der
rationellen Landwirthſchaft.
In der Realſchulbuchhandlung.
[[II]][[III]]
Vorrede.
Dieſer Band enthaͤlt, außer dem Schluſſe des Hauptſtuͤcks von der
Oekonomie, den Theil der Wiſſenſchaft, welcher nothwendig auf die
Chemie begruͤndet und zuruͤckgefuͤhrt werden muß, wenn wir zu ſicheren
Beſtimmungen und neuen fruchtbaren Folgerungen gelangen wollen.
Deshalb muß die Theorie, oder das Chemiſche dieſer Lehre, in ſofern ſie
auf die Praxis Bezug hat, nicht nur vorgetragen, ſondern mit letzterer
mehr in Verbindung geſetzt werden, als es bisher auch von den neueſten
und vorzuͤglichſten Schriftſtellern uͤber Agrikultur-Chemie, ſelbſt von un-
ſerm Hermbſtaͤdt geſchehen war. Ich durfte hier nicht zu kurz ſeyn,
ohne dem groͤßeren Theile meines Publikums unverſtaͤndlich zu werden,
Mißverſtaͤndniſſe zu erregen und Luͤcken in denjenigen Kenntniſſen zu laſſen,
die zu einer rationellen Beurtheilung und Unterſuchung des Bodens unum-
gaͤnglich noͤthig ſind. Dadurch iſt das dritte Hauptſtuͤck weitlaͤuftiger
geworden, als ich glaubte; und was dieſer Band vom zweiten Abſchnitt
des vierten Hauptſtuͤcks noch haͤtte faſſen koͤnnen, war zu unbedeutend,
um es von dem uͤbrigen zu trennen.
Wenn ich Alles ſo ausfuͤhrlich, wie jenes, behandeln wollte, ſo
wuͤrde das Werk freilich uͤber die beſtimmten Graͤnzen hinausgehen. Ich
werde aber, wenn ich auf das allgemein Bekannte komme, kuͤrzer ſeyn
koͤnnen, ohne der Genauigkeit und Volkſtaͤndigkeit etwas zu vergeben;
mich auch oft auf das Vorgeſagte beziehen koͤnnen. So werde ich insbe-
ſondere die Lehre von den einzelnen vegetabiliſchen Produktionen mehr
aphoriſtiſch und gewiſſermaßen tabellariſch vortragen, da bei ſelbiger Miß-
[IV]Vorrede.
verſtaͤndniſſe weniger zu beſorgen ſind, und ſie nur zu oft und zu weitlaͤuf-
tig von andern behandelt iſt. Ich hoffe gerade dadurch das Weſentlichſte
und Wiſſenswuͤrdigſte hervorzuheben, was unter dem Wortſchwall bis-
her dem Auge entruͤckt war. Auch werde ich mich in Anſehung der Lehre
von der Vegetation im Allgemeinen kuͤrzer faſſen koͤnnen, wie ich glaubte;
da mein Schwiegerſohn Crome dieſem Beduͤrfniſſe der rationellen Ak-
kerbaulehre gleichzeitig durch ſein Handbuch der Naturgeſchichte
fuͤr Landwirthe abhelfen wird. Und ſo werden vier Baͤnde von der
beſtimmten Bogenzahl im Ganzen das Werk dennoch faſſen.
Um mein Geiſtes Eigenthum — denn nur die Benutzung deſſelben
uͤberlaͤßt der Verfaſſer den Kaͤufern ſeines Werks — um ſo foͤrmlicher zu
dokumentiren, habe ich jedes Exemplar mit meiner eigenhaͤndigen Unter-
ſchrift verſehen, und jedes andere fuͤr geſtohlenes Gut erklaͤrt. Dem un-
geachtet erfrecht ſich ein Nachdrucker ſeine Diebeswaare oͤffentlich auszu-
bieten. Man ſagt, daß ihn der Buchſtabe der Geſetze ſeines Staates
ſchuͤtze, und daß im gerichtlichen Wege nichts gegen ihn auszurichten ſey.
Mag es — ich habe zu der Rechtlichkeit desjenigen Publikums, dem die-
ſes Werk gewidmet iſt, das Zutrauen, daß niemand ein falſches Exem-
plar, wodurch der Verfaſſer offenbar beſtohlen worden, ohne Widerwil-
len anſehen, viel weniger bei ſich dulden werde. Wie kann jemand, der
Belehrung in dieſem Werke ſucht, ſich unablaͤſſig ſagen wollen: der
Mann, der ſie dir hier giebt, iſt durch das Buch, welches du in Haͤnden
haſt, um ſeinen rechtmaͤßigen Erwerb betrogen worden! Auch wuͤrde man
noch andere Folgen eines ſolchen Nachdrucks empfinden, da bei kuͤnftigen
Anfuͤhrungen die Baͤnde- und Seitenzahl nie paſſen koͤnnen.
Der Verfaſſer.
Inhalts-
[[V]]
Inhaltsverzeichniß des zweiten Bandes.
- Wichtiger Nachtrag zum zweiten Hauptſtuͤck.XIII — XXVIII
(Nach Vollendung des zweiten Hauptſtuͤcks zu leſen.) - Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
- In einem Beiſpiele dargeſtellt. Seite 2.
- Erklaͤrung der Tabellen. 4.
- Bemerkungen uͤber die tabellariſch dargeſtellten Wirthſchaftsarten. 9.
- Tabelle 1. Einfache reine Dreifelderwirthſchaft. 12.
- — 2. Felderwirthſchaft mit Erbſen, Klee und Stallfuͤtterung. 14.
- — 3. Mecklenburgiſche Koppelwirthſchaft in 7 Schlaͤgen. 16.
- — 4. Mecklenburgiſche Koppelwirthſchaft in 10 Schlaͤgen. 18.
- — 5. Mecklenburgiſche Wirthſchaft in 12 Schlaͤgen. 20.
- — 6. Koppelwirthſchaft nach neuerer Hollſteiniſcher Art. 22.
- — 7. Achtſchlaͤgige Wirthſchaft nach der Regel des Fruchtwechſels mit
Weide. 24. - — 8. Achtſchlaͤgige Wirthſchaft nach der Regel des Fruchtwechſels mit Stall-
futterung des Rindviehes. 26. - — 9. Zehnſchlaͤgige Wirthſchaft nach der Regel des Fruchtwechſels mit Stall-
futterung des Rindviehes und Schafweide. 28. - — 10. Verhaͤltniſſe dieſer Wirthſchaften gegen einander. 30.
- (Dieſe Tabellen erfordern einige im Nachtrage zu dieſem Hauptſtuͤcke ange-
gebenen Correkturen.) - Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.31.
- Nothwendige Bedingung; Vermehrung des Betriebskapitals. 31.
- Uebergang aus der Felderwirthſchaft in die Koppelwirthſchaft. 32.
- Uebergang aus der Felderwirthſchaft in die neunfeldrige Fruchtwechſelwirthſchaft. 33.
(Verglichen Tabelle A.) - Uebergang zu einer ſechsfeldrigen Fruchtwechſelwirthſchaft. 36.
(Verglichen Tabelle B.) - Uebergang aus einer Mecklenburgiſchen Koppelwirthſchaft zum Fruchtwechſel mit Stall-
futterung. 37. (Verglichen Tabelle C.) - Uebergang aus einer eilfſchlaͤgigen Wirthſchaft zur Fruchtwechſelwirthſchaft. 38.
(Verglichen Tabelle D.) - Uebergang zu einer Weidewirthſchaft nach der Regel des Fruchtwechſels. 39.
(Verglichen Tabelle E. - Drittes Hauptſtuͤck.
Agronomie, oder die Lehre von den Beſtandtheilen
des Bodens. - Wichtigkeit, dieſe Lehre wiſſenſchaftlich zu behandeln. 43.
- Beſtandtheile des Erdbodens. 44.
- Unterſchied zwiſchen eigentlicher Erde und Humus. 45.
- Entſtehung der Erdlagen. 45.
- Chemiſche Betrachtung der Erden. 47.
- Verhalten der einfachen Erden gegen das Feuer und gegen das Oxygen. 50.
- Gegen das Waſſer. 50.
- Gegen die fluͤchtigen Stoffe. 51.
- Gegen die Saͤuren. 52.
- Verhalten der einfachen Erden gegen einander. 52.
- Die Kieſelerde.
- In ihrem reinen Zuſtande. 53.
- Verhalten gegen das Waſſer. 54.
- gegen die Saͤuren. 54.
- gegen die Alkalien. 55.
- Das Glas. 55.
- Koͤrper, welche die Kieſelerde vorzuͤglich enthalten. 56.
- Der Sand und deſſen Arten. 57.
- Die Thonerde.
- Im reinen Zuſtande. 58.
- Unterſcheidung derſelben vom Thon. 59.
- Reine Thonerde kommt nie in der Natur vor, verbindet ſich nicht mit Kohlenſaͤure. 60.
- Ihre phyſiſchen Eigenſchaften. 60.
- Verhalten gegen das Waſſer. 61.
- im Feuer. 62.
- Wahlverwandtſchaft mit andern Erden. 62.
- Verhalten gegen die Saͤuren. 63.
- gegen die Alkalien. 63.
- Der Thon.64.
- Darin enthaltenes Eiſenoxyd. 65.
- Verbindung der Beſtandtheile des Thons. 66.
- Farben des Thons. 67.
- Geruch des Thons. 68.
- Verhalten des Thons gegen das Waſſer. 68.
- im Froſte. 70.
- in der Hitze. 70.
- im Gluͤhefeuer. 71.
- gegen die Luft. 71.
- gegen die Saͤuren. 72.
- Verbindung des Thons mit andern Subſtanzen. 73.
- Merkwuͤrdigſte Arten des Thons. 75.
- Die Kalkerde.78.
- Verbindung mit Saͤuren. 78.
- Kohlenſaure Kalkerde oder roher Kalk. 79.
- Verhalten gegen das Waſſer. 79.
- im Feuer. 80.
- Gebrannter Kalk. 81.
- Geloͤſchter Kalk. 81.
- Loͤſchung an der Luft. 82.
- Das Kalkwaſſer. 82.
- Schwefelkalk. 83.
- Phosphorkalk. 84.
- Verbindung mit den fluͤchtigen Stoffen. 84.
- Zerſtoͤrende Wirkung auf organiſche Materien. 84.
- Der Moͤrtel. 85.
- Verbindung mit den Saͤuren. 86.
- Aufbrauſen des kohlenſauren Kalks mit ſolchen. 87.
- Kalkige Mittelſalze. 87.
- Mineralien. 88.
- Der Gyps.90.
- Gypsmineralien. 93.
- Der Mergel.94.
- Farben deſſelben. 97.
- Textur des Mergels. 98.
- Verhalten gegen Saͤuren und im Feuer. 100.
- Beimiſchung anderer Subſtanzen. 100.
- Aeußere Geſtalten des Mergels. 101.
- Die Bitter- oder Talkerde.102.
- Bittererdige Mineralien. 103.
- Das Eiſen im Boden. 105.
- Der Humus.
- Begriff des Worts. 107.
- Eigenſchaften des Humus. 107.
- Deſſen Beſtandtheile. 108.
- Verſchiedenheit und Veraͤnderlichkeit deſſelben. 109.
- Extraktivſtoff des Humus. 109.
- Wirkung der Alkalien auf den Humus. 110.
- Aufloͤsbarkeit und Vergaͤnglichkeit deſſelben. 110.
- Verbindung mit dem Thon. 111.
- Verhalten gegen den Sand. 112.
- Veraͤnderung, welche er durch Entziehung der Luft erleidet. 112.
- Entſtehung der Saͤure im Humus. 114.
- Eigenſchaften des ſauren Humus. 115.
- Adſtringirender Humus. 115.
- Verſchiedenheit des durch Faͤulniß oder durch Verwitterung entſtandenen. 116.
- Thieriſcher und vegetabiliſcher Humus. 116.
- Der Torf.
- Entſtehung des Torfs. 117.
- Wie ſich der Torf vom Humus unterſcheidet. 118.
- Die Braun- oder Erdkohle. 119.
- Die Bodenarten, in ſofern ſie aus den Gemengsverhaͤlt-
niſſen ihrer Beſtandtheile hervorgehen. - Dieſes Verhaͤltniß macht die Bodenarten aus. 120.
- Verhalten des Humus im Boden. 121.
- Verhaͤltniß des Humus zum Thon. 122.
- zum Sande. 125.
- Merkmale und Beſtimmung des Humusgehaltes. 126.
- Gute Eigenſchaften des Thons im Boden. 128.
- Deſſen nachtheilige Eigenſchaften. 128.
- Verhaͤltniß des Thons zum Sande. 129.
- Der Sandboden. 129.
- Verhaͤltniſſe, worin Sand und Thon im Boden ſtehen. 130.
- Der Thon- oder Weizenboden. 131.
- Der Lehmboden. 132.
- Wie der Sand im Uebermaaße nachtheilig werde. 133.
- Sandiger Lehmboden. 134.
- Sandboden. 134.
- Schlechter Sandboden. 135.
- Vortheile und Nachtheile des Kalks im Boden nach ſeinem Verhaͤltniſſe. 136.
- Einige Beimiſchung des Humus iſt nothwendige Bedingung der Fruchtbarkeit jedes
Bodens. 138. - Wie der Werth des Bodens ſich nach dem Verhaͤltniſſe dieſer Beimiſchung aͤndere. 139.
- Beimiſchung des ſauren Humus. 140.
- Haidhumus. 140.
- Werthsbeſtimmung des Bodens in den Tabellen A. und B.141.
- In die Sinne fallende Kennzeichen der Bodenarten. 142.
- Conſiſtenz des Bodens. 142.
- Tiefe des Bodens. 144.
- Der Untergrund. 146.
- Feuchtigkeit des Bodens. 149.
- Temperatur des Bodens. 150.
- Ebene oder unebene Oberflaͤche. 152.
- Hohe oder niedere Lage. 154.
- Abhang nach der Himmelsgegend. 155.
- Beſchattung oder Licht. 156.
- Windausſetzung. 157.
- Atmoſphaͤre, die den Boden umgiebt. 157.
- Reinheit des Bodens von Samenunkraut. 160.
- Reinheit von Wurzelunkraut. 166.
- Reinheit von Steinen. 167.
- Methode der agronomiſchen Unterſuchung. 169.
- Viertes Hauptſtuͤck.
Agrikultur. - Abtheilung in chemiſche und mechaniſche Agrikultur. 173.
- Erſter Abſchnitt.
Die Lehre von der Duͤngung. - Naͤhrender zerſetzender Duͤnger. 173.
- Vegetabiliſcher und animaliſcher Moder. 174.
- Todte aber vom Organismus ruͤckſtaͤndige Materie. 175.
- Bedingungen ihrer Zerſetzung. 175.
- Thieriſche Faͤulniß. 176.
- Der Miſt. 177.
- Die Excremente der Thiere. 177.
- Der Urin. 178.
- Der Stallmiſt. 178.
- Der Pferdemiſt. 179.
- Der Rindviehmiſt. 180.
- Der Schafmiſt. 181.
- Der Schweinemiſt. 182.
- Der Federviehmiſt. 182.
- Menſchliche Excremente. 183.
- Behandlung des Stallmiſtes. 184.
- Aufbewahrung des Miſtes im Stalle. 185.
- Aufbewahrung auf der Miſtſtelle. Ihre Einrichtung. 187.
- Wann die verſchiedenen Miſtarten vermengt oder abgeſondert zu halten. 188.
- Abhaltung der Luft waͤhrend der Gaͤhrung. 190.
- Schweizerſche Behandlung des Miſtes. 192.
- Gerechter Zuſtand des Miſtes zur Ausfuhr. 192.
- Wann die Luftausſetzung des Miſtes unſchaͤdlich ſey. 194.
- Zeit zur Ausfuhr des Miſtes. 197.
- Beſtimmung, in welcher Art der Miſt auf die Felder zu vertheilen. 199.
- Maaß und Gewicht des Miſtes. 201.
- Staͤrke der Auffuhr. 202.
- Manipulation der Miſtausfuhr. 203.
- Ausſtreuung und Brechung. 204.
- Mengeduͤnger oder Kempoſt. 205.
- Einſtreuungsſurrogate. 208.
- Streuloſer Miſt und Guͤlle. 213.
- Behandlung des fluͤſſigen Miſtes oder der Guͤlle. 215.
- Die Pferchduͤngung. 216.
- Benutzung des Pferches. 220.
- Duͤngung mit thieriſchen Abfaͤllen. 221.
- mit Aeſern, Knochen. 221.
- mit Fiſchen. 222.
- mit Hoͤrnern und Klauen in Spaͤhnen. 222.
- mit Schlaͤchter- und Lohgerber-Abfaͤllen. 223.
- mit Haaren und Wolle, altem Leder, Fettgreven, Zuckererde. 224.
- Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.225.
- Unterpfluͤgen gruͤner Saaten. 227.
- Vegetabiliſche Abfaͤlle. 229.
- Der Modder. 230.
- Ausfahrung des Modders. 232.
- Vermengung des Modders. 232.
- Quantitaͤt deſſelben. 233.
- Duͤngung mit Torf. 234.
- Mineraliſche Duͤngungsmittel.235.
- Verbeſſerung der phyſiſchen Eigenſchaft des Bodens durch Auffuͤhrung von Grund-
erden. 235. - Auffahrung der Sandes. 237.
- Kalkduͤngung, wie ſie wirke. 238.
- Manipulation der Kalkduͤngung. 240.
- Behandlung des ausgeſtreuten Kalks. 242.
- Quantitaͤt der Kalkduͤngung. 243.
- Widerſpruͤche uͤber Kalkduͤngung. 243.
- Koſten der Kalkduͤngung. 244.
- Wirkung des Kalks auf Wieſen. 245.
- Ungebrannter Kalk. 245.
- Der Mergel. 246.
- Meinungen uͤber denſelben. 246.
- Auffuhr des Mergels an beguͤnſtigten Orten. 248.
- Einrichtung der Mergelgrube. 249.
- Laden und Ausfuhr des Mergels. 250.
- Koſten und Bezahlung der Arbeit. 251.
- Ungleichheit des Mergels in einer Grube. 252.
- Bearbeitung der Grube. 252.
- Quantitaͤt des Mergels. 253.
- Wiederholung des Mergelns. 254.
- Dauer ſeiner Wirkung. 254.
- Zeit der Ausfuhr. 255.
- Ausſtreuung und Ueberpfluͤgung. 256.
- Koſten der Mergelung. 256.
- Erfolg derſelben. 258.
- Duͤngererde beſonderer Art. 259.
- Gypsduͤngung. Geſchichte derſelben. 260.
- Wirkung derſelben. 261.
- Gebrauch des Gypſes. 262.
- Bereitung deſſelben. 262.
- Ausſtreuung deſſelben. 263.
- Sicherer Erfolg. 263.
- Duͤngende Kraft der Salze. 264.
- Metalliſche Salze, insbeſondere Eiſenvitriol. 265.
- Saͤuren. 267.
- Die Aſche. 267.
- Seifenſiederaſche. 268.
- Eſcherey der Pottaſchenſiedereyen. 269.
- Die Torfaſche. 269.
- Verbrennung der Stoppel und des Strohes auf dem Acker. 270.
- Salinen-Abfall. 271.
- Duͤngerſalze. 271.
- Wechſelung der Duͤngungsmittel. 271.
[[XI]]
Fortſetzung
der
Praͤnumeranten-Liſte.
Bei dem Herausgeber eingegangene:
Bei der Verlagshandlung eingegangene:
[[XIII]]
Nachtrag
zum
zweiten Hauptſtuͤck.
Zuvoͤrderſt muß ich bemerken, daß wegen einer vorgenommenen Abaͤnderung im
Manuſcript der Tabellen, S. 12 bis 30, und der darin gemachten Korrekturen
verſchiedene Druckfehler entſtanden ſind, die bei der Korrektur des Drucks uͤber-
ſehen worden. Ich bitte alſo folgende gleich abzuaͤndern.
- Seite 15 Kolumne l. ſtatt 5 lies 50
- — 18 — k. ſtatt 3 lies 1,4
- — 22 — k. ſtatt 1 lies 0,9
- — 26 — k. ſtatt 4,7 lies 4
- — 26 — k. gegen Wicken uͤber ſtatt 3
- — 28 — b. ſtatt 300 lies 240
- — 28 — k. ſtatt 3 lies 6
- — 28 — k. ſtatt 0,1 lies 1
- — 29 — l. ſtatt 1500 lies 1200
- — 29 — m. dritte Abtheilung ſtatt 360 leſe 300.
Dann muß in der Wirthſchaft No. 7, 8, 9, wo die Koſten eines Pferdes nur
zu 40 angeſetzt ſind, 60 Centner Heu ſtatt 50 Centner fuͤr jedes Pferd in Hinſicht
der gruͤnen Stallfutterung berechnet werden. Das betraͤgt auf 12 Pferde 120 Cnt.
mehr, und da das Heu in der Benutzung fuͤr das Nutzvieh zu ¼ Scheffel Rocken
berechnet worden, ſo iſt der Ertrag deſſelben 30 Scheffel weniger.
Zweiter Theil. c
[XIV]Bemerkungen.
Noch bemerke ich, daß in den Tabellen der gewoͤhnliche Tagelohn zu 1/8 Schef-
fel Rocken berechnet iſt, als der Wahrheit im Durchſchnitt naͤher kommend. Ich
ward im erſten Bande durch die ſeit 10 Jahren beſtandenen Preiſe verleitet ihn nur
zu 1/9 anzunehmen, da er in der That in unſern Gegenden nur 1/12 betrug. 1/8 wird
aber wohl das bleibende Verhaͤltniß in regulaͤren Zeiten ſeyn.
Bemerkungen uͤber das Verhaͤltniß in welchem die Kraft des
Bodens, der Ertrag der Ernten und die Erſchoͤpfung
gegen einander ſtehen.
Daß ein Verhaͤltniß zwiſchen dem Koͤrnerertrage und der Kraft des Bodens
und wiederum ein Verhaͤltniß zwiſchen den abgenommenen Ernten und der Aus-
ſaugung des Bodens exiſtire, iſt allgemein anerkannt, und durch alte Erfahrungen
beſtaͤtigt. Einzelne Satze daruͤber hatte man auch laͤngſt als begruͤndet angenom-
men. Ein allgemeines Verhaͤltniß war aber noch nie ausgeſprochen. Ich habe
es im erſten Bande dieſes Werks S. 240. u. f. zuerſt verſucht, und gleichzeitig
mit mir hat es der verdienſtvolle J. F. Meyer in ſeinem Werke uͤber Pachtan-
ſchlaͤge, S. 56. u. f., aber auf eine ganz andere Weiſe gethan.
Da jene von mir angegebene Formel, wodurch ich eigentlich nur die Erſchoͤ-
pfung des Ackers andeuten wollte, eine große Aufmerkſamkeit, zugleich aber auch
manche Mißdentungen, wie ich bereits erfahren habe, erregt hat; ſo will ich
mich hier naͤher daruͤber erklaͤren, und ſie, ſo viel es jetzt ſchon moͤglich iſt, ge-
nauer zu beſtimmen ſuchen. Eine vollſtaͤndige Berichtigung wird ſie erſt erhalten
koͤnnen, wenn ſie an kuͤnftige aufmerkſam beobachtete Erfahrungen und Verſuche
gehalten wird; und ſie kann dann fruchtbarer an Folgerungen werden, als ich,
bei ihrer erſten Entwerfung, ſelbſt erwartete.
Ein offenbares Mißverſtaͤndniß waͤre es, die natuͤrliche oder zuruͤckbleibende
Kraft des Bodens in allen Faͤllen gleich, zu 40 Grad, anzunehmen. Dieſe habe
ich als das Minimum angeſetzt, als den Grad, welchen ein ſo weit erſchoͤpfter
Mittelboden behaͤlt, wenn ſeine Beſtellung, ſogar in Ruͤckſicht auf die naͤchſte
[XV]Bemerkungen.
Ernte, kaum mehr vortheilhaft bleiben wuͤrde, falls man ihm keinen neuen Nah-
rungsſtoff gaͤbe — als die aͤußerſte Erſchoͤpfung, wohin man einen Ackerboden
kommen laſſen ſollte. Ein guter Gerſtboden, der nicht uͤber 50 bis 60 Prozent
Sand, vielleicht etwas Kalk und 2 Prozent Humus hat, wird ohne muthwillige
Erſchoͤpfung nicht ſo tief herunterſinken, und wir werden ihn bei einer ſechs-
jaͤhrigen Duͤngung und abgenommenen 4 Getreidefruͤchten immer noch eine
Kraft von 60 Graden beimeſſen, und wenn wir ihn weiter erſchoͤpfen wollten, noch
Ernten in dieſem Verhaͤltniſſe von ihm erwarten koͤnnen. Bei andern Feldſyſte-
men und natuͤrlich reicheren Boden wird er noch hoͤhere Grade von Kraft beſitzen,
wenn man ihm dennoch neuen Duͤnger zufuͤhrt. Je mehr Thon ein Boden ent-
haͤlt, um deſto ſpaͤter wird er in den Zuſtand kommen, den wir eigentlich mit jenen
40 Graden bezeichnen, weil er ſeine Nahrungstheile feſter anhaͤlt, und zwar be-
friedigende Ernten verſagt, dem ungeachtet aber doch noch Kraft in ſich hat; wie
wir daraus erkennen, daß wir ihm noch Ernten abzwingen koͤnnen, durch ſolche
Mittel, welche die in ihm verſchloſſenen Nahrungsſtoffe nur aufſchließen. Es ge-
hoͤrt viele Kunſt dazu, um ihn ganz auszuſaugen; dann aber freilich ein deſto groͤ-
ßerer Aufwand, um ihn wieder in die erforderliche Kraft zu ſetzen.
Jene Bodenkraft, die wir nur deshalb die natuͤrliche nennen, weil ſie
zuruͤckbleibt, wenn wir ihr eine Erfriſchung geben, und insbeſondere dann, wenn
wir eine neue Rotation mit der Hauptduͤngung anfangen, ſteigt und faͤllt auf dem-
ſelben Acker, nach dem Verhaͤltniß der gegebenen Duͤngung zu den abgenommenen
Ernten am Ende jeder Rotation, und tritt in einem hoͤheren oder geringeren
Grade zur folgenden uͤber.
Ich habe durch den §. 258. Veranlaſſung gegeben, die Ausſaugung alle[r]
Fruͤchte gleich, und zwar zu 30 Prozent, der jedesmal im Acker befindlichen Kraft
anzunehmen, und mich in der zweiten Anmerkung nicht deutlich genug erklaͤrt uͤber
das Verhaͤltniß, in welchem die ſtaͤrker anziehende Fruͤchte ſich davon mehr zu-
eigneten, und dann auch in demſelben Verhaͤltniſſe ſtaͤrkere Ernten gaͤben. Es
kam mir damals nur auf das Reſultat bei ganzen Rotationen an. Dieſe Verſchie-
denheit findet aber nach allen Erfahrungen ſtatt. Weizen, welcher auf einem ihm
c 2
[XVI]Bemerkungen.
angemeſſenen Boden mehrentheils gleichen Scheffelertrag mit dem Rocken giebt,
ſaugt den Boden bekanntlich ſtaͤrker, wie dieſer aus, und ſehr wahrſcheinlich
nach dem Verhaͤltniſſe, worin er den Rocken in Anſehung ſeiner Schwere und
ſeiner nahrhaften Theile uͤberwiegt. Auf Boden alſo, und auf einer Stelle
wo Weizen uͤberhaupt paßt, werden wir ſeine Anziehung = 40 Prozent an-
nehmen, und darnach ſeinen Ertrag beſtimmen koͤnnen. Er ſtehet naͤmlich in
dem Verhaͤltniſſe ſeines Nahrungsſtoffes gegen den Rocken wie 13 : 10, ſeine An-
ziehung darnach wie 39 : 30. Und da ſie noch etwas kraͤftiger ſcheint, ſo nehmen
wir 40. Die Soͤmmerung dagegen ziehet ſchwaͤcher an, wie auch ſchon nach der
kuͤrzeren Zeit ihrer Vegetation zu vermuthen iſt. Wir koͤnnen fuͤr ſelbige nur
25 Prozent, als der Wahrheit nahe kommend, annehmen. Ob Gerſte oder Ha-
fer ſtaͤrker ausſauge, daruͤber ſind die Meinungen ſeit jeher getheilt geweſen, und
es koͤmmt dabei wohl auf den Zuſtand des Bodens an. Erſtere wird ſtaͤrker aus-
ſaugen, wenn der Boden die Lockerung und Vorbereitung erhalten hat, welche
dieſe Frucht erfordert, indem ſie nur unter dieſer Bedingung vollſtaͤndige Ernten
giebt. Der Hafer hingegen hat an ſich eine ſtaͤrkere Anziehungskraft, und auf
einem zaͤheren und minder bearbeiten Boden wird er mehr ausſaugen, als Gerſte,
aber auch in dem Verhaͤltniſſe eine ſo viel ſtaͤrkere Ernte geben. Deshalb nehmen
wir ſie im Durchſchnitt als gleich an.
Wollen wir nach der im Boden vorhandenen Kraft den Ernteertrag jeder
einzelnen Frucht beſtimmen, ſo muͤſſen wir uͤberhaupt auf mehrere Nebenum-
ſtaͤnde Ruͤckſicht nehmen. Eine Frucht wird auf Boden von gleicher Natur und
gleicher Kraft einen hoͤheren Ertrag geben, wenn jene Nebenumſtaͤnde ſie beguͤn-
ſtigen. Dahin gehoͤrt denn beſonders — außer der Witterung, die wir weder in
unſerer Gewalt haben, noch vorherſehen koͤnnen — eine ihr gerade angemeſſene
Beackerung oder Vorfrucht, und Zerſtoͤrung desjenigen Unkrauts, was dieſer
Frucht beſonders zuwider iſt. Dieſe muͤſſen wir alſo im Auge behalten, wenn wir
einen Voranſchlag des zu erwartenden Ertrages nach der Kraft des Bodens und
der Anziehungskraft des Getreides machen wollen; denn dieſe Anziehungskraft
aͤußert nur ihre volle Wirkung, wenn ihr nichts entgegen ſteht.
[XVII]Bemerkungen.
Wenn wir die mittlere anziehende Kraft des Rockens zu 30 Prozent von der
im Acker befindlichen Kraft und hiervon 6 Scheffel Ertrag uͤber die Ausſaat ange-
nommen haben, folglich auf jeden Scheffel 5 Grad kommen, ſo werden wir nach
dem Verhaͤltniſſe ihrer naͤhrenden Theile (§. 254 des erſten Bandes)
fuͤr Weizen 6½ Grad Kraft
fuͤr die Gerſte 3½ — —
fuͤr den Hafer 2½ — —
per Scheffel anzunehmen haben, und hiernach den Ertrag jeder Getreideart per
Scheffel, ſo wie die von einer jeden Ernte ausgeſogene Kraft am beſten berechnen
koͤnnen. Wir muͤſſen naͤmlich die anziehende Kraft einer Getreideart von der
Kraft des Bodens unterſcheiden, die ein Scheffel dieſer Getreideart zu ſeiner
Ausbildung gebraucht; denn beides ſcheint nicht in voͤllig gleichem Verhaͤltniſſe
zu ſtehen. Die Kraft aber, welche ein Scheffel jedes Getreides zu ſeiner Aus-
bildung gebraucht, iſt gleich der Kraft, die durch dieſes Maaß dem Acker ent-
zogen wird.
Um dieſes durch ein Beiſpiel zu erlaͤutern, nehmen wir einen Boden an, der
in 140 Grad Kraft ſtehe.
Weizen ziehet an 40 Prozent:
100 : 40 = 140 : x = 56.
1 Scheffel Weizen erfordert 6½ Grad Kraft:
6,5 : 1 = 56 : x giebt 8,6 Scheffel,
welche aus dieſen 140 Grad Kraft entſtehen koͤnnen.
Rocken ziehet an 30 Prozent:
100 : 30 = 140 : x = 42.
1 Scheffel Rocken erfordert 5 Grad Kraft:
5 : 1 = 42 : x giebt 8,4 Scheffel.
Gerſte ziehet an 25 Prozent:
100 : 25 = 140 : x = 35.
1 Scheffel Gerſte erfordert 3½ Grad Kraft:
3,5 : 1 = 35 : x giebt 10 Scheffel.
[XVIII]Bemerkungen.
Hafer ziehet an 25 Prozent:
100 : 25 = 140 : x = 35,
1 Scheffel Hafer erfordert 2½ Grad Kraft:
2,5 : 1 = 35 : x giebt 14 Scheffel.
(Dies iſt ſaͤmmtlich uͤber die Ausſaat anzunehmen).
Oder wenn wir den Ertrag als bekannt annehmen, und die ausgeſogene
Kraft finden wollen, ſo verfahren wir umgekehrt.
Wir nehmen 8 Scheffel Weizen uͤber die Ausſaat an. 1 Scheffel erfordert
6½ Grad, folglich ſind ausgeſogen 52 Grad, und es bleiben von den oben ange-
nommenen 140 Graden 88.
Nehmen wir 8 Scheffel Rocken à 5 Grad, ſo ziehen dieſe aus 40 Grad, und
es bleiben 100.
Nehmen wir 11 Scheffel Gerſte à 3½ Grad, ſo ziehen dieſe aus 38,5, und
es bleiben 101,5.
Nehmen wir 14 Scheffel Hafer à 2½ Grad, ſo ziehen dieſe aus 35 Grad,
und es bleiben 105 Grad.
Ob jene nach der Kraft des Bodens und der Anziehung der Frucht ausgemit-
telte Scheffelzahl wirklich erfolge oder auch noch ſtaͤrker ſey, haͤngt von Nebenum-
ſtaͤnden ab, die theils in unſerer Gewalt ſtehen, theils nicht. Die Ausſaugung
des Bodens aber laͤßt ſich nach der wirklich gewonnenen Scheffelzahl jeder Getrei-
deart ausmitteln; es ſey denn eine ſo betraͤchtliche Menge Unkraut auf dem Acker
zur Reife gekommen, daß ſich dieſes einen erheblichen Antheil der Bodenkraft an-
geeignet und dem Getreide entzogen habe.
S. 258 des erſten Bandes habe ich aus den angefuͤhrten Gruͤnden angenom-
men, daß gut ſtehende und nicht oft wiederkommende Huͤlſenfruͤchte, beſonders
Erbſen dem Boden ſo viel wiedergaͤben, als ſie ihm entzoͤgen, und daß ſie nur
negative der Brache, welche die Kraft des Bodens um 10 Grad vermehrt, nach-
ſtaͤnden. Nach der Summe der Erfahrungen aber in der Dreifelderwirthſchaft
nehmen die meiſten doch an, daß die Winterung und die darauf folgende Soͤmme-
rung nach Erbſen, bei gleicher Duͤngung und gleicher Furchenzahl, gegen die reine
[XIX]Bemerkungen.
Brache um 1 Scheffel per Morgen zuruͤckſchluͤge. 10 Grad weniger Kraft be-
gruͤndet dieſen Ruͤckſchlag noch nicht, wohl aber 20 Grad. Denn von 20 Grad
ziehet der Rocken 5 Grad an, und giebt daraus 1 Scheffel; folglich von 20 Grad
weniger Kraft auch 1 Scheffel Ertrag weniger: in demſelben Verhaͤltniſſe die
Soͤmmerung von den uͤbrig bleibenden 15 Grad. Daher ſetze ich ihre poſitive Er-
ſchoͤpfung auf 10 Grad, und zwar im allgemeinen, und ohne Ruͤckſicht auf ihren
ſtaͤrkeren oder ſchwaͤcheren Ertrag, weil die Erfahrung lehrt, daß ſie den Acker
um ſo weniger verſchlechtern, je beſſer ſie ſtehen. Einige aufmerkſame Beobachter
haben die Bemerkung gemacht, daß wenn die Winterung nach den Erbſen gut
ſtehe, und dem Brachrocken nichts nachgebe, die darauf folgende Soͤmmerung
um ſo mehr zuruͤckſchlage; weshalb ſie auf den Fall nicht Gerſte, ſondern Hafer
einſaͤen.
In Anſehung der Kraftzunahme, welche der Boden durch die Dreeſchweide
erhaͤlt, koͤnnen ebenfalls genauere Beſtimmungen ſtatt finden, indem nach der
Kraft, worin der Boden niedergelegt wird, der Graswuchs oder die Reichhaltig-
keit der Weide verſchieden ſeyn, mithin aus der Staͤrke des Raſens und des Wei-
deduͤngers ein hoͤherer oder geringerer Kraftzuſatz erfolgen muß. Man koͤnnte
dieſes beſtimmen:
a) nach dem umgekehrten Verhaͤltniſſe des Flaͤcheninhalts, der zu einer vol-
len Kuhweide erfordert wird.
- Wenn 3⅓ Morgen auf eine Kuhweide kommen = 10 Grad.
- — 3 — — — — — = 11 —
- — 2⅔ — — — — — = 12 —
- — 2⅓ — — — — — = 13 —
- — 2 — — — — — = 14 —
Dagegen:
- Wenn 3⅔ Morgen auf eine Kuhweide kommen = 8 Grad.
- — 4 — — — — — = 6 —
- — 4⅓ — — — — — = 4 —
[XX]Bemerkungen.
b) oder nach der Kraft, in welcher der Boden zu Graſe niedergelegt wird.
- Wuͤrde der Boden mit 40 Grad Kraft niedergelegt, ſo gewinnt er jaͤhrlich 10 Grad.
- — — — — 50 — — — — — — 11 —
- — — — — 60 — — — — — — 12 —
- — — — — 70 — — — — — — 13 —
- — — — — 80 — — — — — — 14 —
- — — — — 90 — — — — — — 15 —
Dagegen:
- Wuͤrde der Boden mit 30 Grad Kraft niedergelegt, aber nur 8 Grad.
- — — — — 20 — — — — — 6 —
- — — — — 10 — — — — — 4 —
Wie ſich der Werth der Weiden nach den Graden der Bodenkraft beſtimmen
laſſe, wird in der Lehre von denſelben naͤher eroͤrtert werden.
So wird auch der Kraftzuſatz beim Klee verſchieden ſeyn, je nachdem er dicht
und ſtark ſteht, und je nachdem er wieder hervorgewachſen war, wie man ihn um-
pfluͤgte. Das letztere macht einen erheblichen Unterſchied, und es iſt fuͤhlbar,
welche vegetabiliſche Duͤngung ein dichter acht bis zehn Zoll herangewachſener
Klee dem Acker geben muß. Je dichter aber der Klee ſteht, um deſto eher findet
dieſes Heranwachſen ſtatt, weil er alsdann nur einer Furche bedarf. Man kann
ſicher annehmen, daß Klee, welcher auf 60 Grad Kraft geſaͤet worden, den Ak-
ker um 10 Grad, auf 70 Grad Kraft um 12 Grad, auf 80 Grad Kraft um
14 Grad, auf 90 Grad Kraft um 16, u. ſ. f. bereichere.
Daſſelbe ließe ſich von der Stoppel gruͤn gemaͤheter Wicken annehmen, wenn
man ſie ebenfalls vor dem Unterpfluͤgen etwas austreiben laſſen koͤnnte, was aber
nur geſchehen darf, wenn ſie dicht und in ſtarker Kraft ſtehen, und bei eben auf-
gebrochener Bluͤthe gemaͤhet werden. Sonſt muß man mit dem Umbruche eilen,
und deshalb kann ſelten mehr als 10 Grad Verbeſſerung durch ſie angenommen
werden, wenn ſie auch uͤber 60 Grad Kraft hatten.
Auch der Brache iſt eine ſtaͤrkere Wirkung beizumeſſen, wenn ſie dem Boden
in ſeiner hoͤheren Kraft gegeben wird. In ſofern ſie den Boden pulvert, und
die
[XXI]Bemerkungen.
die darin befindlichen Nahrungstheile aufſchließt, wird ſie immer eine ſtaͤrkere
Ernte geben, je fleißiger ſie bearbeitet wird. Hierdurch wird ſie dann freilich aber
auch eine ſtaͤrkere Ausſaugung bewirken. Außerdem aber nimmt die Brache ohne
Zweifel eine atmoſphaͤriſche Duͤngung an, und dieſe wird um ſo kraͤftiger ſeyn,
je mehr Kraft ſich im Boden befindet; auch wird bei groͤßerer Kraft ein ſtaͤrkeres
Austreiben des Unkrauts erfolgen, und hierdurch der Acker mehr bereichert werden.
Wenn wir alſo einer Brache bei 40 Grad Bodenkraft 10 Grad Kraftzuwachs bei-
meſſen, ſo koͤnnen wir bei 50 Grad 11, bei 60 Grad 12 u. ſ. f. annehmen.
Was die Ausſaugung der behackten Fruͤchte anbetrifft, ſo laͤßt ſich daruͤber,
bei den widerſprechenden Erfahrungen mit Zuverlaͤſſigkeit noch nichts beſtimmen,
da einige ſie fuͤr ſtark ausſaugend, andere fuͤr ſehr ſchonend erklaͤren. Nach meinen
Beobachtungen kann ich ihnen keine ſtarke ausſaugende Kraft beimeſſen, und wenn
ich den Kartoffeln zwei Fuder Duͤnger per Morgen mehr gegeben habe, als der
reinen Brache, ſo habe ich wenigſtens keinen Ruͤckſchlag der zwei darauf folgen-
den Getreideernten, der Gerſte naͤmlich und des Rockens zuſammengenommen,
bemerkt. Ich bitte Andere darauf zu achten, da der Fall nicht ſelten vorkommt,
daß man den ganzen Brachſchlag wegen Mangels an Duͤnger im Fruͤhjahre noch
nicht ganz mit Hackfruͤchten beſtellen kann. Ich glaube indeſſen daß es einen Un-
terſchied mache, ob man, beſonders die Kartoffeln, dicht oder weitlaͤuftig pflanze,
und in jenem Falle wirklich einen etwas hoͤheren Ertrag davon habe; den ich aber
nicht will, weil er die Bearbeitung erſchwert, und die Verbeſſerung des Ackers
zuruͤckhaͤlt, und deshalb auch nur 80 Scheffel, aber die ſchwache Einſaat von
5 Scheffeln berechne. Aus dieſen Gruͤnden ſetze ich ihre Ausſaugung auf 30, rechne
ihnen aber den Vortheil der Bearbeitung gleich der Brache mit 10 wieder zu gut.
An alle mir bekannten Erfahrungen gehalten, finde ich dieſe Saͤtze paſſend.
Ich bin aber uͤberzeugt daß ſie noch mehr berichtigt werden koͤnnen. Insbeſondere
mochte auf verſchiedenem Boden ein verſchiedenes Verhaͤltniß in einem oder dem
anderen Stuͤcke eintreten. Außerordentlicher Boden darf gar nicht in Betracht
kommen, deſſen Kraft man zuweilen faſt zu vermindern nicht zu vermehren trachtet.
Daß eine gewiſſe Ordnung in der Natur hier ſtatt finde, wodurch ſich der Er-
Zweiter Theil. d
[XXII]Bemerkungen.
trag der Ernten beſtimmt, wird wohl kein aufmerkſamer Beobachter leugnen.
Daher die Gleichmaͤßigkeit der Ernten im Durchſchnitt einer Reihe von Jahren,
die man ſeit Jahrtauſenden beobachtet hat. Daher nach einer ſehr reichen Win-
terungsernte hoͤchſtens eine mittelmaͤßige der Soͤmmerung, und nach einer unge-
woͤhnlichen Soͤmmerung zwei Jahre darauf ſelten eine vorzuͤgliche Winterung bei
der Dreifelderwirthſchaft. So entſteht der Wechſel uͤberreicher und kaͤrglicher
Ernten, indem jene, durch die Jahreswitterung beguͤnſtigt, aus dem Boden uͤber
die Gebuͤhr ausziehen; dieſe dagegen, von der Witterung zuruͤckgehalten, dem
Boden mehr hinterlaſſen, als ſie ihrer Natur nach thun ſollten. Eine aufmerk-
ſame Beobachtung dieſes Naturgeſetzes koͤnnte uns zu Maaßregeln leiten, die uns
gerade in den Jahren eine gute Ernte ſichern, wo der gewoͤhnliche Wirthſchafts-
gang eine ſchlechte erzielt, indem wir auf dieſes die volle Kraft aufſparen, welche
ſelbſt den unguͤnſtigen Einfluß der Witterung uͤberwindet. So kann dann wirk-
lich ein ſchlechtes Jahr fuͤr einen ausgezeichneten Landwirth hoͤchſt vortheilhaft
werden, und ſo ſagt es auch dem allgemeinen Beſten in dieſer Hinſicht zu, daß
ein gleiches Feldſyſtem ferner nicht allgemein herrſche.
Da die Verſtaͤrkung der Bodenkraft [durch] zweierlei Mittel erreicht werden
kann 1) durch ſtaͤrkere Duͤngung, 2) durch Verſchonung mit reifenden Fruͤchten;
ſo muß es jeder nach ſeiner individuellen Lage berechnen, welches von beiden,
oder in welchem Verhaͤltniſſe er beide Mittel anwenden koͤnne. Wenn man erſt
dahin gelangt iſt, daß man das Material zur ſtaͤrkeren Duͤngung ſelbſt produzirt,
ſo giebt erſteres ohne Zweifel den hoͤheren Ertrag; bevor man jenes aber thun
kann, wird man letzteres mit groͤßerem Erfolge, als erzwungene Huͤlfsmittel, die
in der Regel nicht nachhaltend ſeyn koͤnnen, anwenden.
Da dieſe Lehre nun wichtig genug ſcheint um eine klare Anſicht davon zu ge-
ben, und alle Mißverſtaͤndniſſe zu vermeiden, ſo will ich als Exempel noch eine
Berechnung des Kraftgewinns und Verluſtes der S. 12. u. f. tabellariſch dar-
geſtellten Wirthſchaften beifuͤgen. Fuͤr die Einſaat will ich nur 1 Scheffel per
Morgen annehmen, und von dem dort angegebenen Totalertrage abziehen, um
nach den Koͤrnern die ausgezogene Kraft zu berechnen.
[XXIII]Bemerkungen.
No. I.Reine Dreifelderwirthſchaft.
Verliert 1 Grad in 9 Jahren.
No. II.Vervolkommnete Dreifelderwirthſchaft.
Vermehrt die Kraft mit 2½ Grad in 9 Jahren.
d 2
[XXIV]Bemerkungen.
No. III.Siebenſchlaͤgige Koppelwirthſchaft.
Vermehrt ihre Kraft in 7 Jahren um 18¾ Grad.
No. IV.Zehnſchlaͤgige Koppelwirthſchaft.
Vermehrt ihre Kraft in 10 Jahren um 7 Grad.
[XXV]Bemerkungen.
No. V.Zwoͤlfſchlaͤgige Koppelwirthſchaft.
Vermehrt ihre Kraft in 12 Jahren um 15¾
No. VI.Holſteiniſche zehnſchlaͤgige Wirthſchaft.
Vermehrt ihre Kraft in 10 Jahren um 13 Grad.
[XXVI]Bemerkungen.
No. VII. Achtſchlaͤgige Fruchtwechſelwirthſchaft mit Weide.
Vermehrt ihre Kraft in 8 Jahren um 21 Grad.
No. VIII.Achtſchlaͤgige Fruchtwechſelwirthſchaft mit
Stallfuͤtterung.
Vermehrt ihre Kraft um 6 Grad in 8 Jahren.
[XXVII]Bemerkungen.
No. IX.Zehnſchlaͤgige Fruchtwechſel-Wirthſchaft mit
Stallfuͤtterung des Rindviehes und zwei Weide-
ſchlaͤgen fuͤr die Schafe.
Vermehrt ihre Kraft in 10 Jahren um 69 Grad.
Letztere iſt daher eine hoͤchſt bereichernde Wirthſchaft, die zu ſtaͤrkeren Fruͤch-
ten, Weizen und Raps uͤbergehen muß, dabei aber den Ertrag ihrer Schaͤferei,
die natuͤrlich veredelt ſeyn wird, ungleich hoͤher, wie es berechnet worden, brin-
gen wird. Allein es iſt bei dieſen Berechnungen nirgends Ruͤckſicht auf die In-
duſtrie beim Viehſtapel genommen. So wie denn uͤberhaupt dieſe Berechnungen
nicht als Ertragsberechnungen anzuſehen ſind, ſondern nur die Verhaͤltniſſe der
Wirthſchaftsmethoden auf einer Ackerflaͤche von der beſchriebenen Art vergleichend
darſtellen ſollen.
[XXVIII]Bemerkungen.
Der Koͤrnerertrag war in jenen Berechnungen, S. 12 bis 29., nach der Er-
fahrung angenommen, und nicht nach den hier angegebenen Regeln. Man wird
aber finden, daß er mehrentheils und im Ganzen ſtimme, wenn man ihn nach die-
ſen berechnet, wobei aber anzunehmen iſt, daß jeder Schlag eine Rotation ſchon
durchgegangen ſey, und in der Kraft ſich befinde, wohin er durch eine ſchonende
Behandlung gelangt. Es ſoll dieſes in verſchiedenen genauern Uebergangsberech-
nungen in den Annalen deutlicher gezeigt werden.
Zweites
Zweites Hauptſtuͤck.
Fortſetzung.
Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander,
in einem Beiſpiele dargeſtellt.
Zweiter Theil. A
[[2]][[3]]
Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme
gegen einander.
§. 395.
Um die Verhaͤltniſſe der jetzt am meiſten in Frage begriffenen WirthſchaftenIn einem Bei-
ſpiele darge-
ſtellt.
gegen einander darzuſtellen, dienen folgende tabellariſche Berechnungen von neun
Wirthſchaftsarten auf einem und demſelben Areal. Dieſe Berechnungen ſind ſehr
mannigfaltig angeſtellt worden mit allerlei Modifikationen in Anſehung der Ein-
theilung der Schlaͤge, der Fruͤchte, des Viehes und der Arbeit. Ich theile hier
nur das gewoͤhnlichſte mit, und uͤberlaſſe es jedem meiner Leſer jede Idee, die er
ſich uͤber die Bewirthſchaftung eines gegebenen Areals macht, auf aͤhnliche Weiſe
ſich darzuſtellen.
Das hier angenommene Areal hat 1450 Magdeburgiſche Morgen, wovon
150 Morgen Wieſen ſind. Bei der Dreifelderwirthſchaft liegen 300 Morgen
raumer Weideanger, oder ſo viel Holzweide, als dieſen gleich kommt, zu beſtaͤn-
diger Weide, und muͤſſen bei dieſer Wirthſchaftsart beibehalten werden. Bei
den Wechſelwirthſchaften aber konnten 200 Morgen davon zu den Schlaͤgen gezo-
gen und umgebrochen, folglich zu Ackerland gemacht werden. Daher vermehrt
ſich dieſes hier bis auf 1200 Morgen.
Der Boden iſt als guter Gerſtboden, oder als ein milder, vielleicht etwas
kalkhaltiger, mit Sand zu 50 bis 60 Prozent gemengter Lehmboden angenommen.
Es iſt ferner vorausgeſetzt, daß der Acker bei den mehrſchlaͤgigen Wirth-
ſchaften ſchon eine Rotation durchgegangen ſey, und wenigſtens ſchon einmal die
volle hier angegebene Duͤngung erhalten habe; auch daß bei der Beackerung, Be-
ſtellung und Ernte alles mit gehoͤriger Sorgfalt, Wahrnehmung des gerechten
Zeitpunktes und Fleiße ausgefuͤhrt werde, und jede Frucht die ihr gebuͤhrende Be-
handlung erhalte.
A 2
[4]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
§. 396.
Erklaͤrung der
Tabellen.In Anſehung der Columnen iſt folgendes zu merken:
a. enthaͤlt unter der Beſtimmung der Wirthſchaftsart die Folge der Fruͤchte
oder die Rotation der Schlaͤge.
In Anſehung der Fruͤchte iſt zu bemerken, daß nur die gewoͤhnlichen hier an-
genommen ſind, die jede Wirthſchaftsart bauen kann und in der Regel bauen
wird. Die in ſtarkem Duͤngerſtande befindlichen wuͤrden edlere Fruchtarten und
Handelsgewaͤchſe mit noch groͤßerem Vortheile bauen koͤnnen, wie Weizen,
Raps, Mais, Taback u. ſ. w., und ſie ſind haͤufig von uns darauf berechnet wor-
den. Sie bleiben dann aber in gar keinem Verhaͤltniſſe mit den uͤbrigen, und
deshalb iſt ſolcher Fruͤchte hier nicht erwaͤhnt. Bei dem hohen Duͤngerſtande der
Wirthſchaft No. 7., 8. und 9. wird ſchon ein jeder von ſelbſt darauf verfallen.
In dem Schlage der behackten Fruͤchte ſind durchaus nur Kartoffeln angenommen,
ungeachtet andere Futtergewaͤchſe einen hoͤheren Ertrag geben, oder beim Ueber-
fluſſe des Futters auch behackte Bohnen, Mais oder Handelsgewaͤchſe in einem
Theile dieſes Schlages vortheilhafter gebauet werden koͤnnten.
b. giebt die Morgenzahl der Schlaͤge an.
c. die Einſaat, ſo wie ſie bei einer guten Vertheilung der Saat, wenn ſie
mit der Hand und ohne beſondere Inſtrumente zum Unterbringen geſchiehet, der
allgemeinen Erfahrung nach erforderlich iſt, ohne Ruͤckſicht auf die Prin-
zipien, die man bei Veranſchlagungen in gewiſſen Gegenden angenommen hat.
d. der Ertrag per Magdeburger Morgen nach Berliner Scheffeln, — wohl
zu merken — nicht das wie vielſte Korn oder die Vermehrung der Ausſaat.
Dieſe Beſtimmung des Ertrages iſt, wie man bei genauerer Erwaͤgung leicht be-
merken wird, keinesweges willkuͤhrlich, ſondern theils nach den §. 250. u. f. an-
gegebenen Grundſaͤtzen und Verhaͤltniſſen, theils nach allgemeinen Erfahrungen
angenommen; jedoch iſt dieſer Ertrag, beſonders wo er hoͤher hinangeht, immer
etwas heruntergeſetzt, um dem Zufalle das Gehoͤrige zu zollen. Wem er uͤber das
Gewoͤhnliche der gewoͤhnlichen Wirthſchaften hinauszugehen ſcheint, den bitte ich
das Ungewoͤhnliche der Verbindungen, woraus er hervorgeht, zu beachten.
Uebrigens iſt eine untadelhafte Beſtellung und moͤglichſte Schonung bei der Ernte
vorausgeſetzt. Der Ertrag des Klees und der Kartoffeln haͤtte insbeſondere bei
[5]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
der ſtarken Duͤngung und bei der Stelle, die ſie einnehmen, hoͤher berechnet wer-
den muͤſſen. Ich habe aber wegen des moͤglichen Mißrathens des erſtern ſo viel
zuruͤckgeſchlagen, und von letzterer das Wenigſte angenommen, was man er-
warten kann.
e. giebt den ganzen Ertrag des Schlages, und f. den reinen Ertrag,
nach Abzug der Einſaat, an. Die Wicken geben keinen reinen Koͤrnerertrag,
weil in der Regel nur ſo viele reif werden, als man zur Ausſaat gebraucht. Von
dieſen wenigen wird das Stroh wie Heu berechnet, dem es nicht viel nachſteht.
g. Der Strohertrag iſt nach den §. 280. und 281. angegebenen Saͤtzen aus-
gemittelt. Das Stroh von 1 Morgen Kartoffeln iſt zu 5 Centner gewiß nicht zu
hoch angenommen, in der Vorausſetzung, daß ſolches in keiner Wirthſchaft, die
den Werth des Duͤngers ganz zu ſchaͤtzen weiß, verzettelt werden wird.
Das im Jahr 1809 zum erſten Male gewogene Kartoffelſtroh betrug nach voͤlli-
ger Austrocknung von einer dem Anſehen nach feinkrautigern Kartoffelart per Mor-
gen 907 Pfund, von einer grobkrautigern nur 605 Pfund. Wir hatten das Gegen-
theil dem Anſehen nach erwartet. Wegen des vielen Eiweißſtoffes iſt es im Duͤnger
weit ſchaͤtzbarer, wie anderes Stroh.
h. Die Kartoffeln ſind hier zu ihrem halben Gewichte auf Heu reduzirt. Bei
dem Wieſenertrage iſt nur eine Mehrheit von 3 Centner per Morgen angenom-
men, wenn die Wirthſchaftsverhaͤltniſſe die Duͤngung derſelben zuließen, unge-
achtet ſich der Unterſchied wohl auf 6 Centner belaufen wird. Der Klee-Ertrag
iſt nur um 4 Centner hoͤher angenommen, wenn er mit der erſten Frucht nach der
geduͤngten Brachfrucht ausgeſaͤet ward, ungeachtet die Erfahrung lehrt, daß er
dann oft um die Haͤlfte groͤßer ſey. Ein einzelner Kleeſchnitt iſt zu 14 Centner an-
genommen. (Unter Centner werden 100 Pfund verſtanden.)
i. giebt die Duͤngermaſſe dem Gewichte nach an, welche von dem verfutter-
ten Stroh, Heu und Kartoffeln erfolgt. Wegen der hier angenommenen Saͤtze
muß ich mich ausfuͤhrlich erklaͤren.
Ich hatte bisher angenommen, daß man die Duͤngermaſſe einer Wirthſchaft
erfahre, wenn man das verfutterte und mit der Futterung verhaͤltnißmaͤßig einge-
ſtreuete Stroh und das Heu mit 2, 3 multiplizire; theils weil ich dieſes in ganzen
Wirthſchaften, wo man den Stroh- und Heugewinn und den ausgefahrnen Miſt
[6]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
ziemlich genau berechnen konnte, durchgehends zutreffend fand, theils weil
viele im Kleinen angeſtellte Verſuche es beſtaͤtigten. Warum ich von der Meyer-
ſchen Annahme abgewichen, habe ich anderswo erklaͤrt. Nun aber habe ich die
Nachrichten von vielen im Winter 1808/9 mit aufgeſtallten Maſtochſen genau ange-
ſtellten Verſuchen erhalten, deren Reſultate zwar ſehr verſchieden zu ſeyn ſcheinen,
aber ſich bei genauerer Erwaͤgung doch ſehr gut in Harmonie bringen laſſen, wenn
man auf gewiſſe Nebenumſtaͤnde Ruͤckſicht nimmt. Ich werde mich daruͤber erſt
ausfuͤhrlich erklaͤren koͤnnen, wenn ich auch die Reſultate der im Winter 1809/10
von verſchiedenen thaͤtigen Befoͤrderern unſerer Wiſſenſchaft anzuſtellenden Ver-
ſuche erhalte. Einige jener Verſuche beſtaͤtigen zwar das vorhin angenommene
Verhaͤltniß des Miſtes zum Futter genau; andere aber, denen ich vorerſt eine
gleiche Genauigkeit zutraue, und die weder zu ſehr im Kleinen noch zu ſehr im
Großen angeſtellt worden, auch die Pluralitaͤt fuͤr ſich haben, ergeben, daß ſich
Stroh und Heu im Miſte bei ziemlich ſtarker Einſtreuung nur ums dop-
pelte vermehre, und daß man nur die Vermehrung um 2, 3, da annehmen koͤnne,
wo nach Verhaͤltniß des Futters ſpaͤrlich eingeſtreuet wird. — Nach den meiſten
mir zugekommenen Beobachtungen, wo Kartoffeln in betraͤchtlicher Menge und
als Hauptfutter gegeben waren, koͤnnen dieſe nur zu 3/5 ihres Gewichts beim
Miſte berechnet werden, wenn man anders dem daneben conſumirten Stroh obige
Gewichtsvermehrung zuſchreibt. Es geſchiehet hierbei den Kartoffeln gewiſſer-
maßen Unrecht. Denn im Grunde ruͤhrt der groͤßte Theil jener Gewichtsvermeh-
rung des Strohes von ihnen her, und man wuͤrde ohne die Kartoffeln bei weitem
weniger Vieh halten, und weniger Stroh durch Jauche zu Miſt machen koͤnnen.
Es kommt hier aber bloß auf die Maſſe im Ganzen an, und damit ich denen
Wirthſchaften, die Kartoffeln bauen, keine Vorzuͤge gebe, die irgend zweifelhaft
ſcheinen koͤnnten, da ſie ſchon ſo große unabſprechliche haben; ſo will ich den
Miſt aus Kartoffeln nur zur Haͤlfte ihres Gewichts in dieſen Tabellen anſchlagen.
k. die Fuderzahl, welche per Morgen zu der Frucht, gegen welche ſie uͤber-
ſteht, aufgefahren wird, das Fuder zu 2000 Pfund oder 20 Centner angenom-
men. (Unter Centner werden auch hier immer 100 Pfund verſtanden.)
l. das Vieh, nehmlich zuerſt das Zugvieh, welches gehalten werden muß,
und dann das Nutzvieh, welches gehalten werden kann. Die Beſtimmung des
[7]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
erſteren gruͤnder ſich auf die Arbeitsberechnungen, die nach den §. 100. angehaͤng-
ten Schematen uͤber jede Wirthſchaftsart mehrere Male gemacht ſind. Indeſſen
iſt die Zahl immer etwas ſtaͤrker angenommen, als ſich daraus ergab, da manche
Zufaͤlligkeiten die Arbeit aufhalten koͤnnen. Das Nutzvieh aber iſt nach der
Quantitaͤt des vorhandenen Futters und Strohes und der Weide, wo ſie in Be-
tracht kommt, beſtimmt. Jedoch kann die Kopfzahl groͤßer oder geringer ange-
nommen werden, je nachdem man es vortheilhafter findet, per Kopf ſchwach
oder ſtark zu futtern. In der Art des Nutzpreiſes hat man ebenfalls freye Wahl,
und kann z. B. Maſtvieh ſtatt Milchvieh nehmen. Denn es iſt hier nicht der
Ort, auszumitteln, in welchem Falle eins oder das andere vortheilhaft ſeyn
koͤnnte.
m. enthaͤlt das Stroh, Heu und Weide, welche dem Vieh gegeben werden
koͤnnen, erſtere nach Centnern, letztere nach Morgen. In Klammern ſteht, wie
viel auf den Kopf komme, und darunter, wie viel auf den ganzen Stapel. Die
per Kopf angenommenen Saͤtze ſind wohl zu beachten, indem ſie nach dem Ver-
moͤgen der Wirthſchaft, und je nachdem das Vieh bloß auf dem Stalle gefuttert
wird, oder auf die Weide geht, ſehr verſchieden ſind. Es verſteht ſich, daß
gruͤnes Futter und Kartoffeln auf Heu reduzirt ſind.
n. der anzunehmende Ertrag des Viehes. Es iſt eine laͤngſt anerkannte
Wahrheit, daß dieſer nicht nach der Kopfzahl, ſondern nach der gegebenen Fut-
terung und Weide berechnet werden koͤnne, vorausgeſetzt, daß man weder zu
kaͤrglich, noch zu verſchwenderiſch mit dem Futter und Weide verfaͤhrt, und
einen der Quantitaͤt der Futterung angemeſſenen Viehſchlag halte. Hier iſt nun
die Dreeſchweide per Morgen = 1½ Scheffel Rocken, oder (wenn man will)
= 1½ Rthlr. angenommen, und von der uͤbrigen Auſſenweide ſind 100 Morgen
= 60 Morgen Dreeſchweide — (in der Felderwirthſchaft dieſe Weide per
Morgen zu 1 Scheffel Rocken, oder = 1 Rthlr.) — gerechnet. Bei der Fut-
terung aber iſt das Heu oder das darauf reduzirte Futter in 100 Pfund, oder der
Centner zu ¼ Scheffel Rocken oder zu 6 Gr. angenommen, das Stroh aber gar
nicht berechnet, und hiernach iſt dann der Ertrag des Viehes ausgemittelt, ſo
daß es dabei auf die Art und die Kopfzahl des Viehes gar nicht ankommt, und
ſich daſſelbe Reſultat ergeben muß, man waͤhle welches Vieh man wolle, und
[8]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
halte deſſen mehr oder weniger, je nachdem man es ſchwaͤcher oder ſtaͤrker futtern
will. Die Wartung des Viehes iſt unter den Koſten der Wirthſchaft mit begrif-
fen. Auch iſt auf Geltevieh nicht Ruͤckſicht genommen, indem auch dieſes ſein
angemeſſenes Futter — zumahl da auf Stroh und Spreu gar nichts gerechnet
wird — durch Zuwachs bezahlen muß, und in den meiſten Wirthſchaften neben
dem andern Vieh wird gehalten werden koͤnnen. Es wird vielleicht manchen der
Ertrag des Viehes bei der angenommenen Futterung viel zu gering angeſchlagen
ſcheinen; und er iſt es wirklich. Ich nahm ihn aber ſo geringe an, damit nie-
mand den Vortheil der futterreichen Wirthſchaften zu hoch berechnet finde.
Uebrigens iſt eigentlich gar nicht auf die Art und Zahl des Viehes bei der Be-
rechnung Ruͤckſicht genommen, ſondern nur auf den Werth der Futterung, wenn
dieſe durch zweckmaͤßiges Vieh benutzt wird.
o. der reine Ertrag des Getreides auf Rocken reduzirt, ſo daß 1 Scheffel
großer Gerſte — denn dieſe wird hier nur angenommen — ¾ Scheffel Rocken
und 1 Scheffel Hafer zu ½ Scheffel Rocken gerechnet iſt; Erbſen aber dem
Rocken gleich, obwohl ſie einen hoͤhern inneren Werth haben.
p. die Koſten der Wirthſchaft. Bei den Pferden findet hier ein merklicher
Unterſchied ſtatt, weil neben anderen Koſten (auch des Geſchirrs) nur ihr Koͤr-
nerfutter berechnet worden. Wo es alſo die Wirthſchaftsverhaͤltniſſe erlauben,
daß die Pferde im Sommer gruͤnes Futter, auch vielleicht im Winter Kartoffeln
bekommen, da kommt ihre Erhaltung eigentlich in einem groͤßern Verhaͤltniſſe
geringer zu ſtehen, als hier in dieſem Falle angenommen worden. Wenn man
mit den Koſten die Heu-Rationen, die ihnen zugeſchrieben worden, vergleicht,
ſo ſtehen ſie ungefaͤhr im umgekehrten Verhaͤltniſſe. Denn je mehr Heu, deſto
weniger Korn erhalten ſie. Die Ochſen ſind nur um 1/7 geringer berechnet, wo ſie
ſtarke Heufutterung haben, und folglich uͤberall kein Kornfutter gebrauchen. Die
Zahl des Geſindes und der Arbeiter gruͤndet ſich auf Berechnungen. Der maͤnn-
liche Tagelohn iſt zu 1/8 Scheffel Rocken berechnet, der weibliche zu 1/12 Scheffel,
weil der nach §. 147. angenommene Preis zu 1/9 Scheffel nur als der geringſte und
im Durchſchnitte zu niedrig angeſetzt waͤre. Die Kartoffelnarbeit mit der Hand
iſt beſonders berechnet, per Morgen zu 1¾ Scheffel Rocken, wofuͤr ſie bei dem
gehoͤrigen Gebrauche zweckmaͤßiger Inſtrumente ſehr gut verrichtet werden kann,
einſchließlich
[9]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
einſchließlich des Aufnehmens. Die Saͤtze der angefuͤhrten Koſten ſind ſo be-
rechnet, daß man bei maͤßigen Kornpreiſen, den Scheffel Rocken à 11/3 Rthlr.,
auch in Anſehung der baaren Geldausgabe ſicher reichet. Indeſſen gebe ich zu, daß
noch einige beſtimmte Ausgaben, z. B. fuͤr den Wirthſchafts-Aufſeher und Auf-
ſeherinn, dann gewoͤhnlich einige Nebenausgaben hinzukommen, worauf es aber
hier bei der Vergleichung der Verhaͤltniſſe nicht ankommt. Auch ſteht ein
hoͤheres Kapital im Inventarium, beſonders des Viehes, welches ſich aber durch
deſſen Nutzung gewiß obendrein verzineſt.
q. zeigt dann den reinen Ertrag der Wirthſchaft an, nach dem Werthe
von 1 Scheffel Rocken. Wie dieſes zu Gelde zu berechnen ſey, muß jedem uͤber-
laſſen werden, da es von der Lokalitaͤt und von den Konjuncturen der Zeit ab-
haͤngt. Als Minimum kann man 1 Rthlr. annehmen.
Kleine Bruͤche ſind bei der Berechnung mehrentheils weggelaſſen oder com-
penſirt worden, da es hier allein auf die Hauptreſultate ankommt, und der
Ueberblick durch jene nur erſchwert wird; es auch ſcheinen wuͤrde, als ob man hier
eine Genauigkeit affectiren wollte, die der Natur der Sache nach nicht ſtatt
findet.
§. 397.
Wegen der Wirthſchaftsarten, die hier angenommen ſind, iſt noch folgendesErklaͤrung der
Wirthſchafts-
arten.
zu bemerken:
No. 1. zeigt, daß eine einfache Dreifelderwirthſchaft mit ſo wenigen
Wieſen an allem Mangel leide, einen ſchlechten Ertrag gewaͤhre, und pro-
greſſiv herabſinke.
Da das Heu in einem ſo geringen Verhaͤltniſſe mit dem Stroh ſtehet, dieſes
faſt nur mit waͤſſerigen Theilen angefuͤllt iſt, und damit faulen kann, ſo bleibt es
zweifelhaft, ob wirklich ſo viel Duͤnger daraus erfolgt. Auf allen Fall iſt er aber
ſtrohigt und mager, folglich von weit geringerer Wirkung, und in der Hinſicht
iſt der Koͤrnerertrag vielleicht zu hoch angenommen.
No. 2. ſtellt ein jetzt ſehr gewoͤhnliches Wirthſchaftsſyſtem dar. Man findet
es in dem groͤßten Theile des jetzigen, von der Natur ſo ſehr beguͤnſtigten Koͤnig-
reichs Weſtphalen, und man koͤnnte es daher das Nen-Weſtphaͤliſche
nennen. Auf dem fruchtbaren, merglichten, zum Theil humusreichen Boden
Zweiter Theil. B
[10]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
dieſer Provinzen, wo die Brache beſtellt werden darf, aber die Anger- und Holz-
weiden nicht aufgebrochen und zu Ackerland gemacht werden koͤnnen, paßt es ſich
ſehr gut, und kann oͤrtlicher Verhaͤltniſſe wegen nicht gegen ein beſſeres vertauſcht
werden. Auf dem minder fruchtbaren, zaͤheren, Quecken und Unkraut erzeugen-
den Boden aber, hat es ſich auf die Dauer nicht ausfuͤhrbar gezeigt, und eine
oͤftere Brache iſt dabei noͤthig befunden. Der Viehſtand bleibt immer zu geringe,
wenn er gleich den nothduͤrftigen Duͤnger reicht. Es liegt uͤbrigens auch bei die-
ſem Syſteme die Regel des Fruchtwechſels in ſo fern zum Grunde, als man uͤber-
zeugt iſt, daß ohne Brache nach zwei Halmfruͤchten durchaus eine andere Frucht
eintreten muß.
No. 3. 4. 5. ſind Mecklenburgiſche Koppel-Wirthſchaften verſchiedener
Art. Im Koͤrnerertrage kommen ſie ſich ziemlich gleich; im Viehertrage uͤber-
wiegt die mit einer Brache betraͤchtlich. Die Arbeiten und Koſten dieſer Wirth-
ſchaften ſind die geringſten, und das iſt es, was ſie vorzuͤglich empfiehlt, wo es
an Menſchen und an Betriebskapital mangelt. Durch Futterbau in Nebenkop-
peln erhalten ſie oft ein anderes Verhaͤltniß, worauf aber hier nicht Ruͤckſicht ge-
nommen werden kann.
No. 6. iſt eine Hollſteiniſche Wirthſchaft, wie ſie jetzt haͤufig betrieben
wird, wo naͤmlich Brache auf den vortheilhaften Dreeſchhafer folgt. Die laͤngere
Ruhe und die ſtaͤrkere Duͤngung gewaͤhrt einen ſtaͤrkeren Koͤrnerertrag, wenn ge-
hoͤrige Bearbeitung des Bodens hinzukommt, woran es vormals, wie man in
Hollſtein gar keine Brache hielt, fehlte. Damals war der Viehertrag dem Koͤr-
nerertrag in den meiſten Wirthſchaften gleich, oder uͤberwog ihn gar; der ganze
Ertrag war aber doch geringer wie jetzt.
No. 7. iſt eine Fruchtwechſelwirthſchaft mit Weide, wobei aber das Vieh
des Nachts auf den Stall genommen, und des Morgens beſonders gefuttert wird.
Der hoͤhere Koͤrnerertrag geht aus der ſtarken Duͤngung, die jedesmal nur
eine Getreidefrucht abtraͤgt, verbunden mit der Ruhe des Bodens, hervor, und
iſt eher zu geringe als zu hoch angenommen. Den Viehertrag ergiebt die Menge
des Futters in Verbindung mit der Weide.
No. 8. eine Fruchtwechſelwirthſchaft zur Stallfutterung des Rindviehes an-
gelegt, und darauf berechnet. Der große Duͤngergewinn berechtigt wenig-
[11]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
ſtens zu dieſer Annahme des Koͤrnerertrages. Die Arbeiten und Koſten belaufen
ſich hier am hoͤchſten, aber dennoch bleibt der reine Ertrag am ſtaͤrkſten. Dieſe
Wirthſchaft wird in der Folge wegen ihres großen Duͤngergewinns und der zuneh-
menden Kraft ihres Bodens zu edlern und eintraͤglicheren Fruͤchten uͤberzugehen
genoͤthigt ſeyn, und ihren reinen Ertrag noch betraͤchtlich erhoͤhen.
No. 9. verbindet die Schafhaltung mit der Stallfutterung der Kuͤhe. Daß
bei der fuͤr die Schafe ausgeſetzten Kleeweide, wozu noch die reichliche Stoppel-
weide kommt, und bei der angegebenen Winterfutterung (wo die Haͤlfte des
Strohes Erbſenſtroh ſeyn kann) hier nur auf edle Schafe gerechnet iſt, ver-
ſteht ſich von ſelbſt. Bei der angenommenen ſtarken Futterung behaͤlt ſie
Heu uͤbrig, deſſen Benutzung die Umſtaͤnde ergeben werden. Sie muß noth-
wendig in eine gewaltige Kraft kommen.
In welchem Verhaͤltniſſe jede Wirthſchaft den Morgen ihres Areals be-
nutzt, wird ſich jeder leicht berechnen koͤnnen.
Man bemerke, daß der Duͤngerſtand nach dem Minimum, und weit unter
dem, was andere Verſuche ergeben, angenommen ſey.
B 2
[12]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
[18]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
[20]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
[26]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
[28]Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
Die Verhaͤltniſſe dieſer Wirthſchaften kommen alſo folgendermaßen zu ſtehen:
Der Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
§. 398.
Nur nach einer richtigen Ueberlegung aller Verhaͤltniſſe kann der rationelle
Landwirth ſich erſt zum Uebergang zu einer intenſiveren Wirthſchaft beſtimmen.
Wir wollen das, was ſich, ohne ein gegebenes Lokal vor Augen zu haben, hier-
uͤber im Allgemeinen ſagen laͤßt, anfuͤhren.
Zufoͤrderſt muß man wohl erwaͤgen, daß ſich ein ſolcher Uebergang nie ohneNothwendige
Vermehrung
des Betriebs-
kapitals.
Anlage eines groͤßern Betriebskapitals machen laſſe. Die Staͤrke deſſelben kann
ſehr verſchieden ſeyn, und man kann mit einem groͤßern oder kleinern ſeinen Zweck,
aber — unter Vorausſetzung gleicher Geſchicklichkeit — mit jenem ſchneller, als
mit dieſem erreichen. Der ſtaͤrkere Futtergewinn, worauf zufoͤrderſt alles an-
kommt, erfordert immer einige Aufopferung an verkaͤuflichen Fruͤchten: entweder
in der Ausſaat, welche zu Anfange durch reicheren Ertrag noch nicht erſetzt werden
kann; oder im Ertrage ſelbſt, indem man ihnen zum ſicheren Futterbau einen Theil
des Duͤngers, den des kraͤftigeren Feldes, entzieht. Dazu kommt denn die nach und
nach zu beſchaffende Vermehrung des Inventariums, des Arbeits- und Geſinde-
lohns. Man nennt dies mit Unrecht Aufopferungen, die man im Ertrage des
Guts machen muͤſſe. Aufopferung iſt es nicht, es iſt nur vermehrte Kapitalsan-
lage zum kraͤftigern Betriebe des Gewerbes. Denn richtige Zinſen nnd Wiederer-
ſtattung des Kapitals koͤnnen ohne ungewoͤhnliche Ungluͤcksfaͤlle nie fehlen. Allein
in Haͤnden haben muß man dieſes Kapital, wenn die Sache nicht ſtocken oder ruͤck-
gaͤngig werden ſoll.
Die Staͤrke deſſelben iſt, wie geſagt, verſchieden. Wenn man aber mit mitt-
lerer Schnelligkeit und gehoͤriger Ueberlegung vorſchreiten will, ſo muß es we-
nigſtens doppelt ſo ſtark ſeyn, als der bisherige jaͤhrliche reine Ertrag eines Gutes
war, in ſofern er aus der Wirthſchaft hervorging. Hiermit darf man dennoch in
der Vermehrung des Viehinventariums ſich nicht uͤbereilen. Auch ſind hierin
keine neue Bauten oder erhebliche Veraͤnderungen in den Gebaͤuden mit einbe-
griffen.
[32]Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
Verbeſſernde Umwandlungen einer Wirthſchaft ohne Kapitalsanlage ſind gra-
dezu unmoͤglich. Wo ſie ohne ſolches bewirkt zu ſeyn ſcheinen, da iſt das Kapital
unmerklich durch Erſparungen in andern Stuͤcken, oder durch angeſtrengte eigene
Arbeit hervorgebracht. Der Mangel des Kapitals, es ſey, daß man es nicht an-
legen konnte, oder nicht wollte, iſt der Grund der meiſten fehlgeſchlagenen Unter-
nehmungen dieſer Art. Daher muß man den manche verleitenden Irrthum,
als ſey es ohne ſolches moͤglich, nicht beſtaͤrken, ſondern ausrotten.
Daß ferner der Grund und Boden privatives Eigenthum ſey, worauf keine,
der Sache entgegenſtehende Servitute ruhen, verſteht ſich von ſelbſt. Vor allem
muͤſſen dieſe, wenn ſie ſtatt finden, abgefunden werden.
§. 399.
Aus der Fel-
derwirthſchaft
in die Koppel-
wirthſchaft.Von dem Uebergange einer Felderwirthſchaft in die Koppelwirthſchaft, ſie ſey
von der gewoͤhnlichen Art, oder nach der Regel des Fruchtwechſels eingerichtet,
laͤßt ſich, ohne ein gegebnes Lokal vor Augen zu haben, nichts genaueres angeben,
als was uͤberhaupt von der Einrichtung einer Koppelwirthſchaft in den §. 275
bis 295 geſagt worden. In den meiſten Faͤllen, wo man ein bisher in drei Fel-
dern zuſammenhaͤngend gelegenes Gut in Koppelwirthſchaftsſchlaͤge legt, wird na-
tuͤrlich alte Weide aufzubrechen ſeyn, weil dieſe nun entbehrlich wird. Kann ſie
mit in die Rotation des Ganzen gebracht werden, ſo muß man es ſo einrichten,
daß ſie allmaͤhlig vorbereitet werde, und in dem Verhaͤltniß zum Fruchttragen
komme, worin ein Theil des bisherigen Ackerlandes zur Weide niedergelegt wird.
Wie jenes geſchehe, gehoͤrt in die Lehre von der Urbarmachung, und ich bemerke
hier nur, daß ein ſolches neues Land nicht zu ſtark angegriffen werden duͤrfe, ſon-
dern nach hoͤchſtens zwei Fruͤchten eine Duͤngung erhalten, dann wieder zu Graſe
niedergelegt, oder nach der Regel des Fruchtwechſels behandelt werden muͤſſe. So
muß man auch dahin ſehen, daß das zur Weide niederzulegende bisherige Acker-
land noch in Kraft ſey, und nach der Duͤngung nicht mehr, als hoͤchſtens vier
Fruͤchte abgetragen habe, damit ſogleich eine gehoͤrige Weide darauf entſte-
hen koͤnne.
Kann das alte aufzubrechende Weideland ſeiner Lage und Beſchaffenheit wegen
nicht in dieſelbe Rotation kommen, ſondern muß es eine eigne erhalten, ſo muß
man dennoch, um die Wirthſchaftsverhaͤltniſſe zwiſchen Weide und Koͤrner- ſammt
Stroh-
[33]Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
Strohertrag nicht zu ſtoͤren, eben ſo verfahren, und in dem Maße ſich neue Weide
auf dem Ackerlande verſchaffen, wie man die alte zum Fruchtbau umbricht.
Wenn nach vollfuͤhrter Theilung und Zuſammenlegung einer zerſtuͤckelten
Feldmark, Acker, nicht bloß von verſchiedener natuͤrlicher Guͤte, ſondern auch in
ſehr verſchiedenem Duͤngerzuſtande zuſammenkommt, und in kuͤnftige bleibende
Schlaͤge getheilt werden ſoll; ſo erfordert es eine genaue Spezialunterſuchung
und einen wohl uͤberlegten Plan, wie man die verſchiedenen nun zuſammengelegten
Feldſtuͤcke in eine gleichmaͤßige Kraft fuͤr die Folge ſetze. Die dabei zu beobach-
tenden Maßregeln laſſen ſich nur in beſondern Beiſpielen entwickeln.
§. 400.
Der Uebergang aus einer auf ſchon ſeparirtem Lande beſtehenden Felderwirth-Aus der Fel-
derwirthſchaft
in die Frucht-
wechſelwirth-
ſchaft.
ſchaft zum Fruchtwechſel mit Stallfuͤtterung iſt in dem Falle nicht ſchwierig, wo der
ganze Acker in durchgehender Duͤngung geſtanden hat. Wo aber nur ein Theil der
Feldmark Miſtland war, ein andrer Theil aber gar keinen oder nur ſelten und ſpaͤrlich
Duͤnger erhielt, iſt es ebenfalls ſchwierig, und man darf nicht erwarten, ohne große
aͤußere Huͤlfen, ſobald zum Ziele zu kommen. Da indeſſen hierbei der oͤrtliche Zuſam-
menhang, und die Grenzung der Schlaͤge nach ihren Nummern nicht ſo nothwendig
iſt, wie bei der Koppelwirthſchaft, ſo koͤmmt man doch allmaͤhlig leichter in Ord-
nung. Liegt das außer Wuͤrden gekommene Land, wie gewoͤhnlich, entfernter
und neben einander, ſo wird man ſich mehrentheils bewogen ſehen, zwei oder gar
mehrere Rotationen zu machen, oder den Acker in Binnen- und Außenſchlaͤge zu
theilen; erſtere dann zufoͤrderſt in Kraft zu ſetzen, letztere aber ſo lange hin zu hal-
ten, bis ihnen durch die Kraft und den Ueberfluß der Binnenſchlaͤge aufgeholfen
werden kann. Soll dies aber geſchehen, ſo werden die Hauptſchlaͤge um ſo ſpaͤter
zu einem Ueberfluß von Dungkraft kommen, und man muß dann um ſo laͤnger auf
den Bau der Handelsgewaͤchſe Verzicht leiſten.
Wenn aber die Lage und Figur der ganzen Feldmark und der verſchiedenartigen
Theile derſelben es rathſamer macht, ſo kann man die Einrichtung treffen, daß
jeder Schlag von beſſerm Hauptbeſtande ein Supplement von ſchlechterem und ma-
gerem Lande bekomme, welches nicht nothwendig mit demſelben voͤllig zuſammen-
haͤngend zu ſeyn braucht. Dieſes zugegebene Supplement wird dann nach und nach,
oder immer weiter und weiter mit dem uͤbrigen in gleiche Kraft geſetzt, bis dahin
Zweiter Theil. E
[34]Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
aber ſo behandelt, daß es ſich durch Ruhe verbeſſern, und nur etwa eine oder die
andere Frucht mit dem Haupttheile des Schlages zugleich trage.
Bei dieſem Uebergange aus der Felderwirthſchaft zum Fruchtwechſel muß das
Hauptbeſtreben das ſeyn, ſo ſchnell als moͤglich Futterung und aus dieſer Duͤnger
zu gewinnen. Ohne alle Aufopferung der Getreideeinſaat geht dieſes nicht an.
Nur gebe man ſowohl um des hoͤhern Ertrages, als hauptſaͤchlich um des
Strohes willen, keine Winterung auf, und entkraͤfte eben ſo wenig das dazu be-
ſtimmte Land.
Die Tabelle A. zeigt einen ſolchen Uebergang auf einer Feldmark, die
im neunjaͤhrigen Duͤnger ſtand, zu einer neunjaͤhrigen Fruchtwechſelwirthſchaft
mit Stallfutterung. Wenn im erſten Uebergangsjahre noch kein Klee vorhanden
iſt, ſo fange man dennoch die ganze, oder wo dies nicht moͤglich iſt, die halbe
Sommerſtallfutterung mit gruͤnen Wicken an, welche in den in dieſem Jahre zur
Duͤngung kommenden Brachſchlag in gehoͤrigen Zwiſchenraͤumen geſaͤet werden,
nachdem der ſaͤmmtliche Winterduͤnger entweder aufgefahren und untergepfluͤgt
iſt, oder derſelbe uͤber die ausgeſaͤeten Wicken verbreitet wird. Es koͤnnen ſogar
in demſelben Sommer mit dem aus den erſten Wicken gemachten Duͤnger noch
die ſpaͤteſten Wicken wieder geduͤngt werden. Man muß es nur moͤglich zu machen
ſuchen, daß das Vieh bis zur Mitte des Junius, wo die Wicken genugſam heran-
gewachſen ſind, hingehalten werde, welches durch ausgeſaeten Futterrocken in der
Soͤmmerungsſtoppel, der nach der Mitte des Maies maͤhbar wird, in Ermange-
lung anderer Huͤlfsquellen geſchehen kann. Ferner kommt es darauf an, ſich zu
dieſer Sommerſtallfutterung ſchon die noͤthige Einſtreuung zu erſparen oder herbei-
zuſchaffen. Wo Strohankauf nicht moͤglich iſt, wird man ſich [durch] Baumlaub,
Schilf, Moos, torfartige ſchwammige Subſtanzen, altem Dachſtroh, wenn man
fruͤh genug Anſtalten dazu getroffen hat, mehrentheils helfen koͤnnen. Sonſt aber
muß der Stall ſo eingerichtet werden, daß wenig oder gar keine Einſtreuung noͤthig
ſey, ſondern daß der Miſt in fluͤſſiger oder breiartiger Geſtalt aus dem Stalle ge-
ſchafft und mit Erde, loſem Torfe oder Raſen, die von den Feldrainen abgeſtochen
worden, vermiſcht werde. Dieſe Schwierigkeit mit der Einſtreuung findet nur in
den beiden erſten Jahren ſtatt; in der Folge wird Stroh genug gewonnen.
Schafft man hier aͤußere Surrogate der Einſtreuung herbei, ſo gewinnet man
[]Zweiter Band. Seite 34 gegenuͤber.
A.
[] Schafft man hier aͤußere Surrogate der Einſtreuung herbei, ſo gewinnet man
[35]Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
durch dieſe Verfutterung der gruͤnen Wicken eben ſo viel Duͤnger wieder, als man
darauf verwandt hatte, und hat nun, da der zu den Wicken untergebrachte Duͤn-
ger unverloren iſt, doppelt ſo viel geduͤngtes Land zur Winterung, als man ohne
ſelbige gehabt haben wuͤrde, wodurch dann der Strohmangel ſchon im 3ten Jahre
gehoben iſt. Auch iſt es in der Hinſicht rathſam, einen Theil des Sommerfeldes
mit Rocken zu beſtellen, weil dieſer mehr Stroh liefert.
Viele, welche zu dieſer Wirthſchaft uͤbertreten wollten, haben den Anfang
damit gemacht, Kartoffeln in der Brache zu bauen, und dieſen allen Duͤnger zu
widmen, oder die noch uͤbrige Duͤngkraft des Ackers dazu zu verwenden. Da ſie
nun nach ſelbigen keine Winterung oder doch nur mit ſchlechtem Erfolge beſtellen
konnten, ſo verloren ſie in dieſem eintraͤglichſten Getreide, und litten dann
im folgenden Jahre großen Mangel an Stroh. Deshalb betreibe man dieſen
Bau ohne aͤußere Huͤlfsmittel durchaus nicht im erſten Jahre in irgend be-
traͤchtlicher Ausdehnung. Man ſuche nur ſo viel Wicken oder Wickengemenge,
wie moͤglich, im erſten Sommer zu bauen, um zureichende Sommerfutterung,
und wenn es ſeyn kann, noch ein uͤberfluͤſſiges zum Heu davon zu haben. Denn
dieſe Wicken ſind im Gegenſatze von den Kartoffeln eine vortreffliche Vorfrucht fuͤr
die Winterung.
In die geduͤngte Winterung wird nun im Fruͤhjahre Klee geſaͤet, von dem
man einige Beihuͤlfe ſchon in dieſem Nachſommer hoffen kann. Ferner wird es
ſehr rathſam ſeyn, in die Stoppel der vorjaͤhrigen fetten Winterung, ſtatt der
Soͤmmerung, wieder Rocken in die Stoppel zu ſaͤen. Sollte man auch im Werthe
des Ertrages gegen die Gerſte ſogar verlieren, wie doch nicht wahrſcheinlich iſt, ſo
gewinnt man um ſoviel mehr Stroh, und man iſt nun deſſentwegen voͤllig außer
Sorge.
Im zweiten Uebergangsjahre bauet man Wicken auf eben die Weiſe, und man
wird ſchon im Stande ſeyn, einen Theil eines andern Brachſchlages zu Hackfruͤch-
ten, ſollten es auch groͤßtentheils nur Ruͤben ſeyn, zu duͤngen. Da nun auch
ſchon ein Kleeſchlag vorhanden iſt, ſo wird man, wenn maͤßige Einſtreuung her-
beigeſchaft werden kann, durch Huͤlfe der Stallfutterung vielleicht die ganze Brache
vor der Einſaat auszuduͤngen, im Stande ſeyn. Unter die geduͤngte Winterung
iſt wieder Klee geſaͤet.
E 2
[36]Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
Im dritten Jahre iſt man dann im Stande. Es ſind zwei Kleeſchlaͤge, ein
Wickenſchlag, ein Hackfruchtbauſchlag, ein Erbſenſchlag, deren Anbau bis dahin
faſt eingeſtellt werden mußte, und vier Getreideſchlaͤge vorhanden, woraus ſich
nun reichliche Futterung fuͤr Sommer und Winter erwarten laͤßt, und wobei der
groͤßte Theil des Strohes, welches ſich durch die geduͤngte Winterung ſehr vermehrt
hat, bloß zur Einſtreuung dienen kann.
Auf dieſen Vortrag hatte mein verſtorbener talentvoller Zuhoͤrer ſeinen ſorgfaͤltig
ausgearbeiteten Uebergangsplan gegruͤndet, der im May- und Junius-Stuͤck der
Annalen 1809, und auch beſonders unter dem Titel: „der Uebergang aus einer ge-
woͤhnlichen Dreifelderwirthſchaft in eine nach Thaerſchen Grundſaͤtzen geordnete
Fruchtwechſelwirthſchaft, von A. v. Eſſen, Berlin 1809” abgedruckt iſt. Ich ver-
weiſe in Anſehung des genauern Details hierauf, zugleich aber auch auf Bemerkun-
gen, die ich dazu im November-Stuͤcke der Annalen 1809 gemacht habe.
In dem beigefuͤgten Schema A. iſt im 6ten Jahre der Uebergang zum Rappſaat-
bau in der zweijaͤhrigen Kleeſtoppel angedeutet, weil die Wirthſchaft in Ueberfluß
von Futter und Duͤnger kommt.
§. 401.
Uebergang zu
einem fechsfel-
drigen Frucht-
wechſel.Es iſt in den meiſten Faͤllen, wenn nicht andere beſondere Gruͤnde das Gegen-
theil rathen, am beſten, wenn man beim Uebergange aus der dreifeldrigen Wirth-
ſchaft eine ſolche Zahl der Schlaͤge waͤhlt, daß man die alten drei Felder gerade dar-
in zertheilen koͤnne, naͤmlich 6, 9 und 12. Aus einer vierfeldrigen werden ſich
beſſer 8 und 12 machen laſſen. Es macht bei jedem Uebergange und bei jeder neuen
Feldeintheilung große Schwierigkeit, und erzeugt oft unabwendliche Unordnun-
gen, wenn man die bisherigen Grenzen aller Felder und Schlaͤge veraͤndern muß.
Zuweilen iſt dies jedoch unvermeidlich.
Den Uebergang in eine ſechsſchlaͤgige Wirthſchaft zeigt Tabelle B. Der
Futtergewinn im zweiten Jahre wird es ſchon moͤglich machen, einen halben
Schlag im dritten Jahre zu Hackfruͤchten gehoͤrig auszuduͤngen, und den Erbſen
und Wicken eine halbe Duͤngung zu geben. Im vierten Jahre iſt eine Durchduͤn-
gung des ganzen Hackfruchtſchlages, und eine halbe Duͤngung des Erbſenſchlages
moͤglich.
Wenn die Felderwirthſchaft im ſechsjaͤhrigen Duͤnger ſtand, ſo iſt die Sache
viel leichter, und man kann ſchon im dritten Jahre ganz in Ordnung ſeyn. Indeſſen
verſteht es ſich, daß man den vollen Ertrag einer Fruchtwechſelwirthſchaft nie er-
warten duͤrfe, als bis man die ganze Rotation von dem Jahre an zu rechnen, wo
man in Ordnung war, einmal durchgemacht hat.
[]Zweiter Band. Seite 36 gegenuͤber.
B.
C.
In den meiſten Faͤllen, wo man aus einer Felderwirthſchaft in eine Wechſel-
wirthſchaft uͤbergehet, wird alte Weide, ohne welche jene doch nicht beſtehen
konnte, aufzubrechen ſeyn. Es kommt auf die Lage an, ob ein beſonderer Schlag
oder gar mehrere daraus gemacht werden koͤnnen, wo denn die Zahl der kraͤftigen
Schlaͤge zu 7, 10 u. ſ. w. angenommen werden kann; oder ob dieſes Land ver-
ſchiedenen Schlaͤgen zuzutheilen ſey, oder ob es eine beſondere Bewirthſchaftung
erhalte. Auf allen Fall kommt es dadurch beim Uebergange ſehr zu Huͤlfe, daß
man den Getreidebau in keinem Jahre zu beſchraͤnken braucht, und vieles Stroh
davon gewinnt. Sobald alſo genugſames Futter vorhanden iſt, um dieſe Weide
entbehren zu koͤnnen, wird ſie mit Brache oder auf andere Weiſe, wovon in der
Lehre von der Urbarmachung die Rede ſeyn wird, aufgebrochen und mit Winterung
beſtellt.
Uebrigens laſſen ſich hier ſo mannigfaltige Faͤlle annehmen, daß ſich ohne ein
gegebnes Lokal gar nichts daruͤber ſagen laͤßt.
§. 402.
Bei dem Uebergange aus einer [Koppelwirthſchaft] zu einer Wirthſchaft nachUebergang aus
einer Mecklen-
burgiſchen
Koppelwirth-
ſchaft zum
Fruchtwechſel
mit Stallfut-
terung.
der Regel des Fruchtwechſels wird es ſelten rathſam ſeyn, von der Zahl der
Schlaͤge, die man hatte, abzuweichen. Soll Weide dabei bleiben, ſo ſind indeſſen
6 und 7 Schlaͤge zu wenig, und es wuͤrde leicht ſeyn, ſie in 12 und 14 zu theilen.
Will man dagegen zur Stallfutterung uͤbergehen, ſo iſt dieſes nicht noͤthig.
Bei dieſem Uebergange zur Stallfutterung wird es in den meiſten Faͤllen rath-
fam ſeyn, langſam zu verfahren; im erſten Sommer halbe Stallfutterung zu haben;
im zweiten einen Theil des Viehes ganz auf dem Stalle zu behalten; im dritten
nur noch weniges Vieh ausgehen zu laſſen, oder dem Stallvieh bei Tage einige
Weide noch zu verſtatten: ſo wie man naͤmlich allmaͤhlig den Futterbau vermehrt
und die Weide einſchraͤnkt.
Das nebenſtehende Schema C. eines Ueberganges einer ſiebenſchlaͤgigen
Wirthſchaft zu dem Fruchtwechſel von 1) Hackfruͤchten; 2) Gerſte; 3 und
4) Klee; 5) Winterung; 6) Erbſen und Wicken; 7) Winterung; wird dieſes
genug erlaͤutern.
Im erſten Jahre werden Wicken in den ohnehin aufzubrechenden Schlag g.
geſaͤet, und mit dem Winterduͤnger befahren. Es laͤßt ſich annehmen, daß in dem
Schlage d. Klee mit der letzten Soͤmmerung geſaͤet worden, auf den freilich nicht
viel, aber doch ein halber Schnitt zu rechnen iſt. Hiermit wird das Vieh Mor-
gens und Abends gefuttert, ſo daß es die kleine Beſchraͤnkung der Weide nicht
[38]Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
fuͤhlt, vielmehr gewinnt, womit doch ſchon eine groͤßere Winterfutterungs-Ernte
verbunden ſeyn wird.
Im zweiten Jahre erfolgt die Aufopferung eines Soͤmmerungs-Schlages.
Wo dies zu empfindlich waͤre, da koͤnnte in c., welcher Schlag doch zu Hackfruͤch-
ten noch nicht ganz ausgeduͤngt werden kann, zum Theil Dreeſchhafer genommen
werden, deſſen Stoppel man dann im Herbſt nachduͤngt und ſie in dieſem Falle zu
kleiner Gerſte bereitet.
Im dritten Jahre wird es rathſam ſeyn, 2 Winterungsſchlaͤge zu nehmen,
doch kann immerhin auch ein Theil des einen Schlages zur Soͤmmerung bleiben.
Im vierten Jahre paſſen dagegen 2 Soͤmmerungsſchlaͤge beſſer. Jedoch kann
man ohne Bedenken und wenigſtens mit mehrerem Gewinn an Stroh Stoppel-
rocken in a. ſaͤen.
Und ſo iſt im fuͤnften Jahre die neue Ordnung im Gange, die jedoch bei der
jaͤhrlich ſteigenden Duͤngkraft der Wirthſchaft bald zu ſchwelgeriſchern Fruͤchten
uͤbergehen muß.
§. 403.
Uebergang ei-
ner eilfſchlaͤgi-
gen Mecklen-
burgiſchen
Wirthſchaft.Bei einer eilfſchlaͤgigen Wirthſchaft und uͤberhaupt bei allen, die eine dop-
pelte Brache hielten, findet ein Uebergang ohne Verminderung der Koͤrnerausſaat,
vielmehr mit einer ſchnellen Vermehrung derſelben ſtatt, wie das Schema D. zeigt.
Wenn man den Uebergang zur Stallfutterung naͤmlich allmaͤhlich machen will, ſo
faͤngt man damit an, die am laͤngſten geruhete Koppel umzureißen und mit Dreeſch-
hafer zu beſaen, ſtatt ſie zu brachen. Nach dem Hafer folgen Hackfruͤchte, ſo weit
naͤmlich eine im zweiten Jahre noch ſchwache Duͤngung reicht. Die Hauptduͤn-
gung verbleibt naͤmlich der Fettbrachenkoppel, die aber, ſtatt reine Brache zu hal-
ten, mit gruͤnen Wicken beſaͤet wird, ſo daß in der Regel der aus dieſen Wicken
im erſten Jahre hervorgegangene Miſt nur der Hackfruchtbeſtellung im zweiten
Jahre gewidmet, aber in Hinſicht der Kraft der Raſenfaͤulniß auch mehr wie ſonſt ver-
breitet werden darf. In e. wird im erſten Jahre unter die Soͤmmerung Klee ge-
ſaͤet, von welchem im zweiten Jahre immer eine maͤßige Ernte zu erwarten iſt.
g. wird, ſtatt niedergelegt zu werden, gebrachet, und es bleiben folglich nur 3
Weideſchlaͤge, da der vierte durch die Stallfutterung der Wicken reichlich erſetzt
wird. Wir gewinnen in dem erſten Jahre einen Soͤmmerungsſchlag. Das
zweite Jahr verliert aber an der Winterung, indem ſie in dem Schlage g. in ma-
gere Brache ſtatt in die Ruhebrache kommt.
Das zweite Jahr liefert dem dritten ſchon ſo vielen Duͤnger, daß neben dem
[]Zweiter Band. Seite 38 gegenuͤber.
D.
[][][]Zweiter Band. Seite 39 gegenuͤber.
E.
[39]Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
Wickenſchlag der Hackfruchtſchlag groͤßtentheils ausgeduͤngt werden kann. Dieſes
Jahr hat ſchon ſeine 2 Kleeſchlaͤge, aber noch nicht an der rechten Stelle und folg-
lich noch nicht im vollen Ertrage. Es faͤngt mit dem Erbſenbau in c. an.
Das vierte Jahr wird ſeinen Duͤnger uͤber drei Schlaͤge verbreiten, aber frei-
lich ihn noch nicht ſtark geben, und von g. nur einen Theil zu Bohnen duͤngen koͤn-
nen. Der uͤbrige Theil muß reine Brache bleiben, da er ſchon zu ſehr entkraͤftet iſt.
Es iſt jetzt, ein nach der Regel der Fruchtfolge entſtandenes Kleefeld da.
Das fuͤnfte Jahr wird die Schlaͤge h. e. und c. ausduͤngen koͤnnen, und durch
ſeinen Futter- und Strohertrag nur ſo viel Miſt liefern, daß im ſechſten Jahre die
Hackfruͤchte auf einem ſtark angegriffenen Schlage eine kraͤftige, die Bohnen und
Wicken aber eine zureichende Duͤngung erhalten.
Nun wird die Dungkraft der Wirthſchaft den Anbau der edleren Fruͤchte und
der Handelsgewaͤchſe bald rathſam machen.
Im ſechſten Jahre ſind 4 Winterungsſchlaͤge angegeben. Wenn das der Ar-
beit wegen ſchwierig ſcheint, ſo haͤngt es von jedem ab, einen, z. B. den Kleeſtop-
pelſchlag, zur Soͤmmerung zu beſtimmen. Oft iſt aber die Beſtellung der Winte-
rung nach angemeſſenen Vorfruͤchten nicht ſchwierig.
§. 404.
