ſall ſitten mit unſern Vageden tho richtende nah unſe Stadt Rechte, alle
Broͤke vnd Pene tho Nutten beider Parth.
Wer et, dat de ſulve edder en ander Broder van ſinetwegen dar niht by ſyn moͤhte,
noh en wolde, wat denner gerichtet werdt, dat ſall hebben fulle Macht, deſuͤlve Bro-
der ſall ſitten vnd weſen in unſem Rade tho allen Tyden eben he will vndt geplegen
magh, ock wenn en nye Rahtmann gekaren werdt, de ſall dem Meiſter vnd dem Orden
Truwe ſchweren, alſe der Stadt. Dat ſulven ſollen dohn de andern Borgere, van
den men dat eſchet, dartho ſollen wy helpen dem Meiſter vnd dem Orden mit Rade
vnd mit Dade tegen alle, de ſe anfechten, beholden dem Erzbiſchope vnd ſiner Kerken
ehres Rechten. Und ock wen de Meiſter ſulven reiſet, edder ein Her in dat Land kumt,
ſo ſollen wy ehm helpen mit all unſer Macht, nah ſinen Willen. Wen aver de Land-
Marſchalck mit den van der Dune vnd mit den Rechten tho Wenden vnd tho Sege-
wolde reiſet, ſo ſolle wy ehme ſenden 30 reiſige Mann tho Perde.
Vortmehr tho ewigen Daͤchtnuſſe vnd Saͤlichkeit der Selen alle dergennen, de er-
ſchlagen ſyn, in dem Orloge an beiden Syden, ſcholle wy maken Vyf Vicarien, wo
ſe de Meiſter hebben will, ihlik van 6 Marck Rigiſch Suͤlvers, de Gilde half up Wy-
nachten vff tho gevende und half up Sunte Johannis Dag Baptiſte alle Jare, deſe
ſulve Vicarien ſall de Meiſter verlohnen, wem he will nah ſinen Willen. Wer et ock,
dat iemand in ſynem Teſtament edder andre Wyſe den Orden niht wolde geven, deß
ſall he ungehindert weſen van uns, vndt fulle Macht hebben.
Vortmehr, wante wy alle Privilegia, de wy van den Orden hebben, deme Mei-
ſter wedder hebben geandwortet, weret dat hernah etlike Privilegia gefunden woͤrden,
de weder deſſem Breve ſanderlinges van dem Orden uns wurden gegeven, de ſollen ge-
ne Macht hebben.
Vortmehr, wer et, dat deme Meiſter effte dem Orden van gemande Anſprake ed-
der Hindernuſſe upſtunde, an alle deſſen vargeſchreven Saken, da ſolle wy ſe afnehmen
vnd fryen mit erer Hulpe vnd mit eren Rade.
Up dat alle deſſe Stucke vndt deſſe Soͤne vaſt ſyn, vnd ewig bliven, ſo is an deſſen
gegenwerdigen Breff unſer Stadt Jngeſegel gehangen. Deß vnd deſſen vorgeſchreven
Dinge ſind Getuͤge vndt bethuͤgen de Erbaren Luͤde und Rahtmanne Her Werner van
der Rope, de Vaget, Her Johann van Vellyn, Her Hinrich Meye de Borger-
Meiſter, Her Johann van Warendorpe, Her Hinrich van der Mitowe, Her
Volquin van Oſtenhuſen, Her Hinrick Bornes, Her Herman Roſe, Her
Hinrick Reſe, Her Hinrich Kruſe, Her Johann van der Rothporten, Her
Andreß de Stadtſchryver vnd andre Rathmenne vnd Boͤrger mit velen andern iegen-
werdigen guden Luͤden. Deſe Dinge ſind geſcheen vndt verliket vndt deſſe iegenwerdige
Breff is geſchreven an dem Frydage vor Palmen vor der Stadt tho Rige des Jahreß
in der Gebordt unſers Herrn 1330 Jahr.
Der nakende Bref.
Allen Chriſtgeloͤvigen Mynſchen de duſſen gegenwertigen Bref ſehen edder hoͤren, de
Vaget, de Vorgermeiſter, de Rath, de Gemeinheit der Stadt Rige ewig Heil
in Gade. Wy don Kundt undt bekennen apenbar, dat in den Jahren unſers Herrn
MCCC vnd in dem XXX Jahre des Diengſtages nach dem Sontage, als man ſinget
in dem Anbeginn der Miſſe Laͤtare, Sy wy thoſammede geweſen mit den Gebedigern
undt Brodern des Ordens Duͤtſchen Huſes van Jeruſalem in Lyfflandt de in der
Jegente geheten Molengrave van der Schickinge der Hilligen Drevaldighet de Olde
Schellinge und Twidracht twiſchen unß wart gelegert. Wy befehlen und undergeven
unß undt Vnſe Statt Gade undt der Hilligen Jungfrauen, ſyner Moder und der Gna-
de deß Gebedigers undt Brodere Vorbenombt mit alle unſen Guͤdern undt Fryheiten,
beholden de Sundheit unſer Live. Undt darumb dat de Gebediger undt Broder
vor-
17ten Merz, Abends um 6 Uhr, und lies durch den kaiſerl. Notarius in dem Refectorio der
ZDom-
eme Gelaten, und mit guten fryen Willen in ehre Hende gegeven twe Torne in unſer
Statt.
pitel um Rath und Huͤlfe: es lies ſich aber weder Domherr noch Prior finden. Wie ſie die
Verraͤtherey merkten, fieng der Erzvogt Hr. Heinrich Meye mit vielen Thraͤnen an: Jhr Her-
ren, und beſcheidenen Maͤnner, geiſtliche und weltliche, ſeyd hier beiſammen, euch in dieſem klaͤgl.
Elend einer den andern zu troͤſten. Hier konte er vor Weinen kein Wort mehr hervor bringen.
Sein Gehuͤlfe Hr. Joh. von Vellin fuhr hierauf fort: Ehrbare Maͤnner, wir ſind in Noth,
und von allen verlaſſen. Glaubet nicht, daß wir was dabey verſehen haben. Wir haben uns
gegen den Papſt und ſeine Cardinaͤle demuͤthig genug herausgelaſſen. Wir haben die Seeſtaͤdte,
die Regenten, die Landſtaͤdte vielfaͤltig um Huͤlfe erſuchet. Keiner hat uns geantwortet oder
Troſt verſprochen.
Alle Lebensmittel ſind aufgezehret. GOtt iſt Zeuge, daß bey der Buͤrgerſchaft uͤberhaupt nicht
mehr als 4 Laſt Mehl liegen. Manche ſind weggegangen, manche haben verhungern muͤſſen,
und es komt ſchon ſo weit, daß einer den andern todſchlagen wil. Ob wir gleich uͤber den Muͤhl-
gaben mit dem Meiſter tractiren wollen, ſo wil ſich doch ſelbiger unter keinen andern, als uns
unertraͤglichen Bedingungen zum Vergleich verſtehen. Wer unter euch Brod hat, der gebe es
her, und fordere dafuͤr nach Belieben. Die Armen ſollen euch mit der Zeit Gerechtigkeit wie-
derfahren laſſen. Auf dieſe Rede antworteten alle, ſie haͤtten vom Groͤſten bis zum Kleinſten kei-
nen Biſſen Brod. Joh. von Vellin, der alte Vogt fieng noch einmal an zu weinen und ſprach
unter vielen Schluchſen: O HErr GOtt, wie wil es mit uns Armen in dieſer Angſt werden-
Sie antworteten einmuͤthig, ſo wie es auf der Stube von Soeſt abgemacht worden: Wir
wollen uns ergeben, der Meiſter verlange auch von uns, was er wolle. Und damit giengen die
Tractaten an, in welchen die halbe Stadt unter den Orden gerieth. Ob nun gleich Riga fuͤr
den Erzbiſchof ſchon kein angenehmer Aufenthalt war, ſo fand ſich ſelbiger doch noch mehr durch
dieſe Mitregentſchaft des Meiſters beleidiget. Es iſt daher kein Wunder, wenn auf dieſes Un-
gewitter durch das Stuͤrmen des Erzbiſchofs am paͤpſtl. Hofe ein ſtarker Donnerſchlag folgte.
Benedict der XIIte ſtelte dem doͤrptiſchen Biſchof Engelbert dieſe Gewaltthaͤtigkeit wider die
erzbiſchoͤfl. Stadt Riga vor, und ſchickte ihm aus der paͤpſtl. Kanzley alle Privilegien zu, nach
welchen der Erzbiſchof allein Herr, der Orden aber nur Diener war. Sein Vorgaͤnger Johan-
nes der XXIIſte las dem Orden einen harten Text, als derſelbe Duͤnemuͤnde geſperret und ſich
zugeeignet hatte. Der jetzige Papſt aber brach mit dem hohen Banne los, da ſeine Kinder, die
rigiſchen Buͤrger, ſich muſten einſperren und zu Tode hungern laſſen, verlangte auch inſtaͤndigſt,
daß alle eingezogene Guͤter der Geiſtlichen und der Stadt ohne Widerrede frey gegeben und alles
in vorigen Stand geſetzet wuͤrde. Er klagt nicht nur uͤber das Gefaͤngnis, Angriffe und Ermor-
dung der Erz- und Biſchoͤffe, Proͤbſte, Dechanten, Praͤlaten und andrer geiſtlichen Perſonen, ſondern
auch uͤber den Ungehorſam des Ordens gegen ſeine Herren und obern Beſchuͤtzer, und erklaͤret
alle ihre Privilegien fuͤr nul und nichtig. Gegeben zu Avignon am 12ten Febr. 1336. Der
doͤrptiſche Biſchof lies ſolches im Chor ſeiner Domkirche in Beiſeyn des Hrn. Herman, Abts von
Valckena, aller Domherren, und der Ritter, Gottfrieds von Vyfhuſen und Diedrichs von
Dalen und der verſamleten ganzen Stadt oͤffentlich verleſen. Die ſaͤmtlichen paͤpſtlichen Urkun-
den wurden von den Domherren Johan von Muͤhlen (de Molendino) als Official, Johan
Brelo, Cuſtos, Herman von Sobeliſſe aus dem hapſalſchen Biſtum, und Joh. Ronne aus
dem doͤrptiſchen, wie auch Thiederich von Wittinge aus dem Biſtum Halberſtadt, die alle
oͤffentliche Notarien waren, regiſtriret. Der kaiſerliche Notarius Kerſten, genant Leyſeke von
Pernaw, lies alle dieſe Acten 1393 am 22ſten Sept. zu Luͤbeck durch den bremiſchen, ver-
diſchen und luͤbiſchen Notarius in Abſchrift nehmen. Die Stadt aber machte ſich den Schutz-
brief des Papſtes vortreflich zu Nutze, und nahm nicht undeutlich zum Wahlſpruch an: man mus
dem Papſt mehr gehorchen, denn dem Orden. Die Stadt ſelbſt erkante nur den Erzbiſchof als
Oberherren in geiſtlichen Sachen, weil der Buͤrgerſchaft von den alten Biſchoͤfen unumſchraͤnkte
Freiheit gelaſſen war, damit die Anzahl der Buͤrger zunaͤme. Dieſes muſte ein muͤnſteriſcher
Geiſtlicher, Peter von Bethune, 1343 auf Befehl des Papſts Clemens des VIten in Gegen-
wart der beſtaͤndigen Vicarien des rigiſchen Schloſſes, Heinrichs von Mansvelde, Jacobs
von Weuden und Heinrich Saxens, unterſuchen, der denn zur Antwort erhielt, daß die Stadt
den Erzbiſchof in geiſtlichen Stuͤcken allein fuͤr ihren Landesherren halte, ihm den Vogt zur Be-
ſtaͤtigung vorſtelle, und ſein Bild auf der Muͤnze fuͤhre, die aber doch von gothlaͤndiſchen Korn
und Schrot ſeyn muͤſſe. Riga vom 10ten November. Mit der Zeit ſchienen die Erzbiſchoͤfe
der Mitregentſchaft des Ordens gewohnt zu werden, oder konten es auch am paͤpſtl. Hofe nicht
weiter bringen. Der rigiſche Buͤrgermeiſter, Gerhard Meye, proteſtirte in Gegenwart des
doͤrptiſchen Biſchofs gegen alles, was wider die Freiheiten der Stadt und die Statute des
modeneſiſchen Legaten Wilhelms lief, woruͤber der kaiſerl. Notarius, Johannes Lupi, ein
luͤbiſcher Clericus 1360 am 18ten Aug. um 6 Uhr ein Jnſtrument errichtete. Worauf der Bi-
ſchof von Doͤrpt an die Bruſt ſchlug, und bey GOtt ſchwur, daß der Erzbiſchof noch alle Muͤhe
anwende, ſie frey zu machen. Als Zeugen waren hiebey der doͤrptiſche Domherr, Albert
Molenſtraten, und der Ritter Bartholoͤmaͤus von Tieſenhauſen, Vogt zu Thoreida.
Belagerung ſamt der Kirche geſchleift; doch iſt es in dieſem 1751ſten Jahr innerhalb der Stadt recht gut
wieder aufgebauet. Stat der St. Juͤrgenskirche iſt die Gertrudenkirche angeleget. Die Jeſus-
kirche liegt gleichfals in der Vorſtadt, in welchen beiden Kirchen der Gottesdienſt in deutſcher
und lettiſcher Sprache abwechſelt. Jn der Stadt Riga ſelbſt iſt der ſchoͤne Dom oder die Ma-
rienkirche; doch iſt ſeit der Reformation die Peterskirche zur Hauptpfarre geworden. Die St.
Jacobskirche gehoͤret der hohen Krone; die St. Johanniskirche iſt blos zum lettiſchen Gottes-
dienſt beſtimmet; die St. Marien Magdalenenkirche iſt zum Gebrauch der rußiſchen Beſa-
tzung, welche noch in der Citadelle ſowol als in |der Vorſtadt eigene Kirchen haben. So iſt auch
die reformirte Kirche kein uneben Gebaͤude. Die Catholiken haben bisher in einem Hauſe, gleich-
wie die fremden Litthauer und Ruſſen, ſich mit einer kleinen Kapelle an der Duͤne beholfen.
Die St. Catharinenkirche war ehmals in dem Bezirk des heil. Geiſtſtifts. Sie lag gegen dem
campenhauſiſchen Elend uͤber. Vor 30 Jahren ſahe man noch ihre Truͤmmern und den ſteiner-
nen Altar; jetzo iſt ſie zu einem Speicher gemacht. Hieraus koͤnnen unſere Leſer das ceumern-
ſche Verzeichnis von den Kirchen S. 23 aͤndern und auch vermehren; die landiſchen daſelbſt er-
zehlten Kirchſpiele haben zu unſern Zeiten ebenfals einige andere Benennungen angenommen.
Zu den Zeiten der Reformation wandten die reichſten Buͤrger in Riga einen Theil ihres zeitlichen
Segens zum Dienſte des HErrn an, und ſorgten mit froͤlichem Herzen fuͤr das Elend der Ar-
men. Es ruͤhren davon unterſchiedliche Stifte her, die man miſerias oder Elende nante. Auſ-
ſer dem wohl eingerichteten Waiſenhauſe ſind noch bekant das Elend bey der St. Johanniskirche
jetzo Ekens-Convent, wo arme Witwen verpfleget werden; das zimmermanniſche oder Pelegri-
nen Elend; das burmanniſche oder Nieſtaͤdts-Convent; das geismeriſche; das ſchoͤne cam-
penhuſiſche; das Joh. von coͤlniſche; das durcopiſche und Caſpar rombergiſche Elend:
welche alle von der Frucht des Evangelii in Riga zeugen.
wercke darſolveſt gebauet mit der Porten. Undt de Ander geheten is deß Hilligen
Geiſtes Torne mit ſyner Porten undt Maarſtalle daby belegen, tho beholdende undt
tho hebbende undt tho bewahrende, ſo lange dat Se under ſick bedacht undt uthgeſpra-
cken hebben in wat Recht undt Gnade ſe uns undt unſer Statt geven willen. Tho der
aller Tuͤchnuͤſſe iſt unſer Stadt Jnſeegell hir unden angehangen. Gegeven tho Riga
in den vorgeſchrevenen Datum Frydages nach Judica.
JGodes Namen, Amen. Allen Gelovigen, de ſehen edder hoͤren deſen gegenwor-
digen Breff, Broder Eberhard von Munheim, Meeſter der Broͤder vom
Duͤſchen Huſe ower Lyffland, Commendure, Vagete, undt de gemenen Broͤder
deſſuͤlven Landes wuͤnſchen Heyl undt Grote in Gade.
Wy bekennen undt betygen apenbar, dat ſo gethane Tweydrachteng, de leider man-
nich Jahr ſchwerlik geweſt iſt, van uns uf eene Sydt, undt van de Stadt van Ri-
ge uf ander Sydt van der Gnaden unſes Herren fruͤndlich iſt hengelegt undt verſoͤnet.
Und uf dat deſe Soͤne ewichlichen ſtede bliwe, ſo gewe wy denſuͤlven Boͤrgeren van
ſunderliken Gnaden undt Fruͤndſchap:
Thom erſten, alle de Garden, de wy hadden oͤfwer de Rige, ohne den de Bredi-
ker Broͤder nu beſitten.
Ok gewe wy eme de Kalwerholmen medh enem Stuͤcke Landes, dat dar legt by
dem Vorwerck unſe Frauwen alſo, alſſe en dar bewyſet iß, ock late wy em wedder dat
Ruhm, da de Fleſchſcharn hadde geſtan, alſe en vor tho gehoͤret hadde. Dartho la-
te wy em Fryheet to fiſchen in allen unſe Watern, alſe ſe van Olders hadden. Sun-
derliken gewe wy en ok Fryheet, Holt to howen, beider Sydt de Semgaller Aa up,
van der See bit tho den Wateren der Birſe, undt de Birſe up twe Mylen ſunder
Tymmerholt, dat ſall ſtan tho unſem Gnaden.
Ok gewe wy em ſunderlike um den Kanijerwe eene halfe Myle Borch undt Baſt to riten.
Vortmehr de Vehweide vor der Stadt tall nemandt ſyn gemeene, ſunder den ge-
nen, den ſy van Olders tho gehoͤrt hatt.
Ok were dat, dat een Man van den Unſen in der Stadt breke, den ſall man rich-
ten nah Stadts-Rechte, da de Broͤke geſchehn were.
Vortmehr, ſo wylle wy plichtig ſin, ſe to beſchermende, undt to huͤlpende in allen
Dingen, glik den Unſer Boͤrgern, kegen den de ſe met Unrecht anfechten.
Vortmehr were idt, dat unſe Vagt edder en ander Broder ſinetwegen by dem Rich-
te nicht ſyn wolle, wat denn van der Stadt Vagt werd gerichtet, dat ſall hebben vulle
Macht; ſuͤnder wat an Hals edder Hand geht, ſo ſoll unſe Vagt edder een Broder
oͤwer weſen.
Z 2Ere
Woͤrtern. Aus des Freiherrn Ludwigs von Holberg vermiſchter Briefe zweitem Theil, Co-
penhagen und Leipzig 1750, dem 82ten Briefe lernen wir, daß der aͤlteſte Prinz des Koͤnigs
von Daͤnnemark den Namen Adelin, d. i. Domicellus inſonderheit gefuͤhret habe.
unthobroken beholden, de unſen Rechten und den Brefwen nehne Vorfang ſyn, da-
rup deſſe nye Soͤne iß gegewen.
Tho enem ewigen Gedaͤchtnuͤſſe undt Faſtigheet ſo hebbe wy unſe medh enem Dhele
unſe Gebedigere Jngeſegele an den gegenwerdigen Bref gehangen. Broder Emeke
Hack de Landmarſchalk, Broder Herman von Neſſen Comter tho Vellyn, Bro-
der Reiner Mumme Commendur undt Vagd to Wittenſtehn, Broder Johann
Ungnade, Commendur tho Wenden, Broder Goddert van Bentheim, Com-
mendur tho Duͤnemuͤnde. Deß undt deſſer Ding ſin ock Tyge andere Gebedegere undt
Broͤder medh veel andern thegenwaͤrdigen guden Lyden. Duͤſſe Ding ſind geſchehn,
undt deſſe thegenwordige Bref iß gegewen to Dunemunde des Jahrs nach Bort un-
ſes Herren Duſent, Drehundert undt dertig Jahr, des andern Dages der Hochtyd der
Hemmelfardh unſe Fruwen.
Mit 6 Siegeln.
aufgehalten zu haben. Aus dem Synchroniſmus ergiebt ſichs, daß man das Schlos
Arensborch auf Oeſel, und die Stadt nach ſeinen Namen genennet, der er auch
ſein Wapen, nemlich einen ſilbernen Adler im blauen Felde, verliehen. Jn der Fahne
der Provinz Oeſel iſt die Farbe des Feldes zwar jetzo beibehalten, der ſilberne Adler
aber in einen dunkelbrauen oder natuͤrlichen verwandelt worden, weil niemand deſſelben
Farbe ſicher angeben koͤnnen.
nemark, ob ihn gleich der Kaiſer zum voraus ſo nennet, und ſo nennen konte, weil
er als aͤlteſter Prinz der nechſte Kronerbe war. Der Kaiſer nennet den Hochmeiſter
Nobilem et Religioſum virum, Ordinis fratrum Theutonicorum Magiſtrum genera-
lem, principem ſuum deuotum, und in der Schrift, Deuotionem Tuam, den lief-
laͤndiſchen Orden aber nur Religioſos Viros, Magiſtrum Ordinis Theutonicorum
in Liuonia, ac eius ſubditos et confratres, doch iſt im Context: Deuotionem veſtram,
und fideles deuotos. Die Zeitrechnung der preußiſchen Hochmeiſter bey dem Herrn
Praͤp. Kelch S. 119 iſt hieraus zu verbeſſern.
Ludwig, vielleicht um der Entlegenheit des Landes willen, mit dem deutſchen Orden,
der ſchon auf die Beſetzung und Wegnehmung Eſtlandes Gelder vorgeſchoſſen, einen
Kaufhandel einzugehen berechtiget worden; wie denn Menius im Prodrom. S. 10,
einen ſolchen Vertrag anfuͤhret, nach welchem der Marggraf dem Hochmeiſter Hein-
rich Duſemer, um 6000 Mk. Goldes am Tage Matthaͤi 1341 zu Tangermuͤnde
Eſtland abtrit, wogegen der Koͤnig Woldemar das Vorkaufsrecht gebrauchte, und
die bedungene Summe ſeinem Schwager auszahlte, wodurch dismal Eſtland wieder
an Daͤnnemark zuruͤck fiel. Dieſer letzte Umſtand verdienet bemerket zu werden,
weil Daͤnnemark bis 1346 die Regalien gehabt, und man ſonſt aus dieſen verwirten
Haͤndeln weder die Jnterimsacten noch die voͤllige Ceßion beurtheilen koͤnte.
Andre leſen, von 3 Loͤwen.
den auf. CranzSveciae lib. V, c. 28 berichtet, daß ihn die Geiſtlichkeit in Schwe-
den mit vielen Ehrenbezeugungen aufgenommen, und weil eben der neue Thronfolger
Albert von Meklenburg mit ſeiner Gemahlin Euphemia von der Koͤnigin einge-
holet worden, ihn erſuchet die hohe Meſſe zu halten, und die koͤnigl. Salbung und
Kroͤnung zu verrichten, woruͤber alle Anweſende ihre Freude bezeuget haͤtten.
die edlen Maͤnner Joh. von Weiden, Hinrich Lode und Hinrich Lykes, Wa-
pentraͤger und vornehmer Rathsherr zu Revel.
Anlas gegeben. Die Bauren ſelbſt ſuchten dieſen Aufſtand mit den unbarmherzigen
Auflagen des Adels zu beſchoͤnigen, davon CranzVandal. lib. XIII, c. 21, nachzuleſen.
Venator beſchuldiget Cranzen der Parteilichkeit, als ob er gegen den Orden einen
Grol gefaſt, und keine Gelegenheit vorbeigelaſſen, den Bruͤdern der Ritterſchaft eins
anzubringen. Wenn die mehreſten Stimmen gelten, ſo iſt freilich dieſen zur Verzwei-
felung gebrachten Bauren zu viel geſchehen. S. Nic. Leutingerde March. Bran-
denb. l. III, p. 54. Oernhielm ſchrieb noch im vorigen Jahrhundert, daß man die
Bauren zur ewigen Arbeit unaufhoͤrlich verdamme und ſie wie die Hunde halte. Ein-
A a 2hei-
Flotte mit Huͤlfsvoͤlkern nachkam, muſten die eſtlaͤndiſchen Raͤthe auch Narva den
Lieflaͤndern verpfaͤnden. Alſo lies Daͤnnemark ſeine Vaſallen im Stiche, der Or-
den aber machte ſich durch behende und nachbarliche Huͤlfe immer mehr bey ihnen be-
liebter. Die Ausdruͤcke im Schlus des koͤnigl. Briefes ſcheinen wol nicht nach dem
Geſchmack der Lieflaͤnder zu ſeyn. Sie lauten alſo: Tenemini etiam familiarius et
vltra alios nobis et coronae Dacianae fidelitatis obſequia impendere, ad quod vos
inducat non ſolum veſtra praeexperta fidelitas, verum etiam debita nobis reuerentia.
Eſtis enim ad hoc nobis, ſi vultis advertere, obligati. Ohne Zweifel zielte Wolde-
mar auf den Beiſtand, welchen die Lieflaͤnder von ſeinen Vorfahren zur Bezwin-
gung des Landes genoſſen, und verweiſet ſie zu einer dankbarlichen Erkentlichkeit.
zu verantworten hat. GOtt lob! daß in unſern Tagen ein ſo ſchmaͤlicher Vorwurf
Liefland nicht treffen kan.
nigl. Urkunden um ein Jahr ſpaͤter unterzeichnet ſind, ſo beweiſet doch Hiaͤrne aus den
einheimiſchen Briefſchaften von 1345 den koͤnigl. Aufenthalt in Revel. Jn der einen
belehnet Woldemar einen Herrn Woldemar von Roſen, nebſt deſſen Soͤhnen und
Sohnsſohn, mit unterſchiedenen Hoͤfen und Dorfſchaften in Harrien, Wierland und
Allentaken; wobey Stigot Anderſon als Ritter, Rath und Hauptman uͤber Eſt-
land zum Zeugen angefuͤhret wird. Der Koͤnig tituliret ſie perdilecti Domini et milties.
Der andre Brief, in welchem er dem Biſchof Olaus den Hof Kilpaner verkauft, iſt
vom 2ten Jenner 1346, 8 Tage nach Joh. des Evangel. und Apoſtels; und der dritte,
worin er der revelſchen Domkirche zu ſeiner, ſeiner lieben Helwig und ſeiner Vor-
fahren Seligkeit die Kirche St. Simon und Judaͤ in Karkuͤl einverleibet, vom 2ten
May, Tages nach Philippi und Jacobi. Alle 3 Briefe ſind zu Revel unterzeichnet;
der 4te aber ſchon zu Rotſchild auf Urbani, d. i. am 25ſten May 1346, als der
Koͤnig ſchon wieder in ſeinen Erblaͤndern angelanget, in welchem er das Jus patrona-
tus uͤber 2 revelſche Pfarkirchen dem Domkapitel zu Revel ſchenkt, damit der Bi-
ſchof jaͤhrlich fuͤr ihn, ſeine Gemahlin Helwig, und ſeine Vorfahren 2 Seelmeſſen
halten und Spende austheilen ſollen.
rich von Beke 1425 vom Biſchof Heinrich in Abſchrift nehmen laſſen, und zwar auf
Anſuchen Herrn Heinrich Bremers, Pfarrherrn und Rectors zu Narva, der ihn
dem Ordensmeiſter vorzuweiſen hatte, und beſorgte, er duͤrfte einmal von Handen
kommen. Den andern fuͤr die Stadt Narva haben die Herren Buͤrgermeiſter in Re-
vel 1365 am ſechſten Tage vor Petri und Pauli mit ihrem Stadtſiegel erneuert. Bei-
de aber beweiſen das Daſeyn des Koͤnigs in dieſem Jahre.
ſeinen Namen von Soͤhnen oder Verſoͤnen haͤtte, wie es auch Oernhielm S. 83 er-
klaͤret, wenn es nicht warſcheinlicher heraus kaͤme, daß ſowol der alte als neue Name
von Sonne herzuleiten waͤre, und man ja ſowol ein Schlos Sonneburg auf Oeſel, als
in Deutſchland bauen koͤnnen, wie gar viele Geſchlechter ihrem Gute einen deutſchen
Namen gegeben, welchen das Stamgut in Deutſchland gefuͤhret. Herr Buͤrgerm.
Neuſtaͤdt erzehlet uns von der Urſache dieſes Baues ein ander Hiſtoͤrchen. Die
oeſelſchen Bauren wolten ihren Strand bereichern, und einen von den Daͤnen geſetz-
ten hoͤlzernen Feuerthurm in die See ziehen. Der Anſpan war wunderlich. Sie hat-
ten ein groſſes Tau um die Spitze des Thurms herum geſchlungen, unten aber einen
Haufen Ochſen mit den Hoͤrnern daran geſchnuͤret. Da die voͤrderſten Ochſen anzie-
hen, werden die hinterſten empor gehoben, bis endlich die Bauren riefen, Oteh,
Oteh, Jſſa, haͤrged laͤhhewad taewaſſe, das iſt: Halt, halt! Vater, die Och-
ſen gehn gen Himmel. Und zur Strafe baueten ſie Suͤhneburg. Heutiges Tages
ſind auſſer einigen dunkeln und engen Kellergaͤngen und einem faſt der Erde gleichen
kleinem Wall kaum noch die Spuren eines Schloſſes davon uͤbrig. Dieſe letzte An-
merkung iſt noͤthiger, um der neuen Geographie willen, da dieſes Sonneburg noch
immer eine ziemliche Stadt oder ein treflich Schlos heiſſet.
jenſeit der Duͤne eine Muͤhle pluͤndern wollen, allein ſie haͤtten, der umliegenden Mauer
wegen, beim Gerenne einkriechen muͤſſen. Die Beckerknechte haͤtten mit groſſen Muͤhl-
aͤxten einen nach den andern in der Stille bewilkommet, bis ſie ihrer an die 70 derge-
ſtalt hingerichtet, da endlich das mit Blut gefaͤrbte Waſſer den andern ſchnelle Fuͤſſe
gemacht, wofuͤr dieſe Geſellen im Dom eine ſchoͤne Freiheit erlanget, die aber mit der
Zeit wieder eingegangen. Es war inzwiſchen ein Eigenſin von dem preußiſchen
Hochmeiſter Ludolph Koͤnig, daß er in Litthauen einfiel, um den Lieflaͤndern
Luft zu machen, da er doch den Feinden gerade uͤber die Duͤne haͤtte folgen ſollen.
Ueber dieſen unzeitigen Einfal trenten ſich die Koͤnige Ludwig von Ungern, Jo-
han von Boͤhmen und mehrere deutſche Fuͤrſten mit ihren Huͤlfsvoͤlkern von den
Ordensvoͤlkern. Koͤnig erkante ſein Verſehen auf der Engelsburg in Rom, wo er
einen hoͤflichen Arreſt hatte, zu ſpaͤt, und verfiel in eine ſtarke Tiefſinnigkeit. Siehe
Hartknochs Altes und Neues Preuſſen S. 302. Doch der Hochmeiſter Hinrich
Duſemer bezahlte dieſen Streich den Litthauern in ihrem Lande ſo nachdruͤcklich,
daß ſie auf eine gute Zeit damit zufrieden ſeyn konten.
ſchrift von den Herrmeiſtern, Goswien von Eveke; die andere, Goswien von
Ecke; Kelch, von Eich; andre, von Erch. Der Herr Landrath von Ceumern verwech-
ſelt ihn aus Verſehen mit einem ganz andern Ordensmeiſter Robin von Eltzen, welcher
ſpaͤter regierte. Etliche Abſchriften haben Flerike, welches aber den Urſchriften zu-
wider iſt, wo ein deutliches h ſtehet.
einmal vor ſich, ob ſie gleich den koͤnigl. Verſiegelungen und dem Eide der Ritterſchaft
entgegen lief, ihr auch Anno 1300 und 1329 von den Eſtlaͤndern vorgebeuget worden
war. Jn der Jahrzahl und in dem Preiſe weichen unſre Verfaſſer von einander ab.
Huitfeld datiret ſeine Urkunde von 1346 zu Marienburg, und redet von 19000 Pf.
loͤthigen Silbers, da Pontanus und andre nur 18000 angeben. Menius redet von
30000 Mark Goldes, die er endlich bis auf 19000 behandelt. Hiaͤrne datiret den Kauf-
brief zu Koͤnigsberg 1346, und wil auch Abſchriften davon geſehen haben. Jn der
daͤniſchen Urkunde in welcher Waldemar an ſaͤmtliche Raͤthe, Hauptleute, Man-
ſchaft und Unterthanen des Herzogthums Eſtland berichtet, daß ſein allerliebſter Bru-
der, der Junker Otto, in den deutſchen Orden getreten, und der Koͤnig Eſtland
mit allen ſeinen Schloͤſſern, Staͤdten und Doͤrfern dem Orden zugeſaget, weswegen
alle dem Hochmeiſter huldigen und Gehorſam leiſten, ihres Eides aber gegen den Koͤnig
entledigt ſeyn ſollen, mus wol ſtat ⅽⅼↄⅽⅽⅽXLIV ⅽⅼↄⅽⅽⅽXLVI geleſen werden. Dieſer
Brief iſt gegeben am Tage Mariaͤ Himmelfart zu Copenhagen (Hafenis, aus wel-
chen lateiniſchen Worte die Geſchichtſchreiber uns ich weis nicht was fuͤr ein Hufeis
machen). Die daͤniſchen Schriftſteller finden groſſe Bedenklichkeiten darin, daß kein
koͤnigl. Rath als nur Stigot Anderſon unterſchrieben; ja ſie ſtellen ſich an, als ha-
be die Krone Daͤnnemark von dieſem Handel nichts gewuſt, bis der polniſche Ge-
ſandte auf dem ſtettiniſchen Friedensſchluſſe 1570 die Acte zuerſt ans Licht gebracht,
davon uns Huitfeld eine Abſchrift in daͤniſcher Sprache liefert. Da der beruͤhmte
Herr Baron von Holberg in ſeiner daͤniſchen Reichshiſtorie es ebenfals bey der Er-
zehlung des Huitfeld und Pontanus bewenden laſſen; ſo wollen wir aus den geſam-
ten Briefſchaften einen kurzen Auszug ertheilen, und zwar nach ſolchen Abſchriften,
die am 27ſten April 1697 mit der im ſchwediſchen Archiv befindlichen Urſchrift getreu-
lich verglichen worden. Es ſind aber noch folgende davon vorhanden.
1. Ein Schenkungs-Verkauf, Uebergebungs- und Abſagebrief am Matthiastage
1346 zu Tangermuͤnde. Ludwig, Marggraf zu Brandenburg und der Laus-
nitz, Pfalzgraf am Rhein, von Bayern und Caͤrnthen Herzog, Graf von Tyrol
und Goͤrz, Vogt der brixiſchen, aquilejiſchen und tridentiniſchen Kirchen, des
h. R.
Ordensbruͤdern ganz unwiederruflich das Herzogthum Arrien oder Eſtland, das
Schlos und die Stadt Revel, nebſt den Rechten aufs Stift; das Schlos und die
Stadt Weſenberg, alle Weichbilde, Vorwerke ꝛc. um 6000 Mk. rein Silber coͤl-
niſches Gewichts, wenn es auch nachher mehr gelten ſolte. Als Zeugen ſind ange-
fuͤhret Joh. Burggraf von Nuͤrnberg, Albert von Wulfrein, Friedrich von
Lochen, Wilhelm von Predt, Schenke, Bernger Helo Marſchak, und andre.
2. Dergleichen vom Koͤnig Woldemar am Tage Johannis Enthauptung 1346
zu Marienburg. Der Koͤnig rechnet die Stadt und das Schlos Narva mit zu
Eſtland, und verkauft es um 19000 Mk. Dieſer Brief iſt lateiniſch geſchrieben, und
Huitfeld hat ihn ins Daͤniſche uͤberſetzet, unterzeichnet ihn aber vom Johannis-
tage.
3. Waldemars Quitung ſo er zu Rotſchild 1346 am Tage der 11000 Jungfern
an den Hochmeiſter Tusmer auf 200 Mk. Coͤlniſch, die er durch Otto Schenck
Herrn von Schenkendorf empfangen, ausgefertiget.
4. Stigots Contract mit Tusmern, zu Wittenſtein 1346 am Tage Aller Heili-
gen, welcher in Begleitung des Ritters Friderich von Lochen den Kaufhandel mit
Tusmern zum Schluſſe bringet, daß auf nechſtkommenden Johannis das Geld zu
Luͤbeck ohne weitern Anſtand geliefert, und jede Mark mit 45 Schillingen (Solidis) in
guͤltigen Groſchen bezahlet, in deren Ermangelung aber mit fuͤnf und einen halbem Fl.
die gebe ſeyn (datiuos), oder an deren ſtatt mit vier und einem halben Goldſtuͤcke (ſcu-
tatos ſeu clypeos aureos) jede Mark entrichtet werde: doch werden durchaus keine luͤ-
biſche Florenen angenommen.
5. Ein Schein, womit Sigfrid von Bruͤgge (de Ponte), Bertram Hoy-
deby, Heinrich Pape und, Niclaus Schencke, Buͤrgermeiſter der Stadt Luͤ-
beck bezeugen, daß der Hochmeiſter Tusmer durch den Bruder Heinrich von Rech-
ter, Vicecomtur zu Danzig, Bruder Adam, Comtur von Wismar, und Bru-
der Ludolph Hacke, Comtur des Schloſſes Buͤcowe, an den daͤniſchen Kanzler
Heinrich von Luͤneburg an ſtat 1100 Mk. coͤlniſches Gewichts 6050 Florenen nach
vollem Gewichte bezahlet habe: zu Luͤbeck 3 Tage vor Thomaͤ. Am Tage vor
Petri und Pauli aber quitiret der Koͤnig den Preuſſen und Lieflaͤndern auf 6000
Mark, die an Gold und Silber ausgezahlt worden, und welche er in dem Hauſe der
luͤbiſchen Buͤrgermeiſter durch ſeine Gevolmaͤchtigten von Diedrich von Stocken
Comtur in Vellyn, und Heinrich Morneweck, Comtur in Segewalde, zu ſei-
nem Gebrauch heben laſſen. Ein gleiches bezeugen der Proconſul Heinrich Pape
und Herman von Wichede, daß das Silber mit luͤbiſchen Schillingen, das Gold
aber in flaͤmiſchen Florenen ausgezahlet worden; am Sontage vor Margarethen.
6. Eine Quitung, welche der Marggraf Ludwig von Brandenburg an Tus-
mern uͤber 6000 Mark ausſtellet, die an Wolfart von Saxenhofen und Ber-
thold von Ebenhuſen, des Marggrafs Kuͤchenmeiſter, abgetragen ſeyn. Marien-
burg 1347 am Tage Priſcaͤ.
7. Eine andere, nach welcher Tusmer an des Koͤnigs Kapellan, Heinrich von
Luͤneburg, und an den Waffentraͤger Nicolaus Hane 3000 weniger 100 Mark
ausgezahlet, Marienburg am 3ten Tage nach Eſto mihi 1247; auf welchem
Schloſſe der Ritter Frider. von Lochen ſchon 2 Tage nach Reminiſcere fuͤr ſeinen
Koͤnig 900 Mark und uͤber dem 1000 goldene Florenen laut Quitung empfangen.
8. Ein Auftrag, Marienburg in der Frohnleichnamsoctave 1347, da Goswin
von Herike von Tusmern die Verſchreibung des Landes Revel erhaͤlt, im Beiſeyn
der Comture Joh. von Weddin zu Vellin, Arnolds von Vitinghove zu Gol-
dingen, Willeken von Yſtede zu Duͤnemuͤnde und Herman Gudakers zu Per-
nau. So bald der Orden in Preuſſen es zuruͤcke haben wil, mus ſelbiger 20000
Mark bezahlen. Wolfram von Nellenburg Gebietiger in Deutſchland hat es
mit beſiegelt.
9. Des Koͤnigs Waldemar Bericht an den Papſt Clemens den VIten, am Jo-
hannistage 1347 aus Copenhagen (Haffnis), in welchem zur Urſach dieſes Verkaufs
das Geluͤbde ſeines Bruders Otto an GOtt und die heil. Maria angegeben wird,
welcher den deutſchen Orden anzunehmen geſonnen ſey. Den Ueberſchus ſchenkt der
C cKoͤnig
dieſes Geld erlegten, woraus wir nur zur Neuigkeit und um der Muͤnze willen dieſen
Auszug anfuͤhren;
Ju der Schmiedeſtraſſe giebt Joh. Copenhaven 3 Ferding und einen halber
Settin. Joh. Ribenitz eine halbe Mark weniger 1 Settin. Kuͤhne der Klein-
ſchmid
Bedenklichkeiten machen zu laſſen. Clemens nahm den 8ten Febr. im 6ten Jahr ſei-
nes Regiments zu Avignon das Tranſſumt von dem koͤnigl. Briefe, fuͤhret aber in
der Vorrede deſſelben an, daß der Werth, ſo uͤber 19000 Mark gehe, ihm und dem Or-
den vom Koͤnig geſchenket ſey, dafuͤr der Koͤnig Vergebung der Suͤnden erlanget.
10. Ein Ausſchreiben, Wenden 1347 Sontags vor Lucaͤ des Evangeliſten. Gos-
win von Herike meldet, daß ihm von Tuſmern das Land Revel mit allem Zubehoͤr
abgetreten ſey, zu deſſen Wiedereinloͤſung der preußiſche Orden ihm die ausgelegten
und vorgeſchoſſenen 20000 Mark erſtatten muͤſſe, wenn es deſſen Nachfolger ranzioni-
ren wollen. Auſſer dem Meiſter haben ſich Bernhard von Oldendorp, Landmar-
ſchall, Joh. von Weddin, Comtur zu Vellin, Tymo von Mekede, Vogt zu Jer-
wen. Arnold von Vitinghof in Goldingen, Ernbert in Riga Comture. Hil-
debrand von Lende Vogt zu Wenden. Die Comture Wilken von Yſtede in
Duͤnemuͤnde, Ernſt von Yſtede in Segewolde, Herm. Gudaker in Pernaw,
Heinrich von Hannover in Leal, Andreas von Sternberg in Windaw und
Wilhelm von Sunnenberg in Mitau. Die Voͤgte Wilhelm von Capelle in
Oberpal, Gerd von Holſtein in Peyde, Tidemann von Warensdorf in Kar-
kus, und Joh. von Lechtes in Saccala, unterſiegelt.
11. Eine Obligation vom vorigen Datum, in der die Lieflaͤnder verſprechen, dem
Orden in Preuſſen nach 14000 Mark auszuzahlen, und von dieſer Summe jaͤhrlich
auf Johannistag 1000 Mark zu Luͤbeck und Bruͤgge abzutragen. Wenden, mit
vorigen Siegeln.
12. Die algemeine Beſtaͤtigung aller Privilegien der Eſtlaͤnder von Tuſmern
und ſeinen Ordensgebietigern zu Marienburg 1349 am Tage Franciſci des Be-
kenners.
13. Woldemars letzte Quittung uͤber 3000 Goldflorenen, und 100 Mark Silber,
worin der Orden von aller Bezahlung losgeſprochen, und ihm Eſtland nochmals uͤber-
geben wird, am 3ten Tage Martini des Bekenners 1352.
14. Eine Samlung der Briefe, welche Tuſmer an Heriken auf die neuerkaufte
Provinz Eſtland gegeben, bey deren Niederſchreibung auſſer einigen obbenanten
Rodolph Folck Comtur in Vellin, Arnold von Vitinghove in Revel, Ger-
lach von Haren in Goldingen, Hildebrand von Luthen in Mitau, Comture und
Bruder Otto Stake, in Oberpalen, Vogt, zugegen waren.
Weil Ceumern S. 134 jede Mark zu 16 Loth Silber rechnet, die Summe aber
zu Luͤbeck ausgezahlet worden, ſo moͤchte ſich der ganze Werth nach unſerm Gelde
auf 150000 Thlr. Species belaufen, das doch jetzo mehr als 4 mal hoͤher zu berechnen
waͤre. Doch koͤnnen es nicht luͤbiſche Mark geweſen ſeyn. Denn im Jahr 1339 wur-
de Puͤrkel fuͤr 330 Mark Silber verkauſt, und ſolten 36 luͤbiſche Schillinge auf die
Mark gerechnet werden. Nun meldet Heins in der Schatzkammer-Kaufman-Rech-
nung S. 234 aus Sluͤtern, daß 1325 eine luͤbiſche Mark nur 5 Loth 1 Gran; 1350
aber 1 Mark oder 16 Schilling luͤbiſch, 4 Loth, 1 Gran betrage. Alſo mus eine Mark reines
Silbers, oder eine coͤlniſche Mark um dieſe Zeit viel mehr gegolten haben.
Frater goswinvs de herike, Ordinis Hoſpitalis Beatae Mariae Domus Teutonicae
Ieruſolymitanae Magiſter per Liuoniam, et Capitaneus terrae Reualienſis Omnibus
praeſens Scriptum cernentibus, Salutem in Domino Sempiternam. Ea quae a no-
bis fiunt bona voluntate et Iuſtitia mediante, ne per ſucceſſores noſtros de-
leantur, teſtimonio litterarum conſueuimus roborare. Noſcant igitur tam praeſen-
tes, quam futuri, quod nos cum Conſilio et Conſenſu diſcretorum
Fratrum noſtrorum et totius noſtri Capituli annuentes votis fidelium ac dilectorum
nobis Conſulum, Ciuium, et totius communitatis Ciuitatis Reualienſis, Eosdem ab
omni expeditione verſus Lithouiam et Ruſſiam facienda liberos perpetuo dimittimus et
ſolutos. Item de malewa*)tenenda. Praedictos etiam noſtros Conſules, Ciues et
communitatem volumus habere ſupportatos penitus et exemptos, niſi quod abſit, ſi
exercitus noſtras partes hoſtiliter intraret, tunc nobis intra Naruam et Lugediam
ad reſiſtendum ejus hoſtilitati, ſecundum poſſe ipſorum cooperari tenentur fideliter
ac diligenter, ſaluo hoc, quod ipſorum bona permaneant cuſtodita. Praeterea, ſi
quis de praedictis noſtris Conſulibus vel Ciuibus a nobis fuerit infeudatus, illum noli-
mus frui hujusmodi Libertate, ex parte feudi ſui, ſed facere tenentur tam ad expe-
ditiones, quam ad maleuam, ſicut caeteri Vaſalli noſtri de feudo ſuo facere conſue-
uerunt. Item ſi Nauigio nos expeditionem facere contingat, tunc ſaepe dicti no-
ſtri Conſules et Ciues nec non communitas nobis in adjutorium XXV viros bene ar-
matos cum vna Naue tenentur, quandocunque neceſſe fuerit, defendere; pro quibus
omnibus et ſingulis praemiſſis memorati noſtri Conſules et Ciues et Com-
munitas nobis et ordini noſtro quandam partem marchiae Ciuitatis eorum vendide-
runt et aſſignarunt, ſitam juxta Caſtrum Reualienſe et Ducentas Marcas argenti pro
reparatione et melioratione ejusdem caſtri, ſicut in eorum literis deſuper confictis
plenius continetur.
In quorum omnium perpetuam et inuiolabilem firmitatem et euidentiam Sigillum
noſtrum vna cum Sigillis infra Scriptorum Noſtrorum Conpraeceptorum videlicet:
Fratrum Bernhardi de Oldendorp, Landtmarſchalk, Rodolphus Tolck iu Vellin, Ar-
noldt de Vitinghoffe in Reualia Commendatorum, Timmonis de Meſchede Aduocati
Ierue
cum rarius occurrat, in tomo I. vbi agmen militantium ſigniſicat, haerebam dubius, qua ex
lingua originem peterem. Feci periculum in eſtonica aeque ac lettica, quae tamen utraque
me in ſcopulos deduxit, tantum abeſt, vt eunti in nominis ἔτυμον adſpiraſſet. Nihil nunc
longius perueſtiganti obſtat, quo minus germanicae linguae vocem iſtam vindicem, poſt-
quam vernacula documenta me certiorem fecerunt, malvam tenere idem eſſe, quod fi-
nes praesidiis tveri. Sic occurrit in conuentione Aeſthoniae nobilium per Harriam at-
que Wironiam cum Reualienſibus 1346, feria 5 poſt Domin. Quaſimod. „Idem ſtatutum de
„ciuibus Reualienſibus propter cuſtodiam ciuitatis, quod Ciues, quibus vnci ſunt oppigno-
„rati, nullo modo tenentur ad Malwam ſ. expeditionem faciendam, ſed Aeſtones etc. Paul-
„lo infra: Prout ſui proprii Aeſtones in malvam et in expeditionem ſequentur. Adde
Henningium in Chronico p. 27 Der Vogt von Jerwen hat von Altings her ſtets die Malva
in der Nerva halten muͤſſen. Jtem S. 13. Der Vogt von Roſiten ſolte in dem Hofe zu Setzen
mit mehr anderu die Malve halten. Quae loca Paraphraſis Kelthiana p. 217 et p. 225 ita cir-
cumſcribit, vt noſtram ſententiam de Malwa tenenda egregie confirment.
Heidenreich 3 Ferding weniger ein Loth. Jn der Heiligen Geiſtſtraſſe, Heideke Fi-
ſcher ein halb Mark, die Mark zu 36 Schillinge luͤbiſch. Jn der Sandſtraſſe,
Heinrich Brockhuſen 8 Oer. Jn der Schuſtergaſſe, Claus Dene, eine halbe Mark.
Jn der Kaufſtraſſe, Johan Grote 1 Ferding. Jn den Kraͤmerbuden, (Bodis in-
ſtitorum) Johan Buſch anderthalb Mark. Sifert Schroͤeder, achtehalb Fer-
ding. Gerken der Hoͤcker ſiebenthalb Ferding. Jn der rigemuͤnder Straſſe,
Gerdt von Bremen 20 Oer. Jn der lateiniſchen Urſchrift kommen marcae, fer-
tones, lothones, orae et ſetini vor. Der Zuname Schroͤder, iſt ſtets durch Sar-
tor und der Hoͤker mit Peneſticus ausgedruckt. Weil die Stadt dem Ordensmeiſter
Morings Haus von Schalpforte, und Leffard von Lutens Land ſchenkte, ſpricht
er ſie von der im Soͤnebrief uͤbernommenen Auszahlung von 100 Mark jaͤhrlicher Zinſe
frey.
Broder Goswin von Hericke, Meſter der Brodere deß Orden Unſer Fruwen Sun-
the Marien van deme Dudeſchen Huſe tho Jeruſalem over Lyflandt groeten in
unſerm Heren Godde. Wy don wittlick openbare in deſem jegenwerdigen Breve, dat
Twydracht geweſen hefft twiſchen der Stadt von der Ryge van ener Part, vnd un-
ſen Lyven van Kerckholme van ander Siet umme Honigboͤme de binnen deß Stades
Marcke gelegen ſyn. De Lyven ſpreken, dat weren olde Honigboͤme, de ſe van Ol-
ders hedden gehat, vnde de Borgere ſpreken, de olden Boͤme weren vergan vnde dat weren
nye Boͤme, de ſe tho gemaket hedden, dat hebben wy up beiden Siden frundtliken
vnd leeffliken vorenet in deſſer Wyſe: Dat van dem Valle tho Romele,*) de Dune
nedder, wente an den Borne tho Blomendahl vnde vort vam Blomendahle wente
in den Wegh, de van Blomendahl tho der nyen Moͤlen werth geit, den Wege ſchall
men falgen, wente tho ener Brugge, de aver dat Water geit, dat de Molen drivet
hir var der Stadt vnde vort van der Bruggen up dat negſte Broke, vort van wente
in de Elveriches Beke, vnde den Elveriks Beke vart nedder, wente in de Roden-
peuſer See, vnde de See vort umme, wente tho der Putkermunde vnde deſelven
Putkermunde up, wente baven unſen Damm an de Schedinge, de twiſchen uns vnde
de Stades Mark, vnde na derſelven Schedinge vort wente wedder an den Vall,
tho Romele, dat alle de Honigboͤme de binnen deſſen benomendeß Terme ſtat, ſe ſyn
olt edder nye, vnde alle, de ſe tho maken moͤgen, de ſcholen unſe Lyven vanne
Kerckholm beſitten Kundeß Kunde tho Erwene, mit alſe danen Underſcheide, dat de
vorbenombden Liven ſchollen geven der Stadt van der Ryge den drutten Deel, dat
van alle dene Honigbomen velt, ſe ſien old edder nie thogemakt, edder de ſe thomaken
moͤgen in thokamender Tydt, de binnen deſer vorbenombde Terme ſien. Vortmehr ſo
ſcholen de Lyven des Honigs niht ſtigen in de Stadt, en hebbe ere Boden darmede.
Tho Betuchnuſſe deſſer Dinge ſo hebbe wy unſe Jngeſegel gehengt an deſſen Bref vnde
is geſchreven Na Unſes Heren Borth duſendt Jahr, drehundert Jahr in dem Negen
vnde fertigſten Jahre im Sunte Michaelis Dage.
(Siegel des
Herrmei-
ſters.)
(Der Stadt
Jnſiegel.)
ſondern Fall der Rummel uͤberſetzet werden. Jhr ſchneller Fal iſt bey den Merkwuͤrdigkeiten des
Duͤneſtroms bemerket. Dieſen Namen fuͤhren auch die Waſſerfaͤlle in einigen andern Fluͤſſen.
Datum Wendae Anno Domini MCCCXLVIII. in profeſto beati Dionyſii et So-
ciorum ejus.
die zweite Handſchrift von den Herrmeiſtern, Arndt von Fietinghoff; Ruſſow,
von Vitinckhave; Venator ſchreibt Vittinghove; Chytraͤus laͤßt den Zunamen
weg.
aber vom Pferde, und waͤre in Stuͤcken zerhauen worden, wenn er ſich nicht ſo lange
gewehret, bis etliche Litthauer zu ſeiner Rettung herbey geſprungen. Viermal hatte
Kieyſtut das Gluͤck, aus ſeinem Gefaͤngnis zu entwiſchen, obgleich Kojalowicz und
andre nur von einer doppelten Gefangenſchaft deſſelben ſchreiben, Th. I, B. 8, S.
324 u. f. Aus der erſten entkam er durch Verwechſelung ſeiner Kleider, aus der an-
dern durch Mitleiden eines getauften Litthauers, aus der dritten durch Geld, aus
der vierten, welche der Ordnung nach die erſte iſt, im polniſchen Kriege, durch ſeine
Liſt. Er lies ſich zuletzt in Koͤnigsberg taufen, nahm den Namen Hinrich an, und
ward vom Kaiſer Carl dem IVten zum Grosfuͤrſten und Herzog von Litthauen er-
klaͤret.
Kelch giebt das Jahr 1363 dafuͤr an, Chytraͤus 1364, Lode 1372. Die lieflaͤndi-
ſchen Nachrichten werden um dieſe Jahre ſehr mager, und die litthauiſchen Jahr-
buͤcher ungemein verworren. Man koͤnte ſich aus dem Supplement beim Duisbur-
ger hierbey Raths erholen, wenn deſſen Verfaſſer in Erzehlung ſeiner Hochmeiſter nicht
ſelbſt gar zu groſſe Luͤcken haͤtte. Nach unſern Documenten ſas er 1365 noch ruhig in
Wenden ſtille, hielt am St. Juͤrgenstage Kapitel, und ſchenkte dem Kloſter Pa-
dis 3 Doͤrfer im Revelſchen, nemlich Herreme, Karjeleppe und Wallenkuͤlle.
Alſo mus der litthauiſche Krieg ſpaͤter fallen.
von den Herrmeiſtern, von Freymerchen; Ruſſow, von Frymerſen; andre, von
Freymersheim; Henning, von Frimenſen.
Das letztere thut auch Strubicz, welcher uns oft wunderliche Namen ſchmiedet, und
den folgenden Suſcripidus von Bleimbergk nennet. Ein Fromold von Vifhu-
ſen war 1173 Buͤrgermeiſter in Luͤbeck, wo er den Brief mit unterſchrieben, in wel-
chem die Stadt Luͤbeck die von Salzwedel in die Wisbyſche Handelsgeſelſchaft auf-
nimt. Beſiehe Jul. Conrad RudemansPalaeo-Marchica t. I, p. 61. Ein
Arnold von Vyfhauſen war 1326 kaiſerlicher Notarius, und Reinhold Vyfhauſen
war 1529 Aſſeſſor.
Kaufleute in dieſe Geſelſchaft aufgenommen, welche ſich gegen die Unglaͤubigen in Schlachten rit-
terlich gehalten. Man nante ſie in gewiſſen Staͤdten die St. Juͤrgen-Bruͤderſchaft, weil ſie
den heiligen Ritter George zum Patron hatten. Da man dem heiligen Georgius ſonderlich
zur Zeit der heiligen Kriege viel Geluͤbde gethan, und Kirchen und Bruͤderſchaften gewidmet, ſo
hat man die Mode auch mit nach Liefland gebracht. Jhr Verſamlungsort hies der Arthushof,
welchen Namen, auſſer dem neuen Hauſe zu Riga, auch der Junkernhof in Danzig, das neue
Haus in Stralſund, und das Haus in Revel fuͤhrte. Die Urſache dieſer Benennung laͤſt ſich
einigermaaſſen aus Schottels Abhandlung von der deutſchen Sprache B. V. S. 1139 erſe-
hen, nach welchem der brittiſche Koͤnig Avthus oder Arthurus alle Vornehme des Occidents
an ſeinem Hofe in ritterlichen Uebungen exerciren und reichlich tractiren lies. Die ſchwarzen
Haͤupter ſind nicht nur noch in Riga und Revel, ſondern auch ehmals in Wenden, Wolmer
und Doͤrpt geweſen. Nach Bekehrung der Heiden brauchten die Rigiſchen ihr Haus gleich einer
Boͤrſe, und zum Vergnuͤgen der Fremden zu einem Gaſthauſe; wie denn auch noch vor 2 Jah-
ren eine ſehr ſtark beſetzte muſicaliſche Geſelſchaft daſelbſt des Freytags zuſammen kam, welches
der Stadt recht eine Zierde gab, zu geſchweigen, wie ſonſt dieſes Haus wegen ſeines geraumigen
und wohlgelegenen Saales zu andern Abſichten genutzet worden. Jm Jahr 1354 bekam die Com-
pagnie ihre Schragen, die mit der Zeit geaͤndert und verbeſſert worden. 1484 erhielt ſie, durch
ein Privilegium des Raths unter der Stadt groͤſſerm Jnſiegel, eine Vicarie in der Peterskirche
an der Suͤderſeite gegen dem Lostraͤgeraltar uͤber aufzurichten, ſamt dem Jmpatronatsrecht, eigne
Prieſter dabey zu verordnen, welches der Erzbiſchof Jaſper confirmiret; doch zur Zeit der Refor-
mation 1524 am 10 Merz iſt der Altar aus der Kirche weggenommen, und in der Belagerung
1710 ſo wol als das neue Haus mit dem Uhrwerk ſamt ſeinem immerwaͤhrenden Kalender, mit
dem Compasſtern und Ritter St. Juͤrgen durch die Bomben zerſchmettert worden. Es ſind
noch ietzo artige Sachen daſelbſt zu ſehen. Auſſer den Trinkreimen von 1522, welche bey dem
Aufgange ins Haus unter dem Bilde des Ritters und der heiligen Marie in Meßing mit alter
erhabner Moͤnchsſchrift geleſen werden, ſind dieſe auf der ſchwarzen Tafel werth aufbehalten zu
werden.
Wol
der hanſiſchen Chronik des gelehrten Buͤrgermeiſters in Luͤbeck Herrn D. Anton Co-
lerus
Wol. up. dußen. Konynck.Artus. Hoff. wyll. gaen.De. ſchall. dat. nycht. under. wegen. laen.Syn. Proven. unde. Penninckdrucke. ſchall. be. betalen.Sunſt. ſchall. men. en. up. dut. Bret. malen.Ofte. be. ſchall. alltyd. de. Geſelſchop. und. Hof. vormyden.De. Kumpany. kan ſodaen. man. alltyt. nycht lyden. Jnt. Jar. 1549.
Jm Jahr 1503 um Faſtnacht lieſſen die Elterleute und Elteſten der Compagnie der ſchwarzen
Haͤupter den groſſen ſilbernen St. Juͤrgen von 26 Mark und 5 Loth machen, wozu die gemeinen
Bruͤder auch mit einen Beitrag thaten. 1562 lies die Compagnie zum Schutz und Zierde der
Stadt eine Feldſchlange gieſſen von 5770 Pfund fuͤr 926 Rthlr. zu 4 Mark. 1566 ein klein
Falconetſtuͤck von 1014 Pf. fuͤr 134 Rthlr. zu viertehalb Mark. 1576 zwey Quartierſchlangen
von 2749 Pf. fuͤr 401 Rthlr. zu fuͤnftehalb Mark. 1594 ſchickke ſie dem Rector Stephan Ten-
tborn 10 Rthlr. fuͤr ſeine Comoͤdie, die in der St. Johanniskirche geſpielet wurde. Das Wa-
pen der Wendiſchen und uͤberhaupt aller Siegel iſt der Mohrenkopf. Von der St. Georgens
Bruͤderſchaft handelt Suden im andern Theil des gelehrten Criticus mit mehrern.
Robius von Elven; die eine Handſchrift von den Herrmeiſtern, Robbert von Oel-
ſen; die andre, Robbert von Ultzen; Ruſſow, Lobbe von Ulſen; andre von
Hulſen, oder gar Hiob von Huͤlſe. Eine Sophia von Huͤlſen, Juͤrgen Huͤl-
ſens Tochter, der ein Bruderſohn des Herrmeiſters Lobbe von Huͤlſen geweſen,
vermaͤhlte ſich mit einem Johan Tork, Stammherrn der Aſpur- und Zerxtiſchen,
der Althoͤfſchen und Sathiſchen Haͤuſer in Curland. Wir folgen den mehreſten
Briefſchaften, in welchen die polniſchen Reviſionsherren dieſen Namen ſo geleſen,
obgleich die Urkunden der Stadt und gewiſſer Familien, Lobbe von Ulſen und
Huͤlſen ſchreiben. Wir koͤnnen auch in der That keine andre Urſache von dem hier
beibehaltenen Namen angeben, als weil er uns aus dem Reviſionsprotokol ſo zuerſt
bekant geworden, und auch in den Privilegien mancher Staͤdte ſo geleſen wird.
Sein Antritsjahr wird von etlichen bis 1382 hinaus geſetzet, weil die polniſchen
Scribenten ſeinen Vorgaͤnger mit in die Haͤndel einflechten, die Jagello mit ſeinem
Vetter Kieyſtut auszumachen hatte. Chytraͤus und Ceumern wiſſen bey der hier
mangelhaften Zeitrechnung keine Jahrzahl anzugeben, wobey ſie am ſicherſten zu Wer-
ke gegangen.
Stadt einem jeglichen, daß er einen hoͤffiſchen Mund habe auf Herren und Fuͤrſten,
Frauen und Jungfrauen, auf Rath und Stadt, daß einer mit ſeinem Munde nicht
ſpreche, das er mit ſeinem Leibe und Gute nach unſerm Recht entgelte. Art. 20: Wer
Korn kauft, das oben beſſer iſt denn unten, der ſol daſſelbe behalten, was gemeſſen iſt,
und mag das andre wiedergeben. Art. 39: Jtem welche Frau beruͤchtiget iſt, die ſol
weder Farben noch Geſchmeide tragen, oder man ſol ihr das nehmen. Art. 42: Auch
ſol
nen auf die hanſiſchen Hafen die freie Handlung ausgemacht worden, wogegen ſie
nach ihrer Landesart Richter und Obrigkeit in den ſchoniſchen Plaͤtzen haͤtten ſetzen
koͤnnen. Nach unſern Documenten iſt die koͤnigliche Pfandverſchreibung unterzeichnet
am Andreastage 1369.
noch in die Graben, noch auf den Weg, oder auf die Duͤne bey Wintertagen oder
ſonſt wohin der Stadt zum Schaden fuͤhren laſſen, bey 5 Mark, ſo oft einer beſchla-
gen wird. Art. 49: Auch ſeyn dieſe lieflaͤndiſchen Staͤdte eins geworden, daß man
kein Kieperſalz noch Salz, das in frieslaͤndiſchen Staͤdten geſotten iſt, oder einiger-
ley ander boͤſes Salz in dis Land mehr bringen ſol, ſo das iemand thaͤte, der ſol das
wieder ausfuͤhren, und hier nicht verkaufen. Art. 68: Auch ſol niemand von auſſen
der Haͤnſe Winterlager liegen, in einiger Haͤnſeſtadt, und ſo iemand ſolche Leute bey
Wintertagen beherbergte, der ſol dafuͤr beſſern 10 Nobel.
men, daher ſie in alten Briefſchaften nur die Stadt zu der Rige genennet worden, wie denn
auch in oͤffentlichen Schriften der Rigemuͤnde und der Rigemuͤnderſtraſſe, das iſt, der Pei-
tauſtraſſe Erwehnung geſchiehet. Die Rige umflos die ſogenante Altſtadt, oder das alte Riga,
und vereinigte ſich nachher mit der Duͤne. Sie entſprang anderthalb Meilen von der Stadt in
einer quellreichen Gegend, die bey hohem Waſſer der Duͤne leicht uͤberſtroͤmet wurde, und daher
von Heinrich dem Lettenlacus Rige genant wird. Jn der Stadt liefen die Schiffe da ein,
welche daſelbſt ein vor dem Eisgang geſichertes Winterlager hielten. Nachdem die Schweden
1621 Riga erobert, ward ſie durch die Veſtungswerke und den Graben mit in die Stadt gezo-
gen, wodurch ihr Waſſer abnahm und bey heiſſen Tagen einen uͤblen Geruch verurſachte. Aus
dieſer Urſache ward ſie 1733 ganz zugeſchuͤtet, und hat Montan uͤber dieſe ihre Beerdigung eine
Grabſchrift verfertiget. Da faſt ein jeder noch ſo kleiner Flus in dieſen Gegenden einem dabey lie-
gende Orte ſeinen Namen mitgetheilet, ſo iſt allerdings zu verwundern, wie alle Scribenten
dieſen Bach aus der Obacht gelaſſen, und fuͤr den Namen der Stadt einen gezwungenen Ur-
ſprung ausgekuͤnſtelt haben, blos weil ſich dieſer kleine Strom unter dem Namen der Riſing ver-
loren, bis uns der gelehrte Herr Verfaſſer beſſer als Piſtorius gewieſen, daß Riſing das Dimi-
nutiv von Rige ſey, dergleichen die lettiſche Sprache ungemein liebet. Nur ſetzet Montan
voraus, daß die Deutſchen den Strom etwa nach einem portugieſiſchen und ſpaniſchen Rio
benennet, weil ihn die Letten ſonſt Uppe, den Bach, benennet haben wuͤrden; da es doch aus-
gemacht iſt, daß die Liven um Riga herum gewohnt, die ſich von den Eſten nicht ſo wol der
Sprache, als dem Lande nach unterſchieden. Alle eigenthuͤmliche Namen laſſen ſich nicht erklaͤren,
weil die Bauren faſt jedem merkwuͤrdigen Baume und Steine, und alſo noch vielmehr jedem
Fluſſe und Berge, als Grenzzeichen einen eigenen Unterſcheidungsnamen geben. Jndeſſen hat
ſchon M. Rutger Piſtorius,Weſſalienſis in ſeinem lateiniſchen Leichengedichte auf den rigi-
ſchen Superintendenten Jacob Battus, ſo zu Luͤbeck bey Georg Richolff am 2ten Jul.
1548 gedruckt iſt, und ſich ungemein ſelten gemacht, uns dieſe und die gruberſche Muthmaſſung
von dem Namen der Stadt Rige als etwas altes gemeldet, obgleich keiner von benanten Herrn
Verfaſſern des Piſtorius Schrift geſehen.
Aſt alii Rigam dicunt de nomine Rige
Exigui riui practereuntis eam
Aut a Teutonico, quod redditur Ordo latine,
Ordine quod poſitae forte fuere caſae.
Herr Gruber haͤtte ſeine Meinung von der Reihe oder Rige Schiffe gerne fahren laſſen, wenn
ihm bekant geweſen, daß in der Naͤhe bey Riga ein kleiner Flus gleiches Namens waͤre. Dieſe
Rige oder Riſing iſt nun nach ihrer Beerdigung wieder auferſtanden. Sie komt auſer vielen an-
dern Documenten auch in einem vom Jahr 1258 vor, das wir allein aus dieſer Urſache des Ab-
drucks wuͤrdig halten.
Omnibus praeſentem paginam inſpecturis Fratres S. P. Rigenſis Ordinis fratrum Praedicatorum
orationes in Chriſto. Inſinuatione literarum praeſentium proteſtor, quod Dominus H. Prae-
poſitus Rigenſis cum Priore, et potioribus Capituli ſui perſonis in domo fratrum minorum
coram multis, audiente me et praeſente publice recognouit, quod Rigens. Eccleſiae capitu-
lum areas ſuas et domum lapideam, vsque ad murum ciuitatis ſe protendentem, ita quod
ipſe murus ciuitatis eſt finalis murus domus, item plateam vnam cum porta per murum ci-
uitatis exeunte, verſus Rigam fluuium, quae omnia dictae Eccleſiae plurimis annis, paciſice,
et quiete ſine cujusquam contradictione poſſederat, Fratribus minoribus in ciuitate Rigenſi
manentibus pleno jure, prout ipſa Rigenſis Eccleſia dudum poſſederat, pro certa pccunia ven-
diderunt, perpetuo poſſidenda, ſicut etiam in publico inſtrumento praedicti capituli ſuper
ipſa venditione confecto, quod vidi, et legi, euidentius continetur, Praeſcriptae cognitio-
ni aderant aduocati hi, quorum ſubſcripta nomina continentur. Ioh. de Berna, Arnoldus
de Empdna, Sacerdotes peregrini; Ludouicus Commendator Rigenſis. Ecbertus Frat. do-
mus Teuton. Hugo de Ure Capitaneus. Hartungus de Löwenſtein, Iwanus de Benthem, Lu-
derus de Inſula. Ioh. Scultetus. Hermannus de Monaſterio. Volquinus de Rauersberch, mi-
lites peregrini et alii: Facta fuit ipſa recognitio praeſentibus et vocatis, Conrado, qui dicitur
Prawegalle, et Ludolpho, Conſulibus Rigenſibus. Anno Domini M. C C. quinquageſimo
octauo.
Eine kleine nicht uͤbel gerathene Handſchrift, ſo der rigiſche Herr Buͤrgermeiſter Fuchs 1654
zu Papier gebracht, und hiſtoriam mutati regiminis et priuilegiorum Ciuitatis Rigenſis betitelt,
beziehet ſich auf einen Vergleich von 1366, in welchem ausdruͤcklich geleſen wird, daß die Stadt
tho Rige an dem Flus Righe gebauet ſey.
Pernigell, ſich unter der Hand des Erzbiſchofs Michael von 1501 ein Transſumt be-
finde, worin dieſer Johan von Sinten als des rigiſchen Erzbiſchofs Sigfried Vi-
carius, in geiſt- und weltlicher Gemeine beim Jahr 1372 angefuͤhret ſtehet. Nach ei-
nem andern Transſumt hat dieſer Johan von Sinten als Erzbiſchof am 8ten Merz
1376 im 2ten Jahre ſeiner erzbiſchoͤflichen Wuͤrde uns die ſeltene Nachricht gegeben,
daß die Abſchrift eines von Haͤnden gekommenen Hauptbriefes wegen der Grenzen der
pernigelliſchen Kirche ſich am Ende derjenigen Bibel finde, welche der heilige Hie-
ronymus mit eigner Hand geſchrieben, und die ein roͤmiſcher Papſt dem Koͤnig
Caupo zur Verehrung gegeben, welche in der Domkirche zu Riga verwahret laͤge.
Aus dieſer Nachricht merken wir gegen Chytraͤus und andre den Antrit der erzbiſchoͤfli-
chen Regierung. Die Bibel aber wird uns im erſten Theil beim Jahr 1202, §. 6, als
vom Papſt Gregorius abgeſchrieben, angegeben.
D.Philipp Olmen vorgeſaget, welcher den zum Andenken am Altar aufgehenkten
Bogen zu ſeiner Zeit in der Schloskirche noch wil geſehen haben. Aus dem Breden-
bach fuͤhrt es der Abſchreiber Guagnini an, ohne den Verfaſſer zu melden. Als der
Czaar Jvan Baſilewitz im Jahr 1558 Doͤrpt eingenommen, iſt dieſer Bogen mit
weg genommen worden.
linus in 12 zum Druck befoͤrdert, und es dem Biſchof Julius Pflug zu Naumburg zugeſchrie-
ben. Man hat davon auch eine frankfurther Auflage von 1684 in 8, ingleichen eine zu Donay
1564 in 8. Es befindet ſich auch ein Abdruck davon beim Guagnini, der nur den Verfaſſer
nicht angegeben, wie er billig haͤtte thun ſollen. Das Latein iſt richtiger in ſelbigem als der
Jnhalt.
1383
ſchrift von wenig Blaͤttern bemerken wollen, daß die unſtreitig aͤltern Familien des
lieflaͤndiſchen Adels mit dem Beinamen der Ritter gezieret worden. Z. E. in den
idzelſchen Documenten ſteht ein Heinrich von Vietinghove genant Ridder, un-
term Jahr 1486; in dem kegelſchen von 1453 Juͤrgen Jxkul Ridder, und Juͤrgen
Parſeval Ritter; unter den kurkuͤlſchen Helmold von Quernen Ridder; 1518 un-
ter den Briefen uͤber Hochroſen, Hans und Kerſten von Roſen, Riddere. Unter
den homelſchen, Johan von Plettenberg Ridder. Dergleichen Ehrentitel finden
ſich viele mehr. Jn den erzbiſchoͤflichen und herrmeiſterlichen Privilegien bekommen
ſie gemeiniglich das Ehrenwort Herr, und die polniſche Reviſion nennet ſie equites
auratos. Nur bleibet noch unausgemacht, ob dieſe Wuͤrde blos bey den Perſonen ge-
blieben, oder auch auf ihre Kinder geerbet worden, bey welchen dieſer Beiname weg-
gelaſſen iſt. Das erſtere bejahet der Verfaſſer, und beziehet ſich auf die Urkunden.
Sicherer iſt des Verfaſſers Folgerung, daß aus dem Beiwort Erſam oder Erbar
nicht auf die Richtigkeit des Adels geſchloſſen werden kan, weil ſelbiges auch Buͤrgern
beigeleget worden. Plettenberg nennet 1520 Heinrichen von Tieſenhauſen einen
Erbaren Man, der Erzbiſchof Thomas 1534 Johan von Roſen zu Rope den Er-
baren und Ehrenveſten; Fuͤrſtenberg 1559 Roͤttger Stoͤvern, Thomas Ram-
mern und Caſpar Moͤllern, Buͤrger der Stadt Riga, die Ehrſamen und fuͤrſich-
tigen, ſeine lieben Getreuen; Hinrich von Galen 1551 Hermann von Have, und
Berthold Grewe, Buͤrger der Stadt Riga, die Erſamen, ſeine lieben Getreuen.
Wir bemerken hierbey noch aus den alten Briefſchaften, daß die Maͤnner oder Va-
ſallen der rigiſchen Kirche ſich einigemal des Ausdrucks: Mein allergnaͤdigſter
Erzbiſchof; und die Lehnsmaͤnner des Meiſters: Mein gnaͤdiger Herr zu Riga,
auf eine ſehr ſchmeichelhafte und gefaͤllige Art bedienet. Sonſt nahm in dieſem 15ten
Jahrh. der Titel Wy oder Wir ſo uͤberhand, daß nicht nur der Landmarſchal, ſon-
dern auch die andern Gebietiger und Voͤgte (Aduocati in caſtro et domo) ſich dieſes
Woͤrtgens anmaſten. Da auch die Erz- und Biſchoͤfe ſich von GOttes und des paͤpſt-
lichen Stuhls Gnade ſchrieben, ſo hat Thomas Schoͤning zuerſt um die Jahre 1530
die Beywoͤrter von der Gnade des paͤpſtlichen Stuhls weggelaſſen, worin ihm
andre gefolget.
terwerfen wolle. Einige Canonici nahmen ihn daher beim Kopf, und weil ſie beſorg-
ten, daß das Schlos zu Hapſal nicht feſt genung waͤre, wanderten ſie mit ihm nach
Arensburg. Nicht lange nachher fanden ſie ihn im heimlichen Gemach erſtickt lie-
gen. Ob er mit Fleis dahin geworfen, oder ob er ſich frey machen und bey naͤchtlicher
Weile unverſehens hinunter gefallen, hat man nicht erfahren koͤnnen. Ein ſolch
ſchmutziges Ende, urtheilt Cranz, hat vor ihm noch kein Praͤlat genommen.
Brugeney; Strubicz, Weinmarus Brucka; die eine Handſchrift, Werner,
von Bruggenei; Ceumern, von Bruͤggen. Henning ganz unrichtig, von Burg-
geney. Die Documente haben faſt alle Wennemar. Hiaͤrne gibet ihm das An-
tritsjahr 1396, da er doch nach den paͤpſtlichen Quitungen ſchon 1393 regieret haben
mus. Der Papſt nennet ihn Magiſtrum Generalem Hoſpitalis b. M. Teuton. Ieruſ.
in Liuonia.
dieſen
ſumt, in welchem der daͤniſche Koͤnig Heinrich dem Biſchof Albert im Jahr 1196
die Stadt Rige anzulegen erlaubet, und den Biſchof fuͤr einen Fuͤrſten des Reichs er-
klaͤret. Wenn die Urkunde ſelbſt nicht unecht und untergeſchoben iſt, ſo iſt doch we-
nigſtens
ſten Tyrannen abmahlten, aus welchen es denn in die preußiſchen und lieflaͤndi-
ſchen Chroniken gekommen. Doch hat uns ſchon der alte pomeſaniſche Biſchof
Johan Lindenblat, der um dieſe Zeit lebte, dieſen Herren auf einer beſſern Seite
gezeiget; und in neuern Zeiten haben ihn mehrere gegen die ungegruͤndeten Aufbuͤrdungen
der Geſchichtſchreiber umſtaͤndlicher gerechtfertiget. S. die koͤnigsbergiſchenSelecta
Hiſtorica Litteraria B. II, S. 323 u. f. und im erlaͤuterten Preuſſen B. 1, S. 315 u. f.
und ſeine ferne Reiſe beſchreibet; ſo irren wol Cranz und andre Scribenten, welche
ihn zum Patriarchen von Litthauen machen, und ihn auf der Hinreiſe nach dieſem
Lande in der Stadt Stettin ſterben laſſen, alwo er zu St. Otto begraben liegen ſol.
Documenten mit den Quitungen uͤbereinſtimmen. Theodoricus von Niem, ein Weſtphaͤlin-
ger und Secretair vieler Paͤpſte, der um dieſe Zeit gelebet, und erſt auf der coſtnitzer Kirchen-
verſamlung geſtorben, hat alſo wol in ſeinem andern Buche de Schiſmate p, 95, unrecht, wenn
er ſetzet, daß Bonifacius die Stadt Riga um 15000 Goldguͤlden dem Meiſter und ſeinem Orden
in aſſiſium perpetuum verkaufet; weil ja die Erzbiſchoͤfe weder abgedankt, noch an einen Verkauf
gedacht haben. Jndeſſen hielt es der Orden ſelbſt fuͤr eine Art des Verkaufs, weswegen ſich der
Erzbiſchof, Marggraf Wilhem 1544 durch Juͤrgen von Roſen, und ſeinen Kanzler Matthias
Unverfehrt bey dem Churfuͤrſten Johan Friedrich von Sachſen, und Landgraf Philip von
Heſſen uͤber den Orden und die Stadt Riga ſtark beſchweren laſſen. Seckendorf in der Hiſto-
rie des Luterthums beziehet ſich deshalb auf das weimarſche Archiv. Es betraf aber die Kla-
ge keine entzogene Einkuͤnfte des Stifts, ſondern einen Theil der Gerichtbarkeit uͤber die Stadt,
welche man dem Erzbiſchof wider alle hiſtoriſche Warheit ſtreitig machen wolte.
Orden, ein geborner Franke, und leiblicher Bruder von dem Hochmeiſter Conrad
von Wallrade. Von ſeinem Anſehen bey dem Papſt Bonifacius dem IXten ſo wol
als bey dem Kaiſer Sigismund auf der coſtnitzer Kirchenverſamlung, ſind die
Acta concilii Conſtantienſis zu vergleichen. Sein Wapen folget daſelbſt gleich auf das
ſalzburgiſche, und beſtehet in einem viereckigten Schilde, deſſen erſtes Feld ſchwarz
iſt, und das weiſſe Ordenscreutz fuͤhret. Das andre und dritte rothe Feld hat eine ſil-
berne Schnalle als das Geſchlechtswapen, das vierte Feld iſt gleichfals roth, und zei-
get das rigiſche Capitelswapen, nemlich ein langes ſilbernes Creutz mit dem Krum-
ſtab. Auf dem Schilde ſtehet die erzbiſchoͤfliche Muͤtze, hinter demſelben das Patriar-
chenkreutz und der Krumſtab ſchraͤge gegen einander geſtellet.
haben ſchon lange vergebliche Muͤhe angewandt, dieſes aͤlteſte Document von Lief-
land auszuforſchen, indeſſen hat es doch Gelegenheit gegeben, daß unterſchiedene Scri-
benten uns Riga etliche Jahr zu fruͤh erbauet. Das iſt das merkwuͤrdigſte, daß ſchon
Carl der IVte, roͤmiſcher Kaiſer, die vorgezeigte |Urkunde davon fuͤr unguͤltig erklaͤ-
ret. Der Biſchof zu Luͤbeck, Eberhard, hat ſelbige 1393 mit vielen Formalien in
Beiſeyn des Mag. Heinrich Wolers, des Propſtes Anſcharius von Bremen, der
Domherren Albert Rodenbogs und Engelberts von Oyen transſumiret. Sie
hat keine andre Jahrzahl als bey Nuͤrnberg am 1ſten Decemb. in der 14ten Jndiction,
welche ſich der Umſtaͤnde halben weder zum Jahr 1196 noch 1226 paſſen wil.
zeitlicher Strafe voraus. Ruſſow erzehlet uns Blat 28 b. eine ſolche vor der Ver-
gebung vorher gegangene Zuͤchtigung, die mehr laͤcherlich als gefaͤhrlich war. Ein Diener
der Ordensherren ward auf einer unzuͤchtigen That ertappet, und nach gefaͤltem Urtheil mit
Pfeiffen und Trummeln durch die Stadt und uͤber den Markt von allen Stalbruͤdern
zum Thore hinaus begleitet, alda in einen Brunnen geworfen, und mit derſelben Mu-
ſik den luſtigen Gang zuruͤck gefuͤhret, daß das Waſſer aus den Kleidern traͤuffelte.
Auf dem Schloſſe abſolvirte ihn der aͤlteſte Stalbruder oder Vogt, von allen ſeinen
Suͤnden.
des Taͤufers beigelegt; die Tractaten aber erſt am Tage der Apoſteltheilung unterzeichnet, und
heiſſen des Ordens Soͤhnebrief. Die zu Danzig verſamleten Haͤupter waren Johan von Wal-
lenrode, Erzbiſchof zu Riga, Bruder Conrad Jungingen, Hochmeiſter, Bruder Wenne-
mar von Bruͤggeney, Meiſter zu Liefland, Bruder Albrecht, Graf zu Schwarzburg, Com-
tur zu Danzig, der lieflaͤndiſche Marſchal Berndt Hoͤvelmann, und Conrad von Vieting-
hoff. Jm Namen der gemeinen Ritter und Knechte handelten Johann von Scherenbecke,
Evert
ihres Herzogs Albrechts Kaperey. Sie gaben ſich den hoͤflichen Namen der Vita-
lianer, weil ſie von den Schiffern mehrentheils Victualien abforderten. Dieſes leich-
te Handwerk lockte allerley Geſindel herzu, welches die Handlung durch ihre Seeraͤu-
rey zernichtete. Sie hatten Gothland eingenommen, den Danzigern aber groſſen
Schaden zur See gethan, daher ſie der Hochmeiſter 1397 auf Gothland mit 1000
Man beſuchte, und ſie wie Seeraͤuber hinrichtete. Die uͤbrigen nanten ſich Linker-
laͤnder, und machten ihr Handwerk aus der Kaperey, bis ihnen die Hamburger den
letzten Reſt gaben. S. Huitfeld, Pontan und Cranz.
bet ohne |Kinder, als Soͤhne und Toͤchter, deſſen Gut erbet an den, der ſein nechſter
Mage iſt, es ſey Man oder Weib von der Schwerſterſeiten oder Spillſeiten, und ſol
ſein Gut mit ſolchem Recht erben bis in das 5te Glied, und die Frauen, die Witwen
werden und nicht bleiben wollen bey ihren Kindern, die ſol man ablegen mit ſolchen Rech-
ten und Gewohnheiten, als man das von Alters her hat gehalten in ſolchen Landen.
§. 5. Welche Witwe oder Jungfrau ſtirbt unberathen, ſie ſol alle ihres Vatern Erbe
und ander Gut erben an ihren nechſten Magen, es ſey Man oder Weib in das 5te
Glied, wie darob ſtehet geſchrieben. Der Hochmeiſter Ludwig von Erlinghauſen
erneuerte dieſe Freiheit im Jahr 1452. Daß es der Grund von Sylveſters, Thomaͤ
und Kiwels Gnadenbriefen geweſen, wird ſich bey dem Jahr 1457 zeigen. Beilaͤu-
fig bemerken wir, daß der Hochmeiſter von Preuſſen, den Herrmeiſter oder Ordens-
meiſter nur ſchlechthin Gebietiger, (Præceptor) oder oberſten Gebietiger von Liefland
betitele.
derts eine Misdeutung, die man nicht vorher vermuthet hatte. Der Herr Cruſen-
ſtirn zeigte dagegen in einem Bedenken, daß nach den canoniſchen Rechten der fuͤnfte
Grad
Biſchof zu Doͤrpt hatte den Buͤrgermeiſter Goswin Klingenbergen und Henningen von
Renthen, Rathsherrn der Stadt Luͤbeck, der Erzbiſchof aber den oͤſelſchen Propſt Joh. Ley-
ſentin, und den revelſchen Buͤrgermeiſter Gerd Witte auf ſeiner Seite. Die Deputirten der
Stadt Riga unterſtuͤtzte der Magiſtrat zu Danzig, und deſſen Mitglieder Herman Colbert
und Peter Forſten, Buͤrgermeiſter zu Danzig. Der Schiedsrichter war der Biſchof Heinrich
zum Braunsberge. Auſſer dem doͤrptiſchen Biſchof Didrich |befanden ſich noch gegenwaͤrtig
der Domdechand Bernd Buͤlow, Albrecht Abt zu Valckenau, Joh. von Tieſenhauſen,
Otto von Uxkuͤl, Hennike Safierne, Joh. von Brakel, Barthol. Buxhoͤveden, Tide-
man Malchow, Voͤgte; Joh. von Wrangel, Cord Cruſe, Knechte der doͤrptiſchen Kirche,
Hinr. Galenberg, Joh. Levermann, Joh. Eppenſchede Buͤrgermeiſter und Rathmaͤnner
der Stadt Doͤrpt. Der ganze Soͤhnbrief enthaͤlt noch folgende Puncte. Das alte Privilegium
des Ordens, daß die Unterſaſſen der Kirchen Riga, Oeſel, Doͤrpt und Curland dem Herrn
Meiſter zu Reiſen folgen ſollen und zu Lande wehren helfen nach ihrer Macht, wird in allen ſei-
nen Artikeln beibehalten. Alle gewoͤhnliche Straſſen und Wege zu Waſſer und Lande bleiben of-
fen, unbekuͤmmert, unverſtopfet, unbeſchloſſen, unbehindert dem Biſchof, ſeiner Kirche und Un-
terſaſſen geiſtlichen und weltlichen, deren ſich auch der Kaufman bedienet, und werden keine neu-
en Wege gezogen, gemacht oder gebraucht dem Chriſtenthum in Liefland zum Schaden. Der
Orden heget und ſtaͤrket die doͤrptiſchen Miſſethaͤter nicht mehr. Der Erzbiſchof und der Orden
wil den Biſchof und ſeine Laͤnder mit keinerley Selbſtgewalt und gewafneter Hand angreifen,
uͤberfallen und antaſten, ſondern einen ſteten feſten Frieden mit ihm halten zu ewigen Zeiten.
Jeder laͤſt ſich mit ſeinem Rechte begnuͤgen. Alle Scheling (Zwietracht) in dem Orloge wird
freundlich beigelegt.
Lorenz Criſow, genant Steinhauer, die Doͤrfer Vakgitu und Somel zu Lehn.
Jn einem andern Lehnbriefe auf 4 Haken an beſagten Steinhauer von 1406 ſchreibt er
ſich: Wir Conrad von Vietinghoffe Meiſter der Bruͤder des Ordens St. Marien
der Deutſchen zu Liefland.
diſchen Rechte ſetzen auch till faemte Mannen, dergleichen Einſchraͤnkungen in den
Geſetzen der Longobarden, Englaͤnder, Daͤnen und andrer Voͤlker vorkommen.
Loccenius giebt die Urſach davon an, quia nunquam vel raro exſtat nunc quintus gra-
dus, ideo in eo hereditas ceſſare vel deſinere dicitur. Der Vicepraͤſident und ehma-
lige Secretair der koͤnigl. ſchwediſchen Archive Hr. v. Leyonmark hat nach Auſſage
des Verfaſſers der Schrift von wahrer Beſchaffenheit der Guͤter von Eſt-Lief-
land und Oeſel ganze Folianten von Kaufbriefen geſamlet, worin das harriſche und
wieriſche Recht den fuͤnften Grad auf immerwaͤhrende Zeiten zu beſitzen berechnet.
Die Schweden ſelbſt brauchten 1641 und nachher die Worte in gerichtlichen Beſtaͤti-
gungen: Efter Harr. och Wirlandſke Raͤtt, till ewardelig Egendom at
niuta, bruka och behaͤlla, och ther med giaͤra och laͤta ſaſom med. ſitt raͤtta
och waͤlfagne arflige Gods, efter Behag och Wilja.
ſchrift das Diſtichon:
Milleno, quadringento, ſexto ſimul anno
Chriſti, principium fert chorus iſte ſuum.
