PREUSSISCHE EXPEDITION
NACH
OST-ASIEN.
[[II]][[III]]
PREUSSISCHE EXPEDITION
NACH
OST-ASIEN.
ZOOLOGISCHER THEIL.
ALLGEMEINES UND WIRBELTHIERE.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN GEHEIMEN OBER-HOFBUCHDRUCKEREI
(R. v. DECKER).
[[IV]][[V]]
VORREDE.
Der Zoologe einer Expedition in fremde Länder hat eine
doppelte Aufgabe: erstens die Thierkunde überhaupt durch neue
Beobachtungen und Entdeckungen zu fördern, und zweitens
die heimischen Sammlungen durch noch nicht oder nicht hin-
reichend vertretene Gattungen und Arten, seien sie an sich
auch schon bekannt, zu bereichern. Diese beiden Bestrebungen
bedingen und ergänzen sich gegenseitig, das Sammeln führt
zum Beobachten, das an sich Neue ist auch für die Museen
neu und eine sichere wissenschaftliche Bestimmung des Beobach-
teten meist erst mit den Hülfsmitteln und bei der Musse in
der Heimat möglich, also nur durch Sammeln und kunstgerech-
tes Verwahren erreichbar; aber in gewissem Grade sind sie auch
unverträglich, da jedes für sich Zeit und Kraft in Anspruch
nimmt, wovon dem Einzelnen während der Reise nur ein be-
stimmtes Maass zur Verfügung steht. Auf See an Bord eines
nicht ausdrücklich zu wissenschaftlichen Untersuchungen aus-
geschickten Schiffes fehlt es zwar selten an Zeit, wohl aber an
Raum und Ruhe oder Licht, oft auch an Beobachtungsobjekten;
denn es ist nur eine seltene Ausnahme, dass die Fahrt erlaubt
ein Netz auszuwerfen, und heissersehnte vielversprechende Inseln
werden nur von ferne gesehen oder ihre Nähe beim Einzeichnen
des Kurses auf der Karte erkannt. An Land geht stets einige
*
[VI] Zeit mit dem ersten Orientiren und Einrichten hin, die Ungewiss-
heit über die Länge des Aufenthaltes erschwert einen rationellen
Plan für die Vertheilung der einzelnen Arbeiten, man rafft zu-
sammen, was sich darbietet, und hat öfters gerade die richtigen
Stellen, Gelegenheiten und Helfer aufgefunden, wenn man sie
nicht mehr benutzen kann.
Die Naturforscher der preussischen Expedition nach Ost-
asien haben allerdings dankbar anzuerkennen, dass für sie
eigene Kammern in der Batterie der »Thetis«, je eine für zwei
Personen, mit Aufopferung je eines Geschützes aufgeschlagen
worden waren, wodurch sie bei gewöhnlichem Seegang hin-
reichend helle und verhältnissmässig bequeme, von den Seeoffizie-
ren viel beneidete Wohnräume erhielten; es war ihnen mehrmals
möglich, mit Schiffsbooten kleinere Exkursionen zu machen, und
während jedes Aufenthaltes waren ihnen reichlich die nöthigen
Mittel geboten, um am Lande zu wohnen. Besonders ver-
pflichtet für mannichfache Förderung meiner Bestrebungen bin
ich dem Geschwaderbefehlshaber Commodore Sundewall,
Bruder des bekannten schwedischen Zoologen, dem Lieutenant
zur See und Observationsoffizier O. Krausnick, dem Stabsarzt
Dr. Johswich und dem Gärtner Otto Schottmüller (diese
beiden unterdessen verstorben).
Dennoch ist während der ganzen Reisezeit uns nur ein
vielfach unterbrochenes Nippen an dem reichen Tische der Natur
möglich gewesen und der beste Gewinn für mich eben die eigene
Anschauung der lebenden Thiere in ihrer natürlichen Umge-
bung, ein Gewinn, der sich nicht vollständig mittheilen lässt.
Feinere, die Wissenschaft direkt fördernde Einzel-Untersuchun-
gen an frischen Thieren ferner Gegenden noch so nothwendig,
sind nur bei längerem Aufenthalt an einigermaassen dazu einge-
richteten Orten möglich.
Als im Frühling 1861 dem Gros der Expedition ein ziem-
lich unerquickliches Zuwarten an der flachen Küste des Golfes
von Petsheli bevorstand, wurde die »Thetis« mit den Natur-
[VII] forschern zu einer sechsmonatlichen Rundfahrt nach Südchina,
den Philippinen, Celebes, Java und Singapore ausgesandt (vgl.
den amtlichen Reisebericht Band III. S. 376 und Band IV. S. 230),
einer der genussreichsten Abschnitte der Reise, wodurch wir
erst mit der reichen Tropenwelt des indischen Archipels und dem
eigenthümlichen Leben in den älteren Kolonien desselben in
nähere Berührung kamen. Wir fanden hier die freundlichste
Aufnahme sowohl von amtlicher als rein persönlicher Seite und
wesentliche Erleichterung unserer Bestrebungen, welche sich
unter Anderem auch darin zeigte, dass durch Verfügung der
Königlich niederländischen Regierung wir deren eigenen Beamten
betreffs der Reisegelegenheiten und Reiseausgaben ganz gleich-
gestellt wurden, wodurch dort das Reisen auf eigene Hand uns
allein möglich wurde. Dieses bewog mich beim Schluss der Ex-
pedition (amtl. Bericht Band IV. S. 350), bevor ich auf dem Ueber-
landweg nach Europa zurückkehrte, erst noch einmal Nieder-
ländisch-Indien zu besuchen; die nöthigen Geldmittel dazu
wurden mir theils durch die Ersparnisse aus dem bisherigen
Gehalte, theils durch eine besondere von Prof. W. Peters aus-
gewirkte Bewilligung der Königlich preussischen Regierung im
Betrage von 1000 Thlrn. geliefert. Das gastfreie, liebenswürdige,
mit Rath und That hülfreiche Entgegenkommen, das ich hier
überall und in besonderem Grade auf den entlegeneren Stationen
bei den holländischen Civilbeamten, Offizieren und vor Allem
bei den Militärärzten, den nächsten Berufsverwandten, fand, er-
möglichte mir diese Reise auf die hauptsächlichsten Inseln des
holländischen Gebiets auszudehnen (s. diesen Band S. 244), und
trug sehr wesentlich dazu bei, diese anderthalb Jahre von Reisen
nach eigenem Ermessen mir zu unvergesslich schönen und be-
friedigenden zu machen. So ist es gekommen, dass neben Japan,
China und Siam der indische (malaiische) Archipel eine hervor-
ragende Stelle in dem vorliegenden zoologischen Theile einnimmt.
Das gesammte Thierreich bildet ein so grosses Arbeits-
feld, dass gegenwärtig der einzelne Forscher sich vorzugsweise
[VIII] nur mit Einer oder einigen wenigen Thierklassen eingehend und
produktiv beschäftigen kann; ebenso kann der Reisende nicht
alle Thierklassen mit gleichem Erfolge berücksichtigen, um so
weniger als jede einzelne für richtiges Beobachten, Sammeln
und Verwahren besondere Vorkenntnisse und besondere Uebung
verlangt. In Japan wirkte der längere Aufenthalt an Einem
Ort, die winterliche Jahreszeit und das Bewusstsein, dass die
Säugethiere und Vögel von da zwar im Allgemeinen schon
bekannt, aber doch in unseren heimischen Museen noch wenig
vertreten sind, zusammen, um meine Thätigkeit auf diese zu
richten und ich habe viele Zeit und Mühe darauf verwandt,
solche zu sammeln und zuzubereiten, freilich mit nur theil-
weisem Erfolge, da einerseits die feuchte Witterung und der
Mangel geeigneter Einrichtungen das Trocknen erschwerte, an-
drerseits die beständige Unsicherheit über den Termin der Ab-
reise immer wieder zu raschem Einpacken verleitete. Im weite-
ren Verlauf concentrirte ich meine Bestrebungen mehr und mehr
auf das Sammeln von Mollusken, Crustaceen und Echinodermen,
sowie auf das Beobachten, welche Glieder dieser und anderer
Thierklassen in süssem Wasser vorkommen, welche charakte-
ristisch für das Brackwasser und für die einzelnen Bodenformen
im Meere sind. Ich durfte das um so eher, als die höheren
Thiere des indischen Archipels durch andere Forscher schon
ziemlich bekannt und in den europäischen Museen verbreitet sind.
Demgemäss musste auch die Bearbeitung der erzielten
Resultate nach den einzelnen Thierklassen eine verschiedene
werden. Es lag mir einerseits daran, ein Gesammtbild des
Vorkommens der Thiere nach den einzelnen Oertlichkeiten zu
geben, wobei selbstverständlich das Neue nicht von dem schon
Bekannten getrennt werden konnte; auch was ich von Andern
an Ort und Stelle erfuhr, durfte hier seine Stelle finden und
zur Ergänzung des Bildes mussten auch manche einschlägige
Angaben aus der Literatur entnommen werden, ohne dabei auf
irgend eine Vollständigkeit Anspruch zu machen; im Einzelnen
[IX] wurde dabei stets die mündliche oder literarische Quelle an-
gegeben, abgesehen von den Fällen, wo es sich um notorische,
keines einzelnen Zeugnisses mehr bedürfende Thatsachen über
das Vorkommen bekannter Thiere handelt. Hieran schliessen
sich, ebenfalls als Reisefrucht, Mittheilungen über das, was die
Eingeborenen von ihren Thieren wissen und glauben, wie sie
dieselben benennen und darstellen, sozusagen die anthropolo-
gische Seite der Zoologie. Bei Angabe der einheimischen Namen
habe ich zumeist die auf der Reise gekauften kleinen Vocabula-
rien der einzelnen Sprachen benutzt, deren Angaben aber soweit
möglich durch den mündlichen Verkehr mit den Eingeborenen
kontrolirt und habe dadurch vielfach eine genauere Bestimmung
der unter den einzelnen Namen verstandenen Thiere gewonnen.
Andererseits liegt es mir auch ob, im Einzelnen und in
systematischer Weise über die gesammelten Thiere zu berichten.
Für die Wirbelthiere glaube ich mich auf ein einfaches Ver-
zeichniss der mitgebrachten oder doch speziell zur Beobachtung
gekommenen Arten beschränken zu dürfen, da eine eingehendere
beschreibende Bearbeitung doch nur ein sehr unvollständiges
Bild der betreffenden Fauna geben und wenig Neues zu dem
schon durch Temminck und Schlegel, Swinhoe, Wallace u. A.
Bekannten hinzufügen könnte, — die einzelnen neuen Arten
aber schon in den Monatsberichten der Akademie der Wissen-
schaften in Berlin beschrieben sind, worauf ich hier verweisen
kann. Die genaueren Bestimmungen der mitgebrachten Säuge-
thiere, Reptilien und Fische verdanke ich dem Director des Ber-
liner zoologischen Museums, Prof. W. Peters, die der Vögel
meinem Mitarbeiter an demselben, Prof. Cabanis. Für die-
jenigen Abtheilungen des Thierreichs dagegen, mit denen ich
mich mehr beschäftigt habe, behalte ich mir eine eingehendere
systematisch-faunistische Bearbeitung vor, wie eine solche für die
Landmollusken in dem bereits erschienenen zweiten Bande, für
die Echinodermen in Troschel’s Archiv für Naturgeschichte
1865—1867 erschienen ist.
[X]
Der vorliegende Band enhält demnach erstens die all-
gemeinen Mittheilungen über das Vorkommen der Thiere in der
Reihenfolge der während der Reise besuchten Orte (— nur
Niederländisch-Indien ist, um Wiederholungen zu vermeiden, als
Ganzes behandelt —) und mit besonderer Rücksicht auf die
höheren, den Menschen im Allgemeinen mehr interessirenden
Thiere; zweitens das Verzeichniss der speziell beobachteten und
mit wenigen Ausnahmen auch mitgebrachten und im Berliner
zoologischen Museum aufgestellten Arten von Wirbelthieren.
S. 1—192 ist schon im Jahre 1866 gedruckt und ausgegeben
worden; die Verzögerung der zweiten Hälfte beruht theils auf
den vielfach ablenkenden Arbeiten, welche die Stellung an einer
grösseren öffentlichen Sammlung mit sich bringt, theils auf dem
Wunsche, die Einzelbestimmungen der gesammelten Arten für
das genannte Verzeichniss abzuwarten.
Für die Abbildungen sind theils neue Arten, theils an-
dere charakteristische im Text besprochene Thierformen aus-
gewählt, namentlich Süsswasserfische nach an Ort und Stelle
von mir gemachten Farbenskizzen, da dieselben bis jetzt nur
nach Spiritusexemplaren bekannt waren; auch hielt ich es für
passend, einige Copieen aus japanischen Bilderbüchern zu geben,
zur Erläuterung des darüber S. 62 u. ff. Gesagten.
Berlin, den 22. Dezember 1875.
EDUARD VON MARTENS.
[[XI]]
INHALT.
- Seite
- I. Madeira3
- 1. Landthiere 8
- 2. Strandbewohner 13
- 3. Der Fischmarkt 15
- 4. Meerthiere des Grundes 17
- Anmerkungen 20
- II. Tropischer Theil des atlantischen Oceans26
- Anmerkungen 34
- III. Rio Janeiro35
- Landthiere 35
- Der Markt 37
- Brackwasser 38
- Steiniger Strand 39
- Steingrund 41
- Schlammgrund 42
- Schwimmende Meerthiere 42
- Anmerkungen 44
- IV. Der südliche Ocean45
- Anmerkungen 49
- V. Die Sundastrasse51
- VI. Chinesische See55
- Anmerkungen 60
- VII. Japan61
- 1. Ueber japanische Thierbilder und Thiernamen 62
- 2. Japanische Säugethiere 75
- 3. Vögel Japans 87
- 4. Japanische Reptilien 109
- 5. Japanische Fische 116
- 6. Wirbellose Landthiere 127
- 7. Wirbellose Seethiere der Yeddobay 137
- 8. Die Felsenküste von Nangasaki 145
- Anmerkungen 152
- VIII. China.
1. Die Alluvialebene um Shanghai 155 - 2. Tamsui auf Formosa 162
- Seite
- 3. Hongkong 164
- 4. Kanton 166
- 5. Makao 168
- 6. Ueber die Thierkunde der Chinesen und unsere Kenntniss
chinesischer Thiere 169 - Anmerkungen 180
- IX. Die Philippinen.
1. Die Stadt Manila 186 - 2. Philippinische Vögel 187
- 3. Die übrigen Landthiere 193
- 4. Süsswasserthiere des Flusses Pasig und der Laguna del Bay 198
- 5. Fauna der Laguna de Taal 200
- 6. Thiere aus der Bay von Manila 201
- 7. Zamboanga auf Mindanao 202
- Anmerkungen 204
- X. Siam.
1. Salzwasserthiere 208 - 2. Süsswasserthiere 209
- 3. Wirbellose Landthiere 211
- 4. Land-Reptilien 212
- 5. Vögel 215
- 6. Wilde Säugethiere 217
- 7. Hausthiere, einheimische Thiernamen und Thierbilder 221
- Anmerkungen 224
- XI. Singapore.
1. Landthiere 228 - 2. Süsswasserthiere 231
- 3. Brackwasserthiere 232
- 4. Meerthiere 234
- Anmerkungen 243
- XII. Indischer Archipel244
- 1. Säugethiere 248
- 2. Vögel 261
- 3. Reptilien 277
- 4. Wirbellose Landthiere 288
- 5. Süsswasserfische 297
- 6. Wirbellose Süsswasserthiere 314
- 7. Brackwasserthiere 317
- 8. Höhere Meerthiere 320
- 9. Meerfische 322
- 10. Wirbellose Meerthiere 327
ÜBER DIE
THIERWELT DER BESUCHTEN GEGENDEN
IM ALLGEMEINEN.
Ost-Asien. Zoologisch. I. 1
[[2]][[3]]
I.
MADEIRA.
VOM 30. MAERZ BIS 12. APRIL 1860.
Durch den englischen Kanal und die unruhige biskayische See
hatten uns die schönen Silbermöven in grösserer Anzahl begleitet;
als am 26. März Cap Finisterre hinter uns lag, der Himmel klar,
die See still wurde und die ersten sogenannten Passatwolken sich
zeigten, wurden sie seltener; die letzte zeigte sich am Nachmittage
des 28., in 37½ Grad Nordbreite; die Temperatur war in diesen
Tagen rasch gestiegen, des Morgens um 6 Uhr von 8° R. auf 14,
des Mittags von 10 bis 12 auf 20, des Abends 10 Uhr von 8 bis 9
auf 15 bis 17. Jeder beeilte sich, die warmen Winterkleider, die
sowohl des Windes als Regens wegen in der spanischen See so
gute Dienste gethan, mit der leichtesten, hellsten Sommertracht zu
vertauschen. Unter solchen Eindrücken kam uns Madeira in Sicht,
in Begleitung der drei eckigen Felseninseln, las Desertas, von kleinen
Sturmvögeln (Puffinus?) umflogen. Aller Augen, unbewaffnet oder
bewaffnet, waren nach der Insel gerichtet, gegen welche die ab-
nehmende Briese uns nur langsam hintrieb. Sie verdient auch jetzt
noch ihren Namen, von materia, Bauholz, wegen der dichten Be-
waldung der höheren Gegenden; die höchste Spitze, der Pico Ruivo
(rothe Spitze), blieb von Wolken verhüllt; terrassenartige Abstufun-
gen, von fern an die der schwäbischen Weinberge erinnernd, zeig-
ten, wie hoch die Bodencultur an den Bergen hinaufreiche; einzelne
gelbe Streifen wurden als Zuckerrohrfelder gedeutet. Der weisse
Fleck unten, der Funchal sein sollte, nicht ohne Grund von einem
früheren Reisenden mit einem Haufen ans Ufer geworfener Auster-
schalen verglichen, entwickelte sich mehr und mehr zu einer ansehn-
lichen Stadt, in welcher wir bereits die einzelnen Dattelpalmen mit-
telst des Fernrohrs zählen konnten. Kaum war der Anker gefallen,
1*
[4]Funchal.
so umschwärmten uns auch schon zahlreiche Boote, welche neben
der wohlbekannten Charakterfrucht des europäischen Südens, der
Orange, uns auch die Banane als Vorschmack der Tropenzone
brachten. Mehrere grosse graue Möven umschwärmten wieder das
Schiff, da so augenscheinlich Esswaaren hineingebracht wurden.
Das Ufer ist fast überall steil, am Landungsplatz, neben
dem kleinen Fort, das wie ein Abbild des Castel del Uovo in
Neapel erscheint, schief abfallend, von grossen schwarzen Roll-
steinen gebildet, mit beständiger Brandung; ein paar Kerle müssen
ins Wasser springen und das Boot über die knirschenden Steine
hinaufziehen, ehe man trockenen Fusses aussteigen kann, was
natürlich für die Boote selbst nicht vortheilhaft ist, daher man
schon hier lieber gemiethete Boote als die zum Schiffe gehörigen
benutzt. Die Stadt macht überhaupt zunächst einen italienischen
Eindruck, wie Neapel oder Genua, der schon mit dem lauten Lärm
des viel fordernden und mit wenig zufriedenen Schiffer- und
Führergesindels beginnt und fortgesetzt wird durch die weissen
Häuser mit vierseitigen flachen Dächern, die Strassen mit rauhem
Pflaster aus kleinen Steinen, die breiteren Hauptstrassen, rua ge-
nannt, dem Strande parallel, die engen Queergässchen, traversa,
aufsteigend, ferner durch die Mauern, welche auch ausserhalb der
eigentlichen Stadt noch häufig die Wege einfassen und für das
Verhindern der Aussicht zuweilen durch hübsche Schlingpflanzen,
namentlich eine Ficus der stipulata ähnlich und Mesembryanthemum
acinacifolium, Ersatz gewähren. Zunächst um die Stadt findet man steile
Schluchten, in deren Mitte tiefeingegraben ein Bach über grosse
Steine dahinbraust (ribeiro), und dürre steinige Anhöhen, auf denen
die Opuntie häufig ist und auch nicht selten zu meinem Erstaunen
das grosse italienische Rohr, Arundo donax; einzelne verlassene
Rebenschösslinge, deren unterirdischer Stock beim systematischen
Ausrotten übersehen worden war, verkünden nur den Ruin dieses
vor wenigen Jahren noch blühenden Culturzweiges, durch die
berüchtigte, Jahr für Jahr wiederkehrende Traubenkrankheit ver-
anlasst; an seiner Stelle ist nun die Cochenillezucht und der Bau
des Zuckerrohrs aufgekommen. Hie und da liebliche Landhäuser;
in eines derselben führte uns der freundliche preussische Consul,
Herr Welsh, es gehört seinem Schwager, einem directen Nach-
kommen eines der Entdecker der Insel, Zargo; der Sohn des Letz-
teren habe hier schon vor 300 Jahren — die Insel wurde 1419
[5]Umgebung von Funchal.
entdeckt — sich das Landhaus gebaut und eine einheimische Ceder
(Juniperus cedrus Webb = brevifolia Hochst) gepflanzt, welche noch
in voller Kraft steht, während sie in den Wäldern selten geworden;
der Besitzer gab unserem Botaniker ein Stück von seinem Holze,
das einen eigenen Wohlgeruch hat, nicht unähnlich dem des ameri-
kanischen zu Bleistiften verwandten Holzes von Juniperus virginiana;
hier sahen wir auch eine blühende männliche Dattelpalme und dicht
daneben eine deutsche Eiche, deren Aeste aber in dem milden Klima
nicht so zackig abgebrochen gewachsen waren, wie gewöhnlich bei
uns. Den schönsten Punct der näheren Umgebung bildet Kloster
und Kirche Nossa Senhora de Monte, die »mount-church« der
Engländer, 1900 Fuss über der See; hinauf führt ein längerer, aber
bequemer und freundlicher Weg, theilweise durch frischen Wald,
an dessen Boden die häufige Vinca major gerade in voller Blüthe
stand. Hinab fährt man in wenigen Minuten auf einem Doppel-
Schlitten, von einem Knaben geleitet, die steile, roh gepflasterte
»Bergstrasse« entlang. Jenseits dieser nächsten Höhen erhält Alles
ein rauheres Ansehen, dunkle Felsenmassen treten überall zu Tage,
dazwischen kleine Stückchen bebautes Land und kleine Häuschen,
cyclopisch gebaut, mit Rohrdach und umgeben von einem Rohr-
zaun, hie und da eine einzelne Venta oder auch eine Grotte in einer
Felswand, deren Wände reichlich mit Farn bewachsen, deren Boden,
nach unzweideutigen Spuren zu schliessen, zeitweise den Ziegen und
ihren Hirten als Nachtlager dient.
Es versteht sich fast von selbst, dass eine Cavalcade nach
dem grossen Corral, als dem berühmtesten Aussichtspuncte in der
Nähe, gemacht wurde. Corral heisst im Portugiesischen Hof, vom
Lateinischen cohors; man nennt hier so einen tiefen Bergkessel in
der Mitte der Insel, um dessen Ränder die höchsten Spitzen der
Insel liegen, ursprünglich vulkanisch, jetzt Ursprung des grössten
Flüsschens der Insel, das westlich von Funchal an der Südküste
mündet. Diese Excursion brachte mir nur eine kleine Nacktschnecke
ein, und von Aussicht war wegen des Nebels auch nicht viel zu
sehen; die Kastanienbäume waren hier oben im Walde noch kahl 1)
und Spartium scoparium noch nicht in Blüthe, wie doch schon
unten. Reicher an Ergebnissen für den Zoologen wie den Botaniker
war ein Ausflug nach der Nordseite der Insel, den Ortschaften San
Vincente und Santa Anna, der in Gesellschaft mehrerer anderer
Herren von der Expedition zu Pferde gemacht wurde, aber schon
[6]S. Anna. S. Vincente.
vom Beginn an zeigten sich die Felsengehänge und feuchten Wald-
schluchten, an und durch welche der Weg führte, so reich an
Farn, Laubmoosen, Lebermoosen und Flechten aller Art, dass Herr
Wichura sein Pferd gar nicht bestieg, und in der That, auch der
Nicht-Botaniker fühlte sich zum Studium der Cryptogamen angelockt
durch die lebhaft gelben Astflechten, Alectoria flavicans Sw., auf
Erica arborea, welche uns zum Tort gern an den steilsten, un-
zugänglichsten Stellen wuchs, die bleichen Usneen an Oreodaphne,
ein niedliches Stereocaulon an feuchten Felsen, die krausen Cladonien
an trockeneren Stellen, die in den Stein förmlich vertieften ver-
schiedenfarbigen Krustenflechten und die zahlreiche Reihe von Farn,
welche man hier bei einander sah, von unserm wohlbekannten
Adlerfarn bis zu der fein zertheilten, an den Lorbeerbäumen
kriechenden Davallia Canariensis. Landschnecken waren dagegen um
so seltener, trotz der reichlichen Feuchtigkeit, ohne Zweifel wegen
der vulkanischen Bodenbeschaffenheit, d. h. des Mangels an Kalk.
Um so mehr zoologische Ausbeute gewährte am nächsten Tage, der
in S. Vincente verbracht wurde, ein in Musse ausgeführter Besuch
der Meeresküste (s. unten). Der dritte Tag wurde fast ganz zu
Pferde verbracht, beständig bergauf und bergab, und wir lernten
jetzt erst die Vortrefflichkeit unserer kleinen Thiere gehörig schätzen,
welche die steilsten, oft treppenartig gepflasterten Aufgänge im
Galopp hinaufeilten und abwärts, wo die losen Steine und stellen-
weise der feuchte glatte Lehmboden selbst den Fussgänger bedenk-
lich machen konnten, langsam mit sicherem Tritte hinabstiegen. Der
Unterschied dieser Nordseite von der Südküste in Bezug auf die
Vegetation erscheint dem Laien nicht so bedeutend, als er erwartet;
denn grosse Mesembryanthemum und verwilderte Agaven fallen auch
hier ins Auge, wie unter den Culturpflanzen Zuckerrohr und einzelne
Bananen. Zu guter Zeit Nachmittags in Santa Anna angekommen,
blieb mir noch Zeit, auch hier zur See herabzusteigen, diesesmal
nicht auf breitem Fahrwege, wie bei S. Vincente, sondern auf
wahren Ziegenpfaden, die ich nicht betreten hätte, wenn ich nicht
schon halbwegs gewesen wäre und der kleine Junge, der aus einem
Begleiter mein Führer geworden war, mir versichert hätte, man
könne da hinunter; denn die letzten hundert Fuss weit hatten wir
das Meer mit seinen grossen schwarzen Lavablöcken ziemlich senk-
recht unter uns und mussten uns immer erst die Stelle suchen, wo
wir den Fuss oder wenigstens den Fussrand aufsetzen konnten.
[7]Pico Ruivo. Ribeiro frio.
Als ich von unten nach dem zurückgelegten Wege emporsah, über-
kam mich erst ein leiser Schauer und dann grosse Zufriedenheit,
mit ganzen Gliedern unten zu sein. Hier dieselben Patellen und
Trochus, wie bei S. Vincente. Hohe, von der steilen Uferwand
abgelöste Felsenpfeiler, wie sie von Helgoland her den meisten
meiner Leser bekannt sein mögen, bezeugten, mit welcher Gewalt
und Ausdauer hier die Brandung arbeitet, und doch fanden sich
kleine zarte Fliegen (Dipteren) zahlreich gerade an den noch vom
Meerwasser feuchten Stellen der Felsen ein. Für die Rückkehr
fand sich ein bequemerer Weg.
Den nächsten Tag hatten Herr Wichura und ich für die
Besteigung des Pico Ruivo (6056 Fuss hoch nach der mir vor-
liegenden englischen Karte) bestimmt; trotz des nassen Lehmbodens
gingen wir rüstig aufwärts, bald war die Culturregion hinter uns,
Ulex und Spartium scoparium wurden vorherrschend, von ersterem
fast alle Exemplare blühend, von letzterer noch nicht; auch der
rothe Fingerhut ist hier, Laub- und Lebermoose in Menge, Tausend-
füsse und Kellerasseln nicht minder, und zu der einen Glasschnecke
(Vitrina Ruivensis) des vorigen Tages ist die zweite schönere Art
mit orangeroth verbrämtem Mantel (V. nitida Gould) hinzugekommen.
Aber endlich kommen wir in dichten Nebel, unser Führer, der sich
anfangs noch nach einem thurmähnlichen Felsblock, hom en pe,
Mann zu Fuss oder aufrechter Mann, genannt, orientirt hatte, kennt
sich gar nicht mehr aus, auf alle unsere Fragen ist nur das trostlose
no sai, ich weiss nicht, aus ihm herauszubekommen, und statt über
den grossen Corral nach Funchal, müssen wir so wieder nach Santa
Anna zurück, um am nächsten Tage nach Funchal zurückzukehren,
erst durch die schöne »kühle Schlucht« (Ribeiro frio), voll Lor-
beerbäume und romantischer Felsformen, die auch an Landschnecken
einige Ausbeute liefern, und dann über ein Plateau mit kurzem
Gras, hohem Moos (Polytrichum) und dem einheimischen Heidelbeer-
strauch, Vaccinium Madeirense, höher als der unserige, aber die
Beeren minder wohlschmeckend. In Funchal war unterdessen, zu
meiner traurigen Ueberraschung, Segelordre für die »Thetis« ein-
getroffen, und ich benutzte die zwei letzten Tage noch, um durch
einen Taucher, den mir der freundliche Herr Herschel aus Mann-
heim zugeführt, einige Meerthiere aufzufischen und die Bekanntschaft
des Herrn Johnson zu machen, der seit längerer Zeit sich speciell
mit den niederen Thieren dieser Insel beschäftigt und seitdem mehrere
[8]Kaninchen. Fledermäuse. Vögel.
werthvolle Mittheilungen darüber in den Proceedings of the zoological
of London, Jahrgang 1860—1862, gemacht hat. Diese treffliche
Gelegenheit des Zusammenarbeitens mit einem localkundigen und
erfahrenen Fachgenossen, nun so vergeblich gezeigt, machte mir
den Abschied von der schönen Insel, den ersten auf dieser Reise,
noch schwerer.
1. Landthiere.
Eigenthümliche Landsäugethiere besitzt Madeira keine, wie
es mit der Mehrzahl der kleineren Inseln in allen fünf Erdtheilen
der Fall ist; das einzige Wild, das mir und Anderen aufgestossen
ist, sind die Kaninchen zwischen den Büschen von Ulex und
Spartium am Pico Ruivo und anderwärts; eine historische Nachricht
über ihre Einführung ist mir nicht bekannt, doch ist es an sich
höchst wahrscheinlich, dass sie ihres Fleisches wegen eingeführt
wurden. Mäuse und Ratten sind selbstverständlich mit den europäi-
schen Schiffen auch hierher gekommen. Auffallender ist, dass auch
die bis jetzt beobachteten Fledermäuse2) europäische Arten, die
eine sogar eine speciell südeuropäische ist; es beweist das gewaltige
Flugvermögen dieser Thiere, wenn man nicht etwa annehmen will,
dass sie auf Schiffen, unfreiwillig von beiden Seiten, herüber-
gekommen sind; aber auch auf den Bermudasinseln, die in einem
ähnlichen Verhältniss zu Amerika stehen, wie Madeira und die
anderen atlantischen Inseln zum alten Kontinent, finden sich nur
nordamerikanische Arten von Fledermäusen, und man glaubt dort
aus ihrer Anwesenheit nur während eines Theiles des Jahres auf
eine regelmässige Wanderung von dort herüber schliessen zu dürfen. 3)
Nicht viel weniger übereinstimmend mit der europäischen ist die
befiederte Bevölkerung; in den Schluchten nahe der Stadt und bei
den kleineren Ortschaften sahen wir nicht selten Thurmfalken und
Bussarde, in den Wäldern hört man öfters die wilde Taube, an
den Bächen und selbst am Meeresstrande begegnete mir wiederholt
die gelbe Bachstelze. Auch die Amsel ist hier einheimisch und
neben ausländischen Papageien ein beliebter Stubenvogel in Funchal.
Von den 25 Arten Vögeln, welche als auf Madeira regelmässig
vorkommend und sich fortpflanzend bekannt sind, sind nur sechs
nicht auch in Europa zu Hause und von diesen fünf mit europäischen
sehr nahe verwandt; die einzige recht fremdartige ist eine lorbeer-
fressende Taube. 4)
[9]Reptilien. Aal. Landschnecken.
Eigenthümlicher, aber noch ärmer sind die Reptilien vertreten
durch eine einzige5) Art von Eidechsen, (Lacerta Dugesii Milne
Edwards = Teira punctata Gray = Lac. Maderensis Fitzinger), diese
sah ich sehr zahlreich in S. Vincente, sowohl zwischen den Steinen
am Meeresstrande, als an den Mauern, so weit die Kultur reicht;
höher fand ich sie wenigstens nicht. Sie erscheint bald fast schwarz,
mit wenigen kleinen gelben Puncten, bald mehr erdfarbig, die
jüngeren mehr grün, mit einer blassen Längsbinde jederseits; die
Unterseite ist bei erwachsenen schwarzen schön orangeroth, bei
den jüngeren grünlichgelb, und während diese somit mehr an unsere
Lacerta agilis und muralis erinnern, zeigen jene von oben mehr
Aehnlichkeit mit L. viridis, von unten mit L. crocea. Ein rother
Bauch scheint überhaupt bei mehreren Arten der Gattung Lacerta
vorzukommen, ohne bei irgend einer Art allen Individuen und
Alterszuständen zuzukommen. Schlangen hat noch Niemand auf
Madeira gefunden, was schon Forster bekannt war, wie sie auch
manchen kleinen Inseln des Mittelmeeres ganz fehlen. Auch die
Batrachier würden fehlen, wenn nicht vor einiger Zeit ein Portugiese
einen Frosch aus Europa eingeführt hätte, eine Sage, welche mir
auf der Insel selbst bestätigt wurde. Die Kaulquappen sah, die
Stimme der erwachsenen hörte ich selbst in einer der Schluchten
nächst der Stadt.
Der einzige Süsswasserfisch ist der Aal, wie auf der Insel
Sardinien und auf den Azoren, und betrachtet man die wildbach-
artige Natur aller süssen Gewässer der Insel, so kann man auch
nicht mehr erwarten, höchstens noch Analoga unserer Groppe und
Forellen. Auch am hiesigen Aal variirt das Breitenverhältniss der
Schnauze, was mehr dafür spricht, keine Artentrennung darauf zu
gründen.
Die Landschnecken sind mehr an Arten, als an Individuen
reich, die Mehrzahl sind kleine Erd- und Mulmschnecken, so die
Pupen und viele kleine Helix. Erstere findet man zuweilen gesellig
an von Rasen mehr oder weniger bedeckten Felsstücken; eine Art,
P. laurinea, soll an Lorbeerbäumen vorkommen, vielleicht nur am
unteren dicken Theil, so weit von abgefallenem Laub bedeckt.
Helix undata Lowe ist vielleicht die grösste einheimische Schnecke,
sie kommt sowohl am Meeresufer, als auf den Bergabhängen, immer
unter Steinen vor; ähnlich die kleinere noch häufigere H. nitidiuscula
Sow.; kugelige Laubschnecken, unserer H. nemoralis oder auch nur
[10]Vertheilung und Verwandtschaft der Landschnecken.
H. adspersa entsprechend, scheinen zu fehlen. Die kleine, an den
dürren Südabhängen am Boden häufige, zierliche Helix polymorpha
erinnert zugleich an unsere europäische H. rotundata und lapicida,
ihr Vorkommen gleicht dem der H. rotundata. Die halbbedeckten,
viel Feuchtigkeit verlangenden Vitrinen (V. nitida Gould und Rui-
vensis Couthouy) sind in den höheren Waldgegenden zu Hause,
beide sind grösser, als die europäischen Arten. Nacktschnecken
sind auch nicht selten, ich sah kleine hellbraune Arion (ater L.?),
unseren deutschen Limax agrestis, dann die südwesteuropäischen
L. gagates Dr. und (wahrscheinlich) L. Sowerbyi Fer. Neben diesen
sind noch einige kleine Mulmschnecken, wie Hyalina cellaria, mit
Europa gemeinsam; ferner Stenogyra decollata L., die aber hier so
wenig wie dort verwandte Arten findet; ich habe die letztere nur
in der nächsten Umgebung Funchals gesehen und werde dadurch
in der Meinung bestärkt, dass sie eingeschleppt sei; sie ist hier
viel dünnschaliger, mehr glänzend, durchscheinend und gelb, als
gewöhnlich in Italien, offenbar fehlt es ihr an Kalk. Die Cyclostomen
sind nur durch zwei Arten einer kleinen, Europa fremden Gruppe,
Craspedopoma, repräsentirt, deren dritte Art auf den canarischen
Inseln lebt. Es sind dieses übrigens kleine Erdschnecken, in der
Lebensart unserem Cyclostoma ähnlich, in Humusboden zu finden.
Die Gattung Pomatias, früher für rein europäisch gehalten, bis in
der neuesten Zeit Eine Art auf den canarischen Inseln gefunden
wurde, wird auf Madeira (bis jetzt) vermisst; dieses scheint sich
daraus zu erklären, dass es kalkliebende Felsschnecken, und unsere
Insel keine Kalkfelsen hat, daher überhaupt die specifischen Fels-
schnecken sehr zurücktreten, so ist z. B. die Gattung Pupa zwar
zahlreich vertreten, aber durch lauter kleine Mulmschnecken;
Analoga unserer Pupa avena und frumentum scheinen ganz zu
fehlen. Clausilien sind jedoch mehrere vorhanden, darunter fand
ich eine mit sehr dickem Mundsaum, Cl. Lowei, in der Waldregion.
Die zwei Hauptregionen Madeira’s treten auch in dem Vor-
kommen der Landschnecken deutlich aus einander: der unteren
warmen und trockenen des bebauten Landes und der dürren steinigen
opuntienreichen Abhänge gehören die mehr eigenthümlichen H. un-
data, nitidiuscula, polymorpha; der höheren feuchten Waldregion
die Nacktschnecken, Vitrinen und Hyalinen, Craspedopoma, Pupa
und Clausilia, also grossentheils den europäischen ähnliche oder
gleiche Formen. Von eigenen Strandschnecken konnte ich nichts
[11]Süsswasserschnecken. Insekten.
sehen, obwohl Lowe’s Gruppenbenennung Ochthephila darauf deutet,
sie dürften mehr in Portosanto auftreten.
Süsswasserschnecken sind sehr sparsam, ich fand nur
zwei, Limnaeus truncatulus und Ancylus aduncus Gould (exp. shells
p. 41), in kleinen Rinnsalen und Bächen; ersterer ist europäisch und
der zweite einer europäischen Art sehr ähnlich und beide gerade
unter allen anderen europäischen dadurch ausgezeichnet, dass sie
zuweilen auch über dem Wasser, nur im Feuchten, leben, was für
die hiesigen Verhältnisse vollkommen passt. Herr Johnson zeigte
mir eine dritte bei Funchal gefundene, Planorbis glaber Jeffr.,
unserem Pl. albus sehr ähnlich, auch in der schiefen Mündung,
aber ohne Haare.6)
Die benachbarte Insel Portosanto besitzt mehrere grössere
dickschalige Arten von Landschnecken, welche Madeira fehlen, so
z. B. H. Portosanctana, wahrscheinlich auf Kalkboden; von 54 Arten,
welche Portosanto besitzt, sind nur eilf mit Madeira gemeinschaftlich.
Auch die Desertas haben eine oder zwei eigenthümliche Formen,
neben einigen gemeinschaftlichen.
Insekten. Wenn die Vögel durch ihre leichte Beweglichkeit,
die Landschnecken durch ihre örtliche Beschränktheit die zoologische
Geographie interessiren, so finden wir bei den Insekten Beispiele
für beides. Auf den ersten Anblick bieten die Insekten Madeira’s
nichts Besonderes dar, man findet keine schon dem Laien auffällige
eigene Form, da und dort kleine schwarze Käfer am Boden, hie
und da einen Schmetterling, wie sie in Europa auch sind oder sein
könnten. Jedoch eine nähere Untersuchung führt zu anderen Re-
sultaten. Herr Wollaston hat mehrere Jahre hindurch nur die Käfer
der Insel mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt und ein eigenes
schönes Werk darüber herausgegeben. Die hervorragendsten Züge
sind hiernach, dass unverhältnissmässig viel ungeflügelte Arten vor-
kommen, dass die Familie der Melasomen hier besonders reich
vertreten ist (Schmarda wählt sie als die bezeichnende für das
Mittelmeerbecken), und dass der Verbreitungsbezirk der einzelnen
Arten sehr beschränkt ist; in jeder Schlucht findet man wieder
andere, nicht nur Portosanto, sondern auch die einzelnen Desertas
haben eigenthümliche Arten. Die meiste Verwandtschaft und Arten-
gemeinschaft findet auch für diese Classe mit den Ländern um das
Mittelmeer Statt. Dieselbe Aehnlichkeit tritt in anderen Ordnungen
durch das Vorkommen der italienischen Termite, Termes lucifugum
[12]Insekten. Spinnen. Myriopoden.
Rossi, und das (wie in Süddeutschland) mehr unregelmässige Er-
scheinen der südeuropäischen Gottesanbeterin, Mantis religiosa,
hervor. Von Schmetterlingen sah ich unsern bekannten Kohl-
weissling, Pieris brassicae L. Die Hymenopteren spielen, wie in
allen wärmeren Gegenden, keine geringe Rolle, so unter anderen
die Gattung Ophion; Ameisen findet man viele im Freien, und
berühmt durch Heer’s Schilderung ist die Hausameise von Madeira.
Culex longiareolatus macht sich als Muskito lästig. Das europäische
Heimchen, Gryllus domesticus L., ist auch hier vorhanden. Läuse
und Flöhe sind so häufig, wie anderwärts, und man sieht auf den
Strassen Funchals nicht selten die Mutter der Tochter, die Schwester
der Schwester nach derartigen Thierchen den Kopf absuchen, wie
man es in civilisirten Gegenden nur von Affen in Menagerieen zu
sehen gewohnt ist. Eine Schildlaus aus der Abtheilung Lecanium
fand ich auf einer verwilderten Acacia melanoxylon.7)
Spinnen verschiedener Farben sind nicht selten: Johnson
führt namentlich eine »Lycosa tarentuloides maderensis« auf, also
eine Verwandte der apulischen Tarantel. Von Scorpionen habe ich
nichts gesehen, noch erfahren; nur den sogenannten Bücherscorpion,
Chelifer, wie auch bei uns, im Freien.
Tausendfüsse. Noch nirgends habe ich die Gattung Julus
so häufig gesehen, als in Madeira, namentlich in der unteren
Region, fast unter jedem Steine. Der gemeinste ist ein ziemlich
grosser, honiggelber, daher einem Mehlwurm (Larve von Tenebrio
molitor) auf den ersten Anblick gleichend, mit dunkelm Rücken-
streif; in Europa habe ich nie einen solchen gesehen; dann ein
schwarzer mit einer Reihe hellerer Puncte; endlich kleine, mehr
graue Scolopendern in mehrfachen Arten, theils unseren Lithobius,
theils unseren Geophilus gleichend. Ein verwandtes, mehr breites,
langfüssiges Thier, die Galera der Venetianer, Cermatia coleoptrata,
lebt in Häusern.
Onisciden, Armadille und Porcellionen ebenfalls nicht
selten und, wie es scheint, europäische Arten darunter, so P. scaber.
Süsswasserkrebse. Der Flusskrebs selbst fehlt; nur die
kleinen Wasserasseln (Asellus aquaticus) und Geizen (Gammarus)
finden sich in den Bächen, letztere oft nur im Feuchten, am Ufer
der Bäche über Wasser.
Anneliden, Regenwürmer, sind nicht selten, darunter auf
der Nordseite der Insel bei Santa Anna eine wahrscheinlich neue
[13]Letzte Landpflanzen. Erste Meerthiere.
Art mit grossem gelbem Gürtel. Kleine Blutegel (Nephelis) in
Bächen.
2. Strandbewohner.
Die Ufer des Meeres sind entweder von anstehenden Felsen
oder von mässig grossen Rollsteinen und einzelnen Felsblöcken
gebildet. Einen Sandstrand oder Schlammküste habe ich nicht zu
sehen bekommen. Zwischen den Steinen und an den Felsblöcken
des Strandes bei S. Vincente fand ich noch Eidechsen und einzelne
Schnecken (H. undata, nitidiuscula), von phanerogamen Pflanzen
Chrysanthemum pinnatifidum, eine Fumaria (Vaillanti?), ein Solanum
und Plantago coronopus, nebst einem Farnkraut, Asplenium marinum,
und einer gelbgrauen Steinflechte aus der Abtheilung der Parmelien;
die gelbe P. parietina dagegen bekleidet die steilen Felsabhänge der
Schlucht von S. Vincente in Menge, hört aber sogleich auf, sobald
sich die Schlucht gegen die See hin öffnet. Eine kurze Strecke,
etwa ein Dutzend Schritte, sind die Steine ganz leer von lebenden
Wesen, alsdann beginnen in einer Höhe, die nur kurze Zeit und
vielleicht nicht bei jeder Fluth vom Wasser erreicht wird, die
Litorinen (L. striata King), anfangs nur kleine (junge?) Exemplare,
und sehr vereinzelt die kleinen flachen Meereicheln (Chthamalus);
von Vegetation noch keine Spur. Etwas tiefer, wo die Litorinen
schon häufig sind, beginnt eine kleine konische Patelle, P. guttata
Orb. Noch tiefer, bei mittlerem Wasserstand etwa gerade im Niveau
des Wassers, wo die Litorinen schon weniger zahlreich sind, beginnt
ein grüner Ueberzug (kurze Enteromorphen) die Felsen schlüpfrig
zu machen, und hier werden die genannten zwei Schnecken bereits
durch andere ersetzt, deren schöneres glatteres Aussehen, namentlich
der mehr oder weniger perlmutterartige Glanz der Innenfläche, an-
deutet, dass sie des Wassers weniger entbehren können. Es sind
Trochus colubrinus Gould, die sternförmige, flache, innen blaue
Patella scutellaris und die mehr längliche, aussen rauhgerippte, meist
von Algen überzogene Patella aspera.8) Noch tiefer, nur bei
niedrigem Wasserstand entblösst, kommt ein rothgefärbter Gürtel;
diese Farbe rührt von einem kurzen Dickicht von Corallinen
(Calvadosii) auf den Steinen her, deren Rauhigkeit dem nackten
Fuss wieder einen sicheren Anhalt giebt, und in welchem kleine,
noch lebhafter roth gefärbte Mollusken (Hydrobia sp. und Kellia
[14]Strandkrabben. Auriculaceen.
rubra) ziemlich zahlreich stecken. Dazwischen kleinere, auch auf-
fallend kurze, rothe und gelbliche Algen (Gelidium, Laurencia,
Cystosira pumila), einzeln auch der schön grüne Seelattich (Phyco-
seris). Auf den Steinen laufen mit grosser Geschwindigkeit grössere
und kleinere Krabben umher, leicht zu sehen, aber schwer zu
fangen, Grapsus marmoratus F. und G. Webbi M. E. All diese mögen
ringsum an allen Seiten der Insel sein; andere fand ich nur an
einzelnen Stellen, so bei S. Vincente in einer feuchten Spalte in
der Höhe, wo die Litorinen am häufigsten, einen Haufen von etwa
zwanzig kleinen, erbsengelben, runden Schneckchen, Pedipes
afer Gm., deren schrittweises Gehen, wie es schon Adanson vor
hundert Jahren beschrieben hat, leicht in einem Glase zu beobachten
ist; in demselben sah ich sie auch an der Luft nicht nur kriechen,
sondern auch die Fühler ausstrecken und das runde Luftloch öffnen,
dieses aber nie im Wasser selbst, was sie in Bezug auf die Frage,
ob Land- oder Meerthiere, auf gleiche Stufe mit den Auriculen
setzt, die ich früher in den venetianischen Lagunen beobachtet.
Mit ihm zusammen leben an der Nordküste von Madeira nach
Lowe drei andere Auriculaceen: Auricula (Melampus) exigua,
(Marinula) aequalis und gracilis Lowe. Etwas tiefer, zwischen
zahlreichen Patella guttata, sah ich ebenda eine kleine blass-
rothe Milbe zahlreich und ziemlich rasch herumlaufen, eben so
bei Santa Anna zwischen den Litorinen eine kleine Fliege; und
ebenda, am erstgenannten Orte, fielen mir einige der Krabben
durch ihre ungemeine Grösse und die Breite ihrer Füsse auf; ich
erkannte dieselben wieder an der Wirthstafel zu St. Anna in der
schönen, durch ihre bogenförmigen Haarreihen ausgezeichneten
Plagusia squamosa.9) Auf der Südküste sah ich diese nicht, dagegen
zahlreiche kleine Seeigel in Löchern anstehender Klippen, als ob
von ihnen selbst gegraben. Die Geschicklichkeit eines Fischers,
Don Emanuel da Silva, verschaffte mir mehrere kleine Thiere aus
den an grünen Algen reichen kleinen Lachen, die auf und zwischen
den Felsblöcken beim Rücktritt des Meeres zurückbleiben; es war
ein kleiner Schleimfisch (Blennius galerita Linn.), ein kleiner lang-
schwänziger Krebs (Alpheus) und eine kleine grüne Aplysia. An
den Klippen des Loo-rock vor Funchal sitzt ziemlich zahlreich die
rothmündige Purpura haemastoma, weniger häufig eine Columbella,
der C. rustica nahe verwandt, und eine Mitra aus der Gruppe von
M. lutescens Lam., aber grösser, als diese Art des Mittelmeeres.
[15]Vergleichung mit dem Mittelmeer. Fischmarkt.
Unter den Käfern führt Wollaston zwei hierhergehörige
eigenthümliche Arten des Strandes auf: Calobius Heeri, am Vor-
gebirge Gorgulho, zwischen Meerconferven, selten, klein, cylindrisch,
schwarz; Thalassophilus Whiti, unter Steinen, cylindrisch, lang-
hörnig, gelb.
Der Gesammthabitus dieser Litoralfauna ist offenbar derselbe,
wie im Mittelmeer; nur wenige der genannten Gattungen fehlen dem
letztgenannten, namentlich Pedipes und Plagusia, diese nämlich sind
an den Tropenküsten zu Hause und stehen hier an ihrer Nord-
gränze. Die Arten sind dagegen bei den eigentlichen Litoralthieren
fast durchweg andere, wenn auch ähnliche; so entspricht Trochus
colubrinus dem T. tessellatus Born des Mittelmeeres, die sogenannte
Patella scutellaris und guttata den P. caerulea L. und lusitanica
Gmel. des Mittelmeeres. Nur Purpura haemastoma kommt selbst
im Mittelmeere vor, ist aber dort keinesweges allgemein verbreitet.
Auch die Litorina ist von denen des Mittelmeeres und des englischen
Canals noch verschieden. Mehrere dieser Arten mag Madeira mit
den Azoren und Canaren gemeinschaftlich haben. Die Algen und
die Echinodermen scheinen dagegen dieselben Arten mit denen der
europäischen Meere.
Zur Ergänzung der Meeresrandfauna möge erwähnt werden,
dass Lowe einige Auriculaceen und eine Truncatella in Madeira fand.
3. Der Fischmarkt.
Die Fischmärkte der europäischen Küstenstädte zerfallen in
2 Classen, solche, auf denen Fische aus den Linnéischen Gattungen
Gadus und Pleuronectes, und solche, auf denen Sparoiden vor-
herrschen; erstere sind die des nördlichen, letztere die des süd-
lichen Europa’s; auch hierin schliesst sich Madeira an Südeuropa
an, wie ein Blick auf die silberne goldgestreifte Box salpa und die
rothen Pagellus (namentlich P. centrodontus Delaroche) zeigt. Der
häufigste Fisch im April, von allen Classen gegessen und auf allen
Strassen vorübergetragen, ist die Makrele, hier cavallo, Pferd, ge-
nannt; des Morgens frühe kann der Fremde leicht, ohne zu fragen,
den Fischmarkt finden, wenn er nur der Richtung nachgeht, von
welcher er Eingeborne mit ein paar Makrelen in der Hand herkom-
men sieht. Am auffallendsten und fremdartigsten erscheinen dagegen
dem Neuangekommenen zwei andere Fischgattungen, die eine ein
riesengrosser schwarzgrauer Fisch mit stark hervorgequollenen
[16]Fischmarkt.
Augen, Polyprion cernium, selten im Mittelmeer, hier häufig, und
der schön rothe, stark zusammengedrückte Alfonsin (Beryx deca-
dactylus und splendens), aus einer nicht artenreichen Familie, deren
mehr charakteristische Formen an den Küsten von Neuholland
(Trachichthys) und Japan (Monocentris) vorkommen, und längst
bekannt waren, ehe man einen Repräsentanten derselben auch im
Mittelmeer entdeckte (Hoplostethus). Beide genannten imponiren
durch die Grösse ihrer Augen und deuten dadurch an, dass sie in
der Tiefe leben; bei Polyprion sind dieselben stark hervorgetrieben
und der Fisch sieht deshalb, da die Bindehaut den vortretenden
Bulbus in Form eines kurzen Cylinders umhüllt, wie mit einem
Opernglas versehen aus. Bekanntlich gilt dieser Fisch, nach den
Angaben von Risso und de la Roche, auch im Mittelmeer für einen
Bewohner grösserer Tiefen, und der Gedanke liegt nahe, dass erst
beim Heraufgezogenwerden, indem der Druck des umgebenden
Wassers sich rasch vermindert, die Augen dergestalt hervorgepresst
werden, wie bei andern Fischen unter ähnlichen Umständen der
Magen durch den Mund heraustritt.
Fast eben so roth, wie der Alfonsin, aber durch bräunliche
Wolken gemildert, ist die Farbe des »Schwarzmaules«, Sebastes
imperialis Cuv.; seinen Namen verdankt er der schwarzen Farbe
der Mundschleimhaut, die er mit manchen andern sonst sehr un-
ähnlichen Fischen, z. B. Gadus carbonarius u. a., theilt. Eine
grosse Häringsart, Clupea maderensis, ist im Beginn und soll im
folgenden Monat häufig werden. Ferner sah ich sehr grosse Meer-
Aale (Conger) und kleine Haifische, dagegen keine Rochen und
keine Schollen, doch soll ein kleiner Butt (Rhombus) zuweilen vor-
kommen10). Ausgezeichnet ist dagegen der Fischmarkt von Funchal
dadurch, dass er fast täglich frische Seeschildkröten (Chelonia ca-
retta L. = caouana Schweigger, dieselbe Art wie im Mittelmeer)
aufzuweisen hat und zu billigen Preisen; fünf Schillinge für ein
Stück zu verlangen, ist schon eine nur Fremden gegenüber mögliche
Ueberforderung.
Krebse, Cephalopoden, Muscheln oder sonstige wirbellose
Thiere waren auf dem Fischmarkte an den wenigen Tagen, an
denen ich ihn besuchen konnte, nicht zu sehen, doch erfuhr ich
von solchen, die längere Zeit auf Madeira zubrachten, dass Tin-
tenfische nicht selten gefangen werden und ausserhalb der Stadt
sieht man fast vor jedem Bauernhause einen grossen Haufen leerer
[17]Schnecken als Nahrungsmittel. Echinodermen.
Schalen von lapes (Patella scutellaris, aspera und guttata) und ca-
ramuchos11) (Trochus colubrinus), als Zeugniss, eine wie wichtige
Rolle diese Schalthiere als Nahrungsmittel des Volkes spielen; der
Naturforscher freut sich, hier an einer grossen Anzahl von Exem-
plaren das Wandelbare einzelner Kennzeichen und das Gleichbleiben
des Totalcharakters, namentlich in Bezug auf die drei Arten von
Patella, zu beobachten, und wird dabei zuweilen noch durch eine
einzelne zwischen den Tausenden von Patellen versteckte Haliotis
überrascht. Dass Muscheln dem Menschen zur Speise dienen, sah
ich auf Madeira nicht, während sie doch sonst viel häufiger als
Schnecken dazu verwandt werden, man denke, ausser der Auster,
nur an die Miesmuscheln der holländischen Matrosenküchen und
die Vongole (Venus edulis, aurea u. a.) der neapolitanischen Restau-
rationen; dieser Umstand, dass einschalige, nicht zweischalige
Conchylien das Haupt-Contingent zur Volksnahrung stellen, be-
zeichnet mehr als jeder andere Madeira als reine Felsenküste, ohne
Sand- oder Schlammflächen.
4. Meerthiere des Grundes.
Durch Tauchen brachte mein Fischer in der Nähe von Loo-
rock mir ein paar Echinodermen in die Hände, welche er vom
Boote aus gesehen, die aber nie über Wasser kommen, so einen
dunkelblutrothen Seestern, Ophidiaster ophidianus Ag., zweierlei
Seeigel, Echinus brevispinosus Risso, mit kurzen violetten, an der
Spitze dunkelrothen Stacheln, und ein Diadema mit langen schwarzen
rauhen Stacheln, endlich eine Holothurie, H. tubulosa?, welche
sofort einen zähen, rasch zu Fäden erstarrenden Schleim von sich
gab und in Spiritus gebracht nicht ermangelte, auch ihre Einge-
weide von sich zu geben.12)
Von Bewohnern grösserer Tiefen bekam ich mehrere bei den
schon erwähnten Naturforschern und Naturfreunden zu sehen,
welchen mehr Musse für solche Forschungen vergönnt war. Herr
Johnson erhielt als häufigere Ausbeute des Schleppnetzes nament-
lich den kleinen hübschen Pecten corallinoides Orb.13), nächsten
Verwandten des westindischen Pecten nodosus L. sp., aber weit
verschieden von allen Arten des Mittelmeers. Hauptsächlich wird
diese Region charakterisirt durch grössere Stern- und Horn-
korallen, welche hier verhältnissmässig reicher als im Mittel-
meer vertreten sind, aber noch nicht in dem Grade, wie in dem
Ost-Asien. Zoologisch. I. 2
[18]Korallen. Farbe in Bezug zur Tiefe.
Gorgonien-reichen Westindien. So erhielt ich hier die zarte Prymnoa
gracilis Gray, wohl nicht verschieden von der Art des Mittelmeers,
und sah mehrere Exemplare von Antipathes subpinnata Solander,
auf deren Zweigen sich eine interessante Cirripede, Oxynaspis celata,
eingenistet hatte, ferner drei Arten grösserer Sternkorallen, in denen
allen ich europäische Arten wiederzuerkennen glaube: Dendrophyllia
ramea L. sp., mit gestreiftem Stamm und kurzen dicken Endästen,
D. cornigera Blainville, deren Endäste etwas länger sind, von ihrer
Basis gegen ihr freies Ende zu an Umfang zunehmen und fast recht-
winklig vom Stamm abgehen, endlich Oculina (Lophelia M. E.) pro-
lifera Pallas sp., ausgezeichnet durch ihre tiefen, seitlich zusammen-
gedrückten Kelche mit sehr ungleichen, am Rand übergreifenden
Lamellen, ohne Mittelsäule. Diese ist auch in der Nordsee zu
Hause, die anderen im Mittelmeer.14)
Zahlreiche kleine nackte Mollusken, namentlich von den Gat-
tungen Doris, Polycera und Aeolis, aus dieser Region wurden von
Herrn Johnson beobachtet. Es ist bemerkenswerth, dass die vor-
herrschenden Farben derselben vorzugsweise zwischen Gelb und
Roth sich bewegen; auch die Farbe der Dendrophyllien im frischen
Zustande scheint pomeranzengelb zu sein, nach dem einen vor nicht
langer Zeit aufgefischten Exemplar, das mir gezeigt wurde, zu ur-
theilen. Wie Blau bei den auf hoher See lebenden Thieren, so
scheint Roth nahe der untern Gränze der Ebbe (Corallina offici-
nalis, Asteriden, Kellia rubra) und das schwächere Gelbroth in
der Region der Sternkorallen eine häufige Farbe der Thiere zu sein.
Als Resultat aus dem, was man bis jetzt über die Thiere
Madeira’s kennt, lässt sich aussprechen, dass die Fauna dieser
Insel, ihrer geographischen Lage entsprechend, im Allgemeinen und
Grossen sich zunächst an die Fauna des Mittelmeerbeckens an-
schliesst, ja in Bezug auf die Mehrzahl der Thierclassen derselben
zugezählt werden darf; die Abweichungen von derselben bestehen
hauptsächlich darin, dass
- bei den grösseren Landthieren sich dieselbe Armuth wie bei
allen vom Festland entfernteren Inseln geltend macht; - bei den kleineren dagegen, namentlich Schnecken und Käfern,
ein grosser Reichthum an eigenthümlichen nicht nur Arten,
sondern auch Formen (Gruppen, Untergattungen oder klei-
[19]Vergleichung mit dem Mittelmeer.
nen Gattungen) hervortritt, so dass man genöthigt ist, für
diese Classe die Insel als eigenes Reich oder Verbreitungs-
Centrum zu betrachten; - die Süsswasserthiere womöglich noch schwächer als auf den
grössern Inseln des Mittelmeers vertreten sind; - bei den Meerthieren der obern Litoralzone die Uebereinstimmung
mit der Mittelmeerfauna mehr auf Aehnlichkeit als Identität
der Arten beruht (Patella, Trochus, Haliotis) und durch
Auftreten einiger tropisch-atlantischen Gattungen gestört
wird (Pedipes, Plagusia). Interessant in dieser Beziehung
sind zwei der häufigeren Litoralschnecken, welche die Fauna
Madeira’s nach verschiedenen Seiten hin verknüpfen: Pur-
pura haemastoma ist hier viel häufiger als in dem fluthlosen
Mittelmeer und erinnert an die eben so häufige Purpura
lapillus der oceanischen Küsten Europa’s bis Norwegen,
und sie selbst ist an allen tropisch-atlantischen Küsten zu
Haus; Litorina striata hält im Allgemeinen in ihren Kenn-
zeichen die Mitte zwischen der grössern Art der Nordsee,
L. litorea, und der ganz kleinen des Mittelmeers, L. neri-
toides L. sp., zeigt aber auf ihren obern Windungen die
ersten Spuren einer Sculptur, welche bei der westindischen
L. muricata L. sp. vollständig entwickelt ist. Trochus co-
lubrinus ist einerseits nahe verwandt mit dem westeuro-
päischen crassus und dem Tr. Olivieri des Mittelmeers,
andererseits mit Tr. Tamsii der Capverdischen Inseln. - Unter den eigentlichen Meerthieren zeigen sich neben
solchen, die vollständig mit denen des Mittelmeers überein-
stimmen, einzelne mit denen der Nordsee identische (Ocu-
lina prolifera) oder nächstverwandte (ein von Johnson ge-
fundener neuer Platycarcinus), aber auch einzelne mehr an
die Tropenwelt erinnernde, wie Pecten corallinoides und
Madracis.
2*
[[20]]
[[26]]
II.
TROPISCHER THEIL DES ATLANTISCHEN OCEANS.
Bei gutem Winde hat der Zoolog nichts zu thun; seine Erntezeit ist
die Windstille, bei der jeder andere auf dem Schiff müssig und
ärgerlich ist. Glücklich, wenn er dann von diesen nicht in seinen
Arbeiten gehemmt wird oder das schwimmende Netz auf höheren
Befehl eingezogen wird, weil Hoffnung auf Wind sich zeigt. Zwei
Tage Windstille unmittelbar nach der Abfahrt von Madeira, also
nahe der Gränze der Tropenzone, und ungefähr eben so viele am
Aequator gestatteten mir einen Blick in die pelagische Fauna, die
weder ganz arm, noch sehr reich ist.
Aecht pelagisch, von der Nähe des Landes fast oder ganz
unabhängig, sind unter den Wirbelthieren nur wenige; von Säuge-
thieren die Wale, der Kaschelot und die Delphine; von Vögeln die
Sturmvögel, einschliesslich der Albatrosse, und einige Ruderfüssler,
wie Fregattvogel und Phaëton; von Reptilien die Meerschildkröten
und Meerschlangen (Hydrophis); von Fischen hauptsächlich Scom-
beroiden und fliegende Fische, sowie einige Haie und Riesenrochen
(Cephaloptera). Von diesen wiederum sind die Wale und Sturm-
vögel hauptsächlich den kälteren Zonen, die Meerschlangen dem
indisch-pacifischen Ocean eigen; die übrigen finden sich innerhalb
oder nahe der Tropenzone rings um die Erde; Delphine, Kaschelot
und Haie auch in kälteren Meeren.
Delphine, von den Matrosen Tümmler genannt, sahen
wir sowohl bei Madeira, als nahe dem Aequator; hier kamen sie
ganz nahe an unser Schiff, und ich glaubte ihrer äussern Gestalt
nach sie als zur Unterabtheilung Grampus Gray (Delphinus griseus
Cuvier) gehörig ansprechen zu dürfen. Zuerst erschien meist nur
die hohe Rückenfinne über Wasser, dann die Schnauze und ein
Theil des Rückens, seltener wurde der Kopf senkrecht über Wasser
erhoben. Sie schnaubten wie Pferde und zuweilen war ein auf-
[27]Sturmschwalben. Seeschildkröten.
steigender Strahl sichtbar; die Erklärung, dass das Wasserspritzen
der Cetaceen nur auf dem Niederschlag des in der Athemluft ent-
haltenen Wasserdunstes durch die Kälte der Atmosphäre beruhe,
klang hier, unter 1° 5′ Südbreite bei einer Morgentemperatur von
24,8° R., nicht sehr plausibel. Das Untertauchen ging ruhig von
Statten, im Bogen nach vorn und unten, so dass der Rücken dabei
in grösserer Ausdehnung sichtbar wurde.
Die pelagischen Vögel waren im tropischen Theil des
atlantischen Oceans nicht zahlreich; mehrmals sahen wir kleine
Schwalben-Sturmvögel (Thalassidroma mit gerade abgestutztem
Schwanz, also wohl Th. pelagica L.), oft dicht hinter dem Schiffe,
über die Wogen dahinstreifend; sie zeigten sich besonders häufig
südlich von der Linie, im Südostpassat, doch auch schon vorher.
Der Abend des ersten Tags, an welchem sich nach längerer Wind-
stille der Südostpassat eingestellt, 3. Mai unter 2° 40′ Südbreite,
brachte uns auch den ersten und einzigen Tropikvogel, Phaëton,
seiner langen Steuerfedern wegen Schwanzspieker von den Matrosen
genannt; er schwebte hoch über dem Schiff, ruhig mit ausgebreiteten
Flügeln, die er nur sparsam bewegte, und konnte hier so wenig
als die Sturmvögel die Nähe von Land verkündigen. Truppen
grösserer Vögel, braun mit weissem Halsband oder grau, von mö-
venartigem Aussehen, aber wahrscheinlich doch zur Sturmvogel-
familie gehörig, zeigten sich einigemal, doch stets in solcher Ent-
fernung, dass sie nicht deutlich erkannt werden konnten. Angesichts
der Küste von Brasilien, den 17. Mai, unter 23° Südbreite, erschien
auch die den südlicheren Gegenden eigene »dumme Seeschwalbe«
(Sterna stolida L., Anous Leach), ausgezeichnet durch die verhält-
nissmässig ausserordentliche Länge und Schmalheit der ausgebrei-
teten Flügel, worin sie dem Fregattvogel gleicht, aber ohne den
Gabelschwanz des letztern; sie fliegt mit häufigen Flügelschlägen,
wie die Raben, bald hoch, bald niedrig, mischt sich unter die
Sturmvögel und setzt sich auch zuweilen auf das Wasser; zwei
derselben folgten dem Schiffe längere Zeit, doch ohne so dumm zu
sein, sich fangen zu lassen.
Seeschildkröten wurden in der Nähe von Madeira während
der Windstille mehrfach beobachtet und auch eine gefangen; sie
ergab sich als die auch im Mittelmeer lebende Art (Chelonia caouana
Schweigger = Caouana caretta Gray), mit 27 Randplatten und mit
je zwei Nägeln an jedem Fuss; an ihrem Halse und an den Vorder-
[28]Fliegende Fische.
flossen sassen Schmarotzer aus der Classe der Cirripeden, Cineras
vittata Leach.
Von den pelagischen Fischen sind die berühmtesten die flie-
genden Fische (Exocoetus). Ich sah deren zuerst den 20. April
unter 21° Nordbreite, und dann häufig in den folgenden Tagen,
bei sanftem Ostnordost- und Ostsüdostwind; sie zeigen sich stets
schaarenweise, und fliegen mit beträchtlicher Schnelligkeit wie
Silberpfeile über die See dahin, nie höher als einige Fuss über
derselben und die Linie ihres Flugs schmiegt sich oft deutlich den Wel-
lenbergen und Wellenthälern an, was Burmeister (Reisebilder) aus
dem grössern oder geringern Widerstand der Luft, je nach dem
An- oder Abschwellen der Wellen, erklären will. Die Richtung
ihres Fluges war meist rechtwinklig zum Winde, dem Lauf des
Schiffes scheinbar entgegen und nach auswärts von ihm sich ab-
wendend; bei kürzeren Strecken erschien sie geradlinig, bei längeren
wurde gegen Ende des Fluges ein horizontaler Bogen beschrieben,
als ob der ermüdete Fisch durch den Einfluss des Windes von
seiner ursprünglichen Richtung abgebracht würde; das Abbiegen
trat zu bestimmt in einem gewissen Augenblick ein, als dass es auf
Rechnung der stetigen Ortsveränderung des Beobachters allein
kommen könnte. Die Weite des Fluges wechselt innerhalb ziemlich
enger Gränzen, sie scheint für einen Sprung zu gross, für wirk-
lichen Flug zu klein und zu wenig veränderlich; Laurie (sailing di-
rectory for the ethiopic or southern atlantic ocean, 4th edit.
London 1855. 8vo. pag. 36) schätzt sie auf 60—80 englische Yards.
Man kann den Fisch vollkommen gemächlich mit dem Auge ver-
folgen, die Dauer des Fluges schien mir nie eine Minute zu erreichen.
Während des Fluges war die weisse Bauchseite des Fisches etwas
gegen den Wind gerichtet, so dass die Fische von Leebord aus
gesehen weiss, von Luvbord aus dunkel erschienen. Bewegung der
Brustflossen im Flug glaube ich einmal gesehen zu haben und als
ich einen lebenden in der Hand hielt, machte er mit der einen ihm
freigelassenen Brustflosse anhaltend heftig zitternde Bewegungen,
vermuthlich um zu fliegen. Ich möchte daher mich der Ansicht von
Fréminville (Isis 1834), Valenciennes (hist. d. poiss.) und Hochstetter
(in der Novara-Expedition) gegen Burmeister (l. c.) anschliessen, dass
die Brustflossen bei Exocoetus als Flügel und nicht bloss als Fall-
schirm dienen, die sogenannten fliegenden Fische in der That fliegen
und nicht bloss Sprünge über Wasser machen. Man sieht sie am
[29]Andere Fische der hohen See.
schönsten bei Sonnenschein, aber sie fliegen auch bei Nacht; der
vorhin erwähnte war eines Abends durch eine Stückpforte in der
Batterie, etwa 8 Fuss über Wasser, hereingeflogen und blieb zehn
Minuten lang am Leben; auf dem Schooner Frauenlob, dessen Bord
weit niedriger über Wasser ist als der unserer Fregatte, kamen sie
Nachts oft in grosser Menge auf das Verdeck geflogen. Während
der Windstille wurden keine mehr gesehen.1)
Ein anderer ächt pelagischer Fisch, welcher während der
Windstille in der Nähe des Aequators (1° 48′ Südbreite, 30° westl.
von Greenwich) mit Physalien gefangen wurde, ist ein Scomberoid,
Nomeus Mauritii Cuv., von oben stahlblau wie Exocoetus voli-
tans, aber an der weissen Unterseite mit vollen schwarzen Flecken
geziert; bald darauf, unter 2° 13′ Nordbreite, wurde im schwim-
menden Netz ein anderer Scomberoid, Psenes, gefangen, ausgezeich-
net durch Buntheit und Metallglanz: Kopf und Rücken gelbgrün, er-
sterer mit goldenen, letzterer mit schwarzen Punkten; Seiten gold-
grün; Bauch glänzend gelblichweiss mit einem Goldpunkt auf jeder
Schuppe; Wurzel der Brust- und Schwanzflosse scharlachroth.
Auch der Lootsenfisch, der Haie und Schiffe begleitet, ist stahlblau
gebändert. Lebhafte sogenannte warme Farben, namentlich ein vio-
lettes Blau, dem der hohen See selbst entsprechend, scheint häufig
bei pelagischen Thieren zu sein, so finden wir es ausser bei den
genannten Fischen auch bei den kosmopolitischen Boniten (Pelamys
sarda) und ihren Verwandten, und selbst bei einem Hai, Squalus
glaucus L., unter den Schnecken bei Ianthina und Glaucus, unter
den Quallen bei Physalia, Velella und Porpita.
Ein Haifisch mittlerer Grösse (Galeus canis) wurde auf offener
See, unter 1° 29′ Nordbreite, 29° westlich von Greenwich, gefan-
gen; sein Magen war ganz leer, er sprang aus dem Wasser nach
dem mit einem Stück Salzfleisch besetzten Angelhaken, riss sich
dabei die Schnauze wund, aber wiederholte sogleich seinen Sprung
und blieb diesmal fest am Haken; nach gewöhnlicher Sitte ward,
sobald er an Deck gezogen, der gewaltig um sich schlagende
Schwanz abgehauen und das ganze Thier in wenig Minuten von
den Matrosen zerfleischt, da Jeder seinen Muth an ihm kühlen und
ein Stückchen frisches Fleisch von ihm profitiren wollte. An seinem
Bauch hingen vier Saugfische (Echeneis), deren Kopfschild je 17
bis 18 Blätter zählte; träge Fische, welche auf diese Weise doch
grosse Reisen machen. Im Magen derselben fand ich kleine Crusta-
[30]Veilchenschnecke. Seeblase.
ceen (Copepoden) und einen Bandwurm (Bothriocephalus). Auch
ein Teufelsfisch wurde während der Stille unter der Linie eines
Morgens von dem wachthabenden Cadetten und den Matrosen ge-
sehen; bis aber der Naturforscher auf Deck kam, war er ver-
schwunden; der Beschreibung nach — ein breites schwarzes Un-
gethüm mit deutlichen Hörnern — scheint es ein Riesenrochen,
Cephaloptera, gewesen zu sein (vergl. Oken, allgemeine Natur-
geschichte VI., S. 49).
Von pelagischen Mollusken zeigten sich die veilchenblauen
Ianthinen schon nördlich vom Wendekreis, in Sicht von Madeira,
bei Windstille; mehrmals fischte ich den blasigen Schwimmapparat
allein auf, was vielleicht eine freiwillige Abstossung desselben an-
deutet; zugleich mit ihnen erschienen massenweise die indigoblauen
Velellen und die grosse Seeblase, Physalia caravella Eschscholtz;
diese letztere war himmelblau mit rothem Kamm, die Blase kaum
zu einem Drittel ihrer Länge mit Anhängseln besetzt, an dem freien
Ende zugespitzt und dunkler blau, von der Farbe der Kornblume,
Centaurea cyanus L., nahe dem Ende ein kleiner gelblicher kreis-
runder Fleck, von rothen Strahlen umgeben. Die Anhänge (oder
Individuen) waren dreierlei: 1. wurmförmige, kürzere, konische in
Büscheln zusammen, Saugröhren nach Eschscholtz; 2. wurstförmige,
grünliche, geräumige Cylinder, an der Wurzel der folgenden ent-
springend und ganz an sie angeschmiegt, Flüssigkeitsbehälter von
Eschscholtz genannt, Fühler nach Kölliker; 3. endlich schnurförmige,
bis mehrere Fuss lange, mehr oder weniger lose spiralgedrehte,
verkürzbare Fäden, die kleineren violett, die grösseren blau, Fang-
fäden von Eschscholtz; sie enthalten eine Anzahl Zellen mit Spiral-
fäden im Innern (Nesselzellen) in queer und etwas schief liegende
Häufchen geordnet, und sie sind es auch, welche der berührenden
Hand eine schmerzhafte Empfindung verursachen, die nicht sogleich,
sondern erst nach ungefähr einer Minute eintritt und erst noch
etwas zunimmt. Die jüngeren derselben sind noch wasserhell und
erscheinen dem blossen Auge als feine rosenkranzförmige Fäden,
ganz verschieden von den ausgebildeten; dieses Aussehen ist nament-
lich in der Abbildung von Olfers kenntlich wiedergegeben. Die
mikroskopische Untersuchung weist aber ihre Uebereinstimmung mit
den Fangfäden nach.
Der Kamm ist bald prall mit Luft gefüllt und steif aufge-
richtet, wobei an seinem Grunde röthliche septumartige Einschnü-
[31]Seeblase.
rungen, ähnlich denen am menschlichen Colon, hervortreten, bald
mehr zusammengefallen. Er befindet sich mit dem grösseren Theil
der Blase meist über Wasser, zuweilen liegt er auf dem Wasser
auf und alsdann kann das ganze Geschöpf willkürlich, wie es mir
schien, sich wieder aufrichten durch wurmartige Bewegungen, die
am freien Ende der Blase beginnen, dieses in verschiedener Rich-
tung hin und her drehen, und schliesslich die ganze Blase um-
wenden. Die langen Fangfäden werden zuweilen plötzlich bedeutend
verkürzt und dann allmälich wieder ausgestreckt. Sonstige Schwimm-
bewegungen waren nicht zu bemerken. Ein leichter Luftzug treibt
das Geschöpf vor sich her. Luft war aus der Blase auf keine Art
auszudrücken, namentlich auch nicht aus jenem gelblichen Fleck;
schneidet man die Wandung der Blase ein, so fällt der grösste
Theil derselben plötzlich zusammen, ihre Wand zeigt sich dann
selbst blau gefärbt, ziemlich dick und rollt sich nach innen ein;
nur der dunklere blaue Endtheil bleibt gefüllt und aus diesem lässt
sich eine zweite kleinere röthlich-weisse Blase herausziehen, welche
viele kleine verzweigte, selbst wieder Bläschen tragende Anhänge
hat. Der obenerwähnte gelbliche Fleck ist die Stelle, an der diese
innere Blase an die sie einschliessende äussere angeheftet ist.
Wenn in der That die Luft nicht willkührlich entleert wer-
den kann, so ist das Geschöpf für die ganze Dauer seiner Existenz
zum Treiben auf der Meeresfläche angewiesen, und der Gedanke
liegt nahe, dass es nur Ein Stadium aus einer längeren, uns frei-
lich noch unbekannten Entwicklungsgeschichte darstellt, eine Wan-
derperiode zum Aussäen der Art.
Unsere Matrosen nannten die Physalia »Bei-de-Winder«,
als ob sie bei dem Winde (Seemannsausdruck) segelte; die Seeleute
anderer Nationen nennen sie Galeere und Linienschiff, man of war,
alle ihren Kamm als Segel deutend, und der systematische Name
der Art, caravella, ist eine weitere, schon von Sloane 1707 erwähnte
Variation dieser Vergleichung. Die ersten Physalien wurden gesehen
und gefangen in der Windstille, als Madeira noch in Sicht war,
und sie blieben um uns, bis in der Nähe des Wendekreises mehr
Wind eintrat; dann kehrten sie wieder während der Windstille in
der Nähe des Aequators. Kleine Fischchen, so viel ich urtheilen
konnte, ganz junge Exemplare von Nomeus Mauritii Cuv., fanden
sich zwischen den langen Fangfäden der Physalia verwickelt; ob
[32]Seewanze. Kleine Thierchen.
sie derselben zur Nahrung dienen? jedenfalls könnte sie dieselben
nur aussaugen, nicht verschlucken.2)
Die Windstille nächst der Linie, von den letzten Tagen Aprils
bis 3. Mai (unter 29/30° westlicher Länge von Greenwich), ver-
schaffte noch eine andere Siphonophere, die niedliche Porpita, deren
Oberseite während des Lebens in concentrischen Kreisen gefärbt
ist, zu innerst rosenroth, dann blau, am Rande gelbbraun, die Un-
terseite einfarbig weiss; ferner verschiedene Pteropoden, wie Hya-
laea longirostris und Cleodora (Creseis) elava; endlich nicht ganz
selten die sonderbare Seewanze, Halobates Burmeister, das einzige
Insekt des offenen Meeres, verwandt mit unsern Wassertretern,
Hydrometra, und wie diese zu nicht unbedeutenden Sprüngen fähig,
aber mit fast rudimentärem Abdomen, so dass das Ganze wie eine
schwarze Kugel mit langen Beinen aussieht. Endlich fanden sich
im Gasnetze noch öfters ovale oder runde blaupunktirte Gallert-
klümpchen, bis 5 Millimeter gross, welche bei mikroskopischer
Untersuchung als Polycystinen, Collosphaera J. Müll., sich er-
gaben; die blauen Punkte sind selbst Kugeln, die kleine Krystalle
und in ihrer Mitte eine hellere stark lichtbrechende Stelle enthalten;
umgeben ist jede einzelne noch von einer besondern farblosen
Hülle, in welcher noch viel kleinere schwefelgelbe Körnchen ein-
gelagert sind.
Wiederholt wurde auch Seewasser geschöpft, und darin nach
kleinen Thierchen gefahndet, in fördernder und anregender Gemein-
schaft mit dem Botaniker Herrn Wichura und Herrn Jakob, dessen
scharfem Auge die durchsichtigen Geschöpfe weniger entgingen und
der sich schon des herrlichen allnächtlich uns erfreuenden Meer-
leuchtens wegen dafür interessirte. Es fanden sich in dem auf
Gerathewohl geschöpften Wasser farblose Sagitten von 5 Millimeter
Länge, kleine Salpen bis 3 Millimeter lang, verschiedene Cyclopi-
den, worunter eine blassrothe Pontella und die himmelblaue Ano-
malocera, deren einer Fühler viel länger und stärker ist, knieförmig
gebogen und an der Biegung knotenartig angeschwollen, während
der andere (rechte) kürzer und gleichmässig dünn ist; in der Mitte
des Rückenschildes waren mehrere gelbe Flecke zu bemerken, welche
bei den in Spiritus gebrachten Exemplaren bald krebsroth wurden.
Dieses Rothwerden in Spiritus so gut wie beim Kochen kommt bei
sehr vielen höheren Crustaceen, namentlich bei den frisch durch-
scheinenden fast wasserhellen kleineren Langschwänzen (Cariden),
[33]Mikroskopische Thiere im Seewasser.
aber nicht bei allen, und bei den Amphipoden vor; für eine Ento-
mostrake war es mir neu; später sah ich es selbst einmal bei klei-
nen Fischen. Endlich fanden sich in dem geschöpften Wasser
nicht selten eine Radiolarie, Acanthochiasma rubescens Krohn, schar-
lachroth mit glashellen, fein echinulirten, langen Stacheln ohne
Schneiden oder Blätter, die in der Mitte nicht zusammentreffen.
Diese kleinen, unserm unbewaffneten Auge kaum oder nicht
mehr erkennbaren Thiere, auch wenn sie nur zu besonderen Zeiten
und an ruhigen Stellen nächst der Oberfläche des Meeres sich so
ansammeln, dass sie in dem auf gut Glück aufgeschöpften scheinbar
reinen Wasser zu finden sind, müssen doch in ungeheurer Menge vor-
handen sein und liefern gewiss, wie namentlich die kleinen Crusta-
ceen in allen Meeren, einen wesentlichen Bestandtheil der Nahrung
für die grösseren Seethiere. So herrscht auch in der Stille des
Oceans ein reges Leben, aber eben damit auch nothwendigerweise
ein unaufhörlicher Vernichtungskrieg des Lebenden gegen das Le-
bende, an dem der Mensch, der ja hier nur als Fremdling durch-
zieht, unschuldig ist, wenn er sich auch vorübergehend daran
betheiligt.
Ost-Asien. Zoologisch. I. 3
[[34]]
[[35]]
III.
RIO JANEIRO.
VOM 19. MAI BIS 5. JUNI 1860.
Die Schönheit dieser Bai ist schon so oft gerühmt und beschrieben
worden, dass ich es füglich unterlassen kann; nur der gewaltige
Gegensatz mag hier hervorgehoben werden zwischen der schroffen,
dunkeln, vegetationsleeren Aussenküste, einzig von Seevögeln (Fre-
gattenvögeln und Möven) belebt, über welcher die Gavia, »das Haupt
des liegenden Riesen«, hervorragt, und dem freundlichen Ansehen
des Innern der Bai sich zeigt, wo das Auge abwechselnd auf Palmen
und Palästen ruht und die tropischen Schmetterlinge uns entgegen
an Bord geflogen kommen.
Landthiere.
Bei der ungewissen Dauer und Kürze unseres Aufenthaltes
habe ich mich mehr der Vertheilung der Meerthiere in der Bai selbst
und in den nahen kleinen Wasserbecken zugewandt, als der brasi-
lischen Landfauna, welche ja schon so vielfach bearbeitet worden
ist, wie z. B. damals gerade von Prof. Burmeister, und für welche
ein längeres, mit den übrigen Zielen der Reise nicht übereinstim-
mendes Vorstudium mir nöthig gewesen wäre; aber doch freute ich
mich, hier die Farbenpracht der Vögel und Schmetterlinge im Freien
zu sehen, die ich bis dahin nur aus den Museen kannte. Nament-
lich fallen die Kolibri jedem Ankömmling durch ihr glänzendes
Gefieder und ihren raschen Flug auf; die Bälge mancher Arten,
selbstverständlich nicht der seltensten, findet man in vielen Läden
der Stadt feil, so wie auch solche von Tanagra, Euphone und
anderen bunten Singvögeln; bekannt sind auch die künstlichen
Blumen, welche hier aus Vogelfedern, namentlich von Papageien,
gemacht werden.
3*
[36]
Von Flederthieren kam Artibeus perspicillatus L. sp. mir in
die Hände.
Ein kleiner Gecko, Hemidactylus mabuia Cuv., wurde in den
Häusern selbst gefunden, eine andere, Ecphymotes torquatus, erhielt
ich vom Director des Passeio publico, Herrn Rudio.
Kaimans sollen zuweilen in den Canälen des botanischen
Gartens gesehen werden.
Eine kleine bunte Schlange, Liophis poecilogyrus, brachte
mir Herr Schottmüller von seiner zweiten, an Flechten- und Moos-
ausbeute reichen Excursion auf den Corcovado zurück.
Auf ebendemselben, dem ersten Ziele für die Ausflüge der
Neuangekommenen, fand ich bei der Wasserleitung zweierlei Frösche,
Cystignathus Missiesi und Crossodactylus Gaudiehaudi, im botani-
schen Garten eine in Südamerika weit verbreitete Kröte, Bufo or-
natus.2)
Unter den Schmetterlingen fallen besonders die Gattung
Morpho (bei Linné unter den Rittern) und die langflügeligen Heli-
conier auf, von letzteren namentlich zwei Färbungsgruppen, die
auch in den surinamischen Schmetterlings-Sammlungen sich wieder-
holen, die mit Gelb und Orange buntgestreiften (Mechanitis), deren
häufigste Art in Rio Janeiro H. Nesaea sein soll, und die schwar-
zen mit gelben oder rothen Flecken auf den Oberflügeln, nach dem
Typus von H. ricini L. Ich hatte das Vergnügen, hier einen Sohn
des bekannten Professors Burmeister kennen zu lernen; bei demsel-
ben sah ich sechs bis acht Arten von Heliconiern, ferner mehrere,
die unseren europäischen, wie dem Distelvogel, Weissling, Todten-
kopf, Weinschwärmer und anderen, sehr ähnlich sind, aber doch
als verschiedene Arten betrachtet werden, endlich die grosse Agrip-
pina und stattliche, an die Ritter erinnernde Bombyciden, alle hier
oder bei Petropolis gefangen oder aus Raupen gezogen. In den
Nächten machen sich die Leuchtkäfer durch ihre Menge bemerklich;
der grünliche Ton unterscheidet sie von den Lichtpunkten der weit-
hin zerstreuten menschlichen Wohnungen. Es sind Lampyrisarten;
aber auch ein leuchtender Elater kommt hier vor, mit zwei Leucht-
punkten, doch nur in den Monaten Januar und Februar. Julus und
Polydesmus, Porcellio und Armadillidium sind an ähnlichen Stellen,
wie in Europa, häufig; aber auch die tropischen grossen Scolopendra
fehlen nicht. Unter den Landschnecken sind Vaginulus, Streptaxis
[37]Fisch- und Geflügelmarkt in Rio.
und Helix Brasiliana Desh. die auffallendsten Formen, die ich ge-
funden, aber in dieser Jahreszeit nicht häufig.
Der Markt.
Der Markt, gemeinschaftlich für Fische, Geflügel und Vegeta-
bilien, nahe dem Landungsplatze, bietet hier wie überall einen
interessanten Ueberblick der häufigsten und für den Menschen
praktisch interessanteren unter den einheimischen Thierformen.
Neben den Gemüsen fand ich lebende Säugethiere und Vögel zum
Verkauf ausgestellt, neben dem einheimischen Rüsselbären (Nasua),
Uistiti (Hapale) und Aguti auch einen afrikanischen weissnasigen
Cereopithecus, von Papageien die bekannten Aras, Amazonen und
einen kleinen grünen Sperlingspapagei, Psittacus passerinus L.?,
ferner neben den für den Tisch bestimmten gewöhnlichen Tauben
und Hühnern weit kleinere, mir fremde Tauben, zweifelsohne zu
Stubenvögeln bestimmt, und mehrere rothe Rebhühner, Perdix
rufus, die aus Europa gekommen (akklimatisirt?) sein müssen.
Auf dem Fischmarkt herrschen die Stachelflosser vor, nament-
lich Percoiden, Sparoiden, Sciaenoiden und ähnliche Formen, unter
anderen die lebhaft roth oder gelb gezeichneten Centropristis aureo-
rubens und radialis Q. G., Holocentrum furcatum Gthr. Schöne
rothe Mullus (Upeneus maculatus C. V.) und zahlreiche Mugil er-
innerten mich an die italienischen Fischmärkte, eben so ein dunkel-
rother Meerhahn, Trigla (Prionotus) punctata Bloch. Der grösste,
imposanteste Fisch, den ich hier fand, war der massive Poma-
canthus paru L. sp., schwarz, alle Schuppen mit goldgelbem Rande.
Man sieht, dass er auch den Fischen an Farbenpracht nicht fehlt.3)
Die bescheiden gefärbte Familie der Gadoiden, so reich vertreten
auf den europäischen Fischmärkten, vermisste ich hier gänzlich;
aus der Familie der Flunder und Zungen, Pleuronectides, nur Eine
Art, Pseudorhombus vorax Günther, unter den Haien fiel ein kleiner
Hammerfisch, Sphyrna tiburo L. sp., auf.
Süsswasserfische spielen hier eine sehr geringe Rolle, der
einzige Siluroid, den ich auf dem Markte sah, Bagre genannt,
Aelurichthys marinus Mitchill, scheint auch mehr Meer- als Süss-
wasserfisch zu sein, wie ich denn auch ein kleines Exemplar
ausgeworfen am Meeresstrande fand. Doch fand ich in den
Gräben des botanischen Gartens kleine Cyprinodonten, Poecilia
unimaculata C. V.
[38]Brackwasserkrabben.
Von den Crustaceen werden eine grosse Garneele, Penaeus
setifer L. sp., und eine Schwimmkrabbe, Lupa dicantha Latr., in
Massen auf den Markt gebracht; die Cephalopeden sind durch
Loligo und Octopus, die Landschnecken durch den grossen Bulimus
ovatus Müll. vertreten.
Brackwasser.
Nördlich von der Stadt, bei Praya formosa, reicht ein
Meeresarm mit schlammigem Grunde, mehrere Bäche aufnehmend,
weit ins Land hinein; sein innerstes Ende, längs der Pferde-
Eisenbahn, ist ausgetrocknet, und man kann hier verbleichte
Schalen von Meerconchylien aus dem Schlamm herauslesen, so
Venus flexuosa (macrodon Desh.) und Paphia, einige Tellinen, eine
Artemis affinis Duh., eine Lucina Jamaicensis, Corbula ochreata
Hinds4), Bulla striata u. s. w. Weiterhin folgt ein schwarzer weicher
Grund mit noch frisch aussehenden Schalen von Planorbis Bahiensis
Dkr. und Melampus coffea L. sp., welch letzterer ohne Zweifel hier
auch lebend vorkommt. Endlich kommt man an offenes gesalzenes
Wasser, mit einzelnen Muschelfragmenten und voll Krabben. Zwei
derselben gehen freiwillig aus dem Wasser heraus: ein kleiner
gesprenkelter Gelasimus und die grosse blassblaue Uca una L. sp.,
weniger rasch, aber um so kampflustiger, so dass sie leicht zu
fangen ist, indem man ihr die Spitze des Stockes entgegenhält,
welchen sie sofort mit der Scheere fasst und nicht mehr loslässt.
Nur im Wasser, aber bis zu dessen Rande, sah ich zwei andere
Krabben, Eriphia gonagra F. sp., gelbbraun, rothgefleckt, mit
kräftigen, rauhen Scheeren, und einen schwächeren, rascheren
Grapsus. Die drei letztgenannten flüchten sich bei Gefahr in Löcher,
welche sie wahrscheinlich selbst gegraben, aber wohl nicht immer
in ihr eigenes, sondern in das nächste, da man oft kleine Krabben
in grosse Löcher eingehen sieht. Der Gelasimus ist mehr ausser-
halb, als im Wasser, die Uca verlässt dieses nur für kurze Zeit
und wandelt öfter nahe unter dem Wasserspiegel, ziemlich langsam
und ganz geräuschlos, wie ein Gespenst, dahin, so dass man oft
erst in nächster Nähe plötzlich ihr Dasein bemerkt. Ohne Zweifel
verdient sie so gut, wie der europäische Portunus, den Namen
depurator, Reiniger, aber vielleicht eben deshalb scheint sie selbst
nicht für rein zu gelten; ich sah das stattliche Thier weder auf dem
[39]Lagoa Rodrigo und Tejuca.
Fischmarkt, noch sonst je auf dem Tische. Ausserhalb des Wassers
blieb sie mehrere Tage am Leben.
Lagunen. Der See Rodrigo, längs dessen Ufern der Weg
von Botafogo zum botanischen Garten geht, ist nur durch eine
flache Sandstrecke vom Meere geschieden, diese wird zeitweise
überfluthet, sein Wasser ist daher schwach gesalzen; von lebenden
Wesen fand ich darin nur eine kleine grüne Alge, Cladophora
Brasiliana n. sp., eine kleine Amphipode und zwei Fische aus den
marinen Gattungen Gerres (G. gula C. V.) und Engraulis.
Oestlich davon, am Fuss der Tejuca, ist der fast gleich grosse
See von Tejuca, in offener Verbindung mit dem Ocean, nicht aber
mit der Bai von Rio, von Schlamm und Rohrdickicht umgeben,
worin der genannte Planorbis häufig ist; weiterhin in schwarzem
Moorgrund waren todte Schalen von Melampus coffea L. sp. wieder
häufig. Das Salzwasser selbst zu erreichen, war mir nur an einer
Stelle möglich, wo ein Weg zwischen dem bodenlosen Schlamm zu
einem kleinen Hause und Nachen an der Ostseite des Sees führt;
hier ist ein Streif weichen Sandbodens: von Phanerogamen war nur
eine niedrige Portulacee mit rosenrothen Blumen und etwas fleischi-
gen Blättern, Sesuvium L., von Thieren nichts zu sehen, der
Kescher brachte unter vielen Holzstückchen und schwarzem Schlamm
nur todte Schalen einer kleinen Schnecke aus der Gattung Hydrobia
hervor. Also auch hier scheint diese Brackwassergattung noch da
vorhanden zu sein, wo keine anderen, weder Meer- noch Süss-
wasserthiere, leben wollen, wie ich es von der lebenden Hydrobia
ulvae im Uferschlamm von Southampton gesehen hatte.
Steiniger Strand.
Der Uferrand in der Stadt selbst und ihrer nächsten Umgebung
wird grossentheils von schwer zugänglichen Mauern, stellenweise
aber, wie z. B. nahe der Kirche Nuestra Sennora da Gloria und
überall am Eingange der Bai, von anstehendem Granit oder Gneiss
gebildet. Aussen erscheint dieser dem Vorbeischiffenden, so weit
die höchste Fluth reicht, kahl abgespült und ohne alles Leben; in
der Stadt fallen dem Auge des Suchenden zunächst Ueberbleibsel
menschlicher Anwesenheit und menschlicher Eingriffe in die Kultur
auf, so Reste von Orangen und Citronen, Kohlköpfe, Holzstücke,
womit die Wellen das Ufer bedeckt haben, nach dem italienischen
[40]Ligia. Strandkrabben.
Sprüchworte, dass das Meer nichts behalte; auch todte Fische,
nur wenige Algen. Die einzigen lebenden und geniessenden Wesen
zwischen diesen Leichen sind flüchtige Asseln mit langen Gabel-
schwänzen, Ligia (Baudiniana M. E.?), sehr zahlreich und in sehr
verschiedener Grösse. Wo man steht und geht, sieht man vor sich
dieselben aus einander eilen, um sich zu verbergen; man muss rasch
zugreifen, um sie zu erhaschen, und doch vorsichtig, um sie nicht
ganz zu verderben Denn sie laufen an der Luft sehr schnell,
weniger schnell unter Wasser, wohin sie sich gelegentlich flüchten,
ohne zu schwimmen. Sie wissen sich vortrefflich in kleine Spalten
zu verstecken. Die grössten fand ich immer dicht über dem Wasser,
in grösseren Gesellschaften bei einander und stillsitzend, bis sie
aufgescheucht wurden; kleinere sieht man öfter freiwillig umher-
streifend und weiter vom Meere entfernt, an Mauern ziemlich hoch
hinauf, so dass sie mit den ersten Landpflanzen zusammenkommen.
Aber an süssem Wasser oder überhaupt fern vom Meere habe ich
sie nie gesehen, so wenig als ihre europäischen Schwestern, L.
oceanica L. sp. und L. italica F.; ihr Vorkommen an einer um-
mauerten Stelle des Sees von Rodrigo verrieth mir allein schon
den Salzgehalt desselben, ehe noch der Geschmack ihn bestätigte
und ein Blick auf die Karte ihn erklärte.
Nach den Ligien und bei Ebbe noch ausser Wasser findet
man kleine Strandschnecken, Litorina lineata Orb. Phil., blassblau
mit feiner dunkler Zickzackzeichnung, auch von ihnen die kleineren
Exemplare zahlreicher und weiter oben, die grösseren fast immer
unter Wasser; es scheint nicht, dass sie hier die gewöhnliche Fluth-
gränze nach oben überschreitet.5) Noch etwas tiefer treten gelb-
liche kleine Meereicheln (Chthamalus?) auf, besonders zahlreich in
einspringenden Ecken. Schon hier verweilt zuweilen eine glatte,
dunkelbraune Krabbe, Grapsus cruentatus Latr., in einer der Spalten
zwischen den schief gelagerten Steinschichten, wo sich das Wasser
von einer Fluth zur anderen erhält. Aufgeschreckt, läuft sie ent-
weder längs der Spalte hastig, auf Taschenkrebsmanier seitlich
gehend, abwärts dem Meere zu, oder sie schmiegt sich, von diesem
abgeschnitten, noch enger zwischen die Steine, regungslos und nur
die Scheeren dem Feinde bietend, die sie auch lieber verliert, als
sich daran herausziehen lässt. Bei Praya formosa hatte ich eine
Krabbe (Eriphia) erhascht, welche nur noch Eine Scheere hatte;
der Verlust musste noch neu sein, da noch keine Spur von Nach-
[41]Conchylien des Steingrundes.
wachsen zu sehen war, und das Thier schien zu leiden, denn es
bewegte sich merklich langsamer, als die übrigen.
Auch einzelne grössere Schnecken, Purpura haemastoma L.
sp., findet man schon hier an den Felsen sitzend.
An der Ebbegränze, dicht unter dem Chthamalus, findet sich
ein breiter schwarzer Streifen von kleinen gekrümmten Miesmuscheln,
Mytilus Charpentieri Dkr., untermischt mit einer eben so kleinen,
glatten Modiola, ähnlich dem Mytilus minimus Poli des Mittelmeeres,
der eben so am Meeresrande wohnt. Selbst hier noch keine Algen,
ausser vereinzelten Exemplaren von Ulvaceen (Phycoseris und
Enteromorpha). Die letzteren sind neben kleinen Ligien auch die
einzigen Bewohner der kleinen Schlammpfützen zwischen Steinen,
an der Stelle, wo eine neue Strasse längs des Strandes an-
gelegt wird.
Steingrund.
Die nächstfolgende, nie vom Wasser entblösste Tiefenregion,
lernte ich nur durch einige Schleppnetzzüge kennen, dicht bei einer
niedrigen Klippe in der kleinen Bucht nordöstlich von der Stadt; diese
brachten aus ein bis zwei Faden Tiefe zahlreiche Seeigel, Psam-
mechinus variegatus, einige Encope emarginata Gmel. sp., und noch
viel zahlreichere, mit verschiedenem Lebendigen besetzte Steine
heraus; der grösste Theil derselben war mit kleinen Meereicheln
(Balanus) und mit einer Pantoffelschnecke, Crepidula aculeata Chemn.,
bedeckt, oft mit beiden zugleich, indem auf den grösseren, also
älteren, Crepidulen selbst ein Balanus aufsass. Die Schale dieser
Schnecke ist dunkelrothbraun, in der Jugend mit divergirenden
Reihen weisser Stacheln besetzt, im Alter mehr oder weniger ab-
genutzt; sie klebt so fest an den Steinen wie Patella, so dass sie
nur durch Unterschieben einer Messerklinge oder dergl. davon zu
trennen ist, und scheint noch weniger beweglich, als die Patellen,
denn ihr Rand schmiegt sich genau allen Unebenheiten des Steines
an, so dass er an jedem Individuum verschieden ist, und die ganze
Schnecke hinterlässt nach ihrer Entfernung eine polirte Stelle als
Spur ihres Sitzes. Dazwischen fanden sich kleine Chiton, kleine
Serpulen, roth in weissem Gehäuse, und einige andere Rothwürmer,
ganz kleine Krabben, seltener einzelne Isopoden, und verschiedene,
meist kleine Conchylien, so Venus flexuosa L., Cerithium atratum
Born 6), Fissurella sp., letztere zwei fast immer von Bryozoen über-
[42]Thiere des Schlammgrundes.
zogen, ferner Arten der Gattungen Ostrea, Murex, Natica (limbata
Orb.?) u. a. Stundenlanges Durchsuchen eines Haufens solcher
Steine an Bord ergab mir noch eine niedliche Caprella, die ihren
aufgerichteten Vorderleib hin und her bewegte, wie ein Wurm, der
halb aus seiner Röhre hervorsieht, einige Turbellarien (Leptoplana),
eine aggregirte Ascidie, kleine Schlangensterne und eine blassrothe
Actinie (Rhodactis?). 7)
Schlammgrund.
In derselben Bucht, so wie in der gegenüberliegenden, an
deren Ufer das Gelbfieber-Hospital liegt, besteht der Grund in
einiger Entfernung vom Ufer aus zähem, festem, hellgrauem
Thon, in dem ich bei fünf Faden Tiefe fast nur todte Conchy-
lienschalen fand, so ein Dentalium und die schon erwähnte Venus
flexuosa L. (macrodon Desh.), Amphidesma reticulatum Sw.,
Cardium muricatum L., Artemis affinis Desh., Corbula und dergl.,
von lebenden nur die hübsche Tellina punicea Born, blässer als
gewöhnlich, nur rosenroth zu nennen, dagegen verschiedene grössere
und kleinere Ringelwürmer, meist blutroth gefärbt; ferner einmal in
der zweiten Bucht einen schönen Seestern, violett mit orangegelbem
Saume: Astropecten Brasiliensis M. Tr., mehrere röthliche kleine
Krabben und einen Schlangenstern, Ophiothrix, von der grauen
Farbe des Schlammes selbst. Bei nur zwei Faden Tiefe kamen
Trümmer einer schwarzen Comatula herauf. Aus einer Tiefe von
18 Faden dagegen, ebenfalls zähem Schlamm, kam das Netz reich
beladen mit Schlangensternen, Ophiuriden, herauf, welche zwischen
den Maschen steckten, von verschiedenen Gattungen, namentlich
Ophioderma und Ophiolepis, einige einfarbig braun, andere weisslich
und schwärzlich gebändert. Aus noch grösserer Tiefe, 27 Faden,
brachte der Anker denselben Schlamm mit einem röthlichbraunen
Schlangenstern und mehreren todten, aber vollständigen Schalen
einer Corbula (Otaheitensis Lam.?).
Im Allgemeinen ist demnach auch hier die Färbung der Thiere
in der Tiefe entweder eine unscheinbare, dem Grunde mehr oder
weniger ähnliche oder, wo sie lebhaft wird, eine rothe.
Schwimmende Meerthiere.
An einzelnen Tagen war in der Mitte der Bai eine Menge
von Quallen sichtbar, den Gattungen Aurelia 8) und Cephea an-
gehörig; mit denselben wurden einzelne kleine Fischchen, ein junger
[43]Vergleichung mit der europäischen Fauna.
Caranx (wahrscheinlich chrysos Mitchill), herausgeschöpft, welche
wohl unter ihnen ein Versteck suchen. Es war dieses Ende Mai,
also im Spätherbst der südlichen Halbkugel, und erinnerte mich
deshalb an die Schwärme der Medusa (Aurelia) aurita L., welche
sich in der Ostsee auch im Herbst zu zeigen pflegen. Ein anderes
schwimmendes Geschöpf der Bai ist der Stachelbauch, Diodon, der
zuweilen noch mit Luft aufgeblasen von den Wellen an den Strand
geworfen wird.
Es braucht nicht erst hervorgehoben zu werden, wie sehr
das Vorkommen der einzelnen Gattungen hier mit dem derselben
an den europäischen Küsten übereinstimmt, wohl aber kann ich die
Bemerkung nicht unterdrücken, dass ich eine grössere Unähnlichkeit
in der Fauna vorausgesetzt hatte, und dass eigentlich nur Angesichts
der grossen blauen Uca una in der kleinen Lache bei Praya formosa
mir das Bewusstsein, in der Tropenwelt zu sein, zum Gefühl und zur
Anschauung wurde. Freilich ist dabei zu bedenken, dass Rio selbst
am Rande der Tropenzone liegt, dass die vielbeschiffte Bai der
grössten Handelsstadt Südamerika’s nicht der geeignetste Ort und
der Spätherbst nicht die geeignetste Zeit zu solchen Forschungen
ist, für die überhaupt eine Dauer von 14 Tagen kaum einen Anfang
gestattet.
Unter den Bryozoen und Hydroidpolypen, welche theils an
den Steinen, theils an der Schiffstreppe gefunden wurden, waren
sogar einige, die ich nicht von den europäischen Arten unterscheiden
konnte, so von ersteren Aeamarchis neritina L. sp., von letzteren
Plumularia pluma L. sp. und eine Tubularia. Auch sind mit dem
Schleppnetze zwei Exemplare eines Amphioxus gefangen worden,
der nicht verschieden vom europäischen scheint.
[[44]]
[[45]]
IV.
DER SÜDLICHE OCEAN.
VOM 6. JUNI BIS 18. JULI 1860.
Kaum hatte die Thetis Rio Janeiro verlassen und den Wendekreis
überschritten, so zeigte sich auch schon als Vorbote des kälteren
Südens eine Captaube, zu der sich während desselben Tages, 7. Mai,
in 25° 26′ Südbreite des Mittags noch grössere braune Sturmvögel
gesellten, während fliegende Fische noch zahlreich vorhanden waren.
Den folgenden Tag musste die Glaspforte wieder in unserer Batterie-
kammer eingesetzt werden, während wir zwischen den Tropen die
als Fenster dienende Kanonenluke der frischeren Luft wegen ganz
offen gelassen hatten, und mit der Zeit kam sogar noch die Holz-
pforte mit dem kleinen Ochsenauge aus dickem Glas als einziger
Lichtquelle wieder an die Stelle der Glaspforte. Die Vögel bildeten
von nun an beständig die Staffage des sonst sehr eintönigen Land-
schaftsbildes von grauem Himmel und bleifarbigem Meer, ausser
dass, öfter als uns lieb war, noch der weisse Schaum der sich
überstürzenden Wogen dazu kam. Je weiter wir nach Süden ka-
men — unsere höchste Breite war 43° 11′ bei 48° Ostlänge von
Greenwich, am 30. Juni, dem Winter der südlichen Hemisphäre,
mit 7—9° R. Lufttemperatur während des Tages — desto zahlreicher
wurden die Vögel; nicht oft sahen wir sie auf dem Wasser ruhen,
fast immer waren sie im Fluge (on the wing, auf dem Flügel, wie
die Engländer sagen); schon des Morgens erschienen sie, häuften
sich aber immer mehr an bis Mittag, den Augenblick erwartend,
wo die Abfälle von dem Essen der Mannschaft der Seé übergeben
wurden. Darüber sammelten und zankten und bissen sie sich denn
untereinander, fliegend und auch schwimmend, und während die
so beschäftigten weiter hinter dem Schiff zurückblieben, machten
sich andere wieder näher heran, in Hoffnung auf weitere Beute.
[46]Sturmvögel.
Gegen Abend verloren sie sich gewöhnlich, nach Sonnenuntergang
war selten mehr einer zu sehen, nur einigemal wollte Jemand in
der Nacht über dem Schiffe sie schreien gehört haben. Wie sie die
Nacht verbringen, war mir ein Räthsel; doch wohl schwimmend
auf den Wellen, denn dass sie St. Helena, das Cap oder Tristan
d’Acunha, wovon wir nur das letztere von weitem sahen, erreichen
sollten, ist ihnen doch wohl zu viel zugemuthet.
Offiziere, Passagiere und Matrosen erfreuten sich, am Heck
des Schiffes stehend, dieser Vögel und disputirten über die Namen
der einzelnen Arten, aber sie in die Hände zu bekommen, war
nicht so leicht. Das vielgerühmte Mittel, mit Speck die Albatrosse
zu angeln, bewährte sich uns nicht, und ein glücklicher Zufall wie
der von der Arkona erzählte, dass ein blauer Sturmvogel sich in
die Logleine verwickelt habe und so an Bord gezogen worden sei,
wollte auf der Thetis auch nicht eintreten. Den 1. Juli wurde daher
das Schiessen an Bord vom Capitän erlaubt, viele Schüsse fielen,
aber weniger Vögel und auch diese ins Wasser, da sie nie gerade
über dem Schiffe, sondern hinter demselben flogen. So kam nur
Ein Exemplar in meine Hände und meine Sammlung, von Herrn
Otto Schottmüller geschossen. Für die andern blieb nur die Be-
stimmung auf Distanz übrig. Was ich erkennen konnte, ist folgendes:
- 1. Die Captaube, Procellaria Capensis Linné, Daption bei
Bonaparte, le damier der Franzosen, von oben schwarz
mit weisser Zeichnung auf Flügeln und Rücken, von unten
weiss mit schwarzem Kopf, Flügelrändern und Schwanz-
ende; wie schon erwähnt zuerst am 6. Juni gesehen, einen
Tag nachdem wir Rio Janeiro verlassen, häufiger vom
10. Juni, 35° Südbreite an und bis zum 30° im indischen
Ocean, 16. Juli, uns begleitend, aber minder zahlreich in
den höheren Breiten, 37 bis 40°, 14. Juni bis 6. Juli. - 2. Noch häufiger war die Art, welche erlegt wurde, Procel-
laria haesitata Forst. 1), von weitem gesehen braungrau
mit dunklerem Schwanze, die Unterseite des Rumpfes
weiss, vom 12. Juni, 36° Südbreite im atlantischen Ocean,
bis zum 10. Juli, 35° im indischen, häufig gesehen, in
grösster Zahl aber in Sicht von Tristan d’Acunha. Er
taucht sowohl vom Fliegen, wie vom Schwimmen aus. - 3. Ein grösserer schwarzer Vogel mit auffallend langen und
schmalen, sichelförmigen Flügeln, am Kopf hellere Stellen,
[47]Albatrosse.
die Füsse blass, der Schwanz verhältnissmässig kurz und
abgerundet, vermuthlich der sogenannte Puffinus aequinoc-
tialis L. sp. 2), zuerst in 36° Südbreite, am 12. Juni,
bemerkt, dann wieder am 20. in 39°, die letzten am 6. Juli,
40°. Ist nur einzeln, nie in Haufen beisammen, taucht
nie, und benimmt sich sehr bissig gegen die Captauben
und die andern Sturmvögel. - 4. Der Albatross, Diomedea (exulans L. oder melanophrys
Boie?), der grösste von allen, weiss mit schwarzen Flügeln
und schwarzem Schwanzende, an der Unterseite der Flügel
längs deren innerem Rand eine gelbliche Binde; wenn er
recht nahe kam, was selten geschah, konnte man auch
eine gelbe Stelle am Schnabelrücken und einen kleinen
schwarzen Flecken hinter dem Auge erkennen. Zuerst am
16. Juni in beinahe 38° Südbreite gesehen, dann wieder
am 19. und von da an nicht selten bis zum 11. Juli, 39°
Südbreite im atlantischen bis 34° im indischen Ocean,
doch nicht so alltäglich wie die zwei ersten Sturmvögel,
meist nur einer oder zwei zu sehen; fliegt viel ruhiger,
schwebend, und kommt dem Schiffe selten so nahe als die
kleinen Sturmvögel. - 5. 6. Andere Albatrosse, theils braune mit weissem Kopf (Dio-
medea fuliginosa Gmel.?), theils ganz weisse, an denen
nur die Flügelspitzen schwarz waren (D. exulans L.?),
wurden wiederholt bemerkt, namentlich die braune am
12. und 14. Juni in 36/37° Südbreite westlich — und wie-
derum am 10. Juli in 35° Südbreite östlich vom Cap, sie
kamen aber nie so nahe, dass sie mit grösserer Besimmt-
heit zu erkennen gewesen wären. - 7. Kleine silbergraue Vögel, bedeutend kleiner als die Cap-
tauben, vermuthlich die sogenannten blauen oder Enten-
Sturmvögel, Pachyptila vittata, kamen wiederholt ziemlich
nahe an die Seiten des Schiffes, nie hoch fliegend und
immer so schnell, dass ihre Formen nicht deutlich zu er-
kennen waren. - 8. Den 20. Juni, unter 39° Südbreite und 1° östlich von
Greenwich, zogen zwei schwarze Vögel, in viel grösserer
Höhe als die Sturmvögel zu ersteigen pflegten, über das
Schiff weg; ihre Flügel, auffallend kurz und rund gegen
[48]Raben. Ein Walfisch.
die der Sturmvögel, machten weit zahlreichere und tiefere
Schläge und doch kamen die Vögel dabei nur langsam
vorwärts; sie machten auf mich ganz den Eindruck, als
seien es Raben. Das nächste Land war Tristan d’Acunha,
das wir vier Tage zuvor gesehen hatten.
Auch ein Walfisch wurde einmal gesehen, am 13. Juni
Nachmittags, er tauchte wiederholt neben dem Schiffe auf, das mit
einer Geschwindigkeit von 10 Knoten (Seemeilen in der Stunde)
lief, erst zur Seite, dann vorn und zuletzt wieder zur Seite. Zuerst
schnaubte er, ohne dass Wasser sichtbar ward; bei seinem letzten
Auftauchen aber wurde ein Staubregen über Mannshöhe emporge-
worfen und fiel nach allen Seiten wieder nieder, ein kompakter
Wasserstrahl war nicht zu erkennen; die Lufttemperatur des Mit-
tags war 17° R. Das Thier war über 30 Fuss lang, hatte eine
kleine dreieckige Rückenfinne und ein einfaches Blasloch, das ziem-
lich weit hinten liegt. 3)
[[49]]
[[51]]
V.
DIE SUNDASTRARSSE.
VOM 23. BIS 26. JULI 1860.
Von Süden kommend, hatte die Thetis den 16. Juli in 30° Süd-
breite den Passatwind getroffen, der Himmel wurde wieder blau,
der Horizont von weissen Haufenwolken umsäumt, nur nach Süd-
osten, in der Richtung von Australien, blieben langgezogene graue
Schichtenwolken. Die Sturmvögel waren bis auf einzelne Captauben
verschwunden, die Pforten wurden wieder aus unseren Fenstern
entfernt, in der Batterie wurde wieder exercirt und an den Segeln
geflickt, oben auf Deck Flaggen getrocknet und die von Rio Janeiro
mitgenommenen Papageien gesonnt. Zwei Tage darauf, als wir den
Wendekreis passirten, waren in der That alle Captauben definitiv
verschwunden und der erste Tropikvogel gesehen worden, dem in
den nächsten Tagen noch andere folgten; auch der Fregattvogel
(Tachypetes aquilus), den wir zuletzt vor Rio Janeiro gesehen, und
fliegende Fische stellten sich am nächsten Tage ein. Wir waren
wieder in der Tropenwelt.