Wenn bei einem Uebergange aus der gewoͤhnlichen Koppelwirthſchaft zu ei-Uebergang zu
einer Weide-
wirthſchaft
nach der Regel
des Frucht-
wechſels.
nem regelmaͤßigen Fruchtwechſel Weideſchlaͤge bleiben ſollen, ſo muß dahin geſe-
hen werden, daß ſie zuſammenhaͤngend bleiben, was bei der voͤlligen Stallfutte-
rungswirthſchaft nicht noͤthig, auch oft nicht zweckmaͤßig iſt. Wie dabei, jedoch unter
verſchiedenen Modifikationen, zu verfahren ſey, zeigt E. in dem Uebergange einer
zehnſchlaͤgigen Koppelwirthſchaft zu der Fruchtfolge, die No. 9. der tabellariſch be-
rechneten Wirthſchaften hatte.
Im erſten Jahre wird der vorletzte Weideſchlag i. zu Hafer umgebrochen, der
eigentliche Brachſchlag k. ebenfalls; letzterer erhaͤlt den Duͤnger und wird nach
und nach mit Wicken beſaͤet. Gegen den Dreeſchhafer wird die Soͤmmerung in b.
aufgeopfert und dieſer Schlag als Muͤrbebrache behandelt. Dagegen bleibt c. fuͤr
dieſes eine Jahr zur Weide liegen, damit es auch an Weide nicht fehlen moͤge,
ungeachtet die Wicken derſelben betraͤchtlich zu Huͤlfe kommen.
Im zweiten Jahre wird a. gebrachet. Die Winterung in b. wird freilich,
weil ſie mager iſt, etwas zuruͤckſchlagen, aber durch die in k. erſetzt werden. Der
Duͤnger von dem vorjaͤhrigen Klee- und Wickenſchlage wird ſo weit reichen, daß ein
betraͤchtlicher Theil von c. mit Hackfruͤchten beſtellt werden kann. Es bleiben nur
[40]Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
2 Weideſchlaͤge, und die Stallfutterung muß, jedoch noch mit keinen vermehrten
Viehſtapel, betrieben, ſondern mehr auf Vermehrung des Winterfutters gedacht
werden.
Im dritten Jahre bleibt daſſelbe Verhaͤltniß; jedoch hat der Duͤnger zuge-
nommen.
Im vierten Jahre haben wir ſicheren und vollkommenen Klee (auf welchen
man nur dann rechnen kann, wenn er mit der erſten Frucht nach gehoͤrig bearbeite-
ten Hackfruͤchten gebauet wird), und die Stallfutterung kann einen betraͤchtlich hoͤ-
heren Viehſtand ernaͤhren.
Die dem fuͤnften Jahre beigefuͤgten Nummern zeigen die kuͤnftige Folge der
Schlaͤge.
Zur Berechnung der progreſſiven Fortſchritte einer Wirthſchaft waͤhrend des
Ueberganges kann man ſich ebenfalls jener Tabellenform, wonach ich vollendete
Wirthſchaften berechnet habe, und der daſelbſt angegebenen Produktionsſaͤtze nach
Verhaͤltniß der erlangten Kraft des Bodens bedienen, wenn man ſie auf jedes
Jahr beſonders ſtellet. Es verſteht ſich, daß der in jedem Jahre gewonnene Miſt
dem folgenden erſt angerechnet, und in der Kolumme k. auf die Schlaͤge vertheilt wer-
den muß. Wenn man dabei zugleich die Koſten des vermehrten Inventariums berech-
net, ſo wird ſich zeigen, wie groß die Aufopferung ſey, welche man in den erſten
Jahren, vornaͤmlich im zweiten, zu machen habe, oder vielmehr um welche Sum-
men das ſtehende und Betriebskapital zum hoͤheren Betriebe des Gewer-
bes und zur nachhaltigen Verbeſſerung des Guts vermehrt werden muͤſſe, und wann
es ſich dann zu verzinſen und wieder zu bezahlen anfange. Eine Berechnung, die
von jedem verbeſſernden Landwirthe nach ſeinem Lokal anzulegen iſt, bevor er die
Sache unternimmt.
Dieſe Berechnungen werden, gehoͤrig gemacht, nur in dem Falle unzutreffend
ſeyn, daß waͤhrend der Uebergangsjahre ein beſonderes Ungluͤck die Wirthſchaft
trifft, wie totaler Miswachs, gewaltige Kriegsbedruͤckungen, oder auch nur ſtarke
Fouragelieferungen, welche gerade in dieſer Zeit eine Wirthſchaft ſehr zuruͤckſetzten,
wenn ſie gleich von einer vollendeten ohne ſo auffallendem Nachtheil ertragen wer-
den koͤnnen.
Drittes
[[41]]
Drittes Hauptſtuͤck.
Agronomie,
oder
die Lehre
von den Beſtandtheilen, phyſiſchen Eigenſchaften, der Beurthei-
lung und Werthſchaͤtzung des Bodens.
Zweiter Theil. F
[[42]]
tices des villes, porteront dans les campagnes les lumières, dont ils se seront
munis et appliqueront à l’agriculture les ressources si riches des sciences
physiques!
Fourcroy.’
[[43]]
§. 1.
Was dem Manufakturgewerbe das rohe Material, das iſt dem landwirthſchaft-
lichen der Grund und Boden. Wie der Fabrikant jenes aufſucht, auswaͤhlt, und
vorerſt im Allgemeinen ſchaͤtzt, um es nur nicht uͤber ſeinen wahren Werth zu be-
zahlen, ſo auch der Landwirth. Einmal im Beſitz deſſelben unterſucht er es aber
genauer, ſortirt es, und beſtimmt jede Sorte fuͤr diejenige Waare, durch welche
das Material nicht nur, ſondern auch die darauf zu verwendende Arbeit, am hoͤch-
ſten bezahlt wird. Er wuͤrde Arbeit verſchwenden, wenn er aus haariger Wolle
feines Tuch verfertigen wollte, und Material, wenn er aus feiner grobes wuͤrkte.
Zu dieſer Ausſonderung iſt eine weit genauere Sachkenntniß noͤthig, wie zum
Ankauf in Maſſe.
Eben ſo kann auch dem Landwirthe das nicht genuͤgen, was uͤber die Beurthei-
lung des Bodens beim Ankauf §. 70. u. f. angegeben iſt, wenn er ſeinen nun
in Beſitz genommenen Boden und die darauf zu verwendende Arbeit durch die zweck-
maͤßigſten Produkte aufs hoͤchſte benutzen will. Denn die richtige Auswahl der
letztern haͤngt hauptſaͤchlich von der genauen Kenntniß ſeines rohen Materials oder
ſeines Grundes und Bodens ab.
Was dem Manufakturiſten die Formen und Muſter ſind, die die Kunſt dar-
ſtellte, das ſind dem Landwirthe die Samen und Keime, welche ihm die Natur
darreicht. Fuͤr dieſe die Art des Bodens angemeſſen auszuwaͤhlen, und die Vor-
bereitung deſſelben nach ſeiner Verſchiedenheit gehoͤrig einzurichten, ſind Haupt-
aufgaben fuͤr den Landwirth, die er um ſo beſſer loͤſen wird, je genauer er ſeinen
Boden kennt. Eine ſichere und gruͤndliche Beurtheilung des Bodens kann ſich
aber nur auf richtige phyſiſch-chemiſche Kenntniſſe gruͤnden. Wenn auch die em-
F 2
[44]Beſtandtheile des Erdbodens.
piriſche, durch lange Uebung erlangte Kenntniß zur Unterſcheidung und Beurtheilung
einzelner Bodenarten zureicht, ſo wird ſie doch nie mit Zuverlaͤßigkeit auf andere
Bodenarten angewandt werden koͤnnen. Die Erfahrungen, welche man auf der
einen gemacht hat, werden verleiten und truͤgen, wenn man ſie auf einer andern
anwendet, deren Verſchiedenheit man nicht zu beachten und zu ergruͤnden vermag.
§. 2.
Wir werden alſo die Bodenarten hier gruͤndlicher, geſtuͤtzt auf die Entdek-
kungen der Naturlehre, die uns ſeit einer kurzen Zeit hierin unglaublich viel weiter
gebracht haben, unterſuchen. Freilich iſt der Zeitraum noch zu kurz, in welchem
die vereinte Aufmerkſamkeit der Naturforſcher und Agronomen auf dieſen Gegen-
ſtand ernſtlich verwandt worden, als daß nicht noch vieles zu unterſuchen, aufzu-
klaͤren und genauer zu beſtimmen uͤbrig bliebe. Allein zu einer richtigen Anſicht
der Sache genuͤgt ſchon das Vorhandene, und genauere Berichtigungen duͤrfen
wir in Kurzem erwarten. Auch um letztere benutzen zu koͤnnen, muͤſſen wir uns
hier in das Gebiet der Naturlehre ſelbſt begeben, und klare Begriffe uͤber die Be-
ſtandtheile und die davon abhangenden Eigenſchaften des Bodens zu erlangen fu-
chen. — Begriffe, die denn auch bei der Lehre von der Duͤngung oder der che-
miſchen Verbeſſerung des Bodens uns ferner zu ſtatten kommen werden, weshalb
wir in dieſem Vortrage darauf zugleich Ruͤckſicht nehmen.
§. 3.
Beſtandtheile
des Erdbo-
dens.Die aus einer lockern zerkruͤmelnden Materie beſtehende Oberflaͤche unſers
Planeten, welche wir gewoͤhnlich den Erdboden nennen, beſteht aus einer Mi-
ſchung und Mengung von hoͤchſt verſchiedenartigen Stoffen. Wir nennen ſie im
gewoͤhnlichen Sprachgebrauche Erde. Sie enthaͤlt aber Materien, welche die
Naturlehre in dem ſtrengeren Sinne dieſes Wortes nicht mit begreift; nur der
uͤberwiegende Theil dieſer Maſſe beſteht wirklich aus eigentlichen Erden. Die
Hauptbeſtandtheile dieſes Gemenges ſind naͤmlich: Kieſel-, Thon- und Kalk-,
zuweilen auch Bitter-Erde, denen mehrentheils einiges Eiſen, andere ein-
fache Stoffe aber nur in unbedeutender Quantitaͤt zugemengt ſind. Außer dieſen
einfachen Stoffen enthaͤlt ſie aber, wenn ſie anders fruchtbar, d. h. zur Hervor-
bringung nuͤtzlicher Gewaͤchſe tauglich ſeyn ſoll, noch eine ſehr zuſammengeſetzte
Materie, die man ihrer pulverigten Form wegen zwar auch Erde, Dammerde,
[45]Beſtandtheile des Erdbodens.
Gewaͤchserde, Modererde, vegetabiliſch-animaliſche Erde genannt
hat, die von den wirklichen Erden aber ſo gaͤnzlich verſchieden iſt, daß ſie durch-
aus nicht damit verwechſelt werden darf; weswegen es uns noͤthig ſchien, eine be-
ſondere Benennung, naͤmlich das lateiniſche Wort humus, fuͤr dieſelbe einzu-
fuͤhren, und nachdem es von vielen angenommen worden, nun beizubehalten.
§. 4.
Jene eigentlichen Erden unterſcheiden ſich von dem Humus am weſentlichſtenUnterſchied
der Erde und
des Humus.
dadurch, daß ſie bisher unzerlegte Koͤrper ſind, und ohne die Einwirkung uns bis
jetzt unbekannter Potenzen auch wohl nicht zerlegt werden koͤnnen. Deshalb
ſind ſie beſtaͤndig und bleibend, koͤnnen durch keine bekannten Kraͤfte der anorgiſchen
Natur zerſtoͤret, oder in ihrem Weſen veraͤndert werden. Dagegen aber iſt der
Humus ein ſehr zerſetzbares nur durch die Kraft des vegetabiliſchen und thieri-
ſchen Lebens hervorgebrachtes Gebilde, welches ſich in und durch ſich ſelbſt, noch
mehr aber durch aͤußere Einwirkung veraͤndert und zerſtoͤrt, und ſich aufs neue auf
der Oberflaͤche unſers Erdbodens durch organiſche Kraft wieder erzeugt, folglich
auf derſelben Stelle nicht nur in verſchiedener Quantitaͤt, ſondern auch veraͤnder-
ter Qualitaͤt zu verſchiedenen Zeiten vorhanden iſt.
§. 5.
Wir werden erſt von jenen beſtaͤndigen und bleibenden Erden, welche den un-
veraͤnderlichen Grundbeſtand des Bodens ausmachen und deshalb auch Grunderden
heißen, reden, und ſie erſt im Allgemeinen, nachher jede beſonders in ihrer voll-
kommenen Reinheit, und endlich in ihren gewoͤhnlichen Miſchungen und Mengun-
gen betrachten.
Nach der Lage, worin wir dieſe verſchiedentlich gemengten Erden auf derEntſtehung
der Erdlager
Oberflaͤche unſers Planeten antreffen, ſcheint es wahrſcheinlich, daß ſie ſich uran-
faͤnglich nicht in dieſem pulverigten Zuſtande befanden, ſondern daß dieſe Ober-
flaͤche aus einer Felſenmaſſe von ungeheuren Gebirgen und von Abgruͤnden be-
ſtand; wahrſcheinlich von der Art, wie wir noch jetzt die Oberflaͤche des Mondes
mit ſtark bewaffneten Augen erblicken. Die Felſenmaſſe verwitterte durch die Ge-
walt der Luft, des Feuers und Waſſers. Das auf den Hoͤhen, von dem daſelbſt
ſtarken Niederſchlage aus der Luft, groͤßtentheils in Eisgeſtalt geſammelte Waſſer
ſchmolz, durchbrach entweder ploͤtzlich ſeine Schranken, oder zog ſich fortſtroͤmend
[46]Beſtandtheile des Erdbodens.
herab, und fuͤhrte die mehr oder minder zertruͤmmerten und gepulverten Stein-
maſſen mit ſich in die Abgruͤnde, fuͤllte dieſe aus, und ſetzte Erd- und Steinlagen
in wechſelnden Schichten darin ab. Denn es ſcheint unverkennbar, daß dieſe
Erdlagen, ſo wie wir ſie insbeſondere in den Gegenden die mit Gebirgen in Ver-
bindung ſtehen, finden, durch Schwemmungen entſtanden ſeyen, und zwar haͤufig
nicht durch eine ploͤtzliche, ſondern durch eine allmaͤlige und wiederholte; indem
die verſchiedenen Lagen keinesweges nach der Ordnung ihrer ſpezifiſchen Schwere
angetroffen werden, ſondern auf ganz verſchiedene Weiſe mit einander abwechſeln.
Wir erwaͤhnen deſſen hier inſofern, als die Kenntniß der verſchiedenen La-
gen des Erdbodens, auch in groͤßerer Tiefe, die Aufmerkſamkeit des Landwirths ver-
dient; theils, weil ſie die Gaͤnge des unterirdiſchen Waſſers erklaͤren, und deshalb
bei Abfangung der Quellen und vorzunehmenden Abwaͤſſerungen von großer Wich-
tigkeit ſind; theils, weil ihre Kenntniß die Auffindung von brauchbaren Erd- und
Steinarten, beſonders des Mergels und Kalks, der Stein- und Braunkohle, erleich-
tert, worauf wir an ſeinem Orte zuruͤckkommen werden.
In den meiſten Ebenen finden ſich alſo die Erdlagen ſchichtweiſe in horizon-
taler oder gering abhaͤngender Lage, und auf die Weiſe, wie wir noch jetzt Erd-
ſchichten durch den Abſatz des Waſſers entſtehen ſehen. Zuweilen iſt die Folge
und Staͤrke dieſer Schichten durch eine betraͤchtliche Flaͤche ſehr regulaͤr und gleich-
artig, ſo daß allgemeine Ueberſchwemmungen ſie nach einander uͤber dieſe ganze
Flaͤche abgeſetzt zu haben ſcheinen. Zuweilen gehen die Lagen nur ſtrichweiſe und
ſcheinen durch ſchmaͤlere Waſſerſtroͤme in verſchiedenen Epochen gebildet, oder in
fruͤheren Schluchten und Spalten abgeſetzt zu ſeyn. Manchmal findet man aber
auch eine große Unordnung, indem die verſchiedenen Erdarten, mehrentheils mit
Geſteinen untermengt, neſterweiſe wechſeln, ſo daß daſelbſt irgend ein Naturer-
eigniß ſie durch einander geriſſen zu haben ſcheint.
An den Gebirgen zweiter Ordnung und in den huͤgligten Gegenden findet
man aber mannigfaltige Verſchiedenheiten. Ihre Erd- und Steinlagen ſtehen zu-
weilen wagerecht, liegen aber wechſelnd ſchraͤg und parallel mit der Oberflaͤche der
Anhoͤhe, ſeltener horizontal; zuweilen werden ſchraͤg ſtehende Lagen von verti-
kalen unterbrochen. Dennoch findet man auch hierin eine gewiſſe Ordnung, und
dieſe aufrecht und ſchraͤg ſtehenden Lagen ſcheinen durch innere Gewalt aus der
[47]Beſtandtheile des Erdbodens.
Tiefe des Erdbodens hervorgehoben zu ſeyn. Die Ordnung in der Folge der
Erdſchichten, welche man hier antrifft, macht Darwin ſehr ſinnlich durch den
Erfolg, wenn man mit großer Gewalt eine ſtumpfe Pfrieme durch ein Buch Papier
ſtoͤßt. Es entſteht auf der entgegengeſetzten Seite ein Huͤgel, und die Lagen der
Blaͤtter in dieſem Huͤgel korreſpondiren natuͤrlich mit der Lage der Blaͤtter in der
Ebene. Die oberſten Blaͤtter werden geplatzt ſeyn und ſich zuruͤckgezogen haben,
und auf der Spitze des Huͤgels kommt dasjenige Blatt zum Vorſchein, was auf der
Ebene noch durch mehrere andere bedeckt war. So trift man auch auf den Spitzen
ſolcher Huͤgel diejenige Erdlage an, die in der Ebene noch ſehr tief liegt, und dann
folgen hier die Erdlagen ferner in derſelben Ordnung, wie man ſie auf dem Gipfel
des Huͤgels findet. Wenn man alſo auf den hervorragenden Huͤgeln oder Bergen
eine Erdart oder Geſtein findet, ſo kann man erwarten, daß ſich dieſes auch nach
derſelben Ordnung der Erdſchichten in der Ebene finden werde, wenn man ſo tief
eingraͤbt. Weil aber dieſe Lagen nach Verhaͤltniß der Hoͤhe des Berges in der
Ebene ſehr tief nachgegraben werden muͤßten, ſo wuͤrde es oft unmoͤglich werden,
ſie herauf zu foͤrdern, und man muß ſich deshalb mehrentheils begnuͤgen, Kalk,
Mergel und Steinkohlen aus den Bergen und Huͤgeln zu brechen, obwohl man
ſie in der Ebene eben ſowohl erwarten koͤnnte. Am Berge ſelbſt kommen die Erd-
lagen am meiſten an derjenigen Seite zu Tage, wohin ſich der Abhang neigt, und
das meiſte Waſſer herabſtroͤmt, weil dieſes die oberen Lagen des loſen Bodens
weggeſpuͤlt hat. Dies ſey hier im Allgemeinen genug uͤber die verſchiedenen
Schichtungen des Bodens.
§. 6.
Ich ſehe mich genoͤthigt, hier, unter Vorausſetzung der allgemeinen Be-Chemie der
Erden.
griffe, die chemiſche Lehre von den Erden in Hinſicht auf die Beurthei-
lung des Bodens und den Ackerbau genauer vorzutragen, als bisher geſchehen iſt.
Denn ungeachtet ſie in verſchiedenen Schriften neuerlich mit Ruͤckſicht auf den
Ackerbau behandelt worden, ſo verdienen doch manche Momente eine genauere
Erwaͤgung und Anwendung auf die Prozeduren des Ackerbaues, als man ihnen
bisher gegeben hat; woraus manche nachtheilige Mißverſtaͤndniſſe unter den Agro-
nomen entſtanden zu ſeyn ſcheinen. Die vollſtaͤndigſte Kenntniß dieſer Lehre iſt dem
rationellen Ackerbauer unumgaͤnglich noͤthig, wenn er den Grund ſo vleler bei ſei-
[48]Chemie der Erden.
nem Geſchaͤfte vorkommenden Erſcheinungen einſehen und ſich eine befriedigende
Erklaͤrung uͤber manche Erfolge, die ihm ſonſt widerſprechend ſcheinen muͤſſen,
geben will. Auch iſt eine vollkommene Kenntniß der Erden und ihrer Eigenſchaf-
ten dem Landwirthe, der Alles, was ihm die Natur in ſeinem Boden gegeben
hat, aufs vortheilhafteſte benutzen, und deshalb nach den Umſtaͤnden Kalkbren-
nerei, Glashuͤtte, Ziegelei, Topf- und Porzellanfabriken anlegen will, ungemein
wichtig. Insbeſondere aber kann ihn nur eine gruͤndliche Kenntniß der Erden,
nach allen ihren Qualitaͤten, ſicher leiten, wenn er ſich des großen Mittels zur
Verbeſſerung und Befruchtung des Bodens bedienen will, welches die haͤufige
Gelegenheit, verbeſſernde Erdarten aus der Tiefe des Bodens hervorzuholen und
auf dem Acker zu verbreiten, an die Hand giebt, weshalb dieſe Digreſſion in
das Gebiet der Chemie mir unerlaßlich ſcheint.
§. 7.
Die aͤlteren Chemiker, faſt bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts, nah-
men nur eine eigene elementariſche Erde an, welche die Baſis des ganzen
Erdballs ſey, die im hohen Grade unzerſtoͤrbar, in groͤßerer oder geringerer
Menge einen Beſtandtheil aller feſten Koͤrper ausmache. Man fing erſt ſpaͤter
an, die Thon- und die Kieſelerde zu unterſcheiden. Den Kalk zaͤhlte
man eigentlich nicht unter die Erden, oder hielt ihn doch fuͤr einen zuſammengeſetz-
ten Koͤrper. So wie aber die Chemie in der Unterſuchung der mineraliſchen Koͤr-
per fortſchritt, lernte man die weſentlichen Verſchiedenheiten nicht nur der einfa-
chen ſchon bekannten Erden, ſondern auch immer mehrere neue Stoffe kennen,
welche man in dieſe Klaſſe der unzerlegbaren Koͤrper ſetzte. Man wich von dem
vormaligen Begriff von Erde, daß es naͤmlich ein geſchmackloſer und im Waſſer
unaufloͤsbarer Koͤrper ſey, aber ab, verließ den Glauben an eine elementariſche
Erde, und ſah jede Erdart als eine eigene urſpruͤngliche Subſtanz an.
Vielleicht haͤtte man wohl gethan, das Wort Erde zur Bezeichnung eines be-
ſtimmten Begriffs ganz aus der Wiſſenſchaft zu verbannen, oder es nur fuͤr die im
Waſſer fuͤr ſich unaufloͤslichen und geſchmackloſen Erden beizubehalten, weil man
jetzt in der That keine genuͤgende Definition von dem geben kann, was die Chemiker
Erde nennen.
Kieſel-
[49]Chemie der Erden.
Kieſel- und Thon-Erde ſind die haͤufigſten und ich moͤchte ſagen eigentlichſten
Erden. Naͤchſt dieſen aber kommt der Kalk am meiſten vor, und iſt am merkwuͤr-
digſten, ſteht aber den Kalien ohne Zweifel naͤher, als jene Erden. Von dieſen hat
man in der Folge die damit lange verwechſelte Bitter- oder Talk-Erde unter-
ſchieden, durch deren Zwiſchenkunft ſich jedoch ein Uebergang von jenen unauf-
loͤslichen Erden zu dieſen kaliſchen finden und das Zuſammenſtellen in einer
Klaſſe roher Naturkoͤrper rechtfertigen laͤßt. In der Folge ſind durch die Zerlegung
beſonderer mineraliſcher Producte oder ſteinigter Koͤrper noch unzerlegbare Stoffe
entdeckt worden, welche man ebenfalls in die Categorie von Erden geſetzt hat.
Einige naͤhern ſich jenen unſchmackhaften, andere dieſen kaliſchen Koͤrpern. Es ward
Mode in der Chemie, dieſer Stoffe immer mehrere zu entdecken, und es ward man-
ches Product der Scheidekunſt dafuͤr ausgegeben, welches aber in der Folge ſich nicht
als ein ſolches bewaͤhrte. Die meiſten Chemiker nehmen jetzt nur neun beſondere
ſogenannte Erdarten an, wovon uns aber die fuͤnf uͤbrigen nicht intereſſiren, da ſie
ſich nur ſehr ſelten und faſt gar nicht auf der Oberflaͤche unſers Erdbodens in erdiger
Geſtalt finden.
Weil es bisher noch keiner Bemuͤhung gelungen iſt, die reinen Erden zu zer-
legen, ſo zaͤhlt man ſie zu den einfachen Koͤrpern oder Urſtoffen. Indeſſen ma-
chen mehrere genau beobachtete Erſcheinungen es faſt unzweifelhaft, daß es zuſam-
mengeſetzte Koͤrper ſind. Sie werden naͤmlich in den organiſchen Koͤrpern gebildet.
Denn der verdienſtvolle Schrader in Berlin hat uͤberzeugend dargethan, daß Getreide-
Pflanzen, welche durchaus vor aller Beruͤhrung insbeſondere mit Kalkerde geſichert
waren, mehr Kalk, auch Kieſelerde enthielten, als die Koͤrner, aus welchen ſie her-
vorgingen. Auch Sauſſuͤre fand in der Aſche verſchiedener Holzarten, die auf Bo-
den, der gar keine Kalkerde enthielt, gewachſen waren, betraͤchtlich vielen Kalk, und
Einhof daſſelbe (Herinbſtaͤdt’s Archiv der Agrikultur-Chemie, 2ten Bds. 1s St.
S. 217.). Vauquelin zeigte, daß die Excremente und Eyer der Huͤhner weit mehr
Kalkerde enthielten, als die Nahrung, welche ihnen gegeben war. Da nun alle
Wirkungen der Natur wenigſtens nach atomiſtiſchen Begriffen nur in Bewegung und
Wechſelwirkung ſchon vorhandener Stoffe beſtehen, ſo muß zu allem, was ſich durch
die Natur erzeugt, das Material ſchon da geweſen ſeyn. Mithin laͤßt ſich ein Stoff,
der erſt gebildet wird, nicht fuͤr einfach annehmen, ſondern muß nothwendig zuſammen-
Zweiter Theil. G
[50]Chemie der Erden.
geſetzt ſeyn. Auch ſcheint es, daß Kalkerde und Kali ſich in einander umwandle,
da man in der Aſche derſelben Pflanze Kali fand, wenn ſie im gruͤnen Zuſtande, aber
ſtatt deſſen Kalk, wenn ſie im trocknen eingeaͤſchert ward.
§. 8.
Verhalten der
Erden gegen
das Feuer und
gegen des
Oxygen.Die Erden ſind im Feuer unzerſtoͤrbar, und man kann ſie der groͤßten Gluͤhhitze
ausſetzen, ohne daß ſie ſich verfluͤchtigen. Auch ſind ſie fuͤr ſich und jede beſon-
ders unſchmelzbar; ſelbſt das Feuer mit Oxygengas angefacht, kann ſie nicht zum
Fluß bringen. Aber merkwuͤrdig iſt es, daß ſie dieſen Charakter verlieren, wenn ver-
ſchiedene untereinander gemengt werden. Kieſel-, Kalk- und Thon-Erde fließen ein-
zeln durchaus nicht, ſind aber leicht zu ſchmelzen, wenn ſie alle drei zuſammenge-
mengt werden.
Zum Oxygen haben die Erden nach den meiſten Erfahrungen uͤberall keine An-
ziehung, weswegen ſie unverbrennlich ſind. Indeſſen glaubte doch von Hum-
bold geſunden zu haben, daß verſchiedene Erden, insbeſondere die Thonerde, auch
in voͤllig reinem Zuſtande Oxygen anzoͤge. Andere haben dies geleugnet und ge-
glaubt, daß dieſe Erde noch Metalloxyd oder verbrennliche Materie enthalten haben
muͤſſe. Bis jetzt hat ſich der große Mann, deſſen fernere Erklaͤrung Jeder als ent-
ſcheidend annehmen wuͤrde, hieruͤber noch nicht weiter geaͤußert. Der Punkt iſt in-
deſſen in der Lehre von der Befruchtung des Erdbodens ſo wichtig nicht, als manche
glauben, da es keine Acker-Erde ohne Metalloxyd oder verbrennliche Materie
giebt.
Die Farbe aller Erden iſt rein weiß, und diejenige, welche ſie in ihrem natuͤrli-
chen Zuſtande haben, ruͤhrt von andern Zumiſchungen hauptſaͤchlich vom Eiſenoxyd
in ſeinem mannigfaltigen Zuſtande her. Ohne dieſes wuͤrde uns die ganze Oberflaͤche
unſers Erdballs weiß erſcheinen.
§. 9.
Gegen das
Waſſer.Das Verhalten der Erden gegen das Waſſer iſt dagegen in den verſchiedenen
Erden ſehr verſchieden. Wie ſchon geſagt, loͤſen ſich nur die Kalk- und die neu
entdeckten kaliſchen Erden im Waſſer auf. Jener erfordert indeſſen 680 Mal ſeines
Gewichts an Waſſer, um voͤllig aufgeloͤſt zu werden. Thon- und Kieſel-Erde ſind
durchaus unaufloͤslich, und von der Bittererde kann hoͤchſtens aͤußerſt wenig, etwa
der zehntauſendſte Theil ſich im Waſſer aufloͤſen.
[51]Chemie der Erden.
Jedoch haben alle Erden eine mechaniſche Anziehung zum Waſſer, und halten es,
wenn ſie damit vermengt ſind, in groͤßerer oder geringerer Menge zuruͤck. Wir nen-
nen dies ihre waſſerhaltende Kraft. Dieſe iſt nicht nur in den verſchiedenen
Erden verſchieden, ſondern ſie weicht auch nach unſeren Verſuchen bei gemengten Er-
den ab, und dieſe halten das Waſſer nicht ganz nach dem Verhaͤltniſſe ihrer Mengung.
So beſitzen insbeſondere die gemengte Thon- und Kieſel-Erde, nach unſeren Verſuchen,
eine betraͤchtlich groͤßere waſſerhaltende Kraft, als jede fuͤr ſich ungemengt hatte.
Die Beſtimmung der waſſerhaltenden Kraft einer zuſammengeſetzten Erdmaſſe
iſt fuͤr uns von großer Wichtigkeit. Man erforſcht ſie, wenn man Erde bis zu dem
Grade austrocknet, daß ſie in der Hitze des ſiedenden Waſſers am Gewichte nichts
mehr verliert, dann ein beſtimmtes Gewicht derſelben mit Waſſer ſorgfaͤltig durchkne-
tet, und den Brei auf ein gewogenes Haar-Tuch giebt. Man laͤßt das uͤberfluͤſſige
Waſſer abtropfen, und wenn die Erde kein Waſſer mehr fahren laͤßt, ſo wiegt man
ſie mit dem Tuche wieder, und zieht dann das Gewicht des Tuches und der trockenen
Erde ab, ſo findet man in dem Reſte die Quantitaͤt des Waſſers, welches ſie an ſich
gehalten hatte.
Da indeſſen mancher Erdboden viel Waſſer aufnimmt, ohne es tropfbar fahren
zu laſſen, ſolches aber bei warmen trockenem Wetter durch die Ausduͤnſtung mehr
oder minder leicht verliert, ſo iſt auch hierauf Ruͤckſicht zu nehmen, und man muß,
um die waſſerhaltende Kraft des Bodens auch in dieſer Hinſicht zu beſtimmen, die
Erde einem gleichen Waͤrmegrade ausſetzen, und die Zeit bemerken, in welcher die
eine und die andere Erdart voͤllig austrocknet.
Vollkommen verlieren die Erden, insbeſondere die Thonerde, ihr Waſſer nie,
und ſie haben noch Waſſer in ſich, wenn ſie ganz trocken und duͤrre ſcheinen. Dieſes
kann nur in der ſtaͤrkſten Gluͤhhitze von ihnen ausgetrieben werden. Deshalb muß
man einen beſtimmten Grad der Temperatur annehmen, in welchem man die Aus-
doͤrrung in dieſem Verſuche beſtimmt.
§. 10.
Mit dem Azot, dem Kohlenſtoff und reinen Hydrogen, laſſen ſich die ErdenGegen die
fluͤchtigen
Stoffe.
zwar nicht verbinden. Es iſt aber aus vielen Gruͤnden glaublich, daß ſie ſich mit
einer Vereinigung jener Stoffe verbinden, und die aus ſolchen beſtehende organiſche
Materie, oder den Ruͤckſtand der Verweſung aufnehmen und innig mit ſich verei-
G 2
[52]Chemie der Erden.
nigen koͤnnen. Es ſprechen dafuͤr mehrere Erſcheinungen, die ſich bei der Vegetation
zeigen, und auf welche wir in der Folge zuruͤckkommen werden.
Die kaliſchen Erden verbinden ſich mit dem Schwefel, indem man ſie entweder
damit gluͤht, oder damit im Waſſer kocht. Dieſe Verbindungen ſtimmen im Weſent-
lichſten mit denen uͤberein, die aus der Verbindung des Schw[e]f[e]ls mit Alkalien her-
vorgehen. Man nennt dieſe Verbindungen, einer gewiſſen Aehnlichkeit wegen, Le-
bern. Es iſt wahrſcheinlich, daß eine aͤhnliche Verbindung mit der ſtark hydrogeni-
ſirten Kohle, beſonders die auch einiges Azot enthaͤlt, d. i. mit jenem Ruͤckſtande
der Verweſung, vorgehe, die ſich aber bei hoͤherer Temperatur ſchnell wieder zerſetzt.
§. 11.
Gegen die
Saͤuren.Die ſaͤmmtlichen Erden, mit Ausnahme der Kieſelerde, haben eine große Ver-
wandtſchaft zu den Saͤuren, und loͤſen ſich darin auf. Die Saͤure wird ge-
ſaͤttigt, und verliert ihre ſaure Eigenſchaft, aber auch die alkaliſchen Erden verlieren
ihre Eigenſchaften und ihre Einwirkung, die ſie auf die Pflanzen und organiſche Ma-
terie haben. Es entſtehen dann erdige Mittelſalze daraus, die leichter oder ſchwerer
oder gar nicht im Waſſer aufloͤslich ſind. Durch dieſes Verhalten mit den Saͤuren-
und die Erzeugung der Salze werden die Erden bei ihrer Zerlegung hauptſaͤchlich un-
terſchieden.
§. 12.
Verhalten der
Erden gegen
einander.Die Erden haben aber auch unter ſich eine anneigende Verwandtſchaft und gehen
eine wahre chemiſche Verbindung ein. Viele Erd- und Steinarten, welche wir in der
Natur finden, ſind nicht Gemenge, ſondern eigentliche Gemiſche. Die Metalloxyde
ſcheinen zu dieſer innigen Vereinigung mit beizutragen. Wir koͤnnen die Erden che-
miſch miſchen, indem wir ſie zuſammenſchmelzen. Es ſcheint aber auch auf dem
naſſen Wege eine ſolche Vereinigung vorzugehen. Nach Guyton’s und Ga-
dolin’s Verſuchen ſchlagen ſich einige Erden, z. B. die Kalk- und Kieſel-Erde,
die Thon- und Kieſel-Erde einander aus ihren Aufloͤſungen nieder, nicht indem ſie
ſich mit der Saͤure und dem Alkali, worin die andere Erde aufgeloͤſt iſt, vereini-
gen und dieſe davon trennen; ſondern indem ſie ſich mit der andern Erde miſchen und
in Vereinigung mit derſelben niederfallen. Dieſe innige Vereinigung der Erden
kann bei der Lehre vom Boden ſehr wichtig ſeyn, wenn ſie noch genauer erforſcht
wird. —
[53]Chemie der Erden.
Wir werden jetzt erſt die unaufloͤslichen Kieſel- und Thon-Erden in ihrem che-
miſch-reinen Zuſtande nach ihren Eigenſchaften betrachten, dann zu den verſchiedenen
Gemengen, die wir von ihnen in der Natur antreffen, uͤbergehen. Sodann werden
wir von den kaliſchen Erden ebenfalls in ihrem reinen Zuſtande handeln, und darauf
das zuſammengeſetztere Gemenge aus jenen und dieſen Erden betrachten, nachdem
wir vorher eine genauere Unterſuchung der ſogenannten Dammerde oder des Hu-
mus angeſtellt haben. Alles, vorzuͤglich in Ruͤckſicht auf den Gebrauch, den wir
in der Lehre von der Kenntniß des Bodens, vom Duͤnger und Vegetation davon
machen koͤnnen, die ſich ſaͤmmtlich nur auf dieſe chemiſch-phyſikaliſche Lehre begruͤn-
den laſſen.
Die Kieſelerde.
§. 13.
Der Name derſelben iſt von dem Worte Kieſel entlehnt, der, ſo wie derDie Kieſelerde
in ihrem rei-
nen Zuſtande.
Quarz, faſt gaͤnzlich aus derſelben beſteht, weshalb ſie auch Quarzerde genannt
wird. Weil ſie ſich mit den Kalien zu Glaſe verbindet, ward ſie auch glasartige
Erde genannt, und weil ſie die aͤlteren Chemiker als die urſpruͤngliche Erde anſahen,
und ſie wirklich den, den Erden beigemeſſenen Charakter im eminenten Grade an ſich
traͤgt, ward ſie elementariſche Erde genannt.
Sie findet ſich auch von allen Erdarten am haͤufigſten in der Natur. Alle
harte, am Stahle Funken gebende Steine, die ungeheuren Gebirgsmaſſen von Gra-
nit, Porphyr, Gneus u. ſ. w., ſammt den ausgebreiteten Sandmeeren, ſind groͤßten-
theils aus Kieſelerde gebildet. Es giebt uͤberhaupt wenig Stein- und Erdarten in
der Natur, die nicht mehr oder weniger Kieſelerde enthielten. Auch die Pflanzen ent-
halten dieſelbe, und laſſen ſie nach dem Verbrennen in ihrer Aſche zuruͤck. Beſonders
reichhaltig ſind die grasartigen Gewaͤchſe daran, und man findet ſie in ihrer aͤußern
Haut zuweilen durch die Vegetationskraft abgeſondert, und gewiſſermaßen kryſtalli-
ſirt. Indeſſen findet ſie ſich ſo wenig wie andere Erden voͤllig rein in der Natur,
und ſelbſt der Quarz, der groͤßtentheils aus ihr beſteht, hat noch Beimiſchungen von
Thonerde und Eiſenoxyd.
[54]Die Kieſelerde.
§. 14.
Nur durch die Kunſt koͤnnen wir ſie chemiſch rein und von allen Beimiſchungen be-
freit aus den Mineralien darſtellen. Sie erſcheint dann in der Form eines weißen,
ſehr ſeinen, dabei doch aber etwas hart anzufuͤhlenden Staubes, der ſich wenig an
die Finger haͤngt, und beim Druͤcken und Reiben ein etwas ſcharfes Gefuͤhl veran-
laßt. Sie iſt voͤllig geſchmack- und geruchlos. Im Feuer erleidet ſie durchaus keine
Veraͤnderung, und wie heftig dieſes auch ſeyn mag, ſie ſchmilzt nicht und wird nicht
verfluͤchtigt.
§. 15.
Verhalten ge-
gen das Waſ-
ſer.Sie hat keine Verwandtſchaft zum Waſſer. Denn ohne ein Zwiſchenmittel hat
man nie das geringſte darin aufloͤſen koͤnnen. Vermengt man ſie damit, ſo ſenkt ſie
ſich bald daraus wieder ab, und laͤßt nichts aufgeloͤſt zuruͤck. Indeſſen haben wir
doch in der Natur einige Quellen, worin Kieſelerde ſich aufgeloͤſt befindet, und die
nach Bergmann’s und Klaproth’s genauen Unterſuchungen durchaus keine
andere Materie enthalten, welche eine Verbindung der Kieſelerde mit dem Waſſer
hervorgebracht haben koͤnnte, ſo daß wir bis jetzt nicht anzugeben wiſſen, wie die Na-
tur dieſelbe bewirkte. Die merkwuͤrdigſte iſt der Geyſer in Island, eine ſehr heiße
Quelle, die in ihrem Baſſin eine Rinde von Kieſelerde abſetzt, und Kryſtallen, Sta-
laktiten und Inkruſtationen bildet.
Auch iſt die mechaniſche Anziehung der Kieſelerde zum Waſſer nur geringe. Sie
ſaugt beim Benetzen das Waſſer nicht begierig an, wird auch nicht teigigt und zu-
ſammenhaͤngend dadurch. Sie haͤlt hoͤchſtens die Haͤlfte ihres Gewichts davon an ſich,
ohne es tropfenweiſe fahren zu laſſen; auch laͤßt ſie es ſchnell verdunſten.
§. 16.
Gegen die
Saͤuren.Vorzuͤglich unterſcheidet ſie ſich dadurch von den meiſten Koͤrpern, daß ſie von
keiner Saͤure, außer der einzigen Flußſpathſaͤure angegriffen und aufgeloͤſt wird.
Man kann die feine Kieſelerde mit Schwefel-, Salz- und Salpeterſaͤure ſieden, ohne
daß das geringſte davon aufgenommen wird. Nur in der Schmelzhitze vereinigt ſich
die feuerbeſtaͤndige Borax- und Phosphorſaͤure damit. Die einzige Flußſpathſaͤure
loͤſet ſie ſogar in Luftgeſtalt auf, und iſt faͤhig, dieſen ſo feuerbeſtaͤndigen Koͤrper mit
ſich zu verfluͤchtigen.
[55]Die Kieſelerde.
§. 17.
Die feuerbeſtaͤndigen Alkalien, ſie ſeyen im aͤtzenden oder im kohlenſauren Zu-Gegen die Al-
kalien.
ſtande, laſſen ſich dagegen leicht mit der Kieſelerde vereinigen, und loͤſen ſie vollſtaͤndig
auf. Wenn man Kali oder Natrum mit der Kieſelerde ſchmilzt, kommen jene in der
Gluͤhhitze zuerſt im Fluß, und machen dann auch die Kieſelerde fluͤſſig, die ſich dann
damit verbindet.
Das Produkt, welches man aus dieſer Verbindung erhaͤlt, iſt verſchieden nach
dem Verhaͤltniß, in welchem man beide zuſammengeſetzt hat. Iſt die Kieſelerde uͤber-
wiegend, ſo entſteht daraus das ſo nuͤtzliche Glas. Je groͤßer das Verhaͤltniß derDas Glas.
Kieſelerde iſt, um ſo dauerhafter der Luft und den Saͤuren wiederſtehend iſt das
Glas. Iſt dem Glaſe aber zu viel Alkali zugeſetzt, ſo wird das Glas leicht blind an
der Luft, und iſt auch nicht ganz ſicher gegen concentrirte Saͤuren. Metalloxyde
werden vom Glaſe beim Schmelzen aufgenommen, und daſſelbe dadurch verſchieden
gefaͤrbt. Die gruͤne Farbe des Glaſes ruͤhrt vom Eiſenoxyd her, weil die Kieſelerde
verunreinigt war. Wenn dieſes durch die Sonnenſtrahlen desoxydirt wird, ſo laͤuft
es mit Regenbogenfarben an.
Wenn aber das Alkali uͤberwiegend iſt, und das Gemiſch aus vier Theilen von
dieſem und einem Theile Kieſelerde beſteht, ſo erhaͤlt man eine glaſige durchſichtige
Materie, die an der Luft leicht feucht wird, und zu einer dicklichen Feuchtigkeit zer-
gehet. Sie laͤßt ſich im Waſſer leicht vollſtaͤndig aufloͤſen, und heißt dann Kieſel-
feuchtigkeit.
Hier haben wir alſo zwar eine Aufloͤſung der Kieſelerde, aber nur durch ein Ver-
bindungsmittel, das Alkali. Stumpft man dieſes ab, durch Saͤure, ſo laͤßt das
Waſſer auch die Kieſelerde fallen, und ſie ſammelt ſich im Grunde. Nur wenn die
Kieſelfeuchtigkeit mit zu vielem Waſſer verduͤnnet iſt, oder wenn man uͤberſchuͤſſige
Saͤure hinzugegeben hat, erfolgt der Niederſchlag nicht, bis man die Aufloͤſung ver-
dunſten laͤßt. Man hat dieſe Erſcheinung verſchieden erklaͤrt; wahrſcheinlich haͤngt ſie
von der in den kleinen Partikeln aͤußerſt geſchwaͤchten Cohaͤſionskraft ab. Am ſicher-
ſten verfaͤhrt man deshalb, wenn man die mit einem Ueberſchuß von Saͤure geſaͤttigte
verduͤnnte Kieſelfeuchtigkeit erſt verdampfen laͤßt, ſodann in Waſſer wieder aufweicht
und mehrere Male auswaͤſcht, um die reine Kieſelerde daraus darzuſtellen.
[56]Die Kieſelerde.
§. 18.
Koͤrper, wel-
che die Kieſel-
erden vorzuͤg-
lich enthalten.Unter den Koͤrpern, welche groͤßtentheils aus Kieſelerde beſtehen, und den Cha-
rakter dieſelben in hohem Grade an ſich tragen, bemerken wir hier folgende, deren
Kenntniß dem Landwirthe zuweilen nuͤtzlich ſeyn kann.
1) Alle ſogenannten Edelſteine, den Diamant ausgenommen: der Rubin,
Saphyr, Smaragd, Chryſolith, Topas, Hyacinth, Amethyſt, Chalcedon, Kar-
neol, Achat und Granat.
2) Die Feuerſteine und Hornſteine. Erſterer wird als Geſchiebe auf
dem flachen Lande vorzuͤglich in ſandigen Gegenden, aber auch in Kreidegebirgen,
umgeben von dem reinſten Kalk, geſunden. Wie er hier hingekommen oder entſtan-
den ſey, hat die Geologen ſeit langer Zeit beſchaͤftiget, und die Muthmaßung, daß
ſich die Kalkerde in Kieſelerde verwandelt habe, hat wirklich vieles fuͤr ſich, indem
man den Uebergang von Kalk in Feuerſtein oft deutlich bemerkt, und man zuwei-
len mitten in Feuerſteinen organiſche Producte antrifft, die die neuere Entſtehung
derſelben beweiſen.
Der Feuer-
ſtein.Der Nutzen des Feuerſteins iſt ſo bekannt, als groß. Die Bearbeitung deſſel-
ben zu Flintenſteinen iſt von Wichtigkeit. Vormals war dieſe Kunſt nur in Spanien
und Frankreich bekannt; jetzt macht man die Flintenſteine auch in den Oeſterreichiſchen
Staaten. Man hatte ſonſt ſeltſame Meinungen uͤber die Verfertigung deſſelben,
und glaubte, daß ſie in den Gebirgen rauh waͤren und geſchnitten wuͤrden, oder daß
ſie auf Maſchinen geſchliffen wuͤrden. Es hat aber keinen Zweifel, daß ſie mit ge-
wiſſen ſtaͤhlernen Inſtrumenten aus freier Fauſt geſchlagen werden, wozu aber doch
geuͤbte Arbeiter gehoͤren. Aber nicht alle Feuerſteine paſſen ſich dazu: zum Theil ſind
ſie zu weich, zum Theil ſpringen ſie unter dem Hammer nicht zu regelmaͤßigen Stuͤk-
ken. Friedrich Wilhelm der Erſte ſchickte einen Buͤchſenſchaͤfter nach St. Anges,
woſelbſt er ſich in Arbeit gab und die Handgriffe lernte. Er kam zuruͤck und verſer-
tigte aus den einheimiſchen Steinen wirklich Flintenſteine; ſie waren aber ſo ſproͤde,
daß ſie ſchon beim zweiten Schuß ſprangen. Außerdem werden die Feuerſteine zur Be-
reitung der Smalten, des Steinguts, zum Glasſchleifen, zu Glattſteinen fuͤr Buch-
binder und Vergolder und zum Glaſe, beſonders zur Verfertigung des ſchoͤnen Flint-
glaſes in England gebraucht.
Der
[57]Die Kieſelerde.
Der Hornſtein hat Aehnlichkeit mit ihm; hat indeſſen ein matteres hornarti-
ges Anſehen und einen ſplittrigen Bruch.
3) Der Feldſpath, von blaͤttrigem Gewebe, meiſt fleiſchrother Farbe, in
rautenfoͤrmige Stuͤcke zerſpringend. Er findet ſich als Geſchiebe und in mehreren an-
deren Steinarten eingeſprengt.
4) Quarz. Er beſteht aus kryſtalliniſchen, glasartigen Theilen, zerſpringt
in eckige Stuͤcke, und kommt mehrentheils mit weißer Farbe und durchſichtig vor.
Man findet ihn theils in derben Maſſen, theils kryſtalliſirt. Sind ſeine Kryſtallen
groß, durchſichtig und ſaͤulenfoͤrmig, ſo heißt er Bergkryſtall.
5) Granit, Gneus und Porphyr ſind zuſammengeſetzte Steinarten,
aus verſchiedenen Steinen gebildet. Aus ihnen beſtehen groͤßtentheils die Urgebirge;
ſie finden ſich aber auch, beſonders der Granit, in großen Bloͤcken im flachen Lande.
Der Granit beſteht aus Quarz, Feldſpath und einem andern zum Thongeſchlecht ge-
hoͤrigen Steine, dem Glimmer. Sein Korn und ſeine Farbe ſind mannigfaltig
verſchieden. Der Gneus iſt mit dem Granit nahe verwandt, beſteht aus Feldſpath,
Quarz und Glimmer. Seine Theile ſind inniger gemengt, und er hat mehrentheils
ein ſchieferartiges blaͤttriges Anſehen. Der Porphyr beſteht aus Feldſpath, Quarz
und verhaͤrtetem Thon oder Jaspis, zuweilen auch Glimmer.
6) Der Sand, welcher wahrſcheinlich aus dem Quarze groͤßtentheils entſtan-Sand und
deſſen Arten.
den iſt. Er unterſcheidet ſich in ſeinen Beſtandtheilen von dieſem nicht. Durch
große Waſſerfluthen, durch die Einwirkung der Luft, vielleicht des Feuers und an-
derer Potenzen, ward der Quarz zerkleinert, und die kleinen Stuͤcke durch die Be-
wegung, die Waſſer und Wind ihnen gab, zu rundlichen Koͤrnern abgeſchliffen.
Dieſer Sand unterſcheidet ſich nach der Groͤße und Durchſichtigkeit ſeiner Koͤr-
ner und nach ſeiner Farbe hauptſaͤchlich in folgende Arten:
a.Mehl- oder Quellſand, der aus ſehr feinen, klaren, ungefaͤrbten Koͤr-
nern beſteht, und mehrentheils von Quellen und Fluͤſſen ausgeworfen wird.
b.Perlſand, Grant, von großen rundlichen, halb durchſichtigen Koͤrnern.
Man findet ihn mehrentheils nur unter der Oberflaͤche der Erde. Doch wird er auch
von Fluͤſſen heraufgeſpuͤhlt.
c.Flugſand. Seine Koͤrner ſind von verſchiedener Groͤße. Er iſt vermiſcht
mit andern Theilen, fuͤhrt faſt immer Thon, zuweilen auch etwas Kalk bei ſich. Er
Zweiter Theil. H
[58]Die Kieſelerde.
iſt vom Winde leicht beweglich, woher er ſeinen Namen erhalten hat, und wird daher
durch dieſen und durch Waſſer gleich einer Fluͤſſigkeit nach den niedrigſten Stellen
fortgetrieben, bis er ſich vor einem Widerſtande in großer Maſſe zuſammenhaͤuft, und
ſolche angehaͤufte Huͤgel werden dann, wenn ihre Oberflaͤche nicht durch ſolche Pflan-
zen, die mit Huͤlfe einiger Dammerde darauf wachſen, befeſtiget iſt, durch Weſt-
und Oſtwinde fortgewaͤlzt, und uͤberſanden oft fruchtbare Fluren.
In der Tiefe des Erdbodens findet man den Sand zwiſchen andern Erdlagen in
fortlaufenden Adern oder Schichten. Dieſen verdanken wir unſer reinſtes Brunnen-
und Quell-Waſſer. Das Waſſer ſintert hindurch, ſetzt ſeine unreinen Theile darin
ab, und erſcheint in deſto groͤßerer Reinheit, je weiter es ſich durch den Sand gezo-
gen hat.
Die Sandkoͤrner haben außer dem uͤberwiegenden Antheile von Kieſelerde noch
immer etwas Thonerde in ſich, auch Eiſenoxyd. Der Sand beſitzt eine noch gerin-
gere waſſerhaltende Kraft, wie die ſtaubige Kieſelerde. Daher, und weil er auch
mit dem Humus wenig mechaniſche Anziehung hat, ruͤhrt ſeine Unfruchtbarkeit.
Iſt der Sand durch ein Bindungsmittel, Thon oder Kalk, und durch mecha-
niſche Zuſammenpreſſung in harte Maſſen verbunden, ſo heißt er Sandſtein. In
Anſehung der Feinheit und Dichtigkeit giebt es verſchiedene Sorten, welche, wenn
ſie noch weicher aus dem Boden kommen, in kubiſche Bauſteine, Quaderſteine,
Muͤhlſteine, Schleifſteine, Wetzſteine u. ſ. w. verarbeitet werden. Zu dieſen gehoͤrt
auch der Filtrirſtein, welcher das Waſſer wie ein feiner Schwamm durchlaufen laͤßt,
und den man gebraucht, um truͤbes Waſſer zu reinigen. Er war ſonſt eine Selten-
heit; jetzt findet man ihn in Sachſen und an mehreren Orten haͤufig.
Thonerde. Alaunerde.
§. 19.
Thonerde
im reinen Zu-
ſtande.Man findet dieſe reine Erdart am meiſten in derjenigen Maſſe, die man laͤngſt
Thon nannte, und hiervon hat ſie den Namen Thonerde erhalten. Sie macht
aber auch einen weſentlichen Beſtandtheil eines unter dem Namen Alaun bekannten
Salzes aus, und iſt daher von der neuern chemiſchen Schule Alaunerde genannt
worden. Weil indeſſen der Name Thonerde unter den Deutſchen gebraͤuchlicher
[59]Thonerde im reinen Zuſtande.
geblieben iſt, ſo werden wir dieſen beibehalten, muͤſſen aber wohl bemerken, daß
wir ſie mit dem Thone, der ein zuſammengeſetzter Koͤrper iſt, nicht verwechſeln muͤſ-
ſen. Unter Thonerde verſtehen wir alſo die reine elementariſche Erde; unterUnterſchei-
dung derſelben
vom Thon.
Thon aber, von welchem wir in der Folge reden werden, die Verbindung derſelben
mit Kieſelerde und Eiſenoxyd.
§. 20.
Naͤchſt der Kieſelerde finden wir unter allen Erden die Thonerde in der groͤßten
Menge und am meiſten verbreitet auf unſerm Erdboden. Der Thon, in welchem die
Thonerde immer einen Beſtandtheil ausmacht, iſt in groͤßerer oder geringerer Menge
faſt in jeder Bodenart vorhanden, und findet ſich auch in großen Lagern unter der
Oberflaͤche der Erde. Ueberdem macht die Thonerde einen Beſtandtheil der meiſten
Steinarten aus, und iſt in einigen vorwaltend. Die organiſchen Koͤrper enthalten
ſie nur in ſehr geringer Menge, und wenn wir gleich aus der Aſche der meiſten Vege-
tabilien einige Thonerde ausgeſchieden haben, ſo ſcheint ſie doch den Gewaͤchſen nicht
weſentlich, ſondern vielmehr zufaͤllig in ihre Subſtanz oder in ihre Aſche gekommen
zu ſeyn.
Die Thonerde iſt fuͤr den Landwirth von der groͤßten Wichtigkeit, indem
ſie im Thone einen weſentlichen Beſtandtheil des fruchtbaren Bodens aus-
macht. Von ihrer Kenntniß haͤngt die genauere Kenntniß des letzteren ab, und
von dieſer wieder die richtige Beurtheilung der Wirkungen des Thons im Acker, die
Verbeſſerung und Verſchlechterung des Ackers durch ihn. Auch iſt ſie in Hinſicht auf
Ziegelbrennerey und Verfertigung von Toͤpferwaare merkwuͤrdig. Deshalb werden
wir erſt die Eigenſchaften der reinen Thonerde, dann die des Thons, kurz aber
gruͤndlich durchnehmen.
§. 21.
Wenn man gleich den Thon ſeit uralten Zeiten wegen ſeiner nuͤtzlichen Eigen-
ſchaften kannte, und ihn zur Verfertigung irdener Waaren und Ziegel benutzte, ſo iſt
doch die Thonerde noch nicht lange als ein beſonderer Naturſtoff angeſehen worden.
Lange hat man ſie mit der Erde uͤberhaupt verwechſelt, dann bald dem Kalke, bald
der Kieſelerde, die durch Saͤuren oder Phlogiſton einen andern Charakter angenom-
men haͤtten, beigezaͤhlt. Erſt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde es
H 2
[60]Thonerde im reinen Zuſtande.
erwieſen, daß ſie eine eigene Erdart ausmache und mit andern Erden nicht verwech-
ſelt werden duͤrfe.
Sie kommt in
der Natur nie
rein vor.So haͤufig ſie auch vorkommt, treffen wir ſie doch in der Natur nirgends rein
an. Meiſtens iſt ſie mit andern Erden und metalliſchen Oxyden, zuweilen mit Saͤu-
ren verbunden. Nur im Garten des Paͤdagogiums zu Halle hatte man eine weiße
erdige Subſtanz, welche man eine Zeit lang fuͤr chemiſch-reine Thonerde hielt, ge-
funden; aber theils hat ſich nachher durch eine genauere chemiſche Analyſe gezeigt,
daß ſie, obgleich groͤßtentheils aus Thonerde beſtehend, dennoch andere Subſtanzen,
Kalkerde und Eiſenoxyd, enthielte; theils iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſie kein Pro-
duct der Natur, ſondern der alchemiſchen Sudelkoͤche ſey, die dort hauſeten.
Nur die Chemie kann die Thonerde aus ihren Verbindungen rein darſtellen.
Am meiſten und leichteſten wird ſie aus dem Alaun abgeſchieden, in welchem ſie mit
Schwefelſaͤure aufgeloͤſt iſt. Wenn man dieſe, nachdem der Alaun in Waſſer aufge-
loͤſt worden, durch Alkali neutraliſirt, ſo faͤllt die Thonerde nieder. Jedoch bedarf
es noch einiger andern Handgriffe, um ſie von ihren fremdartigen Beimiſchungen
voͤllig zu befreien.
§. 22.
Verbindet ſich
nicht mit
Kohlenſaͤure.Die reine Thonerde iſt nicht faͤhig, ſich mit der Kohlenſaͤure zu verbinden, wenig-
ſtens nicht mit ihr durchdrungen zu werden, wie die Kalkerde und Bittererde, wo-
durch ſie ſich insbeſondere von letzterer ſehr merklich unterſcheidet. Manche haben
zwar von einer Vereinigung der Thonerde mit der Kohlenſaͤure geſprochen, aber
Sauſſure hat gezeigt, daß die chemiſch-reine Thonerde keine Verwandtſchaft zur
Kohlenſaͤure beſaͤße.
Phyſiſche Ei-
genſchaften.Die phyſiſchen Eigenſchaften der reinen Thonerde koͤnnen einigermaßen abwei-
chend ſeyn, wenn die Handgriffe und die Qualitaͤt und Quantitaͤt der Reagentien
welche man bei ihrer Ausſcheidung anwendet, verſchieden ſind. Auch hat man oft
die Eigenſchaften des Thons auf die reine Thonerde uͤbergetragen, und daher ſcheint
es zu ruͤhren, daß die phyſiſchen Eigenſchaften der letztern von verſchiedenen Chemi-
kern verſchieden angegeben werden. Indeſſen iſt dieſer Unterſchied nicht bedeutend,
und es kann in dieſer Hinſicht nie eine Verwechſelung mit andern Erdarten vorfallen.
Die reine Thonerde iſt eine weiße, ſanft anzufuͤhlende, pulverfoͤrmige Subſtanz,
welche zwar keinen eigentlichen Geſchmack beſitzt, aber doch auf die Zunge gebracht,
[61]Thonerde im reinen Zuſtande.
ein eigenes Gefuͤhl hervorbringt, welches aus der Einſaugung der Feuchtigkeit der
Zunge durch die Thonerde entſteht. Ein aͤhnliches Gefuͤhl bringt ſie auch hervor,
wenn ſie als ein feiner Staub in die Naſe gezogen wird. Der eigenthuͤmliche Geruch,
welchen der rohe Thon, beſonders wenn er angehaucht oder angefeuchtet wird, von
ſich giebt, iſt der reinen Thonerde nicht eigen, und man hat ihm ſolchen unrichtig
beigemeſſen.
§. 23.
Gegen das Waſſer aͤußert die Thonerde eine weit ſtaͤrkere Anziehung, wie alleVerhalten ge-
gen das Waſ-
ſer.
andere Erden, indem ſie davon mehr zuruͤckhaͤlt. Sie beſitzt alſo die groͤßte waſſer-
haltende Kraft. Dieſe iſt aber nach den verſchiedenen Bereitungsarten der Thon-
erde merklich verſchieden. Wenn ſie friſch niedergeſchlagen iſt, ſo haͤlt ſie, ehe ſie
wieder getrocknet worden, oft das ſechsfache ihres eigenen Gewichts an Waſſer an,
wogegen ſie, wenn ſie in maͤßiger Waͤrme ausgetrocknet worden, nur 1½ bis zwei
Mal ſo viel, als ſie ſelbſt wiegt, von demſelben aufnehmen kann, ohne es tropfen-
weiſe fahren zu laſſen. Wird ſie ſcharf ausgetrocknet oder gar gegluͤht, ſo kann ſie,
wie wir hoͤren werden, noch weit weniger Feuchtigkeit in ſich halten.
Die mit Waſſer angefeuchtete Thonerde ſtellt einen mehr oder weniger ſchluͤpfri-
gen Teig dar. Dieſer Teig aus der reinen Thonerde iſt aber nie ſo dehnbar, wie der
aus gutem rohen Thon, und man kann ihn nicht ſo leicht formen, wie dieſen. Auch
trocknet der aus dieſer reinen Erde bereitete Brei leichter aus.
§. 24.
Die reine Thonerde laͤßt ſich in reinem Waſſer nicht aufloͤſen. Wird ſie unterUnaufloͤslich
im reinen
Waſſer.
vieles Waſſer gemengt, ſo erſcheinen ihre einzelnen Partikeln halb durchſichtig. Sie
vertheilen ſich im Waſſer aͤußerſt fein, und ſetzen ſich nur hoͤchſt langſam daraus wie-
der ab. Das Waſſer haͤlt aber nichts davon wirklich aufgeloͤſt zuruͤck. Dagegen
kann kohlenſaures Waſſer nach Sauſſure etwas Thon aufloͤſen, welche Ver-
bindung aber nur ſo ſchwach iſt, daß ſie ſich ſchon an der Luft leicht zerſetzt, wo dann
die vorher klare Fluͤſſigkeit ſich truͤbt, und die Thonerde als ein gallertartiges leichtes
Sediment fallen laͤßt.
§. 25.
In einer gelinden Waͤrme von etwa 18 bis 20 Grad Reaumur verliert die Thon-
erde das ihr nur locker anhaͤngende Waſſer. Einen andern Theil der Feuchtigkeit
[62]Thonerde im reinen Zuſtande.
aber, der nach Buchholz 28 Prozent, nach Sauſſure aber noch weit mehr
betraͤgt, laͤßt ſie in dieſer Waͤrme nicht fahren, ſondern es iſt hierzu eine ſtarke Gluͤh-
hitze erforderlich.
§. 26.
Verhalten im
Feuer.Fuͤr ſich laͤßt ſich die reine Thonerde in der gewoͤhnlichen Hitze nicht ſchmelzen;
allein in dem Brennpunkte großer Brennſpiegel und in einem mit Oxygengas angefach-
ten Feuer erleidet ſie eine Art von Schmelzung, welche aber doch keine voͤllige Ver-
glaſung hervorbringt. Aber mit Kalkerde vermengt, kann ſie voͤllig in Fluß gebracht
werden. Auch iſt ſie mit Kieſelerde vereinigt eher zum Schmelzen geneigt.
Durch das Gluͤhen aber erleidet die Thonerde jedesmal doch eine ſtarke Veraͤnde-
rung. Es erfolgt keine Schmelzung, aber doch eine Art von Zuſammenſinterung.
Sie verliert dadurch ihre mechaniſche Anziehung zum Waſſer, und wird im Gefuͤhle
hart. Mit Waſſer vermengt wird ſie nicht mehr zum ſchluͤpfrigen Brei, und
koͤmmt uͤberhaupt in ihren phyſiſchen Eigenſchaften der Kieſelerde jetzt mehr gleich.
Daher ruͤhrt es, daß der Thon nach dem Brennen nicht mehr formbar bleibt, und
es laͤßt ſich auch daher der Nutzen zum Theil erklaͤren, den das Brennen des thonig-
ten Bodens bewirkt. Man kann derſelben ihre vorigen Eigenſchaften nur dadurch
wiedergeben, daß man ſie in Saͤuren aufloͤſt und durch Alkalien wieder nieder-
ſchlaͤgt.
§. 27.
Sie hat keine
alkaliſchen
Eigenſchaften.Die Thonerde aͤußert durchaus keine alkaliſche Eigenſchaften, und veraͤndert
die auf Alkali reagirenden Papiere nicht. Auch kann ſie ſich mit dem Schwefel nicht
vereinigen, wie die Alkalien, Kalk- und Bitter-Erde. Wir haben keine Erfah-
rung, daß ſie im reinen Zuſtande das Oxygen, Hydrogen, Azote und den Kohlenſtoff
anziehen koͤnne. Jedoch iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß ſie ſich nicht ganz gleichguͤl-
tig gegen dieſe Stoffe verhalte. Wenigſtens hat ſie gegen eine Vereinigung dieſer
Stoffe, wie im Humus, Verwandtſchaft.
§. 28.
Wahlver-
wandtſchaft
mit andern
Erden.Gegen andere Erden aͤußert ſie aber eine wahre Verwandtſchaft, und ſie kann
ſich mit ihnen unter gewiſſen Umſtaͤnden wirklich chemiſch verbinden. Die Kieſelerde
wird von ihr begierig angezogen, und nach Guyton kann ſie dieſelbe aus der Kie-
[63]Thonerde im reinen Zuſtande.
felfeuchtigkeit niederſchlagen. Die genaue Verbindung der Kieſelerde mit der Thon-
erde finden wir deshalb auch ſo haͤufig in der Natur im gewoͤhnlichen Thone.
Die Kalkerde wird ebenfalls von der Thonerde begierig angezogen. Dies be-
weiſt ſchon die leichte Schmelzbarkeit beider Erden, wenn ſie in Vereinigung ſind.
Noch mehr aber die Faͤhigkeit der Thonerde, das Kalkwaſſer zu zerſetzen und allen
Kalk abzuſcheiden. Bringt man friſch niedergeſchlagene Thonerde in Kalkwaſſer,
ſo verliert dies ſeinen alkaliſchen Geſchmack, die Thonerde ſetzt ſich in demſelben ab,
und mit ihr faͤllt der Kalk nieder. Dieſe Abſcheidung des Kalks kann nur durch eine
chemiſche Verwandtſchaft der Thonerde zu ihm, und durch eine genaue chemiſche
Verbindung beider Erden, hervorgebracht werden.
§. 29.
Die Saͤuren loͤſen die reinen Thonerden auf, um ſo leichter, je weniger ſie vor-Verhalten ge-
gen die Saͤu-
ren.
her ausgetrocknet war; aber langſamer und ſchwerer, wenn ſie vorher gegluͤhet war.
Es geht dabei kein Brauſen vor, und es entwickelt ſich keine Waͤrme. Die Thon-
erde iſt aber nicht faͤhig, den Saͤuren ihre ſaure Eigenſchaft ganz zu rauben, und un-
terſcheidet ſich dadurch von den Alkalien und alkaliſchen Erden ſehr. Dieſe Aufloͤſun-
gen beſitzen einen zuſammenziehenden Geſchmack, und roͤthen das Lackmuspapier
noch. Es entſtehen Salze daraus, welche zum Theil kryſtalliſirbar, zum Theil es
nicht ſind, und die ſich meiſtens ſehr leicht im Waſſer wieder aufloͤſen laſſen. Zu der
Schwefelſaͤure aͤußert die Thonerde eine vorzuͤgliche Verwandtſchaft, und giebt damit
eine ſchmutzige an der Luft leicht feucht werdende Maſſe; wenn der Verbindung aber
etwas Kali zugeſetzt wird, den Alaun. Die Thonerde kann aber auch einen gerin-
gen Theil von Schwefelſaͤure in ſich halten, ohne einen ſalzartigen Koͤrper damit zu
bilden, und es iſt daher oft ſchwer dieſe Saͤure ganz von ihr zu trennen. Selbſt bei
der Niederſchlagung aus der Alaunenaufloͤſung, wird von der Thonerde etwas Schwe-
felſaͤure niedergeriſſen, die durch vielfaches Abwaſchen nicht ganz aus ihr zu entfer-
nen iſt.
Die Salz-, Salpeter- und Phosphor-Saͤure geben mit der Thonerde keine
kryſtallifirbare Salze, ſondern meiſtens nur ſchmierige Maſſen.
§. 30.
Beſonders bemerkenswerth iſt noch die Wirkung der Alkalien auf die reineGegen die Al-
kalien.
Thonerde, indem ſie als ein charakteriſtiſches Zeichen angeſehen werden kann, und
[64]Thonerde im reinen Zuſtande.
man ſich derſelben oft zur Abſcheidung der Thonerde von anderen Erden bedient.
Die Kalk- und Bitter-Erde werden von den reinen Alkalien nicht angegriffen, die
Thonerde wird aber dadurch voͤllig aufgeloͤſt. Auch hier geht die Vereinigung am
leichteſten vor ſich, wenn ſie friſch niedergeſchlagen und noch feucht iſt, am ſchwerſten,
wenn ſie vorher gegluͤhet worden.
Das Ammonium iſt zwar auch faͤhig, die Thonerde in geringer Menge in ſich auf-
zunehmen; leichter und in weit groͤßerer Menge loͤſen ſie aber das aͤtzende Kali und
Natrum auf. Feuchte Thonerde in aͤtzende und erwaͤrmte Kalilauge getragen, loͤſet
ſich auf, und die Fluͤſſigkeit wird durchſichtig. Kohlenſaure Alkalien, wenn ſie ganz
mit Kohlenſaͤure geſaͤttigt ſind, nehmen aber die Thonerde nicht auf.
§. 31.
Alle Alkalien, ſo wie die Kalk- und Bitter-Erde, beſitzen eine naͤhere Ver-
wandtſchaft zu den Saͤuren, wie die Thonerde, und man kann alſo letztere von ihren
Verbindungen mit den Saͤuren dadurch abſcheiden. Und ſo wird dann auch die Auf-
loͤſung der Thonerde in Alkalien wieder durch Saͤuren zerſetzt und die Thonerde nieder-
geſchlagen, indem ſich die Saͤure mit den Alkalien verbindet, und die Verwandtſchaft
derſelben mit der Thonerde aufhebt.
Der Thon.
§. 32.
Der Thon.Dieſer beſteht, wie ſchon oͤfters bemerkt worden, aus einer Verbindung der
Thonerde mit der Kieſelerde. Dieſe Erdarten ſind nicht, wie man mehrentheils ſich
die Sache vorzuſtellen pflegt, bloß vermengt, ſondern wirklich chemiſch verbunden.
Vieler Thon, ſo wie wir ihn in der Erde finden, iſt noch mit Kieſelerde in feinerer
oder groͤberer Sandgeſtalt vermengt; dieſe kann aber bloß mechaniſch durch Schwem-
men, weit mehr aber, wie neuere Erfahrung uns gelehrt hat, durch Sieden von ihm
getrennt werden, wogegen jene innige Verbindung nur durch chemiſche Reagentien
aufgeloͤſt werden kann. Der Thon gleicht weder der reinen Thonerde noch der reinen
Kieſelerde; ſeine Eigenſchaften richten ſich aber auch nicht ganz nach dem quantita-
tiven Verhaͤltniſſe, worin beide Stoffe in ihm verbunden ſind. Er beſitzt beſondere
Eigenſchaften, die man nicht hervorbringt, wenn man Thonerde mit Kieſelerde
mechaniſch
[65]Der Thon.
mechaniſch vermengt. Ja es ſcheint, als ob die Natur jene genaue Vereinigung
nicht bewerkſtelligen koͤnne, denn wir haben zwar Thonerde und Kieſelerde chemiſch
miſchen gelernt, aber dieſe Miſchungen waren noch kein Thon.
§. 33.
Ein allgemeiner und daher vermuthlich weſentlicher Beſtandtheil des Thons iſtEiſenoxyd.
neben jenen beiden Erdarten das Eiſen in mehr oder minder oxydirtem Zuſtande.
Dieſe Materie nennt man im gemeinen Leben Eiſenroſt. Sie entſteht aus der
Vereinigung des Oxygens mit dem Eiſen, welche ſich mit Beihuͤlfe der Feuchtigkeit
leicht bildet. Sie hat verſchiedene Farben, die in mancherley Nuancirungen aus dem
Schwarzen ins Gelbe, Braune und endlich Rothe uͤbergehen, und die ſich nach den
Graden der Oxydation richten, indem die ſchwarze Farbe naͤchſt der weißen den gering-
ſten, die rothe den hoͤchſten Grad anzeigt. Dieſes Eiſenoxyd iſt ein geſchmack- und
geruchloſes, in Waſſer unaufloͤsliches Pulver. Von Saͤuren aber wird es aufge-
loͤſt, und giebt damit Salze, die wie Tinte ſchmecken. Dieſe Eiſenſalze laſſen ſich
wieder mit Alkalien zerlegen, indem dieſe eine naͤhere Verwandtſchaft mit den Saͤu-
ren haben. Die adſtringirenden oder Gerbeſtoff enthaltenden Vegetabilien, wie
Gallaͤpfel, Eichenrinde, trennen das Eiſen von der Saͤure, und ſo faͤrbt das [] fein
zertheilte Eiſen das Gemiſch Tintenſchwarz.
Zuweilen iſt das Eiſen im Boden von einer Saͤure ergriffen. Am haͤufigſten
von der Kohlenſaͤure, womit es einen unaufloͤslichen, geſchmackloſen und wenigſtens
der Vegetation unſchaͤdlichen, vielleicht nuͤtzlichen Koͤrper ausmacht. Andere Saͤuren
verjagen die Kohlenſaͤure mit Aufbrauſen daraus, gleich als ob Kalk darin waͤre.
Dies hat mich bei einem oberflaͤchlichen Verſuch, ob ein Lehm mergeligt ſey, ſelbſt
einmal getrogen.
Zuweilen iſt das Eiſenoxyd an Phosphorſaͤure gebunden. Beſonders in Bruͤ-
chern und Suͤmpfen, wo ſich die Phosphorſaͤure aus vermoderten organiſchen Koͤr-
pern entwickelt. Dies iſt zwar auch ein unaufloͤslicher Koͤrper, der aber die Muth-
maßung gegen ſich hat, daß er der Vegetation nachtheilig ſey.
An Schwefelſaͤure gebunden, die ſich aus verwitterndem Schwefelkies im
Boden erzeugt, macht das Eiſen das Mittelſalz, welches man gewoͤhnlich Vi-
triol nennt.
Zweiter Theil. J
[66]Der Thon.
In irgend betraͤchtlicher Quantitaͤt mit dem Thon verbunden ſcheint es immer
nachtheilig auf die Vegetation zu wirken, und wenn man Schwefelſaͤure der Vegeta-
tion vortheilhaft befunden hat, ſo war es auf kalkigem Boden, wo ſie ſich mit dem
Kalk und nicht mit dem Eiſen verband, und mit jenem Gyps machte. Nur mit Humus
oder andern ſehr kohlenſtoffhaltigen Materien verbunden, hat der Eiſenvitriol frucht-
bare und duͤngende Wirkungen geaͤußert, wenn man dieſe Subſtanz in geringer Quan-
titaͤt aufbraͤchte; wovon ausfuͤhrlicher in der Lehre vom Duͤnger geſprochen wird.
§. 34.
Entſtehung
des Thons
aus verwitter-
tem Stein.Der Thon iſt wahrſcheinlich auch aus harten Steinen entſtanden. Mehrere
harte Mineralien, die aus Thon- und Kieſelerde mit Eiſenoxyd beſtehen, verwittern
mit der Zeit durch die Einwirkung der Atmoſphaͤre, und verwandeln ſich in Thon.
Vor allem der Thonſchiefer, welcher ſehr haͤufig vorkommt, und aus welchem ganze
Gebirge beſtehen, und der Feldſpath. Dieſe Verwitterung ſehen wir noch taͤglich
vor unſern Augen vorgehen. Kahle entbloͤßte Thonſchieferfelſen bedecken ſich mit
einer Lage von Thon, in welcher bald Vegetabilien ihren Wohnſitz nehmen. Ja man
kann dieſe duͤnne Erdlage bald verſtaͤrken, wenn man Stuͤcke Thonſchiefer mit dem
Pfluge abſpaltet, und ſie mit friſchem Duͤnger, der zu ihrer Verwitterung beizutragen
ſcheint, verſetzt. Dieſer Thon wurde wahrſcheinlich durch Waſſerfluthen herabge-
ſchwemmt, und nun wieder in Ebenen zu ſolchen Lagen abgeſetzt, worin wir den
Thon jetzt finden. Es werden dabei wahrſcheinlich aus der Atmoſphaͤre Stoffe, be-
ſonders Oxygen angezogen.
§. 35.
Verbindung
der Beſtand-
thelle des
Thons.Die drei weſentlichen Beſtandtheile des Thons, Thonerde, Kieſelerde und Eiſen-
oxyd, ſind in mannigfaltigem Verhaͤltniſſe darin verbunden; und man findet ſelten
zwei Thonarten, die darin gaͤnzlich uͤbereinſtimmten. In den meiſten Faͤllen hat die
Kieſelerde das Uebergewicht; dieſe kann bis 93 Prozent darin ſteigen, und dennoch
behaͤlt das Gemiſch die Eigenſchaften des Thons. Seltener, jedoch zuweilen praͤ-
dominirt die Thonerde.
Neuere Verſuche haben uns aber in unſerm hieſigen Laboratorium gelehrt, daß
in dem abgeſchwemmten und dadurch vom Sande gereinigten Thone die Kieſelerde
auf eine doppelte Weiſe vorhanden ſey. Wenn man naͤmlich dieſen Thon mit genug-
ſamem Waſſer anhaltend ſieden laͤßt, ſo ſetzt ſich eine Kieſelerde ab, die man zwar
[67]Der Thon.
nicht Sand nennen kann, welche aber doch grobkoͤrniger, als die aus der Kieſelſeuch-
tigkeit niedergeſchlagene iſt. Die Menge dieſer, bloß durch das Sieden abgetrennete
Kieſelerde iſt in verſchiedenen Thonarten verſchieden. Sie iſt aber ſchwer voͤllig da-
von zu trennen. Indeſſen wenn dieſes auch auf das ſorgfaͤltigſte geſchehen iſt, ſo
bleibt dennoch im Thone noch betraͤchtlich viel Kieſelerde zuruͤck, die ſich nur durch
chemiſche Reagentien entſcheiden laͤßt. Wir ſetzen dieſe genaueren Verſuche fort,
beſonders um zu entſcheiden, was uns jetzt faſt wahrſcheinlich iſt — ob alle Thon-
arten, nach Abſonderung dieſer minder und wohl nur mechaniſch gebundenen Kieſel-
erde, ſich in ihrem Gehalte an Kieſel- und Thonerde, vielleicht voͤllig oder beinahe
gleich ſeyn.
Das Eiſenoxyd weicht in ſeiner Menge ſehr ab, von 1 bis zu 10 und
12 Prozent.
Zuweilen enthaͤlt der Thon auch Manganesoxyd, welches aber nicht haͤufig und
nur in ſehr geringer Menge vorkommt, und deshalb von uns nicht in Betracht ge-
zogen wird.
§. 36.
Man findet den Thon mit ſehr verſchiedenen Farben, weiß, grau, braun, roth,Farbe des
Thons.
ſchwarz und in den mannigfaltigſten Schattirungen dieſer Farben. Zuweilen ſind
brennbare Koͤrper, Humus und erdharzige Materie die Haupturſache dieſer Farben;
und dieſe machen ihn gewoͤhnlich grau, ins Schwarze uͤbergehend, oder ganz ſchwarz.
Dieſe Thonarten brennen ſich aber im Feuer ganz weiß, indem ſich der Kohlenſtoff
mit Oxygen verbindet, und als Kohlenſaͤure entweicht. In den meiſten Faͤllen iſt
aber das Eiſenoxyd, zuweilen auch das Manganesoxyd, die Urſach der Farbe. Nicht
bloß die Quantitaͤt, in welcher dieſes dem Thone beigemiſcht iſt, ſondern auch der
Grad der Oxydation, worin es ſich befindet, bringen die mannigfaltigen Nuancirun-
gen der Farbe hervor. Sie geht um ſo mehr von der hellgelben in die dunkelgelbe
und rothe uͤber, je hoͤher der Oxydationszuſtand des Eiſens ſteigt. Dieſe Thonar-
ten brennen im Feuer nicht weiß. Ihr Eiſenoxyd zieht vielmehr noch mehr Oxygen
an, wird damit voͤllig geſaͤttigt, und dadurch ziegelroth. Dieſe Farben erhalten da-
her beim Brennen alle die Thonarten, welche 4 bis 6 Prozent Eiſenoxyd enthalten,
und ſie faͤllt um ſo dunkler aus, je hoͤher das Verhaͤltniß des Eiſenoxyds ſteigt.
J 2
[68]Der Thon.
Zuweilen bringen Eiſenoxyd und Humus oder erdharzige Koͤrper die Farbe des
Thons zugleich hervor. Solche Thonarten werden zwar im Feuer heller von
Farbe, indem eine Urſach derſelben, der Humus, verfluͤchtigt wird. Allein ſie wer-
den nie ganz weiß, da die andere Urſache, das Eiſen, zuruͤckbleibt. Es koͤmmt alſo
hier auf das Verhaͤltniß des brennbaren Stoffs und des Eiſenoxyds an; ob der Thon
beim Brennen viel Farbe verliere, oder nicht. Verliert er viel von der Intenſitaͤt der
Farbe, ſo ſind brennbare Theile; verliert er wenig, ſo iſt Eiſenoxyd das, was vor-
zuͤglich die Farbe hervorbrachte. Man findet zuweilen auch ganz weiße Thonarten.
Dieſe enthalten niemals brennbare Subſtanz; aber ſie ſind doch nicht ganz frei von
Eiſenoxyd. Es ſteht dieſes nur auf der niedrigſten Stufe der Oxydation, wo es dem
Thone keine Farbe mittheilen kann. Werden dieſe Thonarten aber gegluͤht, ſo oxy-
dirt ſich das Eiſen mehr, und der Thon wird gelb, oft ziemlich hochroth gefaͤrbt.
Bleiben weiße Thonarten im Feuer ungefaͤrbt, ſo iſt dies ein Beweis, daß ſie ſehr
wenig Eiſen enthalten.
§. 37.
Geruch des
Thons.Der Thon aͤußert diejenige beſondere Empfindung, welche die Thonerde auf der
Zunge oder als Staub in die Naſe gezogen, hervorbringt, unter aͤhnlichen Umſtaͤn-
den, faſt in einem noch hoͤhern Grade, und man kann ihn durch dieſelbe leicht von an-
dern Erdarten unterſcheiden. Er ſaugt begierig die Feuchtigkeit der Zunge ein, und
haͤngt ſich an dieſelbe feſt. Außer dieſer Empfindung beſitzt der Thon aber noch einen
eigenthuͤmlichen Geruch, den die reine Thonerde nicht hat, und den man einen erdigen
Geruch nennt. Er ſtoͤßt ihn in vorzuͤglich ſtarkem Grade aus, wenn er trocken war
und angefeuchtet wird; weswegen man ihn in der ganzen Atmoſphaͤre bemerkt, wenn
nach einer Duͤrre der erſte Regen eintritt. Sauſſure ſchreibt dieſen Geruch dem
Eiſenoxyd zu. Man findet ihn aber bei Thonarten, die ſehr wenig davon enthalten,
eben ſo ſtark, wie bei ſolchen, die viel davon haben. Man iſt auch noch nicht einig,
ob er durch wirklich von ihm ausduͤnſtenden Partikeln entſtehe, oder aber von einer
beſondern Veraͤnderung in der ihn umgebenden Atmoſphaͤre hervorgebracht werde.
§. 38.
Verhalten des
Thons gegen
das Waſſer.Unter den Eigenſchaften des Thons iſt ſein Verhalten gegen das Waſſer beſon-
ders merkwuͤrdig. Er zieht daſſelbe, wenn er trocken, jedoch nicht voͤllig ausgedoͤrret
iſt, leicht ein, und wird, iſt Waſſer genug vorhanden, zu einer mehr oder weniger
[69]Der Thon.
ſchwierigen, zuſammenhaͤngenden und dehnbaren Maſſe, welche jeden Eindruck
bald annimmt und behaͤlt, und ſich zu allen Geſtalten formen laͤßt. Dieſe Eigen-
ſchaft, welche uns den Thon ſo nuͤtzlich macht, beſitzt nicht aller Thon in gleichemFetter und
magerer
Thon.
Maße. Man nennt den, der ſie in groͤßerem Verhaͤltniſſe hat, fetten; den, der ſie
in geringerem Verhaͤltniſſe zeigt, mageren Thon. Die Dehnbarkeit und Formbarkeit
des Thons iſt nicht bloß der Thonerde zuzuſchreiben. Denn dieſe beſitzt ſie in reinem
Zuſtande minder. Sie iſt vielmehr ein Produkt der Verbindung der Thonerde mit
der Kieſelerde, und auch das Eiſenoxyd ſcheint Antheil daran zu haben. Mehren-
theils hat zwar der dehnbarere oder fettere Thon mehr Thonerde in ſich, und der ſproͤ-
dere oder magere weniger; aber die Dehnbarkeit ſtimmt doch nicht allgemein mit die-
ſem Verhaͤltniſſe uͤberein.
§. 39.
Der mit Waſſer durchdrungene Thon laͤßt jetzt mehreres Waſſer nicht in ſich ein-
dringen. Auf einen Kuchen oder Becken, der aus Thonteich verfertigt iſt, bleibt
das Waſſer voͤllig ſtehn, ohne durchzuſintern. Dieſe Eigenſchaft macht das Vor-
handenſeyn des Thons im Erdboden, auch unter der Ackerkrume und in tiefen Schich-
ten, ſehr merkwuͤrdig. Das Waſſer wird dadurch verhindert, ſich tiefer in die Erde
zu verſenken, und ohne ſelbige wuͤrden wir in der Erde nicht ehe Waſſer finden, bis
wir auf feſte Felſen kaͤmen. Dieſe Thonlagen, welche mit durchlaſſenden Erdlagen
abwechſeln, ſind die gewoͤhnlichſte Urſache der Quellen, indem ſich das Waſſer darauf
anhaͤuft, und nun durch ſeinen Seitendruck einen Ausweg bahnt. Sie ſind auch
die Urſach der Waſſergallen oder der naſſen Stellen im Acker, weil ſich das Waſſer
nicht in die Tiefe ziehen kann, ſondern darauf ſtehen bleiben muß, bis es verdunſtet,
und deshalb bis zur Oberflaͤche der lockern Erde heraufſtauet.
§. 40.
Wenn man den Thon in vielem Waſſer vertheilt, ſo macht er daſſelbe truͤbe,
und bleibt darin ſchwimmen. Das Waſſer loͤſt aber nichts von ihm auf. Es ge-
hoͤrt oft eine lange Zeit dazu, ehe es wieder voͤllig klar wird. Daher kommt es, daß
das Waſſer ſolcher Fluͤſſe, deren Bette aus Thon beſteht, mehr oder weniger truͤbe
iſt. Die aufgeriſſenen und im Waſſer zertheilten Thonpartikeln koͤnnen ſich bei der
beſtaͤndigen Bewegung des Waſſers nicht wieder daraus abſetzen. Deshalb finden
wir, daß die durch ausgetretene Fluͤſſe angeſchwemmten Aecker groͤßtentheils thonigt
[70]Der Thon.
ſind. Der ſchwerere von ihnen mit fortgeriſſene Sand ſetzt ſich bald aus ihnen wieder
ab, und wird nur ſtellenweiſe angehaͤuft. Aber der fein vertheilte Thon wird weiter
mitgenommen, und kann ſich nur bei der Ruhe des Waſſers ablagern.
§. 41.
Verhalten im
Froſte.Iſt der angefeuchtete Thon der Froſtkaͤlte ausgeſetzt, ſo bekommt er in ſeiner
Maſſe Riſſe, zerfaͤllt auch wohl gaͤnzlich zur Krume. Dieſes Auseinanderreißen der
Thonmaſſe und deren Zerfallen entſteht von der Ausdehnung, welche das Waſſer beim
Gefrieren erleidet. Die Eiskryſtallen oder Nadeln treiben die Thonpartikeln ausein-
ander. Man laͤßt daher auch den Thon, wenn man ihn zur Verbeſſerung des Bo-
dens gebrauchen will, durch Huͤlfe des Froſtes zerfallen, und bereitet ihn dadurch zu
einer beſſern Vereinigung mit der Ackerkrume.
§. 42.
In der Hitze.Selbſt in der Waͤrme laͤßt der angefeuchtete Thon das Waſſer ſchwer fahren, um
ſo ſchwerer, je fetter er iſt. Er haͤlt es ſtaͤrker zuruͤck, wie alle anderen Erdarten.
Wenn das Waſſer aus ihm verdampft, ſo wird er mehr oder weniger hart; der fette
Thon mehr, der magere minder. Setzt man den feuchten Thon einer ſtarken Hitze
aus, ſo zerſpringt er oft in Stuͤcke. Die elaſtiſchen Daͤmpfe ſchaffen ſich naͤmlich ei-
nen Ausweg, und zerreißen daher die Maſſe. Deswegen iſt es bei der Ziegelbren-
nerei durchaus nothwendig, die geſtrichenen Ziegel erſt lufttrocken werden zu laſſen,
und ſie dann im Ofen eine Zeitlang erſt maͤßig zu erwaͤrmen.
Bei der Austrocknung des Thons verliert er immer in ſeinem Umfange, und zieht
ſich zuſammen. Dies ruͤhrt von der Verdampfung des Waſſers her, nach welcher
ſich die Thonpartikeln mehr naͤhren koͤnnen. Daher entſtehen bei heißer und trockener
Witterung die Riſſe in ſehr thonigtem Acker. Aus dieſer Urſach muͤſſen die Toͤpfe und
Ziegel groͤßer geformt werden, wie ſie nach dem Brennen ſeyn ſollen.
Voͤllig verliert er ſein Waſſer nur in einer ſehr ſtarken Gluͤhhitze, und zieht ſich
dann immer mehr zuſammen. Er erleidet eine Zuſammenſinterung, die ſeine Parti-
keln noch mehr an einander bringen. Man nennt das Zuſammenziehen des Thons in
der Waͤrme das Schwinden. Fette Thonarten ſind ihm mehr ausgeſetzt, wie magere.
Das Schwinden eines und deſſelben Thons findet aber in verſchiedenen
Hitzegraden immer gleichfoͤrmig ſtatt, d. h. dieſelbe Hitze zieht denſelben Thon immer
[71]Der Thon.
auf gleiche Weiſe zuſammen. Daher hat man den Thon zu Pyrometern brauchbar
gefunden, wodurch man die Intenſitaͤt der hoͤheren Hitzgrade mißt.
§. 43.
Im gewoͤhnlichen Gluͤhefeuer laͤßt ſich auch der natuͤrliche Thon nicht ſchmelzen.Im Gluͤh-
feuer.
Wenn das Feuer aber durch Luft ſehr angeblaſen oder gar durch Oxygengas angefacht
wird, ſo kommt er im Fluß. Ein Zuſatz von Kalk vergroͤßert die Schmelzbarkeit
des Thons ungemein, und auch durch Eiſenoxyd wird ſie vermehrt. Ein ſtarker Zu-
ſatz von Kalk und Eiſen iſt daher bei Ziegel- und Toͤpferwaaren nachtheilig, weil
dieſe, wie man es nicht ſelten in den Ziegeloͤfen ſieht, alsdann in einer ſtarken Glut
auseinanderfließen. Ein geringer Zuſatz kann aber vortheilhaft ſeyn, weil er einen
Anfang von Verglaſung, eine ſtaͤrkere Zuſammenſinterung bewirkt, und dadurch die
Feſtigkeit der Maſſe vermehrt.
§. 44.
Der gegluͤhete Thon iſt in ſeinen Eigenſchaften ſehr von dem ungegluͤheten ver-
ſchieden. Seine Stuͤcke ſind oft ſo hart, daß ſie mit dem Stahle Funken geben, und
ſie laſſen ſich im Waſſer nicht erweichen. Reibt man ſie zu einem feinen Pulver und
vermengt ſie mit Waſſer, ſo geben ſie keinen zuſammenhaͤngenden, ſchluͤpfrigen und
formbaren Teig mehr. Das Pulver laͤßt das Waſſer hindurchgehen und haͤlt wenig
davon zuruͤck, iſt alſo jetzt der Kieſelerde oder dem Sande gleich. Man kann den ge-
brannten Thon durch die Kunſt auf keine Weiſe ſeine vorige Schluͤpfrigkeit und Dehn-
barkeit wiedergeben. Indeſſen ſcheint doch die Luft, die Feuchtigkeit und der thieri-
ſche Duͤnger, wenn ſie lange darauf wirken, ihn allmaͤhlig zu ſeiner urſpruͤnglichen
Natur zuruͤck zu bringen.
§. 45.
Die Luft ſcheint uͤberhaupt eine maͤchtige Wirkung auf den Thon, ſowohl denVerhalten ge-
gen die Luft.
gebrannten als ungebrannten auszuuͤben. Wir ſehen dies vorzuͤglich an der vortheil-
haften Wirkung, welche ſolcher Thon auf den Aeckern hervorbringt, der eine Zeitlang
der Luft ausgeſetzt geweſen iſt. Es iſt allgemein bekannt, daß der Lehm von alten
Waͤnden und Backoͤfen eine ſehr gute Duͤngung abgebe, und die Fruchtbarkeit des
Bodens vermehre. Hoͤchſt wahrſcheinlich zieht der Thon aus der Luft fruchtbare
Stoffe an ſich.
[72]Der Thon.
Man glaubte laͤngſt, daß der Thon Salpeter aus der Luft aufnehme, und man hat
ſich wirklich uͤberzeugt, daß aller Lehm die Salpetererzeugung in den Salpeterplan-
tagen befoͤrdere. Gebildeter Salpeter iſt aber in der Luft nicht vorhanden. Allein
es iſt aus mehreren Beobachtungen und Erfahrungen wahrſcheinlich, daß der Thon
bei ſeiner Beruͤhrung mit der Luſt Azote, Hydrogen, vielleicht auch die thieriſchen
Ausduͤnſtungen aus derſelben einſauge. Wenn man Thon in großen Ballen zuſam-
mengeknetet an feuchten Orten lange liegen laͤßt, ſo entſtehen alle Merkmale einer
Faͤulniß, und es erzeugt ſich Ammonium, welches die Gegenwart des Azot be-
weiſt, und dieſes iſt die Baſis der Salpeterſaͤure.
Wenn es von der reinen Thonerde noch nicht ganz ausgemacht iſt, ob ſie Oxygen
aus der Luft einſauge, ſo hat es doch beim Thon ſelbſt gar keinen Zweifel. Hum-
bold hat dieſes nicht nur bei allen Thonarten, die er unterſuchte, ſondern auch ſelbſt
bei dem harten Thonſchiefer gefunden.
Durch die Einſaugung der verſchiedenen bekannten und unbekannten Stoffe aus
der Atmoſphaͤre wird der Thon immer muͤrber, weniger zaͤhe, magerer. Dieſe That-
ſache iſt durch viele Erfahrungen und chemiſche Verſuche beſtaͤtigt. Wir haben Thon
unterſucht, der an der Oberflaͤche lag, und andern, der tiefer heraufgeholt war.
Beide hatten ein gleiches Verhaͤltniß von Thon, Kieſelerde und Eiſenoxyd. Jener
war indeſſen auffallend magerer, wie dieſer. Da alſo die Luft den Thon muͤrber
macht, ſo laͤßt ſich der Nutzen einer fleißigen Bearbeitung des thonigſten Bodens auch
in dieſer Hinſicht leicht begreifen, indem durch die Bearbeitung die Luft mehr Beruͤh-
rungspunkte mit der Ackerkrume erhaͤlt, tiefer eindringt, um ſo mehr von ihrer Materie
abſetzen kann, mithin das Verwittern und Muͤrbewerden des Thons veranlaßt.
§. 46.
Gegen die
Gaͤuren.Die Saͤuren greifen den kalkloſen Thon wenig an, und erregen kein Aufbrauſen,
es ſey denn, daß er viel kohlenſaures Eiſenoxyd enthalte. Die reine Thonerde und
das Eiſenoxyd ſind zwar fuͤr ſich in Saͤuren ziemlich leicht aufloͤslich, ſie werden aber
im Thone durch die Kieſelerde vor dem Angriff der Saͤure geſchuͤtzt. Die Saͤuren,
welche man auf den Thon gießt, loͤſen von jenen Materien wohl etwas, aber nicht
alles auf. Sie loͤſen um ſo mehr davon auf, je groͤßer das Verhaͤltniß derſelben iſt,
und um ſo weniger, je geringer es gegen die Kieſelerde ſteht. Eine fette Thonart
wird demnach den Saͤuren mehr Thonerde abgeben, wie eine magere, und von einer
ſtark
[73]Der Thon.
ſtark eiſenhaltigen werden die Saͤuren mehr Eiſenoxyd aufnehmen, wie von einem,
der wenig Eiſen fuͤhrt. Hieraus iſt es zu erklaͤren, wie ein ſtark eiſenhaltiger Bo-
den durch ſeinen Eiſengehalt minder fruchtbar ſeyn kann, wie ein anderer, der
uͤbrigens dieſelbe Miſchung, nur weniger Eiſen hat. Denn das Eiſenoxyd iſt an
und fuͤr ſich der Vegetation nicht nachtheilig; ſondern erſt als dann, wenn es ſich mit
gewiſſen Saͤuren verbindet. Da ſich aber im Boden leicht Saͤuren erzeugen,
und einen ſtark eiſenhaltigen Thon mehr angreifen, wie den, der deſſen minder
haͤlt, ſo werden ſie dort auch mehr von jener den Pflanzen nachtheiligen Wir-
kung aͤußern.
§. 47.
Die meiſten Saͤuren ſind alſo unfaͤhig, Thon voͤllig zu zerlegen, Thonerde
und Eiſenoxyd von der Kieſelerde ganz zu trennen. Man kann Salpeter und Salz-
ſaͤure uͤber Thon ſieden laſſen, ohne daß die Thonerde und das Oxyd voͤllig aufgeloͤſt
werden. Nur konzentrirte Schwefelſaͤure kann eine voͤllige Aufloͤſung des Thons
bewirken. Es gehoͤrt aber eine große Quantitaͤt derſelben dazu, und man muß ſie
anhaltend uͤber dem Thon ſieden laſſen.
Leichter geſchieht die Scheidung der Thonerde und des Eiſenoxyds aus dem
Thone, wenn man dieſen vorher mit Alkali, am beſten mit aͤtzendem, gluͤhet.
Wenn dieſes geſchehen iſt, und man dann die Maſſe mit ſo viel Saͤure uͤbergießt,
daß nicht allein das Alkali geſaͤttigt wird, ſondern noch ein betraͤchtlicher Ueber-
ſchuß bleibt, ſo loͤſt dieſer Ueberſchuß die Thonerde und Eiſenoxyd bald und rein
auf, und die Kieſelerde laͤßt ſich nun voͤllig abſcheiden. Dieſe Alkalien ſcheinen
die Verbindung der Kieſelerde mit der Thonerde und dem Eiſenoxyd lockerer zu
machen, und den Schutz, den letzterer durch erſterer vor der Saͤure erhielt, zu
ſchwaͤchen. Dies iſt alſo die ſicherſte und leichteſte Methode, den Thon zu
zerlegen.
§. 48.
Außer den zum Thon weſentlich gehoͤrigen Koͤrpern der Kieſelerde, ThonerdeVerbindung
des Thons
mit anderen
Subſtanzen.
und Eiſenoxyd, finden wir in ihm oft noch andere Materien vermengt oder
vermiſcht.
Mehrentheils enthaͤlt er noch feinkoͤrnigen Sand, von welchem er ſich durch
das Schwemmen nicht voͤllig trennen laͤßt. Auch iſt er mit groͤberm Sande in
Zweiter Theil. K
[74]Der Thon.
groͤßerer oder geringerer Menge vermengt, den man bald durch das Abwaſchen
erkennen kann. Er heißt dann Lehm, und wir werden davon in der Folge
mehr ſagen.
Humus iſt ſehr oft in dem Thone vorhanden, und ſcheint darin mehr einge-
miſcht, als bloß eingemengt zu ſeyn. Aller an der Oberflaͤche oder nicht tief im
Untergrunde liegender Thon iſt mehr oder weniger damit verſehen, und wir ha-
ben ihn ſogar im Thone, der fuͤnf Klafter tief herausgeholt war, merklich
angetroffen.
Kalk iſt ein haͤufiger Begleiter des Thons, und in Gegenden, die reich an
Kalk ſind, findet man oͤfterer Thon mit als ohne Kalk. Zuweilen iſt der Kalk
in kleinen Stuͤckchen ihm beigemengt, und dann iſt er leicht durch das Anſehen
zu unterſcheiden. Zuweilen iſt er ihm aber inniger beigemiſcht, und dann entdeckt
man ihn nur durch chemiſche Unterſuchung. In einigen Faͤllen iſt der Kalk mit
Schwefelſaͤure verbunden als Gyps gegenwaͤrtig. Wenn er auf ein gewiſſes
Verhaͤltniß im Thone ſteigt, ſo heißt dieſe Verbindung Mergel, welche wir in der
Folge genauer betrachten werden.
§. 49.
Die phyſiſchen Eigenſchaften des Thons, ſeine waſſerhaltende Kraft und
Dehnbarkeit koͤnnen durch jene Beimiſchungen ſehr modifizirt werden. Dieſe ver-
ringern naͤmlich dieſelben um deſto mehr, je groͤßer ihre Quantitaͤt iſt. Thon mit
grobkoͤrniger Kieſelerde, Sand, Humus und Kalk verſetzt, zerfaͤllt leichter in
Waſſer, haͤlt davon nicht ſo viel zuruͤck, trocknet leichter aus, und wird nicht
ſo hart. Feucht iſt er weniger ſchluͤpfrig und dehnbar, wie der reine Thon.