Da die Peterskirche jetzo die Hauptkirche in Riga iſt, ſo wollen wir beilaͤufig doch kurz die vor-
nehmſten Schickſale derſelben aus einer Nachricht beibringen, welche der damalige Grosczaar und
nachmalige Kaiſer Peter von Rusland, der den Brand derſelben mit angeſehen, aus dem Ar-
chiv auszufertigen anbefohlen, und wie ſolche am 17ten May 1721 dem Generalgonverneur, Fuͤrſt
Repnin, durch den Burggraf und wortfuͤhrenden Buͤrgermeiſter von Benckendorf uͤberge-
ben worden:
Jm Jahr 1466 ward der erſte Thurm daran gebauet, und 1491 der Hahn erneuret, der aber
vom Winde abgeworfen und 1538 wieder aufgeſetzet werden muſte. Der erſchreckliche Sturm-
wind vom 2ten October 1576 bog ihm den Hals krum, und obgleich das Jahr drauf ein neuer
von verguldetem Kupfer geſetzet wurde, der auf 50 Thlr. zu ſtehen kam; ſo wehte ihn doch der
Wind am 4ten October 1577 wieder nm, da denn am 11ten Jul. 1578 wieder ein neuer aufgeſe-
tzet und mit der Stange feſter eingetrieben wurde. Am 26ſten Jun. zuͤndete der Blitz das Kir-
chendach an, welches aber bald geloͤſchet ward. Ein Ungenanter verehrte 1595 den groſſen meſ-
ſingenen Leuchter mit 7 Pfeiffen vor dem Altare; Franz Werner aber, der ſcharzen Haͤupter El-
terman, ſchenkte 1613 die ſchoͤne Kanzel, die Paſtor Baumann am 5ten November 1615 ein-
weihete. 1621 am 6ten Aug. erſchlug das Wetter einen Kunſtpfeiffergeſellen Namens Marten
auf
det Olearius in ſeiner perſtaniſchen Reiſebeſchreibung, daß es eine gute halbe Meile
von Revel abgelegen, wovon nach der am Sontage Exaudi 1564 erlittenen Feuers-
brunſt nur die Mauren und gewoͤlbten Gaͤnge unter der Erden noch zu ſehen geweſen.
Als Olearius durch Revel gieng, wies ihm Hr. D. Veſtring ein altes Buch, nach
welchem der Anfang zum Bau des Kloſters im Jahr 1400 zu Cord Vietinghoffs
Zeiten gemacht worden. Die Schweſtern ſollen Sontags vor Johannis 1431, die
Bruͤder aber den Sontag nach Johannis eingeweihet worden ſeyn, und den geweſenen
Kaufman Gerlach Kruſe zum Pater und Confeſſor erhalten haben. Die Kloſter-
leute bedienten ſich der Sprache der Stummen, z. E. der vorderſte Finger, ſo das
Auge aufwertsſehend beruͤhret, bedeutet Chriſtum, mit ſelbigem Finger das Haupt
beruͤhret, bezeichnet den Beichtvater, ein Kreuz an dem Haupte den Diaconus, 2 Fin-
ger an das Haupt gelegt die Aebtißin, und dergleichen. Es ſcheint daher nur ein
Nothargument zu ſeyn, wenn bey der eſtlaͤndiſchen Subiection die Aebtißin, Prio-
rin und gemeinen Conventſchweſtern an den Koͤnig Erich 1561 Donnerſtags nach Ja-
cobi ſchreiben, und ihn bitten, ſie doch ja nicht Huͤlf- und Troſtlos zu laſſen, weil
das Kloſter aus dem Reiche Schweden anfaͤnglich geſtiftet ſey. Doch vielleicht ziel-
ten ſie auf die heil. Brigitte aus Schweden. Von den Aebtißinnen dieſes Kloſters
ſind folgende in alten Briefſchaften gefunden worden:
Chriſtina Tocke,
Margaretha Woldeken,
Eliſabeth von der Beke,
Kunigunda Orgies,
Gerdrut Weckebrodt,
Gerdrut Orgies,
Brigitta Hafvesfer,
Gerdrut von Vietinghove,
Margaretha Doenhoff,
Magdalena Szoyge.
bey, und lies wegen Uebergabe der Stadt das Te Deum laudamus ſingen. Jm Jahr 1651 nahm
man den alten Hahn ab; die Kirche aber wurde in der rußiſchen Belagerung 1656, wie der
Dom, ziemlich ſchadhaft geſchoſſen. Jm Jahr 1659 am 17ten November fiel der ganze Knopf
mit dem neuen Hahn herunter, dafuͤr einige freigebige Buͤrger 1660 einen andern Hahn |zu
6 Ltt. 3 Pf. und einen neuen Knopf zu 6 Ltt. 7 Pf. aufſetzen lieſſen. Jm Jahr 1666 am
11ten Merz am Sontage nach Reminiſcere fiel der 75 Faden hohe Thurm Nachmittags um
2 Uhr herunter, zerſchmetterte 8 Perſonen und zertruͤmmerte des Rathsherrn Eberhard Wit-
tens Haus. Jm Jahr 1667 am 29ſten Jul. ward der erſte Stein zum neuen Thurm geleget,
und 1677 bis an das Kirchendach um 34030 Thlr. Alberts und 69 Gr. aufgefuͤhret. Ein ange-
legter Brand machte ſie am 21ſten May zu Schanden, ſie ward aber bald wieder hergeſtellet ſo
daß am 14ten Sept. 1679 am 13ten Sontage nach Trinitatis die erſte Predigt wieder darin gehal-
ten wurde. Jm Jahr 1683 ſchenkten des Buͤrgermeiſters Herman Samſons Erben die ſtemerne
Kanzel, und des Buͤrgermeiſters Georg von Duntens Erben den marmorſteinernen Altar. Jm
Jahr 1689 hatte der Thurm eine Hoͤhe von 418 Fus rigiſch, die 17787 Thlr. 79 Gr. Alb. zu
ſtehen kam. Jm Jahr 1690 verehrte Se. koͤnigl. Maj. von Schweden zur Bedeckung der Kir-
che 50 Centner Kupfer zu 5000 Thlr. Am 10ten May Morgens zwiſchen 8 und 9 Uhr ward der
Hahn und Knopf, in welchen 3 Tonnen Getraide giengen, aufgeſetzet und koſtete 504 Thlr. 15 Gr.
Claus Misſthaͤd vermachte im Teſtament eine Partey Salz zu den Portalen der 3 Kirchthuͤ-
thuͤren. Am 6ten Sept. 1695 ſchenkte der Buͤrgermeiſter Hans Dreiling das ſchoͤne Glocken-
ſpiel, das er um 8000 Thlr. in Holland verfertigen laſſen. Die Stadt lies es 1697 aufſetzen,
und hatte noch an Koſten fuͤr Compoſitionsthon, Claviere, Noten, Haͤmmer, Aufziehrad, Herz-
rad, Windfang, Uhre und dergleichen uͤber 4128 Thlr. verwenden muͤſſen. Jm Jahr 1709 ward
ein neuer Hahn von 9 Ltt. 9 Pf. wieder aufgeſetzet. Den 10ten May 1721 Morgens zwiſchen
4 und 5 Uhr ſchlug der Blitz uͤber dem Altar ein, wodurch in 2 Stunden alles in Truͤmmern lag.
Der Kaiſer Peter der Erſte, der dabey zugegen war und keine Gefahr ſcheuete, machte die trefli-
che Anſtalt, daß das in die herumliegenden Haͤuſer geſprengte Feuer nicht zum Ausbruch kam.
Zu gutem Gluͤcke fiel der Thurm nicht um, ſondern ſank in ſich ſelbſt ein. Am 12ten Jan. 1724
ward die Kirche wieder eingeweihet. Jm Jahr 1743 ward vom Rath der Thurmban beſchloſſen.
Am 30ſten May 1745 ward der Stern aufgeleget, und bis den 24ſten Sept. 1746 der Thurm
zu einer Hoͤhe von 400 rheinlaͤndiſchen Fuͤſſen gebracht. Am 30ſten Sept. die eiſerne Stange
von 40 Fus unb an Gewichte 5 Schtt. 16 Ltt. der Knopf und Hahn aber am 9ten Octob. 1746
aufgeſetzt.
Kelch, Moddo. SchuͤtzHiſt. Pruſſ. B. III, und Venator B. I, k. 2 ſetzen
dieſen Sieg ins Jahr 1404. Nach Michov. B. IV, k. 42 faͤlt des Hochmeiſters
Feldzug nach Litthauen ins Jahr 1403, der ſich auch geſchwind endigte. Wir ſind
dismal dem Aufſatz des Hiaͤrne gefolget.
kowsky, Tannebrig; die Preuſſen, Tanneberg. Der Hochmeiſter, Ulrich
von Jungingen kam dem Fortſetzer des Duisburgers zu Folge ſelbſt um, da hinge-
gen Kojalowitz Th. II, B. 2, S. 87 unrichtig Conrad daraus macht. Dlugoß und
Kojalowitz ſchreiben von 40000 Erſchlagenen. Fulſtin wil nur von 20000 wiſſen.
Henneberger meinet, daß die Pohlen Boͤhmen bey ſich gehabt, Michovius hin-
gegen giebt B. 4, k. 44 die Boͤhmen den Ordensherren zu Huͤlfe, nennet aber auch
den erſchlagenen Hochmeiſter unrichtig Conrad, welchem doch Joachim Paſtorius
in Flora Polonic. B. III, k. I, S. 137 der neueſten Ausgabe, darin folget, und gar
Tungingen ſchreibet. Der litthauiſche Grosfuͤrſt Vitold ſetzte nachgehends in Sa-
mogitien ſelbſt Biſchoͤfe und Prieſter ein, beſchickte auch durch ſeine Geſandten die
Kirchenverſamlung zu Coſtnitz. Und endlich wurden dieſe Samogeten etwas zah-
mer, die CranzVandal. B. VIII, k. 3, Maſſageten heiſſet. Jn dem Theil des er-
leuterten Preuſſens S. 391, wird uns eine eigene und umſtaͤndliche Beſchreibung der
groſſen tannebergiſchen Schlacht ertheilet, nach welcher der deutſche Orden ſich nie
wieder erholen koͤnnen.
Er war aus einem weſtphaͤliſchen Hauſe, davon die eine Linie in Curland, die an-
dre in Geldern bluͤhet. Jm Jahr 1425 war Albrecht Torck Olde Comtur zu Re-
vel. Horner ruͤhmet ihn als einen ſehr gelinden und gnaͤdigen Regenten, obgleich
ſein Zuname tuͤrkiſch klinge. Laut der Nachrichten der Familie ward dieſer Didrich
Torck am 16ten Merz 1344 geboren, begab ſich 1383 in den deutſchen Orden und ward
1413 Herrmeiſter. Albrecht Torck geboren am 9ten Sept. 1347, war 1385 Ordens-
ritter, 1412 Comtur zu Revel, und ſtarb 1431. Das Waͤpen dieſer freiherrlichen Fa-
milie iſt in Fuͤrſtens Wapenbuch S. 191, No. 14 wohl getroffen. Albrecht Torck
war Freiherr zu Bruͤgge und Ritter weſtphaͤliſcher Linie, die noch in der Mark
Weſtphalen floriret. Die hollaͤndiſche Linie beſaß die Guͤter Niederhen-
nert, Sinderen und Delmynen, aus welcher der Droſt und Richter von Wage-
ningen eine Judith von Appelthoorn zur Gemahlin hatte. Der Stamherr der
cur- und lieflaͤndiſchen Familie Albrecht Torck ward zu Bruͤgge am 24ſten Junii
1295 geboren, kam 1340 nach Liefland und ſtarb 1376 am 3 April. Seine Nachkom-
men von einer Conſtantia von Doͤenhof theilen ſich in die Linien zu Odern, Aſpurn,
Zerxten, Sathen, Althoff und Rudden. Der tuckumſche Mannrichter und
Bevolmaͤchtigte der curlaͤndiſchen Ritter- und Landſchaft, Herr Wilhelm Alexan-
der Magnus von Torck, Erbherr der Guͤter Aſpurn, Klein Linden, Mocken-
ſee jetzo Marienhoff und Zerxten, deſſen Naturalienſamlung und ſchoͤnes lieflaͤndi-
ſche Muͤnzcabinet wir nicht ungemeldet laſſen koͤnnen, vermaͤhlte ſich am 18ten Sept.
1733 mit Anna Gottlieb von Bagge, aus welcher Ehe Carl Joh. Ludwig, Ger-
hard Wilhelm und Lubbert Friedrich erzeuget worden.
bert, Sivert und Siegfried. Chytraͤus ſetzt den Anfang ſeiner Regierung ins
Jahr 1415 und Hiaͤrne in 1418; da er doch ſchon 1417 zu Wenden am Tage Viti
Modeſti einen Peter von Duren mit gewiſſen Guͤtern belehnet, und 1416 den ron-
neburgiſchen Manntag angeſtellet.
ne Klagen zu Coſtnitz und der drauf erfolgte Tauſch mit Luͤttich beweiſen. Nunmehr waren
die Herrenmeiſter auch zugleich Erzbiſchoͤfe, nnd thaten was ſie wolten. Hierauf zielt Menius,
wenn er bey dem ſeinem Prodromo vorgeſetzten Bilde eines Biſchofsſtuls den Ausdruck gebraucht,
daß mit der Zeit die Tochter, d. i. der Orden, die Mutter oder die rigiſche Kirche als Stifterin
aufgefreſſen. Meiſter Sifried hielt zu Ronneburg auf dem erzbiſchoͤflichen Schloſſe einen
Manntag mit den Vaſallen und Maͤnnern der Kirche, wohey er ſich gevolmaͤchtigten Vicarius
des Stifts von Riga nennet, auch am Ende des Documents ſelbiges mit dem Vicariatsſiegel
befeſtiget zu haben verſichert. Schon im Jahr 1410 heiſt es in einem Lehnbriefe, daß Conrad
von dem Vietinghave, volmaͤchtig Vicarius des Erzbiſchops Johannes von Wallenro-
da in der Palten tho Seßwegen ein Stuͤck Landes, dat nu wedder an de hellige Ker-
cke tho Riga gefallen was, fry na Lehngudes Rechte an - - und ſinen Erven unter ſinen
Vicariatsſegel verlehnet habe. Wallenrod wuſte als ein ſtaatskluger und ſcharfſinniger Man
dieſe Zunoͤthigungen zu verbeiſſen. Er hatte bey allen Wiederwaͤrtigkeiten etwas ſcherzhaftiges an
ſich; daher Kirchnerin Panegyricis part. 2, paneg. III, p. 76 ſeine apophthegmata als lepidiſ-
ſima lobt, deren aber Zinckgreve nicht mehr habhaft werden koͤnnen, welcher ihren Verluſt in
der Vorrede ſeiner apophthegm. bedauret.
geheiſſen, wie auch Cromer B. XVII von ihm ſchreibt, da doch vorher kein andrer
dieſen Vornamen gefuͤhret als Balcke; welches ohne Zweifel aus einem Gedaͤchtnis-
feler herruͤret. Nach Strubiczens Bericht wurde Wallenrode ein Weltlicher, und
legte die geiſtliche Kleidung ab, worin er aber irret. Seinen Nachfolger Henning
Abundi, nennet Kelch Johannes Harburdus, geweſenen Biſchof in Curland,
ſo ebenfals unrichtig iſt. Die Documente muͤſſen uns hier | zn Wegweiſern dienen, de-
nen wir auch gefolget. Die paͤpſtliche Beſtaͤtigung von Martin dem Vten in 4ten
Jahr ſeiner Regierung 1421 entdecket uns klaͤrlich, daß Joh. von Wallenrode Biſchof
von Luͤttich worden, und Johan vormaliger churiſcher Biſchof zum rigiſchen
Erzbiſchof ernant worden, womit die Acta Concilii Conſtantienſis uͤbereinſtimmen.
Eine andre paͤpſtliche Beſtaͤtigung iſt zu Sevenne vom 9ten Jul. im erſten Jahr der
Regierung Martini unterzeichnet.
von angemerkt.
etwas kleiner als die gewoͤhnlichen Heringe, und theilen ſich in verſchiedene Geſchlechter. Die Kuͤ-
ſten der Oſtſee wimmeln von dieſem Fiſch, und mehr als eine Million Menſchen muͤſſen ſich da-
von den meiſten Theil des Jahrs erhalten. Ehe der ſchottiſche Heringsfang empor kam, wur-
den dieſe Fiſche aus der Oſtſee geholet, und nach fremden Laͤndern verfuͤhret. Daher vielleicht
die Erzehlung ihren Urſprung hat, daß die Hermge ihren Zug nach der Nordſee genommen, da
doch die Oſtſee keinen Mangel daran hat, ob ſie gleich nicht mehr verfuͤhret werden.
Verungluͤckung eines luͤbiſchen Schifs ſucht, das 1468 auf ſeiner Reiſe nach Revel in den
Scheeren von Schweden und Finnland geſcheitert, wobey die ganze Ladung an
Waaren verloren gegangen, und auſſer den Schifleuten bey 200 Seelen alt und jung
umgekommen. Ueberhaupt ſind dieſe Geſetze nicht lange von Guͤltigkeit geweſen.
was die Pfaffen dazu gelogen? Schuͤtz B. III, k. 114, und vor ihm Cranzin Van-
dalicis, berichten, als ob der Ordensmeiſter ſeine Geliebte einem jungen Kaufman zur
Ehe aufdringen wollen, der aber durch ſeine Verweigerung den Hals verwirket, und
weil man ihn des Diebſtals beſchuldiget, gehenkt worden; vorher aber im Vertrauen
auf ſein gutes Gewiſſen den Meiſter beſprochen, innerhalb 14 Naͤchten vor dem Richterſtuhl
GOttes zu erſcheinen, welchen Termin auch Sifert gehalten. Nach des Meiſters
Tode ward auch das Weibſtuͤck wegen Diebſtahls verklaget, ſie war aber gluͤcklicher
als der Kaufman, indem ſie ſich eine platte ſcheren lies, und in Moͤnchshabit nach
Preuſſen entwiſchte. Cranz giebt dem Meiſter weder Namen noch Jahrzahl, ſon-
dern erklaͤrt es fuͤr ein gemeines Gaſſenmaͤhrchen. Ruſſov erwehnet nichts davon.
Herr Schurzfleiſch ſpricht dieſem Hiſtoͤrchen allen Glauben ab, und wir haben uns
geſchaͤmet im Texte eine Erzehlung davon zu machen. Fabula vulgatur per omne Li-
uoniae theatrum, ſchreibt Cranz,Wandal. B. XI, k. 2. Syfrid Lander iſt uns
ſonſt noch durch ein 10 jaͤhriges Buͤndnis bekant geworden, welches er und der Hoch-
meiſter, Hr. Michel Kokmeiſter, mit den Henzeſtaͤdten gemacht, davon aber die
Jahrzahl verblichen. Der Orden von Preuſſen und Liefland verabfolget im Fal des
Angrifs auf eigne Koſten 2000 Man zu Pferde oder zu Fus gewapnetes guten wehrhaf-
gen Volks, zu Waſſer bis in die Balge oder Wiſſel, und zn Lande bis zur Lau-
wenborch. Alsdenn zehren dieſe Voͤlker auf Koſten der Hanſeeſtaͤdte, und werden
im Sunde oder zu Luͤbeck wieder uͤberliefert. Dagegen ſchickten die Handſeeſtaͤdte
500 Man zu Schiffe entweder nach Danzig, oder nach Riga, oder Revel, nach-
dem der Orden ſie in Preuſſen oder Liefland noͤthig hat, der ſie auch entweder im
Sunde oder zu Luͤbeck frey zuruͤck giebt.
Bruder dieſes Ordensmeiſters, Herr Johan Orges, genant Rutenberg, deſſen eheleibliche
Tochter an Herrn Martin von Ungern-Sernberg verheirathet worden. Die altadelichen Fa-
milien in Liefland haben inſonderheit genaue Verzeichniſſe ihrer Ahnen, aus welchen die Hiſto-
rie mitlerer Zeit ſchon erlaͤutert werden koͤnte, wenn man ſie beiſammen haͤtte. Dergleichen
Sorgfalt war auch noͤthig, nicht nur, weil ein Ritter bey ſeiner Aufnahme in den Orden oder
ins Hochſtift ſeine 16 Ahnen erweiſen muſte, ſondern auch, weil nach den lief- und eſtlaͤndiſchen
Privilegien von der Spilſeite ins 5te Glied, eine vortheilhafte Erbſchaft zu erhalten moͤglich war.
7 Loth reines guten loͤthigen Silbers revelſchen Gewichts angiebt, und alſo ſchlieſſet: Dith ſint
noch nye Mark geweſen, wat moͤgen denne de olden gegulden hebben? Der Werth einer Mark
iſt an ſich unverruͤckt geblieben, weil aber die alte Muͤnze zu geringhaltig war; ſo muſte von der-
ſelben 4 mahl mehr auf die Mark bezahlet werden, als wenn man ſich der neuen guten Muͤn-
ze bediente.
ſkilja, ſcheiden, abſondern, herleitet, weil dieſe Scheidemuͤnze Kaͤufer und Verkaͤufer aus
einander ſetzet. Diejenigen welche Schilling in alten Briefen finden, muͤſſen nicht auf Schel-
len und Klingen, ſondern auf das alte Wort Schelen, verſchelen ſehen, davon im platdeut-
ſchen Schellinge eine Scheidung und Zwietracht uͤbrig iſt. Daß in Liefland Scherfe gebraͤuch-
lich geweſen, beweiſet Chriſtoph Falconius in ſeinem zu Koͤnigsberg 1552 gedruckten Rechen-
buche, nach deſſen Anzeige 4 Scherfe in Liefland einen Heller, 5 Mark 10 Gr. einen Roſeno-
bel, 5 Mark eineu Doppelducaten; zu Sigism. Auguſts Zeiten aber 6 Mark einen Roſeno-
bel, und 28 Mark 3 Gr. einen Portugaloͤſer gemacht Rhanaͤus bezeuget in einem Briefe vom
1ſten October 1728 an einen vornehmen von Adel, daß er in alten Urkunden und Diplomaten
von 1252, 1272, 1290 und 1453 ganz ſeltene und unbekante Muͤnzſorten nemlich Marten, Orte-
ringen, Grauſſeln und Arpen gefunden. Allein da man Dinge nicht ohne Noth vervielfaͤlti-
gen
re Gieſe von Rautenberg; Ruſſov, Zyſe von Rutenberch; Ceumern, Ciſe
von Rautenberg; Praͤtorius, Zyeſe von Rautenburg; Henninger, Ziſa von
Rytenberg. Das Jahr ſeines Antrits ſetzen Ruſſov und Hiaͤrne 1428. Die
von ihm vorhandenen Documente geben Herrn Kelchen Recht, nur mus ſein Vorna-
me Cyſſe oder Syſſe geſchrieben werden.
Spaltungen, und weil die Cleriſey hierdurch unter den Orden erniedriget zu ſeyn ſchien, ſo
verurſachte dieſer paͤpſtliche Wille manchem darunter eine ſchwere Gewiſſensangſt. Bey der
Stadt hat der Erzbiſchof Silveſter die paͤpſtliche Kleiderbulle bekant machen laſſen, die daher
auch den Namen der Bullae habitus traͤget. Wir wuͤrden hier eine lange Reihe von Paͤpſten
anzufuͤhren haben, deren Bullen faſt von Regierung zu Regierung der lieflaͤndiſchen Cleriſey
die Uniform des Ordens angerathen und befohlen haben, wenn beſondere hiſtoriſche Umſtaͤnde
darin enthalten waͤren und nicht ihr Jnhalt durchgaͤngig auf eins hinaus liefe. Jndeſſen waͤre
die Materie de pallio ſo fruchtbar, daß man wo nicht ein ganzes Buch, wie Tertullianus,
doch eine Diſſertation davon ſchreiben koͤnte.
ſchen und Artige leſen ſollen, oder ſich auch ſchon felerhafter Abſchriften bedienet habe, derglei-
chen man hier in groſſer Menge antrift.
ſer um ein betraͤchtliches vermehren laſſen, wenn dieſe nicht noch viel volſtaͤndigere Quellen haͤt-
ten, woraus ſie ihren Unterricht holen koͤnten. Die Herren von Tieſenhauſen, von Yxkuͤl,
von Roſen, von Mekes, von Scharenbecke, von Vietinghofe, zieren alle Blaͤtter. Wir wol-
len von dem alten lodiſchen Geſchlecht eine kleine Probe ertheilen. Ein Odert Lode unter-
ſchrieb zu Roſchild 1265 der Koͤnigin Margaretha Muͤnzbefehl; Hinrich Lode 1343, und
Hinrich Lode von Lechtes, Ritter, ſteht in verſchiedenen daͤniſchen Privilegien uͤber Eſt-
land; Johann Lode erhielt 1400 zu Rom das Cingulum militiae oder den ritterlichen Stand,
und einen freien Pas auf 7 Reuter, uͤberal ohne Geleitsgeld durchzukommen, weil er einen Mohr
an den Koͤnig von Daͤnnemark zu bringen habe. Helmold Lodens Witwe, mit Namen Le-
na, und ihre beiden Soͤhne Odert und Herman erhielt 1420 von den Brigittennonnen und
Auguſtinerbruͤdern in Marienthal die Verſicherung, daß ſie fuͤr ihre gute Werke an allen geiſt-
lichen Uebungen des Kloſters Theil und Genus haben ſolten. Jm Jahr 1361 bezeuget Odward
Lode und Henrich Lode, daß Nicolaus, ſein Bruder Henneke, und Heinrich Nicolai
Sohn, Herren von Lode, gewiſſe Guͤter verkauft haben; 1410 erhielt Hans Lode das Gut
Kukkers, der Joh. Lodens von Kochtel Sohn war. Jm Jahr 1417 finden wir einen Hans
Lode Helmolds Sohn, und Wilbelm Lode, Ottens Sohn, 1433 Odert Lode Ottens
Sohn. Fromhold Lode bewilliget ſeiner Frau Elſebe eine Vicarie von 200 Mark rigiſch,
36 neue Artige auf die Mark gerechnet. Hans und Henniken Lode, Hanſens Soͤhne von
Podebus, anjetzo Podes genant, kommen 1453 in einem Briefe vor. Herman Lode zu
Aſſery war 1546 Landrath in Eſtland. Heinrich Lode empfieng von Stephano, Koͤnig von
Pohlen, 1585 die Hoͤfe Teilmann im Wendenſchen, und Ladon im Schuyenſchen. Jm Jahr
1545 ſtehen Reinhold Lode, Hermans Sohn, ſein Bruder Helmold, und Juͤrgen Lode
zu Vedell, ſein Vetter, im weſenbergiſchen Vertrage. So ſchreibt ſich auch ein Johann
Lode 1531 der Kirche zu Oeſel, Doͤrpt und Revel Domherr.
Jn dem Chor der wendiſchen Domkirche ſiehet man einen geharniſchten Man auf einem grau-
en Stein mit einem Schwerdte; zu ſeinen Fuͤſſen liegt ein Wapenſchild mit 3 Baͤrentatzen, auf
dem Helm aber 3 Pfauenfedern mit der Umſchrift: Jnt JahrMCCCCundXVIIIvorblef ſe-
lige Dirik Lode, deme Got mote ghnedich ſin ſiner Seile. Jhs! Maria! Joſeph!
ſchrieben, weswegen vielleicht aus einem Kriege mehrere gemacht worden. Horner
ſetzt dieſen in Cyſſens 9tes Jahr, und meldet, daß Litthauen leicht waͤre unters Joch ge-
bracht geweſen, wenn der Tod des Ordensmeiſters nicht einen Strich durch die Rechnung
gemacht haͤtte. Svidrigell, um deſſen willen die Lieflaͤnder den Zug unternahmen,
heiſt in dem Supplement des Duisburgersc. XLIII und XLIVSwitterga, Swi-
tergal und ſonſt Switergail, bey lateiniſchen Schriftſtellern aber Svidrigelo, oder
Svitrigellus, der doch mit ſeinem und des Jagello Bruder Skirgello nicht ver-
wechſelt werden mus. Des Ordensmeiſters Todes jahr ſetzen etliche weiter hinaus; Hi-
aͤrne beweiſet aber aus Brief und Siegeln, daß man ſich an die preußiſchen und
lieflaͤndiſchen Geſchichtſchreiber nicht kehren duͤrfe, ſondern Cranz, Cramer und
Chytraͤus Recht haben, welchen auch Kelch gefolget.
Johannes Kyrchow; die eine Handſchrift, Chriſtoph Kerskorf; die andere, Kerk-
hof, und Keſe Korf; Ruſſow, von Kersſtorp; Ceumern, Franciſcus von
Kersdorff; Spangenberg von Kerſebruͤck. Schuͤtz ſchreibet von Kerſchdorff,
die Pohlen aus dem Reviſionsdocumenten, Frantz von Kirchhoff. Schurtz-
fleiſch wil in alten Schriften Kerczdorf gefunden haben. Jn dem Briefe, worin
er die lateiniſchen vermoderten Privilegien der Stadt Goldingen ins Deutſche
uͤberſetzen laſſen von 1434, heiſt ſein Zuname Kerkdorf. Nach dem Schurtzfleiſch
war er aus dem alten Geſchlecht der Herren von Gersdorf, die urſpruͤnglich Sach-
ſen, nicht aber Wenden geweſen, ohnerachtet manche wendiſche Familien aus Boͤh-
men nach der Lausnitz gezogen, und ſich daſelbſt nieder gelaſſen. Michow meldet
B. IV, k. 44, daß ein gewiſſer Georg Gerczdorff im preußiſchen Kriege gefangen
worden.
er, machte mit Svitergailen ein Buͤndnis, und verſprach ihn zur Thronfolge zu ver-
helfen. Der preußiſche Hochmeiſter lies ſichs gefallen. Kerſebrock zog aus ganz
Liefland 600 Ordensbruͤder, Huͤlfsvoͤlker aus den Staͤdten, Eſten, Liven und
Letten, wie auch viele Auslaͤnder zuſammen. Als er ſich mit den Litthauern verei-
nigte, muſte ihm Svitergail verſprechen, mit den Rigiſchen als Feinden des Or-
dens anzubinden. Er ſchickte auch gleich den aͤlteſten Comtur mit 30 Reutern zuruͤck,
die inzwiſchen die Ordensſchloͤſſer ſchuͤtzen ſolten. Unterdeſſen geſchahe das ungluͤckliche
Treffen, wobey uͤber 20000 der beſten Ritterpferde in feindliche Haͤnde kamen. Auf
die Nachricht ſchickte zwar der Hochmeiſter einen andern Meiſter nach Liefland, allein
die Lieflaͤnder lieſſen ſich ihr Recht nicht nehmen, und erwehlten den Landmarſchal zu
dieſer Wuͤrde. Es koſtete ihnen aber viel Geld und gute Worte, ehe ſie deſſelben
Beſtaͤtigung erhalten konten.
Eigennuͤtzigkeit, die ihn mehr auf die Vortheile ſeiner Verwandten als des Ordens zu
ſehen getrieben. Er bekam von dem wittenſteiniſchen Comtur Helwich von Gil-
ſen noch mit warmer Hand eine Tonne Goldes, und nach deſſen Abſterben 100000
Mark an Golde ohne das viele ſilberne Geraͤthe, desgleichen erbte er von dem Ka-
ſtellan auf Vellin 30000 Mark Goldes und 600 Mark gegoſſen Silber, auſſer dem
ſilberne Tafelgeſchirre. Dieſen Schatz holte ſein Bruder Wolther Kersdorf, preuſ-
ſiſcher Groscomtur ab, und ob ſchon die lieflaͤndiſchen Gebietiger dis Geld von
dem Hochmeiſter Paul zur Ordenscaſſe geſchlagen wiſſen wolten, ſo getrauete ſich die-
ſer doch nicht eine ſo fette Nachlaſſenſchaft dem rechten Erben abzunehmen. Die Lief-
laͤnder ſahen es als oͤffentliche Gelder an, daruͤber kein Meiſter vor ſich allein zu
ſchalten haͤtte, und Ruſſov meinet, es habe damals mancher ſeine Gelder nach Weſt-
phalen in Sicherheit gebracht, oder ſeinen Finken nach Hauſe fliegen laſſen.
mehreſten behaupten, er ſey in der Schlacht geblieben. Allein ſo muͤſte das Treffen
auch ſpaͤter angegeben werden. Rusdorf und Vladislaus ſchloſſen zu Breſci den
Frieden erſt 1436 S. Hartknoch Th. II, S. 309. Schuͤtz bemerket B. III, bl. 128,
daß der Ordensmeiſter in Liefland durchaus nicht in dieſem Frieden habe eingeſchloſſen
ſeyn wollen, welcher Eigenſin dem Lande viel Unheil zugezogen. Die Geſchichtſchrei-
ber geben die Niederlage auf 20000 Man ſtark an; weil dieſes aber zu gros klinget,
nimt Horner nur 10000 an, wobey man doch noch genug zu thun hat, wenn mans
glauben
Scingel; beim Strubicz, von Bockewerde; in der einen Handſchrift, Hinrich
von Buckenode, genant Strußel oder Schnugel; beim Ruſſow, Hinrich
Schungel von Buckenode; beim Kelch, Buchenorde; beim Ceumern, von
Bohenfort. Einige Documente haben den Beinamen Stempel. Als Comtur zu
Revel ſchrieb er ſich 1433 Henrich von Backenfoͤrde, ſonſt Schmiegel genant.
und das Jahr nachher auf der Kirchenverſamlung zu Baſel beſtaͤtiget worden. Die-
ſer Vergleich widerleget nicht nur das unrichtig angegebene Jahr 1439, da er erſt zur
Regierung gekommen ſeyn ſol, ſondern auch die Schriftſteller, welche dem Erzbiſchof
die Bezahlung von 20000 Mark fuͤr die Kriegeskoſten auferlegen, wie auch Herr
Schurzfleiſch thut. Die Beſtaͤtigung waͤre dem Papſt gewis zu ſauer geworden,
wenn der Erzbiſchof ſo empfindlich gekraͤnket werden ſollen, zumal da alle Geſchicht-
ſchreiber dem Ordensmeiſter die Ehre des Anfangs zu allen Haͤndeln laſſen. Schon
1435 am 24ten April befahl die baſelſche Synode dem Rath und der Buͤrgerſchaft zu
Riga, Doͤrpt und Revel, daß ſie zwiſchen dem Erzbiſchof und dem Orden Frie-
densmitler abgeben ſolten. Das daran haͤngende groſſe bleierne Siegel hat die Auf-
ſchrift: Sacro Sancta generalis Sinodus Baſileenſis.
dismal davon. So lauten ſeine Worte: Magiſter ipſe Sancius vix caedi caput ſub-
ſtraxit, wofuͤr man offenbar ſaucius leſen mus, wenn man nicht ohne Noth einen neuen
Meiſter erſchaffen wil.
Handſchrift, Heinrich Funck von Oberberg; Schuͤtz und Kelch, von Averberg;
Praͤtorius unrichtig, von Cluersberg. Beim Chytraͤus iſt dieſe Jahrzahl verdruckt,
die vorhergehende aber falſch. Jn vielen Lehnbriefen iſt ſein Name Hinrich Wineke,
von Oberberg geſchrieben.
ſchrift von allen hanſiſchen Privilegien in ſeinen Landen auf 3 Pergamentbriefen uͤberrei-
chen, in welchen der Koͤnig im Jahr 1441 alle koͤnigliche daͤniſche, 1444 die koͤniglich
norwegiſche, und 1445 alle koͤniglich ſchwediſche Freiheiten, Privilegien und
Gnadenbriefe beſtaͤtigen wollen. Kopenhagen, Sonnabends vor Michaelis.
geblieben, ſo mus die Confoͤderation, welche der Orden zu Walck am Sontage Epi-
phanias 1447 mit den Abgeordneten des Koͤnigs der drey wendiſchen Reiche, Chri-
ſtophs, geſchloſſen, uns einiges Licht geben, worin folgendes verabredet worden.
1. Die Vereinigung gehet von Pfingſten an, waͤhret zwey Jahr, und wird von ge-
dachter Zeit an von keinem Theile mit den Reuſſen von Grosnaugarten Zuſammen-
kunft gehalten. 2. Keiner vertraͤgt ſich mit den Reuſſen, es ſey denn eintraͤchtiglich.
3. Einer wil dem andern mit ganzer Macht treulich helfen, und den Krieg gegen
Grosnaugarten auf St. Johannistag anfangen, alſo daß der Orden das reußiſche
Gebiet Neuſchloß und Capporie feindlich uͤberziehe. 4. Die koͤniglichen Befehls-
haber fallen auf ihren Grenzen Nioͤteburg, Landscron und Wolchow an.
5. Den Reuſſen werden die Straſſen geſperret, keine Zufuhr verſtattet, und ihre
Lande nicht beſucht. 6. Wer angegriffen wird, erhaͤlt von dem andern ſchleunige
Huͤlfe. Unterzeichnet ſind Bruder Heinrich von Oitlen, Landmarſchal, Peter
Weſſeler, Comtur zu Vellin, und die Maͤnner der Lande Lyflande, Hermann
Soͤge,
Meng-
ihre Nachkommen.
den; Praͤtorius, Johan Oſthoven von Mengden. Ernſt von Mengden,
genant Oſthoff, war 1451 Comtur zu Revel. Die Stadt lies ihn ebenfals uͤber 6
Jahr auf die Huldigung warten, mit welcher ſie ſich niemals gegen den Ordensmeiſter
uͤbereilet. So machte ſie es auch mit den Erzbiſchoͤfen, ſonderlich zu der Zeit, als
die Gewiſſenstyranney dem Evangelio hinderlich fiel: dagegen ſie ſich gegen die Ordens-
meiſter deſto williger bezeigte. Was hatte Mengden nicht zu klagen, wie hart und
unbezwinglich die Stadt bisher in ihrem Eigenſinn geweſen? Es iſt ein Document von
1456 vorhanden, darin der Ordensmeiſter alles dasjenige nachſagt, was viele ſeiner
Vorfahren ſchon geklaget hatten. Wir wollen die Punkte deſſelben hier beibringen.
- 1. Beſchweret ſich der Herrmeiſter uͤber den Eingrif der Stadt in die paͤpſtliche,
kaiſerliche, koͤnigliche, und andre chriſtglaͤubige Privilegien des Ordens, welcher Orden
doch bey Einnehmung des Landes das meiſte gethan habe. - 2. Obgleich der Orden vom Kaiſer Friedrich dem andern mit dem alten Kai-
ſerrechte begnadiget worden, und die Bruͤder der Ritterſchaft Chriſti, die man noch
die Schwertbruͤder nenne, ihr Heil an Bezwingung und Bekehrung der Heiden verſu-
chet; ſo haͤtten dieſe Bruͤder doch vor Zukunft des deutſchen Ordens nichts ausge-
richtet. Die Stadt ſolle daher die den Schwertbruͤdern vom dritten Biſchof Albert,
mit Zuziehung des Legaten Mutinenſis, zugeſtandene Stadtmarke, woruͤber das
gottlaͤndiſche Recht gegolten, unangetaſtet laſſen. Wie nun der Orden vor der Zeit
des Soͤnebriefs nach altem kaiſerl. Rechte die Herrlichkeit uͤber die Stadt gehabt, ſo waͤre
ſolche nach der Zeit des Soͤnebriefes vom Kaiſer Ludwig dem IVten, und nachher
vom roͤmiſchen Koͤnig Rudolph beſtaͤtiget worden. Er verlange alſo von der Stadt
die Huldigung, und den Eid der Treue 6 Tage nach Ueberantwortung dieſer Schrift. - 3. Solle der Orden nach dem alten Rechte der Schwertbruͤder, das dritte Theil
der Muͤnze haben, und der Muͤnzer oder Vogt von der Stadt mit Zuziehung des Or-
dens geſetzet werden. - 4. Es waͤren zwar nach langen Beſchwerden viel ſachte gute Worte von der
Stadt zu deren Abhelfung gefallen, jedoch die That wolle den Worten nimmer folgen. - 5. Der Soͤnebrief waͤre nicht gehalten, dem Orden vor der St. Jacobspforte
eine falſche Grenze angewieſen, und der Buͤrgerſchaft erlaubet, auf dem Ordensgebiete
etliche Baumgaͤrten anzulegen. - 6. Habe die Stadt auf dem Holme Kogenlage den Zaun unrichtig gezogen;
denn obgleich in alten Zeiten die Grenze ſo gegangen, ſo muͤſte doch der Orden, weil
ihm die Duͤne ein Stuͤck davon abgenommen, von dem Zuwachs des Holmes auf
der andern Seite mit Nutzen ziehen, und eine neue Theilung gemacht werden. - 7. Sey dem Orden die Viehweide von der Buͤrgerſchaft durch Anlegung ihrer
Hoͤfe, Gaͤrten und Gebaͤude geſchmaͤlert worden, Roßmuͤhlen und andre Muͤhlen in
der Stadt ohne Einwilligung des Ordens angeleget. - 8. Die Fiſche wuͤrden den Reichen in die Haͤuſer und nicht auf oͤffentlichem Markt
gebracht, der Zehnde nicht ordentlich abgegeben, die kleinen Strafgelder nicht getheilet. - 9. Die Stadt habe bey des ſeligen Meiſter Finckens Zeiten einen ſeiner Diener,
Namens Sternberg, gegen alle Vorſtellungen des Ordens inhaftiret, und endlich ent-
haupten laſſen, da doch dem Orden das halbe Gerichte zukaͤme. Wie ſie denn auch
Hans Steniken, wider allen Willen des Hauscomthurs, in den Thurm geworfen,
und zu grob und zu tief in die Freiheit des Ordens getaſtet haͤtte. - 10. Als der Hauscomthur um Huͤlfe und Beiſtand wider die Hollaͤnder wegen
des Puntzolles angehalten, ſey der Rath nicht nur ſtille, ſondern gar entgegen ge-
weſen. - 11. Ungeachtet die Stadt nach dem Soͤnebrief verbunden, wenn ein Herrmei-
meiſter ſelbſt reiſet, mit aller iheer Macht ihm zu Huͤlfe zu kommen; ſo habe dennoch
Meiſter Francke auf einen kleinen Beiſtand im Oberlande vergeblich angeſprochen,
und Meiſter Schungel ſeliger, wie die Litthauer Thomasdorp verbrannt, gar
alleine wandern muͤſſen. - 12. Waͤren drey Doͤrfer dem Orden vorenthalten, und da die Litthauer des
Herrmeiſters Hof auf dem Holme anzuͤnden wollen, habe der Herrmeiſter nach langem
Entbie-
entweder zum Grunde geleget, oder auch aufgehoben worden, uͤberdem auch in keinen
gedruckten Buͤchern zu finden; ſo verdienet derſelbe hier allerdings einen Platz. Das
Original iſt altdeutſch, und damit wir zu deſſen Verſtaͤndlichkeit nicht eine neue Ueber-
ſetzung abdrucken laſſen duͤrfen, ſo ſind wir dem Grundtext ſo genau im Hochdeutſchen
gefolget, als es die Sprachgeſetze erlauben wollen. Die Stadt hat ſich bey Anneh-
mung deſſelben am laͤngſten geſperret, muſte ihn aber Montags nach Epiphanias
1492 mit einer Vorrede bekant machen, und mit dem Stadtſiegel bekraͤftigen. Man hat
ihn
- Entbieten und Bitten, den Rath weder aufs Schlos noch in die Domkirche zur Be-
ratſchlagung bekommen koͤnnen. Man habe ſo gar ehmals, wie der Orden aus Preuſ-
ſen und anderwerts Huͤlfe erhalten, den Truppen die Thore verſperret, Kieken und
Rennebaͤume vorgezogen, Bolwerke errichtet, Pfloͤcker und Angeln gemacht, und
thue es noch jetzo, ſo wenig auch der Orden und der Herrmeiſter Anlas zu einem Arg-
wohn gaͤben. - 13. Es ſey wider den Soͤnebrief, daß jeder Buͤrger, der ein Erbe kaufet, und
darinnen wohnet, an die Heiligen ſchweren muͤſſe, daß er kein Erbe noch liegende
Gruͤnde an geiſtliche Hand verkaufen, verpfaͤnden, verſetzen, oder auf andre Weiſe an
geiſtliche Hand bringen wolle. - 14. Fordert der Herrmeiſter die Erſetzung des Schadens auf dem Hofe zu Rom
und auf dem Concilio, wie auch den Holm, den Gottſchalck Fiſcher vormals, und
nun Hardwich Steenhuus gebrauchet, in der Duͤne, das Packhaus zu Duͤne-
muͤnde, den Buckesholm in der Duͤne, und einen Raum bey der Oberſtadt wieder.
Zuletzt fuͤhrt er die Verbindlichkeit an, mit welcher die Stadt dem Orden ver-
pflichtet ſeyn ſolte, und ermahnet ſie als liebe Geſchworne kuͤnftig treuer und aufrichti-
ger dem Orden zu begegnen, dagegen ſie alles Schutzes verſichert werden.
erhoͤhet und herunter geſetzt wurde. Jn verſchiedenen Huldigungsbriefen, wo es die
Stadt am beſten zwingen konte, iſt er fuͤr eine ihrer Seelen Seligkeit, Ehre und
Wohlfahrt ſchaͤdliche Scharteke erkant.
Der Kirchholmiſche Vertrag.
Wir Sylveſter von GOttes und des roͤmiſchen Stuhls Gnaden, der heiligen Kirche
zu Riga Erzbiſchof deutſchen Ordens, und Wir Johan von Mengden, anders
genant Oſthof. Meiſter deutſchen Ordens in Lyflandt, thun kund und offenbar
allen denen, ſo dieſe Schrift ſehen, hoͤren oder leſen, daß nachdem leider uͤber hundert
Jahr bisher groſſer Zwietracht, ſo wol am Hofe zu Rom vor Gerichte als anders
Orts zwiſchen unſers Erzbiſchofs Vorfahren ſeligen, und unſerer Kirche an einem, und un-
ſers Vorfahren und Orden an dem andern Theil geweſen, wegen der Herrlichkeit unſrer
Stadt Riga, indem ein jeglich vorgeſchrieben Theil meinte die Herrlichkeit der Stadt Ri-
ga alleine vor ſich zu haben, alſo daß ſolche Zwietracht, der Vogt, Bnrgermeiſter, Rath
und Gemeine der vorerwehnten unſerer Stadt Riga mit Vorbehalt ihrer Privilegeien und
Gerechtigkeit was der Herrlichkeit vom Rechte zugehoͤrt und zugehoͤren ſolte, unterwunden
hatten. Das haben wir Sylveſter, Erzbiſchof mit unſerm Kapitel und Manſchaft, und
wir Johan, Meiſter in Liefland, mit unſern Gebietigern und Orden betrachtet und uͤber-
ſehen, die erſte Stiftung und Empfang auf die Herrlichkeit unſrer Stadt Riga, und
befunden, daß von Anbegin der Stiftung unſrer Stadt Riga wir vorgeſchriebene bei-
de Parten, als Erzbiſchof zu Riga, und Meiſter in Liefland, Recht gehabt haben
und ſollen haben zu der Stadt Riga, und haben uns um ſothane Herrlichkeit der-
ſelben Stadt Riga freudlich und gruͤndlich vertragen, als wie hernach folget, nem-
lich, daß wir die vorbenante Herrſchaft der Stadt gleich untereinander getheilet haben,
mit allem was zu der Herrlichkeit mit Recht gehoͤret, und haben darum dem Vogt,
die Buͤrgermeiſter, Rath und Gemeine der gedachten unſern Stadt Riga mit unſern
Anſprachen angelanget und erfordert.
Nachdem Wir, Sylveſter, Erzbiſchof, von wegen unſerer und unſerer Kir-
chen, und aus paͤpſtlichen, kaiſerlichen und koͤniglichen Privilegien und Begnadigun-
gen von erſter Stiftung unſer Stadt Riga, und Wir, Johan, Meiſter in Liefland,
von wegen unſers Ordens an der Staͤte vorzeiten der Schwertbruͤder auch gegebenen
paͤpſtlichen und kaiſerlichen Privilegien, der Stadt Riga rechte natuͤrliche Herren ge-
weſen ſeyn und ſeyn ſollen, daß uns beiden Parten vorbenant, und einem jeglichen
Theile beſonders, der Vogt, Buͤrgermeiſter, Rath und Gemeine den Eid der Hul-
digung als ihren rechten Herrn, denen ſie das ven Rechte ſchuldig ſeyn, thun und lei-
ſten wolten, und uns wieder zukehren, was ſie uns in ſothaniger Zwietracht, die zwi-
ſchen unſern Vorfahren und uns bis anhero geweſen, ſich unterwunden hatten, deshal-
ben der genante Vogt, Buͤrgermeiſter, Rath und Gemeine unſer Stadt Riga, ſich
mit uns freundlich darum vertragen, und uns beiden Parten, und einem jeglichen be-
ſonders den ſchuldigen Eid der Huldigung gethan und geleiſtet, und uns auch belobet,
Kraft des Briefs, ſo daruͤber gemacht, auch mit ihren Jnſiegeln verſiegelt, ſothanen
Eid der Huldigung allen unſern Nachkoͤmlingen in ihrem erſten Anfange zu ewigen Zei-
ten, und daß ſie uns beiden ihren rechten Herren und unſern Nachkoͤmlingen gleich ge-
horſam und gewandt ſeyn ſollen in allen Sachen, ſo die geſchworne Unterſaſſen ihrem
rechten Herrn zu thun ſchuldig ſeyn. Jm Fal aber daß der Herr Meiſter gegen ſeine
Feinde wuͤrde zu Felde ziehen, der Herr Erzbiſchof aber nicht, ſo ſol gleichwol die
Stadt Riga dem Herr Meiſter verpflichtet ſeyn, zu ſolchem Kriege die Hand zu bieten,
gleich als wenn der Herr Erzbiſchof mit zu Felde waͤre. Gleichfals ſollen die von Ri-
ga ſich halten gegen den Herrn Erzbiſchof, und wir vorgeſchriebene beide Herrern und
unſre Nachkoͤmlinge haben uns auch wegen der Muͤnze in unſrer Stadt Riga vertragen,
dieſelbe gleich zu haben und zu behalten.
Wiederum haben wir Sylveſter Erzbiſchof, vorbenant, mit Rath und Con-
ſens unſers Capitels, von wegen unſrer und unſrer Kirchen von einem, und wir Jo-
han, Meiſter in Liefland vorbenant, auch mit Rath und Conſens unſrer Gebietiger,
von wegen unſers Ordens, dem Vogt, Buͤrgermeiſter, Rath und Gemeine unſrer
Stadt Riga, unſern lieben Getreuen verneuet und beſtaͤtiget alle ihre Privilegia, Frei-
heiten und Gerechtigkeiten, die ihnen vorzeiten gegeben ſind von unſern Vorfahren,
Erz-
gaten Mutinenſis, ſo wol derer die da ſprechen, auf Gerichte, Freiheiten und Markte
unſrer Stadt Riga, als auch andre Freiheiten, die da nicht entgegen ſeyn dieſen vor-
und nachgeſchriebenen Artikeln in dieſem Briefe beruͤhrt, nach Jnhalt der Briefe von
uns daruͤber gegeben und verſiegelt, jedoch was in dem Privilegio, welches unſrer
Stadt Riga von unſern Vorfahren, Biſchoͤfen und Erzbiſchoͤfen, und den Schwert-
bruͤdern, mit Conſens des Herrn Mutinenſis gegeben, geſchrieben ſtehet, daß die
Buͤrger ſich moͤgen einen Richter der Stadt erwehlen, und den Erkornen dem Biſchof
uͤberantworten, und der Biſchof ſol ihn inveſtiren; des haben wir Sylveſter, Erzbiſchof,
uns mit dem Herrn Meiſter und Orden alſo vertragen, daß es in kuͤnftigen Zeiten alſo
ſol gehalten werden:
Wenn ein Vogt von den Buͤrgern gekoren wird, denſelben ſollen ſie uns beiden
Herren und unſern Nachkoͤmlingen, ſo bald wir zuſammen, vorbringen und uͤberant-
worten, zur ſelben Zeit wollen wir ſaͤmtlich und ſonderlich denſelben beſtaͤtigen und in-
veſtiren laſſen, alſo daß innerhalb ſolcher Zeit, da der gekorne Vogt von uns beiden
Herren beſtaͤtiget, in unſrer Stadt Riga richten ſol. Und da es ſich kuͤnftig zutruͤge,
daß einer von uns vorbenanten Herrn oder unſrer Nachkommen, auswaͤrts und nicht
in dieſem Lande waͤre, ſo ſol der andre unſert halben Macht haben, ſothanen gekornen
Vogt zu beſtaͤtigen und zu inveſtiren, nach ſolcher Beſtaͤtigung ſol derſelbe Vogt von
zweien, als einem von uns Erzbiſchof, und dem andern von uns Meiſter, und un-
ſern Nachkoͤmlingen auf das Rathhaus, in unſre Stadt Riga gefuͤhret und gebracht,
daſelbſt auf den gewoͤhnlichen Stuhl geſetzet, und das Gericht von unſer beiden Herren
wegen und unſern Nachkoͤmlingen, gleich zugehoͤren und bleiben zu ewigen Tagen, und
derſelbe Vogt von uns beiden Herren beſtaͤtiget, ſol von unſrer beiden und unſrer Nach-
koͤmlinge wegen Macht haben, einen Untervogt zu ſetzen, wenn es nothwendig und un-
entbehrlich thut, nach Jnhalt ihres Privilegii, ihnen von uns darauf gegeben. Und
nachdem unſrer beiden Herrlichkeit zuſammen, und einem jeglichen beſonders gebuͤhret,
in unſrer Stadt Riga das Geleite zu geben, ſo wollen wir (da uns und unſern Nach-
koͤmlingen der gekorne Vogt uͤberantwortet und vorgebracht wird,) ihm anbefehlen,
Geleite in unſrer Stadt Riga zu geben, item Wracker, Waͤger und andre gemeine
Amtleute zu ſetzen, das dem obberuͤhrten Vogten, Buͤrgermeiſtern, Rath und Gemeine
unſrer Stadt Riga aus Macht ihrer Privilegien, Freiheit und Gerechtigkeit, zu thun
erlaubet iſt. Auch noch, iſt derſelbe Vogt von wegen unſrer beiden Herren und Nach-
koͤmlinge inveſtiret, ſol er hinfuͤhro unter den Buͤrgermeiſtern, Rath und Jnwohnern
unſrer Stadt Riga, als der hoͤchſte und groͤſte in der Stadt nach alter Gewonheit
geachtet und gehalten werden. Auch ſo wollen und moͤgen wir oben geſchrie-
bene beide Herren ſaͤmtlich und beſonderen und unſre Nachkoͤmlinge Geleite in unſrer
Stadt Riga geben, doch nicht zu Widerwillen und Schaden unſern lieben Getreuen,
und alſo wie es in dem Privilegio Nicolai, unſers Erzbiſchofs Vorfahren, dem Ra-
the unſrer Stadt Riga erlaubet iſt, gottlaͤndiſches Recht zu verbeſſern, als ſie das
ſehen und werden ſehen ſich ziemen zur Ehre GOttes. Geſchicht es nun in kuͤnftigen
Zeiten, daß der Rath in unſrer Stadt Riga zu ihren Gerichtsurtheilen gottlaͤndiſch
Recht nicht verbeſſerten, als ſich das ziemet der Ehre GOttes, auf daß derjenige, der
da vermeinet, daß er beſchweret waͤre mit unſrer Stadt Riga Rechte, ſich nicht be-
duͤrfte des Rechts beklagen, oder aus dem Lande ander Recht beſuchet, ſo geziemet und
gebuͤret ſich, daß die nechſte Herrſchaft der Rechten ſol darum beſuchet werden, derent-
halben ſol frey ſeyn, einem jeglichen in Sachen, die da Ehre und einigen Verderb ſei-
ner Guͤter angehen, uns vorbenante Herren anzurufen und zu beſuchen, und was denn
mit unſer vorgeſchriebenen beiden Herren Unterweiſung unſrer Stadt Riga Rath ſpre-
chen wuͤrde, dabey ſol es bleiben und gehalten, und nicht auſſer Landes forder geſuchet
werden. Auch ſollen und moͤgen der Vogt, Burgemeiſter Rath und Gemeine unſrer
Stadt Riga Baurſprache, Wilkuͤhr oder Satzungen, nicht ſetzen von ſich ſelbſt, ſon-
dern mit Conſens und Beliebung des Herrn Hauscomthurs zu Riga, und Voͤgten der
Stadt, von wegen uns beiden Herren und unſerer Nachkoͤmlinge, als ſie denn von
Stiftung der Stadt an nicht Macht haben zu thun gehabt, als das ihr Privilegium von
unſerm Vorfahren Nicolao gegeben, ausweiſet, der ihnen Nothſatzungen geſetzet hat,
und beſtaͤtiget, als mit Namen von liegenden Gruͤnden, wo die geiſtlichen Leute moͤgen
zugefuͤget werden oder nicht, dieſelben Wilkuͤhre oder Geſetze, wir auch wollen, daß
ſie bey Macht ſollen bleiben und gehalten werden, und es kuͤnftig geſchehe, das GOtt
verhuͤte,
Stadt Riga keinem Theile mit Rath und That beifallen und Beiſtand leiſten, ſondern
ſie ſollen ſich befleißigen und bey beiden Herrn treulich bearbeiten, daß ſothane Zwie-
tracht hingelegt und geſchieden werde. Auch ſind etliche Zwietraͤchte unlaͤngſt geweſen,
zwiſchen uns Erzbiſchoffe und Capitel, und uns Meiſter und Orden, und unſrer Stadt
Riga. Nemlich, daß etliche Buͤrger zu Riga in unſerm Hofe gebauet hatten, die-
ſelbigen Verbrechen haben wir uns mit dem Vogte, Buͤrgermeiſter, Rath und unſrer
Stadt alſo vertragen: Wir haben ihm mit Conſens unſers Capitels gegeben eine Hof-
ſtaͤte und Raum hinter unſerm Stal belegen, unſerm Capitel zugehoͤrig, nach zwey
Hofſtaͤte mit den Haͤuſern im Ellerbrocke hinter St. Johannis belegen, und dazu
hundert Mark Rigiſch, ſo daß uns nun fortan von dem Orte unſers Stalles in un-
ſerm Hofe belegen, bis in die Gaſſe, die Kuͤttergaſſe genant, nnd fort nach der
Duͤne werts alle die Raͤume darin beſchloſſen, bey unſrer Kirchen und unſerm Hofe zu
Riga bleiben und hinfort gehoͤren ſol. So haben wir Sylveſter, Erzbiſchof von un-
ſrer Stadt Riga gefordert St. Juͤrgen, binnen der Stadt belegen, die Kirche, mit
allen Gebaͤuden, und was dazu gehoͤrt, binnen und auſſer der Stadt, welcher Raum
Kirche und Wohnung uns und unſerer Kirche zu Riga ewig zu verbleiben, im Hofe
zu Rom durch Urthel und Recht zugeſprochen und zugetheilt iſt. Das haben dieſelben
Vogt, Buͤrgermeiſter und Rath unſrer Stadt Riga ſelbſt uns und unſrer Kir-
chen Gerechtigkeit erkant, und haben uns den vorbenanten Raum zu St. Juͤrgen mit
allem Zubehoͤr, in und auſſer der Stadt gelegen, freundlich und guͤtlich wieder eingege-
ben, und wir haben ihnen wiederum zugeſaget, daß wir die Kirche wieder wollen reno-
viren, und denſelben Hof zu St. Juͤrgen mit aller Zubehoͤr in und auſſer der. Stadt
belegen, wollen wir laſſen bleiben ein Hoſpital der Kranken und Armen, zu ewigen
Zeiten, daruͤber wir, unſere Nachkoͤmlinge und Kirche allein die Herrlichkeit behalten,
und Vormuͤnder dazu ſetzen, und niemand anders haben ſolle zu ewigen Zeiten. Und
hiermit uͤbergeben wir auch alle unſre andre Anſprache, die wir und unſre Kirche ge-
habt haben auf den heiligen Geiſt, den unſre Stadt Riga unſerm wuͤrdigen Orden ver-
ſchrieben hat, auch das Hoſpital vor Zeiten St. Lazari. Auch ſo haben wir unſrer
Stadt Riga gegeben und uͤbergewieſen den Pfefferzins und Wachszins, in und auſſer
unſerer Stadt, wie ſie uns von Rechtswegen moͤchte gebuͤhren, dafuͤr ſollen ſie uns
jaͤhrlich auf St. Martinstag drey Lispfund Pfeffer*) zur Erkentnis ausrichten und
geben. Ferner ſo hatten wir Johan von Mengden, anders genant Oſthof, Mei-
ſter deutſchen Ordens zu Liefland, von wegen unſer und unſers Ordens Anſprache
zu unſrer Stadt Riga, und etliche Doͤrfer, die unſer Orden uͤber Menſchen Geden-
ken lange beſeſſen hatte, und die vorbenante unſre Stadt Riga in den Noͤthen, als
unſer Orden eine Niederlage hatte in Littowen, uns abgedrungen und andern Heu-
ſchlaͤgen und Laͤndern, des haben wir und unſer Orden mit ihnen vertragen, und ſie
haben uns freundlich und guͤtlich ſothane Doͤrfer wieder uͤberantwortet und zugekehret.
Auch ſo haben ſie uns wieder uͤberantwortet alle Heuſchlaͤge, Holme, die Pfarrweide
bey Duͤnemuͤnde belegen, Garten, Weide und Lande, die unſerm Orden gehoͤrig und
unſerm Orden von ihren Vorfahren verſchrieben ſind, in dem Briefe der Suͤndebrief,
(Soͤhnbrief) genant, denſelben Brief ſie uns, auch unſerm Orden gelobet haben, vol
und unverſehrt zu halten, ausgenommen den Eid, den ſie unſerm Orden bisher geleiſter
haben. Dafuͤr ſollen ſie uns und unſern Orden thun den Eid der Huldigung, wie vor-
gedacht, nnd wie es in dem Suͤndebrief geſchrieben ſtehet, daß ſie uns und unſerm
Orden gelaſſen haben alle Gerichte der Stadt halb; welchen Bruder die Meiſter dazu
erwehlen, der ſol ſitzen mit dem Vogt, das Gerichte nach unſrer Stadt Recht, alle
Bruͤche, Anfal und Poͤne zu Nutze beider Parten. Dieſes Artikels haben wir Syl-
veſter, Erzbiſchof, und wir Johan, Meiſter, uns in dieſer Weiſe vertragen, daß
forthin ein Hauscomthur, oder welchen ein Herr Meiſter dahin ſetzen wird ſeines Or-
dens, der ſol ſitzen und ſeyn im Gerichte und Rath, an Stat unſer beiden Herren, ſo
wol eines Herrn Erzbiſchofs, als eines Herrmeiſters, und ſol auch darum aufneh-
men und empfangen die Helfte von dem Gerichte und allerley Bruͤche, Poͤ-
ne
Corporis Chriſti, 1453.
uns Erzbiſchoͤfen und unſern Nachkoͤmligen nichts davon zurechnen noch geben. Die
andre Helfte verſchreiben und geben wir unſrer Stadt Riga zu ewigen Tagen, wie
auch in dem Suͤndebrief geſchrieben ſtehet. Von dem Zehnden der Fiſche, des ſind
wir Erzbiſchof und Meiſter vorbenant, alſo eins geworden: Wenn ein Herr Erzbi-
ſchof in der Stadt Riga iſt, ſo ſollen die Fiſcher, die dem Herrn Meiſter den Zehnten
pflegen zu geben, dem Herrn Erzbiſchof die Helfte geben, wenn aber der Herr Erzbi-
ſchof nicht gegenwaͤrtig in der Stadt Riga iſt, ſo ſollen die Fiſcher dem Herrn Meiſter
allein den Zehnten geben nach Laut des Briefes. Auch hat unſre Stadt Riga in
demſelben Briefe verſchrieben, ob uns jemand in den Artikeln beſprechen oder hindern
wolte, die ſie uns verſchrieben, davon ſollen ſie uns freyen. Viele Abſpruͤche haben
wir darinne gehabt, und uͤber hundert tauſend Gulden im Hofe zu Rom und einen
andern Weg verzehret, ſolchen Schaden und Zehrungen haben ſie uns nicht ausgerich-
tet, jedoch um ſonderlicher Gunſt und Liebe, ſo geben wir ihnen zu, und erlaſſen ſie
ſolcher Unkoſten und Zehrunge von wegen unſers Ordens. Fortmehr, ſo haͤtten unſre
Kirche, Proͤbſte und Capitel Auſprache an unſre Stadt Riga, um etliche Guͤter und
Geſinder gegen den dahleſchen Holm und Steinholm belegen, welche Guͤter den vor-
benanten unſerer Kirche Probſt und Capitel mit dreyen Urtheilen am Hofe zu Rom
durch Recht zugeſprochen worden; des haben die vorbenante Voͤgte, Buͤrgermeiſtere,
Rath und Gemeine unſrer Stadt Riga ihre Guͤter, als ſie in ihren alten Scheidungen
und Marken gelegen ſind, unſeren Kirchen Probſt und Caͤpitel vorgedacht guͤtlich uͤber-
antwortet und folgen laſſen. Und die vorgenante unſrer Kirche, Probſt und Capitel,
haben wiederum uͤbergeben und erlaſſen alle Unkoſten und Zehrunge, auch Fruͤchte und
Nente, die da die vorerwehnten Vogte, Buͤrgermeiſtere, Rath und Gemeine bis an-
hero ausgekehret, und von den vorgedachten Guͤtern empfangen haben, hinfuͤhro dar-
auf nicht zu ſprechen. Fort ſo haben auch unſre Capitel Anſprache auf die Mark des
Stifts, und an die Schmiedeſtraſſe und viel andre Haͤuſer, die ſie vermeinet, daß ſie
auf des Stifts Freiheit gebauet waͤren, des haben ſie ſich mit unſers, des Erzbiſchofs
Conſens, alſo vertragen, daß unſer Capitel ſol frey und friedſam und ungehindert ha-
ben, behalten und beſitzen, zu ewigen Tagen den Raum und Wohnſtaͤtte, die ſie nun
im Beſitze haben, mit allen Wohnungen, Mauren, Thuͤrmen und Haͤuſern, ſo wol
gegen Duͤnemuͤnde, als gegen die Stadt. Da auch unſre Stadt Riga keinen
Zehnden oder Gerechtigkeit inne hat, ſol man ſie auch nicht verhindern, gewoͤnliche
Fenſter darinne zu machen oder zu bauen. Auch ſollen die Buͤrger die Hoͤlen zumau-
ren, die binnen in des Stifts Garten gemacht ſeyn, durch die alten Stadtmauren,
und ſollen auch nicht mehr Miſt und andre Faͤulnis darein werfen, andre ziemliche
Fenſter, die nothduͤrftig ſeyn, moͤgen ſie darinne wol behalten, und wegen des Rau-
mes, der da genant der Schweinhof, haben ſie ſich alſo vertragen, daß derſelbe
Raum von der Stadtmauer bis an der Duͤne, gleich dem Domhofe, ſol dem Stifte
auch ewiglich bleiben, jedoch wil jemand Holz oder andre Sachen dahin ſetzen, das
ſol er thun mit des Capitels Gunſt, ausbenommen den Hof, den nun jetzo Gerdt
Harmens beſitzet, und die Stube, die die Stadt Riga hat laſſen bauen, die ſol ſie
unbekuͤmmert und frey behalten, und die Pforte, da man auf denſelben Schweinhof
gehet, ſol ſtehen bleiben zur Verwahrunge und Beſtellung des Capitels; auch ſo hat
unſer Capitel mit Urteln der Stadt Riga die Schule zu St. Peter am Hofe zu
Rom abgewonnen, und darum hat auch die vorernente unſre Stadt unſerm Capitel das
Regiment und Verwaltung derſelben Schule zu St. Peter guͤtlich uͤbergeben und
uͤberantwortet, alſo daß unſer Capitel forthin und in zukommenden Zeiten ewig
einen Schulmeiſter derſelben Schule nach ihren Willen ſetzen und einweiſen moͤgen un-
verhindert, und wir Sylveſter, Erzbiſchof, mit Conſens unſers Capitels und Man-
ſchaft haben den vorgeſchriebenen Herrn Meiſter und dem Orden zugelaſſen, und laſſen
auch zu, Kraft dieſes Briefes, den vorerwehnten Brief, den ehmals der Vogt,
Buͤrgermeiſter, Rath und Gemeine der Stadt Riga, verſiegelt haben, der genant
iſt der Suͤhnebrief in allen Artikeln und Punkten, und verzeihen uns hiermit aller An-
ſprache, wie ſie immer moͤgen genant werden, die unſre Kirche oder wir daran haben,
oder haben moͤchten, auf die Briefe der Stadt Riga wider den beruͤhrten Orden und
Meiſter. Und uͤbergeben auch in Kraft dieſes Briefes und des Urtels, alle Proceſſe, Exe-
cuto-
Zeiten Erzbiſchof unſer Vorfahrn am Hoſe zu Rom erworben, und auf Befehl ſeli-
ger Gedaͤchtniſſe ehrzeiten Jnnocentii des ſechſten, Papſtes, vermittelſt ſeliger Ge-
daͤchtniſſe Franciſci des Titels St. Marci, damalen Cardinalis zugeſprochen und
geurthelt iſt, auch ſeiner Declaration oder Erklaͤrung ſeines Urtels, das er auf Befehl
deſſelben Herrn Papſtes Jnnocentii gethan hat. Auch vor Zeiten Martini des
Papſtes, nach ſeinem Befehl, Gebote und Briefe in allen Artikeln, da ſie dieſer Ein-
tracht entgegen moͤchten ſeyn, auch aller andern Eintracht, die in dieſen Sachen geſche-
hen, vor Gebung dieſes Briefes, verſagen wir beide Herren, als Erzbiſchof und
Meiſter vor uns und unſre Kirche, unſre Nachkoͤmlinge und Orden zu ewigen Tagen,
und uns alleine richten und halten wollen nach dieſer gegenwaͤrtigen Eintracht und Ver-
ſchreibung, und wir Johan, Meiſter in Liefland, von wegen unſerer Orden und
unſrer Nachkoͤmlinge, aus ſonderlicher Gunſt und Liebe, die wir tragen zu den benan-
ten Herrn Erzbiſchof und ſeiner Kirche, zu groſſen Frommen, Erhebung und Verbeſ-
ſerung ſeiner erzb ſchoͤflichen Tafel, haben wir ihm gegeben und geben ihm und verſchrei-
ben auch in Kraft dieſes Briefes eine Meile weges breit und lang, gegen ſeinen und ſei-
ner Kirchenſchloſſe Uxkuͤl, uͤber und laͤngs der Duͤne belegen, mit Land und Leute,
Buͤſchen und Waſſern und den Honigbaͤumen, auch mit der Muͤhlen und der Wehre da-
ſelbſt belegen, und allerley Fiſchereien binnen derſelbigen Meilen belegen, mit allerley
Herrlichkeit, nichts ausgenommen, als die unſer Orden bis anher gehabt hat, frey
und friedlich bey ſeiner Erzbiſchoͤflichen Tafel zu ewigen Zeiten zu bleiben. Alle dieſe
vorgeſchriebenen Artikel und Punkten wir Sylveſter, der heiligen Kirche Erzbiſchof,
deutſchen Ordens zu Riga, mit Volbort und Verſiegelung unſers Capitels, und
Johan von Mengden, anders genant Oſthof, Meiſter deutſchen Ordens zu
Liefland, vorgeſchrieben von uns und unſers Ordens wegen, auch mit Conſens unſer
und unſrer Gebietiger, wollen feſte ſtets und unwiederruflich halten, bey Treue und
guten Glauben, und deſſen zur Urkunde, ſo haben wir Sylveſter, Erzbiſchof, uns
und unſers Capitels, und wir Johan, Meiſter, vorgeſchrieben, und unſre Gebieti-
ger ingeſiegelt, als unſers Landmarſchalcks und des Comthurs auf Vellin und Revel,
mit guten Wiſſen hier unten an dieſen Brief laſſen hengen, der geſchrieben und gege-
ben iſt zu Kirchholm, am Tage St. Andreaͤ des heiligen Apoſtels, im Jahre un-
ſers Herren JEſu Chriſti Geburt, Ein Tauſend, Vierhundert, zwo und funfzigſten,
dabey an und uͤber geweſen die wuͤrdigen, ehrſamen und geiſtlichen Herren, Theo-
doricus Nagel, Probſt der heiligen Kirche zu Riga, Gotthard von Pletten-
berg, Landmarſchal in Liefland, Johannes Treppe, Dechen der benanten Kir-
chen, Henricus Stering, Comtur zu Marienburg, Doctor Henricus Nettel-
horſt, Thumherr der heiligen Kirche zu Riga, Johannes Spaer, van Herren,
Comthur zu Aſcherode, und die Geſtrenge, Ehrbaren und Woltuͤchtige Herr Conrad
und Juͤrgen von Uxkuͤl, Ridder, Hans von Roſen, und Juͤrgen Orges, Maͤn-
ner der heiligen Kirche zu Riga, Ebert Weckebrodt in Harrien und Lambert
Metzſtacke, (Metzendeck) in Wirland, beſeſſene Maͤnner des Groswuͤrdigen
Herrn Meiſters in Liefland, und ſeines Ordens, und viel andre ehrwuͤrdige gute Leute.
Amen.
lungsklage an: doch Cord Bonde Robinſon, Ritter, Befehlshaber zu Wyburg,
erklaͤrte den ehrbaren Hans Symmeren fuͤr unſchuldig, daß er nicht die rußiſchen
Waren bey Narva wegnehmen und unter die Leute bringen helfen.
und Hame, nebſt andern Doͤrfern und Gerechtigkeiten, die er aber am Jacobitage
1455 zu Stockholm, als wirklicher Koͤnig der Schweden, Norwegen und Go-
then, dem revelſchen Buͤrger, Friedrich Depenbrocken, mit allen Documenten
zu erb und eigen ſchenkte. Dieſe Guͤter hatte Frau Abelen, Otto Schroffers
Witwe, von ihrem Vater Albrecht Anderſon, Ritter, und ihrem Bruder Hen-
rich Albrechtſon, geerbet, und ſie dem Kapitel zu Riga vermacht, am Abend
Viti Modeſti 1438. Das Kapitel verkaufte ſelbige am Johannis Abend 1447 wie-
der an den edlen und wolgebornen Man, Herrn Carl Cnutſon, Ritter und Haupt-
man auf Wyburgs Schlos, der nachher Koͤnig von Schweden geworden.
Mengden war mit dem Verkauf dieſer Guͤter in auswaͤrtige Haͤnde nicht zufrieden,
und belehnte Andreas, Herrn Nils Stiters Sohn damit; als er aber ſie Depen-
brocken abtreten ſolte, gab Cnutſon Dienſtags nach Antonii 1455 dem Ordensmei-
ſter Volmacht, dieſe Guͤter anzutaſten, und nach Rechte damit zu verfahren, doch ſo
beſcheidentlich, daß er ſeine dafuͤr gezahlten 4000 rheiniſche Gulden von dem Orden
wiederum empfienge.
den
Warſchau unter der Hand des Reichsvicekanzlers Albert Baronowsky, aus dem
Sano et integro originali, daran nur wegen Alter die Baͤnder des Sie-
gels zuſammen genaͤhet waren, vidimiret und der koͤniglich pohlniſchen Reviſion 1599
vorgezeiget. Die Abgeordneten haben es ſchlecht ausgeliefert, weil zu Zeiten des Herrn
Landraths und Generalmajors, Freiherrn Guſtav von Mengden, die Urſchrift die-
ſes Augapfels der lieflaͤndiſchen Privilegien in den Kriegsunruhen auf dem Schut ge-
funden, und von einem Patrioten wieder in die Ritterlade geſchaft worden. Der
pohlniſche Koͤnig Sigismund Auguſt, ertheilte der lieflaͤndiſchen Ritterſchaft
1561 ein gleiches Erbrecht. Der Biſchof Johan von Doͤrpt, und Koͤnig Carl der
IXte verliehen es dem doͤrptiſchen, Koͤnig Johan dem Wykſchen, die Biſchoͤfe Ki-
wel und Muͤnchhauſen dem oͤſelſchen Adel; und iſt dieſes alte harriſche und
wirlaͤndiſche Recht nachher von Obrigkeit zu Obrigkeit beſtaͤtiget worden. Der
Herr Landrath von Ceumern hat in ſeiner lieflaͤndiſchen Schaubuͤhne Sylveſters
Gnadenbrief Platdeutſch und Hochdeutſch drucken laſſen. Der Erzbiſchof ſtelte
noch an ſelbigem Tage zur Aufnahme der Tafelguͤter eine beſondre Erklaͤrung uͤber den
zweiten Artikel dieſer Urkunde aus. Es wird nicht undienlich ſeyn, dieſe zu leſen; da
ſie Herr Ceumern nicht hat, ſelbige auch nirgends abgedruckt ſtehet, bevoraus da ſie
die Liſte der erzbiſchoͤflichen Tafelguͤter in ſich enthaͤlt.
Wir Sylveſter, von GOttes Gnaden und des roͤmiſchen Stuhls der heiligen Kir-
che zu Riga Erzbiſchof, zu ewiger Gedaͤchtnis thun kund und offenbar mit die-
ſem Briefe, daß wir mit Rath und Volbort unſers Kapitels und fleißige Bette unſrer
Stifts Ritterſchaft und Manſchaft, und auch andre des Stifts Oeſel und Doͤrpt,
und die Ritterſchaft und Manſchaft aus Harrien und Wierland, und ſonſt andre
unter dem wuͤrdigen deutſchen Orden uͤber ganz Liefland beſeſſen, ihr Manrecht uͤber-
geſchrieben und verneuret haben, nach Laut unſrer Privilegien und Briefe daruͤber ge-
geben, unter andern dieſen Artikel beſchrieben:
Wir behalten auch uns, unſern Nachkommen und unſerer Kirchen, auſſer dieſem
obbeſchriebenen Manrechte, bevor alle die Guͤter, die unſer Nechſter Vorfahre
Herr Henning, Erzbiſchof, ſeliger Gedaͤchtnis, von unſer und unſer Kirchen-
tafel verlehnet und abgegeben hat, allermaſſen in den zwey aus einander geſchnitte-
nen Briefen eines Lauts auf Pergament geſchrieben, und mit unſern anhangenden
Siegeln beglaubet, angefuͤhret und beſchrieben ſtehet.
O oSo
auf das Gut Kallen gegeben, von 1459. Eine zu Segeberg unterſchriebene Vol-
macht an die Bruͤder Tydeman und Marquard Haber, von dem Meiſter und
deutſchen Orden in Liefland, nachder Vereinigung 1000 Mark zu empfangen, unterſchrie-
ben zu Segeberg 1460. Eine Quittung auf 2000 Mark loͤthig Silbers rigiſchen Ge-
wichts, und 5000 ungerſche Gulden, Copenhagen, Sonnabends vor Cantate
1461. Jtem auf 2000 rheiniſche Gulden zu Abo auf dem Schloſſe, Dienſtags nach
Jacobi 1463. Desgleichen wegen empfangner 3000 rheiniſchen Gulden zu Got-
torp, Sontags nechſt vor St. Michaelis 1468. Endlich eine auf 8000 rheiniſche
Gulden, Donnersſtags nach Quaſimodogeniti, 1469 auf dem Schloſſe zu Copen-
gen. Am Tage St. Dionyſii 1469 aber gab der Koͤnig die algemeine Quitung, und
erlaͤſt dem Orden die noch ruͤckſtaͤndige Summe um der heiligen Maria willen, weil
ſie Patronin des Ordens iſt. Der Rath zu Luͤbeck ſandte durch einen Buͤrger Hein-
rich Baltzen, die Obligation dem Herrn Meiſter ſo gleich zu treuen Haͤnden ein,
und transſumirte die koͤniglichen Quitungen unter ſeinem Secretinſiegel.
hier gleichſam in einer Liſte angefuͤhret werden, den voͤlligen Abdruck ſeines Jnhalts
zu fordern.
Erzbi-
den andern geſchnitten, in denen beruͤhrt und geſchrieben ſtehn die Guͤter, die wir auſ-
ſer dem oben beſchriebenen neuen Manrecht behalten haben, und ſeyn ſollen, als mit
Namen alle die Guͤter, die in der Burchſuchung (Borckſoͤkning) und Kirchſpiel zu
Treyden ſeyn, oder ſeyn moͤgen, item dergleichen die Guͤter zu Loͤddiger, ausge-
nommen den Hof zu Oeſel, mit den Guͤtern, die jetzund dazu gehoͤren, und in dem-
ſelbigen Kirchſpiel belegen ſeyn und andre Aderkas Guͤter, item dergleichen alle die
Guͤter, die die von Roſen haben, oder haben werden in der ſamenden Hand im Kirch-
ſpiel zu Rop belegen, oder wo ſie in Liefland gelegen ſeyn, item wir nehmen auch
aus von demſelbigen neuen Mannrechte alle die Guͤter, die da ſeyn oder werden moͤgen,
im Kirchſpiel und Gebiete zu Schmilten, item im Kirchſpiel und Gebiete zu Ron-
neburg, item im Gebiete und Kirchſpiel zu Pebalgen und Serben, ingleichen im
Gebiete und Kirchſpiel zu Seſſwegen, item im Kirchſpiel und Gebiete zu Schwa-
nenborg, item im Kirchſpiel und Gebiete zu Berſon, welche in dem neuen Mann-
rechte, doch vorbehalten Schwarzhofes Guͤter. Wir nehmen auch aus nemlich alle
unſre und unſer Kirchen Lehnguͤter, ſo die von Tyſenhauſen in der ſamenden Hand
haben oder haben werden, in welchem Kirchſpiel oder Burgſuchung ſie ſeyn oder liegen
werden, oder moͤgen. Desgleichen nehmen wir auch aus alle Lehnsguͤter in der Burg-
ſuchung und Kirchſpiel Creutzburg, Laudon, Kokenhauſen, Lennewarden,
Uxkuͤll und Suntzel, auch die Guͤter im Kirchſpiel zu Siſegall, und alle Doͤrfer
die den beiden Rittern Hinrich und Juͤrgen von Ungern zuhoͤren oder zuhoͤren wer-
den. Die ſie beſſer in der ſamenden Hand beſitzen oder beſitzen werden, in welchen
Kirchſpielen ſie auch ſeyn werden, und gemeiniglich alle die Guͤter, die in der ſamenden
Hand ſind und ſeyn werden, wem ſie auch zugehoͤren oder zugehoͤren werden, weil dieſe
oder andre ſollen erben in dem alten Mannrechte und nach ihrer ſamenden Hand nach Laut
der oben beſchriebenen daruͤber gegebenen Privilegien, Deſſen zur Urkunde und ewiger
Gedaͤchtnis haben wir der Briefe zwey auf Pergament laſſen ſchreiben, und von einander
geſchnitten, und mit unſerm Siegel verſiegelt, auf daß man in zukuͤnftigen Zeiten ei-
gentlich wiſſen moͤge, welche Guͤter in das alte oder neue Mannrecht ſollen gehoͤren.
Gegeben und geſchrieben auf unſerm Kirchenſchloſſe Ronneburg, am Tage Doro-
theaͤ der Jungfrauen, im Jahr Chriſti unſers Herren Tauſend Vierhundert und Sie-
benfunfzig. Hieruͤber ſind geweſen alle, die in dem obenberuͤhrten Privilegien auf das
neue Mannrecht ſprechende geſchrieben ſtehn .
und die in Sylveſters neuer Verguͤnſtigung; von welchen letztern man doch kein Beiſpiel findet,
daß ſie jemals offen geworden und aus gaͤnzlichem Mangel aller Anverwandten innethalb dem
ſuͤnften Gliede wieder zuruͤck gefallen. Um einiger Leſer willen ſinden wir fuͤr dienlich die Tafel
beizubringen, welche wir in der noch ungedruckten Abhandlung von den Lehnrechten in Liefland
angetroffen, woraus der Unterſcheid dieſer Lehne am dienlichſten gezeiget werden kan; nur muß man
ſie nicht mit den ordentlichen Kauf- und Erbguͤtern verwechſeln.
Andreas
zwiſchen allen Staͤdten der Laͤnder Liefland auf 10 Jahren wider alle auslaͤn-
diſche Feinde.
Wir Sylveſter V. des paͤpſtlichen Stuhls Gnaden, der heiligen Kirchen zu Riga
Erzbiſchof, Bartholomaͤus von deſſelbigen Gnaden zu Doͤrpt, und Ludol-
phus zu Oeſel, Biſchof, und wir Bruder Johan von Mengden, anders genant
Oſthof, Meiſter deutſchen Ordens zu Liefland, Paulus, Adminiſtrator und
Poſtulatus der Kirchen zu Curland*). Wir Theodoricus Nagel, Propſt,
Johannes Treppe, Dechan der Kirchen zu Riga. Georgius von Ungern,
Propſt, Brandamus Koßkuͤll, Dechan der Kirchen zu Doͤrpt. Gottſchal-
kus auf dem Berge, Propſt. Gottſchalkus Stuvete, Dechan der Kirchen zu
Oeſel
ſolte nach des Papſts Calixti Verordnung vorher den Ordenshabit der deutſchen Herren anlegen;
wogegen er ſich aber ſtraͤubte, und die Bangigkeit ſeines Gewiſſens vorſchuͤtzte Weil er nicht
gerne das Biſtum fahren laſſen wolte, und gleichwol ſeine Boten weder zu Lande wegen der Krie-
geslaͤufte, noch zu Waſſer wegen des Winters ſicher nach Rom ſchicken konte; ſo erbot er ſich auf
weitere Eroͤrterung indeſſen die neue Tracht anzunehmen, und die Ordensregel zu bekennen.
Doch der Erzbiſchof Sylveſter ſchonte das ſchwache Gewiſſen deſſelben, und diſpenſirte ihn bis
zu naͤherer Einholung des paͤpſtlichen Willens. Die Einweihung geſchahe, wie es nach den cano-
niſchen Geſetzen gebraͤuchlich und von Sylveſtern an den Papſt ſchriftlich gemeldet war, nemlich un-
ter den Worten bey der Meſſe: Exſurge, Domine, quare etc. in Gegenwart zweier Praͤlaten des
oͤſelſchen und doͤrptiſchen Domherrns und Dechanten Georg Hollands, und des Ordensſecre-
tairs Chriſtoph Fuͤrſtenau.
hat 3 Soͤhne, eine Tochter und drey Guͤter:
Mannheim, nach dem aͤltern und bloſſen Mannlehnrecht,
Samendorf, nach dem Rechte der ſamenden Hand, und
Frauenthal, nach dem ſylveſterſchen Gnadenrecht.
Seine 4. Kinder ſind
Kirchen zu Curland. Und wir Vorweſere Dechan und Capittel der Kirchen zu Re-
val, Volmaͤchtige vor uns und derſelbigen unſerer Kirchen, Godert von Pletten-
berge, Landmarſchalk, Gerdt von Wallingraden, Cumpter zu Reval; Be-
rend von der Heide, Vogt zu Jerven. Hinrich Schleregen zur Marien-
burg, und Conrad von Vitinghofen, zur Pernau Cumpter. Lubbert von
Vorſem, zu Wenden, und Diedrich von der Layn, zur Sonnenburg Voͤgte,
Volmaͤchtige von deſſelbigen unſers Ordens wegen. Juͤrgen Perſevall; Juͤrgen
Jxkul, Ritter; Otto von Roſen; Engelbrecht von Tieſenhuſen; Juͤrgen Orgaß,
Martin von Ungern; Hinrik von Ungern; Carel von Vietinghoven; Peter von
der Borg, Vogt zu Treiden; und Einwald Patkul, Volmaͤchtige von der Ritter
und Knechte wegen des Stifts zu Riga. Bertram Jxkull; Weſſel von Loe;
Peter und Otto von Dahlen; Diedrich von Tieſenhuſen; Bartholomaͤus
von Tieſenhuſen; Herman von der Rope; beide Woldemar Wrangel;
Hanß Stackell; und Claus Vifhuſen, Volmaͤchtige der Ritter und Knechte des
Stifts Doͤrpt. Conrad Jxkull; Hinrich Varenßbecke, Ritter; Dieterich
Varenßbecke; Diedrich Thuͤne; Clauß Jxkull; Evert Herkel; Olde Hans
Dittever; Hinrick Jxkul; Luͤdecke Lyve; und Hinrich von Haſtever, Vol-
maͤchtige von der Ritter und Knechte des Stifts Oeſel. Jarap Dechen, Ritter;
Hanß Lechtes; Evert Weckebrod; Helmolt Toͤdewen; Carel Tolck; Joß-
win Daͤnhof; Hanß Soye; Diedrich Toͤdewen; Diedrick Vietingck; Hanß
Lode; Hinrick Thuͤne von Ohrten; Diedrich Virckuß; Lambert Metzenta-
cke; Woldemar Wrangell; Diedrich Brackell; Hanß Haſtever; Hinrick
Wrangell; Hanß Meckeß; Gerd Thuͤne; und Juͤrgen Lode, Volmaͤchtige
der Ritter und Knechte der Laͤnder Harrien und Wirlande. Otto und
Wedeghe von Sacken; Volmaͤchtige der Ritter und Manſchaft des Stiftes zu
Curland. Herman von Tilſen; Otto Vete; Bartholomaͤus Ergemeß:
Arend Werninghuſen; und Herman Sinteler, Volmaͤchtige der Ritter und
Knechte der Gebiete Jerven, Karkuß, Wenden, Siegewalde und Candau.
Burgemeiſter und Rath der Stadt Riga, Doͤrpt und Reval bekennen und bezeugen
alle offenbahr in dieſem gegenwaͤrtigen Briefe, das Wir in Gebung dieſes Briefes
durch Uns und Unſere Volmaͤchtige auf dieſen gemeinen Landstage alhier zu Wolde-
maer verſamlet ſeyn geweſen und haben betrachtet den gemeinen Uebergang vieler Lande
die mit ſchweren Orloggen und Feuden bedrungen und beſchweret ſind. Und darum
ſo haben wir GOtt zu Lob und Ehren, und dieſem gemeinen Lande zu Liefland
zur beſtaͤndigen Bequemlichkeit, Eintracht, Liebe und Gedeyen eine freundliche Eintracht
gemacht unter uns die Wir mit den Unſern halten ſollen und wollen zu zehen Jahr
nechſt folgende nach Gebung dieſes Briefes in dieſer nachgeſchriebenen Weiſe.
Waͤre es Sache, daß jemand von auſſen Landes, es waͤre auch wer es waͤre, niemand
aus-
genthumsrecht des Koͤnigs von Daͤnnemark, und dem nunmehrigen Recht des Or-
dens, deutlich unterſchieden. Sie iſt zugleich die Beſtaͤtigung des alten Kaufs, den
Herike 1347 mit Tusmern getroffen. Weil Preuſſen mehr Geld brauchte, ſo war
an das vorbehaltene Wiederkaufsrecht nicht mehr zu denken. Jm Jahr 1521 und 1525
ward Liefland ſeiner ganzen Vaſallenſchaft unter den preußiſchen Orden los, der ſchon
lange nicht mehr ſchuͤtzen koͤnnen, auch vorher mit weiter nichts als nur mit dem Schutz-
amte zu thun hatte.
