einer pragmatiſchen Geſchichte
der
Oekonomie- Polizey-
und
Cameralwiſſenſchaften
ſeit dem
ſechzehnten Jahrhunderte bis zu
unſern Zeiten.
bey Weidmanns Erben und Reich.1781.
[[II]][[III]]
Seiner Excellenz
dem
Hochwohlgebohrnen Herrn
Herrn
Friedrich Ludwig
von Wurmb
Sr. Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen
Hochbetrauten Conferenzminiſter, wuͤrklichen
geheimen Rathe und Direktor der Landes-
Oekonomie-Deputation, des hohen Kayſerl.
St. Joſephi Ordens Commandeur und Burg-
manne zu Friedberg, Erb- Lehn- und Gerichts-
herrn auf Großen-Furra, ꝛc.
[[IV]][[V]]
Seiner Excellenz
dem
Hochgebohrnen Freyherrn
Herrn
Chriſtian Gotthelf
von Gutſchmid
Sr. Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen
Hochbetrauten Conferenzminiſter, wuͤrklichen
geheimen Rathe und der Ober-Rechnungs-
Deputation Direktor, Erb- Lehn- und Ge-
richtsherrn auf Klein-Wolmsdorf, ꝛc.
[[VI]]
ſeinen hohen und gnaͤdigen Goͤnnern
unterthaͤnigſt gewidmet
von dem
Verfaſſer.
Vor-
[[VII]]
Vorerinnerung.
Wir wenden unſere Aufmerkſamkeit
auf die Geſchichte der Wiſſenſchaf-
ten und Kuͤnſte, ſowohl uͤberhaupt, als
vieler einzelnen beſonders, und wir ſoll-
ten es bey der Oekonomie vergeſſen, wel-
che ſo ſehr in Verbindung mit dem Men-
ſchen und der Bevoͤlkerung ſtehet? Zwar
hat uns Juvenel in ſeiner Geſchichte der
Kuͤnſte, und zu der aͤltern vorzuͤglich Co-
guet, und die allgemeine Geſchichte der
Handlung und Schiffahrt, der Manu-
fakturen und Kuͤnſte, des Finanz- und
Cameralweſens zu allen Zeiten und bey
allen Voͤlkern, *) Beytraͤge geliefert;
aber ſie ſind noch mangelhaft. Die mitt-
lere iſt faſt ganz unbearbeitet, und viele
Gelehrte moͤchten lieber den mittlern Zei-
ten alles Verdienſt um die Oekonomie
abſprechen, worinne ſie aber unſtreitig
a 4zu
[VIII] zu weit gehen, und das, was nur etwa
von einzelnen Landen, einzelnen Staͤn-
den, und in gewiſſer Betrachtung gilt,
allgemein annehmen; z. B. wenn ſie von
den Schickſalen der Oekonomie als einer
Wiſſenſchaft unter den Gelehrten auf
die Schickſale der Oekonomie uͤberhaupt
ſchließen.
Wir haben zu viele Beweiſe dazu,
daß die Haushaltung in vielen Gegenden
gebluͤhet, woher ſonſt die vorzuͤgliche
Cultur vieler Laͤnder, die bis in die aͤlte-
ſte Periode der mittlern Zeiten ſteiget.
Der ſtarke Handel der Deutſchen bis in
das funfzehnte Jahrhundert, und ihre
Groͤße im Fabrik- und Manufaktur-
weſen, ſetzet Ackerbau und Viehzucht
voraus.
Die Geſchichte der Meißniſchen und
Saͤchſiſchen Lande zu den Zeiten der Sla-
ven, Wieprechts von Groitſch, und Con-
rads des Großen wird fuͤr die Oekono-
mie der mittlern Zeiten merkwuͤrdig.
Doch ich uͤbergehe itzt dieſe und jene, da
ich ſie beſonders zu bearbeiten mir vorge-
nommen, und ſchon betraͤchtliche Samm-
lungen dazu habe.
Ich
[IX]
Ich habe mir vor itzt die neuern ge-
waͤhlt, da ſie noch keinen beſondern
Schriftſteller hat, der ſie im Ganzen be-
handelte. Der einzelnen Beytraͤge, die
ſich hier und da dazu finden, ſind nicht
viele, indeſſen habe ich ſie, ſo viel moͤglich
war, benutzt. *) Das Verdienſt der
neuern Zeiten um die Oekonomie beſte-
het vorzuͤglich darinne, daß man dieſelbe
mehr wiſſenſchaftlich behandelt, ihre
Grundſaͤtze feſtgeſetzet und unterſuchet,
daß die Gelehrten ſich zu dem Vortheile
a 5derſel-
[X] derſelben damit beſchaͤfftigten, daß man
die Huͤlfswiſſenſchaften mehr mit ihr ver-
band, und ſie dadurch gewann, daß die
Hoͤfe ſich ihrer mehr annahmen, und ſie
mit Nachdruck unterſtuͤtzten, daß man
gemeinnuͤtzige Erfahrungen verbunden
mit richtigen Grundſaͤtzen bekannter
machte, und ſie ſogar Lehrſtuͤhle erhielt.
Dieſes faͤngt ſich groͤßtentheils um die
Zeiten der Wiederherſtellung der Wiſſen-
ſchaften an, noch mehr aber im ſechzehn-
ten Jahrhunderte, ſo daß wir den An-
fang der neuern Geſchichte in dieſes ſetzen
koͤnnen, zumal da die neuere Regierungs-
verfaſſung ſich in dieſem Jahrhunderte zu
bilden anfieng, welche in die Oekonomie,
ſo wie dieſe in jene, großen Einfluß hat.
Soll die Geſchichte der Oekonomie
uͤberhaupt als eine praktiſche Wiſſen-
ſchaft, und ſo auch vorzuͤglich die neuere,
die Vortheile haben, die wir verlangen
koͤnnen, ſo muß ſie pragmatiſch ſeyn.
Dieſes iſt ſie nur alsdenn, wenn ſie die
Veranlaſſung zu den Verbeſſerungen an-
giebt, genaue Beſchreibung von wichti-
gen und Hauptverſuchen ertheilet, die
dadurch gefundenen Grundſaͤtze und den
Einfluß
[XI] Einfluß derſelben auf die Laͤnder zeiget.
Wenn ſie nicht blos das Andenken dieſes
oder jenes Mannes, der hierinne vorzuͤg-
lich mit Gluͤck gearbeitet, erhaͤlt, ſondern
auch ſein Syſtem, das Neue, Gute und
Brauchbare in demſelben, ſo wie das
Verwerfliche zeigt; wenn ſie die Mittel,
wodurch man die Oekonomie zu befoͤr-
dern geſucht, und den Erfolg derſelben,
die Hinderniſſe, die ihnen aufgeſtoßen,
und die gluͤckliche Art, wie ſie gehoben
worden, das Steigen, die Bluͤte und
den Verfall derſelben in den Laͤndern und
die Urſachen davon angiebt.
Wird ſie auf dieſe Art behandelt, ſo
kann ſie uns vor vergeblichen Verſuchen
und vor ſchaͤdlichen Meynungen, die nur
im Reiche der Ideen brauchbar ſind,
warnen, uns mit nuͤtzlichen Erfindungen
und Erfahrungen bekannt machen, und
unſern Fortgang darinne beſchleunigen.
Bey einer ſolchen Geſchichte der Oe-
konomie haben wir ſonderlich auf dreyer-
ley zu ſehen, wovon keines fehlen darf,
wenn ſie vollſtaͤndig ſeyn ſoll.
1) Was hatte die Oekonomie vor
Schickſale von Seiten der Hoͤfe und
der
[XII]der Regierung? Wie ſorgte dieſelbe
vor ſie? Was machte ſie vor Anſtal-
ten zu ihrem Beſten, kurz, in wie fern
machten ſie die Regenten zu einem
Theile und Gegenſtande der Regie-
rung?
2) Welche Schickſale hatte ſie un-
ter den Gelehrten, in wie fern hat man
die Oekonomie als eine Wiſſenſchaft
betrachtet?
3) Was war ihr Geſchick in Anſe-
hung der Ausuͤbung unter dem naͤh-
renden Stande ohne Ruͤckſicht auf die
beyden erſtern?
Alle drey Gegenſtaͤnde muß der Geſchicht-
ſchreiber der Oekonomie vor Augen ha-
ben, wenn er einigen Anſpruch auf Voll-
ſtaͤndigkeit und Brauchbarkeit machen
will. Den dritten Punkt vergeſſen im-
mer diejenigen, welche den mittlern Zei-
ten alles Verdienſt um die Oekonomie
abſprechen, da doch Privatintereſſe und
Handlung dieſelbe befoͤrderten, ob ſie
gleich weder die Gelehrten noch die Hoͤfe
ſonderlich achteten, und ihren Werth
verkannten.
Nach
[XIII]
Nach dieſen Begriffen will ich hier
einen Verſuch mit der neuern Oekonomie-
geſchichte machen, und ihre Schickſale
bey den vorzuͤglichen neuern und culti-
virten Voͤlkern zeigen; ich werde um
beſſerer Ordnung willen bey jedem Volke
zuerſt die Schickſale der Oekonomie uͤber-
haupt und ſodann jedes Nahrungsge-
ſchaͤftes insbeſondere aufſuchen. Ich
werde die Beytraͤge, die wir bis itzt dazu
haben, nicht unbenutzt laſſen; es ſind
vorzuͤglich die Schriften des Hrn. D.
Schrebers, die Berner Sammlungen,
das Muſeum Ruſtikum, und viele hier
und da zerſtreuete und von mir geſam-
melte Nachrichten.
Noch iſt es noͤthig, einige Rechenſchaft
von der Ordnung, vorzuͤglich der Voͤlker
zu geben, darinne ich dieſe Geſchichte vor-
getragen.
Wozu, wird man ſagen, eine neue
Epoche im 16ten Jahrhunderte, wenn
die mittlern Zeiten ſchon eine bluͤhende
Oekonomie aufzuweiſen haben?
Die wichtigen Veraͤnderungen, die ich
oben angefuͤhrt habe, die in dieſen Zeiten
vorfielen, werden die beſte Wiederlegung
ſeyn,
[XIV] ſeyn, zumal da in denſelben die Oekono-
mie anfieng, wiſſenſchaftlich und von Ge-
lehrten behandelt, und vorzuͤglich von
den Hoͤfen unterſtuͤtzt zu werden.
Andere werden mich einer Parthey-
lichkeit fuͤr die Deutſchen beſchuldigen.
Haben die Italiaͤner nicht weit aͤltere Ver-
dienſte in der Oekonomie? Sind ſie nicht
die Wiederherſteller der Wiſſenſchaften
uͤberhaupt? Machten ſie ſich nicht zuerſt
verdient um die alten Schriftſteller, und
alſo auch um die uͤber den Landbau? Ha-
ben ſie nicht ſelbſt aͤltere einheimiſche
Schriftſteller? Und haben nicht die Eng-
laͤnder und Franzoſen auch zu eben den
Zeiten dergleichen?
Ich werde die Verdienſte keines ein-
zigen Volkes verkennen, ſondern bey je-
dem ſie anzeigen. Ich ſpreche den Ita-
liaͤnern die Ehre der Wiederherſtellung
der Wiſſenſchaften nicht ab; allein folgt
daraus, daß ſie es auch in der Oekonomie
ſeyn mußten? Sie haben Verdienſte um
die oͤkonomiſchen Schriftſteller der Alten;
allein dieſes war nur eine zufaͤllige Ver-
anlaſſung; ſie bearbeiteten dieſe Schrift-
ſteller nicht um der Oekonomie, ſondern
um
[XV] um der Sprache willen. Und hatten die
Deutſchen nicht um eben die Zeiten einen
Budaͤus, Eraſmus und andere, die ſich
mit den oͤkonomiſchen Schriftſtellern der
Alten beſchaͤfftigten? Erſchienen nicht
auch in Deutſchland die roͤmiſchen oͤko-
nomiſchen Schriftſteller? nicht auch in
Frankreich? Und wenn gleich die Ita-
liaͤner einen Petrus de Creſcentiis ſchon
in aͤltern Zeiten haben, ſo haben doch
auch die Deutſchen einen Friedrich den
II, und vielleicht noch andere itzt unbe-
kannte Werke. Allein alles dieſes brau-
chen wir nicht, um den Verdienſten der
Deutſchen den Vorzug hierinne zu geben.
Es kommt bey der Aufnahme und
Befoͤrderung der Oekonomie unſtreitig
das meiſte darauf an, und iſt die wich-
tigſte Veraͤnderung, daß ſie ein Gegen-
ſtand vor die Regierung wurde; dieſe
empfahl ſie den Gelehrten noch mehr, und
befoͤrderte ſie durch Anſtalten unter dem
naͤhrenden Stande, welche nur ſie allein
machen konnte. Dieſes that zuerſt Sach-
ſen, und durch dieſes Deutſchland.
Die Bemuͤhungen der Italiaͤner und
der andern Nationen waren bloße Pri-
vat-
[XVI] vatbemuͤhungen. Aber wer befreyete
die Oekonomie von den Vorurtheilen, als
ſey ſie in Gottes Augen mit allen weltli-
chen Geſchaͤfften verworfen? Wer klaͤrte
die Nationen hierinne auf? war es nicht
Luther? Wer ſchuͤtzte ſie mit ſeinem Sce-
pter, und zog ſie aus dem Staube der
Verachtung? Wer ſuchte ihre erſten
Grundſaͤtze aufzuklaͤren? ihre Geſchaͤfte
unter einander in das gehoͤrige Verhaͤlt-
niß zu ſetzen, und ſie thaͤtig zu verbeſſern,
daß ſie ihre großen Abſichten, ich meyne
die Volkreichheit, innere Staͤrke des
Staats, Induſtrie, Nahrung und Reich-
thum des Landes befoͤrdern kann? War
es nicht Sachſens großer Auguſt? und
nach ſeinem Beyſpiele einige andere wuͤr-
dige Fuͤrſten?
Sollten dieſes nicht Gruͤnde genug
ſeyn, die Ackerbaugeſchichte der Deut-
ſchen zuerſt zu behandeln, und ſie als die
erſten thaͤtigen Verbeſſerer anzuſehen, oh-
ne aus Patriotiſmus ungerecht gegen die
Verdienſte anderer Voͤlker zu werden,
welche entweder ſich damals blos auf ein-
zelne Theile oder auf Privatbemuͤhun-
gen
[XVII] gen erſtreckten, die keinen Einfluß auf
das Ganze hatten.
Moͤchten die Deutſchen doch einmal
aufhoͤren, alles außer ihren Graͤnzen zu
ſuchen, und nicht immer die Auslaͤnder
bewundern! Wer erfand die Kunſt, die
ſchnelleſten Schreiber, und wenn ihre An-
zahl noch ſo groß war, durch den Druck
einzuholen? Wer erfand das kunſtreiche
Werk, das uns die Zeit bezeichnet? Wer
des Pulvers gewaltige Kraͤfte, das Fel-
ſen gleich Sandhaufen zerſtreuet? Wa-
ren es nicht alles Deutſche? Waren ſie
es nicht, die in den mittlern Zeiten das
Manufaktur- und Fabrikweſen hatten?
die die aͤchten Handlungsgrundſaͤtze wuß-
ten und ausuͤbten? Wer verſorgte den
ganzen Norden, und ſelbſt das ſtolze Bri-
tannien und Gallien? Wer herrſchte mit
ſeinen Schiffen uͤber den Meeren, und ſah
uͤberall ſeine Flaggen uͤber den unterthaͤ-
nigen Wellen fliegen? War es nicht
Deutſchland und ſeine zum Handel ver-
bundenen Staͤdte?
Ich werde alſo bey den Deutſchen den
Anfang machen, und zuerſt die Schickſale
der Oekonomie uͤberhaupt, und ſodann
bjeder
[XVIII] jeder einzelner wichtiger Nahrungsge-
ſchaͤfte beſonders betrachten. Und weil die
vereinigten Niederlaͤnder und Schweizer
nur erſt im vorigen Jahrhunderte von
Deutſchland getrennt wurden, und vor-
her Theile deſſelben ausmachten, auch bey
ihnen die Bemuͤhung um die Oekonomie
nicht weniger alt iſt, als in Deutſchland,
ſo werde ich die Geſchichte der Landwirth-
ſchaft derſelben ſogleich nach jener bear-
beiten. Ich werde von ihnen zu den
Englaͤndern und Italiaͤnern uͤbergehen,
zumal da der engliſche Landbau ſeine Ver-
beſſerungen meiſt aus den Niederlanden
erhielt, und die Italiaͤner im ſechzehnten
Jahrhunderte ihren Camillo Taurello
haben. Sodann zu den Franzoſen,
Schweden, Daͤnen und Ruſſen, Spa-
niern, Portugieſen; endlich auch etwas
von dem chineſiſchen Oekonomiezuſtande
anfuͤhren. Ich werde mich zugleich be-
muͤhen, die neueſte Oekonomieverfaſſung
der Laͤnder zu zeigen, und dadurch einen
kleinen Beytrag zur neueſten Statiſtik
zu liefern.
Nach Vollendung der neuern werde
ich auch die aͤltere und mittlere bearbeiten,
wozu
[XIX] wozu ich auch ſchon anſehnliche Samm-
lungen habe. Ich werde zuerſt die Oe-
konomiegeſchichte der Aegyptier und der
aſiatiſchen Nationen in den aͤltern Zei-
ten, vornehmlich der Babylonier, Per-
ſer u. ſ. w. und in einem beſondern Wer-
ke die Oekonomiegeſchichte der Griechen
behandeln. Sodann die Schickſale der
Oekonomie bey den Roͤmern, welche au-
ßer dem Plane lag, welchen Coguet ſich
entwarf, und welche ich ſchon in einem
kleinen Verſuche vor Augen gelegt habe,
in einem ausfuͤhrlichen Werke vorſtellen.
Nach dieſen dieſelben unter den griechi-
ſchen Kayſern, und endlich ſeit der Ver-
aͤnderung, die durch die Wanderungen
der nordiſchen Voͤlker veranlaßt worden,
bis zu den Zeiten, wo ich die neuere an-
gefangen, bearbeiten.
Inhalt
[[XX]]
des erſten Theils
- 1ſstes Kap. Einige allgemeine Bemerkungen uͤber
die erſten Schritte zur Oekonomieverbeſſerung
in den neuern Zeiten, vorzuͤglich in Deutſchland.
S. 1-88. - 2. Geſchichte des Ackerbaues in Deutschland ſeit
dem 16ten Jahrhunderte bis auf unſere Zeiten.
S. 88-168. - 3. Geſchichte des Wieſenbaues in Deutſchland ſeit
dem 16ten Jahrhunderte bis auf unſere Zeiten.
S. 168-194. - 4. Geſchichte der Viehzucht in Deutſchland vom
16ten Jahrhundert bis auf unſere Zeiten.
S. 194-282. - 5. Geſchichte des Seiden- und Maulbeerbaues in
Deutſchland ſeit dem 16ten Jahrhunderte bia
auf unſere Zeiten. S. 282-314. - 6. Geſchichte der Bienenzucht in Deutſchland vom
16ten Jahrhundert bis in die neuern Zeiten.
S. 314-466. - 7. Etwas von der Zucht des Federviehes. S. 467-
488.
Erſtes Kapitel.
Einige allgemeine Bemerkungen uͤber die
erſten Schritte zur Oekonomieverbeſſerung
in neuern Zeiten, vorzuͤglich in
Deutſchland.
Man kann die Geſchichte der Oekonomie in
den neuern Zeiten in jenem fuͤr Kuͤnſte
und Wiſſenſchaften ſo gluͤcklichen Zeitpunkte an-
fangen, da die aus ihrer Dunkelheit hervorgezo-
genen Schriften und Denkmaͤler der Alten, ins-
beſondere die Schriften vom Ackerbaue, die Ge-
lehrten in eine naͤhere Bekanntſchaft mit demſel-
ben ſetzten.a) Man haͤtte glauben ſollen, daß
dieſes
A
[2] dieſes eine ploͤtzliche Veraͤnderung in der Land-
wirthſchaft machen koͤnnte, da die Alten auch
hierinne ſehr lehrreich ſind. Sie haͤtten die Wuͤr-
de der Oekonomie durch die großen Beyſpiele der
Roͤmer und Griechen erheben, und dadurch die
Vorurtheile, welche ihr ſo ſehr ſchadeten, darnie-
der ſchlagen koͤnnen; ihr ſorgfaͤltiges, oft ſehr
gruͤndliches Verfahren in der ganzen Landwirth-
ſchaft, ihre großen Verſuche, ihre Beobachtun-
gen haͤtten die damaligen Zeiten vieles lehren koͤn-
nen, was erſt in unſern Zeiten die neuern Ver-
beſſerer vorgeſchlagen.b) Aber es hatte keine
allzugluͤckliche Wirkung. Die Gelehrten beſchaͤff-
tigten
a)
[3] tigten ſich meiſt blos mit der Sprache, oft unbe-
kannt mit den Dingen, von welchen die Alten re-
deten. Es herrſchte das Vorurtheil zu ſehr, wel-
ches der Oekonomie ſehr lange ſchadete, als ob die
Landwirthſchaft einem Gelehrten unanſtaͤndig ſey,
weil die niedrigſte Klaſſe von Menſchen, welche
ſich oft nicht einmal der Freyheit ruͤhmen konnte,
ſich damit beſchaͤfftigte. Indeſſen mußten ſich
doch die Gelehrten mit den Sachen naͤher bekannt
machen, um die Sprache und das Reich der Lit-
teratur zu erweitern.
Eben ſo wenig erhielt die Oekonomie ihre
Rechte und die Stelle, die ſie unter den Wiſſen-
ſchaften verdient, noch daß ſie wiſſenſchaftlich von
den Gelehrten waͤre bearbeitet, und von den Hoͤ-
fen als eine Grundſaͤule des Staats angeſehen
und unterſtuͤtzet worden.
Zwar hatte man ſie, in ſo fern man ſie eini-
germaßen als Kunſt oder Wiſſenſchaft angenom-
men, unter die praktiſche und mechaniſche Phi-
loſophie verwieſen, aber die Gelehrten dachten an
nichts weniger, als daran, ſie zu lehren oder zu
bearbeiten. Die Verachtung druͤckte ſie in den
Augen derer, die ſie haͤtten erheben ſollen.c)
Bisher hatte die Geiſtlichkeit, hauptſaͤchlich
ihr Anſehen zu erheben, und dieſes, ſo wie an-
A 2dere
[4] dere ſo genannte weltliche Geſchaͤffte, in Gottes
und der Menſchen Augen veraͤchtlich zu machen
geſucht. Hierzu kam, daß ſeit Heinrich I. Zei-
ten der Ackerbau auf dem Lande nur von Leibei-
genen, oder denen, die ihnen ziemlich gleich wa-
ren, den Bauern, getrieben wurde. Denn ob-
gleich ſchon in den aͤltern Zeiten der Landbau am
meiſten den Leibeigenen uͤberlaſſen war, ſo wurde
er doch durch Errichtung der Staͤdte noch mehr
herabgeſetzt, da viele wichtige Dinge in die Staͤdte
gezogen, die Hoflager in denſelben gehalten, die
Hauptkirchen darinn angelegt, die wichtigen Hand-
lungsgeſchaͤffte in ihren Mauern geſichert, ſie
ſelbſt befeſtiget, und dadurch fuͤr das Land ſehr
wichtig wurden; durch alle dieſe Umſtaͤnde zog ſich
der Reichthum, der Bequemlichkeit und Sicher-
heit liebt, in dieſelben, da er beydes bey ihnen
nicht umſonſt ſuchte; und hierdurch wurden die
Laͤndereyen und die Doͤrfer mehr und mehr ab-
haͤngig von den Staͤdten. Man kann uͤberhaupt
auch den zu großen Militaͤrgeiſt der mittler[n] Zei-
ten als eine nicht geringe Hinderniß des Landbaues
anſehen; die Ritter zogen auf Abentheuer und
Ritterthaten aus, folgten den Hoͤfen und Turnie-
ren, vergaßen daruͤber ihre Guͤther, und glaub-
ten, die Sorge fuͤr den Landbau ſey ihnen unan-
ſtaͤndig. Man belegte den Herrn eines Guths,
der ſich blos mit der Verwaltung deſſelben be-
ſchaͤfftigte, ohne haͤufig bey Ritterſpielen und an
dem Hofe in den Staͤdten zu erſcheinen, mit
ſchimpflichen Namen und Verachtung.
Allein
[5]
Allein man glaube nicht, daß in dieſen Zei-
ten, bey der Verachtung der Oekonomie von Sei-
ten der Großen und Gelehrten, ſie von dem nie-
dern Stande auch vergeſſen und verachtet worden.
Woher ſonſt die vortreffliche Cultur verſchiedener
Laͤnder? Das Privatintereſſe, der Abſatz und
Handlung machte ſie vielen Orten ſchaͤtzbar, und
gab ihr die aͤmſige Bearbeitung, die ihr kaum die
Polizey und die Regierung geben kann. Daher
zeichnen ſich im 16ten Jahrhunderte die pomme-
riſchen Gegenden durch ihren Hopfenbau, durch
Getraide und Gartenbau, und nicht weniger durch
Schafzucht und Manufakturen aus, bis in dem
ungluͤcklichen dreyßigjaͤhrigen Kriege vieles hier-
von zerſtoͤrt und andern Laͤndern zu Theil wurde;
eben ſo bluͤhete in dem Landſtriche, welcher an Thuͤ-
ringen, Franken und Heſſen graͤnzet, und groͤß-
tentheils der Abtey Fulda gehoͤrt, der Wieſenbau,
ſo daß wegen der vorzuͤglichen Huthungen daſelbſt
auch die Viehzucht und ſonderlich Schafzucht an-
ſehnlich war. Es iſt dieſes das Laͤndchen Buo-
nia, welches Mathis Quaden von Kindelbach in
ſeinem Buch: Deutſcher Nation Herrlichkeit —
ſo ruͤhmt. Die Kloſteroͤkonomien waren vorzuͤg-
lich anſehnlich, und was noch gutes von einiger
wiſſenſchaftlichen Oekonomie vor und um dieſe
Zeiten zu ſagen iſt, mußte man meiſtens daſelbſt
ſuchen; um ſo weniger ſind alle die Vorwuͤrfe ge-
gruͤndet, die man den Geiſtlichen der damaligen
Zeiten unaufhoͤrlich macht. Ganz iſt ſie indeſſen
nicht freyzuſprechen, und was ihr wirklich bey der
A 3Vernach-
[6] Vernachlaͤßigung der Oekonomie zur Laſt geleget
werden kann, werde ich bald zeigen. Man ver-
fertigte bey ihnen zuerſt gewiſſe Calendaria, wor-
innen außerordentliche Vorfaͤlle bey der Wirth-
ſchaft angemerkt wurden, ſie gaben zuerſt etwas
genauer Acht auf die Witterungslehre, und wen-
deten die Aſtronomie zum Vortheil der Oekono-
mie an, da Mathematik ſo wie alle andere Wiſſen-
ſchaften blos noch in ihren Haͤnden waren; man
erſiehet dieſes aus den noch bey den Kloͤſtern hin
und wieder ſich befindenden Calendarien. Die
Kloͤſter und Miſſionen haben unſtreitig vieles von
jeher zur Cultur der Laͤnder und auch vorzuͤglich
Deutſchlands beygetragen. Nur waren ſie auch
hierinnen geheimnißvoll, wie ihre ganze Verfaſ-
ſung uͤberhaupt ſich nun in Dunkel huͤllete, um
aus demſelben maͤchtiger auf die, ſo draußen wa-
ren, zu wirken. Das wenige Gute alſo konnte
keinen großen Einfluß auf das allgemeine haben;
vieles ſchloß ſich in die hohen Mauern ihrer Klo-
ſtergaͤrten ein, und blieb unter den Geheimniſſen
ihrer Oekonomen: hierzu kam noch, daß ihr
Reichthum ihnen Nachdruck in allen ihren oͤkono-
miſchen Unternehmungen gab, und die Handlung,
an welcher ſie keinen geringen Antheil hatten, ſo
wie der Aberglaube, der mit ihren heiligen Guͤ-
tern einen unbekannten Segen verband, den Fruͤch-
ten Abſatz verſchaffete, und ihnen viel Arbeiter
gab, welche dieſe den Kloͤſtern geleiſteten Arbeiten
als ein verdienſtliches Werk anſahen. Man un-
terſcheidet in der Geſchichte gemeiniglich nicht ge-
nugſam
[7] nugſam das Schickſal der Oekonomie, in ſo fern
ſie als eine Wiſſenſchaft angeſehen, und von den
Gelehrten als ſolche betrieben, oder als ein fuͤr
den Staat ſehr wichtiges Geſchaͤfft von den Hoͤfen
geachtet und unterſtuͤtzet worden, von demjenigen,
welches ſie in den Haͤnden der niedern Klaſſe der
Menſchen hatte, ob ſie ſchon von den Großen und
Gelehrten nicht geachtet, und ſelbſt deswegen vor-
zuͤglich veraͤchtlich war, weil ſich der niedrige Stand
damit beſchaͤfftigte. Jenes iſt das Verdienſt der
folgenden und vorzuͤglich unſerer Zeiten, daß ſie
von Seiten der Hoͤfe mehrere und allgemeinere
Unterſtuͤtzung fand, und von den Gelehrten mehr
wiſſenſchaftlich betrieben, und die Huͤlfswiſſen-
ſchaften, die Chemie, Naturgeſchichte und Natur-
lehre angewendet wurden.
Doch ſo weit konnte es in den mittlern Zeiten
ſelbſt der Natur der Sache nach nicht kommen, daß
man ſie ganz verdraͤngt haͤtte. Es finden ſich
hier und da, obſchon ſelten, Fuͤrſten, die ihre Wich-
tigkeit einſahen. Einzelne Theile der Oekonomie
ſchaͤtzten ſelbſt die Hohen, in ſo fern ſie eine Art
von Vergnuͤgen fuͤr die [Hoͤfe] und den herrſchen-
den Militairgeiſt ausmachten; es gehoͤrt hierher
vorzuͤglich die Jagd. Daher finden wir in die-
ſen und den vorigen Zeiten auch Schriften uͤber
die Jagd ſowohl von Gelehrten als Fuͤrſten, d)
welche wir aber unten bey der Jagd ſehen werden.
A 4Aber
[8] Aber es war nichts ganzes und anhaltendes. Man
betrieb die Oekonomie blos aus Beduͤrfniß, Ei-
gennutz, Zwang und Gewohnheit.
Selbſt den Kloͤſtern, die ihre Lieferungen von
den Laͤndereyen erhielten, und den Geiſtlichen, die
ihren Zehnden ſo eifrig ſuchten, mußte daran ge-
legen ſeyn, daß der Landmann ſein Feld baue.
Und oft ſuchte dieſer ein verdienſtliches Werk dar-
innen, an den Laͤndereyen eines Kloſters und ih-
rem Baue und Beſtellung zu arbeiten, und trat
gern unter den Krumſtab des Biſchofs und den
Schutz des Kloſters, je mehr buͤrgerliche Vor-
theile er dadurch erhielt. Und ſo befoͤrderten die
Kloͤſter haͤufig die Cultur, ſo daß der Satz des
Thomaſius, daß die Cleriſey den Landbau aus
Politik unterdruͤckt, ſie nicht ganz trifft. Ich
kann kaum glauben, daß die Politik der Cleriſey
ſich bis dahin erſtreckt, daß ſie die Wichtigkeit
des Landbaues fuͤr den Staat ganz eingeſehen,
und ihn deswegen durch Verachtung zu unter-
druͤcken geſucht, damit ſie die weltlichen Herren
immer in einer gewiſſen Schwaͤche erhielten; ſon-
dern es geſchahe wohl meiſtentheils aus Unwiſſen-
heit wegen der unrichtigen und ſchlechten Idee,
die ihnen die ariſtoteliſche Philoſophie davon ge-
geben, und aus Vorurtheilen gegen den minder
freyen Stand, der ihn trieb, aus Bosheit und
Stolz, ſich und ihre Geſchaͤffte allein zu erheben,
da er denn das naͤmliche Schickſal mit andern
weltlichen Beſchaͤfftigungen hatte. Einen großen
Antheil daran hatte, wie ich ſchon oben erinnert
habe,
[9] habe, die Staatsverfaſſung ſelbſt, da die meiſte
Ehre fuͤr das Militairweſen beſtimmt, und der
Ackerbau in den Haͤnden der Leibeigenen war.
Der muthige Luther bemuͤhete ſich, die Oeko-
nomie der Verachtung zu entreißen, in welche ſie
Unſinn, Aberglauben und Bosheit, und Kurz-
ſichtigkeit der damaligen Zeiten geſtuͤrzt, vorzuͤg-
lich aber die Vorurtheile, die die Geiſtlichkeit ge-
gen dieſelbe, wie gegen alle weltlichen Dinge, er-
weckte. Er zeigte, wie alle Geſchaͤffte, die zum
Beſten des menſchlichen Geſchlechts und des ge-
meinen Weſens dienten, vor Gottes Augen ange-
nehm waͤren. Die Gelehrten haben ſeine Ver-
dienſte um dieſe Wiſſenſchaft ſchon genug geprie-
ſen, ſo daß es hier keiner Lobrede mehr bedarf:
und ſo nutzte die Reformation der Oekonomie nicht
wenig, ſo wie ſie auch das Finanzweſen der Fuͤr-
ſten und die Regierungskunſt ſehr verbeſſerte, wel-
ches vorzuͤglich der gekroͤnte Verfaſſer der Me-
moires de Brandenbourg dargethan hat. e)
A 5Die
[10]
Die Reformation gab der Obrigkeit ihr An-
ſehen wieder, das eine falſch verſtandene, ſtolze
und herrſchſuͤchtige Religion ihr entzogen; ſie um-
gab die Thronen der Fuͤrſten ſelbſt mit Heiligkeit,
und begleitete ihre Befehle und Anordnungen mit
einem Nachdruck, der in dem Munde eines wei-
ſen Regenten Wunder thun konnte.
Sachſen iſt alſo das gluͤckliche Land, wo die
Oekonomie zuerſt dieſer Art von Verachtung und
Unterdruͤckung entzogen wurde; wo der muthige
Luther auftrat, und den Menſchen zeigte, daß dieſe
Beſchaͤfftigung in den Augen Gottes gerechtferti-
get ſey.
Zwar war ſie nun von dieſer Seite gerettet,
aber immer noch druͤckte ſie das Vorurtheil der
Niedrigkeit. Man ſahe den Stand, der ſich da-
mit beſchaͤfftigte, als minder frey an, und glaub-
te ſich ſelbſt durch dieſes Geſchaͤfft demſelben zu
naͤhern. Dieſes Vorurtheil wurde nicht wenig
[unterstuͤtzt] durch die Entfernung des Standes von
allen oͤffentlichen Geſchaͤfften, da er in den meiſten
Staaten meiſt nur zum Sclavendienſt der Vor-
nehmern und Reichen beſtimmt, und daher ohne
alles
e)
[11] alles Anſehen und Achtung war, wofern nicht alte
Rechte, Staatsverfaſſung oder andere Privilegien
ihn beguͤnſtigten.
Hiezu kam noch, daß es an den Huͤlfswiſſen-
ſchaften fehlte. Die Chemie, Phyſik und Natur-
geſchichte waren noch nicht genug bearbeitet.
Zwar ſuchte Melanchthon dieſelben zu befoͤrdern,
und fieng an zu Wittenberg uͤber des Plinius Na-
turgeſchichte und uͤber die Phyſik des Ariſtoteles
zu leſen. Aber man betrieb dieſe Huͤlfswiſſen-
ſchaften blos als ein unfruchtbares Syſtem, das
ſich in ſeine eigenen Graͤnzen einſchloß, ohne auf
andere Wiſſenſchaften durch einen gluͤcklichen Ein-
fluß zu wirken. Man war zu ſehr fuͤr Hypotheſe
und einmal angenommene Grundſaͤtze und Spitz-
findigkeiten, die Fruͤchte der ariſtoteliſchen Philo-
ſophie, und rechnete zu wenig auf Erfahrungen
und Verſuche. Es [fehlte] an dem vernuͤnftigen
und dem Weiſen ſo noͤthigen Mißtrauen gegen
gewiſſe Saͤtze, die oft nichts weiter fuͤr ſich haben,
als daß ſie einmal angenommen ſind. Die Er-
fahrungen, welche zuweilen die Alten ſelbſt in der
Oekonomie, Phyſik und Naturgeſchichte angaben,
wenn ſie dem angenommenen Syſtem nicht ent-
ſprachen, wurden als Undinge und Fabeln ver-
worfen. Dieſe zu großen Vorurtheile vor das
Syſtem hinderten neue Entdeckungen durch Ver-
ſuche, und dieſes war die Urſache, daß die Alten
ſo wenig Nutzen ſtifteten. Da alſo die Huͤlfs-
wiſſenſchaften ſo wenig zunahmen, ſo blieb dieſes
immer
[12] immer eine Hinderniß, ſelbſt bey den weiſeſten
Anſtalten des großen Auguſts.
Indeſſen that man doch einige naͤhere Schrit-
te zur Verbeſſerung. Man fieng an die Schrift-
ſteller der Alten vom Landbau und auch einige
gleichzeitige Werke anderer Nationen, die aber
meiſtens Auszuͤge aus den Alten waren, in die
lebenden Sprachen zu uͤberſetzen, oder machte ſie
durch Auszuͤge gemeinnuͤtzig, fieng auch an, ſelbſt
etwas uͤber die Landwirthſchaft zu ſchreiben. f)
Es
[13] Es erſchienen unter den oͤkonomiſchen Schrift-
ſtellern dieſer Zeit große Namen, unter denen ich
nur einen Camerarius nennen darf.
Das erſte in deutſcher Sprache und in
Deutſchland geſchriebene oͤkonomiſche Buch, das
bis itzt, ſo viel ich weiß, bekannt iſt, iſt in dem
J. 1530 erſchienen.g) Es gehet vorzuͤglich den
Gartenbau an, ob es gleich dabey auch den Bau
der Gewaͤchſe uͤberhaupt mit behandelt. Es
ſcheint uͤberhaupt der Gartenbau eines der erſten
oͤkonomiſchen Geſchaͤffte zu ſeyn, das von den Hoͤ-
hern
f)
[14] hern und den Gelehrten betrieben wurde, ſo bald
die Sitten ſich etwas milderten, der Militairgeiſt
ſich mehr mit den ruhigern Staats- und Frie-
densaͤmtern zu vermiſchen anfieng; theils weil
die Gaͤrten, vorzuͤglich die Kunſtgaͤrten, reiche
Beſitzer vorausſetzen, und zur Pracht der Vor-
nehmern gehoͤren, theils auch weil die Kloſterleute
bey ihrer Muſe ſich dieſes Geſchaͤfft erwaͤhlten.
Die Buͤcher des Peter von Creſcentiis, welche
er im dreyzehnten Jahrhundert von der Land-
wirthſchaft dem Koͤnig Karl II. in Sicilien zu
Gefallen herausgab, muͤſſen h) ſehr zeitig uͤberſetzt
worden ſeyn, weil man ſchon 531 einen wieder-
holten Abdruck der Ueberſetzung findet, und es
alſo ſchon vor dieſem Jahre muß uͤberſetzt worden
ſeyn. Es iſt unter andern in lateiniſcher Spra-
che zu Augſpurg 1471 gedruckt, auch ins Ita-
liaͤniſche uͤberſetzt; eine deutſche aber muß vor dem
J. 1531 ſchon da geweſen ſeyn, weil der Drucker
auf dem Titel ſagt: Neu abgedruckt. In der
Folge findet ſich auch eine Ueberſetzung vom J.
1602, welche zu Strasburg erſchien. Man ſie-
het hieraus, daß man ſchon damals einen ernſt-
haften Anfang machte, an der Oekonomie zu ſchrei-
ben, und daß die Aerzte und Naturforſcher ſich
ſonder-
[15] ſonderlich darum bemuͤheten. Herr D. Schre-
ber giebt die 4 Buͤcher des Heresbach fuͤr das
erſte in Deuſchland erſchienene oͤkonomiſche Ori-
ginalwerk aus, allein das vom J. 1530 von Hr.
Hunger bemerkte lehret das Gegentheil. So hat
auch derſelbe die erſte Ausgabe des Coleriſchen
Werks i) ſo wenig als die angefuͤhrten Ueberſe-
tzungen
[16] tzungen des Peter de Creſcentiis bemerket, welche
das Muſeum Ruſticum im 1ſten Theil S. 77.
erwaͤhnt.
Es
[17]
Es machten ſich ſonderlich Aerzte und einige
andere Gelehrte in Deutſchland, und vorzuͤglich
zu
i)
B
[18] zu Strasburg und Magdeburg, um die Oeko-
nomie verdient; die oͤkonomiſche Litteratur kennt
ſonderlich einen Sebitius, Herr, Marius, Heres-
bach, Majus, Coler, Camerarius, Zwinger und
Zechendoͤrfer. Einige andere behandelten blos
einzelne Gegenſtaͤnde. k)
Zweytes
[19]
Zweytes Kapitel.
Die Geſchichte der Oekonomie in Deutſch-
land uͤberhaupt ſeit den Zeiten Churfuͤrſt
Auguſts zu Sachſen.
Bisher war die Oekonomie im Ganzen immer
noch ein bloßer Gegenſtand fuͤr Privatper-
ſonen und Gelehrte. Die Hoͤfe hatten ſie noch
nicht der ſchuldigen Aufmerkſamkeit in ihrem gan-
zen Umfange gewuͤrdiget; nur um einzelne Theile
derſelben bekuͤmmerten ſie ſich, aber blos, weil ſie
zu den Vergnuͤgungsarten der Zeiten gehoͤrten,
B 2oder
k)
[20] oder um ſie zu brauchen, wie ſie waren, ohne auf
ihre Verbeſſerung zu denken, oder ſie wohl gar
zu misbrauchen. Es gehoͤrt hierher vorzuͤglich,
wie ich oben bemerkt habe, die Jagd und Vieh-
zucht.
Aber nun erſchien der gluͤckliche Zeitpunkt fuͤr
ſie in Sachſen und Deutſchland, und auch eini-
germaßen in England, obgleich in dem letztern
damals nur Handel, Manufakturen und Vieh-
zucht vorzuͤglich befoͤrdert wurden: allein daß ſich
die Regierung des Ackerbaues angenommen, faͤllt
etwas ſpaͤter, ſo daß immer Sachſen und durch
dieſes Deutſchland von dieſer Seite den Vorzug
behaͤlt. Schon ein Albertus, der Stammvater
des Durchl. Churfuͤrſtl. Hauſes, ſcheint vorzuͤg-
lich die Statthalterſchaft in den Niederlanden,
welche ihm Friedrich III. uͤbertrug, dazu benutzt
zu haben, um die Landesoͤkonomie durch die Wirth-
ſchaftsart derſelben zu verbeſſern, und auch in der
Folge bey den unſeligen Kriegen in den nieder-
laͤndiſchen Provinzen und den durch die Bedruͤ-
ckungen veranlaßten Auswanderungen erhielt auch
Sachſen verſchiedene Colonien. So baueten
Kemberg und die daſige Gegend zuerſt Flaͤmin-
ger aus Cambray an, und wahrſcheinlich ruͤhrt
noch aus dieſen Zeiten der anſehnliche Hopfenbau
dieſer Laͤndereyen her.
Auguſt, jener große Fuͤrſt, wurde ganz und
weit nachdruͤcklicher ihr Beſchuͤtzer. Seine Ein-
ſichten waren durch die Reformation in vielen be-
richtiget, ſo wie uͤberhaupt Sachſen und andere
deutſche
[21] deutſche Lande durch ſie aufgeklaͤrter wurden, ſo
daß ſein Beyſpiel einen allgemeinen Einfluß ha-
ben konnte. Von ſeinen Zeiten gilt mit Anwen-
dung auf die Oekonomie, was Pope von der Epo-
che Leo des zehnten in Anſehung der ſchoͤnen Kuͤn-
ſte und Wiſſenſchaften ſagt:
Sieh, wie in Auguſts goldnen Tagen Ceres
aus ihrem Schlummer erwacht, den welken
Aehrenkranz putzt, ihr Haupt froh erhebt, und
den Moder abſchuͤttelt.
Er bauete die Wohlfahrt ſeiner Laͤnder auf Grund-
ſaͤulen, die noch dauern. Er befoͤrderte die Cul-
tur der ſaͤchſiſchen Lande, veranſtaltete die An-
bauung wuͤſter Plaͤtze, und bediente ſich hierzu
vorzuͤglich des Mittels, daß er dieſelben in Erb-
zins und Laßguͤther verwandelte, wovon wir haͤu-
fige Beweiſe in den Aemtern finden, auch zeigen
dieſes ſeine Geſetze, darinnen der Guͤther aus rau-
her Wurzel, d. i. ſolcher, die aus ausgerotteten,
buſchigten Wildniſſen entſtanden, oͤftere Erwaͤh-
nung geſchiehet. Er wurde der Lehrer ſeines
Volks in der Art das Land zu bauen, und die
Guͤther gluͤcklich zu verwalten. Er ließ durch
ſeinen Cammerpraͤſidenten, Abraham von Thums-
hirn, l) zum Gebrauch fuͤr ſeine eignen Vorwerke
B 3eine
[22] eine ſchriftliche Anleitung zur Landwirthſchaft auf-
ſetzen, und ob es gleich urſpruͤnglich fuͤr ſeine Cam-
merguͤther beſtimmt aufgeſetzt war, wie aus der
Ueberſchrift des Buchs erhellet, ſo konnten doch
die Unterthanen nach dieſem Beyſpiele auch ihre
Guͤther behandeln, zumal da ſie alsdenn gleich
durch die Wirkung und gleichſam die beſtaͤtigten
Verſuche ermuntert wurden. Auguſt ſelbſt hatte
große Einſichten in die Oekonomie, und man hat
nach einigen Nachrichten noch ein Werk uͤber die
Haushaltungskunſt im Manuſcript, welches er
ſelbſt aufgeſetzet hat. m) Auch finden ſich aus
dieſen Zeiten viele Wirthſchaftsbuͤcher, darunter
ſonderlich das Arnimbſche aus dem ſechszehnten
Jahrhunderte bekannt iſt. n)
Auguſt befoͤrderte durch weiſe Polizeygeſetze
die Landwirthſchaft, und unterſtuͤtzte dadurch den
Fleiß des Volks, und hob die Hinderniſſe, die
ihm entgegenſtanden. Es zeigen hiervon viele
Verordnungen, welche er in dieſer Ruͤckſicht er-
gehen ließ. o) Er ſicherte die Guͤther ſeines
Volks
l)
[23] Volks fuͤr den Ueberſchwemmungen der Stroͤme,
vorzuͤglich der Elbe. p) Er bemuͤhete ſich ſon-
derlich unter einigen Hauptgeſchaͤfften der Oeko-
nomie das gehoͤrige Verhaͤltniß zu beſtimmen,
und ſie in daſſelbe zu ſetzen, und vorzuͤglich das
gehoͤrige Verhaͤltniß des Viehſtands gegen die
Fuͤtterung, wie dieſes ein ungenannter Verfaſſer
im Leipz. Intelligenzblatt vom J. 1764 S. 142
angegeben, deſſen Worte folgende ſind: „Sach-
ſen hat ſchon ſeit geraumer Zeit ſeinen Ackerbau
und ſeinen innern Nahrungsſtand in Aufnahme
zu bringen praktiſch geſucht, und es iſt keine Kla-
ge uͤber ein altes, ſondern vielmehr uͤber ein neues
Verderben, wenn man itzt uͤber Vernachlaͤßigung
deſſelben gegruͤndet klagen muß. Die Geſchich-
te Churfuͤrſt Auguſts beweiſt dieſes ganz vorzuͤg-
lich, und es waͤre der Muͤhe werth, dieſe Theile
ſeiner Thaten, welche auf die Verbeſſerung des
Nahrungsſtandes hauptſaͤchlich abzielten, beſon-
ders zu unterſuchen, und die diesfaltigen Man-
date wieder einzuſchaͤrfen. Vielleicht wuͤrde man,
wenn dieſe nur in Ausuͤbung gebracht wuͤrden,
wenig oder keine Neuerung brauchen. Nur ein
wirthſchaftliches Hauptprincipium Churfuͤrſt Au-
guſts zu erwaͤhnen, ſo ſetzte er in die ſaͤchſiſche
B 4Oeko-
o)
[24] Oekonomie ſeiner Zeiten einen vorzuͤglichen Vor-
theil der Landwirthſchaft in die gehoͤrigen Ver-
haͤltniſſe des Viehſtandes gegen die Fuͤtterung.
Wuͤrde dies noch heut zu Tage beobachtet, und
theils weniger Vieh gehalten, theils der Wieſen-
und Futterbau zu deſſen beſſerer Unterhaltung
mehr beſorgt, und nicht aller moͤgliche Boden,
er ſey tragbar oder nicht, zum Getraide gemiß-
brauchet, wie vortrefflich wuͤrde unſere Haushal-
tung ſtehen. Es waͤre der Muͤhe werth, daß
unſere Landsleute bey dem itzigen Viehmangel
dieſes wieder zu lernen und einzuſehen anfiengen,
daß ſie auch mit wenigem Vieh ihre Wirthſchaft
gehoͤrig beſtreiten koͤnnten.“ Unter die vorzuͤgli-
chen Anſtalten des großen Churfuͤrſt Auguſts ge-
hoͤrt auch die folgende, daß die im Lande beſtaͤn-
dig herumreiſenden churfuͤrſtlichen Verwalter nicht
allein auf die churfuͤrſtlichen Vorwerke, ſondern
auch auf Privathaushaltungen Acht haben, die
Maͤngel und Gebrechen davon anzeigen, die Land-
leute eines beſſern unterrichten, und auf die Be-
folgung ſehen mußten. Fanden ſie Nachlaͤßigkeit,
ſo wurde ſie beſtraft.
Aber nicht allein um die eigentliche Oekonomie,
ſondern auch um die Huͤlfswiſſenſchaften machte er
ſich verdient. Er ſtiſtete im J. 1580 die Prof.
der Botanik zu Leipzig, und wies ihr einen bo-
taniſchen Garten an. Eben dieſes Jahr war fuͤr
die Politik guͤnſtig, indem ſie einen Lehrer zu
Leipzig erhielt.
Sein
[25]
Sein Beyſpiel wirkte auch in vielen uͤbrigen
Reichslanden und bey andern deutſchen Fuͤrſten,
denn es fanden ſich um dieſe Zeiten viele Ver-
beſſerungen in dem Oekonomieweſen der Laͤnder, q)
die theils durch einzelne Verordnungen, theils
durch Landesordnungen, welche einige Ruͤckſicht
auf den Landbau nahmen, gemacht wurden. Es
gehoͤren hieher die brandenburgiſchen, wuͤrtem-
bergiſchen, pommeriſchen, braunſchweigiſchen,
hennebergiſchen und oͤſterreichiſchen Lande. Hier-
zu kam noch, daß ſeit dieſen Zeiten vorzuͤglich die
Staͤnde in den Reichslaͤndern dieſe Gegenſtaͤnde
mit auf die Landtage zogen, und darauf aufmerk-
ſamer wurden. r)
Die Folgen zeigten ſich auch noch mehr dar-
innen, daß die Gelehrten s) ſie mehr bearbeiteten,
und wir in dieſen Zeiten, naͤmlich gegen das En-
B 5de
[26] de des ſechszehnten Jahrhunderts, weit mehrere
Schriftſteller in der Oekonomie, als vorher fin-
den. Faſt alle Gegenſtaͤnde und Theile derſelben
fanden dergleichen. Man beſchaͤfftigte ſich nicht
blos mit der Privatoͤkonomie, ſondern auch mit
der Staatswirthſchaft.
Der Wohlſtand der ſaͤchſiſchen Lande in den
damaligen Zeiten zeigte ſich einigermaßen durch
die Kleiderpracht, ge [...]n welche die ſaͤchſiſchen
Fuͤrſten ſtets zu kaͤmpfen hatten, um ſie, ſo viel
es der Klugheit gemaͤß war, einzuſchraͤnken. t)
Der verderbliche dreyßigjaͤhrige Krieg machte
keine geringe Veraͤnderung in dem deutſchen Oe-
konomieweſen, viele Gegenden wurden durch Ver-
heerung die traurigſten Denkmaͤler von ihm, viele
Gewerbe wichen aus einem Lande in das andere,
und oͤfters mit ihnen die Bau und Erzielung der
zu denſelben erforderlichen Naturprodukte; ſo ver-
lor Pommern meiſt ſeinen gluͤcklichen Oekonomie-
zuſtand, viele Gewerbe, ſonderlich Manufakturen,
fluͤchteten ſich nach Sachſen und andern Gegen-
den. Um deſto mehr waren die deutſchen Fuͤr-
ſten genoͤthiget, darauf zu denken, die veroͤdeten
Laͤnder wieder anzubauen und zu bevoͤlkern, die
Gewerbe wieder in Gang zu bringen, und den
Nach-
[27] Nachkommen das traurige Andenken zu entzie-
hen; wir finden daher um dieſe Zeiten viel Er-
munterungen zu Anbau der Laͤndereyen. So er-
ſchien in Sachſen 1649 ein Befehl die Erlaſſung
der alten reſtirenden Gefaͤlle und auf wuͤſten Guͤ-
thern liegender Hufengelder betreffend; ingleichen
1650 wegen der Ertheilung des Buͤrgerrechts
an die ſich niederlaſſenden, und ein anderweitiger
Befehl wegen Erlaſſung der alten reſtirenden Ge-
faͤlle auf wuͤſten Guͤtern; im J. 1659 zwey ver-
ſchiedene Reſolutionen wegen Wiederasfbauung
des Landes, wie auch im Jahr 1661. Man
benutzte damals vorzuͤglich in Sachſen die Fehler
der oͤſterreichiſchen Regierung in Boͤhmen, da-
her viele Staͤdte in dem ſaͤchſiſchen Erzgebirge
und der Lauſitz ihren Urſprung den fluͤchtigen Boͤh-
men zu danken haben.
Waͤren die Bemuͤhungen um die Oekonomie
in Deutſchland und vorzuͤglich in Sachſen ſo fort-
gegangen, ſo haͤtten die Deutſchen hierinne un-
ſtreitig vor allen Nationen einen Vorzug erhalten,
und die Lehrer derſelben in der Landwirthſchaft
bleiben koͤnnen. Wiewohl nicht zu laͤugnen, daß
man in Sachſen noch ſehr an die Landwirthſchaft
von Seiten der Regierung dachte, ſo wohl in den
churſaͤchſiſchen als herzoglichen Laͤndern finden ſich
in den Geſetzen des ſiebenzehnten Jahrhunderts
Beweiſe hiervon. Vorzuͤglich aber bemuͤhete
ſich der fromme und weiſe Herzog Ernſt mit ſei-
nem großen Miniſter, dem von Seckendorf. Er
erkannte den Werth oͤkonomiſcher und camerali-
ſtiſcher
[28] ſtiſcher Reiſen, und die Vortheile, welche ſie bey
der Verbeſſerung der einheimiſchen Verfaſſung
haben koͤnnen. Er ſchickte deshalb in Aemtern
ſitzende Bediente auf Reiſen, damit ſie ſich mit
denen bekannt machen ſollten, die die Haushal-
tung wohl verſtuͤnden, und ließ ſie, wenn ſie zu-
ruͤckkamen, ihre erlangte Wiſſenſchaft ausuͤben. u)
Er ſelbſt hatte große Einſichten in dieſen Wiſſen-
ſchaften und Gegenſtaͤnden, und legte groͤßten-
theils ſelbſt den Grund zu der beruͤhmten Fuͤrſten-
ſtaat des Hrn. von Seckendorfs. Allein man
lenkte doch die Sorge mehr auf die Cammer und
Cammerſachen, wozu die deutſchen Fuͤrſten ſich
theils durch das Beyſpiel Frankreichs verfuͤhren
ließen, theils aber auch durch die Zeitumſtaͤnde
gezwungen wurden. Deutſchland ward durch die
Religionsſpaltung in haͤufige Kriege verwickelt,
bey denen man die goldenen Fruͤchte des Friedens
vergaß. Durch die Aufklaͤrung der Zeiten wur-
de die Regierung zuſammengeſetzter, welches bey
der damaligen Verfaſſung auch einen groͤßern Ca-
meralaufwand verurſachte. Die Pracht und
Verſchwendung, welche taͤglich zunahm, da die
weſtindiſchen Reichthuͤmer ſich nunmehr auch in
Deutſchland verbreiteten, die veraͤnderte Kriegs-
art, welche große Heere forderte, alles trug dazu
bey, daß die Caſſen erſchoͤpft, und die Fuͤrſten
genoͤthiget wurden, auf Vermehrung und beſſere
Benutzung der Cammereinkuͤnfte zu denken.
Nur
[29] Nur haͤtte man dabey nicht vergeſſen ſollen, daß
dieſe am ſicherſten in einer wohl eingerichteten
Privatoͤkonomie gegruͤndet waͤren.
Das im ſiebenzehenten Jahrhunderte vorzuͤg-
lich durch franzoͤſiſche Staatsfehler von neuem in
Deutſchland, beſonders in dem niedern Germa-
nien, wieder emporkommenden Manufakturſyſtem,
(denn in den aͤltern Zeiten hatten die Manufak-
turen in Deutſchland, beſonders dem obern, vor
allen andern Landen gebluͤhet,) befoͤrderte einiger-
maßen mit den Ackerbau und die Landwirthſchaft;
ſo wie auch ſelbſt das Cameralweſen in ſo fern
gewiſſe Nahrungsgeſchaͤffte auch ein Gegenſtand
fuͤr die Cammer ſind; z. B. die Forſtwirthſchaft,
Jagd, Bergbau. Wir finden daher in dieſen
Zeiten haͤufige Forſt- und Bergwerksordnungen,v)
worinnen, ſonderlich in den erſtern, auch immer
die Unterthanen zu einer beſſern Wirthſchaft und
Cultur angewieſen und genoͤthiget werden, da die
Waldungen derſelben haͤufig mit den fuͤrſtlichen
graͤnzen, und man uͤberhaupt eine Aufſicht des
Fuͤrſten uͤber alle Landeswaldungen, vermoͤge des
ihm zuſtehenden Forſtregals und deren daher ihm
zufließenden Einkuͤnfte, vorzuͤglich aber bey denen
von ihm verliehenen Forſten und Waͤldern an-
nahm. Eben dieſes gilt von der Jagd, Fiſche-
rey, und einigen andern Nahrungsgeſchaͤfften,
welche zugleich als Regalien fuͤr die Cammer ge-
hoͤrten.
So
[30]
So weit giengen die Hoͤfe; die Gelehrten im
17ten Jahrhundert beſchaͤfftigten ſich um deſto
mehr damit, da die Oekonomie einmal unter ih-
re Beſchaͤfftigungen aufgenommen war; und vor-
zuͤglich die Huͤlfswiſſenſchaften derſelben, die Na-
turgeſchichte und Naturlehre, welche damals noch
haͤufig mit einander behandelt wurden, empor ka-
men. Die Mathematik fieng an zu ſteigen, und
erhielt große Geiſter, ſonderlich die Mechanik.
Die Chemie bekam auf Univerſitaͤten ihr verdien-
tes Anſehen wieder, das ihr bisher haͤufig der
Aberglaube entzogen hatte, x) obgleich nicht zu
laͤugnen, daß ſie Auguſt ſchon beguͤnſtiget, da er
ſich ſelbſt damit beſchaͤfftiget haben ſoll; und die
Sage redet ſogar von Alchymie. Auch hierin-
nen hat Sachſen vorzuͤgliche Verdienſte; indem
Daniel Sennert, y) ein beruͤhmter Profeſſor zu
Wittenberg, die Chemie zuerſt auf den deutſchen
Univerſitaͤten einfuͤhrte. Eben dieſer war in
Deutſchland der erſte, der den Ariſtoteles in der
Naturlehre verließ, und eklektiſch philoſophirte.
Die Gelehrten beſchaͤfftigten ſich auch haͤufi-
ger mit den Staatswiſſenſchaften, je mehr die
zuſammengeſetztere Regierung ſie dazu veranlaßte,
und
[31] und ſahen dadurch immer mehr die Wichtigkeit
der Oekonomie ein. Alles dieſes wirkte zur Ver-
vollkommung der Oekonomie, und daher kommt
es unſtreitig, daß man in den oͤkonomiſchen Schrif-
ten des ſiebenzehnten Jahrhunderts mehr Voll-
kommenheit und eigenes Denken findet, als in
denen aus dem ſechszehnten, wo man meiſtens
nur aus den Alten die Grundſaͤtze ohne genugſa-
me Ruͤckſicht auf Clima, Landesbeſchaffenheit,
und andere Umſtaͤnde, beſchrieb, oder auch ſie
blos uͤberſetzte. z) Die Gelehrten dachten itzt
darauf, die Oekonomie in ein Syſtem zu bringen,
vorzuͤglich Kekermann, Richter, Berkringer;
denn obgleich Rohr, Thomaſius, Dithmar und
Zink behaupten, ſie haͤtten es abzulehnen geſucht,
ſo bezeugen es doch ihre Werke; a) auch wuͤnſch-
ten
[32] ten viele Gelehrte, ſie auf den Univerſitaͤten zu
ſehen, ich darf nur die Beyſpiele eines Morhof,
Beckmann, Doͤhlers anfuͤhren, welche Hr. von
Rohr in ſeiner Haushaltungsbibliothek C. I. §. 24.
anfuͤhrt. Allein es blieb immer bey dem Wuͤn-
ſchen. Selbſt die Rechtsgelehrten fiengen an,
wegen der Anwendung der Rechte auf die oͤkono-
miſchen Gegenſtaͤnde, ſich bekannter mit ihr zu
machen; in dieſe Zeiten faͤllt alſo der eigentliche
Urſprung von der ſogenannten Oeconomia fo-
renſi,b) obgleich ſchon vorher ſich manche Spu-
ren davon finden, vorzuͤglich Figard, u. a.
Ob
[33]
Ob alſo gleich die Hoͤfe fuͤr die eigentliche Oe-
konomie nicht mehr unmittelbar ſo aufmerkſam
ſorgten, wie ein Auguſt, ſo befoͤrderten ſie doch
mittelbar dieſelbe ſelbſt durch das veraͤnderte Sy-
ſtem, da ſie ſtatt der Landwirthſchaft die Manu-
fakturen und den Handel mehr beguͤnſtigten.
Dieſe vermehrten die Abnahme und den Ver-
brauch der Erdfruͤchte; ſie mehrten die Zuberei-
tung und Benutzungsarten, und erhoͤheten da-
durch den Werth derſelben und der Guͤther.
Hierzu kam, daß die Polizey die Bevoͤlkerung zu
mehren ſich bemuͤhete, und daher die Wiederan-
bauung der durch den dreyßigjaͤhrigen Krieg ver-
wuͤſteten Gegenden und Orte befoͤrderte. Um
den Stand, der ſich mit dem Pfluge beſchaͤfftiget,
um den Bauernſtand nicht ſo ſchwaͤchen zu laſſen,
und vorzuͤglich auch allerhand Unordnungen in
dem Steuerweſen vorzubeugen, verordnete Jo-
hann Georg, daß Bauerguͤther wieder an Bauern
kommen ſollten, c) damit nicht durch Auskaufun-
gen dieſer Stand ſo viele Guͤter verloͤre. Aehn-
liche Verordnungen finden wir in dem Branden-
burgiſchen, wo der weiſe Churfuͤrſt Friedrich Wil-
helm, den ſeine Verdienſte und die Jahrbuͤcher
unter dem Namen des Großen verewigen, alle
ſeine Bemuͤhungen auf Anſtalten verwendete, die
zum Wohl und zur Cultur ſeiner Lande dienten.
Und faſt alle uͤbrigen Reichsſtaͤnde, vorzuͤglich der
Herzog von Gotha, der fromme und weiſe Ernſt,
und
C
[34] und in der Pfalz und Bayern that man ein
gleiches.
So weit war man bis zu Anfange dieſes
Jahrhunderts in Deutſchland; als auf einmal
die Oekonomie den Lehrſtuhl auf den deutſchen
Univerſitaͤten beſtieg, und unter die Univerſitaͤts-
wiſſenſchaften aufgenommen wurde. Denn ob-
gleich ſchon mehr dergleichen Wuͤnſche und Vor-
ſchlaͤge von Morhof, Beckmann und Doͤhler im
ſiebenzehnten Jahrhunderte geſchehen waren, die
Oekonomie oͤffentlich zu lehren,d) ſo war es doch
nicht ſo weit gekommen; vielleicht weil die Fuͤr-
ſten die eigentliche Privatoͤkonomie nicht mehr ſo
achteten, und die Cameral- und Staatswirth-
ſchaft zu ſehr als Staatsgeheimniſſe anſahen,
welche nicht oͤffentlich gelehrt werden duͤrften; und
weil man auch das Vorurtheil zu lebhaft hatte,
daß man die Oekonomie als eine praktiſche Wiſſen-
ſchaft blos der Erfahrung und Ausuͤbung uͤber-
laſſen muͤßte, und nicht auf Grundſaͤtze bringen
koͤnne; vorzuͤglich aber auch, weil die Univerſitaͤten
noch zu ſehr abgeneigt waren, eine Wiſſenſchaft
auf ihren Lehrſtuͤhlen zu ſehen, mit der ſich der
Niedrige im Volk, der Landmann, beſchaͤff-
tigte. e)
Endlich
[35]
Endlich erſchien Chriſtian Thomaſius, ein
zweyter Luther in der Vernunft, und durchdrang
die Vorurtheile. Er fieng an die Oekonomie zu
Halle oͤffentlich zu lehren, f) und erfuͤllete dadurch
ſelbſt ſeinen Wunſch, den er in ſeinen Cautelen
der Rechtsgelahrheit im 17ten Kap. §. 1. geaͤu-
ßert. Er waͤhlte zu ſeinen Vorleſungen des wuͤr-
digen und großen Miniſters von Seckendorfs Fuͤr-
ſtenſtaat, welchen derſelbige ſchon in der erſten
Haͤlfte des ſiebenzehnten Jahrhunderts zum Un-
terricht fuͤr einen Herzogl. Gothaiſchen Prinzen
geſchrieben. Ihm folgte Ludwich uͤber eben die-
ſes Buch nach, und zu Leipzig auch Frankenſtein.
Alles waren nur Privatbemuͤhungen denkender
Gelehrten, die ſich uͤber die Vorurtheile hinweg-
ſetzten. Thomaſius aber war nicht blos zufrieden,
durch Privatbemuͤhungen die Oekonomie zu erhe-
ben; er fuͤhrte ſie bis zu dem Throne ſeines Koͤ-
nigs, der, ob er gleich nicht der groͤßte Staats-
wirth war, doch hierinnen fuͤr die allgemeine
Staatswirthſchaft ſehr weislich ſorgte, und em-
pfahl ſie ſeinem Schutze. Dieſer große Koͤnig
C 2errich-
e)
[36] errichtete zuerſt im J. 1727 auf ſeinen beyden
Univerſitaͤten zu Halle und Frankfurt an der Oder
die erſten Profeßionen fuͤr die Oekonomie, Poli-
zey und Cameralwiſſenſchaften. g) Zu Halle be-
ſtellte er den geheimden Rath Gaßer, zu Frank-
furt an der Oder den Prof. Dithmar, welche ſich
beyde nicht nur durch oͤffentlichen Vortrag, ſon-
dern auch durch Lehrbuͤcher um die Oekonomie
verdient zu machen ſuchten. Der Koͤnig erklaͤrte
dem erſtern ſeine Abſichten bey Errichtung dieſes
Lehrſtuhls muͤndlich, und Gaßer ruͤhmt dieſe Er-
klaͤrung ſelbſt in ſeinem Vorbericht als die erſte
Grundlage des Cameral Collegiums. h) Der
Koͤnig ſelbſt ließ ſich von ihm einige Kapitel und
Erinnerungen uͤber die bisherigen Lehrbuͤcher auf-
ſetzen, und zugleich einen Plan, wornach Gaßer
arbeiten wolle, und genehmigte den letztern. In
dem Reſcript an die Univerſitaͤt Halle aͤußert die-
ſer weiſe Fuͤrſt: man werde bey Befoͤrderung der
Landeskinder auf dieſe Wiſſenſchaft und die Kennt-
niſſe derſelben ſehen; und eben dieſes findet ſich
auch in dem Reſcript wegen der Prof. zu Frank-
furt an der Oder, welches in Dithmars Einlei-
tung befindlich iſt.
Jenem
[37]
Jenem großen Beyſpiele folgte bald der da-
mals in Schweden regierende glorwuͤrdige Koͤnig
Friedrich nach, welcher als Herzog von Pommern
auf der Univerſitaͤt Rinteln 1730 fuͤr die Oeko-
nomie eine Profeßion errichtete, und dieſelbe mit
dem Hrn. D. Fuͤrſtenau beſetzte. Zu Leipzig
hatte ſchon in dem erſten Theile dieſes Jahrhun-
derts Frankenſtein die Oekonomie und Cameral-
wiſſenſchaft nach dem Beyſpiel des Thomaſius
und von Ludwich gelehrt, nach ihm trat 1742
der Hr. Hofr. Zink auf, und lehrte durch oͤffent-
lichen Unterricht und Schriften; nur wenige ha-
ben vielleicht mit gleichem Gluͤck gearbeitet, und
noch weit weniger mit mehrerm, da er zugleich
Oekonom und Cameraliſt, Rechtsgelehrter und
Philoſoph war. Seine gruͤndlichen Schriften
machen ſeinen Namen fuͤr die Oekonomie und Ca-
meralwiſſenſchaften unvergeßlich. Deutſchland
hat ſeine meiſten guten Cameraliſten, und vielleicht
viele gute Einrichtung in dem Cameral- und Po-
lizeyweſen dieſem verdienſtvollen Manne zu dan-
ken. Sein Ruhm entzog ihn Leipzig zu bald,
indem er 1745 von des Herzogs zu Braunſchweig
Durchl. nach Helmſtaͤdt berufen, und beſonders
zum Lehrer der Cameralwiſſenſchaft an dem Ca-
rolino zu Braunſchweig auserſehen wurde. Leip-
zig fuͤhlte ſeinen Verluſt lange, da auf den Lehr-
ſtuͤhlen daſelbſt die Oekonomie viele Jahre ver-
ſtummte. In dem Oeſterreichiſchen dachte man
1752 an die Oekonomie, und errichtete [fuͤr] dieſel-
be bey dem Thereſiencollegium eine Proſeßion,
C 3welche
[38] welche der Hr. von Juſti erhielt; und 1763 ge-
ſchahe ein gleiches bey der hohen Schule zu Wien
in der Perſon des Hrn. von Sonnenfels, da den
21ſten November die oͤkonomiſchen Vorleſungen
in dem Hoͤrſaale, wo die canoniſchen Rechte ge-
lehrt werden, ihren Anfang nahmen. Die Berg-
werkswiſſenſchaft erhielt 1763 ein Lehramt zu
Prag, [und] eben daſelbſt die Oekonomie 1766.
Der Bergbau zu Schemnitz eine Akademie. Zu
Goͤttingen wurde gleich bey Errichtung der Uni-
verſitaͤt Penther und nachher Meyer zu Lehrern
der Oekonomie ernannt, welche aber nie geleſen,
bis es endlich dem Hrn. von Juſti 1755 aufge-
tragen wurde, welcher aber 1757 Goͤttingen wie-
der verließ, und ſeitdem war die Profeßion eine
Zeit lang unbeſetzt. Hier hat der Prof. der Oe-
konomie einen oͤkonomiſchen Garten, wo er ſeine
Wiſſenſchaft durch Verſuche bereichern, oder den
ſchon bekannten mehrere Gewißheit geben kann;
die Cammer zu Hannover beſorgte ihm eine
Sammlung der Erden, vorzuͤglich der Mergel-
arten, aus den deutſchen koͤnigl. Erblanden. [Jetzt]
bekleidet ſie der durch ſeine Schriften und ausge-
breiteten Einſichten in die Oekonomie bekannte
Hr. Prof. Beckmann. Erfurt erhielt ſeinen er-
ſten Lehrer der Oekonomie in der Perſon des Hrn.
D. Benjamin Gottfried Hommel. i) Es wurde
daſelbſt
[39] daſelbſt auch ein ordentlicher Lehrer der Staats-
und Finanzwiſſenſchaft beſtellet, und Hr. Hade-
lich lehrte neuerlich daſelbſt die Oekonomie. Zu
Buͤtzow geſchahe dergleichen 1760, man berief
dazu den wuͤrdigen D. Schreber von Halle, wo
er die Cameralwiſſenſchaften bisher gelehret.
Schon 13 Jahr vorher hatte zu Roſtock vermoͤge
des Schmidtiſchen Vermaͤchtniſſes dergleichen er-
richtet werden ſollen, welches aber vereitelt wurde.
Im J. 1765 erfolgte dergleichen auch zu Leipzig,
wozu man den D. Schreber aus Buͤtzow berief;
und nach deſſen erfolgten Tode wurde dieſelbe durch
Hrn. Prof. Leſke, den die Naturforſcher als einen
gruͤndlichen Schriftſteller kennen, beſetzt; und im
J. 1770 zu Erlangen in der Perſon des Hrn.
Hofr. Schreber. Auch zu Kiel iſt eine Profeßion
der Oekonomie, welche Hr. Fabricius bekleidet.
Zu Bruͤnn in Maͤhren wurden dieſe Wiſſenſchaf-
ten von einem oͤffentlichen Lehrer der politiſchen
Wiſſenſchaften gelehret. Zu Tyrnau in Ungarn
hat die Oekonomie und Naturgeſchichte ihren
oͤffentlichen Lehrer in der Perſon des Hrn. Mit-
terbacher ſeit dem J. 1777, ſo wie die Technolo-
gie und die politiſchen Wiſſenſchaften. Zu Linz
in dem Lande ob der Ens findet ſich ein Lehrſtuhl
der politiſchen Wiſſenſchaften, der ſeit 1771 mit
dem Hrn. Ignaz de Luca beſetzt iſt. Außer die-
ſem bemuͤheten ſich auch Privatgelehrte, die Oe-
konomie in die Hoͤrſaͤle einzufuͤhren. Der Hr.
geheime Rath Daries that dieſes zu Jena, und
C 4nachher
[40] nachher auch wahrſcheinlich zu Frankfurt, ſo wie
Hr. Prof. Titius zu Wittenberg.
Man that in Deutſchland noch mehr fuͤr die
Oekonomie. Schon laͤngſt hatte Hr. D. Schre-
ber im Xten Theile ſeiner erſten Sammlung oͤko-
nomiſcher Schriften S. 417. einen Entwurf zu
einer Akademie der oͤkonomiſchen Wiſſenſchaften
mitgetheilet, k) und Hr. Hofr. von Griesheim in
ſeinen Beytraͤgen zur Aufnahme des bluͤhenden
Wohlſtandes der Staaten im IIten und IIIten
Stuͤck vorgeſchlagen, auf Univerſitaͤten eine fuͤnfte
Facultaͤt fuͤr die oͤkonomiſchen Wiſſenſchaften zu
errichten. Eine ſolche oͤkonomiſche Akademie oder
Facultaͤt ſollte nach dieſen Planen ſich nicht nur
mit allen Theilen der oͤkonomiſchen Wiſſenſchaf-
ten ſowohl der Land- als Stadtwirthſchaft theo-
retiſch und ausuͤbend, mit der Polizey- und Ca-
meralwiſſenſchaft in ihrem ganzen Umfang, nicht
weniger mit den Huͤlfswiſſenſchaften in der An-
wendung auf die Oekonomie beſchaͤfftigen. Der
Schreberiſche Vorſchlag blieb nicht unbenutzt; in
der Pfalz veranſtaltete der verdienſtvolle Hr. Hofr.
Medikus die Cameralakademie zu Lautern, l) der
Hof
[41] Hof unterſtuͤtzte ihn nachdruͤcklich, und wies ihm
ein und andres Gut zu Verſuchen an; die Aka-
demie ſelbſt wurde den dritten October 1774 er-
oͤffnet, und erhielt im J. 1779 im Junius den
Namen Cameral hohe Schule. Zu Gießen wur-
de der Griesheimiſche Vorſchlag ausgefuͤhrt, und
vermoͤge eines Reſcripts vom 23ſten April 1777
eine oͤkonomiſche Facultaͤt errichtet, welche ſich ſo
wohl mit der Landwirthſchaft beſchaͤfftiget als mit
den Huͤlfsdiſciplinen.m) Im Anfange des Jah-
C 5res
l)
[42] res 1778 wurde zu Wien nach einem neuen Plane
der Grund zu einem vollſtaͤndigen theoretiſch prak-
tiſchen Unterricht in der Landwirthſchaft gelegt,
Hr. von Zahlheim machte den 3ten Januar den
Anfang mit den Vorleſungen. Die Oekonomie
ſelbſt, ſo wie auch die Huͤlfswiſſenſchaften, die
Botanik, Naturgeſchichte, Phyſik, Groͤßenlehre,
Chemie, Mechanik, ſo weit ſie einem Landwirth
noͤthig ſind, nebſt einem Theile der Vieharzeney-
und oͤkonomiſchen Rechenkunſt, und die oͤſterrei-
chiſchen auf die Oekonomie ſich beziehenden Rechte
werden von den Kaiſerl. Koͤnigl. Profeſſoren an
der Univerſitaͤt in abwechſelnden Stunden deutſch
vorgetragen, den praktiſchen Unterricht aber ver-
ſchob man bis zum Anfang des Fruͤhjahres.
Die wichtigſte Oekonomieepoche, die bey
allen dieſen bisherigen Anſtalten den Anfang mach-
te, war der Zeitpunkt nach dem oͤſterreichiſchen
Succeſſionskriege. Bisher hatte vorzuͤglich Eng-
land faſt ein Jahrhundert hindurch die großen
Vortheile des bluͤhenden Ackerbaues benutzt, wel-
che Deutſchland nicht weniger haͤtte genießen koͤn-
nen, wenn es ſo fortgefahren waͤre, wie ihm Sach-
ſen den Weg zeigte. Deutſchland war zu Ende
des vorigen Jahrhunderts und auch noch im An-
fang des itzigen durch das franzoͤſiſche Finanz-
und Manufakturſyſtem von dem Landwirthſchafts-
ſyſtem entfernt worden; allein nun lebte und ath-
mete
m)
[43] mete auf einmal alles in oͤkonomiſchen Beſchaͤffti-
gungen; alles ſprach von Oekonomie. Zudem
erwachten die Hoͤfe aus einigen politiſchen Irthuͤ-
mern, und vergaßen, daß nicht von dem chimaͤ-
riſchen Gleichgewicht noch von bloßen hinterliſti-
gen Negotiationen der Cabinette das Gluͤck der
Nationen abhaͤnge, ſondern daß innere Staͤrke
des Landes ein feſterer Grund zur Unabhaͤngigkeit
der Voͤlker von einander und zu ihrer aͤußern Staͤr-
ke ſey, als jene ſo ſcheinbaren Mittel. Man ſa-
he ein, daß das Manufakturſyſtem ſelten gluͤck-
lich ſey, wenn man die Produkte nicht im Lande
habe, und daß es von dem andern Volk, das
dieſe liefert, ſo ſehr abhienge.
Indeſſen arbeiteten die Gelehrten dieſes Jahr-
hunderts unermuͤdet fort, durch Verſuche und
gluͤckliche Entdeckungen die Oekonomie zu berei-
chern, und die Huͤlfswiſſenſchaften, die Natur-
lehre, Naturgeſchichte, Chemie, Mathematik in
allen ihren Theilen mehr fuͤr die Oekonomie zu
bearbeiten, zu benutzen und anzuwenden. Die
Botanik wendeten ſonderlich auf die Oekonomie
an in Deutſchland der Hr. Hofr. Schreber, Gle-
ditſch, Beckmann, Succov, Gmelin; und es ent-
ſtund ſogar eine botaniſche Geſellſchaft zu Ham-
burg. Man benutzte die Zoologie mehr fuͤr die
Oekonomie, und gab dadurch der oͤkonomiſchen
Zoologie ihr Daſeyn, worinnen aber dem Fleiße
der Gelehrten noch ein ungeheures Feld offen ſte-
het, ehe ſie die Verhaͤltniſſe der Thiere ſowohl zur
Oekonomie als auch die oͤkonomiſchen Verhaͤlt-
niſſe
[44] niſſe derſelben gegen einander, den Nutzen eines
jeden Theiles dieſes oder jenen Thieres in der Land-
und Stadtwirthſchaft ausforſchen. Eben ſo dankt
die oͤkonomiſche Mineralogie dieſem Jahrhunderte
ihr Daſeyn. Man unterſuchte die Erden und ihre
Arten, die man bisher blos zu mineraliſchen Ab-
ſichten erforſchet hatte, itzt auch vorzuͤglich in An-
ſehung ihres Einfluſſes auf Fruchtbarkeit und Un-
fruchtbarkeit, auf Manufakturen und Fabriken.
Selbſt die Regierungen unterſtuͤtzten hierinnen die
Gelehrten. In dem Braunſchweigiſchen wurden
auf Verordnung der Cammer zu Hannover eine
Sammlung von den verſchiedenen Mergelarten
der ihr gehoͤrigen Lande gemacht, welche ſich im
oͤkonomiſchen Garten zu Goͤttingen befindet, und
durch welche Hr. Andraͤ in Stand geſetzt wurde,
ſo gluͤckliche Unterſuchungen uͤber dieſe Erdarten
anzuſtellen. In Sachſen geſchahe theils durch
oͤffentliche Veranſtaltungen, theils durch Privat-
fleiß dergleichen nicht weniger, vorzuͤglich aber
mit den ſaͤchſiſchen zahlreichen Farbenerden. Man
ermunterte in Sachſen, im Brandenburgiſchen,
im Braunſchweigiſchen, im Badenſchen, im Heſ-
ſiſchen, in der Pfalz, im Oeſterreichiſchen und
faſt in allen deutſchen Staaten zu Aufſuchung der
Mergelarten und zu der Anwendung derſelben zur
Duͤngung. Ein Syſtem uͤber die Erden liefert
Schwabe: Terrae in ordinem ſyſtematicum
digeſtae. Daher entſtanden die wichtigſten Ent-
deckungen in dem Pflanzenbau, in ihrer Vermeh-
rung, Verbeſſerung, Abaͤnderungen, Vellkom-
menheiten,
[45] menheiten, Krankheiten und Fehler, in ihrem
Verhaͤltniſſe auf die Thiere. Denfer und Kuͤl-
bel enthuͤlleten die Geheimniſſe der Fruchtbarkeit,
und machten in dieſer Lehre Epoche. Man mach-
te wichtige Verbeſſerungen und Entdeckungen fuͤr
die Oekonomie in dem Maſchienenweſen, und um
die Kenntniſſe derſelben weiter auszubreiten, ſie
gemeinnuͤtziger zu machen, auf bequemere Art
dieſelben zu uͤberſehen, und leicht andern mitzu-
theilen, legte man Sammlungen von Modellen
an, wo dieſe oͤkonomiſchen Maſchienen im kleinen
aufbehalten werden. Zu Leipzig, wo einige ge-
ſchickte Modellirer ſich mit ihrer Verfertigung be-
ſchaͤfftigten, ſind ſowohl oͤffentliche als Privat-
ſammlungen; zu jenem gehoͤrt die Sammlung
der oͤkonomiſchen Societaͤt, und die in dem In-
telligenzcomtoir. Auch von Privatſammlungen
hat Leipzig und die umliegenden Guͤter verſchie-
dene aufzuweiſen; ſo finden ſich auch dergleichen
zu Dresden und Wittenberg. Die naͤhern Be-
weiſe hierzu wird uns die beſondere Geſchichte der
einzelnen Nahrungsgeſchaͤffte geben. Man er-
hielt hierdurch die ausfuͤhrlichſten und vollſtaͤn-
digſten Schriften, welche ſich auf eine durchdachte
Theorie und genaue Erfahrungen gruͤndeten, und
eine nicht geringe Zahl großer und beruͤhmter
Oekonomen. n)
Ueber-
[46]
Ueberzeugt von den Vortheilen, welche die
Wiſſenſchaften von den vereinigten Bemuͤhungen
naͤher mit einander verbundener Gelehrten erhal-
ten, und wovon die Geſellſchaften, welche fuͤr die
ſchoͤnen Wiſſenſchaften und Kuͤnſte, fuͤr die Spra-
chen und die Naturlehre, Naturgeſchichte und
Mathematik ſchon laͤngſt gearbeitet hatten, die
deutlichſten Beweiſe gaben, wendete man dieſes
Mittel auch zum Beſten der Oekonomie an.
Auch ſelbſt jene Geſellſchaft nuͤtzten der letztern,
indem ſie die Huͤlfswiſſenſchaften der Landwirth-
ſchaft verbeſſerten. Es gehoͤren hieher die Kai-
ſerl. Geſellſchaft der Naturforſcher zu Wien, in-
gleichen die zu Danzig, die Koͤnigl. Geſellſchaft
der
n)
[47] der Wiſſenſchaften zu Berlin und zu Goͤttingen,
und einige andere.
Dieſe Geſellſchaften entſtunden theils durch
Privatperſonen, welche ſich zu dieſem Zwecke ver-
einigten, theils aber auch durch ausdruͤckliche
Stiftungen der Fuͤrſten, wiewohl auch meiſtens
die erſtern endlich zu dem Range der oͤffentlichen
erhoben wurden. Dieſe arbeiteten nicht nur ſelbſt,
ſondern ſie munterten auch andere Gelehrte durch
Preiße und Ehrenbezeigungen zu tiefern Unterſu-
chungen auf. Die oͤkonomiſchen Verdienſte wur-
den von den Fuͤrſten ſogar mit Ehrenmuͤnzen und
Gnadenzeichen belohnt.
Einige von dieſen Geſellſchaften beſchaͤfftigen
ſich mit der ganzen Oekonomie in ihrem Umfan-
ge, andere waͤhlten die Landwirthſchaft, noch an-
dere hauptſaͤchlich das Manufaktur- und Fabrik-
weſen und die Handlung. Eine der aͤlteſten in
Deutſchland iſt unſtreitig die in Sachſen 1735
errichtete Commercien-Deputation zu Beſorgung
des Manufaktur- und Commercienweſens, wel-
che in den neuern Zeiten der verewigte Friedrich
Chriſtian glorwuͤrdigſten Andenkens einen allge-
meinern Umfang zu geben, und ſelbige auf einen
andern Fuß einzurichten beſchloß, auch dahin an-
wies, daß ſie zu Ermunterung des Fleißes Praͤ-
mien ſetzen ſollten, allein der Tod hinderte die
Ausfuͤhrung, welche ſeine Koͤnigl. Hoheie der
Churſachſen Adminiſtrator uͤbernahm, und ſie als
Landes-Oekonomie, Manufaktur- und Commer-
cien-Deputation von neuem gleichſam errichtete.
Sie
[48] Sie wurde authoriſirt uͤber alles und jedes, ſo ihr
von der eigentlichen Beſchaffenheit aller Theile
und dem geſammten Zuſammenhange der Landes-
Oekonomie und des Fabrikweſens, ingleichen des
Commercienſtandes zu wiſſen noͤthig iſt, in den
geſammten churſaͤchſiſchen Landen von Kreis- und
Amtshauptleuten, auch Beamten unmittelbaren
Bericht und Gutachten zu fordern, von den ſchrift-
ſaͤſſigen Obrigkeiten aber mittelſt Communication
der Landesregierung. Die Kreis- und Amts-
hauptleute ſollen von dem Zuſtande und den Ge-
brechen der Landwirthſchaft, Manufakturen und
Handlung in den ihrer Aufſicht anvertrauten
Kreisaͤmtern von Zeit zu Zeit aus Pflichten An-
zeige ernannter Deputation und Landesregierung
thun. o) Die meiſten eigentlichen oͤkonomiſchen
Societaͤten entſtanden nach dem letzten Deutſch-
land verheerenden Kriege. So traten in Thuͤ-
ringen einige Privatperſonen, welche ſich zu Wei-
ßenſee unterzeichneten, unter dem Namen der
thuͤringiſchen Landwirthſchaftsgeſellſchaft 1762
und 1763 zuſammen. Sie waͤhlten zu ihrer Ab-
ſicht ſonderlich den Getraidebau, das Verderben
des erbaueten zu verhuͤten, ihm Abſatz zu ſchaffen,
das Erdreich zu beſſern, ſumpfige Gegenden aus-
zutrocknen, duͤrre zu waͤſſern, fuͤr jedes Land die
bequemſte
[49] bequemſte Duͤngungsart zu finden, die Maſchie-
nen zu entdecken und zu unterſuchen, welche zu Er-
ſparung der Zeit und des Saamens beym Acker-
bau zu brauchen, den Flachsbau zu befoͤrdern, den
Bau der Farbekraͤuter und des Waids, Safflor,
Faͤrberroͤthe, auch der Gewuͤrzkraͤuter, Anis und
Kuͤmmel, und den Hopfenbau zu beſſern, in wel-
cher Maße die Triften beſſer zu nutzen, auslaͤn-
diſche Kleearten, ſonderlich Eſparrette, Luzerne,
Raygras einzufuͤhren, die Zahl des Rind- und
Schafviehes dem gemeinen Nutzen am gemaͤße-
ſten zu beſtimmen, wie der Seuche zu ſteuern,
die Wolle zu beſſern, und die Pferde- und Bie-
nenzucht zu vergroͤßern und zu befoͤrdern. p)
Eben ſo vereinigten ſich 1764 einige wohldenken-
de Patrioten zu der Leipziger Societaͤt, welche
ſich mit dem Nahrungsſtande uͤberhaupt beſchaͤff-
tigte, und ihre beſondere Abſichten auf die Sor-
tirung der Wolle, Potaſche und beſſere Einrich-
tung der Bleichen richtete; ſie wurde von dem
Hofe den 28ſten Februar 1765 beſtaͤtiget. q)
Es giengen 1766 einige Veraͤnderungen mit ſel-
biger vor, indem ſie ſich in drey Claſſen theilte,
davon die eine ſich mit dem Landbaue, die andere
mit Manufakturen und Fabriken, die dritte mit
der Mineralogie, Chemie und Mechanik beſchaͤff-
tigte.
D
[50] tigte. r) Sie bemuͤhete ſich den Anbau der Fut-
terkraͤuter zu befoͤrdern, ſetzte Preiße auf die Trag-
barmachung verſandeter, verſchleimter oder ſum-
pſigter Wieſen, Verbeſſerung der Wolle, Pflan-
zung wilder und tragbarer Baͤume, Anbau des
tuͤrkiſchen Waizen und Leinſaat, wodurch der
Flachsbau befoͤrdert wird. s) Ich habe die ſaͤch-
ſiſche Einrichtungen etwas ausfuͤhrlich beſchrieben,
theils weil ſie zu der oͤkonomiſchen Geſchichte mei-
nes Vaterlandes gehoͤrten, theils aber auch, weil
ich bemerkt, daß einige auswaͤrtige dieſe von ein-
ander verſchiedenen Anſtalten oft verwechſeln.
Mit ihr ſtehen gewiſſe Kreisinſtitute in einiger
Verbindung, alſo, daß ſie ihre Beobachtungen
einſchicken, dergleichen ſind im Churkreiſe, im
Erzgebuͤrgiſchen, im Meißniſchen, im Neuſtaͤdti-
ſchen und Thuͤringiſchen, und im Stift Merſeburg.
Faſt alle anſehnliche und auch einige kleinere
Lande in Deutſchland haben ihre oͤkonomiſchen Ge-
ſellſchaften und Akademien, oder wie ſie ſonſt ihre
Benennungen haben. Die vorzuͤglichen darun-
ter ſind. Die hannoͤveriſche Landwirthſchaftsge-
ſellſchaft zu Zelle 1764. Die fraͤnkiſch phyſika-
liſche oͤkonomiſche Geſellſchaft, welche ihre Nach-
richten ſammelt. Die Geſellſchaft des Acker-
baues und der nuͤtzlichen Kuͤnſte zu Laybach ss)
in
[51] in dem Herzogthume Crain 1767. Die oͤkono-
miſche Geſellſchaft zu Wien; die Kaiſerl. Koͤnigl.
Boͤhmiſche zu Befoͤrderung der Landwirthſchaft
und freyen Kuͤnſte; die Kaiſerl. Koͤnigl. oberoͤ-
ſterreichiſche Geſellſchaft des Ackerbaues und der
Kuͤnſte in Tyrol; die Kaiſerl. Koͤnigl. Ackerbau-
geſellſchaft in Maͤhren. Die Geſellſchaft der Sit-
tenlehre und Landwirthſchaft in Bayern zu Burg-
hauſen t) 1768. Die churpfaͤlziſche oͤkonomiſch
phyſikaliſche zu Lautern, welche ihre erſte Ver-
ſammlung 1769 den 15ten Maͤrz hielt, die Be-
ſtaͤtigung derſelben aber erfolgte erſt 1770 den
30ſten Auguſt deſſelben Jahres. Die ſchleſiſche
patriotiſche Societaͤt, welche die Staͤnde 1772
errichtet, und welche, ſo viel ich weis, zu Breß-
lau einen oͤkonomiſchen Garten zu ihren Verſuchen
hat, worinnen der Syndicus derſelben die Auf-
ſicht und Anſtellung dabey von ihr erhalten. Ih-
re Einrichtung erhellet aus ihren Statuten, wel-
che zu Breslau 1772 erſchienen ſind. Die Ge-
ſellſchaft des Ackerbaues und der Kuͤnſte zu Caſſel,
die Koͤnigl. Landwirthſchaftsgeſellſchaft zu Han-
nover welche ſich ſonderlich mit dem Gartenbaue
beſchaͤfftiget. Die niederoͤſterreichiſche oͤkonomi-
ſche Geſellſchaft. Die Holſteiniſche zu Eutin.
Die Churfuͤrſtl. Saͤchſ. Oberlauſitzer Bienenge-
ſellſchaft; die fraͤnkiſche Bienengeſellſchaft; die
patriotiſche Geſellſchaft zu Hamburg; die oͤkono-
D 2miſche
[52] miſche Geſellſchaft in dem Magdeburgiſchen, in-
gleichen die zu Gotha. In den Jahren 1767
und 1768 vereinigte ſich eine Geſellſchaft Gelehr-
ter und Oekonomen, welche ihre Abſicht auf ganz
Deutſchland richteten, und ſich die deutſche So-
cietaͤt der oͤkonomiſchen Wiſſenſchaften und deren
herauszugebenden Schriften nannte. tt) Auch
im Fraͤnkiſchen bildete ſich eine oͤkonomiſche Ge-
ſellſchaft, welche ihre Nachrichten ſammelte. u)
Auch andere Akademien und Geſellſchaften der
Wiſſenſchaften uͤberhaupt oder auch der Huͤlfs-
wiſſenſchaften der Oekonomie wendeten zugleich
fuͤr die letztere ihre Bemuͤhungen mit an. Die
vorzuͤglichſten in Deutſchland hieher gehoͤrigen ſind
die Geſellſchaft der Naturforſcher zu Wien, die
naturforſchende Geſellſchaft zu Danzig, die Ge-
ſellſchaften der Wiſſenſchaften zu Berlin und Goͤt-
tingen, die churbayeriſche zu Muͤnchen, die chur-
maynziſche Akademie nuͤtzlicher Wiſſenſchaften,
die Geſellſchaft zu Roveredo, die fuͤrſtl. Jablono-
viſche Societaͤt zu Leipzig, die Geſellſchaft natur-
forſchender Freunde zu Berlin, die patriotiſche
Geſellſchaft zu Homburg auf der Hoͤhe, welche
ſich 1776 mit der ſchwediſchen Societaͤt fuͤrs Va-
terland vereinigte; die Geſellſchaft der Wiſſen-
ſchaften zu Gießen, die oberlauſitziſche Geſellſchaft,
die oͤkonomiſche phyſikaliſche Geſellſchaft, die bo-
taniſche, ingleichen die Geſellſchaften der Kuͤnſte,
Manu-
[53] Manufakturen und der Handlung zu Hamburg
und Danzig.
Indeſſen trugen auch die Hoͤfe alles moͤgliche
bey, die Oekonomie zu befoͤrdern. Oft iſt es ein
Vortheil, daß große Guͤther, die wegen ihrer
Groͤße nicht gut genug bewirthſchaftet werden koͤn-
nen, zertheilet, oder wenigſtens die Zergliederung
erleichtert wird. Man richtete auf dieſen Punkt
nach dem landverderblichen Kriege ſonderlich in
Sachſen ſeine Aufmerkſamkeit, da es oft noͤthig
war, damit ſich die Unterthanen durch Veraͤuße-
rung eines Theils ihrer Guͤter von Schulden be-
freyen, und den uͤbrigen deſto gluͤcklicher und vor-
theilhafter benutzen konnten. Es erſchienen des-
halb verſchiedene Verordnungen in Sachſen, wel-
che die gewiſſermaßen zugelaßne Dismembration
der Guͤter betreffen. So finden ſich dergleichen
von 1766 und 1768, welches letztere das Man-
dat von 1732 vom 26ſten Januar einſchaͤrft.
Schon im vorigen Jahrhunderte hatte der
große Seckendorf die Landesvermeſſung als ein
Hauptmittel zu einer gluͤcklichen Einrichtung ei-
nes Landes vorgeſchlagen, allein es finden ſich
keine Spuren, daß man es in Ausuͤbung gebracht.
In unſerm Jahrhunderte wiederholte ihn Franz
im Staatsgeographus, und Hr. von Griesheim
in den Beytraͤgen zur Aufnahme des bluͤhenden
Wohlſtandes der Staaten; am ausfuͤhrlichſten
empfahl dieſelben neuerlich Wilke in ſeiner Schrift
von den Landesvermeſſungen. Es kam zur Aus-
fuͤhrung in den magdeburgiſchen, ſchleſiſchen,
D 3ſachſen-
[54] ſachſengothaiſchen, weimariſchen, mecklenburg-
ſchweriniſchen und herzoglich braunſchweigiſchen
Landen. v)
Die oͤkonomiſche Polizey bemuͤhete ſich, die
Hinderniſſe zu heben, welche der Landwirthſchaft
entgegenſtehen. Die Kaiſerinn Koͤniginn hob
auf ihren Domainen die Leibeigenſchaft und Froh-
nen auf, ſchraͤnkte auch dieſelben in unſern Tagen
in Boͤhmen ein. Man ſetzte dem Mißbrauche
der Jagd, ſo viel es die Umſtaͤnde erlaubten,
Graͤnzen, ſo ergiengen hierinnen 1776 und 1777
Verordnungen, daß die Edelleute die wilden
Schweine in ihren Thiergarten halten ſollten, und
es den Bauern erlaubt ſey, ſolche zu toͤdten, ſo
bald ſie dieſelben auf ihren Guͤthern traͤfen (ſ.
Ephem. vom J. 1777. St. 3. S. 112.). Man
hob in dem Brandenburgiſchen, Heſſiſchen, vor-
zuͤglich Darmſtaͤdtiſchen und einigen Gegenden
von Baden die Gemeinheiten auf, die der ganzen
Land-
[55] Landwirthſchaft ſo nachtheilig ſind, nachdem vor-
her die Gelehrten lange die Nachtheile derſelben
gezeiget, wie hinderlich ſie fuͤr die Bevoͤlkerung,
wie ſchaͤdlich fuͤr die Viehzucht und den Acker-
bau ſind.
Man ſetzte Commiſſionen nieder, um den
Oekonomiezuſtand der Laͤnder kennen zu lernen;
in Sachſen war dergleichen bald nach dem ver-
derblichen ſechsjaͤhrigen Kriege die Landes-Oeko-
nomie und Commercien-Deputation, von welcher
oben geredet worden. Eben ſo ward auch um
dieſe Zeit zu Zweybruͤcken eine Landes-Oekonomie-
Commiſſion niedergeſetzt zur Verbeſſerung des
Ackerbaues und der Viehzucht, wovon das Leipz.
Intelligenzblatt von 1763 S. 68. Nachricht giebt.
Sie war angewieſen, die Urſachen des mangel-
haften Landbaues und die Fehler aufzuſuchen und
zu verbeſſern. Der Oekonomiezuſtand war in
dem groͤßten Verfall. Die Viehzucht lag dar-
nieder, blos ein wenig Schafzucht wurde betrie-
ben, nur die Felder nahe bey den Doͤrfern wur-
den beſtellt, die entferntern nicht oder nur aller
10 bis 15 Jahr einmal. Der Grund war die
ſchlechte Verfaſſung der Gemeinden und des Vieh-
ſtandes, Vorurtheile, Duͤngermangel, und ſchlech-
te Weiden. Dem Ackerbau ſtanden unendliche
Hinderniſſe entgegen, man hatte zu wenig Erfah-
rung, nach den verſchiedenen Umſtaͤnden die Ver-
beſſerungen zu unternehmen; der Landmann wei-
gerte ſich die oͤkonomiſchen Verordnungen der Re-
gierung zu vollziehen, weil es ihm an Futter und
D 4Duͤngung
[56] Duͤngung mangelte. Aus dieſen Gruͤnden er-
richtete der weiſe Fuͤrſt die Landesoͤkonomie-Com-
miſſion, welche aus wenigen Gliedern beſtehet,
denen in jedem Amte ein Subſtitut untergeord-
net, der die erhaltenen Auftraͤge beſorgen, von
allen ihr Berichte erſtatten, und im noͤthigen Fall
ſich bey Berathſchlagungen perſoͤnlich einfinden
muß. Die Beſtimmung dieſes Collegiums iſt,
den Nahrungsſtand zu erheben, auf das fuͤrſtli-
che Intereſſe zu ſehen, Verſuche anzuſtellen, und
fremde Verſuche nachzumachen. Es iſt eine Oe-
konomiekaſſe geſtiftet, und derſelben alle durch die
Oekonomiecommiſſion ausgewirkte Verbeſſerun-
gen und neue Renten angewieſen; es werden alle
Reiſeanſtalten und Verſuchskoſten daraus beſtrit-
ten. Man ſchafft alle oͤkonomiſche Buͤcher und
Journale an, der Fuͤrſt laͤßt Juͤnglinge blos der
Cameral- und oͤkonomiſchen Wiſſenſchaften wegen
die hohen Schulen beſuchen, und ſonderlich in
England reiſen. Die Commiſſion iſt von allen
Departements unabhaͤngig, um alle Hinderniſſe
und Aufenthalt in ihren Arbeiten zu verhuͤten.
Die Commiſſion unterſuchte vorzuͤglich die Hin-
derniſſe, die in den Verfaſſungen der Wirthſchaft
liegen, und wir werden bey den einzelnen Nah-
rungsgeſchaͤfften ihre naͤhern Bemuͤhungen kennen
lernen. Das entfernte Land, welches Ausland
hieß, waren meiſt Gemeinheiten; hiervon wurde
naͤmlich ein Stuͤck, das lange geruhet und Kraft
geſammelt, durch das Loos entweder nach den Koͤ-
pfen oder nach dem Schatzungsfuß vertheilet, im
letzten
[57] letzten Falle bekam der Reiche, der ſchon ohne-
hin viel Land hatte, noch mehr, daß er es alſo
nicht ordentlich bauen konnte; der Arme erhielt
wenig, und entlehnte zuweilen von dem Reichen
ſein Theil mit uͤbermaͤßigen Zinſen. Ja die Rei-
chen hinderten meiſt den aͤrmern Landmann noch
ſehr, da ſie viel Vieh hatten, war ihnen daran
gelegen, daß viel Weide liegen blieb, weil der
Arme das Land nicht bauen konnte. In vielen
Gemeinden hatten die Unterthanen kein eigen-
thuͤmliches Land, ſondern einem jeden gehoͤrte nur
ein unvertheilter Theil vom ganzen Baue. Nach
dieſem Verhaͤltniß wurde jaͤhrlich eine ganze Flur
durchs Loos vertheilet, welches noch Reſte aus der
uralten deutſchen Verfaſſung ſind, welche ſchon
Tacitus erwaͤhnet, man nennte daſſelbe die Stuͤck-
theilung.
In dem Heſſendarmſtaͤdtiſchen uu) wurde im
J. 1777 eine Landescommiſſion angeordnet zur
Berath- und Verbeſſerung des allgemeinen Nah-
rungsſtandes. x) Jeder kann Vorſchlaͤge und
D 5Erinne-
[58] Erinnerungen bey derſelben einſchicken; ſie hat
die oͤkonomiſche Polizey in ihrem Umfange zur
Abſicht;
x)
[59] Abſicht; ſie ſoll nach ihrer Errichtungsabſicht
darauf ſehen, daß bey Staͤdten und Doͤrfern eine
beſſere
x)
[60] beſſere und fruchtbarere Einrichtung der gemeinen
Haushaltung im Ganzen geſchehen, Plane und
Einrichtungen machen, die mehreſten die Com-
munen druͤckenden Schulden zu heben; uͤber die
vorfallenden Vormundſchaften wachen; die jedem
Ort angemeſſenen Verbeſſerungen und erleichtern-
den Huͤlfsmittel beym Ackerbau und Viehzucht
zu befoͤrdern; auf die Vermehrung und Verſchaf-
ſung wohlfeiler Lebensmittel, auf Beguͤnſtigung
und Erleichterung des in- und auslaͤndiſchen Han-
dels, auf Verbeſſerung des allgemeinen Erzie-
hungsweſens zu ſehen. Die heſſiſche Landeszeitung
giebt haͤufige Nachrichten von Verbeſſerung der
Landwirthſchaft in dem heſſiſchen von aufgehobe-
nen Weidrechten, von eingefuͤhrter Stallfuͤtterung,
abgeſchafften und verringerten Braachen, und
eintraͤglichem Krappbau. Vorzuͤglich waͤhlt man
zu Verdraͤngung der Braachen als ein ſehr heil-
ſames Mittel die Aufmunterung zum Futterbau.
Auf Anordnung dieſer fuͤrſtl. Landescommiſſion
ſind in dem Jahre 1778 1) an gemeinen Schul-
den in der obern und niedern Grafſchaft Katzen-
ellnbogen wirklich baar bezahlet worden 42,738
fl. wodurch die Gemeinden im Ganzen 2100 fl.
jaͤhrliche Intereſſen erſparet. 2) Von Weiden
und
x)
xx)
[61] und ausgerotteten Hecken ſind 1460 Morgen zu
Ackerland neu angelegt. 3) Von gemeinen Wei-
den 1081 Morgen in Wieſen verwandelt wor-
den. 4) Es hat das ganze Rechnungsweſen in ge-
ſammten fuͤrſtl. Landen eine neue und zweckmaͤßi-
ge Einrichtung erhalten, es ſind dabey ſtatt der
bisher abwechſelnden Buͤrgermeiſter groͤßtentheils
beſtaͤndige Berechner und Gelderheber angeſtellt,
und dieſelben mittelſt eigener genau beſtimmter
Inſtruction zu richtigerer Verwaltung der gemei-
nen Einkuͤnfte, als bisher geſchehen, angewieſen
worden. 5) An 383 Ortſchaften ſind die ruͤckſtaͤn-
digen gemeinen Rechnungen, wovon die meiſten
zur mannigfaltigen Verwirrung im gemeinen
Weſen 2, 4, 5 und mehrere Jahre angewachſen,
bey der fuͤrſtl. Landescommiſſion gaͤnzlich durchſe-
hen und in Ordnung gebracht worden. 6) Mit
Unterſuchung der vormundſchaftlichen Rechnun-
gen und uͤberhaupt der Vormundſchaften hat man
mittelſt eigner zu dem Ende ausgetheilter Tabellen
im ganzen Lande den Anfang gemacht. 7) Auch
fieng man in dieſem Jahre an die Vermoͤgens-
umſtaͤnde und Schulden ſaͤmmtlicher Zuͤnfte in
den fuͤrſtl. Landen zu unterſuchen, und die noͤthige
zweckdienſtliche Verfuͤgung zu Tilgung derſelben
zu treffen. 8) Zur Befoͤrderung einer genauern
Aufſicht uͤber das herrſchaftliche Intereſſe hat man
in den geſammten fuͤrſtl. Landen durchgaͤngig
Schuldheißen angeſtellet, eine Sache, woran ſchon
eine lange Reihe von Jahren fruchtlos gearbeitet
worden. 9) Die beyden Hauptſtaͤdte des Landes
Darm-
[62] Darmſtadt und Gießen haben eine durchaus in
allen Theilen umgearbeitete und dem gemeinen
Wohl mehr entſprechende neue Einrichtung und
Verfaſſung erhalten, wodurch ſie nicht nur jaͤhr-
lich ſichere und anſehnlichere Fonds zur Tilgung
ihrer aͤußerſt betraͤchtlichen gemeinen Schulden
uͤberkommen haben, ſondern auch in den Stand
geſetzt worden, ihre gemeinen Gebaͤude, Wege,
Straßen, Bruͤcken, gemeinde Guͤter ungleich
beſſer zu erhalten, und in Zukunft noch Capitalien
nebenhin zu erſparen. Ueberdem hat man in die-
ſem Jahre das ganze Land in oͤkonomiſche Can-
tons eingetheilt, und ſelbigen zur geſchwindern
Befoͤrderung einer beſſern Cultur und anhalten-
dern Aufſicht daruͤber eigene Oekonomiecommiſ-
ſairs aus dem Bauernſtande oder doch ſonſtigen
praktiſchen Feldwirthen, ſo in den Doͤrfern woh-
nen, vorgeſetzt. In der obern Grafſchaft iſt man
bereits voͤllig damit zu Stande, und in dem Ober-
fuͤrſtenthum ſind ebenfalls ſchon einige dergleichen
Cantons errichtet. Manche von dieſen Einrich-
tungen enthalten nur den Saamen zu kuͤnftigen
Fruͤchten, und erſt die Zukunft wird uͤberzeugend
an den Tag legen, wie wohlthaͤtig ſie ſind. In
dem J. 1779 y) hat man außer 153 fleißigen
Ortſchaften noch 70 weniger fleißige, 20 nach-
laͤßige, und 4 ganz unarbeitſame Orte gerechnet.
Es ſind in dieſem Jahre 1779 4231 15/16 Mor-
gen fuͤr das Land gewonnen worden, naͤmlich
1942
[63] 1942 9/18 Morgen Frucht- und 2289⅜ Futter-
acker. Hierunter ſind 1476 5/16 Frucht und
953⅜ Futteracker, welche durch Anbauung von
Wuͤſteneyen, Waldungen und Weiden urbar ge-
macht, und 466¼ Morgen Frucht- und 1336
Morgen Futterfeld, um welches die Braache ver-
mindert worden. Rechnet man zu dieſer Sum-
me die in dem vorigen Jahre 1778 in Cultur ge-
brachten 2541 Morgen, ſo kommen 6772 15/16
Morgen heraus, wovon doch wenigſtens 600
Menſchen, wo nicht Familien, ihr hinlaͤngliches
Auskommen haben koͤnnen. Der Futterbau, der
Grund aller Landwirthſchaft, hat anſehnlich zuge-
nommen, die natuͤrlichen Wieſen ſind um 1916⅞
Morgen, und die kuͤnſtlichen um 34⅞ Morgen,
alſo die Wieſen uͤberhaupt um 1951¾ Morgen
vermehrt worden. Die Waldungen haben einen
Zuwachs von 708 Morgen, naͤmlich 115⅓ Mor-
gen Eichen, 26½ Morgen Buchen, 531 Mor-
gen Kiefern und Tannen, und 35 Morgen Bir-
ken oder Buſchwerk erhalten. Es ſind 22 9/16
Morgen Weingaͤrten entſtanden, und 15932
Obſtbaͤume angepflanzet worden, 46½ Morgen
hat man mit Weiden, Pappeln u. ſ. w. beſetzt.
Aus der erwaͤhnten Vermehrung der Frucht-
und Futterfelder kann man leicht auf eine anſehn-
liche Vermehrung der Viehzucht ſchließen. Das
Zugvieh vermehrte ſich um 760 Stuͤck, naͤmlich
410 Pferde und 350 Ochſen. Ohne auf die Er-
hoͤhung der Frohnregiſter eine Ruͤckſicht zu nehmen,
darf man nur den Nutzen, den das Land durch
Ver-
[64] Vermehrung der Duͤngung und beſſere Cultur
von dieſer Seite gewinnt, in Erwaͤgung ziehen;
ſie wird durch den Zugang von 642 Maſtochſen,
533 Kuͤhen, 2806 Schafen und 4176 Schwei-
nen anſehnlich vermehrt. Die Stallfuͤtterung
iſt bereits an 13 Ortſchaften ganz eingefuͤhrt, in
19 Orten iſt ſie ſchon ziemlich im Gange, und
in 22 angefangen.
Der Zehnde von neu angebauten Feldern hat
1662 fl. 46 kr. betragen, und hierunter iſt zum
Theil der von der fuͤrſtlichen Forſtkaſſe gezogene
Novalzehnde, ſo wie uͤberhaupt aller andere Zehn-
de von den vorher ſchon im Bau geweſenen durch
die Verbeſſerung der fuͤrſtlichen Landescommiſſion,
aber in ungleich hoͤherm Betrag gebrachten Fel-
dern nicht mit begriffen.
An gemeinen Capitalſchulden ſind im Jahr
1779 48213 fl. 27¾ kr. abgetragen worden;
wodurch, wenn man hierzu die im vorigen Jahre
1778 abgetragenen 42738 fl. rechnet, die Sum-
me von 90951 fl. kommt. Die Einkuͤnfte der
Gemeinden ſind alſo um 13220 fl. 56¼ kr. ver-
mehrt worden. Bey dieſen Berechnungen hat
man auf die Aemter Alsfeld, Blankenſtein, Allen-
dorf, Battenberg, Gießen, Grebenau, Gruͤnberg
und Ulrichſtein noch keine Ruͤckſicht genommen;
nicht als wenn in dieſen Aemtern noch nichts be-
wirkt worden waͤre, ſondern weil man die Reſul-
tate dieſer Verfuͤgungen nicht gehoͤrig angeben
kann, indem in dieſen Theilen des Landes waͤh-
rend des 1779ſten Jahres noch keine Oekonomie-
Com-
[65] Commiſſairs angeſtellt waren, welches aber nun
in den Aemtern Alsfeld und Blankenſtein geſche-
hen iſt, und damit fortgefahren wird.
Das gemeine Rechnungsweſen iſt nach der
neuen Inſtruktion und dem neuen Rechnungsfor-
mular voͤllig in Gang gebracht, das vormund-
ſchaftliche Rechnungsweſen in ungleich beſſere
Ordnung und Thaͤtigkeit verſetzt, die Plans zur
Schuldentilgung der meiſten Zuͤnfte des Landes
regulirt, und endlich die alten und neuangeſtellten
Schultheißen des Oberfuͤrſtenthums, bis auf ei-
nige wenige gegenwaͤrtig in Bearbeitung ſtehende
Aemter, mit eignen nach der Localverfaſſung je-
des Orts eingerichteten Inſtruktionen verſehen
worden.
Auch verſchiedene geiſtliche Fuͤrſten ſahen die
Nothwendigkeit ein, den heilſamen Anſtalten der
andern nachzueifern. Der Biſchof von Fulda
ordnete daher 1772 eine eigene Deputation an,
welche den Verfall des Ackerbaues unterſuchen,
dem Landmanne die leichteſten Wege zur Verbeſſe-
rung an die Hand geben, und uͤber alles Bericht
erſtatten ſollte. yy) Der verehrungswuͤrdige Fuͤrſt
von Fuͤrſtenberg, Biſchof zu Muͤnſter, ließ die
Verbeſſerungen und die Cultur des durch Krieg
verheerten Landes ſich angelegen ſeyn, und mach-
te es zu einem Gegenſtande des erſten Landtags.
In
E
[66]
In dem Lippiſchen befoͤrderte der weiſe Wil-
helm den Landbau, ſo wie uͤberhaupt die Cultur
und Bevoͤlkerung durch aͤhnliche Anſtalten. Er
legte in oͤden unfruchtbaren Gegenden auf hundert
neue Bauerhoͤfe auf ſeine Koſten an, und belohn-
te damit den verdienten Krieger. Er hob die
Herrendienſte und gemeinde Hut und Weiden auf;
und zweymal wird jaͤhrlich der Haushaltungsſtand
des Landmannes durch die Dorfpolizey unterſucht.