Die Quantitaͤten, in welchen ſich dieſe Materien dem Thone beimiſchen,
ſind mannigfaltig verſchieden, und daraus ergiebt ſich, daß es auch die Eigen-
ſchaften des Thons ſeyn muͤſſen. Dazu kommt aber, daß auch die Verhaͤltniſſe
der Grundbeſtandtheile des Thons, der Kieſelerde, Thonerde und des Eiſenoxyds
auf ſeine phyſiſche Beſchaffenheit Einfluß haben, und daß man folglich unzaͤhlig
verſchiedene Arten ſelbſt von Thon, den man in dieſem Sinne als rein annehmen
kann, antreffen muͤſſe. Eine beſtimmte Klaſſifikation und Unterſcheidung der
Thonarten iſt alſo unmoͤglich, weil ſich die Grenzen der einen und der andern Art
nicht beſtimmen laſſen, und der magerſte Thon durch unzaͤhlige Abſtufungen zu
[75]Der Thon.
dem fettſten Thon uͤbergeht. Indeſſen wollen wir doch einige der merkwuͤrdigſten
Arten des Thons ausheben, und ihre hervorſtechendſten Eigenſchaften angeben,
weil ſie dem Landwirthe merkwuͤrdig, und unter manchen Verhaͤltniſſen zur moͤg-
lich hoͤchſten Benutzung ſeines Grundes und Bodens nuͤtzlich ſeyn koͤnnen.
§. 50.
Der Porzellanthon iſt der reinſte und feinſte von allen. Er hat ſeinenThonarten.
Namen daher erhalten, weil er zur Verfertigung des feinen Porzellans gebraucht
wird. Man findet ihn in verſchiedenen Laͤndern, in Deutſchland bei Aue im
Erzgebirge; bei Giehren, bei Strablow, Teichenau und Tarnowitz in Schleſien;
bei Grunneritz im Saalkreiſe; bei Wien, Paſſau, Hoͤchſt u. ſ. w.
Wahrſcheinlich iſt er durch die Verwitterung des Feldſpaths entſtanden. Er
iſt weiß, graulich weiß, gelblich weiß oder roͤthlich; fuͤhlt ſich ſanft an, haͤngt
ſich wenig an die Zunge, und iſt trocken zerreiblich. Er zerfaͤllt im Waſſer unmit-
telbar zu Pulver. Zuweilen iſt er mit Theilchen von Kalk und Glimmer verſetzt.
Die Verhaͤltniſſe ſeiner Beſtandtheile weichen von einander ab. Der engliſche
von Kornwallis enthaͤlt nach Wedgewood 60 Prozent Thonerde und 20 Prozent
Kieſelerde; andere ungleich mehr von letzterer. Eiſen und Eiſenoxyd hat er nicht
in bedeutender Menge. Man macht aber auch genaue Mengungen von verſchie-
denen Thonarten, um eine gute Porzellanmaſſe hervorzubringen.
§. 51.
Der Pfeifenthon dient vorzuͤglich zur Verfertigung von Tabackspfeifen.
Er iſt naͤchſt dem Porzellanthon der reinſte von Farbe, aber ſehr verſchieden,
weiß, grau, blaͤulich oder gar ſchwarz. Er enthaͤlt naͤmlich oft brennbare Ma-
terien, die ihm die dunkle Farbe geben. Im Feuer brennt er ſich weiß, bleibt
jedoch zuweilen etwas roͤthlich gefaͤrbt. Im Waſſer zertheilt er ſich, und nimmt
damit angeknetet keine große Zaͤhigkeit an. Man findet ihn in Anſehung der Guͤte
ſehr verſchieden. Zu dem vorzuͤglichſten zaͤhlt man den bei Koͤlln, naͤchſt dem den
bei Maſtricht. Man findet ihn aber auch gut bei Bunzlau, Plauen; zu Weißen-
ſpruͤnk in der Kurmark, in Heſſen, im Wuͤrtembergiſchen u. ſ. w.
§. 52.
Der Bolus iſt eine der fettſten Thonarten, und in den Apotheken gebraͤuch-
lich. Man verfertigt aus ihm kleine Kuchen, die mit einem Stempel verſehen
K 2
[76]Der Thon.
unter dem Namen Siegelerde verkauft werden. Er iſt ziegelroth, braun oder ganz
weiß. Eine feine Art davon iſt der Armeniſche Bolus.
Dieſe Thonart iſt ſehr fett anzufuͤhlen, und giebt mit Waſſer zuſammenge-
ruͤhrt einen ſehr zaͤhen und ſchluͤpfrigen Teig. Er wird an der Luft und nach-
her im Feuer ſehr hart. Der weiße Bolus bekoͤmmt durch das Gluͤhen eine gelb-
liche oder roͤthliche Farbe.
Der Roͤthel iſt eine Art Bolus, welcher ſehr viel Eiſenoxyd enthaͤlt. Der
Bolus wird an verſchiedenen Orten gegraben. Unter den deutſchen Arten iſt der,
welcher bei Striegau, Zittau und Nuͤrnberg gefunden wird, der beſte.
§. 53.
Der Toͤpfer- oder Ziegelthon hat den Namen von ſeiner Anwendung
zur Verfertigung der gemeinen Toͤpferwaare und der Ziegel erhalten. Er findet
ſich haͤufig in großen Lagern im flachen Lande. Er iſt ein ſehr zaͤher, ſchluͤpfriger
Thon, der aber oft etwas Kalk und Sand enthaͤlt. Er fuͤhlt ſich fett an und haͤngt
ſich ſtark an die Zunge. Das Waſſer ſaugt er begierig ein, zerfaͤllt nicht darin,
wird aber dann ſehr zaͤhe und dehnbar. Beim Austrocknen wird er betraͤchtlich
hart, und bekommt leicht Riſſe. Im Feuer gegluͤht brennt er zu einer ſteinharten
Maſſe, die ſich nicht zwiſchen den Fingern zerreiben und nur ſchwer zu Pulver zer-
ſtoßen laͤßt.
§. 54.
Die Walkererde iſt eine magere Thonart, welche zum Walken oder Rei-
nigen des Tuchs gebraucht wird. Man glaubte ſonſt, daß ſie nur in England ge-
funden werde; allein man weiß, daß viele unſerer Thonarten eben ſo brauchbar
ſeyen. In England war die Ausfuhr der Hamſhiriſchen Walkererde ſogar bei Le-
bensſtrafe verboten. Jetzt wird ſich niemand dieſer Gefahr mehr ausſetzen.
Die Walkererde iſt zerreiblich, zerfaͤllt im Waſſer leicht zu Pulver, ohne ſich
ſehr zu vertheilen, und eine breiartige Maſſe zu bilden. Die engliſche iſt braun
und mit gelblichen Adern durchzogen. Im Feuer gegluͤht wird ſie erſt ſchwarz,
die Schwaͤrze verliert ſich aber wieder, wenn ſie laͤnger gegluͤht wird.
Derjenige Thon, welchen ich im Boden Letten nenne, kommt in der Mager-
keit und in ſeinen Eigenſchaften dieſer Walkererde gleich. Er haͤlt wenig Thonerde
[77]Der Thon.
in ſeiner Miſchung, um deſto mehr feine Kieſelerde, und zuweilen etwas Kalk.
Er beſitzt daher wenig Zaͤhigkeit und Bindigkeit, wird trocken zwar ziemlich hart,
aber bleibt doch ſtaubig. Feucht zerfaͤllt er ſehr leicht, und fließt auseinander, ſo
daß Waſſerfurchen in demſelben ſchwer ſtehen, und ſich beim Regen wieder zu-
ſchlammen. Wenn er trocken geworden und in Klumpen zuſammengeballt iſt, zer-
faͤllt er bei einem maͤßigen Regen ſehr leicht.
Ich unterſcheide ihn deshalb vom Lehm, weil dieſer eine Mengung von ma-
gerem oder fetteren Thon mit grobkoͤrniger Kieſelerde oder Kreide iſt.
§. 55.
Der Ortſtein iſt eine Subſtanz, welche groͤßtentheils aus Thon beſteht,
mit einer ſtarken Beimiſchung von kohlenſaurem und phosphorſauren Eiſen, und
mit derſelben zu einer harten Maſſe wird. Er iſt nicht bloß durch ſeine Haͤrte, ſon-
dern auch wohl durch das phosphorſaure Eiſen der Vegetation ſehr nachtheilig,
wenn er ſich flach unter der Oberflaͤche des Bodens befindet, wo er ſich zum Theil
aufloͤſt, und in genauerer Beruͤhrung mit den Pflanzenwurzeln koͤmmt. Er ver-
wittert mit der Zeit an der Luft, und iſt daher wohl nur zum Bauen unter der Erde
zu benutzen. Wenigſtens iſt dies bei verſchiedenen Arten der Fall. Unter dem
Waſſer haͤlt er ſich auch. Er iſt braun, oder von einer Mittelfarbe zwiſchen dem
dunkelſchwarzen und gelblichbraunen. Er beſitzt oft Adern, deren Farbe blaͤu-
lichſchwarz iſt.
Man hat ihn zuweilen auf Eiſen behandelt, und deshalb wird er von den Mi-
neralogen mehrentheils zum Eiſengeſchlechte gezaͤhlt.
Wo er flach liegt, macht er den Boden zu allem durchaus unbrauchbar, und
auch Fichten kommen nicht darauf fort. Das einzige Mittel, ſolchen Boden frucht-
bar zu machen, iſt, ihn auszugraben, welches man auf kleinen Stellen, zuweilen
aber mit großen Koſten, gethan hat.
[78]Die Kalkerde.
Die Kalkerde.
§. 56.
Die Kalkerde.Die Kalkerde iſt eine am haͤufigſten in der Natur anzutreſſenden Subſtanzen.
Sie findet ſich in maͤchtigen Gebirgen zuſammengehaͤuft, und bildet mit andern
Erdarten und metalliſchen Oxyden verbunden eine große Menge von Mineralkoͤr-
pern. Wir finden ſie aber auch in großer Menge in den Thieren, und die Knochen
und Schalen derſelben ſind groͤßtentheils daraus gebildet. Sie macht ebenfalls
einen ſtetigen Beſtandtheil der Gewaͤchſe aus. Wir treffen ſie wenigſtens in
jeder vegetabiliſchen Aſche an. Endlich findet ſie ſich in den meiſten natuͤrlichen
Waſſern aufgeloͤſt.
§. 57.
Bis jetzt nimmt man ſie als einen einfachen Koͤrper an, obgleich wir nach meh-
reren Verſuchen und Beobachtungen glauben muͤſſen, daß ſie ein zuſammengeſetzter
ſey, und beſonders in den organiſchen Koͤrpern taͤglich erzeugt werde. Nicht ohne
Grund muthmaßt man, daß ſie hauptſaͤchlich aus Azot gebildet werde, und mit
den Alkalien in ſehr naher Verwandſchaft ſtehe, ſo daß dieſe in jene und jene in
dieſe umgebildet wuͤrden. Wenn dieſes aber auch gewiß waͤre, ſo wuͤrden wir doch
die Subſtanz und die Art und Weiſe nicht kennen, wodurch ihre Baſis umgewan-
delt wird. Das haͤufige Vorkommen der Kalkerde in den thieriſchen Koͤrpern, die
mannigfaltigen Abdruͤcke und Verſteinerungen, welche die Kalkgebirge enthalten,
die deutliche Entſtehung dieſes Kalks aus Schalenthieren, und endlich die hoͤchſt
wahrſcheinliche Produktion der Kalkerde durch organiſche Koͤrper hat manche Na-
turforſcher veranlaßt, zu glauben, daß alle Kalkerde ein Produkt der organiſchen
Natur ſey. Dieſe Meinung hat aber das gegen ſich, daß auch auf den Urgebirgen
auf einer Hoͤhe, wo man keine Verſteinerungen und Eindruͤcke organiſcher Koͤrper
mehr findet, ſich dennoch oft Kalkſtein finde.
§. 58.
Verbindung
mit Saͤuren.Die Kalkerde gehoͤrt zu den alkaliſchen Erden, und ſie zeigt ſehr aͤhnliche Ei-
genſchaften mit denen der Alkalien. Sie hat eine große Neigung, ſich mit den
Saͤuren zu verbinden, und da ſie dieſe allenthalben antrifft, ſo finden wir ſie auch
[79]Die Kalkerde.
immer mit einer derſelben verbunden, ausgenommen in den Kratern der Vulkane,
wo man zuweilen reine Kalkerde, deren Kohlenſaͤure durch das Feuer ausgetrieben
war, gefunden hat. Vorzuͤglich ſind es die Kohlenſaͤure und Schwefelſaͤure,
welche wir in Vereinigung mit der Kalkerde antreffen; ſeltener die Phosphor-
ſaͤure, Salzſaͤure, Borax- und Salpeterſaͤure.
§. 59.
Die kohlenſaure Kalkerde, welche man rohen Kalk nennt, iſt dieKohlenſaure
Kalkerde.
Grundlage des Kalkſteins, und der Kreide, und ein vorwaltender Beſtandtheil in
vielen andern Mineralien. Sie koͤmmt mit Thon verbunden im Mergel vor, und
iſt mit Thon und Sand vermengt in vielen Aeckern mehr oder weniger befindlich.
Man kann ſie von allen Beimiſchungen befreien, und durch die Kunſt rein
darſtellen.
§. 60.
In dieſem reinen Zuſtande iſt die kohlenſaure Kalkerde ein lockeres weißes
Pulver, ohne allem Geruch und Geſchmack. Sie beſteht nach den genaueſten Ver-
ſuchen aus 56 Prozent chemiſch reiner Kalkerde, 40 Prozent Kohlenſaͤure und
4 Prozent Waſſer. Dieſes Waſſer iſt ihr weſentlich, und gehoͤrt zu ihrer Grund-
miſchung. Es kann nicht durch maͤßige Hitze aus ihr verfluͤchtigt werden. Sie
hoͤrt ehe auf, kohlenſaure Kalkerde zu ſeyn, bevor ſie ihr Waſſer fahren laͤßt. Die-
ſes Waſſer iſt nicht im feuchten, ſondern im feſten, kryſtalliſirten Zuſtande in der-
ſelben enthalten, und hat ſeinen Waͤrmeſtoff verloren, auf dieſelbe Weiſe, wie
das Kryſtallwaſſer der Salzkryſtalle.
§. 61.
Mit dem reinen Waſſer laͤßt ſie ſich leicht vermengen, aber nicht davon auf-Verhalten ge-
gen das Waſ-
ſer.
loͤſen, ſetzt ſich auch in der Ruhe bald wieder daraus ab. Wenn man ſie mit
Waſſer zu einem Brei anruͤhrt, ſo haͤlt ſie, auf ein Haartuch gebracht, die Haͤlfte
ihres eigenen Gewichts davon zuruͤck, laͤßt aber dies ihr nur ſchwach anhaͤngende
Waſſer leicht, noch leichter als der Sand, wieder verdunſten. Dagegen aber
loͤſt ſie ſich im Waſſer auf, wenn dieſes mit Kohlenſaͤure angeſchwaͤngert iſt. Man
darf ſie nur mit kohlenſaurem Waſſer zuſammenſchuͤtteln, um ihre Aufloͤſung zu be-
wirken. Die Quantitaͤt der Kalkerde, welche aufgeloͤſt wird, richtet ſich nach der
Quantitaͤt der im Waſſer befindlichen Kohlenſaͤure, und ſteigt mit dieſer. Wir
[80]Die Kalkerde.
nennen eine ſolche Aufloͤſung kohlenſaures Kalkwaſſer. Man findet dieſes haͤufig
in der Natur, und unſere meiſten Brunnenwaſſer ſind als ſolche anzuſehen; noch
mehr aber die Quellwaſſer, welche aus Kalkgebirgen hervorkommen.
Das kohlenſaure Kalkwaſſer, es mag durch die Natur oder Kunſt be-
reitet ſeyn, wird augenblicklich zerſetzt, und die kohlenſaure Kalkerde wieder ab-
geſchieden, wenn ſich die Kohlenſaͤure aus dem Waſſer entfernt. Dies geſchieht
ſchon, wenn daſſelbe an der freien Luft ſteht, beſonders wenn es bewegt wird
(daher hat man bemerkt, daß gewiſſe Quellwaſſer groͤßere Wirkung bei der Wie-
ſenuͤberrieſelung haben, wenn das Waſſer ſo, wie es hervorquillt, uͤber ſie geleitet
werden kann, als wenn es ſchon eine Zeitlang an der Luft gefloſſen hat). Das
ſonſt klare Waſſer wird truͤbe, und laͤßt ſeinen Kalk fallen. Wenn viel Kalkerde
im Waſſer aufgeloͤſt iſt, ſetzt ſie ſich als eine Kruſte an die Gefaͤße ab, oder ſie
bildet, indem ſie ſich uͤbereinander haͤuft und anhaͤngt, mannigfaltige Figuren.
Schneller noch wird die Kohlenſaͤure aus dem kohlenſauren Kalkwaſſer verjagt,
wenn dieſes aufgekocht wird. Wir bemerken daher bei dem Kochen unſerer Brun-
nenwaſſer eine Truͤbung, und die Abſetzung einer Kruſte in den Keſſeln, welche
von den Einfaͤltigen Salpeter genannt wird, aber nichts weiter iſt, wie abgeſchie-
dene Kohlenſaure Kalkerde.
§. 62.
Auch durch ſolche Koͤrper, welche die Kohlenſaͤure einſchlucken, wird der Kalk
aus dem kohlenſauren Kalkwaſſer niedergeſchlagen. Die aͤtzenden Alkalien, Na-
trum, Kali und Ammonium, bewirken dies augenblicklich, indem ſie das Aufloͤ-
ſungsmittel des Kalks, die Kohlenſaͤure, an ſich ziehen. Selbſt die Alkalien im
gewoͤhnlichen kohlenſauren Zuſtande ſind in groͤßerer Menge dazu geſchickt, indem
ſie nicht voͤllig mit Kohlenſaͤure geſaͤttigt ſind.
§. 63.
Verhalten im
Feuer.Wenn der kohlenſaure Kalk nur maͤßig erhitzt wird, ſo erleidet er weiter keine
Veraͤnderung, als daß er das ihm anhaͤngende Waſſer verliert und austrocknet.
Geht aber ſeine Hitze bis zur Gluͤhhitze, ſo verliert er auch ſein Kryſtalliſations-
waſſer und ſeine Kohlenſaͤure gaͤnzlich. Er wird aͤtzend, und erhaͤlt alkaliſche
Eigenſchaften. In dieſem Zuſtande nur iſt er als chemiſch reine Kalkerde anzuſehen,
und man nennt ihn gebrannten oder aͤtzenden Kalk. Dieſes iſt die uͤberaus nuͤtz-
liche
[81]Die Kalkerde.
liche Materie, die ſeit undenklichen Zeiten zu Bauten gebraucht worden. Seine
Bereitung im Großen zu beſchreiben, iſt hier der Ort nicht. Wir muͤſſen aber
ſeine phyſiſchen und chemiſchen Eigenſchaften betrachten, um die vielen merkwuͤr-
digen Erſcheinungen, die er hervorbringt, und ſeine Wirkungen als Duͤngungs-
mittel und als Moͤrtel erklaͤren zu koͤnnen.
§. 64.
Der gebrannte Kalk beſitzt einen alkaliſchen, aͤtzenden, die GeſchmacksorganeGebrannter
Kalk.
ſehr beleidigenden Geſchmack. Er veraͤndert die Pflanzenfarben gleich dem Alkali.
Werden ſeine Stuͤcke mit Waſſer benetzt, ſo ſaugen ſie daſſelbe in betraͤchtlicher
Menge ein, und bleiben doch ganz trocken dabei. Nach und nach bemerkt man eine
Erhitzung, die immer ſteigt. Endlich erhalten die Stuͤcke Riſſe und Borſten, und
zerfallen in ein ſehr weißes, lockeres, milde anzufuͤhlendes und trockenes Pulver.
Der Grad der ſich hier entwickelnden Hitze kann ſo hoch ſteigen, daß er den Sie-
depunkt des Waſſers uͤbertrifft. Auch bemerkt man im Dunkeln zuweilen
ein Leuchten.
Auch wenn man den vierten Theil des Gewichts des Kalks an Waſſer ange-
wandt hat, ſo iſt der in Pulver zerfallene Kalk dennoch nicht naß. Er hat das
Waſſer gaͤnzlich eingeſchluckt, und es als Kryſtall in ſich gebunden. Sein Ge-
wicht iſt aber vergroͤßert. Hieraus erklaͤrt ſich allein die ſtarke Erhitzung, welche
beim Loͤſchen des Kalks ſtatt findet, und der man vormals allerlei hypothetiſche Ur-
ſachen unterſchob. Das Waſſer, welches vom Kalke eingeſogen wird, geht, in-
dem es ſich chemiſch mit der Kalkerde verbindet, aus dem fluͤſſigen in dem feſten
Zuſtand uͤber. Der Waͤrmeſtoff, welchem daſſelbe ſeinen fluͤſſigen Zuſtande ver-
dankte, wird frei, und entweicht nach außen. Das mit dem Kalke verbundene
Waſſer laͤßt ſich nun ohne Gluͤhhitze auch nicht wieder davon trennen.
§. 65.
Der einmal geloͤſchte Kalk laͤßt ſich leicht mit dem Waſſer vermengen, undGeloͤſchter
Kalk.
es wird nun keine neue Waͤrme entwickelt. Wird er mit vielem Waſſer zu-
ſammengeruͤhrt, ſo ſtellt er einen zuſammenhaͤngenden Brei mit noch mehrerem
Waſſer, eine milchartige Fluͤſſigkeit, die Kalkmilch heißt, dar. Der geloͤſchte
Kalk iſt noch aͤtzend, nur nicht in dem Maße, wie der ungeloͤſchte. Er ſchmeckt
alkaliſch, wie dieſer, und veraͤndert das mit Pflanzenſaͤften gefaͤrbte Papier.
Zweiter Theil. L
[82]Die Kalkerde.
§. 66.
Loͤſchung an
der Luſt.Auch an der Luft leidet der gebrannte ungeloͤſchte Kalk eine Veraͤnderung.
Seine Stuͤcke zerfallen fruͤher oder ſpaͤter, je nachdem die Luft feucht iſt, in ein
Pulver. Der Kalk ſaugt dann Waſſer aus der Atmoſphaͤre ein, und loͤſcht ſich
ſelbſt, wobei oft eine empfindliche Hitze zu bemerken iſt. Aber er erleidet außerdem
noch eine andere Veraͤnderung. Er verliert nach und nach ſeine Aetzbarkeit, ſei-
nen Geſchmack und ſeine Brauchbarkeit zum Moͤrtel. Er zieht naͤmlich neben dem
Waſſer auch die Kohlenſaͤure aus der Luft an, und wird dadurch endlich wieder in
den Zuſtand des milden oder kohlenſauren Kalks verſetzt, und kann nun ſeine
vorigen Eigenſchaften erſt durch neues Brennen wieder erhalten.
Die Zeit, in welcher der gebrannte Kalk an der Luft ganz wieder zu milden
Kalk umgeaͤndert wird, richtet ſich nach dem Feuchtigkeits- und Kohlenſaͤure-Ge-
halt der Atmoſphaͤre, welche ihn umgiebt. Je mehr Feuchtigkeit und je mehr
Kohlenſaͤure darin vorhanden iſt, deſto ſchneller geſchieht es. Aus der ganz
trocknen Luft nimmt der gebrannte Kalk keine Kohlenſaͤure auf, wenn ſie gleich
reichlich damit verſehen iſt. Die Feuchtigkeit muß der Kohlenſaͤure als Vereini-
gungsmittel mit dem Kalke dienen. Man kann daher gebrannten Kalk oft lange
an trockenen Orten aufbewahren, ohne daß er unbrauchbar wird. Jedoch kann
man ſich hierauf nicht verlaſſen, wenn man ganz reinen Kalk haben will,
z. B. um ihn bei dem Aufblaͤhen des Viehes zu gebrauchen. Zu dieſem Zwecke
muß man ihn friſch gebrannt in verpichten glaͤſernen Gefaͤßen aufbewahren.
§. 67.
Der gebrannte Kalk iſt in reinem Waſſer ohne Zwiſchenmittel voͤllig aufloͤslich,
und er verliert dieſe Aufloͤslichkeit auch nicht, wenn er vorher geloͤſcht war. Allein
Kalkwaſſer.es bedarf einer großen Menge Waſſers, um ihn aufzuloͤſen. Ein Theil erfordert
680 Theile Waſſer. Dieſe Aufloͤſung iſt leicht zu bewerkſtelligen. Man darf nur
den geloͤſchten oder ungeloͤſchten Kalk mit Waſſer zuſammenſchuͤtteln. Sie wird
Kalkwaſſer genannt, iſt voͤllig klar und durchſichtig, und hat den alkaliſchen Ge-
ſchmack des Kalkes. Sie verhaͤlt ſich gegen Pflanzenfarben voͤllig wie die Aufloͤ-
ſung eines Alkali.
Stellt man das Kalkwaſſer an die Luft, ſo bildet ſich auf der Oberflaͤche ein
Haͤutchen, welches endlich ſo ſchwer wird, daß es zu Boden ſinkt. Man nennt
[83]Die Kalkerde.
es Kalkrahm. Die Erzeugung deſſelben findet immer von neuem ſtatt, bis end-
lich das Waſſer allen Kalk verloren hat, und geſchmacklos geworden iſt. Dieſe
Erſcheinung wird durch die Kohlenſaͤure der Luft bewirkt. Dieſelbe vereinigt ſich
mit dem aufgeloͤſten Kalk, der nun in kohlenſaurem Zuſtande nicht mehr aufgeloͤſt
bleiben kann. Die Aufbewahrung des Kalkwaſſers muß desfalls in feſt ver-
ſchloſſenen Gefaͤßen geſchehen.
§. 68.
Der im Waſſer entweder voͤllig aufgeloͤſte oder nur zu Kalkmilch zerfallene
und mechaniſch mit dem Waſſer vermengte Kalk zieht die Kohlenſaͤure ſchnell an
ſich, und kann bald damit geſaͤttigt werden, wenn man ihn mit kohlenſaurem Gas
zuſammenſchuͤttelt. Alle Waſſer, die Kohlenſaͤure enthalten, werden durch ihn
deſſelben beraubt, und er zerſetzt demnach auch das kohlenſaure Kalkwaſſer. Der
Kalk iſt daher eins der beſten Mittel, die Kohlenſaͤure als Gas oder in Fluͤſſig-
keiten aufgeloͤſt zu entdecken, und ihre Quantitaͤt zu beſtimmen. Man bedient ſich
alſo deſſelben oͤfterer zur Unterſuchung der Atmoſphaͤre und der Waſſer auf
Kohlenſaͤure.
§. 69.
Der gebrannte Kalk vereinigt ſich leicht mit dem Schwefel, und zeigt ver-Schwefelkalk.
ſchiedene Phaͤnomene, je nachdem man die Verbindung bewirkt hat. Wenn man
gepulverten aͤtzenden Kalk mit gepulvertem Schwefel vermengt, gluͤhet, ſo wird
die Maſſe braͤunlich und backt zuſammen. Man nennt dies Schwefelkalk oder
Schwefelleber. Sie beſitzt keinen Geruch, und iſt eine einfache Verbindung des
Kalks und Schwefels. So wie ſie aber feucht wird, entweder durch Benetzung
mit Waſſer, oder durch die Feuchtigkeit der Luft, ſo verbreitet ſich ein ſtinkender
Geruch nach Hydronthionſaͤure. Ein Theil des Schwefels zerſetzt das Waſſer;
das Hydrogen des letztern loͤſt einen Theil des Schwefels auf, und bildet jene
Saͤure, die ſich wieder mit dem Kalk verbindet. Und ſo entſteht Hydronthion-
Schwefelkalk.
Derſelbe erzeugt ſich auch, wenn man Kalkmilch oder Kalkwaſſer mit Schwe-
fel kocht. Die Fluͤſſigkeit wird braun, und ſtoͤßt denſelben Geruch aus. Dieſe,
ſo wie die auf trocknem Wege bereitete und mit Waſſer angefeuchtete Schwefel-
verbindung erleidet an der Luft eine Zerſetzung, indem der Schwefel Oxygen an-
L 2
[84]Die Kalkerde.
zieht. Wenn ſie mit Saͤuren vermiſcht wird, ſo wird ſie ſchnell zerſetzt, unter
Entwickelung vieler gasfoͤrmigen Hydronthionſaͤure, und man ahmt auf die Weiſe
die natuͤrlichen Schwefelbaͤder durch die Kunſt ſehr gut nach.
§. 70.
Phosphorkalk.Auch mit dem Phosphor laͤßt ſich der Kalk in der Hitze durch Zuſammenſchmel-
zen vereinigen. Es entſteht eine braͤunliche Maſſe, die man Phosphorkalk nennt,
und welche das Waſſer noch heftiger zerſetzt, als der Schwefelkalk. Dabei er-
zeugt ſich viel gephosphortes Hydrogengas, welches zum Theil entweicht, und ſich
gleich entzuͤndet, zum Theil vom Kalk zuruͤckgehalten wird, und erſt durch Saͤure
aus demſelben ausgetrieben werden kann.
§. 71.
Verbindung
mit den fluͤch-
tigen Stoffen.Mit dem reinen Hydrogen, Azot und Kohlenſtoff geht, ſo weit unſere Er-
fahrung reicht, der Kalk keine Verbindung ein. Aber es iſt keinem Zweifel un-
terworfen, daß er ſich mit dieſen Stoffen vereinige, wenn ſie vermiſcht ſind, und
daß er ſich mit dem hydrogeniſirten Kohlenſtoff, mit dem azothaltigen und mit dem
mit Hydrogen und Azot zugleich verbundenen vereinigen koͤnne. Hieraus laͤßt
es ſich erklaͤren, wie alle organiſche Koͤrper von dem gebrannten Kalke angegriffen
und zerſtoͤrt werden. Sie verlieren, wenn ſie mit Kalk zuſammengeſchuͤttelt wer-
den, ihren Zuſammenhang, ihre Farbe, und zerfallen in eine kruͤmliche Maſſe.
Zerſtoͤrende
Wirkung auf
organiſche
Materie.Mit Kalk bedeckte Leichname verweſen ſchnell, ohne die uͤblen Duͤnſte auszuſtoßen,
welche unter andern Umſtaͤnden ihre Faͤulniß begleiten; weshalb man Koͤrper,
die an anſteckenden Seuchen ſtarben, in Kalk verſcharrt. Selbſt der lebende
Organismus wird durch den gebrannten Kalk angegriffen. Kraͤnkelnde Pflanzen
und Samenkoͤrner, Inſekten und Inſektenlarven, werden durch ihn getoͤdtet.
Dieſe Erſcheinungen, welche der Kalk, wie die Alkalien hervorbringt, beweiſen
ſeine Verbindungsfaͤhigkeit mit den Urſtoffen der organiſchen Natur, dem Hydro-
gen, Kohlenſtoff und Azote genugſam. Denn es laͤßt ſich nicht denken, daß eine
Subſtanz, die auf eine ſolche ausgezeichnete Art auf die organiſchen Koͤrper
wirkt, ſich gleichguͤltig gegen ihre Elemente verhalten ſollte. Wir muͤſſen viel-
mehr annehmen, daß der Kalk einige derſelben, in einem gewiſſen Verhaͤltniſſe
vermiſcht, anzuziehen ſtrebe, ſich mit ihnen verbinde, und ſo das Gleichgewicht
der ganzen Miſchung aufhebe.
[85]Die Kalkerde.
§. 72.
Der gebrannte geloͤſchte Kalk aͤußert jene Wirkung nicht in einem ſo hohenAuch der ge-
loͤſchte Kalk
behaͤlt ſie im
minderen
Grade.
Grade, wie der ungeloͤſchte, weil dieſelbe hier durch die entwickelte Waͤrme un-
terſtuͤtzt wird. Sie iſt aber immer noch ſtark genug, um eine ſchnellere Zerſtoͤrung
der Thiere und Pflanzenkoͤrper zu veranlaſſen. Auf dieſe zerſtoͤrende Kraft beruht
zum Theil ſeine ſtarke Wirkung als Duͤngungsmittel. Er beſchleunigt dadurch
die Zerſetzung und Aufloͤſung der im Boden befindlichen Duͤngertheile, und macht,
daß ſich die den Pflanzen zutraͤglichen Nahrungstheile im reichlichen Maße ent-
wickeln. Aber eben deswegen befoͤrdert er auch das Ausſaugen des Bodens, und
dieſer wird, wenn man ihm keinen neuen Duͤnger zufuͤhrt, um ſo fruͤher unfrucht-
bar, weswegen es bei der Kalkduͤngung ſo nothwendig iſt, die Miſtduͤngung oder
eine aͤhnliche damit zu verbinden.
Aber auch dem kohlenſauren Kalk kann man eine aͤhnliche Einwirkung auf die
organiſchen Koͤrper nicht abſprechen, beſonders wenn Faͤulniß und Verweſung
ſchon ihren Anfang genommen haben. Auch er ſcheint, obwohl in einem gerin-
gern Grade, auf gewiſſe Verbindungen von Hydrogen, Azot und Kohlenſtoff eine
Einwirkung zu haben, und von ihnen etwas aufzunehmen, wodurch ihre Grund-
miſchung zerſtoͤrt oder loſe gemacht wird.
§. 73.
Eine der vorzuͤglichſten Eigenſchaften des Kalks, welche ihm beim BauweſenDer Moͤrtel.
eine ſo große Nutzbarkeit giebt, iſt die, daß er mit allen harten ſteinartigen Koͤr-
pern, wenn er damit als feuchter Brei zuſammenkommt, erhaͤrtet, und eine
ſteinharte Maſſe bildet. Sand mit geloͤſchtem Kalk zu Moͤrtel vereinigt, trock-
net an der Luft ſchnell aus; die Maſſe haͤngt nicht allein unter ſich zuſammen,
ſondern legt ſich auch an andere Steine ſtark an, und dient zum Verbindungsmit-
tel der letztern. Dieſe Bindungsfaͤhigkeit entſteht aus der großen Kohaͤſionskraft,
welche Kieſelerde und Kalk gegeneinander aͤußern. Der Kalkbrei bietet dem
Sande und andern harten Steinarten, die groͤßtentheils aus Kieſelerde beſtehen,
viele Beruͤhrungspunkte dar, wodurch ſeine Kohaͤrenz mit dieſen vermehrt wird.
Das Waſſer, was ihm feucht macht, verdunſtet. Dadurch wird die Kohaͤſion
vermehrt. Endlich zieht der Kalk Kohlenſaͤure aus der Atmoſphaͤre an. Er lei-
[86]Die Kalkerde.
det dadurch eine Art von Kryſtalliſation, wodurch ſein Zuſammenhang unter ſich
und mit den kieſeligten Koͤrpern noch mehr verſtaͤrkt wird.
§. 74.
Unſchmelzbar-
keitDer Kalk iſt auch bei der heftigſten Gluͤhhitze fuͤr ſich allein nicht zum Schmel-
zen zu bringen. Jedoch kann ein zu heftiges Feuer eine Wirkung auf ihn hervor-
bringen, wodurch er ſeine Aufloͤsbarkeit im Waſſer und ſeine Brauchbarkeit zum
Moͤrtel verliert. Man kennt dieſen Umſtand bei der Kalkbrennerei ſehr gut, und
ſucht ihn zu vermeiden. Solcher Kalk wird todter oder todt gebrannter Kalk ge-
nannt. Es erleidet derſelbe hier wol eine Art von Verglaſung oder Zuſammenſin-
terung, wodurch ſeine Kohaͤſionskraft vermehrt, und ſeine Anziehung zum Waſſer
verringert wird.
Mit der Kieſelerde vermengt, laͤßt ſich aber der Kalk gaͤnzlich ſchmelzen.
§. 75.
Verbindung
mit den Saͤu-
ren.Zu allen Saͤuren beſitzt der Kalk eine ſtarke Verwandtſchaft, und dieſe iſt
bei den meiſten Saͤuren noch ſtaͤrker, wie die der Alkalien. Der Kalk zieht die
Kohlenſaͤure ſtaͤrker an, wie das Kali, Natrum und Ammonium, und kann ſie die-
ſen entziehen, weswegen er als das vorzuͤglichſte Mittel gebraucht wird, kohlen-
ſaure Alkalien in aͤtzende zu verwandeln. Auch zur Schwefelſaͤure, Salzſaͤure,
Salpeterſaͤure und Phosphorſaͤure hat er eine ſtaͤrkere Verwandtſchaft, wie die
reinen Alkalien, und dieſe ſind daher nicht im Stande, ſeine Verbindungen mit
denſelben aufzuheben.
§. 76.
Werden Saͤuren mit gebranntem vorher geloͤſchten Kalk zuſammengebracht,
ſo geht die Vereinigung ſchnell, ohne das mindeſte Aufbrauſen, vor ſich. Giebt die
angewandte Saͤure, die Salz- und Salpeterſaͤure, mit dem Kalke ein aufloͤsliches
Mittelſalz, ſo wird der Kalk in die Fluͤſſigkeit aufgenommen und unſichtbar; die
Aufloͤſung wird klar. Giebt aber die Verbindung mit der Saͤure, wie Schwefel-
ſaͤure und Phosphorſaͤure, ein unaufloͤsliches oder ſchwer aufloͤsliches Mittelſalz,
ſo bleibt der Kalk in der Fluͤſſigkeit ſchwimmend, und ſondert ſich, nachdem er
ſich mit der Saͤure vereinigt hat, wieder ab.
Werden fluͤſſige mit Waſſer vermiſchte Saͤuren auf ungeloͤſchtem gebrannten
Kalk gegoſſen, ſo entſteht eine Erhitzung und ein Aufwallen der Fluͤſſigkeit, welche
[87]Die Kalkerde.
aber nicht ſowohl von der Einwirkung der Saͤure, als vielmehr von der Einſau-
gung und Kryſtalliſation des Waſſers herruͤhren. Dieſes Aufwallen iſt alſo ſehr
von dem verſchieden, was die Saͤuren mit kohlenſaurem Kalke erregen.
§. 77.
Der kohlenſaure Kalk loͤſt ſich naͤmlich eben ſo leicht in Saͤuren auf, wie derAufbrauſen
des kohlenſau-
ren Kalks mit
Saͤuren.
gebrannte, und indem dieſes geſchiehet, wird die Kohlenſaͤure aus ihm in Gas-
form ausgetrieben. Das kohlenſaure Gas erhebt ſich in Blaſen, und verurſacht
ein ſtarkes Aufbrauſen der Fluͤſſigkeit. Da dieſe Erſcheinung die Aufloͤſung der
kohlenſauren Kalkerde in Saͤuren jedesmal begleitet, ſo ſieht man dieſelbe als ein
Kennzeichen der Gegenwart der kohlenſauren Kalkerde in einer Erdart an. Brau-
ſet dieſe naͤmlich mit Saͤuren auf, ſo haͤlt man dafuͤr, daß Kalk vorhanden ſey.
Indeſſen iſt dieſes kein voͤlliger Beweis, und bedarf einiger Einſchraͤnkungen.
Man kann zwar ſicher annehmen, daß wenn bei Uebergießung einer Erde mit
Saͤuren kein Aufbrauſen entſteht, auch kein kohlenſaurer Kalk in bedeutender
Menge da ſey; aber umgekehrt iſt der Schluß nicht ſicher. Denn die kohlenſaure
Bittererde und das kohlenſaure Eiſenoxyd laſſen ihre Kohlenſaͤure mit eben der-
ſelben Erſcheinung fahren, wenn ſie mit andern Saͤuren uͤbergoſſen werden, und
koͤnnen alſo die Urſach derſelben bei dem Probieren der Erde ſeyn.
§. 78.
Der gebrannte Kalk verliert, wenn er ſich mit Saͤuren vereinigt, ſeine
Aetzbarkeit und ſeine alkaliſchen Eigenſchaften gaͤnzlich, ſo wie die Saͤuren ihren
eigenthuͤmlichen Charakter einbuͤßen.
Es findet auch kein Unterſchied ſtatt, ob es kohlenſaurer Kalk oder gebrann-
ter geweſen ſey, der mit der Saͤure verbunden worden. Beides ſind bloße Ver-
bindungen der reinen Kalkerde mit der angewandten Saͤure.
§. 79.
Die Mittelſalze, welche die Kalkerde mit den Saͤuren darſtellt, ſind bei ver-Kalkartige
Mittelſalze.
ſchiedenen Saͤuren verſchieden, und unterſcheiden ſich wieder von denen, welche die-
ſelben Saͤuren mit andern Erdarten geben, merklich. Nur eins dieſer Salze, der
mit Schwefelſaͤure verbundene Kalk oder der Gyps, wird hier in naͤherem Be-
tracht kommen.
[88]Die Kalkerde.
§. 80.
Kalkige Mi-
neralien.Von den zum Kalkgeſchlechte gehoͤrigen Mineralien, die groͤßtentheils aus
kohlenſaurem Kalke beſtehen, bemerken wir folgende:
1) Der Kalkſpath. Er iſt ganz aus kohlenſaurem Kalk gebildet. Man
findet ihn derbe oder kryſtalliſirt im Innern der Erde, wo er oft die Gangart der
Erze ausmacht. Seine Kryſtallform iſt verſchieden, ſaͤulenfoͤrmig, pyramidaliſch,
rhomboidaliſch u. ſ. w. Der Kalkſpath beſitzt mehr oder weniger Durchſichtigkeit,
iſt farblos und zerſpringt in rautenfoͤrmige Stuͤcke. Der Doppelſpath, welcher
die Gegenſtaͤnde, die man durch ihn ſieht, verdoppelt, gehoͤrt zu dem Kalkſpath.
2) Der Kalkſtein. Von dieſer Steinart trifft man oft ganze Gebirge,
aus welchen er zum Brennen, wozu er am geſchickteſten iſt, bergmaͤnniſch gewon-
nen wird. Er iſt derb und von Farbe grau, gelblich, roͤthlich, zuweilen auch
vielfarbig. Der beſte iſt der graue. Ueberdem unterſcheidet er ſich noch in Hin-
ſicht ſeines Bruches. Es giebt Kalkſteine von erdigem, ſplittrigem und ſchiefrigem
Bruche. Der Kalkſtein beſitzt eine groͤßere oder geringere Haͤrte, die indeſſen nie
ſo groß iſt, daß er mit dem Stahle Funken giebt. Er hat weder Glanz noch
Durchſichtigkeit, kann aber erſteren zuweilen durch Politur annehmen. Sehr
haͤufig finden ſich in ihm Eindruͤcke und Verſteinerungen von Schaalthieren.
Zuweilen iſt er mit erdharzigen Subſtanzen durchdrungen, und dann ſtoͤßt er,
wenn man ſeine Stuͤcke an einander reibt, einen ſtinkenden knoblauchartigen Ge-
rnch aus. Er heißt Schweine- oder Stinkſtein.
Der Kalkſtein iſt gemeiniglich nicht ſo rein, wie der Kalkſpath. Denn oft
enthaͤlt er Eiſenoxyd, Thon und Kieſelerde. Der Ruͤdersdorfer Kalkſtein beſteht
nach Simon aus 53 Prozent Kalkerde, 42,50 Prozent Kohlenſaͤure, 1,12 Pro-
zent Kieſelerde, 1 Prozent Thonerde, 0,75 Prozent Eiſen, 1,63 Prozent
Waſſer. Die ſchwediſchen Kalkſteine enthalten nach Simon etwas mehr Kieſel-
erde, Thonerde und Eiſenoxyd, auch etwas Braunſteinoxyd.
Eine Abart des Kalkſteins iſt der Marmor. Er unterſcheidet ſich bloß von
ihm durch ſeine geringern fremdartigen Beimiſchungen, groͤßere Haͤrte, feinern
Bruch und verſchiedenen Farben, welche letztere ihm oft ein ſehr ſchoͤnes An-
ſehn geben.
3) Kreide.
[89]Die Kalkerde.
3) Kreide. Sie iſt eine feſte Kalkart von verſchiedener Haͤrte, fuͤhlt ſich
mager an, faͤrbt leicht ab, und laͤßt ſich leicht ſchaben. Sie iſt weiß oder gelblich-
weiß von Farbe. Den Namen Kreide hat ſie von der Inſel Kreta, jetzt Kandia,
welche ſie in großer Menge und von vorzuͤglicher Guͤte liefert. Sie iſt aber auch
in vielen andern Laͤndern anzutreffen, wo ſie ganze Vorgebirge bildet, z. B. in
England, Daͤnemark, Frankreich u. ſ. w. Erſteres beſteht wahrſcheinlich ganz
in ſeinem Kerne aus einem Kalkfelſen. Sie kann zum Kalkbrennen dienen, und
iſt im gemeinen Leben bekanntlich nuͤtzlich. Es giebt noch andere Mineralien,
die auch den Namen Kreide fuͤhren, aber nicht mit der wahren Kreide verwechſelt
werden duͤrfen. Die ſpaniſche Kreide iſt eine Art Speckſtein, die zu dem Bitter-
erdengeſchlecht gehoͤrt. Die ſchwarze Kreide gehoͤrt zum Schiefergeſchlecht.
4) Pulverfoͤrmiger Kalk. Oft findet man in Huͤgeln, Ebenen und
Niederungen eine weiße, mehr oder weniger ins gelbe oder graue fallende broͤck-
liche Erdart, welche groͤßtentheils aus kohlenſaurem Kalk beſteht. Sie iſt mager
anzufuͤhlen, backt wenig zuſammen, und giebt mit Waſſer angeruͤhrt keine bin-
dende Maſſe. Wir nennen ſie pulverfoͤrmigen oder erdigen Kalk. An vielen Or-
ten wird ſie aber Mergelkalk genannt, zuweilen auch ſchlechthin Mergel. Sie
hat aber einen zu großen Antheil an Kalk, mehrentheils uͤber 90 Prozent, als daß
man ſie zu den Mergelarten zaͤhlen ſollte. Sie kann, in Ziegelformen geſtrichen,
zu lebendigem [...]lke gebrannt werden, paßt ſich aber auch ungebrannt als Duͤn-
gungsmittel, indem ſie an der Luft leicht in ein feines Pulver zerfaͤllt. Sie iſt des-
halb fuͤr den Landwirth von großer Wichtigkeit. Wahrſcheinlich iſt ſie mit der
folgenden Art gleichen Urſprungs.
5) Blaͤtter- oder Muſchelkalk. Man findet dieſen zuweilen in Ber-
gen, haͤufiger aber in Niederungen mit einer ſtarken Lage von mooriger Dammerde
bedeckt. Zu oberſt trifft man eine Lage von noch unzergangenen Muſchelſchaalen
an, die etwas tiefer ſchon ganz in Blaͤtter zerfallen ſind, unter welchen dann
lockerer, ganz unten aber zuweilen beinahe ſteinigter Kalk lieget. Man kann hier
die Entſtehung des Kalks aus Schaalthieren und ſeine allmaͤhlige Bildung zum
Stein ſehr deutlich wahrnehmen.
6) Kalkſinter und Kalktupf. Dieſe Kalkarten ſind aus Waſſer entſtan-
den, welche viel kohlenſauren Kalk durch Huͤlfe der Kohlenſaͤure aufgeloͤſt hatten;
Zweiter Theil. M
[90]Die Kalkerde.
ſo wie ſie letztere verloren, die Kalkerde aber fallen ließen, die ſich nun ſchicht-
weiſe uͤbereinander legte, oder andere Koͤrper uͤberzog. Der Kalkſinter, der auch
Tropfſtein heißt, findet ſich in verſchiedenen wunderbaren Formen, beſonders in
manchen Hoͤhlen, z. B. der Baumanns- und Bielshoͤhle am Harz, in der
Hoͤhle von Antiparos u. ſ. w.
Kalktupf heißt jenes Kalkkonglomerat, das ſich im Waſſer abſetzte, ohne
daß dieſes durchtroͤpfelte. Man findet denſelben in Karlsbad, in Schleſien, am
Harz und faſt an allen Orten, wo es viele Kalkgebirge giebt. Zuweilen kommt er
in Geſtalt kleiner aneinander gebackener Kugeln vor, die inwendig hohl und gemei-
niglich mit einem Sandkorne verſehen ſind. Sie heißen Erbſen oder Rob-
kenſteine.
Der Gyps.
§. 18.
Unter denen Verbindungen, welche der Kalk mit den verſchiedenen Saͤuren
macht, kommt hier nur diejenige mit der Schwefelſaͤure in Betracht, die wir im
gemeinen Leben Gyps, in der wiſſenſchaftlichen Sprache ſchwefelſauren Kalk
nennen. Dieſer iſt ein voͤllig geſchmackloſer und im Waſſer ſchwer aufloͤslicher
Koͤrper, der, wenn er von brennbaren Subſtanzen und metalli [...]en Oxyden rein
iſt, immer eine weiße Farbe beſitzt. Ein Theil deſſelben erfordert zu ſeiner Auf-
loͤſung nach Buchholz 46 1½ Theile Waſſer; doch ſind die Angaben daruͤber
verſchieden. Nach Buchholz loͤſt ſich faſt gleich viel in heißem und kaltem Waſſer
auf, nach andern in jenem mehr. Wegen dieſer ſchweren Aufloͤslichkeit kann
man den Gyps durch die Kunſt nicht in Kryſtallen darſtellen. Wir erhalten ihn
durch die Aufloͤſung nur in kleinen kryſtalliniſchen Koͤrnern. Man kann eben der
Urſache wegen auch die Kalkerde vermittelſt der Schwefelſaͤure nicht in einem
fluͤſſigen Zuſtande bringen, und er bleibt folglich im Filtrum immer zuruͤck. Gießt
man mit Waſſer verduͤnnte Schwefelſaͤure auf Kalk, ſo geht zwar eine Verbin-
dung beider vor ſich, aber der daraus entſtandene Gyps bleibt als eine weiße pul-
vrigte Maſſe unaufgeloͤſt zuruͤck, und nur ein ſehr kleiner Theil derſelben wird von
der Fluͤſſigkeit aufgenommen.
[91]Der Gyps.
§. 82.
Die Aufloͤſung des wenigen Gypſes im Waſſer iſt dem aͤußern Anſehen nach
vom reinen Waſſer gar nicht verſchieden. Sie beſitzt indeſſen etwas Geſchmack,
obgleich der trockne Gyps ganz geſchmacklos iſt. Dieſer Geſchmack laͤßt ſich nicht
gut beſchreiben. Man nennt ihn einen harten Geſchmack, und man bemerkt
ihn an einigen Quellwaſſern, die Gyps aufgeloͤſt enthalten, weswegen man dieſe
Waſſer harte Waſſer nennt. Wird die Gypsaufloͤſung abgeraucht, ſo ſchlaͤgt
ſich in dem Maße, wie die Feuchtigkeit verdunſtet, Gyps in ihr nieder. Denn
die bleibende Fluͤſſigkeit behaͤlt nur noch ſo viel Gyps, wie ſie aufzuloͤſen vermoͤgend
iſt. In Waſſer, was Kohlenſaͤure enthaͤlt, loͤſt ſich weit mehr Gyps auf, wie
in reinem Waſſer. Es laͤßt aber auch das, was es mehr aufgenommen hatte,
mit ſeiner Kohlenſaͤure zugleich fahren, verliert es mithin an der Luft groͤßten-
theils, und in der Siedhitze gaͤnzlich. Die mit Gyps verunreinigten oder harten
Waſſer ſind zu manchem Gebrauche fehlerhaft, dagegen aber auf Wieſen geleitet
ſehr duͤngend und fruchtbringend.
§. 83.
Der Gyps beſteht nach Buchholz Unterſuchungen, die die genaueſten zu
ſeyn ſcheinen, aus 33 Prozent Kalkerde, 43 Prozent Schwefelſaͤure und 24 Pro-
zent Kryſtallwaſſer. Doch koͤnnen andere Gypsarten ein anderes Verhaͤltniß ha-
ben. Sein Kryſtallwaſſer verliert der Gyps in der Luft nicht. Die Gypskryſtalle
zerfallen daher an der Luft nicht, eben ſo wenig, wie ſie Feuchtigkeit aus der Luft
an ſich ziehen. Wenn aber der Gyps erhitzt wird, ſo laͤßt er ſein Kryſtallwaſſer
voͤllig fahren, ohne zu kniſtern. Er verliert von ſeinem Gewichte ſo viel, als ſein
Waſſer betraͤgt. Die Hitze, bei welcher dies geſchieht, braucht nicht groß zu
ſeyn, bei weitem nicht ſo ſtark, wie die zum Brennen des Kalks erforderliche.
Wenn der Gyps, in maͤßigen Stuͤcken zerſchlagen, gebrannt wird, ſo wird er
durch das Brennen ganz muͤrbe und leicht zerreiblich.
§. 84.
Der Gyps, welcher alſo im Feuer ſein Kryſtallwaſſer verloren hat, wird
gebrannter Gyps genannt. In dieſem Zuſtande findet er ſeine Anwendung
als Moͤrtel, und dann auch beſonders zu Abguͤſſen. Wenn der gebrannte Gyps
ſein gepulvert, und als feines Mehl mit Waſſer zuſammengeruͤhrt wird, ſo zieht er
M 2
[92]Der Gyps.
das Waſſer begierig wieder an, und verbindet es im feſten Zuſtande als Kryſtall-
waſſer mit ſich. Dabei entſteht, wie beim Kalke, eine Erhitzung, jedoch keine
ſo ſtarke, weil naͤmlich die Vereinigung nicht ſo ſchnell vor ſich geht. Iſt mehr
Waſſer zugeſetzt, als der Gyps zu ſeiner Kryſtalliſation gebraucht, ſo bleibt die
Maſſe breiartig, ſchießt aber dann zu Kryſtallen an, und macht eine harte Maſſe.
Hierauf beruht ſeine Brauchbarkeit als Moͤrtel.
§. 85.
Auch an der Luft zieht der Gyps nach und nach Feuchtigkeit wieder an, und
nimmt ſie als Kryſtallwaſſer auf. Gebrannter Gyps, der an die Luft gelegt wird,
vermehrt ſein Gewicht, und verliert dagegen die Eigenſchaft, ſich mit Waſſer zu
erhitzen, und ſeine Brauchbarkeit als Moͤrtel. Nur durch neues Brennen kann
er wieder in den vorigen Zuſtand verſetzt werden, und man kann ihn dann wieder
zu Moͤrtel gebrauchen.
§. 86.
Wenn der Gyps in einer zu ſtarken Hitze gebrannt wird, ſo erleidet er auch
eine aͤhnliche Veraͤnderung, wie der Kalk in zu heftigem Feuer. Er wird todt ge-
brannt, loͤſcht ſich dann nicht mit Waſſer, giebt keinen Moͤrtel und wird auch wohl
zu Duͤnger dadurch unbrauchbar. Zum eigentlichen Schmelzen kommt der Gyps
nicht anders, als in einer ſehr großen und anhaltenden Hitze. Ein ſolcher zuſam-
mengegangener Gyps zeigt dann oft die Erſcheinung, daß er im Finſtern leuchtet.
Eine Zerſetzung und Trennung der Schwefelſaͤure vom Kalk erleidet der Gyps in
der Hitze nicht. Es iſt bloß ſein Waſſer, was er darin verliert. Nur wenn er
mit brennbaren Subſtanzen, mit Kohlen oder vegetabiliſchen Koͤrpern in der Gluͤh-
hitze zuſammenkommt, ſo wird er zerſetzt, ſeine Schwefelſaͤure verliert dann ihr
Oxygen, und der aus ihr ſich ausſcheidende Schwefel wird zum Theil verfluͤchtigt,
zum Theil bleibt er mit der Kalkerde verbunden, und liefert damit Schwefelkalk
oder Schwefelleber. Man bemerkt daher bei allen Gypsbrennereien einen ſchwef-
ligten Geruch.
Es iſt wahrſcheinlich, daß eine aͤhnliche Zerſetzung aber weit langſamer in
geringerer Temperatur vorgehe, wenn er mit modernden kohlenſtoffhaltigen Koͤr-
pern zuſammenkommt, und daß daher ſeine duͤngende Eigenſchaft zum Theil her-
ruͤhre. Gypshaltige Waſſer geben, wenn ſie verunreinigt werden, einen ſchwefe-
[93]Der Gyps.
ligt ſtinkenden Geruch, und Fourcroy leitet daher den Geſtank in gewiſſen Gegen-
den von Paris ab.
§. 87.
Die Kalkerde iſt der Schwefelſaͤure naͤher verwandt, wie die Alkalien;
mithin laͤßt ſich der Gyps durch dieſe nicht zerlegen. Kohlenſaure Alkalien brin-
gen aber eine voͤllige Zerſetzung des Gypſes leicht hervor, welches vermittelſt einer
doppelten Wahlanziehung bewerkſtelligt wird. Kocht man z. B. gepulverten
Gyps in einer Aufloͤſung des kohlenſauren Kali, ſo geht das Kali mit der Schwe-
felſaͤure und die Kalkerde mit der Kohlenſaͤure zuſammen. Dieſe Kalkerde bleibt
dann als kohlenſaurer Kalk unaufgeloͤſt als ein weißes Pulver zuruͤck. Das ſchwe-
felſaure Kali wird aber in der Fluͤſſigkeit aufgeloͤſt. Dieſe chemiſchen Eigenſchaf-
ten des Gypſes bemerken wir hier beſonders in Hinſicht auf die Lehre von der
Gypsduͤngung, welche bisher noch dunkel, obwohl durch die augenſcheinlichſten
Reſultate genug beſtaͤtigt war.
§. 88.
Der im Mineralreiche vorkommende Gyps bildet oft ganze Gebirge. ErGyps-Mine-
ralien.
findet ſich unter verſchiedener Geſtalt; entweder als ein pulverfoͤrmiger Koͤrper,
oder in derben Maſſen, oder kryſtalliſirt. Zu den gewoͤhnlichſten Arten ge-
hoͤren folgende:
1) Der Mehlgyps, gypsartige Bergmilch, Himmelsmehl. Dies
iſt Gyps in pulverfoͤrmigem Zuſtande, und er findet ſich in der Nachbarſchaft von
Gypsfelſen, wo er wohl vermittelſt des Waſſers abgeriſſen und in pulverfoͤrmiger
Geſtalt zu Tage gebracht wird. An einigen Orten ſieht man ihn aus der Erde
hervorquillen. In Zeiten der Hungersnoth glaubte man, dies ſey vom Himmel
herabgeſchicktes Mehl, und vermiſchte es mit wirklichem Getreidemehle, backte
Brod daraus, was freilich keine Nahrung geben konnte, indeſſen doch nicht ſo
toͤdtlich war, wie manche es von dem mit Gyps vermiſchten Mehle glaubten.
2) Der gemeine dichte Gypsſtein. Man findet ihn an Floͤtzgebirgen
in großen Maſſen. Er iſt nicht ſehr hart, laͤßt ſich mit den Zaͤhnen zerbeißen, wo
er ein Kniſtern verurſacht, nimmt keine Politur an, und iſt ziemlich zaͤhe, ſo daß
man ihn ſchwer zu Pulver ſchaffen kann. Man findet ihn von verſchiedener
Farbe, meiſtens graͤulich und weiß. Eine Abart von ihm iſt der Alabaſter,
[94]Der Gyps.
der vom Gypſe eben das iſt, was der Marmor vom Kalke, ein halb kryſtalliſirter
Stein, der Politur annimmt, und der zu allerlei Bildhauerarbeit, Vaſen und
Statnen verarbeitet wird. Er hat oft allerlei recht ſchoͤne Farben, die von metal-
liſchen Oxyden herruͤhren, und in einem und demſelben Stuͤcke oft ſehr mannigfal-
tig ſind. Er nimmt jedoch keine ſo gute Politur wie der Marmor an, wegen
ſeiner geringern Haͤrte. Seine Maſſe iſt auch nicht ſo dauerhaft, und verwittert
leichter an der Luft.
3) Der Gypsſpath. Dieſer kommt oft da vor, wo vorher derber Gyps-
ſtein liegt, und iſt mit ihm durchmengt. Er iſt mehr oder weniger durchſichtig,
verſchiedenartig gefaͤrbt, und laͤßt ſich mit dem Meſſer in duͤnne Scheiben ſpalten,
die weich und durchſichtig ſind. Zu ihm gehoͤrt das Frauen- oder Marien-
glas, das aus ziemlich großen rautenfoͤrmigen Stuͤcken beſteht, und ſich leicht
ſchneiden laͤßt. Zuweilen iſt der Gypsſpath in anſehnlichen Kryſtallen angeſchloſ-
ſen, die entweder tafelfoͤrmig oder pyramidalfoͤrmig ſind. Der Gypsſpath iſt uͤbri-
gens auch zaͤhe und ſchwer in Pulver zu verwandeln.
4) Der Gypsſinter iſt auf eben die Weiſe entſtanden wie der Kalkſinter,
naͤmlich vom kohlenſauren Waſſer, welches ihn in großer Menge aufgeloͤſt hat,
abgeſetzt. Zuweilen findet man auch Gyps und kohlenſauren Kalk mit einander
gemengt. Solche kalkartigen Gypſe brauſen dann mit Saͤuren auf.
Der Gyps iſt auch in vielem Waſſer enthalten. Manche Brunnenwaſſer
enthalten ihn, und heißen dann harte Waſſer, die zu mancherlei Gebrauche, be-
ſonders zum Brandtweinbrennen, ſehr untauglich ſind. Zuweilen, jedoch nur ſel-
ten, trifft man ihn in der Ackerkrume an, und auch mit Mergel und Thonarten
vermengt. Auch findet man ihn in der Aſche einiger Gewaͤchſe, hat aber wahr-
ſcheinlich in den Pflanzen nicht praͤexiſtirt, ſondern er iſt durch Verbrennung er-
zeugt worden, indem ſich die Schwefelſaͤure mit dem Kalke verbunden hatte.
Der Mergel.
§. 89.
Dieſe fuͤr den Ackerbau ſo aͤußerſt wichtige Subſtanz iſt vielen Landwirthen
bekannt geweſen als ein Mittel, die Fruchtbarkeit zu vermehren und den Acker
[95]Der Mergel.
aufzuhelfen. Und in manchen Gegenden hat man wirklich ganze Diſtrikte gefun-
den, die ſchon vor alten Zeiten durch den Gebrauch derſelben ſind aufgeholfen
worden. Auch kannten ihn die Roͤmer. Die allgemeine Aufmerkſamkeit hat die
Mergelung doch erſt ſeit kurzem auf ſich gezogen, und es giebt noch viele Land-
wirthe, die von dieſer Subſtanz durchaus keinen klaren Begriff haben, obgleich
wenige chemiſche Kenntniſſe dazu gehoͤren, um den Mergel von allen andern Erd-
arten zu unterſcheiden. Aus der gaͤnzlichen Unbekanntſchaft mit dem Mergel
ruͤhrt es zum Theil her, daß man die Wirkung des Mergels ableugnet, ihn ſogar
verſchreiet und nachtheiligen Erfolg von ſeiner Anwendung geſehen haben will.
Es war dann aber nicht Mergel, den man auf das Land fuͤhrte, ſondern vielleicht
ein bindender eiſenhaltiger Thon, oder eine andere Erdart, die ſich fuͤr den Bo-
den gar nicht paßte. Als Duͤngungsmittel werden wir vom Mergel in der Folge
reden. Hier nur von ſeiner Natur und ſeiner natuͤrlichen Gegenwart im Boden.
§. 90.
Der Mergel iſt eine Vereinigung der kohlenſauren Kalkerde mit dem Thon.
Beide Subſtanzen befinden ſich meiſtentheils auf eine inniger Art vermengt, ſo
daß man weder mit dem bloßen Auge, noch ſelbſt mit dem Microſcope die Kalk-
theilchen und einzelne Thontheilchen unterſcheiden kann. Wir haben es der Na-
tur noch nicht abgemerkt, wie ſie dieſe Erdart bereitet. Denn wenn man Vermen-
gungen von Kalk und Thon gemacht hat, ſo ſind dieſe von dem natuͤrlichen Mer-
gel doch noch ſehr verſchieden geweſen; ſie haben z. B. das Zerfallen an der
Luft und das Verwittern mit dem natuͤrlichen Mergel nicht gleich gehabt.
§. 91.
Die Verhaͤltniſſe, in welchen Thon und Kalk im Mergel mit einander ver-
bunden ſind, ſind hoͤchſt mannigfaltig verſchieden. Zuweilen iſt das Verhaͤltniß
beider gleich; dann iſt der Thon mehr oder minder uͤberwiegend, dann iſt es wie-
der der Kalk. Die Natur hat ſich kein beſtimmtes Maß vorgeſchrieben, worin ſie
beide Erdarten vermengt. Nach dieſen verſchiedenen Verhaͤltniſſen des Thons
und des Kalks hat man den Mergel klaſſifizirt, und den verſchiedenen Sorten ver-
ſchiedene Benennungen gegeben. Die Klaſſifikation, welche Andreaͤ in ſeinem
Werke uͤber die Erdarten des hannoͤverſchen Landes aufgeſtellt hat, iſt in der That
die zweckmaͤßigſte und auch in Deutſchland faſt allgemein angenommen. Nach
[96]Der Mergel.
Andreaͤ heißt Mergel ſchlechthin eine Verbindung von ungefaͤhr gleichen Theilen
Thon und Kalk. Iſt der Thon uͤberwiegend, ſo daß er betraͤchtlich uͤber die Haͤlfte
bis zu ⅔ geht, ſo heißt die Verbindung Thonmergel. Steigt das Verhaͤltniß des
Thons noch hoͤher, ſo daß der Kalk unter ¼, der Thon uͤber ¾ ausmacht, ſo wird
er kalkigter oder mergelichter Thon genannt. Wenn der Kalk dagegen uͤberwiegend
iſt, betraͤchtlich uͤber die Haͤlfte bis zu ⅔ ſteigt, ſo heißt er Kalkmergel, und iſt die
Quantitaͤt des Kalks noch groͤßer, uͤber ¾, ſo nennt man dies Gemenge thonig-
ten Kalk.
§. 92.
Wir finden den Mergel und ſeine Abarten an ſehr vielen Orten. Jetzt, da
man ihn mit mehr Sorgfalt aufſucht, zeigt es ſich, daß man ihn in den meiſten
Gegenden antreffe, und daß er faſt allenthalben im Untergrunde des Ackers liege.
Es ſind ſelten Gegenden, wo man ihn gar nicht findet, oder wo er zu tief liegt,
um ihn herauszuholen. Am haͤufigſten findet man ihn in gebirgigten Gegenden
in der Nachbarſchaft von Floͤtzgebirgen, wo er nicht ſelten die Beſtandtheile des
Untergrundes im Boden ausmacht, und große ausgebreitete Lager bildet. Im
flachen Lande muß man ihn mehr aufſuchen. Er liegt da mehr neſterweiſe und
zerſtreut, flacher oder tiefer in der Erde, auf Hoͤhen und in Niederungen, in
trockenen und ſumpfigten Gegenden. Mit einiger Wahrſcheinlichkeit kann man
auf die Gegenwart des Mergels ſchließen, wenn man gewiſſe Pflanzen auf dem
Boden findet. Die Tussilago farfara und alpina, die Salvia glutinosa und
pratensis vegetiren ſehr lebhaft auf Boden, der Mergel haͤlt. Nicht eine einzelne
Pflanze zeigt ihn an; aber wo ſie ſich ausbreiten und einen uͤppigen Wuchs zeigen,
koͤnnen ſie allenfalls als Wegweiſer zur Auffindung des Mergels dienen. Wenn
die Medicaro lupulina, ohne daß der Boden im Duͤnger ſteht, haͤufig daſteht,
ſo halte ich auch dies fuͤr ein Merkmal. Auch unter der wilden Brombeere wird
man mehrentheils Mergel oder wenigſtens mergelichten Thon finden. Sonſt
zeigt ſich ſolcher tiefe und neſterweiſe liegende Mergel zuerſt mehrentheils an Ab-
haͤngen, in Hohlwegen, wo die obere Erde abgefallen iſt, und dann zu Lage
kommt. Mehrentheils pflegt ein ſolches Mergelneſt oben mit Thon bedeckt
zu ſeyn; und wo man ſolchen Thon trifft, der mit Kalkkoͤrnern durchwirkt iſt, da
kann man faſt mit Sicherheit ſchließen, daß tiefer unten ſich wirklicher Mergel
finden
[97]Der Mergel.
finden werde. Dieſe Mergellagen ſind in ihrer ganzen Dicke mehrentheils nicht von
gleicher Beſchaffenheit, beſonders beim Thonmergel nicht. Oben pflegen die Schich-
ten weniger Kalk zu enthalten wie unten, und gemeiniglich wird der Mergel um ſo
kalkreicher, je tiefer man eindringt.
§. 93.
An den Eigenſchaften des Mergels haben der Thon und der Kalk zugleich An-
theil. Beide Erdarten veraͤndern in der Miſchung gegenſeitig und durch einander ihre
phyſiſchen Eigenſchaften. Die Zaͤhigkeit und ſchluͤpfrige Beſchaffenheit des Thons
wird durch den Kalk verringert, und das ſproͤde rauhe Weſen des Kalks wieder durch
den Thon gemildert. Je hoͤher die Quantitaͤt des einen oder des andern Beſtandtheils
im Mergel ſteigt, je mehr nimmt dieſer die aͤußere Beſchaffenheit dieſes oder jenes
Koͤrpers an.
Der eigentliche Mergel aus ungefaͤhr gleichen Theilen von Thon und Kalk ſteht
weder dem Thone noch dem Kalke naͤher. Die Eigenſchaften beider haben ſich in
gleichen Verhaͤltniſſen amalgamirt. Der Thonmergel und der kalkigte Thon naͤhern
ſich mehr dem Thone. Sie ſind daher angefeuchtet ſchluͤpfrig und dehnbarer, geben
einen Thongeruch von ſich, und trocknen zu feſten doch mehr zerreiblichen Klumpen
zuſammen. Mergeliger Thonboden iſt feucht oft noch ſchwerer zu bearbeiten, als
mergelloſer Thon; trocken aber weit leichter. Der Kalkmergel und der thonige Kalk
gleicht mehr dem Kalke. Er fuͤhlt ſich trocken rauher an, iſt feucht weniger zuſam-
menhaͤngend, und die trockenen Stuͤcke laſſen ſich leicht zwiſchen den Fingern zerrei-
ben. Es kommt indeſſen hierbei ſehr auf die Beſchaffenheit des Thons an, ob dieſer
nemlich fett oder mager iſt. Ein fetter Thon bedarf eines groͤßern Zuſatzes von Kalk,
um ſeine Eigenſchaften zu verſtecken. Ein magerer Thon bedarf nur wenigen Kalk,
um dieſelbe Wirkung hervorzubringen. Oft findet man Mergelarten, wovon die eine
dem Thonmergel, die andre dem Kalkmergel in ihrem aͤußern Verhalten mehr glei-
chen, und die dennoch eine gleiche Quantitaͤt von Kalk und Thon enthalten. Jener
hatte aber einen bindenden fetten, dieſer einen magern Thon. Die Natur des Thons
hat alſo auf alle Eigenſchaften des Mergels einen betraͤchtlichen Einfluß.
§. 94.
Der Mergel beſitzt mancherlei Farben. Er iſt weiß, gelb, gelblich, braun,Farben deſſel-
ben.
graͤulich, violet, roͤthlich, roth, grau, blaͤulich, ſchwarz u. ſ. w. Theils werden
Zweiter Theil. N
[98]Der Mergel.
dieſe Farben durch das im Thone befindliche Eiſen oder Manganesoxyd hervorge-
bracht, theils ruͤhren ſie von brennbaren Materien, Erdharzen oder Humus her. Die
Mergelarten, welche mit letzterm allein vermiſcht ſind, ſind gemeiniglich grau, blaͤulich
oder ſchwarz, und ſie brennen ſich dann im Feuer weiß; der von Erdharzen durchdrun-
gene giebt, beſonders wenn man ihn erwaͤrmt, oder ſeine Stuͤcke an einander reibt, einen
eigenthuͤmlichen Geruch von ſich. Aus der Farbe des Mergels kann man ſehr wenig
ſchließen, etwa oberflaͤchlich auf ſeinen Gehalt an Metalloxyd oder brennbaren Stof-
fen. Sie kann keinesweges dazu dienen, uns uͤber die innere Beſchaffenheit des
Mergels, uͤber ſeinen Thon- und Kalkgehalt Aufſchluß zu geben. Gleichgefaͤrbte
Mergelarten ſind oft in ihren Verhaͤltniſſen vom Thon und Kalk ſehr verſchieden, und
wiederum ſtimmen Mergelarten, die ganz abweichende Farben beſitzen, in dieſer Hin-
ſicht voͤllig uͤberein.
§. 95.
Kenſiſtenz.In Anſehung des Zuſammenhangs und Gefuͤges der einzelnen Theile weicht der
Mergel ſehr von einander ab. Zuweilen iſt er ſo weich und ſo zart, wie Pulver, oder
doch ſo wenig zuſammenhaͤngend, daß man ihn leicht zerdruͤcken kann. Dann iſt er
wieder ſteinhart. Erſteren nennt man erdigen, letzteren Steinmergel. Dieſer unter-
ſcheidet ſich oft noch durch ſein Gefuͤge. Er iſt entweder von ſchieferartigem Bruche,
und beſteht aus uͤber einander liegenden Scheiben, die ſich mit einem Meſſer von ein-
ander abloͤſen laſſen, oder es zeigt ſich keine beſtimmte Lage, und er zerſpringt beim
Zerſchlagen in unregelmaͤßige Stuͤcke. Jenen nennt man daher Schiefermergel, die-
ſen ſchlechthin Steinmergel. Auch aus den Verſchiedenheiten, die der Mergel in die-
ſer Hinſicht zeigt, kann man nicht mit Sicherheit auf ſeine Veſtandtheile ſchließen.
Zuweilen hat harter Mergel einen Ueberſchuß von Thon, zuweilen auch von Kalk,
und er naͤhert ſich dem Kalkſteine, und bei erdigem Mergel kann man auch keines-
weges ſagen, daß er einen Ueberſchuß von Kalk beſaͤße; denn der Thon konnte mager
ſeyn, ſo daß der Mergel nicht ſtark zuſammenhaͤngt. Wenn der Mergel mit Waſſer
uͤbergoſſen wird, ſo dringt daſſelbe mehr oder weniger leicht in ſeine Poren ein. Es hebt
dann die Kohaͤſion der einzelnen Partikeln auf, treibt ſie auseinander und verurſacht,
daß die Stuͤcke in ein feines Pulver zerfallen. Dies iſt eine weſentliche Eigenſchaft
des Mergels, wodurch man ihn vorlaͤufig erkennt, und wodurch er ſeinen Nutzen auf
den Boden durch die innige Vermengung mit der Ackerkrume aͤußert. Die Luft ent-
[99]Der Mergel.
wickelt ſich in Blaſen, die im Waſſer in die Hoͤhe ſteigen und zuweilen ein gelindes
Geraͤuſch und eine Art von Aufbrauſen veranlaſſen. Mann kann zwar nicht anneh-
men, daß eine Erdart, die im Waſſer zerfaͤllt, immer Mergel ſey; denn auch ſehr
magere Thonarten zerfallen darin. Man kann aber ſicher ſchließen, daß, wenn eine
Erdart nicht im Waſſer zerfaͤllt, es kein Mergel ſey. Jeder Mergel, ſelbſt der Stein-
mergel, wird im Waſſer muͤrbe und pulvrig. Auch an der Luft verliert der Mergel
ſeinen Zuſammenhang und zerfaͤllt hier eben ſo fein wie unter dem Waſſer; nur ge-
hoͤrt eine laͤngere Zeit dazu Dies macht die Anwendung des Mergels zur Verbeſſe-
rung des Bodens ſo bequem. Man braucht den Mergel nicht erſt zu Pulver zu zer-
malmen, um ihn mit der Erdkrume zu vermengen, ſondern man kann das Verkleine-
rungsgeſchaͤft ganz der Luft uͤberlaſſen. Die atmoſphaͤriſche Feuchtigkeit dringt in den
auf dem Acker liegenden Mergel ein, und pulvert ihn. Froſt kommt der Zerkleinerung
ſehr zu Statten, und er muß bei zaͤhen Mergelarten, zuweilen beim Steinmergel, zu
Huͤlfe kommen, wenn das Zerfallen zu Stande kommen ſoll, weshalb man ſolche
Mergelarten gern vor Winter auffuͤhren laͤßt. Die Feuchtigkeit, welche der Mergel
eingeſogen hat, dehnt ſich beim Gefrieren aus, und treibt die Partikeln auseinander
ſo wie wir dies beim Thone bemerkt haben.
§. 96.
Das Zerfallen des Mergels an der Luft und im Waſſer haͤngt in Hinſicht der
dazu erforderlichen Zeit theils von dem Verhaͤltniſſe des Thons und von der Beſchaf-
fenheit deſſelben, theils von dem mehr oder weniger feſten Zuſtande ab, den der Mer-
gel durch die Verbindung ſeiner Theile hat. Reiner feſter Kalk zerfaͤllt gar nicht,
eben ſo wenig wie reiner feſter Thon. Iſt der Kalk alſo ſehr hervorſtechend im Mer-
gel, ſo verhindert dies ſein Zerfallen; iſt der Thon uͤberwiegend, ſo geſchieht es
ebenfalls, wenigſtens langſam. Zum leichten Zerfallen gehoͤrt ein gewiſſes Verhaͤlt-
niß von beiden, und dies gerechte Verhaͤltniß wird durch die mehrere oder mindere
Fettigkeit des Thons mit beſtimmt.
Bei Mergelarten, die den Thon von gleicher Qualitaͤt beſitzen, die aber ver-
ſchiedene Verhaͤltniſſe deſſelben mit dem Kalk enthalten, wird der eigentliche Mergel
am leichteſten, der Kalk- und Thonmergel aber ſchwerer zerfallen. Dann kommt es
auch auf die beſondere Verbindung der Theile unter ſich an. Haben ſie ſich im Stein-
N 2
[100]Der Mergel.
mergel wie Stein verhaͤrtet, ſo erfordert dieſer die laͤngſte Zeit, und unter dem Stein-
mergel zerfaͤllt der ſchiefrigte leichter, als der, welcher keinen ſchiefrigten Bruch hat.
§. 97.
Verhalten ge-
gen die Saͤu-
ren.Die fluͤſſigen Saͤuren bringen aus bekannten Urſachen ein ſtarkes Aufbrauſen
hervor. Werden ſie auf den Mergel gegoſſen, ſo verbinden ſie ſich mit dem Kalk;
die Thonerde aber bleibt unangegriffen von den Saͤuren, ſo lange dieſe noch Kalk-
erde aufzunehmen haben. Erſt wenn die Kalkerde genug von der Saͤure aufgenom-
men iſt, und dann noch ein Ueberſchuß von Saͤure bleibt, ſo kann auch etwas Thon-
erde und Eiſenoxyd aufgeloͤſt werden.
§. 98.
Im Feuer.Wir wiſſen, daß der kohlenſaure Kalk zwar fuͤr ſich nicht zum Schmelzen zu
bringen iſt, und daß der Thon ſich im heftigſten Feuer ſehr ſchwer verglaſet. Wenn
aber beide Subſtanzen miteinander verbunden ſind, ſo kommen ſie leicht im Fluß.
Der Mergel iſt alſo eine ſchmelzbare verglasbare Subſtanz. Es bedarf keiner ſehr
großen Hitze, um ihn in Fluß zu bringen. Deshalb bedient man ſich auch des Mergels
beim Scheiden der Metalle, um die Erze leicht zum Schmelzen zu bringen. Haͤufig
geſchieht dies bei der Gewinnung des Eiſens.
§. 99.
Beimiſchung
anderer Sub-
ſtanzen.Sehr haͤufig iſt der Mergel noch mit andern Theilen vermengt, die eigentlich
nicht zu ſeiner Miſchung gehoͤren. Die gewoͤhnlichſten ſind Bittererde, Sand und
Gyps. Die Bittererde findet man haͤufi[g] im Mergel, und zwar in dem, von wel-
chem man recht gute Wirkung ſieht. Sie iſt auch im kohlenſauren Zuſtande darin,
wo ſie mit Saͤuren ein Aufbrauſen erregt, ſich in ſolchen aufloͤſt, und folglich bei
der oberflaͤchlichen Unterſuchung des Mergels mit dem Kalke verwechſelt wird. Da
man aber uͤber ihre Wirkung ungewiß iſt, ſo wird es darauf ankommen, ſie genauer
zu unterſcheiden. Mergel mit Bittererde verbunden heißt bittererdhaltiger Mergel,
und je nachdem der Thon oder der Kalk darin vorwaltend iſt, bittererdiger Thon oder
Kalkmergel. Einiger Sand iſt dem Mergel immer beigemiſcht. Iſt ſeine Zu-
miſchung betraͤchtlich, ſo nennen wir ihn ſandigen Thon- oder Kalkmergel. Steigt
das Verhaͤltniß des Sandes auf 60, 70 bis 80 Prozent mergeligen Sand. Eini-
ger Sand im Mergel iſt ſehr gut; er bewirkt, daß der Mergel um ſo ſchneller ver-
wittert und zerfaͤllt. Auch Gyps iſt im Mergel, und zeigt ſich zuweilen in kleinen
[101]Der Mergel.
glaͤnzenden kryſtalliniſchen Adern zwiſchen dem Mergel. Man bemerkt ihn, wenn
man den Mergel zwiſchen Kohlen legt und gluͤht. Er ſtoͤßt alsdann einen ſchwefli-
chen Geruch aus. Wahrſcheinlich verbeſſert er den Mergel und macht ihn muͤrber.
Hieruͤber fehlen uns noch genugſame Beobachtungen. Iſt er in bedeutender Menge
darin, ſo heißt er gypſiger Thon- und Kalkmergel.
§. 100.
Die aͤußere Geſtalt, worin ſich der Mergel befindet, iſt alſo ſehr verſchieden.Aeußere Ge-
ſtalten.
Folgendes ſind die Hauptarten, nicht dem Gehalt ſondern der Geſtalt nach:
a) Steinig und dann mehrentheils ſchiefrig. In der Erde iſt er mehrentheils
noch ziemlich muͤrbe; wenn er aber zuerſt an die Luft koͤmmt, wird er haͤrter und
veraͤndert ſeine Farbe, und zerfaͤllt dann oft erſt nach 2 oder 3 Jahren voͤllig. Dieſer
Mergel iſt manchmal ſehr kalkreich, und naͤhert ſich dem Kalkſtein, ſo daß er auch
zuweilen zu Kalk gebrannt und zugleich roh zum Mergeln gebraucht wird. Natuͤrlich
iſt aber der daraus gewonnene Kalk unrein und ſchlecht. Manchmal iſt er von der-
ſelben Haͤrte und Geſtalt; aber Thon- und Kieſelerde uͤberwiegt dennoch den
Kalk darin.
b) Thonig oder lehmig, wo man ihn denn doch aber durch die obenangege-
benen Zeichen ſehr leicht vom Thon und Lehm unterſcheiden kann.
c) In blaͤttriger Geſtalt, den man Papiermergel zu nennen pflegt. Man fin-
det ſelbigen nur in duͤnnen Lagen.
d) Muſchelmergel, in welchem man haͤufig noch die Ueberbleibſel von Schnek-
kenhaͤuſer, beſonders auf der obern Flaͤche antrifft. Tiefer unten ſieht er wie ſchmu-
zige Kreide aus, und ganz unten iſt er manchmal halb kryſtalliſirt und ſteinartig.
Dieſer Mergel findet ſich mehrentheils nur in Gruͤnden unter Torf und ſchwarzer
Moorerde, wo vormals Waſſer geſtanden hat. Er beſteht groͤßtentheils aus Kalk,
wird deshalb Mergelkalk genannt, und oft als Kalk gebrannt und gebraucht. Er
zerfaͤllt aber an der Luft und im Waſſer, und wird mit letzterem, im gehoͤrigen Ver-
haͤltniß vermengt, ungebrannt, zum Uebertuͤnchen gebraucht. Dieſer Mergel wirkt,
auf den Acker gebracht, wenigſtens nicht ſo ſchnell, als man erwarten ſollte, und
enthaͤlt wahrſcheinlich oft Phosphorſaͤure.
Die erſte Art findet man faſt nur in bergigten Gegenden; die zweite mehrentheils
in Huͤgeln, die gewoͤhnlich mit einem braunen Lehm bedeckt zu ſeyn pflegen, auf wel-
[102]Der Mergel.
chem ſich der Brombeerenſtrauch eingewurzelt hat. Dieſe Huͤgel ſelbſt ſind oft nichts
weniger als fruchtbar, obgleich der Lehm der Oberflaͤche ſchon einige Kalktheile enthaͤlt.
Der Mergel ſcheint hier den Humus ſchnell conſumirt zu haben, oder dieſer iſt, durch
jenen aufloͤslicher gemacht, herabgeſpuͤlt worden. Durch ſtaͤrkere Duͤngung wer-
den ſolche Huͤgel aber ſeuchtbar. Ich fuͤhre dies an, damit man ſich durch die ſchein-
bare Unfruchtbarkeit dieſer Huͤgel nicht abſchrecken laſſe, hier nach Mergel zu graben.
Die beiden letztern Arten finden ſich nur in Gruͤnden.
Die Bitter- oder Talkerde.
§. 101.
Wir finden dieſe Erde nicht ſo verbreitet in der Natur, wie die vorhergehenden,
auch nie rein, ſondern mit andern Erden gemiſcht und mit Saͤuren verbunden.
Manche Mineralien enthalten ſie, und ſie iſt im Meerwaſſer und in den Salzſohlen,
hauptſaͤchlich mit Salz und Schwefelſaͤure verbunden, haͤufig vorhanden, ſo wie ſie
auch in den thieriſchen Koͤrpern, mehrentheils mit Phosphorſaͤure vereinigt,
oft vorkommt. Auch die Aſchen der meiſten Gewaͤchſe enthalten ſie in groͤßerer oder
geringerer Menge; zuweilen macht ſie einen ganz betraͤchtlichen Beſtandtheil der Ak-
kererde und auch des zur Duͤngung brauchbaren Mergels aus.
Dieſe Erde, welche uͤberhaupt erſt kuͤrzlich entdeckt und unterſchieden worden,
hat in den neuſten Zeiten in Hinſicht des Ackerbaus wieder mehrere Aufmerkſamkeit
erregt. Bergmann und andere erklaͤrten ſie fuͤr eine ſehr fruchtbare Erde. Ein
Englaͤnder Tennant aber hatte die Beobachtung gemacht, daß ein zur Duͤngung ge-
brauchter, gebrannter Kalk eine ſehr nachtheilige Wirkung that, und fand bei der
Unterſuchung deſſelben, daß er viele Bittererde enthielte. Er ſchloß daraus auf eine
allgemein ſchaͤdliche Wirkung der Bittererde. Hoͤchſtens beweiſt dieſer Fall aber nur,
daß ſie in ihrem kohlenſaure-freien Zuſtande nachtheilig wirken koͤnne, in welchem ſie
ſich von Natur nie befindet. In ihrem natuͤrlichen Zuſtande koͤmmt ſie dem kohlenſau-
ren Kalke vielmehr in allen Stuͤcken gleich. Lampadius hat ſie der Vegetation
des Rockens ſehr zutraͤglich gefunden, und Einhoff hat einen ſehr fruchtbaren Mer-
gel unterſucht, der 20 Prozent Bittererde enthielt.
[103]Die Bittererde.
§. 102.
Die kohlenſaure Bittererde iſt voͤllig geſchmack- und geruchlos. Wenn ſie mit
Waſſer benetzt und zuſammengeruͤhrt wird, ſo giebt ſie mit demſelben eine wenig zu-
ſammenhaͤngende Maſſe, die bald wieder austrocknet. In Hinſicht ihrer waſſerhal-
tenden Kraft iſt ſie der kohlenſauren Kalkerde gleich zu ſetzen. Ueberhaupt verhaͤlt ſie
ſich auch gegen das Waſſer eben ſo wie dieſe; in reinem Waſſer iſt ſie unaufloͤslich,
und nur, wenn es mit kohlenſaurem Gas angeſchwaͤngert iſt, kann es kohlenſaure
Bittererde aufloͤſen.
§. 103.
Die reine kohlenſaͤurefreie Bittererde unterſcheidet ſich aber ſehr merklich vom
Kalk. Sie iſt nicht aͤtzend, nicht alkaliſch wie dieſer; es entſteht keine Erhitzung,
wenn man ſie mit Waſſer uͤbergießt; der Brey, der daraus entſteht, wird bei ſeiner
Austrocknung nicht hart und zuſammenhaͤngend, und liefert auch mit Sand vermengt
keinen Moͤrtel. Sie ſcheint das Waſſer zwar einzuſchlucken und mit ſich zu vereini-
gen, aber nicht es zu verdichten oder in Kryſtalle zu verwandeln. Sie veraͤndert
die blaue Farbe der Pflanzenſaͤfte nur hoͤchſt wenig.
§. 104.
Zu den Mineralien, welche Bittererde fuͤhren, und die ſich durch ein fettes ſei-Bittererdige
Mineralien.
fenartiges Gefuͤhl auszeichnen, gehoͤren folgende:
1) Der Serpentinſtein, ein harter Stein von dichtem Korn, ſchwarzgruͤn
oder ſchwarzgrau von Farbe, und zuweilen mit ſchoͤnen rothen Flecken verſehen. Er
bricht in Schichten, welche oft ganze Gebirge ausmachen. In Deutſchland iſt der
beſte Serpentinſteinbruch zu Zopplitz in Sachſen, woſelbſt man den Serpentinſtein in
erſtaunlicher Menge verarbeitet. Er wird auf der Drehbank zu allerlei Gefaͤßen,
Doſen, Buͤchſen, Vaſen, Leuchter, Reibemoͤrſer u. ſ. w. geformt, welche nachher
mit einem feinen Sandſteine polirt werden. Seine Beſtandtheile ſind Bittererde, Kie-
ſelerde und Eiſenoxyd.
2) Der Talk hat ein blaͤttriges Gewebe und iſt [ſehr] fett im Anfuͤhlen. Man
findet ihn theils erdig, theils als Stein. Jener beſteht aus ſchluͤpfrigen, etwas
ſchimmernden Theilen, und iſt meiſtens von ziemlich weißer Farbe. Dieſer iſt hart,
laͤßt ſich in Scheiben zertheilen und hat oft einen Silber- oder Goldglanz, weshalb
er Silber- oder Goldtalk genannt wird.
[104]Die Bittererde.
Er wird als ein vorzuͤgliches Mittel, das Reiben der Maſchienen zu vermindern,
gebraucht, wozu er beſſer ſeyn ſoll, als Oehl und Seife, indem das Holz dabei nicht
aufſchwillt, und auch das Metall vor dem Abnutzen bewahrt wird.
Von ihm hat die Bittererde den Namen Talkerde enthalten; denn er enthaͤlt
44 Prozent derſelben. Das uͤbrige iſt Kieſel- und Thonerde.
Eine Abart des Talks iſt der Topfſtein. Er hat eine graͤulich graue oder dun-
kelgruͤne Farbe, und laͤßt ſich ſehr gut drehen und zu Gefaͤßen verarbeiten. Er bricht
in großen Maſſen und wird vorzuͤglich in der Schweiz viel gefunden.
3) Der Seifenſtein. Er iſt eine glatte, wie Seife, ſchluͤpfrige Steinart,
welche ſich mit dem Nagel ſchaben laͤßt, abfaͤrbt und undurchſichtig iſt. Man hat
verſchiedene Arten davon: erdigen oder weichen und feſten; dieſer heißt auch wohl
ſpaniſche Kreide, weil man ihn ehemals aus Spanien zu uns brachte; er wird beſon-
ders zum Zeichnen bei Stickereien gebraucht. Er ſchreibt auf Glas, und die abge-
wiſchten Zuͤge kommen bei feuchter Witterung wieder zum Vorſchein. Man findet
ihn in mehreren Orten Deutſchlands, z. B. im Bayreuthiſchen.
4) Asbeſt. Dieſe Steinart beſteht aus einem Gewebe von Faſern, die ent-
weder parallel neben einander liegen, oder ſich durchkreuzen. Im erſtern Falle und
wenn ſeine Faſern biegſam ſind, heißt er auch wohl Amianth. Seine Farbe iſt meh-
rentheils gruͤnlich weiß oder gruͤnlich grau. Man findet noch mehrere Arten von
ihm, welche man Federweiß, Bergfleiſch, Bergleder, Bergkork u. ſ. w. ſeiner aͤh-
nelnden Geſtalt wegen nennt. Man findet ihn haͤufi in Sachſen, Schleſien, Boͤh-
men, Ungarn, Schweden u. ſ. w.
Aus dem Amianth bereitet man die unverbrennliche Leinwand, das unverbrenn-
liche Papier und die unverbrennlichen Dochte, welche ſonſt dem Aberglauben viel
Nahrung gaben. Zur Leinwand werden die eingeweichten und ausgekaͤmmten Faſern
uͤber einen Flachsfaden geſponnen, dann gewebt und die Leinwand gegluͤhet; zum
Papier werden die Faſern geſtampft und der weiche Brei wie Papiermaſſe behandelt.
5) Meerſchaum. Von dieſem Material werden die beliebten Pfeifenkoͤpfe
verfertigt. Man war ſonſt uͤber den Urſprung deſſelben zweifelhaft, und hielt es fuͤr
ein Produkt des Meeres, woher ſein Name entſtanden iſt. Jetzt wiſſen wir mit Si-
cherheit, daß er in Natolien, nicht weit von der Stadt Konie (vormals Iconinm),
bei dem Dorfe Klitſchik gegraben wird. Er bricht daſelbſt in einer grauſchiefrigen
Kalkkluft
[105]Die Bittererde.
Kalkluft nicht tief unter der Oberflaͤche in Adern. So wie er an die Luft kommt,
iſt er ſchmierig. Man laͤßt ihn aber an der Luft erhaͤrten, und ſchneidet und bohret
Pfeifenkoͤpfe daraus, die nach Conſtantinopel verkauft, dort gefaͤrbt oder in Wachs
und Oel geſiedet werden. Dann kommen ſie zu uns, und erleiden eine Umarbeitung.
Aus dem Abfalle macht man die unaͤchten Koͤpfe. Er beſitzt ungeachtet ſeiner Weich-
heit ſtarken Zuſammenhang, und iſt daher weniger zerſprengbar, wie andere Foſſilien.
Außerdem ſind das ſtarke Anhaͤngen an die Zunge und ſeine ſpecifiſche Leichtigkeit
charakteriſtiſche Kennzeichen von ihm. Nach Wiegleb beſteht er aus gleichen Theilen
Bittererde und Kieſelerde. Er ſoll auch in Spanien, unweit Madrid, ferner in Un-
garn und Nordamerika vorkommen.
Das Eiſen.
§. 105.
Das Eiſen iſt im Boden, wie wir ſchon beim Thon erwaͤhnten, haͤufig und inEiſengehalt
des Bodens.
verſchiedener Geſtalt enthalten.
Es findet ſich naͤmlich als ſaͤurefreies Oxyd in verſchiedenen Graden der Oxyda-
tion in weißer, gruͤner, ſchwarzer, rother Farbe, mit der Thonerde gemengt und inni-
ger damit verbunden, und iſt die Urſach der verſchiedenen Farbe alles Thons. Wir
koͤnnen bis jetzt noch nichts beſtimmtes daruͤber angeben, ob und welchen Einfluß es
auf die Vegetation und Guͤte des Bodens habe. Der Oxydationsgrad ſcheint nach
allen Beobachtungen keine Verſchiedenheit zu machen, und deshalb iſt die Farbe des
Bodens, in ſofern ſie von ſelbigen abhaͤngt, gleichguͤltig.
Ferner finden wir kohlenſaures Eiſenoxyd in manchen Lehmarten. Auch dieſes
ſcheint gleichguͤltig, wenigſtens unſchaͤdlich. Durch Uebergießung mit ſtaͤrkern Saͤu-
ren entweicht die Kohlenſaͤure mit Aufbrauſen, eben ſo wie die aus dem Kalke, und
deshalb iſt dieſes Aufbrauſen, welches manche als ein ſicheres Zeichen des Kalk- oder
Mergelhalts angenommen haben, truͤglich.
Endlich finden wir das Eiſen mit Schwefel- und Phosphorſaͤure verbunden im
Boden, jedoch minder haͤufig. Mit der erſtern macht es die Subſtanz, die man
gewoͤhnlich Vitriol nennt, und den Boden, worin es ſich findet, deshalb Vitriol-
ſchen Boden. Dieſe Materie findet ſich nur da, wo Schwefelkieſe vorhanden ſind,
Zweiter Theil. O
[106]Das Eiſen.
durch deren Verwitterung ſich die Saͤure erzeugt und mit dem Eiſen verbindet. Zu-
weilen kommt ſie in feuchtliegendem Thone vor, am haͤufigſten aber doch nur in tor-
figten Mooren, aus denen zuweilen der Eiſenvitriol mit Vortheil gezogen werden
kann. In groͤßerer Menge iſt ſie der Vegetation nachtheilig und toͤdtlich; in geringe-
rer Menge aber hat ſie nach aͤltern und neuen Erfahrungen eine fruchtbringende Eigen-
ſchaft, insbeſondere wenn ſie mit kohlenſtoffhaltigen Materien, mit Erd- oder
Braunkohle, verbunden iſt. Vergl. Annalen des Ackerbaues 1809, Auguſt- und
Septemberſtuͤck, Seite 164, und Oktober- und Novemberſtuͤck, Seite 455. Hier-
uͤber Mehreres in der Lehre von der Duͤngung.
Mit der Phosphorſaͤure verbunden finden wir das Eiſen gewoͤhnlich in der Ma-
terie, die man Ur-, Ortſtein- oder Wieſenerz nennt, und deren wir ſchon unter den
Thonarten erwaͤhnt haben. Sie verwittert und vermengt ſich zuweilen mit der Acker-
krume, wo ſie jedoch, der Luft ausgeſetzt, ihre der Vegetation toͤdtliche Eigenſchaft
allmaͤhlig zu verlieren ſcheint. Ein Erdboden, wo ſich der Ortſtein flach unter der
Oberflaͤche findet, gehoͤrt allemal zu den ſchlechteſten und unbrauchbarſten.
§. 106.
Braunſtein.Wir erwaͤhnen noch des Manganesoxyds oder Braunſteins, der oft
einen, obwohl geringen Beſtandtheil der Ackerkrume ausmacht, ſich auch gewoͤhnlich
in den Pflanzen und Thieren befindet. Man hat von ſelbigen noch keinen Einfluß
auf die Vegetation bemerkt.
§. 107.
Dies ſind die beſtaͤndigen unveraͤnderlichen, unerſchoͤpflichen und unverbrennli-
chen Beſtandtheile des Erdbodens, welche nach ihrer quantitativen Vermengung die
Verſchiedenheit des Bodens bildet, worauf wir in der Folge zuruͤckkommen werden,
wenn wir nun erſt einen andern Beſtandtheil jedes fruchtbaren Bodens, wovon deſſen
Fruchtbarkeit abhaͤngt, und welcher eigentlich nur die Nahrung der Pflanzen, in ſo-
fern ſie aus dem Boden gezogen wird, ausmacht, werden betrachtet haben.
Dies iſt:
[107]Beſtandtheile des Bodens.
Der Humus.
§. 108.
Der ſonſt gewoͤhnliche Name fuͤr dieſe Subſtanz iſt Dammerde. DieſerBegriff des
Worts Hu-
mus.
Ausdruck iſt von vielen mißverſtanden worden, da man ſich darunter die gemengte
Ackererde dachte, und nicht dieſen beſonderen Beſtandtheil derſelben. Dies iſt ſogar
von einigen wiſſenſchaftlichen agronomiſchen Schriftſtellern geſchehen, und dadurch
die Verwirrung in dieſer Lehre noch ſtaͤrker vermehrt worden. Ich habe deshalb jenen
Namen dafuͤr eingefuͤhrt, der ſehr beſtimmt den Begriff ausdruͤckt. Ueberhaupt paßt
als wiſſenſchaftliche Benennung der Ausdruck Erde nicht. Er iſt eigentlich keine
Erde, ſondern bloß ſeiner pulverfoͤrmigen Subſtanz wegen ſo genannt worden.
§. 109.
Der Humus macht einen mehr oder minder großen Beſtandtheil des BodensEigenſchaften
des Humus.
aus. Die Fruchtbarkeit des Bodens haͤngt eigentlich ganz von ihm ab, denn außer
dem Waſſer iſt er es allein, was den Pflanzen im Boden Nahrung giebt. Er iſt
der Ruͤckſtand der vegetabiliſchen und thieriſchen Faͤulniß, ein ſchwarzes, iſt es trok-
ken, ſtaubiges, iſt es feucht, ſanft und fettig anzufuͤhlendes Pulver. Er iſt zwar
nach Verſchiedenheit der Koͤrper, woraus er entſtand, und nach den Umſtaͤnden, un-
ter welchen die Faͤulniß oder Verweſung derſelben vor ſich ging, verſchieden, hat aber
doch gewiſſe allgemeine Eigenſchaften, und iſt ſich im Weſentlichen gleich. Er iſt
ein Gebilde der organiſchen Kraft, eine Verbindung von Kohlenſtoff, Hydrogen,
Azot und Oxygen, wie ſie von den unorganiſchen Naturkraͤften nicht hervorgebracht
werden kann, indem jene Stoffe in der todten Natur nur paarweiſe Verbindungen
eingehen. Jenen allgemein verbreiteten Stoffen geſellen ſich im Humus noch einige
andere in geringerer Menge bei, Phosphor, Schwefel, etwas wirkliche Erde, und
zuweilen verſchiedene Salze.
So wie der Humus eine Erzeugung des Lebens iſt, ſo iſt er auch die Bedingung
des Lebens. Er giebt die Nahrung dem Organismus. Ohne ihn laͤßt ſich daher
kein individuelles Leben, wenigſtens der vollkommnern Thiere und Pflanzen, auf dem
Erdboden denken. Alſo war Ted und Zerſtoͤrung zur Erhaltung und Hervorbvingung
neues Lebens durchaus nothwendig. Je mehr Leben da iſt, um ſo mehr erzeugt ſich
Humus, und je mehr Humus ſich erzeugt hat, um deſto mehr iſt Nahrung des Le-
O 2
[108]Beſtandtheile des Bodens.
bensorgans vorhanden. Jede organiſche Natur eignet ſich waͤhrend ihres Lebens im-
mer mehrere rohe Naturſtoffe an, und verarbeitet ſie am Ende zu Humus, ſo daß
dieſe Materie ſich um ſo ſtaͤrker vermehrt, je Menſchen- und Thierreicher eine Gegend
iſt, und je groͤßere Produktion man aus dem Boden zu ziehen ſucht; vorausgeſetzt,
daß man ſie nicht muthwillig durch das Waſſer in den Ocean fortfuͤhren oder durch
Feuer zerſtoͤren laͤßt. Wir koͤnnen die Geſchichte des Humus von Anbeginn der Welt
ſtudieren, wenn wir nur die Fortſchritte der Vegetation auf kahlen Felſen betrachten.
Erſt erzeugen ſich Flechten und Mooſe, in deren Moder vollkommnere Pflanzen
Nahrung finden, die durch ihre Verweſung immer die Maſſe deſſelben vermehren,
und ſomit endlich ein Lager von Humus hervorbringen, worin die ſtaͤrkſten Baͤume
wachſen koͤnnen.