Am 22. kam das dunkle Westende von Java, von den Eng-
ländern Java head genannt, und die Prinzeninsel in Sicht, damit
trat aber auch Windstille ein, so dass wir es am nächsten Morgen
immer noch vor uns hatten, nur näher und schwärzer, mit starker
Brandung; als die Sonne höher stieg, konnte man einzelne Bäume
unterscheiden. Käfer, eine Grille und Fliegen kamen an Bord
geflogen, und nach dem abendlichen Regen sprach Jeder von dem
angenehmen Waldgeruche, der vom Lande herüber gelange. Den
24. Morgens hatten wir die drei Inseln der Sundastrasse in Sicht;
das zweigipflige Rakata, von den Seeleuten zu Krakatu entstellt,
das kraterförmige, aber dicht bewachsene Sebesi und das mehr
kleinzackige Sebuku, dahinter Sumatra selbst hoch ansteigend (das
4*
[52]Affen und Eichhörnchen.
Gebirgsland der Lampongs). Auf die gelinde Morgenbrise war
gegen Mittag wieder Windstille gefolgt; vom Lande kamen mehrere
schmale, spitzige Boote mit lateinischen Segeln zu uns heran, von
kupferbraunen Malaien bemannt; frische Esswaaren und lebende
Thiere, Reis und spanischen Pfeffer und auch ein paar grosse
Conchylien (Pterocera, Hippopus, Cypraea tigris) zum Verkaufe
bringend. Sofort ging nun ein lebhafter Handel an, der zur Folge
hatte, dass Ananas, Bananen und Cocosnüsse auf unserem Mittags-
tische prangten und Käfige zur Unterbringung der gekauften Thiere
ein allgemein gesuchter Artikel wurden. Die Anzahl der Arten
von Unterhaltungsthieren, die an Bord gekommen, betrug in der
That ein volles Dutzend. Die interessantesten davon für den Natur-
forscher waren drei schwarze Schlankaffen, Semnopithecus Maurus
L. sp., von den Malaien lutung genannt, mit aufstehendem Kopf-
haar und tiefem Haarscheitel längs des Rückens, ernst und schwer
zu halten, wie die meisten ihrer Gattung. Fast immer sassen sie un-
beweglich bei einander auf dem ihnen angewiesenen Platz im vorderen
Theil des Decks, sie frassen wenig, litten bald an Diarrhöe, und in
14 Tagen war keiner mehr am Leben. Vielleicht dass unpassende
Nahrung daran schuld war: sie erhielten, wie fast alle zahmen
Thiere, von den Malaien Reis in Hülsen (Paddi), von uns daneben
Alles, was sie von den Bestandtheilen unserer Mahlzeiten annehmen
wollten. Besser zu halten, aber auch in der Folge noch viel Aerger
durch ihre Streiche verursachend, waren zwei sogenannte Makako’s,
die gewöhnlichsten Affen der europäischen Menagerieen, Macacus
cynamolgos L. sp., der eigentliche Monjet der Malaien, woraus die
Spanier und Portugiesen mono, die Engländer monkey gemacht
haben, passend von den Holländern Javaner-Affe genannt, und der
aus Sumatra stammende Macacus (oder Inuus) nemestrinus L. sp.,
kurzschwänzig, mit nackten Ohren und dunkelbraunem Scheitel-
streifen, bruh der Malaien. Mein Liebling wurde ein Eichhörnchen,
Sciurus bicolor Sparrm., oben schwarz mit einzelnen helleren
Haaren, unten gelblichweiss, beide Farben von der Kehle bis an
den Schwanz scharf von einander getrennt. Seine Bewegungen
waren langsamer und ruhiger, als diejenigen der europäischen Art;
es hatte verhältnissmässig grosse Augen, aber doch ein schwaches
Gesicht, und schlief bei Tage viel, was Alles auf ein mehr nächt-
liches Leben zu deuten scheint. Das Thierchen war noch jung,
gewöhnte sich bald an mich und versuchte nie, mich zu beissen;
[53]Papageien und Tauben.
den Schweif trug es nie hoch, wie unsere Eichhörnchen so oft;
wenn es schlief, lag es bogenförmig eingerollt auf der Seite und
hatte den Kopf durch den Schweif bedeckt; eines Tages fand ich
es in dieser Lage in seiner gewöhnlichen Schlafstelle erstarrt und
kalt, nachdem es über zwei Monate scheinbar gesund am Bord
gewesen war; der gekochte Reis, den es Tages zuvor erhalten, war
schon einen Tag alt, also nicht mehr frisch gewesen, und diesem
Umstande musste ich den Tod zuschreiben, da keine andere Ursache
äusserlich und innerlich zu finden war.
Unter den an Bord gebrachten Vögeln spielten die Tauben
die erste, Papageien erst die zweite Rolle, charakteristisch für die
westliche Hälfte des indischen Archipels; denn es waren nur Arten,
die auf Java oder Sumatra selbst einheimisch sind, daher von
Papageien nur eine kleinere grüne, der langschwänzige Psittacus
(Palaeornis) longicauda Boddaert (= barbatulatus Bechst., Kuhl.),
mit schwarzen Bartflecken, betet der Malaien, und der kurz-
schwänzige (Loriculus) galgulus L. sp., mit einheimischem Namen
serindit; beide von Sumatra; letzterer pflegte sich zum Schlafen
verkehrt an Einem Fusse aufzuhängen. Unter den Tauben waren
ebenfalls die Hauptformen dieser Hälfte des Archipels vertreten
durch die papageigrüne Taube, Columba (Treron) aromatica L., die
bronzegrüne C. (Chalcophaps) Javanica Gmel., die unserer ächten
Turteltaube so ähnliche C. (Turtur) tigrina Tem. = Chinensis Scopoli,
und die kleine langschwänzige C. (Geopelia) striata L., eifrige
Reisfresser, wie der bekannte Reisvogel, Loxia (Munia) oryzivora L.,
der einzige sperlingsartige Vogel, der uns gebracht wurde.
Des Abends wurde vor dem Leuchthurm von Anyer geankert
und am nächsten Tage, 25. Juni, da die Windstille glücklicherweise
anhielt, eine Excursion an Land gemacht. Der Strand der javani-
schen Küste ist hier flach und besteht hauptsächlich aus Korallen-
Trümmern, unter denen namentlich die Gattungen Mussa und Astraea
durch ihre Zahl, Maeandrina durch ihre Form und kleine Stückchen
von Tubipora durch ihre rothe Farbe sich sehr bemerklich machen;
stellenweise sind auch Algen in Mehrzahl ausgeworfen, namentlich
die olivengelben (getrocknet schwarzen) Sargassen und die hell-
grünen (verbleicht weissen) Halimeden. Belebt ist der Strand fast
nur von Einsiedlerkrebsen, welche Schalen der verschiedensten
Schneckengattungen mit sich herumschleppen. Zunächst hinter dem
Strand folgt ein Wäldchen von Cocospalmen, das erste, das wir
[54]Cocoswäldchen. Pelagische Thiere.
auf dieser Reise sahen, daher das untere zwiebelförmige Ende der
Stämme, plötzlich in viele dünne Wurzeln ausgehend, besonders
auffiel; es scheint oft, als ob sie durch das Wachsthum etwas aus
dem Boden gehoben würden, indem die scharfe Gränze zwischen
Wurzel und Stamm bei allen erwachsenen ein wenig über dem
Niveau des umgebenden Bodens liegt; bei Pandanus brechen be-
kanntlich fortwährend wurzelartige Stützen aus dem unteren Theil
des Stammes hervor, so dass er zuletzt auf Stelzen zu stehen
scheint, ganz verschieden von den viel dünneren, zahlreicheren, in
Einer Höhe entspringenden Wurzeln der Cocospalme. Eine kleine
violette Blume, Lourea Desv. (Papilionaceae), war die einzige, die
mir hier ins Auge fiel. Von da kamen wir zu den Häusern, wo
malaiische, ziemlich dunkelbraune Mädchen unter Aufsicht eines
gelben Chinesen Kaffeebohnen sortirten, und bald in das europäische
Quartier, wo wir so freundliche Aufnahme bei den hier wohnenden
Europäern, dem Militärkommandanten, Militärarzt und Wirth, fanden,
dass nur für einen kleinen Abendspaziergang nach einer benachbarten
Anhöhe noch Musse blieb, der uns noch den Anblick mehrerer
Casuarinen verschaffte, die hier, wie die Cocospalmen, dem Meere
näher als andere Bäume kommen (C. equisetifolia).
Spät in der Nacht kamen wir an Bord zurück, und am nächsten
Morgen ging es »Anker auf«; Schwärme von blauen Ianthinen und
Velellen, zwischen denen die nähere Untersuchung mehrere eben
so eigenthümlich pelagische Pfeilwürmer (Sagitta) fand, bestätigten
auch hier die von Messina her den deutschen Zoologen geläufige
Erfahrung, wie reich an pelagischen Thieren gerade die Meerengen
sind. Die tiefblaue Farbe der Velella veränderte sich in Spiritus
noch an demselben Tage in Violett.
Nachmittags war Java ausser Sicht, den folgenden Tag kamen
wir durch die klippenreiche Gasparstrasse (zwischen den Inseln
Biliton und Banka) und den 30. Nachmittags ankerte die Thetis
auf der Rhede von Singapore. Die dort gemachten Bemerkungen
übergehe ich hier, um sie mit denen zu vereinigen, welche ein
späterer, mehr Musse gewährender Aufenthalt ebendaselbst ergab.
[[55]]
VI.
CHINESISCHE SEE.
VOM 12. AUGUST BIS 5. SEPTEMBER 1860.
In der südchinesichen See hatte die Thetis vom 15. bis 17.
in 5/8° Nordbreite, gerade südlich von Cambodja, andauernde
Windstille, und alsbald war auch für den Zoologen etwas zu machen.
Seetang (Sargassum) und Holzstücke trieben in Menge vorüber,
kleine hellbraune Schwalben umflogen zahlreich das Schiff, und
auch Seeschlangen wurden gemeldet. Zunächst wurde Tang auf-
gefischt, es war ein Sargassum myriocystum J. Ag., untermischt
mit einzelnen Stückchen von Turbinaria, und in ihm versteckt fanden
sich sowohl Fische, wie Petroscirtes variabitis Cantor,1) als kleine
Schnecken, Litiopa, diese mittelst eines Schleimfadens sich an den
Tang anhängend. Zugleich aufgefischt, aber frei schwimmend als
unabhängige pelagische Thiere, Porpita (coerulea Eschscholtz?) und
Ianthina globosa Swains, beide bekanntlich blau, mit letzterer aber
auch eine ähnliche blassbraune Schnecke, Recluzia Petit, welche
einen ähnlichen, aber verhältnissmässig kleineren Schwimmapparat
zeigte. Auch die Meerwanzen, Halobates, waren wieder häufig.
Zweimal wurde das Schleppnetz herabgelassen auf weichem grauem
Schlammgrund in einer Tiefe von vierzig Faden, das erste Mal
brachte es mehrere riesige Plumularien von mehr als einem Fuss
Länge und mehrere sechsseitige langstachlige Schwimmkrabben,
Thalamita Callianassa Herbst sp., herauf; letztere waren vermuthlich
nur unterweges in das Netz gerathen, denn sie machten ihrem Namen
alle Ehre durch kräftiges Schwimmen, wobei sie das hintere, breit-
gliedrige Fusspaar tüchtig auf- und abwärts bewegten 2). Das zweite
Mal, am 17., war die Ausbeute noch reicher: erstlich stattliche
dunkelrothe Seesterne, Stellaster equestris Retz sp., dann Schlangen-
sterne, Ophiacantha, Haarsterne, Comatula, und ein kleiner Seeigel,
[56]Seeschlangen.
Cidaris metularia Lam.; ferner zwei lebende Schnecken, die glän-
zende Marginella Bernardi Largilliert und ein feinbehaarter Murex,
noch mehr aber todte Conchylien, worunter namentlich Den-
talien zahlreich, und ein Spondylus imperialis Chenu; endlich
mehrere Krabben, wie z. B. Myra fugax F. Pilumnus vespertilio
Ad. Wh. u. s. f., eine weiche zusammengesetzte und eine harte
Einzelkoralle, Nephthya und Balanophyllia. Ich hatte nicht er-
wartet, dass der Schlammgrund in dieser Tiefe so reich an thie-
rischem Leben sei.
Noch ehe die Durchmusterung beendet war, wurde mein
Wunsch erfüllt, in einem Boote den pelagischen Thieren entgegen-
zugehen und sie in ihrem Elemente selbst zu sehen. Zunächst galt
es den Seeschlangen, die das allgemeine Interesse erregt hatten,
und von denen Herr A. Berg, der diese Bootsfahrt mitmachte,
mehrere mit eigener Hand mittelst eines gewöhnlichen Keschers
fing. (Vergl. dessen Schilderung im ersten Bande der Reisebeschrei-
bung S. 232.) Wir sahen sie schon von Weitem oft über dem
Wasserspiegel, als ob sie wie auf einem festen Boden darüber
hinwegliefen, immer in horizontalen, nie vertikalen Schlangen-
biegungen sich bewegend. Die häufigste und einzig gefangene war
die oben schwarze, unten gelbe Pelamis bicolor Daud.; diese schien
das Tauchen gar nicht zu lieben, sie kam stets dem Boote sehr
nahe, ehe sie sich dazu entschloss, und stieg dann gleich hinter
dem Boote wieder an die Oberfläche; noch öfter entwischte
sie nur nach der Seite hin unserem Fanginstrument. Eine grössere
Art mit Ringbändern, also eine ächte Hydrophis, ging dagegen viel
früher vor dem herankommenden Boot in die Tiefe und kam nie so
nahe, dass wir sie fangen konnten; auch ihre Farben schienen uns
im Wasser gelb und braun, nicht weiss und blau, wie manche in
den Sammlungen aussehen. Die erstere benahm sich in der Ge-
fangenschaft sehr ruhig und machte nie Miene zu beissen.
Eine weitere Beute brachten uns die schwimmenden Holz-
stücke; dicht um dieselben fand sich fast immer eine Anzahl kleinerer
Fische, namentlich Therapon und Chaetodon, beide silberweiss mit
dunklen Bändern, welche sich selbst auf die Flossen erstrecken,
aber bei dem ersten der Länge nach, bei dem zweiten von oben
nach unten verlaufen. Anfangs glaubte ich, sie suchen das Holz
des Schattens wegen auf, aber als ich auch verschiedene Crustaceen,
namentlich eine kleine Garnele, Alpheus Neptunus Dana, und eine
[57]Schwimmendes Holz. Chinesische Fischer.
Galatea an dem Holze bemerkte, wurde mir klar, dass ein mehr
materieller Grund sie anziehe. Die Krabbe war die viereckige Varuna
literata F. sp., die einzige Gattung unter den eigentlich kurzschwänzigen
Krebsthieren, die alle Fusspaare ausser den Scheeren zum Schwim-
men eingerichtet, d. h. abgeplattet, zeigt. Doch hielt sie sich auch
gern an dem Holze fest und verliess es nur, wenn wir darnach
griffen. Ein Individuum dieser Art war am zweiten Tage der Fahrt
von Singapore ab in einem der Boote beim Reinmachen gefunden
worden, es war vermuthlich auf der Rhede hineingekommen, als die
Boote meist zu Wasser waren, war also über 48 Stunden ohne
frisches Meerwasser am Leben geblieben. Fest an dem Holze sassen
zweierlei Arten sogenannter Entenmuscheln, eine glatte und eine
rauhe (Lepas anatifera L. und L. serrata Spengl.?); im Innern des ganz
durchlöcherten Holzes fanden sich in nicht geringer Anzahl grosse
Ringelwürmer (Amphinome) und Bohrmuscheln, Pholas striata L.
Diese letztere ist, wie die Lepasarten, durch verschiedene Meere
verbreitet, was gerade mittelst treibenden Holzes u. dgl. geschehen
sein kann.
Auch fliegende Fische wurden wieder gesehen, aber leider
nicht gefangen; als letzter pelagischer Fisch ist endlich noch Alutera
Cuv. zu erwähnen, wovon Ein kleines Exemplar ganz oberflächlich,
frei schwimmend, gefunden wurde.
Den 18. August kam mehr Wind, die Seeleute hatten wieder
zufriedenere Gesichter, die zoologische Idylle der Windstille war
hinter uns, aber sie wiederholte sich einigermaassen in der For-
mosastrasse (oder Fukianstrasse, zwischen der Insel Formosa
und der chinesischen Provinz Fukian), als wir gegen contrairen
Nordostwind kreuzen mussten, am 27., gerade unter dem nördlichen
Wendekreise, und in der Windstille des folgenden Tages. Rings
um uns waren Fischerboote oder auch blosse Fischerflösse, man
wollte einmal 150 gleichzeitig in Sicht befindliche gezählt haben.
Was diese See-Chinesen hier fischen, erfuhren wir bei dem Besuch
einer der grossen Dschunken. (Vergl. den ersten Band der Reise-
beschreibung S. 234.) Ein grosser Theil des Deckes derselben war
bedeckt mit aufgeschnittenen Loligo Sinensis Gray, welche schon
hier an der Sonne getrocknet wurden, um dann nach China und bis
Japan versandt zu werden, wo ich später diese Delicatesse öfters
auf den Märkten wiedergesehen habe; ferner hatten sie noch einen
geringen Vorrath eines schwarzen Balistes (ringens Bloch?) und
[58]Ausbeute des Schleppnetzes.
eines gefleckten Serranus (diacanthus Val.). Während unserer An-
wesenheit wurde frischer Fang von einem Einzelfischer an die
Dschunke abgeliefert: er bestand aus demselben Serranus, einem
Brassen (Pagrus) mit zwei verlängerten Strahlen der Rückenflosse nebst
einzelnen kleinen Haien (Carcharius acutus?), die noch am Leben
waren und schwach zu beissen versuchten, einigen Eidechsenfischen,
Saurus, und einem Caranx. Der Brassen war oben roth, unten
silberweiss; die Rücken-, Schwanz- und Afterflosse lebhaft roth;
auf dem Rumpf mehrere bläuliche und gelbliche Bänder von oben
nach unten, welche nach dem Tode des Fisches bald völlig ver-
schwanden.
Den 28., als wir nur 15 — 20 englische Meilen von der
chinesischen Küste entfernt waren, brachte das Schleppnetz aus
25 Faden Tiefe eine ähnliche Ausbeute, wie in der südchinesischen
See, herauf: denselben Seestern, dieselbe Plumularie, wiederum
verschiedene Crustaceen, worunter selbst Einsiedlerkrebse, und eine
kleine Reihe lebender, ächt chinesischer Muscheln, wie Ficula
reticulata Lam., Cardium Asiaticum Brug., Pecten inaequivalvis Sow.;
unter den leeren Conchylien waren die interessanteren: Arca semitorta
Lam., Pleurotoma flavidula Lam. und Murex luculentus Hinds; sehr
erfreulich war mir eine graue Seefeder, Pennatula (Pteroides) Esperi
Herkl., und neben der Balanophyllia eine zweite Einzelkoralle,
Flabellum, mit scharlachrother Mundhaut und weissgesprenkelten,
an der Spitze dunkeln, keulenförmigen Fühlern in mehreren Reihen;
die Aussenwand nackt und lebhaft violett. Balanophyllia besitzt,
den Palissaden entsprechend, einen einfachen Kreis kürzerer, eben-
falls weisser Fühler innerhalb des wie bei Flabellum mehrfachen
Kreises der übrigen hier mehr kegelförmigen Fühler.
Auch dieselben Seeschlangen, wie im südchinesischen Meer,
und dasselbe Benehmen der verschiedenen Arten wurden auf einer
zweiten Bootsfahrt beobachtet, dieselbe Schwimmkrabbe und eben
so wieder eine Alutera an der Oberfläche gefangen, aber weder
schwimmendes Holz, noch Tange beobachtet.
Den 31. August, als wir auf dreissig englische Meilen der
Nordspitze von Formosa nahe waren, kamen mehrere Libellen
(Aeschna sp.) und eine Art Grasmücke an Bord geflogen; in der
nordchinesischen See zeigten sich noch einmal bei einer kurzen
Windstille am 2. September (demselben Tage, an welchem 7° nörd-
licher der Schooner Frauenlob in Taifun verloren wurde) in 26°
[59]Mikroskopische Alge. Eintritt in den grossen Ocean.
Nordbreite grosse Alutera Cuv., kleine Petroscirtes und verschiedene
Quallen, worunter eine dem Gebiet des stillen Oceans eigenthümliche
Blasenqualle, Physalia utriculus Eschscholtz, kleiner als die atlan-
tische. Am 4. bemerkte man im Wasser mehrere lange gelbliche
Streifen, in ziemlich gleichen Entfernungen, von zehn bis zwölf
Fuss, hinter einander; es sah aus, als ob Sägspäne ins Meer ge-
fallen wären und sich parallel den Wellen in Reihen geordnet hätten;
die mikroskopische Untersuchung des geschöpften Wassers, das in
einem Glase nur schwach getrübt erschien, ergab unserem Botaniker
die Anwesenheit zahlreicher mikroskopischer Algen, Zellenreihen
von trübgrüner Farbe, bündelweise vereinigt, verwandt der See-
blüthe, Limnochlide flos aquae.
Wie die Formosastrasse das tropische südchinesische Meer
von dem nordchinesischen, der gemässigten Zone angehörigen, trennt,
so scheidet die Inselreihe von dem nördlichen Ende Formosa’s bis
zur südlichsten japanischen Insel Kiusiu, in die Gruppen der
Meiakoshima, Liu-kiu und Linschoten vertheilt, das nordchinesische
Meer von dem grossen stillen Ocean; dieser kündigte sich, als wir
am Morgen des 5. September die letztgenannte Gruppe passirten,
durch bleigraue Farbe des Wassers und, wie einst der atlantische
beim Ausgang aus dem Kanal, durch höheren Wogengang, daher
stärkere Schwankungen des Schiffes an. Noch einmal kamen hier
die Seeblasen, Physalia utriculus, und schwimmender Tang, mit
Lepas besetzt, wie auch schwimmende Bimssteine mit derselben
Verzierung, vorbei, wie zum Abschluss des dem Zoologen so
günstigen chinesischen Meeres. Dann folgte schlechtes Wetter,
damit Mangel an Gelegenheit und Objecten der Beobachtung. Aber
doch liessen sich noch am 10. September in 31° Nordbreite ein
Tropikvogel und fliegende Fische sehen. Es war zwar windstill,
aber ziemlicher Wogengang und bewölkter Himmel, gar nicht von
tropischem Aussehen. Die fliegenden Fische scheinen allerdings
etwas Bewegung des Meeres zu lieben oder nur dann aufzufliegen;
ich erinnere mich nicht, sie bei ganz stiller See gesehen zu haben.
Der Tropikvogel aber überraschte mich; er ist ein neues Beispiel,
wie in Japan Glieder der tropischen und der kamtschadalischen
Fauna zusammentreffen. Denn am zweiten Tage darauf hatten wir
einen Theil der Südseite von Nipon in Sicht.
[[60]]
[[61]]
VII.
JAPAN.
YEDDO UND YOKOHAMA, VOM 14. SEPTEMBER 1860 BIS 30. JANUAR 1861.
NANGASAKI, VOM 17. BIS 24. FEBRUAR 1861.
Ein schöner Herbst und ein trüber, doch milder Winter, während
dessen es nur an wenigen Tagen Schnee oder Eis, aber um so mehr
Regen gab, ein Terrain von niedrigen dünn bewaldeten Hügeln, Reis-
feldern in den Thälern und flachem Schlamm- oder Rollsteinstrand,
worin wir factisch Stunden weit ungehindert gehen, aber nirgends
anders, als in Yeddo, Yokohama oder an Bord unserer Schiffe
übernachten konnten, freie Verfügung über die gegenwärtige Zeit
und reichliche Ausstattung mit dem hier gangbaren Geld, dagegen
Mangel an aller technischen Hülfe und fortwährende Ungewissheit
über die fernere Dauer des Aufenthaltes, ob er nach Tagen, Wochen
oder Monaten zu rechnen sei, eine kleine Kammer zu ebener Erde
ohne eigentliche Fenster zugleich als Wohnung und Laboratorium,
bereitwillige anstellige Eingeborne als Diener, mit denen aber erst
das Medium der Verständigung aufzufinden war, täglich morgens
ein Fischmarkt, mehrere stets uns offene kleine Menagerieen und
Vogelhandlungen, im Spätherbst und Winter gut versehene Geflügel-
und Wildpretläden, endlich die Gelegenheit, zahlreiche Bilderbücher
und Thierfiguren aus dem verschiedensten Material anzuschaffen —
das bezeichnet ungefähr das Feld, das den Naturforschern der Ex-
pedition in Japan sich öffnete. Die erste schöne Zeit wurde selbst-
verständlich zu zahlreichen Excursionen verwandt, in der späteren
verboten sich dieselben grossentheils durch das ungünstige Wetter
von selbst, dagegen hatte ich allmälich so viel von der japanischen
Sprache aufgefasst, dass ich nicht nur mit mehr Ruhe über
das Dargebotene unterhandeln, sondern auch mancherlei mir zu
bringen Auftrag geben konnte. So brachte mir die erste Zeit haupt-
[62]Japanische Bilderbücher.
sächlich kleinere wirbellose Thiere, die ich selbst an Ort und Stelle
fand, die spätere hauptsächlich grössere, nur mit Hülfe von anderen
zu erlangende Wirbelthiere; und in den trüben, an materieller Aus-
beute ganz leeren Tagen unterhielt ich mich viel mit den einhei-
mischen Bilderbüchern, um daraus wenigstens die Namen der Thiere,
sowie die practischen oder eingebildeten Beziehungen derselben zu
den Menschen kennen zu lernen.
1. Ueber japanische Thierbilder und Thiernamen.
Wie für manches andere Greifbare und Practische, so haben
die Japaner im Allgemeinen auch für ihre Thierwelt, namentlich
die höheren, den Menschen durch deutlichere Aehnlichkeit, augen-
fälligeren Schaden oder Nutzen näher berührenden Classen ein leb-
haftes Interesse. Zahlreiche Bilderbücher stellen die einheimischen
und einige ausländische Thiere mehr oder minder flüchtig gezeichnet,
aber fast immer in recht charakteristischen, dem Leben entnommenen
Stellungen dar, einige in buntem Gemisch mit Menschen und mensch-
lichen Erzeugnissen, andere mehr oder weniger ausschliesslich und
systematisch, zuweilen auf Eine Classe sich beschränkend. Kolorirte
Abbildungen in Folio, theils einzeln, theils eine ganze Reihe zusam-
mengeheftet in den Buchläden gefunden, stellen japanische Vögel
und Fische in Lebensgrösse oder wenig kleiner recht kenntlich
dar, doch sind sie immer im Detail flüchtig und ungenau, selbst in
Charakteren, die dem europäischen Naturforscher schon seit lange
von erster Wichtigkeit sind, wie Schnabelform der Vögel, Flossen-
strahlen der Fische; man kann dieselben nicht als Resultate wissen-
schaftlicher Arbeit, sondern nur als Bilderbogen oder Bilderbücher
betrachten. Bei den Fischen ist nicht einmal ein Name beigesetzt,
sondern nur je eine Stelle aus einem Gedichte, welche sich irgendwie
überhaupt auf Fische bezieht. Bei den Vögeln ist dagegen der
japanische Name beigesetzt, und die einzelnen Blätter sind numerirt,
die Reihenfolge ist aber keine systematische, sondern durch die vier
Jahreszeiten bestimmt, wie denn auch jedem Vogel eine Blume bei-
gegeben ist, welche gleichzeitig blüht. Wie wenig ernstlich aber
dieses eingehalten ist, ergiebt sich daraus, dass eine gar nicht un-
beträchtliche Anzahl Stubenvögel darunter vorkommt, so zwei Hühner-
rassen, zwei Papageien, der Kanarienvogel, der Reisvogel und zwei
andere indische Dickschnäbelarten, und zwar in den verschiedensten
[63]Beurtheilung derselben. Die Encyclopädie.
Jahreszeiten; ferner, dass die das ganze Jahr über bleibenden Vögel,
wie Sperling und Rabe, in verschiedene Jahreszeiten, der erste in
den Frühling, der letztere in den Sommer, eingereiht sind, eben so
die weissen Abarten von Sperling und Schwalbe in andere, als die
betreffende Hauptart, endlich dass zweimal unter verschiedenen
Nummern und Namen unverkennbar dieselbe Vogelart abgebildet ist,
und dass der Titel 48 Raubvögel, taka, ankündigt, statt 48 Vögel
überhaupt. So verlockend und interessant es erscheint, in jener
Reihenfolge einige Anhaltspuncte zur Kenntniss der Vogelwan-
derungen in Japan zu schöpfen, so wenig Vertrauen lässt sich
in das daraus Geschöpfte setzen. Mag immerhin die Einreihung der
Wachtel in die zweite Hälfte des Frühlings, die Eröffnung des
Herbstes mit der »heimkehrenden« Schwalbe sich auf die regel-
mässige Wanderung dieser Vögel beziehen, aber die Versetzung
des Seidenschwanzes in den Sommer macht einen argen Strich
durch die Hoffnung, etwas Neues und Glaubwürdiges daraus zu
lernen. Naturgeschichtliche Monographieen, welche man mit unseren
gleichzeitigen europäischen einigermaassen in Vergleich bringen
könnte, habe ich allerdings nicht gesehen, doch dürfte das von
Siebold erwähnte Werk des Japaners Suiken über die einheimischen
Crustaceen vielleicht dahin gehören; trotz aller Nachfragen und
Bestellungen konnte ich es während unseres Aufenthaltes in Yeddo
und Yokohama nicht erhalten, dagegen aber ein 1838 erschienenes
Buch von Dr. Kurimoto aus Tanba über die Fische (hauptsächlich
Süsswasserfische) Japan’s, das in Bezug auf die Unterscheidung der
Arten und Kenntlichkeit der (schwarzen) Abbildungen recht befrie-
digend zu nennen ist, obwohl den Anforderungen der gleichzeitigen
europäischen Ichthyologie, z. B. Zählung der Flossenstrahlen und
Schuppenreihen, Berücksichtigung der Zähne u. dgl., noch nicht
genügend. Am nächsten einer methodischen, um des Wissens selbst
willen unternommenen Bearbeitung kommt neben den schon ge-
schilderten illuminirten Vogel- und Fischbildern die sogenannte ja-
panische Encyclopädie, im vorigen Jahrhundert zusammen-
gestellt, zahlreiche schwarze Abbildungen in allzukleinem Massstabe
enthaltend, mir schon vor unserer Abreise von Prof. Dr. J. Hoffmann
in Leiden als eine der Quellen für die japanische Fauna gezeigt;
sie führt den Titel: Wakan san-sai dzu-e, und besteht aus über
hundert dünnen Heften in gr. 8. (öfters Doppelheften), wovon
18 Nummern (13 Stück) die Thierkunde enthalten, nämlich:
[64]Reihenfolge der Thiere in der Encyclopädie.
- Heft 37. Zahme Säugethiere.
- » 38. Wilde Säugethiere, und zwar die grösseren, wie Raub-
thiere, Wiederkäuer und Seehunde. - » 39 und 40 (vereinigt). Die Nagethiere und Affen.
- » 41. Sumpf- und Wasservögel.
- » 42. Hühner, sperlingsartige Vögel, Schwalben und Fleder-
mäuse (nebst dem fliegenden Eichhorn). - » 43. Tauben, Drosseln, Raben und insektenfressende Sing-
vögel. - » 44. Pfau, Kasuar, Raubvögel und fabelhafte Vögel.
- » 45 und 46. Schuppenthiere, Eidechsen, Schlangen, Schild-
kröten und Krabben. - » 47. Muscheln und im Wasser lebende Schnecken, einschliess-
lich der Einsiedlerkrebse, ferner Seeigel und Seesterne. - » 48 und 49. Fische und zwar diejenigen von gewöhnlicher
Fischform (Oken’s: regelmässige Fische). - » 50 und 51. Welse, Aale, Knorpelfische, Walfisch und Krebse
(man möchte sagen: unregelmässige Fische). - » 52. Insekten, zunächst Bienen und Wespen, Schmetterlinge
und Spinnen. - » 53 und 54. Weitere Insekten, namentlich Raupen, Cicaden,
Heuschrecken und Fliegen, ferner Frösche, Tausend-
füsse, Landschnecken, Würmer und Maden. - » 59 und 60 enthält unter den Mineralien noch einige Korallen.
Dürfen wir überhaupt nach diesem Werke die Stufe, welche
die Zoologie als Wissenschaft in Japan erreicht hat, beurtheilen,
so können wir mit grosser Bestimmtheit sagen, es sei dieselbe,
welche in Europa bald nach dem Wiederaufleben der eigenen For-
schung im sechszehnten Jahrhundert herrschte, wesentlich noch auf
die Alten gestützt und durch die Werke von Rondelet, Belon,
Gesner und Wotton dargestellt. Es ist ungefähr dieselbe Classifica-
tion, auf äussere Körperbedeckung und Bewegung gebaut, die
Wirbelthierclassen, mit Ausnahme der hierin vielgestaltigen Reptilien,
schon nahezu richtig unterscheidend, aber unter den Wirbellosen
nur einige Typen, welche durch ihre Artenzahl sich selbst auf-
drängten, wie Insekten und Schalthiere, aufgreifend, alles Andere
nach Art des Procrustes, nicht unterbringend, sondern unter-
zwingend. Dass die Fledermäuse bei den Vögeln, die Wale bei
den Fischen, die Landschnecken und auf dem Lande lebenden
[65]Eintheilung. Fabelhafte Thiere.
Würmer neben den Insektenlarven, die Echinodermen bei den Schal-
thieren, die Korallen bei den Mineralien stehen, entspricht ganz
jener Periode der europäischen Wissenschaft; die Krebse aber zu
den Fischen zu stellen, greift noch weiter zurück in die allgemeine
Volksanschauung, welche dieselben eben als Wasserthiere zu den
Fischen zählt, so nennt der Engländer den Flusskrebs cray-fish,
der Italiener subsumirt alle Krebse und Krabben unter dem Begriff
pesce armado, gewappneter Fisch. Die Batrachier endlich von den
beschuppten Reptilien zu trennen, wäre an sich wohl sehr lobens-
werth, aber sie zu den Würmern zu bringen, ist doch arg; es rührt
von der chinesischen Systematik her, welche alle Thiere nach der
äusseren Bedeckung in Haarthiere, Federthiere, Schuppenthiere und
nackte Thiere theilt, jeder Classe einen eigenen König zutheilend,
Einhorn, Phönix, Schildkröte und Mensch, welche denn auch richtig
in der japanischen Zoologie unausweichlich wiederkehren.
Dieses Hochhalten der Tradition, die unbewusste Annahme,
dass die Alten es viel besser wussten, als wir, ist ein gemeinsamer
Zug der japanisch-chinesischen und der damaligen europäischen
Wissenschaft, China spielt für die japanischen Schriftsteller dieselbe
Rolle, welche das classische Alterthum für unsere Gelehrten im sechs-
zehnten Jahrhundert; daher die grosse Zahl fabelhafter Thiere,
welche wir bei beiden finden. Dieses ist eine bedeutende Schatten-
seite der meisten japanischen Naturgeschichten: Menschen mit Einem
Bein, mit schrecklich langen Armen oder Beinen, Einhörner ver-
schiedener Art, zwei- oder siebenköpfige Vögel stehen ganz un-
befangen neben recht naturgetreuen Abbildungen. Aber man darf
es ihnen, wie unseren mittelalterlichen Gelehrten, nicht zu hoch
anrechnen, sondern muss dabei bedenken, dass ihnen die Hülfs-
mittel zur Selbstanschauung, welche unsere Zeit dem Europäer so
reichlich bietet, Reisen und zoologische Gärten, ganz oder fast ganz
fehlen. Wenn einem ganzen Volke, wie in Japan seit mehreren
Jahrhunderten, das Ausland ein verbotenes Land ist, worüber es
nur durch vereinzelt zu ihm dringende Angaben der Fremden selbst
etwas erfahren kann, dann wird ihm freilich auch der Maassstab
schwinden, um fabelhafte und fremde Thiere zu unterscheiden,
Einhorn und Sirene wird ihm nicht minder möglich und nicht minder
gut bezeugt erscheinen, als Elephant, Kameel, der feuerfressende
Kasuar und der Neger. Die fabelhaften Thiere der japanischen
Bücher haben übrigens alle einen gemeinschaftlichen, auf ihre Her-
Ost-Asien. Zoologisch. I. 5
[66]Fabelhafte Thiere der Japaner.
kunft deutenden Familienzug, sie sind alle nach chinesischem
Geschmack verziert, mit recht lang und dicht behaarten, wo
möglich zwei- und dreitheiligen Schweifen, an Schultern und
Füssen mit zackigen Auswüchsen, bei denen man nicht weiss, ob
das Motiv dazu einem Hirschgeweih oder einem im Winde flattern-
den Wimpel entnommen ist. Zu diesen oft als Bilder oder in
Bronzefiguren dargestellten Fabelthieren gehört unter den Vier-
füsslern vor allen das kirin (chin. kilin), ein zweihufiges Einhorn,
der shishi (sisi), ein entstellter, doch noch erkennbarer Löwe, der
tatasu, ein Einhorn mit Krallen und schildkrötenartig getäfeltem
Rücken, der baku, Kopf und Körperform des Elephanten mit der
Zeichnung und Fussbildung des Panthers vereinigend, der ka-u-to
(ki-a-u-tu chinesisch), ein riesiger Hase mit Wolfsmaul, endlich
einige zwischen Affen, wilden Menschen und Gespenstern schwan-
kende Figuren, unter den Vögeln der langschwänzige hoo-wo,
fung-hwang bei den Chinesen, der achtflügelige seidaku, der
zweiköpfige χiyokundori, unter den Reptilien der haarschweifige
Schildkrötenkönig, minongame (minokame), Strohmantelschildkröte,
eine Schildkröte mit Ohren und vier Vogelfüssen, ein aus Schlangen-
leib, Adlerfüssen, Tigerkopf und Hirschgeweih zusammengesetzter
Drachen, datsu oder riu, und viele andere. Sie sind offenbar chinesi-
schen Quellen entlehnt, die meisten reine Combinationen der Phan-
tasie, welche Theile verschiedenartiger Geschöpfe vielleicht aus
allegorischen Gründen zusammensetzte.
Mit den europäischen Thierbüchern der genannten Periode
harmonirt die japanische Encyclopädie auch in Bezug auf die
schwarzen in den Text eingedruckten Holzschnitte und in der Be-
handlung des Textes, in dem nicht die Beschreibung des Thieres
an sich, sondern seine »Kräfte« als Nahrungsmittel und Arznei,
höchstens noch besondere, nicht immer richtig verstandene Lebens-
gewohnheiten, das Hauptthema bilden; wenigstens schliesse ich
das aus dem, was mir Prof. Hoffmann in Leiden über mehrere der-
selben zu übersetzen die Freundlichkeit gehabt hatte.
Der Text der Encyclopädie ist nämlich nicht nur chinesisch
geschrieben und mir somit ganz unverständlich, sondern auch fast
immer zunächst aus einer älteren chinesischen Encyclopädie entlehnt,
worauf erst, durch ein kleines Dreieck kenntlich gemacht, die Zusätze
des japanischen Schriftstellers folgen, wenn nämlich das Thier auch
in Japan vorkommt; in einzelnen Fällen scheint aber das von dem
[67]Schrift der Encyclopädie und Bilderbücher.
Chinesen gemeinte chinesische Thier nicht dasselbe zu sein, wie das
von dem Japaner darauf bezogene japanische. Die Abbildungen, in
bedauernswerth kleinem Maassstab, scheinen öfters einfach aus der
chinesischen Encyclopädie entlehnt, in einzelnen Fällen nur nach
der Beschreibung entworfen zu sein, so bei den Mäusen.
Die chinesische ideographische Schrift spielt für den Ja-
paner die Rolle, welche das Lateinische zu Ende des Mittelalters
in Europa, es ist das gemeinsame Band nicht nur zwischen den
Schriftstellern, sondern zwischen allen nicht ganz unwissenden
Bewohnern beider Länder, welche sich gegenseitig nicht durch
Worte, wohl aber mittelst der chinesischen, von Jedem anders
ausgesprochenen, Schriftzeichen verständigen können, wie etwa in
Europa die verschiedenen Nationen die arabischen und römischen
Ziffern (und damit Rechnungen) gleich verstehen, aber verschieden
aussprechen. Andere, mehr populäre Bilderbücher haben einen
fortlaufenden japanischen Text in Cursivschrift, mit zahllos ein-
geflochtenen chinesischen Zeichen, ähnlich dem mit lateinischen oder
französischen Wörtern durchwebtem Deutsch der vergangenen Jahr-
hunderte, die meisten aber keinen, sondern nur Namen, sind also
wahre Bilderbücher. Was diese Namen betrifft, so fehlt nur in
wenigen, ist dagegen in manchen allein vorhanden oder doch sehr
vortretend der chinesische Name für das betreffende Thier, durch
ein ideographisches Zeichen ausgedrückt; links davon steht in der
Encyclopädie meistens dessen in Japan übliche Aussprache in
japanischer Fracturschrift (katagana), rechts die eigentlich japanische
Benennung in Cursivschrift (hiragana). Bei dieser Cursivschrift,
welche die am meisten gebräuchliche in Büchern sowohl, als beim
Schreiben zu sein scheint, ist für den Ungeübten oft schwer zu
erkennen, wo ein Buchstabe beginnt oder endet, ob irgend ein
Strich nur ein Verbindungsstrich zwischen zwei Zeichen oder ein
wesentlicher Zug des einen ist, um so mehr, als Verdoppelung eines
Zeichens regelmässig nur durch einen angehängten Schnörkel an-
gezeigt wird. Während meines Aufenthalts in Yokohama liess ich
mir diese japanischen Namen in der Encyclopädie und anderen
Bilderbüchern wiederholt von meinem Diener, einem anstelligen
Japaner, lesen, befragte ihn auch sonst nach den Namen von in
Natur oder Abbildung vorliegenden Thieren und notirte mir sogleich
den Wortlaut, controlirte seine Angaben in beider Hinsicht öfters
durch die Anderer und gelangte so zu einer nicht ganz geringen
5*
[68]Lesen und Hören der Namen.
Zahl von Thiernamen; nachher wurde Medhurst’s english and ja-
panese and japanese and english vocabulary, compiled from native
works, 1830, verglichen und mit Hülfe davon, wie von Hoffmann’s
Grammatik, noch in Japan selbst das der Aussprache nach Nieder-
geschriebene mit der japanischen Orthographie verglichen. Medhurst’s
Vocabular hat mir überhaupt an Ort und Stelle gute Dienste geleistet,
mit seiner Hülfe und durch meinen intelligenten Diener war ich bald
im Stande, zu rechnen und zu kaufen, zu beauftragen und zu fragen,
so weit es materielle, nahe liegende Dinge betraf; eine Erzählung
im Zusammenhange zu verstehen (nicht bloss aus einzelnen bekannten
Wörtern zu errathen) oder gar Geschriebenes vom Blatte weg zu
lesen, so weit habe ich es allerdings nicht gebracht.
Gewissermaassen als Rechtfertigung möge es mir erlaubt sein,
eine Stelle aus einem Briefe des verehrten Prof. Hoffmann, des
besten und langjährigen Kenners der japanischen Sprache in Europa,
hier anzuführen, welche sich auf den Besuch der japanischen Ge-
sandtschaft in Holland bezieht: »nun ich endlich im Stande bin,
mit einem Japaner ein Gespräch zu führen, wobei ich jedoch häufig
ersuchen muss, ein zu schnell gesprochenes Wort oder halb ver-
schlucktes Wort zu wiederholen oder deutlicher auszusprechen,
schäme ich mich nicht mehr, zu bekennen, dass ich, wenn zwei
Japaner mit einander reden, doch wenig davon verstehe.« (Novem-
ber 1864.)
Jene Vergleichung erlaubt mir auch, mehrere der Angaben
Medhurst’s bestimmter und wissenschaftlicher auszudrücken, indem
derselbe die japanischen Thiere oft durch nur entfernt ähnliche
europäische wiedergiebt, z. B. tanuki (Canis viverrinus) mit Dachs,
yamatori (Phasianus Sömmeringi) mit jungle fowl (wilder Hahn in
Ostindien), kisi (Ph. versicolor) mit Rebhuhn, ara (Serranus) mit
cod (Stockfisch) etc., was freilich dem Nichtgelehrten ziemlich gleich-
gültig, dem Zoologen aber ein Gräuel ist.
Sehr bald ergab sich nun, dass die Japaner nicht genau so
sprechen, wie sie schreiben, was sich zwar aus der Analogie aller
anderen Völker von vorn herein erwarten liess, aber in den spe-
ciellen Fällen doch immer wieder unerwartet und ärgerlich war.
Die Abweichungen waren an sich nicht gross, aber doch oft hin-
reichend, um ein sofortiges Verständniss zu verhindern, so sprachen
die Japaner, von denen ich lernte und die allerdings nicht zu den
höheren Ständen gehörten, regelmässig ska, stots’, χi, welche
[69]Uebertragung in europäische Buchstaben.
Wörter si-ka, fi-to-tsu und fi in den europäisch-japanischen Sprach-
lehren geschrieben werden. (Vergl. die übereinstimmenden Bemer-
kungen von Herrn Berg im ersten Bande der Reisebeschreibung
Seite 6.)
Herr Hoffmann, für welchen die japanische Litteratur Ziel
wie Ausgangspunct seines Studiums dieser Sprache ist, hat sich
nämlich selbstverständlich an den allgemeinen Grundsatz gehalten,
bei Wiedergabe der Wörter in europäischen Buchstaben der ein-
heimischen Orthographie zu folgen, d. h. für dasselbe japanische
Zeichen stets dieselben europäischen Buchstaben zu setzen, ohne
sich darum zu bekümmern, ob diese der Aussprache der Japaner
entsprechen, da diese theils in verschiedenen Gegenden, theils bei
verschiedenen Worten etwas verschieden ist und nicht in jedem
Fall, so wie die Schreibweise, zu constatiren sei. Für litterarische
Studien ist dieses gewiss das Richtige, aber zum Zweck des münd-
lichen Verkehrs mit den Japanern eben so, als wenn man einem
Griechen das deutsche Wort schön durch σχοεν, einem Deutschen,
der nicht Französisch kann, beau durch b-e-a-ü wiedergeben
wollte. Da ich selbst aber die Namen hauptsächlich im mündlichen
Verkehr und für denselben lernte, so habe ich sie auch so auf-
gezeichnet, wie ich sie hörte und selbst sprechen musste, um ver-
ständlich zu sein, den Dienern, Fischern und Bauern gegenüber,
mit denen ich zu thun hatte. Ich gebe im Folgenden diese Auf-
zeichnungen wieder, in der Hoffnung, dass sie anderen Natur-
forschern, die das Land besuchen, von einigem Nutzen sein können,
habe aber, wo die Aussprache von der Umschreibung der japanischen
Orthographie mit europäischen Buchstaben wesentlich abweicht,
letztere in Klammern daneben gesetzt. Wo zwei Namensformen,
sei es mit oder, sei es mit auch, verbunden sind, bezeichnen sie
dagegen entweder verschiedene Schreibarten in verschiedenen
Büchern, oder abweichende Aussprache derselben von Seiten der
Japaner, die ich hörte, vielleicht auch in einzelnen Fällen nur ab-
weichende Auffassung von meiner Seite.
Unser Alphabet reicht übrigens bekanntlich nicht einmal für
unsere eigene Sprache aus, und es konnte die Frage entstehen, ob
nicht das von Lepsius vorgeschlagene Standard-Alphabet (London
und Berlin 1863, 8., vergl. den ersten Band dieser Reisebeschreibung
Seite XXIII) anzuwenden sei. Ich habe es nicht durchgeführt,
hauptsächlich weil die vielerlei kleinen diakritischen Zeichen dem
[70]Verwendung einzelner europäischer Buchstaben.
Auge wie dem Gedächtniss des darin Ungeübten das Lesen wesent-
lich schwer machen und meine Bemerkungen doch mehr für Natur-
forscher, als Philologen bestimmt sind; ferner auch weil die feinere
Unterscheidung der Vokale, der verschiedenen Zisch- und Gaumen-
laute mir nicht geläufig und in meinen augenblicklichen Aufzeich-
nungen ausser Acht gelassen, nicht mehr nachgeholt werden konnte.
So beschränke ich mich im Folgenden darauf, die Buchstaben un-
seres Alphabets in einer Weise zu verwenden, die sich möglichst
an Lepsius’ System anschliesst und sowohl den Deutschen selbst,
als Engländern und Franzosen möglichst wenig Anlass zu Miss-
verständniss giebt, nämlich die Vokale wie im Deutschen und
Italienischen,
- u also stets gleich dem französischen ou und englischen oo,
holländisch oe; ferner unter den Consonanten: - z für das weiche s, wie im Französischen und Englischen
gegen das Deutsche, da der deutsche Laut z sich richtig
als ts oder ds darstellen lässt. - sh für das breiteste s, wie im Englischen, entsprechend un-
serem deutschen noch schwerfälligeren sch und dem fran-
zösischen ch. - ng für den gutturalen Nasenlaut, im Deutschen und Englischen
ng, bei Lepsius ṅ, in Verbindung mit nachfolgen-
dem deutlich hörbarem g, wie fast immer im Japa-
nischen, genau nach Lepius ṅg; dagegen ṅ wie bei Lepsius
für denselben Laut ohne nachfolgendes g, wie so oft in
der Endsilbe deutscher Wörter. - y als Consonant gleich dem deutschen J, j. Ich habe mich
nur ungern entschlossen, letztern im Deutschen unzweideu-
tigen Buchstaben, der schon durch Form und Entstehung
an den ähnlichen Vocal I erinnert, aufzuopfern und dafür
Y anzunehmen, das nach seiner Entstehung ein Vocal
und zwar ein zu U gehöriger ist; aber neben Lepsius’ Vor-
gang bewogen mich hierzu hauptsächlich die von ihm an-
geführten Gründe, dass J sowohl von Engländern, als
Franzosen ganz anders ausgesprochen, also leicht miss-
verstanden wird, dagegen Y von den Engländern gerade
als Jot, von den Deutschen und Franzosen als I und
daher für den an I annähernden Consonanten leicht ver-
standen wird.
[71]Silbenzeichen der Japaner.
- χ aus dem griechischen Alphabet ist im Folgenden nach
Lepsius’ Vorgang für den einfachen Consonanten gebraucht,
welcher im Deutschen ch geschrieben wird, im Englischen,
Französischen und Italienischen ganz fehlt. Obwohl ich
es im Japanischen nur im Beginn eines Wortes hörte, war
es doch, so weit ich mich erinnere, stets die weichere
Form desselben, welche Lepsius mit einem Accent über
dem Buchstaben bezeichnet, und welche wir Deutsche nie
als Anlaut, sondern nur als In- oder Auslaut sprechen,
wie z. B. in ich und lachen.
Um zu zeigen, dass die Abweichungen zwischen Orthographie
und Aussprache in Japan, wie anderwärts, nicht regellos sind, muss
ich etwas näher auf die japanischen Schriftzeichen eingehen und
Einiges darüber erörtern, was schon Hoffmann und Andere aus-
einandergesetzt haben, um dann die Regeln jener Abweichungen ver-
ständlich zu machen. Die japanischen Schriftzeichen bezeichnen
nicht einzelne Laute, d. h. Consonanten oder Vocale, sondern je
eine Silbe, möge sie nun aus einem einzelnen Vocal oder aus einem
Vocal und Consonanten bestehen, in letzterem Falle aber stets nur
eine solche, die aus einem einzigen Consonanten und einem fol-
genden Vocal besteht. Nur für Einen Consonanten (n) am Schluss
der Wörter oder Silben haben sie ein eigenes Zeichen; ich hörte es bald
entschieden als ṅ (ng der Deutschen), bald als einfaches n sprechen,
ersteres z. B. in baṅ, Wasserhuhn, letzteres in Nipon, Japan. Ihrer
rein vocalischen Silben oder kurzweg Vocale sind fünf — dieselben,
wie die Hauptvocale des lateinischen und deutschen Alphabets —
a, i, u, e, o (nach japanischer Reihenfolge), und kann man auch
die consonantischen Silben in Gruppen von je fünf theilen, deren
Glieder unter sich denselben consonantischen Anlaut mit je einem
dieser fünf Vocale verbinden. Obwohl nun das japanische Alphabet
oder Abece (iroha, irofa, ebenfalls nach den drei ersten Zeichen,
genannt) 48 Zeichen (das Schluss-N eingeschlossen) enthält, so
kann es doch nach dem Gesagten weit weniger Consonanten in
unserem Sinn unterscheiden, als unser Alphabet, nämlich nur
oder noch genauer , indem die
Anlage des iroha eigentlich noch drei weitere Zeichen, als die
48 vorhandenen fordert, aber diese drei Silben wegen Aehnlichkeit
mit anderen kein besonderes Zeichen haben, nämlich yi mit i, we
[72]Aussprache der japanischen Zeichen.
mit e und wu mit u zusammengefallen ist oder nie existirt hat;
eben so wird o und wo, i und wi, obgleich besondere Zeichen für
jedes existiren, in der Aussprache nicht immer unterschieden, die
ersteren im Beginn eines Wortes o, nach einem anderen Vocal
wo gesprochen; auch das Zeichen wa wird in der ersten Silbe eines
Wortes oft ganz wie a gesprochen. Jene zehn Consonanten sind
nun: k, s, t, n, m, y, w, r, ṅ und eine Aspirate; ihre Zahl
wächst aber dadurch, dass mittelst diakritischer Zeichen, ähnlich
denen von Lepsius, aus k g, aus t d, aus s weiches z, aus der
Aspirate sowohl b als p werden kann; demnach sind der in der
Schrift unterscheidbaren Consonanten 15: k, g; t, d; p, b; m, n,
ṅ; s, z; w, j; r und die Aspirate; zwei auf einander folgende
Consonanten können aber gar nicht ohne Zwischenvocal geschrieben
werden, ausgenommen, wenn der erste ṅ ist.
In der Aussprache treten nun Modificationen ein durch die
Beschaffenheit des Vocals der betreffenden Silbe; ti und tu, wie
auch di und du, wird durchgehend tsi und tsu, dsi und dsu ge-
sprochen, so regelmässig, dass selbst Hoffmann diese Umschreibung
für die betreffenden Zeichen angenommen hat, obgleich er sie mit
Recht in dieselbe Gruppe mit ta, te, to stellt. Aehnlich verhält es
sich mit dem oben als Aspirate bezeichneten Consonanten; in der
Regel gibt man an; dass er bald wie h, bald wie f oder auch wie v,
oder ganz unnachahmlich klinge, Hoffmann will ihn fast immer f,
in einzelnen Fällen auch v schreiben, Medhurst (an english and
japanese and japanese and english vocabulary 1830, 8., Batavia)
bezeichnet ihn im Silbenverzeichniss als h oder f, setzt aber richtig
vor u und i das f, vor den anderen Vocalen h voran und wendet
es consequent so im Text an. In der That hörte ich auch sehr
regelmässig in Yokohama den betreffenden Laut vor a, e und i
als h, vor u als f, vor i ein Mittelding zwischen χ und f, doch
dem ersteren näher, und umschreibe daher die fünf Zeichen in ent-
sprechender Weise, z. B. hana Blume, hebi Schlange, hoosiro
eine Ammerart, χi Feuer, und Fusi-yama, der von dort aus so
schön sichtbare Vulkan. Die zur K-Gruppe gehörige, u enthal-
tende Silbe, ku, wurde in früheren Vocabularien mit kfu (englisch
kfoo) umschrieben, Hoffmann setzt mit Recht einfach ku; als End-
silbe eines Wortes klang es mir weit öfter ko als ku.
Andere Unregelmässigkeiten entstehen durch die ziemlich
allgemeine, aber keinesweges durchgeführte Regel, dass alle einer
[73]Differenzen zwischen Orthographie und Aussprache.
Erweichung fähigen consonantischen Silben eine solche in der Mitte
oder am Ende eines Wortes erleiden, so namentlich die tenuis und
aspirata zur media wird; besonders deutlich zeigt sich dieses in
Zusammensetzungen, so oho-dori, yama-dori von tori, Vogel, yama-
bato von hato, Taube, Kana-gawa von kawa, Bach. Ausnahmen
von dieser Regel sind nicht selten, so schreibt und spricht man
Yokohama (Queer-Strand), nicht Yokobama, andererseits kommt es
auch vor, dass man in der Schrift die Erweichung nicht bezeichnet,
obwohl allgemein, wenigstens in der Umgebung von Yeddo, spricht;
so schreibt namentlich die Encyclopädie niwa-tori, ihehato, haku-
kan, hasi-taka, jama-kara, dagegen wieder oho-dori, yama-bato,
susumi-daka, ko-gara, wo in der Aussprache die ersteren ganz
wie letztere weich sind und auch in anderen Büchern weich ge-
schrieben werden. Die Aussprache geht aber noch weiter und
verwandelt das g und b in der Mitte eines Wortes in ng und mb,
so schreibt der Japaner sagi (Reiher), Nagasaki, tobi (Weihe) und
spricht sangi, Nangasaki, tombi, wenigstens in der Gegend von
Yeddo. Hierin halten sich Hoffmann und Medhurst an die japanische
Orthographie und geben namentlich kurzen zweisilbigen Wörtern
ein ganz anderes Ansehen, als sie im Munde des Japaners, wenig-
stens so weit ich es hörte, haben.
Zwei Consonanten unmittelbar hinter einander hört man in der
gewöhnlichen Umgangssprache zu Yokohama sehr oft, wie die schon
oben gegebenen Beispiele zeigen; sieht man nach, wie diese Worte
geschrieben werden, so findet man, dass für den ersten Consonanten
diejenige Silbe geschrieben wird, welche den betreffenden Conso-
nanten und als Vocal i oder u enthält, so wird ksa, Gras, Kraut,
kusa geschrieben, ska, Hirsch, sika; namentlich sind es diese zwei
Silben si und ku, welche so als blosse Consonanten auftreten. Ja,
der Japaner kommt dadurch noch zu einer eigenen Bezeichnung des
breiten sh, wo er nämlich die einfache Silbe sha und sho spricht,
schreibt er die zwei Silben si-ya oder si-yo. Dieses ist analog
unserer deutschen Orthographie sch oder der englischen sh: wie
hier die Vergleichung mit den scandinavischen Sprachen und dem
Gothischen (z. B. Schild, skiold, skildus) zeigt, dass ursprünglich
wirklich zwei Consonanten gesprochen wurden, der zweite die
breite Aussprache des S (s impurum) veranlasst hat, aber selbst
verschwunden ist, so mag auch das japanische sha, geschrieben
siya, früher auch sya gesprochen worden sein; ob das aber bei all
[74]Variationen des R und S.
diesen scheinbaren Silben mit stummem Vocal der Fall gewesen
ist, oder ob nicht einige in der That nur Nothbehelfe der Ortho-
graphie, in Ermangelung genügender Zeichen, von Anfang an
gewesen, weiss ich nicht zu sagen. Hoffmann schreibt in diesen
Fällen öfters den Vocal mit kleinerer Schrift oder ersetzt ihn
zuweilen durch einen Apostroph; letztere Methode ist zu empfehlen,
indem sie zugleich die Aussprache richtig angiebt und die Ortho-
graphie andeutet. In anderen Fällen wird, um die Länge eines
Vocals anzudeuten, dem betreffenden Silbenzeichen noch das gleich-
artige oder ein ähnliches Vocalzeichen hinzugefügt, z. B. wo-o,
oder wo-u, also in der That der Vocal doppelt geschrieben, doch
einfach gesprochen.
Minder regelmässige und wahrscheinlich mehr nach einzelnen
Gegenden dialectisch abändernde Variationen scheinen folgende zu
sein: die gewöhnlich als ra, re, ri, ro, ru umschriebenen Silben
enthalten nicht immer unser reines r, sondern öfters nur ein Mittel-
ding von r und l, so namentlich ri, werden daher auch zuweilen
mit l umschrieben; so schreibt z. B. die Fauna japonica Sciurus lis,
während ich gerade bei diesem Wort in Yokohama nur ris’ hören
konnte. Ueberhaupt ist unser l dem Munde des Japaners, wenig-
stens so weit meine Erfahrung mit den gemeinen Leuten aus der
Gegend von Yeddo reicht, so durchaus fremd, dass sie selbst, wenn
sie unsere Wörter nachsprechen, r statt l sagen, z. B. Oranda für
Holländer, stifaru für Stiefel. In anderen Fällen lautete das r ähnlich
unserem d, namentlich in re, zuweilen auch ru, so dass man in
Versuchung kommen konnte, de oder dru zu schreiben. Dieses
stimmt damit zusammen, dass auch in anderen Sprachen d und l
wechseln kann, wovon ein bekanntes Beispiel das griechische δακϱυ,
verglichen mit dem lateinischen lacruma, ist.
Die veränderlichste Aussprache haben endlich, wie ander-
wärts, die S-Laute, so hörte ich in Yokohama fast alle si so breit
ausgesprochen, dass sie es verdienten, shi geschrieben zu werden,
zuweilen aber auch wie tsi, z. B. kishi und kitsi statt kisi, ferner
manche Silben, welche übereinstimmend tsi oder tsu (aus der
t-Gruppe) geschrieben werden, wie ein einfaches scharfes S, so
z. B. úsura, Wachtel. Mein Diener wollte übrigens noch die Aus-
sprache von tsi, dsi und dem wie tsi gesprochenen si unterschieden
wissen, was aber meinem Ohre nicht gelang.
[75]Betonung. — Gelegenheit Wild zu erlangen.
Als allgemeine Regel verdient noch bemerkt zu werden, dass
in der grossen Mehrzahl der japanischen Wörter, welche mehr als
zwei Silben haben, nicht die vorletzte, wie z. B. im Italienischen
Regel ist, sondern die drittletzte (antepenultima) oder auch die
letzte betont wird, selbst bei zusammengesetzten Wörtern, z. B.
ókame, kárasu, gángiro, yamá-dori; so hörte ich, wenn Japaner
unter einander sprachen, mehrmals bestimmt die Ortsnamen Kaná-
gawa, Kawásaki, während die Europäer sich schon angewöhnt
haben, Kanagāwa und Kawasāki zu sagen. Yokohāma selbst scheint
auch hier eine Ausnahme zu bilden; eine zweite ist, dass die Silben, auf
welche das oben erwähnte mb und ng folgt, betont sind, so siro-
sángi, tenánga, momónga, aber mónguro, yamá-ngara. Zweisilbige
Wörter haben in der Regel den Ton auf der vorletzten, welche oft
zugleich lang gesprochen wird, so ûmi, kûma, úshi, ádsi; nur
manche halb oder ganz stumme u und i machen eine Ausnahme.
Dagegen fällt der Ton auf die letzte Silbe, wenn diese aus zwei
(ursprünglich getrennten und noch) besonders geschriebenen Lauten
besteht, z. B. akaì, roth, geschrieben a-ka-kì und ataksì, geschrie-
ben watakusì.
2. Japanische Säugthiere.
Ueber die Säugthiere Japan’s besitzen wir bereits eine be-
friedigende Zusammenstellung in Siebold’s Fauna Japonica, der
ich daher hier nur einzelne Bemerkungen beifüge über diejeni-
gen, welche ich während des Aufenthaltes in und bei Yeddo
lebend oder todt zu beobachten Gelegenheit hatte. Die Umgrän-
zung unserer Excursionen und das im Verlauf unseres Aufenthaltes
zu strengerer Geltung kommende Verbot der Jagd beschränkten
selbstverständlich das Feld meiner Arbeiten in dieser Classe be-
deutend und verwiesen die Kenntnissnahme grossentheils auf
das, was mir von den Einwohnern selbst, denen ich bestimmte
Preise für jedes ihnen dem Namen nach bekannte wilde Thier ver-
sprochen hatte, todt oder lebend gebracht wurde. Für die Raub-
thiere bot hierzu allerdings der in Japan verlebte Winter mehr
Chance, da diese durch den Schnee in den Bergen herabgetrieben
wurden und schon ihres besseren Pelzes wegen in dieser Jahreszeit
mehr als sonst ein Gegenstand der Verfolgung sind. Berge und
Wildniss ist aber für den Japaner, dem der Reisbau die wichtigste
Bodenkultur ist, so sehr gleichbedeutend, dass er den Begriff »wild«
[76]Japanischer Bär. Wölfe.
bei Thieren und Pflanzen nur durch Zusammensetzung mit dem
Wort yama, Berg, bezeichnet, so ist yama-ino der wilde Hund
oder Wolf, yama-buta das wilde Schwein, und yama-ma heisst
in der japanischen Encyclopädie das vermuthlich aus der chinesischen
Litteratur entlehnte wilde Pferd (Dschigetai oder Kiang?).
So erhielt ich im December in Yeddo in Folge meiner Auf-
träge den frisch abgezogenen Balg nebst Schädel des japanischen
Bären, kuma, welcher in den einheimischen Bilderbüchern meist
eine Schneelandschaft als Hintergrund hat und nach denselben in
grossen hölzernen Fallen, wie der Tiger in Java, gefangen wird.
Es war ein stattliches Thier, zwischen dem malayischen und nord-
amerikanischen Bären die Mitte haltend, grösser und langhaariger
als ersterer, mit nur schmalem weissem Halbmond zwischen den
Vorderbeinen und ganz schwarzer Färbung der Schnauze, daher
jetzt als eigene Art betrachtet, Ursus Japonicus (Schlegel hand-
leiding der dierkunde, I. 1857, pag. 42. — Sclater Proceedings of the
zoological society, 1862, pag. 261, Taf. 32.), während man ihn früher
mit dem im Himalaya lebenden U. Tibetanus Fr. Cuv. = torquatus
Wagn. vereinigte. Von den beiden Wölfen oder wilden Hunden
Japan’s habe ich nichts zu sehen bekommen, kann aber nach den
Aussagen meines japanischen Dieners und den durch ihn mir er-
klärten Bilderbüchern bestätigen, dass die Eingeborenen in der That
zwei solche Thiere unterscheiden, den einen yama-ino (wilden
Hund), den andern mit eigenem Namen ókame (oo-kami) bezeich-
nen, und diesen als schrecklicher und grausamer, in Schnitzereien
mit entsetzlich weitgespaltenem Rachen und einem Menschenschädel
in der Nähe, darstellen. Dass der yama-ino sich durch kürzere
Beine und daher niedrigere Gestalt auszeichne und die in der Fauna
Japonica abgebildete Art sei, steht mit jenen Bildern wenigstens
nicht im Widerspruch, wenn aber dort ihm der lateinische Name
hodophylax, Wegwächter, gegeben wird, so finde ich dazu weder
in jenem Werke selbst, noch in den Erzählungen der Japaner eine
Erklärung und möchte fast vermuthen, dass jene Bezeichnung ein
Missverständniss sei, ursprünglich für den Strassenhund (chien de
rue, pag. 37 der Fn. jap.) beabsichtigt.
In neuster Zeit ist auf Grund einer nach Europa gekommenen
gegerbten Haut mit japanischer Aufschrift eine eigene japanische
Art des Leoparden (Leopardus Japonensis Gray, Proceed. zool.
soc., 1862, pag. 262, Taf. 33.) aufgestellt worden. Die von Gray
[77]Kein Leopard in Japan.
gegebene Beschreibung und Abbildung scheint mir mit der des
Leoparden von Korea, Felis orientalis, bei Schlegel, handleiding
Bd. I., pag. 23, Atlas Taf. 2., Fig. 13., übereinzustimmen; allerdings
habe ich selbst einen lebenden Leoparden gesehen, und zwar in
einer Schaubude zu Yeddo (11. December 1860), und finde auch
mehrere Bilder eines solchen in meinen japanischen Büchern. Nichts-
destoweniger bezweifle ich noch sehr das Vorkommen einer solchen
grossen Katzenart in Japan, d. h. auf einer der drei Inseln Nippon,
Kiusiu oder Sikok. Was die japanischen Abbildungen betrifft, so
stellt ihn die eine grössere in Yeddo gekaufte gerade in einem
Käfig, einen Haushahn bedrohend, dar, und ist wahrscheinlich für
jenen speciellen Fall gezeichnet; eine andere zeigt ihn charakte-
ristisch genug in Gesellschaft einer Dame in europäischem Costüm
mit einem Kakadu, also wieder ein Menageriebild und auf den
indischen Archipel als Vaterland hinweisend; die kleinen Bilder in
der Encyclopädie und andern ähnlichen Lehrbüchern führen ihn
aber neben und zwischen entschieden ausländischen oder fabelhaf-
ten, von den Japanern selbst für ausländisch gehaltenen Thieren,
z. B. dem Tiger, einem Einhorn mit Löwenfüssen und einem
Leopard mit Elephantenkopf, auf. Endlich sind die diesen beige-
schriebenen Namen hioo oder boo von meinem Diener zu verschie-
denen Malen verschieden gelesen, ein Beweis, dass es ihm kein
bekanntes geläufiges Wort war; es ist einfach die Uebertragung des
chinesischen Namens bau, auch pah, offenbar nach der Stimme,
und die Encyclopädie gibt auch nur Liautong (nördlichste Provinz
von China) als Vaterland an. Nie erscheint sein Bild mit einem
Stück japanischer Landschaft im Hintergrund oder gar auf Jagd-
scenen, wie so oft der Bär und Hirsch. Die Menagerie-Bilder
stellen die Flecken rund und voll dar, was bei dem lebend in Yeddo
gesehenen sicher nicht der Fall war, die der Lehrbücher ringförmig
und bogenförmig, nach vorn oder oben offen, diese scheinen also
den ostasiatischen noch am Amur einheimischen Irbis oder den
diesem ähnlichen Leoparden von Korea, Felis orientalis Schlegel,
anzudeuten.
Die kleineren Raubthiere, welche nicht dem Menschen ge-
fährlich werden, sondern nur in ihrer Beute mit ihm concurriren,
sind dagegen in der Umgegend von Yeddo nicht selten, theilweise
aus denselben Gattungen wie in Deutschland, so Fuchs, Fischotter,
Marder und Wiesel; alle diese erhielt ich nach gegebenen Aufträgen
[78]Fuchs und Obstfuchs.
mehrfach frisch im Fleisch zu billigen Preisen. Der japanische
Fuchs, ki-tsu-ne genannt, scheint in Nichts von der europäischen
Art verschieden 1); er fehlt in fast keinem Bilderbuch, seine Be-
schreibung in der Encyclopädie nimmt mehrere Seiten ein, und
man sieht ihn öfters in Holz geschnitzt in den Läden, auf den
Hinterfüssen sitzend, mit eichhörnchenartig erhobenem Schwanz, als
Nachbildung der zwei kolossalen Fuchs-Statuen vor einem Tempel
in Yeddo, den wir deshalb kurzweg den Fuchstempel nannten. Dass
er im Aberglauben der Japaner eine nicht unbedeutende Rolle spiele
und als höheres Wesen, wohl auch als böser die Menschen be-
hexender Geist betrachtet werde, wie schon Kämpfer und Siebold
angeben, hörte ich in Yeddo mehrfach bestätigen, aber meine Sprach-
kenntniss reichte nicht aus, Bestimmteres darüber zu erfahren. Im
indischen Archipel sind es Tiger und Krokodil, welche als dem
Menschen todbringend zugleich gemieden und in gewisser Weise
verehrt (namentlich als Vorfahren einzelner Menschen betrachtet)
werden; in Kamtschatka ist es der Bär. Sollte in den Kulturge-
genden Japan’s der Fuchs als grösstes der vorhandenen Raubthiere
diesem Bedürfniss des Aberglaubens genügen? wie J. Kohl von der
irischen Insel Rathlin erzählt, dass dort die Mütter in Ermangelung
des Wolfes mit dem Namen des Fuchses ihre Kinder fürchten
machen.
Für Japan und China eigenthümlich ist dagegen die Gruppe
der Obstfüchse (Nyctereutes Temm.), ziemlich unpassend auch
Viverrenhunde oder Marderhunde genannt, denn ihre äussere Er-
scheinung ist vielmehr die des nordamerikanischen Waschbären.
Leider bekam ich nie einen lebenden zu sehen, die frisch getödteten
aber bestätigten mir, dass die japanischen Bilder nicht unrecht
haben, ihn als dickbäuchiges, kugelrundes Thier mit ziemlich kur-
zem, buschigem Schwanz und fuchsartiger Schnauze darzustellen;
auch die Färbung ähnelt der des Waschbären, während Schädel-
form und Gebiss ihn in die Gattung Canis L. verweisen. Die
erhaltenen Exemplare zeigten einen gelbbraunen Pelz mit schwarzen
Haarspitzen, welch letztere besonders auf dem Rücken, an der
Schulter und am Schwanz eine schwärzliche Schattirung bedingen;
alle vier Extremitäten schwarzbraun; zwei grosse dunkelbraune
Flecken im Gesicht, einer hinter und unter jedem Auge, erinnern
auffallend an die Gesichtszeichnung des Waschbären, hängen aber
nicht wie bei diesem in der Mitte zusammen. Die japanischen Diener
[79]Obstfüchse. Fischotter. Marder.
waren sehr begierig nach dem Fleische dieses Thieres, sie nannten
ihn übereinstimmend als ihnen wohlbekanntes Thier tánuki, und
unter diesem Namen ist er auch in der Encyclopädie ziemlich un-
deutlich, besser in andern Lehr- und Bilderbüchern abgebildet,
genauer, aber wahrscheinlich zu dünnleibig, in der Fauna Japonica,
Taf. 8., als Canis (N.) viverrinus Tem. Nach den japanischen
Quellen frisst er sowohl Obst als Geflügel, wie unser Fuchs. Figu-
ren des Tanuki in aufgerichteter Stellung (ein Männchen machend),
mit vorstehendem Schmeerbauch, findet man sowohl auf Bildern
wie als Kinderspielzeug, wie bei uns Katzenfiguren. Neben ihm
figuriren in den japanischen Büchern noch ein paar ähnliche Thiere,
wie es scheint mit minder ausgesprochener Zeichnung, theils unter
dem Namen mushina (mu-si-na), theils unter Bezeichnungen, die
mit tanuki zusammengesetzt sind, so namentlich mi-tanuki. Ein
solcher soll auf dem von Yeddo aus sichtbaren Fusi-yama leben;
Siebold gibt auch mami-danuki an; die Bezeichnung hatsimonsi
aber verstanden die Leute, welche ich sprach, nicht. Es ist noch
nicht ausgemacht, ob damit verschiedene Arten oder verschiedene
Pelzzustände nach den Jahreszeiten gemeint sind, wie auch, ob die-
selben Arten dieser Thiere (procyonoides und viverrinus) zugleich in
Japan und China leben, oder ob vielleicht nur aus japanischen Thieren
gemachte Pelze nach China kommen und umgekehrt.
Die Fischotter, káwasu (eigentlich kawa-uso oder kawa-oso,
von kawa, Bach), scheint wiederum von der europäischen nicht
verschieden zu sein, und ist sowohl um Yeddo als Nangasaki keine
Seltenheit. Von den europäischen verschieden dagegen sind der
japanische Marder, Mustela melampus Tem., ten, gelbbraun mit
gelber Kehle und schwärzlichen Extremitäten, von Schnauzenspitze
zu Schwanzspitze 0,714 M. lang, wovon 0,270 auf den Schwanz kom-
men, und der kleinere unserem Iltis ähnliche itatsi, Mustela itatsi
Tem., braun mit weissen Lippen, bis 0,610 M. lang, wovon 0,195
auf den Schwanz, beides den Japanern wohlbekannte Thiere.
Vom Dachs, Meles anakuma Tem. (ana-kuma, Höhlenbär),
habe ich dagegen weder etwas gehört, noch in den japanischen
Bilderbüchern gesehen; der Name war meinem Diener ganz unbe-
kannt und er scheint daher nicht zu den häufigeren, durch alle
japanische Inseln verbreiteten Thieren zu gehören.
Der japanische Maulwurf ist bei grosser äusserlicher Aehn-
lichkeit auffallend heller gefärbt als der europäische, fast erdfarbig;
[80]Maulwurf. Fledermäuse. Eichhörnchen.
in der Fauna Japonica wird er als Talpa wogura nach der einhei-
mischen Benennung bezeichnet, in der Encyclopädie selbst aber
finde ich geschrieben ugoro-motsi, und der Japaner, welcher mir
zwei derselben als sehr merkwürdige seltene Thiere brachte, sprach
deutlich mongura; Hoffmann’s japanische Grammatik, erste Aus-
gabe S. 20 gibt noch mehrerlei Variationen nach den verschiedenen
Provinzen an und schreibt selbst ukoro (holländisch oekoro). Vom
Igel erhielt ich nur ein Fell ohne Kopf und Beine, vielleicht zu
pharmaceutischen oder sonstigen Zwecken vom Festland Asiens
eingeführt, wie Siebold angibt, wonach er in einzelnen Theilen
der Insel (Provinz Mito) durch Chinesen akklimatisirt worden sein
soll; es scheint der kehari-netsumi zu sein, den die Encyclopädie
nur nach chinesischen Quellen aufführt und mit einem langen Schwanz
beschenkt hat, da er ja zu den Mäusen gerechnet wird. Deutlicher
ist er in einem kleinen japanischen Bilderbuch abgebildet unter dem
Namen k’sabu. Fledermäuse sahen wir in der Abenddämmerung
nicht selten in den Strassen herumfliegen; einige von Herrn O.
Schottmüller erlegten waren Vespertilio akakomuli Tem. Ihr all-
gemeiner Name ist kómuri (kaumori); speziellere Bezeichnungen für
verschiedene Arten sind in der Fauna Japonica angegeben, aber
wohl so wenig als bei uns im Munde des Volkes allgemein, denn
ich hörte sie weder von meinem Diener, noch finde ich sie in den
Bilderbüchern, wo stets nur, wie in unseren Kinderbüchern, die
Fledermaus als Eine Thiergattung ohne Unterabtheilungen figurirt;
übrigens immer unter den Vögeln, weil sie fliegen. Nur in einem
Bilderbuche findet sich neben dem komuri noch ein grösseres Fleder-
thier unter dem Namen seki-yen abgebildet, was vielleicht den im
Süden Japan’s nach Siebold vorkommenden Flederhund, Pteropus
dasymallus Tem., vorstellen soll.
Von Nagthieren bekam ich in Yeddo und Yokohama
zweierlei Eichhörnchen, ein dem deutschen recht ähnliches,
grau gesprenkelt, mit Ohrpinseln, 0,180 M. lang, wovon 0,190 auf
den zweizeiligen Schwanz kommen, Sciurus lis Tem., seinen japani-
schen Namen sprach mein Diener deutlich ris aus (geschrieben ri su),
geläufiger war ihm aber der Ausdruck kinesmi (ki-netsumi), Baum-
maus; als risu oder lisu findet es sich in vielen Bilderbüchern.
Mehr eigenthümlich ist das grössere fliegende Eichhorn.
Pteromys leucogenys Tem., in der Fauna Japonica hübsch ab-
gebildet, 0,740 M. lang, wovon 0,408 auf den Schwanz, weich-
[81]Fliegendes Eichhörnchen.
haarig, aschgrau, unten weiss, an der Gränze beider Farben etwas
orangebraun. Es ist ein nächtliches Thier, das den Tag über fast
immer im Stroh versteckt schlief und die ihm zu dieser Zeit ge-
gebenen Mandeln oft erst des Abends berührte. Einmal war es
aus meiner Hand entschlüpft und erreichte mit ein paar gewaltigen
Sprüngen den Muskitovorhang meines Bettes, wo es sich alsbald
versteckte, aber ohne weiteren Widerstand sich wieder greifen liess.
Ueberhaupt suchte es, aus seinem hölzernen Käfig mit Drahtgitter
genommen, stets nur Schatten und Dunkelheit. Ein mir fremder
Japaner hatte es gebracht, mit der Versicherung, es sei das einzige,
was in weitem Umkreis zu haben sei, und verlangte dafür 60 itsipu
(30 preuss. Thaler); ich war des Ueberforderns schon gewohnt und
bot ihm 10. Er versicherte hoch und theuer, er könne nicht darauf
eingehen, es habe ihn selbst mehr gekostet etc., und machte Miene,
es wieder mit sich fort zu nehmen. Es war das erste und einzige,
das ich in Japan gesehen, ich hätte es gar zu gern gehabt; da nun
gerade keiner meiner Concurrenten in Yokohama sich befand, so
erklärte ich ihm: heute biete ich 10 itsipu, morgen gebe ich nur 9
dafür und so jeden folgenden Tag einen weniger, und liess ihn
vorläufig mit dem Schatze wieder gehen. Am dritten Tage forderte
er 12 itsipu, am fünften gab er es mir um 6. Dieses mag anschaulich
machen, wie wenig »feste Preise« im Handel mit den Fremden
gehalten wurden; 6 itsipu ist nach den dortigen Geldverhältnissen
für einen gewöhnlichen Mann schon eine stattliche Summe.
Als japanischen Namen dieses fliegenden Eichhorns nannte
man mir musasabi, und unter diesem Namen findet es sich auch in
den einheimischen Wörterbüchern, in der Encyclopädie, wie die
Fledermäuse unter den Vögeln, zuweilen ziemlich entstellt mit
fledermausartigen Flügeln, aus übereilter Systemsucht.
Die kleinere Art, Pteromys momonga Tem., habe ich dagegen
weder in der Natur zu sehen bekommen, noch in den Büchern
unterschieden gefunden, doch schien meinem Diener das Wort
momontshi für ein solches Thier nicht ganz unbekannt zu sein.
Mäuse spielen, wie überall, so auch in Japan, nach Individuen-
und Artenzahl eine bedeutende Rolle in der Säugethierfauna; ihr
allgemeiner Name ist nesmi, geschrieben nedsumi; die einzelnen
Arten werden durch Zusammensetzungen unterschieden und dabei,
wie in den meisten Sprachen, neben Nagthieren auch Insectenfresser
einbegriffen. So folgen im 40. Heft der Encyclopädie auf die eigent-
Ost-Asien. Zoologisch. I. 6
[82]Mäusearten. Hase. Wildschwein.
liche netsumi, Mus musculus L., erst die siro-netsumi, weisse Maus,
auch in anderen Bilderbüchern wiederkehrend, dann unter anderen
midsu-netsumi, Wassermaus, Fische und Krebse fangend, vielleicht
Mus decumanus Pall. oder erythronotus Tem., ferner ki-iro-netsumi,
gelbe Maus, und take-netsumi, Bambumaus, wahrscheinlich be-
stimmte japanische Arten, doch aus der dürftigen Darstellung nicht
zu errathen; nur aus chinesischen Quellen entlehnt sind die zijako-
netsumi, Bisammaus, vielleicht die nach Moschus riechende grosse,
in Ostasien weit verbreitete Riesenspitzmaus, Sorex Indicus Geoff. =
myosurus Pall., die hebi-kufi-netsumi, schlangenfressende Maus,
χino-n., Feuer- oder Sonnenmaus, tora-n., Tigermaus, und gar
eine buta-n., Schweinsmaus. Die Abbildungen zu den letzteren sind
offenbar nur nach den Namen erfunden, so stellt die zur Schweins-
maus eben ein Schwein mit Rattenschwanz dar.
Hasen, jap. usangi (u-sa-gi), kamen im Winter häufig bei
den Wildprethändlern vor; sie gleichen in Grösse und Farbe so
sehr unserer deutschen Art, dass ich keinen anderen Unterschied
anzugeben weiss, als die kürzeren Ohren, 0,105 Met. lang, nach
vorn gelegt beinahe die Schnauzenspitze erreichend, und den kür-
zeren Schwanz, 0,062 Met., bei einer Totallänge des Thieres
(Schnauzenspitze bis Schwanzspitze) von 0,544 Met. (Durchschnitt
der Messungen von vier frischen Exemplaren: Maximum 0,080 und
0,564, Minimum 0,048 und 0,530 Met.). Der Schwanz ist, wie bei
unserem Hasen, zweifarbig, oben schwärzlich, unten weiss; die
Farbe des übrigen Pelzes durchaus nicht so einfarbig dunkelbraun,
wie in der Abbildung der Fauna Japonica, sondern aus ockergelb
und grau melirt, wie bei der europäischen Art, und eben so die
Kehle weiss, die Spitze der Ohren schwarz. Lepus brachyurus Tem.
Fn. Jap. scheint demnach ein anderes, mehr kaninchenartiges Thier
zu sein, und die Angabe, dass L. nigricollis in Japan lebe (A. Wag-
ner Säugethiere, Supplement Band IV. S. 88 und Giebel, Säuge-
thiere S. 488), beruht vielleicht bloss auf Verwechselung der Worte
Japan und Java.
Die wilden Hufthiere sind noch etwas sparsamer hier als in
Mitteleuropa vertreten. Vom wilden Schwein, yama-buta, Berg-
schwein, genannt, erhielt ich in Yeddo einen frischen Kopf, in
Gestalt, so wie Dicke und doppelter Farbe der Borsten durchaus
dem des europäischen Wildschweines gleich, einzig durch einen
helleren, wenig abgegränzten, nicht rein weissen Streifen am Mund-
[83]Hirsch. Gemse.
winkel unterschieden (Sus leucomystax Tem.). Der japanische
Hirsch, ska, geschrieben sika (Cervus sika Tem. = Rusa Japonica
Gray), öfters zahm gehalten und vielfach abgebildet, ist kleiner als
der europäische, hat meist nur acht Enden (Augensprosse, Mittel-
sprosse und eine ungleiche Endgabel) und scheint auch erwachsen,
zu gewissen Zeiten, wie Damhirsch und Axis, die hellen runden
Flecke zu zeigen, welche unser Edelhirsch nur in der ersten Jugendzeit
hat, da ihn die japanischen Abbildungen fast immer bei ausgebildetem
Geweih deutlich gefleckt, selbst in einer Schneelandschaft, darstellen
(Axis und Damhirsch sind im Sommer gefleckt, im Winter einfarbig).
Der schwarze Rückenstreif ist in den Abbildungen nur zuweilen er-
kennbar, die dunkle Rückenfarbe erstreckt sich auf denselben aber
auch auf die Oberseite des Schwanzes, während Temmink letztere
gar nicht angibt; ein begränztes helles Afterfeld, wie bei C. elaphus
und Canadensis, ist nie gezeichnet. Die Figur des nordchinesischen
Hirsches, welche Gray in den Proceedings of the zool. soc. 1861
pl. XXVII. unter dem Namen Cervus pseudaxis? gegeben hat, stimmt
recht gut zu den ausgeführteren unter den japanischen Bildern. In
einem der Bilderbücher finde ich den gefleckten als kano-sika vom
ungefleckten, sima-sika (Inselhirsch), unterschieden, bei überein-
stimmendem Geweih. Die Encyclopädie lässt auf den ausführlicher
behandelten sika, dessen Abbildung keine deutlichen Flecken zeigt,
noch einen ungefleckten sechsendigen oho-sika und einen gross-
fleckigen achtendigen siu, wie andere Thiere nur aus der chinesi-
schen Litteratur entlehnt, folgen; dieser scheint in seiner Grösse
und Endenzahl ein Verbindungsglied zwischen dem europäischen
Edelhirsch und der Gruppe der indischen Sechsender (Rusa) zu
bilden. Von der japanischen Gemse, Antilope crispa Tem., erhielt
ich in Yeddo nur die Hörner und finde in der Encyclopädie unter
den wilden Thieren Abbildungen mit den Namen kamo-sika, Wild-
entenhirsch, und yama-hidsusi, Bergziege, oder nigu, welche dieselbe
darzustellen scheinen, aber beide mit zu stark nach hinten gebogenen
Hörnern; nimmt vielleicht der Grad der Biegung mit dem Alter zu,
so dass die Abbildungen recht alte Thiere vorstellen? oder ist nur
dieser Charakter, wie auch sonst zuweilen, in der Zeichnung über-
trieben?
Der japanische Affe, saru, Inuus speciosus (Fr. Cuv.?)
Tem. = Papio Japonicus Ogilby, von welchem ich ein erwachsenes
Weibchen und zwei junge Männchen in der kleinen Menagerie zu
6*
[84]Japanischer Affe. Pferde.
Yokohama beobachtet und gekauft habe, gleicht in der Verkümme-
rung des Schwanzes, wie auch in Grösse und Aussehen, dem nord-
afrikanischen Magot (I. sylvanus L. sp. = I. ecaudatus Geoff.), der
zweit-nördlichsten Affenart. Sein Gesicht ist nicht immer so roth,
wie es meist beschrieben und in der Fauna Japonica abgebildet ist,
sondern nur in den öfters wiederkehrenden Perioden geschlecht-
licher Erregung, in den Zwischenzeiten und bei den Jungen immer
bedeutend blasser. Das Benehmen in der Gefangenschaft gleicht
dem der übrigen Arten der sogenannten Makako’s: gesellig gegen
Ihresgleichen und sich gegenseitig das Ungeziefer absuchend, so
lange nichts zu fressen vorhanden ist, aufmerksam und lüstern,
sobald Hoffnung auf Erlangung von etwas Essbarem sich zeigt,
zornig zähnefletschend und je nach Umständen eben so klug zurück-
weichend, als tapfer sich vertheidigend, sobald sie sich bedroht
oder beleidigt fühlen, aber auch durch langsames ruhiges Vorwärts-
bewegen der Lippen und Entblössen der Zähne freundliche Bitte
ausdrückend und befreundeten Menschen gern den Rücken bietend,
um von ihnen gekratzt zu werden. Er ist in vielen Bilderbüchern
zu finden, nicht selten an eine Stange angeschlossen oder auf dem
Rücken eines Mannes getragen dargestellt, zum Beweis, dass er
häufig zahm gehalten wird. Er lebt wild nach Siebold nicht nur
auf den zwei südlicheren Inseln Kiusiu und Sikok, sondern auch in
der diesen nächsten Provinz Aki der Insel Nipon, bis etwa zum
35. Grad Nordbreite.
Ueber die zahmen Säugethiere Japan’s habe ich früher
einiges Wenige in Weinland’s »Zoologischem Garten«, Jahrg. II.
1861, S. 113, auf den Wunsch des Herausgebers mitgetheilt, was
ich hier ungefähr zu wiederholen mir erlaube:
Pferde sind häufig, meist dunkel, schwarz oder braun,
seltener braun und weiss gescheckt, auch einzelne Füchse und
Falben mit schwarzer Mähne; Schimmel habe ich nur auf Abbil-
dungen gesehen. Kopf und Hals, überhaupt der ganze Bau ist
mehr massiv als schlank. Da viele Hengste darunter sind, gibt es
zuweilen arge Schlägereien und Beissereien, wenn mehrere Personen
zusammen reiten und ihre Pferde nicht gehörig getrennt halten.
Nur Vornehme dürfen reiten; über Sattel und Steigbügel s. den
ersten Band der Reisebeschreibung S. 304. Die Pferde dienen aber
auch allgemein zum Lastentragen, oft mit einem grossen Strohkorb
auf jeder Seite, wie einst unsere europäischen Saumrosse. Die
[85]Rindvieh. Schweine. Hunde.
Ochsen dienen nur zum Ziehen schwerer Lasten auf zweirädrigen
Karren, da die Reisfelder nur mit der Hand bearbeitet werden. Ihr
apanischer Name ist usi, offenbar identisch mit dem Sanskrit ukshas,
deutsch Ochse, während der Name des Pferdes, ma (muma), mon-
golisch ist; man darf vielleicht daraus schliessen, dass die Pferde
aus Centralasien über die Mandschurei und Korea, das Rindvieh
aus Indien nach Japan gekommen ist. Die Ochsen sind fast alle
schwarz und werden mittelst eines durch die Nase gezogenen Strickes
regiert, ähnlich den Büffeln in Italien, was auf mehr Halsstarrigkeit
als Gelehrigkeit deutet. Büffel und Esel sah ich nur auf Bildern,
der letztere führt den Namen usangi-ma, Hasenpferd, offenbar
wegen der langen Ohren. Auch Schafe und Ziegen sah ich nur in
der Menagerie zu Yokohama, wo sie für besonders merkwürdige
Thiere galten; die Ziegen haben einen eigenen japanischen Namen,
χídsusi (hidsusi), auch yangi (chinesisch), beide waren aber den Japanern,
mit denen ich verkehrte, wenig geläufig; für die Schafe konnte ich
nicht einmal einen Namen erfahren, was mir besonders bemerklich
war, wenn die Leute wissen wollten, aus was unsere Tuchkleider
bestehen. Haar der holländischen Ziege, war die einzige verständ-
liche Antwort. Die Japaner kleiden sich in Baumwolle und leben
von Reis und Fischen, daneben Arumknollen, etwas Mohrrüben,
Bohnen und Tangen; Butter und Milch von Thieren existirt für sie
nicht.
Schweine, buta, sind nicht häufig, alle, die ich sah, gehören
der chinesisch-siamesischen Rasse an, mit kurzen Beinen und rundem
Rücken, und haben noch weniger Aehnlichkeit (mindestens im
Aeussern) mit dem japanischen Wildschwein, Sus leucomystax, als
in Europa die zahmen mit den wilden.
Hunde sieht man in Japan hauptsächlich zweierlei: die
grossen Strassenhunde, ino, mit aufrechten Ohren und kurzen
Haaren, unseren Schlächterhunden nicht unähnlich, braun, schwarz
oder gescheckt; sie leben und hausen, wie in der Türkei, ohne
bestimmten Herrn, auf den Strassen und nähren sich hauptsächlich
von den Ueberbleibseln auf dem Fischmarkte; man sieht sehr viel
verletzte und verstümmelte unter ihnen, theils durch Beissereien
unter sich, theils durch die Hufe der Pferde der Vorüberreitenden.
Die anderen sind theure Zwergschoosshunde, Tschin genannt,
ähnlich den König-Karls-Hündchen, aber weiss und schwarz
gefleckt, langhaarig, mit hängenden Ohren, mit fast kugelrundem
[86]Zwerghund. Kurzschwänzige Katze.
Schädel und scharf abgesetzter, naseweis aufgerichteter, kurzer
Schnauze. Dieses — ich möchte sagen — embryonale Aussehen,
besonders am präparirten Schädel auffällig, bestätigt die von meinem
Freunde Dr. Hensel öfters hervorgehobene Regel, dass, wenn zwei
nahe verwandte Thiere sich bedeutend in der absoluten Grösse
unterscheiden, wie die verschiedenen Hunderassen, oder Katze und
Tiger u. s. w., die kleinen auch im Alter eine mehr jugendliche
Form des Schädels beibehalten, als die grossen, namentlich in der
runden Wölbung des Hirntheils und seinem verhältnissmässigen
Ueberwiegen über den Schädeltheil. Mit der absoluten Grösse-
zunahme steigt auch die Modification der Form.
Katzen, japanisch neko, sind nicht selten, fast alle gescheckt,
meist schwarz und weiss, zuweilen auch dreifarbig, schwarz, roth-
gelb und weiss, selten nur rothgelb und weiss; nur einmal sah ich
eine gestreifte, und auch diese hatte mehr Gelb in ihrer Farbe, als
unsere gestreiften, den wilden so ähnlichen zahmen Katzen in
Europa. Diese starken Abweichungen in der Färbung vieler japa-
nischer Hausthiere von den uns bekannten nächststehenden wilden
Arten könnte darauf hindeuten, dass sie schon seit sehr langer Zeit
nur als Hausthiere, ohne Einfluss fremden Blutes, bestehen, wenn
es nicht vielleicht nur in einer besonderen Vorliebe und daher Be-
vorzugung für scheckige Individuen beruht. Alle japanischen Katzen
haben einen sehr kurzen und arg verdrehten Schwanz, es sieht oft
aus, als ob er zusammengeknotet wäre; dasselbe gilt von manchen
chinesischen Katzen und in geringerem Grade auch von denen des
indischen Archipels; zuweilen scheint bei einer japanischen Katze
der Schwanz auf den ersten Anblick gar nicht vorhanden, aber
immer, wo ich sie in die Hände bekommen konnte, fühlte ich noch
ein paar Wirbel bogenförmig an einander gereiht. Narben, wie vom
Abschneiden eines Stückes, sah ich nie, und auch die von mir
befragten Japaner wussten nichts davon; die Katzen werden so
geboren. Nichtsdestoweniger erscheint es so unnatürlich, dass man
sich des Gedankens nicht erwehren kann, es sei einst eine künst-
liche Verstümmelung und Verdrehung des Schwanzes durch viele
Generationen hindurch Mode gewesen und dadurch zuletzt erblich
geworden. Dass Verstümmelungen, welche die Eltern während des
Lebens erlitten, auf die Kinder als angeboren übergehen können,
wird zwar principiell geläugnet, aber ist in einzelnen Fällen nach-
gewiesen, also an sich nicht unmöglich. (Zool. Garten IV. 219. V. 54, 344.)
[87]Kaninchen und Meerschweinchen.
Kaninchen sieht man in Japan selten, häufiger in ihren
Bilderbüchern; ihre späte Einführung, wahrscheinlich durch Europäer,
zeigt sich schon darin, dass sie keinen eigenen und allgemein gültigen
Namen haben, sondern eben nur als Bärenhasen, weibliche Hasen
oder weisse Hasen bezeichnet werden. Eben so ist das amerikanische
Meerschweinchen, Cavia cobaia, auch schon nach Japan ge-
kommen und figurirt sogar in der Encyclopädie, wo ich das Kaninchen
vermisse. Sie nennt es madara-netsumi, gescheckte Maus, und hat
es ihrer chinesischen Vorgängerin entlehnt, welche, wie mir Prof.
Hoffmann nach Abel-Remusat mittheilte, von 1714 datirt, also einer
Zeit, wo es längst in Europa akklimatisirt war. Ausdrücklich wird
es hier als »in neuerer Zeit« eingeführt bezeichnet, und dieses,
zusammen mit der Farbenbeschreibung: gescheckt aus mehreren
Farben: weiss, gelb und schwarz, lässt keinen Zweifel darüber, was
gemeint sei, trotzdem dass die Abbildung der japanischen Ency-
clopädie es mit einem langen Rattenschwanz darstellt, offenbar weil es
zu den Mäusen gerechnet wird. Dieses bestätigt eine Vermuthung,
die sich auch bei anderen Abbildungen desselben Werkes aufdrängt,
dass die Abbildungen zuweilen nur nach dem Namen gemacht, d. h.
erfunden sind. Die Encyclopädie bildet eben Alles ab, selbst
Cyclopen und Fischmenschen, und wo sie kein Original oder
richtige Abbildung findet, erfindet sie eine.
3. Vögel Japans.
Japanische Vögel erhielt ich auf dreifachem Wege zur An-
schauung und theilweise in Besitz. Erstlich durch eigene Excur-
sionen in den Umgebungen von Yokohama, noch mehr durch
solche einiger Reisegefährten, welche eifrigere Schützen waren,
und unter denen ich vor Allen den Gärtner Otto Schottmüller,
sodann den Commodore Sundevall und die Seecadetten Graf Schack,
Deinhard, Lindequist dankbar zu nennen habe; zweitens durch kleine
Menagerieen lebender Thiere, hauptsächlich Vögel, in Yokohama
sowohl als Yeddo; drittens durch Besuch der Wildpret- und Ge-
flügelhändler.
Die erste Quelle ergab zunächst die in der Umgebung von
Yeddo häufigeren Arten, Stand- oder im Herbst (namentlich October,
wo der bald gestörte Jagdeifer blühte) vorhandene Zugvögel. Zu
den häufigsten Vögeln des Feldes gehört hier, wie bei uns, eine
Rabenart, von Bonaparte als eigene Species Corvus Japonensis
[88]Vögel um Yokohama im Herbst.
genannt, von Schlegel früher mit C. macrochynchos Tem. des
indischen Archipels vereinigt, in Eigenschaften und Benehmen un-
serer deutschen Rabenkrähe, C. corone, ähnlich. Die Rolle unseres
Bussards in Häufigkeit und Trägheit spielt eine nahe Verwandte
unserer Gabelweihe, mit weniger tief gegabeltem Schwanz, Milvus
govinda Sykes (M. melanotis Tem.); im Winter, obwohl kein Schnee
lag, war er oft auf den Dächern der Häuser in Yokohama zu sehen
und stand im Verdacht, Hühner zu rauben. Der Sperling stimmt,
wie in ganz Ostasien, mit dem deutschen Feldsperling, Passer
montanus L. sp., überein. An den schlammigen Ufern der Canäle
und Bäche sieht man sehr oft die weissflügelige Bachstelze, Mota-
cilla lugens Ill., und vielleicht noch öfter den schönen weissen
Silberreiher, Ardea garzetta L., Naumann (Garzetta egretta Bp.), an
stillen, mehr bewachsenen Gegenden auch einen Eisvogel, Alcedo
Bengalensis Gmel., kaum zu unterscheiden von der europäischen
Art. Seltener ist der grosse graue Fischreiher, Ardea cinerea L.,
und der als kosmopolitischer Vogel bekannte Nachtreiher, Ardea
nycticorax L. Die Hecken im Felde werden von verschiedenen
Ammerarten und einem Verwandten unserer Rothschwänzchen,
Ruticilla aurorea Pall., belebt, welch letzteres in Färbung und Be-
nehmen auch an die Heckenschmätzer erinnert. Im Walde findet
man recht häufig eine wilde Taube, blau mit zwei schwarzen Flügel-
binden, kaum von der Urfärbung unserer Haustaube zu unterscheiden,
wahrscheinlich Columba intermedia Bp.; ferner braune Würger (Lanius
bucephalus Tem.), einige Drosselarten und einen dem europäischen
recht ähnlichen Häher, Garrulus Japonicus Bp., etwas kleiner, mit
mehr Schwarz an den Seiten des Kopfes. Geschätztes Wildpret
in Japan, wie in Europa, liefern die Fasanen, wovon in den Um-
gebungen von Yokohama die beiden Japan eigenthümlichen Arten
gar nicht selten sind, Phasianus versicolor Tem., von der Grösse
unseres Fasans, vorherrschend oben grau, unten grün, und der
noch schönere bronzeglänzende Phasianus Sömmeringii Tem., mit
weit längerem Schweif; dieser kam mir mehrmals auf meinen Ex-
cursionen, über den Weg dem Gebüsch zulaufend, ganz nahe; noch
Ende November wurden welche geschossen, sie sind also zweifels-
ohne, wie unsere Fasanen, Standvögel. Bekassinen, von unseren
Seeofficieren gelegentlich erlegt, stellten sich als Scolopax stenura
heraus. Grosse Kormorane (Halieus capillatus Tem.?) nisten schaa-
renweise innerhalb der mauern des kaiserlichen Palastes auf Bäumen
[89]Vögel im Winter.
mitten in Yeddo; eine andere, kleinere Art, H. urile Gmel. sive
bicristatus Pall. sp., erhielt ich von Fischern, welche ihn in ihren
Netzen gefangen hatten. Um die Schiffe auf der Rhede von Yeddo
endlich sammelten sich während der ganzen Dauer unseres Aufent-
haltes, September bis Januar einschliesslich, zweierlei Möven, eine
grössere, unserer Silbermöve verwandte, und eine kleinere, roth-
schnäblige, Larus melanurus Tem. (crassirostris Vieill.); in Perry’s
Reisewerk werden zwei andere, braun- und schwarzköpfige Arten,
L. ichthyaëtus Pall. und L. brunneicephalus Jerd., als in der Bai
von Yeddo vorhanden erwähnt, vermuthlich Sommervögel.
In der zweiten Hälfte des October sahen wir (Herr Schott-
müller und ich) mehrmals Gesellschaften des weissen Kranichs auf
den Feldern, es gelang uns aber nicht, welche zu erlegen. Noch
in den letzten Tagen des November, nachdem mehrere Nachtfröste
eingetreten waren, fand ich in einem Bauernhause eines abgelegenen
Thales in Käfigen den niedlichen Brillenvogel, Zosterops Japonicus
Tem., zeisiggrün mit gelber Kehle und einem weissen Ring um das
Auge, und die Beständigkeit, womit, so oft ich in den folgenden
Tagen wieder dahin kam, neue Exemplare desselben zu haben
waren, liess mich glauben, dass sie auch in dieser Jahreszeit ge-
fangen werden, also Standvögel sind, wie unsere Goldhähnchen
und Zaunkönige. In der Gefangenschaft füttert man sie haupt-
sächlich mit dem saftigen Fruchtfleisch der sogenannten Dattel-
pflaume, Diospyros kaki.
Den ganzen Winter über nicht selten bei den Wildpret-
händlern, also Zugvögel, welche des Winters Japan besuchen,
waren mehrere wilde Enten und Gänse, von ersteren die in
Deutschland bekannte Krik-Ente, Anas crecca L., und die schönere
ostsibirische A. glocitans Pall. (formosa Gmel.), der Scheitel weiss
und schwarz gebändert, ein metallgrüner bogenförmiger Fleck an
den Seiten des Kopfes; von wilden Gänsen war häufig die kleinere
Blässengans, Anser albifrons Gmel.? (Schnabel rosenroth mit
pomeranzengelben Mittelstreifen und Kieferrändern, Füsse pomeran-
zengelb), seltener die ostsibirische grosse Gans, Anser grandis Gmel.
(von Schnabel zu Schwanzspitze 0,850 Met., wovon auf Kopf und
Hals 0,430, Flügelspitzen den Schwanz nicht erreichend; Schnabel
schwarz mit einem pomeranzengelben Gürtel nahe der Spitze; Füsse
pomeranzengelb). Auch ein kleiner Podiceps kam im Winter vor.
Mitte Januar erhielt ich endlich aus Yeddo noch durch die Auf-
[90]Vögel in Käfigen. Der weisse Kranich.
merksamkeit des Herrn Barons von Richthofen eine frischgeschossene
Schnee-Eule, Strix nyctea L., bekanntlich ein circumpolarer Vogel,
welcher nur sehr selten im Winter bis Deutschland herabkommt.
Die Japaner sind im Allgemeinen Vogelfreunde. Dass manche
Bauern den zierlichen Zosterops in Käfigen halten, ist schon erwähnt;
grössere Lachtauben, Columba bitorquata Tem., und noch häufiger
Wachteln, den europäischen ganz gleich, sieht man auch oft in
Käfigen, letztere in solchen, die oben nur ein Netzwerk als Decke
haben, da sie gern in die Höhe springen oder flattern und dabei an
einer harten Decke sich den Kopf einstossen würden. Der weisse
Kranich, Grus Montignesia Bp., gilt als heilig und Sinnbild des Glückes;
in der Menagerie zu Yokohama wurden mehrere lebend gehalten,
und als ich die Absicht äusserte, sie zu kaufen, exorbitante Preise
dafür gefordert, wahrscheinlich nur eine höfliche Form der Ab-
lehnung; auch fanden wir uns bewogen, die vergeblichen Kranich-
nachstellungen vor den Japanern geheim zu halten. Kein Vogel ist
so häufig, wie dieser, bildlich dargestellt, in Bilderbüchern, auf
lackirten Theebrettern und Schränkchen, endlich in Bronze aus-
geführt als Lampenträger und sofort; er scheint noch eine weit
bedeutendere Rolle in poetischen Sagen und kindlichem Glauben der
Japaner zu spielen, als der europäische Kranich im alten Griechenland
oder der Storch in Deutschland. Vielleicht wird er auch deshalb
so hoch gehalten, weil er als vorzugsweise zur Falkenjagd geeignetes
Wild ein fürstliches, dem gemeinen Mann verbotenes Thier ist,
wie früher bei uns Edelhirsch und Wildschwein. Dass er trotz
angeblicher Heiligkeit mit Falken gejagt wird oder wurde, zeigen
die Bilderbücher. Doch reicht dieser Grund kaum aus, das grosse
Ansehen zu erklären, worin er steht, denn eben so wird z. B. der
Fasan gejagt. Auch einen jungen weissen Storch, mit noch schwärz-
lichem Schnabel, sah ich in der Menagerie zu Yokohama. In Yeddo
traf ich in verschiedenen Strassen grössere und kleinere Vogel-
handlungen, welche neben den unvermeidlichen, durch europäische
Schiffe gebrachten Reisvögeln und Kanarienvögeln auch ein hübsches
Sortiment einheimischer Arten enthalten, nicht nur Körnerfresser,
wie Kernbeisser, Gimpel, Ammern, und Beerenfresser, wie Drosseln
und Meisen, den Staar u. a., sondern auch ächte Insectenfresser,
z. B. Fliegenschnäpper, Rothkehlchen, selbst Spechte. Als Universal-
futter für alle diese dient ein grüner Brei, dessen hauptsächlichste
Ingredienzien frische saftige Blätter (einer Umbellifere?) und zu
[91]Falken und Eulen.
Mehl zerriebene getrocknete Fische sind. Mein anstelliger japanischer
Diener lernte es bald selbst zurecht machen, es musste aber zweimal
täglich frisch bereitet werden, sonst kamen manche Vögel um. Auch
kleinere Raubvögel werden daselbst lebend gehalten, so ein Thurm-
falke, Falco tinnunculus Japonicus T. Schl., der Zwergfalke, F.
aesalon L., und ein ziemlich kleiner Kauz, Strix (Scops) semitorques
Tem. und Schleg., dessen komische Bewegungen uns noch auf dem
Schiffe viele Freude machten. Einigen meiner Vögel kam aber ihre
Nachbarschaft theuer zu stehen: als einst ein ganzer Transport
Vögel in meiner Wohnung ankam, wurde der Käfig des Zwergfalken
unvorsichtiger Weise neben die anderen gestellt, und wenige Minuten
nachher lag im nächsten Käfig, an der dem Raubvogel zugewandten
Seite, der Bewohner todt. Der Raubvogel musste mit seinen Krallen
zwischen den Stäben beider Käfige durchgedrungen sein, konnte
aber seine Beute nicht hindurchziehen. Den kleinen Kauz hatte
ich in der Kabine auf See bei Tage manchmal freigelassen, und er
benahm sich in meiner Gegenwart ganz Vertrauen erweckend; als
ich aber einmal plötzlich hinausgerufen worden war, sah ich ihn
bei meiner Rückkehr in verdächtiger Weise von der Seite des Käfigs
eines meiner letzten kleinen Singvögel wegfliegen, und richtig lag
darin die bereits zerrissene Leiche des Bewohners. Dass die Raub-
vögel solche Streiche versuchen, wunderte mich nicht, wohl aber,
dass ihre Opfer nicht verständig genug waren, sich stets an der
entgegengesetzten Seite zu halten, wo sie sicher gewesen wären;
wahrscheinlich flogen sie in ihrer Angst im ganzen Käfig herum und
kamen so selbst zwischen die Krallen des Räubers. Ein derartiges
kopfloses Benehmen erklärt vielleicht auch Einiges von der sogenann-
ten Bezauberung der Vögel durch die Klapperschlange.
Sowohl in jenen Vogelhandlungen und durch meinen ein-
geborenen Diener, welcher selbst kitsi (geschrieben kisi), Fasan,
sich nannte, als aus den Bilderbüchern, lernte ich eine nicht un-
beträchtliche Anzahl japanischer Namen für Vögel kennen, und da
in der Fauna Japonica nur sehr wenige genannt werden, dürfte es
nicht unangemessen sein, ein »raisonnirendes« Verzeichniss derselben
hier zu geben.
Raubvögel.
Die edleren Stossvögel, Falken und Habichte, heissen im
Allgemeinen taka. In der Encyclopädie, Heft 44., eröffnet ein
[92]Namen der Falken, Habichte und Adler.
solcher, gefesselt auf einer verzierten Stange dargestellt, mit un-
gewöhnlich ausführlichem Text, die Reihe der Raubvögel; in Büchern
über Jagd und Fischfang erscheint er auf der Faust der ausziehenden
Jäger, so wie auf Fasanen stossend. Nach den Angaben der Japaner
wurde die Falkenjagd im Jahre 355 nach Christus aus Korea in Japan
eingeführt (Mittheilung von Prof. Hoffmann), wie sie auch erst im
Mittelalter nach Europa kam, als von Mittelasien aus ein mächtiger,
noch nicht hinreichend zu verfolgender Einfluss gleicher Staats-
formen und Lebensrichtungen nach Europa wie Ostasien ging (Lehen-
system, Ritterthum, Klöster und Bettelmönche). Die Arten der
Raubvögel sind bekanntlich schon nach vollständigen Beschreibungen,
um so mehr noch nach stark verkleinerten, im Detail ungenaueren
Bildern, schwer oder gar nicht zu unterscheiden. Der erste taka
der Encyclopädie scheint nach dem allgemeinen Habitus und der
feinen Queerzeichnung des Unterleibes unseren Hühnerhabicht, Astur
palumbarius L., vorzustellen, welcher bekanntlich auch im Orient
und im nordwestlichen Indien als Jagdgehülfe geschätzt wird, der
folgende, hashi-taka oder hai-taka (Aschen-Habicht?), könnte unser
Wanderfalke, Falco peregrinus Gmel., sein; in einem anderen Bilder-
buch erscheint er eine wilde Ente verfolgend. Sutsume-daka,
Sperlings-Habicht, ist der Sperber, welcher ja auch in den germani-
schen Sprachen den Namen von seiner gewöhnlichen Beute, den
Sperlingen, führt (englisch sparrow-hawk, spar-hawk, dänisch
spurg-hög, auch das deutsche Sperber dürfte mit Sperling zusam-
menhängen). Haja-busa-taka (haja rasch, schnell) nannte man mir
in Yokohama den japanischen Thurmfalken; in der Encyclopädie
figurirt unter diesem Namen aber ein grösserer, stärkerer Falke,
auf den Kranich stossend. — Der kuma-taka, Bärenhabicht, lässt
sich leicht an seinem Federbusch als der gehaubte Spizaëtos orien-
talis T. Schl. erkennen. Dieser Bärenhabicht scheint, wie sein süd-
amerikanischer Verwandter, die Harpyie, ein gewaltiger Jäger zu
sein, denn in einem der besseren japanischen Bilderbücher ist er
mit einem Affen in den Krallen dargestellt.
- Adler, washi (wasi). Der Name erinnert an das vorderindische
basha, bashin oder baz (Habicht). Einige Abbildungen
zeigen die einfach weisse Färbung der Schwanzfedern der
erwachsenen Aquila pelagica Pall., andere, so die der
Encyclopädie, eine fleckige Zeichnung; eine andere Abbil-
dung stellt recht deutlich den Steinadler, Aq. fulva, dar;
[93]Namen der Weihen und Eulen.
zwei weitere, unter sich ganz übereinstimmende, eine viel-
leicht noch unbekannte eigene Art mit kleiner Haube, heller,
schwarz umsäumter Kehle und langen, oben wie unten
schwarzen, in der Mitte weissen Schwanzfedern; ob die
Läufe ganz befiedert, wie beim Steinadler, oder nur zur
Hälfte, wie beim Seeadler, seien, lässt sich bei keiner
von beiden, der gegebenen Stellung wegen, deutlich er-
kennen. - Weihen und Bussarde. Hier scheinen die Namen, wie in Europa,
wenig bestimmt zu sein; so zeigt in der Encyclopädie die
Figur des misango einen schwach gegabelten Schwanz,
stellt also die japanische Gabelweihe, Milvus govinda, in
Yokohama tombi genannt, dar, die darauf folgende des
tombi (tobi) aber einen abgerundeten, keilförmigen, also
einen Bussard (Buteo Japonicus Schleg.?); kso-tombi (kuso-
tobi, Schmutzweihe) der Encyclopädie, mit einer Maus im
Schnabel, ist ohne Zweifel ein Bussard. In anderen Bilder-
büchern hat auch der misango einen abgerundeten Schwanz
und wird auf eine Gans stossend dargestellt. Unbestimmbar
ist mir ferner der sashiba, der Fasanen würgt, vielleicht
ein Habicht. Der yamakotori, Bergvogel, aus der Provinz
Fiuga, scheint ein Bussard zu sein. - Eulen. In fast allen Bilderbüchern figuriren zweierlei Eulen, eine
glattköpfige, furo oder fkuro (fukuroru geschrieben), mit
dunklen Augenringen, unserem Baumkauz ähnlich, ver-
muthlich Strix fuscescens Tem., und eine Ohreule, mimi-
suko (mimidsuko), unter welchem Namen ich Strix (Scops)
semitorques Schleg. erhielt. Ueber die verhältnissmässige
Grösse beider geben die Abbildungen wenig Aufschluss,
vermuthlich fassen die japanischen Systematiker, wie manche
europäische, alle ihnen vorkommenden Arten mit Federohren
unter Eine, die ohne solche unter die andere zusammen,
ohne deren sonstige wesentlichere Verschiedenheiten zu
beachten.
Schwalbenartige Vögel.
- Caprimulgus jotaka Schlegel., Ziegenmelker. In mehreren Bilder-
büchern abgebildet, aber stets unter anderen Namen. Der
Name yo-taka kann Nacht-Habicht (yoi-taka) bedeuten
[94]Namen der Schwalben und Drosseln.
und würde insofern passen, ich finde aber damit in einem
meiner japanischen Bilderbücher einen ächten Raubvogel
bezeichnet; in der Encyclopädie scheint das Wort zu fehlen. - Schwalbe, dsúbame, auch dsubarame, vielfach abgebildet, und
zwar mit schwarzem Gürtel unter der rothen Kehle und
mit weissem Bauch, ganz wie die europäische Rauch-
schwalbe, Hirundo rustical L. In einem Buch führt eben-
dieselbe den Namen kairo-dsubame, Froschschwalbe oder
heimkehrende Schwalbe (vgl. unten). Die weisse Ausartung,
siro-dsubame, findet sich auch öfters abgebildet, wie über-
haupt die Japaner Werth auf weisse Vögel zu legen scheinen.