Derjenige Landmann, der ſich auf eine ruͤhmliche
Art im Acker-Wieſen-Gartenbau und Viehzucht
hervorgethan, wird dem Landesvater angezeigt.
Er belohnt ihren Fleiß durch Kleidungsſtuͤcke,
Geld und Schaumuͤnzen; aber ſo huldreich der
Fleiß ermuntert wird, ſo ſehr verfolgt die Schan-
de den Muͤßiggang, man beſtraft den traͤgen und
ungeſitteten mit Tragung eines weißen Huts, und
ſchließt ihn von allen Zuſammenkuͤnften aus.
Schon ſeit etlichen Jahrhunderten war man
in Sachſen auf die Anbauung wuͤſter Gegenden
bedacht geweſen, und hatte ſie auch bis itzt nicht
außer Acht gelaſſen, und man findet bis in die
neuern Zeiten ſo wohl Aufmunterungen dazu in
den ſaͤchſiſchen Geſetzen, als auch wirkliche That-
leiſtungen. Man bauete einige ſandige Gegenden
mit verſchiedenen den Flugſand befeſtigenden Graͤ-
ſern an, vorzuͤglich in der Prießnitz. Viele Pri-
vatperſonen machten als Mitglieder der oͤkonomi-
ſchen Societaͤt zu Leipzig durch ihre gluͤcklichen
Beyſpiele in Oekonomieverbeſſerungen gluͤckliche
Verſuche fuͤr das allgemeine Beſte. Ich darf
hier
[67] hier nur die Namen der von Einſiedel, von Ho-
henthal, von Fletſcher, Vitzthum, Schoͤnfeld und
andere nennen; und wir werden bey den einzelnen
Landnahrungsgeſchaͤfften Sachſens Verdienſte um
das deutſche Oekonomieweſen naͤher beſtimmen
koͤnnen. Und da ſo viele den Bauernſtand ver-
ließen, und in die Staͤdte zu Handwerkern uͤber-
giengen, ſo verordnete die oͤkonomiſche Polizey in
Sachſen 1766, daß Perſonen vom Bauernſtan-
de, ehe ſie Handwerke erlernten, erſt 4 Jahr bey
der Landwirthſchaft dienen ſollten, um dadurch
dieſem ſo wichtigen Geſchaͤffte unvermerkt viele zu
erhalten, welche ſie ohne dieſe Verordnung ver-
loren haͤtte. Man legte hierdurch in Sachſen ei-
nen neuen Beweis von der geſetzgebenden Klug-
heit auch in Polizeyſachen ab, und beſtaͤtigte den
Ruhm, wie weit man von Strenge in der Regie-
rung ſey, je mehr dieſe oft ſchadet als nuͤtzet; wel-
che ſanft Art zu herrſchen das Band iſt, welches
den Unterthan an das Land feſſelt, und dem Aus-
laͤnder es reizend macht.
In dem Bayeriſchen wurden 1759 allerhand
Einrichtungen zum Beſten der Oekonomie gemacht.
Vorzuͤglich ſuchte man 1761 die Anbauung z)
wuͤſter Gegenden zu befoͤrdern, und es ergiengen
deshalb Verordnungen. In dem Badenſchen,
wo man es ſich nicht weniger angelegen ſeyn ließ,
verewigt der wuͤrdige Fuͤrſt das Andenken eines
Buͤrgers, der durch ſeinen Fleiß einen großen
E 2Bezirk
[68] Bezirk von Suͤmpfen und Moraͤſten zu frucht-
baren Feldern umgeſchaffen, durch eine Ehren-
ſaͤule. a)
In den churbrandenburgiſchen Landen fieng
man auch ſonderlich ſeit dem ſiebenzehnten Jahr-
hunderte an, die Cultur des Landes mit mehrerm
Eifer zu betreiben. Es ergiengen im J. 1653
in dem Landtagsreceß Verordnungen, wo denen,
ſo in den churfuͤrſtl. Aemtern wuͤſte Hoͤfe beziehen
und anbauen wollen, auf 6 Jahr Befreyung ge-
geben wird, welches nachher auf das ganze Land
ausgedehnt wurde. Eben dergleichen geſchahe
auch in dem J. 1709; dieſe Verordnungen ſind
1714, 1717 und 1721 wiederholet, und den
Anbauenden viel Freyheiten ertheilet worden. Es
wurde unter andern auch 1709 verordnet, daß
alle Magiſtrate in den Provinzen von nun an Re-
giſter von allen bebauten und wuͤſten Stellen ver-
fertigen ſollten. Sehr viel Verdienſte um die Lan-
desbeurbarung und den dadurch verbeſſerten Acker-
und Wieſenbau hat in dem Brandenburgiſchen
Koͤnig
[69] Koͤnig Friedrich Wilhelm. b) Er ließ anſehnli-
che moraſtige und wuͤſte Gegenden in der alten
Mark urbar machen, z. B. bey Stendal, Flech-
tingen, das Seliſchebruch bey Oſtingersleben,
das Amt Burgſtall und Neuenhof, gewiſſe Ge-
genden bey Dalen, Inſel Schwarzloſen, Vehten,
Deez, die Horſt und Kriegholz bey Bomezien;
der 104 Ruthen lange und 18 Ruthen breite
Damm mit den zwey 9 Schuh breiten Graͤben
bey Grosgarz, und von denen von Kenneberg bey
Iden angelegten Hollaͤndereyen. Auch uͤber die
Prignitz erſtreckte ſich ſeine Vorſorge. Er machte
das Wendefeld bey Banekow, die Gegenden bey
Semlin, Dalmin, Witſtock und Roſenwinkel
fruchtbar. Viele ſolche Verbeſſerungen geſcha-
hen auch in der Mittelmark unter den Koͤnigen
Friedrich Wilhelm und Friedrich II. bey Koͤpenick,
Belitz, Kapzau, Wuſtermark, Hoppenrode, Rohr-
beck, Dyraz, Lichterfelde, Prizerbe, Nauen, Rha-
tenau, Rhinau, Neuſtadt an der Doſſe, Schwan-
te, Granſee, Rauſchendorf, Zehlendorf, Liebenwal-
de, Kreuzbruch, Oranienburg, Joachimsthal,
Ranfft, Ilau, Buckau, Zieſar, Ludersdorf, Loͤ-
wenbruch, Genshagen, Vielſtock, Krampfuhl,
Stremmen, Wuſterhauſen, Werder, Proͤtzel, Reh-
feld, Geilsdorf, Hirſchfeld, die frankfurtiſchen Wie-
ſen, das Arensdorferbruch, Gieſendorf, Charlot-
tenburg, Plauen, Bagau, Markgrafpieſke, Frie-
E 3dersdorf,
[70] dersdorf, Storkau, und die Bruͤche bey Kuͤſtrin.
Hierunter ſind die wichtigſten Verbeſſerungen der
Koͤnigshorſt zwiſchen Nauen und Fehrbellin, und
die Vorwerke in dem großen Oderbruche zwiſchen
Wrietzen und Kuͤſtrin. Hierdurch wurde der Bau
verſchiedener Fruͤchte eingefuͤhrt; in der Churmark
der Kartoffelbau, von welcher aus er ſich in die
uͤbrigen Gegenden verbreitete, bey Luͤderiz, Veh-
ten und inſonderheit bey Klein-Schwarzloſen im
Amte Borgſtall die kleinen Steck- und Treuge-
ruͤben, auch der Bau der Scharte iſt hier ſeit
dieſer Zeit ein ſtarkes Nahrungsgeſchaͤffte, und
zugleich ein Handlungsartikel. Bey Teltow iſt
die Cultur der bekannten kleinen Ruͤben ſehr ſtark;
in den Zachaͤuſiſchen und Teltowiſchen Gegenden
bauet man ſeit dieſen Zeiten viel Hirſe und Buch-
waizen, und bey Neubrandenburg Krapp, Waid
und Scharte; alles die gluͤcklichen Folgen der
ruhmvollen Anſtalten dieſer zwey großen Fuͤrſten.
So wurden auch in der Neumark unter Koͤnig
Friedrich Wilhelm faſt in allen Kreiſen Gegenden
verbeſſert und urbar gemacht. Noch groͤßere Ver-
beſſerungen machte Koͤnig Friedrich II. denn er
trocknete die Bruͤche an der Oder, Warte und
Netze aus, und beurbarte dieſelben. Der Oder-
bruch wurde mittelſt des neuen Odercanals abge-
trocknet, welcher bey dem Dorfe Guͤſtebieſe aus
der Oder gehet, und gegen dem Dorfe Hohen-
Sathen uͤber, bey Wutzo wieder in die Oder faͤllt.
Er wurde 1753 eroͤffnet; er verſchaffte nicht nur
neuen und guten Acker- und Wieſenbau, ſondern
auch
[71] auch die Anlegung neuer Doͤrfer und Vorwerke.
Die Oder, die durch den Canal ſehr ſchnell fließt,
hat den Canal etwas uͤber ſeine erſte Anlage er-
weitert; indeſſen ſchuͤtzen ihn die ſtark aufgewor-
fenen Daͤmme und Berge. Ich will hier dieſes
ganze wichtige und lehrreiche Verfahren aus eini-
gen Nachrichten des Hrn. Buͤſchings anfuͤhren.
Die Austrocknung und den Anbau der wuͤſten
Bruͤche an der Netze und Warte geſchahe meiſt
durch den verdienſtvollen Hrn. geheimen Finanz-
rath von Brenkenhof ſeit dem Jahre 1763. Um
die Bruͤche an der Netze trocken und urbar zu ma-
chen, wurde von dem bey Erbenswunſch gelege-
nen und nach Polen gehoͤrigen Berge an queer
durch den Bruch ein Wall aufgeworfen, welcher
neben der Netze auf der linken Seite derſelben bey
Belitz und Drieſen weg und bis nach den Salz-
koſſaͤthen ſich 3908 Ruthen lang erſtreckt. Bey
Belitz iſt der alte Strom abgeſchnitten, und von
dannen aus ein Canal 5 Ruthen breit und 2370
Ruthen lang gezogen, welcher bey Drieſen vorbey
bis nahe an die Salzkoſſaͤthen gehet, und daſelbſt
wieder in die Netze faͤllt. Durch dieſen Canal
gehet die Schiffahrt. Oberhalb Belitz iſt eine
große Schleuße von 18 Schutzen im Teich oder
Wall angelegt, durch welche in das alte Bette
der Netze ſo viel Waſſer gelaſſen wird, als zur
Muͤhle bey Drieſen noͤthig iſt, durch welche auch,
wenn die Netze ſehr anwaͤchſt, und der Wall am
neuen Canal in Gefahr geraͤth, noch mehr Waſſer
abgeleitet werden kann. Hiernaͤchſt iſt am Kie-
E 4bitz-
[72] bitzwinkel auf der rechten Seite der Netze ein Teich
oder Wall gezogen, welcher ſich durch den ganzen
zum Amte Drieſen gehoͤrigen alten Netz- und
Gottshammerbruch und durch alle der Friedeber-
giſchen Caͤmmerey gehoͤrigen Bruͤche bis an den
Bruch der Herren von Brand und Schoͤning er-
ſtrecket, und eine Laͤnge von 6620 Ruthen betraͤgt.
Man hat auch ſo wohl laͤngſt dem hohen Lande,
als gleich hinter den Teichen, wie auch in der
Mitte des Bruchs und uͤberall in den niedrigen
Gegenden gewiſſe Abzugsgraͤben von hinlaͤngli-
cher Breite zur Abfuͤhrung des Quell- und Re-
genwaſſers angelegt. Es ſind auch im Netzbruch
zwey Einlaßſchleußen, naͤmlich im Kiebitzwinkel
und bey Trebitſch, ingleichen in den Abzugsgraͤ-
ben uͤberall kleine Stauſchleußen angelegt, durch
welche der ganze Bruch vom Kiebitzwinkel und
Trebitſch bis dahin, wo der Teich an der Netze
aufhoͤrt, aus der Netze unter Waſſer geſetzt wer-
den kann, welches, wenn es im Fruͤhjahr geſchie-
het, den Wieſen und Weiden ungemein vortheil-
haft iſt. Die auf die beſchriebene Weiſe an der
Netze trocken und urbar gemachten Bruͤche betra-
gen 25101 Morgen magdeburgiſchen Maaßes.
In denſelben waren 1771 28 neue Oerter ange-
legt, 5 alte an dieſelben graͤnzende Doͤrfer ver-
groͤßert, die alten Hollaͤnder und Einwohner, wel-
che in vorigen Zeiten einige hochgelegene Plaͤtze
auf eigene Koſten ausgerottet und angebauet ha-
ben, ſind dadurch anſehnlich verbeſſert, weil ihre
Grundſtuͤcke getrocknet und fuͤr Ueberſchwemmun-
gen
[73] gen geſichert ſind. Aus denen zur Friedebergi-
ſchen Caͤmmerey gehoͤrigen Bruͤchen ſind den nah
gelegenen adelichen Guͤtern, denen es vorher an
Wieſen fehlte, einige Grundſtuͤcke auf Erbzins
und gegen Uebernehmung einer gewiſſen Familien-
abgabe uͤberlaſſen, und dadurch der Werth ihrer
Guͤter ſehr erhoͤhet worden, weil ſie nun mehr Vieh
halten koͤnnen. Auch die nah gelegenen Staͤdte
Drieſen und Friedeberg erhielten betraͤchtliche Ver-
groͤßerungen. Es iſt auch in dem Netzebruch ei-
ne Stutterey angelegt worden, die fuͤr die Koͤnigl.
Dragonerregimenter gute Pferde liefert. Auf
gleiche Weiſe ſind ſeit 1767 die wuͤſten Bruͤche
an der Warte trocken und urbar gemacht worden;
die dreymal ſo groß waren, als die an der Netze.
Im J. 1770 waren ſchon 9 neue Coloniſtendoͤr-
fer fuͤr die Landsbergiſche Caͤmmerey und 3 fuͤr
das Amt Himmelſtadt angelegt, auch war ein koͤ-
nigliches Vorwerk mit einer Brauerey errichtet,
und die ſonſt zu Roſeburg im Magdeburgiſchen
geweſene Stutterey nach dem Bruch bey Pyrehne
verlegt. Im J. 1771 wurde der Anbau auf
der Landsbergiſchen Caͤmmerey fortgeſetzt, auch
ein gleicher Anfang in den zum Ordensamt Son-
nenburg und zu den adelichen Guͤtern Koͤllſchen
und Neuwalde gehoͤrigen Bruͤchen gemacht.
Durch dieſen neuen Anbau in den genannten 3
Bruͤchen iſt die Anzahl der Einwohner, welche
man vorher etwa auf 200000 ſchaͤtzte, ſtark ver-
mehret worden. Der Netzebruch war im Jahr
1768 mit 847 Familien beſetzt, die am Ende
E 5dieſes
[74] dieſes Jahres 3593 Koͤpfe ausmachten. Im
Wartebruch waren im Anfange des 1771 ſten
Jahres ſchon 437 Familien, die groͤßtentheils
aus Polen, Mecklenburg, dem ſchwediſchen Pom-
mern und Oberdeutſchland ſich daſelbſt nieder-
gelaſſen.
In dem Brandenburgiſchen wurde es in den
neueſten Zeiten noch ſehr nachdruͤcklich betrieben.
Der Koͤnig beſchloß 1772 die weitlaͤuftigen und
faſt unzugaͤnglichen Luͤche und Bruͤche an den
Fluͤſſen Rhyn und Doſſe in dem Ruppiniſchen
Kreiſe der Mittelmark unweit Neuſtadt an der
Doſſe zu trocknen, und mittelſt Anſetzung auslaͤn-
diſcher Coloniſtenfamilien urbar und bewohnt ma-
chen zu laſſen. Der Koͤnig trug es ſeinem Fi-
nanzminiſter von Derſchau auf, mit Zuziehung
des geheimen Finanzrath von Brenkenhof und
des Kriegs- und Domainenraths Gieß den Plan
zu machen und ihm vorzulegen. Der Koͤnig be-
willigte dazu 195000 Rthlr. Es ward 1773
der Anfang gemacht, und in 4 Jahren voͤllig
geendiget. Durch dieſe Anlage ſind theils da-
durch, daß der Rhyn, die Doſſe und Jaͤgelitz auf-
geraͤumt, gerade fortgeleitet, und mit Teichen ein-
geſchloſſen, theils durch verſchiedene Abzugs und
Nebengraͤben 8750 Morgen ganz wuͤſten Bodens
abgetrocknet, von Geſtraͤuche und ſtarken Elſen-
buſch gereinigt, gerottet und in einem Bezirk von
etlichen Meilen 310 auslaͤndiſchen Familien an
Hollaͤndern, Hopfgaͤrtnern und Buͤdnern, in ei-
genen fuͤr ſie erbauten Haͤuſern und mit dem ihnen
noͤthigen
[75] noͤthigen Vieh angeſetzt worden, wodurch folgen-
de Colonien entſtanden ſind: 1) Friedrichdorf von
20 Haͤuſern und 28 Familien; 2) Friedrichsbruch
von 14 Haͤufern und 14 Familien; 3) Großder-
ſchau von 24 Haͤuſern und 24 Familien; 4)
Kleinderſchau von 20 Haͤuſern und 20 Familien;
5) Guͤlitz von 8 Haͤuſern und 16 Familien; 6)
Brenkenhof von 8 Haͤuſern und 8 Familien; 7)
Neugarz von 10 Haͤuſern und 10 Familien; 8)
Schoͤnfeld von 11 Haͤuſern und 11 Familien; 9)
Neukoppenbruͤgge von 9 Haͤuſern und 9 Familien;
10) Siegrothsbruch von 32 Haͤuſern und 32 Fa-
milien; 11) Gieſenhorſt von 33 Haͤuſern und 33
Familien; 12) Zielensaue von 8 Haͤuſern und 8
Familien; 13) Bartſchendorf von 40 Haͤuſern
und 40 Familien; 14) Michaelisbruch von 14
Haͤuſern und 14 Familien. Außer dieſen ſind
noch einzelne kleine Colonien vorhanden, naͤmlich
Kruͤgsheim, Clauſiushof, Wilhelminensaue, Hir-
zelsluſt, welche zuſammen 9 Familien ausmachen,
und 24 Familien haben ſich in den alten dort her-
um liegenden Doͤrfern, Drey, Siefersdorf und
Koritz niedergelaſſen, in welchen ihnen Haͤuſer er-
bauet worden. Im J. 1775 wies der Koͤnig
noch eine Summe von 80000 Rthlr. an, wofuͤr
in der Churmark 400 Buͤdnerfamilien in eigenen
fuͤr ſie erbaueten Haͤuſern angeſetzt worden, und
ſeit 1776 ſetzt der Koͤnig jaͤhrlich 200000 Rthlr.
aus, verſchiedene andere Luͤche und Bruͤche zu
beſſern, und auch ſo viel Buͤdnerfamilien als moͤg-
lich nach dem jaͤhrlich davon vorzulegenden Plane
anzu-
[76] anzuſetzen. Mittelſt dieſer Gelder ſind in den
drey Jahren, 1776, 1777, 1778, betraͤchtli-
che Luͤche abgetrocknet, urbar gemacht und mit
Coloniſtenfamilien beſetzt worden. Auf adelichen
Guͤtern, denen der Monarch auf ſeine Koſten die
Anlagen machen ließ, ſind betraͤchtliche Verbeſſe-
rungen vorgenommen, und 1521 Familien in ei-
genen fuͤr ſie erbauten Haͤuſern angeſetzt worden. c)
Und ſo hat die Churmark an betraͤchtlichen aus
dieſem Familienanbau erwachſenen Doͤrſern fol-
gende Anzahl gewonnen:
1) In der Priegnitz
Heinrichsdorf von 17 Haͤuſern 18 Familien.
Siebmannsdorf v. 17 Haͤuſern 17 Familien.
Sophiendorf von 24 Haͤuſern 24 Familien.
2) Im Lebuſiſchen Kreiſe der Mittelmark
Neumabliſch von 15 Haͤuſern 30 Familien.
Neupodelzig von 10 Haͤuſern 20 Familien.
Kleinzeesdorf von 5 Haͤuſern 10 Familien.
3) Im Beeskowſchen Kreiſe
Neuhartmannsdorf v. 15 Haͤuſern 30 Familien.
Eben ſo hat man durch Aufmunterungen, Frey-
heiten, Unterſtuͤtzungen und durch Befoͤrderung
der Manufakturen und des Handels ſich bemuͤhet,
die
[77] die Bevoͤlkerung und Cultur des Landes uͤberhaupt
zu befoͤrdern. Die Provinzial- Cammer- und
Landraͤthe wurden angewieſen, durch beſtaͤndige
tabellariſche Berichte die Polizey von dem Zuſtan-
de und Fortgange der Landescultur nach allen ih-
ren Theilen zu benachrichtigen, um dadurch die
Maͤngel des Oekonomiezuſtands zu finden, und
ſie zu verbeſſern. Der Koͤnig bediente ſich zu ſei-
nen großen Verbeſſerungen meiſt des verdienſt-
vollen geheimen Raths von Brenkenhof, wie ſchon
oben erinnert worden.
Das große Beyſpiel wirkte nicht weniger bey
denen, die ſtolz darauf ſind, Friedrich ihren Koͤ-
nig zu nennen. Der Graf von Podewils ver-
beſſerte ſeine Guͤter im Pommeriſchen, welche im
vorigen Jahrhunderte fuͤr 40000 Rthlr. erkauft
waren, 1724 ſchon einen Werth von 130000
Rthlr. hatten, und in den Jahren 1777 und 1778
18000 reinen Pacht trugen. Er mehrte den
Kohlbau bey Guſov anſehnlich durch Beurbauung
ſchlechter Wieſen. Bey dem Antritt ſeiner Guͤ-
ter fand er nicht mehr als fuͤr 164 Rthlr. ver-
pachtetes Kohlland. Er machte unfruchtbare
Wieſen, die nichts als Schilf und Gras trugen,
urbar, und verwandelte dieſelben in Kohllaͤnde-
reyen, daß dieſer Bau itzt 900 Rthlr. im Durch-
ſchnitt eintraͤgt. Er verpachtet die funfzehnfußi-
ge Quadratruthe fuͤr einen Groſchen, wenn ſie der
Pachter ſelbſt duͤnget, und fuͤr einen Groſchen,
ſechs Pfennige, wenn er den Duͤnger dazu erhaͤlt.
Man erbauet bey maͤßigen Preißen auf einer ſol-
chen
[78] chen Ruthe fuͤr 16 gr. Kohl, und ein hier ge-
woͤhnlicher maͤrkiſcher Morgen von 300 Ruthen
wird zu 200 Rthlr. benutzt, welches bey den groͤß-
ten Reſidenzen wenige Aecker einbringen. Man
rechnet auf 4000 Rthlr an fremden Abſatz, wel-
ches den Werth dieſer Laͤndereyen ſo erhoͤhet, daß
zu denſelben ſich Pachter von anderthalb Meilen
weit einfinden, und die Bevoͤlkerung iſt hierdurch
auf das doppelte vermehrt worden. Auch die
hinterpommeriſchen Guͤter Wuſterwitz erhob er
durch ſeine Verbeſſerungen zu einem hohen Wer-
the, und wurde fuͤr Landwirthe nach dem Vor-
gange ſeines großen Koͤnigs ein lehrreiches Bey-
ſpiel. Eine Hauptabſicht bey ſeinen Verbeſſe-
rungen war, mehr Miſt zu erhalten, und dadurch
mit mehrerm Nachdruck die Fruchtbarkeit des
Landes zu bewirken. Er verbeſſerte daher die
ſchon vorhandenen Wieſen durch Graͤben und da-
durch angebrachte Waͤſſerung nach ſchweizeriſcher
Art. Er vermehrte und erweiterte den Kleebau,
und ſonderlich die Wieſen, indem er einen Moraſt
von 3 bis 400 Morgen austrocknete und dazu
beſtimmte. Er fuͤhrte vorzuͤglich das haͤufigere
Duͤngen und das nuͤtzliche Mergeln ein, zumal
da ein ſehr tauglicher Mergel zu Wuſterwitz, ſei-
nem Gute, ſich fand. Eben ſo machte er in Pom-
mern die Haakenpfluͤge bekannt, und ließ die Eg-
gen mit Eiſen beſchlagen, wodurch er die Bear-
beitung des pommeriſchen Ackers um vieles ver-
beſſerte. Er ließ ſich das tiefere Pfluͤgen und die
Ausbreitung deſſelben vorzuͤglich angelegen ſeyn,
und
[79] und hat daher einen eigenen Maasſtab, die Tiefe
der Furchen zu unterſuchen. Durch dieſes Sy-
ſtem bewirkte er ſo viel, daß manches ſo genann-
te Grandfeld, das ehedem nur aller 6 oder 9 Jahr
beſaͤet werden konnte, itzt wie der beſte Acker be-
nutzt wird. Er hob die Gemeinheiten auf ſeinen
Guͤtern auf, ſetzte viele Coloniſten an, und mehr-
te dadurch die Bevoͤlkerung ſo anſehnlich, daß
bey einer Zaͤhlung in den Jahren 1777 und 1778
die zu jedem Dorfe gehoͤrenden Vorwerke mit
gerechnet, ſich zu Wuſterwitz 352, zu Puddiger
149, zu Schmarſov 112, zu Balentin 108 See-
len befanden, da noch vor zehn Jahren nur zwi-
ſchen 3 bis 400 gezaͤhlt wurden.
Ein anderes nicht weniger wuͤrdiges Beyſpiel
giebt der große Stargardiſche Wirth, der Hr.
Graf von Bork. Er verbeſſerte ſeine Guͤter ſo
anſehnlich, daß ſie ſtatt 700 Rthlr., welches ſonſt
der Ertrag war, itzt 3000 einbringen. Er
ſelbſt giebt die beſte Nachricht davon in der kur-
zen Beſchreibung der Stargardiſchen Wirthſchaft
1777, wovon bald eine zweyte Ausgabe zugleich
mit Hrn. von Wedels, Koͤnigl. Preußiſchen Ober-
forſtmeiſters, Vorleſung uͤber dieſen Gegenſtand
in der patriotiſchen Geſellſchaft zu Breslau in 8
erſchien; wovon die allgemeine deutſche Biblio-
thek XXXVI. S. 589 einen Auszug liefert. Er
machte den Anfang zur Verbeſſerung mit Anle-
gung eines neuen Vorwerks, und Beurbauung
eines großen Stuͤck Landes, denn zwey Drittheile
der Feldmark lagen wuͤſte. Der zweyte Schritt
war
[80] war die Anlegung der Kleefelder, vermittelſt wel-
cher er den Viehſtand dermaßen verbeſſerte, daß
man 1777 ſtatt 36 Stuͤck Vieh jung und alt an
170 zaͤhlte, wodurch er viel Duͤnger gewann.
Er nahm hierzu noch den ſich daſelbſt findenden
Mergel, und brachte ſeine Wirthſchaft alſo vor-
zuͤglich durch den Kleebau, durch das Mergeln
und durch die wechſelsweiſe Beſaͤung des Ackers
mit verſchiedenen Getraidearten zu einer vortheil-
haften Hoͤhe. Man findet außerdem noch von
ſeinen Verbeſſerungen wichtige Nachrichten in dem
pommer. und neumaͤrk. Landwirth S. 311. 335.
353. und im III. B. der Berliner Beytraͤge S.
156. Auf der 37ſten Seite des erſtern Werkes
iſt ein Zeugniß von dem guten Ertrage des ver-
beſſertrn Ackers.
Ehe ich die beruͤhmten brandenburgiſchen und
pommeriſchen Landwirthe verlaſſe, verdient noch
der Name des verdienſtvollen geheimen Raths von
Brenkenhof Erwaͤhnung. Es wuͤrde ſelbſt ein
Verbrechen gegen das Verdienſt ſeyn, den nicht
zu nennen, den der große Friedrich ſeines Ver-
trauens wuͤrdig befand, und in dieſen oͤkonomiſchen
Unternehmungen zum Rathgeber waͤhlte. Durch
ſeine Veranſtaltung wurde der See, die Maduͤja,
im Amte Kolbatz zwiſchen Pyritz und Altdamm,
welcher wegen des wohlſchmeckenden Fiſches Ma-
rene, den ein Moͤnch aus Italien dahin verſetzt
hatte, und welches die Murane der Alten ſeyn
ſoll, beruͤhmt iſt, ausgetrocknet, wovon der Hr.
Praͤſident von Benkendorf in dem pommer. und
neu-
[81] neumaͤrk. Wirth S. 114. ausfuͤhrlich handelt.
Der Koͤnig verwendete uͤber 36000 Rthlr. an
dieſe Melioration, und machte dadurch 14338
Morgen nutzbar, von welchem Vortheil der Koͤ-
nig nur etwas uͤber die Haͤlfte genießt, das uͤbri-
ge aber den adelichen Gutsbeſitzern umher zukom-
men laͤßt. Es iſt ein Beyſpiel, wie ſehr eine
verbeſſerte Wirthſchaft bereichern kann. Es fin-
den ſich davon beſondere Umſtaͤnde in den Reiſen
des Hrn. Bernoulli im 1ſten Theil S. 131, wo
geſagt wird, daß ſein Vermoͤgen von 8 Gro-
ſchen zu einem Vermoͤgen von 300000 Rthlr.
gekommen. Er fuͤhrte zuerſt den archangeliſchen
Roggen im Pommeriſchen ein, da jemand ſich
dergleichen verſchrieben, und ihm eine Viertelmetze
abließ, welche er im Garten ſaͤete, und ſo verviel-
faͤltigte, daß er nach der dritten Aerndte ſchon im
Stande war ein Feld zu beſaͤen, und bald hernach
mit dieſem Getraide einen ſtarken Handel zu trei-
ben, ſo daß das Koͤnigl. Poſtamt dadurch ſehr
bereichert wurde, indem mit dem Poſtwagen im-
mer noch ein paar Beywagen mit ſolchem Getrai-
de zum Ausſaͤen abgiengen. Eben derſelbige
richtete auch auf die Verbeſſerung der Viehzucht
ſein Augenmerk, und ſtellte allerhand wichtige
Verſuche an. Er ließ aus Aſien Kameele und
Buͤffelochſen kommen, wovon ſich ſonderlich die
letztern vorzuͤglich vermehren. Vorzuͤglich benutz-
te den archangeliſchen von ihm eingefuͤhrteu Rog-
gen der Hr. Graf von Podewils mit vielem Gluͤck,
die Hoͤhe iſt mehrentheils 6 Fuß. Er ließ ihm
Fin
[82] in Verhaͤltniß von 9 zu 16 ſaͤen, und er ſtand ſo
ſchoͤn, als die beſten benachbarten Felder mit ein-
heimiſchen Roggen. Man verſuchte es, nur den
dritten und vierten Theil als daſelbſt gebraͤuchlich,
zu ſaͤen, und doch ſtand das Feld eher gut als
ſchlecht. Der Ertrag muß alſo bis aufs 30ſte und
40ſte Korn gebracht werden koͤnnen. Man hielt
nicht ohne Grund dafuͤr, daß die groͤßere Ergie-
bigkeit dieſes archangeliſchen Roggens von dem
waͤrmern Clima komme, in welches er hier ge-
kommen iſt, da er in ſeinem Vaterlande nicht ſo
ergiebig ſeyn ſoll.
In dem Oeſterreichiſchen und demſelben zuge-
hoͤrigen Landen und Reichen machte man aͤhnliche
Anſtalten in der Errichtung der Oekonomieinſpek-
toren, welche die Auſſicht uͤber gewiſſe Diſtrikte
und Bannate erhielten. Die Geſellſchaften der
Oekonomie zu Laybach in Krain, ingleichen die
von Niederoͤſterreich und zu Wien haben durch
viele nuͤtzliche Vorſchlaͤge und die Unterſuchungen
einiger wuͤrdiger Mitglieder viel Nutzen geſtiftet,
und die Landwirthſchaft in ihren Landen befoͤrdert.
Es verdienen hier ſonderlich der Hr. von Hacquet,
von Zahlheim, von Endtnersfeld, Jacquin, Son-
nenfels und andere angefuͤhrt zu werden. Man
verſchrieb Colonien zu Verbeſſerung der Oekono-
mie aus Flandern, und breitete ſich uͤber alle Theile
der Oekonomie aus. Durch dieſe Anſtalten iſt
ſonderlich die Oekonomie in Maͤhren ſehr verbeſſert
worden, indem ſich die flaͤmiſche Wirthſchaftsart
ſowohl auf den Cammerguͤthern als auch unter
Privat-
[83] Privatperſonen ausgebreitet hat. Unter den letz-
tern fuͤhrte ſie der Freyherr von Skulitz zuerſt auf
ſeinem Guthe ein, wovon uns die Geſchichte des
Acker- und Wieſenbaues naͤher unterrichten wird.
In Boͤhmen zeichneten ſich ſonderlich die großen
und verbeſſerten Wirthſchaftseinrichtungen des
Hrn. Grafen von Schwerz aus, welche ausfuͤhr-
lich in dem Leipz. Intelligenzbl. vom J. 1766
S. 331-335 erzaͤhlt werden. Er bauete große
und bisher unfruchtbare Landſtriche an, ſaͤete Hol-
zungen, und ſchenkte den Nachkommen cultivirte
Gegenden. Er ſendete ſeinen Sohn auf oͤkono-
miſche Reiſen, und gab ihm wirthſchaftsverſtaͤn-
dige Beamte mit, welche um deſto aufmerkſamer
auf den Bau der verſchiedenen Laͤnder ſeyn konn-
ten, da ſie ſelbſt mit dieſen Geſchaͤfften bekannt
waren, und deſto gluͤcklicher ihre Bemerkungen
dereinſt in Aemtern anwenden konnten. Stets
erinnern ihn ſeine Zimmer an den Zuſtand ſeiner
Guͤther, und zeigen ihm denſelben. Es hiengen
darinnen Abriſſe ſeiner graͤflichen Herrſchaften,
Guͤther und Grundſtuͤcken, Geſchichte und Nach-
richten, wie an dieſen und jenen Feldern dieſe oder
jene Verſuche und Erfahrungen anſchlagen, wie
tief man ackern muͤſſe. In ſeinen Gaͤrten ver-
band er das nuͤtzliche mit der Pracht. Er ließ
ſeine Arbeiter alle Tage, ehe ſie an die Arbeit
giengen, in die Kirche gehen, und eine Rede von
der Arbeit halten, die ſie an ihre Pflichten erin-
nerte. Er erkaufte einen Bruch, der bisher zu
einer elenden Hutweide gedienet, von den Buͤr-
F 2gern
[84] gern von Liſſa fuͤr 10000 Gulden, machte aus
einem dabey gelegenen Spital einen Meyerhof,
und verſetzte die Spitalleute anderswohin; er
trocknete den Moor aus durch Graͤben, die die
Feuchtigkeiten ab und in die Elbe fuͤhrten. Die-
ſer Moor beſtand aus einer ſtark bewurzelten Torf-
erde, die bis vier Schuh tief gieng; nahe dabey
war eine Kieferholzung von zartſandigem Boden.
Man hob einen Theil der Torferde aus, und uͤber-
zog das Land mit zartſandiger Erde, worauf nun
der ſchoͤnſte Weizen wuchs.
Ich kann nicht umhin, zugleich auch die Ein-
richtungen zu erwaͤhnen, welche das oͤſterreichiſche
Haus in einigen ſeiner andern Lande, welche nicht
zum deutſchen Reiche gehoͤren, gemacht hat. Es
gehoͤren hieher vorzuͤglich verſchiedene Theile von
Ungarn, und mehrentheils der Temeswarer Ban-
nat, von welchem uns Hr. Franz Griſelini einen
Verſuch einer politiſchen und natuͤrlichen Geſchichte
geliefert. Es gediehe dieſer Landſtrich in dem
Paſſarowitzer Frieden an das Haus Oeſterreich,
vor dieſen Zeiten war er unfruchtbar und voller
wilder Thiere. Allein dem erſten Kaiſerl. Gou-
verneur und Feldmarſchall, Franz Mercy, dankt
er ſeine beſſere Einrichtung; er theilte es in 12
Diſtrikte, richtete das Cameral- und Juſtizweſen
ein, zog Deutſche, Italiaͤner und Spanier zur An-
legung der Manufakturen und Befoͤrderung des
Ackerbaues hinein. Er brachte ſonderlich die vor-
hin wild wachſende Faͤrberroͤthe und Waid, wie
auch den Kohlruͤbenbau, ingleichen Wein- und
Maul-
[85] Maulbeerbau durch Veredelung in beſſern Gang,
und legte Fabriken an. Dieſer verdiente Mann
ſtarb 1754. Die Peſt und der neue Tuͤrkenkrieg
unterbrachen die Verbeſſerungen; doch ſind durch
Deutſche, Raizen und Servier viele neue gemacht,
vorzuͤglich viele Moraͤſte ausgetrocknet worden.
Das Land iſt ſeit 1775 in Anſehung ſeines Oeko-
nomie- und Cameralzuſtandes in 4 Kreiſe getheilt,
in den von Oſatat, Temeswar, Werſchez und
Lugoſch; jeder ſtehet unter einem Kreishauptman-
ne und iſt in mehrere Herrſchaften vertheilet, wo-
von jede einen Wirthſchafsbeamten hat.
Unter den Oekonomiegelehrten und Staats-
maͤnnern wurde die Oekonomie nun angeſehener
und wichtiger, und in unſerm itzigen Zeitalter
rechnet man die oͤkonomiſchen Kenntniſſe beynahe
mit zu den Eigenſchaften eines Mannes von Welt
und von Mode. Seit dem entſtanden haͤufig
Streitigkeiten und Unterſuchungen, ſo daß die
Polemik dadurch ein ganz neues Gebiete erhalten.
Die wichtigſten Streitigkeiten will ich hier nur
uͤberhaupt anfuͤhren, wir werden ſie aber in der
beſondern Geſchichte der einzelnen Theile naͤher
kennen lernen. Man ſtritt uͤber das Flach- und
Tiefpfluͤgen und Saͤen, fuͤr das letztere intereſſirte
ſich vorzuͤglich Wolf nicht ohne Gruͤnde, und mit
ihm viele andere, fuͤr das erſtere aber Hr. Luͤder.
Eben ſo wurde ein Gegenſtand des Streits die
Duͤngung mit Gips, die Bienenableger und der
Werth derſelben, die Stallfuͤtterung, welche ſon-
derlich Hr. Tſchiffeli und Meyer empfahl, das
F 3Ein-
[86] Einweichen und die Schwaͤngerung des Saa-
mens, die kuͤnſtliche Duͤngung, die Verwandlung
der Frohnen in Geld und die gaͤnzliche Abſchaffung
derſelben, die Verwandlung der Getraidearten,
die Mergelduͤngung, der Hordenſchlag, das Dicht-
und Duͤnneſaͤen, die Entbehrlichkeit der Braache,
die Abſchaffung der Gemeinheiten, u.ſ.w.
Alle dieſe Anſtalten und Vorfaͤlle aͤnderten
das ganze Oekonomieſyſtem in Deutſchland, mach-
ten es zuſammengeſetzter, kuͤnſtlicher und vielfa-
cher, aber auch eintraͤglicher und ergiebiger, oͤff-
neten und vervielfaͤltigten die Wege zu Specula-
tionen, brachten mehr Verbindung und Gewiß-
heit in das Ganze, und verbreiteten ihren wohl-
thaͤtigen Einfluß auf den ganzen Nahrungsſtand
und die innere Staͤrke des Staats.
Noch kann ich einige Bemuͤhungen der Ge-
lehrten und der Geſellſchaften nicht uͤbergehen, die
unſern Zeiten eigen ſind. Man ſuchte in dieſem
Jahrhunderte das Studium der alten Oekonomen
der Griechen und Roͤmer zu wirklicher Verbeſſe-
rung von neuem auf. Man beſorgte haͤufigere
und richtige Ausgaben derſelben, vornehmlich
machte ſich Geßner und Erneſti um ſelbige ver-
dient. Man bemuͤhete ſich, ſie durch Ueberſe-
tzungen und Erklaͤrungen bekannter zu machen.
Hr. Prof. Curtius uͤberſetzte den Columella, d)
Hr.
[87] Hr. Duſch die Georgika des Virgils; wir erhiel-
ten eine Ueberſetzung des Varro von Hrn. Meyer.
Die fuͤrſtl. Jablonoviſche Societaͤt zu Leipzig beei-
ferte ſich, das Studium der alten roͤmiſchen Oe-
konomen zu empfehlen, indem ſie einen Preis auf
die Beantwortung der Frage ſetzten: ob die oͤko-
nomiſchen Schriften der Alten, vornehmlich der
Roͤmer, noch einige Verbeſſerungen in unſerer
Oekonomie geben koͤnnten, und wie es geſchehen
koͤnne? Unſtreitig macht dieſes unſerm Jahrhun-
derte mehr Ehre, als es dem funfzehnten machte,
da gegen das Ende deſſelben Pabſt Gregor die
gelehrten Schriften des Varro verbrennen ließ. e)
Die goͤttingiſche Geſellſchaft der Wiſſenſchaften
bemuͤhete ſich, die Vortheile der Alten in dem
Bergbaue aufzuſuchen, und ſie auf den heutigen,
ſo fern es moͤglich waͤre, anzuwenden. Sie
ſetzte daher einen Preis von 50 Dukaten auf die
Beantwortung der Frage: wie waren die Berg-
werke der Alten eigentlich beſchaffen und eingerich-
tet, und laͤßt ſich nicht nach angeſtellter Verglei-
chung derſelben mit den unſrigen zum Vortheile
des Bergbaues und der Huͤttenwerke unſerer Zei-
ten etwas aus den Alten lernen?
Geſchichte
[88]
Geſchichte
des Ackerbaues
in Deutſchland
ſeit dem 16ten Jahrhundert bis auf unſere Zeiten.
Der Ackerbau hat in den neuern Zeiten in
Deutſchland und vorzuͤglich in Sachſen
dasjenige zuerſt erhalten, was man ſeine Vervoll-
kommung nennen kann. Nicht nur die Anſtalten
im allgemeinen, die im vorigen Kapitel angege-
ben worden, ſchreiben ſich zuerſt aus Sachſen her,
ſondern auch gewiſſe hier naͤher zu beſtimmende
Einrichtungen, in ſo fern naͤmlich die Sorge der
Regierung durch Aufhebung gewiſſer oͤffentlicher
und gemeiner Hinderniſſe, durch gemeinnuͤtzige
Anleitung und Unterricht, durch Vorgang mit
guten Beyſpielen, durch Aufmunterung und Be-
ſtimmung des genauen Verhaͤltniſſes dazu bey-
tragen kann.
Der große Churfuͤrſt Auguſt war ſelbſt ein
großer Kenner der Oekonomie uͤberhaupt, und
des Ackerbaues insbeſondere; es bezeugen dieſes
auch verſchiedene Inſtruktionen und Beſtallungen
von ihm, welche er den Pachtern ertheilet. So
unterſagte er denſelben „die Felder nicht auszu-
ſaugen noch auszuſoͤmmern, kein Geſtroͤde noch
Fuͤtterung verwenden und verkaufen, ſondern das
erwach-
[89] erwachſene verfuͤttern und verſtreuen, Miſt daraus
machen, oder da man es hierzu nicht beduͤrftig,
auf die folgenden Jahre ſparen, mit den Scha-
fen nicht ums Lohn pferchen, ſondern ſolche auf
des Hofs Feldern gebrauchen, ſo viel man deſſen
darauf beduͤrftig.“ a)
Wir ſehen aus dieſen Stellen die großen oͤko-
nomiſchen Kenntniſſe Auguſts und ſeiner Diener,
die dieſes abſaßten. Er ſahe ein, wie noͤthig die
gehoͤrige Bearbeitung und Duͤngung ſey, damit
das Feld nicht ausgeſauget werde durch den Ei-
gennutz der Paͤchter, welche daſſelbe ſehr benutzten
und wenig duͤngeten. Man ſiehet, daß das Vor-
urtheil der Braache noch ſehr groß geweſen, da
er unterſagt, daß man Felder, welche den Som-
mer uͤber der Landesart nach braach liegen ſollten,
mit Sommerfruͤchten bebaue, welches unter den
Ausſoͤmmern zu verſtehen. Allein es kann von
jenen Zeiten dieſe tiefere Einſicht noch nicht ver-
langt werden, da in den neuern Zeiten es immer
noch ſo viel Widerſpruch findet. Eben ſo zeigte
Auguſt ſeine Einſichten in die Duͤngungskunſt,
indem er die Wichtigkeit des Einſtreuens bemerkt,
und daher den Strohverkauf unterſagt, wie auch
die Gewinnſucht der Paͤchter einſchraͤnkt, welche
durch Verdingung des Schafpferchs an Fremde
den gepachteten Feldern die Nahrung entziehen.
F 5Wahr-
[90] Wahrſcheinlich hat an dieſen Inſtruktionen keinen
geringen Antheil der verdienſtvolle von Tumshirn,
welchen er auch das Werk uͤber die Oekonomie
fuͤr ſeine Cammerguͤter aufſetzen ließ, welches 1705
zuerſt im Druck erſchien. Aber Auguſt hat auch
noch mehrere Verdienſte, indem er dem Ackerbau
und Viehzucht das rechte Verhaͤltniß gegen ein-
ander gab, und in eben dem Grade den Wieſen-
bau zu befoͤrdern bemuͤhet war, ohne welchen we-
der der Ackerbau genugſam bluͤhen, noch die Vieh-
zucht Vollkommenheit erreichen kann. Der Ge-
traidehandel in Sachſen war um dieſe Zeit anſehn-
lich, es lehren dieſes vorzuͤglich die Verordnungen,
die ſich in dieſen Zeiten daruͤber finden. Man
hatte ein wachſames Auge darauf, je groͤßer der
Einfluß deſſelben nicht nur auf die Landesoͤkono-
mie, Bevoͤlkerung, Induſtrie, Handel und Ma-
nufakturen uͤberhaupt, ſondern auch auf den Acker-
bau beſonders iſt. Schon im Jahre 1534 ver-
bot Herzog Georg den Getraideaufkauf, eben der-
gleichen Verbot ließ Churfuͤrſt Auguſt 1571 er-
gehen, und unterſagte die Ausfuhre, ſo bald der
Getraidepreis eine gewiſſe beſtimmte Summe
uͤberſchritte. Es iſt dieſes unſtreitig das beſte
Mittel, die Kornausfuhre zu leiten, damit ſie
nicht ſchaͤdlich werde; weder dadurch, daß durch
den gehinderten Abſatz der Bau deſſelben geſchwaͤ-
chet, noch auch durch nachtheilige unumſchraͤnkte
Ausfuhre Theurung entſtehe. Wir finden daher
von Zeit zu Zeit Verbot und Erlaubniß wegen
der Getraideausfuhre und Aufkauf mit einander
abwech-
[91] abwechſeln. Außer dieſer Abwechſelung wuͤrde
ſie fuͤr den Ackerbau nachtheilig ſeyn, da ausge-
macht iſt, daß der Ackerbau in eben dem Grade
ſteigt, in welchem der Landmann ſeine Fruͤchte ab-
ſetzen und nutzen kann, und wie kann dieſes an-
ders ſeyn, als durch eine gute Leitung des Getraide-
und Fruchthandels von Seiten der Polizey. Da-
mit nicht die fremde Einfuhre an Getraide den
einheimiſchen Bau hinderte, unterſagte Churfuͤrſt
Johann Georg 1653 dieſelbe, und dieſe Befoͤr-
derung des Ackerbaues von Seiten der Polizey
hat bis in die neueſten Zeiten fortgedauert. b)
Die ſaͤchſiſchen Geſetze verordneten, alles, was
zum Ackerbau gehoͤrt, als Pferde, Ochſen und
Schafe, bey der Huͤlfe zu verſchonen, und ſie eher
nicht anzugreifen, es ſey denn an fahrender Habe
und liegenden Guͤtern oder außenſtehenden Schul-
den ſo viel nicht vorhanden, daß ſich der Glaͤubi-
ger daran erholen kann. c)
Vor-
[92]
Vorzuͤglich bluͤhete in dem ſechszehnten Jahr-
hunderte in Sachſen und Thuͤringerlande der
Waidbau, wozu das Manufakturſyſtem, welches
ſich gegen Ende dieſes und dem Anfange des ſie-
benzehnten Jahrhunderts ſonderlich in Nieder-
deutſchland ausbreitete, viel beytrug. Es ergien-
gen daher auch in Sachſen verſchiedene Verord-
nungen des Waidhandels wegen. d)
Im ſechszehnten Jahrhunderte war der Waid-
bau und Handel vorzuͤglich in und um Erfurt. e)
Allein durch die haͤufigen Unruhen zwiſchen dem
Rathe und den Buͤrgern, welche in den damali-
gen Zeiten in vielen, ſonderlich Reichsſtaͤdten,
waren, wich er von Erfurt weg, und zerſtreuete
ſich in die umliegenden Gegenden. Von dem
Wohlſtande der Landleute und Landwirthſchaft um
Erfurt in den damaligen Zeiten zeugen ſonderlich
die Nachrichten von dieſen Unruhen, welche Eber-
bach giebt. f) Es werden daſelbſt immer bey den
Doͤrfern
[93] Doͤrfern und Bauerguͤthern viele Pferde und
Knechte, welche ſie fuͤr den Ackerbau hielten, die
in den Unruhen ihnen weggenommen worden und
verloren gegangen, angegeben. g) Die Stadt
Hayn wurde zur Niederlage dieſes Handels, der
fuͤr Sachſen ſo wichtig war, durch ein Mandat
vom J. 1592 beſtimmt. h) Man ſuchte den
Bau des Waids zu befoͤrdern durch das Verbot
vom J. 1652 und 1653, die Tuͤcher mit Indi-
go zu faͤrben. i) Vieles hiervon gilt auch von
den herzogl. ſaͤchſiſchen Landen, wo insbeſondere
in dem Gothaiſchen der große und fromme Ernſt
nebſt ſeinem weiſen Miniſter, den von Seckendorf,
den Ackerbau ſo viel moͤglich unterſtuͤtzten; der
letztere ſchlug ſchon die Landesvermeſſung zur Be-
foͤrderung deſſelben vor, allein es blieb blos Vor-
ſchlag bis in unſere Zeiten. Herzog Ernſt ſen-
dete viele ſeiner Diener auf Reiſen, um ſich unter
andern auch mit dem fremden Ackerbau anderer
Voͤlker
f)
[94] Voͤlker bekannt zu machen, und die erlangten
Kenntniſſe in dem Vaterlande anzuwenden. In
vielen andern Gegenden Deutſchlands hingegen
ſeufzte der Ackerbau unter den Feſſeln der Scla-
verey, Unterdruͤckungen und ungemeßner Froh-
nen, ſo wie unter dem Schimpf der Vernachlaͤßi-
gung, oder man beſchaͤfftigte ſich vorzuͤglich mit
andern Theilen der Oekonomie, z. B. mit der Vieh-
zucht, oder ſchraͤnkte ſich blos auf eine Frucht ein,
z. E. Pommern vorzuͤglich auf den Hopfenbau;
andere Laͤnder auf den Weinbau; wovon wir aber
in der Geſchichte dieſer Nahrungsgeſchaͤfte be-
ſtimmter handeln werden. Im Ganzen genom-
men bluͤhete er am meiſten in Sachſen und Thuͤ-
ringen, wovon die große Cultur dieſer Laͤnder in
unſern Tagen die gluͤcklichſte Folge iſt, wo ſie nicht
etwa verheerende Kriege zerſtoͤrten. Aber auch
andere Provinzen des Reichs betrieben ihn eifrig,
obſchon nach ihrer meiſt eigenen Landesart. Er
wurde in dem Holſteiniſchen, Mecklenburgiſchen,
Wuͤrtembergiſchen, und zum Theil Pfaͤlziſchen,
wenigſtens unter den Haͤnden der Niedern mit
Gluͤck betrieben, obſchon die Regierungen nicht
ſo viel Sorgfalt auf ihn wendeten. Indeſſen iſt
doch ſo viel gewiß, daß, wo ſtarke Viehzucht war,
man auch den Acker- und Wieſenbau nicht ver-
nachlaͤßigen konnte. Daher iſt im Holſteiniſchen
die bekannte Wechſelwirthſchaft ſehr alt, und in
dieſen Zeiten ſchon gewoͤhnlich. Man ſuchte durch
dieſelbe den Acker- und Wieſenbau auf eine ange-
nehme Art zu verbinden, und glaubte dieſes bey
dem
[95] dem Mangel einer gehoͤrigen Bevoͤlkerung da-
durch deſto leichter zu erreichen. In Boͤhmen
bluͤhete zu Anfange des 17ten Jahrhunderts und
auch ſchon im 16ten nach dem Zeugniß des Je-
ſuiten Balbini in ſeiner boͤhmiſchen Hiſtorie I. 45.
der Roͤthebau ſehr; er wurde aber im dreyßig-
jaͤhrigen Kriege verſtoͤret und zu Grunde gerich-
tet. Er wich nach Schleſien, wo dieſe Cultur
noch itzt vorzuͤglich iſt. Ueberhaupt war Boͤhmen
vor dem dreyßigjaͤhrigen Kriege eines der culti-
virteſten Laͤnder; und nur erſt ſeit dieſen ungluͤck-
lichen Zeiten liegt es ſo ſehr darnieder, welches
nicht ohne Beguͤnſtigung der Regierung zu ge-
ſchehen ſcheint, die dadurch dieſes ehemals ſo zu
Unruhen geneigte Reich in einer beſtaͤndigen
Schwaͤche zu erhalten ſucht, um ſich deſſelben de-
ſto mehr zu verſichern. Sachſen hat einen gro-
ßen Theil ſeiner leinen und wollenen Manufaktu-
ren dem Staatsfehler des Hauſes Oeſterreich,
welchen es durch die Religionsbedruckungen in
Boͤhmen im 17ten Jahrhunderte begieng, zu ver-
danken. So finden ſich auch in andern Gegen-
den Deutſchlands theils Spuren von Privatbe-
muͤhungen, daß man immer mehr Land anzubauen
geſucht und Waldungen deshalb ausgerottet, ſo,
daß viele Fuͤrſten ſich genoͤthiget ſahen, in ihren
Forſtordnungen dergleichen Unternehmen zu hin-
dern, damit nicht die Waldungen litten. So
unterſagt Herzog Johann Friedrich zu Wuͤrtem-
berg im J. 1614 die Neugereuten zu Egerten
Acker, Wieſen, Weingaͤrten, Weidgaͤngen, welche
aus
[96] aus Holzungen gemacht werden. Um dieſe Zeit
muß auch das Mergeln im Wuͤrtembergiſchen ſehr
gewoͤhnlich geweſen ſeyn, weil es in eben dieſer
Forſtordnung von beſagtem Jahre, welche ſich
bey dem Fritſch findet, 3ter Theil in dem Kap.
von Neugeraith, Mergeln und Waidbrennen S.
166. heißt: Es ſoll auch das Mergeln in und
außer den Hoͤlzern und Waͤldern, auch in Eger-
ten, ſo uns eigenthuͤmlich zugehoͤrig, beſonders
die an Hoͤlzern und Waͤldern gelegen, gaͤnzlich
vermieden, und ohne unſrer vorgehabten Raͤthe
Bericht und Erlaubniß nicht verſtattet werden.
Das in England ſo geruͤhmte Umzaͤunen und
Schirmen der Felder war in Deutſchland in vo-
rigen Jahrhunderten ſchon laͤngſt bekannt, wie
ſich aus den Forſtgeſetzen ſchließen laͤßt, welche
unterſagen, zu viel geſundes und gutes Holz aus
den Waͤldern auf dergleichen Umzaͤunungen zu
verſchwenden; eben ſo verbieten ſie die geſpitzten
Zaͤune um die Felder und Wieſen, damit ſich nicht
ſo viel Wild ſpieße. Es findet ſich auch in dem
Mecklenburgiſchen dergleichen. Denn in der Lan-
desordnung von 1562. Tit. 26. heißt es: Sie
ſollen ihre Aecker nicht mit ſo uͤberſchwenglich gro-
ßen Zaͤunen befriedigen, ſondern ſie gaͤnzlich ab-
ſtellen, und die Felder mit Ackerſteinen umſetzen.
oder hohe Graͤben aufwerfen. Im Braunſchwei-
giſchen machte ſich Herzog Auguſt im vorigen
Jahrhundert um den Landbau verdient, und ließ
eine ordinationem agrariam ergehen. Eben ſo
finden ſich im Pommeriſchen, wo uͤberhaupt in
den
[97] den vorigen Zeiten dieſe Geſchaͤffte weit mehr bluͤ-
heten, als irgendwo, und welches zu den ange-
bauteſten Gegenden Deutſchlands gehoͤrte, gemei-
ne Bauer- und Schaͤferordnungen von den Jah-
ren 1582, 1616, 1647, 1663, 1669 und 1673.
Die Landesordnungen des 16ten und 17ten Jahr-
hunderts beſtaͤrken nicht weniger das, was ſo oft
geſagt worden, daß man in dieſen Zeiten immer
mehr anfieng, den Landbau zu befoͤrdern und zu
betreiben.
Der Ackerbau kam in dem ſechszehnten Jahr-
hunderte in die Haͤnde der Gelehrten und Natur-
forſcher, ob ſie gleich keinen großen Fortgang dar-
inne machten. Sie machten, wie ich oben erin-
nert habe, meiſt Auszuͤge aus den Alten, und
uͤberſetzten fremde Schriften, ohne daß es einigen
Einfluß zur Verbeſſerung hatte. Dennoch war
dieſes Gluͤck genug fuͤr ihn, ſo wie fuͤr die Oeko-
nomie uͤberhaupt. Es wurde doch die Bahn ge-
brochen, auf welcher die Nachkommen ungehin-
dert zu neuen Entdeckungen und Verbeſſerungen
fortſchreiten konnten. Die Schriftſteller der da-
maligen Zeiten uͤber die Oekonomie uͤberhaupt ge-
hoͤren auch in dieſes Kapitel. Nur einige wenige
bearbeiteten den Ackerbau damals beſonders.
Moller beſchrieb 1583 den Sommer- und auch
den Winterfeldbau; ingleichen 1584 ſein Saͤe-
buͤchlein auf Sommerfrucht und Gartengewaͤchs
gerichtet.
Der verderbliche Krieg des ſiebenzehnten Jahr-
hunderts, welcher von der Zeit, in der er die deut-
Gſchen
[98] ſchen Provinzen verwuͤſtete, den Namen des drey-
ßigjaͤhrigen hat, richtete in vielen Gegenden den
Ackerbau zu Grunde, und noch itzt ſind die trau-
rigen Ueberreſte in den Wuͤſteneyen und oͤden un-
angebauten Gegenden vieler Laͤnder. Die Fuͤr-
ſten ſuchten die Wiederanbauung mit allem Eifer
zu betreiben. Von Sachſen habe ich oben ver-
ſchiedene Verordnungen, die dahin abzielten, an-
gefuͤhret, aber auch andere Laͤnder ließen es hier-
inne nicht ermangeln; in dem Gothaiſchen arbei-
tete der weiſe und fromme Herzog Ernſt mit ſei-
nem großen Miniſter von Seckendorf; in dem
Brandenburgiſchen bemuͤhete ſich der große Chur-
fuͤrſt Friedrich Wilhelm, den Ackerbau wieder zu
erheben. So finden ſich auch verſchiedene Unter-
nehmungen von Privatperſonen, die dahin abziel-
ten. In dem Hinterpommeriſchen zeichnete ſich
damals das Geſchlecht derer von Podewils aus,
und vorzuͤglich der Generaldirector der Domainen
und Schloßhauptmann, Adam von Podewils;
er ließ die Tiefen in den Feldern erhoͤhen, und an
andern Orten hierzu die Erde ausgraben; hier-
durch ebnete er die ſchaͤdlichen Vertiefungen, und
verſammelte in den Aushoͤhlungen das von ſtar-
ken Regenguͤſſen und dem Schnee im Winter
uͤberfluͤßige und nachtheilige Waſſer; von ſeinen
Anſtalten fand Hr. Bernoulli noch Spuren auf
ſeinen Reiſen (ſ. I. B. S. 105.). Es finden
ſich in dem Brandenburgiſchen verſchiedene Ver-
ordnungen, die den Ackerbau angehen, z. B. wie
es zu halten, wenn in den Haiden oder Wildbah-
nen
[99] nen einige Orte zu Acker und Wieſewachs dien-
lich ſind, daß dieſe nicht unbeſaͤet bleiben ſollen,
und wer deshalb wachſam zu ſeyn habe; es ſollen
dieſelben gereiniget und geraͤumet, an die Meiſt-
bietenden verpachtet, und das Geld an die Rent-
cammer berechnet werden. S. Th. IV. Conſt.
March. S. 700. Auch daß die Unterthanen die
Aecker zu rechter Zeit gehoͤrig und gut beſtellen,
denſelben Waſſerabzug verſchaffen, und wie es
bey dem gegentheiligen Falle zu halten; die Un-
terthanen ſollen ihre eigenen Aecker nicht liegen
laſſen, ſie ſollen dem Geſinde und Knechten zur
Beſaͤung nicht ausgethan werden. Die Polizey
verordnete, mit welcher Behutſamkeit die verwach-
ſenen Haiden und Aecker abzubrennen, die verwil-
derten zu raͤumen; diejenigen, welche Haiden raͤu-
men, erhielten Freyheiten; ingleichen wurde be-
fohlen, daß die Unterthanen die Aecker von Stei-
nen reinigten. Mehrere Verordnungen hieruͤber
finden ſich in dem Realregiſter der Conſtit. March.
III. Tom. unter dem Worte Ackerbau. Vorzuͤg-
lich aber giengen die Bemuͤhungen um denſelbigen
nach dem Frieden von St. Germain 1679 an.
Im Heſſiſchen war man im ſiebenzehnten
Jahrhunderte ſehr fuͤr den Ackerbau beſorgt, daß
das Wild ihm nicht zu viel Eintrag thue. Da-
her die fuͤrſtl. heſſiſche Landesordnung vom J.
1665 ihn fuͤr dieſen Beſchaͤdigungen ſchuͤtzt. Sie
erwaͤhnt unter den gewoͤhnlichen Feldfruͤchten auch
die Kohlpflanzen, woraus man ſiehet, daß der
G 2Kohl-
[100] Kohlbau in den damaligen Zeiten im Heſſiſchen
anſehnlich geweſen. k)
Das meiſte Gluͤck aber hatte dieſes Nahrungs-
geſchaͤft in unſerm Jahrhunderte. Man machte
die groͤßten und gemeinnuͤtzigſten Anſtalten, die
Gelehrten wendeten ihren Fleiß ſo wohl unmittel-
bar auf den Ackerbau, als auch mittelbar durch
Betreibung der Huͤlfswiſſenſchaften. Vorzuͤg-
lich fand in Deutſchland die Naturgeſchichte mehr
Liebhaber und Arbeiter, auch verſchiedene verbun-
dene Geſellſchaften; und man benutzte ſie ſowohl
uͤberhaupt als auch beſonders die Botanik nach
dem Vorgange des Englaͤnders Rajus und des
Ritters Linnee [fuͤr] die Oekonomie, es zeichneten
ſich hierinnen vorzuͤglich der Hr. Hofr. Schreber,
Gleditſch, Succov, Beckmann, Gmelin und an-
dre aus. Der Ackerbau wurde wiſſenſchaftlich
betrieben, und auf hohen Schulen gelehrt; ein
Gluͤck, welches er bis itzt nur in Deutſchland,
Schweden und Daͤnnemark genießt. Man mach-
te die groͤßten und wichtigſten Verſuche. Der
Ackerbau erweiterte das Gebiete der Polemik, wo-
durch die wichtigſten Wahrheiten in der Oekono-
mie unterſucht und neue Grundſaͤtze entdecket wur-
den. Es gehoͤret hieher das dick und duͤnne ſaͤen,
woruͤber man ſich ſtritte, und auf beyden Theilen
zu weit gieng; der eine Theil, der fuͤr das dichte
Saͤen war, behauptete, es bliebe viel zuruͤck, die
Saat werde alsdenn zu duͤnne; zudem konne man
ſich auch leicht helfen, wenn es zu dicht aufgehe.
Die
[101] Die Gegner ſetzen ihnen die Nachtheile entgegen,
welche das dicke Saͤen unwiderſprechlich hat, daß
ſich die Fruͤchte nicht genug beſtocken koͤnnen, und
alſo leichter leiden, daß ſie einander die Nahrung
entziehen, daß ſich das Getraide leicht lege, daß
man dadurch viel Saamen ohne Nutzen verſchwen-
de. Und obgleich die letztere Meynung die mei-
ſten Gruͤnde fuͤr ſich hat, und daher auch im Gan-
zen angenommen zu werden verdient, ſo giebt es
doch auch Faͤlle, vorzuͤglich bey ſpaͤtem Saͤen im
Herbſte, oder bey nicht recht gutem Saamen, wo
der erſtere Grundſatz nicht ganz verworfen werden
kann. Indeſſen hatte es doch den gluͤcklichen Ein-
fluß auf die Oekonomie, daß man im Ganzen heut
zu Tage den Grundſatz des duͤnnen Saͤens ange-
nommen, und daher die Beſtimmung des Wer-
thes der Aecker nach der alten Ausſaat itzt nicht
mehr mit genauen Berechnungen beſtehet. Man
fiel in Deutſchland auch nach dem Vorgange des
Abts Vallemont l) auf die kuͤnſtliche Befruchtung
G 3des
[102] des Saamens, zuerſt begnuͤgte man ſich mit der
Ueberſetzung des Werks dieſes Abts, bald aber
erhielt Deutſchland ſeinen Ambroſius Zeiger, m)
welcher dieſen Gegenſtand zu erſchoͤpfen, auszu-
fuͤhren und zu berichtigrn ſuchte, und ſeit dieſen
Zeiten iſt es immer ein Problem fuͤr die Oekono-
mie geweſen, von welchem die meiſten zu große
Wunder erwarteten, da vielleicht das vorzuͤglich-
ſte Verdienſt dieſer Entdeckung darinnen beſtehet,
daß die Erweichung das zeitigere Aufgehen des
Saamens befoͤrdert, die ſchadhaften kranken Koͤr-
ner toͤdtet, und alſo blos gute und vollkommene
in die Erde kommen und aufgehen. Eben ſo ent-
zweyete man ſich uͤber das tief und flache Saͤen
und Pfluͤgen; welches zugleich mit der erſtern
ſonderlich von dem großen Wolf unterſucht wurde,
indem er in dem duͤnne und tiefſaͤen die groͤßte
Urſache von ergiebigen und reichen Aerndten zeigt.
Er fuͤhrte ſeine Erfindung aus in ſeiner Schrift:
Entdeckung der wahren Urſache von der wunder-
baren Vermehrung des Getraides, wo am Ende
in einem Anhang die haͤufigen Verſuche, welche
man
l)
[103] man mit ſeiner Theorie zu Anfange dieſes Jahr-
hunderts angeſtellt, befindlich ſind; vorzuͤglich be-
kannt ſind einige in dem Preußiſchen, und der in
der Lauſitz angeſtellte Trautmanniſche. In den
neuern Zeiten hat das flache Pfluͤgen an dem Hrn.
Luͤder einen Vertheidiger gefunden, wozu er aber
wahrſcheinlich durch ſeine Landesart veranlaſſet
worden, wo es vielleicht die Vortheile hat, welche
derſelbe ihm beylegte. Die kuͤnſtlichen Duͤnguu-
gen mit Gips, Mergel und andern Erdarten,
welche in Deutſchland an einigen Orten die Noth-
wendigkeit und Mangel an Viehzucht naͤhrte,
wurden bey Veranlaſſung der Auslaͤnder auch in
Deutſchland aufgeſucht; Hr. Meyer machte die
Duͤngung mit Gips bekannter, da ſie vor ihm
laͤngſt in einigen hannoͤveriſchen Gegenden, vor-
zuͤglich in dem Amte Niedek, gewoͤhnlich war,
und in dem Wuͤrtembergiſchen fanden ſich im 17ten
Jahrhunderte Spuren von dem Mergelgraben in
der Forſtordnung vom J. 1614, wie ich oben
angefuͤhrt habe. In den neueſten Zeiten ver-
ſuchten die Herren Woͤllner und Meyer den Acker
ohne Duͤngung zu befeuchten, wozu der erſtere durch
den Franz Home in ſeinen Grundſaͤtzen des Acker-
baues, welche er uͤberſetzte, veranlaſſet wurde;
Hr. Meyer, der ſeinen Beyſpielen nachfolgte, be-
richtet ſelbſt den gluͤcklichen Erfolg in ſeiner
Schrift: Mein oͤkonomiſcher Briefwechſel, zwey-
te Lieferung. Seitdem Hr. Meyer die Mergel-
duͤngung bekannter gemacht, geſchahe haͤufige Auf-
ſuchung deſſelben in den Laͤndern. In Sachſen
G 4unter-
[104] unternahm man deshalb viele gluͤckliche Bemuͤ-
hungen im Amte Delitſch, in dem Churkreiſe bey
Wittenberg, um Leipzig und in verſchiedenen thuͤ-
ringiſchen und gebirgiſchen Gegenden. Im Bran-
denburgiſchen geſchahen im J. 1777 Ermunte-
rungen hierzu. In dem Hannoͤveriſchen wurden
auf Befehl der Cammer zu Hannover an 300
dergleichen Erdarten aufgeſucht. Hr. von Schoͤn-
feld zu Drachenau zeigte die Fehler, die man bey
dieſer Duͤngung verhuͤten muͤſſe. Vorzuͤglich
aber erregte der Gips ſehr große Streitigkeiten
uͤber ſeine Faͤhigkeit, die Fruchtbarkeit zu befoͤr-
dern. Die Herren Meyer und Cronegh verthei-
digten dieſelbe, hingegen fand ſie an einigen ſaͤch-
ſiſchen Oekonomen Gegner, vorzuͤglich an dem
Hrn. Hofmann in den Schriften der leipziger So-
cietaͤt, obgleich nicht zu laͤugnen iſt, daß einige
Verſuche den Gipsduͤnger zu beguͤnſtigen ſcheinen,
daß alſo beyde Theile wahrſcheinlich zu weit gehen,
indem die eine zu viel auf chemiſche Unterſuchun-
gen und Grundſaͤtze bauet, die andere auf die Er-
fahrungen, die vielleicht durch Zuſammenkunft
guͤnſtiger Umſtaͤnde gluͤcklich waren.
Durch dieſe einzelnen Verſuche, welche ſich
ſonderlich auf Vermehrung der Fruchtbarkeit, die
man doch vor Denfers Zeiten nicht genug kannte,
bezogen, kam es endlich dahin, daß man das gan-
ze Oekonomieſyſtem umzuſchaffen, oder vielmehr
erſt ein eigentliches aufzubauen verſuchte. Das
gewoͤhnliche Syſtem, das einige Jahrhunderte
ſich erhalten und gedauert hatte, war folgendes:
Man
[105] Man theilte die Baufelder in drey oder vier Schlaͤ-
ge oder Fluren, davon wechſelsweiſe immer eine
braach lag, die andern aber gebauet wurden.
Da nun auf den Stoppelfeldern und der Braache
einiges Gras waͤchſt, ſo verwies man das Vieh
zur Weide darauf, um das Verhaͤltniß zwiſchen
dem Getraide und Futter oder Graswuchs eini-
germaßen herzuſtellen. Dieſes war ſeit vielen
Jahrhunderten das gemeinſte und beliebteſte
Ackerſyſtem faſt in ganz Europa, bis man deſſen
Maͤngel einſahe, und beſonders in England und
Flandern davon abgieng. Schon Florinus, oder
der unter dieſem Namen verborgene Pfalzgraf am
Rhein, Franz Philipp, in ſeinem Hausvater n)
rieth als eine der erſten Verbeſſerungen einen
doppelfurchigen Pflug an, wodurch die tiefe Auf-
lockerung der Erde um deſto mehr befoͤrdert wuͤr-
de, je noͤthiger ſie zur Fruchtbarkeit iſt, daß alſo
die Deutſchen auch hierinnen eher als die Eng-
laͤnder, oder doch mit ihnen zugleich als Verbeſſe-
rer des Oekonomieſyſtems erſcheinen, auch ſchon
in den ſaͤchſiſchen Land- und Hauswirthſchaftsbuͤ-
chern 1704 S. 389, und im klugen Landmanne
S. 424 finden ſich Spuren davon. Unſtreitig
hatten die tieferen Einſichten in die Phyſik, Che-
mie und Naturgeſchichte dieſe Verbeſſerung in
dem ganzen Syſtem, oder vielmehr eigentlich die
Erbauung eines neuen bewirkt. Denn was bis-
her geſchehen war, war bloße Befoͤrderung der
Oekonomie von Seiten der Polizey, der Hoͤfe und
G 5Gelehr-
[106] Gelehrten, Behandlung einzelner Theile, aber
nicht des Ganzen in Verbindung. Im J. 1730
erſchien in England Tull mit ſeinem neuen Acker-
ſyſtem. Da man um dieſe Zeiten in Deutſchland
ſchon ſehr viel und weit mehr als andere Nationen
ſowohl fuͤr die Oekonomie uͤberhaupt als fuͤr den
Ackerbau insbeſondere gethan hatte, indem noch
keine Nation Lehrſtuͤhle fuͤr die Oekonomie aufzu-
weiſen, ſo konnte die Tulliſche Methode den Deut-
ſchen nicht lange unbekannt, vielweniger gleich-
guͤltig bleiben. Es traten vielmehr um die naͤm-
lichen Zeiten auch bey denſelben einheimiſche Oe-
konomieverbeſſerer mit ihren Syſtemen auf, und
Kretſchmar zu Leipzig wurde der Tull der Deut-
ſchen. Er bauete ſein Syſtem auf die tiefe Auf-
lockerung der Erde und einen guten Boden, der
ſich nicht blos in der Oberflaͤche verbreitete, ſon-
dern auch in die Tiefe gieng. Er ſuchte dieſes
vorzuͤglich durch Tiefpfluͤgen zu erreichen, damit
der Boden gleichſam wie gegraben oder rigolet
wuͤrde. Sein Hauptgrundſatz war gut, und fin-
det ſich ſchon bey den Alten, nur die Mittel, die
er waͤhlte, hatten nicht allezeit die gluͤckliche Wir-
kung, und konnten ſie ihrer Natur nach nicht im-
mer haben. Eine ſeiner Hauptabſichten war, wie
bey den neuen Oekonomiſten uͤberhaupt, die Ab-
ſchaffung der Braache. Er erwaͤhlte zu der Aus-
fuͤhrung ſeines Syſtems einen doppelfurchigen
Pflug, womit er tiefer in die Erde, als mit dem
gewoͤhnlichen, dringen, und ſie mehr auflockern
koͤnnte. Er ſuchte dadurch nach Art der Gaͤrtner
die
[107] die obere Erde, welche getragen hat, hinunter zur
Ruhe, die untere herauf, und den Duͤnger in die
Mitte zu bringen. Der Gaͤrtner rigolt das Land;
er graͤbt in Ermangelung des haͤufigen Duͤngers
alle 2 bis 3 Jahr den Boden um, ihn fruchtbar
zu machen. Hierdurch wird der Theil veraͤndert,
wo die Pflanze geſtanden; die vorige Oberflaͤche
kommt hinunter, und eine ausgeruhete Erde her-
auf, die ſo lange zur Nahrung der Pflanzen und
zum Bau derſelben dient, bis die untere wieder
an ihre Stelle kommt. Hierauf gruͤndete ſich die
Kretſchmariſche neue Bauart bey dem doppelfur-
chigen Pfluͤgen, wo die obere Furche hinunter
braach gelegt wird, daß die Oberflaͤche des Ackers
alle Jahr ruhen kann. Er trat mit ſeinem Sy-
ſiem zuerſt 1748 zu Leipzig auf, und gab ſein neu
erfundenes Ackerbauraͤtzel heraus, welches er auch
ſelbſt in ſeiner oͤkonomiſchen Praktik 1749 erklaͤrte.
Zwar war dieſe Erfindung in Anſehung des Pflu-
ges nicht ganz neu, und ſchon zu Anfange dieſes
Jahrhunderts in Vorſchlag gekommen; allein oh-
ne ihm den Ruhm der eigenen Erfindung abzu-
laͤugnen oder zuzuſprechen kann man doch ſo viel
behaupten, daß er dieſe Erfindung mehr zu einem
Syſtem benutzt und in das ſeinige verwebt, und
ſie alſo wenigſtens in Anſehung des davon gemach-
ten Gebrauchs als etwas Neues angeſehen wer-
den konnte. Sein Syſtem fand bald Gegner
und Vertheidiger, die wechſelſeitigen Streitſchrif-
ten finden ſich in den Leipziger Sammlungen, den
oͤkonomiſchen Nachrichten, und in ſeiner oͤkono-
miſchen
[108] miſchen Praktik, welche 1754 verbeſſert erſchien.
Der Amtsrath Herzog fuͤhrte in ſeiner neu ent-
deckten Oberflaͤche der Erde oder neuen Ackertheo-
rie nach Kretſchmars Pflugart 1749 dieſes Sy-
ſtem weiter aus. Schon 1745 hatte Ellis in
England ein aͤhnliches Syſtem verſucht, und ei-
nen Furchenpflug einfuͤhren wollen, allein es war
mehr eine Saͤemaſchiene, und ſetzte ſchon ein ge-
ſchehenes Pfluͤgen des Ackers voraus. Selbſt
ein Englaͤnder, Thompſon, der um dieſe Zeit,
als Kretſchmar ſein Syſtem bekannt machte, nach
Leipzig kam, um die Behandlung deſſelben ſelbſt
mit anzuſehen, gab dem Kretſchmariſchen Pfluge
den Vorzug vor dem Elliſiſchen, indem der Fur-
chenpflug des Ellis nicht allen Feldern gleich gut
ſey, vielen und koſtbaren Duͤnger erfordere, und
keine Zeiterſparniß verſchaffe, da das ganze or-
dentliche Pfluͤgen vorher gehen muͤſſe. Kretſch-
mar wurde nach Berlin berufen, um daſelbſt ſei-
ne Theorie im Großen auszufuͤhren. Er ſtellte
ſeine Verſuche an, welche aber bey der Beſchaffen-
heit der daſigen Gegend meiſt verungluͤckten. Er
gruͤndete, wie oben erinnert worden, ſein Syſtem
groͤßtentheils auf das Tiefpfluͤgen, und ſuchte da-
durch allein die Oberflaͤche der Erde zu beſſern,
aber er vergaß, daß oft unter duͤnnen Schichten
guter Tragerde unfruchtbarer Sand oder feſter
Thon verborgen liegen, daß durch das tiefe Pfluͤ-
gen dieſer heraufkomme, und den obern Boden,
da er auf einmal in zu großer Menge aufgepfluͤ-
get wird, verderbe. Dieſes war ſein Schickſal
in
[109] in der dortigen ſandigen Gegend, er pfluͤgte die
wenige gute Erde unter, und bedeckte dafuͤr die
Felder mit Sand. Er fehlte alſo doppelt, ein-
mal in Anſehung der Allgemeinheit, daß er bey
ſeinen Grundſaͤtzen keine Ruͤckſicht auf die innere
Beſchaffenheit des Bodens nahm, und hernach
in Anſehung der Art und Weiſe, oder der Be-
handlung ſelbſt, indem er zu tief auf einmal pfluͤgte,
und dadurch zu viel rohe oder ſo genannte wilde
Erde auf einmal herausbrachte. Indeſſen ver-
guͤtete er ſeinen Fehler wieder, indem er auf dem
Domainenguthe, welches ihm der Koͤnig ohnweit
Berlin gab, den Unrath der Straßen zu Berlin,
den er zu dieſem Zwecke auf einen Ort zuſammen-
fahren ließ, dazu anwendete, das Land wieder zu
beſſern, wodurch er die Erdduͤngungen oder Ver-
beſſerungen der Laͤndereyen durch Erdarten mehr
in Gang brachte.
Um eben dieſe Zeit machte Reichart zu Erfurt
in ſeinem Land- und Gartenſchatze V. S. 1-81.
ein ander Syſtem bekannt. Er gruͤndete ſich
auch auf das Tiefpfluͤgen, und die dadurch zu
bewerkſtelligende Auflockerung der Erde, auf Er-
ſparung und ſeltenern Gebrauch des Duͤngers da-
durch, daß er im erſten Jahre ſehr ſtark duͤngt;
und nun ſucht er in den folgenden Jahren durch
Abwechſelung der Fruͤchte den Duͤnger unnoͤthig
zu machen. Er nahm daher einen achtzehnjaͤh-
rigen Wechſel der Fruͤchte an, und beſtaͤtigte ſein
Syſtem auch durch die Ausfuͤrung bey Erfurt
mit der Erfahrung. Allein dieſes Syſtem ſetzt
auch
[110] auch den Erfurter fruchtbaren ſchwarzen und fetten
Boden voraus, damit theils das Land den Duͤn-
ger ſo lange entbehren, theils auch, daß man mit
den Fruͤchten, die oft ſo verſchiedenes Land ver-
langen, dergleichen oͤftere Abwechſelung vorneh-
men koͤnne. Sein Fruchtzirkel, den er auch um
Erfurt herum einfuͤhrte, iſt folgender: das Feld
wird im Herbſte ſtark geduͤnget, z. B. ſtatt 6 Fu-
der 12, und dieſer muß 18 Jahre wirken; iſt
noch Zeit uͤbrig, ſo wird nach untergeackertem
Miſte das Feld noch vor Winter rigolet mit ei-
nem ſtarken tiefgehenden Pfluge, und zwar in die
naͤmlichen Furchen zweymal, wodurch man an-
derthalben Schuh tief kommt; mit der erſten Fur-
che wird der Miſt herauf geholt, mit der zweyten
wieder verdeckt, nun wird geegget. Das folgen-
de Fruͤhjahr wird das Feld mit Kraut, Blumen-
kohl oder Knollen beſtellet, dieſes iſt das erſte Jahr;
nun wird es umgeackert, und im zweyten Jahr
mit Zwiebeln, Rettig, Sallat gebauet, im Herbſt
ackert man wieder ein wenig tiefer um; im drit-
ten Jahre bringt es nun Paſtinaken, rothe Ruͤben
ungeackert; im vierten eben ſo Feldmohn, Boh-
nen, Saflor; im fuͤnften wird wieder etwas tiefer
geackert, da es denn Ruͤben, Moͤhren oder Paſti-
naken traͤgt; im ſechsten ungeackert Mohn; im
ſiebenten wird etwas tiefer geackert, und Roggen
oder Weizen geſaͤet, nach der Aerndte wird das
Feld ordentlich geackert, und wenn der Herbſt gut
iſt, zur Saat gepfluͤgt und wiederum Roggen ge-
ſaͤet; iſt er aber nicht gut, ſo ſaͤet man im Fruͤhjahr
des
[111] des achten Jahres Gerſte; im neunten wieder
Gerſte oder Erbſen; nach der Aerndte wird im
Herbſte das Feld rigolet, und traͤgt im zehnten
Jahre Moͤhren und rothe Ruͤben; im eilften im
Fruͤhjahre wird ohne zu ackern Mohn, Safflor,
Anis geſaͤet; im zwoͤlften Roggen, nach der Aernd-
te wird geackert, und im Fruͤhjahre des dreyzehn-
ten Jahres Sommerroggen oder Gerſte beſtellt;
wieder geackert, daß es im Fruͤhjahr des vierzehn-
ten Jahres Sommerfruͤchte, ſo wie auch im funf-
zehnten und ſechszehnten traͤgt. Im ſiebenzehn-
ten Jahre, wenn im Herbſte die Gerſtenſtoppeln
umgeriſſen ſind, ſaͤet man im Fruͤhlinge Hafer,
und ſo auch im achtzehnten Jahre. Nun wird
es wieder ſtark geduͤnget, und der Zirkel gehet
von neuem an.
Hr. Daries ſahe die Unbequemlichkeiten und
Hinderniſſe ein, die dieſem Syſtem in der allge-
meinen Anwendung entgegenſtehen, ſonderlich in
Anſehung der letzten Grundſaͤtze. Zwar iſt es
ausgemacht, daß die Abwechſelung der Fruͤchte
ſehr viel beytraͤgt, der Fruchtbarkeit des Ackers
eine laͤngere Dauer zu geben; allein ſie dadurch
auf ſo lange Zeit zu erhalten, wird nur ſelten und
nicht anders als bey ſolchen aͤhnlichen Laͤndereyen,
wie Reichart bearbeitete, ſtatt finden. Daries
weicht alſo in ſeinem Syſtem vorzuͤglich in der
Anzahl der Jahre bey dem Wechſel ab, und wenn
ich nicht irre, auch einigermaßen in der Behand-
lung. Er verband einigermaßen das doppelfur-
chige Pfluͤgen Kretſchmars und die bey dem erſten
Beſtellen
[112] Beſtellen ſtaͤrkere Duͤngung Reichards, und laͤßt
die obere Furche nach dem Unterpfluͤgen 3 Jahr
unten. Er ſiehet uͤberhaupt auf Auflockerung
der Erde, und ſucht dieſe zu erhalten durch tiefes
Felgen, und zwar vor Winters, oder ſehr zeitig
im Fruͤhlinge durch ſchmale Furchen, und daß er
das Feld ſo oft als moͤglich ruhrt, und bey dem
Ruhren die Furche von der Felge durchſchneidet,
das geruhrte Feld mit einer ſchweren Egge oder
bey großen Klumpen mit einer Stachelwalze uͤber-
ziehet, und die Erde mit lockerm Miſt oft vermi-
ſchet. Er nimmt nur einen ſechsjaͤhrigen Zirkel
an, und fordert, daß man nicht alle Jahr gleich
tief pfluͤge, ſondern allmaͤhlig immer etwas tiefer.
Die Wahrſcheinlichkeit und Brauchbarkeit dieſes
Syſtems erhellet um deſto mehr, da die wenige
wilde Erde, die ſo nach und nach herauf kommt,
durch die obere Tragerde leicht verbeſſert wird.
Die Duͤngung wird der Erde nicht zu lange ent-
zogen, ſondern außer dem vegetabiliſchen Duͤnger,
welchen ſie binnen der Zeit erhaͤlt, den ſie zwar
auch bey dem Reichartſchen achtzehnjaͤhrigen er-
halten wuͤrde, bekoͤmmt ſie auch nach ſechs Jah-
ren wieder friſche Nahrungstheile. Er machte
es in den oͤkonomiſchen Nachrichten (X. 318.)
bekannt. Er weiſt dem Fruchtwechſel folgende
Ordnung an: wenn das Feld gehoͤrig beſtellet iſt,
ſo bauet er im erſten Jahre Fruͤchte, die gejaͤtet,
und waͤhrend des Wachsthums bearbeitet werden
muͤſſen, z. B. Kohl, Ruͤben, Moͤhren, weil dieſes
das beſte Mittel mit iſt, das Feld von Unkraut
rein
[113] rein zu erhalten, und durch die beſtaͤndige Bear-
beitung die obere Furche recht locker und von der
uͤbermaͤßigen Saͤure genugſam befreyet wird, wel-
ches geſchehen muß, wenn die heraufgepfluͤgte Erde
fruchtbar werden ſoll. Wenn dieſe Frucht abge-
bracht iſt, ſo wird umgeackert, und mit Winter-
korn oder Winterweizen beſtellet; nach der Aerndte
werden die Stoppeln ſogleich untergeackert, ſo-
dann im Fruͤhjahr zur Saat gepfluͤgt, und das
Feld mit Gerſte beſaͤet. Nach der Einbringung
derſelben werden die Stoppeln untergebracht, und
im folgenden Fruͤhjahre das Feld in die Queere
geruhrt; hierdurch gewinnt nicht nur die Miſchung
der Erde viel, ſondern auch die Lockerheit; man
ackert hierauf, ſo bald es moͤglich iſt, zur Saat,
und beſtellet abermals mit Gerſte. Nach der
Aerndte wird das Feld ſogleich mit doppelten Fur-
chen geackert, hierdurch wird die heraufgebrachte
Erde den Winter uͤber gebeſſert, im Fruͤhjahre
wird ſie ſodann mit der ſchweren Egge locker und
klar gemacht, und das Feld mit Sommerroggen
oder Gerſte beſtellt. Nach der Aerndte verfaͤhrt
man wie nach obbenannter Art im Herbſte, und
im folgenden Fruͤhlinge wird Hafer oder Gerſte
erbauet.
Unter den Oekonomieverbeſſerern finden ſich
von Zeit zu Zeit viele, welche aber im Ganzen ge-
nommen wenig von denen bisherigen abweichen.
Es gehoͤren hieher Neumann, Springer und an-
dere; der letztere bauet ſein Syſtem auf den ziem-
lich richtigen Grundſatz, der Ackerbau ſey der
HGarten-
[114] Gartenbau im Großen; nur muß dieſer Satz mit
gehoͤriger Einſchraͤnkung angenommen werden,
wenn ſeine Brauchbarkeit in der Ausuͤbung nicht
wanken ſoll, und wahrſcheinlich will auch der Ver-
faſſer damit nur ſagen, daß man ſich bemuͤhen
muͤſſe, in dem Ackerbau ſich dem Gartenbau in
ſo weit zu naͤhern, als es den Umſtaͤnden und der
Natur der Sache nach moͤglich ſey.
Unter den Verbeſſerungen, die man vorſchlug,
war auch die Koppelwirthſchaft, wovon das ge-
rechte Verhaͤltniß der Viehzucht zum Ackerbau
aus der verbeſſerten mecklenburgiſchen Wirthſchaft
am beſten unterrichten kann. Es iſt diejenige
Wirthſchaft, da eine gewiſſe Landesſtrecke in ver-
ſchiedene Schlaͤge getheilet wird, welche Koppel
heißen, und wovon man jeden Theil einige Jahre
als Anger und Wieſe, und hernach als Getraide-
feld nutzet; ſie theilen dieſe z. B. in Winter-
Sommerfelder und Weide. Wir haben davon
verſchiedene Beſchreibungen, worunter ich nur
des Hrn. von Roſenow Verſuch einer Abhandlung
vom Ackerbau und der Koppelwirthſchaft vom J.
1759 und des Hrn. Herzogs gerechtes Verhaͤlt-
niß der Viehzucht zum Ackerbaue anfuͤhren will.
Im Holſteiniſchen haben ſie meiſt 11 Schlaͤge
oder eben ſo viel Jahrgaͤnge von einem Stuͤck Fel-
de, bis wieder von vorne angefangen wird; oder
uͤberhaupt von 3 bis zu 11 Schlaͤgen, der erſte
heißt neuer Bruch. Er wird nach und nach um-
geriſſen, bleibt uͤber Winters ſo liegen, und wird
mit Buchweizen ſodann beſtellt, welcher ſo bald
als
[115] als moͤglich abgebracht wird. Hierauf folgt Duͤn-
gung und Beſtellung mit Roggen, welches den
zweyten Schlag ausmacht. Nach abgebrachtem
Korn wird Korn ohne Duͤngung hineingeſaͤet,
welches der dritte Schlag iſt. Nun bleibt es in
Stoppeln liegen, und wird im Fruͤhjahr mit Ha-
fer beſtellet, welches der vierte Schlag iſt. Der
fuͤnfte Schlag im kuͤnftigen Fruͤhjahre iſt wieder
Hafer; nun ruhet es im ſechsten Jahre, damit
ſich das Gras beſtocke; in den folgenden bis zum
eilften Jahre iſt es Hutweide fuͤr Pferde, Rinder
und Schafe, doch mehr fuͤr Rindvieh; dann ge-
het der Neubruch wieder an. So viel Fehler
auch darinnen ſind, ſo iſt es doch wegen des ſand-
leimigen Bodens zu entſchuldigen, da der Boden
zu edlern Fruͤchten mißlich iſt, und weil ſie mehr
Vortheil bey der Rindvieh- als Schafzucht zu ha-
ben glauben. Man koͤnnte dieſe Art um vieles
beſſern, wenn das Feld oͤfterer gepfluͤget, reichli-
cher geduͤnget und geegget wuͤrde, wenn man ſtatt
zweyer duͤrftiger Kornaͤrndten eine reiche ſuchte,
zur Sommerfrucht mit Gerſte im dritten Schlage
und im vierten mit Hafer beſtellte, bey dem fuͤnf-
ten aber den Hafer mit ſuͤßen Grasſamen mengte.
Im Mecklenburgiſchen befolgt man auch dieſe
Wirthſchaft, aber nach einigen beſſern Grundſaͤtzen.
Man hat auch 11, oft aber mehrere Schlaͤge, ſie
ſind mit lebendigen Hecken dicht umzaͤunet. Bricht
der Mecklenburger neu auf, ſo geſchiehet es gleich
nach der Sommerſaat, er pfluͤgt tief, reiniget den
Acker, und weil er ſtarke Viehzucht von aller Art
H 2hat,
[116] hat, ſo duͤngt er reichlich. Er gewinnet in der
Braache die beſten Soͤmmerungsfruͤchte, und be-
ſaͤet gleichwohl das Winterfeld, denn er bauet Korn
und Weizen. Im zweyten Schlage ſtuͤrzt er die
Stoppeln ſchnell, ſaͤet und aͤrndtet zu rechter Zeit
Gerſte; ſtuͤrzt die Stoppeln wieder vor Winters,
hierdurch gewinnt er im dritten Jahre den beſten
Hafer, wendet, bringt in die vierte Art Buchwei-
zen, den er mit ſuͤßen Heuſaamen vermenget;
ſchonet im Herbſte und das ganze Jahr des fuͤnf-
ten Schlages das Feld fuͤr allem Vieh, und nun
hat er fuͤnf Jahr gute Weiden.
Eine andere Art von Koppelwirthſchaft giebt
Hr. von Jargow in ſeinem Sendſchreiben vom
Grasbau auf holſteiniſchen Fuß an in den oͤkono-
miſchen Nachrichten, St. 144, welche aber beſſern
Boden als das gewoͤhnliche Geeſtenland im Hol-
ſteiniſchen vorausſetzt. Nach derſelben ſtehet der
Grasbau und Ackerbau in gleichem Verhaͤltniß;
er will dadurch den Ertrag eines Guths noch ein-
mal ſo hoch bringen, als gewoͤhnlich; er ſtellt eine
genaue Berechnung an von einem Guthe, das nach
der gewoͤhnlichen Methode in 3 Schlaͤge neben
den Wieſen abgetheilt war, und zeigt, wie hoch
es bey 14 Schlaͤgen benutzt werden koͤnnte. Es
beſtund aus einem Felde von 4000 Scheffel Ber-
liner Maaß Ausſaat, den Scheffel zu 80 Pfund,
auf jeden Scheffel 100 Quadratruthen gerechnet.
Es trug 300 Fuder Heu, jedes zu 20 Centner
zu 112 Pfund, und jaͤhrlich an Pacht 2200 Rthlr.
Nach dieſer Koppeleinrichtung aber kann es bey
einem
[117] einem Aufwand von 4 bis 5000 Rthlr. 5600
Rthlr. tragen, wobey der Viehſtand ſehr vermehrt
wuͤrde. Man hat ſie in Holſtein und Mecklen-
burg ſchon haͤufig mit Gluͤck eingefuͤrt. Der
Grund der Verbeſſerungen beruhet auf der Ver-
bindung des Gras- und Ackerbaues in dem Ver-
haͤltniß, daß die Haͤlfte der Einkuͤnfte eines nach
dieſer Methode eingerichteten Guths aus dem
Viehſtande, die andere Haͤlfte aus dem Ackerbaue
fallen muͤſſe. Es ſetzt einen guten ſtarken Grund
und Boden voraus, und ſolche Plaͤtze, worauf
bereits Wieſen angelegt ſind oder werden koͤnnen;
ſchlechte Sandguͤther ſind nicht ſchicklich dazu.
Der ganze Inhalt eines Guths wird nach dieſer
Methode nach Abzug der Wieſen, Holzung, in-
gleichen die nach Proportion der zu haltenden Pfer-
de und Aufziehung der Kaͤlber einzurichtenden
Kleever- und Kaͤlberkoppeln in 14 gleiche Theile,
nicht in der Quantitaͤt, ſondern in der Qualitaͤt,
da der Acker auf jedem Guthe ſelbſt nicht allemal
an Guͤte gleich, ſondern verſchieden iſt, nach ge-
ſchehener Taxation mittelſt der Vermeſſung alſo
getheilt, daß die uͤber das Feld laufenden Land-
wege außerhalb ſolchen Theilen abgeſondert blei-
ben, welche ſo viel moͤglich in geraden Linien 3
bis 4 Ruthen breit zwiſchen den Koppeln ſo durch-
laufen, daß man von ſolchem Wege ab auf jede
Koppel kommen kann. Einen ſolchen Theil nen-
net man eine Koppel. Jede iſt mit breiten Gra-
ben umgeben, und auf den Auswurf Hecken ge-
pflanzet von Haſelſtauden und andern dergleichen,
H 3welche,
[118] welche, wenn ſie ſtark werden, eingeknickt, und
davon ein Gehege gemacht wird, damit das Vieh
nicht durchbreche, zuweilen werden auch noch Wei-
den und wilde Roſenſtraͤuche hingepflanzet, damit
das Vieh den Hecken nicht ſchade. Von dieſen
Koppeln werden alle Jahr 6 mit Winter- und
Sommerkorn beſaͤet, 6 zur Weide des Rindvie-
hes, vorzuͤglich der Kuͤhe, gebraucht, und 2 wer-
den gebraachet. Eine jede Koppel genießt, nach-
dem ſie 8 Jahre nach einander getragen, eine
ſechsjaͤhrige Ruhe, und giebt Weide fuͤr das Vieh.
Alle Jahr wird eine Koppel, die 6 Jahr geruhet,
aufgebrochen, den Sommer durch drey bis vier
mal geackert, mit eiſernen Eggen geegget, und
im Herbſte mit Winterweizen oder Roggen be-
ſtellet, an deren Stelle bleibt eine andere alle Jahr
zur Ruhe und Weide liegen. So iſt z. B. im
J. 1760 die Koppel 1 die Vorbraache, 1761
traͤgt ſie Winterkorn aus der Ruhe, 1762 traͤgt
ſie Gerſte aus der Ruhe, 1763 Hafer, 1764
liegt ſie braache und wird geduͤngt, und im Herbſt
mit Winterkorn beſtellet, 1765 traͤgt ſie Winter-
korn aus dem Miſt, 1766 traͤgt ſie Gerſte aus
der Duͤngung, wird im Herbſt wieder geduͤngt,
und mit Roggen, worunter Saamen von kleinem
Wieſenklee und Heu gemengt iſt, beſaͤet, 1767
traͤgt dieſe Koppel Stoppelroggen, 1768 bleibt
ſie zur Weide liegen, und ruhet nun 6 Jahr nach
einander. Auf gleiche Art wird mit den uͤbrigen
Koppeln verfahren, und man braucht ſolchemnach
alle Jahr 2 Koppeln zur Braache, 6 Koppeln
zum
[119] zum Ackerbau, und 6 Koppeln zur Weide und
Grasbau. Man hat bey dieſer Einrichtung zwey
Grundſaͤtze, um neben einer gehoͤrigen Cultur den
Acker fruchtbar zu machen, naͤmlich Ruhe und
Duͤngung. Die Erfahrung beſtaͤtiget daſelbſt,
daß eine ſechsjaͤhrige Ruhe einer Koppel, die ge-
duͤngt liegen geblieben, im Kornbetrage eben die
Wirkung habe, als ob ſie geduͤngt waͤre, indem
ſie 3 Saaten nach einander aus der Ruhe tragen
kann, und das 8te bis 12te Korn bringt. Der
Grundſatz der Ruhe faͤllt bey Guͤthern, welche
nach 3 Schlaͤgen bewirthſchaftet werden, faſt ganz
weg, zu dem kann da auch jeder Schlag zuweilen
kaum zum vierten Theil geduͤngt werden, weil
der Viehſtand nicht zureicht. Alles dieſes, was
von der Koppelwirthſchaft geſagt worden, gilt im
Holſteiniſchen nur von den ſogenannten Geeſt-
laͤndern, die auf trockenen und keiner Ueberſtroͤ-
mung von der Nordſee, Elbe und Eider unter-
worfenem Lande gelegen ſind. Dieſe ſind den
Maſchguͤthern entgegengeſetzt. Dieſe ſind auf
Laͤndereyen angeleget, welche ehemals von erwaͤhn-
ter See und Fluͤſſen in großen Strecken ausge-
worfen worden. Dieſe ſind gegen das Ueberſtroͤ-
men des Waſſers mit hohen und ſtarken Daͤm-
men, welche man allda Teiche nennt, verſehen;
auf dieſen iſt die Wirthſchaft ganz anders, als
auf jenen, der Acker iſt von ſolcher Guͤte, daß
man das 24ſte Korn in Anſchlag bringt, der
Grasbau iſt ſo ſtark, daß das Vieh bis an den
Bauch im Klee weidet, die Weiden ſo fett, daß
H 4keine
[120] keine Hollaͤndereyen ſtatt finden, weil die aus der
Milch gemachte Butter ſich der Fettigkeit halben
nicht drey Tage haͤlt, daher benutzen ſie die Wei-
den zur Ochſenmaſt, welche aus Juͤtland haͤufig
dahin kommen. Ich habe hier die holſteiniſche
und mecklenburgiſche Wirthſchaft, da man ſie auch
als eine Verbeſſerung des Syſtems in andern Ge-
genden vorſchlug, zuſammen beſchrieben, ſie hat
in vielen Stuͤcken viel ſcheinbares, ſo wie auch
manches wirkliche Gute, welches aber meiſt nur
local iſt, und an andern Orten nicht wohl anwend-
bar ſeyn wuͤrde.
Allein wie viel Duͤnger wird bey alle dem bey
der Koppelwirthſchaft den fruchttragenden Feldern
entzogen, die auf denen, welche zur Weide liegen
bleiben, unnuͤtz verloren geht. Die Felder wer-
den ſehr unreine, und anſtatt daß ſie durch die
Ruhe mehrere Fruchtbarkeit erhalten ſollten, ſo
entziehet ihnen das Unkraut nur deſto mehr. Und
geſetzt auch, Holſtein und Mecklenburg waͤren da-
bey gluͤcklich, iſt es eine Folge, daß es andere
Laͤnder auch ſind? Sie iſt in dem Holſteiniſchen
undenklich alt, allein im Mecklenburgiſchen fuͤhrte
ſie zuerſt der Oberlanddroſt von der Luͤhe ein. Pla-
ne von der Einrichtung und ein Ertrag nach der
alten und neuen Wirthſchaft und ein Schema der
ganzen Einrichtung findet ſich im Leipz. Intelli-
genzbl. 1766. S. 444-446. Beyde Laͤnder
ſind kornreich, aber wuͤrden ſie es bey einer andern
Wirthſchaftsart nicht vielleicht noch mehr ſeyn?
Man wird auf ihre Viehzucht verweiſen, wie vor-
theilhaft
[121] theilhaft die Einrichtung fuͤr dieſelbe ſey. Aber
man beſtimme fuͤr das Vieh die noͤthigen Wieſen,
ſo kann der Ackerbau getrieben werden, ohne ihn
mit dem Wieſenbaue zu ſeinem Nachtheile zu ver-
mengen. Zudem iſt dieſe Art nur bey volkarmen
Laͤndern moͤglich, und keine geringe Hinderniß der
Bevoͤlkerung; denn in bevoͤlkerten Gegenden, wo
gleichgroße Laͤndereyen weit mehr Menſchen er-
naͤhren muͤſſen, als in den entgegengeſetzten, ſind
ſo große Stuͤcken fuͤr den Kornbau nicht ſo lange
entbehrlich, wie ſie es nach dieſer Wirthſchaftsart
zu ſeyn pflegen. Und wenn dieſe Einrichtung den
Ackerbau und Viehzucht zu beguͤnſtigen ſcheint, ſo
hat vielleicht ihr Land und die Lage deſſelben daran
großen Antheil, welches bey einer ungluͤcklichen
Nachahmung verloren gehen wuͤrde. Auch muͤſſen
die Wirthſchaften in dieſen Laͤndern auf ſehr viele
Gegenſtaͤnde ihr Augenmerk richten, wenn ſie ei-
nigermaßen erwuͤnſchte Vortheile haben wollen.
Vorzuͤglich muͤſſen ſie ſehen auf Situation, Art
und Quantitaͤt der Aecker, ob ſie beſſere Winter-
als Sommerfruͤchte tragen, ob ſolche viel Gras
tragen, und ſolches zum Futter auf einige Jahr
zureiche und tauglich ſey? auch daß, wo moͤglich,
ſich alle Koppel nach dem Dorfe oder Hofe ziehen,
damit man die Duͤngung nicht in jedem Jahre
gleich weit zu fahren habe, und mit dem Viehe
deſto bequemer dahin treiben koͤnne. Auch in
Sachſen machte ein Landwirth Verſuche mit die-
ſer mecklenburgiſchen Wirtſchaft, und beſchreibt
den Erfolg davon, ſo wie die Behandlung und
H 5Ein-
[122] Einrichtung ſelbſt im Leipz. Intelligenzbl. vom J.
1766. Sein Gutsertrag nach alter Art war an
Korn auf 173 Scheffel Ausſaat und 196 Scheffel
Aerndte; nach neuer Art aber auf 132 Scheffel
Ausſaat 304 Scheffel Aerndte.
Da wir einmal von den deutſchen Oekonomie-
verbeſſerern und ihren Syſtemen reden, wollen
wir hier zugleich das neueſte mit anfuͤhren. Es
iſt das Syſtem des Hrn. von Schoͤnfeld, eines
Mannes, der fuͤr das allgemeine Beſte dachte,
Verſuche und Erfahrungen fuͤr daſſelbe anſtellte,
und ſeinen eigenen Wohlſtand ihm aufopferte,
um es durch Entdeckung und Berichtigung der
Wahrheit zu bereichern, in dieſer fuͤr den Men-
ſchen ſo noͤthigen Wiſſenſchaft Licht anzuzuͤnden,
wo noch Dunkelheit herrſchte, und genaue Be-
ſtimmung einzufuͤhren, wo Unbeſtimmtheit den
aͤmſigſten Fleis vereitelte. Er dachte ſein Sy-
ſtem nicht blos auf dem Zimmer aus, ſondern
beſtaͤtigte es durch Ausuͤbung und Erfahrung auf
ſeinem Gute Trachenau bey Leipzig. Seine oͤko-
nomiſchen Einrichtungen im Zuſammenhange ſind
beſchrieben in den Dresdner gelehrten Anzeigen
vom J. 1767 im 26ſten Stuͤck, und ſein Sy-
ſtem erhellet aus der von ihm herausgegebenen
Landwirthſchaft und deren Verbeſſerungen nach
eigenen Erfahrungen. Er gruͤndete ſein Syſtem
auf die rechte Art des Pfluͤgens, um genugſame
und tiefe Tragerde zu verſchaffen; auch hierzu er-
waͤhlte er das tiefere Pfluͤgen, als gewoͤhnlich ge-
ſchiehet, jedoch ohne ſich dem Rigolen ſo ſehr zu
nahen,
[123] nahen. Er bedient ſich, nachdem es die Reinig-
keit oder ſonſtiger Zuſtand des Feldes erfordert,
theils des ordentlichen Pfluges, theils des Haa-
kens. Kurz er ſucht 1) eine gruͤndliche Verbeſſe-
rung der Erde durch Vertilgung des Unkrauts
und vorzuͤglich der Quecken; 2) durch tiefere Ar-
beit, daß in mehrere Erde noch mehrere naͤhrende
Theile fuͤr die Gewaͤchſe kommen; 3) durch ver-
mehrte Duͤngung von mancherley Art, womit
dieſer tiefere Boden gut und niemals uͤberduͤnget
werden kann; 4) durch rechte Beobachtung der
Jahreszeiten zur Duͤngung und Bearbeitung,
daß dergleichen Erde zur wahren Fruchtbarkeit
gelange, und von einem Jahre zu dem andern
dabey erhalten werde; 5) vollkommene gute und
von Unkrautſaamen gereinigte Saamenkoͤrner, die
zum Aufgehen und Triebe guter Pflanzen geſchickt
ſind; eine ſolche Lage dieſer Saamenkoͤrner, daß
ſie nicht in einander wachſen, ſich die Kraͤfte ent-
ziehen, und das ganze Jahr uͤber in der Tiefe
auf dem feſten feuchten Boden mit feſter Erde
bedeckt liegen muͤſſen, ſondern die allermeiſten ihre
Wurzeln gerade unter ſich, auch die Seitenwur-
zeln um ſich herum, in dem von Unkraute reinem
und mit Kraͤften zum Triebe des Wachsthums
[angefuͤllten] Boden befeſtigen, durch die wenige
gute Erde, welche dieſelben oben bedecket, die
fruchtbaren Theile aus der Luft gleichſam unmit-
telbar zu ihrer Nahrung beſtaͤndig an ſich ziehen,
und uͤber der Erde ſtarke Stoͤcke mit zahlreichen
Haͤlmern, dergleichen er in den Stoppeln mehr-
mals
[124] mals 30, 40 bis 50 auf einem Stocke gezaͤhlet,
machen koͤnnen, welche Haͤlmer und Aehren we-
gen ihrer Staͤrke und Vollkommenheit, auch gu-
ten Befeſtigung und Nahrung unter ſich, nicht
leicht knicken und lagernd werden; 7) daß nun-
mehro von viel weniger Saamen das ganze Feld,
nebſt den ſonſt dazwiſchen muͤßig liegenden Fur-
chen, folglich noch einmal ſo viel Feld gegen die
gewoͤhnliche oben beſchriebene mangelhafte Saͤeart,
wo die Koͤrner in die Furche haͤufig zuſammen
und auf einander in die Tiefe zu liegen kommen,
und mit ſo vieler Erde bedecket werden, beſaamet
wird, da denn nach dem [Aufſchoſſen] dergleichen
Getraide viel dichter ſtehet, als je von der gewoͤhn-
lichen Saͤeart erzwungen werden, auch vor den
vielen vollkommenen Haͤlmern von wenigern Saa-
men kein Unkraut aufkommen kann. Er egget
meiſt vor und nach dem Saͤen. Eine ſeiner vor-
zuͤglichſten Bemuͤhungen war die genauere Be-
ſtimmung des Werths des ſo geruͤhmten Horden-
ſchlags, und man kann nicht laͤugnen, daß er
hierinnen ſehr viel geleiſtet; und wenn dieſe Duͤn-
gungsart nicht nach dieſem Grundſatze angewen-
det wird, jenes alte Spruͤchwort, das man von
dem Mergeln der Felder, und wo ich nicht irre,
auch hiervon braucht: daß ſie reiche Aeltern und
arme Kinder machen, in eine traurige Erfuͤllung
gehe. Eben ſo gluͤcklich arbeitete er in der Ver-
beſſerung des Landes durch Kalk und Mergel.
Zu der Reinigung der Felder brauchte er vorzuͤg-
lich den Haaken, und durcharbeitete damit dieſel-
ben
[125] ben tief und nicht blos in die Laͤnge, ſondern auch
kreuzweis. Ferner bedient er ſich zur Samm-
lung der ausgepfluͤgten Queckenwurzeln des von
ihm erfundenen Queckenrechens, und bearbeitet
das Feld, wenn es noͤthig iſt, mit der Stachel-
walze. Man warf ſeinem Syſtem verſchiedenes
zum Nachtheil vor, und fuͤhrte einige mißlungene
und ungluͤckliche Verſuche mit dem Pferchen, mit
dem Queckenrechen und der Saͤezeit an, allein er
ſelbſt rechtfertigt daſſelbe (in dem Leipz. Intelli-
genzbl. von 1767. S. 489.), und zeigte die da-
bey begangenen Fehler; ſie liegen groͤßtentheils
darinne, daß auf den Aeckern nicht genug gute
in die Tiefe gehende Tragerde war, und man die-
ſelbe nicht vorher durch gehoͤriges Pfluͤgen zu die-
ſen Arbeiten bereitet hatte. „Man machte, ſagt
er ſelbſt in ſeiner Vertheidigung gegen dergleichen
Einwuͤrfe, mit meiner Erde mit Schafpferch Ver-
ſuche auf Feldern, welche ſeit undenklichen Jah-
ren ſehr ſeichte gearbeitet waren; daher die wenig
cultivirte Oberflaͤche abgeſtochen wurde, und auf
dieſen Plaͤtzen nichts als todte Erde zuruͤckblieb,
worauf einige Jahre elende Fruͤchte wuchſen.
Allein bey mir ziehet ſich die fruchtbare Feuchtig-
keit tiefer in die lange vorher cultivirte Erde, als
ſelbige oben abgeſtochen wird.
Arbeitet man mit meinem Queckenrechen in
ſeicht gearbeitetem Lande, wo man uͤber die Que-
ckenwurzeln ſeit langer Zeit weggeackert, da er ſie
zwar ergreift, aber nicht heraus reißt, ſo fruch-
tet er nichts.
Braucht
[126]
Braucht man den Haakenpflug, und hat
nicht tiefen guten Boden, ſo hilft er auch nichts,
ſondern ſchadet mehr, weil er die wilde Erde her-
aufholt, mancher beobachtet meine Saͤezeit, und
gewinnet ſchlechtere Aerndten, als vorher, eben
ſo diejenigen, die meine duͤnnere Saͤeart ohne die
andern Umſtaͤnde anwenden. Eben ſo iſt es mit
dem Ruͤbſaamen, welcher bey allen beobachteten
Vortheilen ohne einige Einbuße anderer Feld-
fruͤchte vielmehr zur Verbeſſerung des Bodens
dient.“
Dieſes ſind die vorzuͤglichſten Syſteme des
Ackerbaues unter den Neuern in Deutſchland.
Man fieng auch an die Mechanik mehr fuͤr
die Oekonomie zu benutzen, und die Deutſchen,
deren Ruhm die Mechanik iſt, behaupteten ihn
auch hierinnen. Man ſuchte vorzuͤglich den Acker-
bau durch Maſchienen zu beſoͤrdern, und dadurch
die Arbeiten dabey zu vermindern. Die aͤlteſte
von dieſer Art findet ſich in dem Herzogthum
Krain, der Erfinder derſelben war Joſeph Loca-
telli, ein kaͤrnthiſcher Ritter und oͤſterreichiſcher
Unterthan. Er glaubte, daß die Vollkommen-
heit des Feldbaues in einer richtigen Eintheilung
der Pflanzen nach gewiſſen Zwiſchenraͤumen und
in genugſamer Tiefe beſtuͤnde, worinnen ſich die
Wurzeln genugſam ausbreiten und die noͤthige
Nahrung aus der Erde ziehen koͤnnten. Er wur-
de dazu veranlaßt durch die Art der Pflanzung
bey Baͤumen, Weinſtoͤcken und Blumen, welche
man in Reihen und von einander pflanzte. Er
machte
[127] machte ſeine Entdeckung zuerſt dem Koͤnige in
Spanien bekannt, wovon wir in der ſpaniſchen
Geſchichte hoͤren werden, ſtellte aber ſeine Ver-
ſuche damit auch 1665 vor dem Kaiſer an. Er
legte in ſeinem Vaterlande die erſten Proben zu
verſchiedenen malen mit dem gluͤcklichſten Erfolge
ab, und zeigte vor dem Kaiſer in den luxembur-
giſchen Gefilden ohnweit Wien die Vortheile ſei-
ner Erfindung; und da das Land daſelbſt bisher
nur vier und fuͤnffaͤltig getragen, ſo fiel die Aernd-
te durch dieſes Inſtrument ſechzigfaͤltig aus, wie
aus dem Zeugniſſe, welches man ihm hieruͤber
zu Wien 1665 den 1ſten Auguſt ertheilet, und
welches Happel in den Relationibus curioſis er-
waͤhnt, zu erſehen iſt. So kann alſo auch in die-
ſer Entdeckung Deutſchland auf die Ehre der er-
ſten Verſuche ſtolz ſeyn. Auch noch mehrere Er-
findungen dieſer Art erſchienen in Deutſchland,
ſonderlich in den neuen Zeiten, wo die Sache bey
den Auslaͤndern mehr betrieben wurde. Der Hr.
von Borne erfand dergleichen, mit welcher uns
die Beſchreibung einer ganz neuen Erfindung,
allerley Art von Getraide auf eine bequeme Art
und mit Erſparung der halben Arbeit durch eine
Maſchiene zu ſaͤen, welche 1752 zu Berlin er-
ſchien, bekannter macht. Es gehoͤrt unter dieſe
Erfindung auch die Kretſchmariſche Acker- und
Saͤemaſchiene. Es entſtund faſt ein oͤkonomi-
ſcher Zwiſt uͤber die Vortheile von beyden; die
Nachricht davon und die Vergleichung derſelben
mit der Borniſchen findet man in dem Bedenken
uͤber
[128] uͤber die von Borne erfundene Saͤemaſchiene ver-
glichen mit der Kretſchmariſchen Acker- und Saͤe-
maſchiene von Kretſchmar, welche 1752 zu Ber-
lin herauskam. So erſchien auch die Orthiſche,
die Nachricht davon findet ſich in den Leipziger
Sammlungen (2, 955. 3, 666.) unter der Auf-
ſchrift: M. Orths Erfindung eines neuen Acker-
inſtruments, und wie ſich ſelbiges gegen das Bor-
niſche Ackermeſſer verhalte. Auch der Hr. von
Muͤnchhauſen wendete ſeine Aufmerkſamkeit auf
dieſe Mittel, den Ackerbau zu befoͤrdern und zu
erleichtern. Er ſelbſt erwaͤhnt die von ihm er-
fundene Maſchiene in dem hannoͤveriſchen Ma-
gazin vom J. 1762. im 24ſten Stuͤck, und wo
ich nicht irre, iſt daſelbſt auch noch Nachricht von
einer andern. Auch den ordentlichen Pflug ſuch-
te man zu verbeſſern, und ſeinen Bau zu beſſerer
Erreichung ſeines Endzwecks einzurichten, vor-
zuͤglich bey dem Streichbrete, Schaar und Sech.