Die Dammerde, fagt Voigt im Anhange zu Sauſſures Unterſuchungen
der Vegetation ſehr ſchoͤn, iſt das zum Theil entmiſchte, aber nicht gaͤnzlich deſorga-
niſirte Vegetabil. Sie bildet eine große allgemeine Pflanze ohne Organiſation, und
traͤgt die andern Pflanzen nur auf ſich, und naͤhret ſie, wie eine Knoſpe vom Stamme
getragen und ernaͤhret wird, oder wie ein Kaktustrieb auf Koſten des alten Blatt-
aſtes. Die Dammerde beſteht aus vegetabiliſchen Subſtanzen, kann alſo auch wie-
der darin verwandelt werden, und wird zu dieſer Abſicht oft ſorgfaͤltig vorbereitet.
§. 110.
Beſtandtheile.Der Humus iſt in der Qualitaͤt ſeiner Beſtandtheile denen Koͤrpern gleich, aus
welchen er entſtand. Allein im quantitativen Verhaͤltniſſe erleiden ſie eine Veraͤnde-
rung. Die Urſtoffe treten in eine andere Verbindung, ein Theil verfluͤchtigt ſich.
Der Humus hat nach Sauſſure weniger Oxygen, aber mehr Kohlenſtoff und
Azot, als die Gewaͤchſe, woraus er entſtand. Aber auch die Umſtaͤnde, unter wel-
chen ſich der Humus bildet, haben auf das quantitative Verhaͤltniß und die beſondere
Verbindungsart ſeiner elementariſchen Theile ohne Zweifel einen großen Einfluß.
Er iſt deshalb verſchieden, wenn er ſich unter der freien oder unter dem verſchloſſenen
Zutritt der Atmoſphaͤre bildet; verſchieden bei dem Zutritte von vielen Waſſer, oder
bei geringer Feuchtigkeit. Dies iſt ausgemacht; obgleich weder die Umſtaͤnde, die
auf die Bildung des Humus Einfluß haben, noch die Abweichungen, die ſich dabei
finden, ſchon genugſam unterſucht ſind.
[109]Beſtandtheile des Bodens.
§. 111.
Auch wenn ſich der Humus einmal gebildet hat, ſo iſt er noch keinesweges un-Verſchieden-
heit und Ver-
aͤnderlichkeit.
veraͤnderlich und nicht unzerſtoͤrbar. Er ſteht beſonders in beſtaͤndiger Wechſelwirkung
mit der atmoſphaͤriſchen Luft. Unter einer mit Queckſilber geſperrten Glocke zieht er
das Sauerſtoffgas maͤchtig an, theilt ihm Kohle mit, und verwandelt es in kohlen-
ſaures Gas. Iſt die Glocke mit Waſſer geſperrt, ſo entſteht ein leerer Raum, in
welchem das Waſſer eintritt, indem es das kohlenſaure Gas in ſich aufnimmt. Es
geht alſo mit dem Humus eine unmerkliche Verbrennung vor. Bei der vollkommnen
Holzkohle bemerken wir dieſes nicht. Es muß alſo von der beſondern Verbindung
des Kohlenſtoffs mit Hydrogen und Azot herruͤhren. Durch dieſe Erzeugung von
kohlenſaurem Gas wirkt der Humus wahrſcheinlich auf die Vegetation, auch vermit-
telſt des Bodens, beſonders wenn das Kraut der Pflanzen die Oberflaͤche ſtark be-
deckt, und dadurch die zu ſchnelle Entweichung der mit entwickeltem kohlenſauren Gas
angefuͤllten Luftſchicht hindert. Sauſſure fand, daß ſaftige halb vertrocknete Pflan-
zen ſich augenſcheinlich ſchneller erholten, wenn er ſie auf Humus oder auf einer mit
Humus angefuͤllten Erde legte, als wenn ſie auf einer andern magern feuchten Erde
lagen. Nach den unter der Glocke angeſtellten Verſuchen kann man berechnen, wie
ungeheuer groß die Menge von Kohlenſaͤure ſeyn muß, die ſich auf einem Morgen
von einem an Humus reichen Lande entwickelt.
§. 112.
Zugleich aber geht in dem Humus noch eine andere Veraͤnderung vor, die unsExtraktivſtoff
des Humus.
ebenfalls Sauſſure noch genauer kennen gelehrt hat. Es bildet ſich naͤmlich darin
eine gewiſſe im Waſſer aufloͤsliche Materie, die man Extraktivſtoff nennt.
Man ſcheidet dieſen Stoff aus, wenn man einen an der Luft gelegenen Humus meh-
rere Male auskocht, und dann die braune Bruͤhe verdunſten laͤßt, wo dieſer Stoff
dann als ein brauner und ſchwarzer Brei zuruͤckbleibt. Wenn durch wiederholte Ab-
kochung der Humus dieſes aufloͤslichen Stoffes faſt voͤllig beraubt ſcheint, man ihn
dann aber wieder eine Zeitlang der Beruͤhrung der Atmoſphaͤre ausſetzt, ſo erhaͤlt
man aufs neue mehreren Extraktivſtoff. Bewahrt man aber den Humus in ver-
ſchloſſenen Gefaͤßen auf, ſo erhaͤlt man keinen weiter. Der ſeines aufloͤslichen Ex-
trakts ſo beraubte Humus iſt nach Sauſſure minder fruchtbar, und enthaͤlt verhaͤltniß-
maͤßig weniger Kohle, als der nicht ausgekochte. Dieſen Extraktivſtoff, in Waſſer
[110]Beſtandtheile des Bodens.
verduͤnnt, ſah Sauſſure unmittelbar in die Wurzeln der Pflanzen uͤbergehen. Es
ſcheint alſo wohl diejenige Form zu ſeyn, in welcher naͤchſt der Kohlenſaͤure die Nah-
rung und insbeſondere der Kohlenſtoff den Pflanzen zugefuͤhrt wird. Ohne Ausko-
chung durch bloßes Preſſen erhaͤlt man wenig aus alten Humus. Aus friſch entſtan-
denen oder mit thieriſchen Miſte verſetzten, giebt er auch durch bloße Auspreſſung
mehr. An der Luſt veraͤndert ſich dieſer Extraktivſtoff. Auf ſeiner an der Luft ge-
ſtellten Aufloͤſung erzeugt ſich ein Haͤutchen, das, wenn die Aufloͤſung geſchuͤttelt
wird, in Flocken niederfaͤllt, worauf dann eine neue entſteht. Jener Niederſchlag iſt
nun im Waſſer unaufloͤslich geworden; wird aber wieder aufloͤslich, wenn ein Alkali
dazu kommt. Mancher Humus, den wir in der Natur finden, ſcheint zum großen
Theile aus ſolchem abgeſchiedenen, aber unaufloͤslich gewordenen Extraktivſtoff
zu beſtehen.
§. 113.
Wirkung der
Alkalien auf
den Humus.Die feuerbeſtaͤndigen Alkalien loͤſen aber den Humus faſt gaͤnzlich auf, ſo wie
auch jenen unaufloͤslich gewordenen Extraktivſtoff, und es entweicht waͤhrend ihrer
Einwirkung Ammonium. Dieſe Aufloͤſung wird durch Saͤuren zerſetzt, welche dar-
aus ein verbrennliches Pulver niederſchlagen, deſſen Menge im Verhaͤltniß zum Hu-
mus aber geringe iſt. Der Alkohol loͤſt den Humus nicht auf; er trennt nur wenig
Extraktivſtoff und Harz davon.
§. 114.
Aufloͤsbarkeit
und Vergaͤng-
lichkeit des
Humus.Der eigentlichen Faͤulniß iſt der Humus nicht empfaͤnglich, er ſcheint vielmehr
derſelben widerſtehend zu ſeyn. Denn der abgeſonderte Extraktivſtoff kann in fauligte
Gaͤhrung kommen; thut es aber nicht, ſo lange er mit den uͤbrigen Theilen des Hu-
mus verbunden iſt. Aber dennoch wird der Humus, durch Erzeugung der Kohlen-
ſaͤure und des Extraktivſtoffs, wenn er der Luft ausgeſetzt iſt, noch mehr aber durch
den Wachsthum der Pflanzen, wenn er dem Boden nicht durch Duͤngung wiederge-
geben wird, endlich voͤllig verzehrt. Waͤre das nicht, ſo muͤßte ſich der Humus zu
einer weit groͤßern Menge auf der Oberflaͤche des Erdbodens angehaͤuft haben, als
man ihn findet. „Die Zerſtoͤrbarkeit dieſer vegetabiliſchen Erde, ſagt Sauſſure der
„Aeltere, iſt eine Thatſache, die weiter keinen Einwurf leidet, und Ackerbauer,
„die durch oft wiederholtes Umpfluͤgen die Duͤngung erſetzen wollten, haben die trau-
„rige Erfahrung davon gemacht. Sie haben ihre Felder allmaͤhlig aͤrmer und durch
[111]Beſtandtheile des Bodens.
„die Zerſtoͤrung der Pflanzenerde unfruchtbar werden ſehn.“ Er bezieht ſich hier
wahrſcheinlich auf die Verſuche, die ſein Landsmann Chateauvieux mit der Thul-
liſchen Drillmethode, ohne Duͤnger, bei Genf machte, und die in du Hamels
traité sur la culture des terres ausfuͤhrlich beſchrieben ſind. Solche Beiſpiele
liegen uns aber taͤglich vor Augen. Nur indem wir einen Theil der auf dem Boden
erzogenen Pflanzen ihn im Duͤnger zuruͤckgeben, verhuͤten wir die Erſchoͤpfung des
Humus, indem er durch die Vegetation doch mehr erzeugt als verzehrt wird, ſo daß,
wenn alles, was auf dem Erdboden waͤchſt, auch darauf verfaulte, die Anhaͤufung
des Humus betraͤchtlich ſeyn wuͤrde; wie wir es auch in alten Waldungen und auf un-
bewohnten Flaͤchen, die eine der Vegetation guͤnſtige Lage haben, wirklich vorfinden.
§. 115.
Nach den Grunderden, womit ſich der Humus vermiſcht, verhaͤlt er ſich ver-Verbindung
mit dem
Thone.
ſchieden, und aͤußert verſchiedene Wirkungen. Der Thon haͤlt vermoͤge ſeiner Zaͤhig-
keit die mit ihm vermiſchten und zertheilten Partikeln des Humus an, und ſichert ſie
mehr gegen die Einwirkung der atmoſphaͤriſchen Luft, folglich gegen die Zerſetzung.
Deshalb, und weil die Pflanzen ihre Wurzeln im Thon nicht ſo frei und nach allen
Seiten hin ausdehnen koͤnnen, muß der Thon mit vielem Humus durchdrungen ſeyn,
ſoll er fruchtbar ſich zeigen. Er bedarf deswegen einer ſehr reichlichen Duͤngung,
wenn er erſt in Kultur gebracht werden ſoll, und von Natur wenig Humus enthielt.
Iſt er aber einmal damit geſchwaͤngert und ganz durchdrungen, ſo bleibt er um ſo
laͤnger fruchtbar, ohne einer neuen Duͤngung zu beduͤrfen. Der Thon ſcheint ſich
aber auch innig und chemiſch mit dem Humus zu vereinigen, ſo daß dieſer gewiſſerma-
ßen ſeine Eigenſchaften, insbeſondere ſeine ſchwarze Farbe verliert. Wir haben Thon-
arten unterſucht, die faſt ganz weiß waren, und bei welchen man auch kein andres
Merkmal von Humus antraf. Beim Gluͤhen aber wurden ſie ſchwarz, und gaben
auch mehrere Merkmale des Gehalts von hydrogeniſirten Kohlenſtoff an. Beim
fernern Gluͤhen verſchwand die ſchwarze Farbe, und ſie hatten ſehr merklich an Ge-
wicht verloren. Es iſt gar nicht ſelten, daß der angeſchwemmte Boden in den Mar-
ſchen und Niederungen ganz weiß ausſieht; aber ſeine hohe Fruchtbarkeit laͤßt doch auf
einen ſtarken Gehalt von Humus oder von den Stoffen, woraus er beſteht, ſchließen.
In ſolchen aufgeſchwemmten Boden findet man den Humus faſt immer am innigſten
[112]Beſtandtheile des Bodens.
und ſtaͤrkſten mit dem Thone verbunden, weil er als Schlamm mit dem Thone ge-
miſcht, von dem Waſſer daſelbſt abgeſetzt wurde.
§. 116.
Verhalten ge-
gen den Sand.Dem Sande kann man bloß eine mechaniſch- Wirkung zum Humus beimeſſen.
Wegen ſeiner Lockerheit geſtattet er der atmoſphaͤriſchen Luft freien Zutritt zu allen
Partikeln des Humus, beguͤnſtigt alſo die Abſcheidung des Kohlenſtoffs als Kohlen-
ſaͤure und Extraktivſtoff, und zerſetzt alſo den Humus ſchneller. Wenn es mit dem
Sande genugſam vermiſchten Humus nicht an Feuchtigkeit fehlt, ſo iſt dieſer Boden
ungemein fruchtbar. Aber ſeine Fruchtbarkeit wird auch ſchnell erſchoͤpft, weil der
Humus zerſetzt wird. Man findet hier im Oderbruche ſolche Stellen, wo auf dem
Sande, den die Stroͤmungen des Waſſers angehaͤuft hatten, ſich vor zehn oder
zwoͤlf Jahren noch eine ſtarke Lage von Humus befand, die ſich aber zuſehends erſchoͤpft
hat, ſo daß man jetzt nur klaren weißen Flugſand darauf ſieht. Es iſt ſonderbar,
daß auch dieſe ganz unfruchtbaren Stellen im Fruͤhjahr mit ſchoͤnen gruͤnen Raſen
ſich uͤberziehen. Dies iſt nicht anders zu erklaͤren, als von der Menge des kohlen-
ſauren Gas, was ſich dort erzeugt. Dagegen verbeſſert ſich daſelbſt der mit zu vielem
Humus vermiſchte Boden durch laͤngere Beackerung. Wird hier mit loſen ſchwam-
migen Humus, der ſich ohne Beintiſchung von Grunderden angehaͤuft hat, Sand
vermengt, ſo verbeſſert ihn dies ſehr. Der Sand preßt ihn zuſammen, ſo daß er
nicht ſo ſchwammig bleibt, nicht zu viele Feuchtigkeit anzieht, und auch den Pflan-
zenwurzeln mehr Haltung und Feſtigkeit giebt. Dies iſt der Fall, wo man mit Sand
duͤngen kann, und große Wirkung davon ſieht, groͤßer als ſelbſt vom aufgefahrnen
Miſte. Auch den ſauren Humus und den Torf zerſetzt der Sand, oder vielmehr er
wird durch die Beihuͤlfe des Sandes von der uͤbermaͤßigen Naͤſſe befreit, und dann
von der Atmoſphaͤre zerſetzt.
§. 117.
Veraͤnderung,
welche der
Humus durch
Entziehung
der Luft er-
leidet.Anders wie der an der Luft gelegene, verhaͤlt ſich derjenige Humus, welcher
der Einwirkung derſelben lange entzogen iſt, es ſey, daß er in tieferer Lage durch ſeine
obere Schicht ſelbſt, oder durch andere Erde oder durch Waſſer bedeckt wurde. Ge-
nugſam iſt dieſer Zuſtand noch nicht unterſucht, und wir koͤnnen uͤber das Eigen-
thuͤmliche der Veraͤnderungen, die mit ſolchem, der Luft entzogenen Humus, vorge-
hen
[113]Beſtandtheile des Bodens.
nur mit Wahrſcheinlichkeit reden. Er beſitzt aber beſondere Eigenſchaften, ſelbſt
dann, wenn er keine Saͤure hat.
Wir finden ſolchen Humus oft in Sinken und Niederungen, beſonders neben
Waͤldern angehaͤuft. Das aus den hoͤheren Stellen hier zuſammenfließende Waſſer,
nahm allerlei Vegetabilien und ſelbſt ſchon gebildeten Humus mit ſich fort, und ſetzte
ihn hier ab, wo er dann oft maͤchtige Lager bildet. Er iſt allerdings faſt immer mit
Grunderden vermengt, die von der Art ſind, woraus die umliegende Gegend beſteht.
Solcher Humus, wenigſtens der tiefer liegende, iſt vom Zutritte der Luft ausge-
ſchloſſen geweſen, hat ſich alſo auf eine ganz andere Weiſe in ſich ſelbſt zerſetzt, und
andere Materien in ſich erzeugt. Die Erzeugung der Kohlenſaͤure und des Extraktiv-
ſtoffs findet hoͤchſt wahrſcheinlich ohne Zutritt der Luft nicht ſtatt. Vermuthlich geht
ein Theil Hydrogen mit einem Theile Oxygen zu Waſſer zuſammen. Ein anderer
Theil von Hydrogen loͤſt dagegen Kohlenſtoff, und entweicht damit als gekohltes
Hydrogengas. Beſtimmt wird der Kohlenſtoff dieſem Humus in geringerer Menge,
wie die uͤbrigen Elemente, entriſſen. Es tritt alſo gerade der entgegengeſetzte Fall
ein, wie bei dem, der an der freien Luft lag.
Je laͤnger der Humus alſo bedeckt liegt, deſto mehr muß der Kohlenſtoff in ihm an-
wachſen, und er alſo eine Art von langſamer Verkohlung erleiden. Die tiefer liegen-
den Schichten dieſes Humus, welche fruͤher entſtanden und aͤlter ſind, wie die hoͤher
liegenden, haben daher ein mehr kohlenartiges Anſehn, ſind ſchwaͤrzer und kompak-
ter, und geben beim Brennen mehr Kohle, wie die hoͤher liegenden. Wenn aber
die Kohle nur in ihrer Verbindung mit Hydrogen aufloͤslich bleibt, ſo iſt ein ſolcher
Humus ſchwer zerſetzbar, und daher wenig wirkſam, bis er nach laͤngerer Luftausſe-
tzung ſeine Natur wieder veraͤndert hat. Durch Vermengung mit friſchem, viel Am-
monium ausduͤnſtenden Miſt, wird er, wie die Erfahrung lehrt, ſchneller wirkſam,
und oft verſpuͤrt man die Wirkung der Auffuͤhrung eines ſolchen Humus auf den Acker
nicht eher, als bis derſelbe eine Miſtduͤngung erhaͤlt.
Aber auch der Kalk befoͤrdert ſeine Zerſetzbarkeit ſehr, und oft iſt man im Stande,
dieſe Miſchung um ſo leichter zu bewirken, wenn man unter ſolchem Moder eine Schicht
von erdigen, aus Muſcheln entſtandenen Kalk antrifft; wie dies haͤufig der Fall iſt.
Faſt eine gleiche Bewandniß hat es mit dem Humus oder Moder, der unter Waſſer
gelegen hat. Steht das Waſſer nicht hoch uͤber denſelben, und trocknet von Zeit zu
Zweiter Theil. P
[114]Beſtandtheile des Bodens.
Zeit aus, ſo daß er in Beruͤhrung mit der Luft kommt, ſo iſt ein ſolcher Moder weit
ſchneller wirkſam, wie der, welcher tief unter Waſſer gelegen hat.
§. 118.
Entſtehung
der Saͤuren
im Humus bei
der Naͤſſe.Wenn der Humus immer feucht, jedoch nicht ganz mit Waſſer bedeckt liegt,
ſo erzeugt ſich in demſelben eine Saͤure, die ſchon dem Geſchmacke ſehr auffallend iſt,
ſich aber noch deutlicher durch das Roͤthen des Lakmuspapiers offenbart. Man hat
dies ſchon lange gewußt, und daher ſolche Wieſen und Gruͤnde mit Recht ſauer ge-
nannt, obwohl dieſer Ausdruck haͤufig gemißbraucht ward. Wir haben aber wohl
die Sache zuerſt genauer unterſucht, und die eigenthuͤmliche Beſchaffenheit dieſer
Saͤure erforſcht, die wir anfangs fuͤr eine Saͤure beſonderer Art, deren Baſis Koh-
lenſtoff ſei, zu halten verleitet wurden. Sie iſt aber mehrentheils Eſſig, zuweilen
auch Phosphorſaͤure, die ſich ſonderbar feſt an den Humus haͤnget, ſo daß man ſie
nicht abwaſchen und ſelbſt durch das Kochen nicht davon trennen kann. Die Fluͤſſig-
keit, womit der Humus gekocht iſt, bekommt zwar einen ſaͤuerlichen Geſchmack, aber
der groͤßte Theil der Saͤure bleibt an jenem hangen. Was das Waſſer ſonſt noch
aufgeloͤſt hat, beſteht in einer geringen Menge von einer braunen, im trocknen Zu-
ſtande ſproͤden Materie, die aber von dem Extraktivſtoffe des gewoͤhnlichen Humus
ſehr verſchieden iſt, und nicht die [Eigenſchaften] beſitzt, ſich beim Zutritt der Luft aus
dem Waſſer niederzuſchlagen. Dagegen fuͤhrt dieſer ſaure Humus eine große Menge
von unaufloͤslichen Extraktivſtoffen, und zuweilen beſteht der groͤßte Theil ſeines Ge-
wichts daraus. Wenn er daher mit einer alkaliſchen Lauge digerirt wird, ſo wird die
Lauge dunkelbraun, ſogar von vieler aufgeloͤſten Subſtanz dickfluͤſſig. Wird zu der
Lauge dann eine Saͤure geſchuͤttet, ſo ſchlaͤgt ſich der Extraktivſtoff in dunkelbraunen
Flocken nieder, und nimmt, was merkwuͤrdig iſt, wenn man nur etwas mehr Saͤure,
als zur Neutraliſirung des Alkali noͤthig iſt, hinzuſetzt, die Eſſig- und Phosphor-
ſaͤure wieder in ſich auf, ſo daß er eben ſo ſauer bleibt, wie er vorher war. Iſt aber
gerade nur ſo viel Saͤure, als noͤthig iſt das Alkali abzuſtumpfen, hinzugeſetzt, ſo
bleiben die Saͤuren am Alkali gebunden in der Fluͤſſigkeit zuruͤck, und der Extraktiv-
ſtoff iſt dann nicht mehr ſauer. Dieſer ſaure Humus enthaͤlt Ammonium, welcher
vorher an der Saͤure gebunden durch einen ſtechenden Geruch ſehr merklich wird, wenn
man die Aufloͤſung mit Alkalien behandelt.
[115]Beſtandtheile des Bodens.
§. 119.
Dieſer ſaure Humus iſt unfruchtbar, und der Vegetation nachtheilig. WennSaurer Hu-
mus.
die Saͤure ſtark iſt, und den ſaͤmmtlichen Humus durchdrungen hat, ſo koͤnnen nur
gewiſſe wenig nutzbare Graͤſer darauf fortkommen; die Riedgraͤſer, Carices, die
Binſen, Junci, Dunggras, Eriophorum u. ſ. w. Dieſe, vorzuͤglich die Bin-
ſen ſind ſeine gewoͤhnliche und eigenthuͤmliche Bewohner, und wo man ſie findet, kann
man mit Sicherheit annehmen, daß der Boden vielen ſauren Humus enthalte.
Wenn wir aber den Boden nur trocken legen, und von der ſchaͤdlichen Feuchtig-
keit, welche die Entſtehung der Saͤuren beguͤnſtigte, befreien koͤnnen, ſo haben wir
Mittel, ihm dieſe ſchaͤdliche Eigenſchaft zu benehmen, und ihn in fruchtbaren Humus
zu verwandeln. Wir finden dann in ihm einen von der Natur uns aufbewahrten Schatz
von vegetabiliſchen Nahrungsſtoffen, den wir auf das Vortheilhafteſte auf der Stelle
ſelbſt, oder indem wir ihn als Duͤnger auf andere Felder fuͤhren, benutzen koͤnnen.
Wir wiſſen naͤmlich, daß er durch Alkali, Aſche, Kalk und Mergel von ſeiner
Saͤure befreit, und ſchnell aufloͤslich gemacht werde. Wenn wir aber auch dieſe
Materien nicht anwenden koͤnnen, ſo koͤnnen wir doch aus ihm ſelbſt ein wirkſames
Gegenmittel bereiten, indem wir ihn naͤmlich brennen. Es wird dadurch nicht nur
aus ihm ſelbſt das ſo wohlthaͤtige Kali und Kalk erzeugt, ſondern es hat auch das
Feuer an ſich das Vermoͤgen, ſeine Saͤure groͤßtentheils zu vertilgen, weswegen
das Raſenbrennen am vortheilhafteſten auf ſolchem Boden angewandt wird.
§. 120.
Ein aͤhnlicher Humus erzeugt ſich aus Gewaͤchſen, die vielen Gerbeſtoff oder dochAdſtringiren-
der Humus.
etwas aͤhnliches enthalten, beſonders aus dem Heidekraut, ſelbſt an trocknen Orten.
Man findet da, wo ſich dieſe in Familien lebenden Pflanzen eingewuchert haben, oft
eine ganz ſchwarze Erde, woran zuweilen freilich das Eiſen einigen Antheil hat, die
aber doch aus vielem Humus, der aber ganz unaufloͤslich iſt, beſteht. Dieſer Humus
beguͤnſtigt nur die Vegetation derjenigen Gewaͤchſe, woraus er entſtand, und dieſe Ge-
waͤchſe gedeihen nur, wo ſie ihn vorfinden. Das Heidekraut iſt ſehr ſchwer fortzubrin-
gen, wo ſich dieſer Humus nicht erzeugt hat. Wo er iſt, laͤßt es wenig andere Pflanzen
aufkommen. Durch Mergel, Kalk und Ammonium enthaltenden Miſt kann dieſer
Humus umgewandelt werden, und ſomit wird dann auch jenes Heidekraut vertilgt.
P 2
[116]Beſtandtheile des Bodens.
Auch das Brennen leiſtet einige Dienſte; nur kann das Feuer ſelten ſtark genug
unterhalten werden.
Ein aͤhnlicher Humus entſteht aus dem Laube einiger Baͤume, beſonders der
Eichen, wenn er bei ſeiner Faulung nicht mit kraͤftigen thieriſchen Miſt oder Kalk und
Alkalien verſetzt wird. Allmaͤhlig verliert dieſer Humus jedoch ſeine ſchaͤdliche Eigen-
ſchaft an der Luft, und wird endlich zu milden Humus, aber ſpaͤter wirkſam.
§. 121.
Verſchieden-
heit des durch
Faͤulniß und
durch Verwit-
terung ent-
ſtandenen Hu-
mus.Auch ſcheint bei friſch entſtandenem Humus ein erheblicher Unterſchied obzuwal-
ten, zwiſchen den, der der Ruͤckſtand einer vollkommnen Faͤulniß iſt, und den, der
nur vermoderte, weil ihm die Bedingungen der Faͤulniß, Waͤrme und Feuchtigkeit
fehlten, wo aber ein deſto freierer Zutritt der Luft ſtatt fand. Genau iſt dieſe Ver-
ſchiedenheit noch nicht unterſucht. Indeſſen ſcheint jener offenbar weniger Kohle zu
enthalten, und glimmt nur, wenn er entzuͤndet wird; dieſer iſt ſchwaͤrzer, hat mehr
Kohle, brennet deshalb lebhafter, und macht mehr Waͤrmeſtoff frei. Die meiſten
Verſuche, welche insbeſondere Sauſſure mit dem Humus anſtellte, ſind mit je-
nem vorgenommen, indem man ihn aus Weiden und andern modernden Baͤumen
am bequemſten und reinſten ſammeln konnte. Man findet oft in vormaligen Bruͤchern,
welche abgewaͤſſert worden, einen dem vermoderten Holze ſehr aͤhnlichen Humus, der
den Hauptbeſtandtheil des Bodens bis zu einer Tiefe von 1½ bis 2 Fuß ausmacht.
Ein ſolcher an Nahrungsſtoff ſo reicher Boden iſt dennoch beim Ackerbau ſehr miß-
lich, und insbeſondere fuͤr die Cerealien wenig geeignet. Ob dieſes allein von der zu
großen Loſigkeit des Bodens, oder von einer beſonderen Qualitaͤt des Humus her-
ruͤhre, iſt mir noch zweifelhaft, und wir ſtellen gegenwaͤrtig Verſuche daruͤber an.
Seine Aehnlichkeit mit dem Moder der Weidenbaͤume beſtaͤtigt uns auf die Bemer-
kung, daß das Cerastium vulgatum ſolche Stellen vor allen andern Pflanzen
uͤberzieht.
§. 122.
Thieriſcher
und vegetabi-
liſcher Hu-
mus.Endlich unterſcheidet ſich der Humus, insbeſondere der friſchere, je nachdem er
mehr aus der Faͤulniß vegetabiliſcher oder thieriſcher Koͤrper entſtanden iſt, ſehr merk-
lich. Der letztere hat mehr Azot, mehr Schwefel und Phosphorſtoff beigemiſcht,
welches man bei dem Verbrennen aus dem Geruche, der dem verbrannter thieriſcher
Koͤrper gleich kommt, ſchon ſehr deutlich bemerken kann.
[117]Beſtandtheile des Bodens.
Es bedarf noch genauerer pneumatiſcher Unterſuchungen des Humus, um die
Verhaͤltniſſe der Beſtandtheile in den verſchiedenen Arten zu beſtimmen.
Der Torf.
§. 123.
Auch der Torf iſt eine Art von Humus. Ueber die Entſtehung des Torfs, undEntſtehung
des Torfes.
das was er ſey, hat man ſehr verſchiedene Meinungen gehabt. Vormals hielt man
ihn fuͤr mineraliſchen oder doch halb mineraliſchen Urſprungs. Denn man glaubte,
daß er eine zuſammengehaͤufte Maſſe und von erdharzigen Theilen durchdrungen ſey.
Indeſſen iſt dieſe Meinung laͤngſt aufgegeben worden. Man trifft zwar Torfarten
mit Erdharzen geſchwaͤngert an, aber man hat auch ſolchen, der keine Spur davon
enthaͤlt. Und waͤre auch Erdharz darin, ſo iſt es wohl erwieſen, daß ſelbſt das
Erdharz vergetabiliſchen Urſprungs ſey.
Der Torf alſo iſt nichts anders, als eine zuſammengehaͤufte, von mehr oder
minder verweſten Pflanzentheilen entſtandene Materie. Er entſteht an niedrigen
feuchten Stellen, wo gewiſſe, der Faͤulniß mehr widerſtehende Graͤſer und Laubmooſe
wachſen, und ſich ſo daſelbſt anhaͤufen. Dann aus andern Theilen, welche das her-
beifließende Waſſer an der Stelle anſchwemmt. Alles haͤuft ſich uͤbereinander, das
Vegetabiliſche geht in Verweſung uͤber, verliert, je laͤnger es liegt, ſein organiſches
Gewebe immer mehr, und wird zu einer kompakten ſchwammigen Maſſe zuſammen-
geballt. Wenn die Verweſung ſo weit gediehen iſt, daß das organiſche Gewebe
ganz zerſtoͤrt worden, ſo iſt der Torf weiter nichts als ein Humus, und zwar ein
ſaurer. Denn jeder Humus, wenn er nur einigen Zuſammenhang hat, und nicht
zuviel mit Grunderden vermengt iſt, laͤßt ſich als Torf benutzen und brennen. Die
Pflanzen, woraus der Torf ſich bildet und gewiſſermaßen waͤchſt, ſind lauter ſolche,
die einen feuchten Standort haben. Die Riedgraͤſer (Carices), die Dunggraͤſer
(Eriophorum), der Porſch (Ledum palustre), und vorzuͤglich das Torfmoos
(Sphagnum palustre), ſind alle in ihm verwebt. Indeſſen hat man dem Torfmooſe
einen vorzuͤglichen Antheil an dieſer Erzeugung des Torfs bisher zugeſchrieben und es
iſt wohl gewiß, daß es einen großen Theil zur Bildung des Torfs hergiebt. Van
Marum, der hollaͤndiſche verdienſtvolle Naturforſcher, haͤlt indeſſen noch eine andere
Pflanze, die Converva rivularis fuͤr die Hauptmutter des Torfes, ſo daß er ſogar
[118]Der Torf.
der Meinung iſt, man koͤnne Torf erzeugen und pflanzen, wenn man dieſe Pflanze nur an
einer feuchten Stelle einheimiſch mache. Vergl. Hermbſtaͤdts Archiv, Bd. 1. S. 420.
Die Umſtaͤnde koͤnnen ſehr verſchieden ſeyn, unter welchen der Torf entſteht.
Die Lage des Bodens gegen die rund umher liegenden Gegend, beſonders gegen den
benachbarten Waſſerſpiegel und der hiervon abhaͤngenden Feuchtigkeitszuſtand, dann
auch die Beſchaffenheit der Pflanzen, woraus der Torf entſteht, und endlich die Be-
ſchaffenheit des Untergrundes koͤnnen an verſchiedenen Orten ſehr von einander abwei-
chen, und hierdurch wird wohl die mannigfaltige Verſchiedenheit hervorgebracht, die
wir am Torfe bemerken. Wir finden den Torf an deni einen Orte, wo alles der
ſchnellern Verweſung guͤnſtig war, als eine homogene, ſchwere und ſchwarze Maſſe.
An anderen, wo die Verweſung nur langſam vor ſich gehen konnte, als eine loſe
leichte Maſſe, in der man noch ſehr viele Faſern von unzerſtoͤrten Pflanzen findet, oder
die faſt ganz aus ſolchen beſtehet. Zuweilen hat ſich auch wirklich Erdharz, durch ei-
nen beſonderen noch nicht genugſam bekannten Verweſungsprozeß darin erzeugt.
Es giebt noch viele andere Abweichungen bei dem Torfe, die mehr oder weniger in
die Augen fallend ſind, und zum Theil ſich nur bei einer genauern Analyſe zeigen.
Der Torf ſelbſt iſt in einem und demſelben Lager verſchieden. Oben findet man ge-
meiniglich einen loſen faſrigen Torf, weiter unten iſt er weniger faſrig, und je tiefer
man kommt, je kompakter, feſter, ſchwerer und ſchwarzer wird die Maſſe. Dies
laͤßt ſich leicht erklaͤren. Der Torf entſteht nicht [auf] einmal, ſondern nach und nach
bildet ſich eine Lage uͤber die andere. Erſt wenn eine Generation von Pflanzen abge-
ſtorben iſt, waͤchſt auf ihren Ruͤckbleibſeln eine neue, und ſo erhebt ſich allmaͤhlig
das ganze Lager, die unten liegenden Schichten haben alſo ein hoͤheres Alter, wie
die obern, und in ihnen iſt die Verweſung ſchon weiter vorgeruͤckt. Da dieſe nun,
je weiter ſie geht, die Ruͤckbleibſel der Pflanzentheile immer in einen mehr kohlenarti-
gen Zuſtand verſetzt, ſo werden auch die untern Schichten mehr zerſtoͤrt, ſchwaͤrzer
und kohlenartiger ſeyn.
Wie ſich der
Torf vom Hu-
mus unter-
ſcheidet.Der Torf kommt dem Humus um ſo mehr gleich, je ſtaͤrker die Pflanzenfaſern
darin zerſetzt ſind. Nur iſt er von dem Humus, der ſich auf dem Acker, in Waͤldern
und an andern Stellen erzeugt, verſchieden, weil er unter andern Bedingungen ent-
ſteht. Der Humus, welcher durch die Verweſung vegetabiliſcher Koͤrper ſonſt ent-
ſteht, iſt keiner ſo anhaltenden Feuchtigkeit ausgeſetzt, wie der Torf. Auch wirken
[119]Der Torf.
auf ihn die Grunderden des Bodens, womit er ſich vermengt, die aber beim eigent-
lichen Torfe nicht vorhanden ſind. In den meiſten Faͤllen ſtimmt der Torf mit dem
ſauren Humus uͤberein, und oft hat er die Eigenſchaften des letztern ſo ſehr, daß
man ihn mit dieſem durchaus fuͤr eins halten muß.
Der Torf enthaͤlt naͤmlich mehrentheils, wie der ſaure Humus, Eſſigſaͤure,
Phosphorſaͤure und auch Ammonium. Wenn er aber auch nicht ſauer iſt, ſo beſitzt
er doch eine große Menge von unaufloͤslichen Extraktivſtoff, welcher durch Kali oder
Aſche aufloͤsbar wird. Zuweilen trifft man im Torfe Schwefelkies an, der ohne
Zweifel von außen, man kann nicht recht ausmachen wie, hineingekommen iſt.
Solcher Torf giebt beim Brennen einen ſchweflichten Geruch, und er wittert auch
zuweilen auf ſeiner Oberflaͤche ein tintenartig ſchmeckendes Salz aus, das aus ſchwe-
felſaurem Eiſen oder Vitriol beſteht.
So wie der Humus aus Kohlenſtoff, Hydrogen, Azot und Oxygen zuſammen-
geſetzt iſt, eben ſo machen auch dieſe Elemente die Beſtandtheile des Torfs aus.
Wenn man den Torf einer trocknen Diſtillation unterwirft, ſo erhaͤlt man eben die
Subſtanzen, die der Humus liefert, zwar in etwas verſchiedenen Verhaͤltniſſen, weil
der Kohlenſtoff im Torfe uͤberwiegender iſt. Indeſſen iſt nicht aller Torf gleich reich
an dieſem Stoffe. Je aͤlter er iſt, deſto mehr beſitzt er davon, und da von der
Menge des Kohlenſtoffs die Guͤte des Torfs zum Brennen abhaͤngt, ſo iſt ſolcher
alte, am meiſten Kohlenſtoff enthaltender, dazu der beſte. Der Torf kann durch trok-
kene Lage, durch Vermengung mit Alkali oder Kalk in Verweſung geſetzt, von ſeiner
Saͤure befreit, und in einen milden fruchtbaren Humus umgewandelt werden. Hie-
von ein mehreres in der Lehre von der Duͤngung.
§. 124.
Eine andere brennbare Subſtanz, die ſich zuweilen nicht tief unter der Ober-Die Braun-
kohle.
flaͤche des Bodens zuweilen unter den Torfmooren findet, iſt die Braun- und Erd-
kohle, oder das bituminoͤſe Holz. Es iſt dem Landwirthe nicht bloß als Brenn-
material, insbeſondere bei der Kalkbrennerey wichtig, ſondern es ſcheint auch einen
vorzuͤglich wirkſamen Duͤnger abzugeben, beſonders wenn es mit Schwefelkies und
Eiſen durchdrungen iſt, und dann durch die Verwitterung des erſtern Eiſenvitriol darin
erzeugt wird, das beſonders in dieſer Verbindung in geringem Maße auf den Acker
gebracht, duͤngend zu ſeyn ſcheint.
[120]Die Bodenarten.
Die Bodenarten, ihre Eigenſchaften, Werth und Benutzung,
in ſofern ſie aus den Gemengsverhaͤltniſſen der Beſtand-
theile der Ackerkrume hervorgehen.
§. 125.
Das Verhaͤlt-
niß der ver-
ſchiedenen Be-
ſtandtheile
macht die Bo-
denarten aus.Jede einzelne der vorerwaͤhnten Subſtanzen wuͤrde fuͤr ſich einen unfruchtbaren
oder doch zum Ackerbau untauglichen Boden ausmachen. Nur das moͤglich beſte
Verhaͤltniß ihrer Mengung giebt den moͤglich beſten Boden ab, und die unendliche
Verſchiedenheit in dieſen Verhaͤltniſſen bewirkt die unzaͤhlige Verſchiedenheit der Bo-
denarten, ſo daß ſich bei dieſen keine beſtimmte Abſchnitte oder Grenzen, ſondern nur
Uebergaͤnge angeben laſſen.
Man hat bisher die Bodenarten nach dem Grade ihrer Fruchtbarkeit, die man
an ihnen bemerkte, und nach den mehr oder minder edleren Fruͤchten, die ſie reich-
lich zu tragen vermochten, empiriſch abgetheilt; aber die Beſtimmung dieſer Boden-
arten iſt ſo mangelhaft gegeben, wie ſie ohne Kenntniß ihrer Beſtandtheile auch nur
gegeben werden kann. Wenn man dagegen eine Beſtimmung der Bodenarten nach
ihren Beſtandtheilen verſuchte, ſo ward auf den Grad ihrer Fruchtbarkeit und ihr
Verhalten beim Ackerbau zu wenig Ruͤckſicht genommen, und es wurden keine ge-
nauere Beobachtungen daruͤber angeſtellt oder wenigſtens nicht mitgetheilt. Wir
haben zuerſt mehrere hundert Arten von Ackerboden chemiſch unterſucht, und zugleich
uͤber ihr Verhalten beim Ackerbau und bei der Vegetation uns die moͤglichſt genauſten
Nachrichten, von jeder beſonders, zu verſchaffen geſucht. Die hieraus ſich erge-
benden Reſultate haben uns zwar in den Stand geſetzt, mit mehrerer Beſtimmtheit,
wie bisher geſchehen iſt, daruͤber etwas ſagen zu koͤnnen; aber dennoch ſind ſie bis
jetzt nicht zureichend, um die Sache ſo klar zu machen, und ſo uͤber alle Zweifel zu
erheben, wie es doch moͤglich zu ſeyn ſcheint, und wie es wahrſcheinlich in der Folge
geſchehen wird. Wenn man das Folgende alſo auch nur als einen erſten und daher
immer unvollkommnen Verſuch einer genauern Beſtimmung und Klaſſifikation der
Bodenarten anſehen kann, ſo halte ich ihn dennoch fuͤr verdienſtlich, inſofern er
die erſte Bahn bricht, auf welcher wir zu genauern Beſtimmungen gelangen
werden.
Bei
[121]Die Bodenarten.
Bei der Schaͤtzung der Bodenarten zuvoͤrderſt nach ihren Beſtandtheilen,
nehme ich eine Gleichheit ihrer uͤbrigen Verhaͤltniſſe, in Anſehung ihrer Lage,
ihres Feuchtigkeitzuſtandes, ihrer Tiefe, ihres Untergrundes u. ſ. f. an, und ſetze
voraus, daß ſie hierin einander gleich und fehlerfrey ſind. In der Folge werden
wir auf jene Eigenſchaften zuruͤckkommen, und ihren verſchiedenen Einfluß auf
die verſchiedenen Bodenarten wuͤrdigen.
§. 126.
Der Humus iſt wie oben geſagt diejenige Subſtanz, welche im ErdbodenVerhalten des
Humus im
Boden.
den Pflanzen die Nahrung giebt. Die Kraft oder der Reichthum des Bodens,
oder was man auch zuweilen ſeine Fettigkeit (obgleich darunter auch zuwei-
len die Beſchaffenheit des Thons verſtanden wird) nennt, haͤngt daher ledig-
lich von ihm und ſeinem Verhaͤltniſſe ab. Zugleich aber hat er auch phyſiſch, und
als unzerſetzter Koͤrper betrachtet, eine merkliche Einwirkung auf den Boden. Er
macht den thonigten Boden poroͤs, beguͤnſtigt die Einwirkung der Luft darauf-
befoͤrdert ſeine Muͤrbheit und ſein Zerfallen. Den Sand befeſtigt er, und haͤlt,
durch ſeine Vermengung mit ſelbigem die Feuchtigkeit mehr an, und zwar thut er
beides mehr, als er es fuͤr ſich allein thun wuͤrde, ſo daß der aus Humus und
Sand in gerechtem Verhaͤltniſſe gemengte Boden mehr gebunden und Feuchtig-
keit haltend iſt, als wenn einer dieſer Beſtandtheile zu ſehr uͤberwoͤge. Den
uͤberreichen Kalkboden kuͤhlt er, wie man zu ſagen pflegt, macht ihn milder und
weniger reizend, befeſtigt ſeine Conſiſtenz, und haͤlt auch in ihm die Verdunſtung
der Feuchtigkeit mehr zuruͤck.
Indeſſen kann dieſe fruchtbare Subſtanz auch in uͤbergroßer Menge im Bo-
den vorhanden ſeyn, ſo daß dieſer dadurch zu loſe und zu ſchwammig wird, und
den Pflanzenwurzeln nicht die noͤthige feſte Haltung giebt. Er ſaugt in dieſem
Uebermaße die Feuchtigkeit wie ein Schwamm begierig ein, wird davon bei naſſer
Witterung uͤberfuͤllt, und faſt moraſtig, ſo daß die Pflanzen alles Uebel erleiden,
was eine uͤbermaͤßige Naͤſſe ihnen verurſacht, davon krank werden und abſterben.
Bei der Duͤrre laͤßt er dagegen die Feuchtigkeit durch ſtarke Ansduͤnſtung leicht
fahren, und wird daher an der Oberflaͤche ganz duͤrre und ſtaubigt, ſo daß die da-
rin liegenden Samenkoͤrner nicht keimen koͤnnen, oder was noch ſchlimmer iſt,
im Keime wieder vertrocknen. Einige Zolle tiefer, wo ihn die Atmoſphaͤre nicht
Zweiter Theil. Q
[122]Die Bodenarten.
beruͤhrt, kann er dagegen noch ſo naß ſeyn, daß man aus einer Handvoll heraus-
gegriffener Erde das Waſſer tropfenweiſe herauspreſſen kann. Ein ſolcher mit
Humus uͤberfuͤllter Boden zieht ſich ferner bei jeder erheblichen Veraͤnderung der
Temperatur ſtark zuſammen, und blaͤht ſich wieder auf, wodurch die Pflanzen-
wurzeln loſe gemacht und in die Hoͤhe gezogen werden, ſo daß ſie oft kaum durch
die Spitzen ihrer Wurzeln mit dem Boden in Verbindung bleiben, ſondern oben
auf zu liegen kommen: weswegen ein ſolcher Boden ſich oft gar nicht zu Winte-
rungsſaaten paßt, ſondern allein zur Soͤmmerung, und manchmal auch nicht zur
Gerſte, ſondern nur zu dem zaͤheren Hafer benutzt werden kann. Er beguͤnſtigt
endlich manche Unkrautsarten weit mehr, wie die Cerealien, und jene nehmen
daher ſo ſehr in ihm uͤberhand, daß ſie dieſe erſticken.
Der an Humus, und ſelbſt an gutem milden Humus, uͤberreiche und her-
vorſtechende Boden iſt alſo keinesweges der nutzbarſte, obwohl man ihn
als Duͤngung zur Befruchtung eines andern Bodens gebrauchen koͤnnte.
Iſt er feucht, ſo iſt er mehr zu Wieſen geeignet, und giebt, wenn er anders
nicht ſumpfig wird, mit den zweckmaͤßigſten Graͤſern, dem Alopecurus praten-
sis, den groͤßeren Poa und Festuca-Arten beſtockt, den aller fruchtbarſten Wie-
ſengrund ab. Liegt er trocken, ſo laͤßt er ſich zuweilen durch das Auffuͤhren ir-
gend einer magern Erdart, oder leichter und zweckmaͤßiger durch das Brennen
verbeſſern, wodurch ein Theil des uͤberfluͤſſigen Humus verzehrt und in Aſche
verwandelt wird; wonach man ſich jedoch im Anfange fuͤr Lagergetreide zu
huͤten hat.
§. 127.
Verhaͤltniß
des Humus
zum Thon
im humoſen
Boden.Unter allen Grunderden kann der Thon die ſtaͤrkſte Zumiſchung von Hu-
mus ertragen, indem die Eigenſchaften des letztern die Nachtheile des erſtern
verbeſſern. Bis zu welchem Grade die Beimiſchung des Humus die Fruchtbar-
keit und den Werth des thonigen Bodens vermehre, getraue ich mich noch nicht
zu beſtimmen. Der reichſte Boden, den wir unterſucht haben, und der aus dem
Oderbruche genommen war, enthielt 193/5 Prozent Humus, mit 70 Prozent Thon,
etwas feinen Sand und kaum bemerklichen Kalk. Dieſer Boden lag aber zu
niedrig und zu feucht, um ſeine Fruchtbarkeit gehoͤrig ſchaͤtzen und benutzen zu
koͤnnen. Winterung war jenes Fehlers wegen gar nicht darauf zu bauen, und
[123]Die Bodenarten.
Soͤmmerung mißlich. Er hatte uͤbrigens hinlaͤngliche Bindung, und eine ſehr
angemeſſene waſſerhaltende Kraft. Sonſt ſind 11½ Prozent das Hoͤchſte geweſen,
was wir in thonigten Ackerboden, ſogenanntem Klai- oder Marſch-Boden an
Humus gefunden haben. Wir haben aber auch denjenigen unerſchoͤpflichen Bo-
den zu unterſuchen keine Gelegenheit gehabt, der jaͤhrlich reifende Fruͤchte ohne
alle Duͤngung tragen ſoll, und auf welchem man, wird er nur genugſam bearbei-
tet, durchaus keine Abnahme an Fruchtbarkeit zu verſpuͤren verſichert, auch welcher
durch aufgebrachten Duͤnger ſich nur verſchlechtert.
Er ſoll ſich in der Ukraine, in Ungarn an den Niederungen der Theis und an
verſchiedenen andern kleinen Stellen ſelbſt in Deutſchland finden. Denn obwohl
man verſchiedene von uns unterſuchte Bodenarten ehemals fuͤr unerſchoͤpflich
hielt, nachdem ſie dem Meere abgewonnen oder zuerſt aus dem alten Raſen auf-
gebrochen worden, ſo hat ſich doch in der Folge gezeigt, daß ſie nach einer Reihe
von reifenden Saaten des Duͤngers beduͤrftig wurden, wenn man ſie anders nicht
zu Graſe und zur Weide niederlegte, und ſie dadurch neue Kraͤfte gewinnen
ließ, oder aber ſie durch unerſchoͤpfte aus dem Untergrunde hervor geholte Erde
mittelſt des Rajolens, Kuhlens, Wuͤhlens oder Grabenauswurfs wieder
befruchtete. Es giebt nur noch wenige Gegenden, wo man des Duͤngers ganz
entbehren zu koͤnnen glaubt, und dies ſind ſolche, wo das Land mehr zu Vieh-
weiden als zum Kornbau benutzt wird.
Der reichſte von uns unterſuchte thonige Ackerboden, und deſſen Fruchtbar-
keit fuͤr das Non plus ultra gehalten ward, war vom rechten Ufer der Elbe einige
Meilen von ihrem Ausfluſſe, und hielt wie geſagt 11½ Prozent Humus mit
4½ Prozent Kalk, und uͤbrigens groͤßtentheils Thon mit etwas grober aber ziem-
lich vieler feiner nur durch das Kochen abzutrennenden Kieſelerde. Er war zwar
ſtark gebunden, aber bei maͤßiger Feuchtigkeit nicht ſehr zaͤhe; er ward mit den
ſtaͤrkſten Fruͤchten, Raps, Weizen, Wintergerſte, Bohnen beſtellt, verlangte
aber doch alle ſechs Jahre zum Raps eine ſtarke Miſtduͤngung und Brache.
Wir haben den Humus mit Thon gemengt in ſolchen angeſchlemmten Niede-
rungsboden, die insbeſondere bei einem zweckmaͤßigen Fruchtwechſel von der hoͤch-
ſten Fruchtbarkeit waren, in verſchiedenen Gradationen gefunden. Ein Boden
aus dem Budjadinger Lande, welcher in der Gegend weit und breit fuͤr den frucht-
Q 2
[124]Die Bodenarten.
barſten gehalten wurde, hatte 8⅖ Prozent Humus mit 3 bis 4 Prozent Kalk, und
uͤbrigens faſt lauter Thon. Ein Boden aus dem Amte Wollup, der 6½ Prozent
Humus hatte, war noch ein trefflicher Weizenboden, indem er naͤmlich dieſe
Frucht noch in dritter Tracht ſehr uͤppig trug.
Die ſchwarze Farbe des Bodens ſteht nicht immer in Verhaͤltniß mit ſeinem
Humus. Er iſt zuweilen weißlich, wie ſchon erwaͤhnt, und hat dennoch mehr
Humusgehalt, als ein anderer, der ſchwaͤrzlicher ausſieht. Seine ſchwarze
Farbe kommt aber zum Vorſchein, wenn man ihn in einem verſchloſſenen
Tiegel gluͤht.
Dieſe reichen Thon- oder Klayboden finden ſich nur in Niederungen, die ent-
weder notoriſch oder doch hoͤchſt wahrſcheinlich mit dem abgeſetzten Schlamm des
Waſſers tiefer oder flacher bedeckt worden ſind; alſo an den Ufern der Stroͤme,
deren Waſſer langſam uͤbertrat und ſich langſam wieder zuruͤckzog, oder in ſolchen
Thaͤlern, die vormals, ehe ſich das Waſſer einen Ausweg bahnte, Seen waren.
Man ſetzt dieſe Ackerarten in die erſte Klaſſe, und nennt ſie gewoͤhnlich ſtarken
Weizenboden, weil ſie noch in dritter Tracht nach dem Duͤnger bei dem Dreifelder-
ſyſteme Weizen zu tragen vermoͤgen.
Die in dieſe Klaſſe zu ordnenden Bodenarten haben indeſſen Gradationen in
ihrer Fruchtbarkeit und ihrem Werth. Ob man dieſe nach Verhaͤltniß ihres
Humusgehalts allein beſtimmen koͤnne, getraue ich mich nicht zu entſcheiden, indem
die Vergleichung der Fruchtbarkeit an entfernten Orten zu ſchwierig, und wohl
vom Klima mit abhaͤngig iſt. Ob der mehrere oder mindere Kalkgehalt und der
ihnen wahrſcheinlich zuweilen beigemiſchte thieriſche Stoff die Fruchtbarkeit er-
hoͤhe, iſt ebenfalls noch nicht zu entſcheiden.
Nach dem Reſultate unſerer Unterſuchungen glaube ich jedoch annehmen zu
muͤſſen, daß die Ackererde mindeſtens zwiſchen 5 bis 6 Prozent Humus halten
muͤſſe, um in dieſe Klaſſe geſetzt zu werden.
Wir nehmen, um die Verhaͤltniſſe des Bodenwerths auszuſprechen, den
Werth des uns bekannten fruchtbarſten Bodens zu 100 an, welcher propor-
tionale Werth dann durch den Einfluß, den ſeine Lage und andere Verhaͤlt-
niſſe auf ſeine Nutzbarkeit haben koͤnnen, zu erhoͤhen und zu vermindern iſt.
[125]Die Bodenarten.
§. 128.
Iſt der Humus mit wenigerem Thon und mit mehrerem Sande vermengt, ſoVerhaͤltniß
des Humus
zum Sande.
daß derſelbe keine feſte Bindung hat, wechſelsweiſe zwar leicht durchfeuchtet wird,
aber auch ſchnell wieder austrocknet, ſo gehoͤrt ein ſolcher Boden nicht zu dieſer
Klaſſe. Hier kann das Uebermaaß des Humus leicht zu groß werden, und wir
haben einen Boden, der 26 Prozent Humus hielt, und uͤbrigens ungefaͤhr zur
Haͤlfte aus Thon und zur Haͤlfte aus Sande beſtand, ſchon zu loſe und dem Ge-
treidebau minder zutraͤglich gefunden. Wie er zuerſt abgewaͤſſert und aus dem
Graſe gebrochen war, trug er ſehr gute Ernten, die ſich aber bald verminderten,
und wie man ihm durch reichliche Duͤngung das Verlorne wieder zu geben ſuchte,
ward er immer unzutraͤglicher.
Dagegen haben wir anderen Boden von mehr ſandiger Beſchaffenheit, wel-
cher etwa 10 Prozent Humus enthielt, ſehr fruchtbar gefunden, und fuͤr alle Ge-
treidearten, nur nicht fuͤr Weizen geeignet, insbeſondere wenn er zuweilen einige
Jahre zur Weide niedergelegt ward. Dieſer Boden war indeſſen des Duͤngers
ſehr beduͤrftig, und hatte den groͤßten Nutzen davon, wenn man ihn der letzten
Frucht vor dem Niederlegen zu Graſe gab. Ohne Duͤngung und ohne Ruhe kann
ein ſolcher Boden, wie die Erfahrung lehrt, leicht erſchoͤpft werden.
Boden dieſer Art ſteht natuͤrlich durch einen allmaͤhligen Uebergang mit dem
des vorigen §. 127. in Verbindung, ſo wie ſich naͤmlich ſein Thongehalt vermehrt.
Indeſſen fehlen uns bis jetzt noch ſichere Data daruͤber, wie ſtark das Thonver-
haͤltniß ſeyn muͤſſe, um ihn zu ſicherem und nachhaltigen Weizenboden zu qua-
lifiziren.
Wenn er etwa 20 Prozent abſchwemmbaren Thon und 10 Prozent Humus,
im uͤbrigen Sand hat, ſo traͤgt er noch treffliche Gerſte; hat er merklich wenigern
Thon, ſo traͤgt er bei einer feuchten Lage, oder in einem feuchten Jahre ſicherer
Hafer, und immer ſehr reichen Rocken, wenn man anders durch eine gute fruͤhe
Beſtellung deſſen Auswinterung vorbeugt.
Man kann ihn hauptſaͤchlich nach ſeiner Gebundenheit taxiren; je mehr er
dieſe Qualitaͤt beſitzt, deſto mehr naͤhert er ſich dem fuͤr die erſte Klaſſe angenom-
menen Werthe von 100. Je weniger er aber Thon hat, und mehr aus Sand
beſteht, deſto tiefer faͤllt er, ſelbſt bei 10 bis 15 Prozent Humus, zu dem Werthe
[126]Die Bodenarten.
von 80 herab. Auf dieſem Punkte bleibt er, wenn er anders nicht zu flach iſt,
und auf bloßem Sande ruht, bei einem ſolchen Humusgehalte wol immer ſtehen,
zumal da er auch zum Graswuchſe ſo ſehr geeignet iſt.
Denn man findet dieſen Boden in der Regel nicht anders, als in Niederun-
gen, denen es an Feuchtigkeit ſelten fehlt. Er iſt hier aus dem Moder der
Waſſerpflanzen entſtanden, die ſich in dem Waſſer, welches vormals dieſe Gruͤnde
bedeckte, ſeit Jahrtauſenden erzeugt hatten, und bei dem Zuͤruͤcktreten deſſelben
nun in eine ſchnellere oder langſamere Verweſung uͤbergingen, weswegen dieſer
Humus auch mehr oder minder kohlenſtoffhaltig zu ſeyn ſcheint.
§. 129.
Saͤure vermin-
dert ſeine
Fruchtbarkeit.Bei den beiden vorgedachten Bodenarten ſetzen wir immer voraus, daß der
Humus milder oder ſaͤurefrei ſey. Der ſaure Humus macht einen unfrucht-
baren Boden, wovon in der Folge die Rede ſeyn wird; manchmal aber hat er
einen nur ſehr geringen Grad von Saͤure, ſo daß ſeine Fruchtbarkeit nicht viel,
und nicht in Anſehung aller Pflanzen, jedoch immer etwas leidet. Er traͤgt, ſo
wie die Saͤure merklicher wird, ſchlechtere Gerſte, obwohl noch immer Hafer.
Der Rocken iſt dem Roſte und dem Befallen ausgeſetzt. Die Koͤrner ſind grob-
huͤlſigt und minder mehlreich. Die darauf wachſenden Graͤſer ſind ſowohl ihren
Arten als ihren Saͤften nach dem Viehe minder angenehm und gedeihlich, ob-
wohl ſie einen betraͤchtlichen Heuertrag geben. So wie die ſaure Beſchaffenheit
des Humus alſo zunimmt, vermindert ſich der Werth dieſes Bodens, und ſinkt ſo
ſtufenweiſe zu der Bodenart, die man Moorboden nennt, herab.
§. 130.
Merkmale und
Beſtimmung
des Humus-
Gehaltes.Die ſchwarze Farbe des Bodens laͤßt in der Regel einen großen Reichthum
an Humus erwarten; ſie kann nur in einigen Faͤllen truͤgen, wo ſie von Eiſen-
oder Braunſteinoxyd herruͤhrt. Schon die auffallende Fruchtbarkeit des von Hu-
mus gefaͤrbten Boden wird dies unterſcheiden laſſen. Sonſt entdeckt es ſich bald,
wenn man einen Ballen dieſer Erde in einem Tiegel beim Zutritte der Luft gluͤhet,
wo ſich dann, wenn die ſchwarze Farbe vom Humus herruͤhrte, ſolche aͤußerlich
bald verliert, und die Erde weiß wird; was aber nicht geſchieht, wenn ſie vom
Eiſen herruͤhrt.
[127]Die Bodenarten.
Um die Quantitaͤt des Humus zu beſtimmen, iſt das einfachſte Mittel das,
ihn zu verbrennen. Man erhaͤlt etwa 10 Minuten lang in vollem Gluͤhen ein be-
ſtimmtes Gewicht der von Faſern und Steinen gereinigten und voͤllig ausgetrock-
neten Erde, ruͤhrt ſie mit einer glaͤſernen Roͤhre fleißig um, und laͤßt ſie ſo lange
fortgluͤhen, bis die ſchwarze Farbe voͤllig verſchwunden iſt. Um das gaͤnzliche
Verbrennen des Humus zu befoͤrdern, und die Arbeit abzukuͤrzen, ſetzt man der
Erde etwas ſalpeterſaures Ammonium zu, welches ſich voͤllig wieder verfluͤchtigt.
Der Verluſt des Gewichts zeigt die Quantitaͤt Humus an, welche der Boden ent-
hielt. Es hat freilich die Erde, insbeſondere die thonige bei dieſem Gluͤhen noch
etwas Waſſer verloren, welches ihr ſo feſt anhing, daß es ihr nicht durch das
Austrocknen, ſondern bloß durch das Gluͤhen entzogen werden konnte. Dies iſt
indeß unbedeutend, und kann, wenn man nur die Erde vorher vollkommen aus-
trocknete, nicht uͤber ½ Prozent betragen. Enthielt indeſſen der Boden vielen
Kalk, ſo wuͤrde die Verfluͤchtigung ſeiner Kohlenſaͤure und ſeines Kryſtalliſations-
waſſers von groͤßerer Erheblichkeit ſeyn, und ſo muͤßte dieſer Kalk vorher aus-
geſchieden werden.
Die Saͤure des Humus entdeckt man dadurch, daß man einen Streifen Lack-
muspapier in einen aus dieſer Erde mit Waſſer gemachten Brei ſteckt; wird er
roth gefaͤrbt, ſo iſt Saͤure darin vorhanden. Der ſaure Humus verraͤth ſich auch
ſchon durch ſeinen Geruch, wenn er gegluͤht wird, und der dann dem des bren-
nenden Torfs gleich iſt. Giebt der Humus beim Verbrennen einen Geruch, wie
verbrannte Federn, ſo iſt dies dagegen ein Zeichen, daß er zum Theil thieriſchen
Urſprungs, und ſomit in der Regel kraͤftiger und zerſetzbarer ſey.
Eine genauere Unterſuchung des Humus wuͤrde ohne Zweifel am zweckmaͤßig-
ſten durch die trockne Deſtilation im pneumatiſchen Apparate angeſtellt werden, iſt
aber nicht fuͤr den Landwirth. Arthur Young hat ſie indeſſen haͤufig angeſtellt,
und insbeſondere die Quantitaͤt des erhaltenen gekohlten Waſſerſtoffgaſes mit der
Fruchtbarkeit des Bodens im Verhaͤltniß gefunden, ſo daß er dieſes Verfahren
als einen Fruchtbarkeitsmeſſer vorſchlug, worin auch Prieſtley ihm beiflichtete,
und mit ſeinen Beobachtungen unterſtuͤtzte.
[128]Die Bodenarten.
§. 131.
Der Thon.
Deſſen gute
Gigenſchaften.Der Thon befoͤrdert die Fruchtbarkeit:
1) durch ſeine waſſerhaltende Kraft, indem er ſich von der zur Nahrung der
Pflanzen unumgaͤnglich noͤthigen Feuchtigkeit, ſelbſt bei anhaltender Duͤrre nicht
trennt, und dieſe, auch bei anſcheinender großer Trockenheit, den Pflanzen doch noch
nothduͤrftig uͤberlaͤßt.
2) wirkt er durch die Feſthaltung des Humus, welchen er nicht bloß phyſiſch
einhuͤllt und ſchuͤtzt, ſondern auch durch die gewiſſermaßen chemiſche Verbindung,
die er mit dieſer zuſammengeſetzten Subſtanz eingegangen iſt.
3) durch die feſtere Haltung, welche er den Pflanzenwurzeln giebt, und ſelbſt
wohl durch den Widerſtand, welchen er ihrer zu großen Ausdehnung entgegen-
ſetzt; wodurch ſie zum Austriebe mehrerer Haarwurzelbuͤſche genoͤthigt werden,
durch die jede Pflanze ihre Nahrung in der Naͤhe ſucht, und ſie ihren Nachbarn
folglich weniger raubt.
4) durch die Abhaltung der den Wurzeln immer nachtheiligen atmoſphaͤri-
ſchen Luft, und durch die ſchwaͤchere Leitung der Waͤrme, wodurch er eine gleich-
maͤßige Temperatur, bei einem ſchnellen Wechſel derſelben in der Luft, dem Bo-
den mehr erhaͤlt. Die Wirkungen eines ſchnellen Wechſels von Waͤrme und Kaͤlte
ſind daher den auf thonigem Boden wachſenden Fruͤchten, wenn er nicht eben zu
naß iſt, minder nachtheilig, wie denen auf ſandigem Boden.
5) indem er das zur Bildung der Kohlenſaͤure ſo noͤthige Oxygen, hoͤchſt
wahrſcheinlich aber auch Azot an ſich zieht, und die Wechſelwirkung dieſer allge-
mein verbreiteten Stoffe befoͤrdert.
§. 132.
Deſſen nach-
theilige Ei-
genſchaften.Sein Uebermaaß wird aber nachtheilig:
1) indem er die Feuchtigkeit bei naſſer Witterung zu lange anhaͤlt, ſie weder
durchſintern noch leicht verdunſten laͤßt, ſondern damit zu einem Brey zerfließt.
2) indem er ſich bei trockener Witterung zu ſehr erhaͤrtet, dem Eindrin-
gen der Pflanzenwurzeln zu ſtarken Widerſtand leiſtet, und ſich in eine faſt ziegel-
artige Maſſe zuſammenzieht.
3) indem er im Sommer bei ſtarker Austrocknung ſowohl, als im Winter
beim Froſte Riſſe und Spalten bekommt. Hierdurch werden die Wurzeln theils
zerriſſen,
[129]Die Bodenarten.
zerriſſen, theils werden ſie in eine ihnen hoͤchſt nachtheilige unmittelbare Verbin-
dung mit der atmoſphaͤriſchen Luft gebracht, wodurch ihr Verderben bewirkt
werden kann.
4) indem er die naͤhrenden Stoffe oder den Duͤnger ſtark bindet und anzieht,
und nicht ſo leicht davon trennt, wie loſere Erde. Iſt er einmal damit reichlich
verſehen und gewiſſermaßen geſaͤttigt, ſo bleibt er zwar um ſo laͤnger in Kraft.
Iſt er aber einmal ausgezehrt und arm, ſo thun die erſten Duͤngungen weit min-
dere Wirkung auf die Pflanzen, und jene muͤſſen ſehr ſtark ſeyn, wenn die erſten
Fruͤchte Nutzen von ihnen haben ſollen.
5) indem er die Bearbeitung des Bodens ſchwer macht; bei feuchtem Wet-
ter Pflug, Egge und Wagen kaum zulaͤßt, ſich an Pflug und Egge wie ein Teig
feſt anhaͤngt, ihre Einwirkung verhindert und der Zertheilung widerſteht: dagegen
bei trockener Witterung ſich zuſammenzieht und dermaaßen erhaͤrtet, daß er durch
den Pflug mit ſchwerer Arbeit nur in große Schollen zerbrochen werden kann, die
dann, bis ſie wieder Feuchtigkeit erlangen, auch mit der Egge und ſelbſt nicht mit
der Walze gezwungen werden koͤnnen; weswegen man haͤufig das Zerſchlagen der-
ſelben mit Keulen zu Huͤlfe nehmen muß, und ſelbſt dadurch ſeinen Zweck nur
unvollkommen erreicht.
§. 143.
Die uͤblen Eigenſchaften des uͤberwiegenden Thons im Boden koͤnnen zumVerhaͤltniß
des Thons
zum Sande.
Theil durch die Zumengung des Humus jedoch nicht voͤllig uͤberwunden werden,
woruͤber wir in §. 127. geredet haben. Auch die Zumiſchung des Kalks verbeſſert
ſie gewiſſermaßen, woruͤber wir in der Folge reden werden. Vorzuͤglich und am
haͤufigſten aber werden ſie durch den Sand uͤberwunden. Einige Zumiſchung von
Sande enthaͤlt die ackerbare Krume faſt immer, und ganz ohne ſelbigem wuͤrde ſie
kaum urbar zu machen ſeyn. Es koͤmmt deshalb bei der Beurtheilung der meiſten
Bodenarten vorzuͤglich auf das Verhaͤltniß an, worin Sand und Thon ge-
mengt ſind.
§. 134.
Bevor ich dieſe Verhaͤltniſſe angebe, muß ich mich beſtimmt uͤber das erklaͤ-Sank.
ren, was ich Sand nenne. Ich verſtehe darunter bloß diejenige grobkoͤrnige Kie-
ſelerde, welche ſich bei ſorgfaͤltigem Abſchwemmen zu Boden geſetzt hat, und die
Zweiter Theil. R
[130]Die Bodenarten.
man auf dieſe Weiſe ſammeln kann. Es ſcheidet ſich ſonſt, wie uns ſpaͤtere Ver-
ſuche gelehrt haben, und wie ich in Einhofs Grundriß der Chemie in einer An-
merkung Seite 208 bis 210 angezeigt hatte, mittelſt des Siedens des Thons im
Waſſer noch eine betraͤchtliche Quantitaͤt feingekoͤrnter Kieſelerde ab, ſo daß,
wenn dieſe Operation lange und ſorgfaͤltig fortgeſetzt wird, nur wenig Kieſelerde
mit der reinen Thonerde vermengt bleibt. Die Quantitaͤt dieſer fein gekoͤrnten
Kieſelerde ſcheint (denn als voͤllig ausgemacht wage ich es noch nicht anzugeben)
den Unterſchied zwiſchen ſogenannten fetten und magern Thon auszumachen, der
Thon an ſich aber immer gleich zu ſeyn, und nur mit einer gewiſſen Quantitaͤt fei-
ner Kieſelerde chemiſch, oder doch auf eine mechaniſch unſcheidbare Weiſe verbun-
den zu bleiben. Da es uns hier aber nur darauf ankommt, den Werth und die
Nutzbarkeit des Bodens nach dem Verhaͤltniſſe ſeiner Beſtandtheile zu beſtimmen,
und dieſes auf eine minder ſchwierige und allgemein anwendbare Weiſe auszumit-
teln: ſo nehmen wir auf jene feinkoͤrnige und darch bloßes Abſchwemmen nicht ab-
zuſondernde Kieſelerde keine Ruͤckſicht, und nehmen das, was mit Vorſicht abge-
ſchwemmt worden, als Thon an. In den meiſten Faͤllen laſſen ſich aus dem abge-
ſchwemmten Thon von 100 Theilen noch 15 Theile ſolcher feinen Kieſelerde durch
das Sieden abſcheiden. Nur bei einigen beſonderen Bodenarten betrug ſie be-
traͤchtlich mehr. So hatte z. B. neu angeſchlemmter Boden von der Nogad-
Inſel bei Danzig eine große Menge ſolcher feinen Kieſelerde. Es gehoͤren noch
laͤngere Unterſuchungen dazu, um zu beſtimmen, in wiefern Thon, der dieſer fei-
nen Kieſelerde viel enthaͤlt, eines minderen Zuſatzes vom Sande bedarf, um die
gerechte Lockerheit zu bekommen.
§. 135.
Verhaͤltniſſe,
worin die Be-
ſtandtheile ſte-
hen ſollen.Wenn der Boden ungefaͤhr aus gleichen Theilen abſchwemmbarem Thon und
zuruͤckbleibendem Sande beſteht, ſo nennen wir dieſes Lehm. Und dieſen Na-
men behaͤlt die Erde, wenn der Sand zwiſchen 40 und 60 Prozent ausmacht; je
nachdem er mehr oder weniger Sand hat, heißt er lockerer oder zaͤherer Lehm.
Enthaͤlt die Erde weniger als 40 Prozent Sand, ſo heißt ſie Thonboden.
Dieſer wird immer ſtrenger, und zeigt die uͤblen Eigenſchaften ſtaͤrker, je geringer
der Antheil vom Sande iſt. Hat er nur 20 und weniger Prozent Sand, ſo wird
er ein ſehr zaͤher, ſchwer zu verarbeitender, und dem Mißwachſe leicht ausgeſetzter
[131]Die Bodenarten.
Boden, wenn anders nicht eine ſtarke Zumiſchung von Humus oder von Kalk ihn
mildert. Jedoch koͤmmt hier allerdings die Beſchaffenheit des Thons in Ruͤckſicht
der ihm beigemengten Kieſelerde in Betracht, und er iſt minder fehlerhaft, wenn
er bei wenigem Sande von dieſer ſehr viel beſitzt.
§. 136.
Dieſer Thonboden iſt gewoͤhnlich unter dem Namen Weizenboden zweiterThon- oder
Weizenboden.
Klaſſe, oder ſchwacher Weizenboden bekannt, in ſofern er nicht ſo vielen Humus
beſitzt, daß er Weizen ohne friſchen Dung tragen, und mithin zur erſten Klaſſe
gerechnet werden kann. Jedoch darf es ihm nicht ganz am Humus mangeln. Sel-
ten treffen wir auf der Hoͤhe Boden an, der bei gewoͤhnlicher Kultur mehr als
3 Prozent Humus enthielte. Er iſt dabei doch fuͤr den Weizen beſonders geeig-
net, und traͤgt ihn mit mehrerer Sicherheit und beſſerem Erfolge, wie Rocken.
Nur muß er dazu Nahrungstheile haben; und da er dieſe nicht in ſeinem natuͤrli-
chen Humus genugſam beſitzt, ſo kann Weizen nur in erſter oder zweiter Tracht mit
Vortheil auf ihm gebaut werden. Naͤchſtdem iſt er der Gerſte guͤnſtig, wenn er
30 bis 40 Prozent Sand hat; hat er aber weniger und wird dieſes nicht durch eine
ſtarke Zumiſchung von Kalk erſetzt, ſo paßt er ſich nach dem Weizen beſſer fuͤr Ha-
fer. Er traͤgt ferner bei hinlaͤnglicher Dungkraft Huͤlſenfruͤchte; der mit mehre-
rem Sande vermiſchte vorzuͤglich Erbſen, der zaͤhere aber noch ſicherer Bohnen.
Sein Werth faͤllt, wenn er nicht zu den humoſen, mergligten, kalkigten
Boden gerechnet werden kann, mit der Quantitaͤt des Sandes, ſo daß der, wel-
cher 40 Prozent Sand enthaͤlt, im Werthe am hoͤchſten, der, welcher nur 5 Pro-
zent Sand hat, am niedrigſten ſtehet. Zwar hat bei kraͤftiger Duͤngung, und
wenn eine paſſend wechſelnde Witterung nicht nur die Bearbeitung der Brache,
ſondern auch die Vegetation beguͤnſtigt, der ſtrengere thonigte Boden, beſonders
im Weizen, zuweilen einen Vorzug; wenn man aber dagegen die Schwierigkeit
ſeiner Bearbeitung und den Mißwachs, dem er vor dem milderen unterworfen iſt,
berechnet; ſo kann man ſeinen mindern Werth nicht in Zweifel ziehen. Ich ſetze
den Boden, der 40 Prozent Sand und gegen 60 Prozent abſchwemmbare Erde
hat, wenn er gegen 2 Prozent natuͤrlichen Humus beſitzt, zu 70, den der nur
30 Prozent [Sa]nd hat, zu 60, den von 20 Prozent zu 50, und den von 10 Pro-
zent zu 40. Wenn er nicht uͤber 1 Prozent Humus enthaͤlt, ſo faͤllt er mindeſtens
R 2
[132]Die Bodenarten.
um 20 Prozent ſeines Werthes herab, und wohl um ſo mehr, je zaͤher er iſt; ſo
daß der zaͤhe mit wenig oder gar keinem Humus — naͤmlich milden, aufloͤsli-
chen — durchdrungene, dann gewoͤhnlich naßkalte ſogenannte Schluſſboden auf
eine der niedrigſten Stuffe der Bodenarten und im Werthe dem Sandboden gleich
ſtehet. Dagegen ſteigt ſein Werth mit einem hoͤheren Humusgehalt, und wohl
in einem um ſo groͤßeren Verhaͤltniſſe, je zaͤher er iſt, bis zu dem Boden erſter
Klaſſe hinauf, wohin er freilich auch durch eine ſehr bereichernde Duͤngung und
Behandlung gelangen kann.
§. 137.
lehmboden.Derjenige Boden, welcher mehr als 40 bis 60 Prozent Sand enthaͤlt, wird
Lehmboden ſchlechthin genannt. Je weniger Sand er uͤber 40 Prozent ent-
haͤlt, deſto beſſer iſt er — immer unter Vorausſetzung eines gleichen Humusge-
halts. — Bis 50 Prozent bleibt er zum Weizen- und Gerſtenbau gleich geeignet.
Steigt aber der Sand uͤber 50 Prozent bis 60 Prozent, ſo kann er zwar Weizen
bei guter Kultur noch immer vortheilhaft tragen, jedoch mit minderem Erfolge,
und mit mehrerer Erſchoͤpfung, als Rocken; wird dann aber fuͤr Gerſte ganz
vvrzuͤglich geeignet, und kommt in die Klaſſe des ſtarken Gerſtbodens zu ſtehen.
Wegen der großen Sicherheit dieſes Bodens, der leichteren Bearbeitung,
der gemaͤßigten Temperatur und Feuchtigkeitshaltung hat er ſo viele Vorzuͤge vor
dem ſtrengern Thonboden, daß man ihn, ungeachtet ſeiner mindern Weizentrag-
barkeit, doch in ſeinen verſchiedenen Gradationen mit dieſem gleich ſchaͤtzen kann.
Dieſe Gradationen ſind aber entgegengeſetzter Art. 40 Prozent Sand zeigen ſich
uns als das vollkommenſte Verhaͤltniß. Wie ſich dort der Werth des Bodens
verminderte, wenn der Sand abnahm, ſo vermindert er ſich hier, wenn er zu-
nimmt. Jedoch nach unſern bisherigen Beobachtungen nicht in gleicher Propor-
tion. Der Werth des Bodens ſcheint bei folgenden entgegengeſetzten Verhaͤlt-
niſſen ungefaͤhr gleich zu ſeyn
50 Proz. Sand = 35 Prozent oder 50 Proz. abſchwemmbarer Thon = 65;
60 Proz. Sand = 30 Prozent oder 40 Proz. abſchwemmbarer Thon = 70.
So viel naͤmlich dem erſteren an der moͤglichſten Vollkommenheit wegen zu
geringer Bindung mangelt, ſo viel fehlt dem letzteren wegen zu geringer Lok-
kerheit.
[133]Die Bodenarten.
Boden dieſer Art laͤßt ſich ſehr viel verarbeiten, ohne ſtaͤubig zu werden,
verballet und verſchalet ſich aber auch nicht. Er leidet nicht leicht an Naͤſſe, haͤlt
aber die Feuchtigkeit genug an, um ziemlich anhaltender Duͤrre widerſtehen zu
koͤnnen; ja es leiden bei dieſer die jungen Pflanzen weit weniger, als auf zaͤhem
Boden, weil ihre Wurzeln ſich mehr verbreiten und tiefer eindringen koͤnnen.
Deshalb iſt beſonders die Gerſte ſo viel ſicherer darauf. Er traͤgt Weizen freilich
nur, wenn er in kraͤftigem Duͤngerſtande iſt; aber Rocken bei einem ſchwaͤchern
Duͤngerſtande beſſer, wie der ſtrengere Boden. Den Huͤlſenfruͤchten, dem Klee
und andern Futtergewaͤchſen, den Kartoffeln und Ruͤben, endlich auch den mei-
ſten Handelsgewaͤchſen: Rapps, Lein, Taback u. ſ. w. iſt er ſehr guͤnſtig, und
erlaubt eine beſſere Bearbeitung derſelben. Er verſchließt ſich ſeltener gegen Pflug
und Egge. Deshalb iſt dieſer Boden, wenn gleich in vorzuͤglichen Jahren, nicht
ſo eintraͤglich an Weizen, doch in den angegebenen Gradationen dem eigentlichen
Weizenboden gleich zu ſchaͤtzen.
§. 138.
Im Uebermaaß wird naͤmlich der Sand nachtheilig:
1) indem er die Feuchtigkeit nicht an ſich haͤlt, ſie ſchnell durchſeyhen und
verdunſten laͤßt, und mit derſelben fruchtbare Stoffe.
2) indem er ſich mit dem Humus nicht verbindet, kaum eine phyſiſche, viel
weniger eine chemiſche Anziehung dazu hat, auch aus der Atmoſphaͤre keine frucht-
bare Stoffe aufnimmt.
3) indem der Sandboden eine haͤufige Bearbeitung, — die zur Vertil-
gung des Unkrauts, welches bei zureichendem Humus ſehr leicht in ihm einwuchert,
oft noͤthig waͤre, — doch nicht ertraͤgt, weil er dadurch alle Bindung verliert,
und wie man es nennt, leicht ausgeſoort oder erkaͤltet werden kann, indem der
Humus, der nur in ſeinen Zwiſchenraͤumen angehaͤuft, aber nicht mit ihm ver-
bunden war, durch Wind und Wetter entfuͤhrt wird.
4) indem er die Waͤrme ſtark leitet, und die Einwirkung des Froſtes ſowohl
als der ſtarken Hitze bei jedem ſchnellen Wechſel der atmoſphaͤriſchen Temperatur
den Pflanzen ſehr empfindlich macht.
[134]Die Bodenarten.
§. 139.
Sandiger
Gerſtboden.Wenn der Boden mehr wie 60 Prozent bis 80 Prozent Sand hat, ſo heißt
er ſandiger Lehmboden. Er nimmt nun in ſeinem Werthe mit dem ſtaͤrkern Zu-
ſatze vom Sande ſtaͤrker ab, und wenn der zu 60 Prozent Sand 60 werth war,
ſo faͤllt der, welcher 65 Prozent hat, bis zu 50, der von 70 Prozent zu 40, der
zu 75 Prozent zu 30, und der von 80 Prozent zu 20 herab. Zum Weizen-
bau wird er mißlich, und bei 70 Prozent Sand unter gewoͤhnlicher Kultur untaug-
lich. Gerſte kann er, beſonders wenn ihn ſeine Lage (wovon jedoch erſt in der
Folge) beguͤnſtigt, vortrefflich tragen, wenn der Sommer nicht zu duͤrre iſt.
Deshalb wird er unter dem Namen ſchwacher Gerſtboden begriffen. Zum Rocken
iſt er der ſicherſte Boden. Er iſt immer leicht zu bearbeiten, jedoch dem Ver-
quecken mehr als bindender Acker ausgeſetzt. Den Duͤnger haͤlt er nicht ſtark an,
ſondern zerſetzt ihn ſchneller, und laͤßt ihn in die Fruͤchte uͤbergehen. Deshalb
bedarf er einer oͤftern Duͤngung, die aber aus eben dem Grunde ſchwaͤcher ſeyn
kann. Bei einer reichlichen oft wiederholten Duͤngung und ſchonender Beſtel-
lung kann er ſich jedoch an Humus ſehr bereichern, und dann zu einer hohen
Fruchtbarkeit kommen, die ſich aber bei einer erſchoͤpfenden Behandlung leicht
wieder verliert.
Wenn er 75 Prozent und daruͤber an Sande hat, ſo ſchaͤtzt man ihn gewoͤhn-
lich nur als Haferboden. Er traͤgt aber auch dann im Durchſchnitt der Jahre
Gerſte noch vortheilhafter, wie Hafer, wenn er genugſam Dungkraft hat.
§. 140.
Sandboden.Hat der Boden uͤber 80 Prozent Sand, ſo heißt er Sandboden, und in
ſofern dieſer Sand richt uͤber 90 ſteigt, lehmiger Sandboden.
Bis zu 85 Prozent Sand pflegt er noch in die Kathegorie von Haferboden
gebracht zu werden. Der Hafer iſt aber ſehr mißlich und von geringem Ertrage.
Er traͤgt von den Cerealien nur Rocken und Buchweizen mit Sicherheit, und
wenn er in gutem Duͤngungsſtande erhalten wird, ſo wird Rocken nach
Rocken immer vortheilhafter, wie Hafer nach Rocken ſeyn, weil dieſem die
Austrocknung, den dieſer Boden im Sommer unterworfen iſt, nicht ſo nachthei-
lig werden kann. Unter allen Futtergewaͤchſen ſind Kartoſſeln noch das zuver-
laͤßigſte auf ſelbigem.
[135]Die Bodenarten.
Er wird aber durch viele Beackerung, die er denn doch, wenn er in Duͤnger
gehalten wird, des Unkrauts wegen erfordert, leicht ſo loſe, daß alle Fruͤchte dar-
auf mißrathen. Deshalb iſt die Rutze oder das Niederlegen zu Graſe ihm vor-
zuͤglich noͤthig und zu ſeiner vortheilhafteſten Benutzung nothwendig, da er dann,
beſonders mit Schafſchwingel, Raygras, weißem Klee und Pimpinelle beſaͤet,
zwar ſelten dem Rindvieh, aber immer den Schafen eine nutzbare Weide giebt,
und nun wieder umgebrochen immer vorzuͤglichen Rocken traͤgt.
Sein Werth faͤllt mit jedem Prozente, welches er an Sand mehr enthaͤlt,
um 1, von 20 bis 10 herab; wenn wir auch annehmen, daß er noch 1 bis 1½ Pro-
zent Humus enthalte, welches aber haͤufig nicht der Fall und dann ſein Werth
noch geringer iſt.
§. 141.
Hat der Boden aber 90 Prozent Sand, ſo kommt er in der niedrigſten KlaſſeSchlechter
Sandboden.
des Bodens zu ſtehen, welcher nur — wenn man ihn anders nicht mit Duͤnger,
der aus ihm nie erſetzt werden kann, uͤberhaͤuft — nach einer langen Ruhe eine
Frucht mit Vortheil zu tragen vermag, und von dieſer bald erſchoͤpft wird.
Wenn man ihn ſo ſchonend behandelt, ſo wird der, welcher bis 94 Prozent Sand
hat, in ſeinen Ruhejahren noch eine leidliche Schafweide geben, und per Mor-
gen ein Schaf ernaͤhren koͤnnen, indem er noch die kleinern Festuca-Arten und
das Antioxantum traͤgt. Wenn er aber noch mehr Sand enthaͤlt, ſo traͤgt er
nichts wie die Aira canescens oder den ſogenannten Bocksbarth, und einige
andere nahrungsloſe Pflanzen, und ſinkt dann zum vollkommnen Flugſande herab,
deſſen ſchwache Narbe oder Borke zu ruͤhren, wegen der dann entſtehenden Sand-
wehen, ſehr gefaͤhrlich iſt.
Man kann annehmen, daß der Boden, mit jedem Prozente an Sande mehr,
um 1 auch feruer herabſinke; ſo wie er aber zum Flugſande wird, in den meiſten
Faͤllen einen negativen Werth habe.
§. 142.
Mancher Sand beſteht nicht allein aus Kieſelerde, ſondern hat Koͤrner von
kohlenſaurem Kalk beigemiſcht, wenn man anders den Kalk vor dem Abſchwemmen
nicht ausgeſchieden hat. Dieſer kalkigte Sand iſt nicht unaufloͤslich, wie der
[136]Die Bodenarten.
Kieſelſand, und befoͤrdert die Fruchtbarkeit wohl mehr. Doch fehlen uns genug-
ſame Beobachtungen hieruͤber.
§. 143.
Verhaͤltniß
des Kalks im
Boden.Die Gegenwart des Kalkes, insbeſondere wenn er mit dem Thone innig ge-
miſcht iſt, erhoͤhet bis zu einem gewiſſen Verhaͤltniſſe die Fruchtbarkeit des Bo-
dens ſehr:
1) indem er den Thon locker und muͤrbe macht, wenn er innig und gleich-
maͤßig mit ſelbigem gemiſcht iſt, ſo daß er nun leicht in ein feines Pulyer aus-
einanderfaͤllt, wenn er einer feuchten Luft ausgeſetzt wird.
2) indem er ihn leichter austrocknet und die Anhaͤufung des Waſſers darin
verhindert. Dagegen ſcheint er dem Sande mehrere Bindung und Feuchtigkeits-
haltung zu geben, und ſich mit Huͤlfe des Humus genauer mit ihm zu verbinden.
3) indem er die Zerſetzung und Wechſelwirkung der naͤhrenden Stoffe im
Acker befoͤrdert, und die dem Thone zu feſt anhaͤngende organiſche Materie mehr
loͤſet. Ob er ſeine Kohlenſaͤure dem Humus oder vielleicht den Pflanzen ſelbſt ab-
gebe, und dieſe dagegen aus der Luft wieder an ſich ziehe, folglich als ein unmit-
telbar naͤhrender Koͤrper wirke, iſt noch zweifelhaft, indeſſen aus mehreren Gruͤn-
den wahrſcheinlich. Wir werden hierauf zuruͤckkommen, wenn wir vom Kalke als
Duͤngungsmittel reden.
4) indem er die im Boden ſich ſo leicht erzeugende Saͤure nicht entſtehen
laͤßt, und wenn ſie entſtanden iſt, bald neutraliſirt und unſchaͤdlich macht.
5) indem er beſonders mehlreiche, feinhuͤlſige Fruͤchte liefert, und allen Ge-
waͤchſen aus der Diadelphiſten-Klaſſe ausgezeichnet guͤnſtig iſt, alſo Huͤlſenfruͤchte
und alle Kleearten auf ihm am ſicherſten gedeihen.
Im Ueberfluß kann er aber auch nachtheilig werden, wie wir dies an dem
kreidigen Boden bemerken:
1) indem er die Feuchtigkeit nicht anhaͤlt, und ſie insbeſondere leicht verdun-
ſten laͤßt, ſelbſt mehr wie der Sand, weswegen er bei trockener Witterung ganz
ausdoͤrrt und ſtaͤubig wird.
2) indem er den Miſt und den Humus ſehr ſchnell zerſetzt, ihren Uebergang
in die Pflanzen oft zu ſtark befoͤrdert, ſie daher uͤbermaͤßig treibt, ihnen dann aber
in
[137]Die Bodenarten.
in der hoͤchſten Periode ihrer Entwickelung keinen Nachſatz mehr geben kann,
und ſie verſchmachten laͤßt.
Da ich Erdarten mit uͤberwiegendem Kalke nicht kenne, ſo fuͤhre ich das an,
was Chaptal davon ſagt: „Erden, die Kalk in hervorſtechendem Verhaͤltniſſe
enthalten, ſind poroͤs, leicht, ſehr durchdringlich von Waſſer und gut zu verar-
beiten; ſie bilden einen Teig, der faſt keine Conſiſtenz hat, laſſen das Waſſer aber
mit Leichtigkeit wieder fahren; ſie trocknen aus, ohne Spalten zu bekommen, und
ohne eine betraͤchtliche Minderung in ihrer Maſſe zu erfahren. Die Luft dringt
leicht durch und kann die Keime in einer gewiſſen Tiefe beleben. Weil das Waſſer
ohne Widerſtand hineindringt, aber eben ſo ſchnell ſich daraus wieder entfernt,
ſo befinden ſie ſich abwechſelnd in dem Zuſtande einer Ueberfuͤllung damit und einer
Austrocknung, und die Pflanze, unfaͤhig bei allen dieſen Abwechſelungen zu beſte-
hen, ſchmachtet und geht aus, ſobald Trockenheit und Feuchtigkeit nur einiger-
maßen lange waͤhren.”
Nach Reiſſert und Seitz, Annalen des Ackerbaues, IX. 236, iſt der
Kalkboden, der 40 Prozent Kalk und 36 Prozent Sand, uͤbrigens groͤßtentheils
Thon hat, nach ſtarkem Regen und wenn er feucht iſt ſchwerer zu bearbeiten wie
der Lehm; aber, wenn er ausgetrocknet iſt, weit leichter.
Das vortheilhafteſte Verhaͤltniß des Kalks im Boden iſt wohl das, wenn er
mit dem abſchwemmbaren Thon gleich iſt. Unter allen kuͤnſtlichen Bodenmengun-
gen, 54 an der Zahl, auf welchen Tillet die Vegetation des Getreides ver-
ſuchte, zeigte ſich die am vortheilhafteſten, welche aus 3/8 Toͤpferthon, 3/8 Muſchel-
mergel und 2/8 Sand beſtand.
So wie der Kalk im Boden zunimmt, bedarf es des Sandes weniger zur
Verminderung der nachtheiligen Eigenſchaften des Thons. Voͤllig darf jedoch der
Sand nicht fehlen, weil ſandloſer Mergel zu bindend und feucht zu ſchlammig
wird. Jenes Tilletſche Verhaͤltniß ſcheint auch nach der Erfahrung im Großen
das vorzuͤglichſte.
Wenn der Kalk aber auch nur in geringerem Verhaͤltniſſe der Ackerkrume bei-
gemiſcht iſt, ſo daß er auf die Conſiſtenz des Bodens wenig Einfluß zu haben
ſcheint, ſo wird die Fruchtbarkeit doch dadurch erhoͤhet, vermuthlich der chemiſchen
Wechſelwirkung wegen, die er auf den Humus und Duͤnger hat. Eine Beimi-
Zweiter Theil. S
[138]Die Bodenarten.
ſchung von 10 Prozent Kalk erhoͤhet allen thonigen und lehmigen Boden nach all-
gemeinen, jedoch noch nicht genug beſtimmten Beobachtungen von 5 bis auf
10 Prozent ſeines Werthes, und um ſo mehr, je reichhaltiger der Boden zugleich
an Humus iſt.
Dagegen wird der Kalk nachtheilig, wenn ſein Verhaͤltniß uͤber das des
Thons hinausgeht, und um ſo mehr, wie jenes ſteigt. Mit vielem Sande ver-
miſcht giebt er einen zu duͤrren hitzigen Boden ab, dem auch bei ſtarkem Duͤnger
nur ſolche Fruͤchte mit Vortheil abgewonnen werden koͤnnen, welche die Duͤrre
gut ertragen, z. B. der Mays. Der groͤßtentheils aus Kalk beſtehende Kreide-
boden kommt dieſem gleich, leidet aber, ſo wie von der Duͤrre, auch von der
Naͤſſe, indem er alsdann ſchlammig wird.
Da ich aber von Boden, der an Kalk uͤberreich iſt, keine Erfahrung habe,
ſo getraue ich mir noch nicht, uͤber deſſen Werthsverhaͤltniß etwas zu beſtimmen.
§. 144.
Be miſchung
des Humus in
anderen Bo-
denarten als
nothwendige
Bedingung
ihrer Frucht-
barkeit.Wenn wir oben von den Bodenarten ſprachen, in welchen der Humus ein
hervorſtechender und nicht leicht erſchoͤpfbarer Beſtandtheil war, ſo verſtanden wir
ſolche darunter, die uͤber 5 Prozent davon enthielten, was nur bei den vom Waſ-
ſer abgeſetzten Niederungsboden oder ſogenannten Marſchen der Fall iſt. Dem
Hoͤheboden, dem mehr thonigten ſowohl als dem mehr ſandigen, iſt er ſelten bis
zu 5 Prozent zugemiſcht, und ſie enthalten gewoͤhnlich nicht mehr als 3 Prozent
von milden aufloͤslichen Humus, beſonders wenn ſie abgetragen haben, und nun
eine neue Duͤngung, ſollen ſie anders vortheilhafte Ernten geben, erfordern.
Seine Quantitaͤt vermindert ſich naͤmlich darin nach dem Verhaͤltniß der ihm abge-
nommenen Fruͤchte gegen die ihm gegebene Duͤngung. Indeſſen iſt dies nicht ſo
betraͤchtlich, als es ſcheint. Eine ſehr ſtarke Duͤngung von 200 Centner Miſt
hinterlaͤßt nach ihrer Vermoderung kaum 30 Centner trockenen Humus, und dieſer
wird auf 1 Morgen unter 12000 Centner Erde, welche die Ackerkrume ungefaͤhr
enthaͤlt, vertheilt. 400 Centner Erde bekommen dadurch 1 Centner Humus,
folglich ¼ Prozent.
Es iſt alſo von großer Wichtigkeit, ob und in welchem Verhaͤltniſſe der Bo-
den dieſe vegetabiliſche Nahrung ſchon enthalte, und es iſt um ſo ſchwerer, ſie
ihm zu geben, je weniger er davon beſitzt.
[139]Die Bodenarten.
§. 145.
Mit dem Verhaͤltniſſe ſeines Humusgehalts ſteigt alſo der Werth des Bo-Wie das Ver-
haͤltniß dieſer
Beimiſchung
den Werth
aͤndere.
dens. 2 Prozent Humus haben mir mehrentheils in gutem lehmigen Ackerboden
angetroffen, auch wenn er abgetragen hatte; oder um mich beſtimmter auszudruͤk-
ken, ſo viel verlor er durch das Gluͤhen, wenn er von Faſern vorher gereinigt,
der etwanige Kalk ausgeſchieden, und er dann in einer den Siedpunkt etwas uͤber-
ſteigenden Hitze voͤllig ausgetrocknet war. Es kann hierunter um ſo weniger Ver-
luſt von Waſſer mit begriffen ſeyn, da es wahrſcheinlich iſt, daß der Thon dieſes
Waſſer aus der Atmoſphaͤre ſchon wieder angezogen hatte, wenn die ausgegluͤhete
Erde gewogen ward.
2 Prozent Humus nehmen wir alſo als Normalſatz fuͤr lehmige Ackererde an,
fuͤr die ſandig lehmige aber nur 1½, und fuͤr die ſandige 1 Prozent, und ſetzen
dieſe als Bedingung bei der Werthsbeſtimmung, die wir oben dem Thon- und
Sandboden gegeben haben, voraus. Mit jedem halben Prozent, welches der
Boden an milden Humus mehr hat, ſteigt er um 5 Prozent ſeines Werths; ſo daß
ein Boden, der bei 2 Prozent Humus 50 werth war, bei 2½ Prozent 52½, bei
3 Prozent 55 werth wird. Mit jedem halben Prozent, welches er darunter hat,
faͤllt er aber um eben ſoviel im Werthe.
Bei der gewoͤhnlichen Klaſſifikation des Bodens kommt der Humus eben-
falls in Betracht. Es iſt bekannt, daß derſelbe Grund bald als Gerſt-, bald als
Haferboden bonitirt wird, je nachdem er ſtaͤrker und haͤufiger geduͤngt und minder
erſchoͤpfend behandelt worden, ſein Gehalt an Humus ſich alſo vermehrt oder durch
eine entgegengeſetzte Behandlung vermindert hat. Ein lehmiger Boden, der als
Haferboden von verſtaͤndigen Bonitirern gewuͤrdigt wird, pflegt nicht mehr als
1 Prozent Humus zu enthalten. Hat derſelbe Boden 3 Prozent und daruͤber, und
iſt er ſonſt fehlerfrei, ſo kann er Weizenboden zweiter Art werden. Er kann die-
ſen Zuwachs an Humus durch Kultur bekommen, aber dies iſt nicht ſo leicht, wie
mancher glaubt.
Es wird hier durchaus vorausgeſetzt, daß der Humus milder Art frei von
Saͤuren und adſtringirenden Stoffen, folglich aufloͤslich ſey. An ſauren Humus
kann der Boden zuweilen ſehr reich, aber dennoch wenig fruchtbar ſeyn. Wir
fanden in einem ſandigen Boden aus Pommern, auf welchem man das vierte Korn
S 2
[140]Die Bodenarten.
an Rocken ſchon fuͤr eine gute Ernte hielt, 5 Prozent Humus. Er verrieth ſeine
Natur aber ſchon durch den torfigen Geruch beim Abgluͤhen, und zeigte eine
merkliche Saͤure bei genauerer Unterſuchung. Er war aus der dort uͤblichen Duͤn-
gung mit Heide-Palten entſtanden. Fuͤr dieſen Boden ließe ſich dennoch durch
das Befahren mit Mergel viel erwarten.
§. 146.
Beimiſchung
des ſauren
Humus.Der mit voͤllig ſaurem, das Lackmuspapier ſtark roͤthenden Humus ange-
fuͤllte Boden (Bruch- oder Moorboden, der ſich dem Torfe mehr oder weniger
naͤhert) iſt fuͤr jedes nutzbare Gewaͤchs, im hohen Grade ſogar fuͤr Elſen, faſt un-
tauglich, und hat daher in dieſem Zuſtande einen ſehr geringen Werth. Aber er
iſt der Verbeſſerung ſehr faͤhig, wenn er keine andern Fehler hat, die dieſes ver-
hindern. Dieſen Boden findet man naͤmlich faſt nur in Bruͤchern und Sinken,
wo er mehrentheils auf einer Unterlage von zaͤhem Thon oder Lehm (Schluff)
ruhet. Es kommt nur darauf an, ob er abgewaͤſſert werden koͤnne. Iſt dies ge-
ſchehen, ſo laͤßt er ſich am ſchnellſten und zweckmaͤßigſten durch das Abbrennen
verbeſſern. Durch die Wirkung des Feuers wird ſchon die Saͤure zum Theil aus-
getrieben, noch mehr durch das Kali der Aſche neutraliſirt, und ſomit kann ein ſol-
cher Boden zuweilen in einen reichen Weizenboden umgeſchaffen werden.
§. 147.
Haidhumus.Der mit Haidhumus angefuͤllte Boden, moorerdiger Boden genannt, traͤgt
in ſeinem natuͤrlichen Zuſtande nur Haidekraut und aͤhnliche Pflanzen. Durch Ab-
brennen des Haidekrauts, Duͤnger, Kalk und Mergel, auch durch anhaltende
Bewaͤſſerung kann er fruchtbar gemacht werden, und es kommt dann auf ſeine
Grundmiſchung an, welchen Werth er habe. Zuweilen iſt dieſe ſehr gut, und es
laͤßt ſich keine andere Urſach ſeiner Unfruchtbarkeit annehmen, als daß ſich jene
nur in Familien wohnende und ſich ihre beſondere Nahrung ſelbſt bereitende
Pflanze ſeiner einmal bemaͤchtiget hat. Vertilgt man dies Haidegeſchlecht und
zerſtoͤrt die, andern Pflanzen feindſelige Eigenſchaft ihres hinterlaſſenen Humus,
ſo wird der Boden ſehr fruchtbar. Kalk oder Mergel, den man auch oͤfterer un-
ter dem Haidboden findet, iſt hierzu ſehr behuͤlflich. Mit Ruͤckſicht auf die leich-
tere oder ſchwerere Bewirkung dieſer Verbeſſerung kann dem Haidboden, deſſen
natuͤrlicher Werth nicht uͤber 1 anzuſetzen iſt, ein hoͤherer beizumeſſen ſeyn.