Wir Bruder Ludowich von Erlinghauſen, Hoffmeiſter des deutſchen Ordens,
der Bruͤder des Hoſpitals Sanct Marien des deutſchen Hauſes von Jeruſa-
lem bekennen und thun kund oͤffentlich mit dieſem unſern offenen Brief fuͤr allen und
jeglichen die ihn ſehen, hoͤren und leſen, daß wir in Gegenwertigkeit der ehrwuͤrdigen
in GOtt Vaͤter und Herrn Herrn Pauli, der Kirchen zu Curland und Nicolai, der
Kirchen zu Sameland Biſchoͤffen und mit Rath und wohlbedachter Muͤhe und Vol-
bord unſerer Mitgebietiger um mancherley groſſes Fleiſſes und Willigkeit willen, die
der ehrſame und geiſtliche Herr Johan von Mengden, anderſt genant Oſthoff,
oberſter Gebietiger in Liefland, und ſeine Gebietiger daſelbſt, in dieſen groſſen ſchwe-
ren und allerhoͤchſten unſern und unſers Ordens Noͤthen, uns und unſern Orden zu
Preuſſen, mit mannigfaltigen ſchweren groſſen Koſten und Huͤlfe an Leuten und auch
an groſſen merklichen Summen Geldes, Goldes und Silbers gar getreulich geholfen,
und bewieſen haben, noch helfen und beweiſen, auch zu ſonderlichen zu unſern und un-
ſers Ordens Frommen und Gedeien demſelben genanten oberſten Gebietiger ſeinen
Nachkommen und unſern Orden zu Liefland abgetreten, verlaſſen und uͤberwieſen un-
ſers Ordens Lande in Liefland, als Harrien, Wyrland[und]Allen-Tacken, das
Schlos und Stadt Revall, das Schlos und Weichbild Weſenberg, das Schlos
und Stadt Narva, in denſelbigen Landen Liefland belegen, darzu auch alle andere
Veſten, die in den Landen gelegen ſeyn, wie die ſein genennet mit alle dem das zu
denſelbigen Landen von Alters her gehoͤret hat, es ſey in dem geſalzenen See oder an-
dern Fluͤſſen, mit Landen, Leuten, manhaften Dienſten, Eigenſchaften, mit allen
Herlichkeiten, und allen Nutzen, nichts nicht ausbeſcheiden, alſo daß derſelbige ober-
ſter Gebietiger ſeinen Nachkommen und unſer Orden in Liefland ſollen und moͤgen als
rechte Herren ein Haupt der Lande haben, halten und beſitzen, die Huldigung von der
Ritterſchaft empfahen und aufnehmen, und allerdinge damit halten und thun, gleicher
weiſe als wir und unſere Vorfahren gethan haben, und hinfort zu ewigen Zeiten un-
wiederruflich gehalten und geſetzet haben, zu thun in aller maſſen alsdann der Kaufbrief
und Privilegia uͤber dieſelbe innehalten und ausweiſen, und unſern Vorfahren Hofmei-
ſter und unſern Orden von Herrn Koͤnig zu Dennemarcken und andern Fuͤrſten und
Herren uͤbergelaſſen und verkauft, und vom Stuel zu Rom und kayſerlicher Gewalt
wegen, beſtetiget ſein worden, welche Kaufbriefe und Privilegia wir auch denſelbigen
oberſten Gebietigern ſeinen Nachkommen, und unſern Orden zu Liefland, mit ſamt
denſelbigen Landen vorberuͤhret, uͤberlaſſen und eingeantwortet haben, auf ein ſolches,
daß wir uns allen derſelbigen vorbenanten Landen ganz vorziehen, und die ewiglich ver-
laſſen, mit allen Recht, Gerichten, Herrſchaften, Nutzungen und Zubehoͤrungen in
P paller
alle ſaͤmtlich und beſondern darzu getreulichen ziehen, dis Land wehren und demjenigen,
der alſo uͤberzogen wird, auch getreulich helfen, und beſchuͤtzen und beſchirmen, wan-
ehr und was dis Noth und Behuf iſt. Und das ſollen auch niemand von uns allen
oben genanten und den unſrigen Krieg und Orlog anſchlagen ohne einigen gemeinen
Rath unſer aller. Wuͤrde jemand druͤber ſothane Kriege und Orloge anſchlagen und
deshalben, als oben beruͤhrt iſt, uͤberzogen, damit beduͤrfen wir andere nichts zu thun
haben. Dis geloben wir alle Vorbenante mit einem ſaͤmtlichen Rath ſtet und veſt
zu halten zu dieſen vorgeſagten 10 Jahren bey guter Treu und Glauben. Des zu Ur-
kund und unſer ganzen Sicherheit ſo haben wir alle, ſo in dieſen vorgeruͤhrten Briefe ſte-
hen, unſere Jnſiegel Volmaͤchtige rechtens wiſſens vor uns und die Unſrigen an dieſen
Brief laſſen hengen. Der gegeben und geſchrieben iſt in einen gemeinen Tage dieſer
Landes Herren zu Woldemaer des Sonnabens nach Dorotheaͤ Virginis in dem Jahr
nach Chriſti Geburt Duſend Verhundert darna in ſeven unde fyſtigſten Jahr.
ſchaft und Unterſaſſen, in den obengeſchriebenen Landen Harrien und Wyrland, und
Allen-Tacken, wohnhaftig und geſeſſen, ihrer Eydehuldigung, Pflicht und Manhaf-
ten ſo als die von Alters her unſern Vorfahren und uns gethan und geſchehen ſind, die
fortan den oberſten Gebietiger ſeinen Nachkommen und unſern Orden zu Liefland zu
pflegen und zu thun zu ewigen Zeiten in Kraft dieſes Briefes, und wir Ludowich
Hofmeiſter oben genant geloben und verheiſen vor uns und unſere Nachkommen, un-
ſern ganzen Orden alle vorſchriebene Sachen ſtete und feſte zu halten, unwiederruflich
zu ewigen Zeiten. Deſſen zu Urkund und mehrer Sicherheit haben wir unſer Jnſiegel
vorhangen laſſen, dieſem Brief, der gegeben iſt auf unſern Hauſe Koͤnigsberg am
Dienſtage, ſo die heillge Kirche pfleget Cantate zu ſingen im vierzehen hundert neun
und funfzigſten Jahre.
Privilegien, daher ſchlugen ſie ſich zur Ritterſchaft, und huldigten 1454 dem Koͤnig
Caſimir in Pohlen. Der Hochmeiſter wehrete ſich 13 Jahr, wurde aber daruͤber ſo
ſchachmat, daß er in dem Friedensſchlus von 1466 das halbe Preuſſen an Pohlen
abtrat, die uͤbrige Helfte aber von beſagter Krone zu Lehn nehmen muſte. Beſiehe
CranzVandal. B. XII, k. 17, 20, 27, 30. Schuͤtz B. IV, S. 162, B. V, S. 184.
Cromer B. XXII und XXVI.Sal. Neugebauer B. 17. Den Aufſtand der
Preuſſen findet man beim Michov. B. IV, k. 60. Der ſonſt loͤbliche Hochmeiſter
Ludwig war von den Mitgebietigern dazu verleitet, die Handlung ſonderlich zu ſchwaͤ-
chen, welches die Nation in Harniſch jagte. Fincke ſchrieb noch zu rechter Zeit, er
moͤchte gelinde zu Werke gehen, allein die Gemuͤther waren nicht mehr zu gewinnen.
Die nachtheiligen Friedensartikel hat uns Venator B. II, k. 10, S. 199 aufbehalten.
Die wahren Urſachen dieſes Verfals giebt der koͤnigl. Secretair Strubicz gar unpar-
teiiſch an, welches Zeugnis das einzige iſt, worin wir ihn brauchen koͤnnen: Ex opum et
otii abundantia deciderunt hae familiae, et ordo equeſtris militiae ſacrae a pietate,
integritate, virtute et fortitudine in Epicuream ſecuritatem, luxum, mollitiem et
ignauiam; et nimio ſtudio ſuarum voluptatum prorſus abiecerunt curam Eccleſiae re-
ligionis et diſciplinae etc. Secutae ſunt ergo poenae, quas cernimus.
Wolckhuſen; Ceumern, Wuſthuſen; Henninges, von Wolthauſen; Praͤ-
torius, von Walthauſen; Schurzfleiſch, Volthuſen; andre von Herſe. Jn
dem Schenckungsbriefe vieler ledigen Plaͤtze an und auf dem Berge an die Pfarrkirche
zu Goldingen fuͤhrt er den Beinamen von Hartze. Da die Jahrzahl bey den Ge-
ſchichtſchreibern etliche Jahr zu fruͤh angegeben wird, der Herr Praͤpoſitus Kelch auch
S. 143 ſchon vom Jahr 1471 einen Lehnbrief an Goswin Doͤhnhoffen aufweiſet, in
ſelbigem Jahr aber derſelbe Brief von Bernharden von der Borg ausgeſtellet wor-
den; ſo iſt Herr Praͤpoſitus Kelch auf die Muthmaſſung gefallen, als ob in Liefland
damals ein zweikoͤpfiges Regiment geweſen, und Wolthuſen nur von etlichen zum Or-
denshaupte erwehlet worden. Es iſt wahr, daß der Ordensmeiſter in alten Zeiten ei-
nen Vicemeiſter gehabt, wie in dem erſten Theil beim Jahr 1211 ein Rodolf vorkomt.
Allein dieſes Amt fiel nachher dem Landmarſchal zu, welcher ſowol, als einige der
vornehmſten Comture, doch nur in Abweſenheit des Meiſters, oder bey noch unbeſetz-
tem Amte die oͤffentlichen Documente unter ihrem Jnſiegel ausfertigten. Manchmal
nahmen die Ordensmeiſter ſich noch bey ihren Lebzeiten einen Coadjutor, welcher als-
denn der naͤchſte zur Amtsfolge war, die ſonſt den Landmarſchal oder einen Com-
tur getroffen haͤtte. Doch bey dieſem Falle zwingt uns nichts, der Vermuthung
eines zweikoͤpfigen Regiments beizupflichten. Denn erſtlich iſt es ſchwer zu begreifen,
daß der Orden bey ſeiner damals einſtimmigen Abſicht, das erzbiſchoͤfliche Anſehen zu
ſchwaͤchen, ſich durch die Uneinigkeit in der Meiſterwahl trennen laſſen. Zum andern
bezeuget Hiaͤrne, daß Woldhuſen nur anderthalb Jahr regieret, und Strubicz
giebt das ihm Schuld gegebene Verſtaͤndnis mit den Ruſſen zur Urſache ſeiner Ge-
fangenſchaft an. Drittens aber erweiſen die noch vorhandenen Briefſchaften, daß
Joh. Wolthus als Meiſter ſchon 1470 Goswinen von Anrep mit dem Gut Kub-
beschen belehnet habe; dahingegen Berendt von der Borg erſt ſeine Lehnbriefe un-
ter dem Jahr 1471 Dominica Iudica ausgetheilet. Horner merket an, daß nach
Woldhuſens unſchuldigen Verhaftnehmung die Gerichte GOttes uͤber Liefland mit
vollen Stroͤmen ausgebrochen. Ein ſeltenes Beiſpiel, daß man in der Hiſtorie auch
einmal gegen einen Ordensmeiſter ſein Mitleiden bezeugen wollen. Meiſter Johan
Buͤlow ſchreibt: He ſtarff to Wenden in Thorne, darna hefft Gott dar
Landt ſehr geſtraffet.
als von der Borch, Borck oder Burgk; ſein Regiment aber mus fruͤher angegeben
werden als gemeiniglich geſchiehet. Auſſer dem Lehnbriefe von 1471 finden ſich noch
andre, und unter denen einer von 1474 am Sontage Trinit. zu Riga, wo er an Heinrich
von Wrangeln einige Guͤter verlehnet. Sonſt werden ſeine Handlungen, z. E. die
Zerſtoͤrung des Schloſſes Kokenhauſen unrichtig Johan Oſthoffen beigemeſſen,
welche doch dieſen Berend zum Urheber haben. Der Ordensmeiſter Borg hat in der
Geſchichte das Ungluͤck, als ein Tyran beſchrieben zu werden. Wir wollen ſein Ver-
fahren nicht durchgaͤngig rechtfertigen, doch aber ſo viel bemerken daß manche Veran-
laſſungen und Reitzungen auch den gelaſſenſten und geſetzteſten Man aufbringen koͤnnen.
Haͤtten wir von allen Regenten in Liefland umſtaͤndliche Nachricht, ſo wuͤrde man-
cher in einem beſſern Character erſcheinen. Wenigſtens laͤſt es uͤberaus beſcheiden, was
in dem ſo genanten verſchloſſenen Buch der kleinen Gilde der damalige Elterman mit
altdeutſchen Worten und groſſen Lettern von ihm angemerket hat, und wovon wir hier
die Ueberſetzung in einem Auszuge mittheilen: „Jm Jahr unſers HErrn 1472 des an-
„dern Montags nach Oſtern ſchickte der Meiſter Herr Berendt von der Borg, den
„Landmarſchal Cordt von Eſſelrode und den duͤnemuͤndiſche Comtur Willem
„von Boinchuſen zu uns, und lies uns fragen, ob wir ihm auch nach dem kirchhol-
„miſchen Vertrag den Eid leiſten wolten, in welchem Fal ſie gevolmaͤchtiget waͤren,
„ihn anzunehmen. Da traten wir zuruͤck, jung und alt, mit den Gemeinebruͤdern
„uns zu beſprechen, und brachten ihm die Antwort: Wenn unſer Herr und Meiſter
„aufs Rathhaus kaͤme, ſo wollen wir ihm alles thun, was wir zu thun ihm pflichtig
„waͤren. Als die Gevolmaͤchten ihre Abſicht vorſtelleten, daß ſie hier auf der kleinen
„Gildeſtube, oder an einer andern heimlichen Staͤte den Eid empfangen wolten, ſo
„traten wir nochmals zuruͤck, und erwiederten hierauf, daß es keinesweges in unſrer
„Gewalt ſtuͤnde; kaͤme aber der Meiſter aufs Rathhaus, ſo wolten wir ihm die Pflicht
„thun. Die Gevolmaͤchtigten bedankten ſich freundlich, daß wir ſo gutwillig waͤren.
„Sie giengen hierauf nach der groſſen Gildenſtube. Da entſtand ein Geruͤchte, wir
„haͤtten dem Meiſter gehuldiget, und man ſagte heimlich, ohne es uns zu beweiſen,
„wir waͤren Verraͤther, man ſolte uns nehmen, unſrer 5 oder 6 in den Thurm ſetzen,
„und die Koͤpfe abhauen, es ſolte wol anders werden. Jtem des Sonnabends dar-
„nach ſchoſſen wir nach unſern Papagoyen, da hatten wir 2 im Rathe dabey, die ſehr
„uͤbel zu ſprechen waren, und zu uns ſagten, wir haͤtten uͤbel gethan: wir antworteten,
„wir haͤtten als fromme Leute gethan, und wer anders davon daͤchte, das ſolte ſich wol
„finden. Als den Sontag darnach der Koͤnig (im Vogelſchieſſen) ſeine Schenkkane
„gab, da baten wir den Rath nach alter Gewohnheit zu uns zur Mahlzeit zu kommen,
„wozu nicht ein einziger kam. Darnach kam der Meiſter vom Schloſſe, gieng in die
„Stadtherberge, und nachdem er ſie beſehen, gieng er in die St. Peterskirche, die-
„ſelbe zu beſichtigen; da kam der Doctor Hr. Hinrich Nettelhorſt, und bat den
„Meiſter ſein Bier zu ſchmecken. Da nahm der Meiſter ihn und wolte in des Mei-
„ſter Gardians Haus gehen, ſie kamen alſo in die Catharinenkirche. Auf Befra-
„gen des Meiſters, weſſen Kirche es ſey, traten 2 Bruͤder aus der Gildenſtube heraus,
„und baten den Meiſter mit vielem Noͤthigen, er moͤchte mit ihnen in die Gildenſtuben
„gehen, und des Koͤnigs und der gemeinen Bruͤder Bier ſchmecken. Kurz, man
Q q„ſchickte
„Geſelſchaft leiſten, und ſich einen guten Muth machen ſolten. Der Meiſter ſandte
„ſeinen Hofrichter zu Schloſſe und lies fuͤr die Frauen und Jungfrauen 15 Stof Rhein-
„wein holen, den ſeine Bedienten herumſchenken muſten. Die ganze Stadt war neu-
„gierig, und ſchickten die Jhrigen zuzuſehen; ja die Herren kamen ſelbſt und ſagten:
„So pflegt man Land und Stadt zu verrathen. Das war der beſte Troſt, den ſie uns
„gaben. Der Herr Meiſter machte ſich luſtig bis um 5 Uhr, da lies er vom Schloſ-
„ſe Eſſen holen und anrichten von ſeiner eigenen Koſt. Gegen 9 Uhr nahm er erſt Ab-
„ſchied, und verſprach, wenn ihn GOtt leben lies, es wieder zu verſchulden. Nach 3
„oder 4 Wochen wurden 6 des Raths, und 6 von jeder Gilde aufs Schlos geladen,
„es wurde aber dahin zugehen von Seiten des Raths verboten. Doch fanden ſich 3
„von der kleinen Gilde und der Buͤrgermeiſter ein, den der Meiſter dabey erinnerte,
„daß er ſagen muſte: Dat war unß en hart Wort. Jnzwiſchen brachte es die
„Stadt durch dieſes Betragen dahin, daß, wenn der Herrmeiſter von ihr die Huldi-
„gung empfangen wolte, er erſt den gehaͤßigen kirchholmiſchen Tractat nach allen
„Zeilen den Sonnabend vor Calixti vertilgen muſte.‟
unter den ſtreitenden Parteien viel Unruhe verurſachet. Die Stadt muſte ſich in die
Zeit ſchicken und dieſe wohlgelegenen Laͤndereien 1452 im kirchholmiſchen Transact
fahren laſſen, erhielt ſie aber vom Erzſtift 1454 gleich gutwillig wieder. Als die Stadt
die Partey des Ordensmeiſters nahm, ſo proteſtirte der Propſt und ſein Kapitel wider
die Abtretungsacte, gewonnen auch am roͤmiſchen Hofe 3 Urtheile daruͤber, wovon
dem Prediger Prior Johan von Roſen die Volziehung aufgetragen ward. Jm Jahr
1512 verglich der curlaͤndiſche Biſchof Heinrich und Meiſter Walter von Pletten-
berg den Propſt Joh. Nolken und die Stadt wegen der ſtreitigen Laͤnder (Kyf-
laͤnder) ſolchergeſtalt miteinander, daß der Propſt die uͤberduͤniſchen Guͤter gegen
Dahlen und Steinholm zu in Ruhe beſitzen ſolte, bis die Stadt am naͤchſten
Landtage beſſer Recht erhalten wuͤrde. Noch 1516 kuͤnſtelten die paͤpſtlichen Commiſſa-
rien Alexander Schult und Georg Gardin, Domherren der Kirche zu Oeſel, an
dieſem Vertrage, gaben aber dem Rath zu Riga einen Schein, daß die guͤtliche Un-
terhandlung zwiſchen ihnen und den Propſt zu Riga ſich fruchtlos zerſchlagen. End-
lich zahlte die Stadt 1518 an gaͤnger und geber Muͤnze 1200 Mark und ein ſilbernes
Kleinod von 5 Mark Silber dafuͤr. Jm Jahr 1518 beſtaͤtigte Leo der Xte deswegen
die Stadtmark von dieſem Titger ab, gegen Oſten, von Muſſafluß gegen Suͤden,
vom Bache Olein gegen Weſten, von einem Theil der See oder heiligen Aa gegen
Norden. Da der Papſt in mehrern Faͤllen ſich in weltliche Haͤndel gemiſcht, ſo ge-
hoͤren dieſe Briefſchaften mit unter die paͤpſtlichen Diplomata Protectoria von
Liefland.
fehlbar nicht viel mehrers, als er auf die Nachricht von der Hinrichtung des ſamlaͤndi-
ſchen Biſchofs Diedrichs ſagte: Deleatur preſſima illa nigra crux. Maledictus
enim ordo, vbi Laicus regit ſuper Clerum.Erpold Lindenbrog in Scriptoribus
Septentrionalibus fuͤhret aus einer ſlaviſchen Chronik an, daß der Erzbiſchof damals
ſeine Banbriefe durch den rigiſchen Propſt Lippold wieder Meiſter Berndten an
die Stadt Luͤbeck und andre Staͤdte herum geſandt, man habe aber dem Propſt in
Preuſſen Gift beigebracht, woran er ſterben muͤſſen. Des Chronikenſchreibers Urtheil
klingt artig: Monachus peruerſus deficit præ omnibus deficientibus; et ſi proficit
monachus bonus, melior eo homo non eſt. D. i. ein liederlicher Pfaffe ſuͤndiget
viel mehr als alle Suͤnder, thut aber ein frommer Pfaffe was guts, ſo iſt kein beſſrer Kerl
in der Welt als er. Dieſes Propſts Vergiftung ſcheinet man in der Geſchichte mit der
Hinrichtung des Erzbiſchofs verwechſelt zu haben. Das neue Epigramma beim Chy-
traͤus S. 297 iſt zu jung, und folget den Unrichtigkeiten einer alten geſchriebenen lief-
laͤndiſchen Chronik, welche berichtet, daß Oſthoff den Erzbiſchof belagert, und ihn,
weil er alt und kindiſch geweſen, auch bey dem Orden und Kirchen nicht wie ſichs ge-
buͤhrte gehandelt, in Verhaft genommen, in welchem Gefaͤngnis ihn Berndt von der
Borg am 13ten Jul. mit Gift hinrichten laſſen. Es ſtreitet ſolches gegen die Urkun-
den, in welchen der Erzbiſchof Silveſter noch dieſes Jahr ſtehet, und alſo nicht uͤber
7 Jahr gefangen gehalten worden. Seine Vergiftung haben wol die Pfaffen ausge-
ſprenget. Es iſt ſchwer zu vermuthen, daß der Orden einen ehmaligen Mitbruder,
der als Ordenskanzler in wichtigen Geſandſchaften ſo anſehnliche Dienſte gethan, daß
ſie ihn zum Erzbiſchof beſtellet, und der als ein groſſer Rechtsgelehrter durch das herr-
liche Privilegium ſich die ganze Ritterſchaft verbindlich gemacht, auf eine ſo niedertraͤch-
tige Art hingerichtet haben ſolte, und doch gleichwol ſich keiner dabey ruͤhren wollen.
Des Erzbiſchofs Frau Schweſter hies Margaretha, und vermaͤhlte ſich an Ber-
tram
laͤndiſchen Kirchenangelegenheiten bisher am paͤpſtlichen Hofe redlich beſorget habe.
Seiner Meinung nach haͤtten die Stadt Riga und das Kapitel beſſer gethan, wenn
ſie ihn zu Rom gelaſſen. So aber ſchickten ſie ihm einen Brief und Boten uͤber den
andern, daß er ſich in Riga einfinden moͤchte. Bey ſeiner Gegenwart fiel die Hoch-
achtung des Ordens gegen ihn weg, und das machte ihn auf allen Seiten unbrauchbar.
Der Erzbiſchof hatte nicht das liebe Brod, die Stiſtsguͤter lagen in Graus und Schutt,
und ſeine Bedienten muſten, ſich des Hungers zu erwehren, lange Finger machen.
Sixtus beſtaͤtigte dieſen Stephan am 22ſten Merz 1479 im 9ten Jahr ſeiner Regie-
rung, und meldet im Breve, daß die Kirche durch Sylveſters ſeligen Tod den Troſt
ihres Hirten eingebuͤſt.
den kaiſerl. Notarius Michael Tanneſſe von Buͤtow, im Beiſeyn des rigiſchen
Syndici Herrn Molner von Seehauſen, den Biſchof Peter zu Hapſal am 12ten
Jun. vor ſich fordern, und ſchickte ihm die ſixtiniſchen Befehle mit, welche aber der
Biſchof, nach Auſſage der Laien Peter Zimmermanns von Bremen und Rutcher
Cappelaw von Doͤrpt, nicht achtete. Dieſe Maͤnner zogen dem Biſchof Peter nach
Oeſel nach, und nahmen ihre Wohnung beim Schloſſe Arensborch in eines Buͤrgers,
Namens Bernhard von Grotewalen, Hauſe. Der Biſchof lies ihnen nach 4 taͤ-
gigem Aufenthalt am 28ſten Jenner 1481 wiſſen, daß er ihr Gewerbe nicht annaͤhme,
R rauch
tharina und Urſula, einen Stiefſohn Peter aber ſchon vor ſich fand. Seinen Zu-
namen hat uns zu erſt der gelehrte und beruͤhmte Hr. Vicepraͤſident Jacob Heinrich
Zerneke in ſeiner zu Berlin zum andern mal gedruckten thorniſchen Chronik 1727
gemeldet, der dieſen ſeinen Landsman Silveſter Stobwaſſer nennet. Nach dem
Stadtarchiv in Nicolaus des Vten paͤpſtlichen Bulle heiſt er: Stodeweſſcher ex or-
dinis Teutonici fratre Sacerdos factus et a Capitulo Rigenſi electus. Er ward 1448
am 9ten October zu Rom confirmiret. Silveſter ſtudirte zu Leipzig, und ward
1427 unter dem Rector M. Auguſtin von Kemnitz immatriculiret, 1429 ward er
Baccalaureus der Philoſophie, 1434 Magiſter, und Aſſeſſor der philoſophiſchen Fa-
cultaͤt. Er war 1440 Examinator der Candidaten, hielt philoſophiſche Vorleſungen,
und ward Collegiat des Frauenscollegii. Weil er ſich auf die Rechtsgelahrtheit wohl
verſtand und ein guter Redner war, ſo erhielt er beim Hochmeiſter die Kanzlerſtelle.
Joach. Joh. Maderus in centuria ſcriptorum inſignium, Helmſtadii 1660 in 4,
n. 23 ſchreibt von ihm, daß ers in der Weltweisheit hoch gebracht, einige Commentarios
uͤber den Ariſtoteles verfertiget, als in libr. II, priorum, in libr. VIIII Topic. auch viele
Briefe abgefaſſet und Reden gehalten. Sein Tod wird daſelbſt aus einem alten Schrift-
ſteller ganz anders angegeben als in unſern Geſchichtſchreibern. In quo (archiepiſco-
patu), heiſt es, cum aliquamdiu conſidens ſingula quam gnauiter religioſeque admi-
miniſtraſſet, in pace quieuit.
nige Nachrichten von dem lieflaͤndiſchen Handel zu ſeiner Zeit hinterlaſſen, die einer
kurzen Anmerkung werth ſind, weil gemeiniglich der Reichthum der Handlung zu No-
garden zu gros und unglaublich angegeben wird. Wir leſen ſonſt, daß der Czaar
Jvan die Stadt Nogarden 6 Monat belagert, das deutſche Comtoir zerſtoͤret und
14 Millionen Beute gemacht. Sietze Willebrandts Vorbereitung S. 32. Andere
ſchreiben von 300 erbeuteten Wagen an Gold und Silber, Kelch S. 145. Herr
Neuſtaͤdt theilet uns folgende Erzaͤlung mit: Seitdem die Staͤdte Riga und Re-
vel in Flor gekommen, gieng Wisby almaͤlig ein, ohnerachtet bey 12000 Kaufleute
in ſelbiger wohnten, und alle Handwerker, auſſer einem Becker, in den Vorſtaͤdten le-
ben muſten. Das Contoir zu Nogarden blieb noch immer in Flor, ob es gleich un-
ter die rußiſche Krone kam. Doch 1494 wurden der Kaufmanſchaft uͤber 300000
Fl. Waaren weggenommen, und von den arreſtirten Kaufleuten auf Beſchickung der
Hanſeeſtaͤdte nach 3 Jahren etliche losgelaſſen, die andern muſten im Gefaͤngnis ſter-
ben, wodurch der Handel ganz eingieng. Die losgelaſſenen begaben ſich in groſſer
Armuth nach Revel, wo nur 4 Perſonen blieben, unter denen Herr Ludwig Buͤr-
ſtell nachgehends zu Doͤrpt Rathsherr geworden. Die uͤbrigen ſetzten ſich auf eines
Luͤbeckers, Namens Gerd Affendorf Schif, welches aber in den ſchwediſchen
Scheeren mit Man und Maus verloren gieng, deren Gedaͤchtnis in einer Gtabſchrift
an der Bruͤcke des revelſchen Hafens aufbehalten worden. Der Handel ſchlug ſich
alſo wider nach Riga, Revel und Doͤrpt, wodurch die Staͤdte bis 1550 ſehr ange-
wachſen. Als Neuſtaͤdt 1570 zu Nogarden war, fand er noch ein Stuͤck Mauer
von dem St. Peterskirchhof die die Kaufleute ehmals von Steinen aufgefuͤhret hatten,
ingleichen eine hoͤlzerne Stube nebſt einem gewoͤlbten Keller, wo die Kaufleute dann und
wann noch einige Waaren ablegten. So war auch zu Plescow an der linken Seite
des Bachs Plescow, gegen dem Schloſſe uͤber, ein Gaſthof fuͤr deutſche Kaufleute, der
aber in dem groſſen Brande 1560 eingeaͤſchert ward. Nogarden und Plescow konten
nicht wieder aufkommen, einmal wegen der Englaͤnder die 1554 um ganz Norden
herum nach den Hafen Colmegard ſegelten, und alle koſtbare rußiſche Waaren ab-
holten; und ſo dann auch weil, als Rußland 1558 die Narve erobert, die luͤbiſchen
Kaufleute vom roͤmiſchen Kaiſer und durch ihren Deputirten, Joh. Wagner, von
dem Czaar die Freiheit erhielten, dahin zu handeln, denen es ſo gleich die Hambur-
ger, Antwerpner, Brabander, Holl- und Englaͤnder, Schottlaͤnder und
Fran-
Kirchenthuͤren zu Alt- und Neu Pernau an, wobey Paul Sager von Schwerin,
Rotcher Cappelow von Doͤrpt, und Niclaus Oſterborch von Verden, Kauf-
leute, zugegen waren. Die Kirche zu Alt Pernau gehoͤrte nach Oeſel, und war dem
Apoſtel Thomas, gleichwie die zu Neu Pernau dem heil. Biſchof Nicolaus, ge-
widmet, die aber zum Biſtum Doͤrpt gehoͤrte. Auſſer vorigen waren noch dabey
Benedictus Vroͤlick, Pfarrer, Hinrich von Salmen, Buͤrgermeiſter, Tide-
man Loer, Buͤrger aus Alt Pernau; aus Neu Pernau der Pfarrer Hr. Wil-
helm Vrauenborn, Hugo Sluͤter, Vicarius, und der Buͤrger Wolram von
Neem. Der Papſt ſuchte alſo nicht nur die oͤſelſchen Guͤter der Stadt Riga zu
erhalten, ſondern drang auch ſehr ernſtlich in den Prior der Prediger, Joh. von Ro-
ſen, und dem Gardian der Minoriten, Heinrich Voſſen, daß das Kapitel die alte
Schuld auf ſich nehmen muſte, da die Stadt dem Erzbiſchof Johan vor langen Zei-
ten in ſeinen Noͤthen einmal 600 Mark und wieder 375 Mark rigiſch vorgeſchoſſen, wo-
gegen ihr die Doͤrfer Zarnezal, Ymatendorp, Lepiya, Putayke und Saltze mit
den Letten uͤber der Saltze verſetzet geweſen, von 4ten Febr. 1480. Durch die
Kunſtgriffe der Geiſtlichen verlor die Stadt den Proces 1489 wegen der Guͤter auf
Oeſel; und Elgerd Durcap,Electus Sleſuicenſis, muſte das Urtheil bekant machen.
Sixtus war todt. Die 975 Mark gelehntes Geld bezahlte endlich der Erzbiſchof
Michael.
dieſer Ordnung beſchrieben. 1) Der Biſchof und ſeine Lehnsmaͤnner, 2) der Herr
Meiſter und die Bruͤder der Ritterſchaft Chriſti, 3) die vornehmen Pilger, 4) die
Kaufleute, 5) die rigiſchen Buͤrger, 6) die Liven, 7) die Letten. Ums Ende des
15 Jahrhunderts mus ſie freilich anſehnlicher geweſen ſeyn. Wer wolte aber glauben,
daß die Macht von Liefland, (denn das ſchwache Preuſſen konte nun wenig hel-
fen) ſo ungeheuer geweſen waͤre? Ruſſov ſetzt die Anzahl der Voͤlker des Ordensmei-
ſters auf 100000 Man. Wer an dieſen nicht genug zu glauben hat, dem ſtelt Cranz
200000 ins Feld *), mit welcher Menge zur Noth eine ofne Vorſtadt abgebrant wer-
den konte. Plettenberg brauchte ein ſtarkes Heer; um wie viel kleiner aber komt es
gegen dieſe Macht aufgezogen? Dergleichen Fehler der Vergroͤſſerung giebt es viel,
auch in der lieflaͤndiſchen Hiftorie. Da dieſe zahlreiche Armee in Rußland nicht
Wunder that, ſo lies ſich der Biſchof von Doͤrpt weis machen, es ſey auf ſein Land
gemuͤnzet, und kehrte alſo nach Cranzens Bericht geſchwind nach Hauſe, die noͤthi-
gen Gegenanſtalten vorzukehren. So ſchlim war aber der Ordensmeiſter nicht, daß
er haͤtte auf die Ruſſen zielen und den Biſchof allein treffen ſollen. Jndeſſen brachte
iln dieſe mislungene Reiſe um alles Anſehen. Doͤrpt kam der Nachbarſchaft wegen
auch daruͤber ins Gedraͤnge. Dieſes muſte die Haare dazu geben, wenn man ſich in
Riga von Rauffen berathſchlagete. Duͤrfte man ſich wol daruͤber wundern, wenn die
in Doͤrpt endlich auf die Gedanken gerathen waͤren, lieber einen Freund als Feind
zum Nachbarn zu haben?
anfangen ſollcu, wenn dieſes Kriegesheer mit geraden Schritten uͤber ſeine Reſidenz wegmarſchi-
ret waͤre? Doch Cranz ſucht ofte in ſeinen Leſern den Affect der Barmherzigkeit gegen die lief-
laͤndiſchen Biſchoͤfe rege zu machen.
Laſt Salz liegen blieben. Neuſtaͤdt kaufte ſelbſt von den Ruſſen in Narva 1 Pf.
Unzen Gold zu 10 Thlr. welches in Deutſchland mit 15 Thlr. bezahlet worden; ganze
Ballen von den ſchoͤnſten Damaſten die brabander Elle zu 1 Thlr. welcher um 2 Thlr.
nicht eingekauft war; engliſche Tuͤcher zu 30 bis 36 Tahler, die auswaͤrts 45 gekoſtet.
Ja manchmal habe die Laſt Salz nur 1 Thaler gegolten. Die deutſchen Factore
wurden von dem rußiſchen Gouverneur, wie ehmals zu Nogarden, alle Wochen
2 mal herrlich bewirthet und geliebkoſet, welche Hoͤflichkeit der rußiſchen Nation ei-
nen unglaublichen Ueberflus an allem ins Land gebracht. Uebrigens bemerken wir noch,
daß Herberſtein S. 54 die Eroberung der Stadt Nogarden ins Jahr 1477 ſetzet,
dem Strykowsky und Pet. Petrejus beipflichten. Kojalowicz nimt das Jahr
1478, Cranz hat die Jahrzahl weggelaſſen, Henninges haͤlt es fuͤr unausgemacht,
Michov hingegen, Philip Labbe, und Brentius nehmen 1479 an, fuͤr welches
auch die mehreſten Zeugniſſe angefuͤhret werden koͤnnen.
Hacke, Domherr, Juͤrgen Vlkinghuſen, Buͤrgermeiſter, Joh. Hacke, Rath-
man von Seiten der Doͤrptſchen; Hans Druͤlshagen von oͤſelſcher Seite;
Ernſt Wolthuſen Ritter, Didrich Thuwe, Wilhelm Toddeswen, aus Har-
rien; Berthold Wrangel von Jeſſe, Otto Wrangel und Bartholom. Ha-
ſtever aus Wirland, nebſt 2 revelſchen Buͤrgermeiſtern. Seine Dauer iſt auf 2
Jahr bis Johannis beſtimt. Die Straſſen werden geoͤfnet, der Meiſter kan ſein
Schlos bauen und die Rigiſchen ihre Soldener behalten, mit denen ſie fremde
Feinde abwehren ſollen. Die Duͤne wird nicht bebolwerket noch gepfahlt, alles nach
dem Jnhalt des vorigen 10 jaͤhrigen Vertrages. Riga, Mittwochs nach Judica un-
ter 12 Siegeln. Am Dienſtage Diuiſionis Apoſtol. eroͤrterten der Biſchof Martin
von Curland, Michel Schmidt Stiftsvogt, Henrich thor Wiſch, Domherr,
Hans
Ordensritter Joh. von Tiſenhauſen, und Juͤrgen Orgies, Carſten Haſtver,
Frid. Orgies, Didr. von Roſen, Gottſchalck von der Pahlen, Cord Uxkul,
Juͤrgen von Ungern; aus dem Stift Doͤrpt, Juͤrgen Wrangel, Heinr. von
Tiſenhauſen, Bertold Toͤdwen, Hans Sohn, und Otto Buxhoͤveden; aus Har-
rien, Ernſt von Woldhuſen; aus Wirland, Bertold Wrangel, Ewold Maydel,
Otto Taube, Bertold Brakel, Hans Weddewis; aus dem wendiſchen Krei-
ſe, der Ordensritter Simon von der Borg, Hans Watſel, Didr. von der Moͤh-
len, Hinrich und Hans Littel; aus Vellin und Karkus, Hans von der Weide,
Robert Schwarzhof; aus Jerwen, Wolfert Meſſeler, Didr. Metzentacken;
aus Allentaken, Helmet Lode und Berend von Vietinghoff; aus Curland Joh.
Torck, Ciaus Francke, Joh. von dem Brincke und Werner Butlar.
ſchen, denen dergleichen aufgebuͤrdet wird, ſind unſchuldig. Ob der Orden dieſes
wagen koͤnnen, waͤre noch die Frage. Die Paͤpſte ſagen dieſes nicht, wol aber etwas,
das nicht viel beſſer herauskoͤmt. Schon Johannes der XXIIſte klagt, daß der Or-
den die Erzbiſchoͤfe, Biſchoͤfe, Proͤpſte, Dechanten, Praͤlaten und andre zur Kirche
gehoͤrige Perſonen gefangen nehme, ſie ins Gefaͤngnis werfe, todt ſchlage, die Kir-
chen verbrenne, ihre im Treffen verwundeten Mitbruͤder niedermache, und ihre Leiber
ins Feuer werfe. Um dieſe Zeit beſchweret ſich Jnnocentius der IIXte, daß der Orden
mit dem Erzſtift Riga erbaͤrmlich umgeſprungen, alle Schloͤſſer und Guͤter beſetzet,
7 Vaſallen mit dem Schwerdt getoͤdtet, ſie bey den Fuͤſſen aufgehenket, und dem Erz-
biſchof den Eid der Treue zu leiſten ſich geweigert. Vielleicht nennen einige dieſe
Beſchwerden nur Pfaffenklagen. Es wuͤrde freilich manches von Seiten des Ordens
S sanders
Hinrich Appendorp Rathman der Stadt Doͤrpt; Paul Molner, Domherr,
Otto Varensbeke, Claus Heel von wegen Oeſel; Ernſt Woldhuſen Ritter,
Hans Lode von Kotz, Arnd Vietinghoff und Barthold Toͤtwen von Toſall
aus Harrien; Joh. von Brame, Ewold Maydell und Otto Tuwe aus Wir-
land, nebſt 2 Rathsherren aus Revel, die Klagen der Stadt uͤber den Orden, wegen
der Haken, des Weinbriefes, und der 2000 Mark; davon die gaͤnzliche Entſcheidung
bis auf nechſten Landtag, der am Marientag uͤbers Jahr zu Wolmer oder Wen-
den gehalten werden ſolte, ausgeſetzt ward: alles ohne Nachtheil der erzbiſchoͤflichen
Rechte; unter 21 Siegeln.
Beſchreibung. Die Buͤrgerſchaft zu Riga, die von ihrem Erzbiſchof ſich viel ver-
ſprach, machte auf ihrer Seite dem Orden eine Diverſion und belagerte das Schlos in
ihrer Stadt. Sie beſchoſſen es mit ſchweren Geſchuͤtze, die Beſatzung aber that eine ver-
zweifelte Gegenwehr. Man beſchlos daher es auszuhungern, und warf Maſchinen hinein,
die mit ſtinkender Materie und todten Aeſern ausgefuͤllet waren. Wie nun die Beſa-
tzung theils drauf gegangen, theils die Waſſerſucht hatte, ſo capitulirte ſie. Die Buͤr-
ger riſſen die Mauren nieder, und ſchickten die Ziegel und Steine nach Luͤbeck, zum
Beweis ihrer Herzhaftigkeit, duzu die Luͤbecker gratuliren ſolten. Allein die Stadt
zog bey dieſem ſteinernen Triumph gar bald den kuͤrzern.
obgleich nicht vom Kaiſer, haͤtte, wie denn Albert ſchon das Lehn andern mit Vorher-
tragung dreier Fahnen ertheilte, ehe man von einer kaiſerlichen Jnveſtitur deſſelben et-
was findet. Liefland ward auch zu einer Zeit erobert, da der Kaiſer ſich um dieſe
neue Eroberung nicht bekuͤmmerte, noch bekuͤmmern wolte und konte; ja, da man
noch eifrig den Satz verfochte, daß der Kaiſer ſeine Macht auf Erden von dem ver-
meinten Stathalter Chriſti, dem Papſt bekommen muͤſte. Hier aber that der Kaiſer
die Augen auf, und ſetzte den paͤpſtlichen Eingriffen Schranken. Doch das erzbiſchoͤf-
liche Regiment in Liefland kehrte ſich daran wenig. Die 3 Biſchoͤfe Johan, Peter
und Martin von Doͤrpt, Oeſel und Curland wurden mit einander einig, des Mei-
ſters Stathalter Johan Vrydachen von Loringhave am Tage Jacobi mit der
Stadt auszuſoͤhnen. Der wuͤrdige Herr Stathalter Vrydach, revelſcher Comtur,
kan zu Neuermuͤhlen und Riga, wo es ihm beliebet, ſein Lager nehmen und Zelte
und Pavlune (Pavillons) aufſchlagen, ſelbſt in die Stadt Riga ziehen, oder ſeine Bo-
ten hineinſenden. Der Herr Magiſter Hilgenfeld zieht aus Kokenhauſen ſicher
ohne Geleite heraus. Am Tage Hippolyti und ſeiner Mitgenoſſen traten Wynemer
von Delwich, Comtur zu Vellin, Joh. von Selbach, Vogt zu Jerwen, Didrich
von Oldenbockum zu Goldingen, Comtur von Seiten des Ordens, dieſer Commißion
noch mit bey. Jhr Urteil enthielt folgendes: Der Hr. Propſt und Oeconomus (Icono-
mi) Hilligenfeld behaͤlt die Stadt Kokenhauſen mit der Vorborg, und die Gebie-
ter und Schloͤſſer Cruceborg, Lawdon, Pebalgen, Seswegen, Serben,
Jxkul und Lennewarden. Der Hr. Stathalter bewahret das Schlos Kokenhau-
ſen. Der Propſt behaͤlt ſein Schlos zu Dalen. Das Korn, was Hinrich Bix-
hoveden von ſeinem Hofe Pernigell und andern Guͤtern entfuͤhret iſt, giebt der Or-
den wieder. Der Rath und die Stadt Riga behalten das Gebiet Duͤnemuͤnde, wie
es vormals die Comture gebraucht; dazu das Schlos in Riga mit dem Gebiete bis
an die Bulderaa, und uͤber der Aa bis an die Sloke und Bulle, welches auf dem
nechſten Landtag ausgemachet wird. Der Orden behaͤlt Kouweren und Degerhov-
den
die Feder verſtanden.
von den Herrmeiſtern Joh. Freytag Wulff anders genant von Loringhoffe; Ruſ-
ſov, Joh. Frydach von Loringkhave; Henninges, Joh. Frydach oder Frei-
danck von Lorinckhave; Oernhielm, von Loringhoffwen, Herman Stange-
fol, von Loͤrnickhave, und einige fremde Documente, Joh. Fridr. von Loring-
hoff. Loccenius in Hiſt. Sueo-Goth. B. 5, ſchreibt mit Grunde, daß der Vorſteher
des
bietiger Peter Walrabe, die Domherren Gert von Borken und Joh. Reſe, Cord
von Willighen und Balzer Schade kommen los; auch wird den Gefangenen Hrn.
Ewert Delwich, Vogt zur Sonneburg, Hrn. Weſſel von Struuken Comtur
zur Mitau, Hrn. Kerſten von Seelbach Comtur zur Winda, Hr. Willem Ga-
len, des Meiſters Schafner, Herman Wornynckhuſen, Compan zu Segenwolde,
Hr. Joh. Lependorpen und Hr. Eward Fridachen, Compan zur Sonneburg
unter geſtelter Buͤrgſchaft Freiheit gegeben.
Nils Erichſon Gyllenſtierne mit einer Kriegesmacht zu Huͤlfe geſchickt habe. Es
findet ſich davon noch ein Brief, der zu Revel, Montags vor Eliſabeth 1488, un-
terzeichnet, in welchem dem Erzbiſchof, von Seiten der Krone, der Handel wegen der
Erſetzung des Schadens und der Geldſpillung, ſo das Reich Schweden mit groſſem
Volke in Liefland gethan ſo beigelegt wird, daß ihrer fortan nimmermehr gedacht
werden ſolle. Die Unterhaͤndler von ſchwediſcher Seite waren Hr. Magnus Dom-
propſt und nachmaliger Biſchof zu Abo und Cnut Poſſen. Jm Jahr 1499 ward
dieſes von dem Erzbiſchof Jacobi zu Upſala, von den Biſchoͤfen Henrich zu Lin-
coͤping und Conraden zu Stregnes, ingleichen von dem Gubernator Steno Stu-
re zu Gripsholm, und ſaͤmtlichen Reichsraͤthen, welche ſich zu Telge verſamlet hat-
ten, noch einmal beſtaͤtiget.
der die Ruſſen in langes Bedenken, weil ſie der naͤchſte Raub haͤtten ſeyn muͤſſen.
Doch ſchrieben ſich die Ruſſen dieſe Unterhandlung hinters Ohr, thaten aus ihrer
neuerbauten Veſtung Ruſſiſch Narva, oder Jwanogrod den Einwohnern der
deutſchen Narva vielen Tort an, und erſchoſſen 1493 mit ihren losgebranten Stuͤ-
cken unter andern angeſehenen Leuten den narviſchen Buͤrgermeiſter Joh. von Mei-
nungen. Die Schweden nahmen das Jahr darauf Jvanogrod weg, und boten
es dem Ordensmeiſter an, der es aber ausſchlug, um ſich den Schweden nicht ver-
bindlich und den Czaar nicht boͤſe zu machen. Als die Schweden dieſe Veſtung nicht
behaupten konten, ſteckten ſie ſelbige in Brand und verlieſſen ſie; die Ruſſen aber ſetz-
ten ſie unverzuͤglich in beſſern Stand. Bey aller Behutſamkeit verſahen es endlich die
Revelſchen doch mit dem Czaar, weil ſie einen Ruſſen, der falſch Geld gemuͤnzt, zu
ewigem Gefaͤngnis verdammet, und einen andern als einen Sodomiten verbrant; wel-
ches den Czaar heftig erbitterte, ſo daß er die Richter auszuliefern begehret haben ſol,
und als ihm dieſes nicht gelungen, den ganzen Stapel der Deutſchen zu Nogarden
zu Grunde gerichtet. Cranz, welcher um alle Kleinigkeiten weis, weis auch hier die
Urſache von dieſem Zorn. Ein revelſcher Buͤrger ſol zu den Verbrechern geſagt ha-
ben: Thaͤte es euer Grosfuͤrſt, es ſolte ihm ſelbſt nicht beſſer gehen. Neuſtaͤdt nent
die Urſache dazu einen geringen Umſtand. Doch der Czaar Jwan wirft in dem Frie-
densſchluſſe von 1503 den Lieflaͤndern nicht dieſes revelſchen Buͤrgers Worte, ſon-
dern das Buͤndnis mit den Schweden und die Verbrennung ſeiner Unterthanen zu
Pulver vor. So vorſichtig man ſich alſo auffuͤhrte, einen ſo maͤchtigen Nachbar nicht
zu beleidigen; ſo ſehnlich ſuchten die lieflaͤndiſchen Staͤnde nachher die Ratification
von dieſem 11 Jahr lang verzoͤgerten Bunde bey Schweden, als die Ruſſen 1498 in
Liefland eingebrochen waren, wozu aber die Schweden wieder keine Ohren hatten.
1491 noch einmal communiciret werden muſte, weil ſie dieſe Laſten noch bisher mit kei-
nem Finger angeruͤhret*).
Den
merkwuͤrdigs Tractat ſpricht, der Curioſitaͤt wegen. Sie erweiſt das verworne Regiment, das
mit
Rige, Unſern Leven und Getruwen inſampt und beſonderß
Michael van Gadeß Gnaden, Erzbiſchop der hilligen Kercken tho Rige
Unſen fruͤndlicken Gruth, Heil und Gunſt, undt weß wy gudeß vermoͤgen, thovoͤrn
Erſame, Vorſichtige undt Wolwiſe, Leve und Getruwen. Wy ſenden Juw hierinne
beſchlaten eine Uthſchrifft der Affſproͤke tho Wolmar gemacket, welker gy am letſten
nicht begerden mit Juw thonehmende, und umb beter Verſtandtniſſe willen daruth tho
nehmende.
Zum Ende der Schrift:
Und ſo gy den werdigen Orden nah der Afſproͤke een Vernoͤging werd gedahn heb-
ben, den thor Stundt van dem Her Meiſter effte Landt-Marſchalcke, de Schrifften er-
langen tho ſendende an dem Hr. Dechen tho Oſel, um Juwe Abſolution tho halende,
de Wy Juwer aller Erſamheit Gade allmechtigl. in geſunden ſeligl. Wolwachß lange
verhapende tho ſinen Denſte bevalen. Gegeven up Unſer Kerck-Schlote Ronneborch
am Tage Mauritii 1504.
De Wolmerſche Afſproͤke von 1491.
Jn dem Nahmen der hilligen vndt untertdelden Dryfaldigkeit, deß Vaderß, vndt
deß Sahns vndt deß hilligen Geſtes. Amen! Dohn wy Michel van Gadeß vndt
deß Romiſchen Stoles Gnaden der hilligen Kercken tho Rige Erzbiſchop Theodori-
cus vndt Martinus der Kercken Derpt vndt Churlandt van wegen der ſuͤlffen Gna-
den Biſchope tho wetende, inbeſondern den beiden Parten undenberoͤrt vndt allen an-
dern Chriſten-Hern, Geiſtlik vndt Werltlik vndt allen, de dat angeith, effte angaen
mach in thokamenden Tyden, dat wy uth Macht der Breve beider Parten alle dre
Prelaten ſamptlik einen Frede hebben gemakt, belevet vndt uthgeſpraken, maken, be-
leven undt uthſprecken in Krafft vndt Macht duſſer Unſer tegenwerdigen Schrifft edder
Breveß, alſe hierna volgen werdt, vndt dat nicht allene effte alletydt in allen Puncten
nach Geſtrengheit der Rechten, dat man hett in Latine: Secundum ſcriptum et rigo-
rem iuris; ſandern hebben dat gedan vndt dohn nah Uthheſchinge undt Rechtlichkeit
der Vernunfft nah Gelegenheit der beiden Parten Uthheſchinge duſſer Lande tho Lyff-
lande, dat men heet tho Latine: Secundum aequitatem rationis, up dat idt moͤge
Frede tuſchen der ſulfen Parten nndt Unß verbleven.
Jtem beleven vnd uthſpreken wy Seggesluͤde, dat de Rigiſchen nah ſallen dohn
de Handſtreckninge vndt Verſegelatie ereß Compromiſſes, ſo dat ſe dem Her Meiſter
vndt ſinen Orden wedder ſollen geven alle de Guder, beweglike vndt unbeweglike de de
vor Ogen ſin, de ſe gekregen hebben van Beginne des Kriges, betyget mit dem ſel.
Herrn Meiſter, Berendt von der Borch.
Jtem van den Gudern, de de Rigiſchen ſeggen an ſe gekamen van ſeligen Hern
Meiſter Bernde van der Borch in Tyden, do ſe ehm Eyde deden, undt beter Recht
ſallen dartho hebben dan de Orden, umb dat ſe liggen in eren Mark van Anbeginne
van dem Hern Legato Mutinenſe ehnen thogedelet, vndt de Her Meiſter mit den ſy-
nen dar tegen wedderum ſeggen, dat ſe de Guder van den Rigiſchen gekregen hebben
in vndt mit Kraft duſſes Breveß, de man noͤmpt den Son-Breff, vndt de Rigiſchen
ſedder nu in Weren gehatt, efte gekregt hebben, idt in Were van dem Seligen Hern
Meiſter Johan Oſthove ofte Her Berendt van der Borch geſchehen, darumme
dat ſe den vndt erem Orden Truwichkeit, effte Eide tho geſecht, gedan, effte verſegelt
hebben, vndt want wy Seggeslude dat alſo befinden, ſo beleven vndt uthſpreken wy,
dat de Guder, de ſe van Seligen Meiſter Berendr gekregen hebben, dem Hern Jo-
han Frydage nu thor Tydt Meiſter undt ſinen werdigen Orden plichtig ſin averthoant-
T t 2wor-
Urteil erſt nicht an. Nach 13 Jahr ſchickte ihr der Erzbiſchof ſolches von neuen zu, und verſpricht
ihr auf die Volziehung deſſelben die Abſolution vom Banne. Allein die Stadt fand den paͤpſtli-
chen Banſtrahl, welcher zwar blitzte, aber nicht einſchlug, fuͤr ertraͤglicher, als die Annehmung
dieſer ſchweren Punkte. Weil ſie einen leutſeligen Ordensmeiſter auf ihre Seite hatte, machte
ſie ſich ſelbſt vom Banne los, ehe ſie der Herr Dechen zu Oeſel abſolvirte, und kehrte ſich weder
an Papſt noch Erzbiſchof. Sonſt iſt dieſe Schrift ein Muſter des damals gebraͤuchlichen
Canzleiſtils.
Verſegelatien nicht geholden hebben.
Jtem (alſe) van den Holmen vndt Koppele under dem Berge belegen vndt dat
Dorp Aplockeſſer to undt der Moͤlen Wedder-Upbuwinge, dat de nu beter ſall ſin
gebuwet, dann de twe Moͤlen tho voͤren, de de up derſuͤlvigen Stede gelegen hebben,
do ſe uthgebrandt weren van dem Orden, do ſe de Moͤlen ſuͤlver in Weren hadden, al-
ſe de Veyde anguͤk, vndt ok up de Verbeteringe der Huiſe binnen Rige, de nu beter
ſallen gebuwet ſin, dann tho voͤrn, dat wy Seggeslude dat ſollen anſehen, dat denſuͤlf-
ftigen Borgern darvor themlige Gnade moͤchte geſchehen, ock von dengenigen, de de
Lehenbreve hedden van dem Orden, dat ſe der ock geneten moͤchten, vndt dar dan van
deß Hern Meiſters vndt ſiner Orden wegen upgeantwortet iß, de Rigiſchen ſick rich-
ten ſollen nah erer Verſegelatie, die ſie in dem Compromiſſe gedan hebben, de Orden
hefft idt alle in Weren gehadt up de Tydt, do de Rigiſchen de Veyde mit Sel. Hern
Meiſter Berendt anhoͤven; So weten wy Seggesluͤde anders nicht tho belevende eff-
ter uththoſprekende, dan dat de Rigiſchen de Holme, Coppel vndt dat Dorp, ſo
verne ſe deß weß in Weren hebben vndt dartho de Moͤlen undt Huiſe, all ſin ſe verbe-
tert, dem Hern Meiſter vndt ſinem Orden wedder tho keren nah Uthwyſinge eres ver-
ſegelden Compromiſſes. Koͤnnen de genen, de da ſeggen dat ſe verbetert hebben, dem
Hern Meiſter ſo leeff ſeggen effte dohn, dat he ſe begnadigen will, dat ſetten wy vndt
laten ſtan an den Hern Meiſter vndt ſinem Orden, ſonder den Hof effte dat Geſinde
by dem Honichhuſe, welcke Sel. Hans Ladewich nicht ſchlichſtes thogehort heft, ſun-
dern verlehnet iſt geweſt van dem Orden, willen ſine Erven dat eſchen, dat ſallen ſe
dohn nah Jnholde Lehnbreveß, darup gegeven im Rechten, dar dat Lehngut belegen
is im Dudſchen Lehne effte Mannlehne, ſo de Breff dat mede bringet.
Jtem, ſo de Rigiſchen van Unß Seggesluͤde begert hebben, tho belevende undt
uththoſprekende, dat de Rigiſchen beholden vndt bruken moͤgen alle Freigeheide an
Holtinge, Weide vndt Viſcherye tho Water vndt tho Lande, vndt van deß Her Mei-
ſters Syden darup geantwordtet is; ſo iß es, dat wy Seggesluͤde beleven und uthſpre-
ken in dem dat vnder deſſen Fryheiden, Holtinge, Weiden vndt Viſcheryen tho Water
vndt tho Lande wes idt, dat de Orden gebruket hefft und brukede, do de Veide tuſchen
ſel. Hern Meiſter Berend vndt den Rigiſchen erſt angick, dat ſalle de Orden nu wed-
der hebben, vndt weß de Rigiſchen da ſulveſt gebruken hebben, moͤgen ſe ock forder
bruken.
Jtem, ſo de Rigiſchen ſik beklagen, dat men nicht enen holde an dem Strande
by den Schipbrokigen Luͤden undt Gudern, de tho Lande ſchlan, offte geborgen wer-
den an des Ordenß Lande, ſo de Rigiſchen undt dem Gemeenen Copmanne in enem
Privilegio van dem Orden verſegelt is, welk Privilegium var Unß van Worden tho
Worden geleſen wardt, ok enen Breff eneß Erzbiſchoppeß van Riga Albertus genoͤ-
met, undt da wy Seggesluͤde anders neen Antwort van des Ordenß wegen up anhoͤr-
den, dann vermenden, de Sake up duſſe Tydt nicht verbleven wehre, undt dat ſik de
Hern daran woll wuſten tho hebben, vndt wewol wy Seggeslude by Namen twe, alſe
wy Michael Erzbiſchop tho Rige vndt wy Martinus Biſchop tho Churland ock
Seeſtrande van Unſer Kerken wegen hebben, deßgliken eineß Deilß Unſer Kercken gu-
de Mannen, vndt wy alle drey Seggeslude uth dem Privilegio vorberoͤrt van dem
Orden gegeven, nichts nyes befinden van dem Orden gegeven, denn alleine ſo edt in
dem Werltliken Keiſer-Rechte uthgeſpraken; ock in des Biſchops Alberti ſinen Breve
nichtes anders befinden, dat ſe idt nah Geſtliken Rechte gehoͤrt, vndt wy Michael
Erzbiſchop verſegelt hebben den Rigiſchen allhie tho Wolmar Uthoſprekende de ſchel-
haftige Saken, vndt wy Seggeslude ock bekennen, dat idt ene ſchelhaftige Sake is, de
woll Uthſprekning vndt Verklaring behoͤvet; ſo beleven wy Seggesluͤde vndt ſpreken uth
ſo woll van unſer eigenen wegen, alß van deß Ordens vndt Rigiſchen wegen, dat
wy Seggesluͤde alle drey uns ſo holden willen vndt de andern beyde Part alſe de Or-
den vndt de Rigiſchen ock ſo holden ſollen, alß dat Geſtlike vndt Werltlike Rechte
nachbringen, nicht wedderſtande deienige Contrarie Gewoͤhnten, wente et ſin nene Ge-
woͤnten, ſandern Corruptelen, dar Seelen-Verdamniſſe inne licht.
Jtem Angahnde de Bundtbreve den de Schweden tho ener vndt dat Capitel,
Manſchap vndt de Stadt Rigen tho der andern Syde gemaket hebben tegen den wer-
digen
den ſik ſehr beklagen, wente de Rigiſchen dith gedan hebben tegen de Verſchrivinge genoͤmbt
Diuiſio Apoſtolorum med groter Verunlumpinge in Bunde tegen den Her Meiſter vndt
ſinen Orden; wente ſe allrede geabſolvert van dem Hrn. Martino Biſchop tho Chur-
landt, alſe van einem Legaten Unſes hilligen Vaderß des Pabſtes van Rome. Hierup
beleven wy Seggeslude vndt ſpreken uth, dat ſodahn Bundbreff in alle ſinen Artikeln
ſall doth ſin, vndt van nener Macht, wente he is gemaket van Her Gerdt van Borck
de det niht vollmechtig waß, der Geſtlicheit halven, detgliken was Dirick van Ro-
ſen der Manſchap niht mechtig noch de 4 gude Manne, de den Bref in Rige verſe-
geln muſten, de des ok nene Macht hadden van der Manſchap. Ok ſo heft Unſe hil-
lige Vader de Paweſt denſuͤlvigen Bundtbreff dodt geleht, in dehm, dat he ſchedelik
were dem Erzbiſchop vndt der Kerke tho Rige vndt de Her Michael Erzbiſchop tho
Rige vele Rede vor uns andern beeden Seggesluden verhalet hefft, dardorch wy ock be-
finden, dat idt ehme vndt ſiner Kerke tho nahe is, ſo ſollen de Rigiſchen verplichtet
ſyn, Unß Seggesluden den Bref tho handrekende, dat he van uns in iegenwardigheit
der beiden Parten gedoͤdet vndt verbrandt werde, umb der Verunlimpinge willen des
Ordens unrechtlich darinne geſchreven.
Jtem angaende den Tollen, den de Rigiſchen upgeſettet, de denn niht alleine
dem werdigen Orden undt eren Unterſaten, ſander dem ganzen Lande vndt Gemeinen
Kopmann angeit vndt ſchedelik is geweſen vndt ſchedelik were, ſo idt alſo bleve, ſpre-
ken uth vndt beleven wy Seggesluͤde, dat de Rigiſchen dat gedan hebben mit Un-
rechte, vndt ſall aff ſyn, wente ſe deß nene Macht hebben gehatt, ock niht ſallen Macht
hebben des mehr tho donde.
Jtem mit der Acciſe ſallen de Rigiſchen ſick holden vndt hebben niht wider effte
forder, dan ſo idt geholden wardt by ſeligen Hern Hennings Tyden, vndt do alſe ſe-
lige Her Sylveſter erſt inth Land qvam.
Jtem van der Wichte, Mate, Beſemer, Punden, Loͤpe, Soltloͤpe vndt allerly
Wrake, Aſchen, Theer, Holt vndt mit dem Brennholte, ock mit dem Gaſte tho kop-
ſchlagende, ſall idt alle ſtan bliven vndt geholden werden alſe idt by ſeligen Hern Hen-
nings Tyden geholden wardt, bett tho einem inſtanden Landsdage erſt kamende.
Jtem de Buren, de uth deſſen Lande verlopen in de Stadt Rige vndt in de Gu-
der der Rigiſchen, de ſallen de Rigiſchen uthantworden, alſe de verfordert werden,
ſo ſe ſulver ſeggen, dat ehr Landvoydt plecht alſo tho doende, vndt Hr. Henning
Krantze, de lange Tydt Landvoydt is geweſen, ſulveſt bekandt he gedan hadde, ſo
ferne idt were, Hinrich (Kruſe Kribitz) dat Erfburen komen, de Uthforderin-
ge dohn.
Jtem dergliken, Ok de Buren, de in de Stadt kamen, mid erer Herſchap, Wa-
ren, effter Guder, de ſall men niht toͤven noch mit Rechte beſchlan, up dat erer Her-
ren Guden niht verſpillet werden.
Jtem van den Schulden de de Borger effte Koplude uth Rige ſchuldig geweſt ſin
den van buten Rige, idt ſind Herren effte iemands anderß, vndt ſo wedderumme,
weß de van buten ſchuldig ſin geweſen an de van binnen Rige, deßgliken, effne ok
welcke van binnen Rige buten, vndt van buten binnen Rige wedder ein dem andern
wes up guden geloven thor Hand geſandt, effte gelavet hefft, ſall mit der Veide nicht
tho doende hebben, ſandern ein ſall dem andern Geloven holden vndt bethalen vndt efft
ſik de Stadt weß underwunden hedde, ſall men der Stadt afmanen. Were idt ock,
dat in der Veide iemands dem andern up guden Geloven weß affgekoft hedde, den Glo-
ven ſall men ock holden; off thor Hand geſchickt were iemandt van den Verſtorven offte
Erſchlagenen, ſall men dat dohn den genen, de dartho Recht hebben tho menen.
Jtem van den twey Kreyern effte Schepen, de de Rigiſchen vor der Pernow
up der Reide genahmen hebben, vndt deßgliken van den Schepeken vndt Gude Diricks
Tymans under Runoe*) genahmen, um dat idt van der Pernow qvam geſegelt,
vndt
tel Meilen lang und anderthalb breit. Sie iſt mit etwan 30 Familien ſchwediſcher Bauren
beſetzt, die unter rußiſcher Botmaͤßigkeit ſtehen, und von dem Fange der Seehunde meiſtens le-
ben. Der alte Hafen hat jetzo groſſe Sandbaͤnke; auf der oſtlichen Seite findet ſich guter Anker-
U ugrund,
nene Warnienge gedaen hebben, dem Kopmann nach der Pernow tho ſegelnde, vndt
Dirick Timan hierbaven uns getieget hefft der Stadt Koͤnigsberg eren verſegelden
Breff, tuͤgende, dat de Schipper vndt Sturmann geſchwaren hebben, tho den Hilli-
gen, dat ſe de vorbenamte Tyman verfrachtet hadde tho ſegelnde nah der Saltzmuͤn-
de, vndt niht nach der Pernaw, wewol dat ſe van Windes vndt Wedders halven
thor Pernaw moſten vndt qvemen. So denn wy Seggesluͤde uns niht weten tho
entrichtende noh Verſtand hebben van der Koplude Schragen; ſo wyſen wy alle deſſe
Koplude vndt de Rigiſchen vor de Binnenlandiſchen, de tho den Hanſe hoͤren,
up ere erſte Vergaderinge alldar tegen malckander tho ſynde, weß ene daraff geſpraken
werdt, ſall den beiden Parten wol vndt wehe dohn.
Jtem ſo de Rigiſchen begeren de Straten up der Bulder-Aa wente in Lettawen
vnd Sameyten dat de frye ſall ſyn; herup beleven wy Seggeslude vndt uthſpreken,
dat de Rigiſchen ſick moͤgen ſallen laten an alle den Straten, de de Kopmann van
Oldinges gebruket hefft, vor Meiſter Vinckens Tyden; wente ein Here were anderß
des Kopmanns ſin eigen, dat he deß nicht mechtig ſolde ſin, in ſinem Lande Wildnuß
tho rumende, Lude darup tho ſettende, Schlote langſt den Grenzen alſo in Samei-
ten, Lettowen, Rußlandt tho buwende, vnd ſin eigen Plicht Profit dadorch tho doen-
de; ſander ſalte dar ock moͤten guͤnnen dem Kopmann deß Kopmanns Privilegia inne-
holden up ſolcke nye Straten, de ſe helpen winnen; were ock niht gud, dat de Umbe-
legenen de nye Straten wancken ſolden; guͤnde men det den Rigiſchen, ſo muͤſte men
ock dat den Samaiten, Lettowern, vndt Ruſſen guͤnnen.
Jtem der Upbuwinge halven twier Schlote Rige vndt Duͤnemuͤnde vndt der Kerck
dartho; Jtem angaende den Schaden van beiden Parten, de ſick ſere groth drecht, de
Rede van beiden Parten angeſehn undt gehoͤret. Jdt erſte angaende vndt angeſehen,
dat dat erſte Convendt vndt dat overſte des Ordens tho Rige geweſen iſt; undt ſo wy
Seggeslude nu ok befinden, dat de erſte Krich effter Feide ſick angehaven hefft an den
Rigiſchen mit dem Uplope Johannis Baptiſtaͤ, vndt mit der Verſperringe der
Porten in nyen Muren; befinden ock wy Seggeslude dat de Rigiſchen den Frede, ge-
heten Diviſionis Apoſtolorum ſunder vndt buten allen Reden gebraken hebben, vndt
Krich vndt Feide upt nye angehaven hebben.
Jtem vorth befinden wy Seggeslude ock, dat de Rigiſchen ein Orſack ſyn, dat
de Verſegelatie tho dem Blomendale gemackt van dem Orden niht geholden wardt;
ſandern de Feide upt nye bet nu tho durende angehaven is, im deme dat ſe erſt tho
Rome upgeſeuden hebben vndt de Sake kregen, bevalen dem Hern Biſchope vom
Schwerin, dadorch do de Orden denſuͤlven Weg leerde vndt upgefunden, hebben,
de Heren vom Revel de Sake tho Rome ſo gekamen, iß unſer Praͤlaten hende ge-
ſchlaten worden; dar de Sake ock wol gebleven were; hedden de Rigiſchen den Toll
afgeſettet vndt ſuͤmige Worde niht gefoͤret, alſe gedan hebben. So beleven wy Seg-
gesluͤde undt uthſpreken, dat de Rigiſchen 9 Dage nah Paſchen nechſtfolgende, al-
ſe des Mandags nah Quaſimodogeniti oͤverantworten ſallen Dunemuͤnde, ſo, alſe
det verſegelt hebben, vndt ſallen darup laten, weß darup iß von Were, an welkerly We-
re dat ſy, vndt ock ſo dann Hußgerad undt Kleinode, Klocken, weß den Orden tho
behoͤrt hefft, do de Feide anging, uthgenamen wat den Rigiſchen tho behoͤrd, moͤgen
ſe affnehmen vndt herenbaven ſallen de Rigiſchen darup laten ſodann Beer, alſe dar
den reide up gebruwet is, niht affthofoͤrende, vndt hier baven uplaten 10 Laſte Roggen
vndt 10 Laſte Malth. Jß deß darup ſo vele niht, ſo ſallen ſe dat kopen vndt gereit darup
leveren, vndt ſo dat int erſte eine Laſt effte two darup ſy, moͤgen ſe binnen dat vndt
Pingſten dat ander dan ock fort up ſchaffen.
Jtem ſo beleven wy Seggeslude undt ſpreken uth, dat de Rigiſchen wedder up-
buven ſallen ein Convent dem werdigen Orden mit ſolker Kerck ſo dar thovoͤrn geſtan
hefft mit Kellern, Welfften vndt Kamern; Einen Reventer undt thwen Thornen an
den Convente, welke in der Muren liggen ſollen, vndt ſollen dat buwen up ſolke Stede
vndt
erwarten. Es ſtehet daſelbſt ein Feuerthurm. An der daſigen Magdalenenkirche, worin nur
ſchwediſch geprediget wird, ſtehet der Herr Paſtor Joh. Nicolaus Reuter aus Halle in
Sachſen gebuͤrtig, welcher auch in ſchwediſcher Sprache zu predigen hat.
hoch twe Faden baven des Convents Muren, undt ſollen in deſſem ſulven Stocke einen
Meiſter tho Lyflande ein gut gewelwet Gemak buwen mit einem Vorreventer, ſo
dat idt temelik vndt boͤrlick ſy, deß ſollen wedderumb de Rigiſchen beholden de nye
Mure mit den Thornen, alſe de nu ſteit na Overeinkaminge, tho wetende, dat de
Rigiſchen den Schloͤtel tho der Porten hebben vndt dat Convent tho der klenen Por-
ten, ſandern ſo lange de Vorborch mit den Conventen niht beveſtiget is vndt ſchlot-
hafftig, ſo ſall men deſſe kleine Porten deß Nachts niht updahn, ſondern geſchlaten
werden, als men alle der Stadt Porten thoſchluth.
Jtem beleven wy Seggeslude vndt ſpreken uth, dat de Rigiſchen deth alſo bu-
wende alſe vorſteit, anheven ſollen van Dage deſſer Uthſproͤke anthorekende over ein
ſchier nechſtkamende Jahre tho dem minſten, vndt dat vollendigen binnen 6 Jahren
darnach malckander ſick verfolgende. So ferne de Rigiſchen binnen dith Jahr willen
ock weß buwen, dat ſteit an ehn; koͤnnen efft moͤgen ſick ock de Rigiſchen mit dem
Her Meiſter verdregen, dat ſe dit Convent nah ſodaner Groͤte, undt Wiſe, ſo baven
ſteht erklaͤrt, buwen moͤchten tho Duͤnemuͤnde, Kerckholm effte anderß war, up der
Duͤne effte Bulder-Aa, effte dat ſe dem Her Meiſter eins effte jahrlicks eine Sum-
me Geldes geven moͤchten, dat de Her Meiſter vndt ſin Orden duſſe ſulve Buwinge
annehme, undt ſo dar Stede dar ſe deß eins moͤchten werden vndt ſuͤlveſt buwen, dar
late wy Seggeslude de beiden Parten mede bethemen.
Jtem der Vicarien halven vndt Upbuwing der Kerken, de thovoͤrn geweſen ſin
buten duſſen beeden Schloͤten, vndt ok effte men thor Soͤne vndt thor Selen Selicheit
aller Doden, da van beiden Parten erſchlagen ſyn in deſſen Feiden vndt de Vigilien
tho donde, ſo de Her Meiſter vndt ſin Orden begert hebben; hierup belewen wy Seg-
geslude undt uthſpreken, dat de Rigiſchen int erſte Sunte Johannes Kercken, de
buten dem Schlate tho Rige plach tho ſtaende, vndt de Parkerke de buten dem Schla-
te Dunemuͤnde licht, ſollen de Rigiſchen mit den allererſten met ſo viel Altaren,
alſe da plegen in tho ſynde, upbuwen, in ſtaender Were vndt ſchloͤtig maken.
Jtem ſo de Rigiſchen de Viff Vicarien mit eren Renten Deel gekregen hebben, int
erſte 3 by ſel. Meiſter Oſthaves Tyden, vndt darnah 2 by ſel. Her Meiſter Berndes
Tyden, vndt de Meiſter dat thogelaten hebben, ſe deß nene Macht en hadden Gade tho
nehmende; ſo ſollen de Rigiſchen thor Soͤne vndt tho Troſte niht allein den armen
Selen der genen, de in eren Tyden verſchlagen ſin, ſandern ock der genen Selen, de
in deſſen Feiden vndt Krigen verſchlagen ſin, van beiden Parten de Vicarien holden.
Deſſe vorbenomden Viff Vicarien ſollen wedder angan up Johannis Baptiſta tho-
kamende, vnd de Rente ſollen de Rigiſchen betalen nah dem Olden vndt de Giffters
effte Patronen der Vicarien ſollen ſick verſehen umb Preſters, vndt de verlehnen effte
praͤſenteren, dat ſe verlehnet werden twiſchen hier vndt Johannis Baptiſten.
Jtem ſollen de Rigiſchen, thor Stundt alſe de Straten apen ſin vndt de Her Mei-
ſter ſe hefft geabſolveert, in der erſten Weken darnah dohn laten 3 Begengknuͤſſe mit
Seelmiſſen vndt Vigilien, eine geſungen vndt eine geleſen, dar dan tho offern ſollen de
Raht vndt de beide Gildenſtaven vndt de gemenen ſchwarten Hovede, deßgliken ock de
van des Ordens Syden up de Tyd in de Stadt ſinde, det ſoll man ſo holden 3 Dage
langk, des erſten Dages in dem Dohme, den ſoll ein Domher dat Offer entfangen
van allen Altaren, vndt geven darvan iglichen Priſter, int erſte, de da Seelenmiſſen
leſen 3 ßl. undt den, de de Miſſe ſinget 6 ßl. vndt dem Koͤſter 6 ßl. vndt de Raht ſall des
Dages betalen de Luͤderß vndt den Kerk-Vormundern eren Willen maken der Kloken hal-
ven, alſe de Preſterß vndt de Koͤſter ſuͤß betalet ſyn, ſoll men det overige Offergeld in twe deh-
len, Eine Helfte um Gade thor Stund den Armen tho delende, de ander Helfte ſoll
hebben dat Capitel. Suͤß ſoll men ock deß andern Dages dohn tho St. Peter, vndt
dar ſal de grote Guͤlde de Luͤderß vndt der Kerken vernoͤgen, vndt de Kerkhere ſall de ene
Helfte des ovrigen Offers beholden, vndt de ander Helfte thor Stundt den Armen ge-
deilt. Desgeluͤken deß drudden Dageß tho St. Jacob vndt de klene Gylde ſoll dar
vernoͤgen de Luͤderß vndt Kerken Vormunderß, vndt alle Jnwahner, Mann vndt
Fruwen, de ſonderl. niht tho doende hebben, vndt niht up Daglohn arbeiden, ſollen
dartho offern, wente it ſchuͤdt den Doden beiden Parten.
U u 2Jtem
vor Uthſegginge gefangen ſin von den Rigiſchen ock vom ſeligen Hern Helgervelde,
de ſick vor eren Praweſt held, vndt ſchreff, de dan by Namen, Otte Hoberge, Hans
van |dem Velde vndt Bertram Walrade vndt vele andre, de ſick beklagen, dat ſe ge-
fangen worden, da Duͤnemuͤnde upgegeven wardt, vndt dat ehre genahmen, kegenß
der Rigiſchen Lofften vndt Lavende thogeſecht vndt verſegelt, vndt van velen andern,
de de Rigiſchen Sendebaden einß Dehls up ener Zeddeln geſehen hebben genoͤmet,
vndt alle Dage nah vele andre Klegerß kamen vndt van velen Puncten de in duͤſſer
Feihde geſchehen ſyn, vndt ſo de Rigiſchen wedderumb welke hedden, van eren Par-
ten, de ſick ock van der erſten Anhewinge deß Krigeß beklagen wolden, deßgliken van
oldings Bartram Hoyken, Hans Kerſtens, Lenbeck ꝛc. Hierup beleven wy Seg-
geslude vndt ſpreken uth, dat wy nene Tydt hebben dit nu allhier thor Tyd tho ſchei-
den; ſandern wy Twee Seggeslude alſe Theodoricus vndt Martinus tho Dorpt
vndt Churlandt Biſchope vorbenoͤmet hebben gegeven vndt geven med deſſer Uthſprake
Unſe Vollmacht, de wy hier hebben, dem Hern Erzbiſchop Michaeli Unſen Leven Hern
Medeſeggeßmann, unſer beider vollkamen Macht tho ſiner Macht, ſo dat de ſall vndt nach
in deſen anſtaenden Samer mit den genen, de hei tho ſick theende werdt, dartho de-
nen, de niht partyelick ſin alle deſe Saken up ene verramende Tydt, ſo he ock verramt
hefft up thokamende Jacobi Maioris, vndt dan up Treiden tho doende, dar deme
deß Ordens Luͤde tho Segewolde ſick moͤgen endholden vndt der Rigiſchen Luͤde um-
trent Cremon, effte war iſſeliken gelevet. Und wy Michael Erzbiſchop bekennen
dat wy ſoͤlkes up uns genamen hebben, tho ſcheiden alſe de vor ſteit, ſo wal de Klacht
des enen Parts alß deß andern, ſo verne de Klachten ſick anheven van Begintſel deß
Kriges by ſel. Meiſter Berendes Tyden betenget, beth an deſſe Tydt, vndt dar ſo
verne de Her Meiſter, dat he vorſprekt tho eren Syden vndt de Rigiſchen Sende-
baden de hier tho Stede ſyn van wegen der Stadt Rige binnen einen Mande, dat ſe
enen verſegelten Breff geven, dat idt ehn alſo beleve, vnd deß tho Freden ſyn.
Jtem von den Blockhuſen beleven wy Seggeslude vndt uthſpreken dat der Blockhuſe
ein, twe effte alle drie, ſall vndt mach de Her Meiſter in Weren hebben, ſo lange vndt
beth tho der Tydt, dat uns Seggeslude goth duncket; dat de Rigiſchen ſick ſtellen
tho Frede, vndt dat idt Frede mach bliven vndt dat de Her Meiſter dar ock ſo dan fra-
me Knecht upholde, dat den Rigiſchen nah dem fremden Gaſte nene Averlaſt daruth
geſchee. Und wy Seggeslude by Unß beholden uth tho ſprekende, wo lange de Block-
huſe ſtan ſollen.
Jtem ſo de Her Meiſter einen Nothfall begert hefft, inbeſondern vor ſolke grote
Unverlumpinge, de de Rigiſchen ehm vndt ſinen werden Orden ſollen gedan hebben,
mit Namen in dem Vorbuntbreffe, tuſchen ehn vndt den Schweden gemaket, vndt
Olderß in den See Steden, tho Rome vndt in andern velen Enden. Hierup beleven
wy Seggeslude vndt ſpreken uth, dat de Achte, de hier alſe de Rigiſchen Sendeba-
den ſin volmechtig, ſollen vor dem Her Meiſter, Landmarſchalck, vndt andern Ge-
biedigern, de hir nu ſin, kamen blotes Hovedes, ere Hade van ſick gedan, vndt ſol-
len ſtaende ere Hoͤvede nygen vndt bidden, effte Se effter ander van den Rigiſchen
den Hachwerdigen Hr. Hochmeiſter, Dutſchen Ordensmeiſter, ſiner Hochwerdigheit
vndt ſinem ſel. Vorfader, Meiſter Berendt, Landmarſchalk, Gebiedigern Hern vndt
helen Orden intſamt vndt beſandere in deſſen verlopenen Krigen mit enigen Worden
effte Schrifften verunlimpet hebben, effte tho nah geſpraken, effte tho nah geſchreven,
vndt ock niht alle wedder upbuwen koͤnen, vndt allen Schaden gelden, dat he vndt ſi-
ne Werdige Gebiedigere Ehn vndt Ehren Jnwanerß umb Gades vndt Unſer leven
Fruwen willen vergeven: Und alſe de Her Meiſter, aff Gott will, werd in Rige ka-
men, ſall den de heile Rath ock ſo dans dohn*), deß andern Dages ſollen dat dohn
the Twelffen van den Dreplickſten uth der Graten Gilde, deß drutten Dages ſollen dat
dohn Thein van den Dreplickſten uth der kleinen Gilde, van alle de Gilde wegen vndt
hirmede ſollen ock alle Saken geſchlichtet vndt vereiniget ſin, vndt alle Schaden van
beiden Syden dod gelecht, vndt de Her Meiſter ſoll duſſem ock ſo umb Gades vndt
Unſer
grosmuͤthig, eine ſo niedertraͤchtige Ceremonie anzunehmen.
ſind eine ſchaͤtzbare Antiquitaͤt; doch ſind ihrer nicht mehr als 3 vorhanden. Sie lagen
ehmals
unſen ganzen Orden vergeven Juw gerne umb Gadeß vndt unſe leven Fruwen willen.
Jtem beleven wy Seggeslude vndt ſpreken uth, dat van beiden Syden alle Ge-
fangene, wat Standeß de ſyn, ſo woll de enicht part vermeint, dat ſe gefangen ſyn vndt
ſick vor nene gefangen bekandt hebben noh bekennen glik dem andern, ſollen allthoſam-
men mit deſſer unſer Uthſproͤke frye, qvidt, leddich vndt las ſyn, vndt de Rigiſchen
ſollen den Praͤlaten, von Doͤrpte, Ozel vndt Churland eren Breff der Borgtucht
wedder oͤverantworden nahdem de Breff hier thor Stede is.
Jtem. Noh beleven vndt uthſpreken wy thor Stundt, alſe de Rigiſchen Dune-
muͤnde avergeven hebben, weß ſe by ſick hebben, dat vor Ogen is, bewehlik vndt un-
bewehlik, dat de werdige Orden in Weren hadde, do de Feide mit ſel. Hern Meiſter
mit finen Gebedigern vndt werdigen Orden wardt; ſo ſall de Her Meiſter und ſinen
werdigen Orden de Straten open vndt alſe verſchreven an den Hochwerdigen Hern
Hochmeiſter vnde den Dutſchen Meiſter, dat de Strate den Rigiſchen dar ok werde
geoͤpent, ſo dat ißlick Part mit den andern mach wancken, ſo woll de dar gefangen ſyn
geweſt, vndt ſik vor nene gefangen holden, alſe de andern, niemande buten beſcheiden.
ok alle de uth de Stadt ſind gerumet, effte verſandt, weder in Rige moͤgen kamen,
deßgliken de van dem Hern gerumet ſin in Rige, wedder deßgliken fry vndt frolich uth
moͤgen kamen.
Jtem beleven wy Seggeslude vndt ſpreken uth, dat de Her Meiſter vndt ſin werdig
Orde tho Rome thor Stundt upſchriven ſallen an eren Procuratorn vndt deßgliken ock de
Rigiſchen an de eren, dat ſe van beiden Syden Rechtgangs afſtellen vndt avergeben ißlik ſin
Advocaten, Procuratorn vndt ſuͤlfe vermoͤge; undt dat deß Her Meiſters Procurator
van deß Ordens wegen Fulborth geven ſall, dat de Rigiſchen mit allen eren Adhaͤ-
renten vndt Byliggern moͤge abſolveret werden reabiliter. Und wy Seggeslude ſpre-
ken ock uth dat de Her Meiſter thor Stundt alſe he Duͤnemuͤnde inhefft vndt de Ri-
giſchen by ſich vor Agen hebben, ſchriven ſall an den Herrn Deken van Oſel, dat he
vndt ſin Orde tho Frede ſin, de Rigiſchen nun van ehm geabſolvert ſyn realiter mit
eren Byliggern Geiſtlich ok Werltlik; de welke Deken darff dann niht mehr dohn,
dan was he alreide gedahn hefft, uth. Kraft des Meiſters Vulbord verenen vndt be-
ſtedigen: Si et in quantum non etc. vndt dat ſoll genoh weſen Jßliken in ſiner Con-
ſcientien, mit den Rigiſchen umthogaende vndt den Denſt Gadeß tho hoͤrende. San-
dern de Rigiſchen ſollen allikwel umb alle Schrupel vndt Twyvell dahl tho leggende,
tho Rome ſick laten abſolveren, vndt wat der Rigiſchen Abſolutie tho Rome vndt
tho Oſel beſteende werdt, dat ſollen ſe ſuͤlveſt dregen, was tho Rome hier edder an-
derswar verteert is; hiermede ſall alle Ding geſchlichtet ſyn vndt gut Freden ſyn twi-
ſchen den Vorbenoͤmden Parten. Datum Wolmar Anno 1491 Mitweken vor
Paſchen.
Jahr hoͤher hinauf, ſeit dem uns ein Lehnbrief, von Dienſtage nach Mariaͤ 1494 zu
Tuckum, zu Geſicht gekommen, wo er ſich ſchreibet: Wie Broder Wolter van
Plettenberg, gekohren Meiſter und Landmarſchalck tho Lyflande duitſches
Ordens. Kojalowicz nennet ihn Platemberg; Spangenberg, Pleiberg;
Thuanus, Pletemberg; in einigen Documenten und auf etlichen Muͤnzen heiſt er von
Plattenborch. Schurzfleiſch nent ihn die Zierde ſeines Standes, einen Man von
groſſem Geiſte und wohl ausgeſonnenen Anſchlaͤgen. Seine Groͤſſe laͤſt ſich beſſer aus
den wohlgelungenen Thaten deſſelben, als aus geſamleten Lobeserhebungen erkennen.
Sein groͤſtes Meiſterſtuͤck im Regiment war ſein gefaͤlliges Betragen gegen die Geiſtli-
chen, wie er es denn bey den Religionsaͤnderungen der Stadt ſo wohl als der Cle-
riſey
jetzo aber liegen ſie, laͤngſt der Mauer von der Kanzel ab, nach der Oſtſeite zu in die
Laͤnge. Die Jahrzahl bey dieſem Freytag iſt XVII. Doch will der Herr Vicep. von
Brevern zu ſeiner Zeit gar deutlich 95 geleſen haben. Es nehmen dieſes einige von
der Jahrzahl 1517, und glauben daß er die Regierung niedergeleget, und 22 Jahr ein
ſchlechter Ordensbruder geblieben, welches eine groſſe Verleugnung waͤre. Dieſer Muth-
maſſung fuget der Moͤnchshabit, da ſein Bildnis kein Schwerdt, ſondern einen bis zur
Mitte des Kleides herabhangenden Roſenkranz in der rechten Hand hat. Auf der lin-
ken Seite des Rocks ſiehet man ein Kreuz wie ein Crucifix einer Spanne lang; bey
den Fuͤſſen ſein Wapenſchild mit 3 Ringen. Der plettenbergiſche Stein zeigt den
Herrmeiſter in Lebensgroͤſſe in vollem Kuͤras, unbedecktem Haupte, und dem Helm
beim rechten Fus liegend. Seine Rechte lehnt ſich auf ein breites Ritterſchwerdt, deſ-
ſen Gefaͤs und Knopf einen ganzen Fus ausmacht, die linke haͤlt das Wapen, das
auch in den 4 Ecken ſtehet. Der Baldachin hat unbekante Figuren. Unter dem Hal-
ſe auf der Bruſt ſiehet man das Ordenskreuz. Nach einigen Abriſſen hat man ſtat
des verten den vevten Sontag in der Faften zu leſen, welches gegen die Schreibart
iſt. Sein 44 jahriges Regiment wird auch durch eine Abzeichnung des Hrn. Oberpa-
ſtor Depkins zu Riga bekraͤftiget, auch noch durch andere neuere Abriſſe beſtaͤtiget, da-
von aller dieſer Zeugen ohnerachtet die Jahrzahl verdaͤchtig iſt. Denn ob wol kein ge-
wiſſes Jahr in der Hiſtorie angegeben worden, da Plettenberg zur Regierung gekom-
men, ſo hat ſich doch ein Lehnbrief von 1494 gefunden, der uns wenigſtens ſo viel an-
zeiget, daß das gewoͤhnliche Jahr 1495, ſo ihm in der Hiſtorie beigeleget wird, nicht
das richtigſte ſey, man ſich aber auch nicht ſicher erkuͤhnen duͤrfe, ſolches in 1491 zu ver-
wandeln, weil gleichfals viel alte Augenzeugen auf demſelben Grabſteine 41 Jahr ſeines
Regiments wollen geleſen haben. Der bruggeneiiſche hat in alle Riſſen die Um-
ſchrift gleichlautend. Sein Bild haͤlt in der rechten Hand ein Faden langes Schwerdt,
und in der linken ein kleiners. Auf der Bruſt und dem Harniſch liegt das Ordenskreuz,
auf dem Haupte ſitzt ein klein Calotgen; das Wapen aber auf dieſer Muͤnze iſt unkentlich.
Der Abris des Hrn. von Brevern war durch den jetzigen wendiſchen Hrn. Landrich-
ter von Jarmerſtaͤdt beſorget worden. Solche Denkmale verdienten einen Kupfer-
ſtich, weil die Zeit ihre Gewalt, ſo wie der vor etlichen Jahren groſſe Brand in Wen-
den, auch an ſelbigen exerciret, zumal da ſie von den Fuͤſſen der zum Altar gehenden
Communicanten und andern betreten werden.
Vorfahren. Ein Wolt er von Plettenberg, Comtur zu Mitau, hat ſich in einem
Briefe der kleinen Gilde zu Riga 1426 unterſchrieben.
da es doch in unterſchiedenen Jahren geſchehen; daher es denn gekommen, daß manches
dabey vergroͤſſert worden. Bredenbach gehet ohne Zweifel zu weit, wenn er ſchreibt,
von den Tattarn waͤren an 100000 Man geblieben und haͤtten uͤber 2 Meilen weit ge-
ſtreckt gelegen, von deutſcher Seite aber ſey nur ein einziger dabey umgekommen.
Neuſtaͤdt berichtet, die Lieflaͤnder haͤtten auf den Knien gefochten, und die Ruſſen
ſelbſt geſtanden, ſie haͤtten mit rechten Teufeln zu kaͤmpfen gehabt. Weil ſich Diony-
ſius Fabricius aͤrgert, daß die Lutheraner aus Neid gegen die Catholiken das
rechte Wunder verſchweigen; ſo muͤſſen wir hier wol melden, daß viele die heil. Ma-
rie in der Luft Plettenbergen helfen geſehen. Von des Faͤhnrich Schwarzens
Edelmuͤthigkeit erzehlet der Baron Herberſtein, daß er ſich zugeſtoſſener Ohnmacht
wegen nach einem tapfern Ritter umgeſehen, welcher ihm die Marienfahne etwas ab-
naͤhme, und als Lucas Hammerſtaͤdter, der ſich von fuͤrſtl. braunſchweigiſchem
Gebluͤt herleitete, darnach gegriffen, habe dieſer ſie keinem unechten Ritter anvertrau-
en wollen. Hammerſtaͤdt habe ihm hierauf die eine, und bey fernerer Weigerung
auch die andre Hand abgehauen. Allein Schwarz habe die Fahne noch mit den Zaͤh-
nen ſo feſt gehalten, daß ſie zerriſſen. Mit den zerriſſenen Stuͤcken ſey Hammerſtaͤdt
zu den Ruſſen uͤber gegangen, durch welchen Zufal die 400 Fusknechte verungluͤcket.