Man erfand verſchiedene neue Ackereggen zur
Reinigung der Felder vom Unkraut, beſonders
der [Quecken]. Die Erfindungen von Pfluͤgen
und in einzelnen Theilen an denſelben ſind in
Deutſchland ſo wie andern Laͤndern ſehr zahlreich.
Faſt jede Provinz und oft kleine Landſtriche ha-
ben ohnehin ſchon nach den verſchiedenen Landes-
arten beſondere Pfluͤge. Man ſuchte dieſe auf,
forſchete nach ihren Vorzuͤgen, um ſie in aͤhnli-
chen Faͤllen gemeinnuͤtziger zu machen. Man
that es mit mehr oder weniger Gluͤck, je nach-
dem man die Umſtaͤnde genau bemerkte, unter
welchen
[129] welchen ein ſolcher beſondrer Pflug noͤthig oder
nuͤtzlich wurde, und nachdem die Klugheit das
das Beſtreben gemeinnuͤtzig zu werden, mehr
oder weniger leitete. Der H. von Schuͤtz er-
fand im Modell ein Inſtrument, das zugleich die
Stelle des Haakens und der Egge vertrat, deſ-
ſen das Leipz. Intell. von 1767. S. 243 erwaͤh-
net. Auch ſaͤchſiſche Landleute zeigten ein na-
tuͤrlich mechaniſches Genie. So verbeſſerte
Friedrich Wolf, ein Landman bey Delitſch im
Dorfe Selben, und ein anderer zu Braunsdorf
unweit Merſeburg, den Pflug ihrer Gegend ſehr,
und der leztere vermehrte die Ackerwerkzeuge mit
einer neuen Egge. (Leipz. Intell. v. 1768. S. 256.)
Zu mehrerer Bequemlichkeit und Befoͤrd-
rung des Grabenziehens, welches keinen ge-
ringen Vortheil bey dem Abzuge des ſchaͤdlichen
Gewaͤſſers auf den Feldern haben kann, er-
fand man den Grabenpflug mit welchem auch
im Amte Zoͤrbig bey Quez gluͤckliche Verſuche
angeſtellet worden. Man pfluͤgte mit ſelbigem
zu Ausgange des Novembers 1766. 65 Ru-
then 7 und eine halbe Elle und 2 Zoll Graben, 3
Ellen weit und 2 Ellen tief aus in einem Tage o).
Aus den naͤhern Unterſuchungen, die uͤber dem
Getraide vorzuͤglich von Seiten der Botanik izt
angeſtellet wurden, entſtand auch der Streit
uͤber die Verwandlung [des] Saamens. Der
Anfang deſſelben gehoͤrt in die Schwediſche Oe-
konomiegeſchichte vom J. 1756. Von da aus
brei-
J
[130] breitete er ſich in Deutſchland, Frankreich und
andern Laͤndern aus. Man unterſuchte ſonder-
lich den Satz naͤher: ob die Getraidearten
wirklich von Natur unterſchiedene Pflanzen ſind,
oder ob ſie nur durch Cultur ihre Verſchieden-
heit erhalten haben. Ich will hier einige wich-
tige deutſche Verſuche anfuͤhren, welche in einer
pragmatiſchen Geſchichte der Oekonomie nicht
uͤbergangen werden duͤrfen.
Der aͤlteſte Verſuch in Deutſchland iſt vom
J. 1757. welchen D. Schreber anſtellete, und
dabey nach Virgins Vorſchrift handelte. Er
hat ihn im 5ten Theile ſeiner Sammlungen S.
134 ſelbſt beſchrieben, und ſucht den Ungrund
der vorgegebenen Verwandlung daraus darzu-
thun. Zu Halle ſoll 176[1] ein gluͤcklicher Ver-
ſuch damit gemacht worden ſeyn. Rammelt
verſuchte es ohne Erfolg, wie er ſelbſt im
2ten Theile der neuen Schreberſchen Samml.
S. 430 angezeiget; und eben dieſes gilt auch
von einigen zu Leipzig angeſtellten, welche auch
in den Sammlungen des D. Schrebers befind-
lich ſind. Doch hat man an beſagtem Orte ei-
nen vorzuͤglichen mit aller juriſtiſchen Gewis-
heit in einem Familiengarten gemacht, und da-
bey Notar und Zeugen gebraucht, wo man
die wirkliche Verwandlung behauptet. Allein
ſo uͤberzeugend dieſe Art der Gewißheit in ju-
riſtiſchen Geſchaͤften iſt. ſo wenig kann ſie doch
eine Wahrheit der Naturlehre und Naturge-
ſchichte entſcheiden, wo die beſondern Kennt-
niſ-
[131] niſſe und Erfahrungen in dieſen Wiſſenſchaften
allein die Entſcheidung geben koͤnnen; und bey
dieſer juriſtiſchen Gewißheit kann immer noch
in dieſen Punkte eine Taͤuſchung ſtatt finden,
wie wir unten weiter ausfuͤhren werden. Ver-
ſchiedene mislungene Verſuche erwaͤhnt noch
das 20ſte Stuͤck der ſchleßſiſchen oͤkonomiſchen
Sammlung, ingleichen das 145ſte der oͤko-
nomiſchen Nachrichten des Freyh. von Hohen-
thal, woſelbſt der ungenannte Verfaſſer auch
durch einen ungefaͤhren Zufall von der Dauer
des Hafers uͤber Winter belehrt wurde, da er
nach dem einſtimmigen Urtheil aller Kraͤuter-
kenner nur immer als ein Sommergewaͤchs an-
geſehen wird. Da dieſer Zufall auch zugleich
etwas zur Beſtimmung der Wahrheit in dieſem
Problem beytragen kann, ſo verdient er hier
eine naͤhere Erwaͤhnung. Es waren, ſagt er,
bey dem Einbruche der preußiſchen Kriegsvoͤl-
ker 1756. auf dem Gute Cranichau unter den
Fenſtern den Pferden die Garben vom ſchoͤnſten
Eichel- oder Schwarzhafer aus der Scheune
vorgeworfen worden; und der ausgefallene Ha-
fer war daſelbſt aufgegangen, und als er nach
einigen Wochen zu ſchoſſen anfieng, vom Rind-
vieh abgefreſſen worden. Es wurden Stakete
um dieſe Gegend errichtet, damit das Vieh
ſich nicht dahin gewoͤhne, und hierdurch dieſer
aufgegangene Hafer geſchuͤtzet. Im folgenden
Fruͤhjahre giengen vier Stoͤcke hiervon wieder
auf, deren Blaͤtter, wie Schilf und die Stengel
J 2wie
[132] wie Rohr waren; ſie brachten aber keinen Wei-
zen, ſondern einen ſehr vollkommenen ſchwar-
zen Eichelhafer, deſſen Koͤrner die gewoͤhnliche
Groͤße weit uͤbertrafen. Auch beſtaͤtigen dieſe
Erfahrungen einige Verſuche des D. Schrebers,
die er in den Jahren 1757, 1758, 1759 und
1760 angeſtellt, wo eben dieſe Umſtaͤnde er-
folgten. Auch kann ich den Meußbachiſchen
hier nicht uͤbergehen. Der Hr. von Meußbach
auf Volkſtaͤdt ließ im J. 1765 Hafer ſaͤen,
aber, anſtatt daß die Schweden ihn vor dem
Schoſſen mehrmalen abgeſchnitten, denſelbigen
mit den Schafen abhuͤten. Er erhielt nach
ſeinem Bericht von dieſem Haferfelde das
folgende Jahr 29 Rocken- und Weizenſtoͤcke;
er ſchreibt den nicht ganz gluͤcklichen Fortgang
des Verſuchs dem Abhuͤten mit Schafen zu.
Die koͤniglich Schwediſche Societaͤt hat die Aus-
zuͤge von ſeinen Verſuchen gedruckt, und auch
die Zelliſche Geſellſchaft hat ſie bekannt gemacht.
Er ſelbſt aber giebt die Nachricht davon in dem
Leipz. Intell. Blatte vom J. 1766. S. 106.
Ich habe verſchiedene Verſuche, gluͤckliche
und ungluͤckliche angefuͤhrt; aber was folgte nun
aus denſelben? Man ſollte glauben, die Wahr-
heit der Verwandlung der Getraidearten aus
den gluͤcklichen; aus den verungluͤckten aber,
daß vielleicht ein oder des andere Verſehen die
Urſache davon ſey. Aber muß man gleich eine
Verwandlung des Hafers in Weizen oder Rog-
gen annehmen? Denn waͤre dieſes, warum nicht
auch
[133] auch in Gerſte? Kann nicht vielleicht die Frucht
durch eine uͤberfluͤßige und reichere Nahrung
voller geworden, und ſich dadurch jener, wofuͤr
man ſie hielt, in etwas dem aͤußerlichen Schei-
ne nach genaͤhert haben? Kann ſie nicht z. B.
die Spitzen, Granen oder Spelzen eben aus dieſer
Urſache verloren haben, da nach einigen neu-
ern Beobachtungen die Granen und dergleichen
Dinge, wenn ſie ſich am Getraide, wo ſie nicht
gewoͤhnlich ſind, zeigen, von Mangel der Nah-
rung herruͤhren? Koͤnnen ſie nicht z. B. hier, wo
ſie zu dem Weſen des Korns zu gehoͤren ſcheinen,
durch die reichere und zu große Nahrung zwey-
er Jahre verdraͤngt und zur Frucht mit entwi-
ckelt worden ſeyn? Es iſt []mir nicht bekannt,
daß dieſes noch von Jemanden zur Entſcheidung
dieſes Streits benutzt worden. Die Frucht hat-
te durch das oͤftere Abſchneiden der Blaͤtter meh-
rere Nahrung bekommen, die ihr ſonſt durch
dieſelben waͤre entzogen worden. Der Hafer
hatte uͤber Winter in der Erde gelegen, da er
ſonſt nur im Sommer gewachſen iſt; kann die-
ſes ihm nicht die groͤßte Menge von Nahrungs-
theilen zugefuͤhret haben, ohne daß dadurch der-
ſelbe in eine andere Frucht oder Getraideart
verwandelt worden war? Die wieder ausge-
ſaͤten Koͤrner von dergleichen verwandeltem Ge-
traide blieben wenigſtens nach dem Schreberi-
ſchen Verſuche vom J. 1758, welchen er in ſei-
ner Neuen Samml. (2. S. 432.) beſchreibt, die
naͤmlichen; es blieb engliſcher, ſehr voller Hafer.
J 3Noch
[134]
Noch neuerlich vertheidigt der Verfaſſer des
Lehrbegriffs der Cameral-Wiſſenſchaften die
Moͤglichkeit der Verwandlung in ſeinen ver-
miſchten Verbeſſerungsvorſchlaͤgen und freyen
Gedanken uͤber den Nahrungsſtand: allein er
haͤlts fuͤr unnuͤtz; unſtreitig hat er den blos et-
was veraͤnderten Hafer fuͤr Korn gehalten.
Man hat Hafer, welchen man ſo gleich wie
Korn mahlen kann, ohne ihn erſt von Spelzen
und Spitzen zu befreyen noͤthig zu haben. Die
groͤßten Naturforſcher ſind gegen die Verwand-
lung, weil ſich kein Grund der Moͤglichkeit ein-
ſehen laͤßt, und die Verſuche, ſo wahr ſie auch
immer ſeyn koͤnnen, nicht genug beweiſen; im-
mer hat man vielleicht mehr daraus gefolgert
als man ſollte. Das Samenkorn enthaͤlt alle
weſentliche Theile der Frucht; wie kann hier
eine Verwandlung blos durch die vermehrte
Nahrung geſchehen? ſollen ſich alle kleine Ge-
faͤße die der Saft und dichten Theile bilden
hierdurch aͤndern, um eine andere Frucht her-
vor zu bringen? Ich berufe mich hier auf den
Ausſpruch eines der erſten Naturforſcher, des
Hrn. Bonnet. „Man hat, ſagt er, in ſeinen Be-
trachtungen uͤber die Natur, die Ausartung
verſchiedener Gattungen behauptet; man iſt ſo-
gar ſo weit gegangen, und hat angenommen,
daß ſich gewiſſe Arten in andere, der Weizen in
Spelt, der Hafer in Roggen verwandele. Man
hat ſich auf die Erfahrung berufen, und einige
Phyſiker von Profeßion haben ohne Erroͤthung
Ver-
[135] Verſuche anſtellen muͤſſen, deren Erfolg eine
geſunde Philoſophie gar leicht zeigen wuͤrde.
Die Verſuche ſind indeſſen gemacht, und die
Vorſichtigkeit iſt dabey aufs aͤußerſte getrieben
worden. Aber die vorgebliche Verwandlung
iſt in der Claſſe der Vorurtheile geblieben.
Dafern es in der eigentlichen Ausartung der
Gattungen eine Quelle geben kann, ſo iſt es
gewiß die Befruchtung. Wenn die Staubkoͤr-
ner der einen Pflanze die Saamenkoͤrner der
andern befruchten, ſo entſtehen daraus Mittel-
dinge. — Sollten aber Spelt oder Roggen,
die von einer aͤhnlichen Urſache herkaͤmen, nichts
von ihrem urſpruͤnglichen Zuſtande behalten?
Man unterſuche den Spelt oder Roggen den
man aus Weizen oder Hafer verwandelt
glaubt, mit der groͤßten Aufmerkſamkeit, und
man wird nichts darinnen antreffen, was ſich
mit Grunde von Weizen oder Hafer ſagen ließe.
Wollte man zur Beſchaffenheit des Erdreichs,
Naͤſſe und Trockenheit ſeine Zuflucht nehmen,
ſo kann man leicht das Unvermoͤgen ſolcher Din-
ge darthun. Wird man wohl dadurch einen
Birnbaum in einen Apfelbaum verwandeln?
Iſt die Struktur des Weizens dadurch, daß er
ein Kraut und nicht ein Baum iſt, eben ſo we-
ſentlich beſtimmt, oder hat ein Kraut etwa we-
niger Gefaͤße, wodurch die Nahrungsſaͤfte
gleichartiger gemacht werden?“ Wir uͤberlaſ-
ſen dieſes hier den Naturforſchern, und wollen
es hier nur von Seiten der Oekonomie betrach-
J 4ten.
[136] ten. Und wer wird da nicht fragen: iſt es oͤko-
nomiſch, uͤber eine Erndte zwey zu verlieren, zu-
mal da wir die naͤmlichen Fruͤchte ſchon haben,
und ihren Bau mit weniger Muͤhe und meh-
rerm Vortheil betreiben koͤnnen.
Man bemuͤhete ſich die bisher ſtreitigen und
wichtigen Probleme mehr aufzuklaͤren; vor-
nehmlich thaten dieſes einige Societaͤten. Von
den Verdienſten der Leipziger und der mit ihr
verbundenen Kreis-Verſammlungen habe ich
ſchon oben geredet. Die Bemuͤhungen derſelben
um den Hopfenbau, um die Anpflanzungen
neuer Getraidearten, um die Seiden- und
Baumwollen Cultur, Futterkraͤuter ꝛc. ſind be-
kannt. Die Fuͤrſtliche Jablonoviſche Geſell-
ſchafft der Wiſſenſchaften zu Leipzig, die ſich um
die alten Oekonomieſchriftſteller der Roͤmer
ſo verdient machte, und ihren noch heutigen Nu-
tzen bekannter zu machen bemuͤhet war, ſuchte
auch die Theorie uͤber das rechte und fuͤr ein Land
beſte Verhaͤltnis des Ackerbaues zur Viehzucht
zu beſtimmen. Sie ſetzte deswegen in dem J.
1779. einen Preis darauf, und ich habe in der
damals von derſelben gekroͤnten Abhandlung aus
Erfahrungen der vorzuͤglichſten Oekonomen, aus
Verſuchen und aus Berechnungen dargethan,
was man bey Beſtimmung dieſer Frage zu be-
trachten habe, daß man verſchiedene Fragen
unterſuchen muͤſſe, nehmlich, worauf ſich das
Verhaͤltniß des Ackerbaues zur Viehzucht gruͤn-
de. Ich habe gezeigt, daß dieſes ſich auf die Unter-
hal-
[137] haltung des Viehes ſelbſt, die Duͤngung, die
zur Feldarbeit noͤthigen Thiere gruͤnde, wenn
man nach der Beſtimmung dieſes Verhaͤltniſſes
im Allgemeinen fragt. Der Viehhandel, Vieh-
maſt, Woll- und Haͤutehandel, gehoͤren ſo wenig
als der Getraidehandel und der Abſatz der aus
dem Getraide durch Kunſt und Bereitung er-
haltenen Produkte nicht mit zu den weſent-
lichen Gruͤnden, worauf dieſes Verhaͤltniß be-
ruhet, ſondern zu den zufaͤlligen, die durch die
Lage eines Landes, nachdem ſie zur Viehzucht
oder Ackerbau bequem iſt, durch das Verhaͤlt-
niß gegen andere Lande, durch den Betrieb und
Zuſtand der uͤbrigen Nahrungsgeſchaͤfte u.
ſ. w. erſt entſtehen, und zwar fuͤr einzelne Lande
wichtig werden koͤnnen, aber nicht hinreichend
ſind, einen allgemeinen Grundſaz uͤber das rech-
te Verhaͤltniß zu beſtimmen, ſondern dieſe Feſt-
ſetzung vielmehr erſchweren. Aus dieſer Ruͤck-
ſicht muß die Frage beſtimmt werden, wel-
che die goͤttingiſche Geſellſchafft der Wiſſenſchaf-
ten uͤber dieſes naͤmliche Problem, aber
blos in Ruͤckſicht auf Niederſachſen aufgab.
Ich habe in der obigen Abhandlung p) ferner
gezeigt, daß man unterſcheiden muͤſſe wie ſich
der Ackerbau zur Viehzucht verhalte, außer der
J 5Ver-
[138] Verbindung mit dem Wieſenbau, und was fuͤr
ein Verhaͤltnis entſtehe in der Verbindung
mit demſelben. Ohne dieſen Unterſchied iſt es
unmoͤglich, das fuͤr die uͤkonomiſche Policey ſo-
wohl als fuͤr jeden Oekonomen ſo wichtige
Verhaͤltniß zu beſtimmen. Ich glaube hie-
durch auch im Stande zu ſeyn, das Verhaͤlt-
nis zwiſchen Acker- und Wieſenbau anzuzeigen,
das man bisher, ſo viel mir bekannt iſt, nur auf
ungewiſſe Muthmaßungen gruͤndete, welche
aber eben daher entweder ganz irre fuͤhren, oder
doch nicht die moͤglichſte Wahrſcheinlichkeit
geben; daher dieſes Verhaͤltnis bisher eben ſo
unbeſtimmt war q). Eine eben ſo wichtige Un-
terſuchung war die uͤber den Brand welche die
naͤmliche Geſellſchafft aufſezte. Schon von
verſchiedenen Geſellſchaften war die Frage auf-
geworfen, und von verſchiedenen Oekonomen be-
antwortet worden. Ich will hier die vorzuͤglich-
ſten Meinungen, die ſonderlich in Deutſchland
theils von einheimiſchen Gelehrten angegeben
worden, theils auch die Auswaͤrtigen, die man in
Deutſchland angenommen, beruͤhren. Ich uͤber-
gehe diejenigen, die darinnen den unmittelbar
ſtrafenden Gott ſahen. Die Natur iſt reich
genug an Urſache dazu, ohne die Gottheit durch
eine beſtaͤndige Strafſucht zu entehren. Eine
der aͤlteſten Meinungen iſt die des Baron von
Wolf,
[139] Wolf, da er den Brand fuͤr eine Misgeburt
in dem Pflanzenreich hielte, weil darinen die
Saftroͤhren, Gefaͤße und Canaͤle nicht in der
natuͤrlichen Ordnung waͤren.
Allein die Mikroſkope widerlegen dieſes.
Ihr Bau iſt wie der bey den geſunden beſchaf-
fen; die Zerſtoͤrung deſſelben entſtehet erſt
durch dieſe Krankheit. Hr. Hofr. Gleditſch
brachte eine neue Theorie auf, in den Bemer-
kungen uͤber den Brand. r) Er zeigte, wie die-
ſe Krankheit nicht allein, dem Getraide,
ſondern auch noch den andern Pflanzen gemein
ſey; wiewohl ſie bey dem Getraide am wich-
tigſten ward, je nothwendiger daſſelbe iſt. Er
ſuchte den eigentlichen Sitz und Urſprung des
Brandes zu beſtimmen. Er zeigte, daß er ſich
nicht nur an allen Gewaͤchſen, die in freyer Luft
ſich bey uns erhalten, ſondern auch an den ein-
zelnen Theilen derſelben befinde; daß er ſonder-
lich in jungen, ſchwammigen, ſaftreichen, zarten
Gewaͤchſen und in allen neuen Pflanzentheilen,
die in ihrer Ausbildung begriffen ſind, entſte-
he, und daß ſie leichter damit befallen werden,
als alte, feſte, trockne, und deren Wachsthum
geendiget iſt; daß der Brand die Blumen und
Saamen am erſten betreffe. Er glaubt endlich,
durch Erfahrungen beſtaͤtigt zu finden, daß es in
dem Saamen von zeitigen oder auch unzeitigen
ungleich getrockneten, naß eingebrachten und er-
hitz-
[140] hitzten, dumpfig gewordenen Getraide liege,
und daß dieſes Gelegenheit zur Erzeugung des
Brandes gebe. Jedoch wenn man ihm auch
zugiebt, daß dieſes Anlaß zum Brande geben
kann, ſo iſt damit doch noch nicht die wahre Ur-
ſache erwieſen. Allein es finden ſich auch noch
viele Schwierigkeiten, die dieſes unwahrſchein-
lich machen. Denn da der Keim des Samens
von dem Korn eine gleichartige von der
Natur fuͤr ihn bereitete Nahrung verlangt,
kann er dieſe von einen nicht ganz zur Reife ge-
kommenen Saamen erlangen, weil in dieſen
die gehoͤrige Miſchung und Vertheilung der
Saͤfte noch nicht geſchehen iſt? eben ſo wenig
wird er dieſe aus dem naͤmlichen Grunde von
einem verdorbenen erhalten. Daß aber das
Brandkorn nicht die Urſache von neuem Brand-
korn ſey, wird vornehmlich durch die Verſuche des
Hrn. Spitlers widerlegt, welche er angeſtellet,
und in den Bemerkungen der Oek. phyſikal. Ge-
ſellſchaft zu Lautern bekannt gemacht hat. s) „Ich
ſteckte, ſagt er, brandige Koͤrner, die naͤmlich
in der Spreu ein ſchwaͤrzliches Anſehen, als ein
Kennzeichen des geſchloſſenen Brandes hatten;
ſie waren leichter als die geſunden, die Spreu
ſtand an denſelben gerade in die Hoͤhe; allein
ſie giengen gar nicht auf. Der Brandſtaub
iſt alſo blos ein lebloſer Koͤrper t), welcher weder
Thier-
[141] Thierchen noch die in den Gewaͤchſen befindliche
Triebkraft zum Wachsthum und Zeugen ent-
haͤlt; denn ich fand auch in der Erde, wo die-
ſe brandigten Koͤrner geſteckt waren, keine
Spur von Keim oder Inſecten.“ Endlich koͤnnen
auch viel Erſcheinungen aus dieſer Meynung gar
nicht erklaͤrt werden. Woher, wenn dieſes die
Urſache iſt, der uͤppige Wuchs der Halme, den
ich oft in brandigem Getraide, ſonderlich bey Ha-
fer und Gerſte fand? Wie iſt es erklaͤrlich, daß
der Brand zuweilen nur eine oder einige Aeh-
ren eines Getraideſtocks trifft, da hingegen
andere an dem naͤmlichen geſund und vollkom-
men ſind? Woher kommt es, daß in einzeln
Aehren einige Koͤrner geſund, andere brandig
ſind? ja, daß ſelbſt einzelne Koͤrner halb bran-
dig halb geſund ſind? zuweilen nur erſt Anſaz
zum Brande unten, wo ſie auf den Stiel aufſi-
tzen, zeigen, der uͤbrige Theil aber geſund iſt?
Eine aͤhnliche Meinung behauptete H. Schuͤtz
zu Sachſenhauſen. v) Eine der vorzuͤglichen neu-
en Hypotheſen hieruͤber, die noch viele Verthei-
diger hat, dankt ihren Urſprung dem Hausva-
ter. Der B. von Muͤnchhauſen trug ſie in ſei-
nem fuͤr die Oekonomie ſo wichtigen Werke an
vielen Orten zerſtreuet vor. x) Er leitete den
Brand
[142] Brand von gewiſſen Infuſionsthieren her.
Ich will hier ſeine Meinung aus den verſchiede-
ne Stellen ſammlen. „Bringt mann, ſagt er,
von dem in Waſſer angefeuchteten Brandſtaube
unter ein großes Vergroͤßerungsglas, ſo ſiehet
man lauter runde halb durchſichtige Kugeln, in de-
nen man verſchiedene ſchwarze Puͤnktchen unter-
ſcheidet. Die Kugeln ſind faſt alle von gleicher
Groͤße, und dieſes habe ich mehr wie hundertmal
geſehen. Wenn von dem Brandſtaube etwas ins
Waſſer gethan und in eine maͤßig warme Stube
geſetzt wird, ſo fangen nach ungefaͤhr vier und
zwanzig Stunden einige von den Kuͤgelchen an zu
ſchwellen, und ſich umzuwaͤlzen; endlich werden
ſie nach einer Seite zu etwas laͤnglich, und es wer-
den lebendige ſich ſchnell hin und her bewegende
Thierchen daraus, welche weiter keine Gliedmaßen,
aber große Aehnlichkeit mit dem Infuſionsthier-
chen haben; die in den Eyern oder Kuͤgelchen be-
merkten runden Puͤnktchen werden zu kleinen Ku-
geln, das Thier zerplatzt, und laͤßt die Kugeln wie-
der als Eyer zuruͤck.“ — Und an einem andern
Orte ſagt er: „Das brandige Korn enthaͤlt nichts
als Eyer von Inſecten, welche in der Erde aus-
kommen. Die ausgekommenen Thierchen ſchlei-
chen ſich an die Keime, wachſen mit dem Halme in
die Hoͤhe, vermehren ſich, finden vornehmlich in
den Saamenkoͤrnern Nahrung, zehren den noch
feuchten Kern auf, und laſſen am Ende die
Eyer zuruͤck.“ Ich will nicht erinnern, daß
hier einige Widerſpruͤche zu ſeyn ſcheinen, die
auch
[143] auch ſchon Hr. Spittler vornehmlich in dem
leztern bemerkt hat. y) Was aber die Infu-
ſionsthiere ſelbſt betrifft, ſo haben ſchon die Hrn.
Bekmann und Spittler z) den Ungrund der-
ſelben bey dem Brande gezeigt.
Allein um dieſe Meinungen noch mehr zu
unterſuchen und den Ungrund derſelben zu zei-
gen, habe ich dieſen Brandſtaub durch vier
verſchiedene Mikroſkopen, naͤmlich ein Wilſoni-
ſches, Loͤwenhoͤekiſches, Muſchenbroekiſches und
Hofmanniſches betrachtet, und fand, daß der
Brandſtaub groͤßtentheils die Geſtalt der Mehl-
kuͤgelchen hatte, daß er Anfangs ſehr dunkel-
braun und oͤlicht ſahe, nach und nach aber die
ſchwarze Farbe annahm.
Ich habe nie etwas lebendiges d. i. willkuͤhr-
liche Bewegungen des Staubes, wei man bey
dem Infuſionsthierchen etwa ſiehet, bemerkt; den
Hr. v. Muͤnchhauſen vertaͤuſchten Berechnungen.
Ich machte Aufguͤſſe, gab ihnen bald kuͤnſtli-
che bald Sonnenwaͤrme; allein ich ſahe keine
fremden Thierchen, außer nach entſtandenem
Faͤulnis in dem Waſſer die gewoͤhnlichen Infu-
ſionsthiere. Ich machte ſogar mit deſtillirtem
Waſſer einen Verſuch; allein auch dieſer be-
ſtaͤrkt
[144] ſtaͤrkt mich noch mehr gegen die Muͤnchhauſiſche
Hypotheſe. Ich nahm den Geſchmack zu Huͤlfe
und fand in dem Brandſtaube den mehlichten
Geſchmack mit einiger Veraͤnderung, welcher
Schaͤrfe in den oͤlichten Theilen verrieth.
Andere wollen es fuͤr eine Art von Mehlthau
halten, welche Meynung ſich groͤßtentheils aus
England herſchreibt, wo nach der engliſchen all-
gemeinen Haus-Landwirthſchaft der Landmann
beobachtet haben ſoll, daß meiſtens entweder
wenn bey noch heißem Sonnenſchein, oder nach
vorhergegangener warmer Witterung ein war-
mer Regen und gleich darauf heiße Sonnen-
ſtralen gekommen, man bald darauf den Brand
bemerkt habe. Man ſuchte dieſes alſo zu erklaͤ-
ren, daß, wo das vorerwaͤhnte ſich zugetragen,
und nach einem warmen Regen die Sonne heiß
ſchiene, die feuchten Duͤnſte natuͤrlich haͤufig
aus der Erde aufſtiegen, und ſich an die Saaten
ſtark anlegten. Wo die Saat dicke ſtehe und kein
Wind dieſe Duͤnſte vertheile, ſo ſammleten ſie
ſich auf der Saat, bildeten eine Art Kuͤgelchen,
welche eigentlich ſo viele Brennglaͤſer vorſtellten,
wodurch die zarten Pflanzen zerſtoͤrt und ver-
brannt wuͤrden.
Eine der neueſten iſt die Meynung des Hrn.
Spittlers, daß die Urſache in einer zu beſchleunig-
ten und unterbrochenen Gaͤhrung des Safts im
Getraide entſtehe. Er ſucht hiervon den Grund
ſonderlich in der abwechſelnden Kaͤlte und
Waͤrme zur Bluͤhzeit. Allein ich habe in der
Preis-
[145] Preisſchrift auch von dieſer gezeigt, daß ſie kei-
nen zureichenden Grund in ſich enthalte. Er
nahm verſchiedene Gefaͤße, fuͤllte drey derſelben
mit guter Gartenerde, drey derſelben mit ge-
woͤhnlicher Ackererde. Die drey erſten bezeichne-
te er mit den Buchſtaben A B C, die andern drey
mit a b c. Er ſteckte im Herbſt, wo die Saat
im Acker geſchiehet, auch hier kamen in A a
vollkommen geſunde Koͤrner, in B b geſunde
mit Brandſtaub beſtrichene, in C c lauter bran-
dige. Die mit A B trieben einen fetten und
dunkelgruͤnen Halm, die in a b hingegen einen
hellgruͤnen und nicht ſo großen. In C c gieng
gar nichts auf, aber deſto mehr Unkraut fand
ſich hierinnen ein; der ſicherſte Beweis, daß die
Brandkoͤrner keine Vegetationskraft haben. Im
Fruͤhlinge wuchs es in A a und B b ſchneller als
auf dem Felde; in C c wuchs das Unkraut, ſon-
derlich aber in C ſehr geil. Bisher hatten dieſe
Gefaͤße im Felde geſtanden, nun aber nahm er
ſie nach verfloſſenem Winter im Fruͤhjahre
zu ſich nach Hauſe, um ſie beſſer beobachten zu
koͤnnen. In A B war der Trieb ſtets ſtaͤrker,
als in a b. Bey der Unterſuchung einiger Koͤr-
ner in der Bluͤhzeit fand er nicht das mindeſte
Kennzeichen vom Brande. Er brachte hierauf
A B in eine kaͤltere Luft, um Stockungen der
Saͤfte hervorzubringen, und ließ ſie zwey Ta-
ge und zwey Naͤchte in derſelben, brachte ſie
hierauf in die Mittagsſonne, um den Saͤften ei-
nen ſchnellen und ſtarken Lauf zu geben. Er
Kbrachte
[146] brachte nun a b auch an dieſen kalten Ort, und
ließ ſie drey Tage daſelbſt, und hierauf verſetzte
er ſie in ihre vorige Waͤrme, A B aber wieder
in wenigen Tagen an den kalten Ort; nun wuch-
ſen ſie aber nicht mehr ſo munter, ſondern wur-
den gelb.
Nach einigen Tagen kamen alle die Gefaͤße
wieder an einen warmen Ort; er fand aber bey
den Koͤrnern, die er unterſuchte keinen Brand.
Nun uͤberließ er die Aehren der freyen Luft und
Sonne; da ſie reiften, nahm er von A ein Korn,
das ihm brandig ſchien, und fand auch wirklich
die untere Haͤlfte voller Brandſtaub, da hinge-
gen die obere geſund war. Nach einer Unter-
ſuchung der Koͤrner in A fand er 22 brandige,
davon ſieben zur Haͤlfte brandig waren, der obe-
re Theil aber war noch geſund; die uͤbrigen funf-
zehn waren unten am Korn vom Brand ange-
freſſen. Im Topfe B wareu ſiebenzehn bran-
bige Koͤrner, darunter drey zur Haͤlfte brandig
waren, die uͤbrigen vierzehn hatten nur unten
an der Spitze einen Anſatz. In a war nicht
ein einziges Brandkorn, in b aber nur zwey, an
denen man einen Anfang zur Krankheit wahr-
nahm.
Aus dieſen Verſuchen ſucht Herr Spittler
ſeine Meynung zu erweiſen. Ich habe denſel-
ben hier ausfuͤhrlich angefuͤhrt, da er ſo wohl
zur Beurtheilung ſeiner Hypotheſe gehoͤrt; al-
lein nicht genug beweiſt, die meinige aber mehr
beſtaͤrkt, als ſeine. Wie oft fallen nicht faſt in
allen
[147] allen Jahren dergleichen Wetterwechſel vor, und
doch findet ſich kein Brand, wenigſtens nicht ſo
allgemein; und warum waren nicht alle Koͤrner
hier brandig, da doch die ganze Pflanze und
auch alle Koͤrner in ihrer Milch dieſem Wech-
ſel ausgeſetzt waren? Warum wirket nicht die-
ſer Witterungswechſel in allen Feldern, die er
betrifft, gleich ſtark, oder gar nur in einigen,
und warum ſelbſt da, wo er wirket, nicht auf
dem ganzen Felde, ſondern nur in einigen
Aehren, oft nur in den Theilen einzelner Koͤr-
ner? Denn es laſſen ſich keine Urſachen ange-
ben, warum der Wechſel der Witterung, der in
einem Halme, in einer Aehre wirkte, nicht in al-
len wirken ſollte.
Da man das Unzureichende in allen dieſen
Meinungen ſahe, ſo hielt die Fuͤrſtl. Jablonow-
ſche Geſellſchaft dieſes vor wichtig, einen Preis
auf die Entdeckung der wahren Urſachen des
Brandes zu ſetzen. Ich habe in der von der-
ſelben gekroͤnten Preisſchrift eine andere Theorie
aufzuſtellen mich bemuͤhet, aus der ſich, wie ich
daſelbſt ausfuͤhrlich dargethan, alle Erſcheinun-
gen erklaͤren laſſen. Die Urſache des Brandes
liegt, einigen Beobachtungen und Erfahrungen
nach, in einem Verderben des ſogenannten Glu-
ten der Pflanzen, der ſo wohl in der Frucht,
als in den Pflanzen ſelbſt, und vorzuͤglich in dem
Mark derſelben, welches der Grundſtoff zur
Frucht iſt, ſich befindet. Ich habe daſelbſt ge-
zeigt, daß der Brand nicht allein in den Aehren
K 2oder
[148] oder der Frucht, ſondern auch in den Halmen
ſelbſt ſchon ſich aͤußere, daß oft die noch in ei-
ner dreyfachen Huͤlſe oder Balge verſchloſſe-
nen und noch tief in den Halmen liegenden Aeh-
ren ſich ſchon brandig finden; daß der Brand
verhaltungsmaͤßig ſtark ſey, je mehr die Fruͤchte
oder die Pflanzen ſolch Gluten haben. Ich
habe daſelbſt ſo gar die Urſachen angegeben, war-
um die Koͤrner dunkelbraun, oder gar ſchwarz
und die brandigen Halmen meiſt dunkelgruͤner
ſind als die andern; worzu mich ſonderlich ein
Verſuch des Herrn Keſſelmeyers veranlaßte.
Ich habe aus Gruͤnden dargethan, woher es
komme, daß bey dieſer angegebenen Urſache zu-
weilen einzelne Aehren eines Stocks, einzelne
Theile eines Halms, einzelne Koͤrner einer Aeh-
re, ja ſelbſt einzelne Koͤrner nur zu einem gewiſ-
ſen Theile brandig ſind. Auf die naͤmliche Ver-
anlaſſung unterſuchte ich auch die vorgeblichen
verſchiedenen Arten des Brandes, und fand, daß
ſie ihrem Weſen und ihrer Natur nach nicht ver-
ſchieden waren, ſondern der ſcheinbare Unter-
ſchied mehr durch den Grad der Faͤulniß und
Schaͤrfe entſtehe, je nachdem dieſe ſtaͤrker oder
ſchwaͤcher iſt, je nachdem ſie durch innere oder
aͤußere Zufaͤlle gehoben und gemindert wird.
Von außen kann die Luft und gewiſſe in derſel-
ben ſchwebende Theile hier oft Aenderungen ver-
anlaſſen, und von innen kann es ebenfalls durch
gewiſſe dazu kommende Saͤfte geſchehen.
Doch
[149]
Doch wir eilen wieder zur Geſchichte des
Ackerbaues, fuͤr welchen man in den deutſchen
Laͤndern und beſonders in Sachſen und Bran-
denburg, ſodann auch in einigen andern Pro-
vinzen vorzuͤglich geſchaͤftig war. Man ſuchte
denſelben ſo viel moͤglich zu erweitern und Man-
nichfaltigkeit zu geben, damit durch die meh-
rern Arten der Fruͤchte der Werth der Laͤnde-
reyen und der Produckte ſelbſt erhoͤhet und ver-
mehret wuͤrde. So bauete man in Sachſen ſeit
1717 die Tartuͤffeln, wohin ſie aus Brabant ein
Herr v. Miltkau brachte, und ſie haben bey
Miswachs in den gebuͤrgigen Gegenden oft
die Einwohner genaͤhrt und vor dem verzehren-
den Hunger geſchuͤtzet. In das Wuͤrtembergi-
ſche brachte ſie ſchon 1710 ein Waldenſer An-
toine Seignoret. Man befoͤrderte eben daher
in Sachſen den Bau der Farbekraͤuter, insbeſon-
dere 1747 den Bau der Faͤrberroͤthe oder des
Krapps, wovon das Leipz. Intellig v. 1763.
S. 345. Nachricht giebt. Daher fieng man
ihn ſonderlich auf den Guͤtern des Herrn Hof-
rath Schubarth zu Kreiſa und Werkwitz, wie
auch auf den Graͤflich Buͤnauiſchen zu Dahlen
nachdruͤcklich an zu betreiben, und in den Saͤch-
ſiſchen Fabriken und Cattundruckereyen abzu-
ſetzen. Den Waidbau durch einen Befehl
von 1753 und 1755, der Scharte durch einen
aͤhnlichen von 1766, und ließ im Jahr 1765
einen Unterricht im Leinbau in das Land erge-
hen, da die Leinmanufakturen in Sachſen ſo
K 3wich-
[150] wichtig ſind, Die oͤkonomiſche Societaͤt zu
Leipzig vereinigte ihre Bemuͤhungen mit ihr, und
empfahl 1764 den Bau der Seidenpflanzen,
auf welchen der Herr de la Riviere Frankreich
ſeit den Jahren 1760 aufmerkſam machte, in-
dem er aus denſelben allerley Waaren bereitete.
Die Polizey bemuͤhete ſich Kenntniſſe von dem
Getraidebau eines jeden einzelnen Ortes einzu-
ziehen, und es ergieng deshalb in Sachſen 1755
ein Generale in das Land, wegen Verfertigung
und Einſendung geſchriebener Tabellen uͤber den
Getraidebau eines jeden Orts. Der Getrai-
dehandel war von je her ein beſonderer Gegen-
ſtand der oͤkonomiſchen Polizey in Sachſen, und
blieb es auch in dieſem Jahrhunderte, wovon
die Verordnungen von 1726 wegen deſſelben und
vorzuͤglich die neuern in dem Jahre 1771 zeigen.
In dieſen Jahren munterte man durch Verord-
nungen und Vorſchuͤſſe die Unterthanen zu tuͤch-
tiger Bearbeitung ihrer Felder an. Man ſuch-
te die Abgaben, welche die Verbeſſerung des
Ackerbaues hinderten, zu erieichtern oder abzu-
ſchaffen, und befreyete 1765 die zur Duͤngung
der Felder einzufuͤhrende Aſche, Kalch und an-
dere Materialien vom Geleite in einem Gene-
ralbefehle. Man unterſtuͤtzte bey Miswachs
die ungluͤcklichen Unterthanen, und ließ deswe-
gen 1727 Verordnungen ergehen.
Der Tabak, welcher ſchon ſeit dem Ende des
ſechszehnten Jahrhunderts in Deutſchland vor-
zuͤglich durch Adolf Oeko, Joh. Funk und den
be-
[151] beruͤhmten Conrad Gesner bekannt wurde, brei-
tete ſich ſonderlich in dem 18ten in Sachſen,
Brandenburg, Pfalz und andern Gegenden
aus. Im Jahre 1620 brachte Robert Koͤ-
nigsmann, ein Kaufmann, die erſte Tabaks-
pflanze aus England nach Strasburg, wo der
Tabak im ſiebenzehenten Jahrhunderte und An-
fange des itzigen haͤufig gebauet wurde, ſo, daß
ſogar der Rath daſelbſt der Cultur deſſelben
Schranken ſetzte, aus Beſorgniß, es moͤchte
dem Getraidebau ſchaden. Man bauete ihn
theils in den Brachen, theils aber beſtimmte
man ganze Felder hierzu. In Sachſen ſchickte
man nach dem geendigten ſechsjaͤhrigen Kriege
Pflanzer aus, welche dieſe Cultur ausbrei-
teten und Fabriken anlegten. In den Gegen-
den von Leipzig, in Stoͤtteritz und Zwey-Naun-
dorf, in welchem letztern ihn zuerſt ein fleißiger
Landmann, Namens Muͤnch, einfuͤhrte, iſt es
ein eintraͤgliches Nahrungsgeſchaͤft. Im
Brandenburgiſchen ermangelte die Regierung
nicht, dieſe Pflanze fuͤr ſeine Einwohner ein-
traͤglich zu machen und zu verbreiten. Schon
im ſiebenzehnten Jahrhunderte ſuchte man die-
ſes zu bewerkſtelligen; daher finden ſich verſchie-
dene Verordnungen z. B. vom Jahre 1676, da-
rinnen zwey Juden die Conceßion zum Tabaksbau
und Handel ertheilt wird, die Cultur deſſelben
aber kam erſt im Jahre 1681, wirklich zu Stan-
de. Alſo danket Brandenburg dieſes Geſchaͤft,
das itzt ſo wichtig fuͤr daſſelbe iſt, zweyen Ju-
K 4den.
[152] den. Die Verdienſte dieſes Volks verdienen
um deſto mehr bemerket zu werden, da man ſie
meiſt verkennet. Sie ſuchten zuerſt um die Erlaub-
niß dieſer Anpflanzungen an, und erhielten ſie in
dem angefuͤhrten Jahre 1676. Von 1682 findet
ſich eine andere Conceßion wegen des Tabak-
ſpinnens, 1687 vom 28. November wegen
des Tabakpflanzens und des Commercii und
fremden Tabaks. In vielen Gegenden der Mark
und in dem Pommeriſchen iſt er ſehr ausgebrei-
tet, und bey den amerikaniſchen noch dauernden
Unruhen, welche den Fortgang dieſes Geſchaͤf-
tes in Deutſchland ſo ſehr beguͤnſtigen, brachte
es Brandenburg zu dem Vorzuge, daß es die
groͤßte Tabaksfabrik in Deutſchland beſitzt,
und ſelbſt die Hollaͤnder ihn haͤufig aus dem
Brandenburgiſchen ziehen. So fuͤhrten ſie im J.
1777 blos aus Stettin uͤber 30000 Centner
Pommeriſchen und Maͤrkiſchen Tabak aus, wie
Hr. Schloͤzer in ſeinem Briefwechſel Theil 3. im
XIII. Heft Nr. II. angiebt. Nicht weniger anſehn-
lich iſt der Tobaksbau in den Heßiſchen Laͤndern,
vorzuͤglich aber in dem Hanauiſchen, wo er ſchon
ſeit langer Zeit ein ſtarker Nahrungs- und Hand-
lungszweig iſt; ſchon 1697 baute man daſelbſt
viel Tabak. Es gehoͤrt auch in die Brandenburgi-
ſche Ackerbaugeſchichte, alles das, was ich in dem
allgemeinen Kapitel von dieſem Lande angefuͤhrt
habe, da ich ſowohl die Verdienſte der Regie-
rung, und vorzuͤglich des itzigen weiſen und
wohlthaͤtigen Friedrichs, als auch die wuͤrdigen
und
[153] und patriotiſchgeſinnten Privatperſonen ange-
fuͤhrt habe, unter denen vorzuͤglich die Namen
eines von Brenkenhof, des Grafen v. Bork,
und des Grafen von Podewils hervorglaͤnzen.
Die Einfuhre des Archangeliſchen Roggens von
dem Hrn. v. Brenkenhof, der eingefuͤhrte und er-
weiterte Bau der Handlungskraͤuter, der im Mag-
deburgiſchen verſuchte Reisbau, die deshalb von
der Cammer erlaſſenen Anweiſungen, die Beur-
barung ſo vieler wilden und unfruchtbaren Laͤnde-
reyen zu Ackerlande, die Einfuͤhrung eines tiefern
[Pfluͤgens], des Haackens, einer ſtaͤrkern Duͤngung,
welche durch den vermehrten Wieſenbau und
Viehzucht moͤglich ward, und vorzuͤglich durch
die Aufmunterung der Regierung durch Preiſe
zu der Aufſuchung und Gebrauch des Mergels,
und fuͤr die, welche ihn in Pommern, der Mark
und in Preußen gemeiner machen wuͤrden, wel-
che 1777 geſchahe, ſind Beweiſe, wie ſehr ſich
die Brandenburgiſchen Staaten des Ackerbaues
angenommen.
Man verſuchte auch den Bau des Aegypti-
ſchen Korns, vorzuͤglich der gedachte Herr
Graf v. Podewils, und es gerieth auf einigen
Stuͤcken ſehr gut. Man bemuͤhet ſich die Bra-
che zu verdraͤngen, und erziehet deshalb auf dem
Acker in der Brache haͤufig ſolche Fruͤchte, wel-
che ihn zu dem im drauf folgenden Jahre zu ſaͤ-
enden Getraide tuͤchtig machen, als Erdtoffeln,
Kohl, Lein, Tabak. Verſchiedene Gutsbeſitzer,
und vorzuͤglich dieſer H. Graf, um den Oekono-
K 5mie-
[154] miezuſtand ihrer Guͤter zu beſſern, duͤngen
daher das Land in der Brache und pfluͤgen zwey-
mal; die Einwohner bepflanzen es mit Erdtof-
feln, halten es von Unkraut rein und bekommen
dafuͤr die Haͤlfte. Zwar iſt das letztere Ver-
duͤngen um die Haͤlfte kein allgemein anzura-
thendes Mittel, am wenigſten in ſchon cultivir-
ten Landen: allein hier, wo meiſtens erſt Cultur
und Wohlſtand bewirkt werden ſoll, und dieſe
Art durch die Gewohnheit ſchon beguͤnſtiget iſt,
wird es deſto wirkſamer ſeyn, den Endzweck zu
erreichen.
In dem Oeſterreichiſchen bemuͤhete man ſich
den Ackerbau der einzelnen Laͤnder durch fremde
Colonien zu beſſern: ein Mittel, deſſen man in
Sachſen ſchon vor einigen Jahrhunderten ſich
bediente. Man ſuchte vorzuͤglich die Flaͤmiſche
Wirthſchaft einzufuͤhren, und ließ zu dieſer Ab-
ſicht viele Landleute aus der Gegend zwiſchen
Oſtende und Bruͤgge in das Maͤhriſche kommen,
wo ſie nach und nach viele Maͤhriſche Bauern
unter ſich bekamen, um dieſelben die Flaͤmiſche
Wirthſchaft zu lehren, welche ſich auch in kurzer
Zeit ſehr ausgebreitet. Die Flaͤminger ſelbſt
bearbeiteten zwar nicht viel mehr als tauſend
Morgen Landes; allein weit ausgebreiteter iſt
ihre Wirthſchaftsart, indem ſich dieſelbe ſchon
auf funzehn Meilen weit erſtreckt. Es wurde
hierdurch ſonderlich der Kleebau eingefuͤhrt; man
macht ihn zu einer Vorbereitung zur Waizen-
ſaat, daß man in dieſen Gegenden ſchon nicht
mehr
[155] mehr zu dem Waizen brachet. Dieſe Flaͤmin-
ger fuͤhrten zuerſt vorzuͤglich eine regelmaͤßige
Duͤngung daſelbſt ein; ſie lehrten durch Jaͤten
und Hacken das Unkraut vertilgen und den Acker
rein zu halten; und noch neuerlich ermunterte
die Niederoͤſterreichiſche Societaͤt zu einer Unter-
ſuchung, wie die verſchiedenen Arten des Mer-
gels oder ſo genannten Schlier am ſicherſten zu
erkennen und von einander zu unterſcheiden, wie
die Lagen des Mergels am leichteſten zu entde-
cken, die Gruben am geſchickteſten anzulegen
und mit den geringſten Koſten zu erhalten. Und
wie die Regierung den Ruhm der Weisheit und
Sorgfalt fuͤr das Gluͤck ihrer Laͤnder und Denk-
maͤler in der Geſchichte verdient, ſo ſind nicht
weniger diejenigen des Andenkens wuͤrdig, die
durch gluͤckliche Verſuche und Beyſpiele ihren
Mitbuͤrgern lehrreich werden. Unter dieſe
Namen gehoͤrt in jenen Gegenden der Freyherr
von Skulitz, welcher auf ſeinen Guͤtern zuerſt
die Flaͤmiſche Wirthſchaft einfuͤhrte. Er bauete
Hopfen und Safran aus Boͤhmen und Krapp
aus Schleſien an, und machte Hanf und Flachs
zu Hauptproducten ſeiner Guͤter.
Die Regierung machte unfruchtbare Laͤnder
und Triften urbar und ergiebig. So hatte
man in Tyrol in dem J. 1770 ſchon 800 Juch-
arten faſt unnuͤtzbarer Viehweiden fruchtbar ge-
macht, und man hat damit beſtaͤndig fortge-
fahren.
Auch
[156]
Auch andere deutſche Laͤnder wetteiferten mit
aͤhnlichen Verbeſſerungen. Man verringerte
in dem Badenſchen die Gemeindeguͤter und beſ-
ſerte dieſelben zu Frucht- und Grasaͤckern; man
befreyete die Fruͤchte von den vielen Acciſen und
machte zu dem Ende, ſo viel ich weiß, in Deutſch-
land den erſten Verſuch innerhalb eines kleinen
Diſtricts mit den ſogenannten Syſtem der Oeko-
nomiſten, das ſeit einiger Zeit in Frankreich ſein
Daſeyn durch Quesnay und einige ſeiner Nach-
folger erhielt, und fuͤr welches in Deutſchland
der Hr. Schlettwein mit ſo viel Eifer ſpricht.
Man ſuchte in dem Durlachiſchen die Duͤn-
gungskunſt, als ein Hauptgeſchaͤfte des Acker-
baues zu berichtigen und zu erweitern. Man
fuͤhrte daher ſonderlich, vielleicht durch die Alten
veranlaſſet, die vegetabiliſche Duͤngung mehr
ein, da ſie bisher wenig oder nicht bekannt war.
Man beſaͤet daſelbſt oft ganze Aecker mit Lupin,
welche, wenn ſie abgebluͤhet iſt, im Anfange des
Septembers untergepfluͤgt wird. Schon die
Alten kannten dieſelbe; Plinius gedenkt ihrer
im 17ten B. im 7ten Capitel in ſeiner Naturge-
ſchichte. Man will zwar bemerken, daß ſie nicht
die große Wuͤrkung des animaliſchen Duͤngers
thue; ſie verkuͤrzt aber die Arbeit ſehr und fo-
dert ungleich weniger Muͤhe, und kann ſonder-
lich auf entfernten Feldern vom vorzuͤglichſten
Gebrauche werden Der verdienſtvolle Rein-
hardt giebt verſchiedene Nachrichten von dem
Baden-
[157] Badendurlachſchen Oekonomiezuſtande in dem
Leipz-Intellbl. v. J. 1767. und 1768.
In dem Pfaͤlziſchen verbreitete die oͤkonomi-
ſche Geſellſchaft und Cameral hohe Schule zu
Lautern die gruͤndlichſten Kenntniſſe im Acker-
bau. Die oͤkonomiſche Geſellſchaft machte auf
dem zu Verſuchen beſtimmten Gute Sigelbach
die wichtigſten Erfahrungen, vorzuͤglich aber
was die Verbeſſerungen durch Miſchung der
Erdarten betrifft, und der Pfaͤlziſche Landmann
ziehet nun gleich als in den gluͤcklichſten Provin-
zen Deutſchlands vielerley und mannichfaltige
Producte aus ſeinen Feldern. Schon laͤngſt
zeigten die Mennoniſten vorzuͤgliche Kenntniſſe
in der Oekonomie, und breiteten ſonderlich den
engliſchen Ackerbau hier aus. Nicht blos reiche
und beguͤterte Landbeſitzer, ſondern auch niedere
Landleute kennen die Vermiſchung der Erdar-
ten als ein vorzuͤgliches Beſſerungsmittel, die
Stallfuͤtterung, den Bau der Futterkraͤuter
und die Entbehrlichkeit der Brache. Ueber-
haupt gehoͤren die Mennoniſten in der Pfalz
unter die vollkommenſten und vorzuͤglichſten
Landbauer, und haben ſchon verſchiedene Gene-
rationen hindurch die Grundſaͤtze in Ausuͤbung
gebracht, die in andern Landen noch erſt in Un-
terſuchung ſind und theoretiſch anempfohlen wer-
den.
Unter den pfaͤlziſchen Oekonomiſten zeichnete
ſich ſonderlich Gugenmus aus, welchen die Land-
wirthſchaft zu fruͤh verlor. Er trat als ein
Gegner
[157[158]] Gegner des Tull, Chateauvieux und Kretſch-
mars auf, bemuͤhete ſich gegen dieſelben die Un-
fruchtbarkeit einer jeden Erdart zu zeigen, und
verlangte nichts als kuͤnſtliche Duͤngung, wenn
dem Landmann ſeine Muͤhe belohnt werden ſoll.
(S. die Bemerkung der Churpfaͤlziſch oͤkonomi-
ſchen Geſellſchaft.) Man bemuͤhete ſich vor-
zuͤglich auch in der Pfalz durch Han-
delskraͤuter den Ackerbau eintraͤglich zu ma-
chen und die Producte zu vervielfaͤltigen;
unter die wichtigſten gehoͤren der Tabak und
Krapp, welchen ſonderlich Gugenmus betrieb,
und zu vervollkommnen ſuchte. Eben dieſem
verdienſtvollen Manne dankt die Pfalz den Ho-
pfenbau, welchen er zuerſt einfuͤhrte. Der Ta-
baksbau wurde durch die buͤrgerlichen Kriege in
Amerika in den Jahren 1776 bis 1779, wie in
vielen andern Gegenden, z. B. in der Ukraine,
ſo auch in der Pfalz am Rheine und Neckar
befoͤrdert, und war nach einigen Nachrichten
von 1778 außerordentlich eintraͤglich. Der
Krapp gewinnt in der Pfalz theils durch den
niedern Preis gegen den hollaͤndiſchen, theils
durch die bisherigen ſchlechten Krapperndten in
Seeland; und man that von Seiten der Re-
gierung alles, was dieſes wichtige Nahrungs-
geſchaͤft befoͤrdern kann. Es wurde der eigent-
liche Anfang damit 1763 gemacht, wiewohl
ſchon 5 Jahre vorher eine Geſellſchaft Inlaͤn-
der einen gluͤcklichen Verſuch in dem Oberamte
Heidelberg machten, ſolchen aber wieder ausge-
hen
[159] hen ließen. Allein ſeit 1763, da ein armer
Faͤrber dieſe Pflanze hundertweiſe erzog und auf
gelehnten magern Aeckern viertheil-ja ruthen-
weiſe fortpflanzte, hat ſich dieſes Geſchaͤft nun
ſo weit ausgebreitet, daß man ſchon uͤber 500
Morgen damit im Lande bebauet. a)
Man ertheilte im J. 1778 dem Admini-
ſtrationsrathe Heddaͤus zu Heidelberg, der ſich
ſeit dem Jahre 1775 bemuͤhete, die inlaͤndi-
ſchen Krappfabriken zur Vollkommenheit zu
bringen, und durch Verbindungen mit Auslaͤn-
dern ſolche Einrichtungen zu treffen, damit der
Krappbau befeſtiget und dadurch den pfaͤlziſchen
Staaten ein beſtaͤndiger Abſatz in fremde Laͤn-
der verſichert wuͤrde. Es iſt ihm auch wirk-
lich gelungen, dem Pfaͤlziſchen Krapp bey den
Auslaͤndern einen Vorzug vor dem Elſaſſer,
Darm ſtaͤdter und Durlacher zu verſchaffen.
Man ertheilte ihm daher auf 20 Jahre viele
anſehnliche Freyheiten, um dadurch dieſes ſo
wichtige Nahrungsgeſchaͤft zu befoͤrdern. Es
wird ihm erlaubt, ſeine Krappgebaͤude und
Muͤhlen nach Gutduͤnken zu vermehren; die bey
der Fabrik angeſtellten Arbeiter genießen Perſo-
nalfreyheiten, ſo wie auch von den Nahrungs
ſchatzungen. Er ſelbſt genießt Freyheiten von al-
len Accis-Waſſer- und Landzollen, Chauſſee-Weg
und Pflaſtergeldern bey Ein- und Beyfuhre des
rohen
[160] rohen Krapps zu ſeiner Fabrik, von den Re-
cognitionsgeldern fuͤr die Krappmuͤhlen, von
Nahrungschatzung wegen der Krappfabriken
und Handlung und allen Auflagen in Anſehung
derſelben, von den Tranſitabgaben ſo wohl fuͤr
die zum Hausgebrauch der Fabrikgenoſſen, als
auch fuͤr die zur Krappfabrik erforderlichen in-
und auslaͤndiſchen Haupt- und Nebenmateria-
lien. Zwar ſcheint dieſes einem Monopol aͤhnlich
und wird vielleicht daher von einigen getadelt wer-
den; allein wenn dieſes wegen Emporbringung
eines Nahrungsgeſchaͤftes geſchiehet, in den
Haͤnden eines oder mehrerer Unterthanen, und
zugleich ſo eingerichtet iſt, daß es nun dienet,
dieſes Nahrungsgeſchaͤft auszubreiten und ge-
meiner zu machen, ſo werden dergleichen Ein-
richtungen mehr Lob als Tadel verdienen. Man
hat dieſes Mittel in der Pfalz bey der Seiden-
cultur nicht ohne Gluͤck angewendet, ſo wie man
auch hier bey dem Krappbaue große Vortheile
davon ziehen wird. Man verbindet auf dieſe
Art die Ermunterungen zum Anbau, die Be-
arbeitung und die Ausbreitung der dazu noͤthi-
gen Kenntniſſe, den Abſatz und die Handlung.
Zu mehrerer Aufmunterung des Churpfaͤlziſchen
Landmannes zu dieſem ſo vortheilhaften Geſchaͤf-
te ward zugleich verordnet, daß er in den naͤchſten
20 Jahren, waͤhrend welchen dieſes Privilegi-
um dauert, geſichert ſey fuͤr die Erhoͤhung der
auf den Krappbauaͤckern und Gebaͤuden wirklich
haftenden Realbeſchwer-den, damit dieſelben
nicht
[161] nicht durch die Erhoͤhung von der Cultur abge-
ſchreckt oder genoͤthigt werden, den Krapp theu-
rer an die Fabrik zu verkaufen, und dadurch
die Fabrik auch ihren Preis in Verhaͤltniß gegen
die Benachbarten erhoͤhen muß; die Krapp-
pflanzen, welche an die Unterthanen aus der Fa-
brike vertheilet werden, ſind von allen Abgaben
frey, die Ausfuhr roher Krappwurzeln iſt mit
Impoſten belegt, ein Grundſatz der bedenklich
wird, wenn nicht die einheimiſche Conſumtion
und Abſatz ſchon alle erbauete Producte ver-
braucht. Man verbot die Beſchaͤdigung der
Krappaͤcker, durch Fahren, Ausreiſſen, Vertre-
ten oder Abſchneiden der Krappwurzeln bey der
ſchaͤrfſten Strafe, und wies die Oberaͤmter
an, ſolches den Unterthanen bekannt zu ma-
chen, ſo wie auch, daß die Krappfelder mit
Schaaf- und andern Viehtriften verſchonet
werden ſollten. Und obgleich in dem Oberamte
Heidelberg dem Hrn. Heddaͤus die alleinige
Fabrik zugeſtanden, ſo ſtehet doch den Unter-
thanen frey, ihren Krapp zu verkaufen an
wen ſie wollen, auch ſelbſt an auslaͤndiſche
Handelsleute. Die erwaͤhnte Krappfabrik und
Handlung iſt einzig und allein der Gerichtsbar-
keit der Commercien- und Fabrikoberintendanz
und der ihr nachſtehenden Commercien- und Fa-
brikcommißion uͤbergeben.
So verſuchte man in der Pfalz auch den
Rhabarber einheimiſch, und dadurch den Land-
bau eintraͤglicher zu machen; von dem Fortgan-
Lge
[162] ge deſſelben finden ſich verſchiedene Nachrichten
in den Schriften der oͤkonomiſchen Geſellſchaft
zu Lautern, von 1771.
Auch andere Provinzen ſahen die Wichtig-
keit der Krappcultur, und der Handlungskraͤuter
ein. Man ertheilte nach dem Beyſpiel der
Pfalz auch in dem Heſſendarmſtaͤdtiſchen Lan-
den dergleichen Privilegien. Der Krappbau
im Darmſtaͤdtiſchen gewann ſonderlich in der
Gegend von Secheim guten Fortgang, und
die Landleute wiſſen ſchon ſo damit umzugehen,
daß einige auf eine Ruthe Land einen Centner
Krapp bauen. Es ſind bis jetzo ohngefaͤhr 10
bis 20 Dorfſchaften, die ſich mit dieſem Bau
abgeben, welche in dem Jahre 1777 uͤber
17000 Centner lieferten. Fungſtaͤdt und Ef-
holzbruͤcken ſind bis itzo die Meiſter; doch hat
ſich Niederbeerbach, das im J. 1777 den er-
ſien Verſuch machte, fuͤr das erſtemal nicht
nachtheilig gezeigt. In der Obergrafſchaft
ſchlaͤgt der Krappbau außerordentlich gut an;
man benutzt daſelbſt nach den eigenen Berich-
ten dieſer Gegend den Morgen Feld auf einen
faſt unglaudlichen Ertrag, obſchon die Arbeit
dabey als ſehr muͤhſam angegeben wird. Man
ruͤhmt unter andern Vortheilen auch den, daß
die guten Sandfelder in den folgenden Jahren
dadurch in dem Fruchtbaue auf beſſern Ertrag
gebracht wurden, und in einem engen Bezirk
von einigen Stunden im J. 1777 an 40000
Fl. ins Land gebracht worden.
Bey
[163]
Bey Umſtadt wurde in dem Jahre 1777
auch ein Anfang mit dergleichen Pflanzungen
gemacht. Eine beſonders dazu verbundene Ge-
ſellſchaft, die ſich die Bereitung und den Ver-
trieb der Krappfarbe zum Zweck gemacht, ſchoß
auf jeden Morgen 60 Fl. vor, um die Anbauer
zu unterſtuͤtzen, und die Beamten bemuͤheten ſich
dieſe Anſtalt zu befoͤrdern. Die Krappwur-
zeln gediehen daſelbſt in dem erſten Jahre zu
der Dicke eines Fingers, und waren viele Loth
ſchwer. Anfaͤnglich verlachte man dieſe Unter-
nehmungen aus Vorurtheilen; allein man fieng
bald an, anders zu denken und den Beyſpielen
nach zu ahmen. Man ſuchte durch Verſuche
den Anbau des Krapps, der nach der gewoͤhnli-
chen und vorgeſchriebenen Methode etwas koſtbar
iſt, zu erleichtern. Man verſuchte zum Bey-
ſpiel den Acker, der mit Wurzeln beſetzt wer-
den ſoll, ſtatt ihn muͤhſam mit dem Spaten zu
graben, doppelt zu pfluͤgen. Man laͤßt den
Pflug jede Furche doppelt ausheben, wodurch
die Erde eben ſo tief, ja noch tiefer aufgelokert
wird, als durch Roden.
Um Darmſtadt herum, wo viel ſandige Laͤn-
dereyen ſind, bauet man den Krapp ſtark. Er
waͤchſt daſelbſt viel beſſer, und hat Vorzuͤge vor
demjenigen, welcher in den beſten Gegenden ge-
bauet wird. Daher ließen ſich Kaufleute aus
entfernten Gegenden mit ihnen auf Contracte
ein, errichteten eine Fabrik mit weitlaͤuftigen
Gebaͤuden, und gaben dem Unterthan, ſobald
L 2er
[164] er nur die Pflanzen geſetzt hatte, auf jeden Mor-
gen 60 Fl. Vorſchuß ohne Zins bis zum Aus-
machen; und eben ſie waren es, die den Bau
bey Umſtaͤdt unterſtuͤtzten. Das Dorf Pfung-
ſtaͤdt, das doch lauter ſandige Gegenden hat, hat im
J. 1777 auf 20000 Fl. an Krapp gewonnen. b)
Auch in den Badenſchen, Naſſauiſchen, Wal-
deckiſchen und andern Deutſchen Landen wuchs
die Aufmerkſamkeit der Policey noch mehr fuͤr die-
ſes Geſchaͤft. Es hatte in den Badenſchen
und Naſſauiſchen vorzuͤglich guten Fortgang;
allein man wußte ihn nicht zu Farben zuzube-
reiten, daher es wieder etwas verfiel. Auch
in dem Deſſauiſchen machte die naͤmlichen Ver-
ſuche auf Fuͤrſtliche Koſten, und legte ein an-
ſehnliches Stuͤck Land nach dem Beyſpiele des
Hrn. Hofr. Schuberts in Sachſen mit Krapp
an.
In den Pfaͤlziſchzweybruͤckiſchen ließ man ſich
nicht weniger den Ackerbau angelegen ſeyn, und
von Zeit zu Zeit, hat man ſonderlich ſeit 1761,
allerhand Ermunterungen und Geſetze ergehen
laſſen. Es ſtanden ihm aber große Hinderniſſe
im Wege. Man hatte zu wenig Erfahrungen,
nach den verſchiedenen Umſtaͤnden die Verbeſſe-
rungen
[165] rungen anzugreifen, vorzuͤglich fand ſich dieſer
Mangel unter den Niedern. Niemand gieng mit
Beyſpielen vor, der Landmann verlangte mehr
Futter und Duͤngung, wenn er die Verordnun-
gen, die wegen des Ackerbaues ergangen waren,
befolgen ſollte. Es wurde daher den Landesoͤkono-
miecommißion dieſes Geſchaͤfte vorzuͤglich em-
pfohlen. Sie mußte die Urſachen aufſuchen, war-
um der Ackerbau zuruͤckbliebe, und fand ſie ſon-
derlich in der allzuweiten Entfernung der Ae-
cker von den Dorfſchaften, in der Vielheit
und Ueberfluß des Landes, in der Ungleich-
heit in der Austheilung, da an vielen Orten der
eine zu viel der andere zu wenig hatte, in der
Verfaſſung in den Gemeinden, in Duͤnger-
und Strohmangel und in der innern Beſchaf-
fenheit der Laͤndereyen ſelbſt. Alle dieſe Hin-
derniſſe ſuchte man von Seiten der Regierung
zu heben. Es wurde daher die Commißion an-
gewieſen, alle in dem Herzogthume befindliche
allzuweit entfernte ſowohl gemeine als herr-
ſchaftliche Laͤndereyen aufzuſuchen, und zu uͤber-
ſchlagen, ob und wie viel dergleichen ſchatzbare
Hoͤfe ohne Nachtheil der Gemeinden auf jeden
Baue anzulegen ſeyn moͤchten, daß das zu ei-
nem ſolchen Hofe noͤthige Gebaͤude, wenn es
herrſchaftlich, dem Anbauenden ohnentgeldlich,
wenn es Gemeindeland waͤre, gegen eine ganz
leidliche Abſchatzung zu erkannt, und dieſe Ab-
ſchatzung der Commun zum Beſten verrechnet
wuͤrde. Es wurde den Gemeindeleuten und
L 3den
[166] den Kindern derſelben der Vorzug vor Frem-
den gelaſſen, wenn ſie ſich anbauen wollten;
auch erhielten ſie gaͤnzliche Freyheit von Froh-
nen und Schatzung auf mehrere Jahre.
Man machte ernſtliche Anſtalten zu Austrock-
nung vieler Moraͤſte [und] Torfſuͤmpfe, welche man
ſchon zu den Zeiten der Reunion der Franzoſen
vergeblich verſucht, und erſtaunende Koſten dar-
auf verwendet; weil ſie aber nicht wußten, wozu
man eigentlich dieſe Erde brauche, ſo blieb das
Werk liegen. Allein in den neueſten Zeiten
lernte man hierinnen durch den Vorgang an-
derer Nationen, vorzuͤglich durch das Beyſpiel
der Schweden, weiter ſehen, und bemuͤhete ſich,
den Torfgrund ſo zu bereiten, daß er andern
und ſonderlich denen Sandfeldern zur Duͤn-
gung diene. Man ſuchte die Kalchduͤngung be-
kannter zu machen, ſuchten die Mergelarten
auf, und veranſtaltete, daß die ſteilen Abhaͤn-
ge der bergigten Aecker wieder mit Hecken und
Pfriemenkraut bepflanzet wurden, damit nicht
die gute Tragerde ſo ſehr verloren gienge. Das
Pferchen mit den Schaafen wurde bey Strafe
anbefohlen, weil es viele Gemeinden unterlieſ-
ſen, und zwar vorzuͤglich auf den entfernten
Feldern, die man mit dem Duͤnger nicht ohne
viele Beſchwerden erreichen konnte. Man ver-
ſuchte vorzuͤglich den Bau der Farberoͤthe nach
Anweiſung der Leipziger Oekonomiſchen Samm-
lungen auf herrſchaftliche Koſten, um durch den
erwuͤnſchten Fortgang die Unterthanen zu er-
mun-
[167] muntern, und damit ſie durch fehlgeſchlagene
Verſuche, wenn ſie dieſelben ſelbſt betraͤfen,
nicht niedergeſchlagen wuͤrden. Man verſchrieb
deshalb Pflanzen aus dem Elſaß, wo dieſe Cul-
tur ſchon ſeit einiger Zeit bluͤhete. Vorzuͤglich
beguͤnſtigte dieſe Verſuche, daß man in der Zu-
bereitung deſſelben zum Faͤrben gluͤcklich war,
und hinter die Einrichtung der Krappmuͤhlen
und das Doͤrren kam.
Geſchichte
[168]
Geſchichte
des Wieſenbaues
in Deutſchland
ſeit dem ſechzehnten Jahrhunderte bis auf unſere
Zeiten.
Es war meiſtens in den vorigen Zeiten das
Schickſal der Wieſen, daß man ſie ganz
der Natur uͤberließ. Nur durch zufaͤllige Um-
ſtaͤnde ſcheinen mehrmal gute und reine Wieſen
entſtanden zu ſeyn. So veranlaßte die ver-
meynte Nothwendigkeit der Brachen viele zei-
tige Wieſen, da man den Acker ein oder meh-
rere Jahre ruhen und blos dem Graſe uͤberließ.
Viele ſind vielleicht dadurch entſtanden, daß ein
Acker von guter Art unbebauet liegen blieb,
oder wenn der Krieg eine Gegend verheeret und
das Land mit Blut befruchtete, wodurch ein
geiler Graswuchs entſtand; ſie blieben meiſtens
in dieſem Zuſtande, durch die verminderte Be-
voͤlkerung, welche nicht zureichend war, die
ganze Flur zu beſtellen, und mit Fruͤchten zu be-
bauen; oder die Natur fuͤhrte von dem Huͤgel
herab auf die Wieſe die Fruchtbarkeit, oder
Winde, Thiere, Voͤgel und Inſecten verbrei-
teten wohlthaͤtig die Geſaͤme. Dieſes war
meiſt
[169] meiſt die Entſtehungsart der Wieſen, und oft
noch ihr Schickſal. Nur in einigen Gegenden,
ich rede hier vorzuͤglich von Deutſchland, wuͤr-
digte man in den neuern Zeiten die Wieſen ei-
niger Aufmerkſamkeit. Dennoch aber ſchadete
denſelben, und deren Befoͤrderung die Bra-
che, und die ſehr breiten Reine zwiſchen den
Feldern, daher man die naͤhere Sorge fuͤr
die Wieſen als unnuͤtz anſahe. Eben ſo ſehr
hindern ihn noch die Gerechtigkeiten der Grund-
ſtuͤcken und Perſonen auf fremden Guͤtern.
Nicht weniger nachtheilig war ihm der Man-
gel an botaniſchen Kenntniſſen, und die An-
wendung derſelben auf die Oekonomie, oder die
oͤkonomiſche Botanik war ganz unbekannt. Sie
iſt es, welche den Nutzen der Graͤſer und
pflanzen zu oͤkonomiſchen Endzwecken, zur Nah-
rung, Geſundheit, Fettheit und Guͤte der
Milch bey den Hausthieren lehret.
Ich habe ſchon bemerkt, daß einige Gegen-
den, wo eine gluͤckliche Viehzucht ihn unent-
behrlich machte, ihn mehrerer Anfmerkſamkeit
wuͤrdigten; entweder weil ſie die Natur ſelbſt da-
zu noͤthigte, und ſtatt des Ackerbaues dieſelben
Wieſenbau und Viehzucht treiben hieß, oder
weil andere zufaͤllige Umſtaͤnde ihn daſelbſt ein-
fuͤhrten. Man darf hierbey nur an gewiſſe ge-
birgige Gegenden denken, ſo werden dieſe die
weitere Erlaͤuterung dieſes Satzes ſeyn. In
verſchiedenen Provinzen Deutſchlands veranlaß-
te die Wechſelwirthſchaft einen Wieſenbau, den
L 5man
[170] man einem wechſelnden nennen koͤnnte, wo das
Land bald Wieſe, bald Getraideland iſt, je
nachdem die Reihe das Land trifft, durch Gras
in der Brache dem Viehe zu nutzen, oder
mit reichen Fruchtaͤrndten die Scheuern zu fuͤl-
len. Wer erinnert ſich hierbey nicht an die
Holſteiniſche und die nach derſelben in Mecklen-
burg neuerlich eingefuͤhrte Wechſelwirthſchaft?
Doch ich verliere mich zu tief in den allgemei-
nen Erinnerungen, und vergeſſe, daß ich die
Geſchichte dieſes Gewerbes unterſuche.
Die aͤlteſten Oekonomieſchriftſteller der Zei-
ten, auf welche ich mich einſchraͤnke, uͤberge-
hen den Wieſenbau nicht ganz; und wie konn-
ten ſie es, da ſie meiſt nach der Anleitung der
Alten, der Griechen und Roͤmer, arbeiteten
und ſchrieben, bey welchen der Wieſenbau ſehr
wichtig und in keiner geringen Achtung war?
Cato hielt ihn fuͤr das wichtigſte Geſchaͤft der
Landwirthſchaft. D. Georg Marius, in ſei-
ner Gartenkunſt, zeigte ſchon im ſechzehnten
Jahrhunderte ausfuͤhrlich, wie eine Wieſe an-
zulegen ſey. a) Auch Figard b) Coler c) und
andere
[171] andere Schriftſteller dieſer Zeiten gedenken der
Wieſencultur. Allein in Anſehung der Aus-
uͤbung im gemeinen Leben gilt nur das, was
ich vorhin erinnert habe; man uͤberließ ihn meiſt
der Natur, bis ihn die Fuͤrſten zu einem Ge-
genſtande der Policey machten, und dadurch
den guten Vorſchlaͤgen ein nachdruͤcklicheres An-
ſehen gaben, und die Hinderniſſe zu heben an-
fiengen, welche ſeine Verbeſſerung und gluͤckli-
chern Fortgang hemmten. In den aͤltern Zei-
ten finden ſich hiervon nur wenige und ſeltene
Spuren. Vaterlandsliebe, noch mehr die
Wahrheit, ruft mich in Deutſchland zuerſt in die
ſaͤchſiſchen Staaten. Der große Churfuͤrſt Au-
guſt ſuchte einen vorzuͤglichen Vortheil der Land-
wirthſchaft in dem gehoͤrigen Verhaͤltniſſe des
Viehſtandes gegen die Fuͤtterung, und mußte
alſo hierbey alle Aufmerkſamkeit auf die Wie-
ſen wenden. Wir finden hiervon genugſame
Beweiſe in der Geſchichte ſeiner Bemuͤhungen
fuͤr den ſaͤchſiſchen Oekonomiezuſtand.
So ließ er, z. B. da die Buͤrger in Weiſ-
ſenſee Mangel an Viehweide hatten, den Ober-
ſee daſelbſt durch Graͤben abziehen, und denſel-
ben auf bloßen Wieſewachs einrichten, um der
Buͤrgerſchaft daſelbſt und den Amtsuntertha-
nen ſelbigen zur Befoͤrderung der Viehzucht
fuͤrs Geld auszuthun. Es bezeugt dieſes die
Pachtverſchreibung uͤber dem Oberſehn dem
Rathe zu Weiſſenſee eingeandtwort. Freytag
nach Invocavit im J. 1561. welche ſich in D.
Schre-
[172] Schrebers Schrift von Cammerguͤthern S. 154
findet.
Im ſiebenzehnten Jahrhundert.
Man ſetzte in Sachſen die Cultur nach den
einmal eingefuͤhrten guten Verhaͤltniſſen fort,
zumal da durch den dreyßigjaͤhrigen Krieg viele
aus verſchiedenen Provinzen vertriebene Gewer-
be, ſonderlich die, die auf die Viehzucht und
Wolle einen Einfluß hatten, dergleichen die
Tuchmanufakturen waren, welche ſich, aus Pom-
mern in dem 17ten Jahrhunderte durch den
dreyßigjaͤhrigen Krieg verſcheucht, meiſt nach
Sachſen zogen. Eben ſo brachten die aus den
Niederlanden von Zeit zu Zeit auch ſchon vor-
her nach Sachſen gefuͤhrten Colonien keine ge-
ringe Verbeſſerungen in dem Wieſen- und Fut-
terbau.
Und obgleich in verſchiedenen Gegenden das
Verhaͤltniß des Wieſen- und Ackerbaues nicht
gleich genug iſt, ſo iſt es doch nach Verhaͤlt-
niß der Viehzucht nicht ſo ſehr vernachlaͤßiget.
Die in der Folge in Sachſen vorzuͤglich zuneh-
mende Handlung und der dadurch entſtehende
wichtige Geldverkehr und Gewinn belebte die
Induſtrie auch hierinne, daß man die Wei-
den nach dem Zwecke, den man bey der Vieh-
zucht ſuchte, verbeſſerte, und die Anlagen der
Natur dazu mehr benutzte. Die gluͤcklichen Au-
en in dem Thuͤringiſchen belohnten mit fetten
Heerden, da hingegen andere bergigte und mit
vielen ſalzigen Graͤſern und Pflanzen gruͤnende
Ge-
[173] Gegenden die Wolle verfeinerten. Es gehoͤ-
ren hieher in Sachſen die um Stolpen und Ho-
henſtein, wovon uns die neuere Geſchichte noch
mehr uͤberzeugen wird.
Die Ermunterungen, die von Zeit zu Zeit
in Sachſen d) wegen Anbauung wuͤſter Orte
ergiengen, ſchloſſen auch den Wieſenbau nicht
aus. Man beſorgte ſonderlich die Wieſen bey
Cammerguͤthern, und es ergieng deshalb 1625
eine Generalverordnung, daß Laaß und andere
Churfuͤrſtl. Wieſen zum Heumachen fuͤr die
Hofſtatt angewendet werden ſollten; und es wer-
den darinnen verſchiedene Fehler erinnert. Man
ſorgte in Sachſen fuͤr die beſte Einbringung
und Trocknung des Heues, durch ein Mandat
von 1732, wegen des Heues und Grummets,
welches die Unterthanen und Froͤhner auf den
Ritterguͤtern hauswirthlich mit ſogenannten
Bock- und Windhaufen ſetzen und duͤrre ma-
chen ſollen.
Doch der Patriotiſmus darf nicht andere
deutſche Provinzen vergeſſen, die auch an die-
ſes Nahrungsgeſchaͤft, oft blos durch gluͤckliche
Zufaͤlle veranlaſſet worden. Im 17ten Jahr-
hunderte betrieb man im Wuͤrtembergiſchen den
Wieſenbau ſehr, und rottete viele Holzungen
zu dieſem Endzwecke aus, daher Herzog Johann
Friederich ſich genoͤthiget ſahe, in einer Forſt-
ordnung vom J. 1614 die Neugereuten zu Wie-
ſen und Waidgaͤngen zu unterſagen. In dem
Hol-
[174] Holſteiniſchen wendete man die Kappelwirth-
ſchaft zu Befoͤrderung des Wieſenbaues an,
welche zu dieſem Ende ſeit langen Zeiten daſelbſt
getrieben wurde. In dem Brandenburgiſchen
arbeiteten ſonderlich ſeit Friedrich Wilhelms des
großen Churfuͤrſten Zeiten verſchiedene Fuͤrſten
an der Gruͤndung der Cultur ihrer Laͤnder, ob-
ſchon bald mit mehr bald mit weniger Ruͤckſicht
auf dieſes Geſchaͤft; ſie zogen ſonderlich die
bedraͤngten auswandernden Proteſtanten aus ei-
nigen katholiſchen Laͤndern an ſich, und wieſen
ihnen unbebauete Gegenden zugleich mit einiger
Unterſtuͤtzung an. Hierdurch gewann der Wie-
ſenbau nicht wenig, weil dergleichen Laͤndereyen
meiſt zuerſt nur zu dergleichen Ertrag brauch-
bar ſind; viele ſandige Gegenden wurden ſo zu
Wieſen und Weiden. In der Pfalz fuͤhrten
die Mennoniſten und Waldenſer den kuͤnſtli-
chen Wieſen- und Futterbau, ſo wie uͤberhaupt
haͤufig die engliſche Wirthſchaft ein; und da-
her kommt es unſtreitig, nach den Bemerkungen
verſchiedener reiſenden Oekonomen in Deutſch-
land, daß in den meiſten noͤrdlichen Gegenden
der Wieſenbau nicht ſo gut iſt als in dem Rei-
che, und daß man das meiſte Heu, welches
man in dem Brandenburgiſchen zum Futterein-
ſammelt und ſelbſt fuͤr das Beſte haͤlt, in
Schwaben blos zum Unterſtreuen brauchen
wuͤrde.
Im
[175]
Im achtzehnten Jahrhunderr.
Allgemeiner aber wurde der Wieſenbau, und
mit mehrerer Aufmerkſamkeit in unſern Zeiten
betrieben. Man arbeitete ernſtlicher ſo wohl
an Verbeſſerung der natuͤrlichen, als auch ſon-
derlich in Ermangelung derſelben, oder der Ge-
legenheit dazu, am kuͤnſtlichen, und dem Baue
der Futterkraͤuter. Die Policey und Societaͤ-
ten ermunterten darzu durch Preiſe. So ge-
ſchahe es von der Leipziger Oekonomiſchen Ge-
ſellſchaft e) in Anſehung des tuͤrkiſchen und
ſpaniſchen Klees, der Luzerne, der Eſparzette,
und man ließ oͤffentlichen Unterricht und An-
weiſungen ausgehen fuͤr den Landmann, um ihn
in dem Baue dieſer Kraͤuter und Graͤſer zu un-
terweiſen; ſo wie ſie uͤberhaupt durch die Preis-
aufgaben wegen des Wieſenbaues im Ganzen,
welche Hr. Hofr. Schreber beantwortete, nicht
wenig zu beſſerer Cultur der Wieſen Anlaß gab.
Auch ſetzte man in den ſaͤchſiſchen Landen auf
die Tragbarmachung verſandeter, verſchlemter
oder ſumpfiger Wieſen verſchiedene Preiſe, wie
das Leipz. Intell. Bl. von 1764. S. 280 und
81 beweiſet. Eben dieſe Societaͤtſchlug 1764.
Verſuche mit allen in ſaͤchſiſchen Landen wild-
wachſenden Gewaͤchſen vor, von welcher Art
von Vieh ſelbige gefreſſen, und wie fern ſie ih-
nen zutraͤglich ſeyen, oder nicht. Sie bemuͤhete
ſich dadurch den großen Linneiſchen Verſuch fuͤr
Sach-
[176] Sachſen nutzbar zu machen, da der Ritter mit
2314 Schwediſchen Gewaͤchſen Verſuche dieſer
Art angeſtellet, welche er in ſeiner Schrift
Pan Svecus bekannt gemacht. Da ſich aber in
Sachſen viele finden, die in Schweden nicht
fortkommen wuͤrden, und viele, die man ſchon
unterſucht, doch noch eine genauere Aufmerk-
ſamkeit verdienen, ſo war dieſer Vorſchlag um
deſto gemeinnuͤtziger fuͤr den ſaͤchſiſchen Wieſen-
bau. In Sachſen ſind zum Behuf des Wie-
ſenbaues und Aufſicht uͤber die Weiden vier
Landzahlmeiſter beſtellet, welche das Land durch-
reiſen, und neben dem, daß ſie viſitiren, ob
kein angeſtecktes Schaaf geweidet wird, beſon-
ders Acht geben, daß eine Weide nicht uͤber die
beſtimmte Anzahl Schaafe habe. Man hat
vorzuͤglich auch den Kleebau ſtaͤrker betrieben,
und ſeitdem hat ſich auch die Viehzucht ſtark ver-
mehrt; ſo hat z. B. das Amt M. ein Drittheil
Rindvieh mehr, ſeit dem es dieſe Cultur ſtaͤr-
ker treibt, nach den Bemerkungen eines ſaͤchſi-
ſchen Landwirthes im Leipz. Intell. von 1778.
Auch in Anſehung der wiſſenſchaftlichern und
regelmaͤßigern Betreibung des Wieſenbaues hat
Sachſen vorzuͤgliche Verdienſte; indem D.
Schreber durch ſeine Anweiſung, den Flug-
ſand ſtehend zu machen, Hr. von Griesheim
und von Wichmannshauſen unter den Gelehrten
die naͤhere Veranlaſſung gab, den Wieſenbau
mehr zu ſtudiren und die Botanik fuͤr denſelbi-
gen zu benutzen. Er zeigte hiedurch den Weg,
Wuͤ-
[177] Wuͤſteneyen gruͤnen zu heißen, und da Gras
wachſen zu laſſen, wo die Natur ſich durch
Duͤrre und Unfruchtbarkeit entehrt ſahe. Er
wies dazu die Quecke, ſonderlich die zerhackten
und ausgeſtreuten Wurzeln derſelben an, in-
gleichen den Sandhafer (Elymus arenarius),
das Dactylon arundinaceum, die Hauhechel
ohne Stacheln, welche aber nach zwey bis drey
Jahren, vermuthlich wegen der Duͤrftigkeit, in
die mit Stacheln ausartet, die in Aegypten in
duͤrrem Sande um die Pyramiden einzig ſich er-
haltende Hauhechel, welche auch vor dem Vieh
ſicher iſt; auch emfahl er die Geniſta Hyperici
fol. zu Anbauung eines dergleichen ſandigen
Bodens, zumal da es fuͤr Schaafe ein nicht un-
angenehmes Futter, und weit zutraͤglicher iſt,
als die in dergleichen Orten gewoͤhnliche Hei-
de. f) Man ſtellte auch ſelbſt bey Dresden
mit den Gegenden an der Priesnitz, welche ſehr
ſandig ſind, Verſuche an, und hat ſeit 15 Jah-
ren dieſelben mit Seekorn und Seehafer beſaͤer,
wodurch der Flugſand ziemlich gedaͤmpft wor-
den. Eben ſo vielen Dank iſt der deutſche
Wieſenbau dem Hrn. Hofr. Schreber zu Er-
langen ſchuldig, der durch feine Preisſchrift
uͤber den Wieſenbau, durch ſeine Anwendung
der Botanik auf dieſes Nahrungsgeſchaͤfte, und
durch ſeine Grasbeſchreibungen vieles zu gruͤnd-
lichern
M
[178] lichern und ausgebreitetern Einſichten in dieſem
Stuͤcke beytrug. Mit dieſen wuͤrdigen Bey-
ſpielen wetteiferte in andern Gegenden Deutſch-
lands Hr. Bernhard in ſeiner vollſtaͤndigen Ab-
handlung von dem Wieſenbaue. Der verdienſt-
volle Hr. Hofrath Gleditſch zu Berlin arbeitet
noch immer unermuͤdet, dieſen Gegenſtand zu
eben der Vollkommenheit zu erheben, zu wel-
cher er den Holzbau in der Theorie brachte.
Schon ſeine vermiſchten oͤkonomiſch ‒ phyſikal.
Abhandlungen klaͤren hierinne vieles auf.
Hr Succov unterwarf in ſeiner oͤkonomiſchen
Botanik den Wieſenbau dem Syſtem der Pflan-
zenkunde, und Hr. Knecht beſchaͤftigte ſich in
ſeiner Abhandlung uͤber die zuverlaͤßige Vermeh-
rung der Futterkraͤuter mit dem kuͤnſtlichn Wie-
ſenbaue. g)
In dem Brandenburgiſchen erſtreckte ſich die
oͤkonomiſche Polizey auch auf die Verbeſſerung
des Wieſenbaues. Sie ſuchte ſich durch die
daſelbſt eingefuͤhrten tabellariſchen Berichte von
dem Landwirthſchaftszuſtande des Landes zu er-
kundigen. Auch hier ergieng Unterricht und
Aufmunterung in dem Baue der Futterkraͤuter.
Schleſien, von dem wegen ſeiner Schafzucht
und Wollmanufakturen die Weiden eine vor-
zuͤgliche Sorgfalt fordern, wurde von der wei-
ſen Regierung hierinnen nachdruͤcklich unterſtuͤtzt.
Seit
[179] Seit 1733 fieng ſich ſonderlich unter der Auf-
ſicht des Hrn. Gleditſch und Habermas die ge-
meinnuͤtzige Anſtalt zu Daͤmpfung des Flugſan-
des an, wodurch der Wieſenbau viel gewonnen,
und die Gegend um Berlin aus einer ſonſt ſehr
ſandigen zu Gaͤrten wurde. In vielen andern Pro-
vinzen dieſes Staats wurde theils der Wieſen-
bau verbeſſert, theils vermehrt durch viele Be-
urbarungen, theils auch der Mangel deſſelben
durch den kuͤnſtlichen Futterbau, vorzuͤglich des
Klees, erſetzt. Es finden ſich hierzu haͤufige Be-
weiſe in den Berliner Beytraͤgen zur Landwirth-
ſchaft, in dem Pommeriſchen und Neumaͤrki-
ſchen Wirth, im 16 und 17 Stuͤck, welches
von dem Mangel des Wieſewachſes und Heu-
futters in den meiſten Pommeriſchen und Neu-
maͤrkiſchen Gegenden handelt, und wie ſolcher
durch einen vernuͤnftig eingerichteten Kleebau ge-
hoben werden koͤnne, und zum Theil ſchon ſey. Vie-
le Wirthe daſelbſt verbeſſerten ihre Wieſen durch
Graͤben, wodurch Waͤſſerungen nach Schwei-
zer Art geſchehen konnten. Der Hr. Graf v.
Podewils erhielt dadurch von ſeinen Wieſen zu
Wuſterwitz ſtatt 250 Fuder 600. Der Koͤnig
ſetzte einen Fond zu Landesverbeſſerungen aus,
woran der Pommeriſche Adel Theil nimmt, und
wodurch viel Wieſen gewonnen werden. (S.
den Pomm. und Neum. Wirth, 421 S.) Er-
waͤhnter Hr. Graf von Podewils trocknete einen
Moraſt von 3 bis 400 Morgen aus, welcher
zwiſchen der Wuſtewitzer Heide und dem jan-
M 2newitzi-
[180] newiziſchen Berge lag, und verwandelte ſelbi-
gen in Wieſen. Er nahm hierzu Antheil an
den von dem Koͤnige zu dieſem Behufe vorge-
ſchoſſenen Geldern, und der Pommer. und Neu-
maͤrkiſche Wirth, S. 430. 431. 468 — 470.
giebt die ausfuͤhrlichern Nachrichten hiervon.
Er fuͤhrte uͤberdieß noch haͤufiger den Kleebau
ein, und befolgte dabey die engliſche Art, in-
dem er in das zu fruchtbaren Feldern umgeſchaf-
fene Heideland mit der letzten Saat zugleich
Klee ausſaͤet, um ihn im folgenden Jahre in
der Brache zu nutzen. Er laͤßt den Klee vor
der Bluͤthe ſchneiden, welcher alsdenn wieder
nach und nach waͤchſt, und beſſern und haͤufi-
gern Saamen giebt, als wenn man den Klee
ohne Verzug in die Bluͤthe ſteigen und nur ein-
mal ſchneiden laͤßt. Es iſt dieſes ein Vortheil,
den vorzuͤglich die engliſche Wirthſchaft beob-
achtet.
In den Brandenburg-Onolsbachiſchen Ver-
ordnungen wegen des Wieſenbaues ſuchte man
die Fruͤhlingswieſenhut abzuſtellen, da ſie dem
guten Graswuchſe ſo ſchaͤdlich iſt, auch, wenn
nicht gehoͤrige Behutſamkeit angewendet wird,
dem Viehe ſehr nachtheilig werden kann. Das
Vieh zertritt die jungen Graͤſer, frißt die her-
vorſproſſenden Keime ab, und vernichtet auf die-
ſe Art die Fortpflanzung und Beſtockung guter
Graͤſer; oft warnet bey dem jungen Gruͤn noch
kein Geruch das luͤſterne Vieh, und ſo ha-
ben oft ganze Heerden ihren Tod blos dadurch
ge-
[181] gefunden, daß ſie zu fruͤh auf die Wieſe getrie-
ben wurden, wo von uͤberfluͤßiger Naͤſſe ſchaͤd-
liche Gewaͤchſe erzeugt worden, die dem Viehe
durch den Geruch noch nicht kenntlich waren.
Man verwandelte eben daſelbſt die Brach- und
Herbſtwieſen in Grummetwieſen, und vertheilte
die Hutungen und Gemeinheiten. h)
In den oͤſterreichiſchen Erblanden, wo die
gegenwaͤrtige Regierung ſo viel zur Gruͤndung
der innern Groͤße und Staͤrke des Staats thut,
und die Fehler, welche Ferdinand der 2te und
3te und Leopold machten, zu verguͤten ſich
bemuͤhet, ſorget man auch fuͤr den Wieſenbau.
Es ergiengen Ermunterungen und Unterricht ſo
wohl in oͤffentlichen ausgetheilten Schriften, als
auch durch Beyſpiele und Ausuͤbung, indem
man durch einige Flandriſche Colonien verſchie-
dene Gegenden anbaute und vorzuͤglich die Wie-
ſencultur befoͤrderte. So ließ die Kaiſerinn
Koͤniginn durch verſchiedene Colonien aus den
Gegenden zwiſchen Oſtende und Bruͤſſel in Maͤh-
ren den Kleebau ausbreiten, welche auch uͤber-
haupt den Futterbau gemeinte machen ſollten,
und den Spark fuͤr das Rindvieh zum Winter-
futter mitbrachten. Man machte die faſt un-
nuͤtzen Viehweiden haͤufig fruchtbar; und ſo
waren im J. 1770 in der Grafſchaft Tyrol
M 3ſchon
[182] ſchon auf 800 Jucharten, die man vorher we-
nig oder nicht benutzen konnte, in fruchtbare
Wieſen und Aecker verwandelt. Die Nieder-
oͤſterreichiſche Geſellſchaft des Ackerbaues ſuchte
noch in dem J. 1779 die Urſache und Hinder-
niſſe auf, warum in Niederoͤſterreich auf den Wie-
ſewachs nicht ſorgfaͤltiger geſehen, die natuͤrli-
chen Wieſen nicht beſſer gepfleget, die kuͤnſtli-
chen nicht mehr angelegt, und ſonſt auf den Fut-
terbau nach Verſchiedenheit des in der Wirth-
ſchaft noͤthigen Viehes nicht mehr Fleiß ver-
wandt werde, und belohnte den Hrn. v. Endt-
nersfeld, den Verfaſſer der Beantwortung die-
ſer Frage. Und die K. K. ließ durch beſagte
Geſellſchaft noch 30 kleine Preiſe, jeden zu 2
Ducaten, an diejenigen gemeinen Landwirthe
austheilen, welche von nun an uͤber ein Jahr
nach Maaße der ihnen von den vertheilten Ge-
meinden zugefallenen Grundſtuͤcken die meiſten
Kunſtwieſen mit oͤſterreichiſchen Klee angebauet
und ſich hieruͤber rechtfertigen konnten.
In dem pfaͤlziſchen Landen betrieb man den
Bau der Wieſen in den neuern Zeiten mit dem
groͤßten Eifer. — Die Landesoͤkonomie-Com-
mißion zu Zweybruͤcken wurde angewieſen, auch
fuͤr ihn vorzuͤglich zu ſorgen, und ihre Bemuͤ-
hungen um denſelben fiengen ſich ſonderlich um
das Jahr 1761 an. Man hob daſelbſt die
Gemeinheiten, die ein großes Hinderniß fuͤr ihn
waren, auf. Man ſuchte die Wieſen auf alle
Art zu beſſern, neue anzulegen und ſonderlich
kuͤnſt-
[183] kuͤnſtliche einzufuͤhren, und den Bau der Futter-
kraͤuter, welche bisher noch wenig bekannt wa-
ren, zu vermehren und auszubreiten. Man
ſtellte daher Verſuche mit kuͤnſtlichen Weiden
nach Art der Englaͤnder an, und ſuchte die Hin-
derniſſe, die ihnen im Wege ſtanden, zu heben.
So war den kuͤnſtlichen Wieſen und Futterſtuͤ-
cken insbeſondere die Gewohnheit nachtheilig,
daß, ſobald die Weide im Fruͤhjahre aufgehet,
alles auf dergleichen Feldern abgeweidet wurde.
Man unterſagte daher den Hirten bey Strafe,
dergleichen Stuͤcke nicht zu beruͤhren, gebot, die-
ſe Aecker zu bezeichnen, und ſchuͤtzte dieſe Zeichen
durch Geldſtrafen, welche auf das Verletzen oder
Wegnehmen derſelben geſetzt wurden. Man
machte deshalb Waſſerordnungen, worinne das
Waſſer und die dazu angelegten Waſſerleitun-
gen zur Waͤſſerung der Wieſen unter die Eigen-
thuͤmer vertheilet iſt, geringere Baͤche verdaͤm-
mete man und gab ihnen einen andern Lauf.
Wenn es bey groͤßern nicht angieng, ſuchte man
das Waſſer durch Schoͤpfraͤder auf die Wieſen
zu bringen, und machte die Verſuche auf herr-
ſchaftlichen Wieſen und Koſten. Man verſuch-
te, in wie weit die Mergelarten nach dem Bey-
ſpiele der Englaͤnder auf Wieſen nuͤtzlich ge-
braucht wuͤrden; denn dieſe hatten erſt neuerlich
die Mergelduͤngung bey den Wieſen angewen-
det. Eben ſo machte man Verſuche, in wie
fern der Pflug mit drey Sechen, eine Erfin-
dung des Hrn. Chateauvieux, zur Erneuerung
M 4und
[184] und Verbeſſerung alter magerer Wieſen nuͤtz-
lich und brauchbar ſey.
Man unterrichtete den Landmann durch Duͤn-
gung, oder auch durch Kalk, nachdem es die
Beſchaffenheit des Bodens erfordert, den Wie-
ſenertrag zu vermehren oder zu verbeſſern. Man
machte wegen der Anlegung neuer Wieſen und
des dadurch vermehrten Futterbaues allgemeine
Verordnungen, daß, wer von den Gemeinden
uͤber dieſe Anſtalten hielte, demſelben die zu Wie-
ſen tauglichen Plaͤtze, die manche aus Bosheit
zu Frieſen gemacht, zuerkannt werden ſollten.
Es iſt ferner einem jeden erlaubt, ſeinen Acker in
Wieſen zu verwandeln, der Misbrauch mit Ab-
weidung des Ohmats abgeſtellet, und jeder Ei-
genthuͤmer kann es nun nach eigenem Gefallen
einaͤrndten. Von den Allmanten-Guͤtern wird
das Heu eingebracht und unter die Gemeinden
vertheilet. Man durchgrub Suͤmpfe und Mo-
raͤſte, um ſie auszutrocknen; und weil einige Wei-
her des Fuͤrſten dieſes hinderten, ſo opferte ſie
dieſer guͤtige Regent dem gemeinen Beſten auf,
und ließ auch außerdem viele große Weiher in
Wieſen verwandeln, wenn ein anſehnlicher Vor-
theil dabey war. Wo der Grund etwas ſan-
dig und mager war, erhielt man eine Anzahl
junges Rindvieh den Winter uͤber unter einem
Stall oder Schopfen, verſetzte den Miſt mit
Weiherſchlamm, und breitete ihn gegen das Fruͤh-
jahr auf den erhoͤheten Theilen des Weihers aus,
und beſſerte mittelſt Waſſerleitungen den gan-
zen
[185] zen Weiher. Den Sommer uͤber ward das
Vieh in dem Weiher geweidet und des Nachts
gepfercht, wodurch in kurzer Zeit, wenn derſel-
be gehoͤrig beſamet, der Graswuchs ſchnell und
mit geringen Koſten befoͤrdert worden. Man
hob die fuͤr die Production und den Wieſenbau
ſo nachtheilige Koppelweiden, wie auch das lan-
ge Weiden der Schaafe im Fruͤhjahre auf; und
endlich wurde durch eine Verordnung vom 21
Maͤrz 1764 alles Betreiben der Wieſen mit
Schaafen gaͤnzlich unterſagt.
Man ſtellte allerhand Verſuche mit den kuͤnſt-
lichen Futterkraͤutern an. Man fand den Lu-
zerneklee als den reichlichſten, und daß er ſich
ziemlich gut zu Heu machen ließ; den Hopfen-
klee als den geſundeſten und zum Heu am taug-
lichſten; den Hollaͤndiſchen zum Sommerfutter
außerordentlich, nur laſſe er ſich nicht wohl duͤr-
ren; das franzoͤſiſche und engliſche Raygras als
ein vortreffliches Winterfutter; den Spergel
oder Sperg gruͤn als ein gutes Milchfutter, wel-
ches aber nicht reichlich gebe, immer friſch ge-
ſaͤet werden muͤſſe und das Land ausſauge. Man
fand die Burgunder Ruͤben bey der Viehzucht
ſehr geil, welche eine Art rothe Ruͤben ſind,
und welche Hr. Reinhard mit den engliſchen
Turnips vermengt, denn die Turnips ſind weiß.
Die Burgunder Ruͤben treiben Blaͤtter, welche
auch mehrmals abgeblattet werden koͤnnen, und
dadurch bis in den ſpaͤteſten Herbſt Futter ge-
ben. An der Moſel, wo die Wieſen nicht ſo
M 5haͤufig
[186] haͤufig ſind, bauet man die Steckruͤben haͤufig
in den Weinbergen: auch dieſe verſuchte man;
das hohe Kraut derſelben, welches oͤfters abge-
blaͤttert werden kann, empfiehlt ſie zu einem beſon-
ders guten Viehfutter. Als eins der fruͤheſten Fut-
terkraͤuter fand man eine Art einer Acetoſa, wel-
che 10 bis 15 Jahr dauert, und wenn noch kein
anderes gruͤnes Futter iſt, ſchon haͤufige Blaͤt-
ter treibt und fuͤr die Milch vortrefflich iſt.
Man machte ferner Verſuche mit dem Stein-
klee, und einer Art ſtachlichen Geniſte aus Frank-
reich.
In den Churpfaͤlziſchen Landen haben die
Mennoniten in dem Baue der natuͤrlichen Wie-
ſen ſowohl als der kuͤnſtlichen und der Futter-
kraͤuter die vortrefflichſten Einrichtungen ge-
macht, welche von der Vorſorge der Regierung
noch mehr unterſtuͤtzt wurden, ſo daß nicht nur
unter ihnen ſelbſt derſelbe vorzuͤglich iſt, ſondern
auch angeſehene Gutsbeſitzer und andere Land-
leute damit bekannt ſind. In dem Oberamte
Lichtenberg fuͤhrte eine Colonie der Waldenſer,
die ſich daſelbſt niederließen, den Kleebau vor-
zuͤglich ein; ſie ſaͤen denſelben unter die Gerſte,
und wenn dieſe reif und abgebracht, ſo beſtreuen
ſie den Klee mit Gyps, welcher davon ſo fett
und ſo reichlich waͤchſt, daß er in einem Som-
mer ſechs-bis ſiebenmal kann abgemaͤhet wer-
den. Einige trocknen ihn fuͤr den Winter, und
viele haben es mit dem Kleebaue ſo weit ge-
bracht,
[187] bracht, daß ſie die Stallfuͤtterung einfuͤhren
konnten.
In den Markgraͤflich Badenſchen Landen,
wo ſich die guͤtige Regierung bemuͤhete, das all-
gemeine Beſte zu befoͤrdern, hob man die Kop-
pelweiden zum Beſten des Wieſenbaues haͤufig
auf. So geſchahe es 1777 in dem Oberamte
Birkenfeld. Es verringerte dieſes den Vieh-
ſtand uͤberhaupt aus Futtermangel nicht, wel-
ches man bey der Aufhebung der Gemeindewei-
den, wenn nicht die Polizey durch weiſe Anſtal-
ten es verhuͤtete, nicht ohne Grund befuͤrchtete.
Um deſto mehr ſind bey dergleichen Veraͤnde-
rungen gewiſſe Anſtalten der Klugheit noͤthig,
welche den zuweilen nachtheiligen Folgen, die
dergleichen ſchnelle Veraͤnderungen alsdenn zu-
faͤllig haben, vorbeugen. Eine der vorzuͤglich-
ſten iſt unſtreitig die ſtaͤrkſten Ermunterungen
zu kuͤnſtlichem Futterbau, welches auch in dieſen
Landen geſchahe. Damit Niemanden etwas
durch Aufhebung der Koppelweiden entzogen
wuͤrde, ſo behaͤlt jede Gemeinde ſo viel, als ſie
vorher Antheil an der Weide gehabt hatte, und
gewann hierdurch noch den Vortheil, daß ſie in
den Stand geſetzt wurde, ihren Antheil zu ver-
beſſern, vortheilhafter zu nutzen, und mehreres
Vieh zu halten.
In dem Heßiſchen, beſonders Darmſtaͤdti-
ſchen Antheil, ließ man es eben ſo wenig an
Erweckung des laͤndlichen Fleißes zu dieſem Ge-
ſchaͤfte fehlen, als in den angefuͤhrten Staaten.
Die
[188] Die neue Heßen-Darmſtaͤdtiſche Landeszeitung
giebt die beſten Nachrichten von dergleichen haͤu-
figen Anſtalten von vertheilten Weiden und ih-
rer Anwendung zum Grasbau. Im J. 1778
wurden von gemeinen Weiden 1801 Morgen
in Wieſen verwandelt, und im J. 177 wur-
den 2289⅜ Futteraͤcker gewonnen; 953⅜ Acker
wurden allein durch Anbauung von Wuͤſteneyen,
Waldungen und Weiden urbar gemacht, und
aus den Brachen 1336 Morgen fuͤr den Fut-
terbau. Der Futterbau gewann alſo in den
beyden Jahren außerordentlich, da die natuͤrli-
chen Wieſen um 1916⅞ Morgen, die kuͤnſtli-
chen um 34⅞ Morgen, und die Wieſen alſo uͤber-
haupt um 1951¾ Morgen vermehrt worden. i)
Es ergiengen Ermunterungen zur Stallfuͤtterung,
darinnen insbeſondere der natuͤrliche und kuͤnſt-
liche Wieſenbau, der Bau der Futterkraͤuter,
als des Deutſchen Klees, der Luzerne und
der Esparzette, anempfohlen wurde. Man ſi-
cherte den Kleebau durch die Verſchonung von
allen Schaaf- und Viehtriften, und verbot die
Verletzung von dergleichen Feldern bey ſchwe-
rer Strafe; man befreyete dieſelben von der
Abgabe des Zehntens, und derjenige, der eine
gebirgige Gegend, wuͤſte oder oͤde Stuͤcke Lan-
des mit Eſparzette oder andern Futterkraͤutern
anbauet, genießt die gaͤnzliche Zehntenfreyheit,
und wird noch außerdem belohnet. Man brach-
te
[189] te das Verfahren die Englaͤnder die Wieſen mit
Gyps und Mergel zu duͤngen, auch hier in Aus-
uͤbung.
Im Muͤnſteriſchen machte der weiſe Fuͤrſt
von Fuͤrſtenberg die Beſſerung und den Anbau
wuͤſter Stellen zu Wieſen zu einem ſeiner Haupt-
geſchaͤfte.
In verſchiedenen Landen, wo wegen der ſtar-
ken Viehzucht der Wieſenbau unentbehrlich iſt,
haben theils die Beduͤrfniſſe dieſes Nahrungs-
geſchaͤfts, vorzuͤglich aber der Mangel an Men-
ſchen, welche nicht in verhaͤltnismaͤßiger An-
zahl gegen die Laͤndereyen ſind, um ſie zu be-
bauen, eine Art von Wieſenbau erfunden, wel-
che zwar in dieſen Laͤndern, ſo lange die Be-
voͤlkerung nicht verſtaͤrkt iſt, einigermaßen noth-
wendig wird, aber als Regel nirgends anzura-
then iſt. Vielen Antheil daran hat auch das
Vorurtheil von der Ruhe der Felder. Es fin-
det ſich dieſelbe ſeit undenklichen Zeiten im Hol-
ſteiniſchen, und iſt neuerlich im Mecklenburgi-
ſchen eingefuͤhrt worden; auch trifft man ſie im
Baireuthiſchen an. Es iſt die ſogenannte Kop-
pelwirthſchaft, vermoͤge welcher die Laͤndereyen
in 9, 11, 13 oder 15 Schlaͤge getheilt wer-
den, und z. B. bey 9 Schlaͤgen 5 Theile zum
Graswuchſe liegen bleiben, und nur 4 Theile
gebauet werden. Ich habe dieſe Wirthſchafts-
art hier in dem Wieſenbau nur angefuͤhrt, in
ſo fern ſie zur Geſchichte gehoͤrt, ohne ſie als
nachahmungswuͤrdig zu empfehlen, und ſie weit-
laͤuftig
[190] laͤuftig zu beurtheilen, da das leztere ſchon im
vorigen Kapitel geſchehen iſt. Nur in Anſe-
hung des Wieſenbaues will ich hier noch erin-
nern, daß die Wieſen dadurch meiſt nicht die
beſten Graͤſer und wenig Futterkraͤuter bringen;
daß oft, wo dieſe blos der Natur uͤberlaſſen
ſind, nichts als Bocksbart (Tragopogon pra-
tenſe) und das ſogenannte Haaſenbrahm oder
Haaſengeil (Spartium ſcoparium Linn.) waͤchſt.
Doch iſt dieſes nicht allgemein wahr, ſondern
gilt haͤufig nur von Geeſtlaͤndern, das iſt ſol-
chen, die auf trockenen, und keiner Ueberſtroͤ-
mung der Nordſee, Elbe und Eider unterwor-
fenen Laͤndern gelegen ſind, da hingegen die
Maſchguͤter ſo fette und gute Weide haben,
daß die Ochſen tief im Klee weiden, und keine
Hollaͤndereyen von Kuͤhen allda ſtatt finden,
weil die Milch vor Fettigkeit verdirbt.
In dem Boͤhmiſchen befoͤrderten ſowohl die
verſchiedenen oͤffentlichen Anſtalten, die zum
Beſten des Landbaues uͤberhaupt gemacht wur-
den, als eingeſchraͤnkte oder ganz aufgehobene
Leibeigenſchaft, die Einſchraͤnkungen der Ge-
meinheiten dieſes Geſchaͤfte; vorzuͤglich aber
auch einzelne große Landwirthe verbreiteten ſon-
derlich den kuͤnſtlichen Wieſenbau. Der ſchon
im vorigen Kapitel geruͤhmte Hr. Graf von
Schwerz zu Liſſa verdient hier bemerkt zu wer-
den. In allen Gegenden ließ er ſeinen Sohn
auf ſeinen Reiſen unter andern auch Nachrich-
ten uͤber die Futterkraͤuter ſammeln.
Er
[191]
Er bauet beſtaͤndig 1500 Strich Feld mit
Futterkraͤutern, (ein Strich enthaͤlt etwa 200
ſech zehnſchuhige Quadratruthen,) ſonderlich Lu-
zerne, und in den abgelegenen bergigen Ge-
genden Eſparzette Vorzuͤglich bauet er auch
das Frauengraͤſel, womit auch H. Daries Ver-
ſuche gemacht, und es fuͤr melkende Kuͤhe vor-
trefflich befunden. Der botaniſche Name iſt
Spargula; es waͤchſt in ſandigem, ſteinigten
Lande und Fruchtfeldern haͤufig als Unkraut.
Man ſaͤet es in die Brache im April von vier-
zehn Tagen zu vierzehn Tagen bis Johannis.
Auch in dem Luͤttichſchen wird es ſtark gebauet,
da man es aber gruͤn abweidet.