Feinschnäbler.
- Muscicapa (Hypothymis) cyanomelana Tem. Schl., oben schön blau,
unten schwarz und weiss, in den Büchern oft abgebildet
unter dem Namen ruri, zuweilen auf Dächern sitzend dar-
gestellt; in den Vogelhandlungen zu Yeddo verstand ich
den Namen als koruri oder kudruri (kleiner ruri). - — (Xanthopygia) narcissina Tem. Schl. = chrysophys Blyth, schwarz
und weiss, ein gelber und ein schwarzer Augenstreif. In
einigen Bilderbüchern als χitaki, in den Vogelhandlungen
notirte ich kibitaki (Vorsetzung einer Silbe). Auf einer der
besseren Vogelabbildungen finde ich beide Namen vereinigt
als ruri-bitaki; der Vogel scheint aber eben so gut oder
besser Lusciola cyanura Pall. darzustellen. - Drosseln. Der allgemeine Name ist tsúngumi (geschrieben tsu-gu-mi).
Die Abbildungen deuten zunächst auf die hellbraunen, ge-
fleckten Arten, wie Turdus eunomos Tem., T. pallidus Gmel.
(daulias T. Schl.) und T. pallens Pall., Schleg. Eine oben
fast schwarze Art, T. cardis Tem., heisst in den Vogel-
handlungen und auf den Bildern kuro-tsungumi, Schwarz-
drossel. Auch erhielt ich in einer Vogelhandlung zu Yeddo
eine blasse Drossel unter dem Namen kawari-te-uma (vergl.
die Namen kawari-χiwa und kawari-susme), eine andere
(T. pallens Pall.) als mami-shiro. Der aka-hara, Roth-
bauch, einiger Bilderbücher scheint ein grell illuminirter
Turdus chrysolaus Tem. oder Petrocossyphus Manilensis
zu sein. Den goldbraunen T. fuscatus Pall. erhielt ich zu
Nangasaki.
[95]Namen der Sänger u. dgl.
- Orpheus oder Ixos amaurotis Tem. und Schleg. könnte vielleicht der
sito der Encyclopädie sein. - Sänger: Unguiso (geschrieben ukuisu in der Encyclopädie, sonst
uguhiso, auch ukihisu, bei Kämpfer und Thunberg ogiisu),
fehlt in keinem Vogelbuche und ist als Sänger berühmt,
wie bei uns die Nachtigall, auch, wie man mir sagte, Zug-
vogel, der nur im Sommer in Japan vorhanden ist. In den
Vogelhandlungen kam er mir nie vor. Die Abbildungen
passen mehr auf eine Grasmücke oder einen Rohrsänger,
als auf die Nachtigall, sind aber zur genauen Bestimmung
nicht hinreichend; illuminirt sind sie grün. Ein anderer
grösserer Rohrsänger, vermuthlich Calamoherpe Orientalis
Schleg., Bp., führt den bezeichnenden Namen josi-kiri,
Rohrspalter, in der Encyclopädie josi-hara, daselbst wird
ausdrücklich seiner schrillen Stimme gedacht. - Lusciola akahige Tem. Schl. Das unter diesem Namen beschriebene,
unserem europäischen Rothkehlchen sehr ähnliche Vögel-
chen fand ich sowohl in den Vogelhandlungen zu Yeddo,
als in einigen Büchern, namentlich der Encyclopädie, unter
dem Namen komadori, Füllenvogel, dagegen umgekehrt - Lusciola komadori Tem. Schl., oben braunroth, Brust schwarz, Bauch
weiss, in demselben Vogelbuch mit der Unterschrift akahige,
in einem anderen übrigens auch als komadori. Da aka-hige
Roth-Bart bedeutet, so erscheint Schlegel’s Anwendung
des Namens gerechtfertigt. - — cyanura Pall., ruri-bitaki (vergl. oben bei den Fliegenfängern).
- Ruticilla aurorea Pall. nannte mir mein Diener hoo-sobiku (hoo,
Wange). - Motacilla. Die Bachstelzen, weisse und gelbe, M. lugens Ill. und
sulfurea auct., heissen japanisch sekirè (sekirei), auch
isitataki (Steinklopfer). Sie stehen in der Encyclopädie
unter den Wasservögeln. - Troglodytes fumigatus Tem. Der japanische Zaunkönig, vom
europäischen kaum oder gar nicht constant verschieden,
führt in den Büchern meist den Namen misosasai (auch
misosasahi geschrieben), in der Encyclopädie daneben auch
noch takumi-tori, verständiger, geschickter Vogel, und
sasaki, welchen Namen auch Hoffmann (japanische Gram-
matik S. 60) nennt. Er ist auf Zäunen und Strohbündeln,
[96]Goldhähnchen. Namen der Meisen und Lerchen.
womit man bei Frost die Blumen bedeckt, sitzend abge-
bildet, mit aufgerichtetem Schwanz, ganz wie die euro-
päische Art, und wird hauptsächlich im Winter gesehen.
(Angabe der Encyclopädie.) - Regulus ignicapillus Brehm, das Goldhähnchen, japanisch giku-
itadaki, d. h. die Blume giku, Chrysanthemum Indicum,
auf dem Kopfe tragend. Die mir vorliegende Abbildung
ist so genau, dass man daran die specifischen Unterschiede
der feuerköpfigen von der gelbköpfigen Art demonstriren
kann. - Zosterops Japonicus T. Schl., mésiro, Augenweiss, wegen des
weissen Ringes um die Augen, oft abgebildet, zuweilen
mit seiner Lieblingsnahrung, dem Diospyros kaki. Die
Gattung Zosterops, mit den australischen Honigsaugern
verwandt, ist von Afrika über Indien bis Neuholland ver-
breitet, überschreitet aber an ihrer Ostgränze, in Japan
und Vandiemensland die tropische Zone. - Parus, Meise. Die Arten dieser Gattung führen den Namen kara
mit verschiedenen Vorsilben für die einzelnen Arten. Eine
der grösseren und häufigeren in den Vogelhandlungen wie
Büchern ist die Europa ganz fremde bunte Meise, aus
Blaugrau, Rostroth, Schwarz und Weiss gescheckt, Parus
varius T. Schl., yamángara, Bergmeise oder wilde Meise
genannt, ferner die unserer Kohlmeise ähnlich gefärbte,
aber kleinere sisíu-kara, Parus minor Tem. und Schleg.
(soll Wintervogel sein). Schwieriger zu erkennen, der
wenig detaillirten Zeichnung wegen, sind zwei andere,
kóngara, kleine Meise, gegen Ende des Herbstes weg-
ziehend, und χíkara oder χíngara (hi-gara geschrieben);
sie scheinen unserer europäischen Tannen- und Sumpfmeise,
P. ater und palustris L., ähnlich zu sein. Yenanga (ob
abgekürzt aus yenangara, Schleppmeise?) ist der unserer
Schwanzmeise sehr ähnliche Parus trivirgatus Tem. und
Schlegel.
Sperlingsartige Vögel.
- Alauda Japonica Tem. und Schleg., Lerche, χíbari (hibari), oft
abgebildet. Kaja-kuki scheint eine grössere Lerchenart
zu sein.
[97]Namen der sperlingsartigen Vögel.
- Ammern, Emberiza. Japan besitzt, wie Ostasien überhaupt, eine
beträchtliche Anzahl von Ammern, aber es ist nicht ganz
leicht, die verschiedenen Namen, welche mir in den Vogel-
handlungen und in den Büchern vorkamen, auf die be-
schriebenen Arten zu vertheilen. Am häufigsten in beiden
begegnete mir hoo-siro, Weisswange, für Emberiza elegans
Tem. Schl., und E. ciopsis Bonap. (cioides Tem. Schl.);
mashkodori (masiko-tori) der Encyclopädie scheint Emb.
fucata Pall.; atori und aoshitori (awosi-) scheinen ferner
hierher zu gehören, aber ich kann die betreffenden Arten
nicht bestimmen; kawari-sus’me der Vogelhandlungen zu
Yeddo ist Emb. aureola Pall. - Sperling, susme (susume), Passer montanus L. sp.; eine verwandte
Art, P. rutilans Tem. oder P. russatus Schleg., in der
Encyclopädie als beni-susme, rother Sperling. - Grünfink, χiwa und kawara-χiwa, abgekürzt kawaχiwa, auch
kawara-susme, in Vogelhandlungen und Bilderbüchern
nicht selten. Dieser Name scheint mehrere unter sich
ähnliche Arten zu umfassen, wie Chlorospiza kawariba
Tem. (in den Vogelhandlungen erhalten), Chl. Sinica L.
sp. = kawariba minor Schleg., und den Bilderbüchern
nach entschieden auch den Zeisig, Chrysomitris spinus L. sp. - Kanarienvogel, kanádija oder kanárija (ka na a ri ja), von den
Europäern nach Japan gebracht, wie schon der Name zeigt:
fehlt noch in der Encyclopädie. - Reisvogel, Loxia (Munia) oryzivora L., buntso (bu n tsi o), aus
Indien eingeführt, in allen Vogelhandlungen und Bilder-
büchern zu finden; die Encyclopädie gibt in der That an,
dass er erst in neuerer Zeit nach Japan gebracht worden
sei (Prof. Hoffmann) und stellt ihn ganz passend in einem
Käfig dar, andere Bilder minder richtig auf einem Tan-
nenbaum. - Gimpel, Pyrrhula orientalis Tem. Schleg. = P. griseiventris La-
frenaye, durch die stets graue Farbe des Bauches von dem
europäischen verschieden, so dass das Roth nur an der
Kehle vorhanden ist, nicht selten in den Vogelhandlungen
und heisst daselbst, wie in den meisten Büchern, uso, in
der Encyclopädie uso-tori, Gimpel-Vogel. - Coccothraustes personatus Schleg., C. nippon auct., ein schön asch-
Ost-Asien. Zoologisch. I. 7
[98]Staare und Seidenschwanz.
grauer Kernbeisser mit sammetschwarzem Vorderkopf und
gummiguttgelbem Schnabel, in den Vogelhandlungen nicht
selten und daselbst shima-ikaru (sima, Insel) genannt,
zuweilen auch, wie der Gimpel, uso. Unter den japanischen
Abbildungen finde ich ihn unter zweierlei, in der Encyclo-
pädie ausdrücklich als identisch zusammengestellten Namen:
ikaru oder ikaruri und mame-wumashi oder mame-muwashi,
auch mame-dori, Bohnen-Vogel, oft so wenig charakte-
ristisch abgebildet, dass man ihn auch für den Gimpel
nehmen könnte.
Staaren- und krähenartige Vögel.
- Staar, Sturnus cineraceus Tem., χiedori oder χiodori, frisst die
Weinbeeren ab, scheint auch im Winter in Japan zu bleiben,
da er mit Schneelandschaft abgebildet wird. - Pastor (Heterornis) Dauricus Pall. und sericeus Gmel., bei Perry
(narrative, Vol. II. ornithol. plate 5) abgebildet, shima-
χiodori, Inselstaar; in den Vogelhandlungen und auch in
der Encyclopädie unter demselben Namen, wobei bemerkt
wird, er sei in »neuerer« Zeit aus dem Auslande als Stuben-
vogel eingeführt worden; doch findet er sich in den Bilder-
büchern bald auf mit Schnee bedeckten Tannen, bald auf
blühenden Pfirsichbäumen abgebildet, als ob es ein Winter-
und Frühlingsvogel wäre. - Gracula Javanica Osbeck (Eulabes Cuv.), im indischen Archipel
häufig zahm gehalten und ohne Zweifel von da als Stuben-
vogel in Japan eingeführt, öfters abgebildet, in der Ency-
clopädie unter dem Namen saruka, vielleicht von saru,
Affen, wegen seiner possirlichen Geberden. - Seidenschwanz, Bombycilla phoenicoptera Schleg., bis auf die
rothen statt gelben Spitzen der Schwung- und Schwanz-
federn dem europäischen sehr ähnlich, réndschako (re n
si ya ko), oft abgebildet; dass er übrigens auch in Japan,
wie in Europa, ein unregelmässiger Wintergast sei, dafür
scheinen zwei Umstände zu sprechen: erstlich, dass sein
Name auch auf andere, halb fabelhafte Vögel angewandt
wird, zweitens, dass er fast immer auf demselben Baum
dargestellt wird, dessen rothe Beeren auch als Winter-
futter des Staares figuriren, nämlich der schönen Lager-
[99]Häher und Elstern.
strömia Indica. In der That bestätigt die Encyclopädie,
dass dieser Vogel in Japan sehr selten sei. - Neuntödter, Lanius bucephalus Schleg., überall als modsu (mo zu)
bekannt; ob noch andere Arten unter demselben Namen
begriffen werden, lassen die wenig genauen Abbildungen
nicht erkennen. Commodore Sundevall schoss die erwähnte
Art an der Mississippibai, am 9. October. - Häher, Garrulus glandarius Japonicus Schleg., G. Japonicus Bp.,
kaum verschieden von dem europäischen; in Yokohama
nannte man ihn mir gaiso, was ich nur unter den Provinzial-
namen von Fiuga als gaisi wiederfinde; sonst heisst er auf
den Bildern kasira-dori, Kopfvogel, wegen des gefleckten
Oberkopfes. - Tannenhäher, Nucifraga caryocatactes L. sp., bis jetzt uns noch
nicht aus Japan bekannt gewesen, ist unter den Thieren
von Fiuga recht kenntlich neben dem vorigen abgebildet,
mit dem Namen kabuto-tori, Helmvogel. - Blaue Elster, Pica cyanea Pall., mehrfach kenntlich abgebildet,
der Name schwer entzifferbar: kakesu oder kamii. - Schwarzweisse Elster, Pica varia Japonica Schleg., P. Japonica
Bp., kaum von der deutschen zu unterscheiden, soll nach
Kämpfer S. 174 »korej-garas«, Rabe von Korea, genannt
werden, und nach der Encyclopädie aus Korea herüber-
gebracht worden sein; jenen Namen finde ich aber in keinem
der mir vorliegenden Bücher, wohl aber in der Encyclopädie
einen anderen, kasasaki (in anderen Büchern kasasangi),
ein Ausdruck übrigens, der in dem japanisch-englischen
Wörterbuch von Medhurst mit »ein indischer Sperling«
übersetzt wird; die Stellung in der Encyclopädie gleich
zwischen Raben, Papageien und Gracula Javanica spricht
durchaus dagegen, dass es ein sperlingsartiger Vogel sein
könne. Unmittelbar darauf folgt unter der Bezeichnung
yama-kasasaki, wilde Elster, ein Vogel, worin leicht der
in der Fauna Japonica abgebildete, wahrscheinlich nicht
japanische Biophorus paradiseus Schleg. zu erkennen ist. - Rabe, kárasu, abgekürzt karas, in allen Bilderbüchern. Der Name
offenbar eine Nachahmung des Krächzens, wie das indo-
germanische, uns unbekannte Wort, woher das griechische
κόϱαξ und κοϱώνη, das lateinische corvus und cornix, das
7*
[100]Raben. Paradiesvögel. Wiedehopf.
deutsche Rabe (altnordisch hrafn) und Krähe entstanden.
Der japanische Rabe, Corvus Japonensis Bonaparte (C.
macrorhynchos fn. jap.), ist ein Mittelding zwischen dem
Waldraben und der Rabenkrähe Europa’s. Nach den
Ornithologen soll auch die ächte Rabenkrähe, eine unserer
Saatkrähe nächst stehende Art, Corvus pastinator Gould,
und die ostasiatische Dohle, C. Dauricus Pall., in Japan
leben; auch in der Encyclopädie finden sich Spuren, dass
die Japaner mehrere Arten unterscheiden: nach dem karasu
schlechtweg folgt nämlich als besonderer Artikel ein hasi-
futo mit grösserem Schnabel, ob der eigentliche C. Japo-
nensis Bp.?, dann ein χisen — garasu (hisen karasu), am
Wasser stehend, noch ganz schwarz, endlich als ya-
mangarasu (yama karasu, Bergrabe), ein Bild, das den
weissen Halskragen des C. Dauricus hat, aber einen
Schwanz fast so lang wie die Elster. In einem anderen
Buch erscheint ein sima-karasu, Inselrabe, dem Bilde nach
nicht von den anderen Raben zu unterscheiden. Hier sind
noch ein paar fabelhaft aussehende, langschwänzige Vögel
zu erwähnen, welche in den Bilderbüchern öfters wieder-
kehren, aber vermuthlich nicht in Japan leben, so neben
dem bei der Elster erwähnten Biophorus die ähnlichen
onangadori und sanyedori, der sans’yako, auch zuweilen,
wie der Seidenschwanz, rens’yako genannt. - Paradiesvögel: In einem der Bilderbücher finden sich recht kennt-
liche, nicht entstellte Darstellungen der zwei bekannten
Arten Paradisea apoda L. und regia L., ohne eigene Na-
men. Die Bälge dieser Vögel bilden bekanntlich im öst-
lichen Theil des indischen Archipels einen Handelsartikel
und werden oder wurden als Kopfschmuck verwandt; so
mögen sie auch schon nach Japan gebracht worden sein.
Spechtartige oder Schreivögel.
- Wiedehopf, Upupa L., unverkennbar abgebildet als yatsu-gasira,
Acht-Kopf, in verschiedenen Büchern, aber nicht in der
Encyclopädie; der Name bezieht sich ohne Zweifel auf die
Federn des Kopfbusches, welche als Andeutung von eben
so viel eigenen Köpfen genommen wurden; übrigens sind
[101]Namen der Eisvögel, Spechte und Papageien.
es auf den Bildern mehr als acht. Die Art scheint, den
Bildern nach, durch die einfarbigen Schwungfedern von
der europäischen sich zu unterscheiden; die Flecken an der
Spitze der Haubenfedern sind wie bei letzterer, die Schwanz-
federn haben nicht nur einen, sondern zwei weisse Flecken.
Exemplare sind bis jetzt noch nicht nach Europa gekommen. - Eisvogel. Der um Yokohama nicht seltene Alcedo bengalensis
Gmel., unserem europäischen sehr ähnlich, wird kawá-
semi (Flusscicade, vermuthlich wegen des schnarrenden
Lärms, den die jungen Vögel im Neste machen) genannt,
dieser Name kehrt auch in allen Büchern wieder, nur die
Encyclopädie schreibt kawa-sebi, der Vogel ist aber öf-
ters verschönert mit langem weissen Federbusch und
amarantrothem Schnabel, wie meines Wissens keine Art
existirt. - Alcedo (Ceryle) lugubris Schleg., in einem der japanischen Bücher
abgebildet unter dem Namen kabusegi (kawasemi?). - Spechte. Man kennt zwei Spechte in Japan, denen schon Temmink
die japanischen Namen als lateinische Species-Benennung
beigelegt, beide europäischen Arten ähnlich; einen Grün-
specht, awongara (awo-kara, grüne Meise), Picus awakera
Tem., und einen Buntspecht, kitsuts’ki (kitsutsuki), Picus
kizuki Tem., letzterer oft in den Bilderbüchern vorkommend;
beide fand ich lebend in den Vogelhandlungen zu Yeddo.
In dem Manuscript über die Thiere von Fiuga heisst der
Grünspecht kurikatori (Kastanienvogel). - Kukuk, Cuculus canorus L., hotongisu oder hotongiso, stets fliegend
abgebildet, die Füsse nicht gezeichnet, von dem gemeinen
Mann für fusslos gehalten. - Papageien finden sich unter den Namen omu (chinesisch wu, im
Canton-Dialect mo) und inko, auch χinko (nach einem an-
dern chinesischen Namen dieser Vögel ying), in den Büchern
abgebildet, meist schon durch die Umgebung, eine Sitz-
stange mit Futternapf oder dergl., als Hausthier gekenn-
zeichnet. So weit sich die Arten erkennen lassen, sind es
in der Regel die rothen kurzschwänzigen Loris, welche
aus dem indischen Archipel stammen und dort so häufig
zahm gehalten werden, wie Psittacus garrulus, domicella
und grandis, sehr selten ein weisser Kakadu. Ein solcher,
[102]Tauben und Huhn.
in der Menagerie zu Yokohama gehalten, erregte viele Auf-
merksamkeit bei den einheimischen Besuchern, und wurde
mir vom Besitzer als das werthvollste seiner Thiere be-
zeichnet. Theilweise mag es damit zusammenhängen, dass
weisse Thiere bei den Japanern überhaupt besonders
geachtet sind, so neben dem Kranich auch weisse Mäuse,
weisse Sperlinge; selbst weisse Schwalben und ein weisser
Adler finden sich in den japanischen Wörterbüchern. —
Kein Papagei lebt wild in Japan.2) Im oceanischen Ost-
asien geht also die Verbreitung der Affen weiter nach
Norden, als die der Papageien, in Amerika bekanntlich
umgekehrt.
Tauben und Hühner.
- Die Taube heisst auf japanisch hato, wilde Tauben nennt man
yama-bato, Bergtaube, und zwar hörte ich beide Bezeich-
nungen in Yokohama für verschiedene Arten, hato für die
eigentliche Haustaube, Columba domestica, und die unserer
Lachtaube ähnliche gezähmte C. bitorquata Tem., yamabato
für die wild lebende, der Stammart unserer zahmen so
höchst ähnliche C. intermedia und die wilde Turteltaube,
C. maena Sykes (C. gelastes Tem.). Andere Zusammen-
setzungen finde ich in den Büchern, so in der Encyclopädie
jebato (ihe-hato), Haustaube, und kuz’yako-hato, d. h.
Pfauentaube, unerkennbar, in anderen Büchern kisibato,
Fasanentaube, haku hato, weisse Taube (Haustaube). - Huhn, niwátori; hauptsächlich zweierlei Rassen: grosse mit hohen,
starken Beinen, ähnlich der Cochinchinarasse, der eigent-
liche niwa-tori, und kleinere mit sehr kurzen, doch nicht
befiederten Beinen, tshabo (tsi-ya-bo) genannt, beide
sowohl in den Häusern, als in den Büchern. In der
Menagerie zu Yokohama waren noch verschiedene andere
Rassen, namentlich diejenige mit krausen Federn, aber ich
erinnere mich nicht, in Japan die bekannten Bantamhühner
gesehen zu haben, welche doch nach neueren Nachrichten
von dort stammen sollen. - Fasanen. Von den zwei Japan eigenthümlichen wilden Arten
heisst Ph. versicolor Tem. kizi, auch kitsi und kishi
gesprochen, und findet sich in jedem Bilderbuch; der
[103]Fasanen. Pfau.
noch langschwänzigere Ph. Sömmeringi führt in Büchern
und Wildprethandlungen nicht nur κατ̕ ἐξοχὴν, sondern
ausschliesslich die Benennung yama-tori, Bergvogel, wilder
Vogel. In den Menagerieen findet man ausserdem den
Gold- und Silberfasan, beide mit ihrem Namen aus China
stammend, ersteren als kinke, kinkei, Goldhahn (chinesich
kinki), letzteren als haku-gan, entstellt aus dem chinesi-
schen peh-hien, im Canton-Dialect pak-han: die erste
Silbe bezeichnet im Chinesischen weiss und kommt in
dieser Bedeutung auch im Japanischen als haku vor, neben
dem ursprünglich japanischen siro; beide sind auch in
der Encyclopädie als chinesisch angegeben. Der katsukei
der Encyclopädie ist dem Bilde nach nicht recht von Ph.
versicolor zu unterscheiden; korai-kisi, koreanischer Fasan
eines Bilderbuches, scheint der chinesische Halsbandfasan,
Ph. torquatus Tem.; nishikitori, der westliche gelbe Vogel
eines anderen, scheint wieder der Goldfasan zu sein (China
liegt westlich von Japan). Endlich finden sich noch Bilder,
die sehr bestimmt auf die Gattung Tragopan weisen,
unter dem Namen toziyukei oder kosiyukei, dessen letzte
Silbe auch wieder auf chinesischen Ursprung deutet. - Pfau, kushak’ (kuziyaku), vielleicht aus dem chinesischen hiung-
tseuk; er steht in der Encyclopädie nicht bei den Fasanen
und Hühnern, sondern bei den fabelhaften und fremden
Vögeln, dem Kasuar, vor den Falken, so zu sagen, unter
den edlen Vögeln. Prof. Hoffmann theilte mir nach japa-
nischen Quellen mit, dass die Japaner selbst ihn als chine-
sischen Vogel betrachten, welcher zuerst im Jahre 598 nach
Christus aus Korea nach Japan gebracht worden sei. Nach
China ist er entweder aus Hinterindien oder Java als Zier-
vogel gekommen, wenn er nicht im südlichen China viel-
leicht noch wild lebt. Auch das bestätigt, was übrigens
umsichtigen Forschern längst bekannt war, dass kein Pfau
in Japan wild lebt, sondern der sogenannte japanische
Pfau nichts Anderes ist, als die hinterindische javanische
Art mit spitzen Haubenfedern (Pavo spicifer Tem., le spi-
cifère Buff.), als Ziervogel in Japan hie und da gehalten.
Er hat einen Sporn, wie die vorderindische in Europa
verbreitete Art, P. cristatus L., und Linné nannte ihn
[104]Kenntniss von Strauss und Kasuar.
daher mit Unrecht P. muticus. Hiermit stimmt vollkommen
ebensowohl das lebende Exemplar der Menagerie zu
Yokohama, als die japanischen Abbildungen. Leider sind
die letzteren, die ich besitze, alle nicht colorirt, Hals und
Flügel erscheinen mehr oder weniger dunkel darauf. Vom
schwarzschulterigen Pfau, der den in kleine Scheiben
endenden Federbusch des vorderindischen hat, P. nigri-
pennis Sclater, habe ich in Japan nichts gesehen und
nichts gehört, obwohl einige Schriftsteller in Europa ihn
den japanischen Pfau nennen. - Truthahn. In einem der japanischen Bilderbücher findet sich ein
Bild, das unverkennbar diesen (aus Amerika stammenden)
Vogel darstellt, mit den zwei Namen baso-u iwa und
karawan; mein Diener bestätigte mir ausdrücklich, dass
dieser Vogel nicht in Japan lebe. - Wachtel, Coturnix vulgaris Japonica Schlegel, nicht von der
europäischen zu unterscheiden, úsura, geschrieben udsura,
häufig in Käfigen und auf Bildern.
Straussartige Vögel.
Die Andeutung des Vogel Strauss finde ich in der Encyclo-
pädie bei den fremden und fabelhaften Vögeln in dem Bilde eines
grossen Vogels mit Gänsekopf und starken, übrigens gespornten
und vierzehigen Füssen, welcher auf dem Rücken mehrere Bündel
(Stroh?) trägt; als Name steht dabei hoo-dori. Weit deutlicher ist
der darauf folgende indische Kasuar, unter dem Namen chi-kui-
tori, feuerfressender Vogel, eine Bezeichnung, welche deutlich
verräth, woher die Kenntniss desselben den Japanern gekommen
ist. Schon auf ihrer ersten Reise nach Ostindien, 1595—1597,
erhielten nämlich die Holländer auf Java einen von den Gewürz-
inseln stammenden grossen Vogel, »so Feuer gefressen und gar
seltsam von Gestalt war«, und brachten ihn lebend nach Amsterdam;
der beigegebene Holzschnitt und die spätere Beschreibung von
Clusius lassen den Kasuar ganz deutlich erkennen. Das Feuerfressen
reducirt sich darauf, dass er neben anderen unnützen Dingen, wie
Steine und Metallstücke, auch gelegentlich heisse Kohlen aufgepickt
und verschlungen hat. Ganz deutlich erscheint er auch in anderen
japanischen Bilderbüchern als dashu (da si yuu, nach Anderen dateu).
[105]Namen der Kraniche und Störche.
Stelzvögel.
- Kranich, tsuru, der erste der in der Encyclopädie vorkommenden
Vögel (vergl. oben), weiss, mit rothem Scheitel, schwarzem
Vorderhals und Schwanzfedern, Grus Montignesia Bp., ein
naher Verwandter des sibirischen Gr. leucogeranos Pall.
Eine zweite einfarbig weissliche Art, totsju (totsusiyu) der
Encyclopädie, ko-dsuru anderer Bücher, dürfte vielleicht
die ebenfalls sibirische Grus Antigone Pall. (Antigone tor-
quata Vieill., Bp.) darstellen. Der Kranich mit schwärz-
lichem Bauch, schwarzem Vorder- und weissem Hinterkopf,
zuweilen oo-dori, grosser Vogel, oder mana-tsuru, auch
als takeni-dsuru, Bambukranich vom matsuni-tsuru,
Tannenkranich, dem erstgenannten, unterschieden, ist wohl
als Grus leucauchen Tem., vipio Pall. nach Bp. zu deuten;
eine vierte Art, heller grau mit weissem Kopf, shiri-kuro
(hinten schwarz) oder kofu, könnte G. monachus Schleg. sein. - Storch. Der weisse Storch, Ciconia alba Briss., ist ganz kenntlich
abgebildet in einem der Bilderbücher, leider ohne Angabe
des einheimischen Namens, weniger sicher in einem anderen
mit der Bezeichnung neho; in der Menagerie zu Yokohama
verstand ich seinen Namen als nabe-dsuru (Pfannen?-kranich).
Den schwarzen Storch, Ciconia nigra L. sp., finde ich nur
einmal, aber deutlich, abgebildet als shaku-sangi (siyaku-
sagi), Bisamreiher. - Riesenstorch oder Marabu, Ciconia argala Lath. In der Ency-
clopädie erscheint als halb fabelhafter Vogel der bumotsi,
Fliegen ausspeiend. Ich wusste ihn lange nicht zu deuten,
bis ich im zoologischen Garten zu London den Riesenstorch
in einer ganz ähnlichen Stellung, wie dies japanische Bild
sie zeigt, unbeweglich dastehend sah. Kommt nicht in
Japan vor, wohl aber auf Java. - Löffelgans, Platalea major, in Yokohama erhalten unter den Namen
shadsisangi (sasi-sagi, Löffelreiher) und genosangi, unter
ersterem in einzelnen Büchern abgebildet, fehlt aber, wie
der Storch, sonderbarer Weise in der Encyclopädie, wenn
es nicht deren berasangi, Rechenreiher, sein soll, in welchem
Fall der Schnabel auffallend zu klein gezeichnet wäre. - Reiher, Ardea L. Der allgemeine Name ist sangi (sagi), die ein-
zelnen Arten werden meist nach der Farbe unterschieden;
[106]Reiherarten. Schnepfen.
als sangi kurzweg figuriren auch die sonst bestimmter
shirosangi genannten weissen Reiher, A. alba L. (egretta
Tem., Naum.), A. intermedia und A. garzetta L., zwei auch
in Europa bekannt, der erstere, grössere, in der Ency-
clopädie auch als dawa-sangi, Rohrreiher; ein anderes
Buch unterscheidet den grossen weissen Reiher, A. alba,
als sosangi von dem kleinen, A. garzetta, rosangi. Ao-sangi3)
(bei Kämpfer awoi) heisst der grosse graue Reiher, Ardea
cinerea L. Baka-sangi, dummer Reiher, ist die Rohr-
dommel, Ardea stellaris L. Goi-sangi ist nach den Bildern
sowohl, als den in Japan erhaltenen Exemplaren unser
Nachtreiher, Ardea nycticorax L.; übrigens mag denselben
Namen auch die seltenere, Japan eigenthümliche Art führen,
welche in der Fauna Japonica als Ardea goisaki Tem. steht,
von Pucheran und Bonaparte, noch mehr entstellt, Gor-
sachius typus genannt wird. (Medhurst übersetzt goisangi
gar mit Bussard! vielleicht Druckfehler für bustard, Trappe.)
Hosi-goi der Encyclopädie (von hosi, Stern) ist vielleicht
die mir mündlich als bakasangi angegebene Rohrdommel,
Ardea stellaris L., aber dann sehr wenig charakteristisch
abgebildet. - Kibitz, Vanellus cristatus Briss., als tsidori in der Encyclopädie
undeutlich, deutlicher auf anderen Bildern dargestellt,
immer im Fluge. Tsi kann Erde, Blut, Milch, tausend
und Kenntniss bedeuten; Medhurst erklärt tsidori durch
»ein Raubvogel« (a bird of prey). - Charadrius auratus (var. orientalis Schlegel) oder Ch. longipes,
Goldregenpfeifer, ma-singi (Pferde?-schnepfe), sehr deut-
lich auf einem japanischen Bilde dargestellt. - Schnepfen und Strandläufer; hier scheint in den Namen Verwirrung
zu herrschen; shingi (sigi), von Medhurst als Schnepfe
erklärt, ist nach mehreren Bilderbüchern eine Art Strand-
läufer, mit nicht besonders langem Schnabel, im Wasser
watend, nach der Umgebung zu schliessen, bald Süss-,
bald Seewasser; in der Encyclopädie dagegen ist der Vogel
dieses Namens im Flug abgebildet, mit grossem Kopf und
starkem Schnabel, als ob er sich eben in’s Wasser herab-
stürzen wollte, was nur auf einen Eisvogel passt, dazu
mit feingeschecktem Gefieder und verhältnissmässig gross,
[107]Namen der Möven und Scharben.
also vielleicht Alcedo lugubris Schlegel. In einem anderen
Buch erscheint unter dem Namen hama-shingi, Strand-
schnepfe, recht kenntlich ein bekannter, fast über die ganze
Erde verbreiteter Strandvogel, Strepsilas interpres L. Die
eigentliche Schnepfe oder Waldschnepfe (bécasse, Scolopax
rusticula L.) findet sich dagegen in der Encyclopädie mit
gewissem Recht nicht unter den Wasservögeln, sondern
bei den Hühnern, unter dem Namen tsira-kei; die letzte
Silbe scheint das chinesische auch in’s Japanische über-
gegangene ki oder kai, Huhn, zu sein. - Wasserhuhn, Gallinula chloropus L. sp., unter dem Namen baṅ
häufig abgebildet, auch in Yokohama lebend erhalten unter
demselben Namen.
Schwimmvögel.
- Möven, kámome, wie im Deutschen, verschiedene Arten der
Gattungen Larus umfassend; Thunberg schreibt kagume,
Medhurst kakf’me. Der Name ist wahrscheinlich ihrem
Geschrei entlehnt, wie das lateinische gavia, italienisch
gabbiano. In dem Manuscript über die Thiere der Provinz
Fiuga lautet der Provinzialname der Möve siwokusotori,
Salz-Dreck-Vogel. In einigen Büchern finde ich auch
unter dem Namen miyakodori (nach der Hauptstadt Miako?)
mövenartige Vögel, während die Encyclopädie darunter
einen Stelzvogel abbildet. - Puffinus leucomelas Tem., makori in dem Manuscript über die
Thiere von Fiuga. - Kormoran oder Scharbe, u., auch shima-dsu-tori, Insel-Anlande-
Vogel, genannt, häufig abgebildet, auch als Diener des
Menschen beim Fischfang, doch kann das eben so gut
chinesischen Quellen entlehnt sein, als der eigenen Praxis.
Dass verschiedene Arten in der Nähe von Yeddo vor-
kommen, wurde schon erwähnt. - Pelikan, Pelecanus (vielleicht crispus Bruch.), in einem der Bilder-
bücher mit nur chinesischer Schrift findet sich eine Figur,
welche nichts Anderes als einen Pelikan vorstellen kann,
selbst die Schwimmhäute der Füsse richtig darstellt, aber
den Kehlsack kaum andeutet; in einem anderen eine
schlechtere Abbildung mit dem Namen karan-tsiau.
[108]Namen der Gänse und Enten.
- Schwan, Cygnus (musicus?), haku-tshao (tsiyao). Die Angabe
der Encyclopädie, dass Schnabel und Füsse schwarz seien,
zeigt, dass es ein Schwan und nicht die Schneegans, Anser
Hyperboreus Pall., ist; in einem anderen Bilderbuch deut-
licher dargestellt unter dem Namen gadsu. - Gans, gan, offenbar ein ihrem Geschrei nachgebildetes Wort, wie
das deutsche oder dessen indogermanisches Stammwort
(woraus auch das griechische χὴν, dorisch χὰν, lat. anser).
Auch chinesisch heisst die Gans ngo, die wilde yen, im
Canton-Dialect gan. Das japanische Wort gilt gleichmässig
für die zahme (selten gehaltene) Anser cygnoides L. sp.,
wie für die gewöhnliche wilde Art, Anser albifrons Gmel.;
andere Arten erhalten besondere Zusätze, so no-ngan,
Feldgans oder Wildnissgans, eine kleinere Art; tau-gan,
eine mir unbekannte Art mit kleinem Kamm und lappigen
Wangen, beide in der Encyclopädie abgebildet; kari scheint
ein zweiter Name für die gewöhnliche wilde Art, A. albi-
frons, zu sein; χisikui ist eine andere wilde, grosse Art,
vielleicht Anser grandis Gmel., für welch letztere ich aber
in den Wildprethandlungen zu Yokohama keine andere
Benennung als oki-gan, grosse Gans, erfuhr. - Enten. Die zahme Ente heisst áχiru, die wilde kamo, letzteres
mehrere Arten umfassend, wie Anas glocitans Pall., A.
crecca L., A. Penelope L., doch lassen sich die meisten
Abbildungen dieses Namens wegen des dunkelen Kopfes
des Männchens auf die wilde Schwester der zahmen Ente,
A. boschas L., beziehen. Die Encyclopädie kennt noch ein
paar Zusammensetzungen mit kamo, so atsi-kamo, wohl-
schmeckende Ente, und ko-ngamo, Kind-Ente, der
Kleinheit wegen, wie der deutsche Jäger Halbente sagt.
Dieses ist nach der Farbenbeschreibung der Encyclopädie
unsere Kriek-Ente, Anas crecca; sie soll vor der gewöhn-
lichen Wildente ankommen und nach ihr wegziehen. Die
Arten lassen sich aus den gegebenen Bildern nicht er-
kennen. - Anas galericulata L., die chinesische Mandarinen-Ente, welche
nach Thunberg auch wild in Japan vorkommt, jedenfalls
oft zahm gehalten wird, führt den eigenen Namen oshi-
dori, stummer Vogel.
[109]Taucher. — Reptilienfauna.
- Podiceps. Ein kleiner Steissfuss, den ich im Winter zu Yokohama
frisch getödtet bekam, und dessen weder in der Fauna
Japonica, noch in den japanischen Büchern Erwähnung
geschieht, wurde mir kai-tsin-mónguri genannt, ein offen-
bar zusammengesetzter Name, wofür ich aber keine be-
friedigende Etymologie finden kann. - Colymbus arcticus L.? kawa-tsumuri nach einem Bilderbuch.
- Uria umizusume Tem. Schleg. Diesen Namen finde ich in keinem
der mir zu Gebote stehenden japanischen Bücher; es lässt
sich aber deutlich darin umi-susme (susume), Meersperling,
erkennen.
4. Japanische Reptilien.
In dieser Classe zeigt die japanische Fauna bei geringem
Artenreichthum doch fast noch mehr als in anderen ein merkwürdiges
Gemisch von europäisch-sibirischen, nordamerikanischen und indi-
schen Formen: mit europäischen Arten übereinstimmend oder ihnen
doch recht ähnlich, von den Systematikern, je nach der individuellen
Ansicht über Artunterschiede, als Varietäten oder repräsentirende
Arten betrachtet, sind mehrere Frösche (Rana esculenta und tem-
poraria, Bufo vulgaris japonicus), ein kleiner Wassermolch (Triton
subcristatus Schleg.), die häufige Süsswasserschildkröte (Emys vul-
garis Japonica Schleg. = E. Japonica Gray), auch einige Nattern
(Tropidonotus tigrinus Boie, Elaphis virgata und Coluber conspi-
cillatus Schleg.) sind den südeuropäischen Arten derselben Gattungen
höchst ähnlich. Eine Aehnlichkeit mit der indischen Fauna liegt in
der einzigen Giftschlange Japans, Trigonocephalus (Halys) Blom-
hoffii Boie, der Rüsselschildkröte, Trionyx (Potamochelys) Schlegelii
Brandt, der einzigen eigentlichen Eidechse, Tachysaurus Japonicus
Gray (Lacerta tachydromoides Schleg.), und dem Gecko, Platy-
dactylus jamori Schleg. (nach Gray dieselbe Art mit seinem Gecko
Chinensis aus dem mittleren China), ferner mehreren der von
Halowell in den Proceedings of the acad. of nat. hist. in Philadelphia
1860 beschriebenen japanischen Reptilien, wie Lygosaurus poecilo-
pleurus, Ophthalmidion tenue, Ixalus Japonicus, und dem einen
der Laubfrösche, welcher nach Dr. Günther zur Gattung Polypedates
gehört; zu bemerken ist dabei aber, dass auch im subtropischen
Asien überhaupt, von Transkaukasien bis China, theilweise ähnliche
Formen vorkommen, der Ausdruck indisch nur »die wärmeren Ge-
[110]Aehnlichkeit mit Nordamerika.
genden Asiens im Gegensatz zu Europa charakterisirend« bezeichnen
soll. Die Uebereinstimmung mit dem wärmeren Theil China’s wird
sich bei näherer Untersuchung noch mehrfach herausstellen, die
japanischen Inseln bilden in ähnlicher Weise einen vorgeschobenen
Aussenposten der indochinesischen Fauna, wie England in manchen
Pflanzen und Schnecken einen solchen der südeuropäischen oder
Mittelmeerfauna.
Von den Aehnlichkeiten der japanischen Reptilienfauna mit
der nordamerikanischen ist die bedeutendste ohne Zweifel der
Riesenmolch (Salamandra maxima Schleg. = Tritomegas Sieboldi
Dum. Bibr. = Megalobatrachus S. Tschudi = Sieboldia Bp. = Crypto-
branchus Japonicus v. d. Hoeven), welchen Schlegel und van der
Hoeven mit Recht trotz des frühen Verschwindens der äusseren
Kiemenöffnungen als nahen Verwandten des ebenfalls zwei Fuss
langen »Hellbender« aus dem mittleren Nordamerika, Menopoma
giganteum Harlan, auffassen. Die am meisten paradoxe Aehnlichkeit
zwischen beiden Faunen beruht in dem einzigen Scincoiden Japans,
welchen Schlegel und Andere als dieselbe Art mit dem nordameri-
kanischen Eumeces (Plestiodon) quinquelineatus L. sp. ansehen, doch
hat Prof. Peters an den von mir mitgebrachten japanischen Exem-
plaren, welche ich der Güte des Dr. Pompe von Meerdervoort,
damals in Nangasaki, verdanke, Unterschiede in der Grösse und
Zahl der Schuppen, so wie in der Form der Krallen, gefunden
(Monatsberichte der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin,
1864, S. 57), welche, wenn sie sich bei Vergleichung von noch mehr
Exemplaren aus beiden Erdtheilen bestätigen, wohl eine artliche
Trennung rechtfertigen dürften. Eine Uebereinstimmung mit Nord-
amerika liegt auch in der relativ grossen Artenzahl der japanischen
Salamander oder Molche, Schlegel zählt deren fünf auf, worunter
drei den meines Wissens sonst nur in Nordamerika vorkommenden
Gattungen (Gruppen) Onychodactylus und Ellipsoglossa angehören.
Als eigene bis jetzt nur japanische Gattungen betrachtet Halowell
(l. c.) Leptophidium, Lepidocephalus und Proterodon.
In der Umgegend von Yokohama spielen, wie in anderen
Tiefebenen, unter den Reptilien die Wasserschlangen und Frösche
die Hauptrolle. Tropidonotus tigrinus Boie ist recht häufig und
gleicht in der Lebensart unserer europäischen Ringelnatter, ihre
gewöhnliche Färbung um Yokohama ist oben natternartig dunkel-
grau und schwarz gewürfelt, an den Seiten abwechselnd schwarze
[111]Nattern, Frösche und Eidechsen.
und schön mennigrothe Flecken, die Bauchschilder an der Basis
grauschwarz, am freien Rand blass grüngelb, an den vorderen das
Gelbliche, an den hinteren das Graue überwiegend, Schwanzschilder
schwarz, mit gelben Punkten. Den braunrothen Tropidonotus vibakari
Boie fand ich nur einmal, und zwar ganz im Trockenen, bei einer
Hütte nahe dem Städtchen selbst. Auch Elaphis virgata Schleg.
fand ich mehrmals in Wassergräben schwimmend in der Umgebung
von Yokohama, dagegen nie den Trigonocephalus.
Frösche, Rana esculenta und temporaria L., auch in den
Farben den deutschen gleichend, sind in den grösseren und kleineren
Teichen der Umgegend nicht selten, in dem einen derselben fand ich
auch den Triton subcristatus Schleg. zu wiederholten Malen, was mir
der vorgerückten Jahreszeit (September) wegen auffiel, zu welcher
in Deutschland nicht wohl ein Triton mehr im Wasser selbst ge-
funden wird. Die Unterseite seines Körpers war dunkel scharlach-
roth gefärbt. Rana rugosa Schleg. traf ich in einer ganz kleinen
mit Wasser gefüllten Vertiefung einer künstlichen Felsennische,
welche vielleicht absichtlich als Wasserbehälter angelegt ist; das
Vorkommen stets im Wasser und das äussere Ansehen dieses
Frosches erinnerten mich lebhaft an unsere deutsche Unke, Bom-
binator igneus Merr., einen Laut hörte ich nicht von ihm; nach
v. Siebold gleicht er aber auch durch die traurig-ernsten Töne, die
er Nachts hören lässt, unserer Unke. Eine riesengrosse Kröte mit
hellen Seitenbinden, ganz wie in der Fauna Japonica abgebildet,
fand sich an einem schönen Septembermorgen in einem der Zimmer
unserer Wohnung in Yeddo. 4)
Noch Anfangs October fand ich ferner mehrmals einen Frosch,
welcher äusserlich unserem europäischen Laubfrosch täuschend ähn-
lich sieht, aber durch tiefer gespaltene Zunge und einige andere
Einzelnheiten seines Baues sich von ihm unterscheidet, Polypedates
Schlegelii Günther. 5)
Mehrmals traf ich auch auf meinen Streifzügen in der Um-
gegend von Yokohama im Walde zwischen trockenem Gestrüpp die
eine Eidechse, Tachysaurus Japonicus Gray, doch ist sie dort bei
weitem nicht so häufig, als die Eidechsen im mittleren und süd-
lichen Europa (in der Fauna Japonica ist deren Vorkommen auf der
Insel Nippon noch bezweifelt).
Selbst im Monat Januar sah ich zu Odsi bei Yeddo noch
einen kleinen Frosch mit rothem Bauch, Rana temporaria L. var.
[112]Schildkröten.
Zu Nangasaki ist ebenfalls der unschädliche Tropidonotus
tigrinus häufig, diese Schlange wurde vom Missionär Schmidt im
eigenen Hause gefangen; ich erhielt daselbst aber durch die Güte
des Arztes Dr. Pompe van Meerdervoort noch einige japanische
Reptilien, welche ich vorher in Yokohama vermisst hatte, wahr-
scheinlich alle aus der Umgegend von Nangasaki stammend, näm-
lich Elaphis quadrivirgata, Coluber conspicillatus, Platydactylus
jamori und Eumeces quinquelineatus.
Eine lebende Schildkröte, Emys Japonica, fand Herr Wichura
bei einer seiner Excursionen in einem Reisfelde; sie mag im grössten
Theile des Landes nicht selten sein, nur wegen ihrer Scheuheit,
wie die europäische Art, schwer zu finden, da sie dem Volke
wohl bekannt ist und so häufig, auf alle mögliche Weise, von der
Bronzefigur bis zum papiernen Kinderspielzeug, nachgebildet wird;
auch ihre Schale fand ich in den Läden Yokohama’s queer-
durch auseinandergesägt und die Lücken mit Lack geschlossen
zu einer taschenförmigen Schachtel mit Schnüren verarbeitet. Ich
kaufte lebende Exemplare zu Yokohama, und zwar sowohl von
Emys Japonica, als Trionyx Schlegelii, letzterer war oben dunkel-
braungrau, von der Farbe moorartigen Schlammes, unten schmutzig
weiss; auf der Schnauze in der Mittellinie ein schmaler schwarzer
Längsstreifen, nach hinten durch einen ähnlichen Queerstreifen
zwischen den Augen abgeschnitten; von jedem Auge nach vorn und
unten zur Lippe ein eben so schmaler schwarzer Streif; die Lippen
mit gelblichweissen schwarzpunktirten Flecken; ähnliche, aber
grössere Flecke an der Kehle und an den Seiten des Halses, scharf
begrenzt, nach hinten und oben aufsteigend.
Die einheimischen Namen der Reptilien sind zwar schon
in der Fauna Japonica angegeben (Reptil. Einleitung Seite V), doch
erlaube ich mir auch hier eine neue Zusammenstellung derselben
nach dem, was ich in Yokohama selbst gehört und in den dort
gekauften Büchern gefunden habe.
Schildkröten.
Game, zuweilen auch mit Weglassung des Erweichungs-
zeichens kame geschrieben, ist der allgemeine Name der Schild-
kröten, und gilt daher auch κατ̕ ἐξοχὴν speciell für die am häufig-
sten zur Anschauung kommende Emys Japonica (Schleg.) Gray,
welche in Büchern öfters näher bezeichnet wird als isingame,
[113]Namen der Schildkröten.
Steinschildkröte, misu-game, Wasserschildkröte, oder nach Hoffmann
bei Schlegel auch yama-game, Bergschildkröte. In der Encyclopädie
finde ich übrigens die Wasser- und die Steinschildkröte in zwei
verschiedenen Artikeln hinter einander, kann aber keinen anderen
Unterschied in den betreffenden Abbildungen finden, als dass die
Wasserschildkröte am steinigen Ufer eines grossen Gewässers; die
Steinschildkröte auf unebenem Boden neben einem Bergbache ab-
gebildet ist. Mino-ngame ist der Name des fabelhaften, oft in Bild
und Sculptur dargestellten Schildkrötenkönigs mit äusseren Ohren
und reichem Haarschweif; letzteren wollten Manche, um die Treue
der japanischen Darstellungen zu verfechten, als auf der Schale
gewachsene Wasserpflanzen, Conferven, deuten, aber die Vergleichung
mit anderen fabelhaften Thieren (vergl. oben) spricht entschieden
dagegen. In der Encyclopädie finde ich noch eine ko-ngame oder
hebi-kui-game, schlangenfressende Schildkröte, ebenfalls mit äusse-
ren Ohren abgebildet und deshalb, wie ihrer angeblichen Nahrung
wegen, wohl nicht minder fabelhaft, als die vorige. Als umi-game,
Meerschildkröte, und tai-mai erscheinen in der Encyclopädie zwei
recht kenntlich dargestellte Meerschildkröten der Gattung Chelonia,
erstere mit einfarbiger, letztere mit gefleckter Schale. Tama-game,
Juwelenschildkröte, soll ohne Zweifel die das Schildpatt liefernde
Karettschildkröte, Chelonia caretta L. sp. = Ch. imbricata auct.,
darstellen, aber die Schuppen ihrer Schale sind in der betreffenden
Figur etwas gar zu flügelförmig ausgefallen, und die Zahl der Füsse
ist auf sechs gestiegen; es ist also für die Japaner ein fremdes,
halb fabelhaftes Thier, wie z. B. das Moschusthier oder der Löwe. An-
dere Entstellungen, wie eine Schildkröte mit Menschenkopf, welche
in der Encyclopädie neben den anderen wirklich existirenden Arten
sich findet, sind offenbar rein erfunden. Nur für die eigenthümliche
Schnappschildkröte, Trionyx (stellatus var. Schlegel = Schlegelii
Brandt), hat der Japaner auch ein eigenes Wort, gesprochen spôn,
geschrieben so-u-po-n; die Abbildung in der Encyclopädie ist im
Allgemeinen gut, nur in der Zahl der Zehen nicht genau; ihr schliesst
sich eine ähnliche mit noch längerer gavialähnlicher Schnauze an,
vielleicht eine eigene Art, vielleicht nur abweichende Darstellung
derselben aus anderer Quelle, und endlich ein dreibeiniger spon,
offenbar nur auf einer Monstrosität oder geheilten Verstümmelung
beruhend.
Ost-Asien. Zoologisch. I. 8
[114]Namen von Krokodil und Eidechsen.
Krokodile
kommen in Japan nicht vor, konnten aber bei der Häufigkeit des
Crocodilus biporcatus im indischen Archipel den Japanern nicht
unbekannt bleiben; ganz deutlich erscheint es in einem meiner
japanischen Bilderbücher, ohne einheimischen Namen, ziemlich gut
auch in der Encyclopädie unter dem Namen wawi bei den Haifischen,
und eben so als wawi-same, Krokodil-Hai, in einem anderen Bilder-
buch. Medhurst schreibt in seinem Vocabular wani, ich lese aber
an beiden Stellen wa-wi.
Eidechsen.
Der allgemeine Name ist tokange, was wohl nicht mit dem
Laute des indisch-siamesischen Gecko Toko zusammenhängt, da es
zunächst, so namentlich auch in der Encyclopädie, den stummen
Scincoiden, Eumeces quadrilineatus L. sp., bezeichnet; ao-tokange,
blaue (grüne) Eidechse, scheint nur eine Farbenabänderung desselben
zu sein. Für Tachysaurus gibt Hoffmann in der Fauna Japonica den
Namen sisi-musi, Löwen-Insect, an, den ich selbst nie gehört habe
und auch in den mir zu Gebote stehenden japanischen Schriften
nicht finde. Der kleine japanische Haus-Gecko heisst yámori.
Schlangen.
Als gewöhnliche Bezeichnung einer Schlange hörte ich in
Yokohama stets hebi; auf Unterscheidung einzelner Arten liessen
sich meine Leute daselbst wenig ein. Hoffmann in der Fauna
Japonica l. c. sagt, dass die unschädlichen Schlangen bei den
Japanern kutsi-nawa, Mundfaden, die giftigen aber febi nach dem
chinesischen fanpi, rückgestülpte Nase, heissen. Alle Schlangen,
welche ich in Yokohama unter dem Namen hebi erhielt, waren
unschädliche Nattern, aber die gemeinen Japaner halten auch, wie
so viele andere Menschen, alle oder doch fast alle Schlangen für
giftig. Die Encyclopädie handelt vierzehnerlei Schlangen unter ver-
schiedenen Namen, doch mit wenig kenntlichen Abbildungen, ab:
mungi-wara-hebi, Weizenstrohschlange, ist eine längsgestreifte
Elaphis, wahrscheinlich E. virgata Schleg.; misu-kustinawa, ist
nach Abbildung und Namen eine Wasserschlange, Tropidonotus
tigrinus; misu-mabusi-hebi, ebenfalls eine Wasserschlange, kann
ich nicht davon unterscheiden; die schwarze karasu-hebi, Raben-
schlange, wird in der Fauna Japonica für Elaphis quadrivirgata
[115]Namen der Schlangen und Frösche.
Schleg. erklärt; sato-menguri, auf einem Strohdache einem Sperling
nachstellend dargestellt, soll nach derselben wieder Elaphis virgata
sein, wofür wenigstens die Abbildung gar keinen Anhaltspunkt gibt;
χibakari (so sprach es mein japanischer Diener aus) ist nach
Kämpffer eine gefürchtete Giftschlange, und der Name soll bedeuten,
dass der von ihr Gebissene nur noch Eine Sonne sieht, d. h. einen
Tag lebt; die Abbildung in der Encyclopädie bei diesem Namen
reicht nicht zur Erkennung der Art hin, und in der Fauna Japonica
wird dieser Name nicht dem japanischen Trigonocephalus, wie man
erwarten sollte, sondern dem kleinen unschuldigen Tropidonotus
vibakari Boie zugewiesen. 6) Als senzai-hebi, Tausendsündenschlange,
erscheint in der Encyclopädie endlich eine Schlange mit vier kurzen
Füssen, wahrscheinlich auf einer schlangenähnlichen, sei es uns noch
unbekannten, sei es nicht japanischen Eidechse beruhend; der Name
deutet an, dass ihr eben so sehr von den Japanern die Sünden der
Giftschlangen aufgebürdet werden, wie dem Seps von den Italienern
oder der Blindschleiche von den Deutschen. Auch eine zweiköpfige
Schlange figurirt eben so in der japanischen Wissenschaft, als in
der europäischen vor einigen Jahrhunderten. Dagegen findet sich
auch in der Encyclopädie ganz kenntlich die wahre Seeschlange,
Hydrophis, unter dem Namen to-tscha, geschrieben to-zi-ja, wäh-
rend die Fauna Japonica für sie nur die zusammengesetzte Bezeich-
nung umi-hebi, Meerschlange, nennt.
Frösche.
Allgemeiner Name kairu, zunächst für Rana esculenta L.
Besondere Namen in der Encyclopädie ama-ngairu, Regen-frosch,
nach der Fauna Japonica ein Laubfrosch, wozu aber die Abbildung
der Encyclopädie nicht passt; χiki-gairu, die Kröte. Auch ein
schlangenfressender hebi-kui-gairu erscheint wieder unter den
Fröschen. Kaulquappen sind in der Encyclopädie abgebildet unter
dem richtigen Namen kairo-ko, Froschkind.
Molche.
Der Riesenmolch heisst sansiuwo, geschrieben sansiyau-uwo,
er steht in der Encyclopädie neben den Welsen, und in einem an-
deren Bilderbuch finde ich ihn mit ein paar Jungen abgebildet,
welche Kiemenbüschel an den Seiten des Halses tragen; es war
das zwar an sich vorauszusetzen, aber doch nicht positiv bekannt.
8*
[116]Namen der Molche. Fischmarkt.
Die kleinen Teichmolche, Triton subcristatus Schleg., heissen imori
(wimori) und stehen in der Encyclopädie unter den Eidechsen;
tsi-imori, der grosse oder stattliche imori, scheint ein Männchen im
Frühling mit entwickeltem Rückenkamm darzustellen. Die Aehn-
lichkeit des Namens mit yámori ist auffällig, da auch die betreffenden
Thiere, Molche und Gecko, auf den ersten Anblick viel Aehnlichkeit
unter einander haben. Nach Hoffmann in der Fauna Japonica ist
übrigens diese Aehnlichkeit nur insofern eine organische, als yamori
Hauswächter, imori (wimori) Brunnenwächter bezeichnet. Derselbe
gibt noch manche andere Etymologieen für japanische Thiernamen,
welche weder zu bestätigen, noch zu bezweifeln meine Sprach-
kenntnisse hinreichen. Eine der frappantesten dieser Worterklä-
rungen ist die von kairo, Frosch, als »qui court chez soi«, gewiss
aber nicht, weil er, verjagt, wieder an denselben Platz zurückkehrt,
sondern weil der japanische grüne Wasserfrosch, wie der europäische,
still am Ufer sitzt, aber bei Annäherung eines Menschen mit lautem
Plumps in’s Wasser springt, daher erst bemerkt wird, wenn er
»nach Hause geht«, das Wasser als seine eigentliche Heimath be-
trachtet.
5. Japanische Fische.
Die Japaner sind in ausgezeichneter Weise ein fischessendes
Volk; der Fischmarkt ist entschieden der wichtigste Theil des Victua-
lienmarktes, Fische in allen möglichen Formen, mit Saucen oder ge-
trocknet, ganz oder zur Unkenntlichkeit zerstückelt und verkocht,
bilden die fast nie fehlende Zuspeise zum Reis, von den Mässigen
als Würze in spärlicher Quantität, von den besser Lebenden mehr
um ihrer selbst willen genossen, ganz wie das ὄψον der alten
Griechen, das Sokrates in Xenophon’s Memorabilien III. 14. so
drollig bespricht, und das wahrscheinlich auch hauptsächlich aus
Fisch bestand. Getrocknete Fische bilden sogar einen Bestandtheil
des Universal-Vogelfutters.
Auf den nordeuropäischen Fischmärkten spielen im Allgemeinen
die Pleuronectiden (Plattfische, wie namentlich der Flunder), auf
den südeuropäischen Sparoiden und Mugil (Brassen und Meeräschen)
die grösste Rolle, in Yokohama herrschen die Sparoiden über Mugil
und Pleuronectiden vor, häufig waren auch Rochen und Meerengel
(Squatina), Seehähne (Trigla), Meergrundeln (Gobius) und ein Gun-
nellus, dem Butterfisch von Helgoland ähnlich; die Mannichfaltigkeit
[117]Fischmarkt in Yokohama.
war aber gross, und so oft ich Morgens nach dem Markte ging,
fand ich des mir noch Neuen, also zu Kaufenden, mehr, als ich
erwartet und — gewünscht hatte. Die Farbenmannichfaltigkeit aber
war mässig, weiss, silberfarbig und braun in verschiedenen Schat-
tirungen das Meiste; schön rosenroth aber mehrere Chrysophrys
(tai), der auch nicht seltene Latilus argentatus (ámatai), buntfarbig,
aber ohne Silberglanz, wie überall, die Lippfische (Labroiden,
namentlich Julis). Durch schiefe orangefarbige Bänder zeichnet
sich Chilodactylus zonatus aus, durch fast einfarbig schwarze Fär-
bung der kuro-tai, d. h. Schwarzbrassen, Girella punctata Gray =
Melanichthys Schleg., und eine Art des kasango (Sebastes?), ferner
ein dorschartiger Fisch, umi-itatsi, Meerwiesel genannt, und ein
kleiner Haifisch, wanisame (Triakis?). Von Scomberoiden spielen
hauptsächlich einige grosse Arten von Thunfischen und Boniten,
schnittweise verkauft, eine wichtige Rolle auf dem Fischmarkt und
in den Bilderbüchern Japan’s, so namentlich der kátsuwo, Thynnus
pelamys L. Zu einer Sonderung der das ganze Jahr hindurch vor-
handenen und der nur in gewissen Jahreszeiten gefangenen Fische
zu gelangen, dazu reichte die an sich lange Zeit von Mitte September
bis Ende Januar doch nicht aus, theils wegen anderweitiger Be-
schäftigung, theils weil von Anfang an Alles neu erschien und später
ich leider das schon früher Gesehene nicht mehr notirte. Doch
spricht dafür, dass ich fortwährend neues Besonderes antraf;
namentlich mehrere seltsame Formen, wie Chimaera, Halieutaea,
Macrourus, Dactylopterus, bekam ich erst im Januar zu Gesicht;
den eigenthümlichen Monocentris erhielt ich nur getrocknet, nie
frisch. Es ist dabei aber zu bedenken, dass allmälig der Ruf meines
Sammelns sich verbreitet hatte und zuletzt auch aus etwas grösseren
Entfernungen mir gebracht wurde, was etwas Besonderes schien.
Gleich am Anfang unseres Aufenthaltes wurden Einem von der Ge-
sellschaft als grosse Rarität »Drachenzähne« gezeigt, die im Besitz
eines Priesters sein sollten und wofür über 100 Itsipu’s (50 preuss.
Thaler) gefordert wurden: es war ein Kieferknorpel von Cestracion,
der eigenthümlichen neuholländisch-japanischen Haifischgattung mit
Pflasterzähnen, und später erhielt ich dergleichen zu weit billigeren
Preisen.
Dr. Günther hat auf einzelne merkwürdige Aehnlichkeiten
zwischen der japanischen Fischfauna und derjenigen der subtropi-
schen Theile des atlantischen Oceans, namentlich Madeira’s und des
[118]Süss- und Brackwasserfische.
Mittelmeeres, hingewiesen, so die Gattung Lophotes; ein weiteres
Beispiel hierfür dürfte die Gattung Beryx bilden, welche in Madera
ausgezeichnet vertreten ist, indem unter den von mir in Yokohama
gekauften Fischbildern mein eben genannter Freund diese Gattung
mit Bestimmtheit erkannt hat.
Süsswasserfische spielen auf dem Fischmarkt eine geringe
Rolle; man sieht von solchen daselbst fast nur Aale, 7) anango, die
auch eigentlich nur halbe Süsswasserfische sind, höchstens noch
hie und da einen Wels, námasu, Silurus Japonicus Schleg. Sie sind
aber trotzdem keinesweges wenig zahlreich, weder an Individuen,
noch Arten. Ein Fischteich, Karpfen, koi, Cyprinus haematopterus
Schleg., und Karauschen, funa, enthaltend, bei Yeddo, ist ein
Hauptvergnügungsplatz der Angler unter den vornehmen Bewohnern
der Hauptstadt. In den kleinen Bächen und Wassergräben der
Umgegend von Yokohama fand ich mehrmals einen kleinen Weiss-
fisch mit rothgesäumter Afterflosse (Capoeta lanceolata Schleg.,
Achilognathus Bleeker), tanango, ferner Bartgrundeln (Cobitis rubri-
pennis Schleg. 8), ähnliche, noch kleinere Fische aus der Familie der
Cyprinodonten, metaka genannt, Aplochilus latipes Schleg. sp., von
oben grünlich, an den Seiten silbern, und auch Neunaugen (Petro-
myzon Japonicus m.). Lachs- und forellenartige Fische habe ich
in Japan nie gesehen, ausser in den Bilderbüchern, sie scheinen
nur oder doch hauptsächlich auf den nördlicheren Inseln vor-
zukommen, wo die Perry’sche Expedition mehrfach solche gefunden,
wie überhaupt die ganze Familie eine nordische ist.
Als Brackwasserbewohner, in den schwach gesalzenen
Canälen um Yokohama lebend, lernte ich zwei Gobius, einen
Sparoiden, Chrysophrys hasta Bleeker, aber auch einen Cyprinoiden,
Carassius Langsdorffii, und junge Aale kennen.
Wie sich schon aus dem Vorhergehenden ergibt, besitzt die
japanische Sprache eine grosse Zahl von Namen für einzelne Fisch-
arten; schon in der Fauna Japonica werden viele derselben erwähnt,
aber auch manche der in Yokohama sehr häufig genannten nicht,
z. B. fungo für Tetrodon, same für die Haie, ina für Mugil. Ich
gebe daher, theils zur Bestätigung, theils zur Ergänzung auch für
die Fische in Folgendem ein Verzeichniss der mir vorgekommenen
japanischen Namen, indem ich dabei mit I die in Yokohama ge-
hörten und nach dem Gehör aufgeschriebenen, mit II die in der
Encyclopädie und verschiedenen Bilderbüchern gefundenen bezeichne
[119]Namen der Knorpelfische.
und in Anordnung wie Namengebung im Allgemeinen der systema-
tischen Reihenfolge in Bleeker’s sechstem Beitrag zur japanischen
Fischfauna in den Acta societatis regiae scientiarum Indo-Neer-
landicae VIII. 1860 folge. Sehr oft fand ich es passend, nur die
Gattungen zu nennen, da die einzelnen Arten derselben entweder
nicht von den Japanern mit eigenen Namen unterschieden werden,
oder doch in den Bildern nicht zu erkennen sind.
Plagiostomen (Haie und Rochen).
- Haie im Allgemeinen same; Scyllium neko-same I, d. h. Katzen-
hai, wie diese Gattung auch im Mittelmeer in alten und
neuen Sprachen nach Katzen oder jungen Hunden genannt
wird; Bleeker gibt für Scyllium Bürgeri die Bezeichnung
tora, d. h. Tiger. Triakis wani-same I, vergl. wawi-same,
Krokodil. - Grosse Haie, wie es scheint, hauptsächlich Lamna Cornubica L.
sp., heissen fuka II oder zusammengesetzt fuka-same II;
Scymnus in Fiuga kara-tono-bou. - Meerengel, Squatina Japonica Bleek., kás’-same I.
- Hairochen, Rhinobatus, kensame I (Säbelhai?) in der Fauna Japo-
nica steht kemei (keṅ-jei, Säbelrochen?). - Zitterrochen, Torpedo (Astrape) Japonica Schleg., shibirei I, ver-
muthlich sibiri-jei, lahm- (machender) Rochen. - Stachelrochen, Trygon., aka-jei, abgekürzt akai, I, II, rother
Rochen. - Eigentliche Rochen, Raja, keno-jei II.
- Seekatze, Chimaera monstrosa L., gin-same I, Silberhai.
Ganoiden.
- Störe finde ich in keinem japanischen Bilderbuch, obwohl ich
einen solchen (Gruppe Antaceus Gray, vielleicht Acipenser
Chinensis Gray), schlecht getrocknet, angeblich aus Japan
stammend, bei einem Missionär in Nangasaki gesehen habe. - Den chinesischen Schwertstör, sin (Polyodon gladius mihi), hat
die japanische Encyclopädie aus der chinesischen entlehnt,
aber offenbar mit dem Schwertfisch (Xiphias L.) confundirt,
indem sie ihn Steuerdurchbohrer nennt und angibt, dass
er im Frühjahr blind werde.
[120]Stachelbäuche, Platt- und Lippfische.
Plectognathen.
- Kofferfisch, Ostracion, hako-fungo I, von hako, Koffer, Kistchen,
und fungo s. die folgenden, auch isikaki-tai II, Stein-
mauerbrassen, und umi-sus’me II, Meersperling, oder
sus’me-uwo II, Sperlingsfisch, in Fiuga kau-gou II. - Triacanthus brevirostris Val., Schleg. in Fiuga tsuno-fake II
(Hornbürste?). - Monacanthus cirrifer Schleg., eben so; in Yokohama kawa-hangi I,
Lederschiene; in Fiuga yatofake. - Stachelbauch, Tetrodon. Allgemeiner Name fungo I. T. argenteus
Lacep. katsuwo-fungo I, von katsuwo, Thunfisch. Mehrere
Arten recht kenntlich in den Bilderbüchern dargestellt, aber
ohne specielle Namen, so T. firmamentum, inermis, pardalis
porphyreus, rubripes und xanthopterus von Schlegel. - Schwimmender Kopf, Orthagoriscus, ukiki II.
Lophobranchier.
- Seepferdchen, Hippocampus: kaibu II, vielleicht von kai, Schale.
Pleuronectides, Plattfische.
- Butte, Rhombus cinnamomeus Schleg., ishi-ngare I, Steinflunder.
- Flunder, Platessa, kare, geschrieben karei, II und χirame II. Pl.
asperrima führt diese Namen einfach, Pl. variegata Schleg.
wird als oshi-kare I, hosi-ngare oder hosi-χirame II,
Sternflunder, Pl. cornuta Schleg. als musi-kare II, Un-
gezieferflunder, bezeichnet. - Zunge oder Sole, Solea (Synaptura) zebra Bloch und Plagusia
Japonica Schleg., ohne Unterschied sta-χirame I, II,
Zungenflunder; nach der Fauna Japonica usino-sta, Ochsen-
zunge.
Stachelflosser.
- Seeteufel, Lophius setigerus Vahl, anko I, geschrieben angou, II.
- Halieutaea stellata Vahl sp., akangutso I, ak-angko II, rother
Seeteufel oder Rochen-Seeteufel? - Lippfische: Choerops Japonicus Schleg., kandai I — Labrichthys
rubiginosus Schleg., bera I. - Jungfernfisch, Julis, bera I (in Fiuga bero II), nach der Fauna
Japonica kusabi, einzelne Arten nishi-ki-uwo II, Regen-
[121]Barsche und Brassen.
bogen-Goldfisch, und tora-kisu, Tigerbarsch, Alles nach
ihrem bunten Farbenkleide. - Papageifisch, Scarus, in Fiuga tsin, offenbar aus dem Chinesischen
stammend. - Panzerfisch, Monocentris Japonicus auct. (Sciaena cataphracta
Thunberg, Gasterosteus Japonicus Houtt.), einer der eigen-
thümlichsten Fische Japan’s, jebisu-tai I, d. h. Brassen des
jebisu, des Krebs- und Fischgottes. In den Bilderbüchern
finde ich unter diesem Namen eine Figur, welche mehr dem
Myripristis Japonicus Cuv. gleicht. Die Fauna Japonica
gibt für Monocentris den Namen mats’kasa, Tannenzapfen. - Myripristis Japonicus Cuv., nishi-ki-tai II, Regenbogen-Gold-
brassen, oder k’soku-uwo II, Fisch in voller Rüstung,
nach Bleeker l. c. umi-kingjo, Meer-Goldfisch; in der
Provinz Fiuga tsi-iki oder tsi-kiki II. - Seebarsch oder Sägebarsch, Serranus. Allgemeiner Name für
diese und ähnliche Fische ara I, II; einzelne Arten werden
mit besonderen Vorsilben bezeichnet. Schlegel’s Serranus,
mo-ara, glaube ich in einem als hata-siro, Weissflosser,
bezeichneten Bilde wiederzufinden; hata wurde mir in Japan
Serranus octofasciatus = Plectropoma susuki Schlegel
genannt. - Wolfsbarsch, Labrax Japonicus Cuv. Val. (Percalabrax Schleg.,
Lateolabrax Bleeker), suzuki I, II, auch seengo I. - Meerbarbe, Mullus, in der Provinz Fiuga fimedzi.
- Zahnbrassen, Dentex setiger Cuv., Val. (Synagris Sinensis Lacep,
Günth.), itoyori II oder itoyori-tai II, Fadenbrassen, wegen
der fadenförmigen Verlängerung der Schwanzflosse. - Latilus argentatus Cuv. Val. (Coryphaena Sinensis Lacep.), áma-
tai I, II, süsser Brassen, in der Encyclopädie auch kuzure,
nach der Fauna Japonica kusuna. Sehr auffallend durch
das steif abfallende Profil seines Gesichts und die schöne
rosenrothe Färbung, oft abgebildet, so namentlich schon
vom alten Kämpfer, deutsche Ausgabe S. 154, unter dem
Namen »Stumpfnase«. - Brassen, Pagrus und Chrysophrys, tai I, II, häufig auf dem Fisch-
markt und in Abbildungen. Verschiedene Arten, wie P.
cardinalis Lacep. sp., tumifrons Schleg. und major Schleg.,
erhielt ich in Yokohama, dieselben und andere, wie Chr.
[122]Weitere Stachelflosser.
hasta, lassen sich in den Bilderbüchern erkennen; der
gefleckte Pagrus cardinalis führt auf einem Bilde den Namen
ko-tai (junger Brassen?). Uebrigens nannte mein Diener
denselben Namen, tai, mir auch für Abbildungen äusserlich
ähnlicher, doch wesentlich verschiedener Fische, wie Dentex
hypselosoma Bleeker und Beryx sp. In den Abbildungen
der Fische der Provinz Fiuga in Kiusiu finde ich wieder
andere (Provinzial-) Namen, umi-goi, Meerkarpfen, für
Chrysophrys aries, und fada-sako für eine andere Art,
vermuthlich Chr. major. - Girella punctata Gray (Melanichthys Schleg., Crenidens Richardson)
kuro-tai, Schwarzbrassen, I, II. Es scheinen unter diesem
Namen aber auch andere schwarze Fische einbegriffen zu
werden. - Chilodactylus (Pteronemus v. d. Hoeven) zonatus Cuv. Val. und
quadricornis Günther takapa I, isi-tai, Steinbrassen, und
sima-tai, Inselbrassen, II. - Lakaienfisch, Therapon sp., als dsinara und beni-uwo (Rothfisch)
unter den Süsswasserfischen von Kurimoto aufgeführt. - Lethrinus haematopterus Schleg., in der Provinz Fiuga yeba oder
eba II. - Feilenfisch, Labrax hexagrammus Pall., ainame I, umi-ayu, Meer-
forelle, in der Provinz Fiuga II. - Kaulkopf, Cottus sp., eine Süsswasserart kawa okoze, d. h. Bach-
uranoscopus, II, mehrere wahrscheinlich im Meer lebende
Arten kazika II und kokubutsu. - Kaiserfisch, Sebastes marmoratus Cuv. Val., kasango I, II, auch
kitsiku II und kitoki I. Sebastes ventricosus Schleg. ako,
geschrieben akawo II, wahrscheinlich aus aka-uwo, Roth-
fisch, wie auch sein Verwandter in Norwegen genannt
wird (röd-fisk). Eine weitere Art dieser Gattung als miko-
uwo bei Kurimoto. - Pteroïs lunulata Schleg., mino-kasango I, Ohren?-kasango.
- Pelor Japonicum Schleg., okosi II (vgl. Uranoscopus).
- Sillago Japonica Schleg., mudsu I, II, auch kisu II.
- Corvina sima Schleg., ishi-motsi I, II, von ishi (isi), Stein, nach
den grossen Gehörsteinen. - Hoplognathus fasciatus Richardt. (Scarodon Schleg.), kan-dai I
(von tai) oder ishi-tai, Steinbrassen, I, II, sima-tai, Insel-
[123]Makrelen, Thunfische u. s. w.
brassen, II. Dieselben Namen wie bei dem äusserlich ähn-
lichen Chilodoctylus zonatus. - Schnäpperfisch, Acanthurus (Prionurus) scalprum Cuv. Val., ka-
mami-tai I, II, kurofage, schwarze Bürste, in Fiuga II. - Spiesshecht, Sphyraena, verschiedene Arten, kamasu I, II.
- Stichling, Gasterosteus (trachurus Cuv.), fehlt in der Encyclopädie,
ist aber in dem neueren Fischbuche von Kurimoto unter
dem Namen ito-uwo unverkennbar abgebildet. - Makrele, Scomber, saba I, II, die häufigste und im engeren Sinn
so genannte Art ist Sc. saba Bleeker (Sc. pneumatophorus
major Schleg.); in Fiuga uke II. - Thunfisch, Thynnus pelamys L. sp., kátsuwo I, II, ob vielleicht
aus katsi-uwo, Steuerfisch? - — Thynnus maeropterus Schleg., mánguro II, nach der Fauna
Japonica hire-naga, Langflosser. - Cybium Chinense Lacep. Cuv. Val., sawara II, ob etwa als saba-
ara, Makrelenbarsch, zu erklären? Die Orthographie wi-
derspricht. - Degenfisch oder Spitzschwanz, Trichiurus Japonicus Schleg., tatsù I,
richtiger tatsi-uwo II, Degenfisch. Der langen, platten, zu-
gespitzten Form und des Metallglanzes wegen, nannte
schon Oken diese in den Tropenmeeren nicht seltene Fisch-
gattung so, ohne von dem japanischen Namen etwas zu
wissen. Nicht zu verwechseln mit dem Schwertfisch, der
das Schwert am Munde führt (Xiphias). - Segelfisch, Histiophorus orientalis Schleg. Die Fauna Japonica
gibt hierfür den Namen heiwo (ob hei-uwo, Mauerfisch?);
ich finde diesen auffallenden Fisch in den japanischen Bil-
derbüchern nicht, wohl aber einen ähnlichen, doch durch
niedrigere Flosse und kürzeren Schnabel verschiedenen
unter den Fischen von Fiuga als nouraki II. - Trachinotus (Psenes) anomalus Schleg., iwo-tai I, in Fiuga usi hiki II.
- Coryphaena Japonica Schleg. Dorade, fisu oder hisu in der
Provinz Fiuga, II. - Seriola quinqueradiata Schleg., inata I, II.
- — aureovittata Schleg., in Fiuga takabe II.
- Bastardmakrele, Stöker (Trachurus trachurus L. sp. = Caranx
trachurus Japonicus Schleg., Selar Japonicus Bleeker),
adsi I, II. Aehnliche Arten durch verschiedene Vorsilben
[124]Meeräschen, Seehähne, Meergrundeln.
unterschieden, so bei Schlegel Caranx (Decapterus) muro-
adsi von muro, Haus, und C. maru-adsi von maru, rund,
vollkommen; letzterer scheint dieselbe Art mit dem sima-
adsi eines der Bilderbücher, von sima, Insel. - St. Peterfisch, Sonnenfisch, Zeus Japonicus Cuv. Val., mato-tai,
Zielscheibenbrassen I, der schwarze Fleck in der Mitte
des Fisches mit dem Schwarzen in der Scheibe verglichen;
kangami-tai, Spiegelfisch, II. Unter letzterem Namen er-
hielt ich zu Yokohama einen ähnlichen, doch verschiede-
nen, rein silberfarbigen Fisch. In Fiuga oito-dai. - Blepharis Indicus Cuv. Val., in Fiuga muma-hiki, von muma, Pferd.
- Stromateus punctatissimus Schleg. (aculeatus Schneid., Bleek.),
mana-katsuwo, Augenthunfisch, II. - Meeräsche, Mugil cephalotus Cuv. (Japonicus Schleg.) und haema-
tochilus Schleg., ina I, bora II, menada II, iwashi II,
nayosi II. Wie in Europa, so werden sie wahrscheinlich auch
in Japan von den Fischern mehr practisch nach Grösse
und Vorkommen mit verschiedenen Namen bedacht, so
dass es schwierig ist, die einheimischen Namen auf die
von den Naturforschern unterschiedenen, unter sich sehr
ähnlichen Arten zu vertheilen. - Sterngucker, Uranoscopus, mehrere Arten, okosai, okote, mi-
shima-okosai I (okose nach der Fauna Japonica); kana
bisya zinzoku in der Encyclopädie. - Fliegender Seehahn, Dactylopterus Orientalis Cuv. Val., mok’fu-
tombi, von tombi, Weihe, I (okasi in der Encyclopädie?). - Seehahn, Trigla kumu Less., ho-o oder hobo, auch hobu-tai II,
vielleicht von ho-o, Wange, wegen der gepanzerten
Wangengegend. - Priacanthus benmebara Schleg., in Fiuga ben-kei II (ben, roth).
- Plattkopf, Platycephalus insidiator Schneid. und andere Arten,
kotsi II. - Spinnenfisch, Callionymus, mehrere Arten, me-ngotsi I, d. h.
Augenplattkopf, wegen der grossen Augen, in Fiuga no-
tohosari II. - Meergrundel, Gobius, haze I, II; die verschiedenen Arten mit
verschiedenen Vorsilben, zuweilen auch mit ganz eigenen
Namen, so Gobius flavimanus Schleg., bonoko II, G. oli-
vaceus Schleg., kanangisi II, eine weitere Art, isi-butsi, d. h.
[125]Schleimfische, Welse und Karpfen.
zwischen den Steinen liegend, II. Auch eine Art in Flüs-
sen, kawa-haze II. - Springfisch, Periophthalmus und Boleophthalmus, mutsugorou in
dem Buche von Kurimoto, in der Fauna Japonica steht
motsiguro (was auf kuro, Erhöhung zwischen zwei Acker-
furchen, deutet, da dieser Fisch, im weichen Schlamm-
boden kriechend, förmliche Furchen hinter sich lässt). - Schleimfisch, Blennius (oder Brotula imberbis Schleg.?), guri suna-
mu II, von suna, Sand. - Butterfisch, Gunellus nebulosus Schleg., gimpo I.
- Pfeifenfisch, Fistularia immaculata Commers., yangara II, yákara I.
- Schiffshalter, Echeneis, funa-tome II, ebenfalls wörtlich Schiffs-
halter.
Labyrinthfische.
- Schlangenkopf, Ophicephalus sp., unter dem chinesischen Namen
li-yu bei Kurimoto abgebildet, mit der ausdrücklichen
Angabe, dass er aus China eingeführt sei.
Weichflosser (meist Süsswasserfische).
- Wels, Silurus asotus L. (Japonicus Schleg.), námasu I, namadzu II.
- Stachelwels, Bagrus aurantiacus Schleg., gigi II, eine weitere
Art gigi-ū II. - Streifenwels, Plotosus anguillaris Lacep. s. lineatus Val., miko-
uwo; bei Kurimoto noch eine weitere Art, sitso-uwo. - Karpfen, Cyprinus haematopterus Schleg. (flavipinna Hasselt,
Bleeker), koi (kohi) I, II, eine Abart? mingoi, Kaiser-
karpfen, II. - Goldfisch, Carassius auratus L. sp., kingyo (geschrieben ki n gi
yo) I, II. - Karausche, Carassius Langsdorffi Schleg. und mehrere ähnliche
Arten, funa, allein oder mit verschiedenen Vorsilben, I, II. - Barbe, Barbus sp., migoi II.
- Weissfische: Leuciscus (Achilognathus) lanceolatus Schleg. sp.,
tanango I, II — (Opsarius) Temmincki Schleg.? hasu II
— (Ops.) platypus Schleg.? yamabuki II. L. Sieboldi
Schleg., abura-ke, von abura, Fett. - In dem hauptsächlich den Süsswasserfischen Japans
gewidmeten Buche von Kurimoto findet sich noch eine
[126]Weitere Weichflosser.
ganze Reihe Cyprinoiden mit eigenen Namen (mehrere da-
von mit -haye zusammengesetzt) abgebildet, aber obwohl
die Abbildungen gut genannt werden dürfen, reicht doch
ihr Détail nicht hin, um sie auf die von Schlegel und
Bleeker unterschiedenen Arten zu reduciren. Einen andern
Weissling, mit Thynnichthys verwandt, erhielt ich unter
dem Namen ungui. - Bartgrundel, Cobitis, verschiedene Arten, dos’yo, dodso-o
(dodziyau) II. - Zahngrundel, Poecilia latipes Schleg. (Aplochilus Bleek.), medaka
I, II, in Fiuga zingi II. - Lachs und Forelle, Salmo, ai oder ayu II, nebst andern seltener
vorkommenden Namen, z. B. ihana, bei Kurimoto: sake,
masu u. a. für verschiedene Arten. - Eidechsenfisch, Saurus trachinus Schleg. (myops Val. Bleeker),
yama-me II, d. h. Bergauge, weil das Auge hoch ange-
bracht ist. - Sardelle, Engraulis Japonicus Schleg., isaza II.
- Häring, Clupea sp., wakasangi II.
- Borstenhäring, Chatoëssus punctatus Schleg., konóshiro I, II.
- Nasenhäring, Coilia Grayi Richards. (nasus Schleg.), yesu II, etsu II.
- Leucosoma Chinense Gray? sira-uwo, Weissfisch, II, öfters ab-
gebildet. - Halbschnabel, Hemiramphus sayori Schleg., sáyori I, II, häufig.
- Hornhecht, Belone (gigantea oder gracilis Schleg.), saira, saira-
norangi II, von sai, Spiess; tatsu I, in Fiuga nai-raki und
ein ähnlicher Fisch sazu. - Fliegender Fisch, Exocoetus L., tobino-uwo II, d. h. Hühnerweih-
fisch, den Flug desselben mit dem des häufigsten Raub-
vogels vergleichend. - Grenadierfisch, Maerourus Japonicus Schleg., méname I.
- Aal, Anguilla Japonica Schleg., unangi II, in Fiuga hidaka II,
eine andere Art als mitsu-hebi (Wasserschlange) bei Ku-
rimoto. - Meeraal, Conger bagio Cantor (hamo Schleg., Muraenesox b.
Kaup), hamo I, II. Eine andere Art, C. anago Schleg.
und Anguilla myriaster Brevoort (narrative exp. Perry II.
pl. XI. f. 2.), anango I, II (gefleckt). - Muraene, Muraena variegata Richards. (nebulosa Thunberg., minor
[127]Neunauge. — Herbstblumen.
Schleg. Poecilophis v. Kaup), tscha-unangi, Theeaal, I,
kidango-unangi II.
Lampreten.
- Neunauge, Petromyzon sp., yatsume-unangi, Achtaugenaal, I, II,
auch suna-yatsume, Sandachtauge, II.
Dieses Neunauge, oder, wie die Japaner mit etwas weniger
Unrecht sagen, Achtauge, ist schon in der Encyclopädie abgebildet
und daraus schon von Kämpfer entlehnt, fehlt aber in allen späteren
Verzeichnissen japanischer Fische. Ich erhielt es zu Yokohama auch
nur Einmal von den Eingebornen, zusammen mit Süsswasserfischen;
die Encyclopädie sagt, es lebe in Baien und Binnenseen.
Endlich findet sich in dem schon erwähnten Buch, das haupt-
sächlich Süsswasserfische enthält, unter dem Namen sira-uwo-no-
woba, Tante des Weissfisches (Leucosoma), ein ganz einfaches
Fischchen dargestellt, das fast nur durch ein deutliches Auge von
Amphioxus zu unterscheiden ist.
6. Wirbellose Landthiere.
Auf dem Lande hat der Botaniker vor dem Zoologen den
Vortheil, dass seine Beute zugleich ins Auge fällt und still
hält, er daher unterwegs viel findet und mitnimmt, während viele
Thiere durch die Flucht der Hand, noch mehr durch ihren ver-
steckten Aufenthalt selbst dem Auge des vorübergehenden Menschen
sich entziehen. So kamen denn die Botaniker von unsern ersten
oft gemeinschaftlichen Excursionen stets mit vollen Händen zurück
und setzten dieselben im October Tag für Tag unermüdlich mit Erfolg
fort. Schon die Waldränder boten in dieser ersten Zeit noch eine
reiche Anzahl von Blumen, worunter namentlich ein weisses Gera-
nium, eine weisse Adenophora (Campanulacee), hellrothe Polygonum
und Labiaten, ein gelbes Bupleurum, dem europäischen falcatum
mindestens ähnlich, und als einzige recht fremdartige Form die
vergissmeinnichtblaue Commelyna, eine ostindische Gattung, mir als
häufig im Gedächtniss geblieben sind; später, um Mitte October
bis in den November, waren diese seltener, Sanguisorba und Gen-
tiana, Aster und Distel häufig, eine Aster fand ich am 27. November
noch in Blüthe.
Dieser Buntheit gegenüber machten sich unter den niedern Thie-
ren nur die charakteristischen thaler-grossen gelben dunkelgebänder-
[128]Landschnecken, Schmetterlinge, Cicade.
ten Landschnecken, kata-tsuburi oder maimai-tsuburi, wan-
dernde Knöpfe genannt, geltend, die ich, Dank den vorher-
gehenden Regentagen, gleich auf der ersten Excursion in Mehrzahl
gefunden; Helix peliomphala Pfr. und H. quaesita Fer., sowie einige
Schmetterlinge, diese scheinen aber, wenigstens zu dieser Jahres-
zeit, nicht sehr zahlreich zu sein; unter andren sah ich noch am
dritten November einen solchen fliegen, den ich nicht von unserem
europäischen Admiral, Vanessa Atalanta L. sp., unterscheiden konnte.
(Thunberg nennt noch zwei andere europäische Arten, den kosmopo-
litischen Distelfalter, Vanessa cardui, und den Todtenkopf, Ache-
rontia Atropos.) Die Schmetterlinge, die ich am häufigsten und
ebenfalls bis in den November hineinfliegen sah, gehörten in die
Reihen der Weisslinge Pieris, Gelblinge Colias und Bläulinge Ly-
caena. Auch die japanischen Bilderbücher geben wenige und oft sehr
undeutliche Darstellungen von Schmetterlingen; darunter lässt sich
ein grösserer Ritter von den Umrissen unseres Schwalbenschwanzes,
vermuthlich Papilio Xuthus L., erkennen, der age-bano-tefu der
Encyclopädie und der yama-tsio von Kämpfer. Die allgemeine
Bezeichnung der Schmetterlinge im Japanischen ist von dem chine-
sischen tsie entlehnt, wird mit den zwei Silbenzeichen te-fu ge-
schrieben, aber teo oder tsio, aus tio, ausgesprochen (Mittheilung
von Prof. Hoffmann); in Yokohama hörte ich den Namen noch
mehr verkürzt und meist verdoppelt tso-tso sprechen. Age-bano-
tefu bedeutet Schmetterling mit aufgerichteten Flügeln, bezeichnet
also sehr passend die Tagfalter. Raupen sind mehrfach in der
Encyclopädie dargestellt, unter eigenen Namen und nicht neben den
dazugehörigen Schmetterlingen, so die haarigen ira-musi und ke-
musi, Haarinsekt; eine Spannraupe, Geometra, sehr deutlich als
shakutori-musi (siyaku etc.), eine Schmetterlingspuppe als nisidotsi.
Durch ihr lautes Geschrei machte sich während der ersten
Zeit unsrer Anwesenheit sehr bemerklich eine meist an Baumstäm-
men sitzende Cicade, die semi der Japaner, und diesen eben so
allbekannt, wie den Italienern ihre ähnliche europäische Schwester,
denn man findet sie sehr oft auf Bildern, als Bronzefiguren und dgl.
wieder. Schon der alte Kämpfer berichtet ausführlich und richtig
über dieselbe, obwohl er sie als Käfer aufführt. Er nennt die
grösste Art kuma-semi, Bärencicade, in der Encyclopädie aber finde
ich muma-semi, Pferdecicade.
[129]Heuschrecken. Käfer.
Zahlreich und mannichfaltig waren während des ganzen Herb-
stes die Heuschrecken nebst Verwandten in den Feldern und
an den Wegen. Acridien, unserer deutschen Schnarrheuschrecke
ähnlich, aber mit gelben statt rothen Unterflügeln, flogen auffallend
geräuschvoll vor dem Herannahenden auf, und die schlanke spitz-
köpfige bläulichgrüne Truxalis sass an den Gräsern oft so, dass
man sie selbst für ein noch unentwickeltes Grasblatt ansehen konnte.
Auch an langhörnigen Heuschrecken fehlte es nicht, wie ich deren
eine, noch Larve, auf der ersten Excursion im ersten hohlen Baume
fand. Demgemäss hat das Japanische auch eine Reihe eigener Na-
men für diese Thiere: inago ist die gewöhnliche Bezeichnung der
Schnarrheuschrecken, Acridium; kiringisu heissen die langhörnigen,
Locusta. Unter dem Namen nengi (ne gi) stellt die Encyclopädie
sehr kenntlich die Truxalis dar, korongi derselben ist eine Feld-
grille, doch hörte ich dieselbe Bezeichnung in Yokohama auch für
Heuschrecken. Kera ist eben so unverkennbar die Maulwurfsgrille,
Gryllotalpa, und kama-kiri die Fangheuschrecke, Mantis, welche
ich bis Ende October häufig in der Umgegend von Yokohama, oft
grüne und braune beieinander, sah; die Maulwurfsgrille kam eines
Abends in unsere Wohnung geflogen, wie ich es später öfters im
indischen Archipel, aber nie in Europa gesehen. In den Büchern,
namentlich der Encyclopädie, finden sich noch andere Bezeichnun-
gen für ächte Heuschrecken, so itodo, hata-ori, hata-ku (ich
hörte den Namen einfach bata aussprechen) und one-musi.
Weniger bemerklich machten sich die Käfer; auf den ersten
Excursionen fielen mir grüne gelbbraun bestäubte Blumenkäfer,
Hoplia, auf; unter den später theils gefundenen, theils von einem
jungen Kaufmann in Yokohama, Herrn Noack, mir gegebenen waren
die ansehnlichsten ein Hirschschröter, Lucanus, dem europäischen
capreolus ähnlich, oni-mushi, Teufelsinsekt, von meinem Diener
genannt, ein dunkler Prachtkäfer, Buprestis Japonica, von den Di-
mensionen der grösseren europäischen Arten, und mehrere Lauf-
käfer, Carabus. Der grosse schwarze Damastor, auf welchen man
mich vor der Abreise besonders aufmerksam gemacht hatte, ist mir
in Japan nirgends zu Gesicht gekommen; Dr. Mohnicke, ein eifriger
Käfersammler, der mehrere Jahre in Nangasaki zugebracht, sagte
mir später auf mein Befragen, dass er ihn auch nie gesehen und
dass er bezweifle, ob er in Japan lebe; dagegen gibt Fortune an,
ihn wieder daselbst gefunden zu haben, wenn ich nicht irre.
Ost-Asien. Zoologisch. I. 9
[130]Tausendfüsse, Flohkrebse u. dgl.
Eine Anzahl Käfer mit besondern Namen findet sich in der Ency-
clopädie und andern japanischen Bilderbüchern dargestellt, aber
ohne eine grössere Sammlung japanischer Käfer vor Augen zu ha-
ben, wird es nicht leicht sein, sie zu errathen. Ebenso ist es mit
den Neuropteren und Dipteren. Hadsi ist der Name der Biene und
damit das allgemeine Grundwort für die Bezeichnung der Hymenop-
teren: yama-batsi, wilde Biene, heisst in der Encyclopädie eine
Art Hummel, Bombus; taka-batsi, Falkenbiene, und andere Zu-
sammensetzungen bezeichnen verschiedene Wespen. Kuma-batsi,
Bärenbiene, nannte mir mein Diener die Horniss; andere gaben pas-
sender diesen Namen der Hummel und bezeichneten die Horniss als
oho-batsi, grosse Biene.
Die flügellosen Gliederthiere findet man auch hier am
leichtesten durch Aufheben des abgefallenen Laubes und der Steine,
zwischen Baumwurzeln und dgl., so von eigentlichen Insekten Ohr-
würmer, Forficula, hasami-musi, d. h. Scheereninsekt, der Ency-
clopädie, und Johanniswürmchen, Larven von Lampyris, vermuth-
lich Japonica Thunberg; ferner verschiedene Spinnen, k’mo (kumo),
Tausendfüsse verschiedener Gattungen, wie kleine hellgelbe Iulus,
orangegefleckte Polydesmus (Japonicus und Martensi Peters), osa-
musi der Encyclopädie, Scolopendra, mukade, bis fingerslang und
kleine schlanke Geophilus; der Biss der Scolopendra ist schmerzhaft,
doch ohne weitere Folgen, wie ich an mir selbst erfuhr. Von
Crustaceen fanden sich ebenda mehrerlei Kelleresel, Porcellio, ome-
musi der Encyclopädie, und Armadillidium, alle von europäischem
Habitus. Um so mehr fiel es mir daher auf, gleich bei der ersten
Excursion zwar unter feuchtem Laube, doch mitten auf dem Lande,
weit von irgend einer Wasseransammlung entfernt, am Waldrande,
in Gesellschaft von Polydesmus und Porcellio, ein kleines krebs-
artiges Thier zu finden, dass sich sogleich durch seine flohartigen
Sprünge als zur Familie der Flohkrebse (Amphipoda saltantia) ge-
hörig und bei näherer Untersuchung als naher Verwandter der-
jenigen Art herausstellte, welche an den Sandgestaden der Ostsee
so häufig ist, Talitrus locusta Pall. Diese lebt bekanntlich auch
hauptsächlich an der Luft, nicht unter Wasser, und wie sie den
wirklich meerbewohnenden Gammarus, so steht unsere neue Art,
Orchestia humicola m., den langbekannten Gammarus des süssen
Wassers gegenüber. In der Encyclopädie, Band 53., Seite 13, ist
er unter andern Landthieren kenntlich dargestellt; er ist daselbst
[131]Nacktschnecke. Libellen. Wasserkäfer.
als tobi-musi, Raubvogelinsekt, bezeichnet, ohne Zweifel mit Be-
ziehung auf seine weiten flugartigen Sprünge, und gesagt, dass er
an feuchten Stellen unter Töpfen und Geräthen, auch in Löchern
in der Erde sich aufhalte und den Mäusen sich auf den Rücken
setze. Ich fand ihn später noch öfter, aber er ist seiner Schnel-
ligkeit wegen schwer zu erhaschen; er ist dunkelrothbraun gefärbt
und geht für gewöhnlich aufrecht, wie Talitrus locusta, nicht auf
der Seite liegend, wie unsere Gammarus, wenn sie aufs Trockene
kommen. Auch Regenwürmer, Lumbricus, japanisch mimisu, sind
an solchen Stellen häufig, übrigens den unsern ähnlich. Dagegen
vermisste ich unsere Nacktschnecken; die einzige, die ich in einem
hohlen Baumstamm fand, überhaupt die einzige Art, welche bis
jetzt aus Japan bekannt ist, Philomycus bilineatus, gehört einer
Gattung an, die in Europa nicht vertreten, dagegen Ostasien und
Amerika gemeinsam ist. Sie ist in der Encyclopädie kenntlich als
namekudsi (von name, gleiten), die Hausschnecken, Helix, als
katadsuburi abgebildet; in Yokohama nannte man mir die letzteren
mai-mai-tsuburi.
Nicht an der Erde, wie andere Tausendfüsse, sondern an
Baumstämmen (in Italien an den Wänden der Zimmer) findet sich
die zierliche langfüssige und rasche Cermatia, die japanische Art
hat sehr lange Hörner und ist recht kenntlich in der Encyclopädie
und verschiedenen Bilderbüchern abgebildet unter dem Namen
ketsiku oder kesi-kesi, meinen Diener hörte ich sie kosiki nennen.
Wieder andere Thiere finden sich an und in den Teichen
und Wassergräben. Der Nattern, Frösche und Wassersala-
mander ist schon früher gedacht. Die Schmetterlinge werden durch
die Libellen, japanisch tombo, ersetzt; auch hier, wie im tropi-
schen Ostasien, sind die häufigsten solche aus der Abtheilung
Agrion, mit schlankem, meist blutrothem Leibe, doch sah ich auch
eine grosse Aeschna öfters und finde in der Encyclopädie als yama-
tombo beide Formen dargestellt. Ueber die Oberfläche des Wassers
hin gehen, wie in Europa, die leichten spinnenfüssigen Wasser-
treter, Hydrometra, auch in den Bilderbüchern unter dem sonder-
baren Namen katsuwo-musi, Thunfischinsekt, sehr deutlich gezeich-
net; in der Wasserfläche zieht seine Kreise, ebenfalls wie bei uns,
der Tummelkäfer, Gyrinus, ähnlich dem europäischen, doch
etwas grösser, ganz passend als Tänzerin-Insekt, maiku-musi
in der Encyclopädie bezeichnet; durch das Wasser schwimmt der
9*
[132]Wasserwanzen. Süsswasserkrabben.
eigentliche Schwimm- oder Tauchkäfer, Dytiscus (marginalis L.?),
kunane mus’ mir in Yokohama genannt, und zwischen den Wasser-
pflanzen des Grundes wandelt, ohne zu schwimmen, ein riesiger
Verwandter unseres Wasserskorpions, Belostoma, 62 Millimeter
lang und 24 breit, plattgedrückt und erdfarbig; dieses kleine Teich-
ungeheuer habe ich mehrmals in dem einen an Salamandern reichen
Teiche zwischen den Hügeln südlich von Yokohama gefangen, ohne
dass es mich je gestochen hätte, so wenig als der europäische
Wasserskorpion, Nepa cinera; es ist ohne Zweifel der tangame
(tagame) der Encyclopädie, obwohl unter den Landinsekten, aber
doch im Wasser, dargestellt; dieselbe enthält noch ein anderes
Wasserungethüm, isango-musi, Sand- oder Staubinsekt genannt,
das trotz Vogelschnabel und zweizehiger Füsse doch wohl nichts
anderes sein dürfte, als die Larve einer Libelle, die aber schon
vorher einmal als taiko-musi, Trommelinsekt, vorkommt. Auch
eine ächte Nepa fand ich in kleinen Gräben der Reisfelder, Ranatra
in dem Salamanderteich und Notonecta in kleinen Bächen, endlich
auf einem andern Teiche den schlanken Limnobates Burm., den
bedächtiger schreitenden Verwandten der stossweise rennenden Hy-
drometra, alle von den europäischen Arten ohne nähere Verglei-
chung nicht zu unterscheiden.
Mehr Leben machen die Krabben, kani. Während nämlich
die grössere Hälfte von Europa und fast ganz Nordamerika keine
Süsswasserkrabben kennt, wohl aber die subtropischen und
tropischen Gegenden, sind solche in Japan noch sehr häufig. Ich
war das erstemal nicht wenig überrascht, als ich mitten im Wald
an einem kleinen stillen Bach mit lehmigem Ufer plötzlich ein paar
Krabben erblickte, welche am Wasserstrand zwischen den Baum-
wurzeln leise dahinwandelten; da sie sehr scheu waren und ich
kein geeignetes Fanginstrument bei mir hatte, blieb nichts übrig,
als ruhig an ihren Löchern dicht über Wasser, wohin sie sich bei
meiner ersten Bewegung geflüchtet, abzuwarten, und sowie sie an
deren Oeffnung zum Vorschein kamen, durch Einstossen des Stockes
hinter ihnen die Höhle zu verschütten und zugleich mit der andern
Hand sie im getrübten Wasser zu haschen. Später traf ich sie
wohl mehrere Schritte vom Wasser, aber doch nie so weit davon
entfernt, dass sie nicht in wenig Augenblicken es hätten erreichen
können; Landthiere sind es daher nur in dem Sinne, wie etwa un-
sere grünen Wasserfrösche, indem sie mehr an der Luft als im
[133]Krebse und Schnecken des süssen Wassers.
Wasser leben, aber sich doch nie weit von diesem trennen. Es
waren dreierlei, Telphusa Berardi Haan = Geotelphusa de Haani
Stimps., Sesarma quadrata Haan und haematochir Haan, letztere
mit schön scharlachrothen Scheeren. Die Telphusa sah ich nur
binnenlands, die Sesarmen ebenso, aber auch an der Mündung eines
Baches, ganz nahe dem Meere, doch immer noch im süssen Wasser
und ausserhalb des Wassers zwischen Landpflanzen. Die Ency-
clopädie führt drei Süsswasserkrabben auf; die erste kurzweg kani
genannt, eine zweite kleinere als asiwara-kani, Schilfkrabbe,
und die noch kleinere isi-gani, Steinkrabbe, aus kleinen Bächen.
Die Zeichnungen sind nicht genau genug, um die Gattung zu be-
stimmen. Nach Hoffmann führt Sesarma haematochir den passenden
Namen Bergkrabbe, yamagani oder yamazogani.
Ein ächter Flusskrebs, dem europäischen sehr ähnlich, wird
schon von Kämpfer9) angedeutet, von Thunberg als Cancer astaeus
aufgeführt und von de Haan in der Fauna Japonica als Astaeus
Japonicus näher beschrieben; sonderbarer Weise habe ich ihn in
Japan weder in natura noch irgendwie abgebildet zu sehen bekom-
men, vielleicht kommt er nur im höher gelegenen Binnenlande vor,
jedenfalls wird er demnach in Japan als Speise nicht sonderlich
geachtet. Dagegen ist eine kleinere Garneele, Palaemon sp., kurz-
weg yebi, bestimmter kawa-yebi, Flussgarneele, häufig in fast allen
süssen Gewässern der Umgegend von Yokohama. Auch wirkliche
Süsswasseramphipoden, Gammarus, sind mir vorgekommen, aber
ich kann mich nicht erinnern, die in Europa häufige Süsswasser-
assel, Asellus, gefunden zu haben; dagegen ist eine Kugelassel,
Sphaeroma, aus den Gräben der Reisfelder zu nennen, die zweite
Art meines Wissens, die im süssen Wasser beobachtet wurde (die
erste fand ich in den pontinischen Sümpfen).
Sehr zahlreich an Individuen sind die Süsswasser-Mol-
lusken, namentlich auch weit zahlreicher als die Landschnecken.
Zweierlei grosse Paludinen, P. Japonica Martens und P. malleata
Reeve, im allgemeinen unsern europäischen ähnlich, nisi oder ta-
nisi, Feld-nisi, finden sich massenweise in den Gräben der Reis-
felder am Boden, eben so träge und schwerfällig wie die euro-
päischen. Etwas seltener sind Limnäen und ein kleiner Planorbis; von
Melania, einer Gattung des fliessenden Wassers, die in Europa nur
durch Eine in einem Theil des Donaugebiets, in Nordamerika aber
nordwärts bis zu den grossen Seen reich vertreten ist, sind mir
[134]Süsswassermuscheln.
einige Arten um Yokohama vorgekommen, alle nur an beschränkten
Lokalitäten, aber dort in Mehrzahl: die eine, M. ambidextra, im
Fluss zwischen Yokohama und Kanagawa, nahe vor seiner Mündung,
noch im süssen Wasser; eine zweite fand Herr Wichura zuerst auf
dem Wege nach der Mississippibai an Felsen, da, wo sie von herab-
rieselndem Wasser benetzt wurden. Die Encyclopädie führt sie
unter dem Namen mina oder nina als Bewohner steiniger Bäche
auf. Süsswasser-Neritinen fanden sich um Yokohama keine, wohl
aber bei Nangasaki eine stark abgenagte ovale Art an grösseren
Steinen eines Baches. Von Muscheln dagegen traf ich um Yoko-
hama eine mittelgrosse Anodonta einigemal in den aufgestauten
Teichen am obern Ende der kleinen Thäler, und eine statt-
liche Cyrena (Untergattung Corbicula Desh.), sisimi, zahlreich in
den Gewässern von Odsi bei Yeddo; es ist dieses das nördlichste
mir bekannte Vorkommen der Gattung. Sie scheint von den Japa-
nern gegessen zu werden, denn ich fand einen Haufen leerer Scha-
len derselben an unsrem Landungsplatze in Yeddo, als ich zuerst
den Fuss auf japanischen Boden setzte, wahrscheinlich Ueberbleibsel
von einer Mahlzeit der wachehabenden Beamten. Die Cyrena ist
allgemein bekannt als sisimi, auch sisime und sitsime gesprochen;
für Anodonten und Unionen hat die Encyclopädie zwei Artikel mit
je zwei Namen: 1. nangata-kai oder dobu-kai, 2. karasu-kai, Ra-
benmuschel, oder kamisori-kai, Rasirmessermuschel, weil sie, im
Schlamme versteckt, die Füsse der unvorsichtig Hineintretenden
verletzt; in Yokohama kennt man keinen von diesen, sondern nur
haike.
Endlich ist unter den Süsswasserthieren noch der Blutegel,
χiru, zu erwähnen, deren sich verschiedene um Yokohama fanden,
theils unserem medicinischen ähnliche, buntgestreift, doch kleiner,
theils die flachgedrückten aus der Gattung Clepsine. Die ersteren
werden auch von den japanischen Aerzten zu Blutentziehungen
benutzt.
Die genannten Süsswasserthiere bilden die Hauptbevölkerung
sowohl der Teiche, als der kleineren Wassergräben am Rande der
Reisfelder, zwischen und an den Stengeln und Blättern von Ne-
lumbium, Potamogeton, Ranunculus, Sagittaria und anderer Wasser-
pflanzen. Die Reisfelder selbst, die in der zweiten Hälfte des Herb-
stes regelmässig unter Wasser standen, boten weniger, von Pflanzen
hauptsächlich Pontederia, von Thieren Frösche und Paludinen.
[135]Einfluss der Jahreszeit; schädliche Insekten.
Was den Einfluss der Jahreszeit betrifft, so waren schon
Ende Septembers, als wir noch mehr schwitzten als froren, die
grossen Landschnecken: Helix peliomphala, quaesita und myomphala,
selten geworden und Ende Octobers ganz verschwunden; auch
kleinere Arten fand ich um diese Zeit schon mit ihrem Winterdeckel
versehen im Moos. Die Heuschrecken und rothen Libellen dagegen
waren noch zu Anfang Novembers häufig; am 27. desselben Monats,
nachdem schon mehrmals des Morgens Reif eingetreten war, fand
ich Libellen und gelbe Schmetterlinge noch fliegend, die Land-
amphipoden noch munter, und am 28. November in einem der
Teiche die Wassersalamander, Triton subcristatus, und Sumpf-
schnecken, Paludina Japonica, noch in Bewegung, aber keine
Frösche und keine Wasserinsekten mehr.
Um Nangasaki fand ich im Februar, trotz des milden Wetters,
bei dem schon viel Grünes zu sehen war, Alles sprossend und
treibend, noch keine kriechende Landschnecke, sondern nur im
Winterschlaf begriffene oder leere Schalen, dagegen kleine Scolo-
pendra, Porcellio und die Landamphipoden schon in Thätigkeit.
Trotz der ungünstigen geognostischen Beschaffenheit — Trachyt
und Schiefer, kein Kalk — war die Anzahl der hier in Kurzem
gefundenen kaum geringer als diejenige um Yokohama, meistens
dieselben Arten, Helix peliomphala durch die dunkelbraune Helix
Luhuana (von den Liukiuinseln) ersetzt; bei dem felsigen Terrain
war aber der Mangel an Clausilien und Pupen noch mehr auffallend.
Dagegen fand ich die einzige grössere Cyclostomacee Japan’s,
Cyclophorus Herklotsi, nur hier, nicht um Yokohama.
Insekten, die dem Menschen direct schädlich oder lästig
werden, gibt es in Japan so gut wie anderwärts, doch auch nicht
in höherem Grade; so Fliegen hai, Ameisen ari, die geflügelten
ha-ari, Federameise, eine grössere Art χi-ari, Feuerameise genannt,
Motten χitori-musi — Feuervogelinsekt —, Milben dani, Flöhe
nomi und Läuse sirami (tsubi-sirami, Pediculis pubis, usi-sirami
die Zecke, Ixodes). Die Stechmücken, Culex, ka, sind nicht
schlimmer, als auch in Europa im Herbst in sumpfigen Gegenden;
die Encyclopädie scheint ihre Entstehung aus den im Wasser
lebenden Larven, bofuri-musi, zu kennen. Ferner finde ich in
derselben sehr kenntlich das niedliche Zuckergästchen, Lepisma
saccharinum L., als simi, und auch die Kakerlake oder Küchen-
schabe, cockroach der Engländer, welche wir auch auf unseren
[136]Schädliche Insekten; Seidenraupe.
Schiffen in Fülle hatten, Blatta orientalis L., ist in Japan bekannt
unter dem bezeichnenden Namen abra-mushi (abura-musi), Fett-
insekt, Oelinsekt. Ob beide in Japan eingeführt oder seit Menschen-
gedenken vorhanden, darüber ist in der Encyclopädie keine An-
deutung zu finden, nur die Bemerkung, dass das erstere mit Büchern
verbreitet werde, lässt sich darauf beziehen; es ist auf einem Briefe,
den es durchlöchert, dargestellt. Skorpione habe ich in Japan nicht
gesehen; weder Kämpfer noch Thunberg erwähnen solcher, und
auch in den Bilderbüchern ist von dieser doch auffälligen Thierform
nichts zu sehen, ausser einem etwas räthselhaften Bilde der Ency-
clopädie, Band 52. Fol. 20. verso, des senkats’, das nur in China
vorkommen soll und damit die Abwesenheit derselben in Japan be-
stätigt. Ferner sind mir weder Wanzen noch Termiten vorgekom-
men, doch erwähnt Kämpfer der letzteren sehr bestimmt, mit der
japanischen Benennung do-toos, Bohrer.10)
Die nützlichsten Insekten Japan’s sind die Seidenraupen.
Es war mir vor der Abreise noch besonders aufgetragen worden,
die Naturgeschichte der Noctua serici zu ermitteln, welche Thun-
berg nach Angabe der Tolken (Dolmetscher) als die Seidenraupe
Japan’s beschrieben hat, und unterdessen hatte ein anderer japani-
scher Seidenschmetterling, der Yama-mai, durch seine bescheidene
Nahrung von Eichenblättern die Begierde der europäischen Accli-
matisationsvereine erregt. Jene Aufgabe wurde nicht gelöst, da in
den uns zugänglichen Gegenden von Japan keine Seidenzucht ge-
trieben wird und mir auch im Freien der betreffende Schmetterling
nie vor Augen kam. Ein japanisches Buch über Seidenbau in drei
heften bildet nur Eine Art von Seidenraupen und deren Schmetter-
ling ab, die in der sehr verkleinerten Zeichnung unseren europäischen
Bombyx mori zeigt. Was ich sonst erfuhr, durch mündliche Er-
kundigung bei Leuten, deren Interesse oder Studium ihnen diese
Gegenstände näher legte, ist Folgendes:
Herr Kaufmann Mertens in Yokohama theilte mir im
September 1860 mit, es gebe zweierlei Seidenraupen in Japan, die
eine sei dieselbe mit der europäischen und fresse ebenfalls Maul-
beerblätter, die andere sei eine verschiedene Art und fresse die
Blätter einer Eichenart, welche Eiche auch bei Yokohama wachse.
Die Districte, aus denen Seide nach Yokohama zum Verkauf ge-
bracht wird, liegen in einem weiten Bogen nördlich und westlich
von Yeddo, bis Miako hin. Die Jahreszeit, in der die Raupen leben
[137]Zweierlei Seidenraupen in Japan.
und spinnen, ist der Monat Mai; ob eine zweite Zucht und Ernte
im Herbst stattfinde, konnte er nicht sagen. Die Seide dieser Art
sei übrigens viel gröber, als die der Maulbeerraupe, die der letzteren,
in Japan gezogen, feiner und mehr gleichmässig, als die der in
China gezogenen, fast so gut wie die italienische.
Herr Burrett in Yokohama, Seideninspector für Remis,
Schmidt und Comp. in Shangai, bestätigte (Januar 1861) ebenfalls,
dass zweierlei Seidenraupen in Japan gezogen würden, die eine,
welche Maulbeerblätter frisst, und eine grössere, deren Nahrung die
Blätter einer schmalblätterigen immergrünen Eiche seien; die Seide
der letzteren sei gröber und doch theurer, man bereite daraus rothe,
violette und andere Crêpetücher. Herr Burrett hat Eier derselben
über Californien nach Paris an Guérin-Méneville geschickt, sie
kamen lebend an, und die Raupen wurden dort erzogen. Die beste
Zeit zur Versendung der Eier sei der Monat September. Derselbe
gab mir auch einen Cocon, zeigte mir die Eichenblätter und ein
ausgespanntes Exemplar des Schmetterlings; dieser ist in der That
ein Bombyx aus der Verwandtschaft des Atlas, den ich hier nicht
näher zu beschreiben brauche, da er seitdem in Europa, unter
Anderem auch durch die London illustrated news, hinlänglich be-
kannt geworden ist.
Diese beiden Berichte stimmen darin vollkommen mit einander
überein, dass sie als japanische Seidenschmetterlinge nur die zwei
Spinner, Bombyx mori und yama-mai, nicht aber Thunberg’s Eule
kennen.