[141]Die Bodenarten.
In dieſem oder allen Faͤllen aber, wo eine Schaͤtzung des Bodens in Hinſicht
auf das Intereſſe verſchiedener Perſonen geſchehen ſoll, muß man es meines Er-
achtens zum Grundſatz annehmen, den Boden nur nach ſeinem gegenwaͤrtigen Zu-
ſtande zu taxiren, indem die moͤgliche Verbeſſerung doch erſt durch Induſtrie,
Kenntniß und Kapital bewirkt werden kann, und man ſich in unendliche Schwie-
rigkeiten verwickeln wuͤrde, wenn man die groͤßeren und geringeren Koſten, und
die Wahrſcheinlichkeit, daß es geſchehen werde, berechnen wollte.
§. 148.
Eine Anleitung zur Unterſuchung der Ackererde wuͤrde hier uͤberfluͤſſig ſeyn,
da unſere Methode von Einhoff im dritten Bande des Hermbſtaͤdtſchen Ar-
chivs beſchrieben, und dann noch genauer in ſeinem von mir herausgegebenen
Grundriß der Chemie fuͤr Landwirthe, 1808, angehaͤngt iſt.
Da uns bei den vielen Unterſuchungen dieſer Art immer mehrere Bemerkun-
gen vorkommen und zu neuen Handgriffen leiten, ſo wird der Profeſſor Crome
ſolche in der Folge ausfuͤhrlicher mittheilen. Bei den Unterſuchungen des Bodens
wird jetzt nicht nur auf deſſen waſſerhaltende Kraft, ſondern auch beſonders auf
ſeine ſpecifiſche Schwere im feuchten und trockenen Zuſtande Ruͤckſicht genommen,
weil wir uns davon manche nutzbare Reſultate verſprechen.
§. 149.
In ſofern ich die Fruchtbarkeit und Guͤte der von uns zerlegten Bodenarten ausWerthsbe-
ſtimmung des
Bodens nach
den folgenden
Tabellen.
eigner Erfahrung oder aus zuverlaͤſſigen Nachrichten kenne, kann ihr Werth nach
den angegebenen Grundſaͤtzen in der That zutreffend geſchaͤtzt werden, vorausge-
ſetzt, daß ſie eine gleich gute Lage und eine ihrer Beſchaffenheit angemeſſene —
der humusreiche loſe Boden z. B. in einer ebenen Niederung, denn anders findet
er ſich wohl nicht — haben.
Die folgende Tabelle A. enthaͤlt die Beſtandtheile ſolcher uns vorgekom-
menen Bodenmengungen, welche zur Erlaͤuterung dieſer Saͤtze dienen koͤnnen,
nebſt dem Werthsverhaͤltniſſe, welches wir ihnen in proportionalen Zahlen von
100 bis 1 beimeſſen.
Die Tabelle B. klaſſifizirt die Bodenarten nach den in den Brandenburgi-
ſchen Taxprinzipien angenommenen Klaſſen (vergl. 1ſten Theil §. 75.), und ſchaͤtzt
ſie nach den eben daſelbſt (§. 84 — 92.) durch Erfahrung bei der Dreifelderwirth-
[142]Die Bodenarten.
ſchaft ausgemittelten Ertragsſaͤtzen — welche wenigſtens noch immer die zuver-
laͤſſigſten ſind, die wir bis jetzt haben. — Nur iſt fuͤr die beſſeren Bodenarten
eine Benutzung der Brache — obwohl ſchwache — ein Brachjahr ums andere
berechnet, weil ſolche bei gutem Boden allgemein ſtatt finden kann, und der
Kornpreis um ein Geringes gegen jene Taxprinzipien veraͤndert. In der vorletzten
Kolumne iſt der jaͤhrliche reine Ertrag, der daraus hervorgeht, in Gelde ausge-
mittelt, und in der letzten Kolumne danach das Verhaͤltniß derſelben berechnet,
wenn der beſte Boden zu 100 angenommen wird. Beide Tabellen ſind zu ver-
ſchiedenen Zeiten, ohne Ruͤckſicht auf einander zu nehmen, und nach ganz ver-
ſchiedenen Prinzipien gemacht. Ich uͤberlaſſe die Vergleichung jedem Leſer. Das
Wirthſchaftskorn iſt bei letzterer ſo angenommen, daß die Koſten bei einer ge-
woͤhnlichen Wirthſchaft bei jeder Bodenart gedeckt werden koͤnnen, zumal wenn
der Durchſchnittspreis des Getreides etwas hoͤher, wie der angenommene, ſtehet.
§. 150.
In dem
Sinne fallen-
de Kennzei-
chen der Bo-
denarten.Wenn man den durch eine gehoͤrige Zerlegung bekannten Gehalt eines Bo-
dens haͤufig mit ſeinen aͤußern in die Sinne fallenden Eigenſchaften vergleicht, ſo
kann man die Uebung erlangen, jenen ziemlich richtig nach dieſen zu beſtimmen.
Naͤchſt der Farbe entdeckt ſich der Humusgehalt durch die Leichtigkeit der Erde,
durch einen eigenthuͤmlichen ſchimmligen Geruch und durch den weißen Anflug des
Lichen humosus; der Thon durch die Zaͤhigkeit und das fettige Gefuͤhl; der
Sand durch das rauhe Gefuͤhl zwiſchen den Fingern; noch beſtimmter aber, wenn
man die zerkruͤmelte Erde durch ein maͤßig vergroͤßerndes Glas betrachtet, wodurch
man die Quantitaͤt des Sandes gegen die der uͤbrigen Erde ſehr gut beſtimmen
kann, auch den ſchwarzen Humus unterſcheidet. Vom Daſeyn des Kalks ver-
ſichert man ſich mehrentheils nur durch das Aufbrauſen mit Saͤuren und von ſeiner
groͤßeren und geringeren Quantitaͤt durch die mehrere oder mindere Heftigkeit deſſel-
ben, wenn zu einer genaueren Unterſuchung nicht Zeit und Gelegenheit iſt.
§. 151.
Conſiſtenz des
Bodens.Die Conſiſtenz des Bodens ergiebt ſich aus den Eigenſchaften und dem
quantitativen Verhaͤltniſſe der praͤdominirenden Erdart. Es bedarf alſo daruͤber
keiner weiteren Eroͤrterung, als in ſofern man die Grade dieſer Conſiſtenz (Bin-
digkeit) durch folgende Ausdruͤcke bezeichnet:
[]Zweiter Band. Seite 142 gegenuͤber.
A.
B.
Hart, zaͤhe, widerſpenſtig, unbaͤndig nennt man einen Boden, der
bei einiger Feuchtigkeit wie ein klebriger Teig ſich an Pflug und Egge haͤngt, nur
ſchwer abfaͤllt, beim Abfallen zuſammenhaͤngend bleibt; ſo daß er nur durch einen
Stich oder Schnitt getrennt werden kann, und dann auf der Schnittſeite glatt
und glaͤnzend iſt. Bei mehrerer Trockenheit iſt er dagegen hart wie ein Ziegel,
und ſeine Schollen koͤnnen nur durch einen gewaltſamen Stoß in wuͤrfligte oder
blaͤttrige Stuͤcke, oft gar nicht in Pulver, zertheilt werden. Dieſer Boden ver-
haͤrtet ſich, wenn nach Regen warmer Sonnenſchein kommt, zuweilen auf der
Oberflaͤche, und bleibt darunter noch im feuchten Zuſtande. Er heißt alsdann
verſtockter, verſchaalter Boden; hierher gehoͤret der uͤber 80 Prozent
Thon haltende Boden.
Steif, ſtrenge: wenn der Boden im trockenen Zuſtande mit geringerer
Gewalt getrennt werden kann, und dann in Stuͤcke bricht, die ein mattes, koͤr-
niges Anſehen haben und abkruͤmeln, jedoch vom Pfluge und Spaten ſelten in
Pulver, ſondern nur in Schollen und groͤßeren Kloͤßen abfaͤllt, die ſich erſt durch
ſtarkes Eggen zertheilen laſſen; dies thut der uͤber 50 Prozent Thon hal-
tende Boden.
Locker, muͤrbe heißt der Boden, wenn- er bei einiger Feuchtigkeit zwar
Kloͤße bildet, die zuſammenhaͤngen, die ſich aber durch einen gelinden Druck oder
Stoß trennen laſſen und auseinander fallen; wie es der zwiſchen 20 bis 40 Pro-
zent Thon haltende Boden thut.
Loſe: wenn ſeine Partikeln, abgetrocknet, wenig oder gar keinen Zuſam-
menhang und Anziehung zu einander haben, ſondern von ſelbſt in Pulver, ohne
Kloͤße zu bilden, zerfallen. Der uͤber 90 Prozent Sand haltende Boden; der
Kreideboden; der humoſe mit wenigem Thone verſetzte Boden ſind von dieſer Art.
Iſt er ſo loſe, daß der Wind ihn leicht in Bewegung ſetzt und fortwehet, ſo heißt
er ſtaubigter, fliegender Boden.
Die verſchiedenen Grade der Bindung laſſen ſich am beſten beurtheilen,
wenn man den Boden 48 Stunden nach einem maͤßigen Regen unterſucht.
Man kann ſie bei einiger Uebung ſehr gut durch das Aufſtoßen mit dem Stocke
oder ſogar durch den Fußtritt unterſcheiden.
[144]Die Bodenarten.
§. 152.
Tiefe des
Bodens.Naͤchſt den Beſtandtheilen kommt die Tiefe des Bodens bei ſeiner Schaͤtzung
in Betracht. Hierunter verſteht man diejenige Tiefe der Oberflaͤche, in welcher
ſelbige mit Humus durchdrungen und uͤberhaupt von gleicher Miſchung und von
gleicher Beſchaffenheit iſt. Bei gewoͤhnlichem Boden geht ſie nur um ein weni-
ges tiefer, als bisher gepfluͤgt worden iſt, und man bemerkt beim perpendikulaͤren
Abſtechen der Erde die Graͤnze deutlich. Zuweilen betraͤgt ſie nur 3 Zoll, ge-
woͤhnlich 6 Zoll, manchmal 10 bis 12 Zoll. Nur bei außerordentlicher Kultur
oder bei aufgeſchwemmtem vom Waſſer abgeſetzten Boden findet man ihn auf 1½,
2 bis 3 Fuß mit Humus gleichartig durchdrungen.
Wir nennen einen Boden ſchon tief, wenn die fruchtbare Erde durch das ge-
woͤhnliche Pfluͤgen nicht bis auf den Grund erreicht wird, d. h. mehrentheils,
wenn ſie uͤber 6 Zoll ſtark iſt. Wir nehmen daher 6 Zoll als die mittlere Tiefe an,
die der Boden haben muß, wenn er fehlerfrei ſeyn und nicht unter dem Werthe
herabſinken ſoll, den wir ihm ſeinen Beſtandtheilen nach beimeſſen.
Der tiefere Boden enthaͤlt eine groͤßere Quantitaͤt fruchtbarer Erde oder ve-
getabiliſchen Nahrungsſtoffes, der, wo nicht allen Pflanzen, doch gewiß einigen
zu Nutzen kommt, wenn er auch nicht bis zu ſeiner vollen Tiefe gelockert wird. Er
giebt aber einem jeden guten Ackerbauer den Vortheil, ihn von Zeit zu Zeit tiefer
zu lockern, und von ſeiner untern Lage fuͤr alle Fruͤchte Nutzen zu ziehen, an die
Hand, und es iſt genug, wenn dieſes auch nur alle ſechs bis ſieben Jahre einmal
geſchiehet. Dann dringen die Wurzeln, ſelbſt des Getreides, ſo tief ein, holen
die Nahrung, die ſie bei einem ſeichten Boden nur durch ihre horizontalere Ver-
breitung an ſich ziehen koͤnnen, aus der Tiefe herauf, und koͤnnen ſich dichter an
einander ſchließen, ohne daß jede einen engern Wirkungskreis fuͤr ihre Wurzeln
habe. Der tiefere Boden zeigt deshalb durchaus, bei uͤbrigens gleicher Beſchaf-
fenheit, dichtere Saaten. Die Graͤnze des Eindringens der Getreidewurzeln iſt
durchaus nicht, wie einige behauptet haben, auf 6 Zoll beſchraͤnkt; ich habe ſie
deutlich bis 12 Zoll auf Boden, der ihnen ſo tief zuſagte, verfolgen koͤnnen. Die
Wurzeln der Huͤlſenfruͤchte, des Klees gehen ungleich tiefer, der Luzerne und der
Wurzelgewaͤchſe nicht zu gedenken; er beguͤnſtigt daher ſo vorzuͤglich den abwech-
ſelnden Bau dieſer Gewaͤchſe.
Ferner
[145]Die Bodenarten.
Ferner hat er den unleugbaren, jedem ins Auge fallenden Vorzug, daß er von
der Feuchtigkeit und von der Duͤrre weniger leidet. Die niedergeſchlagene Feuchtig-
keit hat mehreren Raum ſich zu verſenken, ehe ſie auf den undurchlaſſenden Unter-
grund kommt, von wo ſie wieder heraufſtauen und die ganze Erdkrume zu einem
Brey machen muͤſte. Nur der tiefere thonige Boden laͤßt ſich durch verdeckte Ab-
zuͤge wirkſam entwaͤſſern. Da aber der tiefere Boden wiederum mehr Feuchtigkeit in
ſeinen Poren aufnehmen kann, ſo haͤlt er ſie laͤnger, und giebt ſie gleichſam aus dem
unterirdiſchen Magazine der Oberflaͤche wieder ab, ſo wie ſie ſolche gebraucht. Wir
finden deshalb beides, das Widerſtehen der Feuchtigkeit und der Duͤrre, am auf-
fallendſten auf rajolten Boden. Auch haben alle aufmerkſame Beobachter die Be-
merkung gemacht, daß tieferer Boden, des dichteren Standes der Halme ungeach-
tet, ſelten Lagergetreide gebe, wenigſtens nie anders, als wenn Sturm und Schlag-
regen es niederwirft, ja daß es ſich ſelbſt dann oft wieder aufrichte.
Bei dem ſeichten Boden findet durchaus das Gegentheil ſtatt. Dieſer unter-
ſcheidet ſich nun in ſolchen, welcher keine Vertiefung zulaͤßt, und in ſelchen, dem
ſie durch eine Rajolarbeit oder durch allmaͤhlig tieferes Pfluͤgen — womit allerdings
auch eine tiefere Durchdringung verbunden ſeyn muß — gegeben werden kann.
Hiervon wird die Rede ſeyn, wenn wir auf den Untergrund kommen.
Der unergruͤndliche Boden, der eine ſo maͤchtige Lage von fruchtbarer
Erde hat, daß man ſie auch durch Rajolen kaum erreichen kann, macht es moͤglich,
ihn durch das Heraufbringen neuer Erde aus dem Grunde, faſt ohne allen Duͤnger,
in ſeiner Fruchtbarkeit zu erhalten, entweder durch das vollkommene Rajolen, oder
durch das ſogenannte Kuhlen, wo die untere Erde ſtellenweiſe heraufgegraben und
uͤber die Oberflaͤche verbreitet wird. Deshalb ſteht ein ſolcher Boden auch in einem
faſt unglaublichen Werthe.
In welchem Verhaͤltniſſe vermehrt oder vermindert aber die groͤßere oder gerin-
gere Tiefe des Bodens ſeinen Werth? Wir nehmen eine 6zollige Tiefe als diejenige
an, welche der Boden haben ſoll. Mit jedem Zolle groͤßerer Tiefe vermehrt ſich ſein
Werth, wie wir ſicher annehmen koͤnnen, um 8 Prozent, bis zu der Tiefe von
12 Zoll, ſo daß ein 12zolliger Boden beinahe um die Haͤlfte mehr werth iſt, als ein
6zolliger. Bei noch groͤßerer Tiefe, welche durch den Pflug nicht erreichbar iſt,
ſteigt der Werth zwar nicht mehr in derſelben Progreſſion, aber doch wohl immer
Zweiter Theil. T
[146]Die Bodenarten.
noch um 5 Prozent, da auch die unter der Sohle der Pflugfurche liegende Erde nicht
ganz ohne Nutzen iſt.
Dagegen faͤllt ſein Werth mit jeder Verminderung ſeiner Tiefe unter 6 Zoll
in eben dem Verhaͤltniſſe.
Hat alſo ein Boden, der bei 6 Zoll Tiefe 50 werth war,
- 7 Zoll, ſo iſt ſein Werth 54,
- 8 — — — — 58,
- 9 — — — — 62,
- 10 — — — — 66,
- 11 — — — — 70,
- 12 — — — — 74,
- 5 — — — — 46,
- 4 — — — — 42,
- 3 — — — — 38.
Es hat keinen Zweifel, daß dem Boden dieſe Werthsvermehrung durch tiefere
Bearbeitung und Durchdringung nachhaltig gegeben werden koͤnne; zuweilen mit
mehrerem, zuweilen mit minderem Aufwande, als die Werthsvermehrung betraͤgt.
§. 153.
Der Unter-
grund.Was unter der fruchtbaren Ackererde liegt, heißt Untergrund. Dieſer be-
ſteht entweder aus derſelben Grunderde, wie die Ackerkrume, iſt nur nicht von Hu-
mus durchdrungen und mit der Atmoſphaͤre in keine Beruͤhrung gekommen; oder
es iſt eine ihrer Natur nach verſchiedene Erdſchicht. Er hat betraͤchtlichen Einfluß
auf die Guͤte des Ackers, und um ſo groͤßer, je ſeichter die Ackererde iſt.
Thonigter Untergrund findet ſich gewoͤhnlich unter thonigem und lehmigem Bo-
den, unterſcheidet ſich davon in der eigentlichen Grunderde wohl nicht, iſt aber voͤllig
roh, zuſammengeballt und undurchlaſſend. Er findet ſich aber auch unter einer ſan-
digen Oberflaͤche, wo er bei einer horizontalen und gelind abhaͤngigen Lage dieſen
Boden ſehr verbeſſern kann, indem er das Verſenken der Feuchtigkeit ſehr verhin-
dert, und dieſen Boden uͤber Erwarten feucht erhaͤlt. Zuweilen kann er durch das
Pfluͤgen oder doch durch das Graben heraufgebracht und in einem guten Verhaͤltniſſe
mit dem Sande gemengt werden, wodurch dieſer zu Anfange zwar oft noch verſchlech-
tert, in der Folge aber, — wenn die gleichartige Miſchung bewirkt werden kann, —
[147]Die Bodenarten.
ſehr verbeſſert wird. Liegt er moldenfoͤrmig, ſo kann er bei naſſer Witterung jedoch
auch den loſen Boden zu feucht, und wie man es nennt, ſappigt machen.
Zuweilen iſt dieſer Untergrund mergeligt oder kalkhaltig, ſelbſt wo man in der
Ackererde kaum eine Spur von Kalk antrifft. Hier thut eine Vertiefung des Bodens
durch Pfluͤgen oder Rajolen oder durch das ſogenannte Kuhlen die auffallendſte Wir-
kung, macht ihn ſogleich nachhaltend fruchtbarer, indem der mergeligte Thon, ſo
zaͤhe er auch im Untergrunde war, an der Oberflaͤche zerfaͤllt, und ſich leicht vermen-
gen laͤßt. Dieſer Boden iſt folglich einer großen Verbeſſerung faͤhig.
Sandiger Untergrund findet ſich auch unter ziemlich ſtrengem Thon- und Lehm-
boden, und macht dann, wenn er weder zu tief noch zu flach, d. h. 1 bis 1½ Fuß
unter der Oberflaͤche liegt, und wenn ſeine Lage maͤchtig genug iſt, einen hoͤchſt
gluͤcklichen Boden, einen Boden, den man ſchwer aber warm nennt, aus; weil er
nie an Feuchtigkeit leidet, ſondern jeden Ueberfluß derſelben verſinken laͤßt.
Iſt der ſandige Untergrund nur mit einer ſeichten Schicht fruchtbarer Erde be-
deckt, ſo iſt ein ſolcher Boden der Ausdoͤrrung ſehr unterworfen, wenn er gleich bei
feuchter Witterung, und ſo lange er die Winterfeuchtigkeit im Fruͤhjahre noch haͤlt,
ſehr fruchtbar ſcheint. Stellen dieſer Art nennt man Schein- oder Schrind-Stellen.
Zuweilen iſt eine ſolche Schicht von Sand oder Kies aber auch nur ſehr duͤnn,
und darunter liegt wieder undurchlaſſender Thon. Fehlt es dieſem Boden an Abzug,
ſo haͤuft ſich das Waſſer in dieſer Sandſchicht, wie in einem Behaͤlter, an, und ſtauet
zur Oberflaͤche herauf. Dadurch wird der Boden waſſergallig, kalt und hungrig,
indem das ſich verſenkende Waſſer die aufgeloͤſten Duͤngertheile beim Abtrocknen
mit ſich herabziehet, und in der tieferen Sandlage abſetzt. Dieſer Boden gehoͤrt un-
ter die fehlerhafteſten, wenn er nicht durch Abgrabungen verbeſſert wird, die das in
der Sandſchicht ſtockende Waſſer abfuͤhren. Hierdurch aber wird er gruͤndlich
geheilet.
Je unergruͤndlicher und loſer der Sand unter Sandboden iſt, deſto duͤrrer wird
dieſer. Erhaͤlt der Sand in einiger Tiefe mehrere Bindung, wodurch das Verſen-
ken der Feuchtigkeit gehemmt wird, ſo hat er mehrere Friſchheit.
Der ſteinige Untergrund kommt mehr oder minder zu Tage, oder iſt minder
oder mehr mit kruͤmlicher Erde bedeckt. Zuweilen betraͤgt die Ackerkrume, beſon-
ders an Bergen, kaum einige Zoll.
T 2
[148]Die Bodenarten.
Der Kalkſtein macht immer den beſten ſteinigen Untergrund aus. Cr iſt an der
Oberflaͤche mehrentheils rauh, verwittert und ſpaltig. Er nimmt Erde gleichſam in
ſich auf, in welche die Pflanzenwurzeln eindringen. Ja einige Pflanzen ſcheinen den
Stein ſelbſt anzugreifen, und vielleicht Nahrung aus ſeiner Kohlenſaͤure zu ziehen:
am ſtaͤrkſten die Eſparſette, jedoch auch die meiſten Diadelphiſten, wie auch Baͤume
und Straͤucher: ſo daß ſolche Kalk- und Gypsfelſen doch minder unfruchtbar und
unbrauchbar ſind, wie andere Felſen.
Der Thonſchiefer, flach mit Krume bedeckt, verwittert, wenn der Pflug etwas
abreibt oder Stuͤckchen abſpaltet, und man verſichert, dadurch den Boden tiefer ge-
macht und verbeſſert zu haben. Der Granit ſchließt alle Vegetation aus, und flacher
darauf ruhender Boden nimmt keine Verbeſſerung an, es ſey denn, daß man durch
Aufbringen von Erde die Krume vermehre.
Steingeſchiebe machen zuweilen den Untergrund aus, und es kommt darauf an,
ob ſie genugſam oder nur flach mit Erdkrume bedeckt ſind. Im erſteren Falle ſcha-
den ſie nicht, ſondern koͤnnen in thonigtem Boden ſehr nuͤtzlich ſeyn, wenn ſie der
uͤberfluͤſſigen Feuchtigkeit Abzug geben. Von einzelnen Steinen, die bis zur Ober-
flaͤche emportreten, wird noch die Rede ſeyn.
Der Ocher oder Eiſenſtein, welcher ſich nicht ſelten unter der Oberflaͤche findet,
iſt der Vegetation hoͤchſt nachtheilig, vergiftet ſie gleichſam, wenn er anders nicht
ſo ſtark mit Erdkrume bedeckt iſt, daß die Wurzeln ihn nicht erreichen. Ueber den-
ſelben pflegt ſchon eine braungefaͤrbte rauhe Erde zu liegen, die einer Natur mit dem
Steine iſt; dieſe wird immer haͤrter, und geht ſo in Stein uͤber. Die Baͤume gehen
aus, ſobald ihre Wurzeln darauf ſtoßen.
In Hinſicht der Feuchtigkeit unterſcheiden wir hauptſaͤchlich den durchlaſſenden
und undurchlaſſenden Untergrund. Jenes iſt der ſandige und mehrentheils der ſtei-
nige, indem letzterer ſelten ohne alle Spalten iſt. Dieſes der thonige und lehmige.
Je weniger Sand er enthaͤlt, deſto undurchlaſſender iſt er; es kann aber auch Lehm,
der vielen Sand enthaͤlt, undurchlaſſend werden, wenn er ſich feſtgeſetzt hat. So
erzeugt ſich, wenn immer in gleicher Tiefe gepfluͤgt wird, unter der Sohle der Furche
durch den Pferdetritt und den Druck des Pfluges eine ſolche Borke, die kein Waſſer
durchlaͤßt, und in harten Stuͤcken bricht, wenn gleich daruͤber und darunter der Bo-
den ziemlich locker und durchlaſſend iſt.
[149]Die Bodenarten.
§. 154.
Von einem undurchlaſſenden Untergrunde ruͤhrt die in den meiſten Faͤllen fehler-Feuchtigkeit
des Bodens.
hafte Feuchtigkeit des Bodens hauptſaͤchlich her. Denn obgleich die Ackerkrume eine
verſchiedene waſſerhaltende Kraft hat, und an ſich der Feuchtigkeit oder Duͤrre mehr
ausgeſetzt iſt, ſo ſcheint doch dieſe natuͤrliche Feuchtigkeit der Vegetation nicht nach-
theilig zu werden, wenn naͤmlich nicht mehr Waſſer im Boden iſt, als ſeine Erdar-
ten vermoͤge ihrer Anziehungskraft anhalten. Wenn aber das Waſſer ſich nicht ver-
ſenken und nicht abziehen kann, und die lockere Erde damit wie ein Brey zerfließt,
ſo wird die Naͤſſe den meiſten unſerer kultivirten Pflanzen hoͤchſt verderblich. Wenn
der undurchlaſſende Untergrund keinen Abhang nach einer Seite hat, vielmehr mol-
denfoͤrmig liegt, obwohl die Oberflaͤche des Bodens eben iſt, ſo wird das Waſſer
wie in einem Becken eingeſchloſſen, und der Boden kann nur langſam durch die
Verdunſtung abtrocknen.
Auch die Quellgruͤnde haͤngen in der Regel von der Beſchaffenheit des Unter-
grundes ab.
§. 155.
Die Naͤſſe kann ferner als Tagewaſſer ſich von der umliegenden hoͤheren Gegend
herabziehen, ohne fernern Abzug zu haben. Es kann endlich Durchſinterungswaſſer
ſeyn, welches ſich von einem hoͤher ſtehenden Waſſerſpiegel eines benachbarten Fluſſes
oder Sees durch eine durchlaſſende Erdſchicht hindurchziehet.
Wir werden dieſe Urſachen der Naͤſſe genauer zu unterſuchen in der Lehre von
den Abwaͤſſerungen Gelegenheit haben, und erwaͤhnen ihrer hier nur, in ſofern die
Naͤſſe und ihre mehr oder minder leicht zu uͤberwindende Urſach auf den Werth des
Bodens Einfluß hat.
Die Naͤſſe macht zuweilen den Boden faſt zu aller Benutzung untauglich, zu-
weilen zur Wieſe, aber nicht zum Ackerbau geſchickt; manchmal erlaubt ſie die
Beſtellung mit Soͤmmerung, beſonders mit Hafer, aber nicht mit Winterung.
Man beurtheilt den Zuſtand der fehlerhaften Naͤſſe am ſicherſten im Fruͤhjahre.
Zur anderen Zeit entdeckt man ihre Spuren wohl an den darauf ſtehenden Pflanzen,
aber doch minder deutlich.
Den Grad der Feuchtigkeitshaltung beurtheilt man am beſten etliche Tage nach
einem maͤßigen Regen. Man nennt alsdann einen Boden
[150]Die Bodenarten.
a)duͤrre, wenn er gar kein Gefuͤhl von Feuchtigkeit, in der Hand ge.
druͤckt, giebt.
b)trocken, durſtig, wenn er nur beim Zerreiben und ſtarkem Drucke einige
Feuchtigkeit bemerken laͤßt.
c)friſch, wenn man ſeine Feuchtigkeit gleich fuͤhlet.
d)feucht, wenn er bei einem gelinden Drucke die Hand naß macht.
e)naß, wenn ſich tropfbares Waſſer ausdruͤcken laͤßt, und eine ausgeſtochene
Scholle oder abgeſchnittene Pflugfurche blaͤnkert.
f)waſſerſuͤchtig oder ſumpfigt, wenn Waſſer darauf ſteht, oder in den
Fußtapfen gleich einquillt.
Die vier erſten Grade haͤngen von der Beſchaffenheit ſeiner Erdmiſchung groͤß-
tentheils ab, jedoch hat auch die Lage einen Einfluß darauf; die beiden letzteren
allein von ſeiner Umgebung.
§. 156.
Temperatur
des Bodens.Unter Temperatur, oder was man Waͤrme und Kaͤlte des Bodens
nennt, verſtehen wir nicht die, durch [atmoſphaͤriſche] Waͤrme und Wirkung der Son-
nenſtrahlen, nach Verſchiedenheit des Klima und der Lage, ihm mitgetheilte Waͤrme,
wovon in der Folge geredet werden wird; ſondern diejenige, welche von innern im
Boden ſelbſt liegenden Urſachen abhaͤngt.
Unſere Erdkugel ſcheint im Innern einen beſtimmten Grad von Waͤrme zu ha-
ben, indem man in einer Tiefe von 10 Fuß unter der Oberflaͤche die Waͤrme faſt
uͤberall und zu jeder Jahreszeit ſie gleich = 7 Grad Reaumur findet. Man hat
lange vermuthet, daß dieſe Waͤrme von einem im Innern der Erde vorhandenen
Centralfeuer, oder doch von einer großen von dem Zeitpunkte ihrer erſten Bildung
noch anhaltenden und nach ihrem Mittelpunkte ſich immer vermehrenden Hitze her-
ruͤhre. Allein dieſe Meinung iſt ſchon dadurch widerlegt, daß man, ſo tief man im-
mer mit den Schachten der Bergwerke eingedrungen iſt, in der Regel keine Vermeh-
rung der Waͤrme verſpuͤrt hat. Auf 1200 Fuß unter der Oberflaͤche blieb ſie ſich
voͤllig gleich, und nur in einigen ungariſchen Bergwerken hat man einige Vermeh-
rung der Waͤrme verſpuͤrt, die man aber von Lokalurſachen eben ſo ableiten muß,
wie die hohe Temperatur einiger Quellen, und zuweilen ſchon der Oberflaͤche des
[151]Die Bodenarten.
Erdbodens, wo dieſe hervorkommen. Die durch ſolche Lokalerhitzungen im Unter-
grunde herruͤhrende Waͤrme des Bodens gehoͤrt zu den Seltenheiten.
Man bemerkt aber haͤufig eine Verſchiedenheit in der Temperatur des Bodens,
ſchon vermittelſt des fruͤhern oder ſpaͤtern Erweichens des Eiſes und Schnees, auch
des ſchnellern Gefrierens der Oberflaͤche an einer Stelle vor der andern, ohne daß die
Lage des Feldes dabei in Betracht kommen konnte; welches in Anſehung des Pfluͤ-
gens im Spaͤtherbſte und im Fruͤhjahre einen ſehr merklichen Unterſchied macht.
Man hat auch bereits einige genauere Beobachtungen mit dem Thermometer daruͤber
angeſtellt, die aber noch nicht haͤufig genug wiederholt ſind, um beſtimmtere Reſul-
tate, und in Anſehung der Urſachen dieſer verſchiedenen Temperatur mehr, wie das
Folgende, zu ergeben.
Die Temperatur des Bodens haͤngt zuvoͤrderſt augenſcheinlich von ſeinem Feuch-
tigkeitszuſtande ab. Der feuchte Boden iſt im Durchſchnitt kaͤlter, thauet ſpaͤter
auf, gefriert leichter, und erlangt die zur Vegetation erforderliche Waͤrme ſchwerer.
Man nennt deshalb einen ſolchen Boden naßkalt; den trocknen Boden warm, und
den duͤrren hitzig. Dies ruͤhrt unverkennbar daher, weil durch die Verdunſtung des
Waſſers eine Menge freien Waͤrmeſtoffs conſumirt, dem Erdboden alſo entzo-
gen wird.
Ferner finden wir aber auch bei Boden von gleicher Feuchtigkeit nicht ſelten
dennoch eine Verſchiedenheit der Temperatur. Ein mit vieler Dammerde, unzergan-
genem Miſt und faulenden Subſtanzen angefuͤllter Boden hat einen hoͤheren Waͤrme-
grad. Er thauet auf ſeiner Oberflaͤche fruͤher auf, und verzehrt ſeinen Schnee
ſchnell, ſo daß der gemeine Landmann zu ſagen pflegt: dieſer Boden freſſe den
Schnee. Hier ruͤhrt die Waͤrme ohne Zweifel von den chemiſchen Zerſetzungen her,
die darin vorgehen, wobei faſt immer Waͤrmeſtoff frei wird. Und ſo iſt es auch
buchſtaͤblich wahr, wenn man ſagt: der Miſt erwaͤrme den Boden. Er thut dies
theils mechaniſch, indem er ihn lockert, und ſomit trockner macht, theils chemiſch,
indem er zerſetzt wird.
Dann verſpuͤrt man, daß der kalkhaltige Boden waͤrmer ſey, weil er dieſe che-
miſchen Zerſetzungen beſchleunigt, und die ſtaͤrkſte Wechſelwirkung auf den Miſt
und den Humus aͤußert.
[152]Die Bodenarten.
Endlich leitet auch der eine Boden die Waͤrme, die er von außen her empfaͤngt,
ſtaͤrker wie ein anderer; der Sand mehr wie der Thon, wenn letzterer nicht uͤbermaͤßig
feucht iſt. Eine ſchleunige Veraͤnderung der Temperatur hat deshalb auf die Pflan-
zen auf Sandboden mehr Einfluß, wie auf die auf Thonboden, und deshalb werden
die Nachtfroͤſte, beſonders die Fruͤhreife dem erſtern leichter nachtheilig, wie dem
letztern, wie man das haͤufig bei ſolchen Saaten, die gegen jeden Froſt ſehr empfind-
lich ſind, zu bemerken Gelegenheit hat. Wahrſcheinlich leitet auch ein Untergrund
die hoͤhere Temperatur aus der Tiefe leichter wie ein anderer herauf, und bewirkt da-
durch, daß der Froſt minder tief eindringe, und fruͤher vergehe.
Man beſtimmt die Grade der Temperatur eines Bodens durch die Ausdruͤcke
- a) hitzig,
- b) warm,
- c) gemaͤßigt,
- d) kalt.
Genauere Unterſuchungen, die man mit dem Thermometer, hauptſaͤchlich im
Fruͤhjahre beim Entweichen des Froſtes anſtellen wird, werden vielleicht noch manche
merkwuͤrdige Reſultate uͤber die Verſchiedenheit des Bodens in dieſer Hinſicht
geben.
§. 157.
Der Werth und die Eigenſchaften des Bodens haͤngen aber nicht allein von
ſeiner innern eigenthuͤmlichen Beſchaffenheit, ſondern auch von ſeiner Lage Ge-
ſtalt und Umgebungen ab, und modifiziren jene auf mannigfaltige Weiſe.
Ebene oder
unebene Ober-
flaͤchen.Die Geſtalt der Oberflaͤche, ob ſie huͤgeligt oder eben, horizontal oder
abhaͤngig ſey, hat einen verſchiedenen Einfluß, je nachdem die Grundmiſchung des
Bodens beſchaffen iſt.
Der mehr ſandige, loſe und trockene Boden iſt um ſo fruchtbarer, je ebener
er liegt und je niedriger gegen die ihn umgebende Gegend. Hier wird ihm die
Feuchtigkeit, an deren Ueberfluß er ſelten leidet, laͤnger erhalten. Dagegen verliert
dieſer Boden immer mehr an ſeinem Werthe, wenn er auf Anhoͤhen, Huͤgeln oder
den hoͤhern Ruͤcken der ganzen Gegend liegt, wo ſich ſeine Feuchtigkeit nicht nur
ſtaͤrker herunterzieht, ſondern ihm auch vom Winde — und mit derſelben wohl oft
ſeine fruchtbarſten Theile — geraubt wird. In dieſer Lage verlohnt ein ſandiger Bo-
den
[153]Die Bodenarten.
Boden, der in der Ebene allerdings noch zu kultiviren waͤre, ſeinen Anbau gar
nicht; ja es wird oft gefaͤhrlich fuͤr die ganze umliegende Gegend, ſeine Narbe mit
dem Pfluge zu verwunden, indem ſo leicht die ſchaͤdlichſten Sandwehen dadurch erregt
werden.
Dagegen kann eine huͤgelige und abhaͤngige Lage dem thonigen Boden, und
dem, der einen undurchlaſſenden Untergrund hat, haͤufig vortheilhaft ſeyn, indem
die uͤberfluͤſſige Feuchtigkeit dadurch Abzug erhaͤlt. In den meiſten Faͤllen kann man
hier durch Graben und Waſſerfurchen, wenn ſie gehoͤrig angelegt ſind, allen Nach-
theilen der Naͤſſe zuvorkommen. Es findet ſich mehrentheils ein Ausweg fuͤr das
Waſſer, und wenn dies nicht der Fall iſt, doch eine niedrige Stelle, wohin man es
zuſammenleiten kann.
Steile Anhoͤhen ſind indeß nie erwuͤnſcht, wegen der Schwierigkeit ihrer
Beſtellung.
Man hat ſich lange daruͤber geſtritten, ob die groͤßere Oberflaͤche des huͤgeligen
Bodens in Anſehung der Production Vorzuͤge vor der geringeren Oberflaͤche des
ebenen Bodens habe. Die meiſten Theoretiker haben behauptet, jene habe keine
Vorzuͤge, und koͤnne nicht mehrere Pflanzen tragen, wie die horizontale Flaͤche,
weil die Pflanzen immer perpendikular ſtehen, mehrere folglich weder an den Wur-
zeln noch an den Gipfeln Platz haͤtten. Hiervon aber haben ſich die Praktiker nie
uͤberzeugen koͤnnen, und letztere ſcheinen offenbar Recht zu haben. Schon in Hin-
ſicht des Platzes ſcheint es unleugbar, daß ſolcher fuͤr mehrere Pflanzen zureiche,
wenn ſie ſich uͤbereinander erheben; wo der Gipfel des einen Baums, oder die Aehre
der einen Pflanze ſich ausbreitet, da hat die Wurzel einer andern ihren Platz. Von
Menſchen, die auf Stuffen ſtehen, koͤnnen in demſelben Raume mehrere zuſammen-
gedraͤngt werden, als auf der ebenen Flaͤche moͤglich waͤre. Platz iſt aber uͤberdem
fuͤr die Cerealien genug vorhanden, und es kommt nur auf die Oberflaͤche des Bodens
an, woraus ſie Nahrung ziehen, und dieſe iſt doch auf einem Huͤgel immer groͤßer,
als auf ſeiner Baſis. Der Huͤgel hat bei einer gleichen Tiefe ſeiner Ackerkrume, doch
beſtimmt mehr fruchtbare Erde, als die Baſis deſſelben haben wuͤrde. Und endlich
rauben ſich die an einer Anhoͤhe ſtehenden Pflanzen die Luft und das Licht weniger.
Und ſonach muͤßte der Boden, wenn er ſich uͤbrigens gleich iſt, nicht allein nach der
geometriſchen Flaͤche, die natuͤrlich auf den Karten nur angegeben ſeyn kann, ſon-
Zweiter Theil. U
[154]Die Bodenarten.
dern auch nach der Linie ſeiner Oberflaͤche geſchaͤtzt werden; wie denn das wirklich
in der Praxis und bei der Vermeſſung einzelner Stuͤcke auch geſchiehet.
§. 158.
Hohe und
niedere Lage.Die hohe oder die niedere Lage des Bodens gegen die Meeresflaͤche macht
einen betraͤchtlichen Unterſchied im Klima [] und in der atmoſphaͤriſchen Temperatur.
Die Waͤrme iſt auf Bergen in gleicher Zone immer geringer, wie in der Ebene und
Niederung, und ſelbſt in den heißeſten Zonen ſind die Gipfel der Berge mit beſtaͤndi-
gem Eis und Schnee bedeckt. Jedoch liegt dieſe Eisgraͤnze in den heißern Erdſtri-
chen hoͤher, und kommt um ſo tiefer herab, je mehr wir uns dem Pole naͤhern. In
demſelben Verhaͤltniſſe, wie die Waͤrme, nimmt die Vegetation ab; die Baͤume und
Gewaͤchſe werden auf den groͤßern Hoͤhen immer niedriger und verkruͤppelter. Auf
groͤßern Hoͤhen wachſen nur Nadelhoͤlzer, und noch hoͤher hinauf nur beſondere
Bergpflanzen.
Aber ſchon bei minderen Hoͤhen verſpuͤren wir, wenn auch uͤbrigens die Lage
guͤnſtig iſt, eine ſchwaͤchere Vegetation der Cerealien. Weizen waͤchſt indeſſen auf ange-
meſſenem Boden auf den Bergen noch beſſer wie Rocken, und Hafer beſſer wie
Gerſte; jedoch nur relativ, und die Reifung erfolgt ſpaͤter. An Feuchtigkeit mangelt
es auf Bergen ſelten, weil auf ihnen ein ſtaͤrkerer Niederſchlag der atmoſphaͤriſchen
Feuchtigkeit vorgeht. Deshalb hat ein trockener, waͤrmerer Boden daſelbſt oft Vor-
zuͤge vor dem feuchten. Weil es jedoch in der Regel nicht an Abzug fehlt, ſo kann
man die Feuchtigkeit daſelbſt immer durch zweckmaͤßige Abgrabung und Abfangung
der Quellen heben.
Eine große Beſchwerde, die ihren Werth ſehr vermindert, iſt aber bei bergigen
Feldern die Schwierigkeit der Auffuhr des Duͤngers, die oft ohne die groͤßte Anſtren-
gung nicht beſchafft werden kann, weshalb man ſich da haͤufig mit Huͤrdenlangern be-
helfen muß; dann iſt auch ſeine Beackerung ſehr ſchwierig und angreifend fuͤr
das Zugvieh.
Endlich iſt bei ſteilen Abhaͤngen die Abſpuͤlung der fruchtbaren Erde bei
heftigen Regenguͤſſen und das Einreiſſen der Waſſerſtroͤme ſehr gefaͤhrlich. Wenn
der Bergboden alſo auch zuweilen reiche Ernten giebt, ſo wird der ſteile Ab-
hang doch in der Regel wohl am vortheilhafteſten durch zweckmaͤßige Holzkul-
tur genutzt.
[155]Die Bodenarten.
§. 159.
Bei den Abhaͤngen der Berge und Huͤgel, und ſelbſt bei der ebenen ſchraͤgenRichtung nach
der Himmels-
gegend.
Flaͤche des Bodens kommt es viel auf die Himmelsgegend an, wohin ſie ge-
richtet ſind.
Gegen Norden wird der Boden ſpaͤter erwaͤrmt, dunſtet ſchwaͤcher aus, und
bleibt laͤnger feucht. Der vegetabiliſche Nahrungsſtoff kommt ſpaͤter in Gaͤhrung
und wird langſamer zerſetzt. Die Vegetation dauert kuͤrzere Zeit, faͤngt ſpaͤter an,
hoͤrt fruͤher auf. Die Pflanzen erhalten wegen Mangel an Waͤrme und Licht minder
ausgebildete Saͤfte und Fruͤchte. Auch leiden die Pflanzen oͤfterer durch kalte
Winde und Froͤſte.
Gegen Suͤden erhaͤlt der Boden eine fruͤhe und ſtarke Durchwaͤrmung, genießt
des meiſten und vertikalſten Lichtes. Die Vegetation beginnet daher fruͤh, und die
Fruͤchte kommen zu ihrer hoͤchſten Vollkommenheit. Dagegen aber leidet der Boden
eher an Duͤrre. Auch iſt er den mehr aus Suͤden kommenden Platzregen und Schloſ-
ſenſchauern ausgeſetzt.
Gegen Oſten dunſtet der Boden ſtark aus, erhaͤlt weniger vom Niederſchlage
der atmoſphaͤriſchen Feuchtigkeit, und trocknet am ſchnellſten aus. Die Vegetation
wird von der Morgenſonne fruͤh geweckt, und nach der naͤchtlichen Ruhe und einge-
ſogener Feuchtigkeit in Thaͤtigkeit geſetzt. Die Fruͤchte kommen daher in dieſer Lage
vorzuͤglich fruͤh empor, und werden vollkommen reif, koͤnnen dagegen zwar auch durch
Nachtfroͤſte leichter unterdruͤckt und zerſtoͤrt werden. Nachtfroͤſte indeſſen ſchaden hier
manchmal weniger, weil die Sonne nicht zu ploͤtzlich aufthauet, da ſie Morgens fruͤh
nicht ſo ſtark iſt.
Gegen Weſten erhalten die Gewaͤchſe erſt die Waͤrme und das direkte Licht der
Sonne, nachdem die naͤchtliche Feuchtigkeit verdunſtet und die nach der Ruhe ver-
mehrte Lebensthaͤtigkeit ſchon wieder ermattet iſt; daher die an der Weſtſeite wach-
ſenden Fruͤchte im Allgemeinen nicht ſo fruͤh und in ſo hohem Grade ihre Vollkom-
menheit erreichen, wie die an der Oſtſeite. Uebrigens aber fuͤhrt der weſtliche Wind
mehrere Feuchtigkeit herbei, und der Boden leidet an dieſen Seite weniger von der
Duͤrre. Am beſten iſt ſie etwas gegen Suͤden gerichtet. Hier iſt der Schaden, der
aus dem ploͤtzlichen Aufthauen entſteht, am groͤßten, weil die Sonne ſie erſt trifft,
wenn ſie um Mittag am ſtaͤrkſten iſt.
U 2
[156]Die Bodenarten.
Die Vortheile und Nachtheile dieſer Lage werden hauptſaͤchlich beſtimmt durch
die Grundmiſchung und uͤbrigen Eigenſchaften des Bodens. Der thonige, feuchte
und kalte Boden wird verbeſſert, wenn er ſeinen Abhang nach der trocknern Oſt- und
Suͤdſeite hat, und iſt ungleich fehlerhafter, wenn er nach Weſten und Norden haͤngt.
Umgekehrt verhaͤlt ſichs mit dem ſandigen und kalkreichen, trocknen und warmen
Boden, fuͤr den der weſtliche Abhang immer der erwuͤnſchteſte iſt, und der nach Suͤd-
oſten abhaͤngend immer um ſo ſtaͤrker von der Duͤrre leidet. Der noͤrdliche Abhang,
wenn er ſo ſteil iſt, daß ihn die Sonne nur ſehr ſchraͤg trifft, iſt in keinem Falle
wohlthaͤtig.
§. 160.
Beſchattung
oder Licht.Die Sonnenſtrahlen und das Licht werden dem Boden zuweilen durch umlie-
gende Gegenſtaͤnde entzogen, durch Berge, Waldungen, einzelne hohe Baͤume und
Gebaͤude. Ohne Ruͤckſicht auf die Waͤrme, welche die Sonnenſtrahlen geben, iſt
das Licht an ſich zum Gedeihen der Pflanzen und vielleicht ſelbſt zur Befoͤrderung
gewiſſer Zerſetzungen im Boden unentbehrlich.
Wir wiſſen, daß alle Pflanzen das Licht ſuchen, und ſich immer nach der Seite
hinneigen, wo ſie es finden. Man bemerkt dies im Freien, deutlicher in Zimmern
und Gewaͤchshaͤuſern, und am auffallendſten, wenn man die Gewaͤchſe in hoͤlzerne
Kaſten ſetzt, die nur einige Ritzen haben, zu welchen ſich dann die Pflanzen mit dem
aͤußerſten Beſtreben hindraͤngen. In dichten Pflanzungen treiben die Gewaͤchſe mit
aller ihrer Kraft in die Hoͤhe, wetteifernd, ſich den Vortheil des Lichts abzugewin-
nen. Sie wachſen daher um ſo ſtaͤrker und ſchneller in die Laͤnge, je dichter ſie ſtehen,
aber freilich auf Koſten der Staͤrke ihrer unteren Theile, die dann ſchwaͤcher bleiben.
Alle im Dunkeln und im Schatten gewachſene Pflanzen haben ein bleiches, kraͤnkeln-
des Anſehn, ein loſes, ſchlaffes, waſſerſuͤchtiges Gewebe, und lange, duͤnne, kraft-
loſe, leicht abbrechende Schuͤſſe; nicht den beſtimmten ihnen ſonſt eigenthuͤmlichen,
ſondern einen faden waͤſſrigen Geſchmack, ein Zuſtand, den man im Franzoͤſiſchen
mit dem beſonderen Ausdrucke étiolement benennt. Je ſtaͤrker dagegen das Licht
iſt, welches die Pflanzen trifft, je vertikaler es auf ſie faͤllt, deſto ſtaͤrker, ausgebil-
deter und kraͤftiger werden die Pflanzen in allen ihren Theilen und Subſtanzen. Die
gruͤne Farbe der Blaͤtter haͤngt ganz von dem Lichte ab, weswegen auch alle unent-
wickelte Blaͤtter bleich ſind. Dieſe beſondere Wirkung des Lichts iſt, wie genaue
[157]Die Bodenarten.
Verſuche erwieſen haben, unabhaͤngig von der Waͤrme, welche die Sonnenſtrahlen
zugleich geben. Denn man hat das Sonnenlicht durch ein ſtarkes kuͤnſtliches Licht
bei gleicher Temperatur erſetzen koͤnnen.
Auf einem beſchatteten Boden keimen die Pflanzen zwar freilich — denn zur
Keimung der Samen und zur Austreibung der erſten Wurzelfaſern iſt eine beſchattete
Lage vortheilhaft — wachſen auch zu ziemlicher Groͤße oft empor, bilden aber keine
naͤhrende Theile aus, und bringen unvollkommene Fruͤchte. Daher auch die wenige
Nahrhaftigkeit des unter dicht ſtehenden Baͤumen gewachſenen Graſes.
§. 161.
Der Boden iſt entweder dem Winde frey ausgeſetzt, oder hat Schutz ge-Windausſe-
tzung.
gen ſelbigen durch vorliegende Anhoͤhen und Berge, Holzungen, Gebaͤude oder
Hecken, nach einer oder der andern Seite. Nach ſeiner verſchiedenen Beſchaffenheit
kann ihm dieſes nuͤtzlich oder ſchaͤdlich ſeyn. Dem thonigen feuchten Boden iſt im
allgemeinen ein ſtarker Luftzug beſſer, als eine gedeckte dieſen abhaltende Lage. Der
Schnee geht ſpaͤter auf, und der Boden trocknet, beſonders im Fruͤhjahre, ſpaͤter ab,
wenn ihn die Winde nicht treffen koͤnnen. Dagegen wird der trockene, ſandige und
warme Boden durch eine den Wind abhaltende Umgebung oft ſehr verbeſſert, und
kann mehrentheils durch Hecken, womit man ihn umgiebt, oder durch Pflanzungen
an den uͤbelſten Windſeiten, ſehr verbeſſert und fruchtbar gemacht werden. Einem
ſolchen Boden thut naͤmlich der Wind vielen Schaden, indem er die Feuchtigkeit ihm
ſchneller entzieht, die verbeſſerte, mit Humus vermiſchte Ackerkrume, und
letztern, da er noch leichter und beweglicher als der Sand iſt, verweht, ſomit auch
die Wurzeln der Gewaͤchſe entbloͤßt, und an andern Stellen die Pflanzen mit rohen
Sand uͤberſchuͤttet.
Auf die Gewaͤchſe ſelbſt hat der Wind einen verſchiedenen Einfluß. Bei einigen
befoͤrdert er die Befruchtung in der Bluͤtezeit, bei andern verhindert er ſie, und letz-
tere kommen daher faſt nur in einer gedeckten Lage zum reichlichen Samenanſatz.
§. 162.
Endlich kommt die mit dem Boden in Verbindung ſtehende AtmoſphaͤreAtmoſphaͤre.
und ihre Temperatur in Betracht, deren Verſchiedenheit man unter dem Namen
Klima begreift. In ſofern das Klima durch die Grade der Breite beſtimmt wird,
und ſich danach die mittlere Temperatur der Atmoſphaͤre richtet, nehmen wir hier
[158]Die Bodenarten.
nicht Ruͤckſicht darauf, indem ſich dieſes von ſelbſt verſteht, und aus thermometri-
ſchen Beobachtungen erhellet.
Aber die Veraͤnderungen des atmoſphaͤriſchen Zuſtandes und der Temperatur,
die wir in einigen nahe gelegenen Diſtrikten und Landſtrichen bemerken, verdienten
allerdings eine groͤßere Aufmerkſamkeit, als wir bisher darauf gerichtet haben.
Zur Verſchiedenheit der Waͤrme tragen, außer den mehr oder minder vertikal
auffallenden Sonnenſtrahlen, viele andere Urſachen bey: die in der Atmoſphaͤre vor-
gehenden Zerſetzungen, die Wirkung der Ausduͤnſtung der Erdflaͤche, die Mitthei-
lung der Temperatur anderer Erdſtriche durch die daher kommenden Winde, die Lage
des Bodens gegen gewiſſe Winde, die Gebirge und Waldungen, welche ein Land
begraͤnzen und durchſchneiden, es vor Kaͤlte ſchuͤtzen, oder durch beſchneite Gipfel
erkaͤlten; die Hoͤhe des Landes, die Nachbarſchaft des Meeres oder großer Landſeen,
ein ſandiges oder moraſtiges Erdreich u. ſ. f.
Der Niederſchlag der Feuchtigkeit aus der Atmoſphaͤre iſt in einzelnen Diſtrikten
augenſcheinlich ſtaͤrker, wie in andern. Um die Verſchiedenheiten genauer zu be-
ſtimmen, fehlt es uns noch an Regenmeſſungen, die unter allen meteorologiſchen
Meſſungen fuͤr den Ackerbau ohne Zweifel die intereſſanteſten waͤren.
Wir haben ſchon bemerkt, daß an den Gipfeln der Berge ein ſtaͤrkerer Nieder-
ſchlag der atmoſphaͤriſchen Feuchtigkeit vor ſich gehe, wie in den Ebenen. Aber auch
nach dieſen zieht ſich die dunſtfoͤrmige Feuchtigkeit der Atmoſphaͤre, hier mehr dort we-
niger, hin, und ſetzt ſich in Regen, Thau und Nebel ab. Die dem Meere, Seen
und ſelbſt großen Stroͤmen naͤher gelegenen Diſtrikte erhalten mehr von den Aus-
duͤnſtungen des Waſſers, und ſind in der Regel feuchter, insbeſondere wenn dieſe
Gewaͤſſer ihnen weſtwaͤrts liegen. Hierdurch wird oft der duͤrre Boden verbeſſert,
und insbeſondere zum Graswuchſe tuͤchtiger gemacht; der ohnehin feuchte Boden
aber um ſo mehr verſchlechtert.
Die Ausduͤnſtungen von betraͤchtlichen ſtehenden Waſſer, insbeſondere von
Mooren, haben zuweilen eine hoͤchſt giftige Eigenſchaft, und verderben durch die von
ihnen aufſteigenden Nebel manchmal ganze Feldfluren dermaßen, daß das Getreide
alljaͤhrlich mit verſchiedenen Krankheiten befallen wird, und, der uͤppigſten Vegeta-
tion im Fruͤhjahre ungeachtet, nur ſehr wenige und ſchlechte Koͤrner giebt. Durch
[159]Die Bodenarten.
Abwaͤſſerung iſt dieſem Uebel einzig und allein und vollſtaͤndig abgeholfen worden, zum
Beweiſe daß es keinen andern Grund habe.
Auch die Hochwaldungen von betraͤchtlichem Umfange ſcheinen die Feuchtigkeit
herbeizuziehen, oder das in der Luft gasfoͤrmig aufgeloͤſte Waſſer zu zerſetzen; indem
man allgemein in waldigen Gegenden einen ſtaͤrkeren Niederſchlag von Feuchtigkeit
bemerkt hat.
Endlich ziehen ſich nach gewiſſen Gegenden die Wolken, insbeſondere die Ge-
witter mehr wie nach andern hin. Man will bemerkt haben, daß ſie theils den Stroͤ-
men, theils dem hoͤchſten Ruͤcken der Gegenden folgten, und ihnen nachzoͤgen; zu-
weilen aber auch von den Schluchten der Gebirge ihre Richtung erhielten. Es giebt
jedoch Faͤlle von ſogenannten Wetterſcheiden, die ſich danach noch nicht ganz erklaͤ-
ren laſſen, und die man nur aus der Erfahrung kennt. Es giebt Feldmarken, die
faſt jedes Gewitter trifft, welches aus einer beſondern Himmelsgegend heraufzieht,
und andere, die ſehr ſelten davon betroffen, und nur vom Rande der Wolken beruͤhrt
werden. Da die Gewitterregen mehrentheils wohlthaͤtig ſind, ſo zeichnen ſich
erſtere in der Fruchtbarkeit aus, ſind aber dagegen dem Hagelſchaden auch mehr un-
terworfen.
§. 163.
Außer dem Waſſer enthaͤlt die Atmoſphaͤre und beſonders die untere Schicht
derſelben haͤufig Stoffe, die auf die Vegetation eine große Einwirkung haben, und
zwar in verſchiedenen Verhaͤltniſſen. Das kohlenſaure Gas und das gekohlte geſchwe-
felte und gephosphorte Waſſerſtoffgas iſt bekanntlich der Vegetation ſehr zutraͤglich,
und auch wirklich duͤngend fuͤr den Boden. Es ſind wahrſcheinlich aber auch oft an-
dere zuſammengeſetztere Stoffe, insbeſondere animaliſche Ausduͤnſtungen, die noch
nicht voͤllig zerſetzt worden, oder deren Urſtoffe ſich auf eine beſondere Weiſe ver-
bunden haben, in der Atmoſphaͤre enthalten. Sehr bewohnte menſchen- und
viehreiche Gegenden, wo viel Feuermaterial conſumirt wird, und mannigfaltige
Zerſetzungen, welche die Atmoſphaͤre anfuͤllen, vorgehen, zeichnen ſich auffallend
durch groͤßere Fruchtbarkeit aus, die nach gewiſſen Beobachtungen unabhaͤngig iſt,
von dem in ſolchen Gegenden ſonſt freilich mehr erzeugten Duͤnger. In und um
große Staͤdte kann man dieſen Einfluß der Atmoſphaͤre auf die Fruchtbarkeit, ſelbſt
des ſchlechtern Bodens kaum verkennen. Daß die Luft aber auch ſchaͤdliche Stoffe
[160]Die Bodenarten.
enthalten koͤnne, beweiſt die im vorigen §. angefuͤhrte Erfahrung von den moorigten
Ausduͤnſtungen; ſo wie auch die ſchaͤdliche Wirkung, welche der Berberitzenſtrauch
nach unleugbaren Erfahrungen auf das Getreide aͤußert.
§. 164.
Reinheit des
Bodens vom
Unkraut.Der Werth des Bodens kann betraͤchtlich veraͤndert werden, je nachdem er mehr
oder minder rein — denn ein voͤllig [...]iner gehoͤrt unter die Seltenheiten — vom
Unkraut iſt.
Unkraut heißt eine jede Pflanze, die auf einem Platze ſtehet, wo ſie unſerm
Wunſche und Zwecke nach nicht ſtehen ſollte. Denn eine ſolche thut allemal Scha-
den, indem ſie den angebauten Pflanzen Platz und Nahrung raubt, und die Aus-
ſaugung des Bodens befoͤrdert, ohne Nutzen zu bringen. Wir reden hier indeſſen
nur von denjenigen Unkrautsarten, die mit ihren Samen und Wurzeln den Boden
ſo angefuͤllt haben, daß ſie nur mit vieler Muͤhe und Aufopferung zu vertilgen ſind,
und einen betraͤchtlichen Einfluß auf den Ruͤckſchlag der Ernten haben.
Wir unterſcheiden dieſes Unkraut in agronomiſcher Hinſicht in drei Arten;
- 1) in ſolches, welches ſich durch Samen allein vermehrt;
- 2) in ſolches, welches ſich in der Regel nur durch den Austrieb ſeiner Wurzeln
vermehren kann: - 3) in ſolches, welches aus beiden zugleich hervorkommt:
§. 165.
Samenun-
kraut.1) Das Samenunkraut unterſcheidet ſich wieder in zweierlei Gattungen:
naͤmlich in das einjaͤhrige, welches in einem Sommer hervorkommt, ſeinen
Samen reif macht, ihn ausſtreut, und dann vergeht: und in das zweijaͤhrige,
welches im erſten Jahre nur heranwaͤchſt, den Winter aushaͤlt, und dann im zwei-
ten Jahre ſeinen Samen reift. Beide Arten haben keine austreibende Wurzel, und
vergehen mit derſelben, wenn ihr Samen gereift iſt.
Der Samen der Gewaͤchſe, welche in dieſe Klaſſe gehoͤren und hier in Be-
tracht kommen, iſt von der Art, daß er nur zum Keimen kommt, wenn er ſehr nahe
an der Oberflaͤche liegt, und die Atmoſphaͤre auf ihn einwirken kann. Liegt er tiefer,
oder iſt er von einem Erdkloße eingeſchloſſen, ſo keimt er nicht; erhaͤlt ſich aber voll-
kommen geſund und keimungsfaͤhig, bis er in eine guͤnſtige Lage gebracht wird.
Die Laͤnge der Zeit, wo er ſich in dieſem Zuſtande erhalten kann, ſcheint unendlich zu
ſeyn;
[161]Die Bodenarten.
ſeyn; indem bei neuem Umbruche eines Ackers, der wahrſcheinlicher Weiſe ſchon
taufende von Jahren uncultivirt gelegen hatte, und auf dem ſich keine Pflanze die-
ſer Art zeigte, dieſes Unkraut den Acker nun uͤber und uͤber bezog. So ſiehet
man hier im Oderbruche den Ackerſenf in einer gewaltigen Menge zuweilen hervor-
kommen, wenn man nie umgebrochenes und vormals ſumpfiges Grasland aufbricht,
und im zweiten Jahre die Narbe zerſtoͤrt und die Erde gelockert hat. Dieſer Samen
kann hier nur vor uralten Zeiten hergeſchwemmt und mit der Erde vom Waſſer ab-
geſetzt ſeyn. Auch hat man dieſe Unkrautsarten haͤufig aus der Erde hervor keimen
ſehen, die man mehrere Fuß tief und ſogar auf altem Holzgrunde hervorholte. Un-
ter einem Gebaͤude, welches gewiß 200 Jahre geſtanden, fand man eine ſchwarze
Erde, welche man nebſt dem Schutte auf einen Gartenplatz brachte, und es wuchs
eine Saat von Wucherblume (Chrysanthemum segetum) hervor, die man vor-
her auf dieſem Platze nie geſehen hatte. Dieſer auffallenden Erſcheinungen wegen
haben ſogar manche geglaubt, daß dieſe Pflanzen ohne Samen und Keime von der
Natur hervorgebracht wuͤrden. Dies iſt aber bei Pflanzen dieſer Art gegen alle Ana-
logie, und kein Verſtaͤndiger wird hier eine Ausnahme von der Regel: Omne vi-
vum ex ovo, annehmen.
Die Menge, worin dieſer feine Samen in der Erde liegen kann, uͤbertrifft eben-
falls alle Vorſtellung. Wenn man den Acker fein pulvert, ſo treibt eine dichte Saat
davon hervor, die man durch das Unterpfluͤgen gewiß vollkommen zerſtoͤrt; indem
die zarte Pflanze dieſes nicht vertraͤgt. Sogleich aber erzeugt ſich auf der neu her-
vorgebrachten Oberflaͤche eine andere eben ſo dichte Saat, und ich habe dies ſelbſt
in einem Sommer ſechsmal wiederholt, ohne auch nur eine Abnahme dieſes Unkrauts
zu bemerken, und ohne daß es fuͤr das folgende Jahr voͤllig zerſtoͤrt ward. Mit der
Wucherblume hat man daſſelbe bis ins dritte Jahr wiederholt, ohne ihren Samen in
der Ackerkrume voͤllig vertilgen zu koͤnnen.
Das einjaͤhrige Samenunkraut zeigt ſich in der Regel nur unter dem Sommer-
getreide, und das Wintergetreide iſt oftmals ganz frei davon, wenn anders die Aus-
ſaat im Herbſte ſo fruͤh geſchehen iſt, daß der in der Oberflaͤche liegende Samen zum
Laufen kommen konnte. Es haͤlt den Winter nicht aus, und vergeht wo nicht ehe,
doch gewiß im Fruͤhjahre. Nur in dem Falle, daß die Oberflaͤche aufs neue geruͤhrt
worden, an den Raͤndern der Beete abgekruͤmelt iſt, oder Erdkloͤße erſt im Winter
Zweiter Theil. X
[162]Die Bodenarten.
oder Fruͤhjahre zerfallen ſind, und hierdurch friſcher Samen an die Atmoſphaͤre ge-
kommen iſt, oder endlich wenn dieſer durch Wind oder Waſſer hergefuͤhrt worden,
erſcheint es auch unter dem Wintergetreide, aber doch immer nur in unbedeutender
Menge, oder nur wo die Saat ausgewintert iſt. Das zweijaͤhrige Unkraut zeigt ſich
dagegen in ſeiner Vollendung nur unter dem Wintergetreide, obwohl es unter dem
Sommergetreide laͤuft, dann aber in der Regel zerſtoͤrt wird, ehe es zur Bluͤte und
Samentragen kommt.
Das haͤufigſte und allgemeinſte jaͤhrige Unkraut machen die Pflanzen aus, welche
man in der landwirthſchaftlichen Sprache mit dem gemeinſchaftlichen Namen des
Hedderichs zu belegen pflegt. Hierunter werden verſchiedene obwohl ſehr aͤhnliche
Pflanzen verſtanden, naͤmlich:
Der Ackerſenf (Sinapis arvensis), welcher nur in ſtarkem reichen und
Feuchtigkeit haltenden Boden gedeiht, auf magern und trocknen aber nicht fortkommt,
ſondern bald vergeht; weswegen man ſogar Saat, worin deſſen Samen enthalten,
ungeſtraft auf letztern ausſaͤen kann. Er laͤuft hier wohl, wird aber von den an-
dern Pflanzen unterdruͤckt. Dagegen uͤberzieht er den reichen humoſen Boden, wenn
er im Fruͤhjahre die Oberhand uͤber die Saat bekommt, dermaßen, daß ein totales
Mißrathen der letzteren daraus erfolgen kann. Er iſt indeſſen immer leichter zu ver-
tilgen, weil der Same nicht in einer harten Huͤlſe eingeſchloſſen iſt, und fruͤher zum
Laufen koͤmmt. Auch iſt er nicht ſo ganz unnuͤtz, weil er zum Theil mit dem Som-
mergetreide geerntet, dann durch Siebe abgeſondert und zu Oel geſchlagen wird.
Von fleißigen kleinen Ackerbauern wird das uͤppige und nahrungsreiche Kraut, bevor
das Getreide ſchoſſet, ausgezogen und zu einer ſehr wohlthaͤtigen Futterung fuͤr das
Vieh verwandt.
Der Ackerrettig (Raphanus raphanistrum), waͤchſt auf lehmig ſandigen
und ſandig lehmigen, minder ſtarken Boden, und kommt ſelbſt bei unguͤnſtiger Wit-
terung fort. Je magerer der Boden, und je unguͤnſtiger die Witterung, um deſto
ehe unterdruͤckt er das Getreide, wogegen dieſes auf reicheren Boden und bei guͤnſti-
ger Witterung ihn dennoch zuweilen uͤberwindet, wenn ſeine lebhafte Vegetations-
periode vollendet iſt. Er unterſcheidet ſich am auffallendſten vom Ackerſenf durch
ſeine gegliederte harte Huͤlfe. Dieſelbe verhindert, daß er nicht ſo gut wie jener zum
Oelſchlagen gebraucht werden kann. Auch iſt der Samen ſelbſt zu klein und zu
[163]Die Bodenarten.
wenig Oel gebend. Das Kraut iſt rauher und minder ſaftig, wie das vom Ackerret-
tig, jedoch dem Viehe angenehm und nahrhaft, weshalb man ſogar den damit an-
gefuͤllten Boden als Futterfeld gebraucht hat, ohne etwas einzuſaͤen, indem man nur
durch Pfluͤgen und Eggen ſein Aufgehn mehrmahls in einem Sommer befoͤrderte.
Verſchiedene andere Pflanzen, Abarten aus dem Geſchlechte der Brassica, des
Rapſes und Ruͤbſens, koͤnnen ebenfalls im Boden einwuchern, und werden dann
auch, ihrer großen Aehnlichkeit wegen, mit unter dem Namen des Hedderichs
begriffen.
Es ſcheinen dieſe Unkrautearten in den Aeckern des noͤrdlichen Deutſchlandes
ſeit Menſchengedenken ſich ſehr vermehrt zu haben. Es iſt jetzt eine ſeltene Ausnahme
ein Feld davon frei zu finden. Sie werden zum Theil durch Unvorſichtigkeit im Reini-
gen der Saat fortgepflanzt; aber auch die groͤßte Vorſicht hilft nichts, wenn ihr
Same einmal viel im Acker liegt. Sie ſind nur durch fleißige Bearbeitung und Ruͤh-
rung der Ackererde in den Sommermonaten, dann durch Einſchraͤnkung des Som-
merkornbaues und vermehrten Winterungsbau zu vermindern, und endlich durch
Ausziehung der einzelnen Pflanzen zu vertilgen.
Ein ungleich nachtheiligeres, aber nicht ſo allgemein verbreitetes Samenun-
krant iſt die gelbe Wucherblume (Chrysanthemum segetum). Es hat einen ſo
uͤppigen Wuchs, iſt ſo hart, und vermehrt ſich ſo ſchnell und uͤbermaͤßig, daß es den
Boden zu allen Sommergetreidebau ganz untauglich und werthlos machen kann.
Dies Gewaͤchs keimt ſpaͤt, und erſt, wenn der Boden ziemlich durchwaͤrmt iſt,
waͤchſt dann aber ſo ſchnell und ſo frech empor, daß es die vor ſeinem Keimen ſchon
ziemlich herangewachſene Saat noch unterdruͤckt. Es breitet ſich mit ſeinen ſtarken
ſaftigen Zweigen und Blaͤttern uͤber das ganze Feld aus, und ſcheint alle Kraft
an ſich zu ziehen. Es iſt ſo zaͤhe, daß eine Pflanze, welche nur eben ihre Bluͤ-
tenknospen zeigte, ausgeriſſen nicht nur aufbluͤht, ſondern auch reifen Samen macht.
Wenn es ausgejaͤtet und in Haufen zuſammengeworfen worden, kommt es nicht in
eine zerſtoͤrende Gaͤhrung, ſondern die obenliegenden Pflanzen treiben noch hervor,
vegetiren fort und ſetzten Samen an, ſo daß zu ſeiner Zerſtoͤrung kein anderes Mit-
tel iſt, als es entweder tief zu vergraben, oder zu verbrennen. Sein Samen geht
auch die Leiber der Thiere durch, ohne die Keimkraft zu verlieren, und wird daher
mit dem Miſte verbreitet. In Gegenden, wo man das Uebel in der Nachbarſchaft
X 2
[164]Die Bodenarten.
kennt, aber noch frei davon iſt, wendet man daher die groͤßte Sorgfalt an, um ſich
dagegen zu ſchuͤtzen. Wenn Pferde oder anderes Vieh aus ſolchen Ortſchaften,
wo man daran leidet, herkommen, ſo ſorgt man dafuͤr, daß der Miſt gleich ver-
brannt werde, den ſie fallen laſſen; und Stroh oder Heu aus ſolchen Orten nimmt
man durchaus nicht. Um die anfangende Verbreitung zu verhuͤten, werden Feldbe-
ſichtigungen gehalten, und fuͤr jede Wucherblume, die man auf dem Felde findet,
muß 1 bis 2 Gr. Strafe erlegt werden.
Hat es im Acker einmal Ueberhand genommen, ſo iſt deſſen Zerſtoͤrung aͤußerſt
ſchwierig, beſonders in gemengten Feldmarken, und immer mit betraͤchtlichen Auf-
opferungen verbunden; jedoch auch nicht ſo unmoͤglich, als manche ſie gehalten ha-
ben. Haͤufig wiederholtes Pfluͤgen und Eggen im Sommer, wodurch immer eine
neue Erdlage an die Luft gebracht wird, zerſtoͤrt eine große Menge Samen bald nach
der Keimung; jedoch reicht ein Sommer nicht hin, wenn auch alle drei Wochen ge-
pfluͤgt wird. Es darf zwiſchen zwei Brachen keine Soͤmmerung geſaͤet und kein
Gewaͤchs gebaut werden, wozwiſchen dieſe gelbe Wucherblume aufkommen kann,
ohne dieſes ſorgfaͤltig zu jaͤten. Mit gehoͤriger Anſtrengung gelangt man doch dahin,
wie zwei in den Annalen der Niederſaͤchſiſchen Landwirthſchaft, Bd. III. S. 320,
und Bd. IV. S. 129 beſchriebene Beiſpiele beweiſen. Nach der Schwierigkeit
ihrer Vertilgung laͤßt ſich der verminderte Werth des Bodens, worin ſie eingeſamt
iſt, leicht beurtheilen.
Eben ſo nachtheilig, aber doch leichter zu uͤberwinden, iſt der wilde-, Flug-,
Wind- oder Taubhafer (Avena fatua); eigentlich auch ein Sommergewaͤchs,
welches aber doch unter dem Wintergetreide haͤufig aufkommt. Da der Samen in
der tieferen Lage nicht ſo leicht, ohne zu keimen, erhalten wird, ſondern hervortreibt,
ſo kann man einen Acker in einem Jahre ziemlich davon befreien, wenn man die
Saat, worunter er ſich befindet, ſobald er aufbluͤhet, abmaͤhet und verfuttert oder
zu Heu macht, wozu er ſich vortrefflich ſchickt. Laͤßt man ihn ſtehen, ſo reift er ſehr
ſchnell, und verſtreut ſeinen Samen, bevor das uͤbrige Getreide abgeerntet wird.
Weil ſein Samen vom Winde ſo leicht beweglich iſt, ja ſogar von ſelbſt fortkriecht,
indem naͤmlich ſeine ſtarke Grannen ſich bei abwechſelnder Feuchtigkeit ausdehnen und
zuſammenziehen, ſo daß man ſich deſſelben ſogar als Hygrometers bedient hat, ſo
kann man ihn von dem benachbarten Felde ſehr leicht erhalten, wenn man voͤllig frei
[165]Die Bodenarten.
davon war; und deshalb ſind die Gegenden, wo er ſich haͤufig findet, niemals ohne
Gefahr, wenn nicht alle Nachbarn zu ſeiner Vertilgung uͤbereinkommen.
§. 166.
Unter den durchwinternden Unkraͤutern, die deshalb mehr in der Winterung vor-
kommen, ſich jedoch auch in fruͤh geſaͤeter Soͤmmerung oft zeigen, gehoͤren die blaue
Kornblume (Centaurea cyanus), die verſchiedenen Camillenarten (Matricaria
chamomilla, Anthemis cotula; Anthemis arvensis; chrysanthemum len-
canthemum); ferner der Hahnenkamm oder Klapperkraut (rhinanthus crista-
galli), und wilde Mohn oder die Klapproſen (papaver rhoeas), auch der Ra-
del (agrostemma githago), welcher, einer kuͤrzlich von mir gemachten Erfahrung
nach, lange im Acker liegen kann, ungeachtet er ein ziemlich großes Korn hat. Auch
von allen dieſen liegt der Samen im Acker, und es hilft oft nicht allein, wenn man
auch die groͤßte Sorgfalt in Reinigung des Samens beobachtet. Sie ſind aber der
Winterung ſo nachtheilig nicht, wie jene Sommerpflanzen dem Sommergetreide,
indem eine ſtarke dichte Saat auf geſundem, kraͤftigen, nicht naſſen Boden ſie uͤber-
windet, und ſie ſich daher nur an den Stellen ſtark zeigen, wo die Saat ausgewintert iſt.
Eine gleiche Bewandniß hat es mit der Trespe (Bromus secalinus und ar-
vensis). Haͤufig wird deſſen Samen zwar mit dem Getreide ausgeſaͤet, allein er
liegt auch im Boden, und kann ſich wahrſcheinlich lange darin halten, wenn er nicht
in eine ſeiner Keimung guͤnſtige Lage koͤmmt. Denn man weiß, daß man mehr
Trespe wie Korn geerntet hat, wenn gleich reine Ausſaat genommen war, weswegen
die unverſtaͤndige Meinung, daß Rocken ſich in Trespe verwandeln koͤnne, lange
Zeit hindurch Glauben fand. Die Trespe verlangt anhaltende Feuchtigkeit, die dem
Rocken verderblich iſt. An feuchten Stellen und bei feuchter Witterung erſtarket
jene, und unterdruͤckt die erkrankte Rockenpflanze. Bei trockner Witterung dagegen
kuͤmmert die Trespe, und wird vom Rocken unterdruͤckt, weshalb an ſolchen Stellen
und in ſolchen Jahren zuweilen gar keine Trespe aufkommt, wenn man ſie gleich in
Menge mit ausgeſaͤet hatte.
Ich uͤbergehe andere minder ſchaͤdliche und in unſerm Klima minder verbreitete
Samenunkraͤuter, ſo wie alle diejenigen, die mehr durch unreine Saat erzeugt wer-
den, als im Boden liegen, oder wenigſtens durch eine anhaltende Aufmerkſamkeit
[166]Die Bodenarten.
auf Reinheit der Saat bald erſchoͤpft werden koͤnnen; z. B. die Vogelwicke, die
Hauhechel u. ſ. w.
§. 167.
Wurzelun-
kraut.Zu den Wurzelunkraͤutern, die ſich ſelten durch Samen vermehren, weil dieſe
nicht zur Reife kommen, und die den Acker gewaltig [uͤberziehen], mithin unfruchtbar
machen koͤnnen, gehoͤren die Quecken und Paͤden (Triticum repens), und
verſchiedene Agroſtisarten. Jedermann weiß, wie ſchwierig es iſt, einen ſehr
verqueckten Acker, zumal wenn er, ſeiner Lage und ſeinem Untergrunde nach, zur
Naͤſſe geneigt iſt, davon zu reinigen; beſonders wenn feuchte Sommer einfallen, wo
ſelbſt die ſorgfaͤltigſte Bearbeitung der Brache fruchtlos werden kann. Von ihrer
Vertilgung wird in der Lehre von der Beackerung die Rede ſeyn. Hier nur in ſofern
ſie auf den Werth des Bodens einen Einfluß haben.
Ein ſehr verqueckter Acker verſagt die ſonſt zu erwartenden Ernten, ſo lange er
in dieſein Zuſtande bleibt. Indeſſen iſt er in einem nicht zu feuchten Sommer durch
gehoͤrig angewandte Pflugarten immer zu reinigen, ohne daß man die von vielen an-
gewandte Muͤhe des Abharkens und Verbrennens derſelben anzuwenden noͤthig hatte.
Ein ſolcher Acker iſt mehrentheils nicht arm, und wird durch das Verfaulen der ge-
toͤdteten Quecken noch mehr bereichert. Kann man ihn alſo ſogleich zur Brache neh-
men, oder auch zum Bau ſtark zu behackender Fruͤchte anwenden, ſo verliert der
gute Ackerbauer wenig dadurch, und muß nur etwas mehrere Arbeit, wie bei einem
reinen Acker anwenden. Hierauf muß jedoch allerdings bei der Schaͤtzung zuruͤckge-
ſchlagen werden. Beim Kaufe koͤmmt es in geringern Betracht, bei einer Pachtung
aber in ſo groͤßeren, je kuͤrzer ſie iſt. Die naſſen Aecker, die mit Quecken durchzogen
und ſchwer davon zu befreien, ſind ſchon ihrer Natur nach fehlerhaft.
Ferner gehoͤret unter die ſchaͤdlichſten Wurzelunkraͤuter die Feldwinde, welche
ihrer tief eingehenden Wurzeln wegen, ſehr ſchwer zu uͤberwinden iſt, und durch die
Verbreitung ſowohl ihrer Blaͤtter als durch ihren windenden das Getreide umfaſſen-
den und ſolches niederziehenden Stengel hoͤchſt ſchaͤdlich werden kann.
Dann die Schachtelhalm-, Schaftheu-, oder Katzenſteertarten,
wovon die meiſten auf ſolchem Boden wachſen, der ſtockende Naͤſſe im Untergrunde
hat. Sie ſcheinen dem Getreidebau nicht ſehr nachtheilig, rauben hoͤchſtens den
Halmen etwas Platz, entziehen aber wenig oder gar keine Nahrung, indem ſie dieſe
tiefer aus dem Untergrunde heraufholen. Allein ſie ſind nachtheilig fuͤr den Futter-
[167]Die Bodenarten.
kraͤuterbau, und fuͤr die Weide; indem ſie den meiſten Vieharten nicht zuſagen,
ſondern wirklich ſchaͤdlich werden.
Der Huflattig (Tussilago farfara und petasites), verbreitet ſich mit
ſeinen großen Blaͤttern in einem betraͤchtlichen Umfange, und iſt ungemein ſchwer,
nur durch beſtaͤndig wiederholtes Abſtechen zu uͤberwinden. Er kommt auf thonigen
und mergeligen Boden am meiſten vor.
Die wilde Brombeere (Rubus caesius), verbreitet ſich oft ſehr ſtark,
und liebt, wenigſtens vorzugsweiſe, ſolche Stellen, wo Lehmmergel liegt. Sie iſt
ſchwer zu vertilgen, indem ſie aͤußerſt tief mit ihren Wurzeln eindringt, aus ſelbigen
neu hervorſchießt, und das Getreide an ganzen Stellen unterdruͤckt.
§. 168.
Zu denen Gewaͤchſen, die ſich durch Samen und Wurzelaustrieb zugleich ver-
mehren, gehoͤrt vor allen die Feldieſtel (Seratula arvensis). Sie verbreitet
ſich nur auf gutem lehmigen Boden, und giebt, wo ſie uͤppig waͤchſt, immer ein
Merkmal von Fruchtbarkeit ab. Die Natur ſcheint beſonders fuͤr die Erhaltung die-
ſes Gewaͤchſes geſorgt zu haben: ſie hat ihm Stacheln gegeben, welche das Vieh
abhalten, ſobald es einmal erſtarket iſt. Es macht ſehr viele Anstriebe aus den Wur-
zeln und aus jedem Theile der Wurzel, und um ſo mehrere, je haͤufiger man es jung
abſticht; ſo daß dieſes Abſtechen die Sache nicht zu verbeſſern ſcheint. Dabei erzeugt
es eine Menge von Samen, welcher ſich durch ſein Gefieder ſehr weit verbreitet,
und die Pflanze in großer Menge ausſaͤet. Der Acker kann damit ſo uͤberzogen wer-
den, daß man den darauf gelegten Fluch, „er ſoll die Dornen und Diſteln tragen“,
ſehr ſtark empfindet.
Auf gleiche Weiſe verbreiten ſich verſchiedene Doggenarten (Rumices), mit
ihren ſtarken Wurzelblaͤttern uͤber den Acker, und ſind eben ſo fruchtbar durch Wur-
zelaustriebe wie durch Samen.
Es giebt der Unkraͤuter, die naͤchtheilig werden koͤnnen, ungleich mehrere.
Wir begnuͤgen uns hier nur derer zu erwaͤhnen, welche am haͤufigſten den Ackerboden
verderben. Von den Wieſenunkraͤutern werden wir zu einer andern Zeit reden.
§. 169.
Der Boden kann ferner unrein ſeyn von Steinen. Wir unterſcheiden inReinheit von
Steinen.
agronomiſcher Hinſicht dieſe Steine in ſolche, die der Pflug nicht aus ſeiner Lage brin-
gen kann, und in ſolche, die ihm weichen.
[168]Die Bodenarten.
Jene großen Steine, die ſchon aus der Oberflaͤche hervorragen, oder noch
ſchlimmer mit der Ackerkrume ſo eben bedeckt ſind, daß man ſie nur nicht ſiehet
(weswegen man ſie haͤufig blinde Steine zu nennen pflegt), geben bei der Bearbei-
tung des Ackers ein großes Hinderniß ab, und erſchweren insbeſondere oft das tie-
fere Eindringen mit dem Pfluge, und den Gebrauch anderer Werkzeuge. Sie ſind
zwar oft ſo weit weggeſchafft, daß man beim flachen Pfluͤgen nicht auf ſie ſtoͤßt, wenn
man aber tiefer pfluͤgen will, haͤufig darauf trifft, ſo daß eine Vertiefung des Bo-
dens nicht ehe zu bewerkſtelligen iſt, als bis man ſie herausgeſchafft hat. Man findet
zuweilen unerwartet große Stuͤcke, die mit ihrer hevorragenden Spitze nur klein zu
ſeyn ſcheinen, und deren Ausgrabung oder genugſam vertiefte Verſenkung ſehr große
Arbeiten und Koſten verurſacht. Nach den Lokalverhaͤltniſſen bezahlt ſich ihre Fort-
ſchaffung und oftmals noͤthige Sprengung mehr oder weniger durch den Gebrauch,
den man davon machen kann. Man hat dieſen Umſtand alſo wohl zu unterſuchen,
und Ruͤckſicht darauf zu nehmen, beſonders in dem Falle, wo man durch Vertiefung
dem Boden eine hoͤhere Cultur zu geben geſonnen iſt, auch wo man mehr verfeinerte
Ackerwerkzeuge brauchen will.
Kleine Steine, die dem Pfluge und der Egge ausweichen, ſind dennoch, wenn
ſie den Boden ſtark anfuͤllen, dem Ackerbau nachtheilig. Sie geben natuͤrlich den
Pflanzen keine Nahrung, und koͤnnen der Ackerkrume, wovon ſie einen Theil aus-
machen, deshalb gar nicht zugerechnet werden. Beſonders aber werden ſie ſchaͤdlich
durch die ſtarke Abreibung der Werkzeuge, und indem ſie auf der Oberflaͤche liegend
der Senſe in den Weg kommen, und lange Stoppeln ſtehen zu laſſen noͤthigen.
Bei der Einfuͤhrung einer verfeinerten Cultur ſucht man ſie daher durch Ableſen wegzu-
ſchaffen, welches aber oft nicht ohne betraͤchtliche Koſten geſchehen kann. Einige
wollen nun bemerkt haben, daß dieſes Reinigen des Ackers von Steinen eine nachthei-
lige Wirkung gehabt habe. Die Gruͤnde, welche ſie a priori vom Nutzen der Steine
anfuͤhren, daß ſie naͤmlich den Acker bald abkuͤhlen, bald erwaͤrmen, und die Saat
ſchuͤtzen ſollen, auch die Feuchtigkeit mehr erhalten, ſind von der Art, daß ſie keine
gruͤndliche Pruͤfung aushalten. Was die angeblichen Erfahrungen betrifft, nach
welchen der Boden ſich durch das Ableſen der Steine verſchlechtert haben ſoll, ſo ſte-
hen ihnen ſo viele genauer angeſtellte und wiederholte Beobachtungen entgegen, daß
man ihnen ebenfalls keinen Glauben beimeſſen kann. Wenn es Kalkſteine waren in
einem thonigen Boden, ſo kann man ihnen vielleicht nicht allen Nutzen abſprechen,
indem dieſe, wenn ſie in Beruͤhrung mit Duͤngertheilen kommen, und auch ſelbſt durch
die
[169]Die Bodenarten.
die Lebenskraft der Pflanzenwurzeln allmaͤhlig wohl zerſetzt werden, und ſomit den
Boden verbeſſern, und auch den Pflanzen einige Rahrung geben koͤnnen. Waren
es aber wie gewoͤhnlich Kieſel- oder Feuerſteine, ſo muͤſſen wir ihren Nutzen, we-
nigſtens bis auf beſtimmtere Erfahrungen, gaͤnzlich bezweifeln.
§. 170.
Um eine gehoͤrige Beſchreibung einer Feldmark in Hinſicht ihrer Bodenarten zuMethode der
agronomi-
ſchen Unter-
ſuchung.
machen, die nicht bloß zur Schaͤtzung derſelben, ſondern zu einer beſtaͤndigen Richt-
ſchnur ihrer Beſtellung und Behandlung dienen ſoll, iſt es durchaus noͤthig ein wohl-
georduetes Verfahren zu beobachten. Wenn das Feld nicht ohnehin in Beete abgetheilt
iſt, die bei der Uebergehung deſſelben leiten koͤnnen, ſo muͤſſen Parallellinien, je nach-
dem ſich der Boden mehr oder weniger veraͤndert, in Entfernungen von 5, 10 bis
15 Ruthen abgeſteckt werden. Man entwirft dann zugleich eine Charte von der ab-
zuſchaͤtzenden Breite oder Koppel nach einem hinlaͤnglich großen Maßſtabe, welcher
etwa viermal ſo groß, wie der gewoͤhnlich zu Feldmarkscharten gebrauchte ſeyn kann.
Auf dieſer Charte zieht man dieſelben Parallellinien, theilt dieſe in Glieder oder Sta-
tionen von 5 oder 10 Ruthen, und nummerirt dieſe Stationen mit Zahlen, die von
einer Linie zur andern fortlaufen. Nach dieſer Richtung wird ſodann das Feld uͤber-
gangen. Außer den Kettenziehern muß ein Graͤber mit dem Spaten, ein Mann,
der einen Korb, um die Erdproben aufzunehmen, traͤgt oder ſchiebt, zu Huͤlfe ge-
nommen werden. Der Geometer fuͤhrt die Charte und das Protokoll; wenn man zu
letzterem nicht einen beſondern Gehuͤlfen nehmen will; der Agronom achtet auf den
Boden und dirigirt das ganze Geſchaͤft. So wie er naͤmlich eine Veraͤnderung im
Boden wahrnimmt, laͤßt er Halt machen, die Stelle auf der Charte bezeichnen, und
unterſucht nun dieſe Abaͤnderung genauer, wo es noͤthig iſt durch Ausſtechung einiger
Spatenſtiche der Erde, wovon, wenn eine genauere Unterſuchung erforderlich ſcheint,
etwa ein Pfund wohl durcheinander gemengt in eine Tuͤte oder Beutel gethan wird, wel-
che man mit der Nummer der Stationen oder mit Buchſtaben bezeichnet. Die Grenz-
dieſer Bodenwechſelung wird vom Feldmeſſer ſo genau als noͤthig iſt beſtimmt, und
auf der Charte aufgezeichnet; auch bemerkt ob der Uebergang mehr grell oder
verwaſchen ſey. Die uͤbrigen zu machenden Bemerkungen, die ſich naͤmlich auf alle
oben angegebene Eigenſchaften des Bodens beziehen muͤſſen, werden in das Protokoll
unter der Nummer der Station eingetragen.
So wird nun nach den abgeſtochenen Parallellinien die ganze Feldmark hinauf
Zweiter Theil. Y
[170]Die Bodenarten.
und herunter uͤbergangen, und ſomit entſteht das Brouillon der agronomiſchen Charte
ſchon waͤhrend des Geſchaͤfts.
Dieſe Charte kann nun auf verſchiedene Weiſe ausgearbeitet werden. Am
beſten iſt es, die verſchiedenen Bodenmiſchungen durch Farbenilluminationen anzu-
deuten, die ſcharfen oder allmaͤligen Uebergaͤnge mit Nuancirungen anzugeben; die
Anhoͤhen und Vertiefungen nach der gewoͤhnlichen Art durch Striche anzudeuten; den
ſtaͤrkeren Humusgehalt vielleicht durch ſchwarze Punkte, die man nach Verhaͤltniß
dichter oder entfernter auftraͤgt, anzuzeigen, und ſofort alles Bemerkenswerthe durch
beſtimmte Zeichen. Mittelſt einer ſolchen Charte wird man dann ein getreu darſtellen-
des Gemaͤlde von ſeiner Feldmark vor Augen haben, um in jeder Hinſicht die zweck-
maͤßigſten Einrichtungen treffen zu koͤnnen. Eine genauere ſchriftliche Beſchreibung
wird dann aus dem Protokoll mit Bezug auf die Nummern der Charte entworfen.
Es iſt nicht ſchwierig auf dieſer Charte auch das Gefaͤlle die Sinken und die Richtung
des Waſſerlaufs anzudeuten. Will man dieſes indeſſen genauer wiſſen, ſo iſt natuͤr-
lich eine Nivellirung noͤthig, die man nach verſchiedenen Richtungen der Feldmark
vornimmt, und eine Nivellementsprofil davon entwirft. Wenn ſich der Untergrund
erheblich veraͤndert, und man dieſen zu unterſuchen und zu bemerken noͤthig findet, ſo
laͤßt ſich ſolcher auf dieſen Nivellirungsprofilen nach der Staͤrke der Schichten durch
Farben ſehr gut angeben. Man muß alsdann bei der Nivellirung den Erdbohrer ſo
tief und ſo haͤufig, als noͤthig ſcheint, gebrauchen; was ohne große Schwierigkeiten
geſchehen kann.
Wenn nach den aͤußern Merkmalen die Beſtandtheile des Bodens zweifelhaft
bleiben, oder wenn man uͤberhaupt geneigt iſt, ſie beſtimmter zu analyſiren, ſo wer-
den ſie einer mehr oder minder genauen chemiſchen Unterſuchung unterworfen. Man
wird bei Gegeneinanderhaltung der mitgenommenen Erdproben in feuchtem und trock-
nen Zuſtande durch Geſicht und Gefuͤhl ſehr leicht entdecken koͤnnen, welche gleichar-
tig und ungleichartig ſind, und braucht deshalb nicht jede mitgebrachte Probe be-
ſonders zu unterſuchen.
Fuͤr jeden wiſſenſchaftlichen Agronomen kann wohl keine Bemuͤhung ſich nuͤtzli-
cher und angenehmer belohnen, wie dieſe; indem er ſich nun von manchen Erſchei-
nungen, die ihm vorher raͤthſelhaft waren, befriedigende Erklaͤrungen wird geben, zu-
gleich aber manchen Uebeln auf die zweckmaͤßigſte Art abhelfen koͤnnen.
[[171]]
Viertes Hauptſtuͤck.
Agrikultur.
Y 2
[[172]][[173]]
§. 1.
Die Agrikultur, im eigentlichſten Sinne des Worts, beſchaͤftigt ſich damit, den
Boden in denjenigen Zuſtand zu ſetzen, daß er die darauf zu erzielenden Ernten in
gewuͤnſchter Vollkommenheit hervorbringen koͤnne.
Sie thut dies theils, indem ſie ihm ſolche Materien zufuͤhrt, welche ſeineChemiſche
Agrikultur.
Fruchtbarkeit befoͤrdern, d. h. ſeine naͤhrenden Stoffe vermehren oder aufſchlie-
ßen. Dieſes nennen wir daher die chemiſche Agrikultur, oder in gewoͤhnlicher
Sprache die Duͤngung.
Theils indem ſie durch Bearbeitung den Boden hierzu geſchickt macht,Mechaniſche
Agrikultur.
und in den Stand ſetzt, daß die Pflanzenwurzeln ihn genugſam durchdringen, und
die darin enthaltenen fruchtbaren Theile — welche hierdurch zugleich gehoͤrig ge-
mengt und in Beruͤhrung mit einander gebracht werden — auffinden koͤnnen.
Wir nennen dies die mechaniſche Agrikultur, oder die Bearbeitung des Ak-
kers. Wir werden folglich beides in zwei Abſchnitten dieſes Hauptſtuͤcks
vortragen.
Erſter Abſchnitt.
Die Lehre von der Duͤngung.
§. 2.
Der dem Boden zugefuͤhrte Duͤnger wirkt auf zweierlei Weiſe. Einmal:Naͤhrender,
zerſetzender
Duͤnger.
indem er dem Acker neue nahrhafte Materien fuͤr die Pflanzen mittheilt, und zwei-
tens: indem er die darin ſchon erhaltenen Stoffe durch chemiſche Wechſelwirkung
zerſetzt, und wiederum ſo verbindet, daß ſie dadurch zum Uebergange in die Pflan-
zen faͤhig werden; vielleicht auch indem er die Lebensthaͤtigkeit der Pflanzen, wo-
durch ſie ſich dieſe Stoffe aneignen, aufregt.
[174]Duͤngung im Allgemeinen.
Einige Duͤngerarten ſcheinen das eine oder das andere entweder einzig oder
doch hauptſaͤchlich nur zu thun, andere hingegen beides zugleich zu bewirken.
Wir ſagen im Allgemeinen: der Duͤnger mache fruchtbar; und manchem
ſcheint dieſe Beſtimmung ſeiner Wirkung zu genuͤgen. Es iſt aber nicht bloß fuͤr
die Theorie, ſondern auch fuͤr die Praxis von großer Wichtigkeit zu unterſcheiden,
auf welche Weiſe jedes Duͤngungsmittel es thue, und unter welchen Umſtaͤnden
daſſelbe Duͤngungsmittel mehr auf die eine oder die andere Art wirke. Nur bei
genauer Erwaͤgung dieſes Unterſchiedes werden wir uns manche widerſprechend
ſcheinende Erfahrungen erklaͤren, und die unter verſchiedenen Umſtaͤnden zu waͤh-
lenden Maßregeln bei der Anwendung der verſchiedenen Duͤngungsmittel richtig
treffen koͤnnen.
Nicht unſchicklich vergleichen die Englaͤnder den Duͤnger erſterer Art mit den
eigentlichen Nahrungsmitteln, den zweiter Art mit Salz und Gewuͤrz oder aufrei-
zenden Getraͤnken.
§. 3.
Vegetabili-
ſcher und ani-
maliſcher
Moder.Alle in Faͤnlniß oder in Verweſung uͤbergegangene organiſche Subſtanzen ent-
halten die Materie zur Hervorbringung und Vollendung aller und jeder angebauter
Vegetabilien. Je nachdem wir die Keime der einen oder der andern Pflanze durch
Samen oder Wurzeln mit ihnen in gehoͤrige Verbindung bringen, erwaͤchſt daraus
diejenige Pflanze, deren Form von der plaſtiſchen Natur in dieſelben gelegt war.
Der Moder enthaͤlt die Nahrung fuͤr alle; doch iſt es immer hoͤchſt wahrſcheinlich,
daß dieſe Nahrung quantitativiſch, oder in Anſehung des Verhaͤltniſſes der Ur-
ſtoffe nicht voͤllig gleich ſey, und daß Moder gewiſſer Art oder gewiſſer Verbin-
dung den Wachsthum der einen Pflanze mehr wie der andern befoͤrdere.
§. 4.
Der vegetabiliſche Moder ſcheint faſt allein als Nahrungsmittel fuͤr die Pflan-
zen zu wirken, und nur wenig zur Aufſchließung der ſchon im Boden befindlichen,
aber unaufloͤslich gewordenen, von ihm ſelbſt zuruͤckgebliebenen Theile, ſo wie
auch nicht viel zur Lebensthaͤtigkeit der Pflanzenwurzeln beizutragen. Der thie-
riſche Moder hingegen thut beides, fuͤhrt nicht allein alle zur Pflanzennahrung er-
forderliche Stoffe, und ſelbſt einige, die der vegetabiliſche wenig beſitzt — Azot,
[175]Duͤngung im Allgemeinen.
Phosphor, Schwefel — herbei, ſondern befoͤrdert auch die Zerſetzung des unauf-
loͤslichen Humus, und reizt die Pflanzen zu groͤßerer Lebensthaͤtigkeit auf.
Der mineraliſche Duͤnger, wenn er keine organiſche Materie in ſich haͤlt,
wirkt allein, oder doch groͤßtentheils durch die Zerſetzungen, die er erregt.
§. 5.
Die unter der Kraft des Lebens in drei- vier- und mehrfachen Verbindun-Todte, aber
vom Organis-
mus ruͤckſtaͤn-
dige Materien.
gen vereinigten Urſtoffe, welche nach dem quantitativen Verhaͤltniſſe dieſer Ver-
bindungen, die mannigfaltigſten organiſchen Materien darſtellen, treten zum
Theil wieder zu den Geſetzen der anorgiſchen Natur zuruͤck, wenn die Lebensthaͤ-
tigkeit des organiſchen Weſens, dem ſie einverleibt waren, auf ſie zu wirken auf-
hoͤrt. Sie vereinigen ſich zum Theil wieder nach den Geſetzen der Wahlverwandt-
ſchaft zu Verbindungen der einfachſten Art, naͤmlich je zwei zu zwei; zum Theil
aber treten ſie in zuſammengeſetztere neue Verbindungen, welche zwar nicht mehr
Verbindungen des Lebens, aber doch noch Folgen deſſelben ſind, und auf keine
andere Weiſe hervorgebracht werden koͤnnen. Man kann ſie alſo nicht mehr Le-
bensverbindungen nennen, aber ſie haben ihrer Urſprung vom Leben, und machen
wieder die Nahrung und die Bedingung des Lebens aus, indem ſie es hauptſaͤch-
lich ſind, durch welche ſich die Pflanzen ernaͤhren, die dann wiederum den Thie-
ren zur Nahrung dienen.
Dieſe neu gebildeten Materien, der mehr oder minder zerſetzte Moder, und
der zuruͤckbleibende Humus ſind verſchieden nach den Koͤrpern, woraus ſie entſtan-
den, und nach den Umſtaͤnden, unter welchen ſie ſich daraus erzeugten.
Der Prozeß ihrer Umwandlung iſt das, was wir Verweſung, Gaͤhrung und
Faͤulniß nennen, deren Erklaͤrung zwar nicht hierher gehoͤrt, von denen wir aber
folgendes bemerken muͤſſen.
§. 6.
Die Bedingungen derſelben ſind naͤchſt der Abweſenheit des Lebens Waͤrme,Bedingungen
der Zerſetzung
Feuchtigkeit und einige Verbindung mit der Atmoſphaͤre. Je
nachdem dieſe Umſtaͤnde ſtaͤrker oder ſchwaͤcher hinzutreten, wird dieſer Prozeß
verſchieden modiſizirt, hat einen raſchern oder traͤgern Gang, und giebt verſchie-
dene Reſultate.
[176]Duͤngung im Allgemeinen.
Die vegetabiliſchen Koͤrper gehen die bekannten Grade der Gaͤhrung durch,
und verweilen in jedem kuͤrzere oder laͤngere Zeit, bevor ſie durch den letzten Grad
derſelben, die Faͤulniß, voͤllig zerſetzt, d. h. in den Zuſtand des Moders gebracht
werden, welchen man zwar nicht als einen bleibenden unveraͤnderlichen, aber doch
als einen Beharrungszuſtand anſehen kann. Thieriſche Koͤrper hingegen uͤber-
ſpringen die erſteren Gaͤhrungsgrade, oder eilen wenigſtens ſo ſchnell durch ſelbige
hindurch, daß man ſie kaum bemerkt, und gehen ſogleich zur Faͤulniß uͤber, zu
welcher ſie auch die Vegetabilien mit fortreißen, wenn ſie mit ihnen in Beruͤhrung
ſtehen.