Man ſuchte durch Werkzeuge den Bau der
Wieſen zu erleichtern, und durch die Bearbei-
tung damit dieſelben zu beſſern. Es gehoͤrt
hieher der Schellpflug, welcher zu dem Auf-
reiſſen bemoſter und verwilderter Wieſen dient,
und den der Lehrbegriff angiebt, und beſchreibt.
Hr. Aßiſtenzrath Hofmann verbeſſerte den von
Chateauxvieux zu Genf erfundenen Wieſen-
pflug, um ihn bey moſigten Wieſen brauchbar
zu machen, vermittelſt einer angebrachten Wal-
ze, und man hat ſchon im Großen Verſuche
damit gemacht, wie das Leipz. Intell. Bl. vom
J. 1768. S. 3. berichtet.
Man erfand den Wieſenhobel, um dieſelben
zu ebenen, welchen Bernhard in ſeiner Abhand-
lung vom Wieſenbau beſchreibt, S. 353. Ich
uͤbergehe die Erfindungen und Verbeſſerungen,
welche
[192] welche man machte, um die Wieſen zu waͤſ-
ſern, oder die zu naſſen von uͤberfluͤßiger Feuch-
tigkeit zu befreyen, und ſie durch Graͤben ab-
zuziehen, wozu ein beſonderer Grabenpflug er-
funden wurde, womit auch große und merk-
wuͤrdige Verſuche zu Quez im Amte Zoͤrbig
angeſtellet worden. Man pfluͤgte damit in ei-
nem kurzen Novembertage 65 Ruthen zu 7½
Ellen und 2 Zoll Graben, 3 Ellen weit und 2
tief, aus.
Durch die Bemuͤhungen der Gelehrten, durch
haͤufige Verſuche, und vorzuͤglich durch die oͤko-
nomiſch- botaniſchen Beſchreibungen einzelner
Gegenden wurde der Wieſenbau mehr und mehr
befoͤrdert. Man wendete die Mergelduͤngung
nach Art der Englaͤnder darauf an, ſo wie auch
das Pferchen; von dem leztern finden ſich
Nachrichten im Leipz. Intell. Bl. von 1768.
S. 236.
Er erhielt durch dieſe Bemuͤhungen endlich
ordentliche Syſteme. Die meiſten aͤltern Acker-
ſyſteme, das Kretſchmariſche, Reichartiſche
und andere ſahen wenig auf den Wieſenbau.
Daries nahm mehrere Ruͤckſicht darauf, vor-
zuͤglich indem er die Futterkraͤuter mit in ſein
Syſtem zog. Die Meckelnburgiſche und Hol-
ſteiniſche Wirthſchaft verwebte den Wieſenbau
mehr mit ihrem Ackerſyſteme, und die Wieſen
erhalten dadurch, daß ſie zuweilen auch, wenn
die Reihe an ſie koͤmmt, Fruchtaͤcker werden,
Bearbeitung und Duͤngung; am beſten kann
man
[193] man ſich hiervon unterrichten aus Hrn. von Jar-
gov Sendſchreiben vom Grasbau auf Holſteini-
ſchen Fuß in den Oek. Nachr. 144. St. Man
wendete bey dem kuͤnſtlichen Futterbau nach Art
der Englaͤnder, Franzoſen und Schweizer auch
das Tulliſche Syſtem an, ſaͤete in Beete und
Reihen mit großen leeren Zwiſchenraͤumen;
man machte ſogar Verſuche, die Eſperzette
und Luzerne aus den Saamenſtuͤcken zu ver-
pflanzen: aber wie muͤhſam macht dieſe Art
den Futterbau, wie ſehr mehrt es die Arbeit
der Landleute, die der Fruͤhling und Sommer
ſchon genug beſchaͤftiget! Ich habe dieſes da-
her auch nur als Verſuche angefuͤhrt. Ein ei-
genes Syſtem bemuͤhete ſich Hr. Bernhard
einzufuͤhren, worinne er vorzuͤglich auf den
kuͤnſtlichen Wieſenbau und deſſen mehrere Ver-
bindung mit dem Ackerbau ſahe. Er ſaͤet naͤm-
lich die Futterkraͤuter in Reihen; dieſe gehen,
vorzuͤglich die Eſperzette und Luzerne, mit ih-
ren Wurzeln in die Titfe; die leeren Raͤume
beſaͤet er mit Sommergetraide, welches mit
ſeinen Wurzeln die Oberflaͤche benutzet, und ſo
verbindet er Acker- und kuͤnſtlichen Wieſenbau.
Er hat dieſes Syſtem ausfuͤhrlicher beſchrieben
in ſeiner Abhandlung uͤber den Wieſenbau, S.
885 ꝛc. Nach dieſer Art, welche ſich immer
nur blos auf den kuͤnſtlichen einſchraͤnkt, ließen
ſich viele andere bilden; ſo koͤnnte man nach Art
der Alten den Weinbau mit den kuͤnſtlichen
Wieſen verbinden, eben ſo auch die Baumzucht.
Geſchich-
[194]
Geſchichte
der Viehzucht
in Deutſchland
vom ſechzehnten Jahrhunderte bis auf unſere
Zeiten.
Von den aͤlteſten Zeiten her war in Deutſch-
land die Viehzucht ein Hauptgeſchaͤft; ſo wie
man uͤberhaupt bemerkt, daß dieſes Nahrungs-
ſchaͤft bey den Nationen immer eher in Achtung
iſt, als der Getraidebau, weil ſie dem Men-
ſchen die Nahrung und Nutzung leichter und
meiſt ſchon zubereitet giebt, da hingegen der
Ackerbau mehrere Arbeit Werkzeuge und an-
dere Kenntniſſe vorausſetzet, die Fruͤchte zu er-
ziehen und zum Genuß zu bereiten. Außer
andern Beweiſen, die in die aͤltere Ge-
ſchichte gehoͤren, will ich nur den, noch
ſo viel ich weiß, hiezu nicht benutzten Be-
weis anfuͤhren, daß unſere Sprache ſo viel
Worte fuͤr die Rindviehzucht und fuͤr beſondere
Arten dieſer Thiere hat, welches beweißt, daß
die Rindviehzucht ehemals bey den Deutſchen
ein vorzuͤgliches Geſchaͤft geweſen ſeyn muß. a)
Doch
[195] Doch meine Abſicht iſt hier nicht, mich bey
dem Allgemeinen, oder in der alten Geſchich-
te aufzuhalten; ich gehe daher zu den neuern
Zeiten. Die Militaͤr- und Ritterzeit der mitt-
lern Zeiten hatte fuͤr die Pferdezucht gluͤckliche
Vortheile, die noch immer wirkſam waren, da
ſie ſelbſt ſchon ziemlich verſchwunden, und durch
die veraͤnderte Staatsverfaſſung verdrungen
N 2war.
a)
[196] war. Die Liebe zu Stuttereyen und der Reut-
kunſt, die in den ritterlichen Uebungen ein
nothwendiges Erforderniß war, die Vorzuͤge,
Schoͤnheit und Geſchicklichkeit, die die Pferde
im Turnier haben mußten, und die großen
Verdienſte, die ſie zuweilen um den Preis in
dergleichen Spielen hatten, ſo wie auch der
Stolz der Ritter auf ſchoͤne Pferde, waren
die ſtaͤrkſten Triebfedern, [warum] man in
Deutſchland, wo dieſe Uebung ſo lange dauer-
te, und ſo großen und ſtarken Einfluß in die
National-Charaktere gehabt, die Pferdezucht
und beſonders die Geſtuͤte mit ſo großer Sorg-
falt behandelte.
Daher kam vorzuͤglich die große Neigung
des hohen und niedern Adels zu dieſen Geſchaͤf-
ten, obgleich nicht zu laͤugnen iſt, daß ſie mehr
blos zur Befriedigung eines eiteln Stolzes als
aus Sorgfalt fuͤr das gemeine Weſen und zu
Befoͤrderung dieſes Nahrungsgeſchaͤftes betrie-
ben wurden. Italien gab damals die beſten Leu-
te fuͤr die Stutterey, und man verſchrieb ſie von
da aus nach England, Frankreich und andern
Laͤndern. Vorzuͤglich war Turin und Florenz
deshalb beruͤhmt. Man gieng hierauf weiter,
und ließ Leute daſelbſt lernen, und geſchickte
Maͤnner zu dieſem Zwecke reiſen. Aber im-
mer nahm man nur Ruͤckſicht auf die Berei-
terkunſt, und ſorgte dabey nicht hinreichend fuͤr
die Kenntniſſe des Geſtuͤteweſens und die Grund-
ſaͤtze einer guten Vieh- und Pferdezucht uͤber-
haupt.
[197] haupt. Man verſchrieb die Pferde aus frem-
den Landen, behielt die ſchoͤnſten fuͤr die Geſtuͤ-
te, und verkaufte die ſchlechtern; aber fuͤr das
gemeine Beſte ſorgte man dabey nicht, daß man
ſich bemuͤhet haͤtte, die ſchoͤnen Pferde auch auſſer
den Geſtuͤtten wirken zu laſſen, und ihnen ei-
nen Einfluß auf das Land zu geben, um da-
durch die Landesarten zu beſſern. Der Haupt-
zweck war Pracht und Reutkunſt, worinnen
Italien den Ton gab; daher der Italiaͤ-
ner Schriften auch hier die Lehrer waren. Das
Italiaͤniſche Werk des Pierro Antonio Ferra-
ro, welches den Titel Cavallo frenato fuͤhret,
und 1612 erſchien, war die Regel der ganzen
damaligen Reutkunſt, und galt als dieſelbe bis in
die Mitte des 17ten Jahrhunderts, da Bapti-
ſta Galiberti zu Wien 1660 in ſeinem Neuge-
bahnten Tummelplatze ein anderes und beſſeres
Syſtem aufbrachte. Die vorzuͤglichſte Sorg-
falt zeigte ſich damals um das Geſtuͤteweſen in
dem Oeſterreichiſchen Staaten. Es gehoͤren hie-
her die Kayſerlich-Koͤnigl., die Karſtiſchen,
die Boͤhmiſchen, z. B. das beruͤhmte Geſtuͤte
zu Prag, die Inſpruckiſchen, die Halbturner,
Gladruber, die Fuͤrſtlich Lichtenſteiniſchen, Fuͤrſt-
lich Schwarzenbergiſchen, Dietrichſteiniſchen,
welche alle ihre beſondere meiſt vorzuͤglichen Ge-
ſtuͤtteordnungen hatten, und zum Theil noch ha-
ben. Eben ſo finden ſich auch in der Mark vorzuͤg-
lich in dem Havellande und dem Sternbergiſchen
Kreiſe, wo hinreichende Weiden fuͤr die Pfer-
N 3de
[198] de noch itzt ſind, in dieſen Zeiten ſchon Spu-
ren von einer nicht unbetraͤchtlichen Pferdezucht.
Auch in andern Deutſchen Landen geben die
Jagd- und Forſtordnungen uns oft die deutlich-
ſten Spuren, daß man die Pferde- und Vieh-
zucht uͤberhaupt als ein anſehnliches Nahrungs-
geſchaͤft betrieben, weil man haͤufig darinne
Verordnungen wegen derſelben mit machte.
Aber alles dieſes war nicht hinreichend fuͤr die-
ſen Theil der Viehzucht, und eben ſo wenig fuͤr
das ganze Nahrungsgeſchaͤft, um daſſelbe zu
einem hohen Grade der Vollkommenheit im
ganzen Lande zu bringen, und den einzelnen
Provinzen National- und Provinzial-Raçen zu
geben. Man ſahe in Anſehung der Pferde
meiſt nur darauf, daß man die Schoͤnheiten
allein beſaß, ohne ſie gemeinnuͤtzig, auch ſelbſt
ohne Nachtheil der Beſitzer zu machen; man
ſahe zu viel blos auf ſeltene und rare Farben,
oder Zeichnungen. Eben dieſes geſchah in dem
Bayeriſchen, Saͤchſiſchen, Brandenburgiſchen,
Wuͤrtembergiſchen und faſt an allen deutſchen
Hoͤfen.
Man hielt haͤufig in dem Oeſterreichiſchen be-
ſondere Geſtuͤtmeiſter, die von den Bereutern
unterſchieden waren. Dieſes dauerte bis in die
neuern Zeiten, und iſt an einigen Orten noch.
Bey dieſen Einrichtungen wurde immer die
Sache nicht gemeinnuͤtzig; und nur wenige Pro-
vinzen Deutſchlands koͤnnen ſich einer guten
Landpferdezucht in den damaligen Zeiten ruͤh-
men.
[199] men. Holſtein hatte ſehr anſehnliche und viele
Geſtuͤte; Boͤhmen gab ihm hierinnen nichts nach.
Eben ſo ſchraͤnkte ſich die uͤbrige Viehzucht
meiſt nur auf einige Provinzen vorzuͤglich ein.
Hoiſtein dankt vielleicht noch den alten Zeiten
der Sachſen hierinnen ſeinen Flor. Die Vieh-
zucht, ſonderlich Pferde- und Rindviehzucht
bluͤhete im 16ten Jahrhunderte daſelbſt. Die
daſelbſt ſo alte Koppel- und Wechſelwirthſchaft
und der Mangel an Bevoͤlkerung beguͤnſtigte in
dieſen Laͤndern um deſto mehr dieſes Geſchaͤft,
wozu noch die fetten Weiden inden Marſchlaͤn-
dern und die haͤufige Nahrung durch die Kop-
peln in den uͤbrigen kam. Nicht wenig befoͤr-
derte ſie auch den Abſatz an die benachbarten
reichen Handlungsſtaͤdte, die durch ihren weit-
laͤuftigen Handel mehr gewannen, als ihnen
Ackerbau und Viehzucht gebracht haͤtte.
Indeß vernachlaͤßigte ſie doch die Schaaf-
zucht, ſo wie es noch heut zu Tage im Holſtei-
niſchen iſt. Im Meckelnburgiſchen hingegen
finden ſich ſchon damals in den Forſt- und Jagd-
ordnungen Spuren von der Ausbreitung der
Schaafzucht. Von der Vernachlaͤßigung der
Schaafzucht im Holſteiniſchen laͤßt ſich kein an-
derer Grund angeben, als weil ſie vielleicht bey
der Pferde- und Rindviehzucht beſſer ihre Rech-
nung fanden, indem vielleicht ihre Weiden zu
fett waren, als daß die Wolle der Schaafe fuͤr
die noch damals in Deutſchland ſo haͤufigen
Wollmanufacturen brauchbar geweſen waͤre.
N 4Deſto
[200] Deſto mehr aber wurde die Schaafzucht in an-
dern Laͤndern, wo die Manufacturen bluͤheten,
getrieben.
In der Mark waren ſchon damals die
Schaͤfereyen anſehnlich, und man ſorgte fuͤr
dieſelben von Seiten der Regierung durch ei-
ne Schaͤferordnung vom J. 1572 b), und be-
muͤhete ſich, die Wollmanufactur des Landes
durch die verbotene Wollausfuhr c), und da-
durch auch die Schaafzucht zu erhoͤhen. Eine
große Hinderniß fuͤr die Viehzucht in den da-
maligen Zeiten war oft eine zu aͤngſtliche Sorg-
falt fuͤr gewiſſe Vergnuͤgen der Hoͤfe und fuͤr die
deswegen zu ſchonenden Orte, ohne daß man
an andere loͤbliche Einrichtungen zu Befoͤrde-
rung des Wieſenbaues, bis auf einige wenige
Laͤnder, dachte. Es gehoͤrt hieher das Jagd-
und Forſtweſen. Man beſorgte das letztere
meiſt wegen der großen Jagdluſt der damali-
gen Zeiten. Daher finden ſich bey dem Fritſch
Verordnungen, da ausdruͤcklich unterſagt wird,
mehrere Schaafe, als bisher gewoͤhnlich gewe-
ſen, zu halten. So findet ſich dergleichen die
Forſtordnung des Fuͤrſtenthums Ober- und
Niederbayern bey dem Fritſch im 35ſten Artikel,
daß die, ſo von Alters her ihre Schaͤfereyen ha-
ben,
[201] ben, mehr Schaafe nicht als zuvor halten ſol-
len, auch nicht weiter treiben; ingleichen Art.
36, daß die Schaͤfereyen, ſo nicht von Alters
her geweſen, abgethan werden ſollen. d) Es
heißt daſelbſt: Es giebt die Erfahrung, daß
alten Herkommens und Gebrauchs zuwider et-
liche Schaͤfereyen eigenes Willens und Ge-
walts aufgerichtet worden, weil aber ſolche
Neuerungen dem Gehoͤlz und der Viehweide in
vielweg hoͤchſtſchaͤdlich, auch in unſrer Poli-
cey 3. Art. 14. Tit. 3. Buchs verboten, ſollen
dieſelben hiermit abgeſchafft und ferner nicht
geduldet werden.
Und weil die Jagd den Geiſtlichen nicht er-
laubt war nach den geiſtlichen Rechten, ſo iſt
dieſes unſtreitig ein Grund, warum die Schaaf-
zucht in dieſem Lande mehr Gluͤck machte, auch
waren vielleicht die duͤrftigern Weiden die erſte
Veranlaſſung dazu. Die Erlaͤuterung hiezu
geben die Hildesheimiſchen Lande, wo die Schaaf-
zucht ſchon im 16ten Jahrhunderte anſehnlich
war, ſo daß bis izt noch die Schaͤfer zuͤnftig
ſind, und man dieſe Zunftmaͤßigkeit als eine
Art Schaͤferſchulen anſehen kann. — Eben ſo
vorzuͤglich war die Schaafzucht in Pommern
N 5und
[202] und in dem Laͤndchen Buvonia im 16ten Jahr-
hunderte. In Pommern waren im 16ten bis
in das 17te Jahrhundert anſehnliche Wollma-
nufacturen und zahlreiche Schaͤfereyen. Das
Laͤndchen Buvonia erwaͤhnt Matthis Qua-
den von Kindelbach als nahe an Thuͤringen ge-
legen. e) Er ruͤhmt ferner die Viehweiden
und Viehzucht im Heßiſchen um Caſſel, daß
ihre meiſte Kaufmannſchaft in Viehhaͤuten und
Wolle beſtanden, und daß in dem Laͤndchen
Bunonia ſich ſonderlich die Wolle verſammelt
habe, von da ſey ſie haͤufig nach Antwerpen und
London geſendet worden. Er beſchwert ſich ſchon
damals, daß die Englaͤnder die deutſche Wolle auf
kauften, und hernach die Tuͤcher davon uns wieder
zufuͤhrten, indem ſie daſſelbe uͤber Antwerpen nach
Hamburg und Frankfurt am Mayn braͤchten.
Pommern, das zur Zeit der Hanſe ſo an-
ſehnliche Manufacturen und Wollhandel hatte,
war auch reich an Schaͤfereyen. Es verbeſſer-
te dieſelben ſchon in aͤltern Zeiten durch Engli-
ſche
[203] ſche Schaafboͤcke, und gab alſo ſchon damals
ein Beyſpiel von dem, was man in neuern Zei-
ken ſo ſorgfaͤltig that. In einem noch vorhan-
denen alten Landwirthſchafts-Inventarium fin-
det man, nach dem Zeugniſſe eines Aufſatzes in
dem Statiſtiſchen Briefwechſel des Hrn. Prof.
Schloͤzers, Engliſche Schaafboͤcke verzeichnet.
So findet ſich auch eine gemeine Bauer- und
Hoͤferordnung vom J. 1582, die auch im fol-
genden Jahrhunderte oͤfters wiederholet worden,
und bezeugt, wie wichtig damals die Landwirth-
ſchaft, vornehmlich Ackerbau und Viehzucht,
fuͤr dieſes Land war.
In dem Braunſchweigiſchen war im 16ten
Jahrhunderte die Schaafzucht in vorzuͤglichem
Flor. Es beſtaͤtiget ſich dieſes vornehmlich
durch die Forſtordnung des Herzogs Heinrich
Julius von Braunſchweig und Luͤneburg, wo
den Schaͤfern haͤufig unterſagt wird, den Waͤl-
dern nicht ſo viel Schaden zuzufuͤgen, und die
darauf geſetzten Strafen, welche meiſt in Vieh
beſtunden, hoch ſind, welches beweiſt, daß
die Viehzucht ſtark geweſen. So wird in der
Forſtordnung dieſes Landes vom J. 1591 im
72 Artikel bey dem Fritſch S. 172. geſagt:
daß jeder Schaͤfer im Holze mit Schaafen be-
funden jedesmal mit 10 Hammeln Bruche ver-
fallen ſey. So wird auch unterſagt, von Oſtern
bis Jacobi Schweine in das Holz zu treiben.
So werden im 23ſten Artikel Hirten und Schaͤ-
fer erwaͤhnt, und im 33ſten Artikel geſagt: daß
die
[204] die Unterthanen Aecker und Wieſen zu rotten
pflegten, und ihre Aecker und Wieſen beſſern,
welches beweiſt, daß man zum Behuf der
Viehzucht auch den Wieſenbau ſich angelegen
ſeyn laſſen.
Dennoch blieb es meiſt in den Haͤnden der
Niedern, wozu die Vorurtheile gegen den Acker-
bau und den Stand uͤberhaupt, der ſich da-
mit beſchaͤftigte, viel beytrug. Bey der Vieh-
zucht aber und Schaafzucht beſonders war je-
nes noch hinderlicher, das die Schaͤfer druͤckte,
da man ſie fuͤr anruͤchtig, ja faſt fuͤr unehrlich
hielt. In vielen Landen fehlte auch in dieſen
Zeiten das gute Verhaͤltniß zwiſchen Ackerbau,
Wieſenbau und Viehzucht. In Sachſen be-
muͤhete ſich der große Churfuͤrſt Auguſt dieſes
herzuſtellen, und ſowohl den Acker- und Wie-
ſenbau als auch die Viehzucht in ein gerechtes
Verhaͤltniß zu ſetzen, um dadurch der Vieh-
zucht genugſames Futter und dem Acker wieder-
um hinreichende Nahrung zu geben. So ließ
er, wie in der Geſchichte des Wieſenbaues be-
merkt worden, im Amte Weiſenſee das Waſ-
ſer eines Teiches abſtechen, und Wieſen fuͤr
das Vieh der Buͤrgerſchaft anlegen. Er un-
terſagte die Verbrennung des Geſtroͤhdes, ſo
wie auch deſſen Verkauf in verſchiedenen Pacht-
contracten. So fuͤhrt Hr. D. Schreber in ſei-
ner Abhandlung von Cammerguͤtern S. 161.
an, wie er den Pachtern unterſagt: daß ſie kein
Ge-
[205] Geſtroͤde noch Fuͤtterung verwenden, verkau-
fen noch verbrennen, ſondern das erwachſene
verfuͤttern, einſtreuen, Miſt daraus machen. ꝛc.
Die eben ſo wuͤrdige Gemahlin dieſes wuͤrdigen
Fuͤrſten, die unter den ſo ruͤhmlichen Nahmen
der Mutter Anna bekannt iſt, ſorgte ſelbſt fuͤr
die Viehzucht auf ihrer Oekonomie unweit
Dresden. So erzaͤhlt die Geſchichte, daß ſie
auf ihrem Vorwerke zu Oſtra bey Dresden alle
Wochen einmal Butter und Kaͤſe gemacht, und
die Sahne ſelbſt abnehmen laſſen. Aber eben
dieſe Fuͤrſtinn, die wir hier bey den laͤndlichen
Arbeiten treffen, finden wir auch in dem gehei-
men Rathe: denn es iſt bekannt, daß ſie groſ-
ſen Antheil an der Regierung nahm, und be-
ſchaͤftigte ſich ſonderlich bey den ſogenannten
cryptocalviniſtiſchen Streitigkeiten. Die Saͤch-
ſiſchen Fuͤrſten ſorgten in den damaligen Zei-
ten auch zuvoͤrderſt fuͤr die Pferdezucht. Auguſt
legte die Stuterey zu Torgau an, welche unter
den folgenden Regenten gluͤcklich fortdauerte.
In dem Thuͤringiſchen bluͤheten ſonderlich die
andern Theile der Viehzucht, vornehmlich die
Schaaf- und Rindviehzucht, obgleich auch die
Pferdezucht nicht vernachlaͤßiget wurde. Der
daſelbſt bluͤhende Ackerbau und die Landesart er-
forderte ſtarke Pferde; daher finden ſich, wie
ich oben in der Geſchichte des Ackerbaues be-
merkt habe, Doͤrfer im Thuͤringiſchen in den
damaligen Zeiten, welche zu 50 und 60 Pfer-
den hielten, wie die Stellen aus Horns Saͤch-
ſiſcher
[206] ſiſcher Handbibliothek, die ich in der Geſchichte
des Ackerbaues angefuͤhrt habe, zeigen. Die
Rindviehzucht war ſchon damals wie noch bis
jetzt ein Hauptgeſchaͤft des Voigtlandes.
Indeſſen findet ſich doch nicht, daß man in die-
ſem Jahrhunderte große Fortſchritte in der Vieh-
zucht gemacht haͤtte; die beſtaͤndigen innerlichen
Unruhen hinderten auch dieſes Geſchaͤft. Es
ſcheint auch nicht, daß die Schriftſteller des
Alterthums, welche doch lehrreich haͤtten wer-
den koͤnnen, hierinnen vielen Vortheil verſchaf-
fet. Sie haͤtten in Verbeſſerung der Racen,
in der mehreren Sorgfalt, und in dem Futter-
bau und Fuͤtterung uͤberhaupt unterrichten koͤn-
nen. Allein ſo ſcheinen ſie weiter keinen Vortheil
gehabt zu haben, als den, daß man ſich im 16ten
Jahrhunderte unter den Gelehrten mehr mit
der Heilungskunde der Thiere beſchaͤftigte, als
bis dahin vielleicht geſchehen war. Und es
vermehrt den Ruhm der Deutſchen, der im
16ten Jahrhunderte ohnehin ſchon groß war,
daß ſie verſchiedene Schriftſteller und ſogar Ge-
lehrte vom erſten Range hierinne aufzuweiſen
haben. Camerarius hielt es ſeiner Aufmerk-
ſamkeit werth, und ſchrieb daruͤber; ſollten es
auch groͤßtentheils nur Sammlungen aus den Al-
ten ſeyn f); ſein Anſehen konnte doch wenig-
ſtens der Sache Nachdruck gaben. Eines der
aͤlteſten
[207] aͤlteſten deutſchen Originalwerke iſt wahrſcheinlich
das, Werk des Michael Herr, Liber de natura
et cura animalium, welches 1572 erſchien; in-
gleichen dasjenige, das zu Frankfurt am Mayn
1584 gedruckt iſt und folgenden Titel fuͤhrt: Von
der Geſtutterey d. i. Eine gruͤndliche Beſchrei-
bung, wie und wo man ein Geſtuͤtt von guten
edlen Kriegsroſſen aufrichten, unterhalten, und
wie man die Jungen von einem Jahr zu dem
andern erziehen ſoll, bis ſie einem Bereuter
zum Abrichten zu untergeben, und ſo ſie abge-
richt, in langwieriger Geſundheit zu erhalten,
durch den Wohlgebornen Herrn Marxen Fug-
geren, Herrn von Kirchberg und Weiſſen-
horn; desgleichen noch nie im Druck ausge-
gangen, Frankfurt am Mayn 1584 in Fol.
mit Holzſchnitten. g) Schon 1583 erſchien
eine Neubewaͤhrte Roßarzeney zu Strasburg,
und der Titel laͤßt muthmaßen, daß man ſchon
vor dieſem dergleichen Schriften in Deutſchland
gehabt. Man uͤberſetzte auch die Werke der
Auslaͤnder, die ſich in dieſem Theile der Vieh-
zucht hervorgethan. Zechendoͤrfer, ein Arzt
zu Eger, uͤberſetzte das Werk, welches Johann
Ruellius auf koͤniglichen Befehl zu Paris
1530 aus alten griechiſchen Schriftſtellern zu-
ſammengetragen. h) Da alſo dieſer Ruelli-
us
[208] us ſchon die Griechen, welche von der Arzeney
der Thiere geſchrieben, benutzt hat, ſo muß
entweder vor ſeinen Zeiten ſchon eine Ausgabe
derſelben erſchienen ſeyn, oder er muß Zutritt
zu Handſchriften, die etwa in der koͤniglichen
Bibliothek geweſen, gehabt haben: denn die
Ausgabe, welche Chrynaͤus beſorgt hat, erſchien
erſt im Jahre 1578 unter dem Titel: Hippia-
tricorum ſive de veterinaria Medicina libri II.
welche auf Befehl Conſtantini Prophyrogeniti
aus den alten griechiſchen Schriftſtellern zu-
ſammen getragen. So findet ſich auch um die
Mitte des ſechzehnten Jahrhunderts Johann
Baptiſta Ferrarius, der von Zucht, Cur und
Anatomie der Pferdeſchrieb. Auch in der Reit-
kunſt haben die Deutſchen in den damaligen
Zeiten den von Loͤhneiſen, der ſich aber meiſt
nach den Italiaͤnern gebildet zu haben ſcheint. i)
Es gehoͤren unter die Schriftſteller, die im
16ten Jahrhunderte uͤber die Viehzucht geſchrie-
ben haben, auch alle diejenigen, welche von
der
h)
[209] der Landwirthſchaft uͤberhaupt handeln, und da-
von ich die vorzuͤglichſten oben in dem erſten Kapi-
tel angezeigt habe. Unter dieſen iſt in Anſehung der
Viehzucht und Thierarzney Colerus ein Haupt-
ſchriftſteller, wie auch uͤberhaupt in der ganzen
Landwirthſchaft der damaligen Zeiten. Er hat
in ſeinem Werke Oeconomia ruralis et dome-
ſtica, ſowohl von der Viehzucht uͤberhaupt ge-
handelt, als auch eine experimentaliſche Haus-
apotheke und Vieharzeneykunſt angehaͤngt.
Im ſiebenzehnten Jahrhundert.
In dem ſiebenzehenten Jahrhunderte waren
die Schickſale der Viehzucht faſt die naͤmlichen.
Die beſtaͤndigen Kriege richteten die groͤßten
Verwuͤſtungen in derſelben an, trieben die Ge-
werbe von einem Lande in das andere, und veran-
laßten dadurch die Regierung auf die Wieder-
herſtellung derſelben zu denken, daher ſich auch
viele Geſetze von dieſen Jahren, die dahin ab-
zielen, finden. Vorzuͤglich gab das Manufa-
cturſyſtem, das zu Ausgange des ſiebenzehenten
Jahrhunderts von Frankreich aus nach Deutſch-
land ſich verbreitete, wie auch die mehrere Sor-
ge fuͤr die Kammern und Kammerguͤter, zu
mehrerer Sorgfalt fuͤr die Viehzucht Anlaß.
Daher finden ſich in vielen deutſchen Landen
Befehle, die den Aufkauf und Ausfuhre der
Wolle betreffen. k)
Man
O
[210]
Man machte Schaͤfer- und Hirtenordnun-
gen; verſchiedene Maſt-Edikte. Sachſen,
Brandenburg und Pommern l) ließen ſich es
in dieſen Zeiten vornaͤmlich angelegen ſeyn, je
mehr ſie auch durch den ungluͤcklichen Krieg ge-
litten. Hierzu kam, daß ſie beyde durch das
Ungluͤck und die Staatsfehler anderer Laͤnder
und Reiche gewannen. So erhielt Sachſen
viel vortheilhaften Anwuchs durch die Staats-
fehler, welche Boheim machte, indem es die
wahre Religion durch Gewiſſenszwang entehrte,
und wodurch das meißniſche Gebirge große Be-
voͤlkerung erhielt, wie auch die Viehzucht ge-
wann. Das Haus Oeſterreich ſuchte damals
das ſo ſehr zum Aufruhr geneigte und ſich ſei-
ner Macht bewußte Boheim zu ſchwaͤchen, und
bis in die neuern Zeiten ſcheint man dieſen
Grundſatz einer falſchen Politik zu befolgen.
Der
k)
[211] Der meiſte Anwuchs, den Sachſen damals er-
hielt, waren Viehzucht und Manufacturen, ob-
gleich auch einige Arten des Fruchtbaues da-
durch ausgebreitet wurden. So erhielt es auch
viel Schafzucht und Manufacturen aus Pom-
mern, wo ſie der Krieg vertrieb. Branden-
burg nahm die Fluͤchtlinge aus Frankreich wil-
lig auf; ſo wie auch andere deutſche Laͤnder, z. B.
Wuͤrtenberg, Pfalz, Baden, von dieſer Raſe-
rey des franzoͤſiſchen Hofs die gluͤcklichſten Vor-
theile zogen. In dem letztern fuͤhrten vorzuͤglich
die Mennoniſten eine beſſere Viehzucht ein, und
trieben die in der Folge ſogenannte engliſche
Wirthſchaft in Anſehung des Landhaues ſchon
wirklich ausuͤbend.
Die Liebhaberey an der Pferdezucht dauerte
auch in dieſem Jahrhunderte noch fort, als eine
Folge der Chevallerie; daher finden wir in
Sachſen in dieſen Zeiten, daß Chriſtian I. den
praͤchtigen Stall zu Dresden erbauete, von dem
der erdichtete Verfaſſer Daniel Eremita in ſei-
nen Reiſen ſagt: man ſollte glauben, es ſey ein
Aufenthalt fuͤr einen Fuͤrſten und nicht fuͤr Pfer-
de. Man hatte in den ſaͤchſiſchen Geſtuͤten da-
mals ſchon Spanier, wie aus dem Winter von
Adlersfluͤgel erhellet. Chriſtian II. legte zu
Merſeburg das Geſtuͤte an, und fuͤhrte ſpaniſche
Beſchaͤler ein. Die Gegend und vornehmlich
die Aue beguͤnſtigte die Anlage dieſer Stutterey;
daß ſie noch itzt eine anſehnllche Zucht von
Pferden hat. Es ward ihr ein Kloſter in
O 2der
[212] der Vorſtadt Altenburg angewieſen, wo die
gehoͤrige Stallung und auch nahe Weide iſt,
[und] wo auch noch itzt eine hurfuͤrſtlicher Stall-
meiſter iſt; auch wegen der Weide die ſo
genannte Werthe mit ihr verbunden. Die
pfaͤlziſchen Geſtuͤtte waren ſehr anſehnlich, und
die holſteiniſchen behaupteten ihre alten Vorzuͤ-
ge noch immer. Man fieng auch in einigen
Laͤndern an, den Grund zu der im folgenden
Jahrhunderte bluͤhenden Pferdezucht zu legen.
Die Schriftſteller gedenken als vorzuͤglicher Ge-
ſtuͤtte in dieſem Jahrhundert der Karſtiſchen,
Boͤhmiſchen zu Dachau und Prag, Inſprucki-
ſchen, der Churmaynziſchen, Bayeriſchen, Saͤch-
ſiſchen, Brandenburgiſchen und Wuͤrtembergi-
ſchen, m) um welches ſich ſonderlich Herzog
Eberhardt verdient machte. Um eben dieſe Zeit
wurden auch in dem Heſſencaſſeliſchen um das
J. 1682 neue Geſtuͤtte zu Sophienburg in Heſ-
ſen von dem Herrn von Meſſenbuch angelegt;
und der Churcoͤllniſchen gedenken die Schrift-
ſteller mit nicht wenigem Ruhme. n) Unter
den Wuͤrtembergiſchen, worinne man ſchon da-
mals ſpaniſche Beſchaͤler hielt, finden ſich da-
mals das auf der Alb zu Marbach um Greffen-
eck, im Kloſter Offenhauſen, Rauhen, St. Jo-
hannis oberhalb Aurach. Im Baireuthiſchen
war das auf dem Fichtelberge; die Heſſendarm-
ſtaͤdti-
[213] ſtaͤdtiſchen auf dem Weſterwald, die Oettingi-
ſchen, die Brandenburg-Onolsbachiſchen im
Kloſter Sulz und zu Onolsbach, und in dem
Fohlenhof zu Colmberg. In dem Pfaͤlziſchen
war bekannt der Marſtall zu Lutzenſtein. o) Man
dachte in dieſem Jahrhunderte in Deutſchland
auch an die Mauleſelzucht. Es iſt bekannt,
daß die Maulthiere oder Mauleſel aus Aſien
nach Afrika kamen, wo man ſie im Koͤnigreich Te-
lenſin auf den Graͤnzen der Wuͤſte Angadi bey
der Stadt Guadiga, auf dem Gebirge Seg-
gennin, in Tedles und Benimeraſen, Meſetetta-
za und Ziz zog; von da aus kamen ſie nach Euro-
pa nach Spanien, Italien und Frankreich, wo
die in Auvergne vorzuͤglich ſind. In Deutſch-
land beſchaͤftigte man ſich, ſonderlich im Wuͤr-
tembergiſchen, damit, wo man ſie ſo vorzuͤglich
zog, als in Spanien und Fraukreich; auch in
dem Fuldaiſchen hat man Maulthierzucht.
In den Braunſchweichiſchen Landen bluͤhete
die Viehzucht in dieſen Zeiten ſehr. In einem
Votum des Braunſchweigwolfenbuͤtteliſchen
Geſandten, welches er auf dem regenſpurgiſchen
Reichstage 1663 den 27ſten October ablegte,
wird geſagt: daß zu den Zeiten Henrici lulii
bey 18000 Pferde in dem Lande Braunſchweig
geweſen, die nicht geringen Vortheil gebracht.
O 3Im
[214]
Im ſiebenzehenten Jahrhunderte erhielt
Deutſchland weit mehrere Schriftſteller, als es
vorher hatte; ſie lieferten theils Originale, theils
Ueberſetzungen fremder Werke. Es gehoͤren
hieher nicht nur alle Schriftſteller uͤber die Land-
wirthſchaft uͤberhaupt, ſondern auch ins beſonde-
re Uffenbach, p) Lieb, Sauters, Mader, Loͤhn-
eiſen,
[215] eiſen, Winter, Hohberg, Pinter. Die meiſten
von dieſen beſchaͤftigen ſich zwar vorzuͤglich mit
der Reitkunſt; allein ſie behandeln dabey doch
immer die Pferdezucht und Roßarzeney. Pin-
ter iſt einer der erſten, der Beſtimmungen und
Regeln fuͤr die Schoͤnheit der Pferde gab, aus
welchem ſie Florinus in ſeinem adlichen Haus-
vater im IV. B. in 4 Cap. nebſt der Zeichnung
entliehe. Da Pinters Werk nicht in allen
Haͤnden iſt, und doch in ihrer Art die Regeln
fuͤr die Schoͤnheit des Pferdes etwas beſonders
und eigenes ſind, auch zugleich von dem dama-
ligen Geſchmacke zeugen, ſo will ich die Stelle
O 4aus
p)
[216] aus dem Pinteriſchen Werke nach der Ausgabe
von 1688. S. 105. hier einruͤcken. Des ganzen
Pferdes Laͤnge, ſagt er daſelbſt, muß ſich mit der
Hoͤhe von den Schenkeln, ſo auf die Erde rei-
chen, bis an den Riß, oder an die Scheidung
des Leibes, mit dem Halſe vergleichen; die
Hoͤhe des ganzen Pferdes aber, von dem oberſten
duͤnnen Halsbug an, bis auf den Boden, um
ein Drittel hoͤher: naͤmlich um ſo viel der Hals
in die Hoͤhe ſteigen ſolle, daß die ganze Hoͤhe
in drey gleichen Theilen beſtehet, davon der
Hals einer, des Leibes Hoͤhe der andere, und
die Laͤnge der Schenkel der dritte iſt. Alſo
wird auch des ganzen Leibes Laͤnge in drey glei-
che Theile unterſchieden: der erſte dritte Theil
hat die Bruſt, vordern Bug und Lanken; der
andere den ganzen Bauch und Ruͤcken; und
der dritte Theil die Groppe mit den Hinterlan-
ken oder Lenden, und obern Anfang derſelben
Schenkel. Des Kopfs Laͤnge iſt der vierte Theil
von des Pferdes voͤlligen Hoͤhe; dieſe voͤllige
Kopfslaͤnge in fuͤnf gleiche Theile abgetheilet,
gehet das erſte Fuͤnftheil unter den Ohren durch.
Das andere Fuͤnftheil gehet durch das Auge.
Das vierte ob dem Maul, wo es aufgeſchnit-
ten. Das fuͤnfte beſchließet unter den Lefzen
die ganze Kopfslaͤnge. Des Kopfs Breite iſt
in der obern Haͤlfte noch ſo breit als unten, eben
ſo viel als der ſiebente Theil von des Pferdes
Kopfs voͤlliger Laͤnge. Des Auges Laͤnge oder
Breite ein achter Theil von des Kopfs Laͤnge.
Des
[217] Des Auges Dicke oder Hoͤhe ein ſechſter Theil
von des Kopfs Breite. Wo der Hals am
ſchmaͤlſten oder duͤnneſten, drey Fuͤnftel von des
Kopfes Laͤnge; wo er am breiteſten, noch ſo
breit als oben. Die Schenkel formiren ſich
aus den Dritteln des Pferdes Leibeslaͤnge, und
zwar wird das vordere wieder in vier Theile
der Laͤnge nach unterſchieden, davon das erſte
Viertel die vorſtehende Bruſt nimmt, wo ſie
am weiteſten herausſtehet. Aus den zweyen
nachfolgenden entſtehet der vordern Schenkel
groͤßte Breite. Das letzte nehmen die Lanken
ein, wie an dem hintern letzten Drittel, das er-
ſte Viertel die Lanken, die zwey nachfolgenden
der dicke Schenkel, und das letzte der hintere
runde Leib. Das Kniegelenke die Haͤlfte ſo
breit, als der oberſte dicke Schenkel. Das
Schienbein oder Roͤhren ein Drittel von der
oberſten Breite. Das Kniegelenke ſoll nicht
im Centro des Schenkels, ſondern ſo viel un-
terwaͤrts geſetzet, als das Schienbein breit, kuͤr-
zer als der obere dicke Schenkel ſeyn. Der Huf,
ſo hoch das Knie breit iſt, alſo deſſelben Laͤnge
in gleicher Maaß. So viel der Ruͤckgrad ein-
gebogen und abſinket, ſoll auch der Bauch von
der Horizontlinie abſinken, und mitten am tief-
ſten ſeyn. Alſo ſoll auch die Groppe uͤber den
Ruͤcken ſteigen, und der Riß in gleicher Hori-
zontlinie ſtehen. Die hintern Schenkel ſollen
ſo weit von den vordern abſtehen, als des Pfer-
des Leib lang iſt. Vom Hals ſoll nichts, ſon-
O 5dern
[218] dern allein der Kopf fuͤr den vordern Leib und
Bruſt hinaus ſtehen. Der Hals ſoll ſeinen Bug
am oberſten und ſchmaͤlſten Orte kurz nehmen,
der uͤbrige aber gleich aufrecht ſtehen. Gleich
unter demſelben ſollen die vordern Schenkel auf
der Erde ſtehen. Alſo ſollen auch Naſe und
Stirn eine gleiche Perpendicularlinie machen.
Im achtzehnten Jahrhundert.
Man hat, vorzuͤglich in den neuern Zeiten,
vielerley Arten von Geſtuͤtten. Das erſte iſt
ein Landgeſtuͤtte, wenn naͤmlich der Landmann
ſeine zum Ackerbau zu brauchenden Stutten
durch Beſchaͤler, welche auf herrſchaftliche oder
Landeskoſten erhalten werden, bedecken laͤßt und
Fuͤllen ziehet. Der Endzweck und die Vorthei-
le ſolcher Geſtuͤtte ſind, daß der Landmann ſeine
Fuͤllen ſelbſt erziehet und nicht noͤthig hat, das
Geld aus dem Lande zu geben, daß er geſunde
und ſchoͤne Pferde ziehet, und daß der Landes-
herr ſeine Reuterey aus dieſem Geſtuͤtte beritten
machen kann. q) Die zweyte Art der Geſtuͤtte
iſt dieſe, daß man auf den Vorwerken anſtatt
anderer Arbeitspferde bey der Wirthſchaft Stut-
ten hielte, welche alſo ihr Futter ſelbſt verdienen.
Man koͤnnte dieſes auch als eine Art von Land-
geſtuͤtten anſehen: allein da ſie auf die Cam-
mervorwerke ſich erſtrecken, koͤnnen ſie beſſer
Cam-
[219] Cammergeſtuͤtte heißen. Hier giebt der Lands-
herr zu dem Geſtuͤtte nichts, als die Weide; die
Stutten verdienen ihr Futter; die Hengſte und
Beſchaͤler haben ihren Unterhalt aus einer be-
ſtimmten Caſſe. Die dritte machen die wilden
Geſtuͤtte aus, welche ſich ſonderlich in Pohlen,
Ungarn, in der Ukraine, Moldau, Walachey,
bey den Tartarn und Kalmucken finden, die
ihre Geſtuͤtte in unbebaueten und wuͤſten Gegen-
den gehen laſſen, wo ſich die Pferde ihre Nah-
rung ſelbſt ſuchen muͤſſen. Die vornehmen pohl-
niſchen Herren halten dergleichen Geſtuͤtte, um
daraus den Abgang von Kutſch- und Reitpfer-
den in ihrem Stalle zu erſetzen: denn ſie muͤſ-
ſen aus Mangel der Poſten immer wohlbeſetzte
Staͤlle von etlichen hundert Stuͤcken haben; al-
lein ſie wenden wenig auf ihre Geſtuͤtte an gu-
ten Beſchaͤlern, weil ſie es fuͤr eine Schande
halten, ein Stuͤck zu verkaufen, ſondern nur
verſchenken.
Die vierte Art von Geſtuͤtten iſt auch wild,
da naͤmlich die Geſtuͤtte im Winter in einen
großen Schoppen getrieben, und den Pferden
des Morgens Stroh, Mittags Heu und Abends
wieder Stroh gereicht wird; dergleichen es
ſonderlich viele in Ungarn giebt. Aus dieſen
beyden letzten Arten von Geſtuͤtten kommen nun
die ſo beruͤhmten wilden Pferde, welche ſo dauer-
haft ſind, daß ſie alles ausſtehen, und ſich mit
ſchlechter Koſt begnuͤgen, und mit welchen man
in einem Tage 18 bis 20 Meilen reiſen kann.
Sie
[220] Sie finden ſich in Pohlen, Ungarn, Rußland,
bey den Tartarn und Koſaken. Dieſe Pferde
beſitzen eine unglaubliche Geſchwindigkeit, und
ſind daher ſchwer zu fangen.
Die vorzuͤglichſten Vorſchlaͤge zu Landesge-
ſtuͤtten thaten die Hrn. Sind, Prizelius und
Zehentner in ihren Schriften Ich will hier
ſonderlich das Syſtem des letztern anfuͤhren, da
es zur Befoͤrderung der guten Pferdezucht eines
Landes nicht wenig beytragen kann. Er ver-
langt, daß jaͤhrlich vor der Beſchaͤlzeit ein Auf-
ſeher herum reiſe, und ſich die Stutten jedes
Amts vorzeigen laſſe; dieſer erkundigt ſich bey
dem Landmanne, welche Stutte er zur Zucht
fuͤr das Jahr beſtimme, verſpricht ihm mit Er-
laubniß ſeines Herrn eine kleine Belohnung, wenn
er das beſte Fuͤllen im Amte, oder ein fuͤr die
Reuterey ſchickliches erhalte; giebt jedem auf
die zu bedeckende Stutte einen Zettel mit Be-
merkung des Haars, Alters und Abzeichen der
Stutte, damit er keine andere bringe. Dieje-
nigen, welche keine Zettel annehmen, duͤrfen
keine Stutte zum Beſchaͤlen bringen, welches
gleichſam eine Strafe iſt.
Um den Landmann an eine gewiſſe Ord-
nung zu binden, die in den Landgeſtuͤtten un-
umgaͤnglich noͤthig iſt, weil man ſonſt nicht weiß,
ob ein Fuͤllen von herrſchaftlicher und alſo guter
Race iſt, ſo haͤlt er es fuͤr rathſam, jedem
Bauer, der ſeine Stutte bedecken laſſen will,
einen Zettel zu geben; und ſo auf mehrere Stut-
ten
[221] ten mehrere Zettel, worauf das Amt, Dorf
und der Name des Bauers nebſt dem Alter,
Haar und Abzeichen der Stutte bemerkt, und
vom Aufſeher des Landesgeſtuͤttes unterſchrieben
iſt.
Waͤhrend daß der Stallmeiſter den Zettel
ſchreibt, regiſtrirt der Beamte eben daſſelbe;
und wenn die Beſchaͤftigung zu Ende iſt, ſo
wird das Protokoll von dem Beamten unter-
ſchrieben, welches der Aufſeher des Landesge-
ſtuͤttes mitnimmt; doch bleibt eine Abſchrift da-
von im Amte. Hieraus erſiehet man nun 1)
die Anzahl der Stutten im Lande, wornach man
die Beſchaͤler reguliren kann; 2) erhaͤlt man
den Vortheil, daß gute Stutten gewaͤhlt wer-
den, und man 3) dem Landmanne den Beſchaͤler
nicht anders als auf dem Zettel bemerkt zufuͤh-
re. Er ſiehet darauf, daß der Landmann ſeine
Stutten nicht unter 4 Jahren anſpanne. Nach
dem Schlage und der Anzahl der in einem Am-
te ſich befindenden Stutten vertheilt der Aufſe-
her die Beſchaͤler, und ſchickt ſie im Anfange
des Maͤrzes auf die Aemter unter der Aufſicht
der Beſchaͤlknechte. Dieſen wird eine ſchrift-
liche Inſtruction mitgegeben, die eine Beſchaͤl-
ordnung und Wartung der Pferde enthaͤlt Er
mißbilliget die Gewohnheit, die Beſchaͤler auch
außer der Beſchaͤlzeit in den Aemtern zu laſſen,
weil die Sache nicht in der Ordnung und Ein-
richtung gehalten werden kann, die Beſchaͤler
nicht ſo gut behandelt werden, die Beamten das
Ge-
[222] Geſtuͤttgeſchaͤft nicht verſtehen, und der Antrieb
zur Fuͤllenzucht bey dem Landmanne nicht ſo hef-
tig waͤre, wenn man ihm jaͤhrlich einerley Be-
ſchaͤler giebt. Die Vorſchrift der Beſchaͤlknech-
te erſtreckt ſich dahin, daß 1) keine Stutte, auf
welche nicht ein Zettel von dem Aufſeher gege-
ben worden, zugelaſſen, 2. daß fuͤr den Be-
ſchaͤler ein Scheffel Hafer von dem Bauer er-
legt, 3) der Tag des Beſchaͤlens auf dem Zet-
tel bemerkt werde, 4) die Stutten mehrmalen
umſpringen zu laſſen und dieſes auf den Zettel
anzuſetzen, 5) den Landmann zu unterrichten,
6) ein genaues Regiſter von dem Beſchaͤler fuͤh-
ren, und 7) alle vierzehn Tage Bericht davon
einſchicken. Nach der Beſchaͤlzeit werden die
Beſchaͤler aus dem Lande verſammelt, und dar-
aus ein allgemeines Beſchaͤlregiſter gemacht, und
mit dem Knechte berechnet wegen des empfan-
genen und verfuͤtterten Hafers. Die Beſchaͤ-
ler kommen gegen Ende des Junius aus dem
Lande zuruͤck, da das erſte die Berechnung mit
den Knechten iſt; nach dieſem wird das Beſchaͤl-
regiſter vom ganzen Lande verfertiget, wovon er
ſelbſt S. 274 eine Tabelle giebt. Aus dieſem
wird ein Extract gemacht, welcher nebſt dem
Berichte hoͤhern Orts eingeſendet wird. In
dem Berichte wird angemerket, ob der Land-
mann die ausgeſetzten Stutten alle richtig herzu
gefuͤhret habe, und ob er, durch das oͤftere Um-
ſpringen der Stutten zur Fuͤllenzucht Luſt blicken
laſſen. Alle Fehler, oder das noch Mangel-
hafte
[223] hafte der Einrichtung, werden bemerklich ge-
macht, und die desfalls zu machende Verbeſſe-
rung vorgeſchlagen.
Die Abſetzer von den Beſchaͤlern werden an-
gezeiget, und zu deren Verkauf und zu An-
ſchaffung anderer die noͤthige Genehmigung ge-
beten. Das Betragen der Knechte wird er-
zaͤhlt, und die nichtstauglichen ab- und neue an-
zuſchaffen in Vorſchlag gebracht. Am Ende
des Julius ſchicken die Beamten Verzeichniſſe
von den im Lande von herrſchaftlichen Beſchaͤ-
lern gefallenen Fuͤllen ein. Hierdurch wird
der Aufſeher des Landgeſtuͤttes die Erheblichkeit
oder Unerheblichkeit der Beſchaͤler, oder ſonſt bey
dem Beſchaͤlen vorgegangene Fehler zu beurthei-
len, in den Stand geſetzet, und kann zur Ab-
ſchaffung der untuͤchtigen Beſchaͤler, oder zu Ab-
aͤnderung der Fehler, Vorſchlaͤge thun. Um
zu wiſſen, ob und wie viel Fuͤllen von dem Be-
ſchaͤlen des vorhergehenden Jahres gefallen ſind,
iſt es noͤthig, daß die Vorſteher eines Dorfes
oder Bauerſchaft richtige Verzeichniſſe aufneh-
men, von was fuͤr Stutten Fuͤllen gefallen,
welches Geſchlechts ſie ſind, und was fuͤr Haar
ſie haben. Dieſe Verzeichniſſe werden an das
Amt, und von da dem Aufſeher des Geſtuͤttes
zugeſandt. Nach dieſem kann er die Fuͤllen in
ſein Beſchaͤlregiſter eintragen; doch rathe ich
ihm, das Haar nicht eher einzuſchreiben, bis er
die Fuͤllen erſt ſelbſt geſehen: denn der Bauer
kennet das Haar nicht, und die Fuͤllen veraͤn-
dern
[224] dern es auch in einem Jahre ſolchergeſtalt, daß
ſie nicht kenntlich bleiben. Aus ſaͤmmtlichem
Verzeichniſſe wird wieder ein Auszug aus dem
ganzen Lande gemacht, woraus die Anzahl der
bedeckten Stutten und der davon gefallenen Fuͤl-
len zu erſehen iſt, und hoͤheres Orts eingeſchi-
cket. Daraus kann der Aufſeher fuͤr ſich Aus-
zuͤge machen, zu erfahren, ob auch ein Beſchaͤ-
ler vor dem andern unerblich ſey; und bemer-
ket er dieſes, ſo erkundiget er ſich nach der Ur-
ſache, ob auch vielleicht Fehler bey dem Zeu-
gungsaktus vorgegangen, oder die Stutten
Schuld daran ſind; iſt aber das nicht, und er
wird uͤberzeuget, daß er ſeinem Amte nicht ge-
hoͤrig vorſtehe, koͤmmt er unter die Zahl der
Abſetzer. Sind, ſeinem Beduͤnken nach, uͤber-
haupt zu wenig Fuͤllen gefallen, ſo muß er mit
allem Fleiße die Urſachen davon unterſuchen,
die er denn bald finden wird, und heilſame Vor-
ſchlaͤge dawider thun, wovon man das naͤchſte
Jahr die beſte Wuͤrkung verſpuͤret. Im
ſpaͤten Herbſt reiſet der Aufſeher mit dem Cur-
ſchmidt wieder auf die Aemter, laͤſſet ſich die ge-
fallenen Fuͤllen vorzeigen, ſie mit einem Bran-
de verſehen, beſorget die Bezahlung der Spring-
thaler, welchen ein jeder Landmann fuͤr ein Fuͤl-
len bezahlen muß, und theilet die verſprochenen
Belohnungen aus. Damit kein Unterſchleif
mit den Fuͤllen vorgenommen, und etwa ein
ſchlechtes von einem Bauerhengſte erzeugtes fuͤr
ein von einem herrſchaftlichen Hengſte gefalle-
nes
[225] nes Fuͤllen ausgegeben werden koͤnne, iſt es noͤ-
thig, daß diejenigen, welche wirklich im Land-
geſtuͤte gefallen ſind, mit einem Brande auf
die Lende verſehen werden.
Man fuͤhrte in Deutſchland auch die wilden
Geſtuͤtte ein. Das beruͤhmte und gluͤckliche Bey-
ſpiel davon iſt das in der Grafſch aft Lippe in einem
Walde bey Detmold, welcher die Sene heißt,
und von welchem das beruͤhmte Senergeſtuͤtte
den Namen hat, p) welches eine Art von wildem
Geſtuͤtte iſt. Es giebt in Deutſchland viele
Waͤlder und Thiergaͤrten, wo man dieſe wilde
Pferdezucht mit der Haltung der Jagdthiere
verbinden, und dadurch die Hoͤlzer und Waldun-
gen vortheilhafter machen koͤnnte. Die Pfer-
de gehen daſelbſt in dem Walde truppweiſe bey-
ſammen; welches daher kommt, weil ſie die
Stuttfohlen den erſten Winter im Stalle fuͤt-
tern, ſo bald aber die Graͤſung koͤmmt, ſo laſ-
ſen ſie ſolche in den Wald, da ſie ſelbſt fuͤr ihre
Nahrung ſorgen muͤſſen. So wie ein jeder Jahr-
gang in den Wald kommt, ſo bleiben ſie auch
von einander abgeſondert, und leiden einander
nicht unter ſich. Die Hengſtfohlen werden al-
le Winter auf dem Stalle gehalten, und des
Sommers gehen ſie auf die Weide. Dieſes
Geſtuͤtte trug ehemals, nach dem Zeugniſſe des
Hrn. Grafen von Detmold, welches Hr. Ze-
hentner
P
[226] hentner S. 117 angiebt, an 20000 Reichs-
gulden und zuweilen Reichsthl. ein; die Rechnun-
gen, welche noch in der Kammer aufbehalten
werden, weiſen dieſes aus. Das Geſtuͤtte war
in ſeinem Flore an 400 Stutten ſtark. Man
hatte zugleich auch ein Landgeſtuͤtte damit ver-
bunden: denn die Bauern durften keine Be-
ſchaͤler halten, ſondern der Graf hielt ſie, und
ließ den Bauern die Stutten belegen. Gefiel
nun das von der Stutte abgeſetzte Fohlen dem
Herrn, ſo nahm er es gegen Erlegung von 10
Thalern, welche der Bauer erhielt, in das Ge-
ſtuͤtte. Das graͤfliche Geſtuͤtte war alſo ſehr
zahlreich, noch ſtaͤrker aber das Landgeſtuͤtte,
und ſein Ruhm zog die Kaͤufer aller Laͤnder da-
hin. Allein es verfiel nach und nach um die
Mitte des itzigen Jahrhunderts ſo, daß es nur
an 130 bis 140 Stutten ſtark blieb, die in al-
lem nur 12 Fohlen hatten; man hielt dabey nur
12 Beſchaͤler. Die Aufſicht uͤber daſſelbe erhielt
ein alter Jaͤger und Kutſcher: der erſte fuͤhrte
das Beſchaͤlregiſter, der andere aber beſorgte
das Belegen. Es hatte den verdienſtvollen
Mann, der es ſo vorzuͤglich angelegt und aufge-
bracht hatte, durch den Tod verloren; den andern,
den Hr. Huſcher, hatte man nach Maynz be-
rufen, und ſo war es in unerfahrne Haͤnde ge-
fallen; und 1747 fand Herr Zehentner kaum
noch einige Spuren ſeiner alten Groͤße.
Naͤchſt dieſem war im Anfange dieſes Jahr-
hunderts auch das Buͤckeburger Geſtuͤtte ſehr
be-
[227] beruͤhmt. Allein es verfiel auch um die Mitte
dieſes Jahrhunderts, bis auf 24 Beſchaͤler,
worunter die meiſten alt und unbrauchbar wur-
den. Es waren nur noch 23 Stuten, von
denen man 6 Fohlen bekam. Auch mit die-
ſem war ein Landgeſtuͤtte verbunden, und eben
um deswillen noch ſo viele Beſchaͤler, da fuͤr
das graͤfliche Geſtuͤtte nach dem Verhaͤltniß der
Stuten weit weniger zureichend waren, gehal-
ten. Die Aufſicht daruͤber hat ein Oberforſt-
meiſter. Beyde ſonſt ſo beruͤhmte Geſtuͤtte fie-
len nicht etwa in den Zeitraum eines Jahrhun-
derts, ſondern binnen 12 bis 15 Jahren, durch
Nachlaͤßigkeit. Man hielt viel Hengſte um-
ſonſt, und verließ die alten guten Beſchaͤlord-
nungen und Einrichtungen vorzuͤglich des erſtern
Geſtuͤttes. Im Jahr 1747 fand Hr. Zehent-
ner noch praͤchtige und ſchoͤne Ueberreſte von dem
ehemaligen durch ganz Europa bekannten
Ruhm deſſelben Im Holſteiniſchen, wo die
Pferdezucht in dem 16ten und 17ten Jahrhun-
derte ſo vorzuͤglich bluͤhete, und ſelbſt noch zu
Anfange des itzigen anſehnlich war, iſt ſie auch
in Abnahme, ſo daß noch kaum 12 anſehnliche
Stuttereyen nach Zehentners Bericht daſelbſt zu
finden ſind. Das Wahrſcheinliche iſt hier die Ur-
ſache, daß die uͤbrigen deutſchen Laͤnder, wel-
chen Holſtein bis in dieſes Jahrhundert alle ih-
re Pferde lieferte, anfiengen, ſelbſt an dieſen
Vortheil zu denken, und eine eigene Landes-
Pferdezucht mit weniger oder mehrerm Gluͤck
P 2an-
[228] anlegten. Sie weiden die Pferde vom halben
May an bis zur Mitte des Octobers, und rech-
nen auf 212 Tage, da ſie im Stalle mit Heu
gefuͤttert werden, 20 Cent. Heu auf ein Stuͤck.
Unter den OeſterreichiſchenGeſtuͤtten zeichnen ſich
die in Krain aus; ſie beſtehen vorzuͤglich aus
Spaniern und Barbarn; Ungarn giebt ihnen
die wilden Fluͤchtlinge.
Sachſen hat 7 Geſtuͤtte, und ſuchte in die-
ſem Jahrhundert vorzuͤglich dieſelben durch Spa-
niſche Beſchaͤler zu verbeſſern. Jedes iſt auf 80
Stutten geſetzt, welche aber hoͤchſtens nur 12
bis 18 Fohlen jaͤhrlich geben. Es erhielt nach
geendigtem ſiebenjaͤhrigen Kriege einen anſehn-
lichen Tranſport Spaniſcher Pferde, welche es
zu Verbeſſerung ſeiner Stuttereyen anwendete,
und von Zeit zu Zeit ſuchte man mehr herbey-
zuziehen. Man fuͤhrte zugleich eine Art von
Landgeſtuͤtte ein, da aus den herrſchaftlichen
Stuttereyen jaͤhrlich Beſchaͤler in die Aemter
geſendet werden, um die Stutten der Bauern
zu belegen. Durch dieſe und aͤhnliche Einrich-
tungen erhielt Sachſen eine ſo gute und vor-
theilhafte Pferdezucht, vornehmlich in den Aue-
gegenden laͤngſt der Elbe, daß man 1777 und
1778 bey den hohen Preiſen der Meckelnbur-
giſchen Pferde 7 bis 8000 Stuͤck fuͤr Cavalle-
rie und Gepaͤcke auszeichnen konnte. Sachſen
hat ſeine Geſtuͤtte zu Torgau, Merſeburg,
Krayſcha, Zelle, Wendelſtein, Doͤhlen, im
Churkreiſe, Veſra im Hennebergiſchen. Im
Tor-
[229] Torgauiſchen Geſtuͤtte fallen die Pferde ſehr dau-
erhaft, und deswegen hat man dieſe Stutterey
wahrſcheinlich beybehalten, da ſie ſonſt nicht
viel eintrug. Nach den neuern Einrichtun-
gen aber, koͤnnen mehrere Pferde mit wenigern
Koſten gezogen werden, da 1748 auf die Vor-
ſtellung eines erfahrnen Landwirths C. N. V.
von E. eine neue Wirthſchaftseinrichtung auf
den koͤnigl. Vorwerkern durch ihn eingefuͤhrt
wurde, die der Meckelnburgiſchen ziemlich gleich
kommt. Seit dem hat man einen jaͤhrlichen
Ueberſchuß von 4000 Thl. gemacht, welches
ſonſt vor Hafer und Stroh, welches 4 bis 8
Meilen weit herbey gefuͤhrt werden mußte, aus-
gegeben wurde. Die Stuterey im Amte Wen-
delſtein, welche bey dem letzten Kriege eingegan-
gen, wurde nun im Frieden wieder hergeſtellt,
und zu ihrem Behuf nur neuerlich die Verord-
nung gemacht, daß auf dem Viehmarkte zu
Querfurt, welcher unter dem Namen der Eſels-
wieſe bekannt iſt, kein Pferd eher darf verkauft
werden, bis ſie vor dem Stallmeiſter der Stu-
terey vorbey gefuͤhrt worden.
Der Hof zu Hannover ſahe den Nutzen der
Verbeſſerung der Geſtuͤte nicht weniger ein, und
gab deshalb auch Beſchaͤler auf die Aemter;
hierdurch iſt man ſchon ſo weit gekommen, daß
der Koͤnig von England nicht allein ſeine ganze
Reiterey und alles, was er an Pferden zum
Kriege fuͤr ſeine Lande braucht erhaͤlt, ſondern
auch noch viel fremdes Geld einziehet. Man
P 3ziehet
[230] ziehet ſchoͤne Pferde daſelbſt, nur ſind ſie oft
zu fein und zu ſchwach; ſonſt haben ſie auch gu-
te Wagenpferde. Unter den Hannoveriſchen
Geſtuͤtten ſind ſonderlich das zu Roſenburg be-
ruͤhmt. Auch ſind in dem Hannoͤveriſchen gu-
te Manlthiergeſtuͤtte.
Der Landgraf von Heſſenkaſſel folgte in der
Mitte dieſes Jahrhunderts dieſem Beyſpiele
nach, und fieng es ſchon als Statthalter mit
großem Eifer an. Er wendete viele Koſten auf
gute Beſchaͤler; dennoch fallen die Pferde meiſt
zu fein, die Marburger ausgenommen, welche
noch ein gutes Fundament haben. Der Mark-
graf von Anſpach fuͤhrte die Landgeſtuͤtte ein,
und verbeſſerte dadurch die Pferdezucht anſehn-
lich, doch tadelt man an ihnen, daß ſie ſelten
gon großem Vermoͤgen ſind. Auch in einigen
geiſtlichen Landen machte man gegen die Mitte des
itzigen Jahrhunderts vorzuͤgliche Anſtalten hier-
zu. In Bamberg machte ſich der Oberbereuter
Steckmeuer verdient, und in Wuͤrzburg zog
die Pferdezucht ſchon in der Mitte dieſes Jahr-
hunderts Geld ins Land. Auch Maynz rief
den Stallmeiſter Huſcher von dem Senergeſtuͤt-
te, um die ſeinigen zu beſſern; eines der vor-
zuͤglichſten iſt Speſſart. Im Fuldaiſchen giebt
die Zucht mehr Wagenpferde als andere gute
Stuͤcke; indeſſen iſt die Maulthierzucht daſelbſt
anſehnlich. Im Rudolſtaͤdtiſchen und Eiſenachi-
ſchen iſt die Pferdezucht nicht weniger anſehn-
lich.
[231] lich. In dem Coburgiſchen iſt das Rodacher
Geſtuͤtte bekannt.
Wuͤrtemberg ließ es ſich vornehmlich angele-
gen ſeyn, und uͤbergab die Aufſicht dem Bar.
von Roͤder, welcher auch dem Land bald anſehn-
liche Einkuͤnfte dadurch verſchaffte. Im Herzog-
thume Wuͤrtemberg werden jetzt zum Landbau,
zu andern Gewerben und zur Nachzucht mehr
als 30000 Pferde unterhalten. Zu Ende des
vorigen Jahrhunderts belief ſich die Anzahl al-
ler Pferde auf 34000 St. nachher aber wuchs
die Volksmenge und die Rindziehzucht, die Zahl
der Pferde aber wurde geringer. Die Anzahl
des Rindviehes im Lande verhaͤlt ſich zur An-
zahl der Pferde ungefaͤhr wie 2 zu 17. Wuͤr-
den die Pferde im Lande ſelbſt nicht gezogen, ſo
wuͤrden wenigſtens nach einer Berechnung
180,000 Gulden auſſer Landes gehen. Von
Georgii 1773 bis dahin 1 [...]74 ſind 222 St.
Pferde auſſer Landes verkauft worden. Der
Preis eines auſſerha [...] Landes verkauften Pfer-
des iſt ungefaͤhr 55 Gulden, der Preis eines
ins Land gekauften 42 Gulden. Alſo verhal-
ten ſich die Preiſe zu einander, wie 4 zu 3.
Der Grund dieſes Unterſchiedes liegt zum Theil
darinnen, daß auf den auslaͤndiſchen Maͤrkten
viele Fohlen ins Land erkauft, und hernach
wenn ſie erwachſen ſind, wieder theurer an Aus-
laͤnder verkauft werden; zum Theil liegt der
Grund auch darinne, daß die inlaͤndiſchen Pferde
mehr geachtet und theurer bezahlt werden. Im
P 4Jah-
[232] Jahre 1773 trug der Pferdehandel dem Her-
zogthume Wuͤrtemberg 42,065 Gulden ein.
Im Naſſauſaarbruͤckiſchen wurden um das J.
1747 auch Geſtuͤtte durch Hrn. Zehentner ange-
legt. Im Paderborniſchen fuͤhrte der Hr. von
Sind die Landgeſtuͤtte ein. Zwar koſtete es
ihm viel Muͤhe, indem die Bauern eine Art
von Leibeigenſchaft darunter befuͤrchteten. Er
brachte es indeſſen durch Vorſtellung dahin,
daß die Bauern ihre Pferde von herrſchaftlichen
Beſchaͤlern bedecken laſſen. s) In dem Ba-
dendurlachiſchen ergiengen Verordnungen we-
gen der Landesgeſtuͤtte, wovon, ſo wie uͤber-
haupt von dem Badendurlachiſchen Oekonomie-
zuſtande Hr. Geh. Reinhard im Intell. Bl.
von 1765 S. 124. einige Nachricht giebt.
Ein
[233] Ein gleiches geſchahe in den Brandenburgiſchen
Landen, wo man, wie auf alle Landwirthſchafts-
geſchaͤfte, ſo auch auf dieſes ein vorzuͤgliches
Augenmerk richtete. Es erſchien 1713 ein E-
dikt wegen Verbeſſerung der Pferdezucht, 1715
eines wegen Aufkauf und Einfuhr der Pferde,
1716 eins wegen des Magdeburgiſchen Pfer-
demarkts. Man benutzte dazu ſonderlich ein
Geſchenk tuͤrkiſcher Hengſte, welche der Hof zu
Berlin vom Sultan erhielt. Ob der Erfolg
gluͤcklich geweſen, davon mangeln die Nach-
richten.
Pfalz und Bayern, welches in den aͤltern
Zeiten ſo vorzuͤgliche Pferdezucht hatte, ſie aber
nach und nach durch allerhand Zufaͤlle, vor-
nehmlich verderbliche Kriege verlor, bemuͤhete
ſich in den neuern Zeiten um die Verbeſſerung
derſelben. Die Graͤfl. Promnitziſchen Geſtuͤt-
te zu Pleſſe in Schleſien, die ſo beruͤhmt wa-
ren, und deren Anlage man auf 100000 Thl.
gerechnet, aber auch Pferde zu 1000 Thl. lie-
ferten, haben einen großen Theil ihres Anſe-
hens verloren.
Dieſes waren die Bemuͤhungen um die Pfer-
dezucht, allein man that auch nicht weniger um
die uͤbrigen Theile des Viehſtandes. Die Re-
gierungen wurden durch die Seuchen, welche bald
zu Anfange dieſes Jahrhunderts auch in Deutſch-
land große Verwuͤſtungen anrichteten, erweckt.
Dieſelben wurden ſonderlich um das Jahr 1711
P 5ſehr
[234] ſehr heftig. t) Schon vorher finden ſich Spuren
davon, daher auch ſchon im 17ten Jahrhunder-
te ſich in dem Brandenburgiſchen verſchiedene
deswegen ergangene Verordnungen finden, wel-
che die Entſtehung, Ausbreitung und Tilgung
der Seuchen, wie auch die Verhuͤtung derſelben
angehen. So wurde in der Policeyordnung
von
[235] von 1688 Cap. 31. §. 8. verordnet, daß mit
keinem kranken Vieh die Aecker und Weiden
betrieben werden, und 1689 daß das verſtor-
bene Vieh dem Abdecker ſolle angezeigt wer-
den; 1711. 1712. 1713. 1714. 1716. 1717.
1729. 1732. 1746. 1750. und einige folgen-
de Jahre erſchien ein Edikt wegen des Vieh-
ſterbens; 1716 eine gruͤndliche Anweiſung, die
Krank-
t)
[236] Krankheit des Viehes zu erkennen und das ge-
ſunde zu praͤſerviern.
Es gehoͤren ferner hieher die Verordnungen,
die den Wollhandel, deren Aufkauf und Aus-
fuhre betreffen, die Verordnung von 1717.
wegen einzuſendender Wollzettel und Tabellen;
wozu 1720 ein Formular ertheilt wurde, wel-
ches auch zur Ueberſicht und Schatzung des
Viehes beytragen konnte. Man war beſorgt,
fuͤr die Weiden und fuͤr die noͤthige Grabung
der Brunnen und Traͤnken bey denſelben in ei-
nem Patent von 1718. Man kann nicht weni-
ger hierher auch das Edikt vom J. 1721 rech-
nen, das die Wollarbeiter von der Werbung
befreyete, weil hierdurch die Wollmanufactu-
ren beguͤnſtiget und durch dieſe die Schaafzucht
befoͤrdert wuͤrde. Da die weiße Wolle fuͤr die
Fabriken vorzuͤglich brauchbar iſt, ſo verordne-
te ein Edikt vom Jahr 1722. die Abſchaffung
der ſchwarzen, braunen, grinſen und grauen
Schaafe und Schaafboͤcke. Der itzige Koͤnig
Friedrich II ſuchte durch ſpaniſche Schaafe die
einheimiſchen zu verbeſſern. Eben ſo giengen die
Bemuͤhungen dahin, das unreine Vieh in dem
Magdeburgiſchen und der Mark zu verdraͤn-
gen; daher im J. 1752 ein Reſcript ergieng,
daß man reine einſchuͤrige Schaafe auf den
Markt bringen ſollte; weil man aber in Anſe-
hung des unreinen Viehes und der Staͤlle nicht
behutſam genug war, ſo gluͤckte dieſer Verſuch
nicht
[237] nicht ſonderlich. Man dachte auf Mittel, das
unreine Vieh zu reinigen, und die Neumaͤrki-
ſche Cammer ſetzte deshalb 1764 einen Preis
von 400 Thl. darauf, wenn Jemand im Stan-
de ſey, eine Schaͤferey von der Raude zu rei-
nigen. Man ſahe die Hirten- und Schaͤferord-
nungen durch, und ſo erſchienen ſie verſchiedene-
mal verbeſſert. Man unterſagte 1725 bey Schaͤ-
fereyen die Bezeichnung mit Theer, wodurch
viele Wolle verdorben wird; es wurde auch ver-
ordnet, daß in den Schaͤfereyen der Churmark
die Laͤmmerwolle beſonders geſaͤckt werden ſollte,
durch ein Patent v. 1734 Und ſo ergiengen
von Zeit zu Zeit von Seiten der Regierung
Verordnungen, welche die Viehzucht zum allge-
meinen Beſten einzurichten ſuchten. In den
Tabellen, welche jaͤhrlich von dem Landesoͤko-
nomiezuſtande eingeſendet werden muͤſſen, un-
terrichtet der Artikel uͤber den Viehſtand die
Regierung von den Maͤngeln deſſelben, wel-
che alsdenn deſto leichter darauf denken kann,
wie denſelben abzuhelfen; beſonders wendete
man viele Sorgfalt auf die Schaafzucht in
Schleſien, wo dieſelbe fuͤr Manufacturen und
Fabriken ſehr wichtig iſt. Die Cammer, welche
ſich ſoviel moͤglich bemuͤhete, die fremden Aus-
gaben einzuſchraͤnken, verließ deßwegen ihre
Grundſaͤtze, und erlaubte die verbotene Einfuh-
re des Pohlniſchen Steinſalzes wieder, da man
es in dem großen Manufactur- oder Lagerhauſe
zu Berlin merkte, wie groß der Einfluß des
Pohl-
[238] Pohlniſchen Steinſalzes und andern Salzes auf
die Wolle ſey. Die Schaafzucht iſt vorzuͤglich
in einigen Gegenden von Schleſien, z. E. im
Oelznitziſchen. Die unermuͤdete Sorgfalt Fried-
richs II dachte darauf vor langen Jahren, eine
Profeſſur der Vieharzeneykunſt zu ſtiften, wel-
ches aber, ich weiß nicht aus was fuͤr Urſache,
unterblieben zu ſeyn ſcheinet. Auch Privat-
perſonen ſuchten durch allerhand Verſuche das
Ihrige zur Verbeſſerung des Viehſtandes des
Landes beyzutragen. Unter andern zeichnete ſich
der beruͤhmte Hr. von Brenkenhof aus.
In Sachſen war man nicht weniger auf-
merkſam auf die Wichtigkeit dieſes Geſchaͤftes.
Man fuͤhrte ſonderlich in Anſehung der Pferde-
zucht, wie ich ſchon oben bemerkt, auf den
Churfuͤrſtlichen Vorwerken 1748 eine der Me-
cklenburgiſchen aͤhnliche Wirthſchaft ein. Man
ſuchte die Sutterey zu Torgau zu vergroͤßern,
und zwey Vorwerke dazu anzuwenden, naͤm-
lich Dratig und Dehlen, bey welcher Gelegen-
heit die Schreberiſche Balance der Nutzungen
eines Vorwerks und einer zumachenden Stutte-
rey erſchien, welche ſich in ſeiner Sammlung
II. S. 374 befindet. Eben ſo hatte Sachſen ein
Maulthiergeſtuͤtte zu Baudewitſch bey Leißnig,
das man aber auf Erbpacht auszudingen ſuchte.
Bey der Rindviehzucht beſchaͤftigte die Regie-
rung vornehmlich die Wuth der Seuche; da-
her finden ſich von Zeit zu Zeit die heilſamſten
Ver-
[239] Verordnungen gegen dieſelbe, u) vom J. 1712,
wo dem Landmanne Verhuͤtungsmittel angege-
ben werden; vom J. 1716. wo zwey Verord-
nungen deswegen ergingen, vom J. 1724.
Vom J. 1732. welches fuͤr das Voigtland, wo
die Rindviehzucht vornehmlich gut iſt, ſorget; v)
vom J. 1745, 1749, 1753, wo ſowohl we-
gen des Schlachtens des Viehes in angeſteckten
Doͤrfern, als in einer Cirkularverordnung, wor-
inne eine vierzehntaͤgige Contumaz an den Graͤn-
zen ſowohl fuͤr das aus- als eingehende Vieh
verordnet wird, weil ſich in Boͤhmen die Vieh-
ſeuche aͤuſſerte. Im Jahr 1759 ergieng eine
Verordnung wider das Abledern des gefallenen
Viehes; nach der Zeit aber hat man in Frank-
reich durch Verſuche gefunden, daß die Haͤute
nicht anſtecken und fortpflanzen, und man alſo
bey dergleichen Seuchen die Haͤute benutzen
koͤnne. Vom J. 1759, wo eine Generalver-
ordnung wegen der mit der Raude inficirten
Schaͤfereyen, und in eben dem Jahre zwey
Verordnungen wider Ablederung des gefalle-
nen
[240] nen Rindviehes befindlich iſt. Vom J. 1764
ein Generalbefehl, die wegen der Raude zu
Vermeidungmehrern Nachtheils bey den Schaͤ-
fereyen auf Churfuͤrſtl. Cammerguͤtern anzu-
wendende Vorſicht betreffend.
Man verlangte Berichte von den Kreis- und
Amtleuten, von dem Erfolge der vorgeſchrie-
benen oder ſonſt angewendeten Mittel bey der
Viehſeuche, und machte die neuerfundenen be-
kannt. Vorzuͤglich lehrreich und ein Beweis
von der Sorgfalt, welche man in Churſachſen
ſowohl fuͤr die Viehzucht uͤberhaupt als insbe-
ſondere fuͤr die Rindviehzucht hatte, iſt die
Verordnung vom J. 1764, welche ſich in dem
Intell. Bl. von beſagtem Jahre S. 369. be-
findet. Es ergiengen dieſelben vornehmlich an
das Kreisamt Wittenberg, wo die Seuche ſon-
derlich wuͤthete, welches nachher folgende Ver-
ordnungen traf. Auf den Haupt- und Neben-
ſtraßen mußten Tag und Nacht erwachſene
Mannsperſonen wachen, und kein Hornvieh,
Haͤute, Leder, Viehhaar in Staͤdten und Doͤr-
fer ein- und auspaßiren laſſen, wofern aus
gerichtlichen Zeugniſſen nicht dargethan wird,
daß an den Orten, wo ſie herkommen, bin-
nen Monatsfriſt kein Stuͤck mit der Krankheit
befallen oder umgefallen, uͤberdieß noch auf der
Graͤnze oder an dem erſten Ort, wo es hinge-
trieben worden, 8 Tage lang geſtanden; die
Zeugniſſe mußten von Ort zu Ort unterſchrie-
ben ſeyn. Auſſerdem ſind ſie zuruͤckzuweiſen.
an-
[241]
Angeſteckte Doͤrfer ſollen von auſſen mit ei-
nem Zeichen von Strohwiſch bezeichnet ſeyn,
zur Warnung fuͤr Fremde. Es ſolle woͤchent-
lich durch Hirten oder andere verſtaͤndige Per-
ſonen wenigſtens einmal durchgaͤngige Viſita-
tion gehalten, und die Wirthe ermahnet wer-
den, daß ſie die Staͤlle rein halten, vor rau-
her und neblichter Luft wohl verwahren, mit
Wachholderholz und Beeren, Saadebaum u. d.
g. alle Tage fleißig raͤuchern, die Raufen,
Krippen, Troͤge, Eimer, Kannen mit ſchar-
fer Lauge und Sand oͤfters auswaſchen, dem
Vieh rein und trocken Futter und reines Waſ-
ſer reichen, nicht von dem auf kranken Vieh-
ſtaͤllen befindlichen Futter geſundes Vieh fuͤt-
tern, bey neblichter Witterung, und wenn ſchaͤd-
liche Honig- und Mehlthaue gefallen, auf die
Gemeindehutungen nicht treiben, und kein Hirte
darf bey empfindlicher Leibesſtrafe ſich an ei-
nen verdaͤchtigen Ort begeben, noch daſelbſt
Curen unternehmen. Bey Aeußerung bedenk-
licher Umſtaͤnde ſollen dieſelben auf das ſchleu-
nigſte angezeigt, die Krankheit ſoll durch Auf-
hauung des gefallenen Viehes unterſucht wer-
den; ſo ſollen auch in jeder Gemeinde bey der
mindeſten Aeuſſerung 2 verſtaͤndige Maͤnner aus
der Gemeinde erwaͤhlt werden, davon der eine
die Aufſicht uͤber das geſunde, der andere uͤber
das kranke Vieh habe. Der erſtere muß die
geſunden Staͤlle fleißig beſuchen, auf alle An-
zeigen, vornehmlich ob das Vieh gierig ſaufe,
Qdas
[242] das verdaͤchtige Vieh ſogleich abſonderen laſſen.
Der andere muß bey Hinausfuͤhrung des umge-
fallenen Viehes zugegen ſeyn, und Aufſicht
fuͤhren, daß nichts davon verſchleppt werde.
Die Brunnen und Troͤge muͤſſen fuͤr dem kran-
ken und verdaͤchtigen Vieh verwahrt, das er-
krankende ſofort abgeſondert, die Staͤlle rein
gehalten und ausgeraͤuchert, kein fremdes Vieh
in die ordentliche Stallung eingenommen, alles
was ſie zubringen koͤnnte, als fremde Perſo-
nen, Hunde, Katzen, abgehalten werden, der
Miſt aus erkrankten Staͤllen vor Sonnenauf-
gang oder nach deren Untergang nebſt der
Streue durch Pferde auf einer Schleife fort-
geſchafft und untergeackert werden auf ſolchen
Feldern, wo kein geſundes Vieh hinkommt.
Das gefallene ſoll ſogleich mit der Haut 4 bis
5 Ellen tief vergraben und ungeloͤſchter Kalk
oder Aſche darauf geſtreuet, der Viehhandel
eines inficirten Orts, ſo wie auch der Handel
mit allem, was von dergleichen Vieh kommt,
unterſagt, kein Vieh ohne geſchworne Fleiſcher
geſchlachtet, noch durchgetrieben, das geſunde
Vieh an unverdaͤchtigen Orten unter freyem
Himmel verkauft, das erkrankte nicht auf die
gruͤnen Weiden gefuͤhrt werden. Man ſchrieb
die Punkte vor, auf welche bey den Anzeigen,
die wegen einer ſich aͤuſſernden Seuche zu ma-
chen, geſehen werden muͤßte.
1. Auf was vor Huthung das Vieh vor An-
wandlung der Seuche getrieben worden?
2. Wie
[243]
2. Wie es dabey in Staͤllen gefuͤttert und
gewartet worden?
3. In welchen Monat und bey was vor
Witterung es erkranket?
4. Was es vom Anfang bis ans Ende vor
Zufaͤlle gehabt?
5. Was man vor Mittel gebraucht und wie
es gepflegt worden?
6. Was man nach dem Tode in Magen,
Daͤrmern und andern Theilen wahrgenommen?
7. Wie lange das Vieh zugebracht, ehe es
geſtorben, oder geſund geworden?
8. Wenn und bey was vor Witterung die
Seuche nachgelaſſen?
Man ſuchte die durch Seuchen und Kriege
verheerten Gegenden wieder mit Vieh zu beſe-
tzen, und beſorgte deswegen Rindviehlieferun-
gen aus dem Bambergiſchen in die Grafſchaft
Barby. x) Einen ſehr gluͤcklichen Einfluß in
die Saͤchſiſche Viehzucht hatten der nach Endi-
gung des preußiſchen Kriegs erhaltene Tranſ-
port Spaniſcher Pferde und Schaafe. Man
nutzte dieſe mit der groͤßten Sorgfalt, ſchickte
Leute mit hinaus, die ſich von allem unterrich-
ten mußten. Eben ſo große Sorgfalt mußten
ſie bey dem Hereinbringen anwenden, daß ſie
auf keine unreinen Orte trafen. Man waͤhlte
die beſten Gegenden des Landes zu ihrer Zucht.
Vornehmlich wurden ihnen die Gegenden bey
Stolpen angewieſen, und eben ſo behandelte
Q 2man
[244] man die Landesſchaͤferey zu Hohenſtein. Man
behielt die Spaniſche Behandlung auch darin-
ne bey, daß man die Schaafe vor der Woll-
ſchur nicht ſchwemmete. y) Und da bekannt
iſt, wie ſehr das Salzlecken die Wolle verbeſſe-
re, ſo verſchrieb die Cammer Pohlniſches Stein-
ſalz nach Sachſen, theils zu ihren eigenen Schaͤ-
fereyen, theils um es den Unterthanen abzulaſ-
ſen. Die Erfahrung hatte es ſonderlich in dem
preußiſchen Schleſien gelehrt, wie Steinſalz zu
Verfeinerung der Wolle ungleichmehr beytrage,
als anderes. Nach Anordnung der ſpaniſchen
Schaͤfer, haben daher 800 Schaafe zu Stol-
pen den Winter uͤber vom 1 Januar bis zum
letzten April in 2 Wochen 30 Pfund klar ge-
ſtoſſenes pohlniſches Steinſalz, im Sommer
aber vom 1. May bis z[um] letzten December
woͤchentlich eben ſo viel verzehrt. Statt einem
Centner Steinſalz rechnet man 2 Scheffel Koch-
ſalz. Man verordnete in Sachſen vier herr-
ſchatfliche beſtellte Landzahlmeiſter, welche das
Land durchreiſſen und neben dem, daß ſie Beſichti-
gungen anſtellten, ob kein angeſtecktes Schaaf ge-
weidet wird, beſonders Acht haben, daß eine Wei-
de nicht uͤber die beſtimmte Anzahl Schaafe habe.
Da die Grundſaͤtze, die man in Stolpen bey
der ſponiſchen Schaafzucht befolgt, uͤberhaupt fuͤr
die Einfuͤhrung einer fremden Schaafzucht wich-
tig ſind, ſo will ich ſie hier kurz anfuͤhren. Bey
einer dreymaligen Fuͤtterung Morgens, Mit-
tags
[245] tags und Abends, erhalten die Schaafe Heu,
Erbſen oder andern Stroh, alle 10, 12, 14
Tage, ſo lang ſie eingeſtellt ſind, Salz ohne
Zuſatz an Kraͤutern. Im Sommer hingegen
bey trockner Witterung woͤchentlich zwey bis
dreymal. Im Stalle muß beſtaͤndig fciſche
Luft ſeyn; man treibt die Schaafe ſo lang es
die Witterung zulaͤßt, und der Erdboden im
Winter nicht mit Schnee bedeckt iſt, des Tags
3 bis 4 Stunden aus, im Fruͤhjahr laͤnger;
ſelbſt die jungen Laͤmmer von 8 Tagen. Man
rauft den Schaafen nicht die Wolle um das Ey-
ter aus. Man laͤßt die erſte Milch durch die
Laͤmmer ausſaugen, wodurch ſie zwar einen
Durchfall erhalten, der aber zu ihrer Reini-
gung dient. Zwar verbieten es die aͤltern und
neuern Lehrer der Schaafzucht faſt alle, die
Spanier ausgenommen, die neugebohrnen Laͤm-
mer die erſte Milch nach der Geburt z) ſaugen zu
laſſen. Allein die Natur ſcheint ſie ihnen ſelbſt zu
ihrer [Reinigung] vorgeſchrieben zu haben a), und
daher iſt unſtreitig dieſer Grundſaz der ſpani-
ſchen Schaͤfer richtig und mit Recht auch in Sach-
ſen bey dieſer Schaͤferey beybehalten worden.
Bey anhaltenden Regen, Nebel, Thau,
wird im Sommer nicht ausgetrieben. Man
ſchwemmt die Schaafe vor der Wollſchur nicht.
So machte man auch im J. 1766 einen Ver-
ſuch mit Laͤmmern, die man nicht ſchor, um
Q 3zu
[246] zu ſehen, ob dadurch nicht die Wolle verbeſſert
wuͤrde, und man fand, daß die ungeſchornen
den geſchornen den Vorzug abgewannen.
Man ſahe in Sachſen zuerſt mit der Noth-
wendigkeit eines naͤhern Unterrichts und einer
naͤhern Kenntniß von der Natur, Wartung
und Pflegung dieſer Thiere ein, daß dieſer ſich
auf richtige Grundſaͤtze und Erfahrungen zu-
gleich gruͤnden muͤſſe, nicht aber auf ſolche, die
oft Kinder der Vorurtheile und des Aberglau-
bens oder falſcher Beobachtungen ſind. Da-
her wurde auf der Landſchaͤferey zu Hohenſtein
eine Schaͤferſchule errichtet, wo allezeit 6
Schaͤferpurſche lernen, und nach einem oder
zwey Jahren von andern abgeloͤßt werden.
Von dieſen, wie von der Stolpiſchen und an-
dern Spaniſchen Schaͤfereyen auf den Chur-
fuͤrſtlichen Cammerguͤthern aus verbreitete, ſich
ſowohl die Spaniſche Schaafzucht, als auch ei-
ne gute Landſchaafzucht auf die Schaͤfereyen,
vieler Privatperſonen. Viele Gutsbeſitzer be-
muͤheten ſich, ihre Schaͤfereyen durch ſpaniſche
Schaafe zu verbeſſern, und von Zeit zu Zeit
wurden mehrere dergleichen in den Saͤchſiſchen
Landen eingefuͤhrt. So machte man auch mit
der Mecklenburgiſchen Schaafzucht einige Ver-
ſuche, welche nicht mislungen. Und weil es
fuͤr die Abſchaffung der Brache ein großes Hin-
dernis iſt, daß ſie um der Schaafweide Wil-
len nicht gehoͤrig genutzt werden koͤnnen, ſo ha-
ben einige Gemeinden die Haͤlfte der Brachen
an
[247] an Paͤchter zu Weiden uͤberlaſſen. Seit dem
der Kleebau ſtaͤrker betrieben wird, halten man-
che Aemter ein Drittheil mehr Rindvieh, und
Duͤngen damit ihre Felder ſicherer und dauer-
hafter, als durch den Hordenſchlag.
Man ſorgte in Sachſen in den neuern Zeiten
auch vor die Vieharzeneykunſt. Frankreich
hatte zuerſt die Vieharzeneyſchule zu Lion und
nachher zu Limoge ohnweit Paris, unter der
Aufſicht des Bourgelat errichtet. Der Hof zu
Dresden ſchickte Hrn. Webern dahin, um da-
ſelbſt ſich zu unterrichten, welcher auch dieſem
Aufenthalt zum Beſten ſeines Vaterlandes und
zu ſeinem eigenen Ruhme nuͤtzte. Er machte
bald den heilſamſten Gebrauch von ſeinen Kennt-
niſſen fuͤr Sachſen, und eroͤffnete eine Viehar-
zeneyſchule zu Dresden. Seine Vorſorge ging
vorzuͤglich auch auf die Pferde, da die Fuͤſſe
derſelben oft unter den Haͤnden unwiſſender
Schmidte leiden. Er zeigte in einer beſondern
Schrift die Fehler, die bey den Beſchlagen ge-
macht, und dadurch oft die beſten Pferde ver-
dorben wuͤrden. Auf Befehl des Hofes wurde
vorordnet, daß jeder Kreis einen Mann zum Un-
terricht zu ihm ſchicken mußte, und ſeine Schrift
wurde in die Kreiſe und Staͤdte verſendet, um
es den Schmidten vorzulegen und ſie dadurch
zu unterweiſen. Nur iſt es zu beklagen, daß
dieſer wuͤrdige Mann wegen ſo vieler ihm ent-
gegenſtehender Vorurtheile nicht ſo nuͤtzlich wer-
den konnte. Die Oeſtreichiſche Regierung folg-
Q 4te
[248] te dieſem Beyſpiele, und errichtete 1778. ein
Inſtitut fuͤr die Vieharzney. Man hatte ſchon
zum Unterricht der Militaͤr-Schmidte in der
Wiſſenſchaft des Hufſchlages, der thieriſchen
Chirurgie und Pferdeoperationen einen Lehrer
in der Perſon des Hrn. Wollſteins ernannt.
Dieſen beſtellte man 1778 zum oͤffentlichen
Lehrer der Viehkrankheiten und der Arzeney der
Pferde, Horn- und Wollviehes. Es wurde
ihm auferlegt, jedem, der ihn anhoͤren wolle,
dieſen Unterricht in der Kenntniß der Vieh-
krankheiten und Vieharzeney zu geben. Man
wieß ihm hierzu ein Thierſpital und einen Lehr-
ort in dem vormahligen Jeſuitergarten an, wo
er jedem unentgeldlich Unterricht zu ertheilen
verbunden iſt. Er ſchrieb ſeine Abhandlung
uͤber die Verletzungen, die den Pferden durch
Waffen zugefuͤgt werden, und uͤberreichte es
der K. K. Majeſtaͤt, welche 400 Stuͤck unter
die Fahnenſchmidte der Armee austheilen ließ.
Ich gehe zu den uͤbrigen deutſchen Landen.
Im Hollſteiniſchen iſt, wie ich ſchon bemerkt
habe, die Viehzucht ſchon alt. Indeſſen nimmt
die Pferdezucht immer mehr ab, jemehr die
uͤbrigen Lande darauf denken, eine eigene in ih-
rem Lande zu errichten. Die Rindviehzucht
gruͤndet ſich vorzuͤglich auf die Koppelwirth-
ſchaft, ſonderlich nach der Einrichtung derſel-
ben in 14 Schlaͤge, welche auf der Verbindung
des Gras- und Ackerbaues in dem Verhaͤltniß
be-
[249] beruhet, daß die Haͤlfte der Revenuͤen aus dem
Viehſtande, die andere Haͤlfte aus dem Acker-
baue kommt. Da die Holſteiniſche Viehzucht
ein beſonder Syſtem in dieſem Nahrungsge-
ſchaͤft ausmacht, ſo will ich die Hauptgrundſaͤ-
tze derſelben hier einruͤcken, weil es in eine
pragmatiſche Geſchichte der Oekonomie ge-
hoͤrt. Sie laſſen die neugebornen Kaͤlber nicht
an der Mutter, dennoch bekommt das Kalb
die erſte Milch. Erſt nach dem fuͤnften mal
Melken wird die Milch fuͤr Menſchen, und der
Rahm zum Buttern genommen. Das Kalb
wird in einem andern Stalle, und alſo getrennt
von der Mutter angebunden, bekommt 3 Wo-
chen reine ſuͤſſe Milch, nachher die Butter-
oder Kernmilch, ohne einigen Gemang von
Waſſer, Mehl oder Brod. In den Hollaͤn-
dereyen bekommt es gar kein Mehl. In den
letztern bekommt es taͤglich 2 mal Milch, Mor-
gens und Nachmittags um 4 Uhr. Dieſes
dauert 3 Wochen, nach dieſem bekommt es
Butter- oder Kernmilch; iſt es 6 Wochen alt,
ſo erhaͤlt es Molken, welcher von der Milch
beym Kaͤſemachen abfaͤlt, und dann ein wenig
Heu, das nicht zu grob noch zu hart ſeyn darf.
Auf unterſchiedlichen Hollaͤndereyen pflegt man
das Kalb, wenn es ein vierteljahr alt iſt, ins
Gras oder Grummet zu bringen. Allein ge-
woͤhnlich geſchiehet es nicht, ſondern es be-
koͤmmt bey den Molken, oder wie ſie es nennen,
Watyen, des Morgens ein wenig Heu, um 9
Q 5Uhr
[250] Uhr wieder, des Mittags ein wenig Haberlohß,
die Oberkahr, des Nachmittags um 3 und
Abends wieder ein wenig Heu. Gewoͤhnlich
werden nun erſt Kaͤlber, wenn ſie ein Viertel-
jahr ſind, ans weiche Gras oder Nachmatt ge-
woͤhnt. Dem ungeachtet werden ihnen noch oft
ins Gras hinaus Troͤge mit Watye und Waſſer
untereinander gemiſcht, getragen. Es wird
von nun an immer mit gutem Heu gefuͤttert,
und erſt im 3ten Jahre laͤßt man das Kuhkalb
tragen; denn wenn es ſchon im zweyten geſchie-
het, ſo giebt es wenig Milch und bleibt klein.
Man haͤlt ſie bis zu dieſer Zeit von den Reitoch-
ſen ab, indem man ſie in die Koppeln treibt,
wo keiner hinkommt. Die Ochſenkaͤlber ſchnei-
det man auf adelichen Guͤtern gar nicht, bis
es bald anfangen will zu ſpringen, da es abge-
bunden oder geſchnitten, und ein Ochſe wird;
wird es, nachdem es einige Jahre geſprungen,
erſt geſchnitten, ſo heißt es ein Boll oder alter
Reitochſe. Sie werden bis ins dritte Jahr mit
Haberlohß und Rockenkaf gut gefuͤttert, und
vom Springen abgehalten. Vorzuͤglich hin-
dert man es im Winter. Die Kuͤhe gehen im
May zur Weyde, und bleiben Tag und Nacht
drauſſen, hier haben ſie bloß gruͤnes Futter.
Auf Hollaͤndereyen erhalten ſie nichts als rei-
nes Waſſer zu trinken ohne Miſchung von Ge-
ſpuͤhl, Molken oder Mehl. Um Martini kom-
men ſie zuruͤck, manchmal eher oder ſpaͤter, nach-
dem das Wetter gut oder uͤbel iſt. Von Kohl
oder
[251] oder Wurzeln und dergleichen Fuͤtterungen weiß
man auf adelichen Guͤthern nichts.
Im Winter bekommt eine Kuh Morgens
um 5 Uhr ein Bund Stroh, um 7 ein gut
Futterheu, um 8 Uhr Waſſer, gleich darauf
ein gut Bund Rockenſtroh, wobey ſie liegen;
gegen 11 Uhr ein Bund Haberlohß, um 2
Uhr ein Bund Rockenſtroh, um 4 Uhr Waſ-
ſer, gleich darauf ein Bund Heu, und gegen
8 Uhr ein gut Bund Buchweitzenſtroh. Man
rechnet auf eine Kuh im Winter wenigſtens
2000 Pf. Heu, und etwas mehr als 2 gute
Fuder Stroh, und fuͤttert des Tags 7 mal.
Es wird im Sommer und Winter 2 mal ge-
molken, im Sommer Morgens und Abends
um 4 Uhr, im Winter Morgens um 7 und
Abends um 5 Uhr. Die Kuͤhe werden nicht
geſtriegelt und erhalten weder Futter noch Ge-
traͤnke warm. Auf adlichen Guͤthern fuͤttert
man ordentlich keinen Heckerling oder kurz Fut-
ter. Sehr ſchwache Kuͤhe bringt man in ei-
nen beſondern Stall, und hilf ihnen mit Ha-
bergarben, Heckerling, Haberlohß und ein we-
nig von beſten Heu. Eine Marſchkuh giebt
fuͤglich mehr als 16 Kannen Milch, dahinge-
gen eine Hollaͤnderkuh nur 8 bis 10 Kannen
giebt. Einige ſtehen 4 bis 5 Wochen, zuweilen
bis 10 Wochen trocken.
Die Meckelnburgiſche Viehzucht iſt eben ſo
bekannt, und von vielen faſt als ein Muſter
vorgeſchrieben; ſie hat viel aͤhnliches mit der
Hol-
[252] Holſteiniſchen, zumal ſeitdem dieſe Wirth-
ſchaftsart auch daſelbſt eingefuͤhrt worden. Ih-
re Pferde und Schaafe ſind vornehmlich be-
ruͤhmt. Der jetzige regierende Herr bemuͤhete
ſich, auch hierinne einige Veraͤnderungen und
Verbeſſerungen zu machen. Ueberhaupt finden
wir, daß man in Deutſchland in den neuern Zei-
ten die Viehzucht in verſchiedenen Landen immer
mehrerer Aufmerkſamkeit wuͤrdigte, je mehr ſie
auf das Militaͤrweſen, Manufacturen und
[Commercien] Einfluß hatte. Und ſo wurde das
Militairweſen im 18ten Jahrhunderte noch ein-
mal ein Bewegungsgrund zur Vorſorge fuͤr die
Viehzucht; ſo wie es ehemals vor dem 16ten
Jahrhunderte eben die Wirkung hatte.
Wuͤrtemberg nahm ſich neben der Pferde-
zucht vorzuͤglich der Schaafzucht an, und zaͤhlt
in ſeinem Lande auf 400000 Stuͤck Schaafe,
ſo daß die Schaafzucht einen großen Theil des
Landesreichthums ausmachte. Und ſolten wir
hier nicht den Namen des Mannes der Vergeſ-
ſenheit entreißen, der in dieſem Geſchaͤft ſo viel
Verdienſte um Wuͤrtemberg hat. Ein Knie-
ſtaͤdt war es, dem Wuͤrtemberg ſeine vorzuͤgli-
che Schaͤferey Anſtalten zu danken hat. Dieſe
Familie brachte viele Schaafe aus Niederſach-
ſen und beſonders aus dem Hildesheimiſchen
dahin, woher ſie ſich urſpruͤnglich ſchreibt.
In dem Zweybruͤckiſchen bemuͤhete man ſich,
nach dem Beyſpiele der andern, die Viehzucht
zu beſſern. Auf herrſchaftliche Koſten ver-
ſchrieb
[253] ſchrieb man die beſten orientaliſchen Beſchaͤler,
und benutzte ſie zu einer A[r] [...] von Landgeſtuͤtten,
indem man ſie des Fruͤhjahrs jaͤhrlich in die
Aemter ſchickt, wo die Unterthanen ihre Pfer-
de zum Belegen hinbringen mußten. Die jun-
gen Fohlen werden im Fruͤhjahr zur Muſte-
rung vorgeſtellt, da alsdenn die ſchoͤnſten gegen
eine Verguͤtung in die Herrſchaftlichen Mar-
ſtaͤlle kommen. Man unterſuchte die Urſachen
von der ſchlechten Rindviehzucht, und fand ſie
darinnen, daß die Zuchtrinder und Bullen,
die bey der Gemeinde Heerde gehalten werden,
und in dem Faßelvieh, wie ſie es nennen, wel-
ches eine gemeine Laſt war, und von einem auf
dem andern in der Gemeinde gieng. Die Rei-
he betraf oft Arme, welche weder im Stande
waren, gutes Vieh anzuſchaffen, noch ſolches
gehoͤrig zu unterhalten. Und wenn auch gleich
fuͤr das Faßelvieh Gemeindewieſen beſtimmt
waren, ſo wendeten ſie das, was ſie auf dieſes
wenden ſollten, auf ihr eigen Vieh; was konn-
te anders geſchehen, als daß ſchlechtes Zucht-
vieh fiel, welches durch baldiges Verſchneiden
und fruͤhzeitige Arbeit noch mehr geſchwaͤcht
wurde. Hierzu kamen noch die druͤckenden
Frohngelder, da von einen dreyjaͤhrigen Och-
ſen ſchon Frohngelder gegeben werden mußten.
Koͤnnen wir nicht an dieſen Beyſpiele deutlich
ſehen, wie ſehr uͤbel angebrachte Auflagen die
Gewerbe niederdruͤcken koͤnnen, und wie noth-
wendig es ſey, daß die Policey uͤber die Ge-
werbe
[254] werbe wache, daß nicht gewiſſe Einrichtungen,
welche Anfangs die Noth lehrte, bey weitern
Fortgange nicht das Wachsthum dieſes oder ei-
nes andern Nahrungsgeſchaͤftes hindern. Bey
dem Anbaue, bey der erſten Bevoͤlkerung ſol-
cher Lande, waren dergleichen Anſtalten, wie
hier mit dem Faßelvieh noͤthig, und konnten
ihren Nutzen haben; aber in der Folge wurden
ſie ſchaͤdlich, und dann haͤtte ſie die Policey auf-
heben ſollen. Aber erſt itzt erſchien der Zeit-
punkt. Man verſchrieb Stiere aus der Schweitz,
und vertheilte ſie unter die Gemeinden. Man
verordnete, daß die Gemeinde ſich mit gutem
Faßelvieh verſaͤhe, daß der ſchaͤdliche Turnus
in den Gemeinden mit Haltung dieſes Viehes
aufhoͤre, und einem beguͤtertem Manne in der
Gemeinde dieſes allein aufgetragen wuͤrde. Zur
Fuͤtterung deſſelben wurden Gemeindewieſen be-
ſtellt, die junge Zucht wurde unter 6 Mona-
ten nicht verſchnitten, und unter 18 Monaten
nicht zu den Stieren gelaſſen. Der Fuͤrſt ſetz-
te das Frohngeld von den Thieren, die der
Landmann ſelbſt zog, auf ein Jahr weiter hin-
aus, und ſo verbeſſerte man die Rindviehzucht.
Auch an die Wichtigkeit der Schaafzucht
dachte man. Man fand, daß es an gelern-
ten Schaͤfern fehlte, und machte daher die Ein-
richtung, daß alle Schaͤfer vor ihrer Aufnah-
me von dem Zunftmeiſter in Beyſeyn eines De-
putirten von der Okonomiecommißion gepruͤft
wer-
[255] werden. b) Um die Viehzucht noch mehr zu
unterſtuͤtzen, wendete man alle nur moͤgliche
Aufmerkſamkeit auf den Wieſenbau, welches
ich oben ausfuͤhrlicher gezeigt habe in der Ge-
ſchichte des Wieſenbaues, Auch in den uͤbrigen
deutſchen Landen war man hierinne thaͤtig, und
beſchaͤftigte ſich durch Einfuͤhrung fremder Thie-
re, entweder ganz neue Arten daſelbſt einhei-
miſch zu machen, oder die alten zu verbeſſern.
Um dieſen Zweck bey der Schaafzucht zu errei-
chen, verſchrieb man daher in dem Oeſtreichi-
ſchen 300 Stuͤck ſpaniſche Schaafe, und ver-
theilte ſie an die zu dieſer Zucht bequemſten Orte.
Der gluͤckliche Erfolg dieſes Verſuchs aͤußer-
te ſich in dem Oeſtreichiſchen ſowohl Erb- als
den Niederlanden, beſonders in dem Manu-
facturweſen. Man ließ im Oeſterreichiſchen
im J. 1753. eine Viehordnung ergehen, wor-
inne man die heilſamſten Verordnungen in An-
ſehung der Verbeſſerung der Viehzucht findet.
Man ſuchte die Macedoniſchen Schaafe da-
ſelbſt einheimiſch zu machen. Vorzuͤglich aber
verdient der Verſuch mit der Ankoriſchen Ziege
bemerkt zu werden, eine Ziege, die in den aͤlte-
ſten Zeiten und ſelbſt in der heil. Schrift wegen
der Feinheit ihres Haares erwaͤhnt wird, wo
ſie die Ziege von Gilead heißt, und ihre Haa-
re zu Teppichen fuͤr das allerheiligſte gebraucht
wurden. c) Ihr Haar iſt lockig und haͤngt bis
auf
[256] auf die Erde, es iſt theils weiß, theils faͤllt es
bey mancher ins gelbliche; von ihnen kommt
das ſogenannte Kemelgarn, oder wie es eigent-
lich heiſſen ſollte, Kemelgarn, da im arabi-
ſchen Kemel eine Ziege anzeigt. Ihr urſpruͤng-
licher Aufenthalt iſt in Natolien bey Angora
und Begbazar, ſie uͤbertrift an [Schoͤnheit] und
Dauer die Seide. Die Tuͤrken, welche ihren
Werth zu ſchaͤtzen wiſſen, huͤten ſie daher ſehr
fuͤr den Auslaͤndern; das feinſte Garn davon
kommt fuͤr das Serail, nur das mittlere und
groͤbere uͤberlaſſen ſie den Auslaͤndern geſpon-
nen, und es iſt ein Hauptartikel des Levanti-
ſchen Handels, und es wuͤrde einer ſein Leben
wagen, wenn er eine Ziege oder Bock von der
Art wegfuͤhren wollte. Denn als die Venetia-
ner einmal dergleichen Ziegen vom tuͤrkiſchen
Hofe verlangten, ſo haͤtte man deswegen bald
Krieg angekuͤndigt. Dennoch gelang es ihnen
und andern Auslaͤndern, den eiferſuͤchtigen
Muſelmaͤnnern einige zu entwenden. Man
ließ vor einigen Jahren zwey Paar uͤber [Alexan-
drien] und Trieſt nach Oeſterreich kommen, wo
ſie ſich den Nachrichten nach noch gut vermehrt
haben ſollen. Die Originalzucht ſoll die fein-
ſten und zarteſten Haare haben, ſo wie die Ba-
ſtarten. Man hat bereits Kamelote davon zu
machen verſucht, der den Bruͤßler gleich kommt.
So ziehet man ſie auch in dem Anſpachiſchen.
Mit noch mehrerm Ernſt und Gluͤck ſcheint ſich
die Pfalz dieſelben eigen machen zu wollen.
Man
[257]
Man brachte 1768 fuͤnf Angoriſche Ziegen und
zwey Boͤcke nach Doſſenheim an der Bergſtraße,
welche ſich in den Jahren bis 1777 ſchon bis
auf 90 Stuͤck vermehrt hatten, und nach einem
neuerlichen Berichte d) von dem pfaͤlziſchen Oeko-
nomiezuſtande, ſollen ihre Haare den ſchoͤnſten
ſeidenen Glanz haben, wie man den auch ſchon
verſchiedene Kleider fuͤr den Churfuͤrſten aus
dieſen pfaͤlziſchen angoriſchen Ziegenhaar verfer-
tiget hat. Auch in einigen andern Gegenden
des Reichs bemuͤhete man ſich nach dem Zeug-
niſſe eines Landwirths im Intelligenzblatte der-
gleichen Zucht zu erhalten, e) man verſuchte es
durch die Venetianer, aber es wollte nicht gluͤ-
cken. Indeſſen betreibt man in dieſen Gegen-
den noch den Bau der Futterkraͤuter, und ſucht
die Wieſen zum Viehſtande zu beſſern, der ſich
in vielen Doͤrfern ſchon um die Haͤlfte vermeh-
ret. Die Gemeinden in den Gegenden des
Reichs haben ſchon an vielen Orten den Weid-
gang eingeſtellet, und unterhalten ihr Vieh im
Stalle. Landesfuͤrſtliche Verordnungen ſtell-
ten die Fruͤhlingsweiden der Pferde und eben ſo
die Nachtweiden ab. Man hob auf vielen Kam-
merguͤtern der Rheingegenden die Brache auf
und
R
[258] und machte Verſuche mit der Stallſchaͤferey von
Hameln im kleinen. Die Folge der Zeit und Er-
fahrung werden lehren, ob man ſich von dem letz-
tern einiges Gluͤck zum Beſten der Schafzucht zu
verſprechen habe. Man hat naͤmlich in den neuern
Zeiten dreyerley Arten der Schafzucht, 1) die ge-
woͤhnliche, da die Schaafe den Winter uͤber in
Staͤllen ſind, ſo wie auch des Nachts im Sommer,
am Tage aber, und ſelbſt in ſchoͤnen Winterta-
gen ausgetrieben werden; 2) die Stall- oder
Futterſchaͤferey, da ſie blos im Stalle gefuͤttert
und erzogen werden; und endlich 3) die wilde,
welche der Perce vorſchlug, da die Schaafe ſtets
im Freyen bleiben, und wild ſind. Von der
letztern iſt, ſo viel ich weiß, in Deutſchland noch
kein Gebrauch gemacht worden; und das deut-
ſche Klima ſcheint ſich am wenigſten dazu zu
ſchicken. Es theilet ſich alſo die deutſche Schaf-
zucht vornemlich in folgende Hauptarten; naͤm-
lich in die Anſpachiſche, Maͤrkiſche, Bremiſche,
Hannoͤveriſche, Luͤneburgiſche, Mekelnburgiſche,
Niederlauſitziſche, Saͤchſiſche, Hildesheimiſche,
wovon die Berliner Beytraͤge zur Landwirthſchaft
im IV. B. weiter nachgeleſen zu werden verdienen.