Die japanische Benennung der Seidenraupe ist kaiko, die des
Cocons mayu. Yama-mai bedeutet also Bergcocon, wilder Cocon,
und deutet darauf hin, dass diese Art wild auf den japanischen
Inseln lebe, während die Maulbeerseidenraupe ohne Zweifel aus
China eingeführt ist.11)
7. Wirbellose Seethiere der Yeddobai.
Im Rücken von Yokohama befindet sich ein weiter Brack-
wassersumpf, von der Einbuchtung am Nordende der Stadt
ausgehend, grossentheils eingedämmt und durch einen gegrabenen
Canal an deren Südende wieder mit dem Meere verbunden. Auf
dem Damme hingehend, sieht man einen Fisch oder auch eine
Garneele (Palaemon) aus dem Wasser springen oder einen schnee-
weissen Reiher bedächtig im ärgsten Schlamme stehen. An den
[138]Schalthiere des Brackwassers und Strandes.
Steinen des Dammes selbst sitzt Litorina balteata Rv. und ein
Brackwasser-Cerithium (C. zonale Brug., Lampania z. Gray) in
Menge, seltener Neritina crepidularia und eine kleine Assiminea,
letztere auch auf dem Schlammboden selbst. Einzelne Parthien des
Sumpfes, jenseits des Dammes, durch Rohrhecken vielfach ab-
getheilt, erinnern lebhaft an die venetianischen Valle und sind, wie
diese, ein Sammelplatz der wilden Enten, müssen also auch viel
kleine Thiere zu deren Nahrung enthalten, es gelang aber nicht,
die Terrainhindernisse zu überwinden, welche mich davon trennten.
In der Nähe des Weges nach Kanagawa waren die Ränder des
Salzwassersumpfes mit Atriplex und Chenopodium besetzt, auf dem
Schlammboden selbst trieb sich eine eigenthümliche Krabbe, Helice
tridens Haan, umher, und auf dem Wasser selbst erschien als das
erste Insekt ein grosser Wassertreter, Hydrometra. Nach der See
zu werden die Litorinen häufiger, das Cerithium seltener, dagegen
begannen schon Einsiedlerkrebse (Pagurus) gauna, kamina, deren
leere Schalen in Besitz zu nehmen. An der Seeseite des Dammes,
zwischen den zwei Brücken auf dem Wege von Yokohama nach
Kanagawa, deren erste gerade die Verbindung des Sumpfes mit dem
Meer überspannt, sah ich, vom Lande her kommend, die ersten
Ligien und die ersten Meereicheln, Balanus. Das Aussehen der
letzteren war in auffallender Uebereinstimmung mit der Stelle, wo
sie sassen: schmutzig dunkelgrau an den Steinen, heller an den
Pfählen und besonders rein, weiss mit violetten Strahlen, an den
gehobelten hölzernen Brückenpfeilern. Patellen vermisste ich hier
und erhielt deren überhaupt nur wenige kleine in Japan.
Südlich von Yokohama enden die Hügel mit steilen, oft
senkrechten Wänden bröcklichen Lehmes und Thones gegen das
Meer; nur an den kleinen Rinnsalen süssen Wassers sind hier noch
Pflanzen zu sehen; an den feuchten, kahlen Wänden selbst begegnen
sich von oben eine schwarze Forficula und von unten die so häufige
Ligia. Unten ist ein Streif groben Sandes und Kieses, bei Ebbe
über Wasser, aber von den mehr vorspringenden Ecken der Wände
unterbrochen, besät mit von oben herabgestürzten Gesteinsstücken,
so wie mit den von den Wellen ausgeworfenen und arg miss-
handelten Conchylien, namentlich Vermetus imbricatus Dkr., Trochus
rusticus Gm., Dolium variegatum Lam., Purpura luteostoma Chemn.,
Cancellaria Spengleri Desh. u. a. Zosteren findet man hier in Menge
ausgeworfen, von eigentlichen Algen nur Ulven und wenige kleine
[139]Echinodermen. Essbare Conchylien.
Florideen, diese an ausgeworfenen Conchylien, namentlich dem
genannten Trochus, aufsitzend. Unter diesen Auswürflingen treiben
sich lebende Amphipoden herum; Strandkrabben vermisste ich.
Chthamalus sind nicht selten am anstehenden Gestein; weiter gegen
die Mississippibai zu, wo weichere, von den Wellen vielfach an-
genagte Felsen auftreten, werden die grobgekielten Litorinen wieder
häufig, und finden sich in den Vertiefungen kleine grasgrüne Actinien
bei Ebbe über Wasser.
Auch auf dem Steindamm des Landungsplatzes zu Yokohama
begegnen sich Forficulen und Ligien, die letzteren sind den Ein-
wohnern wohlbekannt und erscheinen in der Encyclopädie als fune-
musi, Schiffsinsekt.
An der Mississippibai kommen einzelne sandige Strecken des
Grundes mit Zostera bewachsen vor, und am Strande fand ich
mehrere interessante Echinodermen, so die flache dunkelviolette
Scutella Japonica m. (Chaetodiscus scutella Lütken), von den Japa-
nern Kuchenmuschel, motsingai, genannt, einen neuen Seeigel, uni,
Temnopleurus Japonicus m., und stachlige Seesterne, Astropecten
scoparius Val.; einen der letzteren brachte mir das Schleppnetz in
der Nähe von Yokohama aus sieben Faden Tiefe herauf, die einzige
erfreuliche Ausbeute mehrerer Züge, da sonst der Inhalt nur aus
zähem, hellgrauem Thonschlamm und Fragmenten von Muscheln
(Tapes, Tellina etc.) bestand.
Nichtsdestoweniger muss die Bai reich an Conchylien sein,
denn diese bilden einen bedeutenden Bestandtheil der Volksnahrung:
Haufen leerer Muschelschalen traf ich hier, wie auf Madeira, häufig
neben den Bauernhütten an, und die Märkte in Yeddo und Yoko-
hama verschafften mir eine nicht ganz kleine Reihe interessanter
Conchylienarten in zahlreichen und frischen Exemplaren. Die
ansehnlichste darunter ist das Riesen-Seeohr, Haliotis gigantea
Chemnitz, japanisch awabi, innen schön perlmutterglänzend, aber
aussen neben der natürlichen glanzlosen Rindenschicht regelmässig
noch mit einem wahren Dickicht kurzer Corallinen (filicula) und
anderer kleiner Algen bewachsen. Die zahlreichste unter den
Marktmuscheln dagegen war Tapes semidecussata Desh., ásari,
kaum zu unterscheiden von der in den italienischen Seestädten
eben so häufigen T. decussata L. sp., in vielerlei Farbenänderungen;
eine andere Art von Venusmuscheln, die grössere glänzende Cytherea
petechialis Lam., hamángori (famaguri bei Kämpfer), ist auf dem
[140]Grössere japanische Schalthiere.
Markte fast eben so zahlreich und in den Bilderbüchern noch öfter
abgebildet oder mindestens leichter zu erkennen. Durch ihre Grösse
fallen ferner unter den Conchylien des Marktes auf: von den
Schnecken der sasai (sasaje der Encyclopädie), Turbo cornutus
Gmel., und eine rothmündige Purpura, Rapana Thomasi von Crosse
benannt, kaum von der chinesischen bezoar L. sp. verschieden; diese
nannte man mir auf dem Markte aka-nisi, rothe Schnecke, oder
auch horangai (horano-kai), welch letzterer Name nach der Ency-
clopädie eigentlich dem Tritonshorn, Tritonium australe Lam.,
angehört, wovon ich mehrere Exemplare in Yokohama erhielt, und
das seiner abgebrochenen Spitze nach in der That auch hier noch
zuweilen als Trompete benutzt zu werden scheint. Unter den
Muscheln eine weit klaffende Lutraria, nächst verwandt der L.
maxima Middendorff, zu Yokohama wagangai genannt, in der
Encyclopädie recht deutlich unter dem Namen mirukiu abgebildet;
die aussen kurzbehaarte Arca inflata Reeve, wegen ihres orange-
rothen Fusses akangai, rothe Muschel, genannt, und eine dünne,
fast glatte, innen rosenrothe Herzmuschel, Cardium Japonicum Dkr.,
in der Encyclopädie als toringai, Vogelmuschel, dargestellt; eine
massive, aussen schmutziggelbe, innen dunkelviolette Venusmuschel,
Saxidomus giganteus Phil., endlich die lange, aber schmale Auster,
Ostrea gigas Thunberg, der virginianischen ähnlich, kaki der
Japaner. Dieser Reichthum an auffallend grossen, aber von aussen
unansehnlichen, glanzlosen — ich möchte sagen — groben Conchy-
lien ist ein Zug, den die japanische Fauna mit ihrer nördlichen
Nachbarin, der kamtschadalisch-nordwestamerikanischen und über-
haupt den Faunen des höheren Nordens gemein hat, während die
Conchylien der subtropischen und tropischen Gegenden sich im
Allgemeinen mehr durch das feinere Detail der Sculptur und Zeich-
nung hervorheben. Jene sind, so zu sagen, die Bären und Walfische
unter den Muscheln. Gerade in dieser Hinsicht ist es auch bemer-
kenswerth, dass in den japanischen Läden ziemlich häufig Rotella
gigantea Less. zu sehen ist, bei weitem die grösste, aber nicht die
bunteste Art einer sonst tropischen Gattung, und ebenso Eburna
Japonica, ein zweiter Repräsentant einer tropisch-indischen Gattung,
aber mit einer filzigen dunkelbraunen Epidermis fast immer so fest
überkleidet, dass man ihren Namen nicht begreifen würde, wenn
man nicht ihre Gattungsverwandte aus anderen Meeren kennt. Ich
vermuthe, dass beide nicht in der Bai von Yeddo, aber doch an
[141]Pinna. Cypraea. Cephalopoden.
irgend einem Theil der japanischen Küste leben; um so mehr, als
sie auch schon in der Encyclopädie und in verschiedenen Bilder-
büchern dargestellt sind, die Eburna ziemlich kenntlich unter dem
Namen bai, die Rotella als sungai (su-kai).
In den Strassen von Yeddo sah ich einmal eine sonst noch
nie gesehene Muschel, Mactra sulcataria Desh., deren Vaterland
bis jetzt unbekannt war, in ziemlicher Anzahl als Esswaare feil-
geboten; man nannte sie mir baka (Narr), und in der That findet
sie sich auch, doch sehr flüchtig gezeichnet, unter diesem Namen
neben dem mehr bezeichnenden onokai, Axtmuschel. Vielleicht ist
sie eine Eigenthümlichkeit des inneren flacheren Beckens dieser Bai.
In Yokohama erhielt ich in späterer Zeit unter Anderem noch mehrere
grosse Exemplare einer schwärzlichen glatten Pinna, von der bis
jetzt nur erst ganz junge Exemplare als Pinna Japonica Hanley
beschrieben wurden; sie heisst in den Büchern tairangi (tairaki),
von meinen Fischern aber verstand ich, mit Versetzung des i, den
Namen als itarangai. Die grössere Compassmuschel ist seit lange in
Europa als Pecten Japonicus bekannt und scheint die umi-kami der
Encyclopädie zu sein, worin sie mit einer kleinen Krabbe, Pinnoteres,
als Bewohner dargestellt wird; ich sah sie hier nicht, wohl aber in
einzelnen Exemplaren den grösseren gröberen Pecten Yessoënsis Jay,
nächsten Verwandten der magellanischen Art, und eine andere der
europäischen Jakobsmuschel sehr ähnliche (Pecten filosus Reeve?),
letzterer ist wahrscheinlich der hotate-kai oder itaya-kai der
Encyclopädie.
Porzellanschnecken, Cypraea, fand ich in Japan auch nur in
den Läden, und zwar waren es die kleineren allbekannten Arten
des indischen Oceans in schlechten abgeriebenen Exemplaren; man
nannte sie ziemlich passend tamango-kai, Eierschnecken; die Ency-
clopädie hat zwei andere Namen: koyasungai und takarangai; unter
letzterem erwähnt ihrer auch Kämpfer und bemerkt, dass sie von
den Liukiuinseln gebracht und zur Verfertigung einer Schminke (?)
verwandt werden.
Cephalopoden sind auf dem Markte nicht selten, wie ächte
Sepien, ika, Sepiola, Onychoteuthis, Loligo, tatsi-ika, Schwertsepie,
und Octopus, tako.12) Auch die Argonauta ist in Japan bekannt und
führt in der Encyclopädie die Namen kai-tako, Schalen-Octopus,
und tako-fune, Octopus-Schiff; sie ist richtig schwimmend, nicht
segelnd, dargestellt, aber die beiden Namen lassen es zweifelhaft,
[142]Essbare Crustaceen; Macrocheira, Dorippe.
welche Partei die japanischen Gelehrten in dem Streit ergriffen
haben, welcher vor einiger Zeit in der europäischen Wissenschaft
über die Zusammengehörigkeit des lebenden Thieres und der Schale
geführt wurde; jedenfalls ist es auffallend, dass Argonauta in der
Encyclopädie unmittelbar auf den Einsiedlerkrebs folgt, welcher
übrigens auch unter den Schalthieren steht.
Die Crustaceen des täglichen Fischmarktes sind eine in ganz
Ostasien viel gesehene Schwimmkrabbe, Lupa pelagica auct., frisch
von graugrüner Farbe, meist mit dem allgemeinen Namen kani be-
zeichnet, aber in der Encyclopädie als gasame (gadsame bei Kämpfer,
kazami bei Siebold) unterschieden, eine Benennung, die ich selbst
nie gehört; ferner Langusten, Palinurus Japonicus Dehaan, ise-jebi,
d. h. Krebs von Ise, verhältnissmässig grosse Garneelen aus den
Gattungen Penaeus und Palaemon, einfach yebi genannt, und fast
eben so zahlreich ein blasser, gelbgefleckter Fangheuschreckenkrebs,
Squilla oratoria Haan, für dessen Häufigkeit schon spricht, dass er
einen ganz eigenen Namen im Japanischen hat: gesprochen shako,
geschrieben si-ya-ko. Andere grosse Crustaceen wurden mir nur
spät im Winter auf wiederholte Aufträge und, wie es scheint, aus
grösserer Entfernung gebracht, so ein zweiter Palinurus, P. trigonus
Haan, die weiche, doch stachlige, schon im Leben rothe Teufels-
krabbe, Lithodes Kamtschatica, benkengani, von beni, roth, die
seit Kämpfer berühmte Macrocheira Kaempferi Haan, tenanga-kani,
langarmige Krabbe, das Männchen mit 1½ Meter langen Armen. Die
Encyclopädie nennt ihn Inselkrabbe, sima-gani, und gibt noch
kenntliche Abbildungen dreier anderer indischer Gattungen, die mir
aber in Japan nicht selbst vorgekommen sind: tembo-gani = Gela-
simus, kabuto-gani, Helmkrabbe = Limulus, Molukkenkrebs, und
takefungani, Soldatenkrabbe, auch Heikengani, nach einem mythischen
Helden genannt, weil sie ein nach japanischer Anschauung schrecken-
erregendes Menschengesicht zeigt, = Dorippe; in der That zeigen
die grimmigen Gesichter der alten japanischen Helden, wie sie in
Hunderten von Bilderbüchern wiederkehren, manche Aehnlichkeit
mit der Rückenzeichnung dieser Krabbe, die auf uns Europäer aber
mehr den Eindruck eines lächelnden dickwangigen Chinesen macht
oder, wie der alte Herbst in seiner Naturgeschichte der Krabben
und Krebse sagt, »nicht undeutlich ein Fratzengesicht vorstellt,
zumal wenn man die zwei hintersten Paar Füsse für einen Zwickel-
bart [besser Schnurrbart] annehmen will.«
[143]Holothurien. Korallen.
Von Echinodermen sah ich auf dem Markte nur grün- und
gelbfleckige noch lebende Holothurien, namako, die demnach auch
frisch, nicht nur getrocknet und geräuchert in der japanischen
Küche verwendet werden. Seesterne, Asteriscus pectinifer, sah ich
wiederholt in den Kehrichthaufen der Bauernhäuser, aber unver-
letzt, nie auf dem Markt; es scheint daher nicht, dass sie gegessen
werden; eben so wenig Seeigel. Von den niedrigeren Thieren kennt
der Japaner, wenigstens seine Encyclopädie, nur noch Quallen,
kurake, und Korallen; von ersteren bekam ich während unseres
Aufenthaltes in der Bai von Yeddo keine zu sehen, obwohl der
Herbst anderswo eine günstige Jahreszeit für dieselben ist. Nach
Kämpfer wird eine besondere Art davon gegessen; vielleicht meint
er eine Actinie; diese werden auch in Südeuropa vom gemeinen
Manne gegessen. Die Koralle kennt der Japaner mehr als Schmuck-
und Handelsgegenstand, und als solche, auf Tischchen oder gar in
Vasen aufgestellt, bildet sie auch die Encyclopädie (unter den
Mineralien) ab: sangosiyu ist entweder, wie schon Thunberg angibt,
die rothe Koralle des Mittelmeeres, welche überall im Osten, wo
sie nicht vorkommt, geschätzt wird, vielleicht auch deren bleichere
Schwester vom nördlichen Theile des stillen Oceans: Corallium
secundum M. E., oder vielleicht auch die fast eben so dunkelrothe,
aber wesentlich verschiedene Distichopora coccinea Gray, welche
ich mehrmals in den Kaufläden zu Yokohama sah; Thunberg erwähnt
der letzteren noch besonders als Millepora sp. von der Insel Syosu-
sima (Syodosima auf Siebold’s Karte?) in der japanischen Binnensee.
Die holländischen Museen besitzen noch mehrere schöne Korallen
von Japan, so die einer europäischen ähnliche Dendrophyllia semi-
ramea Haan, die grosse kelchförmige Turbinaria ovata, vermuthlich
die hari der Encyclopädie, die feine Antipathes Sieboldi, die ge-
gliederte Isis hippuris L. und die weit schlankere Isis elongata Esp.;
letztere erhielt ich ebenfalls in Yokohama und finde sie nicht ver-
schieden von der gleichnamigen Art, welche Philippi und ich früher
in Neapel bekommen. In der Bai von Yeddo selbst scheint keine
dieser Korallen vorzukommen.
Der berühmteste der japanischen Schmuckgegenstände aus
den niederen Thierklassen ist die — ich möchte fast sagen — be-
rüchtigte Glaskoralle. In den älteren Werken über Japan, von
Kämpfer und Thunberg, so wie in der eigenen Encyclopädie finde
ich nichts, was darauf zu deuten wäre; Gray in London hat sie
[144]Glaskoralle.
zuerst (1834) als Hyalonema Sieboldi in die Litteratur eingeführt.
Es sind Bündel fusslanger, schwach spiralgedrehter, glasartiger
Fäden, welche aus einem Schwamm hervorkommen und als Ganzes
von einem Ueberzug eines rindenartigen achtarmigen Polypen besetzt
sind. Gray hatte den Glasfadenbündel für die zu diesem Polypen
gehörige Centralaxe, analog der hornartigen bei Gorgonia, und den
Schwamm nur als Wohnplatz des Polypen betrachtet; derselben
Meinung war noch Brandt in seiner ausführlicheren Bearbeitung
dieser von ihm Hyalochaetiden genannten Geschöpfe. Erst Max
Schultze wies nach Untersuchung der Exemplare des Leidener
Museums in einer eingehenden, an mikroskopischen Untersuchungen
reichen Arbeit: Die Hyalonemen, ein Beitrag zur Naturgeschichte
der Spongien, Bonn 1860, 4to, mit fünf Tafeln — nach, dass die
Glasfäden zum Schwamm gehören und der Polypenüberzug ein
parasitischer, ihnen wesentlich fremder sei. Zu demselben Resultat
war ich, ohne noch seine Arbeit zu kennen, in Japan am Ende
desselben Jahres gelangt, leider auch ohne frische Exemplare unter-
suchen zu können (s. meine briefliche Mittheilung an Prof. Peters
in den Monatsberichten der Berliner Akademie, 1861, Seite 479).
Diese Glasfädenbündel waren nämlich in einigen Läden zu Yokohama
mehrfach zu kaufen, öfters künstlich zusammengesetzt, in Pholaden-
bohrlöcher grösserer Steine eingesetzt oder einfach auf Stein fest-
geleimt. Man erzählte mir, dass der niederländische Consul, van
Polsbroek, frische Exemplare besessen habe, und auf meine Anfrage
deshalb hatte derselbe die Güte, mir brieflich mitzutheilen, dass er
dieselben durch einen Japaner bekommen, den er nach Enosima bei
Uraga geschickt, um Korallen und andere Meergewächse zu kaufen
(Uraga liegt am Eingange der Bai von Yeddo, Enosima finde ich
auf den mir zugänglichen Karten nicht, die Bezeichnung sima be-
deutet Insel). Die anfängliche Hoffnung, in einem der preussischen
Schiffsboote eine Expedition dorthin machen zu können, erwies sich
bald als trügerisch; so blieb mir nichts übrig, als meinen getreuen
japanischen Diener — der von Herrn Polsbroek verwandte Mann
war damals nicht mehr dort, sondern in Nangasaki — mit möglichst
fasslichen Instructionen dahin zu schicken. Derselbe schien Alles
verstanden zu haben, ging, blieb einige Tage aus und kam dann
zurück mit einigen dieser Glaskorallen, die allerdings der Instruction
gemäss in einem Gefäss voll Meerwasser lagen. Aber im Uebrigen
sahen sie ganz aus, wie die in den Läden gekauften, so dass trotz
[145]Meerschnecken der Ufersteine.
der gegentheiligen Versicherungen des sonst redlichen Mannes der
Gedanke nicht zu unterdrücken war, sie seien trocken gekauft und
dann in Seewasser gelegt, nicht frisch aus dem Meere genommen.
Uebrigens erlaubten einige der so erhaltenen Exemplare doch den
Nachweis, dass einestheils zwischen dem Polypenüberzug und den
Glasfäden öfter die Fäden von Haifischeiern, den Bündel umwickelnd,
sich befinden, also die Polypen nicht mit den Glasfäden zusammen
entstanden und gewachsen sind, andererseits die Glasfäden sich an
ihrem unteren Ende vielfach und fein in die Masse des Schwammes
vertheilen, also der Bündel nicht einfach künstlich in den Schwamm,
wie in die Pholadenlöcher, hineingesteckt sein kann, sondern die
Glasfäden mit und aus dem Schwamm entstanden sind. Ob die
Fäden ursprünglich ganz vom Schwammgewebe umhüllt, ob sie
spontan aus demselben hervorgetrieben und wie ihre Spiraldrehung
entsteht, das zu erklären, fehlt es noch an den nöthigen Beobach-
tungen am Orte ihres Vorkommens selbst. Die Spiraldrehung
erinnert an die mancher Tange, z. B. Fucus vesiculosus var. spiralis,
sowie die mancher Pflanzenstengel überhaupt.13)
8. Die Felsenküste von Nangasaki. (Insel Kiusiu.)
Die enge Bucht von Nangasaki, von hohen konischen Trachyt-
hügeln umschlossen, bildet landschaftlich einen auffallenden Gegen-
satz zu der weiten flachen Bai von Yeddo, und auch dem Zoologen
machte sich dieser Unterschied für die Seethiere sehr geltend, viel
weniger für die Landthiere.
Die obersten Meerschnecken, sowohl an den Bachmün-
dungen, als am offenen Strande Mauern und anstehendes Gestein
besetzend, den grössten Theil des Tages über Wasser, sind kleine
tiefgefurchte Litorinen, dieselbe Art, wie bei Yokohama, aber auch
eine flache schwarzweisse Neritina, beide sehr häufig, die Litorine
in sehr verschiedener Grösse, die Neritine mehr gleichmässig. Ein
wenig tiefer, in den Vertiefungen der Felsen, die zur Zeit der Ebbe
über dem Niveau der See liegen, aber mit Wasser gefüllt blieben,
doch noch ohne Tange sind, kriechen drei andere Meerschnecken
herum, ein Trochus mit stark gezahnter Mündung aus der Gruppe
Turcica Ad., eine andere glatte schwärzlichrothe Art derselben
Gattung, Gruppe Oxystele, und häufiger als beide eine grobhöckerige
trübgraue engmündige Purpura. In denselben Spalten findet sich
oft ein ganz kleiner Mytilus, ähnlich dem europäischen M. minimus
Ost-Asien. Zoologisch. I. 10
[146]Sandstrecken. Steiniger Strand bei Mogi.
Poli, in unsäglicher Menge, seltener eine kleine, innen bunte Patella.
Keine Uferkrabbe und nicht einmal Ligien habe ich hier gesehen;
der einzige Grund, den ich für ihre Abwesenheit finden kann, ist
der, dass in dieser stillen tiefen Bucht, in einiger Entfernung von
den menschlichen Wohnungen, wie die besuchten felsigen Uferstellen
waren, fast nichts vom Meere ausgeworfen wird, also die strand-
reinigenden Crustaceen ihre Rechnung nicht finden. Der oberste
Tang, der sich in einiger Häufigkeit zeigte, war, wie in Helgoland,
der schleimige braungrüne Chondrus crispus, hier übrigens die dreh-
runde, weitläufig verzweigte Abart patens Turner.; Enteromorphen
und kleine Florideen fanden sich stellenweise höher, doch sehr
sparsam.
Aehnlich fand ich den Meeressaum an allen Stellen der Bucht,
wo ich bei verschiedenen Bootsfahrten landete, und auch auf der
kleinen Insel Papenberg am Eingange der Bucht; doch ist hier auch
eine kleine Sandstrecke, wo die Fischer in groben Netzen eine grosse
Sepioteuthis und einen kleinen, unserem Sandaal, Ammodytes, ähn-
lichen Fisch in Mehrzahl fingen.
Das Schleppnetz brachte mir auf dem Sande gar nichts, in
den felsigen Stellen der Bucht nur einige kleine todte Conchylien:
Murex, Dentalium etc. Das Interessanteste war mir eine grössere
nackte Meerschnecke, Plocamophorus, von der innerhalb zweier
Tage drei Exemplare mir vorkamen: eines frei schwimmend, eines
im Schleppnetz und eines am Ufer ausgeworfen.
Mannichfaltiger war die Ausbeute an dem offenen, den Wogen
des Oceans mehr ausgesetzten Strande von Mogi, wohin auf Ver-
anstaltung des holländischen Consuls eine gemeinschaftliche, sehr
heitere Landparthie gemacht wurde, in der That über Land, da es
auf der Ostseite der langen Halbinsel liegt, von deren Westseite
aus die Bucht von Nangasaki eingreift. Der Strand ist im Allgemeinen
flach, voll grosser schlüpfriger Steine, an und zwischen denen sich
vielerlei Meerschnecken zur Ebbezeit im Trockenen fanden; am auf-
fallendsten war aber ein Pollicipes (Cirripede), aus weiss, grün-
gelb und röthlich bunt gemischt, gruppenweise in den engsten
Spalten und Lücken zwischen den Steinen sitzend, so dass es oft
schwer, ja unmöglich war, ihn abzulösen, da er an der Basis los-
gestossen werden muss, wenn man ihn ganz erhalten will; an den
Spitzen anfassend, bringt man ihn nur in Trümmern von seiner
Unterlage ab. Hier fanden sich nun auch Einsiedlerkrebse und
[147]Raubvögel und Walfischfleisch als Nahrung.
einzelne Krabben, Grapsus; die Patellen waren grösser und stärker,
Alles vermuthlich in Causalzusammenhang mit dem stärkeren Wellen-
schlag.
Nördlich von Mogi tritt eine weisse Tuffbank an das Meer
heran, an der Berührungslinie haben die Wogen mannichfaltige
hübsche Nischen und Einsprünge ausgenagt, über welche oft noch
wie ein Dach der unverletzte Theil der Bank sich erstreckt. Diese
Nischen, namentlich die Unterseite der vorspringenden Dachparthien,
sind der Lieblingsaufenthalt grosser, schwarzer, borstiger Käfer-
schnecken, Chiton, so wie einer Miesmuschel, Septifer, und einiger
Bohrmuscheln, bei Ebbe über Wasser.
Nach den Muschelhaufen zu schliessen, welche da und dort
neben den Häusern sich finden, bilden auch in diesem Theile von
Japan die Muscheln einen wichtigen Theil der Volksnahrung;
es waren wiederum die zwei zu Yokohama so häufigen Venus-
muscheln Tapes semidecussata und Cytherea petechialis, dann aber
auch Austern, eine behaarte Modiola und ein Septifer. Auf dem
Markte zu Nangasaki waren wiederum Turbo cornutus und Haliotis
gigantea häufig, daneben auch, was ich sonst selten auf Märkten
gesehen, schon aus den Schalen herausgenommene Weichtheile vieler
Muschelthiere. Unter den Cephalopoden herrschte die Sepioteuthis
vom Papenberg und ein grösserer Octopus vor; von Crustaceen bot
der Markt keine Krabben, nur einige Langschwänze, Palinurus Ja-
ponicus und Penaeus sp. Von Fischen waren hauptsächlich Makrelen,
Schollen, kleine Rochen und weiss gefleckte Haie, von Wildpret
ein Hirsch, Fischottern und der Tanuki, Canis procyonoides; neu
war es mir, todte Eulen, Strix fuscescens Tem., und Reiher, Ardea
nycticorax L., goi-sangi, auf dem Geflügelmarkt — beide fand ich
auch wirklich recht fett — und frisches Fleisch eines Walfisches,
kusira, in einem Victualienladen ausgeboten zu sehen; Anklänge an
die Esslust des Kamtschadalen und Grönländers, die, von Ceres
verlassen, zu Fleischfressern geworden. Schon Kämpfer berichtet,
dass gerade hier in dem südwestlichen Theile Japan’s viel Walfische
im Winter gefangen werden, bis 274 in Einem Jahre, und dass ihr
Fleisch sowohl für wohlschmeckend als gesund gelte, namentlich
für Leute, welche viel der Kälte und Nässe ausgesetzt sind. In der
That, da das Fleisch zahmer Säugethiere und Vögel eine sehr
geringe Rolle in der japanischen Küche spielt, ihre Hauptartikel
aber, Fische und Reis, wenig Fett enthalten, so muss die Zufuhr
10*
[148]Zusammentreffen nordischer und tropischer Thierformen.
dieses fettreichen Fleisches sehr willkommen in der Oekonomie des
menschlichen Körpers für die Bestreitung des Athmungsprozesses
sein, der ja eng mit dem Widerstand gegen die Kälte zusammen-
hängt.
9. Die japanische Fauna im Ganzen.
Japan verhält sich zum Continent Ostasiens ähnlich wie
Grossbritannien zu dem übrigen Europa. Wie jenes auf und an
den Shetlandinseln und Hebriden die nordischen Seevögel und
unterseeischen Thiere, in Cornwallis und Devonshire in Land- und
Seeconchylien Arten der Mittelmeerfauna, die dem Gebiet der
Nordsee ganz fehlen, aufzuweisen hat, eben so zeigt die japanische
Fauna, als Ganzes betrachtet, auf den ersten Blick ein Gemisch
von nordischen und subtropischen, selbst tropischen Thierformen,
die Bärenrobben des Beringsmeeres neben einem Affen, ein fliegendes
Eichhorn aus der sibirisch-nordamerikanischen Reihe (Sciuropterus),
Pteromys momonga, neben einem solchen aus der hinterindischen
Reihe, Pt. leucogenys, Haubenadler, Glanzstaare, grössere Eisvögel
und die indisch-afrikanische Schnepfenform Rhynchaea neben einer
Lumme, Uria, und anderen kamtschadalischen Seevögeln; unter den
Süsswasserfischen Salmonen neben Cyprinodonten, unter den See-
fischen Sebastes und Chirus neben Amphacanthus und Tetrodon,
unter den Crustaceen Lithodes neben Palinurus, unter den Meer-
conchylien Mya, Lutraria und Neptunea neben Haliotis, Eburna
und Rotella. Theilweise, wie in Grossbritannien, sind diese nor-
dischen und südlichen Thierformen innerhalb des Archipels in
Wirklichkeit räumlich getrennt, und nur durch die politische
Einheit entsteht der Schein eines Zusammenvorkommens mit den
entgegengesetzten. So sind namentlich die Insel Yesso, das nicht
mehr japanische Sachalin und die nächsten Kurilen, unterworfene
Barbarenländer für Japan, der eigentliche Aufenthalt vieler nordischen
Thiere, die den Japanern bekannt sind und der japanischen Fauna
zugezählt werden, wie der grossen Bären, der Robben, der Sal-
monen. Aber diese Erklärung reicht nicht für alle aus, es leben in
der That auch sonst nordische und sonst tropische Formen hier
neben und selbst unter einander. Die erste amerikanische Expedition
traf auf den Uferfelsen bei Simoda Colonieen einer kamtschadalisch-
kurilischen Lumme, Uria (Brachyrhamphus) antiqua Pall., während
in der Nähe und noch nördlich davon an den Ufern der Yeddobai
[149]Aehnlichkeiten mit Europa und Nordamerika.
in einer sonst an die mitteleuropäische erinnernden Vogelfauna noch
die afrikanisch-indische Gattung der Brillenvögel, Zosterops, an
Individuen reich vertreten ist. Die eben beispielsweise angeführten
Seefische und Crustaceen habe ich zusammen unter gleichen Um-
ständen in Yokohama von Fischern erhalten, und eben so lebt die
subtropische Riesenhaliotis in derselben Bai von Yeddo mit der
circumpolaren Mya arenaria L.; diese Berührungen und Gränzen des
Vorkommens zu verfolgen, bieten, auch wenn die Arten schon dem
Systematiker hinreichend bekannt, dem mehrseitigen Naturforscher
noch ein weites Feld künftiger Beobachtungen und Resultate.
Habitusähnlichkeit mit der europäischen Fauna tritt in allen Classen
hervor, Artengemeinschaft namentlich unter den Raubsäugethieren,
Raubvögeln, Wasservögeln und Fröschen; sie erklärt sich leicht aus
der ununterbrochenen Verbreitung derselben über das nördliche
Asien. Besondere Aehnlichkeit mit Nordamerika, im Gegensatz zum
alten Continent, fällt bei den Säugethieren und Vögeln nicht auf,
wohl aber bei den Reptilien durch die Artenzahl der Salamander,
die Riesengrösse des einen, analog dem amerikanischen Hellbender,
Menopoma, und ganz besonders in dem Vorkommen einer Eidechse,
welche man bis jetzt nicht artlich von dem nordamerikanischen
Euprepes (Plestiodon) quinquelineatus unterschieden hat. Wenn
auch der von Prof. Peters zuerst bemerkte Unterschied in der
Schuppenzahl zwischen beiden eine Trennung ermöglicht, so bleibt
für den, der nicht an eine willkürliche lokale Erschaffung jeder
einzelnen Art glaubt, die nahe Uebereinstimmung beider nicht
weniger räthselhaft.
Die Süsswasserfische, so wie Land- und Süsswassermollusken
reihen sich wesentlich denen der ostasiatischen Küstenländer an,
eben so die Meerthiere beider Abtheilungen, und wie überhaupt
die nördlichere ostasiatische Fauna sich der nordamerikanischen,
namentlich der kalifornischen nähert, so ist dieses auch mit Japan der
Fall; z. B. die grösseren japanischen Helix ebensowohl kalifornischen
als mantschurischen Arten verwandt, die Gattung Philomycus mit
Nordamerika und China gemeinsam, in Europa fehlend; grosse
Haliotis wie in Californien und Kamtschatka. Nur ein Meerfisch,
Ditrema Temminckii, ist Repräsentant einer speciell kalifornischen,
in Ostasien nicht weiter bekannten Familie (Embiotocidae).
Die ersten einigermaassen zuverlässigen Nachrichten über
japanische Thiere erhielt man in Europa durch den mit Recht noch
[150]Unsere Kenntniss japanischer Thiere vor
jetzt hochgeschätzten Engelbert Kämpfer, welcher Japan in den
Jahren 1690—1692 besuchte, dessen Beschreibung davon aber erst
1727 (zuerst in englischer Uebersetzung) nach seinem Tode ver-
öffentlicht wurde. Was er von Thieren anführt, scheint er haupt-
sächlich japanischen Quellen entnommen zu haben, da seine Angaben
recht japanisch klingen und die gegebenen Abbildungen derselben
denen in der oft genannten Encyclopädie gleichen; eigene Beobachtung
und eine Originalabbildung finden wir aber bei dem langen Arm der
Krabbe, die jetzt nach ihm den Namen Macrocheira Kaempferi
führt. Kämpfer’s Arbeit kann als deutscher Auszug aus den Kennt-
nissen der Japaner selbst in dieser Richtung gelten. Da aber eine
Beschreibung in der Regel fehlt und auch durch die kleinen, wenig
detaillirten Abbildungen nicht ersetzt wird, so konnte sie von den
gleichzeitigen und nächstlebenden Zoologen wenig beachtet werden.
Beinahe ein Jahrhundert später hatte ein Schüler von Linné,
Karl Peter Thunberg, ebenfalls als Arzt in holländischen Diensten,
dieselbe Gelegenheit — Aufenthalt in Desima und Hofreise 1775
und 1776 — zur zoologischen und botanischen Erforschung Japan’s
und gab als Linneaner in seiner Reisebeschreibung (Bd. III., 1791 er-
schienen) ein Verzeichniss der ihm bekannt gewordenen japanischen
Thierarten aller Classen nach Linné’s System, bestimmt ausgedrückt,
aber sehr dürftig in manchen Abtheilungen; ziemlich viele nahm er
für dieselben mit europäischen Arten, die doch in kleineren, damals
noch weniger beachteten Einzelnheiten constant verschieden sind,
so dass sein Verzeichniss noch weit mehr einem Stück europäischer
Fauna ähnlich sieht, als die wirkliche japanische Thierwelt; einzelne
Arten von Schmetterlingen, Reptilien und Fischen hat er in den
Abhandlungen der Akademie zu Stockholm 1781—1793 in schwe-
discher Sprache beschrieben. Im ersten Viertel unseres Jahrhunderts
hat ein Deutscher, Ph. Fr. v. Siebold, dieselbe Stellung als Arzt
in Desima (1823 bis 1830) und den Einfluss seiner einheimischen
Schüler in der Arzneiwissenschaft mit grosser Energie dazu benutzt,
unter anderen Sammlungen auch naturgeschichtliche in grösserem
Maassstabe als bisher zu machen, zu denen das Reichsmuseum in
Leiden noch bald darauf die von Bürger ebenda gesammelten Ge-
genstände erhielt. Das wissenschaftliche Ergebniss derselben liegt
in der bekannten Fauna Japonica vor, wovon die Wirbelthiere von
Temminck und Schlegel bearbeitet, 1833—1850, die Crustaceen
(fast nur Decapoden) von de Haan 1833, erschienen sind. Die übrigen
[151]und seit der Eröffnung Japans.
Thierclassen fehlen noch darin; aber von dem im Leidener Museum
vorhandenen Material wurden mehrfach kleinere Abtheilungen von
dortigen und auswärtigen Naturforschern untersucht und bekannt
gemacht, so z. B. die Seesterne von Troschel, eine Abtheilung der
Tagschmetterlinge von Snellen van Vollenhoven, die Landschnecken
von Dr. Pfeiffer und mir, die Seefedern von Dr. Herklots.
Die Wiedereröffnung Japan’s führte eine neue, mehr allseitige
Phase unserer Kenntniss der japanischen Thiere herbei; jede der
Expeditionen, von der ersten amerikanischen an, deren officieller
Bericht (Band II., 1856) schon einige zoologische Kapitel über
Vögel, Fische und Conchylien enthält, lieferte einiges Neue; Beob-
achtungen durch Naturforscher europäischen Standpunktes an Ort
und Stelle wurden möglich, sowohl zur Controle der einheimischen
Angaben, als aus Gesichtspunkten und mit Methoden (z. B. dem
Schleppnetz), die der japanischen Wissenschaft noch fremd sind.
Die Wirbelthiere sind in der Fauna Japonica schon so nahe der
Vollständigkeit, dass verhältnissmässig nicht viel Neues hinzukam,
am meisten noch bei den Fischen, deren Artenkenntniss auch der
Niederländer Bleeker nach in gewohnter Weise aus Japan erhaltenen
Sammlungen durch mehrere »Beiträge« in den Abhandlungen der
Niederländisch-indischen Gesellschaft der Wissenschaften förderte.
Für die meisten Abtheilungen der wirbellosen Thiere, namentlich
diejenigen von geringerer Körpergrösse, beginnt erst durch die
neueren Expeditionen unsere Kenntniss; es haben sich hierum
namentlich zwei Naturforscher sehr verdient gemacht, der Ameri-
kaner W. Stimpson, auf der zweiten amerikanischen »exploring«
expedition unter Ringgold und Rodgers, für die kleineren Seethiere
verschiedener Küstenplätze und Inseln, namentlich Crustaceen, Tur-
bellarien, schalenlose Seeschnecken, Echinodermen, und der Eng-
länder A. Adams, der auf und bei den kleinen Inseln längs der
Westküste von Nippon eine reiche Anzahl neuer Meerschnecken,
namentlich kleiner Pyramidelliden, hauptsächlich mit dem Schleppnetz
gesammelt hat,14) und dem wir auch eine Reihe neuentdeckter
Landschnecken von dort verdanken. Nur für die zoologische
Kenntniss des Binnenlandes sind wir immer noch auf die Angaben
der Japaner selbst beschränkt.
[[152]]
[[155]]
VIII.
CHINA.
MAERZ UND APRIL 1861.
1. Die Alluvialebene um Shanghai.
Vom 11.—25. März.
»So weit das Auge reicht, eine unabsehbare, reich bebaute Fläche,
von Flüssen und Canälen tausendfach durchschnitten, besät mit
Ortschaften und Gehöften, um welche herum sich die wenigen
Baumgruppen finden, die daselbst vorkommen.« So schildert einer
der Naturforscher der Novara-Expedition, G. von Frauenfeld, 1)
bündig und treffend die Umgegend von Shanghai am Wusungflusse
in der Mündungsebene des Yangtsekiang. Während aber seine erste
Acquisition eine Singheuschrecke war, die er (im Hochsommer) fast
in jedem dritten oder vierten Laden fand, so kamen mir im ersten
Frühjahr fast keine andern Insekten, als Fliegen und Blatten vor.
Der Winter ist hier auf dem Kontinente weit strenger, als im meer-
umflossenen Japan; Nangasaki hatten wir in der schönsten weissen
und rosenrothen Blüthenpracht verschiedener Prunusarten verlassen,
wie sie auf den japanischen Bildern stereotyp wiederkehrt, und hier
war fast einen Monat später noch keine einzige Blüthe zu sehen.
Mehrere Excursionen in der Umgebung der Stadt, sowie der des
weiter abwärts gelegenen Wusung machten zunächst mit den hier
häufigeren Stand- oder Winter-Vögeln bekannt. Ueberall häufig
ist selbstverständlich der Sperling, identisch, wie es scheint, mit
unserm Feldsperling, Passer montanus L. sp. Auf den Dächern in
der Stadt, sowie am Ufer der Gewässer sieht man häufig einen
schwarzen staarartigen Vogel mit Kopfhaube und weissem Flügel-
fleck, Pastor cristatellus L. sp.; an den Bächen haust die kamt-
schadalisch-japanische weissflüglige Bachstelze, Motacilla lugens
[156]Wintervögel in China. Hase.
III. = lugubris Tem., »Geldmutter« von den Chinesen genannt. Die
Baum- und Bambugruppen einzelner Höfe beleben schwarzweisse
und blaugraue Elstern, Pica sericea Gould und Pica cyanea Pall.,
so wie der drosselartige grünliche Ixos s. Pycnonotus Sinensis Gmel.
sp., letzterer schaarenweise, lärmend und nicht scheu, die Elstern
dagegen schon von Weitem einem Menschen mit Schiessgewehr
ausweichend. Dafür wurden noch braungelbe Würger, Lanius
schach L., und verschiedene Ammern erlegt, Eisvögel, Alcedo ben-
galensis, chinesisch tsui, und weisshalsige Raben, Corvus pectoralis
Gould, Fasanen und wilde Enten gesehen. Die nähere Bestimmung
der letzteren ergab der Geflügelmarkt: hier sah ich die gewöhn-
lichen europäischen Winterenten, Anas boschas, querquedula und
crecca L., aber auch die seltenere nordische Sammtente, Melanetta
fusca L. sp. Der Fasan ist Phasianus torquatus Tem., das Männchen
von dem europäischen durch ein weisses Halsband und buntere
hellere Färbung des Rückens unterschieden. Ferner befand sich
unter dem wilden Geflügel der Wildprethändler unsere Waldschnepfe,
Scolopax rusticula L., und ein ebenfalls europäischer Wasserläufer,
Totanus calidris, so wie mehrere Drosseln. In Käfigen wird ziemlich
häufig eine grosse dickschnäbelige Lerche mit schwarzem Halsfleck,
Alauda Mongolica Pall., gehalten, wofür per Stück nicht weniger
als vier Dollars gefordert wurden, so wie ein kleiner zeisigähnlicher
Vogel, Chlorospiza Sinica L. sp. Die genannten Enten und Sumpf-
vögel sind zweifelsohne Zugvögel, der Spatz, die Elstern und der
Haubenstaar Standvögel, da v. Frauenfeld dieselben auch im Sommer
hier fand. Demnach würden sich die Reiher und wilden Tauben,
welche der Letztere, aber nicht unsere Expedition, um Shanghai
zahlreich fand, als Sommervögel ergeben, ganz in Uebereinstimmung
mit ihrem Verhalten in Europa.
Hasen2) waren das einzige vierfüssige Wild der Gegend,
wie in Venetien, und auf dem Markte reichlich vertreten; die Art ist
ähnlich dem europäischen, aber kleiner, mit kürzeren Hinterfüssen.
Für Reptilien war die Jahreszeit noch zu ungünstig; ich
sah im Freien keine und hörte nur in den letzten Tagen den
grunzenden Ruf eines Frosches, der mich lebhaft an den des
deutschen braunen Grasfrosches, Rana temporaria L., erinnerte,
bei uns auch die erste aus dem Winterschlaf erwachende Art
und auch in Japan wie im mittleren China zu Hause. Auf dem
Markte sah ich mich vergeblich nach demselben um, sah dagegen
[157]Fischmarkt in Shanghai.
dort, doch nicht häufig, eine bissige Schnappschildkröte, Trionyx
perocellatus Cantor, dsang genannt, und die harmlose, auf dem
Rücken mit drei Längskanten versehene Emys Reevesii Gray.
Fische werden in grosser Menge zu Markt gebracht; etwa
die Hälfte davon, nach Arten wie nach Individuen gerechnet, sind
Cyprinoiden, darunter ein grosser Karpfen, eine kleinere Karausche,
dann verschiedene unserem Ueckelei, Elritze und Ziege (Alburnus,
Phoxinus und Pelecus) verwandte, doch verschiedene Arten, die
meisten auch verschieden von den zahlreichen südchinesischen, welche
Richardson nach den Bildern von Reeves beschrieben hat. Aus
anderen Familien waren die auffallendsten ein ziemlich kleiner Wels,
Pseudobagrus fulvidraco Richards., der schildkrötfleckige Ophi-
cephalus argus Cantor, hang (nach Richardson sang yii), ein Mugil,
die silberglänzende, bandförmige Coilia nasus Schleg., tong, bei
Richardson fung-wi, der blassgelbe, langgestreckte Gobius omma-
turus Rich. und die verwandte braune fleckige Eleotris potamophila
Gthr., der silberne, schwarz getropfte Percalabrax Japonicus C. V.
ru’ung, ein grösserer mattgrauer, ebenfalls gefleckter Percoid, Perca
(Siniperca) chuatsi Bas., und der helle, stumpfköpfige Leimfisch,
Collichthys lucidus Richards., Günther, wong genannt. Die Familie
der Aale war durch einen ächten dunkelgraugrünen Aal und eine
aus braun, gelb und ziegelroth bunte Muräne, die Seitenschwimmer
nur durch eine spitzschwänzige Zunge, Plagusia, vertreten; Gadoiden
fehlten völlig. Da mir eine zuverlässige Verständigung mit den
chinesischen Fischern nicht möglich war, konnte ich nicht erfahren,
welche von diesen Arten im Flusse gefangen, welche aus dem Meere
heraufgebracht worden; denn dass auch ächte Meerfische hier zu
Markte kommen, zeigten ein Seehahn, Trigla, und ein Seebrassen,
Chrysophrys.
Der Wusungfluss ergiesst sich ungefähr 14 englische See-
meilen unterhalb Shanghai nahe dem Dorfe Wusung in den südlichen
Mündungsarm des Yangtsekiang, welcher schon mehr ein Meerbusen,
als ein Flussarm zu nennen ist. Bei der gewaltigen Wassermasse,
die jener Strom ins Meer führt, der Niedrigkeit und den vielen
natürlichen oder künstlichen Canälen des Landes, so wie der Seich-
tigkeit des Meeres, muss hier Süss- und Salzwasser sehr allmälich
und an verschiedenen Stellen in verschiedener Weise in einander
übergehen und ein reiches, aber schwierig genau zu bearbeitendes
Feld interessanter Beobachtungen über das Verhältniss der Thiere
[158]Beziehung der Farbe zum Aufenthalt der Fische.
zum Salzgehalt des Wassers, etwaige Angewöhnung an denselben
u. dergl. bieten. Schon die Beachtung der Färbung lässt einiger-
maassen auf die verschiedene Lebensart jener auf dem Markte bei-
sammen gesehenen Fische schliessen, nach der allgemeinen Regel,
dass die Thiere der herrschenden Farbe ihres Wohnortes sich
anzunähern streben, um weniger gesehen zu werden. Die silber-
glänzenden Fische müssen in reinerem Wasser, nahe der Oberfläche
leben. Der Rücken, stets dunkler, ist bei den ächten Süsswasser-
fischen unter denselben grünlich, bläulich oder bräunlich, so bei
allen Cyprinoiden und bei Coilia, dagegen rosenroth bei den silber-
glänzenden Seefischen Trigla und Chrysophrys. Eine Ausnahme
bildet die mehr bläuliche, nicht rothe Silberfarbe des Percalabrax,
der doch ohne Zweifel ein Salzwasserfisch ist; matter glänzend,
dunkler blau sind der Mugil und einige Cyprinoiden. Scharfbegränzte
schwarze Flecken auf dem Rumpfe kommen bei den zwei Percoiden
vor, lebhafter gefärbte Flossen namentlich bei den Cyprinoiden,
scharlachroth bei einem Pelecus, dreifarbig: ziegelroth, blassgelb
und schwarz, bei einem Carassius.
Eine eigenthümlich grünlich-messinggelb matt glänzende
Färbung, überdeckt von dem Schwarz eines dicken, abwischbaren
Schleimüberzuges, zeichnet den Wels aus, der vermuthlich gern,
wie sein europäischer Bruder, in weichem, dunkelem Moorgrunde
lebt; eben so der schwarzgrüne Aal, beide vermuthlich noch ächte
Süsswasserfische. Auch dem Schlammgrunde, aber hellerem, und
vielleicht hauptsächlich dem Brackwasser, dürften die erdfarbige
Zunge, Muräne und Eleotris angehören; die blassgelbe eintönige
Färbung des Gobius deutet vielleicht auf freieren Aufenthalt in dem
durch den Schlamm getrübten, eben so hellgelben Wasser der
Strommündung, die dunkelgrün-scheckige, mit scharfer Zeichnung
und lebhaft rothen Gliederflossen des Ophicephalus vielleicht auf
einen Aufenthalt zwischen Süsswasserpflanzen.
Die Trübung des Wassers durch feine Schlammtheilchen ist
an der Mündung des Yangtsekiang sehr intensiv und ausgedehnter,
als ich irgendwo sonst gesehen; die trübgelbe Färbung der See,
nicht unpassend mit Erbsensuppe von einem der Reisegefährten
verglichen, ist die erste Ankündigung der Annäherung an die
chinesische Küste, lange ehe man das Land sieht, und wer seine
Mündung gesehen, wird gewiss nicht mehr in Versuchung kommen,
diesen Strom den blauen zu nennen, sondern eher, gleich dem
[159]Leucosoma und Polyodon. Krabben.
Hoangho, den gelben. Diese Trübung des Wassers spiegelt sich
namentlich in zwei eigenthümlichen Fischen ab, dem grössten und
kleinsten, die ich auf den hiesigen Märkten fand: dieser, Leucosoma
Chinense Gray, wenig über fingerslang, glanzlos gelblichweiss,
schlank, mit spitziger Schnauze, mässigen Augen und hechtartig
nach hinten gerückter kurzer Rückenflosse; der andere, Polyodon
gladius m., ein Bruder des Löffelstöres im Mississippi, den ich am
ersten Tage meiner Anwesenheit auf chinesischem Boden zu Wusung
bei einem Fischhändler fand, 1,020 Meter lang, mit einem Auge von
nur drei Millimeter Durchmesser, bei einer Schnauze, welche fast ein
Drittel der ganzen Körperlänge einnimmt und wahrscheinlich fein füh-
lend, zum Tasten im trüben Wasser bestimmt ist, der ganze Fisch
bleich gefärbt, nur an den Kiemendeckeln mit zierlichen Rosetten
brauner Flecken gezeichnet. Leider war es mir nicht möglich, etwas
Näheres über die Lebensweise dieses Fisches zu erfahren; ich traf
zwei Exemplare, das eine noch grösser, als das gemessene, bei
einem Fischhändler in einer der Strassen von Wusung und fand ihn
als hwae oder tsin in einer chinesischen Encyclopädie, welche mir
Herr Bridgeman in Shanghai zeigte, leidlich abgebildet, nur mit zu
langer Rückenflosse, dargestellt als tsin-tsue, woraus er auch, wie
schon (S. 119) erwähnt, in die japanische Encyclopädie übergegangen
ist. Nach Basilewsky, der längere Zeit in Peking zugebracht, lebt
er ausser im Yangtsekiang auch in dem Hoangho und selbst in der
Mantschurei. 3)
Krabben fand ich dreierlei auf dem Markte von Shanghai,
eine grössere olivengelbe mit gezahnten Seitenrändern und Haar-
büscheln an der Basis der Scheeren, Eriocheir, die kleinere, auch
vierseitige Helice tridens Haan und die auf allen ostasiatischen
Märkten häufige Lupa pelagica auct., letztere hier selten und meistens
ihrer Füsse beraubt, ein Zeichen, dass sie weit her, von der See
gebracht wird; die zwei ersteren dagegen finden sich häufig im
süssen Wasser der Umgegend, namentlich in stillen, etwas tieferen
Pfützen und Tümpeln, doch sind auch von ihnen auf dem Markte
Exemplare mit beiden Scheeren und allen acht Füssen nicht häufig,
da sie, in Mehrzahl zusammengesperrt, wie alle Krabben, sie sich
gegenseitig abkneipen. Eine kleinere Krabbe, Ocypode, nur erbsen-
gross, daher nicht zu Markte gebracht, treibt sich auf den
Schlammufern der Canäle und Flüsse umher, welche zur Ebbezeit
durch ihre zahlreichen Löcher ein siebartiges Ansehen darbieten.
[160]Viel Süsswasser-, wenig Land-Mollusken.
Von langschwänzigen Krebsen sind verschiedene mittelgrosse und
kleine Garneelen, meist zur Gattung Palaemon gehörig, häufig auf
dem Markte; ich hörte sie hier ho nennen (Wells Williams schreibt
ha), und es scheinen Süss- oder Brackwasserbewohner zu sein.
Aechte Krebse, Hummer, Palinurus oder Scyllarus, sah ich hier
nie; sie sind alle Bewohner steinigen Grundes, und Steine fehlen hier.
Mollusken. Es ist charakteristisch für die chinesische Tief-
ebene und wiederholt sich in jeder anderen, z. B. um Berlin und
in Venetien, dass die Süsswasserschnecken weit zahlreicher und
weit leichter zu finden sind, als Landschnecken. Hierzu trägt hier
noch der Umstand bei, dass aus den vermuthlich leicht verschlam-
menden Canälen der Morast regelmässig ausgeschöpft und auf die
Felder ausgebreitet wird: nach längerem Trockenliegen heben sich
dann die verbleichten Schnecken- oder Muschelschalen weiss vom
graubraunen Grunde ab und verlocken immer wieder zum Auf-
sammeln. Ist das Auge einmal darauf gerichtet, so findet es auch
bald Exemplare, deren Farbe besser erhalten ist. Die bei weitem
häufigste unter den Conchylien, welche ich so in der Umgebung
von Shanghai und Wusung fand, ist eine hochgewundene, hellgrün-
braune, kantige Paludina, P. angularis Müll. sp., 4) di-lo, Grund-
schnecke genannt; dann folgt die grosse herzförmige glänzende
Cyrena fluminea Müll. sp., he-ka; selten ist ein Unio mit zickzack-
artig gestreiften Wirbeln und eine Anodonta, beide mir als ga-li
genannt. Ganz fruchtlos fand ich zu dieser Jahreszeit das Suchen
am Boden der Baumgruppen und an den die Särge mehr oder
weniger bedeckenden Rasenhügeln, dem einzigen, was die Ein-
förmigkeit der Felder unterbricht. Nur die künstlichen Felsen des
Theegartens in der Stadt selbst boten mir einige Landschnecken,
so die grössere kugelige Helix ravida Bens. und die braune dick-
lippige Clausilia Shanghaiensis Pfr. In der That wüsste ich keine
andere Stelle in dem von mir gesehenen Theile dieser Gegend, der
für eine Clausilie passend wäre.
Die genannten Paludinen und Cyrenen werden auch in den
Esswaarenläden der Strassen verkauft, letztere meist ohne Schale.
Bei den Fischhändlern findet man oft Körbe voll einer fingerslangen
Muschel, Novaculina, ähnlich N. constricta Bens., dsing-dsu, deren
bleichgrünlichweisse Farbe meist von einer dunkeln Schlammhülle
ganz verdeckt ist, beide den Aufenthalt im Schlammboden verrathend.
Andere Conchylien werden zu verschiedenen Bedürfnissen des Haus-
[161]Verwendung der Muscheln. Hausthiere.
haltes verwandt, und ich sah hier derartige Anwendungen mehr als
irgendwo anders; so dient eine halbe Schale von Barbala plicata
(Dipsas auct.) regelmässig den Verkäufern von Hülsenfrüchten und
Mehl zugleich zum Schöpfen und ungefähren Messen ihrer Waare.
In Wusung sah ich Scheiben von Laternen und Fenstern aus den
durchscheinenden weissen Schalen der Placuna placenta L. sp.
zusammengesetzt und in Shanghai selbst einen Arbeiter damit be-
schäftigt, solche in quadratische Stücke zu schneiden. Bei Gassen-
trödlern findet man öfters Schalenhälften von Pecten Japonicus durch
einen Stiel aus Bambu zu einem Löffel umgewandelt, ferner Fusus
colosseus Lam. mit abgebrochener Spitze als Trompete, wie anderswo
die Tritonien; endlich nicht selten, doch immer unverarbeitet, die
japanische Haliotis gigantea.
Echinodermen als ächte Meerthiere sind hier gar nicht zu
finden, abgesehen von den als Trepang berühmten Holothurien, die
aus dem indischen Archipel eingeführt werden.
Hausthiere. Der Büffel, chinesisch shwui niu, Wasser-
ochse, ersetzt in der Umgebung Shanghai’s durchaus das Rindvieh
und dient hauptsächlich als Zugthier; Milch trinken die Chinesen
nicht. Pferde, ma, wie im Japanischen, sieht man hier selten,
hauptsächlich nur bei militairischen Aufzügen; sie sind klein, mit
kurzem geradem Halse und meist von brauner Farbe. Port-chaisen
und Tragsessel ersetzen in den engen, menschenreichen Strassen
der Stadt unsere Equipagen und Droschken. Schafe sah ich nur
bei einem Schiffsvictualienhändler, sie waren alle auffallend hoch-
beinig und grobwollig; Ziegen, yang, sind etwas häufiger, namentlich
wurden einige schöne feinhaarige weisse Böcke im Vorhofe eines
Tempels gehalten; bei allen, die ich sah, sind die Hörner an ihrer
Basis sehr breit und flach, erheben sich nur wenig und neigen sich
von vorn herein stark nach hinten, Capra hircus depressa L. Hunde,
kiuen, auch kau, nach ihrer Stimme benannt, sind in der Stadt selbst
nicht häufig, aber in den Vorstädten und auf dem Lande um jedes
Gehöft zu finden; alle haben aufrechte Ohren, eine spitze Schnauze
und den Schwanz nur wenig gekrümmt; die meisten sind gelblich-
braun, unten weiss; einige auch schwarz. Es sind, wie im Orient
überhaupt, nur Strassen- und Hofhunde; von Schoosshunden sah
und hörte ich in China nichts, aber eben so wenig von Hunden als
Mast- und Schlachtvieh. Katzen, mau, sind häufig in der Stadt,
die meisten scheckig, einzelne auch grau mit dunkleren Streifen,
Ost-Asien. Zoologisch. I. 11
[162]Hausgeflügel. Ansicht von Tamsui.
ähnlich unserer wilden Katze; sie haben meist einen kurzen Schwanz,
doch war er bei keiner, die ich sah, so verkrümmt und verkrüppelt,
wie bei den japanischen.
Hühner, ki, Gänse, ngo, und Enten, yah, sind häufig
auf den Geflügelmärkten; erstere gleichen durch ihre hohen Beine
mehr oder weniger den cochinchinesischen. Die zahmen Enten
schienen mir alle eher grösser und langhalsiger, als die unsrigen;
in der Färbung sind sie eben so verschieden, wie bei uns. Die
Gänse sind aber nicht die europäische Art, sondern die an ihrer
Stimme und an dem Schnabelhöcker leicht zu erkennende Trompeter-
gans, Anser cygnoides L. sp., welche also mit Recht von Manchen
chinesische Gans genannt wird, bald in ihrer eigenthümlichen braunen
Färbung, wie sie in Europa zuweilen mit Schwänen als Luxusvogel
gehalten wird, bald weiss. 5)
2. Tamsui auf Formosa.
3. April 1861.
Durch das freundliche Entgegenkommen unseres Capitains
wurde es während der Fahrt der Fregatte Thetis von Shanghai nach
Hongkong möglich, für einige Stunden die Insel Formosa zu betreten,
welche damals bis auf das altberühmte »formosanische Teufelchen«,
Manis pentaductyla L., zoologisch völlig terra incognita war, aber
seitdem durch die eifrigen Forschungen des englischen Consuls
Swinhoe in Betreff der Wirbelthiere zu einem der bestgekannten
Theile des chinesischen Reiches geworden ist. 6) Die Thetis hielt
Angesichts der Mündung des Tamsuiflusses, westlich von der Nord-
spitze der Insel, und im Laufe des Vormittags brachten uns die
Boote an’s Land, mit der Weisung, Nachmittags um 3 Uhr wieder
zurückzukommen. Wir fanden ein kleines Städtchen, die Häuser
aus Backsteinen gebaut, mit flachen Dächern, bewohnt von Chinesen
sammt deren gewöhnlichsten Hausthieren: Büffeln, Hunden und
Enten. Im Hintergrunde nach Nordosten erhoben sich höhere, theils
bewaldete, öfter kahle Berge. Die uns zugängliche Küstengegend
selbst bot ein welliges Terrain, voll kleiner Wasserläufe, die zur
Bewässerung der zahlreichen Reisfelder dienen, die Anhöhen da-
zwischen ziemlich kahl und steinig, einzelne Strecken durch Hecken
einer cactusförmigen Euphorbie abgegränzt. Von wilden vierfüssigen
Thieren war nichts zu sehen; häufig zeigte sich dagegen auf den
[163]Land- und Strandthiere von Tamsui.
Hügeln ein lerchenähnlicher Vogel, Anthus cervinus Pall. sp.,
einzelne Exemplare mit eintönig graurother, andere mit schwarz-
gefleckter Brust. Während dieser »Pieper« singend wie eine Lerche
in die Höhe stieg, zog ein grösserer schwarzer Vogel mit leier-
förmigem Gabelschwanz durch seine komischen Schwenkungen und
Burzelbäume in der Luft die Aufmerksamkeit auf sich, es war ein
Dicrurus (Edolius Cuv.), eine wesentlich indisch-afrikanische Gattung.
Unmittelbar nach dem Landen war von einem der Cadetten, Herrn
von Rabenau, ein Silberreiher geschossen worden, mit schönen
Schmuckfedern am Hinterhaupt und Hinterrücken, Schnabel und
Beine schwarz, Zehen und Zügel grünlich-gelb (Ardea garzetta L.?).
Eidechsen waren trotz des intensiven Sonnenscheins nicht zu
erblicken; dagegen ertönte lautes Froschgequak aus den Pfützen,
und die Urheber desselben stellten sich bald als die von China bis
zu den Philippinen verbreitete Rana vittigera Wiegm. heraus. Eben
so waren die Landschnecken sparsam — ich sah nur wenige schlecht
erhaltene Exemplare zweier Helixarten, die eine nächst verwandt
der chinesischen H. ravida Bens., die andere der H. elegantissima
Pfr. von den Liukiuinseln, — um so häufiger aber wiederum Süss-
wasserconchylien, wie überall, wo Reisfelder sind, so eine Anodonta,
die von den Einwohnern gegessen wird, eine grosse Paludina, ähnlich
der Sinensis, ein mittelgrosser Limnaeus, unserem ovatus ähnlich,
und eine kleine Stenothyra. Land-Amphipeden kommen auch
hier vor.
Der Strand wird theils durch feinen Sand, theils durch
Stein — vorherrschend Granit — gebildet; an letzterem sitzen kleine
dunkle moosähnliche Algen: Acrocarpus pusillus Kg. und Caula-
canthus fastigiatus Kg., nebst gerippten Meereicheln; in einzelnen
Vertiefungen dazwischen finden sich auch schon etwas längere rothe
Algen, wie Grateloupia filiformis und Sphaerococcus confervoides,
ferner die überall häufigen blatt- und fadenförmigen Ulvaceen
(Phycoseris und Enteromorpha); zwischen diesen Algen traf ich
kleine Amphipoden, Gammarus, zwischen den Steinen noch im
Trockenen Ligia nicht selten.
Der Sandboden zeigt zahlreiche cylindrische Löcher, über
einen Zoll tief, und eben so zahlreiche kleine Krabben, welche bei
Annäherung des Menschen rasch einem solchen Loche zueilen;
dieselben sind hellgrau und grünlich marmorirt, so dass sie auf
geringe Entfernung ein ähnlich punctirtes Ansehen bieten, wie der
11*
[164]Conchylien von Tamsui. Landthiere auf Hongkong.
Sand selbst, und gehören zur Gattung Cleistostoma Haan. Grössere
Strandkrabben, Ocypode, sah ich nur einzelne todte, von den
Wellen angespült. Eben so finden sich einzelne Muschelschalen am
Strande zerstreut ausgeworfen, viel mehr aber in grossen Haufen
zusammen in nächster Nähe der Häuser, welche zugleich zeigen,
was draussen an den mir unerreichbaren Steinen lebt, die den
Andrang der Wellen von der Einfahrt abwehren, und was die
Chinesen zu speisen pflegen: es waren dreierlei Trochoideen aus
den Gruppen Lunella, Labio und Omphalius, minder häufig eine
knotige Purpura, drei Arten von Nerita und ein gekörntes Cerithium.
Zweischalige Muscheln sind selten: ich sah nur drei Arten aus der
Familie der Venusmuscheln, worunter Cytherea castanea Lam.,
endlich eine grössere faltige Auster, deren einzelne Schalen weit
in’s Land hinein zerstreut liegen.
3. Hongkong.
9.—14. und 19.—20. April 1861.
Der Anblick dieser Insel ist ähnlich dem von Madera, die
Stadt zeigt dem Ankommenden zunächst elegante, europäisch aus-
sehende Strassen, weiterhin schmutzige chinesische Gassen; sie
steigt amphitheatralisch an der steilen Lehne plutonischer Berge an,
welche hauptsächlich aus verwittertem Porphyr bestehen und nach
unten zu kahl und öde erscheinen, weiter oben aber, unter und an
grossen Steinblöcken in kleinen Thalrissen mehr bleibende Feuch-
tigkeit und damit reicheres organisches Leben bieten, namentlich
ist ein Lycopodium und eine Selaginella häufig; von grösseren Land-
schnecken fand ich Cyclophorus exaltatus Pfr. und die flache, viel-
gewundene Helix pulvinaris Gould.
Wirft man von dem Gipfel mit der Flaggenstange einen Blick
nach dem Innern, so erblickt man in überraschender Nähe die Süd-
küste der Insel und die zwischen liegenden Berge oder Hügel, mit
inbegriffen den höchsten der Insel, Victoriapik, 1825 englische Fuss
hoch, nicht viel belebter, als der Nordabhang. Ein Dytiscus von
mittlerer Grösse in einer Wasserpfütze und zahlreiche grosse, laut
schwirrende Heuschrecken (Acridien) neben wenigen, nicht erreich-
baren Vögeln war Alles, was ich auf einer Fusswanderung nach
Aberdeen sah, obwohl der Rückweg theilweise durch ein vegetations-
reiches und bebautes Thal führte. 7)
[165]Strandthiere auf Hongkong.
In den Strassen der Stadt selbst werden Süsswasserfische
(Cyprinoiden) verkauft, die aber meist von Kanton herunter zu Schiffe
kommen; am Fusse von Mauern und am Rande der Wege lebt die
kosmopolitische Helix similaris Fer. in Gesellschaft einzelner Julus
und Porcellio. Die zwei unvermeidlichen Stadtvögel Ostasiens fehlen
auch hier nicht, eine unserer Rauchschwalbe höchst ähnliche Hirundo
und ein unserem Feldspatzen höchst ähnlicher Passer.
Die Strandbewohner fand ich an Zahl der Arten und Individuen
reicher, als Frauenfeld’s negative Schilderung l. c. andeutet. Das
Happy-valley an der Stadt ist durch eine noch nicht völlig aus-
getrocknete Schlammstrecke mit der See verbunden, die zahlreichen
chinesischen Booten zu bleibendem Aufenthalt dient; hier fand ich
während der Ebbe junge Mädchen beschäftigt, die umherliegenden
zahlreichen Enteromorphen zu Tschau-tschau (Essen) zu sammeln,
und dicht dabei sah ich viele Tausende von kleinen Brackwasser-
Cerithien wie umhergesät auf dem Schlamme liegen; Aehnliches sah
ich vorher schon dicht vor den Häusern der Stadt. Da bekanntlich
die ärmere Klasse der Chinesen zum grösseren Theile von derartig
frei gebotenen Geschenken der Natur lebt und diese so ganz ohne
weitere Mühe zu erreichen waren, kein Grund bekannt ist, warum
sie nicht jeden Tag aufgesammelt werden sollten, so ist diese zahl-
lose Menge essbarer Gegenstände dicht neben einer so zahlreichen
Einwohnerschaft in der That einer der schlagendsten Beweise un-
erschöpflicher Fruchtbarkeit.
Weiterhin folgt eine Sandstrecke, wo bei Ebbe viele Männer
und Weiber beschäftigt sind, lebende Muscheln zu sammeln und
dabei oft bis an die Waden im Sand und Wasser waten; es ist
hauptsächlich eine Venusmuschel, Venus (Anomalocardia) squa-
mosa L., zuweilen schön blau angehaucht, welche Färbung aber an
todten Exemplaren bald verschwindet.
Mehr Mannichfaltigkeit bieten die Steine und grösseren Stein-
blöcke des Strandes westlich von der Stadt und noch mehr solche
an der Südküste, nahe bei Aberdeen. Bei beiden sind es grössere
Chthamalusarten, Litorinen und Neriten, welche die oberste Gruppe
der Meerbewohner bilden, nebst einzelnen Krabben (Grapsus) und
kleinen schwarzrothen Algen; dazwischen auch ein Trochus aus
der Gruppe Monodonta und eine ricinulaähnliche Purpura. Endlich
bildet am erstgenannten Ort den äussersten Vorposten der Meer-
thiere eine sehr kleine, flach trochusförmige, erbsengelbe Schnecke,
[166]Hongkong. Kanton.
die gesellig in den Ritzen und Vertiefungen der grösseren Steinblöcke
sitzt (Risella).
Die schlammigen Stellen, in welche die Bucht von Aberdeen
landeinwärts endigt, sind bevölkert von Cerithium sulcatum, einer
Krabbe, die sich bei Annäherung eines Feindes in ihre cylindrischen
Löcher zurückzieht, und von einem kleinen Fisch, Periophthalmus?
der ausserhalb des Wassers, auf die Brustflossen gestützt, mit er-
hobenem Kopf zu ruhen pflegt und mit seinen hochgestellten Augen
gut Wache hält, denn es gelang mir nie, ihn zu erhaschen; stets
plätscherte er mit raschen Sprüngen durch Schlagen des Schwanzes
davon, und meist war dieses Springen mir das erste Zeichen seiner
Anwesenheit. Ein gelbbuschiger Silberreiher, der behaglich im
Schlamm herumwatet, und eine Silbermöve waren die einzigen
Wasservögel, die ich hier an der Südseite der Insel sah; an der
Nordseite sah ich gar keine.
Dass auch an grösseren Meerschnecken in der Tiefe kein
Mangel ist, zeigt der grosse Fusus colosseus Lam., den ich lebend
auf dem Victualienmarkt von Aberdeen traf.
4. Kanton,
15.—18. April 1861,
Hauptstadt der gleichnamigen Provinz (Kwantung), an der Südwest-
ecke von China, ist rings von Niederungen, Reisfeldern und Fluss-
armen umgeben, in denen nur Paludina Sinensis Gray und Cyrena
fluminea Müll. leben. Nur nördlich erhebt sich eine Hügelgruppe,
die weissen Wolkenberge, pak-wan-schan, grösstentheils kahl, mit
zahlreichen Mandarinengräbern und Tempeln geschmückt; die spar-
samen Gebüsche daselbst beherbergen ein paar Landschnecken, wie
Cyclophorus punctatus Gratel., die eigenthümliche linksgewundene
Helix cicatricosa Müll., früher für westafrikanisch gehalten, und die
kleine kosmopolitische H. similaris. Bunte Ritterschmetterlinge und
grosse Heuschrecken bestätigen den Tropencharakter der Gegend.
In den reichen und kunstvollen Gärten südlich der Stadt sah ich
mich fast ganz vergeblich nach Schnecken um, nur eine H. similaris,
wenige Cyrenen und die schlankere Paludina angularis, todt und
verkalkt, waren zu sehen.
Mehr Beute kann der Zoologe auf den Strassen selbst machen,
wo Fische, kleine Krebse (Palaemon) und Muscheln häufig feil-
[167]Fische, Hausungeziefer und käufliche Muscheln.
geboten werden, von letzteren namentlich Cyrenen und eine stark
knotige Arca, wie deren ähnliche oder gleiche von Singapore bis
Japan häufig sind.
Die Fische sind etwa zur Hälfte Cyprinoiden, die anderen
Aale, Gobius u. a.; namentlich fällt ein nicht seltener, kleiner, wurm-
förmiger Fisch, Amblyopus, durch die lebhaft violettrothe Farbe
und den stumpfen Kopf auf. Ein längerer Aufenthalt hat Herrn
John Reeves ermöglicht, eine grosse Reihe von Abbildungen von
Fischen anfertigen zu lassen, welche in Kanton zu Markte kommen,
See- und Flussfische, deren Bestimmung durch Richardson im
Jahrgang 1845 der Reports of the British association for the advan-
cement of science sich findet, vermischt mit den sparsamen früheren
Nachrichten über chinesische Fische überhaupt.
In den Häusern findet sich häufig eine grosse haarige Spinne,
den amerikanischen Vogelspinnen nicht unähnlich, wenn auch an
Grösse nicht gleich, und zuweilen selbst Schlangen, schwarz und weiss
geringelt, Bungarus, von den Chinesen mit Recht sehr gefürchtet.
Auch Gecko’s und grosse Scolopendern scheinen im südlichen
China in den Häusern zu leben, von Scorpionen dagegen habe ich
während meines Aufenthaltes nichts gesehen und gehört; damit soll
nicht gesagt sein, dass gar keine Scorpione vorkommen. Im Gegen-
theil scheinen diese im südlichen China, nördlich bis zum Yang-
tse-kiang, vorzukommen, wie auch eine Notiz der japanischen
Encyclopädie (vergl. oben S. 136) andeutet.
Der Fluss, an welchem Kanton liegt, heisst Tschu-kiang,
Perlfluss; ich konnte nicht erfahren, ob Flussperlmuscheln sich in
ihm finden, kann aber auch nicht annehmen, dass er von der
Klarheit des Wassers den Namen hat, denn ich fand ihn so gelb,
wie die anderen chinesischen Flüsse, und hörte, dass er diese
Färbung zu jeder Jahreszeit habe. Williams bemerkt übrigens, dass
er zwei bis drei Arten Süsswasser-Mytilus enthalte (The middle
kingdom p. 271), ob Anodonten?
Hier in Kanton (und jetzt auch in Hongkong) ist es, wo man
die fertigen Sammlungen chinesischer Insekten und Conchylien zu
kaufen bekommt, die in Europa seit längerer Zeit bekannt sind; sie
scheinen wirklich in Südchina einheimische Thiere zu enthalten.
Zwischen den Insekten fehlt nie das Seepferdchen, Hippocampus;
von den Conchylien sind bemerkenswerth Ovula volva L. sp., die
[168]Land- und Sumpfthiere in Makao.
ächte Weberspule, Oniscia cancellata und Cancellaria elegans Sow.,
sowie Soletellina Chinensis Mörck.
5. Makao,
21.—23. April 1861,
erste europäische Niederlassung in China, auf einer kleinen Halbinsel
von Granit- und Syenithügeln, auf beiden Seiten vom Meere bespült
und nur durch eine flache Landenge nach Osten mit der grössten
Insel des Kantonflussdeltas (Makao-Insel) zusammenhängend.
Die Höhen sind kahl und sonnig, von portugiesischen Forts,
einem Kloster oder verwitternden Steinblöcken gekrönt, von wenigen
Vögeln (den oft genannten Schwalben und Spatzen), grossen
Heuschrecken und sammetschwarzen Ritterschmetterlingen belebt.
Schlangen sah ich hier keine, von Eidechsen nur einen bissigen,
blassgrünen, gelbköpfigen Calotes am Boden, der übrigens kaum so
rasch wie unsere Eidechsen läuft; von Landschnecken ist auf der
ganzen Halbinsel die Eine Helix similaris überall vorhanden, dieselbe,
die auch in Rio und im tropischen Afrika lebt, vielleicht eingeschleppt;
sie zeigt dieselben Farbenänderungen, mit und ohne Band, die
Hauptfarbe meist gelblichweiss, selten röthlich, wie unsere Helix
fruticum. Im westlichen syenitischen Theil kommt eine zweite, mehr
kugelige Helix vor. Die einzige vegetationsreiche Stelle ist der
bekannte Garten Pereira’s mit Camoëns’ Denkmal, aber auch dort
fand ich keine andere Landschnecke, als H. similaris.
Die wenigen Niederungen sind ganz durch die Stadt und ein
paar Dörfer ausgefüllt, Reisfelder finden sich nur jenseits der Land-
zunge, natürlich wieder mit der unvermeidlichen Paludina Sinensis
und diesesmal voll Froschgequak; die Frösche, welche ich sah und
fing, waren aber die nächsten Brüder unseres grünen Wasserfrosches,
Rana esculenta L. 8)
Der Strand wird an der dem Lande zugewendeten Seite, nicht
weit von der Landzunge, von Sumpfboden gebildet; carexähnliche
Gewächse mit dreikantigem gegliederten Halme, jetzt nicht blühend,
wachsen unmittelbar auf dem von Salzwasser durchfeuchteten Boden,
und zwischen ihnen kriecht eine über haselnussgrosse Bulla (Haminea)
umher, deren schwarze, rothverbrämte Färbung der Weichtheile (in
und ausser der Schale) an die ähnliche Färbung der grossen Vitrina
Madera’s erinnert; ebenda ist auch eine kleine blassgelbe Assiminea,
[169]Fische in Makao. Alte chinesische Literatur.
unmittelbar auf dem Schlamm kriechend, häufig. Springende Fische,
gleich denen von Hongkong, finden sich an offeneren, pflanzenleeren
Stellen, die mit Steinen untermischt sind. Die Sandstrecken an der
Meerseite der Halbinsel bieten nur ausgeworfene todte Muscheln und
Tange, von ersteren namentlich solche aus der Gattung Arca, von
letzteren Sargassen. Stellenweise wird aber der Strand von grossen
herabgestürzten Steinblöcken unterbrochen, und man ist sicher, an
diesen Litorinen, namentlich L. scabra, L. melanostoma u. a., zu
finden; L. melanostoma ist hier häufig und findet sich an allen Steinen
rings um die Halbinsel und stellenweise sogar an Grashalmen; etwas
tiefer sitzt eine Nerita. Strandkrabben fehlen auch hier nicht, sind
aber so flüchtig als anderwärts.
Die häufigsten Fische, welche ich sah, sind ein Caranx, der
allmorgendlich frisch in grosser Anzahl in Fischerbooten an Land
gebracht wurde, und ein grosser Trichurus, den man an der Sonne
trocknet, wie auch Chrysophrysarten u. a. Von den Fischern be-
kommt man ferner noch Ostracion, Halieutaea stellata u. a., von
Muscheln Persona elathrata, Pecten pleuronectes, eine Lutraria aus
der Gruppe Zenatia Gray u. a.
6. Ueber die Thierkunde der Chinesen und unsere
Kenntniss chinesischer Thiere.
Das Reich der Mitte beansprucht, das älteste Kulturland der
Erde zu sein, und in der That finden sich auch, achtungswerthen
Angaben zufolge, schon in früherer Zeit, als in unserem Europa,
Beschreibungen und Abbildungen von zahlreichen Thieren, zwar
nicht in eigenen Specialwerken, sondern nur in vielbändigen Ency-
clopädieen, z. B. in Ur ya tsiuen tu, bildliches Wörterbuch, und
Sau tsai tu hwui, bildliche Encyclopädie, die ich in Shanghai bei
Herrn Bridgeman (leider nur zu flüchtig) durchzusehen Gelegenheit
hatte. Eine fleissige Durchforschung dieser Werke und vielleicht
noch mehr eine solche der zahlreichen Stadt- oder Provinz-
Monographieen dürfte manche interessante Thatsache in Betreff
zeitlicher und räumlicher Verbreitung der Thiere ergeben; dazu
gehört aber eben so eine fertige Kenntniss der schwierigen Schrift,
als eine gewisse Bekanntschaft mit dem zoologischen System über-
haupt und der Thierwelt China’s insbesondere, um in Abbildung
und Beschreibung die wesentlichen Charaktere herauszufinden und
[170]Mythische Thiere der Chinesen.
daraus wenigstens die Gattungen bestimmen zu können; ferner eine
gewisse Nüchternheit des Urtheils, um die natürliche Grundlage aus
den wunderbar klingenden Berichten herauszuklauben: denn dass es
an solchen nicht mangeln wird, zeigen die zahlreichen einfüssigen,
vielköpfigen und sonstwie verzerrten Figuren, welche ganz harmlos
zwischen besseren, kenntlich gezeichneten Abbildungen vorkommen.
Die Chinesen haben alle ihnen bekannte Thiere in vier Classen,
vermuthlich nach den vier Ecken der Welt, gebracht und geben
jeder dieser Thierclassen, die nach der Körperbedeckung bestimmt
sind, einen König: den nackten Thieren den Menschen selbst, dessen
Existenz und Uebermacht allerdings nicht zu bezweifeln ist, dagegen
den Haarthieren das Einhorn, ki-lin, wohl unterschieden vom Nas-
horn, si, den Federthieren oder Vögeln eine Art Phönix, fung hwang,
den Schalthieren eine grosse Schildkröte mit Hundekopf und Haar-
schwanz, kwei, den beschuppten Thieren endlich den Drachen,
ling, eine wirklich fabelhaft abentheuerliche Gestalt mit Schlangen-
leib und Adlerkrallen.
In dem Vogelkönig wollen Einige den Argusfasan, Argus
giganteus Tem., finden, der auf Malakka, Sumatra und Borneo lebt,
aber die chinesischen Figuren zeigen keine besondere Zeichnung der
Flügel, dagegen eine regelmässige Abstufung der Länge der Schwanz-
federn, deren feine Zerzaserung an die ähnlich geformten Anhängsel
der anderen Thierkönige erinnern, und so bin ich geneigt, alle für
rein eingebildet, für die Thier-Ideale des chinesischen Geschmacks
zu halten. Drachen und Einhorn spielen bekanntlich auch eine Rolle
in den dunkleren Epochen der europäischen Bildung, die zwischen
der Blüthe des Alterthums und der Neuzeit liegen, die Beschreibungen
des Phönix, welche uns Herodot, Plinius und später der Kirchen-
vater Lactantius gegeben haben, passen ziemlich auf einen chinesischen
Vogel, den Goldfasan. Dieses deutet auf einen alten Verkehr zwischen
Occident und China, eben so wie die Bekanntschaft mit dem Löwen, 9)
von dem man in China häufig Abbildungen und Schnitzereien sieht,
letztere z. B. in Shanghai fast an jedem Pfosten der Kaufläden,
freilich hinreichend entstellt, um zu zeigen, dass die Künstler nie
einen lebenden gesehen, in vollständigem Gegensatz zum Tiger; im
ganzen Bereiche des chinesischen Reiches lebt unseres Wissens kein
Löwe, wohl aber überall der Tiger, hu, wo er nicht durch die
Dichtigkeit der menschlichen Bevölkerung verdrängt ist; er spielt
dieselbe Rolle in der Anschauung der Chinesen, wie der Löwe in
[171]Thierkenntniss und Thiernamen.
der unsrigen: tapfere Soldaten werden mit Tigern vergleichen, die
Schauspieler, welche Offiziere und Generale vorstellen, bemalen ihr
Gesicht mit schwarzen Linien, die denen des Tigergesichtes gleichen,
und »den Tiger bei den Barthaaren fassen« ist sprüchwörtliche Be-
zeichnung eines muthigen Mannes.
Voreilige Schlüsse aus unvollständigen Beobachtungen haben
auch bei den Chinesen zu einer Reihe naturhistorischer Fabeln
geführt, z. B. über Verwandlung von einem Thier in ein anderes,
Feldmäuse in Wachteln u. s. f., wie ganz ähnliche bei Plinius, selbst
Aristoteles u. A. sich finden. Solche Vorurtheile sind auch in Europa
noch nicht erloschen, aber doch mehr und mehr auf die Ungebildeten
beschränkt; in China aber hat die allgemeine Achtung der Tradition
sie auch bei den Gebildeten noch in voller Geltung erhalten, und
sie erscheinen in der Litteratur oft als etwas längst Ausgemachtes,
Allbekanntes, ohne Spur eines Zweifels, aber auch ohne neue Be-
gründung, ein Merkmal wissenschaftlichen Stillstandes. 10)
Dagegen könnte es scheinen, als ob die Chinesen in Betreff
der allgemein verständlichen volksthümlichen Bezeichnungen der
Thiere wissenschaftlicher als wir Europäer wären. Da nämlich das
Wesen der chinesischen Schrift für jeden einzelnen Begriff, d. h.
einfaches Nomen oder Verbum, ein besonderes Zeichen verlangt,
aber eine grosse Anzahl unabhängiger Zeichen schwerer im Gedächt-
niss zu behalten ist, als gleich viele Zusammensetzungen aus einer
geringen Anzahl einzelner Zeichen (Buchstaben), so musste die
chinesische Sprache früher und allgemeiner als die europäischen
das Hülfsmittel einer Namengebung nach Art des naturhistorischen
Systems ergreifen, nämlich den minder bekannten oder neu erkun-
deten Thierarten nicht eigene unabhängige Namen zu geben, sondern
den des nächsten allbekannten Thieres mit einem unterscheidenden
Zusatz, oder auch, wo ein eigener Name vorhanden war, denselben
mit dem des bekannteren verwandten Thieres zu verbinden. Es ist
das nichts Anderes, als was in unseren deutschen Ausdrücken
Fledermaus, Seehund, Walfisch und Haifisch stattfindet. Die euro-
päischen Sprachen benutzen vielfach noch ein anderes Auskunfts-
mittel, die Einführung von Fremdwörtern; aber dieses ist dem
Chinesen eben durch sein System, ganze Worte, nicht Laute zu
bezeichnen, theoretisch ganz versagt, practisch nur unvollkommen
und mit Zweideutigkeiten möglich: die einzelnen Silben des Fremd-
wortes werden nämlich durch diejenigen chinesischen Wortzeichen
[172]Chinesische Abbildungen.
dargestellt, deren Aussprache ihnen am nächsten kommt, und die
Sinnlosigkeit der Zusammensetzung zeigt an, dass diese Zeichen
nicht als Begriffe, sondern nur als Lautnachahmungen aufzufassen
sind. Für Fremdwörter ist demnach das Chinesische noch un-
behülflicher und widerstrebender, als das Japanische mit seiner
Silbenschrift. Aus diesen Gründen musste jenes erstere Hülfs-
mittel eine mächtigere Entwickelung gewinnen, und es ist eine
Anzahl Wortzeichen zu generellen, unentbehrlichen Elementen der
Thiernamen geworden; so li, Fuchs, für kleinere Raubthiere, tsioh
für kleine Singvögel und so fort. Dadurch wird allerdings das
Bewusstsein der Aehnlichkeit aller Thiere, deren Namen denselben
Bestandtheil enthalten, unter einander dem Sprechenden, Hörenden
und Lesenden immer wieder belebt, eine gewisse grobe System-
kunde damit wach erhalten, aber wo dieselbe so grob ist, das
Schuppenthier zu dem Fuchse, die Fledermäuse zu den Vögeln
einzureihen, muss diese Methode der Benennung die richtige Er-
kenntniss und nähere Einsicht eher erschweren als befördern.
Kolorirte chinesische Abbildungen von Thieren, hauptsächlich
von vierfüssigen, Vögeln, Fischen und Schmetterlingen, auf
sogenanntem Reispapier, sind in Kanton, auch Hongkong, in
Menge zu kaufen; ihre Ausführung ist je nach Grösse und Preis
verschieden, im Allgemeinen ungenau, die Zeichnung entschieden
schlechter und minder individualisirt, als die der japanischen, die
Farben meist greller und bunter, als in der Natur, öfters das Er-
kennen der Arten mehr störend als fördernd. Leicht zu erkennen
sind unter den vierfüssigen neben den Hausthieren der Tiger, Fuchs
und ein Affe, Macacus, unter den Vögeln der Gold-, Silber- und
Halsband-Fasan, ein Tragopan, Polyplectron und Cryptonyx, 15)
die chinesische Turteltaube, ein langschwänziger Papagei (Palaeornis),
die chinesische Prachtelster, Calocitta Sinensis L. sp. = erythrorhyncha
Gmel., ferner Paradies-, Reis- und Canarienvögel; diese drei letzteren
zeigen deutlich, dass man nicht jeden auf chinesischen Bildern ab-
gebildeten Vogel für einen chinesischen Vogel halten darf.
Unter den Fischen kehren, wie zu erwarten, der Goldfisch oft
wieder, dann mehrere Karpfen und Karauschen, verschiedene Silu-
roiden, Siniperca, rothe Brassen (Chrysophrys oder Pagrus); nicht
zu verkennen sind auch Belone und Hemirhamphus, so wie die
Rochen. Auf ein paar Flossen und Flossenstrahlen mehr kommt es
dem Zeichner dabei nicht an. Lacépède hat im Anfang dieses Jahr-
[173]Aeltere europäische Quellen über China.
hunderts auf Grund solcher chinesischer Bilder hin verschiedene
neue Fische in das wissenschaftliche Thiersystem einzuführen gesucht,
die in der Natur nicht so existiren, wie sie gemalt sind. Aber bei
verständiger Anleitung und Hinweisung auf wesentliche Merkmale
kann man Chinesen sehr wohl zum Verfertigen befriedigender natur-
geschichtlicher Abbildungen benutzen, wie die Fischbilder in den
Sammlungen von Reeves und Basilewsky zeigen. Die chinesischen
Schmetterlingsbilder sind in Europa allbekannt, viele lassen existirende
Gruppen und Arten wiedererkennen, aber die Farben sind nicht
immer zuverlässig; ich habe Blätter gesehen, die in Zeichnung der
einzelnen Schmetterlinge, meist auch in der Gruppirung derselben,
einfach Copieen von anderen, aber ganz abweichend colorirt waren,
was dort rosenroth, hier grün und so fort; manchen Zeichnungen
derselben liegt wahrscheinlich gar keine bestimmte Art, sondern
nur der allgemeine Begriff Schmetterling im Kopfe des Zeichners zu
Grunde, der dann in verschiedenen Couleuren ausgeführt wird.
Die allgemeinen Beschreibungen des chinesischen Reiches in
europäischen Sprachen, von Du Halde (1735) an bis Davis und Wells
Williams (1856 und 1857) 11), geben alle ungefähr dieselbe Aufzählung
der grösseren oder sonstwie dem Menschen wichtigeren und auf-
fallenderen Thiere China’s, welche hauptsächlich aus der chinesischen
Litteratur, theilweise auch aus den Erfahrungen der katholischen
Missionaire geschöpft scheint; gemäss der Ausdehnung des Reiches
finden wir darin bunt durch einander die menschenähnlichen Affen,
sing-sing und fifi, Hylobates?, den Tapir, meh, und das Rhinoceros,
si, aus der wasser- und waldreichen, tropischen Binnenprovinz
Yunnan, an der Gränze von Hinterindien, das Moschusthier, shié
oder hiang tshang, duftende Gazelle, aus den Gebirgen von Setshuen
an der thibetanischen Gränze, mit dem Dschiggetai, luh schuh, und
der gelben Ziege, wang yang, Antilope gutturosa Pall. der mongo-
lischen Bergweiden, und den Seehunden der nördlichsten Provinz,
Liautong, wo auch schon einmal ein Eisbär gesehen worden sein
soll; aber auch brauchbare Notizen über das Vorkommen verschie-
dener Bären, Hasen, des Schuppenthieres, der Fasanen und
anderer Thiere in China finden sich in diesen älteren Berichten.
Weniger hieraus, als nach den unbestimmten Angaben von
Matrosen und Händlern, figurirt die Vaterlandsangabe China und
die Artbezeichnung Sinensis oder Chinensis in den systematisch-
naturgeschichtlichen Werken seit der zweiten Hälfte des vorigen
[174]Europäische Naturforscher in China.
Jahrhunderts; in der Regel sind es Gegenstände, die in Kanton
gekauft wurden, im besten Fall wirklich im südlichen China ein-
heimisch, zuweilen auch nur durch den Handel dahin gekommen,
z. B. Stubenvögel, — der seit Brisson sogenannte Psittacus Sinensis
lebt gar nicht in China, sondern auf den Molukken, Maja Sinensis
Briss. auf den Sundainseln, und beide werden häufiger in Europa
als in China gehalten — andere waren von Cochinchina oder anderen
Küstenländern des chinesischen Meeres mitgebracht; bei noch anderen
bezieht sich die Bezeichnung Sinensis gar nicht auf das Vaterland,
sondern auf die Formähnlichkeit mit einem chinesischen Hut oder
chinesischen Thurm, so bei Patella (jetzt Calyptraea) Sinensis Linné
und Murex (jetzt Cerithium) Sinensis Gmel., denen der Linné’sche
Name Voluta Lapponica ebenbürtig zur Seite steht. Auch die
früheren englischen Gesandtschaftsreisen von Graf Macartney 1792
und Lord Amherst 1816 brachten der speciellen Zoologie nur wenige
Resultate. Einiges verdanken wir der Reise um die Erde, 1830—1832
ausgeführt auf dem königl. preussischen Seehandlungschiff Prinzess
Louise, commandirt von Capitän Wendt, mit dem Naturforscher
F. J. F. Meyen. Dieser gibt in seinem 1834—1835 erschienenen
Reisebericht einige specielle Fundorte und Beschreibungen süd-
chinesischer Vögel und Reptilien. Die speciellere Kenntniss der
Zoologie beginnt erst mit dem gewaltsameren Eingreifen der Euro-
päer in China, dem berüchtigten Opiumkriege 1840, während dessen
die Tshusaninseln, südlich von Shanghai, von den Engländern besetzt
wurden. Wie bei diesem Volke jede politische Besitzergreifung als-
bald auch zu einer wissenschaftlichen wird, so fand sich auch hier
unter den Militärärzten ein eifriger Naturforscher, Theodor Cantor,
der um dieses Zweckes willen sich zu dem Expeditionscorps hatte
versetzen lassen und trotz des traurigen, ihn sehr in Anspruch
nehmenden Gesundheitszustandes der Truppen doch eine inhalts-
reiche Uebersicht der Flora und Fauna dieser Küsteninseln zu Stande
brachte (Annals and magazins of natural history X. 1842). Gleich-
zeitig und auch schon vorher hatten zwei Engländer, Reeves,
Vater und Sohn, einen langjährigen Aufenthalt in Makao und Kanton
zum Sammeln von Exemplaren und Anfertigenlassen von Abbildungen
südchinesischer Thiere benutzt; die Resultate davon, die Fische
betreffend, liegen in Richardson’s Report on the chinese ichthyology
(Report of the British association for the advancement of science,
1845) vor, während Dr. J. E. Gray mehrere von ihnen erhaltene
[175]Neuere Sammlungen. Eintheilung Chinas.
neue Säugethiere schon früher in den Illustrations of Indian zoology
beschrieben hatte, die Vögel und Reptilien aber allmälich durch die
Museen in die systematischen Werke gelangten. Seitdem haben die
zahlreichen friedlichen und kriegerischen Expeditionen mehr und
mehr zur Kenntniss der einzelnen Küstenplätze beigetragen, nicht
nur des südlichen China’s, wie früher, sondern auch des mittleren,
Amoy, Shanghai, und des nördlichen, Tientsin. In Peking hat ein
Russe, Basilewsky, eine Anzahl Fische, theils des süssen Wassers
nach frischen, theils des Meeres nach gefrorenen oder getrockneten
Exemplaren, beschrieben und abbilden lassen; 3) ebenfalls über
Russland hat die Wissenschaft durch Bremer und Grey die »Bei-
träge zur Schmetterlingsfauna des nördlichen China, Petersburg 1853«
erhalten, Consul Swinhoe hat werthvolle Beobachtungen über die
höheren Thiere bei Amoy, so wie auf Formosa, gemacht, und ein
Sohn des um die japanische Fauna so sehr verdienten Prof. Schlegel
eine Sammlung Fische von Amoy nach Holland geschickt. 12) Auch
der dritte chinesische Krieg ist nicht ohne Erfolg für die Thierkunde
geblieben, indem unter Anderem von dem französischen Militärarzt
Debeaux Landschnecken zu Tientsin und Tschifu gesammelt wurden.
Es ist leicht einzusehen, dass eine naturgemässe Betrachtung
die südliche, tropische und subtropische, Fauna China’s von der
nördlichen, mantschurisch-mongolischen trennen muss, aber weniger
leicht, wo die Gränze beider zu ziehen sei, indem wahrscheinlich
gar keine schroffe Abgränzung, sondern ein allmälicher Uebergang
stattfindet.
Für die Küstenländer fällt dieser Gegensatz grossentheils
zusammen mit dem des Berglandes und der Stromebenen, und da-
durch empfiehlt es sich, die Gränze ziemlich weit nördlich zu legen.
Beide Gebiete zerfallen durch die Configuration des Landes in Unter-
abtheilungen, das nördliche in die flachen Küsten des Golfes von
Petsheli, das isolirte Bergland Shantong und die Tiefebene der
beiden grossen Ströme, Hoangho und Yangtsekiang, das südliche
in die subtropische Ostküste, von den Tschusaninseln bis etwa
Swatau, und die tropische Südküste. 13)
Die Differenz der mittleren Jahrestemperaturen von Peking
und Kanton, 9,8 und 16,8° R., beträgt 7, die mittlere des wärmsten
Monats beider Städte ist nahe an 22° R., die des kältesten ist in
Peking — 3,1, in Shanghai + 2,8, in Kanton + 9,1. Dieses gibt
[176]Nordchinesische Thiere.
einen ungefähren Begriff der Temperaturdifferenzen zwischen dem
Norden und Süden China’s.
Wenig jenseits der chinesischen Mauer bei der kaiserlichen
Sommerresidenz Dsheho werden die Hasen im Winter weiss (Staunton
in Macartney’s Reise), wie auf den Alpen, in Skandinavien und
Sibirien. An der Küste von Tschifu, Provinz Shantong, am Eingang
des Golfs von Petsheli sammelte Herr O. Schottmüller während
des Aufenthalts der Arkona daselbst die mitteleuropäische Unke,
Bombinator igneus Merr., und eine uralokaspische Eidechse, Eremias
variabilis Pall. sp. Im Bergland derselben Provinz Shantong lebt
nach älteren Nachrichten noch ein grösserer Bär, hiung-lin (Ursus
aretos? Japonicus?), während im mittleren China gar keiner und
im südlichen nur der kleinere malaiische vorzukommen scheint. Bis
zur Mündung des Yangtsekiang ist ein dem mongolischen tolai min-
destens ähnlicher Hase 2) häufig, und wenn man aus der Menge der
zu Shanghai feilen unverarbeiteten Bälge schliessen darf, auch der
blassgelbe sibirische Iltis, Mustela Sibirica Pall., yu, und der Fuchs, li.
Dieser muss in der ursprünglichen Heimath der Chinesen häufig
sein, da sein Name als Gattungsbezeichnung aller kleineren Raub-
thiere, selbst der Katze, gilt; aber im Süden von China scheint er
nicht vorzukommen, wenigstens finde ich keine Angaben darüber in
der Litteratur; die Bälge, welche ich zu Shanghai sah, waren schön
gelbroth, und ich hielt sie so wenig wie die japanischen, vgl. oben
S. 152, für verschieden von dem europäischen Fuchs. Unter den
121 Schmetterlingen aus der Umgegend von Peking bei Bremer und
Grey 12) sind 52 mittel- und südeuropäische Arten, darunter der
kosmopolitische Distelfalter, 49 neue, die übrigen ostasiatisch-
indische Formen. Die Süsswasserfische des Peihogebietes und des
unteren Yangtsekiang sind, soweit ich aus Basilewsky’s und meinen
Beobachtungen schliessen kann, in Gattungen und Habitus ziemlich
übereinstimmend. Am meisten fällt auf, dass Basilewsky Osteo-
glossum, sonst tropische Fische, dort gefunden haben will. Eine
weitere tropische Gattung, die sich sowohl bei Peking als Shanghai
findet, Ophicephalus, ist von geringerer Bedeutung, da diese
Fische in ganz Ostasien als Speise geschätzt sind und aus China
nach Japan gebracht wurden, vergleiche oben Seite 125, daher
wohl auch aus den südlicheren Theilen China’s eingeführt sein
können.
[177]Fauna des mittlern China’s.
Die grossen Seen, welche landeinwärts nahezu in Einer
Reihe vom Peiho bis über den Yangtsekiang hinaus liegen, dürften
noch manches interessante Süsswasserthier beherbergen.
Südlichere Formen, die sich noch um Shanghai, aber unseres
Wissens nicht nördlicher, finden, sind die Schnappschildkröte, die
Gobioiden und die Süsswasserkrabben. Auf dem Tshusan-Archipel
hat deren Zahl bedeutend zugenommen, unter den Säugethieren
erscheint hier zuerst das Schuppenthier, Manis (vermuthlich Manis
Dalmanni Sundevall), der schuppige Bergdurchbohrer, tshun shau
kap, oder Karpfenfuchs, ling-li, der Chinesen, über das sie mehr
fabeln, als unsere Landleute über den Igel; unter den Vögeln die
Gattungen Dicrurus und Philedon (nach Cantor), unter den Reptilien
mehrere Gecko, ein Scincoid und eine Reihe indischer Schlangen-
formen, darunter die Brillenschlange, Naja tripudians var. atra, und
eine Riesenschlange, Python reticulatus Schneider sp.; letztere ist
aber wahrscheinlich durch die Menschen eingeführt, da die Chinesen
sehr oft ein solches Thier aus abergläubischen Rücksichten in ihren
Schiffen halten und füttern, wo sie sich übrigens als Mäuse- und
Rattenvertilgerin practisch nützlich macht. Unter den Süsswasser-
fischen treten zu Ophicephalus mehrere stachelflossige Labyrinthfische
indischer Gattungen. Die Frösche und Kröten von Tshusan und
dem benachbarten Ningpo stimmen aber noch mit den mittel-
europäischen überein; in Ningpo ist auch ein Salamander, Triton
(Cynops) Chinensis Gray (Proc. zool. soc. 1859) gefunden worden.
Der chinesische Obstfuchs, Canis procyonoides Gray, ko tz li
oder auch hoh, im Kantondialekt kok, ein naher Verwandter des
japanischen tanuki, wird fast in jeder Beschreibung von China
erwähnt, aber man erfährt in keiner derselben, in welchen be-
sonderen Gegenden er vorkommt; ich möchte ihn für ein mittel-
und südchinesisches Thier halten, da er zuerst durch Reeves’
Sammlungen näher bekannt wurde und vielleicht die Angabe auf
ihn zu beziehen ist, dass in der Provinz Kwantung wilde Katzen
von den Einwohnern gegessen werden (Wells Williams, third edition,
1857, pag. 249). Eben so geschieht der fliegenden Eichhörnchen
öfters Erwähnung, unter den Namen wu shu, im Kantondialekt ’ng
shii, fei-shu, fi-sang, Fluggebärer, und i-yu, Pfotenvogel; Swinhoe
hat zwei Arten derselben von Formosa beschrieben, von denen, wie
in Japan, die eine der nordischen, die andere der indischen Reihe
angehört. Gewöhnliche Eichhörnchen, sung-shü, Bergmaus, genannt,
Ost-Asien. Zoologisch. I. 12
[178]Eichhörnchen, Hirsche, Viverren und Reptilien.
scheinen durch ganz China häufig zu sein; es ist kaum zu bezweifeln,
dass im Norden die durch das ganze waldige Sibirien häufige, mit
der europäischen übereinstimmende Art vorkomme; im südlichen
China gibt es mehrere Arten, welche von Einigen mit hinterindischen
und javanischen für identisch gehalten werden, während Gray zwei
als eigenthümliche, Sc. Chinensis und castaneiventris, neu benannt
hat; letzteres geht nördlich bis Amoy. Auch von Hirschen gibt es
in China verschiedene Arten, deren Unterschiede und geographische
Verbreitung aber trotz der neuesten, scharf trennenden Aufzählung
von Swinhoe 14) noch wenig sicher stehen; nach demselben gibt es
im mittleren und südlichen Theil des Reiches nur kleinere, sechs-
endige, meist gefleckte Arten, daher Geldhirsche, kin-tsien-luh,
genannt, den indischen und dem japanischen verwandt; jenseits der
grossen Mauer, in der Tartarei und Mantschurei, neben solchen
auch grössere, namentlich unsere europäische Art, Cervus elaphus;
auf diese grösseren beziehen sich wohl die älteren Angaben, dass
»Elennthiere« auf den Markt von Peking kommen, so wie die
chinesischen Namen tih, nang und mi. Im Norden wie im Süden
werden lebende Hirsche in Parken gehalten, und der Fremde kann
nicht immer erfahren, wo die Arten, die er sieht, ihre Heimath
haben. Wildschweine scheinen durch ganz China verbreitet zu sein.
Mit dem südlichsten, tropischen Theil des Festlandes hat For-
mosa einige kleine Raubthiere gemein, so die Zibetkatze, hiang-li,
duftender Fuchs der Chinesen (Viverra indica Gmel. = pallida
Gray), ferner die Gattungen Helictis und Paradoxurus (Gray, Pro-
ceed. zool. soc. 1831 und Swinhoe l. c.). Der tropischen Südküste
eigenthümlich scheint die Eidechsengattung Liolepis, eine Blind-
schlange, Typhlops, und mehrere Giftschlangen der indischen
Gattungen Bungarus und Tropidolaemus. Liolepis und Bungarus
erhielt ich selbst in Kanton von befreundeten Deutschen. Zweifelhaft
ist es, ob auch noch Varane und Krokodile im südlichsten Theil
von China vorkommen, beide sind in Hinterindien und dem ganzen
indischen Archipel häufig, daher kein Grund vorhanden, warum sie
nicht da sein sollten; aber für beide ruhen die positiven Angaben
ihres Vorkommens auf schwachen Füssen, bei Varanus bivittatus
ist es der allgemeine Ausdruck »China« bei einem Exemplar des
britischen Museums; in Betreff des Krokodils erwähnen chinesische
Quellen, dass in früherer Zeit solche, ngoh, an einer bestimmten
Stelle der Provinz Kwantung gelebt haben, und der Ausdruck soll
[179]Südchinesische Vögel. Fasanen.
noch jetzt für räuberische mächtige Menschen im Gebrauch sein
(Wells Williams dictionary of the Cantondialect pag. 328).
Tropische Formen des südlichen China’s sind unter den Vögeln
die Gattungen Endynamis, Centropus (bis Formosa), Bucco, Eu-
rystomus, Pitta (selten, vielleicht nur verirrt), Francolinus Sinensis,
Lobivanellus (als Zugvogel im Sommer bis zum Yangtsekiang),
Rhynchaea und Parra Sinensis. Papageien werden schon in den
älteren Beschreibungen von China erwähnt, aber die meisten der in
Kanton käuflichen sind fremde, aus dem indischen Archipel eingeführt,
wie mit Recht schon Murray und Williams bemerken. Du Halde nennt
die zwei südlichsten Küstenprovinzen Kwangtung und Kwangsi, ferner
die Binnenprovinz Setshuen als ihre Heimath. Aller Wahrschein-
lichkeit nach gehören sie zur Gruppe Palaeornis, die in Vorder-
und Hinterindien bis zum Himalaya in mehreren Arten vertreten ist;
in Reeves’ Sammlung findet sich der über diese beiden Halbinseln
verbreitete Psittacus (Pal.) cyanocephalus L. = Bengalensis Briss. als
chinesischer Vogel, und von derselben Art wurde nach Swinhoe ein
Trupp in neuerer Zeit einmal bei Kanton von Dr. Dod beobachtet. 15)
Den Glanzpunkt der chinesischen Vogelwelt bilden die Fasa-
nen, nach denen Schmarda China thiergeographisch das Reich der
Phasianiden genannt hat. China ist in der That die Mitte der
geographischen Verbreitung dieser Vögel, welche von hier aus nach
Japan, der Mongolei, Centralasien bis zum kaspischen Meer, den
beiden indischen Halbinseln und den Sundainseln ausstrahlt. Doch lebt
nur eine Art wild in den Küstenprovinzen China’s, der Halsbandfasan,
Phasianus torquatus Tem., vom Amurland bis Formosa verbreitet.
Gold- und Silberfasan sind längst von China nach Europa gekommen,
so dass sie hier jedes Kind kennt; auch in China werden sie nur
ihrer Schönheit wegen gehalten, und ihr Vorkommen in der Freiheit
kennt man noch wenig. Der Goldfasan findet sich nach Pallas wild
in Dawurien und der östlichen Mongolei bis zum Amur, Du Halde
gibt an, dass der kin-ki, Goldhahn, — so nennen die Chinesen
diesen Vogel — in den Binnenprovinzen Shensi, Setshuen und
Yunnan, also weit nach Süden, vorkomme, und neuere europäische
Angaben versetzen ihn gar nach Mingrelien als Gesellschafter des
ächten Fasans. Der Silberfasan, peh hian, weisser Fasan, genannt,
soll in waldreichen, bergigen Gegenden des südlichen China’s
leben und auch schon bei Amoy vorgekommen sein. Zwei andere,
noch stattlichere Fasanenarten sind erst in unserem Jahrhundert
12*
[180]Vogelhäuser in China.
den Europäern in China bekannt geworden, der Phasianus Reevesii
J. E. Gray = veneratus Tem. = superbus Jardine, tschi-kai der
Chinesen, unserem europäischen Fasan gleichend, aber mit doppelt
so langen, queergebänderten Schwanzfedern, die von den chi-
nesischen Schauspielern als Kopfschmuck bei vornehmen Rollen
gebraucht werden, wie ich selbst im chinesischen Theater zu
Singapore regelmässig sah, und Ph. (Thaumalea) Amherstiae Lead-
beater, in Kopfhaube und Halskragen dem Goldfasan ähnlich, aber
ganz anders gefärbt: die Haube roth, der Kragen weiss mit ähnlichen
schwarzen Bändern, Oberrücken und Brust metallgrün, der Bauch
weiss, die Schwanzfedern weit länger und queergebändert, medallion-
pheasant der Engländer. Der erstere soll im Binnenland des nörd-
licheren China bis zum Yangtsekiang hin, nach Anderen »in den
hohen Gebirgen von China«, der zweite in der Gränzprovinz Yunnan
oder in Tibet selbst vorkommen. Das Verdienst, den ersten in den
Bereich europäischer Kenntnissnahme gebracht zu haben, gebührt
dem Engländer Beale, welcher eine lange Reihe von Jahren hindurch
(mindestens 1808 bis 1831) ein mit Recht berühmtes Vogelhaus,
aviary, in Makao unterhielt und darin die schönsten Vögel des
chinesischen Binnenlandes und der angränzenden Länder, die nur
irgend lebend zu erhalten waren, versammelte, so unter Anderem
auch einen Tragopan und einen tibetanischen Pfau, Polyplectron,
der auch sonst von chinesischen Grossen zahm gehalten wird.
Ueberhaupt ist es eine alte Sitte in China, lebende Thiere, wie
Hirsche, Fasanen, selbst Fische, nur um der Freude an ihrer
Schönheit willen, lebend zu halten. 16)
[[181]]
[[186]]
IX.
DIE PHILIPPINEN.
VOM 2. MAI BIS 19. JUNI 1861.
1. Die Stadt Manila.
Manila, auf der grössten philippinischen Insel Luzon, im Innern
der grossen Bai gleichen Namens unter 17° Nordbreite gelegen,
rechtfertigte während unserer Anwesenheit die Bemerkung von Sir
John Bowring, dass in den Monaten März bis Juni daselbst Hitze
und Staub sehr niederdrückend seien, und es hätte mit seiner
flachen näheren Umgebung dem Naturforscher wenig Interessantes
geboten, wenn es nicht, als Hauptsitz der spanischen Macht in
Ostindien seit 1571, bereits einigen wissenschaftlichen Apparat zur
Kenntnissnahme der Naturgeschichte des Landes böte, nämlich
Buchläden und eine Naturaliensammlung. In ersteren fand ich neben
einer Flora der Philippinen, vom Augustiner Blanco, 1845 zu Manila
gedruckt, zwei geographisch-statistische Beschreibungen, welche
auch einiges naturhistorische Detail, namentlich über die höheren
Thiere, geben, und ein Vocabular der tagalischen Sprache, einer
Schwester der malaiischen, welche von den Eingeborenen dieses
Theiles von Luzon gesprochen wird, woraus ich die bekannteren
Thiernamen und damit, welche Thiere hier den Menschen besonders
interessiren, entnehmen konnte. 1) Die Naturaliensammlung,
in der 1847 gegründeten Biblioteca militar aufgestellt, enthielt neben
Exemplaren aus anderen Thierclassen namentlich eine schöne Reihe
ausgestopfter Vögel. Ich hielt es der Mühe werth, sie mit Hülfe
von Bonaparte’s Conspectus und Schlegel’s Handleiding zu bestim-
men und über die mir zweifelhaft bleibenden Notizen zu machen,
die mir deren Bestimmung in Europa ermöglichten, um so mehr,
[187]Raubvögel. Schwalben.
als ich während der Arbeit immer deutlicher erkannte, dass keine
fremde, von aussen gebrachte Art darunter sei. Ich nehme um so
weniger Anstand, dieses Verzeichniss hier einzureihen, da ich nicht
weiss, ob bei der Verwüstung Manila’s durch das Erdbeben von 1863
jene interessante Sammlung verschont geblieben sei. Auch zur
Wiedererkennung der im Freien gesehenen Vögel diente mir jene
Liste als Anhaltspunct, und indem ich ihretwegen auch die früheren
Angaben über philippinische Vögel von Pater Camel, Sonnerat und
Meyen 2) durchgesehen, entlehnte ich auch hieraus Einzelnes für
das folgende Verzeichniss, doch stets mit Angabe der Quelle, wes-
halb alle in der Sammlung der Biblioteca militar zu Manila gesehene
Arten noch besonders mit B. bezeichnet sind.
Die tagalischen Thiernamen, welche mit den allgemein
malaiischen übereinstimmen oder nur unwesentlich, hauptsächlich
in den Vocalen, abweichen, sind im Folgenden cursiv gedruckt.
2. Philippinische Vögel.
- Haliaëtos leucogaster Gmel. sp., ein weisser Seeadler mit schwar-
zen Flügeln. B. - Haliastur Pondicerianus Gmel. sp., banog, der häufigste Raub-
vogel auf Luzon; ich sah ihn wiederholt auf dem Pasig-
fluss und der Lagune, nach Fischen stossend und von
Raben verfolgt. B. - Nisus Manilensis Meyen Taf. 49.