Dieſe Faͤulniß iſt aber ebenfalls nach der verſchiedenen Staͤrke jener Bedin-
gungen, oder der Einwirkung der Waͤrme, der Feuchtigkeit und der Luft verſchie-
den modifizirt, ſo wie das Produkt, welches daraus erfolgt.
Verweſung.
ohne Faͤulniß.Bei einem ganz freien Zutritte der Luft und Mangel der Feuchtigkeit und der
hoͤheren Waͤrme kann Gaͤhrung und Faͤulniß nicht bemerklich eintreten. Es ent-
ſteht aber doch eine Zerſetzung, die wir Verweſung nennen, und die einer lang-
ſamen Verbrennung gleich kommt, bei welcher ein verſchiedener und gewoͤhnlich
geringerer Ruͤckſtand verbleibt; indem naͤmlich der groͤßte Theil des Kohlenſtof-
fes mit Sauerſtoff vereinigt als Kohlenſaͤure davon geht.
§. 7.
Thieriſche
Faͤulniß.Die ſchnellere Zerſetzung der thieriſchen Koͤrper durch Faͤulniß ruͤhrt ohne
Zweifel von der mannigfaltigern, vermittelſt des Durchganges durch mehrere
lebende Syſteme (indem naͤmlich die Vegetabilien den Thieren ihre Nahrung erſt
vorbereiten muͤſſen) erzwungenen Zuſammenſetzung verſelben her. Das Product
derſelben iſt verſchieden, und iſt von groͤßerer Wirkſamkeit auf die Pflanzen, in-
dem es ihnen nicht bloß Nahrung, ſondern auch Reiz ſie aufzunehmen zu geben
ſcheint. Es wird deshalb aber auch um ſo leichter und ſchneller conſumirt und er-
ſchoͤpft. Darum iſt der animaliſche Duͤnger bei weitem der kraͤftigere, aber auch
der am wenigſten nachhaltende und ausdauernde. Es ſcheint als wenn er auch den-
jenigen Grad der Zerſetzung, worin er den Pflanzen die meiſte Nahrung geben
kann, zuweilen uͤberſpringe, und nur jenes Product der Verweſung §. 6.
hinterlaſſe.
§. 8.
[177]Die Miſtduͤngung.
§. 8.
Alle modernde thieriſche Koͤrper geben einen Duͤnger, und zwar den aller-Der Miſt.
kraͤftigſten ab, und ſie ſind ſaͤmmtlich zu dieſem Zwecke anwendbar. Am haͤufig-
ſten aber bedienen wir uns derjenigen Abgaͤnge der Thiere, die ſie waͤhrend ihres
Lebens aus dem Darmkanal und mit dem Urine auswerfen, weil wir ſie am haͤu-
figſten haben, und am vortheilhafteſten und wohlfeilſten uns verſchaffen koͤnnen.
Wir verſetzen ſie ſehr zweckmaͤßig mit vegetabiliſchen Abgaͤngen, wodurch dieſe zu
einer ſchnellern Faͤulniß und mit wenigerem Verluſte hingeriſſen, dagegen die zu
heftige Zerſetzung jener animaliſchen Theile moderirt wird. Man hat dieſes na-
tuͤrlichen Duͤnger genannt, im Gegenſatze von anderm, den man kuͤnſtlichen Duͤn-
ger zu nennen pflegt; keinesweges, weil jener einfacher iſt, und weniger Kunſt
erfordert, ſondern weil er der gewoͤhnlichſte und von manchen ſogar der einzig ge-
kannte und ausſchließlich angewandte iſt.
§. 9.
Die chemiſche Unterſuchung dieſer thieriſchen Abgaͤnge gehoͤrt nicht hierher,Exkremente
der Thiere.
um ſo weniger, da uns die bisher angeſtellten Unterſuchungen noch keine ſehr er-
heblichen Reſultate fuͤr die Praxis des Ackerbaues geben, die wir jedoch davon in
der Folge erwarten koͤnnen.
Nur Folgendes, um irrige Vorſtellungen davon zu vermeiden und um Auf-
ſchluͤſſe uͤber verſchiedene Erſcheinungen zu geben:
Der Auswurf der Thiere durch den Darmkanal beſteht nur zu einem Theil
aus den Traͤbern und den unzerſetzten Faſern der Nahrungsmittel; zum andern
Theile aber aus verbrauchten und in den Darmkanal abgeſetzten, folglich ganz ani-
maliſirten Stoffen des Koͤrpers, ſo daß dieſe Auswuͤrfe ſelbſt bei denen von Vege-
tabilien ſich naͤhrenden Thieren mehr animaliſcher als vegetabiliſcher Natur ſind,
und ſich in allen Stuͤcken ſo verhalten. Jedoch macht der Futterungs- und Feiſtig-
keitszuſtand der Thiere hierin einen merklichen Unterſchied. Wird ihnen der Ma-
gen nur angefuͤllt mit einer Materie, die ſehr wenige naͤhrende Theile, ſondern
nur ſchwer aufloͤsliche Faſern enthaͤlt, mit bloßem Stroh ohne juͤngeres Kraut
und Koͤrner, ſo geht dieſes faſt unzerſetzt durch den Darmkanal mit ab, und iſt,
weil der abgemagerte Koͤrper wenig von ſeinen thieriſchen Theilen abſtoͤßt und aus-
wirft, weniger von thieriſcher Natur. Zwar reicht ſchon dieſes wenige zu, dem
Zweiter Theil. Z
[178]Die Miſtduͤngung.
durch den thieriſchen Koͤrper durchgegangenen Stroh eine ſtaͤrkere und ſchnellere
Tendenz zur Faͤulniß zu geben. Aber ungleich kraͤftiger iſt derjenige Miſt von
Thieren, welche durch nahrhaftes, Staͤrkemehl, Kleber-, Eiweis-, Schleim-
und Zuckerſtoff enthaltendes Futter in einen Feiſtigkeitszuſtand verſetzt und erhal-
ten werden, und die dann ungleich mehrere animaliſche Theile abſtoßen und aus-
werfen; indem ſie ſolche von den angezogenen nahrhaften Stoffen taͤglich wieder
erſetzen. Dagegen enthaͤlt ihr Auswurf weniger vegetabiliſche Traͤber und unzer-
ſetzbare Faſer. Daher der auffallende Unterſchied zwiſchen dem Miſte des Maſt-
viehes jeder Art, und dem, der von magerm und kuͤmmerlich durchwinternten
faͤllt. Jenem koͤnnen in Verhaͤltniß ſeiner Quantitaͤt bei weitem mehr Einſtreu-
ungsmittel zugeſetzt werden, ohne den gleichmaͤßigen Uebergang in Faͤulniß zu ſehr
zuruͤckzuhalten und zu verhindern.
§. 10.
Urin.Mit den thieriſchen Abgaͤngen aus dem Darmkanal vermengt ſich in der Re-
gel der abgehende Urin. Dieſe Fluͤſſigkeit, welche zwar groͤßtentheils aus
Waſſer beſteht, enthaͤlt jedoch ſehr viele und ungemein wirkſame Theile, einen
eigenthuͤmlichen Stoff und verſchiedene phosphorſaure Salze, beſonders aber Am-
monium. Man hat den abgedunſteten Urin, ſo wie die aus ihm gezogenen Salze
in kleinen Quantitaͤten, die Vegetation ungemein befoͤrdernd gefunden. Dr.
Belcher in den Communications to the board of Agriculture hat aber die
Bemerkung gemacht, daß die Pflanzen davon leicht uͤberreizt und getoͤdtet wuͤr-
den, welches letztere er aber auch einem beſondern, haͤufig darnach erzeugten klei-
nem gelben Inſekte beimißt. Nach der Summe der Erfahrungen ſcheinen dieſe
hoͤchſt wirkſamen Theile am meiſten zur Benutzung zu kommen, wenn ſie mit den
Exkrementen der Gedaͤrme vermittelſt ſchicklicher Auffangungsmittel gemengt und
vereinigt werden, da ſie dann zu einer erwuͤnſchten Zerſetzung derſelben, und Her-
vorbringung neuer Verbindungen vermuthlich vieles beitragen.
§. 11.
Stallmiſt.Der gewoͤhnliche Miſt beſteht alſo aus dieſen vermengten Auswuͤrfen mit
vegetabiliſchen Einſtreuungsmitteln, in der Regel mit Stroh, verſetzt, und dieſe
zuſammengeſetzte Maſſe verſtehen wir gewoͤhnlich unter dem Ausdruck Stallmiſt.
Wir betrachten dieſe Maſſe zuerſt in dieſer Zuſammenſetzung.
[179]Die Miſtduͤngung.
§. 12.
Sie unterſcheidet ſich ſehr merklich nach der Verſchiedenheit der Thiere, wo-Verſchieden
nach der
Thierart.
von die Auswuͤrfe gefallen ſind, wenn gleich die Futterungsmittel, womit dieſe
Thiere ernaͤhrt wurden, dieſelben waren.
Es ſind bisher nur einige dieſer Miſtarten chemiſch zergliedert und genauer
gepruͤft worden.
Der Hornviehmiſt iſt naͤmlich von Einhoff und mir einer genauern Unterſu-
chung unterworfen worden. (S. Hermbſtaͤdts Archiv der Agrikulturchemie,
I. 255). Es gehoͤren aber noch genanere Unterſuchungen, beſonders unter dem
pneumatiſchen Apparate dazu, um eine Vergleichung der verſchiedenen Miſtarten
in Anſehung ihrer Beſtandtheile anſtellen zu koͤnnen. Wir bemerken deshalb hier
vorerſt nur diejenigen Erſcheinungen, welche in die Augen fallend bei ihnen vor-
gehen, und worin ſie von einander abweichen.
§. 13.
Der Pferdemiſt untergeht bei zureichender Feuchtigkeit und maͤßigem ZutritteDer Pferde-
miſt.
der Luft eine ſehr ſchnelle Gaͤhrung, wobei ſich eine betraͤchtliche Hitze entwickelt,
die ſo ſtark iſt, daß ſie die Feuchtigkeit und mit derſelben zugleich viele fluͤchtige
Stoffe austreibt; ſo daß er ohne neue ihm mitgetheilte Feuchtigkeit nicht zu einer
breiartigen Maſſe wird, ſondern, wenn er anders compact liegt, in ein trocknes
Pulver zerfaͤllt, und ſo verbrennt, daß er endlich faſt nur Aſche zuruͤcklaͤßt. Liegt
er ſehr locker, und ſo, daß die Luft ihn durchziehen kann, ſo zergeht er ungleich,
verkohlt zum Theil torfartig, und ſetzt vielen Schimmel an, welcher der Erfah-
rung nach ſeine duͤngende Wirkung ſehr vermindert. Er beſitzt dieſe Eigenthuͤm-
lichkeit in einem hoͤheren Grade, wenn er von kraftvollen, mit Koͤrnern genaͤhr-
ten Thieren faͤllt, als wenn er von ſolchen, die nur Gras, Heu und Stroh er-
hielten, kommt; jedoch ſind ſie auch bei dieſem noch merklich. Wird dieſer Duͤu-
ger vor ſeiner vollendeten Zerſetzung in den Acker gebracht, ſo aͤußert er eine ſehr
ſchnelle Wirkung, und treibt die Pflanzen kraͤftig empor, welches zum Theil der
aufs neue entwickelten Waͤrme, wenn er ſeine Zerſetzung, unter der Erde gebracht,
vollendet, beizumeſſen iſt. Auf naſſen, kalten, lehmigen Boden wirkt er hierdurch
ſehr vortheilhaft, indem er deſſen nachtheilige Eigenſchaften verbeſſert, dieſer
Erdboden aber ſeine Wirkung wieder moderirt. Auf trocknem, warmem, ſandigem
Z 2
[180]Die Miſtduͤngung.
oder kalkigem Boden wirkt er dagegen in dieſem Zuſtande oft hoͤchſt nachtheilig.
Die Pflanzen werden anfangs uͤbertrieben und uͤberreizt, darnach aber, wenn
dieſe Wirkung aufhoͤrt, ſchwach und kraͤnklich. Seine Wirkung iſt auch wenig
nachhaltig, indem er ſich ſelbſt durch ſeine heftige Gaͤhrung ſchnell conſumirt, und
einen geringen Ruͤckſtand zuruͤcklaͤßt. Nur im feuchten und gebundenen Boden iſt
dieſes anders, und vorzuͤglichen Nutzen bringt er in ſolchem, der mit vielem aber
unaufloͤslich gewordenen Humus angefuͤllt iſt, indem er die Zerſetzung deſſelben,
beſonders durch das entwickelte Ammonium, auffallend bewirkt.
Hat er ſeine hitzige Gaͤhrung vollendet, ſo hinterlaͤßt er zwar einen jedem
Boden hoͤchſt wohlthaͤtigen und ſehr aufloͤslichen Ruͤckſtand, der aber nur eine
kleine Maſſe betraͤgt.
Wenn man ihn allein anwenden will, ſo wird er entweder auf lehmigen feuch-
ten Boden, ſobald er nur, was ſehr fruͤh geſchieht, ſeine erſte Gaͤhrung angefan
gen hat, gebracht, und untergepfluͤgt; wo er denn dieſen Boden durch ſeine fort-
gehende Gaͤhrung und Erwaͤrmung ſelbſt mechaniſch verbeſſert und auflockert, und
mehrmals damit durchgepfluͤgt ihn zur Aufnehmung jeder Saat trefflich vor-
bereitet.
Soll er dagegen auf warmen und lockern Boden gebraucht werden, ſo iſt es
ohne Zweifel am vortheilhafteſten, wenn man ihn mit ſaftigen vegetabiliſchen
Subſtanzen und mit Erde, am beſten mit abgeſtochenen Raſen, vermengt oder
durcheinander ſchichtet, durch ſelbige auch den zu freien Zutritt der Luft abhaͤlt,
und ihn bei trockner Witterung mit genugſamer Feuchtigkeit unterſtuͤtzt. Hierdurch
erhaͤlt man dann eine ſowohl kraͤftige als weit reichende und auch dem lockeren
Boden angemeſſene Mengung.
§. 14.
Der Rind-
viehmiſt.Der Stallmiſt des Rindviehs tritt zwar ebenfalls ſchnell in die faulige Gaͤh-
rung, wenn er zuſammen gepreßt mit feiner natuͤrlichen Feuchtigkeit liegt. Sie
geht aber minder heftig und mit einer geringern Entwickelung von Waͤrmeſtoff vor
ſich, weswegen die Feuchtigkeit weniger ausdunſtet, und es keinen neuen Zuſatzes
derſelben in der Regel bedarf. Er zerfaͤllt deshalb nicht zu Pulver, ſondern geht
in eine breiartige, oder wie man ſagt, ſpeckige Maſſe uͤber. So lange er zuſam-
mengehaͤuft liegt, wird er nie zu Pulver zerfallen, ſondern, wenn er voͤllig aus-
[181]Die Miſtduͤngung
trocknet, in eine torf- und kohlenaͤhnliche Subſtanz uͤbergehn. Er iſt ſpecifiſch
ſchwerer wie das Waſſer, ſowohl im friſchen Zuſtande, wenn er mit Stroh nicht
vermengt iſt, als in dem zergangenen Zuſtande, wenn das rohrige Stroh ſchon in
Faſern aufgeloͤſt iſt.
Auf den Acker aͤußert er ſeine Wirkung minder ſchnell, aber um deſto nach-
haltiger auf viele und mehrere Fruͤchte, und wenn er nicht ſehr zertheilt worden,
ſo trifft man ihn in torfiger Geſtalt nach 2 bis 3 Jahren in kleinen oder groͤßern
Stuͤcken in der Ackererde an. In hoͤherem oder geringeren Zerſetzungsgrade auf
den Acker gebracht, ſcheint er darin keine merkliche Waͤrme zu entwickeln. Des-
halb paßt er ſo vorzuͤglich und gewiſſermaßen einzig fuͤr den warmen Acker, den er,
wie man ſagt, kuͤhlt, was doch aber eigentlich nur negative zu verſtehen iſt. Auf
ſehr gebundenem lehmigen Acker ſcheint er leicht unwirkſam zu werden, wenn er
unter der Ackerkrume liegt, und nicht durch haͤufiges Umpfluͤgen mit der Atmo-
ſphaͤre in Beruͤhrung gebracht wird. In ſeinem friſchen Zuſtande untergepfluͤgt
behaͤlt er durch das rohrige Stroh mehr Verbindung mit der Atmoſphaͤre, und
ſcheint ſich mittelſt derſelben beſſer zu zerſetzen. Auch thut das rohrige Stroh eine
gute mechaniſche Wirkung auf dieſem Boden.
§. 15.
Der Stallmiſt der Schafe zerſetzt ſich leicht, wenn er compact in ſeiner na-Der Schaf-
miſt.
tuͤrlichen Feuchtigkeit liegt, aber ſchwer und langſam, wenn er locker iſt, und ſeine
Feuchtigkeit ſich verſenken kann. Im Boden aber ſcheint er immer ſchnell zu zer-
gehn; denn er aͤußert ſeine Wirkſamkeit ſehr fruͤh und kraͤftig, uͤbertreibt die erſte
Saat leicht, wenn er ſtark aufgefahren wird; weswegen man durchweg die Regel
beobachtet, ihn dem Gewichte und Volum nach ſchwaͤcher aufzubringen. Seine
Wirkung aber wird durch zwei Saaten mehrentheils erſchoͤpft.
Er entwickelt, beſonders wohl aus dem Urin, ſehr vieles Ammonium, wo-
durch er vorzuͤglich ſolchen Aeckern nuͤtzlich wird, die unaufloͤslichen Humus in ſich
enthalten.
Gewoͤhnlich iſt der aus den Staͤllen ausgefahrne Schafmiſt von zweierlei Be-
ſchaffenheit. Der obere iſt ſtrohigt, trocken und unzerſetzt; der untere dagegen
zergangen, feucht und gebunden. Wenn man ihn nicht durch das Umſtechen vor-
her zu einer mehr gleichartigen Maſſe macht, ſo iſt es hoͤchſt fehlerhaft, ihn ohne
[182]Die Miſtduͤngung.
Unterſchied auf daſſelbe Feld zu fahren. Der ſtrohige Miſt wirkt nur nachtheilig
auf warme trockne Hoͤhen, aber deſto vortheilhafter auf feuchte, und wie man es
nicht unrichtig nennt, etwas verſaͤuerte Gruͤnde. Auf ſolche kann man dieſen
ſtrohigen Miſt ſtark auffahren; der zergangene Miſt muß dagegen auf jeden Bo-
den nur ſehr duͤnne verbreitet werden, weil er ſonſt Lagerkorn hervorbringt.
Ueber den reinen Pferchduͤnger der Schafe in der Folge.
§. 16.
Schweine-
miſt.Ueber den ſtrohigen Stallmiſt der Schweine ſind die Meinungen ſehr getheilt,
indem ihn einige fuͤr einen ſehr kraͤftigen, andere fuͤr einen unwirkſamen Duͤnger
erklaͤren. — Die Art der Futterung hat zwar bei dem Miſte aller Thiere einen
Einfluß, aber bei keinen ſcheint ſie einen ſo großen, wie beim Miſte der Schweine
zu haben, und es macht nicht nur in Anſehung der Quantitaͤt, ſondern auch der
Qualitaͤt einen großen Unterſchied, ob der Miſt von magern kuͤmmerlich ernaͤhr-
ten, oder von Maſtſchweinen herruͤhrt. Ferner kommt es ſehr auf die Behand-
lung dieſes Miſtes an, ob man naͤmlich das den Schweinen untergelegte Stroh
trocken zu erhalten ſucht, indem man der Feuchtigkeit einen ſchnellen Abzug durch
die durchloͤcherten Bohlen giebt, und dann dieſe Jauche beſonders auffaͤngt und
benutzt, oder abfließen laͤßt. In dieſem Falle erhaͤlt das Stroh wenig thieriſche
Partikeln, und kann faſt nur die Wirkung eines faulenden Streues thun. Wird
dagegen auf irgend eine Weiſe die Jauche mit dem Strohe in Verbindung geſetzt,
und darin erhalten, der Miſt dann in eine der Gaͤhrung guͤnſtige Lage gebracht,
ſo entſteht ein ſehr wirkſamer Duͤnger daraus, und der nach uͤberſtandener erſten
Gaͤhrung durchaus von aller nachtheiligen Schaͤrfe, die man dem Schweinemiſte
ſonſt zuſchreibt, frei iſt.
§. 17.
Federvieh-
miſt.Vom Federvieh wird auf den meiſten Wirthſchaftshoͤfen zwar nur eine ge-
ringe Maſſe von Miſt, der aber dagegen hoͤchſt wirkſam und ſchaͤtzbar iſt, erzeugt.
Dieſer Miſt zeichnet ſich naͤmlich von den Excrementen der vierfuͤßigen Thiere auf
eine beſondere Weiſe aus, und enthaͤlt einen beſondern Stoff, der groͤßtentheils
Eiweisſtoff zu ſeyn ſcheint. Wir haben eine genaue chemiſche Unterſuchung daruͤ-
ber von Vauquelin, der insbeſondere einen merkwuͤrdigen Unterſchied unter dem
Miſte der Haͤhne und der Eier legenden Huͤhner entdeckte, der aber bei den nicht
[183]Die Miſtduͤngung.
Eier legenden Huͤhnern ſich wieder verliert. Dieſer Federviehmiſt aͤußert in einer
kleinen Maſſe, aber bei einer ſorgfaͤltigen Vertheilung eine vorzuͤglich treibende
Kraft, die aber minder bemerklich wird, wenn man dieſen Miſt klumpig unter
die Oberflaͤche bringt. Es ſcheint durchaus noͤthig, um ſeine Wirkung gehoͤrig
zu benutzen, daß man ihn, verkleinert und zertheilt, nur als Ueberſtreuungsmittel
gebrauche.
§. 18.
Die menſchlichen Excremente ſind ein anerkannt wirkſames Duͤngungsmit-Menſchliche
Excremente
tel, und zeichnen ſich in ihrer Grundmiſchung von den Excrementen der Haus-
thiere ſehr merklich aus. Sie ſind wahrſcheinlich auch unter ſich nach der mehr
animaliſchen oder mehr vegetabiliſchen Nahrung der Menſchen verſchieden.
Wo man ihren Gebrauch gehoͤrig kennt, und den Ekel dagegen voͤllig uͤber-
wunden hat, werden ſie vor jeder andern Miſtart geſchaͤtzt. Man iſt ſo weit ge-
gangen zu behaupten, daß die Auswuͤrfe eines jeden Menſchen zureichend ſeyn
wuͤrden, ſo viele vegetabiliſche Nahrung zu erzeugen, als er zu ſeinem Lebensun-
terhalt beduͤrfte. Dies iſt jedoch, wie ſich leicht berechnen laͤßt, ſehr uͤbertrieben.
Daß aber eine ſehr betraͤchtliche Production aus dieſen Excrementen hervorgehen
kann, wenn man ſie ſammelte und gehoͤrig behandelte, und daß dadurch in Europa
eine Million Menſchen mehr ernaͤhrt werden koͤnnen, hat keinen Zweifel. Bis
jetzt ſind ſie zum groͤßten Theile ungenutzt von der Natur wieder zerſetzt, oder durch
das Waſſer dem Abgrunde des Meeres zugefuͤhrt worden. Dies ruͤhrt theils von
dem uͤblen Geruche, den ſie anfangs verbreiten, von dem Ekel, welchen ſie erre-
gen, und von einem daraus herſtammenden Vorurtheile, daß ſie den darauf ge-
wachſenen Pflanzen einen uͤblen Geſchmack mittheilen, theils aber auch davon her,
daß man ſie nicht gehoͤrig behandelte, und ſodann einen nachtheiligen, oder doch
einen der Muͤhe nicht entſprechenden Erfolg davon bemerkte.
Sie wirken naͤmlich ungemein ſtark und uͤberreizend, wenn ſie vor uͤberſtan-
dener Gaͤhrung in den Acker gebracht und nicht ſehr ſorgfaͤltig vertheilet werden.
Man muß ſie alſo als Mengeduͤnger bereiten, am beſten mit abgeſtochenen Raſen
in Haufen bringen, und dieſen etwas gebrannten Kalk zuſetzen. Hierdurch wird
ihre uͤbermaͤßige Kraft gehoͤrig vermindert, und in einer groͤßeren Maſſe vertheilt,
ohne die kraͤftigen Stoffe verlohren gehen zu laſſen. Dieſer Miſt verliert hier
[184]Die Miſtduͤngung.
allen widrigen Geruch, zerfaͤllt und miſcht ſich zu einer kraͤftigen Erde, und kann
dann am vortheilhafteſten und wirkſamſten als Ueberſtreuungsmittel genutzt werden.
Es verſteht ſich, daß er mehrere Male durchgeſtochen werden muͤſſe.
Wird er, wie es gewoͤhnlich geſchieht, da wo man ihn nicht ganz umkom-
men laͤßt, auf den allgemeinen Miſthaufen verbreitet, ſo kommt er bei weitem we-
niger zu Nutze, und vertheilt ſich nicht genugſam.
Aus den Staͤdten kann man ihn mehrentheils in betraͤchtlichen Maſſen haben.
Man erhaͤlt ihn daſelbſt an ſich mehrentheils umſonſt, aber dennoch iſt ſeine Aus-
bringung und ſeine Ausfuhr oft koſtſpielig. Auf dem Lande, in den Hoͤfen und
Doͤrfern ſeine Verwitterung zu verhindern, und ihn durch Anlegung von Abtrit-
ten zu ſammeln, iſt immer eine ſehr nuͤtzliche Vorkehrung. Man kann ihn da ſo-
gleich mit Raſenerde auffangen, und mit Kalk vermiſchen, wodurch zugleich das
Widrige ſeines Anblicks an Gebaͤuden und Zaͤunen vermieden wird.
Bei Paris exiſtirt eine betraͤchtliche Fabrik, in welcher ein ſehr wirkſames
und ſehr geſuchtes Duͤngerpulver unter dem Namen Poudrette daraus fabrizirt
wird. Man bringt dieſen Miſt auf eine abhaͤngige, mit Steinplatten belegte
Flaͤche, ſo hoch, daß er ſich erhitzen, dann noch mehr verbreitet, austrocknen
kann. Man durchzieht ihn dann mit Eggen, zertheilt ihn damit, und bringt ihn
darauf unter Schoppen, wo er ſich mehrentheils aufs Neue erhitzt und voͤllig aus-
trocknet. Dann wird er voͤllig zu Pulver gemacht, welches braunen Schnupf-
taback gleich ſieht, und wird nun beſonders an die Gaͤrtner verkauft, die nothwen-
dig eine große Wirkung von dieſem Pulver verſpuͤren muͤſſen, indem ſie es theuer
bezahlen.
Die Niederlaͤnder ſchaͤtzen dieſen Duͤnger ebenfalls ſehr hoch, holen ihn ſelbſt
im fluͤſſigen breiartigen Zuſtande zur Are und zu Schiffe, des ſchrecklichen Geſtan-
kes ungeachtet, weit her, und gebrauchen ihn entweder als Kompoſt oder mit vielen
Waſſer verduͤnnt. So wird er auch in China und Japan ſehr hoch geſchaͤtzt;
weswegen man ihn Japaneſiſchen Duͤnger genannt hat.
§. 19.
Behandlung
des Stall-
miſtes.Wir kehren zu der Behandlung des Stallmiſtes zuruͤck, deſſen groͤßter und
vorzuͤglichſter Theil in der Regel der vom Rindviehe herruͤhrt.
Der
[185]Die Miſtduͤngung.
Der Rindviehmiſt wird in den meiſten Faͤllen mit Stroh aufgefangen. Wenn
dieſes auch nicht der Waͤrme und Reinlichkeit des Viehes wegen geſchaͤhe, und
nicht die bequemſte Art waͤre, ſo wuͤrde man ſie dennoch bloß in Hinſicht auf den
Duͤnger waͤhlen muͤſſen, weil durch dieſe Vermengung die Zerſetzung des Strohes
am meiſten befoͤrdert, die Verwitterung des Miſtes aber und ſein fluͤchtiger
Theil am beſten zuruͤckgehalten wird. Von dem rohrigen Stroh werden beſonders
die fluͤſſigen Theile und der Urin aufgenommen, und ſetzen an ſelbiges ihre frucht-
barſten Theile ab.
§. 20.
Die Behandlung dieſes Miſtes iſt mannigfaltig verſchieden. Einige laſſenAufbewah-
rung des
Miſtes im
Stalle.
den Miſt lange im Stalle liegen, und indem ſie den Auswurf der Thiere mit im-
mer neuem Stroh bedecken, wird er zu einer betraͤchtlichen Hoͤhe angehaͤuft, und
das Vieh kommt folglich ſehr hoch uͤber die Futterdiele zu ſtehen, weswegen man
die Krippen beweglich macht, und ſie immer weiter in die Hoͤhe bringt. Man thut
dies theils bloß der Bequemlichkeit wegen, indem man nun des haͤufigen Aus-
miſtens uͤberhoben iſt, und den Miſt auf einmal ausfahren kann; wobei allerdings
Arbeit erſparet wird. Aber man iſt auch uͤberzeugt, auf dieſe Weiſe einen weit
wirkſameren Duͤnger zu erhalten, indem er hier mit ſeiner natuͤrlichen Feuchtigkeit
und bei einem geringen Zutritte der atmoſphaͤriſchen Luft ſich zu zerſetzen anfaͤngt,
durch Ausduͤnſtung wenig oder gar nichts verliert, und ſelbſt die niedergeſchlage-
nen Ausduͤnſtungen des Viehes wieder aufnimmt. Dies hat ſeine vollkommene
Richtigkeit, und die dagegen von manchen geaͤußerte Beſorgniß, daß die Aus-
duͤnſtungen deſſelben dem Viehe nachtheilig ſeyn moͤchten, ſind ungegruͤndet.
Man bemerkt in ſolchen Staͤllen keinen widrigen Geruch, und die Luft bleibt ſehr
reſpirabel, wenn der aͤußeren reinen Luft nur nicht aller Zugang abgeſchnitten iſt,
was wohl ſelten oder nie geſchehen kann. Der ſo gewonnene Duͤnger, beſonders
der unterliegende befindet ſich in einem ſehr erwuͤnſchten Zuſtande, und hat den
Zeitpunkt, wo er am meiſten durch die Ausduͤnſtung zu verlieren pflegt, uͤberſtan-
den. Seine fluͤchtigen Stoffe haben ſich ſchon zu feſten vereinigt.
Nur iſt dieſe Methode bei einer reichlichen und ſaftigen Futterung kaum an-
wendbar, wenn man nicht eine erſtaunliche Menge Stroh zur Einſtreuung verwen-
den kann. Die Menge der Excremente wird bei einer ſolchen Futterung ſo groß,
Zweiter Theil. A a
[186]Die Miſtduͤngung.
daß ſich die Feuchtigkeit durch Einſtreuung nicht daͤmpfen laͤßt, und daß das Vieh
dennoch durchtritt und im Moraſte ſtehet.
Um die Vortheile dieſer langen Aufbewahrung des Miſtes im Stalle zu er-
reichen, und die Nachtheile deſſelben dennoch zu vermeiden, iſt ohne Zweifel die-
jenige Einrichtung der Staͤlle, welche Schwerz im zweiten Bande ſeiner Bel-
giſchen Landwirthſchaft beſchreibt, und mit Kupfertafeln erlaͤutert, ungemein vor-
theilhaft. Es iſt naͤmlich hinter dem Stande des Viehes ein anderer wenigſtens
eben ſo breiter und vertiefter Raum angebracht, in welchem der Miſt gelegt wird,
ſo wie man ihn unter dem Viehe wegnimmt, und in welchem ſich auch die ſaͤmmt-
liche Feuchtigkeit herabzieht. Hier untergeht er ſeine Zerſetzung, und wird alsdann
in der Regel ſogleich auf den Acker abgefahren. Muͤßte nicht auf die Koſtbarkeit
des Raums, indem naͤmlich die Staͤlle beinahe noch einmal ſo breit ſeyn muͤſſen,
als ohne dies noͤthig iſt, unter den meiſten wirthſchaftlichen Verhaͤltniſſen Ruͤckſicht
genommen werden, ſo verdiente dieſe Methode einen allgemeinen und entſchiede-
nen Vorzug.
Haben die Staͤnde nur eine ziemliche Breite, deren Raum es verſtattet,
daß man den Miſt vierzehn Tage bis drei Wochen lang hinter dem Viehe aufhaͤufe,
ſo iſt hierdurch ſchon vieles gewonnen, indem der Zeitpunkt, wo die ſtaͤrkſte Ver-
dunſtung des Miſtes vorgeht, dann ſchon uͤberſtanden wird.
So lange es alſo moͤglich iſt, wird es beſſer ſeyn, den Miſt im Stalle zu er-
halten, weil er ohne allem Zweifel um ſo mehr gewinnt, je laͤnger er hier liegt.
Aber immer iſt dies bedingt durch die nothwendige Reinlichkeit und trockenes Lager
des Viehes. Staͤnde es im Moraſte, ſo wuͤrde man durch die ihm zugezogene
Kraͤnklichkeit am Viehe doch ungleich mehr verlieren, wie man am Miſte gewoͤnne.
Von einem feuchten Stande entſtehen boͤsartige Geſchwuͤlſte und Entzuͤndungen
des Schenkels, die ſogar, wie die Erfahrung gelehrt hat, toͤdtlich werden. Auch
iſt es unvermeidlich, daß bei einem ſchmutzigen Lager die Milch unrein werde.
Bleibt der Miſt unter dem Viehe liegen, ſo muß dahin geſehen werden,
daß er ſich hinten nicht mehr als vorne anhaͤufe, weil ſonſt die Thiere widernatuͤr-
lich ſtehen muͤſſen. Dies geſchieht ohne beſondere Aufmerkſamkeit aber leicht, in-
dem die Excremente dahin fallen, und die Viehwaͤrter ſolche dann mit deſto mehre-
rem Strohe bedecken wollen. Nur bei einer durren ſtrohigen Futterung wird es
[187]Die Miſtduͤngung.
deshalb moͤglich ſeyn, den Miſt ganz unter dem Viehe zu laſſen; es ſey denn
etwa, daß der Stall mit hohl liegenden Bohlen belegt ſey, durch welche ſich die
Fluͤſſigkeit hindurchzieht; eine Methode, die man in einigen Gegenden, wo man
aber das Vieh weniger um des Duͤngers willen haͤlt, antrifft.
§. 21.
Haͤufiger aber wird der Stallmiſt erſt auf die Miſtſtelle gebracht, wo man ihnAufbewah-
rung auf der
Miſtſtelle.
laͤngere oder kuͤrzere Zeit liegen, mehr oder weniger ſich anhaͤufen laͤßt, bevor
man ihn auf den Acker faͤhrt.
Dieſe Miſtſtellen findet man auf verſchiedene Weiſe angelegt. Zuweilen ha-
ben ſie eine betraͤchtliche Vertiefung, und beſtehen aus einer wirklichen Grube:
eine Einrichtung, die wohl durchaus fehlerhaft iſt, indem ſich die Feuchtigkeit
darin uͤbermaͤßig anhaͤuft, ſo daß ſie alle Zerſetzung und Gaͤhrung des Miſtes ver-
hindert, und auch den Zutritt der atmoſphaͤriſchen Luft zu ſehr abſchneidet. Ueber-
dem erſchwert ſie das Ausbringen des Miſtes, der dann ganz naß geladen werden
muß, und deſſen kraͤftigſter Theil bei dem Abfahren abtraͤufelt. Der Nachtheil
dieſer ſo ſtark vertieften Rindviehmiſtſtellen iſt ſo allgemein anerkannt, daß [...]an
ſie jetzt kaum mehr antrifft, es ſey denn da, wo man keinen Raum zur Verbrei-
tung und Anhaͤufung des Miſtes uͤbrig hat.
Andere haben im Gegentheil, uͤberzeugt von dem Nachtheile einer zu naſſen
Lage, den Miſt auf einer ebenen Flaͤche oder gar auf einer erhobenen Stelle lie-
gen. Hier verliert er aber ſeine Feuchtigkeit zu ſehr, und wird ſeiner wirkſamſten
Theile beraubt.
Eine geringe Vertiefung der Miſtſtelle ſcheint alſo am zweckmaͤßigſten. Sie
muß nur nach einer Seite etwas abhaͤngig ſeyn, und daſelbſt einen durchgeſtoche-
nen Abzug haben, welcher die uͤberfluͤſſige Feuchtigkeit ab und nach einem zweck.
maͤßigen Jauchenbehaͤlter hinleitet. An ihrem ganzen Umfange herum muß ſie
einen erhabenen Rand haben, um zu verhindern, daß ihr kein fremdes Waſſer zu-
fließe. Wird dieſes nur abgehalten, ſo wird die Feuchtigkeit in der Miſtſtelle ſel-
ten zu ſtark, wenn man auch die ſaͤmmtliche aus den Staͤllen abfließende Feuch-
rigkeit in die Miſtſtelle hineinleitet; es ſey denn, daß das Vieh ſehr viele waͤſſrige
Nahrung, z. B. Branntweinstrank erhalte. Die natuͤrliche Feuchtigkeit, und
ſelbſt das aus der Atmoſphaͤre unmittelbar niedergeſchlagene Waſſer zieht der Miſt
A a 2
[188]Die Miſtduͤngung.
an ſich, und verdunſtet das Waͤſſrige durch ſeine Waͤrme. Meiner Ueberzeugung
nach wird man von der Jauche am meiſten Vortheil haben, wenn man ſie auf
die Weiſe dem ſtrohigen Miſte einverleibt. Der Jauchenabzug wird dann unbe-
deutend ſeyn, außer etwa bei ſehr feuchter Witterung, wo der Behaͤlter ſie auf-
nehmen muß. Beſondere Abzuͤge der Jauche auf dem Boden der Miſtſtelle anzu-
legen, um dieſer einen Ausweg zum Jauchenbehaͤlter hin zu bahnen, fand ich
unnoͤthig. Iſt die Stelle nur abhaͤngig, ſo zieht ſich die Jauche durch den Miſt
hindurch und ab.
Man hat eine Bedachung der Miſtſtelle vorgeſchlagen, und zuweilen wirk-
lich ausgefuͤhrt. Sie ſoll nicht allein das Regenwaſſer, ſondern auch die Son-
nenſtrahlen abhalten. Allein auf einer etwas großen Miſtſtelle hat eine ſolche
Bedachung viele Schwierigkeiten, und erſchwert die Abfuhr des Miſtes, wenn
mit vielen Wagen zugleich gefahren wird, unvermeidlich.
Man legt die Miſtſtelle auf einer oder auf beiden langen Seiten des Stalles
an, in nicht groͤßerer Entfernung, als daß ein beladener Wagen zwiſchen derſel-
ben und dem Stalle herfahren koͤnne. Dieſer Weg wird erhoͤht und gepflaſtert,
und er muß zugleich einen Damm abgeben, der das von der Dachtraufe des Stal-
les herabfallende Waſſer in die Miſtſtelle zu laufen verhindert, und dieſem Waſſer
muß man einen beſondern Abzug zu geben ſuchen. Bedeckte Kanaͤle laufen un-
ter dieſem Damme vom Viehſtande ab zur Miſtſtelle hindurch, um die Jauche dahin
zu fuͤhren, die von der Einſtreuung im Stalle nicht aufgenommen wird.
Wenn man den Miſt erſt in einem hoͤheren Grade der Zerſetzung abfahren
will, ſo muß die Miſtſtelle mehrere Abtheilungen haben, die man nach der Reihe
anfuͤllt und ausleert. Man wird ſonſt immer den unzergangenen Miſt zugleich mit
dem zergangenen ausfuͤhren muͤſſen, oder viele Arbeit mit der Wegraͤumung des
erſtern haben.
§. 22.
Ob die ver-
ſchiedenen
Miſtarten ver-
mengt oder
abgeſondert
aufzubewah-
ren.Man hat entweder beſondere Miſtſtellen fuͤr den Miſt jeder Thierart, insbe-
ſondere der Pferde und der Schweine, oder man bringt den Miſt aller auf die-
ſelbe Miſtſtelle, und unter dem Rindviehmiſt.
Wo eine auffallende Verſchiedenheit des Bodens ſich findet, und der Raum
des Hofes es erlaubt, kann es rathſam ſeyn, dieſe Abſonderung zu erhalten,
[189]Die Miſtduͤngung.
und jede Miſtart nach ihren oben angegebenen Qualitaͤten auf diejenigen Aecker und
auch wohl zu denjenigen Fruͤchten unterzubringen, wozu ſie vorzuͤglich paſſen.
Die Pferdemiſtſtelle wird alsdann tiefer angelegt, manchmal in einer engen aber
betraͤchtlich vertieften Grube, damit die Feuchtigkeit mehr erhalten, durch dieſe
die Hitze moderirt werde, der Miſt compact liege und von der Atmoſphaͤre minder
beruͤhrt werde. So wird ſeine Gaͤhrung und Faͤulniß langſamer vor ſich gehen,
und eine nicht ſo pulvrigte, ſondern mehr breiartige Maſſe daraus werden, beſon-
ders wenn man ihn von Zeit zu Zeit mit Feuchtigkeit verſieht. Will man ſeine
Gaͤhrung noch mehr moderiren, ſo iſt es ſehr zweckmaͤßig, ihn mit dem Schweine-
miſte zu durchſetzen, und auch die Jauche des letztern zu dieſer Miſtſtelle hinzulei-
ten. Hierdurch wird auch der kaͤltere und minder zerſetzbare Schweinemiſt zur
Gaͤhrung und Faͤulniß mit fortgeriſſen, und es entſteht aus dieſem Gemenge eine
ſehr gute Maſſe.
Unter andern und weit haͤufiger eintretenden Umſtaͤnden wird es aber rath-
ſamer ſeyn, die ſaͤmmtlichen Miſtarten, die auf einem Hofe gemacht werden, bis
auf den Federviehmiſt, durcheinander zu bringen, und zwar ſo, daß ſie abwech-
ſelnd geſchichtet und gleichmaͤßig verbreitet werden, um ſie miteinander in Beruͤh-
rung zu ſetzen. Dies hat den großen Vortheil, daß das Mangelnde und Nach-
theilige der einen Miſtart, durch die andere gehoben und verbeſſert, der Pferde-
miſt in ſeiner uͤberſchnellen Gaͤhrung zuruͤckgehalten, die des Rindvieh- und
Schweinemiſtes aber verſtaͤrkt werden, woraus dann eine gleichmaͤßige egal zer-
ſetzte und ſogenannte ſpeckartige Maſſe entſteht.
Der Schafmiſt wird in der Regel abgeſondert erhalten, theils weil der Schaf-
ſtall nicht mit in dem Umfange des gewoͤhnlichen Wirthſchaftshofes begriffen zu
ſeyn pflegt, theils weil man ihn den ganzen Winter gern im Stalle liegen laͤßt,
und ihn immer mit neuer Stren bedeckt, ſo daß er oben immer trocken genug bleibt.
Auch iſt die Ausfuhr deſſelben im Winter mit manchen Schwierigkeiten verbunden,
ſelbſt wenn man die Schafe bei Tage heraustreiben kann. Wenn er ſich einigerma-
ßen angehaͤuft hat, und nun geruͤhrt wird, entwickelt er einen ſtechenden Dunſt
des Ammoniums, der Wegraͤumung der Raufen und Horden nicht zu gedenken.
In ſofern jedoch dieſe Schwierigkeiten der Lokalitaͤt nach nicht in Betracht
kaͤmen, wuͤrde eine Vermengung des Schafmiſtes mit dem Rindviehmiſte aller-
[190]Die Miſtduͤngung.
dings nuͤtzlich ſeyn, und alle diejenigen, welche es thun, verſichern davon den
groͤßten Nutzen verſpuͤrt zu haben.
§. 23.
Abhaltung
der Luft waͤh-
rend der Gaͤh-
rung.Unſere im Hermbſtaͤdtſchen Archiv B. I. mitgetheilten Verſuche, ſo wie die
fernern auf dieſen Gegenſtand gerichteten Beobachtungen, haben mich vollkom-
men uͤberzeugt, daß der Miſt kraͤftiger werde, und weniger verliere, wenn man
ihn den freien Zutritt der atmoſphaͤriſchen Luft, ſo viel als moͤglich — denn voll-
kommen kann es nicht ohne Waſſer geſchehen — abſchneidet, naͤmlich ſo lange
er ſich im ſtaͤrkſten Grade ſeiner Gaͤhrung befindet, und die Entwickelung fluͤch-
tiger Stoffe am ſtaͤrkſten vorgeht. Ich wuͤrde alſo allerdings eine Bedeckung mit
Erde fuͤr vortheilhaft halten, wenn ſie nicht mit zu vieler Arbeit und Umſtaͤnden
verbunden waͤre. Da dies aber der Fall iſt, ſo genuͤget, wie ich glaube, eine
ebenmaͤßige Verbreitung des Miſtes auf einer verhaͤltnißmaͤßigen Flaͤche. So
lange der friſch ausgebrachte Miſt oben liegt, tritt er in keine merkliche Gaͤhrung,
verhindert aber, daß die nun in Gaͤhrung kommende darunter liegende Schicht
von der Atmoſphaͤre nicht zu ſtark beruͤhrt werde. Die ſich entwickelnden Gaſe,
mit Ausnahme des ammoniſchen (welches ſich in dieſer Lage aber wenig erzeugt),
ſind ſchwerer wie die atmoſphaͤriſche Luft, halten ſich alſo unter und in der oberen
Miſtlage auf, welche ſie gegen das Verwehen ſchuͤtzt, ſo daß ſie wahrſcheinlich
wieder angezogen werden, und in neue Verbindungen treten. Auf einer ſo behan-
delten Miſtſtelle bemerkt man keinen erheblichen Geruch. Die zunaͤchſt uͤber der-
ſelben aufgefangene Luft truͤbt das Kalkwaſſer unmerklich, und Salpeterſaͤure
erregt keinen Dampf. Nur wenn man den Miſt ruͤhrt, erfolgt beides ſehr ſtark.
Ein Beweis, daß Kohlenſaͤure, Azot und Hydrogen ſich zwar ſtark entbinden,
aber bei einer ruhigen und gegen die atmoſphaͤriſche Einwirkung maͤßig geſchuͤtzten
Lage wenig in Gasgeſtalt entfernen, ſondern neue Verbindungen eingehen.
Die Vorſicht aber, den Miſt ebenmaͤßig und nicht auf einer zu großen Flaͤche
auszubreiten, iſt ſehr wichtig. Wird er in kleinen Huͤgeln auf die Miſtſtelle ge-
worfen, ſo erfolgt dieſe Bedeckung nicht, und obendrein kommt er hohl zu liegen,
und in dieſen Hoͤhlungen erzeugt ſich dann Schimmel, wovon man weiß, daß er
die Guͤte des Miſtes herabſetze. Einige Zuſammenpreſſung dieſes uͤbereinander
geſchichteten Miſtes iſt ihm offenbar vortheilhaft, und deshalb iſt es rathſam,
[191]Die Miſtduͤngung.
die Stelle mit einem Gelaͤnder zu umziehen, damit das aus dem Stalle gelaſſene
Vieh darauf herumtrete. Ich weiß, daß einige dieſes Zuſammenpreſſen des
Miſtes fuͤr nachtheilig erklaͤrt haben. Ich habe aber gefunden, daß der Miſt an
einer Stelle, wo taͤglich mehrere Wagen uͤber ihn wegfuhren, gerade von der
beſten Beſchaffenheit und vollkommen zerſetzt war.
Wenn ein Theil der Miſtſtelle auf die Weiſe 5 bis 6 Fuß hoch aufgeſchichtet
iſt, und man nun dieſen Miſt gleichmaͤßig zergehen laſſen, mit dem neuen Miſte
aber eine andere Stelle anlegen will, ſo iſt es gewiß ſehr rathſam, die erſtere mit
einer Lage von Erde oder von abgeſtochenem Raſen zu bedecken. Unter dieſer Be-
deckung vermodert er gleichmaͤßig, und ohne durch Verdunſtung etwas Erhebliches
zu verlieren. Was etwa ausdunſtet, wird von der Erde aufgenommen. Mit
dem obenauf gelegten noch nicht zergangenen Raſen wird nach abgefahrenem
Miſte der Grund ausgefuͤllet, und dieſe werden dadurch zu einem reichhaltigen
Duͤnger.
Um allen Verluſt durch die Verſenkung der Jauche in den Boden zu vermei-Ob die Miſt-
ſtelle auszu-
pftaſtern ſey.
den, hat man angerathen, die Miſtſtelle ausſchlagen oder ſie auch mit kleinen
Kieſeln auspflaſtern, mit Steingrus zu belegen, und auch wohl gar mit Kalkmoͤr-
tel oder Zement ausſetzen zu laſſen, um ſo einen voͤllig waſſerdichten Grund zu haben.
Wo der Boden an ſich thonigt iſt, da ſind dieſe Vorkehrungen ganz unnoͤthig.
Auf ſandigem Boden aber koͤnnen ſie nuͤtzlich ſeyn, wenn eine Miſtſtelle friſch an-
gelegt wird. Bei einer alten Miſtſtelle kann man ſich dieſer Vorrichtung jedoch
ſelbſt auf Sand uͤbetheben, weil dieſer, wenn er einmal mit der Miſtjauche durch-
drungen iſt, nichts weiter anzuziehen und durchzulaſſen ſcheint. Ich habe den
Grund einer ſolchen Miſtgrube auf einen Fuß tief durchdrungen und ganz ſchwarz
gefunden, darunter aber, ſcharf abgeſchnitten, den reinen weißen Sand, ſo daß
ich uͤberhaupt nicht beſorge, Sand werde den Duͤnger zu tief verſenken laſſen.
Wenn eine Miſtſtelle leer gefahren worden, und man eine neue Lage darauf
bringen will, iſt es immer rathſam, den Grund mit allerlei ſchwer verweſenden
vegetabiliſchen Abfaͤllen, Baumlaub, trocknem Kraute, Struͤnken, Holzerde
oder auch mit Raſen, kurz mit allem, was Jauche aufnehmen kann, und nach ſei-
ner Vermoderung Duͤnger abgiebt, ausfuͤllen zu laſſen.
[192]Die Miſtduͤngung.
Behandlung
des Miſtes in
der Schweiz.In der Schweiz, wo man alle kleineren Manipulationen mit großer Aufmerk-
ſamkeit und Sorgfalt verrichtet, wird der Strohmiſt, von dem man die Jauche
ziemlich abſondert und ſolche beſonders benutzt, ſo wie er aus dem Stalle kommt,
in regulaͤre Haufen aufgeſetzt. Man legt hier das laͤngere Stroh auswaͤrts, und
bringt es mit der Gabel zuſammen, ſo daß der eigentliche Miſt nach innen und
außer der freien Kommunikation mit der Luft komme. Dieſe Haufen werden
wagerecht 5 bis 6 Fuß hoch und ſorgfaͤltig verpacket aufgefuͤhrt. Sie ſollen dann
das Anſehen eines großen Bienenkorbes bekommen, indem man aͤußerlich bloßes
Stroh ſieht. Sie werden dann mit Jauche oder nur mit Waſſer bei duͤrrer Zeit
begoſſen, um ſie immer in der zur Gaͤhrung erforderlichen Feuchtigkeit zu erhalten.
Der Miſt ſoll inwendig vortrefflich, gleichartig und ſpeckig werden, ungeachtet
ihm ein Theil der Jauche entzogen worden. Man hat es dadurch auch in ſeiner
Gewalt, den Miſt in dem Zerſetzungsgrade, worin man ihn haben will, anzuwen-
den, indem dieſe Haufen von einander abgeſondert ſtehen. Die Sache iſt gewiß
genauerer comperativer Verſuche werth.
§. 24.
Gerechter Zu-
ſtand des
Miſtes zur
Ausfuhr.Ueber den guͤnſtigſten Zeitpunkt der Ausfuhr des Miſtes auf dem Acker, der
uͤber den Zuſtand deſſelben, worin er ſich befinden ſoll, wenn er dem Boden ein-
verleibt wird, ſind die Meinungen ſehr getheilt. Die meiſten haben zwar den
Grundſatz beobachtet, daß nur vermoderter Miſt, in welchem das Stroh wenig-
ſtens ſeinen Zuſammenhang verloren, wenn gleich noch nicht voͤllig zerſtoͤrt ſey,
deſſen ganze Maſſe ſich gleichmaͤßig abſtechen laſſe, oder der in einem butter- oder
ſpeckartigen Zuſtande ſey, auf den Acker gefahren werden muͤſſe. Dieſen Zuſtand
erreicht der Miſt fruͤher oder ſpaͤter, je nachdem die Temperatur hoͤher oder niedri-
ger und die Feuchtigkeit ihm in dem gerechten Maße erhalten iſt. Im Sommer
kann der Miſt in 8 bis 10 Wochen dahin gelangen; im Winter erfordert es
20 Wochen und daruͤber. Der Miſt hat in dieſem Zuſtande ſeine Gaͤhrungs-
waͤrme voͤllig verloren, und er dunſtet nur zu Anfange, wenn er geruͤhrt wird,
zuerſt mit einem ſtinkenden dumpfigen Geruche, nachher eine Zeitlang mit einem
moſchusartigen aus. Er hat eine gelbliche Farbe, die aber an der Luft bald
ſchwarzbraun wird. Auf den Acker geſtreut nimmt er bei der Trockniß die
Geſtalt
[193]Die Miſtduͤngung.
Geſtalt eines kohligen Torfs an, ziehet aber Feuchtigkeit ſchnell an ſich, und zer-
faͤllt; laͤßt ſich auch dann mit der Ackerkrume gleichmaͤßig mengen.
Andere geben dem langen unzerſetzten Miſte den Vorzug, und ſuchen es ſo
einzurichten, daß ſie ihn ſogleich aus dem Stalle auf den Acker bringen. Wenn
dieſer Miſt ſchon im Stalle zum Theil ſeine Hauptgahrungsperiode uͤberſtanden
hat, ſo iſt wirklich ſeine Unterlage wenigſtens ſchon in demſelben Zuſtande, als
haͤtte er auf der Miſtſtelle gelegen, und gelangt im Winter bei der hoͤheren Tem-
peratur der Stallluft ſchneller dahin. Zuweilen faͤhrt man aber auch den ganz
friſchen und ſtrohigen Miſt auf den Acker, und pfluͤgt ihn ſo gut wie moͤglich unter,
meint auch in einigen Faͤllen davon eine groͤßere Wirkung verſpuͤrt zu haben, als
vom zergangenen Miſte.
Auf den zaͤhen und kaltgruͤndigen Boden iſt letzteres Ve [...]hren, wenn es die
Wirthſchaftsverhaͤltniſſe leiden, ohne allen Zweifel zu empfehlen, beſonders wenn
man den Miſt ſtark auf, und dann durch forgſaͤltiges Einlegen in die Furche un-
ter die Erde bringt. In dem Falle hat er die Kraf., die Gaͤhrung hier anzufan-
gen, ſich zu erwaͤrmen, dem Boden ſelbſt ſeine Waͤrme mitzutheilen, ihn erſt
durch das Stroh zu luften, und dann dadurch und zugleich durch die Entwickelung
ſeiner Gaſe zu lockern, und damit zu durchdringen. Durch ſein erzeugtes Ammo-
nium wirkt er beſonders auf den unzerſetzbaren Humus, der ſich vorzuͤglich in ſol-
chem Boden befindet. Er erregt mancherlei Wechſelwirkungen, und aͤußert be-
ſonders diejenige, vermoͤge welcher der Duͤnger die noch im Boden enthaltene
naͤhrenden Theile aufſchließt, ſtaͤrker wie derjenige Miſt, der ſeine Gaͤhrung ſchon
uͤberſtanden hat. Dagegen aber hat man von dieſem langen Miſte wenig oder gar
keinen Nutzen gehabt, oft ſogar Nachtheil verſpuͤrt, wenn er auf trocknem, lockern
und ausgezehrten Boden, der wenige Nahrungstheile in ſich enthielt, und dem
ſie durch dieſen Miſt erſt gegeben werden ſollten, gebracht wurde. Insbeſondere
habe ich ſeine Nachtheile ſehr deutlich wahrgenommen, wenn er kurz vor der Ein-
ſaat eingebracht wurde, und vor der Vegetation nicht zerſetzt war. Fiel Duͤrre
ein, ſo verdorrten die Pflanzen um ſo leichter; trat aber feuchte Witterung ein,
ſo trieben die Pflanzen zwar ſtark darauf empor, bekamen aber ein gelblichtes und
verbleichtes Anſehen, ſtarben zum Theil ab, oder blieben doch ſchwaͤchlich, waren
Zweiter Theil. B b
[194]Die Miſtduͤngung.
dem Honigthau unterworfen, und bekamen unvollkommene Koͤrner. Sie ſchienen
durch zu vieles Hydrogen und mit zu wenigem Kohlenſtoff genaͤhrt zu ſeyn.
Wenn dieſer Miſt auf oder im Acker ausdoͤrret, ſo zerfaͤllt er in etlichen Jah-
ren nicht, miſcht ſich nicht mit der Erdkrume, und wird wohl erſt ſehr ſpaͤt zu wirk-
lichem fruchtbaren Moder, weil er nachher in keine Gaͤhrung kommen kann, ſon-
dern nur verwittert. Daher wohl die Bemerkung, daß Miſt, der auf die erſte
Frucht keine Wirkung thue, auch auf die folgenden keine aͤußere.
Es koͤmmt daher allerdings viel darauf an, den Miſt gerade in einem der
Bodenart angemeſſenen Zuſtande auf und in den Acker zu bringen.
§. 25.
Luftausſetzung
des Miſtes,
wann ſie un-
ſchaͤdlich ſey.Den Miſt, der eben in ſeiner hoͤchſten und hitzigen Gaͤhrung ſich befindet, zu
ruͤhren und zu vertheilen, ſcheint mir nicht bloß der Theorie, ſondern auch mehreren
Beobachtungen nach hoͤchſt nachtheilig. Hier gehen wahrſcheinlich viele ſeiner wirk-
ſamſten Stoffe verloren, wenn er in freie Beruͤhrung mit der Luft kommt. Bevor er
aber ſeine Gaͤhrung lebhaft angefangen hat, oder nachdem ſeine hitzige Gaͤhrung
vollendet iſt, ſcheint er in beiden Faͤllen durch Luftausſetzung gar nichts zu ver-
lieren, was wenigſtens nicht auf andere Weiſe wiedergewonnen wird.
Den langen friſchen Miſt im Winter uͤber den Boden auszubreiten, und ihn
ſo bis zur Fruͤhjahrsbeackerung liegen zu laſſen, thut eine augenfaͤllige und ſehr er-
wuͤnſchte Wirkung; vorausgeſetzt, daß abfließendes Waſſer ſeine ausgezogenen
Theile nicht wegfuͤhre, ſondern ſelbige nur in den Boden hinneinziehe. Dieſe
Bedeckung des Bodens uͤber Winter macht ihn ungemein locker und auffallend
fruchtbar. Ich habe haͤufig geſehen, daß man das Stroh, welches freilich zum
Theil ausgewaſchen und nicht vermodert war, wieder zuſammenbrachte, und aufs
Neue zur Einſtreuung brauchte, oder aber ſolches auf einer naßkalten Stelle in den
Acker brachte, und dennoch hatte der Boden, worauf es lag, eine allen Anſchein
nach eben ſo große Fruchtbarkeit angenommen, als waͤre der ſaͤmmtliche Miſt un-
tergebracht worden. Haͤufig werden Wieſen auf dieſe Weiſe beduͤngt. Langen
und kurzen Miſt uͤber ausgeſaͤete Erbſen und Wicken verbreiten, ihn darauf liegen
und dieſe hindurchwachſen laſſen, habe ich zu oft verſucht, um auf warmem, lockern
Mittelboden vom vorzuͤglichen Effekt dieſer Methode nicht vollkommen uͤberzeugt
zu ſeyn. Insbeſondere hat ſie mir bei ſpaͤterer Einſaat immer eine vorzuͤgliche
[195]Die Miſtduͤngung.
Ernte dieſer Frucht geſichert. Was aber merkwuͤrdiger iſt und ſchwer erklaͤrbar zu
ſeyn ſcheint — ein ſolcher Acker hat ſich auch in Anſehung der folgenden Fruͤchte
gegen den ausgezeichnet, wo mehr zergangener Miſt untergepfluͤgt war. Jedoch
wurde immer mit dem Umpfluͤgen der Stoppel nach Abbringung der Frucht moͤg-
lichſt geeilt.
Im Jahre 1808 ſaͤete ich Sommerruͤbſen auf mageres Land, und Klee darun-
ter, belegte es mit ganz friſchem ſtrohigen Miſt. Im Herbſte 1809 ließ ich den
Klee umbrechen, und mit Rocken beſaͤen. Die Saat zeichnet ſich jetzt gegen den
nebenſtehenden, welche im Sommer Duͤnger mit Brache erhalten hat, ſehr zu
ihrem Vortheil aus.
Daß derjenige Duͤnger, welcher ſeine hitzige Gaͤhrung uͤberſtanden hat, durch
freie Luftausſetzung, wenn er naͤmlich auf der Oberflaͤche des Ackers ausgeſtreuet
liegt, auch in der heißeſten Jahreszeit und bei ſehr duͤrrer Witterung nicht ver-
liere, ſondern eher gewinne, ſcheint mir jetzt nach einer Menge von komparativen
von mir und anderen angeſtellten Verſuchen faſt unzweifelhaft zu ſeyn, ſo wenig
Glauben dieſe Bemerkung bei denen, die keine Verſuche daruͤber angeſtellt haben,
zu finden ſcheint. Man glaubt er muͤſſe nothwendig durch Verdunſtung verlieren,
und dies ſcheint a priori ſo wahrſcheinlich, daß man den Rath, mit der Unterpfluͤ-
gung des geſtreuten Miſtes im Sommer moͤglichſt zu eilen, bisher allgemein gegeben
hat. Die Bemerkungen praktiſcher Landwirthe in Meklenburg vom Gegentheil
machten mich zuerſt aufmerkſam darauſ. — Vermuthlich iſt die Verdunſtung des
ausgegohrnen Miſtes nicht ſo groß, als ſie zu ſeyn ſcheint. Er giebt zwar bei ſeiner
Ausfuhr und ſeiner erſten Verbreitung einen ſtarken moſchusartigen Geruch von
ſich; dieſe erſte Ausduͤnſtung iſt aber auf keine Weiſe zu vermeiden, und wenn man
weiß, wie aͤußerſt fein und expanſibel die Ausduͤnſtungen, welche dieſen Geruch
erregen, ſind, — indem naͤmlich einige Grane Moſchus Jahre lang eine große
Atmsſphaͤre mit ihrem Geruche anfuͤllen, und ſolchen allen Koͤrpern, welche in
dieſe Atmoſphaͤre kommen, mittheilen koͤnnen, ohne etwas merkliches von ihrem
Gewichte zu verlieren — ſo braucht man ſie in der Quantitaͤt nicht hoch anzuſchla-
gen. Nachher giebt ſolcher Miſt weiter keinen Geruch von ſich, und verliert nach
einem gemachten Verſuche nicht an ſeiner Schwere. Es gehen zwar freilich wohl
einige Zerſetzungen noch mit ihm vor, wenn er in feuchtem Zuſtande iſt, indem er
B b 2
[196]Die Miſtduͤngung.
naͤmlich Sauerſtoff einſaugt, und Kohlenſaͤure entwickelt. Es laͤßt ſich aber mit
Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß dieſe mit der Feuchtigkeit ſich in den Boden
ziehe, und ihn befruchte. Bei der Trockniß geht aber keine Zerſetzung vor ſich.
Man findet einen Brachacker, wo ſolcher Miſt einige Wochen lang gelegen hat,
ſehr ſtark und lebhaft begruͤnt, ſelbſt an ſolchen Stellen, die nicht unmittelbar
mit dieſem Miſte in Beruͤhrung ſtanden; ein Beweis, daß ſich ſeine befruchtende
Wirkung, bevor er unter die Erde kommt, auch in ſeinem Umkreiſe verbreite, und
vom Erdboden angezogen werde.
Aus dieſen Gruͤnden ſcheint die Verbreitung des Miſtes auf den Acker, wenn
er auch laͤngere Zeit liegen muß, ehe er untergepfluͤgt wird, keine Bedenklichkeit
zu haben; es ſey denn auf einem abhaͤngigen Felde, wo das abfließende Regen-
oder Schneewaſſer ihn auswaſchen und entkraͤften kann. In letzterem Falle muß
er, wenn man die Ausfuhr zu einer Zeit vollfuͤhren will, wo er nicht untergebracht
werden kann, in Mieten gefahren werden. Es iſt aber zu bemerken, daß er ſich,
wenn er in ſolchen Mieten ſteht, ſelbſt im Winter weit ſtaͤrker zerſetze, und weit
mehr zuſammenfalle, als auf dem Hofe, welches nur von der ſtaͤrkern Beruͤhrung
der Luft, und dadurch bei fortdauernder Gaͤhrung bewirkten Verdunſtung her-
ruͤhren kann.
Ein ſehr fehlerhaftes und nachtheiliges Verfahren iſt es, den Miſt in den
kleinen Haufen, worin er vom Wagen abgeſtoßen wird, auf dem Acker liegen zu
laſſen. Hat er ſeine Gaͤhrung noch nicht uͤberſtanden, ſo zerſetzt er ſich in ſolchen
kleinen Haufen mit dem groͤßten Verluſte, indem ihm der Wind die ſich entwickeln-
den fluͤchtigen Theile entfuͤhret, und er zerſetzt ſich uͤberdem ungleich, in der Mitte
ſtark, im Umkreiſe wenig oder gar nicht. Seine groͤßte Kraft, und ſeine am mei-
ſten aufgeloͤſten Theile ziehen ſich auf der Stelle wo der Haufen liegt in den Bo-
den, und das unkraͤftige, minder aufgeloͤſte bleibt zuruͤck, weswegen nachher auch
bei der ſorgfaͤltigſten Ausſtreuung, die Plaͤtze wo die Haufen gelegen, ſich meh-
rere Jahre lang oft durch uͤbermaͤßige Geilheit der Saaten, die ſich an ſolchen
Stellen wohl gar niederlegen, auszeichnen, wogegen um ſie herum die Fruͤchte
nur kuͤmmerlich ſtehen. Man muß es ſich daher zu einer unverbruͤchlichen Regel
machen, den Miſt ſogleich auszuſtreuen, wenn er in ſolchen Haufen abgeſtoßen
worden, und dieſes kaum einen Tag verſchieben.
[197]Die Miſtduͤngung.
§. 26.
Die Zeit, den Miſt auszufahren, iſt nach den Wirthſchaftseinrichtungen ſehrZeit der Aus-
fuhr des
Miſtes.
verſchieden. In der Felderwirthſchaft mit reiner Brache, ſo wie in der Koppelwirth-
ſchaft, geſchieht es in der Regel allein in dem Zeitraume zwiſchen der Fruͤhjahrsbeſtel-
lung und der Ernte. Dieſer Miſt beſteht alſo hauptſaͤchlich aus demjenigen, welcher
im Winter gemacht worden, wozu in ſolchen Wirthſchaften, die das Vieh des
Nachts aufſtallen, noch der naͤchtliche Miſt vom vorigen Sommer und vom diesjaͤh-
rigen Fruͤhjahre kommt. Der groͤßere Theil dieſes Miſtes iſt daher ſchon ſtark zer-
ſetzt, und nur der oberſte noch unvermodert. Ein aufmerkſamer Landwirth wird bei-
des unterſcheiden, und den zergangenen Miſt auf feuchtere, kaͤltere, den unzergange-
nen auf trocknere und waͤrmere Stellen fuͤhren laſſen. Es hat aber allerdings
Schwierigkeiten, daß dieſes gehoͤrig geſchehe.
Diejenigen Wirthſchaften, welche ihren Miſt zu verſchiedenen Fruͤchten benutzen
und zu verſchiedenen Jahreszeiten ausfahren koͤnnen, haben auch darin einen Vorzug,
daß ſie ihren Miſt bei einer guten Anlage der Miſtſtelle in dem Zuſtande waͤhlen und
ausfahren koͤnnen, worin er dem Boden mit Ruͤckſicht auf die zu bauende Frucht am
angemeſſenſten iſt. Der fruͤhere oder ſpaͤtere Wintermiſt wird hauptſaͤchlich zu den
Hackfruͤchten aufgefahren. Den Kartoffeln auf lehmigem Boden iſt der unzergangene
ſtrohige Miſt beſonders vortheilhaft, weil er die Bindung des Bodens, welche den
Kartoffeln bei ihrer Keimung leicht nachtheilig werden kann, lockert, und die Setzkar-
toffel in Verbindung mit der Luft erhaͤlt. Es iſt daher auf ſolchem Boden ſehr rath-
ſam, den ſaͤmmtlichen Miſt in die Kartoffelnfurche beim Einlegen zu bringen, wie an
ſeinem Orte gezeigt werden wird. Anderen Wurzelgewaͤchſen und insbeſondere dem
Kohl iſt der zergangene Miſt weit angemeſſener, und auf loſem Boden iſt dieſer eine
nothwendige Bedingung fuͤr ihr Gedeihen. Sodann wird der Miſt fuͤr die Erbſen
und Wicken ausgefahren, entweder zum Unterpfluͤgen oder auf die oben erwaͤhnte Art
zum Ueberſtreuen. Der ſpaͤter gemachte Miſt, welcher bei der hoͤheren Temperatur
ſich ſchneller zerſetzt, wird den ſpaͤtern Hackfruͤchten, beſonders aber dem Raps gewid-
met. Was nun nach der Mitte des Sommers gemacht wird, kann zum Theil noch
zur Winterung verwandt werden, der man zwar bei dieſer Wirthſchaftsart keine
Hauptduͤngung giebt, der man aber doch zuweilen etwas nachzuhelfen rathſam findet;
oder er wird ſchon auf die Stoppel derjenigen Felder gebracht, die im kuͤnftigen
[198]Die Miſtduͤngung.
Jahre Hack- oder Huͤlſenfruͤchte tragen ſollen; oder aber er wird zum Compoſt ge-
braucht und Mengehaufen davon angelegt. Der Miſtwagen ſteht daher in dieſen
Wirthſchaften niemals ſtill, weil immer paßlicher Miſt vorhanden und bei der
gleichmaͤßigen Vertheilung der Geſpannarbeit durchs ganze Jahr immer Zeit dazu
uͤbrig iſt.
Wird der Miſt auf die Brache gefahren, ſo ſind die Meinungen zwar nicht
uͤbereinſtimmend, auf welche Furche dieſes geſchehen muͤſſe. Von den meiſten ge-
ſchieht es ſo, daß er mit der vorletzten Fahre untergepfluͤgt werde. Hiergegen haben
einige das Bedenken, daß er alsdann mit der letzten wieder heraufgebracht und
oben auf zu liegen komme, welches ſie fuͤr ſehr nachtheilig halten. So wenig ich die-
ſes Obenaufliegen ſcheue und den Verluſt dieſes Miſtes be [...]ge, ſo halte ich es doch
allerdings fuͤr beſſer, wenn er mit drei Furchen durchgepfluͤgt werden kann, und des-
halb wuͤrde ich ihn, ſo weit es thunlich iſt, ſogar mit der erſten Furche, wenn dieſe
erſt nach der Mitte des Sommers gegeben wird, einpfluͤgen. Aber das Unterbringen
mit der letzten Furche halte ich durchaus fuͤr fehlerhaft und fuͤr eine haͤufige Urſach des
Mißrathens der Saat. Er kann bei dieſer Methode nie gehoͤrig mit dem Boden ge-
mengt werden, kommt klumprig zu liegen, erhitzt ſich an einigen Stellen zu ſtark
und bleibt an andern unverweßt, ſo daß man ihn dann noch nach mehreren Jahren
torfartig und unzerſetzt im Boden antrifft. Die Saat ſteht darnach ſcheckig und hor-
ſtig; es ziehen ſich Inſekten auch Maͤuſe ſtark danach her, und Stellen, die zu geil
getrieben hatten, wintern ſodann aus. Insbeſondere iſt das Unterbringen des lan-
gen unzerſetzten Miſtes mit der letzten Furche zur Winterung oft von den uͤbelſten Fol-
gen. Der Acker wird dadurch bollig oder kann ſich nicht ſetzen. Wenn feuchte
warme Witterung eintritt und die Einſaat fruͤh geſchehen iſt, der Miſt dadurch vor
Winter noch in Gaͤhrung kommt, ſo entſteht leicht ein Uebertreiben der Saat, ſie
wird geil, aber ſchwaͤchlich, wahrſcheinlich mit Hydrogen uͤberfuͤllt und uͤberreizt.
Sie haͤlt dann den Winter nicht aus, ſondern fault und ſtirbt ab. Kommt dieſer
lange unzertheilte Miſt vor Winter nicht in Gaͤhrung, ſo bewirkt er, wenn Waͤrme
und Trockniß im Fruͤhjahre eintritt, durch ſeine Hitze leicht das Verſcheinen der Saa-
ten, indem dieſe bleich werden und abſterben. Alle dieſe Faͤlle habe ich beobachtet,
und daß es zuweilen unter ſehr guͤnſtigen Umſtaͤnden dennoch gut gerathe, iſt eine
Ausnahme von der Regel.
[199]Die Miſtduͤngung.
Gegen das Unterpfluͤgen des Miſtes mit einer fruͤhern als der vorletzten Furche
haben einige ein Vorurtheil und meinen, er werde hier ſeine Kraft auf den Austrieb
des Unkrauts unnuͤtz und ſchaͤdlich verſchwenden. Allein der ſtaͤrkere Austrieb des
Unkrauts, den er wirklich bewirkt, weit entfernt, ſchaͤdlich zu ſeyn, iſt vielmehr
hoͤchſt vortheilhaft, indem die Unkrautsſamen und Wurzeln nicht nur um ſo mehr
dadurch zerſtoͤrt werden, ſondern auch das jung untergepfluͤgte Kraut die Kraft des
Duͤngers und des Ackers offenbar vermehrt. Jede aufmerkſame Beobachtung wider-
legt dieſes Vorurtheil, welches nur von einem oder dem andern nachgeſprochen wird.
§. 27.
Eine zweckmaͤßige Vertheilung des Miſtes iſt in einer Wirthſchaft von ſo gro-Vertheilung
des Miſtes
auf den [ver-
ſchiedenen]
Feldern.
ßer Wichtigkeit, daß ſie eine angeſtrengte Aufmerkſamkeit und vollkommene Um-
ſicht verlangt.
Man findet haͤufig gegen zu ſtarke Duͤngung oder Ueberduͤngung gewarnt, und
es iſt gewiß, daß eine ſolche insbeſondere den Getreideſaaten leicht nachtheilig werden
koͤnne, indem ſie Lagerkorn giebt, und die Beiſpiele ſind nicht ſelten, wo man, um
eine ausgezeichnete Saat auf einem Acker zu haben, ſehr wenig erntete. Es giebt
ein Maximum der Dungkraft, beſonders der friſchen, dem man nahe kommen muß,
um das moͤglich Hoͤchſte zu gewinnen, welches man aber nicht uͤberſchreiten darf,
wenn man ſich nicht einem großen Verluſte ausfetzen will. Dieſer Grad aber laͤßt ſich
nicht beſtimmt angeben. Wir wiſſen, daß er nach der Bodenart verſchieden iſt, und
daß thoniger feuchter Acker eine ſtaͤrkere Duͤngung verlange und ertrage, wie der ſan-
dige und kalkige warme Boden. Allein es koͤmmt auch auf die Zufaͤlligkeit der Wit-
terung an. Wenn dieſe ausgezeichnet fruchtbar iſt, ſo kann ſchon eine Duͤngung,
die bei gewoͤhnlicher Witterung voͤllig gerecht geweſen waͤre, eine zu große Geilheit
des Getreides und einen Ruͤckſchlag in der Ernte bewirken. In ſolchen Jahren be-
merkt man daher, daß der Unterſchied des Ertrages in kraftloſen und kraftvollen
Wirthſchaften minder erheblich iſt, als in gewoͤhnlichen oder unfruchtbarern Jahren.
Wenn man unmittelbar zu Getreide duͤngt, ſo iſt es daher rathſam, an demjenigen,
was man auf dieſem Boden als Maximum annehmen kann, etwas fehlen zu laſſen.
Man entgeht aber in Wirthſchaften, die ſich zu einem hohen Duͤngerſtand erho-
ben haben, — denn in anderen iſt es nicht zu beſorgen — dieſer Gefahr der Ueber-
duͤngung am ſicherſten, wenn man nicht zu Getreide, ſondern zu ſolchen Fruͤchten den
[200]Die Miſtduͤngung.
Duͤnger unterbringt, denen ein ſehr ſtarker Trieb nie ſchaͤdlich wird. Kohl, die mei-
ſten Wurzelgewaͤchſe (Kartoffeln koͤnnen doch allerdings uͤberduͤngt werden) ge-
drillte Bohnen, Mays, Rapsſaat, gruͤn abzumaͤhende Wicken koͤnnen nicht uͤber-
duͤngt werden. Sie nehmen von der erſten Geilheit des Miſtes ſo viel weg, daß das
darauf folgende Getreide nicht darunter leidet. Der Miſt wird wenigſtens kaͤlter oder
minder aktiv, verliert das uͤberfluͤſſige Hydrogen und Azot, wenn gleich wenig von ſei-
nem Kohlenſtoffe.
Weit haͤufiger aber ſind die Faͤlle, wo man nur fuͤr eine ſolche Vertheilung des
Miſtes zu ſorgen hat, daß alle Aecker, die deſſen beduͤrſtig ſind, das Minimum oder
das Nothduͤrftigſte erhalten. Unter dieſen Umſtaͤnden giebt man nun gemeiniglich die
Regel, daß man nur dahin trachten muͤſſe, die Hauptfelder, welche die Baſis der
ganzen Wirthſchaft ausmachen, oder auf welche man ſich in Anſehung des Korn- und
Strohgewinnes am ſicherſten verlaſſen koͤnne, vollſtaͤndig auszuduͤngen, wenn gleich
die minder wichtigen daruͤber ungeduͤngt blieben. Die Anwendung dieſer Regel fin-
det freilich nur zu oft ſtatt, und ſie darf nicht zu ſehr eingeſchraͤnkt werden. Auf der
andern Seite aber muß man ſie auch nicht zu weit ausdehnen, wie es haͤufig geſchieht,
indem man den Hauptfeldern mehr giebt, als ſie nothwendig gebrauchen, und den
uͤbrigen dagegen alles entziehen muß. Man wird freilich in vielen Faͤllen von einer
angegebenen Quantitaͤt Miſt einen groͤßeren unmittelbaren Gewinn haben, wenn
man ihn in etwas groͤßerer Quantitaͤt auf guten Acker bringt, als wenn man ihm die-
ſen zum Theil entzieht und auf ſchlechteren Acker faͤhrt. Allein in der Folge wird
der letztere durch Entziehung des Miſtes nun ſo ſchlecht, daß ſein Ruͤckſchlag gegen
das, was er bei einiger Duͤngung wuͤrde abgetragen haben, doch im Ganzen nicht
durch den hoͤheren Ertrag des guten Bodens erſetzt wird. Wer alſo auf die allge-
meine Krafterhaltung in ſeiner Feldflur Ruͤckſicht nimmt, und weiter hinaus auf den
kuͤnftigen Zuſtand ſeines Gutes und auf kuͤnftige Ernten ſieht, wird jenen Grundſatz:
nur fuͤr die Duͤngung der beſſern Felder zu ſorgen, und die ſchlechtern zu vernachlaͤſſi-
gen, nicht ſo weit ausdehnen, als der auf einen kurzen Termin ſich beſchraͤnkende
Zeitpaͤchter. Wenn man ein heruntergekommenes Gut in Kraft ſetzen will, ſo wird
man vielleicht genoͤthigt ſeyn, den beſſern und noch nicht erſchoͤpften Feldern vorerſt
etwas von dem Duͤnger zu entziehen, den ſie ſonſt erhielten, und dieſes den Fel-
dern, die man wieder heben will, zukommen zu laſſen. Man muß jene dann
ſchonender
[201]Die Miſtduͤngung.
ſchonender behaudeln, und dies kann freilich leicht einen Ruͤckſchlag im Totalertrage
der Ernten geben, worauf man ſich gefaßt machen muß. Denn die erſte Duͤngung
erſchoͤpfter Felder aͤußert oft ſehr geringe Wirkung. Hier das Mittel zu treffen, und
weder auf der einen noch der andern Seite zu weit zu gehen, auch den nothwendigen
Strohgewinn nicht aus den Augen zu ſetzen, wenn man auch den geringern Ertrag
des Korns zu erleiden entſchloſſen waͤre, erfordert eine weiſe Ueberlegung.
Iſt man mit dem Duͤngungsetat aufs Reine, und im Stande dem ſaͤmmtlichen
Acker ſein gehoͤriges Maß zu geben, ſo iſt beim Auffuͤhren des Duͤngers doch immer
auf die Beſchaffenheit eines jeden Feldes zu ſehen. Wenn man naͤmlich den thonigen
zaͤhen Boden und den lockern ſandigen und kalkigen in gleichem Duͤngungsſtande er-
halten will, ſo muß dennoch dem erſtern immer eine ſtaͤrkere Duͤngung auf einmal
gegeben werden, weil er dieſe ohne zu geil zu werden, ertragen kann, eine ſchwache
Duͤngung aber gar keine Wirkung auf ihn aͤußert, ſondern in ihrer Zerſetzung zuruͤck-
gehalten wird, und unvermodert in ihm liegt. Dagegen kann er nach einer doppel-
ten Duͤngung auch doppelt ſo viele Ernten abtragen, ohne erſchoͤpft zu werden. In
einem lockern warmen Boden wird dagegen der Duͤnger ſchnell zerſetzt, und eine
ſtarke Duͤngung kann ſchaͤdliche Folgen haben, indem ſie nach Verhaͤltniß der Witte-
rung das Lagern oder das Verſcheinen des Getreides nach ſich zieht. Der Miſt wird
nun aber ſchneller conſumirt, und deshalb muß dieſe ſchwache Duͤngung um ſo oͤfterer
wiederholt werden. Je loſer und je ſandiger der Boden iſt, deſto nutzbarer wird ihm
eine oͤſtere und ſchwaͤchere Bemiſtung. Im allgemeinen kann man jedoch annehmen,
daß beiden entgegengeſetzten Bodenarten eine gleiche Quantitaͤt Miſt in einer Reihe
von Jahren gebuͤhre.
§. 28.
Die Quantitaͤt des Miſtes wird gewoͤhnlich nach Fudern geſchaͤtzt, nach vier-,Maaß und Ge-
wicht des
Miſtes.
drei- und zweiſpaͤnnigen oder auch nach einſpaͤnnigen Karren. Es iſt an einem an-
dern Orte geſagt worden, daß dieſelben Pferde eine groͤßere Laſt ziehen, je mehr ſie
vertheilt ſind, und dies iſt dann auch bei den Miſtfudern der Fall. Ein vierſpaͤnniges
Fuder wird cäteris paribus nicht die doppelte Quantitaͤt enthalten von dem, was
man auf ein zweiſpaͤnniges laden kann. Man rechnet deshalb gewoͤhnlich bei kraͤftigem
Geſpann auf ein vierſpaͤnniges Fuder 2000 Pfund, und auf ein zweiſpaͤnniges 1200 bis
1400 Pfund. Es iſt aber uͤberhaupt etwas ſehr unbeſtimmtes, was auf ein Fuder
Zweiter Theil. C c
[202]Die Miſtduͤngung.
an Miſt geladen zu werden pflegt. Es koͤmmt dabei nicht nur auf die Kraft des
Zugviehs, ſondern auch auf die Gewohnheit, die Aufſicht beim Laden, die Jahres-
zeit, die Wege und die Entfernung an. Das Gewicht deſſelben Miſtes iſt dann auch
verſchieden, je nachdem er trocken oder naß iſt. Wenn man alſo uͤber den Miſt nach
dem Gewicht etwas beſtimmen, und den ganzen Duͤngungsetat und ſeine zweckmaͤ-
ßigſte Vertheilung ausmitteln will, ſo muß man eine ſolche Ladung, wie gewoͤhnlich
gemacht wird, abwiegen, und dieſes von Zeit zu Zeit wiederholen, damit man die
Quantitaͤt des auf- und auszufahrenden Duͤngers nach dem Augenmaße ſchaͤtzen lerne.
Durch eine große Wage, womit man ganze Fuder wiegt, und die auf dem Wirth-
ſchaftshofe ſo viele Vortheile hat, wird dieſes ſehr erleichtert.
2000 Pfund iſt eine maͤßige Ladung fuͤr vier Pferde, und man wird wenigſtens
der Wahrheit ſo nahe kommen, wie hier moͤglich iſt, wenn man dieſe als das Durch-
ſchnittsgewicht eines Fuders annimmt. Jedoch faͤhrt man mit ſtarken Geſpaͤnnen auf
kurzen und guten Wegen und im Sommer auch oft 3000 Pfund. Den Miſt nach
dem Volumen zu ſchaͤtzen iſt noch unſicherer, indem es da auf das mehr oder minder
zergangene Stroh ankommt, und auf das Verhaͤltniß des Strohs im Duͤnger uͤber-
haupt. Ein Kubikfuß ſehr ſtrohiger Miſt, wiegt oft nicht uͤber 44 Pfund; ein
Kubikfuß worin das Stroh ſchon zu Faſern zerfallen iſt, wiegt, ohne zuſammenge-
preßt zu ſeyn, 56 bis 58 Pfund. Die eigentliche Dungkraft des Miſtes ſteht daher
doch immer in gleichmaͤßigerem Verhaͤltniſſe mit ſeiner Schwere als mit ſeinem
Volumen.
§. 29.
Staͤrke der
Miſtauffuhr.Von 2000pfuͤndigen Fudern werden 5, 8 bis 10 auf 1 Magdeburger Morgen
gefahren. Das erſte nennt man eine ſchwache, das zweite eine gute, das dritte
eine ſtarke oder reiche Duͤngung.
- Bei 5 Fudern oder 10000 Pfd. fallen auf 1 Quadratruthe 555/9 Pfd.
- Bei 6 Fudern oder 12000 Pfd. fallen auf 1 Quadratruthe 66⅔ Pfd.
- Bei 7 Fudern oder 14000 Pfd. fallen auf 1 Quadratruthe 777/9 Pfd.
- Bei 8 Fudern oder 16000 Pfd. fallen auf 1 Quadratruthe 888/9 Pfd.
- Bei 9 Fudern oder 18000 Pfd. fallen auf 1 Quadratruthe 100 Pfd.
- Bei 10 Fudern oder 20000 Pfd. fallen auf 1 Quadratruthe 1111/9 Pfd.
Es fallen alſo bei der ſtaͤrkſten Duͤngung auf einen Quadratfuß ungefaͤhr 0,7 Pfund.
[203]Die Miſtduͤngung.
§. 30.
Die Ausfuhr des Miſtes’iſt unter den Wirthſchaftsverrichtungen eine der wich-Ausfuhr des
Miſtes.
tigſten, und erfordert daher eine beſondere Aufmerkſamkeit des Arbeitsaufſehers, da-
mit ſie nicht nur mit Fleiß, ſondern auch mit gehoͤriger Ordnung verrichtet werde.
Es iſt deshalb rathſam ſo viel Geſpann wie moͤglich, und eine dieſem angemeſſene An-
zahl von Handarbeitern zuſammen zu nehmen. Je nachdem das Feld, wohin er ge-
fahren werden ſoll, naͤher oder entfernter iſt, muß auf drei oder zwei Geſpann ein
Wechſelwagen genommen werden, damit immerfort ein Wagen zum Aufladen auf
der Miſtſtelle ſtehe. Es muß uͤberhaupt das gehoͤrige Zeitmaß beobachtet und erhal-
ten werden, ſo daß z. B. bei drei Geſpannen ſich das eine [auf] dem Hinwege, das an-
dere zum Abladen auf dem Felde, das dritte auf dem Herwege befinde, und keins laͤn-
ger ſtille ſtehe, als zum Vorhaͤngen der Pferde vor den geladenen Wagen erforder-
lich iſt. Es muß daher die Zeit abgemeſſen werden, welche nach dem Verhaͤltniß der
Entfernung fuͤr jedes Geſpann zum Hinfahren und Zuruͤckkommen erforderlich iſt,
Die Anzahl der Lader muß dann ſo eingerichtet werden, daß ſie zwar in beſtaͤndiger
Beſchaͤftigung ſind, daß aber auch nie das Geſpann auf die Vollendung einer Ladung
zu warten brauche. Da dieſe Arbeit nach dem Zuſtande, worin ſich der Miſt befin-
det, verſchieden iſt, ſo laͤßt ſich die Zahl der Menſchen, die dabei noͤthig ſind, nicht
allgemein beſtimmen. Man rechnet gewoͤhnlich auf ein Geſpann 1½ Menſchen oder
eine maͤnnliche und eine weibliche Perſon. Geht die Arbeit ſehr ſchnell, und liegt
der Miſt ſehr feſt, ſo reichen dieſe kaum.
Die Staͤrke der Duͤngung, die man einem Felde geben will, wird gewoͤhnlich
und beſſer nach der Entfernung, worin die Haufen von einander abgeſtoßen werden,
als nach der Große dieſer Haufen beſtimmt, weil die Leute beſſer die Entfernung der
Haufen als die Groͤße derſelben abmeſſen koͤnnen. Gewoͤhnlich habe ich gefunden,
daß von ſolchen Fudern, die mindeſtens 2000 Pfund und wohl etwas daruͤber halten,
9 Haufen abgeſtoßen werden, ſo daß man jeden Haufen zu 222 Pfund anſchlagen
kann. Nach der Staͤrke der Duͤngung, die man geben will, laͤßt ſich dann leicht
die Entfernung beſtimmen, worin die Fuder in geraden Reihen und die Reihen neben-
einander kommen ſollen. Jene beſtimmt man am beſten nach der einfachen oder dop-
pelten Laͤnge des Wagens, nach der Entfernung der Vorderpferde oder der Hinter-
pferde vom Hintertheile des Wagens, die Entfernung der Reihen aber nach Schrit-
C c 2
[204]Die Miſtduͤngung.
ten, welches billig von dem Arbeitsaufſeher ſelbſt geſchehen muß. Es tritt auch nicht
ſelten der Fall ein, daß man eine Stelle des Feldes ſtaͤrker, die andere ſchwaͤcher zu
duͤngen ſich bewogen findet. Anhoͤhen z. B. koͤnnen eine ſtaͤrkere Duͤngung vertra-
gen, den Niederungen aber, beſonders am Fuße jener, genuͤgt mehrentheils eine
ſchwaͤchere, weil ſich die fruchtbare Materie hierher herabzieht. Man findet nicht
ſelten daß unverſtaͤndige Arbeitsaufſeher gerade das Gegentheil geſchehen laſſen, weil
ſie glauben, daß der Duͤnger den Anhoͤhen doch wenig zu Nutzen komme, und die
Knechte ſind nicht minder geneigt, die Anhoͤhen zu uͤberſpringen. In ſolchen Faͤllen
iſt es um ſo noͤthiger, daß ein Arbeitsaufſeher oder doch ein gehoͤrig inſtruirter Hof-
meier auf dem Felde ſey, und die Vertheilung des Duͤngers anordne, auch zuweilen,
wo es noͤthig iſt, Huͤlfe leiſte, damit die Geſpanne ihre gehoͤrige Zeit beobachten.
Wenn man außer den beim Laden beſchaͤftigten Menſchen noch genugſam an-
dere hat, ſo iſt es am beſten das Ausſtreuen des Miſtes unmittelbar vornehmen zu
laſſen, damit der Aufſeher hierauf zugleich achten koͤnne. Der Miſt wird ſich auch
um ſo leichter vertheilen laſſen, je weniger er ſich in den Haufen geſackt hat, und man
wird es am ſicherſten vermeiden, daß dieſe Haufen nicht zu lange liegen, welches,
wie oben geſagt, ſehr nachtheilig iſt.
§. 31.
Auf eine gute, gleichmaͤßige Streuung und ſogenannte Brechung des Miſtes
kommt viel an. Man muß alſo dabei die Arbeiter nicht ſparen, ſondern nur darauf
achten, daß es mit moͤglichſtem Fleiße geſchehe, und wohl einen verſtaͤndigen Mann
anſtellen, der den Miſtſtreuern nachgeht, und liegen gebliebene Klumpen beſſer ver-
theilt. Von dieſem fordert man eine vollſtaͤndige Streuung, und er wird alſo die
Streuer ſchon anhalten das Noͤthige zu thun. Schlecht ausgeſtreuter Miſt hat natuͤr-
lich uͤble Folgen auf mehrere Ernten. Naͤchſtdem iſt dann eine moͤglichſt vollſtaͤn-
dige Unterbringung des Miſtes, beſonders des ſtrohigen zu bewirken, und bei letzte-
rem iſt es faſt immer rathſam Leute mit Forken oder Harken hinter den Pfluͤgen her-
gehen zu laſſen, um ihn in die Furchen gleichmaͤßiger zu vertheilen. Daß der lange
Miſt aus den Furchen zuweilen hervorſtehe, iſt zwar kein ſo großes Uebel, zumahl
wenn noch mehrere Male gepfluͤgt werden ſoll. Allein daß er ſchleppt und ſich vor
dem Pfluge anhaͤuft, dann auf einen Klumpen zuſammenkommt, und andere Stel-
len nichts erhalten, muß ſorgfaͤltig vermieden werden.
[205]Die Miſtduͤngung.
§. 32.
Es iſt in manchen Gegenden uͤblich dieſen ſtrohigen Stallmiſt entweder mit al-Mengeduͤnger
oder Kompoſt
lerlei vegetabiliſchen Subſtanzen oder auch wohl nur mit bloßer Erde zu vermengen,
ihn damit vollkommen zergehen zu laſſen, und dann dieſe inniger gemiſchte Subſtanz,
welche man Mengeduͤnger oder jetzt nach dem engliſchen Namen Kompoſt
nennt, auf den Acker zu bringen. Dieſe Methode iſt von vielen vielleicht uͤbertrieben
geruͤhmt und zu allgemein anempfohlen, von andern dagegen zu unbedingt verwor-
fen worden.
Die Methoden deren man ſich dabei bedient, ſind mannigfaltig. Einige fahren
dergleichen Materialien, beſonders abgeſtochene Raſen, ſchon auf die Duͤngerſtelle
ſelbſt, fuͤllen den Grund damit an, worauf ſie den Duͤnger bringen, und legen dann
wieder eine Schicht davon auf jede Miſtlage. Nachdem er ſo zergangen, wird er her-
aus geworfen und in hoͤhere Haufen zuſammengeſchlagen, in welchen er bis zur voll-
kommneren Vermoderung liegen und mehrmals umgeſtochen werden ſoll, bevor er
gebraucht wird. Bei dieſem Verfahren werden die fluͤchtigen und fluͤſſigen Theile des
Miſtes mehr zuſammengehalten, und koͤnnen, wenn der Zuſatz aus Raſen beſteht,
ſich gleich in naͤhere Verbindung und Wechſelwirkung mit den erdigen Theilen ſetzen,
wobei, zumahl wenn auch etwas aͤtzender Kalk hinzukommt; mancherlei Zerſetzungen
und Verbindungen der Stoffe entſtehen, die man ſonſt gar nicht oder ſpaͤt erreicht.
Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß das Waſſer ſelbſt hierbei zum Theil zerſetzt werde,
und in feſte Verbindungen uͤbergehe.
Andere legen dieſe Mengehauſen auf einer andern Stelle, entweder neben dem
Hofe, vortheilhafter aber auf dem Acker, wo er gebraucht werden ſoll, unmittelbar
an, wodurch wenigſtens die doppelte Fuhre der Zuſatzmaterialien erſpart wird.
Die Anlegung eines ſolchen Mengehaufens geſchieht auf zweierlei Art.
a) Durch eine regulaͤre Schichtung der Materialien uͤbereinander. Zu unterſt
bringt man eine gute ebene Lage von Erde oder Raſen, die auf allen Seiten 5 bis
6 Fuß breiter gemacht wird, als der eigentliche Haufen werden ſoll. Dann wird eine
etwa einen Fuß hohe Lage von Miſt aufgefahren. Je friſcher dieſer Miſt aus dem
Stalle kommt, deſto beſſer. Hierauf wieder eine Schicht von Erde oder Raſen.
Sind andere moderungsfaͤhige Materialien vorhanden, ſo werden ſie auf dieſe Erd-
ſchicht gebracht. Dann kommt wiederum eine Lage von Miſt, und ſofort bis der
[206]Die Miſtduͤngung.
Haufen etwa 6 Fuß hoch ſchraͤg auflaufend aufgefuͤhrt iſt, wo er dann wieder mit
einer Erdlage bedeckt wird. Haͤufig wird dieſem Duͤngerhaufen aͤtzender Kalk zuge-
miſcht, der aber nicht in unmittelbarer Beruͤhrung mit dem Miſte kommen darf, weil
er ihn zu heftig und zu ſchnell zerſetzen wuͤrde, ſondern man legt ihm zwiſchen zwei
Lagen von Erde, oder aber zwiſchen die Erde und andere ſchwerer verweslichen Ma-
terien, wie Baumlaub und dergleichen. Iſt der hervorſtehende Rand mit der Duͤn-
gerjauche, die ſich zumahl bei regnigter Witterung aus dem Haufen herabzieht, durch-
drungen, ſo wird er abgeſtochen und uͤber den Haufen verbreitet.
So laͤßt man den Haufen in Gaͤhrungshitze kommen, und ſo lange ruhig ſtehen,
bis dieſe voͤllig voruͤber iſt. Erſt wenn ſie vollendet iſt, und man gar keine Waͤrme
inwendig mehr verſpuͤrt, wird der Haufen umgeſtochen, und zwar ſo wieder aufge-
ſetzt, daß das Obere zu unterſt, und das Aeußere, noch nicht vermoderte, inwendig
komme. Zu unterſt legt man dann wohl wieder eine Lage friſche Erde. Dieſe wie-
der aufgeſetzten Haufen macht man ſchmal, lang und dachfoͤrmig, weil man uͤber-
zeugt iſt, daß eine ſtaͤrkere Luftausſetzung die Qualitaͤt des Duͤngers verbeſſere, und
ſelbſt ſein Gewicht vermehre. Es geht hier ohne Zweifel eine ſtarke Salpetererzeu-
gung vor. Deshalb werden auch dieſe Haufen von denen, die große Aufmerkſamkeit
darauf wenden, zu wiederholtenmalen umgeſetzt, damit immer eine neue Lage an die
Luft komme.
b) Andere bringen die Materialien, beſonders wenn ſie deren eine große Man-
nigfaltigkeit haben, rund um einen zur Anlegung des Haufens beſtimmten Platz
herum, ein jedes fuͤr ſich. Sie machen dann die Erdlage, worauf der Haufen zu
ſtehen kommen ſoll, in der Mitte, und ſtellen ſodann bei jedem Haͤufchen Menſchen
mit Schaufeln, die zu gleicher Zeit die Materialien aufwerfen, wodurch dieſe um
ſo genauer untereinander kommen. Mergel, Moder, zerfallener Torf, Moos,
Baumlaub und Nadeln, Saͤgeſpaͤne, vegetabiliſche und thieriſche Abgaͤnge u. ſ. f.,
werden auf die Weiſe und mehrentheils mit etwas zerfallenem Kalk, Aſche, Ofenruſt
vermengt, und dann friſcher Miſt dazwiſchen gelegt, oder aber die Materialien mit
Duͤngerjauche begoſſen. Der Kalk wird in dem Verhaͤltniſſe ſtaͤrker oder ſchwaͤcher
zugeſetzt, je nachdem die Materialien ſchwerer oder leichter verweslich ſind, am
meiſten wenn ſolche darunter ſind, die eine hervorſtechende Saͤure enthalten, und da-
durch der Zerſetzung widerſtehen. Je mehr thieriſche Subſtanzen dazu kommen, um
[207]Die Miſtduͤngung.
deſto ſparſamer kann man mit dem Kalk ſeyn. Auch dieſe Haufen muͤſſen bis zur
uͤberſtandenen Gaͤhrungshitze ruhig ſtehen bleiben, dann aber ein oder mehrere Male
durchſtochen und wieder aufgeſetzt werden.
Diejenigen, welche wenigſtens den Gebrauch des Stallmiſtes zu dieſen Menge-
haufen verwerfen, halten ſolche fuͤr eine unnuͤtze Vermehrung der Arbeit. Dieſer
Miſt, ſagen ſie, koͤnne im Acker genugſam mit der Erde verbunden und zertheilt wer-
den, und dies geſchaͤhe auf eine weit leichtere und zweckmaͤßigere Weiſe als in ſol-
chen Mengehaufen. Die faulende Gaͤhrung des Miſtes im Acker ſelbſt ſey dieſem
ſehr wohlthaͤtig, und ſie haben auf thonigem, kalten Acker gewiß Recht zu dieſer
Behauptung.
Was aber noch mehr gegen die allgemeine Anwendung dieſes Mengeduͤngers
ſtreitet, und ſolche erſchwert, iſt dies, daß der Stallmiſt dann wenigſtens um ein
Jahr ſpaͤter gebraucht werden, und zur Wirkſamkeit kommen kann. Und dies iſt in einer
Wirthſchaft, wo man noch keinen Ueberfluß von Miſte hat, von ſehr großer Wich-
tigkeit. Man kann aus dem friſch gebrauchten Miſte dann ſchon neues Duͤngerma-
terial — unangeſehn die untzbare Produktion — erzeugt haben, bevor jener Kom-
poſt dem Acker einverleibt wird.
Folglich kann man nicht wohl auf die Anlegung ſolcher Kompoſthaufen denken,
bevor man nicht einigen Ueberfluß uͤber den nothwendigen Duͤnger beſitzt. Dann
aber werden die Anlagen ſolches Kompoſts um ſo rathſamer, je mehr man an Ma-
terialien beſitzt oder herbeiſchaffen kann, die ohne ſolche Vermengung ſchwer aufloͤs-
bar ſeyn wuͤrden. Man kann ſich einen großen Schatz dadurch bereiten, und ſich
einen reichlichen Ertrag von ſolchen Saaten ſichern, die mißlich ſcheinen, und einer
Aufhuͤlfe beduͤrfen.