In der Pfalz wurde die Landwirthſchaft ſo
wohl uͤberhaupt als die Viehzucht insbeſondere
durch die daſelbſt befindlichen Wiedertaͤufer ſehr
verbeſſert; ſie treiben ſie meiſt nach Engliſchen
Grundſaͤtzen. Ihr Beyſpiel lehret und ermun-
tert, wozu noch die Vorſorge der Regierung
kommt, welche durch das Inſtitut, das zuerſt
der
[259] der verdienſtvolle Hr. Hofr. Medikus gruͤndete,
von ſeinen Fuͤrſten unterſtuͤtzt, erweiterte und
gemeinnuͤtziger machte, zu mal da der Fuͤrſt zu
dieſen Anſtalten ein beſonderes Gut zu Verſuchen
ſchenkte. In Frankenhauſen iſt eine vortrefli-
che durch ſpaniſche Stoͤhre verbeſſerte Schaaf-
zucht. Eine vorzuͤgliche merkwuͤrdige Veraͤn-
derung in der Geſchichte der deutſchen Viehzucht
iſt die Stallfuͤtterung, welche nach dem Vor-
gange der Schweitzer, und namentlich des Tſchif-
feli, die Deutſchen auch nachahmen. Es ent-
ſtunden Streitigkeiten unter den Oekonomen dar-
uͤber; unter denen, die vor dieſelbe ſind, zeich-
net ſich vorzuͤglich Herr Meier in ſeinen Briefen
von Schoͤnfeld und einige andere, aus. Durch
Gruͤnde und vieljaͤhrige Erfahrungen laſſen ſich
alle Zweifel und Schwierigkeiten, die man da-
bey zu finden glaubt, widerlegen. Verſchiede-
ne hierher gehoͤrige Erfahrungen findet man in
des Hrn. Beckmanns phyſikal. Oek. Bibliothek
I. 411. 536. III. S. 397. IV. 311. V. 145.
und 582. Merkwuͤrdig iſt das Beyſpiel in dem
Bremiſchen, wo die Landwirthe, die ſich auf
dem urbar gemachten Moore im Amte Lilien-
thal angebauet, keine Weiden haben, ſondern
ſind zur Stallfuͤtterung genoͤthiget. Die Neu-
bauer in den Aemtern Oſterholz und Ottersberg
haben Weiden, aber 8 Kuͤhe ihrer Gemeinwei-
den geben nicht ſo viel Milch und Butter, als
3 Kuͤhe im lilienthaliſchen Anbau. Die ge-
woͤhnlichſten Entwuͤrfe gegen dieſelbe ſind, daß
R 2ſie
[260] ſie mehrere Leute bey der Landwirthſchaft erfor-
dere, ſowohl wegen der Herbeyſchaffung des
Futters, als wegen der Fuͤtterung ſelbſt, und
daß der entzogene Genuß der freyen Luft und
Mangel an Bewegung dem Viehe nachtheilig
ſey. Alle laſſen ſich ohne viele Schwierigkeiten
beantworten. Es werden wenige oder gar keine
mehrere Leute erfordert, wenn eine gehoͤrige Ord-
nung, Eintheilung der Zeit, bequeme Einrichtun-
gen im Stalle in Anſehung des Aufſteckens des
Futters, und der Reinigung der Staͤlle ſind. Und
geſetzt auch, daß das Maͤhen und Herbeyſchaffen
des gruͤnen Futters eine oder die andere Hand
oder Thier mehr erforderte, ſo kann dieſes durch
gute Einrichtung, durch Anſaͤung kuͤnſtlicher
Futterkraͤuter, die mehr naͤhren, als bloſes
ſchlechtes Gras, und durch die Vortheile, die
die Stallfuͤtterung wirklich ſchaft, und vor dem
Austreiben voraus hat, erſetzt werden. Der
entzogene Genuß der freyen Luft, ſo wie der
Mangel an Bewegung laſſen ſich leicht erſetzen,
ſie koͤnnen in Schranken auf dem Miſthofe ſeyn,
oder ſonſt auf einen gewiſſen in der Naͤhe dazu
beſtimmten Platz auf einige Stunden, oder an
die Traͤnke getrieben werden. Den Mangel an
Wieſen, den man zuweilen auch als eine Hin-
derung angiebt, muß die Polizey erſetzen, denn
durch kuͤnſtliches Futter iſt der Erſatz ſehr leicht.
Noch mehr aber wird die Stallfuͤtterung ge-
winnen, wenn man die Vortheile betrachtet, die
dieſelbe gewaͤhret. Der Duͤnger wird dadurch
ver-
[261] vermehrt und viel erhalten, das Vieh vor den
Krankheiten geſichert, die das Austreiben oft
verurſachet, indem ſie ſich ſehr erhitzen, ſchnell
ſtill ſtehen und verſchlagen, allerhand nachthei-
lige Gewaͤchſe verzehren, oder ſonſt ſchaͤdliche
Thaue, beſtaͤubtes Gras genießen, vieles da-
durch zertreten und verunreinigen, und verderben,
einen guten Graswuchs hindern und die Heu-
aͤrndten ſchmaͤlern und verringern. Ueberhaupt
iſt es durch Verſuche beſtaͤtiget und erwieſen
worden, daß bey der Stallfuͤtterung im Ver-
haͤltniß gegen das Austreiben außerordentliche
Erſparniß geſchehe. Es gehoͤret hieher vor-
nehmlich ein und der andere Verſuche, welche
in der Schweitz unternommen worden, die ich
aber in der Oekonomiegeſchichte derſelben aus-
fuͤhrlicher zeigen werde.
Man unterſtuͤtzte die Stallfuͤtterung vornaͤm-
lich im Heſſendarmſtaͤdtiſchen. Es erſchien da-
her 1776 eine Fuͤrſtl. Heſſendarmſtaͤdtiſche Auf-
munterung zur Stallfuͤtterung. f) Man em-
pfohl den Unterthanen den Bau der Futterkraͤu-
ter, der Luzerne, des Klees und der Eſparzette.
Zu Befoͤrderung deſſelben wurde der Kleebau
von allem Schaaf- und andern Viehtrieb bey
ſchwerer unnachlaßbarer Strafe gaͤnzlich, in-
gleichen von den Zehenden befreyet, wenn in
die Brache geſaͤet wird, ein vorzuͤgliches Mittel,
die Brache zu verdraͤngen und die Vorurtheile
von der Ruhe des Ackers zu vernichten. Das
R 3Zug-
[262] Zugvieh vermehrte ſich, in dem Jahre 1779
auf 760 Stuͤck, naͤmlich 410 Pferde und 350
Ochſen, um 642 Maſtochſen, 533 Kuͤhe,
2806 Schaafe und 4176 Schweine. Die
Stallfuͤtterung iſt bereits an dreyzehn Orten
ganz eingefuͤhrt, in neunzehn ziemlich im Gange
und in zweyundvierzigen angefangen.
In Anſehung der Gewaͤhrzeit und Schad-
loshaltung des verkauften Viehes, hatte man im
Heſſendarmſtaͤdtiſchen ſchon laͤngſt verſchiedene
Verordnungen, welche doch einigermaaßen und
in einigen Punkten nach den Grundſaͤtzen einer
vernuͤnftigen Wirthſchaft eingerichtet ſind. Es
gehoͤren hierher die Verordnungen von den Jah-
ren 1684, 1702, 1712, 1715, 1730. g)
Man machte endlich noch in Deutſchland
verſchiedene wichtige Verſuche und Entdeckun-
gen; ich will hier den Brenkenhofiſchen in An-
ſchung der Einfuͤhrung großer und fremder Ra-
cen und Thiere, und ſodann die Einimpfung der
Hornviehſeuche, welches man in dem Meckeln-
burgiſchen nach dem Vorgange der Hollaͤnder
und Daͤnen verſuchte, herſetzen. h) Der ver-
dienſt-
[263] dienſtvolle Hr. von Brenkenhof, um den die
Landwirthſchaft noch weint, machte Verſuche,
in den neuen Netzbruͤchern verſchiedene auslaͤn-
diſche Thiere einheimiſch zu machen. Ein Ca-
meel, das den 29ſten Maͤrz 1774 auf ſeinem
Gute Lichtenau war belegt worden, brachte ſein
Junges den 24ſten Maͤrz 1775. Die Buͤffel,
die er daſelbſt einfuͤhrte, vermehrten ſich ſtark,
und wuchſen binnen 4 Jahren ſo, daß ſie 7 bis
800 Pf. wogen, und die Haut, woraus die eng-
liſchen Sohlen und das ſo genannte Pfundle-
der gemacht worden, mit 4 bis 5 Friedrichsd’or
bezahlt wird. Er hatte 1775 auf ſeinem Gu-
the ſchon uͤber 60 Stuͤck, wovon uͤber 40 tra-
gend ſind, auch einige darunter mit frieſiſchen
Bullen, und umgekehrt, frieſiſche Kuͤhe mit
Buͤffelbullen belegt worden. Er hat daſelbſt
tuͤrkiſche und macedoniſche Boͤcke, davon das
R 4Stuͤck
h)
[264] Stuͤck 90 bis 100 Pf. wiegt. Die Wolle die-
ſer Schaafe iſt etwas groͤber als die Landwolle,
allein fuͤr die Zeugmacher zu Verfertigung der
Frieſe und tuͤrkiſchen Decken iſt ſie vorzuͤglich.
Ein Stuͤck giebt uͤber 8 Pf. Wolle. Die Schwaͤn-
ze, wenn ſie recht fett ſind, haben allein 16, 18,
bis 20 Pf. reines Fett. Es wurden mit der-
gleichen Boͤcken im Herbſte des Jahres 1774
an 600 einheimiſcher Schaafe belegt, wovon
bereits uͤber 400 Laͤmmer von außerordentlicher
Groͤße und Staͤrke gefallen ſind. Er ließ eng-
liſche große Schweine kommen, und vermiſchte ſie
mit weſtphaͤliſchen, wovon ein in das dritte Jahr
gehendes uͤber 4 Centner wog. Die Pferde-
zucht in dem Netzbruche bey Drieſen gedieh
durch ihn in kurzen ſehr weit, ſo, daß daſelbſt
bey den Unterthanen ſchon Pferde gezogen wer-
den, die man willig mit 60, 70 auch 80 Thlr.
bezahlt. Er ließ zur Verbeſſerung der Pferde-
zucht außerdem auch noch 600 Stutten und
Fohlen an der Tuͤrkiſchen Graͤnze aufkaufen.
Was die Verſuche mit der Einimpfung der
Hornviehſeuche betrifft, ſo machte man, wie
bekannt iſt, die erſten in den Niederlanden,
man wiederholte und ahmte ſie in Daͤnnemark
nach, und verſuchte ſie neuerlich auch in Deutſch-
land auf den buͤlowiſchen Guͤtern, auf Pruͤ-
tzen, und nachher auch in den Aemtern Buͤtzow
und Ruͤhn, und da die wichtigen Erfahrungen
in eine pragmatiſche Geſchichte gehoͤren, ſo will
ich hier die vorzuͤglichſten beyfuͤgen. Man be-
merkte
[265] merkte dabey, daß die Einimpfung bey einigen
mit mehr Gefahr, als bey andern geſchahe. Un-
ter die letztern gehoͤren vornehmlich traͤchtige
Stuͤcken und Kaͤlber, die noch unter einem hal-
ben Jahre ſind. Die erſtern bringen gemeini-
glich nach der Seuche eine unreife Frucht, fal-
len aber meiſt durch die Krankheit geſchwaͤcht
bey dem Kalben, wenn ſie gleich die Seuche
uͤberſtanden haben. Daher man die Kuͤhe am
ſicherſten bald nach dem Abkalben inoculirt; die
Einimpfung der Ochſen aber von jeglichem Alter,
und der Kaͤlber von einem Jahre gieng allezeit
gluͤcklich von ſtatten. Man bemerkte ferner,
daß es bey einem ganz geſundem Stuͤcke geſche-
hen muͤſſe, weil ſonſt, wenn es ſchon von der
Seuche befallen iſt, die Giftmaterie nur ver-
mehrt wird. Man darf daher nicht warten,
bis ſchon krankes Vieh unter der Heerde iſt;
weil dieſes ſonſt zu befuͤrchten iſt. Man nahm
die Einimpfungsmaterie von einer gutartigen
Seuche, vornemlich wenn der Fluß noch klar
iſt. Man waͤhlte dazu den Ort einer guten
Handbreit von dem Ruͤckgrad bis dahin, wo
die Rippen aufſtehen und ſichtbar werden, weil
hier die Knochen ziemlich mit Fleiſch bedeckt
ſind. Nur darf es weder zu hoch am Ruͤckgra-
de, noch zu niedrig an den Rippen, weder zu
weit nach dem Kreuzknochen und der holen Sei-
te, noch zu weit vorkommen. Man ſchor hier-
auf das Haar einer Hand breit ab, machte ei-
nen Schnitt in die Haut, der durch dieſelbe ge-
R 5he,
[266] he, aber nicht in das Fleiſch komme. Man
ließ nun die Wunde ausbluten, und gieng zu
dem uͤbrigen zur Inoculation beſtimmten Viehe
fort. So dann kehrte man zu dem erſten zu-
ruͤck, reinigte die Wunde vom Blute, legte
hierauf den Faden, der mit der Seuchmaterie an-
gefuͤllt iſt, in dieſelbe, und machte die Wunde
mit einem Pechpflaſter zu. Man ſtellte hier-
auf das Vieh in einen beſondern Stall, oder
Huͤtte, an einen Pfahl gebunden, frey, damit
es ſich nicht reiben konnte, fuͤtterte es maͤßig,
und traͤnkte es des Tages zweymal, ließ es am
dritten Tage los, und huͤtete es des Sommers
den Tag uͤber im Graſe. Am ſechſten Tage
nach der Einimpfung oͤffnete man die Wunde,
nahm den Einimpfungsfaden heraus, und reinig-
te ſie taͤglich zweymal, bis ſie wieder heil war.
So bald es aufhoͤrte zu freſſen, gab man ihm
taͤglich einen bis zwey Pott ſuͤſſe Milch, und
beobachtete die in der angefuͤhrten Schrift be-
merkte Zufaͤlle. Die Krankheit war drey bis
vier Tage heftig, ſodann fieng das Vieh an,
wieder Futter und Getraide zu verlangen, wel-
ches man ihm aber maͤßig und lieber oͤfters und
wenig, als zu viel auf einmal gab, welches man
acht bis zehen Tage beobachtete.
Auf dieſe Art wurden in den daſigen Aem-
tern bey ſiebenzehen nach einander angeſtellten
Verſuchen 305 Stuͤck Vieh eingeimpft, wovon
nur 57 ſtarben, und alſo 248 erhalten wurden.
Man behauptete ſo gar, daß die Zahl der ge-
falle-
[267] fallenen noch geringer ſeyn wuͤrde, wenn man
nicht erſt durch Erfahrungen und Verſuche haͤt-
te lernen muͤſſen; und daß durch nicht genugſa-
me Vorſicht und andere aͤußere Umſtaͤnde, wor-
unter man vornemlich die Veraͤnderung der Wei-
de von der Einimpfung rechnete, uͤber 20 Stuͤck
zu Grunde gegangen. Man bemerkte ferner,
daß dieſe eingeimpfte Seuche zwar anſtecke,
aber doch ſehr langſam. Zwey Beyſpiele, da-
von das eine in dem Amte Glambeck und das
andere auf dem Pachthofe Welken vorfiel, lehr-
ten, daß die Seuche dieſelbe anſteckt und un-
veraͤndert gut bleibt. Denn an dem erſtern
Orte fielen von neun erkrankten, und noch dazu
meiſt traͤchtigen Stuͤcken nur eins. Man wur-
de auch von dem Satze verſichert, daß die Ein-
impfung das durchgeſeucht Vieh vor der natuͤr-
lichen Seuche bewahre. Man fand, daß die
eingeimpfte und natuͤrliche in allen Aeußerun-
gen gleich ſey, daß ſie, obgleich nur langſam,
auch anſtecke. Man impfte deshalb an Orten,
wo die natuͤrliche Seuche wuͤtete, Vieh, wel-
ches abgeſondert gegangen, ein, ſeuchte es gluͤck-
lich durch, und es wurde von der natuͤrlichen
nachher nicht angegriffen. Man impfte ſo gar
zu Pruͤtzen von der kuͤnſtlichen Seuche geneſe-
nes Vieh zum zweytenmale mit der boͤsartigen
Seuche ein, und es blieb geſund. Man ſende-
te zwey von der inoculirten Seuche geneſene
Stuͤcke an Orte, wo die boͤsartigſte natuͤrliche
Seuche wuͤtete, indem von 40 Haͤuptern ein-
und
[268] und dreyſig fielen; dennoch blieben ſie die vier
Wochen ihres daſigen Aufenthalts ſowohl als
nachher unangefochten.
Eine wichtige Entdeckung in der Vieharze-
neykunſt ſonderlich was die Pferde betrift, war
diejenige, welche der verſtorbene Hr. D. Schre-
ber bekannt machte, ob ſie gleich, wie er auch
ſelbſt einraͤumt, nicht ganz ſein eigen war, ſie
betraf eine unangenehme und unheilbare Krank-
heit der Pferde, den Rotz. Die franzoͤſiſchen
Thieraͤrzte, vornehmlich La Faſſe gaben es vor
ein Geſchwuͤr in dem Gehirn aus, und er rieth
daher, das Trepaniren derſelben an. Hr. D.
Schreber ließ ſich bald, nachdem es bekannt
wurde, das Buch aus Paris kommen, und
unterſuchte es, hat aber in der Ueberſetzung
deſſelben gezeigt, wie wenig dieſe Meynung ge-
gruͤndet i), und wie falſch dieſelbe ſey. Indeſ-
ſen haben doch die meiſten deutſchen Thieraͤrzte,
die ſich in Frankreich bildeten, vornehmlich der
ehemalige Profeſſor Erxleben, und verſchiede-
ne andere dieſe Meynung des La Faſſe verthei-
diget. Der verſtorbene Oberthierarzt Weber
ſahe es als ein Naſengeſchwuͤr an. Um deſto
mehr verdiente die von dem wuͤrdigen, und
nicht allezeit nach ſeinem Verdienſt von andern
geſchaͤtzte D. Schreber ausgebildete und bekannt
gemachte Theorie hier angefuͤhrt zu werden.
Die erſte Veranlaſſung hiezu gab ihm ein alter
erfahrner Kurſchmidt, er dachte hierauf weiter
nach,
[269] nach, und bildete es, wie ich aus muͤndlichen
Nachrichten weiß, mit Zuziehung eines Arztes
mehr aus. Der Hr. D. Zeiher. ein Mann,
deſſen Nahme in der Vieharzeneykunde wichtig
iſt, und Hr. D. Unzer k) traten der Schre-
beriſchen Meynung bey. Nach dieſer Theorie
beſtehet die Krankheit in einem Verderben der
waͤßrigen Theile des Blutes, welche durch ge-
wiſſe Gaͤnge gefuͤhrt werden, und den Umlauf
deſſelben befoͤrdern; dieſe verdorbenen ſchleimig-
ten waͤßrigten Theile verbreiten eine gewiſſe
Schaͤrfe durch den Koͤrper. So lange nun
dieſe noch nicht allgemein iſt, und die Haupt-
theile die zum Leben gehoͤren, d. i. das Gehirn,
das Ruͤckenmark und die Lunge, noch nicht an-
gegriffen hat, ſo lange iſt dieſe Krankheit vielen
von ihm angeſtellten, und theils in der Ueber-
ſetzung des La Faſſe, theils in ſeinen Samm-
lungen angefuͤhrter Erfahrungen nach, heil-
bar. Sind aber dieſe Theile angegriffen, ſo
hat bis jetzt die Arzeneykunde kein Mittel gegen
dieſe Krankheit. Aber um die Heilbarkeit oder
das Unheilbare dieſer Krankheit zu finden, be-
dienete er ſich folgendes Mittel. Erſchlug dem
kranken Thiere die Schwanzader, wiewohl auch
jede andere Ader hiezu ſchicklich iſt, und ließ
ein Glas voll Blut auffangen, ſobald ſich nur
der Schleim noch von dem Blute abſondert, ſo
daß oben Schleim und unten Blut iſt, ſo war
das
[270] das ein Zeichen, daß das Blut noch nicht durch-
aus verdorben, und daß die Lebenstheile, vor-
zuͤglich die Lunge, das Ruͤcken- und Gehirn-
mark noch nicht verdorben ſind; iſt aber das
ganze Blut ſchleimigt, und wolkig, ohne daß
ſich der Schleim von dem Blute abſondert, ſo
iſt das ein Beweis, der Unheilbarkeit. Was
die Heilungsart ſelbſt betrift, ſo uͤberlaſſe ich
dieſe dem Leſer ſeiner angefuͤhrten Schriften.
Auch verdient hier die Entdeckung erwaͤhnt
zu werden, welche man in Anſehung des Dre-
hens der Schaafe in ganz neuen Zeiten machte.
Man hatte ſchon viele Unterſuchungen uͤber die-
ſe Krankheit angeſtellet. Schon Hr. Geute-
bruͤck beſchreibt dieſe Krankheit gut, und haͤlt
die Waſſerblaſen, die er im Gehirn fand, fuͤr
die Urſache der Krankheit, wußte aber nicht,
daß das, was er ſahe, Blaſenwuͤrmer ſind.
Er behauptet, daß dieſes Waſſer den Schaͤdel
Durchfreſſe, und daß alsdenn, wenn der
Hirnſchaͤdel ein Loch bekommen, das Gehirn
eitrig und faul werde. l) Allein Hr. Prof.
Leßke fand das Gehirn noch da, wo die Kno-
chen hart und unverletzt waren, auch faulend.
Hr. Geutebruͤck empfiehlt gegen dieſe Krankheit
das oͤftere Aderlaſſen an den Schlaͤfen des Haup-
tes oder an der Ader an der Naſe. Verſuche
allein koͤnnen die Zulaͤnglichkeit dieſes Mittels
beweiſen. Hr. Prof. Beckmann findet die Ver-
muthung
[271] muthung auch wahrſcheinlich, die ein Unge-
nannter im Hanoͤveriſchen Magazin m) ge-
macht, daß dieſe Krankheit von einer Waſſer-
blaſen, die ſich zwiſchen den Gehirn und ſeinen
Haͤuten befindet, herruͤhre. n) Durch die
neuen Entdeckungen wird es Gewißheit, ſtatt
Vermuthung. Nach denſelben aber befinden
ſich dieſe Waſſerblaſen im Gehirn ſelbſt. Auch
Hr. Ruͤling o) haͤlt die Waſſerblaſe unter dem
Hirnſchaͤdel fuͤr den Sitz der Krankheit. Die
beſten Beobachtungen hatte Hr. Ranftler ange-
ſtellet, und in den Anzeigen der Leipziger oͤko-
nomiſchen Societaͤt bekannt gemacht. Er ſagt:
unter dem Hirnſchaͤdel am Gehirn nach dem Na-
cken zu war eine Waſſerblaſe, ſo groß wie ein
Taubeney, und darinne Koͤrner von welchen
zu vermuthen iſt, daß endlich Wuͤrmer daraus
werden. Er empfiehlt dawider die Trepana-
tion, das Aderlaſſen und einige Traͤnke. Er
war der erſte und einzige, ſo viel ich weis, der
dieſe kleinen Koͤrner bemerkt.
Hr. Prof. Leßke gerieth im Fruͤhjahre 1779
als derſelbe durch die Guͤte Sr. Hochgraͤflichen
Gnaden des Hrn. General Vitzthum von Eck-
ſtaͤdt drehende Schaafe in Woͤlke unterſuchte, und
Blaſenbandwuͤrmer in dem Unterleibe und der
Bruſt
[272] Bruſt verſchiedener Schaafe fand, auf die Ge-
danken, daß auch die Waſſerblaſen im Gehir-
ne dergleichen Bandwuͤrmer waͤren. Er mach-
te ſeine Vermuthungen zuerſt in einer Anmer-
kung zu der Abhandlung des Tyſons von den
Blaſenbandwuͤrmern in den Abhandlungen zur
Naturgeſchichte, Phyſik und Oekonomie aus
den philoſophiſchen Tranſaktionen und Samm-
lungen bekannt. p) Er eroͤfnete ſie auch dem
Hrn. Goͤtze, welcher zu eben der Zeit den wah-
ren Kopf an den Bandwuͤrmern gefunden hat-
te. Hr. Goͤtze wurde nach dem Zeugniße des
Hrn. Leßke q) hierdurch zu naͤhren Unterſuchun-
gen veranlaſſet. Es entſtund nachher einiger
Streit uͤber die erſte Entdeckung dieſer Sache,
da Hr. Prof. Ebert im zweiten Theile des Ka-
techismus der Natur von J. F. Martinet in
einer Anmerkung dieſe Entdeckung dem Hrn.
Goͤtze zuſchrieb, und Hr. Goͤtze in einem Brie-
fe an den Hrn. Leßke dieſe eine ſeiner wichtig-
ſten Entdeckungen nannte. Hr. Leßke entdeckte
hierauf mit dem bloßen Handmikroſcope den
Hakenkreis und die Saugblaſen dieſer Band-
wuͤrmer. Er berichtigte auch verſchiedene Be-
merkungen des Hrn. Goͤtze r), z. B. daß die
Blaſe
[273] Blaſe frey liegt und nirgends befeſtiget iſt, daß
ſich die weißen Koͤrperchen nur inwendig zeigen,
daß die Blaſe um ſie geſchloſſen ſey, und ſie ſich
mit den Haken nirgends befeſtigen koͤnne.
An Schriftſtellern in allen Arten war dieſes
[Jahrhundert] beſonders reich. Zu der Pferde-
zucht und den dahin gehoͤrigen Kenntniſſen fin-
det ſich Weibold, Winter von Adlersfluͤgel,
von Solleyſel, Vogel, Trichter, Gerhardi,
Fuchs, Krauſe, Lucanus, von Loͤhneiſen, Ruͤ-
dinger, Boͤhme, von Eiſenberg, Walter,
Zehentner, von Berga, Born, Griſebach,
Brake, Schreber, Kerſting, Roͤdinger, Nach-
richter, Madſen, von Reizenſtein, Joſeph von
Tam, Teptor, Oebſchelwitz, von Sind, Zorn,
Prizelius, Zeiher. s) Nicht weniger erhiel-
ten
S
[274] ten die uͤbrigen Theile der Viehzucht ihre
Schriftſteller, ob ſchon nicht jeder beſonders ſo
zahl-
s)
[275] zahlreiche. Es gehoͤren hieher nicht nur dieje-
nigen, die uͤber die Landwirthſchaft uͤberhaupt
S 2ſchrie-
s)
[276] ſchrieben, worunter ſich Eckhart in der Experi-
mentaloͤkonomie, Leopold, Hoͤnert auszeichnen,
ſon-
s)
[277] ſondern auch die verſchiedenen oͤkonomiſchen
Sammlungen. Man uͤberſetzte auswaͤrtige
S 3Schrif-
s)
[278] Schriften, ſo erſchien 1771 des Boutrolle le
prafait bouvier, welche zu Rouan 1766 her-
aus
s)
[279] aus kam, in einer deutſchen Ueberſetzung un-
ter dem Titel: der geſchickte Viehhirte, oder
S 4Unter-
s)
[280] Unterricht zur Kenntniß der Ochſen und Kuͤhe
von J. G. Boutrolle, Wittenberg und Zerbſt,
1771.
s)
[281] 1771. 8. Es gehoͤren hieher die vielen Schrif-
ten, welche in dieſem Jahrhunderte durch die
Viehſeuche veranlaſſet wurden, und wovon Hr.
D. Kruͤnitz 1767 ein Verzeichniß unter dem
Titel geliefert: Verzeichniß der vornehmſten
Schriften von der Rindviehſeuche. Leipz. 1767
8. und ſich einige Ergaͤnzungen in den Berliner
Sammlungen (IV. S. 656 — 661) befinden.
Verſchiedene Artikel in der oͤkonomiſch Ency-
clopaͤdie deſſelben vertreten auch hier die Stelle
ausfuͤhrlicher Werke.
Verdiente Namen um die Schaafzucht ſind
Geutebruͤck, Hirſch, Huͤckel, Herzog, Schre-
her. Auch wurden die Schriften eines Ellis,
Haſtfer und anderer Auslaͤnder uͤberſetzt.
Geſchichte
[282]
Geſchichte
des
Seiden- und Maulbeerbau’s
in Deutſchland
vom ſechzehnten Jahrhunderte bis auf unſere
Zeiten.
Man dachte nach dem Beyſpiele Italiens in
Deutſchland fruͤh auf die Maulbeerzucht.
Ich nenne es in ſofern fruͤh, da der Seidenwurm
und die Maulbeerbaumkultur zuerſt in Italien,
in den neuern Zeiten in den Europaͤiſchen Rei-
chen eingefuͤhrt wurde, wie in der Italiaͤni-
ſchen Oekonomiegeſchichte gezeigt werden ſoll.
Wenn man den Seidenmanufacturen nachge-
hen ſollte, ſo finden ſich ſchon in der Mitte des
15ten Jahrhunderts im J. 1453 im Buͤrger-
buche und dem Steuerregiſter der Stadt Augs-
purg Sydenaͤer; allein wahrſcheinlich erhielten
dieſelben die Materialien dazu aus Italien. a)
Die aͤlteſten Spuren von der Anpflanzung des
Maulbeerbaums in Deutſchland findet ſich ge-
gen das Ende des ſechzehnten Jahrhunderts. H.
Nicolai fuͤhrt in ſeiner Beſchreibung von Ber-
lin
[283] lin aus Leutholds Leichenpredigt auf die Prin-
zeßinn Eliſabeth Magdalena, eine Tochter
Churfuͤrſt Joachims II. welche als verwittwete
Herzoginn zu Braunſchweig lange in Berlin
lebte, und 1595 ſtarb, daß ſich dieſelbige ſchon
mit der Seidenwuͤrmerzucht beſchaͤftiget, und
alſo wahrſcheinlich ſchon damals Maulbeerbaͤu-
me vorhanden geweſen. b) D. Andreas Liba-
vius pflanzte ihn 1599 zu Rothenburg an der
Tauber an, doch war dieſes blos ein Verſuch im
Kleinen. Er fand alſo, daß das Deutſche Clima
dem Maulbeerbaum nicht ganz unguͤnſtig ſey,
welches in neuern Zeiten der Abt Sauvages
noch naͤher beſtimmt hat. Einen wichtigern
Schritt that hierinne der Churfuͤrſt von Maynz,
Johann Philipp, welcher zu Veytshochem der-
gleichen Pflanzungen ins groͤßere unternahm,
wobey ihn die guͤnſtige Lage des Orts in Anſe-
hung des Himmelſtrichs unterſtuͤtzte. Er leg-
te nicht nur mit Gluͤck viel Maulbeerbaͤume an,
ſondern munterte auch die Induſtrie auf, in-
dem er fuͤr diejenigen, und ſonderlich fuͤr die
Bauerkinder, die die meiſte Seide ſammeln
wuͤrden, Preiſe ausſetzte. c) Aehnliche An-
ſtalten
[284] ſtalten wurden auch in dem Wuͤrzburgiſchen bey
Wuͤrzburg gemacht. Dieſe neue Cultur ver-
breitete ſich bald weiter. Der Herzog von
Wuͤrtemberg, Friedrich, legte bey Neuſtadt
eine Plantage an, und brachte es in kurzem zu
einer ziemlichen Vollkommenheit, wie uͤber-
haupt in den damaligen Zeiten der Oekonomie-
zuſtand dieſes Landes bluͤhete. Man errichtete
ein Haus zu Seidenmanufacturen, in welchem
die Seide abgewunden, geſponnen und gewebt
wurde, und verfertigte allein auf 24 Stuͤhlen
ſeidene Struͤmpfe. Dennoch konnte man es
nicht ſo weit bringen, daß es ein auswaͤrtiger
Handelsartikel wurde. Die Manufacturen die-
ſer Art waren in Frankreich ſchon zu gut einge-
richtet, und dieſen neuen Anſtalten noch zu
wenig in Verbindung und Gang, die Arbeiter
nicht ſo haͤufig, und dadurch der Arbeitslohn
hoͤher, als daß ſie durch gleiche Wohlfeilheit
den auswaͤrtigen haͤtte das Gleichgewichte hal-
ten koͤnnen; daher ſich jene immer erhielte und
dieſe Manufacturen wieder vernichtete: indeſ-
ſen kam der Seidenbau in dieſem Lande doch
unter dem Herzog Carl wieder in Aufnahme.
Im Oeſterreichiſchen wetteiferte man ziemlich
fruͤhzeitig. In Sachſen that gegen Ende des
ſiebenzehnten Jahrhunderts im J. 1676. ein
gewiſſer Daniel Kraft Vorſtellung wegen einer
Seidenmanufactur. Er zeigte, wie unſer Cli-
ma fuͤr den Maulbeerbaum gar nicht nachthei-
lig ſey, und daß dieſer Baum dem Froſte weit
weni-
[285] weniger unterworfen ſey, und weniger von ihm
litte, als andere Baͤume. Er machte Verſu-
che mit Maulbeerbaͤumen in ſeinem Garten,
und fand, daß in zwey ſtarken Wintern viel
andere Baͤume erfroren, aber von den jungen
Maulbeerbaͤumen nichts zu Grunde gegangen.
Er machte noch fernere Verſuche mit niedri-
gern Pflanzungen, um nicht auf den langſa-
men Wuchs der Baͤume zu warten, und fand,
daß die vom Saamen aufgeſchoſſene Maulbeer-
ſtauden ſchon im zweyten Jahre zur Fuͤtterung
der Seidenwuͤrmer zu gebrauchen.
Allein er ſcheint nicht gluͤcklich geweſen zu
ſeyn. Große Verdienſte und viele Bemuͤhung
in der Einrichtung der Seidenzucht und Manu-
facturen dankt Deutſchland dem beruͤhmten
Becher, einem Mann, der große Dinge er-
fand, und nicht weniger faͤhig war, ſie auszu-
fuͤhren. Aber Deutſchland war imer undank-
bar gegen ſeine wuͤrdigſten Maͤnner, welche
nachher oft von andern Nationen angebetet wur-
den. In der Pfalz und im Oeſterreichiſchen
war er noch am gluͤcklichſten. In der erſtern
raͤumte ihm der Churfuͤrſt Carl Ludwig bey
Heidelberg ein wuͤſtes Stuͤck Landes zu 20000
Maulbeerbaͤumen ein. In dem Oeſtreichiſchen
veranlaßte der Fuͤrſt Carl von Lichtenſtein, daß
er zu Feldsberg Maulbeerbaͤume und eine Sei-
denzucht anlegte, wovon der Baron von Schroͤ-
ter ſagt, daß ſie noch jetzo daure, und jaͤhrlich
viel
[286] viel Seide daſelbſt geſponnen werde. d) Al-
lein Kriege und Verwuͤſtungen, die ihn beglei-
ten, richteten die meiſten dieſer Anſtalten zu
Grunde. Vieles trug auch der Mangel an Ar-
beitern und an andern Anſtalten bey, indem
man die Sache nicht genugſam unterſtuͤtzte,
und ſie nicht ins große zn betreiben ſuchte. Auch
wurden die auslaͤndiſchen Kaufleute eiferſuͤchtig
und legten Hinderniß in den Weg, aus Eifer-
ſucht, weil ihr Handel wuͤrde gelitten haben,
wenn man es in Deutſchland zu einem hohen
Grade von Vollkommenheit gebracht haͤtte.
Daher hatten dieſe Anſtalten ſelbſt zu Anfange
dieſes Jahrhunderts noch kein großes Gluͤck ge-
macht, oder waren gar gaͤnzlich zu Grunde ge-
richtet. Am beruͤhmteſten ſind in dem Oeſt-
reichiſchen noch jtzt die Seidenplantagen zu Ro-
boredo eine Stadt an dem Fluße Len an der
Italiaͤniſchen Graͤnze, welche unſtreitig die
Nachbarſchaft von Italien beguͤnſtigten, und da-
her ſie auch ſelbſt ins Große getrieben wurden.
In dem Brandenburgiſchen machte man zu
Anfange des jtzigen Jahrhunderts die nach-
druͤcklichſten Anſtalten, welche noch jtzt fort-
dauern. In Berlin war, wie Hr. Nicolai be-
merkt, der Rector Johann Leonhard Friſch der
erſte, der ſich die Einrichtung der Maulbeer-
plan-
[287] plantagen und Erziehung der Seidenwuͤrmer
mit großen Eifer angelegen ſeyn ließ. Er leg-
te zuerſt 1708 einen Maulbeergarten an, wel-
cher noch unter dem Nahmen des Friſchiſchen
bekannt iſt. Es folgten noch verſchiedene Pflan-
zungen und unter andern auch 1738 die Plan-
tage, welche der Oberinſpector Habermars an-
legte, und der Seidenbau der Realſchule zu Ber-
lin in dem Garten derſelben. Auf ſeine Veranlaſ-
ſung ließ die Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu
Berlin, deren Mitglied er war, die Waͤlle um Ber-
lin und Spandau mit Maulbeerbaͤumen bepflan-
zen. Er hatte auch zuerſt die Idee, die Kirchhoͤfe
in Staͤdten und Doͤrfern damit zu beſetzen, wel-
ches hernach durch koͤnigl. Edikte im ganzen Lan-
de befohlen und allgemein gemacht wurde. Der
Koͤnig Friedrich I. pflanzte zu Potsdam, Koͤ-
poͤnik, Spandau und andern Orten Maulbeer-
plantagen, und die Akademie der Wiſſenſchaf-
ten zu Berlin erhielt den Auftrag, beſtaͤndig
fuͤr den Seidenbau zu ſorgen. Es erſchien auch
hierauf von einem Mitgliede derſelben 1713.
eine Schrift unter dem Titel: Der Seidenbau
nach ſeiner Moͤglichkeit und Wirklichkeit, wor-
inne man die Vorurtheile, welche dieſem Ge-
ſchaͤfte entgegen ſtehen konnten, zu heben und
zugleich Unterricht in der Behandlung zu er-
theilen bemuͤhet war. Die Regierung unter-
ſtuͤtzte die Bemuͤhungen der Akademie durch
Verordnungen, Aufmunterung und Preiſe.
So finden ſich von dem Jahre 1714 eine Ver-
ordnung
[288] ordnung wegen Befoͤrderung des Seidenbaues,
1716 ein Patent wegen Pflanzung der Maul-
beerbaͤume zur Befoͤrderung der Seidenzucht,
welches alle Staͤnde ermuntert, den Seiden-
bau und die Maulbeerzucht fleißig zu betreiben.
Ein anders von 1719 wegen Bepflanzung der
Kirchhoͤfe mit Maulbeerbaͤumen, ein Reſcript
von 1731. wegen Pflanzung der Maulbeerbaͤu-
me, ein Edikt von 1742 wegen Anlegung der
Plantagen von Maulbeerbaͤumen; 1745 ſchuͤtz-
te man die Plantagen durch ein Edikt, wel-
ches diejenigen beſtraft, welche dieſelben beſchaͤ-
digten; und 1750 ergieng ein Reglement we-
gen Fortſetzung der Maulbeerplantagen und des
Seidenbaues in Pommern, wo man denſelbi-
gen nun auch anfieng auszubreiten.
In dieſen Verordnungen wurde unter an-
dern zum beſten des Seidenbaues feſtgeſetzet,
daß Seidenwuͤrmereyer aus Italien gebracht,
und unentgeldlich ausgetheilt werden ſollten, daß
Leute beſtellt wuͤrden, denſelben zu lehren, daß
zur Fuͤtterung Waiſenknaben, Schuͤler und an-
dere gebraucht wuͤrden; man legte 1721 viel
dergleichen Pflanzungen auf Kirchhoͤfen an, und
munterte die Prediger Kirchen- und Schuldie-
ner auf dem Lande zum Seidenbau auf und uͤber
die im Lande gewonnene Seide jaͤhrlich Tabel-
len einzuſchicken, wie die gewonnene Seide zum
Verkauf anzubringen, zur Aufmunterung deſſel-
ben befreyete man die einheimiſche Seide von
allen Zollen und Abgaben; befoͤrderte die Anle-
gung
[289] gung der Manufacturen, und erlaubte zu deren
Behuf noch die Einfuhr fremder roher Seide,
um das angehende Manufacturweſen nicht aus
Mangel der rohen Materialien zu unterbrechen
und zu hemmen, eine Vorſicht, welche man
bey Einfuͤhrung der Cultur fremder Produkte,
denen man durch angelegte Manufacturen Ab-
ſatz und Ermunterung verſchaffen will, jeder-
zeit beobachten ſollte, um nicht ſeinen Zweck zu
verfehlen.
Die Seidenmanufacturen im Brandenbur-
giſchen waren ſchon durch den großen Churfuͤrſt
Friedrich Wilhelm einigermaßen begruͤndet,
welcher die Reformirten, die aus Frankreich
der Religion wegen entwichen, aufnahm, und
ſie zur Errichtung der Fabriken und Manufac-
turen in ſeinem Lande ermunterte. Allein ſein
Sohn Friedrich I. gieng viel weiter. Er er-
bauete Manufacturhaͤuſer auf koͤnigliche Koſten
fuͤr die Seidenmanufacturen, ſonderlich das
Seidenmagazin, und legte dazu einen Fond
von faſt 100000 Thl. nieder; aus demſelben
wurde fremde Seide angekauft, ſo wie auch die
inlaͤndiſche von denen, die ſich mit Abhaſp ce-
lung und Zubereitung nicht abgeben. Aus die-
ſer Niederlage bekommen die Manufacturen
Seide auf Credit, große auf 9, kleine auf 6
Monate gegen Proviſion; auch war ihnen er-
laubt, ſich unmittelbar auswaͤrtige zu verſchrei-
ben, welche doch aus dem koͤnigl. Seidenma-
gazin bezahlt wurde. Das koͤnigl. Verguͤtungs-
Tcomptoir
[290] comptoir giebt den Seidenmanufacturiſten eine
Verguͤtung von 8 oder 6 Procent des innern
Werths der verfertigten Seide.
Um das Jahr 1730 legte der Schutzjude
David Prager in Potsdam eine Sammetma-
nufactur an: er verſchrieb dazu zwey Schwei-
zer und einen Leipziger Seidenweber Hollinger,
der die Manufactur voͤllig in Stand ſetzte; ein
Beweis, daß die Seidenmanufacturen in Sach-
ſen eher bluͤheten, ob man gleich in Sachſen
um dieſe Zeiten noch keine Spuren von großen
Maulbeerpflanzungen und Seidenzucht findet.
Zu gleicher Zeit errichtete ein Refugier Bour-
guignon eine Seidenmanufactur zu Berlin.
Der jetzige Koͤnig befoͤrderte ſonderlich den Sei-
denbau durch viele Edikte. Er ließ Planteurs
zur Maulbeer- und Seidenzucht verſchreiben,
gab ihnen Penſionen, und uͤbergab ihnen
Kinder aus Waiſenhaͤuſern, welche ſie in Pflan-
zung der Baͤume und Wartung der Wuͤrmer
unterrichten mußten. Auch werden jaͤhrlich
Eyer und Maulbeerſaamen ſowohl aus der
Fremde verſchrieben, als auch einheimiſche an
diejenigen, die Luſt dazu haben, vertheilt, be-
ſonders an die Prediger und Kuͤſter auf dem
Lande, von denen auch die, welche die meiſte
Seide ziehen, Preiſe erhalten; und noch neuer-
lich theilte der verdienſtvolle Miniſter von Herz-
berg dergleichen aus. Durch dieſe Ermunte-
rungen hat ſich der Seidenbau in dem Bran-
denburgiſchen ſehr ausgebreitet. Schon in den
Jahren
[291] Jahren 1744, 1745 und 1748. verarbeitete die
Gold- und Silberfabrike nebſt der Sammet-
fabrike des Juden Hirſch uͤber 700 Pfund Land-
ſeide. Im Jahre 1748 war die ganze Erndte
698 Pfund, wozu blos die Chur- und Neumark
beynahe 600 Pf. lieferten. Im Jahre 1750
wurde in der Neumark 505 Pf. Seide gewon-
nen. Im J. 1751 gab die Churmark allein
1100 Pf. und die Neumark uͤber 100 Pfund.
Im J. 1752 war der ganze Ertrag 1555 Pf.
24 Loth; im J. 1754 aber 2636 Pf. 30 Loth,
und 1755. 2042 Pf. 6 Loth. Der verderb-
liche Krieg, der auch die Brandenburgiſchen
Lande verwuͤſtete, machte einen Stillſtand in
dieſem Geſchaͤfte, und die Verheerungen richte-
ten viele Anſtalten zu Grunde. Allein nach
demſelben war der Seidenertrag, wozu Preuſ-
ſen, Litthauen und die weſtphaͤliſchen Provin-
zen faſt gar nichts beytrugen, folgender
- Im J. 1765 2542 Pfund 22 Loth.
- — — 1766 2354 — 15 —
- — — 1767 2695 — „ —
- — — 1768 4006 — 22 —
- — — 1769 4210 — 22 —
- — — 1770 4128 — 6½ —
- — — 1771 4704 — 12 —
- — — 1772 4276 — 15 —
- — — 1773 6205 — 25 —
In der Neumark allein wurde 1774, 3570
Pf. gewonnen. In dem J. 1779 wurde in
allen preußiſchen Staaten 120 Cent. Seide ge-
T 2won-
[292] wonnen. Den guten Fortgang dieſes Ge-
ſchaͤfts haben die Brandenburgiſchen Lande un-
ſtreitig unter andern auch der Einrichtung zu
danken, daß man ſonderlich die Landgeiſtlichen
dazu nahm, indem dieſe am meiſten faͤhig ſind,
Unterricht anzunehmen, und den andern mit-
zutheilen; ſie haben unter den Landleuten das
meiſte Anſehen, und die beſte Gelegenheit,
dergleichen Kenntniſſe immer mehr auszubrei-
ten. Bis zum J. 1766 bekamen 5 Prediger, die
die meiſte Seide gezogen hatten, Belohnungen;
jetzo aber alle Unterthanen, welche mehr als im
vorhergehenden Jahre gewinnen, fuͤr jedes Pf.
12 Groſchen.
Auf dieſen ſo gluͤcklichen Seidenbau in dem
Brandenburgiſchen gruͤnden ſich die vielen und
vorzuͤglichen Seidenmanufacturen, welche ſich
unter der Regierung des jetzigen großen und wei-
ſen Friedrichs ſo anſehnlich vermehrt haben,
daß vom 1 Junius 1774 bis May 1775 den
Seidenmanufacturiers uͤber 58000 Thl. blos
auf ganz ſeidene Waaren verguͤtet worden.
Noch 1766. ließ derſelbige ein beſonderes Re-
glement fuͤr die Seidenmanufacturen ergehen,
worinne die Laͤnge, Breite und Guͤte der Waa-
ren beſtimmt wird. Nach H Nikolai in ſeiner
Beſchreibung der Reſidenzſtadt Berlin und
Potsdam waren im J. 1777, zu Berlin 865
Stuͤhle, zu Frankfurt an der Oder 77, und zu
Koͤpenik 27; ſo nennt er auch die vorzuͤglichſten
Seidenmanufacturiers im 1ten Th. S. 378.
deren
[293] deren gegen Ende des beſagten Jahres 38 al-
lein zu Berlin waren. Einen großen Vortheil
erhielten die Manufacturen durch die Bemuͤ-
hungen des Staatsminiſters, Freyherrn von
Horſt, welcher denſelben eine Moirmaſchine
verſchaffte, und einen jungen Menſchen Maſſe-
nau nach London reiſen ließ, um die Kunſt, ſei-
dene Zeuge zu moiren, zu erlernen. Er ließ
die Moirmaſchine und ein dazu beſtimmtes Haus
erbauen, und ſchenkte beydes dieſem Maſſenau.
Auch ein Manufacturier Treitſchke hatte der-
gleichen, welche aber jetzt unbrauchbar ſeyn ſoll,
weil die jetzigen Beſitzer das Geheimniß nicht
erhalten koͤnnen. Auf den 865. Stuͤhlen zu
Berlin, welche 1777, 38 Manufacturiers un-
terhielten, wurden 21559 Stuͤck Sammet
und ſeidene Zeuge gefertiget, deren Werth
1170790 Thl. betraͤgt; ein vorzuͤglicher Be-
weis von dem gluͤcklichen Fortgang eines Ge-
ſchaͤftes, das vor einem Jahrhunderte in dieſen
Gegenden vielleicht vielen unmoͤglich ſchien.
Sachſen hatte weit eher Seidenmanufactu-
ren als Seidenbau; die Brandenburgiſchen
wurden vorzuͤglich Anfangs durch einen Saͤch-
ſiſchen Seidenweber Hollinger aus Leipzig ein-
gerichtet und in Ordnung gebracht, und erhiel-
ten auch nach dem Kriege, der ſich mit dem
Hubertsburger Frieden endigte, ſo wie die Oe-
ſterreichiſchen, verſchiedene Vermehrungen durch
Saͤchſiſche Manufacturiers, wiewohl ſich auch
aͤltere Spuren von den Bemuͤhungen der Re-
T 3gie-
[294] gierung fuͤr dieſes Geſchaͤft finden, als in dem
Brandenburgiſchen. Denn ſo ergiengen ſchon
im J. 1704 vom 19 Sept. und 23ſten De-
cember, ingleichen vom 22 May 1705, Re-
ſcripte in die Churſaͤchſiſchen Lande wegen Pflan-
zung weißer Maulbeerbaͤume; aber man findet
nicht, daß ſie von wichtigen und gluͤcklichen Fol-
gen geweſen, worinnen ihnen wahrſcheinlich die
noch zu großen Vorurtheile hinderlich waren.
Vorzuͤglich bluͤheten in Sachſen die halbſeidenen
Manufacturen, wegen ihrer Verbindung mit
den wollenen, in deren Beſitz Sachſen ſchon
laͤngſt war. Allein es erhielt die rohe Seide
dazu von den Auswaͤrtigen durch den Handel.
Man fieng aber nun um das Jahr 1746 ernſt-
haft an, den ſchon ehemaligen Vorſchlag eines
gewiſſen Krafts auszufuͤhren, und machte 1746
zu Leipzig zum Nutzen des Waiſenhauſes einen
ernſthaften Anfang. Bald darauf uͤbernahm
die Regierung die Sorge fuͤr denſelben in An-
ſehung des ganzen Landes, und empfahl ihn
1754 durch eine nachdruͤckliche Verordnung,
welche ſie ins Land ergehen ließ. Und je mehr
Verdienſte von dieſer Art Vortheile fuͤr ein Land
und deſſen Induſtrie haben koͤnnen, um deſto
mehr verdienen die Namen dererjenigen der
Vergeſſenheit entriſſen zu werden, welche ſie
ſich machten. Der Hr. Oberforſtmeiſter von
Sperling in Balgſtaͤdt bey Freyburg verſchrieb
1755. 2 Pfund Maulbeerſamen aus Italien,
und ſaͤete ihn; er verſetzte 1757 die Pflanzen
in
[295] in Hecken; 1760 konnte er ſchon zwey Loth
Seidenwuͤrmer bequem fuͤttern. Der Krieg,
der alle Kuͤnſte des Friedens hinderte, hatte
auch fuͤr den Seidenbau nachtheilige Folgen.
Allein es wurden 1763 von neuem Verſuche mit
3½ Loth Seidenwuͤrmern gemacht; er gewann
von dieſen 5½ Pf. geſponnene Seide, wel-
che verhaſpelt wurde, und er behielt 7½ Loth
Saamen zum Aufſatz. Zu dieſen 5½ Pf. ge-
ſponnener Seide nahm man 3 Pf. aufbehalte-
ne, und fertigte daraus in Freyburg ein Stuͤck
ſeidenen Zeug von 50 Ellen, und ein anderes
von 30 Ellen. e) Nach dem Hubertsburger
Frieden ergieng eine oͤffentliche Anweiſung zum
Maulbeerbau. Die Seidenmanufacturen ka-
men in Sachſen vorzuͤglich nach dem Kriege
ſehr in Flor, ſo wie auch die Plantagen. Blos
aus der zu Leipzig zog die Rabiſche Manufac-
tur 100 Pf. Seide. Zu Koͤnigsbruͤck war eine
andere Plantage, welche 40 und mehrere Pf.
lieferte; welches zwar fuͤr die Beduͤrfniſſe der
Fabrik noch lange nicht zureichend war, da die-
ſelbe jaͤhrlich 5 bis 6000 Pf. Seide verarbei-
tete. f) Man ſparte keine Koſten, die Ge-
T 4heim-
[296] heimniſſe der Italiaͤner auszuforſchen, und
ihre Erfindung des Filatorium auch fuͤr die
Saͤchſiſchen Fabriken zu benutzen. Das Fila-
torium iſt eine Maſchine, welche die Seide ab-
windet und auch zwirnet. Es iſt zu Bologna,
wo es erfunden worden; es iſt ſehr groß, koſt-
bar und muͤhſam, iſt ſehr zuſammengeſetzt, und
beſtehet aus vielen Zaͤhnen und Getrieben.
Die Italiaͤner halten es ſehr geheim, und es
ſoll bey Strafe des Haͤngens verboten ſeyn,
daſſ[e]lbe Jemandem zu zeigen. Dennoch fand
Becher dergleichen zu Muͤnchen, welches aber
wegen der Unterhaltungskoſten, welche ſehr hoch
ſich beliefen, nicht geachtet wurde. Indeſſen
beweiſt dieſes, daß man im vorigen Jahrhun-
derte im Bayeriſchen auf die Seidenmanufac-
turen bedacht geweſen ſeyn muß. Auch die er-
waͤhnte Rabiſche gelangte durch ausgeſchickte
genaue Beobachter zu dieſer Erfindung, und
legte ein Filatorium nach dem zu Bologna zu
Torgau
f)
[297] Torgau an, ein Kunftwerk, fuͤr das ſelbſt die
feindlichen Heere Achtung hatten, und es nicht
zerſtoͤrten, ſondern durch eine Wache ſicherten.
Ueberhaupt aber ſind um und zu Torgau viele
Anſtalten zum Seidenbau und Manufacturen,
anſehnliche Pflanzungen und Arbeitshaͤuſer, und
andere hieher gehoͤrige Einrichtungen. Noch
jetzt verbindet man auf der Allee zu Leipzig Nu-
tzen und Vergnuͤgen. Die Hecken nebſt dem
groͤßten Theile der Allee ſind von Maulbeer-
pflanzungen; und ſo wenig dieſelben auch zu
Spaziergaͤngen geſchaffen zu ſeyn ſcheinen, da
ſie wenig Schatten geben, keinen guten und
geraden Wuchs haben, und ſpaͤt ausſchlagen,
ſo iſt es doch immer weiſer, das Vergnuͤgen
dem oͤffentlichen Vortheile und Nutzen nachzuſe-
tzen, als dieſen zu vernachlaͤßigen, zumal da ein
großer Theil dieſes Spazierganges uns durch
Linden entſchaͤdiget.
Obgleich nun die vorher angefuͤhrten Seiden-
manufacturen durch Ungluͤcksfaͤlle und fremde
Hinderniſſe ihren Untergang fanden, ſo konn-
te doch der einmal in Sachſen ausgeſtreute Saa-
men nicht unterdruͤckt werden; daher finden ſich
an verſchiedenen Orten, zu Weißenfels und zu
Torgau dergleichen; in vielen gebuͤrgiſchen
Staͤdten, und vorzuͤglich an der Boͤhmiſchen
Graͤnze zu Sebnitz, ſind viele halbſeidene, die
in Sachſen ſchon laͤngſt bluͤhen. Leipzig hat
noch viele Seidenmanufacturen, vorzuͤglich in
T 5Sam-
[298] Sammet und Struͤmpfen. Die letztern verviel-
faͤltigten ſich durch den Untergang der Heißi-
ſchen, In dem auf hohen Befehl 1770 er-
gangenen Avertiſſement, worinne von neuem
zum Maulbeer- und Seidenbau ermuntert, und
das Mandat vom J. 1754 wiederholt wird, ſind,
beſonders in dem letztern, die Rittergutsbeſitzer,
Armen- und Waiſenhaͤuſer, Hoſpitaͤler und
andere milde Stiftungen, wie auch die Stadt-
raͤthe und Communen zu Beſetzung ihrer leeren
und Gemeineplaͤtze mit weißen Maulbeerbaͤu-
men, als auch zur Betreibung des Seidenbaues
vor andern ermuntert worden. Man ermun-
terte durch Preiſe noch mehr, da man demje-
nigen, der jaͤhrlich mehr als in dem vorherge-
henden Jahre an reiner Seide gewinnen und
dieſes durch gerichtliche Zeugniſſe beweiſen wuͤr-
den, fuͤr jedes Pf. zuerſt oder mehr gewonne-
ner Seide 12 Groſchen zur Belohnung ver-
ſprach. Zur Aufmunterung und Befoͤrderung
des Nahrungsſtands uͤberhaupt war eine Praͤ-
mienkaſſe errichtet, woruͤber die Landesoͤkono-
mie-Manufactur- und Commerciendeputation
die Aufſicht hatte, und aus welcher dieſe Prei-
ſe bezahlt wurden. Die naͤmliche Deputa-
tion hatte auf hoͤchſten Befehl fuͤr Anſchaffung
weißen Maulbeerſaamens und Seidenwuͤrmer-
eyer geſorgt, um mit beyden zu Anfange den
beduͤrftigen Unterthanen, ſo dergleichen verlan-
gen, gegen obrigkeitliche Atteſtate auch ohne
einige Bezahlung, jedwedem Inlaͤnder aber,
der
[299] der es verlangte, gegen Erſtattung der Unko-
ſten an die Hand zu gehen.
Man machte neuerlich zu Leipzig einen Ver-
ſuch mit der Seidenwuͤrmerzucht im Freyen.
Es geſchah im J. 1775; und ungeachtet des
ſchlechten Sommers in dieſem Jahre, hielten
ſie es doch aus, welches ein deutlicher Beweis
iſt, daß die noͤrdlichen Gegenden dieſer Cultur
nicht ſo zuwider ſind, als man gewoͤhnlich glaub-
te. Ueberhaupt haben neuere Beobachtungen
gezeigt, daß zwiſchen den Gegenden von China
und den Piemonteſiſchen Gebirgen, wo die
meiſte Maulbeerzucht und Seidenbau iſt, und
zwiſchen unſerm Clima wenig oder gar kein Un-
terſchied ſey, und daß alſo die gegenſeitige
Meynung als ein Vorurtheil ganz zu verwer-
fen iſt. Ich halte dieſe Anmerkung fuͤr deſto
noͤthiger, da nur noch vor einiger Zeit in ei-
nem unſerer Journale eine gegentheilige Be-
merkung gemacht war, daß man naͤmlich die
Einwohner in Brandenburgiſchen Gegenden
in dieſem Stuͤcke nicht zu Nebenbuhlern der von
Granada machen koͤnne.
Man hat auch in den neuern Zeiten durch
verſchiedene Erfahrungen gefunden, daß die
Seide, welche von den lebendigen Cocons ab-
gewunden wird, feiner iſt, als die von den im
Ofen erſtickten und nachher erſt abgewundenen:
eine wichtige Entdeckung fuͤr die Seidenmanu-
facturen in Deutſchland, wenn man durch ge-
naue Erfahrungen bis zu einem Grade der Ge-
wißheit
[300] wißheit die Zeit beſtimmet, wenn ſie ſich
durchfreſſen, und ſie alsdenn bey Zeiten ab-
windet.
Man hat in Sachſen noch in verſchiedenen
Gegenden Maulbeerpflanzungen angelegt. So
hat man bey Dresden neuerlich angefangen auf
eine halbe Viertelmeile im Umfange Maulbee-
ren zu pflanzen. So wurden in dem angefuͤhr-
ten Avertiſſement von 1770 die Gegenden an-
gefuͤhrt, wo er in Sachſen betrieben wird: es
werden daſelbſt genannt Leipzig, Hoſterwitz, wo
das Churfuͤrſtliche Maulbeerbaumplantagengut
iſt, und wo auch fuͤr Unterricht zum Abhaſpeln
geſorgt wird, Koͤnigsbruͤck, Woͤlkau, Dah-
len, Balgſtaͤdt, Oelzſchau, Seyda, Meißen,
Torgau, Grimma, Rochlitz, Budißin, Goͤr-
litz; wozu auch noch Merſeburg geſetzt werden
kann, wo ſich auch eine Maulbeerpflanzung be-
findet. Der Seidenbau g) befindet ſich in der
Oberlauſitz, vorzuͤglich in Ullersdorf bey Goͤr-
litz, und in Goͤrlitz ſelbſt, am beſten. Man
machte, nachdem der gnaͤdigſte Befehl dieſe
Cultur in Vorſchlag brachte, hie und da Ver-
ſuche, vorzuͤglich in Goͤrlitz, wo der Rath nie
Koſten ſpart, um Polizey und neue Unterneh-
mungen zu beguͤnſtigen; allein es gieng nicht,
indem man Leute traf, die das Werk nicht ver-
ſtanden. Endlich kam im J. 1777 ein Ita-
liaͤner Ciappone dahin, legte eine Pflanzung an,
und
[301] und hatte das erſte Jahr weit weniger Scha-
den, als er ſich vorgeſtellt hatte. Der Rath
raͤumte ihm ganze Diſtricte zu den Maulbeer-
baͤumen ein; viele waren ſchon da, und er konn-
te gleich im erſten Jahr eine ſehr große Zahl
Wuͤrmer auslaufen laſſen. Er verſichert, daß
kaum in Italien eine Gegend ſo gut und be-
quem ſey, als bey Goͤrlitz. Seine Vorgaͤnger
hatten blos Maulbeerbaͤume mit ſchwarzen Bee-
ren gepflanzt, und ſie fuͤr beſſer gehalten; er
aber zog die mit weißen Beeren vor. Jene
hatten nie Blaͤtter genug; und er behielt bey
einer groͤßern Anzahl Wuͤrmer, bey der naͤm-
lichen Anzahl Baͤume, noch Blaͤtter uͤbrig.
Den Saamen zu den Baͤumen verſchrieb er
ſich aus Italien. Der Rath baute ihm in dem
einen Zwinger ein Haus mit 2 Keſſeln. Jetzt
hat er eine Penſion vom Hofe, die er auch ver-
dient, da er nicht, wie ſeine Vorgaͤnger, Vor-
ſchuß verlangt hat. Da die daſigen Einwoh-
ner mit dem Abwinden der Cocons nicht umzu-
gehen wußten, ſo brachte er eine Weibsper-
ſon aus Torgau mit, welche dieſelben unter-
richten mußte.
Auch in den uͤbrigen deutſchen Landen ſuchte
man entweder die ſchon ehemals gemachten
Einrichtungen hervor, oder ahmte den Bey-
ſpielen, die man vor ſich hatte, nach. In der
Grafſchaft Hanau legte Jean d’Aunant ſchon
1723 dergleichen Pflanzungen an h), und nicht
erſt
[302] erſt 1736, wie neuerlich angegeben wurde.
Man pflanzte um Hanau herum viel Baͤume,
die ein vortreffliches Wachsthum erhielten, und
vorzuͤgliche Seidenzucht verſprechen.
In dem Zweybruͤckiſchen rechnet man auf
100000 Maulbeerbaͤume, welche durch die
Vorſorge des Hofs und der von ihm errichteten
Oekonomiedeputation angepflanzt wurden. So
hat man auch in der Churpfalz von neuem ſchon
uͤber 100000 Maulbeerbaͤume verſetzt; die
aͤlteſten ſtehen auf der Chauſſee zwiſchen Man-
heim und Schwetzingen; ſo bauet man auch
viele bey dem Dorfe Neckerau. Man bedien-
te ſich in der Churpfalz zur Befoͤrderung des
Seidenbaues eines vorzuͤglichen und nachah-
mungswuͤrdigen Mittels. Man richtete naͤm-
lich Seidenmanufacturen an durch eine Geſell-
ſchaft, welcher man die Seiden- und Maul-
beerzucht uͤberhaupt uͤberließ. Es erhielt die-
ſelbige 1771 auf 20 Jahr das ausſchlieſſende
Recht, Seidenzucht, Maulbeerplantagen und
Strumpfmanufacturen anzulegen, doch mit der
Bedingung, daß ſie waͤhrend dieſer Zeit 200000
Maulbeerbaͤume anziehen, den jaͤhrlichen Fort-
gang beſcheinigen, die Unterthanen in dem
Baue und der Seidenzucht ordentlich unterrich-
ten laſſen, und daher bey jeden 10000 Baͤu-
men einen Aufſeher und Lehrer auf ihre Koſten
beſtellen ſollten, der die Unterthanen, denen
die Cultur uͤberlaſſen iſt, unterrichten ſollte.
Man hat dieſes Mittel mit dem, das man in
dem
[303] dem Brandenburgiſchen anwendete, verglichen,
und warf den Pfaͤlziſchen Anſtalten vor, daß
ſie mit einem Monopol verbunden waͤren, wel-
ches dem Lande allezeit nachtheilig ſey, und von
der Politik verworfen werde, weil es nur einige
auf Koſten anderer bereichere, die Induſtrie
und die Ausbreitung derſelben hemme, und
ſelbſt die Vermehrung der Manufacturen die-
ſer Art und der damit in Verbindung ſtehenden
hindere. Man zog die Brandenburgiſchen
weit vor, welche naͤmlich durch Pflanzen, durch
Unterricht und angeſtellte Lehrer, durch die
Geiſtlichen und Schuldiener auf dem Lande,
und durch Preisaustheilungen dieſes Geſchaͤft
zu verbreiten ſuchten. Allein ich glaube nicht
ohne Grund, daß man zu weit gehe, wenn
man die erſten Anſtalten ganz verwerfe. Die
letzten ſetzen eine reiche Cammer voraus, und
wenn nicht die Manufacturen dabey beſonders
unterſtuͤtzt und durch große Vorſchuͤſſe und Auf-
wand beguͤnſtiget werden, ſo wird der Zweck
nicht erreicht. Hiezu kommt noch, daß das
Land eine gute Bevoͤlkerung haben muß; wo
aber dieſe Umſtaͤnde nicht ſind, wird nicht da
das Pfaͤlziſche Mittel Vorzuͤge haben? Es iſt
wahr, es uͤbergiebt das Gewerbe nur einigen
wenigen: allein dieſe treibt auch ihr eigenes
Intereſſe weit mehr an zur Befoͤrderung des
Gewerbes, als die erkaufte Sorgfalt der Auf-
ſeher der Regierung; die noͤthigen Kenntniſſe des
Geſchaͤftes werden unter die Unterthanen aus-
gebrei-
[304] gebreitet, ohne daß die nicht genug reiche Cam-
mer Vorſchuͤſſe und Ausgaben darauf zu wen-
den braucht. Auch iſt ja das ſo gefuͤrchtete
Monopolium auf gewiſſe Jahre eingeſchraͤnkt,
und die Regierung kann bey der Errichtung
deſſelben das allgemeine Beſteſtets vor Augen ha-
ben, und darnach die Graͤnzen und den Umfang
deſſelben beſtimmen. Die erſte Seidenfabrik
wurde unter der jetzigen Regierung nach dem
Bericht des Hrn. Geh. R. von Fontaneſi, des
Chefs der Fabrik- und Manufacturcommißion,
1766. zu Manheim errichtet, allein wegen der
theuren Lebensart von da 1770 nach Franken-
hauſen, den vorzuͤglichſten Pfaͤlziſchen Fabrik-
ort, verlegt. Die Seidenſtrumpffabrik arbeitet
ſeit 1771. Der Churfuͤrſt unterhaͤlt zum Behuf
aller und vorzuͤglich auch der Seidenmanufac-
turen eine Woll- und Seidenfaͤrberey.
In den Oeſterreichiſchen Landen, wo man
ſchon in den aͤltern Zeiten, wie ich oben bemerkt
habe, dergleichen Pflanzungen hatte, welche
auch zum Theil noch dauern, wendete man in
unſern Zeiten deſto mehrere Aufmerkſamkeit dar-
auf, da verſchiedene Laͤnder dieſes Hauſes eine
ſo vorzuͤgliche Lage dazu haben, und man ſich es
zum Geſetz gemacht zu haben ſcheint, die ſchon
laͤngſt vergeſſenen guten Plane jetzt erſt zum Be-
ſten des Volks und der Regierung auszufuͤhren.
Ich werde hier zugleich von allen unter Oeſter-
reich ſtehenden Landen reden, wenn ſie auch
nicht zu Deutſchland gehoͤren, da ſich keine be-
queme-
[305] quemere Gelegenheit anderswo findet, und vie-
le Pflanzungen dieſer Art daſelbſt unternom-
men worden. Man richtete dergleichen in Un-
garn an, und zog ſeit 1750 in Temeswar
Maulbeerbaͤume und Seidenwuͤrmer; man ſetz-
te daruͤber den Abt Roſſi aus Rom. In dem
Temeswarer Bannat legte der verdiente Feld-
marſchall Franz Merçy die Maulbeerzucht an.
Man ließ in Boheim den Landmann an dieſer
Cultur Theil nehmen, und auch dieſes Land er-
hielt 1751 durch einen Unternehmer Planta-
gen. In Croatien, Slavonien und den be-
nachbarten Geſpannſchaften von Ungarn werden
die Ausſichten fuͤr den Seidenbau immer guͤn-
ſtiger. Man hat daſelbſt uͤber 75 Cent. 13 Pf.
Seide gewonnen, und ſchaͤtzet den Centner zu
800 Gulden. In Sirmien wurde der Sei-
denbau von dem Hofrath Eſchech eingefuͤhrt,
und hat noch jetzt unter dem Grafen von Bala-
ſcha guten Fortgang. Im Jahre 1779 wur-
den 253661½ Pf. Galetten hiervon gebracht,
wofuͤr die Contribuenten 14560 Gulden 55
Denar aus dem zu Eſſach errichteten Kaiſerli-
chen Koͤniglichen Depoſitorio erhielten. Eben
ſo gluͤcklich iſt der Fortgang in Croatien,
Slavonien und den benachbarten Geſpannſchaf-
ten von Ungarn. Im J. 1765 gaben dieſe
Lande 183 Pf. Seide, das naͤchſtfolgende 383
Pf. 1767. 527 Pf. 1768. 1027 Pf. 1769.
1694. Pf. 1770. 1800 Pf. 1771. 237 Pf.
1772. 1412 Pf. 1773. 1653 Pf. 1774.
U2026
[306] 2026 Pf. 1775. 2183 Pf. 1776. 3111 Pf.
1777. 4085 Pf. 1778. 5133 Pf. 1779.
7513 Pf. Seide. Alles zuſammen berechnet
macht 35104 Pfund, einige Loth Seide. Die
Jahre 1772, 73, 74, 75 ſtiegen zwar nicht
nach dem Verhaͤltniß der vorhergehenden Jah-
re; allein dieſes haben wahrſcheinlich gewiſſe
Witterungsumſtaͤnde verurſacht.
Bisher haben wir die Bemuͤhungen der Hoͤ-
fe und Laͤnder um den Seidenbau in Deutſch-
land in den neuern Zeiten geſehen; aber waren
denn die deutſchen Gelehrten muͤßig? Zur Ehre
derſelben muͤſſen wir die Frage mit Nein be-
antworten Schon in dem 16ten Jahrhunder-
te finden wir theils einige Aufſaͤtze daruͤber,
theils auch Verſuche, die Gelehrte machten,
ſowohl um die Naturkunde zu bereichern, und
zu erforſchen, als auch um die Bemuͤhungen
der Hoͤfe zu befoͤrdern, dadurch ihre Gunſt zu
erhalten, und ihren eigenen Werth in den Au-
gen derſelben zu erheben. Die aͤlteſten deut-
ſchen Schriftſteller hierinne ſcheinen Libavius in
ſeinem Buch de Bombyce,) und ich habe oben
ſeine Verſuche mit dem Maulbeerbau erwaͤhnt,)
und Conrad Geßner in ſeinen Schriften zur
Naturgeſchichte zu ſeyn. Auch Lipſius in ſeiner
Anmerkung zu des Tacitus Annalen im 2ten B.
bemerkt etwas daruͤber, und unterſcheidet drey-
erley Arten der Seide, Byßina, Serica und
Bombycina. Nach Geßners Meynung, in ſeiner
hiſtoria animalium L. IV. de Pinna, iſt byſſus eine
Art
[307] Art goldgelber Seide, welche an großen Schne-
cken waͤchſt; ihm ſind einige Neuere ohne
weitere Unterſuchung gefolgt; und es iſt nicht
zu laͤugnen, daß es dergleichen Schnecken in
Sicilien und Neapel giebt, und daß dieſe gold-
braune Seide in ſehr hohem Werth iſt. Ich
ſelbſt habe in dem Cabinet des verſtorbenen Hrn.
D. Schrebers dergleichen Handſchuh geſehen.
Allein eine andere Frage iſt es, ob dieſes der
Byſſus der Alten ſey, welcher vorzuͤglich aus
Aegypten und von Elides in Achaja kam, und
ein feiner, zarter Leinenfaden war, der oͤfters
in Purpur gefaͤrbt, und woraus Leinwand ge-
macht wurde. Lipſius unterſcheidet die Seide
von Wuͤrmern und von gewiſſen Baͤumen im
Lande der Serer oder heutigen Chineſer, wel-
che die Griechen alſo nennten, weil ſie den Sei-
denwurm Syr hießen, welcher daher kam.
Sollte nicht vielleicht unter der vegetabiliſchen
Seide, die Lipſius bey den Alten als eine Baum-
ſeide anſiehet, das apocimum koͤnnen verſtan-
den werden, das man in neuern Zeiten in
Frankreich ſonderlich baute, und woraus Mr.
de la Riviere die ſogenannte Soyeuſe verfer-
tigte?
In dem ſiebenzehnten Jahrhundert.
Da man die Naturgeſchichte noch mehr be-
trieb, finden ſich auch hier einige Schriftſteller,
die hiervon zugleich mit handelten; z. B. Jo-
achim Jung gab zu Hamburg 1691 eine hiſto-
riam Vermium heraus, worinne er auch von
U 2die-
[308] dieſem Inſect handelte. Hornik empfohl dieſes
Geſchaͤft, und behandelte es in ſeiner Schrift:
Oeſtreich uͤber alles, von Seiten der Polizey.
Vorzuͤglich aber zeichnet ſich hierinne aus der
bekannte D. Becher und der Bar. von Schroͤ-
ter in ſeiner Fuͤrſtlichen Schatz- und Rentcam-
mer; beyde empfehlen dieſes Geſchaͤft zum Flor
der Laͤnder. D. Becher that dieſes nicht nur
in ſeiner Naͤrriſchen Weisheit, einer Schrift,
die viele heilſame Grundſaͤtze und Vorſchlaͤge
enthaͤlt, ſondern er machte auch thaͤtige An-
ſtalten; er legte nicht nur im Oeſtreichiſchen
Maulbeerpflanzungen an, ſondern auch in der
Pfalz. So machte er auch verſchiedene Erfin-
dungen zum Beſten der Verarbeitung der Sei-
de und der Seidenmanufacturen; ſein wichtig-
ſtes, was er hierinnen geleiſtet, iſt ſein erfun-
denes Filatorium, welches er, weil die Bo-
logneſer mit dem ihrigen ſo geheimnißvoll wa-
ren, entwarf und ausfuͤhrte. Durch dieſe Er-
findung gewinnen die Seidenmanufacturen und
beſonders die Seidenweberey und Raderey viel.
Die Seide muß, wie bekannt iſt, erſtlich von den
Straͤngen auf die Spuhlen abgewunden werden,
damit ſie hernach auf Zwirnmuͤhlen geſetzt und ge-
zwirnt werden kann. Dieſes Abwinden iſt
ſehr muͤhſam, langweilig und beſchwerlich,
weil die Seidenbereiter die Seide aus dem Hau-
ſe und unter ſo viele Haͤnde vertheilen, und
befuͤrchten muͤſſen, daß ihnen viel verdorben
oder entwendet werde. Man erfand daher zu
Bo-
[309] Bologna das erwaͤhnte Filatorium, welches
aber ſehr zuſammengeſetzt iſt, und viele tauſend
Raͤder und Zaͤhne hat. Becher erfand ein
weit einfacheres, wo ein Menſch auf einmal
tauſend Straͤnge abwinden kann, da hingegen
die bologneſiſche Maſchine mit Waſſer getrie-
ben werden muß. Er erbaute ſie zu Harlem,
wo die Stadt ein anſehnliches Haus von 300
Schuhen dazu errichtete. Dieſe Erfindung
verdiente um deſto eher hier eine Erwaͤhnung,
da ſie von einem Deutſchen iſt, und die Sei-
dencultur durch die Erleichterung der Arbeit
nicht wenig befoͤrdert.
Die meiſten Schriftſteller erhielt dieſes Ge-
ſchaͤfte in dem achtzehenten Jahrhunderte. Die
erſten ſind die Schriften, welche die Berliner
Akademie der Wiſſenſchaften 1713 ergehen
ließ, durch ein Mitglied derſelben: Der Sei-
denbau nach ſeiner Moͤglichkeit und Wirklich-
keit; und eine andere Schrift: Der Seidenbau
in ſeiner Vorbereitung, gehoͤrigen Beſtellung
und endlichen Gewinnung, durch ein Mitglied
der Koͤniglichen Preußiſchen Societaͤt der Wiſ-
ſenſchaften, Berlin 1714. Ein Hauptbuch
zum Seidenbau erſchien zwar in Paris, aber
doch von einem Deutſchen, und kann alſo mit
zu der deutſchen Litteratur gerechnet werden.
Es beſorgte naͤmlich Ernſt Ludwig Carl 1722
und gab zu Paris heraus ein Werk unter fol-
gender Inſchrift: Traité de la Richeſſe des
princes et de leurs Etats et des moyens ſim-
U 3ples
[310]ples et naturels pour y parvenir par M. C. C.
d. P. de B. Allemand. Zu Berlin erſchien
1730. eine Balance des Seidenbaues mit an-
dern wirthſchaftlichen Nutzungen; zu Leipzig
1749 eine Ueberſetzung aus dem Franzoͤſiſchen
von des Aunants Anweiſung zum Seidenbau
und dazu gehoͤrigen Maulbeerplantagen, wie
ſolche in Deutſchland anzulegen, anjetzo ſtatt der
andern Abtheilung zu Kretſchmars Oekonomi-
ſcher Praktika. Zu Wolfenbuͤttel erſchien Unter-
richt vom Seidenbaue aus des Hrn. Du Halde
Chineſiſcher Reiſebeſchreibung, Wolfenbuͤttel
1753. Auch Hr. von Juſti in ſeinen neuen
Wahrheiten im 1ten Stuͤck S. 22. und im
zweyten Stuͤcke S. 129. bemuͤhete ſich dieſes
Geſchaͤft aufzuklaͤren; in dem Magazin des Hrn.
Bergius. In der Oekonomiſchen Encyclopaͤdie
des Hrn. Kruͤnitz werden die vornehmſten Grund-
ſaͤtze hieruͤber unter den hiehergehoͤrigen Titeln an-
gegeben werden. Kretſchmar wendete auch ſein
neues Syſtem zur Befoͤrderung der Maulbeer-
zucht an, in ſeiner neuerfundenen Holzanlage, wel-
che 1749 erſchien. Ferner der Plan, wie die
Maulbeerplantagen nebſt dem Seidenbau mit
geſchwinderm und groͤßerm Vortheil als bisher
geſchehen angelegt werden koͤnnen, von S. L.
M. welches ſich als der 3te Anhang bey Neu-
manns Gedanken und Vorſchlaͤgen zu Verbeſſe-
rung des Ackerbaues findet. Er unterſucht
darinne die bisherigen Arten, den Seidenbau
zu betreiben, vorzuͤglich das Bepflanzen der
Kirch-
[311] Kirchhoͤfe und Gottesaͤcker, wo ſie an die
Mauern geſtellet werden. Er verwirft dieſes
aus Gruͤnden, daß wir ihn nicht ohne allen
Beyfall anhoͤren koͤnnen. Denn da die Grab-
ſtellen der Mauer immer naͤher kommen, und
die Baͤume ihrer Wurzeln beraubt werden,
werden ſie nicht in kurzer Zeit vertrocknen muͤſ-
ſen, weil ſie der Canaͤle beraubt ſind, die ih-
nen Nahrungsſaft zufuͤhren? Er beruft ſich
auf die Erfahrung, welche dieſes bey der aller-
erſten Anlage der Maulbeerplantagen unter des
Koͤnigs von Preußen Majeſtaͤt 1720 gezeiget,
wovon kaum der zehnte Theil blieb. Er findet
einen andern Grund in dem Mangel der War-
tung der jungen Baͤume, und bey der Ver-
pflanzung, daß die meiſten der auf den Kirch-
hoͤfen gepflanzten zu ſehr im Schatten der dar-
an angraͤnzenden hohen andern Baͤume auf den
Bauerguͤtern ſtuͤnden; und endlich koͤnnten, da
meiſtentheils dergleichen Orte von Staͤdten ab-
gelegen ſind, die Blaͤtter nicht ſo gut benutzt
werden. Er verwirft ferner die Einrichtung,
daß man dieſes Geſchaͤft den Landgeiſtlichen und
Kuͤſtern, und uͤberhaupt den Landleuten vorzuͤg-
lich uͤberlaſſen wollte, weil es dieſen haͤufig an
Raum fehle, und ſie den Ackerbau daruͤber ver-
ſaͤumen muͤßten; der Seidenbau falle uͤberdieß
bey dem Landmanne in die Beſtellung der Som-
merſaat und der Heuaͤrndte. Im zweyten
Abſchnitte theilt er ſeinen Entwurf mit, welcher
darinne beſtehet, daß er erſtlich einen Fond ver-
U 4langet,
[312] langet, wodurch dieſes ſchnell und von Zeit zu
Zeit mit mehrerm Nachdruck koͤnne getrieben
werden, ohne das Land oder Kirchen im min-
deſten zu beſchweren. Dieſen zu gruͤnden ver-
langt er, daß jedes zu verbindende Paar auf
dem Lande und in Staͤdten etwas dazu erlegen
muͤßte. Dieſer Fond wird zu Anſchaffung der
Baͤume angewendet. Er ſiehet hierbey ſo viel
moͤglich auf gleichſtarke Baͤume. Zu Planta-
gen waͤhlt derſelbe die Kloͤſter, die koͤniglichen
Domainen, Aemter, die Staͤdte und Flecken,
und die koͤniglichen Forſte. Er verlangt noch
auſſerdem, daß alle dieſe Orte von Vorgeſetz-
ten bereiſet, ausgemeſſen, und die Anlage der
Plantagen angeordnet, hernach auch die Pflan-
zung jaͤhrlich wenigſtens 2 mal beſucht und da-
von Bericht an die Cammer erſtattet, und
von den zur Pflanzung beſtimmten Geldern ge-
naue Rechnungen abgelegt werden. Endlich
giebt er im vierten Abſchnitte noch verſchiedene
heilſame Regeln, welche bey dergleichen Anla-
gen zu beobachten ſind.
Er ſetzt zur Regel, daß der Maulbeerbaum
am beſten im Weinlande fortkomme; daß die
Gruben einige Monate vorher geoͤffnet werden,
worein die Stoͤcke kommen ſollen; daß ſie 20
bis 25 Fuß weit in den Plantagen von einan-
der ſtehen, fleißig unter dem Meſſer gehalten,
vom Moos gereinigt, das im Winter erfror-
ne Holz fleißig ausgeſchnitten, und bey aus-
bleibendem Regen begoſſen werden. Uebrigens
gehoͤ-
[313] gehoͤren unter die vorzuͤglichſten Schriftſteller
des Seidenbaus in dieſem Jahrhunderte An-
germann, Thym, Steinbart und Gleditſch i).
Neuerlich haben wir 1770 den auf oͤffentli-
chen Befehl in Sachſen ergangenen deutlichen
Unterricht ſowohl von der Maulbeercultur, als
auch von dem Seidenbau. Im erſten Kapitel wird
von den Maulbeerbaͤumen uͤberhaupt und de-
ren Saamen; im zweyten von Saͤung des Maul-
beerſaamens und Wartung der jungen Baͤume;
im dritten von Anlegung der Baumſchulen und
Wartung der Maulbeerbaͤume in denſelbigen, und
von ihrer Verpflanzung ins Freye gehandelt. Die
zweyte Abtheilung handelt von dem eigentlichen
Seidenbau: zuerſt von den Seidenwuͤrmereyern
und dem Ausbruͤten derſelben, von der Fuͤtte-
rung und Wartung, von den Einſpinnen, wo
§. 3. aus der Erfahrung erwaͤhnt wird, daß
die Seide, die von dem noch lebenden Cocons
abgehaſpelt wird, weit ſchoͤner iſt, als die von
den getoͤdteten; von Abhaſpelung der Seiden-
haͤuslein und Zubereitung derſelben.
Geſchichte
[314]
Geſchichte
der Bienenzucht
in Deutſchland
in den neuern Zeiten.
Im ſechszehnten Jahrhundert.
Die Bienenzucht, welche wahrſcheinlich durch
die ſlaviſchen Nationen zu erſt nach
Deutſchland gekommen, breitete ſich bald ſehr
weit aus. a) Daß ſie durch die Slaven nach
Deutſchland gekommen, wird dadurch ſchon
glaubwuͤrdig, weil die Waldbienenzucht in den
ſlaviſchen Landen, wo dergleichen Nationen noch
itzt wohnen, vorzuͤglich iſt, ich meyne Polen,
Rußland und einige andere Gegenden, vornaͤm-
lich aber, weil wir ſie in der alten deutſchen oͤko-
nomiſchen Geſchichte am meiſten in den Lan-
den bluͤhen ſehen, wo ſich ſlaviſche Nationen
niederließen, und ſie meiſt von dieſen Laͤndern
aus ſich in die andern deutſchen Provinzen aus-
breitete.
[315] breitete. Wir finden ſie in der Mark, in Pom-
mern, in der Lauſitz, im Braunſchweigiſchen, in
Sachſen und in den oͤſterreichiſchen Laͤndern.
Die Geſchichte der Oekonomie in den mittlern
Zeiten wird dieſes ausfuͤhrlicher lehren; und ſelbſt
durch die Geſchichte im funfzehnten und ſech-
zehnten Jahrhunderte beſtaͤtigt ſich daſſelbe.
Die Waldbienenzucht, oder die Zeidlerart, die
Bienenzucht zu betreiben, iſt unſtreitig die aͤl-
teſte, und veranlaßte wahrſcheinlich die zahme
an andern Orten, wo man den Vortheil ſahe,
und doch nicht die Gelegenheit durch Waldun-
gen und Heyden hatte, die Waldbienenzucht zu
treiben. b) Schon ſeit den aͤlteſten Zeiten bluͤ-
hete die Waldbienenzucht in den Gegenden um
Nuͤrnberg, wo noch itzt von dieſer Zeit her die
Zeidlerguͤter bekannt ſind. Die Beſitzer dieſer
Guͤter heißen Zeidler, welcher Name von dem
oberſaͤchſiſchen Provinzialwort Zeideln, welches
Honig ausſchneiden heißt, herkommt. c) Die
Zeidler machten Geſellſchaften aus, die unter
der Regierung der Landesherrſchaften und den
von denſelben dazu verordneten Gerichten ſtan-
den.
[316] den. Die nuͤrnbergiſchen Zeidler trieben ihre
Bienenzucht in dem laurentiniſchen und ſebaldi-
niſchen Walde bey der Stadt. Sie beſaßen
von dem Kaiſer und Reich gewiſſe Zinsguͤtern
in dieſen Waͤldern, die von den Kaiſern in den
Urkunden unter den Namen der Reichsbienen-
gaͤrten, des Reichsbienenkreiſes und der Gut-
und Zeidelweid vorkommen, wie ſie ſonderlich
Carl IV. nennt, zu Lehn. Die Zeidler hatten
beſondere Vorrechte.
Niemand durfte in dieſem Walde Bienen ha-
ben, als ein geerbter Zeidler, ein Stromer und
Forſtmeiſter ausgenommen. Die Zeidler hat-
ten das Recht, die zu pfaͤnden, welche die Bie-
nenſtoͤcke beunruhigten; ja ſogar die, welche die
zur Bienennahrung dienenden Gewaͤchſe nah-
men, oder beſchaͤdigten. d) Die Zeidler wa-
ren in allen Staͤdten des roͤmiſchen Reichs zoll-
frey. Sie hatten das Recht, alle Wochen zwey
Fuder
[317] Fuder Stoͤcke aus dem Reichswalde zu holen,
und alles Zeidelgut aus dem benannten Walde
zu zimmern. Ein jeder Zeidler konnte hauen,
was er zu den Beuten bedurfte; hingegen muß-
ten ſie auf die Rechte des Reichs und des Kai-
ſers in dem Walde bey Nuͤrnberg ſehen, und
jaͤhrlich gewiſſe Zinſen an Honig oder Geld lie-
fern. Die Zeidelguͤter waren von dreyerley
Gattung: einige waren einſchuͤchtige, einige Zei-
delmuͤtter, einige Zeideltoͤchter. Einſchuͤchtige wa-
ren diejenigen, welche unmittelbar dem Zeidel-
gericht in Anſehung der niedern Gerichtsbar-
keit unterworfen waren; einige aber waren ihm
mit andern, welche Steuern und andere Beſchwer-
den abtragen mußten, mittelbar unterworfen.
Die letztern hatten die Freyheiten, die den un-
mittelbaren ertheilt waren, nicht zu genießen.
Die unmittelbaren waren wiederum von zweyer-
ley Art. Einige hatten mittelbare, als Toͤch-
ter, mit ſich vereiniget, und es wurden daher
erſtere Mutterguͤter, letztere aber Zeideltoͤchter
genannt; die unmittelbaren aber, die ſich mit
keinen andern Guͤtern oder Toͤchtern verbunden
hatten, hießen einſchuͤchtige Zeidelguͤter. In
dem Laurenzer Walde waren dergleichen Guͤter
funfzig.
Die Beſitzer von dieſen Guͤtern, wie auch
die uͤber den Wald beſtellten Foͤrſter, ſtanden un-
ter einem Richter, welcher Zeidelmeiſter e) hieß,
und zu Feucht, einem zwo Meilen von Nuͤrn-
berg
[318] berg gelegenen Orte, ſeinen Sitz hatte. Ueber
ſaͤmmtliche aber war ein Oberrichter verordnet,
welcher Butigler f) hieß, der jederzeit unter die
Miniſterialen des Kaiſers und Reichs gerechnet
wurde und ein ordentliches Amtsſiegel hatte.
Die Malefizſachen waren dem kaiſerlichen Land-
voigte auf der Reichsveſte zu Nuͤrnberg unter-
worfen, das Zeidelgericht aber wurde zu Feucht
gehalten. Es beſtand aus den Erbzeidlern und
dem Zeidelmeiſter oder Zeidelrichter. Dieſer
wurde vom Kaiſer und Reich beſtellet. Ihm
mußten diejenigen Strafen erlegen, welche die
Bienenſtoͤcke beunruhigten, beſchaͤdigten, oder
die zu Stoͤcken bezeichneten Baͤume verletzten.
Die Rechte, die ehemals die Kaiſer uͤber die
Zeidler hatten, kamen im vierzehnten Jahrhun-
derte von Karl dem IV. an die Markgrafen von
Brandenburg und Burggrafen von Nuͤrnberg,
von welchen ſie endlich 1422 g) an den Senat
der Stadt gediehen. Noch in der Nuͤrnbergi-
ſchen Reformation vom Jahre 1564 h) finden
ſich
[319] ſich Spuren von der Bienenzucht dieſer Zeidler,
und daß ſie noch damals gebluͤhet.
Hr. Cammerrath Hirſch gedenket in ſeinem
fraͤnkiſchen Bienenmeiſter auch einer Zeidlerge-
ſellſchaft in dem Brandenburgculmbachiſchen,
welche in den Aemtern Weiſſenſtadt, Wohnſie-
del und einigen andern Gegenden eine anſehnli-
che Bienenzucht hatte. Er ſagt, daß Burg-
graf Johannes im J. 1398 dieſe Zeidler mit
verſchiedenen Freyheiten begabt, und die Streit-
ſachen derſelben an das Gericht zu Weiſſenſtadt
vor einen Forſtmeiſter verwieſen. Sie ſollen
nach ſeiner Angabe eine eigene Ordnung gehabt
haben.
Nicht weniger beruͤhmt ſind die Zeidlerge-
ſellſchaften der Oberlauſitz. Sie waren ſchon
zu den Zeiten des großen Churfuͤrſten Auguſt
von Sachſen in ſolchem Anſehen, daß man wen-
diſche Zeidler nach Sachſen verſchrieb. Die
muskauiſche hatte die Bienenzucht in den weit-
laͤuftigen Waldungen der freyen Erb- und Stan-
desherrſchaft Muskau, welche die graͤflich Cal-
lenbergiſche Familie ſchon ſeit langen Zeiten be-
ſitzt, zur Abſicht. i) Ihre Wiſſenſchaft, Er-
fahrun-
[320] fahrungen und Kunſtgriffe blieben immer inner-
halb dieſer Geſellſchaft, und wurden nur von dem
Vater auf den Sohn fortgepflanzt, indem der
Eigennutz nirgends leicht ſo uͤber Geheimniſſe
haͤlt, als in der Bienenzucht. So konnten ſie
nach der Vogeliſchen Angabe k) ſchon laͤngſt die
Kunſt, Ableger auf verſchiedene Art zu machen,
namentlich nach der erſten Art des Herrn Schi-
rachs, naͤmlich die großen Brutkaſten; denn
die zwey neuern Arten ſind die Erfindung un-
ſerer Zeiten. Die ſchriftlichen Nachrichten von
ihren Vorrechten und Privilegien haben ein Al-
terthum von mehr als anderthalbhundert Jah-
ren, und erreichen das ſechszehnte oder doch den
Anfang des ſiebenzehnten Jahrhunderts, ob-
gleich die Geſellſchaft ſelbſt viel aͤlter iſt, und
ſich weit laͤnger ſchon mit der Waldbienenzucht
beſchaͤftiget hatte.
Eine andere beruͤhmte Oberlauſitzer Zeidler-
geſellſchaft war die im Amte Hoyerswerda.
Schon in dem Jahre 1558 ſtand ſie in Anſe-
hen, und wurde von Wilhelm von Schumburgk,
Erb-Lehn- und Gerichtsherrn zu Hoyerswerda,
mit Freyheiten begnadigt. Es zeigt ſich dieſes
aus dem unter dem April 1724 erneuerten
und vermehrten Privilegio des Hrn. Seyfried
von Promnitz, Freyherrn zu Pleß, vom 16.
Februar
i)
[321] Februar 1585. l) Und es iſt ſehr wahrſchein-
lich, daß ſie ſchon in weit aͤltern Zeiten gebluͤ-
het. Sie trieben vorher ihre Bienenwirthſchaft
zu Hauſe und in ihren eigenen Waͤldern. Als
ſie aber ſahen, daß die herrſchaftlichen Heiden
auf dieſe Art ohne Schaden der Herrſchaft auch
ſehr wohl benutzt werden koͤnnten, ſo ſuchten ſie
vermuthlich anfangs um die Erlaubniß an,
Beuten in den herrſchaftlichen Waͤldern zu
machen, und verſprachen einen Zins, worauf
ſie gegen die Beeintraͤchtigung der andern Un-
terthanen privilegirt worden. Hierdurch en-
ſtand eine geſchloſſene Geſellſchaft, die ſich Zeid-
ler, auf Wendiſch aber Dziedzizarjo nannten,
da die andern Zeidler Czolnizy oder Czolnik m)
welches einen Bienenmann anzeigt, heißen.
Auch in der Mark war die Bienenzucht im
ſechzehnten Jahrhunderte anſehnlich. Coler, n)
der
Xdaß
[322] der ſo beruͤhmte Oekonome ſeiner Zeit giebt uns
Nachricht von derſelben. Er ſagt: daß die
Zeidler
n)
[323] Zeidler dem Churfuͤrſten jaͤhrlich einen gewiſſen
Zins fuͤr die Bienen in den Waͤldern erlegen
muͤßten. Er nennt die Gegenden, wo die Wald-
bienenzucht bluͤhete, und giebt ſonderlich den Ort
Fuͤrſtenwalde, Storkow, Koͤpenik, Beßkow,
und die da umherliegenden Gegenden an. Sie
hielten jaͤhrlich ihre Verſammlung zu Kihnbaum
jenſeits Lutenberge, am Sonntage nach Bern-
hardi. Sie lieferten daſelbſt die Abgaben an
den Churfuͤrſten ab, welche in vier Tonnen Ho-
nig, oder ſtatt deſſen, wenn ſie ihn nicht lie-
fern konnten, in ſechs und dreyßig Thalern be-
ſtanden. Sie hielten ihr Zeidelgerichte, worinne
ſie uͤber Zeidelverbrechen urtheilten.
X 2Die
[324]
Die Strafe beſtand darinne, daß der Schul-
dige in einer ſehr heiß geheizten Stube hinter
dem Ofen Durſt leiden mußten. Sie handelten
unter einander mit der Honigzeidelung, Bienen
und Beuten, und kauften ſie einander ab, gleich
andern gemeinen Erbguͤtern, ſie gaben Leihkauf
und wurden ordentlich eingewieſen.
Sie hatten ihre Bienen meiſt in den Waͤl-
dern in Fichten und Kuͤhnbaͤumen.
Sollten nicht vielleicht aus der Mark die
Zeidler ſich durch die Markgrafen von Bran-
denburg, als Burggrafen zu Nuͤrnberg, in die
dortigen Gegenden um Nuͤrnberg herum verbrei-
tet haben? und alſo nun der oben angenommene
Satz, daß durch die Slaven die Bienenzucht
in Deutſchland ausgebreitet worden, immer noch
gelten? Doch ich verlaſſe dieſe Muthmaßung, und
gehe zu der Brandenburgiſchen Bienengeſchichte
fort. Die Regierung in der Mark Branden-
burg wendete um deſto mehr ihre Aufmerkſam-
keit auf die [Bienenzucht], je mehr ſie ſchon da-
mals ein wichtiger Artikel fuͤr den Handel die-
ſer Lande geweſen zu ſeyn ſcheint. Daher fin-
det man ſchon im Jahre 1519 eine Verord-
nung wegen des richtigen Maaßes der Honig-
tonnen.
In der Neumark und den einverleibten Krei-
ſen iſt die zahme und wilde Bienenzucht nach
dem Zeugniſſe des Hrn. Gleditſch ſeit undenk-
lichen Zeiten, und alſo wahrſcheinlich ſchon im
ſechzehnten Jahrhunderte, betrieben worden;
und
[325] und einige Gegenden der Altenmark waren ſo-
gar wegen der Guͤte ihres Honigs beruͤhmt. o)
In Churſachſen machte ſich ſchon der große
Churfuͤrſt Auguſt auch um dieſen Theil der
Wirthſchaft verdient. Er verſchrieb, wie ich
ſchon oben erinnert, zur Verbeſſerung des ſaͤch-
ſiſchen Bienenſtandes wendiſche Zeidler, p) und
ſeine Geſetze und Verordnungen beweiſen dieſes
nicht weniger. In der Forſtordnung dieſes
großen Fuͤrſten vom J. 1560 q) finden ſich die
Beweiſe ſowohl von dem Flore der Bienenzucht
in Sachſen uͤberhaupt, als auch wie dieſer groſ-
ſe Cameraliſt die Waldbienenzucht zum Beſten
ſeiner Cammer benutzt. Es heißt daſelbſt: Ob
auch in unſern Waͤldern und Vorhoͤlzern Bie-
nen und Honig antroffen und funden, die ſollen
in unſer Amt gezogen, aber verkauft und das
Geld davon verrechnet werden, und ſich die Foͤr-
ſter noch Jemands anders einiger Nutzung da-
von unterziehen. Von ſeiner Vorſorge fuͤr die
Bienenzucht zeugt auch die Verordnung wegen
des Bienen- und Honigdiebſtahls. r) Der Dieb-
ſtahl ſo an Bienen und Honig begangen, ſoll in
unſern Landen hoͤher nicht, denn wie andere Deu-
ben, geſtraft und die Schaͤrfe des ſaͤchſiſchen
X 3Rechts
[326] Rechts hierinnen nicht gehalten werden. Und
ob er gleich darinnen die Strafe auf den Bie-
nendiebſtahl herabſetzt, und man alſo glauben
ſollte, daß er dadurch nicht genug fuͤr die Bie-
nen ſorge, ſo zeigt er ſich doch als einen weiſen
Geſetzgeber, der ein billiges Ebenmaaß zwiſchen
Verbrechen und Strafe ſetzt, und nicht immer
die Strenge und Schaͤrfe als eine nothwendige
Eigenſchaft der Strafe mit Vernachlaͤßigung
der Billigkeit anſiehet; aber auch als einen
Geſetzgeber, der unter der großen Menge wich-
tiger Regierungsgeſchaͤfte die Bienen nicht ver-
gaß. Man iſt nicht ganz einig geweſen uͤber
den Sinn dieſes Geſetzes. Einige glaubten, der
Geſetzgeber meyne unter der Schaͤrfe des ſaͤch-
ſiſchen Rechts die alten ſaͤchſiſchen Geſetze, wo
einer, der einen Bienenſtock innerhalb des Zauns
ſtiehlt, mit dem Leben bezahlen muß; ſtiehlt er
ihn aber außerhalb deſſelben, ſo ſoll er ihn neun-
fach erſetzen. s) Andere verſtehen es alſo, daß
Auguſt, welcher wußte, daß nach dem Repkau
der Diebſtahl ſehr ſcharf beſtraft, und ſelbſt in
den kleinſten Dingen des Todes ſchuldig
geachtet wurde, und daß man dieſes auch auf
den Diebſtahl der Thiere anwende, befuͤrchtet
habe, man moͤchte es auch von den Bienen ver-
ſtehen. t) Endlich erklaͤren es noch andere von
der
[327] der Schaͤrfe derer Strafen, welche damals den
Wilddieb betroffen, und daß er davon die Bie-
nendiebe ausnehmen wolle. Die wahrſchein-
lichſte Meynung iſt unſtreitig diejenige, nach
welcher man annimmt, daß nicht bloß auf den
Bienenraub, ſondern auf einen gewiſſen be-
ſtimmten Werth der geraubten Bienen, wie bey
andern Diebſtaͤhlen, geſehen werden ſolle.
Auch in den Gegenden von Dobrilugk finden
ſich ſchon in dem funfzehnten Jahrhunderte
Spuren von einer Zeidlergeſellſchaft und Wald-
bienenzucht. In einer Urkunde vom Jahre
1445, die uns Ludwig u) aufbehalten, verkauft
das Kloſter daſelbſt das Recht, Bienen zu hal-
ten, und zu zeideln, in einem gewiſſen Theile
des Waldes und bey einer gewiſſen Anzahl Baͤu-
me. Wahrſcheinlich haben die Kirchenzehen-
den und der Gebrauch der Kerzen bey dem Got-
tesdienſt viel zur Ausbreitung der Bienenzucht
in den mittlern und ſelbſt noch in dieſen neuern
Zeiten beygetragen. Das große Anſehen der
Kirche und die beſondere Heiligkeit, die man
bey dergleichen Dingen ſuchte, die um der Kir-
che willen geſchahen; die Meynung, als ob
Gott dergleichen Geſchaͤfte ganz beſonders ſeg-
ne, die um der Kirche willen geſchaͤhen, hin-
derte die Nachtheile, die ſonſt die Zehenden bey
den Nahrungsgeſchaͤften haͤufig bringen, indem
ſie denſelben mehr entgegen ſind, als ſie befoͤr-
dern. Noch in dieſer Urkunde des Kloſters zu
X 4Dobri-
[328] Dobrilugk findet ſich eine Errichtung der Ho-
nigzinſen. Das Kloſter verkauft daſelbſt: acht
Schillinge Boͤhme vor ſieben Schog
Groſchen, die er uns bezahlet hat, zu ei-
ner Heyde auf unſern Heyden und Ge-
huͤlze, davon er in unſer Gotishaus alle
Jahr ſal geben zwene eyhmer gutes Ho-
niges zu Zinſe; wurde dem von alders
haben in etzlich boͤhme abegein, ſo haben
wir ihm gelabet den vertorbenen Baum
zu wechſeln, den alten zu uns zu nehmen,
und ihm einen nuwen zu geben. Weh-
ren den Behnen in dem alten Boͤhme, die
mag er vor ſich behalten. In der naͤmli-
chen Urkunde aber finden ſich auch noch deutli-
chere Spuren von der dobrilugkiſchen Zeidlerge-
ſellſchaft; denn es heißt daſelbſt: Auch ha-
ben wir ihn gefreyet, daß er mit andern
unſern Zeidlern keine Gemeinſchaft hal-
ten durfe um der Heyden Ungelegigkeit
willen.
Die Bienen im Winter zu vergraben, und
dadurch ſie in beſtaͤndiger Betaͤubung und
Schlaf zu erhalten, um dadurch die Fuͤtterung
im Winter zu erſparen, kannte man ſchon im
ſechzehnten Jahrhunderte in Sachſen, wie die-
ſes die Schriften eines Colers bezeugen. Gleich-
wohl haben es die Deutſchen undankbar gegen
ihre Vorfahren und ſich ſelbſt in den neuern
Zeiten als eine Erfindung der Britten angenom-
men und dafuͤr ausgegeben.
Unter
[329]
Unter die Schriftſteller des ſechzhenten Jahr-
hunderts, die uͤber die Oekonomie geſchrieben
haben, gehoͤren ſowohl die, die im Allgemeinen
von der Oekonomie handeln, und die Bienen-
zucht unterſuchen, als auch diejenigen, die be-
ſonders ſich mit ihr beſchaͤftigen. Unter den
erſtern zeichnet ſich der große Oekonomieſchrift-
ſteller des ſechzehnten und ſiebenzehnten Jahr-
hunderts, Coler, aus, der hierinne den Alten
folgte, und die Gewohnheiten und Gebraͤuche
vieler Laͤnder damit verband, welche er kannte.
Schon ihm war das Vergraben der Bienen im
Winter bekannt. x) Die Schriften eines Hee-
resbach, die verſchiedenen Schriften zum Jagd-
und Forſtweſen, z. E. des von Meurers, gehoͤ-
ren meiſtens auch mit zur Bienenlitteratur und
geben Nachricht hiervon. Vornehmlich iſt hier-
unter auch Her in ſeiner Schrift uͤber die Thie-
re. y) Faſt alle dieſe Schriftſteller folgten den Al-
ten. Die neuen Grundſaͤtze der Bienenzucht,
da ſie etwas aus Erfahrungen zogen, waren
meiſt Geheimniſſe, die ſich auf eine Geſellſchaft
oder Familie einſchraͤnkten, und von dem Vater
auf den Sohn erbten. Eine beſondere Schrift
uͤber die Bienen in deutſcher Sprache finden
wir im ſechzehnten Jahrhunderte von Andreas
X 5Picus,
[330] Picus, darinnen er von ihrer Entſtehung, ih-
ren mancherley Gattungen, von der Schwaͤrm-
zeit und von der Art, ſie zu faſſen, handelte.
Sie erſchien zu Leipzig z) im J. 1596.
Im ſiebenzehnten Jahrhunderte.
Im ſiebenzehnten Jahrhunderte bluͤhete ſie
in der erſten Haͤlfte immer noch in der Mark,
ob ſie gleich gegen das Ende deſſelben etwas
verfiel. Indeſſen ſuchte man den Handel mit
Honig zu befoͤrdern, und es erſchien deshalb
im Brandenburgiſchen im J. 1680 ein Pa-
tent wider den Aufkauf des Honigs. In dem
Wuͤrtembergiſchen finden ſich in dieſen Zeiten
Spuren von der wilden Bienenzucht: denn
man verordnete in der erneuerten Forſtordnung
vom J. 1614 a) auch verſchiedenes wegen der
Bienen. Es heißt daſelbſt in einem beſondern
Artikel: von den Immen: „Dieweil auch die
Immen zur Zeit des Schwaͤrmens ſich von ih-
rem gewoͤhnlichen Stand hinweg in die Wald-
und Wildfluren begeben; wenn nun der Eigen-
thums-
[331] thumsherr der Immen ihnen gleich nachfolget,
und denſelben an einem Baum oder Buſch an-
hangend findet, der ſolle demſelben ohne einige
Forſtmut gegeben werden. Wo aber ein Im-
men von Jemand andern, auſſerhalb der Nach-
folg in unſern Waͤldern und Wildflur gefunden
wird, der moͤg ihn wohl zu ſeinem Nutzen faſ-
ſen, aber unſern Waldvoigten und Forſtmei-
ſtern die gebraͤuchliche Forſtgerechtigkeit benannt-
lich das halbe Theil davon zu ſtellen, das uͤbri-
ge behalten, da denn der Forſtmeiſter oder
Waldvoigt ſeinen halben Theil urkundlich be-
rechnen ſoll. Wo ſie aber in holen Baͤumen
gefunden und ohne Verderbung und Verhau-
ung derſelben koͤnnten herausgenommen wer-
den, ſoll es gleicher Geſtalt maͤnniglich gegen
Reichung obgemeldeter Forſtgerechtigkeit her-
aus zu nehmen erlaubt ſeyn.“ Man ſiehet hier-
aus die Beguͤnſtigung der Bienenzucht, und
zugleich auch, wie man dieſelbige fuͤr die Cam-
mer, ohne in die Eigenthumsrechte der Un-
terthanen Eingriffe zu thun, benutzet habe.
Auch in den Gothaiſchen Laͤndern finden wir
ſie in dieſem Jahrhundert; denn auch hier ver-
ordnet die Forſt- und Jagdordnung v. Jahr
1644: b) „Ob in Waͤldern und Gehoͤlzen
Bienen und Honig angetroffen und gefunden
wuͤrde, die ſollen in die Aemter gezogen, nach
billigen Werth verkauft, und das Geld dafuͤr
berech-
[332] berechnet werden c), und ſich der Foͤrſter noch
Jemand anders daran einiger Nutzungen nicht
unterziehen, ſondern derjenige, der einen Bie-
nenſchwarm im Walde finden und denſelben an-
melden wird, es ſey gleich ein Forſtbedienter oder
andere Perſon, demſelben ſoll ein halber Thl. zum
Trinkgelde gegeben werden, und ſoll ſich bey will-
kuͤhrlicher Strafe jedes Orts Beamten keiner un-
terfangen, einen Bienenſchwarm auszuhauen
oder ſchneiden, die aber deswegen Baͤume nieder-
zufaͤllen ſich unternehmen, ſollen auch den Umſtaͤn-
den nach haͤrter geſtraft werden. Ich habe beyde
Stellen eingeruͤckt, theils zum Beweis, daß in die-
ſen Laͤndern Bienenzucht geweſen, theils aber auch
als Proben des damaligen Bienenrechts. In der
letztern Verordnung waltet das Intereſſe der Cam-
mer dem Vortheil der Privatperſonen mehr vor,
als in der Wuͤrtembergiſchen Verordnung. In
den Waͤldern um Nuͤrnberg und in der Oberlau-
ſitz bluͤheten immer noch die Zeidlergeſellſchaf-
ten, ſonderlich die Muſkauiſche und Hoyers-
werdiſche. In dieſem Jahrhunderte finden ſich
auch in dem Bayeriſchen und Luͤneburgiſchen
vorzuͤglich Spuren von der Bienencultur. In
einer Bayeriſchen Forſtordnung v. J. 1659 d)
wird die Waldbienenzucht erwaͤhnt. Es heißt
daſelbſt: Welcher Ends auf unſern Waͤl-
dern
[333]dern und Hoͤlzern Bienengaͤrten und Zei-
delweiden herkommen, die ſollen noch-
malen bleiben, und durch unſere Beam-
ten und Forſtleute ob denſelben gehal-
ten, doch auch uns von ſolchen gebuͤhr-
liche Zins geraͤuchet und anders ſo ſich
gebuͤhret, geleiſtet werden. Eine Braun-
ſchweigiſch-Luͤneburgiſche vom J. 1665 e)
gedenkt der Waldbienenzucht gleichfalls, vor-
nehmlich aber der Gewohnheit, die Bienen in
die Waͤlder zur Weide zu fuͤhren, und ſie da-
ſelbſt gegen Erlegung eines gewiſſen Zinſes eini-
ge Zeit lang zu unterhalten. Indeſſen dauerte
ſie in allen dieſen Laͤndern und Orten meiſt nur
als ein gewoͤhnliches Geſchaͤft fort, ohne daß
man ſich ſehr um ihre Ausbreitung bemuͤhete,
man unterſtuͤtzte ſie weiter von der Seite der
Regierungen nicht; die einzige Muſkaui-
ſche f) ausgenommen, welche von ihrer Herr-
ſchaft in ihren Rechten und Freyheiten geſchuͤ-
tzet wurde. Hingegen ließen die Regierungen,
z. E. in der Mark, dieſe Zeidlergeſellſchaften ein-
gehen, und ſchafften ſie ab, weil dieſe Art
von Bienenbau ihnen gegen die guten Forſtre-
geln zu ſtreiten ſchien, welches auch, wenn man
nicht die gehoͤrigen Einſchraͤnkungen beobachtet,
wirklich geſchiehet. Nur alsdenn kann eine ſol-
che
[334] che Waldbienenzucht unſchaͤdlich ſeyn, wenn
man in einer dazu gut gelegenen Waldgegend,
wo vornehmlich viel Bienennahrung iſt, einge-
zaͤunte Bienengaͤrten, deren einer von dem an-
dern wenigſtens drey Vierthelſtunden entfernt
waͤre, anlegte, und ſie mit Graͤben umzoͤge;
wobey jeder, der darinne Bienen halten wollte,
angeloben muͤßte, nach den beſſern Grundſaͤtzen
zu handeln, beſondere Bienenſtaͤnde zu bauen
und die Bienen in breternen oder Strohbeuten
zu verpflegen. Es muͤßten dazu beſondere un-
terrichtete Bienenwaͤrter beſtellt werden. Die-
ſes waͤre einer der vorzuͤglichſten Faͤlle, wo die
Riemiſche Landbienenzucht am beſten angebracht
waͤre, da der Landmann oder Staͤdter, zumal
wenn er etwas entfernt von dergleichen Bienen-
waͤldern liegt, von ſeinen uͤbrigen Geſchaͤften
nicht abgehalten wuͤrde.
In dieſem Jahrhunderte erhielt die Bienen-
zucht mehrere Schriftſteller, ſowohl was den
oͤkonomiſchen als juriſtiſchen Theil derſelben be-
traf. Die allgemeinen oͤkonomiſchen Schrift-
ſteller behandelten dieſelbe auch; vornehmlich
Coler, der auch noch in dieſem Jahrhunderte
ſchrieb, und Hohberg: was aber die beſondern
betrifft, ſo gehoͤren hierher Kraͤutermann, Hoͤf-
ler, der Verfaſſer des ſorgfaͤltigen Bienenhal-
ters, welcher 1677 zu Osnabruͤck erſchien. Von
den Bienen und dem Bienenrecht handeln Beck,
Gruͤzmann, Joſ. Werder, Joh. Goͤthe, Pet.
Muͤller,
[335] Muͤller, Schwarz, Leiſer. g) Man kann
uͤberhaupt als eine Regel in dieſen Zeiten an-
nehmen, daß diejenigen oͤkonomiſchen Gegen-
ſtaͤnde, welche oͤfters bey den Rechtsſtuͤhlen we-
gen Streitigkeiten vorkommen, auch noch die
meiſten Schriftſteller erhielten. Dieſes geſcha-
he bey den Bienen um deſto mehr, je mehr die
Rechtsgelehrten mit dem Forſtrecht wegen des
Intereſſe der Hoͤfe ſich zu beſchaͤftigen genoͤthi-
get waren.
Im achtzehnten Jahrhunderte.
In dem achtzehnten Jahrhunderte waren
verſchiedene Zeidlergeſellſchaften ganz verloren,
ſonderlich hatte dieſes Schickſal die ehemals ſo
beruͤhmte Nuͤrnbergiſche. Die einſchuͤchtigen
Zeidelguͤter geriethen meiſt in die Haͤnde der
Landleute, die keine Zeidler waren. Die Zei-
delmuͤtter wurden von ihren Beſitzern, meiſt
beguͤterten Nuͤrnbergern, in angenehme Herren-
ſitze verwandelt, zu denen andere Zeidelguͤter
gehoͤrig und zinsbar ſind. Es pflegen daſelbſt
keine Zeidler mehr die Bienen; obgleich zum
Beylegen geringer Civilſachen uͤber dieſe Zei-
delguͤter noch jaͤhrlich zu Feucht ſechsmal Ge-
richt gehalten, und von dem Amtmann des Lau-
renzer Waldes mit 6 Waldherren, einem Un-
terrichter und 12 Schoͤppen, welche aus 26
befrey-
[336] befreyten Zeidelguͤtern genommen ſind, den
Vierern und einem Actuarius beſetzt wird. In-
deſſen nahmen ſich die Regierungen und die Ge-
lehrten dieſes Geſchaͤfts in andern Gegenden
von neuem und mit mehrerm Eifer an. In
vielen Laͤndern war ſie bisher nur wild gewe-
ſen, oder in manchen faſt gar verfallen. So
hatte ſie in der Mark zu Ausgange des ſieben-
zehnten und zu Anfange des jetzigen Jahrhun-
derts durch ſtrenge Winter und andere auſſer-
ordentliche Witterung ſehr viel gelitten, beſon-
ders in den Jahren 1709, 1719, 1735, 1740,
1741, 1763. h) Allein mit deſto mehrerm
Eifer nahm ſich auch die Regierung derſelben
an. Beſage der Maͤrkiſchen Flecken- Dorf-
und Ackerordnung vom 16ten December des
J. 1702 iſt den Landleuten in allen fruchtbaren
und zur Bienenzucht bequem gelegenen Gegen-
den nach Unterſchied ihrer Grundſtuͤcken anbe-
fohlen, eine Anzahl von Bienenſtoͤcken ordent-
lich zu unterhalten. Durch dieſelbige wurde
hin und wieder in den uͤbrigen Provinzen die
aus bloßer Nachlaͤßigkeit in Abfall gerathene
Bienenzucht gleichſam erneuert, und ſowohl in
der Mittelmark als in der Priegnitz und Ucker-
mark allgemeiner zu machen geſucht. Preußen
und Preußiſchlithauen gaben hier in vielen Ge-
genden ausnehmende Beyſpiele zur Nachah-
mung.