- Falco sericeus Kittlitz, Zwergfalke, verwandt dem bekannteren
hinterindischen F. coerulescens L. B. - Geier scheinen auf den Philippinen, wie im ganzen indischen
Archipel, zu fehlen. - Eulen fand ich auch keine in der genannten Sammlung, doch
kennt schon Camel vier verschiedene mit eigenen einhei-
mischen Namen, und im britischen Museum befinden sich
dreierlei philippinische Arten. - Caprimulgus macrourus Horsf. B. Eine Art dieser Gattung hörte
ich sehr oft am Strand von Cavité des Abends schreien. - Collocalia troglodytes Gray. Die Nester dieser Schwalbe werden
an den steilen Küsten der südlicheren Inseln nicht selten
gesammelt und als Delicatesse an die Chinesen verkauft
(Buzeta I. 219), so auf den Calamianes, an einigen Stellen
von Mindanao und auf den Soloinseln.
[188]Würger, Drosseln.
- Hirundo Javanica Sparrmann = Panayensis Gmel., Sonnerat
Taf. 76 = rustica Meyen, kaum verschieden von der
europäischen Rauchschwalbe. Eine andere Art, mit hell-
isabellfarbigem Bürzel (H. daurica Pall.?), sah ich häufig
an und in den Häusern von Baños. Beide nennt der Tagale
layang oder langay, und von diesem allgemein malaiischen
Wort stammt auch die bei den europäischen Bewohnern
der Philippinen nicht unbekannte Bezeichnung salangane
für die essbaren Schwalbennester. - Lanius phoenicurus Gmel. B.
- Irena cyanogastra Vigors. B.
- Oriolus Chinensis L. = acrorhynchus Vigors, oripendula der
Spanier, guliyavan der Eingeborenen auf Luzon nach
Camel. War in der Umgebung der Lagune nicht selten
zu sehen und zu hören. B. - Ocypterus (Artamus) leucorhynchus Gmel., Sonnerat Taf. 26. Ich
sah mehrere zu Zamboanga auf hohen freien Aesten eines
einzelnen Baumes; im Flug gleicht er so sehr einer
Schwalbe, dass einer unserer Cadetten, der ihn geschos-
sen, kein schlechter Vogelkenner, ihn ohne Weiteres für
eine Schwalbe ansprach, und ich ihm erst beweisen
musste, dass es keine sei. Der barbarische Name langrayen,
der sich bei Buffon für ihn findet, ist vielleicht aus dem
tagalischen Namen der Schwalbe, langay, entstanden. B. - Pitta erythrogastra Cuv. B.
- — atricapilla Cuv. = Corvus brachyurus Philippinus Gmel. B.
- Hypsipetes Philippensis Strichl. auch von F. Jagor eingesandt.
- Copsychus Mindanaensis Gmel., Sonnerat Taf. 72., blauschwarz
und weiss, langschwänzig, um Zamboanga nicht selten an
Hecken gesehen. B. - Petrocinela Manilensis Gmel., der südeuropäischen Stein- und
Blaudrossel verwandt und, wie diese, auch von den Spa-
niern Einsiedler, solitario, genannt und ihres Gesanges
wegen berühmt; hieher gehört wohl auch der von Buzeta
als Nachtigal, ruisenor, bezeichnete Vogel der Calamianes.
Ich habe sie übrigens während meines kurzen Aufenthaltes
auf den Philippinen nicht gesehen. - Motacilla viridis Scopoli, grüngelb, häufig am Steindamm der
Pasigmündung bei Manila. B.
[189]Staare, Honigvögel, Eisvögel.
- Loxia (Munia) oryzivora L., tagalisch maya, daher der systematische
Name maja für eine verwandte Art. B. - — (Dermophrys) Jagori Cabanis Journal für Orn. 1865, ähnlich
Malacea L., aber ohne Weiss. B. - — — minuta Meyen, in Zuckerpflanzungen. Camel erwähnt noch
anderer sperlingsartiger Vögel unter den Namen pacquing,
pirit, posicquit und pipit. - Paster cristatellus L. sp. = Philippensis Tem., Bp., häufig in der
Stadt Manila und deren Umgegend gesehen, oft auf dem
Vieh sitzend. Sturnus Sinensis bei Camel. B. - — (Gymnops) calvus L. sp. = G. griseus Meyen, der Vorderkopf
bis auf einen schmalen Mittelstreifen nicht befiedert, goulin
oder culin, colin, auch iting nach Camel, der ihn auf
Cocospalmen nisten lässt. B. - Lamprotornis cantor Gmel. sp. = Turdus Panayensis Scopoli,
Sonnerat Taf. 73., metallglänzend schwarz mit rothen Augen;
von den Europäern Staar genannt, gulacbing der Eingebore-
nen nach Camel. B. - Corvus enca Hersf., mit einer kahlen Stelle hinter dem Auge,
tagalisch ouac oder guac. B. - Nectarinia (Cinnyris) coccineogastra Tem. = sperata β Gmel., unten
roth. B. - — — jugularis Gmel., unten gelb, mit schwarzem Kehlflecken. B.
- Diese Blumensauger heissen bei den Spaniern pajaro mosca,
Fliegenvogel, wie die Kolibri, bei den Eingeborenen
nach Camel sivit. - Zosterops Mcyeni Bp. = Sylvia flava Meyen.
- Coracias (Colaris) Orientalis L. B.
- Merops Philippinus L., Brust braungelb. B.
- — ornatus Lath., Unterseite ganz grün. B.
- Ein Pärchen dieser Gattung kam während unserer Fahrt in
der Mindorosee an Bord geflogen und ruhte eine Zeit
lang auf einem Tau aus, eigenthümlich fein zwitschernd. - Alcedo (Halcyon) Lindsayi Vigors, fleckig, mit blauem Hinterkopf
und Wangenfleck, salsac. Eydoux voy. de la Bonite
Taf. 7. B. - — — fusca Boddaert = rufirostris Ill. Licht., gross, aus kastanien-
braun und blau gemischt. B. - — (Todirhamphus) collaris Swains. = sacra var. ε Gmel., Son-
[190]Eisvögel, Nashornvögel, Spechte.
nerat Taf. 33., oben himmelblau, Unterseite und Halsband
weiss; mehrmals am See von Taal und am Strande bei
Zamboanga von mir gesehen. B. - Alcedo (Alcyone) cyanipectus Lafresnaye, dreizehig. B.
- — (Ceyx) tridactyla L. = Luzoniensis Stephens. B.
- Die Eisvögel heissen bei den Spaniern auch hier martin
pescador. Camel nennt sie avis auguralis, Weissage-
vogel, und führt drei Arten mit den einheimischen
Namen balatiti, tigmamanucquin und salacsac (vergl.
oben Dacelo) auf, ohne deren Unterschiede anzugeben. - Buceros hydrocorax L., der grösste Nashornvogel, mit rothem
Schnabel und plattem Horn; Gesicht schwarz, Hals rost-
roth. Heisst, wie die übrigen Arten, auf Luzon calao, ein
Name, den Buffon in’s Französische eingeführt hat. Frisst
die Früchte der einheimischen Ficus, Camel. B. - — (Tockus) Gingalensis Shaw? mit Haube, ohne Horn, Schnabel
schwarz. B. - — — sulcirostris Wagl. = Panayensis Scopoli = Manilensis
Gmel., Sonnerat Taf. 83., Meyen Taf. 23. Im Bambugebüsch
paarweise von dem Letztgenannten, zu Zamboanga von mir
gesehen. B. - Bucco Philippensis Briss. Zamboanga im Wald. B.
- Trogon (Harpactes) ardens Tem., Brust intensiv rosenroth. B.
- Centropus Philippinus Cuv., Spornkukuk, schwarz, Rücken und
Flügel braunroth; nicht selten in der Umgegend von
Manila. B. - Phoenicophaeus (Dasylophus) Cumingi Fraser, Purpurkukuk. B.
- Picus (Chrysocolaptes) haematribon Wagl., bräunlich roth, unten
gelb, mit schwarz und weiss gezeichneter Haube. B. - — — palalaca Wagl. = Philippinarum Lath., Sonnerat Taf. 37.
- — — menstruus Scopoli = Manilensis Gmel. Sonnerat Taf. 36.
- Alle drei gehäubt, daher von Camel mit dem Wiedehopf
verglichen, palalaca von den Eingeborenen, Schmidt,
herrero, oder (der letztere) Grünspecht, picoverde,
von den Spaniern genannt. - — — cardinalis Gmel. Sonnerat Taf. 35.
- — (Hemilophus) Javensis Hersf. B.
- — — Lichtensteini Wagl. = funereus Val. B.
- Psittacus (Loriculus) Philippensis Briss. = minor Lath., psittacus
[191]Tauben und Hühner.
minimus Camel, tagalisch culasisi, gulasisi, colasisi; Stirn
roth. Sonnerat Taf. 40. - — — simplex Kuhl., einfarbig grün. B.
- — (Cacatua) Philippinarum Gmel., Kakadu mit rothem Steiss. B. 3)
- Columba (Treron) vernans Gmel. = C. Philippensis viridis Briss.,
Sonnerat Taf. 64., papageigrüne Taube mit rothen Augen,
tagalisch ponay oder punay, frisst Reis. B. - Columba (Omcotreron) Batildae Bonap., gross, grün, mit hellen
Federrändern, Turtur Baynensis bei Camel. - — (Carpophaga) chalybura Bonap., dunkelgrün, unten trübrosen-
roth. B. - — (Macropygia) tenuirostris Gray, verwandt mit phasianella Tem.,
zimmtbraun, langschwänzig. B. - — (Turtur) cinerea Scopoli, Sonnerat Taf. 22., ähnlich unserer
Turteltaube, tagalisch bato-bato, wie in Japan die Taube
überhaupt. - — (Geopelia) striata L., die kleine, langschwänzige Turtel-
taube. B. - — (Phlegoenas) cruenta Gmel. = Luzoniensis Scopoli, Sonnerat
Taf. 21. Durch einen blutrothen Fleck auf der Brust aus-
gezeichnet, paloma trocaz der Spanier nach alten Landes-
beschreibungen, lugmon auf Luzon genannt nach Camel,
kawasu auf Mindanao, von Buzeta bei Beschreibung der
Calamianinseln erwähnt. - — (Chalcophaps) Javanica Gmel., Sonnerat Taf. 66. grün und
chokoladebraun mit weisser Stirn. B. - Gallus sp., wilder Hahn, labuyo der Tagalen, gallo montes oder
salvajo der Spanier, urogallus bei Camel, schwarz mit
gelbrothen Halsfedern, Kamm klein; häufig in ganz Luzon,
von Cagayan bis Albay (Buzeta), in den Wäldern um die
Laguna del Bay mehrmals von mir bemerkt, kräftig und
muthig, soll bei Hahnenkämpfen stets die grösseren, aber
feigeren chinesischen Hähne besiegen. B. - Cryptonyx sp., Hinterzehe ohne Nagel. B.
- Perdix (Arboricola) sp., Kopf grünschwarz, Brust weinroth,
schwarz gestrichelt, Seiten blassroth, schwarz gefleckt. B. - — (Coturnix) Sinensis L. = Manilensis Gmel., Sonnerat Taf. 24.,
kleine Wachtel, pago oder pogo, auch oloc auf Luzon genannt. - Hemipodius Luzoniensis Gmel., Sonnerat Taf. 23. = thoracicus
[192]Sumpfvögel.
Tem. = ocellatus Meyen, ohne Hinterzehen, Hals schwarz-
weiss getropft, Brust roth, die coturnix pumila montana des
Camel, ilivilin auf Luzon. B. - Megapodius sp., vielleicht M. Freycineti Q. G, tabon der Ein-
geborenen von Mindanao und Mindoro, schon von Pigafetta,
Magelhan’s Gefährten und Reisebeschreiber, 1521 erwähnt
und seitdem in allen Beschreibungen der Philippinen, legt im
März bis Mai seine grossen, länglichen Eier, 40—60, in den
Sand des Gestades und lässt sie durch die Sonne ausbrüten,
soll aber nachher zu den ausgeschlüpften Jungen zurückkeh-
ren. Die Eier werden von den Eingeborenen gern gegessen. - Charadrius (Hiaticula), Curonicus Beseke = minor Meyer, Sonnerat
Taf. 46. B. Auch von F. Jagor eingesandt. - Grus sp., tagalisch tipol oder tihol, nicht von mir gesehen, aber
nach den Aussagen der Eingeborenen am Taalsee öfters
vorkommend. - Ardea purpurea L. var. Manilensis Meyen, an der Laguna del
Bay (Meyen), gross. B. - — (Egretta) sp. (longicollis Meyen), weisser Reiher, talabong, auch
tagac auf Luzon genannt, sehr häufig an beiden Seen. - — (Bubulcus) coromandelica Bodd. = russata Tem., weiss, Ober-
kopf blassgelb, Füsse schwarz, keine Schmuckfedern. B. - — (Ardetta) bilineata Cuv., jederseits ein gelber Längsstreifen am
Halse. B. - — — cinnamomea Gmel., zimmtbraun, unten gelb. B.
- — (Botaurus) Philippensis Gmel. = undulata Gmel., Zebrilus
undulatus Bp., oben schön braunroth, mit schwarzen
Queerlinien, unten heller, mit schwarzem Längsstreifen auf
jeder Feder. B.4) - — (Nycticorax) nycticorax L., an beiden Seen nicht selten von
Meyen und mir gesehen. B. - — — Manilensis Vigors = Caledonica Meyen.
- Numenius sp. B.
- Rhynchaea? »avis destruens oryzam, coloris perdicis, sed species
Rusticolae, germanice Dschneppen« bei Camel. - Rallus (Eulabeornis) torquatus Briss. Meyen Taf. 29. B.
- — (Erythra) phoenicurus Gmel., zu Zamboanga lebend von einem
Knaben gekauft. - — (Amaurornis) olivaceus Meyen. Taf. 30. B.?
[193]Schwimmvögel der Philippinen.
- Porphyrio pulverulentus Tem. B.
- Parra Sinensis Gmel. = Luzoniensis Gmel., Sonnerat Taf. 65. B.
- Plotus melanogaster Gmel. B.
- Carbo sp., Kormoran, cuervo marino der Spanier, casili der Ta-
galen, colocolo in andern Sprachen von Luzon, häufig.
Der in der Biblioteca militar vorhandene war einfarbig
schwarz. B. - Pelecanus Philippensis Gmel. = Manilensis Gmel., Sonnerat Taf. 53.
und 54., pagala der Eingeborenen; nach Camel wird die
gefiederte Brusthaut von denselben auf der Brust als
Mittel gegen Asthma getragen. - Sterna (Hydrochelidon) fluviatilis Gould Tem., schwarz mit grau-
weissen Flügeln und Schwanz, sehr häufig auf dem Pasig-
fluss und auch in der Bai von Manila selbst. B. - Larus sp. Möven, gaviota der Spanier. Ich sah kleinere mit
dunklem Kopf, unserer Lachmöve gleichend, im Mai sehr
häufig auf dem Pasigfluss. Camel erwähnt schon dreier
Arten von Luzon mit eignen einheimischen Namen gitgit,
tambilagan und taring-taring, die ich aber in Serrano’s
tagalischem Vocabular nicht wiederfinde. In der Samm-
lung der Biblioteca militar war keine vorhanden. - Anas Luzonica Fraser, von der Grösse unserer Märzente, Kopf
hellrostbraun mit drei dunkeln Längsbinden, papan, Anas
magna regia bei Camel. B. - — (Dendrocygna) vagans Fraser, Sclater Proc. zool. soc. 1864.
Manila, Cuming und Jagor. - — sp., eine kleine wilde Ente, tagalisch baliuis, häufig auf dem
Taalsee und der Laguna del Bay. B.5)
3. Die übrigen Landthiere.
- Affen sah ich an verschiedenen Stellen im Walde, so auf Luzon
bei los Baños an der Lagune und auf Mindanao bei Zam-
boanga; an letzterem Orte wurden mehrere von Herrn
Pieschel erlegt. Sie verrathen sich leicht durch ihr eigen-
thümliches, oft wiederholtes Geschrei, lautem kindischem
Stöhnen vergleichbar, das sie ausstossen, wenn sie die
Nähe eines Menschen bemerken. Es war der im indischen
Archipel weit verbreitete Javaner-Affe, Macacus cyna-
Ost-Asien. Zoologisch. I. 13
[194]Philippinische Säugethiere.
molgos L. Im Tagalischen heissen sie amo, bei den Spaniern
mono oder auch sambo.6) - Koboldäffchen, Tarsius spectrum Pall. sp., Cercopithecus Lu-
zonis minimus bei Camel, mago auf dieser Insel und nach
Herrn Jagor auch auf Samar genannt, malmay auf Min-
danao. B. - Fliegender Maki, Galeopithecus Philippinus Waterhouse Proc.
zool. soc. 1838; catosimius volans bei Camel, guiga oder
gagua der Tagalen, caguang auf den südlicheren Inseln
genannt, auch tagua, ein Name, den Buffon mit Unrecht
auf ein fliegendes Eichhorn als taguan übertragen hat. B. - Fliegende Hunde, Pteropus, sind häufig und allbekannt als
paniqui; zu Zamboanga sah ich sie regelmässig jeden Abend
nach Sonnenuntergang von einer kleinen Insel schaaren-
weise nach dem Hauptlande herüberfliegen, hoch genug,
um nicht mit der Flinte erreicht zu werden. In den euro-
päischen Sammlungen hat man mindestens 10 philippinische
Arten unterschieden und benannt. - Fledermäuse sind nicht minder häufig und unter verschiedenen
Namen bekannt: cabag oder cacabag oder cabug; calapuit
oder colalapuit (eine Blattnase nach Camel), ferner cala-
bidang, talibaga und butabuta. Man kennt in den euro-
päischen Sammlungen bis jetzt 24 Arten, wovon die Mehr-
zahl nur auf den Philippinen gefunden. Eine der eigen-
thümlicheren und auffallendsten ist Taphozous Philippinus
Waterh., den ich in der Kirche von los Baños fand. - Spitzmaus, Sorex murinus Linné, S. myosuros Pall., cocle bei
Camel; nach Moschus riechend, daher auch hier von den
Katzen getödtet, aber nicht gefressen; lebt in den Häusern
und am Wasser; ich sah sie an einer Hausthüre zu Zam-
boanga und am Hafendamm der Pasigmündung zu Manila,
die erstere grau, die letztere zimmtfarbig. - Raubthiere. Diese sind bis jetzt sehr schlecht bekannt. Die Ta-
galen kennen drei Namen dafür: alamid, musang und lampog,
wofür die spanischen Schriftsteller in sehr verwirrter Weise
bald Fuchs, zorro, bald wilde Katze, gato montes, oder
auch Marder, huron übersetzen; lampog oder lampong soll
nach Camel eine wilde Katze, nach Serrano’s Vocabular
eine verwilderte sein; musang ist vielleicht der Paradoxurus
[195]Philippinische Säugethiere.
Philippinus Waterh. B., da derselbe Name auf Sumatra
und Borneo für Paradoxurus gilt. Endlich kennt man auch
Zibetkatzen B. und deren malaiischen Namen tangalung, zu
dingalong oder singarong entstellt, auf den Philippinen.
Camel, der sie mit dem musang zusammenwirft, sagt, dass
die Leute sich nicht die Mühe geben, sie lebend zu halten,
sondern nur in Fallen fangen und tödten, um den Zibeth
zu bekommen. Endlich ist auch der malaiische Name des
Leoparden, harimau, als sarimao auf Leyto, halimao im
Tagalischen bekannt, aber das Vorkommen dieses Thieres
selbst auf den Philippinen noch nicht glaubwürdig bezeugt;
Buzeta gibt es als »Conjectur« von den Calamian-Inseln
(zwischen Mindoro und Palawan) an. - Eichhörnchen, alalacsin bei Camel; in der Biblioteca militar
sah ich keines und Buzeta nennt sie nur bei der Special-
beschreibung der Calamianes, sowohl gewöhnliche, ardillas,
als fliegende, ardillas voladoras; Waterhouse hat 1839 eine
Art, Sciurus Philippinus, aus Mindanao beschrieben. - Mäuse, tagalisch daga. Camel erwähnt mehrere Arten, wovon
eine, manharag, gegessen werde. Waterhouse hat als neue
Art Mus castaneus (Ann. and mag. n. h. 1843) und als neue
Gattung die grössere zimmtfarbige Rindenmaus, Phloeomys
Cumingi (Proc. zool. soc. 1839 und 1840) beschrieben, parrat
oder parret der schwarzen Eingeborenen in Luzon. - Stachelschwein, Hystrix oder Atherura, von Camel nur von
der Insel Mindanao unter dem Namen balatnamatinic, von
Buzeta auch von den Calamianes und vielleicht von Luzon
selbst als Igel, erizo, erwähnt, fehlt der Sammlung der
Biblioteca militar. - Wildes Schwein, javali der Spanier, baboy damo der Tagalen,
an andern Orten pagil, bayong etc. genannt, überall häufig,
von Cagayan, der nördlichsten Provinz Luzons, bis Mindanao,
das Fleisch allgemein geschätzt. - Hirsche sind ebenso verbreitet, tagalisch osa und sungayan, das
Weibchen libay. Geweihe und Häute kommen von den
Provinzen Pangasinan und Pampanga nach Manila, die
Sehnen werden an die Chinesen zum Leimsieden verkauft.7) - Der Büffel, carabao der Spanier, avang in einigen einheimischen
Sprachen nach Camel, soll in den Bergwäldern der meisten
13*
[196]Philippinische Reptilien.
Inseln wild leben. In einer älteren Beschreibung der
Philippinen heisst es: »Die Felder in den philippinischen
Inseln wimmeln von einer so grossen Menge wilder Büffel,
dass ein guter Jäger wohl zwanzig mit der Lanze erlegen
kann. Die Spanier tödten sie blos um der Haut willen
und überlassen das Fleisch den Indianern.«
Reptilien sind auf den Philippinen zahlreich und viele schon
von Pater Camel erwähnt, in neuerer Zeit durch Meyen, Cuming
und Jagor u. A. in die europäischen Sammlungen gekommen. Ich
habe hier nur das Wenige zu erwähnen, was während unseres
Aufenthaltes auf den Philippinen selbst über sie oder ihre einheimi-
schen Namen mir bekannt geworden. Wie im ganzen indischen
Archipel, scheinen auch hier keine eigentlichen Landschildkröten,
Testudo, vorzukommen, sondern nur Süsswasser-Schildkröten
(Cistudo Amboinensis und ein Trionyx, lineatus D. B.), von den
Tagalern pagong, von den Spaniern galapago genannt, im Gegensatz
zu den Meerschildkröten, pauican und tortuga. Das Krokodil,
caiman der Spanier, buaya der Tagalen, soll häufig sein; man
warnte mich oft vor ihnen, aber sichere Fälle, dass es einen
Menschen angegriffen, habe ich nicht erfahren; ein ausgestopftes
Exemplar, das ich zu Zamboanga gesehen, mass 4,2 Meter (13 Fuss
4½ Zoll rheinisch), und ergab sich durch je eine kurze Leiste an
jedem Auge, sechs zusammengedrückte Nackenschilder und acht
Reihen von Rückenschildern als Crocodilus biporcatus Cuv. Nur
die Europäer zuweilen, niemals die Eingeborenen, verwechseln mit
ihm den Varan (Varanus bivittatus Kuhl = Manilensis Wiegm., Meyen
Taf. 53. u. A.), bayava der Tagalen; die Spanier haben auf ihn
den Namen der westindischen iguana übertragen, weil er wie diese
als wohlschmeckendes Essen gilt. Auf ihn beziehe ich auch die Er-
zählung eines englischen Pflanzers in der Umgegend von Manila,
dass ein Krokodil unter seinem Hause (im Trocknen) lebe und bei
Nacht herauskomme, um Hühner zu rauben. Fast ebenso gross wird
die flossenschwänzige Kammeidechse, Histiurus; sie wird als caga-
sagan oder layagen (Meyen III. p. 457), die fliegenden Eidechsen,
Draco spilopterus (Meyen Taf. 54.) als ginyayangao oder manya-
yangao von Pater Camel angegeben. Kleinere Iguanoiden (Calotes,
Lophyrus) werden von den Spaniern unrichtig als Chamaeleone be-
zeichnet. Gecko’s sind häufig in den Häusern, man unterscheidet
die grösseren, Platydactylus guttatus Herm., nach ihrem lauten
[197]Schlangen, Tausendfüsse, Landschnecken.
Rufe als toko, tagoto, spanisch chacon, von den kleineren, Hemi-
dactylus (mutilatus Wiegm. und andere), butiqui genannt. Scincus
(Euprepes) carinatus Schneid. = rufescens Shaw ist vermuthlich
der in sumpfigen Nipadickichten einheimische timbabalac der Ta-
galen. Die Haut einer Riesenschlange, die in der Biblioteca militar
aufbewahrt wird, scheint zu bestätigen, dass auch eine solche,
Python reticulatus Schneid., auf den Philippinen vorkomme, saua
der Tagalen, culebra casera, Hausnatter von den Spaniern genannt,
weil sie von den Chinesen öfters in den Häusern gehalten wird, um
die Mäuse zu vertreiben. Alle Schlangen gelten für giftig, für die
giftigste aber, ihrer grünen Farbe wegen, die dahon-palay, Reisblatt,
was nach F. Jagor’s Sammlung eine unschädliche Baumschlange,
Dryiophis prasinus Reinw. ist, während die wirklich giftigen Tropi-
dolaemus, düpong oder dupong genannt, weniger gefürchtet würden
(Jagor), doch heisst auch diese bei P. Camel perniciosissima. Ein
junger Priester in San Mateo wusste sich zweier Todesfälle durch
Schlangenbiss in seiner Bekanntschaft zu erinnern. Der regenwurm-
ähnliche Onychocephalus ist schon bei P. Camel als tuna erwähnt
und von F. Jagor unter demselben Namen eingesandt.
Unter den Gliederthieren sind hauptsächlich die Termiten,
anay, verschiedene Ameisen, langam und hantic, ferner grössere
Tausendfüsse, alopihan, verhasst. Die grossen bronceglänzenden
unschuldigen Rollasseln, Glomeris und Spirostreptus, cacaluy der
Eingeborenen, sind schon dem Pater Camel aufgefallen; mehrere
derselben sind von Newport nach Cuming’s Exemplaren im britischen
Museum beschrieben. Land-Amphipoden hat in den letzten Jahren
Dr. Semper auf Luzon gefunden. Blutegel, linta, setzen sich auch
zuweilen an die nackten Beine der Eingeborenen in feuchten
Wäldern, scheinen aber nirgends so zur Landplage zu werden wie
in Ceylon.8)
Die Philippinen sind wegen ihrer Landschnecken be-
rühmt; als die Thetis in den ersten Tagen des Juni längs den
Küsten von Mindoro, Panay, Negros und Mindanao dahinsegelte
— lauter dem Schneckenliebhaber wohlbekannte Namen — sahen
wir die langgezogenen, gleichmässig sich wiederholenden Berg-
umrisse, oft von steileren vulkanischen Kegeln gleichsam gekrönt,
vom Strande an, der nur in grösserer Nähe als schmaler gelber
Sandstreif sichtbar wurde, dicht bewaldet und jede Einsenkung des
Morgens mit einer dichten weissen Nebelwolke bezeichnet, nur selten
[198]Pasig-Fluss.
einzelne Lichtungen. Dass dieses Land günstig für Landschnecken
sein müsse, lag klar vor Augen, dagegen in der flachen Umgebung
des heissen Manila war nichts von ihnen zu sehen, ich musste erst
in das Thal von S. Mateo, bis ich die ersten todten Schalen, und
über die Lagune nach los Baños, bis ich das erste lebende
Exemplar der faustgrossen Nanina ovum zu Gesicht bekam. P. Camel
gibt omaneg und buhay als einheimische Namen der Landschnecken
an und behauptet, dass sie viel Geräusch machen, vermuthlich nur,
indem sie sich beunruhigt rasch in ihre Schale zurückziehen. Für die
nähere Umgebung von Manila aber ist es charakteristisch, dass das
tagalische Vocabular von Serrano nur den Namen soso oder susu
kennt, der nach P. Camel einer gedeckelten Süsswasserschnecke, ver-
muthlich zunächst Paludina costata, zukommt.
4. Süsswasserthiere des Flusses Pasig und der Laguna del Bay.
14.—17. Mai 1861.
Eine Bootsfahrt von Manila, den Pasigfluss aufwärts, ge-
währt landschaftlich wie naturhistorisch viel Interesse. Auf die hän-
gende eiserne Brücke und die grosse Tabaksfabrik folgen Gruppen
von Bananen, plantano der Spanier, und die hohen zierlichen Ge-
stalten der Bambu, »nicht Baum, nicht Strauch«, auf elegante
Villen vereinzelte Bauernhäuser und Kneipen, alle der Ueberschwem-
mungen sowohl als des bequemeren Anlegens wegen auf Pfähle gebaut.
Wassertreter (Hydrometra), sowie schlanke blaue und braunrothe
Wasserjungfern (Agrion) sind äusserst zahlreich auf dem Flusse
selbst. Zahme Büffel mit ungeheuren, flachen Hörnern liegen be-
haglich im Wasser und lassen es sich ruhig gefallen, dass badende
Wäscherinnen ihre Tücher und Röcke auch auf ihrem Rücken rein
schlagen, statt auf Steinen, was die allgemeine Waschmethode in
Ostasien ist. Bei jedem Dorfe fallen zahlreiche Heerden von
zahmen Enten, itik, auf, jede von einem kleinen Mädchen ge-
hütet und zusammengehalten; man erzählt, dass es hier allgemein
von den Chinesen eingeführte Sitte sei, die Enteneier in künstlich
erwärmter Reisspreu ausbrüten zu lassen; die Entenheerden werden
über Nacht in eigene Bambuumzäunungen eingeschlossen und über
Tag an den Fluss geführt. Unter den Tausenden, die ich gesehen,
kehrte sehr oft eine bestimmte Färbung wieder: der ganze Körper
dunkelbraunschwarz, nur die Kehle blass, öfters auch ein weisser
[199]Zahme Enten. Fische u. s. w.
Wangenfleck; Schnabel und Füsse schwarz. Neben diesen finden
sich andere, bei denen das Schwarz an dieser oder jener Körper-
stelle ohne konstante Begränzung durch Weiss, wie bei so vielen
Hausthieren, ersetzt wird, während das Schwarz der Füsse von
Roth, das des Schnabels von Gelb ganz oder theilweise verdrängt
wird. Das Prachtkleid unserer europäischen Ente, perlgrau mit
grünem Kopf und kastanienbrauner Brust, habe ich in Manila nie
gesehen. Es macht dieses ganz den Eindruck, als ob eine andere
wilde Art, vielleicht die oben erwähnte Dendrocygna vagans oder
vielleicht auch die mir nicht näher bekannte kleinere A. Manilensis
Gmel. den Stamm dieser zahmen Enten ursprünglich gebildet, aber
mit der europäischen Ente sich verbastert hätte; ähnlich scheint es
im ganzen indischen Archipel mit den zahmen Gänsen zu sein, die
in allen Stufen zwischen der europäischen Art und der chinesischen
Schwanengans vorkommen.
Woher die Kahnladungen Entenfutter kommen, welche auf
dem Pasig uns begegneten, erfuhren wir, als wir in die Seiten-
zweige desselben eindrangen: diese sind streckenweise mit einer hell-
grünen Pflanzendecke überzogen, die nicht aus Wasserlinsen besteht,
wie man erwarten möchte, sondern aus den zierlichen Rosetten
einer Pistia, wovon einzelne Exemplare im Flusse herabtreibend bei
Manila selbst gefunden werden, und beherbergt eine grosse Menge
Wasserschnecken: Paludina costata, zwei bis drei Arten von Me-
lanien, seltener Amphipeplea Luzonica und eine Limnaea, dazwischen
auch kleine Blutegel, Larven von Wasserjungfern u. dgl.
Der Pasig ist der Ausfluss eines grossen Süsswassersees,
Laguna del Bay nach einem Dorf an seinem Ufer genannt, worin
man verschiedene zum Fischfang bestimmte Umzäunungen von Rohr-
stäben findet. Die berühmtesten und häufigsten Fische desselben
sind der dalag, Ophicephalus striatus Bloch, und die Curbina,
spanisch von Corvina, ayumi der Tagalen (Corvina ähnlich der
C. Sina C. V.). Minder geschätzt ist ein ebenfalls häufiger Siluroid,
candole genannt, Hemipimelodus Manilensis C. V. und eine gross-
schuppige Eleotris (ophiocephalus C. V.). Auch fehlt es nicht an
kleinen Süsswassergarnelen, Palaemon Idae Hllr., grünen Fröschen
(Rana tigrina Daud, palaca der Tagalen), Schnecken (Paludina costata,
Melania) und Muscheln (Anodonta) an den geeigneten Lokalitäten.
Ich fand in demselben ferner bei dem Orte los Baños eine Wasser-
schlange, Chersydrus granulatus Schneid. sp., welche schon manche
[200]Laguna de Taal.
Aehnlichkeit mit den Meerschlangen hat und auch von Herrn
F. Jagor im Brackwasser bei Manila gefunden worden ist. Dicht am
Seeufer, unweit Baños, nur durch eine schmale mit Gebüsch be-
deckte Strecke davon getrennt, liegt die kleine Lagunita de los
Caimanes, welche durch ihre runde Gestalt an einen Kratersee
erinnert und nach den dort häufigen Krokodilen benannt ist. Diese,
caiman von den Spaniern, buaya von den Tagalen genannt, werden
sehr gefürchtet, man warnte mich beständig, ihretwegen nicht in
das Wasser zu waten; in früheren Zeiten seien sie hier noch häu-
figer gewesen. Trotzdem ich eine gute Belohnung versprach, konnte
ich keines erhalten; no se cogen, man fängt sie nicht, sagte mir
der Ortsgeistliche, zugleich auch die oberste weltliche Autorität im
Dorfe; doch beschreibt Buzeta ausdrücklich, dass die Eingeborenen
sie fangen mittelst eines zugespitzten Stockes, der ihnen quer in
den Rachen gesteckt werde.
5. Fauna der Laguna de Taal.
19. Mai 1861.
Von los Baños aus erreichte ich zu Pferde in Einem Tage
den südlicher gelegenen etwas kleineren See, in dessen Mitte als
Insel sich der thätige Taal-Vulkan erhebt, ohne Vegetation, während
die Umgebung theils noch von Urwald, theils von neuen Zucker-
rohrpflanzungen gebildet wird. Man hatte mir gesagt, dass in diesem
See ein ganz besonderer Seefisch lebe, atum, d. h. Thunfisch oder
auch sábalo genannt; er soll der schmackhafteste von allen Fischen
der Philippinen sein, werde aber nur zu gewissen Jahreszeiten ge-
fangen; nach vielem Nachfragen erhielt ich ein geräuchertes Exemplar
von 0,55 Met. Länge und 0,168 Met. Höhe (er soll noch viel grösser
werden). Es zeigte, dass er zur Gattung Caranx gehört und dem
weit verbreiteten C. hippos L. sp. sehr nahe steht, aber verschieden
durch kleinere und zahlreichere Schuppen. Ferner erbeutete ich
auf diesem See einen Halbschnabel, Hemirhamphus, einen lang-
schnauzigen Gobius und eine nahe Verwandte der pelagischen Krabbe,
Varuna, wahrscheinlich neu; auch fanden sich an dem Strande
einer der Inseln Ligien vor, die wohl an der Mündung des Pasig
bei Manila, aber nicht an der Laguna del Bay vorkommen. Es ist
also vorherrschend eine Meerfauna; ich kostete das Wasser und fand
es stark salzig, noch bitterer als reines Meerwasser, so dass es mir
[201]Fischmarkt zu Manila.
trotz lebhaften Durstes widerlich blieb. Leider fehlte es an Zeit
und Gelegenheit, um bis zur Verbindung dieses Wasserbeckens mit
dem Meere vorzudringen; diese wird in den mir zugänglichen Karten
und Beschreibungen als ein kurzer Fluss, Rio Pansipit, angegeben,
in dem die sabalos alljährlich heraufziehen sollen. Der Thierbevöl-
kerung und der Tiefe nach — auf einer englischen Seekarte der
»China-sea« von 1859 an einer Stelle 92 Faden — dürfte dieses Wasser-
becken als eine frühere Einbucht des Meeres aufzufassen. sein.9)
6. Thiere aus der Bai von Manila.
20. Mai bis 1. Juni 1861.
Auf dem Fischmarkt zu Manila fielen mir besonders auf
Trichiurus savala Cuv., pesce spada (Degenfisch) der Spanier, Mugil
cephalotus C. V., alimasin oder alingasin der Tagalen, lisa der
Spanier, Equula insidiatrix Blech, sapi-sapi oder sape-sape, Mullus
(Upeneoides) sulfureus C. V., saramulete, violett-rosa mit gelben
Längslinien und ein ganz ähnlich gefärbter Fisch anderer Gattung,
bisugu, Synagris sp.; eine Scholle, Psettodes erumei Schneid., daba
der Tagalen, ferner eine Sphyraena, eine Alausa, laulau, eine
Engraulis, dilis, und ein Saurus nebst dem schon genannten Silu-
roiden des Pasig. Von Crustaceen waren häufig zwei Schwimm-
krabben: die grössere Lupa Tranquebarica, alimango und die kleinere
pelagica, alimasing der Tagalen, beide einfach cangrejo von den
Spaniern genannt, und ein langschwänziger Krebs, Penaeus monoceros,
tagalisch ulang oder olang, spanisch camaron; von Mellusken endlich
eine Venusmuschel, Tapes Philippinarum Adams, alán oder halaan,
spanisch almejo, und eine Auster, dalaba der Eingeborenen.10) An
dem Steindamm der Pasigmündung, der die Einfahrt für Manila
bildet, sind zwei Crustaceen häufig, die flüchtige Assel, Ligia, schon
von Pater Camel No. 83. erwähnt, und eine Viereckkrabbe mit violetten
Scheeren, Metopograpsus maculatus.
Das Städtchen Cavite, auf einer sandigen Landspitze in der
Bai von Manila, gewöhnliche Station der hier anwesenden Schiffe
und so auch zeitweise unserer Thetis, bietet bei längerer Musse
reiche Gelegenheit zum Studium der Seethiere und ich hörte zu
Manila von dem Pfarrer eines benachbarten Dorfes, der mit Eifer
dasselbe betreibe. Leider erlaubte mir die bedenkliche Ermattung
und Abspannung, welche mich in dem heissen Manila nach der
[202]Meerthiere aus Schlammgrund und Mangledickicht.
Rückkunft von der Tour in die Lagune und auf den Taal-Vulkan
befiel, nicht, dieselbe gehörig zu benutzen; so machte ich nur von
Bord aus noch eine Bootsfahrt mit dem Schleppnetz, die mir aus
sandhaltigem schwarzem Schlamm, in zwei bis vier Faden Tiefe,
verschiedene interessante Thiere verschaffte, von Crustaceen die
Gattung Iphis und Leucosia marmorea, von Conchylien lebende
Ranellen, Nassen und Solarium, von Seesternen eine achtarmige
Luidia; endlich einen interessanten Sipunculiden (Thalassema), mit
sieben violetten Längsstreifen bemalt. Auch eine Qualle, Cassiopea?,
fand sich im Mai nicht selten in der Bai.
7. Zamboanga auf Mindanao.
13.—19. Juni 1861.
Zamboanga oder Samboanga, am Südende der südlichsten
Insel der Philippinen, Mindanao, als fester Platz der spanischen
Herrschaft zwischen die mahomedanischen Seeräuberstaaten und die
Gebiete der noch unbekehrten Bewohner der Westseite von Mindanao
eingeschoben, wurde mir hauptsächlich interessant durch die benach-
barte kleine Insel Santa Cruz, wo ich zuerst eine Korallenbank kennen
lernte. Der Rand der Insel ist eben, kaum über die See erhaben
und besteht aus grobem Grus, hauptsächlich spitzeckigen Korallen-
trümmern, zwischen denen einzelne grössere Korallen und Muscheln,
namentlich Schalen der Riesenmuschel, Tridacna, tagalisch taclovo,
umherliegen; die Hauptmasse der Insel wird von wenig mehr als
mannshohem Manglegebüsch, Rhizophora, eingenommen, zwischen
und unter dem überall seichtere oder tiefere Pfützen von Meerwasser
sich hindurchziehen, so dass man hier weder mit Waten noch
Schwimmen vorwärts kommt, sondern nur durch Klettern auf den
zahlreichen Stützen der Manglestämme, bald über, bald im Wasser.
An diesen Stämmen finden sich häufig Krabben (Grapsus strigosus),
und Springfische (Periophthalmus), auf den Zweigen Litorina scabra,
in den Pfützen erregten zahlreiche handgrosse hellgrüne Sterne,
drei bis vier Fuss unter Wasser, meine Aufmerksamkeit, es war eine
Einzelkoralle, Fungia patella, der die bis zolllangen, cylindrischen,
zahlreichen Arme jenes befremdende Aussehen gegeben.
Der umgebende Korallengrund, soweit er bei Ebbe sichtbar
wird, stets von zahlreichen Lachen und Strömchen durchsetzt, wird
von bunten Fischen, Krabben und Seesternen belebt, obwohl die
[203]Korallenbank bei Zamboanga.
Korallen in dieser Höhe fast alle schon abgestorben sind; ich fand
zwischen ihnen einen hell gummigutt-gelben Antennarius, blau- und
weissgebänderte Chaetodon, himmelblaue Seesterne (Linckia miliaris),
rosenrothe dunkelrothgefleckte Viereckkrabben, Trapezia, schwarze
Bogenkrabben, Chlorodius und grüngelbe Schwanenkrebse, Gono-
dactylus chiragra neben mehr unscheinbaren Krabben, Seeigeln,
Holothurien. Am meisten freute mich ein dreizehnarmiger Seestern
(Echinaster solaris). Von Conchylien fiel hauptsächlich Oliva fune-
bralis auf, deren äussere Weichtheile ganz ähnlich wie die Schale
blass grünlichbraun mit kleinen schwarzen Flecken gefärbt waren.
Ferner fand sich zwischen den Korallen ein eigenthümlicher Sipun-
culide (Aspidosiphon Cumingi), beiderseits mit einer gefurchten End-
scheibe. Aus Korallengrund von 3—4 Faden Tiefe wurde das derbe
pilzförmige Sarcophyton heraufgezogen und noch in 25 Faden Tiefe,
auf steinigem Grunde, ergab das Schleppnetz eine Reihe von Krabben,
Ringelwürmern und Seesternen, sowie hübsche Hydroidpolypen aus
den Gattungen Sertularia, Thujaria und Plumularia, und zahlreiche
lederartige Ascidien.
[[204]]
[[208]]
X.
SIAM.
DECEMBER 1861. JANUAR 1862.
Von diesem Königreich, dessen binnenländische Berggegenden kurz
zuvor der Zoologie so viel des Neuen und Interessanten in den
Sammlungen gebracht, welche der Reisende H. Monhot, 1858—1860,
mit seinem Leben bezahlen musste, bekam die preussische Expedition
auch nur einzelne Stellen des Küstensaums zu Gesichte, die Sumpf-
gegend der Menam-Mündung zunächst der Hauptstadt Bangkok,
ein etwas trockneres, hügeliges Terrain bei Petshaburi (Pechaburi
der Engländer) an der Westseite und das Stranddickicht bei Sima-
haratsha (Simaharacha) an der Ostküste der kleineren seichten
Bucht, in welche der grosse Golf von Siam nach Norden ausläuft.
Süsswasserthiere waren daher, wie um Shanghai, die zahlreichsten
und am leichtesten sowohl auf eigenen Exkursionen zu finden, als
auf dem Markte oder sonstwie von den Eingeborenen zu erhalten,
gelegentlich auch einige Meer- oder Brackwasserbewohner. Der
Fischmarkt zu Bangkok, und der noch reichere des etwas weiter
unterhalb am Menam gelegenen Ortes Paklat, bot eine ziemlich
reiche Auswahl von Gattungen und Arten, aber es war mir auch
hier nicht möglich zu erfahren, welche speziell im Strome selbst
und wie weit aufwärts von dessen Mündung, welche draussen auf
der Barre gefangen wurden.
1. Salzwasserthiere.
Auf der Rhede ausserhalb der Barre wurden an Bord der
Thetis öfters Fische geangelt, namentlich Therapon servus, Saurus
und Tetrodon; die beiden erstern fand ich auch wiederholt auf dem
Fischmarkte, und daneben andere, denen ich den gleichen Ursprung
aus dem Meere zuschreiben möchte, so Scomber, Caranx und
[209]Thiere von der Mündung des Menam.
Equula, Synagris filamentosus Rüpp., Corvina, Ephippus orbis, eine
Zunge, Synaptura zebra, endlich verschiedene Haie und Rochen,
die schon von anderen Küstengegenden des indischen Oceans be-
kannt sind.
Dass es singende Fische an der Mündung des Menam
gebe, war mir schon zu Singapore erzählt worden; die Leute, welche
an Bord der Thetis geblieben, hörten öfters bei stillem Wetter,
des Abends, leise Töne, die aus dem Wasser zu kommen schienen
und einer fernen Musik verglichen wurden. Der Ursprung der Töne
war nicht mit Bestimmtheit zu ermitteln; dass sie in der That von
Fischen hervorgebracht wurden, erscheint nach den Angaben an-
derer Beobachter nicht undenkbar. In Paknam, dem Zollamte der
Menammündung, wurde mir auf meine Nachfrage von einem siame-
sischen Fischer eine Art Seezunge, Plagusia, als der musikalische
Fisch überbracht. Diese Fische liegen ruhig auf dem Schlamm-
boden, während man die singenden doch zunächst unter den schwim-
menden, nahe dem Meeresspiegel sich aufhaltenden suchen wird.1)
Als Brackwasserbewohner lernte ich an den Schlamm-
ufern des Menam unterhalb Paklat eine kleine gefleckte Schnecke, Assi-
minea carinata Lea, kennen, in den Mündungsarmen des Meklongs
zwischen Bangkok und Petshaburi mehrere Auriculaceen, namentlich
Scarabus plicatus, Cassidula auris-felis und Melampus Siamensis,
Scarabus und Assiminea bei Ebbe über Wasser, von Krabben den
an allen Schlammküsten des indischen Oceans unvermeidlichen Gela-
simus, und dasselbe gilt unter den Fischen von dem Springer,
Periophthalmus, pla-ten der Siamesen.
2. Süsswasserthiere.
Die stilleren, weniger gestörten Kanäle und Wassergräben
zu beiden Seiten von Bangkok wimmeln von Wasserinsekten,
worunter z. B. ein Orectochilus aus der Familie der Taumelkäfer,
Sigara und Hydrometra, ferner Schnecken (Planorbis Coroman-
delicus, Limnaea Javanica) und kleinen Fischen, unter denen na-
mentlich die bissige Betta pugnax und der durch seinen silbernen
Scheitelfleck weithin erkennbare Panchax Buchanani. All diese
lassen sich leicht in dem Dickicht der Wasserpflanzen mit der
Hand oder einem einfachen Kescher erreichen. Kleine Tümpel ohne
Wasserpflanzen mit Lehmboden, um Petshaburi, lieferten mir haupt-
sächlich vier Arten von Paludinen: trochoides Martens, Martensi
Ost-Asien. Zoologisch. I. 14
[210]Fische auf dem Markt in Bangkok.
Frauenf., polygramma Martens und ciliata Reeve, alle vier in dem-
selben Tümpel, doch die zweite bei weitem die zahlreichste. Dass es
auch an Süsswasserkrabben, hier hauptsächlich Parathelphusa Sinensis
M. E., nicht fehlt, ist in einem Tropenlande selbstverständlich.
Die häufigeren Fischformen auf dem Markte in Bangkok sind
Cyprinoiden, manche mit lebhaft rothgefärbten Flossen, Labyrinth-
kiemer (namentlich Osphronemus und Ophicephalus), Siluroiden,
Notopterus und Coilia, Aale und nicht selten auch Rochen (Rhino-
batus ligonifer und armatus, Pteroplatea micrura u. s. f.); seltener
ist Polynemus paradiseus L. und der im Leben aalähnlich schlei-
mige Mastacemblus argus Gthr., mit ziegelrothen Flecken längs den
Seiten. Die gewöhnlichsten Crustaceen des Marktes sind Lupa
(Scylla) Tranquebarica F., diese wohl aus dem Meer, und Palaemon
carcinus F.
Die siamesischen Namen, welche ich namentlich auf dem
Fischmarkt zu hören bekam, sind folgende:
pla go, Saurus,
— gula, Corvina nasus,
— kathing, Osphromenus,
— koba, Therapon,
— krua, Gobius,
— lai, Aal,
— lok, Clarias,
— ma (Pferdefisch), Anabas,
— lin ma (Pferdezungenfisch),
Cynoglossus u. Synaptura,
— pen, Caranx,
— plia, ein schwarzer Cyprinoid
(Merulius chrysopheca-
dion),
- — salet,
- — silibia,
pla ten, Periophthalmus,
— timbantu, Süsswasser-Syg-
nathus,
— to, Siluroid (Arius),
— to heo, Belone,
— tshalam, Haifisch (Carcha-
rias),
— tso, ein rothflossiger Cypri-
noid (Hampala macrole-
pidota),
- — tson,
- — tshon,
mungroi, Clupea,
sisiet, Scomber,
kong oder kung, Garnele (Pa-
laemon).
Der Schlangenkopf, Ophicephalus, gilt wie in China und im indischen
Archipel für einen der besten Fische, und namentlich nach Pallegoix
auch für eine gute Krankenspeise; aus den kleinen Garnelen (Pa-
laemon), vermuthlich sowohl denen des Flusses als denen des
Meeres, bereitet der Siamese durch Zerstossen mit Salz eine violette
pikante Zuspeise zum Reis, kapi genannt.2)
Frösche, siamesisch kab, sind häufig, darunter fand ich zu
[211]Süsswasser-Reptilien von Siam.
Bangkok wie Petshaburi den äusserlich an unsere Unke erinnernden
Oxyglossus lima Tschudi. Die häufigste Wasserschlange des Me-
namstroms, mir von den Eingeborenen bis zum Ueberdruss gebracht,
ist die bekannte unschuldige Homalopsis buccata L. sp. Aber auch
die interessantere Fühlfadenschlange, Herpeton tentaculatum
Lacep., wurde mir gebracht und die auf ihren Schuppen aufgewach-
senen kleinen Conferven bewiesen, dass sie eine Wasserschlange
sei. Die sogenannten Fühler waren platt und wurden nur wenig
selbständig bewegt; der Kopf platt, der Leib vom Stielrunden nach
hinten ins Dreiseitige übergehend, indem die Rückenseite eine
stumpfe Mittelkante erhält und unter stumpfen Winkeln in die
Bauchseite übergeht; die Farbe dunkelbraun, in der vordern Hälfte
fast ganz gleichmässig, in der hintern treten auf dem Rücken drei
Paar, am Bauch ein Paar schwarzer Längslinien hervor.3) Zum
Beissen war das Thier nicht zu bringen. Die Siamesen nannten
diese Schlange mir nuang. Krokodile, take, sah ich mehrmals,
lebende und todte, in den Kanälen zwischen Bangkok und Petsha-
buri, es war stets die bekannte, weit verbreitete Art, Crocodilus
biporcatus Cuv.; nirgends sah ich die von Perrault 1699 beschrie-
bene, seitdem verschollene Art mit zwei mittleren Längskämmen
hintereinander auf dem Scheitel, Crocod. galeatus Cuv. = Siamensis
Schneid. Auch Süsswasserschildkröten sind in Siam zahlreich,
und zwar wie in den übrigen ostasiatischen Ländern sowohl die
harmlosen Emys, siamesisch tao, als die weichschaligen bissigen
Schnappschildkröten, Trionyx, siamesisch taphab.
3. Wirbellose Landthiere.
Unter den Insekten Siams sind die Leuchtkäfer (Lam-
pyris), hing noi, mit Recht berühmt. Wenn man auf dem Flusse
oder einem Kanale des Abends dahinfährt, erscheinen die Bäume
am Ufer oft förmlich illuminirt durch die Menge derselben und man
bemerkt mit Erstaunen, dass die Leuchtkäfer Eines Baumes gleich-
zeitig aufleuchten und gleichzeitig dunkel werden. Dieses ist schon
C. Kämpfer 1690 aufgefallen und seitdem von fast allen Bericht-
erstattern über Siam wiederholt; es ist auch im Allgemeinen richtig,
aber doch nicht streng genommen; einzelne Lichtpunkte sieht man
auch während der dunkeln Zwischenzeiten und das Aufleuchten,
wie das Dunkelwerden geschieht nicht ganz plötzlich, sondern die
Lichtmenge steigt und fällt etwas langsamer als bei dem einzelnen
14*
[212]Leuchtkäfer und Muskito’s in Siam.
Käfer, so dass anzunehmen ist, dass nicht alle gleichzeitig beginnen
und gleichzeitig enden. Es kann die Frage entstehen, ob das Phä-
nomen nicht einfach dadurch entsteht, dass eben jeder einzelne
Käfer in gleichmässig vertheilten Intervallen leuchtet und nicht
leuchtet, und diese Intervalle für alle gleich lang sind, ohne gleich-
zeitig zu sein; es müssen sich dann auch bei der unregelmässigsten
Vertheilung von Anfang und Ende jedes Einzelnen doch im Ganzen
die Perioden, in denen gleichzeitig die Mehrzahl leuchtet und in denen
gleichzeitig die Mehrzahl nicht leuchtet, regelmässig wiederholen. Ge-
rade ein Gleichbleiben des Lichtes, während jeder einzelne periodisch
leuchtet, würde eine bestimmt regelmässige Vertheilung voraussetzen.
Eben so viel genannt, aber wegen ihrer Lästigkeit, nicht
ihrer Schönheit, sind die Muskitos des unteren Menamgebiets,
(siamesisch yung), wie in einem solchen Sumpfland nicht anders zu
erwarten. Jedes europäische Bett hat seinen dichten Muskitovorhang,
der es nach Art eines hohen Betthimmels von der Aussenwelt ab-
schliesst, doch hörten wir meist vor dem Einschlafen noch die
fatale Musik der Muskitos um unsern Kopf und sahen Morgens beim
Erwachen dieselben, vollgesogen mit unserm Blute, an der innern
Seite des schützen sollenden Vorhanges sitzen.
Selbstverständlich fehlt es in den Häusern auch nicht an
Ameisen, mot, Spinnen, meng mum, Skorpionen, meng-pong, und
Tausendfüssen, takab (Scolopendra und ein leuchtender Geophilus);
von den verderblicheren Termiten oder sogenannten weissen Ameisen,
pluěk, habe ich in Bangkok nur gehört, nichts gesehen. Erwähnung
verdient noch die Sing-Cicade, C. imperatoria Westw.
4. Land-Reptilien.
Sehr bemerklich macht sich in den Häusern der grosse
Haus-gecko (Platydactylus guttatus Daudin s. Gecko verus
Merrem), eine Eidechse, die fusslang wird, aschgrau mit orange-
rothen Flecken; schon von den älteren Berichterstattern über Siam,
Tachard, Tavernier u. s. w. wiederholt erwähnt, und von Perrault
in den Abhandlungen der Pariser Akademie 1699 ausführlich be-
schrieben nach von Missionären erhaltenen Exemplaren, in Folge
des regen Verkehrs zwischen Siam und Frankreich, der durch den
unternehmenden Constantin Falcon aufgeflammt war, um ebenso
plötzlich wieder nach dessen gewaltsamem Tode zu erlöschen.
Ihren Ruhm verdankt diese Eidechse hauptsächlich ihrer lauten
[213]Gecko und andere Eidechsen in Siam.
Stimme,4) worin sie und ihre nächsten Verwandten allerdings allein
unter den beschuppten Reptilien dastehen; sie wiederholt die zwei
kurzen Silben to-ke in kurzen Intervallen mehrmals hintereinander,
laut genug, um in einem benachbarten Zimmer während eines ge-
wöhnlichen Gespräches die Aufmerksamkeit zu erregen, daher auch
ihr gleichlautender siamesischer Name, den die europäischen Autoren
je nach ihrer Weise als toquet, tockaie u. s. w. schrieben. Sie ist
nicht selten in den belebtesten europäischen Häusern, und da sie
sich durch Aufzehrung des Ungeziefers, selbst der Mäuse, wie man
sagt, nützlich macht, von allen verständigen Einwohnern geduldet,
macht daher auch am hellen Tage in Anwesenheit der Menschen
ihre Jagdexkursionen an den Wänden und an der Decke der Zimmer,
wozu sie bekanntlich einen eigenen auf Luftverdünnung beruhenden
Haftapparat an den Zehen besitzt, meist allerdings in einer Höhe,
welche sie vor dem Eingreifen des Menschen sichert; doch kommt sie
auch tief genug herab, um ergriffen werden zu können. Als ich eine
derselben erhaschte, biss sie meinen Finger blutig. Auch schnappt
sie gelegentlich kleinere Eidechsen ihrer eigenen Gattung weg, immer
auf allgemeine Reptilienart langsam und stille, mit längeren Zwischen-
pausen herankriechend, bis sie mit einer oder wenigen blitzschnellen
Bewegungen ihre Beute erfassen kann.
Auf den Bäumen in der Nähe der Häuser sieht man nicht
selten eine grüne Eidechse, Calotes versicolor Daud., kingka der
Siamesen; gewöhnlich grün, wie das Laub der Bäume, worauf sie
sich aufhält, ändert sie bei Aufregung etwas ihre Farbe, wird
namentlich am Halse mehr roth, daher halten die Europäer sie
öfters für ein Chamaeleon, und Bischof Pallegoix gibt unter diesem
Namen eine etwas lebhafte Beschreibung ihres Farbenwechsels.
Von andern Eidechsen finden sich in den von mir besuchten Strecken
mehrere Scincoiden, wie der weit verbreitete Euprepes carinatus Schn.
sp., tshing-tshek oder tshin-loig, und das kleinere blindschleichen-
ähnliche Lygosoma serpens L. sp., aber auch eine unserer europäi-
schen näher stehende Gattung mit langer gespaltener Zunge, Tachy-
dromus sexlineatus Daud.
Unter den Landschlangen ist die grösste der giftlose Python
reticulatus Schneid., nu luom, von den Europäern meist kurzweg
Boa constrictor und Riesenschlange genannt. Ein mehr als 15 Fuss
langes Exemplar wurde mir in Bangkok lebend gebracht. Fallegoix
erzählt den Fall, dass eine solche Schlange ein schlafendes Kind
[214]Siamesische Schlangen — Landschildkröte.
neben der Mutter im Bette verschlungen habe. Neben der Brillen-
schlange, Naja tripudians, welche nach Pallegoix auch hier wie in
Vorderindien zum Tanzen abgerichtet wird, ist die einzige Gift-
schlange, welche ich in die Hände bekam, der hellgrüne breitköpfige
Trigonocephalus albolabris Gray, nu kio, er war im Garten eines
der europäischen Ansiedler wiederholt vorgekommen. Die Siamesen
halten aber auch viele andere Schlangen für giftig und erzählten
dem Bischof Pallegoix Schauergeschichten von Schlangen, deren
blosse Berührung versengt, und anderen, die ebenso mit dem Schwanz
wie mit dem Kopf beissen, ganz wie man es in den Mährchen der
Alten vom Prester und von der Amphisbaena findet. Das letztere
beruht augenscheinlich auf flüchtiger Beobachtung der kleinköpfigen
Schlangen, wie Calamaria, Cylindrophis, Typhlops, bei denen das
Kopfende dem Schwanzende ähnlich scheint, die aber alle gift-
los sind. Dryiophis prasinus Reinwardt, die ich zu Petshaburi er-
hielt, ist ihrer grünen Farbe wegen gefürchtet, worin sie dem vorhin
erwähnten Trigonocephalus gleicht, während der scharf zugespitzte
Kopf diese unschuldige Schlange sogleich unterscheidet. Noch
schöner, mit Goldgelb, Grün und Schwarzbunt gezeichnet, ist Chryso-
pelea ornata Shaw., nu kiau oder die Sonnenstrahlschlange der Siamesen.
In dem Hause eines europäischen Kaufmanns zu Bangkok fand ich
einmal alle Bewohner in Aufregung, weil eine Schlange des Morgens
im Zimmer gesehen worden war; vergeblich suchte ich nach der-
selben in allen Winkeln und hinter den Möbeln, endlich fand ich
sie behaglich zusammengerollt unter dem Fussteppich: es war eine
unschuldige Natter, Elaphis virgata. Eine bekannte Kröte, Bufo
melanostictus Schneid., lebt unter losen Steinen auf der grossen
Pyramide, Phra-prang, als ob dieselbe zu ihrer Wohnung gebaut
wäre.
Die meisten der genannten Reptilien finden sich auf den
Inseln des indischen Archipels wieder. Die weiter oben erwähnte
Fühlfadenschlange, Herpeton, dagegen scheint Siam eigenthümlich
zu sein und ebenso ist Siam das einzige Land, in welchem ich
während meines Aufenthaltes in Ostasien eine Landschildkröte
zu sehen bekam; einer unserer Cadetten hatte sie im Walde an der
Küste von Simaharadsha (Ostseite des Golfes) lebend gefunden; sie
war noch nicht handgross, und ein junges Exemplar von Testudo
elongata Blyth. Auch Pallegoix spricht von kleinen Landschild-
kröten, die so wenig selten seien, dass in Ayutia sein dazu dressirter
[215]Siamesische Vögel.
Hund ihm fast jeden Tag eine solche in den Feldern auffand und
zuschleppte.5)
5. Vögel.
An Vögeln ist der von uns besuchte Küstenstrich Siam’s
reich. In der Hauptstadt selbst sieht man wieder den ostasiatischen
Sperling, Passer montanus, und sehr zahlreich einen Raben, Corvus
macrorhynchus Temm., siamesisch ka, über dessen Zudringlichkeit
Bischof Pallegoix viel zu klagen weiss; besonders des Morgens und
Abends hörte man sein Krächzen und sah einen nach dem andern
über unsere Wohnung wegziehen, von oder nach dem Nachtquar-
tier, wie ich es einst in Stuttgart von der Rabenkrähe gewohnt
war. Im Gras an den Wassergräben, nahe der Stadt, sahen wir
öfters einen schwarzweissen Staar, Acridotheres nigricollis Paykull,
und auf hohen Bäumen an den Ufern der Kanäle, in der nächsten
Umgebung von Bangkok, nisteten zahlreiche weisse Reiher, Ardea
nigrirostris Gray, und ein Riesenstorch oder Marabu, Leptopila
capillata Tem. Wir sahen mehrmals Flüge des letzteren in V-för-
miger Ordnung wie die Kraniche über uns hinziehen; er ist unter seinem
siamesischen Namen nok-karien schon von älteren Reisenden erwähnt.
Auf der Fahrt durch die Binnenkanäle nach Petshaburi
zeigten sich neben den weissen und andern Reihern, nok-kasa,
auf den Zweigen der Ufergebüsche bald grössere oder kleinere
blaue Eisvögel, Halcyon Capensis L. sp. und Alcedo Bengalensis
Gmel., bald der zimmtbraune, weissköpfige Seehabicht, Haliastur
Indus, bald ein Pelikan, P. Philippinensis Gmel., nok-pang, bald
Tauben, Drosseln oder der schon von Linné als siamesisch ge-
kannte Scheerenvogel, Dicrurus paradiseus L. sp. Um Petshaburi
sahen wir besonders häufig einen braunen langschwänzigen Vogel,
den meine Gefährten mit einem Fasan verglichen, weil wir ihn
meist am Boden trafen; aufgescheucht aber flüchtete er mit niedri-
gem, etwas schwerfälligem Fluge ins Gebüsch; als einer erlegt
wurde, zeigte sich, dass es ein Spornkukuk war, Centropus
Bengalensis Gmel., nok-ut von den Eingeborenen genannt. Ferner
schossen wir daselbst noch andere Arten kukuksartiger Vögel,
z. B. Eudynamis nigra L. sp., nok-kauau, wahrscheinlich nach seiner
Stimme genannt, Blauracken, Coracias affinis, siamesisch salega,
Bienenfresser, Merops Philippinus, Bartvögel, Megalaema caniceps,
einen dunkelköpfigen Grünspecht, Picus (Gecinus) dimidiatus und
[216]Aasgeier bei Bangkok.
einen Wiedehopf, wie es mir schien, nicht von der europäischen
Art verschieden.
Wie diese Gattung, so sind auch die Geier von Europa und
Afrika bis Siam verbreitet, ohne auf die Inseln des indischen
Archipels überzugehen. Weder auf diesen, noch in China oder
Japan hatte ich Geier gesehen. Die Buddhisten verbrennen die
Leichen, in Bangkok ist eine eigene geräumige Tempelanlage, Wat-
Saket, dafür bestimmt. Aber dieses Verbrennen ist mit Sporteln
an die Priester verknüpft und wenn solche nicht bezahlt werden,
wie in der Regel bei armen Leuten, bleibt die Leiche unbeerdigt
liegen, den Naturkräften zur endgültigen Besorgung überlassen.
Diese stellen sich denn auch alsbald in Gestalt von herrenlosen
Hunden, Raben und Geiern ein; von allen dreien ist eine ansehnliche
Menge in Wat-Saket angesiedelt, hinreichend, um ihren Dienst
mit einer gewissen Regelmässigkeit und Promptheit zu thun. Aus-
einandergerissene Skelete und einzelne Knochen findet man in den
etwas abgelegneren Stellen von Wat-Saket daher in Menge umher-
liegend, und die Hunde knappern in Ermanglung neuen Stoffes noch
lange daran. Einmal sah ich aber auch eine frische angefressene
Menschenleiche, die eine Hälfte von Gesicht und Brust noch so
wenig verändert, als ob der Mensch schliefe, die andere schon bis
an die Knochen abgefressen, ein Anblick, der auch den an anato-
mische Zergliederung Gewöhnten durchschauern kann. Die Geier
sassen, so lange keine Beschäftigung für sie war, klumpenweise
beisammen auf den Dächern der kleinen Heiligthümer, anscheinend
gleichgültig, aber doch stets Wache haltend. Ein angeschossener
suchte durch Sprünge uns zu entkommen und vertheidigte sich,
eingeholt, mit Schnabel und Krallen nachdrücklich und respekt-
erregend bis zum letzten Augenblick. Es war Vultur leuconotus
Gray, grösser und heller gefärbt als der südeuropäische röthlich-
fahle Gänsegeier, V. fulvus, sonst demselben sehr ähnlich. Alle,
die ich in Wat-Saket gesehen, schienen derselben Art anzugehören.
Sein siamesischer Name ist ren.
Schwärme graublauer Tauben, unsern zahmen sehr ähnlich,
Columba intermedia Strickl., beleben die grosse in einen Buddha-
tempel umgewandelte Höhle bei Petshaburi.
Die wilden Hühner bilden bekanntlich einen bezeichnenden
Zug der indischen Länder, aber da sie mehr in Wäldern, als in
bewohnten Gegenden leben, hat der Reisende weniger Gelegenheit
[217]Siamesische Vögel. Elephant.
sie zu sehen. Dem englischen Consul, Sir Robert Schomburgk, war
eine neue Art derselben gebracht worden, aber zur Zeit unserer
Anwesenheit nur erst das Weibchen; dieselbe ist unterdessen als
Diardigallus Crawfurdii Gray beschrieben worden, eine Verwandte
des 40 Jahre früher vom französischen Reisenden Diard in Cochin-
china entdeckten Gallus Diardi.6) In Käfigen bei den Eingeborenen
sah ich öfters den javanischen beo, Gracula religiosa L., Turtel-
tauben, Columba tigrina Tem. und striata L. und den weissgetüp-
felten Bengali, Estrelda amandava L. Letzterer ist wahrscheinlich
der von Pallegoix Colibri genannte Vogel, der in Siam hochgeschätzt
und ein Ausfuhrartikel sei. Nach demselben gehen auch die schönen
blauen Bälge der Eisvögel, siamesisch pik nok katen, als Handels-
artikel nach China zu Kleiderverzierungen, das Hundert zu drei-
bis fünfhundert Francs; hiezu fange man die Vögel, indem man
einen lebenden am Ufer in einem Käfig aufstelle, auf dessen Stimme
andere eifersüchtig herbeieilen und mit den bereit gehaltenen Netzen
berückt werden. Pfauen und Papageien (Palaeornis) sollen im
Innern des Landes leben; wir sahen keine derselben. Die Menge
der Webervögel bei der alten Hauptstadt Ayutia wird schon von
ältern Besuchern erwähnt.7)
6. Wilde Säugethiere.
Unter den vierfüssigen Thieren spielt selbstverständlich der
Elephant, siamesisch tshang, die Hauptrolle. Im Innern soll er
noch häufig sein; in Bangkok besitzt meines Wissens nur der König
Elephanten, wir sahen deren mehrere in den königlichen Ställen,
sie wurden regelmässig des Abends an den Fluss in die Schwemme
geritten. Nur wenige hatten grosse Zähne. Da hier noch aller
Verkehr zu Wasser geschieht, so haben sie wenig zu thun und
scheinen mehr nur der Pracht wegen gehalten zu werden. Weiter
aufwärts, im unebenen Land, sind sie das hauptsächlichste Trans-
portmittel für Reisende und Lasten. Der sogenannte weisse Elephant,
in einer eigenen Abtheilung des königlichen Palastes gehalten, war
ein junges Thier von merklich hellerer Farbe als die andern, aber
immer noch mittelgrau. (Vgl. Reisebericht IV., S. 275.) Zu seiner
Unterhaltung sind ihm ein paar Meerkatzen beigegeben; im Allge-
meinen führt er aber ein einsames langweiliges Leben, und ist daher
auch oft verdriesslich gestimmt. Die Hauptmasse seiner Nahrung
besteht, wie bei den andern Elephanten, in Gras oder Heu; Gras
[218]Weisse siamesische Thiere.
für die königlichen Elephanten zu schneiden, ist ein wesentlicher
Theil des täglichen Hofdienstes, wozu öfters degradirte höhere
Beamte verurtheilt werden sollen.
Der Naturforscher der Crawfurd’schen Expedition nach Siam,
Dr. Finlayson, machte darauf aufmerksam, dass sich so vielerlei
weisse Thiere in Siam finden. Die ihm aufgestossenen Fälle
vertheilen sich aber, wie er theilweise selbst wusste, in zwei wesent-
lich von einander verschiedene Kategorieen:
- 1. Albino’s, d. h. abnorm farblose Individuen von Arten, die
sonst anders gefärbt sind, hieher der weisse Elephant, die
weissen Affen. Ein solcher Albinismus dürfte in Siam nicht
häufiger vorkommen als in Europa (weisse Hirsche, Mäuse,
Sperlinge, Amseln u. s. f.), aber die Siamesen legen einen
eingebildeten Werth darauf, daher werden solche Thiere,
wo sie sich finden, gefangen und dem Könige gebracht. - 2. Normal weissgefärbte Arten aus Gattungen, deren übrige
Arten nicht weiss sind: hieher das weisse Eichhorn, Sciurus
Finlaysoni Horsf., der weisse Delphin des südchinesischen
Meers, Delphinus Sinensis Fr. Cuv., pla mu thale, Meerschwein-
fisch, den ich auch wie Osbeck und Finlayson mehrmals in
diesen Meeren gesehen, ohne ihn zu genauerer Charakteri-
sirung nahe genug zu bekommen, und die weisse schwarz-
flüglige Taube der siamesischen Küsteninseln, Columba
(Myristicivora) bicolor Scopoli = alba Gmel. = litoralis
Tem. Unter den Walthieren ist die weisse Farbe selten
und findet sich sonst nur bei den hochnordischen Arten,
der Beluga, Delphinapterus leucas Pall., und gewissermaassen
auch bei dem Narwal, wieder. Unter den Seevögeln ist
die weiss- und schwarze Färbung durch alle Zonen häufig
(Möven, Albatros und einige Sturmvögel, Phaëthon), und jene
Küstentaube kann daher in Färbung wie Lebensart als Stell-
vertreterin der im indischen Archipel selteneren Möven gelten.
In diese Kategorie der weissen Thiere gehört gewissermaassen
auch der halb weiss, halb schwarz gefärbte Tapir, Tapirus Indicus
Desm., der sowohl auf der Halbinsel Malakka als an der chinesischen
Gränze lebt, und von früheren Schriftstellern zuweilen ungenau als
Flusspferd (Hippopotamus) aufgeführt wurde.
Ein Rhinoceros, ret, kommt im Innern vor, seine Haut,
in kleine Stücke zerschnitten und stark gekocht, wird gegessen
[219]Hufthiere und Raubthiere in Siam.
(Pallegoix), die Hörner sind Ausfuhrartikel. Crawfurd nennt es
ausdrücklich das einhörnige (Rh. unicornis L. = Indicus Cuv.); nach
einer Notiz in den Proceedings of the zoological society 1862 pag. 1
scheint aber auch das zweihörnige sumatranische Rhinoceros an der
Westgränze von Siam vorzukommen.
Schweine, mu pa, sind häufig, doch kleiner als die euro-
päischen, wahrscheinlich zur chinesischen Art gehörig, ungefährlich
und wenig beachtet, doch den Pflanzungen schädlich. Hirsche,
kuang, scheinen im Innern des Landes nicht selten zu sein und
werden nach Pallegoix zur Zeit der Ueberschwemmungen in Menge
mit leichter Mühe gefangen. Die eigenthümlichste Art derselben ist
Cervus frontalis M’Clelland (Gattung Panolia von Gray), dessen
Geweih, durch die starke Biegung der Hauptstange nach hinten
und die grosse Augensprosse mit mehreren Zinken ausgezeichnet,
ich in Bangkok erhalten habe. Ein lebendes Thier, in Ermanglung
des Geweihes nicht sicher zu bestimmen, doch vielleicht zu dieser
Art gehörig, sah ich ebenfalls in Bangkok: es hatte die Grösse
unseres europäischen Edelhirsches und war oben braungrau, unten
weisslich; ein Längsstreif, wenig dunkler als die übrige Färbung,
erstreckte sich vom Hinterkopf bis zur Schwanzwurzel; der Schwanz
war ganz kurz, oben mit dem Rücken gleichfarbig, unten weiss.
Ein wildes Rind, von den älteren Schriftstellern, z. B. Kämpfer
und Tachard Büffel genannt, wird in fast jeder Beschreibung des
Landes angeführt.
Unter den Raubthieren steht auch hier der Tiger, siamesisch
sira, vorne an; er soll nach Finlayson kleiner als der bengalische,
und nicht selten ganz schwarz sein. An ihn reiht sich der Schild-
kröten- oder Wolkentiger, Felis macroceloides Hodys., und der
Panther, dieser als »gestirnter Tiger« wahrscheinlich nach seinem
einheimischen Namen von Pallegoix aufgeführt. Die Siamesen wissen
auch von wilden Hunden, ma pa, zu erzählen; sie sollen graben
wie Füchse, aber kein Europäer hat sie noch gesehen. Kleinere
einheimische Raubthiere sind die Zibetkatze, öfters des Zibets,
tschamot, wegen in den Häusern gehalten, und die ihr verwandten
Paradoxurus trivirgatus und Finlaysoni; endlich der malaiische Bär,
Ursus Malaianus, siamesisch mi, den Menschen nicht gefährlich,
aber um so mehr dem Honigvorrath der Bienen. Eine Fischotter,
Lutra leptonyx Horsf., siamesisch nak, sah ich selbst zu Bangkok;
ihr Pelz wird nach China ausgeführt.
[220]Nagethiere und Affen in Siam.
Hasen habe ich in Siam nicht gesehen, so wenig als Fin-
layson und Crawfurd; aber frühere Reisende, wie Tachard, erwäh-
nen ihrer und Pallegoix erzählt, sie seien häufig, namentlich in der
Umgebung der alten Hauptstadt Ayutia, doch sollen die Siamesen
die Jagd derselben nicht der Mühe werth halten und nur viele
Fabeln über die Schlauheit dieser Thiere erzählen; ein in Bangkok
gekauftes siamesisches Vocabular gibt einen einheimischen Namen,
katai, für den Hasen an. Da der indische Archipel ursprünglich
keine Hasen besitzt (vgl. unten), wohl aber Vorderindien, so scheint
das eine weitere Thiergattung, deren Verbreitung das kontinentale
Asien gegenüber der Inselwelt charakterisirt.
Zahlreicher sind die Eichhörnchen, rothbraune, Sciurus
Siamensis Gray, schwarz- und weisse, Sc. bicolor Sparrm. und
dreifarbige, oben schwarz, unten roth, mit einem weissen Seiten-
streifen, Sc. Prevosti Desm.; seltener das weisse, Sc. Finlaysoni
Horsf. Pallegoix gibt an, dass man das letztere nie auf Cocos-
palmen, wie die andern, sondern nur in den menschlichen Woh-
nungen als Dieb finde; sollte daraus sich vielleicht seine auffallende
Färbung erklären lassen? Auch grosse fliegende Eichhörnchen, Pte-
romys petaurista Pall., kennt man aus Siam.
Unter den übrigen Nagthieren sind neben den zahlreichen
Ratten, nu in der Landessprache, noch zu erwähnen die Gattung
Rhizomys, ein bissiges Thier von über 6 Zoll Länge, das den Reis-
vorräthen gefährlich wird, thur nach Finlayson hier genannt, und
zweierlei Stachelschweine, tua men, das kurzschwänzige, Hys-
trix cristata, und das langschwänzige, Atherura fasciculata.
Das Schuppenthier, Manis brachyura, ist schon den
älteren Reisenden (Tachard 1689) aufgefallen; seine Haut, klet lin,
ist ein Handelsartikel für die Apotheken bis Singapore und China.
Unter den Affen, ling, scheint auch hier wie im indischen
Archipel der gemeine Makako, Macacus cynamolgos, der häufigste
zu sein; die Affen, welche ich im Stalle des weissen Elephanten
gesehen, gehörten dieser Art an. Seltener sind die Schlankaffen,
Semnopithecus obscurus Reid und S. Siamensis Wagn. Der inter-
essanteste und niedlichste ist ein langarmiger Affe, Hylobates pileatus
Gray, nur durch die tief schwarze Färbung des Oberkopfes vom alt-
bekannten Hylobates lar L. unterschieden, Stirne und ein Ring um
das Gesicht weiss, die Hände weisslich. Zwei dieser langarmigen
Affen erhielt der preussische Gesandte zum Geschenke, und sie
[221]Siamesische Hausthiere.
wurden bald die Lieblinge der ganzen Gesellschaft durch ihr sanftes
einschmeichelndes Betragen. Wir hatten sie auf der Veranda un-
serer Wohnung angebunden; die Nacht brachten sie auf den Dach-
balken zu. Sie belustigten uns durch ihre gewandten Turnkünste,
indem sie die Füsse frei herabhängen lassend, nur mit den langen
Armen abwechselnd ausgreifend und festhaltend, überraschend
schnell an einem Balken oder Stricke sich vorwärts bewegten. So-
bald Früchte auf unsern Tisch kamen und wir nicht sogleich an
ihn dachten, wusste der eine von ihnen durch das jämmerlichste
Kindergeschrei und verzweiflungsvolles Herumwälzen auf dem Boden
unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der andere hatte ganz
besonders die Haare des Vorderkopfs kurz aufgerichtet, wie die
siamesischen Männer sie zu tragen pflegen und es war ein Gegen-
stand der Controverse, ob er von seinem früheren Herrn so frisirt
geworden, oder ob das siamesische Volk seine Frisur von der natür-
lichen des Affen entlehnt.8)
7. Hausthiere, einheimische Thiernamen und Thierbilder.
Ueber die zahmen Thiere ist wenig zu sagen; das werth-
vollste und eigenthümlichste ist der Elephant, aber insofern kein
Hausthier, als er sich nicht als solches fortpflanzt, sondern stets
wieder neue aus der Wildniss eingefangen werden müssen. Das
Schwein, mŭ, ist das bekannte siamesische oder chinesische mit
hängendem Bauch und rundem Rücken, wahrscheinlich dieselbe Art
mit dem hier wild vorkommenden. Das Pferd, ma, spielt, wie in
Indien eine geringe Rolle, und ist nur Luxusthier der Reichsten.
Der gemeine Mann geht zu Fuss, Nachen vertreten im Flachland
die Wagen, im Binnenland der Rücken des Elephanten, Ochsen,
ngua, oder Büffels, kuai. Letztere Beide dienen auch zum Ackerbau,
nicht aber als Schlachtvieh, denn die Siamesen sind kein fleisch-
essendes Volk. Ebensowenig zahlreich sind Ziegen, phe, und
Schafe, ke, deren ich einige wenige zu Bangkok sah. Die Hunde,
auch ma, aber mit etwas anderem Ton gesprochen, sind wie in ganz
Ostasien fast herrenlos und auf sich selbst angewiesen, mehr an
Strassen und andere Oertlichkeiten (vgl. oben S. 216) als an die
Menschen anhänglich.
Hühner, ke, Gänse, han, und Enten, pet, werden häufig
gehalten. Ueber einen Hahnenkampf siehe den erzählenden Reise-
bericht, Bd. IV., S. 297.
[222]Siamesische und chinesische Thiernamen.
Eine grosse Uebereinstimmung des Siamesischen mit dem
Chinesischen fällt besonders bei den Namen der Hausthiere auf,
doch ist dabei zu bedenken, dass es meist Nachahmungen des eigen-
thümlichen Lautes der Thiere selbst sind. So
- Rind siamesisch ngua, chinesisch niu, in Kanton ngau,
- Katze » meo, » mau,
- Hahn » ki, » ki,
- Gans » han, » ngan, im Kantondialekt
wilde Gans, japanisch
gan, - Ente » pe, » im Kantondialekt ap,
aber auch
- Pferd siamesisch ma, chinesisch ma,
- Elephant » tshang, » siang oder tsiang.
Diese Uebereinstimmung kann freilich so erklärt werden, dass das
Pferd erst durch die Chinesen in Hinterindien, der Elephant durch
Hinterindien den Chinesen bekannt geworden und die betreffenden
Namen daher in dem einen und andern Lande entlehnte Worte
sind. Aber eine ähnliche Uebereinstimmung finden wir auch bei
einzelnen Namen wilder Thiere, z. B.
- Garnele siamesisch kong, chinesisch ha,
- Vogel » nok, » niau, im Kantondialekt
niu, - Kröte » kang kok » tschen,
- Schildkröte » tao, » (Schildpatt) tai,
- Schlange » nu od. ngu, » nan.
Mehrere dieser Fälle lassen sich auch dadurch erklären, dass das
eine Volk die erste Kenntniss des betreffenden Thiers dem andern
verdankt und damit auch seinen Namen aufnahm. Die meisten der
siamesischen Thiernamen sind aber, obgleich die Sprache auch
wesentlich monosyllabisch, ganz abweichend von dem chinesischen
z. B. pla Fisch, chinesich yü, und ebenso fremd dem malaiischen
(ikan). Dagegen scheint die Sprache von Cambodja mit der siame-
sischen verwandt zu sein, nach einigen Thiernamen, die ich aus
Mouhot’s Reisebeschreibung notirt:
- Rind in Siam ngua, in Cambodja ku,
- Schaf » » ke, » » chiem,
- Geier » » reng, » » rat,
- Adler » » insi, » » antri,
[223]Rohe Thierdarstellungen.
- Frosch in Siam kop, in Cambodja ong-kep,
- Grille » » tshangrit » » tshangret.
Das siamesische Volk nennt sich selbst das Volk der Freien,
aber ich habe nirgends anders einen so entschiedenen Despotismus ge-
sehen wie hier und damit ein solches Darniederliegen des Kunstfleisses;
wer etwas kann, muss für den König arbeiten, gegen willkürliche
und geringe Vergütung; so fehlt jeder Sporn zum Fortschritte und
die einzige Kunstübung besteht in einem barbarischen, von ferne glän-
zenden Luxus der königlichen Bauten. Die einzigen Thierdarstel-
lungen, die ich in ganz Bangkok zu kaufen fand, waren elende
Thonfiguren, mit unnatürlichen Farben überstrichen, von Elephanten,
Hühnern, Mäusen u. dgl., so plump, steif und grob gearbeitet, wie
nur das geringste Kinderspielzeug bei uns, ohne alle Spur der liebe-
vollen Naturauffassung, die in den japanischen Thierfiguren erfreut.
[[224]]
15*
[[228]]
XI.
SINGAPORE.
30. JULI BIS 12. AUGUST 1860.
15. SEPTEMBER BIS 5. NOVEMBER 1861.
17. FEBRUAR BIS 15. MÄRZ 1862.
Diese Insel, ein unbedeutendes Anhängsel des unbedeutenden Ma-
laienstaates Djohore, bis 1818 die Engländer hier eine Niederlassung
gründeten, ist seitdem der Knotenpunkt des europäischen Verkehrs
mit Ostasien geworden; hier trafen die auf dem Seeweg und die
über Land (d. h. über die Landenge von Suez) gekommenen Glieder
der Expedition zusammen, von hier aus und hierher zurück gingen
die Fahrten nach Japan und China, nach Siam und in den indischen
Archipel. Der erste kürzere Aufenthalt diente mir zur allgemeinen
Orientirung, den zweiten benützte ich hauptsächlich zum Sammeln
von Meerthieren, namentlich an den Korallenbänken, unter thätiger
Beihülfe des verstorbenen Stabsarztes Dr. Johswich, wobei mir der
Aufenthalt der Fregatte Thetis theils in Newharbour, dem für die
Postdampfer neu eingerichteten Hafen, theils bei den nächstgelegenen
kleinen Eilanden selbst behufs Schiessübungen trefflich zu Statten kam.
Das drittemal bezog ich mit dem leider auch verstorbenen Botaniker
der Expedition, Otto Schottmüller, auf freundliche Einladung
des englischen Polizei-Inspektors Pennyfather ein einzelnes Haus,
nahezu in der Mitte der Insel, zunächst dem Bukit-tima (Zinnhügel)
gelegen und machte von da aus Landexcursionen, einmal bis auf
das Festland von Djohore hinüber.1)
1. Landthiere.
Der vorherrschende Boden ist ein rother Lehm, in der Stadt
selbst viel Staub gebend, so dass nach jedem Gange die weissen
Strümpfe des Europäers mehr oder weniger roth gefärbt erscheinen.
[229]Tiger in Singapore.
Der höchste Hügel in der Mitte der Insel, der eben erwähnte Bukit-
tima (530 engl. Fuss) besteht, wenn ich mich recht erinnere, aus
Granit, andere niedrigere aus Sandstein. Ursprüngliche Wälder,
voll Schlingpflanzen und Orchideen, nehmen noch einen bedeutenden
Theil des Areals ein, werden aber mit jedem Jahr mehr beschränkt
durch den sich ausdehnenden Anbau des Gambir und des Pfeffers.
Gerade diese Zunahme der Kultur hat hier eine sonderbare Folge
gehabt, nämlich die Zunahme der Häufigkeit des Tigers. Früher,
als Singapore nur wenige Einwohner zählte und diese alle dicht
beieinander wohnten, war der Tiger eine Seltenheit auf der Insel,
man sagt, es seien gar keine dagewesen; aber seitdem in neuerer
Zeit die Zerstreuung der Arbeiter in den genannten Pflanzungen und
das frei umherlaufende Vieh der kleineren Niederlassungen ihm
bequeme Beute bieten, ist sein Erscheinen auch häufig geworden.
Man behauptete zu unserer Zeit, dass auf der Insel (von etwa vier-
zehn Quadratmeilen mit rund 100,000 Einwohnern) täglich ein Mensch
von einem Tiger gefressen werde; jedenfalls ist in der Stadt selbst
die Nachricht, es sei ein Chinese in der Nachbarschaft auf diese
Art umgekommen oder es sei ein Tiger gefangen worden, durchaus
nichts Ungewöhnliches. Gleich in den ersten Tagen unseres Aufent-
halts sah ich ein lebendig gefangenes prachtvolles Exemplar und
hörte, dass ein Tiger den Abend zuvor in der Vorstadt einen Wagen
angefallen und einen Chinesen von da weggenommen habe; später
sah ich beim preussischen Consul einen allerliebsten jungen Tiger
von der Grösse eines mittleren Hundes, wie die alten gezeichnet,
zahm und spielerisch wie eine junge Katze. Während unseres
Aufenthaltes auf Bukit-tima aber fanden wir eines Morgens die
frischen Spuren, Tatzen von 20 Centim. Breite, auf unserm Wege und
hörten dann, dass ein Tiger des Abends in der Nachbarschaft eine
Kuh zerrissen. Doch wusste man keinen Fall zu erzählen, dass ein
Europäer von einem Tiger getödtet worden sei, diese kommen
freilich auch wenig aus der Stadt und dann meist in Gesellschaft.
Von dem genannten Herrn Pennyfather und einem früheren
Polizei-Inspektor, Herrn Franke, erhielt ich glaubwürdige Nach-
richten über dieses Thier; zu ihren Obliegenheiten gehörte auch die
Todtenschau und da ihre Distrikte ausserhalb der Stadt gelegen,
so hatten sie viele vom Tiger getödtete Menschen gesehen. Ihren
übereinstimmenden Erfahrungen nach ist es allgemeine Regel, dass
der Tiger seinem Opfer, meist einem in den genannten Pflan-
[230]Tiger in Singapore.
zungen beschäftigten allein befindlichen Arbeiter, von dessen Rück-
seite naht, namentlich wenn der Mensch stille sitzt, und ihn mit
einem Schlage der Tatze auf den Nacken tödtet; die Köpfe solcher
Leichen sollen so schlaff und haltlos herabhängen, als ob kein
Knochen im Hals ganz wäre (Verrenkung der obern Halswirbel?
und dadurch plötzlicher Tod); oft konnte man konstatiren, dass
der Mensch auf der Stelle todt gewesen. Nach geschehener That
pflegt der Tiger, wenn er nicht gestört wird, die Leiche eine Strecke
weit fortzuschleppen, frisst dann davon, entfernt sich darauf und
kehrt in der Regel innerhalb 24 Stunden, wenn er unterdessen keine
neue Beute gemacht, wieder zu der früheren zurück. Hierauf baut
der Mensch die Vergeltung: Die Leiche wird an demselben Ort
gelassen, wo sie gefunden wurde, auf dem nächsten hohen Baum
ein Sitz eingerichtet und von einem Schützen eingenommen, um das
zurückkehrende Raubthier zu erschiessen. Diese Methode versagt
fast nie. Eine andere Art, sich des Tigers zu bemächtigen, sind
die Tigergruben, bis 20 Fuss tief und 8 Fuss breit, mit Baumzweigen
und Laub lose zugedeckt, welche man da anlegt, wo man das Pas-
siren des Tigers vermuthet. Tritt dieser darauf, so stürzt er mit
der Decke hinab und ist gefangen, denn die senkrechten Wände
und die Weite der Grube verbieten das Hinaufklettern, die Tiefe
das Hinausspringen. Bemerkt man den Tiger in der Grube, so
sucht man zunächst eine seiner Tatzen nach der andern in hinab-
gelassenen Schlingen aus Rotang (Spanischrohr) zu fesseln, worauf
man ihn lebendig heraufzieht, um ihn nach Belieben gleich zu
tödten oder lebend zu erhalten. Trotzdem nun beide Methoden oft
mit Glück angewendet werden, erscheinen immer wieder Tiger auf
der Insel; man muss annehmen, dass sie vom festen Lande herüber-
schwimmen, was bei der Schmalheit des Meeresarmes keine Schwierig-
keit hat, aber was bewegt die dortigen Tiger so zahlreich dazu
herüberzustreben? ich weiss darauf keine andere Antwort, als dass
sie, wie Raubthiere überhaupt, ein umherstreichendes Leben führen,
also gewissermaassen zufällig herüberkommen, aber wenn einmal da,
der guten Beute wegen bleiben, bis sie getödtet werden.
Auch einen lebenden Schabracken-Tapir, Tapir Indicus
Desm. = Malayanus Raffl., bekamen wir auf Singapore zu sehen,
und er wurde von einem Mitgliede der Expedition für einen der
zoologischen Gärten in Europa angekauft; er war aber nicht auf der
Insel selbst, sondern drüben auf dem Festlande von Djohore gefangen.
[231]Landthiere auf Singapore.
Vögel sah ich nur wenige zu Singapore: auf den Land-
strassen und bis in die Strassen der Stadt hinein den indischen
Sperling mit graurothbraunem Scheitel, mit dem deutschen Feld-
sperling (Passer montanus L. sp.) übereinstimmend und einen be-
deutend kleineren dunkelbraun gefärbten Dickschnabel (wahrschein-
lich Munia Malacca L. sp.); am Bukit-tima beobachtete ich im März
die hübsche Nectarinia pectoralis Horsf. mit stahlblauer Kehle; auf
den kleinen Eilanden an der Südwestseite der Insel begegneten mir im
September ein kleiner Sperber, Astur virgatus, ein grösserer, oben hell-
blauer, unten weisser Eisvogel (Halcyon chloris Gray), die kleine
schwärzliche Nectarinia lepida, ein Pycnonotus und ein Strandläufer,
welcher nicht vom europäischen Totanus glareola verschieden ist.
Von Reptilien fand ich während unseres ersten Aufenthalts
kleine Kröten, junge Bufo melanostictus, nach Regen häufig selbst
in der Stadt, in den Häusern kleine Gecko’s (Hemidactylus frenatus)
und an den Lehmwänden kleiner Wassergräben eine bronzefarbene
Eidechse mit orangerothen Seitenstreifen (Euprepes carinatus Schneid.
sp.). Unter den Schlangen erwähne ich Typhlina lineata Reinw.
(Pilidion D. B.).
Unter den Insekten machten sich besonders auffällig die
Baumcicaden durch ihren lauten Gesang und einige Ritterschmetter-
linge durch Grösse und Farbenpracht. Kleine Muskito’s sind in
den Häusern häufig. Grosse schwarze Skorpione im Freien auch
nicht selten, doch hörte ich nie, dass ein Mensch durch sie ver-
letzt worden. Von Landschnecken ist für die Insel charakteristisch
Nanina striata Gray (Helix naninoides Bens.), häufig an den rasigen
Abhängen des Governors-hill nach einem Regen umherkriechend;
ferner fand ich in der Umgegend der Stadt noch Helix similaris
und Stenogyra gracilis; in den feuchten Waldungen von Bukit-tima
kamen hinzu zwei grosse Naninen, Humphreysiana und Macken-
siana, ein schwarzer Helicarion, Trochomorpha lychnia, Cyclophorus
Borneensis und ein kleiner Cyclotus. Endlich ist von niederen
Thieren zu erwähnen eine Landplanarie, wurmförmig lang, aber platt,
schwefelgelb mit drei schwarzen Längsbinden, welche mir in dem
feuchten Buschwerk von Bukit-tima vorgekommen.
2. Süsswasserthiere.
Neben dem Singapore-river selbst münden in der Nähe der
Stadt mehrere kleine Bäche ins Meer; verfolgt man dieselben land-
[232]Süsswasserthiere auf Singapore.
einwärts, so findet man dieselben bald sehr seicht und schlammig,
stellenweise wieder tiefer, immer nur langsam fliessend, zuweilen
mit stehenden Wassergräben in Verbindung, stellenweise reich
an Wasserpflanzen: von solchen fielen mir hauptsächlich auf in
fliessendem Wasser eine Spirogyra (nitida Dillw.) und Hydrilla verti-
cillata, an ruhigeren Stellen häufig eine Utricularia, in kleinen Lachen
Pistia. Zwischen diesen Pflanzen fanden sich, meist gesellig, zwei
Fischchen, der scharfgezähnte, durch einen Silberfleck auf dem
Nacken schon auf Entfernung erkennbare Panchax Buchanani Cantor
(Haplochilus panchax M. Clell.) und ein seitlich zusammengedrückter
ächter Cyprinoid, Barbus maculatus K. Hass., mit grossen stahlblauen
Flecken an der Seite, die unpaaren Flossen lebhaft roth gefärbt, der
erstere an ganz seichten lehmigen Stellen, der zweite in tieferen reineren
Gräben, stellenweise in fliessendem Wasser, auch beide zusammen und
mit ihnen eine kleine Süsswasserkrabbe (Sesarma), welche zahlreiche
schiefe cylindrische Löcher in die Lehmwand des Ufers macht;
zwischen den Spirogyren zuweilen auch ein kleiner langschwänziger
Krebs (Palaemon). Auf der Oberfläche viele Wasserläufer, sowohl
eine grössere Gerris Latr. (Hydrometra Burm.), als auch ein klei-
nerer langköpfiger Limnobates, Burm., beide wie die europäischen
Arten stossweise über die Wasserfläche hinlaufend und beim Stehen
mit den vier grösseren Füssen kleine Eindrücke auf derselben her-
vorbringend. Eine platte kurze Libellenlarve lebt in denselben
Gräben, und zu ihr gehört wohl die Libelle mit schlankem blut-
rothen Leib und ebenso gefärbten Flügeln, welche den Bach um-
flattert. Die Larve sowohl als das ausgebildete Insekt war im
August wie im September und Oktober nicht selten. In anderen
Bächen fand sich eine Kugelassel, Sphaeroma, und an den Süss-
wasseralgen entdeckte der Botaniker der Expedition, M. Wichura,
auch die kleinen aus linsenförmigen Körperchen zusammengesetzten
Röhren eines Räderthiers, Melicerta, mehr cylindrisch und mehr
grade als die der europäischen M. ringens.
3. Brackwasserthiere.
Unmittelbar bei der Stadt, westlich vom Governors-hill,
zieht sich schwarzer Morastboden längs des Flusses hin, der von
der Fluth noch erreicht wird, aber der Nähe der Stadt wegen nicht
gut zugänglich ist; ich sah nur Krabben darin sich bewegen, aber
fand einmal auf dem Fischmarkte der Stadt, noch von demselben
[233]Brackwasserthiere auf Singapore.
schwarzen Schlamm bedeckt, zweierlei Muscheln feilgeboten, Modiola
arcuatula Hanl., und Solen (Pharella) Javanicus Lam., von denen
man wohl annehmen darf, dass sie in jenem Moraste leben. In den
grösseren Gräben, welche von ihm durch die Stadt zum Meer gehen
und denselben Grund zeigen, sieht man eine abgestutzte braungraue
Schnecke, Cerithium obtusum Sow., und in anderen reineren, doch
auch salzhaltigen, die kleinere spitzige Melania tuberculata Müll. sp.
Oestlich von der Stadt, unweit der neuen englischen Kirche und
durch einen grossen weithin sichtbaren Feigenbaum mit wurzeltrei-
benden Zweigen bezeichnet, befindet sich die schlammige Mündung
eines Baches. Hier fand ich am ersten Nachmittag meiner Anwesen-
heit in Singapore ein 66 Millimeter grosses braungraues Onchidium,
und an den untersten Steinen der einschliessenden Mauer, im
Schlammgrunde zahlreiche Löcher, aus denen lächerliche Winkkrabben,
Gelasimus, die eine grosse halb rothe, halb weisse Scheere hervor-
sehen liessen, in einem der Löcher auch eine Wasserschlange,
Homalopsis (Cerberus) boaeformis Schneid., in der aschgrauen Farbe
des Rückens und gelblich weissen, schwarzfleckigen des Bauches
an die deutsche Ringelnatter erinnernd; endlich auf der Schlamm-
fläche selbst gesellig scharlachrothe kleine Schnecken, Assiminea
miniata.2) Verfolgt man den Küstensaum von der Stadt aus noch
weiter nach Osten, so kommt man an die durch den Kelangfluss
gebildete Einbuchtung, welche durch eine Landzunge reinen weissen
Sandes vom Meere abgetrennt wird und deren blindes Ende von
dunkelm, aus Schlamm und Sand gemischten Boden gebildet wird,
bepflanzt mit Cocospalmen und vielfach durchschnitten von künst-
lichen Gräben, welche alle in offener Verbindung mit der Einbuch-
tung stehen und daher bei Ebbe beinahe ohne Wasser sind, während
der Fluth aber sich füllen. Hier findet sich noch auf dem Trocknen,
neben schwer zu haschenden Eidechsen (Euprepes), auch eine mittel-
grosse Landkrabbe mit orangegelben Fussgliedern, wahrscheinlich
Sesarma Dussumieri M. E.; am Rande der Gräben dicht unter
dem Rasen sitzt in Menge eine Schnecke, die ihrer Verwandtschaft
nach zu den Meerconchylien gehört, Cerithium (Potamides) obtusum,
und etwas tiefer im Grunde der Gräben, aber doch bei Ebbe an
der Luft, kriechen einige Ohrschnecken umher: Auricula Judae,
Cassidula mustelina und multiplicata, Scarabus trigonus und Me-
lampus Singaporensis, die beiden letzteren durchschnittlich etwas
tiefer. Nie im Trockenen sah ich und mein Begleiter auf dieser
[234]Brackwasserthiere auf Singapore.
Exkursion, Stabsarzt Johswich, dagegen die dunkle Neritina crepi-
dularia, oft an im Wasser faulenden Palmblättern sitzend; roth-
mündige und schwarzmündige Exemplare fanden sich nicht weit
von einander, ohne anderweitige Unterschiede weder in den Weich-
theilen und Schalen selbst, noch im Aufenthalt. Die Ränder der
Gräben sind durchlöchert von zahlreichen ungleichscheerigen Krabben
(Gelasimus brevipes M. E.). Das ist die Bevölkerung der auslaufenden
höheren Enden der Gräben; wo sie tiefer und breiter werden und
stets mit Wasser reichlich versehen bleiben, findet sich schwimmend
ein kleiner langschwänziger Krebs und am Grunde eine grosse
schwere Schnecke, Cerithium telescopium L. sp. Zunächst der Ein-
mündung der Gräben in die Meeresbucht ist der weiche Boden ab-
wechselnd ein klein wenig vom Wasser bedeckt und von den sprin-
genden Fischen, Periophthalmus, belebt, der festere reinere Sand-
boden mit etwas mehr Wasser dagegen von Einsiedlerkrebsen
(Coenobita), welche verschiedene marine Conchylienschalen mit sich
herumschleppen.
Auch die kleinen Eilande gegenüber New-harbour, südlich
von der Stadt Singapore, bieten einzelne kahle Schlammflächen, bei
Ebbe von einer kleinen Süsswasserrinne durchzogen, bei Fluth von
Meerwasser bedeckt, worauf die charakteristischen Brackwasser-
schnecken Assiminea, Cassidula, Melampus und Cerithium sulcatum
mit lebenden Meerschnecken aus den Gattungen Murex und Nerita
zusammentreffen. Hier kommen übrigens noch Dickichte von Mangle
(mangrove der Engländer, Rhizophora der Botaniker) vor, auf deren
Blätter oft mehrere Fuss über Wasser die dünnschalige und etwas
buntgezeichnete Litorina scabra lebt, eine Laubschnecke unter den
Meerconchylien.
4. Meerthiere.
Armuth an Seevögeln ist schon Dr. Finlayson, dem Arzt
und Naturforscher der englischen Gesandtschaft nach Siam im Jahr
1822, hier aufgefallen, und auch ich bekam auf meinen Exkursionen
und Bootsfahrten neben dem schon erwähnten Strandläufer keinen
andern Seevogel zu sehen, als den zimmtbraunen weissköpfigen See-
habicht, Haliastur Indus, welcher zahlreich auf der Rhede ist und
hier die Rolle der Möven spielt, die Schiffe umfliegt, deren Abfälle
oder auch Fische aus dem Meere sich heraufholt und öfters auf
[235]Fischmarkt.
den die Fischreusen stützenden Pfählen gesehen wird, nach Fischen
umherspähend, wie die Fischer selbst.
Ueber die Fische einer Gegend erhält man am leichtesten
und schnellsten eine Uebersicht durch den Besuch der Fisch-
märkte. Singapore bot mir deren drei, zwei am Meere selbst in
den beiden chinesischen Vierteln östlich und westlich von der euro-
päischen Stadt, den dritten zunächst der letzteren, am Flusse,
gegenüber dem Ice-house, alle drei verbunden mit Märkten für
Vegetabilien. Der hier feilgebotenen Fische sind vielerlei, man kann
keine Familie oder Ordnung als besonders vorherrschend nennen;
im Allgemeinen mehr Stachelflosser, als Weichflosser. Am zahl-
reichsten und regelmässig wiederkehrend sah ich im Monat Oktober
von barschähnlichen Fischen den gelbliniirten und gelbschwänzigen
Mesoprion chrysotaenia Bleek., von Lederfischen, einer Europa ganz
fremden Familie, die orangegelbe, schief himmelblau gebänderte
Teuthis virgata, von Scomberoiden grosse Makrelen oder Thun-
fische und kleinere Caranx. Von Weichflossen waren Chirocentrus
und Clupea, sowie Belone und Hemirhamphus sehr häufig. Gobius
und Mugil, auf den Fischmärkten des Mittelmeers so zahlreich, sah
ich hier fast bei jedem Besuch in mehreren Arten, doch geringerer
Individuenzahl; dasselbe gilt von den auf den nordeuropäischen
Märkten so überwiegenden Pleuronectiden, worunter namentlich
Verwandte unserer Zungen (Synaptura) und Butten (Pardachirus,
Psettodes, Pseudorhombus) mir vorkamen. Auch aalartige Fische
waren zahlreich; die Chaetodonten dagegen weniger, als von einer
Tropengegend zu erwarten, vermuthlich weil sie, wenn auch im
Meere zahlreich, doch wegen geringerer Grösse im Allgemeinen als
Speise wenig gesucht sind; nur die Gattung Chelmo fand ich öfters.
Ebenso waren die ächt tropischen Familien von Balistes und Te-
trodon nur schwach vertreten, wahrscheinlich weil viele Arten der-
selben für giftig gelten. Von Plagiostomen fanden sich fast immer
einzelne kleine Haifische (Scyllium, Chiloscyllium) und mehrere Rochen
(Temera, Trygon, Myliobatis) vor. Unter den Crustaceen spielte die
Hauptrolle die grosse dunkelgrüne Lupa (Scylla) Tranquebarica
und der langarmige Palaemon carcinus; selten sah ich etwas anderes.
Schildkröten wurden zuweilen auf den Markt gebracht, sowohl
marine, Chelonia, als die weiche Schnappschidkröte, Trionyx, welche
nur in süssem Wasser, also wohl auf der Insel selbst lebt. Süss-
wasserfische sah ich dagegen hier nie auf dem Markte. Von Mol-
[236]Meerthiere des Sandgrundes auf Singapore.
lusken kommt neben den schon genannten Brackwassermuscheln
und einigen Cephalopoden namentlich Arca granosa L. auf den
Markt; die leeren Schalen derselben findet man häufig als Küchen-
abfall bei den Hütten der Eingeborenen und Chinesen, nicht nur
an der Küste, sondern auch weiter landeinwärts.
In den Tagen tiefster Ebbe fielen mir auf dem Markte meh-
rere Arten von Fischen [und] Crustaceen auf, welche ich vorher da-
selbst nicht gesehen, so Sygnathus biaculeatus, Hippocampus comes,
Matuta, Calappa, Lambrus und Squilla; diese mögen daher an etwas
tieferen, in dieser Zeit besser zugänglichen Stellen mit der Hand
gefangen werden. Der erstgenannte Sygnathus verräth durch seine
grasgrüne Farbe (mit rosenrothen Flecken an den Kanten), dass er
zwischen grünen Meerpflanzen lebt, und dieselben sind auch be-
kanntlich der Aufenthalt des wickelschwänzigen Seepferdchens;
Matuta aber lebt meines Wissens im Sande.
Um wirbellose Thiere zu finden, muss der Naturforscher
selbst an Ort und Stelle gehen. Am ärmsten ist im Allgemeinen
der Sandstrand; derselbe bot mir über Wasser nur zahlreiche
Flohkrebse (Talitrus) und unter dem Auswurfe des Meeres kleine
bunte Conchylien aus den Gattungen Rotella, Mitra u. a. Es ist
aber die einzige Bodenart, welche Meerphanerogamen liefert, die
grössere Strecken geschlossen überziehen, so beim Badeplatz an
der östlichen Gränze der Rhede der breitere säbelförmige Enhalus
acoroides und eine schmälere Zostera-ähnliche, beide gesellig unter-
einander. In der Nordsee pflegen die Zosteren von kleinen Schnecken,
Rissoa, bevölkert zu sein; diese fehlen aber dem indischen Ocean
und der Zoolog fand seine einzige Ausbeute an den Pfählen, die
hie und da zum Anbinden der Boote eingeschlagen waren; diese
trugen meist zahlreiche Meereicheln (Balanus) und nicht selten
kletterte auch eine schnellfüssige, braune, dunkler gefleckte Viereck-
krabbe daran umher, die, wenn ich sie nicht beim ersten Ueberfall
erhaschte, durch einen Sprung die weitere Verfolgung vereitelte,
ganz wie ich es früher in den Barene der venetianischen Lagunen
erfahren, und in der That war es auch eine dem venetianischen
Grapsus marmoratus nahe verwandte Art, Gr. (Metopsograpsus)
bidens.
Reicher ist die Fauna des steinigen Grundes. Der grösste
Theil des Strandes zu beiden Seiten der Stadt wird von Schlamm-
boden gebildet, welcher während der Ebbe in einem ziemlich breiten
[237]Meerthiere des Steingrundes.
Gürtel von Wasser entblösst wird, wobei einzelne Einsenkungen
ihr Wasser nicht ganz verlieren und einzelne Steinblöcke frei werden.
Auf dem kahlen Schlamme findet man fast nichts, höchstens einmal
eine kleine Nassa; doch verrathen einzelne runde Löcher die An-
wesenheit anderer lebender Wesen, die ich aber trotz raschen Nach-
grabens mit dem Wurzelstecher nicht zu erreichen vermochte. In
den kleinen Wasserläufen, welche auf dem Schlammboden sich er-
hielten, trieb sich zuweilen eine Schaufelkrabbe, Thalamita Prymno
Herbst, umher. Dagegen war ich sicher, lebende Thiere zu finden,
wo auch nur Ein Stein aus dem Schlamm sichtbar wurde; min-
destens sassen einzelne Meerschnecken daran aus den Gattungen
Nerita, Trochus (seltener), Ricinula, Columbella oder Planaxis; die
drei letzteren von aussen unscheinbar, matt, aber an der Mündung
lebhaft violett gefärbt. Oft auch fanden sich an solchen Steinen
kleine Tange und an diesen kleine Crustaceen, besonders Amphi-
poden. Unter den losen Steinen verstecken sich öfters kleine Fische;
ich sah einen armen Chinesen sich sein Mittagsbrod verschaffen,
indem er solche Steine vorsichtig lüftete und mittelst einer hölzernen
Schaufel rasch die darunter befindlichen Fische noch im Fliehen auf-
fing; es waren Gobius, Eleotris und ein kleiner Siluroid (Plotosus),
der seiner gespreizten Brustflossenstacheln wegen sehr vorsichtig
anzufassen ist.
Noch reicher zeigt sich die Thierwelt auf den kleinen Felsen-
inseln und vorliegenden Klippen nahe New-harbour bei einem Be-
suche zur Zeit der tiefsten Ebbe. Vor jedem Fusstritt stiebt eine
Anzahl raschfüssiger langschwänziger Asseln, Ligia, aus einander.
An den losen Steinen sitzt häufig eine Nacktschnecke, Onchidium,
und unter denselben kleine ziegelrothe gesellige Amphipoden; schwarze
Poduren gehen auf dem Trocknen am Rande des Wassers umher
oder schwimmen in Kreisen, wie unser Taumelkäfer, Gyrinus (so
auf der Signalinsel); zu den Neriten (hier N. albicilla, Rumphii und
lineata bei einander) und kleinen Trochus, in dieser Zeit ein wenig
über Wasser, haben sich ein grösserer Silbermund, Turbo concinnus
Phil., mit blaugrünem Deckel, und die Delfinschnecke, Delphinula atrata,
ferner Patellen und Siphonarien gesellt. Mehrerlei Krabben, worunter
der dunkelamaranthrothe Cancer Ocyroë Herbst und die kräftige
rothäugige Eriphia laevimana Latr., laufen über die Klippen weg.
In den Vertiefungen, die noch Wasser enthalten, streckt sich eine
schwärzliche Holothurie, von den mich begleitenden Matrosen erst
[238]Korallenbänke bei Singapore.
für eine Seeschlange gehalten; angefasst krümmt und verkürzt sie sich
heftig, und treibt dabei einen weissen klebrigen Schleim aus, der
rasch zu Fäden erstarrt, welche kaum mehr von der Hand abzubringen
sind. In engen Zwischenräumen zwischen den Steinen quartiert sich
ein kleiner Octopus ein und setzt an ähnlichen Stellen seine Eier-
büschel ab. An grösseren anstehenden Felsblöcken sitzt eine grössere
tiefgefurchte Meereichel, Conia, fest, oft eine auf der andern, lebende
auf todten angeheftet, und in der todten, leeren findet man öfters
noch kleine Schnecken, z. B. eine dunkelgrüne Bulla, versteckt.
Das Paradies der niederen Thiere bildet aber der Korallen-
grund. Zur Zeit des Voll- oder Neumondes, wo die Ebbe am
tiefsten, kann der Zoolog hier in wenig Stunden viel und vielerlei
finden, wenn er ein paar alte Schuhe daran setzt, um auf dem
rauhen Grunde, sei er noch ein wenig von Wasser bedeckt oder
nicht, ungescheut umherzugehen, und nicht vergisst einen Hammer
mitzunehmen, womit er die Verstecke der einzelnen Thiere er-
brechen kann. Nahe der südwestlichen Gränze der Rhede, an
der Ostseite der kleinen Inseln, die sich von New-harbour bis zum
Signaleiland erstrecken, finden sich grössere Korallenbänke, meist
scharf gegen den tieferen Meeresgrund abgeschnitten und zur Zeit der
tiefsten Ebbe in nicht unbedeutender Ausdehnung über Wasser
kommend. Die so zugänglich werdenden Stellen bestehen hauptsächlich
aus abgestorbenen, mehr oder weniger massigen Korallen, den
grossen Gattungen Astraea, Maeandrina und Polyphyllia angehörig,
seltener aus weniger massiven, verzweigten Korallen, welche aber
bis zur Unkenntlichkeit abgewaschen oder überwachsen sind. Le-
bende Korallen sah ich hier nicht viele, hie und da eine kleine
Fungia mit lang vorgestreckten bleistiftdicken, lebhaft grüngelben,
an der Spitze weissen Fühlern, oder eine lappig zertheilte Eusmilia
mit Fühlern von gleicher Länge und Färbung, oder auch eine
Astraea, deren lebender gelbgrüner Theil scharf von dem abgestor-
benen dunkelbraunen sich absetzte. Darauf nun sassen zahlreiche
weiche lebende Pflanzenthiere, so buschige blassrothe oder blassvio-
lette Nephthyen mit weissen oder braunen polypentragenden Zweig-
enden, das pilzförmige grauröthliche Sarcophyton, auf dessen etwas
concaver oberer Hutseite die gelbgrünen, dem blossen Auge deutlich
erkennbaren Polypen stehen; ferner grasgrüne verzweigte Schwämme,
eine kugelige Thethya, von Tangen die trübgelben Sargassen und die
unter Wasser silberschimmernden Zonarien. Die Unterseite und die
[239]Thierleben auf den Korallenbänken.
Höhlungen der freien oder halbfreien Korallenblöcke bieten nun
einer Menge von Thieren einen bequemen Aufenthalt: erstlich
flüchten sich kleine Fischchen und langschwänzige Krebschen bei
abnehmendem Wasser oder bei Wahrnehmung einer Gefahr in der-
artige Schlupfwinkel; dann sitzen zwischen den Korallen verschie-
dene Meerconchylien aus den Gattungen Purpura, Pisania, Colum-
bella, Delphinula, Trochus, Imperator, Cypraea, Pterocera, Spon-
dylus und Arca; ferner hausen zwischen den Korallen mancherlei
Krabben, so Cancroiden von brauner, blutrother oder amaranth-
rother Farbe und häufig ein träger, dicht- und grobbehaarter gelb-
brauner Pilumnus, welcher ruhig und langsam weiter geht, wenn
man seinen Korallenblock zerschlägt. Auch eine eigentliche Spinne, 3)
ähnlich der Taucherspinne des Süsswassers, Argyroneta, lebt auf
diesen Korallenblöcken, welche nur bei tiefer Ebbe an die Luft
kommen, und macht sich in deren Löchern ein tapetenartiges Gespinnst;
sie läuft beunruhigt rasch über die Korallen weg, schwimmen sah ich
sie nicht. Endlich sind die besagten Blöcke noch vielfach durch-
bohrt von Bohrmuscheln der Gattungen Lithodomus, Saxicava und
Gastrochaena, und die leeren Löcher nicht selten auch von Wür-
mern eingenommen, unter welchen sich grössere Nemertinen aus-
zeichnen, so Borlasia quinquelineata Q. G. noch in Spiritus 152 Mill.
lang, gelbgrün mit fünf schwarzen Längsstreifen auf dem Rücken,
zwei auf dem Bauche gezeichnet, ähnlich der schon erwähnten Land-
planarie, ferner von Borstenwürmern die lange vierseitige Amphinome
(Pacifica Kinb.) und die durch ihre langen schwefelgelben Borsten
ausgezeichnete Chloeïa capillata. In den kleinen Wasserläufen,
welche durch Erhebung der Korallenbank über die Ebbegränze ge-
bildet werden und deren Einwärts- oder Auswärtsströmen einen
sichern Maassstab für Steigen und Fallen des Wassers abgiebt,
treiben sich kleine Fische (Monacanthus, Callionymus) umher, zu-
weilen auch Holothurien und Actinien.