Kelch ſchreibet, daß Hammerſtaͤdt eine Trummel ergriffen; worin ihm Ruſſov
vorgegangen. Der Ordensmeiſter Venator hat Plettenbergen dieſes Sieges we-
gen mit Juda dem Maccabaͤer verglichen, welches Urtheil in Abſicht des darauf er-
folgten dauerhaften Friedens richtiger haraus koͤmt, als was der Marquis von Lan-
geay behauptet haben ſol, nemlich daß nur 3 groſſe Helden in der Welt geweſen, Alex-
ander der groſſe, Julius Caͤſar und Plettenberg. Man ſehe eines Ungenan-
ten Beſchreibung von Liefland*), nach welcher Carl der XIte Koͤnig in Schweden
noch gegen Plettenbergen die Hochachtung bezeugte, daß er ſein Bildnis an dem
neu
Livonie avec une Relation de l’ origine, du progrès et de la decadence de l’ ordre Teutoni-
que, etc. A Utrecht chez Guillaume van Poolſum, 1705. Doch iſt ſie nur eine Ueberſetzung
von dem Original, ſo 1701 zu London in gros 8, mit grobem Druck auf 360 Seiten, unter
folgender Auſſchrift zum Vorſchein kam: An Account of Livonia with a Relation of the Riſe,
Progreſſ and Decay of the Marian Teutonik Order. Die franzoͤſiſche Ueberſetzung hat ſich
in der alten Hiſtorie an Kelchens Vortrag gebunden, und iſt zweien zu Utrecht befindlichen
Danzigern und zweien andern aus Riga zugeeignet. Vorne iſt das Bildnis des Herzogs von
Curland, Fridr. Wilhelms vorgeſetzt, Der Ueberſetzer giebt ſich fuͤr eine vom Verfaſſer un-
terſchiedene Perſon aus. Der Verfaſſer, welcher der curlaͤndiſche Botſchafter, Herr Baron
von Blomberg ſeyn ſol, meldet viel merkwuͤrdige Sachen; nur die Stellen von S. 195 bis
287 nebſt noch etlichen andern, fand Koͤnig Carl der XIIte nicht nach ſeinem Geſchmack; daher
dieſes Buch damals in Riga verboten worden. Doch hat dieſe Schrift auch ihre Fehler, wenn
z. E. S. 91 dem Alex. Guagnini ſchoͤne Entdeckungen in der lieflaͤndiſchen Hiſtorie zugeſchrie-
ben werden, da ſie doch dieſer Zuſammenſchmierer aus Bredenbachen mit allen Worten genom-
men, ohne dieſen Schriftſteller einmal zu nennen.
ſchriften in Liefland unſichtbar geworden. Einige Schriftſteller ſetzen ihn ins
Jahr 1509: allein damals wurden nur einige Kaufmanshaͤndel, und zwar auf 14 Jahr,
in Richtigkeit gebracht. Wie der eigentliche Zeitpunkt, von welchem dieſer Friede an
zu rechnen, nicht gewis iſt, ſo iſt die Dauer deſſelben noch ungewiſſer. Die mehreſten
ſetzen ſie auf 50 Jahr, einige auf 40, der Freiherr Cruſe auf 30 Jahr. Alle die uͤbri-
gen Tractaten, die mitlerweile mit Rusland geſchloſſen wurden, ſind nur ſo-
genante Kaufmansfrieden. Von dem Zins des rechten Glaubens merket Neuſtaͤdt
an, daß die Bauren in uralten Zeiten fuͤr ihre Honigbaͤume etliche liviſche Pfund
Wachs und eine Kopfſteuer nach Nogarden liefern muͤſſen; und Hiaͤrne fuͤhrt an,
daß die Doͤrptiſchen an die heilige Dreifaltigkeitskirche im Plescowiſchen jaͤhrlich
eine Verehrung gegeben. Aus dieſen Umſtaͤnden folgert ſchon Neuſtaͤdt, daß das
Land in den aͤlteſten Zeiten den Ruſſen zugehoͤret, und meldet, der Czaar habe in allen
Friedensbriefen auf dieſen Zins des rechten Glaubens gedrungen, auch gegen die groͤſ-
ſeſten Vortheile ſeinen Anſpruch auf Liefland nicht an den Koͤnig von Pohlen, Ste-
phanus, verhandeln wollen. Helms bleibt bey der Auſſage der neuenhauſiſchen
Bauren, welche jaͤhrlich 10 Lispfund*) Honig nach Plescow geliefert, ſo aber ſeit
100 Jahren unterblieben ſey, weil die Ruſſen ihre Grenze immer weiter nach Doͤrpt
zu verruͤcket, und in der vormaligen Wildnis Kloͤſter und Doͤrfer erbauet, wodurch
ihre Honigbaͤume ſo beſchaͤdiget worden, daß ſie den Zins nicht mehr abgeworfen.
heiſſe, erhaͤlt nun ihre Gewisheit. Jn den Geſetzen der groſſen Gilde zu Riga 1354 werden
die Strafen beſtimmet zu 1, 2, ein halb liviſch Pfund Wachs, zu einem Schifpfund Honig,
zu zwey Artigen, zu einem Schreckenberger auf 18 Schilling rigiſch; welche Geſetze nachher, und ſon-
derlich 1610 mit Weglaſſung der gar unchriſtlichen Gebraͤuche verbeſſert ſind. Von der Wage zu
Luͤbeck heiſt es nach des Herrn D.Willebrandts Vorbereitung zur hanſeiſchen Chronik S. 47
und 48 in der alten geſchriebenen Rathsmatrikel alſo: Libra apud Trauenam habet vnum fru-
ſtum continens vnum talentum nauale. Item vnum fruſtum de quatuor talentis Liuonicis, it.
vnum de duobus talentis Liuonicis, it. de vno talento Liuonico. Zwanzig gemeine Pfund ma-
chen ein Lispfund, 20 Lispfund aber ein Schifpfund.
Autor weder Ort noch Bild, noch Unterſchrift getroffen. Man erblickt daſſelbe unter
der Treppe nach dem andern Hofe zu. Das Marienbild fuͤhrt die Unterſchrift: Mater
Dei, memento mei. Unter Plettenbergs Bildnis lieſet man: Wolter von Plet-
tenberg Meiſter dutſchen OrdensAnno Domini 1515. Dieſes ſcheinet das Jahr
zu ſeyn, in welchem der Bau des neuen Schloſſes zu Stande gekommen. Ob zu
Carls des XIten Zeiten auf der Seite, wo das plettenbergiſche Bild ſtehet, das
Schlos erneuert worden, wird billig in Zweifel gezogen: vielmehr zeiget die unrichtige
Anzeige der unter ſeinem Bilde befindlichen Worte, und die Stelle aus Plinii Briefen
an, daß der vornehme Verfaſſer das Schlos zu Riga nicht in Augenſchein genommen,
ſondern durch ſremde Berichte zu dieſer unrichtigen Beſchreibung verleitet worden.
dem paͤpſtlichen, oftmals auch dem kaiſerlichen Hofe, oder gar dem kaiſerlichen Kammergerichte,
als den Schiedsrichterſtuͤhlen der geſamten Chriſtenheit, zur Entſcheidung uͤberlieſſen; ſo durf-
ten Privatperſonen ſich dieſer Rechtsgaͤnge nicht bedienen, ſondern muſten ſich an dem inlaͤndi-
ſchen Urtheil begnuͤgen laſſen, welches die geſamten Staͤnde durch ihre Gevolmaͤchtigten in der
letztern Jnſtanz geſprochen hatten. Die Appellationsordnung laͤſt ſich am deutlichſten aus einem
uns
allen oͤffentlichen Unterhandlungen; worinne ſie mit den Griechen, Bulgaren, Jlly-
riern, Albaniern, Georgianern und andern Nachbaren uͤberein ſtimmen. Sie
brauchen ſelbige auch in Kirchenſachen noch heutiges Tages. Man darf nur die Jahre
5508 davon abziehen, ſo hat man die europaͤiſche Jahrrechnung. Die Friedens-
ſchluͤſſe mit Rusland ſind in vorigen Zeiten alle nach dieſer Rechnung eingerichtet.
Jn dieſen Jnſtrumenten mus man nur die Ausdruͤcke richtig erklaͤren. Es heiſt nem-
lich in allen Briefſchaften; die lieflaͤndiſchen Boten waͤren gekommen, ihre Haͤupter
zu
ſchahen bey der griechiſchen Kirche durchs Kreutzkuͤſſen, nach welcher Gewonheit ſich
die Lieflaͤnder vielleicht bequemet haben. Das Hauptſchlagen zeigt eine ehrerbietige
und tiefe Ehrenbezeugung an. Einige ſind der Meinung, die Ruſſen haͤtten damals
hohe Muͤtzen getragen, welche ſie nach morgenlaͤndiſcher Art nicht abgenommen, ſon-
dern ſtatt deſſen nur mit der Hand ans Haupt geſchlagen. Die Lieflaͤnder haͤtten ein
gleiches gethan, wenn ſie bedeckt zum Gehoͤr gekommen, und das Haupt nicht ent-
bloͤſſen wollen. Allein es komt uns warſcheinlicher vor, daß mit dieſer Redensart ein
ander Ceremoniel angezeiget werde. Die Ruſſen nennen es Poclan udarith oder
Byth Czalom, wenn ſich einer auf die Knie legt, auf die Haͤnde ſtuͤtzet, und den
Kopf auf den Fusboden ſchlaͤgt. Je demuͤthiger ein ſolcher iſt, deſto ſtaͤrker hoͤret
man den Schlag. Zu unſern Zeiten geſchiehet das nur in gewiſſen Faͤllen und von ge-
wiſſen Perſonen. Nachdem die alte Kleidung und die groſſen Baͤrte abgeſchaft ſind,
ſo iſt auch das Hauptſchlagen nicht ſonderlich im Gebrauch, als in den entlegenſten
Provinzien. Doch iſt die Redensart beibehalten, ob gleich weiter nichts als eine
tiefe Beugung darunter verſtanden wird. Czalo-Byth heiſt ein Schlag an die
Stirne, welcher Name jetzo einer Bitſchrift oder Supplik beigeleget wird. Man ſagt
noch bey Beſtellung eines Gruſſes: Mache meinen Hauptſchlag, oder, beuge dich
meinetwegen. Ob die Lieflaͤnder in eigentlichem Verſtande ihre Haͤupter bey der
Audienz ſchlagen muͤſſen, laͤſt ſich nicht beſtimmen. Der Jnhalt der Tractaten iſt
dieſer: Waſili von GOttes Gnaden Kaiſer und Herr aller Reuſſen und Grosfuͤrſt,
wird im Namen des Meiſters, des Erzbiſchofs und der Biſchoͤfe von Liefland, durch
die deutſchen Boten, Johan Hildorp, Meiſter Johan Oldenſen, Kanzler,
Johan Kannen und Kerſten Soye erſuchet, ſreien Handel und Wandel zu verſtat-
ten, und daruͤber den Stathalter in Nogarden, Fuͤrſten Daniel Waſilewitz und
Gregori Federowitz, wie auch dem Stathalter in Plescow, Fuͤrſten Jvan Mi-
chaelowitz, Befehle zuzuſenden; welches der Kaiſer Waſili auf 14 Jahr zugeſtehet,
vom Tage der Bekantmachung 7017 anzurechnen bis 7031. Den Nogardern wird
ein Wegweiſer durch Liefland zugeſtanden, und wenn ſie ein Pferd in des Meiſters
Lande kaufen, giebt der Nogarder fuͤr den Freibrief einen Ferding, fuͤr die freie
Ausfuͤhrung aber einen Denning. Beiderſeitige Unterthanen aber werden nicht
mehr gepeiniget, und genieſſen jeder in des andern Landen frey Geleite.
Das Kreutz kuͤſſete unter andern rußiſchen Bojaren und Kaufleuten der Aelterman der
Kaufleute, Alexei Gregorewitz Kyrilow. Der Brief iſt vom 25ten Merz in
Grosnogarden unterzeichnet und mit 8 Siegeln verſehen. Ein andrer von eben
demſelben Jahre mit 10 Siegeln, betrift die Handelsfreiheit der plescowiſchen Ruſ-
ſen und iſt faſt von gleichem Jnhalt. Beilaͤufig laͤſt ſich anmerken, daß die Lieflaͤnder
das Wort Czaar ſchon damals in ihren Translaten durch Kaiſer uͤberſetzet.
wonnen; A unterwarf ſich nicht, ſondern appellirte, wie es die hohen Oberrichter ausdruͤcken,
wider dieſer Lande Gebrauch, von dem gemeinen Herrn Gebietiger Tag. Nach geraumer Zeit
und bey erſehenem Vortheil nahm A den Proces von neuen auf. Der Mannrichter Joban von
Buckhorſt und ſeine Beiſitzer Bernhard Smerten, Vogt zu Roſiten, und Dirik Wrede,
Vogt zu Bauſſenborg, ſprachen ihm Ao. 1542 das Gut zu. B ergrief die Appellation; doch
Meiſter Hermann Bruͤggeney beſtaͤtigte mit ſeinen Gebietigern und Raͤthen das vorige Urtheil
1543. Beide Urtheile wurden 1544 auf dem Landtage zu Wolmer wieder umgeſtoſſen, und ein
neues zum Beſten des B von den gevolmaͤchtigten Herren der Kapitel, Gebietiger und Raͤthe der
Staͤnde aufgeſetzet, welches der Erzbiſchof Wilhelm, die Biſchoͤfe Joſt von Doͤrpt, Johan
von Curland, und ſelbſt der Meiſter Bruͤggeney unterzeichnet und verſiegelt haben. Und da-
bey muſte es denn ſein Bewenden haben.
beim Kelch S. 165 das Jahr 1516 wol unrichtig angegeben ſeyn, und die Beſtaͤtigung
des Hakenrichteramts aͤlter werden. Vielleicht hat Kelch einen eigenen Vertrag mit
dem Biſchof Johan zu Revel geſehen, den auch Menius S. 12 anfuͤhret. Die
Hakenrichter wurden ſchon 1509 ernennet.
ſo uͤber die Einung oder Jnnung, d. i. uͤber die Statuten fuͤr die Bauren zu Revel
am St. Johannistage nieder geſchrieben worden.
Wir Wolter von Plettenberg, Meiſter in Liefland deutſchen Ordens, thun kund,
bekennen und bezeugen offenbar in und mit dieſem Briefe, daß wir mit Wiſſen und
ganzer Vollbort der ehrſamen unſerer Gemeine Mitgebietigern eine Einigung gemacht
haben zu ewigen Zeiten und Tagen, nach dato dieſes Briefes, mit dem ehrwuͤrdigen
in GOtt Vater und HErren, Herrn Gotſchalck Hagen, Electus der Kirche zu
Reval, ſeinen Nachkoͤmlingen und ſeinem Capitel, Herrn Abt zu Padis, den Ge-
bietigern als zu Vellin, Reval, Pernaw, Lehal, den Comthuren zu Narwe,
Weſenberg, Jerwen, Oberpahl, Carkus, Poyde mit ihren Lehnleuten und
Unterſaſſen, und mit den gemeinen Rittern, Knechten und Einwohnern in Harrien
und Wirland, beide geiſtlich und weltlich, inmaſſen als hiernach beſchrieben ſteht,
und iſt gegeben und geendet nach Chriſti Geburt 1509 am Tage Johannis des Taͤu-
fers, mitten im Sommer.
Zum erſten, die Leute und Unterſaſſen, die ihrer Herrſchaft entgangen ſind, oder
hernach noch entgehen werden, wo ihr Herr die Leute ſpuͤret, mag er zu demjenigen
ziehen oder ſenden, welcher die Leute unter ſich hat, eine Zeitlang innerhalb 4 Wochen
auszurichten. Waͤre es Sache, daß es nicht geſchaͤhe, ſo ſol der Klaͤger zum Haken-
richter ziehen, oder ſchicken; der ſol ihm innerhalb den nechſten 14 Tagen eine Zeit le-
gen in das Gut, da die Leute ſeyn, und ihm die Leute mit ihrer Haabe ansantworten,
und dazu, alles gewonnene Korn und Heu, ausbeſchieden, gelehnet oder geheuret,
Queck auch ausbeſchieden, was Erd- und Nagelfeſt iſt. Und waͤre es Sache, daß
der Bauer Roggen geſaͤet haͤtte, der Roggen ſol demſelbigen Bauren folgen, und ſol
den Zehnden der Herrſchaft geben, dem das Land gehoͤret.
Fortmehr, waͤre es Sache, daß jemand ein Haken Mann zukaͤme, mit allen
ſeinem Geſinde und Hofe, ſo ſol derjenige, da der Mann unter koͤmt, das laſſen zu
wiſſen thun demjenigen, dem der Mann entgangen iſt, innerhalb 4 Wochen ſich mit
ihm vergleichen, ſeinen Willen zu machen, oder den Mann ausantworten ſonder Wie-
derrede. Waͤre es Sache, daß es nicht geſchaͤhe innerhalb ſothaner vorbenanten Zeit,
und der andre ſeines Geſindes oder Mannes| nachkaͤme; ſo ſol er ihm den Mann ohne
Wiederrede ausantworten, und ob er ihm einige Schuld auferleget haͤtte, der darf er
ihm nicht bezahlen.
Waͤre
Herrſchaft vorberuͤhrter maſſen nicht laſſen zu wiſſen werden, als vorgeſchrieben ſtehet,
und der Mann demjenigen innerhalb der Zeit entliefe, oder nach der Verwarnung; ſo
mag der Klaͤger den Hakenrichter in ſolchem Termin, als vorgeſchrieben ſtehet, an-
ſprechen, und laſſen ſich alsdenn von ſeinem Wiederpart ein Geſinde wieder ausant-
worten mit Land und Leuten ſo lange Zeit, bis ihm redlich fuͤr ſein Geſinde geſchehen
iſt, ſo gut als das geweſen iſt von Mann und von Haabe.
Fortmehr, waͤre es Sache, daß ein Mann aus einem Geſinde entliefe und ſich
zu einem andern fuͤr Knecht vermiethete, komt ſeine Herrſchaft dem Manne nach, kan
derjenige der Herrſchaft Willen kriegen, daß er ſeine Zeit ausdiene; ſo ſol derjenige
auch gut fuͤr den Mann ſagen, da er ſich hin vermiethet, oder wil er das nicht thun,
ſo ſol er ihm den Mann ausantworten: waͤre es, daß es nicht geſchaͤhe, ſo ſol es der
Richter thun bey 3 Mark Strafe.
Ferner ſo ſol kein Zeichen Macht haben uͤber 3 Wochen allein, darum ſol niemand
ausgeben denn zu 3 Wochen.
Jtem, ob einem ein Fuͤßling oder Lostreiber entgangen waͤre, den ſol man gleich
den Hakenleuten ausantworten ſonder Wiederrede.
Ferner, welches Hakenmannes Weib, ſo geechtiget iſt, und von ihrem Manne
entlaufen, die ſol man wieder alle Rechte ausantworten. Geſchaͤhe das nicht, ſo ſol
der Hakenrichter ſie ausantworten, und derjenige ſol 3 Mark verbrochen haben, der
das Weib enthalten, das die Rechte mag verpfaͤnden, deſſen ſol ein Mark fallen an
das oberſte Gericht, ein Mark den Richter und ein Mark den Klaͤger.
Jtem, ob jemand etliche Bauren haͤtte 30 Jahr genoſſen, die alle ungefordert
blieben, von dem Erbherrn, er habe Gewalt oder nicht; aber die Bauren, die bin-
nen 30 Jahr verlaufen ſind, die ſol man ausantworten ohne Wiederrede, wie vorge-
meldt iſt.
Welcher ſeine Leute an Hals und Haut richten wil, der ſol dazu nehmen zwey des
Herrmeiſters Maͤnner, denen das wiſſentlich iſt, daß das Recht nach einem Landge-
richte gerichtet ſey oder werde.
Die Schweden ſollen bey ihrem alten Rechte verbleiben. Waͤre aber ein
Schwede, der auf einen Haken wolte ziehen und beſitzen, der ſol in den Rechten Be-
ſitz beſitzen, gleich einem andern Hakenmann.
Jtem, ſo ſol man zwey Hakenrichter ſetzen, einen in Harrien und einen in
Wierland, und die ſollen ſich deſſen nicht weigern bey 6 Mark; und wenn der Haken-
richter wird gefordert zu richten, ſo ſol er zwey zu ſich nehmen des Herrmeiſters Maͤn-
ner, und ſol nach ſeiner Sinnigkeit richten als vorgeſchrieben, nach Anweiſung dieſer
Einigung, und wer in dieſem bruchhaftig wuͤrde nach dieſer Einigung, den ſol der
Richter pfaͤnden auf 6 Mark rigiſch. Das dritte Part ſol ins Obergerichte fallen,
das andre Part ſol dem Klaͤger, und ein Part demſelbigen Richter.
Jtem, wenn der Richter komt zu richten, der ſol ihm und ſeine Mitfolger pfle-
gen, wil derjenige ſolches nicht thun, ſo mag der Richter ſich und die Seinigen ſelbſt
pflegen. Waͤr es auch Sache, daß dem Richter oder ſeinen Mitfolgern einiger Wi-
derſtand geſchaͤhe, derjenige der das thut, ſol 10 Mark rigiſch verbrochen haben, und
das Geld nach voriger Art getheilet werden.
Desgleichen ſol ein Prieſter und andre geiſtliche Leute in dieſer vorgeſchriebenen
Sache ihren Eid thun, als ihnen das in geiſtlicher Art geziemend iſt zu thun.
Die Richter in Harrien ſollen richten in Harrien, zur Pernaw und Leal, und
die Richter in Wirland zu Narva, zu Weſenberg, und zum neuen Schloſſe.
Ferner der jerwiſche Richter ſol richten in dem Ehſten, als Fellin, Jerwen,
Oberpahlen und zum Talckawen, alle vorgeſchriebene Bruͤche in drey Parten zu
theilen, das eine Part dem oberſten Rechte, das andre Part dem Klaͤger, das dritte
Part demſelben Hakenrichter.
Waͤr es Sache, daß ein Mann ſeinem Herrn entzoͤge, und der Herr ihn beſchul-
digte, um Dieſtahl, Mord oder andre Miſſethat, daß dem Hakenrichter misdeuchte,
die Sache anders nicht denn mit dem Eiſen zu tragen*) entſcheiden konte, ſo ſol er
dem
Z zund
ſo ſol ſich der Mann der Zeit der Sache mit einem Eiſen entſagen, dem ſol der Klaͤger
eine neue Mark entgegen ſetzen nach alter Gewonheit.
Ob einem guten Manne ſein Bauer entgegen kaͤme, der ihm entlaufen waͤre,
den mag er greifen und die Herrſchaft aufbieten, auf weſſen Land er ihn greifet; und
iſt die Herrſchaft nicht zur Stelle, ſo ſol er denn den Thaͤter aufbieten, ſo ſol die
Herrſchaft mit dem Thaͤter und das ganze Land dafuͤr ſtehen**), daß der Thaͤter ihn
zum Buͤrgen nimt, und nimt die Herrſchaft oder der Thaͤter ihn nicht zum Buͤrgen,
ſo mag er ihn weg zu Hauſe fuͤhren, und bricht daran nicht.
Dieſem zu mehrern Zeugnis der Warheit, und auf daß dieſe vorgeſchriebenen
Sachen in allen Artikeln aufrichtig und ſtrenge gehalten werden; ſo haben wir Bruder
Wolter von Plettenberg oben benennet, mit Wiſſenſchaft unſrer ehrſamen Mitge-
bietiger, unſer Jnſiegel dieſem Brief laſſen anhaͤngen, der gegeben iſt in den Jahren
unſers HErren nach Chriſti Geburt 1509, am Tage Johannis Baptiſtaͤ, mitten
im Sommer.
Diſtrikts, und zuweilen die ganze Dorfſchaft auf eine Meile herum von den Gerichten zur Entde-
ckung des Thaͤters oder zur Bnſſe fuͤr ſelbigen angehalten wurden. Dieſe Weiſe war auch in
Liefland, und der rußiſche Geſandte drang 1558 in Doͤrpt darauf, auf ſolche Art einem Ruſ-
ſen wegen ſeines erſchlagenen Bruders Satisfaction zu ſchaffen. Wenn Feuer im Walde auskam,
oder Holz ohne Erlaubnis gehauen wurde, der Thaͤter aber unbekant blieb, ſo ſchritte man zu ſel-
cher Execution.
damit beſchwerten, ſondern auch Kaiſer Friedrich der IIte, der dieſe leges paribiles gaͤnzlich ab-
ſchafte. Paribiles hieſſen dieſe Geſetze, von parere, das iſt apparere, weil aus dieſer Probe die
Schuld oder Unſchuld des Verklagten gleich erhellen ſolle. Der paͤpſtlichen Verordnung thut
Onuphrius Panuinius Erwehnung, und Gregorius der IXte hat ſie in das 5te Buch der Decreta-
len mit geſetzt. Der Beſchuldigte trug ein heiſſes Eiſen mit der Hand auf eine gewiſſe Weite,
oder trat auf ein gluͤhendes Blech, oder ging uͤber etliche gluͤhend gemachte Pflugſchaaren. Wer
damit gut zurechte kam, der wurde abſolviret. Daß die Bauren es noch zu Plettenbergs Zeiten
tragen muͤſſen, beweiſet obige Urkunde.
nemlich. Wir Johan, von GOttes Gnaden und des heiligen Stuhls zu Rom,
Biſchof der Kirchen zu Revel, zu allen Staͤdten, Nationen, Landſchaften, Staͤnden
und Reich, dem allerdurchlauchtigſten Herrn, Herrn Maximilian, gekohrnen Kai-
ſer, und Chriſtiern, Koͤnig in Daͤnnemark, auch den Churfuͤrſten des roͤmiſchen
Reichs Unterworfnen, und Preuſſen, Liefland, Litthauen, Schweden, Nor-
wegen, Staͤdten und Seeſtaͤdten, umliegende Oerter, unſers allerheiligſten Vaters
des Papſtes, und des vorbenamten roͤmiſchen Stuhls, mit voller Macht eines Lega-
ten de Latere, Gottſchuf und Orator. Jn der Titelſucht ſcheint Blanckenfeldt den
Biſchof Simon von der Borg noch uͤbertroffen zu haben.
11 in 1521 verabredet. Hiaͤrne, welcher viele Abſchriften gegen einander gehalten, und
hernach das Original geſehen, findet 1520, womit die uͤbrigen Abſchriften uͤberein-
ſtimmen. Plettenberg lies durch ſeinen Kanzler Magnus Renneberg den Erzbi-
ſchof Caſpar um ein Transſumt von dieſem Briefe erſuchen, welches dieſer auch durch
ſeinen Stiftskanzler, Wolfgang Loß, abnehmen lies, unterm 28ten Octob. 1521. Der
Erzbiſchof heiſt der Allerehrwuͤrdigſte, der Meiſter, der Hochwuͤrdigſte und Gros-
maͤchtigſte.
ten in rußiſcher und deutſcher Sprache. Die deutſchen Ueberſetzungen aber klingen ſo rauh
und unverſtaͤndlich, daß man an den mehreſten Orten kaum einen ordentlichen Verſtand heraus
bringen kan; welches ſich leicht begreifen laͤſt, da ſchon deutſche Originale von dieſen Zeiten et-
was unverſtaͤndlich fallen, zumal wenn die Verbindungswoͤrter und Unterſcheidungszeichen in der
Rede fehlen, wie vielmehr alſo die Ueberſetzungen? Es bleibt alſo die Frage, ob das Original
oder die Ueberſetznng Schuld habe, wenn Venator und Kelch von einigen rußiſchen Antworten
berichten, daß ſie weder gehauen noch geſtochen geweſen.
nichts gemeldet, ſo daß ſich der P. und Prof. des rigiſchen Gymnaſii M.Johan
Brever in ſeiner memoria reformationis in eccl. Rigenſi, Rigae 1680, blos mit dem-
jenigen behelfen muͤſſen, was Chytraͤus uns aufbehalten. Bey den Kirchen ſelbſt iſt
keine weitere Nachricht befindlich. Tegetmeier ſchreibt von ſich, daß ihn der Magi-
ſtrat zu Doͤrpt 1525 durch den Stadtſecretair Joachim Saſſen auf Mariaͤ Rei-
nigung nach Doͤrpt holen laſſen, um weitere Anſtalten zur Aufnahme der evangeliſchen
Lehre zu machen, wo er 4 Wochen lang taͤglich geprediget, und den Propheten Mala-
chias in lateiniſcher Sprache erklaͤret. Ein andermal muſte er mit den rigiſchen
Deputirten nach Wolmer auf den Landtag gehen, wo ihn Plettenberg etlichemal
predigen laſſen, und in Schutz genommen, obgleich die Biſchoͤfe auf ſeinen Arreſt ge-
drungen, und die Dominikaner ihm wirklich aufgelauret. Die Stadt Riga hatte den ehe-
maligen erzbiſchoͤfl. Kanzler und ihren nachmaligen Sekretair M.Johan Lohmuͤller an
D.Luthern geſandt, und ihm von dem vorgefallenen benachrichtiget, welcher nicht
nur Knoͤpken ein gut Zeugnis gab, ſondern auch gute Erinnerungen ins Land ſchickte.
So befindet ſich in Lutheri Tiſchreden unter den Prophezeiungen der Ausg. Dresden
und Leipzig 1723, eine Warnung an die Lieflaͤnder, ingleichen in der leipziger Aus-
gabe ſeiner Werke von 1730 VI Band S. 550 die Auslegung des 127ſten Pſalms
an die Chriſten zu Riga, von 1524; B. XIIX, S. 487 ein Ermahnungsſchreiben an
alle Chriſten zu Riga, Revel und Doͤrpt, von 1523; B. XIX S. 347 eine Ermah-
nung an alle Chriſten in Liefland, vom aͤuſſerlichen Gottesdienſt und Eintracht, 1525.
Mehrere Briefe an D.Brisman ſtehen im erſten Bande der Act. Boruſſ. S. 793
ſqq. Auf der rigiſchen Stadtbibliothek liegen noch ein paar Briefe von Luthers
eigener Hand, deren Jnhalt ſehr kurz und zu ſpeciel, auch von keiner Wichtigkeit iſt*).
Daß die Herren Meiſter von Liefland dieſes theils aus Klugheit, theils aus Ueber-
zeugung von der gerechten Sache, ungehindert geſchehen laſſen, iſt hoͤchſt erweislich.
Jeder Meiſter muſte vor der Huldigung die Lehre des Evangelii zu ſchuͤtzen verſprechen.
Daß die Biſchoͤfe von den Pfaffen ſelbſt der vermeinten Ketzerey wegen beſchuldiget
worden, wird ſich weiter unten zeigen. Knoͤpkens Verdienſte um die Reformation
in Pommern und Liefland erzehlet Thuanus B. XXI. Nach Chytraͤi Bericht
brachte er den 1, 3, 23, 25, 33, 116, 125, 133 und 146ten Pſalm in deutſche Verſe, und
verfertigte noch die Lieder: Was kan uns kommen an vor Noth ꝛc. Von allen
Menſchen abgewandt ꝛc. Hilf uns in deinem Namen. ꝛc.
Riga die Nachricht von der Lehre und dem Leben des Magiſter Engelbrechts. Der lateiniſche
iſt an Georgium Sicambrum, einen Prediger, gerichtet, welcher in ſchwere Anfechtungen
gerathen, und daher von Luthern kraͤftig aufgemuntert und getroͤſtet wird. Wittenberg,
feria 6 poſt purificationis 1540. Der dritte vom letzten October 1537 an einen E. Rath in Sa-
chen zwiſchen Johan Kannengieſſer und Barbar Goͤche, iſt eine bloſſe Abſchrift, und betrift
die Eheſcheidung.
ten worden.
Jnt
ſen. Ueber der Stiftspforte ſteht auch noch das kleine eiſerne oder bleierne Maͤnchen
mit der Peitſche eingemauret. Der Jeſuit Conrad Vetter, giebt vor, daß die Pa-
piſten damals wirklich zu dieſem Thore hinaus gepeitſchet worden. Und ſo war es auch
bey dem Kaiſer angebracht worden. Allein die Umſtaͤnde, unter welchen der Auszug
geſchehen, zeigen es anders. Daß die Jeſuiten ſo gar bey dem Kalenderſtreit 1587
nicht hinaus gepeitſchet worden, ſondern auf Vorſtellung des Raths ſelbſt weggezogen,
erweiſet der beruͤhmte Herr Conrector an der rigiſchen Domſchule und Bibliotheca-
rius Williſch, in ſeiner 1743 in Fol. in Druck gegebenen Nachricht von der Stadt-
bibliothek, aus einer alten Handſchrift. Es iſt zu bewundern, daß die Pohlen we-
der die Peitſche abfordern, noch das Wahrzeichen uͤber dem Stiftsthore herunter neh-
men laſſen. Jn den Buͤchern der kleinen Gilde iſt zwar bey dem Namen des Elter-
mans Heinrich thor Weide, beigeſchrieben, daß dieſer Mann 1587 in eigner
Perſon, in Begleitung zweier Prediger und zweier Herren des Raths, die Jeſuiten
austreiben helfen; allein daraus folget noch nicht, daß es mit der Peitſche geſchehen.
Die Stadt entſchuldigte ſich, daß ſie zwar dem Koͤnig verſprochen, einen Pleban und
etliche andre catholiſche Prieſter einzunehmen, nicht aber die Jeſuiten, als welche die
Urſache des Tumults waͤren, auch ſich gegen den Contract mit Gewalt eingeniſtelt.
Die Jeſuiten muſten dieſen Beweis damals 13 Jahr lang gelten laſſen.
tho Lipſick diſputerde, unde wort Magiſter int Jahr 19 des Sondages vor Cathedra
Petry. Den Sommer was ick Diſputator im roden Lauwen. Jnt Jahr 20 up
Paſchken wart ick Capelan tho Roſtock im Dohm. Doctor Bartholdus Moller
was Kerckher. Jn dem Winter wart die Bulle afgekuͤndiget, darinne verdammet
wardt Martinus Luther dorch Befehl Sutfeldus Warenborch, de Adminiſtra-
tor Swerinenſis, unde was de erſte Verkuͤndigung der Bullen.
Ao. 1522 korth vor Michaelis kam ick tho Riga, fandt vor my Herr Andream
Knoͤpken, Capelan tho S. Peter. Mynen erſten Sermon dede ick tho Riga am
erſten Suͤndage im Advente tho Suͤnte Jacob. Ein mehrers ſiehe in den Neben-
anmerkungen vom Jahr 1525.
genant die Gnade, mit Erbunge, Verkaufunge und anderer Veraͤuſſerung
der Guͤter, wider die ſamende Hand.
Wiſſentlich und offenbar ſey allen und jeglichen, die dieſen offenen verſiegelten Brief ſe-
hen, hoͤren oder leſen, daß die ganze Gemeine der Ritterſchaft der heiligen Kirche
und Stifts zu Riga, nemlich allen, die in der Gnaden und neuen Lehnrechte ſitzen,
und in der Gnade Guͤter haben, zuſammen getreten und ſich beſchweret, daß uns zum
gaͤnzlichen untergaͤnglichen Misgedeihen und Verderben, die Guͤter, die in der ſamenden
Hand gelegen, verringert, und daraus in die ſamende Hand merklich gebracht, dadurchdie
ſamenden Handesguͤter treflich vermehret, und die Gnadenguͤter uns und unſern Nachkoͤm-
lingen, Kindern und Erben zum Misgedeihen, hoch und viele entzogen, und
noch von den Beſitzern der ſamenden Hand, alle eintraͤchtiglich offenbar in dieſem
Manntage uns von unſern Gnadenguͤtern in die ſamende Hand zu bringen, treflich be-
fleißiget worden, welches wir alle eintraͤchtig zu Herzen genommen, und dem Abbruch
unſer und unſrer Kinder und Nachkoͤmlinge vorzukommen, treulich bewogen, drum
haben wir alle, wie vor beruͤhret, ein jeder inſonderheit im Rathe ganz nothduͤrftig be-
funden, und eintraͤchtiglich beſchloſſen, verwilliget und eingegangen, bey guter Treue
und Chriſtenglauben untereinander zu halten belobet, daß wir die Gnadenguͤter aus
der Gnade in die ſamende Hand nicht verkaufen, verſetzen oder verpfaͤnden wollen.
1. So jemand durch Noth oder Schulden halben ſeinen Hof und Guͤter zu verkaufen,
zu verſetzen oder zu verpfaͤnden, gedrungen wuͤrde, ſol und wil derjenige, der das
Seine zu verlaſſen geneigt iſt, uns ſaͤmtliche, die in den Gnadenguͤtern ſitzen, wohnen
und gebrauchen, zu rechten Zeiten, nemlich ein Jahr, aufs wenigſte ein halb Jahr,
zuvor anſagen, oder anſagen laſſen, ſo wollen wir ihm einen von uns, der ihm ſeinen
Hof oder Gut abkaufet, oder abpfaͤndet, in der Gnade zu behalten, vor einen moͤgli-
chen Pfennig ſchaffen, und derhalben Schadlos halten. 2. Waͤre es aber, daß je-
mand von uns uͤber dieſe vorgeſchriebene eintraͤchtiglich feſte Verwilligung ſein Hof und
Guͤter aus der Gnade verkaufte, verpfaͤndete oder vor die ſamende Hand braͤchte, der-
ſelbe wil und ſol dieſelbigen Guͤter zu unſern gemeinen Beſten, damit wir dieſe unſre
Sache behaupten und behalten moͤgen, unwiderruflich nach geiſtlichen und weltlichen
Rechte bey Ehre und Treue verfallen ſeyn. 3. Ferner ſo es ſich nach dem Willen
GOttes begaͤbe, daß von unſern Toͤchtern aus der Gnade in die ſamende Hand bera-
thet wuͤrden, denſelben ſollen und wollen wir oder unſre Nachkoͤmlinge, keine Hoͤfe
noch Guͤter mit geben, ſondern was den Jungfrauen und Witwen gehoͤrt, am Gelde
zukehren, angeſehen die Beſitzer der ſamenden Hand ihre Guͤter zur Vermehrung und
Gedeihen vor ſich und ihre Erben treflich bewahret haben. 4. So es auch kaͤme, daß
ein Mann verſtuͤrbe, und lieſſe nach Hof, Guͤter und liegende Gruͤnde, und haͤtte ſei-
ne nechſten Freunde und Erben, die ſolche Guͤter erben moͤchten, in der ſamenden
Hand beſitzlich, ſol das den andern nechſten Erben, die in der Gnade ſitzen, mit Gel-
de, ſo hoch als die Guͤter gekauft, und in ſolchen Terminen, als die Bezahlung der
Guͤter geſchehen, abgelegt und entrichtet werden, und ſollen ſothane Guͤter unſrer Gna-
den und neuen Mannslehnrechte zum Vorfang in die ſamende Hand zu erben nicht
maͤchtig ſeyn, in Anſehung des verſchiedenen Abbruchs, der bisher durch die ſamende
Hand den Gnadenguͤtern geſchehen iſt. 5. Es ſol auch dieſer vorgenante Artikel, auf
daß hier nochmals kein Zweifel oder Zwiſt daraus entſtehe, alſo verſtanden werden,
daß der nechſte Freund in der Gnade ſol den in der ſamenden Hand ablegen, mag der
nechſte Freund heiſſen bis ins 5te Glied, ſo in das erſte, andre, dritte, vierte Glied
niemand waͤre, und ſothane Guͤter in der Gnaden erben und behalten, ſo wol maͤnnli-
chen als weiblichen Geſchlechts (koͤnne.) Dieſes alles angeſehen treulich nothduͤrftig
zu Herzen genommen, reiflich erwogen, haben wir alle eintraͤchtiglich, ein jeder inſon-
derheit, wie vor geſchrieben ſtehet, nichts nicht ausgenommen oder ausgeſondert zu halten
gelobet, und ſo unſer einer durch dieſer Sachen halben von unſern Misgoͤnnern beein-
traͤchtiget und beſchaͤdiget wuͤrde, ſo wollen wir ein jeder inſonderheit demſelben in ge-
meldten unſern Sachen beipflichten, treulich ohne einigerley Hindernis beſtaͤndig, ein-
traͤchtig und nach Nothdurft helfen, weil dieſe Sachen nicht einen ſondern uns alle be-
treffen. Die wir nochmals alle Artikel und Punkte, einem jeglichen beſonders, bey
guten treuen chriſtlichen Glauben vor uns und alle unſre Nachkoͤmlinge und Erben ſtaͤt
und
halten angeloben. Zu mehrerer Urkunde und Befeſtigung der ſichern Warheit haben
wir alle und ein jeder bey ſich die in der Gnade Guͤtern ſitzen, und wohnen rechtes
Wiſſens, vor uns und unſre Erben unſer angeboren Jnſiegel hier unten an dieſen Brief
ein jeglicher unter ſeinen Namen gehaͤnget, der gegeben und geſchrieben iſt in dem Mann-
tage zu Lembſel in dem Jahre unſers HErren, Tauſend, Fuͤnfhundert und Drey und
Zwanzig, Freytags nach Laͤtare*).
- Andreas von Patkul,
Ridder - Friedrich Plater, Vogt
zu Kockenhauſen. - Reinhold Gutzleff.
- Claus Haſtfer.
- Hans Koßkuͤl, Man-
richter. - Bartholomaͤus Patkuͤl,
- Toͤnnis Aderkas.
- Juͤrgen Berlin.
- Berthold Schwarthof.
- Witzand Gutzleff.
- Johan Noͤrken, der
juͤngere. - Wulff von Plettenberg.
- Meyneke von Schier-
ſtede, Hofmeiſter. - Juͤrgen von der Pahl.
- Johan von der Pahl.
- Dirich Uxkuͤll.
- Frantz Blanckenfeldt.
- Hans Maſſaw.
- Bertram Orgies.
- Reinhold Orgies,
- Heinrich Vietinghof,
von Tepel. - Kerſten von der Pahl.
- Dirich Aderkaß.
- Johan Albedyl.
- Juͤrgen Kruͤdener,
Vogt zu Treyden. - Goͤdert von Nagel,
Stiftsvogt zu Kocken-
hauſen. - Hinrich Wrangel.
- Claus Uxkuͤll.
- Hinrich Saltze.
- Ernſt von Mengden.
- Kerſten Gutzleff.
- Reinhold Koßkuͤll.
- Johan Plater.
- Karſten Hane.
- Toͤnmes Vagt (Vaget)
von Tieſenhauſen, von Ungern, von Roſen und von Yrkuͤl, wider dieſe Vereinigung thaten,
beſtaͤtigte der Erzbiſchof Caſpar dieſelbe dennoch Donnerſtags nach Mariaͤ Himmelfahrt, auf
Erſuchen der 4 Deputirten 1523 zu Ronneburg, und von neuem der Erzbiſchof Johan, Dien-
ſtags nach Petri Kettenfeier 1524 zu Lemſel, zuletzt der Kaiſer Carl der Vte zu Speyer, den
17 Sept 1528, welche kaiſerliche Generalconfirmation auf dem Reichstage durch den Pfalzgraf
Friedrich, des Kaiſers Statthalter ausgefertiget, und von der polniſchen Reviſionscommißion
den 9ten Octob. 1599, mit dem Vidimus verſehen worden. Seine Andacht, der Erzbiſchof Tho-
mas, hat dieſe Beſtaͤtigungen zuſammen Donnerſtags nach Martini 1531 auſm Schloſſe Koken-
hauſen in ein Transſumt gezogen.
war. Wir wollen denſelben mittheilen, nur iſt zu merken, daß man unter dem Biſchof zu Riga
B b bden
konte damals wegen des Krieges die Ordensbruͤder nicht zuſammen haben, und alſo
der Gewohnheit nach nicht das groſſe ſondern nur das kleine Ordensſiegel gebrauchen.
Plettenberg beſorgte nicht ohne Grund, die hochmeiſterlichen Nachkommen wuͤrden
davon
chen Namen man ihm in Riga gab, weil ihn die Stadt noch nicht fuͤr ihren Erzbiſchof erkante.
Jnt Jahr 1525 kort na Wynachten wolde des Biſchops Vaget tho Dorpat Melcher Hof-
mann einen Koͤrſchner fangen nehmen. Darumme dat he dat Evangelium predigte, wortho
kemen de Boͤrger und jungen Geſellen ſick des Vagedes tho wehren, dat von der Boͤrger Syden
4 doth bleven, 2 Duͤtſchen und 2 Unduͤtſchen. De Vaget kam upt Schloth, da trat de gemen-
de, unde brecken alle Kerken up, ſchlogen entwey alle Bilde unde Tafeln, in Suͤnt Peters Ker-
cken verbrende ſe alle Tafeln, unde ſchlogen alle Schappe darup: darna leden ſe Knechte yn, de
kemen von Revel int Schlot, dat nehmen ſe yn.
Jtem Anno 25. des Donnersdages na der Bekehrung Pauli, ta ging von Riga na Dorpt
met Jochum Saſſen de Stadt-Schryver, und kam dar am Avente Lichtmeſſen, des andern
Dages predigte ick 2 mahl, wie de Rath und de Gemende von my begehrde, was dar ewen
4 Wecke, predigte alle Dage und laß Malachiam latine, beth up den Dingsdag vor Aſcherdag,
do reiſede ick von da, kam tho Riga des Sonnavens Jnvocavit.
Anno 25 des Dienſtags vor Petri und Pauli reiſde ick von Riga met den Geſchicketen derſuͤl-
wen Stadt Riga na Wolmer thom Landts-Dage, welcher geſchah up viſitationis Mariae, dar
kam ick des Donnerſtags up Petri und Pauli, an demſuͤlwen Dage kam de Herr Meiſter Wolt.
von Plettenberg ock dar. Des andern Dages hof ick an tho predigen uth Verloͤw des Her Mei-
ſters dat Evangelium Matt. 19: Sehet wie hebbent alles verlahten. Des Sonnabends predig-
te ick dat Evangelium Matt. 21: Myn Huß iſt en Bethhuß. Jn deſſen 2 Dagen leth my de
Her Meiſter beſchicken, ick wolde ia neuen Uprohr maken, man ſege well, wo de Buren upſtun-
den gege ete Herren. Des Sondages wolde wy hebben de duͤtſche Miſſe geſungen, ſchickende
an my de Herr Meiſter den Schaffer, ick wolde my ſuͤlkes entholden, moͤchte wohl fry predigen,
konte ſyne Gnade woll lyden, de Miſſe aberſt konte he noch nicht tho ſtatten, da hoef ick an tho
predigen des Sondages Morgens, darna gingen de Biſchope tho ſamen in der Kerken, na der
Miſſen up den Gildſtuwen, dar de Herr Meiſter erſt antoch, warumb de Landtag verſchrewen
wehre, darna hoef de Biſchop von Riga Marg-Graf Wilhelm†) de Rigſchen tho beklagende
beth tho Elwen.
Des Sonnavends na Petri und Pauli am Avendt tho 10. (Uhr) kam de Biſchop von Ronneborg
und de Biſchof von Revel met 2 hundert Perde. De Biſchop von Revel ſchreef an den Herr
Meiſter des Frydags na Petri und Pauli, he ſcholde my gefangen nehmen.
Anno 25. am Middage des Sondages predigte ick tho 12 ock dat Evangelium de Feſto Viſi-
tationis.
Am Mandage hoef ick an Eſaiam den Propheten und predigte alle Dage beth up den andern
Sondag.
Am Middewecken woͤlde ick predigen, do trat vor my en ſchwart Moͤnnick up Dominici ordi-
nis, de hoef an In nomine Patris etc. da begunde dat Volk tho kurrende, do ſprack ick tho em,
Broder ſtieg af, ick wil erſten predigen, predige du darna, do lepen de Haveluͤde uth Hargen und
Wyrland tho umme my herde, eine wieſde my dat Meſt, de ander de Fueſt, und ſprecken du
Voͤrreder, du Bedreger, du wilt uns drade umme Land und Luͤde bringen, dyn Schalkheit ſoll
nu uphoͤren. Pfy Pfy dy an.
Do ging ick her uth der Kerken up S. Antonius Kerk-Hoff, und leeth dat Volck in dem wi-
den Felde ſtahn und predigte dat: Wortho ſchall my de Veelheit iuwer Offer. Eſaiaͤ 1.
Deß andern Dages wolde ick dar wedder predigen, do beſchickede my der Herr Meiſter 3 mahl
dorch de Ridderſchop: Jck wolde my des Sermons entholden einen Dag oder twe, beth dat ſe
thoſahmen kemen, thor Handelinge. Jck wolde allickwohl des Donnerdags hebben geprediget,
averſt de ſchwarten Hoͤvede helden Gemeinde, darumme blev eth na. Do krech ick fort wedder
Verloef tho predigen von dem Her Meiſter in der Kerken.
Des Sondags morgens na Viſitationis wolde de Biſchop weg theen, do beſchickede my de Bi-
ſchop von Doͤrpt Blanckenfeldt dorch Wolfgang Loß, Jck wolde doch by ſyner Gnaden er-
ſchienen, edder met Herr Wilhelm Titken em folgen na Ronneborg, he wolde met 4 Perden
by my blyven, darum ick em antworde: Jck wolde tho em kahmen up Treyden, wenn he my
met ſyner Hand ſchreve.
ſchiedliche Belehnungen, darin er ſich Erzbiſchof ſchreibet, obgleich der alte Thomas Schoͤning
noch munter war, lebte, und noch 9 Jahr regierte. Er war auch noch nicht Coadiutor, als ihn
ſchon viele den Biſchof von Riga nanten.
ſabeth von Langen aus dem Hauſe Koͤpingen. Von ſeinem aͤlteren Bruder, Hinrich Clodt,
ſtammet die noch jetzo im roͤmiſchen Reiche bluͤhende freyherrliche Linie, von ſeinem juͤngern
Bruder Rolef Clodt aber die in Liefland bekante adeliche Familie der Clodte von Juͤrgens-
burg ab, wovon die eine Linie haroniſiret worden und ſich theils in Eſtland, theils in Schwe-
den feſt geſetzt. Mehrere Nachricht von dieſem uralten Geſchlechte findet man beim Humbrecht
vom theiniſchen Adel, desgleichen in Gauhens Adelslex. dem groſten Univerſal-dem leipziger
und dem baſelſchen hiſtoriſchen Lexicon. Da alle dieſe Schriften von dem lieflaͤndiſchen Zwei-
ge nichts wiſſen, ſo wird man deſſen Abkunft unten in der Note bey Joſt Clodt anzeigen.
getreuen guten Maͤnner und des Ordensdieners, auch der gemeinen Einwohner des Ge-
bietes und Kirchſpiels zu Doblen, 1516 am Sontage vor Johannis, zu Wolmer von
Plettenbergen einen merkwuͤrdigen Brief uͤber eine Vicarie aus. Wir wollen den
Jnhalt deſſelben unſern Leſern hier mittheilen, um ihnen verſtaͤndlich zu machen, was
dergleichen Vicarien oder Fickernen in der lieflaͤndiſchen Geſchichte auf ſich haben.
Obige Stifter hatten in Betrachtung ihrer Verſaͤumnis vieler guten Werke, zur Ver-
mehrung des Gottesdienſts, zur Seligkeit ihrer Seelen und der Seelen aller ihrer
Nachkoͤmlinge, und aller deren, die noch in zukuͤnftigen Zeiten ihre Almoſen und
Beiſteuer darzu legen, ſich bewegen laſſen eine Summe von 400 Mark rigiſch zuſam-
B b b 2men
zu verhuͤten geſucht hatte, ſo drang doch der Orden in Liefland von neuem darauf,
daß die vorige Acte mit dem groſſen Siegel verſehen wurde. Hier kam noch hinzu,
daß die Lieflaͤnder bey den Defenſivkriegen ohne ſchaͤdliche Entbloͤſſung ihrer Laͤnder
dem Orden in Preuſſen helfen ſollen, dafuͤr ihnen der Hochmeiſter keine Schatzung,
Steuer oder Beiſtand auflegen darf, es geſchehe dann mit des oberſten Gebietigers in
deutſchen oder welſchen Landen und ihrer Raͤthe Einwilligung. Wenn der Hoch-
meiſter ein halb Jahr verzieht, die Regalien dem Herrn Meiſter zu verſchaffen, ſo
kan ſie der Herr Meiſter bey dem roͤmiſchen Reich, einem jeglichen roͤmiſchen Kai-
ſer oder Koͤnige von dem Churfuͤrſten eintraͤchtig gekohren ſuchen, nehmen und empfan-
gen innerhalb Jahr und Tag. Alle ausgewirkte nachtheilige Briefe werden verworfen.
Niemand ſol mehr dem andern zum Schaden ein paͤpſtliches Privilegium holen, ſonſt
wird es fuͤr kraft- und machtlos erkant, des gebuͤhrlichen Gehorſams, mit welchem
ſie der paͤpſtlichen Heiligkeit verwandt und zugethan bleiben, ohnbeſchadet. An dieſem
pergamentnen Briefe haͤngt das groͤſſere und Convents Jnſiegel an ſchwarz und weiſſen
Baͤndern. Als Zeugen haben mit unterſchrieben Herr Joͤrge Biſchof zu Samland,
Herr Erhard poſtulirter des Stifts Raſtenburg, Erich Herzog zu Braun-
ſchweig und Luͤneburg, Comtur zu Memel, Fridrich Herr zu Heideck, Pfleger
zu Johannisburg, Michael von Drache Hauscomtur, zu Balge, Heinrich von
Miltitz Pfleger zu Berthem, Wolf Herr zu Heideck, Obercompan, Michael
Spielberger der Rechten Licentiat, Kanzler, Cleophas Brever und Caſper Frie-
berger, Rentmeiſter, Chriſtoph Gattenhofen und Baltzer Scheunemann Secre-
tarien. Die Eideserlaſſung, welche zu Presburg in Ungern ausgeſtellet worden,
zeiget, daß die Eſtlaͤnder bisher dem preußiſchen Hochmeiſter zugleich mit huldigen
muͤſſen; und weil man in Preuſſen von Einloͤſung des Landes ſprach, fand Pletten-
berg fuͤr gut, dieſen Weitlaͤuftigkeiten vorzukommen, und ſich die Ununterwuͤrfigkeit
beſtaͤtigen zu laſſen. Und damit war die Schutzgenoſſenſchaft der Lieflaͤnder und
Preuſſen zu Ende.
„der hochgelobten keuſchen Jungfrau Marie beſtaͤtigen wolle,‟ welches ſich der Ordens-
meiſter und ſeine Mitgebietiger nach ihrem Begehren, ſonderlich zur Ehre GOttes,
auf dieſe Art gefallen laſſen. Sie koͤnnen ſo oft als es noͤthig iſt, zur Verlehnung der
Vicarie vorſchlagen, wen ſie wollen. Die Elterleute der Gilde ſollen Vormuͤnder der
Vicarie ſeyn, und dazu jaͤhrlich 24 Mark beſtimmen; zugleich aber dahin ſehen, daß
die Zinſen mit der Zeit verbeſſert, die Vicarie nicht ruͤckwerts ſondern vor ſich komme,
und der Prieſter einen ehrlichen Stand und guten Behelf davon habe. Der Prieſter
hat bey dem Comtur mit einem Jungen freie Koſt, die Herrentafel, und frey zu Schloſſe
eine Kammer mit einem Schorſtein, dafuͤr er verpflichtet iſt, alle Woche 2 bis 3 Meſſen,
oder ſo viel ihm GOtt die Gnade giebt, zu halten, fuͤr Schweſtern und Bruͤder le-
bendige und todte, und fuͤr die, ſo ihre Almoſen und Handreichung zu dieſer Vicarie
gethan haben; auch alle Monat eine Vigilie und Seelmeſſe zu halten fuͤr alle verſtorbene
Schweſter und Bruͤder aus der Gilde, desgleichen ſol er des Ordensmeiſters, ſeiner
Nachkoͤmlinge und aller die den Ordenshabit tragen, in ſeinen Meſſen treulich gedenken.
Damit dieſe Vicarie beſtaͤndig bleibe, verleihet Plettenberg den Dobberniſchen eine
Bruͤderſchaft und Gilde zur Ehre unſerer lieben Frauen. Die drey Vormuͤnder der
Gilde, welche von den gemeinen Bruͤdern gekoren werden, ſind Vorweſer der Vicarie,
welche derſelben und der Gilde Geſchmeide, Wachs und Geld, und alles was zur Vi-
carie gehoͤrt, in ihrer Kiſte verwahren, dazu jeder von dieſen 3 einen Schluͤſſel hat. Der
oberſte unter ihnen heiſt der Eltermann, die andern zwey Beiſitzer, welche einen
deutſchen Schreiber geiſtlichen oder weltlichen Standes bey ſich ſitzen haben. Der
Elterman mus 2 Jahr in ſeinem Amte ſitzen. Alle Jahr in dem Pfingſttrunk ſol man
von den Beiſitzern einen neuen Elterman wehlen, und einen neuen Beiſitzer in des
neuen Eltermans Stelle, auch 2 Schafner, die das Malz und Hopfen von den Bruͤ-
dern und Schweſtern empfangen und das Gildebier brauen laſſen; der eine ſol ſeyn vom
Schloſſe, der andre aus der Pillſate. Dieſe Gilde und Truͤnke werden jaͤhrlich 2 mal
gehalten, als in Weihnachten und in den heiligen Pfingſttagen. Wer an dieſer loͤbli-
chen Bruͤderſchaft Theil haben wil, ſol erſt dem Elterman an der Tafel ſitzend Hand-
ſtreckung thun mit einem Geluͤbde, daß er nach Vermoͤgen die Gildengeſetze halten wil;
ein ganzer Bruder oder Schweſter zahlt fuͤr ihre Aufnahme eine halbe Mark; ein halber
aber nur einen Schilling, und zu allen Truͤnken Wachslicht. An Malz zu dieſen Truͤn-
ken liefert ein Comtur fuͤr ſich und ſeine Diener 10 Lof, jeder Hauptman 2 Lof, und je-
der Freie von den Pilſaten 2 Lof, und jeder nach Proportion des Malzes gleich viel
Hopfen. Zuletzt befiehlet Plettenberg allen Bruͤdern und Schweſtern dieſer loͤblichen
Geſelſchaft, die dieſen Trunk in Froͤlichkeit, Liebe und Freundſchaft thun wollen, herzlich und
ernſtlich, daß ſie ſich fuͤr nachgeſetzten Bruͤchen und Strafen huͤten, welche der Elterman nach
Gelegenheit der Zeit, Leute und Umſtaͤnde mehren oder mindern kan. Die Geſetze ſind fol-
gende. Ein erkohrner Elterman, Beiſitzer oder Schaffener, welcher ſein Amt nicht annehmen
wil, giebt der Gilde ein Lispfund Wachs. Zu allen Truͤnken werden 2 Schenken er-
kieſet, aus den jungen Bruͤdern, welche die Truͤnke uͤber Herren und Diener ſchenken.
Dieſe ſehen mit den Schafnern zu, daß der Bruͤderſchaft gemaͤchlich geſchehe, und
kein Undeutſcher, der nicht Bruder oder Schweſter iſt, eingelaſſen werde, wo er nicht
einen Wirth hat, welcher fuͤr den Gaſt 2 Schillinge zahlt und ſteht fuͤr alle deſſen Ge-
brechen. Wer ſein Meſſer in der Gilde auf einen andern loszieht, giebt ein Lispfund
Wachs Strafe. Wer den andern verwundet, wird nach Wichtigkeit der Sache vom
Comtur gerichtet. Niemand gehet mit ſeinem Gewehr in dieſe Geſelſchaft bey Strafe
eines Markpfunds Wachs. Wer der Gilde Glaͤſer oder Toͤpfe zerbricht oder zerwirft,
laͤſt fuͤr jedes 2 neue machen. Wer ſo viel verſchuͤttet, daß ers mit einem Fus nicht
bedecken kan, giebt ein Markpfund Wachs. So viel giebt auch der Strafe, welcher
ſein Trinken in der Gildenſtube wieder ausbricht und von ſich giebt. Der giebt ein
halb Lispfund Wachs Strafe, welcher waͤhrenden Trunks zu Schloſſe in ſeiner Cam-
mer Bier aufleget und der Gilde Bruͤder und Schweſtern zu ſich zieht. Wenn die
Elterleute den Tod eines Bruders oder einer Schweſter erfahren, ſo ſollen ſie ſelbigen
ſo fort mit Vigilien und Seelmeſſen begehen laſſen, und jeder lebende Bruder oder
Schweſter, ſo bald es ruchtbar wird, beten der Seele zum Troſte nach 5 Paternoſter
und 5 Avemaria. Die Schragen werden bey jedem Trunke vorgeleſen.
Luthers Warnung fuͤr dieſem Geiſte des Aufruhrs. Er kam aus Liefland nach
Magdeburg und von da nach Holſtein, und wurde vom Koͤnig Fridrich zum
Hauptprediger in Daͤnnemark berufen. Luther ſchrieb aber an Wilhelm Pra-
weſt, Pfarrherrn zu Kiel, ſie moͤchten ſich vor dem Schwaͤrmer in Acht nehmen. Er
gab beſondere Einſichten in die Offenbarung Johannis vor, und pflegte ſelbige mit vie-
len Misdeutungen zu erklaͤren. Die doͤrptiſchen Haͤndel dieſes Hofmans erzehlet
Bredenbach aus des damaligen Dompredigers D. Philip Olmens Munde, welcher
Paſtor zu Reſſen geworden. Die Jahrzahl 1527, welche Bredenbach zu dieſer
doͤrptiſchen Schwaͤrmerey ſetzt, will ſich mit der Geſchichte dieſes ſeltſamen Mannes
nicht wol reimen. Es erhellet auch aus Tegetmeiers Bericht, daß er wenigſtens
ſeit 1525 ſchon in Liefland geſchwaͤrmet habe. Wir haben von ihm eine 1526 in 4 ge-
druckte Auslegung von 14 Bogen uͤber das 12 Kap. Daniels und uͤber das Evangelium
am andern Sontage des Advents, auch vom Sacrament, Beicht und Abſolution eine
ſchoͤne Unterweiſung, ſo den auserwehlten Gottesheiligen in Liefland und vornemlich
den Geliebten zu Doͤrpt zugeſchrieben iſt. Der elende Man hatte den Kopf vol von
den Zeichen des juͤngſten Tages, die er allein zu erklaͤren verſtehen wil. Mit dem juͤng-
ſten Tage drohet er nach 7 Jahren, und fuͤhret als einen Hauptbeweis von der Gewis-
heit deſſelben an, daß ihm niemand glauben wolle. Unter den Bluthund und Tyrannen
verſteht er ich weiß nicht was fuͤr einen pohlniſchen Koͤnig mit ſeinen Buben. Jn
Liefland, ſchreibt Hoffmann, iſt kein rechter Paſtor nach der Schrift erwehlet, doch
werden alle auserwehlte und getreue ausgenommen; dabey thut er ganz boͤſe, daß man
ihn nicht zum Paſtor macht, weil es nicht auf Gelehrſamkeit ankomme. Wer ihm
vorwirft, er muͤſte bey ſeinem Beruf bleiben, dem begegnet er mit der laͤppiſchen Jn-
ſtanz, ein Moͤrder und Todſchlaͤger muͤſſe auf ſolche Art auch bey ſeinem Beruf bleiben,
welches ja abgeſchmackt ſey. Das thue der Bauch, welcher ſpreche, ein Laie und ein
Pelzer koͤnne nicht GOttes Wort erklaͤren. Er beruft ſich auch auf ſeine Gemeine,
doch veruͤbelt er ihr die Privatbeichte, und klaget, daß ſie durch Pomerani Schrift
noch verſtockter geworden. Sonſt lernen wir aus dieſer ſchoͤnen Unterweiſung doch ſo
viel, daß zu Ronneburg ein wunderthaͤtiges Marienbild geſtanden, ſo uͤber 200
oder 300 Meilen herbey geholet worden. Er verſpricht den Doͤrptiſchen noch eine
Schrift, welche doch zu gutem Gluͤck ausgeblieben. Seinen Anhaͤngern in Deutſchland
aber, die ihn fuͤr den Elias hielten, und ſeiner Vertroͤſtung nach in Strasburg das
neue Jeruſalem erwarteten, that er den Poſſen und ſtarb daſelbſt 1533 im Gefaͤngnis.
Bredenbach iſt nicht in Abrede, daß die Leute, nachdem ihnen die Augen durchs Evan-
gelium aufgegangen, ſtark gegen die Catholiken erbittert geweſen. Was dieſer Schrift-
ſteller von dem damaligen Verfal aller Staͤnde ſagt, hat nach mehrerer Zeugnis
ſeinen Grund; nur laͤſt es etwas parteiiſch, wenn er die lieflaͤndiſchen Ordensbruͤder
wie Epikurer beſchreibet. Die andern Geſchichte ſind des Anfuͤhrens nicht werth, weil
ſie den Has des Geſchichtſchreibers gegen die lutherſche Partey gar zu ſehr entdecken,
und man ſolche Maͤhrgen nur erzehlen darf, um ſie zu widerlegen. Doch da Vena-
tor warhafte Begebenheiten daraus macht, ſo wollen wir ſie kurz uͤberſetzen: Der
C c cBuͤr-
Jeſusbild gehangen, giebt den Werth davon den Armen, laͤſt aber ſeiner Tochter dar-
aus eine guͤldene Halskette machen. Wie die Tochter mit der Kette in die Kirche trit,
verlangt der Prieſter die Gemeine ſolle aufſtehen und auf die Knie fallen, denn das
Heiligthum werde getragen. Der Buͤrgermeiſter ſetzt den Prieſter zur Rede; dieſer ge-
lobte auch das Stilſchweigen an, doch muſte er auch was von der Beute haben. Man
gab ihm alſo ein Stuͤck Geld, mit welchem er nach Revel gieng. Ein anders von
gleichen Jnhalt lautet ſo: Zwey Buͤrger kommen am heil. Oſterabend aus der Ma-
rienkirche. Einer bittet den andern auf einen weſtphaͤliſchen Schinken zu Gaſte, da
es doch ſtrenger Faſttag war. Der andre brachte ein gut Huhn mit. Was geſchicht?
Der Gaſt erſtickte an einem Huͤnerbeine, und der erſte ward den Tag nach Oſtern von
dem boͤſen Geiſte ergriffen, und ſeines weſtphaͤliſchen Schinkens halber zu Tode ge-
martert. Wie gieng es aber einer Buͤrgersfrau, die ihrer catholiſchen Magd am
Mariaͤ Himmelfartstage die Badſtube zu heitzen befohlen? die Magd wolte nicht.
Die Frau ſagte: Maria war ja eben eine Frauensperſon wie ich und meines gleichen,
ich wil die Stube warm haben; gleich brante ihre Badſtube und 2 Haͤuſer nieder, das
Bund Holz, ſo die catholiſche Magd getragen, fand man den andern Tag unverſehrt
unter der gluͤhenden Aſche liegen. Ein Prediger reichte ſtat der Hoſtie eine ſcheiben-
weiſe zerſchnittene Ruͤbe herum. Ein anderer gab einem die Abſolution ohne die Oh-
renbeichte ablegen zu laſſen; welches ſo uͤbel anſchlug, daß der Abſolvirte auf dieſe
Rechnung noch einen Ochſen ſtahl. Das aͤrgſte hierbey war, daß damals vernuͤnftige
Leute ſolche Dinge andaͤchtig glaubten, die man heutiges Tages zu leſen oder zu berich-
ten ſich ſchaͤmen mus. Und wie verdreht lauten nicht manche Beichten? Der Edel-
man, ſchreibt Bredenbach, ſetzte fuͤr die Bauren in der Faſten zwey Tiſche hin, ei-
nen lutheriſchen und einen catholiſchen Tiſch. Auf dem erſtern ſtand deutſches
Brodt, ſtark Bier, Fleiſch und Braten, auf dem andern ſchlecht Zugemuͤſe und Taar
(ein auf geſchrotenes Mehl gegoſſenes gekochtes Waſſer). Und doch naͤherten ſich die
meiſten Gaͤſte zu dieſen letzten. Gewis weil ſie kein Fleiſch eſſen durften. Den Bau-
ertiſch mit deutſchem Brodte und Braten hat wol Bredenbach angerichtet, in Lief-
land macht ſich der Bauer, der an ſeine Koſt gewoͤhnt iſt, ſo wenig draus, als aus
friſchen Auſtern.
3 Monat und 4 Tage angegeben. Chytraͤus und aus ſelbigem Herr Kelch nennen
den Ort Polocz in Litthauen, wo dieſer Erzbiſchof geſtorben. Dieſen Umweg muͤ-
ſte der Erzbiſchof genommen haben um den Auflaurungen des Ordens auszuweichen.
Doch iſt es warſcheinlicher, daß er im Junius zu Waſſer abgegangen. Strubicz
macht ihn zum Daͤnnemaͤrker und gar zum Deputirten des Ordens, als ob er in deſ-
ſen Geſchaͤften nach Placenz eine Reiſe zum Kaiſer antreten muͤſſen, da er doch uͤber
ſeine Gefangennehmung ſich beklagen wolte. Es iſt allerdings viel, daß ein Reichs-
ſtand dem andern, und noch dazu von hoͤherm Caracter, ſo ſchnoͤde begegnen duͤrfen*).
me auf den Reichstaͤgen, wie davon viele deutſche Proceſſe zeugen. Die Entfernung des Landes
hinderte mehrentheils ihre perſoͤnliche Gegenwart. Auf dem Reichstag zu Speier 1529 er chien
D. Matthias Unverfordt, im Namen aller geiſtlichen Praͤlaten von Liefland. Auf dem zu
Augſpurg 1530 handelte in ſelbiger Namen der erzbiſchofliche Secretair Antonius Morgen-
ſtern; im Namen des Herrn Meiſters der revelſche Hauscomtur Didr. von Palen, genant
Fleck, und der Kanzler Frid. Schneberg. Auf dem zu Worms 1545 ſetzte der Biſchof von
Curland den hildesheimiſchen Biſchof Valentin zum Gevolmaͤchtigten wegen ſeiner Stifte Cur-
land und Oeſel, dem Heinrich von Muͤnchhauſen und Mattbias Wicke zugegeben wurden.
Auf dem zu Augſpurg 1548 tractirte in Namen des Herrmeiſters Philip von Bruͤggen und
der Secretair Matthias Uhrader, der Erzbiſchof von Bremen aber beſorgte die Angelegenhei-
ten des Stifts Curland. Dieſes Stifts Unterhaͤndler war auf dem Reichstage zu Augſpurg
1555 Doctor Leopold Dick. Der rigiſche Hauscomtur Georg Sieburg zu Wiſchling beſorg-
te auf ſelbigem die Angelegenheiten des Ordens, welches Amt er auch 1557 fuͤhrte, und den Se-
cretair Michel Brachner zum Beiſtand hatte.
S. 297 u. f. und B. III, S. 180 u. f. Er wurde 1531 durch Marggraf Albrechten
von Preuſſen aus Liefland wieder nach Koͤnigsberg berufen, entweder weil er die
lieflaͤndiſche Luft nicht vertragen konte, oder auch die Unruhe der Wiedertaͤufer in
Preuſſen zu ſtillen.
ceptoribus) et eorum ordini praedicto tam in capite, quam in membris vniuerſa et
ſingula priuilegia, litteras, conceſſiones, donationes, emtiones, gratias, libertates,
immunitates, indulta, iura, feuda, vaſallagia, conſuetudines laudabiles, obſeruan-
tias, liberam inter ſe et hactenus obſeruatam eligendi Magiſtri electionem, hono-
res, caſtra, villas, diſtrictus, terras, inſulas, homines, bona et loca, iudicia et te-
lonia, vectigalia, dacias et gabellas, obuentiones, prouentus et reditus, cum ſin-
gulis rebus, vſibus, vſufructibus, vtilitatibus et emolumentis, quibuscunque etiam
ſpecialibus deſignentur vocabulis, Ipſis et eorum Ordini a diuis Romanorum Impe-
ratoribus et Regibus noſtris praedeceſſoribus, ac a nobis aliisque principibus et Chri-
ſti fidelibus ſpiritualibus et ſecularibus indulta et indultas, conceſſa et conceſſas, indul-
genda et indulgendas, concedenda et concedendas ratificamus, approbamus, inno-
uamus, de nouo concedimus, et auctoritate Caeſarea ac praeſentis ſcripti patrocinio
confirmamus. Den Uebertretern dieſes kaiſerlichen Befehls iſt eine Summe von 1000
Mark reines Goldes zu bezahlen auferlegt.
Huldigungseid abgefaſſet wurde, den man in dem lemſelſchen Vertrag in Richtigkeit
zu bringen ſuchte. Dieſer Tractat iſt nach Andreas Knoͤpkens Zeugnis ohngefaͤhr
am Sontage nach Laurentii 1530 zwiſchen dem Erzbiſchof und der Stadt Riga we-
gen Erſtattung aller entwendeten und eingenommenen Guͤter zu Dahlen erſt entworfen,
und hat von dem Beſtaͤtigungsorte Lemſel 1542 vermuthlich ſeine Benennung erhalten.
Die Huldigung, welche dem Erzbiſchof von Seiten der Stadt zugeſaget war, ward
bis 1546 ausgeſetzet. Jndeſſen kan dieſes Blat zu einem Muſter der Formalien dienen,
mit welchen die Stadt ihrem Erzbiſchof zu huldigen pflegte.
Der Lembſelſche Vertrag.
Wir von GOttes Gnaden Wilhelm, confirmirter und belehnter Erzbiſchof, Marg-
graf zu Brandenburg ꝛc. Johan Storbach, Thumprobſt, und Matthias
Unvorfert, Senior von uns im Namen und wegen des ganzen wuͤrdigen Capitels
der heiligen Kirche zu Riga; dazu Wir Buͤrgermeiſter, Rath, ganze Gemeine und
Einwohner der Stadt Riga thun kund, zeugen und bekennen vor allen maͤnniglich, ſo
dieſen unſern ofnen Brief ſehen, hoͤren und leſen zu ewiger kuͤnftiger Gedaͤchtnis. Nach-
dem ſich aus entſtandener Neuerung der Lehre und Cerimonien unſrer chriſtlichen Reli-
gion, Enderung ſo wol in Liefland als auſſerhalb, fuͤrnehmlich im heil. roͤmiſchen
Reiche deutſcher Nation zugetragen, derowegen ſich ein ehrbarer Rath und Gemeine
unſrer Stadt Riga unſere lieben getreuen ſich beſchweret, hinfuͤro einen Herrn Erzbi-
ſchof nebſt dem hochwuͤrdigen Herrn Meiſter deutſchen Ordens fuͤr ihren Herrn zu ha-
ben, darum daß derſelbige Erzbiſchof, ſo wol als andre Biſchoͤfe und andre Erzbiſchoͤ-
fe mehr, als der gedachte Herr Meiſter mit zweifacher, als weltlicher und geiſtlicher
Jurisdiction und Obrigkeit behaftet, davon Sie die Geiſtlichen, als der jetzigen Lehre
ihres Vermeinens ſtreitige und widrige, keinesweges wuͤſten zu erdulden, und ſonder-
lich, weil ſie dazu neben der Einnehmung etlicher unſer, des Erzbiſchofs, und unſers
wuͤrdigen Capitels Guͤter uͤber dis von etlichen unſern Vorfahren verurſachet zu ſeyn ver-
meinet, um welcher Jrrung willen wir uns denn aus gnaͤdiger Huͤlfe und Schickung des
Almaͤchtigen unter einander guͤtlich vergleichet und vertragen haben nach folgender Wei-
ſe, nemlich: Dieweil ſich dieſe obgemeldte Unſre Lieben Getreuen von wegen unſrer
geiſtlichen Jurisdiction, dermaſſen wie oben ſtehet, thun beſchweren, ſo haben wir zur
Aufhebung ſolcher Beſchwerde, und auf daß die Verhinderniſſe unſrer erzbiſchoͤflichen
Perſon halber hinten angeſetzet werde, und ein ehrbarer Rath und ganze Gemeine
mehrgemeldter Stadt Riga deſto gefuͤglicher uns und unſern Nachkommen wiederum
neben gemeldten Herr Meiſtern fuͤr ihren Herrn und Obrigkeit erkennen, annehmen und
huldigen moͤgen mit Rath, Wiſſen und Conſenz und Vorbort unſers wuͤrdigen Capitels
und ehrenveſten Ritterſchaft uns desfals mit vorgedachter Stadt Riga alſo entrichtet
und vergleichet, alſo daß das Exercitium oder Uebung unſrer geiſtlichen Jurisdiction,
Herrlichkeit, Stand und Weſens uͤber und in derſelben Stadt Riga und derſelben
Mark, ohne alle Hindernis rechtlich oder thaͤtlich zu einhelliger Erkentnis und Oerte-
rung eines gemeinen, freien, chriſtlichen Concilii oder National-Verſamlung ſtehen
und beruhen ſolle. Worauf die geſamte Stadt Riga uns und unſern Nachkommen
als ihrem gnaͤdigſten Landesfuͤrſten und Herrn geredet und gelobet die ſchuldige Eides-
pflicht und Huldigung, ſo bald wir GOtt helfende in Riga kommen von wegen unſrer
Herrlichkeit und Gerechtigkeit zu thun in Form und Geſtalt, wie folget:
Jch N. N. gelobe und ſchwere Euch dem Hochwuͤrdigſten, Durchlauchtigſten und Hoch-
gebornen Fuͤrſten und Herrn, Herrn Wilhelm, confirmirten und belehnten Herrn Erz-
biſchof des Stiftes Riga, Marggrafen zu Brandenburg, und auf die inſinuirte kai-
ſerliche Regalien als einen belehnten Fuͤrſten des heil. roͤmiſchen Reichs zu Jhrer
Fuͤrſtl. Gnaden gebuͤhrenden halben Antheil der Stadt Riga treu und hold zu ſeyn zu
D d dWaſſer
Nachkommen, wie obberuͤhret, beſtes zu wiſſen und aͤrgeſtes zu kehren, als es einem je-
den getreuen Unterſaſſen ſeinem rechten natuͤrlichen Landesfuͤrſten und Herrn zu thun
ſchuldig und pflichtig iſt, als mir GOtt helfe und ſein heiliges Evangelium.
Welches wir auch mit einhelligem Rath, Conſens und Vollbort unſers wuͤrdigen
Kapitels und ehrenveſten Raͤthen allenthalben angenommen, und um ſolche ihre Ge-
treue, Andacht, und Zuneigung willen mit gleichmaͤßigen, einhelligen, zeitigen und
reifen Rath Conſens und Vollbort, wie es ſtehet, fuͤr uns und unſre Nachkommen
wiederum dieſelben unſre lieben Getreuen begnadiget, vertroͤſtet und gelobet haben;
begnaden, vertroͤſten, reden und geloben auch in Kraft gegenwaͤrtiges unſers verſiegelten
Briefes, ſie frey unbehindert und ungekraͤnkt zu laſſen
Erſtlich bey dem heiligen reinen and allein ſeligmachenden Worte GOttes und heil.
Evangelio, daſſelbe frey, recht, rein und klar zu verkuͤndigen und anzuhoͤren, binnen
ihrer Stadt und derſelben ihrer Stadt Mark und Gebiete, nach Jnhalt und Vermoͤ-
ge der heiligen bibliſchen Schrift altes und neuen Teſtaments, dazu auch bey demjeni-
gen, was in Kraft deſſelben goͤttlichen Worts weiter verthaͤdiget werden mag, das zu
der Ehre GOttes und Nothdurft der Seelen Seligkeit ſeyn mag, und man mit beſtaͤn-
diger heiliger reiner goͤttlichen Schrift wahr machen und verthaͤdigen kan und mag, in-
gleichen bey allen Kirchen- und Gotteshaͤuſern mit ihrer Zubehoͤr und was ſonſten unter
den Religionsſachen begriffen und verthaͤdiget kan werden, doch alles bis zur Oerterung
eines gemeinen freyen chriſtlichen Concilii, oder National-Verſamlung wie oben ge-
ſchrieben. Zudem haben wir auch den gemeldten unſern lieben getreuen Buͤrgermeiſter
Rath und Gemeine unſrer Stadt Riga aus ſonderlicher Gnade und Gunſt alle und
jegliche Jnjurien, Gewalt, Nachtheil und Schaden, wie die vor und nach geſchehen
Namen haben moͤgen, nichts ausgenommen ſo unſern Vorfahren und uns von ihnen
hier bevor angelegt und widerfahren ſeyn moͤgen, gaͤnzlich und allenthalben verziehen
und verlaſſen; verzeihen und vergeben und verlaſſen ihnen auch hiermit und in Kraft
dieſes Briefes von uns und allen unſren Nachkommen, alſo daß noch wir noch ſie die
gemeldte unſre liebe getreue, die von Riga, deshalben weiter nicht ſollen noch wollen
noch moͤgen zu bekuͤmmern oder anzuſprechen haben mit oder ohne Recht, geiſtliches oder
weltliches, noch ihnen das auch in Argen nimmermehr zu gedenken, ſondern ſollen hier-
mit gaͤnzlich und volkommen getilget und getoͤdtet ſeyn zu ewigen Zeiten. Nachdem
auch die Zwiſtſache zwiſchen unſern wuͤrdigen Kapitel und oft gemelden unſern Lieben,
Getreuen denen von Riga, von wegen ihrer Religion und was derſelben anhaͤngig
und einverleibet ſeyn mag, als die eingenommene geiſtliche Guͤter, Stiftspforten und
Schule zu St. Peter in Riga, noch unentſchieden ſchwebet; ſo haben die geſtimte un-
ſre lieben getreuen beliebet und bewilliget; derowegen ſo bald wir unſre Huldigung em-
pfangen und eingeritten ſeyn, fort zu erſter Gelegenheit eine guͤtliche und freundliche
Handlung vorzunehmen und zu verſuchen, ob man denſelben Zwiſt in der Guͤte und Freund-
ſchaft vertragen und beilegen koͤnne. Jm Fal aber die Sache in der Guͤte und Freundſchaft
nicht kan beigeleget werden, ſo ſol dieſelbe Sache zu gerichtlichen Austrag, als ſie nun
ſtehet, bis im gemeinen, freien, chriſtlichen Concilio und National-Verſamlung oder
Reformation im heil. roͤmiſchen Reiche anſtehen und beruhen. Die weil auch die
vielgemeldte liebe Getreue uns zu vielen mahlen unterthaͤnigſt angelanget und gebeten,
die Nothpforte an unſerm erzbiſchoͤflichen Hofe, in maſſen wie ſie jetzo zugemauret iſt,
bleiben zu laſſen und ſie hinfort nicht wieder zu oͤfnen, ſondern ſie gnaͤdiglich damit zu
privilegiren; ſo haben wir ihnen hiermit in Gnaden auch gewilliget und gnaͤdiglich nach-
gegeben, daß dieſe Pforte an dem gemeldten unſern Hofe zu ewigen Zeiten ſol zuge-
mauret bleiben, dagegen ſollen und wollen ſie ſich gegen uns wiederum erkennen und
aller Gebuͤhr und Billigkeit nach, ſich halten. Als ſich auch die oftgenante unſre lie-
ben Getreuen vielmals gegen uns wegen des kirchholmiſchen Vertrags beklagt haben,
daß ihnen derſelbe zu merklicher groſſer Beſchwerung aufgerichtet ſey mehrentheils, ſo
haben wir ſie der Artikel, darinne ſie ſich beſchweret zu ſeyn vermeinet, welche ſie aus
dem gemeldten kirchholmiſchen Vertrag gezogen und uns ſchriftlich zugeſtellet, fuͤr
unſre
Nachkoͤmlinge hinfort daran nicht ſollen gehalten ſeyn, und ſonderlich in Erwehlung
und Beſtaͤtigung eines Erzvogts, und alle Gerechtigkeit, ſo dieſelben zu ehmaligen
Zeiten von einem Herren Erzbiſchof zu Riga und Meiſter in Liefland gehabt, da-
von nun unſre liebe getreue von Riga gaͤnzlich gefreyet ſeyn ſollen, ſo ferne ſie ſelbſt
aus eigenen Befuͤgen keinen Erzvogt erwehlen. Es ſol auch hiermit fuͤr unſre Perſon
der Artikel der Appellation ingleichen die Rechtfertigung eines Raths von Riga Sen-
tenz, ſo davon vor und an uns und dem hochwuͤrdigen Herrn Meiſter geappelliret wird,
gaͤnzlich aufgehoben, caßiret, getilget und getoͤdtet ſeyn, alſo daß die Rechtfertigung
ſolcher Sentenz ohne Beiſein und Retractation gemeldten Raths oder jemand von ihnen
geſchehen ſol*).
Dieweil wir auch Bericht empfangen haben, daß der Artikel, welcher mit bringet,
daß ein Rath von Riga nichts neues aufſetzen ſolle, ohne Wiſſen und Willen unſerer
und des Herrmeiſters in Liefland, nicht auf die Herren und Staͤnde dieſer Lande, ſon-
dern allein auf eine gemeine, eintraͤchtige und einhellige Beliebung und Bewilligung ei-
nes ehrſamen Raths und der Gemeine in unſrer Stadt Riga zu ihrem und unſrer
Stadt Beſten und auf ihre eigene Koſten ſonder unſer und der andern Herren und
Staͤnde Nachtheil gezogen und gedeutet werden; ſo wollen wir denſelben Artikel derge-
ſtalt und nicht anders fuͤr unſre Perſon auch in Gnaden nachgegeben haben, jedoch alle
andern Artikel in dem kirchholmiſchen Vertrage enthalten, ſo uns und andre Herren
und Staͤnde dieſer Lande mit betreffen, welche die vielgedachte unſre liebe Getreue uns
ſchriftlich nicht uͤbergeben haben, vorbehaͤltlich und unverfaͤnglich. Ferner haben wir
in Gnaden bewilliget und verſprochen 6 Jahr lang, die nechſt nach Dato dieſes Briefes
folgende, mit vielgedachter unſrer Stadt Riga zu muͤnzen, und vielgedachter unſrer
Stadt Riga die Helfte des Schlag-Schatzes folgen zu laſſen. Nach Ausgang aber
ſolcher 6 Jahre ſol es bey uns und in unſern Gefallen ſtehen, laͤnger mit ihnen zu muͤn-
zen oder nicht, denn ſo ſie die Gebuͤhre und Billigkeit in ſolcher Zeit gegen uns erzei-
gen und ſchicken werden, ſollen und moͤgen ſie ferner mit uns muͤnzen, wo nicht, ſol
es auch ſeinen Beſcheid und Mas haben. Nachdem auch unſrer Stadt Riga, wie
wir vielmalen ſind berichtet worden, an der litthauiſchen Straſſe, der Nutzen und noͤ-
thigen Zufuhre halben, hoch und viel gelegen, ſo wollen wir allen moͤglichen Fleis, da
ſich des alſo gebuͤhren mag, fuͤrwenden, damit dieſelbige Straſſe zu gemeidter unſrer
Stadt Riga Beſten frey, offen und ungeſchloſſen ſeyn und bleiben moͤge. Wir ſol-
len und wollen auch an unſern erzbiſchoͤflichen Hofe zu Riga keine weitere Befeſtigung
mit neuen Thuͤrmen und Mauren allermeiſt gegen der Stadt werts anlegen, welches
wir doch ſonſt ohne das zu thun ganz ungeneigt, das auch gar nicht traͤglich iſt; Jtem
ſo ofte es ſich auch begiebt, daß wir mit den Unſern gen Riga kommen, und auf ge-
meldten unſern Hofe unſer Lager haben werden, wollen wir ernſtlich verſchaffen, daß
unſre Diener und Verwandten wider die Einwohner und Buͤrger, ſonderlich die Pre-
diger, Kirchendiener und Schulmeiſter daſelbſt keine Unluſt, oder gewaltſame Uebung,
oder wie es ſonſt Namen haben mag, in unſrer Stadt attentiren oder vornehmen ſollen.
So es aber (das GOtt verhuͤte!) geſchehe, und der Uebertreter auſſerhalb unſerm
erzbiſchoͤflichen Hofe, dieweil wir da liegen, betreten oder beſchlagen wuͤrde, ſoll er
von dem Gerichte derſelben unſrer Stadt nach Gebuͤhr und bewandten Sachen die
D d d 2Strafe
ziehen geſucht, konte aber nie beſſer damit zu rechte kommen als unter der Regierung des Herrn
Meiſters Berndt von der Borg, der in einer alten Urkunde von 1472 dieſen Tractat mit allen
ſeinen Clauſeln aufgehoben, welches Todesurtheil auch vom Kaiſer Fridrich dem IIIten 1481 be-
ſtaͤtiget worden, daß es alſo mit der voͤlligen Vernichtung des kirchholmiſchen Vertrags ſeine un-
ſtreitige Richtigkeit hatte. Der Ordensmeiſter Freytag ſuchte ihn von neuem mit Gewalt hervor,
welches der Stadt ſo gefaͤhrlich vorkam und ihr einen ſolchen Eindruck machte, daß ſie in allen
folgenden Vertraͤgen die Toͤdtung dieſes ſchaͤdlichen Feindes kaum oft genug wiederholen koͤnnen.
Da es mit dieſem lemſelſchen Vertrag nachher nicht zur Bewerkſtelligung gekommen ſondern
ſich der Stadt bald groͤſſere Vortheile anboten; ſo hat auf Seiten der Erzbiſchofe der kirchhol-
miſche Vertrag nicht ſo wol durch dieſe, als durch andere vortheilhafte Tractaten ſeinen letzten
Reſt bekommen.