[337] mung. i) Es ſoll vermoͤge dieſer koͤnigl. Ver-
ordnung in den dazu geſchickten Orten wenig-
ſtens ein jeder Bauer 4 Stoͤcke, der halbe
Bauer 2, und der Coſſaͤte 1 Stock halten, auſ-
ſer was Prediger, Pachter und andere freywil-
lig thun. Nimmt man nun fuͤr ein Dorf 10
gute und ſtarke Stoͤcke an, welche insgemein
im erſten Jahre 10 Vor- und eben ſo viel Nach-
ſchwaͤrme geben, wovon die letztern, wenn ſie
zur rechten Zeit zuſammen geſchlagen werden,
5 gute Stoͤcke geben, ſo ſind dieſes im erſten
Jahre 25 Stoͤcke. Im zweyten Jahre wuͤrde
dieſe Anzahl auf 60, und im dritten ſchon uͤber
150 Stoͤcke vermehrt ſeyn. Dennoch entſprach
die Erfahrung der Vorſorge der Polizey nicht.
Verſchiedene Ungluͤcksfaͤlle trugen nicht wenig
zur Schwaͤchung des Bienenſtands bey, ſo daß
eine ziemliche Zeit vor dem ſiebenjaͤhrigen Krie-
ge die Bienenzucht in den ſchoͤnſten Gegenden,
welche ſonſt die uͤbrigen mit Wachs und Honig
verſahen, in große Abnahme gerieth, und an
verſchiedenen Orten ſo in Vergeſſenheit kam,
daß man kaum mehr damit umzugehen wußte.
Hierzu kamen in dem beſagten Kriege die Aus-
ſchweifungen der leichten feindlichen Truppen,
die die Verwuͤſtung zuweilen aufs hoͤchſte trieben.
Dennoch unterließ die Regierung nicht zu ermun-
tern. k) Die Koͤnigl. Akademie zu Berlin be-
ſchaͤftig-
Y
[338] ſchaͤftigte ſich damit. Hr. Hofr. Gleditſch
machte Bemerkungen uͤber die Verfertigung der
Zellen, und vorzuͤglich, daß ſie auch im Noth-
falle andere Materien, die kein Wachs ſind,
brauchen. Er gab ihnen die feinſten Faſern
von der Radice graminis, feines Moos, Stiel-
chen vom Bromo tectorum und Loͤſchpapier.
Sie verfertigten aus allen dieſen Zellen von der
gewoͤhnlichen Geſtalt, und zum Theil ordent-
lich geflochten; das Papier erweichten ſie mit
Waſſer, und kneteten es zu einem feinen Brey.
Die alte Mark hat wegen des vielen Buch-
weizens eine vorzuͤgliche Gelegenheit zur Bie-
nenzucht, welches auch die benachbarten Luͤne-
burger benutzen, und ſeit vielen Jahren ihre
Stoͤcke zur Ausfuͤtterung dahin bringen, welche
ſie im Herbſt nach Erlegung eines geringen
Koſtgeldes wohlbeladen wieder zuruͤcknehmen.
Dieſes Verfahren der Bienenſtoͤcke auf die
Weide iſt auch noch im Juͤlichſchen ſeit langen
Zeiten gewoͤhnlich. Man bringt die Bienen-
ſtoͤcke an ſolche Berge zwiſchen die Huͤgel, wel-
che am meiſten mit Quendel bewachſen ſind.
Dieſes Verfahren der Stoͤcke kann vorzuͤgli-
chen Vortheil gewaͤhren, wenn die Blumen in
den erſten Monaten der Witterung halben in
der einen Gegend zu wenig bluͤhen, um den
Bienen in einer andern und ſchoͤnern eine rei-
chere Nahrung zu ſchaffen.
Die Hinterkreiſe der Neumark haben wegen
des Buchweizens und der Heide noch einen ſchoͤ-
nern
[339] nern Bienenſtand. Der verdienſtvolle Hr.
Hofr. Gleditſch machte ſich es zu einem Haupt-
geſchaͤfte, dem Undanke der Landleute gegen die
Bienen Einhalt zu thun, und ſie die Menſch-
lichkeit zu lehren. Er ſahe, daß im Sept. jaͤhr-
lich viel hundert Stoͤcke in der Mark mit Schwefel
getoͤdtet wurden. Er bemuͤhete ſich, die Landleute
eines Beſſern zu belehren. Er that ihnen des-
halb verſchiedene Vorſchlaͤge; ſie ſollten die ih-
rer Meynung nach zu ſchwachen Stoͤcke zu der
Zeit, da der Hederich l) in den großen Fel-
dern, und der Buchweizen m) noch uͤber und
uͤber bluͤhete, auch ſelbſt die Heide und andere
Herbſtblumen ſich noch lange nicht zeigten, auf
eine gute und ſichere Weiſe zuſammenſchlagen,
und einige davon im Sept. und Maͤrz zur Pro-
be auf ſeine Koſten mit ſo viel Honig fuͤttern,
als die guten Stoͤcke etwa insgemein von Honig
und Wachs ſchwer zu ſeyn pflegen. Er ſtellte
ihnen die Vortheile von den kuͤnftigen zeitigen
ſtarken Schwaͤrmen vor, und daß, wer die Stoͤ-
cke uͤber Winters erhielte, ſich auch die zukuͤnfti-
gen Schwaͤrme erhalte. Allein alles dieſes hielt
man fuͤr Kleinigkeiten, und gab ihm kein Ge-
hoͤr, unter dem Vorwande, es ſey nicht oͤkono-
miſch genug. Schande genug fuͤr die Men-
ſchen, die hierinne mit dem Baͤr, dem Zerſtoͤ-
rer der Bienenſtoͤcke, wetteifern! Deſto nach-
druͤcklicher ſollten die Regierungen dieſes Ver-
Y 2brechen
[340] brechen beſtrafen, und die Florentiniſchen Ge-
ſetze nachahmen, welche fuͤr dieſes Verbrechen
die eigentliche Strafe ſehr gut beſtimmen, wel-
ches auch in den neuen Zeiten man in der Pfalz
that, wie wir unten in der pfaͤlziſchen Oekono-
miegeſchichte ſehen werden. Denn die Folgen
ſind zu groß, und das Vergehen gegen ein Land
weit betraͤchtlicher, als man anfangs glaubt.
Wie viele Vortheile gehen in Anſehung des
Handels, des Medicinalweſens, eines geſunden
und unſchaͤdlichen Geleuchtes verloren! Man
buͤßt von dem hoͤchſtmoͤglichen Ertrag der Wie-
ſen ein, den man durch die Nahrung erhalten
kann, welche die Blumen und Kraͤuter den
Bienen geben, ohne daß ſie dem Heue entzogen
werden. Hr. Hofr. Gleditſch verſuchte es auch
auf dem Landgute des Hr. Daum, einen wilden
Bienengarten anzulegen, der ſich ſelbſt erhielte,
und wo die beſten Bluͤthen und Blumen fuͤr die
Bienen monatlich ſowohl, als ſehr zeitig im
Fruͤhlinge und Herbſt ſtehen. Ihm danken
wir ein Verzeichniß aller Bienengewaͤchſe in
der Mark, wodurch er die Kenntniß derſelben
ausbreitete n); und ſo bemuͤhete er ſich ſtets den
Bienenſtand der Brandenburgiſchen Lande zu
verbeſſern, und die Bemuͤhungen der Cammer
zu unterſtuͤtzen. In den Pommeriſchen Landen
bluͤhete
[341] bluͤhete er vorzuͤglich, da ſie einige Vortheile
in Anſehung der Winterfuͤtterung haben. Un-
ter den Honigarten der Brandenburgiſchen Lande
iſt beſonders der zu Liptitz bekannt, ſo wie der
weiße Preußiſche.
In den Brandenburgiſchen Landen machte
ſich auch Hr. Riem, Oberoͤkonomiecommiſſair
und Lehrer der Bienenoͤkonomie verdient. Er
machte Tabellen uͤber dieſes Nahrungsgeſchaͤft.
So fand er z. B. im J. 1775, daß von den mit
150 Stoͤcken beſetzten Bienenſtande des Hrn.
Kreisdirectors von Thuͤmen in Blankenſee bey
Belitz nach der am 7ten October gezogenen Ta-
belle von 73 Magazinen 1062 Pfund Honig
und Wachs mit den obern Koͤrben abgenom-
men worden; woraus erhellet, daß die nach
der Heide gefahrnen Bienen dieſes Jahr viel
Vortheil gebracht. Er durchreiſte auf Ver-
anlaſſung des Hrn. Grafen von Hoym, oder viel-
mehr der Regierung, Schleſien der Bienencultur
wegen, und o) ertheilte Unterricht in ſeiner Art
der Bienenpflege in den Gegenden zu Primgau
bey Belitz und um Berlin herum. Seine Me-
thode wurde zu Schulzendorf ohnweit Berlin
von dem Hrn. Director Wieſel eingefuͤhrt. Er
wurde auf Befehl der Koͤniglichen Churmaͤrki-
ſchen Kriegs- und Domainen-Cammer in viele
Aemter geſendet, um als Lehrer der Bienen-
oͤkonomie zu unterrichten, und zum Oberaufſe-
Y 3her
[342] her der Schleſiſchen Bienenplantagen beſtellt.
In Trebſen bey Zuͤllichau machte er einen
Verſuch mit jungen Schwaͤrmen in ſeinen Halb-
kaͤſten, welche weit beſſer als in den unbeque-
men Holzbeuten fortkommen. Es erſchienen
im Brandenburgiſchen mehrere Bienengeſetze.
So ergieng im J. 1775 ein Edict wegen der
Vergiftung und vorſetzlichen Beſchaͤdigung der
Bienen. Vermoͤge deſſelben iſt es bey Strafe
eines ſechsjaͤhrigen Karrenfahrens, bey Feſtungs-
baue unterſagt. p) Die Schleſiſche oͤkonomi-
ſche
[343] ſche patriotiſche Societaͤt ſetzte einen Preis auf
die beſte Gattung von Klotzbeuten, Koͤrben und
Kaͤſten, als die drey gewoͤhnlichen Bienenbe-
haͤltniſſe, welchen Hr. Riem erhielt. q)
Y 4In
[344]
In dem Saͤchſiſchen war man nicht weniger
fuͤr die Bienen beſorgt. Schon vor dem Jah-
re 1756 waren die Bienenſtoͤcke in der Oberlau-
ſitz zu vielen Tauſenden angewachſen, allein der
Krieg verwuͤſtete viele. Nach Endigung deſ-
ſelben vereinigten ſich viele Bienenvaͤter, wel-
che naͤmlich ſelbſt Bienenzucht trieben, theils
um von einander zu lernen, theils einander zu
helfen und zu ſchuͤtzen. An der Entſtehung die-
ſer Geſellſchaft hat ein Rodewitz, Keſſel, Goͤtz,
Hofmann, Mezradt großen Antheil. r) Sie
errichteten unter einander beſondere Geſetze und
Vorſchriften, und zogen die Aufmerkſamkeit
und Achtung einer weiſen Regierung auf ſich,
die dieſe Bienengeſellſchaft in der Oberlauſitz
beſtaͤtigte. So entſtand auſſer der allgemei-
nen oͤkonomiſchen Geſellſchaft zu Leipzig noch
dieſe Bienengeſellſchaft. Sie unterſchied ſich
von den bisher Mode geweſenen Bienengeſell-
ſchaften, und zeichnete ſich dadurch aus, daß
ſie auch aus Gelehrten beſtand, welcher viele
in- und auslaͤndiſche Gelehrten und Liebhaber
beytraten, und die Geſellſchaft zu ihren Ver-
ſuchen mit Beytraͤgen unterſtuͤtzten. Ordent-
liche ſowohl als auſſerordentliche Mitglieder lie-
fern Abhandlungen zu den geſellſchaftlichen
Schriften. Es wurden hierauf ihre Compakta-
ten
[345] ten s) im J. 1768 am 17ten Sept. bekannt
gemacht. Dieſe Geſellſchaft iſt eine der erſten
dieſer Art; die Bienenzucht hat derſelben ſchon
wichtige Entdeckungen zu danken.
Die Bienenzucht der Oberlauſitz war ſonder-
lich in dem Muſkauiſchen und dem Amte Hoyers-
werda ſehr anſehnlich, und wurde es durch ſie
noch mehr. Man that von Seiten der Regie-
rung in Sachſen noch mehr. Sie wendete ih-
re Aufmerkſamkeit auch auf die Geſetze, die die
Bienenzucht angehen. Das bisherige Bienen-
recht erklaͤrte z. B. die Bienen fuͤr einen wil-
den Wurm, aus welchem Grundſatze allerhand
andere nachtheilige Rechtsſaͤtze, vornehmlich in
Anſehung der Verfolgung und Wiederforde-
rung eines von dem einen zu dem andern ge-
gangenen Schwarmes floſſen. Man entſchied
nach dem Roͤmiſchen Rechte, auch dem Mag-
deburgiſchen Weichbilde und dem Saͤchſiſchen
Landrechte. Viele Faͤlle, die bey der Bienen-
zucht vorkommen koͤnnen, waren darinne ent-
weder gar nicht, oder doch ſo entſchieden, daß
es beſſer geweſen waͤre, wenn man gar keine
Beſtimmung darinne gehabt haͤtte. Dieſem
ſuchte die Churſaͤchſiſche Landesdeputation zur
Oekonomie, Manufactur und Commercien-
weſen abzuhelfen, und verlangte daher von der
Y 5Ge-
[346] Geſellſchaft eine Sammlung auslaͤndiſcher Be-
fehle wegen des Bienenrechts, und eine zuver-
laͤßige Anzeige der Faͤlle, wo der Bienen we-
gen Streit entſtehen koͤnnte. t) Die Geſell-
ſchaft nahm bey dieſem Entwurfe allezeit die
Natur der Bienen vor Augen, ſetzte nur die
moͤglichen Faͤlle feſt, und uͤberließ die Strafe
oder Belohnung der Gerechtigkeit und Polizey.
Man verordnete darinne vornehmlich uͤber fol-
gende Gegenſtaͤnde: 1) was Rechtens iſt bey An-
legung der Bienen ſo wohl in den Heiden als in den
Doͤrfern uͤberhaupt? was bey dem Einkaufe und
Verkaufe? 2) was von den Schwaͤrmen insbe-
ſondere? 3) von der Rauberey der Bienen und
was dabey Rechtens ſey? 4) von der Peſt der
Bienen. Sie ſchlaͤgt zugleich verſchiedene Po-
lizeyanſtalten in der Bienenzucht vor; daß z.
B. in jedem Amte ein oder zwey erfahrne Bie-
nenvaͤter ausgeſucht, und zu den Unterſuchun-
gen oͤffentlich beſtellt werden, welche ihre In-
ſtruction erhielten, nachdem ſie vorher von der
Bienengeſellſchaft gepruͤft worden. Nach
dem Beyſpiele der Oberlauſitz trat eine Chur-
ſaͤchſiſche Bienengeſellſchaft zu Roͤtha bey Leip-
zig zuſammen, welche ihre Bemerkungen der
Ober-
[347] Oberlauſitzer mittheilte. u) Wichtig iſt in der
Oberlauſitz die Zeidlergeſellſchaft in dem Muſ-
kauiſchen, x) welche daſelbſt, wie wir oben ge-
hoͤrt, ſchon ſeit undenklichen Zeiten die Wald-
bienenzucht treibt, und von der Herrſchaft in
ihren Vorrechten und Privilegien geſchuͤtzt
wird. Ein Mitglied derſelbigen muß nothwen-
dig Beuten in den Waͤldern haben, ohne dieſe
kann er kein Mitglied ſeyn. Dieſe Waldbie-
nenzucht iſt alſo eine Art von wilder Bienen-
zucht. Man thut hierbey weiter nichts, als
daß man den Bienen ihre Wohnungen anwei-
ſet, die ſie auch oft ſelbſt waͤhlen, und wenn
denn die Zeit zum Zeideln kommt, nachſiehet,
ob ſie viel eingeſammlet, deſſen man ſich be-
dient, und zur Erkenntlichkeit ihnen doch fuͤr
ihre Bemuͤhung etwas noch zuruͤcklaͤßt. Uebri-
gens uͤberlaͤßt man ſie ihrem eigenen Fleiß und
Schickſal. Gute Zeidler aber, wenn ſie im
Herbſte nach ihren Bienen ſehen, ſetzen wohl
auch aus den guten Stoͤcken herausgenommene
Honigſcheiben den ſchwaͤchern Schwaͤrmen zu,
und laſſen es nicht darauf ankommen, ob ſie
ſich erhalten, oder eingehen moͤgten.
Die
[348]
Die Beuten werden in Baͤume, welche da-
zu bequem, und die behoͤrige Staͤrke haben,
eingehauen, und ſind von verſchiedener Groͤße
im Lichten. Meiſtentheils ſind ſie vier Fuß
lang oder hoch, anderthalb Fuß tief, und ei-
nen Fuß drey Zoll breit. Die Hoͤhe von der Er-
de an gerechnet, in welcher ſie in die Staͤmme
einhauen werden, betraͤgt ordentlicher Weiſe
10 bis 12 Fuß. In einen einzigen Stamm
werden oft 1, 2, 3, Beuten uͤber einander oder
auch wohl neben einander gemacht. Dem
Baume ſchaden inzwiſchen an ſeinem Wachs-
thum dieſe Beuten nicht. Die Oeffnung wird
ſodann mit einem Bretchen zugeſetzt, doch ſo,
daß auf einer Seite noch ein Ritz bleibet, aus
dem die Bienen aus- und einfliegen koͤnnen.
Man hauet auch wohl neben das Flugbret ein
Loch in den Baum, welches den Bienen an-
ſtatt des Flugloches dienet. Dieſes Bret wird
uͤberdies noch, wenn die Beute leer iſt, mit
gruͤnen Reiſern umwunden, damit die Bienen
bey dem Schwaͤrmen deſto mehr Luſt kriegen
hineinzuziehen; ſind ſie nun drinnen, ſo nimmt
man die Reiſer wieder weg. Die Anzahl ſol-
cher Beuten, die die Zeidlergeſellſchaft in hieſi-
ger Herrſchaft zuſammen beſitzt, wird ſich im-
mer auf 7000 Stuͤck belaufen; dieſe aber ſind
nicht alle mit Bienen beſetzt. Die ganzen
Waldungen, in welchen ſich ſolche Beuten be-
finden, werden in beſondere Diſtricte, die man
die Zeidelheiden nennt, eingetheilet, und dieſe
fuͤh-
[349] fuͤhren den Namen von den benachbarten Doͤr-
fern, z. E. die Braunsdorfiſche, die Luckni-
tzer, die Weißkeiſelſche Zeidelheide u. ſ. w.
Dieſe Diſtricte oder Zeidelheiden werden wieder
nach Maaßgabe der in denſelben befindlichen
Beuten in gewiſſe Maaße eingetheilet. Ein
Maaß Zeidelheide heißt ein Stuͤck Wald, in
welchem 60 Beuten ſind. Dreyßig ſolcher
Beuten heißt ein halb, und funfzehn derſelben
ein Viertelmaaß. Ein Mitglied der Zeidler-
geſellſchaft kann ſo viel Maaße haben, und ſich
von den andern, wenn ſie zu verkaufen ſind,
erkaufen, als er will. Einige haben 2, 3 und
mehr Maaße, andere hingegen nur ein halbes
oder Viertel. Davon muß jaͤhrlich Hochreichs-
graͤflicher Herrſchaft vom Maaß 15 Gr. an
dem Faſtnachtsconvent abgetragen werden; vom
halben Maaß alſo 7 Gr. 6 Pf., ſo daß demnach
fuͤr jede Beute, ſie mag beſetzt ſeyn oder nicht,
jaͤhrlich 3 Pf. gezinſet wird. Dies wird der
Zeidelzins genennt.
Die Beſitzer ſolcher Maaße unterſcheiden die
ihrigen von andern durch gewiſſe oberhalb der
Beuten, bisweilen auch unter denſelben, in den
Stamm eingehauene Zeichen, welche in Hieben,
Kreuzen, Quadraten und andern Figuren be-
ſtehen. Der Werth ſolcher Maaße iſt bey dem
Kauf- und Verkauf verſchieden. Es kommt
hierbey viel auf die groͤßere oder geringere An-
zahl der beſetzten Beuten, auf ihre bequeme
Lage, ſowohl fuͤr die Bienen, als auch fuͤr den
Zeid-
[350] Zeidler, wenn z. E. die anzukaufende Zeidel-
heide nicht zu entfernt iſt, an. Nach dieſen
iſt der Werth auch hoͤher und geringer. Man-
che Maaße werden fuͤr 24, 30 und mehr Thl.
gekauft, da andere auch nur fuͤr 12 oder 15
Thl. gelten. Bey dem Verkauf hat allemal
ein Mitglied der Zeidlergeſellſchaft das Vor-
recht vor einem Fremden, der noch kein Mitglied
iſt; kauft er ſich aber ein ſolches Maaß an, ſo
wird es ihm von dem Zeidelrichter und Aelte-
ſten mit Zuziehung der angrenzenden Zeidler an-
gewieſen, deren Bemuͤhung er durch ein paar
Mahlzeiten und durch eine feſtgeſetzte Beloh-
nung verguͤtet. Er genuͤßet alsdenn alle Vor-
rechte der uͤbrigen Mitglieder, und wird den
andern in der naͤchſten Verſammlung vorge-
ſtellt. Einige Zeidelheiden koͤnnen gar nicht
verkauft werden, ſondern ſie ſind mit den Bau-
erguͤtern unzertrennlich verbunden.
Die Schwarmzeit iſt eine mit von den luſtig-
ſten fuͤr die Zeidler. Noch vor derſelben be-
ſtreichen ſie ihre leeren und gereinigten Beuten
mit einer gewiſſen Bienenſalbe, die aus man-
cherley wohlriechenden Kraͤutern und andern
Ingredientien gemacht wird, und die die Bie-
nen anlocket. Man nennt ſie eine Bienen-
ſchminke. Ihre Zubereitung verſtehen nur ei-
nige, und ſie halten es unter ſich ſelbſt fuͤr ein
großes Geheimniß; doch kann ein jeder Zeidler
ſo viel davon bekommen, als er braucht, ſeine
leeren Beuten einzuſchminken. Wenn nun die
Beu-
[351] Beuten wohl gereiniget, und mit dieſer Schmin-
ke beſtrichen ſind, ſo erwartet man mit Verlan-
gen die Schwaͤrme. Ehe der Schwarm ſelbſt
auszieht, ſchickt er wohl einige Tage zuvor ſei-
ne Fourierſchuͤtzen, die Spurbienen, voraus.
Dieſe gehen denn, durch den ſtarken und an-
genehmen Geruch der Bienenſchminke gereizt,
von einer Beute zur andern, und ſuchen fuͤr ih-
re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines
neuen Staats einen bequemen Palaſt aus.
Sie waͤhlen vor andern gern die weichen und
koͤrnichten Baͤume. Hier geſchieht es oft, daß
die Spurbienen von verſchiedenen Schwaͤrmen
zuſammen treffen, die fuͤr ihre edle Gebieterinn
eben dieſe bequeme Wohnung in Beſitz nehmen
wollen. Da kommt es denn unter dieſen mu-
thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmuͤ-
zeln und hitzigen Gefechten, und die ſchwaͤ-
chern muͤſſen oft mit blutigen Koͤpfen abziehen.
Ueberhaupt iſt zu der Zeit der ganze Wald ein
Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun
eine neue Wohnung in Beſitz genommen, ſo
ſchicken ſie eine Parthie wieder zuruͤck zu dem
abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin
und her waͤhret ſo lange, bis endlich der ganze
Schwarm unter der Anfuͤhrung ihrer weiſen
Koͤniginn ausziehet. Iſt die Reiſe weit, ſo
lagern ſie ſich eine Zeit lang auf andere Baͤume,
damit ihre Regentinn unterdeſſen ausruhen kann.
Hier werden ſie oft von dem Zeidler aufgefaßt,
weil er befuͤrchten muß, ſie moͤgten ſonſt wohl
gar
[352] gar außer ſeiner Zeidelheide ihr Koͤnigreich auf-
richten. Ziehen ſie fort, ſo darf er ſie vermoͤ-
ge der Geſetze weiter nicht verfolgen, als bis
an die Grenze ſeiner Zeidelheide. Setzen ſie
ſich nun nicht weit davon an, und er getrauet
ſich den Schwarm, oder vielmehr den Baum,
an welchen er ſich angelegt, mit dem Wurf der
Zeidelart, welche er an der Grenze ruͤcklings
ſtehend, unter dem linken Arm durchwirft, zu
erreichen, ſo kann er ihn aus des Nachbars
Heide wegnehmen; mißlingt es ihm aber, ſo
verliert er nicht nur ſeinen Schwarm, ſondern
er faͤllt uͤberdies noch in Strafe.
Die ganze Zeidelgeſellſchaft beſteht jetzt aus
170 Perſonen, welche in zwey Rotten einge-
theilet werden. Jede Rotte hat ihren beſon-
dern Zeidelrichter und Aelteſten, die aus ihrem
Mittel gewaͤhlt werden. Sie muͤſſen aber er-
fahrne Bienenvaͤter ſeyn, und ſelbſt von den
abgehenden Richtern und Aelteſten approbirt
werden, wenn ſie zu dieſer Wuͤrde gelangen
wollen. Sie halten jaͤhrlich zweymal an zwey
dazu beſtimmten Orten ihre Verſammlungen,
naͤmlich 1) den Montag nach Eſtomihi, und
2) den Montag nach Bartholomaͤi. Bey ih-
ren Verſammlungen, in welchen viele alte Ce-
remonien und Gebraͤuche, die nun freylich eben
nicht zur Hauptſache gehoͤren, herrſchen, praͤ-
ſidirt allemal ein Beamter aus der Hochreichs-
graͤflichen Canzelley. In dieſen wird der Zei-
delzins abgetragen, nach Befinden der Um-
ſtaͤnde
[353] ſtaͤnde neue Richter und Aelteſte gewaͤhlt, neue
Mitglieder den uͤbrigen vorgeſtellt, die ſtreiti-
gen Sachen nach ihren Geſetzen abgethan, und
die Verbrecher in der Bienenſache beſtraft.
Ihre Strafen ſind vermoͤge ihrer Geſetze ſehr
ſtrenge. Von den Strafgeldern bekommt
die Herrſchaft zwey Drittel und die Zeidlerge-
ſellſchaft ein Drittel.
Auch die Hoyerswerdaiſche dauert nach dem
Zeugniſſe des Hrn. Kruͤnitz y) noch fort, ob-
ſchon Hr. Vogel in der Nachricht von der Muſ-
kauiſchen ſie unter den eingegangenen nennt. z)
Die Geſellſchaft, die ich ſchon in der Bienen-
geſchichte des ſechzehnten Jahrhundertes erwaͤhnt
habe, beſtehet aus 82 Mitgliedern, welche ins-
geſammt Erbunterthanen der Grundherrſchaft,
und nicht etwa aus einem Dorfe, ſondern aus
verſchiedenen nahe am Walde gelegenen Dorf-
ſchaften ſind. Sie theilen ſich in drey Viertel,
nehmlich in das Neuwieſiſche, Collmſche und
Neudoͤrfeliſche, und erkennen ein Oberhaupt
uͤber ſich, das ſie Staroſten nennen. Dieſem
ſind aus jedem Viertel zween Schoͤppen zuge-
geben, zu welchen letzten aber aus jedem Viertel
noch ein Aßiſtent beſtellet wird, der aber bey
dieſem Gerichte nichts zu ſprechen hat, ſondern
nur zuhoͤren und gleichſam lernen muß. Alle
Jah-
Z
[354] Jahre den Dienſtag nach Michaelis halten
die Zeidler in Hoyerswerda ihre Zuſammen-
kunft, erwaͤhlen den Staroſten, die Schoͤppen
und Aßiſtenten, und bezahlen den jaͤhrlichen
Zins an die Herrſchaft; und wenn etwas vor-
gefallen, ſo die Geſellſchaft uͤberhaupt oder ei-
nige Mitglieder angeht, ſo wird ſolches als-
denn vorgetragen, in Erwaͤgung gezogen, und
friedlich beyzulegen geſucht. Sie haben aber
auch allemal einen gelehrten Beyſitzer, den ſie
ſich ſelbſt erwaͤhlen. Dieſem vertrauen ſie ihre
Originaldocumente zur Verwahrung, und in
zweifelhaften Faͤllen ertheilt er ihnen ſeinen gu-
ten Rath und Beyſtand. Zu gedachter Zeit
werden auch neue Mitglieder, auf die durch den
Tod erledigten Stellen, feyerlich angenommen.
Sie muͤſſen durch einen Handſchlag dem Sta-
roſten und Schoͤppen Gehorſam angeloben.
Die Zeidlergemeinde erhaͤlt aber von dieſen
Candidaten ein Leihkauf, ſo im Biere beſteht.
Der Staroſt wird alle 3 Jahre aus den Vier-
teln wechſelsweiſe erwaͤhlet; von den Schoͤppen
aber geht jaͤhrlich aus jedem Viertel nur einer
ab, und die Aßiſtenten treten an ihre Stelle.
Die Aßiſtentenſtellen werden aber auch ſogleich
wieder beſetzt. Der Zeidelzins hat ehedem in
Honig beſtanden; aus der Fuͤrſtl. Teſchenſchen
Confirmation aber erſieht man, daß ſie ihn
freywillig in Geld verwandeln koͤnnen. Er
wird alſo jetzt in Gelde abgetragen, und iſt auf
33 Rthlr. geſetzt worden. Auſſer den Privi-
legiis,
[355] legiis, worinn ihnen bereits einige Ordnung
vorgeſchrieben iſt, haben ſie keine beſondere Sta-
tuta oder Geſetze.
Man gieng in Sachſen in der Verbeſſerung
immer weiter, ſowohl durch Anſtalten als Schrif-
ten. Und da die drey uͤblichſten Bienenbehaͤl-
ter, die Klotzbeuten, Kaſten und Koͤrbe, noch
immer ſind, ſo ſuchte man in den plauiſchen Ge-
genden die Klotzbeuten zu beſſern. a) Hr. Wil-
helmi berechnete in den Sammlungen der ober-
lauſ. B. G. den innern Raum der Bienenſtoͤ-
cke verſchiedener Behaͤlter, und zeigte, daß ein
allzugroßer Raum dieſe ſo arbeitſamen Inſekten
kleinmuͤthig, und die Kaͤlte im Winter ihnen ge-
faͤhrlich mache. Der Verfaſſer der unten an-
gegebenen Verbeſſerungen richtete daher die
Beuten durch einpaſſende runde Blenden ſo ein,
daß man ſie im Sommer vergroͤßern und er-
weitern, im Herbſt aber verkleinern koͤnnte. Man
erfand in Sachſen die ſogenannte Weiſelhaͤus-
chen, nachdem Hr. Schirach die Theorie von
der Weiſelerziehung bekannt machte. Von
Sachſen aus wurde die Brodfuͤtterung der Bie-
nen, die in einigen Laͤndern gewoͤhnlich war, be-
kannter gemacht. b) Man machte Verſuche
Z 2mit
[356] mit den Gelieuſchen und Riemiſchen Halbkoͤr-
ben, welche letztere auch pfaͤlziſche Halbkaͤſten
und Halbkoͤrbe hießen, c) bey den Bienenable-
gern, und ſuchte mit den Klotzbeuten eben das
zu bewerkſtelligen, was man durch Unterſetzkoͤrbe
ausrichtet, und dadurch Magazine nach fraͤnki-
ſcher Art zu erhalten. Auch iſt der Verfaſſer
der Anmerkungen zu Verbeſſerung der Bienen-
zucht in Sachſen, welches nach dem Hrn. Prof.
Beckmann d) der Hr. von Luͤttichau iſt, in
ſeiner 1775 herausgegebenen Beantwortung
zweyer Schreiben, einer von denen, die die
Begattung der Drohnen mit der Koͤniginn be-
obachtete, und hat ſie vorzuͤglich ſchoͤn erzaͤhlt.
Man bemuͤhete ſich fuͤr die Nahrung der Bie-
nen zu ſorgen, e) und die Geſellſchaft legte des-
wegen einen Bienengarten an, darinne ſie, ſo
viel moͤglich, diejenigen Kraͤuter zog, welche den
Bienen am vortheilhafteſten ſind. Vorzuͤglich
that dieſes die oberlauſitziſche Bienengeſellſchaft
in Verbindung mit der roͤthaiſchen. Die er-
ſtere ließ in ihren Sammlungen und Ankuͤndi-
gungen Anleitungen hierzu ausgehen. Sie
vereinigte ſich bald nach Entſtehung der roͤthai-
ſchen mit ſelbiger, um nach und nach Stoff zu
einem
b)
[357] einem Handbuche fuͤr den Landmann zu ſam-
meln, wie er ohne Schaden ſeiner uͤbrigen Feld-
fruͤchte die Bienen verſorgen koͤnne, welches an
die ſaͤchſiſchen Landwirthe vertheilt werden ſollte.
Die roͤthaiſche machte ſich im 6ten §. ihrer
Statuten f) verbindlich, daß jedes Mitglied,
wenn es ein Garten- oder Feldbeſitzer iſt, jaͤhrlich
fuͤr die Bienen etwas ſaͤen wolle, als Wicken, Win-
ter- oder Sommerruͤbſen, Senf, Mohn, ſibe-
riſche Brunnenkreſſe, Meliſſe, Salbey, Thy-
mian, Heidekorn, beſonders aber die Anpflan-
zungen des Schießbeerholzes, oder Faulbaums
in Hecken, Corneliuskirſchbaum, Linden, Fich-
ten, Roßkaſtanien, Ahornbaum, Lerchenbaum,
Erbſenbaum, Palmweide, Pappeln, gelben
Lack und Spargel, damit die Bienen vom Fruͤh-
linge an bis in den ſpaͤteſten Herbſt ihre Nah-
rung nicht allzuweit ſuchen duͤrfen; und damit
man zuverlaͤßig erfahre, was fuͤr naͤhrende Bluͤ-
then fuͤr unſere Bienen wir in unſern Gegenden
haben, zu welcher Zeit Mangel einfalle, und
wenn man den Bienen vorzuͤglich zu Huͤlfe kom-
men muͤſſe, ſo wolle jedes Glied das einige
Jahre herumgehende Diarium durch allerley an-
gemerkte Namen von den zu jeder Zeit vor-
handenen Bluͤthen zu bereichern, und wenn er
die Bluͤthe nicht kennt, bey Kraͤuterkundigen
durch Vorzeigung des bluͤhenden Gewaͤchſes
nach dem Namen zu erkundigen, ſich angelegen
Z 3ſeyn
[358] ſeyn laſſen. Die roͤthaiſche machte auch ver-
ſchiedene Verſuche und Entdeckungen. So ver-
ſuchten ſie es mit Gluͤck, des Hrn. Eyrichs Ma-
gazinkoͤrbe an ihre gewoͤhnlichen liegenden bre-
ternen Stoͤcke mit einem Communicationsloche
zu legen; wenn ſie nun dieſe Stoͤcke einzeln be-
ſetzt hatten, ſo konnten ſie, wenn ſie voll gebauet
waren, Koͤrbe oder Kaͤſtchen uͤber das Commu-
nicationsloch ſetzen, und dabey zur Zeit einer rei-
chen Erndte die anzuflickenden Anſaͤtze erſparen. g)
Man empfohl den Landleuten neue und fuͤr die
Bienen heilſame Kraͤuter an, und bemuͤhete ſich,
ſie mit Saamen zu verſorgen. So geſchahe
dieſes mit der ſibiriſchen Kreſſe. h) Man ließ
ganze Verzeichniſſe von dergleichen Bluͤthen
ausgehen. i) Man vertheilte an 150 Land-
wirthe Saamen von der aͤchten Bienenmeliſſe,
da man dieſe immer mit der Citronenmeliſſe
verwechſelt. Man empfohl den Hopfenklee, k)
eine vorzuͤgliche Kleeart fuͤr das Vieh, deren
Bluͤthe die Bienen lieben; den Wauw, l) ein
Farbekraut, ſo gelb auf Wolle und Seide faͤrbt,
aber
[359] aber auch von den Bienen ſehr geliebt wird;
Borrago oder Borretſch, welches die Bienen
auch ſogar im Regenwetter beſuchen. Man
ſchlug ſtatt der unnuͤtzen Einfaſſungen von Ta-
rus in den Gaͤrten Thymian, Yſop, Winter-
majoran und Wohlgemuth vor; eine beſondere
neue Art ſpaniſcher Bienenmeliſſe und Reſeda,
ein amerikaniſches Sommergewaͤchſe, welches
die Bienen außerordentlich lieben. Die oͤkono-
miſche Geſellſchaft zu Leipzig ließ auf ihre Ko-
ſten den ſaͤchſiſchen Bienenmeiſter drucken und
austheilen. Zu Dresden erhaͤlt ſie einen Bie-
nengarten, darinne die neuern Erfindungen in
der Bienenzucht, vornaͤmlich verſchiedene Woh-
nungen derſelben, aufgeſtellet ſind.
In den churpfaͤlziſchen Landen dachten ſowohl
die Regierung als die Gelehrten an die Bienen-
zucht. m) Die churfuͤrſtliche Akademie der
Wiſſenſchaften zu Manheim ſetzte fuͤr das Jahr
1765 unter den Nebenfragen einen Preis von
25 Ducaten auf die beſte Beantwortung der
Frage: ob die Bienenzucht in der Churpfalz
beſſer, als bisher geſchehen, einzufuͤhren? was
iſt derſelben beſonders zutraͤglich und nuͤtzlich?
was iſt ihr zuwider und hinderlich? und als ſie das
erſtemal nicht hinlaͤnglich beantwortet worden,
wiederholte man dieſelbe, da denn die Schrif-
ten der Herren Hempel, Zeiß und Riem, eines
Pfaͤlzers von Geburt, gekroͤnet wurden. Es
wird darinnen widerlegt, daß der Grundſatz,
Z 4nach
[360] nach welchem man in einem Sommer ſo viel
Schwaͤrme als moͤglich zu bekommen ſucht, nicht
ganz richtig ſey, daß es nicht auf die Menge
der Stoͤcke, ſondern auf die Schwere und Be-
voͤlkerung ankomme. Man klagt darinne uͤber
die Erfindungen der Deutſchen, mit denen ſie
die Bienenzucht uͤberladen. Hr. Zeiß ſetzte die
Methode vom Unterſetzen der Koͤrbe oder die
Magazinwirthſchaft am beſten auseinander,
und man fand, daß ſie unter allen bekannten
Methoden fuͤr die Churpfaͤlziſchen Lande am be-
ſten ſey, ob es gleich weiter nicht ſeine Erfin-
dung iſt, da man außer ihm in zwo verſchiede-
nen Gegenden, naͤmlich zu Lautern und Ludwigs-
burg, Verſuche angeſtellet. Die Schrift des
Hrn. Riems enthielt viel neues, beſonders die
ihm ganz eigene Methode der Ableger. Herr
Hempel lehrte das wahre Hauptgebaͤude der
Bienenpflege, und bemuͤhete ſich, hartnaͤckige
Vorurtheile zu widerlegen. Eine unter andern
eingelaufene Schrift gab ſonderlich eine gute
Erfindung, naͤmlich Strohringe zum Unterſetzen
an, welche vornaͤmlich in denjenigen Jahren
brauchbar ſind, wenn die Bienen nicht ſo viel
Nahrung finden, und doch mehr haben, als in
ihr gegenwaͤrtiges Magazin gehet, und eben we-
gen dieſes Mangels an Raum ſich zum Schwaͤr-
men verleiten laſſen. Eben ſo ließ die Regie-
rung fuͤr die Juͤlich- und Bergiſchen Lande eine
katechetiſche Anleitung zur Bienenzucht aus den
beſten Bienenbuͤchern und aus eigener Erfah-
rung
[361] rung von dem Hrn. Beſſerer entwerfen, die
churpfaͤlziſche oͤkonomiſche Geſellſchaft ſtellte ihm
wegen der Bienenzucht Berichte zu, die der Ver-
faſſer gut zu benutzen wußte. n) Die Regierung
erinnerte den eigennuͤtzigen Unterthan an ſeine
Pflichten gegen die Thiere, und that der ſchaͤnd-
lichen undankbaren Gewohnheit Einhalt, die
ſchwaͤchern Bienenſtoͤcke, die ſich den Winter
durch nicht ſelbſt erhalten koͤnnen, mit Schwe-
fel gegen den Winter zu toͤdten, und verbot es
1775 bey einer namhaften Strafe, welche in
2 Rthlr. auf jeden getoͤdteten Stock beſtand.
Die Veranlaſſung dazu gab Hr. Riem o) in
den churpfaͤlziſchen Niederlanden, wo durch den
patriotiſchen Statthalter, den Hrn. Graf v.
Goldſtein, die neuere Bienenzucht ausgebreitet
worden. Schon vorher hatte der Großherzog
v. Toſcana das Toͤdten der Bienen verboten.
Es muß vornaͤmlich bey den zur Zucht taugli-
chen Stoͤcken unterſagt werden, und in Anſe-
hung der untauglichen muß man die Landleute
belehren, wie ſie ſolche ohne Toͤdtung mit andern
beſſern Stoͤcken nuͤtzlich vereinigen ſollen. Zwar
wollen die neuern Naturforſcher bemerken, daß
dieſes Toͤdten eine Pflicht des Oekonomen werde,
weil dieſe Bienen ohnehin ſtuͤrben, und alſo wei-
ter keinen Vortheil gaͤben, ſondern durch Aufzeh-
rung des Honigs im Winter nur noch Nachtheil
ſtifteten, da ſie den kuͤnftigen Sommer nicht mehr
Z 5lebten,
[362] lebten, und alſo die Oekonomen ihren Tod nur
beſchleunigten, um den Nachtheil zu verhuͤten,
den die Verzoͤgerung deſſelben braͤchte. Man
habe nur ihr Abſterben bisher nicht ſo bemerkt,
weil man das beſtimmte Alter der Bienen nicht
genug gewußt, ſondern ſey dadurch verfuͤhrt
worden, weil man in dem Bienenſtocke alte und
junge nicht unterſcheiden koͤnne, und alſo im-
mer das noch fuͤr alte gehalten, was doch junge
waͤren. Beſſer alſo ſey es, man toͤdte ſie, nehme
ihnen, was ſie haͤtten, als daß ſie erſt die Vorraͤ-
the aufzehrten und doch hernach von ſich ſelbſt
umkaͤmen. Es giebt naͤmlich nach den neuern Be-
obachtungen Kraͤutermann in ſeinem Bienen-
wirth S. 59. den Bienen nur ein Leben von 14
bis 15 Monaten, und Thorley zwey Sommer,
wie Hr. Kaͤſtner in ſeinen Samml. S. 181.
bemerkt hat. p) Allein da ich noch keine eige-
nen Erfahrungen hierinnen habe, ſo laſſe ich es
bis itzt unentſchieden. Indeſſen will ich hier
nur ſo viel bemerken: giengen die alten Bienen
gaͤnzlich zu Grunde, warum geſchaͤhe das
Schwaͤrmen? und wird nicht viele junge Brut
verdorben? q) Koͤnnen nicht nach den Beob-
achtungen des Hrn. Riems ſich die Eyer viele
Monate in den Zellen erhalten, die bey Zerſtoͤ-
rung
[363] rung des Stocks durch Schwefel alle verloren
gehen, r) da die balſamiſche Kraft des Honigs
der Faͤulniß widerſtehet, und ſie alſo nicht ver-
derben? Dionyſius Areopagita erwaͤhnt, daß
die Babylonier ehedem ihre todten Koͤrper in
Honig begruben. s) Und haben wir nicht Er-
fahrungen von ſehr alten Weiſern? So behauptet
man in den Abhandlungen und Erfahrungen
der oberl. Bienengeſ. t) einen eilfjaͤhrigen Weiſel
geſehen zu haben. Und warum toͤdteten ſie die
alten und viele neuere Voͤlker nicht, wie Wild-
mann aus dem Columella und andern gezeigt?
Warum toͤdtet man ſie nicht in der Wallachey
und Moldau? Die Auswinterung der Stoͤcke
daſelbſt iſt in den Schriften der oberlauſ.
Bienengeſellſ. angegeben. u) Haben wir nicht
Mittel genug, ſie zu erhalten, ohne den Honig
zu verlieren?
Die zu Lautern errichtete phyſikaliſche oͤkono-
miſche Geſellſchaft wurde auch zugleich angewie-
ſen, das Beſte der Bienenzucht als einen ihrer
Hauptgegenſtaͤnde anzuſehen, und ſie erhielt daher
den Namen einer phyſikal. oͤkonomiſchen und
Bienengeſellſchaft.
Viele
[364]
Viele Glieder derſelben beſchaͤftigten ſich mit
den Bienen, worunter ein Medikus, Riem, Beſ-
ſerer und Schwan gehoͤren. Beſſerer unter-
richtete durch ſeine katechetiſche Anleitung. Hr.
Schwan ſorgte ſonderlich fuͤr die Bienennah-
rung, und legte der pfaͤlziſchen phyſikaliſchen oͤko-
nomiſchen Geſellſchaft ſeine Bemerkungen hier-
uͤber vor. x) Auch ſaͤumte die Regierung nicht,
die Bienenzucht zu befoͤrdern. Carl Theodor
ließ deshalb Befehle in das Land ergehen, dar-
inne denen, welche nach einer neuen an die Hand
gegebenen Methode die aufgeſetzten Bienenkoͤr-
be erhalten und uͤberwintert haben, Preiſe er-
theilt werden. Es wurde dieſe Verordnung,
in welcher auch das Bienentoͤdten unterſagt wird,
von den Kanzeln bekannt gemacht, ein Unter-
richt unter Pfarrer, Schoͤppen, Vorſteher und
Schulmeiſter ausgetheilet. Die auf Bienendieb-
ſtahl ergriffenen Diebe wurden mit zehnjaͤhriger
Zuchthausſtrafe belegt. Denenjenigen, die Bie-
nenſtoͤcke anpflanzen wuͤrden, gab man die Ver-
ſicherung, daß dieſes Geſchaͤft nie mit Abga-
ben belegt werden ſollte, und nur das Wachs
und Honig, nicht aber die Stoͤcke ſelbſt, bey ſich
ergebenden Steuern und Cameralreſtanten an-
greiflich ſeyn ſollten; eine Verordnung, woran
der verdienſtvolle Graf v. Goldſtein vielen An-
theil hatte, dem die pfaͤlziſche Bienenzucht nicht
wenig zu verdanken hat; und da es eine der
wichtigſten Verordnungen iſt, ſo will ich ſelbige
hier
[365] hier mit einruͤcken. „Carl Theodor ꝛc. Liebe Ge-
treue. Euch iſt aus unſern vor und nach er-
gangenen gnaͤdigſten Verordnungen bekannt,
welche Belohnungen wir denenjenigen angedei-
hen laſſen, ſo Bienenſtoͤcke angepflanzet und uͤber-
wintert haben. Da wir nun immer auf die
nuͤtzlichſte Verbreitung dieſes Gewerbes den Be-
dacht genommen, die Erfahrniß aber gegeben,
daß zu Erhaſchung der zugeſagten Praͤmien ver-
ſchiedene Unterſchleife und Mißbraͤuche einge-
ſchlichen, wir aber zu deren Hemmung gnaͤdigſt
entſchloſſen ſind, daß kuͤnftighin nur diejenigen
die feſtgeſetzten Belohnungen zu gewaͤrtigen ha-
ben ſollen, welche nach einer neuen an Hand
gegeben wordenen Methode die aufgeſetzten Bie-
nenkoͤrbe erhalten und uͤberwintert haben wer-
den; ſo ſchließen auch darob einige zum
Druck befoͤrderte Exemplarien mit den gnaͤ-
digſten Befehl hiebey, dieſe gnaͤdigſte Ver-
ordnung von den Kanzeln verkuͤndigen, und ge-
hoͤrigen Ortes affigiren zu laſſen, anbey ſothane
Exemplarien unter die Pfarrer, Scheffen, Vor-
ſteher und Schulmeiſter zu vertheilen, und durch
deren Mitwirkung unter unſern Unterthanen zu
verbreiten, auch die Schulmeiſter anzuweiſen,
daß ſie die Jugend darinne leſen laſſen, und ſelbige
durch eine faßliche Auslegung und beluſtigende
Anſchauung des Kupferſtiches zu Anpflanzung
der Bienenſtoͤcke aufmuntern ſollen.“
„Damit aber auch diejenigen, welche Bienen-
ſtoͤcke anpflanzen wollen, gegen die uͤber handneh-
mende
[366] mende Dieberey ſicher geſtellet werden moͤgen;
ſo haben wir gnaͤdigſt verordnet, daß der nur
auf einem einzigen Diebſtahl ertappet werdende
Dieb auf 10 Jahre zum Zuchthauſe condemni-
ret, hingegen denen die Bienenſtoͤcke anpflan-
zenden die gnaͤdigſte Zuſicherung ertheilt, daß
dieſe Handthierung nun noch nimmermehr mit
Steuern und Abgaben belegt werden, und nur
allein das Wachs und Honig bey ſich ergebenden
Steuer- und Cameralreſtanten, nicht aber die
Stoͤcke ſelbſt angreiflich ſeyn ſollen. Da wir
ſonſt das ſchaͤdliche Bienentoͤdten eingeſtellet wiſ-
ſen wollen; als befehlen auch ferner gnaͤdigſt,
dieſes unter 2 Reichsthaler Strafe auf jeden
Stock ernſtlich zu verbieten. Duͤſſeldorf, den
10 Januar 1775.“ S. Riems Bienenbibl. 3te
Lief. S. 363.
In dem Oeſterreichiſchen ſorgt man nicht we-
niger fuͤr die Bienenzucht; ſonderlich that ſich
Krain unter den K. K. Erblanden hierinne her-
vor. Die Kaiſerinn Koͤniginn errichtete zu Be-
foͤrderung der Bienenzucht im Jahre 1770 ei-
ne oͤffentliche Schule zu Wien, y) berief des-
wegen aus dem Herzogthum Krain, das ſich in
der Bienenzucht auszeichnete, den Hrn. Jant-
ſcha, und beſtellte ihn bey dieſer Bienenſchule zum
Lehrer. Verſchiedene ſeiner Schuͤler reden von
vielen Geheimniſſen, die er ihnen bey ſeinem
Tode uͤberlaſſen: allein er war nicht geheimniß-
voll, wie viele angemerkt haben, ſo daß dieſes
meiſt
[367] meiſt vorgegebene Geheimniſſe ſind. Sie nahm
1770 in dem K. K. Augarten den Anfang.
Alle Tage in der Woche iſt die Stunde von 6
bis 7 Uhr Abends zur oͤffentlichen Unterweiſung
beſtimmt; außer dieſem aber kann ſich ein jeder
den Tag uͤber bey dem Lehrer Raths erholen.
Der Unterricht wird unentgeldlich ertheilt. Auch
iſt die Anſtalt z) getroffen, in einem andern
Theile von Unteroͤſterreich eine Subaltern-Bie-
nenſchule und noch eine andere in Maͤhren zu
beſtellen, mit den noͤthigen Anweiſungen an die
Landesregierungen uͤberhaupt, wie eines Theils
die Wirkſamkeit dieſer Lehrſchulen verbreitet,
andern Theils aber auch in andern Gegenden
und Provinzen, wo es die Lage geſtattet, aͤhnli-
che Vorſehungen getroffen werden ſollen. In
der dießfalls bekannt gemachten Verordnung
wird die Bienenzucht von der Buͤrde des Ze-
henden frey erklaͤrt, auch die Landesfuͤrſtliche
Verſicherung gegeben, daß ſie niemals mit einer
beſondern Abgabe an das Landesfuͤrſtliche Ae-
rarium belegt werden ſolle. Jeder Unterthan
hat die Freyheit, Bienen in beliebiger Anzahl
zu halten, und ſoll keiner in dieſem Gewerbe ge-
hindert werden.
Es wurde auf Befehl der Kaiſerinn Koͤni-
ginn Majeſtaͤt eine Inſtruction fuͤr die Bienen-
meiſter, die von dem Staate angeſtellet ſind,
verfertiget, worinnen ihnen alle die Pflichten,
die
[368] die ſie auszuuͤben haben, angewieſen ſind, und
welche wir hier beyfuͤgen, da ſie ſo wichtig fuͤr
die Bienengeſchichte iſt:
1) Hat der Bienenmeiſter in dem ihm von
dem Kreisamte angewieſenen tauglichen Bezir-
ke des Landes ſeine Schule zu halten.
2) Eine Huͤtte mit erforderlichen Bienenſtoͤ-
cken zu beſtellen, und oͤffentlich dabey zu lehren,
und dieſes zwar nach gepruͤften Grundſaͤtzen des
erſten Bienenlehrers Jantſcha in Wien. In
dieſer Lehrſchule iſt den Lehrlingen alles ohne
Zuruͤckhaltung beyzubringen, was zur Kennt-
niß der Bienen ſelbſt, ihrer Nahrung, Ver-
mehrung und Pflege das ganze Jahr hindurch
zu beobachten iſt.
3) Dieſe Lehre iſt unentgeldlich zu geben,
wogegen der Lehrer ſeinen beſtimmten Gehalt zu
genieſſen hat.
4) Der Lehrer muß in ſeinem Lehramte un-
verdroſſen, und in ſeinem Vortrage deutlich
ſeyn; er iſt verbunden, alle in der Bienenpfle-
ge vorkommende Zweifel und Anſtaͤnde jeder-
mann zu beantworten, aufzuklaͤren, auch, wenn
es gefordert werden ſollte, ſich gegen unentgeld-
liche Beyſchaffung der Fuhren, des Unterhalts
und anderer Koſten, auf das Land zur Unter-
ſuchung und Befoͤrderung des Bienenſtandes,
unverweigerlich zu begeben.
5) Keiner wird in Laͤndern als oͤffentlicher
Lehrer der Bienenzucht anzunehmen ſeyn, der
nicht in der Haupt-Bienenſchule zu Wien geler-
net,
[369] net, von dem hieſigen erſten Lehrer gepruͤft wor-
den, und das Zeugniß mitbringen wird, daß er
nicht nur allein die Kunſtgriffe der wahren Bie-
nenzucht ſich eigen gemacht, ſondern auch Ge-
ſchicklichkeit habe, ſolche andern beyzubringen.
6) Desgleichen hat der Lehrer keinem der
Lehrlinge vor ſeiner Abreiſe ein Atteſtatum der
eingenommenen Lehre zu geben, der er nicht
gepruͤft, und die Pflege der Bienen zu unter-
nehmen, tauglich befunden.
7) Jaͤhrlich hat er uͤber die ihm uͤbergebnen
Bienenſtoͤcke, ihre Pflege und Bekoͤſtung, ſo
wie uͤber den reinen Nutzen, den er erworben,
dem Kreisamte einen verſtaͤndlichen Bericht zu
uͤbergeben, den dieſes mit ſeinem Gutachten
uͤber die wirkliche Vermehrung und Beſtellung
an die Landesregierung zu erſtatten hat, um von
dem ſich zeigenden Nutzen dem Lehrer ſeinen An-
theil zur Belohnung zu beſtimmen, die nachlaͤ-
ßigen Lehrer aber mit beſſern verwechſeln zu
koͤnnen.
8) Die Landesregierung hat uͤber den Fort-
gang der Bienenzucht im Lande dem Hofe
jaͤhrlich einmal Bericht abzuſtatten; und hier
wird man befliſſen ſeyn, uͤber die Fortgaͤnge der
zum allgemeinen Beyſpiele aufgeſtellten Schu-
len und Lehrer in den oͤffentlichen Zeitungen die
wahrhaften Reſultata, zu allgemeiner Aufmun-
terung, bekannt zu machen, und auf die Leh-
rer, in deren Bezirken die Bienenzucht wichti-
A age
[370] ge Fortgaͤnge machen wird, ſoll beſondere Ruͤck-
ſicht getragen werden.
9) Wird der Lehrer befliſſen ſeyn, die Bie-
nen, wo ſie nicht ſelbſt in Gegenden ſtehen, in
denen auch bey ausgehenden Fruͤhling- und
Sommerbluͤthen hinlaͤngliche Nahrung zu fin-
den, auf die Weide zu fuͤhren, und den pfle-
genden in ſeinem Diſtricte auch dieſen durch die
Probe beſtaͤtigten gluͤcklichen Handgriff zu zei-
gen, gegen welchen manche noch eingenommen
ſind.
Dieſe Aufmerkſamkeit der Oeſterreichiſchen
Regierung bewirkte den Eifer der Unterthanen,
und der Gelehrten. Jantſcha erfand eine Art
von Kaſten, dergleichen auf der Herrſchaft
Primgenau bey Großglogau in Schleſien auf-
geſtellt ſind. Er ſchrieb von den Schwaͤrmen
der Bienen. Sein Schuͤler Hr. Kratzer, und
der Verfaſſer der Anleitung zur Bienenzucht
fuͤr Ungarn, welche 1773 erſchien, machten
ſich um die Oeſterreichiſche Bienenzucht ver-
dient. Der Hr. Abt Wolfgang zu Gleuͤck zeich-
net ſich in Oberoͤſterreich als einen aufmerkſamen
Beobachter aus, und hat der O. L. B. G. ver-
ſchiedene ſeiner Abhandlungen eingeſendet. a)
In Siebenbuͤrgen machte Hr. Lange zu Kron-
ſtadt die Oberlauſitzer Ableger bekannt, wurde
der Lehrer ſeiner Landsleute, und entdeckte, daß
die
[371] die Bienenkoͤniginn bis in die dritte Genera-
tion fruchtbar geweſen. b) Die Verordnun-
gen wegen der Bienenzucht, und beſondere
Veranlaſſungen des Hofs gaben Gelegenheit,
daß fuͤr die einzelnen Staaten beſondere Anleitun-
gen erſchienen. Man kann hieher die Schrif-
ten der Hrn. Jantſcha, Kratzer, ingleichen die
Anleitung fuͤr das Landvolk in Abſicht auf die
Bienenwirthſchaft fuͤr Ungarn rechnen.
In dem Wuͤrtembergiſchen wurden verſchie-
dene Verſuche zur Verbeſſerung der Bienen-
zucht in Ludwigsburg gemacht, welche Hr. Ham-
pels in ſeiner von der Churpfaͤlziſchen Akademie
der Wiſſenſchaften gekroͤnten Preisſchrift uͤber
die Bienenzucht anfuͤhrt. c)
Eben dieſes geſchahe im Heßiſchen zu Treiſe.
Man ſuchte in dem Heſſencaſſelſchen die Bie-
nenzucht zu erneuern und allgemeiner zu machen,
und ließ deshalb Verordnungen ergehen; d) ſo
wie man auch in dem Heſſendarmſtaͤdtiſchen ſich
die Ausbreitung der Bienenzucht angelegen
ſeyn ließ.
In dem Anſpachiſchen traf man wegen der-
ſelben auch Verfuͤgungen, und empfahl den
A a 2Fraͤn-
[372] Fraͤnkiſchen Bienenmeiſter des Hrn. Hirſch. e)
Es ergieng im Jahre 1767 eine Verfuͤgung
wegen der Bienenzucht in den dortigen Landen.
In Maͤhren entſchloß ſich der Bar. von Pa-
traſch eine Bienenpflanzſchule anzulegen, wovon
er der Oberlauſitzer Bienengeſellſchaft Nachricht
gab.
In den Braunſchweigiſchen Landen ſorgte
man ſehr fuͤr die Bienenzucht. In der Zehend-
ordnung von Braunſchweig-Luͤneburg vom J.
1709. iſt eine beſondere Verordnung wegen des
Bienen- oder Honigzehenden, damit dadurch
die Bienenzucht nicht leide. f) Die Churfuͤrſt-
liche Regierung zu Hannover lenkte ihre Auf-
merkſamkeit auf die Aufnahme der Bienenzucht;
ſie verlangte dahero Berichte von derſelben, und
fuͤgte einem Ausſchreiben vom Junius 1764
der Bienenzucht wegen einen beſondern Anhang
bey. g) Sie ſiehet darinne die Bienenzucht
als ein vorzuͤgliches Nahrungsgeſchaͤft an, und
empfiehlt
[373] empfiehlt ſie vornehmlich den Einwohnern in
der Heide. Sie verlangt von den Aemtern,
worinne der Bienenbau von Betraͤchtlichkeit iſt,
umſtaͤndliche Berichte, und gute Vorſchlaͤge,
welche vornehmlich auf folgende Puncte ſaͤhen:
in was fuͤr Gegenden, in welcher Maaße, und
unter welchen Befoͤrderungs- und Aufmunte-
rungsmitteln eine betraͤchtlich vermehrte Anla-
ge der Bienenzucht zu Standte zu bringen, und
was fuͤr Gelegenheit den Unterthanen zu ver-
ſchaffen ſey, ihre davon erzielten Producte zu
einem vortheilhaften und mit dem oͤffentlichen
Gewerbe vereinigten Maaße abzuſetzen und zu
gute zu machen, damit ſie in den Stand ge-
ſetzt werden, die noͤthigſten und wirkſamſten
Maasregeln zu treffen. Sie verlangte daher
zu wiſſen, wie viel Centner Wachs und Ton-
nen Honigs alljaͤhrlich ein Jahr in das andere
einbringet und in oder auſſer Landes abgeſetzt
worden? wie viel Bienenzaͤune und wie viel
Koͤrbe in jedem Amte nach einem gemeinen
Durchſchlage aufgezaͤhlet werden? ob dieſe Pro-
ducte an Honig und Wachs in oder auſſer Landes,
nach welchem Verhaͤltniſſe und durch welche
Mittel und Wege zum Abſatz gebracht worden?
wie viel baares Geld dafuͤr nach einer ungefaͤh-
ren Berechnung alljaͤhrlich jeden Amts einge-
ſeſſenen Unterthanen einfließe? Es ergiengen
hierauf haͤufige Berichte, woraus man zur Ver-
beſſerung der Bienenzucht allerley vortheilhafte
Bemerkungen zog. Man fand hieraus einige
A a 3Hin-
[374] Hinderniſſe, z. B. daß hohe mit Holz bewach-
ſene Berge den Bienen im Fluge hinderlich ſind,
daß die Kaͤlte in dergl. Gegenden die Beſchwer-
lichkeiten der Bienenzucht vergroͤßert daß groſ-
ſe Gewaͤſſer und Seen ihnen nachtheilig ſind,
daß kurze niedrige und an Blumen nicht rei-
che Sandheide ihnen nicht vortheilhaft ſey, und
zwar um deſto weniger, wenn ſie etwa zur Duͤn-
gung abgebrannt, oder zur Weide gebraucht
und die Schaafe im Winter darauf getrieben
werden; man fand die Moorheide am ergiebig-
ſten, und am nachtheiligſten die Heidegegen-
den, die aus rothem Sande und Orthſteine be-
ſtehen. Der Buchweizen ſey nicht hinlaͤnglich
genug, da er erſt im Junius bluͤhe, daher Ge-
genden dazu erforderlich ſind, wo Vorflucht,
d. i. fruͤhzeitige Blumen in Menge ſind. Fer-
ner bemerkt man, daß in kleinen Doͤrfern nicht
leicht mehr als 1 Lagd Bienen, d. i. 40 Koͤr-
be geſetzt werden koͤnnen, in groͤßern hoͤchſtens
2, indem ſie ſonſt einander beraubten, welches
ſie nicht leicht thun, wenn ſie Flucht haben, und
aus dem Buchweizen Honig fuͤhren koͤnnen.
Eine wichtige Regel fuͤr die Polizey der Bie-
nenzucht, ſonderlich in Gegenden, wo die
Doͤrfer nahe beyſammen liegen, und alſo es auf
die Menge der Nahrung ankommt, daß keine
unbeſtimmte Menge von Bienen daſelbſt koͤnne
gehalten werden. Man erhielt immer mehre-
re Beſtaͤtigungen von der noͤthigen Reinlichkeit
bey ihrer Wartung, wie ſehr ihnen ſtarkrie-
chende
[375] chende Speiſen, wenn ihre Waͤrter dergleichen
genieſſen, ſchaden, z. B. Speck, Kaͤſe, He-
ring, oder andere ſtarke Geruͤche, als Theer,
u. ſ. w. Hieraus erhellet fuͤr die Bienenpoli-
zey eine wichtige Regel, warum die Bienen-
zucht vielleicht an manchen Orten nicht gedei-
het, weil der Genuß ſolcher Speiſen zu ſehr ge-
woͤhnlich iſt. Daß Brod und Mehl unter den
Honig gebracht ſie faul mache. Sollten ſich
hieraus nicht einige nachtheilige Folgerungen
von der Brodfuͤtterung der Bienen befuͤrchten
laſſen? Man bemerkte ferner, daß in Gegen-
den, wo das Abfuͤhren der Stoͤcke in andere
Gegenden gewoͤhnlich, die Bienen abgenom-
men, wenn das Spannwerk zu Grunde gerich-
tet worden. In Gegenden, wo haͤufiger Korn-
bau, Flachs- und Leinwandgewerbe ſind, kann
die noͤthige Aufſicht nicht auf die Bienen ver-
wendet werden, die ſie ſonderlich zur Zeit des
Schwaͤrmens verlangen; eben ſo wenig gluͤckt
ſie in Gegenden, wo andere Geſchaͤfte die Leute
meiſt vom Hauſe entfernen, z. B. wo man viel
Holz hauet, Wellen bindet, und auch in der
Nachbarſchaft großer ſchiffbarer Stroͤme, die
zur Viehzucht, Schiffbau, Fiſchen und Han-
del bequem ſind. Man ſchlug vor, den Rap-
ſaamen haͤufiger zu bauen, da die Bienen aus
ſeiner Bluͤthe leichter und mehr Honig zu er-
halten ſcheinen, als aus Heideblumen, bey de-
nen ſie laͤnger ausbleiben, und nicht ſo ſchwer
wieder zuruͤckkommen, als von jenem. Man
A a 4fand
[376] fand im Zelliſchen, daß in guten Jahren von
40 Koͤrben oder einer Lagd alter Immen 70
junge ausgebrochen, und eine Tonne Honig
auſſer dem zuruͤck zu ſetzenden Futterhonig, nebſt
einem halben Centner Wachs, eruͤbriget werden
koͤnne. Ein ſo gutes Jahr komme hoͤchſtens al-
ler drey Jahr, jedes der uͤbrigen 2 Jahre gebe
ein Drittheil dieſes Ertrages. Man ſchlug vor,
um den Abſatz zu mehren, aus Honig Eßig
und Branntwein zu machen, und ihnen, ſonder-
lich dem letztern durch Deſtillation den Honig-
geſchmack zu benehmen. Man bemerkte aus
dieſen Berichten ferner, daß die Obſtbluͤthen,
beſonders Aepfel und Kirſchen, viel Wachs,
aber keinen Honig gaben, daß der Winterruͤb-
ſamen zwar zur Vermehrung der Bienen frucht-
bar ſey, aber ſo wenig Wachs als Honig gebe.
Ferner will man wahrgenommen haben, daß
an einem Orte, wo zu gewiſſen Jahreszeiten
fremde Bienen, ihre Nahrung da zu ſuchen, auf
einige Zeit hingebracht worden, bey einer ſtaͤr-
kern Zufuhre dieſer Ankoͤmmlinge die Tragbar-
keit der Obſtbaͤume abgenommen; welches wahr-
ſcheinlich daher ruͤhrt, weil nach Reaumurs
Bemerkung die Bienen das Wachs aus dem
befruchtenden Blumenſtaube h) verfertigen,
ſolchen oft von noch unaufgebluͤhten Blumen
rauben, und dadurch die Befruchtung hindern.
In dem Herzogthum Lauenburg bemerkte
man, daß die Bienen, welche uͤber Winter auf
dem
[377] dem Boden geſtanden hatten, und der freyen
Luft entwohnt waren, als ſie im Fruͤhjahre wie-
der auf einen offenen Platz geſetzt wurden, kei-
ne Luſt zu fliegen hatten. Und ein Zelliſcher
Imker oder Bienenvater zeigte, daß jeder eine
Laus hinter dem Kopfe ſaß, welche er vertrieb,
worauf ſie zu fliegen und Honig anzuſetzen an-
fiengen; auch Reaumur hat dieſe Ungeziefer
bey den Bienen bemerkt. Man ſiehet hieraus,
wie viel die Regierung zur Bereicherung der
Naturkunde zum Beſten der Oekonomie beytra-
gen koͤnne. Nachdem die Regierung durch die
Cammer viele Berichte auf dieſe Art eingezo-
gen, ſo ließ ſie ein Ausſchreiben wegen der Bie-
nenzucht ergehen, welches ſich bey dem Hoͤlſcher fin-
der. i) Sie ſetzet darinne verſchiedene die
Bienenzucht befoͤrdernde und die Hinderniſſe he-
bende Verordnungen feſt, z. B. daß in den
darnach bequem gelegenen Gegenden der geraͤu-
migen Heiden, gemeiner Weiden, Bruͤcher,
Holzblaͤſen und Moore einem jeden die Freyheit
verſtattet ſey, wenn er auch gleich kein Haus-
ſitzender noch Eigenthuͤmer der Gegend, oder
ein Mitgenoſſe der Hut und Weide iſt, ſich
derſelben zu bedienen, maßen die Nutzung ei-
nes ſo geringen an ganz unſchaͤdlichen Orten an-
gewieſenen Platzes, als die Anlage eines Bie-
nenbaues erfordert, niemals der Vorwurf ei-
nes vernuͤnftigen und gegruͤndeten Widerſpruchs
ſeyn kann. Damit aber doch einige Ordnung
A a 5beobach-
[378] beobachtet werde, ſo befahl ſie, daß der Platz zu
einer ſolchen neuen Bienenſtaͤtte nicht anders
als nach vorgegangener Anzeige und mit Ge-
nehmigung der Amtsobrigkeit, in Gegenwant
der Dorfsvorſteher, von einem unteren Amtsbe-
dienten, oder falls es Holzgrund iſt, von ei-
nem Forſtbedienten des Reviers ohnentgeldlich,
jedoch mit der Vorſicht angewieſen werden ſollte,
daß ſelbige den etwa in der Gegend ſchon vor-
handenen alten Immenſtellen auf keine Art zum
Schaden gereiche, und davon auf einen hin-
laͤnglichen Raum von wenigſtens 800 Schrit-
ten entfernt bleibe. Man ſuchte vornehmlich
die dazu zu ermuntern und zu unterſtuͤtzen, die
nicht durch andere Hauptarbeiten ſo ſehr be-
ſchaͤftiget ſind, und empfahl dieſes Geſchaͤft be-
ſonders den in den Mooren und Heiden der
Bremiſchen, Celliſchen, auch Hoyaiſchen Lan-
de, oder ſich ſonſt anſetzenden Anbauern.
Man ſuchte dieſes Geſchaͤft von Seiten der
Cammer auch dadurch zu befoͤrdern, indem
man verordnete, daß das von den vorhandenen
und angebaueten Bienenlagen, Zaͤunen und
Stellen bis daher in die Regiſter entrichtete
Flucht- und Staͤttegeld zwar als ein geringer nur
zu Anerkennung des Eigenthums zu erlegender
Grundzins, wie auch der nach Verſchiedenheit
der Orte hergebrachte und gleichfalls mit weni-
gem Gelde bezahlte Bienenzehnte beybehalten,
an den Orten aber, wo ein wirklicher Natural-
abzug des zehnten Korbes fuͤr die Herrſchaft
als
[379] als Zehntherrn uͤblich geweſen, ſelbiger nach
Ablauf der daurenden Pachtjahre aufgehoben,
und ſtatt deſſen ein ſonſt gewoͤhnliches Zehnt-
geld abgetragen werden ſolle.
Die Cammer uͤbernahm es, hoͤhern Orts al-
le nur moͤgliche Erleichterung zu bewuͤrken.
Alle neu angelegte Lagen erhielten eine zehenjaͤh-
rige gaͤnzliche Befreyung von allen Domanial-
abgaben. Man ſetzte eine Belohnung von 20
Thlr. fuͤr diejenigen aus, welche vom 1ten
May 1766 an, den erſten Anbau einer ganzen
Bienenlage von 40 Mutter- oder Leibbienenſtoͤ-
cken unter zuverlaͤßiger Verſicherung und Be-
ſtaͤtigung der Amtsobrigkeit mit beſtehendem Er-
folge zu Stande gebracht; fuͤr die Haͤlfte dieſer
Zahl 10 Thlr., fuͤr den vierten Theil oder 10
Stoͤcke 5 Thaler. Man uͤberließ jede Gegend
ihren auf ihre Erfahrung gegruͤndeten Gebraͤu-
chen bey der Zucht der Bienen, da die durch ſo
mancherley Erfahrung bewaͤhrte Einrichtung
die wahrſcheinlichſte Vermuthung fuͤr ſich hat,
daß ſie in jeglicher Landesart und Gegend die
beſte ſey; es waͤre denn, daß es offenbare Feh-
ler waͤren, oder durch die neuen Entdeckungen
dieſes Geſchaͤft ſehr gewinnen koͤnnte. So em-
pfahl man die Art, mittelſt einer aufgeſetzten La-
ge mehrerer Schichten in dem Bienenkorbe den
mißlichen Einfang der Schwaͤrme, und die
unnatuͤrliche Toͤdtung der alten Leibimmen ge-
gen den Winter zu verhuͤten. Man ließ von
den neuern nuͤtzlichen Entdeckungen und den
nach
[380] nach ſolchen mit Vortheil erprobten Verſuchen
eine oͤffentliche Belehrung ergehen, um den
Bienenbauern ſie naͤher bekannt zu machen. k)
In dem Hannoͤveriſchen hat nach des Hrn.
Beckmanns Bericht l) das Luͤneburgiſche Amt
Ebſtorf die ſtaͤrkſte Bienenzucht. In demſelben
ſind nach dem Hrn Carſten mehr als 60 Lagen
Bienen, die jaͤhrlich mehr als 4500 Pfund
reines Wachs, und mehr als 360 Tonnen Ho-
nig, deren jede 300 Pf. haͤlt, geben, aus
welchem letztern wenigſtens 4320 Thaler geloͤ-
ſet werden. Die Herzogthuͤmer Bremen und
Verden liefern jaͤhrlich 40000 Pfund Wachs,
und alle koͤnigliche deutſche Laͤnder 300000 Pf.
In dieſen Gegenden iſt das Verfahren der Bie-
nen auf die Weide, das bey den Griechen und
Roͤmern ſo gewoͤhnlich war m), ſehr bekannt.
In dem Zelliſchen n) und Luͤneburgiſchen ziehen
die Imker oder Bienenvaͤter mit ihren Bienen
im Fruͤhjahr in die ſogenannten Marſchlaͤnder,
woher ſie im Julius zuruͤckkommen, um die
Bie-
[381] Bienen an die Felder des bluͤhenden Buchwei-
zens zu ſtellen. Einige verſetzen auch die Koͤr-
be in die Heidegegenden auf die ſo genannten
Heideſtellen, wenn die Heide bluͤhet, und dieſe
kommen erſt im Anfange des Auguſts zuruͤck.
Hr. Prof. Beckmann, ein wuͤrdiger Lehrer
der Oekonomie, ſuchte durch wiederholte Ver-
ſuche die neuen Erfindungen zu beſtaͤtigen und
zu berichtigen. Dergleichen iſt die Beſtimmung
des Werthes der Ableger, da er dieſe Art der
Bienenvermehrung aus eigner Erfahrung fuͤr
moͤglich und nuͤtzlich, wiewohl nicht fuͤr ſo all-
gemein nuͤtzlich, als einige ſie ausgeben, er-
klaͤrt. o) Man muß hier beſonders auf die
Zeit und Fuͤtterung ſehen, damit es theils nicht
zu ſpaͤt im Jahre, theils nicht zu haͤufig da ge-
ſchehe, wo Futtermangel iſt. Er erfand die
Kunſt, das Wachs ohne Bleichen weiß zu ma-
chen; und bemerkte, daß es vortheilhafter ſey
fuͤr die kuͤnftige Verarbeitung des Wachſes,
daß wenn man die ausgeſeimten Gewuͤrke oder
Tafeln aufheben will, um das Preſſen hernach
mit einer groͤßern Menge auf einmal vorneh-
men zu koͤnnen, und ſie deshalb gewoͤhnlicher-
maßen mit Kuͤchenſalz beſtreuet, man ſtatt des
Kuͤchenſalzes Salpeter brauche.
In dem Badendurchlachiſchen munterte der ver-
dienſtvolle Geheimderath Reinhard zur Bienen-
zucht
[382] zucht in ſeinem Bienenvater auf, und wuͤnſcht
eine Raͤtteliſche, Saaſſenbergiſche, Badenwei-
leriſche, Hohbergiſche Bienengeſellſchaft nach
Art der Oberlauſitzer und der Fraͤnkiſchen, um
dadurch ſowohl die Kenntniſſe des Landes und
die Vortheile deſſelben zur Bienenzucht aufzu-
klaͤren, theils auch die Bienenzucht ſelbſt durch
Entdeckungen zu bereichern. Man bemuͤhete
ſich, die Fraͤnkiſchen Magazinkoͤrbe in der Bie-
nenzucht einzufuͤhren.
Um die Bienenzucht in Bayern machte ſich
verdient Hr. Korſemke in ſeinem Unterricht von
der Bienenzucht in Bayern, worinne er ſich
vornehmlich bemuͤhet, das Toͤdten der jungen
Schwaͤrme abzuſchaffen, und durch Erhaltung
derſelben die Vermehrung des Bienenſtandes
allein zu bewirken. Es iſt nicht zu laͤugnen,
daß in Laͤndern, wo man viel zeitige Schwaͤr-
me hat, man die Kunſt des Ablegens faſt ent-
behren kann; es kommt nun darauf an, ob
Bayern darunter gehoͤre: iſt aber dieſes nicht,
oder giebt es viel Jahre, wo die zeitigen
Schwaͤrme fehlſchlagen, ſo kann das Ablegen
auch fuͤr dieſe Lande ein wichtiges Geſchaͤft fuͤr
die Bienenzucht werden. Das Amt des Ver-
faſſers, welcher Churfuͤrſtlicher Landbienenmei-
ſter iſt, beweiſt, daß man in Bayern von Sei-
ten der Regierung fuͤr die Bienen ſorgte. Er
hat den Bayeriſchen Bienenmeiſter des Hrn.
Schirachs haͤufig benutzt. Hr. Schirach wur-
de ſelbſt von dem verſtorbenen Churfuͤrſten von
Bayern
[383] Bayern durch dem Hofcammerpraͤſidenten Gra-
fen von Toͤrring, auf deſſen Verordnung er
dieſe Schrift entwarf, veranlaſſet, welcher das
Mangelnde fuͤr Bayern durch den Freyherrn v.
Ickſtaͤtt, einen vorzuͤglichen Kenner dieſer Wiſ-
ſenſchaft, durch lehrreiche Anmerkungen beyfuͤ-
gen ließ. p) Man ſendete den Hofgaͤrtner
Gugler von Bayern aus zu dem Hrn. Schi-
rach, um ihn unterrichten zu laſſen, damit er
den Bayeriſchen Bienenwirthen alles ſagen koͤn-
ne, was durch ſchriftlichen Unterricht zu ſagen
nicht moͤglich war, ſonderlich wenn es auf Hand-
griffe ankommt. Die verſtorbene Durchlauch-
tige Churfuͤrſtinn v. Sachſen, Maria Antonia,
die Schweſter des letztern Churfuͤrſten v. Bay-
ern, belohnte die Bemuͤhungen des Hrn. Schi-
rachs durch einen goldenen Medaillon mit Dero
Bruſtbilde. Auf ihn folgte der angefuͤhrte
Korſemke, und benutzte den Bienenmeiſter deſ-
ſelben.
In dem Fraͤnkiſchen trat nach Art der Ober-
lauſitzer ebenfalls eine Bienengeſellſchaft zuſam-
men, welche ihre Abhandlungen und Erfah-
rungen heraus gab. q) Sie bildete ſich aus
Stan-
[384] Standesperſonen und Kennern, welche ihren
erſten Convent am dritten Pfingſtfeyertage
1767 hielten. Da ſich die Nachricht von den
Saͤchſiſchen Bienenablegern auch in dieſen Ge-
genden ausbreitete, ſo ſchickten viele Vorneh-
me von Adel aus dem Sulzbachiſchen und aus
Franken ihre Bienenvaͤter herein, um dieſe
Ablegerkunſt zu erlernen. Dieſe Geſellſchaft
wurde noch mehr aufgemuntert, da man auf
dieſelbe in dem Anſpachiſchen ſo viel Aufmerk-
ſamkeit wendete, indem die Regierung dieſes
Landes in der Verfuͤgung, welche ſie wegen der
Bienenzucht ergehen ließ, insbeſondere den
Fraͤnkiſchen Bienenmeiſter empfahl. In der
Samml. derſelben v. J. 1777 ſind unter an-
dern auch wichtige Beytraͤge zum Bienenrecht,
die man als Grundſaͤtze eines allgemeinen an-
ſehen koͤnnte; vornehmlich aber machte ſich Hr.
Eyrich um die Fraͤnkiſche Bienenzucht verdient.
Er befolgte nicht nur die Oberlauſitzer Art, die
Bienen mittelſt erzeugter junger Weiſel und
Verſetzung der Koͤrbe im May und Junius zu
vermehren, ſondern fuͤhrte eine Art Ableger ein,
die von ihm den Namen haben; ſo wie er auch
beſondere Magazinkoͤrbe fuͤr die Bienenzucht er-
fand, die er in ſeinem Entwurf zur vollkomme-
nen Bienenpflege beſchrieben. Er erfand ſie
von verſchiedener Groͤße; der eine iſt ſieben
und
q)
[385] und einen halben Zoll hoch, und eilf Zoll breit,
der andere neun und einen halben Zoll hoch und
funfzehn Zoll breit, der dritte zwoͤlf Zoll hoch,
und ſiebenzehn breit, der vierte dreyzehn Zoll
hoch, und zwanzig breit. r)
Auch in dem Meckelnburgiſchen finden ſich
Spuren von Verbeſſerungen der Bienenzucht. s)
Ein Landgeiſtlicher t) unterhielt vor etwa 20
Jahren in einer faſt in aller Abſicht zur Bie-
nenzucht untauglichen Gegend in einem kleinen
Garten mehr als 30 Bienenſtoͤcke ſehr gut.
Er verſicherte, daß ſich, alle Unkoſten gerech-
net, dieſer kleine Garten durch die Bienen ſehr
reichlich bezahlt mache. Der ganze Garten war
blos fuͤr die Bienen beſtimmt, und viereckigt mit
einer hoͤlzernen Wand umzaͤunet. Haſelſtauden,
ſpaniſcher Flieder (Syringa vulgaris) der Welſch-
kirſchbaum (Cornus mas), und beſonders die
großblaͤttrichte Linde machten nebſt andern der-
gleichen hochſtaͤmmigen Baͤumen, aus deren
Bluͤthen die Bienen haͤufig und guten Honig
tragen, von auſſen her um den Zaum eine Ein-
faſſung
B b
[386] faſſung aus. Sie waren oben alle unter einan-
der als eine dicke Hecke zuſammengewachſen,
und da der Garten nur gegen die nordliche Sei-
te an das Haus ſtieß, und uͤbrigens ganz frey
lag, ſo konnte der Schatten, den dieſe Baͤu-
me warfen, dem Garten von der Sonne nichts
benehmen. An der inwendigen Wand waren
rund umher Pfirſchen, Apricoſen, Pflaumen
und dergl. gezogen, deren Bluͤthen den Bie-
nen ſehr angenehm ſind. Der Garten ſelbſt
war in 3 Schuhe breite Beeten abgetheilet,
zwiſchen welchen nur ſo viel Platz gelaſſen wor-
den, daß ein Menſch zur Noth gehen konnte,
auſſer einem etwas breiteren Hauptgange, der
kreuzweiſe mitten durch den Garten gieng.
Außer einigen Staudengewaͤchſen, worunter
die Kloſterbeere und der ſchwarzen Johannis-
beerſtrauch vorzuͤglich ſich auszeichneten, waren
nur einige wenige Zwergbaͤume in dem Garten,
aber deſtomehr Blumen, Kraͤuter und andere
Pflanzen von allen Gattungen, darunter kei-
ne einzige geduldet wurde, die den Bienen nicht
den beſten und reichlichſten Stoff ſo wohl zu
Honig als zu Wachs gab; wobey zugleich auch
fuͤr einige dergleichen Arten geſorget war, wor-
aus die Bienen den Kuͤtt und dergleichen ſamm-
len. Sobald nun die Sonne im Fruͤhling die
Bienen aus ihren Stoͤcken hervorlockte, ſo fanden
ſie auch ſchon auf dem Welſchkirſchbaum und
auf dem haͤufigen Crocus und andern fruͤhzeiti-
gen Bluͤthen die angenehmſte Nahrung. Dies
dau-
[387] dauerte bis in den ſpaͤteſten Herbſt in einer be-
ſtaͤndigen Abwechſelung fort. Wo eine Pflan-
ze verbluͤhete, erſchien eine andre. Ein ſchma-
ler Rein, der auswaͤrts um den Garten her-
um den Platz ausmachte, worauf die hoch-
ſtaͤmmigen Baͤume ſtanden, war mit wilden
Thymian und andern dergleichen Kraͤutern dick
bewachſen. Kurz, es war auſſer den Fußſtei-
gen kein Plaͤtzchen ſo klein, daß es die Bienen
nicht benutzen konnten.
Sehr reich an Entdeckungen iſt auch in die-
ſem Theil der Oekonomie das achtzehnte Jahr-
hundert. Hr. Schirach in der Oberlauſitz,
dem die Oekonomie der Bienen ſo viel zu dan-
ken hat, ſuchte durch haͤufige Verſuche zu beſtaͤ-
tigen, daß aus jedem Arbeitsbienenwurme, wenn
er nur 3 Tage alt waͤre, eine Koͤniginn oder
Bienenmutter, durch eine hoͤhere Entwickelung
der Zeugungstheile werden koͤnne. Er beſtaͤ-
tigte dieſes vornehmlich durch einen wichtigen
Verſuch, da er ſich 12 kleine hoͤlzerne Kaͤſtchen
machen ließ, und zu gleicher Zeit in jedes aus
einem Stocke ein Brutſcheibchen nur von 4 Zoll
groß, darinne Eyer und Wuͤrmer waren, ein-
ſetzte, und einige Arbeitsbienen dazu that. In
allen 12 Kaͤſtchen fand er nach 3 oder 4 Tagen
koͤnigliche Zellen mit ihren Wuͤrmern, und nach
17 Tagen 15 lebendige Koͤniginnen. Aus ei-
nem einzigen lebendigen Wurme, der in einer
gemeinen Zelle lag, verſchaffte er eine Koͤni-
B b 2ginn.
[388] inn. u) Hr. Riem, der Gegner des verſtor-
benen Hrn. Schirachs, bemuͤhte ſich aber zu
zeigen, daß Hr. Schirach, der zwar bey dieſer
Meynung Recht habe, ſich nur darinne irre,
wenn er das Ey oder die Raupe blos zum Ar-
beitsbienengeſchlecht zaͤhle, da es doch eben ſo
gut in das koͤnigliche Geſchlecht gehoͤre, aus den
unter veraͤnderten Umſtaͤnden verungluͤckte Koͤ-
niginnen, d. i. Arbeiterinnen werden. Ferner
daß dieſes Purchas und Thorley ſchon geſagt
haͤtten. Er habe nur den Thorley nicht genug
verſtanden. Er nenne das einen beſondern
Futterbrey was Thorley eine Saamenmaterie
nenne, welche von der groͤbern, die die andern
jungen naͤhrt, weit unterſchieden ſey. x)
Eben ſo wichtig iſt die von ihm erfundene Art
Ableger zu machen, welche zu vielen neuen Entde-
ckungen Anlaß gegeben, und ſelbſt nach dem Zeug-
niß vieler Bienenverſtaͤndigen noch mehr Licht
uͤber die naͤhere Bienenoͤkonomie verbreiten wird.
Es wird hieraus unter andern ſehr beſtaͤtiget,
daß die gemeinen Bienen urſpruͤnglich zum weib-
lichen Geſchlecht gehoͤren, und unvollkommene
Weibchen ſind, die nur um einen Grad entwi-
ckelt werden duͤrfen, um Koͤniginnen zu wer-
den.
[389] den. Ja Hr. Riem behauptete gegen Hrn.
Bonnet, daß ſeine Arbeitsbienen oͤfters in ei-
nem kleinen Stocke, darinne er leere Roſenta-
feln eingeſetzt, etliche hundert Eyer gelegt haͤt-
ten; und in ſeinen Fundamentalgeſetzen zu einer
perennirenden Colonie, Bienenpflege S. 75.
und 153. laͤßt er die gemeinen Arbeitsbienen
nur Dronen zeugen. Was aber dieſe große
Erfindung der Ableger ſelbſt betrifft, (wovon
man nun viele Arten hat, naͤmlich die Schirachi-
ſche, Eirichiſche, Riemiſche und die Magazin-
ableger,) ſo iſt hier folgendes zu merken. Schon
der große Naturforſcher des vorigen ſiebenzehn-
ten Jahrhunderts, Schwammerdam, der ſich
um die Bienenkenntniß ſo verdient machte, gab
uns einiges Licht von der Kunſt, Ableger zu
machen. y) Auch die Griechen kannten ſie,
und Reaumur ſchreibt ihnen die erſte Erfin-
dung dieſer Kunſt zu, Hr. Schirach aber
habe ſie nur verbeſſert. z) Es iſt bekannt, daß
die Schwaͤrme bey den Bienen entweder ſolche
ſind, die ſich nach dem Lauf der Natur von dem
alten Stocke trennen, oder ſolche, die der Fleiß
der Bienenverſtaͤndigen abſondert, und welche
B b 3Kunſt-
[390] Kunſtſchwaͤrme oder Ableger heiſſen. Beyde
haben ihre Vortheile; die letztern werden auf
verſchiedene Art gemacht. In den neuern Zei-
ten brachte ſonderlich Hr. Schirach dieſe Kunſt
mehr auf, und behandelte ſie in einem beſon-
dern Tractat. a) Allein alle ſeine Arten, Ab-
leger zu machen, ſind ſehr muͤhſam und um-
ſtaͤndlich, daher ſie auch nicht von allen Beyfall
erhielten. Die erſte Schirachiſche Art, Able-
ger zu machen, geſchiehet durch Ausſchneidung
einiger Brutzellen aus dazu tauglichen Stoͤ-
cken, und Einſpießung derſelben in kleine hoͤl-
zerne Kaͤſtchen, welche vorher darzu verfertiget
werden. Es geſchiehet am Ende des Aprils,
oder im Anfang des Mayes an einem ſchoͤnen
Tage. Man ſchneidet aus der Mitte des
Stocks, oder wo die meiſte Brut iſt, etliche ei-
ner Hand große Roſen mit Brut aus, welche
Eyer, kleine Wuͤrmer und zugeſpuͤndete Nym-
phen enthalten muͤſſen, woraus Arbeitsbienen
werden; aber keine Dronenbrut, weil aus die-
ſen die Bienen keine Koͤniginn bruͤten. Dieſe
thut man in ein hoͤlzernes Kaͤſtchen, und befe-
ſtiget ſie in eben der Lage, die ſie im alten Sto-
cke hatten; ſetzt hierauf neben die Bruͤtſtellen
einige Honigroſen, oder in deren Ermanglung
leere Wachsroſen; thut hierauf noch einige Loͤf-
fel voll Bienen in das Kaͤſtchen, macht das
Kaͤſtchen mit einem durchloͤcherten Bleche zu,
und
[391] und ſetzt es etliche Tage in eine gemaͤßigte dunk-
le Stube.
Die zweyte Art der Bienenvermehrung be-
ſtehet darinne, daß man die Ableger ſofort in
den Beuten macht. Man ſetzt die Brutſchei-
ben nach eben dem Maaß, in eben der Ord-
nung, mit eben ſo viel Bienen, die man mit
den Brutſcheiben hinuͤber traͤgt, oder mittelſt ei-
nes großen Loͤffels hinein ſchuͤttelt, in die neue
mit Gartenmeliſſe abgeriebene Beute. Man thut
dieſes gegen Abend; man giebt ihnen Futter
und verſtreicht die Beutenbreter.
Die dritte Art b) geſchiehet durch den Wech-
ſel eines leeren Bienenſtocks mit einem guten
und volkreichen, und kommt mit der erſten uͤber-
ein, nur daß die Koͤniginn nicht zuvor im Brut-
kaͤſtchen erzogen worden. Man muß hier den
ſtarcken Stock, wovon man einen Ableger ma-
chen will, ſchon im Februar von den uͤbrigen
beſonders ſetzen, weil ſonſt die Bienen, die man
ablegen will, alsdann nicht in den darunter
geſetzten leeren gehen, ſondern ſich in die neben
ſtehenden vertheilen. Sobald nur im Fruͤhjahr
volle Nahrung auf den Feldern iſt, ſo ſtellt man
etliche Tage einen leeren unter den vollen, da-
mit er den Geruch deſſelben annehme, nimmt
B b 4ſodann
[392] ſodann an einem ſchoͤnen Tage, wenn die Bie-
nen ausgeflogen, den vollen weg, und ſtellt ei-
nen leeren dafuͤr hin, treibt in dem vollen Sto-
cke die Bienen mit Rauch zuruͤck, ſchneidet et-
liche taugliche Roſen aus, und ſpieſet dieſe Brut-
ſtuͤcke nebſt einigen leeren Wachstafeln und Ho-
nigroſen in den leeren untergeſetzten Stock.
Man hat noch eine andere Art, Ableger zu
machen; dieſe beſtehet im Austrommeln der
Haͤlfte der Bienen ſammt der Koͤniginn aus ei-
nem vollen Stocke. c) Dieſes iſt die Art, die
Hr. Riem in ſeiner Bienenpflege vorſchlaͤgt, die
aber, wiewohl unter einigen andern Umſtaͤnden,
auch ſchon Gruͤwel in ſeiner Brandenburgiſchen
Bienenzucht erwaͤhnt. d) Die Riemiſche Me-
thode geſchiehet alſo: Man nimmt einen volk-
reichen Stock, bey dem man im Fruͤhjahre ſo
viel Raum im Bienenſtande ließ, daß ein an-
derer darneben ſtehen konnte, zur Flugzeit aus
dem Stande heraus, entfernt ihn dreyßig
Schritte im Schatten, und ſetzt einen leeren
Korb auf deſſen Stelle, um die indeß vom Fel-
de kommenden Bienen des weggenommenen
Stocks zu ſammeln. Man bricht hierauf den
entfernten Stock unten auf dem Brete, worauf
er befeſtiget iſt, los, kehrt ihn ſchnell um, und
ſetzt
[393] ſetzt auf ſeine Muͤndung einen leeren mit Ho-
nig beſtrichenen. Beyde Koͤrbe werden da, wo
ſie auf einander ſtehen, mit einem Tuche um-
wunden, und die Flugloͤcher verſtopft. Man
trommelt hierauf mit dem Finger oder einer
Ruthe an dem vollen Korbe, wodurch die Bie-
nen aus demſelben in den leeren Korb getrieben
werden. Man nimmt hierauf den obern Korb
weg, und ſetzt denſelben auf ein Tiſchtuch, das
man uͤber ihm zuſammenbindet; hierauf wird
der Mutterſtock wieder auf ſein Bret geſetzt,
ringsherum eingekuͤttet, das Flugloch halb ver-
ſtopft, und wieder an ſeinen alten Platz getra-
gen. Die aus dem Felde kommenden Bienen
verſtaͤrken ihn bald wieder. Man unterſucht
hierauf, ob in dem abgelegten Stocke auch ei-
ne Koͤniginn ſey, und im Fall ihnen dieſelbe
mangelt, giebt man ihm eine. Er raͤth daher
an, die Bienen auf ein weißes Tuch aus dem
abgelegten Stocke zu treiben, ſie mit ein we-
nig Waſſer zu beſprengen, damit ſie nicht fort
fliegen, und da die Koͤniginn aufzuſuchen. Al-
lein Gruͤwel, der, wie ich oben bemerkt habe,
ſchon auf die nehmliche Art ablegte, weicht von
der Riemiſchen Art darinnen ab, daß er die
Bienen aus dem abgelegten Stocke nicht wieder
heraus ſtoͤßt; auch laͤßt er ihn nicht neben den
alten ſtellen, ſondern auf 500 Schritte von
demſelben. Er giebt ſichere Zeichen an, zu er-
kennen, ob die Koͤniginn in dem abgelegten
Stocke ſey oder nicht, daß man ſie nicht erſt
B b 5Ur-
[394] Urſache hat, muͤhſam und vielleicht nicht ohne
Nachtheil des Stocks aufzuſuchen. Er rech-
net dahin: wenn die Bienen ſtill ſind; wenn
man am Morgen Eyerchen auf dem Brete fin-
det; wenn man die Bienen am Korbe nagen
hoͤrt und abgebiſſene Zaͤſerchen auf dem Brete
liegen, woraus zu ſchlieſſen iſt, daß ſie den
Korb reinigen, welches nicht geſchiehet, wenn
ſie nicht im Korbe bleiben wollen, und keine
Koͤniginn haben. Allein alle dieſe Arten haben
ihre großen Beſchwerlichkeiten; die erſtern Ar-
ten ſind wegen des Einſperrens der Bienen
mißlich, und wegen des langen Fuͤtterns koſt-
bar. Es gehen viele Bienen, auch oͤfters die
Koͤniginn, dabey zu Grunde. Es werden bey
dem Ausſchneiden viel Raͤuber herbey gelockt,
und endlich ſind die Ableger doch nur ſchwach.
Einige lehrreiche Handgriffe bey dieſem Geſchaͤf-
te lehrt der Bienenvater Heinike. e) Neue
Erfahrungen auf eine leichtere Weiſe Ableger zu
machen gab ſelbſt Schirach in den Abhandlun-
gen und Erfahrungen der O. L. B. G. vom J.
1766 an. f)
Auch die Fraͤnkiſche Bienengeſellſchaft be-
ſchaͤftigte ſich mit dieſer Kunſt, und ihre Art,
welche die Fraͤnkiſche oder Eirichſche heißt, iſt
unſtreitig die leichteſte, beſte und ſicherſte. Hr.
Eirich, Paſtor zu Ezelheim, erleichterte und
ver-
[395] vereinfachete die Ablegungskunſt, und richtete
ſie nach der Bienenzucht in Koͤrben ein, da die
Schirachiſchen Arten ſich nur auf die Bienen-
wirthſchaft in Klotzbeuten erſtreckten. Man
nimmt nach dieſer Art einen leeren kleinern Korb,
ſetzt oben in deſſen Krone ein Stuͤck Brutwa-
ben, bis zwey Haͤnde groß, in denen ſich drey-
erley Arten Brut befinden, ein Stuͤck Honig-
waben, und eine leere Wachswabe ein, ſo daß
ſie einander nicht beruͤhren, und eben ſo, wie
in dem Mutterſtock, zu ſtehen kommen, aus
dem man die Bienen nimmt. Man befeſtiget
ſie mittelſt dreyer Hoͤlzchen, welche durch die
Waben gehen, und auf deren mittelſtem dieſel-
ben aufliegen. Man ſetzt in dieſen zugerichteten
Brutkorb mittelſt eines Schaumloͤffels 1500
bis 2000 Bienen aus einem Mutterkorbe zu
denſelben hinein, ſetzt ihn an dieſelbe Stelle und
auf daſſelbe Bret, auf dem der Mutterkorb
ſtand, und laͤßt die Bienen von dem Mutter-
korbe, ſo ſich auf dem Bret befinden, darauf
liegen, den Schwarmkorb aber verſtreicht man
auf das ſorgfaͤltigſte. Man muß dieſes
an einem ſchoͤnen Tage in den Mittagsſtunden
thun, damit die auf das Feld geflogenen und
wiederkommenden Bienen an ihre alte Stelle
fliegen, und den Ableger vermehren. Es darf
dieſe Arbeit auch nicht bey dem Bienenſtande
geſchehen, ſondern in einiger Entfernung, und
wo moͤglich ruͤckwaͤrts. An dem Brutkorbe
laͤßt man das Flugloch offen. Bey ſchlechtem
Wetter
[396] Wetter muß er gefuͤttert, und bey kalten Naͤch-
ten bedeckt werden. Den Mutterkorb bedeckt
man, nachdem man die Bienen herausgenom-
men, bis die Arbeit vorbey iſt, entfernt ihn
von dem Bienenſtande, giebt ihm eine andere
Flucht, und verhuͤtet nachher, ſoviel moͤglich,
das Schwaͤrmen. g)
Hat man Magazinſtoͤcke, die aus Aufſaͤtzen
beſtehen, ſo geſchiehet ſie durch die Theilung ei-
nes ſolchen Magazins, oder eines aus etlichen
Aufſaͤtzen beſtehenden Stammes, welches eine
neuere Methode iſt, und welche Hr. Eyrich
das magazinmaͤßige Ablegen nennt. Zu der
Fraͤnkiſchen Art ſind ſonderlich die Chriſtiſchen
Magazinſtoͤcke ſehr brauchbar. Man verfaͤhrt
bey der Anwendung dieſer Magazinſtoͤcke nach
Hrn. Chriſts Beſchreibung alſo: Man nimmt
die beſten und volkreichſten Magazinſtoͤcke von
4 oder 5 Aufſaͤtzen. Man unterſucht durch die
Fenſterchen oͤfters, ob ſie mit Bienen angefuͤllt,
und in den 3 unterſten Saͤtzen, oder doch we-
nigſtens im zweyten und dritten Aufſatze, Brut
eingeſchlagen, und alſo die Staͤmme zum
Schwaͤrmen bald reif ſind. Beſtehet nun z.
B. der Magazinſtock aus 4 Aufſaͤtzen, und iſt
im zweyten Aufſatze auch etwas Brut auſſer dem
Honig; denn in den zwey unterſten iſt Brut
genug: ſo nimmt man etwa von 9 bis 2 Uhr
an einem ſchoͤnen Tage die Theilung des Ma-
gazin-
[397] gazinſtocks vor. Man loͤſet den Leim zwiſchen
den zweyten und dritten Aufſatze mit einem
Meſſer ab, und ziehet nun einen Drath durch,
blaͤſt nunmehr Tabacksrauch hinein, um die
Bienen ſtill zu machen, haͤlt einen leeren Un-
terſatz mit einem Brete bereit; und indem ein
anderer die zwey oberſten Aufſaͤtze abhebt, und
auf den vorſtehenden Unterſatz ſetzet, ſo legt der
eine ſogleich einen Deckel auf die zwey geoͤffneten
und ſtehen bleibenden Unterſaͤtze, die den jun-
gen Ableger ausmachen. Der abgehobene
Bien oder alte Ableger wird ſodann mit ſei-
nem leeren Unterſatz auf einen andern Platz des
Bienenſtandes getragen, und das mittelſte Flug-
loch zugeſchoben; der andere aber bleibt ruhig
ſtehen, und man giebt ihm ſobald als moͤglich
auch einen Unterſatz, und ſchiebt das mittlere
Flugloch zu. Dieſes iſt die Fraͤnkiſche Art bey
Chriſtiſchen Magazinaufſaͤtzen angewendet, die
wir bald naͤher werden kennen lernen.
Die Vortheile des Ablegens fuͤr die Bienen-
zucht uͤberhaupt ſonderlich bey dieſen erleichterten
Arten, ſind ſehr groß. Man erhaͤlt dadurch zeitige
Schwaͤrme, die faſt den Werth der alten haben;
man iſt des aͤngſtlichen Wartens auf die Schwaͤr-
me uͤberhoben; die Vermehrung haͤngt ganz
von der Willkuͤhr des Beſitzers ab, und er
kann dieſe Ableger zu einer fuͤr ſich und die Bie-
nen bequemen Zeit machen; man darf nicht
fuͤrchten, daß ſich ein Stock verſchwaͤrme, wenn
er zu viel ſchwaͤrmt; nur ſehr ſelten hat man
noͤthig
[398] noͤthig, die Ableger zu fuͤttern; man iſt des
verdruͤßlichen Einfahens der Schwaͤrme uͤber-
hoben. Stoͤcke, von denen man Ableger ge-
zogen, behalten meiſt ſelbſt bey den ſchlechteſten
Jahren Honig genug, da man hingegen die
Stoͤcke, welche geſchwaͤrmt haben, fuͤttern
muß.
Eine wichtige Entdeckung fuͤr die Bienen-
zucht ſind die Magazinſtoͤcke. Es iſt bekannt,
daß ſie weit vortheilhafter ſind, als die einfa-
chen Bienenkoͤrbe; blos in den jaͤhrlichen Nu-
tzungen verhalten ſie ſich zu den einfachen Koͤr-
ben wie 5 zu 1, und in Anſehung der Vor-
theile im Ganzen kommen jene mit dieſen in
gar keine Vergleichung. Wir wollen dieſelben
hier kurz anfuͤhren, da es eine pragmatiſche
Geſchichte ſeyn ſoll. Wie leicht kann ein Bie-
nenſtand voll einfacher Koͤrbe bey einem Mis-
jahr zu Grunde gehen! Magazinſtoͤcke aber
werden dieſem Falle aͤußerſt ſelten ausgeſetzt
ſeyn, und wegen der Menge des Volks bey
wenigen guten Tagen genugſamen Unterhalt
fuͤr den Winter eintragen. Wegen ihrer Volk-
reichheit koͤnnen ſie einen Verluſt leichter uͤber-
winden, und durch Brut bald erſetzen: allein
ſchwaͤchere, wie ſie gemeiniglich in einfachen
Koͤrben ſind, werden oft durch einen ſo ploͤtz-
lichen Abgang an Volk faulbruͤtig. Ein Ma-
gazinſtock wird ſelten weiſellos: denn ein ſol-
cher Magazinſtock faͤngt immer ſchon im Ja-
nuar an Brut zu bekommen, und wird wegen
der
[399] der beſtaͤndigen Waͤrme in demſelben ſchon im
Winter angeſetzt, ſo daß immer eine neue Re-
gentinn erbruͤtet werden kann. Man aͤrndtet
den ſchoͤnſten Vorrath an Honig und Wachs,
ohne daß man noͤthig hat, mit Gefahr zu ſchnei-
den, die Bienen zu zerſtoͤren oder ſie gar um-
zubringen. In Strohkoͤrben richten ſich oft die
beſten Stoͤcke durch haͤufiges Schwaͤrmen zu
Grunde, aber bey Magazinen kann man es
verhindern und ihnen endlich gar abgewoͤhnen.
Man hat dabey weniger Wartung noͤthig, man
kann dabey das Futter ganz oder mehrentheils ent-
behren. In Magazinen verjuͤngen ſich die Stoͤ-
cke alle Jahre, da jaͤhrlich neue Unterſaͤtze voll-
gebauet und die uͤberjaͤhrigen Roſentafeln durch
die obern Aufſaͤtze abgehoben werden. Die
Roſen werden daher nicht ſchwarz, die Zellen
gehen nicht ein, wie bey alten Bienenkoͤrben,
da eine jede junge Biene ihre Nymphenhaut
darinne haͤngen laͤßt, und endlich ſolche Zel-
len zur Vervollkommnung der Brut ganz un-
tauglich werden. Daher Bienen in Stroh-
koͤrben von 5 oder 6 Jahren nicht leicht mehr
ſchwaͤrmen koͤnnen. Man bekoͤmmt in den
Magazinſtoͤcken keinen alten mehrlichten, ſon-
dern den reinſten Honig; da hingegen der von
alten Koͤrben ausgeſchnittene oder von erſtick-
ten Bienen ausgemachte Honig mit Brut, tod-
ten Bienen, Schwefelgeruche u. d. g. verun-
reinigt iſt.
Auch
[400]
Auch Deutſchland hat hier ſeine eigene Erfin-
dungen, die wir bald bey der Geſchichte der Bie-
nenwohnungen werden kennen lernen, ob man
gleich auch die fremden nachzuahmen und einzu-
fuͤhren bemuͤhet war. Dieſes leitet uns ſehr natuͤr-
lich zu den wichtigen Bemuͤhungen der Deutſchen
um die Wohnungen der Bienen uͤberhaupt. Die
bekannteſten waren bisher die Bienenkoͤrbe, von
Bretern zuſammengefuͤgte Kaͤſten oder Breter-
beuten, und die Stoͤcke oder Klotzbeuten, die
aus ausgehoͤlten Stoͤcken dicken Baͤumen beſte-
hen. Die erſten werden aus Roggenſtroh ge-
flochten, und mit geſpaltenen geſchaͤlten Wei-
den oder Haſelruthen zuſammengeheftet; in ei-
nigen andern Gegenden werden ſie auch aus
Binſen, oder, wie in Siebenbuͤrgen, aus Wei-
denruthen gemacht; gemeiniglich haben ſie die
Geſtalt eines abgekuͤrzten Kegels mit einem ge-
woͤlbten Deckel, der ſich leicht abnehmen laͤßt;
ſie bekommen inwendig einige Staͤbchen, wel-
che Spielen heiſſen, und vorne unten ein Flug-
loch, welches mit der durchloͤcherten Palteaui-
ſchen Scheibe verſchloſſen werden kann. h)
Man macht die Koͤrbe 10 bis 12 Zoll im Lich-
ten und 9 bis 10 Zoll hoch, und ſo ſind ſie zurei-
chend und warm genug im Winter fuͤr einen
Stock, der meiſtens zugebauet hat. Sind der-
gleichen
[401] gleichen Koͤrbe nur 6 Zoll hoch, ſo nennt man
ſie Halbkoͤrbe, und ſind ſie nur 3 Zoll hoch, Vier-
telskoͤrbe. Man hatte auch walzenfoͤrmige von
dieſer Art. Die Stoͤcke werden entweder aus
einem Stuͤck Holz gehauen, und heißen alsdenn
Beuten, oder Klotzbeuten, oder ſind aus glat-
ten trocknen Bretern zuſammengeſetzt. Beyde
werden entweder aufrecht hingeſtellet, oder der
Laͤnge nach hingelegt; die erſtern heißen ſtehende
oder Staͤnder, die letztern liegende oder Lager-
ſtoͤcke.
Dieſes waren die aus den vorigen Zeiten be-
kannten und gewoͤhnlichen. Allein ſie ſind mit
vielen andern Arten in unſern Zeiten vermehrt
worden, davon eine oder die andere mehr fuͤr
die Modellſammlungen und in Bienengaͤrten zur
Aufſtellung zu Ehren des Erfinders, als zur wirk-
lichen und ganz vortheilhaften Anwendung dien-
lich ſeyn moͤchte. Ich will hier die vorzuͤglich-
ſten anfuͤhren.
Eine der vorzuͤglichſten ſind die Colonie- oder
Magazinkoͤrbe, da man naͤmlich von Zeit zu
Zeit einen neuen mit einem Flugloche und Schie-
ber verſehenen walzenfoͤrmigen Korb unterſetzt,
und dagegen den oberſten angefuͤllten und von
den Bienen verlaſſenen, nachdem man den un-
tern zugeſchoben hat, wegnimmt Durch dieſe
Einrichtung vermeidet man das oͤfftere Schwaͤr-
men, die Nothwendigkeit des Fuͤtterns im Win-
ter, das mißliche Zeideln, und erleichtert ſich die
Wartung; obgleich nicht zu laͤugnen iſt, daß ſie
C canfaͤng-
[402] anfaͤnglich koſtbar und in den erſten drey Jah-
ren ohne Nutzung ſind, in den Gegenden aber,
wo das Verfahren der Koͤrbe auf Weiden ge-
woͤhnlich und noͤthig iſt, daſſelbe wo nicht un-
moͤglich, doch muͤhſam und gefaͤhrlich machen.
Die erſte Nachricht hiervon findet ſich bey dem
Gedde, einem Englaͤnder, der dieſes ſchon 1675
kannte. Einige Verbeſſerungen brachte der Hr.
Advocat Koͤnig zu Hannover dabey an, wodurch
die koͤnigſchen Coloniekoͤrbe entſtanden. i) Un-
ter den vorgeſchlagenen Veraͤnderungen gehoͤ-
ren hierher die, welche Hr. Eyrich in ſeinem
Entwurf der Bienenpflege anrathet. k) Einen
Magazinſtock gab uns Hr. Chriſt, ehe man in
Deutſchland die palteauiſchen und vicatiſchen
kannte. Und ſo hat Deutſchland auch hierinne
ſeine eigene Erfindung, ob man gleich auch die
fremden nachzuahmen und einzufuͤhren bemuͤhet
war.
[403] war. Hr. Chriſt erfand ſeinen Magazinſtock,
ehe er noch die palteauiſchen und vicatiſchen aͤhn-
lichen Einrichtungen kannte. Er beſchreibt den-
ſelbigen und deſſen ſehr wohlfeile Zuſammenſe-
tzung ſelbſt in ſeiner Schrift uͤber die Bienen-
zucht. l) Sie ſind von Holze und beſtehen aus
vielen Aufſaͤtzen oder eigentlich Unterſaͤtzen, da
ihnen immer meiſt neue Behaͤltniſſe unterge-
ſetzt werden. Er hat zugleich eine kleine Oeff-
nung mit einer Glasſcheibe angebracht, welche
aber durch einen Laden, den man ſchließen kann,
das Licht nicht eher hinein laͤßt, als bis man es
zu ſeinem Gebrauch zu Beobachtungen oͤffnet,
weil ſonſt, wenn beſtaͤndig Licht dadurch hinein-
faͤllt, und ſie dieſes Licht nicht leiden, es bald ver-
bauet wird. Bey dieſer Anrichtung kann man,
wenn man den Laden oͤffnet, ihnen ganze Stunden
ja halbe Tage zu ſehen. Er ſelbſt giebt die Vor-
theile ſeiner Erfindung ausfuͤhrlich an. m) Die-
ſe aus Dielen verfertigte und mit einer Glas-
ſcheibe verſehene Aufſaͤtze und von denſelben zu-
ſammengeſetzten Bienenwohnungen haben vor
den ſtrohernen Magazinen weſentliche Vorthei-
le. Ich will nicht ſagen von der Zierde und
dem guten Anſehen, welches eine Anzahl ſolcher
einander aͤhnlichen angeſtrichenen Bienenhaͤuſer
C c 2geben,
[404] geben, ſondern man kann auch ihre ganze Po-
licey und Bau bemerken. Man ſiehet, wie
viel Honig und Brut ſie haben, wie viel ſie ge-
bauet, welches bey den Honigaͤrndten, bey den
Ablegern, bey dem Unterſetzen und andern Be-
handlungen von aͤußerſt wichtigem Betracht iſt.