Etwas tiefer, nie an die Luft kommend, fand ich andere
lebende Korallen, theils Hornkorallen, Melitaea, theils Madreporen,
die auf breiter gemeinschaftlicher Grundfläche zahlreiche Zweige
von übereinstimmender Gestalt und Höhe emportreiben, so zu sagen
Rasenkorallen, und zwischen deren Zweigen wieder andere Thiere,
nämlich grössere schwärzliche Schlangensterne (Ophiocoma scolo-
pendrina) und Haarsterne (Comatula), eine kleine porzellanglatte,
rosenrothe, vorn schwarzgesäumte Krabbe (Trapezia nigrifrons Dana),
[240]Meeres-Auswurf.
dünnfüssige Dreieckkrabben (Naxia, Micippe), kleine langschwänzige
Krebse (Alpheus) und kleine stumpfköpfige spitzzähnige Fische (Go-
biodon), welche lebend dunkel blaugrün waren, aber in Weingeist
binnen wenigen Stunden ganz wie Krebse gelblichroth wurden.
Der Auswurf des Meeres gibt nur wenig Kunde über die
tiefer lebenden Thiere; eine so reiche und mannigfaltige Ausbeute,
wie sie in Europa ein Septembernachmittag in Scheveningen oder
ein paar Stunden nach einem Februarsturm in Portsmouth geboten,
fand ich hier nirgends, wohl weil selten oder nie das Meer so stark
bewegt, wie in Europa oft zur Zeit der Nachtgleichen, und nur
einmal, während meines ersten Aufenthaltes zu Singapore im August,
eine schwache Erinnerung daran. Südwestlich von der Stadt führt
die Strasse nach New-harbour am chinesischen Kirchhof vorbei zu
einem Fischerdörfchen, dessen einzelne Hütten auf Pfählen, also
schon innerhalb des höchsten Wasserstandes stehen. Die Reihe des
Meerauswurfes begann, wie in Scheveningen mit Buccinum undatum
und Skeletresten grösserer Fische, so hier mit zahllosen Frag-
menten von Conchylien, deren Arten selten mehr zu erkennen waren,
aber deutlich grössere, schwerere Stücke, von stärkeren Wogen an-
geschwemmt und daher auch mehr zertrümmert; dann folgte hier
wie dort eine Strecke feineren gleichmässigen (in Singapore rothen)
Sandes mit ausgeworfenen Tangen (Sargassum), endlich zunächst
dem Wasser feinere, besser erhaltene Conchylienschalen, offenbar
aber hier aus verschiedenen Wohnorten zusammengeschwemmt,
denn neben einer Süsswasserschnecke (Ampullaria) und Brack-
wasser-cerithien lagen die rein marinen, sandbewohnenden Pyra-
midella maculosa und Natica maculosa, daneben Reste von holz-
oder steinbewohnenden Meereicheln (Balanus), durch Ausbleichen
violett gestrahlt, aber keine andern Reste von Crustaceen, auch
keine von Echinodermen und Hydroid-zoophyten, welche doch am
Strand europäischer Meere selten ganz fehlen.
Auf der Rhede selbst brachte das Schleppnetz bis zu
einer Tiefe von 15 Faden nichts Anderes, als was auch schon vom
Ufer aus bei Ebbe zu erreichen war: grob zerriebene Muschel-
fragmente, aber kein lebendiges Wesen. Sowie sich aber mein
Boot der erwähnten Korallenbank näherte, zeigte sich in der Aus-
beute des Schleppnetzes aus 7—9 Faden Tiefe der tropische Reich-
thum an Hornkorallen; besonders oft Fragmente einer ockergelben
Gorgonella und einer lebhaft rosenrothen, zuweilen auch blutrothen
[241]Hornkorallen, Schwämme und pelagische Thiere.
Melitaea, deren Farben aber an der Luft schon in der nächsten
Viertelstunde merklich erbleichten; dazwischen kleinere Stücke eines
fein verzweigten Antipathes und einer blutrothen Gorgonie mit rück-
ziehbaren weissen Polypen. Daran sassen einzelne Comatulen und
Ophiuren, nicht selten auch die Schwalbenmuschel, Avicula semisagitta.
Die Menge solcher Hornkorallen, welche ein Zug heraufbrachte,
deutet förmliche Dickichte von solchen an; dazwischen finden sich,
gleichsam als Unterholz, mehrere Bryozoen, besonders eine Rete-
pora, und als Kräuter die feineren Hydroid-zoophyten, worunter
mehrere Plumularien (filicina Pall., effusa Busk und Gaimardi Lamx),
Sertularien (distans Lamx und serra Blv.) und Laomedea antipathes
Lamx. All das hat als Boden wieder grössere Sternkorallen, von
denen nur einzelne abgebrochene Fragmente im Schleppnetz zu
Tage kommen. Auffallend ist endlich die grosse Menge von
Spongien in verschiedenster Form, Consistenz und Farbe, von den
weichsten, wie durchnässtes Weissbrod anzufühlenden, bis zu sehr
derben, sohlenlederartigen, die Farben bald braun, bald grasgrün,
einige selbst lebhaft ockergelb und rosenroth, wie die Hornkorallen.
Von Singapore stammen auch die riesigen Schwämme, Rhaphiophora
patera Gray, welche als Neptunsbecher in den europäischen Samm-
lungen bekannt sind; ich erhielt sie daselbst zwar nur trocken zu
kaufen, aber Crawfurd und Finlayson haben sie 1822 vom südlichen
Ende der Insel aus tiefem Wasser von den Eingeborenen frisch er-
halten, denn letzterer sagt »frisch ist die Farbe hell safrangelb,
trocken wird sie braun«. 4)
Auch an frei schwimmenden Thieren fehlt es auf der
Rhede von Singapore nicht. Oefters wurden Fische von Bord der
Fregatte aus geangelt, namentlich ein grasgrüner Labrus und auch
eine bunte Muräne. Grössere Quallen wurden im Monat September
öfters gesehen, und von nackten Mollusken die als pelagisch be-
kannte Gattung Scyllaea, letztere während des Lebens durchschei-
nend hell, mit braunen Flecken, nicht an der Wasserfläche kriechend,
sondern durch heftiges Hin- und Herwenden ihres Körpers im
Wasser nach oben, unten oder seitwärts schwimmend; in einer
Schüssel mit Meerwasser confinirt, ermattete sie bald und noch so
lange sie lebte, lösten sich die meisten ihrer Rückenanhänge wäh-
rend ihrer Bewegungen ab.
Von mikroskopischen Geschöpfen im Seewasser fielen
mir namentlich Acanthometren und Diatomeen auf.
Ost-Asien. Zoologisch. I. 16
[242]Thiere an schwimmendem Holz. — Muschelhändler.
In gewisser Hinsicht auch zu den pelagischen Thieren ge-
hören diejenigen, welche an frei schwimmenden Körpern ihren
Wohnsitz nehmen. Dieses ist ganz regelmässig der Fall bei der
Gattung Anatifa Brug. (Lepas L. im engern Sinn); diese fand ich
nicht selten auf schwimmendem Holz auf der Rhede von Singapore,
im Innern desselben aber die dem Bohrwurm noch verwandte Gat-
tung Septaria Lam. Noch reichere Ausbeute gewährte ein alter
Schiffsrumpf (Hulk der Engländer), welcher vor New-harbour lag
und an welchem die Fregatte Thetis einige Tage lang behufs einer
Revision ihrer äusseren Kupferbekleidung festgemacht war. Es
sassen an demselben fest kleine 6—7 Zoll lange Hornkorallen der
Gattung Melitaea von rosenrother Farbe, zahlreiche federförmige
Plumularien (Aglaophenia rostrata Kirchp.), welche beim Berühren
wie Nesseln das Gefühl von Brennen erregten, 5) und verschiedene
Bryozoen, zwischen denen sich wiederum kleine Krebsthiere (unter
andern auch Laemodipoden der Gattung Phoxichilus) und kleine
blassgrüne, meist sechsarmige Schlangensterne (Ophiactis sexradia
Grube) herumtreiben.
Sobald ein europäisches Schiff auf der Rhede von Singapore
ankert, wird es neben den Booten, welche Orangen und anderes
frisches Obst bringen, die Wäsche zu besorgen sich anbieten und
so weiter, auch alsbald von sogenannten »Muschelkähnen« belagert,
grossen flachen Kähnen, auf welchen eine grössere Anzahl schöner
und schön geputzter Conchylien feilgeboten wird, wo möglich en
bloc, wenn das nicht Anklang findet, auch einzeln. Papstkronen
und polnische Hammer, Cymbien, die gewöhnlichen Arten von Cy-
praea und Conus u. dgl. kann der Sammler hier ziemlich wohlfeil
erwerben, aber er möge ja nicht nun ohne Weiteres Singapore
als Aufenthaltsort dieser Arten angeben. Der Handel mit Conchylien
in den Händen eingeborener Kaufleute ist im indischen Archipel seit
den Zeiten der holländischen Liebhabereien ziemlich verbreitet, und
viele dieser Muscheln sollen nicht näher als von den Molukken her-
gebracht werden.
[[243]]
16*
[[244]]
XII.
INDISCHER ARCHIPEL.
- java von Passuruan bis Batavia zu Lande, 24. Juli bis Anfang September 1861.
- banka (Muntok), 12. September 1861 und 17. bis 25. März 1862.
- sumatra von Palembang querdurch nach Benkulen, 26. März bis 31. Juni 1862.
- celebes, südliches (Makassar), 13. Juli 1861, 20. bis 22. Juli 1862
und 14. Februar 1863. - » nördliches (Manado, Tondano und Kema), 25. bis 27. Juli 1862.
- molukken, Ternate, Batjan und Dodinga auf Halmahera, 28. Juli bis
28. September 1862. - » Amboina nebst Besuch auf Buru und Wahai (Ceram),
1. Oktober bis 1. Dezember 1862. - » Bandagruppe, 3. und 4. Dezember 1862.
- timor bei Delhi und vorzugsweise Kupang, 7. Dezember 1862 bis
5. Januar 1863 und 30. Januar bis 9. Februar 1863. - flores (Larentuka), Adenare und Solor, 6. bis 30. Januar 1863.
- borneo, Westküste (Singkawang, Bengkayang, Pontianak, Mandhor, Sintang
und Pulo Matjan im Danau Sriang), 13. März bis 13. Juni 1863.
Niederländisch-Indien, von Sumatra bis zu den Molukken und
Timor, umfasst durch etwa 35 Längengrade und 15 Breitengrade
Inseln der verschiedensten Grösse, lange Gebirgsketten und weite
Tiefländer mit mächtigen Strömen, zahlreiche vulkanische Erhebungen,
zahllose lebende und erstorbene Korallenriffe. Die Tiefländer und
grossen Stromgebiete hauptsächlich im östlichen Theil von Su-
matra, im westlichen und südlichen von Borneo; eine Reihe von
Feuerbergen längs der Südwestküste von Sumatra nordwärts in
die Nikobaren fortgesetzt, eine zweite längere, westöstliche, in
stumpfem Winkel an die vorhergehende sich anlegend, durch Java
und die Reihe der Inseln östlich von Java bis zum Illimandiri am
östlichen Ende von Flores, und eine dritte, senkrecht auf die vorige
von der Nordspitze von Celebes über die eigentlichen Molukken
[245]Jahreszeiten im Archipel.
(Ternate, Tidore, Makian) zu dem Gunung-api (d. h. Feuerberg) der
Bandagruppe und dem gleichnamigen isolirten nahe der Nordwest-
küste von Timor; endlich letztgenannte Insel selbst in schiefem
Winkel zu beiden und ältere Gebirgsformationen darbietend. 1) Die
Korallenbildungen umfassen den Küstensaum der grösseren Inseln
mit Ausnahme der grossen Flussmündungen und einzelner schroffer
Felsenküsten (z. B. im südlichen Java) und bilden für sich allein
kleine Inseln, wie diejenigen südlich von Singapore und mindestens
den grössern Theil von Amboina. Die vertikale Erhebung erreicht,
soweit genaue Kenntnisse reichen, nirgends die Region des ewigen
Schnees, und bei der geringeren Verschiedenheit in der Temperatur
der Jahreszeiten tritt auch eine regelmässige Eisperiode, ein Winter
im mitteleuropäischen Sinne des Wortes, nur an den wenigsten
Stellen ein. Der Unterschied der Jahreszeiten besteht dagegen
wesentlich in der herrschenden Windrichtung (Monsun) und der
dadurch bedingten Menge des wässrigen Niederschlages, während
die Temperaturdifferenzen zwischen den verschiedenen Jahreszeiten
an demselben Orte sehr mässig sind. Die Windrichtung hängt an
sich in letzter Instanz, wie Dove gezeigt hat, vom Stande der Sonne
ab, und da einerseits der indische Archipel zu beiden Seiten des
Aequators liegt, also der senkrechte Sonnenstand für den einen
Theil die Sonnenferne für den andern bedingt, andererseits die Lage
der Bergketten den Einfluss des einen oder andern Monsuns auf die
anliegenden Landschaften abhalten, so folgt aus Beidem, dass Regen-
zeit und Trockenzeit durchaus nicht gleichzeitig durch den ganzen
Archipel herrscht, sondern für jede Gegend eigene, durch die spe-
zielle Lage gegebene Regeln annimmt. Auch ist der Unterschied
zwischen beiden Monsunen in der einen Landschaft bedeutender als
in der andern, in einigen sehr gering. Einzelne heftige Regengüsse
habe ich in allen Gegenden, wo ich mich länger aufgehalten, durch-
gemacht, nördlich vom Aequator zu Singapore im März, im nord-
westlichen Borneo (Bengkayang und Mandhor) im März und April,
in Celebes (Kema) Ende Juli, südlich vom Aequator auf Sumatra
(Kepahiang) Anfangs Mai, Java (Solo) Anfangs August, und Timor
(Kupang) Ende Dezember und Anfangs Februar; den Wasserstand
des grossen Binnensees Danau Sriang im nördlichen Borneo fand
ich Mitte Mai (1862) sehr niedrig, als ob schon längere Zeit Trocken-
heit geherrscht habe, dagegen machte in nahezu gleicher Breite in
Singapore der Monat März mit seinem üppigen Grün und den zahl-
[246]Uebergang der ostindischen
reichen oft röthlich gefärbten jungen Blättern vieler Pflanzen, zu-
sammen mit den häufigen Regen, durchaus den Eindruck der feuchten
Jahreszeit. Ein so grosser Unterschied zwischen beiden Jahres-
hälften aber, wie wir von kontinentalen Ländern zu lesen gewohnt sind,
scheint im indischen Archipel nicht stattzufinden.
Die Fauna des indischen Archipels ist im grossen Ganzen
ein Uebergang von der indischen zur australischen. Es sind wenig
charakteristische Formen in derselben, welche zugleich dem asiatischen
Kontinent und Neuguinea, Neuholland oder Polynesien fehlten. Die
westlichen Inseln des Archipels reihen sich selbstverständlich enger
an Asien, die östlichen mehr an Australien an, aber da zugleich die
westlichen die grossen, mit Gebirgen, grossen Wäldern und weiten
Ebenen ausgestatteten sind, so lässt sich nicht unterscheiden, in
wie weit die Uebereinstimmung der Fauna der Nähe des Kontinentes,
in wie weit der ähnlicheren Gestaltung des Landes zuzuschreiben
ist. Frappante Beispiele sind das Vorkommen der grösseren asia-
tischen Pachydermen (Elephant, Nashorn, Tapir) auf den grossen
Sunda-Inseln, der Beutelthiere, Kakadu’s und pinselzüngigen Papa-
geien auf den Molukken, Timor und Celebes. Der Uebergang von
einer Fauna zur andern ist wesentlich stufenweise, wie auch Sal.
Müller den Archipel »ein vermittelndes Glied vom indischen Fest-
lande und Australien«, die Inseln Celebes, Flores, Timor und Buru
insbesondere als »den Uebergangsstrich bildend« bezeichnet. 2) Aber
der menschliche Verstand sucht für seine Abstractionen bestimmte
Gränzen und so hat man sich seit lange vergeblich bemüht, eine
Gränzlinie zwischen Asien und Australien zu ziehen, und zwar mehr-
mals mitten durch den indischen Archipel; der neueste Versuch in zoo-
logischer Beziehung ist der des verdienstvollen englischen Reisenden
Wallace, welcher die Gränze beider Faunen zwischen Borneo und Celebes
legt und die Inselreihe östlich von Java vor Lombok durchschnei-
den lässt. 3) Er hat hauptsächlich Vögel und Insekten gesammelt,
und das Vorkommen der Kakadu’s scheint von Einfluss auf diese
Wahl gewesen zu sein. Celebes auf die australische Seite zu
setzen, lässt sich in mancher Hinsicht rechtfertigen, in rein geogra-
phischer namentlich durch seine Formähnlichkeit mit Halmahera,
aber man darf auch darauf aufmerksam machen, dass, wenn man
sich die drei Meerbusen von Celebes durch Alluvialland ausgefüllt,
oder die Niederungen der grossen Ströme in Borneo unter das
Meeresniveau hinabgesenkt denkt, wiederum diese beiden Inseln
[247]in die australische Fauna.
eine auffallende Formähnlichkeit miteinander zeigen würden. In
zoologischer Beziehung kann man von Celebes nur wiederholen,
was schon Schlegel im geographischen Abschnitt seines Werkes
über die Schlangen 1837 S. 241 gesagt hat, dass die charakteristi-
schen Züge Asiens und der grossen Sunda-Inseln theilweise noch
hier vorhanden sind, z. B. unter den vierfüssigen Thieren Affen,
Hirsche und Bergantilopen, unter den Vögeln Spechte und Nas-
hornvögel, aber auch schon ebenso charakteristisch-australische
auftreten, wie ein Beutelthier, ein Kakadu, der Regenvogel (Scy-
throps) und ein Megapodius (maleo). Zwei dieser Vogelgattungen
finden sich aber wieder auf den Philippinen, welche doch im
Uebrigen wahrlich keine australische Fauna zeigen. Unter den
Land- und Süsswasserconchylien herrscht dieselbe Mischung, die
grossen gelben Bulimus, die Ampullarien und Paludinen von Celebes
finden nur auf der asiatischen, seine bunteren Naninen, grosse Neritinen
und grosse Cyrenen nur nach Osten, auf den Molukken u. s. f.
oder doch gleich weit östlich (Philippinen, Flores) ihre Verwandten.
Noch minder natürlich scheint es mir, zwischen Bali und Lombok
eine Hauptgränze durchzuziehen, obwohl ich keine der beiden Inseln
selbst betreten; Wallace führt hiefür mehrere Vogelgattungen an,
welche von Osten her noch Lombok aber nicht mehr Bali erreichen,
so Cacatua und Tropidorhynchus, und eine von Westen her bis
Bali, nicht mehr bis Lombok reichende, Bucco. Aber die Klasse
der Vögel, deren Fähigkeit zu wandern die der meisten andern
Thierklassen übertrifft, dürfte weniger geeignet zur Begründung
eines allgemeinen abschliessenden Resultates sein. In geradem Wider-
spruche damit stehen die Landschnecken, welche H. Zollinger vor
längerer Zeit bei Bima (auf Sumbawa, östlich von Lombok) gesam-
melt hat und die zum grossen Theil dieselben Arten wie im östlichen
Java sind. Meine eigenen Beobachtungen weisen allerdings auch
darauf hin, dass das östliche Ende von Flores seiner Fauna, na-
mentlich Vögeln und Landschnecken nach, nicht von Timor getrennt
werden darf, obwohl die geognostische Beschaffenheit und Gebirgs-
richtung beider eine verschiedene ist.
Timor ist unter allen Inseln des indischen Archipels Neuhol-
land am nächsten und hat manche charakteristischen Thierformen mit
demselben gemeinsam (Beutelthiere, Scythrops, Kakadu), aber den-
noch nähert sich auch Timor wieder in andern Thieren mehr Asien
und den Sunda-Inseln als Australien, so z. B. durch seine Hirsche.
[248]Orang-utan.
Von den zwei häufigsten Landschnecken in der Umgebung der hollän-
dischen Hauptstadt Timor’s, Kupang, schliesst sich die eine, Helix
argillacea, entschieden zunächst an ähnliche, reicher entwickelte
Arten des nördlichen Australiens an, aber die andere, Bulimus
contrarius, gehört einer enggeschlossenen Artenreihe an, welche von
Sumatra über Java, Sumbawa und Flores bis hieher verbreitet ist und
weder in Australien noch selbst auf den Molukken Verwandte findet,
wohl aber auf allen Sunda-Inseln und auf dem hinterindischen Fest-
lande. Hierin stimmt also Timor mehr mit Java und Asien überein
als selbst die Molukken. Die Landschnecken haben im Allgemeinen
eine geringe Verbreitungsfähigkeit und sind beispielsweise innerhalb
Europa nach den verschiedenen Ländern weit verschiedener als die
höhern Thiere, und eben deshalb für die Begränzung der Faunen
von besonderer Brauchbarkeit. 4)
Wie Timor an Neu-Holland, so und noch mehr schliessen
sich die Molukken an Neu-Guinea, einigermaassen auch das nördliche
Celebes und nordöstlichste Borneo an Mindanao, West-Borneo an
Siam (vgl. oben S. 225), sehr entschieden endlich Sumatra an Ma-
lakka in ihren Landthieren an. Die Meeresfauna dagegen ist durch
den ganzen Archipel eine mehr übereinstimmende, ein Theil der
grossen indo-pacifischen, welche von Ost-Afrika bis Polynesien
herrscht.
1. Land-Säugethiere.
Die Affen sind auf den drei grossen Sunda-Inseln (Sumatra,
Java und Borneo) zahlreich und mannichfaltig, schwinden aber rasch
im Osten. Der eigenthümlichste ist der Orang-utan, nicht ganz
selten in den Uferwäldern im mittleren Laufe der grossen Ströme
auf Borneo und angeblich auch in Sumatra zu Hause. Auf letzterer
Insel bekam ich ihn nicht zu Gesicht, auf ersterer sah ich mehrmals
junge, vor Kurzem eingefangene, von den eingeborenen Soldaten-
weibern mit nahezu mütterlicher Zärtlichkeit aufgezogen und ihnen,
wie sie sagten, um keinen Preis feil. Das langsame, unbehülfliche
und zärtliche Wesen des jungen Thiers in seinen ersten Jahren,
ganz das Gegentheil des leidenschaftlich-beweglichen so vieler an-
derer Affen, lässt ihn neben seiner Menschenähnlichkeit in der That
als grossen Säugling erscheinen. Im Klettern und Balanciren auf
schwankem Seile zeigt er sich als ächten Affen und weiss die langen
Arme dabei, wenn auch nicht besonders rasch, doch ausgiebig för-
[249]Langarmige Affen und Schlankaffen.
dernd, öfters wie Enterhaken, zu benutzen. Der Name Orang-utan
ist malaiisch und bezeichnet Waldmensch (nicht Orang-utang, was
verschuldeter Mensch bedeuten würde), kann aber nicht als einhei-
mischer Name des Thieres gelten, denn wo er lebt, wenigstens in
Borneo, ist die einheimische Sprache nicht die malaiische, und der
Malaie denkt sich unter jenem Ausdruck nicht gerade diesen Affen,
sondern wirkliche, in Wäldern lebende, d. h. uncivilisirte Menschen,
etwa das, was bei uns der gemeine Mann unter dem Ausdruck
»Wilde« sich denkt. Die Eingeborenen im Innern von Borneo haben
eigene Namen für ihn, je die verschiedenen Stämme verschiedene,
so mias, mawe etc.
Die drei Gattungen der langarmigen Affen, Schlankaffen und
sogenannten Makako (Macacus Cuv., Inuus Wagn.) sind den grossen
Sunda-Inseln mit dem indischen Festland gemein, die Arten öfters
den einzelnen Inseln eigenthümlich oder Sumatra und Borneo ge-
meinschaftlich (Macacus nemestrinus), die javanischen aber den
sumatranischen öfters sehr ähnlich (Semnopithecus Maurus dem
pruinosus). Die langarmigen Affen hörte ich öfters des Morgens
während der Landreise durch Sumatra in den Wäldern, es war ein
vielstimmiges, lustiges, helltönendes Gebell, das der betreffenden
Art (Hylobates variegatus) hier die Benennung ungko, ungka, im
westlichen Borneo (H. concolor) kalampiauw, auf Java die von
»Wauwau« eigentlich uwa-uwa verschafft hat. Die grösste Art, den
schwarzen Siāmang, H. syndactylus Raffl., sah ich nur einmal auf
Sumatra und zwar einen allein, hoch oben quer über meinen Weg
von einem Baum zum andern, ungefähr 20 Fuss weit, sich schwin-
gend. Unter den langgeschwänzten Schlankaffen oder ernsten Affen
(Semnopithecus Fr. Cuv.), die im ernsten Wesen dem Orang-
utan sich nähern, ist auf Java der häufigste der schwarze lutung,
Semnopithecus Maurus L. sp. (vgl. oben S. 52); auf Sumatra sah
ich als Gefangenen den ähnlichen etwas helleren S. pruinosus Desm.
(cristatus Raffl.) ebenfalls lutung, aber auch tshing-kau genannt,
und den schwarzschopfigen simpai, S. melalophos Raffl., letzterer
schon ein mehr aufgeweckter, lustiger Spielkamerad. Der eigen-
thümlichste ist der Nasenaffe, S. nasica Schreb., der in den Ufer-
waldungen des Kapuasstromes auf Borneo nicht selten sein soll,
also Gesellschafter des Orang-utan, dem er auch in der rothbraunen
Haarfarbe und der für seine Gattung bedeutenden Grösse etwas
ähnelt; auch er verräth sich oft von ferne durch seine laute Stimme,
[250]Makako und Halbaffen.
der er auch seine einheimische Benennung kahau, verdankt, in Sambas
dagegen nannte man ihn mir pika. Der bekannteste Affe durch den
ganzen Archipel ist aber Macacus cynamolgos L. sp., monjet
der malaien, in Sumatra und Borneo auch kra oder kerra, von den
Holländern und daher in europäischen Menagerieen oft Javaneraffe
genannt; monjet ist vielleicht die Quelle des spanischen mono und
englischen monkey, wenn diese nicht mit einem ältern, in den
Sprachen des östlichen Europa’s als maimon noch fortbestehenden
Wortstamme zusammenhängen; der Name Makako, seit Buffon auf
diese Art übertragen, scheint dagegen afrikanischen Ursprungs und
gehört wohl mit Mokoko und Maki, den Halbaffen (Lemur) Mada-
gaskar’s, zusammen. Dieser allbekannte Affe ist die einzige Art,
welche allen drei grossen Sunda-Inseln Sumatra, Java und Borneo
gemeinschaftlich ist, und die einzige unter den bis jetzt genannten
Gattungen, die noch weiter nach Osten verbreitet ist. Ihm ähnlich
und fast ebenso häufig in den europäischen Menagerieen ist der
Schweinschwanzaffe, M. nemestrinus, welcher nur auf Sumatra,
Borneo und Malakka zu Hause ist, auf Sumatra bruh oder bruk,
in unsern Menagerieen oft Laponderaffe genannt.
Von den nächtlichen grossen Halbaffen besitzt der Archipel
nur zwei Gattungen, den schwanzlosen mopsschnauzigen Stenops,
malaiisch kukang, pukang oder tukang, von den Holländern öfters
luyaard, Faulthier, genannt, daher seit Buffon in den europäischen
Büchern als Lori aufgeführt — die javanische Art, Stenops Java-
nicus Geoff. (kukang Schröd.), nur wenig von der hinterindischen
auch auf Sumatra und Borneo vorkommenden, St. tardigradus L.
sp. verschieden — und das Gespenstäffchen, Tarsius, durch die
Länge des Schwanzes, der Fusswurzel und der Ohren ausgezeichnet,
in Einer und derselben Art von Malakka über die drei grossen
Sunda-Inseln nebst Banka, wo ich ein Exemplar erhielt, bis Celebes
und auf die Philippinen verbreitet. Den Molukken fehlen beide,
wohl aber besitzen diese, wie der westliche Theil des Archipels den
sogenannten fliegenden Maki, Galeopithecus, malaiisch kubung, der
nur mittelst der ausgedehnten Haut der Seiten, wie die sogenannten
fliegenden Eichhörnchen, grosse Sprünge macht und übrigens den
Insektenfressern näher steht als den Affen.
Unter den in Wahrheit fliegenden Säugethieren sind die
grössten und auffälligsten die obstfressenden Flederhunde, Pte-
ropus, auf allen grossen Sunda-Inseln kaluang oder kalong (daher
[251]Flederhunde, Fledermäuse und Insektenfresser.
der Name der javanischen Stadt Pe-kalong-an), auf Timor kapauk,
von den Europäern auch »fliegende Füchse« genannt; man sieht sie
am häufigsten bei Einbruch des Abends, nicht eigentlich schaaren-
weise, sondern einen nach dem andern in grossen Zwischenräumen
hoch in der Luft einherziehen. Die Arten sind zahlreich, aber unter
sich ähnlich, oft nur durch den helleren oder dunkleren Ton des
gelbröthlichen Halses und Nackens unterschieden, manche bis jetzt
nur von Einer Lokalität bekannt, die eine, Pt. edulis Geoff., über
den ganzen Archipel von Sumatra bis Ternate und Timor verbreitet, 5)
was bei ihrem bedeutenden Flugvermögen nicht zu verwundern ist.
Die frisch geschossenen zeigen meist einen sehr hässlichen Geruch,
der von ihrem Urin herzurühren scheint; auch habe ich nie ge-
sehen, dass sie von Menschen gegessen werden, doch mag das wohl
in einigen Gegenden der Fall sein, wie viele frühere Schriftsteller
angeben und auch noch Wallace betreffs der Insel Batjan erzählt.
Die kleineren insektenfressenden Fledermäuse, malaiisch kala-
luwar oder balaluwar, auch lalau oder burung-tikus, Mausvogel,
finden sich hier wie anderwärts in vielerlei Arten, namentlich auch
zahlreich in Höhlen, den Boden mit ihrem Guano bedeckend, so
z. B. eine Hufeisennase, Rhinolophus euryotis, in der Höhle Batu-
gantong auf Amboina. Zahlreich vertreten sind die auch in Europa
vorkommenden Gattungen Vespertilio und Rhinolophus; bemerkens-
werth sind noch die afrikanisch-indischen Gattungen Megaderma
und Taphozous, eigenthümlich für die grossen Sunda-Inseln die
durch einen Daumen mit plattem Nagel am Hinterfuss ausgezeichnete
Gattung Chiromeles.
Unter den Insektenfressern fehlen Igel und Maulwurf
dem Archipel, dagegen ist eine grosse Spitzmaus, Sorex myosuros
Pall., Bisammaus, tikus-kasturi, oder stinkende Maus, tikus-busuq,
genannt, überall verbreitet und wie die Ratten ein lästiger Eindring-
ling in die menschlichen Wohnungen. Eigenthümlicher, nur auf
den grossen Sunda-Inseln und in Hinterindien vorkommend, sind
die Spitzeichhörnchen, Cladobates Ill. oder Tupaja Raffl.; letzterer
Name ist eigentlich die malaiische Bezeichnung der wahren Eich-
hörnchen, tupai, und wird von den Eingeborenen nur in Zusammen-
setzungen, wie z. B. tupai-tana, Erdeichhorn, auch auf diese
insektenfressenden Analoga derselben angewandt. 6)
Unter den eigentlichen Raubthieren steht auch im Archipel
oben an der Tiger, malaiisch harimau oder nur rimau, wahrschein-
[252]Der Tiger im indischen Archipel.
lich nach seiner Stimme, sundanesisch matjan. Auf Sumatra und
Java ist er noch allzuhäufig, dagegen fehlt er gänzlich im östlichen
Theil des Archipels, schon, so viel wir wissen, auf Celebes; von
den Inseln östlich von Java habe ich nur die erste, Bali, als Heimath
desselben nennen gehört. Auf Borneo scheint er ganz zu fehlen;
auch ich konnte im westlichen stromreichen, Malakka und Sumatra
zugewandten Theil dieser grossen Insel nichts Sicheres von ihm
erfahren; ebenso scheint er auf Banka nicht vorzukommen, trotz der
Nähe von Sumatra. Auf Java dagegen hörte ich viel von ihm er-
zählen und auf Sumatra warnte man mich seinetwegen vor nächt-
lichen Wanderungen. Aber man sieht ihn nicht leicht im Freien,
da er, wie mir wiederholt bestätigt wurde, hauptsächlich bei Nacht
umherstreift und den Menschen nur von hinten anfällt, doch beides
mit Ausnahmen; so hörte ich von einem Javaner erzählen, der von
vorn durch einen Tiger angegriffen worden sei; dieser habe ihm die
Vordertatzen in die Stirne, die Hintertatzen in die Kniee geschlagen;
trotzdem habe der Angegriffene ihn zurückgeworfen und zugleich
mit seinem Kris (Dolch) ihm einen Stich versetzt, worauf das Thier
eilig weggelaufen sei. Man fängt ihn lebend in mit Bambu und
Laub leicht überdeckten Gruben und lässt ihn alsdann bald mit einem
Büffel kämpfen, bald von Lanzenträgern erstechen (rampokken).
In diesem Falle wird der Tiger in einem geschlossenen Kasten aus
Holz oder festem Bambu in die Mitte eines freien Platzes gebracht
und um ihn herum ein dreifacher Kreis von Lanzenträgern gebildet.
Dann gehen zwei Männer, nur mit einem Kris bewaffnet in die Mitte
und öffnen den Kasten; es ist adat (heilige Sitte), dass sie lang-
samen Schrittes, ohne sich umzusehen, wieder zurückgehen, und nie
soll es vorgekommen sein, dass einer dabei vom Tiger verletzt
worden wäre. Der Tiger mag in der That, schon durch die Ge-
fangenschaft und öfter durch längeres Fasten deprimirt, Angesichts
der zahlreichen Menschen keine grosse Lust zum Angriffe haben,
in der Regel will er gar nicht aus dem Kasten heraus und muss
öfters erst durch Anzünden desselben herausgetrieben werden. Dann
läuft er rathlos im Kreise umher, einen Ausweg suchend, aber
überall von Lanzenspitzen zurückgewiesen und wird endlich beim
Versuch mit Gewalt durchzubrechen niedergemacht. Die raschen
Bewegungen und Wendungen des ebenso gewandten als gewaltigen
Thiers sind das Anziehendste an diesem Schauspiel; nie gelingt es
ihm durchzubrechen, wohl aber soll der Panther zuweilen bei dem
[253]Panther und Felis macrocelis.
gleichen Spiele unterhalb der Lanzen zwischen den Beinen der
Männer durchschlüpfen und so entkommen. Bei der zweiten Art
wird der Tiger, meist nachdem man ihn durch Fasten gehörig ge-
schwächt, innerhalb einer Bambuumzäunung mit einem Büffel zu-
sammengebracht; in der Regel hat keines der beiden Thiere Lust
zum Angreifen, sie werden daher durch Stechen mit spitzen Bambu-
stöcken und andere Mittel gegen einander gehetzt, bis endlich der
Tiger gegen den Büffel springt oder der Büffel gegen ihn anläuft;
meist unterliegt der Tiger, gegen den auch das Publikum lebhaft
Partei nimmt, zuweilen stirbt aber auch der Büffel bald darauf an
seinen Wunden.7)
Der Panther scheint im Archipel so weit wie der Tiger ver-
breitet zu sein; die europäischen Thierkundigen sind noch nicht
einig, ob sie ihn als eigene Art (Felis pardus Temm. = variegata
A. Wagn.) vom westasiatisch-afrikanischen (F. leopardus auct. =
pardus A. Wagn.) trennen sollen; der Malaie unterscheidet ihn vom
Tiger nur durch Beiwörter, welche die fleckige Zeichnung andeuten,
so rimau-lalat, Fliegentiger, oder rimau-kumbang, Hummeltiger,
auf Java matjan-tutul; ihm gegenüber heisst dann der rechte Tiger
rimau-tungal, Wimpeltiger oder Fahnentiger, wegen seiner Streifen.
Auch die Europäer unterscheiden in der Regel den Panther nicht,
sondern nennen ihn auch Tiger. Eine fast völlig schwarze Abart,
von welcher nur bei besonders günstiger Beleuchtung noch die
kohlschwarzen Flecken auf braunschwarzem Grunde zu unterschei-
den sind, kommt öfters vor und auch mir wurde erzählt, dass zu-
weilen von Jungen desselben Wurfes das eine so schwarz, das an-
dere normal gefärbt sei.8) Auf Borneo, sowie in Malakka lebt eine
dritte grössere Katzenart, die grossfleckige Felis macrocelis (nicht
macroscelis, grossschenklig), nach den grossen eckigen Flecken auch
Wolken- oder Schildpatttiger genannt, rimau-dahan, Zweigtiger,
bei den Eingeborenen, vielleicht weil er auf Bäume steigt, was der
ächte Tiger nicht thut; diese Art hat verhältnissmässig sehr grosse
Eckzähne und es ist daher doch wohl möglich, dass die grossen
Zähne, welche A. Adams bei den Orang-Segai am Berouwfluss als
Ohrenschmuck gesehen und auf den Tiger gedeutet hat, der Felis
macrocelis angehören; auch ihr Fell soll den Eingeborenen als
Schmuck dienen, und sie dürfte überhaupt gemeint sein, wenn in
einzelnen Reiseberichten von Tigern in Borneo gesprochen wird.
Ausser diesen leben auf den Sunda-Inseln noch mehrere kleine
[254]Uebrige Raubthiere.
Arten des Katzengeschlechts, von den Europäern Tigerkatzen, von
den Malaien kuwuk, auch kutjing-utan, Waldkatze, oder kutjing-
batu, Steinkatze, genannt, Felis marmorata, planiceps und minuta;
die letztere ist allen drei Sunda-Inseln gemeinschaftlich, ihre Felle
sah ich im westlichen Borneo bei Europäern und Chinesen als
kleine Fussteppiche benutzt, auch ihre Haut in den chinesischen
Apotheken.
Das Hundegeschlecht tritt dagegen im Archipel zurück,
die einzige Art ist der rothe Hund, Canis rutilans Sal. Müll., auf
allen drei Sunda-Inseln, aber überall selten, ein Wald- und Ge-
birgsthier wie seine nächsten Verwandten, der vorderindische C.
primaevus, der altaische C. alpinus und der abyssinische C. Simensis,
übrigens keineswegs unserem Haushunde so nahe stehend als der
Schakal; zu Sintang auf Borneo sagte man mir, dass die Dayaker
seine Gallenblase als Heilmittel schätzen.
Zahlreicher und weiter verbreitet sind die Viverren-artigen
Raubthiere, namentlich aus der Gattung Viverra, Zibetkatze, selbst,
tangalung, tingalung oder bindalung der Malaien, und Paradoxurus,
musang derselben, beide von den Holländern unter dem Namen
»wilde Katzen« einbegriffen. Vom Musang erzählte man mir in den
Kaffeegärten Java’s, dass er die schönsten Kaffeebeeren zu seiner
Nahrung auswähle und die Bohnen unverdaut wieder von sich gebe,
die sodann gesammelt würden und die erste Sorte Kaffee gäben.
Weniger häufig ist eine Art Ichneumon, Herpestes javanicus, gerang-
gang, die schlanke Viverre, Prionodon gracilis, linsang, und der
Bärenmarder, Arctictis binturong, doch alle wiederum den drei
grossen Sunda-Inseln gemeinsam. Die Marder sind auf denselben
durch die einzige Mustela Henrici Westerm. vertreten, wenig ver-
schieden von der vorderindischen M. flavigula; ich erhielt sie zu
Sintang auf Borneo, wo man sie auch musang nannte. Allgemein
verbreitet ist wiederum die Fischotter, Lutra leptonyx Horsf.,
andjing-ayer, Wasserhund, auch barang oder brang-brang, am-
brang genannt. Der kurzschwänzige Stinkdachs, Mydaus meliceps,
auf Sumatra telagu oder teledu, in den höhern Gebirgsgegenden
des westlichen Java’s sjegung genannt, ist auf beiden Inseln selten,
und der Otterbär, Cynogale Bennetti Gray (Potamophilus bar-
batus Sal. Müller) auf Borneo beschränkt. Letzteren fand ich
einmal lebend gehalten in einem chinesischen Hause unweit Mandhor;
er sei nicht selten an den Abhängen des Berges Selaman, sagte
[255]Nagethiere des indischen Archipels.
man mir dort, und werde in Gruben gefangen, seines Fleisches
wegen; er wurde mit Fischen gefüttert, soll aber auch dem Feder-
vieh nachstellen. Im äusseren Ansehen erinnerte er mich zugleich
an Waschbär und an Fischotter, an letztere durch die breite
Schnauze mit starken weissen Bartborsten, an ersteren durch die
allgemeine Körperhaltung; seine Bewegungen waren gemessen und
bedächtig, aber unerschrocken, mehr die eines Bären als eines
Marders; beunruhigt knurrte er wie ein Hund und ging im Begriff
anzugreifen zu einem dem der Katzen ähnlichen Fauchen (Blasen)
über. Endlich ist noch der kleine glatt- und kurzhaarige Honig-
bär, Ursus Malayanus Raffl., nicht zu vergessen, der im Innern
von Sumatra und Borneo nicht selten ist, aber auf Java fehlt, von
den Eingeborenen wegen seines Brummens bruang genannt, von den
Dayakern auf Borneo lego. Er lebt hauptsächlich von Kokosnüssen,
Honig und Zuckerrohr, frisst aber auch Fleisch und wird immerhin
als reissendes Thier gefürchtet.
Unter den Nagethieren sind mehrere Arten von Eichhörn-
chen, malaiisch tupai, tupe oder auch badjing, auf den Sunda-
Inseln häufig, alle untereinander nahe verwandt, aber an ihrer scharf
abgegränzten Färbung leicht zu unterscheiden, so das zweifarbige,
Sciurus bicolor Sparrm., oben schwarz, unten gelblich-weiss, das
purpurne, Sc. Leschenaulti Desm., oben dunkel purpurbraun, unten
gelb, und zwei mit einem Seitenstreifen, Sc. Prevosti Desm., oben
schwarz, unten rothbraun, Seitenstreif weiss, und Sc. vittatus Raffl.,
oben grau, unten roth, Seitenstreif weiss und schwarz, letzteres an
den Binnenseen des obern Kapuasgebietes in Borneo öfters von mir
gesehen. Eigenthümlicher sind die fliegenden Eichhörnchen,
von denen im Archipel beiderlei Formen vorkommen, grössere mit
ringsum langbehaartem Schwanz wie Pteromys nitidus Geoff., und
kleinere mit zweizeilig behaartem Schwanz wie Sciuropterus sagitta
L.; ein eigener malaiischer Name für dieselben ist mir nicht bekannt.9)
Bemerkenswerth sind noch die Stachelschweine, wovon auch
zwei Arten vorkommen, ein unserm südeuropäischen ähnliches
kurzschwänziges, Hystrix Javanica Fr. Cuv., auf allen drei Sunda-
Inseln, und das pinselschwänzige, Atherura fasciculata, nur auf
Sumatra und in Malakka; beide werden von den Malaien landaq,
auch babi landaq, und bulu babi, Borstenschwein, genannt. An der
Westküste von Borneo führt seinen Namen, Landak, ein eigener
Bezirk an der Nordseite des Kapuasstromes, einst selbständiges malaii-
[256]Schuppenthier, Elephant.
sches Reich. Noch weniger verbreitet ist der Hase, Lepus nigri-
collis Fr. Cuv., ich sah denselben nur auf den Märkten von Batavia,
wo er lebend in Käfigen feilgeboten wird, und man sagte mir, er
sei erst durch Marschall Daendels (1808—1811) hier des Jagdver-
gnügens wegen eingeführt und ausgesetzt worden. Zwar habe ich
vergebens nach einer Bestätigung dieser Angabe in der Literatur
gesucht,10) aber sie erscheint doch nicht unwahrscheinlich, da von
keinem andern Theile des Archipels ein Hase bekannt ist und die
genannte Art identisch mit der in Britisch-Indien häufigen ist. Auf
Borneo und Sumatra sind Hasen ganz unbekannt.
Aus der Ordnung der zahnarmen Säugethiere kommt in ganz
Ostasien11) nur das Schuppenthier, Manis, vor, malaiisch penguling
(der Roller, daher der Büchername Pangolin), auch tanggilang oder
tangiling genannt; bei den Holländern mieren-eeter, Ameisenfresser,
nach ihrer Nahrung, aber nicht mit den haarigen amerikanischen
Ameisenfressern, Myrmecophaga L., zu verwechseln. Dieselbe Art,
M. Javanica Desm., auf allen drei grossen Sunda-Inseln; die schuppige
Haut findet man öfters bei einheimischen Droguenhändlern und sie
soll nach Valentyn früher auch zu Panzern gedient haben.
Ein Elephant, Elephas Sumatranus Schleg., findet sich in
Sumatra nicht selten in kleinen Heerden; ich fand öfters des Morgens
ihre kolossalen Kothballen auf der Landstrasse zwischen Palembang
und Tibingtingi, sah die Stellen, wo sie durch das Dickicht durch-
gebrochen waren, und brachte einen leider beschädigten Schädel
eines solchen, der einige Zeit vor meiner Ankunft zu Bungo-Mas
geschossen war, mit. Man wusste kein Beispiel, dass er einem
Menschen gefährlich geworden. Ob er auch auf Borneo lebe, ist
immer noch nicht sicher ausgemacht; an der Westseite, im Gebiete
des Kapuas und Sambas, existirt er sicher nicht; je weiter die spe-
zielle Kenntniss in das Innere dieser kolossalen Insel vordringt,
desto weiter weichen auch die Angaben über das Vorkommen des
Elephanten, wie die über geschwänzte Menschen und über Schnee-
berge, in den fernen Nordosten zurück. Doch wird berichtet, dass
gerade an der von Sumatra fernsten Nordostecke Borneo’s, bei
Cap Unsang, Elfenbein einen Ausfuhrartikel bilde.12) Auf Java
findet man nur einzelne zahm gehaltene Elephanten als Luxusthiere
der Fürsten, jetzt noch ebenso wie zur Zeit der ersten Reisen der
Europäer nach dem Archipel. Der malaiische Name des Elephanten
ist gadja, nach dem Sanskritwort gaja.
[257]Nashorn, wilde Schweine, Hirsche.
Der einzige grosse Dickhäuter Java’s ist das Nashorn,
badaq, und zwar ein einhörniges, Rhinoceros Javanicus Cuv., in
den Bergen der Preanger-Regentschaften immer noch nicht selten,
aber im östlichen Java minder bekannt. Sumatra besitzt dagegen das
zweihörnige Nashorn Asiens, Rh. Sumatranus Shaw., Cuv. und da-
neben, wie es scheint, noch eine eigene einhörnige Art, Rh. Floweri
Gray (Proc. zool. soc. 1867). In Borneo ist es sowohl an der West-
als Ostküste den Eingeborenen bekannt, die Dajaker sollen manche
Geräthschaften, wie Köcher u. dgl. aus seinem Horne machen; es
lebe ebenfalls in den Bergen, wie auf Java, nicht an den Seen, so
wurde mir am Danau Sriang erzählt; ob es ein oder zwei Hörner
habe, darüber lauteten die Angaben, die ich zu hören bekam, ver-
schieden; letzteres würde Uebereinstimmung mit der sumatranischen
Art andeuten; Gray glaubt eine eigene einhörnige Art, Rh. frontalis,
in Borneo annehmen zu können. Entschieden gemeinschaftlich für
Borneo, Sumatra und Malakka ist wieder der zweifarbige Tapir,
Tapir Indicus Desm. = Malayanus Raffl.; die verschiedenen Völker-
schaften beider Inseln bezeichnen ihn mit sehr verschiedenen Namen,
an den Seen des oberen Kapuasgebiets beschrieb man ihn mir unter
der Benennung rason; ferner werden als Namen desselben genannt
tennu, seladang, babi-alu und kuda-ayer, Wasserpferd; letztere
Bezeichnung hat frühere Schriftsteller zur Verwechslung desselben
mit dem Nilpferd, Hippopotamus, geführt.
Wilde Schweine, babi utan, finden sich durch den ganzen
Archipel, man hat verschiedene Arten unterschieden, die aber unter
sich sehr ähnlich sind; Java besitzt zwei derselben, S. vittatus und S.
verrucosus Sal. Müller, ersteres findet sich auch auf Sumatra; Borneo
hat ein eigenes S. barbatus, babi puti (weisse Schwein) der Malaien,
dahak der Dajaker im obern Kapuasgebiet. Auch die Sundasprache
hat ein eigenes Wort, tjiling oder tjeleng für das wilde Schwein im
Gegensatz zum zahmen, der mohamedanische Malaie nennt beide babi.
Die Hirsche, malaiisch rusa, sind eben so häufig und fast
eben so weit verbreitet. Die Arten des Archipels, wie die meisten
vorderindischen, bringen es nur zu sechs Enden, nämlich einer
Augensprosse und einer Endgabel (Gruppe Rusa bei Ham. Smith).
Der grösste ist der sogenannte Wasserhirsch, Cervus equinus Cuv.,
von Borneo, Banka und Sumatra, die beiden Endzacken ungleich in
Grösse und Richtung, Gesicht und Beine mit ockergelben Längs-
streifen, Analfeld (Spiegel) braunroth. Weiter verbreitet ist der
Ost-Asien. Zoologisch. I. 17
[258]Wiederkäuer des indischen Archipels.
javanische Hirsch, Cervus hippelaphus Cuv. = rusa Sal. Müller,
kleiner, mit gleichen Endzacken, auch auf Sumatra neben dem
vorigen vorkommend (ich erhielt die Geweihe von beiden im Innern
von Sumatra, unweit Tibingtingi), auf Borneo nach Schlegel einge-
führt und verwildert. Rusa ist der allgemeine Name des Hirsches
im Malaiischen, mendjangan dasselbe im Javanischen; die Dajaker
im westlichen Borneo nennen ihren Hirsch danjok. Ueberall vom
Hirsche wohl unterschieden wird der kleinere Muntjak, durch lange
Rosenstöcke und vorstehende Eckzähne kenntlich, Gruppe Cervulus,
Prox oder Styloceros der systematischen Schriftsteller, auf allen
drei grossen Sunda-Inseln nebst Banka dieselbe Art, Cervus muntjac
Zimmermann; letzteres soll sein Name in der Sundasprache des
westlichen Java sein, wo er bis in die Umgebung von Batavia vor-
kommt, kidang oder kidjang im Malaiischen und im eigentlich Java-
nischen; die Holländer übersetzen es öfters mit Reh. Ihm verwandt,
aber noch weit zierlicher und kleiner, einem Aguti ähnlicher als
einem Hirsche, ist das Zwerghirschchen, Tragulus, kantjil auf Java,
auf Sumatra napu, und pelandoq auf Borneo genannt; auch hier ist
die javanische Art (Javanicus Pall.) von der Sumatra’s und Borneo’s
(napu Fr. Cuv.) noch ein wenig verschieden. Das wilde Rind,
Bos leucoprymuus Q. G. = Sundaicus Sal. Müller, banteng der
Javaner, ist Java und Borneo gemeinschaftlich und findet sich
östlich von Java nur noch auf Bali, wie der Tiger. Der Büffel soll
im südwestlichen Borneo häufig wild vorkommen, es scheint dieses
etwas zweifelhaft, vielleicht Verwechslung mit dem Banteng, denn
in allen andern Gegenden des Archipels kennt man ihn nur als Haus-
thier. Sumatra hat endlich eine eigene Antilope, die ziegen- oder
gemsenähnliche A. (Capricornis) Sumatrensis Shaw., kambing-utan,
wilde Ziege genannt, welche Verwandte im Himalaya hat.
Hirsche und Schweine sowie ein Musang kommen selbst noch
auf den kleinen Inseln längs der Westküste von Sumatra, wie
Engano und der Mentaweigruppe vor,13) eine kleinere Abart des
Wasserhirsches, Cervus Kuhlii von Sal. Müller genannt, soll einzig
auf der Insel Bawean vorkommen, einer Insel mitten zwischen Java
und Borneo, von etwa drei deutschen Meilen im grössten Durchmesser.
Diesem Säugethierreichthum der drei grossen Sunda-Inseln
gegenüber erscheint der östlichere Theil des Archipels auffallend
arm, nicht nur die kleineren Inseln, sondern auch das grosse
Celebes. Allerdings sind Hirsche und Wildschweine auch hier
[259]Hirsche und Schweine auf den Molukken.
häufig, erstere sind ein beliebter Jagdgegenstand der wohlberittenen
Makassaren, welche sie förmlich zu umstellen und in freies Feld zu
treiben pflegen, um sie hier zu Pferde einzuholen, ihnen dann eine
Schlinge über das Geweih oder um den Hals werfen und sie mit
Lanzen niederstechen; solche Treibjagden gelingen besonders in
der trockenen Jahreszeit, wo sich die Thiere an den Flüssen zu-
sammenfinden, weniger in der nassen, wo sie überall Wasser finden,
daher mehr zerstreut und unstät umherschweifen. Ebenso finden
sich Hirsche auch noch auf den Molukken und sie scheinen alle
von der javanischen Art nicht spezifisch verschieden, selbst der
philippinische nur wenig. Der alte Valentyn sagt in seiner Beschrei-
bung von Amboina (1724—26 S. 267) bestimmt, dass die Hirsche
dort nicht ursprünglich einheimisch seien, sondern aus Java und
später auch einige von Makassar her eingeführt worden seien.
Ob das nun nur für die Insel Amboina gelte, oder für die Molukken
überhaupt, wie Sal. Müller annimmt, ist schwer zu entscheiden; für
letzteres spricht einigermaassen, dass sie nach ebendemselben auf
Amboina nicht anders genannt wurden als mit dem speziell java-
nischen Namen mendjangan und dass sie auch jetzt nicht, wie doch
die Wildschweine, auf Neuguinea vorkommen, während sie doch
überall sind, soweit die mohamedanisch-malaiische Halbcivilisation
und die holländischen Ansiedlungen sich erstrecken, so noch auf
Halmahera, wo ich einen frisch geschossenen erhielt, und auf Batjan,
auf Buru und Ceram, auf Timor nebst den anliegenden kleineren
Inseln Rotti, Samao und Pulo-kambing, das von seinen Hirschen
den Namen erhalten hat, ja auch auf dem isolirten Gross-Banda.
Das Wildschwein von Timor und Batjan soll dem javanischen
Sus vittatus, das von Celebes und Ternate dem S. verrucosus zu-
nächst stehen, aber beide nicht die volle Grösse derer auf den grossen
Sunda-Inseln erreichen. Dagegen tritt auf den zwischen Celebes
und den Molukken liegenden Xula-Inseln, sowie im benachbarten
Buru und im nordöstlichen Theil von Celebes selbst14) eine eigen-
thümliche Gattung von Schweinen auf, bei denen die obern Hauer, statt
aus dem Mund hervorzustehen, die Oberkieferknochen nach oben
durchbrechen, um zwischen Oberlippe und Auge hervorzutreten;
es ist dieses der seit Bontius bekannte Babi-rusa, wörtlich Schwein-
hirsch, aber nach der Konstruktion der malaiischen Sprache genauer
als Hirschschwein zu übersetzen, übrigens durchaus Schwein und
nicht Hirsch.
17*
[260]Andere Säugethiere der Molukken.
Eine weitere Eigenthümlichkeit des nördlichen Theils von
Celebes ist ein mässig grosser Wiederkäuer von Ochsengestalt mit
Antilopenhörnern, Anoa depressicornis H. Smith, wilde Kuh von
den Holländern genannt, wilder Büffel bei Valentyn. Ferner finden
wir, während der gemeine Javaneraffe, Macacus cynamolgos, noch
auf Timor und Celebes sich findet, als dritte Eigenthümlichkeit für
letztgenannte Insel einen eigenthümlichen schwarzen kurzgeschwänzten
Pavian, Cynopithecus niger Quoy,15) und zwar auf der südlichen,
wie auf der nördlichen Halbinsel; Quoy und Gaimard erhielten ihn
in Manado, ich sah ihn bei Maros unweit Makassar. Derselbe lebt
auch auf der Molukkeninsel Batjan, wo ich ein altes frischgetöd-
tetes und ein junges lebendes Exemplar erhielt. Man nennt sie dort
yakis. Dr. Bernstein versicherte mir, dieser Affe finde sich innerhalb
dieser grossen Insel nur in der Nähe der gleichnamigen Haupt-
niederlassung, sonst nirgends, und auch nicht auf dem benachbarten
noch grösseren Halmahera, es sei daher anzunehmen, dass er hier
nicht ursprünglich einheimisch sei, sondern von Celebes Affen dieser
Art in Gefangenschaft von Menschen herübergebracht, dann ent-
kommen und verwildert seien.
Flederhunde, Pteropus, und Fledermäuse, Rhinolophus
und Vespertilio, erstrecken sich ziemlich gleichmässig von den
Sunda-Inseln über die Molukken bis Polynesien; nur finden wir
auf den Molukken einen neuen Namen für erstere, faniki oder auch
paniki, denselben, mit welchem man sie auch auf den Philippinen
und Marianen kennt; eine übereinstimmende Benennung, fany, kehrt
auf Madagaskar wieder, wo ja auch eine malaiische Sprache herrscht;
auf den Sunda Inseln habe ich aber einen solchen Namen nie gehört.
Neu treten auf den Molukken und Timor zwei mit Pteropus verwandte
Gattungen Cephalotes Geoff. (Harpyia Ill.) und Hypoderma Geoff. auf.
Dagegen schwinden im östlichen Theil des Archipels, sobald
das Gebiet der Beutelthiere beginnt, plötzlich die Insektenfresser,
Raubthiere und Nagethiere, also die den Beutelthieren ähnlichsten
placentaren Ordnungen der Säugethiere, auf ein Minimum. Von
ersteren bleibt nur die auch in Häusern vorkommende, daher wohl
durch den Menschen verbreitete Rattenspitzmaus, Crocidura
myosuros Pall., allgemein auf den Molukken verbreitet; von Raub-
thieren scheinen noch Zibetkatzen und eine Paradoxurusart, hier
tusa-utan genannt, vorzukommen. Von Nagethieren besitzt zwar
Celebes noch einige Eichhörnchen, sie fehlen aber schon den
[261]Beutelthiere.
Molukken.16) Nur die durch Schiffe verbreitete Ratte hat sich
überall, wo Europäer wohnen, angesiedelt. Timor aber, das auch
durch seine Affen sich wieder näher an die Sunda-Inseln anschliesst,
hat auch noch eine eigene Spitzmaus, Sorex tenuis S. Müll., und
eine eigene wilde Katze, Felis megalotis Tem.
Dagegen reichen von Neuholland her die Beutelthiere bis
in den östlichen Theil des Archipels. Der Kusu der Molukken,
dessen Namen im modernen naturwissenschaftlichen Latein zu Cuscus
geworden, Cuscus (oder Phalangista) Orientalis Pallas sp. auf Batjan,
Amboina, Banda und Timor, ist ein träges Thier, bald roth, bald weiss
gefärbt, das einzige mit Greifschwanz in Ostasien; die Eingebornen
fabeln von ihm, man könne es durch unverwandtes Anblicken vom
Baume »heruntersehen«. Auf Batjan erhielt ich auch noch ein den
fliegenden Eichhörnchen analoges kleines fliegendes Beutelthier,
Petaurus ariel, tikus-kalapa, Cocusnuss-Maus mir von den Eingebor-
nen genannt, schon beim alten Valentyn als »fliegende Katze« von
Halmahera erwähnt (Amboina S. 270). Celebes endlich besitzt in
Phalangista ursina die westlichste Art dieser Thierordnung in der
auf der östlichen Hemisphäre gegenwärtigen Ordnung der Dinge.
Gegen Neuholland hin nehmen die Beutelthiere rasch an
Arten zu: auf den Aru-Inseln lebt die Känguru-artige Dorcopsis
Brunii Gmel. sp., auf welche die Malaien ihren Namen des Moschus-
thierchens von Borneo, pelandok, übertrugen, woraus europäische
Schriftsteller das scheinbar griechische Wort philander gemacht
(r statt c ursprünglich wohl nur verschrieben). In Neuguinea leben
die Baumkänguru’s, Dendrolagus, deren eines ich auf den Molukken
lebend gehalten gesehen, ein blödes, bedächtiges, aber kräftiges
Thier, das beunruhigt seine Arme in langsamer aber unzweideutiger
Weise zum Umschlagen und Erdrücken des Feindes nach Art der
Känguru’s in Bewegung setzte. Obgleich von Natur pflanzenfressend,
hatte es doch in der Gefangenschaft ein besonderes Wohlgefallen
an gebratenen Hühnerkeulen, die es ganz ordentlich abnagte, ein
einzelner Beweis mehr dafür, dass Pflanzenkost und Fleischkost bei
den Thieren, namentlich den höhern, nicht so streng geschieden sind.
2. Vögel.
Die Vogelwelt des indischen Archipels ist in neuerer Zeit der
Gegenstand so eingehender Untersuchungen und anziehender Schil-
[262]Nashornvögel.
derungen von Seiten der beiden Forscher Bernstein und Wallace
gewesen, dass ich mich auch hier darauf beschränken werde, das
Wichtigste über ihre geographische Verbreitung und Einiges, was
sich mir unmittelbar darbot, zu erwähnen.
Eine der auffallendsten Vogelformen dieses Gebiets bilden die
Nashornvögel, Buceros L., übrigens auch in Vorderindien und
dem tropischen Afrika einheimisch und durch die enormen Dimen-
sionen des Schnabels, nicht aber in den Füssen, den amerikanischen
Tukan’s, Rhamphastos L., ähnlich, nach ihrer lauten, unharmoni-
schen Stimme kangkarang, rangkong, belicang, angang (inggang),
tingang in den verschiedenen Gegenden genannt; namentlich als
tingang spielen sie auf Borneo eine bedeutende Rolle in dem Aber-
glauben der dortigen Eingebornen, denen sie wegen ihres lauten
Schreiens bei Annäherung eines Menschen als Sinnbild der Tapfer-
keit gelten. Das Sträuben der Federn, das Ausbreiten des Schwanzes,
als Gebärde der Kampflust und des Stolzes, kehrt oft in den von
Hardelang mitgetheilten Liedern der Dajaker wieder, und tingang
dient geradezu als Bezeichnung eines beherzten Mannes, wie etwa
bei uns Löwe oder Adler.17) Ich habe die recht kenntlich aus
Holz geschnitzte Figur eines solchen Vogels, Buceros rhinoceros L.,
nebst ähnlichen des Krokodils, bei den Dajakern im obern Kapuas-
gebiet erhalten. Buceros plicatus mit Querfurchen auf dem Schna-
bel, das Männchen mit gelbem Kehlsack, gehört Sumatra und Java
an. Eine andere Art, Buceros cassidix Tem., deren Schnabel in
den Trödelbuden zu Makassar mit den Hörnern der Anoa feil war,
heisst dort burong taun, Jahrvogel, indem die Anzahl der Furchen
seines Schnabels die seiner Jahre anzeigen soll. Denselben Namen
trägt auf den eigentlichen Molukken, sowie auf der Amboinagruppe
die einzige dortige Art, Buceros ruficollis, schon von Valentyn als
solcher erwähnt, mit kleinen Farbenunterschieden, indem der Hinter-
kopf bei den Vögeln der einen Inselgruppe etwas dunkler als bei
denen der anderen ist. Dieselbe Art findet sich noch auf Neu-
guinea, aber Neuholland hat keine Nashornvögel mehr.
Umgekehrt nehmen die Papageien sowohl an Artenzahl als
an Mannichfaltigkeit der Formen und Farben, sowie an Grösse der
Arten von Indien bis Neuholland auffällig zu. Die grossen Sunda-
Inseln haben keine andere Formen aufzuweisen, als die schon auf
dem indischen Festland und in Ceylon vorhandenen kleinen grünen
Lang- und Kurzschwänze, Palaeornis und Loriculus, von denen der
[263]Papageien der Sunda-Inseln.
Alexanderspapagei und der Inseparabel eine Vorstellung geben können;
der Malaie nennt die ersteren betet oder balan oder bayan, die
letzteren serindit, silindit oder tjelindit; auch hier scheinen die Arten
von Sumatra, Borneo und Malakka identisch, aber den javanischen
nur ähnlich zu sein, so entspricht dem Palaeornis longicaudus Bodd.
(barbatulatus Bechst.) von Malakka, Borneo und Sumatra der java-
nische P. Alexandri L. (pondicerianus auct.), der übrigens auch im
südlichen Borneo vorkommen soll. der Loriculus (Coryllis) galgulus
L. auf Malakka, Sumatra und Borneo dem L. (C.) pusillas Gray auf
Java. Dagegen kennt man auf letzterer Insel noch keinen Reprä-
sentanten des borneo-sumatranischen tana oder keke, Psittacula
incerta Shaw (Malaccensis Lath.). Kakadu und Lori findet man
auf Java wohl in den Häusern, aber wenn man fragt, woher sie
gekommen, wird man stets nach Osten gewiesen, in Batavia nach
Surabaya, in Surabaya nach Makassar, in Makassar nach »den Mo-
lukken«. Dieses bezeichnet den Weg ihrer Einführung. Auf Celebes
soll allerdings, wie das erste Beutelthier, so auch der erste Kakadu,
Cacatua sulfurea Gmel. (aequatorialis Tem.) vorkommen; jedenfalls
sind aber die zahlreichen Kakadus, die in Makassar feilgeboten
werden, zum grössten Theile, wenn nicht alle, von den Molukken
eingeführt. Ebenso finden wir von Westen her zuerst in Celebes
einzelne Arten der fahnenschwänzigen und der grossschnäbligen
Papageien, Prioniturus und Tanygnathus, bei denen auch Grün
noch die Hauptfarbe des Körpers bildet, und selbst einen Pinsel-
züngler, Trichoglossus ornatus L., bei welchem das Grün schon
gelbfleckig, die Brust roth mit dunkeln Federrändern und der Kopf
roth mit dunkelblauer Kappe ist. Noch grösser wird die Mannich-
faltigkeit der Arten auf den Molukken und bei vielen derselben ist
das Papageigrün zu Gunsten der rothen Farbe ganz verschwunden,
oder es hat doch einen anderen satteren, mehr bläulichen Ton an-
genommen, wie bei Eclectus polychloros Scopoli (Sinensis Gmel.),
der auf den meisten Molukken-Inseln, z. B. Halmahera und Batjan,
Ceram und Amboina, zu Hause ist, übrigens auch schon durch die
pomeranzengelbe Farbe des Oberschnabels, die schwarze des Unter-
schnabels und die scharlachrothe der unteren Flügeldeckfedern an
der grösseren Buntheit der östlichen Arten Theil nimmt. Nächst-
verwandt mit diesem ist der purpurrothe Eclectus grandis Gm., den
ich auf Batjan wild sah. Diese beiden schönen aber ziemlich phleg-
matischen Vögel ertragen die Gefangenschaft sehr leicht und wurden
[264]Lori-Papageien.
daher schon seit längerer Zeit zahlreich lebend nach Europa ge-
bracht. Die malaiisch redenden Bewohner der Molukkeu nennen
den rothen Eclectus uwo, den grünen wie die weissen Hauben-
papageien kakatuwa, was in ihrer Sprache Beisszange bedeutet, und
unterscheiden genau davon die weit lebhafteren aber auch zärt-
licheren luri oder nuri, auch kasturi, in unseren Büchern meist
Lori genannt, nämlich den scharlachrothen grünflügligen Lorius
garrulus L. von Halmahera und den ähnlichen aber durch blau-
schwarze Kappe gezierten L. domicella L. (Domicella atricapilla
Wagl.) von Ceram. Beide haben eine feine Stimme, die gerne in
pfeifendes Flöten übergeht; der erstere zeigt einen minder verträg-
lichen, streitsüchtigeren Charakter gegen Seinesgleichen sowohl als
gegen Menschen, er hält durch unerschrockene Schnabelhiebe Katzen
und kleinere Hunde in Respekt, während das »Fräulein« (domicella)
anhänglicher und zutraulicher ist. Schon der alte Valentyn hat
diesen Unterschied bemerkt und ich habe denselben an mehreren
lebenden Exemplaren, auch solchen im gleichen Hause bei gleicher
Behandlung, bestätigt gefunden. Sie gehören zu den Pinsel-
zünglern, wie auch einige seltenere Arten der Molukken, Gruppe
Eos Wagl., karminroth mit mehr oder weniger Blau, aber ohne
Grün, beide auch in Neuguinea vertreten. Der zärtlichste unter allen
Papageien, die ich auf Amboina lebend sah, auch hier in Gefangen-
schaft oft kränkelnd und kaum die Ueberfahrt nach Java aushaltend,
wie man mir sagte, ist der Königslori, kasturi-radja, Platycercus
Amboinensis L., einfach scharlachroth mit lebhaft grünem Rücken,
Flügel und Schwanz, ein naher Verwandter zäherer neuholländi-
scher Arten, die wir öfters in den Thiergärten Europas finden.
Erwähnung verdient noch eine weitere für die Molukken charakte-
ristische Form, der Maskenpapagei, Pionias (Geoffroyus) cyanicollis
Müll., grün mit rothem nach dem Nacken zu blauem Kopf; diesen
sah ich nie in Gefangenschaft, sondern nur im Freien erlegte
Exemplare, sowohl auf Batjan als auf Amboina. Recht charakte-
ristisch für die Molukken sind endlich die weissen Kakadu’s; es
war mir ein besonderes Vergnügen, diese eigenthümlichen Vögel,
die ich früher so oft in Menagerieen und zoologischen Gärten ge-
sehen, im Freien zu finden, bald in kleinen Schaaren auf den Zwei-
gen einzelnstehender Bäume oder kleinerer Gebüsche, bald einzeln
in bedeutender Höhe vorüberfliegend. Sie sind Art für Art auf die
verschiedenen Inselgruppen vertheilt, der weisshaubige, C. leucolo-
[265]Kakadu’s.
phos Less. (cristatu auct.), auf den eigentlichen Molukken von Ter-
nate bis Batjan und auf der gegenüberliegenden grösseren Insel
Halmahera, der rothhaubige, Moluccensis Gmel., auf Ceram, der
kleine mit schwefelgelber Haube und gelblichen Wangen, C. sulfurea
Gmel., auf Timor und Flores. Man hat alle diese häufig in Ge-
fangenschaft, wo sie aber oft durch unerträglich lautes und anhal-
tendes Schreien bei drohendem oder vorhandenem Regenwetter lästig
werden. Sonst sind es angenehme spielerische Hausgenossen; es
scheint, wenn man sie mit den nahe verwandten, aber mehr einzeln
lebenden apathischen Eclectus vergleicht, auch hier, wie bei den Affen,
sich zu bestätigen, dass Thiere, die in der Freiheit gesellig leben, in
der Gefangenschaft sich leichter an den Menschen anschliessen und
in ihm einen Kameraden sehen, als die von Natur einsam lebenden.
Zu Wahai sah ich unter anderen von Neuguinea herüber-
gebrachten Thieren auch einen schwarzen Kakadu, Microglossus
aterrimus Gmel., ein drolliges Thier, durch das ernsthafte rothe
Gesicht, den mächtigen Schnabel und den stets sichtbaren Feder-
busch komisch imponirend, übrigens ruhig und phlegmatisch gegen
die Sitte der weissen Kakadu’s, mit unschöner knarrender Stimme.
Die Einheimischen behaupteten, die Speiseröhre sitze bei ihm in
der Zunge und die ansässigen Europäer sprechen es nach; die Zunge
ist nämlich fleischig, nicht breiter als hoch, oben ausgehöhlt, roth,
an der Spitze abgeflacht und schwarz; der Vogel schlürft damit die
vom Schnabel zerkleinerten Nahrungsmittel (hauptsächlich die Nuss
des Kanarienbaumes) auf, und während er sie nach hinten gegen
die Zungenwurzel zu gleiten lässt, wölben sich die Seitenränder
darüber und schliessen fest aneinander, eine bedeckte Rinne bildend,
in welcher die Speise fortgeschoben wird. Weiter hinten wird die-
selbe wieder sichtbar und gleitet schliesslich wie bei anderen Thieren
über Zungenwurzel und Kehlkopf in die Speiseröhre hinab.
Auf der Insel Timor kreuzen sich auch unter den Papageien
wieder molukkische, respective australische und javanische, eigent-
lich indische Formen, so finden wir daselbst den Loriculus vernalis,
aber auch einen Kakadu, einen Geoffroyus, Platycercus und Tricho-
glossus.18)
Eine grosse Rolle in der Vogelfauna des indischen Archipels
spielen ferner die Tauben; Alfr. Wallace, welcher eine treffliche
Abhandlung über dieselben veröffentlicht hat,19) zählt einschliesslich
Neuguineas 118 Arten, reichlich ein Drittel aller überhaupt bekann-
[266]Grüne Tauben.
ten, aus diesem Gebiete auf und macht darauf aufmerksam, dass
sie hier nach Osten um so mehr an Zahl und Mannichfaltigkeit zu-
nehmen, jemehr die Affen und kleinen Raubsäugethiere abnehmen,
welche ihre offenen Nester, wenig versteckten Eier und lange un-
behülflich bleibende Brut bedrohen; ebenso fänden sich von den an
sich weniger zahlreichen amerikanischen Tauben die meisten in
Gegenden, wo keine Affen sind, so in den Gebirgen von Chile und
Mexiko, den offenen Ebenen des Orinoko und La Plata, während
in den Urwäldern des Amazonenstromes sehr viele Affen und fast
keine Tauben sich finden — ein auffallendes Beispiel, wie das Vor-
kommen einer Thierart von dem gleichortigen einer ganz verschiedenen
negativ so gut wie positiv beeinflusst sein kann. Die malaiische
Sprache besitzt daher auch eine ganze Reihe verschiedener Namen
für Tauben, mehr noch als die griechische, abgesehen von ver-
schiedenen Beiwörtern und Zusammensetzungen für einzelne Arten.
Am meisten charakteristisch für den Archipel, und daselbst am
reichsten, 54 Arten, etwa die Hälfte aller bekannten, ist die Abthei-
lung der grünen von Baumfrüchten lebenden und nie zum Boden
herabkommenden Fruchttauben, Treronidae, welche sich um drei
Hauptformen gruppiren: die glanzlosen, hellgrünen, dickschnabligen
Papageitauben, Treron, malaiisch pune, öfter verdoppelt pune-
pune, die kleinen satter grün gefärbten Federfusstauben, Pti-
lopus, und die grossen, oben dunkel metallgrünen, unten blass-
grauen Bronzetauben, Carpophaga, pergam der Malaien, kum-
kum auf den Molukken, worunter mehrere (C. aenea und perspicil-
lata) auf den Banda-Inseln die eben geöffneten Muskatnüsse der
anhängenden sogenannten Blüthe (Macis) wegen ganz verschlingen
und ohne letztere wieder von sich geben, daher daselbst von den
Holländern unpassend nooteneeters oder nootenkrakers, Nussknacker,
genannt; noch unpassender aber haben die systematischen Ornitho-
logen den ihnen zuständigen Namen Myristicivora, Muskatfresser,
der Küstentaube des indischen Oceans, C. litoralis Tem. = bicolor
Scopoli, gegeben, welche nichts mit Muskatnüssen zu thun hat.
Ptilopus und Carpophaga nehmen im westlichen, Treron im östlichen
Theil des Archipels merklich an Artenzahl ab, in Vorderindien ist
Treron noch häufig, Carpophaga schwach und Ptilopus gar nicht
vertreten; auf den kleinen Inseln der Südsee sind die Federfuss-
tauben häufig und fehlen die eigentlichen Papageitauben. Näher
unseren europäischen Tauben stehen die dunkelbraunen grossschwän-
[267]Andere Tauben.
zigen Fasanentauben, Macropygia, mehr am Boden lebend und
durch den ganzen Archipel nicht häufig, die metallglänzenden Jan-
thoenas von den Molukken, Neuguinea und Timor, und einige
nahe Verwandte unserer Turteltaube und Lachtaube, Turtur tigri-
nus und bitorquatus Tem., perkutut, terkuku oder kukur, tukor
nach der Stimme von den Malaien genannt, beide im Osten bis
Timor verbreitet, aber in Neuguinea fehlend. Die Erdtauben gehören
mehr dem Osten an, doch zeigen einzelne Arten eine bemerkens-
werthe Verbreitung; so ist das ganz kleine langschwänzige, niedlich
gewellte Sperbertäubchen, Geopelia striata, auf Java, Sumbawa,
Lombock und den Inseln östlich davon häufig, fehlt aber weiter
westlich und schliesst sich zunächst an eine zweite timoresische und
einige australische Arten an. Die goldglänzende, in der Befiederung
des Halses hahnenartige Mähnentaube, Caloenas Nicobarica, unter
dem Namen burong mas, Goldvogel, als grosse Merkwürdigkeit mir
von einem eingeborenen Prinzen auf Batjan vorgestellt, findet sich
hauptsächlich auf kleinen unbewohnten Inseln von Neuguinea
über die Molukken und Celebes bis zu Malakka, den Nikobaren
und Andamanen, sie ist ein kräftiger Flieger, wurde nach Wallace
schon mitten auf der See getroffen und er glaubt, dass sie fort-
während noch hinüber- und herüberwandere, da sie bei ihrer weiten
Verbreitung nirgends Lokalverschiedenheiten zeigt. Anders die dun-
kel bronzegrüne, weissstirnige Chalcophaps javanica, welche von
Neuguinea über die Molukken, Timor, Celebes und die drei grossen
Sunda-Inseln bis Vorderindien je durch eine nur ein klein wenig
verschiedene Race repräsentirt ist und welche Wallace daher, durch
menschliches Eingreifen früher verbreitet, in jedem Bezirk isolirt
sich weiter entwickelnd annimmt. Ihren Höhenpunkt erreichen end-
lich die Erdtauben in den gekrönten Riesentauben von Neuguinea
und den nächstliegenden Inseln, Goura coronata und Victoriae,
welche öfters ihrer Schönheit wegen lebend nach Banda und auch
Java gebracht werden, daher von früheren Schriftstellern fälschlich
als dort zu Hause angegeben wurden und von den Europäern da-
selbst Pfauen oder Kronvögel genannt werden.
Wir nennen im Deutschen einen Vogel Eisvogel, weil er
am Wasser lebt und auch im Winter bei uns bleibt; es ist das aber
kein nordischer Vogel, denn er fehlt in dem grössten Theil von
Skandinavien; schon seine schöne Azurfarbe bezeichnet ihn als einen
Vorposten der Tropenwelt, und in der That spielt die Familie dieser
[268]Eisvögel.
»Eisvögel« (Alcedo L.) im indischen Archipel eine grosse Rolle,
artenreicher, die einzelnen grösser und häufiger als bei uns; die
meisten leben auch hier am Wasser, sowohl süssem als auch ge-
salzenem, von Baumzweigen herab nach ihrer Beute, Fischen und
Krebsen, spähend, oder zu demselben Zweck über die Wasserfläche
hinstreichend, und der Malaie kennt sie unter dem bezeichnenderen
Namen radja-udang, Krebs-König, analog dem englischen king-fisher,
zugleich die Pracht seines Gefieders und seine Nahrung andeutend.
Die grösste Art, A. (Halcyon) leucocephala Gmel., von Dohlengrösse,
wird auch Krokodilvogel, burong buaja, seines weiten Rachens
wegen, und kaha, benkaka genannt; er soll den Fischteichen der java-
nischen Grossen noch mehr schaden als die Fischotter; die häufigste
durch den ganzen Archipel ist oben grünlich-himmelblau, unten
weiss, A. (Todirhamphus) collaris Scopoli (chlorocephala Gmel.,
chloris Boddaert) mit unbedeutenden Farbennüancen zwischen den
javanischen und molukkischen Individuen, nahe verwandt mit denen,
die auf den polynesischen Inseln für heilig gelten sollen, sacra und
venerata Gmel. Andere Arten heissen auf Malakka und Sumatra
kain-kain (bekleidet? wegen der abstechenden Farben), auch kain-
kimka, Damast-Kleid, kleinere, unserer deutschen ähnliche, menin-
ting oder binti, auf Java burong biru, blauer Vogel, ähnliche finden
sich auch auf den Molukken. Ebenso finden sich im ganzen Archipel
die kleinen dreizehigen Eisvögel, Ceyx Lacep., während eine andere
dreizehige australische Gruppe Alcyone Swains., und die schönen lang-
schwänzigen Paradies-Eisvögel Neuguineas, Tanysiptera (Alc. dea L.),
saliwan oder sariwan bei Valentyn, auf den Molukken beginnen. 20)
Das glänzende Grünlichblau der Eisvögel kehrt in drei an-
deren Vogelfamilien ebenso regelmässig wieder, den Bienenfressern,
Merops, biri-biri oder barai-barai der Malaien, und den Racken
oder Mandelkrähen, Coracias, beide auch in Südeuropa noch ver-
treten und Deutschland in wärmeren Zeiten besuchend, sowie in
den dem Archipel mehr eigenthümlichen Prachtdrosseln, Pitta, kurz-
schwänzigen, grossköpfigen, hochbeinigen Vögeln, welche meist auf
sumpfigem Waldboden leben, vom indischen Festland aus durch
den ganzen Archipel verbreitet, unter verschiedenen Namen: punglor,
auf Sumatra sintor, im westlichen Java manuk paok, auf den
Molukken tohoko. 21)
Die Raubvögel spielen im Archipel keine bedeutende Rolle,
Geier fehlen, wie früher erwähnt, ganz; 22) dagegen finden sich auf
[269]Raubvögel, Schwalben, Sperling.
allen Inseln des Archipels, von Sumatra bis in den fernen Osten,
kleinere Habichte und Falken, malaiisch alap; so erhielt ich auf
Timor den Falco frontatus Gould, unserem Baumfalken verwandt,
auf Flores und Amboina den unserem Thurmfalken sehr ähnlichen
F. tinnunculus moluccensis Schleg.; weniger zahlreich, doch auch
allgemein verbreitet, ist der graue Seeadler, Haliaëtos leucogaster,
lang-laut, und der kleine zimmetbraune, weissköpfige Seehabicht,
Haliastur Pondicerianus, lang-bondol oder auf Java ulang. Die
Eulen, ebenfalls auf allen Inseln nicht selten, sind den Malaien
unter verschiedenen Namen bekannt, deren manche ihrer Stimme
nachgebildet scheinen, wie die europäischen Uhu, ulula, chouette
u. a., so kukukbloq, tuhuk, djompoq, djomboq oder djamboq, pongoq
oder pongau, wowo-wiwi; auch burong seraq, heiserer Vogel, für
Strix Javanica Wurmb (unserer Schleiereule höchst ähnlich) deutet auf
die Stimme. An sie schliessen sich durch ihre nächtliche Lebensart
die sogenannten Ziegenmelker, Caprimulgus, tjaboq, tjabaq oder
auch burong swangi, Gespenstvogel, genannt. Unter den Schwal-
ben, layang, sind weitaus die berühmtesten diejenigen, welche die
essbaren Nester (mal. sarang, daher »salangane«) bauen, an steilen
Felsen, meist dicht an der See, so an der Südküste von Java (Col-
localia nidifica Lath.) und in verschiedenen Gegenden der Molukken
(C. hypoleuca Gray); ihre Nistplätze sind theilweise Eigenthum be-
stimmter Personen und werden dann regelmässig, wenn auch öfters
mit Lebensgefahr der betreffenden Arbeiter, ausgebeutet. In den
Häusern findet sich von Java bis zu den Molukken (Ternate) die
von unserer deutschen Rauchschwalbe kaum zu unterscheidende
Hirundo Javanica. Eine eigenthümliche Schwalben- oder wie die
Salangane systematisch richtiger Seglerform bilden die grossen, unten
weissen Baumschwalben, Dendrochelidon, die frei auf den Aesten
der Bäume nisten; auf Java nennt man sie manuk-pedang, Schwert-
vogel, auf Ternate ekor-gunting, Scheerenschwanz, des langen tief-
gegabelten Schwanzes wegen.
Der zweite Hausvogel ist auch hier der Sperling, und zwar
durch den ganzen Archipel unser Feldsperling, Passer montanus L.
sp.; er findet sich nur, wo Menschen wohnen und Landbau getrieben
wird, und ist nach allgemeiner Ueberlieferung erst durch die Euro-
päer im verflossenen Jahrhundert ins Land gebracht worden. Dafür
spricht auch entschieden, dass der Malaie keine andere Bezeichnung
für ihn hat, als burong gredja, Kirchenvogel (gredja vom portugie-
[270]Sperlingsartige Vögel, Raben, Staare.
sischen igreja, christliche Kirche, während die mohamedanischen
Moscheen missigit genannt werden). Alle übrigen körnerfressenden
oder sperlingsartigen Singvögel des Archipels gehören einer anderen
Unterabtheilung an, den sogenannten Amadinen und Webervögeln;
der bekannteste darunter, sehr häufig von Java lebend nach
Europa gebracht, ist der aschgraue, weisswangige Reisvogel,
Munia oryzivora L. sp., malaiisch burong glatiq, welchen die Kinder
auf Java oft an einem Faden fliegen lassen, wie bei uns wohl die
Maikäfer. Eben solche Freunde des Reises sind dessen Verwandte,
die mehr braune M. fuscata Vieillot von Timor, M. fuscans Scl.
von Borneo, die weissköpfige M. Maja L. sp., Nonne unserer Vogel-
händler, in Java und Sumatra, die unten gesperberte M. punctularia
L. sp. (nisoria Tem.), Muskatvogel der Händler, von Malakka bis
Flores, und die ähnlich gezeichnete M. Molucca L. sp., Bohnen-
vögelchen bei Valentyn, in der That auf den Molukken: Ternate,
Batjan, Halmahera und Buru zu Hause. Zu diesen kommen noch
einige durch ihren langen rothen Schwanz ausgezeichnete Arten,
so prasina Sparrm. auf Java, phoenicura Bernstein auf Ternate und
tricolor Vieill. auf Timor, eine Artengruppe (Erythrura Swains.), die
bis Neu-Caledonien und den Carolinen sich fortsetzt. Dagegen gehen
die Munien nicht über Timor hinaus und werden in Neuholland
durch andere Gruppen (Donacola, Sporothlastes, Poëphila) ersetzt,
während auf dem zwischenliegenden Neuguinea die sperlingsartigen
Vögel ganz zu fehlen scheinen.
Die Raben des Archipels, gagaq, auf den Molukken woga-
woga, Corvus macrorhynchos, Tem., validus Tem., enca Horsf. und
andere, sind wenig von den europäischen verschieden; nur auf den
eigentlichen Molukken tritt eine eigenthümliche Gruppe derselben
auf, kleiner, mit dunkelrothbraunem Rücken und Flügeln: Corvus
(Lycocorax) pyrrhopterus Tem. auf Batjan, mit wenig abweichenden
Nebenarten auf einigen benachbarten Inseln. Aus der Familie der
Staare sind die sogenannten Hirtenvögel, Pastor, namentlich die
schwarzweissen gelbfüssigen P. jalla Horsf. und melanopterus Daud.
auf Sumatra und Java häufig, als »Büffelpicker« auch den Europäern
bekannt, weil sie dem weidenden Vieh das Ungeziefer absuchen;
im Osten schliesst sich an dieselben der Kaiserstaar, Basilornis
corythaix Wagl., von Celebes an. Dagegen gehen die verwandten
Gattungen der Beo’s (Gracula) und Glanzstaare (Lamprotornis) vom
indischen Festlande bis Neuguinea durch; der Beo wird zum Ver-
[271]Blumensauger, Paradiesvögel u. s. w.
gnügen in Käfigen gehalten, da er die verschiedensten Töne nach-
zuahmen versteht und auch menschliche Worte nachspricht; solchen
angelernten Worten verdankt er sogar seinen linnéischen Artnamen
Grac. religiosa.
Ebensoweit im Archipel verbreitet sind die metallschwarzen,
durch ihren verlängerten Gabelschwanz ausgezeichneten Scheeren-
vögel, sala gunting oder burong sawe, Dicrurus Vieill., auch un-
passend nach dem südafrikanischen Namen einer Kukuksart Edolius
genannt; die schwarzweissen Schwalbenwürger, Ocypterus,
die schwarzgelben Pirole, malaiisch pulavan und tjelalong, auch
punting-alu, sundanesisch mentjarong oder bintjarong, ferner meh-
rerlei Drosseln und Fliegenfänger.
Allgemeiner bekannt sind die kleinen bunten Blumen-
sauger, Dicaeum und Cinnyris, welche man in den heissen
Mittagsstunden in den Gärten öfters von Blume zu Blume fliegen
sieht, ihren langen dünnen Schnabel und fasrige Zunge schwebend
hineintauchend, nicht um des Blüthenhonigs willen, sondern wegen
der durch diesen angelockten Insekten; der Europäer nennt sie
meist Kolibri, das Malaiische hat verschiedene Namen für sie: nallu
oder nella, tji tjap, tjabe, siap und andere. Eigenthümliche Formen
des westlichen Theils des Archipels sind ferner der blauschwarze
Feenvogel, Irena puella, die lebhaft roth und schwarz gefärbten
Safranmeisen, Pericrocotus, die weissscheckigen Gabelstelzen, He-
nicurus, und die blaugrünen rothschwänzigen Heher, Kitta, sowie
der grün gefärbte Arecapalmen-Vogel, Calyptomena, burong-
tampo-pinang, von Sumatra und Borneo, der schon auf Java
fehlt. Dagegen sind wiederum dem östlichen Theil des Archipels
eigen die grössern Pinselvögel, Philedon Cuv., Tropidorhynchus
Vig., Ptilotis Swains., von Celebes an bis Neuholland, auf
Flores kawoka genannt, und noch mehr die altberühmten Para-
diesvögel, deren allermeiste Arten Neuguinea angehören, von wo
seit lange die fusslosen Bälge unter dem Namen burong mati, todte
Vögel, als Tribut oder Handelsartikel nach den Molukken gehen,
in neuester Zeit auch einzelne lebend bis nach Europa gekommen
sind. Auf den Molukken selbst ist aber auch eine Art entdeckt
worden, die von Wallace auf Batjan und von Bernstein auch auf
Halmahera gefundene Semiophora Wallacei Gray, von den Ein-
geborenen nicht unpassend burong polet, Epaulettenvogel, getauft,
das Männchen unten lebhaft grün, an Zweigen und den Baum-
[272]Spechte und Kukuke.
stämmen selbst ähnlich wie ein Specht kletternd, während die
eigentlichen Paradiesvögel Neuguinea’s sich in den höchsten Baum-
kronen aufzuhalten pflegen.
Dagegen sind wieder die Spechte, glato, k’labu oder balatuk,
blatuk oder tukki, offenbar nach ihrem Hämmern, und die ihnen
verwandten grossköpfigen Bartvögel, Bucco L. oder Megalaema
Gray, hier qŭqŭ, kukuk, tokon nach ihrer Stimme genannt, nur im
westlichen Theil des Archipels vorhanden. Die Spechte gehen mit
einigen Arten bis Celebes und vielleicht Flores, erreichen aber nicht
die Molukken, obwohl einer bei den Systematikern moluccensis
heisst, die Bartvögel nur bis Lombok (Wallace), Borneo und Phi-
lippinen; beide fehlen nicht nur in Neuholland, sondern auch in
Neuguinea trotz seiner Wälder gänzlich. Auch die glänzend grünen,
aber stillen und einsamen Trogon, im tropischen Amerika am reichsten
entwickelt, schwinden rasch gegen Osten; sie sind schon auf Java
seltener als auf Borneo, Sumatra und Malakka, wo man sie burong
mas, Goldvogel, und kasumba nennt. So sind ausser den Papageien
die Kukuke die einzige Familie der Klettervögel, welche durch den
ganzen Archipel verbreitet ist, in zahlreichen Arten und verschie-
denen Untergattungen; von mehreren indischen und neuholländischen
Arten ist es konstatirt, dass sie wie der europäische von andern Vögeln
ihre Eier ausbrüten und die Jungen auffüttern lassen, und so dürfte
es auch bei manchen des Archipels der Fall sein. Auffallendere Formen
unter ihnen sind die Purpurkukuke, Phoenicophaeus, lontok auf
Java, burong mandu auf Borneo, die langschwänzigen den Erdboden
oder niedriges Gebüsch liebenden Spornkukuke, Centropus, dudut
oder bubut, und vor Allem der grossschnäblige aschgraue Fratzen-
vogel, Scythrops Novae Hollandiae Lath., eine neuholländische, auf
Flores und Celebes wiederkehrende Art, die überall, wo sie vor-
kommt, als Wetterprophet, durch ihr Geschrei regenverkündigend,
bei den Eingeborenen gilt; dieses erzählte mir der Militärarzt
J. Semmelink auf Flores, der selbst zwei junge Vögel lebend hatte,
ohne zu wissen, dass es Reinwardt von Celebes und White vom süd-
lichen Neuholland früher berichtet; seine malaiischen Diener nannten
den Vogel deshalb burong-minta-udjan, Vogel, der um Regen bittet.
Nicht weniger geographische Abgränzungen zeigt die Verbrei-
tung der hühnerartigen Vögel im indischen Archipel: eigentliche
Fasanen finden sich nirgends, wohl aber im nordwestlichen Theil des-
selben die zwischen den Fasanen und Hühnern in der Mitte stehen-
[273]Hühnervögel.
den Spicifer, Gallophasis oder Euplocamus, worunter der Feuerhahn,
ignitus Shaw, tugang auf Sumatra, und der rothäugige Hahn, erythro-
phthalmus Raffl., pagas in Malakka, mera-mata in Sumatra, ferner
der grosse scheue Junovogel oder Argusfasan, Argus giganteus Tem.,
kuwau in Sumatra, ruwe in Borneo genannt, die kleinen pfauähn-
lichen zweispornigen Polyplectron und die mit überhängendem Feder-
busch gezierten Rulul, Cryptonyx. All diese Gattungen sind Malakka,
Sumatra und Borneo gemeinsam, fehlen aber schon auf Java; dieses
besitzt aber noch wilde Pfauen und wilde Hähne. Der Pfau der
Sunda-Inseln, marak oder merak, abgekürzt mra, Pavo javanicus
Tem., früher fälschlich als spornlos, P. muticus, gekennzeichnet,
ist häufig in den Berggegenden von Java, Sumatra und Malakka,
namentlich an den Rändern der Wälder, wo er beim Umherstolziren
mit ausgebreitetem Rade nicht selten den Tigern oder Leoparden
zur Beute werden soll. Von wilden Hähnen, malaiisch biruga
oder ayam-utan, unterscheidet man zweierlei, den Gallus Bankiva
Tem. mit gelbrothem Halskragen, sundanesisch kasengtu, neben
Java auch auf Sumatra, Banka, vielleicht auch Celebes und Timor,
und den fast ganz schwarzen G. varius Shaw sp. mit ungezähneltem
Kamm, im Osten angeblich bis Flores verbreitet; auf Sumatra soll
noch eine andere, unsern zahmen Hühnern mindestens ebenso ähn-
liche Art, G. aeneus, leben. Auf Borneo (bei Montrado) sprach man
mir von einem blauvioletten wilden Huhn, marasuai genannt.
Grössere rebhuhnartige Vögel finden sich noch auf Java und
Sumatra, wo z. B. eine Art, Perdix curvirostris Raffl., im Gebirge
von Benkulen orlanting genannt, wegen ihrer lauten, namentlich des
Morgens ertönenden Stimme bekannt ist; ebenso die kleine chine-
sische Wachtel, Coturnix Chinensis oder excalfactoria, malaiisch
pikau, wohl nach ihrer Stimme, sundanesisch pepeko, in den Alang-
Alang-Strecken auf Borneo mir oft vorgekommen, und die ähnlichen,
aber dreizehigen Hemipodius, puyu oder kapuyu, beide, namentlich
letztere, zu Wachtelkämpfen missbraucht; eine Art Rebhuhn, mir
unter dem Namen korbako beschrieben, lebt auf Timor, die aller-
kleinste Wachtel, C. minima Gould, im südlichen Celebes und viel-
leicht dieselbe auf Halmahera, wo ich sowohl als Bernstein sie oft
plötzlich dicht vor uns aus dem dichten Grase auffliegen und ebenso
schnell wieder einfallen sahen, ohne sie erlangen zu können.
Diese Zwergwachtel würde der einzige Hühnervogel der
Molukken sein, wenn nicht hier eine neue Familie aufträte, die der
Ost-Asien. Zoologisch. I. 18
[274]Grossfusshühner und Kasuar.
Grossfusshühner, Megapodius, grössere Vögel mit starken Füssen
und einfacher Färbung, welche gern am Seestrande leben und wie
die Strausse das Ausbrüten ihrer grossen länglichen, meist blass-
roth gefärbten Eier der Wärme der physikalischen Umgebung über-
lassen, wozu sie dieselben mit Sand und sich zersetzenden Pflanzen-
theilen zusammenhäufen. Ihre Verbreitung erstreckt sich über ganz
Neuholland, Neuguinea, die Molukken, die südlichen Philippinen
und Celebes bis an die Nordostküste von Borneo, also hier noch etwas
weiter als die Beutelthiere nach Westen; dagegen sind sie auf Timor
noch nicht beobachtet worden. Die Eingeborenen auf Celebes und
den Molukken kennen sie unter dem Namen maleo oder meleo,
auch momon; unter letzterem hat schon Valentyn ihre Nester be-
schrieben.
An diese schon schwerfliegenden Vögel schliessen sich nicht
unnatürlich diejenigen an, deren Flügel am meisten unter allen verküm-
mert sind, die Kasuare, welche übrigens nach den neueren Beob-
achtungen selbst brüten. Diese sind von Neuholland über Neuguinea zu
den Molukken verbreitet, aber noch ärmer an Arten und Individuen;
auf den Molukken und zwar, wie es scheint, allein auf Ceram (nach
Valentyn auch auf Buton nahe Celebes), 23) findet sich nur Einer,
der altbekannte sogenannte indische Kasuar, Casuarius indicus Lath.;
eme oder emeu soll dessen einheimische Benennung sein, burong-
rusa, Hirschvogel, wegen der haarähnlichen Federn ist eine pas-
sende, sichtlich neuere Bezeichnung desselben in malaiischer Sprache;
kassuwaris soll der Sprache der Papua’s angehören und würde dem-
nach zunächst nicht dieser Art gehören, sondern den auf Neuguinea
oder dessen vorliegenden Inseln mit papuanischer Bevölkerung
lebenden, wie C. Kaupi Rosenberg.
Die Wasservögel (Sumpf- und Schwimmvögel) sind wie im
Allgemeinen weiter und gleichmässiger verbreitet, so auch im indi-
schen Archipel weniger von den europäischen verschieden als die
Landvögel. Der auffallendste unter den Sumpfvögeln ist der
Riesenstorch, Ciconia (Leptoptilos) Javanica Horsf. = capillata Tem.,
bango oder burong-sawa, Reisvogel, von den Holländern mitunter
domine, Pfarrer, genannt, ähnlich wie sein Bruder in Vorderindien
von den Franzosen Marabu und von den Engländern Adjutant wegen
seines scheinbar gravitätischen Wesens, wodurch er auch in den
zoologischen Gärten Europa’s Eindruck macht. Er lebt in Java auf
Reisfeldern und Viehweiden, aber nicht in Städten wie der indische,
[275]Sumpfvögel des indischen Archipels.
ist ein gewaltiger Schlangenvertilger und fällt neben seiner Grösse
auch durch laute, menschlichem Lachen nicht unähnliche Töne auf.
Die untern Schwanzdeckfedern werden hier nicht beachtet, obwohl
sie nicht minder fein sind als die des afrikanischen und vorder-
indischen Marabu. Während dieser Riesenstorch sich auf die grossen
Sunda-Inseln mit ausgedehntem Reisbau beschränkt, finden wir da-
gegen zahlreich durch den ganzen Archipel verbreitet die weissen
Reiher, malaiisch kuntul, auch puntjong, Schnepfen und Wasser-
läufer (Totanus), kandidiq, kindidi oder sakadidi, Wasserhühner,
baling, namentlich die schwarzweisse rothschwänzige Gallinula
erythrura Bodd. (phoenicura Tem.), und Purpurhühner, Porphyrio;
von letzgenannter Gattung lebt auf Java, Celebes und Timor eine
Art mit grünem Rücken, P. smaragdinus Tem., malaiisch burong
tedona, auf Ceram dagegen der schwarzrückige P. melanotus Tem.,
von Valentyn als »Wasserpfau« erwähnt, eine australische Art.
Eine Art Brachvogel (Numenius) heisst auf Flores burong-swangi,
Gespenstvogel, aus demselben Grunde, weshalb anderwärts Capri-
mulgus diesen Namen führt, nämlich seiner nächtlichen Lebensweise.
Für Schnepfen sah ich bei Sambas (Borneo) im Monat April die-
selben hohen Netzwände von den Europäern gestellt, welche bei
uns üblich, und auch die gefangenen Vögel schienen mir nicht ver-
schieden von der deutschen Waldschnepfe. Auch sonst finden wir
unter den Sumpfvögeln des Archipels manche europäische oder
richtiger annähernd kosmopolitische Arten, so den Nachtreiher
(Nycticorax griseus), den Sichler (Falcinellus igneus), den kleineren
Brachvogel (Numenius phaeopus), den Steinwälzer (Strepsilas inter-
pres), den Uferläufer (Actitis hypoleucos), den roth- und den grün-
beinigen Wasserläufer (Totanus calidris und glottis). Selbst der hoch-
nordische Wassertreter (Lobipes hyperboreus) kommt während des
Winters der nördlichen Halbkugel auf den Molukken vor.
Unter den Schwimmvögeln des süssen Wassers ist
einer der häufigsten eine hochbeinige braunscheckige Baumente, Anas
(Dendrocygna) arcuata L., balibis oder blibis der Malaien, maliuis
oder milivi der Sundanesen; die grössere weissköpfige Anas radja
Less. nistet wie unsere Brandente in Erdhöhlen und lebt ausserhalb
der Fortpflanzungszeit gerne in den Sümpfen nahe der Meeresküste;
eine andere braune Art mit weissen Flecken an den Seiten des
Kopfes, von der Grösse der zahmen Ente, Anas superciliosa Gmel.,
belebt die Seen mittlerer Höhe in Java, z. B. den Telaga patengan
18*
[276]Wandern der Vögel.
(Junghuhn). All diese Enten sind durch den ganzen Archipel bis
Neuholland verbreitet. Seltener ist der Pelikan, Pelecanus Philippi-
nensis Gmel., malaiisch ingang oder ondan, undan, welcher zu
Valentyn’s Zeiten zuweilen auf den Geflügelmarkt in Batavia ge-
bracht wurde, häufiger wiederum die Scharben, patjoq, und einige
europäische Arten von Süsswasser-Seeschwalben (Hydrochelidon
nigra und leucopareia). Im Innern von Borneo, am See Danau
Sriang, fand ich den 23. Mai zahlreich die europäische Zwergsee-
schwalbe, Sterna minuta, hier einfach als »Schwalbe«, layang, be-
zeichnet. Sommerzugvogel in Europa, erscheint sie in Deutschland
und Italien im Mai, im südlichen Sibirien mindestens im Juni; sie dürfte
daher hier in Borneo kaum nur im Winterquartiere gewesen sein.
Ueberhaupt weiss man leider über das Wandern der Vögel
in den Tropen noch sehr wenig, und ein Reisender, der nicht ver-
schiedene Jahreszeiten hindurch an demselben Orte bleibt, und
überhaupt aus Nichtfinden keineswegs auf Nichtvorhandensein
schliessen darf, kann kaum etwas dazu beitragen. Bei der mehr
gleichmässigen Temperatur ist zu erwarten, dass es mehr Stand-
und weniger Zugvögel gebe als in den Zonen wechselnder Tempe-
ratur; doch gibt es bestimmt auch Zugvögel im indischen Archipel,
namentlich unter den Sumpfvögeln: so wird von Tantalus lacteus
Tem., Ibis melanocephala L. (leucos Tem.) und Rhynchaea australis
L. berichtet, 24) dass sie nur von November bis April auf Java ge-
funden werden und nie brütend; es wären demnach, obgleich Java
südlich vom Aequator liegt, also in diesem Halbjahr höheren Sonnen-
stand hat, dennoch Wintervögel im europäischen Sinne, Vögel, welche,
der ungünstigeren Jahreszeit in ihrer eigentlichen Heimath ausweichend,
hier mehr Zuflucht als Vaterland finden. Die Rhynchaea ist in
Neuholland brütend beobachtet, kommt also vielleicht von dort, der
Trockenheit ausweichend; der genannte Ibis lebt auch in Vorder-
indien und wurde schon im südöstlichen Europa gelegentlich ge-
sehen, kommt also vermuthlich von Norden. In diese Categorie
gehören vielleicht auch einige bekannte europäische Sumpfvögel,
welche Wallace auf den Molukken (Halmahera und Batjan) erhielt,
so Charadrius squatarola, Limosa Lapponica sive rufa, welche ich auch
auf Amboina erhalten, und Actitis hypoleucos, während der Stein-
wälzer, Strepsilas interpres, von Sal. Müller und Wallace auf Buton,
Halmahera und Amboina erhalten, in der That ein kosmopolitischer
Vogel, überall zu Hause scheint.
[277]Schildkröten des indischen Archipels.
Von wandernden Singvögeln ist mir nur das Eine zu Ohren
gekommen, dass ein Brillenvogel, Zosterops (flava?), im südlichen
Borneo nur zur Zeit des West-Monsuns (Winterhalbjahr) sich
zeigt und daher dort burong barat, Westvogel, genannt wird. 25)
3. Reptilien.
Schildkröten spielen im indischen Archipel nur eine
mässige Rolle; eigentliche Landschildkröten, Testudo, sind mir gar
nicht vorgekommen und fehlen wahrscheinlich vollständig, 26) aber
ziemlich nahe kommt ihnen in der Wölbung des Schildes, sowie
durch öftern Aufenthalt im Trocknen, die sogenannte amboinische
Dosenschildkröte, Terrapene (oder Cistudo) Amboinensis Daud. sp.,
malaiisch baning, in der That durch den ganzen Archipel von
Malakka und Sumatra über Java, Borneo und Celebes bis zu den
Molukken (ich erhielt sie auch auf Batjan und Amboina, Wallace
auf Halmahera) verbreitet. Valentyn nennt sie einfach Landschild-
kröte und sagt, sie lebe in Wäldern, besonders in schattigen
feuchten Thälern nahe den Bächen. Von der ebenfalls noch amphi-
bischen Gattung Emys finden sich drei grössere, den Landschild-
kröten in der Lebensweise näher stehende Arten, E. (Cyclemys)
platynota Gray, dhor Gray und E. (Clemmys) spinosa Bell auf den
grossen Sunda-Inseln — von ersterer fand ich zu Lahat ein 0,220 Met.
langes und 0,191 Met. breites Schild, in Borneo ein noch bedeutend
grösseres, 0,570 Met. lang, 0,362 Met. breit, von den einheimischen
Begleitern beyogo genannt — während sie auf den kleineren Inseln
des östlichen Theils völlig fehlen. Die weichschaligen, nie das Wasser
verlassenden bissigen Schnappschildkröten, Trionyx, sind ebenso
allen drei grossen Sunda-Inseln gemeinsam und finden sich auch
auf den Philippinen, vielleicht selbst auf der grössten der Molukken,
Ceram, wieder. 27) Ein grosses Albino-Exemplar eines Trionyx sah
ich zu Passuruan wie heilig gehalten. Von Neuguinea sind bis jetzt
weder Land- noch Süsswasser-Schildkröten bekannt geworden, so
dass diese Ordnung am entschiedensten unter den Reptilien im
Archipel von Westen nach Osten abnimmt. Auffallend ist aber,
dass die Abtheilung der langhalsigen Fluss-Schildkröten, welche
ihren Hals seitlich unter den Schild zurückbeugen (Chelyden), im
tropischen Afrika, Neuholland und Brasilien, also hauptsächlich in
der südlichen Hemisphäre zu Hause, im indischen Archipel nach
unsern jetzigen Kenntnissen nicht Einen Vertreter hat.
[278]Krokodile des Archipels.
Eine um so grössere Rolle spielt hier das Krokodil, ma-
laiisch buaya, von den Dajakern rawing, von den Holländern öfters
nach dem Vorgang der Engländer alligator oder nach dem der
Spanier auf den Philippinen kaiman genannt; es ist aber nichts-
destoweniger ein ächtes Krokodil, dem des Nils nahe verwandt,
Crocodilus biporcatus Cuv. = porosus Schneid. Von Singapore und
Sumatra bis Amboina und Timor fand ich es überall wohl bekannt
und oft genannt, aber hörte nie von einem bestimmten Fall, dass
es einen erwachsenen Menschen angegriffen oder gar getödtet hätte;
doch vermied man es gerne, durch Flüsse an solchen Stellen zu
reiten, an denen man buaya’s vermuthete. Kinder sollen aber öfter
von ihnen geraubt werden, und wie bei dem Menschen Furcht und
Ehrfurcht, Trauer und glaubensstarke Resignation öfters eines aus
dem andern hervorgehen, so sollen auch die Eingeborenen, nach
den Erzählungen, welche ich auf mehr als einer Insel hörte, das
Krokodil, das in ihrer Nähe haust und ihr Kind verschlungen hat,
nicht verfolgen, sondern heilig halten, in dem Glauben, die Seele
eines ihrer Vorfahren wohne in ihm und habe gleichsam ein Recht,
den Enkel »zu sich zu nehmen«. Selbst über den Tiger sollen hie
und da ähnliche Anschauungen auftauchen. Der Eingeborene wie
der europäische Ansiedler kennt das Krokodil nur als eine einzige
Thierart, doch scheint neben dem jedenfalls häufigeren Crocodilus
biporcatus Cuv. auch eine zweite, dem Nilkrokodil noch nähere Art,
Cr. palustris Less., im indischen Archipel vorzukommen. Nur auf
Borneo an den grossen Binnenseen des obern Kapuasgebiets sprachen
mir die Eingeborenen von zwei Arten von Krokodilen, das zweite
durch Vergleichung mit dem Fische djulung, d. h. Belone, näher be-
zeichnend; sie meinten also zweifelsohne die Borneo eigenthümliche
Art, welche sich durch ihre dünnere lange Schnauze auszeichnet
und dem vorderindischen Gavial nähert, Croc. Schlegelii Sal. Müller,
oder Mecistops Gray; dasselbe wird in den grossen Altwassern des
südlichen Borneo’s von den Eingeborenen als buaya-sapit, Zangen-
krokodil, unterschieden.
Die Eidechsen sind im indischen Archipel reich vertreten
und ihres verschiedenen Aussehens wegen werden die hauptsäch-
lichsten Gattungen überall durch besondere Namen unterschieden.
Wie schon die alten Griechen und Römer den nordafrikanischen
Waran seiner Grösse wegen als Landkrokodil bezeichneten, so hört
man auch im indischen Archipel die daselbst häufigen Warane öfters
[279]Warane, Histiurus.
ähnlich nennen, z. B. auf Timor buaya-darat; die besser unterrich-
teten Eingeborenen der grossen Sunda-Inseln aber haben für ihn
den eigenen Namen biawaq oder minjawaq, mit den Variationen
benjawaq, menjawaq, badjawaq, auf den eigentlichen Molukken
soa-soa, während die Holländer seit lange auf ihn den eigentlich
der mittelamerikanischen Iguane entlehnten Namen Leguan über-
tragen haben. Diese beweglichen und kräftigen Eidechsen, deren
Länge einen vollen Meter erreichen kann, wovon freilich der Schwanz
mehr als die Hälfte ausmacht, halten sich gern an Flussufern auf,
leben übrigens auch öfters in unmittelbarer Nähe der menschlichen
Wohnungen, wenn sie nur daselbst einen Versteck für die belebtere
Tageszeit finden, und sind alsdann als Hühnerdiebe gefürchtet.
Einer, welchen ich auf Batjan erhielt, kletterte sehr geschickt an
den Bambuwänden meiner Wohnung hinauf und war dann nur mit
grosser Mühe und Kraftanstrengung davon wegzubringen; so fest
wusste er sich mit seinen Krallen zu halten und so eng sich jedem
Winkel anzuschmiegen. Bei unserm ersten Aufenthalt auf Singapore
wurde mir ein lebender gebracht, der bereits von dem Chinesen,
der ihn gefangen, zum Verspeisen bestimmt war; ich hielt ihn an
Bord der Fregatte lebend, bis er kurz vor unserer Ankunft in
Japan nach Angabe der Matrosen aus seinem Holzkäfig ausbrach
und durch eine Kanonenluke ins Meer entwischte, erlebte aber
wenig Freude an dem ungestümen, gefrässigen und kaum rein zu
haltenden Thiere. Eine Stimme hörte ich nie von ihm, obwohl
Valentyn die amboinesischen des Morgens pu pu pu schreien lässt.
Es gibt mehrere Arten, auf den grossen Sunda-Inseln nebst Singa-
pore ist Varanus bivittatus Kuhl. (salvator Laurenti) häufig, nach
Sal. Müller bis zu den Molukken verbreitet; auf Batjan und
Amboina erhielt ich nur V. chlorostigma Schlegel, der auch auf
Neuguinea vorkommt, auf Timor ist seit Peron als eigenthümliche
Art V. (Odatria) Timorensis Gray bekannt.
Der Grösse nach zunächst nach den Waranen kommt die den
Molukken im weitern Sinn eigenthümliche Gattung Histiurus, der
sogenannte amboinesische Basilisk, mit hoher Vertikalflosse auf dem
Schwanz, welche auf ein noch mehr amphibisches Leben als das
des Warans deutet, womit die Schilderung übereinkommt, welche
der alte Valentyn von diesem Thier unter dem Namen Kampfhahn
oder Wasserleguan gibt; in seinem Magen fand ich nur halbzerstörte
grüne Blätter, Valentyn gibt Samen und Beeren einer Wasserpflanze
[280]Baum-Eidechsen des Archipels.
an. Die Eingeborenen sowohl auf Batjan als Amboina geben ihm
denselben Namen wie dem Waran, soa-soa, obwohl er zoologisch
einer andern Familie von Eidechsen angehört.
Wie Leguan und Alligator, so hört man auch die Benennung
Chamaeleon oft im indischen Archipel aus dem Munde von Euro-
päern, welche sich damit den Schein von naturgeschichtlichen
Kenntnissen geben wollen; es lebt aber im ganzen Bereich des
indischen Archipels kein wahres Chamaeleon,28) d. h. keine gross-
äugige Eidechse mit Pfeilzunge, Wickelschwanz und Klammer-
füssen, so wenig als Alligatoren und Iguanen im zoologischen Sinne
der Namen, sondern es sind kleine dickköpfige Eidechsen mit kurzer
platter Zunge und sehr langem dünnen Schwanz, Calotes (Bron-
chocela) der Zoologen, bunglon, kruning oder tanggarlasan der
Malaien, balisamba auf Batjan, welche wegen eines leichten Farben-
wechsels der Kehle je nach dem gereizten oder ruhigen Zustande
des Thieres Chamaeleon genannt werden. Sie sind als Baumthiere
von papageigrüner Farbe, welche freilich in Spiritus verloren geht,
und zeigen grosse Gewandtheit und Raschheit im Klettern und
Springen von Ast zu Ast; wenn man eines verfolgt und plötzlich
aus dem Auge verliert, so sehe man erst nach, ob es nicht an oder
in die Kleider des Verfolgers selbst sich geflüchtet. Die Eier sind
verhältnissmässig gross, bis zur halben Rumpflänge, pergamentartig
und spindelförmig. Die häufigste Art von Singapore, Sumatra,
Java und Borneo ist Calotes cristatellus Kuhl., ein wenig verschieden
davon ist derjenige der Molukken, C. Moluccanus Less.29) Ihnen nahe
verwandt ist die Gattung Lophyrus, welche auf den Molukken und
vielleicht auch auf Celebes fehlt, aber auf allen Inseln und Halb-
inseln der westlichen Hälfte des Archipels Borneo, Java, Sumatra,
Banka und Malakka vertreten ist, und nicht minder nahe verwandt
in Bau und Lebensweise sind die sogenannten fliegenden Drachen,
Draco L., nur dass diese durch ganz ungewöhnliche Verlängerung
der Rippen jederseits einen beliebig auszuspannenden Fallschirm
erhalten haben, welcher sie zu noch grösseren Sprüngen befähigt,
daher auch die malaiische Benennung tjitjaq terbang, fliegende Eidechse.