Geleite, (welches ihnen auf ein Recht und nicht anders ſol gegeben werden,) aldieweil
wir daſelbſt gegenwaͤrtig ſeyn, entkommen; ſo ſollen und wollen wir uͤber ſolche Mis-
haͤndler und klagenden Theil Rechts unverweigert verhelfen und mittheilen. Jmmaſſen
wie ſich denn die viel und oft gedachte unſre Lieben und Getreuen gegen uns gleichfals wie-
derum zu thun erboten, und thun ſollen und wollen. Jedoch ſo ſich einer auswendig
der Stadt und Stadtmarken verſehen und vergriffen haͤtte, und zu uns Troſt und Zu-
flucht ſuchen und nehmen wuͤrde, ſo ſol uns frey ſeyn, ſelbige auf unſern erzbiſchoͤflichen
Hofe zu vergleiten. Jmmaſſen wie denn unſre lieben getreuen Buͤrgermeiſter und
Rath gemeldter unſrer Stadt auch zu thun pflegen. Als wir auch etlichen Ornats und
Kirchengeſchmeide halben, ſo noch zur Zeit hin bey einem ehrſamen Rath unſrer Stadt
Riga in Verwahrung etliche Jahr gelegen, Anforderung thun laſſen, ein ehrbarer
Rath aber ſolche mit in die Religions-Sachen gezogen, des Verhoffens ſolche dabey zu
erhalten, aber doch auch daſſelbe zur Eroͤrterung eines gemeinen freyen und chriſtlichen
Concilii geſtellt, ſo koͤnnen und wollen wir um Friede Liebe und Einigkeit willen auch
wol geſchehen laſſen, daß ſolcher Ornat und Kirchengeſchmeide bis zu der Zeit bey den
gemeldten unſern lieben Getreuen dem Rath in treuer Verwahrung liegen bleibe, doch
mit ſolchem Beſcheide, daß ſolches alles zuvor um Misduͤnkens und Argwohns willen
eigentlich inventiret und in beſchloſſener Verwahrunge behalten, und uns ſo wol als un-
ſerm wuͤrdigen Capitel auch unſrer Stadt Riga jedem Theil ein Schluͤſſel dazu uͤberrei-
chet und zugeſtellet werden moͤchte. Wir haben auch obgemeldten unſern lieben getreu-
en aus Gnaden nachgegeben und bewilliget, daß der Raum hinter unſern erzbiſchoͤflichen
Hofe nach der Duͤne werts frey und unbekuͤmmert bleiben ſolle, alſo, daß noch wir
noch die gemeldte unſre Stadt auf ſolchen Raum kein Wohnhaus ſetzen ſol oder mag,
doch ſo wir deſſelben Raums nothduͤrftig ſeyn wuͤrden, ſo ſol uns uud ſonſt niemand
anders ſrey ſeyn, auf ſolchen Raum unſer Bauholz, Kalk und Steine zu unſers
Hofes Beduͤrfnis zu legen und einen Zaun, doch den hellen Weg unſchaͤdlich, darum
ziehen zu laſſen. Dagegen haben uns unſre lieben getreuen einen Raum auf ihren
Kuthauſe nachgegeben, dahin wir zur Nothdurft unſrer nnd unſers erzbiſchoͤflichen
Hoffes ein Schlachthaus ſetzen moͤgen, welches wir auch alſo zu gnaͤdigen Gefallen an-
genommen haben. Dieweil ſich auch vielgemeldte unſre lieben Getreuen beklagen, daß
ihnen aus vielen und mancherley Bedenken faſt beſchwerlich, uns zuvor, und ehe wir
ihnen eine kaiſerliche Declaration ausbringen, daß ſie des Eides der einigen Herrlich-
keit erlaſſen und ſolches oͤffentlich abgekuͤndiget wuͤrde, ſo wollen wir zu ſonderlichen
gnaͤdigen Gefallen ihr unterthaͤniges und dienſtliches Begehren erfuͤllen, und daran
ſeyn, daß die kaiſerliche Declaration, ſo wir vorhin ſchon erlanget, zu erſter unſer Ge-
legenheit publiciret, auch der hochwuͤrdige Herr Meiſter die Verlaſſung des einigen Ei-
des, ſo unſre liebe Getreue vor Zeiten ſeinem lieben Vorfahren, Herrn Wolter von
Plettenberg gethan, ſol oͤffentlich ankuͤndigen laſſen, auf daß ſie deſto unbehinderter
uns unſre gebuͤhrliche Eidespflicht und Huldigung thun und leiſten moͤgen. Da-
neben vertroͤſten und geloben wir die gedachte unſre liebe getreue der Stadt Riga
ruhſam und friedlich zu behalten bey allen und jeden ihren Privilegien, Herrlichkeiten,
Freiheiten, Rechten und Gerechtigkeiten, alten Beſitz, loͤblichen Gebrauch, Her-
kunft und Gewohnheit in und auſſerhalb unſrer Stadt Riga zu Waſſer und zu
Lande, wie die ihnen von unſern Vorfahren den Erzbiſchoͤfen verlehnet und gegeben
ſind, die wir ihnen hiermit verneuret, beſtaͤtiget und befeſtiget wollen haben, dazu
auch unverhindert unverruͤckt bleiben zu laſſen bey allen und jeden Privilegien, Herr-
lichkeiten, Gerechtigkeiten, Siegeln und Briefen, ſo ihnen von Paͤpſten, Kaiſern,
Koͤnigen, Fuͤrſten, Biſchoͤfen und Meiſtern gegoͤnnet und gegeben ſeyn, ſo ferne die-
ſelbe dem kirchholmiſchen Vertrage in den andern Artikeln oben gemeldet, ſo unſre
liebe Getreue daraus nicht gezogen, und uns ſchriftlich uͤbergeben haben, nicht entgegen
und zuwider ſeyn, wie oben ſtehet. Alle vorgeſchriebene Puncten und Artikel reden
und geloben wir obgemeldter Herr Erzbiſchof und Marggraf, ſo wol auch wir Buͤrger-
meiſter und Rath von uns, und Gemeinde der Stadt Riga wegen ſtets und feſt alles
zu halten, bey fuͤrſtlichen Zuſagen ſo wol auch unſre liebe Getreue obgedachte ohne Arg-
liſt und Gefehrde.
troffen, iſt diejenige wol die wichtigſte, welche uns der Herr Mag. Carl Ludwig Tetſch,
Paſtor zu Libau in dem erſten Verſuch ſeiner curlaͤndiſchen Kirchengeſchichte, Koͤ-
nigsberg 1743 in 8 gedruckt aufbehalten. Die allerunterdienſtlichſten Fridr.
Buttlar von Tuckum, Claus Francke ſamt ſeinen Gedruͤdern, Otto Grothaus,
Cort und Herman Buttlar Gebruͤder, Walther und Weſſel Wichſel, Alexan-
der von Sacken, Jaſper Freytag, Fridrich Hane, Joh Schoͤning, Claus
Berge, Berend Krummes, Hinrich Brincke, Bartholomaͤus Buttlar,
Claus und Otto Korf Gebruͤdere, und Joh. Kersfeldt, gute Maͤnner zu Cur-
land, danken GOtt, daß er ihnen in ihrem entlegenen Lande das allerheiligſte Evange-
lium erſcheinen laſſen. Sie ruͤhmen den hochwuͤrdigſten Fuͤrſten und grosmaͤchtigſten
Herrn Wolt. von Plettenberg, daß er es unbehindert zu predigen verſtattet, daher ſie
ſich mit den Herrn Buͤrgermeiſtern und Rathmaͤnnern und ganzer Gemeinheit der loͤbli-
chen Stadt Riga bey der reinen Lehre zu bleiben verbinden. Dieſes Buͤndnis gelobet
die Stadt fuͤr ſich und ihre Nachkommen volkommen zu halten, geſchehen Dienſtags
nach Mariaͤ Reinigung 1532.
ſchon ſeine Richtigkeit hatte, findet ſich bey der Stadt ein Vertrag, den wir in alt-
deutſcher Sprache anfuͤhren wollen.
Allen und Jßliken watterley Standes, Weſens, Condition edder Herligkeit de ſyn,
Geſtlick edder Weltlick, dhon kundt vnd betugen opentlik hiemede.
Wy Herman von Bruggeney genandt Haſenkamp, des Ridderliken Dutſchen
Ordenß Landmarſchalk tho Lyflandt, und wy Buͤrgermeiſter unde Raht der Stadt
Riga.
Alsdehne lange Jahr her viel und mancherley Twiſt, Gebreke und Schelinge tu-
ſchen Unſern Vorfahren Landmarſchalken des geworden Ordenß tho Lyfland, dartho
Burgermeiſtern und Rade genandter Stadt Riga etliker Landſchedinge an den Babet-
See, und der Fiſcheryen darſuͤlvigeſt und in der Semmigaller Aha geſtanden, der-
halven vele Muete und Unkoſten geſchen, ock mennig arme Bur um ſin Leven gekamen,
welker Scheding halven ſick en ieder Parte des Mutinenſis beropen, und tho leſten de
Erwuͤrdige Herr Johan Plater genandt van dem Broͤle, unſe negeſte Vorfahre loͤ-
veliken Gedaͤchtnuſſe, um Frede, Leve und Endracht willen vor un langen verruͤckten
Jahren ſodane Anſprake ener Stadt Rige afgetreden, avergeven und verlaten, mit
derſuͤlvigen Schedinge, ſo ſick ene Stadt Rige mit dem geroͤrden Mutinenſis vermei-
net vor ſick tho vordhedigen; wo ein ſo dan upgerichte Segel und Breve klarlik me-
debringen, mit dem Anhafte, dat man enmale derſuͤlvigen afgetreten Gebreken und
Schedinge beſichtigen, und mit behoͤrliken Grenzeteken, umb ſo widere Twiſt und Un-
eath tho vermiden, beſtaͤtigen und befeſtigen ſolde. Demnach ſo hebben wy obgerorde
beide Parte, de unſen vollmaͤchtigen Verordneten up de geſtimmte Schelinge, ſo woll der
Landſchedinge, als Fiſcheryen halven geſandt, derſuͤlvigen Gebreke tho enem vollkamen
Ende bygelegt geſchlicht und verdregen, ock beſtediget und beveſtiget, wie hernach
folget:
Jnth erſte is geflegen, vereniget und verbleven, dat de Landſchedinge und Grenze
ſtahn und bliven ſall, gelik alß ſick der ein Stadt Riga nah vermoͤge Mutinenſis Zwee-
te beropen hebben und des Ehrwuͤrdigen Herrn Landmarſchalcks negeſte Vorfahren de-
ſuͤlvigen
nye vertekent und befeſtiget iß, wo hernah geſchreven ſteit, nemblick van der Miſſe an-
thogaende beth up de Olter Strowte nah Vermoͤge Mutinenſis Linien Richte durch de
Wiltniſſe up en Krutzkuhle beth up en ander Krutzkuhle mit Kahlen gefuͤllet, von der
Kuhlen recht tho gaende bet an en Flehte, genoͤmet Altſe, darby ene Kuhle mit Kah-
len gefullet, von der oͤver dat Flet tho gaende beth an en ander Kuhle mit Kahlen ge-
fullet, und dar de Richte beth an enen Ekenboͤme, dar ſick de Semgaller Aha mit
der Babat halſe tho hope foͤget, mit einem Krutz getekent, beneffen einer Krutzkuhlen
mit Kahlen gefullet, mit dem Beſcheide, dat Pruͤß de Buer an der Semgaller Aha
geſeten und ſine Nachkommen uth Begunſtigung von der Stadt Riga edder den Land-
vageden derſuͤlvigen Stadt, edder wenn deſuͤlvigen ſo dant befehlen und uplegen wer-
den, alle Jahr hebben, boͤren und haben ſoll an dem Orde, dar he idt Hoy vorhen in
dem Landkyve tho ſchlan plagh eine Koye Hoyes von theyen Fadenen unverfelſchet.
Aver der Fiſcheryen halven is geſchlaten, dat alle Strenge und Helſe, ſo uth der
Semigaller Aha in de Babat- See gahn, und alſo wederum von nu an tho allen
thokamenden Tyden, ſollen geſchloten und verbaden tho fiſchen mit watterley Jnſtru-
menten und Retſchap, id ſie von allen Parten buten der geroͤrden Strengen und Hel-
ſen, nemblik de frye wide Babat-See ſoll und mag frye ſin van allen Syden mit al-
lerley Jnſtrument und Retſchop tho fiſchen. Jd hebben ſick ock de obgeroͤrten Parten
ſampt und beneffen dem hochwuͤrdigen Her Meiſter tho Lyfland hierinnen vorbehal-
den, dat ſe, wenner id de Nothdorft tho ehrliken Gaſtbaden edder ſunſt erfordert, de
de fry hebben moͤgen in den geroͤrden Helſen und Strengen tho thoende, und kener
van derſuͤlvigen erer herſchaft Buren in demſuͤlvigen Schine darna darin tho ſtecken.
Jn der Semigaller Aha ſall und mag man van allen Parten frie und unbehin-
dert fiſchen, dat ganze Jahr durch und durch uthgenamen int erſte Vorjahre de Tyd
bver Rodoͤyen Fangeſt, ſo up deſuͤlvige Tydt in der Schlokebecke plegt, tho to gaen,
binnen welcker Tydt niemandt in der Semgaller Aha fiſchen ſall mit watterley Ret-
ſchap, welcker Rodoygen fang up hoͤgeſte veertyn Dage plegt tho gaen, dergeliken mit dem
Schnepelfang in der Semigaller Aha nah den olden tho holden vndt tho bliven, buthen
welcker Rodoygen fangs en ider van allen Parten in der Semigaller Aha ſine Wahden
uptheen mag an beiden Oeveren, wo ehm dat drechtig und beqvem werd ſyn ohne Behinderun-
ge, in der Semigaller Aha und dem Babat-See nah obgeroͤrter Wiſe tho fiſchen, de iennen
den id nahdem Olden derſuͤlvigeft geboͤhret. Nemblick, dat hochgemelten Hern Meiſters
Buren um de Schlockeſche Becke wohnhaftig des Ehrwuͤrdigen Herrn Landmarſchalcks Bu-
ren im Gebede thor Mitow und de Stadt Buren und kene andern ſineß darin thoſtaden.
De Wahden, Raggen und Nette ein ider nicht lenger tho ſiende dan veer und ver-
tigh Fadene, des Ehrwuͤrdigen Herrn und Landmarſchalcks Fiſchmeiſter und der Stadt
Landknechte frye tho ſiende, enes idern Parten Wahden, Raggen und Nette tho be-
ſichtigen, und wohr Gebreke gefunden, deſulvigen Wahde, Ragge und Nette antho-
holden, welkere man in deß Herſchop, dar de Gebreke by beſchlagen, bringen ſall und
de Gebreke, anthoͤgen, welkere Herſchap mit gebuͤrliker Strafe ungeſumet darin ſehen
ſall. De Overtreter aller deſſer obgeroͤrten Ordnunge und Verenunge von enes idern
Herſchap mit Ernſte und hoͤchſte tho ſtrafen.
Unterhandelers deſer obgenendten Vereninge ſind geweſen von wegen des Ehrwuͤrdi-
gen Hern Landmarſchalks de Wehrdigen, Erbaren, Veſten, Achtbaren und Wolgeler-
de Herr Everdt von Schuren, Huscomthur zu Riga, Hr. Steffen von Weſter-
ney, Havetmann thor Mitow Dutſches Ordens, Hilbrandt von Brockhuſen,
Hinrich Lambsdorff, Evert von der Hoffe, Henricus Steenhuus, Schotte
Mengde Secretarius, Barthold van Grunde Landknecht, Matthias Pael Fiſch-
meiſter thor Mitow; van wegen der Stadt Riga de Erſamen, Wyſen und Wolge-
lerde Herde Hinrich Vlenbrock Buͤrgermeiſter, Herr Berthold Friedrichs Rath-
mann, Landvogde, Magiſter Johann Lohmuͤller*) Syndicus, Johann Giſeler
E e e 2Se-
Preuſſen, welches bey der Stadt eine kleine Eiferſucht erweckte. Doch Heinrich Ulenbruck
und
Warheit ſint deſſer Breve twee gelickes Ludes gemaket, undt upgericht undt mit unſer
beiden Parten Jnſiegeln hieran hangende verſegelt und befeſtiget, den enen der Erwer-
dige Herr Landmarſchalck und den andern Burger Meiſter und Raht der Rige tho ſick
genamen; Geſchehen und geſchreven thor Mitow, Dienſetags nah Cantate im Jahr
nah Chriſti unſers leven Herrn Geburt 1533.
(das hangende
Siegel des
Landmarſchals) (das hangende
Siegel der
Stadt Riga)
Anm. Jn einem lateiniſchen Exemplar, ſo auch beſiegelt iſt, heiſſen die Rothau-
gen Alburni, die Schnepeln bleiben deutſch; das Fiſchergeraͤthe reticula, ſagenae
et retia, der Faden Paſſus, der Landknecht adminiſtrator terreſtris.
muͤller ſich am 10ten Septemb. 1537 anheiſchig machte, das Syndicat beizubehalten, und ſich
zum Abgeordneten an das kaiſerliche Kammergericht, an den Koͤnig von Daͤnnemark, ſonderlich
an die evangeliſchen Genoſſen, und deren Concilium, auch in erzbiſchoͤflichen Angelegenheiten,
die GOttes Wort gemaͤs, ſich gebrauchen zu laſſen. Dafuͤr erhaͤlt er eine jaͤhrliche Penſion von
230 Mark rigiſch, die Helſte auf Oſtern, die Helfte auf Michaelis, wenn er auch Alters und
Schwachheit wegen nicht mehr dienen koͤnte. Seine Hausfrau Urſula genieſt 50 Mark rigiſch
zum Witwengelde. Mit ſeinem Haͤusgen zu Riga bleibt es nach dem Briefe des Kapitels.
Das durcopiſche Wapen unter dieſem Reces iſt ein Seethier, ſo aus den Wellen ſteiget, und
einem Seepferd aͤhnlich ſieht. Wiewol auch Mathias Hurader ein wachſendes Thier im Wapen
fuͤhrte, davon aber das unterſte Feld nicht gewellet, ſondern gerautet ſcheinet, ſo einer erzbiſchoͤ-
flichen Muͤnze wegen zu merken.
Jahr 1535 des verden Suntages in der Vaſten ſo ſtarf de Hochlofliche ffuͤr-
ſte Herr Wolter von Plettenberch. d. O. meiſter to Lifflande regerde 44 Jar.
Buͤlow ſetzt, daß er zu Wenden in Wanis und Hoſen fuͤr Alter auf dem Stuhle
geſtorben.
von Bruggeney. Praͤtorius ſchreibt ihn Herman von Bruggeneis Huſen-
kamph.
Curland und beſtaͤtigter Adminiſtrator des Stifts zu Oeſel, Joh. von Moͤnnig-
huſen, die Comture Joh. von der Recke zu Fellin und Rembert von Scha-
renberg zu Revel, dieſe weit ausſehenden Streitigkeiten vornahmen. Der Adel be-
ſchwerte ſich, daß ſie ihr Korn an die Buͤrger verkaufen und die auswertigen Waaren
um den doppelten Preis von den Kaufleuten erſtehen muͤſten. Die Buͤrger beriefen
ſich auf die alten Statuten, und die Hafengelder, weswegen ſie vor den Fremden das
Vorrecht mit dem Lande zu handeln haͤtten. Wegen der uxkuͤlſchen Hinrichtung er-
wiederte die Stadt, daß ſie nach dem luͤbiſchen Rechte verfahren, welches von Kai-
ſern fuͤr Arme und Reiche beſtaͤtiget worden. Jn Anſehung der beim Thurnier vor-
gefallenen
mark Waldemar des IIten her, wie es nicht nur in Eſtland ſondern auch in Preuſſen, ſon-
derlich in den Staͤdten Braunsberg, Frauwenberg und am ſtaͤrkſten in Elbingen gebraͤuchlich
war, wo man noch bis auf des poblniſchen Koͤnigs, Sigismund des Iſten, Regierung ſich auf
die Stadt Luͤbeck zu berufen pflegte. Weil es die roͤmiſchen Kaiſer beſtaͤtiget, ſo haben die
Koͤnige in Pohlen es nach der Veraͤnderung mit Preuſſen 1512 abzuſchaffen beſchloſſen. S. Schuͤtzen
rerum Pruſſ. lib. X, f. 444, woraus Hartknoch in der XVII Diſſert. von dem Rechte der
Preuſſen und Meniusprodrom. S. 13 ihre Nachrichten von Liefland nehmen. Herr Schurz-
fleiſchen komt es vor, als ob Revel einen merklichen Vorzug vor Riga genoſſen, weil man von
ihr nicht an das kaiſerliche Hofgerichte nach Speier appelliret, und ſelbige auch keinem Biſchof
gehuldiget habe. Allein wie nur die Staͤnde das Vorrecht befaſſen ihre Proceſſe an den Hoͤfen
und Gerichtſtaͤten ihrer oberſten Schutzherrn, des Papſtes und Kaiſets, auszufuͤhren; ſo war
hingegen nach den Landesſtatuten allen Prwatperſonen auch in Liefland und Riga die Appella-
tion an auswaͤrtige Oerter unterſaget. Riga aber machte den Erzbiſchoͤfen und Ordensmeiſtern
die Huldigung immer ſo lange ſauer, bis es almaͤlig die zerſtreueten Ueberbleibſel des alten Anſe-
hens
ger zu ihrer Verantwortung, daß der Adel den Anfang gemacht, und ihre Stadt ei-
nem jeden Nothleidenden und Fluͤchtigen offen ſtuͤnde. Bruͤggeney traf endlich zu bei-
der Theile ziemlichem Vergnuͤgen die Verfuͤgung, daß der Adel ſein Korn ſo lange bey
den Kaufleuten aufſchuͤtten koͤnne, bis er ſeinen Vortheil erſehe. Das Thor wo Uxkuͤl
enthauptet worden, ward vermauret, und ſol der Comtur kuͤnftig die Unterſuchung hal-
ten, wenn ein Bauer dem Edelman das Geleite ſperret. Jn theuren Zeiten wird kein
Korn verfuͤhret; die Ritterſchaft enthaͤlt ſich des buͤrgerlichen Handels, kan aber doch
ihr Korn fuͤr baar Geld den Hollaͤndern in die Schiffe liefern, und ſich mit allerley
nothduͤrftigen Dingen fuͤr Haus und Hof verſehen. Die Bauren, die zu Lande Noth-
wehr gethan, genieſſen in der Stadt gleiches Recht, aber andre muthwillige Todſchlaͤ-
ger erwarten das Ebentheur des Rechts. Die Kleinodien, Geſetze und Eigenthum des
abgebranten Moͤnchskloſters werden der kaiſerlichen Reformation uͤberlaſſen, wie auf
dem Reichstage zu Regenſpurg beſchloſſen worden. Die Kloſterjungfrauen genieſſen
bey der Stadt auf Vorbitte der Ritterſchaft die alten Privilegien und halten ihren Got-
tesdienſt bis zum nechſtkuͤnftigen General- oder National-Concilio, dagegen ſie ſich
auch in ihrem Kloſter nach ihren jungfraͤulichen Geluͤbden zuͤchtig und tugendſam oh-
ne Tappen und Schnappen bezeigen, und zum Aergernis oder Vorfang der Stadt
keine Leute des Abends zur Arbeit einnehmen, woruͤber der Vogt die Aufſicht hat.
Der Raum im Domberge vor der Pforte wird der Ritterſchaft zuerkant. Dis waͤren
die wichtigſten unter den 18 Artikeln, die am Johannisabend unterzeichnet worden.
Doch war hiermit der alte Grol nicht gleich getilget, ob ſchon beide Theile das Ge-
ſchehene zu vergeſſen angelobten.
der alte Roſenſtrauch klaget, daß ſein Erzbiſchof nie was rechts mit den Rigiſchen ausrichten
koͤnnen.
ner Abſchrift bekant, die ſich in der ehmals beruͤhmten Brieflade des Herrn Oberhaupt-
mans Ernſt von der Bruͤggen zu Stenden in Curland befunden. Die darin be-
findlichen Abſchriften haben, weil ſie mehrentheils vidimiret waren, der lieflaͤndiſchen
Ritterſchaft in Einziehung ſicherer Nachrichten manchmal vortrefliche Nothdienſte
thun muͤſſen.
beſtunben aus einer Reihe von mehr als hundert alten Henkelthalern. Auch die Baͤurinnen tra-
gen, ſonderlich im Doͤrptiſchen, ſolche Pater am Halſe. Die Weiber der reichen Letten in und um
Riga ſchuͤrzen einen maßiv ſilbernen Guͤrtel von ſauberer Kettenarbeit, woran gewoͤhnlich ein paar
Schluͤſſel haͤngen, bey ihren Solennitaͤten um ſich, welches Stuͤck oft 80 bis 100 Tthlr. koſtet,
auch wol ſtark verguldet, mit ſchoͤnen Steinen beſetzet, und an Silber 4 und mehr Pfund ſchwer
iſt. Das gemeine Bauervolk traͤget auch dergleichen altaͤglich, aber nur von meßingenen Ket-
gen, und hat ſtat der Schluͤſſel groſſe Meſſer daran hengen. Ein ſolcher ſilberner aber kuͤnſtlich
ausgearbeiteter Guͤrtel wird von den Eſten roͤhhud, von den Letten jooſt genennet.
ward der Hahn und Knopf auf den neuen Thurm geſetzet, welcher Aufſatz auf 9782 Thaler Alb.
und 3 Mark rigiſch zu ſtehen kam. Die Domkirche war 1204 gebauet worden, und im Jahr
1213 oder eher brante ſie ſchon wieder ab. Sie lag in der alten Stadt Riga. Die jetzige ward
damals auſſerhalb der Stadt an der Duͤne gebauet, welcher Raum nachher bey Erweiterung der
Mauer mit in die neue Stadt gebracht ward.
Hiſtoͤrchen an, welches wir einigen Leſern nicht vorenthalten duͤrfen. Der Magiſtrat
zu Revel lies ein ungeheures Kabelthau ſchlagen, das mit einem Ende an die Spitze
des hohen Olaithurms befeſtiget war, und bis nach der Reiferbahne gieng. Hierauf
wurden alle Thore der Stadt zugeſchloſſen; alle Einwohner aber liefen zur groſſen
Strandpforte hinaus das Schauſpiel anzuſehen. Der Hochflieger kroch aus eines Lu-
cke des Thurms heraus aufs Seil, machte ſeltſame Luftſpruͤnge, und tanzte laͤngſt dem
Seile uͤber alle Graben, Teiche und Stadtswaͤlle bis auf die Reiferbahne; welcher
Flug in der Luft der groſſen Hoͤhe wegen fuͤrchterlich anzuſehen war. Dieſe Gaucke-
leien wurden auch in andern lieflaͤndiſchen Staͤdten getrieben.
an, welches in elegiſchen Verſen geſchrieben iſt. Er war eines Bauernſohn aus der
Provinz Zeeland, gieng auf die hohe Schule nach Loͤwen und bediente ſich der Un-
terweiſung Eraſmi, Goclenii und Clenardi. Von da wandte er ſich nach der Uni-
verſitaͤt zu Paris, und um den beruͤhmten Lud. Vives zu hoͤren, zog er gar nach
Spanien. Hierauf nahm er in Antwerpen einen Schuldienſt an, den er aber bald
niederlegte, weil ihn Lutheri Lehre und die Liebe zum Evangelio nach Wittenberg
trieb. Der Rath zu Riga verſchrieb ihn auf Luthers Fuͤrſprache an die Schule,
in der er 10 Jahr geſtanden und Rector geweſen. Weil er unverheirathet lebte, gieng
er noch einmal nach Wittenberg, von da ihn der rigiſche Rath wieder abforderte,
und zum Superintendenten berief. Hier muſte er viel Verdrieslichkeiten erfahren, ſon-
derlich von ſeinen Amtsgehuͤlfen, die ſo wol mit ihm als unter einander viel Zaͤnkerei-
en hatten. Seinen Tod leitet Piſtorius aus dem Gram uͤber dieſe Aergerniſſe her;
doch hat er die beſondern Umſtaͤnde deſſelben nicht gemeldet.
gehalten haͤtte. Man mus es alſo nur von einer gemeinen Seuche verſtehen, weil
das Land durch die Peſt von 1515 oder 1520, und dieſer 5 jaͤhrigen unfehlbar zur Einoͤ-
de werden muͤſſen. Jm Jahr 1550 ſollen allein im Doͤrptiſchen 14000 Menſchen da-
ran geſtorben ſeyn, und wenn dem Bredenbach zu glauben, ſo blieb in der Stadt
Doͤrpt ſelbſt kein lutheriſcher Praͤdicant mehr uͤbrig. Diejenigen welche Reckens
Regierung in das Jahr 1547 ſetzen, fangen von deſſen Coadiutur an. Die Lehnbriefe
erweiſen, daß Bruͤggeney 1548 zu Wenden einem rigiſchen Buͤrger Henrich
Schreibern eine Schenke an der rigiſchen Bruͤcke gegeben, und 1549 Sontags nach
Antonii den Tauſch des Hofs Avel zwiſchen Caſpar Freytag und den Comtur
von Duneburg beſtaͤtiget habe.
Ceumern und Oernhielm heiſt er von Ruck oder von Rucke; bey Tilemann,
Bredenbach und Stangefolen, Joh. von Reck. Thuanus nent ihn einen alt-
adelichen Weſtphaͤlinger aus der Grafſchaft Marck. Herr Henrich von Tieſen-
hauſen zu Berſon und Kalzenau, der aͤltere, giebet dieſem Herrn ein laͤnger Regi-
ment, und widerleget in dem Verzeichnis der ruſſoviſchen Jrthuͤmer unſre Geſchicht-
ſchreiber, mit dem Vorgeben, daß Galen erſt 1554 zur Regierung gekommen. Allein
obgleich die tieſenhauſiſchen Verbeſſerungen oft manche ſchoͤne Warheit beſtaͤtigen,
ſo wil doch dieſe nicht Stich halten, weil ſie auſſer den Documenten auch noch durch
die vorhandenen Muͤnzen umgeſtoſſen wird. Der Name Reck ſol einen Rieſen oder
Held bedeuten. Die beiden ſilbernen und mit 3 rothen Staͤben belegten Querbalken
der heutigen Familie erſcheinen auf unſern Muͤnzen wie eine Recke, oder leichte Schlit-
tenkufe und waͤre alſo zu den redenden Wapen zu rechnen.
Vor-
Stangefoln in der weſtphaͤliſchen Chronik B. 11, K. 10, von Gaten. Aus die-
ſer Familie ſtamt der 57ſte Biſchof zu Muͤnſter, Chriſtoph Bernhard von Ga-
len, ein in Krieges- und Friedenszeiten beruͤhmter Man her. Die Herren von Gaelen
ſitzen noch auf der theiniſchen Ritterbank. Unſre Schriftſteller irren uͤbrigens, wenn
ſie von dem Czaar Baſilewitz dem IIten bey dieſem Jahr ſchreiben, daß er nach der
Eroberung von Caſan und Aſtracan erſt den kaiſerlichen Titel angenommen, deſſen
er ſich doch laut der alten Friedenstractate ſchon zu Plettenbergs Zeiten und vorher
bedienet.
lies. Jhre Nachfolgerin hatte beſſere Einſichten. Sie hies Eliſabeth von Doͤhn-
hoff, die ſich in den Eheſtand begab, und ihren Nonnen ein gleiches erlaubte. Vie-
re blieben doch ohne Maͤnner, Anna Toͤpel, Anna Noͤtken, Ottilia und Anna
von Wedberg. Dieſe lebten noch zu Stephani Zeiten unverheirathet, als auf koͤ-
niglichem Befehl dieſes Magdalenenkloſter den Jeſuiten eingeraͤumet wurde. Man
ſehe nach Vettershiſtoriam Monaſterii Virginum St. Benedicti Rigae a tempore hae-
reſis Lutheranae conſervati. Ingolſtad. 1615. Ex typogr. Ederiana.
nachbarten Staaten beſſer als der Orden, und ſorgte fuͤr das Beſte des Landes ernſtli-
cher, als es in Riga der Zank zwiſchen den Ordensmeiſter, dem Erzbiſchof und der
Stadt zulies. Die Stadt Doͤrpt, als welche gleich im Wurf lag, hatte ſeit geraumer
Zeit ſchon Urſach, dem Czaar nicht trotzig zu begegnen, noch zu pochen, indem hier
mit Grosthun nichts auszurichten war. Man beſchuldigte ſchon den vorigen Biſchof
Jodocus der Verraͤtherey, weil er gelinder ſprach, als es dem wendenſchen Kanz-
leyſtil des Meiſters gemaͤs war. Holtzſchuher, der als ein kluger Patriote den
Rath gab, man ſolte ſich in die Zeit ſchicken, zog ſich den Undank der Welt zu, da er
doch voraus wuſte, daß Schweden fuͤr ſeinen Schutz uͤber Liefland bezahlt ſeyn
wolte. Wenigſtens hatten die kaiſerlichen Schreiben nicht mehr Nachdruck, als eine
Fuͤrbitte, gegen die man ſich mit Entſchuldigungen wapnet. Carl der Vte ſchrieb noch
bis 1556 nach Schweden. Sein Bruder und Nachfolger Ferdinand der Iſte ver-
ſuchte es am 25ſten Jul. 1558 noch einmal, und empfal dem Koͤnige Guſtav das ver-
laſſene Liefland und deſſen Ordensmeiſter Fuͤrſtenberg. Allein die Schweden
wolten billig die Fruͤchte ihrer Werke eſſen, und ihre Hauptfrage blieb alſo: Woran
halten wir uns? Weil der Kaiſer dieſes zu beſtimmen vergeſſen hatte, ſo waren nicht
nur dieſe Briefe, ſondern auch die folgenden von Maximilian dem IIten unterm 20ſten
October 1575 und von Rudolph dem IIten uncerm 30ſten October 1579 von ebeu ſo
ſchlechter Wirkung.
halter zu Nogarden, Knees Demitri Fedrowitz, der Stadthalter zu Plescow,
Jwan Petrowitz, und ſein Unterſtadthalter Waſili Petrowitz erhalten darin
Befehl, mit Liefland Friede zu halten, weil ſich die Staͤnde anheiſchich gemacht, nicht
zu dem Koͤnig von Pohlen zu treten, der Biſchof von Doͤrpt auch ſeinen Zins mit den
ruͤckſtaͤndigen Schulden abzutragen, und fuͤr jeden Kopf eine deutſche Mark zu erlegen, ver-
ſprochen. Die rußiſchen Kirchen und das Land der Kirchen wird gereiniget, der Handel bis
auf die Einfuͤhrung der Panzer frey gegeben, die Grenze nach den Holmen im Narva-
ſtrom eingerichtet, jedem klagenden Theil Recht geſchaffet, alles nach dem Alten. Es
J i ibe-
ten auch das Schrecken mit ſich, aber nur dem Erzbiſchof. Man zahlete ihnen
einen ſo anſehnlichen Sold, daß ſelbſt Henning bange iſt, es werde der Schatz in Lief-
land zu ihrer Loͤhnung nicht zureichen. Fuͤrſtenberg bediente ſich auch ihrer Tapfer-
keit; er muſte aber vor Lais ſchimpflich mit ihnen abziehen. Nun konten dieſe Leute
nichts dafuͤr, daß ihrer nicht mehr als 4 oder 5 Compagnien waren, die man zu groſ-
ſen Unternehmungen beſtimt hatte. Doch Neuſtaͤdt zeigt uns ihren Fehler beſſer:
„Das Geld, ſchreibt er, war verbuttert; die Knechte maulten, daß das Geld weg
„war, deswegen zogen ſie von einander, und der Winter ſcheidete ſie mit. So gehts
„wenn man die Roſen im Schnee brechen wil; Hansgen kan den lieflaͤndiſchen Win-
„ter mit den durchgeſchnittenen Kollern ſo nicht vertragen, auch war das Bier aus den
„Zapfen leck auf der Tonne.‟ Der Koͤnig Sigm. Aug. war ein Feind der deutſchen
Soldaten. Er warf ihnen vor, daß ſie Fuͤrſtenbergen in Stich gelaſſen, und an deſ-
ſen Ungluͤck Schuld waͤren. Allein die Urſach war, weil der Koͤnig ſie entbehren konte,
indem er kein Geld hatte, und dieſe Leute 3 bis 4 mal mehr brauchten als ſeine pohl-
niſchen Knechte.
ſchofs und 4 anderer. Die doͤrptiſchen Geſandten drungen ſtark darauf, daß man
dieſe leidlichen Bedingungen annehmen ſolte, weil Doͤrpt ſonſt am erſten im Blute zu
baden haͤtte, worauf die Herrmeiſterlichen ſich unterſchrieben. Jn Liefland nante
man dieſe Langſamkeit eine Uebereilung, und war mit aller Geduld des Czaars dennoch
nicht zu frieden.
ten, als Carl der Vte auf ſeinen Todesfal. Jederman prophezeite dem armen
Lieflande hieraus wenig guts, und die Schriftſteller haben auch gleich die Erfuͤllung
entdeckt. Man koͤnte hieraus beinahe einen Aberglauben ſchlieſſen: nur dieſes ſteht
im Wege, daß die Leute damals weder kluͤger noch beſſer wurden, zum offenbaren Be-
weis, daß ſchon die alten Lieflaͤnder nicht mehr an Cometen geglaubet haben, zumal
an dieſen, weil er ziemlich ſpaͤt kam, und Liefland in ſeinem voͤlligen Untergange an-
traf. Die Hiſtorie aller lieflaͤndiſchen Cometen hat uns ein Curlaͤnder, Joh. Sven-
burg, zu Riga in 4 auf 4 Bogen 1665 drucken laſſen. Er faͤngt ſie von 1314 an. Der
im Jahr 1529 war der gluͤcklichſte, ein Vorbote ſo vieler Portugaloͤſer, die Pletten-
berg praͤgen laſſen. Dergleichen ſind nicht viele mehr erſchienen.
Hennings Urtheil die Rache GOttes verfolgte, daß er ſich zu Cauen der Laͤuſe und
Wuͤrmer kaum, der bitterſten Armuth aber gar nicht erwehren konte, ob er gleich bey
ſeinem Amte ehemals in Liefland mit 300 Pferden und etlichen Trompetern zur Tage-
fart geritten. Einige gute Leute riethen ihm, die Worte: Ecce homo mit groͤſſen
Buchſtaben auf ein Papier zu ſchreiben, und forne aufs Kleid zu heften, auf ein mal
aber, wenn der litthauiſche Senat beiſammen, ſich darzuſtellen, ob man viel-
leicht mit ſeinem Zuſtande Mitleiden haben wuͤrde. Er ſol es auch gethan haben;
worauf
der neueſten Auflage, auf eine recht luſtige Art. Es entſtand ein greulicher Lerm, als
ob ein Haufen Schiffe mit Reuter und Fusvolk aus Preuſſen im Anzuge waͤren, die
von Seiten des Erzbiſchofs und ſeines Bruders, des Herzogs von Preuſſen, Liefland
uͤberrumpeln ſolten. Hierauf giengen Tag und Nacht Briefe an die Landſaſſen, ſich
bey erſter Erblickung derſelben nach Maasgebung ihrer Guͤter zu ruͤſten, und an den
Strand zu verfuͤgen. Es war weder Knecht noch Ruͤſtung da. Darum muſten die
undeutſchen Staljungen und die alten Sechsferdings-Knechte in der Eil herhalten, die
ſich ſchon halb zu Tode geſoffen, ſich beweibet, und ihr Lebenlang kaum ein Rohr los-
geſchoſſen hatten. Wie ſie den alten verroſteten Harniſch uͤber die Haut kriegten, und
fortziehen ſolten, nahmen ſie noch einen guten Rauſch zu ſich, und ſchwuren bey einan-
der zu leben und zu ſterben. Etliche ſetzten ſich halb tod zu Pferde, da inzwiſchen die
Frauen, Jungfern, Maͤgde und Kinder heuleten und weineten, als ob ſie dieſe ihre
Helden nimmer wieder ſehen wuͤrden. Sie ruͤckten hierauf mit aller Macht an den
Strand, wo weder Schif noch Menſch zu ſehen war, und nach einem Aufenthalt von
etlichen Wochen ward den Proviantwagen und Biertonnen der letzte Reſt gegeben.
Noch ſatyriſcher und vielleicht warhafter lautet die lieflaͤndiſche Kriegesanſtalt, davon
beſagter Verfaſſer uns dieſe Vorſtellung macht. Als man in der Eil, ſchreibt er, Lands-
knechte annehmen muͤſſen; ſo war nach langem Suchen kaum ein Trommelſchlaͤger zu
finden.
Herzog von Curland einige Bauren hergab, weil der Landmarſchal ihn ſchon an Fuͤr-
ſtenbergs Stelle in Vorſchlag gebracht. Als Aſcherade 1577 an die Ruſſen uͤber-
gieng, und die Deutſchen weggefuͤhrt wurden, der alte Muͤnſter aber Alters halber
nicht fortkommen konte, ſollen jene ihn unter den Schlosmauren rodgeſchlagen und lie-
gen gelaſſen, oder, wie Kelch erzehlet, ihm beide Augen ausgeſtochen und mit Ruthen
zu Tode gepeitſchet haben. Daß Henning hier zu hart geurtheilet, beweiſen unſre
Documente. Kettler verliehe ihm das Schlos Aſcherade mit 40 Bauergeſinden
auf Lebenszeit, und ſchuͤtzte ihn auch dabey. Wo haͤtte alſo die groſſe Armuth herkom-
men ſollen? Sigism. Auguſt beſtaͤtigte den 8ten April 1565 dieſe kettlerſche Schen-
kung bey welcher Gelegenheit er die Verdienſte dieſes wackern Mannes ruͤhmet und ihn
Generoſum Caſparem a Münſter, quondam prouincialem Marchalcum Liuoniae
nennet.
den Maͤnner fanden in der Fuͤrbitte ſo hoher Anverwandten ſo wenig Schutz, daß ſie
vielmehr die Eiferſucht wider ſie anflamten. Es bemuͤhten ſich ſchon vorher der Koͤnig
von Pohlen, Sigism. Auguſt, der Herzog Joh. Albrecht von Mecklenburg,
Marggraf Albrecht von Brandenburg, die Churfuͤrſten Joachim zu Branden-
burg und Auguſt zu Sachſen, die Herzoge Joh. Friedrich der mitlere, Johan
K k kWil-
des Abends auf die Wache zogen, ſo lief jederman vom Tiſche und hoͤrte das ſeltſame
Spielwerk an. Viele liefen aus der Predigt, um einmal eine Trummel zu hoͤren.
Gegen den Herbſt kamen viel Reuter und Knechte aus Deutſchland, die machten in
Curland bey Adel und Bauren mit ihren langen Hoſen, Spieſſen und Schlachtſchwer-
tern ein ſolches Aufſehen, als wenn ein Meerwunder angekommen waͤre. Zwar ſind
einige Umſtaͤnde hiervon ganz natuͤrlich, alle aber zeigen doch eine ſchlechte Kriegesver-
faſſung und viel Hitze zum Balgen an.
chen Hof geſchickt, die Coadiutur fuͤr Fuͤrſtenbergen zu ſuchen. Das Diploma wur-
de auch auf Erſuchen Carls des Vten durch ſeinen Bruder, den roͤmiſchen Koͤnig Fer-
dinand, zu Wien am 13 Auguſt ausgeſtellet, und von beiden Majeſtaͤten eigenhaͤndig
unterſchrieben. Unter andern lautet es ſo, daß Fuͤrſtenberg aus triftigen Ur-
ſachen die Regalien nicht perſoͤnlich empfangen koͤnnen, und ſeine Andacht, der Mei-
ſter Galen, bey ſeinem betagten und erlebten Alter einen braven Man noͤthig habe,
deſſen Schultern etwas ertragen koͤnten. Der Ordensmeiſter begab ſich auch nach Tar-
weſt zur Ruhe, und lies dem Coadiutor in allem freie Haͤnde. Bey dieſem aber galt
der Soldatengeiſt mehr als die Regentenklugheit. Es iſt kein Wunder, wenn bey
Trennung dieſer zuſammen gehoͤrigen Gemuͤthsgaben groͤſſere Reiche, als Liefland,
aufgeopfert worden.
mern, Franz Otto Herzog zu Luͤneburg und andre mehr vergeblich, und lieſſen
auf dem Landtage zu Wolmer den 21ſten Febr. wiewol vergebens, Vorſtellung thun.
Riga wurde auch beſonders mit eingeflochten, hatte ſich aber von dem Herrn Meiſter
und ſeinem Coadiutor Fuͤrſtenberg die verbindlichſten Reverſalien ausſtellen laſſen,
daß der Orden ſie fuͤr alle Gewalt mit Leib und Gut ſchuͤtzen wolle. Fuͤrſtenberg ver-
langte eine Compagnie Knechte. Die Stadt konte keine Soldaten bekommen. Ein
jeder muſte alſo ſeinen Knecht ſchicken oder ſelbſt mit ziehen. Am 23ſten Junii zogen
250 Knechte, 150 Soldtraͤger und 6 gegoſſene Stuͤcke nach Kokenhauſen, die den
29ſten davor ankamen, den 30ſten ſie einnahmen und den 4ten Julii wieder in Riga
eintrafen. Das war der ganze puniſche Krieg. Doch ſchreibet Neuſtaͤdt: ſie kamen
zuruͤck, der Stadt eben zu keiner ſonderlichen Freude. Die auswertigen Zeitungen
verbreiteten dieſe Haͤndel ziemlich ungleich. Joachim Camerarius berichtet, man
habe den Erzbiſchof todt geſagt; den Pohlen ſeyn 200000 Thlr. von dem lieflaͤndi-
ſchen Orden angeboten, wenn es nicht zum Kriege kommen duͤrfte. Bald hies es,
die Lieflaͤnder haͤtten uͤber die Pohlen in einem Scharmuͤtzel einen guten Vortheil er-
halten. Alle dieſe Geruͤchte aber werden ungegruͤndet befunden, wenn man ſie gegen
die einheimiſchen Beſchreibungen haͤlt.
gewiſſer Fridrich war, und von der ſchwaͤbiſchen Familie dieſes Namens zu unter-
ſcheiden iſt. Seine Ahnen erzehlet Dittmar Moller in der fuͤrſtenbergiſchen Ge-
nealogie, und andre Schriftſteller dieſer Art mehr. Als Comtur zu Duͤneburg hatte
er mit der rigiſchen Buͤrgerſchaft einige Verdrieslichkeiten, weil er 1548 einem Dan-
ziger, Namens Kroͤsler, 1000 Laſt Theer verkauft, die der Magiſtrat auf ſein vieles
Bitten kaum, die Kaufleute aber gar nicht verabfolgen laſſen wolten. Die Sache kam
aber zum Vergleich, ſo daß Fuͤrſtenberg in 6 Wochen ſeinen Theer verſchiffet haben,
oder ſelbigen nachher der Gilde verkaufen ſolte. Unterdeſſen gaben die Buͤrger allen
Fahrzeugen auf der Duͤne ihre volle Ladung, und der Comtur konte nicht eine einzige
Laſt fortbringen; daher die Gilde zu ſeinem groſſen Schaden denſelben erſtand, und
auf ihre Rechnung ausſchifte. Selbſt aus dem Orden waren nicht alle mit ihm zufrie-
den, nicht weil es ihm an Tapferkeit ſondern an gehoͤriger Klugheit fehle. S. beim
Menius S. 20. Es war kein kleiner Staatsfehler, daß er ſeine Affecten gegen den
Erzbiſchof auslies, und die Sorge des Landes verabſaͤumte. Doch mus niemand den
Verluſt von Liefland ihm allein Schuld geben, als woran nicht einer, ſondern alle
mit einander, gleichſam als dazu gedungen, arbeiteten. Da Fuͤrſtenberg den Erzbi-
ſchof ſo angegriffen, ſo mus ſeine Achtung fuͤr den Papſt auch nicht gros geweſen ſeyn.
Es findet ſich eine Oratio de laudibus Liuoniae habita ab Henrico Montano, Oſilienſi,
in celeberrima Academia Roſtochiana anno 1557. Lubecae apud Georgium Richolff in
8 auf 3 Bogen gedruckt, welche ein Herr von Berg aus Oeſel dem Ordensmeiſter zu-
geeignet, und in einem netten Latein aufgeſetzt hat. Der Verfaſſer nent die Schwerdt-
bruͤder allezeit Gladiferos und einmal Gladiatorum ordinem. Wir merken daraus nur
die Stelle an, in welcher die fruchtloſen Creuzzuͤge zu den argen Abſichten des Papſts
gezehlet werden: Hoc modo Papae perfidia tot ſumtus facti, tot pericula terra ma-
rique tolerata, tam multus denique ſanguis Chriſtiani orbis effuſus, totque ſummo-
rum monarcharum et potentiſſimorum regum fortiſſimorumque ducum piiſſimi co-
natus fruſtra exhauſti ſunt. Dum etenim ille ſanctiſſimus clauiger pater, humilli-
mus ſeruus ſeruorum Dei, duplicem vibrat et ſtringit pro lubitu gladium, carnalem et
ſpiritalem, ſicut loquitur, aduerſus quosuis, etiam terrarum dominos; omnia tur-
bat, coelum terrae, Avernum marique miſcet, ſecures et ſceptra dat ac ponit arbi-
trio Cardinalis aurae, haec expeditio in irritum ceſſiit. Welcher Lutheraner haͤtte
wol an ſeinen catholiſchen Landesherren ſo ſchreiben duͤrfen? Es waͤre von Fuͤrſten-
bergen, weil er durchdrang, viel Gutes zu hoffen geweſen, wenn ihm nicht der Krieg
die Haͤnde gebunden haͤtte. Der lutheriſche Prediger Magiſter Georg Moͤller uͤber-
reichte ihm im Lager eine Schrift, in welcher er die in Liefland herſchende Laſter ſehr
beiſſend beſtrafte, und um Anlegung einiger Schulen im Lande bat. Der Ordensmei-
ſter lies auch gleich ein ſo genantes Skola Nauda jaͤhrlich als eine Schatzung eintreiben;
allein bey den verwirten Kriegeslaͤuften wurde es ſo wol von ihm als ſeinem Nachfol-
ger auf die Soldaten verwandt. Kettler wuͤrde mit Anlegung der Schulen beſſer
fortgekommen ſeyn, wenn der Krieg ſeine Abſichten nicht unterbrochen haͤtte. Er lies
Chytraͤum durch ſeinen Hauscomtur Georg von Sieborg beſprechen, ein Gymna-
ſium in Pernau einzurichten, und deſſelben Rector zu werden. Er wolte die Rede-
kunſt, Sprachen und Theologie lehren, die Kinder der undeutſchen Eſten, Letten und
Curen
richte. Einige melden, daß Fuͤrſtenberg mit 7000 Deutſchen, etlichen 1000 Bauren
und 6 Compagnien Auslaͤndern den Pohlen entgegen geruͤckt ſey und ſich bey Bauske
in Semgallen gelagert habe. Der Koͤnig habe von Fuͤrſtenbergen verlanget, den
Erzbiſchof und Coadiutor innerhalb 18 Stunden frey zu ſchaffen, und habe ihm einen
Sebel zugeſandt, mit welchem Schluͤſſel er die Gefaͤngniſſe oͤfnen wolte. Henning,
der
reiten laſſen. Siehe Chytraͤi Vorrede zur henningiſchen Chronik.
Koͤnig, er habe in ſeinem Gezelte Audienz ertheilet. Nach andern werden die Krie-
geskoſten zu 60000 Thlr. angegeben. Wir halten uns an die Documente und Herrn
Neuſtaͤdt. Da zu Paswal unterſchiedliche Verabredungen genommen worden; ſo
muͤſſen die Zeitbeſtimmungen in der Unterſchrift, welche Menius und unſre Schrift-
ſteller verſchiedentlich angeben, von mehr als einem Vertrage verſtanden werden.
Beim Chytraͤus komt S. 967 eine tranſactio paswalienſis vor, die ganz anders lau-
tet, als diejenige, welche die Pohlen in der Reviſion von 1599 vidimiret haben. Boͤ-
cler hat in der Diatriba unter den Documenten eine Conſtitutionem Paſwalicam ab-
drucken laſſen, welche des Chytraͤus ſeine iſt. Sie ſind alle richtig, nur iſt der Un-
terſchied zu bemerken, daß die daͤniſchen Geſandten andre Vorſchlaͤge als die pom-
merſchen, und dieſe andre als die kaiſerlichen aufs Tapet gebracht, der Koͤnig aber
auch einiges mit dem Herrn Meiſter allein in Richtigkeit zu bringen fuͤr rathſam ge-
funden. Die leidlichen Bedingungen erweiſen, daß der Koͤnig Sigismund Auguſt
in allen ernſtlich, aber doch mit kaltem Blute zu Werke gegangen; die gemeinen Poh-
len verfuhren hitziger, ſo daß ſie auch den lieflaͤndiſchen Geſandten fuͤr den Urheber
der Feuersbrunſt in Wilda hielten, der ſich deswegen unvermerkt von den daͤniſchen
Geſandten trennen und ins Kloſter entweichen muſte. Sonſt entdeckte Kettler, wel-
cher ſich in Deutſchland aufhielt, um dieſe Zeit in der Grafſchaft Pinneberg einen
Spion, der vom Erzſtift beſtellet war, ſeine Werbung krebsgaͤngig zu machen. Man
nahm daher den guten Johan Overſch, ſo hies der Verraͤther, beim Kragen und
ſchlug ihm dem Kopf herunter, worauf ſein Koͤrper aufs Rath geflochten und der
Kopf auf einem Pfal geſtecket wurde. Er bekante bey der Folter nichts weiter, als
daß er mit ſeinem Spiesgeſellen Franz Bonnis zu Sellenhof in Semgallen,
2 Herren von Liven uͤberfallen, von denen ſie einen erſchoſſen, den andern aber gegen
1500 Thlr. wieder los gegeben; auch haͤtten ſie an einigen rigiſchen Kaufleuten bey
der heil. Aa einen Straſſenraub begangen, weswegen ſie nun die goͤttliche Rache ver-
folge. Daß dieſe Leute von der erzbiſchoͤflichen Parthey erkauft geweſen, eine Mord-
that an dem Comtur auszuuͤben iſt ſo gar gewis nicht: daß aber doch ein Geheimnis
darunter geſteckt, ſiehet man aus Hennings abgebrochener Erzehlung. Kettler war
ſehr argwoͤniſch, welches ſich weiter hin noch deutlicher zeigen wird. Es muſte man-
cher ſeinen Hals hergeben, weil er ein Verraͤther ſeyn ſolte. Da ihm der Koͤnig von
Pohlen einſt einen ungegruͤndeten Verdacht hart empfinden laſſen, ſo hat man darin
ein Vergeltungsrecht finden wollen. Doch Kettler iſt zu entſchuldigen. Die redlich-
ſten Gemuͤther, die fuͤr das Recht eifern, ſehen im Affect ſelten die Warheit ein, und
auch Kluge werden in der Hitze bethoͤret, eher eine Sache zu glauben, als zu unter-
ſuchen.
Schriftſtellern ganz ohne Grund gemishandelt worden. Fabricius hat uns die ſpoͤtti-
ſchen Reime des Poͤbels aufgehoben:
Herr Biſchof Herman Bey, Gab ſein Biſtum um ein Ey.
Herr Jodocus von der Recke, Warf ſein Biſtum gar in Drecke.
Dieſe ſaubre Poeſie hat ſich in alle Chroniken verbreitet. Der alte Ruſſow ſcho-
net das Andenken dieſer Maͤnner gar nicht, und die mehreſten machen ſie noch zu Be-
truͤgern und Landesverraͤthern. Jodocus oder Joſt von der Recke, ein Vetter des
Herrmeiſters gleiches Namens, beſas ohnſtreitig groſſe Eigenſchaften, welches Breden-
bach S. 24 coͤllniſcher Ausgabe und S. 220 der frankfurter Auflage, ſelbſt nicht
in Abrede iſt. Schardian im rußiſchen Kriege B. III, S. 40, thut ſeiner auch mit
Ruhm Meldung. Chytraͤus S. 467 ſchreibet Ruſſoven nach, daß er die Stiftsguͤter
verpfaͤndet, ſich mit den Geldern nach Weſtphalen begeben und muͤnſteriſcher Canoni-
cus geworden; als ihm aber Wilhelm Kettler, ein Bruder des Ordensmeiſters,
Gotthard Kettlers, in der biſchoͤflichen Wahl zu Muͤnſter vorgezogen worden, habe
er ſein Canonicat aufgegeben und ſich mit einer Cloſterfraͤulein Johanna von Heiden
vermaͤhlet. Nach ſeinem Abzuge ſol ſich Peter von Tieſenhauſen Muͤhe gegeben ha-
ben, das Biſtum an ſich zu kaufen, daher ihn das gemeine Volk in Liefland zum
Schimpf Gernbiſchof nante. Dieſes Maͤhrchen ſchnapft Fabricius auf, und ſchilt
den Handel eine Simonie. War auch wol ein Laſter ſo gros, welches ſich die Doͤrpti-
ſchen zu der Zeit nicht muſten vorruͤcken laſſen? Doch Recke wird noch deswegen ent-
ſchuldiget, daß er weggegangen, weil der Beitrit vieler angeſehenen Leute zur lutheri-
ſchen Religion und die Spoͤttereien ſeines Kapitels, das die Religionsveraͤnderung ſei-
nem gelinden Regimente zur Laſt legte, ihm in Doͤrpt das Regiment ſauer machte,
nicht zu gedenken, was die rechtmaͤßige Furcht vor einem unfehlbaren Kriege mit
Rußland zu ſeinem Wegzuge beigetragen. Seine Stelle bekleidete ein Dominika-
nermoͤnch, Herman von Weſel mit dem Zunamen Weyland, der auch aus Doͤrpt
anfangs fortwandern und nach der Bernhardinerabtey Valkena 2 Meilen von Doͤrpt
ziehen muͤſſen. Dieſer Ort lag in einer niedrigen und moraſtigen Gegend, und ſolte
ſeiner Thuͤrme und Mauren wegen gegen die Ruſſen zur Vormauer dienen. Her-
man ſtund dieſem Kloſter als Abt vor; und als ihn die doͤrptiſche Ritterſchaft 1553 po-
ſtuliret, ſol ſie ihm 3 Punkte vorgeleget haben. Erſtlich, daß er als ein Reichsfuͤrſt
die Muͤnchskutte ablegen und eine ſtandesmaͤßige Tracht annehmen ſolte. Zum andern
muͤſte er das heilige Abendmal unter beiderley Geſtalt ohne Unterſchied und oͤffentlich
reichen laſſen. Wie Herman das erſte eingieng, ſo kam es mit dem andern Punkte
nicht zu Stande, weil die doͤrptiſchen Lutheraner das Nachtmal nicht unter waͤh-
render Meſſe empfangen wolten. Der dritte Punkt war beſchwerlicher. Der Biſchof
ſolte nemlich ſich gegen die Ritterſchaft und Stadt mit einem Eide verbinden, daß er
weder muͤndlich noch ſchriftlich der lutheriſchen Lehre entgegen ſeyn wolle. Ruſſow
nennet Hermannen einen Schuſtersſohn, und ſtellet ihn vor als einen Klotz oder Balken,
der
wurde, und fuͤr Liefland am heilſamſten geweſen waͤre, wenn man demſelben ſeit et-
lichen Jahren beigepflichtet und nachgekommen waͤre, iſt hier aus der Feder des Herrn
Neuſtaͤdts nachgeſchrieben. Ruſſov, der gegen die gemeine Sage gar zu leichtglaͤubig
iſt, giebt dem Biſchof ſo wol als ſeinem Kanzler ein Verſtaͤndnis mit Rußland
ſchuld, dahingegen Henning ſolches wohlbedaͤchtig uͤbergehet. Bredenbach bemuͤht
ſich, den holtzſchuherſchen Rath laͤcherlich und ungereimt zu machen, und giebt
Holtſchuhern fuͤr einen groſſen Goͤnner der lutheriſchen Parthey aus. Weil nach-
her ſo viele Schriftſteller dieſen Rathſchlag nach dem Sin des Poͤbels gehaͤßig vorge-
ſtelt, ſo iſt er in Liefland beinahe zum Spruͤchworte eingefuͤhret. Wer den Zuſam-
menhang der doͤrptiſchen Veraͤnderungen einſiehet, wird die gemeinen Vorurtheile
fahren laſſen. Henning ſchreibt S. 25 von den Lieflaͤndern, es ſey durch ihre Suͤn-
den ſchon ſo weit gekommen, vt ſalus ipſa, etiamſi voluiſſet, eos ſeruare non potuiſ-
ſet, und doch ſuchte man den verzweifelten Schaden in Kleinigkeiten.
Aufſicht der hohen Obrigkeit gethan, was er wolte. Man habe ihn um des Goldes
willen gewehlet, da aber der Biſchof ausgebeutelt worden, habe er mit ſeinem Kanz-
ler practiciret, heimlich unter rußiſchen Schutz zu kommen. Allein der Freiherr Cru-
ſe ruft dieſes vor eine oͤffentliche Unwahrheit aus, und giebt uns dieſe Nachricht: Die
Staͤnde des Stifts Doͤrpt waͤren nach der Abreiſe ihres Herrn Joſts von der Recke,
welcher ſich veraͤndern wollen, veranlaſſet worden, ſich nach einem gelehrten, frommen
und aufrichtigen Man umzuſehen, und ihrer freien Wahl nach einen Herren zu erweh-
len, den ſie nirgends gelehrter, beredter, frommer und aufrichtiger zu ſuchen und zu
finden gewuſt, als in der Perſon des Abts zu Valckenau, welcher viele Jahre, ihren
alten Rechten und Gewohnheiten nach, als ein Haupt der Ritterſchaft, ihre Sachen al-
lewege mit beſonderer Geſchicklichkeit vorgebracht und gefuͤhret, dabey von Natur
from, und von GOtt mit hohem Verſtande begabt, auch von gutem Vermoͤgen gewe-
ſen. Es habe der Ritterſchaft viel gute Worte gekoſtet, ihn zur Annehmung der
Stiftsherrſchaft zu uͤberreden. Es habe kein Verfolgungsgeiſt, ſondern ein lauterer
Trieb, das goͤttliche Wort zu befoͤrdern, in ihm geherrſchet, daher bey der getheilten
Religion beide Partheien mit ihm zufrieden geweſen, wie er auch durch ſeinen Stifts-
vogt zur Abtretung der Stiftsſchulden viele tauſend Thaler bezahlen laſſen. Ein andrer
ungedruckter Verfaſſer giebt dieſem Herman das Zeugnis, daß er den Lutheranern
in vielen Stuͤcken nachgegeben, die 5 Jahre ſeines biſchoͤflichen Amts hindurch keine
Meſſe gehalten, und mit allen oͤftern und liebreichen Umgang geflogen. Die Catholi-
ken warfen ihm vor, daß er auf beiden Schultern truͤge, und gaben ihm Schuld, er
habe ſchlechte Leute und nicht ordentliche geweihete Prieſter hier und da ins Predigamt
geſetzt. Die Partheilichkeit oder auch die Einfalt verraͤth ſich bey ſolchen Urtheilen am
erſten; doch mus ihn Cruſe am naͤchſten gekant, und am beſten zu ſchildern gewuſt ha-
ben. Wie denn uͤberhaupt nach dem Bericht des letzten Schriftſtellers der Ungrund
von den in der Hiſtorie unſchuldiger Weiſe beſchimpften Landesverraͤthern nur alzudeutlich
in die Augen faͤlt.
von der Moſel durch Preuſſen angekommen war, und im haͤrteſten Winter nackend
und barfus, blos mit einem Sack bekleidet, herum gieng und die im Schwang gehen-
dem Laſter mit vielem Hochmuth beſtrafte. Er nahm weder Geld noch Brodt noch Klei-
der, als die er ſich mit Arbeit verdiente, wovon er auch in einem Tage mehr vor ſich
brachte als ein fauler Knecht in vielen Tagen nicht beſtellen konte. Er gieng dabey
fleißig zur Kirche, und wenn ihm die Prediger ſeinen Beruf von GOtt zur Beſtrafung
der Suͤnden zweifelhaft machten, ſo ſchalt er ſie fuͤr Heuchler. Dieſer wunderliche Se-
paratiſt verlor ſich auf dem Wege nach Narva, und man glaubt, die Bauren haben
ihn auf die Seite geſchaft. Siehe Ruſſov Bl. 39.
Peter Siſegaleider, welches letztere in der rußiſchen Sprache 7 Galeien oder Ga-
M m mleren
Die Schreibart damaliger Zeiten litte es nicht anders, als dieſen Man wie einen
Phalaris und ſeinen Herrn den Czaar wie den andern Nero zu ſchildern. Breden-
bach meinet, daß er die Belagerung von Doͤrpt regieret habe, welches den mehre-
ſten Zeugniſſen entgegen iſt. Neuſtaͤdt iſt allen dieſen Maͤnnern naͤher geweſen, und
ruͤhmte auch das Lobenswuͤrdige an ſeinen Feinden; ob er gleich manche barbariſche
Ausſchweifungen wuͤtender Soldaten nicht verſchweiget. Wenn man dem Camera-
rius glauben darf, ſo waren unter der tartariſchen Reuterey viel Weibesperſonen,
die theils ihr eigen Pferd ritten, theils hinter ihren Maͤnnern aufſaſſen. Sie waren
ſchon alte Vetteln, ſollen aber ganz unbarmherzig auf die Deutſchen zugeſchlagen ha-
ben. So ſabelhaft ſchreibt doch noch kein Geſchichtſchreiber von Liefland.
und von andern mit unter die Verraͤther von Liefland gerechnet. Und warum nicht?
Es war ja auf der Tortur von andern auf ihn bekant, daß er dem Czaar ein Praͤſent
mit 10 groſſen Oliven gemacht. Doch die 5 Soͤhne dieſes Mannes, Johan, Jo-
chim, Michael, Melchior und Abraham retteten die Ehre ihres Vaters, durch
einen
Botſchaft. Auch der narviſche Buͤrgermeiſter Herman Zur Moͤhlen, Heinrich
Koͤnne Rathsverwandter, und Johan des Vogts zu Narva Secretair beſchworen
am 22ſten May die Umſtaͤnde unſers obigen Berichtes, woruͤber der Magiſtrat in Revel ein
pergamentenes Jnſtrument zur Bezeugung der Unſchuld der narviſchen Deputirten aus-
ſtelte, gegeben am 29ſten November 1559. Da Ruſſov in ſeiner letzten Auflage die
Krumhauſen mit vertheidiget, und Henning ſeine Beſchuldigung in der neueſten
Ausgabe zuruͤck genommen; |ſo iſt es viel, daß der Herr Praͤpoſitus Kelch ſolches
nicht in Erfahrung gebracht, ſondern S. 225 einige Herren des Raths zu Narva und
dieſen Jochim Krumhauſen, eines heimlichen Verſtaͤndniſſes mit dem Feinde hal-
ben, den Verraͤthern von Liefland von neuen beizehlet, und ihnen aus Unwiſſenheit
eine Schuld aufbuͤrdet, von der ſie ſchon uͤber 100 Jahr obrigkeitlich losgeſprochen wor-
den. Und wozu brauchte es groſſer Verraͤtherey? Der Czaar entdeckte den lieflaͤndi-
ſchen Staͤnden in ſeiner Kriegserklaͤrung, Moskau vom Monat November 7066, die
Urſachen ſeines Feldzugs hinlaͤnglich und deutlich. Bredenbach liefert dieſen Fehde-
brief lateiniſch, aus dem ihn Guagnini und Hr. Schurzfleiſch abdrucken laſſen.
Venator hat ihn in deutſcher Sprache. Bey allen dieſen Schriftſtellern findet ſich
in der Declaration auch nicht eine einzige von den laͤppiſchen Urſachen und Zunoͤthi-
gungen, die einige Scribenten dieſem klugen Czaar zur Laſt legen. Denn daß der
Czaar die 5 oder 6 Compagnien deutſche Soldaten nicht in Liefland leiden wollen,
und auf ihre Abdankung gedrungen, als aber dieſes unterblieben, Krieg angefangen,
dergleichen Erzehlungen werden bey Vernuͤnftigen keinen Glauben finden. Jn obigen
Schriftſtellern mus nur die Jahrzahl des Briefes um ein Jahr zuruͤck geſetzet werden,
die bey ihnen 7067 iſt und 7066 heiſſen ſol.
ſtaͤdt. Bredenbach geht in einigen Stuͤcken von ihm ab, legt die Uebergabe den Buͤr-
gern allein zur Laſt, und bezeuget, daß der Biſchof ſich hart dagegen geſtraͤubet, ob er
gleich dieſen braven Herrn an einigen Stellen nicht ſo vortheilhaft ſchildert, weil er den
Lutheranern zu gewogen ſchien. Henning macht, wie ſein Herr Meiſter, lauter Ver-
raͤtherey daraus. Ruſſov aber kan es den Doͤrptiſchen gar nicht vergeben, daß ſie
ohne Sturm und Verluſt aus groſſer Furcht und Leichtfertigkeit, ohne Noth, ihre
Stadt dem Feinde uͤberlaſſen. Doch Ruſſov, der dem Wahn des Poͤbels glaubte,
wird
hart gezuͤchtiget. Es iſt GOtt und aller Welt bekant, ſchreibt Kruſe, was ſich die
Stadt fuͤr Muͤhe gegeben, ſich Mauren und Thuͤrme zu bauen, da ſie aber auf 3 Sei-
ten ſandigen Grund und auf der 4ten einen Berg hat, iſt ihre Vermoͤgen zu weiteren
Veſtungswerken unzulaͤnglich geweſen. Die Dompfaffen wolten nichts dazu beitragen.
Der Biſchof muſte wegen Schulden des Stifts ſein Schlos in dem alten und ſchlechten
Stande laſſen. Das grobe Geſchuͤtz war uͤberfluͤßig und nicht zu gebrauchen, weil die
Thuͤrme zu ſchwach waren. Die Ruſſen hatten alles untergraben. An einem Orte
lagen 6 Tonnen Pulver unter der Mauer. Der Feind ſtand ſchon im Thore. Die
Ordensarmee, welche die Stadt entſetzen ſolte, war 25 Meilen aus dem Felde, nicht
marſchiret ſondern gelaufen. Zwiſchen einem freien Leben und einem ſchmaͤligen Tode
waren kaum 24 Stunden Unterſchied. Was war hierbey kluͤgers zu thun, als die
Gnade des Ueberwinders anzunehmen?
Die Beſchuldigungen von Stolz, Pracht, Eigennutz, Ungerechtigkeit, uͤppigem We-
ſen und Uebermuth, ſo Ruſſov den Doͤrptiſchen zur Laſt legt, beantwortet Kruſe
kuͤrzlich ſo: Wir ſind deſſen nicht zu uͤberfuͤhren, ob wir gleich vor GOtt uns deſſen
ſchuldig geben. Haben wir uns durch Suͤndigen dieſe Gerichte GOttes auf den Hals
geladen, ſo wird dieſer heilige Carthaͤuſer ihnen in Revel auch nicht entlaufen. Er
fordert Ruſſoven auf, einen zu nennen, welcher ohnlaͤngſt die Gelder der Kirchen,
Schule, Witwenhaͤuſer und Armenanſtalten auf ſein Haus verſchreiben laſſen und da-
mit fortgezogen ſey, und leugnet frey, daß es jemand moͤglich geweſen, den Schuld-
nern bey der Uebergabe Renten und Kapital abzufordern, weil durch die vorigen Krie-
gesbeſchwerden alles ganz erſchoͤpft geweſen. Daß aber Ruſſov verlanget, die Rei-
chen in Doͤrpt haͤtten ſollen mit Gelde helfen, haͤlt Kruſe fuͤr unbillig. Viele ſagt er,
thaten es, zu ihrer und ihrer Erben groͤſtem Schaden, und doch ward damit nichts aus-
gerichtet. Wer wolte denn etlichen Privatperſonen deswegen die koſtbare Errettung
von Liefland aufbuͤrden, weil ſie reich waͤren. Cruſe erklaͤrt es ebenfals fuͤr eine
Unwarheit, daß die Ruſſen ſo viel Schaͤtze in Doͤrpt gefunden haben ſollen. Der
reiche Fabian von Tieſenhauſen hatte ſeine Baarſchaft auf dem Dome zu Revel, und
buͤſte in Doͤrpt nur etliche Kaſten mit Betten und Decken ein. Dieſes Mannes baa-
res Vermoͤgen giebt Ruſſov auf 80000 Thaler, andre nur auf 40000 Mark rigiſch an.
Kruſe wil, er ſey nie ſo reich geweſen, aber auch bey zugeſtandenem Fal doch nicht ver-
pflichtet den Krieg allein auf ſich zu nehmen. Das Kirchengeſchmeide der Domherren
war nach der Wyk gebracht, wo es Chriſtoph von Moͤnchshauſen fuͤr den Koͤnig
von Daͤnnemark erkauft haben ſol. Die in Doͤrpt gefundenen baaren Mittel betru-
gen keine 2000 Thaler, mit welchem kein Heer gegen die Ruſſen angeworben werden
konte. Wenn neue Schriftſteller in den Landesgeſchichten ihrer Zeit ſich ſo ſehr wider-
ſprechen, was fuͤr Unrichtigkeiten muͤſſen nicht in den alten Zeiten zu finden ſeyn, wo
es an Documenten fehlet?
Chronik, und eignete ihn in einer Zuſchrift dem damaligen Rathsverwandten in Riga Herrn
Frantz Neuſtaͤdt zu. Doch iſt er nie im Druck erſchienen. Die Pracht und der Staat in
Liefland, den Ruſſov ſo gros macht, iſt hier ziemlich eingeſchmolzen, wenn Kruſe bezeuget,
ein mittelmaͤßiger Adlicher in Deutſchland habe mehr Gold, Silber und Edelgeſteine auf ſeine
Pferde gehenget, als 5 Comturen und 20 Adliche in Liefland beſeſſen. Das Leben dieſes Frei-
herrn iſt eine Kette vieler ſeltſamen Begebenheiten, die aber groͤſten Theils in den dritten Theil
der Chronik fallen muͤſſen.
des Biſchofs mit dem rußiſchen Herrn Feldmarſchal tractiret habe, folget hier
Die Capitulation der Stadt Doͤrpt 1558.
I.Von Seiten des Biſchofs.
- 1. Der Biſchof bringet fein Leben in dem Kloſter Falckenau zu.
- 2. Erhaͤlt vom Czaar das dabey gelegene Gebiete.
- 3. Das Kloſter wird den Papiſten nach des Biſchofs Tode ewig gelaſſen.
- 4. Die Kapitelsherren behalten den Dom bey der paͤpſtlichen Religion, nebſt ihren
Haͤuſern und Guͤtern unter der Jurisdiction des Biſchofs. - 5. Die Adlichen, ſo rußiſche Vaſallen werden wollen, bleiben auf ihren Guͤtern.
- 6. Alle Kornwaaren, Victualien, Getraͤnke, Holz und andre Nothdurft iſt Zolfrey.
- 7. Der Biſchof mit ſeinen Raͤthen bleibt uͤber die Kapitelsherren, Moͤnche und ſtiftiſchen
Adel Oberherr. - 8. Behaͤlt in der Stadt ein freies Haus zu ſeiner Nothdurft ohne Einquartierung.
- 9. Seine Botſchaft an den Czaar oder ſeine eigene Perſon wird mit den benoͤthigten
Podwoden ohne Entgelt hin und her geſchaft. - 10. Er behaͤlt vor der Stadt einen Garten und Holzraum an dem Strome frey.
- 11. Seine Leute koͤnnen ungehindert in die Stadt ein- und ausgehen.
- 12. Derſelben Verbrechen gegen den Czaar wird von dem Marſchal gerichtet.
II.Der Magiſtrat nebſt der Stadt uͤbergab folgende Bitte:
- 1. Die Stadt wird bey der augſpurgiſchen Confeßion ohne Aenderung gelaſſen.
- 2. Die Kirchen mit den Ornamenten und der Adminiſtration bleiben.
- 3. Desgleichen auch die Schulen nach dem Alten.
- 4. Der Rath iſt nach dem Alten deutſch, und behaͤlt das Rathhaus, alle Einkuͤnfte,
die Gefaͤngniſſe, Kornhaͤuſer, Brodtſchragen, Fiſchſchranken, Muͤnze, Apotheke,
Buchſchreiberey, Prediger, Schulmeiſter, der Stadtsdiener Haͤuſer, den Marſtal,
die Muͤhlen, Graben, Teiche, Landguͤter, Fiſchzuͤge, Wage, Wrake, Gerichts-
braͤuche, Weddebraͤuche, Armen- und Kirchenhaͤuſer, Zolhaͤuſer, ſamt allen Ren-
ten und Einkuͤnften an Wein, Bier, Meth und allen Getraͤnken. - 5. Alle Protocolle, Erbbuͤcher, Rentbuͤcher, alte und neue Privilegien werden beſtaͤ-
tiget. - 6. Der Stadtvogt richtet allein uͤber Deutſche und Undeutſche, in geiſtlichen und
weltlichen, peinlichen und buͤrgerlichen Sachen. - 7. Die Stadt gebraucht das Schwerdtrichten nach dem alten.
- 8. Die Bauerſprache und alten Gebraͤuche in Proceſſen, Geſelſchaften, Wahl der
Aemter, Schragen, Kornmaſſe, Gewichte, Elle ꝛc. bleiben. - 9. Die Gemeine beſitzt beide Gildenſtuben zu ihren Hochzeiten und Amtszuſammen-
kuͤnften. - 10. Die Schwarzenhaͤupter behalten ihr Haus zu ihrem Verkehr und Geſelſchafts-
trinken.
11. Nach
- 11. Nach Ruß- und Deutſchland bleibt der Handel ſtets frey ohne allem Zol.
- 12. Bier, Meth und Brantewein ſind Acciſefrey, auſſer was der Rath darauf leget.
- 13. Die Heirathen ihrer Soͤhne und Toͤchter mit Auslaͤndern ſind erlaubt.
- 14. Jeder ziehet ab wenn er wil mit Haab und Gut ohne Abzugsgeld.
- 15. Kan auch das Seine verkaufen an wen er wil ohne Abzugsgeld.
- 16. Kan frey wieder zuruͤck kommen.
- 17. Die Kriegesleute ziehen mit Ober- und Untergewehr, mit Sack und Pack ungehin-
dert ab. - 18. Welcher Buͤrger nicht bleiben wil, bekomt nach Gelegenheit innerhalb 8 oder 14
Tagen ſeinen Reiſepas. - 19. Die ausheimiſchen Kaufleute ſo wol als die rußiſchen, koͤnnen bey den Buͤrgern
zur Niederlage einziehen und handeln. - 20. Kein Gaſt ſol mit dem andern Gaſt, von Deutſchen oder Ruſſen, ſondern al-
lein mit den Buͤrgern handeln. - 21. Der Rath behaͤlt durch ſeine Amtsperſonen die Aufſicht und Gerichte uͤber alle
deutſchen und undeutſchen Aemter, auch uͤber die Geſelſchaft der Fiſcher, die man
Huͤerlinge nennet. - 22. Die Jahrmaͤrkte ſind ungeſtoͤrt.
- 23. Der Rath ertheilet in zulaͤßigen Faͤllen den Verbrechern ein frey Geleite.
- 24. Theilet auch die Paͤſſe mit zur Hin- und Herreiſe.
- 25. Kein Buͤrger wird in ſeinem Hauſe mit Kriegesleuten beſchweret.
- 26. Niemand darf nach Rußland abgefuͤhret werden.
- 27. Alle buͤrgerliche und peinliche Verbrechen, ſelbſt gegen den Czaar innerhalb des
Rathsgrenzen, werden von den Voͤgten des Raths beſtrafet. - 28. Aller verſtorbenen Auslaͤnder Nachgelaſſenſchaft wird frey anders wohin verabfol-
get. - 29. Alle Erbſchaften, die in Jahr und Tag nicht abgefordert werden, fallen dem Rath
anheim. - 30. Die kuͤnftigen Buͤrger ſollen von dem Rath das Buͤrgerrecht erhalten, dem Czaar
ſo wol als dem Rath den Eid leiſten, und die Gildenſtube gewinnen. - 31. Begehret ein Rath, daß von ihren geſprochenen Urteln die Appellation moͤge nach
dem alten an die Stadt und den Rath zu Riga ergehen, ſintemal ſie ihr Recht
aus den rigiſchen Rechten, ſo ihnen von Kaiſer und Paͤpſten gegeben, urteln und
ſprechen. - 32. Keines doͤrptiſchen Buͤrgers oder Kaufmans Geld oder Gut wird in Rußland
arreſtiret, noch ſeine Perſon gehemmet, um Schulden wegen, die zu Doͤrpt ge-
macht ſind. - 33. Die Buͤrger haben Freiheit, Getraide, Victualien, Hopfen und Honig aus
Rußland zu holen. - 34. Alle Kaufleute aus Ruß- und Deutſchland haben ihre freie Niederlage, ſind
Zolfrey und entrichten blos dem Rathe die Gebuͤhr von Gewichte, Wage und der
Wrake.
geſchickt, wo ihm der rußiſche Kanzler eroͤfnet, der Biſchof wolle ſich unterwerfen,
wenn ihm der Kaiſer aller Reuſſen bey ſeiner Religion und Freiheiten laſſen wolte.
Luſtver flochte den Stiftskanzler Holtſchuher mit in den Handel, als ob der Biſchof
mit dieſem alles verabredet. Holtſchuher, ſagte er, habe ihn vor den Biſchof gefuͤh-
ret, alsdenn habe ihm der Biſchof 55 Thlr. und 45 Mark Ferdinge zum Reiſegelde ge-
zahlet, 40 Thlr. nachgeſchicket, ihm die Hand drauf gegeben, daß er ihn wegen der
Reiſe gegen allen Anklaͤger ſchuͤtzen wolte, mit den angehengten Worten: Jch wil dich
zum Manne machen. Er fuͤhrte auch die Worte an, welche ſich der Biſchof ſol ha-
ben verlauten laſſen, daß der Czaar Gewalt brauchen, und die doͤrptiſchen Deutſchen
mit
unter ſeinen Schutz begeben wolte. Von ſich geſtand Luſtver noch, daß er dem Czaar
den ſchwachen Zuſtand der Stadt Doͤrpt und den Mangel an Soldaten entdecket, und
die Anſchlaͤge auf Kyranpeh angegeben, weil er ſich auf ſeines Biſchofs Schutz ver-
laſſen; die Stadt habe aus ihrem Mittel einen Buͤrger Gert Bock, ein gleiches dem
Czaar zu hinterbringen, nach Moskau abgeſchickt. Der Weinſchenke in Wenden,
Facke, ſagte aus, daß ihn die Luͤbiſchen zur Verraͤtherey verfuͤhret, weil ſie im Na-
men der Hanſeeſtaͤdte durch ihn an den Kneſen zu Jvanogrod unterſchiedene Ge-
ſchenke geſandt, auch eigne Boten uͤber Schweden oder Pohlen, oder Narva nach
Rußland abgehen laſſen, um zu Jvanogrod ein Contoir zu errichten. Bey die-
ſer Ausſage ſchrie Facke unter der Marter ohn Unterlas: Mein Blut wird ſchreien
uͤber die Luͤbiſchen bis zum juͤngſten Tage, die mich dazu gebracht. Er bekante noch
auf einen Amſterdammer, ingleichen auf einen Undeutſchen bey Riga Namens
Melleke, wie auch auf einen deutſchen Kaufgeſellen, der ſich zu Pleskow umtaufen
laſſen, und deſſen Mutter zu Riga betteln gehe, zuletzt auf 10 ßk. groſſe Oliven, die
Krumhauſen aus Narva an den Czaar mitgenommen, welche aber ſo wenig des
Hochverraths uͤberwieſen waren, als die andern Mitſchuldigen. Man ſprengte ſo gar
im Lande aus, daß der Kanzler ſelbſt geſtanden, er und ſein Biſchof haͤtten den
Ruſſen Doͤrpt in die Haͤnde geſpielet. Dieſes Geruͤchte kam dem Biſchof zu Ohren,
als er ſchon nach Moskau gefangen gefuͤhret worden, welcher denn zur Rettung ſeiner
Ehre und Unſchuld 2 Briefe, unterm 15ten Jun. und 12ten Jul. 1559 an den Ordens-
meiſter ſandte, beide faſt gleiches Jnhalts. Er ſchreibt, er koͤnne unmoͤglich glauben,
daß ſein Kanzler von ſich und ihm eine Verraͤtherey ausgeſaget, wenn ſelbiges nicht
aus Verzweifelung und verruͤcktem Gemuͤthe hergefloſſen. Des Kanzlers Abzug aus
dem Stifte beweiſe, daß er keines Verſtaͤndniſſes mit Rußland zu beſchuldigen ſey,
da er ja ſonſt in Doͤrpt bleiben und bey dem Czaar Schutz ſuchen koͤnnen. Luſtvers
Bekentnis ſey durch die Tortur ausgepreſt, und haͤtte er, der Biſchof, ihn ſelbſt ge-
faͤnglich angehalten, weil Luſtver faͤlſchlich vorgegeben, daß er auf der wolmeri-
ſchen Tageleiſtung von dem Biſchof einen verdaͤchtigen Brief empfangen und dem
Czaar uͤberbracht; Luſtver wuͤrde nicht dem Herrn Meiſter ſeyn ausgeliefert worden,
wenn nicht der Biſchof ſich ſeiner eigenen Unſchuld bewuſt waͤre; er habe aber wie Ju-
das, den Lohn ſeines boͤſen Gewiſſens in Verrathung der Unſchuldigen empfangen.
Der Biſchof entſchuldiget ſich wegen des Schreibens, ſo Luſtvern eingehaͤndiget wor-
den. Es ſey durch ſeine Raͤthe, Kapitel und Ritterſchaft durch Anreitzung und Be-
willigung des ritterlichen deutſchen Ordens abgefaſſet, des etwanigen Jnhalts, es
moͤchte der Czaar wegen der langen Verweilung keinen Argwohn faſſen, maſſen die
wolmerſche Verſamlung zur Einſchickung einer Ritterſchaft vorgenommen ſey, wel-
chen Brief er zum Beweis ſeiner Unſchuld aus der czaariſchen Kanzley wieder auszu-
wirken und vorzuweiſen verſpricht. Und weil der Czaar ihm Verſicherung gegeben,
daß er nach geſchloſſenem Frieden wieder in ſein Biſtum kommen ſolte, ſo bittet er fuͤr
alle ſeine Bedienten, daß man mit ſolchen nicht zum Tode eile, weil ſie ſo wenig als
er Schuld haben. Zu ſeiner eigenen Unſchuld fuͤhrt er ſein jetziges Elend an, welches
ihn unmoͤglich betreffen koͤnnen, wenn er mit dem Czaar in einem Verſtaͤndnis gewe-
ſen waͤre. Der Kaiſer und andre Potentaten gaben ſich ſchon vorher Muͤhe, den
Kanzler Holtzſchuher durch ihre Entſchuldigungsſchreiben an Fuͤrſtenbergen und
Kettlern auf freien Fus zu ſetzen. Ja man glaubte die in der erſten Hitze ſo gros
gemachte Verraͤtherey in Liefland ſelbſt nicht mehr, daher die pohlniſchen Revi-
ſionsherren 1597 dieſen Kanzler Generoſum Georgium Holtzſchuher, nobilem Fran-
cum, extraneum quidem, bene tamen de Liuonia et republica meritum nennen. Ob
nun gleich dieſer beruͤhmte Man ſeines Arreſts entlediget ward, ſo zog er ſich
doch dieſe Kraͤnkung dergeſtalt zu Gemuͤthe, daß er zu Hapſal, am 6ten Sept. 1559
fruͤh Morgens zwiſchen 3 und 4 Uhr, nicht im Gefaͤngnis, noch viel weniger morte
non honeſta, wie Bredenbach und andre ihm nachſchreiben, ſondern in ſeinem
eigenen Hauſe verſchied, und auf dem Domkirchhof zu Hapſal vor der Kirchenthuͤr
begraben wurde. Ein noch vorhandener Brief, in welchem ſeine Gemahlin an deſſen
P p pVer-
einem Schutzgenoſſen des hochwuͤrdigen Fuͤrſten und Herrn zu Oeſel und Curland.
Seine Gemahlin war Dorothea von Orgies, eine Tochter Bertrams von Orgies
genant Rutenberg, und Catharinen von Vietinghof. Sie ſtarb 1576 am 8ten
Merz und ward am 12ten eben des Monats in der Domkirche zu Riga beerdiget.
Der aͤltere Sohn Georg Holtzſchuher kam als Capitain von der Garde des Gra-
fen Wilhelm von Naſſau, Feldmarſchals der vereinigten Niederlande, zuruͤck,
ward Domherr des Stifts zu Doͤrpt, und ſtarb 1607 auf dem koͤniglichen Schlos zu
Cremone. Der juͤngere Bertram, den Kelch S. 385 unrichtig Bernhard ſchrei-
bet, war Succamerarius von Doͤrpt, koͤniglich-pohlniſcher Reviſionsherr, her-
nach Senator des Reichs, Caſtellan der Woywodſchaft Doͤrpt, Erbherr zu Bre-
men und Billenhof, Hauptman, Pfleger und Pfandherr des Schloſſes Cremona.
Er vermaͤhlte ſich mit Gerdruta Voͤlckerſam, Walthers von Rein Witwe, und
zum andern mal mit Agnes, Wilhelms von Effern auf Stallberg, Burggra-
fens von Doͤrpt und Eliſabetha von Bilinckhaus Tochter.
aus Wien von 11ten Sept. 1558 fuͤhrt der Kaiſer an, daß der Czaar nicht ihm, ſon-
dern der Chriſtenheit Liefland entwenden wolle, welches er der Chriſtenheit gerne wol-
te erhalten wiſſen. Es wuͤrde Schweden gefaͤhrlich fallen, wenn dieſer maͤchtige
Nachbar Meiſter von der Oſtſee wuͤrde, daher moͤchte Guſtav nebſt andern benach-
barten Maͤchten den Meiſter und deſſen Laͤnder mit Huͤlfe, Troſt, Schutz und Bei-
ſtand nicht verlaſſen, welchen Gefallen der Kaiſer mit aller Freundſchaft zu verſchulden
verſpricht. So wol dieſer als die uͤbrigen kaiſerlichen Briefe geben genugſam zu erken-
nen, daß weder die Kaiſer noch das Reich die Lieflaͤnder fuͤr ihre Unterthanen gehal-
ten *). Jndeſſen ſandte der Kaiſer das folgende Jahr des Hoch- und Deutſchmeiſters
Vafallen nach Liefland, um ſich von den daſigen Angelegenheiten naͤher zu unterrich-
ten. Dieſe kamen 1560 zu Speier an und ſtelten die Noth gros genug vor: was
half es aber?
rii prouinciam nennen. Jn den lateiniſchen Huͤlfs- und Schutztractaten mit Pohlen,Vilnae
d. vltim. Aug. 1559, bedienet ſich der Ordensmeiſter Kettler der Ausdruͤcke: Ne Moſchi in S. Rom.
Imp. prouinciam, quae nomine protectionis et Clientelae Sacratiſſimae Ipſius Regiae Maieſtatis
iam quodammodo facta eſt, hoſtilia arma inferant; welche nichts anders ſagen, als daß der bey
Pohlen geſuchte Schutz dem Koͤnige eine Befugnis und Recht ertheile, fuͤr die Lieflaͤnder zu
fechten und ſich ihrer anzunehmen. Das Eigenthum dieſer Lande aber dem Koͤnig zu uͤbertra-
gen, duͤrfte Kettlern dismal wol nicht eingefallen ſeyn. Ein mehreres von dem Bande, mit
welchem Liefland ans deutſche Reich verknuͤpft geweſen, komt am Ende dieſes Theils vor.
Brever hat etwas davon auszugsweiſe in die erbauliche Vorrede zum rigiſchen Ge-
ſangbuch beigebracht. Weil aber das gar ſchoͤne Document von Errichtung dieſer mil-
den Gift einen klaren Beweis enthaͤlt, daß man die evangeliſche Lehre von guten Wer-
ken nicht trennen, ſondern vielmehr die letzten mit der erſten verbinden wollen, uͤber-
dem die Namen etlicher wohlverdienter Buͤrger darin aufbehalten worden, davon noch
manche Familien bluͤhen, ſo iſt es billig, daß auch Wohlthaten nach dem Tode unver-
geſſen bleiben, und wir die ganze Stiftungsformel der Nachwelt aufbehalten, die von
dieſer Stiftung noch jetzo den Genus hat. Vielleicht werden durch dieſes Blat noch
manche zur Nachahmung ihrer Vorfahren erwecket.
Jm Namen der heiligen und unzertheilten Dreyfaltigkeit, des Vaters,
des Sohnes und des heiligen Geiſtes. Amen!
Kund und offenbar ſey allen menniglich, ſo |dieſe gegenwaͤrtige Fundadion ſehen, hoͤ-
ren oder zu ewiger kuͤnftiger Gedaͤchtnis leſen.