Bey Aufhebung der obern mit Honig gefuͤlle-
ten Aufſaͤtze kann man ſehen, wie viel man ſol-
che Aufſaͤtze wegnehmen darf, ohne den Bienen
zu viel und ihre gehoͤrige Winternahrung zu ent-
ziehen; man kann leicht das Maas und Gewicht
an Honig und Wachs berechnen, da jeder Auf-
ſatz gleiches Maas hat, indem ein ſolcher voller
Aufſatz, der leer 4 Maaß haͤlt, 2 Maaß Honig
und 1½ Viertelpfund Wachs giebt; allein den
ſtrohernen Magazinkorb muß man mit vieler
Gefahr ihm zu ſchaden ganz waͤgen. Da
bey Verhuͤtung des Schwaͤrmens uͤberhaupt,
oder doch wenigſtens des zweyten Schwaͤrmens
man zur rechten Zeit einen Unterſatz geben muß,
ſo ſind dieſe chriſtiſchen Magazinſtoͤcke dazu am
bequemſten, weil man bey denſelbigen die rech-
te Zeit am beſten beobachten kann, d. i. wenn
der unterſte Aufſatz uͤber die Haͤlfte oder hoͤch-
ſtens drey Viertheile voll gebauet iſt. Allein
bey ſtrohernen Magazinkoͤrben iſt es nicht ohne
große Beſchwerde moͤglich, und wenn er 70 bis
80 Pfund ſchwer iſt, kann es gar nicht geſche-
hen. Oft iſt es auch noͤthig, die innere Be-
ſchaffenheit eines jeden Aufſatzes zu ſehen, be-
ſonders bey dem Ablegen, daß ich weiß, wo ich
theilen,
[405] theilen ſoll, ob ein jeder der Alte ſowohl als der
Ableger, d. i. die obern Aufſaͤtze, ſo ich abheben
will, ſo wohl als die untern, welche ſtehen blei-
ben, Brut haben. Auch erſpart das Glattho-
beln der Breter den Bienen viel Zeit, da ſie in
ſtrohernen erſt die Spitzen und alles hervorſte-
hende abbeißen und heraustragen. Die Bie-
nen ſind hier genoͤthigt, ihre Tafeln regelmaͤßig
anzubauen, da der Roſt n) in einem Maga-
zinaufſatze in gerader Linie nach dem Flugloche
zu gelegt wird; ſie verbauen daher nicht leicht die
Glasſcheibe, ſondern es entſteht auch nicht leicht
Schimmel, weil durch das Flugloch die Luft
durch alle Aufſaͤtze Communication hat, und
durch die Tafeln ziehen kann; auch kann man
durch die Aufziehung der Schieber vor den
durchloͤcherten Schiebern die Hitze darinne maͤſ-
ſigen, welches in ſtarken Magazinen in ſchwuͤ-
len Sommertagen um ſo viel noͤthiger iſt.
C c 3Dieſe
[406]
Dieſe Magazinaufſaͤtze ſtehen uͤbrigens feſt,
ſind vor Maͤuſen geſicherter, als die ſtrohernen
Magazine und Aufſaͤtze; welche letztere auch we-
gen ihrer Groͤße viele Unbequemlichkeiten haben.
Bey dem Unterſetzen mit ſtrohernen Magazin-
koͤrben kann man nicht allemal gehoͤrig die Zeit
treffen, daß der letzte Unterſatz vor Winters voll
gebauet werde; der leere Raum aber iſt im
Winter den Bienen ſowohl wegen der Kaͤlte,
als wegen der Raͤuber ſchaͤdlich. Zudem kann
man bey den kleinen Magazinaufſaͤtzen des Hrn.
Chriſts auch in ſehr mittelmaͤßigen Jahren aͤrnd-
ten, kleinern, mittlern und groͤßern Schwaͤr-
men angemeſſene Wohnungen verſchaffen, und
ſie immer vergroͤßern, ſo lange Nahrung im
Felde iſt. Man kann andern duͤrftigen Bienen
zu jeder Zeit dabey helfen, indem man einen oder
zwey Aufſaͤtze mit Honig von reichen Magazi-
nen oder von abgehobenen vorraͤthiggehaltenen
Magazinaufſaͤtzen aufſtellet. Man kann ſehr
leicht ſchwache Stoͤcke mit einander vereinigen
und einen weiſelloſen, indem man ihn unter oder
auf einen guten ſetzt, vom Untergange retten.
Einen ſpaͤt fallenden ſtaͤrkern Schwarm, den
man nicht erſt mit dem alten oder einem andern
Stocke vereinigen will, und der doch nicht Zeit
genug hat, ſich hinreichend vor Winters zu ver-
ſorgen, kann man dadurch, daß man vor Win-
ters einen Aufſatz von einem andern reichen Ma-
gazinſtocke abnimmt und dem jungen ſtaͤrkern
Schwarme aufſetzt, erhalten. Er hat auch noch
eine
[407] eine andere Art, die aber koſtbarer iſt, naͤmlich
virreckige einfache Bienenhaͤuſer, wo vier große
Glastafeln die Seiten ausmachen, und jede ei-
nen Laden oder Thuͤr mit einen Vorreiber hat.
Man verfertiget dieſe auch zu Offenbach am
Mayn, welche aber nicht alle die Vortheile der
chriſtiſchen haben: denn der einfache Stock des
Hrn. Chriſts iſt ſo eingerichtet, daß man die
Bienen nicht umzubringen noͤthig hat, wenn
man davon aͤrndten oder einen jungen Schwarm
einfaſſen will. Er beobachtete ferner, daß die
ausgetriebenen Bienen, wenn zwey verſchiede-
ne Stoͤcke mit einander vereiniget worden, die
fleißigſten ſind. o)
Ferner gehoͤren unter die neuen Bienenwoh-
nungen das Honig und Bienenmagazin des
Cordemanns und Molitors Stoͤcke. Hr. Spitz-
ner verbeſſerte die palteauiſchen Stoͤcke. Hr.
Daum zu Berlin brachte bey der palteauiſchen
Scheibe in der Anwendung zu den Koͤrben ei-
nige neue Verbeſſerungen an, welche in einem
dazu ſchicklichen harten Holze, worinne das
Quadrat ruhet, mit einem Pfalze, um es her-
ausziehen zu koͤnnen, 4 ſtarken eiſernen Draͤ-
thern, mittelſt derſelben das Holz ſammt der
Scheibe feſt an den Korb an zu ſpießen, und in
groͤßern Luftloͤchern beſtehen.
Auch Hr. Lang verbeſſerte die geddeiſche Ok-
togone.
C c 4Man
[408]
Man verwandelte die palteauiſche Scheibe in
Strohkoͤrbe. Es erſchienen die pfaͤlziſchen oder
riemiſchen Halbkaͤſten; man ſuchte auch die Halb-
kaͤſten des Gelieu und Duchet, zweyer franzoͤſi-
ſcher Bienenverſtaͤndigen, in Deutſchland anzu-
wenden.
Man benutzte die Erfindung der Madame
Vikat, welche die Bienenvaͤter auf die Spur
brachte, bequeme liegende Stoͤcke zu verfertigen,
deren Bau man aus den Schriften der oberlau-
ſitzer Bienengeſellſchaft, dem ſaͤchſiſchen Bie-
nenvater und Wildmann erlernen kann. Ihr
Kaſten beſtehet aus vier Kammern, die alle hin-
tereinander anpaſſen muͤſſen; auf den Seiten
ſind Staͤbe, die vorn und hinten mit Schrau-
ben verſehen ſind, wodurch die Kammern ſo
dicht zuſammen gezwungen werden, als noͤthig
iſt. Die Bienengeſellſchaft zu Roͤtha richtete
dieſe Stoͤcke auf ihre Gegend ein, und fand
6 und mehr Kammern noͤthig, ingleichen daß
ſie noch einmal ſo breit waͤren; ſie ſchrauben die-
ſe, ſo wie der Bau der Bienen zunimmt, nach
und nach einzeln an, daß alſo die Bienen nie
zu viel Raum auf einmal haben, daher ſie denn
auch dieſen kleinern Raum bald mit allem Fleiße
vollbauen.
Nach dieſer Vorſchrift kann man auch ſtro-
herne runde liegende Bienenwohnungen verfer-
tigen laſſen. Man nennet die, welche in einem
fortgehen, Walzen. Die Walzen der roͤthai-
ſchen Geſellſchaft ſind eine Elle fuͤnf bis neun
Zoll
[409] Zoll lang, und im Durchſchnitte betraͤgt die Hoͤ-
he 16 bis 18 Zoll; ſie haben ſie auf Lagern lie-
gen, die aber Schrootleitern gleichen. Sie
ſchlug vor, ſtatt einer Walze viere zu flechten,
wovon jede etwa 9 Zoll lang, und im Diame-
ter etwa 15 Zoll haben kann, ſie, nachdem es
der Fleiß der Bienen erfordert, auf itzt beſchrie-
benes Lager zu legen, und zwiſchen zwey Wal-
zen eiſerne Klammern anzubringen, damit ſie
feſt liegen, oder ſie durch Huͤlfe hoͤlzerner Staͤ-
be in Handhaben an den Seiten feſt an einan-
der zu ſchrauben. p)
Hr. Koͤnig, ein wuͤrdiger Schuͤler des be-
ruͤhmten Bernoulli, ſtellte auf Veranlaſſung
des Herrn Reaumur Berechnungen uͤber die
Bienenzelle an, woraus die außerordentlich
weiſen Abſichten der Natur bey der Wahl der
Geſtalt derſelben erhellten, welche in der Folge
in England von Maclaurni beſtaͤtiget wurden.
Man bemuͤhete ſich nach dem Beyſpiele an-
derer Voͤlker durch glaͤſerne Behaͤltniſſe naͤhere
Einſichten in die Bienenoͤkonomie zu erlangen.
Hr. Probſt Stieglitz zu Paſewalk waͤhlte eine
große Glasglocke, dergleichen die Gaͤrtner uͤber
ihre Gewaͤchſe zu decken pflegen, und ließ durch
die obere Oeffnung, die allemal in dergleichen
Glocken iſt, einen hoͤlzernen Zapfen von oben
bis unten durchgehen, woran ſie ihre Tafeln ſe-
tzen konnten. Der Diameter derſelben iſt unten
C c 512
[410] 12 Zoll, die Hoͤhe 18 Zoll, und alſo der koͤrper-
liche Inhalt 1584 Cubiczoll. Vermittelſt der-
ſelben konnte er alles, was in dem Stocke vor-
gieng, ſehen. Damit aber die Bienen, die das
Licht nicht zulaſſen, das Glas nicht verunreinig-
ten, ſo deckte er allezeit nach den Beobachtun-
gen einen Korb daruͤber. q) Hr. Schirach ahm-
te dieſes gluͤcklich nach, und in den churfuͤrſtli-
chen Bienengarten zu Friedrichsſtadt bey Dres-
den ſind zwey in Anſehung ihres Baues vorzuͤg-
liche und beſetzte Glasſtoͤcke von der Erfindung des
Freyherrn v. Keſſel, welche die Moͤglichkeit dar-
thun, daß man durch glaͤſerne Stoͤcke den Bau
der Bienen beobachten koͤnne. Sie ſtellen ein
Oktogon vor, ſo aber zugeſpitzt iſt, eben ſo viele
Thuͤrchen als Seiten hat, und mit einem Ober-
kleide bedeckt iſt, daß ſie auf einem ſtarken Po-
ſtament wohl befeſtiget im Freyen im Garten
ſtehen. Auch Hr. Korſemke in Bayern verſa-
he alle ſeine Bienenſtoͤcke von hinten her mit
Glaͤſern, welche in einen Rahm eingeſchoben
und mit hoͤlzernen Schiebern bedeckt werden.
Durch dieſe Erfindung entweder ganz glaͤſerner
Stoͤcke, oder doch einzuſchiebender Fenſter wird
nicht blos die Neugierde beluſtiget, ſondern die
Bienenzucht erhaͤlt auch keine geringen Vorthei-
le. Man kann dadurch leicht den Zuſtand der
Bienen uͤberſehen, ob Krankheiten, oder Raͤu-
ber,
[411] ber, oder Inſekten ſich einfinden; ob es zu voll
gebauet ſey, u. ſ. w.
Hr. Reich erfand Brutkaͤſtchen, oder verbeſ-
ſerte vielmehr das ſchirachiſche, das der Erfin-
der nachher auch ſelbſt verbeſſerte, zu Erziehung
neuer Schwaͤrme, und Weiſelkaͤſtchen zur Er-
zeugung junger Bienenkoͤniginnen, wodurch die
hierhergehoͤrigen Erfahrungen mehr berichtiget
werden konnten. Hr. Reich machte ſeine Ver-
beſſerung dadurch, daß er den Deckel, der ſonſt
in einem Stuͤcke beſtand, in zwey Theile theil-
te, und ſtatt deſſen, daß Herr Schirach Luft-
bleche hatte, hat jener den ganzen Deckel mit
kleinen Loͤchern verſehen. Man fand aber
in der Folge, daß die Loͤcher im Holze durch
den Broden zufallen, und daß alſo die Bleche,
zumal, wenn ſie von draͤthernen Sieben gemacht
werden, vorzuͤglicher ſeyn, um den Bienen recht
viel Zugluft zu verſchaffen. Die große Haͤlfte
des Deckels betraͤgt zwey Theile deſſelben, die
kleinere nur einen Theil; welches dazu dienen
ſoll, daß, wenn nach geſchehenem Einſatze die zu
einem Schwarm gehoͤrigen Bruttafel noch nicht
genug Bienen hat, man nur den kleinern De-
ckel aufmachen, und die auf der leeren Scheibe
befindlichen Bienen in den Kaſten mit einem
Flederwiſche kehren kann. Diejenigen, die man
nun bereits ſchon hineingeſetzt, fliegen nicht ſo-
leicht heraus, als wenn der ganze Deckel geoͤff-
net werden muͤßte; die aber, die erſt hineinkom-
men ſollen, hoͤren das Sumſen derſelben, und
gehen
[412] gehen alſo deſto williger hinein. Das kleinere
Kaͤſtchen zu Erziehung junger Weiſer aber hat
keinen getheilten Deckel, weil hier der Endzweck
wegfiel. Er verbeſſerte die Schwarmbrutkaͤſten
ferner dadurch, daß er Schwellen anbrachte, in
welchen ſo viele Spillen ſtecken, als man Brut-
tafeln einſetzen will. Die Hauptabſicht dabey
iſt die Erleichterung der Reinigung, theils aber
auch, um durch die Spillen die Bruttafeln
feſter und mehr zuſammenzuhalten, da ſie ſonſt
leicht aus einander fallen koͤnnten. Endlich brach-
te er auch am Boden des Kaſtens ein einzuſchie-
bendes Futterkaͤſtchen an. Die zwey letzten
Verbeſſerungen ſind auch bey dem Weiſelkaͤſt-
chen, jedoch um zwey Theile kleiner, als bey
dem Schwarmbrutkaͤſtchen. Man unterſuchte
die Bienenkrankheiten, und fand z. B. daß die
Urſache von der ſo verheerenden Ruhr daher
komme, wenn ſie ſich bey dem Aufleben bey
großer Kaͤlte zu ſehr erhitzen, ſich mit Honig
uͤberladen, und alsdenn des Auswurfs der Na-
tur ſich nicht entledigen koͤnnen. Hr. Limburg
und Herr Chriſt klaͤrten die Theorie uͤber die
Raubbienen naͤher auf; ſie zeigten die Art und
Weiſe, wie ſie entſtuͤnden, und dadurch die Mit-
tel, ſie zu verhuͤten und abzuhalten. Der erſtere
ſchlug 1776 unter andern auch vor, das Ein-
ſtecken eines ſtarkriechenden Krauts, das er Le-
berſtock nennt, welches, wie Hr. Riem muth-
maßet, wahrſcheinlich das ſogenannte Leviſti-
cum ſeyn ſoll, das ſowohl durch ſeinen Geruch,
als
[413] als vielleicht auch durch Verkleinerung des Flug-
loches die Raͤuber abhaͤlt. Hr. Chriſt gab ein
anderes Mittel an. Er ließ wechſelsweiſe die
beyden raubenden Stoͤcke verſchließen; er ließ
ihnen aber durch Federkielen einige Luft, damit
ſie nicht erſtickten; und ſo verfuhr er ſieben Ta-
ge, da er alsdann beyde offen laſſen konnte, oh-
ne daß einer den andern beraubte. Aber die-
ſes gilt nach ſeiner eignen Anmerkung nicht von
Raubbienen, denen es durch die Kunſt gelehrt
iſt, nicht von weiſelloſen, die von fremden an-
gefallen werden. Er machte Verſuche, die Droh-
nenſtoͤcke zu beſſern, indem er ihnen mit den
naͤchſten Bienenſtoͤcken einerley Geruch gab, in-
dem er den Abend vorher Meliſſe oder Leber-
ſtock ausgepreßt darunter legte. Den naͤchſten
Mittag nahm er den ſchadhaften Korb ganz
weg, und ruͤckte den Nachbar, der ganz mit
ihm einerley Geruch hatte, an ſeine Stelle. Er
riß hierauf in einer Entfernung von 50 bis 100
Schritt aus dem fehlerhaften Korbe Spielen
und Scheiben ſo behutſam als moͤglich, toͤdtete
den Weiſer, da denn das beſtuͤrzte Volk ſeiner
alten Stelle zu eilet, und ſich mit dem Korbe, der
mit ihm einerley Geruch hat, vereiniget.
Hr. Frenzel erfand, ſo wie Palteau in Metz,
Scheiben zu Verſchließung der Stoͤcke und Koͤr-
be, oder verbeſſerte vielmehr die palteauiſchen.
Sie heißt von ihm die frenzeliſche verbeſſerte
Flugſchiene. Sie iſt von Blech, und wird vor
dem Flugloche angebracht, um daſſelbe im
Som-
[414] Sommer groß, zur Taubzeit, d. i. im Fruͤhjah-
re und Herbſte, klein, [und] bey liegendem Schnee
gar zumachen zu koͤnnen. So brachte er auch
Drohnenklappen bey dieſen Flugblechen an, wo-
durch nur Bienen den Ruͤckweg nehmen koͤn-
nen, um dadurch den Arbeitsbienen das Toͤdten
der Drohnen zu erleichtern. Es erſchienen neue
Modelle von Rauchgefaͤßen, Futterkaͤſten und
gewiſſen Staͤben zur Tilgung der Drohnen; in-
gleichen die ſchirmeriſche Rauchkapſel, bey wel-
cher Hr. Riem eine Veraͤnderung am Ventil
eines Blaſebalgs anbrachte.
Man machte Verſuche, durch das Thermome-
ter die innere Temperatur des Stocks und ihre
Verhaͤltniß gegen die aͤuſſere zu finden, um
daraus zu beſtimmen, wie ſie ſich nach der aͤuſ-
ſern richten, und welcher Grad der aͤuſſern Kaͤl-
te erfordert werde, wenn die innere Kaͤlte den
Bienen nachtheilig werden koͤnne. Hr. Prof.
Sprenger findet in ſeiner Einleitung in die
neuere Bienenzucht die Waͤrme eines Stocks 10
reaumuriſche Grade uͤber dem Gefrierpunkte,
wenn die Kaͤlte der aͤuſſern Luft drey Grade un-
ter demſelben iſt; und Hr. Prof. Lipp zu Frey-
burg in Brisgau bemerkte jene ſogar 12 reau-
muriſche Grade uͤber 0, da dieſe 10 Grade un-
ter 0 zeigte. r) Die Verſchiedenheit der Beob-
achtun-
[415] achtungen macht hier wahrſcheinlich die Dich-
tigkeit der Materie, woraus die Bienenwoh-
nungen verfertiget ſind. Holz haͤlt die Kaͤlte
mehr ab, als Stroh. Um der Kaͤlte willen
koͤnnte man alſo ſeine Stoͤcke fuͤglich im Winter
an ihrem gewoͤhnlichen Standorte laſſen, und
die Bienen wuͤrden in ihrer Betaͤubung, wor-
ein ſie die Kaͤlte verſetzt hat, bleiben, ohne an
ihrem Leben Schaden zu leiden. Nur in zwey
Faͤllen kann ihnen ein großer Grad von Kaͤlte
nachtheilig werden, naͤmlich, wenn ſie zu ſchwach
an Volke ſind, und ihre Wohnungen nach Be-
ſchaffenheit der Landesgegenden allzuwenig Dich-
tigkeit oder eine andere uͤble Beſchaffenheit ha-
ben, indem z. B. die Naͤſſe irgendwo hinein-
dringt, die den gewiſſen Untergang der Bienen
verurſachet.
Hr. Prof. Groscurd ſchlug in dem hannoͤve-
riſchen Magazine Mittel vor, zu verhuͤten, daß
die Bienenſtoͤcke nicht in einander fliegen s); und
Hr. Probſt Stieglitz wies die Bienenwirthe an,
die zuſammengeflogenen Schwaͤrme am beſten
zu theilen. t) Ein ungenannter Deutſcher gab
in der [natuͤrlich] wirthſchaftlichen Betrachtung
der Bienen einen Bienenfaſſer zum Auffangen
der
r)
[416] der Schwaͤrme an, welcher brauchbar zu ſeyn
ſcheint. u)
Man ſuchte das Verfuͤhren der Bienen auf
die Weidenbekannter und gemeinnuͤtziger zu ma-
chen, da es bisher ſich nur auf einige Gegenden
einſchraͤnkte. Es war bisher vornaͤmlich in Poh-
len, in der Mark, im Braunſchweigluͤneburgi-
ſchen, wo man ſie haͤufig nach der alten Mark, die
viel Buchweizen bauet, verfuͤhrt. Es machte
ſich vorzuͤglich Hr Spitzner darum verdient; x)
ſein
[417] ſein Vorſchlag beſtehet darinne. Er nimmt zu
jedem Stocke ein viereckig grobes leinenes Tuch
gegen fuͤnf Viertel breit. In jedem Ende deſſel-
ben ſteckt ein hoͤlzerner zugeſpitzter Pflock, wo-
mit er es zuſammen drehet, und an den vier
Seiten des Korbes befeſtiget, auch uͤberdieß ei-
nen Bindfaden herum bindet. Vor die Flug-
loͤcher macht er die engen Schieber, und ſchafft ſie
auf einem ordentlichen Aerndtewagen mit hohen
Leitern fort, welchen er mit ein paar Wagen-
koͤrben ausſetzet. Er fuͤllet dieſe eine halbe Elle
hoch mit Stroh, ſetzt zwey oder drey Koͤrbe
neben einander, und ſtopft immer Stroh dar-
zwiſchen, damit ſie im Fahren nicht wanken.
Auf einem ſolchen Wagen koͤnnen auf dreyßig
Koͤrbe fortgebracht werden. Man packt ſie des
Abends auf, und faͤhrt in der Nacht oder ge-
gen Morgen, nachdem es weit iſt, damit fort.
Sind ſie an Ort und Stelle, ſo ſetzt man ſie in
die angewieſenen Huͤtten, und oͤffnet die Flugloͤ-
cher, laͤßt aber die Tuͤcher daran, bis man ſie
wieder abholt. Der Aufſeher beſorgt die Huͤt-
ten, ſchafft das Noͤthige an, haͤlt Regiſter,
worein er die Zahl der Koͤrbe nebſt eines jeden
Namen ſchreibt, wacht des Nachts dabey,
giebt am Tage Achtung auf die Rauberey, und
verſtreicht die Stoͤcke, welche angefallen wer-
den,
x)
D d
[418] den, oder richtet den Schieber darnach. Nimmt
die Weide ab, ſo muͤſſen ſie bald abgeholt wer-
den, weil ſonſt der ſtaͤrkere den ſchwaͤchern
Stock anfaͤllt.
Hr. Hornboſtel, ehemals Pfarrer zu Doͤvern
in der Grafſchaft Hoya und nachher zu Ham-
burg, machte in eben dem Jahre 1743, da
Thorley in England das Ausſchwitzen des Wach-
ſes an den Bienen entdeckte, auch dieſe eigene
Entdeckung, und beyde machten ſie zu einerley
Zeit bekannt. y) Er bemerkte vornehmlich im
Julius bey den Bienen, daß der Hinterleib zu-
weilen weiß ſey; und dieſes war die Gelegen-
heit, daß er die erſte Erfahrung machte, daß
die Bienen das Wachs unter dem Bauche tra-
gen. z) Er fand vornehmlich zur beſten Nah-
rungszeit unter ihren Schuppen weiße Blaͤtt-
chen. Er fand nach genauern Unterſuchungen,
daß die Bienen das Wachs allemal aus den
ſechs Ringen ſchwitzen, die ſie unter dem Leibe
haben, wenn ſie es noͤthig haͤtten- Er ruͤckte
ſeine Bemerkung in die vermiſchte Hamburgi-
ſche Bibliothek ein, wo er ſich aber unter dem
Na-
[419] Namen Melittophilus Theoſebaſtus verbarg;
er entdeckte ſich nachher, und bekraͤftigte ſeine
Erfindung mit Widerlegung einiger Einwendun-
gen, die ihm vom Hrn. Probſt Stieglitz in Pa-
ſewalk waren gemacht worden. Eben dieſe
Entdeckung machte auch Hr. Prof. Kruͤger in
Helmſtaͤdt. a) Und ſo hat Deutſchland die
Ehre, eine Erfindung in Anſehung der Ent-
ſtehung des Wachſes gemacht zu haben, wor-
nach die Naturforſcher und Oekonomen uͤber
tauſend Jahre ſtrebten; und wenn ſie auch
Thorley zu gleicher Zeit kannte, ſo entziehet die-
ſes doch der deutſchen Erfindung nichts. Es
fließen aus dieſer Entdeckung ſelbſt fuͤr die Oeko-
nomie wichtige Vortheile, welche Hr. D. Kruͤ-
nitz angegeben hat, und die vornehmlich darin-
ne beſtehen, daß man bey der Bienenzucht dar-
auf ſehe, daß ihre Werkſtatt warm ſey, weil
das Wachs ausſchwitzen muß, daß aus dieſe.
Urſache das zu fruͤhe Zeideln nicht rathſam ſeyn
koͤnne, weil zu Ausſchwitzung des Wachſes noth-
wendig auch die aͤuſſere Luft erwaͤrmt ſeyn muß.
Es erhellet daraus, warum zu ſchwache Stoͤcke
nicht gedeihen, da ſie nicht warm genug inwendig
ſind. Sollte ſich hier nicht laſſen dadurch Verbeſ-
ſerung anbringen, daß man mit Anwendung des
D d 2Ther-
[420] Thermometers ihnen von auſſen dieſe Waͤrme
zu geben ſuchte, die ein gutbeſetzter voller Stock
hat, wenn nehmlich nicht noch andere Umſtaͤn-
de die ſchwachen Stoͤcke zu Grunde richteten? wie-
wohl auch da z. B. der zu viele leere Raum der
Behaͤltniſſe, wenn die Stoͤcke ſchwach ſind,
und ſie abſchrecken koͤnnte von dem Baue, leicht
durch Blenden oder Verkleinerungen der Stoͤ-
cke weggeſchaft werden koͤnnten. Ich will
hier nicht erſt das beruͤhren, was ſich daraus
fuͤr die Geſundheit des Wachſes ſelbſt folgern
ließe.
Hr. Wilhelmi zu Diehſa, jetziger Sekretair
der O. L. B. G. machte ſich ſonderlich verdient
um die Beſtimmung des Nachtheils, den der
leere Raum in Bienenſtoͤcken verurſachet. Er
berechnete in den Sammlungen der Oberlauſi-
tzer Bienengeſellſchaft b) den innern Raum der
Bienenſtoͤcke verſchiedener Behaͤlter, zeigte das
Schaͤdliche der zu großen Wohnungen, und daß
unter allen die Klotzbeuten am groͤßten und nach-
theiligſten in dieſer Ruͤckſicht waͤren. Er zeigt,
daß ein allzu großer Raum dieſe arbeitſamen
Inſecten feig und kleinmuͤthig mache, und ſie
im Winter gegen die Kaͤlte nicht genugſam
ſchuͤtze. Er ſchlug daher vor, die Beuten mit
Blenden zu verbeſſern, wodurch die leer geblie-
benen Plaͤtze in denſelben verdeckt wuͤrden, und
ſie
[421] ſie alſo die nachtheiligen Folgen fuͤr die Bienen
nicht haͤtte. c)
Man entdeckte viele nuͤtzliche Kunſtgriffe bey
dem Zeideln. d) Der Hr. Probſt Stieglitz in
Paſewalk ſetzt ſeine Koͤrbe auf einen Tiſch, und
ſtellt indeſſen einen leeren Korb an deſſen Stel-
le, damit die beunruhigten Bienen an ihre alte
Stelle fliegen, und ſo den Zeidler weniger beun-
ruhigen. Hr. Spitzner zu Trebitz ließ ein Ge-
ſtelle bauen, wo ein Korb aufrechts zum be-
ſchneiden einpaßt, und ſchneidet in einer Ent-
fernung von zwoͤlf Schritten von dem Bienen-
ſtande. Hr. Riem laͤßt nicht nur beym Zei-
deln, ſondern bey jeder andern Arbeit den Stock
etwas entfernt von ſeinem Flugorte wegtragen,
und ſo lange die Arbeit dauert, einen leeren
Stock auf die alte Stelle ſetzen, welches der
ſicherſte Weg iſt, jede Arbeit ohne Nachtheil
der Bienen vorzunehmen. Bey den Magazin-
ſtoͤcken iſt man des Ausſchneidens uͤberhoben,
und es bedarf nur eines Auf- und Unterſatzes.
Man hatte in den neuern Zeiten uͤber die in-
nere Einrichtungen der Bienen verſchiedene
Theorien, ſowohl in Anſehung ihrer Regierung
als Zeugung. Man berichtigte aber durch ge-
D d 3naue
[422] naue Beobachtungen gewiſſe angenommene
Grundſaͤtze, und hob gewiſſe Vorurtheile auf.
Was die erſte betrifft, ſo halten einige den Wei-
ſel fuͤr eine unumſchraͤnkte Koͤniginn, die nur
Befehle ertheile, und auf ihrem Throne im
obern Theil des Stocks eine deſpotiſche Herr-
ſchaft fuͤhre. Gleichwohl haͤngt der innere Bau
des Stocks nicht von der Koͤniginn ab, weil
ein junger Ableger bauet und arbeitet, ehe noch
eine Koͤniginn da iſt; eben ſo wenig haͤngt das
Einſammeln des Honigs, die Bebruͤtung, die
Bewahrung und Vertheidigung des Stocks
nicht von der Bienenmutter ab, weil dieſes al-
les die jungen Ableger ohne Koͤnniginn verrich-
ten; ſo haͤngt ferner die Toͤdtung der Dronen
nicht von der Koͤniginn, ſondern von der re-
publicaniſchen Verfaſſung des Bienenſtaats ab,
und eben ſo wenig die Duldung der Dronen bey
einem weiſelloſen Stocke.
In Anſehung ihrer Zeugung hat man ver-
ſchiedene Theorien. Ich uͤbergehe die Fabeln,
da man aus faulenden Stieren Bienen entſte-
hen ließ; ſie herrſchte haͤufig bey den Alten, iſt
aber in neuern Zeiten verſchwunden, da man
die Naturlehre und Naturgeſchichte naͤher un-
terſuchte und ſtudierte.
Eine andere Theorie war diejenige, da man
annahm, die Koͤniginn ſey von unbeſtimmtem
oder maͤnnlichem Geſchlecht, und lege keine Eyer,
die
[423] die Dronen waͤren Maͤnnchen, e) die Arbeits-
bienen aber die Weibchen. Fuͤr dieſe Mey-
nung ſchien ſich vor kurzem noch Hr. Hoͤlſcher
zu beſtimmen, ob er gleich in der Folge davon
abgegangen zu ſeyn ſcheinet. „Ich glaubte ſonſt,
ſagt er, daß der Weiſer das Weibchen ſey, das
alle Eyer zu Bienen und Drohnen ſetze: al-
lein oft wiederholte Bemerkungen lehrten mich
ein anderes. Ich fand in einigen Koͤrben, ſo
ich nach dem Schwaͤrmen hoch beſchnitten, daß
ſie bey dem haͤufigen Volke nicht neue Schei-
ben machten, ſondern an dem geſchnittenen
Werk Weiſerzellen geſetzt hatten. Ich ſahe
in ſolchen nicht ein, ſondern zwey bis drey Eyer
angeſetzt, die aber nicht zum Leben kamen, ſon-
dern abgefreſſen wurden. Dieſes wiederholte
derſelbe Korb einigemal, und in der Folge ſahe
ich, daß er weiſerlos war. Da ich nun allezeit
ſolche Bienen weiſerlos fand, ſo fragt es ſich,
da man immer glaubt, der Weiſer allein ſetze
die Eyer, in den Koͤrben aber war kein Wei-
ſer vorhanden, woher alſo die Eyer? Es
muͤßten alſo die Bienen die Eyer ſetzen, und daß
dieſe nicht junge gebracht, ruͤhre daher, weil
der Weiſer ſie nicht befruchtet.“ Er hielt alſo
den Weiſer fuͤr das Maͤnnchen, und die Bie-
nen fuͤr Weibchen. Allein in der Folge wurde
er auch von der Theorie, daß die Koͤniginn
D d 4weib-
[424] weiblichen Geſchlechts ſey, durch Schwammer-
dam und Reaumur uͤberzeugt. f)
Hr. Steinmetz, welcher phyſikaliſche Unter-
ſuchungen uͤber das Geſchlecht der Bienen an-
ſtellete, will nach ſeiner Schrift vom J. 1780.
vier Arten unter denſelben finden, die er folgen-
dermaßen benennt. Er theilt ſie ein in die Bie-
nenkoͤniginn, Arbeitsbienen, Thronenmaͤnn-
lein und Thronenkaͤmmerlinge.
Er hatte ſchon im J. 1776. ſein Syſtem in
der erſten Lieferung der Riemiſchen Bienenbi-
bliothek bekannt gemacht, und es auf zwey Ge-
ſchlechtstafeln auseinander geſetzt. Er nimmt
daſelbſt auf der erſten an; die Koͤniginn oder
große Bienenmutter begatte ſich mit den Ar-
beitsbienenmaͤnnern, und lege immer maͤnnli-
che Eyer, die den Vaͤtern aͤhnlich ſeyn, und
weibliche, die den Muͤttern gleich ſeyn muͤßten.
Kaͤmen die maͤnnlichen Eyer in groͤßere Zellen,
ſo koͤnnten ſie zu großen Bienenmaͤnnern erwach-
ſen, wenn Keim, Stoff und Anlage zu einem
großen Bienenmann im Eye vorhanden waͤre;
da aber nur kleine Arbeitsbienenmaͤnner erſchie-
nen, muͤßte man annehmen, daß der Keim nur
zu kleinen Arbeitsbienenmaͤnnern vorhanden waͤ-
re; kaͤmen die weiblichen Eyer in große Zellen,
und erhielten ſie angemeſſene Nahrung, ſo muͤß-
ten
[425] ten große Bienenmuͤtter oder Koͤniginnen ent-
ſtehen, im Gegentheil kleine Bienenweiblein
oder Dronenmuͤtter. Die Dronenmuͤtter be-
gatten ſich nach ſeiner Theorie mit Dronen-
maͤnnlein, und legen nichts als Droneneyer,
welche entweder wegen Mangel groͤßerer Zellen
oder durch die Bienenoͤkonomie in kleinere Zel-
len kommen, und ſich nicht ſo entwickeln koͤnnen,
wie es ihre erſte Anlage erforderte; dieſe wuͤr-
den natuͤrliche Dronenvoͤgel, nur nicht ſo groß,
wie ihre Vaͤter; kaͤmen ſie aber in ordentlichen
Dronenzellen, die ihrer Natur und Anlage ge-
maͤß ſind, ſo entſtehen große Dronenvoͤgel, die
auch wahre Maͤnnlein ſind. Die kleinen Dro-
nen nennt er Dronenkaͤmmerlinge. Er ſuchte
dieſes Syſtem, wie ich ſchon oben erinnert ha-
be, im J. 1780 weiter auszufuͤhren, und ge-
gen die gemachten Erinnerungen zu retten, weil
man ihm viel wichtige Einwuͤrfe entgegen ſetzte.
Die jetzt herrſchende und der Erfahrung und
Beobachtungen nach wahre Theorie iſt diejeni-
ge, welche vornaͤmlich durch die Reaumuriſchen
Bemerkungen begruͤndet wurde: Reaumur ſa-
he naͤmlich die Begattung der Dronen mit der
Bienenmutter oder ſogenannten Koͤniginn, wel-
ches auch Hr. Riem beobachtete; und der Ver-
faſſer der Anmerkungen zur Verbeſſerung der
Bienenzucht in Sachſen, welche 1773 erſchie-
nen, beſchreibt dieſe Begattung, welche er auch
bemerkte, ausfuͤhrlich. Neuerlich haben Hr.
Wilhelmi und Vogel dieſe Theorie ausfuͤhrlich
D d 5in
[426] in Schriften beſtaͤtiget. g) Reaumur zeigte in
ſeiner Schrift uͤber die Bienen den doppelten
Eyerſtock der Bienenmuͤtter, obgleich auch
ſchon Schwammerdam denſelben bekannt ge-
macht hatte. Er behauptet alſo, daß der ſo-
nannte Weiſer, oder eigentlicher zu reden, die
Bienenmutter, weiblichen Geſchlechts ſey, daß
die Dronen die wirklichen Maͤnnchen in den
Stoͤcken ſind, und daß ihre Beſtimmung die
Begattung iſt. Er beweiſt dieſes aus der bey
der Section bey ihnen angetroffenen milcharti-
gen Feuchtigkeit und aus den Liebkoſungen der
andern; wie auch dadurch, daß er die Begat-
tung wirklich mit angeſehen; wodurch er den
Schwammerdam wiederlegte, welcher glaubte,
die Koͤniginn werde blos durch die Ausduͤnſtun-
gen der Dronen befruchtet.
Aus dieſen und andern Beobachtungen ent-
ſtunden folgende Grundſaͤtze: Die Koͤniginn
iſt eine vollkommne Mutterbiene, und legt lau-
ter weibliche oder koͤnigliche, und maͤnnliche oder
Droneneyer, davon die erſtern alle zu vollkom-
menen Bienenmuͤttern werden koͤnnen, wenn
ſie noͤthig ſind, im Gegentheil aber alle unvoll-
kommene Bienenmuͤtter oder Arbeitsbienen wer-
den,
[427] den, und daß auch dieſe letztern Eyer legen,
aber blos Droneneyer, welches ſonderlich Hr.
Riem behauptete. h)
Man dachte auch auf die Unterhaltung der
Bienen im Winter, theils um die Huͤlfsmittel,
wodurch ſie befoͤrdert wird, zu vermehren,
theils ſie ganz entbehrlich zu machen. Zu dem
letztern Endzwecke ſuchte man die in England
verſuchte Art, die Bienen in einen Schlum-
mer durchs Vergraben zu bringen, die in
Deutſchland laͤngſt bekannt geweſen, in Deutſch-
land vom neuen wieder auszubreiten. Dem
gewoͤhnlichen Vorgeben nach giebt man dieſes
als eine neue Erfindung der Englaͤnder an, da
doch die Deutſchen es lange kannten, und es
ihnen ſchon Coler in dem vorigen Jahrhunderte
lehrete. Es wurde dieſes ſonderlich naͤher un-
terſucht bey Veranlaſſung der Frage im Leipz.
Intell. Bl. v. 1770. ob die Art, die Bienen
im Winter ſchlafen zu machen, die in England
bekannt geworden, auch im Churkreiſe bekannt
ſey, auf welche 1771. im 8 St. geantwortet
wurde. Im Luͤneburgiſchen, in der Mark,
und auf dem Saͤchſiſchen Flaͤming iſt das Ver-
graben ſeit langer Zeit gewoͤhnlich. i) Allein
die meiſten Bienenvaͤter verwarfen nicht ohne
Grund dieſe Art, da Schimmel und allerhand
andere
[428] andere Nachtheile von Motten und Maͤuſen da-
durch entſtehen koͤnnen, zumal da das Aufbe-
wahren in einem kuͤhlen Gewoͤlbe, wo ſie Nie-
mand aufſtoͤrt, und die Abwechſelung der Luft
ſie nicht treffen kann, den naͤmlichen Vortheil
verſchaffet, wie ſonderlich die Oberlauſitziſche
Bienengeſellſchaft dargethan hat. Dieſe Bie-
nengeſellſchaft unterſuchte auf Veranlaſſung der
Churſaͤchſiſchen Regierung dieſe Mittel, und
gab ſelbſt von dem Erfolg der Sache naͤhere
Nachricht. k) Aus den angeſtellten Erfah-
rungen zog man folgende Regeln: 1) Es darf
das Einſperren nicht zu zeitig geſchehen, ſon-
dern erſt, wenn die kalte Luft anhaltend wird,
in der Mitte des Novembers.
2) Sie duͤrfen an keinen Ort gebracht wer-
den, unter dem geheizt wird, welches ihnen
die Ruhr braͤchte.
3) Es darf keine Sonne an den Ort kom-
men, ſonſt werden ſie unruhig, und fangen
an zu brauſen.
4) Sie muͤſſen nicht zu lange ſtehen, ſon-
dern man muß ihnen, wenn die Witterung zu
Anfang des Maͤrzes gut iſt, Freyheit geben,
weil ſie da ſchon ſtarke Anſtalt zur Brut ma-
chen, und der laͤngere Verſchluß leicht Spat-
ſchwaͤrme verurſacht; auch iſt das zu lange Ein-
ſperren ſchaͤdlich wegen der natuͤrlichen Reini-
gung, und auch, weil leicht die Ruhr entſteht.
5) Es
[429]
5) Es muß endlich jeder wieder an den Ort,
wo er im Herbſte geſtanden, gebracht werden,
weil ſie keinen andern als den alten Flug neh-
men. Gleichwohl iſt nicht zu laͤugnen, daß
auch unter dieſen Bedingungen das Vergraben
vieler Vorſicht beduͤrfe, da nach den Bemer-
kungen des Gelieu bey aller Vorſorge doch die
Ruhr dadurch entſtehen koͤnne, die Bienen oͤf-
ters erſticken, und von Maͤuſen oder andern
ſchaͤdlichen Thieren und Inſecten die Stoͤcke zu
Grunde gerichtet werden. Es iſt daher um
deſto weniger allgemein anzurathen, je mehr
ſich beſtaͤtiget, daß ein kaltes Behaͤltniß l) eben
daſſelbe wirke, nur muß es gehoͤrige Luft haben,
und nicht feucht ſeyn. An vielen Orten gehet
es gar nicht. Iſt z. B. der Boden nicht ſan-
dig, ſondern das Erdreich naß und quellen-
reich, ſo iſt das Vergraben durchaus abzura-
then. Die Vernachlaͤßigung der angefuͤhrten
Regeln und Umſtaͤnde iſt unſtreitig die Urſa-
che, daß ſo viel Verſuche mißlungen, da hinge-
gen andere bey mehrerer Aufmerkſamkeit gluͤck-
ten. Hr. Eyrich war mit dem Vergraben nicht
gluͤcklich, da es hingegen dem Hrn. Paſtor
Oberbeck unter den noͤthigen Vorſichtsregeln
gluͤckte. m) Nach dem Hrn. Kruͤnitz n) fielen
die
[430] die erſten Verſuche im Fraͤnkiſchen gluͤcklich, im
Luͤneburgiſchen hingegen ſchlecht aus. In dem
Fraͤnkiſchen hatte ein ſchlechter Bienenſtock, wel-
cher 15 Pfund mit Korb und Bret wog, als
er in die Erde vergraben wurde, nach 99 Ta-
gen, da er im Keller geſtanden, 1 Pfund ab-
genommen; er war friſch und munter, und das
Gewirk hatte keinen Schimmel. Im Hannoͤ-
veriſchen wurden am Ende des J. 1768. zwey
der leichteſten Koͤrbe, welche etwa 20 bis 22
Pfund ſchwer waren, deren Honigvorrath man
auf 10 bis 12 Pfund ſchaͤtzte, vergraben, wo-
bey man die Regeln des Hrn. Weſtphals in
den Zelliſchen landwirthſchaftlichen Nachrich-
ten beobachtete. Man grub ſie an einen hohen
trocknen und ſandigen Ort ein, ſo daß das Loch
einen halben Fuß tiefer als der Bienenkorb hoch
war, man legte unten auf dem Boden Stroh,
ſetzte die Koͤrbe mit verſtopftem Flugloche dar-
auf; und belegte es uͤberall mit Stroh. Man
bedeckte ſie hierauf mit 1 Fuß hoher Erde, da-
mit ein Huͤgel entſtand, daß das Waſſer ab-
lief. Die Koͤrbe waren uͤber die Haͤlfte leer,
und mußten ausgefuͤllet werden. Man that
dieſes bey dem einen mit Heu, bey dem andern
mit Hopfen.
In dem erſtern waren bey dem Ausgraben
im Maͤrz alle Bienen todt, und der Vorrath
aufgezehrt. In dem andern war nur ein Theil
derſelben todt. Wahrſcheinlich hatte das Heu
die Waͤrme vermehrt, daß die Bienen erwach-
ten,
[431] ten, ihren Vorrath ununterbrochen aufzehrten,
und nun umkamen. Ueberhaupt iſt es wahr-
ſcheinlich, daß das Stroh, Heu und andere
dergleichen Dinge, womit man die Stoͤcke um-
legt, mehr Feuchtigkeiten an ſich ziehe, oder
auch zu ſehr erwaͤrme, und dadurch dem Zwe-
cke mehr entgegen ſey, und den Bienen ſchade.
Daher es beſſer ſcheint, ſie frey in die Erde zu
ſetzen, ohne ſie mit Stroh zu umlegen.
Ein anderer Verſuch eines Mitglieds der
Fraͤnkiſchen Bienengeſellſchaft verungluͤckte eben-
falls. Drey vergrabene Bienenſtoͤcke grub man
aufgezehrt aus, und die Bienen waren todt.
Auch in Sachſen machte man neuerlich Verſu-
che mit dem Vergraben. Hr. Neidhart ſuchte
durch Verſuche den Werth des Vergrabens in
die Erde und des Einſetzens in kalte Kammern
gegen einander zu beſtimmen. Er vergrub da-
her 1772 am 28 Nov. einen Stock von zwey
Koͤrben. Er wog 31 Pfund. Er ſetzte ihn
in ein Faß, ſchuͤttete unten einen Fuß hoch Er-
de, ſetzte den Stock darauf, uͤberſchuͤttete ihn
bis etwa zwey Spannen hoch mit trockner Er-
de; ſtellte dieſes Faß in dem Eingang ſeines
Kellers, und ließ es bis zum 22 Febr. 1773.
ſtehen. Einen andern Bienenſtamm von 17
und ½ Pfund ſetzte er den 22 Dec. 1772 blos
in ein Faß in eine kalte Stube, deckte den De-
ckel darauf, verſtopfte den Spund, und ließ den
Stamm ſo im Dunkeln bis zum 22 Febr. 1773.
Den erſten fand er beym Abwiegen nach dem
Her-
[432] Herausnehmen 30 ½ Pfund ſchwer. Er rech-
net 1 Pfund auf den angelegten Schimmel, den
man fand, und alſo hatte ſich der Stock binnen
der Zeit auf 1 und ½ Pf. abgezehrt; ſie waren
nicht ſo munter, wie die auf dem Stande ge-
bliebenen, noch auch wie die, deren Stock blos
im dunkeln Faſſe ohne Erde in der kalten Stu-
be geſtanden, und auf dem Brete fanden ſich
an 300 Todte. Der andere Stamm, der blos
im dunkeln Faſſe ohne Erde und in der kalten
Stube geſtanden, wog, da er ihn aus dem
Faſſe nahm, 15 Pf. er hatte alſo in zwey Mo-
naten 2 und ½ Pf. abgenommen, und auf
dem Brete waren an 800 todte Bienen, die
uͤbrigen aber flogen munterer als als bey dem er-
ſten. Endlich wog er auch einen Stamm, der
auf dem Stande geblieben, der an Gewicht
und Staͤrke jenen faſt gleich war. Er fand die-
ſen vom November 1772 bis den 22 Febr.
1773 um 4½ Pf. leichter.
Hr. Neidhart fand ferner, daß Staͤmme,
die mit Flachsbollen bedeckt waren, mehr zehr-
ten, als die mit Erde uͤberſchuͤtteten. Hr. Ey-
rich bemerkte, daß ein in den Heuſtock begra-
bener Bienenſtamm in 36 Tagen 4½ Pf. gezeh-
ret, da ein in die Erde vergrabener in 99 Ta-
gen nur um 1 Pf. abgenommen. Aus dieſen
Verſuchen und Beobachtungen flieſſen folgende
Regeln, theils zur Beſtimmung des eigentli-
chen Werths des Vergrabens, theils zu dem
kluͤglichen Verfahren bey demſelben, daß die
Bie-
[433] Bienen unter der Erde ſich wirklich erhalten,
und nicht erſticken, auch nicht ſo viel zehren,
als in gelinden Wintern und bey veraͤnderlichem
Wetter uͤber der Erde; nur muͤſſen ſie nicht
durch Stoßen und Erſchuͤtterungen oder zu oͤf-
ters Nachſehen beunruhiget, noch auch mit Din-
gen, die leicht und ſehr hitzen, bedeckt werden.
Man kann ſie theils in die freye Erde vergra-
ben, theils aber auch in einem Faſſe mit Erde
ausgefuͤllt und bedeckt aufbehalten. Da aber
Hr. Neidhart von 14 in die Erde vergrabenen
Staͤmmen nur 2 lebendig wieder heraus bekam,
ſo iſt es in Faͤſſern ſicherer, als in der freyen
Erde, wegen der Feuchtigkeiten und der zu
fuͤrchtenden Waſſeradern. Man muß nicht ſol-
che Bienen vergraben, die zu wenig Vorrath
haben, weil noch nicht ausgemacht iſt, daß ſie
in der Erde gar nicht zehrten; wenigſtens muͤſ-
ſen ſie ſo viel haben, daß ſie, bis ſie zur Ruhe
kommen, zehren koͤnnen; allein ihnen Nah-
rung unter den Korb zu ſtellen, macht ſie zu
lange unruhig, weil es ſie immer von ihren Ru-
heplaͤtzen herab zu dem Orte der Nahrung reizt.
Die Staͤmme zehren nicht ſo viel, wenn ſie ganz
mit Erde uͤberſchuͤttet ſind, als wenn ſie zwi-
ſchen Pfaͤhlen, die mit einem Brete bedeckt ſind,
hohl ſtehen, weil da die Luft eher veraͤndert wer-
den kann. Eben dieſes iſt auch der Grund,
warum die in dunkle kalte Kammern eingeſetzten
und die auf dem Stande bleibenden mehr zeh-
ren, als die in der Erde vergrabenen. Die
E eBie-
[434] Bienen, die im Winter in kalten Kammern
oder auf dem Bienenſtande geblieben, ſind im
Fruͤhjahre munterer, als die vergrabenen, wel-
ches unſtreitig von der beſſern Luft, die ſie um-
gab, herruͤhrt. Bey den vergrabenen Bienen
koͤnnen die Maden leichter die Oberhand gewin-
nen, als bey den im Freyen geſtandenen, wo die
Kaͤlte die Maden nicht aufkommen laͤßt, und
haͤufig ihre Eyer verderbt. Auſſerdem koͤnnen
die Feuchtigkeiten der Erde bey dem Vergraben
den Bienen leicht nachtheiligen Schimmel ver-
urſachen, und gar toͤdtlich werden. Das gaͤnz-
liche Austrocknen der Erde an der Sonne oder
am Ofen vorher anzurathen, waͤre eine etwas
muͤhſame Arbeit. Ueberhaupt koͤmmt es bey
einem ſolchen Mittel, daß das Zehren der Bie-
nen im Winter verhindern, oder doch ſo ſehr
als moͤglich verringern ſoll, darauf an, daß man
die Bienen durch eine beſtaͤndig kalte, jedoch ge-
ſunde und reine Luft in ſtetem Schlummer er-
halte, die Abwechſelung der aͤuſſerlichen Luft
und alles Getoͤſe ausſchließe, damit ſie nicht er-
wachen. Daher ſcheint die Behandlung des
Hrn. Kreiſig in Eilenburg beſſer als das Ver-
graben zu ſeyn, welche dahero auch hier in einer
pragmatiſchen Geſchichte angefuͤhrt zu werden
verdient. o) Er ſtopfte einen, nur bis zur
Haͤlfte herunter bebaueten, ſtehenden Korb mit
trocknen leinenen Tuͤchern bis herunter feſt aus,
ſetzte ihn auf ein dazu verfertigtes etwas groͤße-
res
[435] res Bret als die Peripherie des Korbes war,
ſchmierte nicht allein den Korb auf das Stand-
bret an, ſondern auch die Flugloͤcher feſt mit
gutem Lehm zu. Ja, er ſtuͤrzte noch ein tuͤch-
tiges Faß daruͤber, woraus der eine Boden ge-
nommen war, und ſchmierte es ebenfalls feſt
an. Den 26. Nov. 1772 ward dieſer ſo feſt
als moͤglich verfertigte, und voͤllig verklebte Bie-
nenkorb in das Kaͤmmerchen ſeiner Gartenſtube
eine Treppe hoch geſetzt, welches kaum 1 ½ Ellen
ins Gevierte weit war, und welches voͤllig ver-
finſtert und hernach verſchloſſen ward. Den
28 Febr. 1773 brachte er ihn bey damals ein-
getroffenen ſchoͤnen Witterung, wieder an ſeine
alte Stelle im Bienenhauſe, nachdem er weder
vorher, noch bey Abnehmung des Faſſes, noch
auch bey einem ziemlichen Stoße, den gering-
ſten Laut gehoͤrt hatte. Er packte hierauf die
Lappen wieder aus, eroͤffnete das Flugloch, und
ſah, daß dieſer Korb ſich faſt munterer als ſei-
ne uͤbrigen zeigte. p) Das Vortheilhafteſte
dabey war: 1) daß dieſer Korb den 28 Febr.
noch ſo ſchwer war, als den 26 Novemb. des
vorigen Jahres, welches er, ſo gut er konnte,
E e 2mit
[436] mit einer Cylinderwage unterſuchte; 2) daß
er wenig und lange nicht ſo viel Todte hatte, als
die uͤbrigen Koͤrbe; und 3) daß das Gebaͤude
deſſelben recht ſehr gut und unbeſchlagen geblie-
ben war. q)
Man ſuchte das Zehren der Bienen im Win-
ter auch noch auf eine andere Art zu hindern,
nehmlich indem man ſie durch gewiſſe Dinge in
einen kuͤnſtlichen Schlaf zu bringen ſuchte.
Man ſchlug verſchiedene Mittel deshalb vor.
Hr. Schuͤtz aus Luͤneburg gab die Wurzel der
Erd-
[437] Erdnuͤſſe zum Einſchlaͤfern der Bienen an, r)
und legte dieſes Mittel der Oberlauſitzer Bie-
nengeſellſchaft vor. s) Es wurde durch den
Mercure de France auch auswaͤrts bekannt;
allein die Nachrichten von den Verſuchen aus
Frankreich und Deutſchland ſind nicht guͤnſtig,
wie die angefuͤhrten Beyſpiele in der Riemiſchen
Bienenbibliothek lehren. t) Nach dieſem Vor-
ſchlage ſollten ſie bis in den May ſchlafen. Al-
lein ſodann koͤnnen ſie kaum um Jacobi den
Vorſchwarm bringen, und wie wird es als-
denn um den Nachſchwarm ſtehen? Wenn ſol-
len ſie genug Honig und Wachs eintragen, um
genugſame Ausbeute zu geben?
Unter den vorgeſchlagenen Huͤlfsmitteln zur
Winterfuͤtterung, die die deutſchen Bienenwir-
the ſtatt des Honigs, welcher das gewoͤhnliche
und ihnen gleichſam von der Natur angewieſene
E e 3Win-
[438] Winterfutter iſt, angaben, waren vornehmlich
folgende: abgeſottener und geſchaͤumter Zucker,
ſuͤſſes ungehopftes Bier, Syrup, der ihnen
aber ſchaͤdlich iſt, und den ſie gar nicht anneh-
men, Rahm von ſuͤſſer Milch, Wacholderſaft,
Ruͤbenſaft, Pflaumenſaft, Maulbeerſaft, Bir-
kenſaft, Moͤhrenſaft, mit welchem man, wie
mit dem Syrup, fruchtloſe und koſtbare Ver-
ſuche angeſtellt. Man verſuchte auch nach dem
Vorſchlage des Hrn. Pf. Kalms klar geriebe-
nes Kuͤchenſalz, und andere vegetabiliſche Sal-
ze. Zucker allein und lange zur Fuͤtterung ge-
braucht, iſt voͤllig ungeſund und ſchaͤdlich, weil
die kalkiche Lauge, die ihm feſt macht, ihre
Eingeweide zernagt, und eine Schaͤrfe verur-
ſacht. Indeß kann man doch dieſe Art zu fuͤt-
tern dadurch verbeſſern, daß man Hamburger
Zucker ſtatt des Berliner nimmt, und zwar auf
2 Pf. 1 Dresdner Kanne Waſſer, laͤßt es ¼
Stunde aufſieden, nimmt den Schaum ab, und
thut das Weiſſe von einem friſchen Ey hinein,
welches den Kalk an ſich zieht. Zwey Pfund
ſolchen Zuckers geben 2 Kannen Bienenfutter.
Einige thun woͤchentlich 1 Loͤffel guten ſpa-
niſchen Wein in die Fuͤtterung, andere thun
Fenchel hinein, wodurch die Bienen noch mehr
angereizt worden. Der Cammerherr von Ro-
dewitz vermuthet nicht ohne Grund, daß man
weißen Zuckercandi noch ſicherer brauchen koͤnne,
weil ihm die vielen ſchaͤdlichen kalkartigen Thei-
le fehlen. Hr. Schlacht erhielt ſeine Bienen
mit
[439] mit Thomaszucker, den er gehoͤrig geſotten und
abgeſchaͤumt hatte.
Noch andere riethen ausgetrocknete Feigen,
zerſtoßen und mit Waſſer vermengt, ingleichen
Roſinwaſſer und Weinmoſt, welches aber zu
koſtbar iſt. In Pommern u) fuͤttert man mit
einem guten ſuͤßen Braunbier, das man auf ei-
nen Teller einen Strohhalm hoch gießt, 2 Koffee-
loͤffel guten reinen Branntwein, und ein wenig
reinen oder Jungferhonig darunter miſcht, die-
ſes aber mit Stroh uͤberdeckt, daß die Bienen
nicht hinein fallen, ſondern es nur ſaugen koͤn-
nen. In Sachſen x) verſuchte man auch die
in Pohlen und Ungarn gewoͤhnliche Brodfuͤtte-
rung; welche aus einem halben Pfund Zucker,
dem feinſten Weizenmehl und einem Zuſatz von
guten Weißhefen, welchen man vorher durch
zugegoſſenes Waſſer, das man nach genugſa-
mem Herumruͤhren wieder abgießt, die Bitter-
keit benommen hat, bereitet wird. Allein
wenn man zu dergleichen erkuͤnſtelten Fuͤtterun-
gen genoͤthigt iſt, aus Honigmangel, ſo er-
folgt der Erfahrung nach auf ſolche Hungerjah-
re meiſt Krankheit oder gar Sterben.
Die beſte Nothfuͤtterung iſt noch der kuͤnſtli-
che Honig, welchen Hr. Neidhardt aus Bir-
nen zuerſt bereitete. Er nimmt hierzu die be-
E e 4ſten
[440] ſten Birnen, z. B. die, die man Zuckerbirnen
nennt, laͤßt ſie vor dem Keltern 8 Tage in einer
luftigen Stube liegen, daß ſie alle Rauhheit
ablegen, kocht ſodann den Moſt in einem neuen
glaßirten irdenen Topfe an einem gelinden Feu-
er, und ſchaumt denſelbigen beſtaͤndig ab, bis
der Saft voͤllig rein und hell iſt. Iſt der Moſt
bis zur Haͤlfte eingekocht, ſo thut er denſelbigen
in ein kleineres Gefaͤß, und kocht ihn wieder,
bis ohngefaͤhr noch das Drittheil vorhanden,
und der Saft einem duͤnnen Honig gleich iſt;
hierauf verwahrt er ihn nach einiger Abkuͤhlung
in neuen irdenen, ſteinernen oder glaͤſernen Ge-
faͤßen, welche feſt verbunden ſind, an einem
kuͤhlen Orte. y) Die Fuͤtterung mit gutem Ho-
nig iſt bekannt und ſehr gewoͤhnlich, indem
man ihnen bey dem Schneiden einen gewiſſen
Antheil laͤßt. Hr. Schirach empfiehlt auch ge-
ſottenen Thomas- und Farinzucker. Hr. Leh-
mann zu Meiſſen erfand die Zubereitung des ro-
hen Zuckers zu einer Bienenfuͤtterung, indem
er denſelben ſott; er ſchlaͤgt den Farinzucker
vornehmlich vor. Hr. Reich den eingekochten
Saft von Birnen. z) Auch Hr. Martini that
hierzu verſchiedene auf Erfahrung gegruͤndete
Vorſchlaͤge, wie dem traurigen Umkommen
der Bienen im Winter und in einem naͤßlichen
Fruͤhjahre, wie auch den großen Unkoſten bey
vieler
[441] vieler Winterfuͤtterung vorzubeugen ſey. a) Er
giebt darinne viele vorzuͤgliche Regeln, die
bey der Wartung und Fuͤtterung der Bienen
im Winter in Acht zu nehmen ſind. Man
ſchlug beſondere Gefaͤße vor, den Bienen das
Futter zu reichen. b)
Einige waͤhlten duͤnne durchloͤcherte Bret-
chen, und belegten damit den Honig; andere
nahmen blecherne mit durchloͤcherten Deckeln be-
legte Gefaͤße, worein ſie den Futterhonig tha-
ten. Manche ſchlugen kleine laͤngliche Troͤge
vor, die man durch ein eingeſaͤgtes Loch in das
Beutenbret hinein und herausſchieben kann.
Andere brauchten dazu ein an den Beutenbre-
ten als einen Schieber angebrachtes Blech von
der Palteauiſchen Scheibe, die man auf- und
zumachen kann. Sie verwechſeln in der Fuͤtte-
rungszeit die Beutenbreter, damit der Schie-
ber gleich unter das Neſt komme, und ſchnei-
den indeß ein kleines Flugloch hinein, jenes aber
machen ſie indeß mit einer Scheibe zu. Der
Badendurlachiſche Bienenvater, der Hr. G.
R. Reinhart, ſchlaͤgt einen ſehr nuͤtzlichen Fut-
terteller vor. c)
E e 5Kor-
[442]
Korſemke in Bayern ließ die Bodenbreter,
worauf die Koͤrbe und Kaͤſten ſtehen, welche auch
in den Stoͤcken eingeſchoben werden, mit zwey
Futtertroͤgen verſehen. Ein Mitglied der pa-
triotiſchen Geſellſchaft in Schleſien misbilligte
die Art, das Futter in Gefaͤßen in den Stock
zu ſtellen, weil die Bienen in der Kaͤlte ſehr un-
gern ihr Neſt verlaſſen, weil ſie, wenn ſie da-
zu gezwungen ſind, leicht fuͤr Froſt erſtarren.
Er ſchlaͤgt daher vor, immer leere Wachsta-
feln bereit zu haben, dieſe mit dem Futterhonig
zu fuͤllen, und ſie oben an die Stelle der aus-
geſchnittenen Tafeln, den hinterſten leeren
Blaͤttern oder dem ſogenannten Neſt, worinne
die Bienen im Winter wohnen, ſo nahe als
moͤglich zu ſtellen. Eben derſelbe erhielt die
Bienen in einem rauhen Fruͤhjahre durch die
Wachshaut, die ſich bey dem Ausſieden der
Honigtafeln oben aufſetzt, auf welche er bey
dem Gebrauche heißes Waſſer goß. d) Man
machte Verſuche durch das Gewicht der Bie-
nenſtoͤcke zu verſchiedenen Zeiten den Grad der
Zehrung zu beſtimmen. e) Sonderlich mach-
te ſich um dieſe Unterſuchungen der Hr. Abt
Wolfgang im Benediktinerkloſter zu Gleinck in
Ober-
[443] Oberoͤſterreich verdient. f) Er ſetzte ſie blos
in finſtere Gewoͤlber ein, ohne ſie zu vergraben.
Man ſuchte durch die Verbindung ſchwacher
und leichter Stoͤcke mit ſtarken und ſchweren je-
ne dem Untergange vor Hunger im Winter zu
entreißen. Um dieſen Punkt machte ſich vor-
naͤmlich Hr. Schirach verdient. Sein Ver-
fahren dabey war folgendes; da es gut gethan
iſt, wenn man im Herbſte zwey Schwaͤrme
zuſammenjagen will, daß man die neuen Gaͤſte,
die zu einem andern Volke gehen und willig
aufgenommen werden ſollen, mit Honigwaſſer
beſprenget, ſo nahm er einen vollen Stock und
legte einen ſchwachen an deſſen Stelle; den Au-
genblick aber, indem die Bienen in dem ſchwa-
chen Stock ankamen, nahm er ein Brettchen,
ſtellte ſich vor das Flugloch, und beſpritzte da-
mit alle neuankommende Bienen, da ſie denn
von den ſchwachen willig aufgenommen und
nicht eine erbiſſen worden. Weil ihm aber die-
ſes endlich beſchwerlich ward, eine Stunde und
noch laͤnger vor dem Flugloche zu ſtehen, und
zu ſpritzen, ſo ſann er auf ein bequemeres Mit-
tel. Die Erfindung mit dem betaͤubenden Bo-
viſt brachte ihn auf die Gedanken, eine Witte-
rung durch den Rauch ausfindig zu machen,
welche dieſe Vereinigung erleichterte. Er nahm
Kohlen, und legte auf dieſelben bloß trocknen,
im Fruͤhjahre geſammelten Rindermiſt, der von
den
[444] den Blumen einen ziemlich aromatiſchen Geruch
behalten hatte. Sobald er alſo durch ſeine Leu-
te die Stoͤcke verwechſelt hatte, machte er ge-
ſchwind den ſchwachen, den er verſtaͤrken wollte,
auf, jagte in denſelben recht ſehr viel derglei-
chen Rauch, daß ſie gleichſam betaͤubet wurden,
und ganz voll dieſes Geruchs waren. Sodann
ſtellte er ſich mit ſeinem recht ſtark dampfenden
Rauchtopfe vor den zu verſtaͤrkenden Stock,
und ließ die neu ankommenden Bienen durch
dieſen Rauch hindurchfliegen. Er ſparete die-
ſen wohlriechenden Rauch gar nicht, damit durch
dieſe kleine Muͤhe kein Streit entſtaͤnde. Woll-
te er nun recht viel Volk haben, ſo ließ er je-
manden die Schildwache des alten Stocks eine
Zeit lang abkehren. Dieſe Operation nahm er
allemal Nachmittags um 3 oder 4 Uhr vor, da-
mit ſie des Nachts eher ruhiger wuͤrden. Auch
nicht eine einzige wurde erbiſſen, ob ſie gleich
hin und her aus dem vollen in den ſchwachen,
und einige aus dem ſchwachen in den vollen
Stock flogen. Jedoch bemerkte er, daß die in
dem ſchwachen, bald nach erhaltenem Rauche,
ſich in einen Klumpen zuſammenzogen, in deſſen
Mitte ſie die Koͤniginn haben mogten. Nach
der Zeit verſuchte er es, und legte auch die Bluͤ-
the des wohlriechenden Geisbarts (Caprago),
der auf allen Wieſen im Jul. und Auguſt waͤchſt,
zu dieſem Rindermiſt, und es gelung ihm vor-
trefflich.
Ich
[445]
Ich kann nicht umhin, hier die Hauptver-
dienſte einiger Bienenverſtaͤndigen und Gelehr-
ten beſonders zu ſammeln, um ſie auf einmal zu
uͤberſehen. Es zeichnen ſich vor andern aus die
Hrn. Schirach und Riem. Ich verkenne die Ver-
dienſte der uͤbrigen nicht, allein ſie verbreiten ſich
nur nicht ſo uͤber das Ganze. Hr. Schirach beſtaͤ-
tigte das Ausſchwitzen des Wachſes von den Bie-
nen, gegen diejenigen, welche behaupteten, ſie naͤh-
men es von dem Blumenſtaube. Dieſe Theorie
wird in unſern Zeiten immer mehr beſtaͤtiget, ob-
gleich die Hrn. Koͤhlreuter und Medikus dieſelbige
verwerfen, und behaupten, im Blumenſtaube
ſey das Oel oder Wachs befindlich. g) Er
zeigte zuerſt, ob er gleich die Veranlaſſung dazu
von alten Bienenvaͤtern entlehnte, die Art, Wei-
ſel zu ziehen, eine fuͤr die Bienenzucht ſo wichtige
Entdeckung. Er lieferte einen guten Bienenca-
lender in ſeinem bayeriſchen Bienenmeiſter. Er
machte die Kunſt, Ableger zu machen, zuerſt im
Jahre 1761 in ſeiner oberlauſitzer Bienenver-
mehrung bekannt; und ſchon dieſes iſt Verdienſt,
wenn man auch ihm die Erfindung mit Hrn.
Riem abſprechen wollte, wiewohl man hierzu
nicht genugſame Gruͤnde hat. Zwar iſt nicht
zu laͤugnen, daß ſie in der Oberlauſitz, Krain
und Griechenland, auch bey den roͤmiſchen Land-
wirthen laͤngſt gewoͤhnlich geweſen, und man ſie
wenigſtens ſchon ſeit vielen Jahren in der Graf-
ſchaft
[446] ſchaft Lingen gekannt; allein ſeine Behandlungs-
art und die Methode, ſie zu machen, iſt doch
neu. Das Weſentlichſte aus ſeinen vielen Bie-
nenſchriften, die ſeit 1761 erſchienen, findet man
in einem Auszuge im leipziger Intelligenzblatt. h)
Er hat nachher die Ablegungskunſt auf verſchie-
dene Arten verbeſſert, und dieſes giebt ihm hier-
inne ein noch groͤßer Verdienſt. Er zeigt in
der angefuͤhrten Abhandlung, wie man mit ge-
wiſſen ſchicklichen Kaͤſtchen Schwaͤrme in den
Wohnſtuben erhalte; doch da ich ſie ſchon aus-
fuͤhrlich beſchrieben habe, ſo uͤbergehe ich ſie
hier. Er verbeſſerte die Brutkaͤſten, i) erfand
ein Weiſelhaͤuschen, k) und machte ſich durch
verſchiedene andere angefuͤhrte vorzuͤgliche Ent-
deckungen verdient. l) Ich will nicht ſeine uͤbri-
gen Verdienſte um die Fuͤtterung, um die Be-
richtigung der Theorie der Ableger, um die
Waldbienenzucht erwaͤhnen. Seine Schriften
ſelbſt werden wir in der Folge in der Litterarge-
ſchichte der Bienenzucht kennen lernen. Herr
Riem wiederholte die wichtigſten Verſuche der
Bienenforſcher eines Reaumur und Schirachs.
Er zeigte gegen Reaumur, daß die Koͤniginn
die drey Sorten von Eyern ohne Unterſchied
in
[447] in gemeine Zellen lege, und die Arbeitsbienen
jede Art von Eyern in die gehoͤrigen Zellen tra-
gen, und glaubt, daß Hr. Schirach hierdurch
verleitet worden, zu glauben, daß aus gemeinen
Bienenwuͤrmern Koͤniginnen wuͤrden. Er be-
obachtet die Begattung der Koͤniginn mit den
Dronen, und beſtaͤtigte Reaumurs Bemerkun-
gen. Er ſahe unter den Ringen der Arbeits-
bienen die Wachsmaterie hervorkommen, und
glaubt, daß ſie von innen ausſchwitze, und da-
mit die Zellen bauen. Er verſichert, daß ſich
die Eyer in den Zellen viele Monate hindurch
halten, welches gegen das Bienentoͤdten zu be-
merken iſt. Er entdeckte, daß die Arbeitsbie-
nen das Vorwachs von Fichten und Tannen
ſammeln. m) Er will ſogar entdeckt haben,
daß ſich die Eyer im Ablegerkaͤſtchen vermehrt
haͤtten, ohne daß man irgendwo eine Koͤniginn
entdecken koͤnnte, und glaubt daher, daß auch
die Arbeitsbienen im Nothfalle Eyer legten.
Eine Erfahrung, die, wenn ſie ganz ſicher iſt,
und ſich Hr. Riem nicht etwa geirret, die The-
orie von dem weiblichen Geſchlecht der Arbeits-
bienen zu beguͤnſtigen ſchiene. Da die Verſu-
che ſo wichtig ſind, ſo will ich hier den vorzuͤglich-
ſten anfuͤhren. n) Er hatte alle Eyer und Wuͤr-
mer aus einem Kuchen weggenommen, und ihn
nach der Manier des Hrn. Schirachs einge-
ſchloſſen.
[448] ſchloſſen. Er hatte dieſen kleinen Stock mit
Honig verſehen, und eine gewiſſe Anzahl Ar-
beitsbienen hineingethan. Den erſten und den
andern Tag arbeiteten die Bienen fleißig. Ge-
gen den Abend des zweyten Tages unterſuchte
er aufmerkſam das Innere des Stocks: er ver-
ſichert, daß ſich keine andre, als Arbeitsbienen
darin befunden haben, und welches das Wun-
derbarſte iſt, ſo waren mehr als 300 Eyer in
den Zellen.
Er ſchaffte aus einem Kuchen, den er ein-
ſchloß, alle Eyer hinweg, durchſuchte aufs neue
alle Bienen, und that ſie mit dieſem Kuchen in
eben das Kaͤſtchen. Der Bienen waren eine
kleine Anzahl. Sie flogen auf Futter aus, und
kamen mit Hoͤſeln wieder zuruͤck. Der Beob-
achter ſagt hieruͤber: er habe zu wiederholten
malen genau Achtung gegeben, damit er ſaͤhe,
ob irgend eine Biene mit Eyern in das Kaͤſtchen
hinein kroͤche, allein er habe nichts dergleichen
entdecken koͤnnen. Nachdem er hernach das
Kaͤſtchen geoͤffnet und den Kuchen ſorgfaͤltig
durchſucht hatte, fand er abermals bis auf die
100 Eyer darinnen. Er uͤberließ hierauf die
Bienen ihrem eigenen Willen, und fand, daß
ſie zweymal einige Wuͤrmer in koͤniglichen ganz
neuerbauten Zellen bebruͤtet, und die uͤbrigen
Eyer, ohne ſie anzuruͤhren, liegen laſſen. Um
den Einwendungen zu entgehen, als haͤtten frem-
de Bienen Eyer hineingebracht, nahm er zwey
Kuchen, wo weder Eyer noch Wuͤrmer darin-
ne
[449] ne waren, und ſchloß ſie mit einer gewiſſen An-
zahl Arbeitsbienen ein. Er verſchloß den Ein-
gang des Kaͤſtchens mit einem durchloͤcherten
Schieber, und trug es in eine Stube, wo er es
uͤber Nacht ließ. Dieſes geſchah im October.
Am Abend des folgenden Tages fand er bey Er-
oͤffnung des Kaͤſtchens in dem einen viel Eyer
und den Anfang zu einer koͤniglichen Zelle, in
welcher aber weder Wurm noch Ey war.
Herr Riem erfand eine beſondere Art von
Koͤrben, die er Halbkoͤrbe und Kaͤſten nennt,
wiewohl ſie auch unter dem Namen der pfaͤlzi-
ſchen Halbkaͤſten bekannt ſind; auch verbeſſerte er
die Methode des Hrn. Gelieu durch die vertheilten
Lagerkaͤſten. o) Seine Halbkaͤſten beſchreibt er in
den Fundamentalgeſetzen zur perennirenden Bie-
nenpflege, p) welche er nachher verbeſſert und auf
andere Art eingerichtet hat, als in den obigen
Fundamentalgeſetzen angegeben worden. q) Er
ſuchte die Magazinbienenzucht in zuſammenge-
ſetzten Halbkoͤrben zu verbreiten. Es ſtanden
ihm in einigen Gegenden, wo man die Bienen
auf die Weide fuͤhrte, große Hinderniſſe dabey
entgegen; allein er zeigte, wie man nicht
befuͤrchten duͤrfe, daß zuſammengeſetzte Ringe
nicht nach der Heide zu bringen waͤren, indem
man
F f
[450] man ſie von außen mit Weiden zuſammenheften
koͤnnte, und inwendig ſie die Bienen ſchon ſelbſt
feſt zuſammen verkuͤtteten. r) Er ertheilte in
der Bienenzucht Unterricht. Er that dieſes
ſowohl in den Gegenden der Landguͤter des Hrn.
Grafen Reuß, als auch bey Berlin. s) Er fuͤhrte
als Weiſelkaͤſtchen die ſogenannten kleinen Pil-
lenſchachteln ein, indem er in den Deckel einige
Ritze machte, wodurch die Bienen ſie fuͤttern
koͤnnten, um dadurch dieſe vortheilhafte Erfin-
dung ſo viel moͤglich zu erleichtern. Er unter-
nahm Reiſen wegen der Waldbienenzucht. t)
Er bemuͤhete ſich, die Neuern zu widerlegen,
welche aus dem Blumenſtaube oder Pappeln
Wachs nach Art der Bienen ziehen wollen. Er
ſuchte dieſes vornaͤmlich durch ſeine Erfahrun-
gen zu zeigen, die er fuͤr den Satz anfuͤhrte, daß
das Wachs aus dem Honig, nicht aus dem Blu-
menſtaube, und zwar blos von den Bienen aus-
geſchwitzt werde. u) Er ſucht es dadurch zu
erweiſen, indem er beobachtete, daß der Honig
Oel enthalte, wozu er die Verſuche in ſeiner Bie-
nenbibliothek ſelbſt anfuͤhrt, x) indem er daraus
mit Alaun ein ſich ſelbſt entzuͤndendes Pulver
verferti-
[451] verfertiget. Auch giebt er §. 21. das weiße ſo-
genannte Giftblaͤschen als die Galle an. Er
iſt, wie bekannt, ein Gegner des Hrn. Schi-
rachs, und ſuchte daher das von ihm erfundene
und bekannt gemachte Ablegen zu ſeinem wahren
Werthe zu beſtimmen; er zeigte, daß, wie die
Bienen nur unter gewiſſen Umſtaͤnden ſchwaͤr-
men, man auch nur unter gewiſſen Umſtaͤnden
ablegen muͤſſe, daher es nie ſo ſpaͤt, noch auch
in Mißjahren zu haͤufig geſchehen duͤrfe, weil
dann die Stoͤcke zu ſchwach bleiben. Er
ſchlug in einer beſondern Schrift die Ver-
wandlung der itzigen Modebienengeſellſchaf-
ten in Dorfbienengeſellſchaften im J. 1773 vor,
und gab darinne einen vorzuͤglichen Weg an,
die Bienenzucht in einem Lande emporzubringen.
Er will daher anſtatt der Privat-Bienenſtaͤn-
de in jedem Dorfe einen allgemeinen Bienen-
ſtand haben, der durch einen wohl unterrichte-
ten Waͤrter gepflegt wuͤrde, und wobey jeder
Einwohner, der das Recht hat, Bienen zu hal-
ten, ſich nach der Zahl ſeiner Stoͤcke intereßire.
Er erlaubt hoͤchſtens zwey ſolche allgemeine Bie-
nenſtaͤnde in jedem Dorfe, einen fuͤr die Herr-
ſchaft, den andern fuͤr die Unterthanen. Er
hofft nur von dieſer Einrichtung eine Landbie-
nenzucht im Großen zu erhalten, verſchiebt aber
auch ihre Einrichtung blos auf den Zeitpunkt,
da man genugſam erfahrne Maͤnner aufweiſen
kann, die der Sache im Großen durch ausge-
breitete Bienenkenntniſſe und Erfahrungen vor-
F f 2ſtehen
[452] ſtehen koͤnnten. y) Er ſuchte die thorleyiſche und
hornboſtelſche Theorie zu berichtigen und zu be-
ſtimmen, zumal da Hr. Albrecht in ſeiner Schrift
uͤber die Bienen einige Zweifel gegen die Beob-
achtung angab, daß, ob man gleich Wachsſchei-
ben unter den Ringen der Bienen fand, dieſes
doch vielleicht nicht ausſchwitzte, ſondern zwi-
ſchen den Ringen blos aufbewahret wuͤrde. Er
machte oft die Erfahrung, daß die Arbeitsbie-
nen wirklich Weibchen, oder, wie Bonnet ſagt,
unvollkommne Bienenmuͤtter ſind, die nichts
als Eyer, woraus Drohnen oder Maͤnnchen
entſtehen, legen. z) Er fand, daß bey gelin-
der Witterung im December oder Januar die
Koͤniginn ſchon Eyer lege, und traf ſelbſt in den
mittlern Tafeln der Stoͤcke Brut a) an. Er
merkte, daß die Bienen den Futterbrey, den ſie
der jungen Brut vom Anfange ihrer Grund-
lage an bis zur voͤlligen Zuſiegelung und Ein-
ſpuͤndung zuſetzen muͤſſen, durch den Mund in
die Zellen braͤchten.
Die Bemuͤhungen der Schriftſteller um die
Bienenzucht ſind in dem achtzehnten Jahrhunder-
te ſehr groß. Die deutſchen Naturforſcher unter-
ſuchten ſie als Inſecten, vornaͤmlich Roͤſel, Stein-
metz, Schaͤffer, Goͤtze, Albrecht und einige an-
dere.
[453] dere. b) Um das Bienenrecht machten ſich
nicht nur ganze Geſellſchaften durch Schriften
verdient, ſondern auch einzelne Gelehrte, und
es erhielt, ſonderlich in unſern Zeiten, große
Verbeſſerungen. Es beſchaͤftigte ſich damit die
oberlauſitzer und fraͤnkiſche Bienengeſellſchaft.
Die erſtere entwarf ein Bienenrecht, deſſen ich
ſchon oben gedacht habe; die andere hat blos ei-
nige allgemeine Rechtsgrundſaͤtze, die ſich auf
eine gute Bienenzucht gruͤnden. Leyſer, c) von
Rohr, Chriſt, Kortum, Limburg v. Benken-
dorf und Biener beſchaͤftigten ſich mit dem Bie-
nenrechte. d)
F f 3Was
[454]
Was endlich die Schriftſteller uͤber die Bie-
nenzucht anbetrifft, ſo gehoͤren hieher die Samm-
lungen der Bienengeſellſchaften und einzelner
Gelehrten, wie auch die beſondern ſyſtematiſchen
Schriften uͤber die Bienenzucht. Die Samm-
lungen uͤber die Oekonomie uͤberhaupt enthalten
wichtige Aufſaͤtze, ſowohl die verſchiedenen leip-
ziger, als die hannoͤveriſchen, hamburgiſchen
und andere, die Sammlungen der Arbeiten und
Abhandlungen der oberlauſitzer und fraͤnkiſchen
Bienengeſellſchaften, die Sammlung eines
Kaͤſtners und Riems Bienenbibliothek. Unter
die beſondern Schriftſteller gehoͤren, Hoͤfler,
Schirach, e) Baumer, Riem, Wilhelmi, Mar-
tini,
d)
[455] tini, Reinhard, von Luͤttichau, Gleditſch, Kruͤ-
nitz, Werner, Sprenger, Limburg, Haſe,
F f 4Ober-
e)
[456] Oberbeck, Hirſch, Hertwich, Eyrich, Schwan,
Neidhardt, Kratzer, Jantſcha, Gruͤvel, Spitz-
ner,
e)
[457] ner, Kurella, Hoͤlſcher, Chriſt, Steinmetz, inglei-
F f 5chen
e)
[458] chen die Schriften der verſchiedenen Bienenge-
ſellſchaften und einige andere Sammlungen.
Ver-
[459]
Verſchiedene einzelne Theile der Bienenzucht
erhielten ſogar ihre Schriftſteller. Mit den
Dronen,
e)
[460] Dronen, ihrer Entſtehung, ihrem Endzwecke
und
e)
[461] und Arbeiten beſchaͤftigten ſich Steinmetz, Ho-
meyer, Lehmann, Schirach, Ultjesfort, Vogel,
Wilhelmi, deren Schriften Hr. D. Kruͤnitz f)
ange-
e)
[462] angefuͤhrt hat. Ueber die Koͤniginn ſtellten Hr.
Ahlers, Neidhard, Schirach und Vogel in der
Ueberſetzung eines franzoͤſiſchen Werks, des Hrn.
Blaſſiere Unterſuchungen an. Um die Bienen-
pflanzen machten ſich vornaͤmlich die Hrn. Gle-
ditſch, Daum g) und Schwan verdient. Viele
machten ſich durch kleine Abhandlungen, die
zum Theil einzeln, zum Theil in groͤßern Samm-
lungen erſchienen, bekannt. Es gehoͤren hier-
her die Hrn. Herold, Schlacht, Macklot, Hatt-
dorf, Pratje, Schreber, Weſtphal ꝛc.
Hr. Kortum, ein großer Zergliederer der
Bienen, der ſich als Arzeneygelehrter auſſeror-
dentlich verdient um die Bienenzucht von Weſt-
phalen machte, unterſuchte alle wichtige Ge-
genſtaͤnde derſelben ausfuͤhrlich. Er entdeckte
vornaͤmlich, daß nicht jede Biene, wenn ſie
den Stachel verloren, ſterbe, welches auch Hr.
Riem beſtaͤtiget, h) daß ſie noch nach der Zeit
auf Blumen Honig und Blumenſtaub eingetra-
gen. Er glaubt auch Zeugungstheile bey Ho-
nigbienen entdeckt zu haben, ob er ſie gleich
noch nicht gewiß ſo nennen wolle: er ſahe
nehmlich 2 Koͤrperchen neben dem Stachel;
wo durch die Riemiſche Theorie, daß nehmlich
die Arbeitsbienen den Stock in Ermangelung
der
[463] der Koͤniginn, obgleich auf eine unvollkommne
Weiſe, indem ſie blos Dronen zeugen, zu be-
ſorgen im Stande ſind, etwas gewinnt. Viel-
leicht werden, wie Hr. Riem vermuthet, dieſe
Zeugungstheile erſt mehr entwickelt und ſichtba-
rer, ſobald ſie zu dieſem Geſchaͤfte erwaͤhlt wer-
den, und die Begattung gewieſen, weil bey ei-
ner jungen Koͤniginn, die noch nicht begattet iſt,
noch legt, dieſe Theile auch unkenntlicher ſind,
als bey einer wirklich legenden. Er zergliederte
die Dronen ſo vorſichtig, als kaum vor ihm
Einer gethan hat, und ſammelte ihre Namen
in allen Sprachen. Nach ihm nennen ſie die
Griechen Cephon, die Lateiner Fucus, die
Franzoſen Bourdon oder Mouche, Gueſpe,
die Italiaͤner Ape che non fà melle, die Spa-
nier Zangano de la Oolmena, die Niederlaͤn-
der Hommel, die Deutſchen Dronen, Traͤnen,
Hummeln, Brutbienen, Waſſerbienen. Er
fand ſie alle von einer Art, und widerlegt die
durch haͤufige Zergliederungen, welche eine zwey-
te Gattung, die ſie ewige Junggeſellen nennen,
annehmen. Er zeigt ihre richtige Beſtim-
mung: daß ſie die einzigen Maͤnnchen im Sto-
cke ſind, nicht aber, daß ſie zu Waſſertraͤgern
beſtimmt waͤren, da man ſie nie an Pfuͤtzen
oder Baͤchen, wohl aber die gemeinen Bienen
daſelbſt faͤnde. Er bemerkt, daß die Blume
Jucca
h)
[464] Jucca aus Canada ganze Tropfen Honig flieſ-
fen laͤßt, daher ſie bey uns anzubauen ſey, da
ſie ohnehin ſchon in unſern Gaͤrten iſt; daß die
Blumen der Aquileja und des Weißdorns ihn
zwar haͤufig beſitzen, allein daß die Bienen ſie
ſelten ſuchen, weil der Geruch des Caprifoli-
ums, ſo wie die Weißdornbluͤhte, ihnen entge-
gen ſey. Eben ſo wenig koͤnnen ſie den rothen
Klee nutzen, weil die Blumenkelche zu lang
ſind, als daß ſie bis zum Grunde reichen koͤnn-
ren, daher ſey der weiße Klee beſſer. Er be-
obachtete, daß die Biene, wenn ſie auf Samm-
lung des Blumenſtaubes ausgehet, mit Ueber-
gehung aller andern Blumen und Bluͤhten nur
von der zu ſammeln fortfaͤhrt, von der ſie bey
ihrer erſten Ausflucht anfieng. Es iſt ein in al-
ler Ruͤckſicht wichtiges Werk, auch fuͤr die Techno-
logie, in der Behandlung des Wachſes. Vornaͤm-
lich verdien en auch ſeine Bemerkungen uͤber die
Arbeiten der Bienen in jedem Monate, wornach
er die Namen der Monate benennte, und dadurch
einen guten Beytrag zu einem oͤkonomiſchen
Binenkalender gab, angefuͤhrt zu werden, zumal
wenn man die Beobachtungen des Hrn. Abt
Wolfgangs damit verbindet, welche ſich in An-
ſehung der Pflanzen, die in jedem Monat fuͤr
die Bienen die vorzuͤglichſten ſind, damit ver-
hindet, welche ſich in den Abhandlungen und
Erfahrungen der Oek. phyſ. Bienengeſellſchaft
der Oberlauſitz befinden. i) Hr Kortum be-
merkt
[465] merkt die Namen alſo: den Jaͤnner nennt er den
Schlafmonat; den Hornung den Zubereitungs-
monat; Maͤrz den Belegungsmonat; April den
Brutmonat; May den Schwaͤrmmonat; Ju-
nius den Honigmonat; Julius den Nachſchwarm-
monat; Auguſt den Wuͤrgemonat; September
den Heidemonat; Oktober den Standmonat;
November den Ruhemonat; December den
Schlummermonat. Er unterſuchte ferner die
Stoͤcke nach ihrem Gewicht, und fand, daß ſie
in einem gelinden November mehr an Gewicht
abnehmen, als im December, Januar und Fe-
bruar zuſammen. Gleich dem November ver-
haͤlt ſich auch der Maͤrz und April, weil ſie da
immer etwas in der Brut arbeiten, um die vor
Winters zuruͤckgebliebenen Eyer zur Reife zu
bringen. k)
Um die Bienenzucht und die Geſchichte der-
ſelben in Preußen machte ſich Kurella verdient. l)
Er zeigte den Zuſtand derſelben in Preußen vor
Ankunft der Kreuzherren, unter dem deutſchen
Orden, und nach der Verwandlung in ein Her-
zogthum
G g
[466] zogthum in den 3 erſten Kapiteln, im 4ten die
Behandlung des gemeinen Mannes, im 5ten
von der Behandlung derſelben in Koͤrben, im
6ten in Lagerſtoͤcken, im 7ten in Klotzbeuten, im
8ten von Honigbruͤchen oder Zeideln in Preußen
im Herbſt, welches er verwirft, im 9ten vom
Zeideln im Fruͤhjahre, im 10ten beantwortet er
einige Widerſpruͤche, und im 11ten ſchlaͤgt er eine
Bienengeſellſchaft in Preußen nach Art der Ober-
lauſitzer vor.
Etwas
[467]
Etwas zur Geſchichte
des
Federviehes.
In den mittlern Zeiten ſcheint das Federvieh
ſehr angenehm geweſen, und deſſen Zucht
außerordentlich betrieben worden zu ſeyn. Die
Religion, ſonderlich durch die Faſten, die Sorge
der Geiſtlichen fuͤr ihren Koͤrper, und die Em-
pfehlung, die dieſe Speiſen fuͤr ihren Geſchmack
hatten, waren unſtreitig kein geringer Bewe-
gungsgrund, warum ſie ſo ſehr bluͤhete. Hier-
durch ſowohl als durch die Nothwendigkeit, die
Zinſen in den Naturprodukten ſelbſt abzutragen,
weil das Geld noch nicht ſo haͤufig war, wurde
auch bey den weltlichen Zinſen dieſes eingefuͤrt.
Und da dieſe ſo haͤufig auf Federvieh geſetzt wa-
ren, ſo beweiſt dieſes die ſtarke Federviehzucht
der mittlern Zeiten, und machte ihre Betreibung
auch einigermaßen immer nothwendig. Es ver-
dient uͤberhaupt bemerkt zu werden, daß in den
mittlern Zeiten die Naturalzinſen nicht die nach-
theilige Wirkung hatten, die ſie heut zu Tage
gemeiniglich haben, da ſie fuͤr die Geſchaͤfte, von
denen ſie erlegt werden muͤſſen, meiſtens druͤckend
und hinderlich ſind. Der Grund davon ſcheint
in der Verfaſſung der mittlern Zeiten zu liegen,
wo man glaubte, alles, was man nur einiger-
G g 2maßen
[468] maßen zum Beſten der Religion unternaͤhme,
werde mit Segen vom Himmel fuͤr allem andern
vorzuͤglich begleitet, und es verbreite ſeinen Se-
gen auf alle uͤbrige Geſchaͤfte; daher wurden die
ungeheuern Gebaͤude den Kloͤſtern ſo leicht, weil
alles willig daran arbeitete, um ſich dieſe Arbeit
als ein Verdienſt um den Himmel anzurechnen;
aus dieſer Ruͤckſicht wurden auch die Naturalze-
henden, die man an die Kirchen, Kloͤſter und
Geiſtlichen lieferte, ſo leicht und ſo wenig druͤckend,
und hinderten das Geſchaͤft nicht, ſondern befoͤr-
derten es dadurch, daß ſie den Betrieb deſſelben
nothwendig und zu einer Quelle voll Segen des
Himmels machten. Hierzu kam noch die gerin
ge und kleine Geldmaſſe, die in den mittlern Zei-
ten vorhanden war, und daß vermoͤge dieſer Ver-
haͤltniſſe das Geld nicht ſo wichtig war, da man
noch viel tauſchte; der Fruchtreichthum war leich-
ter zu erwerben, und hieng mehr von den Ein-
zelnen ſelbſt ab, als die Erwerbung des Geld-
reichthums, wobey ſo viele zuſammen wirken
muͤſſen. Hierzu kam, daß der Stand der Zeh-
renden haͤufig ſtaͤrker war, als der Stand der
Naͤhrenden, welches in den damaligen Zeiten bey
geringer Geldmaſſe, und bey dem Tauſchhandel
und den bey dieſen Umſtaͤnden noch nicht ſo noth-
wendigen ſchnellen Geldumlauſe, wozu noch die
wenigern Beduͤrfniſſe kamen, in Erwaͤgung kom-
men muß. Dieſe Naturalzinſen dauerten im
16ten und folgenden Jahrhunderte immer noch
fort. Die Unterſuchungen uͤber die Einfuͤhrung
dieſer
[469] dieſer Thiere verlieren ſich meiſt in den aͤltern Zei-
ten, da wir vielleicht wenig von dem edlern Fe-
dervieh einheimiſch nennen koͤnnen. Einen gro-
ßen Antheil an der Einfuͤhrung vieler Arten ha-
ben vielleicht die Kreuzzuͤge, deren Vortheile fuͤr
die Oekonomie der mittlern Zeiten ich mir zu
weitern Unterſuchungen vorbehalte. Vieles ha-
ben wir auch aus Italien erhalten. Die Reli-
gion, die, wie ich oben errinnert habe, zu ge-
wiſſen Zeiten einen Erſatz fuͤr das unterſagte
Fleiſcheſſen verlangte, beguͤnſtigte die Federvieh-
zucht in den Faſtenzeiten durch den haͤufigen Ge-
nuß der Eyer ſehr, dieſe Art von Conſumtion hat
vielleicht durch die Reformation etwas abgenom-
men; ob ſich gleich dieſe Abnahme nur auf das
zahme Federvieh, nicht aber auf das Federwild
erſtreckt, wofuͤr man, da es zur Jagd, einem
Hauptvergnuͤgen der Hoͤfe, gehoͤrte, von Zeit zu
Zeit mehr ſorgte.
Im ſechzehnten Jahrhunderte finden ſich in
den Jagdordnungen vielerley Federvieh und Fe-
derwild (denn auch deſſen Geſchichte will ich zu-
gleich hier mit behandeln). In der Bayeriſchen
Jagdordnung vom Jahr 1568 a) kamen unter
dem jagdbaren Gefluͤgel vor: Enten, Rebhuͤner,
Tauben, b) Wachteln, Krammetsvogel, c) Ler-
chen, Schneppen, d) und man kannte auch ſchon
G g 3die
[470] die Falken e) und Reiher, denn man hatte auch
Falkenier und Falkenmeiſter. Man war ſchon
damals nachdruͤcklich auf ihre Erhaltung bedacht,
und verordnete deshalb verſchiedenes, f) wie es
auch ſchon in aͤltern Geſetzen, z. B. in der Lan-
desfreyheit geſchehen war. g) Es wird beſtimmt,
wie einige von ihnen nur gewiſſe Zeit jagdbar
ſeyn ſollten; es wird bey vielen das Wegnehmen
der Eyer und Neſter unterſagt. h) Es wird er-
laubt, die Raubvoͤgel zu verfolgen, nur die Fal-
ken und den Blaufuß ausgenommen, wie auch
die Reiher, weil dieſe ein Vergnuͤgen der Hoͤfe
waren. i) Auch in dem Braunſchweigiſchen fin-
det ſich viel Federwild, denn die Jagdordnungen
und Mandate erwaͤhnen deſſelben haͤufig. k) In
dem Fuͤrſtlich Anhaͤltiſchen finden ſich damals
wilde Gaͤnſe, Enten, Trappen, Auer- und Birk-
huͤner. Sie unterſagt ebenfalls das Aufſuchen
der Neſter und Eyer. l)
In
[471]
In einer wuͤrtembergiſchen und franzoͤſiſchen
Jagdordnung vom J. 1595 werden erwaͤhnt:
wilde Gaͤnſe, Waſſerhuͤner, Rebhuͤner, Tauben,
Wachteln, Droſſeln, Amſeln. In der Hohen-
lohiſchen von 1597 wird im achten Artikel eben-
falls der Haſel-Feldhuͤner, Wachteln, Entvogel,
Enten, Schneppen, Ringeltauben und Reiher
gedacht.
In dieſes und in das vorhergehende Jahr-
hundert faͤllt auch wahrſcheinlich die Einfuͤhrung
verſchiedener oſt- und weſtindiſchen Vogel und
Federviehes, die wir als Hausthiere und als
zahm ziehen. Die Truthuͤner wurden erſt ſeit
1530 bey uns bekannt; das ſo genannte Puter-
hun ſtammt aus Amerika, das Braſilianiſche
Truthun verraͤth in ſeinem Namen ſein Vater-
land, und eben ſo kam das gehoͤrnte Truthun aus
Indien. Der Faſen kam aus Oſtindien nach
Europa, und iſt unſtreitig auch ſchon lange in
Deutſchland bekannt. Jedoch finde ich keine
deutlichen Spuren davon in den Jagdordnungen
des ſechzehnten Jahrhunderts, ob ſich gleich ver-
muthen laͤßt, daß man ihn im 16ten Jahrhun-
derte ſchon in einigen Laͤndern des obern Deutſch-
lands, wo der Handel ſo ſehr bluͤhete, gehabt
habe; m) zumal da man ſie gleich zu Anfange
G g 4des
[472] des ſiebenzehnten in einer und der andern Gegend
findet. Wenigſtens kannte man ſchon in dieſem
Jahrhunderte in Sachſen die Faſanen. Es
wird dieſes unter andern wahrſcheinlich, daß man
ſie ſchon in der churfuͤrſtl. ſaͤchſiſchen Landesord-
nung vom J. 1603 n) findet, in dem Branden-
burgiſchen ſind die Faſanerien ſehr alt, wovon
Beckmann Nachricht giebt. o) Die Finken und
der Fang derſelben wird erwaͤhnt in einer Landes-
ordnung des Markgrafthums Oberlauſitz, welche
1597 den 6ten May vom Kaiſer beſtaͤtiget
worden. p)
Was die Schriftſteller uͤber die Federvieh-
zucht betrifft, ſo gehoͤren zum Theil hierher die
alten roͤmiſchen Oekonomen, die damals haͤufig
gedruckt wurden, und die Ueberſetzungen der Al-
ten, welche im ſechzehnten Jahrhunderte erſchie-
nen. Dieſe haͤtten fuͤr die Deutſchen ſehr lehr-
reich ſeyn koͤnnen, da Columella und andere ſich
ſorgfaͤltig mit dem Federvieh beſchaͤftigen. q)
Nicht weniger behandeln dieſe Gegenſtaͤnde die
dama-
m)
[473] damaligen oͤkonomiſchen Schriftſteller der Deut-
ſchen, die ich oben im allgemeinen Kapitel ange-
zeigt habe, und endlich die Schriften uͤber das
Jagdweſen.
In dem ſiebenzehnten Jahrhunderte dauer-
ten die naͤmlichen Bewegungsgruͤnde fuͤr die Sor-
ge des Federviehes und des Federwildes fort.
Es ſcheinen vornehmlich ſich in dieſen Zeiten die
Faſanen verbreitet zu haben, weil man mehrere
Spuren davon findet. In den Mandaten Jo-
hann Georgs zu Sachſen von den Jahren 1604,
1612 und 1626 findet man der Faſanen Er-
waͤhnung gethan, und naͤchſt dieſen der Trappen,
wilden Gaͤnſe, Auerhaͤhne, Birkhaͤhne, wilden
Huͤhner und Enten. In den boͤhmiſchen und
den oͤſterreichiſchen Landen war die Faſanenzucht
anſehnlich. In der Jagdordnung des Kaiſer
Leopolds vom J. 1657 wird es bey 30 Rthlr.
Strafe unterſagt, Faſaneneyer auszunehmen.
In der Jagd- und Weidewerksordnung des Her-
zogs Friedrich Wilhelms fuͤr die Aemter Alten-
burg und Ronneburg vom J. 1653 werden gleich-
falls die Faſanen erwaͤhnt. r) In dem Bran-
denburgiſchen ergieng 1697 wegen denſelben ein
Edikt, darinnen bey 50 Rthlr. Strafe auf jeden
unerlaubter Weiſe geſchoſſenen Faſan ſtehet. s)
Auch in dem Churbraunſchweigiſchen erſchien ein
Edikt wegen dem Schießen der Faſanen im J.
G g 51696
[474] 1696 am 8 May; t) und in einem Poͤnalman-
dat von 1698 werden ſowohl die Faſanen als
viele andere Voͤgel gegen das ſchaͤdliche Verfol-
gen geſchuͤtzt. Ueberhaupt wurde man in dieſem
Jahrhunderte aufmerkſamer und eiferſuͤchtiger auf
die Faſanerien; ſo wie ſich auch durch den Hang
zur Jagd die Sorge fuͤr das Federwild mehr aus-
breitete, und daſſelbe vermehrt wurde; wenig-
ſtens ließ ſich dieſes von den Enten vermuthen,
und durch die Beguͤnſtigungen der Jagdordnun-
gen von anderm Federwild erweiſen.
Doch ich verlaſſe das Federwild, und gehe
zur zahmen Federviehzucht fort, bey welcher ſich
weiter keine wichtigen Veraͤnderungen zugetragen
zu haben ſcheinen. Das Kapaunen durch das
Ausnehmen der Geilen, um dieſe Thiere in kur-
zer Zeit maͤſten zu koͤnnen, iſt eine neuere Erfin-
dung, die in das ſechzehnte oder ſiebenzehnte Jahr-
hundert zu fallen ſcheint. Die Alten ſcheinen
dieſe Art nicht gekannt zu haben, ſondern hatten
eine andere, die Haͤhne zu verſchneiden, um ſie
zu maͤſten, welche Columella anfuͤhrt.
Ich finde in den Jagdordnungen des ſech-
zehnten und ſiebenzehnten Jahrhunderts nichts
von Schwanen, ſollten ſie erſt gegen Ende des
ſiebenzehnten oder gar in unſerm Jahrhunderte
bey uns bekannt geworden ſeyn? Kaum ſollte ich
es glauben.
Unter
[475]
Unter die Schriftſteller dieſes Jahrhunderts
gehoͤren theils die Oekonomen uͤberhaupt, welche
die ganze Wirthſchaftswiſſenſchaft behandeln, und
die in dem allgemeinen Kapitel angefuͤhret wor-
den, theils auch die Jagdbuͤcher wegen des Fe-
derwilds. Die erſtern habe ich ſchon oben in dem
erſten allgemeinen Kapitel angefuͤhrt, die letztern
werden wir in der Geſchichte der Jagd kennen
lernen.
In dem achtzehnten Jahrhunderte ſtellte man
verſchiedene naͤhere Unterſuchungen uͤber dieſe
Gegenſtaͤnde an, ſo wie man einige Entdeckungen
machte, oder gewiſſe bisher geheime Behandlun-
gen bekannter machte. So wurde die kuͤnſtliche
Ausbruͤtung in unſern Zeiten bekannter und aus-
gebreiteter. Es iſt aus der alten Oekonomiege-
ſchichte der Aegyptier bekannt, daß ſie durch kuͤnſt-
liche Waͤrme junge Huͤner auszubruͤten verſtan-
den, und man hat in den neuern Zeiten dieſe
Kunſt bey den Zigeunern in Ungarn gefunden,
und hieraus, ſo wie aus einigen andern Umſtaͤn-
den, auf ihre Abſtammung aus Aegypten ſchlie-
ßen wollen. Die Zigeuner in Ungarn haben
nach dem Zeugniß des Hrn. Griſelini u) noch
die Kunſt, durch Pferdemiſt junge Huͤner aus
den Eyern zu erbruͤten. Hierdurch veranlaßt,
machte man in unſern Zeiten hieruͤber naͤhere
Ver-
[476] Verſuche, und fand, daß es moͤglich ſey, durch
eine kuͤnſtliche Waͤrme von 96 bis 98 Grade
Fahrenheit oder 32° Reaumur das Ausbruͤten
zu bewerkſtelligen. Hr. Achard zu Berlin ver-
ſuchte es in den neueſten Zeiten mit Gluͤck, Huͤ-
nereyer ohne einige natuͤrliche Waͤrme, und blos
mittelſt der Elektricitaͤt auszubruͤten. Vollendet
wuͤrden alle dieſe Erfindungen noch dadurch wer-
den, wenn jemand die Kunſt zeigte, dieſe jungen
alſo ausgebruͤteten Huͤner bequem und vortheil-
haft aufzuziehen. Eine vorzuͤgliche Poularderie,
wo dieſe kuͤnſtliche Ausbruͤtung ſonderlich durch
die kuͤnſtliche Waͤrme aͤgyptiſcher Oeſen geſchie-
het, iſt zu Caſſel in der landgraͤflichen Menage-
rie. Man entdeckte ferner, daß auch die Ka-
paunen ſich zum Bruͤten zwingen ließen. x) Man
fand auch durch Verſuche, daß ſich die Haͤhne
dazu brauchen ließen, wenn ſie ſich einmal ſetzen,
wie ſie oft zu thun pflegen. Man verſuchte es
daher. Man ſtellte Verſuche uͤber die Maſtung
der Truthuͤner an, und fand nach den in Frank-
reich und nachher auch in Deutſchland angeſtell-
ten Verſuchen, daß es am beſten mit Wallnuͤſſen
und ſuͤßer Milch geſchehe. y) Man giebt ihnen
dieſer franzoͤſiſchen Erfindung nach den erſten Tag
eine welſche Nuß, und faͤhrt ſo fort von Tage zu
Tage bis auf 30 Stuͤck, worauf man wieder bis
auf
[477] auf 1 in herabſteigenden Zahlen zuruͤck gehet.
Man gab ſogar an, durch das Stopfen mit
Butter in 24 Stunden einen Kapaun fett zu
machen, indem man ihm Butter giebt, und nun
eine halbe Stunde herumjagt, und ſo beſtaͤndig
abwechſelnd fortfaͤhrt. In dem ſaͤchſiſchen ſo
genannten Voigtlande hat ſich die Truthuͤnerzucht
außerordentlich ausgebreitet.
Man ſtellte Unterſuchungen uͤber die Krank-
heiten des Federviehes und die Heilung derſelben
an. Dieſes geſchahe ſonderlich bey der gewoͤhn-
lichen und Hauptkrankheit dieſer Thiere, dem Pip.
Einige ſuchen die Urſache davon bey einem Un-
geziefer, welches ſie durch Beſtreichung des Kopfs
mit Thran oder einem andern Oele zu vertreiben
glauben, andere glauben den Grund in einer Ver-
ſtopfung der Naſen, vornehmlich der Druͤſen in
der Schleimhaut und in Erhaͤrtung der Zunge
zu finden; und die hannoͤveriſchen Anzeigen vom
J. 1754 ſchlugen Huͤlfsmittel vor.
Die Regierungen wendeten ſogar auf eins
und das andere ihre beſondere Aufmerkſamkeit.
So ſchraͤnkte man in einigen Landen das Unter-
halten der Tauben ein, daß nur diejenigen aus-
fliegende Tauben unterhalten duͤrften, welche lie-
gende Gruͤnde und Aecker beſitzen, und nach die-
ſen Beſitzungen die Zahl der zu haltenden Tau-
ben eingeſchraͤnkt ſeyn ſolle. Die Gaͤnſezucht iſt
fuͤr einige Gegenden Deutſchlands wichtig, da
ſie einen ſtarken Handelsartikel in denſelben aus-
macht;
[478] macht; es gehoͤren hierher vornehmlich die weſt-
phaͤliſchen Laͤnder und Pommern, deren Gaͤnſe
beruͤhmter ſeyn, als die Gaͤnſe des Capitols.
In einigen andern, vornehmlich oͤſterreichi-
ſchen Laͤndern, wenn ſie auch nicht zu Deutſchland
gehoͤren, iſt die Entenzucht wichtig, worunter ſich
ſonderlich Ungarn und Slavonien auszeichnet,
und da ſelbſt dem Hrn. von Taube in ſeiner Be-
ſchreibung von Slavonien dieſes entgangen iſt,
ſo verdient es hier um deſto eher einer Erwaͤh-
nung. Es werden in Slavonien jaͤhrlich auf 1
Million wilde Enten gefangen. Die Haͤlfte da-
von giebt allein der Fluß Trebeß, auch die Illo-
wa und der Sauſtrom iſt damit ſehr verſehen.
Am ergiebigſten iſt der Fang, wenn viel Eicheln
ſind, denn man findet bey der Eroͤffnung dieſelben
haͤufig bey ihnen. Wo der Fluß nahe an einem
Walde vorbeyſtroͤmt, ſtellt man ein großes Netz
an das entgegengeſetzte Ufer. In einiger Ent-
fernung davon verbergen ſich ein paar Maͤnner,
die, wenn ein Flug ſolcher Enten ſich auf das
Waſſer ſetzt, und dem Netz gerade gegenuͤber
ſchwimmt, ſolche ſchnell auftreiben, ſie fliegen
alsdenn dem Walde zu, und es bleiben an 3 bis
400 in den Netzen hangen. In verſchiedenen
Orten muͤſſen die Bauern der Herrſchaft fuͤr je-
den Fang eine gewiſſe Abgabe erlegen. Am
wichtigſten iſt er in der Herrſchaft Kutma. Man
bewahrt ſie auch auf durch Einſalzen. Sie kom-
men aus der Tuͤrkey, wo ſie im Ueberfluſſe ſind,
weil
[479] weil die Tuͤrken die Jagd nicht lieben. Man
ſahe den Nutzen der Enten zu Verfolgung der ſo
ſchaͤdlichen Feldſchnecken ein, und brauchte ſie als
Mittel, dieſelben zu tilgen. Die Erfindung war
ſinnreich fuͤr das Vergnuͤgen der Jagd durch ver-
ſchiedene Entenfaͤnge, wovon ein vorzuͤglicher
in den Schreberiſchen Sammlungen ſich findet.
Es beſtehet alſo der Federviehſtand ſowohl
als des nutzbaren Waldgefluͤgels in Deutſchland
in den itzigen Zeiten vorzuͤglich in verſchiedenen
Arten Huhnen, z. B. dem Truthun, dem gemei-
nen Huhn, dem Faſan, dem Perlhun, dem gro-
ßen engliſchen Huhn, aus Wachteln, Rebhuͤnern,
Haſelhuͤnern, Birkhuͤnern, Auerhaͤhnen, Kram-
metsvogeln, Schneppen, aus Gaͤnſen, Enten,
Tauben, Lerchen, Schwanen, verſchiedenen an-
dern kleinen Voͤgeln, und aus Pfauen, die letz-
tern werden zwar meiſt zur Pracht gehalten,
allein man ſollte verſuchen, ob ſie nicht auch fuͤr
unſere Tafeln ſchmackhaft waͤren, da ſie es fuͤr
die Roͤmer waren, und Columella und Varro
den Verkauf der Pfauen als ſehr eintraͤglich bey
der Oekonomie anpreiſen. Ich uͤbergehe die
Raubvoͤgel und einige andere, welche in der Oe-
konomie nicht unmittelbar Nutzen bringen, und
weder beſonders gezogen noch geheget werden.
Was das Federwild betrifft, ſo bluͤht die Faſa-
nenzucht vornehmlich in Boͤhmen; aber auch in
andern Laͤndern ſchaͤtzt man die Faſanen. In
dem Churbrandenburgiſchen erſchien ein Edikt
wegen
[480] wegen Hegung des Faſanenwilds im J. 1712,
wo das unerlaubte Schießen derſelben bey 50
Rthlr. Strafe unterſagt wurde. z) In Chur-
ſachſen, wo ſie von der hohen Jagd ſogar ausge-
nommen ſind, beſtimmen die Geſetze 50 Gulden
[Strafe] auf die Beunruhigungen der jungen Fa-
ſanen oder Eyer, und auf das Schießen, Netze
und Schlingenlegen 100 Rthlr, a) welches aber
in einem Mandate von 1741 etwas geaͤndert iſt,
ſo daß 20 bis 25 Rthlr. fuͤr jeden Faſan geſetzt,
der Jaͤger aber, ſo ſich dazu brauchen laͤßt, mit
Feſtungsbau beſtraft wird. In dem Churbraun-
ſchweigiſchen erſchien 1703 ein Edikt. b) We-
gen des Herzogthums Magdeburg und der Graf-
ſchaft Mansfeld Preußiſcher Hoheit erſchien ein
Churbrandenburgiſches geſchaͤrftes Edikt wegen
Schonung der Faſanen im J. 1743. c) Die
Schleſiſche Holz- Maſt- und Jagdordnung vom
J. 1750 im 17ten Titel ſetzt 50 Rthlr. auf ei-
nen Faſan. d)
Daß
[481]
Daß die Gaͤnſe in Deutſchland ſchon lange
einheimiſch, vielleicht gar urſpruͤnglich waren,
beweiſen die Namen derſelben, die ſich in der
altdeutſchen Sprache finden, die ſich noch in dem
Niederſaͤchſiſchen und Hollaͤndiſchen erhaͤlt. Auch
iſt hiervor das Zeugniß des Plinius, welcher
ausdruͤcklich ſagt, daß die Deutſchen eine Gans
(Ganza) gekannt. e) Daß bey ihnen wahr-
ſchein-
d)
H h
[482] ſcheinlich auch der maͤnnliche Name Gaͤnſerich
gebraͤuchlich war, zeugt der in der Geſchichte be-
kannte Name Genſerich, obwohl die Kritik ihn
lieber Geiſerich nennt. Das gemeine Leben
heißt
e)
[483] heißt die maͤnnliche Gans auch Ganſer,
Genſert.
Man hat in den neuern Zeiten bemerkt,
daß, wenn die Paarung zu Lande geſchiehet,
die Eyer nicht ſo gut gerathen, als wenn ſie auf
dem Waſſer vor ſich gehet. Ferner, daß durch
den Rocken der Eyerſtock bey den Gaͤnſen und
dem Federvieh zur Zucht ſich beſſer anſetze; daß
man den Brutgaͤnſen nicht die Federn zu ſehr
oder gar ausraufe, damit die Eyer mehr Waͤr-
me haben. In den neuern Zeiten, da die
Weichlichkeit und Luxus auch fuͤr den Geſchmack
mehr kuͤnſtelten, dachte man ſonderlich auf die
beſten und wirkſamſten Erfindungen zum Fett-
machen dieſer Thiere; man vergaß, um ſeinen
Gaumen zu weiden, oft ſogar dabey die Menſch-
lichkeit. Man ahmte in Deutſchland die in
England gewoͤhnliche Art der Maſt mit geſchro-
tenem Malze nach, das mit Milch eingeruͤhrt
worden, oder auch Gerſtenmehl mit Waſſer
ziemlich dick eingeruͤhrt, ſtatt der Milch, und
zur Veraͤnderung ſetzt man in die Naͤhe ein Ge-
faͤß mit gekochtem Hafer und Waſſer. f) An-
dere fanden, daß blos gequellter Hafer mit
H h 2reich-
[484] reichlichem Waſſer eben ſo gut ſey; und zogen,
durch die Erfahrung beſtaͤtiget, hieraus den all-
gemeinen Grundſatz, daß das Quellen des Ha-
fers oder der Gerſte, womit man ſie fuͤttert,
ein Hauptkunſtgriff ſey, weil es ſchneller ver-
daue, und das Fettwerden weit ſchneller vor
ſich gehe. g)
Man machte in den Berliner Sammlungen
die grauſame Methode des Englaͤnders Brad-
ley zu Cambridge bekannt, der die Gans, die
er fett machen will, in Leinen verwickelt, ihr
blos den Hals und Kopf frey laͤßt, ſie an einen
finſtern Ort aufhaͤngt, und die Ohren mit
Wachs verſtopft, damit ſie weder ſehen noch
hoͤren koͤnne, und ihr ſo alle Gelegenheit zum
Schreyen und Bewegen benommen werde.