Man bedient ſich naͤmlich dieſes Kompoſts ohne allen Zweifel und nach unzaͤh-
ligen Erfahrungen am vortheilhafteſten, wenn man ihn nicht unterpfluͤgt, ſondern
auf die Oberflaͤche des Ackers bringt. Man fuͤhrt ihn entweder auf die Saatfurche,
uͤberſtreuet dieſe vom Wagen ab durch Leute, die ihn mit Schaufeln auswerfen, da-
mit, und egget ihn dann zugleich mit der Saat ein, oder pfluͤgt ihn mit ſolcher flach
unter. Oder aber man bedient ſich deſſelben um ihn auf eine aͤhnliche Weiſe uͤber die
gelaufene Saat, uͤber die Winterung oft erſt im Fruͤhjahr, auszuſtreuen, wenn ſie
ſchon ihre Vegetationsperiode angefangen hat. Hier iſt eine ſolche Ueberduͤngung
[208]Die Miſtduͤngung.
mit Kompoſt, auch in ſehr geringer Quantitaͤt, von einer wunderbaren Wirkung,
wie nicht nur alle diejenigen bezeugen, die es einzeln verſucht haben, ſondern wie es
auch ganze Gegenden, wo dieſe Methode landuͤblich iſt, beweiſen. In einem be-
traͤchtlichen Diſtrikte von England in der Grafſchaft Hereford iſt dieſe Methode ſeit un-
denklichen Zeiten eingefuͤhrt, und es wird kein Miſt anders als in dieſer Geſtalt und auf
dieſe Weiſe, welche die Englaͤnder Topdressing nennen, gebraucht. Es iſt aber
bekannt, daß man daſelbſt ohne eine uͤbrigens ſehr ausgezeichte Kultur vorzuͤgliche
Ernten gewinne, und wie die dortigen Landwirthe verſichern, nie Mißwachs habe.
Sie ſchreiben dem Kompoſt, uͤber die vegetirenden Saaten geſtreut, eine magiſche
Wirkung zu, und verſichern, daß wenn ihr Weizen im Fruͤhjahre auch voͤllig ausge-
wintert ſcheine, oder die Gerſte nicht fort wolle und kraͤnkle, es ſey daß ſie vom
Froſte, von Duͤrre oder von Naͤſſe gelitten habe, die Ueberſtreuung mit Kompoſt ſo-
gleich helfe, ſogleich ein neues Hervorgruͤnen bewirke, und alles wieder herſtelle.
Dieſe große Wirkung iſt auf eine unzubezweifelnde Weiſe von allen Englaͤndern be-
ſtaͤtigt.
Es giebt alſo eine große Aushuͤlfe und Sicherheit, wenn man in einer Wirth,
ſchaft erſt ſo weit gediehen iſt, daß man ſich einen ſolchen wirkſamen Duͤngervorrath
auf kuͤnftige Jahre bereiten kann, ohne in dem gegenwaͤrtigen damit zu kurz zu
kommen.
Man findet in verſchiedenen Schriften eine unzaͤhlige Menge von Rezepten
zu ſolchem Kompoſt, worin die Quantitaͤt jedes Materials nach Maaß oder
Gewicht apothekermaͤßig vorgeſchrieben iſt. Dies iſt leere Pedanterie! Das allge-
meine Rezept iſt: Nimm Alles, was du von vegetabiliſchen, anima-
liſchen und angemeſſenen mineraliſchen Subſtanzen erhalten
kannſt, miſche es durcheinander, ſetze etwas aͤtzenden Kalk zu,
und Erde ſo viel, als zur Auffangung der ſich entwickeluden
Stoffe noͤthig iſt, laß es in Gaͤhrung kommen, und ſtich es dar-
nach oͤfter um, bis es ſich zu einer gleichartigen Maſſe verei-
nigt hat.
§. 33.
Einſtreuungs-
Suͤrrogate.Man bedient ſich insbeſondere, wenn das Stroh mangelt, mancher andern ve-
getabiliſchen Einſtreuungsmittel, theils um die Exkremente des Viehes aufzufangen,
und
[209]Die Miſtduͤngung.
und demſelben ein trocknes Lager zu geben, theils um die Maſſe des Duͤngers zu ver-
mehren, indem naͤmlich die dazu gebrauchten Vegetabilien durch die thieriſchen Aus-
wuͤrfe ſchneller zur Faͤulniß fortgeriſſen werden, und in fruchtbaren Moder uͤbergehen,
wie ohne dieſe Verm [...]ung geſchehen ſeyn wuͤrde. Die Zweckmaͤßigkeit und die
Auswahl dieſer Einſtreuungsmittel haͤngt alſo davon ab, wie ſie dieſe Abſichten er-
fuͤllen, dem Viehe ein gutes Lager geben, und ſchneller oder langſamer zerſetzt
werden.
Das gewoͤhnlichſte iſt das Baumlanb. Die Nadeln der Kiehnen und
Tannen, welche ſich in den Holzungen betraͤchtlich anhaͤufen, und mehrentheils mit
Moos durchwachſen ſind, kommen am haͤufigſten in Gebrauch, weil in denen Gegen-
den, die Strohmangel haben, ſich nur dieſes Holz zu finden pflegt. Sie gehen mit
den thieriſchen Exkrementen vermiſcht und wohl zuſammengehalten ungleich ſchneller
in Verweſung, wie fuͤr ſich allein, uͤber. Jedoch muß ſolcher Miſt immer laͤnger,
wie der mit bloßem Stroh verſetzte, liegen. Iſt dieſes geſchehen ſo ſcheint ein ſol-
cher Miſt dem ſtrohigen in der Wirkſamkeit durchaus nicht nachzuſtehen, vielmehr
Vorzuͤge vor letzterem zu haben, indem dieſe Nadeln ungleich mehr kraͤftige Nahrungs-
theile, wie das Stroh, beſitzen.
Das Laub der Eichen iſt ſchwer zerſetzbar, und enthaͤlt einen adſtringiren-
den Stoff, welcher der Vegetation vor der voͤlligen Zerſetzung nicht guͤnſtig iſt. Da-
her muß dieſer Miſt ſehr lange liegen, wenn man eine wohlthaͤtige Wirkung von ihm
haben will. Bringt man ihn vor der Zerſetzung in den Boden, ſo erhalten ſich dieſe
Blaͤtter ſehr lange, ehe ſie in Verweſung uͤbergehen, und koͤnnen dann, insbeſondere
auf loſem Boden, mehr nachtheilig als vortheilhaft wirken.
Das Laub der Buchen, Nußbaͤume, Kaſtanien ſcheint zwar im friſchen
Zuſtande der Vegetation noch nachtheiliger, wie das der Eichen zu ſeyn, weil unter
dieſen Baͤumen wenige Graͤſer aufkommen. Im Miſte aber verliert es dieſe nach-
theilige Eigenſchaft bald, und zerſetzt ſich ungleich ſchneller, ſo daß ich und andere
eine weit beſſere Wirkung von dieſem Laubmiſte als von dem aus Eichenblaͤttern ver-
ſpuͤrt haben.
Das Laub anderer Baͤume, der Eiſen, Weiden, Pappeln ſcheint ebenfalls
leicht verweslich, hat aber wenige Conſiſtenz, und betraͤgt als Einſtreuungmittel
nicht viel.
Zweiter Theil. D d
[210]Die Miſtduͤngung.
Es giebt manche Gegenden und Wirthſchaften, welche auf dieſen Waldduͤn-
ger oder dieſes Streulingrechen ihren Duͤngerſtand vorzuͤglich begruͤnden, in-
dem ſie ihr ſaͤmmtliches Stroh zur Erhaltung ihres Viehes im Winter verfuttern.
Bei ihrer jetzigen Verfaſſung waͤre es in der That unmoͤglich, daß ſie ohne ſelbiges
beſtehen koͤnnten. Es iſt aber anerkannt, daß dieſes Huͤlfsmittel nicht anders als auf
Koſten der Forſtkultur herbeigeſchafft werden koͤnne, und daß der Nachtheil, welcher
dieſer dadurch geſchieht, den Vortheil uͤberwiege, welchen der kuͤmmerliche Ackerbau
davon hat. Die Befugniß zu dieſen Streulingrechen iſt daher zu einem hoͤchſt laͤſti-
gen Servitut fuͤr die Forſteigenthuͤmer geworden, deſſen Abfindung aber bei der ein-
gefuͤhrten Wirthſchaftsart große Schwierigkeiten hat. Der Eigenthuͤmer einer Forſt
kann ſich zwar dieſes Streulingsrechens zuweilen mit Vortheil fuͤr ſein Gut im Gan-
zen bedienen, wenn er mit Vorſicht und Maͤßigung dabei verfaͤhrt. Dieſes thun die
Berechtigten aber nicht.
§. 34.
Haidekraut.Naͤchſtdem kommt in den Haidgegenden das Haidekraut als Einſtreuungs-
mittel am haͤufigſten vor. Es wird entweder abgemaͤhet, oder es wird die Haidnarbe
ſelbſt mit einer eigens dazu eingerichteten Hacke duͤnn abgeſchaͤlt und angefahren.
Dieſes Haidekraut verweſet allerdings ſchwer, wird jedoch in Jahresfriſt im Miſte ſo
muͤrbe, und ſeiner adſtringirenden Eigenſchaft ſo beraubt, daß es im Acker dann bald
zergeht. In einem Theile des Luͤneburgiſchen, des Bremiſchen und des Pommer-
ſchen halten manche dieſes Haidekraut fuͤr ein ſo unentbehrliches Beduͤrfniß des Acker-
baues, daß ſie ſich der Urbarmachung der Haide, deren Moͤglichkeit ſie ſonſt anerken-
nen, nur aus dem Grunde widerſetzen, weil man ohne Haidekraut keinen Duͤnger
machen koͤnne; welches in der That bei der jetzigen Verfaſſung ihrer Wirthſchaft auch
richtig iſt. Mittelſt einer weiten Haide-Hiebsberechtigung und angeſtrengten Aus-
uͤbung derſelben ſind manche im Stande, ihren an ſich ſchlechten Acker in auffallender
Fruchtbarkeit zu erhalten. Da das Haidekraut aber langſam wieder waͤchſt, zumahl
wenn die Narbe mit weggehackt worden, ſo ſind vielleicht 100 Morgen Haidland
nicht zureichend, 1 Morgen Ackerland in Kraft zu erhalten, und es findet daher dieſe
Operation nur da nachhaltig ſtatt, wo einzelne kleine Ackerhoͤſe mit großen Haidrevie-
ren umgeben liegen. Muß das Haidekraut in groͤßerer Entfernung gehauen und an-
gefahren werden, ſo erfordert es großen Aufwand an Arbeit, ſo daß [Menſchen] und
[211]Die Miſtduͤngung.
Geſpann den groͤßten Theil des Jahres nur damit beſchaͤftigt ſind. Es iſt gewiß meh-
rentheils ſchwieriger das zur Duͤngung eines Morgens noͤthige Haidekraut herbeizu-
ſchaffen, als dieſen Morgen mit Mergel oder Moder zu befahren. Dennoch ſcheuet
dort Niemand jene Arbeit und erſchrickt fuͤr dieſe. So groß iſt die Macht der Ge-
wohnheit.
Wenn dieſer Haidduͤnger mit wenigen thieriſchen Exkrementen vermiſcht (denn
außer daß man dem Viehe das Haidekraut unterſtreut, wird nun dieſer Haidmiſt noch
mit andern Haidplaggen in Mieten auf dem Acker aufgeſetzt, und bleibt darin, bis
er muͤrbe geworden, ſtehen) wohl zergangen und dick aufgebracht wird, ſo bringt er
oft ſehr anſehnliche Ernten von Rocken und insbeſondere von Haidekorn hervor. Da
ſehr wenig Unkraut aufkommt, ſo bedarf der Acker keiner Brache, und traͤgt ſechs bis
ſieben Ernten ab, die freilich immer ſchlechter werden. Wer nicht weiß mit welchen
Schwierigkeiten dieſe Duͤngergewinnung verbunden iſt, der iſt leicht geneigt dieſe
Operation fuͤr etwas empfehlungswuͤrdiges zu halten, und dieſen Gegenden ihre Haid-
reviere zu beneiden. Unter andern ward der beruͤhmte de Luͤc auf ſeiner Reiſe durch
dieſe Gegenden dadurch veranlaßt, ſich gegen die vorſeyende Gemeinheitstheilung zu
deklariren.
Es giebt allerdings Faͤlle, wo der berechnende Landwirth ſich dieſer Aushuͤlfe be-
dienen und insbeſondere in die Schafſtaͤlle Haidekraut einfahren laſſen kann, indem es
durch dem Schafmiſt vorzuͤglich zerſetzt wird.
§. 35.
Mancherlei andere vegetabiliſche Einſtreuungsmittel: Schilf, Binſen, Waſſer-Verſchiedene
Vegetabilien
zur Ein-
ſtreuung taug-
lich.
pflanzen, Pfriemenkraut, Moos, Farrenkraut u. ſ. w., koͤnnen behufs der Ein-
ſtreuung zuweilen gewonnen und mit Vortheil gebraucht werden. Einige, beſonders
das Farrenkraut, ſo wie jedes Kraut, was bei der Einaͤſcherung viel Kali giebt, ge-
ben einen vorzuͤglich fruchtbaren Moder. Sie vermodern um ſo ſchneller, je ſaftiger
ſie noch ſind, wenn man ſie in den Miſt bringt. Dann erreicht man aber den Zweck
nicht ſo gut, dem Viehe dadurch ein trocknes Lager zu geben. Einmal voͤllig ausge-
trocknet, zergehen ſolche Pflanzen ſchwer, und man muß den Miſt lange aufbewahren.
Nur wenn das Rohr eine lange Zeit auf Daͤchern gelegen, und durch die Luft muͤrbe
geworden iſt, zergeht es ſchnell, und ſcheint einen beſonders fruchtbaren Duͤnger zu
erzeugen.
D d 2
[212]Die Miſtduͤngung.
Den Scheurenabfall darf man nur mit großer Vorſicht in den Miſt bringen,
wenn man ſich des Unkrauts im Acker entledigen will. Die darin befindlichen Sa-
men werden ſelbſt durch die faulende Gaͤhrung nicht ſaͤmmtlich zerſtoͤret. Man ver-
wendet ihn am ſicherſten zum Wieſenduͤnger.
§. 36.
Loſer Torf
zur Ein-
ſtreuung.Man findet zuweilen in feuchten Sinken eine mooſige mit allerlei Waſſerpflanzen
durchwachſene Subſtanz, woraus man wohl Streichtorf bereitet. Dieſer kann man
ſich, wenn ſie abgetrocknet iſt, als Einſtreuung mit großem Vortheil bedienen, in-
dem ſie mit dem Miſte ſchnell vermodert, die Feuchtigkeiten ſtark anzieht, und dann
einen vorzuͤglich wirkſamen Duͤnger abgiebt. Es verſteht ſich, wenn es an Ein-
ſtreuung mangeln ſollte, denn ſonſt kann ſie mit minderer Arbeit direkte auf den Acker
gefahren und daſelbſt mit Strohmiſt durchſetzt werden, wo ſie ſchnell und genugſam
vermodert.
Auch des wirklichen Torfs loſer Art bedient man ſich zu Zeiten als Einſtreuungs-
mittel, beſonders in den Schafſtaͤllen. Auf ſeine duͤngende Eigenſchaft uͤberhaupt
werden wir noch zuruͤckkommen.
Erde als Ein-
ſtreuungsmit-
tel.Verſchiedene haben angerathen, ſich der Erde als Einſtreuungsmittel zu bedie-
nen. Abgeſtochene Grasſoden von unbrauchbaren Plaͤtzen koͤnnen durch ihre Ver-
moderung einen trefflichen Duͤnger geben, und dieſer wird freilich durch das Einbrin-
gen in die Staͤlle, wo ſie die Miſtjauche einſaugen, ſehr verbeſſert. Bloße Erde
kann aber nicht zu wahrem Duͤnger werden, ſondern nur den Miſt und einen Theil
der Jauche aufnehmen. Es wuͤrde aber ſehr ſchwer halten dem Viehe dadurch ein
trocknes Lager zu geben, und eine gewaltige An- und Abfuhr, auch Ein- und Aus-
bringungsarbeit verurſachen. Ich erinnere mich nicht die Ausfuͤhrung dieſes Vor-
ſchlages irgendwo geſehen zu haben; auch iſt mir kein anderes Beiſpiel dieſer Praxis
bekannt, als an der Seekuͤſte von Norfolk und Suffolk, wo ſie den von der See
ausgeworfenen groͤßtentheils aus zertruͤmmerten Muſcheln und Kalk beſtehenden
Sand trocken anfahren und in die Staͤlle bringen. Indeſſen geſchieht auch dies nur
in Staͤdten. Der daraus entſtehende Duͤnger ſoll ſehr wirkſam ſeyn.
Etwas anderes iſt es, wenn Erde, insbeſondere mergligte auf den Hof angefah-
ren und in Hanſen gebracht wird, um ſie mit Jauche zu beſchwaͤngern. Den Haufen
giebt man in der Mitte eine keſſelfoͤrmige Vertiefung, in welche die Jauche gegoſſen
[213]Die Miſtduͤngung.
wird, und dann befoͤrdert man ihr Durchdringen, indem man Loͤcher mit eiſernen
Stangen von der keſſelfoͤrmigen Vertiefung ab in den Haufen hineinbohrt. Iſt der
Haufen genugſam durchdrungen, ſo wird er auf den Acker gefahren. Auch hat man
die ganze Miſtſtelle mit einem Wall von ſolcher Erde als Befriedigung umgeben, auf
dem Ruͤcken dieſes Walles einen kleinen Kanal gezogen, in welchen die uͤberfluͤſſige
Jauche gegoſſen wird. Nachdem dieſer Lehmwall ſo einige Jahre geſtanden und ohne
Zweifel auch aͤußerlich die Ausduͤnſtungen des Viehhofes an ſich gezogen, hat man
die Erde mit befonders großer Wirkung auf dem Acker gefahren. Wie bedeutend
aber die Arbeit dieſer An- und Abfuhr ſey, muß ſich ein jeder nach der Lokalitaͤt be-
rechnen, bevor er ſich zu einer ſolchen an ſich nuͤtzlichen Operation entſchließt.
§. 37.
So gewoͤhnlich und zweckmaͤßig das Auffangen der thieriſchen Exkremente mitStreuloſer
Miſt und
Guͤlle.
Stroh oder andern Einſtreuungsmitteln zu ſeyn ſcheint, ſo iſt es doch keinesweges
allgemein. Man haͤlt naͤmlich das Vieh — und zwar in ſolchen Gegenden und
Wirthſchaften, wo man auf eine hohe Viehnutzung ſeine Hauptabſicht richtet — in
den Staͤllen, manchmal im Winter allein, aber auch zuweilen bei der Sommer Stall-
fuͤtterung ohne alle Einſtreuung. Die Einrichtung dazu iſt verſchieden: mehrentheils
ſteht das Vieh auf ausgediehlten Staͤnden, die nach hinten zu ein wenig abhaͤngig
ſind. Hinter dieſen Staͤnden geht ein ausgemauerter oder mit Bohlen ausgeſetzter
Kanal her, in welchen alle Exkremente, die das Vieh fallen laͤßt, ſogleich mit einem
Beſen gefegt werden. Haͤufig hat man auch Waſſerleitungen oder Plumpen in den
Staͤllen, um ſogleich nachſpuͤhlen zu koͤnnen. Damit ſich das Vieh auf keine Weiſe
verunreinige, ſind ſeine Schwaͤnze mit einem Bindfaden, der uͤber eine uͤber dem Stande
angebrachte Triele laͤuft, und auf der andern Seite ein kleines Gewicht hat, aufge-
wunden. Oder aber damit das Vieh um ſo trockner liege, ſind durchloͤcherte Diehlen
uͤber einen ausgemauerten Behaͤlter gelegt, worauf das Vieh ſteht, in welchem ſich
die fluͤſſige Jauche ſammelt, und aus welchen ſie durch Kanaͤle in die Jauchenreſer-
voirs abgeleitet wird. Der conſiſtente Miſt wird dann ebenfalls hinter das Vieh an
die Wand gefegt, und der Stand jedesmahl mit Waſſer voͤllig gereinigt, ſo daß der
Boden rein, wie in einem Putzzimmer iſt. Daß dieſe Einrichtung zum Wohlbefinden
des Viehes, welches dann dabei uͤberdem gebuͤrſtet und geſtriegelt wird, ſo wie zur
Reinlichkeit des Molkenweſens beitrage, hat keinen Zweifel.
[214]Die Miſtduͤngung.
Eine andere Einrichtung iſt einfacher, aber fuͤr das Vieh minder behaglich.
Hier ſind die Staͤnde ſo kurz, daß das Vieh die Hinterbeine faſt widernatuͤrl [...]ch an-
ziehen muß, wenn es in gerader Richtung gegen den Futtergang ſtehen ſoll. Hin-
ter den Staͤnden iſt eine Vertiefung, die 1½ bis 2 Fuß niedriger iſt, wie der Stand.
In dieſe Vertiefung fallen dannn, wenn es anders gerade ſteht, der Miſt, und bei
den weiblichen Thieren auch der Urin. Das Vieh muß aber dabei ſo gedraͤngt ſtehen,
daß es beim Stehen und Liegen keine ſchraͤge Richtung annehmen kann, was es ſonſt
gewiß thun wird. Auch muß das Vieh ſehr daran gewoͤhnt ſeyn; ſonſt gleitet es mit
den Hinterbeinen von der betraͤchtlichen Hoͤhe in die Vertiefung herab, faͤllt und be-
ſchaͤdigt ſich an den Schienbeinen und Knien.
Bei allen dieſen Einrichtungen wird nun der Miſt verſchieden behandelt. Man
bringt entweder den conſiſtenten Miſt aus dem Stalle heraus, und ſchlaͤgt ihn mit
Stroh vermiſcht regulaͤr in Haufen zuſammen, und zwar ſo, daß der eigentliche Miſt
groͤßtentheils nach innen kommt, und das Stroh ihn aͤußerlich bedeckt. Dieſe Hau-
fen werden dann zuweilen mit der Jauche angefeuchtet.
Oder aber man bringt auch etwas Stroh in den Stall, legt es zuweilen dem
Viehe unter, plumpet zu der im Kanal befindlichen Materie noch Waſſer hinzu, zie-
het das Stroh mittelſt einer Forke durch dieſe fluͤſſige Maſſe einige Male durch, und
bringt es dann außer dem Stalle in Haufen. Zu dem uͤbrigen plumpt man noch mehr
Waſſer hinzu, ruͤhrt es damit um, und laͤßt es dann durch geoͤfnete Kanaͤle in das
Jauchenreſervoir abfließen. Auf dieſe Weiſe haͤlt man den feſten und mit Stroh ge-
mengten Miſt von dem fluͤſſigen oder der ſogenannten Guͤlle ganz abgeſondert, und
bedient ſich des einen oder des andern nach den Umſtaͤnden.
Der Guͤllenbehaͤlter ſind mehrere, und die Einrichtung der Kanaͤle iſt ſo gemacht,
daß man bald den einen bald den andern anfuͤllen kann. Es muß naͤmlich die Guͤlle,
um am vortheilhafteſten gebraucht zu werden, erſt einen gewiſſen Gaͤhrungs- oder
Faͤulungsgrad uͤberſtanden haben, bis wohin man den Zutritt der friſchen [Luft] von
ihr abhaͤlt, und ſie nur zuweilen einmal umruͤhrt. Auf das richtige Treffen dieſes
Grades kommt, wie man verſichert, viel an. Die in ihren gerechten Zuſtand gekom-
menen Behaͤlter werden nach einander ausgefahren, und dann wieder friſch angefuͤllt.
Die Lobeserhebungen, welche man von dieſer Methode in Hinſicht der Wirk-
ſamkeit des Duͤngers macht, ſind ſehr groß, ſcheinen aber doch uͤbertrieben. Man
[215]Die Miſtduͤngung.
ſagt, daß man mittelſt des Strohes dieſelbe Maſſe von Duͤnger gewoͤnne, die man
bei der gewoͤhnlichen Einſtreuung gewinnen wuͤrde, und daß ſelbſt dieſer Duͤnger
durch das ſorgfaͤltige Zuſammenſchlagen in einen fruchtbringendern Zuſtand verſetzt
wuͤrde. Ueberdem aber ſey die fluͤſſige Guͤlle ihrem Effekte nach eben ſo viel, nach
andern das Doppelte werth, wie der ſtrohige Miſt; ſo daß man durch dieſe Methode
das Doppelte oder gar das drifache gegen die gewoͤhnliche an Dungkraft erhalte. Hie-
rin ſcheint ein ſo großer Widerſpruch zu liegen, daß man der Behauptung ohne uͤber-
zeugende comparativ angeſtellte Verſuche unmoͤglich Glauben beimeſſen kann. In-
deſſen leugne ich nicht die Moͤglichkeit, daß man doch mehr an Dungkraft dadurch ge-
winnen koͤnne, indem naͤmlich bei dieſer Behandlung fruchtbringendere Zerſetzungen
und neue Verbindungen der Urſtoffe vor ſich gehen koͤnnen, als bei der gewoͤhnlichen.
Es laͤßt ſich vielleicht annehmen, daß bei der Gaͤhrung und Faͤulniß der Jauche, ſo
wie uͤberhaupt des Miſtes, eine Zerſetzung des Waſſers vor ſich gehe, und ſomit
eigene Subſtanzen erzeugt werden, die wir noch nicht genugſam kennen. Daß der
fluͤſſige Duͤnger zuweilen auffallend viel bewirke, insbeſondere auf ſandigem Boden,
und daß er insbeſondere die zu große Lockerheit, welche dieſer durch viele Bearbeitung
und Strohduͤngung erhalten hat, ſehr verbeſſere, haben unbezweifelte Erfahrungen
im Großen gelehrt. In die Guͤllenbehaͤlter bringt man noch allerlei vegetabiliſche und
animaliſche Abfaͤlle, insbeſondere geſammelten menſchlichen Urin.
Wenn ich alſo der Methode an ſich nicht allen Vortheil abſprechen will, ſo fraͤgt
ſichs dennoch, ob er der Arbeit und Sorgfalt werth ſey, welche ſie erfordert, wenn
man naͤmlich unſere gewoͤhnliche Methode, bei welcher aber alles auch auf das ſorg-
faͤltigſte eingerichtet ſeyn muß, dagegen haͤlt. Sobald naͤmlich bei unſerer Methode
der zuſammengehaltene Miſt mehrere Feuchtigkeit hat, als er in ſich aufnehmen kann,
muß dieſe Jauche eben ſowohl aufgefangen und benutzt werden. Wo man ſie abflie-
ßen laͤßt — was freilich wegen des Mangels einer guten Einrichtung des Miſthofes noch
haͤufig geſchieht — da wird eine wirkſame Dungkraft verſchwendet, insbeſondere
bei einer ſaftigen Futterungsart. Fuͤr dieſe die Miſtſtelle durchziehende und wieder
abfließende Jauche ſind Behaͤlter immer hoͤchſt noͤthig.
§. 38.
Die Behandlung und Ausfuͤhrung des fluͤſſigen Duͤngers iſt ſonſt auf keineBehandlung
des fluͤſſigen
Miſtes und
der Jauche.
Weiſe ſo weitlaͤuftig und beſchwerlich, wie ſie manche ſich vorſtellen. Die Jauche wird
[216]Die Miſtduͤngung.
aus den ausgemauerten und mit Zement ausgeſetzten Behaͤltern mittelſt einer Plumpe
oder eines Ziehbrunnens herausgebracht, und entweder in großen Tonnen oder eigends
dazu beſtimmten Kaſten, die auf Karren ſtehen, ausgefahren. Dieſe haben hinten
ein Zapfloch, vor welches ein Vrett oder Kaſten in der Breite des Karren befeſtigt
iſt, auf oder in welchem ſich die Jauche ergießt, und ſich ſo beim Fahren verbreitet.
Je nachdem man ſtaͤrker oder ſchwaͤcher damit duͤngen will, wird langſamer oder ſchnel-
ler gefahren.
Man gebraucht dieſe Jauche hauptſaͤchlich zu ſolchen Fruͤchten, die eine ſtarke,
ſchnellwirkende Dungkraft ertragen, z. B. zur Rapsſaat. Andere benutzen ſie fuͤr
den Klee oder andere Futterfelder und auf Wieſen. Dem Getreide koͤnnte ſie leicht,
wenn ſie anders nicht ſehr waͤſſrig und ſchwach iſt, eine zu große Geilheit zuziehen.
Den groͤßten Vortheil thut ſie dem ſandigen Boden, welchen ſie feſter und feuchthal-
tender macht. Auf Mittelboden wechſelt man gern mit dieſer und der ſtrohigen Duͤn-
gung ab. Dem ſehr gebundenen Boden kann ſie aber die Strohduͤngung nicht er-
ſetzen.
Die aufbewahrte Jauche findet uͤberdem eine ſehr nuͤtzliche Anwendung, wenn
der conſiſtente ſtrohige Miſt zu duͤrre geworden iſt, und die Gaͤhrung deshalb nicht
vor ſich gehen will. In dieſem Falle iſt ſie gewiß nicht vortheilhaſter zu benutzen,
als wenn man ſie uͤber den Miſthaufen verbreitet.
§. 39.
Die Pferch-
duͤngung.Endlich kommt noch in Anſehung der Duͤngung mit thieriſchen Exkrementen der
Pferch oder Hordenſchlag in Betracht. Das Vieh wird durch eine bewegliche, aus
Latten oder Strauchwerk verfertigten Umzaͤunung des Nachts in einem engen Raume
eingeſchloſſen, und ſomit werden auf demſelben ihre Auswuͤrfe, ſelbſt ihre Ausduͤn-
ſtung konzentrirt. Damit ſich dieſe dem Boden um ſo beſſer mittheilen, pflegt man
dieſen Platz kurz vorher umzupfluͤgen.
In der Regel wird dieſe Methode nur mit den Schafen betrieben. Indeſſen hat
man doch auch mit andern Thieren etwas Aehnliches bewerkſtelligt. Man hat z. B.
Maſtrindvieh in der Naͤhe der Fettweiden oder Futterſchlaͤge des Nachts in eine feſt-
ſtehende Umzaͤunung gebracht, die mit Stroh ausgelegt war, um ſomit den naͤcht-
lichen Miſt, der auf die Fettweide nur nachtheilig fiel, aufzufangen. Auch hat man
ſogar einen Huͤrdenſchlag fuͤr die Gaͤnſe gemacht, und will davon einen erheblichen
Nutzen
[217]Die Miſtduͤngung.
Nutzen verſpuͤrt haben. Dies ſind indeſſen noch ſeltene Beiſpiele, und die gewoͤhn-
liche Pferchung geſchieht nur mit Schafen.
Ueber die Vortheile und Nachtheile dieſer Pferchung ſind die Meinungen noch
immer ſehr getheilt.
Daß dieſe naͤchtliche enge Einſperrung der Geſundheit der Schafe und dann auch
der Qualitaͤt der Wolle einigermaßen nachtheilig ſey, iſt wohl entſchieden. Nur die
haͤrteren Schafarten koͤnnen ſie ertragen, und in England hat man manche lang- und
feinwollige Schafarten, denen ſie in kurzer Zeit toͤdtlich wird, ungeachtet dieſelben
Schafe bei freier Bewegung ſonſt Winter und Sommer draußen bleiben. Denn es
iſt ein großer Unterſchied, ob die Thiere durch freie Bewegung dem Eindruck, wel-
chen ſchlechte Witterung auf ſie macht, widerſtehen koͤnnen, oder ſo eingeſperrt ſie
leidend ertragen muͤſſen Wenn gleich nun unſere Landſchafe und ſelbſt die edlen ſpa-
niſchen es auszuhalten vermoͤgen, ohne davon umzukommen, ſo muß man doch zu-
geſtehen, daß ſie ſich beſſer befinden, wenn ſie des Nachts entweder frei herumlanfen
oder unter Dach kommen; und am meiſten iſt dieſes bei den Laͤmmern bemerklich.
Aber auch, ohne Hinſicht auf die Thiere, verliert man gewiß an Duͤnger nicht,
ſondern gewinnt vielmehr, wenn man die Schafe des Nachts in einen geſtreuten
Stall bringt, und ſomit ſtrohigen Duͤnger macht, der zwar keine ſo ſchnelle Wirkung
wie der Pferch aͤußert, aber ungleich nachhaltiger iſt.
Dagegen aber hat dieſe Duͤngungsart den großen Vortheil, daß ſie die Arbeit
und Fuhren des Miſtes erſpart, und dieſer Vortheil iſt um ſo groͤßer, je entlegener
die Felder und je beſchwerlicher die Wege dahin ſind; weshalb man ſie vor allen auf
bergigen Aeckern anwendet. Auch wird man alsdann dazu gezwungen, wenn man
kein Stroh und anderes Streuungsſurrogat uͤbrig hat. Es iſt alſo die Lokalitaͤt,
welche hier, wie in den meiſten Faͤllen, entſcheidet.
Die Englaͤnder ſind zum Theil noch in anderer Hinſicht gegen den Huͤrdenſchlag.
Sie behaupten naͤmlich und fuͤhren unzubezweifelnde Erfahrungen dafuͤr an: daß eine
Schafweide ſich verſchlechtere, wenn man ihr den naͤchtlichen Duͤnger nehme, und
ſich dagegen augenſcheinlich verbeſſere, wenn man ihr ſolchen laſſe. Im erſtern
Falle koͤnne ſie in den folgenden Jahren immer weniger Schafe ernaͤhren; im zwei-
ten dagegen immer mehrere, und verbeſſere ſich ſomit progreſſiv. Hoͤchſt auffallend
ſey ferner der Unterſchied in der Fruchtbarkeit einer aufgebrochenen Schafkoppel, wenn
Zweiter Theil. E e
[218]Die Miſtduͤngung.
man ihr waͤhrend der Weidejahre den naͤchtlichen Duͤnger gelaſſen oder entzogen habe.
Man hat hiergegen geſagt, daß die Schafe, wenn ſie einen freien großen Weideraum
haͤtten, ſich des Nachts dennoch zuſammendraͤngen, und ihren naͤchtlichen Duͤnger
nicht vertheilen, ſondern auf einen Fleck fallen laſſen wuͤrden, wo er durch ſeine Ueber-
haͤufung die Weide nur verderben moͤchte; ja daß ſie ſogar alle Naͤchte denſelben Platz
waͤhlen wuͤrden. Ich habe dieſe Bemerkung aber ſelbſt bei denen Englaͤndern, die
den Huͤrdenſchlag vertheidigen, nicht gefunden. Es ſcheint mir alſo, als ob die-
jenigen Schafe, welche in umzaͤunten Weidekoppeln frei herumgehen, und nicht durch
Hirten und Hund immer zuſammengehalten werden, dieſe Gewohnheit nicht an-
nehmen.
§. 40.
Verfahren
bei der Pfer-
chung.Bei der Schafpferchung iſt folgendes zu bemerken. Man macht den Huͤrden-
ſchlag nie groͤßer als nothwendig erforderlich iſt, weil bei einem groͤßeren Spielraume
der Thiere der Duͤnger nicht gleichmaͤßig vertheilt werden wuͤrde, indem ſie ſich naͤm-
lich dennoch zuſammendraͤngen moͤchten. Man giebt daher in der Regel dem Schafe
nur 10 bis 12 Quadratfuß Raum darin, damit es gerade ſeinen Platz in der Zeit,
wo es darauf ſteht, beduͤngen koͤnne.
Die einzelnen Hordenſtuͤcke, woraus die Umzaͤunung zuſammengeſetzt wird, ſind
10 bis 12 Fuß, ſelten 14 Fuß lang, damit ſie der Schaͤfer unter dem Arme tragen
und fortſchlagen koͤnne. Je groͤßer die Anzahl von Schafen iſt, um deſto mehrere
koͤnnen von derſelben Umfaſſungslaͤnge oder Hordenzahl eingeſchloſſen werden. Wenn
wir die Horden zu 10 Fuß lang annehmen, und jedes Schaf 10 Quadratfuß Raum
haben ſoll, ſo ſind fuͤr 200 Schafe 18 Stuͤck, fuͤr 300 Schafe nur 20 Stuͤck er-
forderlich, wenn ſie in Quadrat geſetzt werden. Ueberdem bedarf eine geringere wie
eine groͤßere Anzahl von Schafen nur eines Hirten und einer Schaͤferkarre, und die
Muͤhe und Koſten des Huͤrdenſchlages kommen alſo auf den Kopf um ſo geringer, je
groͤßer die Heerde iſt und umgekehrt. Deshalb haͤlt man es auch im allgemeinen
nicht fuͤr vortheilhaft, einen Huͤrdenſchlag mit weniger als 300 Stuͤcken zu halten.
Die Staͤrke der Duͤngung, welche man durch den Hirdenſchlag giebt und geben
will, iſt verſchieden. Man ſucht ſie durch einen weitern oder engern Raum, worin
man die Thiere zuſammenhaͤlt, und durch die Zeit, in welcher man ſie auf demſelben
Platze ſtehen laͤßt, zu beſtimmen. Dies iſt aber in der That nicht zureichend, indem
[219]Die Miſtduͤngung.
naͤmlich die Auswuͤrfe von der Nahrung abhaͤngen, welche die Schafe auf der Weide
genießen. Bei einer reichen Weide kann dieſelbe Anzahl von Schafen ihren Platz
in einer Nacht eben ſo ſtark beduͤngen, wie bei einer kuͤmmerlichen Weide in zwei
Naͤchten. Genauer laͤßt ſich hieruͤber aber noch nichts angeben. Nur der Augen-
ſchein beſtaͤtigt einem jeden die Richtigkeit dieſer ſchon a priori einleuchtenden Thatſache.
Man unterſcheidet ſonſt einen ganzen, halben und ſtarken Hordenſchlag. Wenn
man eine mittelmaͤßige Weide vorausſetzt, ſo nennt man es einen ganzen Horden-
ſchlag, wenn man mit 600 Schafen in 3 Naͤchten 1. Morgen beduͤngt, oder was
einerlei iſt, wenn 1800 Schafe in einer Nacht 1 Morgen beduͤngen. Einen halben
oder ſchwachen Hordenſchlag nennt man es, wenn 1200 Schafe auf 1 Morgen
kommen; einen ſtarken Hordenſchlag aber, wenn 2400 dazu gebraucht werden.
Bei gleicher Weide macht aber ferner die Laͤnge der Naͤchte einen Unterſchied. In
den kurzen Naͤchten bleiben ſie etwa nur 8 Stunden, in den langen Naͤchten 12 und
mehrere Stunden darauf ſtehen. Hierzu kommt, daß in den gewoͤhnlichen Schaf-
wirthſchaften die Thiere mehrentheils die knappſte Weide haben, wenn die Naͤchte am
kuͤrzeſten ſind, und dagegen eine weit beſſere, wenn ſie im Fruͤhjahre die Wieſen und
die Brache vor ihrem Umbruche, nach der Ernte aber die Stoppel zu beweiden ha-
ben. Um hierin eine Gleichheit zu erhalten, ſchlaͤgt man zuweilen die Horden in den
laͤngeren Naͤchten um, ſo daß zwei Flecke in einer Nacht damit belegt werden. Wo
die Schaͤfer aber hieran nicht gewohnt ſind, muß man es durch Verengerung des
Raums in den kurzen Naͤchten zu zwingen ſuchen. Es werden alſo nach Verhaͤltniß
der Kuͤrze der Naͤchte entweder weniger Hordenſtuͤcke genommen, oder ſie werden auf
verſchiedene Weiſe geſetzt. Im Quadrat umfaßt naͤmlich eine gleiche Zahl einen groͤ-
ßern, im Oblongum einen geringern Raum. 20 zwoͤlffuͤßige Horden umſchließen im
Quadrat 25 Quadratruthen; werden ſie aber ſo geſetzt, daß auf jeder Seite 8 in die
Laͤnge und 2 in die Breite kommen, ſo umfaſſen ſie nur einen Raum von 16 Qua-
dratruthen. Um das Verhaͤltniß dieſes Raums zu der Laͤnge der Naͤchte durch eine
verſchiedene Setzung der Horden zu beſtimmen, hatte der aͤltere Graf von Pode-
wils eine Tabelle angefertigt, welche ſich in deſſen Nachrichten fuͤr die Guſowſche
Wirthſchaft in den Annalen des Ackerbaues, Bd I. S. 466, befindet, und welche
die verſchiedene Staͤrke der Duͤngung nach der Form, worin die Horden geſetzt wer-
den, ſehr klar darſtellt.
E e 2
[220]Die Miſtduͤngung.
Die Schafe werden bei Sonnenuntergang in die Horden gebracht, und Mor-
gens nicht eher herausgelaſſen, als bis der Thau abgetrocknet iſt, weil ihnen dieſer
wegen der heftigen Begierde, womit ſie freſſen, wenn ſie des Nachts gehungert und
gedurſtet haben, leicht ſchaͤdlich werden ſoll. Ehe man ſie herauslaͤßt, jagt man ſie
in den Horden herum, damit ſie ſich vorher voͤllig ausleeren, und ihren Duͤnger nicht
verſchleppen. Es wird allgemein empfohlen die Schaͤfer dazu anzuhalten, daß ſie
dieſes thun.
§. 41.
Benutzung des
PferchesDer Huͤrdenſchlag iſt ein ſehr zerſetzbarer und daher ſchnell und ſtark wirkender
Duͤnger. Er thut deshalb auf die erſte Frucht eine ungemein ſtarke Wirkung, auf
die zweite aber nur eine geringe, und wenn er ſchwach gegeben worden iſt, gar keine.
Nur der ſtarke Huͤrdenſchlag, wo naͤmlich 2400 Schafe auf 1 Morgen kommen, kann
bis zur dritten Frucht nachhaltig ſeyn, insbeſondere wenn im friſchen Dung kein Ge-
treide, ſondern ein anderes Gewaͤchs, gewoͤhnlich Rappſaat, gebaut wird. Ein ſo
ſtarker Huͤrdenſchlag wird hierdurch naͤmlich nicht allein am vortheilhafteſten benutzt,
ſondern man wuͤrde auch beim Getreide das Lagern beſorgen muͤſſen, welches nach der
Hordenduͤngung ſehr leicht erfolgt.
Gewoͤhnlich giebt man jedoch, wenn man zu einer ſolchen Frucht ſtark duͤngen
will, den Huͤrdenſchlag nicht ſo ſtark, ſondern erſt eine Stallmiſtduͤngung, und legt,
nachdem dieſe untergepfluͤgt worden, einen ſchwaͤcheren Hordenſchlag daruͤber.
Das Getreide, welches auf Hordenſchlag, beſonders nach ſtarkem waͤchſt, hat
gewiſſe uͤble Qualitaͤten, die es dem Becker, Brauer und Branntweinbrenner unan-
nehmlich machen, wovon an einem andern Orte.
In der Regel wird das Land, worauf man die Horden legen will, kurz vorher
umgepfluͤgt, und dann eilt man ſo ſehr wie moͤglich den Pferch flach unterzubringen,
und mit Erde wieder zu bedecken. Dieſe faſt allgemein befolgte Regel iſt mir indeſſen
nach den Verſuchen eines Freundes zweifelhaft geworden, der von dem laͤnger oben-
aufliegenden Pferch eine ſtaͤrkere Wirkung verſpuͤrt haben wollte: eine Beobachtung,
die ich aber fernern Unterſuchungen noch uͤberlaſſen muß. Gewiß iſt es, daß man
manchmal einen leichten Huͤrdenſchlag uͤber die ſchon untergebrachte Saat mit großem
Nutzen gelegt hat. Von einer Behuͤrdung eines beſtellten Kartoffelfeldes habe ich
ſehr große Wirkung geſehen.
[221]Die Miſtduͤngung.
Auch bedient man ſich des Huͤrdenſchlages zuweilen zur Beduͤngung hochgelege-
ner Wieſen oder kuͤnſtlicher Futterfelder mit ſehr gutem Erfolge, beſonders wenn ſie
zu abgelegen vom Hofe ſind, um den Duͤnger auf der Achſe hinzuſchaffen.
Einige, die gegen den unmittelbaren Huͤrdenſchlag Bedenklichkeiten und Stroh
zur Einſtreuung im Ueberfluß haben, dennoch aber ſehr entfernte oder an Bergen ge-
legene Felder mit dem Schafmiſte beduͤngen wollen, legen feſtſtehende Horden in der
Nachbarſchaft dieſer Felder an, verſehen ſie mit hinlaͤnglicher Streu, und bringen die
Schafe des Nachts, auch wohl wenn dieſe Plaͤtze durch Baͤume beſchattet find, in
der heißeſten Zeit des Mittags hinein, und erhalten ſo einen reichlichern Duͤnger mit
geringerer Arbeit — denn das Anfahren des Strohs iſt ſehr viel leichter — in der
Naͤhe dieſer Felder. Man kann den Schafen in ſolchen feſtehenden ausgeſtreuten
Horden mehreren Spielraum geben, und die Einſtreuung giebt ihnen ein geſunderes
Lager, als der feuchte Erdboden.
§. 42.
Da jede thieriſche Subſtanz ein kraͤftiges Duͤngungsmittel iſt, ſo wuͤrde dieDuͤnnung mit
thieriſchen
Abfaͤllen.
Fruchtbarkeit des Bodens und die Produktion ungemein gewinnen, wenn außer den
Auswuͤrfen der Thiere auch alle abſterbende thieriſche Koͤrper und die fonſt unzubenu-
tzenden Abfaͤlle des Schlachtviehes ſorgfaͤltiger als Duͤngungsmittel gebraucht wuͤrden,
und wenn man verhuͤtete, daß nichts davon aus dem großen Kreislaufe der Natur ver-
ſchleudert werde.
Die Aeſer der Thiere geben einen vorzuͤglich wirkſamen Duͤnger. Wenn manAeſer.
ſie in Gruben oder ausgemauerten Behaͤltern, beſonders da, wo ſie ſich bei einer
Abdeckerei zuſammenhaͤufen, braͤchte, ſie mit aͤtzendem Kalk beſtreute und mit Erde
bewuͤrfe, und die Maſſe, nachdem ſie ihren Geſtank verloren, was vermittelſt des Kal-
kes ſehr ſchnell geſchieht, durcharbeitete: ſo wuͤrde ſchnell ein Duͤnger von gewaltiger
Kraft daraus hervorgehen, und der Tod bald neues Leben und neuen Lebensgenuß
hervorbringen. Wenn dagegen dieſe Aeſer an der Luft verwittern oder tief unter der
Oberflaͤche verſcharrt oder ins Waſſer geworfen werden, ſo werden ſie aus jenem
Zirkel herausgeſtoßen, und die Lebensmaterie vergeudet.
Selbſt die Knochen werden muͤrbe, wenn ſie mit aͤtzendem Kalk vermiſcht wer-Knochen.
den, laſſen ſich dann leicht zermalmen, und thun, ſo bereitet, eine auffallend große
Wirkung. Man brennt ſie ſonſt auch zuweilen, wo ſie ſich auf Schindangern ange-
[222]Duͤngung mit thieriſchen Abfaͤllen.
haͤuft haben, zu Aſche, die freilich als Duͤngungsmittel nicht ganz unwirkſam iſt,
aber doch nur aus phosphorſaurem Kalk beſteht, aus welchem der wirkſame thie-
riſche Leim ganz ausgetrieben iſt.
§. 43.
Fiſche.An den Seekuͤſten hat man oft Gelegenheit Fiſche als Duͤngungsmittel anzu-
wenden, und ſelbſt auch an den Muͤndungen großer Stroͤme, wie z. B. vor meh-
reren Jahren an der Elbe, als eine unbezwingliche Menge von Heringen ſich da-
ſelbſt einfand. Sie muͤſſen aber durchaus erſt mit aͤtzenden Kalk beſtreut und dann
mit Erde gemengt werden, um den vollen Nutzen davon zu erhalten. Ein ſo be-
reitetes Gemenge thut, wenn es uͤber die Saaten geſtreut wird, der Erfahrung
nach eine ſehr große Wirkung, wogegen die unzerſetzten Fiſche auf den Acker ge-
ſtreut und untergepfluͤgt im erſten Jahre eine nachtheilige, in den folgenden aber
eine nur geringe Wirkung gezeigt haben.
Es iſt derſelbe Fall mit dem ſchlechten Heringsthran, den man auch zuweilen
als Duͤnger gebraucht hat. Unzerſetzt hat man ihn, wie jedes oͤlige Weſen, der
Vegetation nachtheilig gefunden. Wird er aber zuvor durch Kalk oder Alkalien
zerſetzt, ſo giebt er nach vielen gemachten Verſuchen ein ſehr kraͤftiges Duͤngungs-
mittel ab.
§. 44.
Hoͤrner und
Klauen.Die hornartige Subſtanz der Thiere gehoͤrt unter die allerkraͤftigſten Duͤn-
gungsmittel, zerſetzt ſich leichter wie die Knochen und von ſelbſt. Sie beſteht
groͤßtentheils aus thieriſchem Leim, und loͤſt ſich daher faſt ganz in Azot, Hydro-
gen, Kohlen- und Sauerſtoff, Phosphor und phosphorſauren Kalk auf, die
dann wahrſcheinlich in verſchiedene quantitative Verbindungen uͤbergehen, und
ſehr fruchtbare Materien bilden. Man bedient ſich am meiſten der Abfaͤlle der
Drechsler und Kammacher. Die fein geraspelten Spaͤhne zerſetzen ſich am ſchnell-
ſten, und wirken daher am maͤchtigſten. Ihre Wirkung dauert dann aber auch
nur ein Jahr. In dieſem Jahre kann ſie aber auch leicht fuͤr Getreidefruͤchte zu
ſtark werden, und zu geiles, zum Lagern geneigtes Korn hervorbringen. Auch
ſoll dieſes Korn wegen ihrer treibenden Fruchtbarkeit in den Halmen ſpaͤter zur
Reife kommen und trocknen; ferner am ſtaͤrkſten mit Mehlthau befallen werden,
dir Koͤrner minder mehlhaltig ſeyn, und ſich im uͤbrigen eben ſo verhalten, wie
[223]Duͤngung mit thieriſchen Abfaͤllen.
die auf Schafpferch gewachſenen; vermuthlich wegen des vielen Azots, welches
in beiden enthalten iſt. Man wende ſie deshalb lieber zu andern Gewaͤchſen an,
die eine geile Duͤngung beſſer ertragen koͤnnen. Sind groͤbere Hornſtuͤcke darun-
ter, oder nimmt man zerhackte Klauen, ſo geht die Zerſetzung ſpaͤter vor ſich; ſie
thun ihre Wirkung minder im erſten Jahre, ſind aber nachhaltig fuͤr die folgen-
den. Nach den Vorſchriften der Englaͤnder bringt man 5 bis 600 Pfund auf den
Morgen, und haͤlt dies fuͤr eine ſtarke Duͤngung. Ich habe 24 Scheffel ſolcher
Abfaͤlle der Hornarbeiter aufbringen laſſen, die theils aus feineren Spaͤnen, theils
aus groͤberen zuruͤckgeworfenen Stuͤcken beſtanden. Je nachdem mehr oder weni-
ger von letzterem darunter war, wog der Scheffel 24 bis 32 Pfund. Das Quan-
tum nach dem Volumen zu beſtimmen, iſt hier wohl ſicherer als nach dem Gewichte.
Denn die feinern Spaͤne wiegen weniger, wie die groben Stuͤcke, wirken dage-
gen ſchneller.
Die Klauen, welche die Schlaͤchter zuweilen aufbewahren, muͤſſen, um ſie
auf dem Acker zu zertheilen, klein gehauen werden, was ſehr ſchwierig iſt, wenn
man ſie nicht etwa lange im Waſſer, dem etwas Kalk und Aſche zugeſetzt worden,
erweicht hat. Man kann ſich ihrer aber mit großem Vortheil zur Duͤngung der
Wieſen bedienen. Man ſticht naͤmlich in einer Entfernung von 1½ bis 2 Fuß Loͤcher,
und in jedes Loch einen ſolchen ſogenannten Ochſenpantoffel, in welchem ſich das
Waſſer ſammelt. Im erſten Jahre zeigt ſich nur um den Rand eines jeden Stuͤcks
herum ein uͤppiger Graswuchs, im zweiten Jahre verbreitet er ſich mehr, und im
dritten Jahre, wo ſich die Subſtanz voͤllig aufgeloͤſt hat, zeigt ſich die lebhafteſte
Vegetation uͤber die ganze Wieſe.
§. 45.
Aller Schlaͤchterabfall, der in Gruben geſammelt wird, und aus Blut, HaarenSchlaͤchter-
Abfall.
und andern Unreinigkeiten beſteht, iſt ebenfalls ein ſehr wirkſamer Duͤnger, der
mit Erde verſetzt in kleinerer Quantitaͤt ſchnelle und große Wirkung hervorbringt.
Es iſt faſt Verſchwendung ihn wie andern Miſt aufzufahren und gleich unterzu-
pfluͤgen, indem man als Kompoſt weit mehr damit ausrichten kann.
So iſt auch der Abfall der Lohgerber — ich meine den eigentlich thieriſchen,Lohaaͤrber
Abfaͤlle.
nicht die von ihnen gebrauchten Lohe — eins der aller kraͤftigſten Duͤngungsmit-
[224]Duͤngung mit thieriſchen Abfaͤllen.
tel, welches ebenfalls mit Sparſamkeit nur als Kompoſt zur Obenaufduͤngung ge-
braucht werden ſollte.
Haare und
Wolle.Die Haare und Wolle der Thiere ſind der hornigen Subſtanz in ihren Be-
ſtandtheilen gleich, ſie zerſetzen ſich aber nicht ſo ſchnell, wenn ſie nicht mit etwas
Kalk gemengt werden. Die wollenen Lappen und alte Huͤthe werden in England
ſorgfaͤltig geſammelt, und als Duͤnger vertheilhaft verkauft. Man bringt ſie in
Gruben mit etwas zwiſchen geſtreuten Kalk zuſammen, laͤßt ſie vermodern, und
vermengt ſie mit Erde. Ich finde in Youngs Annalen einige Beiſpiele angefuͤhrt,
wo man mit beſonders großer Wirkung jede Setzkartoffel in einen wollenen Lappen
eingewickelt, und ſo gelegt hatte. Ein bekannter Deutſcher, immer etwas enthu-
ſiaſtiſcher Schriftſteller gab den Rath, daß Jedermann ſeinen Huth, ſtatt ihn
laͤnger unnuͤtzer Weiſe auf dem Kopfe zu tragen, auf den Acker bringen ſolle,
woraus er in der Folge eine allgemeine Fruchtbarkeit und einen Ueberfluß von
Nahrungsmitteln ableitete. Gewiß iſt es, daß wenn nur alles Abgetragene
zur Duͤngung gehoͤrig benutzt wuͤrde, eine betraͤchtliche Produktion daraus hervor-
gehen koͤnnte.
Altes Leder.Schuhe und altes Leder zergehen zwar an der Luft nicht leicht, werden aber
mit etwas Kalk beſtreut ebenfalls in eine fruchtbare ſchleimige Maſſe zerſetzt.
Fettgreven.Die Greven der Lichtzieher — wenn ſie nicht etwa ſchon unter die Seifen-
ſiederaſche kommen — geben ebenfalls eine ſehr ſchaͤtzbare Duͤngung, die aber
auch nur im Kompoſt und zur Ueberſtreuung gebraucht werden muß.
Zuckererde.Endlich gehoͤrt auch der Abfall der Zuckerſiedereien oder die Zuckererde, wel-
che groͤßtentheils aus Blut, Schleimſtoff und Kalk beſtehet, zu den hoͤchſt wirk-
ſamen thieriſchen Duͤngungsmitteln, und man hat in Wirhſchaften bei großen
Staͤdten, wo man alle dieſe Abfaͤlle haben konnte, keins in kleiner Maſſe wirk-
ſamer gefunden, wie dieſes.
Alle dieſe Duͤngungsmittel haben nur die Nachbaren großer Staͤdte und ſehr
bevoͤlkerte Gegenden voraus.
Vegetabiliſche
[225]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
§. 46.
Die bloß vegetabiliſchen Duͤngungsmittel haben bei weitem nicht die Kraft
und ſchnelle Wirkung der thieriſchen, ſind dagegen aber ſehr nachhaltend im Bo-
den. Sie ſcheinen mehr ausdauernden Humus zu erzeugen, welcher ſich minder
ſchnell zerſetzt und in neue Pflanzen uͤbergeht. Das Hinzutreten der thieriſchen
Subſtanzen, ſo wie der Kalk und die Alkalien, beſchleunigen ihre voͤllige Zer-
ſetzung. Eine bloß vegetabiliſche Duͤngung von Zeit zu Zeit angebracht erhaͤlt
den Acker um ſo ſicherer in Kraft, und giebt ihm verlorne Kraft nachhaltender wie-
der, als thieriſche Duͤngung; weswegen einem ſehr erſchoͤpften Boden durch ſoge-
nannte Ruhe mehr als durch Miſt geholfen wird.
Wir haben ſchon derjenigen vegetabiliſchen Subſtanzen erwaͤhnt, die als
Einſtreuungsmittel am nutzbarſten gebraucht werden, und in Vermengung mit den
Auswuͤrfen der Thiere dann zur ſchnellen Zerſetzung fortgeriſſen werden; die uͤber-
maͤßige Faͤulniß der thieriſchen Subſtanz aber moderiren.
Es kommen aber noch andere vegetabiliſche Subſtanzen in Betracht, die
ohne jene Vermengung mehrentheils unmittelbar dem Acker, der ſie hervorbrachte,
wieder mitgetheilt und ihm einverleibt werden. Dies geſchiehet theils zufaͤllig,
theils abſichtlich.
Alles Unkraut, welches auf dem Acker waͤchſt, und vor dem Samenanſatz
wieder untergepfluͤgt wird, vermehrt ohne Zweifel ſeine Kraft. Denn obwohl die
meiſten Pflanzen des Moders im Boden beduͤrfen, um ſich auszubilden und zu
wachſen, ſo nehmen ſie doch auch, wie mannichfaltige Erfahrungen und Verſuche
lehren, luftfoͤrmige Stoffe und wahrſcheinlich die Urbeſtandtheile des zerſetzten
Waſſers in ſich auf, und wandeln ſolche vermoͤge ihrer Lebensthaͤtigkeit in organi-
ſche Stoffe um; ſo daß man mit Ueberzeugung annehmen kann, eine jede wach-
ſende Pflanze vermehre die organiſche Materie und den Humus, wenn ſie auf der
Stelle, wo ſie wuchs, vermodert. Daher iſt eine ſtarke und mehrmals ausgruͤ-
nende Brache, abgeſehen von den uͤbrigen Vortheilen, welche ſie dem Acker giebt,
als eine ſchwache Duͤngung oder Vermehrung ſeiner Kraft anzunehmen. Je ſtaͤr-
ker das Ausgruͤnen des Unkrautes iſt, je mehr es emporzutreiben zwiſchen jeder
Zweiter Theil. F f
[226]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
Furche Zeit hat, um deſto mehr Kraft wird es gewinnen. Der mit Hederich am
meiſten angefuͤllte Acker wird am meiſten Nutzen von der Brache haben, ſelbſt
ohne Hinſicht auf den Vortheil, der aus der Zerſtoͤrung dieſes Unkrauts erfolgt.
Auch ſelbſt die Stoppel, welche von den meiſten Fruͤchten im Acker zuruͤck-
bleibt, giebt ihm wenigſtens einigen Moder zuruͤck. Je ſtaͤrker dieſe Stoppel iſt,
um deſto mehr bewirkt ſie, und daher wird der Acker bei gleicher Miſtduͤngung
merklich weniger in ſolchen Gegenden ausgeſogen, wo man den Gebrauch hat,
eine ſehr hohe Stoppel beim Schneiden des Getreides ſtehen zu laſſen. Es iſt
dann aber von Wichtigkeit, dieſe Stoppel bald unterzupfluͤgen, weil ſie nur im
Boden in eigentliche Faͤulniß uͤberzugehen ſcheint; der Luft ausgeſetzt aber mehr
verwittert. Die Stoppel anderer Fruͤchte, die ſtaͤrkere Stengel und Wurzeln
haben, uͤberwiegen zum Theil die Getreideſtoppel in der Maſſe deſſen, was ſie
dem Boden zuruͤckgeben. Am auffallendſten duͤngen aber diejenigen Gewaͤchſe
durch ihre umgepfluͤgte Stoppel und zerſtoͤrte Wurzeln, welche nicht durch Rei-
fung des Samens in duͤrres Stroh verwandelt wurden, ſondern noch ſchleimige
Theile in ſich behielten. Daher die anerkannte verbeſſernde Eigenſchaft der gruͤ-
nen Wicken und des Klees, die in der Regel vor ihrem Unterpfluͤgen uͤberdem noch
neue ſaftreiche Blaͤtter hervortreiben, und auch bei ihrer Aberntung manche Abfaͤlle
auf dem Felde zuruͤcklaſſen.
Am wirkſamſten duͤngt der Raſen oder die Grasnarbe, die ſich nach einer laͤn-
gern Ruhe auf dem Boden erzeugt. Das dichte Gewebe von Kraut und Wurzeln,
gemengt mit der thieriſchen Materie der abſterbenden Wuͤrmer und Inſekten, wo-
zu ſich noch der Ruͤckſtand des Duͤngers des weidenden Viehes geſellt, giebt dem
Erdboden eine betraͤchtliche Kraft, welche mehrere Ernten ohne aufgefahrnen
Duͤnger zu geben vermoͤgend iſt. Man hat dies faͤlſchlich der Ruhe des Ackers
ſelbſt zugeſchrieben, welche doch keine andere als eine negative Wirkung haben
kann. Derjenige Boden, welcher in der groͤßten Kraft niedergelegt worden, und
daher die reichſte Grasnarbe zu bilden vermag, wird waͤhrend ſeiner Ruhejahre,
nicht durch ſeine Unthaͤtigkeit, ſondern gerade durch ſeine produzirende Kraft am
meiſten an neuer Kraft gewinnen. Der irrige Begriff von Ruhe hat vielleicht mit
dazu Veranlaſſung gegeben, oder doch das gewoͤhnliche Verfahren erhalten, daß
man nur erſchoͤpften Acker zu Graſe niederlegt, in der Hoffnung, er werde durch
[227]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
die Ruhe Kraͤfte wieder erhalten. Er thut dies freilich, indem noch immer einige
Produktion darauf vorgeht, aber weit langſamer und in weit geringerer Progreſ-
ſion, als wenn er in mehrerer Kraft niedergelegt wurde. Je fruchtbarer der nie-
dergelegte Boden noch iſt, um deſto mehr Blaͤtter und Wurzeln, auch deſto mehr
Wuͤrmer und Inſekten werden ſich darauf erzeugen, deſto mehr Miſt wird darauf
fallen; und er wird ſich um ſo ſtaͤrker bereichern, je reicher die Quelle von Nah-
rungsſtoff iſt, den er in ſich haͤlt.
§. 47.
Eine ſchnellere und reichhaltigere vegetabiliſche Duͤngung geben wir aber demUnterpfluͤgen
gruͤner Saa-
ten.
Acker, wenn wir angemeſſene Pflanzen, die zu einer groͤßeren Staͤrke und Ent-
wickelung kommen, darauf ausſaͤen, und ſie im Zeitpunkte ihrer Bluͤte entweder
geradezu unterpfluͤgen oder ſie erſt durch draufgetriebenes Vieh abfreſſen und nieder-
treten laſſen, dann aber ſogleich unterbringen. Dieſe Methode iſt uralt und ſtand
bei den Roͤmern im groͤßten Rufe. Sie hat ſich in Italien bis auf den heutigen
Tag fortgepflanzt, und man haͤlt daſelbſt eine ſolche gruͤne Duͤngung, auch wo es
an thieriſchem Miſte nicht mangelt, dennoch fuͤr hoͤchſt nuͤtzlich, um den Boden
in die hoͤchſte Fruchtbarkeit zu verſetzen. Das dortige Klima beguͤnſtigt dieſe Me-
thode freilich mehr wie das unſrige, indem man ſolche Saaten erſt nach der fruͤ-
hern Aberntung ausſaͤet, wo dann noch Zeit genug zu ihrem Heranwachſen uͤbrig
bleibt. Unter allen Pflanzen, die hierzu gebraucht werden, hat keine ſo viel
Ruhm, wie die weiße Lupine, welche von den aͤlteſten Zeiten an bis auf die
jetzigen bloß zu dieſer Abſicht angebauet wird, indem ſie ſonſt weder als menſchli-
ches noch als thieriſches Nahrungsmittel im Kraut und in der Frucht, wegen ihres
barſchen Geſchmacks, nuͤtzlich gebraucht werden kann. Bei einer vorlaͤufigen Un-
terſuchung, die wir naͤchſtens genauer anſtellen werden, hat ſich gezeigt, daß dieſe
Pflanze vielen kleberartigen Stoff in ſich enthalte, woraus ſich die vorzuͤgliche
duͤngende Kraft, die ihr beigemeſſen wird, erklaͤren laͤßt. Der Samen ſelbſt wird
nach Simondes Gemaͤhlde der Toskaniſchen Landwirthſchaft, S. 114, nach-
dem man ihm ſeine Keimkraft genommen hat, um die Olivenbaͤume eingegraben,
um ihnen Duͤngung zu geben. Ob dieſe Pflanze ſich in ihrer duͤngenden Kraft
ſo beſonders auszeichne, daß ſie dieſerhalb bei uns angebaut zu werden verdiene,
werden uns anzuſtellende Verſuche lehren. Wir haben ſie zu dem Ende vermehrt
F f 2
[228]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
und ſie waͤchſt bei uns, wie allen Gaͤrtnern bekannt iſt, ſehr gut. Ob ſie nach der
Rockenernte eingeſaͤet ſich noch hinlaͤnglich entwickele, um gruͤn untergepfluͤgt zu
werden, kann ich jetzt auch noch nicht beſtimmen.
Wir haben aber mehrere Gewaͤchſe, die ſich ebenfalls zu dieſem Zwecke paſſen.
Sie muͤſſen folgende Eigenſchaften haben:
a) Das zu waͤhlende muß dem Boden ſeinem Vermoͤgen, ſeinem Feuchtig-
keitsgrade und ſeiner Lage angemeſſen ſeyn, damit es nicht duͤrftig, ſondern
uͤppig darauf wachſe.
b) Der Samen muß wohlfeil, d. h. leicht zu gewinnen oder in geringer
Quantitaͤt zur Beſamung eines Ackers zureichend ſeyn.
c) Es muß in moͤglich kuͤrzeſter Zeit zu der erforderlichen Groͤße und Ent-
wickelung kommen, damit es, in der Brache geſaͤet, die erforderlichen Pflugar-
ten zulaſſe, oder aber nach einer andern Frucht in demſelben Jahre gebauet wer-
den koͤnne.
d) Es muß den Boden locker erhalten, und ihn mit ſeinen Wurzeln ſtark
durchdringen, mit ſeinem Kraute beſchatten.
e) Es muß vielen Schleim und einen der thieriſchen Natur aͤhnlichen Stoff
in ſich enthalten.
f) Bald in Faͤulniß uͤbergehen.
Alle dieſe Eigenſchaften vereinigt kein Gewaͤchs ſo ſehr, wie der Ackerſpoͤr-
gel, und mit dieſem ſind daher auch bei uns am meiſten gluͤckliche Verſuche an-
geſtellt worden. Vergleiche Annalen der Niederſaͤchſiſchen Landwirthſchaft,
III. Jahrgang 1 ſtes Stuͤck, St. 223. Man kann dieſen Spoͤrgel vor dem Un-
terpfluͤgen erſt ſchnell mit Vieh betreiben, welches man dann aber auch des Nachts
darauf laſſen muß, wenn man die volle Wirkung davon haben will.
Man hat auch manche andere Pflanzen dazu gebraucht, und diejenigen, die
oͤligen Samen tragen, vorzuͤglich wirkſam gefunden; naͤchſt dieſen hat man an-
dere aus der Diadelphiſtenklaſſe, Erbſen, Wicken, Bohnen dazu gebraucht, ins-
beſondere in England, wo man jedoch in der Regel erſt allerlei Vieh beſonders
Schweine hineintreibt, die ſich darin maͤſten, ohne welche Benutzung auch die
Auslage fuͤr den Samen wohl zu hoch kommen wuͤrde.
[229]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
Ferner iſt der Buchweizen oder das Haidekorn dazu gebraucht worden, wel-
ches in gruͤnem Zuſtande aber ebenfalls ein ſehr nahrhaftes Viehfutter giebt.
Auch Waſſerruͤben hat man, wie ſchon Friedrich der Große erzaͤhlt,
hauptſaͤchlich zu dieſem Zwecke ausgeſaͤet, und endlich empfiehlt mein verehrungs-
wuͤrdiger Freund Hermbſtaͤdt, der verſchiedene daruͤber angeſtellte Verſuche er-
zaͤhlt, die Runkelruͤben, um mit verſchiedenen Zuſaͤtzen einen wirkſamen Duͤnger
daraus zu bereiten. Vergl. deſſen Archiv der Agrikulturchemie, Bd. I. S. 79 u. ſ. f.
Eine Methode, welche da, wo ſie bekannt war, ſich ſo ununterbrochen er-
halten hat, verdient keinesweges vergeſſen, ſondern mit mehrerer Aufmerkſam-
keit, wie bisher bei uns geſchehen iſt, verſucht zu werden. Es ſcheint beim erſten
Anblicke Verſchwendung, eine gruͤne Saat, die man abmaͤhen und auf dem Stalle
mit dem Viehe verfuttern koͤnnte, ſo niederwalzen oder niedertreten zu laſſen-
Man glaubt der Duͤnger koͤnne dem Acker wieder zu gut kommen, wenn man ſie
erſt fuͤr das Vieh benutzt habe, und man hat Recht. Allein man kann ja immer
mehr ausſaͤen, als man mit dem mehrentheils feſtgeſetzten Viehſtande benutzen,
und mit ſeinen Arbeitern einernten kann. Und dann ſcheint es nach den Bemer-
kungen der Italiener einigen Bodenarten vortheilhafter, wenn ſie zu Zeiten eine
bloß vegetabiliſche, und wie man es dort nicht ganz unrichtig nennt, abkuͤhlende
Duͤngung erhalte.
Manche haben dieſe Methode nur fuͤr entferntere, neu aufgebrochene oder
erſchoͤpfte Laͤndereien empfohlen. Aber auf den ganz außer Kraft gekommenen
wird ſie wenig bewirken, weil die als Duͤnger ausgeſaͤeten Gewaͤchſe zu kuͤmmer-
lich daſelbſt [aufkommen]. Der Acker, der Dungkraft erzeugen ſoll, muß hier wie
uͤberall noch Dungkraft haben. Dieſe Duͤngungsart iſt alſo mehr zur Erhaltung
der Fruchtbarkeit im Acker, als zur erſten Begruͤndung derſelben anwendbar, und
daher iſt ſie wahrſcheinlich bei uns bisher ſo wenig in Gebrauch gekommen. Es
laͤßt ſich uͤbrigens beinahe fuͤhlen, was ſie bewirken kann, wenn man ein dicht
bekrautetes Huͤlſenfrucht-Feld anſiehet, und ſich denkt, daß dieſe gruͤne Maſſe
nun untergepfluͤgt werde.
§. 48.
Jeder vegetabiliſche Abfall und ſogenannte Unrath kann, wenn er zuſammen-Vegetabiliſche
Abfaͤlle.
gehalten, in Verweſung geſetzt, und zu dem Ende mit etwas thieriſchem oder mit
[230]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
Kalk verſetzt wird, zum Duͤnger dienen. Kuͤchenabfall, Unkraut, vermodertes
Holz und Saͤgeſpaͤne, gebrauchte Gerberlohe tragen zur Vermehrung des Duͤnger-
vorraths bei. Man bemerkt, daß alle diejenigen Vegetabilien, welche bei der
Einaͤſcherung vieles Kali geben, beſonders duͤngend ſind, z. B. die Struͤnke der
Tabackspflanzen und das Stroh des tuͤrkiſchen Weizens, wenn man ſie nicht vortheil-
hafter benutzen kann. Eine vorzuͤglich duͤngende Eigenſchaft hat auch das Kartoffel-
kraut, welches aber, wenn es ſich ſchnell aufloͤſen ſoll, in ſeinem gruͤnen Zuſtande
zuſammengetreten oder aber ſogleich in den Miſt gebracht werden muß. Man hat
es auch mit Raſenerde und etwas Kalk in Mengehaufen gebracht, und von dieſem
Kompoſt eine ganz vorzuͤgliche Wirkung verſpuͤrt. Es iſt keinesweges unbedeu-
tend, was ein Acker Kartoffeln an dieſem Dungmateriale wiedergiebt. Bleibt es
auf dem Acker liegen und wird dann untergepfluͤgt, ſo zerſetzt es ſich freilich auch
allmaͤhlig, und es laͤßt ſich daraus zum Theil die geringe Erſchoͤpfung erklaͤren, die
manche vom Kartoffelbau bemerkt haben. Die Zerſetzung geſchieht aber langſam,
und es iſt dann der Beſtellung im Wege.
So giebt es auch manche andere nuͤtzliche Pflanzen, die ſehr hohe Stengel
treiben z. B. die Sonnenblume (Helianthus annuus) und der Erd-Apfel oder
Erd-Artiſchocke (Helianthus tuberosus), und außer ihrer eigentlichen Frucht
eine große Menge Moder geben koͤnnen, welches bei ihrem Anbau allerdings
Ruͤckſicht verdient.
Das Kraut der ſalzigen ſowohl als der ſuͤßen Seen, von jenen beſonders die
Fucusarten, von dieſen der ſogenannte Poſt, Chara vulgaris, welcher immer mit
einem kalkigen Schleim uͤberzogen iſt, gehoͤren zu den wirkſamſten Duͤngungsmit-
teln, die fuͤr ſich oder mit thieriſchem Miſte verſetzt in Faͤulniß gebracht und auf-
gefahren werden.
§. 49.
Der Modder.Zu den vegetabiliſchen Duͤngungsmitteln gehoͤrt auch der Modder, welcher ſich
theils in Niederungen und Sinken, theils unter dem Waſſer in Teichen findet.
Denn wenn er gleich zuweilen und zwar um ſo beſſer mit thieriſchen Theilen ver-
miſcht iſt, und mehrentheils auch eine ſtarke Zumiſchung von Grunderden hat, die
ſich nach der Erdart der umliegenden Gegend richten, ſo hat doch die vermoderte
vegetabiliſche Subſtanz wo nicht quantitativ doch virtuel das Uebergewicht darin.
[231]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
Er koͤmmt daher in ſeiner Wirkung der vegetabiliſchen Duͤngung am meiſten gleich,
d. h. er iſt minder treibend und reizend, aber nachhaltend und nahrungsreicher,
wie der thieriſche Duͤnger. Man nennt ihn deshalb einen kuͤhlenden, fruchthalten-
den Duͤnger.
Wir haben von der verſchiedenen Art und Beſchaffenheit des Modders in dem
Hauptſtuͤcke von der Agronomie geredet, und beſonders ſeinen ſaͤurefreien und ſau-
ren Zuſtand unterſchieden.
Es iſt ein großer Vortheil, wenn man einen ſolchen von der Natur ſeit Jahr-
tauſenden zuſammengehaͤuften und aufgeſparten Schatz von fruchtbarer Materie
auf ſeinem Grund und Boden findet. Und wie groß auch die Beſchwerlichkeiten
und Koſten ſeyn moͤgen, ihn heraus und auf den Acker zu ſchaffen, ſo werden ſie
ſich doch immer belohnen und hoch rentiren, wenn man nur das Kapital daran zu
wenden vermag. Geſtehen muß man aber, daß dieſes oft betraͤchtlich ſey, und
ſich nicht immer in den erſten Jahren wieder bezahle.
Die Hauptſchwierigkeit bei dem Ausbringen des Modders iſt die, daß man ihn
erſt vom Waſſer befreie: denn es iſt ein ſeltener Fall, daß er trocken genug liegt.
Zuweilen kann dies durch Abzugsgraͤben voͤllig erreicht werden; mehrentheils
ſind aber die Sinken, worin er liegt, von Anhoͤhen ſo umgeben, daß ein
hinlaͤnglich tiefer Durchſtich der letzteren zu ſchwierig wird. Hier muß man
ſich mit Schoͤpfmaſchinen, Schneckenſchrauben oder Plumpen helfen, wodurch
die Arbeit allerdings ſehr vermehrt wird. Man nimmt die Arbeit des Aus-
bringens entweder im Sommer oder auch im Winter beim Froſte vor. Im
Fruͤhjahr und Herbſt iſt ſie, wenn die Arbeiter im Naſſen ſtehen muͤſſen, der
Kaͤlte wegen kaum ausfuͤhrbar. Im heißen Sommer giebt beſonders derjenige
Modder, der unter Waſſer geſtanden hat, und nicht ſchnell ganz trocken gelegt
werden kann, eine ſehr ungeſunde Ausduͤnſtung, wovon die arbeitenden und in
der Nachbarſchaft wohnenden Menſchen leicht erkranken, beſonders Fieber be-
kommen. In manchen Faͤllen laͤßt ſich daher die Arbeit im Winter am beſten
betreiben, wenn man das Waſſer im Spaͤtherbſt hat ablaſſen koͤnnen. Jedoch
wird ſie wegen des Loshauens des gefrornen Modders und des Eiſes, welches man
mit auskarren muß, betraͤchtlich vermehrt.
[232]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
§. 56.
Ausfahrung
des Modders.Den Modder unmittelbar aus ſeiner Ablagerung auf den Acker zu fahren, iſt
nur bei dem ganz trocknen rathſam. Den feuchten bringt man immer erſt aufs
Trockne, und laͤßt ihn hier wenigſtens ſo lange liegen, bis ſeine Feuchtigkeit voͤllig
verdunſtet iſt, weil er ſodann ſehr zuſammenfaͤllt, und der Transport leichter wird.
Das Ausbringen geſchieht mit Hand- oder Pferdeſtuͤrzkarren. Letztere nimmt man
gewoͤhnlich einſpaͤnnig. Welches vortheilhafter ſey, muß man ſich nach den
Ortsverhaͤltniſſen berechnen. Wird er nur eine kurze Strecke fortgekarrt, ſo iſt
in der Regel die Arbeit mit Menſchen, bei einer weiteren, aber die mit Pferden
minder koſtſpielig. Zuweilen ſind aber auch die Pferdekarren gar nicht anwend-
bar, wenn naͤmlich der Grund, woruͤber gekarrt werden muß, zu ſumpfig iſt, ſo
daß man Bretter uͤber den Weg herlegen muß.
Man ſucht die Arbeit in Verding zu betreiben, und macht dieſen entweder
nach Schachruthen oder nach Stuͤrzkarrenladungen. Ueber den Preis laͤßt ſich nur
dies im allgemeinen ſagen, daß die Arbeiter dabei mehr, als bei gewoͤhnlichen Ar-
beiten verdienen muͤſſen, weil dieſe zu den beſchwerlichen und ungeſunden gehoͤrt.
Eine ſtaͤrkere Branntweinsconſumtion iſt ihnen dabei wirklich nuͤtzlich.
Vermengung
des Modders.Iſt es voͤllig zergangener Modder, ſo bringt man ihn in kleinere Haufen, da-
mit er um ſo eher abtrockne, und in der groͤßten Oberflaͤche der atmoſphaͤriſchen
Einwirkung ausgeſetzt ſey. Sind aber viele unzergangene Pflanzentheile darin,
Moos und andere Waſſerpflanzen, ſo bringt man ihn, nachdem er etwas abge-
trocknet, in große Haufen, damit er ſogleich in Gaͤhrung und Hitze komme, und
jene Vegetabilien verweſen. Man befoͤrdert dies ſehr, wenn man ihm ſogleich
etwas friſch gebrannten Kalk, Aſche oder auch friſchen Stallmiſt von Pferden zuſetzt.
Dieſe Zuſaͤtze ſind alsdann beſonders noͤthig, wenn der Modder Saͤure ent-
haͤlt, und in dem Falle auch bei ſolchem, welcher ſchon voͤllig aufgeloͤſt iſt. Manch-
mal kann es rathſam ſeyn, mit dieſen Zuſaͤtzen zu warten, bis man ihn auf den
Acker gefahren hat, wenn er anders daſelbſt nicht gleich verbreitet, ſondern erſt in
Haufen aufgeſetzt werden ſoll, weil man ſich dadurch die doppelte Fuhre der zuzu-
ſetzenden Materialien erſpart. Es geſchieht jedoch nur bei ſchnell abtrocknendem
Modder, den man bei dem Auskarren gar nicht in Haufen bringt, ſondern bald
auf das Feld faͤhrt, wo er gebraucht werden ſoll.
Will
[233]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
Will man von jedem Modder eine ſchnelle Wirkung haben, ſo iſt ein Zuſatz
von thieriſchen Duͤnger oder von Alkalien und alkaliſchen Erden ſehr wichtig. Denn
dadurch wird er bald aufloͤslich, und wie man ſagt lebendig. Jedoch iſt es,
wenn der Modder milde iſt, nicht immer noͤthig, ihn in den Haufen damit zu ver-
mengen. Man kann es auch, nachdem er auf dem Acker ausgeſtreuet worden, und
dieſe Materien daruͤber her, durch fleißig wiederholtes flaches Pfluͤgen und Eggen
thun. Die Verbindung des Mergels, beſonders des kalkreichen, des gebrannten
Kalks, oder einer Miſtduͤngung mit der Modderung hat immer den auffallendſten
Effekt gezeigt. Eine Miſtduͤngung braucht aber nur ſchwach, halb ſo ſtark wie
eine gewoͤhnliche zu ſeyn, und man wuͤrde von einer ſtaͤrkern, wenn man Getreide
darnach einſaͤete, nur Lagerkorn zu beſorgen haben. Wendet man dagegen die
Modderung ohne andere Duͤngung an, ſo hat man oft bei der erſten und ſelbſt bei
der zweiten Frucht gar keine Wirkung davon, und hatte der Modder noch Saͤure,
wohl eine nachtheilige. Indeſſen zeigt ſich die gute Wirkung doch immer in der
Folge, mehrentheils vom dritten Jahre an, und dann um ſo nachhaltiger.
Die Quantitaͤt, worin der Modder aufgefahren worden und aufzufahren ſey,Quantitaͤt des
Modders.
wird ſehr verſchieden angegeben; hier ſehr ſtark, eine Ladung von 16 Kubikfuß
auf eine Quadratruthe, folglich 180 Ladungen auf 1 Morgen; dort ſehr ſchwach,
20 ſolcher Ladungen auf 1 Morgen; dort uͤber 1 Zoll, hier 1 bis 2 Linien hoch.
Es kommt dabei vorerſt auf die Beſchaffenheit des Modders an, ob er eine ſtarke
Zumiſchung von Grunderden habe, oder zum groͤßeren Theile aus wirklichem Mod-
der beſtehe. Manchmal hat ganz ſchwarzer Modder doch nur 8 bis 10 Prozent
Humus, und beſteht uͤbrigens aus Erde. Seine Auffuͤhrung kann dennoch hoͤchſt
wirkſam ſeyn, beſonders wenn die Grunderde der Bodenart entgegengeſetzt iſt,
aus geſchlemmten Thon beſteht, und auf Sandboden gebracht wird. Enthaͤlt er
aber groͤßtentheils nur Kieſelerde, ſo kann man von dieſer auf ſandigem Boden
gar keinen Nutzen erwarten, und es koͤmmt nur der eigentliche Humusgehalt in
Betracht. Hier wird alſo eine ſehr ſtarke Auffuhr noͤthig, wenn ſie zur erheb-
lichen Verbeſſerung des Bodens gereichen ſoll. Nach einer chemiſchen Unterſu-
chung des Modders wuͤrde man die Quantitaͤt der Auffuhr etwa ſo zu beſtimmen ha-
ben, daß auf jeden Quadratfuß, der bei einer ſechszolligen Tiefe, alſo zum halben
Kubikfuß gerechnet, beinahe 50 Pfund wiegt, doch mindeſtens 1 Pfund reiner
Zweiter Theil. G g
[234]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
Humus kommen muͤſſe, folglich wenn der Modder nur 10 Prozent Humus hat,
10 Pfund, welches auf 1 Morgen 259000 Pfund betruͤge, folglich die Ladungen
zu 1600 Pfund angenommen, beinahe 162 auf 1 Morgen. So wie aber der Hu-
musgehalt des Modders ſtaͤrker wird, ſo bedarf es deſſen weniger. Daß eine ſchwaͤ-
chere Bemodderung von gar keinem Nutzen ſeyn koͤnne, ſoll hierdurch nicht behaup-
tet werben; allein eine auffallende und nachhaltende Verbeſſerung laͤßt ſich wohl
nicht erwarten, wenn man die Ackererde nicht mit 2 Prozent Humus bereichert.
Das Gewicht des Modders iſt verſchieden, und er iſt um ſo leichter, je mehr
er aus Humus beſteht, und vorzuͤglich wenn er noch nicht ganz verweſte Subſtan-
zen enthaͤlt. Man kann daher die Staͤrke der Ladungen nicht nach dem Volumen,
ſondern muß ſie nach dem Gewichte beſtimmen.
Eine ſehr genaue Mengung des Modders mit der Ackererde iſt ſehr wichtig,
und zwar daß dieſes bald oder doch in dem Jahre der Auffuhr geſchehe. Denn
wird er nicht gleich zertheilt und gemengt, ſo ballt er ſich in Kloͤßen zuſammen, die
dann oft erſt nach langer Zeit, beſonders in conſiſtenterem Boden, in Pulver zer-
fallen und ſich gleichmaͤßig vertheilen, bis dahin aber wenig oder gar keine Wir-
kung thun. Es iſt daher gewiß ſehr fehlerhaft, auf die erſte Furche, womit man
den Modder untergebracht hat, oder auch auf die zweite, gleich eine Saat zu brin-
gen. Man muß vielmehr eine ſtark bearbeitete Brache darauf halten, und durch
vielfaches flaches Pfluͤgen und ſcharfes Eggen die genaueſte Miſchung zu bewirken
trachten. Vorzuͤglich iſt dieſes bei erdigem Modder noͤthig; der noch nicht voͤllig
zergangene mooſige kann noch eher im Acker etwas klumprig liegen bleiben, indem
er ſich bei ſeiner fernern Zerſetzung mehr zertheilt. Auf gemoddertem Acker zwiſchen
zwei Furchen eine ſchnell heranwachſende Duͤngerpflanze zu ſaͤen, beſonders Spoͤr-
gel, iſt von einem meiner Correſpondenten mit beſonders großem Erfolge ver-
ſucht worden.
§. 51.
Duͤngung mit
Torf.Auch des Torfs, beſonders des loſen, und der von dem Torfe abgefallenen
modrigen Erde (Torfmulme) bedient man ſich vortheilhaft zum Duͤnger. Dieſe
Materie muß aber, wenn ſie Saͤure, und noch mehr, wenn ſie harzigen Stoff
hat, lange aufgeſchichtet liegen, und entweder mit gebranntem Kalk, oder mit
ſtrohigem Stallmiſt, oder, was oft hinreichend geweſen ſeyn ſoll, mit vielem
[235]Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
ſcharfen Sande in dem Haufen durchſetzt werden. Man muß dieſe Haufen in einer
maͤßigen, jedoch nicht zu ſtarken Feuchtigkeit erhalten, welches am allerwirkſam-
ſten durch ausgegoſſene Miſtjauche geſchieht. Auch mit kalkigem Mergel kann er
ſehr vortheilhaft durchſchichtet werden. Man muß dieſe Mengehaufen oft
durchſtechen.
Wenn der Torfabfall lange gelegen hat, ſo wird er auch ohne andere Zu-
thaten ſchon zu einem nutzbaren Duͤnger, insbeſondere auf gebundenem, tho-
nigem Boden.
Es giebt ſolche Lagen der Torfmoore neben dem Ackerlande, wo dieſe An-
wendung ſehr nutzbar im Verhaͤltniß der darauf zu verwendenden Koſten ge-
ſchehen kann.
Zu den urſpruͤnglich vegetabiliſchen Duͤngungsmitteln gehoͤrt endlich noch die
bituminoͤſe mit Eiſenvitriol geſchwaͤngerte Erdkohle, welche im Großen wohl zuerſt
in der Graͤflich Einſiedelſchen Herrſchaft Reibersdorf zu Oppelsdorf bei Zittau als
Duͤngungsmittel mit ungemeinem Erfolge angewandt iſt. Da aber der Eiſenvi-
triol an dieſer Wirkung wohl den groͤßten Antheil hat, ſo werden wir darauf zu-
ruͤckkommen, wenn wir von den ſalzartigen Duͤngungsmitteln reden.
Auch werden wir dann erſt die Aſchenduͤngung, obwohl ſie vegetabiliſchen Ur-
ſprungs iſt, betrachten.
Mineraliſche Duͤngungsmittel.
§. 52.
Da ein uͤberſchießendes Verhaͤltniß einer jeden Grunderde, und ſelbſt desVerbeſſerung
der phyſiſchen
Eigenſchaft
des Bodens
durch Auffuͤh-
rung von
Grunderden.
Humus, den Boden in ſeinen phyſiſchen Eigenſchaften ſeiner Conſiſtenz, Feuch-
tigkeitshaltung u. ſ. w. fehlerhaft machen kann, ſo iſt es moͤglich, dieſen Fehler
durch den Zuſatz einer entgegengeſetzten Erdart zu verbeſſern. Man kann dies die
phyſiſche Verbeſſerung des Bodens nennen, im Gegenſatze von der chemiſchen,
worunter man die eigentliche Duͤngung oder die Zufuͤhrung von wirklicher ve-
getabiliſcher Nahrung, aber auch von ſolchen Subſtanzen begreift, welche die
Nahrungstheile aufſchließen und zum Uebergange in die Pflanzen geſchickt
machen.
G g 2
[236]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Jene Verbeſſerung der phyſiſchen Eigenſchaft des Bodens durch die Vermen-
gung mit einer entgegengeſetzten Erdart iſt allerdings moͤglich, aber nur unter we-
nigen Umſtaͤnden mit Vortheil ausfuͤhrbar.
Thonigen und zaͤhen Lehmboden mit Sand zu verbeſſern, oder auch umge-
kehrt den ſandigen Boden mit fettem Lehm, iſt beinahe nur dann ausfuͤhrbar,
wenn der Untergrund aus dieſer entgegengeſetzten Erdart beſteht. In einigen ob-
gleich ſeltenen Faͤllen kann man es ſchon durch ein tiefes Pfluͤgen bewirken, wel-
ches dann aber mit Vorſicht ſo eingerichtet werden muß, daß man auch kein Ueber-
maas der untern und noch rohen Erde heraufbringe. Oefterer kann dieſe Erde nur
durch Rajolen erreicht werden, oder durch ſogenanntes Kuhlen oder Wuͤhlen, wo
man Gruben graͤbt und die erforderliche Erde herauswirft.
Muß die verbeſſernde Erdart von einem entfernteren Platze hergeholt, oder
aus einer betraͤchtlichen Tiefe herausgegraben werden, ſo wird die Sache ſo koſt-
ſpielig, daß nur beſondere Lokalitaͤten ſie oͤkonomiſch rechtfertigen koͤnnen. Denn
um eine ſolche phyſiſche Verbeſſerung des Bodens zu bewirken, oder gleichſam
einen neuen Boden zu ſchaffen, iſt eine ſo große Maſſe von Erde erforderlich, daß
er in den meiſten Faͤllen zu theuer bezahlt werden wuͤrde. Man berechne, wie ſich
die Beſtandtheile der aufzufahrenden Erdart gegen die Beſtandtheile des zu ver-
beſſernden Bodens verhalten, und wie viel demnach von jener erforderlich ſey, um
in einer Krume von wenigſtens 8 Zoll Tiefe eine zweckmaͤßige Erdmiſchung zu be-
wirken. Hieraus ergiebt ſich naͤmlich das Kubikmaaß, welches man auf einer Flaͤche
gebraucht, und danach laſſen ſich dann mit Ruͤckſicht auf die Lokalverhaͤltniſſe die
Koſten des Ausgrabens, Ladens, Anfahrens und Verbreitens berechnen, oder
durch eine mit Aufmerkſamkeit angeſtellte Probe ausmitteln. Dazu kommt aber
noch, daß Sand mit Thon und Lehm, die nicht mergligt ſind oder keine Kalk-
theile enthalten, ſich ſehr ſchwer genau mit einander vermengen laſſen, weil dieſe
nicht von ſelbſt zerfallen. Der Thonboden ſey mit Sand oder der Sand mit tho-
niger Erde befahren, ſo muß er haͤufig und zwar zuerſt ganz flach und allmaͤhlig
tiefer durchgepfluͤgt, geegget, gewalzet und die Kloͤße mit Keulen zerſchlagen wer-
den. Zu dem allen muß immer derjenige Zeitpunkt gewaͤhlt werden, wo der Thon
gerade den Grad von Trockenheit hat, daß ſeine Schollen durch die Werkzeuge
getrennt und zermalmt werden koͤnnen. Dies findet mehrentheils nur in der Mitte
[237]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
des Sommers ſtatt; ſelten aber iſt ein Sommer dazu hinreichend. Durch Ver-
mengung mit Miſt und mit gebranntem Kalk erleichtert man das Zerfallen, auch
wohl durch das Einſaͤen von Pflanzen, deren Wurzeln in die Thonkloͤße eindrin-
gen, und dann untergepfluͤgt werden. Bewirkt man die genaue Mengung nicht,
ſo verdirbt man den Boden auf lange Zeit mehr, als daß man ihn verbeſſert, in-
dem die wenigſten Pflanzen es ertragen, daß ſie mit ihren Wurzeln auf ſo hetero-
gene Erdarten ſtoßen. Wenn aͤltere Schriftſteller und muͤndliche Sagen von ſol-
chen bewirkten Bodenverbeſſerungen erzaͤhlen, ſo kann man wohl in den meiſten
Faͤllen annehmen, daß die aufgefahrne Erdart ein mehr oder minder kalkhaltiger
Mergel war. Noch vor kurzer Zeit nannte man in Hollſtein das Mergeln Erd-
oder Lehmfahren, und ohne von Mergel einen Begriff zu haben.
Nur von ſolchem Lehm oder Thon, der eine Reihe von Jahren der Atmo-
ſphaͤre ausgeſetzt in Erdwaͤllen, Erdmauern oder Wellerwaͤnden, insbeſondere in
der Naͤhe der Wohnungen und der Viehhoͤfe geſtanden, und aus der Atmoſphaͤre
fruchtbare Stoffe angezogen hat, kann man eine wirklich duͤngende Wirkung er-
warten. Ein ſolcher Lehm zerfaͤllt auch leichter, und mengt ſich mit dem Boden.
Auch hat man die lehmige und thonige Ackererde wohl gebrannt, und dadurch
eine dauernde phyſiſche Verbeſſerung dieſes Bodens bewirkt. Da der Thon naͤm-
lich durch das Brennen ſeine waſſeranhaltende und bindende Eigenſchaft verliert,
und dann, wenn er anders kruͤmlich bleibt, in Anſehung ſeiner phyſiſchen Quali-
taͤten dem Sande gleich wird, ſo iſt der Boden hierdurch lockerer geworden. Wahr-
ſcheinlich hat dieſes Brennen jedoch auch eine noch nicht genug erklaͤrte chemiſche
Wirkung.
§. 53.
Das Auffahren des Sandes iſt wohl am haͤufigſten und mit dem groͤßtenAuffahrung
des Sandes.
Vortheile auf reichhaltigen aber zu loſen und der Naͤſſe zu ſtark ausgeſetzten moddri-
gen Boden angewandt worden. Der aufgefahrne Sand ſenkt ſich allmaͤhlig von
ſelbſt herab, und durchdringt die Moddererde, deren ſchwammige Conſiſtenz er zu-
gleich zuſammenpreßt. Er muß daher ſo viel moͤglich auf der Oberflaͤche erhalten
werden, und er iſt am wirkſamſten geweſen, wenn man ihn nicht unterpfluͤgte,
fondern in der Zeit, wo das Land zu Graſe lag, obenauf ſtreuete, wodurch auch
zugleich der Graswuchs, wie durch einen kraͤftigen Duͤnger, vermehrt und ver-
[238]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
beſſert wurde. Auf ſolchen Bodenarten thut der Sand nach vielfachen Erfahrun-
gen ungleich groͤßere Wirkung, wie der kraͤftigſte Duͤnger, der hier ſogar manch-
mal nachtheilig wird.
§. 54.
Kalkduͤngung,
wie ſie wirke.Der Kalk im Boden hat zwar auf die phyſiſche Beſchaffenheit deſſelben, wie
in der Lehre von der Agronomie geſagt worden, einen betraͤchtlichen Einfluß. Al-
lein bei dem Auffahren deſſelben nehmen wir wohl nur ſeine chemiſche Wirkung in
Anſpruch, indem ſolche wohl nie ſo ſtark eingerichtet wird, daß er durch jenen eine
erhebliche Veraͤnderung in der Conſiſtenz des Bodens bewirken koͤnne.
Die chemiſche oder eigentlich duͤngende Wirkung des Kalkes ſcheint wieder
von zweierlei Art zu ſeyn. Eines Theils wirkt er als ein bloß zerfetzendes Mittel
auf den Humus, den er aufloͤſt, in Bewegung und in den Zuſtand ſetzt, worin er
in die Pflanzen leicht uͤbergehen kann. Deshalb iſt die Kalkduͤngung um ſo wirk-
ſamer, je reichhaltiger der Boden an Humus, und um ſo auffallender, je unauf-
loͤslicher dieſer Humus ſeiner Natur nach war. Insbeſondere wird der ſaure Hu-
mus durch ihn von ſeiner Saͤure befreit, und dadurch erſt fruchtbar.
Andern Theils aber iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß der Kalk auch durch
ſeine Kohlenſaͤure etwas wirke, und durch ſelbige den Pflanzen wirkliche Nahrung
gebe. Die Lebensthaͤtigkeit der Pflanzenwurzeln, beſonders gewiſſer Vegetabi-
lien, ſcheint die Kraft zu haben, ihm dieſe Kohlenſaͤure zu entziehen, die er dann
aber in eben dem Maaße aus der Atmoſphaͤre wieder anzieht. Denn es iſt un-
laͤugbar, daß eine Kalkduͤngung auch auf ſolchem Boden, der ſehr wenig Humus
enthaͤlt, und ſogar eine wiederholte Duͤngung dieſer Art immer noch einige Wir-
kung thue, wenn gleich bei weitem keine ſo ſtarke wie da, wo noch Humus im Bo-
den iſt, oder wo er ihm durch eine abwechſelnde vegetabiliſche und animaliſche
Duͤngung wiedergegeben wird. Ferner wiſſen wir, daß einige Pflanzenarten vom
Kalke beſonders viele Kraft erhalten, und mit ihren Pflanzenwurzeln in den rohen
Kalkſtein eindringen, und ihn gewiſſermaßen zerſetzen. Dies iſt beſonders bei der
Eſparcette merklich, welche 10 bis 20 Fuß tief mit ihrer Pfahlwurzel in den Kalk-
ſtein eindringt, Buͤſchel von Nebenwurzeln ausſchlaͤgt, die den Kalkſtein an ihrem
Orte muͤrbe und kruͤmlich machten, und deren Kraut um ſo uͤppiger vegetirte, je
[239]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
tiefer ſie eingedrungen war, wenn gleich der Kalkfelſen nur mit ſehr flacher und
unfruchtbarer Krume bedeckt war.
Der gebrannte von ſeiner Kohlenſaͤure befreite Kalk hat eine ſtaͤrkere duͤngende
Kraft, wie der ungebrannte. Er iſt in dieſem Zuſtande freilich weit mehr zerſetzend
und wirkſam auf die organiſche Materie. Allein wir muͤſſen annehmen, daß ſeine
groͤßere Wirkſamkeit auch noch einen andern Grund habe. Er ziehet ſeine ver-
lorne Kohlenſaͤure, zumal wenn er in feinem Pulver mit der Ackererde vermengt
iſt, ohne Zweifel in ſehr kurzer Zeit wieder an; aber dieſe friſch angezogene Koh-
lenſaͤure haͤngt ihm wahrſcheinlich nicht ſo feſt an, daß er ſie den Pflanzen nicht
leichter wieder abgeben ſollte. Er nimmt ſolche dann ſogleich wieder auf, und ſo
entſteht eine fortdauernde Wechſelung dieſer Kohlenſaͤure zwiſchen dem Kalke, den
Wurzeln und der Atmoſphaͤre. Daraus laͤßt es ſich erklaͤren, wie ſelbſt ſehr kalk-
haltiger Boden von einer Duͤngung mit gebranntem Kalke merkliche Fruchtbar-
keit erhalte, und wie man einige Wirkung von einer neuen Kalkung verſpuͤre,
wenn gleich von einer vorhergehenden aͤlteren offenbar noch Kalk genug in der
Ackerkrume iſt.
Auf dieſe verſchiedenen Wirkungen des Kalkes — die gegebene Erklaͤrung
derſelben ſey richtig oder nicht — muͤſſen wir nothwendig Ruͤckſicht nehmen, wenn
wir die verſchiedenen Wirkungen des Kalkes als Duͤngungsmittel erklaͤren wollen.
Sie iſt am ſtaͤrkſten und auffallendſten auf Boden, der vielen ſauren Humus ent-
haͤlt, welcher vorher der Vegetation nicht zu Nutze kam. Naͤchſtdem auf Boden,
welcher bisher ſtaͤrkere oder ſchwaͤchere Miſtduͤngungen, aber noch nie eine Kalk-
oder aͤhnliche Duͤngung erhalten hatte. In dieſem Falle thut er oft mehr, als
eine neue Miſtduͤngung, erſchoͤpft aber fuͤr die Folge dieſen Boden, und macht es
wenigſtens noͤthig, daß eine kraͤftige Duͤngung anderer Art nach einigen Jahren
auf ihm folge. Da in jedem beackerten Boden, geſetzt auch, daß er ſehr mager
ſcheine, noch immer einiger, wahrſcheinlich ſchwer aufloͤslicher Humus zuruͤckge-
blieben iſt, ſo wird eine erſte Kalkduͤngung auch auf magerm Boden wohl immer
eine auffallende Wirkung leiſten. Die ſchwaͤchſte Wirkung, aber doch immer
noch einige, thut eine in kurzer Friſt wiederholte Kalkduͤngung, und ſie wird im-
mer ſchwaͤcher, je oͤfterer ſie ohne dazwiſchen gebrachte humoſe Duͤngung wie-
derkommt.
[240]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Auf gewiſſe Saaten hat die Kalkduͤngung einen ſtaͤrkern Einfluß, wie auf
andere; nach verſchiedenen Bemerkungen auf das Wintergetreide eine geringere
wie auf die Soͤmmerung, aber die ſtaͤrkſte auf die Huͤlſenfruͤchte, den Klee und
kleeartige Gewaͤchſe.
Die wiederholten Kalkduͤngungen ertraͤgt uͤbrigens der ſehr thonhaltige Bo-
den beſſer, wie der mehr ſandige, wobei theils die phyſiſche Wirkung des Kalkes
als eine gelockerte Erdart, theils aber auch die chemiſche, indem naͤmlich der Thon
den Humus weit hartnaͤckiger anhaͤlt, in Betracht kommt. Auch der moorartige
Boden, wenn er trocken gelegt worden, ertraͤgt wiederholte und ſtarke Kalkduͤn-
gungen, indem immer zerſetzbare Materie genug vorhanden bleibt, worauf jene
wirken koͤnnen. Hier wird Kalk eine lange Zeit hindurch mehr bewirken,
als Miſt.