Nachdem und als von der ewigen Weisheit der Menſch, wie er nach des Almaͤchti-
gen ſeinen Bildnis geſchaffen und verordnet iſt, das Reich GOttes und die Werke
goͤttlicher Tugend und Gerechtigkeit vor allen Dingen zu ſuchen und zu befoͤrdern, auch
ſo viel als menſchliche Sinne und Vernunft aus Einflus und Wirkungen des heiligen
Geiſtes mit Verſtand mehr erleuchtet und begabet ſeyn; die mannichfaltige unaus-
ſprechliche Gnade und Wohlthat, ſo der Almaͤchtige an uns gewandt, zu verſtehen
und zu bekennen; ſonderlich aber dieweil er die Gemeine dieſer guten Stadt Riga vor
etlichen andern umliegenden und benachbarten aus unermeslicher, groſſer und unabgruͤnd-
licher Gnade und Barmherzigkeit mit dem hochtheurbaren und unvergeltlichen Schatz
ſeines allerheiligſten gnadenreichen und allein ſeligmachenden goͤttlichen Wortes vor
30 Jahren gnaͤdiglich heimgeſuchet, und ihnen durch die Diener deſſelben ohne einige Ver-
faͤlſchung und Jrthum lauter und klar nach chriſtlicher apoſtoliſcher Lehre vortragen und
die hochwuͤrdigen Sacramente beiderley Geſtalt, inmaſſen dieſelben von unſerm Se-
ligmacher dem Herrn JEſu Chriſto ſelber eingeſetzet und verordnet, zu Lobe ſeiner
hohen goͤttlichen Majeſtaͤt und uns armen elenden Suͤndern, die wir in dieſen weit ab-
gele-
len wir wiederum deſto geneigter ſeyn, derſelben ſeiner hohen goͤttlichen Majeſtaͤt Lob
und Ehre dafuͤr zu geben und zu ſagen, auch herzlich anzuflehen und zu bitten, uns
bey derſelbigen Religion goͤttliches Worts, Lehre, ingleichen warhaftigen Sacramenten
bis an den Tag, da er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Todten, gnaͤdig-
lich zu erhalten. Und ob nun wol ein ehrbarer Rath, Elterleute und Aelteſten und
ganze Gemeine dieſer Stadt, unſre Vorfahren, in Zeiten als ſolches gnadenreiche Licht
bey ihnen erſchienen, den Herren Praͤdicanten, Kirchendienern und Schulmeiſtern eine
ziemliche Beſoldunge nach eines jeden Gelegenheit geſtiftet und verordnet haben, und
wir hierin benante Perſonen aber bey uns aus chriſtlichem Gemuͤthe uͤberleget und be-
wogen, daß ſich die Haushaltung in jetzigen theuren Zeiten von Tage zu Tage je laͤn-
ger je mehr ſteigert, und bekennen muͤſſen, daß das goͤttliche Wort nicht allein durch
Kirchengehen und das Gehoͤr befoͤrdert und Gehoͤr haben wil, ſondern auch dadurch,
daß den Verkuͤndigern goͤttliches Worts als unſern Seelſorgern, ſo ferne ſie eines ehr-
lichen Lebens, Handels und Wandels ſeyn, zu ihrer leiblichen Aufenthaltung zu Steu-
er und Huͤlfe gekommen werde, auf daß ſie die weltlichen Geſchaͤfte und ſonſt die Nah-
rung in Vergeſſen ſtellen, und ihres Amts deſto fleißiger wahrnehmen, und dem vor-
ſtehen moͤgen: ſo haben wir Untenbenante dem Almaͤchtigen zu beſondern Ehren und
zur Foͤrderung und Handhabung ſeines allerheiligſten Worts rechtes Wiſſens wohlbe-
daͤchtig 480 Mark rigiſch jaͤhrlicher, ewiger und immerwaͤhrender Rente mit 8000
Mark Hauptſumme aus unſern redeſten Guͤtern, willigen chriſtlichen Herzens und Ge-
muͤths geſtiftet, fundiret und verordnet, des iſt eines jeglichen Tauf und Zunamen,
ingleichen die Summe ſeines Zuſchuſſes mit allen weitern Bericht zu vernehmen wie
folget:
- Jch
- Mk.
- Vincent Glandorff1000
- Jaſper Romberg500
- Melchior Spenckhuſen500
- Hans zum Berge500
- Hans Lindemann250
- Reinhold Thene200
- Hans Ludinghauſen200
- Gotthard Loddermann200
- Joſt von Loch200
- Marten Proͤveſtingk200
- Frantz Schroeder200
- Gerdt Friderichs200
- Caſpar Drelingk200
- Joachim Ronnenberg200
- Wilhelm Spenckhuſen200
- Hinrich Moͤller, der Kramer 200
- Johan Dulle200
- Evert Bothe200
- Dirich Menningk150
- Albrecht Hintz150
- Hans Koͤningk100
- Wilhelm von Becke100
- Caſpar Hartmann100
- Jch
- Mk.
- Bartholomaͤus von Schwie-
dern100 - Albrecht Vorwerck100
- Hans Groenne100
- Caſper Gantzkaw100
- Wilhelm Teſchen100
- Hans Hilken100
- Hinrich Durkop100
- Hans Soͤvenbom100
- Antonius Remenſchnider100
- Hinrich von Zinten100
- Carſten Soͤvenbom100
- Herman Hartmann50
- Stephan Grever50
- Caſper Moͤller50
- Albrecht Voltel50
- Hans Buſch50
- Hinrich Moͤller200
- Lorens Evers100
- Herman Roͤder100
- Hans Weſterode100
- Oloff thor Hacke100
- Hans Holtmann.100
Q q qUnd
chriſtlichen Werke mit ihren milden Gaben zu Huͤlfe kommen, dieſelben ſollen ihre
Summen unten aufs Spatium dieſer Fundation nebſt Setzung ihres Namens und Zu-
namens benennen und zu mehrerer Sicherheit ihr Pitſchier anhangen.
[Nachdem nun die ganze Verwaltung dieſer Gelder einigen aus der Gemeine uͤber-
tragen, und fuͤr arme aber doch tuͤchtige Buͤrgerskinder etwas mit zum Stipendio
ausgeſetzt worden, wenn ſie ſich zum Predigtamt wollen zubereiten laſſen, ſo heiſt
es zum Schluſſe:]
Jn Urkund und mehrerer Befeſtigung obgeſchriebener Dinge haben wir Stifter
mit Namen, wie vorgemeldet, vor uns und unſre Nachkommen unſer gewoͤhnlich Pit-
ſchier unten an dieſe Fundation und Stiftungsbriefe wiſſentlich hangen laſſen, der gege-
ben und geſchrieben zu Riga am heiligen Oſterfeſte nach Chriſti unſers Herren Geburt
funfzehn hundert und darnach im acht und funfzigſten Jahre.
[Durch dieſes loͤbliche Exempel wurden noch mehrere zur Nachfolge gereitzet und
trugen zu dieſer Anſtalt bey]
- Jch
- Mk.
- Jeronymus Krab50
- Lammert Sturmann100
- Peter Wibers100
- Wilhelm Folckener100
- Diedrich Rigemann200
- Marcus Wibers100
- Jochim Ebel200
- Hans Proͤveſtingk50
- Dirich Ackermann100
- Philips Middendorff50
- Evert Loddermann100
- Franz Roͤck100
- Caſpar Meyer100
- Simon Oldenburg150
- Baltzer zum Berge200
- Paul Thoͤle100
- Andreas Wincken200
- Roͤtger zur Horſt200
- Jochim Rigeman100
- Ludolph Halder100
- Andres Fridrichs150
- Jch
- Mk.
- Goſin Parbes50
- Caſpar zum Berge200
- Evert Oettingh500
- Lutke Heine150
- Berend Fridrich150
- Berend Speyer50
- Evert Husmann150
- Berend Sternberg100
- Herbert Vlrichs100
- Hans Mens100
- Peter Schoͤtteler400
- Jochim Graſſell100
- Jacob Kuſe100
- Tewes Weuer100
- Hans Schmidt50
- Hans Munſter100
- Hinrich Muckenborg100
- Hans Burentin100
- Harman Carſtens100
- Didrich Junge50
[Endlich traten noch hinzu:]
- Mk.
- (Ao. 1618) Hans Witte500
- (Ao. 1635) Antonii Chriſtianus1500
- Mk.
- und Hans Krum.1500
und zuletzt fuͤrſtl. juͤlichſcher Rath und Hauptman auf Blanckenſtein. Einige,
als Scharden, Chriſtian Cilicius und Menius, machen dieſen Man zu ſtolz,
als habe er eine ſo geringe Kleinigkeit von 100000 Ducaten nicht annehmen wollen,
woruͤber der Herr Meiſter ganz ungehalten geweſen. Andre berichten, die Lieflaͤn-
der haͤtten auf die Staͤdte Hamburg, Luͤbeck und Luͤneburg zwar Anweiſung er-
halten: allein gemeldte Staͤdte haͤtten fuͤr Liefland ſo viel Geld nicht in Bereitſchaft
gehabt; weil ihnen die Handlung nach Narva geſchmaͤlert worden. Bey dieſer Un-
wisheit merken wir nur dieſes als das Gewiſſeſte an, daß darauf nimmermehr auch nur
ein Kreuzer an Liefland ausgezahlt worden.
ten
ſchworen. Am 10ten oder 14ten Febr. 1560 nahmen die koͤniglichen Bevolmaͤchtigten
Stanislaus Gabriel Narkurski, Domherr zu Vilna, und der koͤnigliche Se-
cretair Nicolaus Naruſcewitz in Riga auch von einigen Ordensgebietigern den
Eid, welchen Chriſtoph von Neuenhof (de villa noua) ſonſt Leye, Senior;
Philip Schall von Bell auf Goldingen und Matthias von der Recke zu Do-
blin Comture; Heinrich von Galen Senior in Bauske; Chriſtoph Sytar von
Dornburg (a dumeto) in Candau; Wilhelm Schilling Senior in Selburg;
nebſt den Voͤgten Johan Bockhorſt und Gerhard Nolle ablegten. Das Jn-
ſtrument haben unterzeichnet, die mit Rettlern zu Wilna geſchworen, Caſpar von
Biberach in Viſchlingen Vicecomtur zu Riga, und der herrmeiſterliche Rath Ot-
to Grothauſen.
hen Abkoͤmlingen. Dieſelben nebſt deren Wapen abzuſchreiben, moͤchte ſich wol beſſer
zu einer herzoglichen Hiſtorie von Curland, als zu einem ſo kleinen Periodus der kett-
lerſchen Thaten ſchicken. Jnzwiſchen kan man ſich Kirchners Reden zum Durchle-
ſen bedienen, die manches von ſeinen Lebensumſtaͤnden enthalten.
der ihn fuͤr einen uͤber die See ihnen zugefuͤhrten Schutzherrn von Liefland hielt, aber
auch das Schickſal, daß die ehmaligen Raͤthe des Stifts Doͤrpt aus Grol gegen den
Ordensmeiſter ihm allerhand Anſchlaͤge in den Kopf ſetzten, zu deren gluͤcklichen Ausfuͤh-
rung der Nachdruck fehlte. Sein Herr Bruder, der Koͤnig Friedrich, ſchickte Ge-
ſandten an den Czaar mit, um ihm dieſen Prinz beſtens zu empfelen, nnd wegen der
Niederreiſſung der rußiſchen Kirchen in Liefland eine Vermittelung zu treffen.
Aber die Geſandten gelangten nicht zu ihrem Zweck; welches der Koͤnig fuͤr kein gut
Zeichen hielt, und daher ſeinen Bruder Magnus zum Coadiutor des Stifts Hildes-
heim erwehlen lies, welche Wahl aber der daſige Biſchof Burchard hintertrieb.
Er gieng 1561 wieder nach Daͤnnemark, wo ihm der Koͤnig Ueppigkeit, Schulden und
andre Fehler vorruͤckte, welches doch ſeine Frau Mutter alles wieder ins Gerade
brachte. Der Koͤnig ſchrieb an ihn nach Oeſel, und an die daſige Geiſtlichkeit, ſie
moͤchten in Religionsſachen beſcheiden und ſanftmuͤthig zu Werke gehen; wodurch denn
die Reformation vollends zu Stande kam. Seine Rechnung auf die daͤniſche Huͤlfe
ſchlug ihm fehl, und den ſchwediſchen Schutz hatte er ausgeſchlagen, welches ſeinen
Abſichten zu groſſem Nachtheil gereichte. Die Begebenheiten dieſes Herrn, ſein ab-
wechſelndes Gluͤck, ſeine Vermaͤhlung mit einer rußiſchen Prinzeßin Eudoxia,
die ihm voͤllig aͤhnlich geſehen haben ſol, oder nach andern mit Maria*) eines Wal-
demar Andrewitz Prinzeßin Tochter, ſeine uͤbrigen Verdrieslichkeiten und das Ende
derſelben gehoͤren in den folgenden Theil. Daß Magnus, als nachmaliger Koͤnig von
Liefland, wovon man eine Muͤnze aufzeigen wil, auf alle ſeine Titel ohne Pfand
keine hundert Mark geborgt bekommen koͤnnen, meldet unter andern der Baron
von Holberg in der daͤniſchen Reichshiſtorie B. II, S. 515 u. f. Die ungeheure Be-
ſchreibung ſeiner Perſon, welche der catholiſche Fabricius von ihm gemacht, iſt den
daͤni-
Verwandſchaftsnamen dieſer Prinzeßin Maria irren ſollen: ſo wollen wir dieſelbe aus einer
Hand-
ſchrift auf lutheriſche Prinzen, und lautet dabey ſo niedertraͤchtig, daß Fabricius
dieſer und vieler andern Unſinnigkeiten wegen das Buͤrgerrecht unter den lieflaͤndi-
ſchen Geſchichtſchreibern ſchon lange verloren hat.
Herrn Vicepr. von Brevern zugeſchickt.
| Jvan Czaar von Moskau † 1505 | |
| Waſili vorher Gabriel Czaar zu Moskau † 1527 oder n. a. 1535. | Andreas |
| Jvan Waſiliwitz, geboren 1528 den 26. Aug. † den 28. Merz 1584 war Czaar von Moskau und hatte 7 Gemahlinnen | Wolodimar Andrewitz, der 1568 mit ſeiner Gemahlin und 4 Kinder erſchla- gen wurde. Die einige ſo uͤbrig blieb, war |
| Maria, Gemahlin des Herzogs Magni. |
Herzogtum Curland lange nicht annehmen, ſondern wieder nach Deutſchland gehen,
bis er ſich endlich durch inſtaͤndiges Bitten, Flehen und Vermahnen ſeiner abgedankten
Raͤthe, welche ihn mit heiſſen Thraͤnen und klaͤglichen Geberden, muͤndlich und ſchrift-
lich darum baten, dazu bewegen lies. Dieſe gar zu groſſe Selbſtverleugnung berich-
tet uns Henning S. 65. Er ſchreibt es als koͤniglich pohlniſcher Secretair und Rath
des Herzogs von Turland.
kennen lernen, ſo wollen wir hier den liefern, welchen der letzte Herrmeiſter der Stadt
Riga gegeben, nachdem er ihr ſchon den Wall von der Jacobspforte an bis ans
Ende des Jungfernkloſters, und uͤber dem die Sandmuͤhle mit der Waſſerleitung, am
Johannistage abgetreten:
Wir von GOttes Gnaden Gothardt, Meiſter des ritterlichen Ordens zu Lyfland,
thun kund, bekennen und bezeugen vor allermaͤnniglich ſo dieſen unſern offenen
verſiegelten Brief ſehen, hoͤren oder leſen, zu ewiger kuͤnftiger Gedaͤchtniſſe. Nachdem
wir dann nechſt goͤttlicher Vorſehung durch ordentliche Wahl der Unſern zur Wuͤrde
und Hoheit des Meiſterthums zu Liefland gekohren, auch derhalben von der roͤmiſch-
kaiſerlichen Majeſtaͤt, Unſern allergnaͤdigſten Herrn, verlehnet, beſtaͤtiget und befeſtiget,
und aber die ehrſamen, vorſichtigen und wohlweiſen Buͤrgermeiſter, Rath, und Gemeine
unſer und unſrer Ordensſtadt Riga unſern Vorfahren ſamt allen derſelben Nachkom-
men mit Eid und Unterthaͤnigkeit verpflichtet geweſen, haben ſie den 22ſten Jun. durch
ihre ſtatliche Botſchaft aus dem Rath und ganzer Gemeine zu Riga, mit uns nach
Ueberreichung und Zuſtellung der von dem hochwuͤrdigen grosmaͤchtigen Fuͤrſten nnd
Herrn, Herrn Wilhelm Fuͤrſtenbenbergs, alten Meiſter zu Liefland unſern
S s sfreund-
mißion voriger Eidesleiſtung *) etliche Unterredung und Handlung ihrer Privilegien und
Herrlichkeiten halben, nebſt Empfangung unſrer Pflicht und Herrlichkeit der Stadt
Riga gehalten, alſo, daß ſie uns und unſern Nachkommen geredet und gelobet die
ſchuldige gebuͤhrliche Eidespflicht und Huldigung, alſobald von wegen unſer und un-
ſers Ordens Herlichkeiten und Gerechtigkeiten zu thun in Form und Geſtalt wie
folget:
Jch N. N. lobe und ſchwere dem hochwuͤrdigen, grosmaͤchtigen Fuͤrſten und
Herrn, Herrn Gotthardt, Meiſter des ritterlichen deutſchen Ordens zu Liefland,
ihrer fuͤrſtlichen Gnaden deſſelben ritterlichen deutſchen Ordens Nachkoͤmlingen zu ih-
rer fuͤrſtlichen Gnaden gebuͤhrenden halben Antheil der Stadt Riga treu und hold
zu ſeyn, zu Waſſer und zu Lande, innen und auſſen Landes ihrer fuͤrſtlichen Gna-
den und derſelben Nachkommen, wie obberuͤhret, beſtes zu wiſſen und aͤrgſtes zu
kehren, als das ein getreuer Unterthan ſeinem rechten natuͤrlichen Landesfuͤrſten und
Herrn zu thun ſchuldig iſt, als mir GOtt helfe und ſein heiliges Evangelium.
Hinwiederum haben wir Gotthardt Meiſter obgemeldt mit reifem Rathe, Conſenz
und Vollbordt unſrer wuͤrdigen Mitgebietiger, vor uns und unſre Nachkommen und
ganzen Orden zu Liefland dieſelben unſre lieben getreuen begnadiget, vertroͤſtet und
belobet; begnadigen, vertroͤſten, reden und geloben auch gegenwaͤrtig in Kraft unſers
verſiegelten Briefes ſie frey unverhindert und ungekraͤnkt bleiben zu laſſen, auch nach
Billigkeit und Vermoͤgenheit zu ſchuͤtzen und zu beſchirmen; ins erſte und vor alles bey
dem reinen und heiligen und allein ſeligmachenden Worte GOttes und Evangelium,
neben den Ceremonien, chriſtlichen Gottesdienſte und zubehoͤrigen Herrlichkeiten, wie
ſie ſolches jetzt in Riga nach Jnhalt und Vermug der heiligen Bibliſchen Schrift al-
tes und neues Teſtaments angerichtet haben und gebrauchen, dazu auch bey allen, das
daſſelbige goͤttliche Wort weiter vermag, und zur Ehre GOttes und der Seelen Se-
ligkeit nothduͤrftig ſeyn mag; dagegen aber allen Jrthum, falſchen Lehren, Rotten und
Secten nach Vermoͤgen wehren und dieſelbigen aus dem Wege raͤumen.
Darnach vertroͤſten, reden und geloben wir, die gedachten unſre lieben Getreuen der
Stadt Riga ſamt und ſonderlich ruhſamlich und friedſam zu behalten bey allen und
jeglichen ihren wolhergebrachten rechtmaͤßigen Privilegien, Herrlichkeiten, Freyheiten,
Rechten und Gerechtigkeiten, Bauerſprachen, rechten alten loͤblichen Beſitzen, Ge-
wonheiten, Gebraͤuchen und Herkuͤnften innen und auſſen der Stadt zu Waſſer und zu
Lande, wie ſo dans ſie vom alten herbracht haben, und ihnen die von unſern Vorfah-
ren, Meiſtern deutſches Ordens zu Liefland und unſern Orden verlehnet und gegeben
ſeyn, welche wir ihnen hiermit verneuet, beſtaͤtiget und befeſtiget wollen haben, dazu
auch unverhindert und unverruͤckt bleiben zu laſſen, bey allen und jeden Privilegien,
Herrlichkeiten, Freyheiten, Siegeln und Briefen, ſo ihnen von Paͤpſten, Kaiſern,
Koͤnigen, Fuͤrſten, Erzbiſchoͤfen und Biſchoͤfen gegoͤnnet und gegeben ſeyn unverfaͤng-
lich unſers Ordens Herrlichkeit und Gerechtigkeit. Wir wollen auch obgedachte unſre
lieben Getreuen in Anmerkung und Erwegung der gethanen Treue und Eidespflicht ſie
wiederum in allen rechtmaͤßigen billigen Sachen bey Recht und vor Gewalt unſers Ver-
moͤgens beſchuͤtzen, beſchirmen und handhaben.
Als ſich denn auch vielgemeldte unſere lieben Getreuen des Schluͤſſels halben zu der
Schlospforten beklaget, daß derſelbe unordentlich mit Auf- und Zuſchlieſſen des Nachts
gemisbraucht und faſt uͤbel gewartet wuͤrden, wodurch ſie ſich in jetzigen ſo wol als kuͤnfti-
gen Zeiten uͤbereilet zu werden befuͤrchten; demſelben vorzukommen, wollen wir bey
unſerm Hauscomthur vorgedacht ernſtlich verſchaffen, dieſelben Schluͤſſel hinfuͤrder zu
Schloſſe in guter verſchloſſenen Verwahrung zu halten, und wenn die Stadtspforten
geſchloſſen, die Nacht nicht, denn aus ehhafter Noth nach der Beliebung gemeldter
unſer lieben Getreuen uͤber die andern Stadtpforten geſchehen, zu oͤfnen. Jtem das
vorfaͤngliche und ſchaͤdliche Gebaͤu in der Vorburg an der Stadt Mauren und bey un-
ſern Schloſſe daſebſt und zu Neuermuͤhlen uͤber der Bruͤcken belangend, wollen wir
jetzund
Huldigung angeſtanden. Endlich ſchickte ihr der Ordensmeiſter den Ablasbrief, datiret zu Hel-
mete den 25ſten May 1560. Die Unterſchrift heiſt: Wyllem fforſtenberg, Olle meyſter to
Lyflandt. Mit verſiegelt hat der Landmarſchal Philip Schall von Bell.
Gelegenheit nach ſchaͤdlich befunden, auch alten Vertraͤgen, Siegeln und Briefen
nicht zugegen, abgethan, mit den andern aber dermaſſen gehalten werden ſol, gleich
ſolches von unſern Vorfahren und ſonderlich weiland Herrn Herman von Bruͤggeney
genant Haſenkamp vermoͤge deſſelben Huldigungsbriefe der Stadt Riga belobet und
zugeſaget iſt bey dem Beſcheid, daß uns ſol frey ſeyn etliche Fiſcher, Boͤtticher, Zim-
merleute, Brieftraͤger, Mauerleute zu des Schloſſes Behuf dahin zu ſetzen, welche
aber keine Kaufmannſchaft der Stadt Riga zum Vorfange daſelbſt uͤben ſollen. Wir
wollen auch hinfuͤrder daran ſeyn, und mit Ernſt befehlen, daß unſre und des Ordens
Bauren, wenn ſie uns und ihrer Herrſchaft die gewoͤhnliche und gebuͤhrliche Gerechtig-
keit und Schulden ausgerichtet, mit ihrer Waare nach der Stadt und wo es ihnen be-
liebet, da ihnen vor das ihrige die gebuͤhrliche vollkommene Bezahlung geſchicht, frey
und unverhindert reiſen und wandeln ſollen, und moͤgen auch denſelben unſern Amt-
leuten ſo wol als andern unſern Unterthanen die ungewoͤhnliche Kaufmanſchaft, der
man ſich vor unſern Vorfahren loͤblicher und ſeliger Gedaͤchtnis und gemeinen Staͤnden
dieſer Lande zu mehrmalen merklich beklaget, ernſtlich verbieten und abſchaffen, daſſel-
be auch bey unſern Mitgebietigern, ihrer Gebiete Verwandten und Amtleute halben,
ſo viel moͤglich, fortſtellen *).
Auch ſol der Pfefferzoll, ſo bisher dem alten zuwieder vom Landknechte zur Mi-
tow von dem Holz-Loddigen genommen, gaͤnzlich ab und unſre lieben Getreuen da-
mit forthin keinesweges zu beſchweren ſeyn; und dieweil denn vorhin unſre Vorfahren
und wir jetzund eine Stadt Riga mit Gerichte und Recht und andern bewiedmet und
befeſtiget haben; damit nun demſelben durch uns oder die unſern nicht zuwieder gehan-
delt werde; ſo wollen und verordnen wir hiermit, ob jemand von den Buͤrgern zu Ri-
ga, Buͤrgers Kindern oder Buͤrger Geſellen oder ſonſt jemand ſeine Handthierung zu
Riga brauchend ſeine Mitbuͤrger oder Mitverwandten in Sachen in Riga gewandt,
oder ſich zwiſchen ihnen in Riga begeben und zugetragen, in auswendigen Gerichten
unſers Ordens beklagen wolten, daß dieſelben an einem ehrſamen Rathe und der Stadt
Gerichte wiederum verwieſen ſol werden; allda ſeines gebuͤhrlichen Rechtens auszuwar-
ten, und daruͤber niemand in Thoren oder Gefaͤngnis geworfen, beſetzet oder beſtricket
werde, auch keine Sachen annehme, denn die, ſo durch Prorogation und ordentliche
Wege der Appellation nach altem Gebrauch, als nemlich die Sachen, ſo an ewig Ver-
derb der Guͤter den Parten gereichen, und ſolches durch den Parten bey ſeinem Eide
vor einem ehrſamen Rathe erhalten, auch die, ſo injurioͤſe Sachen ſeyn, an uns gelan-
gen, jedoch daß niemand uͤber beſchriebenes rigiſches Recht und die Billigkeit beſchwe-
ret werde, oder daß jemand als ein Veraͤchter der Stadtgerichte verachtende das Vor-
wette, oder daß jemand der Stadtsverwandten gegen den andern mit gegenwaͤrtiger
friſcher That in unſers Ordensgerichte ſolche thaͤte verwirken, daß demnach ein ſolcher
ordentlich nach Klag und Antwort nach gewandter Sache vorgenommen, nach Gele-
genheit der Sachen und auch nach Vermug der Rechten mit der Strafe fortgefahren
werde, jedoch unſers Ordens Herrlichkeit und Gerechtigkeit des Geleits unſchaͤdlich und
vorbehalten. Es ſol aber forthin keiner, ſo niemand gleich und recht thun wolle, und
Schuld halber euſſern oder zum Droͤge wuͤrde, dem alten und gemeinen beſchriebenen
Rechten zu wieder keinesweges vergleitet werden. Dieſem allen nach geloben wir
Gotthardt, Meiſter obgemeldt, vor uns und alle unſre Nachkommen, dieſe vorher-
gehende Puncte und Articul voll und alle ſtaͤt und feſt bey fuͤrſtlichen Ehren, Zuſagen
und Glauben ohne alle Argeliſt und Gefaͤhrde zu halten. Jn Urkund und Befeſtigung
der Warheit haben wir Gotthard obgenandt, Meiſter, Philip Schall von Bell,
Landmarſchalck zu Liefland, und Werner Schall von Bell, Comthur zu Gol-
dingen vor uns und unſre Nachkoͤmlinge Meiſter zu Liefland und ganzen Orden un-
ſer Jnſiegel wiſſentlich an dieſen Brief thun hangen, der gegeben und geſchrieben zu
Riga den 24ſten Junii nach Chriſti unſers Herrn Geburt funfzehn hundert und dar-
nach im ſechzigſten Jahre.
Godert, Meiſter,
mit eigener Hand.
Verflichtung das Lehn aufs neue von dem Meiſter zu nehmen angedeutet wird. Da die Huldi-
gungsbriefe der Herrn Meiſter an die revelſche Buͤrgerſchaft und der darin befindliche Eid der
Stadt faſt mit den rigiſchen uͤbereinkommen, ſo koͤnnen wir zum Abdruck eines ſolchen Exem-
plars erforderten Raum zu noͤthigern Materien ſparen.
Seite wegnehmen. Z. E. „Wir Wilhelm von GOttes Gnaden, Erzbiſchof zu Ri-
„ga, Marggraf zu Brandenburg, zu Stettin, Pommern, der Caſſuben und
„Wenden Herzog, Burggraf zu Nuͤrnberg und Fuͤrſt zu Ruͤgen, und von Deſ-
„ſelben Gnaden Wir Chriſtoph, erwehlter Coadiutor des Stifts Riga, Adminiſtra-
„tor des Stifts Ratzeburg, Herzog zu Mecklenburg, Fuͤrſt zu Wenden, Graf
„zu Schwerin, der Lande Roſtock, und Stargard Herr, thun kund und bekennen
„vor jedermaͤnniglich, wes Standes, Wuͤrden, oder Beſchaffenheit ſie ſeyn; Nachdem
„zwiſchen dem hochwuͤrdigen, hochgebornen Fuͤrſten und Herrn Magnus, erwehlten
„Biſchof des Stifts Oezel, Wyk und Curland, Adminiſtrator des Stifts Revel,
„Erben zu Norwegen, Herzog zu Schleswig Holſtein, der Stormarn und
„Ditmarſchen, Grafen zu Oldenburg und Delmenhorſt, unſern freundlichen ge-
„liebten Oheim, Schwager und Bruder, und dem hochwuͤrdigen grosmaͤchtigen Fuͤr-
„ſten, unſerm insbeſondre geliebten Freunde, Nachbarn und Bruder Herr Gott-
„hard Kettler, deutſchen Ordens zu Liefland Meiſter und ſeiner lieben Vorfahren,
„dem alten Herrn Meiſter allerley Wiederwillen Zwiſt und Uneinigkeit erwachſen ꝛc.‟
Der ganze Vergleich enthaͤlt folgende Punkte. Die hohen Mitler haben ſich perſoͤnlich
nach der neuen Pernau begeben, um einen ſichern Stilſtand zn Waſſer und zu Lande
bis auf Pfingſten 1561 zu ſtiften. Dem Herzog Magnus ſteht frey, das Stift Re-
vel einzunehmen oder einnehmen zu laſſen. Kettler ſol die Soldaten, ſo bald ſie be-
zahlet, aus der Domherren Haͤuſern wegſchaffen, innerhalb Monatsfriſt die Abtey Pa-
dis einraͤumen, und das Entfuͤhrte wieder erſtatten. Die beiderſeitigen Jnjurien wer-
den beim roͤmiſchen Reiche eingeklaget und geurtelt. Des Ordensmeiſters Soldreu-
ter, ſo ſich in Magni Schutz begeben, werden nicht geheget, die aber der Mitler
Buͤrgſchaft annehmen und ſich friedlich bezeigen, oder wieder in die Ordensdienſte tre-
ten, ſind ausgenommen. Der Vogt von Sonneburg wird den Soldreutern nicht
ausgeliefert, ſondern der Herzog Magnus ſol ihn auf Anfordern tod oder lebendig
ſtellen. Des Meiſters eingenommene Hoͤfe werden zuruͤck gegeben, dahingegen Kett-
ler die mit Lebensmitteln beladene Schute, welche Fuͤrſtenberg anhalten laſſen, wie-
derum erſtattet, auch dem Domherrn Richart von Walde das auf Fellin und
Torbs weggenommene wiederlieſet. Beiderſeitige Kriegsvoͤlker enthalten ſich der
Schmaͤhworte und Beleidigungen. Alle Gefangene werden auf freien Fus geſtellet.
Gezeichnet zur neuen Pernau am 6ten Auguſt 1560.
Geſchichtſchreiber von einander ab. Ruſſov berichtet, ſie ſeyn mit Keulen vor die
Koͤpfe geſchlagen, und jaͤmmerlich umgebracht worden. Henning ſchreibt, man habe
ſie mit draͤthnen Knotenpeitſchen durch die Gaſſen hindurch gegeiſſelt, hernach enthau-
ptet und den Thieren vorgeworfen, bis einige chriſtliche Gemuͤther ſie aus Mitleiden
verſcharret. Des Landmarſchals Standhaftigkeit in der Religion, indem er ſich nicht
um-
M. David Foͤrſter und viele andre von Fuͤrſtenbergs Gefangenſchaft ſchreiben.
Wir wollen ſtat aller Muͤnſtern in ſeiner Cosmographey B. III, Bl. 1165 hoͤren:
Da Vellin eingenommen, ſetzt Muͤnſter mit voͤlliger Unwarheit, haben die Ruſſen
den Herrn Meiſter Wilhelm von Fuͤrſtenberg gefangen genommen. Sie ſchmie-
deten ihn in Ketten, ſchickten ihn in die Moskau, fuͤhrten ihn alle Nacht einmal an
Ketten wie einen Baͤr zum Schauſpiel, lieſſen ihn groſſen Hunger leiden; ſeiner Knech-
te einer folgte ihm willig nach, wolte nicht von ſeinem Herrn weichen, bis nach der
Niederlage vor Wittenſtein, da erzuͤrnte der Moskowiter, lies ihn und den Knecht
toͤdten. Elerd Kruſe berichtet, daß die Ruſſen alle Lieflaͤnder, die ſie vor Per-
nau, Revel und Hapſal gefangen bekommen, und worunter viele von Adel geweſen,
nach Wittenſtein gefuͤhret, ſie meiſt alle erwuͤrget und ihnen die Haͤlſe abgeſtochen.
Was Fuͤrſtenbergen betrift, ſo findet ſich von ihm ein Brief aus Lubin unterm 16ten
Decemb. 1563, der mit einer weiſſen Oblate oder Hoſtie verſiegelt iſt, in welchem er
Nicolaum Radewille, (ſo hies dieſer Herr gemeiniglich in Liefland) ſeinen alten
und bekanten Freund, erſuchet, den Koͤnig von Pohlen zur Fuͤrſprache fuͤr ihn bey dem
Czaar zu vermoͤgen. Er nennt ſeinen Aufenthalt in Moskau ein Exilium, und ſein
Schlos ein Gefaͤngnis, thut aber von ſeinen Banden keine Erwehnung, die doch hier
haͤtten zuerſt angefuͤhret werden muͤſſen. Endlich bittet er um die 6000 Thaler, die er
ehemals dieſem Waywoden vorgeſchoſſen. Der deutſche Hochmeiſter Wolfgang
Schutzbar zu Milchlingen nahm ſich des gefangenen Fuͤrſtenbergs 1564 eifriger an,
und ſchickte Bernhard von Bevern, Theobald von Romſchwag, Melchior
Dermo und Franz von Hatzfeld, Ordensritter, ingleichen Johan Wagnern und
Oſwald Lurznig, beide Doctoren der Rechte, an den Czaar ab. Weil man dieſel-
ben fuͤr kaiſerliche Geſandten angeſehen, und das Ceremoniel zu vornehm eingerichtet
hatte, ſo erlangten ſie ſchlechtes Gehoͤr, und muſten mit einer uͤbelverſtandnen Antwort
uͤber Narva wieder nach Deutſchland gehen. Jm Jahr 1565 lies der Czaar Fuͤr-
ſtenbergen vor ſich kommen, und bot ihm in Beiſeyn des geweſenen Mannrichters Joh.
Tauben und Elerd Cruſens die Provinz Liefland an, wenn er dem rußiſchen
Scepter huldigen wolte. Aber Fuͤrſtenberg, ſchreibt Neuſtaͤdt, wolte ſein Gewiſſen
nicht beſchweren. Daher der Czaar aus Unwillen ihn wieder nach Lubin ſchafte.
Der Koͤnig von Pohlen giebt in einem Briefe an den Koͤnig von Daͤnnemark den
Deutſchen Schuld, daß ſie Fuͤrſtenbergen verlaſſen und an die Ruſſen verrathen.
Ruſſov nennet ſein Gefaͤngnis fuͤrſtlich. Es bezeugens auch andre, daß die Gefan-
genen Lieflaͤnder es in Moskau ertraͤglicher gehabt als man in Liefland glauben
T t tkoͤnnen.
noch nach dem Gerichtsplatze ſchickte, welche aber zu ſpaͤt einlief.
die Ruſſen ziemlich grauſam beſchreibet, giebt deutlich zu verſtehen, daß das Schre-
cken und die Furcht groͤſſer geweſen, als die Erfahrung es gerechtfertiget. Er ſelbſt
wurde als evangeliſcher Prediger zu Doͤrpt auf luͤgenhaftes Angeben 1559 in Stri-
cken und eiſernen Fusbanden nach Moskau gebracht, genos aber auch in Plescow
viele Liebe, wo die alten Deutſchen Kaufleute ihm Reiſegeld gaben. Jn Nogar-
den ſchenkte ihm der Stathalter die Freiheit von Banden, und in Moskau ſelbſt
wurde ihm viel Gutes erwieſen. Er ruͤhmet an den Ruſſen, daß ſie ihm auch in den
Banden ſein prieſterlich Amt frey treiben laſſen, da doch die Prediger augſpurgiſcher
Confeßion in Doͤrpt viel von den Catholiken deswegen leiden muͤſſen. Einigen Ge-
fangenen gab der Czaar Freiheit zuruͤck zu kehren, worunter der ehrliche Mag. Joh.
Wettermann**), Paſtor der Kirche zu Unſrer lieben Frauen in Doͤrpt war, und
daſelbſt 1564 ſtarb. Was die Geſchichtſchreiber, einheimiſche und fremde, von den
unmenſchlichen Grauſamkeiten einer damals ungeſitteten Nation melden, darf nicht
ſchlechterdings geleugnet werden. Doch lies es die Parteilichkeit nicht anders zu, als
aus einer Geſchichte 100 Hiſtorien mit eben ſo viel angehengten poͤbelhaften Erzehlun-
gen zu machen, und von einem einzelnen Fal auf alles zu ſchlieſſen. Wie ſchoͤn mach-
ten es die kaiſerlichen Soldaten in dem 30 jaͤhrigen Kriege, die Franzoſen und Spa-
nier in der Pfalz, die man doch fuͤr chriſtliche und geſittete Voͤlker hielt? Die ganz
neue Hiſtorie unſrer Zeiten hat ja noch klaͤglichere Vorfaͤlle aufzuweiſen. Es iſt aller-
dings wahr, daß die mehreſten Leute von den Feindſeligkeiten der Ruſſen graͤslichere
Vorſtellungen gehabt, als ſie haͤtten haben ſollen. Was machen die Geſchichtſchreiber
von der Tragoͤdie zu Wenden 1577 nicht fuͤr ein Aufheben, da viel 100 Perſonen aus
Furcht vor dem Feinde ſich auf dem Schloſſe zu Wenden in die Luft ſprengten? Sie
ſind wol gar auf die damaligen Prediger in Riga ungehalten, wenn ſie wieder dieſen
heroiſchen Selbſtmord geeifert. Jn den Umſtaͤnden worin ſich der Czaar befand, haͤt-
te ſich ja wol die groͤſte Sanftmuth in Zorn verwandeln muͤſſen, da er die Vornehm-
ſten Jnnehaber eines belagerten und faſt eingeſchoſſenen Schloſſes zu ſeinen Fuͤſſen lie-
gen ſahe, und ihnen das Leben ſchenkte, mitten unter ſeiner Begnadigung aber die
Kugeln um ſein Haupt ſauſen und brauſen hoͤrete. Siehe Henning S. 136.
in 8. Rhythmos de excidio Liuoniae. Nachdem er aus Rußland wieder in Freiheit gekommen,
berief ihn der daͤniſche Landshauptman Claus von Ungern nach Oeſel zum Paſtor auf Piha,
wo er aber der vielen Bemuͤhungen dieſes rechtſchaffenen Herrn ohnerachtet ziemlichen Wider-
ſtand antraf, und daher den Einfal der Ruſſen auf Oeſel als ein goͤttliches Strafgericht herleitet.
Die armen Leute waren ſo vol Angſt, daß die Bauren beim Anzuge der Ruſſen in die pihaiſche
Kirche fluͤchteten, und auf den Kirchthurm ſtiegen. Als aber die Ruſſen die mit Stroh gedeckte
Kirche in Brand ſteckten, warfen die Muͤtter aus Verzweifelung ihre im Rauch winſelnden Kin-
der ſelbſt vom Thurm herunter ins Feuer, damit der Feind ihr Geſchrey nicht hoͤren ſolte.
Bibliothek in Ordnung bringen, welche ehmals aus Rom gekommen, und wol uͤber 100 Jahr
hinter drey Gewoͤlbern verſteckt gelegen. Er war ſeiner Gemeine freiwillig in die Gefangen-
ſchaft gefolget, und hatte ſie bald zu Pferde bald zu Fus von einer Stadt zur andern aufgeſucht,
ſie getroͤſtet, und uͤberal Schulmeiſter verordnet, die ihnen die Poſtille vorleſen muſten. Nach
Neuſtaͤdts Rechnung iſt dieſer Wettermann erſt 1565 aus Doͤrpt den damals weggefuͤhrten
Buͤrgern nachgezogen, und hat wol Brakel in der Beſtimmung ſeines Todesjahrs geirret.
warf, kamen Kettlern unzureichend vor. Er ſaͤumte alſo nicht den Eſtlaͤndern
dieſe Unterwerfung mit vielen Vorſtellungen zu widerrathen, ruͤckte ihnen anch in ei-
nem Schreiben aus Lode dieſe Spaltung empfindlich vor, auf welches aber die Stadt
nothduͤrftig antwortete. Kettler wagte es noch 1563 den 26ſten October, der Stadt
einen heftigen Strafbrief aus ſeinem Feldlager bey Pernaw zu uͤberſchicken, daß auch
der Stadtſecretair nach Durchleſung deſſelben auf die Urſchrift die 3 Worte ſchrieb:
Herbe, bitter und ſcharf, welches Original in dem ſchwediſchen Archiv verwah-
ret wird. Der Herzog nennet den Jnhalt der Antwort unverſchaͤmt, und ſtellet vor,
es werde dieſe ungeziemte Auffuͤhrung der ganzen deutſchen und andern Nationen be-
kant werden, die es aber noch zur Zeit ihrer Jugend nicht wiſſen koͤnten, wuͤrden es
kuͤnſtig aus den Chroniken und Geſchichtbuͤchern erfahren. Er klaget, daß die Re-
velſchen haͤrter als ſeine Feinde die Ruſſen verfahren, da dieſe ihm nur ſein Land, je-
ne aber die Ehre genommen. Man habe durch allerley tuͤckiſche Griffe die Sache vor
ihm heimlich gehalten, und der unverſchaͤmte Schreiber habe ihn noch letztlich in Mi-
tau zugeredet, daß er ſich im geringſten nichts von Schweden einbilden moͤchte, wie
denn auch andre ihren Geſandten verſichert, daß ob ihnen gleich beſchwerlich fiele,
pohlniſch zu ſeyn, ſie doch noch viel weniger ſchwediſch werden wuͤrden. Er prophe-
zeiet ihnen fuͤr dieſen treuloſen Abfal immer mehr Jammer, Herzeleid, Noth und
Drangſale, wil ihnen aber ſolches nicht wuͤnſchen. Die Beſchuldigung der Revel-
ſchen, als ob die Koͤnige von Pohlen und Daͤnnemark und Kettler ſich wieder die
Eſtlaͤnder mit den Ruſſen und Tartern verbunden, nennet er eine hohe Beſchimpfung,
und ſagt, er habe zwar tartariſche und reußiſche Kriegesleute bey ſich, aber nicht
als Bundesgenoſſen, ſondern als Kriegesknechte und Unterthanen; allein er koͤnne ja
auch fremde vor Geld bekommen. Der von Schweden, faͤhret Kettler fort, habe
als ein fremder aufgenoͤthigter Koͤnig nicht den geringſten Anſpruch und Befugnis auf
Liefland; indeſſen moͤchten ſie mit ihm wohl fahren, die Zeit und der Ausgang wuͤr-
den alles geben. Allein es blieb einmal dabey. Eſtland verſprach ſich nach damali-
gen Umſtaͤnden von Schweden weit anſehnlichere Vortheile, als es von Pohlen nim-
mermehr erhalten konte.
Rocht, und muſte Amts halben dieſen halsbrechenden Gang zum Herrmeiſter wagen, weil keiner
von der Ritterſchaft eine ſo gefaͤhrliche Verrichtung uͤbernehmen wollen. Henning meldet uns das
Formular der Aufkuͤndigung: Es koͤnte und moͤchte nun nicht anders ſeyn, ſeine fuͤrſtliche
Gnaden ſolten ſich darum nicht irren. Ob nun gleich der Herrmeiſter dieſes zu verbeiſſen
wuſte; ſo bemerket doch der Herr Manrichter Lode in ſeiner Handſchrift, daß Kettler als Her-
zog es noch deſſen Erben nicht vergeben koͤnnen. Denn als die Ruſſen nachher ganz Eſtland
wegnahmen und dem Koͤnig von Schweden nur Revel nebſt etlichen um die Stadt belegenen
Hoͤfen nachlieſſen, ſo muſten dieſe lodiſchen Erben auch ihre Guͤter miſſen, und fluͤchtig werden.
Sie wandten ſich nach Curland, wo ſie bey ihren Blutsfreunden und alten Bekanten das Un-
gewitter des Krieges abwarten wolten. Allein der Herzog Kettler trieb ſie da weg, und lies
ihnen wiſſen, daß es um ihres Vaters willen geſchehe. Dieſer Umſtand iſt in der general Re-
viſion von Eſtland 1586 aufgenommen, da man den Erben die Guͤter ihres Vaters wieder zuge-
ſprochen.
in ihren lateiniſchen Documenten Juſtus Claudius ſchreiben, iſt der aͤltere Sohn
Rolef Clodts, eines Edelmans aus dem Hauſe Nortelen in Weſtphalen, der 1515
nach Revel gekommen, alwo er geheirathet und ſein kurzes Leben geendiget. Er iſt
der beruͤhmte Anherr vieler um das Land und ihren Koͤnig treuverdienter Nachkommen,
die mit den angeſehenſten Familien in Lief-Eſt-Curland und Schweden ver-
ſchwaͤgert worden. Dieſer Joſt Clodt hatte ſchon als Syndikus der Stadt Revel
die Angelegenheiten des Ordens zu beſorgen; daher ihm der Ordensmeiſter Galen im
erſten Jahr ſeiner Regierung aus Erkentlichkeit fuͤr ſeine dem Orden geleiſtete Dienſte
am 1ſten September 1552 das Gut Wallkuͤl in Eſtland verlehnet, welches Kettler
auf Quaſimodogeniti 1560 ihm, als ſeinem damaligen Rathe, mit 2 Doͤrfern und dem
voͤlligen Allodialrecht vermehrte, ſo laut der Reviſion von 1586 auf 43 Haken betrug.
Seine Nachkommen ſchreiben ſich Clodt von Juͤrgensburg, weil der Herr Meiſter
Gotthard Kettler dieſes Schlos denenſelben in einem Briefe vom 22ſten Merz 1561 als
ein Allodium mit beſondern Privilegien fuͤr die dabey geruͤhmten vielfaͤltigen treuen Dien-
ſte, ſo er dem Orden und Lande erwieſen, gegeben. Nach der Veraͤnderung des
Staats von Liefland und geſchloſſenem Unterwerfungsvergleich machte ihn Herzog
Gotthard von Curland zu ſeinem Kanzler. Nachdem der Koͤnig Sigismund Au-
guſt waͤhrender Unterhandlungen an ihm ein gnaͤdiges Wohlgefallen gefunden, nahm
er ihn als Secretair in den auswertigen Angelegenheiten in ſeine Dienſte, und gab ihm
unterm 10ten May 1562 in einem offenen Briefe die Verſicherung auf ein Zeit Lebens
zu hebendes gewiſſes Jahrgeld. Er ward in vielen Geſandſchaften gebraucht, und
fuͤhrte auch zu Hauſe den Briefwechſel mit auslaͤndiſchen Miniſtern, welche Dienſte ihm
hochgedachter Koͤnig mit verſchiedenen Erbguͤtern und andern Gnadenbezeugungen reich-
lich belohnte. Er gieng 1568 als Geſandter nach Schweden, dem Koͤnig Johan
den IIIten zu ſeiner Gelangung zum Thron Gluͤck zu wuͤnſchen, und blieb bis im Som-
mer 1570 daſelbſt. Zuletzt trat er als dritter pohlniſcher bevolmaͤchtigter Miniſter
ſeine Reiſe nach Stettin an, wo er mit andern Geſandten der hohen Potentaten und
Mitler den Frieden vom 13ten December zwiſchen Schweden und Daͤnnemark zu
Stande bringen half. Er ſtarb 1572 und ward zu Riga im Dom begraben. Es
koͤnte zwar einigen Zweifel in den Stamtafeln veranlaſſen, daß dieſer Joſt Clodt in
Revel geboren worden, auch daſelbſt anfaͤnglich Syndicus geweſen, ſo wie ſein Bru-
der Hinrich die Stelle eines Rathsherrn daſelbſt bekleidet; daß er das alte Geſchlechts-
wapen geaͤndert, und vom Koͤnig Sigismund Auguſt auf dem Reichstage zu Lub-
lin 1566 den 1ſten Auguſt ein eigenes Diploma nobilitatis erhalten. Doch wie er ſol-
ches letztere des pohlniſchen Jndigenats wegen als ein koͤniglicher Miniſter nothwen-
dig haben muſte, wie es die Documente erklaͤren, ſo bekraͤftigen inſonderheit 4 vorhan-
dene Original-Diplomata, welche wir auf Pergament geſchrieben mit ihren angehaͤng-
ten Jnſiegeln vor Augen gehabt, daß Joſt Clodt vor und zu Anfang der koͤniglich
pohlniſchen Regierung in Liefland bereits als ein wohl angeſeſſener und wohl ange-
ſehener Edelman bekant geweſen, weil ihm darin von Herren und Potentaten der vol-
kommen adliche Titel eines Nobilis et Generoſi beigeleget wird; als erſtlich des Herr-
meiſters Gotthard Kettlers vom 22ſten Merz 1561, ferner des von ſeinem Koͤnige
und der ganzen Republik Pohlen beſtelten Gevolmaͤchtigten, des Herzogs Nicolaus
Radziwil von 10ten Merz 1562 und endlich des Koͤnigs Sigismund Auguſts ſelbſt,
ſo wol unterm 22ſten April als dem 10ten May 1562. Die Verbindung der lieflaͤndi-
ſchen Familie mit dem Stamhauſe in Deutſchland erhellet ganz deutlich aus den vie-
len avthentiſchen Urkunden und der mit den aus Deutſchland erhaltenen Nachrichten
gar genau uͤbereinkommenden Genealogie; wie denn die lieflaͤndiſche Linie von Rolef
Clodt ihre 8 Geſchlechtsfolgen eben ſo richtig, als das in Deutſchland anſeßige Haus,
von dem aͤlteſten Bruder Hinrich Clodt, im genaueſten Zuſammenhange aufweiſet.
Daß aber von 1420 an bis jetzo keine Buͤrger dieſes Namens weder nach den aͤlteſten
Stadtbuͤchern noch nach den Regiſtern der Buͤrgerſchaft in Revel ſeshaft oder anzutref-
fen geweſen, hat daſiger Magiſtrat unter beigedrucktem Jnſiegel der Stadt bezeuget.
Ein mehrers gehoͤret in die Geſchlechtsregiſter.
nach Schweden uͤberſchickten, geben uns in der eſtlaͤndiſchen Unterwerfungs-
angelegenheit verſchiedene Erlaͤuterungen. Wir wollen das wichtigſte aus denenſel-
ben hier anfuͤhren. Herman Bruſer meldet unterm 30ſten Merz: „ Rettler hat
„den Deutſchen Soldaten fuͤr ihre Loͤhnung das Schlos zu Revel zum Unterpfande
„verſchrieben; als aber die Soldaten ihre Neigung gegen die Schweden verriethen,
„ſuchte Caſpar von Oldenbockum und Diedrich von Gahlen mit Liſt ſelbiges zu
„ſchuͤtzen. Ein verſchlagener Doctor, Mattheus Fresner und ein anderer Bruder
„Wilhelm Weiferling practicirten einen Haufen Pohlaken hinauf, die ihre Roͤh-
„re und Sebel in Kaſten und Saͤcke verſtecket, und mit Huͤlfe der Diener auf dem
„Schloſſe die Soldaten im Zuͤgel halten ſolten. Jndeſſen kam der Schloshauptman
„mit 2 Briefen vom Herrn Meiſter zuruͤck, deren erſter einen Troſt zur Bezahlung,
„der andre eine Abdankung der Soldaten enthielt, mit welchem letzten die Soldaten
„noch weniger zu frieden waren, daher beide Parten die Zugaͤnge zum Schloſſe ſo beſetzt
„hielten, daß es daruͤber am Waſſer gebrach. Die Stadt, der Rath und der Adel
„legten den Handel ſo bey, daß es zu einem 14 taͤgigen Vergleich kam, bis beide ihre
„Boten von dem Herrn Meiſter zuruͤck bekaͤmen. Die Boten konten Kettlern nicht
„zu Hauſe antreffen, weil er auf einen Tag 3 Curiere aus Pohlen erhalten, und ſich
„alſo nach der Wilda in Litthauen begeben hatte. Doch lies Kettler den Solda-
„ten Seidenzeug und Sammet zur Bezahlung ihres ruͤckſtaͤndigen Soldes anbieten, mit
„welcher Waare er die Soldaten zu Wittenſtein und Pernau befriediget hatte: al-
„lein der murriſche Soldat pochte, und gab zur Antwort, er wolle ſein Pfand, das
„Kloſter Padis und den Brief auf das Schlos Revel wieder verſetzen, es moͤchte es
„ein Chriſtenherr loͤſen, welcher es wolle. Weil die Commiſſarien nicht wuſten,
„den Herrn Meiſter aufzuſuchen, ſo haben ſie Andreas Bioͤrſſon mit der koͤniglichen
„Bewerbung an ihn abgeſandt, der zugleich von allem Kundſchaft einziehen ſolte.‟
Ferner berichtet Bruſſer: „Die Stadt Revel leidet groſſen Mangel am Malz. Der
„Koͤnig moͤchte von Stockholm oder Abo 3 bis 4 Galeien vor Revel ſchicken, de-
„nen, die gut pohlniſch waͤren, eine andre Geſinnung beizubringen. Das pohl-
„niſche Kriegesvolk in Revel ſey ein geringer Haufen nackender junger Burſche, die
„nichts zu zehren noch zu verkleiden haͤtten, und ein Stuͤck Brodt mit Betteln ſuchten.
„Das Geruͤcht habe ſich verbreitet, als ob der Herr Meiſter das Schlos Wittenſtein
„mit dem ganzen Diſtricte an Caſper von Oldenbockum und ſeine Kinder nach ihn
„erblich zum Lehn geſchenket habe, wenn er den Pohlen getreu ſeyn und 300 Pohlen
„ſamt 30 bis 40 Deutſchen zur Beſatzung einnehmen wolle.‟ Unter den 11ten April
berichten die Commiſſarien ein, „daß die Stadt Revel ſich feſt entſchloſſen, mit der
„Ritterſchaft zuſammen zu halten, auch heute ihre Geſandten nach Mietau abgeſertiget, ei-
„ne Proteſtation in Abweſenheit des Herrn Meiſters da zu laſſen, darin ſie ihm den
„Eid aufkuͤndigten, und nicht laͤnger mit ſo vielen eiteln Vertroͤſtungen, und bloſſen
„Hof-
„mit den Pohlen uneins geworden, in welchem Auflauf 7 Pohlen und 3 deutſche
„Knechte umgekommen. Die Buͤrger liefen mit hinzu, und ſchrieen daß man alle
„Pohlaken todt ſchlagen ſolle. Es durfte ſich kein Pohle auf der Straſſe ſehen
„laſſen, der pohlniſche Hauptman aber lies ſich verlauten, daß ſie gerne wegzoͤgen,
„wenn ſie nur auf den Straſſen ſicher waͤren, und nicht fuͤr einem zweiten Oſtergaſtge-
„bot bange ſeyn muͤſten.‟ Ein anders Schreiben vom 18ten April eroͤfnet, wie
„Caſper von Oldenbockum mit einigen Reutern und Bauren das Kloſter Padis be-
„ſtuͤrmet; doch die aus Revel zur Beſatzung eingelegten deutſchen Knechte, denen
„es der Herr Meiſter verpfaͤndet, wieſen dieſe Stuͤrmenden mit blauen Augen und blutigen
„Koͤpfen zuruͤck, ohne die auf den Lauf giengen. Auf Anſuchen der ſchwediſchen
„Commiſſarien brachte es der Rath ſo weit, daß Caſper von Oldenbockum die Be-
„lagerung aufgab. Die domſchen Schlosſoldaten boten auch dem revelſchen Rath
„ihren Pfandbrief auf das Schlos zu loͤſen an, welches der Rath um keine uͤbeln Ur-
„theile bey Kettlern zu veranlaſſen, abſchlug, zu ihrer Nothdurft aber aus der Stadt
„allerhand abfolgen lies. Sie trugen es auch den ſchwediſchen Commiſſarien an,
„die aber mit ihnen in keine Tractaten treten wolten, ob gleich dieſe Herren taͤglich von
„ihnen uͤberlaufen wurden. Wie aber Andreas Bioͤrſſon mit der Zeitung zuruͤck
„kam, daß 400 Pohlen im Anzuge waͤren, ſo nahmen die Commiſſarien 400 oder
„600 Gulden auf, und gaben ſie dem Rathe, welcher in ſeinem Namen den ausge-
„hungerten armen Soldaten einen Vorſchus thun muſte.‟
Um den Jnhalt der uͤbrigen Briefe kurz zu melden, ſo wollen wir denſelben nach
Art eines Tagebuchs herſetzen. Den 4ten May vereinigte ſich die Stadt mit der Rit-
terſchaft, von keiner andern Obrigkeit etwas zu wiſſen, als von GOtt und dem Koͤnig
von Schweden. Ein alter und anſehnlicher Adelsman in der Wyck Reinhard
von Roſen, des Herzogs Magnus Vaſalle, war gut ſchwediſch, und verſaͤumte
nichts, ſeinen Verwandten in Harrien, Jerwen und anderwerts gleiche Geſinnun-
gen beizubringen, in Magnus Gegenwart ſprach er fuͤr die Daͤnen. Den 17ten
May vertrieb Engelbrecht von der Lippe und Caſper von Oldenbockum die
domſchen Knechte aus ihrem Pfande dem Kloſter Padis heraus, die ſich gleich zu
den Schweden ſchlugen. Den 30ſten May kamen Heinrich Flemming und Joͤran
Monſon mit Briefen an. Hans Kyle und Andreas Peerſon langten zu gleicher
Zeit mit ihrer Geſelſchaft, Schiffen, Geſchuͤtze und Gelde an. Den 21ſten May ward
das Schlos belagert. Den 27ſten May giengen die Tractaten mit den Commiſſarien
an. Selbige zoͤgerten bis zur Zuruͤckkunft Johan Winters, welcher wegen Kett-
lers Unpaͤslichkeit langſam zur Audienz kam, und in ſelbiger den Eid foͤrmlich aufſag-
te. Der Hauptman Johan Plate bezahlte den domſchen Knechten die Loͤhnung,
und half mit Rath und That, daß ſie ihre Pfandhaͤuſer quit wurden. Jn ſeine Stel-
le kam Juͤrgen Leuthener, ein junger Man von 23 oder 24 Jahren, beim vorigen
Koͤnig Guſtav Canzeliſt und nachmaliger lieflaͤndiſcher Hauptman zur Zeit des ruſ-
ſiſchen Krieges. Hinrich Boysmann ward auch Ritmeiſter uͤber 100 Knechte.
Den 23ſten Junii accordirten die Commiſſarien mit dem Stathalter Oldenbockum,
dem Vogte vom neuen Schloſſe Diedrich von der Steinkuhle, und dem Feldmar-
ſchal der Herrn Meiſters Diedrich von Galen, daß die herrmeiſterlichen und pohl-
niſchen Voͤlker gegen 7000 Gulden das Schlos raͤumen ſolten, welches auch den 24ſten
Junii geſchahe. Am Johannistage nach der Predigt um 10 Uhr waren alle Soldaten
verſamlet, und beſetzten den Weg zwiſchen der Nothpforte und Schweſterpforte auf beiden
Seiten mit fliegenden Fahnen, daß die vom Schloſſe zwiſchen ihnen durch nach der Stadt
marſchiren muſten. Hans Krafts Compagnie zog zur Nothpforte ein, und beſetzte alle
Thuͤrme und Thore, ſteckte die Fahne aus, worauf alle Canonen auf dem Schloſſe,
auf dem Thurme, auf den Schiffen und von den Waͤllen der Stadt geloͤſet wurden.
Dis ſetzte ganz Liefland in Beſtuͤrzung, und den Herzog Magnus nicht weniger.
Die herrmeiſterlichen Raͤthe entſchuldigten ihren Herrn beſtens, daß er ſich wol auf gu-
te Wege haͤtte lenken laſſen, wenn es der Koͤnig von Pohlen nicht ſo ernſtlich verhin-
dert haͤtte. Sie ſchrieben dieſes aus Pernaw nach Revel, allein die Stadt hatte
ſich die Abſicht dieſer glatten Worte durch die ſchwediſchen Commiſſarien ſehr ver-
nehmlich erklaͤren laſſen.
Der
Belagerung des Schloſſes Revel ſo viel Pohlen in ſein Schlos, daß ſie wegen Ueber-
legenheit der Menge die deutſchen Soldaten mishandelten, wie ſie wolten. Da nun
Caſper von Oldenbockum freien Abzug aus Revel erhielt, und nach Kettlern ge-
hen wolte, ſchickte er ſeine Diener nach Wittenſtein, die aber von den Pohlen nicht
eingelaſſen wurden, ſondern in Hakelwerck liegen muſten. Den 31ſten Julii ſtreiften
die Ruſſen und eroberten Wolmar, Wenden, Tarweſt, Karkus, Helmet,
Lemſel, Salis und andre Schloͤſſer, fuͤhrten auch alles mit ſich weg, daß man bis
6 Meilen von Pernau und 4 Meilen von Riga ſo wol auf der See-als Landſeite we-
der Hund noch Hahn hoͤrete. Den 4ten Auguſt wolte der Freiherr von Donau,
Commendant der Stadt Pernau, den Comtur des Schloſſes Pernau uͤberraſchen,
litte aber einen derben Verluſt. Die Buͤrger trieben alle Polaken aus der Stadt
und einige lieſſen ſich vernehmen, daß, wenn die Schweden kaͤmen, ſie ihnen gleich
die Schluͤſſel geben wolten. Der Commiſſarius Claes Chriſterſon ſchickte alsbald
einen Vertrauten von Adel Johan Kudling nach Pernau, der verſuchen ſolte, ob der
Comtur ſich gegen die Schweden bequemen wolle, welcher ſich 14 Tage Bedenkzeit
ausbat. Den 15ten Auguſt ſandte der Herzog Magnus ſeinen Muͤnzmeiſter an den
Commiſſarius Chriſterſon, und hielt um Freiheit an, ein Muͤnzhaus auf dem Bi-
ſchofshofe zu erbauen, wie der Meiſter und Erzbiſchof in Riga zu thun gewohnt ge-
weſen. Der Rath aber proteſtirte dagegen, weil nie ein Biſchof zu Revel ſeine eige-
ne Muͤnze gehabt habe. Andre urtheilten, er habe heimlich dadurch ſeine Leute in die
Stadt zu bringen und ſie zu uͤberrumpeln geſucht. Lars Flemming, Erich Hacken-
ſon und Erich Henningſon erhielten vom Koͤnig Erich Befehl nach Revel zu ge-
hen und dem Herrn Chriſterſon ſein weitlaͤuftiges Amt zu erleichtern. Der Herr
Meiſter ſandte Otto Tauben, Robert von Gilſen und Johan Fiſchern an den
Herzog Magnus, ihm das Kloſter Padis aufzutragen. Chriſterſon ruͤckte gleich
auf erhaltene Nachricht vors Kloſter, und nahm es den 8ten September mit Accord
ein, weil der rechte Capitain Engelbrecht von der Lippe nicht zugegen, ſondern
nur 4 bis 5 Deutſche und 23 Pohlaken darin waren, uͤber die Juͤrgen Bengk com-
mandirte. Valentin von Ulmitz erhielt uͤber ſelbiges die Hauptmansſtelle. Chri-
ſterſon eilte mit Beſetzung dieſes Poſten, weil Magnus ſeinen Unterthanen verboten
hatte, nicht ein Huhn nach Revel zu bringen, und die Zufuhre an Korn auch zu hin-
dern drohte, indem Padis auf dieſer Seite gleichſam der Schluͤſſel zu Revel war.
Den 27ſten November kam ein lieflaͤndiſcher von Adel Robert Brehmer von Mos-
kau, wo er ein Jahr gefangen geweſen, und ver meldete, daß die Ruſſen bey dem
erſten Froſt Wittenſtein und Pernau belagern wolten. Den 14ten December ſchrieb
Lars Flemming an den Koͤnig, daß er vor 8 Tagen zu Revel angelanget, aber
bey ſolchen Umſtaͤnden weder in geiſtlichen noch weltlichen Dingen etwas vornehmen
koͤnte. Die Ruſſen eigneten ſich Reſick, Kolck und Walkuͤl zu, die Pernaui-
ſchen wolten ſich mit den Schweden nicht einlaſſen. Den 28ſten September fertigte
Magnus ſeine Geſandten, den oͤſelſchen Domherrn Andreas Friedrich und die
beiden Gevettere Weinrich und Heinrich Fahrensbecken nach Revel ab, und wol-
te Padis wieder eingeraͤumet wiſſen; lies ſich auch des geſperten Handels wegen ent-
ſchuldigen, weil der Ochſen, Schaafe und Schweine zu viel abgefuͤhret worden, und
er dadurch nur die ſchaͤdliche Vorkaͤuferey zu hindern geſucht. Den 2ten December
uͤbergab der Comtur Rutgerd Wolf das Haus und Gebiete zu Pernau dem koͤni-
glichen pohlniſchen Statthalter Heinrich von Dona mit der Bedingung, daß er
den Hof zu Leal erblich, den zu Matſel aber auf Lebenszeit behalten koͤnne.
Jn den Berichtſchreiben der ſchwediſchen Herren an ihren Koͤnig vom Jahr 1562
melden ſelbige die Ankunft der pohlniſchen Geſandten, des Grafen Johan von
Tentzen und des Barons von Dona, welche den 22ſten Jan. von Revel nach Finn-
land aufbrachen. Wilhelm Weiferlingen nennen ſie einen Kaufman und Erzbu-
ben, der mit den Seeraͤubern, ſo bey Wiborg gekapert, die Waaren getheilet und
verkaufet, und beſchreiben die Pohlen und Litthauer, ſo in Pernau zur Beſatzung
lagen, nicht als Kriegesvolk, ſondern als einen Abſchaum von Bauren, Hollunken und
Lostreibern, die nichts zu zehren haͤtten, als was man ihnen dann und wann an Gruͤtze
oder Erbſen kochte. Wolten ſie was beſſers als das kahle Waſſer trinken, ſo muͤſten
X x xſie
Liefland ſind die Herren von Meck noch bekant. Ein Jacob Meck ſchlos als letzter Domde-
chant zu Riga die Tractaten mit Pohlen insbeſondere wegen des Erzſtifts. Er erhielt hierauf
das Schlos und Gebiete Sonzel vom Koͤnig Sigismund Auguſt mit gar beſondern Privilegien
erblich, und zugleich das Diploma nobilitatis im Lande. Er unterſchrieb noch als Dechant des Erz-
ſtifts vor andern, die ſonſt die anſehnlichſten des Landes waren, die Erbvereinigung der Ritter-
ſchaft mit Litthauen am 10ten December 1566. Er ſcheinet in Liefland der erſte von ſeinem
Stam geweſen zu ſeyn. Seine Erben beſitzen noch das Gut Sonzel.
den fein unvermerkt zuzugreifen, doch duͤrften ſich dieſe pohlniſchen Maͤrterer
vor den Ruſſen nicht ſehen laſſen, viel weniger koͤnten ſie ihnen Widerſtand thun.
Oldenbockum habe etwas Volk von Deutſchen als Hofleute darinnen. Die Er-
oberung von Pernau berichten ſie nach der Reihe ſo: „Montags im heiligen Pfingſten
„giengen Heinrich Boysmann und Valtin von Gittel mit ihren Fahnen voraus,
„und berenneten die Stadt den Freitag darauf. Den 20ſten May folgte Chriſterſon
„mit dem Geſchuͤtze, Reutern und Kriegesvolk nach, fieng an zu ſchanzen und ſtund
„mit ſeinen Stuͤcken den Fronleichnamstag ſchon uͤber dem Bache. Die Pohlen tha-
„ten einen ungluͤcklichen Ausfal. Den 30ſten May Sonnabends vor Trinitatis lies
„Chriſterſon in den ſtaͤrkſten Thurm ein gros Loch ſchieſſen und ſtuͤrmen, verlor 20
„Man und muſte ſich retiriren. Den folgenden Tag ward wieder geſtuͤrmet, wor-
„auf die Pernauiſchen auf 8 Tage Stilſtand begehrten, bis ſie an den Koͤnig von
„Pohlen geſchrieben hatten. Dis ſchlugen ihnen die Schweden ab. Sie erhielten
„alſo einen Stilſtand von einer Nacht. Den andern Tag kamen etliche aus dem Rath
„ins ſchwediſche Lager, mit vermelden, daß die Pohlen ſich aus der Stadt ins
„Schlos gemacht, und alles Gewehr, Pulver und Bley mitgenommen, auch keine
„Huͤlfe vermutheten. Weil der Herr von Dohna in Litthauen, ihr Hauptman
„Bonaventura aber nicht zur Stelle waͤre, ſo wuͤſten ſie keinen andern Ausweg, als
„ſich Jhro Majeſtaͤt zu ergeben. Den 4ten Junii ſchwor die pernauiſche Buͤrger-
„ſchaft dem Koͤnig von Schweden die Treue zu. Die Pohlen auf dem Schloſſe wol-
„ten auch capituliren, allein der ſchwediſche Feldherr lies ihnen wiſſen, ſein Koͤnig
„habe mit der Kron Pohlen nichts anders als lauter Gutes zu thun; was geſchehen
„waͤre, geſchaͤhe wegen des Herrmeiſters, und lies ſie mit Pick und Pack herausziehen.
„Eben kam der alte Hauptman Bonaventura aus Litthauen zuruͤck, und wolte ſich
„in Pernau hinein practiciren, wurde aber gefangen eingebracht. Die Schweden
„beſetzten Stadt und Schlos mit 400 Knechten und 100 Pferden. 500 Pohlen, die
„auf Fourage ausgegangen, wurden vier und eine halbe Meile von Pernau von etli-
„chen Schweden, die auf ſie ſtieſſen, befraget, weſſen man ſich von ihnen zu verſe-
„hen haͤtte. Sie gaben ſtat der Antwort Feuer, wurden aber nach Verluſt etlicher
„ihrer Reuter in die Flucht gejaget.‟
Zum Verfolg der uͤbrigen Begebenheiten dieſes Jahrs gehoͤren Hans Larſſons
Briefe an den Koͤnig Erich vom 10ten Junii, daß er mit 4 Schiffen nach den nar-
viſchen Fahrwaſſer ausgelaufen, 9 Schiffe mit aller ihrer Ladung weggenommen,
2 daͤniſche aber unter ſelbigen mit guten Worten ſo lange aufgehalten, bis man Daͤn-
nemarks Abſichten naͤher merke. Den 25ſten Julii empfieng Chriſterſon von ſeinem
Hofe die Nachricht, daß der Friede mit Rußland geſchloſſen worden, welches den
Lieflaͤndern keine ſonderliche angenehme Zeitung war, inſonderheit dem armen und
vertriebenen wiriſchen Adel und andern von Narva und Weſenherg. Den 19ten
Anguſt zog Chriſterſon mit ſeinem Kriegesvolk nach Wittenſtein. Mit dem An-
fange des Septembers ſtieſſen 60 ſchwediſche Reuter 2 Meilen von Pernau auf etli-
che tauſend Pohlen, die Pernau belagern wolten, und erlegten 64 Man, die andern
flohen theils den rigiſchen, theils den karkuſchen Weg zuruͤcke. Den 12ten Sept.
kam Graf Svante zu Revel an. Den 1ſten November wolte Herzog Johan bey
ſeiner Ruͤckreiſe aus Pohlen mit ſeiner Gemahlin der pohlniſchen Prinzeßin, des re-
gierenden Koͤnigs Schweſter Catharina, Riga paßiren, muſte aber ſein Quartier auſ-
ſer der Stadt auf St. Juͤrgens Hof nehmen; auf ſeine Beſchwerden wies ihm der
Buͤrgermeiſter und Rath der Stadt den koͤniglichen Befehl vor, den Herzog Johan
in
Auguſt dem Herzog Johan von Finnland als Pfandhaͤuſer uͤbertrug, als der Her-
zog ſich mit deſſen Schweſter Catharina vermaͤhlte. Dieſer Brautſchatz beſtand in
den Schloͤſſern Karkus, Helmet, Tricaten, Ermes, Ruyn und Burtneck,
mit welchen es einem gewiſſen Grafen von Arce, welchen der Herzog bey ſeiner Ab-
reiſe nach Finnland zum Generalhauptman daruͤber gemacht, im folgenden Jahre
hoͤchſt ungluͤcklich gieng. Der Koͤnig Erich der XIVte war nemlich uͤber die ganze
Heirath ſcheelſuͤchtig, und lies daher ſeinen Bruder Johan zu Abo in Verhaft neh-
men, auch das Hauptſchlos Karkus uͤberrumpeln. Der Graf von Arce kam bey die-
ſen
18ten November ergab ſich Wittenſtein, und ward mit 400 Knechten und etlichen
Hofleuten unter dem Commando Andr. Peerſons und Hinrich Knutzens beſetzet, nach-
dem Johan Groll ſie aus Hunger nicht laͤnger behaupten konte, vorher aber durch
Sprengung eines Pulverthurms den ſchwediſchen Feldmarſchal Chriſterſon die Be-
lagerung aufzuheben genoͤthiget hatte.
oͤfnet uns auch etwas von den Verdrieslichkeiten, ſo dieſer Herr als Grosfuͤrſt von Finnland noch
in Liefland erdulden muͤſſen. Den 4ten October, heiſt es, begieng Johannes ſeinen Hochzeits-
tag mit des Koͤnigs Sigismund Auguſts Prinzeßin Schweſter Catharine. Der Brautſchatz
und die Ausſteuer beliefen ſich auf 350000 Thaler. Der Grosfuͤrſt ſolte dieſe Summe zum Theil
in Riga heben. Jn Riga muſte er in der Vorſtadt bleiben, und der Befelshaber wies die koͤ-
nigliche Ordre vor, ihn nicht einzulaſſen. Man glaubte, dieſer Poſſen ſey ihm vom Radzivil
geſpielet worden, welcher junge Witwer die andre pohlniſche Prinzeßin zur Gemahlin zu erhal-
ten hofte, um die der Grosfuͤrſt fuͤr ſeinen Bruder, den Herzog Magnus von Oſtergothland
geworben hatte. Wie der Grosfuͤrſt Johannes in Riga kein Reiſegeld erhielt; ſo fertigte er ei-
nige Miniſter an den Koͤnig von Pohlen ab, worauf ihm der Koͤnig 7 Schloͤſſer verſetzte, deren
Werth ſich auf fuͤnftehalb Tonnen Goldes belaufen haben ſol. Jn Revel fand es der Grosfuͤrſt
erſt ſchlim, alwo ihm nicht die geringſte Handreichung gethan wurde, weil ihn ſein Bruder der
milzſuͤchtige Koͤnig Erich in uͤblem Verdacht hatte. Der Graf Svante, Claes Chriſterſon
und Dionyſius Beurer verlangten von ihm die Auslieferung der Pfandſchloͤſſer. Als dieſe mit
Gewalt drohten, uͤberlies er ihnen doch das Schlos Karkus mit dem Beding, daß der Koͤnig
mit dem Grosfuͤrſten gleiche Beſatzung darin halten ſolle. Nach 4 Tagen ſegelte der Grosfuͤrſt
von Revel ab. Der Gouverneur half ihm mit etwas Geld und Schifsproviant, welches Johan-
nes auf eine beſtimte Zeit zu bezahlen verſprach. Dieſe kleine Gefaͤlligkeit kam dem Commen-
danten ſo theuer zu ſtehen, daß ihm der Koͤnig den Kopf abſchlagen lies.
III Liuonicorum S. 131, und derſelben Beſtaͤtigung S. 134. Volſtaͤndiger aber iſt
Erichs Privilegium auf deutſch in dem rothen Buche zu Revel, worin uͤberdem
der Ritterſchaft erlaubet wird, des ſchwediſchen Reichs Farbe, Feldzeichen und
Wapen, wenn es ihr beliebet, in ihren Fahnen zu fuͤhren. Weil auch der Koͤnig der
Ritterſchaft Geld, Pferde, Buͤchſen und Harniſch vorgeſtrecket, ſo iſt ſelbige verbun-
den in Nothfal ihre Guͤter zu verdienſten. Solte jemand bey dem Koͤnig angegeben
wer-
er ſich nicht im Stande der Gegenwehr ſahe. Sein Anſuchen bey den Pohlen um
Huͤlfe wurde mit kurzen Vertroͤſtungen ohne Nachdruck abgewieſen. Der Graf, um
ſeines Herrn Pfandhaͤuſer nicht ganz zu verſpielen, hielt es fuͤrs rathſamſte mit dem rußi-
ſchen Befelshaber in Doͤrpt, Kneſen Andrei Kuͤrpſche, einem leutſeligen und klu-
gen Herrn, die Abrede zu nehmen, er wolle dem Kneſen Helmet ſo lange zum Pfande
geben, bis ſein Herr aus dem Gefaͤngnis los kaͤme, und weitere Verabredung treffen
koͤnte. Er beftelte auch den Kneſen zu einem Beſuch nach Helmet, wo die Ueberga-
be in der Stille geſchehen ſolte, verſahe es aber darin, daß er den Handel etlichen ſei-
ner Leute vertrauete. Dieſe waren der Abſichten des Grafen ganz unkundig, und rede-
ten unter ſich einen Hinterhalt ab. Denn da ſie mit dem Grafen zu Tiſche ſaſſen, er-
wiſchten ſie ihn am Halſe bey der guͤldenen Kette, ſteckten ihn in ein finſter Loch, und
gaben auf den Kneſen und deſſen Leute Feuer, welches dieſen redlichen Man zwar zum
Ruͤckzuge, aber auch zur groͤſten Verbitterung brachte. Sie lieferten den Grafen an
den Herzog von Curland aus, welcher ihn Mittwochs vor Weihnachten 1563 mit gluͤ-
enden Zangen zerreiſſen, viertheilen und auf 4 Raͤder legen, ſeinen Secretair aber mit
dem Schwerdt hinrichten lies. Da Henning S. 78 und 79 dieſe Begebenheit gar
partheiiſch erzehlet; ſo bezeuget hingegen Neuſtaͤdt, daß faſt jederman von der Un-
ſchuld des Grafen und ſeinen billigen Abſichten uͤberzeuget geweſen. Die Umſtaͤnde
von ſeiner Hinrichtung ſind allerdings bedenklich. Der Rathsherr Vincentz Klan-
dorf, den die ſchmaͤlige Marter des Grafen jammerte, gieng nach Hauſe, zog ſich
ab, und blieb gleich tod. Eine Frau, die vom Boden herunter ihn mit gluͤhenden
Zangen zwicken ſahe, fiel herab und brach den Hals. Ein Bauer, welcher dabey
ſtand, ſties ſich das Meſſer durch die Bruſt. Der Buͤttel, welcher die Kohlen blies,
ſtieg vom Wagen, legte den Kopf auf dem Blaſebalg und blieb auf der Stelle todt
liegen. Von ſeinen Verraͤthern ſind die meiſten blind geworden. Der Kneſe der der
Ungnade ſeines Czaars halber nach Pohlen fluͤchtete, hat die Unſchuld dieſes Mannes
mit vielen Seufzern beklaget. Sonſt war der Graf von Arce ein verſtaͤndiger Herr,
und in Anlegung guter Feſtungen, ja in der ganzen Kriegeskunſt wohl erfahren, wie
denn auf ſeinen Rath die Stadt und Schlos Revel mit Graben, Waͤllen und Streich-
wehren wohl befeſtiget worden. Henning berichtet, daß er aus Liebe zu ſeinem Le-
ben ſich erboten ſeine uͤbrige Lebenszeit hindurch vor einem Stalle an einer eiſernen Ket-
te wie ein Hund zu liegen, und nur Waſſer und Brod zu eſſen.
und ſich in Hofnung auf die erzbiſchoͤfliche Wuͤrde zu Riga zum Coadiutor waͤhlen
laſſen; konte aber nicht ein halb Jahr ruhig in Liefland zubringen. Seine Abſich-
ten erforderten, daß er ſich um Liefland mehr Muͤhe gab, als der Kaiſer und das
Reich ſelbſt. Nach vergeblich geſuchter Huͤlfe am kaiſerlichen Hofe wandte er ſich
nach Schweden, und erlangte auf die vorgeſchlagene Heirath mit des Koͤnigs Erich
juͤngern Prinzeßin Schweſter Eliſabeth einige Huͤlfsvoͤlker, mit welchen er 1562 in
Revel ankam, die Weihnachten daſelbſt feierte und nach Liefland gieng. Er fand
den alten Erzbiſchof auf dem Sterbebette, huͤtete ſich aber denſelben zu beſuchen.
Nach ſeinem Tode wolte er ſich der Guͤter des Erzſtifts mit Gewalt bemaͤchtigen, erſtach
auch daruͤber einen pohlniſchen Rittmeiſter Stanislaus Waskowitz uͤber Tiſche
mit dem Dolche, er wurde aber durch den Herzog von Curland und den deutſchen
Kriegsoberſten Ernſt Weigern bey Dalen auf der Jagd weggeſchnapt, oder wie
Henning meldet, auf Dalen belagert, und gefangen nach Pohlen geſchickt. Jn
den Briefſchaften des Koͤnigs Sigismund Auguſts, wie ſolche der Herr Profeſſor
Mencke 1703 in Leipzig herausgegeben *), ſtehet wenigſtens an 4 Orten, daß der
Herzog Chriſtoph capituliret habe. Jn Dalen ſolte Chriſtoph 100000 Thaler
ſchwe-
gismund Auguſt bedienet ſich in den Lateiniſchen folgender Titulaturen. An das Rigiſche
Domcapitel: Venerabiles, deuoti nobis dilecti. An die Herren Stiftsraͤthe: Generoſi,
fideles dilecti. An die ſtiftiſche und herrmeiſterliche Ritterſchaft: Nobiles fideles dilecti.
An den Rath zu Riga:Spectabiles et famati fideles dilecti. An den Magiſtrat andrer
Staͤdte: Famati fideles dilecti. Doch die mehreſten Umſtaͤnde ſind nachher zum Vergnuͤ-
gen der Stadt, die oft in dieſen Briefſchaften mitgenommen worden, abgethan. Beilaͤufig mer-
ken wir an, daß die Pohlen die lateiniſchen Titulaturen der Lieflaͤnder gleichſam abgezirkelt,
worin Stephanus faſt was aberglaͤubiges an ſich gehabt.
land und Jerwen ein beſitzlicher oder unbeſitzlicher Edelman, der ſchildbar iſt; ſo
wird der Verklagte nicht mit Gefaͤngnis beſchweret, ſondern gerichtlich citiret; erſchei-
net er nicht, ſo wird ihm nachgeſtellet, und er in ein ritterlich Handgeluͤbde und
in adliche Beſtrickung gebracht, bis zur Eroͤterung der Sache. Jſt er der That
uͤberwieſen; ſo wird ein ſolcher durch den koͤniglichen Stathalter mit Huͤlfe, Rath und
Beiſtand der gemeinen Ritterſchaft und gemeiner Lande ohne alle Gnade geſtraft.
Nicolavs radzivil, Dei gratia in Olika et Nieſzwictz Dux, Dominus in
Kleczko et Grodek, Palatinus Vilnenſis, Magni Ducatus, Lithuaniae ſupremus
Marſchalcus et Archicancellarius, Brzeſtenſis, Kawnenſis, Boriszovienſis et in magna
Schawle Capitaneus Generalis etc. Notum teſtatumque facimus per praeſentes litte-
ras noſtras, vniuerſis et ſingulis, quorum intereſt, quod cum a Sacra et Sereniſſi-
ma Regia Maieſtate Poloniae, Magnoque Duce Litthuaniae, Ruſſiae, terrarum
Pruſſiae, Samogitiae Maſoviaeque Domino et Haerede etc. Domino noſtri cle-
mentiſſimo, legatione apud Reuerendiſſimos et Illuſtriſſimos Principes, Do-
minum Guilhelmum Dei gratia Archiepiſcopum Rigenſem, Marchionem Branden-
burgenſem etc. et Dominum Gothardum Kethlerum, Equeſtris Ordinis Teutonici in
Liuo-
wenn er Dalen einbekaͤme. Der Koͤnig geſtand es zu. Hernach bekamen beide nichts,
weil nichts da war. Er ſas beinahe 6 Jahr zu Rava gefangen, wobey ihm nur
7 Bedienten gelaſſen wurden, unter welcher Zeit ſeine Schweſter Anna an den Her-
zog von Curland war verheirathet worden. Als Chriſtoph 1569 auf freien Fus
kam, genos er die Einkuͤnfte von Ratzeburg, denen ſein Bruder noch etliche Aem-
ter beifuͤgte, und zog eine Penſion von etliche 1000 Ducaten, die ihm der R. K.
Maximilian der IIte und deſſen Thronfolger Rudolph auszahleten. Er vermaͤhlte
ſich mit Friedrichs des Iſten Koͤnigs in Daͤnnemark Prinzeßin Dorothea, die aber
nach 2 Jahren ſtarb. Sein zweites Beilager hielt er 1581 in Stockholm mit hoch-
erwehnter Prinzeßin Eliſabeth, mit der er eine Prinzeßin gleiches Namens zeugte.
Er fuhr mit ſeiner Gemahlin in Begleitung von 15 Kriegesſchiffen nach Wismar,
gieng von da nach Gadebuſch, und ſtarb endlich im 56 Jahr ſeines Alters am 4ten
Merz 1592 zu Schwerin, alwo ihm Chytraͤus die Leichenpredigt gehalten. Seine
ruͤhmlichen Perſonalien erzehlt Chytraͤus S. 839, ſeine Schickſale in Liefland aber
Sturcius in der 2ten und 3ten Oration. Der Herzog Johan Albert von Meck-
lenburg ſchlug gegen den Koͤnig Sigismund Auguſt ſeinen jungen Prinz an ſeines
Bruders Chriſtophs Stelle zum Coadiutor zu Riga vor, und verſprach dem Koͤnig
alle Jahr 4 Monat lang 200 Reuter auf eigne Koſten in Liefland zu halten. Der
Koͤnig aber antwortete ihm aus Petrikow vom 15ten May 1563, daß ſo wenige Man-
ſchaft zum Schutz des Stifts nichts vorſtelle. Der Handel waͤre richtig geworden,
wenn der Herzog Albert nach den koͤniglichen Anmuthungen nur mit mehrerm Volk
heraus geruͤcket waͤre.
auf dem Stiftshofe zu Riga ein erbauliches Ende, und ward am 25ſten Auguſt in ei-
nem von der Erde auf gemauerten Begraͤbnis auf der Seite des Altars in Dom im
Beiſeyn der pohlniſchen Geſandten begraben. Er hatte als wirklicher Coadiutor 9 Jahr
weniger 8 Tage und als Erzbiſchof allein 23 Jahr 25 Wochen und 2 Tage das geiſtliche
Regiment gefuͤhret. Der Herzog von Curland nahm laut koͤniglicher Volmacht ſo
gleich von den Stiftsguͤtern bis zu anderweitiger Wahl des Erzbiſchofs Beſitz, und
uͤbertrug auf Befehl des Koͤnigs dem bisherigen erzſtiftiſchen Rath, Heinrich von
Tieſenhauſen, Herrn zu Berſon und Kalzenau, alle Aemter und Schloͤſſer auf der
koken-
equeſtris et ciuilis fungeremur, mediantibus ſufficientibus mandatis et ſufficienti ple-
nipotentia in perſonam noſtram patenti diplomate, manu Sacrae et Sereniſſimae
Regiae Maieſtatis ſubſcripto factam, in qua hoc expreſſe habetur, quod Sacra et Se-
reniſſima eius Regia Maieſtas promittat verbo ſuo regio omnia rata et grata habere,
firmiterque et ſolide obſeruare, quaecunque per nos Nicolaum Radzivillum, Palati-
num Vilnenſem etc. cum ordinibus huius prouinciae acta, geſta, conſtituta et litte-
ris mandata fuerint, poſt explicationem mandatorum noſtrorum, et in progreſſu ne-
gotiorum, a nobis hic in Liuonia nomine Sacrae et Sereniſſimae Regiae Maieſtatis
eius geſtorum, Spectabilis Senatus ſuo totiusque populi ciuitatis Rigenſis nomine no-
bis ſpecialiter propoſuiſſet, ſi apud ſacrum Romanum Imperium conſenſus ſubiectio-
nis fraudi Rigenſibus non ſit futurus: Si deinde ſalua Religio ſecundum Auguſta-
nam Confeſſionem illis permanere; poſtremo iura, libertates, immunitates, con-
ſuetudines, transactiones hinc inde factae, tum Priuilegia ſarta tecta habere poſſint,
eorumque ampliationem auctionemque Sacra Regia Maieſtas eis promittere ac de iis
Nos cauere ciuitati, fidemque noſtram ea in parte interponere vellemus, tum ipſum
Senatum Populumque ac totam communitatem praefatae Ciuitatis Rigenſis velle ſacrae
et Sereniſſimae Maieſtatis Regiae fidem ſequi et debitam ſubiectionem exemplo
principum ſuorum proſiteri. Proinde Nos cupientes ex dignitate Secrae Regiae
Maieſtatis negotio nobis commiſſa et ex ſalute hujus prouinciae et vrbis pro fidei et
mandatorum noſtrorum debito conſtituere, ſcrupulumque Senatui Populoque Ciuitatis
Rigenſis, qui eos vnice angebat, eximere, publice et per expreſſum his litteris no-
ſtris atteſtamur, cauiſſe nos et fidem noſtram Viri Principis interpoſuiſſe, prout
praeſentibus cauemus, et interponimus, quod Sacra Regia Maieſtas curatura eſt,
ne quidquam honori, dignitati, exiſtimationi ſamaeque Rigenſium decedat, nullique
banno aut proſcriptioni a Sacro Romano Imperio profectae expoſiti nec poenam in-
curſuri ſint. Deinde quod Sacra Regia Maieſtas Senatum Populumque ac adeo to-
tam ciuitatem, territoriumque Rigenſe circa illorum Religionem Euangelicam con-
feſſionis Auguſtanae conſeruabit ritus Eccleſiaſticos hactenus introductos et ſeruatos
non mutabit, nec mutari patietur, ſed potius manu tenebit. Iura, Priuilegia, li-
bertates et immunitates; conſuetudines, transactionesque omnium generum Iurium,
tum ipſius Senatus, quam Collegiorum aliarumque publicarum et priuatarum perſo-
narum iureiurando et verbo ſuo Regio, tum et ſufficientibus diplomatibus confir-
mabit et ratificabit, confirmareque ratificare et de conſeruanda religione illis recipe-
re tenebitur, antequam Senatus Populusque ac tota Communitas praefatae ciuitatis
Rigenſis fidem, ſubiectionem et obedientiam Sacrae Regiae Maieſtati medio corpo-
rali iuramento profeſſa fuerit, ſaluo tamen ſuper iis omnibus Sacrae Regiae Maie-
ſtatis et Ampliſſimi Senatus ſui circa harum rerum coucluſionem exactiori ſapientio-
rique iudicio. Harum teſtimonio litterarum, quibus in fidem praemiſſorum ſigil-
lum noſtrum eſt ſubappenſum. Datum in Ciuitate Rigenſi, Octaua Menſis Septem-
hris Anno Domini Milleſimo Quingenteſimo Sexgaeſimo Primo.