Er giebt ihr in dieſem Zuſtande des Tages
dreymal Gerſtenſchrot, und ſetzt beſtaͤndig ein
mit Waſſer und Salz angefuͤlltes Gefaͤß neben
ihr. Nach dieſem angegebenen Verſuche ſoll
ſie in vierzehn Tagen ſo fett werden, daß die
Leber 4 Pfund am Gewicht halte. h) In dem
Strasburgiſchen braucht man, nach des Hrn.
Prof.
[485] Prof. Sanders Bericht, i) 2 Theile Gerſten-
mehl, einen Theil Welſchkorngruͤtze und ein we-
nig Salz. Im Sommer wird dieſes mit blo-
ßem Waſſer angemacht, im Winter aber ein
wenig mit Milch und Waſſer gekocht, damit
es ihnen, der Zaͤhigkeit wegen, nicht im Kro-
pfe ſtecken bleibe. Man miſcht auch, die Ver-
dauung zu befoͤrdern, Sand darunter. Einige
ſchlugen die Maſtung mit Moͤhren vor, wovon
aber das Fleiſch einigen Geſchmack annehmen
ſoll. k) Im Braunſchweigiſchen ſtellte man
wichtige Verſuche mit der Kartoffelmaſt an,
und fand, daß ein Himten Kartoffeln eben ſo
viel oder mehr wirke, als eben ſo viel Hafer,
und daß ſie auch ein feiſteres und ſtaͤrkeres
Schmalz geben. l) Man verfuhr dabey alſo:
man kochte ſie, daß ſie das waͤſſerige verloren,
ſtampfte ſie hierauf, und las die Schalen aus.
Man knetet hierauf ein wenig Hafer darunter,
und thut etwas Waſſer hinzu, alles zuſammen
aber wird ihnen in einem Troge hingeſetzt. Ue-
brigens muß hierbey, wie bey allen dieſen Din-
gen, die zu große Menge Futter auf einmal
verhuͤtet werden. Der Hr. von Hohberg im
H h 3adlichen
[486] adlichen Landleben fuͤhrt eine Brodfuͤtterung
an, da in ein Rocken- oder Gerſtenbrod ein Loch
gegraben, und etwas Bier und Hafer in daſſel-
be gethan, und der Gans ſo vorgeſetzt wird,
welche ſich ſo durch den Hafer und Bier an das
Brod gewoͤhnt. In Thuͤringen, Oberſachſen
und einigen andern Gegenden iſt das Stopfen
mit Nudeln gebraͤuchlich. Eine Landwirthinn
zu Sorau, die Frau Anna Chriſt. Hofmanninn,
beſchreibt ihre Behandlungsart, ſonderlich in
Anſehung der Vergroͤßerung der Leber im Leipz.
Intelligenzblatt. m) Der Hr. von Griesheim
that den Vorſchlag, die Gaͤnſe zu verſchneiden,
weil ſie alsdenn wahrſcheinlich mehr an Federn,
Fleiſch, Fett und Wachsthum gewinnen wuͤr-
den. Er iſt zu dieſem Vorſchlage vermuthlich
durch die Verſuche bey den Fiſchen veranlaßt
worden. n) Die uͤbrigen Verſuche und Ent-
deckungen, die man ihn Anſehung der Krank-
heiten dieſer Thiere machte, die Mittel, ſie auf-
zubehalten und zu benutzen, und die uͤbrigen an
ihnen merkwuͤrdigen juriſtiſchen und oͤkonomiſchen
Um-
[487] Umſtaͤnde findet man ausfuͤhrlich in der okonom.
Encyclop. des Hrn. D. Kruͤnitz. o)
Dieſes Nahrungsgeſchaͤft erhielt uͤbrigens
in dieſem Jahrhunderte viele Schriftſteller.
Die meiſten oͤkonomiſchen Sammlungen ent-
halten auch Abhandlungen uͤber dieſen Gegen-
ſtand. Die fraͤnkiſchen Sammlungen berech-
nen die Koſten und Vortheile der Huͤhnerzucht
in Staͤdten. p) Die hannoͤveriſchen nuͤtzlichen
Sammlungen unterſuchen die Erziehung der
jungen Huͤhner. q) Das hamburger Maga-
zin, r) die leipziger Sammlungen, s) und die
oͤkonomiſchen Nachrichten, t) die hannoͤveriſchen
Beytraͤge u) beſchaͤftigen ſich mit der kuͤnſtlichen
Ausbruͤtung und Auferziehung der jungen Huͤh-
ner, oder mit der Pularderie. Das hannoͤve-
riſche Magazin x) nebſt den Anzeigen y) glei-
ches Namens behandeln die Krankheiten.
Die
[488]
Die Herren von Juſti, Eckart, Leopold, der
Verfaſſer des Lehrbegriffs, Fiſcher, Buchoz z)
und viele andere in ihren oͤkonomiſchen Schrif-
ten haben ſich mit dem Federvieh beſchaͤftiget.
Und da in den neuern Zeiten das Studium der
Naturgeſchichte ſich ſo ausbreitete, ſo gehoͤren
hierher auch alle Bemuͤhungen und Schriften
der Naturforſcher in dieſem Theile der Natur-
geſchichte. Ich will unter ihnen nur die
Werke eines Kleins, Fritſch und Seligmanns
nennen.
Theil erſchienen, und geht nur bis auf die Ent-
deckung von Amerika.
konomiegeſchichte finden ſich in dem
Verſuch einer hiſtoriſchen pragmatiſchen Be-
ſchreibung der alten deutſchen Oekonomie und
des in der Folge daraus erwachſenen deutſchen
fuͤrſtlichen Cammerweſens. Leipzig, 1755. 4.
D. Daniel Gottfr. Schrebers zwo Schriften
von der Geſchichte und Nothwendigkeit der Ca-
meralwiſſenſchaften, in ſo fern ſie als Univer-
ſitaͤtswiſſenſchaften anzuſehen ſind. Leipzig,
1764. 8.
Gedanken von dem Alter, Wachsthum und
Nutzen der Oekonomie in den Leipz. Samml.
Th. 7. S. 823. von Hr. Fleiſcher, Prof. der Oek.
zu Goͤttingen.
Muſeum ruſticum et commerc. Theil VII.
S. 65. enthaͤlt vieles von England, Frankreich,
der Schweiz und Deutſchland.
Schriften der Berner Geſellſchaft, 1ſter Theil.
Flaccus de conditione agrorum heraus; inglei-
chen Sexti Iulii Frontini lib. de re agraria cum
commentario Ageni vrbici. Ei. de limitibus;
Legib. Agrar. mit den Anmerkungen des Franz
Modius und andere Scriptores rei agrariae, wel-
che hernach Io. Ianſon a Waeſeberge Amſt. 1674.
zuſammen drucken ließ. Eraſmus, Budaeus und
Ludovicus Vives arbeiteten beſonders an den al-
ten Schriftſtellern, und vorzuͤglich denen uͤber die
Oekonomie, insbeſondere Vives und Budaeus.
Columella wurde zuerſt 1482 zu Rom gedruckt,
hernach 1514 in der Sammlung der Scriptorum
rei
et villis veterum.
Franciſcus Maioranus de agriculturae apud ve-
teres ſtudio ac dignitate, Neap. 1774.
Mein Verſuch uͤber den Landbau der Roͤmer.
1779.
ſodann 1521 4. zu Florenz durch Nicol. Ange-
lium, ingleichen 1533 erſchien Columella nebſt
Cato Varro und Palladius zu Venedig bey den
Erben des Aldus und Andr. Socer. Columella
allein mit des Beroaldus und Victorius kritiſchen
Anmerkungen 1543 zu Paris und 1544 zu Lyon;
ſodann Cato und Varro mit des Victorius Noten
1543 zu Paris, ingleichen der Palladius einzeln;
der Oeconomicus des Xenophon erſchien Lugd.
1552. fol. Varronis op. cum obſ. Scaligeri,
Par. 1585. Ingleichen auch in Deutſchland zu
Heidelberg bey Commelino 1598, Cato, Varro,
Columella, Palladius; vorzuͤglich machten ſich
die Gelehrten Stephani verdient.
S. 10. wo er zeigt aus dem Mosheim und andern,
wie die Oekonomie unter die praktiſche, der Acker-
bau und die Jagd unter die mechaniſche Philoſo-
phie gerechnet worden.
welches unter andern erſt erſchien Auguſtae Vind.
1596.
Farria diſſ. de mutationibus rerumpubl. occa-
ſione religionis ortarum.
Bebel de beneficiis magiſtratuum politico mi-
niſterio Lutheri exhibitis. Argent.
Goeze de beneficiis oeconomicis b. Lutheri
miniſterio exhibitis. Lubecae.
Furſtenau de meritis Lutheri in oeconomiam
publicam et privatam. Rintel.
Hubner de immortalibus Lutheri in imperia
meritis. Hafniae 1760.
Selbſt
Geſchichte der Cameralwiſſenſch. als Univerſitaͤts-
w. S. 20-22. aus den Schriften des verdienſt-
vollen Luthers anfuͤhrt, bezeugen, daß die Geiſt-
lichen dieſe weltlichen Dinge mehr aus Stolz ver-
achtet, und ſich damit deswegen nicht beſchaͤffti-
get, theils aus Traͤgheit, und weil ſie ihren Werth
nicht erkenneten, als blos aus Politik, wie Tho-
maſius und mit ihm D. Schreber glauben.
Ueberſetzung des Columella unter dem Titel: Des
Columella Ackerwerk durch Michael Herren.
Allein weil ſie dem Theodor Majus ſchlecht und
bunkel ſchien, gab dieſer 1612 zu Magdeburg ei-
ne neue Ueberſetzung heraus, und zugleich auch
von dem Palladio.
Von Stephani prae[d]io ruſtico unter dem Titel:
Sieben Buͤcher vom Feldbau und vollkommenen
Beſtellung eines ordentlichen Meyerhofs oder Land-
guths. Etwan von Carolo Stephano und Joſ.
Liebholt, der Arzeney Doktorn, franzoͤſich beſchrie-
ben. Nun aber von Hrn. Melchiorn Sebizio Si-
leſio, der Arzeney Doktorn, ins Deutſche gebracht,
Strasburg 1580.
Von Afrikus Clemens: Sieben Buͤcher vom Feld-
bau, vormals durch Afrikum Clementen von Pa-
dua in lat. Sprache geſchrieben, hernach aber durch
Jeremiam Martium ins Deutſche uͤberſetzt,
Strasb. 1580.
Von dem Werke Conſtantin des vierten, welches
er im 10ten Jahrhunderte durch einige Gelehrte
in griechiſcher Sprache zuſammentragen ließ, lie-
fert D. Michael Herr eine vermehrte Ueberſetzung
unter
deutſche Buch vom Landbau iſt folgendes: Gaͤr-
ten und Pflanzungen mit [wund[er]samer] Zierd artli-
cher und ſeltſamer Verimpfung allerhand Baͤum,
Kraͤuter, Blumen und Fruͤchten, wilder und hey-
miſcher, kuͤnſtlich und luſtig zuzurichten. Inhalt
volgends Regiſters: Wes ſich ein Hausvater mit
ſeiner Arbeit das Jahr uͤber alle Monat inſonder-
heit halten ſoll. Im Bragmond des 1530 Jahrs.
Welches Hr. Hunger anfuͤhrt in Schrebers neuen
Cameralſchriften im 6ten Theil. S. 647.
rechtem Grunde der Natur und langgeuͤbten Er-
fahrung allerbeſte Beſtellung der Aecker und
Fruchtfelder, Pflanz- und Erbauung allerhand
Obſt, Luſt- und Weingarten, von Roß- und Vieh-
zucht, ſammt allem, was zu einer wohlbeſtellten
Haushaltung Nutz und Luſtshalben nothwendig
begriffen und in 20 Buͤcher abgetheilt. Erſtlich
zwar vom Kaiſer Conſtantino IV. in griechiſcher
Sprache beſchrieben, nachmaln durch D. Michael
Herrn ins Deutſche uͤberſetzt. Strasburg 1592,
wieder aufgelegt Baſel 1622.
und Bauleuten, von Natur, Art, Gebrauch und
Nutzbarkeit aller Gewaͤchs, Fruͤchte, Thiere ſammt
allem dem, ſo dem Menſchen dienſtlich in Speiß
und Arzeneiung. Inhalt 12 Buche. Neu gedruckt
durch Hanſen Knoblauch den jungen nach Chriſti
Geburt 1531. Fol.
ein Prediger in der Mark Brandenburg, welcher
nachher zu Parchim im Mecklenburgiſchen ſtand,
M. Johann Colerus, ein Schleſier, welcher ge-
gen das Ende des 16ten Seculi ſchrieb: Calen-
darium perpetuum, oder ſtets waͤhrender Kalen-
der fuͤr die Hauswirthe, Ackerleute, Apotheker,
Kaufleute, Wandersleute, Weinherrn, Gaͤrtner,
gemeine Handwerksleute, und alle diejenigen, ſo
mit Wirthſchaft umgehen. Coleri Vater hatte
den Varro, Cato, Columella und Palladius flei-
ßig geleſen, und bey dem uͤber ihre Schriften an-
geſtellten Verſuche manches anders befunden, und
dieſes bemerkt und aufgeſchrieben. Sein Sohn,
M. Johann Colerus, gab ſolches unter dem Ti-
tel Calendarium perpetuum heraus, und weil
dieſer im Jahr 1599 zu Conſtanz am Bodenſee
unrechtmaͤßiger weiſe nachgedruckt war, gab er
ihn 1600 vermehrt und verbeſſert heraus, wie
folches in der Vorrede einer ſpaͤtern Auflage, wel-
che 1618 in 4. zu Wittenberg erſchien, erhellet.
Dieſes Calendarium fand allgemeinen Beyfall,
da man um die damaligen Zeiten noch kein aus-
fuͤhrliches Buch von der ganzen deutſchen Oeko-
nomie hatte. Hierdurch ermuntert gab er ſein
Haushaltungsbuch heraus, welches Stolle in ſei-
ne Hiſtorie der Gelahrheit S. 776 in das Jahr
1609
Muſei ruſtici et commerc. im 1ſten Theil S. 75.
behauptet, daß Coleri Handbuch ſchon 1595 zu
Wittenberg in 4. gedruckt ſey, und merkt dieſes
als einen Fehler des Gelehrten Lexici an. Doch
Hr. Lueder in ſeinen Briefen uͤber die Kuͤchengaͤr-
ten im 3ten Theile S. 354 will behaupten, daß
damals vielleicht das Calendarium zuerſt erſchie-
nen ſey, nicht aber das Handbuch, giebt es aber
blos als eine Vermuthung. Es iſt dieſes uͤber-
haupt eins der erſten deutſchen vollſtaͤndigen Wer-
ke uͤber die Oekonomie. Er fuͤhrt nicht nur alles
an, was in den alten griechiſchen und roͤmiſchen
Schriftſtellern fuͤr die Oekonomie in Deutſchland
brauchbar iſt, und fuͤgte die bis zu ſeinen Zeiten
gemachten neuern Beobachtungen bey. Hierdurch
wurde dieſes Buch gleichſam ein Innbegriff aller
oͤkonomiſchen Kenntniſſe, die er aus den Schrift-
ſtellern und eigenen Erfahrungen hatte. Coler,
als ein Schleſier, kannte die ſchleſiſche Wirthſchaft,
hatte in Brandenburg und Mecklenburg die Wirth-
ſchaftsarten, ſo wie auf ſeinen Reiſen die meiſten
Provinzialculturen kennen lernen, und konnte
alſo ſeinem Buche den Grad der Vollkommenheit
geben, den zu ſeinen Zeiten auch entfernte Schrift-
ſteller zu ſchaͤtzen wußten. Die deutſchen Oeko-
nomen und Schriftſteller ſcheinen von der Zeit an
die Griechen und Roͤmer und die Ueberſetzungen
derſelben nicht mehr ſo zu achten, und dieſes iſt
wahrſcheinlich die Urſache, daß ſie, ungeachtet ſie
in der letztern Haͤlfte des 16ten Jahrhunders ſo oft
gedruckt waren, ſich ſo ſehr verloren, und ſo ſelten
gewor-
Bucherſammlungen ſind. Sein Hausbuch war
faſt im ganzen 17ten Jahrhunderte das Haupt-
duch aller Landwirthe in Deutſchland und der
Schweiz, und gab der Landwirthſchaft in dieſem
Lande dadurch das rechte Leben. So wird z. B.
in der Auflage von Rhagorius Pflanzgarten vom
J. 1669 in der Vorrede S. 6 Coleri Buch als
eine Quelle, woraus die ſchweizeriſchen Schrift-
ſteller geſchoͤpft, angegeben, es heißt daſelbſt:
„Es iſt auch der Autor keinesweges uͤbergangen
den ehrwuͤrdigen und wohlgelahrten M. Joh. Co-
lerum, als den beruͤhmteſten bey den Deutſchen
itziger Zeit, welcher mit großer Muͤhe und Arbeit
ein maͤchtiges Opus oeconomicum, d. i. Haus-
buch zuſamme getragen, ſo mehrmalen gedruckt
worden.“ Es erſchien oͤfters in neuen [Ausgaben];
und unter andern auch 1680 unter folgendem ſehr
weitlaͤuftigen Titel: Oeconomia ruralis et do-
meſtica, darinn das ganze Amt aller treuen Haus-
vaͤter und Hausmuͤtter, beſtaͤndiges und allgemei-
meines Hausbuch vom Haushalten, vom Acker,
Gar[t]en, Blumen und Feldbau begriffen, auch
Wild und Vogelfang, Weidwerk, F[iſche]reyen,
Viehzucht. Holzfaͤllung und ſonſt allem, was zur
Beſtellung und Regierung eines wohlbeſtellten
Meyerhofes, Laͤnderey, gemeinen Feld und Haus-
weſens nuͤtzlich und vonnoͤthen ſeyn moͤchte.
Samt beygefuͤgter einer experimentaliſchen Haus-
apotheke und Vieharzneykunſt, wie denn auch ei-
nes Calendarii perpetui. Dadurch und darin-
nen man nicht allein Menſchen, Viehe, Blumen,
Garten und Feldgewaͤchſe mit geringen unter der
Huͤlfe
Feldbau und recht vollkommener Wohlbeſtellung
eines bequemen Landſitzes, ſodann aus des Hrn.
D. Georg Marii publicirten Gartenkunſt und fuͤr-
ter des Hrn. Johann Figardi I. V. D. colligirten
Feldbau, Rechten und Landſitzgerechtigkeiten hin-
zugethan worden. Strasburg 1588.
Figards
praͤſerviren und zu ſaͤubern, auch wie man nach
der Influentiis des Geſtirnes, Sonne und Mon-
des zu rechter Zeit zu duͤngen, ſaͤen, pflanzen,
aͤrndten und zu bauen ſey, zu finden. Fuͤr aller-
hand Kauf- und Handelsleute, auch Doctoren,
Apotheker, Laboranten, Balbierer, Mahler, Gold-
ſchmidte, Gaͤrtner, Viehhaͤndler, Jaͤger, Fiſcher,
Vogler und alle, die mit Handel und Wandel
umgehen, und ihre Geſchaͤffte, Nahrung und Ge-
werbe treiben; hiebevor von M. Joh. Colero ꝛc.
Frankf. am Mayn 1680. Fol. Theil I. 732 S. u.
8½ Bogen Regiſter. Theil II. 358 S. u. 10 S.
Regiſter. Ioachimi Camerarii Opuſcula de re
ruſtica, Norimb. 1577. noch eine andre Schrift
von ihm ſ. in der Geſchichte der Viehzucht.
Theodor Zwingeri methodus ruſtica Catonis
et Varronis praeceptis aphoriſticis per locos
communes digeſtis, Baſel. 1561. Zechendoͤrfer
kommt auch in der Geſchichte der Viehzucht vor.
Landſitzgerechtigkeiten; ſcheint einer der erſten zu
ſeyn, die an eine Oeconomiam forenſem dachten.
D. Georg Marii Paralipomena et marginatica
hortulanica, d. i. Gartenkunſt zum Feldbau an-
gehoͤrig, in Abmerkung der Erfahrung wahrhaf-
rig, was zum Feldbau und Haushalten in dieſem
unſern deutſchen Vaterlande dienſtlich aufzubrin-
gen fremde Gewaͤchs von Rosmarin und andern
Baͤumen, auch wie man neue Wieſen ſoll anrich-
ten, dabey mit Vieh zu unterhalten alles mit
ſondern Fleiß erlernet und treulich beſchrieben
Strasburg 1586. Fol.
Von D. Conrad Heresbach Rei ruſticae libri IV.
vniuerſam agriculturac diſciplinam continen-
tes auctore Conrad. Heresbachio. Colon. Agrip.
1571. und nachher zu Speyer 1595.
Pflanzbuch nebſt einer Bauernpraktika. 1574.
Moller vom Sommerfeldbau 1383.
Derſelbe vom Winterfeldbau 1383.
Und ſo finden ſich verſchiedene andere Gelehrte
in der Geſchichte der einzelnen Oekonomiegeſchaͤffte.
Unterricht und Anleitung, wie eine ganze Haus-
haltung am nuͤtzlichſten und beſten kann angeſtellet
werden ꝛc. Alles auf Anordnung Churfuͤrſten Au-
guſtus Chriſtſel. Gedaͤchtniß durch einen Vorneh-
men von Adel auf die Churfuͤrſtl. Vorwerke ge-
ſtellet,
bers Abhandlung von Cammerguͤtern, S. 59. in
der Note a)
bung der alten deutſchen Oekonomie und Came-
ralweſens, S. 28.
Fiſchordnung. Die Forſt- und Holzordnung er-
ſchien
Caſp. Jugelium. Frankf. und Leipz. in 4. 1704.
ſtalt die Daͤmme an der Elbe, die man Truhe
nennt, beſtellt und gegen Uebergießung der Elbe
gehalten werden ſollen.
betreffend. 1575 Generalbeſtellung der Forſtbe-
dienten.
gentenſpiegel; ingleichen die ſaͤchſiſchen Merkwuͤr-
digkeiten S. 818.
desverſammlungen gezogen, beweiſen die Land-
tagsabſchiede, die Beſchwerden, die Abſtellungen
der Landesgebrechen, und Moſer in ſeinen Schrif-
ten von der Landeshoheit in Steuern, in Cam-
mern, in Polizeyſachen hat viele Beyſpiele ange-
fuͤhrt.
uͤberhaupt angefuͤhrt; die, welche uͤber einzelne
Geſchaͤffte geſchrieben, ſollen bey jedem einzelnen
Geſchaͤfft folgen. So finden ſich viele Schrift-
ſteller uͤber die Viehzucht, Weinbau- Gartenbau,
Jagd und Fiſcherey, Bergwerksweſen ꝛc.
und auch in ſeinen Polizeyverordnungen uͤber die
Pracht, und namentlich uͤber den pludrichen Ho-
ſenteufel; eben ſo uͤber den uͤbermaͤßigen Staat
der Frauenzimmer, daß ſie faſt uͤber zwey und
drey Jahr neue Pracht aufbraͤchten.
1704. S. 823.
Geſchichte des Cameralweſens.
Jahrhunderte den Vergilius verbrannt, weil er
Gegenfuͤßler glaubte; der Albert us Magnus wur-
de wegen ſeines im Winter gruͤnenden Gartens
verurtheilt. Die Chemie und Mechanik war vor-
her unter die artes illiberales gerechnet.
Hiſtorie, VII. 734.
kannteſten Oekonomen des 17ten Jahrhunders an-
fuͤhren, wo ſie der Hr. von Rohr, Zink und Schre-
ber in ihren Schriften geſammelt. Von der Land-
wirthſchaft uͤberhaupt ſchrieben in Deutſchland
Albrecht Aldrovandus von der Au, J. A. Beck,
Bernard Blaſius, Boͤkler, Boͤhme, Buchholz, Co-
ler, Coͤſius, Faulhofer, Fiſcher, Fugger, Furten-
bach, Groͤn, Gruͤmel, Hering, von Hohberg, Hohn-
dorf, Hohlbach, J. B. Horn, Junghans, Kircher,
Kraͤutermann, Krebs, Laurenberg, Lohmann, Loͤhn-
eiſen, Montanus, Orſchalk, Pinter, Roͤßler, Sach-
ſe, von Schoͤnberg, C. C. Schindler, Schreiber,
von Seckendorf, von Soleyſel, Spahn, Taͤnzer,
Toͤlden, J. Walter, Winter, Wuͤndſch.
Oeconomiae. Eiusd. Syſtema Politicae. Georg
Richters
ſcheint das oben angefuͤhrte aus dem 16ten Jahr-
hunderte. Figart colligirte Feldbaurechte und
Landſitzgerechtigkeiten. ſ. oben not. k) In den
17ten Jahrhunderte aber finden ſich mehrere
Schriften hieruͤber. Es gehoͤren hieher die Schrif-
ten eines Beſold, A. Beier, Bodinus, Brunne-
mann, Bruͤckner, Carpzov, Eyben, Feldmann,
Frenzlius, Frieſe, Fritſch, Gryphiander, Hertius,
Hakmann, Horpprecht, Kaſpelherr, Leyſer, Ludwich
Noe Mauerer, Marquard, Martini, Maͤvius,
Muͤller, Oettinger, Jac Otto, Philippi, Rhetius,
Schilter, Schoͤpfer, Schroͤter, Stryk, Struv,
Speidel, Tabor, Thomaſius, Wildvogel.
litica. Daniel Berkringers zu Leyden Inſtitutio-
nes oeconomicae diductico problematicae;
unter denen noch Kekermann am ertraͤglichſten,
obgleich immer noch mittelmaͤßig iſt.
C. I. §. 24.
es in ihren Schriften angemerkt, wie die Gelehr-
ten des 17ten Jahrhunderts es zu vermeiden ge-
ſucht, die Oekonomie wiſſenſchaftlich zu behandeln,
in
verſitaͤten die Cameralwiſſenſchaften vorgetragen,
alſo doch noch nicht die eigentliche Oekonomie be-
ſonders, ſondern nur bey Gelegenheit die Cameral-
wiſſenſchaften. Der Hr. von Ludwich erwaͤhnt
dieſe Thomaſiuſiſchen Vorleſungen in der Nach-
richt von der neuerrichteten Cameralprofeßion zu
Halle S. 156.
zu lehren
in Gaßers Einleitung in die Cameralwiſſenſchaft;
ſo wie die wegen Frankfurt an der Oder in Dith-
mars Einleitung ꝛc.
Gaßeriſchen Lehrbuch. S. 7.
ac neceſſaria rerum oeconomico politico Ca.
meralium cum ſtudio iuris in academia con-
iunctione.
Privatbemuͤhungen an, ein gewiſſes Stifft ohn-
weit Weißenfels zu dieſem Zwecke zu beſtimmen;
allein zufaͤllige Umſtaͤnde und endlich ſein Tod
hinderten die Ausfuͤhrung.
erhellet aus folgender Schrift: Plan der hohen
Cameralſchule, welche mit churfuͤrſtl. gnaͤdigſter
Erlaub-
Verfaſſung dieſer Facultaͤt giebt Hr. Schlettwein
in der Grundverfaſſung der neu errichteten oͤko-
nomiſchen Facultaͤt zu Gießen, auf hohen Befehl
herausgegeben von J. A. Schlettwein, in 4. Zu
Profeſſoren bey derſelben ſind bey der Errichtung
beſtellet:
- Hr. Regierungsrath Schlettwein als Prof. der
Politik, Cameral- und Finanzwiſſenſchaften. - Hr. Prof. Breitenſtein als Prof. der Landwirth-
ſchaft und des Rechnungsweſens. - Hr. Prof. Baumer als Prof. der Chemie und
Mineralogie. - Hr. Prof. Cartheuſer als Prof. der Phyſik, Bo-
tanik und Bergwerkskunde.
Hr.
von der churpfaͤlziſchen oͤkonomiſchen Geſellſchaft
zu Lautern herausgegeben, zweyte Auflage. Es
gehoͤren hieher auch die Briefe uͤber die Cameral-
akademie zu Lautern, die theils in dem deutſchen
Merkur vom J. 1777 ſtehen, wo die vier erſten
befindlich ſind; der fuͤnfte aber ſtehet in den Ephe-
meriden der Menſchheit vom J. 1778. St. 2.
S. 49.
- Hr. Prof. Boͤhme als Prof. der buͤrgerlichen
Baukunſt. - Hr. Hofr. Diez als Prof. der Vieharzeneykunde.
ſchen Schriftſtellern, als eines der vorigen. Ih-
re Namen zu kennen, dienen die Bibliotheken des
Hru.
nur einige der vornehmſten den Namen nach er-
innern. Es gehoͤren hieher die Schrifteu eines
Dithmar, Gaßers, Amthors, der unter dem Na-
men Anaſtaſii Sinceri ein Projekt der Oekonomie
in Form einer Wiſſenſchaft ſchrieb, Fuͤrſtenau,
Zink, Reichart, Rammelt, Kretſchmar, von Muͤnch-
bauſen, von Juſti, Daries, Woͤllner, Kruͤnitz,
Wolf, Medikus, Succov, Schreber, von Schoͤn-
feld, von Benkendorf, von Bork, Luͤder, Lueder,
Sprenger, Beckmann, von Pfeiffer, von Hohen-
thal, Hofmann, Herzog, Neumann, Jung, u. a.
Ich habe hier nur die vorzuͤglichſten allgemeinern
Schriftſteller genannt, denn alle und zugleich mit
ihren Schriften hieher zu ſetzen wuͤrde zu weit-
laͤuftig ſeyn, und gehoͤrt fuͤr die oͤkonomiſchen Bi-
bliotheken, allein bey den einzelnen Geſchafften
werde ich die vorzuͤglichſten zugleich mit ihren
Werken anzeigen.
weiterung der Landes-Oekonomie, Manufaktur-
und Commercien-Deputation betreffend, welche
ſich unter andern auch im Leipz. Intelligenzblatt
von 1764. S. 169. befindet.
telligenzblatt von 1763. St. 7. in der Beylage.
219.
gegeben, und mit dem 4ten eine neue Sammlung
nuͤtzlicher Unterrichte angefangen.
land, S. 45. Er nennt auch eine Ackerbaugeſell-
ſchaft zu Muͤnchen.
von 1765. S. 141.
fuͤr die Landesvermeſſer hat Zink im 10ten Bande
der Leipz. Samml. Die braunſchweigiſche Inſtru-
ction fuͤr die Landesvermeſſungscommiſſion, ſ. D.
Schrebers neue Samml. die zu Buͤtzow erſchienen,
7ter Theil. S. 523 u. f. Von Landesvermeſſun-
gen uͤberhaupt ſ. die Verbeſſerung des Staats aus
mathematiſchen und oͤkonomiſchen Gruͤnden, oder
vollſtaͤndiger Unterricht von Landesvermeſſungen
und daher entſtehenden vortheilhaften Einrichtun-
gen der allgemeinen Landesoͤkonomie und des Ca-
meralweſens aus den beſten Landesvermeſſungs-
anſtalten von Chriſtian Heinrich Wilken. Frankf.
und Leipzig 1765. 4.
riden der Menſchheit vom J. 1777. St. 2. S. 87.
im Darmſtaͤdtiſchen. (Intelligenzblatt vom Jah-
re 1780. No. 17.) Zu geſchwinderer und ſicherer
Ausbreitung der oͤkonomiſchen Verbeſſerung in
Landgraͤfl. Darmſtaͤdtiſchen Landen hat die fuͤrſtl.
Landcommiſſion uͤber gewiſſe Diſtricte eigne Oe-
konomiecommiſſare im vorigen 1779ſten Jahre
angeſtellt. Deren Obliegenheiten beſtehen aus
der
Hauptinhalt folgender iſt: Sie ſollen naͤmlich
uͤberhaupt darauf ſehen, daß jeder Grund und
Boden nach den obwaltenden Umſtaͤnden auf die
beſtmoͤglichſte Art benutzt werde. — In dieſer Ab-
ſicht beſonders fuͤr reichliche Fuͤtterung, beſſere
Viehzucht und genugſamen Duͤnger Sorge tra-
gen. — Daher alle Kraͤfte anwenden, die ſchon
vorhandenen Wieſen zu verbeſſern, neue anzule-
gen, beſonders die Weiden darzu einzurichten. —
Dieſe zu Wieſen zu hegende Weiden ſollen unter
die Gemeindsleute auf lebenslaͤnglichen Genuß
ausgetheilt, nur einige Theile davon zum Beſten
der Buͤrgermeiſterey ausgeſetzt bleiben. Den
Kleebau und die Anlegung kuͤnſtlicher Wieſen
muͤſſen ſie, ſo viel moͤglich, in Ganz zu bringen
ſuchen. Wenn auf dieſe Art der Futterbau in
gutem Stande iſt, alsdenn iſt es Zeit, mit Ernſt
auf die Vermehrung des Viehſtandes aller Gat-
tung zu denken, und die fuͤr die Landwirthſchaft
ſo nuͤtzliche Stallfuͤtterung allgemein zu machen.
Wo das noch nicht angeht, muß wenigſtens das
Nachtweiden, wie uͤberhaupt alles Weiden des
Zugviehes, abgeſtellt, und nur hie und da, der
Pferdezucht wegen, ein Gehege fuͤr Fohlen, Foh-
lenmuͤtter und kranke Pferde angelegt, und Tag-
und Nachtweiden verſtattet werden. — Durch
die verbeſſerte Viehzucht und eingefuͤhrte Stall-
fuͤtterung werden ſie alsdenn in den Stand geſetzt
werden, ſowohl die alten Felder in beſſern Stand
zu ſetzen, als auch neue urbar zu machen, beſon-
ders wenn ſie von Gips und Mergel den gehoͤri-
gen Gebrauch zu machen wiſſen. Fruchtbau, Ma-
nufaktur,
ſie nach Maaßgabe der Landesart und der Umſtaͤn-
de in Aufnahme zu bringen ſuchen; an alle ſchick-
liche Orte Alleen und Baumſchulen anlegen; wo
Abſatz zu hoffen, vor den Anbau der Kuͤchenge-
waͤchſe Sorge tragen ꝛc. Sie ſollen auch darauf
ſehen, daß die gemeinen Waldungen forſtmaͤßig
behandelt, und wo es angeht, neue angelegt, hin-
gegen alles Buſchwerk, was keine ausgeſteinte
Remiſen ſind, ausgerottet werde. Auf die in
Standſetzung der Flur- Feld- und Abzugsgraͤ-
ben, auf die Unterhaltung der Wege, Vertilgung
der Raupen und anderer Ungeziefer ꝛc. ſollen ſie
ein wachſames Auge haben; gegen die Feldfrevel
mit Beyrath des Schultheiß und Gerichten die
ſtrengſte Vorkehrung treffen; uͤber die Erhaltung
und Vermehrung der gemeinen Einkuͤnfte wachen;
die Gemeinſchulden moͤglichſt mindern, zum we-
nigſten auf geringere Zinſen ſetzen, und ſich uͤber-
haupt das gemeine Beſte recht angelegen ſeyn laſ-
ſen. — Den Schlichen der gemeinen Rechnungs-
fuͤhrer ſollen ſie nachſpuͤren; — brauchbare Maͤn-
ner zu Gemeinvorſtehern jedesmal in Vorſchlag
bringen ꝛc. An jedem Orte ſollen ſie ſich nach der
Lebensart, dem Nahrungsſtand, Fleiß und Traͤg-
heit der Unterthanen genau erkundigen; ſie auf-
muntern; ſich mit Schultheiß und Gerichten uͤber
die moͤgliche Verbeſſerung berathen, gutaͤchtlich
an die fuͤrſtl. Landcommiſſion berichten, die Re-
ſolutionen derſelben ſtracklich ausfuͤhren und daruͤ-
ber wachen; doch alles ſo viel moͤglich in Guͤte
und mit eigner Ueberzeugung der Unterthanen.
Ueber alle in ihren Cantons geſchehene Verbeſſe-
rungen
Wirthſchaft, Dorf- und Feldpolizey ꝛc. ſollen ſie
am Ende jedes Jahres nach dem ihnen mitgetheil-
ten Formular einen umſtaͤndlichen Bericht er-
ſtatten. —
S. 200. 201.
S. 400.
1777. St. 6. S. 94.
Anbauung wuͤſter Laͤnder.
den Fleiß eines Landmannes fruchtbar gemachten
oͤden Bezirk, iſt dieſem eine Ehrenſaͤule errichtet
mit folgender Inſchrift:
Georg Adam Lang
dem Buͤrger in Lingenheim
genannt
der Bienenvater
verdankt die Austrocknung des Damfeldes
Carl Friederich.
des Hrn. Buͤſchings Wochenblatt, und in dem
pommeriſchen und neumaͤrkiſchen Wirthe.
man zugleich die Gemeinheiten bey den großen ur-
bar gemachten Bruͤchern aus einander zu ſetzen
ſuchte. Man findet die Nachrichten von dieſen
großen Verbeſſerungen im pommerſchen und neu-
maͤrkiſchen Wirthe im 6-12, 18, 24, 30, 44, 45
Stuͤck, und in Hrn. Buͤſchings woͤchentlichen Rach-
Nachrichten 5, 11, u. 36 St. vom J. 1777.
die Ueberſetzung des Columella von Michael Herrn,
und im ſiebenzehnten erſchien 1612 eine neue von
Theodor Majus, der auch den Palladius uͤberſetzte.
ſchichte der Cameralwiſſenſchaft. S. 30.
uff Wiederruffenn, welche ſich als eine Beylage
in D. Schrebers Abhandlung von Cammerguͤtern
findet. S. 161.
ſetze anfuͤhren. Es finden ſich dergleichen vom
J. 1534, 1571, 1617, 1653, 1663, 1693, 1694,
1700, 1719, 1720, 1761.
net wird: daß man alles Werkzeug, ſo einer zu
ſeiner Kunſt, Handthierung oder taͤglichen Arbeit
beduͤrftig, auch der Pferde, Ochſen, Schafe, Saa-
mens und anderer, was man zum Ackerbau noth-
wendig haben muß, verſchone, und daſſelbe eher
nicht angreife, es ſey denn an andern fahrenden
oder liegenden Guͤtern, oder auch außenſtehenden
richtigen Schulden ſo viel nicht vorhanden, daß
ſich Creditoren daran erholen koͤnnen.
Handel mit demſelben ſind folgende, eine von 1592
von Herzog Friedrich Wilhelm, eine von 1607,
1654.
er einige Nachrichten von dem Erfurter Waid-
handel giebt.
ruhr 1509 ſeq. oder wie eigentlich der Titel heißt:
Hiſtorie von dem Erfurter Aufruhr, welche D.
Heinrich Kellnern von Niclas Carlen, Procurato-
ren und Notario zu Erfurt, Anno 1569 mitge-
theilet worden, der ſie von N. Eberbach, Patricio
Erfur-
zu Trechterborn 4 Pferde und 4 Knechte wegge-
nommen, ſo verloren die Bauern zu Waltersle-
ben 60 Pferde, ihr Geſchmeide, Kiſten und Kaſten.
niſtrator der Churſachſen, den Waidhandel be-
treffend, ihn in der Stadt Hayn niederzulegen.
Waidfrucht, und nicht mit dem ſchaͤdlichen und
durchfreſſenden Indigo gefaͤrbt werden ſollen.
Mandat wegen der Corroſivfarbe des Indigo vom
J. 1654.
bibliothek. S. 160.
in die franzoͤſiſche Ackerbaugeſchichte. Hier will
ich nur anmerken, daß ſchon die Alten dieſes Ein-
weichen und Schwaͤngern des Saamens kannten,
ich habe dieſes weitlaͤuftiger gezeigt in meinem
Verſuch uͤber den Landbau der Roͤmer, S. 90.
In den neuern Zeiten brachte dieſes ſonderlich
wieder auf Vallemont in ſeinem Buch: Curioſi-
tés de la nature \& de l’art ſur la vegetation
ou l’agriculture, à Paris 1708, welche 1714 ins
Deutſche uͤberſetzt wurde.
So
maͤßiger Verbeſſerung des Feldbaues durch Am-
broſius Zeiger; ihm ſetzte D. Kuͤhnhold ſeine Ex-
perimentaloͤkonomie entgegen.
licher Geheimniſſe, d. i. gewiſſe nicht in bloßer
Speculation beſtehende, ſondern durch viele Ex-
perimente bewaͤhrte Kunſt, die Landguͤter merk-
lich zu beſſern, den Ackersmann reich zu machen,
und zu allem Ueberfluß zu verhelfen. Halle 1710.
ſten Bande der Actorum Iablonovianorum latei-
niſch; ausfuͤhrlicher und ins Deutſche uͤber-
ſetzt und mit neuen Erfahrungen vermehrt, wird
ſie eheſtens erſcheinen.
handlung zugleich mit jenem zu beſtimmen ſu-
chen.
im 11ten Theile.
Lautern vom J. 1777. S. 143 und 144.
899. und die Vorrede zum zweyten Stuͤck des
erſten Theils. Auch von Linne beſtaͤtiget dieſe
Meinung in Ameenit. acad. 177. S. 395.
in der Bemerkung der Churpfaͤlziſchen Oek. Ge-
ſellſchaft zu Lautern, von 1777. S. 133, 134.
J. 1775. S. 41. In der Bemerkung der Pfaͤl-
ziſchen Oek. Geſellſchaft vom J. 1777. S. 136.
ſellſchaftim J. 1777. die Abhandlung des Hrn.
Gugenmus uͤber den Krappbau.
Gegend ſelbſt genommen, welche ſich im In-
telligenzblatt vom J. 1778. St. 10. S. 83. fin-
den, unter den Inſchriften; Nachrichten vom Fort-
gange des Krappbaues, welche die Heſſeudarm-
ſtaͤdtiſchen Privat-Landzeitungen bekannt ge-
macht.
Georg Marii Paralipomena et marginatica hor-
tulanica, d. i. Gartenkunſt ꝛc. auch wie man neue
Wieſen ſoll anrichten, dabey mit Vieh zu un-
terhalten, alles mit ſonderberbarem Fleiß er-
lernt und treulich beſchrieben. Strasburg 1586.
Landſitzrechten.
ſeinem Hausbuch.
Leipz. Intell. Bl. vom J. 1767.
der zuverlaͤßigen Vermehrung der Futterkraͤu-
ter, Stutgard 1780. 8.
nung wegen Abſtellung der Fruͤhlingswieſenhut
und wegen Verwandlung der Brach- und Herbſt-
in Grummtwieſen.
1780 St. 47.
hier nicht uͤberfluͤßig ſeyn, wie ſie Hr. Prof.
Beck-
wirthſchaft v. J. 1775 in der zweyten Ausgabe
S. 435 und 436 angegeben. Der Stier (tau-
rus) heißt auch Bulle, Boll, Hummel, Stamm-
ochſe, Zuchtochſe, Brummer; die Kuh (vacca)
findet ſich nur, ſo viel mir bekannt; unter ei-
nem Namen; Kalb iſt das neugeborne, und
Rind das mehr erwachſene Junge beyderley
Geſchlechts, auch Schilbe; Faͤrſe, von Farr,
iſt eine junge Kuh, die noch nie belegt worden;
Quene eine junge Kuh, die noch nie gekalbt hat,
oder die zum erſtenmal kalbet, ein Wort, das
uͤberhaupt ehemals das weibliche Geſchlecht an-
deutete, und ſich noch im Engliſchen Queen,
im Schwediſchen Quinna, im Hollaͤndiſchen
Quene erhalten hat. Staͤrke iſt eine Kuh, die
zum erſtenmal traͤgt, oder auch nur einmal ge-
kalbt hat. Ochs (bos) iſt der junge verſchnitte-
ne arbeitende Stier. Bullochs iſt der Stier,
der, nachdem er der Heerde lange genug gedient
hat, verſchnitten worden. Guͤſte oder gelte,
nennt man die Kuͤhe, Ziegen, Schaafe, die
wenigſtens auf 1 Jahr unfruchtbar oder nicht
traͤchtig ſind. Das guͤſte oder gelte Vieh, oder
welches trocken oder treuge ſtehet, iſt das Ge-
gentheil von Melkvieh.
Haupt- und Amtleute mit den Schaafmeiſtern
halten ſollen.
1583. 1593. 1594. bey drn Mylius.
Und wiewohl nicht ohne iſt, daß etliche
von Alters her in unſern Landen Schaͤfereyen
haben, ſo hat ſich doch begeben, daß ſie bey
wenig Jahren vielmehr Schaafe haben, als ſie
von altem Gebrauch nach, zu halten befugt.
liche Beſchreibung des gegenwaͤrtigen alten und
uralten Standes Germanien, ihr erſtes Auf-
kommen, Zunehmen und jetzige Gelegenheit der
Regierung, und Herrſchung, Stadt, Polizey,
Kirchenſtaates, Flecken, Schloͤſſer, Doͤrfer,
Fruchtbarkeit, durch Matthis Quaden von Kin-
delbach, gedruckt zu Coͤln am Rhein 1609.
Eine Vermuthung uͤber die Lage dieſes Laͤnd-
chens findet ſich im deutſchen Muſeum vom J.
1779 4tes St. April S. 373. es iſt ein Theil des
[heutigen] Fuldaiſchen.
Diſputatio de curandis equis variaque de re eque-
ſtri 1556.
Par. 1530. iſt das Original; die Ueberſetzung
erſchien
eiſen gruͤndlicher Bericht des Zaͤumens und or-
dentlicher Austheilung der Mundſtuͤcke und
Stangen. 1588. Fol.
dem Titel: Roßarzeney, Nuͤrrnberg, 1575. 4.
auf koͤnigl. Befehl durch Johann Ruellius,
Sueßio, aus alten griechiſchen Scribenten zu-
ſammen getragen, und hernach durch Gregori-
us Zechendoͤrfer Med. Doct. zu Eger in das
Deutſche uͤberſetzt.
Im Brandenburgiſchen v. J. 1611, 1615, we-
gen
Schaͤferordnungen v. J. 1616, 1647, 1663,
1669, 1673, welches aber wahrſcheinlich Wie-
derholungen der v. J. 1582 ſind.
Geſinde-Hirten- und Schaͤferordnung, 1629
Verneuerung des Wolledikts; 1644 und 1645
eine Hirten- und Schaͤferordnung; 1664 eine
Schaͤferordnung fuͤr die Uckermark; v. 1681
das Maſtedikt: v. 1682 wider die Ausfuhre der
Wolle, ingleichen eine Hirten- und Schaͤferord-
nung von eben dieſem Jahre; ein Wolledikt v.
1690; ein Maſtedikt v. 1694; v. 1695 wider
Aufkauf und Ausfuhr der Ochſen und Schaafe;
und von 1699 eine Schaͤferordnung.
Stuterey, Nuͤrnberg, 1703. Fol. S. 16.
eine Verordnung wegen der Maͤngel der ver-
kauften Pferde in den Calenbergiſchen Landes-
ordnungen, O. 2. S. 626.
- Neues Roß-Buch oder von der Pferde-Anatomie,
Natur, Cur, Pflegung, Heilung aus Karoli Riemi
von Bononien Edition in das Deutſch uͤberſetzt
durch Peter Uffenbach M. D. zu Frkf. 1603. Fol. - Chriſt. Jac. Lieb Reitkunſt, Dresden, 1616.
- Mangers Sauters, Merks Fuggers Stallmei-
ſterbuch von der Roßarzeney, wie auch ſein Biß-
buch von dem geſchloſſenen und offenen Biß nach
der Kunſt des Zaums. Augſ. und Frankf. 1622. - Georg Loͤhneiſens vollkommene Reitkunſt von den
ritterlichen Uebungen bey Aufzuͤgen und Tur-
nieren 1625. Fol. - Ioh. Melch Maderi Equeſtria ſ. de arte equitandi
Lib. II. Norimb. 1621. 4. - Neugebahnter Tummelplatz und eroͤffnete Reitſchu-
le, Wien, 1660. iſt eine Ueberſetzung von dem
Cavallo di Maneggio des Galiberti Martin Lie-
bens Reitkunſt, 1665. - Verneuerte Reitkunſt in deutſcher und franzoͤſi-
ſcher Sprache, mit dem Anhange des Hrn. du
Breuil Pompée kurzen Unterricht vom zierlichen
und geſchickten Sitz zu Pferde. 1670. Fol. - Winter von Adlersfluͤgel Stutterey und Fohlenzucht,
Nuͤrnberg, 1672. - Auserleſene und werthbefundene Roßarzeneyen,
uͤberſetzt aus dem Franzoͤſiſchen des Herrn An-
toni
phani Bracciolini, 2 Buͤcher, Frankf. und Leip-
zig. 1674. 8.
- Georg Simon Winter von Adlersfluͤgel Eques peri-
tus et Hippiater expertus, oder wohlberittener
Cavallier und wohlerfahrner Roßarzt, Lat. und
Deutſch. Nuͤrnberg, 1678. - Ebendeſſelben wohlerfahrner Roßarzt, beſonders
gedruckt, Nuͤrnberg 1678. Fol. - v. Hohbergs vollkommne Pferdezucht. Nuͤrnberg,
1678. Fol. - Johann Chriſtoph Pinters von der Au neuer voll-
kommner verbeſſerter und ergaͤnzter Pferdeſchatz
mit beygefuͤgter Reitkunſt des Hrn. del Campi,
Frankf. 1688. Fol. - W, H. H. vollkommne Pferd- und Reitſchule. Nuͤrn-
berg, 1689. 8. Fol. - Winter von Adlersfluͤgel curioͤſer Stallmeiſter
1691 8. - Die edle Reitkunſt aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſe-
tzet, Frankf. 1698.
vollſtaͤndigen Pferdewiſſenſchaft, S. 255. und
Zehentner im kurzen und gruͤndlichen Unterricht
von der Pferdezucht. S. 98.
tes, Lemgo, 1771. 8.
terricht vou der Pferdezucht, S. 43. wo er auch
die Antwort der Bauern anfuͤhrt. „Wir koͤn-
nen, ſagten ſie, aus alten Decumenten anfuͤh-
ren, daß alle Abgaben, die wir dem Herrn zu
geben ſchuldig ſind, anfaͤnglich nur freywillige
Geſchenke waren; nach und nach hat man ſie
uns zur Schuldigkeit aufgedrungen. Wenn wir
nun eingehen wollten, Pferde aus Zwang zu
erziehen, und dem Landesherrn den Anſpruch
darauf zu loſſen, ſo wuͤrden wir in kurzem kein
Pferd, kein Vieh und nichts eigenes mehr ha-
ben, und endlich in Leibeigenſchaft verfallen.“
Er bemerkt zugleich, daß die Lippiſchen Leibei-
genen noch mehr einzuwenden gehabt, und eine
ausgedehntere Leibeigenſchaft befuͤrchtet haͤtten.
wegen des Einſcharrens, Vergrabens, ingleichen,
wenn das Vieh von einem Orte zum andern ge-
bracht wird, zu halten, ſammt einem Entwurf
einiger Huͤlfemittel.
- 1712. Verordnung, daß das verreckte Vieh, wenn
es an der Seuche ſtirbt, 5 Ellen tief mit Haut
und Fell in die Erde vergraben werden ſoll. - 1713. 10. Jan. Wie und an welchen Orten die
Graben vor das verreckte Vieh gezogen, jedoch
ſolche von denen Wirthen, denen das Vieh ab-
geſtorben, verfertiget werden ſollen. - 1714. 14. Febr. Das daß verſtorbene Vieh von
dem Scharfrichter unabgezogen vergraben, und
dieſelben in verfallenden Zwiſtigkeiten ſich fuͤr
den Magiſtraten, wo ein jeder wohnhaft iſt,
ſich geſellen, und ihres Verbrechens wegen
Red und Antwort geben ſollen. - 1716. 20 Octob. Daß das einzubringende Hornvieh
an einem Horn gezeichnet, mit geſchwornen At-
teſtatis und Paͤßen verſehen werden ſolle; wobey
eine Anweiſung befindlich, woran man die Krank-
heit des Viehes erkennen, das geſunde davor
praͤſerviren, und das kranke geneſen koͤnne. - 1717. 11. Octobr. Wodurch, weiden die Vieh-
ſeuche ſich wieder hervorgethan, die vorigen
Ver-
nen Atteſtaten renoviret werden.
- 1720. 30. Novemb. Renovation voriger Ver-
ordnungen mit dem Zuſatze, daß auſſer denen
geſchworenen Atteſtaten das Vieh ſechs Tage
lang an den Graͤnzen jeder Provinz die Quaran-
taine halten, und ſodann nach dreymaliger
Durchſchwemmung durchgelaſſen werden ſolle. - 1722. 13. Martii, declarirtes Edikt wegen der
Viehſeuche, und wie man ſich, wenn ein und
andere Oerter damit inficiret werden ſollten, zu
Abwendung der daraus zu beſorgenden weitern
Eindringung, ſowohl bey der anhaltenden Seu-
che, als auch wenn ſelbige aufgehoͤret, und in
Anſehung des zu ſchlachtenden Viehes zu ver-
halten habe. - 1724. 28. Febr. Wegen Bloquirung der mit der
Viehſeuche behafteten Doͤrfer, auch wie die
Landraͤthe in dergleichen Faͤllen, ſowohl in An-
ſehen der Poſtirung, als ſonſt waͤhrender Seu-
che, auch nach Aufhoͤrung derſelben ſich zu ver-
halten haben. - 1729. Sind bey abermal eingeriſſener Viehſeuche
obige Verordnungen renoviret, und die bey de-
nen de A. 1711. und 1716. befindlichen Bey-
lagen wieder gedruckt worden.
reiſſen ſollte, wie ſich in einem und dem andern
zu verhalten.
- 1716. Befehl das Viehſterben betreffend, inglei-
chen Generale wegen des Viehſterbens. - 1724. Generalverordnung, wie ſich bey der ein-
geſchlichenen Viehſeuche unter dem Hornvieh
zu verhalten.
laͤndiſchen Gegenden betreffend.
S. auch die Schriften der oͤkonomiſchen Geſell-
ſchaft zu Lautern v. 1771. von dieſen angori-
ſchen Ziegen.
genzbl. v. J. 1778. S. 154.
in Deutſchland folgende Schriften:
- Die gehobene Gefahr beym Eintritt der Rindvieh-
ſeuche. Es iſt darinnen die Einimpfung und
Fortgang derſelben.
Ge-
- Genaue Beſchreibung der von dem Cammerjunker
Buͤlow zuerſt verſuchten und nachher in den
Aemtern Buͤtzow und Ruͤhn mit beſtem Erfolge
angewendeten Inoculation der Viehſeuche. Buͤ-
tzow und Wißmar. 1779. - Oeffentliche Bekanntmachung der nunmehr ſattſam
erprobten und in Mecklenburg allgemein gewor-
denen Inoculation der Rindviehſeuche, als des
einzigen bisher erfundenen Mittels, den betruͤb-
ten Folgen dieſer Landplage zu ſteuern, mit den
glaubwuͤrdigſten Documenten verſehen und zum
Druck befoͤrdert von Klaus Dethleff von Oer-
zen, Herzogl. Meckelnb. Schweriniſchen Ober-
hauptmann und erſten Vereuter der Herzogl. Do-
mainalaͤmter Buͤtzov, Ruhn, Warin, Themzien.
1. S. 319.
Schaafen und Schaͤfereyen 1. Th. S. 277.
wirhſchaft, S. 263.
Northeim ꝛc.
4to. S. 111.
Leßke. Leipzig, 1780 S. 43.
S. 53.
Heftrigs Reitſchule Kunſtgeuͤbter Bereiter und
durch Erfahrenheit gelehrter Roßarzt nebſt ei-
nem Bericht vom Beſchlage der Pferde Nuͤrn-
berg, 1701. Fol.
- Winter von Adlersfluͤgel Stutterey d. i. neue
wohlbeſtellte Fohlenzucht. Nuͤrnberg, 1703. - Von Solleyſels vollkommner Stallmeiſter. Genf,
1706. 4. 2 Theile. - Der geoͤfnete Ritterplatz. Hamburg, 1715.
- J. V. Vogels Roßarzeneybuch und Unterricht,
wie ein krankes Pferd den Umſtaͤnden nach zu-
erkennen. 1716. Wolfenbuͤttel. - Valentins Trichters Pferdeanatomie. Nuͤrnberg,
1716. 8. 2 Theile. - Pferdebuch. Nuͤrnberg, 1717. 8.
Ger-
- Gerhardi Roßarzeneybuch. Nuͤrnberg, 1721. 2.
- Fuchſens vollkommnes Roßarzeneybuch. 1721. 8.
- Krauſens engliſcher Geſtuͤtegarten von der Pfer-
de- und Maulthierzucht. Nuͤrnberg, 1724. 12. - Joh. Gall. Lukanus Roßarzeneybuch. Leipzig,
1728. 8. - Georg Engelhard von Loͤhneiſen neueroͤfnete Hof-
Kriegs- und Reitſchule, edirt von Valentin
Trichter. Nuͤrnberg, 1729. Fol. - Des Herzogs von Newcaſtel Lehrart die Pferde zu
dreßiren, aus dem Engl. uͤberſetzt. Nuͤrnberg,
1729. Fol. - Der Engliſche Stallmeiſter und bewaͤhrter Roß-
arzt, aus dem Engl. uͤberſetzt. Leipz. 1732 8. - Joh. Fuchſens aufrichtiger Roßarzt. Leipz. 1733 4.
- Neue Reitſchule vorſtellend einen vollkommenen
Reiter in allen Lectionen in Kupfer geſtochen
von Joh. Elias Ruͤdinger. Augsb. 1734. - Die Zaumkunſt durch Hippophilum. Herborn,
1738. Fol. - Mich. Boͤhmens Roßarzeneybuͤchlein, 1740. Pren-
zlow. 8. - Valentin Trichters curieuſes Reit-Jagd-Fecht-
Tanz- oder Ritterexercitien-Lexicon. Leipzig
1742. 8. - Des Herrn Baron von Eiſenberg wohleingerich-
tete Reitſchule, nebſt einem Woͤrterbuch, aller
in der Reitkunſt vorkommenden Kunſtwoͤrter-
Aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzet. Amſterdam
und Leipzig, 1746 in laͤnglicht Fol. - Der ſicher und gewiß curirende Roß- und Pferde-
Arzt, oder gruͤndliche und vernuͤnftige Anwei-
ſung,
ten zu erkennen, die Kennzeichen zu unterſuchen,
und die Hebung gluͤcklich auszufuͤhren, nebſt
einem Anhange von Viehſeuchen. Leipz. 1746. 8.
- Roßarzeneybuch, Berlin, 1748. 8.
- Der nach mediciniſchen Lehrſaͤtzen ſicher curirende
Pferdearzt. Leipzig 1748. - J. A. und M. Hadſon engliſcher Stallmeiſter und
bewaͤhrter Roßarzt. Leipzig, 1749. 8. - Joh. Walters Beſchreibung der Pferde- und Vieh-
zucht, wie auch allerhand kuͤnſtlicher Roß- und
Vieharzeneyen. 1652. 8. - La Foſſens Abhandlung vom wahren Sitze des
Rotzes bey den Pferden, uͤberſetzet von Dan.
Gottfr. Schrebern. Halle, 1752. 8. - Joh. Chriſt. Zehentners Untericht im Reiten, nebſt
einem Anhange von der Zaͤumung. Frankf.
1753. 8. - W. E. von Berga neue Reitkunſt. Tuͤbingen,
1753. 8 - A. M. Born Grundregeln zum Reiten. Hildes-
heim, 1753. - J. C. Zehentners Unterricht von der Pferdezucht.
Berlin, 1754. 8. - Die edle Reitkunſt von M. A. Grieſebach. Eiſe-
nach, 1755. 8. - Bewundernswuͤrdiger Pferdearzt, oder Mittel wi-
der alle Krankheiten der Pferde. Bremen,
1756. 8. - Fuchſens wohleingerichtetes Roßbuch. Leipzig,
1756. 8.
Der
- Der engliſche Stallmeiſter und bewaͤhrte Roßarzt.
1756. 8. Zweyte Auflage. - Zehentners Abhandlung von der Kunſt, Pferde
zu kennen. Frankfurt, 1757. und 1770. 8. - D. Heinrich Brakens verbeſſerte Roßarzeneykunſt,
nebſt verſchiedenen Anmerkungen, die Wahl
und Wartung der Pferde betreffend Nach der
7 Auflage aus dem Engliſchen uͤberſetzet. Al-
tenburg. 1758. 8. - D. G. Schrebers neue Entdeckung an Pferden
zum Behuf der Armeen, Landwirthe und Cur-
ſchmidte. Halle, 1759. 8. - J. A. Kerſting ſicherer und wohlerfahrener Huf-
und Reitſchmidt. Caſſel, 1760. 8. - Ridingers Vorſtellung und Beſchreibung der Schul-
und Campaanepferde, nach ihren Lectionen.
Augſpurg 1760. - Nachrichters nuͤtzliches und aufrichtiges Pferd-
und Roßarzeneybuch. Tuͤbingen, 1760. 8. - Des Grafen von Pembroke Anweiſung, Pferde
abzurichten, und Soldaten reiten zu lehren.
Frankfurt, Leipzig und Zelle. - Handbuch vor einen Reuter von Ohle Madſen.
Altona, 1763. 8. - Der vollkommene Pferdekenner, welcher nicht nur
alle Schoͤnheiten und Fehler zu erkennen giebt,
ſondern auch anweiſet, wie letztern abzuhelfen iſt.
Von W. F. von Reizenſtein. Uffenheim, 1764. 4. - Des Herzogs W. von Newcaſtle Reitbahn, oder
vollkommener Stallmeiſter, mit des Herrn von
Solleyſels Anmerkungen. Nuͤrnberg, 1764. Fol.
Die
- Die beſte und bewaͤhrteſte Erfindung wieder das
Koppen der Pferde. Uffenheim, 1764. 8. - Ejusd. Aufgedeckte Roßtaͤuſcherkunſt. Leipzig,
1765. Fol. - Matth. Hadſon engliſcher Stallmeiſter und be-
waͤhrter Roßarzt, aus dem Engliſchen, Leip-
zig 1765. 8. - Freyherr Franz Joſeph von Tam bewaͤhrte Horn-
Schaaf-Pferd- und Federviehes Arzeneykunſt.
Wien 1765. 8. - Joh. Nic. Textor Bericht, wie Viehſeuchen unter
dem Hornvieh und Pferden wohl erkannt, praͤ-
ſerviret, und curiret werden koͤnnen; nebſt einer
Abhandlung von Pferden und andern Krank-
heiten. Stutgard, 1765. 8. - Dionyſ. Robertſon Pferdearzeneykunſt. Frankf.
1767. 8. neue Auflage, welcher noch ein An-
hang von engliſiren und Hengſte legen bey-
gefuͤget iſt. - Der hollaͤndiſche Stallmeiſter von L. F. W. Oeb-
ſchelwitz. Leipzig und Groͤningen 1766. 8. - Caſpar von Saunier vollſtaͤndige Erkenntniß von
Pferden ꝛc. nebſt vielen Kupfern, aus dem
Franzoͤſiſchen uͤberſetzet von Ch. H. Wilkens,
1767. Fol. ſ. No. 89. - Der im Felde und auf der Reiſe geſchwind heilen-
de Pferdearzt von J. B. von Sind. 2te Aufla-
ge. Frankf. und Leipzig, 1767. 8. - Ebendeſſelben vollſtaͤndige Abhandlung von der
Rehkrankheit der Pferde. Frankf. und Leipzig
1768. 8.
Eben-
- Ebendeſſelben Kunſt Pferde zu zaͤumen und gut zu
beſchlagen. Frankf. und Leipzig. 1768. 8. - Ebendeſſelben neue und ſichere Lehrart, die Pfer-
de in kurzer Zeit und ſchulmaͤßig zu dreßiren. 8.
Dieſes Werk iſt ein Anhang zu dem vorherge-
henden. - Chriſtian Zorns vollſtaͤndiger Unterricht von Er-
ziehung der Pferde. Erfurt, 1768. 8. - Von Sind gruͤndlicher Unterricht von der Pferde-
zucht. Frankfurt und Leipzig, 1769. 8. - Von Garſault Unterricht fuͤr Liebhaber der Pfer-
de und Reiter. Aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzet,
von D. J. G. Kruͤnitz. Berlin, 1770. 8. - Roßbuch: eines Huſarenobriſten bewaͤhrt gefun-
dene Arzeneymittel fuͤr alle Krankheiten der
Pferde. Frankfurt und Leipzig, 1770. 8. - Von Sinds vollſtaͤndiger Unterricht eines Stall-
meiſters, Goͤttingen, 1770. Fol. - Prizelius Beſchreibung des Senner Geſtuͤtes. Lem-
go 1771. 8. - Hurels Abhandlung vom Wurm. Aus dem Fran-
zoͤſiſchen uͤberſetzet. Breslau, 1771. 8. - D. J. Ernſt Zeihers Lehrbegriff von den Krank-
heiten der Pferde und deren Heilung, nebſt einem
Anhange von der Pferdezucht. Berlin, 1771. 8. - Abhandlung von den Turniren, Breslau,
1772. 8. - Vietet’s Unterricht in der Vieharzeneykunſt, aus
Franzoͤſiſchen uͤberſetzet, und mit Anmerkungen
verſehen, von J. C. P. Erxleben. Lemgo,
1773, 8.
Bourge-
- Bourgelats Supplement zu dem kurzen Begriff
von der Zergliederung des Pferdes, aus deſ-
ſen franzoͤſ. Handſchrift uͤberſetzet. Zerbſt,
1773. 8. - Prizelius der Bereiter mit Kupfern. Braunſchweig
1774. 8. - Ebendeſſelben Handbuch der Pferdewiſſenſchaft zu
Vorleſungen. Lemgo, 1775. 8. - Georg Hartmanns Pferd- und Maulthierzucht
nebſt einer kurzen Beſchreibung der herzoglich
Wuͤrtenbergiſchen hierher gehoͤrigen Anſtalten
und Stuttereyen. 1777. - Taſchenbuch fuͤr Liebhaber der Pferde, aus dem
Engliſchen. Es enthaͤlt viel Recepte. - Gishone uͤber die Roßarzneykunſt aus dem Engl.
- Von Pferdekrankheiten, vornehmlich Rotz ꝛc.
- Praktiſche Verſuche der Darmgicht der Pferde
von Johann Chriſtian Ehrmann. - Von Sind vollſtaͤndiger Unterricht in den Wiſſen-
ſchaften eines Stallmeiſters, mit Kupfern.
Goͤttingen, 1775. 8. - J. C. Hirſch redlicher Schaͤfer oder umſtaͤndliche
Beſchreibung einer Schaͤferey. Anſpach, 1764 8. - C. A. Geutebruͤcks geſammelter Unterricht von
Schaafen und Schaͤfereyen. Leipzig. 1766 —
1767. - B. C. Hirckels Abhandlung vom Schaafvieh.
Stargardt, 1745. 8. - J. G. von Eckarts vollſtaͤndige Experimentaloͤko-
nomie, Jena, 1754. 4. und unveraͤndert 1763.
4. S. 128 bis 185.
Leopolds
- Leopolds nuͤtzliche und auf Erfahrung gegruͤndete
Einleitung zur Landwirthſchaft, Berlin und
Glogau, 1759. 4to S. 360. - Hoͤhnerts Beytraͤge zur Landwirthſchaft, Bremen,
1771. 8. - Nutzungsberechnungen uͤber das Rindvieh finden
ſich in den Schleſiſchen Oek. Sammlungen 1.
402. und 419. - Oek. Nachr. 1. S. 430. II, S. 133. V. S. 775.
- Eine Vergleichung der Schaaf- und Rindvieh-
zucht und in wie fern eine der andern vorzuziehen
ſey, findet ſich in den - Leipziger Samml. III. S. 97. Schleſiſche Oeko.
Samml. I. 248. - Oek. Nachrichten VI. 570.
- Oek. Nachrichten IV. S. 1.
- Neue Oek. Nachr. III. S. 172.
- Oek. Nachr. V. 267, VI. 235.
- Schlef. Oek. Samml. I. 33.
- Herzog von der Schaafzucht.
- Ellis von der Engl. Schaafzucht im Schrebers
Samml. XI. Die Urſchrift iſt zu Londen
1748 gedruckt. - F. W. Haſtfer Unterricht von der Zucht und War-
tung der beſten Art von Schaafen, aus dem
Schwediſchen. (Goͤttingen,) 1754. 8. - Fragen und Antworten aus der Schaͤferkunſt, aus
dem Schwediſchen. S. Schrebers neue Cam-
meralſchriften II. 315. - Erfahrungsmaͤßiger Unterricht, wie die Schaafe
durch gute Pflege zur vollkommenſten Art ge-
bracht,
nen. 8. 1780.
- Zur Viehzucht und den Krankheiten bey denſelben
gehoͤren z. B. die Berliner Beytraͤge IV. B. 4, 5,
6, 7, St. Es wird daſelbſt vorzuͤglich gehan-
delt, von den verſchiedenen Seuchen und Krank-
heiten bes Rindviehes, denen Entſtehungs-
zeichen, Praͤſervativ- und Heilungsmitteln. - Von der Schaafzucht ſ. eben daſelbſt, St. 8 bis 12.
Reichsſtadt Augsburg von Paul von Stetten
dem juͤngern, 1779. S. 213.
uns H. D. Schreber im 1. Theil ſeiner Cam-
meralſchriften S. 171. geliefert, und ich habe
ſie hier in Anſehung Deutſchlands auch mit ge-
braucht, allein ich vermiſſe darinne noch vieles
was Deutſchland betrifft und ſonderlich den
Fortgang des Geſchaͤffts in den neuern Zeiten.
es nur will. Der Verfaſſer dieſes Werks Hor-
nik ſchlug ſchon damals unter andern auch die
Seiden- und Maulbeerzucht vor.
240 Arbeiter beſchaͤftigte, [und] uͤber 250 Sei-
denwinder. Sie hatte ein mechaniſches Kunſt-
werk erfunden, wodurch ein Rad eine doppelte
Gallerie von 2 mal 80 Winden trieb; jede Gal-
lerie war getheilt, daß auf jeder Haͤlfte 40 Winden
waren,
geſtellet; wiewohl dieſe Erfindung nur fuͤr die
groͤbere, aber nicht fuͤr die feinere Seide nutz-
bar war. Ueberhaupt beſchaͤftigte und naͤhrte
dieſe Manufactur auf 900 Menſchen. Sie hat-
te 7 Muͤhlen, den Aufzug zu machen, und
zwey beruͤhmte Seidenfaͤrber, die ſelbſt die Auf-
merkſamkeit der Italiaͤner und Englaͤnder auf
ſich zogen, indem ſie im Schwarzen ſelbſt die
erſtern uͤbertrafen, und im Gruͤnen und Blauen
einen hohen Grad der Vollkommenheit erreich-
ten.
Heft, S. 110.
erſchien 1763 die zweyte Auflage zu Halle.
- Praktik des Seidenbaues von J. F. Thym, Ber-
lin, 1760. 8. - (Steinbarts) Anweiſung zum Seidenbau aus der
Erfahrung des Zuͤllichauiſchen Waiſenhauſes,
Zuͤllichau, 1761. 8. ingl. 1765. - G. F. Gleditſch Anleitung zum Seidenbau und
Anlegung der weißen Maulbeerbaͤume in Sach-
ſen, Jena, 1771. 8.
Anſehung der Materialien dazu haben wir: Das
weſentlichſte der Bienengeſchichte und Bienen-
zucht fuͤr den Naturliebhaber, Landmann und
Gelehrten von D. Johann Georg Kruͤnitz, mit
20 Kupfertafeln, Berlin, 1774. gr. 8.
bildern, Muͤnzen, Steinen und Gemaͤlden, von
Hrn. Kriegsrath Koͤppen in Berlin; ſ. die Ab-
handlungen und Erfahrungen der Oberlauſitzer
Bienengeſellſchaft 3te Saml. S. 83. Die Fort-
ſetzung iſt in den Abhandlungen und Erfahrun-
gen derſelben I. S. 115. Es geht nur auf die
aͤltern Zeiten.
auf des ehegenannten Reichswalde niemand
kein Pin haben, denn allein geerbt Zeidler. —
Die Zeidler ſollen auch pfenden an Linden,
Salhen, und an Spruͤckeln um ein Pfund Hel-
ler. S. Schwarz de Buticulariis, wo er die Ur-
kunden aus Luͤnigs Reichsarchiv S. 93 einge-
ruͤckt hat; aus ihm nahm es Schirach in der
Waldbienenzucht S. 199 bis 202. Die alte
Zeidlerordnung, welche zu Ende des 14ten
Jahrhunderts gegeben ward, findet ſich bey
Hirſch in der Vorrede ſeines fraͤnkiſchen Bienen-
meiſters in altfraͤnkiſcher, und Schirach, S. 202.
bis 207 in hochdeutſcher Sprache.
verkaufte Zeidelgericht und Zeideleinkuͤnfte der
Burggrafen v. Nuͤrnberg an die Stadt Nuͤrn-
berg 1433. ſ. in Stiſſers Forſt- und Jagdge-
ſchichte unter der Beylage p. 82. tit. OO
den nuͤrnbergiſchen Zeidlern uͤberhaupt ſ. Chriſt.
Gottlieb Schwarz de Buticulariis Noribergenſi-
bus.
tene Vorleſung von der wilden Bienenzucht und
Zeidlergeſellſchaft zu Muskau in der Oberlauſitz,
Alterthum, Einrichtung u. ſ. w. im 1ſten B. S.
175 bis 183. Die Abhandlungen und Erfah-
rungen der phyſikal. oder Bienengeſellſchaft,
ingl. in Schirachs Waldbienenzucht, (welche
nach
zu Breslau herausgab,) S. 167. 174.
er eine Abſchrift von dem Originaldocumente
liefert.
gen Unterricht von der damaligen Bienenzucht
ertheilt, ſo will ich ſie hier ganz einruͤcken:
§. 1. Es hat mein genaͤdigſter Churfuͤrſt zu
Brandenburg auch ſein gewiſſes Einkommen
jaͤhrlich von denen Zeidlern und Heydeleuten,
die ihre Bienen in denen Waͤldern haben. Wie
es aber die andern im wendiſchen Lande hin
und her machen, iſt mir unbewußt. Jedoch kann
ich erachten, wie man es an einem Orte haͤlt,
halten muß.
§. 2. Hier in der Naͤhe um Berlin halten die
Zeidler vom Fuͤrſtenwalde, Storkow, Koͤpenik,
Beßkow, und da umher ꝛc. alle Jahre einen Tag
zum Kihnbaum jenſeit Lutenberge, am Sonn-
tage nach Bernhardi. Dahin kommen denn
viel Zeidler, mehr denn in die dreyßig. Da ge-
ben ſie meinem Herrn 4 Tonnen Honig, oder
wenn ſie nicht Honig geben koͤnnen, ſo zahlen
ſie davor 36 Thlr. aus. Da richten und urthei-
len ſie unter einander, was ein jeder das Jahr
durch verbrochen oder verwirkt hat. Hat ſich
nun einer etwa an eines andern ſeinen Beuten
vergriffen, oder einen Schwarm aufgefangen,
oder was er ſonſt mag gethan haben, ſo wird
er allda gebunden, und hinter den Ofen geſetzt,
und wird heiß eingeheizt. Wer ihm einen Trunk
Bier ſchenkt, der muß eine Tonne Bier zur Stra-
fe geben. Es wird ihnen auch allda von we-
gen meines Herrn verreichet eine Tonne Bier,
und 2 Schll. Brod, und ein Viertel Erbſen:
darzu legen ſie von dem Ihrigen auch noch ande-
re vier Vaß, und ſchlemmen etliche Tage nach
einander.
§. 3. Sie haben außerdem ſchoͤne Heyden,
und ſchoͤne Wieſen darzu. Sie kaufen einander
die Honigzeidelung, Bienen und Beuten ab, wie
andere gemeine Erbguͤther, geben Leihkauf und
werden eingewieſen. Darnach die Heyden ſind,
darnach geben ſie davor. Wer nur eine halbe
Heyde hat, der giebt nur die Haͤlfte; wer eine
ganze
10 Schock kann man eine ganze Heyde kaufen.
§. 4. Es hat auch ein jeder Macht zwoͤlf
neue Beuten auszuhauen, doch muß ſolches mit
Bewußt und Bewilligung des Heydereuters ge-
ſchehen. Es taugen aber nicht alle Baͤume dar-
zu; die rindfellig und nicht fein dichte ſind, die
nehmen ſie nicht dazu. Hier hat man die Bie-
nen in Waͤldern in eitel Fichten- oder Kuͤhnbaͤu-
men. Ich habe auch Bienen in hohlen Nußbaͤu-
men wohnen geſehen. Sie nehmen feine gera-
de Kuͤhnbaͤume darzu, die im Walde allein ſte-
hen, da andre Baͤume nicht hart dran ſeyn, da-
mit die Bienen ihren Flug haben koͤnnen. Alle
Aeſte hauen ſie fein glatt und hart an den Baͤu-
men ab, von unten auf bis faſt oben an; und
in die Mitte des Baumes machen ſie die Ben-
ten, und ſolches um der Diebe und Baͤre willen.
Mark Brandenburg, S. 95. und die vermiſchten
Abhandlungen Theil 2.
tzer Bienengeſellſch. I. S. 176.
fra ſepem alterius furauerit, capite puniatur; ſi
extra ſepem furatur, nouies componendum.
nengeſellſch. in der Oberlauſitz, 1. B. 1773. S.
201.
1572.
kommen, und wie ſie werden, wie viel und
mancherley Gattungen derſelben ſeyn, wenn
und wie ſie ſchwaͤrmen, auch wie man ſie faſ-
ſen und deren warten ſoll. Item vom Honig
und Wachs, und wie man die Beuten ausma-
chen ſoll, und wozu ſie dienen, geſtellt durch
M. Andr. Picum. Leipzig, 1596. 8. 5 B.
darinne die Auguſteiſche Forſtordnung vor Au-
gen gehabt.
ſchaft Muſkau d. d. 25. Febr. 1648. ſ. in Schirachs
Waldbienenzucht im Vorbericht S. 30 bis 36.
ſung zur Bienenzucht. Pet. Muͤller diſſ. de
iure apum. Gottfr. Chriſtoph Leiſer Ius geor-
gicum.
der Mark Brandenburg in ſeinen vermiſchten
oͤkonom. phyſik. Abhandl. II. St. 104 und 109.
ſtand in der Mark Brandenburg, Riga und
Mietau, 1769, 8. und in den vermiſchten Ab-
handl. Theil 2. S. 53.
die Vorrede.
Beſchaͤdiaung der Bienengeſezte Strafe betref-
fend, de dato Berlin, den 27ten Junii 1775, wo
es alſo lautet: Wir Friederich ꝛc. ꝛc. Nachdem
Wir in Erfahrung gebracht, daß ſeit kurzem
verſchiedentlich von boshaften Leuten, die Bie-
nen, durch Ausſetzung einer ſchaͤdlichen mit
Honig vermiſchten giftigen Materie getoͤdtet
worden, hierdurch aber Unſere Allerhoͤchſte In-
tention, wegen Befoͤrderung der ſo nuͤtzlichen
Bienenzucht, nicht nur vereitelt wird, ſondern
auch durch den Gebrauch des von dergleichen
Materie etwa inficirten Honigs, den Menſchen
ſelbſt Schaden zugefuͤgt werden kann, und Wir
dahero ſolchem abſcheulichen Unfug und Bos-
heit, worauf die Geſeze zu allen Zeiten die haͤr-
teſten Strafen geſetzet haben, mit Nachdruck zu
ſteuern noͤthig erachten; als ordnen und befeh-
len Wir hiermit, daß die, welche dergleichen
Materie zur Toͤdtung und Vergiftung der Bie-
nen ausſetzen, oder ihnen auf andere Art vor-
ſetzlich Schaden zufuͤgen, und deſſen uͤberfuͤhrt
werden,
renſtrafe, ohne Anſehen der Perſon, auf 6 Jah-
re belegt, uͤberdem aber, wenn durch ſolche
Materie ein Menſch an ſeiner Geſundheit Scha-
den nehmen, oder gar davon ſterben ſollte,
nach Vorſchrift der peinlichen Rechte, gegen
dieſelben durch den ordentlichen Richter verfah-
ren werden ſoll. Damit ſich nun niemand mit
der Unwiſſenheit entſchuldigen koͤnne; ſo befeh-
len Wir zugleich Unſerm Kriegs- und Domai-
nencammern in Gnaden, dieſes Edict uͤberall
gehoͤrig bekannt machen, und, damit es nicht
in Vergeſſenheit komme, jaͤhrlich einmal von
den Canzeln oͤffentlich verleſen zu laſſen, bey
Beſtrafung der Verbrechen aber ſich nach deſ-
ſen Inhalt aufs genaueſte zu achten.
Urkundlich unter unſerer Hoͤchſteigenhaͤndigen
Unterſchrift und beygedruckten koͤnigl. Inſigel.
So geſchehen und gegeben zu Berlin, den 27
Junii 1775.
Friederich.
(L. S.)
v. Maßow. v. Blumenthal. v.
Derſchau. B. von der Schulen-
burg. J. Waitz v. Eſthen. von
Goͤrne.
handlungen und Erfahrungen S. 412.
279. ingl. Geſchichte der Bienengeſellſchaft in der
Oberlauſitz, ſiebente Anzeige, S. 8 Leipz. Int.
Bl. N. 5. 1771.
v. 1768. S. 181. Der Entwurf zu einem Chur-
ſaͤchſiſchen Bienenrecht findet ſich in den Ge-
meinnuͤtzigen Arbeiten der Churſaͤchſiſchen Bie-
nengeſellſchaft in der Oberlauſitz 1. B. S. 217.
tzer Bienengeſellſchaft 1 Theil S. 72, wo die
Bemerkungen der Roͤthaiſchen ſtehen; ſie gehen
ſonderlich gegen die phyſiſchen Bemerkungen
des Hrn. Apotheker Riems in der Pfalz.
lauſitzer Bienengeſellſchaft, 1 Theil S. 175.
Bienengeſellſchaft, I B. S. 176.
zucht in Sachſen, Dresden 1773. in Riems Bie-
nenbibl. 2te Lieferung, S. 150. den Nachtrag zu
den Anmerkungen zu ꝛc. 1774.
Jahres betreffend, nebſt Anweiſung eines Bie-
nen-
ſchaft v. J. 1768. S. 76.
findet es auch angegeben in Riems Bienenbibl.
2te Lieferung, S. 159.
Bienengeſellſch. 2ter Theil, S. 264. 265.
2ter Theil S. 46.
Hrn. Daum.
5 Th. S. 185.
koͤnigl. ſchwediſchen Akademie der Wiſſenſchaf-
ten 17ter V. 307.
Verſuche und Bemerkungen ſonderlich des Hrn.
von Reaumur in der Encyclop. des Hrn. D. Kruͤ-
nitz IV. S. 483 bis 486. wo ich aber die von
Thorley und Kraͤutermann vermiſſe.
S. 4. n. 5.
und Abhandl. der Bienengeſ. in der Oberl. 2ter
Theil v. J. 1767. S. 172.
2ter B. 1776. S. 28 und 29.
II. Theil S. 126.
iſt die eine Schrift beurtheilt; ſ. Arbeiten der
O. L. B. G. 2ter Theil S. 95.
G. I S. 59.
B. G. 1770. 12te Abh.
Brandenburg, in den vermiſchten Abhandlungen
2. S. 95.
nenzucht in den dortigen Landen betreffend, d.
d. Onolsbach den 7 May 1767. ſ. im Leipz.
Intell. Bl. v. 1767. No. 34. S. 327.
229 und in Hoͤlſchers Erfahrungen von der
Bienenzucht, S. 98.
- Von der Niederſaͤchſiſchen Bienenzucht uͤberhaupt
ſ. den Bienenbau in Koͤrben oder den Nieder-
ſaͤchſiſchen Bienenvater v. Friedrich Traugott
Schmidt, Leipz. 1768.
ſchen gelehrten Anzeigen v. J. 1750. ſub No.
9. 44. 45. 1755. No. 68. 77. 95; 1758. No.
39. 57. 90; und im Jahr 1763. No. 63.
1775. S. 496.
S. 505.
Wartung daſelbſt findet ſich eine Nachricht im
Leipz. Intell. Bl. v. 1764. S. 531.
S. 91. ingl. Grundſaͤtze der Deutſchen Land-
wirthſchaft, S. 508.
Deutliche Anleitung zur Bienenwartung, in der
Vorrede.
ſchen phyſikaliſchen oͤkonomiſchen Bienenge-
ſellſchaft.
Ihre
nen: Abhandlungen und Erfahrungen der Fraͤn-
kiſchen oͤk. phyſ. Bienengeſellſchaft.
Schrift der Fraͤnkiſchen Bienengeſellſchaft auf
das Jahr 1771.
Oek. Bienengſellſechaft in der Oberlauſitz. 2.
S. 278.
lenburgiſchen.
Bienengeſellſchaft zu Lautern vom J. 1769. S.
125. Sie bringen nichts in die Zellen als Ho-
nig und Futterbrey, und dieſes thun ſie, indem
ſie den Kopf hinein ſtecken.
und Abhandlungen des Hrn. Schirachs uͤber
die Ablegerkunſt hat alle geſammelt Kruͤnitz in
der Encyclop. IV. S. 640.
B. G. vom J. 1770. 8te Abhandlung S. 46.
und 50.
im Leipz. Jintell. Bl. v. 1764. N. 12.
- Die Schriften und Streitſchriften uͤber die kuͤnſt-
lichen Ableger finden ſich in des Hrn. Kruͤnitz
Oek. Encycl. IV. S. 620.
ner, welche Hr. Martini widerlegt hat. S.
Abhandlungen und Erfahrungen der O. L. B.
G. 1 Theil S. 143.
ſitzer Bienengeſellſchaft, 1 Theil S. 194.
der brandenburgiſchen Bienenkunſt, S. 80.
und die Palteauiſche Scheibe beſchreibt Kruͤnitz
Encycl. IV. S. 609.
deutſchen Ueberſetzung von Thorley’s Unterſu-
chung der Bienen in Kaͤſtners Samml. fuͤr die
Bienenzucht S. 233. 254. auch Kruͤnitz in der
Encycl. IV. S. 648. und in Hirſch’s fraͤnki-
ſchem Bienenmeiſter, S. 51.
der vollkommenſten Bienenpflege fuͤr alle Lan-
desgegenden ꝛc. v. Joh. Leonhard Eyrich, Uf-
fenheim in Franken 1766.
- Verſuch der Bienenzucht mit Magazinkoͤrben nach
neuer und fraͤnkiſcher Art in hieſigen Landen,
von Michael Macklot. In dem Abh. der fraͤn-
kiſchen Bienengeſellſchaft, 1774. S. 354-368.
ſten Bienenzucht fuͤr alle Gegenden, ꝛc. von J. L.
Chriſt, mit Kupfern, Frankf. und Leipzig, 1780.
8. S. 69.
der Mitte ein rundes oder viereckigtes Loch be-
kommt, dadurch die Bienen fortbauen, vor, weil
er den freyern Durchzug der Luft und die Anla-
ge zum regelmaͤßigen Bau fuͤr die Bienen befoͤr-
dert. Hierzu kommt, daß auf den Bretern das
Gemuͤlle von ausgeſchrotenem Wachs, darinne
der Honig, ihre Winternahrung, war, und al-
lerhand Unrath vom Winter her liegen bleibt,
und nicht nur den Bienen beſchwerlich iſt, hin-
aus zu ſchaffen, ſondern auch den Motten Nah-
rung und Aufenthalt giebt.
in der Oberlauſitz. Zweyter Band, 1776. S. 44.
S. 155. zweyte Samml.
S. auch einige nothwendige Cautelen beym Able-
gen der Bienen nach dem reaumuriſchen Ther-
mometer
1. B. S. 168.
Bienengeſ. 4te Samml. S. 109 bis 121.
die zahmen Bienen in die Heide oder Wald zur
Maſtung fuͤhren ſoll, v. M. Joh. Ernſt Spitz-
ner. Paſt. zu Trebitz im Churkreiſe. S. Schi-
rachs Waldbienenzucht S. 213 — 220. Bey
den Alten war dieſe Art zu weiden ſehr gewoͤhn-
lich. Plinius im 21ſten B. im 12ten Cap. ſagt:
So bald als das Fruͤhlingsfutter der Bienen
in den unſern Staͤdten nahgelegnen Thaͤlern
zu mangeln anfaͤngt, ſo bringt man die Stoͤcke
in Boote oder Kaͤhne, und fuͤhrt ſie in der Nacht
Strom aufwaͤrts, um beſſere Nahrung fuͤr ſie
ausfindig zu machen. Die Bienen fliegen hier-
auf ſogleich den folgenden Morgen aus, ſie zu
ſuchen, und kehren mit der gefundenen Beute
nach den Booten zuruͤck. Wan ſetzt dieſes ſo
lange fort, bis das Sinken des Bootes bis auf
eine gewiſſe Tiefe im Waſſer anzeigt, daß die
Stoͤcke hinlaͤnglich voll ſind. Man fuͤhrt ſie
hierauf zu ihrer Heimath zuruͤck, wo man den
Honig ausnimmt. Hr. v. Montfort ſagt, daß
dieſe Art noch bey den Italiaͤnern, die an dem
Po
ſeiner Beſchreibung von Aeaypten verſichert das
Naͤmliche von den Aegyptiern.
Magazin B. 9. S. 367. wo ſie Hr. P. Kruͤger
beſchrieben, auch in der Samml. zur Bienen-
zucht von Hrn. Hofr. Kaͤſtner; Abhandlungen
und Erfahrungen der O. L. B. G. vom Jahr
1767. S. 3 bis 20.
geſellſchaft 1776. 2ter B. S. 79.
Die Streitſchrift zwiſchen ihm und dem Hrn.
Probſt Stieglitz zu Paſewalk in Pommern. ſ.
Abhandlung der Oberlauſitzer Bienengeſellſchaft
v. 1767. S. 1. 20.
thek 2te Lieferung S. 154.
G. v. 1766. S. 36 bis 49. ingleichen vom J.
1767. S. 63 bis 76.
Arbeiten der Churſaͤchſiſchen O. L. B. G. 2ter
Theil, S. 68.
den Abhandl. und Erfahrungen der O. L. B.
G. vom J. 1767. S. 20 bis 25.
vertheidigen, ſ. Riems Bienenbibl. 3te Lief. S.
353. wo er zurecht gewieſen wird.
B. G. v. J. 1770. und 1771. S. 2 bis 23
und eben daſelbſt S. 30 bis 48 Anleitung zu ei-
ner neuen Entdeckung in Anſehung des Ur-
ſprungs der Drohnen, und daß dieſelben wahr-
ſcheinlich von Arbeitsbienen kommen.
oͤkonomiſchen Bienengeſellſchaft, 2ter Theil, S.
200 und 201.
ten der O. L. B. G. 2ter Theil, S. 104 und 105.
der O. L. 2ter B. v. 1776. S. 88.
bergiſches Wochenbl. v. J. 1768. S. 393 bis
395. ingleichen St. 6. v. J. 1769. S. 45. v.
J. 1775. S. 107 und 108.
- Die Arbeiten der Oberlauſitzer Bienengeſellſchaft,
2ter B. 1776. S. 89. - Kruͤnitz Oek. Encycl. IV. S. 687.
ſonderlich auſſer dem Wittenbergiſchen Wochen-
blatt am angefuͤhrten Orte noch das Hannoͤv.
Magazin v. J. 1770. im 90ſten St. und die
Schriften eines Pratje, Eyrichs, Schrebers,
Weſtphals.
- Die Wallachiſche Art, die Bienen auszuwintern
ohne vieles Futter, iſt beſchrieben in den Arbei-
ten der Churfuͤrſtl. Saͤchſiſchen Bienengeſell-
ſchaft in der Oberlauſitz zweyter B. 1776. S.
29 f. wo aus dem Antonio del Chiaro Fiorentino,
deſſen Geſchichte von den letzten Veraͤnderun-
gen in der Wallachey vom J. 1718. leſenswerth
iſt, vornehmlich aus dem erſten Theil, der von
der natuͤrlichen Beſchreibung des Landes han-
delt, auch von der Bienenzucht Nachricht gege-
ben wird, die um deſto wichtiger iſt, da es ei-
ne an die wilde Bienenzucht graͤnzende Art iſt,
und die Ausfuhr des Wachſes, und die Men-
ge Honig, die nach der Tuͤrkey gehet, ſehr be-
traͤchtlich iſt.
nach dem Hrn. v. Haller Latyrus foliis binatis
oculis radice glanduloſa. S. auch Riems Bie-
nenbibl. 2te Lief. S. 216. Der Verf. hat es
ausfuͤhrlich ſelbſt beſchrieben in den Arbeiten
der Churſaͤchſiſchen O. L. B. G. 2ter Theil S.
33 ꝛc. Hannov. Magazin v. J. 1773. St. 58.
Einige wichtige Bemerkungen hieruͤder ſ. Wit-
tenberg. Wochenbl. v. 1773. St. 38.
Erfahrungen der Oberlauſitzer Bienengeſell-
ſchaft 1 Th. S. 191.
rung der Bienenzucht in Sachſen, Dresden
1774. 8.
moſt zur Fuͤtterung vor.
S. 42.
Oek. Encyclopaͤdie IV. S. 624. 799.
und Kruͤnitz Encycl. IV. S. 696.
Ein andrer Vorſchlag des M. Gampert findet
ſich im Leipz. Intell. Bl. v. 1766. No. 55. S.
493.
2te Liefer. S. 780.
B. G. 2 Theil, S. 95 f.
terrichtenden Vorrede, §. 20.
Bienenvermehrung erſchien 1761.
v. 1767. S. 87. und 96.
S. 124 und 126.
oͤkon. Bieneng. 1 B. S. 7.
1775.
wiſſenſchaft, wo er es gezeigt hat, ſ. 2te Lief. Vorr.
§. 19.
rede §. 20.
pfaͤlziſchen oͤkonomiſchen Geſellſchaft v. 1769.
S. 126 — 130.
mungen der verſchiedenen Geſchlechtsarten der
Bienen ꝛc. v. J. F. Steinmetz. 1776.
- Steinmetz phyſikal. Abhandlung von den verſchie-
denen Geſchlechtsarten der Bienen uͤberhaupt.
1780. - Albrechts Zootomiſche und phyſikaliſche Entdeckung
von der innern Einrichtung der Bienen, beſon-
ders der Art ihrer Begattung, v. J. E. F. Al-
brecht. 1775.
recht.
- Chriſts Anweiſung zur nuͤtzlichſten und angenehm-
ſten Bienenzucht fuͤr alle Gegenden ꝛc. 1780. - Kortums Grundſaͤtze der Bienenzucht in weſtphaͤ-
liſchen Gegenden im dritten Hauptſtuͤck.
(V. Benkendorf.) Occonomia forenſis. T. IV.
- Diſputatio Iuris Rom. germ. de apibus praeſ. Sege-
ro, auct. Chriſt. Gottl. Biener. 1773. 4.
Zur
nebſt Maraldi Betrachtungen uͤber die Bienen;
ſechſte Auflage. Leipz. 1753. 8.
- Schirachs vorzuͤglichſte Schriften ſind:
- Die Kunſt Ableger in der Stube zu machen. 1760:
- Melittotheologie, oder die Verherrlichung Gottes
aus der wundervollen Biene v. A. G. Schirach.
1767. - Saͤchſiſcher Bienenmeiſter oder kurze Anweiſung
fuͤr den Landmann zur Bienenzucht, nebſt bey-
gefuͤgtem oͤkonomiſchen Bienenkalender auf Ver-
anlaſſung und Koſten der Leipz. oͤkon. Soc. 1769.
A. G.
- Zur Litteratur uͤber die Bienenzucht uͤberhaupt ſ.
die nuͤtzlichen Beytraͤge zu den Strelitzer Anzeigen
v. J. 1766. St. 22. 23. 24. wo die Buͤcher von
der Bienenzucht in einer hiſtoriſchen Nachricht
unpartheyiſch beurtheilet ſind.
- A. G. Schirachs ausfuͤhrliche Erlaͤuterung der
unſchaͤtzbaren Kunſt, einige Bienenſchwaͤrme zu
erzielen. 1770. welches meiſt eine Wiederholung
von der im J. 1760 erſchienenen Schrift iſt: - Saͤchſiſcher Bienenvater, oder des Hrn. von Pal-
teau von Metz neue Bauart der Bienenſtoͤcke,
nebſt der Kunſt, die Bienen zu warten und einer
Naturgeſchichte dieſer Inſecten, aus dem Fran-
zoͤſiſch. uͤberſetzt und mit vieljaͤhrigen Erfahrun-
gen vermehrt von A. G. Schirach, 1770. - Bayeriſcher Bienenmeiſter oder deutliche Anleitung
zur Bienenwartung auf hoͤchſte Veranlaſſung
Sr. Churf. Durchl. zu Bayern abgefaßt von
Adam Gottl. Schirach. Muͤnchen. 1770. - Schirachs Waldbienenzucht.
- Diſſ. de apum cultura cum primis in Thuringia,
Praeſ. Ioh. Phil. Baumer, Reſp. I. F. E. Albrecht.
Erf. 1770. 4. - Joh. Riems phyſik. oͤkonom. Bienenbibl. 1ſte Liefer.
1776. 2te 1777. 3te 1777. - Joh. Riems verbeſſerte und gepruͤfte Bienenpflege
zum Nutzen aller Landesgegend. 1771. Er handelt
darinnen vom Ankauf der Bienen, vom Bienen-
ſtande, Bienenwohnungen, wo er des Palteau,
Maſſack und Thorley Bienenkaͤſten beurtheilt
und beſchreibt die ſeinigen, die er 6 Zoll hoch
und 10 Zoll weit im Lichten macht. Er haͤlt
fuͤr das beſte hierzu das Linden- und Tannen-
holz, obgleich die hoͤlzernen fuͤr den Land-
mann zu koſtbar und[ ]daher Strohkoͤrbe beſſer
ſind. Er giebt zugleich ſeine neue Erfindung
von Halb- und Viertelkoͤrben an. Ferner han-
delt er vom freywilligen Ablegen der Bienen,
oder
Stuͤcken den erzwungenen Ablegern vor, von
welchen letztern er 3 Methoden beſchreibt, und
diejenige allen andern vorzieht, welche blos im
Auffangen der Koͤniginn beſtehet. Er ſucht das
Toͤdten der Bienen, welches meiſt bey den ſchwa-
chen und nicht mit hinlaͤnglichem Vorrath verſe-
henen Stoͤckengeſchiehet, durch Vereinigung der-
ſelben mit andern Stoͤcken zu bewirken. Er handelt
von den Feinden der Bienen, unter denen aber der
Storch vergeſſen iſt, welcher die Bienen von den
Blumen auf den Wieſen ablieſt. Man fand
bey einem Storch im Schlunde 2 Haͤnde voll
Bienen, wie in der Bienenbibl. des Hrn. Riems,
2te Lieferung S. 267. angemerkt wird. Im
zwoͤlften Cap. giebt er einen richtigen Bienen-
calender.
- Fundamentalgeſetze zu einer perennirenden Colo-
niebienenpflege in zuſammengeſetzten Halbwoh-
nungen, v. J. Riem. 1775. 2te Auflage. - Verwandlung der itzigen Modebienengeſellſchaften
in Dorfbienengeſellſchaften. 1773. - Der entlarvte Wildmann von Joh. Riem.
- Reinharts Aufmunterung des Landmannes zur Bie-
nenzucht. Carlsruhe, 1771. 8. - Anmerkungen zur Verbeſſerung der Bienenzucht in
Sachſen ꝛc. Dresden 1773. 8. (von Luͤttichau.) - Nachtrag zu den Anmerkungen ꝛc. 1774. 8.
- Freundſchaftliche Beantwortung zweyer erhalte-
nen Schreiben, die Verbeſſerung ꝛc. betreffend,
1775. 8.
Gle-
- Gleditſch Betrachtung des Bienenſtandes in der
Mark. Riga und Mitau, 1769. und in den ver-
miſchten Abhandl. II. 53. - Das Weſentlichſte der Bienengeſchichte und Bie-
nenzucht fuͤr den Naturliebhaber, Landmann
und Gelehrten von Dr. J. G. Kruͤnitz, mit 20
Kupfertafeln. 1774. Sein Auszug gehet bis zu den
Bienenſchriften des Jahres 1774. Es findet ſich
auch im vierten Theile ſeiner Encyclopaͤdie. Un-
ter den Kupfern vermißt man die pfaͤlziſchen,
gelieuſchen und duͤchetiſchen Halbkaͤſten und
Halbkoͤrbe. - Werners Anleitung zur Bienenzucht, 1766.
- Sprenger Einleitung in die neuere Bienenzucht
nach ihren Gruͤnden fuͤr Schwaben ꝛc. von M.
V. Sprenger. Stuttgard, 1773. - Etwas fuͤr die Bienenfreunde von Urſprung und Be-
ſchaffenheit der Raub- und Heerbienen, nebſt den
bewaͤhrt gefundenen Mitteln, ſelbige zu vertrei-
ben ꝛc. Aus eigner Erfahrung aufgeſetzt und auf
Veranlaſſung eines allergnaͤd. Reſcripts von Sei-
ten einer hochpreisl. Landesdeput. der Grafſchaft
Hohenſtein zum Druck uͤbergeben von C. F. Lim-
burg. Langenſalza, 1776. Er iſt ſonderlich noch
ſehr lehrreich fuͤr die Rechtsgelehrten in Anſe-
hung der Geſetze fuͤr die Raubbienen. Er zeigt,
wie die Oekonomen nicht Urſache haben, die
Raubbienen zu verbrennen, verſengen oder zu
vergiften. - Gruͤndliche und ausfuͤhrliche Anweiſung zur Vie-
nenzucht nebſt einem Anhange zur allgemeinen
Bienenzucht 1 Th. durch Carl Ludw. Haſe. 1771.
Abriß
- Abriß zu einer allgemeinen Landbienenzucht und
dem damit unumgaͤnglich verknuͤpften allgemei-
nen Abſatz von allerley Obſtbaͤumen, Linden,
Honigkraͤutern, zweyter Theil, 1772. iſt eigent-
lich ein cameraliſtiſcher Vorſchlag, wie die Bie-
nenzucht in der Mark Brandenburg allgemeiner
betrieben werden koͤnnte. - Anweiſung zur Bienenzucht, dritter Theil, 1772.
vierter Theil, 1773. - Er bemuͤhet ſich vorzuͤglich, die Magazinzucht in
ſeiner Gegend um Wildenbruͤck zu verbreiten,
ſowohl die Magazinzucht aus ganzen Koͤrben,
als die aus Unterſaͤtzen, aus Halbkoͤrben. Er
hat auch, wie Hr. Riem, die Idee einer allgemei-
nen Landbienenzucht, daß naͤmlich alle Bie-
nen eines Orts auf einem Stande beyſammen
und von einem erfahrnen Manne verpflegt wer-
den ſollten. - Gloſſarium meliturgicum oder Bienenwoͤrterbuch
von Joh. Adolf Oberbeck. Brem. 1765. - Hirſch fraͤnkiſcher Bienenmeiſter. Anſpach, 1767.
8. und Nuͤrnberg, 1770. 8. - Ausfuͤhrlicher Unterricht von Anlegung, Wartung
und Nutzen der Bienen, entworfen von Chriſt.
Heinr. Hertwich. Leipz. 1769. 5. - Joh. Leonh. Eyrichs Entwurf der vollkommenen
Bienenpflege fuͤr alle Landesgegenden, ꝛc. Uf-
fenheim, 1766. 8. vierte verbeſſerte Auflage.
Nuͤrnberg, 1771. 8. - Ebendeſſelben Plan der fraͤnkiſch. phyſik. oͤk. Bie-
nengeſ. Anſpach, 1768. 8.
Ge-
- Geſammelte und gepruͤfte Nachrichten von der Wit-
terung der Bienen, v. J. L. Eyrich. 1774. - Oekon. phyſikal. Abhandl. uͤber die Bienenpflege,
beſonders im Thuͤring. von D. Baumer, aus dem
Lat. uͤberſetzt mit einem Anhange, die hoͤchſtnutz-
bare Magazin- und Ablegerzucht betreffend, her-
ausgegeben v. J. L. Eyrich. - Allgemeine Grundſaͤtze der Bienenzucht, (von C. F.
Schwan.) Mannheim, 1778. - Prakt. vollſtaͤnd. Auszug zur beſten allgem. Bienen-
zucht aus den neueſten Bienenbuͤchern, und in-
ſoͤnderheit den Conventsſchriften der fraͤnkiſchen
Bienengeſellſchaft, auf Verlangen und mit voll-
kommner Approbation der fraͤnk. Bienengeſellſ.
entworfen von Joh. Mich. Neidhart. Nuͤrnberg,
1774. 8. - Phyſik. prakt. Diſcurſe von der ſaͤmmtlichen Bie-
nenzucht der neu eingerichteten oͤſterreichiſchen
Bienenpflege, v. J. A. Kratzer, Wien. 1774. - Abhandlung von dem Schwaͤrmen der Bienen von
Jantſcha, K. K. Bienenlehrer. - Joh. Gruͤvels brandenburgiſche Bienenkunſt mit
Kupf. neue vermehrte und verbeſſerte Auflage,
1773. 8. die erſte iſt v. J. 1719. - M. J. E. Spitzners praktiſche Anweiſung zur na-
tuͤrlichen und gluͤcklichen Bienenzucht in Koͤrben,
nebſt Beſtimmung des wahren Werths der Kunſt
Ableger zu machen, aus vieljaͤhriger Erfahrung.
Leipz. 8. Iſt eine der beſten Bienenſchriften, vor-
nehmlich zur Korbbienenzucht. Ingl. T. Wild-
manns Abhandl. von der Wartung der Bienen,
nebſt Anmerkungen einiger Mitglieder der oberl.
Bienen-
1769. 8.
- Die praktiſche Bienenzucht oder Erfahrungsmaͤßi-
ge Anweiſung, was in jedem Monat des Jah-
res zum Wohlſtand der Bienenzucht in Acht zu
nehmen, v. M. Kurella. Mietau und Leipzig 1773.
wir treten der allg. d. Bibl. B. XXII. bey. - C. C. Hoͤlſchers Erfahrungen von der Bienenzucht,
welche vorher einzeln in dem hannoͤv. Magazin
abgedruckt, nun aufs neue durchſehen und ver-
beſſert. Hannover 1780. Im erſten Abſchnitte
handelt er von den Bienenwohnungen, im zwey-
ten von der Wartung bis zur Schwaͤrmezeit,
im dritten von der Wartung bey und nach
dem Schwaͤrmen, im vierten von dem Nutzen
der Bienen, im fuͤnften von Raubbienen, im
ſechſten von den Krankheiten der Bienen; endl.
folgt ein Anhang uͤber einige bezweifelte Saͤtze
der Bienenzucht. - Chriſt Anweiſung zur nuͤtzlichſten und angenehm-
ſten Bienenzucht fuͤr alle Gegenden, bey wel-
chen in einem mittelmaͤßigguten Bienenjahre von
25 Stoͤcken 100 Fl. und in einem guten 200 Fl.
gewonnen werden koͤnnen, zum gemeinen Nutzen
und Vergnuͤgen herausgegeben. Frankf. und
Leipz. 1780. - Steinmetz phyſikal. Abhandl. von den verſchiede-
nen Geſchlechtsarten der Bienen uͤberhaupt, und
insbeſondere den praͤformirten Weiſeleyern, und
von dem doppelten Aſt des Eyerſtocks der Bie-
nenmutter v. J. F. Steinmetz. Nuͤrnberg. 1780. - Abhandlungen und Erfahrungen der phyſik. oͤkon.
Bienengeſ. in der Oberl. I. v. J. 1766. Dres-
den
dem Wort: Biene.
v. J. 1768. Dresden 1768 und 69. Leipz. und
Zittau, 1770. IV. v. J. 1770 und 1771. Ber-
lin und Leipzig, 1771.
- Gemeinnuͤtzige Arbeiten der churſaͤchſiſchen Bienen-
geſellſ. in der Oberlauſitz, I. Berlin und Leipzig,
1773. 8. - Abhandl. und Erfahr. der fraͤnk. phyſik. oͤkonom.
Geſellſchaft aufs Jahr 1770. Nuͤrnberg, 1770.
aufs J. 1771. gedr. 1772. aufs J. 1772. u. 73.
ein Band gedruckt 1774. - Abhandl. der phyſikal. oͤkonom. und Bienengeſellſ.
in Lautern, v. J. 1769. Mannheim, 1770. - Kaͤſtners Samml. einiger die Bienenzucht beſon-
ders in den churfuͤrſtl. braunſchw. luͤneburgiſch.
Landen betreffender Aufſaͤtze und Nachrichten, auf
hohe Veranſtaltung herausgegeben v. Abrah.
Gottf. Kaͤſtner, 1766. Enthaͤlt Aufſaͤtze von den
Hrn. van der Bruͤggen, Cordemann, die Ueber-
ſetzung von Thorley’s μιλισσηλογια or the fema-
le monarchy. Tillings Gedanken uͤber die Mit-
tel die Bienenzucht im Lande zu vermehren,
Wolke’s Anmerkungen. - Es gehoͤren hierher ferner das hannoͤveriſche Ma-
gazin, die Schriften der hannoͤveriſchen Land-
wirthſchaftsgeſellſchaft, das hamburger Maga-
zin, die ſchreberiſche Samml., die leipz. Samml.
und Nachrichten, die oͤkonomiſchen Schriften
des Hrn. v. Juſti.
1768. und 69. S. 75 — 82.
Grund-
- Grundſaͤtze der Bienenzucht, beſonders fuͤr die weſt-
phaͤliſchen Gegenden v. C. A. Kortum, der A.
G. D. 1776.
Hrn. Riem und Schirach Bienenkalender.
den Bemerkungen der churpfaͤlziſchen oͤkonomi-
ſchen Geſellſchaft v. 1769. 2te Auflage. S. 150
und 152. und Bienenbibl. 2te Lief. S. 179-253.
Bienenzucht, nebſt einer Anweiſung, wie die
Bienenzucht in Preußen verbeſſert werden koͤnne.
Koͤnigsberg, 88 Seiten; iſt Pfarrer zu Klein-
Kosle und Groß-Schlaffkau.
ſchwaͤbiſchen Dichter in Deutſchland wichtig,
ſie heißen bey denſelben Valke, Valk; und das
Werk Kaiſer Friedrichs II. de arte venandi cum
avibus giebt noch mehr Beweiſe davon.
J. 1572. Art. 26.
16ten Jahrhundert der Hauptdialekt der Nation
war, kennt den Faſan, und nennt ihn Faſant,
Faſcan. Er ſtammt aus Afrika und Aſien,
und
Chur und Mark Brandenburg, 1ſter Theil. Ber-
lin 1752. S. 808. Vom Recht der Faſanen ſ.
Ernſt Martin Chladenii diſſ. de iure Faſiano-
rum eorumque banno.
Fluſſe Phaſis im Koͤnigreiche Colchis, itzt Min-
grelien genannt, nach Europa gebracht.
S. 315.
und natuͤrlichen Geſchichte des Temeswarer
Bannats. 1779.
Anzeigen v. 1751. n. 33. p. 821.
583 und 595.
num. 35.
Oekonomiſche Nachrichten Leipz. 1750. B. 1.
S. 891-896. ingl. B. 7. S. 417.
Neue
ſchiedenen Arten Federvieh handelt, ruͤhmt ſon-
derlich die Federn der deutſchen Gaͤnſe. Er
ſagt von ihnen: Candidorum alterum vectigal
in pluma. Velluntur quibusdam locis bis an-
no. Rurſus plumigeri veſtiuntur molliorque
quae corpori quidem proxima et e Germania
laudatiſſima. Candidi ibi verum minores,
ganzae vocantur. Wahrſcheinlich iſt Gans ein
celtiſches Wort, daher es auch noch in dem Ita-
liaͤniſchen Ganza heißt. Wie ausgebreitet die-
ſer Vogel iſt, lehren die Benennungen deſſel-
ben, die ſich in ſo vielen Sprachen finden. Im
Griechiſchen heißt ſie χαν, χην, im Lateiniſchen
Anſer. Zu Karls des Großen Zeiten war das
Wort Auca von der Gans uͤblich, wovon das
Wort Occa bey den Italiaͤnern, bey den Fran-
zoſen Oye abzuſtammen ſcheint, wie auch das
in
S. 611-641.
Dobels wohlgeuͤbter und erfahrner Jaͤger,
Leipz. 1754. S. 133.
Buchoz Abhandl. vom Federvieh. 1777. S.
185.
Auco, Auquotto. Wachter leitet den Namen
Gans von Canus, weiß, her, im Walliſchen
Cann, ein deutlicher Beweis, daß es urſpruͤng-
lich ein celtiſches Wort ſey. In den Saliſchen
Geſetzen kommt das Wort Chana vor, welches
einige vor Hahn erklaͤren. Im Niederſaͤchſt-
ſchen heißt die Gans, Goos, und im maͤnnli-
chen Geſchlecht Gante, Ganter. Im Engli-
ſchen Gooſe, und im maͤnnlichen Geſchlecht
Gander; im Daͤniſchen Gaas, und das maͤnn-
liche Gaſſe; im Schwediſchen Gäs; im Islaͤn-
diſchen Gas; im Bretagniſchen Gous, Ganz;
bey den Kraineriſchen Wenden Gus; daß bey
ihnen die Gaͤnſezucht gebluͤht, beweiſt auch das,
daß dieſes Wort ſo gar ein Menſchenname wur-
de, wie der Name Hus oder Gus bezeugt. Im
Polniſchen Ges, im maͤnnlichen Gaſſior; im
Italiaͤniſchen Ganza; im Spaniſchen Ganſo.
Die Benennung des maͤnnlichen Geſchlechts in
der engliſchen und niederſaͤchſiſchen Sprache iſt
einerley, und nur im d und t unterſchieden;
aus dem niederſaͤchſiſchen Wort, Ganter, iſt
wahrſcheinlich das Wort des gemeinen Lebens,
Ganſer, entſtanden. Die jungen Gaͤnſe heißen
im Hochdeutſchen Gaͤnschen, Gaͤnſekuͤchlein;
in Schleſien Gruͤſcheln; beym Pictorius Gruͤſel;
im Niederſaͤchſiſchen Goſſel, Goͤſſel, Goͤſſelken;
im Engliſchen Goſling.
S. 143. ſeq.
Hirſch geſammelte Nachrichten der oͤkonom.
Geſellſchaft in Franken. 2ter Jahrgang. An-
ſpach 1766. 4. S. 319 ſeq.
S. 245.
der Gazette litter. de Berl. vom Jahr 1770.
S. 390.
S. 40.
Anzeigen vom J. 1767. St. 101.
ſtehet aus 2 Maͤschen Gerſtenſchrot nebſt ½ Maas
groben oder Aftermehl in laulichem Waſſer ein-
gemacht, vermiſcht mit Pfeffer und Ingber, und
ſo viel Salz, als man zwiſchen 3 Fingern hal-
ten kann.
1777. gr. 8.
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- TextGrid Repository (2025). Collection 3. Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften seit dem sechzehnten Jahrhunderte bis zu unsern Zeiten. Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften seit dem sechzehnten Jahrhunderte bis zu unsern Zeiten. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bq6h.0