In mehreren Arten durch den ganzen Archipel verbreitet, sind sie
doch im Allgemeinen selten und schwer zu sehen, obwohl sie öfters
in den Gärten der Europäer selbst wohnen, aber stets hoch oben in
den Kronen der Bäume sich aufhalten; namentlich des Mittags bei
heissem Sonnenschein — als kaltblütigen Thieren wird es ihnen
[281]»Fliegende« Vierfüssler. Gecko’s.
nicht leicht zu warm — und bei ruhigem Wetter soll man sie von
Zweig zu Zweig springen sehen. Wenn gleich der Mechanismus
anders ist als bei den sogenannten fliegenden, richtiger luftsprin-
genden Säugethieren (Galeopithecus, Pteromys, Petaurus), bei denen
die Seitenhaut durch die Extremitäten, nicht durch die Rippen aus-
gespannt wird, so ist es doch eine bemerkenswerthe Uebereinstim-
mung, dass innerhalb des indischen Archipels die so verschiedenen
Verbreitungsbezirke der wesentlich asiatischen »fliegenden« Eich-
hörnchen (Pteromys) und der australischen »fliegenden« Beutelthiere
(Petaurus) zusammengränzen, und derselbe Archipel zugleich die
eigentliche Heimath der »fliegenden« Maki (Galeopithecus) und der
»fliegenden« Eidechsen (Draco), ja auch eines »fliegenden« Frosches,
von Wallace auf Borneo entdeckt, ist. Im tropischen Afrika finden
wir nur die »fliegenden« Eichhörnchen, wie in Osteuropa, Nord-
asien und Nordamerika; im tropischen Amerika dagegen gar keine
»fliegenden« vierfüssigen Thiere in dieser uneigentlichen Bedeutung
des Wortes, während dagegen dort eine andere Anpassung an das
Leben auf Bäumen, der Greif- oder Wickelschwanz, auf ähnliche
Weise in verschiedenen Thierordnungen mehr oder weniger spora-
disch auftritt, so bei Affen, was bei keinem indischen oder afrika-
nischen der Fall ist, Raubthieren (Cercoleptes), Nagern (Synethere)
und Ameisenfressern; im indischen Archipel kommt dieser streng
genommen nur bei Einem Thier, dem Kusu (Cuscus), vor.
Mit allen wärmeren Gegenden, subtropischen und tropischen
gemeinschaftlich, hat der indische Archipel die Familie der Wand-
eidechsen oder Gecko’s, durch Haftblättchen an der Unterseite der
Zehen charakterisirt. Als bei unserer Hinreise eine Windstille in der
Sundastrasse benützt wurde, um ein paar Stunden an Land zuzu-
bringen und in dem Städtchen Anjer während des geselligen Bei-
sammenseins mit den gastlichen Holländern die Nacht hereinbrach,
erschienen in der Gaststube oben an Wänden und Decke diese
kleinen grauen Eidechsen, leise und bedächtig, endlich aber mit
raschem Zufahren ihrerseits nun die Insektenjagd betreibend. Es
war Hemidactylus frenatus Schleg. und ich sah denselben später
noch oft in ähnlicher Weise auf Java. Der Malaie nennt ihn
tjitjaq, was auf einen Laut, ähnlich dem des eigentlichen Gecko in
Siam, zu deuten scheint, wovon aber etwas vernommen zu haben
ich mich nicht erinnern kann. Auf andern Inseln, namentlich den
Molukken (Amboina, Batjan), spielen dieselbe Rolle andere Arten
[282]Erd-Eidechsen des indischen Archipels.
von ähnlichem Aussehen, Platydactylus monarchus Schleg. und
Hemidactylus mutilatus Wiegm. Im Freien lebt auf Amboina nicht
selten eine graue Art mit schön weissem vorn gegabelten Rücken-
streifen, Platydactylus vittatus Houtt. sp., als tjitjak-traban von
meinem Diener bezeichnet, schon vom alten Valentyn als Pandang-
eidechse erwähnt, indem er sie auf den Blättern von Pandanus fand.
Nur auf Borneo erhielt ich den sonderbaren, durch einen seitlichen
Hautsaum ausgezeichneten Platydactylus (Ptychozoon) homalo-
cephalus Crev., welcher übrigens nach Kuhl’s Angabe auch auf Java
und zwar wie andere Geckonen in den Häusern lebt.
Die Eidechsen des Archipels, im allgemeinen Aussehen und
der Lebensweise unsern deutschen Eidechsen der Gattung Lacerta
vergleichbar, sind nur zum kleinsten Theil denselben auch zoologisch
nächst verwandt, wie der lebhaft gestreifte Tachydromus sexlineatus
Daud., den drei grossen Sunda-Inseln gemeinsam — ich fand ihn
im Innern von Sumatra und Borneo, bei Tibingtingi und Bengkayang,
am Waldrand zwischen niederm Gesträuch, und er rechtfertigte
seinen Namen »Schnellläufer« hinreichend, indem er mir mehrmals
glücklich entwischte. Den Molukken scheint diese Abtheilung der
Eidechsen gänzlich zu fehlen. Weit häufiger an Individuen und
zahlreicher an Arten durch den ganzen Archipel sind aber die auch
auf der Bauchseite mit kleinen Schuppen bedeckten Scincoiden,
vom Habitus der vierfüssigen raschen Eidechse zu dem der un-
behülflichen Blindschleiche wechselnd, meist oben bronze-glänzend
und sehr oft mit streifiger Zeichnung, die grösseren eidechsenähn-
lichen von Malaien bingkarong genannt, so namentlich Euprepes
carinatus Schneid. sp. (= Tiliqua rufescens Shaw sp., Gray, =
Eupr. Sebae D. B.), mit drei Kielen auf jeder Rückenschuppe, den
ich wie auf Siam, so auch auf den drei grossen Sunda-Inseln Su-
matra, Java und Borneo erhielt, und auf Amboina am Meeresstrand
selbst haschte, wo ich denn in seinem Magen eine kleine Garnele
(Palaemon) fand, welche er unter dem Meeresauswurf gefunden.
Ebenda fand ich einen kleineren raschen Scincoiden mit röthlichem
Schwanze, Heteropus Schlegelii Peters, auf den Steinen bis dicht
an den Rand des Seewassers vordringend. Häufiger auf Amboina
und Buru, zuweilen selbst in den Häusern, ist der ebenso kleine
und ebenso gewandte aber hübschere Euprepes cyanurus Less.,
durch drei blassgrüngelbe Längsstreifen auf dem Rücken und die
himmelblaue Farbe des Schwanzes ausgezeichnet; im westlichen
[283]Scincoiden, Blindschlangen, Riesenschlangen.
Theil des Archipels scheint er ganz zu fehlen, während seine Ver-
breitung nach Osten mindestens bis Neuguinea sich erstreckt. Zu
Wahai auf Ceram erhielt ich eine neuholländische Riesenform von
Scincoiden, Cyclodus flavigularis Wagl. (carinatus Günth.) und man
sagte mir dort, dass er entsetzlich giftig sei, ein Wahn, der wohl
nur der plumpen ungefälligen Gestalt des arglosen Thieres seinen
Ursprung verdankt. Es ist dieses eine der grössern und auffälligen
Thierarten der grossen Insel Ceram, welche dem anliegenden kleinen
Amboina fehlen, wie unter den Vögeln der Kasuar, unter den Land-
schnecken Helix ungulina, daher wohl schon öfters aus zweiter
Hand über Amboina nach Europa gebracht, ohne dass man hier
recht wusste, wo es zu Hause sei. Eine weitere australische Form
des östlichen Archipels ist der augenlidlose Cryptoblepharus Bou-
tonii D. B., den ich auf Amboina fand, und den das Leidner Mu-
seum aus Timor besitzt. Die mehr cylindrischen kurzfüssigen Lygo-
somen, in einzelnen Arten über den ganzen Archipel zerstreut, bilden
den Uebergang zu den ganz regenwurmförmigen Scincoiden, welche
in unserm Gebiet nur durch die Gattung Dibamus D. B. und die
ihr sehr ähnliche neue Typhloscincus Peters30) vertreten sind;
letztere brachten mir meine Bootsleute auf Ternate, denen ich für
dergleichen Thiere zuvor gute Bezahlung versprochen, zusammen mit
ächten Typhlops, T. braminus und flaviventris Peters, unter dem
Namen ular-besi, Eisenschlange, auch ular-minjak, Oelschlange,
wegen der glänzend stahlgrauen Farbe der Thiere; sie fanden die-
selben im Walde, in lockerm Humus, wie bei uns die Regenwürmer.
Unter den Schlangen sind zuerst zu erwähnen die Riesen-
schlangen des Archipels, die javanische ular-sawa, Reisfelder-
schlange, nach ihrem Aufenthalt genannt, Python molurus L. =
tigris Daud. = bivittatus Kuhl., Schleg. und der durch den ganzen
Archipel verbreitete P. reticulatus Schneid. = Schneideri Schleg.,
ular petola auf Amboina genannt, woraus die Zoologen das pseudo-
lateinische Wort petholatus als Ausdruck für die ähnlich bunte
Zeichnung anderer Schlangen und selbst Conchylien (Turbo petholatus
Linné) gemacht haben. Die Grösse der ersten übersteigt nicht
leicht 20, die der zweiten selten 10—15 Fuss. Der alte Valentyn,
welcher selbst die letztere in seinem Hause auf Amboina hatte, er-
zählt, wie »sie die Ratten gar nett zu fangen weiss; sie lässt die-
selben ohne sich zu rühren über ihren Leib laufen, aber wenn sie
von dem Kopf wegspringen, schnappt die Schlange zu und weg ist
[284]Riesenschlangen des indischen Archipels.
die Ratte«. Als Rattenvertilgerin wird sie daher auch in den Häu-
sern geduldet und vielleicht auch ursprünglich dieses Nutzens
wegen, vielleicht aber auch nach dem Satze: timor fecit deos, oder
aus einer unklaren Confusion beider Gründe öfters als heilig be-
trachtet. Wer eine tödtet, soll bald darauf selbst sterben, sagt der
Aberglaube auf Amboina, obwohl schon der für seine Zeit hin-
reichend aufgeklärte Prediger Valentyn keinen andern Schaden dar-
nach verspürt zu haben bezeugt als die Zunahme der Ratten im
eigenen Hause; auch dieses wusste der Aberglaube sich zurechtzu-
legen: der Geist der Schlange habe über einen Prediger keine Macht.
Ebenso wird sie von den Chinesen in ihren Dschunken gerne ge-
sehen und als ein Pfand des Glückes betrachtet, wenn sie etwas
frisst, als Unglück, wenn sie die Dschunke verlässt, und so hat die
Schiffahrt der Chinesen vermuthlich zu ihrer weiten Verbreitung
durch den Archipel beigetragen. Valentyn sagt ausdrücklich von
Amboina in dem ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts: sie kommt
gegenwärtig hier häufig vor, doch ist sie mit den chinesischen oder
javanischen Schiffen herübergebracht. Auch ist sie in neuerer Zeit
von der kleinen isolirten Bandagruppe und von China selbst ange-
geben worden, was beides durch Verschleppung mittelst Schiffen
seine Erklärung findet. Die Amboinagruppe der Molukken besitzt
übrigens noch einen anderen Python, den P. (Liasis) amethystinus
Schneid. sp., vielleicht Valentyn’s rothe oder apfelblüthfarbne
Schlange, Timor nebst dem anliegenden Samao den diesem sehr
nahe stehenden P. Mackloti D. B., auf Timor mir als ular-menke
bezeichnet.
Beiden Hauptgruppen der Molukken gemeinschaftlich, aber
den Sunda-Inseln fremd, ist eine kleinere Verwandte der amerika-
nischen Boa, Enygrus carinatus Schneid. sp.; die zusammengedrückte
Form ihres Körpers liess in ihr eine Wasserbewohnerin vermuthen,
daher der Name En-ygrus, im Feuchten, nass, aber die kurze, ein-
gebogen gehaltene Schwanzspitze und die ockergelbe Erdfarbe wider-
sprechen dieser Vermuthung; in der That fand ich sie auch auf
Moti (zwischen Tidore und Makian) nicht im Wasser, sondern auf
dem Berge im Wald, unter trocknem Laub zwischen Baumwurzeln,
und hörte, dass sie auch in Häusern gefunden werde. Unter den
natterartigen (Colubrina) treten im indischen Archipel die dünnen,
theils schön grünen, theils lebhaft gezeichneten, theilweise spitz-
nasigen Baumschlangen hervor: Dendrophis pictus Boie, oben
[285]Baumschlangen, Wasserschlangen u. s. w.
dunkel bronze-braun, mit hellgelbem Streifen an der Seite, ist mir
am häufigsten vorgekommen, überall von Sumatra bis Ceram wieder-
kehrend, etwas weniger oft der schönere Dendrophis (Chrysopelea)
ornatus Shaw, mit goldenen oder röthlichen Querbändern auf dem
Kopf, auf Siam, Sumatra und Banka (auch Java nach Schlegel),
welchem auf Borneo und den Philippinen D. rubescens Gray, auf
Amboina D. rhodopleurus Reinw. entspricht, letztere vermuthlich
Valentyn’s ular tsjinde, Seidenzeugschlange. Durch die Sunda-
Inseln und Molukken zugleich verbreitet dürften noch einige wenige
andere seit lange in den europäischen Sammlungen bekannte Colu-
brinen sein, so Brachyorrhos albus (auf Amboina mir fälschlich als
ular mata-buta, Blindschlange, bezeichnet), und Lycodon aulicus
(bis Timor), dagegen den drei grossen Sunda-Inseln (oft auch Ce-
lebes) gemeinsam, aber den Molukken fremd, viele Arten, welche
in den dort von Liebhabern zusammengebrachten Reptiliensamm-
lungen bis zum Ueberdrusse wiederkehren, so Simotes octolineatus
und purpurascens, Ablabes balioderus, Coluber korros, fuscus und
(Spilotes) melanurus, Tropidonotus quincunciatus, vittatus, (Am-
phiesma) rhodomelas, subminiatus, Herpetodryas (Gonyosoma) oxy-
cephala, Psammophis pulverulentus, Dryiophis prasinus, mycterizans
und Dipsas dendrophila. Umgekehrt gehört die lang bekannte Dipsas
irregularis Merr. den Molukken an.
Die aus dem Typus der Colubrinen bereits heraustretenden
Süsswasserschlangen, Homalopsis und Verwandte, sind wie viele
andere Süsswasserthiere auf den Molukken weniger zahlreich als
auf den grossen Sunda-Inseln; am weitesten verbreitet scheint H.
(Cerberus) cinerea Daud. = boaeformis Schneid. zu sein, wir kennen
sie von Malakka bis Timor; H. (Hypsircina) aër Boie von Java,
Borneo und Sumatra hat ihren Namen nicht etwa von aër, Luft,
sondern aus dem malaiischen ular ayer, Wasserschlange überhaupt,
erhalten und ist daher richtiger ayer oder ajer zu schreiben. Xeno-
dermus Javanicus Reinh. und Acrochordus Javanicus Hornstedt sind
bis jetzt in der That, wie ihr Name verlangt, nur auf Java gefun-
den worden.
Auch im indischen Archipel, wie überall auf Erden, gelten
bei den Ungebildeten und Halbgebildeten alle Schlangen für giftig;
in der That ist das aber nur bei einem Bruchtheil der Fall, etwa ⅕
der von den grossen Sunda-Inseln, ⅛ der von den Molukken und
Timor bis jetzt bekannt gewordenen Arten. Aber die für Europa
[286]Giftschlangen des Archipels: Elaps, Bungarus.
gültige Regel, dass die Giftschlangen an dem breiten, vom Hals
deutlich abgesetzten Kopf zu erkennen seien, reicht für diese Ge-
genden nicht aus, und ein holländischer Offizier zu Ambarawa
musste diese Halbheit seiner zoologischen Kenntnisse kurze Zeit vor
unserer Ankunft auf Java mit dem Leben büssen, indem er einen
Bungarus semifasciatus seines kleinen Kopfes wegen für unschäd-
lich hielt.31) Dieser Fall ist übrigens der einzige von einem durch
Schlangenbiss getödteten Europäer, wovon ich während meines
anderthalbjährigen Aufenthalts im Archipel hörte; freilich setzen
sich die Europäer einer solchen Möglichkeit weniger aus, und bei
den Eingebornen mag es öfters vorkommen, ohne dass die Kunde
davon über die nächste Umgebung hinausgeht; doch auch ich wurde
nie von einer Schlange gebissen, obgleich ich, die anfängliche Vor-
sicht bald vergessend, sehr oft sorglos genug in abgefallenem Laub
handirte, Steine umdrehte und den nur leichtbeschuhten Fuss in
Dickicht und Gestrüpp setzte.
Die Giftschlangen des Archipels gehören den Gattungen Elaps,
Bungarus, Naja und Trigonocephalus, im weiteren Sinne genommen,
an. Alle indischen Arten der erstgenannten zeigen helle Längs-
streifen auf dunkelem Grunde und können ihres kleinen Mundes
wegen kaum einen Menschen verwunden, sind also praktisch nicht
gefährlich, obwohl Dr. A. B. Meyer bei einigen derselben eine ko-
lossal entwickelte Giftdrüse nachgewiesen hat.32) Die Arten von Bun-
garus, ular belang auf Java genannt, sind weiss und schwärzlich ge-
ringelt, theils vollständige Ringe, theils am Bauch unterbrochen;
Schlangen derartiger Zeichnung also sind es, die neben den dick-
köpfigen besonders zu meiden sind. Da Vorderende und Hinterende
auf den ersten Blick bei denselben nicht allzu verschieden aussehen,
so hält das Volk sie hier für doppelköpfig, und warnt vor den
doppelköpfigen Schlangen als besonders gefährlichen, ein Aber-
glauben, den wir ebenso bei den alten Griechen, wenn auch durch
andere Gattungen veranlasst, finden und dem der Name Amphis-
baena seine Entstehung verdankt. Beide Gattungen, Bungarus und
Elaps, sind in einigen wenigen Arten über die drei grossen Sunda-
Inseln verbreitet; auf den Molukken sah ich sie nicht. Ebenso die
mit Vorderindien gemeinsame Brillenschlange, Naja tripudians, im
Leben daran kenntlich, dass sie in Gefahr den Vorderleib aufrichtet
und den Hals durch Aufwärtsziehen der vorderen Rippen schild-
artig verbreitert. Valentyn beschreibt sie als »Bergschlange« von
[287]Trigonocephalus und Tropidolaemus. Laubfrösche.
der Insel Bali, deren Fauna ja überhaupt nahe mit derjenigen von
Java übereinstimmt; weiter östlich ist sie noch nicht mit Sicherheit
bekannt. Im östlichen dagegen wie im westlichen Theil des Archi-
pels, von Malakka bis Amboina und Timor, finden sich die theils
grünen, theils braunen Trigonocephalus (einschliesslich Tropidolae-
mus) mit breit dreieckigem Kopf, ähnlich dem der Klapperschlange;
sie können den Rachen so weit aufsperren, dass Ober- und Unter-
kiefer fast in einer Ebene stehen und er bietet dann mit den spitzen
aus dem rosenrothen Zahnfleisch vorstehenden Giftzähnen einen
allerdings erschreckenden Anblick. Gleichmässig mit kleinen Schuppen
bedeckt ist der Kopf (Tropidolaemus) bei dem grünen quer gebän-
derten T. Sumatranus Raffl. (Wagleri Schleg.), ular kapok auf Ma-
lakka, Sumatra und Celebes, dem einfarbig grünen T. viridis Daud.
(gramineus Shaw) von Sumatra (ular daun) bis Timor (ular kesan)
verbreitet, sowie bei dem rothbraunen T. puniceus Schlegel von
Java und Sumatra. Grössere Tafeln auf dem Kopfe, wie die meisten
unschädlichen Schlangen, zeigt der ebenfalls bräunliche T. rhodo-
stomus Reinw., ebenfalls auf Java und Amboina (ular kawa); Borneo
hat einige verwandte Arten. Eine neuholländische, in unserem Ge-
biet bis jetzt erst auf Ceram beobachtete Form von Giftschlangen
ist der hochäugige braune Acanthophis cerastinus Lacep.
Unter den froschartigen Reptilien, malaiisch kodoq oder
lantji, treten auch hier als drei Hauptformen die Laubfrösche mit ver-
breiterten Zehen, die eigentlichen Frösche und die Kröten hervor.
Die ersteren sind auf den Sunda-Inseln (Celebes und Timor) hauptsäch-
lich durch die Gattung Polypedates vertreten, nebst einigen anderen
selteneren, wie Hylorana, Ixalus, Rhacophorus, Cornufer und Hy-
laedactylus, während den Molukken all diese fremd sind und dafür
der neuholländische Calamita (sive Pelodryas) caeruleus White33)
auf Ternate, Buru und Amboina auftritt, der seinen Artnamen »blau«
von der Farbe der in Spiritus aufbewahrten Exemplare europäischer
Sammlungen hat, da er doch im Leben so grün wie unser ein-
heimischer Laubfrosch ist. Micryla ist die einzige Gattung des Archi-
pels mit unausgebildetem Ohr, schliesst sich aber im Uebrigen an
die Laubfrösche an.
Die eigentlichen Frösche zeigen auf den Sunda-Inseln die
Gattungen Oxyglossus und Rana, von welch letzterer auch je eine
Art auf Amboina und Timor vorkommen soll, nebst den selteneren
Hornfröschen: Megalophrys und Ceratophryne. Zahlreicher sind
[288]Kröten. Grosse Insekten.
noch die Kröten, malaiisch kodoq-puru, Frösche mit Geschwüren,
oder auch kangkong genannt, wovon Bufo melanostictus Schneid.
(scaber Daud.) und B. biporcatus Boie auf den Sunda-Inseln die
häufigsten, erstere von Malakka über Singapore, Banka, Java (auf
Sumatra fand ich den nahe verwandten B. claviger Peters) und
Borneo bis Celebes und den Philippinen verbreitet, letztere ausser
Java auch auf Bali nach Bleeker vorkommend. Oefters findet man
sie in den Badeverschlägen der europäischen Häuser, da es hier
feucht, dunkel und einen grossen Theil des Tages über still ist.
Auf den Molukken dagegen ist mir keine Kröte vorgekommen und
auch in der Literatur finde ich keine andere als den nicht wieder
beobachteten Bufo minimus Lessons von Buru angegeben.
Geschwänzte Betrachier (Molche) fehlen dem indischen Archi-
pel vollständig.34)
4. Wirbellose Landthiere.
Obwohl es im indischen Archipel an Käfern und Schmetter-
lingen nicht fehlt, so scheinen die grossen und auffälligsten Formen
unter denselben doch weniger häufig und weniger dem, der nicht
speziell ihnen nachgeht, sich aufdrängend zu sein, als dieses im
tropischen Amerika sein dürfte. Doch stellen sich den altbekannten
amerikanischen Riesenkäfern: Scarabaeus (Dynastes) Hercules L.
und Cerambyx (Acrocinus) longimanus L. im Archipel gegenüber
der bis 0,08 Met. lange Scarabaeus (Chalcosoma) Atlas L. und Gi-
deon L. von den Sunda-Inseln und der unserem Rosengoldkäfer
verwandte Euchirus longimanus L. sp., 0,07 Met. lang, mit den
Vorderbeinen 0,1 Met. klafternd, von Ceram, unter den Pracht-
käfern der surinamischen Buprestis gigantea L. die kaum kleinere
B. bicolor F., fulminans F. und Buquetii Lap. von Java. Die hol-
ländischen Sammlungen enthielten gegen Ende des vorigen Jahr-
hunderts, als man noch hauptsächlich auf Grösse und Farbenreich-
thum sah, nach Cramer35) zu urtheilen, ebensoviele Ritterschmet-
terlinge aus Surinam allein, als aus dem ganzen indischen Archipel;
Snellen van Vollenhoven brachte die Anzahl der letzteren 1860 auf
55 Arten. Einer der schönsten unter ihnen ist Ornithoptera Pria-
mus L., sammetschwarz und smaragdgrün, mit einer Flügelspan-
nung von mehr als 0,2 Met., auf den Molukken, schon vom alten
Valentyn gerühmt, welcher ihn auf der kleinen Insel Nusa-laut
unweit Amboina gefangen hatte. Eine andere Art des Archipels
[289]Schmetterlinge des Archipels.
hat ihren Namen von der schönen Helena erhalten. Die Gattung
Ornithoptera, mit langen Vorderflügeln und ungeschwänzten Hinter-
flügeln, ist überhaupt auf den Molukken nebst Philippinen und
Neuguinea am reichsten entwickelt, auf Java und Borneo schon
sparsamer an Arten. Unter den Ritterschmetterlingen des indischen
Archipels finden wir auch die merkwürdigen Fälle dimorpher oder
polymorpher Weibchen, welche Wallace näher auseinandergesetzt
hat: während nämlich die Männchen der betreffenden Art stets
untereinander gleich sind, existiren zwei- oder mehrerlei in Färbung
und Flügelschnitt etwas abweichende Formen von Weibchen der-
selben Art, in der Regel eine davon dem Männchen sehr ähnlich
(virago); zuweilen leben die verschiedenen Formen an demselben
Orte, zuweilen sind sie geographisch getrennt.36) Auch die Gattung
Nymphalis (Charaxes, bei Cramer Equites Argonautae), durch die
geschwänzten Flügel den Rittern ähnlich, ist in manchen schönen
und auffälligen Arten durch den Archipel verbreitet; zu ihr gehört
z. B. Wallace’s Zirkelschmetterling. Nahe verwandt damit ist auch
Kallima Paralecta, welche durch den Schnitt der Flügel, sowie die
Zeichnung und Färbung ihrer Aussenseite ruhend einem dürren
Blatte so täuschend ähnlich sieht.37) Sehr häufig sieht man übrigens
im Archipel auch Weisslinge, den europäischen ähnlich, und die
sogenannten Danaer aus der Gruppe des Chrysippus L., gelbbraun,
schwarz geadert mit schwarzen weissgefleckten Spitzen der Vorder-
flügel; diese letztere Familie ist Europa wesentlich fremd, doch
streift die eben genannte Art eben noch seinen Südrand. Ebenfalls
häufig sind noch zwei Gattungen derselben Familie, Euploea (Papilio
Midamus L. auf den Sunda-Inseln, Eunice God. auf Amboina), schwarz
mit weissen Flecken, und Hestia (Idea), auf weissem Grunde schwarz-
gefleckt, letztere einige recht grosse Arten enthaltend, so P. Lyn-
ceus Drury. Charakteristisch ist auch die unseren Eckfaltern ver-
wandte Gattung Junonia, mit Augenflecken und gezähneltem Rande
der Flügel; bekannt ist die durch das Ultramarinblau ihrer Unter-
flügel ausgezeichnete J. Orithyia L. auf den Sunda-Inseln, und J.
Hedonia L. von Batjan. Bemerkenswerth durch die schmäleren Flügel
sind Cethosia (P. Penthesilea L.), in der Färbung jenen Danaern ähnlich,
aber der Rand der Flügel gezähnelt, und Hamadryas, als einzige
Annäherung an die südamerikanischen Heliconier, welche in neuerer
Zeit durch Bates als Gegenstand der auffälligsten Nachahmung
(mimicry) von Seiten anderer Schmetterlinge berühmt geworden
Ost-Asien. Zoologisch. I. 19
[290]Nachtschmetterlinge, Käfer.
sind. Die südamerikanischen Morpho sind im Archipel durch die Gat-
tungen Clerome, Drusilla (D. Domitilla erhielt ich auf Batjan) und Thau-
mantis ersetzt. Unter den Abendschwärmern finden wir im Archipel
wie anderwärts den Typus der europäischen Arten wieder. Die Nacht-
schmetterlinge sind verhältnissmässig noch wenig gesammelt, nament-
lich die kleineren; auch unter ihnen finden wir eine Europa ganz
fremde Familie, welche in Grösse und Flügelform mit den Rittern
wetteifert, die den Spannern verwandten Uraniiden, wovon auf Batjan
Nyctalemon Patroclus L., auf Amboina der nahe verwandte N. Achil-
laria und der australische Alcides Orontes L. leben. Ihre Färbung ist
aber eine düstere, vorherrschend braun oder schwarz, mit weissem
Band. Auffällig durch seine Färbung ist dagegen ein grosser Spanner
der Sunda-Inseln, Hazis militaris L., schön blau und gelb, fast
schachbrettartig gefleckt. Die grossen, in neuerer Zeit vielbespro-
chenen Seidenschmetterlinge Indiens und Chinas, aus der Verwandt-
schaft unserer Nachtpfauenaugen, Saturnia (Gruppe Atlas L.), mit
durchscheinenden Flügelflecken, reichen auch noch auf die Sunda-
Inseln herüber, es ist mir aber nicht bekannt, dass sie hier irgendwo
der Seide wegen in grösserem Maassstabe gezüchtet werden.
Unter den Käfern38) sind die Lamellicornier, wozu unsere
Maikäfer, Mistkäfer und Hirschschröter gehören, die reichste Familie
im Archipel, nicht nur an Arten überhaupt, sondern auch an grossen,
schönen und auffälligen Formen; ihr gehören auch die zwei schon
oben S. 288 angeführten Riesen an. Sehr zahlreich sind namentlich
die Arten aus den Unterabtheilungen der Goldkäfer (Cetoniden) und
der Melolonthiden. Auch die wesentlich afrikanischen Goliathiden
haben noch zwei Vertreter auf Java. Die Rüsselkäfer sind hier wie
überall reich vertreten, darunter von bemerkenswerthen Formen
hervorzuheben die schlanken, bis 1½ Zoll langen Brentus, der langhör-
nige Mecocerus gazella, die von Wallace hervorgehobenen Xenocerus,
Arachnobas, der einer Spinne in seinem Gange nachahmt, und Eu-
pholus, an den brasilianischen Edelsteinkäfer durch die Beschaffen-
heit der Flügeldecken erinnernd. Unter den Blattkäfern, Chryso-
meliden, fallen die goldgrünen Sagra durch ihre dicken Hinter-
schenkel auf; sie sind mir namentlich auf Flores viel vorgekommen.
All das sind Pflanzenfresser. Weniger fallen die von animalischen
Stoffen lebenden Käfer ins Auge, während diese umgekehrt in der
kalten Zone und bei uns in der kälteren Jahreszeit überwiegen, doch
fehlt es nicht an Lauf- und Schwarzkäfern, Carabiden und Melusomen,
[291]Käfer, Heuschrecken.
und unter den ersteren sind ganz besonders hervorzuheben: die
flache blattförmige Mormolyce auf Java und die zwar kleinere, aber
durch ein verhältnissmässig eben so langes Bruchstück ausgezeich-
nete Collyris. Häufig sind auch die Leuchtkäfer, Lampyris, ma-
laiisch kunang oder einfach api-api (Feuer) genannt, doch sah ich
sie hier nie so massenhaft, wie an den Stromufern in Siam. Valentyn
gibt an, dass sie auf den isolirten Banda-Inseln ganz fehlen sollen.
Eine in Palmstämmen lebende Käferlarve, malaiisch sabeta, schon
von Valentyn genannt, soll gegessen werden; vielleicht ist es Ca-
landra ferruginea, eine nahe Verwandte des in Surinam als Leckerei
geschätzten Palmwurms, Calandra palmarum. Ein kleiner Käfer,
vielleicht zur Gattung Melandrya, soll in Java zu Giftmischerei und
Verfertigung von Liebestränken gebraucht werden; es scheint aber
mehr Aberglauben, als reale Schädlichkeit zu sein.39)
Mehr bemerklich machen sich im Allgemeinen durch ihre
Grösse und einzelne Eigenschaften die Orthopteren. Eine der
europäischen ähnliche Werre, Gryllotalpa, hier ganz allgemein Erd-
hund, andjing-tana, genannt, kommt in Sumatra, Borneo und Java
oft des Abends in die offenen Häuser und auf die von einer Lampe
erleuchteten Tische geflogen. Häufig sind Grillen (Gryllus achatinus
und andere Arten), tjangkre, tshangkre, tjingkreq, nach ihrer Stimme,
und Heuschrecken (Acridien), balang oder bilalang. Von langhör-
nigen (Locustinen) fand ich Pseudophyllus durch das ganze Gebiet,
Gryllacris auf den drei grossen Sunda-Inseln, die spitzköpfigen
Conocephalus und Xiphidium auf Borneo, Salomona auf Amboina
und Adenare. Zu ihnen gehört auch der stachlige Megalodon ensifer,
welcher auf Java wie Hähne und Wachteln zum Kämpfen abgerichtet
werden soll. Valentyn erzählt, dass zu seiner Zeit auf Java und
Bali Heuschrecken von den Einwohnern gegessen wurden und dass
sie auch im Archipel zeitweise in grossen Schwärmen auftreten, so
1671 in Timor. Fangheuschrecken, Mantis, von brauner und von
grüner Farbe, sah ich öfters, namentlich auf Borneo, und auch sie
kamen Nachts in die Zimmer geflogen. Besonders charakteristisch
für den Archipel sind aber die dünnen, dürren Stabheuschrecken,
Phasma; Bacteria nematodes fand ich auf Java und Sumatra; in Ba-
tavia gab man mir eine stachlige braune Art (Heteropteryx de Haani)
als Rarität aus dem westlichen Borneo, und ich fand später sie
daselbst nicht ganz selten unter abgefallenem Laub im Sambasgebiet,
z. B. bei Sepang, stets flügellos. Die grösste aber ist das geflügelte
19*
[292]Blattheuschrecken, Cicaden, Feldwanzen.
Phasma (Cyphocrania) gigas L., auch über 0,2 Met. lang, häugfig zu
Amboina in den Gärten nächst der Stadt, hier tanke-seitan, Teufels-
stab, genannt. An sie schliesst sich an das wandelnde Blatt, Phyllium
siccifolium L. sp., schon von Valentyn auf Amboina beobachtet und
mit besonderem Interesse beschrieben; man nennt es dort nach seiner
Angabe ay ulit laun, Blatt des Baumes Condondong (Evia acida,
Spondiaceae). Der Hortulanus des botanischen Gartens in Buitenzorg,
Herr Teysmann, hatte mehrere lebend von einer Reise nach den
Molukken mitgebracht und sie in seinem Hause in Buitenzorg ge-
züchtet; man sagte mir auf Java, sie fänden sich nur auf den Mo-
lukken, in der europäischen Literatur finde ich aber ihr Vaterland
viel weiter angegeben. Wie dieses einem verdorrten Blatte, so sieht
ein anderes, das ich auf Java zu Tjandjor (Preanger-Regentschaften)
selbst gesehen, Hymenopus coronatus Oliv. sp., einer Zusammen-
setzung aus frischen Blumenblättern einer Rose in Farbe und Form
täuschend ähnlich und hielt sich in der That auch gern auf Rosen
auf, wo es deshalb gar nicht ins Auge fällt. Ebenso ahmen die
genannten Stabheuschrecken (Phasma) dürre Reiser, die Fangheu-
schrecken (Mantis) sowie Pseudophyllus und Phylloptera noch grüne
Blätter und die Spitzheuschrecken (Truxalis) spitze, erst halb ent-
wickelte Grasblätter täuschend in Form und Farbe nach.
Grosse Cicaden40) hörte und sah ich in Sumatra und Borneo
nicht selten, z. B. im Binnenland bei Sintang eine der C. imperatoria
ähnliche Art; auf Ambonia C. ocellata; andere auf Flores und Timor.
In Borneo machte man mich auf grosse goldgrüne Feldwanzen
(Pycanum amethystinum), mit schwarz- und orange-gewürfeltem
Rande, aufmerksam, welche sehr stark, doch nicht unangenehm
riechen und an heissen Tage viel fliegen, doch auch an dürrem
Holz sitzend gefunden werden; die Dajaker sollen sie gerne essen.
In Sambas nannte man sie mir pengas, anderswo sollen dieselben
walang-sangat (Stechheuschrecke, nach anderen mündlichen Nach-
richten talinsangi) heissen. Noch schöner metallisch, blau und
purpurn ist Callidea, durch die Länge ihres Schildchens ausgezeichnet
(C. purpurata auf Amboina, Peroni auf Timor, andere auf Java).
Häufig von Sumatra bis Timor fand ich schwarzrothe Feuerwanzen
(Pyrrhocoris). Andere Feldwanzen werden in Java und Sumatra kape
genannt, was Ellenrieder zu Cappaea latinisirt hat, auch kapiding
und pinding.
Betreffs die geselligen staatenbildenden Insekten ist im
[293]Ameisen, Wespen, Bienen, Mücken.
indischen Archipel noch ein weites Feld zu interessanten Beobach-
tungen offen; so erhielt ich auf Java mit anderen gewöhnlicheren
Insekten von einem einheimischen Sammler ein 14½ Linien grosses
flügelloses Weibchen einer anscheinend neuen Gattung Dichthadia,
das wahrscheinlich als weibliche Form zu Dorylus gehört.41) Die
Europäer sprechen auf den Sunda-Inseln sowohl als auf den Mo-
lukken von schwarzen, rothen und weissen Ameisen; letztere sind
die Termiten, welche das Malaiische richtiger als ani-ani oder auch
rajap gänzlich von den wirklichen Ameisen, semut, unterscheidet.
Von beiden kommen einige Arten im Freien, andere in den Häusern
vor. Termitenhügel von halber Mannshöhe, aus Erde fest zusammen-
gekittet, sah ich nicht selten im westlichen Borneo im Wald, meist
nahe oder dicht an den Bäumen, so dass diese sie vor dem Regen
schützen. Dass sie auch in den Häusern Schaden anrichten, zeigt
sich schon aus der mehrfach im indischen Archipel erzählten Anek-
dote, dass eine ungetreue Haushälterin auf den Gedanken kommen
konnte, sich damit zu rechtfertigen, die ani-ani hätten das ihr über-
gebene Silbergeld aufgefressen! Von wirklichem grossen Schaden,
den sie angerichtet hätten, hörte ich übrigens nichts. Lästiger sind
die Ameisen in den Häusern, da sie es nothwendig machen, Ess-
waaren theils unter Wasser, theils wenigstens in Schränken, deren
Füsse durch Schälchen mit Wasser isolirt sind, aufzubewahren.
Wespen, tebuan, auf Sumatra Vespa tropica L., auf Borneo
dieselbe und V. anomala Sauss., andere auf den Molukken, werden
dem Reisenden zuweilen lästig. Freinistende (Polistes) sammelte ich
auf Borneo, Amboina und Timor, Lehmpillen-Wespen (Eumenes)
auf Borneo und Amboina, Tapezier-Bienen (Megachile) auf Java
und Flores. Eine grosse dunkelblaue, einsam lebende Holzhummel,
kumbang, Xylocopa?, sah ich mehrmals, auf Borneo sowohl als
auf Flores, in die Häuser kommen, um in den Thürpfosten oder in
dem Fussboden sich ein Nest anzulegen. Bienen, alba oder leba,
sind namentlich in den Wäldern des westlichen Borneo am oberen
Kapuas häufig und man findet bei den dortigen Einwohnern oft
grössere Quantitäten von Honig, mada (Sanskrit madhu, daher μέλι
und μέϑν mel und Meth), den sie dort gesammelt; damit hängt wohl
zusammen, dass auch ein Honigkukuk, Indicator, auf Borneo lebt.
Fliegen, lalar, und Stechmücken, njamoq oder agas, agé,
sind nirgends selten, die ersteren, wo Häuser, die zweiten, wo
stehendes Wasser ist, daher die Verhüllung der Betten durch
[294]Mücken, Bremsen, Haus-Insekten.
Muskito-Vorhänge, klambu, bei den Europäern und wohlhabenden
Einwohnern allgemein ist. Doleschall, der einzige, der sich speziell
mit der Untersuchung der Dipteren im Archipel selbst beschäftigt
hat, ist der Ansicht, dass es sehr vielerlei Arten sind, welche den
Menschen mit ihren Stichen belästigen. Beide Jahreszeiten sollen
eigenthümliche Arten zeigen und wahrscheinlich seien dieselben an
verschiedenen Plätzen verschieden. Er hat sieben Arten von Culex,
der bekanntesten unter den lästigen Gattungen Europas, theils aus
Java, theils aus Amboina beschrieben. Auf Amboina hat derselbe
auch fast mikroskopisch kleine Mücken beobachtet, deren Stich viel
schmerzlicher wird, als derjenige der Culexarten, wahrscheinlich
ein Simulium. 42)
Lästiger als die Muskitos wurden mir auf Borneo stellen-
weise im Freien, namentlich auf den Flüssen selbst im Boote, die
Bremsen, Tabanus, hier pitjaq genannt, von den Europäern als
Dajak’sche Fliegen bezeichnet. Die Familie der Bremsen, Tabanidae,
nimmt nach Doleschall gegen Osten merklich ab, während die
Mehrzahl der Dipteren-Familien keinen auffallenden Unterschied in
ihrer Vertretung zwischen Java und Borneo (Sarawak), Makassar
und Amboina zeigt. Weit verbreitete Arten sind nach demselben
namentlich Ptilocera quadridentata Wiedemann, von Sumatra bis zu
den Philippinen und Amboina und Java (Stratiomyidae), ferner Om-
matius fulvus Wiedemann, auf allen grossen Sunda-Inseln, den
Molukken und auch in Japan (Asilidae). Es ist übrigens zu erwarten,
dass noch viele der Arten, die bis jetzt nur an Einem Platze von
Einem Beobachter beschrieben worden sind, bei fortgesetzter Unter-
suchung eine nicht minder weite Verbreitung ergeben werden. Sehr
auffallend durch ihren hammerfischartig verbreiterten Kopf, wodurch
die Augen auf langen Stielen zu sitzen scheinen, sind die zwei
Gattungen Diopsis L., auch in Afrika zu Hause, und Achias Falr.
Von anderen menschlichen Parasiten hat nur die Laus einen
eigenen malaiischen Namen, kutu; der Floh wird Hundelaus, kutu
andjing, die Wanze Stinklaus, kutu busuq, genannt. Man möchte
daraus vermuthen, dass die beiden letzteren erst später durch mensch-
lichen Verkehr in den Archipel gekommen seien. Die Küchen-
schaben endlich, Blatta, malaiisch lipas, und die Zuckergästchen
oder Fischchen, Lepisma, sind sowohl im Archipel selbst, als auf
den Schiffen, die zwischen ihm und Europa fahren, häufig, daher
nicht zu entscheiden, wo ursprünglich zu Hause.
[295]Skorpione und Spinnen.
Skorpione, malaiisch kala tjinking oder auch kaladjingking,
auf den Molukken bibilatu, sah ich auf Sumatra häufig, es waren
grosse schwarze Arten, vom Aussehen des vorderindischen soge-
nannten Scorpio Afer L. (Heterometrus Ehrenb.). Die Eingebornen
fürchten ihn sehr und hieben ihm meist den Schwanz ab, wenn sie
ihn mir brachten; doch habe ich von einem ernstlichen Unglücks-
fall durch denselben nie gehört. Sc. mucronatus von Java hat da-
gegen das Aussehen und die geringere Grösse der europäischen Arten.
Beiderlei Arten finden sich auch auf Borneo und zwar in den Häusern,
daneben auch der kleinere, dem europäischen im Habitus ähnliche
Ischnurus complanatus Koch. Der schon Seba bekannte falsche
Skorpion, Thelyphonus, gunting, unschädlich, da er keinen Stachel
am Schwanze hat, ist von Sumatra bis Timor und zu den Philippinen
verbreitet; ich fand ihn auf Ternate und Amboina.
Unter den eigentlichen Spinnen, lawa-lawa malaiisch, fallen
dem Europäer am meisten die hartleibigen, stachligen, schwarzgelben
oder schwarzweissen auf, welche die Gattung Gastracantha Latr.
oder Plectana Walck. bilden. Auf den Molukken fand ich dieselben
im Gebüsche der Wälder häufig, auch auf Sumatra und Timor; sie
sind überhaupt von Malakka bis Neucaledonien und zu den Philippinen
verbreitet und haben auch ihre Repräsentanten im tropischen Ame-
rika. Grösser sind die unserer Kreuzspinne ähnlichen Nephila Leach.,
mit länglichem Hinterleib, auch durch den ganzen Archipel ver-
breitet, so N. chrysogastra Walck. auf Java, Celebes und Amboina.
Sehr zahlreich sind auch die Springspinnen, Salticus Latr. Die
grösste Spinne (der Leib 0,059, ein Vorderfuss 0,132 Met.) ist eine
Verwandte der surinamischen Vogelspinne, Mygale Javanensis Walck.,
aus Java und Celebes bekannt, von mir auch bei Palembang auf
Sumatra gefunden; dass sie in der That kleine Vögel angreift und
tödtet, ist von Dr. Doleschall direkt an einem Reisvogel beobachtet
worden. Dr. Hunnius beobachtete im westlichen Borneo eine grosse
Spinne, tabangkang der Dajaker, welche ihre Erdlöcher mit einer
beweglichen Thüre verschliesst, vermuthlich eine Gattungsverwandte
der von Sauvages bei Montpellier beobachteten Cteniza caementaria
L. und ihrer von Doleschall auf Amboina gefundenen Schwester,
Ct. Malayana Dol. 43) Auch Weberknechte, Phalangium, und
Zacken, Ixodes, malaiisch karapti, fehlen dem Archipel nicht, so-
wie verschiedene Milben. Eine der letzteren, Trombidium Borneense,
wurde von Dr. Hunnius bei einer Hautkrankheit der Eingebornen,
[296]Tausendfüsse, Land-Blutegel.
Herpes, beobachtet, übrigens als Folge, nicht als Ursache der
Krankheit betrachtet.
Tausendfüsse, Myriopoden, verschiedener Gestalt sind
durch den ganzen Archipel zahlreich, doch sah ich die grösseren
hauptsächlich auf den grossen Sunda-Inseln, Sumatra und Borneo,
so die flachen, rothbraunen oder grünlichen giftführenden Scole-
pendern, malaiisch halalipan oder alipan, die unschuldigen cylin-
drischen Julus (Spirostreptus Brandt), auf Amboina ular tjintjin,
Ringschlange, auf Ternate kolomi genannt, die zur Vertheidigung
nur einen dunkelrothen beschmutzenden Saft von sich geben und
sich in eine Spirale einrollen, meist schwarz, mit rothen oder blassen
Füsschen, beide mehrere Zoll lang, und endlich die breiteren glänzend-
glatten Zephronia Gray (Sphaeropoeus Hercules Brandt), die ich im
mittleren Sumatra häufig gefunden, zu einer wallnussgrossen Kugel
bei Beunruhigung sich zusammenrollend, nicht selten gesellig im
Wald unter altem Holz. Gleichmässiger im Osten wie im Westen,
überall nicht selten, fand ich die platten mattschwarzen Polydes-
mus, 44) die sich durch mehr von einander abgesetzte Segmente mit
oft hübscher Skulptur auszeichnen, übrigens so träge wie die Julus
sind. Von leuchtenden Tausendfüssen hatte ich mehrmals gehört
und finde auch in den malaiischen Vocabularien ein eigenes, freilich
sonderbar klingendes Wort, almair, für dieselben; gesehen habe ich
das Leuchten nur einmal, im westlichen Borneo zu Bengkayang, als
wir spät Abends noch in der Veranda sassen: es war ein kleines,
dünnes Thierchen, von ähnlichem Ansehen, wie der europäische
Geophilus, das in seiner ganzen Ausdehnung und continuirlich
schwach leuchtete, aber zwischen den Planken entkam, ehe ich
mich seiner versichern konnte.
Unter den Anneliden sind in Ostasien die Landblutegel
(Haemadipsa) berüchtigt; vorzüglich von Ceylon sind ernste Klagen
über sie als Landplage laut geworden. Auf Sumatra und im west-
lichen Borneo sind sie mir mehrmals vorgekommen und haben mich
auch einige Tropfen Blutes gekostet, immer nur in sehr feuchten
Bergwäldern, und ohne dass ich je an mir oder anderen von ern-
sten Folgen ihrer Angriffe etwas erfuhr. Freilich fühlte ich mich
ein wenig unbehaglich, wenn ich eine Sekunde stehen bleibend von
allen Seiten über die feuchten Blätter viele solcher kleiner Blutegel
wie Spannerraupen gegen meine Füsse heranmarschiren sah, auf
vier bis fünf Fuss im Umkreis, oder plötzlich an meinem leinenen
[297]Land-Anneliden und Landschnecken.
Beinkleid einen Blutfleck bemerkte, indem die Bissstelle, nachdem
der Egel vollgesogen und abgefallen war, noch fortblutete, aber
dieses war oft auch das erste und letzte Zeichen, wodurch ihre
Angriffe mir kund wurden. Ueberhaupt sah ich sie nur einige wenige
Male, auf den Molukken nie.
Regenwürmer, den unsrigen ähnlich aber durchschnittlich
kleiner, fand ich auf den meisten der von mir besuchten Inseln des
Archipels einschliesslich der eigentlichen Molukken, wo sie mir als
kolotili bezeichnet wurden. Auch einzelne Landplanarien aus
dem indischen Archipel sind bereits bekannt.
Ueber die Landschnecken, deren spezielle Bearbeitung
den folgenden Band füllt, möge hier nur so viel gesagt werden,
dass sie für den Nichtliebhaber auf den grossen Sunda-Inseln
kaum sich irgendwie bemerklich machen, auch dem Sammler selbst
oft erst durch die verbleichten weissen Schalen auf dem schwarzen
kahlen Grunde einer niedergebrannten Waldstrecke sich verrathen.
Die grösste Art des holländisch-indischen Archipels, Nanina Brookei,
wird von den Eingeborenen des nordwestlichen Borneo zuweilen als
Schmuck getragen, die einzige praktische und nationale Verwendung
einer Landschnecke, welche mir im Archipel vorgekommen; nament-
lich hörte ich auch nie, dass Eingeborene sie als Speise benutzen.
Kaum mehr fallen sie auf den Molukken ins Auge, doch finden wir
einige wenige grössere derselben ihren Weg unter die daselbst von
eingeborenen Händlern feilgebotenen Seeconchylien, so Helix ungulina,
zonaria und Nanina citrina. Allein auf Timor traf ich zwei Arten,
Helix argillacea und Bulimus contrarius, stellenweise so zahlreich
auf niedrigem Gebüsch, dass sie sich schon dem Vorübergehenden
verriethen, ehe er stille stand und absichtlich nach Schnecken
suchte. Als Nahrung habe ich sie auch hier nicht benutzt gesehen.
5. Süsswasserfische.
Der schon bei den Säugethieren erörterte Gegensatz zwischen
der westlichen und östlichen Hälfte des indischen Archipels tritt
wiederum bei den Süsswasserfischen sehr stark hervor, und zwar
in der Weise, dass der östliche Theil weit ärmer als der westliche
ist, ganze Familien dort fehlen, ohne dass neue hinzukommen.
Unter den grossen Sunda-Inseln ist wiederum Borneo am günstig-
sten für Süsswasserfische, seiner grossen Ströme und Seen wegen;
ich beobachtete daselbst 94 Arten während eines dreimonatlichen
[298]Cyprinoiden im indischen Archipel.
Aufenthaltes in dem Gebiete der beiden Ströme Kapuas und
Sambas, 45) obwohl ich das grösste Stromsystem der Insel, das des
Barito, das fast ein Drittel derselben einnimmt und im Südosten bei
Banjermasin ausmündet, der damaligen Unruhen wegen nicht betreten
konnte. Unter diesen 94 Arten sind alle artenreicheren Hauptabthei-
lungen der Fischklasse vertreten, Stachelflosser, Weichflosser mit und
ohne Luftgang der Schwimmblase, Fische mit verwachsenen Schlund-
kiefern, Fische mit unbeweglichen Kiefern, Büschelkiemer und
Knorpelfische; es fehlen aber die Doppelathmer (Lepidosiren), Ga-
noiden und Neunaugen, obgleich diese in andern Erdtheilen auch
in süssem Wasser leben. Die an Arten zahlreichste Familie ist auch hier
die der karpfenartigen Fische, wie in Europa und wahrscheinlich
auch in den meisten Ländern Asiens mit Ausnahme des Nordens,
wo sie gegen die lachsartigen Fische zurücktreten. Doch finden
sich auch in dieser Familie nach Bleeker’s engerer Umgränzung der
Gattungen nur Eine (Chela), nach Günther’s weiterer zwei Gat-
tungen (Chela und Barbus), welche auch in Europa vertreten sind,
und zwar die erstere nur in der östlichen Hälfte unseres Erdtheils,
den untern Stromgebieten der Ostsee und des Schwarzen Meers
durch die sogenannte »Ziege«, Chela cultrata. Besonders charak-
teristische Formen sind die Labeoninen, durch dickfleischige Lippen
und lange Rückenflosse ausgezeichnet, die meisten auch dunkler gefärbt,
nicht so silberweiss wie unsere Weissfische, sondern grünlich-golden
wie der ikan pato, Osteochilus Kappeni Blkr., oder schwärzlich wie
der ikan k’labo, O. melanopleurus Blkr. Eine eigenthümliche Form in
dieser Familie, mehrfach an den Hecht erinnernd, ist auch die Gat-
tung Luciosoma, djemunga im obern Kapuasgebiet genannt, mit bis
unter die Augen gespaltenem Rachen, weit hinten stehender Rücken-
flosse, fadenförmiger Verlängerung des ersten Strahls der Bauch-
und Afterflosse und ungleich lappiger Schwanzflosse. Die grössere
Farbenmannigfaltigkeit, welche den Thieren der heissen Gegenden
im Allgemeinen zukommt, bewährt sich auch an ziemlich vielen
Arten dieser Familie: die rothe Färbung der Augen und Flossen,
welche schon manche europäische Arten ausgezeichnet und ihnen
eigene Namen, wie Rothauge, Rothfeder u. dgl. verschafft hat, ist
hier ziemlich häufig, z. B. bei Barbus apogon und bulu, sowie dem
ebengenannten Luciosoma; das Auge allein ist lebhaft roth gefärbt
bei Osteochilus melanopleurus und Dangila ocellata, Auge und
Rückenflosse allein bei Osteochilus vittatus, Rücken- und Schwanz-
[299]Verschiedene Färbung an Flossen und Rumpf.
flosse bei Rasbora Sumatrana, die Bauchflossen besonders lebhaft
roth bei Barbus Sumatranus. Dazu kommen bei ziemlich viel Arten
noch bestimmte schwarze Bänder, wie wir sie an europäischen
Cyprinoiden nicht kennen, theils an den Flossen, theils am Körper.
An den Flossen sind diese schwarzen Bänder
- 1. Endständig längs des freien Randes, also die Enden aller
Strahlen verbindend, - a) an allen drei unpaarigen Flossen bei Barbus mela-
nopterus, - b) an der Rückenflosse allein bei Dangila festiva,
- c) an der Schwanzflosse allein bei Rasbora argyrotaenia.
- 2. Randständig längs der Strahlen, am Vorderrande der
Flossen am Rumpf, am obern und untern Rande der
Schwanzflosse - a) an allen Flossen bei Barbus rubripinnis,
- b) nur an der Schwanzflosse bei Barbus hampal.
- 3. Ebenfalls den Strahlen parallel, aber nur nahe, nicht an
dem Rande und zwar nur an der Schwanzflosse; oben und
unten bei Barbus Schwanefeldi, Luciosoma trinema, Dan-
gila festiva und Chela oxygastroides. - 4. Eine schwarze Querbinde durch die Rückenflosse von vorn
nach hinten, die Strahlen kreuzend, etwas höher und
schon am freien oder obern Rand endigend bei Barbus
Schwanefeldi, etwas tiefer und bis zum hintern Rand
gehend bei Barbus Sumatranus. - Die Flossen, welche schwarze Bänder tragen, sind
meist mehr oder weniger lebhaft roth gefärbt, entweder
durchaus oder doch in der Nähe des Bandes.
Die Bänder auf dem Rumpf sind
- 1. Längsbänder, vom Kopf zum Schwanz,
- a) ein einziges in mittlerer Körperhöhe die Seitenlinien
einbegreifend, vom Kiemendeckel bis zur Schwanzflosse,
bei manchen Exemplaren noch in diese bis zur Mitte
ihres Einschnittes fortgesetzt, bei Osteochilus vittatus;
nur spurweise, unterbrochen und grossentheils ober-
halb der stark abwärts gebogenen Seitenlinien bei Chela
oxygastroides, - b) mehrere Längsbänder, jederseits drei bis sechs, eine
mittlere darunter die Seitenlinie einbegreifend, bei
[300]Färbung der Cyprinoiden des Archipels.
Barbus fasciatus. Dieser erinnert dadurch an die marine
Gattung Therapon. - 2. Querbänder, von oben nach unten,
- a) vier scharfbegränzte schwarze, das vorderste durch das
Auge, das zweite dicht vor, das dritte dicht hinter der
Rückenflosse, in diese und die Afterflosse übertretend,
das hinterste am Grunde der Schwanzflosse, bei Barbus
Sumatranus, - b) zwei breite dunkelbraune, eines vor, das andere hinter
der Rückenflosse, bei Botia macracantha, - c) unbestimmt begränzte, grünlich-graue in wechselnder
Zahl, 1—3, das deutlichste unter der Rückenflosse,
zuweilen noch mehrere halbverbundene im hintern
Körpertheile, bei Barbus lateristriga, - d) ein undeutliches verblasstes unter der Rückenflosse bei
Barbus hampal, - e) ein schwarzes kurzes im Nacken, bis zum Kiemendeckel
herabreichend bei einem Exemplar von Rohteichthys
microlepis aus dem Binnensee Danau Sriang. - Wenn zugleich am Rumpf und auf den Flossen
Bänder vorkommen, zeigen sich bei niedergelegter Flosse
ihre endständigen Bänder (1) als Fortsetzungen der Quer-
bänder am Rumpf, die längs der Strahlen verlaufenden,
sowohl die randständigen als die mittlern (2 und 3), als
Längsbänder.
Schwarze runde Seitenflecken, wie solche sich oft bei Meer-
fischen finden, finden sich auch unter den Cyprinoiden von Borneo
und zwar
- a) je einer an der Basis des Schwanzes bei vielen, nicht allen
Exemplaren von Barbus apogen, bei Rohteichthys micro-
lepis und bei Osteochilus Kappeni, - b) neben diesem auch noch ein ähnlicher in der Schulter-
gegend über der Brustflosse bei Dangila ocellata.
Ein metallisch glänzendes Längsband an der Seite, silbern
oder messingglänzend, an dasjenige von Atherina erinnernd,
- a) die Seitenlinie begleitend bei Dangila festiva und Thyn-
nichthys polylepis, - b) oberhalb der Seitenlinie bei Rasbora argyrotaenia, welche
hievon den Namen hat, und Chela oxygastroides.
[301]Grosse Cyprinoiden. Stachlige Siluroiden.
Die Cyprinoiden Borneo’s sind durchschnittlich von mittlerer
Grösse und werden überall von den Eingeborenen und Chinesen als
Speise genossen, ohne dass ich einzelne Arten als besonders bevor-
zugt hätte rühmen hören. Zu den kleinsten gehört der bunte Barbus
Sumatranus, häufig in pflanzenreichen, langsam fliessenden Bächen
und so wenig scheu, dass er dem Badenden durch wiederholtes
Anstossen an die Füsse sich bemerklich macht, höchstens bis
0,07 Met. lang, meist bedeutend kleiner, und Rasbora Sumatrana, zu
den grösseren Arten der tingangat oder umban, Barbus bulu bis 0,5,
der benuan, Barbus armatus 0,3, und der djilawat, Leptobarbus
Hoeveni (?), bis 0,57 Met. lang. In der Unterfamilie der Cobiti-
dinen, zu der die europäische Bartgrundel gehört, finden wir neben
dieser ähnlichen Formen auch die verhältnissmässig grosse Botia
macracantha, durch einen starken beweglichen Stachel vor dem
Auge ausgezeichnet, von der ich ein 0,232 Met. langes Exemplar
durch Dr. z’Hooft in Pontianak erhielt.
Die welsartigen Fische (Siluroiden) spielen im indischen
Archipel vielleicht eine ebenso wichtige Rolle als die karpfenartigen;
wenn auch etwas weniger zahlreich an Arten, sind sie doch durch-
schnittlich grösser und zeigen eine grosse Mannigfaltigkeit der
Formen. Bei der Mehrzahl trägt die Brustflosse einen starken ge-
zähnelten Stachel, womit der lebende Fisch die Hand dessen, der
ihn ergreift und festhalten will, ernstlich verwunden kann; solche
werden malaiisch ikan-duri, Stachelfisch, genannt und man warnt
den Fremden eindringlich davor sie zu berühren; wahrscheinlich
hat Fluss und Ortschaft Sungi-duri im westlichen Borneo davon
den Namen. Ziemlich viele, die Abtheilung Siluridae proteropteri
Gthr, bildend, haben auch in der ersten Rückenflosse einen ähn-
lichen gezähnelten Stachel; hieher die im indischen Archipel arten-
reichen Gattungen Arius und Macrones (früher mit Bagrus vereinigt)
nebst Verwandten; diese zeigen in der gegabelten Schwanzflosse
und den von ihr weit getrennten kurzen Rücken- und Afterflossen
noch mehr die Formen der gewöhnlichen Fische, doch fallen
sofort die starken Bartfäden, von denen ein Paar oft nahezu die
Länge des ganzen Körpers erreicht, und die bei Macrones oft sehr
langgedehnte Fettflosse hinter der Rückenflosse auf. Die Farbe des
Körpers ist ein mehr oder weniger blasses Grau, auch Graublau,
mehr oder weniger glänzend, bei einer Art ein lebhaftes Gummigutt-
gelb mit rother Basis und schwärzlichem Ende der Flossen, daher
[302]Verschiedene Formen der Siluroiden.
am obern Kapuas ikan pisang, Bananenfisch, genannt, Bagroides
melanopterus Blkr.; bei Liocassis stenomus finden sich grosse schwarze
Flecken, die mehr oder weniger unter sich verbunden sind. Bei
einer andern Gruppe welsartiger Fische bleibt zwar noch die
Schwanzflosse frei und gegabelt, aber die Afterflosse dehnt sich
ungemein lang, während die Rückenflosse verkümmert oder ganz
verschwindet (Gattung Cryptopterus im weiteren Sinne); der Kopf
ist verhältnissmässig klein, der Körper seitlich zusammengedrückt,
die Färbung hell, matt metallglänzend, öfters ein dunkelstahlblauer
oder schwarzer Seitenfleck hinter dem Kiemendeckel oder auch an
der Basis der Schwanzflosse; diese Fische, die auf Borneo ziemlich
häufig sind und eine ansehnliche Grösse erreichen, werden von den
Malaien im Allgemeinen lais genannt; Cryptopterus micropogon, von
dem ich am Binnensee Danau Sriang ein Exemplar von 0,33 Met.
Länge erhielt, nannte man mir dort lais-tima nach seiner Zinnfarbe
(tima mal. Zinn). Ebenda erhielt ich eine andere auffällige Gattung,
welche mit den systematischen Charakteren der welsartigen Fische,
namentlich auch dem gezähnelten starken Stachel der Brustflosse,
hier blattförmig, die plattgedrückte breitmäulige Gestalt des See-
teufels verbindet, hier tuka genannt (Chaca C. V.); die Körperfarbe
ist dunkelbraun, oben mit einigen divergirenden gelben Streifen,
unten auffallenderweise dunkler, fast schwarz. Das Thier lebt wahr-
scheinlich am Grunde sumpfiger Gewässer; die auffällige Kleinheit
der Augen und die zahlreichen kurzen Fühlfäden an den Seiten des
Kopfes deuten darauf hin, dass er mehr mit Tasten als Sehen sich
behilft. Eine andere charakteristische Form sind die langgestreckten
braunen Clarias, in Borneo kalé oder k’li genannt, vorn cylindrisch,
hinten mehr zusammengedrückt, einfarbig oder hell getüpfelt, mit
langgedehnter niedriger gleichartiger Rücken- und Afterflosse; sie
besitzen ausser den normalen Kiemen noch eine accessorische Höhle
mit verzweigten Kiemenblättern unter dem Schädel, worin sie Wasser
längere Zeit aufbewahren können; sie können sich dadurch in zeit-
weise austrocknenden Gewässern am Leben erhalten, sollen sogar
über Land nach andern Gewässern wandern.
Eine analoge Einrichtung von derselben physiologischen Be-
deutung besitzt bekanntlich eine andere Familie, die der Labyrinth-
fische oder Blätterkiemer, welche zwar nicht artenreich, aber doch
für Indien und seinen Archipel sehr charakteristisch ist. Die Laby-
rinthfische im engeren Sinne sind kurze seitlich zusammengedrückte
[303]Labyrinthfische, Schlangenköpfe, Hechtkopf.
Stachelflosser mit mittelmässigen oder eher kleinen Schuppen, aus-
gezeichnet durch die grössere Anzahl einfacher kurzer Stacheln in
der langgedehnten Afterflosse; oft ist der erste Strahl der Brust-
flosse fadenartig, auffallend lang bei der Gattung Osphromenus; die
vorherrschende Farbe ist ein trübes Grau in verschiedenen Nuancen,
was gut zu ihrem Vorkommen auf schlammigem Boden passt, oft
mit einem oder zwei grossen runden schwarzen Seitenflecken, bei
verschiedenen Arten an verschiedenen Stellen, so in der Mitte des
Leibes und nahe der Schwanzflosse bei Osphromenus trichopterus,
der ausserdem noch durch rothes Auge und rothe Strichelchen am
freien Rande der Afterflosse geschmückt ist, oder auch schon halb
auf dem Grunde der Rückenflosse, wie bei dem sonst erdfarbenen
Polyacanthus Einthovenii. Durch zahlreiche goldglänzende Längs-
linien bei rothem Auge und schwarzer vorderer Hälfte der After-
flosse zeichnet sich Helostoma aus. Die Fische dieser Familie werden
überall zu den besseren Tafelfischen gerechnet, so der bekannte
gorami, Osphromenus olfax, welcher deshalb auch oft von Eingebo-
renen in Weihern gezüchtet wird und selbst durch französische
Kolonisten auf der Insel Mauritius akklimatisirt wurde, am obern
Kapuas kálowe genannt, und der biawan, Helostoma Temmiucki,
dessen Rogen in Borneo sehr geschätzt wird. Verwandt mit ihnen
und im Kiemenbau übereinstimmend, aber durch ihre gestreckte
cylindrische Körperform und die Weichheit aller unpaaren Flossen-
strahlen abweichend, sind die Schlangenköpfe, Ophicephalus,
wegen des flachen, grossschuppigen Kopfes so genannt, malaiisch
gabus, die bunteren auch toman oder tuman und serandan in Borneo
genannt, so O. pleurophthalmus mit kleinen ziegelrothen, oft in
Halbkreise gestellten Flecken an der Seite, und Oph. micropeltis
K. H. mit einem breiten rosenrothen, beiderseits indigoblau-ge-
säumten Seitenbande, das sich bis auf die Schwanzflosse erstreckt.
Sie sind als Speise beliebt und wie unser Aal durch zähes Leben
ausgezeichnet. Auch noch den Kiemen nach zu den Labyrinth-
fischen, den Flossen nach zu den Weichflossern gehört der Hecht-
kopf, Luciocephalus pulcher, neben der Kopfform auch in der nach
hinten gerückten Stellung der einzigen Rückenflosse unserm Hecht
ähnlich, aber viel kleiner, mit vorstreckbarer Schnauze, fadenförmig
verlängertem ersten Strahl der Bauchflosse und blassen Längsstreifen
an der Körperseite, bruson oder tom-brudjon von den Dayakern
am innensee Danau Sriang genannt.
[304]Mastacemblus, Notopterus, Osteoglossum.
Die bis jetzt erwähnten Familien der karpfen- und wels-
artigen, sowie der Labyrinthfische bilden etwa 5/7 der Süsswasser-
fische des indischen Archipels (unter den 94 Arten, die ich in
Borneo sammelte, sind 38 Cyprinoiden, 17 Siluroiden, 11 mit laby-
rinthförmigen Kiemen); es sind zugleich solche, die ausschliesslich
oder doch nur mit geringen Ausnahmen (Plotosus unter den Silu-
roiden) nur im Süsswasser vorkommen und dem Meere fremd sind.
Zu den genannten gesellen sich noch einige andere Süss-
wassergattungen, welche nur wenige Arten enthalten, aber so eigen-
thümlich sind, dass sie im System gegenwärtig als eigene Familien
betrachtet werden, welche ebenfalls dem Meere ganz fremd sind; es
sind das die Gattungen Mastacemblus, Notopterus, Osteoglossum, Sym-
branchus und Monopterus. Die Rüsselfische, Mastacemblus (eigent-
lich Mastac-embolus, Oberlippenschnabel) sind langgestreckte, fast
aalförmige Fische, schleimig, mit sehr kleinen Schuppen, mit vielen
freien Stacheln vor der niedrigen Rückenflosse und mit verhältniss-
mässig kleinem Kopf, dessen Oberlippe in einem weichen beweglichen
Rüssel verlängert ist; ihre Färbung ist trüb braun oder grünlich,
öfters mit einer bestimmten Zeichnung, Längsstreifen oder rund-
lichen Flecken. Am Danau Sriang erhielt ich den kastanienbraunen
Mastacemblus erythrotaenia, bei Seminis den marmorirten hell grünlich-
braunen M. maculatus, dieser wurde mir daselbst luntjing oder lin-
ding genannt. Ihrer Färbung gemäss scheinen sie am Grunde der
Gewässer, auf Schlammboden oder zwischen Wasserpflanzen zu
leben. Notopterus, auf Java kapirat oder lopis, am obern Kapuas
blida genannt, gehört zu den grössten Süsswasserfischen des Archi-
pels; zu Sintang erhielt ich ein Exemplar des N. chitala Ham. Buch.
(hypselonotus Blkr.) von 0,668 Met. Länge; die Fischer stechen ihn
daselbst mittelst eines Dreizacks, ganz ähnlich demjenigen, welchen
die Künstler dem Gotte Neptun als Attribut zu geben pflegen. Die
sehr charakteristische Gestalt dieser Gattung war schon den ältern
Naturforschern des Archipels, Renard und Bontius, aufgefallen:
schmal zusammengedrückt, mit konkavem Scheitel, kurzer aber
ziemlich hoher Rückenflosse, verkümmerten Bauchflossen und sehr
langer Afterflosse, welche mit der kleinen Schwanzflosse zusammen-
hängt. Die Farbe ist auf dem Rücken grünschwärzlich, an den
Seiten silbern, die Flossen mehr oder weniger dunkelgrau. Osteo-
glossum ist der schönste Süsswasserfisch Borneo’s, 0,62 Met. lang,
mit grossen, am freien Rande goldglänzenden Schuppen; die kurze
[305]Verbreitung der Süsswasserfisch-Familien.
Rückenflosse wie bei unserm Hecht weit zurückgerückt, die Brust-
flossen lang und spitzig, ein starker Bartfaden am Unterkiefer; die
vertikalen und die Brustflossen schwärzlich mit breitem orangerothem
Saum, der Bauch scharfrandig, doch nicht wie beim Häring von
einer, sondern von zwei Schuppenreihen gebildet. Am Danau Sriang
bezeichnete man diesen Fisch mit dem Namen silo. Symbranchus
und Monopterus sind aalähnliche Fische mit kleinen Kiemen-
öffnungen, welche nur in den süssen Gewässern der heissen Zone
vorkommen und überhaupt nur in wenigen Arten vorhanden sind.
Von den bis jetzt genannten Süsswasserfamilien sind die der
karpfenartigen und der welsartigen am weitesten verbreitet, die
erstere fehlt nur in Südamerika und Australien, die zweite gehört
überhaupt mehr den wärmeren Gegenden an und ist im Norden nur
schwach vertreten, so nur durch Eine Art in Europa und zwar
allein in dessen östlicher Hälfte. Die Labyrinthfische gehören fast
ausschliesslich dem tropischen Theil Asiens an; in Afrika sind sie
nur durch die Eine Gattung Ctenopoma vertreten. Mastacemblus
ist ganz auf Asien beschränkt, erstreckt sich aber hier im Nord-
westen bis Syrien, wo Russell am Ende des vorigen Jahrhunderts
bei Aleppo eine Art dieser Gattung, die ältest bekannte, gefunden.
Zu Osteoglossum finden sich zwei nahe Verwandte, der eine in Süd-
amerika, der andere in Australien. Dagegen fehlen unter den Süss-
wasserfischen des indischen Archipels vollständig die lachsartigen
Fische, welche im Norden beider Erdhälften eine so grosse Rolle
spielen, ferner von den europäischen Formen noch Hecht, Stichling,
Groppe (Cottus) und Neunauge (Petromyzon), alle vier ebenfalls
nordische Formen, aber auch die afrikanischen Mormyrus und die
Characinen, welche eigenthümlicher Weise in Afrika und in Süd-
amerika reich vertreten, aber dabei Indien ganz fremd sind. Endlich
fehlen auch die dem gemässigten Theil der südlichen Erdhälfte
eigenthümlichen zwischen Hecht und Lachs stehenden Galaxias.
Neben den bis jetzt betrachteten dem Süsswasser eigenthüm-
lichen Familien und Formen finden sich aber wie in allen Erdtheilen
und besonders in den wärmeren Zonen, so auch auf den Sunda-
Inseln noch mancherlei marine Fischformen in den süssen Gewässern.
So vertheilen sich die 23 übrigen Arten von Flussfischen, welche
ich in Borneo beobachtet, auf dreizehn verschiedene Familien,
deren Mehrzahl zahlreiche marine Arten innerhalb des Archipels auf-
zuweisen hat. Wir müssen hier mehrere Fälle unterscheiden:
Ost-Asien. Zoologisch. I 20
[306]Repräsentanten, Zugfische und Brackwasserfische.
- 1. Die Art (oder Gattung) kommt nur im Süsswasser vor,
aber alle oder doch die allermeisten Verwandten der-
selben, d. h. die übrigen Arten derselben Gattung und die
übrigen Gattungen derselben Familie, leben im Meer. Man
kann sie als Repräsentanten der Meeresfauna im
Binnenlande bezeichnen. - 2. Die einzelnen Individuen wandern aus dem Meere zeitweise,
mehr oder minder regelmässig, in die Flüsse hinauf: Zug-
fische, in der Regel so, dass die Fische im erwach-
senen, geschlechtsreifen Zustande die Flüsse hinaufsteigen,
um dort zu laichen, die jungen aber ins Meer zurück-
kehren, wie in Europa der Lachs: aufsteigende Zug-
fische, pisces anadromi. Der umgekehrte Fall, dass er-
wachsene Flussfische stromab ins Meer wandern, um dort
zu laichen, und die jungen wieder ins süsse Wasser ein-
wandern, ist bis jetzt meines Wissens nur vom Aal bekannt. - 3. Die Arten (oder Gattungen) leben hauptsächlich an den
Flussmündungen, also in Wasser von geringerem und zeit-
weise wechselndem Salzgehalt, gelangen wohl auch auf-
wärts bis in rein süsses Wasser, aber bleiben in der Nähe
der Küste und fehlen dem eigentlichen Binnenland: Brack-
wasserfische.
Für den Reisenden, dessen Beobachtungen an jedem Ort auf
kürzere Zeit beschränkt sind, ist es nicht immer möglich, diese drei
Kategorieen bestimmt auseinander zu halten; was er im Binnenlande
erhält, kann zur ersten oder zweiten, was er auf den Fischmärkten
der grösseren Städte an der Küste findet, auch zur dritten gehören
oder zu den richtigen Meerfischen und nur des Verkaufs halber aus
etwas grösserer Entfernung herbeigebracht werden. Auf die Aus-
sagen der Verkäufer ist dabei wenig zu geben, denn sie beantworten
gern jede Frage des Fremden, die nicht ihr nächstes Interesse be-
trifft, mit Ja. Doch will ich im Folgenden versuchen, die von mir
beobachteten Fische nach jenen drei Kategorieen zu scheiden und
beginne mit denjenigen marinen Formen, welche mir tief im Binnen-
lande vorgekommen sind und für die gegenwärtig kein Grund vor-
liegt, ihnen eine regelmässige Wanderung zuzuschreiben:
Percoiden, barschartige Fische. Unser Flussbarsch und
dessen nächste Verwandte fehlen den süssen Gewässern der Tropen-
zone, dagegen beobachtete ich zwei andere Gattungen im Binnen-
[307]Repräsentanten mariner Familien im Süsswasser.
lande Borneo’s, den Kapuas aufwärts bis in den Landsee Danau
Sriang, 75 geogr. Meilen von seiner Mündung, dem Flusslaufe nach
gemessen; den kleineren rimba-tawan, Ambassis microlepis (Bogoda
macrolepis Blkr.), 46) blassgelblich, mit grossem röthlichen Auge,
Gabelschwanz und schwarzem Fleck an den vordern Stacheln der
Rückenflosse, und den grössern ringgau, Datnioides microlepis, bis
0,34 Met. lang, rosenroth mit schwarzen Querbändern und schwarzem
etwas breitem Endsaum der abgerundeten vertikalen Flossen. Die
Intensität der schwarzen Zeichnung ist sehr verschieden, zuweilen
sind die Bänder nur grau mit einzelnen entschieden schwarzen
Stellen, und einmal fand ich die beiden Seiten Eines Individuums,
das längere Zeit auf dem Trocknen liegen geblieben war, ganz ver-
schieden, die eine Seite rothgrau mit schwärzlichen Bändern, die
andere rein rosenroth mit nur schwach angedeuteten blassgauen
Bändern; zeitweise Ausdehnung und Zusammenziehung der schwarzen
Pigmentzellen (Chromatophoren) 47) dürfte diese Erscheinung, ähn-
lich dem Farbenwechsel des Chamaeleons, hinreichend erklären;
vielleicht dient er auch hier dazu, die Farbe des Thieres derjenigen
seiner Umgebung zu nähern. Die Malaien am obern Kapuas wollten
diesen Fisch nicht essen und behaupteten, sein Fleisch verursache
einen Hautausschlag.
Den barschartigen Fischen im Aussehen noch sehr ähnlich
ist die kleine Familie der Nandidae, nach Bleeker’s Anordnung nur
indische Süsswasserfische umfassend, während Günther auch die
marine Gattung Plesiops in dieselbe einbegreift; es sind wenig an-
sehnliche Fische, mit zahlreichen Stacheln in der Rückenflosse und
drei starken Stacheln in der Afterflosse, trüb braun oder grünlich
gefärbt, die Gattung Catopra meist mit lebhaft rothen Augen und
rothen Bauchflossen. Von dieser fand ich drei, von Nandus eine
Art im Binnensee Danau Sriang. Man gab mir an verschiedenen
Stellen Borneo’s verschiedene Namen für dieselben an, batong,
bantu und ikan glabat; katoprak ist nach Bleeker der Name eines
dieser Fische auf dem Fischmarkt zu Batavia und nandoo in einer
der vielen Sprachen Vorderindiens.
Die Familie der Hornhechte, Scomberesoces, wird in dem
genannten Binnensee durch Belone canciloides Blkr. repräsentirt,
eine Art, welche im allgemeinen Ansehen sich wenig von den in
den Meeren Europa’s lebenden unterscheidet; auch im indischen
Archipel finden wir mehrere marine Arten Ihr allgemeiner Name
20*
[308]Zugfische: Aale, Alausa.
ist dort djulong-djulong, am Danau Sriang nannte man mir obige
Art tongitong-buaya; das zweite Wort vergleicht offenbar seine
lange Schnauze mit der des Krokodils. Noch auffälligere Reprä-
sentanten der Meeresfauna sind die drei folgenden Fische, welche
ausgezeichneten und weit verbreiteten marinen Ordnungen angehören,
die ich aber am Danau Sriang und anderswo im Binnenlande Bor-
neo’s selbst frisch erhalten habe und deren Körperbau gerade keine
so grosse Schwimmfertigkeit andeutet, dass man sie zu den Wander-
fischen rechnen möchte: es ist das eine kleine schwarzschnauzige
Schollenart, Synaptura melanorhyncha, auch hier ikan-lida,
Zungenfisch, genannt, ein bräunlicher, oben dunkel-, unten gelblich-
gefleckter Kröpfer, Tetrodon (Arothon) Palembangensis Blkr.,
tungal, bei den Chinesen in Mandhor sa-kwai, und eine kleine
Seenadel, Sygnathus Martensi Peters.52) Letztere ist bis jetzt
noch nicht anderswo als in dem genannten Binnensee gefunden
worden, die zwei andern sah ich auch sonst in Borneo und Bleeker
erhielt beide auch von Sumatra, wie schon der Name des einen
anzeigt.
Endlich ist die Gattung der Muränen zu nennen, welche
zwar vorwiegend marin, doch durch einzelne Arten hier im süssen
Wasser vertreten ist; so erhielt ich die gefleckte Muraena polyu-
ranodon Blkr. im Bergland von Sumatra bei Rinduhati, etwa
5 geogr. Meilen oberhalb Benkulen; auch Bleeker kennt diese Art
nur aus Flüssen.
Als Zugfische, welche aus dem Meer oder doch aus dem
Mündungsgebiet der grossen Ströme in diesen weit aufwärts wan-
dern, möchte ich, weniger aus direkter Erfahrung als nach der
Analogie mit ähnlichen Fällen in andern Ländern den Aal, einige
Clupeoiden und die Paradiesfische betrachten.
Aale (Anguilla maculata Ham. Buch. und andere Arten) kommen
in den Flüssen von Borneo, wie in denen der beiden andern grossen
Sunda-Inseln vor, wo sie malaiisch mowa, javanisch sidat, sunda-
nesisch lubang genannt werden.48) Ludeking erwähnt wohlschmecken-
der Aale aus dem Binnensee Manindju im nördlichen Sumatra.49)
Unter den Clupeoiden (häringsartigen Fischen) zeichnet sich
Alausa Sinensis Bl. aus, ein Verwandter unserer deutschen Alse,
welche im Mai den Rhein heraufkommt; ich erhielt zu Sambas in
den ersten Tagen des April (1863) ein Exemplar von 0,28 Met.
[309]Fischrogen. Paradiesfische.
Länge, man nannte ihn ikan trubu und sagte mir, er komme all-
jährlich zahlreich den gleichnamigen Strom herauf, sein Rogen
werde eingesalzen und sei eine beliebte Speise. Es ist dieselbe Art,
von welcher Crawfurd, Moor und Cantor erzählen, dass er bei
Malakka und im nördlichen Theil Sumatra’s auch seines Rogens
wegen in grosser Menge gefangen werde; er führt dort denselben
malaiischen Namen, die Engländer daselbst nennen ihn, wie in
Bengalen eine verwandte Art, ganz passend shad, was ursprünglich
die englische Benennung der europäischen Alse ist.50) Ein anderer
häringsartiger Fisch, der im Gebiet des Kapuasstroms von Pontianak
bis zu den Binnenseen aufwärts vorkommt, ist die dem europäischen
Anschovi verwandte Engraulis crocodilus Blkr., nach dem tief ge-
spaltenen Rachen so genannt, mit verhältnissmässig grossem Auge
und sehr langgedehnter Afterflosse; die Rückenflosse nach hinten
gerückt, die Bauchflossen sehr klein, die Schwanzflosse tief gegabelt,
lebhaft röthlich, der untere Lappen ein wenig länger; zu Pontianak
erhielt ich Mitte April ein Exemplar von 0,186 Met. Länge, am
Binnensee Danau Sriang in der zweiten Hälfte des Mai nur kleine
Exemplare von nur 0,05 Met.; es lässt sich das gut so auslegen,
dass dieser Fisch aufwärts wandert, um in den Seen zu laichen,
dann aber wieder abwärts zieht, während die Jungen ihre erste
Lebenszeit oben zubringen; doch ist das bis jetzt nur Vermuthung.
Die Paradiesfische, Polynemus, wegen der langen freien
Strahlen an der Brustflosse so genannt, malaiisch kuru oder kurau,
in Singkawang mir auch senangin (P. tetradactylus) und tjungut
(P. hexanemus) genannt, sind grosse kräftige Fische mit haifisch-
artig vorspringender Nase, durch gestreckte Körperform, tief ge-
gabelte Schwanzflosse und zwei gut entwickelte Rückenflossen, die
eine den Bauchflossen, die zweite der Afterflosse gegenüber, zu
energischem Schwimmen befähigt. Sie werden hauptsächlich nahe
den Mündungen grösserer Ströme gefunden, wandern in denselben
aber auch aufwärts, nicht nur soweit die Fluth reicht, wie von
Einigen angegeben wird,51) sondern weit ins Binnenland hinein; so
erhielt ich zwei Exemplare von P. multifilis Schleg. im Monat Juni
in Sintang, 55 geogr. Meilen vom Meer, dem Flusslaufe nach ge-
messen, das eine 0,741, das andere nur 0,244 Met. lang. Die Fär-
bung im frischen Zustand ist bei dieser Art und bei P. tetradactylus
blass silberglänzend, die Flossen mehr oder weniger röthlich; P.
hexanemus dagegen ist graugelblich ohne Silberglanz, die Brust-
[310]Brackwasserfische.
flossen und die bei ihm sehr langen freien Strahlen unter denselben
an der Basis gelblichroth, weiterhin schwarz.
Auch Rochen dürften weit die Flüsse hinaufgehen, wenig-
stens sagte mir Dr. Hunnius in Sintang, dass dort zuweilen solche
vorkommen, wahrscheinlich Stachelrochen (Trygon); vorsichtiger
muss man ähnliche Angaben über Haifische aufnehmen, da mög-
licherweise grosse Exemplare der eben erwähnten Polynemus von
Laien für solche gehalten werden könnten.
Diesen Fischen, die, obwohl marinen Familien angehörig, weit
im Innern des Landes beständig oder doch zeitweise vorkommen,
mögen als dritte Kategorie diejenigen gegenübergestellt werden,
welche ich nur in der Küstengegend, namentlich zu Pontianak und
Singkawang, lebend gesehen oder doch frisch erhalten; von einigen
weiss ich gewiss und von der Mehrzahl ist zu vermuthen, dass sie
in wirklich süssem Wasser gefunden werden, aber doch habe ich
sie weiter aufwärts nicht mehr zu Gesicht bekommen, auch da nicht,
wo ich längere Zeit verweilte und viel Süsswasserfische erhielt, wie
z. B. in Mandhor und Sintang, daher möchte ich schliessen, dass
sie mehr oder weniger streng auf die Küstengegend beschränkt sind.
Hierher gehören Scatophagus, Mugil, die Gobioiden und Blennioiden.
Scatophagus Argus L., ein Stachelflosser aus der Familie
der Schuppenflosser (Squamipennes oder Chaetodontidae), malaiisch
keper oder kiper, gelblichgrau mit zahlreichen kleinen rundlichen
Flecken von brauner oder schwärzlicher Farbe, ist im Kapuasstrom
bei Pontianak nicht selten. Da er von Bengalen bis zu den Mo-
lukken verbreitet ist, was bei ächten Süsswasserfischen nicht vor-
kommt, selbst bei Tahite gefunden sein soll,53) so ist er wohl als
Meerfisch zu betrachten, der nur ein wenig in die Flüsse herauf-
kommt. Nicht mehr Süsswasserfisch ist vielleicht eine andere Gat-
tung derselben Familie, der Spritzfisch, Toxotes jaculator, ma-
laiisch ikan sumpit, Blasrohrfisch, durch seine Kunst, Insekten auf
einige Entfernung herabzuspritzen, berühmt; doch weiss ich keinen
Fall, dass er wirklich im Binnenlande gefunden worden, wohl aber
soll auch er von Bengalen bis zu den Molukken und Neuguinea
verbreitet sein.54)
Mugil, Meeräsche, holländisch harder, englisch grey mullet,
malaiisch belanak oder gadeh, auf den Molukken goru oder grua;
diese Gattung verhält sich im indischen Archipel ähnlich wie in
Europa, sie lebt hauptsächlich an Flussmündungen und in Lagunen-
[311]Gobioiden, Springfische.
bildungen, kommt aber auch gelegentlich in süsses Wasser herauf,
ohne jedoch die Küstengegend zu verlassen. Auf den Fischmärkten
ist sie meist reichlich vertreten.
Gobioidei, Meergrundeln. Ebenfalls wie in Südeuropa
ist auch im indischen Archipel die Gattung Gobius noch im Brack-
wasser und auch in rein süssem Wasser vertreten, doch fand ich sie
nur in der Küstengegend. Ausgezeichnet durch seine hochgelbe
Farbe, mit breiten schwarzen Querbändern und dazwischen schwarzen
Punkten, also die Färbung unseres Erdsalamanders, ist Gobius xan-
thozonus im süssen Wasser des Kapuasstromes bei Pontianak, aber
noch unter dem Einfluss von Ebbe und Fluth. Entschiedenere Süss-
wasserarten enthält die Gattung Eleotris, mit einander sehr genäherten,
doch noch getrennten Bauchflossen und punktirter Zeichnung der verti-
kalen Flossen, worunter zwei weit von einander getrennte Rücken-
flossen; der Körper braun, einfarbig oder marmorirt; ich sah sie
zwar auch nur in der Küstengegend, wenn auch in rein süssem
Wasser, sowohl in Borneo bei Pontianak, als in Sumatra bei Pa-
lembang, aber Dr. Thepass schickte auch von Sintang, also aus
dem Binnenlande von Borneo, eine Art, Eleotris marmorata, an
Bleeker, und ebenso kennt man auf andern Inseln Gobioiden in rein
süssem Wasser, z. B. Sicydium cynocephalum im Flüsschen Tji
kadjang auf Java, über 3000 Fuss hoch über dem Meer.55)
Ganz charakteristisch für die Brackwasserregion sind aber
wiederum die Springfische, Periophthalmus und Boleophthalmus,
malaiisch blodok, in Singapore auch lisa, kenntlich an dem schmalen
Kopf, den hochstehenden einander sehr nahen Augen und den wie
auf einem besondern Aermchen sitzenden Brustflossen. Diese Fische
sieht man häufig auf Schlammflächen nahe den Flussmündungen ein-
hergehen — man kann es kaum anders bezeichnen. Wenn unge-
stört, sind sie dabei fast immer über Wasser und kriechen durch
gleichzeitiges Vorsetzen beider Brustflossen, während der Rumpf
in diesem Moment auf die Bauchflosse gestüzt, sich etwas erhebt;
dann werden die Brustflossen in den weichen Grund eingedrückt,
dadurch fixirt und durch die Armmuskeln der Rumpf nachgezogen;
damit ist ein Schritt gemacht. So geht es ruckweise, doch langsam
und geräuschlos vorwärts; die Rückenflosse ist dabei oft hochgehoben.
Auf ganz weichem Grunde hinterlassen sie dabei als Spur eine sanft
wellenförmig gebogene Linie mit paarweise einander gegenüber-
stehenden queren Eindrücken zu beiden Seiten. Solche Spuren sah
[312]Dieselben Arten in Borneo und Sumatra.
ich in Menge, oft sich kreuzend, an der flachen Küste von Mampawa
(Borneo); man könnte sie auch wohl einmal fossil finden. Näherte
ich mich den Fischen auf einige Schritte, so eilten sie rasch in fuss-
langen wiederholten Sprüngen davon, seltener tauchten sie ganz in
den weichen Schlamm unter. Bei der hohen Lage ihrer Augen sehen
sie gut auf einige Entfernung, entfliehen auch, wenn man ganz ge-
räuschlos naht, und messen ihre Sprünge nach den einzelnen Gegen-
ständen, die im Wege liegen, z. B. Steine oder Baumwurzeln, so ab,
dass sie gleich an diesen Deckung finden. Auf härterem Grunde
konnte ich manchmal erkennen, dass unmittelbar vor dem Sprung
ihr Rumpf eine wellenförmige Biegung annahm, so dass der Sprung
wahrscheinlich durch rasches Strecken desselben erfolgt. Da sie oft
auf kahlen ganz weichen Schlammflächen sich herumtreiben, wo ein
Mensch tief einsinken würde, so gebrauchen die Eingebornen zu
ihrer Verfolgung ein Brett, auf das sie das eine Knie stützen, indem
sie es dabei fortschieben.
Aus andern schon vorher erwähnten Familien erwähne ich
hier noch zwei Clupeoiden: Engraulis rhinorhynchos und Coilia
quadrifilis, sowie eine grössere Zungenart, Cynoglossus lingua, die
ich nur zu Singkawang, sowie einen zweiten Kropffisch, den kleinen,
oben schwarzen, unten blassgelben Tetrodon (Chonerhinus) mode-
stus Blkr., den ich nur zu Pontianak frisch erhalten, und welche ich
daher alle zu dieser Kategorie der Brackwasserfische rechnen möchte.
Im Bisherigen ist zunächst nur von den Süsswasserfischen
Borneos die Rede gewesen, da ich auf dieser Insel am meisten
Gelegenheit hatte, solche zu sammeln. Wie schon bei den Säuge-
thieren und Vögeln hervorgehoben, sind auch hier die meisten
Arten mit Sumatra gemeinsam, unter den von mir beobachteten
66 Süsswasserfischen im engeren Sinne, d. h. mit Ausschluss der
Zug- und Brackwasserfische, 55 Arten oder fünf Sechstel auch in
Sumatra theils von mir gefunden, theils durch Dr. Bleeker’s Arbeiten
konstatirt,56) darunter so eigenthümliche und charakteristische For-
men, wie Osteoglossum, Synaptura melanorhyncha, Luciosoma,
Botia u. a.; einige andere sind wenigstens auch auf dem zwischen-
liegenden, Sumatra viel näheren Banka, so dass ihr Vorhandensein
auf Sumatra selbst wahrscheinlich wird, so z. B. Luciocephalus und
die darnach benannte Chaca Bankanensis. Es bleiben demnach als
ausschliesslich Borneo angehörig nur wenige, etwa sieben Arten
übrig, und auch von diesen ist es durchaus nicht unwahrscheinlich,
[313]Mangel an Süsswasserfischen im Osten.
dass sie noch in Sumatra zu finden seien, wo die grösseren Seen
und mehrere Stromgebiete ichthyologisch noch unbekannt sind.
Vermuthlich ist auch eine nicht unbedeutende Anzahl der Süss-
wasserfische Borneos auf der malaiischen Halbinsel vorhanden, so-
weit hier nicht die geringere Entwicklung der Flüsse und Seen be-
schränkend wirkt. Im wasserreichen Küstenlande Siams finden wir
eine ganze Anzahl derselben Süsswasserfische wieder, namentlich
Cyprinoiden (beinahe ein Drittel).
Andererseits fehlt dagegen schon auf Java mehr als die
Hälfte der zwischen Borneo und Sumatra gemeinsamen Arten,
namentlich die eben als charakteristisch genannten Formen, und unter
den 66 Arten Borneo’s weiss ich nur von vier, dass sie auch in
Java, aber bis jetzt nicht in Sumatra gefunden worden sind. Da
Java unverhältnissmässig besser durchforscht ist als Sumatra, dürfen
wir wohl vermuthen, dass auch diese noch in Sumatra zu finden
sind und dass überhaupt die Süsswasserfauna Javas sich nur negativ
durch den Mangel mancher Gattungen und zahlreicher Arten, nicht
aber positiv durch das Auftreten eigener Gattungen von derjenigen
seiner beiden grösseren Nachbarinseln unterscheidet.
Mit Celebes beginnt nun aber eine weit grössere Armuth
an Süsswasserfischen, indem von hier an durch den ganzen
östlichen Theil des Archipels die eigentlichen Süss-
wasserfamilien unter den Fischen fehlen: Die Cyprinoiden
mangeln völlig, ebenso die Süsswasser-Nandoiden, die Gattungen
Mastacemblus, Notopterus und Osteoglossum; die Siluroiden sind
auf den Molukken nur durch die marine Gattung Plotosus57) und
auf Celebes auch noch durch den ebenfalls im Meer lebenden Nasen-
wels, Arius thalassinus Rüpp. (Netuma nasuta Blkr.) und liocephalus
Blkr., die Labyrinthfische auf Celebes und den Molukken nur durch
eine wahrscheinlich eingeführte Art von Ophicephalus (striatus C. V.),
auf Celebes allein nach Bleeker auch noch durch zwei Arten der
Gattung Anabas vertreten. Es sind daher hauptsächlich die oben
als Zugfische und als Brackwasserfische betrachteten Gattungen, wie
die Aale, einige Percoiden und manche Gobioiden, welche in Celebes
und auf den Molukken die Süsswasserfauna bilden58) und von denen
mehrere Arten bis jetzt auch nur im süssen Wasser gefunden wor-
den zu sein scheinen, wie Dules marginatus und maculatus, Gobius
grammepomus und Eleotris Hoedti., während die Mehrzahl auch im
Meer oder doch im Brackwasser (in aquis fluviomarinis, wie Bleeker
[314]Süsswasserkrabben.
sagt) lebt. Timor verhält sich in Bezug auf Süsswasserfische ganz
wie die Molukken, auf Flores hatte ich leider keine Gelegenheit,
Süsswasserfische zu erhalten, und erst von Bali, der Java nächsten
Insel, kennt man wieder einige wenige Cyprinoiden, Süsswasser-
Siluroiden und Labyrinthfische, und zwar solche, die durch alle
grossen Sunda-Inseln verbreitet sind.59)
Die so schwache Entwicklung der Süsswasserfauna in der
östlichen Hälfte des Archipels rührt wohl zunächst daher, dass fast
nur kleine Flüsschen oder Bäche mit steinigem Grund und veränder-
lichem Wasserstand vorhanden sind; nur für Celebes reicht diese
Erklärung nicht aus, da doch z. B. der See von Tondano eine an-
sehnliche Wassermasse besitzt, in der sich schon Cyprinoiden und
Siluroiden behaglich fühlen könnten. In dem Mangel dieser zwei
Familien von Süsswasserfischen stimmt der östliche Theil des Archi-
pels mit seinen östlichen und südlichen Nachbarn, Neuholland und
den kleinen Inseln des stillen Oceans überein. Südamerika hat zwar
noch zahlreiche Süsswasser-Siluroiden, aber keine Cyprinoiden, da-
für eine andere zahlreiche Süsswasserfisch-Familie, die Charaeinen,
welche Asien ganz fehlt;60) Südafrika besitzt alle drei.
6. Wirbellose Süsswasserthiere.
Die erste Stelle unter ihnen nehmen die Krebse und Krab-
ben ein; unter letzteren kann man einzelne sogar als Landthiere
betrachten, so fand ich im Binnenland von Borneo, bei Bengkayang,
einzelne Krabben im feuchten Wald, fern von Bächen oder Teichen,
und in der Stadt Amboina wurde während meiner Anwesenheit ein
grosser Gecarcinus (Cardisoma) carnifex Herbst in der Speisekammer
meines Wirthes lebend gefangen. Die Süsswasserkrabben gehören
den Gattungen Parathelphusa (auf Borneo und Sumatra), Sesarma
(durch den ganzen Archipel) und Helice (Timor, Flores) an. Noch
grösser, daher auch regelmässig auf den Markt gebracht, sind die
Süsswasserkrebse des indischen Archipels, malaiisch udang oder
hudang, bei den Chinesen auf Borneo hakun genannt, nicht dem
bekannten europäischen, Astacus, verwandt, sondern systematisch zu
den Garneelen oder shrimps, Palaemon, gehörig, seitlich zusammen-
gedrückt, mit langem sägeförmigem Schnabel und noch längerem,
oft schön himmelblauem Scheerenpaar. Auf Borneo fand ich die
grossen nur im untern Kapuasgebiet und weiter oben, namentlich
in den Seen, nur kleinere Arten; übrigens sammelte ich solche
[315]Krebse und Insekten des Süsswassers.
grosse Garneelen ebensowohl auf den Molukken, z. B. Amboina
(Pal. ornatus Ol.), auf Flores (Pal. hirtimanus Ol.), als auf Celebes,
den drei grossen Sunda-Inseln, Malakka und in Siam (P. forceps
M. E.?). Alle gehören zu derjenigen Abtheilung der Gattung Palae-
mon, welche zwei Stacheln hintereinander am Augenrande trägt,
eine Abtheilung, zu welcher auch die grossen Süsswasserkrebse Süd-
amerika’s (P. Jamaicensis Herbst) gehören und welche noch im Nil
durch eine kleinere Art, P. Niloticus Klunzinger, vertreten ist, wäh-
rend alle europäischen Arten, sowohl die marinen, als diejenigen
der italienischen Seen, P. lacustris Martens, anderen Abtheilungen
angehören. Ausser ihnen, aber weniger häufig, findet sich noch eine
andere Gattung Süsswasser-Garneelen, Atya, im indischen Archipel,
durch die gleichfingrige pincettenförmige Form der Scheeren aus-
gezeichnet; sie wird aber weder so gross, noch ist sie so häufig als
jene Palaemon, spielt daher für die Eingebornen keine Rolle. Von
kleineren Crustaceen aus den Ordnungen der Amphipoden (Geizen) und
Isopoden (Asseln) ist mir, obwohl ich einigermaassen darauf geachtet,
in den süssen Gewässern des Archipels nichts anderes vorgekommen,
als ein kleines Sphaeroma in einem Bach auf Singapore, und eine
neue Aega an einem Süsswasserfisch aus Borneo.61)
Die Insekten der süssen Gewässer des Archipels stechen
weniger auf den ersten Anblick gegen die europäischen ab, wir
finden ähnliche Wasserkäfer wie bei uns, theilweise nach Dr. Moh-
nicke’s Angabe sogar dieselben Arten; in Makassar sammelte ich z. B.
den Dytiscus (Eunectes) sticticus L. und Berosus attenuatus F., auf
Sumatra mehrere Cybister-Arten, auf Java, Sumatra, Borneo und
Timor ferner sah und fing ich Wasserläufer, Hydrometra, auf Java,
Borneo und Celebes Wasserskorpione, Ranatra, auf Timor bei
Atapupu einen Rückenschwimmer, Notonecta, von ganz europäischem
Habitus, bei Makassar eine neue Art der Gattung Ploa. Ausgezeichnet
durch ihre Grösse sind einige Wasserskorpione, wie Belostoma gigan-
teum auf Java und Sumatra, 60 Mill. lang. Von Libellen, malaiisch
tjapung, sind im ganzen Archipel rothleibige, dunkelflüglige Agrion
häufig. In Borneo, auf dem Kapuasstrom, fand ich einmal Ende Mai
1863 zahllose Eintagsfliegen, schwarz mit grünen, an der Spitze
weissen Flügeln und drei Schwanzfäden, schaarenweise dicht über
Wasser, die Endfäden oft eingetaucht, bald stromauf, bald stromab
fliegend. Den Einheimischen war ihr rasches Erscheinen und Ver-
schwinden auf dem Flusse wohlbekannt, sie hatten für das Insekt einen
[316]Süsswasser-Schnecken und -Muscheln.
eigenen einfachen Namen: ladu, und die angesiedelten Europäer be-
trachteten es als eine besondere Eigenthümlichkeit des Flusses, ohne
zu ahnen, wie oft dasselbe Phaenomen schon in Europa vorgekommen.
Ueber Süsswasser-Anneliden fehlt es für den indischen
Archipel noch sehr an Nachrichten; ich habe wiederholt kleine Blut-
egel gefunden und erhielt auch solche von den Aru-Inseln durch
Herrn Le Pique auf Amboina.
Bei der geringern Grösse der Flüsse sind auch manche Süss-
wasser-Mollusken im Allgemeinen weniger gross und ausgezeichnet
als in den Küstenländern von Siam und China; namentlich gilt
dieses von den Najadeen (Unio und Anodonta), bei welchen sich
sogar derselbe Gegensatz noch schärfer zwischen dem östlichen und
westlichen Theil des Archipels ausspricht: die Halbinsel Malakka
und die ihr nächste Insel Sumatra besitzen noch sehr grosse, den
siamesischen ähnliche Unionen; auf und von Borneo, trotz seiner
grossen Flüsse und Seen, sind mir nur kleinere bekannt geworden,
und das viel genauer durchforschte Java hat ebenfalls nur verhält-
nissmässig kleine und wenige Arten geliefert. Auf Celebes, den
Molukken und Timor scheinen sie ganz zu fehlen62) und man kann
nicht einmal sagen, dass sie daselbst von den grossen Cyrenen mit
glatten Seitenzähnen (C. cyprinoides und ähnliche) ersetzt würden,
da diese meiner Erfahrung nach im Brackwasser leben. Die grös-
sern Süsswasserschnecken, wie Paludina und Ampullaria, finden in
Celebes ihre Gränze und fehlen gänzlich den Molukken, ebenso ist
mir und Andern auf den Molukken, sowohl Halmahera und Ternate,
als Ceram, Amboina und Bandagruppe nicht Eine Art aus der Fa-
milie der Teichschnecken, Limnaeaceen, vorgekommen, und erst
wieder auf Timor eine Physa und eine Limnaea;63) selbst auf den
grossen Sunda-Inseln zählt sie nur wenige und unscheinbare Arten,
keine davon mit unseren deutschen Limnaeus stagnalis, palustris
und Planorbis corneus zu vergleichen, während Siam wenigstens
noch Einen mässig grossen Planorbis, Pl. Indicus Bens., besitzt.
Dagegen sind die Melanien und Neritinen, Schnecken rasch fliessen-
der Gewässer mit steinigem Grunde, durch den ganzen Archipel
reich vertreten und nehmen im Allgemeinen an Zahl und Grösse
eher nach Osten als nach Westen zu, wie die riesige Neritina labiosa
des nördlichen Celebes, 53 Mill. breit, 46 hoch und 30 dick, das
Rothauge, Neritina pulligera, und die Flusspabstkrone, Melania
amarula, beide auf der verhältnissmässig kleinen Insel Amboina,
[317]Süsswasser-Schwamm. Brackwasserthiere.
zeigen, denen Java und Sumatra keine gleich grossen Verwandten
entgegenstellen kann.
Süsswasser-Bryozoen und Räderthiere dürften auch auf
den Inseln des indischen Archipels noch zahlreich zu finden sein;
erstere sind in Vorderindien nicht selten64) und auch auf den Philip-
pinen nachgewiesen, wo Herr F. Jagor eine Plumatella auf Vallisneria-
blättern im Fluss Libmanan und im See Buhi auf der Insel Luzon
nachgewiesen hat; betreffs der letzteren verweise ich auf die oben
S. 232 erwähnte Melicerta.
Aus den niedrigeren Thierklassen macht sich nur ein Geschöpf
auch dem Laien auffällig, ein wespennestförmiges Gewächs, dunkel-
braun und hart, in den Binnenseen von Borneo an den Zweigen der
Bäume, welche ins Wasser hängen, so dass es je nach der Höhe
des Wasserstandes bald über bald unter Wasser sich befindet. Dr.
Hunnius, leider nun auch verstorben, machte mich zuerst darauf
aufmerksam und sprach dabei seine Meinung aus, dass es nicht von
Insekten gebaut, sondern selbst gewachsen sei; später hatte ich im
See Danau Sriang Gelegenheit, es selbst zu sehen, aber leider bei
dem niedrigen Wasserstand nur eingetrocknet über Wasser. Die
Untersuchung dieser Exemplare ergab aber schon, dass es in der
That eine Süsswasser-Spongie sei, und Ehrenberg hat in dem
ihr anhängenden Schlamm auch noch einige Süsswasser-Rhizopoden
(eine Difflugia und mehrere Arcellinen) aufgefunden.65)
7. Brackwasserthiere.
Von den Süsswasser-Bewohnern trennen sich ziemlich scharf
die Brackwasserthiere oder submarinen Thiere, eben dadurch, dass
sie nur in der Nähe des Meeres leben, ohne aber doch als wirk-
liche Meeresbewohner gelten zu können. Wollte man sie nicht als
eigene Abtheilung der Fauna betrachten, so käme man bei vielen
davon in Verlegenheit, ebensowohl ob sie zu den Wasser- oder
Luftthieren, als ob sie zu den Süsswasser- oder Meerthieren zu
rechnen seien. Hieher gehört vor Allen die Familie der Ohr-
schnecken (Auriculaceen), über welche bekanntlich schon seit
O. Fr. Müller, Cuvier und Ferussac derartige Zweifel herrschen. In
Ostasien habe ich die Auriculaceen nur in der Nähe des Meeres
und nur wenige Zoll über dessen Niveau, an morastigen Stellen,
wo süsses Wasser dem Meere zufliesst, gefunden, sei es auf dem
Schlammboden selbst oder an, selbst in durchfeuchtetem, lebendi-
[318]Vorkommen der Auriculaceen.
gem oder faulendem Holze. Zur Zeit, als ich sie fand, waren sie
meist an der Luft, da selbstverständlich die Ebbezeit zu solchen
Exkursionen benutzt wurde, und sie krochen auch an der Luft —
im Trocknen kann man hier nicht sagen — mit ausgestreckten Füh-
lern umher, aber ihr Fundort lag in den meisten Fällen so, dass er
bei gewöhnlicher Fluthhöhe vom Wasser erreicht werden musste,
entweder vom Meerwasser selbst oder an andern mehr landeinwärts
liegenden Stellen von dem durch die Fluth aufgestauten Flusswasser.
So beobachtete ich es bei Auricula Midae, Judae und der kleinen
A. subula Q. G., ferner bei verschiedenen Arten der Gattungen
Scarabus, Cassidula und Melampus (Conovulus), ohne einen wesent-
lichen Unterschied zwischen den einzelnen zu finden; höchstens mag
vielleicht Scarabus ein wenig früher landeinwärts auftreten, Melam-
pus ein wenig weiter seewärts ausharren. Eigentliche Landschnecken,
d. h. Arten aus den Familien der Heliceen oder Cyclostomaceen,
fand ich nie lebend in Gesellschaft lebender Auriculaceen, obwohl
öfters todte mit todten zusammen, und nur in Einem Falle, an der
flachen Sandküste von Mampawa (Borneo), lag die Erklärung, die
Landschnecken-Schalen seien todt vom Wasser herab- und hier
angeschwemmt worden, ferner als die Vermuthung, dass an der
betreffenden Stelle auf schon salzhaltigem Boden mit kärglicher
Grasvegetation in der That die Lebensbezirke beider Schnecken-
familien, von der einen Seite Helix Winteriana und eine Stenogyra,
von der andern Scarabus plicatus, sich berühren.66) Wesentlich
verschieden ist übrigens der Aufenthalt zweier anderer Auriculaceen-
Gattungen, welche bis jetzt noch nicht in dem hier behandelten
geographischen Gebiet gefunden sind: Carychium lebt im Binnen-
lande fern vom Meer im Feuchten, wie jeder deutsche Schnecken-
sammler weiss, und Pedipes fand ich auf Madeira am offenen
Meer in Felsenspalten, bei Ebbe über Wasser, aber ausser aller
Beziehung mit süssem Wasser, ganz wie Litorina; ebenso beschreibt
schon der Entdecker der Gattung, Adauson, ihr Vorkommen. Ple-
cotrema scheint ähnlich wie Pedipes, dem es auch im Habitus der
Schale sich nähert, zu leben, aber auch einige Arten von Melampus
dürften nach den Beobachtungen anderer Forscher ebenso an Stei-
nen im Meere selbst leben.
Zu den Brackwasser-Schnecken gehört ferner als charakte-
ristische Form die Gattung Assiminea, auch in Europa durch
einzelne Arten, z. B. eine an der Themsemündung, vertreten. Von
[319]Neritinen, Potamides, Cyrenen.
grösseren Süsswasser-Gattungen (oder in neueren Systemen Fami-
lien) sind die Melanien nur durch Pirena, die Neritinen durch
die Artengruppen der N. erepidularia, der N. communis und N. dubia
in der Brackwasserfauna vertreten; letztere (Neritodryas) ist sogar
fast als Landthier zu betrachten, ich fand sie in Batjan auf den
Zweigen und grünen Blättern der Manglebüsche mehrere Fuss über
dem Boden, an der Luft umherkriechend: aber keine andere Land-
schnecke neben ihr und der Boden war weicher Morast, längs einer
Flussmündung und fast im Niveau des Meeres. Aehnlich fanden es
andere Forscher.67)
Von Seiten der Meermollusken greift hauptsächlich die Gat-
tung Cerithium in das Brackwasser über; die Palaeontologen haben
schon frühe solche scheinbare Süsswasser-Cerithien als eigene Gat-
tung Potamides unterschieden; anfangs von den Konchyliologen
wenig beachtet, hat sie in neuerer Zeit dadurch an Bedeutung und
Anerkennung gewonnen, dass die meisten Brackwasser-Cerithien,
wie C. telescopium, palustre, sulcatum und obtusum, auch durch
den enggewundenen kreisrunden Deckel sich von den ächten Mari-
nen mit ovalem wenig gewundenem Deckel unterscheiden. Dieser
Unterschied fällt allerdings nicht durchgreifend mit demjenigen des
Aufenthaltes zusammen, ich fand mehrmals ächte Cerithien, d. h.
solche mit ovalem Deckel neben Potamidesarten im Brackwasser,
sie nehmen aber dann meerwärts zu und bleiben, wo Potamides
aufhört.68)
Unter den Muscheln sind zweierlei Formen für das Brack-
wasser in Ostasien charakteristisch, von Seiten der Süsswasser-
Familie der Cycladeen die grossen eigentlichen Cyrenen mit kurzen
glatten Seitenzähnen, die durch Oeffnen ihrer Schale im weichen
Schlamm einen quakenden, auf einige Entfernung vernehmbaren
Ton hervorbringen, wie ich auf Kajoa selbst gehört habe, und des-
halb bei Rumph als Froschmuschel oder quakende Muschel, Chama
coaxans, bia kodok, aufgeführt worden, sie ist als Nahrung bei
den Eingebornen beliebt; von Seiten der marinen Familie der Sole-
naceen die Gattungen Novaculina, Pharella und vielleicht auch
Cultellus.
Unter den Crustaceen ist im indischen Archipel die Gattung
Gelasimus ganz charakteristisch für Brackwasser, ihr kurzer
breiter Leib ist meist dunkelblau gefärbt, mit mehr oder weniger
hellen Flecken, die Scheeren, welche beim Männchen im höchsten
[320]Delphine, Duyong; Seevögel.
Grad ungleich sind, halb roth, halb weiss; man findet sie zahlreich
auf Schlammboden, in den sie sich tiefe Löcher graben, Sesarma
dagegen ist im Brackwasser sowohl als im süssen Wasser des Bin-
nenlandes vertreten, doch wohl zahlreicher in ersterem.69)
Ueber Brackwasserfische wurde schon oben S. 310 gesprochen;
ich hebe nur noch einmal die Springfische, Periophthalmus, als
solche hervor.
8. Höhere Meerthiere.
Die Meersäugethiere spielen in der Tropenzone absolut und
relativ eine weit geringere Rolle als in den Polargegenden; Seehunde
fehlen dem indischen Archipel vollständig und auch unter den Ce-
taceen erscheinen die Bartenwale nur sehr selten70), dagegen sind
hier einheimisch der ihnen an Grösse nicht nachstehende Kaschelot,
Physeter L., pawus der Malaien, und verschiedene Arten von Delphinen,
lumba-lumba derselben. Leider werden sie in der Regel von den
Seefahrern und so auch von uns nur auf Distanz gesehen, wie sie
reihenweise, öfters dem bestsegelnden Schiff vorauseilend, den
Rücken über die Wasserfläche erheben und wieder untertauchen,
so dass man mit Mühe die allgemeine Gestalt und Farbenvertheilung
erschliessen kann. Im südchinesischen Meer, namentlich im Golf
von Siam, sollen nach älteren Angaben (Osbeck und Finlayson) ganz
weisse Delphine vorkommen und auch auf unserer Expedition wurden
solche gesehen; sie haben sich aber bis jetzt der näheren Untersu-
chung der Zoologen von Fach entzogen. Eigenthümlich dem indi-
schen Ocean ist endlich eine Seekuh, deren malaiischer Name
duyong auch in die wissenschaftliche Nomenclatur übergegangen ist,
Halicore dugong, peje-muger, Weibfisch der Spanier auf den Phi-
lippinen, weit verbreitet, aber gegenwärtig überall eine Seltenheit;
von Singapore bis zu den Molukken hörte ich gelegentlich davon
erzählen, auf Amboina war in demselben Jahr, 1862, als ich dort
war, eine gefangen worden, nirgends aber bekam ich eine zu sehen.
Auch in den Seevögeln steht die heisse Zone der kalten
nach; der häufigste und verbreitetste ist nicht einmal ein Schwimm-
vogel, sondern ein Raubvogel, der Seehabicht, Haliastur Indus
Bodd. = Pondicerianus Gmel. sp., alang oder ulung, beinahe jeder-
zeit auf jeder Rhede zu sehen; seltener dagegen findet sich, haupt-
sächlich an weniger besuchten Stellen, um ungestört selbst fischen
zu können, der grössere See-Adler, malaiisch lang-laut, Haliaetos
[321]Seevögel und Seeschildkröten.
leucogaster Gmel., beide über den ganzen Archipel verbreitet.