(Sigillum
Ducatus.)
Nicolaus Radzywil,
manu propria.
abgedruckt, weil aber die Collectanea in Liefland ſelbſt ſehr ſelten und in wenig Hoͤn-
den ſind; ſo theilen wir ſolche hier volſtaͤndig mit.
Volmacht der Ritter und Landſchaft fuͤr ihre Abgeſandten an die koͤ-
nigliche Majeſtaͤt in Pohlen, Herrn Sigismundum Auguſtum, da
das ganze Land vom roͤmiſchen Reiche huͤlflos verlaſſen, den Ruſſen zum Raub
uͤbergeben, aus unvermeidlichen nothdrengenden Urſachen nach Veraͤnderung des Or-
dens der Crone Pohlen ſich hat uͤbergeben muͤſſen.
Jm Jahr 1561.
Wir Philippus von alten Bockum, Curiſcher Manrichter, Johan Wrangel
von Waidemar, Otto Grotthaus, Valentin Hane, Johan Treyden,
Johan Plettenberg, Sander Nettelhorſcht, Clawes Wahl, Johan Schmoͤ-
ling, Johan Anrep, Chriſtopher von der Rope, Dioniſius von Guͤlſen we-
gen des gemeinen Adels, und der von der Ritterſchaft, ſo anhero, und auch noch un-
ter dem hochwuͤrdigen, grosmaͤchtigen Fuͤrſten und Herrn, Herrn Godarten, Mei-
ſtern des ritterlichen deutſchen Ordens in Liefland und deſſelben Orden beſeſſen, thun
kund und bekennen hiermit oͤffentlichen fuͤr allermaͤnniglichen, daß nachdem hochgedach-
ter unſer gnaͤdiger Landes-Fuͤrſt und Herr, auch wir armen von Adel ſamt allen andern
Jnwohnern dieſes Landes von der roͤmiſchen kayſerl. Majeſtaͤt und allen Chur-
fuͤrſten, Fuͤrſten und Staͤnden des heiligen Roͤmiſchen Reichs, Teutſcher
Nation, wieder den Ruſſen, in ungehoͤrten Mord, Brand, Raub, Naͤhm, ver-
hergen, verderben, und verwuͤſten, ungeacht alles Klagens, Vermahnens, Flehens
und Bittens, ſo dahero unaufhoͤrlichen beſchehen, nun in das vierdte Jahr huͤlf- und
troſtlos klaͤglichen und erbaͤrmlichen nicht allein verlaſſen, dann auch von andern, die
uns billig mitleiderlich erretten helfen ſolten, unverſchuldt wieder GOtt und alle Billig-
keit feindlich angegriffen, dergeſtalt, daß hochgemeldten unſern Landes-Fuͤrſten, auch
uns
voͤlkern verſehen waren, zur Adminiſtration auf. Ueber die Schloͤſſer des geweſenen
Coadiutors, nemlich Treiden, Wainſel, Lemſel und Salis bekam der geweſene
Ordensherr Caſpar von Oldenbockum die Aufſicht und Verwaltung. Die Dom-
herren vergaſſen mit der Zeit die Wahl, nahmen den weltlichen Stand an, lieſſen ſich
die geiſtlichen Guͤter erblich geben, und bahnten dadurch den Weg zu der bald darauf
erfolgten Seculariſirung. Dafuͤr legte der Koͤnig Stephanus 1583 ein neues Biſtum zu
Wenden an. Leutingers Bericht iſt alſo falſch, daß der Erzbiſchof Wilhelm ſein
Stift aufgegeben, zu ſeinem Bruder Herzog Albrecht nach Koͤnigsberg gezogen,
daſelbſt geſtorben und auf dem Kneiphof begraben liege.
GOtt wunderparlich nicht erhalten, laͤngſt in ſolchem Creutz verliegen muͤſſen, und wie-
wohl die koͤnigliche Majeſtaͤt zu Pohlen ſich unſer in dieſem unſerm merklichen Oblie-
gen Chriſtlichen und Koͤniglichen angenommen, ſo hatten ſie ſich doch nicht ferner, denn
allein wieder den Ruſſen eingelaſſen, da dagegen Jhrer Majeſtaͤt durch obgenandter
anderer Leute Zunoͤthigen nicht allein ihr Vorhaben verhindert, denn wir ſeynd auch
ſo viel aͤrmer und unvermuͤgener geworden; daß wir dennoch uff jetzo beſchehene koͤnigliche
Beſchickung und Unterhandlung des durchleuchtigen, großmaͤchtigen Fuͤrſten und Herrn,
Herrn Nicoli Radziwilln, Hertzogen in Olyka und Nieſchwitz, des Groß-Fuͤr-
ſtenthums Littawen Ertz-Marſchalch und Cantzler ꝛc. ꝛc. ſamt unſern gnaͤdigen Landes-
Fuͤrſten und Herrn, und allen deſſelben Staͤdten und Staͤndten aus unvorbeygaͤngli-
cher Noth gedrungen und verurſachet, wo wir nicht gar aus ſeyn und das Land verlaſ-
ſen wollen, damit Jhre koͤnigliche Majeſtaͤt ſich nicht unſer als Fremdlinge, dan gleichſt
ihren eigenen Unterſaſſen deſter ehe und ernſtlicher anzumaſſen, und wieder alles wem
Hand zu haben, daß wir wohlbedaͤchtichen, einhelliglichen und unvorſcheidentlichen be-
williget und eingegangen der koͤniglichen Majeſtaͤt zu Pohln uns underwuͤrffig zu machen.
Und nachdem dagegen von wegen Jhrer koͤniglichen Majeſtaͤt uns Schutz und Beſchir-
mung wieder maͤnniglichen, auch Gericht und Gerechtigkeit zugeſagt, und daß wir bey
der reinen Evangeliſchen Lehre der Augſpurgiſchen Confeßion, auch allen unſern Eh-
ren, Wuͤrden, Herlichkeiten, Freyheiten, Privilegien, Siegeln und Brieffen, Ge-
richt und Gerechtigkeiten, landlaͤuffigen Gebraͤuchen und Gewonheiten, unter
einer deutſchen Herrſchafft gelaſſen, und unter fremde Gezwenge nicht ge-
zogen werden ſolten. Welches hoͤchſtgedachte koͤnigliche Majeſtaͤt in perſoͤnlicher
Verhandlung zum theil Anfangs ſchweren, nnd inſonder Diplomaten ſich verſchreiben
und verſiegeln ſolten; worauff wir allerſeits nebenſt andern Staͤnden, auch unſern
vollmaͤchtigen Botſchafften an hoͤchſtgemeldte koͤnigliche Majeſtaͤt nebenſt unſerm gnaͤdi-
gen Landes-Fuͤrſten abfertigen ſolten, die ſolcher Handlung abwarten, ſich nebenſt ih-
rer fuͤrſtlichen Gnaden ihrem koͤniglichem Eyd anhoͤren, und nebenſt demſelben die Be-
ſtaͤttigung, Vermehrung, und Verbeſſerung aller vorgemeldten Dingen zu bitten und
auszubringen und alles zu thun und laſſen Macht haͤtten, was die Nothdurfft daſelbſt
erfuͤrdern und mitbringen muͤcht, als haben wir demnach vor uns, unſern Erben und
Nachkommen und aller andern wegen volmaͤchtigen, die Ehrenveſten, Hochgelahrten
und Achtpahrn, Herrn Reimperten Gyldesheim der Rechte Doctorn, Georgen
Franken, Heinrich Plahtern, Johan Medem und Fabian von der Burgck zu
ſolchem Handel verordnet und abgefertiget, ihnen in Krafft dieſes offnen verſiegelten
Brieffs vollkommen Gewalt und Macht gebend nebenſt unſerm gnaͤdigen
Fuͤrſten und Herrn, oder auch beſonderlichen nach Rath ihrer Fuͤrſtlichen
Genaden und Gelegenheit der Sachen ſich der Koͤniglichen Majeſtaͤt ihre
Subjection in aller Unterthaͤnigkeit zu praͤſentiren, nach gnaͤdigſter Anneh-
mung derſelbigen Jhrer koͤniglichen Majeſtaͤt unterthaͤnigſte Danckſagung zu thun,
den Koͤniglichen Eyd mit anzuhoͤren, mit Fleiß zu verzeichnen, auch nach Rath
unſers gnaͤdigen Landes-Fuͤrſten und Herrn, in unſer aller Nahmen und eines je-
den beſondere Seelen einen leiblichen Eyd zu ſchweren, und darauff umb Be-
ſtaͤttigung desjenigen zu bitten, was der Durchleuchtigſter und Großmaͤchtiger Fuͤrſt
und Herr Herr Nicolaus Radziwill, Herzog in Olyka und Nieſchwitz, Woy-
wod zur Wilda ꝛc. Sich ihrer Koͤniglichen Majeſtaͤt wegen verſprochen. Nehmbli-
chen, daß wir bey Gottſeeliger Chriſtlicher Lehre der Augſpurgiſchen Confeßion und
allen Chriſtlichen Ceremonien, Sacramenten und Kirchen-Regimenten unvorirret und
unvorhindert gelaſſen und duͤrfften zu ewigen Zeiten nicht gedrungen, denn vielmehr ver-
ſehen werden muchte, wo die Kirche etwa mit nothduͤrfftiger Unterhaltung nicht verſor-
get, daß dieſelbe von Jhrer Koͤniglichen Majeſtaͤt zu Derſelben ewigen Koͤniglichen
Ruhm miltiglichen verſorget und verſehen, und was von Kirchen-Guͤtern etwan unter-
ſchlagen, daß dieſelben wiedrum dazu gebracht werden mochten, vor das erſte. Zum
andern, daß wir alleſambt und ſonderlichen bey Ehren, Wuͤrden, Herrligkeiten,
Freyheiten, Privilegien, Siegeln und Brieffen, deutſchen rechten Gericht und Ge-
Z z zrech-
Herrſchafft und Verwaltung derſelben gelaſſen, beſtedigt und confirmirt
werden mugen. Zum dritten, Nachdem wir ſambt unſerer Herrſchaft der Koͤnigli-
chen Majeſtaͤt zu derſelben Koͤniglichen ewigen Ruhm und Beſten, derſelben Koͤnig-
reich, Land und Leute zugetretten, daß wir uns auch alle unſere Nachkommen die
Deutſchen Jhrer Koͤniglichen Mildigkeit, und Begnadigung ſo viel mehr zu beruͤh-
men und zu erfreuen haben muͤgen, Jhre Koͤnigliche Majeſtaͤt uffs unterthaͤnigſte dis
zu pitten, daß wir unſer Weib und Kinder, beyde Maͤhn- und Weiblicher Geſchlechte
der Spill als die Schwerth-Seiten mit unſern inhabenden Landen und Lehnguͤtern
von Jhrer Koͤniglichen Majeſtaͤt allergnaͤdigſt verſehen und begnadigt, und
das einem jedweden Geſchlechte frey ſeyn muge, nach deſſelben Gelegenheit mit
andern Geſchlecht in dieſe ſamende Handes Gerechtigkeit zu vereinigen, zu verbuͤnden,
und daß ſolchs folgend von Jhrer Koͤniglichen Majeſtaͤt zu ewigen Zeiten beſtaͤtigt und
confirmirt werden muͤge, und was in ſolchen und andern obgedachte unſere vollmaͤchti-
ge Geſandten in unſerm Nahmen und zu unſerm Peſten bedenken, handeln und laſ-
ſen werden, daſſelbig wollen wir vor uns, unſere Erben und Nachkommen feſt halten
und dem mit hohem ſtarckem Fleiß und Ernſt nachſetzen, was in unſer Seelen ver-
ſprochen, gelobt und geſchwohren, wie wir uns hiemit Krafft unſer Vollmacht ver-
pflichten, und ob hieruͤber und ſonſten in allen vorfallenden Haͤndeln und Sachen ob-
gemeldete unſer verordneten mehrer Gewalts beduͤrffen, wollen wir Jhnen dieſelbige
auch hiemit zugeſtalt haben, als wenn ſelbige von Worten zu Worten hiezu verleibet
und begriffen, und was alſo von unſern obgeſatzten Geſandten gehandelt, gethan und ge-
laſſen, daſſelbige alles iſt und heiſt unſer ſamt und ſonderlicher Will und beſtaͤndige
Meinung, darob wir auch ſtetlichen und feſt halten wollen, bey Chriſtlichen Adelichen
Glauben recht waren treuen, wie wir uns des hiemit vor uns, unſer Erben und Nach-
kommen und aller der von Adel wegen beſtaͤndigſt vorſprechen, Sie auch allenthalben
dieſer Abfertigung wegen ſchadloß zu halten, an Eydes ſtatt gantz getreulich und ohn
alle Gefehrde und Argeliſt: Zu Urkund mehrer Verſicherung haben wir obgemeldte
Philips von alten Bockum Mannrichter in Churlandt, Johann Wrangel von
Waydemar, Otto Grotthaus, Valentin Hane, Johann Treyden, Johann
Plettenberg, Sander Nettelhorſt, Clawes Wahl, Johann Schmullingck,
Johann Anrep, Chriſtoph von der Rope, Dioniſius von Guͤlſen unſer ange-
porn Pitzſchafft an dieſen Brieff wiſſentlich hangen laſſen, der gegeben und geſchrieben
zu Riga den zwoͤlfften Septembris Anno nach Chriſti unſers lieben Herrn und Hey-
landes Geburth, tauſend, fuͤnfhundert und darnach im ein und ſechzigſten. Und ich
Herr Thies von der Recke neben andern meines Ordens verwandten Perſohnen ha-
ben beſtaͤndigſt dieſe des gemeinen Adels Vollmacht mit approbiret.
findet man lateiniſch gedruckt beim Chytraͤus, Boecler und andern; mit beigefuͤg-
ter deutſchen Ueberſetzung aber bey Ceumern*) S. 30 und 62. Weil das letztere den
deutlichen Jnhalt §. 10 hat, daß die auf beiden Seiten der Duͤne wohnende Ritter-
ſchaft mit Anverwandten ſo wol als Fremden die geſamte Hand eingehen, ihre Guͤter
verſchenken, vergeben, verkaufen, veraͤuſſern und nach eignem Gefallen anwenden kan,
ohne erforderte Bewilligung der Obrigkeit, und in Erbſchaften dem harriſchen und
wirlaͤndiſchen ſo wol, als dem neuen Manlehnsrechte gefolget werden ſol: ſo iſt
bald die Zeit nachzurechnen, wenn man die Wirklichkeit und das Daſeyn beſagten Pri-
vilegii unterm 6 Tage nach Catharine zu beſtreiten angefangen; zumal da das Origi-
nal aus der lieflaͤndiſchen Canzley ſich unſichtbar gemacht, oder auch in unrechte
Haͤnde gerathen ſeyn ſol.
Liuonicum oder kleine lieflaͤndiſche Schaubuͤhne, iſt bey Nollern zu Riga 1690 in 4 in Druck
gekommen. Er hat erſtlich als Advokat, darnach als Secretair, ferner als Aſſeſſor und Vice-
praͤſident des doͤrptiſchen Hofgerichts und endlich als Landrath in Liefland bey einer 40 jaͤhrigen
Uebung eine feine Kentnis des Landes erlanget. Sein Verzeichnis des lieflaͤndiſchen ausgeſtor-
benen und noch lebenden Adels iſt auf dem Landtage zu Wenden 1692 aus dem Grunde beſtrit-
ten worden, weil er einige aͤchte Familien ausgelaſſen, und einige ohne ſatſame Urſache unter den
lieflaͤndiſchen Adel gezehlet haben ſol. Daß nach ſeiner Zeit manche Familien aus Curland
und andern Orten ſich wieder in Liefland niedergelaſſen, die hier unter die ausgegangenen gerech-
net worden, benimt dem Werthe ſeiner Arbeit nichts. Die Koͤnigin Chriſtina verliehe ihm am
27ſten November 1651 von Stockholm aus die Volmacht, alle lieflaͤndiſche Privilegien, Ver-
ordnungen und Statuten zuſammen zu tragen, wobey er groſſen Fleis bewieſen, und ſich dadurch
eine Erfahrung zu wege gebracht. Jn der Vorrede urtheilet Ceumern von dem alten Ruſſov,
daß man ihn ohne den Lieflaͤndern zu viel zu thun nicht ganz durchleſen koͤnne. Er
meldet auch von D. Laur. Moͤllers Hiſtorien, die Liefland angehen, daß ſelbige zu des Au-
ctoris Zeiten in Roſtock ihrer Unrichtigkeiten halber unterdruͤckt worden. Es ſtarb dieſer geſchick-
te Man im 80ſten Jahr ſeines Alters am 22ſten November 1692 und liegt im Dom zu Riga
begraben. Sein Wapen iſt uͤber der Treppe nach dem Studentenchor oben aufgehangen.
Eſt-Liefland und auf Oeſel, ſo 1720 gedruckt worden, hat die Wirklichkeit dieſes
letztern Privilegii, denn vom erſten iſt die Frage nicht, deutlich erwieſen 1) aus den
Verhaltungsbefelen der nach Wilna geſchickten Abgeordneten, welche die Verbeſſe-
rung
Mitwerber um Liefland von dem bedaͤchtigen Koͤnige Sigismund Auguſt bei-
huͤlflich erhalten konten; 2) aus dem Zeugnis zweier alten Chronikenſchreiber, des
Chytraͤus, welchen von dem pohlniſchen Secretair David Hilken eine Abſchrift
davon erhalten, und Hennings, welcher als herrmeiſterlicher Secretair den Handel
ſelbſt entwerfen helfen. So viel iſt unſtreitig, daß der Koͤnig Stephanus die Be-
ſtaͤtigung dieſes Privilegii zu ertheilen ſich weigert, welches auch Meniusin Prodr.
S. 33 bezeuget, folglich das Privilegium ſelbſt da geweſen ſeyn mus; 3) aus der
pohlniſchen Generalreviſion von 1599, worin es als ein urkundliches Document er-
kant worden, welches der damalige Landmarſchal Johan von Tieſenhauſen in der
Urſchrift aufzuweiſen gehabt; 4) aus der urkundlichen Genehmhaltung der litthaui-
ſchen Staͤnde vom Jahr 1572. 5) aus 2 beglaubten Abſchriften deſſelben, worunter
die eine von dem Grafen Jacob de la Gardie, als Praͤſes der 1627 gehaltenen Gene-
ralreviſion, die andere aber von dem Feldherrn Guſtav Horn und dem Gouverneur
Andreas Erichſon 1629 beglaubiget worden, aus welchen Urſchriften man dieſelbe 1670
in das Corpus Priuilegiorum uͤbertragen: Doch beide Abſchriften waren ſo wol als
ihr Original verloren gegangen, bis endlich der Herr Cammerjunker Clodt von Juͤr-
gensburg das Vidimatum principale von 1627 in ganz gutem Stande auf dem Landtage
1730 wieder eingeliefert; 6) aus ſeiner Guͤltigkeit, die es 130 Jahr hindurch gehabt, ehe
man daſſelbe angefochten, und aus dem noch fortdaurenden Gebrauch deſſelben in Cur-
land*). Eine zum Zweifeln ſehr aufgelegte Feder hat wider dieſe Beweistuͤmer eins
und das andere erinnern wollen: es haben aber geſchickte Maͤnner ſchon ſeit dem Jahr
1690 das Daſeyn dieſes Privilegii von dem 6ten Tage nach Catharinen mit den buͤn-
digſten Gruͤnde erhaͤrtet; wie denn nicht nur Peter der Groſſe ſolches ſeiner Beſtaͤti-
gung wuͤrdig geachtet, ſondern daſſelbe auch von allen Nachfolgern ſeines Reichs fuͤr
guͤltig erkant, von der Kaiſerin Anna aber und unſrer allergnaͤdigſten Kaiſerin Eli-
ſabeth ſo gar mit ausdruͤcklicher Benennung des Datums aufs allerfeierlichſte beſtaͤ-
tiget worden. Man trift daſſelbige auch mit dem beruͤhmten Diplomate Radziviliano
vom 1ſten Merz 1562 in den Collectaneis Liuonicis an. Doch da forſchbegierige Liebhaber
dergleichen ſelten gewordene Buͤcher auch um doppelt Geld nicht mehr habhaftig wer-
den koͤnnen, ſo hoffen wir ihnen einen Gefallen zu thun, wenn wir ihnen das ganze
merkwuͤrdige Privilegium hier zu leſen geben. Es iſt mit allen Auctoribus genau ver-
glichen, die vielen Druckfehler in ſelbigen gehoben, und die Ueberſetzung von einem hier
ſtudirenden jungen Herrn von Adel verfertiget, die wir mit Fleis ſelbſt nachgeſehen,
und daher fuͤr ihre Richtigkeit ſtehen koͤnnen.
Priui-
chens Aufſatz eines Landrechts, welcher das vornehmſte Stuͤck des Privilegii, nemlich das gleich-
foͤrmige Erbrecht des ganzen lieflaͤndiſchen Adels als beſtaͤtiget zum Grunde leget. Da dieſes
Werk durch die Cenſur der Deputirten aus 3 Kreiſen gegangen, die es genehmiget und unter-
ſchrieben, auch dem Koͤnige mit aller Zuverſicht vorgeleget haben, und niemand dawieder einen
Zweifel eingewandt; ſo laͤſt ſich daraus freilich auf deſſen wirkliches Daſeyn ſchlieſſen. Gleich-
wol blieb die Beſtaͤtigung aus, wie leicht zu erachten, aus dem vorgefaſten Entſchlus, die Lief-
laͤnder einzuſchraͤnken, womit die Pohlen doch nicht zu rechte kamen. Mehrere Gruͤnde fuͤr
dieſes Privilegium giebt uns das Memorial der lieflaͤndiſchen Deputirten in den Collectaneis
Liuonicis S. 75 und S. 130 an die Hand. Die Koͤnige von Pohlen beſtaͤtigten nicht nur alle
Erbrechte, ſondern lieſſen die Lieflaͤnder auch im Gebrauch ihres alten deutſchen und eignen
Rechts. Zwar ſind des Koͤnigs StephaniConſtitutiones Liuonicae zu Cracau 1583 bey Ni-
colaus Scharffenberg gedruckt, aus welcher Schrift ſie Gvagnini genommen. Doch ſind
ſie mehr pro forma iudiciorum als fuͤr ein certum ius anzuſehen. Manchmal verwieſen die
Pohlen auch Proceſſe an das Jus Magdeburgenſe, worunter ſie aber das lieflaͤndiſche Landuͤbli-
che Recht verſtanden, weil es mit dem Sachſenſpiegel uͤberein kam, deſſen Geburtsſtadt Magde-
burg geweſen.
de feria ſexta poſt Catharinae; Nobi-
litati Liuonicae conceſſum, varia variorum
epicriſi olim attentatum, per Summos vero
Ruſſiarum Imperantes perpetua auctoritate
ſtabilitum denuo atque clementiſſime
confirmatum.
Sigismvndvs avgvstvs, Dei gratia,
Rex Poloniae, Magnus Dux Lithua-
niae; Ruſſiae, Pruſſiae, Maſouiae, Samo-
gitiae, Liuoniaeque etc. Dominus, et hae-
res, Notum facimus per praeſentes litteras,
quorum intereſt, aut in poſterum quoquo
modo intererit, Vniuerſis. Cum Liuonia
prouincia graui ac diuturno Moſchico bello,
multisque cladibus afflicta, vaſtata atque
magna ex parte in poteſtatem hoſtium re-
dacta eſſet; cumque et propter multarum
ciuitatum arciumque et propugnaculorum
amiſſionem, et ob maximam in omnes
partes depopulationem vaſtitatemque ferro
atque igni in eo allatam, et propter quo-
tidianas incurſiones, magnumque hoſtis ad
eius reliquias occupandas apparatum, ad
eam anguſtiam ac difficultatem ordines il-
lius redacti eſſent, vt nequaquam opibus
viribusque propriis ſtatum ſuum defende-
re, atque ſe a ſeruitute crudelitateque ho-
ſtili tueri ac vindicare poſſent;
Illuſtriſſimus ac Reuerendiſſimus Domi-
nus Guilhelmus, Archiepiſcopus Rigenſis,
Marchio Brandenburgenſis, Stettini, Po-
meraniae, Caſſubiorum et Vandalorum Dux,
Rugiae Princeps, Burggrauius Norimber-
genſis, ac Illuſtriſſimus Dominus Gothardus
Ketlerus, equeſtris ordinis Teutonici in
Liuonia Magiſter, ſtatusque et ordinis Li-
uoniarum vniuerſi, et Ciuitatum nnncii,
dum et omnia domeſtica praeſidia ſua con-
uulſa, et ſe ab aliorum praeſidiis deſtitutos
animaduerterent, magnam autem ſpem in
noſtro et ditionum noſtrarum auxilio depo-
nerent: matura deliberatione habita, publi-
coque et concordi omnium conſenſu, ſe
prouinciamque ſuam in fidem et poteſtatem
noſtram tradiderunt, ac in perpetuum di-
tionibus dominiisque noſtris, ad inſtar ter-
rarum Pruſſiae, adiunxerunt et incorpora-
runt.
Itaque nos et foederibus et vicinitate con-
iunctae nobis prouinciae periculo, clade,
vaſtitate et ſeruitute permoti, et pro Chri-
ſtiani principis officio pertinere ad fidem
noſtram intelligentes, vt homines prouin-
ciamque Chriſtiani nominis a caede, popu-
latione, ſeruitute barbari ac crudelis hoſtis
prohibeamus, eosdem in fidem et ditio-
nem noſtram accepimus. Qua quidem fi-
de ac neceſſitate, in iure, libertate, fortu-
nis, omnibusque commodis caeterorum
ſubditorum ac dominiorum noſtrorum con-
ſer-
Verdeutſchtes Privilegium
des Koͤnigs Sigismundi Auguſti,
an die Staͤnde und Staͤdte von Liefland,
ertheilet den Tag nach Cathari-
nen 1561.
Sigismund Auguſt, von GOttes Gna-
den, Koͤnig in Pohlen, Groß-Her-
zog in Litthauen, von Reuſſen, Preuſſen,
Maſovien, Samogitien und Liefland ꝛc.
Herr und Erbe, fuͤgen durch gegenwaͤrtigen
Brief allen und jeden, denen daran gelegen iſt,
oder inskuͤnftige daran gelegen ſeyn moͤchte, zu
wiſſen: Demnach die Provinz Liefland durch
den ſchweren und langwierigen rußiſchen
Krieg und die erlittenen Niederlagen hoch be-
draͤnget, verheeret und groͤſtentheils in feindli-
che Gewalt gerathen, auch derſelben Staͤnde
durch Verluſt vieler Staͤdte, Schloͤſſer und
Veſtungen, ja durch das allenthalben veruͤbte
Sengen, Brennen, Morden, wie auch durch
beſtaͤndige Streifereien und groſſe Zuruͤſtun-
gen der Feinde, die noch den Reſt und die Ueber-
bleibſel davon einzunehmen trachten, in ſolche
Angſt und Noth geſetzet worden, daß ſie durch
eignes Vermoͤgen oder durch eigene Kraͤfte ih-
ren Staat zu vertheidigen und ſich vor des Fein-
des Sclaverey und Grauſamkeit zu ſchuͤtzen,
oder aufrecht zu erhalten, im geringſten nicht
ſich vermoͤgend befunden. Als haben der
durchlauchtige und hochwuͤrdigſte Herr, Wil-
helm, Erzbiſchof zu Riga, Marggraf zu
Brandenburg, zu Stettin und Pommern,
der Caſſuben und Wenden Herzog, Fuͤrſt
zu Ruͤgen, Burggraf zu Nuͤrnberg und
der durchlauchtige Herr Gotthard Ketler,
des deutſchen Ritter-Ordens in Liefland
Meiſter, wie auch alle lieflaͤndiſche Staaten,
Staͤnde und Abgeordnete der Staͤdte, da ſie ſich
voͤllig des einheimiſchen Schutzes entbloͤſſet und
fremder Huͤlfe beraubt ſahen, eine groſſe Hof-
nung aber auf unſerer Reiche Huͤlfe ſetzten, nach
reifer Ueberlegung und mit oͤffentlicher einhel-
liger Bewilligung ſich und ihre Provinz Lief-
land in unſern Schutz und Botmaͤßigkeit uͤber-
geben, und auf ewig unſern Reichen und Herr-
ſchaften, nach Art des Landes Preuſſen, zu-
gefuͤget und einverleibet.
Wir ſind daher durch die Gefahr, Nieder-
lage, Verwuͤſtung und Dienſtbarkeit ſolcher
uns durch Buͤndnis ſo wol als Nachbarſchaft
verwandten Provinz bewogen, und haben die-
ſelbe in unſern Schirm und Schutz aufgenom-
men, weil wir wol wiſſen, daß es uns, als einem
chriſtlichen Fuͤrſten, unſers Glaubens wegen ob-
liege, Land und Leute, ſo Chriſtum bekennen,
vor Mord, Verwuͤſtung und der Dienſtbarkeit
eines barbariſchen und grauſamen Feindes in
Sicherheit zu ſetzen. Jn welcher Beſchuͤtzung
und Verbindung, Wir ſie in ihren Rechten,
A a a aFrei-
nincimus et obſtringimus.
Cum autem inter reliquos ſtatus eius-
dem prouinciae Liuoniae, qui ad proſiten-
dam et recognoſcendam ſubiectionem ſuam
apud nos comparuerunt, vniuerſus eque-
ſtris ordo totius illius prouinciae, nempe
ipſa Nobilitas, indigenae tam vltra citraque
Dunam habitantes, per certos nuncios, et
plenipotentes ſuos, videlicet nobiles, Rem-
pertum Gilzenium, Juris doctorem; Geor-
gium Francken; Fabianum a Borch; Hen-
ricum et Johannem de Medhen, cum ſuſſi-
cienti plenipotentiae ſuae mandato, Sigillis
multorum nobilium ex tota prouincia Li-
uonia conſignato, apud nos comparuiſſent,
nosque ſuo ac totius nobilitatis Liuonicae
nomine, de confirmatione iurium, liber-
tatum, priuilegiorum et immunitatum ſua-
rum, humiliter atque ſuppliciter compel-
laſſent; Obtulerunt nobis in ſcriptis certa
capita ſeu articulos, quos a nobis in omni-
bus eorum punctis, clauſulis et conditionibus
confirmari, approbari et ratiſicari debita cum
inſtantia ſupplicauetunt; Quorum quidem
capitum ſeu articulorum tenor de verbo
ad verbum ſequitur, et eſt talis:
Religio Au-
guſtanae
Confeſſionis
maneat.I. Primum et ante omnia Sacrae et Se-
reniſſimae Maieſtati veſtrae, domino no-
ſtro clementiſſimo, et tum libertatis no-
ſtrae vindici, tum et liberatori, in quo
omnem ſpem et fiduciam liberationis no-
ſtrae concepimus, debita, qua par eſt, hu-
militate, noſtro totius nobilitatis Liuoniae
nomine ſupplicamus, vt ſacroſancta nobis
et inuiolabilis maneat Religio, quam iuxta
Euangelica Apoſtolicaque ſcripta purioris
Eccleſiae, Nicenae Synodi, Auguſtanamque
Confeſſionem hactenus ſeruauimus; neue
vnqum vllis ſiue Eccleſiaſticorum ſiue ſecu-
larium praeſcriptis, cenſuris et adinuentio-
nibus grauemur turbemurque quouis modo.
Quod ſi praeter ſpem acciderit; nos tamen
iuxta Sacroſanctae ſcriptarae normam, qua
praecipitur, plus Deo, quam hominibus
obtemperandum eſſe, noſtram retineamus
religionem, conſuetasque Ceremonias,
neque nos in vlla ratione ab hac auelli ſi-
nemus. Si vero errores, quorum malus
ille Daemon autor eſt, in illa ſuboriri con-
tinget, vt hisce dirimendis tollendisque
Euangelici Apoſtolicique Doctores purio-
ris Ecclefiae Auguſtanae confeſſionis adhi-
beantur.
Freiheiten, Guͤtern und allen Vortheilen, gleich
unſern andern Unterthanen und Herrſchaften,
zu erhalten und zu ſchuͤtzen gehalten ſeyn wol-
ten, wozu wir uns auch hiemit verpflichten und
verbinden. Es haben aber unter andern Staͤn-
den der Provinz Liefland, ſo bey uns erſchie-
nen und ſich zur Unterwerfung erklaͤren und
verſtehen wollen, auch der geſamte Ritterſtand
derſelben Landſchaft, nemlich der Adel vor ſich
ſelbſt und alle ſo wol diſſeits als jenſeits der
Duͤna wohnende Landſaſſen, durch ihre beſon-
dere Abgeordnete und Gevolmaͤchtige, nemlich
die Edlen Rembert Gilzen, der Rechten Do-
ctor, Georgius Francken, Fabian von
Borck, Henrich und Johan von Mehden
mit genugſamer und einer durch viele von Adel
aus der ganzen Provinz Liefland verſiegelten
Jnſtruction und Volmacht, bey uns ſich ein-
gefunden, und uns in ihrem und der ganzen
lieflaͤndiſchen Ritterſchaft Namen um die
Beſtaͤtigung ihrer Rechte, Freiheiten und Be-
gnadigungen unterthaͤnigſt und demuͤthigſt an-
geflehet: Dabey ſie uns einige Capitel oder
Artikel ſchriftlich uͤberreichet, und damit ſelbige
in allen ihren Puncten, Clauſeln und Bedin-
gungen von uns confirmirt, approbiret und ra-
tificirt werden moͤchten, gehoͤrig ſupplicirt ha-
ben. Welche Capitel, oder Artikel ihrem Jn-
halt nach von Wort zu Wort, wie folget, al-
ſo lauten:
Erſtlich und vor allem flehen wir Jhro koͤ-1. Die Reli-
gion angſpur-
giſcher Confeſ-
ſion ſol blei-
ben.
nigliche Majeſtaͤt, unſern allergnaͤdigſten Herrn,
den Retter unſerer Freiheit, ſo wol als derſel-
ben Erhalter, auf welchen wir alle Hofnung
und Zuverſicht wegen unſerer Befreiung geſe-
tzet haben, in ſchuldigſter Unterthaͤnigkeit, in
unſern und der ganzen lieflaͤndiſchen Ritter-
ſchaft Namen, hiedurch demuͤthigſt an, daß wir
ungehindert und unverletzt bey derjenigen hoch-
heiligen Religion, welche wir nach den evange-
liſchen und apoſtoliſchen Schriften der recht-
glaͤubigen Kirche, auch des niceniſchen Sy-
nodi und der augſpurgiſchen Confeßion bis-
her erhalten haben, moͤgen gelaſſen, und nie-
malen durch einige geiſt- oder weltliche Vor-
ſchriften, Cenſuren, und Menſchenſatzungen
auf einige Weiſe beſchweret, oder beunruhiget
werden. So auch wider Verhoffen ſich der-
gleichen begeben ſolte, daß wir dennoch nach
Masgebung der heiligen Schrift, worin gebo-
ten wird, man ſolle GOtt mehr gehorchen denn
den Menſchen, unſre Religion und gewoͤhnliche
Kirchengebraͤuche beybehalten, und uns auf
keinerley Weiſe davon wollen laſſen abwendig
machen. So ſich aber Jrrungen und Spal-
tungen, davon der boͤſe Geiſt Anſtifter iſt, in
derſelben ereignen ſolten, daß zur Entſcheidung
und Hebung derſelben evangeliſche und apo-
ſtoliſche Doctores von der rechtglaͤubigen Kir-
che, die der augſpurgiſchen Confeßion zu-
gethan ſeyn, moͤgen gezogen werden.
II. Pro-
rum.II. Proximum eſt, vt Eccleſiae conſeruen-
tur, collapſae reſtituantur: et quae miniſtris
puri Euangelii Doctoribus ſiue concionatori-
bus, et iſtorum honeſta ſuſtentatione, non
prouiſae, vt hisce ex liberalitate Sacrae Re-
giae Maieſtatis prouideatur; et ſi quis cen-
ſus ſundique hisce ademti vel ſuppreſſi fue-
rint, vt illi vel reſtituantur, vel aequi-
ualente pretio compenſentur.
Pauperum
habenda ratioIII. Tertium, ne pauperes negligantur:
illorum enim iuxta atque religionis ratio-
nem habendam eſſe cenſemus. Cum no-
bis porro conſtet, quanta ſit calamitas pau-
perum, qui hac bellorum clade ex diui-
tibus pauperes facti ſumus; ſuppliciter pe-
timus, vt collapſa hoſpitalia bonaque il-
lis olim conſecrata reſtituantur, et in qui-
bus ante locis antiquitus erecta nulla fue-
rint, vt erigantur, et tam a ſacra veſtra
Regia Maieſtate, quam a principe noſtro,
pro regia munificentia et liberalitate,
dotentur. Quo facto christvs (qui
haec in ſe collata reputabit) veſtrae Re-
giae Maieſtati regnorum ditionumque ſua-
rum feliciorem ſplendidioremque faciet
gubernationem. Ac cum hoc bello (proh
dolor!) afflictiſſimae, maritis parenti-
busque caeſis, multae viduae, orbae pa-
rentibus virgines, in eam egeſtatem re-
dactae ſint, vt quo vitam tolerent, vix
habeant; obnixe oramus, vt inprimis de
Collegia Vir-
ginum etCollegiis caelibum virginum ita conſtitua-
tur, vt afflictiſſimae et miſerrimae vi-
duae virginesque maritis parentibusque or-
batae, in haecce recipiantur, neceſſa-
rioque victu amictuque proſpiciantur, do-
nec vel caelibem optent vitam, vel ſan-
ctum petant matrimonium, neque enim
in hoc vel caelibum virginum, quarum
numerus non ita magnus eſt, vel prae-
fectorum earundem priuatum commo-
dum, ſed commune potius bonum ſpe-
ctandum eſt. Vtque idem cum Coeno-
biis Monachorum, ſi illa Sacrae Regiae
Maieſtati veſtrae aliquando ex manibus ho-
ſtium reſtituta fuerint, conſtituatur, pro-
Noſocomia
et Scholae in-
ſtituantur.pter miſeros exanimatos ſenes, et pu-
pillos parentibus orbos, paternisque bo-
nis deſtitutos, qui in iisdem ali, edu-
cari, et humanioribus litteris erudiri po-
terunt, cum maximo Reipublicae commo-
do. Ita enim ex coenobiis praefatis ve-
tus collegiorum forma reſtituetur, ex qui-
bus honorifica Eccleſiae et Reipublicae or-
gana, quandocunque neceſſarium fuerit,
depromi poterunt.
Zum andern, daß die Kirchen erhalten, die2. Erhaltung
und Verſor-
gung der Kir-
chen und ihrer
Diener.
verfallene wieder errichtet, denen aber, ſo mit
Dienern GOttes mit Lehrern und Predigern
des reinen Evangelii und derſelben geziemen
den Unterhalt nicht verſehen ſind, von der Mil-
thaͤtigkeit Jhro koͤniglichen Majeſtaͤt Vorſorge
wiederfahre, und ſo einige Einkuͤnfte oder
Gruͤnde denenſelben abgenommen oder vorent-
halten wuͤrden, ihnen entweder ſolche wieder
abgetreten, oder durch einen gleichguͤltigen
Werth erſetzet werden.
Das dritte iſt, daß die Armen nicht aus der3. Vorſorge
fuͤr die Armen
durch Erneu-
rung der Col-
legien, Hoſpi-
taͤler und
Schulen.
Acht gelaſſen werden: denn wir ſind der Mei-
nung, daß man auf dieſelben eben ſo wohl, als
auf die Religion zu ſehen habe. Da uns fer-
ner das Ungluͤck der Armen nicht unbekant iſt,
weil wir ſelbſt bey dieſen ungluͤcklichen Krie-
geslaͤuften das unſere eingebuͤſſet und in Ar-
muth gerathen; ſo bitten wir demuͤthigſt, daß
die verfallenen Hoſpitaͤler erbauet und die ehe-
mals denſelben zugelegten Guͤter ihnen wieder
zugeſtellet, auch, wo vor langen Zeiten keine
geweſen, Armenhaͤuſer wieder errichtet, und ſo
wol von Jhro koͤniglichen Majeſtaͤt, als auch
von unſerm Landesfuͤrſten, aus koͤniglicher
Freigebigkeit und Gnade mit gnugſamen Ein-
kuͤnften verſehen werden. Fuͤr dieſe Wohlthat
wird Chriſtus (der dieſes als ihm ſelbſt erzei-
get halten wird) Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt
die Regierung Dero Reiche und Laͤnder gluͤck-
ſeliger und herrlicher machen. Und weil leider
durch dieſen Krieg, da Maͤnner und Eltern
jaͤmmerlich umgekom̃en, viele hoͤchſtbetruͤbte und
elende Wittwen auch der Eltern beraubte Jung-
fern in ſolche Armuth gerathen, daß ſie kaum
ihren Lebensunterhalt zu finden wiſſen; ſo bit-
ten wir inſtaͤndigſt, daß inſonderheit wegen der
Jungfernkloͤſter dergleichen Verordnung erge-
he, damit ſolche hochbedraͤngte und armſelige
Wittwen und Jungfern, ſo ihre Ehegatten und
Eltern eingebuͤſſet, darinnen aufgenommen und
mit nothduͤrftiger Nahrung und Kleidung ver-
ſehen werden moͤgen, bis ſie entweder den ledi-
gen Stand erwehlen, oder in den heiligen Ehe-
ſtand treten; wobey man nicht auf der unver-
heiratheten Jungfern, deren Anzahl nicht gros
iſt, noch ihrer Vorſteher Privatnutzen, ſon-
dern auf das algemeine Beſte ſehen muß.
Daß auch eben ſolche Anſtalten gemacht wer-
den, in Anſehung der Moͤnchskloͤſter, wenn Jh-
ro koͤnigliche Majeſtaͤt dieſelben dereinſt aus
feindlichen Haͤnden erhalten ſolten, in Abſicht
der elenden abgelebten alten Leute, und jungen
Waiſen, die Vater, Mutter und Guͤter verlo-
ren, damit ſie in denſelben ernaͤhret, erzogen und
zum groſſen Vortheil des Staats in den freien
Kuͤnſten unterrichtet werden koͤnnen. Denn
ſolchergeſtalt wird aus obgedachten Kloͤſtern ei-
ne Art der ehemaligen Collegien entſtehen, aus
welchen man ruͤhmliche Werkzeuge der Kirche
und des gemeinen Weſens, ſo oft es die Noth-
durft erfordert, wird nehmen koͤnnen.
A a a a 2
ſare atque concutere ſoleat, quam legum,
conſuetudinum atque morum mutatio; Sa-
cra Regia Maieſtas veſtra bene conſtitu-
tas Respublicas hac ratione non modo ſer-
uandas, ſed collapſas reſtituendas pruden-
tiſſimo atque vere diuino conſilio cenſuit;
quod per Illuſtriſſimum et Magnificum
principem ac Dominum Nicolaum Ratze-
will, in Olika et Niſchewitz ducem, Pa-
latinum Vilnenſem, Dominum noſtrum
clementiſſimum, Principibus, Nobilibus,
Ciuitatibus atque Statibus Liuoniae, ſub
ipſius Sacrae Regiae Maieſtatis plenae po-
teſtatis mandatique propoſito ſcripto pro-
miſerit, nobis non ſolum Germanicum Ma-
Iura Germa-
norum ſer-
uentur.giſtratum, ſed et iura Germanorum pro-
pria atque conſueta permiſſuram, con-
ceſſuram atque confirmaturam ſe eſſe,
quod et ad praeſentis ſtatus conſeruatio-
nem et collapſi erectionem reſtitutionem-
que facit plurimum.
Ius Prouin-
ciale commu-
ne ſcribatur.Vt autem certum atque commune ali-
quod prouinciale ius, quo omnes prouin-
ciales teneantur, ex conſuetudinibus, pri-
uilegiis, latisque ſententiis autoritate ve-
ſtrae Sacrae Regiae Maieſtatis conſtituatur:
etiam atque etiam oramus, vt ad eam rem
certi homines, in iuris prudentia verſa-
ti, ex autoritate Maieſtatis veſtrae deſi-
gnentur, qui talem formulam Iuris prouin-
cialis concipiant, componant, et commu-
nibus Reipublicae Liuoniae ordinibus con-
ſentientibus ad recognoſcendum, confir-
mandum et promulgandum veſtrae Sacrae
Regiae Maieſtati offerant.
Soli Indige-
nae officiis
publicis
praeſunto.V. Vt ſolis indigenis, et bene poſſeſſio-
natis dignitates, officia et capitaneatus,
ad inſtar terrarum Pruſſiae, conferre di-
gnetur, prout nobis Regiae Maieſtatis no-
mine promiſſum eſt, atque praeſcriban-
tur a nobis dignitates, officia et capitanea-
tus, et quando, et quibus quisque praefi-
cietur.
Adpellatio-
nis modus.VI. Quamuis inficias ire non poſſumus,
Appellationis remedium ad tribunal Regium
ſuperioritatem Sacrae Regiae Maieſtatis ma-
xime reſpicere, neque noſtri inſtituti ſit,
illam attenuare velle: tamen putamus,
Sacram Regiam Maieſtatam, propter com-
modum et prouectum prouincialium, ali-
am viam, et eam quidem compendioſio-
rem, et ex conſenſus communis arbitrio,
et veſtrae Sacrae Regiae Maieſtatis appro-
batione inuenire conſtituereque poſſe, ne
vel propter itinerum diſſicultatem, loci-
que intercapedinem maximam, vel pro-
pter miſerorum inopiam, plures cauſſam
in iudicio delatam deſerere, et diuitibus,
impro-
Weil nichts einen Staat mehr zu verwirren4. Zu Obrig-
keitlichen Per-
ſonen ſollen
nur Deutſche
gewehlet, und
und zn zerruͤtten pfleget, als die Veraͤnderun-
gen der Geſetze, Gewohnheiten und Gebraͤu-
che, ſo haben Jhro koͤnigliche Majeſtaͤt nicht
nur um wohl eingerichtete Staaten auf ſolche
Art zu erhalten, ſondern auch die verfallenen
wieder in Aufnahme zu bringen, aus hochwei-
ſem und gewis von GOtt ſelbſt eingegebenem
Rath vor gut befunden, daß hoͤchſt dieſelbe
durch den Erlauchten und grosmaͤchtigen Fuͤr-
ſten und Herrn Nicolaus Radzivil, Herzo-
gen zu Olika und Niſchewitz, Woiwoden zu
Wilna, unſern gnaͤdigſten Herren, denen Fuͤr-
ſten, der Ritterſchaft, wie auch den Staͤdten und
Staͤnden Lieflandes, unter Eurer koͤniglichen
Majeſtaͤt uns vorgelegten Volmachts- und Be-deutſche Rech-
te beibehalten
fehlsſchreiben verſprochen, nicht nur deutſche
Obrigkeitsperſonen, ſondern auch die eigenen und
gewoͤhnlichen deutſchen Rechte uns zu laſſen,
zu erlauben und zu confirmiren. Ein Punct
der ſo wol zur Erhaltung des gegenwaͤrtigen,
als zur Errichtung und Verbeſſerung eines ver-
fallenden Staats hoͤchſt erſprieslich und zutraͤg-
lich iſt.
Damit aber ein gewiſſes und algemeines
Landrecht, wornach ſich alle Landseingeſeſſenen
zu richten haͤtten, aus den Gewohnheiten, Pri-
vilegien und gefaͤlten Urtheilen, durch Eurer koͤ-
niglichen Majeſtaͤt hohes Anſehen, verfaſſet wer-
de; ſo bitten wir inſtaͤndigſt daß zu ſolchem En-
de gewiſſe in Rechten wohl erfahrne Maͤnnerauch ein alge-
meines Land-
recht verfaſſet
werden.
auf allerhoͤchſten Befehl Eurer koͤniglichen Ma-
jeſtaͤt verordnet werden, die ein ſolches Land-
recht verfaſſen, aufſetzen und mit algemeiner
Bewilligung der lieflaͤndiſchen Staͤnde Ew.
koͤniglichen Majeſtaͤt Unterſuchung, Confirma-
tion und oͤffentlichen Kundmachung uͤbergeben
koͤnnen.
Daß die Ehrenſtellen, Aemter und Haupt-5. Zu allen oͤf-
fentlichen
Aemtern wer-
den nur Ein-
heimiſche be-
ſtellet.
manſchaften nur mit Einheimiſchen und Lan-
deseingeſeſſenen, gleichwie in preußiſchen Lan-
den geſchicht, beſetzet werden, wie uns ſolches
im Namen Jhro koͤniglichen Majeſtaͤt ver-
ſprochen worden, und daß ſolche Ehrenaͤmter
und Hauptmanſchaften von uns benennet, vor-
geſchlagen und dabey eroͤfnet werde, wenn und
mit welchen Perſonen jedes zu beſetzen ſey.
Ob wir zwar nicht in Abrede ſeyn koͤnnen,6. Einrich-
tung der Ap-
pellation.
daß das Huͤlfsmittel der Apellation an den
Thron Jhro koͤniglichen Majeſtaͤt vornemlich
auf die Oberherrſchaft Jhro koͤniglichen Maje-
ſtaͤt ein Abſehen haben, es auch unſer Vorha-
ben nicht iſt, dieſer Hoheit was zu benehmen;
ſo halten wir doch dafuͤr, daß Jhro koͤnigliche
Majeſtaͤt zum Beſten nnd Aufnehmen der
Landseingeſeſſenen, wie wir ſolches durch ein-
hellige Einwilligung beliebet, und es nur auf
hoͤchſt deroſelben Genehmhaltung beruhet, einen
andern und zwar bequemern Weg treffen und
verordnen koͤnnen, damit nicht entweder wegen
der beſchwerlichen Reiſen und gar weiten Ent-
e genheit des Ortes, oder auch wegen Duͤrftig-
keit
lentiae materiam praeberi contingat. Con-
ſultum itaque nobis videtur, vt Sacra Re-
gia Maieſtas veſtra in ciuitate Rigenſi,
tamquam totius prouinciae metropoli,
certos Iudices ſeu Senatores ſuos conſtituat,
idque ex indigenis per noſtrum equeſtrem
ordinem delectos, per Maieſtatem vero
veſtram confirmandos, qui ſemel biſue in
anno Rigam ſtatis temporibus vna conue-
uiant, et cauſſas appellationum, ex au-
ctoritate Maieſtatis veſtrae decidant: ab il-
lo vero ſenatus Maieſtatis veſtrae iudicio,
in cauſſis grauibus et maximi momenti,
ad tribunal Maieſtatis veſtrae, non minus
ex Archiedioeceſi, quam ex Maieſtatis ve-
ſtrae et Illuſtriſſimi Domini Magiſtri ditio-
nibus, hoc eſt, ex tota prouincia, ad
Maieſtatem veſtram, tamquam ad ſupre-
mum et haereditarium dominum noſtrum,
appelletur: Ita tamen, vt temerariae et
friuolae appellationes praecidantur, ſta-
ſtuatur expreſſa poena in temerarie appel-
lantes, et extrahentes litem ſiue iuſta,
legitima et probabili ratione; et vt tali-
ter delinquentes condemnentur in decimam
partem cauſſae, cuius dimidia pars fiſco
Maieſtatis veſtrae, altera dimidia pars ap-
pellato dependatur.
Confirmatio
praediorum
et iurium No-
bilitatis.VII. Cum hoc proprium Regium decus
ſit, atque ipſa Maieſtas, quae neminem
vel minima laeſione offendere, vnicui-
que, quod ſuum eſt, tribuere, quod
vniuscuiusque eſt, ex amplitudine muni-
ficientiae ſuae adaugere conſueuit; libera-
liſſime veſtrae Sacrae Regiae Maieſtatis no-
mine promiſſum eſt nobis omnibus atque
ſingulis, de quorum nomine miſſi ſumus,
quod nobis atque ipſis beneficiorum,
feudorum, a principibus et praedeceſſori-
bus ſuis acceptorum, diplomata, conſi-
gnatas litteras, poſſeſſiones, conſuetudi-
nes, Priuilegia, ac libertates, et quae-
cunque longiſſimo temporum vſu acqui-
ſiuiſſent obtinuiſſentque, non ſolum in-
uiolabiliter ſeruari et confirmari: ſed, ſi
quae maiora ipſis omnibus atque ſingulis
ex vſu eſſe poſſent, quod ea quoque ex
Regia liberalitate de nouo concedi debe-
rent. Quam Regiam facilitatem, cle-
mentiam et benignitatem vt obſeruanti pe-
ctore animorum noſtrorum proſequimur;
ita eam fortunis noſtris omnibus, vita, ſa-
luteque ipſa demereri ſedulo parati erimus.
Proinde petimus, qua decet, humillima
obſeruantia, vt non modo quae antea di-
cta ſunt praeſtentur nobis; verum cum
plures
keit der Armen die meiſten bey den Gerichten
anhaͤngig gemachten Sachen ins Stecken gera-
then, und reichen gottloſen, und uͤbelgeſinneten
Leuten Anlas zu vielem Uebermuth gegeben wer-
de. Wir ſehens dannenhero fuͤr rathſam an,
daß Eure koͤnigliche Majeſtaͤt in der Stadt Ri-
ga, als der Hauptſtadt des ganzen Landes, De-
ro gewiſſe Richter und Raͤthe verordnen, und
zwar aus den Eingeſeſſenen des Landes, ſo von
unſerer Ritterſchaft zu erwehlen, von Euer koͤ-
niglichen Majeſtaͤt aber zu confirmiren ſind,
welche ein oder zweimal des Jahrs zu gewiſſen
Zeiten in Riga zuſammen kommen und die
Appellationsſachen im Namen Eurer koͤniglichen
Majeſtaͤt entſcheiden und abmachen koͤnnen:
Und daß von ſolchem Eurer koͤniglichen Maje-
ſtaͤt verordneten Gerichtsraͤthen in ſchweren und
hoͤchſtwichtigen Sachen die Apellation an Eure
koͤnigliche Majeſtaͤt, nicht weniger aus dem
Erzſtift, als dem Gebiete Eurer koͤniglichen Ma-
jeſtaͤt und des durchlauchtigen Herrn Mei-
ſters, das iſt, aus der ganzen Provinz an Eure
koͤnigliche Majeſtaͤt als unſern Ober- und Erb-
herrn ergriffen werde. Jedennoch daß zu Ver-
huͤtung leichtfertiger und frevelhafter Appella-
tionen eine gewiſſe Strafe auf diejenigen, ſo
ohne Urſache appelliren und den Proces ohne
rechtmaͤßige, hinlaͤngliche und wahrſcheinliche
Urſache ins weite Feld ſpielen, geſetzet, inglei-
chen daß die, ſo dawider handeln auf den ze-
henden Theil deſſen, ſo hoch ſich die Sache be-
laͤuft, geſtrafet werden, davon ſie die Helfte
dem koͤniglichen Fiſco, die andere Helfte dem
Appellaten zu erlegen gehalten ſeyn ſollen.
Da dieſes eine fuͤr Koͤnige ganz eigene Eh-7. Der Adel
wird in ſeinen
Guͤtern und
Rechten be-
ſtaͤtiget.
re iſt, ja ſelbſt die koͤnigliche Hoheit hierin be-
ſtehet, daß ſie niemand durch die geringſte Be-
leidigung kraͤnken, ſondern einem jeden das Sei-
nige zu geben, und deſſen elende Umſtaͤnde in-
ſonderheit aus hoher koͤniglicher Huld zu ver-
beſſern gewohnt ſind, ſo iſt uns allen und einem
jeden, in deren Namen wir hieher abgefertiget
worden, auf Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt Namen
gnaͤdigſt verſprochen worden, daß uns und ih-
nen die von unſern Fuͤrſten und Eurer koͤnigli-
chen Majeſtaͤt Vorfahren erhaltene Begnadi-
gungen und Lehnguͤter, die daruͤber empfange-
nen Diplomata, Siegel und Schriften Kauf-
briefe, Gewohnheiten, Privilegien und Freihei-
ten, ſo ſie durch den Genus in ſo langen Zeiten
fuͤr ſich erworben, erhalten und gebraucht ha-
ben, unverletzt ſolten gelaſſen und confirmirt
werden. So auch was mehrers ihnen allen
und einem jeden zum Vortheil gereichen ſolte,
daß ſolches ihnen gleichfals aus koͤniglicher
Gnade von neuem gegeben und concedirt ſey.
Wie wir nun ſolche koͤnigliche Zuneigung, Gna-
de und Wilfaͤhrigkeit mit unterthaͤnigſt erkent-
lichem Herzen verehren wollen, alſo werden wir,
uns derſelben mit Dranwagung unſers Leibes,
Gut und Bluts wuͤrdig zu machen, ſtets bereit
und gefliſſen ſeyn. Da auch viele Familien
B b b bin
guineis ſuis atque aliis familiis Ius ſimulta-
neae ſiue coniunctae manus contrahendi fa-
cultatem olim nacti ſunt, vt hoc ipſum
priuilegium a veſtra Sacra Regia Maieſtate
ceteris quoque omnibus, videlicet vniuer-
ſae nobilitati, aeque illis, qui ſub domi-
nio Magiſtri ceterorumque principum man-
ſuri, ac illis, qui Sacrae Regiae Maieſtati
veſtrae immediate ſubditi futuri ſunt, noſtris-
que perſonis ex liberali fauore, pro Re-
gio veſtro ſplendore atque amplitudine,
gratioſiſſime concedatur, in omnibus il-
lorum bonis feudalibus, quae modo obti-
nent, quae in futurum, quouis modo,
ſiue ſpeciali gratia, ſiue contractu licito
obtinere poterunt, non modo cum con-
ſanguineis et affinibus, ſed aliis quoque
exteris familiis atque ſociis tale ius ſimulta-
neae ſiue coniunctae manus coire atque
contrahere: Hoc eſt, vt habeamus libe-
ram et omnimodam poteſtatem de bonis
noſtris diſponendi, dandi, donandi,
vendendi, alienandi, et in vſus bene-
placitos, non requiſito Maieſtatis veſtrae
conſenſu et alterius cuiuſuis ſuperioris,
conuertendi.
Amiſſa hoc
bello priuile-
legia reno-
uentur.VIII. Si forte in hac belli calamitate,
depraedatione, igneue vel alio caſu cuius-
que diplomata, monumenta priuilegiorum,
libertatum, aliarumque conceſſionum at-
que obligationum amiſſa, abſumta, per-
ditaque eſſent, vt illa a Sacra veſtra Re-
gia Maieſtate nouis diplomatis, non mo-
do innouentur; ſi de bonorum haereditatio-
ne tranquilla atque continua poſſeſſione
conſtiterit: Verum vt etiam obligatoria-
rum litterarum, quae hoc tumultu belli-
co perditae ſint, fructu ii non careant,
qui duorum vel trium teſtium auctoritate
obſirmare poſſint, tales litteras penes ipſos
fuiſſe, et ex aduerſo de ſoluto numerato
vel ſatisfacto per alia litterarum argumenta
nil conſtet.
Praerogati-
uae Nobilita-
tis eaedem
quae Pruthe-
norum.IX. Vt Sacra ipſius Regia Maieſtas no-
biles atque proceres Liuoniae omnium ho-
norum, dignitatum, Iurium, liberta-
tum atque praerogatiuarum, quibus hacte-
nus tam Eccleſiaſtici, quam ſeculares Baro-
nes atque Nobiles domini regni Polonici vtun-
tur et fruuntur, iuxta formam atque modum,
quibus Prutheni ſub Sacra ipſius Regia Ma-
ieſtate poſiti ab Ipſa obtinuerunt, partici-
pes facere dignetur.
Liberrima in
feudis Gra-
tiae ſucceſſio
cum Iure he-X. Vt nobis libertatem gratiae (vt vulgo
noſtri appellant) pro regia benignitate con-
cedat, quemadmodum in ſucceſſione ſeu-
dorum
in Liefland ſind, ſo mit ihren Verwandten
oder auch andern Familien zum Iuri ſimulta-
neae, oder coniunctae manus ſchon vorlaͤngſt
berechtiget geweſen; ſo bitten wir in gebuͤhren-
der Unterthaͤnigkeit, daß Uns nicht allein ob-
gedachtes gewaͤhret, ſondern auch dieſes Privi-
legium von Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt eben-
fals uns andern allen, nnd unſern Perſonen
aus freier Gnade und zur Vergroͤſſerung Eurer
koͤniglichen Majeſtaͤt hohen Glanzes und Viel-
vermoͤgenheit gnaͤdigſt bewilliget werde: Nem-
lich daß der ganzen Ritterſchaft, ſo wol denen,
ſo unter der Herrſchaft des Herrn Meiſters
und der andern Fuͤrſten verbleiben, als denen
ſo Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt unmittelbar unter-
worfen ſeyn moͤchten, nachgegeben werde, uͤber
alle ihre Lehnguͤter, ſo ſie nun haben, oder ins-
kuͤnftige, auf was fuͤr Art es wolle, entweder
aus ſonderbarer Gnade oder durch rechtmaͤßi-
ge Contracte erhalten moͤgen, nicht nur mit ih-
ren Blutsfreunden und Verwandten; ſondern
auch andern auswaͤrtigen Familien und Alliir-
ten dergleichen Ius ſimultaneae, oder coniun-
ctae manus einzugehen und zu contrahiren.
Das iſt, daß wir freie, voͤllige Macht haben,
mit unſern Guͤtern nach Belieben zu ſchalten
und zu walten, dieſelbigen zu vergeben, zu ver-
ſchenken, zu verkaufen, zu veraͤuſſern und auf
eine ſelbſt beliebige Art zu brauchen und zu nu-
tzen ohne Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt oder ſonſt
eines andern Genehmigung erſt hieruͤber ein-
zuholen.
So auch bey dieſen Landverderblichen8. Die im
Kriege ver-
loren ge-
gangene Pri-
vilegien wer-
den von neuem
ertheilet.
Kriegszeiten, durch Beraubung, Brandſcha
den, oder einigen andern Zufal jemand um ſei
ne Diplomata oder Documente von Privile
gien, Freiheiten und andern Begnadigungen
und Obligationen gekommen waͤre, daß ſolche
von Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt durch neue Di-
plomata erneuert werden, wenn der Guͤter ru-
higer und continuirlicher Erbbeſitz notoriſch iſt.
Denjenigen aber, ſo bey dieſen Kriegsunru-
hen ihre Obligationes verloren, ſol ſothaner
Verluſt an ihrem Recht keinesweges hinder-
lich ſeyn, wenn ſie mit zwey oder drey Zeugen
darthun koͤnnen, daß ſie ſolche Verſchreibungen
beſeſſen, vom Gegentheil hingegen die Zahlung
oder Vergnuͤgung durch andere ſchriftliche
Urkunden nicht bewieſen werden kan.
Daß Jhro koͤnigliche Majeſtaͤt gnaͤdigſt ge9. Der lieflaͤn-
diſche Adel hat
gleiche Vor-
rechte mit dem
preußiſchen.
ruhen wollen, den Adel und die Vornehmſten
der Provinz Liefland aller Guͤter, Wuͤrden,
Rechten, Freiheiten und Praͤrogativen theil-
haftig zu machen, deren bisher ſo wol Geiſtli-
che, als Weltliche Freiherren und Edelleute
des Koͤnigreichs Pohlen zu genieſſen und ſich
zu erfreuen haben, nach Art und Weiſe, wie
die Preuſſen, als ſie unter Eure koͤnigliche
Majeſraͤt gekommen, ſolches erlanget haben.
Daß uns das Gnadenrecht (wie man es bey10. Den Lief-
laͤndern wird
unumſchraͤnk-
te Gewalt ge-
uns gemeiniglich nennet) aus koͤniglicher Guͤte
bewilliget werde, gleichwie die Unterthanen des
Her-
vtraque vtri-
usque ſexus
linea ple-
niſſimo.dorum ſubditi ducatus Eſtoniae, Harriae,
Wironiae, ac dioeceſis Rigenſis, olim a
Regibus Danorum ſingulari beneficio vsque
in hunc diem obtinuerunt, vt eodem mo-
do nos eiusdem priuilegii fructum ex ve-
ſtrae Sacrae Regiae Maieſtatis ampliore au-
guſtioreque munificentia capeſſere, atque
cum perpetua Auguſti nominis celebratione
poſteris noſtris relinquere poſſimus; hoc
eſt, vt habeamus poteſtatem ſuccedendi,
non modo in deſcendenti, ſed etiam in
collaterali linea vtriusque ſexus: Ita tamen,
vt praeferatur maſculinum, et foemellae
pro modo facultatum dotentur; maſculis
vero non exiſtentibus, ſoemellae in omni-
bus ſuccedant, ſaluo tamen Maieſtatis Re-
giae iure fiſci ſeu iure caduco.
Subiectorum
ſecuritas a
Cenſura Im-
perii Roma-
no-Germa-
nici.XI. Cum nos Sacrae Regiae Maieſtati
veſtrae, illiusque regno, magno Ducatui
Lithuaniae ac ditionibus, ineuitabili neceſ-
ſitate in hiſce noſtris anguſtiis, quibus pro-
pter barbari hoſtis inſolentiam ad extremum
cum principe noſtro redacti, et ab impe-
rio Romano deſerti, nos, vitamque no-
ſtram, parentes, vxores, et liberos tue-
ri non poſſimus, ſed medius fidius in ho-
ſtis crudeliſſimi poteſtatem venire oportue-
rit, priusquam ab imperio defenderemur,
in ſubiectionem conſenſerimus; Sacra
ipſius Regia Maieſtas efficiat, quemadmo-
dum cautum eſt, vt propter hanc princi-
pis noſtri deditionem, nosque ſubditos
apud inuictiſſimum Imperatorem, Ele-
ctores, Principes ac Status Romani Impe-
rii, tueri honorem, ſubſtantiamque no-
ſtram (liceat), ne cenſura Imperii publica,
aliaue infami nota vexemur, damnoue affi-
ciamur, quin potius indemnes conſerue-
mur.
Miles non
ciuium ſoci-
orumque ſed
hoftium prae-
da alatur.XII. Vt nos in poſterum a Sacra Regia
Maieſtate non ſolum contra Moſchum, ſed
quoscunque hoſtes noſtros, coniunctis
regni Poloniae omniumque ditionum ſua-
rum viribus, de facto defendamur, ho-
ſtem in propriis ditionibus integra belli
mole quam primum adoriamur, ne vel
hoſtilibus, vel ſociis armis, ſociorum
terris grauiora maioraque damna inferan-
tur: Melius etenim eſt ex hoſtium ſan-
guine aeſtuare, quam noſtri ſociorum-
que depraedatione perditioneque ſaginari.
Agrorum in
limites de-
ſcriptio.XIII. Vtnemo in ſuis granietibus atque con-
ſtitutis limitibus praediorum ſuorum, qui ex
certis
Herzogthums Eſtland, Harrien, Wirlandlaſſen, auf bei-
derley Ge-
ſchlecht und in
beiden Linien
ihre Guͤter zu
erben, und da-
mit zu ma-
chen, was ſie
wollen.
und des rigiſchen Stifts ſolches in Succeſ-
ſion der Lehnguͤter aus ſonderbarer Gnade
der Koͤnige von Daͤnnemark bis auf dieſen
Tag genoſſen haben. Daß wir auf gleiche
Weiſe den Genus ſothanen Privilegii aus Eu-
rer koͤniglichen Majeſtaͤt hohen und milden Gna-
de erhalten, und zum ewig waͤhrenden Ruhm
Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt hochpreislichen
Namens unſern Nachkommen es hinterlaſſen
und auf dieſelben vererben moͤgen. Das iſt,
daß wir moͤgen berechtiget ſeyn, nicht nur in
herabſteigender ſondern auch von der Seiten-
linie beiderley Geſchlechts, zu erben, jedennoch
dergeſtalt, daß das maͤnliche Geſchlecht vorge-
he, und das weibliche nach Beſchaffenheit der
Umſtaͤnde ausgeſteuret werde: ſo aber keine
maͤnliche Lehnsfolger vorhanden, daß die Toͤch-
ter in allem ſuccediren und erben, jedoch ſey
Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt ius Fiſci oder
Recht auf die wegen ausgeſtorbener Erben
verfallene Guͤter vorbehalten.
Da wir durch des barbariſchen Feindes11. Sie wer-
den wider die
roͤmiſche
Reichsacht in
Schutz ge-
nommen.
Grauſamkeit, nebſt unſern Fuͤrſten in die aͤuſ-
ſerſte Gefahr gerathen, vom roͤmiſchen Reich
aber in der Noth verlaſſen worden, und daher
weder uns und unſer Leben, noch auch unſre
Eltern, Weiber und Kinder beſchuͤtzen koͤnnen,
wir auch unvermeidlich in die Gewalt des al-
lergrauſamſten Feindes gerathen waͤren, ehe
wir von dem Reiche einige Huͤlfe und Schutz
erlanget: ſo haben wir, aus unumgaͤnglicher
Nothwendigkeit, in dieſer unſerer Bedraͤngnis
Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt Dero Reiche, Gros-
fuͤrthum Litthauen und Herrſchaften uns zur
Unterwerfung verſtanden. Es wolle dannen-
hero Eure koͤnigliche Majeſtaͤt, der geſchehe-
nen Verſicherung nach, es dahin vermitteln,
daß wegen dieſer Ergebung unſers Fuͤrſten, und
unſrer als Unterthanen, bey Jhro roͤmiſch kai-
ſerlichen Majeſtaͤt, wie auch bey den Churfuͤr-
ſten, Fuͤrſten und Staͤnden des roͤmiſchen
Reichs unſre Ehre und Vermoͤgen Schutz ge-
nieſſe, damit wir nicht mit der Reichsacht, oder
anderer Schmach beſtrafet oder gefaͤhret, ſon-
dern vielmehr ſchadlos gehalten werden.
Daß Eure koͤnigl. Maj. inskuͤnftige uns nicht12. Soldaten
muͤſſen ſich auf
feindlichen
Boden verſor-
gen.
allein wider den Ruſſen, ſondern wider alle
unſre Feinde, mit vereinigter Macht des Reichs
Pohlen und aller dazu gehoͤrigen Provinzen
ohne Verzug vertheidigen auch dem Feind in
ſeinen eignen Landen die ganze Kriegeslaſt je
eher je lieber auf den Hals welzen, und den-
ſelben angreifen wollen, damit weder durch des
Feindes, noch unſre eigne Waffen unſerm Lan-
de mehr und groͤſſerer Schade zugefuͤget
werde. Denn es iſt beſſer in dem Blut der
Feinde zu baden, als ſie mit unſern und unſe-
rer Bruͤder geraubten und verheerten Guͤter zu
maͤſten und fett zu machen.
Daß niemand innerhalb ſeinen Grenzen und13. Eingren-
zung der Guͤ-
ter und Laͤn-
dereien.
aufgerichteten Grenznmahlen ſeiner Guͤter,
B b b b 2wel-
ſed in poſeſſione illorum a Sacra eius Re-
gia Maieſtate tueatur. Si vero quidam li-
mites temporum vetuſtate corrupti amiſſi-
ue eſſent, vt illi ſiue per delegatos, ſiue
per arbitros, prout aequitatis poſtulauerit
ratio, innouentur reſtituanturque. Vbi
vero in terris Liuoniae diſperſi inter ſe no-
bilium, item ruſticorum agri habentur,
et vt Germanice appellantur, Streulande
und Hakenland, iſti ſecundum conſuetam
menſuram vuicuique integri absque vlla
diminutioue laeſioneue permittantur, vt
ſcilicet iuxta veterem praeſcriptam formam
quilibet vncus aut manſus agri, quem vul-
go Haken nominamus, ſexaginta ſex fu-
nes, ſiue, vt dicitur, baſtas, qua-
rum baſtarum quaelibet ſexaginta ſex Faden
contineat. Quae vero ex vaſtis nemori-
bus multo longoque ſudore acquiſita, primi
occupantis, iuxta iuris communis ordinatio-
nem, manebunt; niſi prior occupans il-
la deinceps pro derelicto habuiſſet, ac
alius ea abunde poſſediſſet, legitimeque
praeſcripſiſſet, vt is quoque in tali poſ-
ſeſſione retineatur, tueaturque-
Immunitas a
teloniis.XIIII. Vt nobilibus Liuoniae integrum
atque liberum ſit, per Regnum Poloniae,
magnum Ducatum Lithuaniae, aliasque
ſuae Regiae Maieſtatis ditiones, Regali-
bus viis, et vbicunque ipſis negotium fue-
rit, absque vlla remoratione telonii, ali-
arumue datiarum impoſitione, vel requi-
ſitione, libere ire atque tranſire, mer-
catoribus exceptis, idque tam terra quam
mari, caeterisque fluminibus, cum omni
immunitate permittatur. Et ſi aliquem
iſtorum in praefato regno, magnoque
Ducatu Lithuaniae, aliisque ditionibus,
quidquam deponere contingat, vt idem
fine vlla moleſtia, vlloque telonii et qua-
rumuis aliarum datiarum grauamine, in-
de reuocari et reduci, quandocunque vi-
ſum fuerit, integrum liberumque maneat.
Viae regiae
reparentur.XV. Vt confecto hoc bello in Liuonia,
veteres regales et communes ſtratae reſti-
tuantur in priſtinum ſtatum, ſeruenturque;
reliquae vero ab vſu communi alienae prae-
cludantur, propter varia incommoda,
quae vltro citroque dominis vicinis eorum-
que ſubditis inde ſuboriri poſſunt.
Captiui redi-
mantur.XVI. Ab hoſtibus pro defenſione com-
munis patriae capti, et poſtliminii iure,
et redemtionis beneficio per veſtram Sa-
cram regiam Maieſtatem fruantur atque
gaudeant: vt etſi ſeruitutis calamitate mor-
tui
welche aus zuverlaͤßigen Urkunden erhellen, be-
unruhiget, ſondern bey ihrem Beſitz von Eurer
koͤniglichen Majeſtaͤt geſchuͤtzet werde; und ſo
einige Grenzmale durch die Laͤnge der Zeit ver-
ruͤckt oder ganz verloren worden, daß ſelbige
entweder durch Commiſſarien, oder durch ſelbſt
erwehlte Mittelsperſonen, nach der Billigkeit
erneuert und wiederum aufgerichtet werden.
Wo aber in Liefland die adlichen und Bauer-
Laͤndereien unter einander zerſtreuet liegen, wel-
che man auf deutſch Streulande oder Hacken-
lande nennet, daß dieſelben einem jeden nach
der gewoͤhnlichen Abmeſſung gelaſſen werden,
ohne einige Verringerung oder Abkuͤrzung,
dergeſtalt, daß nach der alten vorgeſchriebenen
Form ein jeder Hacken oder Morgen Landes,
ſechs und ſechzig Stricke, oder wie man ſaget
Baſte, und iede Baſte ſechs und ſechzig Faden
halte. Was aber in groſſen Waͤldern durch
langwierige groſſe Muͤh und Arbeit geroͤdet,
oder zum Acker gemacht worden, daß ſolches
nach Jnhalt algemeiner Rechte demjenigen
verbleibe, welcher ſolches zuerſt in Beſitz ge-
nommen; wenn auch der erſte Jnhaber ſolches
unbrauchbar liegen laſſen, und ein anderer daſ-
ſelbe durch einen langen Beſitz rechtmaͤßig ver-
jaͤhret haͤtte, das alsdenn dieſer bey ſothanen
Beſitz gelaſſen und geſchuͤtzet werde.
Daß den Edelleuten aus Liefland vol-14. Freie
Durchreiſe
der Lieflaͤnder
durch des Koͤ-
nigs und der
Republik
Land.
kommene Freiheit zugeſtanden ſey, durchs Koͤ-
nigreich Pohlen, Grosherzogthum Litthan-
en und andre Herrſchaften Eurer koͤniglichen
Majeſtaͤt auf den Heerſtraſſen, und wo ſie nur
was zu ſchaffen haben, ohne einigen Aufent-
halt von Zoͤllen, Abgaben, Auflagen und
Durchſuchung frey hin und wieder zu reiſen,
ſo wol zu Lande, als zur See und uͤber die an-
dern Stroͤme, wovon doch die Kraͤmer und
Kaufleute ausgenommen ſeyn. Und ſo es ſich
auch zutragen ſolte, daß jemand in obgedach-
tem Reiche, dem Grosfuͤrſtenthum Litthauen
und andern Herrſchaften etwas niederlegen und
ſtehen lieſſe; ſo ſol es demſelben unverwehrt
frey ſeyn, ſolches ohne einigen Verdrus, Zoll,
oder andern Auflagebeſchwerden, wenn es
ihm beliebet, von da wieder abzufordern und
abzufuͤhren.
Daß nach dieſem geendigten Kriege in Lief-15. Ausbeſ-
ſerung der
Landſtraſſen.
land, die alten groſſen und freien Heerſtraſſen
in ihren vorigen Stand geſetzet und beibehal-
ten; die andern aber, ſo nicht zum gemeinen
Beſten dienen, wegen des vielen Nachtheils,
ſo den benachbarten Herrſchaften und ihren
Unterthanen daher entſtehen kan, verſperret
werden.
Daß die, ſo bey Vertheidigung ihres Va-16. Ranzio-
nirung der Ge-
fangenen.
terlandes vom Feinde gefangen genommen
worden, das Ius poſtliminii, oder Wieder-
kehrrecht, wie auch die gnaͤdige Ranzioni-
rung von Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt zu ge-
nieſ-
libertatis viuere videantur.
Quemadmo-
dum Seruitia
bellica ſint
praeſtanda.XVII. Quamuis maior pars nobilitatis
per hoſtem partim bonis ſuis feudalibus
ſpoliata, partim diuturnitate belli fortunis
exhauſta, vt vxorum atque liberorum ſu-
ſtentationis plerisque plane nihil, aliis vel
minimum ſuperſit; tamen illos ſingularis
erga Sacram veſtram Regiam Maieſtatem
obſeruantia, item fortunarum, liberta-
tum, dignitatis, vitae etiam atque ſalu-
tis propriae reſpectus eo impellunt (quae
ipſis partim beneficio veſtrae Sacrae Re-
giae Maieſtatis hactenus vtcunque ſeruata
ſunt, partim Dei beneficio ſeruatum ac re-
ſtitutum iri ſperant) vt non modo ipſam
omni honore venerentur, ſed vita atque
ſalute ipſa illud libenter conteſtabuntur.
Et cum plurimi noſtrorum nihil reliquum
habeamus praeter vitam, hanc parati ſu-
mus quoquo tempore apud ſacram Regiam
Maieſtatem veſtram exponere: Reliqui
vero, etiamſi et ipſi belli quinquennalis
ſumtibus exeſi; tamen ſe illi offerunt,
et nos vna cum eis offerimus ad omnia,
quae poſſibilia eſſe poterunt: ſperamus-
que, veſtram Sacram Regiam Maieſtatem,
ſi ad expeditionem bellicam eo, quo con-
ſueueramus, equitatu propter exhauſtas
vires prodire non poterimus, illud non
tam vlli neglectui aut proteruitati, ſed im-
poſſibilitati imputaturam eſſe. Poſtulamus
itaque, vt vnusquisque ſecundum reſtan-
tes facultates bellicam expeditionem Sacrae
Regiae Maieſtati veſtrae ſeruiat; non au-
tem ſecundum eas, quas ante, rebus in-
tegris ſtantibus, obtinuit: et vt eodem
plane modo, ſi qui extra numerum ſui
debiti ac ſoliti equitatus atque ſeruitii, in
honorem atque commodum Sacrae Regiae
Maieſtatis veſtrae, plures equites atque
milites educere poſſent ac vellent, ſtipen-
dia conferantur, quemadmodum caeteris
Sacrae veſtrae Regiae Maieſtatis regni et
Magni Ducatus Lithuaniae incolis numera-
ri et conferri conſueuerunt; vtque id tam
in praeſenti, quam futuris belli temporibus
perpetuo ſeruetur.
In neminem
indicta cauſſa
vis liceat.XVIII. Cum digna vox maieſtate regnan-
tis ſit, fateri, Imperium ſubiectum eſſe le-
gibus; ne deinceps vllus Princeps, vllus
Magiſtratus, ſiue ſuperior ſiue inferior,
vel quiuis alius, extra cognitionem cauſ-
ſae, nobiles vaſallos, vel quosuis alios
poſſeſſionibus temere exſuat, deſtituat,
ſpolietue ſed ſi quid iuris in alium habere
quis-
nieſſen, und derſelben ſich zu erfreuen haben,
damit, ob ſie gleich wegen der ungluͤcklichen
Gefangenſchaft vor tod zu halten, ſie dennoch
durch die Hofnung zur Freiheit gleichſam von
neuem aufzuleben ſcheinen.
Obgleich die mehreſten von der Ritterſchaft17. Wie die
Roßdienſte zu
entrichten.
durch den Feind theils ihrer Lehnguͤter berau-
bet, theils durch den langwierigen Krieg derge-
ſtalt an Vermoͤgen erſchoͤpft worden, daß den
meiſten zur Unterhaltung ihrer Frauen und
Kinder wenig oder nichts uͤbrig geblieben:
dennoch treibet ſie ihre beſondere Unterthaͤnig-
keit gegen Eure koͤnigliche Majeſtaͤt und die
Erwegung ihrer Guͤter, Freiheiten, Wuͤrden,
Lebens, ja ſelbſt ihrer Wohlfarth, an, (welche
ihnen bisher durch Eure koͤnigliche Majeſtaͤt
zum Theil ſo viel moͤglich erhalten worden,
und weswegen noch ein Theil in Hofnung ſte-
het, daß ſolche durch die Gnade GOttes erhal-
ten und ihnen wiederum werden erſtattet wer-
den) daß ſie nicht allein Eure koͤnigliche Ma-
jeſtaͤt mit ſchuldigſter Unterthaͤnigkeit verehren,
ſondern auch ſolches mit Aufopferung ihres
Leibes und Blutes, ja aller ihrer zeitlichen Wohl-
farth, willigſt bezeugen wollen. Und weil die
meiſten unter uns nichts, als das liebe Leben
uͤbrig haben, ſo ſind wir jederzeit willig und be-
reit, ſolches bey Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt
dran zu wagen. Ob auch gleich die andern
durch fuͤnfjaͤhrige Kriegskoſten ganz herunter
gekommen, ſo erbieten ſie ſich doch und wir mit
ihnen, zu allem, was moͤglich ſeyn wird:
und hoffen, es werden Eure koͤnigliche Maje-
ſtaͤt es nicht unſerm Ungehorſam und Halsſtar-
rigkeit, ſondern einzig und allein der Unmoͤg-
lichkeit zu ſchreiben, wenn wir bey erſchoͤpftem
Vermoͤgen nicht mit der gewoͤhnlichen Man-
ſchaft zu Pferde bey dem Kriege und im Felde
werden erſcheinen koͤnnen. Wir erſuchen dem-
nach, daß ein jeder, nach Proportion des ihm
noch uͤbriggebliebenen Vermoͤgens, bey einem
Feldzuge Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt den Roß-
dienſt leiſten duͤrfe, nicht aber darnach, wie ers
bey vorigem Wohlſtande thun koͤnnen; und daß
gleichermaſſen, wenn etliche uͤber die Zahl ih-
res ſchuldigen Roßdienſtes, zum Beſten und
zur Ehre Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt mehr
Reuter und Soldaten ins Feld ſtellen wolten
und koͤnten, ſolchen Leuten ihr Sold gereichet
werde, gleichwie den andern Unterſaſſen in
Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt Reich und Gros-
fuͤrſtenthum Litthauen gegeben und gezahlet
wird, und daß ſolches ſo wol zu dieſen, als
kuͤnftigen Kriegszeiten ſtets alſo gehalten werde.
Da es ein fuͤr die regierende Majeſtaͤt hoͤchſt18. Niemand
ſol ohne Er-
kentnis ſeiner
Sache ange-
taſtet werden.
anſtaͤndiges Bekaͤntnis iſt, daß ein Reich de-
nen Geſetzen unterworfen ſey; ſo erſuchen wir
daß nach dieſem kein Fuͤrſt, keine hohe noch
niedere Befehlshaber noch ſonſt jemand, ohne
Erkaͤntnis der Sache, adliche Lehnleute, oder
auch andre ihres Beſitzes entſetze, beraube und
davon verſtoſſe; ſondern ſo jemand einiges
C c c cRecht
cio ordinario Senatorum Maieſtatis veſtrae
Regiae, vel prouinciali conuentu expe-
riatur. Non enim aequum eſt, vt in
propria cauſſa quis ipſe ſit iudex. Sicut
enim Ius oritur ex facto; ita de vniuscu-
iusque facto aut culpa non niſi mediante
iure, lege, et ſanctione per Iudicem de-
cidi debet. Nemo itaque in poſterum
cauſſa indicta, non conuictus, neque le-
gitimo Iuris proceſſu damnatus, fortunis
atque facultatibus ſuis exſuatur; quemad-
modum antea exſuti ſunt nonnulli honeſti,
et in ſuos Principes et Magiſtratus obedien-
tes, fideles et officioſi ciues. Et vt in
tali facto liceat oppreſſo ad tribunal Sacrae
Regiae Maieſtatis veſtrae Regium extraordi-
narie, coram Notario, inſtrumento gra-
naminis, et de ſaluo conductu ad cogni-
tionem cauſſae Sacrae Regiae Maiaſtatis ve-
ſtrae ſupplicare.
Spolii, Cae-
dis, Stupri
poena.XIX. Vt nullus, cuiuscunque eminen-
tiae aut conditionis exiſtat, perſonis, ca-
ſtris, domibus, aut poſſeſſionibus ali-
cuius, vllam violentiam inferre, incur-
ſiones facere, in publicis ſtratis inſidias
ponere praeſumat. Qui autem ſuper his
conuictus, vt iuxta leges capitis poena plecta-
tur. Simili modo hi, qui honeſtas matronas,
viduas, virginesque raperent, vel per vim ſtu-
prarent, comprimerentue, cum alias ipſis
omnis debeatur honos atque reuerentia, ac
merito, vt eodem capitis ſnpplicio puniantur.
Ne quis in
pagis villis-
que merce-
tur.XX. Cum etiam mercatores, praeſer-
tim peregrini ſiue exotici homines, in no-
bilitatis ac ciuitatum iniuriam, pelles, fru-
menta, lupulum, et alia mercium genera
in villis ac pagis clam et publice coëmere,
negotiationesque illicitas exercere ſoleant:
vt illud veſtrae Sacrae Regiae Maieſtatis au-
toritate caueatur prohibeaturque, ne id de
caetero fiat. Vt autem ratio Dominorum
Nobilitatisque habeatur cum pellibus fera-
rum et beſtiolarum, Sacra Regia Maieſtas
veſtra prouidebit.
Siluarum
vſus fructusXXI. Quemadmodum antiquitus omni-
bus Liuoniae proceribus, Nobilibus, Equi-
tibus, Vaſallisque libera in vniuerſum huc
vsque ferarum luſtra atque meatus fuerunt,
ipſaque venatio liberrima; ita filuarum,
nemorum, paſcuorum, pratorum, actuum-
que liberrimum habuerunt vſumfructum,
quod ex feris beſtiolisque ſilveſtribus pel-
les, quas vulgo Wildwerk nominant, ex
nemoribus ſiluisque omnium lignorum vſum
qualemcunque meliore fructu habere obti-
nereque potuerunt, quod Waldwerk di-
cimus in omnibus ſpeciebus eiusdem, in
cinerum fiue liquoris picei extractione, ſi-
ue
Recht wider den andern zu haben vermeinet,
daß er ſolches vor dem gewoͤhnlichen Gerichte
der von Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt hochver-
ordneten Raͤthe oder auf dem Landtage aus-
fuͤhre, weil es nicht billig iſt, daß jemand in
ſeiner eignen Sache Richter ſey. Denn gleich-
wie das Recht aus einem Vorfal entſtehet, al-
ſo mus auch uͤber eines jeden Handlung oder
Verſchulden, vermittelſt der Rechte Geſetze und
Verordnungen von dem Richter geurteilet wer-
den. Es ſol demnach niemand unverhoͤrter
Sache, der nicht uͤberfuͤhrt, oder durch recht-
maͤßigen Proces verurtheilet worden, ſeiner
Haab und Guͤter beraubet werden, wie vor die-
ſem einigen redlichen und gegen ihren Fuͤrſten
und Obrigkeit gehorſamen, treuen und dienſt-
gefliſſenen Unterthanen widerfahren iſt. Und
daß in ſolchen Faͤllen dem gravirten Theile er-
laubet ſey, an Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt Hof-
gericht extraordinarie im Beiſeyn des Notarii
durch ein Jnſtrument ſeiner Beſchwerden, um
einen Saluum Conductum zur fernern Erkent-
nis ſeiner Sache zu ſuppliciren.
Daß niemand, wes Hoheit, oder Standes19. Strafeder
Raͤuber, Moͤr-
der und ande-
rer Verbre-
cher.
er ſey, ſich unternehme an jemandes Perſon,
Schloͤſſern, Haͤuſern oder Guͤtern einige Ge-
waltthaͤtigkeit zu veruͤben, ſelbige zu uͤberfallen,
oder auf freier Heerſtraſſen ihnen nach zuſtellen,
und wer deſſen uͤberwieſen wird, denen Geſe-
tzen zu folge am Leben geſtrafet werde. Glei-
chergeſtalt ſollen auch diejenigen mit dem Le-
ben buͤſſen, ſo ehrliche Matronen und Jung-
fern entfuͤhren, nothzuͤchtigen und ſchwaͤchen,
weil denſelben billig alle Ehre und Hochach-
tung gebuͤhret.
Da auch die Kaufleute, inſonderheit, Frem-20. Heimlichen
Aufkauf der
Waaren im
Lande iſt ver-
boten.
de und Auslaͤnder zum Nachtheil der Ritter-
ſchaft und Staͤdte auf den Hoͤfen und Doͤr-
fern, Haͤute, Getreide, Hopfen und andre Wah-
ren heimlich und oͤffentlich aufzukaufen, und
verbothenen Handel zu treiben pflegen: daß
ſolches durch Jhro koͤniglichen Majeſtaͤt Befehl
verhuͤtet und unterſaget ſey, damit es hinfuͤhro
nicht weiter geſchehe. Auf daß aber der Herr-
und Ritterſchaft Jntereſſe gleichfals beobachtet
werde, werden Eure koͤnigliche Majeſtaͤt wegen
der Thierbaͤlge und Haͤute ſelbſt eine Verord-
nung zu machen geruhen.
Gleichwie von Alters her alle lieflaͤndi-21. Adliche
Rechte der
Jagd.
ſche Herrn adelichen und ritterlichen Standes,
und die Vaſallen, des Wildes Lager und Spu-
ren uͤberal zu ſuchen, befugt geweſen, auch
denſelben die ganze Jagd nach Belieben frey
geſtanden; alſo haben ſie auch freie Nutzung
der Waͤlder, Buͤſche, Weiden, Wieſen und
Viehtriften gehabt, welche darin beſtanden,
daß ſie von den Thieren und Wildpret die
Felle, ſo insgemein Wildwerk genant wird,
aus den Waͤldern aber und Holzungen aller-
hand nuͤtzliche Holzwaaren, ſo man insgemein
Waldwerk nennet, mit gutem Nutzen geho-
ben, daneben auch Aſchwaaren, Pech- und
Theer-
comparari vnquam poterat; Ita quoque
mutua atque tranſitoria fiat, vt eſt adhuc
hodie, ſeruitus, qua vltro citroque alter
in alterius fundo liberrima habet apum pa-
ſcua et mellifluas arbores. Quemadmodum
haec omnia inueſtiturarum monimentis lon-
giſſima praeſcriptaque conſuetudine adhuc
hodie ab omnibus Nobilibus obtinentur et
ſeruantur: Ita quoque omnes Nobiles at-
que proceres Liuoniae hactenus habuerunt
Nobilium Ius
coquendae
cereuiſiae.Ius coquendae Cereuiſiae, illiusque ad ſuas
tabernas vendendi poteſtatem, absque vl-
lius impedimento, vel datiarum vel aſſi-
ſiarum grauamine.