Dagegen wird ein magerer ſandiger Boden durch wiederholte Kalkduͤngungen,
ungeachtet ſie jedesmal noch eine ſchwache unmittelbare Wirkung zu leiſten ſcheinen,
endlich ganz verdorben werden. Trifft der Kalk keine organiſche Materie an, auf
welche er wirken kann, auch vielleicht wenig Thon, mit welchem er ſich wahrſchein-
lich lieber zu Mergel verbindet, ſo vereinigt er ſich mit dem Sande zu Moͤrtel, der
ſchwer aufloͤslich wird. Man ackert daher auf ſolchen uͤberkalkten Boden lauter
Moͤrtelſtuͤcke heraus, die ſich kaum zertheilen laſſen, und es koſtet wiederholte
Miſtduͤngungen, ehe man einen ſolchen Boden wieder zu einem lohnenden Ertrage
bringen kann. Den Beweis hiervon geben manche Aecker und ganze Guͤter in
Schleſien; daſſelbe hat man aber auch in England in denen Grafſchaften, wo
Dreifelderwirthſchaft mit einem geringen Viehſtande betrieben wird, aber viel
Kalk vorhanden iſt, auffallend bemerkt.
§. 55.
Manipulation
der Kalkduͤn-
gung.Man bedient ſich des Kalks gewoͤhnlich im friſch gebrannten oder kohlenſaͤure-
freien Zuſtande, theils ſeiner groͤßern obengedachten Wirkſamkeit wegen, theils
aber auch, weil er nur in dieſem Zuſtande in ein feines Pulver zerfaͤllt, und ſich
innig mit der Ackerkrume vermengen laͤßt. Man eilt deshalb moͤglichſt den ge-
brannten Kalk zum Zerfallen zu bringen, und ihn ſodann mit der Erdkrume oder
aber auch mit organiſchen Duͤngungsmaterialien zu vermengen.
Man
[241]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Man hat zwei Hauptmethoden ihn dem Acker beizumiſchen, bei welchen dann
freilich noch mancherlei Verſchiedenheiten in der Manipulation ſtatt finden.
Die eine iſt die: daß man die Kalkſtuͤcke auf einen Haufen zuſammenbringt,
in der Naͤhe eines Orts, wo man genugſames Waſſer haben kann. Man uͤber-
gießt ihn dann mit ſo vielem Waſſer, als erforderlich iſt ihn zu loͤſchen, d. h. ihn
zu einem feinen Pulver, aber nicht zum Teig zu machen. Er muß hierbei durch-
gearbeitet werden, und die unzerfallnen groͤßeren Stuͤcke muͤſſen herausgeholt, wie-
der zuſammengebracht, und aufs Neue benetzt werden, damit alles in ein feines
Pulver zerfalle. Der Kalk zieht hier ſein durch das Brennen verlornes Kryſtalli-
ſationswaſſer wieder an, aber wenig von ſeiner Kohlenſaͤure, und bleibt folglich
noch in ſeinem aͤtzenden Zuſtande. Er wirkt daher auf die Weiſe wohl am ſtaͤrk-
ſten und zerſtoͤrendſten auf unzerſetzte organiſche Materien im Boden, auf die In-
ſekten, Pflanzenfaſern und ſelbſt wohl auf manche Unkrautsſamen, die er zerſtoͤrt,
aufloͤſt, und zu fruchtbarem Moder umwandelt. Er wird ſodann gleich mit Wa-
gen oder Karren auf den Acker ausgefahren, und von dem Fuhrwerke ab mit
Schaufeln auf den umgepfluͤgten Acker ausgeſtreuet. Da dieſer Staub ſehr be-
ſchwerlich iſt, ſo muß man ſich bei dem Zuge des Wagens ſorgfaͤltig nach dem
Winde richten, ſo daß dieſer ihn von den ausſtreuenden Menſchen auch von den
Pferden wegwehe. Man hat, wo dieſe Kalkduͤngung ſehr gebraͤuchlich iſt, auch
an den dazu beſtimmten Karren mit dem Rade umlaufende Walzen angebracht,
angefaͤhr wie an den Saͤemaſchinen, welche das Kalkpulver ausſtreuen.
Die zweite gebraͤuchlichere und bequemere Art iſt die: daß man die Kalk-
ſtuͤcke in kleine Haufen, etwa eines Scheffels ſtark, auf den Acker in gehoͤrigen
Zwiſchenraͤumen vertheilt, und ſolche dann mit Erde, die man rings um den Hau-
fen ausſticht, und dadurch zugleich einen kleinen Abzugsgraben fuͤr das Waſſer
macht, bedeckt. Wenn der Kalk mehrentheils zerfallen iſt, ſo ſticht man ihn mit
der Erde durch, und ſind noch Stuͤcke darunter, ſo ſetzt man ihn noch mahl wie-
der auf, und bedeckt ihn mit neuer Erde. Dieſe Bedeckung mit Erde hat man
zwar vermuthlich in dem falſchen Wahne, als verloͤre der Kalk einen fluͤchtigen
Stoff, zuerſt eingefuͤhrt; aber ſie iſt doch reell nuͤtzlich, weil ſich ohne ſolche Be-
deckung bei regnigter Witterung uͤber den Kalkhaufen eine Borke erzeugt, welche
Zweiter Theil. H h
[242]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
theils das weitere Eindringen der Feuchtigkeit verhindert, theils aber ſchwerlich
wieder zu Pulver zerfaͤllt, ſondern in Stuͤcken zuſammengeklebt bleibt.
Eine dritte Art, den Kalk zur Vertheilung auf den Acker vorzubereiten, iſt
noch die: daß man ihn mit Raſen oder Raſenerde, da, wo man ſie nahe beim Acker
haben kann, z. B. an den Rainen und Abhaͤngen der Felder oder bei binſigen aus-
zuſtechenden Sinken in Mieten zuſammenbringt, ihn darin zerfallen und den Ra-
ſen zerſetzen laͤßt. Dieſe Mieten werden dann einige Male umgeſtochen und wie-
der aufgeſetzt. Hier kann ſich der Kalk mit der Erde und dem Humus ſehr wirkſam
verbinden und zertheilen, und dieſer oft leicht zu bereitende Kompoſt iſt von treff-
licher Wirkung. So bringt man ihn auch zwiſchen mooſigen Torf und mit unzer-
gangenen vegetabiliſchen Subſtanzen noch ſtark verſetzten Modder. Von ſeinem
Gebrauche zu andern Kompoſtarten iſt §. 32. geredet worden.
§. 56.
Behandlung
des ausge-
ſtreuten Kalks.Eine weſentliche Bedingung, wenn man von dem Kalk die erwuͤnſchte und
moͤglich hoͤchſte Wirkung haben will, iſt die, daß er auf das allergenaueſte und
innigſte mit der Ackererde durchmengt werde, ſo daß jedes ſeiner feinſten Partikeln
mit jedem Partikel der Erde in Beruͤhrung und Wechſelwirkung komme. Hierbei
iſt alſo die groͤßte Aufmerkſamkeit noͤthig. Wenn man ihn auf den geſtuͤrzten und
vorgeeggeten Acker ausgeſtreuet hat, ſo wird er bei trockenem Wetter nochmals
ſtark durchgeegget, und ſodann ſo flach, wie immer moͤglich, untergepfluͤgt. Am
beſten bedient man ſich hierzu des Exſtirpators, der ihn mit der Erde durchwuͤhlt.
Nun wird wieder geegget, und darauf um ein weniges tiefer gepfluͤgt. So muß
er mit Einſchluß der Saatfurche wenigſtens vier Mal mit Pflug, Egge oder dem
genannten Werkzeuge durchgearbeitet werden, und zwar immer bei trockenem
Wetter. Die Kalkduͤngung erfordert alſo nothwendig eine reine und vollkommene
Brache. Auf die Weiſe wird dann auch die geruͤhmte Wirkung des Kalks, daß er
das Land vom Unkraute reinige, voͤllig erreicht. Verfaͤhrt man dagegen hierin
nachlaͤßig, ſo thut der Kalk wenige Wirkung. Von einer ſchwachen Kalkung ver-
ſpuͤrt man gar keine, von einer ſtarken oft eine nachtheilige, indem der Kalk zu
Moͤrtelſtuͤcken wird. Wo man den groben Fehler beging, ihn mit der erſten
Furche zur vollen Pflugtiefe unterzubringen, da hat ſich eine Kalkborke unter der-
ſelben erzeugt, welche dem Pfluge ſo im Wege iſt, daß der Boden dadurch ganz
[243]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
flach geworden. Dies iſt naͤmlich in den Gegenden geſchehen, wo der Kalk wohl-
feil iſt, und man alſo verſchwenderiſch damit umging.
§. 57.
Die Quantitaͤt des aufzufuͤhrenden Kalks wird ſehr verſchieden angegeben.Quantitaͤt der
Kalkduͤngung.
Das Geringſte, was man mit Nutzen aufgebracht hat, ſind 16 Scheffel per Mor-
gen geweſen; aber ich finde auch Angaben, beſonders bei den Englaͤndern, von
150 Scheffeln auf den Morgen, insbeſondere bei neu urbar gemachtem Lande.
Es kommt dabei 1) auf die Qualitaͤt des Kalks an, ob er naͤmlich ziemlich rein
oder mit vielem Thon oder Sand vermengt ſey, auch wenn man ihm dem Volu-
men nach mißt, ob er compakter oder loſer ſey. Ferner auf die Art des Bodens,
indem der gebundene thonige Boden und der viele unzerſetzte Pflanzentheile ent-
haltende, moorige, aber trocken gelegte — denn auf feuchtem Boden thut der
Kalk durchaus keine gute Wirkung — eine ſehr ſtarke Kalkung mit Vortheil ertra-
gen kann, der mehr ſandige aber einer geringern bedarf. Endlich iſt unter der
Kalkduͤngung, die nur einmal unternommen werden, und derjenigen, die regulaͤr
abwechſelnd mit der Miſtduͤngung wiederkommen ſoll, ein Unterſchied zu machen.
Jene nimmt man nur vor, um dem Acker auf einmal eine radikale Verbeſſerung,
welche man ſich vom Kalk unter ſchon angegebenen Bedingungen verſprechen
kann, zu geben; dieſe, um ihn fortdauernd in Fruchtbarkeit zu erhalten. Jene
Kalkung muß ſehr ſtark, dieſe darf nur ſchwach ſeyn, und muß mit der Miſtduͤn-
gung im Verhaͤltniſſe ſtehen; denn man pflegt im letzteren Falle alle drei oder ſechs
Jahre mit Miſt und Kalkduͤngung abzuwechſeln. Es giebt allerdings aber auch
Gegenden, wo man drei bis vier Mal nach einander alle drei Jahre die Brache
kalket, bevor man eine Miſtduͤngung giebt; wobei dann freilich der Acker aufs
aͤußerſte erſchoͤpft worden iſt.
§. 58.
Ueber die Vortheile und Nachtheile der Kalkduͤngung findet man die auffal-Widerſpruͤche
uͤber Kalkduͤn-
gung.
lendſten Widerſpruͤche, aus welchen man ohne den Leitfaden einer richtigen Theo-
rie ſich gar nicht, mit demſelben aber ſehr leicht herauswickeln kann. Der Kalk,
beſonders der friſch gebrannte, giebt durch ſein Anziehen oder Wiederabgeben der
Kohlenſaͤure den Pflanzen allerdings wohl einige wirkliche Nahrung, allein ſie iſt
von keiner großen Bedeutung, und ſeine Hauptwirkung beſteht darin, daß er den
H h 2
[244]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Humus und die vegetabiliſchen Theile zerſetzt und zu einem geſunden Nahrungsſtoff
fuͤr die Pflanzen umwandelt. Daher iſt ſeine Wirkung groß, wenn er dieſer Ma-
terie viel antrifft. Die Zerſtoͤrung des Unkrauts bei guter Behandlung iſt ſchon
von großem Belange. Natuͤrlich hat man daher von einer Kalkduͤngung, manch-
mal ſogar von einer wiederholten, ſo reiche Ernten gehabt, wie von keiner Miſt-
duͤngung. Unverſtaͤndige haben daher der erſteren vor der letzteren einen Vorzug
gegeben, und dieſe ganz entbehren zu koͤnnen geglaubt. Aber die Erſchoͤpfung des
Bodens zeigte ſich dann fruͤher oder ſpaͤter als abſchreckendes Beiſpiel, und nun
hat man fuͤr die Gefahr einer jeden Kalkduͤngung gewarnet. Der Verſtaͤndige
aber, der einſah, daß der Kalk dieſen Miſt keinesweges entbehrlich mache, ſeine
Wirkung aber verſtaͤrke, benutzte die Fruchtbarkeit, welche der Kalk den erſten
Saaten gab, um deſto mehr Material zu einer ſtaͤrkern Miſtduͤngung zu gewin-
nen, und ſomit durch Miſt dem Acker das wieder zu erſetzen, was der Kalk in die
uͤppige Vegetation uͤbergetrieben hatte. Er bedient ſich auch da des Kalks noch
fortdauernd auf eine maͤßige Weiſe, wo andere gaͤnzlich von deſſen Auffuhr abge-
ſchreckt ſind.
§. 59.
Koſten der
Kalkduͤngung.Die Anwendbarkeit der Kalkduͤngung haͤngt hauptſaͤchlich von den Koſten ab,
wofuͤr man ſie haben kann, und dieſe ſind der Lokalitaͤt nach ſehr verſchieden.
Wenn man einen Winſpel Kalk, welcher im Durchſchnitt auf 1 Morgen urbares
Ackerland gehoͤrt, fuͤr 10 bis 12 Rthlr. auf den Acker bringen kann, ſo iſt es die-
ſer Ausgabe werth; beſonders in dem Falle, wo der Boden in guter Dungkraft
ſteht, aber mit Unkraut ſo angefuͤllt iſt, daß die Ernten deshalb ſeiner Kraft nicht
entſprechen, und unter der Vorausſetzung, daß man doch eine reine Brache halten
will und muß. Hier wird ſich dieſe Auslage in kurzer Zeit wieder bezahlen. Es
verſteht ſich, daß man ſtatt des Kalkes kein anderes in ſeiner Wirkung ihm gleich-
kommendes Duͤngungsmittel, kalkreichen Mergel, Seifenſieder- oder gute Torf-
aſche mit geringeren Koſten haben koͤnne. Die Koſten einer Kalkduͤngung laſſen
ſich nach der Lokalitaͤt von jedem leicht berechnen.
Sie ſind da am geringſten, wo man einen Kalkſteinbruch in der Naͤhe hat,
oder in Kalkſteingeſchieben den Leſekalk in Menge findet, oder auch von dem ſoge-
nannten Mergelkalk leicht Kalkziegel ſtreichen kann; wenn zugleich das Feuerma-
[245]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
terial, Holz, Steinkohle und Torf, wohlfeil iſt, und man ihn alſo leicht an Ort
und Stelle brennen kann, ohne ihn weit anfahren zu laſſen. Bei einer weiteren
Anfuhr des rohen Kalkſteins muß man wohl erwaͤgen, daß er beinahe doppelt ſo
ſchwer iſt, als der gebrannte, und daß man alſo bei der Fuhre leicht ſo viel verlie-
ret, wie man durch das Selbſtbrennen gewinnt. Wenn gleich der reine Kalk auch
zur Duͤngung immer beſſer iſt, als der unreine, ſo kann man doch auch letztern
dazu gebrauchen. Wenn er nur nicht uͤber 15 Prozent Thonerde hat, ſo iſt er
zum Brennen noch zu brauchen, und an Sand kann er noch mehr halten. Man-
cher Kalkſtein iſt mit vielen metalliſchen Oxyden vermengt, die ihn wegen der
ſchmutzigen Farbe zum Moͤrtel verwerflich machen; zum Duͤnger bleibt er aber
dennoch gut. Nur gegen den bittererdigen Kalk hat Tennant und nach ihm
mehrere Englaͤnder gewarnt, und wollen von der kohlenſaͤurefreien Bittererde eine
hoͤchſt nachtheilige Wirkung auf die Vegetation bemerkt haben.
§. 60.
Ueber die Wirkung des gebrannten Kalks auf Wieſen geſtreut ſind die Mei-Wirkung des
Kalks auf,
Wieſen.
nungen ebenfalls getheilt. Ich kenne daruͤber keine genau angeſtellte und verſchie-
dentlich modifizirte Verſuche, aber ſo viel ſcheint mir aus den zerſtreuten Erfah-
rungen zu erhellen, daß man vorſichtig damit verfahren muͤſſe, und daß ein ſtarkes
Aufbringen des aͤtzenden Kalks leicht gefaͤhrlich werden koͤnne. Ein ſchwaches
Ueberſtrenen ſoll dagegen auf trockenen Wieſen ſehr gute Wirkung, auf naſſen aber
gar keine gethan haben, und man hat beſonders bemerkt, daß die Kleearten und
Wicken ſtaͤrker dadurch hervorgelockt ſind.
Sehr kalkhaltige Gewaͤſſer thun durch Ueberſtauung und Ueberrieſelung den
Wieſen vorzuͤgliche Dienſte, aber hier wird kohlenſaurer und dennoch fein zertheil-
ter Kalk niedergeſchlagen.
§. 61.
Der ungebrannte Kalk iſt allerdings auch wirkſam; aber theils iſt ſeine Wir-Ungebrannter
Kalk.
kung nicht ſo groß, wie die vom gebrannten, und er muß in groͤßerer Menge auf-
gebracht werden, wenn er etwas leiſten ſoll; theils iſt es ſehr ſchwer, ihn ſo fein:
zu puͤlvern, als noͤthig iſt. Er koͤmmt deshalb faſt nur zufaͤllig und als Abfall in
Gebrauch. Der Abkehrigt von Kalkſtein-Chauſſeen wird mit ſehr großem Nutzen
auf die anliegenden Aecker gebracht, der dann freilich auch andere duͤngende Theile
[246]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
in ſich begreift. Von dem Marmorſtaube aus den Werkſtaͤten der Steinhauer hat
man ſehr gute Wirkung geſehen.
Selbſt der alte Moͤrtel ſcheint ſich mit der Zeit aufzuloͤſen, wenn er in Verbin-
dung mit faulenden Theilen kommt. Er thut wenigſtens, auf Wieſen gebracht, eine
ſehr auffallende Wirkung, aber erſt nach einigen Jahren.
§. 62.
Der Mergel.Der Mergel beſteht aus Thon und kohlenſaurem Kalk, wie wir wiſſen, in ſehr
verſchiedenen Verhaͤltniſſen, aber innig mit einander vermiſcht, ſoll er anders den
Namen Mergel verdienen. Mittelſt dieſer Beſtandtheile wirkt er als Duͤngungsmit-
tel auf eine doppelte Weiſe; phyſiſch durch den Thon, indem er die Konſiſtenz des
loſen Bodens dadurch verbeſſert, und zwar auf eine beſtaͤndig nachhaltende Weiſe,
und chemiſch durch den Kalk oder eigentlich duͤngend, welche Wirkung ſich aber nach
und nach vermindert, und endlich ganz verliert. Dieſe beide Wirkungen muͤſſen wir
wohl unterſcheiden. Er thut mehr die eine oder die andere, je nachdem der Thon
oder der Kalk in ihm uͤberwiegt. Um die erſtere merklich durch den thonigen Mer-
gel zu erreichen, muß er natuͤrlich weit ſtaͤrker aufgefahren werden, wie der kalkige
Mergel, von dem man nur die letztere erwartet, und jene phyſiſche nachhaltende Ver-
beſſerung findet auch nur auf demjenigen Boden ſtatt, welcher deren bedarf; woge-
gen einem ohnehin zu thonigen Boden das Auffahren des Thonmergels, wenigſtens
nachdem die Wirkung des Kalkes voruͤber iſt, nur nachtheilig werden koͤnnte.
Durch die innige Mengung der beiden Beſtandtheile hat der Mergel den großen
Vorzug vor dem bloßen Thon oder Lehm, und vor dem kohlenſauren Kalk, oder etwa
vor einer kuͤnſtlichen Vermengung beider, daß er ſich von ſelbſt vollkommen zertheilt,
in das feinſte Pulver zerfaͤllt, und ſich in den kleinſten Partikeln mit der Ackerkrume
vermengen laͤßt.
§. 63.
Meinungen
uͤber den
Mergel.Der Nutzen des Mergels iſt ſchon in uralten Zeiten bekannt geweſen, und er iſt
hier und da, wo einige Betriebſamkeit im Ackerbau herrſcht, immer aufgefahren wor-
den. Daß ſich ſein Gebrauch nicht mehr verbreitete, lag wohl hauptſaͤchlich an der
Unkenntniß ſeiner Natur. Man verband den Begriff des Mergels immer nur mit
einem Mineral von einer gewiſſen in die Sinne fallenden Beſchaffenheit. Da nun
der Mergel ſo mannigfaltige Geſtalten und Farben hat, ſo erkannte Niemand den
[247]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Mergel, der anders ausſah, als die ihm bekannte Art. So ließ der große Frie-
derich — der die geſundeſten und richtigſten Begriffe vom Ackerbau hatte, aber end-
lich durch den geringen Erfolg, den ſeine Anordnungen, weil man ſie mißverſtand,
hatten, davon abgeſchreckt wurde — in den ſechziger Jahren viele Mergelgraͤber
kommen, welche die ſaͤmmtlichen Marken durchreiſen, und nach Mergel ſuchen muß-
ten, erhielt aber von allen Orten her den Bericht, daß, der ſorgfaͤltigſten Unterſu-
chung ungeachtet, nirgends Mergel aufzufinden ſey; und dennoch liegt in den Mar-
ken der Mergel im groͤßten Ueberfluſſe, und zwar gerade von einer ſolchen Beſchaf-
fenheit, wie ſie dem groͤßern Theile des Bodens am angemeſſenſten iſt. Das Vor-
urtheil, daß hier kein Mergel zu finden ſey, war ſo eingewurzelt, daß man mich
beinahe verſpottete, wie ich aufangs vom Mergeln ſprach. Dieſe aus gebirgigten
Orten hergekommenen Mergelgraͤber kannten vermuthlich nur den ſteinigen Mergel,
der ſich freilich nicht anders als in gebirgigten Gegenden findet. In andern Gegen-
den kannte man nur den weißen Mergelkalk, welcher ſich nicht leicht anders als in
Niederungen und in wenig maͤchtigen Lagern findet. Der lehmige Mergel, welcher
in den Ebenen am meiſten verbreitet iſt, war faſt allgemein verkannt, und wo der Zu-
fall deſſen Nutzen gelehrt hatte, wie in der Pretzer Probſtey in Hollſtein (Vergleiche
Thaers vermiſchte Schriften Bd. I. S. 631.), da glaubte man, ausgegrabener
Lehm thue dieſe Wirkung, und nahm nun freilich zu Zeiten Lehm, der kein Mergel
war, hatte alſo auch nicht die erwartete Wirkung davon. Die Chemie konnte uns
zuerſt Aufſchluͤſſe uͤber die Erfahrungen geben, die im Widerſpruch mit einander zu
ſtehen ſchienen.
Ferner ſtand der Verbreitung des Mergelns der Mißbrauch entgegen, welchen
man davon gemacht hatte. Wo man ſich naͤmlich von ſeiner großen duͤngenden
Eigenſchaft uͤberzeugt hatte, berechnete man haͤufig, daß er wohlfeiler als der Miſt
ſey; glaubte des letztern entbehren zu koͤnnen, ſchraͤnkte den Viehſtand ein, und ver-
kaufte Heu und Stroh an andere, die nicht mergelten. Natuͤrlich ward alſo der Bo-
den, nachdem die chemiſche Wirkung des Mergels voruͤber war, unfruchtbar, und
eine zweite Mergelung half bei einem humusleeren Boden ſehr wenig. Deshalb
entſtand ſchon vor mehreren hundert Jahren das Sprichwort: der Mergel mache reiche
Vaͤter, aber arme Kinder; und das Wort ausmergeln; welches man, ſelbſt
ohne Ruͤckſicht auf ſeinen Urſprung, uͤberhaupt fuͤr das Erſchoͤpfen des Bodens ge-
[248]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
braucht. Bei einer guten Wirthſchaft iſt aber jenes Sprichwort ſo wenig wahr, daß
man im Gegentheil ſagen kann, der Mergel vermehre den Reichthum progreſſiv bei
jeder Generation, indem durch ihn auch das Material des Miſtes ſelbſt in immer groͤ-
ßerer Quantitaͤt erzeugt wird.
§. 64.
Ueber die Natur, die Kenntniß, die Art und die Lage des Mergels haben wir
S. 94 in den §. 89. geredet. Es bleibt alſo nur die Rede von ſeiner Anwendung
und von der Manipulation uͤbrig.
Da die Anfuhr das erheblichſte und koſtſpieligſte iſt, ſo muß man vor allem ihn
Auffuhr des
Mergels an
beguͤnſtigten
Orten.an der naͤchſten Stelle des zu bemergelnden Feldes aufzufinden ſuchen. Geſetzt auch
daß er an einer ſolchen Stelle, der tiefern Lage wegen, beſchwerlicher zu gewinnen und
aufzuladen waͤre, ſo wird dies, der nahen Anfuhr wegen, doch immer erſetzt. Dieſe
Ruͤckſicht tritt da am ſtaͤrkſten ein, wo man vom lehmigen Mergel eine ſtaͤrkere Auf-
fuhr machen, und ſomit loſen Boden durch die Thontheile verbeſſern will. Gluͤckli-
cher Weiſe findet ſich aber dieſer thonige Mergel in Gegenden, wo er an einem Orte
ſteht, auch faſt allgemein verbreitet, liegt nur flacher oder tiefer unter der Oberflaͤche;
wogegen der kalkige und ſteinige Mergel ſich oft nur an einzelnen Stellen abgelagert
hat, und oft weit her angefahren werden muß; was aber bei der geringen Quantitaͤt,
deren man bedarf, dann auch leichter geſchehen kann.
Bei einer nicht merklich verſchiedenen Entfernung hat man dann die Stelle zur
Mergelgrube zu waͤhlen, wo er am flachſten liegt, und wo die Grube dem mindeſten
Waſſerzulauf ausgeſetzt ſeyn wird. In allen ebenen Gegenden liegt der Mergel am
flachſten an der Spitze der Huͤgel, und zwar mehrentheils ſolcher Huͤgel, die ſich durch
eine dunkelbraune bei maͤßiger Feuchtigkeit zerkruͤmelnde Lehmerde auf der Oberflaͤche
auszeichnen.
Bevor man die Mergelgrube anlegt, muß man ſich durch den Erdbohrer, oder
durch nebeneinander eingeſenkte Loͤcher uͤberzeugen, daß der Mergel, von gewuͤnſch-
ter Beſchaffenheit, ſich daſelbſt in betraͤchtlichen Lagern befinde. Es iſt jedoch ſelten,
daß man ihn ganz ununterbrochen findet, und daß beſonders in den obern Schichten
nicht Sandadern und Sandlagen dazwiſchen kommen. Dieſe duͤrfen daher nicht ab-
ſchrecken, und das unbrauchbare kann bei der Boarbeitung der Mergelgrube leicht bei
Seite
[249]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Seite geſchafft, und ſogar zur Ausfuͤllung der tief ausgegrabenen Stellen nuͤtzlich an-
gewandt werden.
Man unterſucht ſodann den Gehalt des aufgefundenen Mergels. Er iſt ſelten
ganz gleich, und wechſelt von Stellen [...] Stellen ab. Man muß daher mehrere
Stuͤcke unterſuchen, und den Gehalt im Durchſchnitt nehmen, indem er bei dem
Ausfahren ziemlich durcheinander gemengt wird. Je ſandiger der Boden iſt, worauf
man den Mergel bringen will, um deſto nutzbarer iſt der mergeligte Thon, der wenig
Kalktheile hat, und er wird ſchon brauchbar, wenn er 12 bis 15 Prozent Kalk ent-
haͤlt, obwohl man ihn, um die Wirkung des Kalkes zu erreichen, ſo viel ſtaͤrker auf-
fahren muß. Nur der vielen Sand enthaltende Mergel iſt fuͤr ſolchen Boden verwerf-
lich. Auf thonigem und lehmigen Boden hingegen wuͤrde jener Mergel nicht paſſen,
und man muß da ſolchen aufzufinden trachten, der wenigſtens 40 Prozent, beſſer
aber noch mehr an Kalk enthaͤlt. Dagegen ſchadet hier der ſandige Mergel, der
manchmal vielen Kalk hat, nicht; ſondern iſt im Gegentheil vorzuͤglich anwendbar.
Der ſteinige Mergel in gebuͤrgigen Gegenden iſt fuͤr den Thonboden beſonders geeignet,
indem er wenig Thonerde, ſondern groͤßtentheils Kalk und feine Kieſelerde zu enthal-
ten pflegt. Nur zerfaͤllt er oft erſt ſpaͤt.
§. 65.
Nachdem man ſich von der Zweckmaͤßigkeit der Stelle und ihres Gehalts uͤberzeugtEinrichtung
der Mergel-
grube.
hat, legt man durch Abraͤumung der Oberflaͤche die Mergelgrube an. Dieſe Abraͤu-
mung muß ſo tief geſchehen, bis man auf die eigentliche Mergellage, welche einen
gehoͤrigen Gehalt hat, kommt. Der Abraum iſt manchmal zur Ausfuͤllung von Sin-
ken, die ſich in der Nachbarſchaft der Mergelhuͤgel zu finden pflegen, zu gebrauchen.
Sonſt bringt man ihn auf den unteren Rand der Grube in genugſame Entfernung,
um nicht auf die Wand derſelben zu druͤcken, aber doch auch nicht zu weit weg, weil
man ſich deſſen zur Ausfuͤllung der tief ausgegrabenen Stellen in der Folge nuͤtzlich
bedienen kann. So wie man alle Arbeiten bei dieſer Operation moͤglichſt zu verdingen
ſuchen muß, ſo iſt dies auch ſchon bei dem Abraume der Fall, und man macht dieſen
Verding ſchachtruthenweiſe, oder nach anderen in der Gegend bekannten Maßen.
Will man ſich der abgeraͤumten Erde nicht zu einem beſondern Zwecke an einem ent-
ferntern Orte bedienen, ſo laͤßt man ſie nicht durch Pferde, ſondern nur durch Hand-
karren wegſchaffen, zuweilen auch nur durch den Wurf auf den Rand hinauswerfen.
Zweiter Theil. J i
[250]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Dieſes Wegſchaffen giebt man dann zugleich mit in Verding. Manchmal kann man
ſich auch des Mollbretts, welches in der Folge beſchrieben werden wird, nuͤtzlich
bedienen.
Zuweilen iſt es rathſamer den Abra [...] von der ganzen Flaͤche und in der vollen
Breite, die man der Grube zu geben gedenkt, wegſchaffen zu laſſen; zuweilen aber
erſt eine ſchmaͤlere Breite zu nehmen, naͤmlich in dem Fall, wo man nicht ſehr tief zu
gehen gedenkt, und den fernern Abraum dann wieder zur Ausfuͤllung der ausge-
ſtochenen Breite gebrauchen will. Man kann ſich auf die Weiſe von einer niedern
Stelle eines Mergelhuͤgels immer weiter nach deſſen Gipfel zu hineinarbeiten. Will
man hingegen ſtark in die Tiefe gehen, wozu man ſich oft, weil der Mergel immer
gleichartiger und kalkreicher wird, veranlaßt findet, ſo muß die Mergelgrube gleich
weit genug angelegt werden, damit man mehr Raum darin habe, und ſich gegen das
Einſtuͤrzen der Waͤnde ſichern koͤnne.
Eine Breite von 6 Ruthen und eine Laͤnge von 8 Ruthen machen eine maͤßige
Mergelgrube aus. Jedoch giebt es Faͤlle, wo man ſie doppelt ſo groß macht.
Sodann muß man der Mergelgrube eine beſondere Einfahrt und Ausfahrt geben,
damit das Fuhrwerk nicht darin zu wenden brauche. Beide muͤſſen gelinde abgedacht
ſeyn, ſo daß ſie bequem in die Grube hinein und herausfuͤhren.
§. 66.
Laden und
Ausfuhr des
Mergels.Bei der Arbeit der Mergelausfuhr muß man das gerechte Verhaͤltniß zwiſchen
den Arbeitern, die den Mergel loshacken und laden, und dem Fuhrwerke zu treffen
ſuchen; ſo daß eins nie auf das andere zu warten braucht. Dies Verhaͤltniß iſt nach
der Entfernung verſchieden, wohin der Mergel abgefahren wird, und wiederum nach
der Tiefe, aus welcher er hervorgeholt werden muß, nach ſeiner Zaͤhigkeit, nach der
Witterung, und oft nach dem Waſſer, welches ſich in der Grube ſammelt. Es muß
ſo eingerichtet werden, daß immer ein Fuhrwerk zum Laden in der Grube bereit ſtehe,
aber auch nicht zu warten brauche, um voll geladen zu werden. Es duͤrfen fuͤr die
Lader wenigſtens nur ſo lange Pauſen eintreten, als noͤthig ſind den Mergel loszu-
hacken, oder ihn aus einer groͤßern Tiefe herauf zu werfen. Geht die Arbeit ſchnell,
ſo muͤſſen beſondere Hacker und beſondere Lader da ſeyn.
Wenn die Entfernung groͤßer iſt, ſo kann natuͤrlich jedes Fuhrwerk nicht ſo
ſchnell wieder zuruͤckkehren, als wenn in der Naͤhe abgeſtoßen wird. Es muß ſich
[251]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
alſo das Verhaͤltniß des Fuhrwerks zu den Arbeiten darnach vermehren oder vermin-
dern, welches ſich leicht bei Beobachtung der Lokalitaͤt beſtimmen laͤßt. Kann man
bei derſelben Zahl der Handarbeiter an einem Tage mehr Geſpann geben, ſo faͤhrt man
weiter ab; kann man weniger geben, dann naͤher der Mergelgrube. Und ſo auch
umgekehrt, wenn man mehr oder weniger Handarbeiter hat.
§. 67.
Bei der Verdingung der Arbeit pflegt man manchmal das Abfahren, wozu manKoſten
und
Bezahlung
der Arbeit.
jedoch die Pferde und das Fuhrwerk giebt, mit einzuſchließen oder nicht. Erſteres
geſchieht wenn man beſondere Pferde und Karren zum Mergel- und Modderfahren an-
geſchafft hat, wozu man dann ſolche Pferde zu nehmen pflegt, an denen nicht viel
zu verderben iſt. Wenn die weiteſte Entfernung nicht uͤber 70 bis 80 Ruthen iſt, ſo
bezahlt man fuͤr ein Fuder, welches etwa 18 Kubikfuß haͤlt, in Hollſtein 1½ Schilling
oder 9 Pfennige ſchwer Geld. Hat man aber Knechte oder beſondere Fuͤhrer bey den
Pferden, ſo bezahlt man fuͤr das Laden eines Fuders 6 bis 7 Pfennige. Ich gebe
hier fuͤr ein ſolches Fuder zu laden einen ſchlechten Groſchen, welches wenig mehr als
einen Schilling ſchwer Geld macht. Es verſteht ſich aber, daß alsdann beim Loshauen
und Laden keine beſondere Schwierigkeiten ſich finden duͤrfen, und daß der Mergel nicht
aus der Tiefe heraufgeworfen zu werden brauche, ehe er auf den Wagen geladen wird.
So richtet man es ein, wenn man Ackergeſpann bei muͤßigen Zeiten zum Mergelfah-
ren nimmt, welches man den Arbeitern nicht uͤbergeben will, und wozu man auch
Knechte hat.
Ob es rathſamer ſey beſondere Pferde darauf zu halten, oder das Ackergeſpann
in muͤßigen Zeiten damit zu beſchaͤftigen, haͤngt ganz von Lokalverhaͤltniſſen ab.
Will man die Sache bis zu einer beſtimmten Ausdehnung betreiben, ſo iſt erſteres faſt
unumgaͤnglich noͤthig. Denn ſonſt richtet ſich der Fortſchritt der Arbeit nur nach der
Muße, die die Pferde und zugleich die gewoͤhnlichen Arbeiter haben. Haͤlt man beſon-
dere Mergel-Pferde, ſo muß man auch beſondere Arbeiter zu dieſem Geſchaͤfte anſtellen.
Nach den Pferden richtet ſich auch in den meiſten Faͤllen wohl das Fuhrwerk.
Bei eigenen Mergel Pferden ſind einſpaͤnnige Steigkarren ohne Zweifel am rathſam-
ſten, und die mit dieſer Arbeit immer beſchaͤftigten Pferde gewoͤhnen ſich leicht ſo, daß
bei zwei oder drei Karren nur ein Treiber zu ſeyn braucht. Das Umſtuͤrzen der Kar-
ren thun dann die Leute, welche mit dem Ausſtreuen zugleich beſchaͤftigt ſind. Nimmt
J i 2
[252]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
man aber Ackerpferde, ſo iſt ein zweiſpaͤnniger Wagen vorzuziehen. Zu vierſpaͤnni-
gen Zuͤgen rathe ich nicht, wenn der Weg nicht ſehr weit und ſchwierig iſt. Auf
kurzen Wegen ziehen zwei Pferde faſt eben ſo viel als vier. Mit dieſen habe ich hoͤch-
ſtens Ladungen von 25 Kubikfuß erreicht, mit jenen 18 bis 19 in der Regel fahren
laſſen. Der Kubikfuß wiegt in ſeinem gewoͤhnlichen Feuchtigkeitszuſtande 100 bis
103 Pfund Berliner Gewicht.
§. 68.
Ungleichheit
des Mergels
in einer
Grube.Selten bleibt ſich der Mergel, insbeſondere der thonige in einer Grube ganz
gleich. Es kommen Schichten und Saͤtze, wo er betraͤchtlich mehr, andere wo er
weniger Kalk hat. Wenn man noch nicht geuͤbt genug iſt, dies ziemlich ſicher nach
dem Anſehen unterſcheiden zu koͤnnen, ſo muß man oͤfterer eine oberflaͤchliche Unter-
ſuchung anſtellen. Je tiefer man kommt, deſto gleichartiger pflegt er zu werden.
Oft findet ſich eine Sandſchicht oder Sandader dazwiſchen. Dieſer Sand iſt manch-
mal ſehr kalkreich, und dann iſt er vortrefflich auf thonigem Boden, oder um ihn
zwiſchen Modder oder Torf zu bringen. Kann man aber den Sand oder den kalkar-
men Lehm nicht gebrauchen, ſo muß man ihn doch aus dem Wege ſchaffen, und ſtoͤßt
ihn dann in die ausgeſtochenen Tiefen, wo man nicht weiter gehen will, hinein.
§. 69.
Bearbeitung
der Grube.Ob man mit dem Ausſtechen des Mergels tiefer eindringen ſolle ader nicht, ent-
ſcheidet der Umfang der Mergellage und die Art des Mergels, der immer kalkhaltiger
zu werden pflegt, je tiefer man kommt. Aber die Arbeit wird muͤhſamer und koſt-
ſpieliger, und auch ohne große Vorſicht gefaͤhrlicher. Es muß der Mergel dann aus
der Tiefe in Abſaͤtzen heraufgeworfen werden, ehe er geladen werden kann, und dieſes
koſtet oft das Doppelte. Sehr aufmerkſam muß man darauf ſeyn, daß die Leute die
Waͤnde gerade erhalten, und nicht uͤber die perpendikulaͤre Linie hineinarbeiten, weil
ſonſt ſehr leicht durch das Einſtuͤrzen einer Wand ein Ungluͤck entſtehet.
Bei dem tieferen Eindringen hat man dann auch mehrentheils mit dem Waſſer
zu kaͤmpfen, welches ſich theils von oben herab in die Grube zieht, theils aus den
Sandadern hervordringt. Man muß es durch eine Schnecke oder Plumpe heraus-
ſchoͤpfen. Zuweilen wird aber der Zufluß des Waſſers aus einer Quelle ſo ſtark, daß
man die Grube verlaſſen muß, es ſey denn, daß der Grund derſelben noch hoch ge-
nug laͤge, um ſich deſſen durch einen Stollen entledigen zu koͤnnen.
[253]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Selten pflegt man daher tiefer einzugehen als 10 bis 12 Fuß. Indeſſen haben
es ſich einige nicht verdrießen laſſen ſehr guten Mergel 24 Fuß heraufzuholen.
§. 70.
Die Quantitaͤt des aufzufahrenden Mergels iſt ſehr verſchieden. Es kommt da-Quantitaͤt.
bei auf die Art des Mergels, die Beſchaffenheit des Bodens und den Zweck an,
welchen man damit erreichen will. Je kalkhaltiger der Mergel iſt, um deſto weniger
bedarf es deſſen, weil man bei dieſem Mergel nur auf die duͤngende Kraft der Kalk-
theile Ruͤckſicht nimmt. Man haͤlt deshalb eine Auffuͤhrung von 20 bis 25 Ladun-
gen a 18 Kubikfuß per Morgen ſchon fuͤr eine gute Mergelung. Solcher Mergel
hat dann aber 60 und mehrere Prozent Kalk, und wird auf lehmigem oder thonigen
Boden gebraucht.
Je mehr der Thon uͤberwiegt, deſto ſtaͤrker muß aufgefahren werden, und ins-
beſondere auf ſandigem Boden, welcher dann aber außer der chemiſchen Befruchtung
vom Kalk eine phyſiſche und ausdauernde Verbeſſerung dadurch erhaͤlt. Mit mer-
geligen Lehm wird ein ſolcher Boden 1 Zoll hoch uͤber und uͤber wohl befahren, da
dann 120 Ladungen erwaͤhnter Staͤrke auf den Morgen gehoͤren. In den meiſten
Gegenden, wo man die Mergelung erſt anfing, hat man dieſen Mergel ſo ſtark und
oft noch ſtaͤrker gebraucht, allerdings mit nachhaltigem Nutzen und zur radikalen
Verbeſſerung des Bodens. Indeſſen finde ich, daß man in allen Gegenden, wo man
mit der Sache bekannter geworden, und ſie mehr im Großen betrieben hat, ſparſa-
mer damit geworden ſey, und ſich mit 60 ſolcher Ladungen oft mit 40 begnuͤge.
Man hat von dieſer ſchwaͤcheren Mergelung dennoch die erwuͤnſchte Wirkung gehabt,
nur keine ſo nachhaltige, und nur auf 10 bis 12 Jahr ausdauernde. Aber man hat
dann um ſo mehr Vortheil dabei gefunden, die Mergelung nach 12 bis 16 Jahren zu
wiederholen, was bei jener ſtarken Mergelung ſich nicht ſo vortheilhaft zeigte. Da-
her laͤßt man die Arbeit, welche man daran wenden kann, zu Anfange lieber einer
groͤßeren Flaͤche zu gut kommen, und 60 ſolcher Fuder ſind bei Mergel, der etwa
25 Prozent Kalk enthaͤlt, das gewoͤhnlichſte, wodurch das Land ½ Zoll hoch bedeckt
wird. Hat der Mergel betraͤchtlich weniger Kalk — in welchem Falle er ſich nur
auf ſandigem Boden paßt — ſo muß man in dem Verhaͤltniß mehr auffahren, wenn
man eine befriedigende Wirkung von ihm haben will.
[254]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
§. 71.
Wiederholung
des Mergelns.Aus der Verſchiedenheit der Staͤrke der Auffuhr des Mergels und des Bodens
laſſen ſich die widerſprechenden Erfahrungen, die man uͤber die Wiederholung des
Mergelns gemacht hat, erklaͤren. Einmal hat man naͤmlich vom zweiten oder drit-
ten Mergeln keine Wirkung verſpuͤrt, oder gar eine nachtheilige. Ein anderes Mal
hat die zweite ja die dritte Mergelung mehr gewirkt als die erſte. Im erſtern Falle
war alles, was der Mergel geben kann, noch genug im Boden vorhanden; man
hatte aber die Miſtduͤngung vernachlaͤſſigt, und der erſchoͤpfte Humus konnte durch
keinen gewoͤhnlichen Mergel erſetzt werden. War es thoniger Mergel, ſo ward ein
Boden, dem es vielleicht an Thon ohnehin nicht gebrach, mit Thon uͤberfuͤllet, und
wirklich dadurch verdorben. Im zweiten Falle hatte man die Miſtduͤngung nicht ver-
abſaͤumt, und der Mergel war dem Boden in Anſehung ſeiner phyſiſchen Wirkung
angemeſſener: die Konſiſtenz des Bodens verbeſſerte ſich.
Wo man regulaͤr mergelt aber auch genugſam miſtet, nimmt man es als ein
Zeichen an, daß der Acker des Mergels mehr als des Miſtes wieder beduͤrfe, wenn
Unkraut irgend einer Art uͤberhand darauf nimmt, und uͤppig darauf waͤchſt. Dann
vertilgt nicht nur der Mergel, mit dem freilich eine fleißig bearbeitete Brache verbun-
den iſt, das Unkraut, ſondern giebt auch mehrere Fruchtbarkeit als der Miſt. Denn
das Ueberhandnehmen und die Ueppigkeit des Unkrauts beweiſet, daß noch vegetabi-
liſcher Nahrungsſtoff genug im Boden, dieſer aber dem Unkraut angemeſſener, wie
dem Getreide ſey. Die chemiſchen Wirkungen des Mergels aͤndern die Natur des
Humus wahrſcheinlich um.
Wo aber wiederholte Mergelungen gebraͤuchlich ſind, iſt man in der Regel ſpar-
ſamer in der Quantitaͤt. Vom thonigen Mergel faͤhrt man dann auf ſandigen Bo-
den 25 bis 30 Ladungen, vom kalkigen Mergel auf Lehmboden oft nicht mehr als
10 Ladungen auf.
§. 72.
Dauer ſeiner
Wirkung.Die Dauer ſeiner Wirkung wird eben ſo verſchieden angegeben, und muß es den
Umſtaͤnden nach ſeyn. Sandiger Boden wird durch eine ſtarke Auffuhr von Thon-
mergel auf ewig verbeſſert in ſeinen phyſiſchen Eigenſchaften, und traͤgt fortdauernd
beſſere Ernten, wenn er zu rechter Zeit Miſtduͤngung erhaͤlt. Die chemiſche Wir-
kung des Mergels verſpuͤrt man, je nachdem er ſchwaͤcher oder ſtaͤrker aufgefahren iſt,
[255]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
10 bis 20 Jahr. Die Wirkung des kalkigen Mergels auf Thonboden nimmt man in
der Regel auf 12 Jahre an. Dem Pachter werden in einigen Gegenden die Koſten
der Mergelung in dieſem Verhaͤltniſſe erſetzt, wenn er vor vollendeter Abnutzung ab-
gehet. Hat er ihn z. B. 5 Jahre benutzt, ſo bekommt er 7/12 der Koſten, hat er
ihn 9 Jahre benutzt, 3/12 heraus.
Der Effekt des Mergels ſteigt in der Regel bis zum dritten Jahre, haͤlt ſich dann
3 Jahre in ſeiner Hoͤhe — gerechte Miſtduͤngung vorausgeſetzt — und nimmt dann
wieder ab. Jedoch kommt es darauf an, ob der Mergel ſchneller oder langſamer zer-
faͤllt. Er aͤußert ſeine volle Wirkung erſt dann, wenn er ſich recht innig mit der Ak-
kererde verbunden hat. Deshalb kommt es auch ſo ſehr auf ſeine Behandlung an,
nachdem er aufgefahren worden.
§. 73.
Wenn man beſondere Pferde auf das Mergelfahren haͤlt — wie es da geſchie-Zeit der Aus-
fuhr.
het, wo dieſe Operation im Großen betrieben wird — ſo faͤhrt man mit der Arbeit,
wenn es die Witterung und der tief eingedrungene Froſt nicht verhindert, ununter-
brochen durch alle Jahreszeiten fort. Gebraucht man nur aber das gewoͤhnliche Ge-
ſpann — oft ſelbſt die Zugochſen — dazu, ſo trift die Zeit der Muße nur im Spaͤt-
herbſte und Winter, nur dann nach der Fruͤhjahrsbeſtellung bis zur Ernte ein. Der
vor und im Winter ausgefahrne Mergel iſt von der ſchnellſten Wirkung, weil er durch
den Froſt am beſten zerfaͤllt. Wenn der Froſt vor dem Schnee nur nicht zu tief ein-
gedrungen iſt, ſo verlohnt ſichs der Muͤhe dieſen, da wo man ausſtechen will, weg-
raͤumen, und die gefrorenen Brocken durchbrechen zu laſſen, und den Mergel dann
mit Schlitten auffahren zu laſſen. Oft aber wird doch die Arbeit zu ſchwierig. Der
ſpaͤter aufgefahrene zerfaͤllt ſelten genug, um ſich hinlaͤnglich mit der Ackerkrume, des
mehrmaligen Pfluͤgens ungeachtet, zu mengen, und kann dann auf die naͤchſte Win-
terung keine merkliche Wirkung haben. Die Regel der Englaͤnder, daß der Mer-
gel zweier vollen Sommer Sonne und eines vollen Winters Froſt gehabt haben muͤſſe,
ehe man ihn unterpfluͤge, wird ſelten befolgt. Bringt man ihn, wie es gewoͤhnlich
geſchiehet und vorgeſchrieben wird, auf die geſtuͤrzte Brache, ſo muͤſte man nach je-
ner Regel 2 Jahr ungenuͤtzte Brache halten. Die Englaͤnder bringen ihn aber auch
auf den ungeſtuͤrzten Dreeſch: Gras und Klee ſollen kraͤftig herdurch wachſen, und
eine reiche Weide geben, der Mergel ſich aber nun nach dem Umbruch leicht mit der
[256]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Erde mengen. Wenn indeſſen der vor und im Winter aufgefahrene Mergel bis gegen
die Mitte des Sommers liegt, ſo iſt er gewoͤhnlich zerfallen genug, um ſich durch
fleißiges Pfluͤgen, Eggen und Walzen mit der Ackererde genau mengen zu laſſen.
Aber der im Fruͤhjahr gefahrene zerfaͤllt ſelten genug, um nicht vorerſt in Stuͤcken
und Kloͤßen im Boden zu bleiben, wenn er untergepfluͤgt wird. Von jenem hat
man daher eine ſchnellere, von dieſem eine ſpaͤtere, im erſten Jahre keine merkliche
Wirkung.
Einige, die aus dem aufgefahrenen Mergel ſo fruͤh wie moͤglich Nutzen ziehen
wollen, ſaͤen ſchon Soͤmmerung ein, Gerſte und Hafer oder Buchweizen, mehren-
theils aber mit ſchlechtem Erfolge. Eine reine, fleißig bearbeitete Brache iſt durchaus
noͤthig, wenn er bald wirken ſoll.
§. 74.
Ausſtreuung
und Ueber-
pfluͤgung.Daß die Ausſtreuung mit Sorgfalt geſchehe, ſo daß er gleichmaͤßig verbreitet
werde, verſteht ſich von ſelbſt. Darauf wird er bei trocknem Wetter ſcharf durcheg-
get, dann, wenn Kloͤße oder Stuͤcken bleiben, gewalzet, und nun, nachdem er
einen Regen erhalten aber wieder abgetrocknet iſt, nochmals geegget. Alsdann wird
er, und zwar ſo flach als moͤglich zum erſten Male untergepfluͤgt. Und nun erhaͤlt
das Land mindeſtens noch drei Furchen mit jedesmal darauf folgendem Eggen. Die
genauere Verbindung mit der Ackererde wird dann die Natur bewirken. Kommt er
aber klumpigt zu liegen, ſo kann ſie das nicht, und es wird dann erſt bei den nachfol-
genden Beſtellungen die Mengung allmaͤlig geſchehen. Was ſich aber nicht in feinem
Pulver gemengt hat, iſt bis dahin nicht nur unwirkſam, ſondern der Vegetation po-
ſitiv nachtheilig.
§. 75.
Koſten der
Mergelung.Die Koſten der Mergelung werden ſehr verſchieden angegeben, und muͤſſen es
natuͤrlicher Weiſe ſeyn. Die Arbeit des Auswerfens und Aufladens richtet ſich haupt-
ſaͤchlich nach der Tiefe, aus welcher er herausgefoͤrdert wird. Jedoch kommt auch die
Zaͤhigkeit des Mergels und das Waſſer, womit man zu kaͤmpfen hat, in Betracht.
Kann der Mergel, nachdem er losgehackt worden, ſogleich aufgeladen werden, ſo
iſt ziemlich allgemein die Bezahlung fuͤr eine Ladung von 18 Kubikfuß zwiſchen
6 und 3 Pfennige. In Hollſtein zahlet man dafuͤr 1½ Schilling oder 9 Pfennige
ſchwer Geld, wobei aber die Arbeiter, denen man Pferde und Fuhrwerk, aber keine
Inſtrumente
[257]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Inſtrumente giebt, ihn zugleich ausfahren und abſtoßen muͤſſen, vorausgeſetzt, daß
die Entfernung nicht weit ſey, und daß 25 Ladungen in einem Tage gefahren werden
koͤnnen. Hier bezahle ich fuͤr ein ſolches Fuder ohne Ausfahren, und wenn den Leu-
ten die Hacken dazu gegeben werden, 1 Groſchen ſchlecht Geld, welches etwa 1 Schil-
ling Daͤniſch betraͤgt. Hierbei haben die Arbeiter einen gerechten Verdienſt.
Das Ausfahren richtet ſich ganz nach der Entfernung. Kalkhaltiger Mergel
wird auf thonigem Boden nicht ſelten eine Meile und weiter herbeigeholt, ſo daß ein
Geſpann taͤglich nur 2 Fuder, oft nur 1 Fuder herſchaffen kann. Dieſe Mergelung
kommt daher ſehr hoch, ungeachtet ſie nur ſparſam gebraucht wird, und uͤberwiegt
dann mehrentheils die Koſten einer Kalkduͤngung. Lehmmergel kann nur benutzt
werden, wenn er in der Naͤhe liegt, und man ſucht ihn daher auf einer jeden Feld-
breite ſo nahe als moͤglich aufzufinden, und ſpart deshalb die Koſten lieber nicht, die
das Abraͤumen mehrerer Gruben verurſacht. Nach der Entfernung wird es ſich in
jedem beſonderen Falle leicht berechnen laſſen, wie oft gefahren werden koͤnne.
Eine haͤufig zutreffende Berechnung der Koſten um einen Morgen mit Lehmmer-
gel zu befahren, wird folgende ſeyn.
- 60 Fuder Mergel auszuſtechen und zu laden, à 8 Pfennige 1 Rthlr. 18 Gr.
- 2 Pferde, welche im Durchſchnitt in drei Tagen 1 Morgen
befahren, das Pferd taͤglich mit Einſchluß des Fuhrwerks,
à 8 Gr. . . . . . . . 2 - — - - Das Ausſtreuen des Mergels, per Morgen . . — - 8 -
- Die Koſten des Abraͤumens und anderer zufaͤlliger Nebendinge,
per Morgen . . . . . . . — - 4 - - Der Fuͤhrer, taͤglich 6 Gr. . . . . . — - 18 -
- 5 Rthlr. — Gr.
Dies iſt indeſſen nach den guͤnſtigſten Umſtaͤnden berechnet; wenn aber Schwierigkeiten
eintreten, ſteigen die Koſten natuͤrlich hoͤher. In den kuͤrzeſten Wintertagen koͤn-
nen vielleicht nur 15 Fuder gefahren werden, in langen Tagen aber auch 25. In
jenen kann man die Arbeit der Pferde aber auch nicht ſo hoch berechnen, in dieſen
muß ſie hoͤher angeſchlagen werden.
Zweiter Theil. K k
[258]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Bei einer ſcharf betriebenen Mergelung in betraͤchtlicher Entfernung vom Hofe,
ſaͤete man Wicken auf das ſchon bemergelte Land, tuͤderte auf ſolchem die Mergel-
pferde, und ließ ſie Tag und Nacht an der Stelle.
§. 76.
Erfolg der
Mergelung.Man hat von dem Mergel, beſonders vom lehmigen auf Sandboden immer eine
merkliche Wirkung verſpuͤrt, wenn dieſer Boden auch ganz ausgeſogen und ſo un-
fruchtbar war, daß er ſelbſt nach mehrjaͤhriger Ruhe die Beſtellung nicht bezahlte;
allein dieſe Wirkung wird nur relativ, aber nicht abſolut auffallend ſeyn. Der Er-
trag wird ſich von 2½ Scheffel vom Morgen auf 5 Scheffel mehrere Ernten hindurch,
beſonders bei der dritten erheben, hernach aber, wenn man dem Lande nicht lange
Ruhe oder Miſt giebt, wieder ſinken, Auf einem Boden aber, welcher noch Kraft
und Humus in ſich hat, welcher zuweilen eine Duͤngung erhielt, und dann nicht ganz
ausgeſogen zur Dreeſchweide niedergelegt wurde, ſieht man von einer Mergelung un-
gleich hoͤheren Effekt, und man hat haͤufig 10 Scheffel von einem Morgen geerntet,
von dem man ohne Duͤngung etwa 4 Scheffel haͤtte erwarten duͤrfen.
Noch groͤßer und nachhaltiger wird aber dieſe Wirkung, wenn man eine, auch
nur ſchwache Miſtduͤngung damit verbindet. Iſt der Boden in geringer Kraft, ſo
iſt es rathſam dieſe Miſtduͤngung zu hoͤchſtens 4 Fudern per Morgen zugleich mit dem
Mergel oder im folgenden Jahre zu geben. Haͤtte er aber noch Kraft, ſo waͤre La-
gerkorn davon zu beſorgen, und man kann zwei bis drei Ernten von dem bloßen Mer-
gel nehmen, bis eine Miſtduͤngung unbedenklich ſcheint. Sobald man dies verſpuͤrt,
darf man durchaus nicht laͤnger damit ſaͤumen, indem die Kraft des Bodens ſonſt
ſtaͤrker erſchoͤpft wird, als ohne Mergelung geſchehen waͤre, und dann ſehr ſchwer
wieder herzuſtellen iſt.
Auch wird mit der Mergelung ſehr zweckmaͤßig eine Modderung verbunden, und
dieſe Verbindung thut großen und ſchleunigen Effekt, ſelbſt auf ausgeſogenem Boden.
Vom Unterpfluͤgen einer gruͤner Saat von Buchweizen auf gemergelten Lande
hat man in England große Wirkung geſehen. Der Spoͤrgel wuͤrde ſich nicht minder
dazu paſſen.
Komparative Verſuche uͤber dieſe Miſchungen werden auf einem ausgeſogenen
Boden im Jahre 1810 hoffentlich von mir angeſtellt werden, da es die Kriegeslaſten
nicht fruͤher erlauben wollen.
[259]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
§. 77.
Die Mergelung iſt unter allen Meliorationen diejenige, wozu ſich am haͤufigſten
Gelegenheit findet, und die dann den nachhaltigſten und, wenige andere ausgenom-
men, den hoͤchſten und auffallendſten Nutzen bringt.
§. 78.
Endlich giebt es noch eine Erde, deren man ſich mit auffallender Wirkung zumDuͤngererde
beſonderer
Art.
Duͤngen bedient, die einen betraͤchtlichen Antheil vom Kalk hat, aber zugleich ſehr
reich an Humus iſt. Man findet ſie in den Niederungen an großen Stroͤmen, deren
Boden vom Waſſer ohne Zweifel abgelagert worden. Sie iſt blaͤulich von Farbe,
und wie ein ſehr magerer zerkruͤmelnder Lehm, aber ſanft anzufuͤhlen. Zuweilen iſt
ſie mit kleinen Muſcheln vermiſcht, jedoch nicht immer. Sie liegt gewoͤhnlich nicht
unter der oberen Ackererde; ſondern zwiſchen dieſer und jener duͤngenden Erde liegt ein
unfruchtbarer Lehm, welcher durchſtochen und abgeraͤumt werden muß.
Bei der Unterſuchung dieſer Erde aus den Oldenburgiſchen Marſchen fanden ſich
folgende Beſtandtheile: ſehr feiner zur Haͤlfte durch Schlemmen zur Haͤlfte durch
Sieden abgeſchiedener Sand 36; kohlenſaurer Kalk 14; Humus 5; fetter Thon 44;
Gyps 1; = 100.
Der Humus war offenbar thieriſcher Natur, und gab beim Verbrennen einen
ſehr ſtinkenden Geruch.
Ich vermuthe daß man dieſe wirkſame Duͤngererde an mehreren Orten finden
koͤnne, wo man ſie noch nicht kennt. Sie iſt durch den Moder der Waſſerpflanzen,
der Fiſche und Schalthiere gebildet, und mit dem feinen Sande hier abgeſetzt, nach-
her aber durch einen Niederſchlag des von der Hoͤhe herabſtuͤrzenden Waſſers bedeckt
worden. Es verlohnt ſich der Muͤhe in allen Thaͤlern, die vormals wahrſcheinlich
unter Waſſer ſtanden, darnach zu ſuchen.
Man verfaͤhrt bei dem Herausbringen derſelben (was man in Niederſachſen Kuh-
len oder Wuͤhlen, und die Erde daher Kuhl- oder Wuͤhl-Erde nennt) folgen-
dermaßen.
Man macht zuerſt eine Grube von 5 bis 6 Fuß Breite und 12 Fuß Laͤnge, wirft
die obere Ackererde zu einer Seite, den unfruchtbaren Thon, der 4 bis 5 Fuß tief
liegt, zur andern, und bringt dann die geſuchte Erde, die bis zu einer großen Tiefe
K k 2
[260]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
liegt, heraus, ſo tief als man ohne Gefahr kommen kann. Dann ſetzt man die
Grube fort, legt die Ackererde wieder auf die Seite, ſtoͤßt nun aber den unfruchtba-
ren Thon in die vorige Grube, und bringt die Duͤngererde weiter heraus. So faͤhrt
man fort, bis man ſo viel Duͤngererde hat, als man gebraucht. Die ganze Grube
wird nun wieder zugeworfen, die Ackererde oben, die Duͤngererde aber uͤber das Feld
vertheilt.
Dieſe Duͤngererde iſt fuͤr ſich allein, wenigſtens im Anfange, ganz unfruchtbar,
mit der Ackererde aber vermiſcht und tuͤchtig durchgearbeitet bringt ſie eine hohe Frucht-
barkeit hervor, und ein ſolches gekuhltes Land zeichnet ſich lange Zeit dadurch aus.
§. 79.
Gypsduͤn-
gung. Ge-
ſchichte der-
ſelben.Die Duͤngung mit Gyps oder ſchwefelſaurem Kalk iſt zwar keine neue Erſin-
dung, ſondern man trifft ſchon in aͤlteren Zeiten Spuren ihrer Anwendung auf einzel-
nen Flecken an, deren Kenntniß ſich aber nicht verbreitete. Erſt nach der Mitte des
vorigen Jahrhunderts lernte der um die Landwirthſchaft ſehr verdiente Pfarrer
Mayer zu Kupferzell im Hohenloheſchen den Gebrauch deſſelben aus einer
Korreſpondenz mit dem Grafen von der Schulenburg auf Hehlen im Han-
noͤverſchen kennen, wo der Gyps in der Gegend von Niedek, unweit Goͤttingen,
ſchon ſeit langer Zeit gebraucht war. Mayer verbreitete den Ruhm deſſelben in ſeinen
Schriften, und er fand beſonders in der Schweiz Eingang, wo ſeine Wirkung durch
entſcheidende Verſuche von Tſchiffeli und anderen angeſtellt und in den Abhand-
lungen der oͤkonomiſchen Geſellſchaft zu Bern bekannt gemacht wurden. In Deutſch-
land war es hauptſaͤchlich Schubart von Kleefeld, der ſeine großen Wirkun-
gen auf den Klee ins Licht ſtellte. Dagegen traten ſehr viele Gegner auf, die den-
ſelben nach angeblichen oder doch unvollkommenen Verſuchen fuͤr ganz unwirkſam oder
gar ſchaͤdlich erklaͤrten, ſo daß die Sache wirklich lange zweifelhaft blieb.
Insbeſondere ſetzten ſich die Aufſeher verſchiedener Salinen dagegen, indem ſie
eine Schmaͤlerung des Abſatzes ihrer Abfaͤlle, welche in den umliegenden Gegenden
gebraucht wurden, beſorgten. Dagegen fand die Gypsduͤngung in Frankreich, be-
ſonders in der Gegend um Paris, vielen Beifall, und ſie verbreitete ſich von da
nach Amerika, wohin man anfangs, den Gyps von Montmartre in großen Ladungen
hinkommen ließ. Nirgends hat ſich der Gebrauch des Gypſes ſo ſchnell verbreitet,
wie in den verſchiedenen Nordamerikaniſchen Provinzen; nirgends aber fand der
[261]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Gyps weniger Beifall, als bei den engliſchen Landwirthen. Ich erklaͤrte dies, in
meinem Werke uͤber engliſche Landwirthſchaft, aus den vielen Kalktheilen, womit
der Boden in den meiſte Provinzen Englands von Natur oder durch Kunſt uͤberhaͤuft
iſt. Allein ich irrte, weil der Gyps auf kalkhaltigem Boden, ja ſogar in den Gegen-
den, wo es viele Gypsfelſen giebt, und die Erdmiſchung alſo wahrſcheinlich ſchon
Gypstheile enthaͤlt, dennoch durch ſeine Ueberſtreuung ſehr wirkſam iſt. Vielleicht
verſchloß das Vorurtheil gegen Alles, was aus Frankreich, zum Theil auch aus
Deutſchland koͤmmt, den Englaͤndern die Augen. Die Empfehlungen aus Amerika
ſcheinen ſie ihnen neuerlich aber wieder geoͤffnet zu haben.
§. 80.
In den Erfahrungen uͤber die duͤngende Wirkung des Gypſes ſcheint allerdingsWirkung der-
ſelben.
viel Widerſprechendes zu liegen, und gewiß iſt es, daß mancherlei noch nicht voͤllig
ergruͤndete Umſtaͤnde ſolche ſehr modifiziren. Der Gyps wirkt wenigſtens mehr auf
trockenem als auf feuchtem Boden, und mehr bei trockener als bei feuchter Witterung.
Letztere haͤlt ſeine Wirkung wenigſtens zuruͤck, und ſcheint ſie, beſonders bei gebrann-
tem Gyps, ganz zu vereiteln. Auf einem ausgeſogenen Boden, der wenig oder gar
keinen Humus mehr enthaͤlt, wirkt er gar nichts. Auf die Vegetation mancher
Pflanzen hat er nur einen ſehr unmerklichen Einfluß, dagegen auf andere einen ſehr
großen. Zu letzteren gehoͤren alle bekannteren Pflanzen mit ſchmetterlingsfoͤrmigen
und Kreuzblumen. Er wirkt ohne allem Zweifel auf die Gewaͤchſe ſelbſt, und des-
halb am ſtaͤrkſten, wenn ſich ſein Staub auf den Blaͤttern anſetzt und lange darauf
haftet. Ich habe dies ſehr uͤberzeugend bei einer Weißdornhecke geſehen, deren eine
vom Gypsſtaube etwas beruͤhrte Seite nach acht Tagen auf das Lebhafteſte ausgruͤnte,
wogegen die andere, welche von dem Staube nichts erhalten hatte, auffallend gegen
jene zuruͤckblieb. Er wirkt doch aber nicht allein auf die Weiſe, ſondern zugleich auf
den Boden, weswegen ich ſchon vor laͤngerer Zeit meine Meinung, als ſey jenes ſeine
einzige Wirkung, zuruͤckgenommen hatte. Noch mehr habe ich mich von ſeiner Wir-
kung auf den Boden durch einen kuͤrzlich angeſtellten Verſuch uͤberzeugt. Wir ſtreu-
ten im Herbſte 1808, auf eine genau abgeſtochene Quadratruthe, Gyps uͤber Rocken-
ſaat. Im Fruͤhjahr 1809 ward dieſer ziemlich abgetragene Acker mit weißem Klee
zur Weide beſaͤet. Es iſt ſonſt ſehr wenig Klee aufgekommen: auf der gegypsten
Stelle aber ſteht er abgeſchnitten dicht und uͤppig.
[262]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
§. 81.
Wie der Gyps hier wirke, iſt §. 86. d. v. H. angedeutet worden. Wahr-
ſcheinlich tritt er in eine langſame Wechſelwirkung mit dem Humus, indem dieſer
ſeine Saͤure zerſetzt, und Kohlenſaͤure oder einen mehr zuſammengeſetzten Stoff —
den wir noch nicht kennen und vielleicht ſeiner ſchnellen Zerſetzbarkeit wegen nie werden
kennen lernen — bildet. Der entſaͤuerte Schwefel geht wahrſcheinlich mit dem
Kalk und einem andern Theile der hydrogeniſirten Kohle in Verbindung. Dieſe Zer-
ſetzung macht der auffallende Geſtank wahrſcheinlich, welchen die Zumiſchung des
Gypſes zu faulenden Subſtanzen erregt. Jene Kohlenſaͤure und jene neuen Verbin-
dungen ſind dann wahrſcheinlich zur Nahrung gewiſſer Pflanzen ſo vorzuͤglich geeignet.
Daher hat aber auch der Gyps nur unter der Bedingung eine Wirkung, daß er Hu-
mus vder faulende Subſtanzen noch genugſam im Boden antreffe.
§. 82.
Gebrauch des
Gypſes.Man bedient ſich des Gypſes hauptſaͤchlich zum Klee und zu kleeartigen Gewaͤch-
ſen, zuweilen doch auch zu Huͤlſenfruͤchten. Da er auf alle Gewaͤchſe aus dem Ge-
ſchlechte der Brassica auch merklich wirkt, ſo vermuthe ich, daß er fuͤr die Rapsſaat
ſehr nuͤtzlich ſeyn wuͤrde, kenne indeſſen noch keine damit angeſtellte Verſuche.
§. 83.
Vereitung
deſſelben.Er wird in gebranntem und ungebranntem Zuſtande gebraucht, und ſeine Wir-
kung ſcheint uͤbrigens gleich zu ſeyn, wenn nur den gebrannten Gyps nicht gleich ein
ſtarker Regen befaͤllt, wodurch er zuſammengeſchwemmt und wieder zur harten Maſſe
wird. Es koͤmmt nur auf moͤglichſt feine Pulverung an, und um recht wirkſam zu
ſeyn, muß er voͤllig zu Staub zermalmt werden. Dies iſt aber mit dem ungebrann-
ten ungleich ſchwieriger, als mit dem gebrannten, welcher letztere ſich ſehr leicht pul-
vern laͤßt.
Die Pulverung geſchieht an einigen Orten auf die wohlfeilſte Art durch Stampf-
muͤhlen. Wo man dieſe nicht hat, bedient man ſich verſchiedener Vorrichtungen mit
der Hand. Man ſtoͤßt ihn in Moͤrſern, in Troͤgen und mit dem Apparate, deſſen
man ſich zum Hirſe- auch wohl zum Oelſaat-Stampfen bedient, ſogenannten Tret-
ſtampfen. Oder man zerkleinert ihn in einem langen Troge, in welchem man einen
abgenutzten Muͤhlſtein auf der hohen Kante hin und her drehet. Er wird dann,
wenn er recht wirkſam ſeyn ſoll, geſiebet, und die ungepulverten Koͤrner werden noch-
[263]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
mals geſtampft. So bereitet muß er an einem trockenen Orte aufbewahrt werden,
damit er durch angezogene Feuchtigkeit nicht wieder zuſammengehe.
§. 84.
Man waͤhlt dann einen windſtillen Tag, wo es betraͤchtlich gethauet hat, undAusſtreuung.
ſaͤet den Gyps mit der Hand des Morgens fruͤh oder Abends ſpaͤt insbeſondere uͤber
den Klee aus, damit er an den feuchten Blaͤttern haͤngen bleibe. Windige und reg-
nigte Witterung muß man durchaus vermeiden. Man hat ihn dann am wirkſamſten
gefunden, wenn der Klee in ſeiner Vegetation ſchon ſo weit gekommen, daß er mit
ſeinen Blaͤttern den Boden ziemlich bedeckte; alſo zu Anfange des Maimonats. Je-
doch haben einige ihn auch mit Nutzen auf den jungen, in demſelben Jahre geſaͤeten
Klee im Herbſte geſtreuet. Manchmal hat man ihn auch nach dem erſten Schnitte
zur Befoͤrderung des zweiten geſaͤet, der dann oft bei ſchlechtem Anſcheine beſſer wie
der erſte geworden iſt.
Die Quantitaͤt, wie man ihn aufſaͤet, iſt zwiſchen 1 und 2 Scheffel per Mor-
gen. Wenn er recht fein und zu Staub gepulvert war, ſo reichte erſteres ſchon zu.
Sonſt muß man aber allerdings mehr nehmen.
§. 85.
Von allen ſelbſt angeſtellten oder mir genauer bekannt gewordenen VerſuchenSicherer Er-
folg.
weiß ich nicht einen einzigen, wo ſich nicht die Wirkung des Gypſes augenſcheinlich
gezeigt haͤtte, vorausgeſetzt, daß ſie mit gehoͤriger Vorſicht angeſtellt waren, und
nicht durch eine unerwartet einfallende unguͤnſtige Witterung vereitelt wurden. Ich
trage daher kein Bedenken, den Gebrauch des Gypſes zur Verſtaͤrkung des Kleewuch-
ſes allenthalben unbedingt zu empfehlen, wo man den Gyps zu einem ſolchen Preiſe
haben kann, daß der Morgen mit 1½ Scheffel feinen Gyps zu beſtreuen nicht uͤber
1 Rthlr. 8 Gr. koſte. Man kann ſicher erwarten, daß man auf einem gehoͤrig be-
ſtandenen, aber ſonſt nicht ſehr uͤppigen Kleefelde 6 bis 8 Centner Kleeheu mehr ge-
winnen werde, wie ohne Gyps; jedoch vorausgeſetzt, daß ſich ein zureichender
Stamm von Pflanzen auf dem Felde befinde; denn wo dieſer nicht iſt, kann ihn der
Gyps nicht hervorbringen. Wenn aber nur auf jedem Quadratfuß wenigſtens eine
vollſtaͤndige Pflanze ſteht, ſo wird durch den Gyps bewirkt werde, daß ſich der Klee
in der Bluͤte uͤber das ganze Feld verbreitet. Steht dagegen der Klee ſehr dicht und
hat der Boden ſo viele Kraft, daß er von ſelbſt uͤppig vegetirt, ſo wuͤrde der Gyps
[264]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
eine Ueberduͤngung bewirken, wodurch nur zum Anfaulen des Klees wegen uͤbermaͤßi-
ger Staͤrke und Dichtheit Veranlaſſung gegeben wuͤrde; weswegen man in ſolchem
Falle nicht gypſen muß.
§. 86.
Auf das Getreide hat der Gyps nach allen damit angeſtellten Verſuchen eine un-
bedeutende direkte Wirkung, d. h, wenn man ihn unmittelbar auf daſſelbe ausſtreut.
Aber einſtimmig iſt man daruͤber, daß eine gegypſte Kleeſtoppel weit uͤppigeres Ge-
treide, insbeſondere Weizen, hervorbringe, als eine ungegypſte. Dies bewirkt er
wahrſcheinlich nur durch die Staͤrke der Kleewurzeln, Stoppeln und Abfaͤlle, die der
gegypste Klee dem Boden hinterlaͤßt; indem ſich bekanntlich die Staͤrke des folgenden
Getreides nach der Staͤrke des Kleeſchnittes richtet. Indirekte alſo kommt die Gyps-
duͤngung dem Getreidebau ſchon an Ort und Stelle zu ſtatten. Noch mehr aber
wirkt ſie auf dieſen durch die Futter- und folglich Duͤngervermehrung, welche ſie in
der Wirthſchaft uͤberhaupt hervorbringt.
Es iſt alſo dieſes Duͤngungsmaterial, welches man des geringeren Volumens
wegen, worin man es gebraucht, ſchon aus einer weitern Entfernung herholen kann,
allerdings von einer ſehr großen Wichtigkeit. Nur wiederhole ich, daß man in einem
humusleeren Acker nichts davon erwarten, und dieſen unmittelbar dadurch nicht be-
reichern koͤnne.
§. 87.
Duͤngende
Kraft der
Salze.Der Gyps fuͤhrt uns auf die duͤngende Eigenſchaft anderer Salze, die jedoch
außer den Salinenabfaͤllen in der Praxis wenig vorkommen, weil dieſe Salze zu koſt-
bar ſind.
Die damit angeſtellten Verſuche beſchraͤnken ſich daher auch nur auf kleine Flaͤ-
chen. Sie haben, namentlich in Anſehung des Kuͤchenſalzes, folgendes ergeben.
Eine ſtarke Ueberſtreuung damit hemmt vorerſt alle Vegetation. Nachdem es aber
fortgeſpuͤlt, vielleicht zum Theil durch den Humus zerſetzt iſt, hat ſich in den folgen-
den Jahren eine ſehr uͤppige Vegetation darnach gezeigt. Eine ſchwache Ueberſtreuung
hat auf reichem Boden eine merkliche aber nur kurz dauernde Wirkung gehabt; auf
armem Boden aber gar keine. Man hat ſich alſo auch da, wo unreines Salz von
den Salinen wohlfeil verkauft wurde, dieſes Duͤngungsmittels hoͤchſt ſelten bedient.
Von
[265]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Von der natuͤrlichen Duͤngung aber, welche das Seewaſſer gewiß auch vermit-
telſt ſeines Salzes giebt, verſpuͤrt man an dem Meerufer eine betraͤchtliche Wirkung,
und die ſalzigen Marſchen werden beſonders als Viehweide vor andern geſchaͤtzt.
Das darauf gewachſene Gras wird ſowohl als Weide, wie als Heu, von allem Vieh
begierig gefreſſen, und iſt ihm beſonders gedeihlich. Das Salz wird uͤbrigens, ſelbſt
am Geſtade des Meeres, ſchnell wieder aus dem Boden herausgewaſchen, indem man
bei der Unterſuchung eines ſolchen Bodens kaum eine Spur von Salz ange-
troffen hat.
Bei den mit Salpeter angeſtellten Verſuchen hat man in ſehr kleinen Quanti-
taͤten eine weit groͤßere Wirkung, wie vom Kuchenſalze verſpuͤrt. Dieſe Duͤngung
iſt aber in der Praxis durchaus unanwendbar, und wir erwaͤhnen ihrer nur hier, weil
ſie die Fruchtbarkeit des von ſelbſt Kalkſalpeter erzeugenden Bodens beſtaͤtigt. Doch
muß bei dieſer Gelegenheit bemerkt werden, daß man haͤufig Salpeter im Acker ent-
halten waͤhne, worin keiner iſt. Manche ſehen den weißlichen Anflug, der ſich auf
modderreicher Erde anſetzt, fuͤr Salpeter an. Es iſt dies aber nichts als eine Art
Flechte (Lichen humosus), welche dieſer Boden ſchnell erzeugt, und die aller-
dings ein Beweis von hoher Fruchtbarkeit iſt. Der im Boden erzeugte Salpeter
wird ſchnell wieder ausgewaſchen, und man entdeckt ihn ſelten bei Zerlegungen. Mehr
findet man ihn in den auf Salpeter erzeugenden Boden gewachſenen Pflanzen, in
welchen er jedoch nur einen zufaͤlligen fremden, keinesweges weſentlichen Beſtandtheil,
z. B. bei den Runkelruͤben, ausmacht.
Andere Neutralſalze kommen wohl in gar keinen Betracht.
Da man jetzt einen ſo beſtimmten Begriff von Salzen hat, und dieſe Salze nur
hoͤchſt ſelten in ganz unbedeutenden Quantitaͤten und nur zufaͤllig im Boden angetrof-
fen werden, ſo ſollte man doch endlich von den Salzen des Bodens und des Duͤngers,
ſo wie von dem Oel derſelben, welches ſich eben ſo wenig darin befindet, zu reden,
und verſtaͤndigere Begriffe dadurch zu verwirren, aufhoͤren!
§. 88.
Neuerlich ſind die metalliſchen Salze, und namentlich der Vitriol oder dasMetalliſche
Salze, insbe-
ſondere Eiſen-
vitriol.
ſchwefelſaure Eiſen als Duͤngungsmittel in Ruf gekommen. Man hielt ſonſt den
Vitriol der Vegetation fuͤr ſehr nachtheilig, und einen unfruchtbaren Thonboden
nannte man — manchmal auch wohl mit Recht — einen vitrioliſchen Boden.
Zweiter Theil. L l
[266]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Neuerlich erſt hat uns die Theorie ſowohl, als auch gleichzeitig die Erfahrung auf den
Gebrauch des Vitriols gefuͤhrt. Wie man naͤmlich die Wirkung des Oxygens auf die
Keimung der Samen und das erſte Hervortreiben der jungen Pflanzen bemerkte,
glaubte man dieſes Oxygen in Oxyden, Saͤuren und ſauren Salzen anbringen zu koͤn-
nen. Aber beſtimmte Wirkung hat man hoͤchſtens nur von denen Oxyden und Saͤu-
ren geſehen, die leicht zerſetzt werden, und ihr uͤbriges Oxygen fahren laſſen. Bei
Saͤuren und ſauren Salzen ſcheint mir, nach den angeſtellten Verſuchen, die Wir-
kung auf Befoͤrderung des Keimens noch ſehr zweifelhaft. Die Wirkung des in
Waſſer aufgeloͤſten Eiſenvitriols als Duͤngungsmittel zeigte ſich in den Verſuchen
ebenfalls verſchieden; einige haben gar keine, andere ſchaͤdliche, noch andere vortheil-
hafte Wirkungen dabei wahrgenommen. Die meiſten dieſer Verſuche, wovon ich
Kenntniß erhalten habe, ſind in Anſehung der gebrauchten Quantitaͤt und des Erdbo-
dens, welchen man damit befeuchtete, zu unbeſtimmt. Beides aber ſind ſehr wich-
tige Momente, ohne welche ſich die widerſprechenden Reſultate, welche dieſe Ver-
ſuche geben, nicht erklaͤren laſſen.
Die zuſaͤlligen Erfahrungen, welche man uͤber die duͤngende Kraft verſchiedener
Foſſilien, die mit Eiſenvitriol ſtark durchdrungen ſind, gemacht hat, haben dieſer
Sache eine praktiſche Wichtigkeit gegeben, die ſie ohne ſolche nicht wuͤrde gehabt ha-
ben. In England hat man naͤmlich einen vitriolhaltigen Torf, und in Deutſchland
in der graͤflichen Einſiedelſchen Herſchaft Reibersdorf eine vitriolhaltige Erd-
kohle gefunden, welche hoͤchſt wirkſame Duͤngungsmittel in kleinen Quantitaͤten
abgeben.
Es ſcheint aus ſelbigen zu erhellen, daß der Eiſenvitriol eine große Wirkung auf
die Vegetation hervorbringe, wenn er mit Kohle genau verbunden iſt. Wahrſchein-
lich geht hier, unter der Einwirkung des Lichts und der Luft, eine Zerſetzung der
Schwefelſaͤure vor, deren Oxygen ſich mit dem Kohlenſtoff verbindet, und Kohlen-
ſaͤure oder eine aͤhnliche, den Pflanzen freundliche Materie bildet. Der Schwefel
und die Kohle gehen nicht unwahrſcheinlich vermoͤge des an letztern gebundenen Hy-
drogens eine ander wohlthaͤtige Verbindung ein.
Auf eine gleiche Weiſe mag dann auch der reine Eiſenvitriol in Verbindung mit
dem Humus treten, den er im Boden antrift, und dadurch vortheilhaft wirken, ohne
ſelbigen aber nachtheilig. Genauere Verſuche muͤſſen dies erſt aufklaͤren, und insbe-
[267]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
ſondere ob und unter welchen Verhaͤltniſſen eine Duͤngung mit Vitriol vortheilhaft
ſeyn koͤnne.
Der große und entſchiedene Nutzen der vitriolhaltigen Erdkohle und des vitriolhal-
tigen Torfes ermuntert aber zu einer ferneren Aufſuchung derſelben, und Anwendung
zu dieſem Gebrauche.
Jene Kohle wird gepulvert uͤber die Saatfurche oder die Saat ausgeſtreuet,
aber nicht untergepfluͤgt.
In Anſehung der Quantitaͤt der Kohle wird Vorſicht angerathen. Zu ſtark
wirkt ſie nachtheilig, und wo Haufen derſelben nur einige Tage oder Stunden gelegen
haben, waͤchſt in mehreren Jahren nichts; weswegen man ſie nur auf wenig nutzba-
ren Rainen oder Wegen abladen darf. Auf einem thomgen kalkigen Acker kann man
30 bis 36 Berliner Scheffel per Morgen bringen. Auf ſandigen und kalkigen Bo-
den aber nur 15 bis 18 Scheffel. Ich verweiſe auf die ſehr vollſtaͤndige Beſchreibung
ihres Gebrauchs von Herrn Blume, Annalen 1809, Oktober und November-Stuͤck,
S. 471 u. f., und Cromes Unterſuchung derſelben, September - Stuͤck,
S. 164 u. f.
§. 89.
Ob die Saͤuren eine befruchtende Eigenſchaft haben, iſt eine Frage, welche nurSaͤuren.
die Theorie intereſſirt, weil man ſie in der Praxis wenigſtens hoͤchſt ſelten gebrauchen
kann. Sie muß hier jedoch beruͤhrt werden.
Man hat ſie zuerſt nach Theorie empfohlen, weil ſie Sauerſtof enthielten, und
dieſer der Vegetation guͤnſtig ſey. Aber nahm man ihre Zerſetzbarkeit im Boden nicht
zu unbedingt an?
Die Verſuche, welche man damit angeſtellt hat, haben widerſprechende Reſul-
tate gegeben; und es iſt auffallend, daß ſelbſt beruͤhmte Naturforſcher, welche ſie
anſtellten, den Beſtand des Bodens nicht angeben. Es erhellet aber aus Nebenum-
ſtaͤnden, daß es immer kalkhaltiger Boden war, wo die Schwefelſaͤure — denn
dies iſt die einzige, die man angewandt hat — gut wirkte. Hier aber machte ſie
Gyps und trieb Kohlenſaͤure aus, woraus ſich dann ihre gute Wirkung analogiſch
leicht erklaͤren laͤßt. Der Boden, wo ſie uns ſehr nachtheilige Wirkung zeigte, ent-
hielt faſt gar keinen Kalk.
§. 90.
Zu den wirkſamen und haͤufig angewandten Duͤngungsmitteln gehoͤrt endlichDie Aſche.
die Aſche.
L l 2
[268]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Die ausgebrannte Aſche beſteht aus Erden und Kali, denen ſich Metalloxyde
und verſchiedene Salze zuweilen beimiſchen. Unter den Erden iſt die Kalkerde immer
praͤdominirend, wenn gleich die Pflanzen nicht auf kalkhaltigem Boden gewach-
ſen ſind.
Dem Kali kann man als Zerſetzungsmittel eine große duͤngende Wirkung nicht
abſprechen. Aber mehrentheils kommt nur Aſche zum Gebrauch, welche ſchon aus-
gelauget iſt, und dieſe hat immer noch eine betraͤchtliche, wenn auch nicht ganz ſo
große Wirkung als die unausgelaugte. Es muß daher in der Aſche etwas Beſonde-
res, noch nicht Erkanntes ſeyn, was den ungleich groͤßern Effekt der ausgelaugten
Aſche, gegen den von einer gleichen Quantitaͤt derſelben Erden etwa hervorgebrachten
bewirkt. Es iſt in der Aſche wahrſcheinlich noch etwas vom vegetabiliſchen Leben
zuruͤckgebliebenes, was unſere Sinne nicht erreichen koͤnnen. Dieſer Gedanke ſcheint
ſich auch dadurch zu beſtaͤtigen, daß man faſt allgemein beobachtet hat, Aſche die bei
langſamem Feuer und bei mehr verhindertem Zutritt der Luft gebrannt worden, ſey
als Duͤngungsmittel weit wirkſamer, als die mit hellem Feuer gebrannte.
Die unausgelaugte Aſche verſetzt man zuweilen, um ihr eine große Wirkſamkeit
zu geben, mit friſch gebranntem in Pulver zerfallenen Kalk, und befeuchtet dieſe wohl
durchgeruͤhrte Mengung etwas. Das Kali der Aſche wird hierdurch aͤtzend. Man
bedient ſich dieſes Mittels zum Ueberduͤngen, beſonders des Klees in ſchwachem
Maaße. So wird auch nach dem Abbrennen des Raſens gern noch etwas Kalk
hinzugefuͤgt.
Obwohl dieſe Einaͤſcherungs-Methode des Raſens hierher zugehoͤren ſcheint,
ſo werden wir doch erſt bei der Lehre von der Urbarmachung des Bodens daruͤber re-
den, indem ſie dabei hauptſaͤchlich ihre Anwendung findet.
§. 91.
Seifenſieder-
Aſche.Am haͤufigſten kommt die ausgelaugte Holzaſche als Seifenſiederaſche (Eſcherich)
in Gebrauch. Kali enthaͤlt ſie wenig mehr, aber ſie iſt mit Kalk vermengt, und
mehrentheils mit einigen gelatinoͤſen Theilen, auch Greven und andern Abfaͤllen,
die bei der Lichtzieherei und Seifenſiederei vorkommen. Gewoͤhnlich wird von den
Seifenſiedern auch aller Auskehrigt aus dem Hauſe und Hofe darunter gemengt, wo-
durch ſie aber nicht verbeſſert wird. Die Wirkſamkeit dieſes Duͤngungsmittels iſt nun
ſo allgemein bekannt, daß ſie wohl allenthalben aufgeſucht, und weit verfahren wird,
ungeachtet man ſie vor 20 Jahren an den meiſten Orten noch wegwarf, und aus den
Staͤdten als einen unnuͤtzen Schutt loszuwerden ſuchte.
[269]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
Sie wird zum Ueberſtreuen der Wieſen vielleicht am haͤufigſten gebraucht, wo
ſie ſtatt des Mooſes ein uͤppiges Gras und beſonders das Hervortreiben der kleeartigen
Gewaͤchſe ſo ſchleunig als nachhaltend befoͤrdert.
Auf dem Acker aber iſt ſie nicht minder wirkſam. Man muß ſie nur, wie alle
dieſe Duͤngungsmittel, mit der Ackerkrume ſorgfaͤltig zu mengen ſuchen, und deshalb
zum erſten Male ſehr flach unterpfluͤgen, damit die Egge ſie noch faſſen koͤnne. Sie
wird zu 18 bis 20 hoͤchſtens 30 Scheffeln auf den Morgen gebracht, und ſorgfaͤltig
ausgeſtreuet. Man bezahlt eine ſolche Duͤngung an einigen Orten gern mit fuͤnf bis
acht Thalern, wogegen man ſie an anderen Orten noch ſehr wohlfeil haben kann. Die-
ſen Werth kann ſie jedoch nur da haben, wo der Boden durch Miſtduͤngung in Kraft
geſetzt iſt. Auf einem ausgezehrten Boden wuͤrde ſie der Erwartung nicht entſprechen.
Deshalb iſt ſie auch nur da in großen Ruf gekommen, wo ſich der Acker in jenem
Zuſtande befindet. Ihre Wirkung iſt alsdann auch nachhaltig, und man behauptet
ſie auf 10 bis 12 Jahre zu verſpuͤren, jedoch wohl nicht, wie Benekendorf ſagt,
ohne weitere Miſtduͤngung.
§. 92.
Wo Holz in ſo großem Ueberfluſſe vorhanden iſt, und ſo wenig Abſatz findet,Eſcherey der
Potaſchen-
Siedereien.
daß man es nicht vortheilhaſter als zur Pottaſchenſiederei benutzen kann, bedient man
ſich des Ruͤckſtandes, nachdem das Kali ausgelaugt worden, mit ſo großem Nutzen
zur Duͤngung, daß man dieſe manchmal als einen zureichend belohnenden Vortheil
der ganzen Anlage betrachtet. Man bringt ſie auf aͤltere Aecker, oder man ſetzt da-
durch den abgeholzten und umgebrochenen Forſtgrund um ſo ſchneller in Kraft.
Jede Haushaltung pflegt uͤbrigens etwas ausgelaugte Holzaſche zu haben.
Waͤre es auch nur wenig, ſo verdient ſie doch aufbewahrt und gehoͤrig benutzt zu wer-
den. Wird ſie, wie haͤufig geſchieht, klumpweiſe auf den Miſthaufen geworfen, ſo
kommt ſie wenig zu Nutzen, indem die Aſche durchaus duͤnn vertheilt ſeyn muß, wenn
ſie eine gute Wirkung thun ſoll; zuſammengehaͤuft aber gerade den Fleck unfruchtbar
macht, worauf ſie faͤllt.
§. 93.
Die Torfaſche iſt nicht nur von der Holzaſche ſehr verſchieden, indem man inDie Torf-
aſche.
allen mir bekannten Unterſuchungen gar kein freies Kali und nur ſehr wenig neutrali-
ſirtes darin gefunden hat; ſondern ihre Beſtandtheile weichen auch in den verſchiedenen
Torfarten auffallend von einander ab. Der Kalk iſt ihr uͤberwiegender Beſtandtheil,
vorausgeſetzt, daß der Torf nicht vielen Sand eingemengt enthielt. Der Kalk befindet
[270]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
ſich darin im freien und kohlenſauren oder in ſchwefel-, phosphor- und eſſigſauren
Zuſtande. Sie enthaͤlt mehrentheils einen betraͤchtlichen Zuſatz von Eiſenoxyd und
zuweilen auch von Vitriol, wenn dieſer durch heftige Glut nicht zerſetzt iſt.
Nach der Verſchiedenheit dieſer Beſtandtheile richtet ſich wahrſcheinlich die Ver-
ſchiedenheit ihrer duͤngenden Kraft, die man von ihrer Aufbringung auf Aecker und
Wieſen hier und dort bemerkt hat. Allein wir haben noch zu wenig Analyſen der
Torfaſche mit Ruͤckſicht auf dieſe duͤngende Kraft, als daß man etwas ſicheres daruͤber
ſagen koͤnnte. Die leichte und lockere Aſche hat man allgemein wirkſamer wie die
ſchwere gefunden; ohne Zweifel, weil letztere zu viele Kieſelerde hatte. Einige ge-
ben der weißen und grauen, andere der roͤthlichen einen Vorzug. Die letztere Farbe
ruͤhrt vom Eiſenoxyd her. Ich habe von einer rothbraunen, ſehr viel Eiſen aber auch
viel Kieſelerde enthaltenden Aſche, faſt mehr nachtheilige als vortheilhafte Wirkun-
gen geſehen (vergleich Hermbſtaͤdts Archiv der Agrikulturchemie, S. 354.), wes-
halb ich bisjetzt nicht glauben kann, daß dem Eiſenoxyd eine vortheilhafte Wirkung
beizumeſſen ſey. Es verdient die Sache aber noch genauere Aufmerkſamkeit in Ge-
genden, wo vieler Torf gebrannt wird. Denn hier wendet man die Aſche um ſo mehr
zum Duͤnger an, da ſie zu andern Behuf nicht benutzt werden kann.
In einigen Gegenden von England und Holland brennt man aber auch den Torf
bloß um des Duͤngers willen zur Aſche. Betraͤchtliche Torfmoore, die keinen Abſatz
ihres Torfes als Feuermaterial haben, werden dazu benutzt. Man fuͤhrt Oefen von
Steinen oder Lehm auf, legt unten auf den Roſt erſt trocknen Torf, daruͤber aber
friſchen naſſen Torf, ſo wie er aus dem Moore geſtochen wird. Erſterer wird ange-
zuͤndet, die Glut trocknet den naſſen Torf aus, und theilt ſich ihm bald mit, ſo daß
ſie hernach beſtaͤndig erhalten werden kann, faſt ohne daß man [...]ocknen Torf wieder
zuzulegen noͤthig haͤtte. Man ſucht naͤmlich dieſe Glut gehoͤrig zu maͤßigen, weil
Jedermann uͤberzeugt iſt, daß die Aſche viel von ihrer duͤngenden Wirkung verliere,
wenn ſie mit zu großer Heftigkeit gebrannt wuͤrde. Die Aſche wird unter dem
Roſte herausgezogen, und ſo dauert der fabrikmaͤßige Betrieb immer fort, indem
die bereitete Aſche weithin geholt wird.
§. 94.
Verbrennung
der Stoppel
und des Stro-
hes auf dem
Acker.Man hat der Aſche, verbunden mit der Wirkung des Feuers, in England
neuerlich eine ſo große Kraft zugeſchrieben, daß man den Rath gegeben, nicht nur
die hohe Stoppel, die man gewoͤhnlich vom Getreide ſtehen laͤßt, anzuzuͤnden,
ſondern auch das ſaͤmmtliche Stroh uͤber den Acker geſtreut zu verbrennen, und
[271]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
glaubt nach angeblichen Verſuchen eine groͤßere Wirkung hiervon verſpuͤrt zu ha-
ben, als wenn das Stroh in den Miſt gebracht worden waͤre. Wir laſſen dieſe
Bemerkung vorerſt dahin geſtellt, da ſie hoͤchſtens nur unter gewiſſen Verhaͤltniſ-
ſen und nur auf ſehr reichem Boden anwendbar ſeyn kann. Der Gebrauch, die
hohe Stoppel anzuzuͤnden, findet ſich auch in Ungarn auf einigen ſehr reichen
Laͤndereien.
§. 95.
Der Abfall der Salinen, der Pfannen- und Dornſtein oder Halboͤtzig, oftSalinen-Ab-
fall.
mit der Aſche vermiſcht, gehoͤrt unter die wirkſamſten Duͤngungsmittel, und wird
von den umliegenden Gegenden zu ziemlich hohen Preiſen gekauft und abgefuͤhrt.
Der Abſatz in den Pfannen und an den Gravierwerken beſteht groͤßtentheils aus
Gyps, hat jedoch immer noch einige andere Salztheile beigemiſcht. Einige ſchaͤ-
tzen ihn hoͤher als den Gyps, andere demſelben nur gleich.
§. 96.
Mannigfaltige kuͤnſtliche Duͤngungsſalze, die in ſehr kleinen QuantitatenDuͤngerſalze.
wunderbare Wirkungen hervorbringen ſollen, und deren Zuſammenſetzung man
geheim haͤlt, ſind Geburten der Gewinnſucht und der Charlatanerie, die aber in
unſern Zeiten ihr Gluͤck hoffentlich nicht weiter machen werden.
Hiermit muͤſſen indeſſen diejenigen kuͤnſtlichen Zuſammenſetzungen von Gyps,
Eiſenoxyd, Kochſalz u. ſ. w. nicht verwechſelt werden, welche unter andern der
verdienſtvolle Lampadius in Freiberg (vergleiche Leipziger oͤkonomiſchen Anzeigen,
Michaelis 1805) verſucht und empfohlen hat. Denn dieſe ſollen im gehoͤrigen
Maaße, und nicht wie jene Wunderſalze zu wenigen Lothen oder Pfunden auf
einem Morgen angewandt werden.
§. 97.
Es ſcheint keinem Zweifel unterworfen, daß man durch eine gehoͤrige Ab-Wechſelung
der Duͤn-
gungsmittel.
wechſelung der treibenden und warmen animaliſchen, der nachhaltigen und kuͤhlen-
den vegetabiliſchen und der aufloͤſenden mineraliſchen Duͤngung, ja ſelbſt durch die
Abwechfelung der verſchiedenen Arten dieſer Hauptklaſſen eine weit hoͤhere Produk-
tion bewirken koͤnne, als wenn man ſich nur an eine Duͤngungsart haͤlt. Es
kommt aber wahrſcheinlich viel darauf an, daß man die Ordnung, das Verhaͤlt-
niß und die Zeit mit Ruͤckſicht auf den Boden, ſeinen jedesmaligen Zuſtand und
ſeine abgetragenen Fruͤchte, gerecht treffe. In verſchiedenen Gegenden ſcheint
man ſich hieruͤber in der That Regeln gemacht zu haben, die aber nur auf dunklen
[272]Mineraliſche Duͤngungsmittel.
empiriſchen Begriffen beruhen. Auf eine rationelle Weiſe laͤßt ſich bis jetzt noch
nicht mehr daruͤber ſagen, als in dem Vorſtehenden gelegentlich angedeutet iſt, weil
es uns noch an beſtimmten Erfahrungen und genauen Verſuchen fehlt. Indeſſen
duͤrfen wir hoffen, daß bei einer mehr rationellen Anſicht und dahin gerichteter
Aufmerkſamkeit ſich ſolcher rationellen Erfahrungen (sit venia verbo) bald mehrere
ergeben werden, damit wir durch den Gebrauch aller in Haͤnden habenden Mittel die
Kraͤfte und Stoffe der Natur aufs Beſte benutzen, und zu ihrem hoͤchſten Zwecke
— Vermehrung des Lebens und des Lebensgenuſſes — verwenden lernen.
In wiefern auch beſondere Duͤngungsmittel gewiſſen Pflanzen zuſagen, und die-
ſen in Hinſicht der Quantitaͤt ihrer Produktion ſowohl als ihrer gewuͤnſchten Quali-
taͤten beſonders zutraͤglich ſind, daruͤber duͤrfen wir bald mehrere Erfahrungen erwar-
ten, nachdem Nau, Reiſſert und Seitz, Annal. des Ackerbaues, Bd. IX., S. 210.,
die Bahn hierzu gebrochen haben. Was daruͤber bisher bemerkt worden, wird in
der Lehre von der Produktion einzelner Fruͤchte vorgetragen werden.
§. 98.
Der Landwirth, dem die ungewoͤhnlichſten Duͤngungsmittel zu Gebote ſtehen,
und der ſie gehoͤrig zu gebrauchen weiß, wird von manchen Regeln, die ein ande-
rer, der ſie nicht vortheilhaft erhalten und anwenden kann, beobachten muß, abge-
hen koͤnnen. Er kann mit ihrer Huͤlfe ein anderes Feldſyſtem, eine andere Frucht-
folge, eine ſogenannte freie Wirthſchaft betreiben, welche ſeinen uͤbrigen Verhaͤlt-
niſſen angemeſſener iſt, als die, welche er ohne ſolche nicht ſelbſt producirte Duͤngungs-
mittel befolgen muͤßte. Reicher Modder macht einen Theil der Miſtduͤngung und
dann vielleicht des Futterbaus entbehrlich, — durch Gyps wird auch bei flacher Be-
ackerung dem natuͤrlich reichen Boden die Kraft Klee zu produciren laͤnger erhal-
ten — des ſtaͤdtiſchen Duͤngers und der Abfaͤlle von Manufakturen nicht zu ge-
genken.
Dagegen muß man ſich aber nicht verleiten laſſen, das Verfahren derjenigen,
die ſolche Duͤngungsmittel reichlich anwenden, und einen glaͤnzenden Erfolg dar-
ſtellen, den ſie nicht ſelten anderen Proceduren beimeſſen — zur Norm zu nehmen,
wenn man ihnen im Gebrauch dieſer Duͤngungsmittel nicht nachahmen kann.
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- TextGrid Repository (2025). Thaer, Albrecht Daniel. Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bpz3.0