Ne vero in poſterum callidis officiario-
rum adinuentionibus, ne dicamus expila-
tionibus, in talibus libertatibus quoquo mo-
do grauentur; petunt Nobiles ac proceres
Liuoniae, vt haec ſpecialius priuilegio re-
gio explicentur, ne omiſſa impraeſentia-
rum nocuiſſe olim, ſed quae expreſſa,
iam prodeſſe et in futurum et perpetuum
profuiſſe videri potuerint; publica tamen
contributione, et alio vectigali communi
conſenſu ordinum et vniuerſae nobilitatis
ad Sacrae Regiae Maieſtatis veſtrae et Rei-
publicae neceſſitatem pro tempore decer-
nenda, ſemper excepta.
Ruſtici de-
tenti reddan-
tur.XXII. Vt ruſtici, qui vel per principis
conceſſionem in alicuius poteſtate fuerunt,
ab aliis non capiantur neque detineantur;
ſed ad eius, cuius interſit, poſtulationem
exhibeantur: niſi certis diplomatum argu-
mentis, viuisque teſtibus edocere quis po-
terit, illos ſibi a legitimis ipſorum dominis
conceſſos atque translatos eſſe, manebunt
in poteſtate eiusdem, in quem eum in mo-
dum conceſſi translatique fuerunt; alias re-
ſtituantur ſecundum receptum morem et an-
tiquam conſuetudinem Liuoniae.
Ruſticorum
opera et labo-
res.XXIII. Vt hactenus Nobilium ruſtici ad
ſola Dominorum ſuorum opera fuerunt
obſtricti: Ita petimus prouideri, ne ad
alia feruitia in libertatis noſtrae praeiudi-
cium cogantur, ſed ut antiqua conſuetudo
obſeruetur.
Finium tu-
tela.XXIIII. Vt fines terrarum diligenter ob-
ſeruentur, ne praedones et graſſatores in-
grediendo impune graſſentur.
Iudicatae res
ne retracten-
tur.XXV. Ne lites atque controuerſiae trans-
actionibus iudicatae vel ſopitae in poſterum
re-
Theerbrennen, auch verſchiedene Arten Klap-
holz und Balken, wie ſolches immer geſchehen
moͤgen, zu ihrem Profit anwenden koͤnnen, daß
dieſe Servitute auch gemeinſchaftlich werde
und ins Wechſel gehe; da es zumal auch noch
eine Servitute iſt, vermoͤge deren hin und wie-
der einer auf des andern Grund und Boden
Honigweiden und Bienenſtoͤcke zu halten frey
hat. Wie dieſes alles nach den alten urkund-
lichen Lehnsbriefen, und einer uralten, verjaͤhr-
ten Gewohnheit noch heut zu Tage von dem
ganzen Adel alſo beobachtet und beibehalten
wird; alſo haben auch alle Edelleute von Lief-
land bisher das Recht gebraucht, Bier zuund des freien
Bierbrauens.
brauen nnd ſolches in ihren Kruͤgen zu verkau-
fen ohne einige Hindernis, und ohne von Zoll
und Acciſe beſchweret zu werden.
Damit ſie aber nicht inskuͤnftige durch liſti-
ge Erfindungen oder wol gar Ausſaugungen
derer Beamten, in ſolchen Freiheiten auf eini-
ge Weiſe belaͤſtiget werden; als bittet der lief-
laͤndiſche Adel und Ritterſtand, daß ihnen ſol-
ches, durch ein beſonderes koͤnigliches Privile-
gium beſtimter und eigentlicher moͤge ausge-
macht werden, damit man ſehen koͤnne, daß
das, was jetzt uͤbergangen worden, niemalen zu
unſerm Nachtheil gereiche, ſondern, daß das,
was alsdenn ausdruͤcklich geſetzet wird, nun
und zu ewigen Zeiten zu unſerm Vortheil beob-
achtet ſey. Jedoch algemeine Contributionen
und andere Zoͤlle, ſo mit Einwilligung der
Staͤnde und der ganzen Ritterſchaft, zu Eurer
koͤniglichen Majeſtaͤt und der Republik Noth-
durft, voritzt, moͤchten bewilliget werden, alle-
zeit ausgenommen.
Daß die Bauren, wenn ſie auch mit Ver-22. Vorent-
haltene Bau-
ren werden
ausgeliefert.
guͤnſtigung des Fuͤrſten in eines andern Bot-
maͤßigkeit befunden worden, nicht gefangen ge-
ſetzt, vorenthalten, ſondern auf des Eigenthuͤ-
mers Begehren ausgegeben werden moͤgen; es
ſey denn, daß jemand durch unverwerfliche Ur-
kunden und mit lebendigen Zeugen darthun
koͤnne, daß ſolche von ihren rechtmaͤßigen Her-
ren an ihn abgeſtanden und uͤberlaſſen worden;
in welchem Fal ſie in deſſen Gewalt verbleiben,
ſollen, den ſie ſolchergeſtalt abgeſtanden und
uͤberlaſſen ſind. Widrigenfals werden ſie
nach landuͤblichem alten lieflaͤndiſchen Ge-
brauch, reſtituirt und ausgeantwortet.
Wie bisher der Edelleute Bauren nur zu23. Bauren
dienen nur ih-
rem Herrn.
ihrer Herren Dienſten allein verbunden gewe-
ſen, als bitten wir gnaͤdigſte Vorſehung zu
thun, daß ſie nicht zu andern Dienſten, unſerer
Freiheit zum Praͤjudiz moͤgen gezwungen, ſon-
dern daß hierin der hergebrachten Gewohnheit
nachgelebet werde.
Daß die Grenzen beſtaͤndig bewahret wer-24. Grenzpo-
ſtirungen wer-
den beſtellet.
den, damit nicht Raͤuber und Straſſendiebe,
ins Land kommen und in demſelben ungeſtraft
herum ſtreifen.
Daß keine Proceſſe und Streitigkeiten, ſo25. Keine ab-
gethane Sa-
che wird von
vor dieſem, durch Vertraͤge abgethan und bei-
C c c c 2gele-
ieſtati inclitisque ſenatoribus moleſtiam in-
ferant, vt in genere transactiones ac de-
finitiuae ſententiae omnes a principibus Liuo-
niae dictae lataeque per Sacram Regiam
Maieſtatem veſtram confirmentur.
Ruſticorum
dominos in-
terficientium
poena.XXVI. Cum ſaepenumero in Liuonia ac-
ciderit, quod nonnnulli Nobiles a pro-
priis ruſticis clam occiſi ſint; Vt vero in
poſterum a tatibus flagitiis deterreantur,
petunt Nobiles Liuoniae, vt de ſingulari
gratia, merique Imperii Sacrae eius Re-
giae Maieſtatis poteſtate, ſuis curiis capi-
talis ciuilisque iudicii priuilegium, quemad-
modum Nobiles Eſtoniae Ducatus olim a
Regibus Danorum conſecuti ſunt, et in
hunc vsque diem obtinent, annectatur con-
cedaturque.
Monetae con-
ſormis valor.Vltimo, Cum ex Monetae inaequalita-
te hactenus varia et inexplicabilia Damna
atque incommoda Liuoniae illata ſint; pe-
timus de illa etiam certum quid conſtitui:
ſcilicet, vt ea excudatur in poſterum mo-
neta, quae in graui valore et aeſtimatione
par Polonicae et Lithuanicae exiſtat, vt
vltro citroque Polonica Lithuanicaque mone-
ta in Liuonia, Liuonica e conuerſo in Polo-
nia et magno Ducatu Lithuaniae currat.
Nos itaque sigimvndvs avgvstvs,
Rex Poloniae, et Magnus Dux Lithuaniae,
praefatus, etc. praeinſertos Articulos et hu-
miles ſupplicationes vniuerſi equeſtris Ordi-
nis Nobilitatis Liuonicae, tanquam iuſtas
et legitimas, autoritate noſtra Regia, tan-
quam directus dominus, cui merum et
mixtum imperium in totam prouinciam,
vigore praeſentis ſubiectionis nobis profeſ-
ſae, competit, in omnibus eorundem
poſtulationum et articulorum clauſulis, pun-
ctis et conditionibus confirmandos, appro-
bandos, et ratificandos eſſe duximus,
prout confirmamus, approbamus et rati-
ficamus praeſentibus hiſce litteris noſtris,
decernentes, eos ab hinc et in poſterum ro-
bur debitae et perpetuae firmitatis obtinere
debere: vtili tamen dominio Illuſtriſſimi
Domini Magiſtri per hanc confirmationem
noſtram in terris Illuſtritatis Eius nihil de-
rogantes, Harum teſtimonio litterarum;
quibus in fidem praemiſſorum ſigillum no-
ſtrum praeſentibus eſt ſubappenſum.
Datae Vilnae, feria ſexta poſt feſtum
S. Catharinae. Anno MDLXI. regni ve-
ro noſtri XXXI.
geleget, inskuͤnftige wieder hervorgeſucht, undneuem aufge-
nommen.
Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt und Dero hochan-
ſehnlichen Raͤthen dadurch einige Beſchwerde
verurſacht werde, ſondern daß uͤberhaupt alle
Vertraͤge und Endurtheile, ſo von den lief-
laͤndiſchen Fuͤrſten ausgeſprochen und gefaͤl-
let worden, von Eurer koͤniglichen Majeſtaͤt
confirmirt werden moͤgen.
Es hat ſich in Liefland zum oͤftern zuge-26. Strafe
der Bauren,
wenn ſie an ih-
ren Herren
Mord bege-
hen.
tragen, daß einige Edelleute von ihren eignen
Bauren heimlich umgebracht worden. Da-
mit nun ſelbige inskuͤnftige von ſolchen Untha-
ten moͤgen abgeſchrecket werden, als bittet der
lieflaͤndiſche Adel, daß, aus ſonderbarer Gna-
de und Macht Jhro koͤnigliche Majeſtaͤt Rei-
che und Hoheit, ſie auf ihrem Hoͤfen mit der
Gerichtshegung in peinlichen und civilen Sa-
chen moͤgen begnadigt und verſehen werden,
wie ſolches der Adel des Herzogthums Eſt-
land vor Zeiten von den Koͤnigen in Daͤnne-
mark erlanget und bis auf dieſen Tag behal-
ten hat.
Da auch letztlich wegen Ungleichheit derMuͤnze nach
pohlniſchen
Werth wird
eingefuͤhrt.
Muͤnzen mancherley und unvermeidlicher Scha-
de und Ungelegenheit in Liefland entſtanden,
ſo bitten wir, daß auch deswegen gewiſſe Ver-
ordnungen gemacht werden; nemlich, daß hin-
fuͤhro dergleichen Muͤnze gepraͤget werde, wel-
che an Korn und Schrot den pohlniſchen
und litthauiſchen gleich ſey, damit die pohl-
niſche und litthauiſche Muͤnze in Liefland,
die lieflaͤndiſche hingegen auch in Pohlen
und dem Grosfuͤrſtenthum Litthauen in
Gang komme.
Wir Sigismund Auguſt, Koͤnig in
Pohlen und Grosfuͤrſt in Litthauen haben
demnach die obgedachte 26 Artikel und demuͤ-
thigſtes Geſuch des ganzen Adels und der Rit-
terſchaft in Liefland, als rechtmaͤßig und bil-
lig, durch unſer koͤnigliches Anſehen, als rech-
ter und eigentlicher Herr, dem das merum
und mixtum imperium uͤber die ganze Pro-
vinz, kraft gegenwaͤrtiger gegen uns erklaͤrter
Unterwerfung zuſtehet, in allen deren Bitten,
Artikeln, Clauſeln, Puncten und Conditionen,
zu confirmiren, zu approbiren und zu ratifici-
ren geruhet; wie wir denn ſolche durch gegen-
waͤrtigen unſern offenen Brief confirmiren,
approbiren, ratificiren, und beſchlieſſen, daß
ſolche von nun an und zu ewigen Zeiten ge-
buͤhrender maſſen ſtets ſteif und unverbruͤch-
lich ſollen gehalten werden. Wobey wir je-
dennoch dem vtili dominio des durchlauchti-
gen Herrn Meiſters mit dieſer unſererer Con-
firmation in ſeiner Durchlauchtigkeit Landen
nichts derogiren oder entziehen. Urkundlich
und zu mehrerer Beglaubigung alles vorge-
ſetzten, haben wir unſer Jnſiegel gegenwaͤrtig
unten dabey angehaͤnget.
Gegeben zu Wilna, den ſechſten Tag nach
S. Catharinen. Jm Jahr Chriſti 1561.
Unſers Koͤnigreichs im 31ſten Jahre.
Die-
Von GOtttes Gnaden wir Gotthard Meiſter deutſches Ordens zu Liefland thun
kund und bekennen mit dieſem offenen Briefe vor uns und unſern ganzen Orden
und ſonſt maͤnniglich. Nachdem dieſe Lande in Liefland von dem Ruſſen in das 5te
Jahr mit erbaͤrmlichen Rauben, Brand und Todſchlag ſo gar vernichtet, daß ſie ſich
laͤnger durch eigen Vermoͤgen zu erhalten mit nichten gewuſt, und obwol wir mit fle-
hentlichem Suchen, Bitten und Anhalten die roͤmiſch-kaiſerliche Majeſtaͤt, unſern al-
lergnaͤdigſten Herrn, ſamt des heiligen Reichs Churfuͤrſten und Staͤnden auf vielen
Reichsverſamlungen um Huͤlfe, Troſt und Rettung angelanget, die uns und gemeiner
bedruckten Landſchaft zu Liefland ſtatlich verheiſſen, aber im geringſten uͤber Verhof-
fen nichts erfolget, ohne daß wir auch mit Verpfaͤndung auch freiwilliger Abtretung
etlicher unſrer Land und Leute die benachbarten Potentaten und Koͤnige zum Beiſtand
bewegen wollen, als haben wir doch bey demſelbigen gar nichts beſchaffen koͤnnen, und
iſt uns endlich etlicher benachbarten Huͤlfe und Beiſtand mehr zum Schaden als From-
men gerathen, welches alles, da nicht allein wir, beſondern die algemeinen Herren
Staͤnde und Staͤdte in dieſen Landen angemerket, haben ſie lieber einmuͤthig ſich bene-
benſt uns der koͤniglichen Majeſtaͤt in Pohlen als dem nechſtgeſeſſenen Potentaten un-
tergeben und vertrauen wollen, als in ſolcher Ungewisheit das Uebrige dem Ruſſen zum
Raube bleiben und uns und ſie ſonſt des Landes entſetzen laſſen wollen. Und alsdenn
ſolche Unterwerfung die koͤnigliche Majeſtaͤt hoͤchſtermeldt nicht annehmen wollen, wir
haͤtten Jhro koͤnigliche Majeſtaͤt dann unſer Antheil an der Stadt und Hauſe Riga und
was Gerechtigkeit unſere Vorfahren und wir daran gehabt, und damit durch die roͤmiſche
kaiſerliche Majeſtaͤt und Paͤpſtliche Rechtens, auch ſonſt erhaltener Gewohnheit, Re-
ceſſen und Vertraͤge verſehen und bekommen, volkommen cediret, abgetreten und Jhro
Majeſtaͤt gaͤnzlich uͤberlaſſen. Ob wol dis uns ganz ſchmerzlich zu thun, dennoch, da-
mit die armen Lande deshalben auch laͤnger nicht verſaͤumet und unſchuldig Blut weiter
vergoſſen moͤchte werden, haben wir Jhro koͤniglichen Majeſtaͤt Anſinnen ſtat geben
muͤſſen. Dieweil das aber nicht anders in Ceßion deſſelben angeſtanden, denn das
wir gemeldte Stadt und darinnen wohnende Buͤrger bey der wahren Religion aug-
ſpurgiſcher Confeßion erhielten, Jhnen auch Sicherung bey hoͤchſt ermeldter koͤnigli-
chen Majeſtaͤt ausbraͤchten, daß ſolche Subjection der Stadt ſamt den Einwohnern
ohne Verletzung ihrer Ehre und ohne Schaden ihrer Nahrung ſeyn moͤchte, zudem daß
ihnen alle ihre Rechte, Gerichte, Privilegia, Statuten, Gewohnheiten, und darauf
D d d dder
Iuramentum Sacrae Regiae Maieſtatis.
Ego sigismvndvs avgvstvs Dei gratia Rex Poloniae Magnus Dux Lithua-
niae, Ruſſiae, Pruſſiae, Mazouiae, Samogitiae, Liuoniaeque Dominus et
Haeres, iuro, ſpondeo et promitto, ad haec ſancta DEI Euangelia, quod omnia
iura, libertates, priuilegia, immunitates prouinciae Liuoniae, eccleſiaſticas et ſecula-
res, eccleſiis quoque et ſpirituali eorum Statui, Archiepiſcopo, Epiſcopis, Princi-
pibus, Magiſtris, Capitulis, Commendatoribus, Aduocatis, Nobilibus, Vaſallis,
Ciuibus, Incolis et quibuslibet perſonis, cuiuscunque ſtatus ac conditionis exiſten-
tibus, per Imperatores Romanos, et alios quoscunque Reges, Duces, Principes,
Ordinis Teutonici Magiſtros, et alios legitimos magiſtratus illi Prouinciae et Stati-
bus conceſſas, manu tenebo, ſeruabo, cuſtodiam et attendam in omnibus conditio-
nibus atque punctis.
Omnia illicite ab eadem Prouincia alienata, aut per hos belli tumultus Moſcho-
rum auulſa, pro poſſe meo et coniunctarum Prouinciarum mearum ad proprieta-
tem eiusdem prouinciae armis ſiue pactionibus recuperabo, aggregabo.
Terminos eiusdem Prouinciae non minuam, ſed pro poſſe meo diminuta et in
poteſtatem hoſtium redacta recuperabo, defendam et dilatabo. Sic me DEVS
adiuuet, et haec fancta DEI Euangelia.
wahren Huldigungseid herſagte. Man ſehe den MeniusProdr. S. 32 und die noch
vorhandenen Documente. Henning hat alſo geirret, wenn er S. 68 meldet, Ri-
ga
Liefland einen warhaftigen und beſtaͤndigen Bericht von Religionsſachen des Fuͤrſtenthums Cur-
land und Semgallen in Liefland, nebſt dem Leben und Sterben des erſten Herzogs von Cur-
land zu Roſtock in Folio drucken, dem hinten ſein adliches Diploma angehaͤnget worden. Jm
Jahr
des und Pflicht erlaſſen, damit ſie uns verbunden und ſolches uns von hochgemeldter koͤnig-
lichen Majeſtaͤt nicht allein ſtatlich zugeſaget und belobet, beſondern auch an ſtat Jhro Ma-
jeſtaͤt von dem durchlauchtigſten Fuͤrſten und Herrn, Herrn Nicolao Radzivil, in
Qlika und Niswitz Herzogen, wilniſchen Woywoden, die Zeit alhier anweſenden
koͤniglichen Geſandten aus habender Volmacht confirmiret und beſtaͤtiget worden. Und
wir daher vernommen, daß unſre liebe Unterthanen und gemeine Stadt Riga in glei-
cher Freiheit unter die kaiſerliche Majeſtaͤt kommen koͤnte, als ſie von uns erlaſſen, und
ihnen daran nichts mehr mangelte, denn allein, daß wir ſie durch oͤffentliche Remiſ-
ſion des Eides, Gehorſams und Pflicht erlieſſen, damit ſie uns verwandt geweſen;
als bedanken wir ihres Gehorſams und Treue, die ſie bey uns in friedlichen ſo wol als
jetzigen Zeiten erwieſen; Erlaſſen ſie derowegen kraft dieſes Briefes, vor uns und un-
ſern ganzen Orden aller Pflicht, und wollen, daß ſie im Namen und Furcht GOttes
ſich in der koͤniglichen Majeſtaͤt zu Pohlen Treue und Gehorſam begeben, und wuͤn-
ſchen ihnen von Herzen, daß der almaͤchtige GOtt die gute Stadt unter ihrer Majeſtaͤt
Regierung lange gottſelig, friedlich und zu allem Guten erhalten wolle, und damit des-
halben niemand an Ehren zu beſprechen oder auch zur Unbilligkeit zu Rede zu ſetzen,
haben wir ihnen von uns und unſerm ganzen Orden dieſen Brief williglich gegeben,
mit unſerm Amts Jnſiegel beſiegelt und mit eigener Hand unterſchrieben. Gegeben zu
Riga den 3ten Martii, nach Chriſti unſers Herren Geburt 1562.
(L. S.)
Goddertt, Meiſter
manu propria.
der neuen Auflage weggeblieben; obgleich das ſeine Richtigkeit hat, daß Kettler ih-
renthalben mit Sigismund Auguſten in Unterhandlung getreten. Sie hat ſich ihr
urſpruͤngliches Recht, den dritten Stand in Liefland abzugeben, und ununterworfen
zu bleiben, weder von dem Erzbiſchof noch dem Orden ganz abſtreiten laſſen. Man
mus ihr Betragen, ihre Widerſpruͤche und die Ausfuͤhrung derſelben wider die bei-
den andern Staͤnde in der Hiſtorie aus einem ganz andern Geſichtspunkt anſehen, als
aus dem Verhaͤltnis der Unterthanen gegen ihre ordentliche Obrigkeit. Jetzo wurde ſie
einer Laſt von ſelbſt los, an der ſie ſich uͤber 200 Jahr, von ihrer Unterwerfung unter
dem Orden an zu rechnen, faſt muͤde geſchuͤttelt. Kurz Riga genos unter roͤmiſch-
kaiſerlichem Schutz ihre uralte Freiheit, und praͤgte auf ihren Muͤnzen zum Andenken
dieſer Unabhaͤngigkeit ihr Wapen auf beide Seiten: ſie hat aber nie den roͤmiſchen
Reichsadler nach dem Beiſpiel andrer freien Reichsſtaͤdte gefuͤhret, und den Kaiſer nur
als Schirmherrn, nicht aber als Oberherrn erkant. Als ſich bey dieſer faſt 20 jahrigen
Freiheit viele Wolken aufzogen, wolte die Stadt dieſem Gewitter entgehen, und unter-
warf ſich der Krone Pohlen mit einem unerwarteten und ungleich groͤſſerm Verluſt ih-
res Gluͤcks, als das Land nach ſeiner Unterwerfung kaum erfahren koͤnnen. Paulus
Piaſecius in ſeiner Chronik berichtet ausdruͤcklich, daß die Stadt aus Bewunderung
der heldenmuͤthigen Thaten des Koͤnigs Stephani und aus freiem Triebe ihm gehul-
digt, und den Eid der Treue in die Haͤnde des Demetrius Solikovski abgelegt habe.
Allein dieſe Willigkeit hatte ihren Grund theils in den glatten und ſuͤſſen Worten, theils in
den ſcharfen Drohungen der Pohlen, hauptſaͤchlich aber in den vortreflichen zugeſtan-
denen Freiheiten, Vorrechten und Privilegien von Seiten eines grosmuͤthigen Koͤnigs,
an deren Erfuͤllung hingegen die Republik nicht immer gebunden ſeyn wolte. Die Hi-
ſtorie der rigiſchen Unterwerfung iſt nach dem Archiv kuͤrzlich dieſe: Die Stadt fer-
tigte den 7ten Octobr. 1561 eigene Gevolmaͤchtigte nach Vilna ab, wozu die Buͤrger-
meiſter Hinrich von Ulenbrock und Johan zum Berge, der Syndicus Stephan
Schoenbach, der Rathsherr Melchior Kirchhoff und der Secretair Johan
Taſtius ernennet waren. Als der Erzbiſchof und Herrmeiſter den Unterwerfunfseid
leiſteten, ſo gab die Stadt nur den Handſchlag, ſich von den Pohlen nicht zu trennen,
weigerte ſich aber ſo lange den Eid abzulegen, bis ſie die Beſtaͤtigung ihrer Privilegien,
Rechte und Freiheiten erhielt, und der Kron Pohlen einverleibet wuͤrde, und erbot ſich
indeſſen mit ihrem Siegel die vorige Verſicherung zu unterzeichnen. Sie proteſtirte
aber gleich gegen alles, da der Koͤnig dem Erzbiſchof und ſeinem Coadjutor bey ſeinem
Stifte uud Kirchen geiſtlich oder weltlich zu bleiben freie Macht gab, dem Herrmeiſter
aber ein Theil von Liefland mit dem fuͤrſtlichen Titel zuzuwenden verſprach. Daher
verfertigte der kluge Radzivil den 17ten Merz 1562 die ſo genante zweite Caution und
gelobte die koͤnigliche Beſtaͤtigung, dieſelbe auf dem naͤchſten Reichstage zu Petricow
daruͤber zu verſchaffen. Weil dieſe noch grosmuͤthiger als die erſte heraus kam, lies
ſich die Stadt gefallen, einen Eventualeid nach dieſem Formular abzulegen.
Jch N. N. lobe und ſchwoͤre, daß ich bey der Unterwerfung, welche dem aller-
durchlauchtigſten Fuͤrſten und Herrn, Herrn Sigismund Auguſto, Koͤnig zu
Pohlen,
Juͤngern in Folio zum Druck, welcher Ausgabe wir uns bedienet haben. Sie wurde zum andern
mal zu Leipzig 1594 durch Zachariam Berwaldt in eben dem Format zu drucken angefangen
und 1595 geendiget. Jn dieſer letzten ſind 4 Blaͤtter auf Befehl des Koͤnigs von Pohlen, und
der Churfuͤrſten des Reichs unterdruckt worden, weil die Stadt Riga durch ihren Syndicus
Hilcken drauf drang, und iſt unter andern Unrichtigkeiten die Beichuldigung des Krumhauſen,
Bl. 32 aber der koͤniglich pohlniſche Eid weggeblieben. Chytraͤus muſte gleichfals in ſeiner an-
dern Auflage das Privilegium vom 6ten Tage nach Catharinen weglaſſen, wie es denn auch in
deſſelben deutſchen Ueberſetzung nicht mit befindlich iſt. Doch dadurch iſt weder das herrliche
Privilegium vertilget, noch der koͤnigliche Eid aus dem corpore priuileg. Nobilit. Liuoniae aus-
gekratzet worden, als welcher ein weſentliches Stuͤck der Unterwerfungsvertraͤge in ſelbigem aus-
macht. Henning befoͤrderte die ſchoͤne Kirchenordnung, welche der Herzog Kettler zu Roſtock
1570 drucken und in Curland einfuͤhren lies, die aber nun ſehr ſelten und faſt unſichtbar ge-
worden.
Liefland Herr, von mir geſchehen, erklaͤret und bekant habe, ſo ferne dasjenige,
was der durchlauchtige Fuͤrſt und Herr wilniſcher Woywode in ſeiner fuͤrſtlichen
Durchlauchtigkeit Verhandlung und gegebenen Caution zu volziehen zugeſaget, durch
Jhro koͤnigliche Majeſtaͤt beſtaͤtiget, und auf dem Reichstage zu Peterkow durch
Verwilligung der Subjection nebſt der Einverleibung durch alle Staͤnde des Reichs
des Grosfuͤrſtenthums Litthauen und allen andern zugehoͤrigen Herrſchaften wird
ratificirt, angenommen und gehalten werden, beſtaͤndig und unwiederruflich wie ein
getreuer Unterthan bleiben wil, und mich mit Gehorſam und Treu an keinen andern
Herrn ſchlagen; als mir GOtt helfe und ſein heiliges Wort.
Es giengen hierauf neue Abgeordnete zur Einholung der beſtaͤtigten Privilegien ab,
nemlich der Buͤrgermeiſter Hinrich von Uhlenbrock, der Rathsherr Lorenz Zimmer-
mann, und die Elterleute beider Gilden Joſt Lohmann und Urban Roſendahl, ſie
empfiengen aber unterwegens das koͤnigliche Schreiben, in welchem der Reichstag verſcho-
ben ward. Dem ohnerachtet giengen ſie vor den Koͤnig, der ſie nach Empfang zweier
uͤberguͤldeten Pocale mit ihrem Anſuchen auf den rechten Reichstag verwies. Doch mit
der Zeit wurde aus der groſſen radzivilſchen Vorſtellung nichts und die Stadt nahm
ihren Eid zuruͤck, weil die Bedingungen der freiwilligen Unterwerfung unerfuͤllet blieben.
Wie auch einsmals Chotkiewitz Ernſt brauchen wolte, und in die Worte ausbrach:
Er komme nach Riga nicht wie der Orator Radzivil, ſondern als koͤniglicher Admini-
ſtrator, ſo kam er doch wegen des ſtarken Wiederſpruchs nicht zu ſeinem Zweck. Jn-
deſſen koſtete es der Stadt ein anſehnlich Geld und viele Muͤhe, ſich in Freiheit zu erhal-
ten. Blos zu Sigismundi Auguſti Zeiten wurden eilfmal koſtbare Geſandten an den
Koͤnig abgefertiget, der auch neunmal ſeine Commiſſarien an die Stadt ſchickte, und Un-
terhandlungen uͤber die Unterwerfung anfangen lies, von welchen aber der Koͤnig in 12
Jahren das Ende nicht erlebte. Zur Zeit der Thronerledigung ſandte die Stadt ihre
Abgeordnete einmal nach Pohlen, zweimal an den Kaiſer Maximilian, und viermal
an den Koͤnig Stephanus, wuͤrde auch den Kaiſer zu ihrem unmittelbaren Schutz-
herrn angenommen haben, wenn Wien ſo nahe als Warſchau geweſen waͤre, und
ſie nicht nach dem Beiſpiel der Staͤdte Thoren, Danzig und Elbingen ſich beſon-
derer Freiheiten getroͤſtet haͤtte. Denn ob ihr gleich der Herzog Hans zu Mecklen-
burg, wie auch der jnnge Herzog Barnim in Pommern anlagen, daß ſie ihren
Schutz annehmen moͤchte, ſo fand ſie doch weder bey einem nach dem andern Vorſchla-
ge eine dauerhafte Sicherheit. Die zweite radziviliſche Caution iſt werth hier auf-
gehoben zu werden, da ſie zumal noch nirgends gedruckt geleſen worden.
Cautio altera Radziwiliana.
Nicolavs radziwil, dei gratia, in Olika etc. Nieſzwiſes Dux, Dominus
in Grodek et Klecztko, Palatinus Vilnenſis, Magni Ducatus Lithuaniae ſupre-
mus Marechallus et Cancellarius Brzeſtenſis, Caronen. Boriſzovienſis Schawlenque
Capitaneus generalis. Significamus praeſentibus literis noſtris vniuerſis et ſingulis
quorum intereſt: Quod cum ſereniſſima Regia Maieſtas Poloniae, ex innata Regia
benignitate ac propenſa voluntate, pro ſalute Reipubl. Liuoniae, nos iam ad ſtatus
eiusdem Prouinciae ablegarit, vt a reliquis ſtatibus, qui id Vilnae non praeſtiterant,
pro ratione vniuscuiusque conditionis homagium fidelitatis ac obedientiae, iuramen-
ti Religione, firmandum exigeremus, itaque, Vilnae pacta et conſtituta expedire-
mus; Eaque nobis commiſſa negotia cum Conſulibus Senatoribus, totique commu-
nitati Ciuitatis Rigenſis, neceſſariis ad haec circumſtantiis proponeremus, ac ſcriptis
cum illis tractaremus, donec tandem ſeſe in eam ſententiam declararint, quod pro-
feſſae iam antea Sac. Reg. Maieſt. conditionali ſubiectioni, gratia propriae omnium
ſalutis etiam num inſiſtere, eamque hiſce renouatam ac corporalis iuramenti praeſta-
tione, iuxta ſtatutam deſuper formulam, eo, vt ſequitur, modo confirmatam, ei-
que prorſus inhaerere cenſuerint. Primo, ne cautioni noſtrae eis praeterita aeſtate
anni ſexageſimi primi ſuper praeſtito tunc conſenſu datae, aliqua in parte deroge-
tur, ſed in praefixis ſuis terminis firmiter ac inuiolabiliter ſeruetur, ac a Sac. Reg.
Ma-
ad effectum perducatur, Promittimus itaque ac recipimus iis Sac. Reg. Maieſt.I.
omnia, in praeſtita illa noſtra cautione prouiſa, ratificaturam, approbaturam,
omniaque ac ſingula, in ea retenta, honori ac famae totius communitatis Rigenſis
cedere perfecturam, ita vt nihil damni et incommodi iis inde metuendum ſit quod
quidem omne Sacra eius Regia Maieſtas Regni ſui Poloniae, Magnique Ducatus Li-
thuaniae, ac reliquorum ſuorum Dominorum ad id adducto atque obligato pa-
trocinio praecauebit ac auertet. Secundo, quandoquidem eiuitas ac com-II.
munitas haec, medio hoc iuramento Sacram Regiam Maieſtatem ſuum Domi-
num recognoſcit: ideoque a nobis Sacrae Regiae Maieſtatis Oratoris nomine omnia
Priuilegia, Iura, beneficia, libertates, gratias, immunitates, Iudicia, ſtatuta, omnis
generis, omniumque iurium transactiones, pacta, eiusque generis reliqua, cuius-
cumque nominis ſint, Ciuitatis Iurisdictioni, conſuetudini, vſui ac proprietati di-
cata, ſpiritualia ſiue ciuilia, a quibuscumque etiam conceſſa iis ſint, ſibi confirmata
velint, vt ea in vniuerſum omnia et ſingula, auctoritate Sacrae Regiae Maieſtatis
nobis conceſſa illis ratificare, ſtabilireque dignaremur: cum igitur agnoſcimus id
ipſum ex Regio mandato, quo fungimur, ab officio noſtro alienum non eſſe: Id
circo nomine Sacrae Regiae Maieſtatis omnia ea ac ſingula, pro fide Principis Viri,
expreſſis, ac indubitatis verbis hiſce confirmamus ac ratificamus, ac ſicuti literis ac
ſigillis comprehenſa ac munita vel longa praeſcriptione ac conſuetudine obtenta ac
poſſeſſa ſunt: Ita etiam Senatui ac toti communitati ea omnia libera atque integra
habere ac retinere hiſce concedimus, vt iis absque Sacrae Regiae Maieſtatis vel vllius
impetitione ita affectualiter atque executiue vti ac frui poſſint; Si etiam in aliquo
iſtorum omnium ſiue a Domino Archi-Epiſcopo, ſiue Magiſtro Liuoniae turbati ac
moleſtati ſint, ex tractatis hiſce negotiis inde nihil prorſus Iuris ad Sereniſſimam Regiam
Maieſtatem deuoluetur, ſed penes Ciuitatem remanebit. Concedimus etiam acilibe-
ram illis relinquimus facultatem cum Sacra Regia Maieſtate de omnibus ſuis Priuile-
giis, quae et qualia ea etiam ſint, vel in poſterum acquirantur, in genere et in ſpecie
ſolidius agendi, et ab eius Sacra Regia Maieſtate eorundem corroborationem expe-
tendi, prout etiam hiſce nos obligamus Sacrae Regiae Maieſtatis conſenſum et con-
firmationem ſubſecuturam ac Senatum, Populumque ciuitatis huius ea vice ſatis ſu-
perque ſecuros fore. Praecipue autem cauemus, in quibus partibus contra Domini
Magiſtri datas literas homagiales, vel in aliis ſuis Iuribus ac libertatibus, praeſer-
tim ex nouis prope arcem ſtructuris ac moleſtis in Dunae flumine, nec non in
ipſo portu illatis, ſeſe laeſos ſentiunt, ſubſecuta primo quoque tempore Regia confir-
matione, eos in iis omnibus priſtinae ſuae attributae libertati ſtatim reſtituendos, et
omnia contraria ac noxia fore amouenda.
Tertio, quia igitur Senatus, totaque Communitas Sacrae Regiae Maieſtati iu-III.
ramentum fidelitatis iam offert, certiores eos fieri ſane conuenit ac neceſſe eſt, quod
ſi et in quantum profeſſa haec ſubiectio a ſtatibus Regni Poloniae non approbaretur
et neque regno neque aliis coniunctis Sacrae Regiae Maieſtatis dominiis incorpora-
retur, atque ita non vnita ſepararetur; Quod eo caſu Ciuitas Rigenſis Magno Du-
catui Lithuaniae ſubiecta eſſe non cenſebitur. Qua propter recipimus et cauemus,
quod Ciuitas Rigenſis eo caſu Magno Ducatui Lithuaniae ſubiecta et incorporata eſſe
non debeat. Nec erit etiam ad vnionem aliquam ſeparatim obſtricta, ſed ſaltem
coniunctim cum Regno Poloniae, Magno Ducatu Lithuaniae, et reliquis ditionibus
pro arbitrio, ſicuti id ex refore viſum fuerit, ſeſe vnire ac incorporare licebit; Haec
autem omnia, vbi ſtatuum Regni Poloniae ac Magni Ducatus Lithuaniae conſenſu
recepta fuerint: Recipimus etiam Sacram Regiam Maieſtatem eos ad praeſentiſſima
huic ciuitati ferenda auxilia, promptos habituram qui ingruente periculo Ciuitatem
ſua ope non deſerent: Vnione autem ac defenſione non ſublecuta Ciuitas Rigenſis
Sacrae Regiae Maieſtati tantum Iuramento ac fide obſtricta cenſebitur, ita tamen,
vt ſi (quod abſit) controuerſia ſiue diſcordia in Sacrae Regiae Maieſtatis Regno ac
Dominiis oriretur, Ciuitas Rigenſis ſe nulli parti applicet, neque aduerſus alteram
partem belli anſam praebeat. Quod ſi etiam Sacra Regia Maieſtas neceſſarium, ac
E e e epro-
Haͤupter der lieflaͤndiſchen Republik uͤbten alle oberherrſchaftliche Rechte aus. Nach
dieſem Rechte landesherrlicher Hoheit ſchrieben ſie Landtaͤge aus, nahmen die Huldi-
gung von Vaſallen und Unterthanen an, ertheilten die Landesgeſetze, beſtimten die oͤf-
fentlichen Abgaben, hielten ihre eigene Manſchaft, fuͤhrten Kriege fuͤr ihr Eigenthum,
ſchloſſen Frieden, trafen Buͤndniſſe, lieſſen Muͤnzen praͤgen, und das alles nach Art
aller freien Republiken mit einer ariſtocratiſchen nnd unumſchraͤnkten Gewalt. Sie
ſtelten Privilegien aus, belohnten verdiente Leute mit Guͤtern, beſtaͤtigten das alte Her-
kommen, blos mit Rath, Vorwiſſen und Vollbort ihrer ehrſamen Mitgebietiger;
welchen Handlungen manchmal das paͤpſtliche, und manchmal das kaiſerliche Anſehen
ein
ſtrationi renunciauerit, et aliis ceſſerit electionem eam et ceſſionem Sacrae Regiae
Maieſtati integrum non erit absque conſenſu Ciuitatis Rigenſis inſtituere. Vbi autem
et quatenus regnum Poloniae ſimul et Magnus Ducatus Lithuaniae cum reliquis Do-
miniis vnum Regem Poloniae, vt omnium illorum Dominorum Regem agnoſcunt
ac colunt, eo caſu Ciuitas Rigenſis Maieſtati Regiae fide ac obedientia obſtricta erit:
quatenus a ſe (quod abſit) diuiſerint, et diuiſos Reges ac Dominos cooptauerint,
tunc Ciuitati Rigenſi licebit ſequi partes quas voluerint, ſiue Regni, ſiue Magni Du-
catus Lithuaniae. Quatenus vero Ciuitati integrum non fuerit, ſeſe alterutro horum
Dominorum ſubiicere, liberum ei relinquitur, tunc ſeſe aliis Regibus ac Principibus
applicare; quo caſu omnia Ciuitatis huius Sacrae Regiae Maieſtatis iam reſignata
ac acquiſita Iura tunc rurſum Ciuitati libera cedent*). Quae omnia et ſingula, cum
Conſules, Senatus ac tota communitas Ciuitatis Rigenſis humillime nos rogauerint,
vt autoritate Sacrae Regiae Maieſtatis, qua hoc nomine fungimur, conſenſu noſtro
affirmare, corroborare, eorundemque ratificationem, vlteriorem confirmationem,
adauctiouem, et incrementum apud Sacram Regiam Maieſtatem recipere atque illis
cauere dignaremur. Nosque ratione mandati ac plenipotentiae nobis in hac parte
conceſſae, officii noſtri eſſe duximus, vt hiſce adeo rationi ac aequitati conuenien-
tibus precibus nos faciles praebeamus. Quam ob rem, nomine et ex mandato Sa-
crae Regiae Maieſtatis nobisque in hac parte conceſſa facultate pro fide Principis
Viri, promittimus, veris recipimus verbis ac cauemus, quod omnes clauſulas et
articulos, hiſce ſupra inſertos firmiter ac fideliter ſeruare, eorundemque omnium
effectum, ratificationem, approbationem, confirmationem et adauctionem apud
Sacram Regiam Maieſtatem praeſtare ac perficere velimus, absque vllo dolo et ma-
chinatione, fideliter ac fincere iuramenti loco. Harum teſtimonio literarum, quas
manu noſtra ſubſcripſimus et ſigillo noſtro communiri mandauimus. Datae ex Ri-
genſi Arce d. 17 Menſ. Martii Anno Domini 1562.
(L. S.
Ducis Radzi-
wilii.)
Nicolaus Radzewill,
manu propria.
tral bleiben, oder nach Belieben ſich nach einen andern Herrn umſehen koͤnne, wenn Pohlen und
Litthauen, jedes ſeinen eigenen Koͤnig erwehle, war dem Koͤnig Stephanus ein Dorn im Au-
ge. Chytraͤus S. 528 bemerket, daß Stephanus, als ihn die Deputirten der Stadt um die
Beſtaͤtigung dieſer Caution oͤfters erſuchet, endlich in die Worte ausgebrochen, er wolle lieber die
Stadt Riga gar nicht haben, als auf die radziviliſche Buͤrgſchaft und die darin enthaltenen be-
ſchwerlichen Conditionen ſelbige annehmen.
ſeinen Erzbiſchof, ſeine Biſchoͤfe und ſeinen Herrn Meiſter.
Daß dieſes Land ein Reichslehn, feudum imperii, eine Reichsprovinz, Sacri Ro-
mani Imperii prouincia, und deſſen Regenten Reichsfuͤrſten, Principes Imperii, gewe-
ſen, iſt aus den Documenten unleugbar, in welchen oͤffentlichen Schriften Liefland
dem heiligen roͤmiſchen Reich und der ganzen deutſchen Nation unterworfen heiſſet,
auch in vielen die Zeitrechnung nach den kaiſerlichen Regierungsjahren beſtimmet wird.
Da aber andre feuda imperii mit kaiſerlichen oder Reichsvoͤlkern auf Koſten des Kai-
ſers oder des Reichs erobert, Liefland hingegen von ſeinen erſten Bezwingern Schrit
vor Schrit auf eigene Koſten, mit Wagung ihres Lebens und Blutes, gewonnen wor-
den; ſo wird hier noͤthig ſeyn, die Verknuͤpfung dieſer Provinz mit dem deutſchen
Reich naͤher zu beſtimmen. Doch tragen wir dieſe Materie nur problematiſch vor,
uͤberlaſſen die weitere Ausfuͤhrung den Staatskundigen, und noͤthigen niemand ſeine
Einſicht nach der unſrigen zu aͤndern.
Die Paͤpſte hatten bey den veranſtalteten Kreutzzuͤgen nichts weniger zur Abſicht als
die Vermehrung der Reichsprovinzen. Auſſer der Erweiterung ihrer Oberherrſchaft
ſahen ſie vielmehr auf die Schwaͤchung und Verringerung der kaiſerlichen Macht, und
andrer chriſtlichen Potentaten, wie denn die Paͤpſte des 12ten und 13ten Seculi recht ab-
geſagte Feinde der Kaiſer waren. Platina in vitis Pontif. Sie maſten ſich die Herſchaft
uͤber alle 3 bekante Theile der Welt an, und wurden von allen Mitgliedern der roͤmi-
ſchen Kirche dafuͤr erkant. Sie waren alſo das Oberhaupt der Chriſtenheit, auf de-
ren Erweiterung ſie bedacht zu ſeyn vorgaben. Aus dieſem Officio conſeruatorio mus
man auch die paͤpſtliche Gewalt uͤber Liefland in den catholiſchen Zeiten herleiten.
Kraft derſelben ernante der Papſt auch andre zu Schirmvoͤgten und Conſervatoren der
Kirche. So trug Benedictus der XIte 1305 dem deutſchen Orden das Schirmamt
uͤber die Ciſterzienſerkloͤſter in den Biſtuͤmern Doͤrpt, Revel, und Lincoͤping wider
den daͤniſchen Stathalter auf. Jm Jahr 1316 machte Johannes der XXIIſte die
Erzbiſchoͤfe von Coͤlln und Magdeburg, wie auch den Biſchof zu Utrecht zu Be-
ſchirmern der lieflaͤndiſchen Ordensguͤter. Jn den blumenthalſchen Tractaten vom
2ten Merz 1486 unterſchreibt ſich die Krone Schwedeneccleſiae Rigenſis conſerva-
trix. Dieſes Amt uͤbte der Papſt auch uͤber den Orden aus, weil er nicht nur geiſtlich
war, ſondern auch ſeine Stiftung und nachmalige Vereinigung dem Papſt zu danken
hatte.
Die Paͤpſte lieſſen es aus guter Ueberlegung geſchehen, daß die Kaiſer als weltliche
Oberhaͤupter der Chriſtenheit an dieſem Schutzamt Theil nahmen. Die Publiciſten
nennen es ordentlich das Ius Aduocatiae, nach welchem der Kaiſer berechtiget war, als
das Haupt nicht von Deutſchland, ſondern von der geſamten Chriſtenheit, alle chriſt-
liche Provinzen und darunter das zum catholiſchen Glauben bekehrte Liefland, nicht
des Landes ſondern des Ordens wegen, zu beſchuͤtzen. Hiedurch erhielt der Kaiſer das
dominium uͤber alle geiſtliche Stifte und Orden, weswegen er dominus und zwar ſu-
premus heiſt, weil er das Haupt der Chriſtenheit war, directus aber, weil er als un-
mittelbarer Protector angeſehen wurde, der zugleich andre Koͤnige und Fuͤrſten zu do-
minis indirectis ernennen konte. So ertheilte Friedrich nicht als Kaiſer, ſondern als
Protector 1481 an die Koͤnige von Pohlen, Daͤnnemark, Schweden und an den
Grosfuͤrſten von Litthauen Befehl, bey Verluſt aller ihrer Lehne, Gnaden, Freihei-
ten und Privilegien ſich auf ſein Begehren des Ordens gegen den Erzbiſchof anzuneh-
men. Dieſes giebt in den Subjectionspacten der Clauſel: Saluo Romani Imperii di-
recto dominio, einen ordentlichen Verſtand, auf welches Oberrecht die Lieflaͤnder ſich
ſo ſtandhaft und zuverſichtlich beriefen, und worauf ſonderlich die Stadt Riga gegen
die Pohlen zn pochen pflegte. Selbſt die Ausdruͤcke in den Lehnsbriefen ſind hiernach
zu erklaͤren, daß durch die erſten Bezwinger, ſo ferne ſie Chriſten waren, die Grenzen
der Chriſtenheit; und ſo ferne ſie Deutſche, obgleich nur Privatleute waren, die
Grenzen des deutſchen Reichs ausgebreitet und erweitert worden. Bey dieſem Schutz-
amte hatte der Kaiſer kein groͤſſer Recht auf Liefland, als auf die ganze Welt. Und
ſo wolten es eben die Paͤpſte haben, die den Kreutzfahrern mit anſehnlicherm Vorſchub,
Rechten und Freiheiten zu Huͤlfe kamen, als die Kaiſer nie thun koͤnnen, da ihnen um
des oftmaligen paͤpſtlichen Bannes willen die Macht in Kirchenſachen geleget war, und
es ihnen beim Volk an Anſehen fehlte.
Da alſo der Kaiſer keine andre oberherſchaftliche Gewalt als das Schutzamt uͤber
Liefland ausgeuͤbet; ſo laͤſt ſich nun daraus der Kaltſinnigkeit des Kaiſers und des Reichs
eine mildere Deutung geben, welche zur Zeit der lieflaͤndiſchen Unterwerfung die Er-
haltung ihrer eigenen Laͤnder und Unterthanen einer Schutzprovinz und deren Einwoh-
E e e e 2ner
ler Vertraͤge, welche die Haͤupter der 3 Staͤnde, nemlich der Erzbiſchof, der Herr
Meiſter und die Stadt Riga mit der Crone Pohlen errichtet, weil ſie uͤber ihr eignes,
nicht aber uͤber ein kaiſerliches Land ſchalteten, obgleich gegen dieſe Befugnis verſchie-
dene Einwendungen zum Vorſchein kamen. Meniiprodrom. S. 37. Nach dieſem
Grunde nennet FerdinandI in dem Schutzſchreiben an den Koͤnig Guſtav von
Schweden 1558 die Provinz Liefland gar eigentlich Seiner Andacht, des Herrn
Meiſters, und Jhres Ordens Lande. Selbſt das Betragen der eſtlaͤndiſchen Rit-
terſchaft und der Stadt Revel mus hieraus gerechtfertiget werden, die dem Herrmei-
ſter den Eid aufkuͤndigten, und ſo wie ihre Mitbruͤder in Liefland ſich berechtiget hiel-
ten, einem andern chriſtlichen Potentaten gegen die vortheilhafteſten Bedingungen die
Unterwerfung anzubieten.
Auſſer dieſem Rechte der Advocatur oder des Schutzamts hat weder der Kaiſer noch
das Reich uͤber Liefland ſich irgend etwas anmaſſen koͤnnen noch wollen, welches aus
folgenden Beweisthuͤmern klaͤrer wird.
1. Aus der Belehnungsart. Die Paͤpſte befoͤrderten durch Bullen und Ablas die
Bekehrung der Heiden. Der dritte Biſchof Albert erhielt zur Bezwingungderſelben
von dem daͤniſchen Hofe Geſchenke und Schiffe. S. GrubersOrig. beim Jahr
1198 Not. d) und 1199 §. 1. Als er in Gegenwart des Kaiſers Philip die Frage auf-
warf, ob Liefland unter paͤpſtlicher Protection ſtehen ſolte, ward ſelbige mit ja beant-
wortet. Er ſahe ſich nach der Huͤlfe andrer Koͤnige um, wandte ſich 1205 ans Reich,
nahm Liefland zum Lehn, ſolte auch vom Kaiſer Philip jaͤhrlich 100 Mark zur Bei-
huͤlfe empfangen, die aber nicht ausgezahlet wurden. Ein ſo auſſerordentliches Lehn,
das die Jnhaber ſich mit ihrem Blute und auf eigene Koſten erwarben, dem Lehnsherrn
uͤbergaben, Geld dazu begehrten, und hernach wieder in Empfang nahmen, kan wol in
keine andre Claſſe als unter die feuda Aduocatiae des Reichs kommen. Das dritte Theil
dieſes Lehns verliehe Albert an den Orden, welches der Papſt 1206 §. 3 beſtaͤtigte.
Albert zerfiel 1219 mit den Daͤnen wegen Eſtland. Er behauptete ſtandhaft gegen
ſie, daß die Pilger und Rigiſchen unter der heiligen Marienfahne Gerwen erobert,
und ihre Prieſter frey in Wirland predigen koͤnten. Dis machte den Koͤnig eiferſuͤch-
tig, und hemte die biſchoͤfliche Vortheile. Der Biſchof wandte ſich an den Papſt und
den Kaiſer; konte aber ſein Liefland ſchlecht anbringen, und uͤbergab daſſelbe mit Eſtland
in die Gewalt des Koͤnigs von Daͤnnemark, doch mit der Bedingung, wenn ſeine
Geiſtlichen, der Orden und die Rigiſchen darein willigen wuͤrden. Als der koͤnigli-
che Vogt Gottſchalck 1220 davon Beſitz nehmen wolte, wieſen ihm die Lieflaͤnder
den Heimweg. Jm Jahr 1221 begab ſich der Koͤnig dieſes Rechts, welches er auch
1224 §. 6 beſtaͤtigte. Aus Eſtland ſchafte der paͤpſtliche Legate Deutſche und Daͤ-
nen heraus, und nahm es bey den Streitigkeiten fuͤr den Papſt in Sequeſter, der es bey
der Vereinigung der Lieflaͤnder mit dem deutſchen Orden den Daͤnen wieder zu-
ſprach, dem Orden aber Gerwen beilegte. Was nun vorher ſchon durch den Papſt
geſchehen war, ſetzte der Kaiſer Friedrich in ſeinen Lehnsbriefen als zweiter Schutzherr
in groͤſſeres Anſehen.
2. Aus der Bezwingungsart. Weder der Kaiſer noch das Reich haben Liefland
beſetzen laſſen. Einige Privatperſonen, die bey Gelegenheit der Kaufmanſchaft ein
Land entdeckten, und etliche Geiſtliche zur Bekehrung der Heiden mit in ihre Vortheile
zogen; etliche Edle, die ſich vom Biſchof mit dem Kreuz bezeichnen, und zur Verge-
bung ihrer Suͤnden zum Kampf wider wilde Barbaren muthig machen lieſſen; ſelbſt
einige Herzoge, Fuͤrſten, Grafen, Freiherren, die zur Seligkeit ihrer Seele, wie es
die Einfalt ihrer Zeiten glaubte, dieſes Kreuz aufnahmen, und eine freiwillige Pilger-
ſchaft zur Ausbreitung des chriſtlichen Namens auf eigne Unkoſten antraten; alle dieſe
Streiter machten keine Reichsarmee aus, die ihr Vaterland verlieſſen, um fuͤr den Kai-
ſer und das Reich neue Laͤnder zu erfechten. Das Reich hat nie das gelobte Land fuͤr
ſeine Provinz angeſehen, obgleich unter den Kreuzzuͤgern die Hauptarmee aus Deut-
ſchen beſtanden.
3. Aus der Natur des Schirmamts. Nach ſelbigem hatte der Papſt ſo viel Recht
als der Kaiſer. Des erſtern Bann ſtellete wenigſtens noch ſo viel als eine kleine Armee
vor. Der letztere hat keinen Man fuͤr Liefland zu Felde gehen laſſen, auch nicht in
Faͤllen, wo es die Noth erfordert haͤtte. Eſtland war durch die Daͤnen erobert. Der
Papſt ſorgte dennoch dafuͤr, und nach Goldaſten bot der Kaiſer Friedrich den Eſten
die Freiheit an. Beide wolten der Krone Daͤnnemark dadurch ihr Eigentumsrecht
nicht ſtreitig machen. Waͤre der Schutzherr zugleich Landesherr; ſo wuͤrde der Orden
Eſtland um ſein baares Geld fuͤr den Kaiſer und das Reich erkauft haben. Wie
aber
bleiben: Schutz und Schirm giebt keine Obrigkeit; welcher Ausdruck nichts an-
ders zu verſtehen giebt, als daß die Schutznehmung andrer einen nicht gleich zum Lan-
desherrn, oder die Beſchuͤtzten zu Unterthanen deſſelben mache. Das Schutzamt
machte dem Papſt ſo wol als dem Kaiſer eine unzehlbare Menge Schutzverwandte in
allen chriſtlichen Reichen der Welt, keinesweges aber Vaſallen und Unterthanen.
4. Aus dem deutſchen Staatsrechte. Vermoͤge deſſelben konte keine Provinz dem
Reiche zugeſchlagen werden, welche ein Staat des Reichs auf eigne Koſten auſſerhalb
Deutſchland eroberte. Die erſten Bezwinger von Liefland empfiengen vom Reich
keinen Kreutzer, ſondern uͤbertrugen nur dem Kaiſer das Land zur Beſchirmung, deſſen
Schutzamt uͤber die geiſtlichen Guͤter auſſer dem deutſchen Rechte auch in den paͤpſtli-
chen und roͤmiſchen Geſetzen gegruͤndet war.
5. Aus der Natur der geiſtlichen Guͤter ſelbſt. Weder der Kaiſer noch das Reich
genoſſen den geringſten Nutzen davon, indem Liefland, als eine Provinz eines geiſtli-
chen Ordens von allen Steuren, Abgaben und Contingenten frey blieb, der Kaiſer
auch uͤber die Abgaben der Tempelherren, weil ſie geiſtliche Guͤter beſaſſen, nichts ver-
anſtalten konte. Daher auch weder der Kaiſer noch das Reich ihre Truppen in Lief-
land zum Schutz fertig hielten, welcher Schutz gewis eine eigene Armee erfordert haͤtte.
Der Erzbiſchof Friedrich uͤberlies im 13 Jahrh. ſein Stift dem Koͤnig von Daͤnnemark
zur Beſchuͤtzung, dabey an das ſaluum Romani Imperii directum dominium nicht ge-
dacht worden.
6. Aus der Gleichguͤltigkeit des Kaiſers gegen die lieflaͤndiſche Unterwerfung un-
ter Pohlen. Weder das Reich noch der Kaiſer wuͤrden dieſer Unterwerfung ſo ge-
laſſen zugeſehen haben, wenn ſie ihre Unterthanen, nicht aber Schutzgenoſſen betroffen
haͤtte. Jn der ganzen Hiſtorie komt kein Beiſpiel vor, da der Kaiſer oder das Reich
ſich ein ſo wichtiges eigenes Land ohne Schwerdtſchlag und Proteſtation entziehen laſſen.
Niemand proteſtirte wider die Veraͤuſſerung der Biſtuͤmer Oeſel und Curland.
Niemand hat ſich deswegen mit Daͤnnemark uͤberworſen. Die Schweden blieben
wegen Eſtland ſo wol unangefochten, als die Pohlen wegen Liefland. Den Lief-
laͤndern ſelbſt iſt vom Reiche kein Vorwurf des Abfals und der Untreue gemacht wor-
den. Der Kaiſer dachte bey Schweden in 90, bey Pohlen und Daͤnnemark
aber in 100 Jahren nicht an Liefland. Was beim ſtetinſchen Friedensſchluſſe 1570
wegen Zuruͤckgebung der Stadt Revel erinnert wurde, war unerheblich. Was
Franciſcus Jrenicus von vielfaͤltigen Proteſtationen wider die lieflaͤndiſche Zer-
gliederung im 17ten Seculo ſchreibet, iſt ohne Beweis angefuͤhret. Wenigſtens mach-
te der Kaiſer Leopold auf dem oliviſchen Frieden noch keine Anſpruͤche auf Liefland.
Solte aber wol ein ſo groſſer Monarch ſeiner Rechte und Anſpruͤche ſo unwiſſend ſeyn,
oder wenn er ſie gewuſt, ſo ſaumſelig, dieſelben aufrecht und guͤltig zu erhalten?
7. Aus des Kanzlers Goldaſts Zeugnis. Liefland ſtraͤubte ſich auf dem Reichs-
tage zu Trier 1512 eben ſo wie Boͤhmen und Preuſſen, als man dieſe Laͤnder einem
deutſchen Kreiſe zuſchlagen wolte, damit es nicht den Schein einer Unterwerfung ha-
ben moͤchte. Der Papſt litte auch nicht, daß der Kaiſer dem Herrn Meiſter gegen die
Stadt Riga Vorſchub that, ſondern that den Herrn Meiſter in den Ban und ſetzte
ihn den 13ten December 1481 ab, verbot auch den Preuſſen, ihm keine Huͤlfe zu lei-
ſten, den 14ten Julii 1482. War nun der Kaiſer nach catholiſchen Lehrſaͤtzen das Schutz-
haupt aller geiſtlichen Geſelſchaften; ſo war es auch der Papſt. Beide gaben ſich mit
politiſchen Haͤndeln ab. Der Papſt belehnte den Orden, der Kaiſer auch, zum deut-
lichen Beweis, daß der Kaiſer uͤber das alte Liefland nichts mehr als der Papſt zu
ſagen hatte. Kurz, ſie waren beide Schutzherren.
Es lieſſen ſich fuͤr die Ununterwuͤrfigkeit von Liefland unter das Reich noch viel andre
Gruͤnde anbringen, als: daß die freiherrliche Familie von Ungern ſich einen beſondern
kaiſerlichen Schutzbrief ausgewirket, daß der Kaiſer Liefland nie in ſeinem Titel ge-
fuͤhret, daß ihm von den Lieflaͤndern nie gehuldiget worden, daß von Seiten des
Reichs nie ein Soldat im Lande gelegen, daß die alten und neuen Erdbeſchreiber die
Weichſel als die Grenze von Deutſchland anſetzen; wenn dieſe Beweistuͤmer einer
Ausfuͤhrung noͤthig haͤtten.
Der beruͤhmte Doctor der Rechten und Profeſſor zu Strasburg, Herr Johan
Heinrich Boecler hat 1711 in 4. eine Diatribam de acquiſito et amiſſo Imperii Ro-
mano-Germanici in Liuoniam iure herausgegeben, in welchem Tractat der Verluſt
des roͤmiſchen Reichs in Abſicht ſeiner Anſpruͤche auf Liefland zwar erwieſen, dabey
aber ein altes landesherrliches Recht des Kaiſers von ihm, wie von andern Publici-
ſten, voraus geſetzet worden. Er fuͤhret den Beweis davon aus unterſchiedlichen
F f f fGruͤn-
antworten wollen. Es beruft ſich dieſer gelehrte Man zum Beweis des ehemaligen
kaiſerlichen Rechts an Liefland auf folgende Gruͤnde:
α) Auf den Reichsreces von 1500, darin der Orden befehliget wird, ſeine trefliche
Botſchaft gen Nuͤrnberg zu ſchicken, und den Kaiſer und das Reich mit Empfang
ihrer Regalien zu erkennen.
A. Dieſe Ausdruͤcke beweiſen eben keine Unterwuͤrfigkeit. Der Hochmeiſter in
Preuſſen muſte laut dieſes Receſſes ſo wol die Regalien empfangen, als der Ordens-
meiſter in Liefland. Daß aber dieſe Redensart weiter nichts als die kaiſerliche Schutz-
belehnung und Protection bedeute, erhellet aus dem Reichsabſchiede von 1500, wo es
ausdruͤcklich heiſt, wenn der Orden wegen Preuſſen ein Glied des Reichs werden
wolle, ſo muͤſſe er auch ins kuͤnftige den deutſchen Kaiſer als ſeinen Lehnsherrn zu er-
kennen anfangen. Und in dem Abſchied des coͤllniſchen Reichstages von 1512 heiſt es
eigentlich: Es ſey noch nicht wiſſend, ob der Hochmeiſter ſich als ein Glied zum Reich
thun wolle oder nicht. Da nun der deutſche Orden viel hoͤhere Privilegien vom Kai-
ſern erhalten, als der lieflaͤndiſche; der Hochmeiſter aber dadurch kein Glied des
Reichs geworden: ſo hat der lieflaͤndiſche mit dem Reiche nicht naͤher verwandt ſeyn
koͤnnen, als der deutſche. Der Kaiſer verlangte, daß die Koͤnige von Pohlen und
Ungern auch ihre trefliche Botſchaft nach Nuͤrnberg ſchicken ſolten, welche dadurch
keine Unterthanen des Reichs wurden, ſo wenig proteſtantiſche Univerſitaͤten dem Papſt
oder Kaiſer unterwuͤrfig werden, wenn ſie ſich paͤpſtliche und kaiſerliche Privilegien aus-
wirken. Auch andre Reichsfuͤrſten nehmen vom Kaiſer die Belehnung auf ihre Laͤn-
der, ohne daß ihre Buͤrger des Reichs Unterthanen ſeyn, zugeſchweigen daß die kai-
ſerlichen Privilegien mehr die Perſon als das Land des Ordensmeiſters betrafen, da der
Kaiſer ihnen kein Land erobert hatte, und daher in eigentlichem Verſtande auch keines
zum Lehn geben konte. Wenn der Orden auf Deutſche geſtiftet iſt, und wenn das zu
Deutſchland gehoͤret, wo deutſche Herren regieren, ſo iſt es Deutſchland leicht
auf ganz Europa Anſpruͤche zu machen; welche unguͤltige Folge ſchon von andern um-
geſtoſſen worden. Man ſehe hier des Herrn Ohlii beide Diſputationen, davon die ei-
ne zu Halle 1740 unter dem Vorſitz des beruͤhmten Heineccius, die andre das Jahr
darauf zu Koͤnigsberg gehalten worden.
β) Auf den Goldaſtde regno Bohemiae lib. IV, c. 8, §. 6, welcher aus den
Reichsreceſſen erweiſet, daß die Regenten von Liefland vor der pohlniſchen Regie-
rung Sitz und Stimme auf den deutſchen Reichstagen gehabt.
A. Sitz und Stimme ſind hoͤchſtens nur ein Zeichen, daß Plettenberg und die
folgenden Ordensmeiſter fuͤr ihre Perſonen eben ſo wie die Erzbiſchoͤfe und Biſchoͤfe
von Liefland die Fuͤrſtenwuͤrde getragen, dadurch aber ihre Laͤnder keinesweges zu kai-
ſerlichen oder Reichslanden wurden. Es lieſſe ſich auch daraus ſchlieſſen, daß die
Regenten einer Schutzprovinz des roͤmiſchen Reichs das Vorrecht, Sitz und Stim-
me zu fuͤhren genoſſen. Dabey doch anzumerken, daß Goldaſt eben keine ſonderliche
Glaubwuͤrdigkeit hat. Sonſt waͤre der Beweis fuͤr uns noch ſtaͤrker. Der Hochmei-
ſter hatte Sitz und Stimme auf den Reichstagen; der Hochmeiſter war 1512 noch kein
Reichsglied; alſo kan einer Sitz und Stimme haben und noch kein gewiſſes Glied des
Reichs ſeyn.
γ) Auf die Klagen, welche die Erzbiſchoͤfe wieder den Orden bey den Kaiſern an-
gebracht. Z. E. Johan von Sinten bey Carl dem IVten, Blanckenfeld, Schoͤ-
ning, Georg von Braunſchweig bey Carl dem Vten.
A. Dieſe Beſchwerden liefen auch am paͤpſtlichen Hofe ein. Die catholiſche
Chriſtenheit erkante keine hoͤhere Richter und Mitler auf Erden als den Papſt und Kai-
ſer. Die darauf ergangenen Reſcripte enthielten mehrentheils Vermahnungen uud ent-
ſchieden nichts. Obgleich der Kaiſer unter den Deutſchen der hoͤchſte Schiedsman hies,
ſo wurden die Staͤnde in Liefland doch durch kein Urteil deſſelben ruhig. Es kam
vielmehr darauf erſt zum Handgemenge. Und wenn Friede werden ſolte, ſo verglich
man ſich dahin, daß die am paͤpſtlichen und kaiſerlichen Hofe wider einander errunge-
nen Urteile aufgehoben werden ſolten. Ueberhaupt aber war mit der Schutzgerechtig-
keit die Erkentnis der Streitſachen zwiſchen den Schutzverwandten jederzeit verbunden.
δ) Auf die kaiſerlichen Privilegien und Reſcripte, als: die Warnungen wegen der Re-
ligionsunruhen, das Verbot keine Waffen nach Rußland zu fuͤhren.
A. Auch dieſe beweiſen nur die Pflichten eines Schutzherrn. Der Kaiſer dachte
nicht an Liefland, als er 1547 den deutſchen Kuͤnſtlern nach Rußland zu gehen er-
laubte, und wurde zur Unterſagung dieſer Reiſe nur durch die anhaltenden Vorſtellun-
gen der Lieflaͤnder veranlaſſet. Nicht der Kaiſer, ſondern die Lieflaͤnder klagten
uͤber
zufuͤhrten. Privilegien aber werden auch an Fremde und Auslaͤnder ertheilet, derglei-
chen Riga bey vielen Potentaten erhalten hatte, ohne derſelben Oberherſchaft unterwor-
fen zu werden.
ε) Auf den Rechtshandel, welchen Reinhold von Roſen und Reinhold von Vie-
tinghoff vor der Reichskammer 1524 gefuͤhret haben. Mynſingerſingul. obſeru.
centuria IV. obſeru. 54, und Gylmannin praeiudiciis camerae Imperialis p. 31.
A. Dieſer einzelne Fal, wenn er auch richtig waͤre, wuͤrde dennoch zum Beweis
des Hauptſatzes unzulaͤnglich ſeyn. Die Streitigkeiten zwiſchen dem Meiſter und Erz-
biſchof zur Zeit der Reformation verſtatteten keinen unparteiiſchen Richter fuͤr beider-
ſeitige Vaſallen, die ſich deswegen an den algemeinen Schiedsrichter der Chriſtenheit
wandten. Aber auch dieſe Freiheit unter Privatperſonen lief gegen die Landesſtatuten
nach welchen kein Urteil auſſer Landes, wie ehemals geſchehen, geſuchet werden durfte.
Und als der Gegenpart die Unguͤltigkeit des Gerichts zu Speier zeigte, ward dieſer
Proces ganz zuruͤck gewieſen.
Wolte man zu dieſen Einwuͤrfen noch einige hinzufuͤgen, z. Ex. daß Liefland zu
ſeinem Contingent 50 Fl. an das Reich erlegen muͤſſen, daß die Staͤnde ſich auf des
roͤmiſchen Reichs Huͤlfe bezogen, daß der Kaiſer Liefland ausdruͤcklich ſeine und des
Reichs Provinz nenne; ſo kan unſerm Satze daraus kein Nachtheil erwachſen.
Denn 1) iſt es was gewoͤnliches, daß ein freies Volk dem andern fuͤr ſeine Buͤrg-
ſchaft eine gewiſſe Summe abtraͤget. Liefland hatte vorher ſolche Schutzbuͤndniſſe
mit Schweden errichtet, ohne daß das roͤmiſche Reich dabey befraget worden.
50 Fl. die nicht einmal ordentlich entrichtet wurden, thaten dem Schutz des Reichs
nicht Genuͤge, geſchweige, daß ſie als eine Erkentlichkeit des Lehntragers angeſe-
hen werden koͤnten. Hoͤchſtens zeigen ſie ſo viel an, daß zwiſchen dem Reiche
und Liefland eine Art der Verbindung geweſen: wie weit dieſe aber gegangen, wird
ſich bald aus den kaiſerlichen Briefen zeigen.
2) Daß der Kaiſer Liefland ſeine und des Reichs Provinz nennet, iſt kein un-
bequemer Ausdruck, weil auch Schutzlaͤnder Provinzen des Reichs ſeyn koͤnnen. Alle
diplomata protectoria des Kaiſers hatten zur Abſicht, den lieflaͤndiſchen Staͤnden
Anſehen und Schutz zu verſchaffen; weiter gieng dieſe Huͤlfe nicht. Und wenn auch der
Kaiſer Liefland ſeinen und des Reichs Augapfel genennet haͤtte, ſo mus doch die Rich-
tigkeit dieſes Satzes mehr aus dem kaiſerlichen Betragen als den Worten erklaͤret wer-
den. Da die Noth am groͤſten war, ſo rechnete der Kaiſer die Lieflaͤnder zur geſam-
ten Chriſtenheit, und entſchuldigte ſich, daß er dieſelbe nicht aller Orten ſchuͤtzen koͤnne,
welches er auch mit der That beſtaͤtigte.
3) Am allerwenigſten beweiſen es die durch die Groͤſſe der Noth erpreſten Worte
der hochbedraͤngten Lieflaͤnder, welche hinter dieſem Palladio die Freiheit ihres Lan-
des zu behaupten hoften. Sie ſuchten mit aͤuſſerſter Bemuͤhung den Schutz beim Kai-
ſer, den ſie bey keinem Nachbar ohne Unterwerfung erlangen konten. Denn gegen die
Unterwerfung fand ſich uͤberal Schutz fuͤr ſie. Sie muͤſſen alſo ununterworfen gewe-
ſen ſeyn. Fuͤrnemlich hatte Kettler darauf zu dringen, daß das Reich ihm entweder
helfen, oder ihm in ſeinen Vertraͤgen freie Haͤnde laſſen moͤchte. Das Beiſpiel des
Hochmeiſters Albrechts in Preuſſen hatte ihn gewitziget, als welcher 1532 in die Acht
erklaͤret wurde; nicht weil er ſich vom deutſchen Reiche losgeriſſen, ſondern, wie es im
Decret heiſt, weil er den Orden verlaſſen, und deſſen gemeinſchaftliche Guͤter fuͤr ſeine
Perſon zu Lehn genommen. Sonſt waren auch gewiſſe Vorrechte auf deutſchem
Grund und Boden damit verknuͤpft, wenn man ſich unter den Schutzgenoſſen des
Reichs befand. Die Lieflaͤnder waren alſo ein freies Volk, das nie etwas anders
beim Kaiſer geſucht als die Schutznehmung.
4) Haben die Staͤnde in Liefland ſich allerdings mit dieſem Titel bey der Un-
terwerfung Vortheile zu wege gebracht, die ſie vielleicht ohne ſolche Berufung auf das
roͤmiſche Reich nicht erhalten haben wuͤrden. Die Stadt Riga beweiſet ſolches am
deutlichſten. Sie berief ſich auf den Kaiſer, und lebte 20 Jahr in beſondrer Freiheit.
Daß ſie aber dem Kaiſer nicht unterthan geweſen, iſt daraus klar, weil ſie mitlerwei-
F f f f 2le
tete dieſes ſo viel, daß ſie vom Koͤnige in Pohlen herrliche Privilegien und Guͤter
davon trug. Das vortrefliche Privilegium Sigismundi Auguſti vom 6ten Tage
nach Catharinen 1561 iſt ohne Zweifel eine Frucht dieſes durch den kaiſerlichen Schutz
erhaltenen Vorzuges fuͤr das ganze Liefland.
Die Verbindung des Schwerdtbruͤderordens mit dem deutſchen Orden in Preuſ-
ſen beweiſet die Oberherrſchaft des deutſchen Reichs uͤber Liefland eben ſo wenig;
weil der deutſche Orden eben ſo wol von einigen Privatleuten, nemlich bremiſchen
und luͤbiſchen Buͤrgern angefangen worden, als der lieflaͤndiſche, und alſo ſeine
Stiftung nicht dem Reiche und deſſen Guͤtern zu danken hat. Daher bekuͤmmerte ſich
das Reich um die mit Preuſſen vorgegangene Aenderung 1454 ſo wenig als um die
lieflaͤndiſche. Maſcov, Hoffmann, Legnich, Lilienthal und der Kanzler
Ludwig haben ſchon Preuſſens Jndependenz vom roͤmiſchen Reiche weitlaͤuftig er-
wieſen *). Siehe das erleuterte Preuſſen B. V, S. 647. Mit welchen Gruͤnden
wuͤrde man die Unterthaͤnigkeit Lieflands unter dem Reiche behaupten koͤnnen, da
Preuſſen noch mit dem Kaiſer zu thun hatte?
Zuletzt bemerken wir noch, daß der Ordensmeiſter und ſeine Mitgebietiger, die
Erz- und Biſchoͤfe mit ihren Kapiteln, das Regiment in Gemeinſchaft unumſchraͤnkt
gefuͤhret haben. Sie ſetzten Regenten ab und ein, wie eine freie Republik zu thun
pfleget: doch alles unter paͤpſtlichem und kaiſerlichem Schutze. Nur die Eiferſucht
der Staͤnde wider einander unterbrach dieſe gluͤckliche Regierungsart gar zu oft. Ei-
ner glaubte von dem andern, er wolle ſein Land von dem heiligen roͤmiſchen Reiche
trennen. Der Biſchof Arnold zu Revel ſahe es fuͤr eine Verraͤtherey an, daß man
Schweden ein gutes Auge machte. Alle Freundſchaft mit den Nachbarn wurde ver-
daͤchtig. Der Klagen wurden zu viel, und den Schutzherrn das Amt ſaurer gemacht.
Der Papſt ward deſſelben uͤberdruͤßig, weil ganz Liefland faſt die paͤpſtliche Lehre
verlies. Der Kaiſer ward auch gleichguͤltig, weil Liefland mehr forderte als es dem
Reiche einbrachte. Alſo nahm dieſes freie und ununterwuͤrfige Regiment durch die Un-
terwerfung unter Pohlen, bey vielen Thraͤnen der damaligen Zeugen, ſein verhaͤngnis-
volles Ende.
ter keinerley Namen dem roͤmiſchen Reiche unterwuͤrfig geweſen, daß es nie zum roͤmiſchen
Reiche gehoͤret, daß alle actus poſſeſſorii des Reichs auf Preuſſen fuͤr unrechtmaͤßig angemaſſet
zu halten. Man kan ihre Gruͤnde mit leichterem Fortgang auf Liefland anwenden. Uns be-
gnuͤget nur hier gewieſen zu haben, daß der Kaiſer nie Landesherr, ſondern Schutzherr von
Liefland, und die alten freien Lieflaͤnder nicht Unterthanen, ſondern Schutzgenoſſen des roͤ-
miſchen Reichs geweſen. Eben treffen wir wider unſer Vermuthen von der Jndependenz und
Souverainitaͤt der lieflaͤndiſchen alten Staͤnde gleiche Gedanken an, die der Herr Kanzler von
Ludwig ſeinem Ruſſov beigeſchrieben. Sie finden ſich abgedruckt in dem Catalogus, darin der
Reſt ſeiner aus der Auction nicht abgeholten und eingeloͤſten Buͤcher verzeichnet ſtehet, und lauten
S. 192 alſo: Anno 1204 (1201 debuit ſcribere Vir Illuſtris) idem papa, non imperator,
nouum ordinem inſtituit cruciferorum, qui arma verteret in paganos Liuonos, ſibique ha-
beret, quidquid ſibi vindicaret ferro, ſed tamen in cli[e]ntela pontificali. Sed a. 1238 papae
conſilio hi ordines ſubiecti Teutonicis in Poruſſia, qui illis inde magiſtros dederunt; (Or-
dens-Meiſter) contra Poruſſiae magiſtri inde adpellati ſunt Hohemeiſters vel Hochmeiſters. In-
de Dani, Sueci, Ruſſi multa bella in Liuonia. Quorum iugo vt ſe ſubtraherent ordines,
haud dubie maluerunt ſubeſſe S. R. I. Verum de nexu aliquo, quem ſubierunt cruciferi vl-
tro, nihil habetur in annalibus. Vnde eadem facies, quae Teutonicorum in Poruſſia: niſi
quod magiſter Poruſſicus omnia habuit ſub imperio ſuo, non crucifer in Liuonia, vbi epi-
ſcopi, Dorpatenſis, Reualienſis, Rigenſis, Curlandiae in ciuilibus ſui iuris erant, neque vl-
lum agnouerant dominum, ſed regnarunt in ſocietate prouincialium ordinum cum omni
imperio (ſouverain, abſolut). Fabulae ergo ſunt inanes, Germanico Imperio addictam eſſe
Liuoniam. Creſcente tamen in Liuonia Ruſſorum potentia, tum demum Rigenſis archiepi-
ſcopus obtulit obſequia ſua Carolo V, et magiſter factus Imperii princeps.
in Liefland. Sein hoher Stand
war ihm in allem hinderlich. Sein
Biſtum auf Oeſel war von ſchlech-
ter Dauer; mit der Coadjutur in
Riga hielt es ſchwer, und als
Erzbiſchof erlebte er manche un-
gluͤckliche Veraͤnderungen.
hauſen erſcheinet auf den Muͤnzen bis 1542, und auf denen von 1543 komt Jo-
docus oder Judocus vor. Da dieſer letztere, 2 Jahr hindurch, ſich Electus nen-
net, ſo iſt es warſcheinlich, daß er ſich mit ſeinem Competenten, Herman, durch
ein Stuͤck Geldes abgefunden, daher man ſpotweiſe im Spruͤchwort geſaget: Bey ha-
be ſein Biſtum fuͤr ein Ey gegeben; mit welchem er in Deutſchland ein ruhiges
Leben ſuchte.
das erzbiſchoͤflich-wallenrodiſche und Kapitelinſiegel aus dem lateiniſchen Transſumt des Bi-
ſchofs Theodor von Doͤrpt 1486 ausfuͤhrlich beibringen, welche Siegel dem Diploma von
1317 auf das Recht der ſamenden Hand, ſo die Herren von Tieſenhauſen erhalten, angehaͤnget
ſind: Duobus Sigillis, vno videlicet a parte dextra dictae litterae oblongo, ab extra de alba,
et ab intra de rubea cera facto, cum cordula fili rubei coloris appenſo; in cuius rubeae ce-
rae medio apparuit ſculptum Tabernaculum quoddam oblongum, in cuius tabernaculi parte
inferiori erat quaedam Imago paſtoralis, mitram in capite ac baculum Paſtoralem in modum
crucis in manu habens, ac in ſuperiore parte adparuit ſculpta coronatio Beatae Virginis
Mariae, nec non in inferiori parte eiusdem tabernaculi duo erant clypei ſculpti, qui a dex-
tra parte cruce et baculo paſtorali, et ſiniſtra parte ſimiliter quadam Cruce oblonga et aliqua-
liter ſubleuata reſpectiue ſignati fuerunt cum litterarum circumferentia huiusmodi: Sigillum
Iohan-
ro a ſiniſtra parte quodam magno rotundo cum Pergameni preſſula appendente, et ſimiliter
ab extra de alba, et ab intus de viridi cera facto; in cuius quidem viridis cerae medio etiam
videbatur quoddam tabernaculum quadratum cum duabus turribus oblongis ſculptum, et in
parte inferiori ipſius tabernaculi tres adparuerunt imagines ſanctorum trium Regum, in ſu-
periori autem parte, et in medio ipſarum turrium, ſimiliter duae erant imagines, vna Salua-
toris, alia etiam beatae et glorioſae Virginis Mariae, et vt prima facie apparebat, fult ſi-
militer eius glorioſa coronatio, in extremitate antem ipſius Sigilli duo etiam erant Clypei
reipectine armis ſignati, vnus videlicet a dextris Cruce, alius vero a ſiniſtris Lilio, vna
cum huiusmodi litterarum circumferentia: Sigillum Capituli Sacr. Sae Rigenſis Eccle-
ſiae. Das wallenrodiſche Geſchlechtswapen heiſt hier keine Schnalle; welches daher einigen
den Zweifel beigebracht, ob auch dieſer Erzbiſchof zu der beruͤhmten Familie in Preuſſen gehoͤre.
Das Concilium Conſtantienſe, welches das erzbiſchoͤfliche Wapen in Kupfer zeiget, laͤſt uns
wegen der Schnalle keinen Zweifel uͤbrig, obgleich in dieſem Siegel nur das Ehren- und Stifts-
wapen, nicht aber das Geſchlechtswapen angebracht worden.
deffen Stamwapen ſie waren, weil ſie dem Hauſe Bathori zukommen. Hennings lief- und
curlaͤndiſche Chronik S. 145. Weil die neuern Heraldtkſchreiber den Keſſelhaken nicht gekant,
ſo haben ſie ſolchen gar weggelaſſen und hingegen der gezahnten Kinlade des Wolfes, die Figur
eines gezackten Hakens gegeben, der noch lange kein Keſſelhacken wird, ob er gleich in Silber er-
ſcheinet. Selbſt in einigen curlaͤndiſchen Wapen iſt die Wolfskiefer zwar gezahnt, aber mit
mehr als 3 Zaͤhnen. Jn einigen heraldiſchen Buͤchern wird den Wolfszaͤhnen unrichtig die linke
Seite im Mittelſchilde angewieſen.
die doch in den ordensmeiſterlichen Schilden haben anders ſeyn koͤnnen. Kettler verwandelte
die Farben ſeines Stamwapens als Herzog. Plettenberg hat auf den Muͤnzen ſein blaues Feld
gegittert, das iſt, ſchwarz vorſtellen laſſen. Nach Sibmachern iſt das rechte Feld Gold und
das linke blau, ſo auch mit den Muͤnzen uͤberein komt.
nem Briefe an den Rath zu Riga von 1527, da er Lutheri Lehre der Neuerung beſchuldiget,
und ſich auf ein kaiſerlich Warnungsſchreiben beziehet, klagt er uͤber die Ausfuhre der guten Muͤn-
ze, wodurch der Goldguͤlden, welcher ſeit Menſchen Gedenken 60 Schillinge gegolten, auf 90 ßl.
erhoͤhet ſey.
Herman von Bruggenei verliehe 1547 die Muͤnze an Thomas Rammen und deſſen Sohn
Chriſtoph, weil der vorige Muͤnzmeiſter Gerdt Schriver ſie aufgegeben. Ramm macht ſich
verbindlich, die Muͤnze nach dem alten Fus, wie ſie zu Revel und Doͤrpt gebraͤuchlich, zu
praͤgen.
Fuͤrſtenberg gab die Muͤnze 1557 an dieſen Ramm und erlaubte ihm zu praͤgen, doch alles
auf den alten Fus, nemlich:
Muͤnzſorten
Pfennige, in welche gewoͤhnlich
eine Mark loͤthig Pagament ge-
ſchrotet worden; 142 Wurf à 4
ſtk. zwey weniger oder mehr. Die
gewogene Mark macht 5 mk. 9
ßl. rigiſch
Schillinge 49 Wuͤrfe 2 ſtk. à 4
ßk. das iſt, die gewogene Mark
loͤthig 5½ mk. rigiſch
Ferdingsſtuͤcke, neue nach dem
alten Schrot, 72 ſtk. auf die mk.
loͤthig; einen Ferding zu 9 Schil-
ling; in die gewogene Mark gehn
18 mk. rigiſch
Halbe Markſtuͤcke, eins ſo ſchwer
als 2 Ferdinge, 36 ſtk. pro mk.
in die gewogene Mark 18 mk. ri-
giſch
Gulden nach dem luͤbiſchen
Schrot, jeder haͤlt ins feine
Thaler nach dem alten Schrot
ins feine haltend
halten ins feine die Mark
2½ Loth. Nach dem luͤbiſchen
Rechenbuche von 1553 giengen 3
ſolche Pfennige auf einen Schil-
ling, 9 ßl. auf einen Ferding, 14
ßl. auf einen alten Ferding, 108
Pfennige, oder 36 ßl. oder 4 Fer-
ding auf eine Mark rigiſch
3 Loth
9 Loth 1 qtl.
9 Loth 1 qtl.
22½ Grade
13½ Loth
dem Muͤnzmeiſter zum Remedio
2 Pfennige in der Probe oder am
Korn.
2 Wurf am Schrot.
2 ſtk. im Schrot.
2 pf. in der Probe.
1 ſtk. am Schrot.
2 pf. am Korn.
½ ſtk. am Schrot.
2 pf. am Korn.
¼ ſtk. am Schrot.
3 Grade am Korn.
2 Pfennige.
Fuͤr die Mark loͤthig wird 9 ßl. rigiſch entrichtet.
Der Erzbiſchof und Marggraf Wilhelm uͤbergab dieſem Ramm 1561 die Muͤnze auf ihrer
beiden Lebenszeit, darin das Muͤnzreglement dem vorigen gleich komt, auſſer daß die Ferdinge ſo
wol als die halben Marke nur acht und ein halb Loth ins feine halten, dagegen der Muͤnzmeiſter
von jeder Mark loͤthig einen Ferding ſchlagſchatz giebt. Auch werden halbe litthauiſche Gro-
ſchen des Handels wegen geſchlagen 168 ſtk. pro Mark, die haͤlt ins feine 5 und ein halb Loth,
davon dem Muͤnzmeiſter zum Remedio am Schrot 1 ſtk. und an Korn 2 Pf. nachgegeben werden.
Nach den erzbiſchoͤflichen Edicte von 4ten Merz 1560 galt 1 Thlr. 4 Mk. 10 ßl. ein halb Mark-
ſtuͤck 24 ßl. 1 Ferding 12 ßl. 1 Schilling 4 Pfennige, ein alter Ferding 20 ßl. 1 Schock lit-
thauiſch 9 Mk. 9 ßl. ein ſchwediſch Markſtuͤck 1 Mk. 8 ßl. ein Portugaloͤſer 80 Mark.
Sonſt zeigen auch die plettenbergiſchen Verordnungen, daß die kleinen Artiger zu ſeiner Zeit
Pfen-
halb Silber und halb Kupfer ſeyn. Die gewogene Mark ſolte haben 8 Loth loͤthig Silber, und
die gezehlte Mark, nemlich 36 Schillinge, 7 Loth loͤthig Silber. Dieſer neuen Pfennige giengen
4 auf einen Schilling, und die gewogene Mark ward geſchrotet auf 41 Schilling. Jm Jahr
1425 berechnen die Muͤnzherren Herman Voß und Hans Borthagen dem rigiſchen Rath den
Schlagſchatz mit 550 Mark neuen Pagament, ſo 2200 alte Mark betragen. 1426 war der
Stadt Gewin an der Muͤnze 158 Mark 15 Oer, und am neuen Gelde, ſo von dem alten ge-
macht war, 633 Mark 1 Ferding. 1427 iſt der Stadtnutzen aus der Muͤnze 1259 und eine hal-
be Mark neues Geldes geweſen. Ob nun gleich um dieſe Zeit eine neue Mark 4 alte gewogen;
ſo mus man ſich die ganz alten doch nicht zu leicht vorſtellen. Die Stadt hatte nemlich nach ei-
ner ſiebenvierteljaͤhrigen Belagerung an Monheimen 5 Vicarien, jede zu 6 Mark rigiſch ver-
ſprochen. 1421 wolte Meiſter Sifert Lander jede Mark rigiſch mit einer Mark loͤthigen Sil-
bers nach dem Contract bezahlet haben. Doch die Stadt antwortete durch ihre Deputirten, ob
es gleich ehemals zwiſchen Deutſchen und Undeutſchen ſo Gebrauch geweſen, und ſie ſelbſt vor-
mals ſo bezahlet, ſo werde ſich der Meiſter mit der Muͤnze dismal begnuͤgen, weil ſie nichts dafuͤr
koͤnne, daß die Marke ſo ſchlecht gemuͤnzet wuͤrden. Die gar ſchnelle Veraͤnderung der Marke
in folgenden Zeiten verdienet allerdings Aufmerkſamkeit. Der Herr Landrath von Ceumern hat
in ſeinem Theatridio ein langes Regiſter von dem wunderns wuͤrdigen Verfal der Marke, ſo
doch aus den Nachrichten der Archive volſtaͤndiger gemacht werden kan. Jn Beurtheilung der
Pfand-Lehn-Schuld- und Kaufbriefe iſt dergleichen Kentnis von ausgebreitetem Nutzen.
kammer gehen will, ſtehet an dem Pfeiler auf einer meßingenen Platte:
D. O. M.
Epitaphion Domini Andreæ Knopii Paſtoris hujus templi, qui obiit extemum diem An-
no Domini M. D. XXXIX. d. XVIII. Menſis Februarii.
Primus Evangelii Lucem qui ſparſit in oram
Livonicam, Andreas Knopius iſte fuit.
Qui quamvis magno docuit diſcrimine vitæ
Deterrere tamen non potuere mali.
Iſtius hoc terræ redivivum conditur antro
Corpus, ſed certò ſpiritus aſtra colit.
Credentes etenim defuncti munere vitæ
In regno vivunt, optime Chriſte, tuo.
Mors certa eſt, incerta dies, Hora agnita nulli,
Extremam quare quamlibet eſſe puta.
Ao. 1539 die 18 Febru obiit Venerabilis verbi divini Concionator Dominus Andreas
Knopke, hujus eccleſiæ Paſtor, cujus Lateri accumbit cara Vxor Anna defuncta Anno
1538. 14 die Aprilis, quorum animæ conquieſcant in Chriſto, Domino noſtro, Amen.
groſſe Kirche, nebſt einigen Kloͤſtern; die Siechenkirche; und in der Vorſtadt die domſche Hoſpital-
kirche, nebſt der Hoſpitalkirche zu St. Johannis.
- License
-
CC-BY-4.0
Link to license
- Citation Suggestion for this Edition
- TextGrid Repository (2025). Henricus, Lettus. Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bq8g.0