Ebensoweit verbreitet auf den einsameren Küstenstrecken und Inseln
von Siam bis zu den Molukken, in verschiedenen Unterarten und
Racen, ist die Küstentaube, Carpophaga bicolor Scopoli sp., oder
litoralis Tem., burong-rawa, durch ihre weisse Farbe mit schwarzen
Schwanz- und Flügelspitzen die Möven nachahmend, wie auch die
genannten See-Adler und Seehabichte in der weissen Farbe von
Kopf, Hals und Brust damit übereinstimmen. Seemöven selbst sieht
man im Archipel weit weniger als z. B. in unserer Nordsee oder
im Mittelmeer, obwohl sie keineswegs ganz fehlen.71) Weiter vom
Lande entfernen sich einige eigenthümlich tropischen Seevögel, wie
die Fregatte, Tachypetes aquilus, durch Schwalbenschwanz und
unverhältnissmässig lange schmale Flügel ausgezeichnet, schon von
Valentyn unter dem Namen talan genannt, bei Raffles dandang-laut
nach der Aehnlichkeit mit Plotus, dandang-ayer — ich sah ihn auf
See z. B. nahe bei Batjan und Halmahera, wo die mich begleiten-
den Eingebornen ihn burong shong nannten72) — die braunen oder
weissen Tölpel, Sula fusca und piscator, die dummen Seeschwalben,
Sterna stolida L., beide durch die Verzweiflung des Hungers oder
der Müdigkeit in den Ruf der Dummheit gekommen, und endlich
die hochfliegenden Tropikvögel, Phaëthon. Dass dagegen die hoch-
südliche Gattung der Pinguine schon auf Neuguinea vorkomme, ist
ein Irrthum, der in der Wissenschaft nur gar zu lange auf die un-
zuverlässige Angabe von Sonnerat hin sich fortgepflanzt hat. In
neuester Zeit wurde wiederum ein lebender Pinguin auf der Rhede
von Batavia gefangen; es stellte sich aber bald heraus, dass er auf
einem von den Inseln Paul und Amsterdam kommenden Schiff lebend
mitgebracht und eben erst entflohen war.73)
Aus der Klasse der Reptilien besitzen dagegen nur die wär-
meren, nicht die kälteren Zonen Meeresbewohner: zwei weitverbrei-
tete Arten von Meerschildkröten sind im indischen Archipel,
von den grossen Sunda-Inseln bis zu den Molukken und Philippi-
nen, nicht selten, die grüne, Chelonia midas L. (viridis Schneider),
und die eigentliche Carettschildkröte mit dem Habichtschnabel, Ch.
imbricata L. sp. Die Thiere selbst heissen malaiisch pinju, und
dass das Schildpatt hauptsächlich durch die Nachfrage der Euro-
päer ein Handelsartikel geworden, scheint dessen aus dem Portu-
giesischen tartaruga entlehnte malaiische Bezeichnung tutrugu an-
zudeuten. Eine ebenso seltene Erscheinung wie in den europäischen
Ost-Asien. Zoologisch. I. 21
[322]Barocke Form und Färbung vieler Fische.
Meeren ist die riesige Lederschildkröte, Sphargis coriacea L. sp.,
wovon eine im Juli 1859 zu Tjeribon (Cheribon) auf der Nordküste
Javas vorgekommen ist. 74) Eigenthümlicher für den indischen Ocean
dagegen, d. h. nur ihm und dem tropischen Theil des stillen Oceans
zukommend, sind die Seeschlangen, Hydrophis, vgl. oben S. 56,
und es scheint beinahe, als ob man auch das gemeine Krokodil
des indischen Archipels, Crocodilus biporcatus Cuv., zu den Meer-
thieren rechnen dürfe, indem es nicht nur an den Mündungen
grösserer Flüsse häufig ist, sondern auch auf kleinen isolirten Inseln,
wie z. B. den Cocos-Inseln, zeitweise vorgekommen ist, von Fischen
und Holothurien, also Meerthieren, sich nährend. 75)
9. Meerfische.
Die Meerfische lernt man zuerst und am leichtesten auf dem
Fischmarkt kennen, freilich nur ihre oft sehr auffälligen Formen
und Farben, ohne deren wahrscheinlich oft sehr bestimmten Zusam-
menhang mit dem Aufenthalt und der Lebensweise der einzelnen Arten
zu ahnen. Wer in Europa einmal den weiss- und schwarzscheckigen
stachligen Seeteufel der Helgoländer (Cottus scorpius und bubalis) in
der Nähe betrachtet hat und dann doch in einem Aquarium denselben
kaum zwischen den umherliegenden dunkeln und hellen Steinen
herausfinden konnte, der wird auch in den abenteuerlichen Fisch-
gestalten und deren barock scheinenden Färbungen, wie sie schon
von den älteren Sammlern indischer Naturgegenstände, Valentyn,
Renard, Seba, mehr oder weniger richtig dargestellt worden, be-
stimmte Anpassungen an die Wohnplätze der betreffenden Fische
vermuthen; der spezielle Nachweis für die einzelnen Formen und
Farben ist freilich bei unserer äusserst mangelhaften Kenntniss der
Lebensweise der Seefische noch nicht möglich; ein glänzendes Bei-
spiel aber gibt der neuholländische Fetzenfisch, Phyllopteryx eques, 76)
dessen Körper mit langen Hautverlängerungen verziert ist, deren
Gestalt und braungelbe Farbe täuschend diejenige der Blätter vieler
Meertange (Sargassum, Cystosira) nachahmt, so dass sie zwischen
diesen gerade zur Verbergung des Fisches beitragen. Namentlich
die Korallenriffe bieten in ihren vielerlei Zacken und tiefen Spalten,
in der bunten Bevölkerung festsitzender oder langsam beweglicher
niedriger Thiere eine solche Mannichfaltigkeit von Hell und Dunkel,
Farben und Formen, dass ein einfarbiger grösserer Fisch hier viel-
[323]Analoge Formen bei gleichem Aufenthalt.
mehr ins Auge fallen würde, als ein gefleckter oder gestreifter;
dem entsprechend finden wir die buntesten Fische in den Familien,
welche hauptsächlich die Korallenriffe bevölkern, wie Scaroiden und
Labroiden, Squamipennen, Amphacanthiden und Pomacentriden,
Balistiden und Gymnodonten. Gewisse Typen der Zeichnung und
auch der äusseren Form wiederholen sich bei Gattungen verschie-
dener Familien zuweilen so auffällig, dass man früher solche Fische
im System zu einander stellte, weil sie eben auch in der Natur
neben einander leben, so die hohe kurze Körperform mit senk-
rechter schwärzlicher Bänderzeichnung und langen nach hinten
lappig vorspringenden Vertikalflossen bei vielen Squamipennen (Chae-
todon, Holacanthus, Heniochus, mal. kepper-laut oder ikan kipas,
Fächerfische, auf den Molukken kalibobo) und Pomacentriden (Da-
scyllus, Glyphidodon); ebenso finden sich manche Aehnlichkeiten
in der lang elliptischen Körperform, der langgedehnten einfachen
Rückenflosse, der oft punktirten oder auch senkrecht gebänderten
Zeichnung des Rumpfes und der wellig-streifigen Zeichnung des
Kopfes, der gerundeten oder nur flach mondförmig ausgeschnittenen
Form der Schwanzflosse zwischen Arten der Gattung Serranus (ma-
laiisch krapo, im östlicheren Theil guropa) unter den Percoiden und
manchen Labroiden, namentlich Anampses und Cheilinus, Aehnlich-
keiten, die ohne Zweifel auf Uebereinstimmung in Aufenthalt und
einzelnen Zügen der Lebensweise deuten. Eine gewisse Ueberein-
stimmung bei sonst grosser Verschiedenheit zeigen die Lederfische
(Amphacanthus, Acanthurus, Naseus) und mehrere Balistiden, wie
Monacanthus und Alutarius in der chagrin-artigen Beschaffenheit
der Haut, die Papageifische (Scarus) und die Gymnodonten (Tetro-
don, Diodon) in den scheinbar nackten, eigentlich mit Zahnmasse
dicht überzogenen Kiefern, bei beiden wahrscheinlich für das Ab-
kratzen der weichen lebenden Substanz der Korallen von deren
rauher Unterlage organisirt. Auch in Familien von sonst einförmiger
Körperfärbung finden wir im indischen Archipel auf Korallengrund
lebhaft gezeichnete, so die gebänderte Zunge, Synaptura zebra, und
die fleckigen Muränen (Poecilophis Kaup., sowie auch Ophichthys
colubrinus). Dagegen kommt die unter den Fischen sonst so ver-
breitete Silberfarbe bei denen der Korallenriffe fast nie vor, eben
wegen der bunten vollen Färbung ihrer Wohnplätze. Eigentlich
steiniger Grund ist an den tropischen Küsten selten, der Felsen-
boden wird gleich von Meerpflanzen und Pflanzenthieren überzogen,
21*
[324]Verdächtige Korallenfische. Nadelfische.
und dort sind auch die mancherlei stachel- und zackenköpfigen Fische
zu suchen, wie Scorpaena, Synancidium und Peristethus (Periste-
dion), alle ihrer gefürchteten Stacheln wegen unterschiedslos ikan
seitan, Teufelsfisch, genannt, und die langstrahlige Pterois, krapo-
matjan, Tigerbarsch, dem früher mit Unrecht die Fähigkeit zu flie-
gen wegen seiner langen Brustflossen-Strahlen angedichtet worden. 77)
All diese eigenthümlichen und auffälligen Fischformen spielen
aber keine grosse Rolle auf dem Markte, die Korallenfische im All-
gemeinen sind nicht als Speise beliebt, manche sogar mehr oder
weniger entschieden als schädlich gefürchtet. Eine grosse Anzahl
der in verschiedenen Welttheilen als für den Verspeisenden giftig be-
rüchtigten Fische gehören den vorzugsweise Korallenriffe bewohnen-
den Familien an, namentlich den Pectognathen, wie z. B. Tetro-
don Honkeneyi am Cap, T. sceleratus Forst. in der Südsee, Balistes
bursa auf Mauritius, B. vetula in Westindien. Auf der Insel Batjan
wurden Dr. Bernstein und ich ängstlich vor dem Genuss eines
Fisches derselben Familie, Monacanthus, seines vermeintlichen Giftes
wegen gewarnt; wir gebrauchten die Vorsicht, die rauhe Haut zu
entfernen, assen aber das weisse Fleisch ohne allen Nachtheil. 78)
An die Korallenfische schliessen sich unmittelbar diejenigen
an, welche zwischen Tangen leben, da letztere im indischen Archipel
hauptsächlich auf Korallengrund wachsen; es gehören hieher haupt-
sächlich die Nadelfische, Sygnathus, worunter der häufigste in die-
sem Meere, Gastrotokeus biaculeatus, schon durch seine grasgrüne
Farbe (mit rosenrothen Flecken an den Enden der Segmente) seinen
Aufenthalt anzeigt, und die Seepferdchen, die mit ihrem Wickel-
schwanz sich an den Meergewächsen festhalten, letztere auch hier
ikan kuda, Pferdefisch, der Gestalt des Kopfes wegen genannt.
Die Fische des offenen Meeres stehen mehrfach im Gegen-
satz zu denen der Korallenriffe; sie sind meist länger gestreckt, hinten
dünn, haben eine tief eingeschnittene Schwanzflosse und kräftige,
aber nicht ununterbrochen lang gedehnte Rückenflossen und sind
meist silberfarbig oder doch bläulich, ohne besonders vortretende
Zeichnung; die ersteren Eigenthümlichkeiten mögen ihnen ein an-
haltendes, energisches Schwimmen erleichtern, die Färbung verbirgt
sie in dem klaren, das Tageslicht zurückspiegelnden Wasser. Hieher
gehören im Allgemeinen die Scomberoiden und Scombresociden,
viele Carangoiden und die meisten Clupeoiden, malaiisch temban
oder bulan-bulan. Unter den Scomberoiden sind hauptsächlich die
[325]Fische der offenen See; Vergiftungsfälle.
Makrelen, malaiisch kembong oder gembong, die weit verbreiteten
Boniten, tjikalang, und die Thunfische, tonggol, zu nennen, unter
den Scombresociden die Hornhechte, Belone, und die charakteristi-
schen Halbschnäbel, Hemiramphus, auf Java beide djulong genannt,
auf den Molukken die ersteren als tsjaka-lang oder abgekürzt
sako, die letzteren als mulut-batang, Stock-im-Mund, unter-
schieden, und die fliegenden Fische (Exocoetus), ikan terbang. End-
lich noch zwei eigenthümlich lange zusammengedrückte, stark ge-
zähnte Fische, der spitzschwänzige Trichiurus, mal. putjuk oder
layor, und Chirocentrus, dieser der Körperform und des Silber-
glanzes wegen nicht unpassend ikan parang, Säbelfisch, von den Ma-
laien genannt; wahrscheinlich auch Sphyraena. Diese Fische sind
durchgängig bei den Eingebornen als Speise beliebt und stellen ein
wesentliches Kontingent zu dem Bestand der Fischmärkte, um so
mehr, als manche schaarenweise zu leben scheinen und daher auch
gleich in grösserer Anzahl zusammen gefangen werden. Vergiftungs-
fälle kommen aber auch durch sie vor, in Westindien sind mehrere
Sphyraenen (barracuda und becuna), ein Caranx und die Borsten-
flosse, Clupea thrissa, als gefährlich bekannt; im Mittelmeer gilt
das Fleisch des Thunfisches, sobald es nicht mehr ganz frisch ist,
als schädlich; und auch im Gebiet des indischen Archipels fehlt es
nicht ganz an ähnlichen Beispielen: Valentyn beschreibt den weit-
verbreiteten Boniten (Thynnus pelamys L.), unter dem malaiischen
Namen ikan kamatian, tödtlicher Fisch, indem er hinzufügt, gewiss
in sehr übertriebener Weise, dass Jeder, der davon esse, sogleich
todt niederfalle, und Cantor erzählt von mehreren in Benkulen 1823
und 1825 vorgekommenen Vergiftungsfällen durch einen härings-
artigen Fisch, der für die sonst unschädliche Clupeonia perforata
gehalten worden war, aber vielleicht doch die auf den Seychellen
als schädlich bekannte Moletta venenosa C. V. gewesen sein könnte. 79)
Es ist immerhin zu beachten, im Gegensatz zu den vorhin berührten
gefürchteten Korallenfischen, dass es sich hier um solche Arten
handelt, die entweder selbst (der Bonit) oder deren nächste Ver-
wandte häufig ohne Schaden gegessen werden, dass also eher an
einen krankhaften Zustand des betreffenden Exemplars oder begin-
nende Fäulniss desselben zu denken ist, als an eine besondere
Eigenheit der Art.
Zu den Fischen des offenen Meeres gehören auch noch die
Haie, malaiisch tjutjut, auf den Molukken gorango, unter denen der
[326]Haie. Fische des Schlamm- und Sandbodens.
blasse Carcharias melanopterus mit schwärzlichem Fleck an der
zweiten kleinen Rückenflosse besonders häufig ist; unter den klei-
neren Katzenhaien zeichnen sich mehrere durch lebhafte Zeichnung
aus und führen darnach eigene Namen, so Scyllium maculatum
tjutjut kembang, d. h. der geblümte Hai, Stegostoma fasciatum tj.
matjan, d. h. Tigerhai. Ferner dürfte auch die eigenthümliche Am-
phisile scutata, malaiisch passend ikan piso, Messerfisch, genannt,
nach ihrem Silberglanz und der nach unten scharfkantig zusammen-
gedrückten Körperform, worin sie noch die Heringe übertrifft, zu
den dem offenen Meere angehörigen, wesentlich auf Schwimmen
angewiesenen Fischen gehören.
Eine dritte Gruppe bilden die Fische des weichen Grundes,
d. h. des Sand- oder Schlammbodens; ihr Körper ist vorherrschend
flachgedrückt, um sich dem Boden anzuschmiegen, die Farbe der
Oberseite braun in verschiedenen Schattirungen, der Umgebung
mehr oder weniger angepasst, die vom Lichte abgewandte Unter-
seite weiss. Hieher gehören zwei sonst unter sich weit verschiedene
und in allen Erdtheilen bekannte Fischformen, die Rochen und die
Schollen oder Pleuronectiden, beide in ganz verschiedener Weise,
aber zu ähnlichem Erfolge abgeplattet, die Rochen vom Rücken
zur Bauchseite mit bedeutender Betheiligung der Brustflossen, die
Schollen von den Seiten mit Verkümmerung der Brustflossen, an
deren Statt die Rücken- und Afterflosse beim Auf- und Absteigen
eintreten, und mit Verdrehung des Kopfes, um doch beide Augen
oben zu behalten. Unter den ersteren sind im indischen Archipel
namentlich die Stechrochen, Trygon, malaiisch pareh, auf den Mo-
lukken noa, und die ihnen nächst verwandten Adlerrochen, Mylio-
batis und Aëtobatis, zahlreich, letztere auch hier vom Volke Vogel-
rochen, pareh-burong, genannt, weil sie, mit dem Netze aufs
Trockene gezogen, durch heftiges Auf- und Abschlagen der grossen
flügelähnlichen Brustflossen sich fortbewegen. Bei einer Art dieser
Gattung, Myliobatis milvus, die ich mit Dr. Bernstein zusammen am
Sandstrand von Batjan im Zugnetze gefangen, fanden wir das
Fleisch ganz schwarz, aber nicht unschmackhaft. Auch die elek-
trischen Rochen, pareh kubbas, sind durch mehrere Gattungen ver-
treten (Narcine, Astrape, Temera) — es sind die einzigen elektri-
schen Fische des Archipels — dagegen fehlen Repräsentanten
unserer Nagel- und Glattrochen (Raja) völlig. 80) Unter den Pleu-
ronectiden finden wir Repräsentanten unserer europäischen Butten
[327]Fische der Tiefe. Geographische Verbreitung.
(Rhombus) und Zungen (Solea, Synaptura); erstere nennt der Malaie
sehr bezeichnend mata-sablah, Augen einerseits, letztere überein-
stimmend mit uns lidah, Zunge. Beide Familien, Rochen und Pleu-
ronectiden, erscheinen auf den Fischmärkten, doch nicht in so
überwiegendem Verhältniss wie im nördlichen Europa. Eine be-
deutende Rolle auf den Märkten des Archipels spielt aber noch
eine Gattung, die ihrer Gestalt und Färbung nach ebenfalls zu diesen
Fischen des weichen Grundes gehört, aber Europa ganz fremd ist,
nämlich die Plattköpfe, Platycephalus, malaiisch bobossok, auch
badji-badji, Keil, genannt, auf den Molukken auch ikan buaja,
Krokodilfisch.
Endlich möge noch mit Einem Wort der Fische grösserer
Meerestiefen gedacht werden; es stehen mir leider darüber keine
direkten Erfahrungen zu Gebot, aber nachdem was wir aus andern
Meeren, namentlich dem Mittelmeer 81) wissen, dürfen wir vielleicht
solche in einigen auffällig grossaugigen, vorherrschend hellroth ge-
färbten Stachelflossern vermuthen, wie dem grossschuppigen Myri-
pristis, ikan gora auf Amboina, und dem rosenfarbigen Priacanthus,
ikan swangi, Gespenstfisch, der Malaien.
10. Wirbellose Meerthiere.
Indem ich eine speziellere Behandlung der gesammelten Mol-
lusken, Crustaceen und Strahlthiere für die folgenden Bände auf-
spare, soll hier nur in Kürze die allgemeine physiographische und
geographische Vertheilung derselben und gelegentlich ihre Verwen-
dung von Seite des Menschen angedeutet werden.
Wie bei den Fischen, so tritt auch bei den wirbellosen Thie-
ren die Gleichheit der Meeresfauna von den ostafrikanischen Küsten
an durch den ganzen indischen Ocean hindurch bis tief in das tro-
pische Polynesien, aber nicht bis zur Westküste Amerikas als all-
gemeine Regel auf; die meisten Gattungen und sehr viele Arten
bleiben in dieser weiten Ausdehnung sich gleich, so namentlich
viele der bekannteren, in den europäischen Sammlungen so häufigen
Conchylien. 82)
Was den näheren Aufenthalt der Meerthiere betrifft, so ist
für alle, welche nicht zeitlebens frei schwimmen, sondern eines
Bodens bedürfen, die physikalische Beschaffenheit desselben von
entscheidendem Einfluss: Schlamm-, Sand- und Stein- oder Felsen-
grund zeigen eine ganz verschiedene Thierbevölkerung. Andererseits
[328]Meerthiere des Schlammgrundes.
bedingt aber auch die Tiefe eine wesentliche Aenderung des Thier-
lebens. Zwischen Fluth- und Ebbegränze (Litoralzone) ist selbst-
verständlich der Boden dem Einzelnen ohne besondere Apparate
noch zugänglich und daher am leichtesten seine Fauna zu erforschen.
Für bedeutende Tiefen sind besondere Apparate und ein Aufgebot
von mehr Menschenkräften erforderlich, es ist daher deren Erfor-
schung erst in neuerer Zeit für die europäischen Meere, in aller-
neuester auch für den indischen Ocean begonnen.
Schlammgrund herrscht einerseits an Flussmündungen,
andererseits in grösseren Tiefen vor, wir haben demnach eine Fauna
des Schlammgrundes in der Litoralzone, welche sich eng und ohne
scharfe Gränze an die schon oben S. 317 besprochene Brackwasser-
fauna anschliesst, und eine Fauna der tiefen Schlammgründe, die
charakteristische Tiefseefauna. Gemeinschaftlich beiden ist etwa
nur das, dass beide keinem stärkeren Wellenschlag ausgesetzt sind,
daher die einzelnen Thiere weniger Schutz und Widerstandskraft
gegen mechanische Unbilden bedürfen, also dünnschalige, überhaupt
zarte, zerbrechliche Thierformen nicht selten sind, wie ja bekannt-
lich auch manche Tiefseefische durch den losen Zusammenhang
ihrer Wirbel auffallen.
An den Flussmündungen treten der Süss- und Brackwasser-
Fauna gegenüber die Meerthiere zuerst entschiedener in den Mangle-
Dickichten auf, welche nicht allein von den eigentlichen Mangle,
Rhizophora, sondern auch von im Habitus ähnlichen Stauden oder
Bäumen aus ganz anderen Familien des Pflanzensystems gebildet
werden, besonders den Gattungen Sonneratia (Myrtaceen), Avicennia
(Verbenaceen) und Aegiceras (Myrsineen). An den lebenden Blättern
dieser Gewächse sitzt häufig über Wasser eine ihrer Verwandtschaft
nach schon zu den Meerthieren gehörige Strandschnecke, Litorina
scabra L. (Buccinum foliorum bei Rumph), spiralgestreift, hellbraun
mit dunkelbrauner Flammenzeichnung, dünnschaliger als die Felsen-
strandschnecke unserer Nordsee (L. litorea), an den aus dem Schlamm-
grund vorragenden Wurzeln, Cerithium (Potamides) sulcatum Br.,
von Rumph deshalb strombus mangiorum genannt; er gibt an, es
hauptsächlich an Sonneratia gefunden zu haben, die Litorina erin-
nere ich mir speziell an den Blättern von Aegiceras gesammelt zu
haben, glaube aber nicht, dass die eine oder die andere Schnecke
an die betreffende Pflanzengattung sich bindet. Auriculaceen (vgl.
oben S. 318) finden sich oft in unmittelbarer Nähe, an dem lebenden
[329]und der Mangle-Dickichte.
oder todten Holz, oder auch auf dem Schlammgrunde selbst. Be-
rühmt sind die Mangle-Dickichte aber dadurch, dass in ihnen »die
Austern auf den Bäumen wachsen«, freilich nicht überall, und so-
viel ich beobachten konnte, hauptsächlich nur an dem der See zu-
gewandten Rande der Dickichte. Es sind das grössere oder kleinere
Austern mehrerer Arten, namentlich die flachere blasse O. parasitica
und die scharfgefaltete gelbe oder röthliche O. folium, welche an
den Stammstützen und selbst an den ins Wasser herabreichenden
Zweigen festsitzen, die erstere unmittelbar mit der Schalenfläche
aufgewachsen, die letztere oft mit eigenen aus der Schale sich er-
hebenden Klammern die dünnen Sprosse (z. B. von Aegiceras) um-
fassend. All diese Weichthiere der Manglesümpfe bis zur Grösse
der Litorina herab werden von den Eingebornen gerne gegessen,
es sind keine schädlichen darunter bekannt und sie sind meist mit
geringer Mühe in grosser Menge zu sammeln; eine besondere Rolle
für den Tisch der Europäer spielen übrigens auch die Austern in
Indien nicht.
Schlammstrecken, welche nicht mehr dem Wechsel von Süss-
und Meerwasser unterworfen sind, beherbergen verschiedene weiche
langschwänzige Krebse aus der Familie der Thalassinen und manche
dünnschalige Muscheln, wie Telliniden und Soleniden; all diese
graben sich in den Boden ein, während die Meerschneckengattung
Nassa frei auf der Schlammfläche herumkriecht. In weichem schwärz-
lichen Grund in der Bai von Amboina lebt häufig eine dünne violett-
blaue Muschel mit strahliger Zeichnung, Psammobia violacea und
Ps. radiata, deren Fleisch von den Eingebornen zu einer gewürz-
reichen Brühe, bokassan genannt, verarbeitet wird. 83) Der eigen-
thümliche Molukkenkrebs oder Pfeilschwanz, Limulus Moluccanus,
findet sich an sehr seichten schlammigen Stellen der Küste, ähnlich
wie unser Kiefenfuss, Apus cancriformis, in Deutschland in untiefen
Lehmgräben; er ist aber nicht etwa den Molukken, der östlichen
Hälfte des Archipels, eigen, ich fand ihn z. B. auch bei Muntok auf
Banka; er bewegt sich nur langsam vorwärts, erhebt aber bei Be-
rührung drohend den Stachel und kann sich mittelst desselben um-
wenden, wenn er auf den Rücken gelegt wird, wie die Süsswasser-
Schildkröten mittelst des Halses, freilich beide in der Regel erst
nach mehreren vergeblichen Versuchen.
Von der Thierbevölkerung etwas tieferer Schlammgründe
gibt die Ausbeute eines Schleppnetzzuges eine Andeutung, welchen
[330]Meerthiere des Sandstrandes.
ich in 16 Faden Tiefe am Eingange des Golfs von Siam 8° 29′
Nordbreite, 104° 12′ Ostlänge von Greenwich, am Seitenrand der
von Süden kommenden nach dem chinesischen Meer ziehenden
Strömung anzustellen Gelegenheit hatte; es waren darunter lebend
zwei kugelige Krabben, die grünlichgraue Leucosia craniolaris mit
lebhaft pomeranzengelben Scheeren- und Fussspitzen, eine weiss-
liche Rhizopa, ferner eine kleine Galatea, ein blassröthlicher See-
stern, Archaster Hesperus, eine kleine weisse Scheidenmuschel
(Novaculina?) und eine grosse Plumularia, auf einem Schwamme
wachsend. Daneben zahlreiche leere Muschelschalen, z. B. Pleuro-
toma gravis, Turritella gemmata, Dentalium eburneum, Tellina can-
dida und virgo, Arten der Gattungen Ranella, Murex, Natica, Arca,
Venus und Mactra. Ueber eine ähnliche Ausbeute aus der süd-
chinesischen See (40 Faden) s. oben S. 55, die dort erwähnte Plu-
mularia ist Pl. (Aglaophenia) secunda Kirchp.
Der Sandstrand, meist gerade lange Küstenlinien mit gleich-
mässiger schwacher Abdachung bildend, bietet überhaupt und na-
mentlich auf den ersten Anblick dem Zoologen wenig Ausbeute.
Das Erste, was er zu sehen bekommt, sind hellgrau gefärbte, fein
gesprenkelte, ziemlich kleine Viereckkrabben (Ocypode), welche mit
freischwebendem Rumpf mittelst ihrer langen Beine flüchtig wie
Schatten über den Sand hineilen und sehr schwer zu erhaschen
sind, nebst einer grossen Zahl kleinerer, mehr oder weniger ab-
geriebener Schneckenschalen; oft sieht er dieselben sich bewegen
und greift freudig darnach, in der Hoffnung, nun endlich einmal
das lebende Thier einer ihm längst nur der Schale nach bekannten
Gattung beobachten zu können, aber er findet dann nur einen Ein-
siedlerkrebs darin und lernt bald die ruckweise Bewegung derselben
von der stetig kriechenden eines Schneckenthieres unterscheiden.
Diese Einsiedlerkrebse, namentlich Coenobita (rugosus, violascens
und clypeatus), deren grössere Scheere mit einigen vorderen Füssen
sich zu einem convexen Schilde oder Deckel in der Schnecken-
mündung zusammenschmiegt, sammeln sich oft haufenweise an irgend
einem Nahrungsstoff, einem ausgeworfenen faulenden Seethier oder
Ueberresten menschlicher Thätigkeit. Sie entfernen sich ziemlich
weit vom Wasser und werden manchmal noch zwischen den letzten
Landpflanzen gefunden, unter welchen namentlich eine blassviolette
Strandwinde (Ipomoea pes caprae L. sp.) sich durch Häufigkeit und
schöne Blüthe auszeichnet. Auch die Haine von Cocospalmen,
[331]Crustaceen u. s. w. auf Sandgrund.
welche öfters den Sandstrand umsäumen und zuweilen, wie z. B.
bei Benkulen, mit an Nadelholz erinnernden Casuarinen (C. equiseti-
folia) gemischt sind, zeigen ihrer lichten Beschaffenheit und des
mangelnden Unterholzes wegen wenig thierisches Leben. Unter
Wasser fehlt es auch auf Sandgrund nicht an Thieren, aber da die
einförmige ebene Fläche ihnen keinen Schutz gibt, so wissen sie
sich auf mannichfache Weise den Augen ihrer Feinde zu entziehen.
So fand ich z. B. einen eigenthümlichen Krebs, seines gewölbten
Rückenschildes wegen mit einer Schildkröte verglichen, Remipes
testudinarius, in ziemlicher Zahl beim Baden auf einer flachen san-
digen Stelle des Strandes von Ternate; er schmiegt sich dicht an
den Boden an und ist dann, so lange er sich nicht bewegt, seiner
hellgrauen fein punktirten Färbung wegen so schwer zu sehen, wie
die kleinen Flunder am Strande der Ostsee. Auch die ähnlich ge-
sprenkelte Matuta lebt auf Sandgrund und die breite Schaufelform
aller ihrer Fusspaare dient ihr wohl weniger zum Schwimmen als
zum Einschaufeln in den Sand, ebenso manche der sogenannten
Schwimmkrabben (Lupa), deren blasse Färbung und flache Gestalt
schon den Sandbewohner verräth, obwohl sie auch gut zu schwim-
men verstehen, wie das pelagische Vorkommen verwandter Arten
bestätigt; rasches Schwimmen, wenn auch für kürzere Strecken,
ist ihnen eben nöthig, weil der gleichförmige Grund keine beson-
deren Schlupfwinkel bietet. Noch in manchen anderen Crustaceen-
Gattungen, die in verschiedenen Familien sich durch flachen Körper-
bau auszeichnen, dürfen wir Bewohner ebenen Grundes vermuthen,
so namentlich in Thenus und Ibacus. Die flachen kuchenförmigen
See-Igel, Lobophora biforis Gmel. sp., die ich bei Palabuan (S. W.
Java) an einer ähnlichen Stelle fand, bedecken sich mit einer dün-
nen Sandschicht und entziehen sich dadurch dem Auge. Viele
zweischalige Muscheln graben sich mehr oder weniger tief in den
Sand ein und halten nur durch ihre sehr verlängerbaren Röhren
ein kleines Loch über sich offen, um Wasser und mit diesem ihre
Nahrung zu bekommen, so die Tellinen und die im indischen Archi-
pel weit verbreitete Asaphis deflorata (Tellina arenosa bei Rumph).
Ebenso machen sich manche langschwänzige Krebse Löcher im
Sand als Wohnung, so z. B. Squilla maculata (Sq. arenaria No. 1.
bei Rumph). Endlich ist ein weicher Sandgrund auch die Wohn-
stätte der grossen Seefeder in der Bai von Amboina, deren Ein-
bohren und Nesseln schon Rumph schildert und von welcher ich
[332]Meerthiere an losen Steinen.
an der von ihm angegebenen Stelle ein 0,523 Met. langes Exemplar
erhielt, welches Professor Kölliker als Virgularia Rumphii be-
schrieben hat. 84)
Das Kontingent, das der Sandgrund an wirbellosen Thieren für
die Nahrung des Menschen liefert, ist nicht unbedeutend und besteht
hauptsächlich in den erwähnten Sandmuscheln und noch mehr in
den grossen Schwimmkrabben (Lupa pelagica), soweit diese hieher
gerechnet werden dürfen; wichtiger aber für die Eingebornen ist
dieser Boden dadurch, dass er die Anwendung grösserer bis zum
Grund reichender Netze erlaubt und damit öfters eine ganz beträcht-
liche Ausbeute an Fischen verschiedener Art gewährt.
Reicher und mehr auf den ersten Blick bemerkbar wird das
thierische Leben auf Steingrund. Wo auch nur mitten im Schlamm
mehr oder weniger lose Steine umherliegen, finden sich an und auf
ihnen charakteristische Weich- und Schalthiergattungen, die man
auf dem weichen Grund der Umgebung vergebens sucht, so die
Gattungen Ricinula, Columbella, Planaxis, Onchidium, kleine Austern
u. a. In ähnlicher Weise genügen mitten auf weichem Grund ein
Steindamm oder auch eine Reihe von Holz- oder Bambupfählen
zum Behuf des Fischfangs (sero) als Ansiedlungspunkt für Crusta-
ceen verschiedenster Art, von den raschkletternden Viereckkrabben
(Grapsus) bis zu den festsitzenden Meereicheln, für allerhand Mu-
scheln, namentlich kleinere Austern, und ebenso für vielerlei Pflanzen-
thiere, namentlich Hydroidpolypen, von denen manche Aussehen
und Befestigungsweise mit den Tangen theilen, aber sofort bei Be-
rührung das Gefühl leichten Brennens erregen und sich damit
als Klassenangehörige der Meernesseln ausweisen; namentlich meh-
rere Plumularien zeigen diese Eigenschaft, doch bei der geringen
Grösse immer nur in sehr mässigem Grade (vgl. oben S. 242). Wo
ein flacher Strand mit losen abgeschliffenen Steinen dicht bedeckt
ist, wie bei Larentuka am Fuss des Vulkans Illimandiri, ist freilich
auch zunächst nicht viel von thierischem Leben zu sehen, aber bei
ernstlichem Nachsuchen findet sich doch in den Lücken zwischen
den dunkelfarbigen Steinen hier ein violetter oder schwarzer Schlan-
genstern, dort eine See-Anemone, dann wieder eine dunkelblaue
Nacktschnecke (Phyllidia), ein kleiner Octopus, und wenn man
durch kleine Belohnungen das Interesse und den Wetteifer der zu-
schauenden Kinder erregt, so erhält man auch hier bald eine ziem-
liche Anzahl von Meerthieren der verschiedensten Klassen. Wo
[333]Meerthiere des Felsenufers.
das Meeresufer selbst von anstehendem Gesteine gebildet wird,
sind wiederum verschiedene bestimmte Stufen in der Thierbevölkerung
zu beobachten. Zu oberst, wo die letzten Landpflanzen wachsen,
über der Gränze der höchsten Fluth, findet sich eine dem Binnen-
lande fremde Gattung kleiner Deckelschnecken, Truncatella, lebend —
häufiger findet man die todten Schalen im Auswurf des Meeres; —
gleich darunter an steilen abfallenden Stellen, wohin durch Wind
und Anschlagen der Wogen noch zuweilen das Meerwasser empor-
getrieben wird, beginnen als erste Meerschnecken die Litorinen und
zwar dickschaligere rauhere Arten, als die an den Manglezweigen,
oft in Farbe und Skulptur auffällig dem angenagten Gestein ähnelnd,
woran sie sitzen, wie ich es z. B. mit Litorina pagodus L. an einem
pfeilerartigen Strandfelsen bei Kupang auf Timor gesehen. Nicht
viel tiefer beginnt die Schneckengattung Nerita, nach Zunge und
Eingeweiden einer andern Ordnung angehörig, aber im Bau der
Schale, namentlich des breiten innern Mundrandes, manchen Lito-
rinen recht ähnlich; der gleiche Wohnort bedingt gleiche Anpas-
sungen. Bei beiden Gattungen ist mir wiederholt aufgefallen, dass
höher oben nur kleinere (jüngere?) Exemplare vorkommen und die
grösseren etwas tiefer leben, an Stellen, die regelmässiger und
länger befeuchtet werden. Ist es jugendliche Unerfahrenheit und
Wanderlust, welche die jungen höher hinauftreibt? oder sind sie
dort mehr Gefahren durch Wassermangel oder Vögel ausgesetzt,
so dass sie nicht das Alter der tiefer lebenden erreichen? Auch
Schüsselschnecken (Patella) und Meereicheln (Balanus) leben im
unteren Theile dieser Klippenregion, erstere jedoch im indischen
Archipel nicht so zahlreich und mit Ausnahme der P. testudinaria
auch nicht so gross, als an den europäischen Küsten. Endlich
treiben auch hier die Einsiedlerkrebse ihr Wesen, sowie der ihnen
verwandte grosse aber seltene Beutelkrebs, Birgus latro, dessen
fetthaltiges Hinterstück von den Feinschmeckern unter den Ein-
gebornen hoch geschätzt wird. Ich hörte ihn nur katan-kalapa,
Cocosnuss-Krabbe, nennen, während Rumph diesen Namen einer
andern Gattung (Calappa) gibt. Auch die den Meereicheln ver-
wandten buntgelben zusammengedrückten Schlangenkronen (Polli-
cipes mitella) finden sich in engen Spalten über Wasser, so dass
sie nur von der Brandung befeuchtet werden. In der regelmässig
von der Fluth bedeckten Region nimmt die Anzahl und Mannich-
faltigkeit der Thiere rasch zu, unter den Meerschnecken sind die
[334]Foraminiferen und Hornkorallen.
Gattungen Turbo und Trochus, namentlich Tr. labio L., ferner die
eigenthümlichen achtschaligen Käferschnecken, Chiton, hervorzu-
heben, welch letztere gern an der Unterseite vorspringender Ge-
steinsmassen sitzen; auf Flores und Timor fand ich so den über
0,06 Meter grossen schwarzen Ch. spinosus Brug. mit 0,012 Meter
langen Stacheln am Rand. Mehrere kleine dunkelgefärbte Meer-
schnecken, welche auf den Klippen zwischen grünen Tangen leben,
zeichnen sich durch ein flüchtiges Rosenroth der Mündung aus, so
Columbella fulgurans, Engina mendicaria, mehrere Ricinula und ein
Planaxis. Unter den zweischaligen Muscheln ist namentlich die
Gattung Arca, die sich mit einem hornartigen Fortsatz, dem Byssus
der Miesmuscheln entsprechend, anheftet; unter den Crustaceen sind
manche stachlige Dreieckkrabben und einige langschwänzige Krebse
an mit Tangen bewachsenen Stellen, von Pflanzenthieren die weichen
Actinien, sowohl mit einfachen als mit zusammengesetzten Fühlern
(Thalassianthus u. a.), für diese Region charakteristisch.
Mit der Ebbegränze beginnen die grösseren Tange, hier im
indischen Archipel hauptsächlich durch die Gattungen Sargassum
und Turbinaria vertreten, sowie zahlreiche Florideen, zwischen und
an diesen sitzen wiederum zahlreiche Thiere, von den höheren Cru-
staceen und Mollusken an bis zu den kleinen Foraminiferen, unter
welchen hier hauptsächlich die sternförmigen Calcarinen, die kolbi-
gen, oft triedrischen Tinoporus, die scheibenförmigen Orbitulites
und die nautilusförmigen Polystomellen häufig sind. 85) Schon merk-
lich tiefer, unterhalb der Ebbegränze und vom Boot aus noch sicht-
bar, aber nur durch Tauchen erreichbar, wachsen die rothgelben
spröden, vielverzweigten Gliederkorallen (Melitaea ochracea und
rubra) und an ihnen, mittelst ihrer Arme angeschlungen, sowohl
Medusenhäupter (Euryale) als Haarsterne (Comatula), beide von den
Malaien als bulu ayam, Hühnerfedern, bezeichnet. Noch tiefer ist
die Region der weissen Gliederkoralle (Isis hippuris) und einiger
wenig verzweigter Rinden- oder Hornkorallen (Juncella und Gor-
gonia sasappo Pall., nach dem malaiischen sasappo, Besen). Die
letztgenannte Familie ist übrigens im indischen Ocean lange nicht
so reich entwickelt als in Westindien. Etwas häufiger sind wieder
die schwarzen Korallen, sowohl verzweigte, eigentliche Antipathes,
als das einfache spiralgedrehte Cirripathes, beide von den Ein-
gebornen hoch geschätzt, zu Schmuck und Amuleten verwendet.
All diese haben nichts mit den Korallenriffen zu thun. 86) Noch
[335]Thiere auf den Korallenriffen.
grösseren Tiefen gehören die Liliensterne an, von denen erst in
neuerer Zeit eine Art auch in dem indischen Archipel gefunden
worden ist. 87)
Reiner Felsengrund ist im indischen Archipel selten, da er
meistens von Sternkorallen bedeckt und überwuchert wird und so
Veranlassung zu den Korallenriffen gibt, welche in ähnlicher
Ausbildung durch den tropischen Theil des grossen Oceans gehen,
in Westindien und im rothen Meer wieder auftreten, aber den käl-
teren Meeren, schon dem Mittelmeer, ganz fremd sind. Die Korallen-
riffe sind in der Regel durch eine mehr oder weniger breite Lücke
von der Uferlinie entfernt, diese Lücke ist aber zuweilen mit ihren
zerriebenen Trümmern, dem Korallengrus, ausgefüllt, so dass man
zu Fuss, wenn auch nicht gerade ganz trockenen Fusses, hinüber
waten kann. Diese Grusflächen sind wenig belebt, es finden sich
darauf nur kriechende Meerpflanzen (Caulerpa, Halophila) und ver-
einzelte Meerschnecken. Um so reicher das eigentliche Riff, wo
der Sammler bald nicht mehr weiss, wie er all die Schätze unter-
bringen soll. Zwar trifft er auch hier zunächst auf abgestorbene
Korallenstücke verschiedener Gattungen oder solche, an denen nur
noch ein Theil fortlebt; die vollständig belebten schönen Stücke
wollen auch hier gesucht sein und finden sich mehr in Vertiefungen
und Abstürzen, wo sie nie vom Wasser verlassen werden; hier
sieht man die gestirnten Astraeen, die labyrinthischen Maeandrinen
und die punktirten Poriten ihre lebenden Sterne entfalten, meist
von gelbgrüner Farbe, und diese massigeren Formen dienen wiederum
als Grundlage für die dünneren und mehr verzweigten, unter wel-
chen die sparrigen eigentlichen Madreporen mit kleinen krugförmig
der Mittelachse zugewandten gelbgrünen Sternen, die feineren, frisch
schön rothgelben Seriatoporen und die lappigen Mussa mit grossen
schneidend-dornigen Sternen die häufigsten sind. Auf, in und zwi-
schen diesen Korallen leben nun Thiere der verschiedensten Klassen:
hier schlingen schwarze Schlangensterne (Ophiocoma scolopendrina
und nigra), gorita-karang, Korallen-Vielfuss, ihre stachligen gelen-
kigen Arme langsam von Zweig zu Zweig und verkriechen sich bei
Störung immer tiefer in das Dickicht derselben, so dass der Sammler
Mühe genug hat, durch Abschlagen der Zweige sie nach und nach
unverletzt heraus zu lösen; dort wandeln hochgewölbte kurzbeinige
Krabben (Carpilius und Atergatis) bedächtig zwischen den einzelnen
Stücken herum und wissen sich geschickt in jede Ecke zu drücken,
[336]Thiere der Korallenriffe.
von wo sie der zugreifenden Hand nur die kräftigen schwarzfingrigen
Scheeren drohend darbieten. Hier dehnt sich in einer kleinen Lache
eine dunkle Holothurie so lang aus, dass man sie für eine Schlange
halten möchte, zieht sich aber bei Berührung zu einer runzligen
lederartig anzufühlenden Gurkengestalt zusammen und treibt, wenn
man sie aus dem Wasser nimmt, durch anhaltende Contraction
langsam ihre eigenen Eingeweide aus. Eine andere grau-gebänderte
von wurmartiger Form (Synapta vittata) haftet klettenartig durch
zahlreiche mikroskopische Ankerchen an jeder Stelle der Hand, die
sie streift, an und ist so nicht mehr von den Fingern wegzubringen.
Dort starrt ein grosser See-Igel (Diadema, Echinothrix) uns ent-
gegen, die langen schwarzen oder auch weissbunten Stacheln nach
allen Richtungen ausstreckend, so dass man nicht weiss, wie ihn
anfassen, um so mehr wenn man erfahren, wie leicht die Spitzen
seiner feineren Stacheln in der Haut der berührenden Hand ab-
brechen und noch mehrere Tage lang empfindlichen Schmerz ver-
ursachen. Dort schleicht ein unschuldiger himmelblauer langarmiger
Seestern (Linckia miliaris), kaki-ayam, Hühnerfuss, von den Ein-
gebornen genannt, oder ein anderer grösserer, der auf dem gewölb-
ten Rücken stumpfe dicke Dornen trägt (Oreaster), mit seinen hun-
dert weichen Füsschen so langsam daher, dass man seine Orts-
bewegung nur erschliessen, nicht sehen kann.88) Von Würmern
sind ein blassgelber, schwarzliniirter Strudelwurm, Borlasia quadri-
lineata Q. G., die stattliche Amphinome (Eurythoë) Pacifica Kin-
berg, ein grosser Zangenwurm, Eunice gigantea Cuv., und die durch
ihre langen gelben Borsten ausgezeichnete schöne Chloeia capillata
Sav. mir wiederholt auf den Korallenriffen des indischen Archipels
vorgekommen. Die Bewegungen dieser niederen Meerthiere sind im
Allgemeinen langsamer, als die der höheren; wir müssen schon zu
den langschwänzigen Krebsen (Alpheus, Gonodactylus) und den
Cephalopoden aufsteigen, um rasche, energische Ortsbewegung unter
den Bewohnern des Korallenriffs zu finden. Andere haben auf die-
selbe ganz verzichtet und ihre Sicherheit in der Verborgenheit ge-
sucht, durch aktives Einbohren in die Korallenmasse selbst, wie
die Meerdattel (Lithodomus) und andere Bohrmuscheln, oder indem
sie passiv sich von der Koralle umwachsen lassen, wie einzelne
Cirripeden (Pyrgoma), Schnecken (Magilus) und Würmer (Sipuncu-
lus in Heteropsammia), wobei sie nur ein kleines Loch für Nahrung
und Athmen offen zu halten bestrebt sind. Bemerkenswerth ist auch,
[337]Kalkreichthum und Essbarkeit derselben.
wie der reiche Kalkgehalt, der eben die Bildung des Korallenriffs
bedingt, auch in den anderen Thierklassen und selbst in den Pflan-
zen hervortritt: so finden wir auf den Riffen gerade die Echinoder-
men so reich entwickelt, also Thiere, deren Körperhaut in hohem
Grade durch Kalkeinlagerung ausgezeichnet ist, wir finden Muscheln
und Seeschnecken mit besonders dicken Kalkschalen, wie Tridacna,
Strombus, Cypraea, Terebra und Mitra, wir finden unter den Fischen
die gepanzerten Kofferfische, ikan totombo oder auch (auf Amboina)
ikan kabila; wir finden endlich auch Meerpflanzen aus verschiedenen
Familien der Tange, welche durch massenhafte Kalkeinlagerung das
Ansehen von Korallen erhalten und daher von früheren Natur-
forschern für solche gehalten wurden, so Halimeda mit scheiben-
förmigen, an manche Cactus erinnernden Gliedern, Amphiroa mit
keilförmigen Gliedern, Galaxaura mit cylindrisch-elliptischen, die
fadenartig feine Jania und die krustenartigen Melobesien.89)
Im Verhältniss zur grossen Anzahl ihrer Thiere geben Felsen-
grund und Korallengrund nur einen sehr mässigen Beitrag zu den
Nahrungsmitteln des Menschen. Wohl sieht man öfters einzelne
Eingeborene an solchen Stellen Mollusken und andere Thiere für
den eigenen Bedarf sammeln, aber auf den Märkten findet man fast
keine Thiere, welche auf diesen Bodenarten heimisch sind, und mit
mehr oder weniger Recht gelten die Meerschnecken mit glänzenden
schön gefärbten Schalen, wie die auf den Riffen häufigen Cypraea,
Mitra u. a., sowie manche dort lebende Krabben, namentlich die
mit schwarzen Scheeren (katam gigi itam), bei den Eingebornen als
untauglich zur Nahrung oder gar schädlich. Nur die Holothurien
(Trepang) bilden einen nicht unbedeutenden Handelsartikel, da sie
bekanntlich bei den Chinesen als Delikatesse gelten, vielleicht we-
niger ihrer wirklichen stofflichen Eigenschaften, als ihrer besonde-
ren Form wegen. Ausserdem werden seit dem Einheimischwerden
der Europäer Korallen und Conchylien vielfach, namentlich im
Osten, auf den einzelnen Inseln der Molukken gesammelt und von
Händlern nach Amboina und Singapore gebracht, um sie den Euro-
päern als Raritäten und Kuriositäten zu verkaufen, daher viele der-
selben schon seit lange in den europäischen Naturaliensammlungen
bekannt sind, aber auch das Vorkommen bei solchen gekauften
Stücken oft gar nicht oder falsch angegeben ist.
Unter den freischwimmenden wirbellosen Thieren des
indischen Oceans haben einige Cephalopeden schon seit lange das
Ost-Asien. Zoologisch. I. 22
[338]Argonauta, Nautilus, Spirula.
Interesse der Liebhaber und Naturforscher erregt, der weisse dünne
sogenannte Papiernautilus (Argonauta), der perlmutterartige gekam-
merte ächte Nautilus und das kleine lose gewundene, ebenfalls ge-
kammerte Posthörnchen (Spirula). Von der ersten Gattung kommen
im indischen Ocean alle drei bekannten Hauptarten vor, die schmale
einfach gestreifte A. Argo, die gekörnte A. tuberculosa und die
kleinere breite bräunliche A. hians. Da sie nur bei ruhigem Wetter
an der Oberfläche des Meeres sich sehen lassen, gelten sie als
Glückszeichen und werden als solche auf den Molukken bei Fest-
lichkeiten zur Schau getragen und auch zu Geschenken benutzt, so
habe ich zwei kleine Exemplare von A. hians von einem eingebornen
»Prinzen« auf Batjan erhalten. Sie werden öfters schwimmend an-
getroffen und es ist längst ausgemacht, dass ihnen die zwei breiten
Arme zum Umfassen der Schale dienen, nicht als Segel, wie man
früher dichtete. Nautilus pompilius L. oder das Perlmutterboot ist
der Schale nach häufig und wird bekanntlich seines schönen Perl-
mutters wegen häufig ausgeschnitten oder bemalt als Zierstück ver-
wandt; die vollständigen Thiere sind auch wiederholt nach Europa
gekommen und dort anatomisch untersucht worden, dennoch wissen
wir über ihr Vorkommen und Leben nicht mehr, als was schon der
alte Rumph berichtet hat, dass sie meist auf dem Grunde leben
und hier die zahlreichen Fühler sowohl zum Kriechen als Greifen
benutzen, aber auch zuweilen schwimmen, angeblich durch Stürme
aufgetrieben, aber nicht auf lange Zeit. Auf Amboina erhielt ich
zwei lebende Exemplare, die einige Tage in einem grossen Gefäss
mit Meerwasser lebend blieben, sie hielten sich aber ruhig am
Grunde desselben und ich konnte keine andere Bewegung an ihnen
wahrnehmen, als dass die sogenannte Kappe bald etwas mehr, bald
etwas weniger weit einwärts vom Schalenrande sich befand. Diese
Kappe, welche die ganze Mündung verschliesst, war im Leben fast
so dunkel rothbraun gefärbt, wie die Flammenzeichnung der Schale,
mit grösseren und kleineren runden weissen Flecken, welche in
Reihen von innen nach aussen geordnet sind. Noch weniger wissen
wir von der kleinen Spirula Peronii, deren Schalen an allen Küsten,
nicht nur des indischen Archipels, sondern auch sonst in der wär-
meren Zone, nicht selten an den Strand getrieben werden, während
das vollständige Thier noch jetzt zu den grössten Seltenheiten ge-
hört; die Angabe desselben Rumph, dass es mittelst eines dünnen
Dorns an Klippen festsitze, ist von Niemand seitdem bestätigt wor-
[339]Pelagische Thiere. Milchsee von Banda.
den.90) Von andern schwimmenden Mollusken sind die veilchen-
blauen Janthinen im indischen Ocean häufig und auch die ähnlichen
aber unscheinbar graubraunen Recluzien kommen ebenso freischwim-
mend vor. Zuweilen findet man auch schwimmende Nacktschnecken;
so fischte ich unweit Singapore im offenen Meer im Oktober Scyl-
laea pelagica auf, freischwimmend durch bogenförmige Krümmungen
des ganzen Körpers; es ist dieselbe Schnecke, welche für das
schwimmende Sargasso im atlantischen Ocean charakteristisch ist,
und dieses Vorkommen spricht demnach auch dafür, dass das Sar-
gasso aus dem indischen Ocean durch Meeresströmungen in den
atlantischen gelangt.91) Von etwas grösseren wirbellosen Thieren
des offenen Meeres sind hauptsächlich noch die ihres Generations-
wechsels wegen berühmten Salpen und die Quallen als augen-
fällige Erscheinungen hervorzuheben; Salpen traf ich z. B. am Ein-
gang des Golfes von Siam, 16. November 1861, grössere Quallen in
Mehrzahl Ende August 1862 auf den Molukken, so bei Batjan ein
der Seelunge des Mittelmeeres ähnliches Rhizostoma von etwa ein
Fuss im Durchmesser, violett-rosenfarbig mit acht gabelförmigen
Armen, deren jeder einen blaugefärbten Nahrungskanal enthielt, und
bei Kajoa eine der gewöhnlichen Qualle unserer Ostsee ähnliche
Medusa (Aurelia) mit 16 Randlappen, kurzen vierspaltigen Armen
und vier röthlichvioletten Kreisen um die Mitte der Scheibe.
Von mikroskopisch kleinen lebenden Wesen an der Ober-
fläche des Meeres beobachtete ich z. B. in der Celebessee unter 4°
N. Br. und 120° O. L. v. Greenw. den 26. Juni 1862 Arten der
Gattungen Eucyrtidium, die von dreizackigen Kieselnadeln umgebe-
nen Gallertkügelchen von Sphaerozoum und die starren Schrauben-
zieherformen von Spirillum. Rumph berichtet, dass das Meerwasser
um die Inselgruppe Banda jährlich in den Sommermonaten zur Zeit
des Ostmonsuns des Nachts weisslich leuchte, so dass man Luft
und Wasser nicht gut unterscheiden könne; er gibt an, dass er
viele nesselnde Quallen (bezaantje’s, wahrscheinlich Physalia) darin
gefunden und dass zuweilen am Ende dieser Zeit grosse Mengen
faulen stinkenden Schleimes ausgeworfen würden, auch dass Viele
der Meinung seien, diese Erscheinung rühre von einer grossen An-
zahl kleiner Thierchen her. Nähere Untersuchungen hierüber sind
mir nicht bekannt, und ich selbst kam in einer anderen Jahreszeit,
Anfangs Dezember, nach den Banda-Inseln, so dass ich keine Ge-
legenheit hatte, es zu untersuchen. Doch kann ich nicht umhin,
22*
[340]Polycystinen, Thiere in schwimmendem Holz.
darauf aufmerksam zu machen, dass eben in diesem Theile des
Meeres durch Tieflothungen in 990—2000 Faden eine nicht un-
bedeutende Anzahl von Polycystinen-Schalen am Grunde durch
Kapitänlieutenant A. F. Siedenburg und Professor Harting92) nach-
gewiesen worden sind; diese Polycystinen sind Thierchen, welche
während des Lebens in grossen Schaaren nahe der Oberfläche des
Meeres zu schwimmen pflegen, und es scheint nicht undenkbar,
dass jene Schalen die hinabgesunkenen Reste grosser Schwärme
mikroskopischer Thierchen sind, die zeitweise die obersten Wasser-
schichten bevölkert und den erwähnten hellen Schein hervorgerufen
hätten. Zwar ist bis jetzt unseres Wissens noch kein Leuchten
von Polycystinen direkt beobachtet worden, wenigstens schweigen
Joh. Müller und Häckel ganz darüber, aber wenn wir erwägen,
dass diese Thierchen in der Meerenge von Messina schaarenweise
mit andern pelagischen Thierchen, die als leuchtend bekannt sind,
wie Schirmquallen, Salpen und kleinen Crustaceen vorkommen und
all’ diese bei ungünstigem Wetter, Sturm und Regen verschwinden,
so dürfen wir wohl annehmen, dass in ähnlicher Weise in der
Bandasee die Zeit des Ostmonsuns, d. h. des Passatwindes, die
Jahreszeit für ebenso aus leuchtenden und nicht leuchtenden pela-
gischen Thierchen zusammengesetzte Schwärme sein dürfte.
Eine andere Reihe von Thieren findet sich zwar nicht frei-
schwimmend im Meere, sondern nur an andere schwimmende Körper,
Holz oder losgerissene Tange, angeheftet oder wenigstens dieselben
begleitend, zeitweise darauf ausruhend. Sie werden auf diese Weise
mehr oder weniger passiv auf weite Strecken fortgeführt und es
sind in der That grossentheils dieselben Arten in den verschieden-
sten Meeren verbreitet, vielleicht in höherem Grade, als bei Thieren
von anderer Lebensweise. In diese Reihe gehören vor Allen einige
gestielte Cirripeden, wie Lepas und Cineras, und einige Holzbohr-
muscheln, wie der berüchtigte Schiffsbohrwurm, Teredo, und die
weitverbreitete Pholas (Martesia) striata. An letztere schliesst sich
auch noch eine dem indischen Ocean eigenthümliche Röhrenmuschel
an, welche ausschliesslich die holzigen in’s Wasser gefallenen
Früchte eines Strandbaumes der Molukken, des Xylocarpus grana-
tum, bewohnt; es ist dieses die sogenannte Herkuleskeule, Teredo
clava Gmel. oder Fistulana gregata Lam.93) Auch höhere Ringel-
würmer, eine graue Amphinome und grasgrüne Nereis, finden sich öfters
in schwimmendem Holze, ferner an demselben kleine Hydroidpoly-
[341]Durch das Meer verschleppte Thiere.
pen; endlich habe ich auch verschiedene Crustaceen als Begleiter
desselben gefunden, und zwar aus den Gattungen Gammarus, Pa-
laemon, Alpheus, Galatea, Varuna (vgl. oben S. 56, 57) und selbst
eine Plagusia depressa, eine sonst dem Felsengrund eigene Gattung,
an Treibholz in der See zwischen den Inseln Negros und Mindanao,
10. Juni 1861, in einer von Nordosten, also von jener erstgenannten
Insel herkommenden Strömung. Hiedurch fällt einiges Licht auf
die weite geographische Verbreitung der nahe verwandten Plagusia
squamosa (vgl. oben S. 23). Auf der Fahrt von Singapore nach
Siam trafen wir im offenen Meer den 12. November 1861 unter 7°
54′ Nordbreite 105° 40′ Ostlänge von Greenw. auf eine aufgege-
bene treibende Fischreuse, die nicht nur Lepaden und festsitzende
Bryozoen (Eschara chartacea) beherbergte, sondern an der ich auch
noch Schlangensterne (Ophiactis maculosa), einen kleinen Pecten
und einen langstachligen See-Igel fand, lauter Thiere, die sonst
festen Grund lieben, aber auf die angegebene Weise mit verschleppt
werden können.
[[342]]
ANMERKUNGEN.
[353]Anmerkungen zum ind. Archipel.
23*
[356]Anmerkungen zum ind. Archipel.
[358]Anmerkungen zum ind. Archipel.
[359]Anmerkungen zum ind. Archipel.
[360]Anmerkungen zum ind. Archipel.
[[362]]
Verzeichniss
der gesammelten oder beobachteten Wirbelthiere.
[370]Verzeichniss d. gesammelt. Wirbelthiere.
[372]Verzeichniss d. gesammelt. Wirbelthiere.
[386]Verzeichniss d. gesammelt. Wirbelthiere.
[388]Verzeichniss d. gesammelt. Wirbelthiere.
[399]Verzeichniss d. gesammelt. Wirbelthiere.
[402]Verzeichniss d. gesammelt. Wirbelthiere.
[404]Verzeichniss d. gesammelt. Wirbelthiere.
[410]Verzeichniss d. gesammelt. Wirbelthiere.
- Die mit * bezeichneten Gattungen und Arten sind auf die von der Expedition mitgebrachten Exemplare
begründet. - Der Buchstabe B. bei den Fundorten bedeutet, dass die betreffenden Exemplare von Lieutenant
Berendt während der Expedition gesammelt und später an das zoologische Museum abge-
geben worden sind — R., dass die betreffenden von Herrn von Rosenberg auf Amboina
dem Verfasser als Geschenk für die Königlichen Sammlungen mitgegeben worden sind. Die
Fundorte, bei denen kein Geber genannt ist, beziehen sich auf vom Verfasser selbst gesammelte
oder doch beobachtete Thiere. - Die mit Sicherheit aus süssem Wasser stammenden Fische sind durch gesperrte Schrift ausgezeichnet,
ausgenommen die beiden grossen Familien der Cyprinoiden und Siluroiden.
Appendix A
Berlin, gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei
(R. v. Decker).
Appendix B ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.
- Tafel 1. Tanuki, Canis (Nyctereutes) viverrinus Tem., S. 78, die oberen Figuren aus
japanischen Bilderbüchern kopirt, die untere nach einem lebenden Thier
von Herrn Mützel gezeichnet, in ⅕ der natürlichen Grösse. - » 2. Schädel des japanischen Wildschweins, Sus leucomystax Tem., S. 82, Fig. 1.
von der Seite, in halber natürlicher Grösse, Fig. 2. Zahnreihe des linken
Oberkiefers von unten, in natürlicher Grösse.
(Die Form des Thränenbeins deutet auf nähere Verwandtschaft mit dem europäischen
Wildschwein als mit dem chinesischen Schwein, nach den von H. v. Nathusius angegebenen
Unterschieden.) - » 3. Vogelabbildungen aus japanischen Bilderbüchern, um deren naturgetreue
Auffassung auch bei der flüchtigsten Ausführung zu zeigen, und zwar oben
links Brillenvögel, Zosterops Japonicus Tem., S. 96, rechts ein weisser
Kranich, Grus Montignesia Bp., S. 105, im Flug, in der Mitte links ein
Löffelreiher, Platalea major Tem., S. 105, links eine Eule, wahrscheinlich
Strix fuscescens Tem., S. 93, unten verschiedene Sumpfvögel.
(Die einzelnen sind verschiedenen Blättern des japanischen Originals entnommen und daher
nicht in richtigem Grössenverhältniss zu einander.) - » 4. Sturmvogel, Procellaria haesitata Kuhl, aus dem südatlantischen Ocean,
S. 46 und 49, in halber natürlicher Grösse. - » 5. Datnioides microlepis Blkr., Süsswasserfisch aus dem Kapuasfluss oberhalb
Sintang in Borneo, S. 307, in halber natürlicher Grösse. - » 6. Polynemus multifilis Schleg., aus dem Kapuasfluss bei Sintang im Innern
von Borneo, junges Exemplar in natürlicher Grösse, daneben der Umriss
des Kopfes eines erwachsenen, auf gleiche Grösse reducirt. S. 309. - » 7., Fig. 1. Ophiocephalus micropeltis K. H., aus dem Innern von Borneo, S. 303,
in natürlicher Grösse.
» 2. Ophiocephalus Argus Cantor, aus Shanghai, S. 157, 158, in natür-
licher Grösse. - » 8. Chaca Bankanensis Blkr., aus dem Binnensee Danau Sriang in Borneo,
S. 302, in natürlicher Grösse. - » 9. Bagroides melanopterus Blkr., aus dem Kapuasfluss bei Sintang, S. 302, in
halber natürlicher Grösse. - » 10., Fig. 1. und 2. Homaloptera (Octonema) retundicauda Martens, aus süssem
Wasser in Hongkong, S. 403, in natürlicher Grösse.
» 3. Luciocephalus pulcher Gray, aus dem Binnensee Danau Sriang in
Borneo, S. 303, in natürlicher Grösse.
» 4. Mastacemblus Argus Gthr. aus Bangkok, S. 210, in natürlicher
Grösse. - Tafel 11., Fig. 1. Barbus Sumatranus Blkr., von Mandhor in Borneo, S. 299, 300,
in natürlicher Grösse; 1b Schlundkieferzähne, 1c ein einzelner Zahn
vergrössert. - » 2. Barbus Schwanefeldi Blkr., aus dem Binnensee Danau Sriang in
Borneo, S. 299, junges Exemplar in natürlicher Grösse; 2b Schlund-
kieferzähne, 2c einzelner Zahn vergrössert. - » 3. Osteochilus vittatus C. V., aus Mandhor in Borneo, S. 299, in
- natürlicher Grösse; 3b Schlundkieferzähne, 3c einzelner Zahn ver-
grössert.
Fig. 1. Luciosoma trinema Blkr., aus dem Binnensee Danau Sriang in
Borneo, S. 298, 299, in natürlicher Grösse; 1b Schlundkieferzähne,
1c ein einzelner Zahn aus dem oberen, 1d ein solcher aus dem
unteren Theil vergrössert.
» 2. Barbus fasciatns Blkr., aus Mandhor in Borneo, S. 300, in natür-
licher Grösse; 2b Schlundkieferzähne, 2c ein einzelner Zahn ver-
grössert. - » 13. Osteoglossum formosum S. Müll., aus dem Binnensee Danau Sriang in
Borneo, S. 304, in ⅓ der natürlichen Grösse. - » 14., Fig. 1. Sygnathus Martensi Peters, aus dem Binnensee Danau Sriang in
Borneo, S. 308, in natürlicher Grösse; 1b Kopf von oben, in
doppelter Grösse, 1c ein Stück des Rumpfs von der Seite, ebenso
vergrössert, 1d Querdurchschnitt des Rumpfs.
» 2. und 3. Synaptura melanorhyncha Blkr., aus dem Kapuasfluss bei
Sintang in Borneo, S. 308, in natürlicher Grösse, Fig. 2. Licht-
seite, Fig. 3. Schattenseite.
» 4. Tetrodon Palembangensis Blkr., aus Mandhor in Borneo, S. 308,
in ⅔ der natürlichen Grösse; 4b Nasenröhre vergrössert. - » 15., Fig. 1. Polyodon (Psephurus) gladius Martens, aus der Mündung des Yangt-
sekiang, S. 159, in ⅕ der natürlichen Grösse, mit Benutzung der
Zeichnung von Bocourt in den Nouvelles Archives du Muséum
d’hist. nat. IV. 1868.
» 2. Nomeus Gronovii Gmel. sp. (Mauritii Cuv.), aus dem tropischen
atlantischen Ocean, S. 29, in natürlicher Grösse.
» 3. Junges Exemplar desselben ebendaher, auch in natürlicher Grösse.
Das Kolorit der Fische auf Tafel 5—15. mit Ausnahme von Tafel 10., Tafel 14, Fig. 1. und Tafel 15,
Fig 1. beruht auf Farbenskizzen, die ich an Ort und Stelle nach frischen Exemplaren angefertigt habe.
[]
damit das erste Frühjahr die Blüthezeit sehr vieler Pflanzen, der regenlose Sommer
aber die Zeit des Stillstandes der Vegetation ist, so halten sich doch die europäischen
Bäume auch dort im Wesentlichen an die Vegetationsperiode ihrer Heimath und be-
lauben sich nicht früher als bei uns, wie die genaueren Beobachtungen von Professor
Oswald Heer an Eiche und Buche zeigen. (Ueber die periodischen Erscheinungen
der Pflanzenwelt in Madeira.) — Ueber die Vegetationsverhältnisse und namentlich
die Kulturpflanzen ist auch zu vergleichen H. Schacht, Madeira und Tenerife
mit ihrer Vegetation. Berlin 1859. 8vo, mit 6 lithographirten Tafeln.
Leisler) nach Tomes, Proceedings of the zoological society of London 1858, pag. 80
und 1859, pag. 70.
Madeira, Barbados etc. London 1707. Band I., pag. 14, so der Amsel, des wil-
den Kanarienvogels, des Rothhuhns, aber er nennt auch den Fasan, von dem ich
nichts mehr daselbst gehört habe. Reichere Beobachtungen machten G. R. Forster,
der bei der dritten Reise Cook’s sich vom 29. Juli bis 2. August 1772 hier aufhielt,
siehe seine descriptiones [animalium], edidit Lichtenstein Berlin 1844, pag. 1 — und
Heinecken in dem zoological Journal XVII. Die neueste und vollständigste Aufzäh-
lung der Vögel von Madeira gab Harcourt in den Annals and Magazine of nat.
hist. b. XV. 1855, pag. 430. Er nimmt folgende 25—26 als eigentliche Bewohner
der Insel, daselbst brütend, an:
- Falco tinnunculus, francelho, Thurmfalke.
- Buteo vulgaris, manta, Bussard.
- Strix flammea, coruja, Schleiereule.
- Turdus merula, merlo prete (Priesterdrossel wegen ihrer schwarzen Farbe),
Amsel. - Lusciola rubecula, papinho, Rothkehlchen.
- Sylvia atricapilla, tintonegro, d. h. schwarzgefärbter, unser Schwarzkopf.
- — Heineckeni Jardine, vermuthlich nur Abart des vorigen.
- — conspicillata Marmora.
- Regulus Madeirensis Heinecken Proc. zool. sec. 1854, pag. 553, in den
Lorbeerhainen des nördlichen Theils, ein Bruder unseres Goldhähnchens,
der einzige eigenthümliche Vogel der Insel. - Motacilla sulfurea Bechst. lavandeira amarella, gelbe Bachstelze.
- Anthus pratensis, corro de caminho, Wiesenpiper.
[21]Anmerkungen zu Madeira.
- Fringilla Canaria L. canario, Kanarienvogel (butyracea auct.).
- — carduelis L. pinta silva, Distelfink.
- — petronia L. pardaõ, Ringsperling.
- — tintillon Webb et Berthelot = Canariensis Vieill, tentilhaõ,
nächster Verwandter unseres Buchfinken. - — cannabina L. tinto rosso, Hänfling.
- Cypselus unicolor Jardine, andorinha da serra, d. h. Bergschwalbe.
- — apus L. andorinha do mar, d. h. Meerschwalbe, ist unsere Thurm-
schwalbe. - Columba trocaz Heinecken = laurivora Webb et Berthelet, trocaz. (Dieses
ist der gewöhnliche portugiesische Name für wilde Tauben,
vielleicht von torques, Halsband, und ursprünglich der Ringel-
taube gehörig, jedenfalls unpassend auf einen nicht in Portugal
einheimischen Vogel als Artname angewandt.) - — palumbus, pombo, Ringeltaube.
- — livia, pombinho, d. h. Täubchen, die südeuropäische Felsentaube.
- Perdix rubra, perdiz, Rothes Rebhuhn.
- — coturnix, cordonez, Wachtel.
- Scolopax rusticula L. galinhola, d. h. Hühnchen, unsere Waldschnepfe.
- Larus argentatus (?) gaviota.
Die einheimischen Namen sind aus White’s allgemeiner Schilderung von Madeira,
zweite Auflage, entnommen. Die mit gesperrter Schrift gedruckten finden sich nur
auf den atlantischen Inseln, nicht auf dem Festland von Europa oder Afrika. Ausser
den erwähnten sind noch manche andere Vögel zeitweise und vorübergehend auf
Madeira gesehen worden, ohne als deren wirkliche Bewohner gelten zu können,
darunter die meisten ebenfalls europäische, doch auch einige ächt tropisch-westafri-
kanische, z. B. Musophaga und nach Forster auch Loxia (Estrelda) astrild, L., eine
Kategorie, die im Verzeichniss der Brutvögel ganz fehlt.
Bis jetzt nirgends anders als auf Madeira bemerkt worden sind nur zwei Ar-
ten: Sylvia Heineckeni und Regulus Madeirensis, oder wenn man erstern nicht als
verschieden von S. atricapilla gelten lassen will, gar nur Eine.
von Madeira an, Lacerta Galloti Dum. Bibr. und Platydactylus Delalandi Dum.
Bibr.; auch Herr Johnson kannte diese nicht, in der ersteren vermuthet er eine
Verwechslung der Fundortsangabe mit den kanarischen Inseln, die zweite soll nur
auf der Insel Salvages, südlich von Madeira, vorkommen. Lacerta Dugesii wird
schon von Forster l. c. S. 2 als Lacerta agilis mit dem Beisatz numerosissima auf-
geführt. Dieselbe Art lebt nach Morelet auch auf einer der azorischen Inseln,
Graciosa, er vermuthet aber auch sie von Menschen aus Madeira eingeführt.
Morelet notice sur l’histoire naturelle des Azores. Paris 1860, pag. 54.
worden. Die frühesten, aber noch sehr ungenügenden Nachrichten über Land-
schnecken der Madeira-Gruppe, namentlich auch die eigenthümlichen von Porto-
santo, gab Bowdich in seinem Werke: Excursion to Madeira etc. in the year 1823,
with an appendix containing zoological and botanical descriptions. London 1825.
[22]Anmerkungen zu Madeira.
4to, mit mehreren Tafeln, die aber nicht numerirt sind. Der grössere Theil der
zoologischen und botanischen Notizen bezieht sich übrigens auf die Westküste von
Afrika selbst, die Kolonie am Gambia. Mehrere Landschnecken von Madeira sind
abgebildet, aber nicht speciell benannt. Helix delphinula Lowe figurirt hier als Art
der (marinen) Gattung Delphinula. Weit wichtiger sind die Arbeiten des englischen
Geistlichen Lowe und unseres verstorbenen Landsmannes Geh. Rath Albers:
- Lowe primitiae florae et fauna Maderensis in den Transactions of the Cam-
bridge philosophical society 1831. - — synopsis diagnostica etc. in den Annals and magazine of natural
history 1852. - — catalogus molluscorum pneumonatorum insularum Maderensium in den
Proceedings of the zoological society 1854, pag. 161—218. - Albers malacographia Maderensis. Berlin 1854. 4to, mit 17 Kupfertafeln.
Neuere Zusätze dazu gaben Lowe in Annals and Mag. of nat. hist. 1860 und
1862, Johnson ebenda 1860 (Planorbis, Craspedopoma), Baron von Paiva in Pfeiffer’s
Malakozoologischen Blättern Bd. XI. 1864. S. 51—56.
Forster l. c., die meisten sind wohl bekannte deutsche Arten; von Schmetterlingen
nennt er Papilio brassicae, Palaeno, Monuste, baeticus und virgaureae, also Eine
amerikanische Art auf vier europäische; spätere Beobachter erwähnen ferner eines
anderen Gelblings, Colias Edusa F., des Admirals, Vanessa Atalanta L. sp., und
dreier allbekannter Abendschwärmer, des Todtenkopfs, Windenschwärmers und
Taubenschwanzes, Sphinx Atropos, convolvuli und Macroglossa stellatarum L. Die
meisten dieser europäischen Arten finden sich auch auf den kanarischen Inseln und
auf dem Festlande von Afrika, wie überhaupt unter den Schmetterlingen manche
Arten sehr weit verbreitet sind und einige sich durch grosse Wanderungen aus-
zeichnen, so gerade der Todtenkopf, ferner der Kohlweissling und Colias Edusa
(vgl. G. Koch, die geographische Verbreitung der europäischen Schmetterlinge in
andern Welttheilen. Leipzig 1854. 8vo. S. 37 und 42).
Das Werk von Wollaston über die Käfer Madeira’s, welches ich bei dem
preussischen Konsul zu Funchal zu finden das Vergnügen hatte, führt den Titel
Insecta Maderensia. London 1854. 4to, mit Tafeln.
Spätere Zusätze gab derselbe in den Annals and Mag. of nat. hist. Jahrgang 1858,
pag. 18 bis 28 und 113 bis 125.
Ich kann nicht umhin, auf die vielfache Aehnlichkeit mit den Verhältnissen der
kanarischen Insektenfauna hinzuweisen, wie letztere durch Webb und Berthelet ge-
schildert ist. (Wiegmann’s Archiv für Naturgeschichte, Jahrgang VII., Band 2.,
S. 153, und Schmarda, die geographische Verbreitung der Thiere, S. 428.)
Die Hausameise wird schon von Forster l. c. als »Formica minima, plura insecta
a me capta comedit« erwähnt.
iconica, Band VIII., P. scutellaris Fig. 49., P. aspera Fig. 23. und P. guttata Fig. 91.,
obgleich die von Lamarck mit diesen Namen gemeinten Arten (mindestens scutellaris)
davon verschieden zu sein scheinen.
Verbreitung eines Thiers der Litoralzone. Die Art ist durch ihre bogenförmigen
Borstenkämme sehr charakteristisch und nicht mit andern zu verwechseln. Herbst,
der sie zuerst beschrieben und abgebildet hat, Naturgeschichte der Krabben und
Krebse, Bd. I., 1790, S. 260, Taf. 20., Fig. 113., gibt Ostindien als Vaterland an;
hier könnte man annehmen, dass sie von einem nach Ostindien gehenden oder von
dort zurückkehrenden Reisenden in Madeira mitgenommen worden wäre. Milne
Edwards, hist. nat. des crustacées II., 1837, pag. 94, sagt von ihr: habite la mer
Rouge, l’Océan indien et peut-être les îles de la côte occidentale de l’Afrique, und
führt sie in dem Aufsatz über die geographische Verbreitung der Crustaceen, Bd. III.,
S. 563, als bezeichnende Art für die indische Fauna an. Krauss, südafr. Crustaceen,
S. 42, nennt sie von der Natalküste (Südostafrika), die schon eine indische Fauna
hat. Die Naturforscher der amerikanischen Expeditionen, Dana und Stimpson, kennen
sie nur von Madeira, nicht aber vom östlicheren Theil der indischen Meere, die
sie vielfach durchforscht und wo diese Art auch mir nie vorgekommen ist, dagegen
die verwandte Pl. orientalis M. E. von Hongkong und den Sandwichinseln.
volle Arbeiten geliefert, die hauptsächlichsten sind:
- Lowe on the fishes of Madeira, in den Proceedings of the zool. soc. of
London. Jahrg. 1833. - — a new genus of fishes, Alepisaurus, in den Transactions of the zool.
soc. Bd. I., 1835. - — piscium Maderensium species novae, in den Transactions of the
Cambridge philosophical society, 1836. - — synopsis of the fishes of Madeira in den Transact. of the zool. soc.
Bd. II., 1841; ein Supplement dazu in Bd. III., Theil I., 1849. - — history of the fishes of Madeira. London 1843 und 1844, in 8vo
und 4to erschienen. - — a new genus of Lophiidae (Chaunax). Transact. zool. soc. III., 1843.
- — an account of fishes discovered or observed in Madeira since the
year 1842. Proceed. zool. soc. 1850, pag. 247.
mischen Schalthieren auf die in Madeira vorgefundenen übertragen, wie den oben
erwähnten Namen der wilden Taube. Es sind Stammwörter, die in Süd- und
West-Europa weit verbreitet sind; so ist lapes identisch mit dem altgriechischen
λεπὰς, dem provenzalischen lapedo und dem heutigen englischen limpet. Caramujo
ist nur eine Variation des ebenfalls portugiesischen und spanischen caracol, vene-
zianisch caragolo und französisch escargot, was vielleicht mit dem altgriechischen
Κήϱυξ zusammenhängt (vgl. meine Bemerkungen über die classischen Conchyliennamen
in den Jahresheften des Vereins für Naturkunde in Württemberg, 1860, S. 214 und
227). Das Meerohr, Haliotis, nannte unser Wirth in S. Vincente nicht unpassend
lapes-concha, Muschel — patelle.
Schriften als bei Madeira gefunden angegeben:
[24]Anmerkungen zu Madeira.
- Asterias glacialis L., im Amsterdamer Museum der Gesellschaft natura artis
magistra. - Echinocidaris aequituberculata Desmoulins, in Castelneau’s Reise nach Süd-
amerika und von Stimpson bei der zweiten amerikanischen Expedition
nach Japan. (Proceedings of the philosophical society at Philadelphia.
December 1863.) - Echinocyamus Tarentinus Lam. sp. (= pusillus Müll. sp.), Stimpson ebenda.
- Brissus dimidiatus Ag., wenn ich nicht irre, bei Johnson gesehen.
Die drei ersten leben auch im Mittelmeer wie die drei oben aufgeführten, der
vierte ist mindestens sehr nahe, wenn nicht zu nahe verwandt mit der Art des
Mittelmeers, Br. Scillae Ag. (Gray catalogue of recent Echinida., 1855, pag. 53.)
Er wurde nach Exemplaren von den kanarischen Inseln unterschieden.
Tafel zu Seite 75, Fig. 20., abgebildet. Gelegentlich finden sich einige Meeres-
mollusken von Madeira in den Berichten der verschiedenen grösseren naturwissen-
schaftlichen See-Expeditionen beschrieben, welche ja fast alle diese Insel berührten,
besonders mehrere von A. Gould in dessen Expedition-shells. 1846. 8vo. Ein
Verzeichniss von 156 Meer-Mollusken von Madeira gab Mac Andrew, on the geo-
graphical distribution of testaceous Mollusca, Liverpool 1848, 8vo, pag. 37, und im
Report of the 26th meeting of the British association for the advancement of science,
1856, pag. 137 ff.
Wissens nur auf der Deutung einer sehr mittelmässigen Abbildung bei Donati und
bedarf daher sehr fernerer Bestätigung, ihr Vorkommen bei Madeira kann aber als
Wahrscheinlichkeitsgrund dafür geltend gemacht werden.
Herr Johnson hat ferner mehrere ganz neue Korallen in Madeira entdeckt:
Allopora Madeirensis, Corallium Johnsoni Gray, eine weisse Schwester der rothen
Koralle des Mittelmeers, Mopsea arbuscula, Prymnoa imbricata, Acanthogorgia atlan-
tica und Cirripathes setacea (Ann. and mag. of nat. hist., 1860, und Proceedings of
the zoological society, 1860). Im britischen Museum finden sich ferner aus Madeira
noch Paragorgia Johnsoni Gray und Antipathes furcata Gray; Milne Edwards und
Haime (hist. nat. des coralliaires, Bd. II., pag. 139 und 599) nennen weiter noch
Cladocora debilis und Madracis asperula von dieser Insel, erstere findet Gattungs-
angehörige im Mittelmeer, letztere nur im indischen Ocean.
Von Bryozoen hat Busk im Microscopical Journal, Bd. VI., 1858, und VII.,
1859, eine ganze Reihe meist neuer Arten beschrieben, welche Johnson gesammelt
hat, sowie einige Hydrozoen.
Zur Vervollständigung des Versuchs, die bis jetzt bekannt gewordenen wesent-
lichsten Züge dieser Inselfauna zusammenzufassen, mögen noch folgende Bemerkungen
hier eine Stelle finden:
- 1) Eine Robbe soll zur Zeit der Entdeckung Madeira’s daselbst häufig ge-
wesen sein, ihr Andenken lebt in dem Ortsnamen Cama de lobos, Lager
der (See-) Wölfe fort, sie selbst scheint aber sehr selten geworden oder
ganz verschwunden zu sein, denn fast keiner der neueren Schriftsteller
kennt sie näher. Nur Dr. J. E. Gray hat zwei Bälge und einen Schädel
[25]Anmerkungen zu Madeira.
von der grösseren Insel der Desertas erhalten und erst als eine eigene Gattung
unter dem Namen Sonnenrobbe, Heliophoca atlantica, beschrieben (Pro-
ceedings of the zool. soc., 1854, pag. 43), später aber sie als identisch mit
der Robbe des Mittelmeers, Phoca monachus Hermann, = Monachus albi-
venter Gray, erkannt (ebenda 1864). Also auch hier [Uebereinstimmung] mit
dem Mittelmeer. Abgesehen von der wenig glaublichen Vaterlandsangabe
»Jamaika« für zwei Robben im britischen Museum dürfte Madeira die der
Tropenzone nächste Gegend sein, wo Robben leben oder wenigstens in
historischer Zeit gelebt haben. - 2) Auch einer Anzahl besonderer eigenthümlicher Seevögel können sich die
Desertas rühmen, so neben den auch im Mittelmer lebenden Puffinus major
Faber, anglorum Tem. und Baroli Benelli, namentlich zweier, die Europa
fremd sind, der Thalassidroma Bulweri Jardin (Bulweria columbina bei
Bonaparte) und des Prion brevirostris Gould; ersterer ist die grösste aller
bekannten Sturmschwalben oder eigentlichen Sturmvögel, von der Grösse der
Misteldrossel; er wird anginho, Engelchen, genannt, weil er auf den Mee-
reswogen zu gehen scheint, was seinem Gattungsgenossen den Namen
St. Petersvogel, Pétrel, verschafft hat. Der andere ist in der nördlichen
Hemisphäre der einzige Repräsentant der Sturmvögel mit Entenschnabel,
wenn die Angabe überhaupt zuverlässig ist. (C. L. Bonaparte conspectus
avium, II., pag. 194.)
erste, in 15° Nordbreite, 28° Westlänge von Greenwich, hat ganz kurze farblose
Bauchflossen, welche vor der Mitte der Entfernung zwischen Schnauzenspitze und
Basis der Schwanzflosse liegen, also Exocoetus evolans L., Val.; bei dem zweiten,
in 8° Nordbreite und gleicher Länge erhalten, sind die Bauchflossen weit länger,
zeigen an ihrer Oberseite, nahe der Spitze, einen schwarzen Flecken und sitzen
hinter der Mitte des Fisches, so dass sie mit ihrem Ende dem Ende der langen
Brustflossen nahe kommen, also E. spilopus Val. Die Brustflossen des letztern
haben ein schiefes weissliches Band auf dunklem Grund. Früher nannte man alle
mit langen Brustflossen E. exsiliens und die mit kurzen Brustflossen volitans; wahr-
scheinlich in diesem Sinne ist es, dass Burmeister (Reisebilder) exsiliens die gewöhn-
lichste Art in der nördlichen, volitans die gewöhnlichste in der südlichen Tropen-
zone des atlantischen Oceans nennt. Nach Valenciennes kennt man in der That
auch nur Eine Art von kurzflossigen, den genannten evolans, welcher im atlantischen
Ocean von der Bretagne bis Rio Janeiro verbreitet ist; dagegen unterscheidet der-
selbe viele Arten mit langen Bauchflossen hauptsächlich nach deren Farbe, worunter
der genannte spilopus im nördlichen und südlichen Theil des atlantischen Oceans,
sowie auch im Gebiet des indischen, gefangen worden ist. Dass pelagische Thiere
durch verschiedene Meere und Zonen verbreitet sind, davon gibt es manche Beispiele
unter den Cetaceen, Pteropoden und Cirripeden.
atlantischen Oceans auf der Rückreise beobachtet wurden, wird in der Bearbeitung
der Tange von Georg von Martens berichtet werden.
von Bord aus zu sehen bekam, waren zweierlei Art: die grössere mit schwarzem
Mantel, wie der europäische Larus marinus, und mit gelben Füssen, ohne Zweifel
L. Dominicanus Licht., Dominicanus Azarae bei Bonaparte; die kleinere mit hell-
grauem Mantel, rothem Schnabel und rothen Füssen, vielleicht L. maculipennis
Licht.
bicolor Bodd. sp. nach Burmeister, Limnocharis fusca nach Darwin, zoology of the
Beagle, um Rio Janeiro.
bemerken, dass die auf dem Markt von Rio Janeiro gesehenen Fische im Allge-
meinen mattere Farben zeigten als die der meisten anderen Tropengegenden und
hauptsächlich aus Rochen, Characinen, Saurus, Makrelen, Vomer und Trichiurus
bestehen. Mir erschien dieses anders. Vielleicht dass nach den Jahreszeiten die
vorherrschenden Fische verschieden sind, vielleicht ist die Differenz auch mehr sub-
jectiv; es war für mich der erste tropische Fischmarkt, den ich sah, und ich konnte
ihn deshalb noch nicht mit andern vergleichen; soweit übrigens jetzt meine Erinne-
rung mir noch ein Urtheil zulässt, sieht es auf den Fischmärkten von Singapore und
Batavia nicht bunter, eher eintöniger aus, als auf dem von Rio.
ist daher bemerkenswerth, dass ich sie hier nur mit Meermuscheln zusammen, wenn
auch todt fand. Was den Namen betrifft, so soll er doch wahrscheinlich »ockergelb«
bedeuten und würde alsdann passender ochracea lauten.
Mont., sowie diejenige des Mittelmeers, L. neritoides L. sp. (coerulescens Lam.),
leben grossentheils entschieden über der gewöhnlichen Fluthhöhe, wie Andere und
ich selbst vielfach gesehen haben.
zu Rio Janeiro fand (auch Trochus cruciatus L. gehört noch hierher), auch in West-
indien häufig sind; während an der Küste der Laplata-Staaten sie nicht mehr vorzu-
kommen scheinen. Die Uebereinstimmung im Klima ist also hier für die Verbrei-
tungsbezirke der Arten wichtiger als die continuirliche Küstenrichtung.
eine kleine rosenrothe Terebratel, Bouchardia tulipa, aufgefischt.
der Arme, den vier Magenhöhlen und ihren vier untern Oeffnungen, dem Verlauf der
Gefässe u. s. w. unserer europäischen Medusa (oder Aurelia) aurita L., zeigte aber
16 statt 8 Einkerbungen im Scheibenrande. Ihre Farbe war ganz wasserhell, die
Randfäden, der beiderseitige Hautrand der Arme und die Ovarien blass rosenroth
Vielleicht Aurelia colpota Brandt, Mem. ac. Petersb. 1838.
lich im Argen und so machte mir auch die Bestimmung dieses einen mehr zu
schaffen, als die aller nur von ferne gesehenen zusammen. Das erhaltene Exemplar
stimmt recht gut zu einem schon früher im Berliner Museum vorhandenen, das als
haesitata Forster und Gould, non Tem., aber mit einigen Zweifeln bestimmt war,
und ist sehr ähnlich der Procellaria major derselben Sammlung, nur dass der
Schnabel der letztern weit kräftiger ist; der Schnabel des fraglichen Exemplars ist
dagegen eben so schwach wie der von Pr. glacialoides Smith. Bonaparte conspect.
avium II., pag. 187, vereinigt nun major und haesitata in Eine Art, seinen Ada-
mastor typicus, und stellt glacialoides in eine andere Gattung, Thalassoica, und selbst
Unterfamilie. Forster’s Beschreibung, descriptiones animal ed. Lichtenstein, 1844,
pag. 208, passt recht gut, nur nennt derselbe die Farbe der Oberseite einfach asch-
grau, cinerea, während sie bei den beiden Exemplaren des Berliner Museums aus
Aschgrau und Braun gemischt ist, stellenweise die eine oder die andere vorherrschend,
vielleicht sind es jüngere Thiere. Procellaria cinerea Gmelin (Linne syst. nat. ed. 13,
pag. 563) scheint derselbe Vogel zu sein, nach von Cook’s Reise mitgebrachten Exem-
plaren von Latham als cinereous fulmar beschrieben; nur hat Gmelin die Beschrei-
bung irgend einer andern Art hineingemischt, da er zwar in der Diagnose subtus
alba, aber in der Beschreibung pectus et abdomen interdum nigra sagt, ferner vertex
et frons reliquo capite pallidior, was weder in Forster’s Beschreibung zu finden,
noch bei dem meinigen zu sehen ist, bei welchem die Stirne sogar etwas dunkler
ist; doch hat Lichtenstein wohl unrecht, diese cinerea für Forster’s Pr. tristis zu
nehmen, bei der der Körper dunkelbraun ist (l. c. pag. 205). Ich mag daher den
Namen cinerea nicht, wie Coues (Proceed. acad. Philadelphia, 1864) vorgeschlagen
hat, vorziehen. Die Iris hatte ich bei dem meinigen als schwarzgrün notirt, Läufe
und Zehen blassgrünblau, die Schwimmhaut weisslich, was alles zu Forster’s Be-
schreibung passt. Ich nehme demnach keinen Anstand, in unserem Vogel die »bean-
standete« Art Forster’s zu sehen; seine Ortsangabe ist etwas südlicher, 48° Breite.
Schon Forster hebt seine Aehnlichkeit mit Puffinus hervor und Coues stellt ihn
als Adamastor sogar in die Unterfamilie Puffineae; auch ich hatte ihn erst für
einen »Sturmtaucher« gehalten, da ich ihn öfters tauchen sah. Faber (über das
Leben der hochnordischen Vögel, S. 258) spricht der Gattung Puffinus nur das
Tauchen vom Schwimmen aus, den Procellarien — er beobachtete nur die nordische
Art, P. glacialis L. — nur das Tauchen vom Flug aus, Stosstauchen, zu, und be-
merkt überhaupt, dass kein Schwimmtaucher zugleich Stosstaucher sei oder umge-
kehrt. Mir schien das eine und das andere mehrmals von diesen Vögeln ausgeführt
zu werden, aber eine Täuschung ist leicht möglich, da, wenn eine Woge sich in
Ost-Asien. Zoologisch. I. 4
[50]Anmerkungen zum südlichen Ocean.
einiger Entfernung von dem Beobachter, aber noch vor dem schwimmenden oder
gerade niedrig fliegenden Vogel erhebt, es den Anschein hat, als versenke sich der
Vogel hinein.
haben, dass der betreffende Vogel nahe der Tag- und Nachtgleichen-Linie (Aequa-
tor), also mindestens zwischen den Tropen lebe, dieses thut aber unser Vogel gerade
nicht; schon Forster bemerkte mit Recht (l. c. pag. 26): habitat in oceano australi
extra Tropicum, nunquam visa ad lineam aequinoctialem, unde patet in ipsam nomen
aequinoctialis non quadrare, und nannte ihn daher Procellaria nigra. Dennoch ist
ihm bei allen Ornithologen, von dem Herausgeber des Forster’schen Manuscripts bis
zum neuesten Monographen der Sturmvögel, Coues, der Name aequinoctialis geblie-
ben, indem sie aus Achtung vor Linné auch seine Irrthümer verewigen wollen.
Uebrigens ist auch für dieselbe Art von Sturmvögeln ihre Aequatorialgränze
nach Jahreszeit und Oertlichkeit verschieden; so ist die Captaube uns zuerst in
25° Südbreite im dortigen Winter erschienen, Cook südlich von Neuseeland 1773
im dortigen Sommer erst in 43°, dagegen beobachtete man sie auf der Expedition
des Schiffes Beagle unter Fitzroy an der peruanischen Küste noch in 16—17° Süd-
breite, was offenbar mit dem dortigen Kaltwasserstrom zusammenhängt, wie ja auch
Pinguine bis Peru kommen sollen.
sie genügte doch, um den Ort desselben, und dass nicht zwei gesonderte gleich
grosse und gleich thätige neben einander vorhanden sind und blasen, zu erkennen.
Diese zwei Charaktere, die Lage nicht am vordern Ende des Kopfes, sondern weiter
zurück, und die Unpaarigkeit, verweisen aber das betreffende Thier in die Gattung
Physeter, nach Dr. Gray’s Umgränzung, den Black-fish der Wallfischfänger, den
dieselben oft nennen, aber nie fangen und von dem nur ältere ungenügende Be-
schreibungen existiren.
nechis C. V. sind Bewohner der Litoralzone, wie auch die Kleinheit ihrer Kiemen-
öffnung andeutet. Aber schon bei Cuvier und Valenciennes findet sich für eine Art
dieser Gattung, Bl. breviceps, ein ähnliches Vorkommen an schwimmendem Holz im
Meerbusen von Bengalen angegeben. Diese Art ist im Uebrigen der von mir beob-
achteten recht ähnlich, aber die Angaben über die Dimensionen des Kopfes stimmen
nicht überein.
ben wirklich zum Schwimmen dienen (Rüppell, Krabben des rothen Meers, 1830,
und mehr dafür Krauss, südafrikanische Crustaceen, 1843, S. 12). Die obige
Beobachtung zeigt, dass wenigstens Thalamita ihre platten Hinterfüsse zum Schwim-
men anwendet und dasselbe ist wahrscheinlich bei Lupa, Varuna und Nautilograpsus,
als Bewohner des offenen Meeres; dagegen mögen die platten Füsse der Matuta
hauptsächlich als Schaufeln dienen, da sie nicht mit Härchen besetzt sind und ich
diese Krabbe nur auf flachem Sandgrunde fand.
unterscheiden wegen eines schwarzen Fleckens nahe der Schwanzwurzel, Proceedings
of the zoological society 1860, pag. 195. An allen Füchsen, die ich in Japan unter
die Hände bekommen, habe ich keine Abweichung in der Färbung von den euro-
päischen Füchsen bemerkt, und finde auch jetzt noch keine bei Vergleichung des
mitgebrachten, im zoologischen Museum zu Berlin aufgestellten japanischen Exem-
plars mit deutschen Individuen derselben Sammlung. Die Rückenseite des Schwanzes
ist bei beiden mit einzelnen schwarzen Haaren untermischt, aber kein besonderer
schwarzer Fleck vorhanden. Auch in der Weichheit der Haare ist kein Unterschied
zu fühlen. Ich kann daher den japanischen Fuchs in keiner Weise für verschieden
von dem europäischen halten.
lebende Art, Ps. (Charmosina) Papuensis.
setzt es mit »grün, azurfarbig« und erwähnt der Zusammensetzungen ao-no, grünes
Feld, und ao-kagane, weisses Kupfer. Diese Farbenbezeichnung scheint demnach
einen ziemlich weiten Sinn zu haben und wird wohl am besten mit Grau übersetzt.
scheidet die ostasiatischen Varietäten der gemeinen Kröte von der europäischen
durch die hornige (nicht weiche) Oberfläche der Warzen und durch lebhaftere Fär-
bung: Seiten deutlich schwarz marmorirt, Bauch schwarz gefleckt, und unter diesen
wieder die japanische von der chinesischen durch zahlreiche, nahezu gleich grosse
Warzen. Das erwähnte in Yeddo gefangene Exemplar stimmt in Betreff der Fär-
bung mit dieser Beschreibung überein, zeigt aber die Warzen ohne Hornüberzug,
so weich wie bei den europäischen.
schwarze Flecken regelmässig an den Seiten des Rumpfes, zuweilen auch auf den
Schenkeln und einzelne auf dem Rücken. Die von Polypedates waren ohne Flecken.
In Spiritus sind die letztern violettblau, die erstern blassgrau geworden.
der Provinz Fiuga (Insel Kiusiu), betitelt Buts’ tsan si Noba oka, die Erzeugnisse
von Noba oka, mit Angabe dortiger Provinzialnamen, gibt Abbildungen verschiedener
Schlangen, theilweise kenntlich, unter wieder andern Namen:
- a) mit hebi zusammengesetzt: tora-su-hebi, Tigerschlange, mit grossen, fast
quadratischen Rückenflecken, sehr wahrscheinlich Tropidonotus tigrinus, und
kusi-hebi, Kammschlange oder Loosschlange, Rücken weiss getüpfelt; - b) mit kutsinawa zusammengesetzt: kuro-kutsinawa, »schwarze Schlange«, roth-
braun mit weissen Flecken an den Seiten, dickköpfig, und siro-kutsinawa,
[153]Anmerkungen zu Japan.
weisse Schlange, dem dicken Kopf und dem grossen vordern Zahn nach
der Trigonocephalus; - c) zusammengesetzt mit kasa, einem Worte, für das ich keine entsprechende
Bedeutung finde, wieder eine weisse und eine schwarze wilde oder Bergart,
siro-yama-kasa und kuro-yama-kasa, auch letztere nicht schwarz illuminirt,
sondern hellgrau; endlich - d) kuro-madara, schwarz-bunt, oben dunkelgrau, unten mit weissen Flecken,
den Umrissen nach wieder an Trigonocephalus erinnernd, vielleicht eine
schwarze Abart desselben.
Es ergiebt sich hieraus, dass auch in Fiuga der Name hebi mehr den unschul-
digen Nattern und kutsinawa wirklichen Giftschlangen gegeben wird.
ganzen asiatischen Russland, in einem grossen Theil Osteuropas, den Wassergebieten
des schwarzen und kaspischen Meeres die Aale gänzlich fehlen. (Pallas zoographia.
rossoasiatica III.) Uebrigens sind auch schon Aale im nördlichen sowohl wie mitt-
lern und südlichen China gefunden worden.
von Süsswasserfischen erhielt, welche Bleeker als in den Umgebungen von Yeddo
wohnend erhalten und in den Act. soc. Indo-Neerl. VIII. 1860 beschrieben hat, im
Gegentheil die meinigen theils schon in der Fauna Japonica, theils noch gar nicht
beschrieben sind.
krebs dakma-jebi. Dieser Name ist mir weder im Munde der Japaner, noch in
ihren Büchern vorgekommen. Hoffmann in der Fauna Japonica, Crustaceen pag. XIII.,
bezieht den wahrscheinlich identischen Namen Takuma-yebi auf Scyllarus (Ibacus)
ciliatus Siebold, einen ächten Meerkrebs. Nur gerade unter den Crustaceen führt
Kämpfer mehrere an, die nicht in der Encyclopädie stehen. Sein kuruma-yebi,
richtiger karuma-yebi, Radgarneele, ist nach Siebold und Hoffmann ein Penaeus. —
Siebold und Hoffmann geben in der Fauna Japonica, Crustaceen pag. XII—XVI.,
noch ein reiches Verzeichniss japanischer Krebsnamen nach andern japanischen
Schriften, die mir nicht zugänglich sind. Der Flusskrebs erscheint hier als syari-
gani, id est cancer reliquiarum, auffallenderweise mit gani, nicht yebi, zusammen-
gesetzt, während sonst alle langschwänzigen Decapeden als yebi, alle kurzschwänzigen
als kani bezeichnet sind. Sollte es vielleicht eine Verwechslung mit einer Binnen-
landkrabbe sein, z. B. Telphusa, die in diesem Namensverzeichniss fehlt. Einige
Namen der Encyclopädie finde ich in diesem Verzeichniss gar nicht wieder, andere
mit etwas abweichender Orthographie; z. B. schreibt die Encyclopädie die Benennung
der Lupa pelagica ganz deutlich gasame, Hoffmann und Siebold kazami.
Insekten, das mir bekannt wurde, ist das von Thunberg in seiner Reisebeschreibung
Seite 115—117 gegebene — 96 Arten, darunter sehr viele europäische, die vielleicht
nach jetzigen Anschauungen nur nahe Verwandte der europäischen sind. Jedenfalls
ist der Habitus der Insektenfauna um Yokohama dem der mitteleuropäischen recht
ähnlich. Die einzigen auffallend abweichenden, die ich sah, waren eine grössere Scolo-
pendra und die grosse Belostoma. Südeuropäische Formen sind Truxalis und Mantis.
übersetzt worden unter dem Titel: Yo-san-fi-rok, l’art d’élever les vers à soie au
Japon par Ouëkaki Morekani, Paris 1848. Der Verfasser bemerkt ausdrücklich, dass
er sich nur mit den von Maulbeerblättern lebenden Seidenraupen beschäftigen will.
Dagegen ist 1827 in Yeddo ein anderes Buch über die Zucht der Eichenseidenraupe,
yama-mayu, von dem Japaner Kitasawa Sihoo erschienen und durch Hoffmanns
holländische Uebersetzung in der »Tijdschrift ter bevordering van Nyverheid, 1864,«
den Europäern zugänglich geworden; hieraus ergibt sich, dass diese Seidenraupe
einerseits wild vorkommt auf Kiusiu und im Binnenlande von Nippon, wo an manchen
Orten die Cocons in den Bergwäldern gesammelt werden, andrerseits in vielen Ge-
genden Japans regelrecht gezüchtet wird. Ihre Futterbäume sind Quercus serrata
Thunb., dentata Thunb. und sirokasi Siebold; die Zeit des Raupenlebens ungefähr
60 Tage, mit 4 Ruheperioden (Häutungen) und sie werden theils unter Dach mit
freiem Luftzutritt, theils im Freien auf den Eichbäumen selbst gezogen.
Thunberg, Konigl. Votenskabs Akademiens nya handlingar, Stockholm, II.,
1781, S. 242, 243, schiebt die Bürgschaft dafür, dass die hier beschriebene und ab-
gebildete Noctua serici wirklich der Seide producirende Schmetterling sei, wieder-
holt offenbar, mit etwas Misstrauen, seinem Dolmetscher zu. Guérin-Méneville hat
dieselbe nun allerdings in der Revue zoologique 1862, pag. 351 beschrieben, zwar
unter dem neuen Namen Bombyx (Artaxa?) Thunbergi, aber nicht nach neuen Ma-
terialien, sondern nur eine Copie der Beschreibung Thunbergs gegeben, um von
Neuem auf diese verschollene Art aufmerksam zu machen. Es scheint mir demnach
die Seidenproduction durch jene Noctua höchst zweifelhaft.
Bombyx yama-mai ist von Guérin, Revue 1861, pag. 191 und später beschrieben.
Sie ist seitdem namentlich auch von Dr. Sace in Barcellona mit Erfolg gezüchtet
worden; vergleiche dessen Berichte in Weinland’s Thiergarten 1864, S. 16 und 109.
Fischmarkt in Yokohama wiederholt gesehen.
berichten der Berliner Akademie 1861, S. 479. Seitdem soll auch ein Hyalonema
an der portugiesischen Küste gefunden worden sein, nach Barboza, Proceedings of
the zoological society 1864, pag. 265, plate 122. Derselbe hat aber auffallender
Weise noch die alte Anschauungsweise, dass das Ganze ein Polyp sei.
sciences of Philadelphia in den Jahrgängen 1855—1863 und sind durch die Smith-
sonian Institution vielfach auch als Separatabdrücke verbreitet worden, diejenigen
von A. Adams in den Annals and Magazine of nat. hist. 1860 und 1861, hauptsäch-
lich aber in den Proceedings of the Linnean society, zoologische Abtheilung,
Bd. VII. 1863. Auch Gould hat in den Proceedings of the Boston society of na-
tural history, VII. 1859, eine Reihe japanischer Meerschnecken beschrieben und
Dunker eine aus Nangasaki erhaltene Sammlung von Seeconchylien zu einer selbst-
ständig erschienenen Uebersicht der japanischen Mollusken benutzt.
XXXV. Bande, Jahrgang 1859, der Sitzungsberichte der math. naturwiss. Classe
der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, S. 250 (12). Aus dem in Shanghai
erscheinenden Shanghai Almanac, printed at the North China Herald office, Jahr-
gang 1860, entnehme ich folgende Temperaturangaben der uns hier gerade interessi-
renden Monate nach einer Beobachtungsreihe von acht Jahren, 1852—1859:
nisch Georgien, S. Diego in Californien und der Südspitze von Japan.
In Nangasaki beträgt die mittlere Temperatur (Tag und Nacht) des Januar
+ 4,57, des März 7,65, des Juli 21,05° R.
dem centralasiatischen Lepus tolai Pall. überein: die Haare des Rumpfes waren we-
niger wollig als bei dem europäischen, die des Rückens hatten vorstehende schwarze
Spitzen, die der Seiten vorstehende weisse; Nacken und Aussenseite der Ohren
rostgelb, am vordern oder innern Rand der Ohren aussen ein undeutlich begränzter
hellbrauner Streifen, am hintern oder äussern Rand aussen und oben ein scharf be-
gränzter schwarzer Flecken. Die Ohren länger als der Kopf. Der Schwanz oben
braun, etwas dunkler als der Rücken, doch nicht schwarz, unten weiss. Durch die
Länge der Ohren weicht er auffallend sowohl vom japanischen Hasen, als von Lepus
Sinensis Gray ab, den ich nur aus der Abbildung in den illustrations of Indian zoo-
logy kenne. Das nackte Zwischenläppchen der Oberlippe nicht gefaltet. Die Bart-
haare in ihrer vordern Hälfte schwarz, in der hintern weiss. Totallänge von der
Schnauze zur Schwanzspitze nur 0,450 Meter. Kopflänge 0,084, Ohrenlänge 0,090,
Schwanzlänge 0,088 Met.
1855, p. 256, unter dem Namen Syung-yui, mongolisch cirima; acipenseri affinis,
sed dorso laevi nec scutellato, genis fusco viride maculatis, rostro acuto longi-
tudine corporis. Habitat in aquis profundioribus, fluvio flavo et aliis Mongoliae atque
Mantschuriae prope locos saxosos, longitudine 10—20 pedum, sole oriente et occi-
dente diebus obscuris super aquam emergit; praedatur tertia luna (nach chinesischen
Büchern). Wells Williams, tonic dictionary of the Chinese language in the Canton
[182]Anmerkungen zu China.
dialect, Canton 1856, 8vo, S. 552, erklärt eines der vielen tsin als an enormous
fish with a long nose, found in the Yangtsekiang, probably a sturgeon. Dieses ist
offenbar unser Fisch. In den ältern Nachrichten über die chinesische Fauna finde
ich nichts, was mit Wahrscheinlichkeit auf ihn zu deuten wäre; Du Halde spricht
wohl von einem grossen Fische des Yangtsekiang, bis achthundert Pfund schwer,
der aus einem See zu gewissen Zeiten in diesen Strom komme, nennt ihn aber
whang-yü, den gelben Fisch, was nicht auf unsern Polyodon passt; doch könnte
diese Uebersetzung auch eine unrichtige sein, da auch Wells Williams l. c., S. 672,
ein ebenfalls hwang gesprochenes, aber anders als das Wort gelb geschriebenes
Zeichen für den grossen Stör des Yangtsekiang anführt. Die wirklichen Störe un-
terscheidet Du Halde als cho-kya-yü, geharnischte Fische.
Die Beschreibung dieses Fisches habe ich von Shanghai aus nach Berlin gesandt
und sie ist in den Monatsberichten der Berliner Akademie, 2. Mai 1861, S. 476, abge-
druckt; Lieutenant, jetzt Capitän Werner, Commandant des königl. preussischen
Transportschiffs Elbe, der zu gleicher Zeit mit mir in Shanghai war, hat von da
ein Exemplar in getrocknetem Zustand dem Hamburger Museum gebracht, das später
von Prof. Kaup in Troschel’s Archiv für Naturgeschichte, Bd. XXVIII. 1862, S. 278,
als Spatularia angustirostris beschrieben wurde, mit der unrichtigen Vaterlandsangabe
»japanisches Meer«. Werner hatte mir dasselbe an Bord der Elbe seiner Zeit selbst
gezeigt, einige Tage nachdem ich ihn zu Wusung gefunden, und gegen mich sein
Erstaunen über diesen »Süsswasserhai« ausgesprochen. Da sein Leib ganz nackt
ist, sieht er allerdings, abgesehen von dem Kiemendeckel, äusserlich einem Hai ähn-
licher als einem Stör.
Ueber den Grad der Trübung des Wassers an der Strommündung findet sich
bei v. Frauenfeld am angeführten Orte, S. 249 (11), die Bemerkung, dass eine
20 Centimeter hohe Säule bei Wusung geschöpften Wassers einen Niederschlag von
fast 1½ Millimeter ergab. Diese Menge fester Bestandtheile im Wasser sei aber
nicht unmittelbar vom Strom herabgeführt, sondern auch vom Grunde durch die
Fluth- und Ebbe-Bewegung aufgerührt, denn weiter oberhalb, schon bei Shanghai,
ist das Wasser heller.
Nerita angularis von O. Fr. Müller, wie in der speciellen Bearbeitung der Süss-
wasser-Mollusken näher ausgeführt werden soll.
als zahmer Vogel zum Fischfangen gehalten wird, ist bekannt; diese Sitte scheint
aber nur einzelnen Gegenden eigen zu sein; ich sah ihn nie, wohl aber ein anderes
Mitglied unserer Expedition, Herr H. Maron, auf seinem Ausflug von Shanghai aus
in den Seidendistrikt auf dem Ung-su-Flusse unweit Selitschau, vergl. dessen
Reiseskizzen »Japan und China«. Berlin 1863, 8vo, Bd. I., S. 209. Er wie andere
Europäer in Shanghai weiss nichts von dem Ringe, der nach ältern Sagen den Vögeln
um den Hals gelegt werden soll, um sie am Selbstverzehren der gefangenen Fische
zu verhindern. Ob dieser Vogel aber auch gezüchtet werde oder nur stets wieder
wilde eingefangen, wie es beim indischen Elephanten der Fall ist, war nicht zu erfahren.
Etwas ausführlicher habe ich über die chinesischen Hausthiere in Weinland’s
zoologischem Garten, Jahrgang II. 1861, S. 222 f., berichtet, mit Zuziehung der mir
[183]Anmerkungen zu China.
damals in China zugänglichen Litteratur; in Obigem sind nur die unmittelbar selbst
gemachten Beobachtungen gegeben.
- Robert Swinhoe, Narrative of a visit to the island of Formosa. Journal of
the North China Branch of the Royal Asiatic society, 1859, 8vo,
pag. 145—164. - — notes on some new species of birds found in the island of Formosa.
Ebenda, pag. 225—230 und Sclater’s Ibis 1863, pag. 196, 250, 377. - — mammals observed in F., Proceedings of the zoological society of
London, 1862, pag. 347—365, und 1864, pag. 185. - — new species of birds, described by Gould. Annals and magazine of
natural history, c. XII., 1863, pag. 158.
Unter den achtzehn Säugthieren sind neun, also die Hälfte, vermuthlich der
Insel eigenthümliche Arten, die interessantesten davon ein Affe, eine Art Panther,
ein kleines Schwein und eine der japanischen und sumatranischen ähnliche Berg-
antilope (Macacus cyclopis, Leopardus brachyurus, Porcula Taivana und Capricornis
Swinhoii); unter den sechszehn neuen Vögeln ist namentlich Euplocamus Swinhoii
hervorzuheben als Vertreter einer auf Hinterindien bis Borneo einheimischen Fasanen-
gruppe.
zwei kleine Süsswasserfische der Insel, und macht interessante Bemerkungen über
die Coleopterenfauna der Insel nach Sir Bowring’s Sammlung: reich an Lamellicor-
nien, Bock- und Rüsselkäfern; viele Cicindelen, aber kein ächter Carabus mehr.
Ursprünglich scheint die Insel nur kleine Säugthiere, wie Mäuse, Fledermäuse und
Spitzmäuse beherbergt zu haben; die Engländer haben aber nun einen kleinen Wie-
derkäuer, Moschus (Tragulus) Javanicus Gmel., eingeführt.
als einen sehr schönen Frosch, in die Nähe von Dactylethra gehörig, bezeichnet,
woran vielleicht die Verschiedenheit der Jahreszeit zwischen seinem und meinem
Besuche Schuld war.
sischen Hof als Geschenke westasiatischer Fürsten, wie Murray in dem gleich zu
erwähnenden Werke Bd. III., pag. 395 erzählt. Das nächste Vorkommen des Lö-
wen unseres Wissens ist die Halbinsel Guzerate im westlichen Vorderindien und
das untere Euphratland (das alte Babylonien).
sischen Schriftsteller gibt Weinland, der zoologische Garten II., S. 46.
von Murray reich an zoologischem Détail, das von ausgebreitetem Wissen und rich-
tigem Urtheil zeugt und hauptsächlich dem gründlichen Kenner des indischen Archipels,
J. Crawfurd, zu verdanken ist. Der Titel lautet: an historical and descriptive
account of China, by Hugh Murray, John Crawfurd, Peter Gordon, Thom. Lynn,
Will. Wallace and Gilbert Burnett. Edinburgh 1836. Drei Bände in klein 8vo.
Petersburg 1853. Der wesentliche Inhalt auch von Kollar mitgetheilt in den Ver-
handlungen des zool. bot. Vereins in Wien, IV., 1854. Die Ritterschmetterlinge
[184]Anmerkungen zu China.
China’s (und Japans) hat Snellen van Vollenhoven nach dem Material des Leidener
Museums 1860 zusammengestellt.
- Swinhoe, ornithology of Amoy, in Dr. Sclater’s Zeitschrift Ibis II. 1860 p. 45, 130,
428, und im Journal of the asiatic society of Bengal, 1860, pag. 240—266. - — birds observed at Tientsin. Proceedings of the zoolog. society, 1862,
pag. 315—320. - — catalogue of the birds of China, with remarks principally on their geo-
graphical distribution. Ebenda 1863, pag. 259—329; Nachträge dazu 1864,
pag. 271. Swinhoe unterscheidet die weissflüglige Bachstelze China’s und
Kamtschatka’s (oben Seite 155) als Motacilla ocularis von der japanischen,
M. Japonica, und von der osteuropäischen lugubris, ebenso die ostasiatische
Schwalbe (oben Seite 94 und 165) als Hirundo gutturalis Scopoli von der
europäischen Rauchschwalbe.
Die von Swinhoe gesammelten Reptilien sind beschrieben in Günther’s Reptiles
of British India. 1864.
- Bleeker in Nederlandsch tijdschrift voor de Dierkunde, 1864, S. 18 und 58, über
aus Peking und Amoy eingesandte Fische.
extensiv am meisten vom Reich der Mitte gesehen hat, theilt dieses nach Temperatur
und Produkten in drei Gürtel, die ich hier zur Vergleichung und Orientirung mit
Aufzählung der einzelnen Provinzen angebe:
- A. Der nördliche, bis herab zum 35sten Breitegrad, mit Hirse, Mohrhirse
und Hafer als Kulturpflanzen, noch ohne Thee, Reis und Maulbeerbaum.
Der einzig grössere Fluss ist der Peiho. Hierher die Provinzen - 1. Liautong, die Südküste des Golfs von Petsheli, naturhistorisch mit der
Mantschurei übereinstimmend. - 2. Petsheli mit Peking.
- 3. Shantong, am Meer, trennt den Golf am Petsheli nach Süden ab vom
gelben Meer. - 4. Shansi, mit zahlreichen Solfataren,
- 5. Shensi, reich an Traubengärten,
- 6. Kansu (Kantsio) reich an Steinkohlen,
- B. Der mittlere Gürtel, zwischen dem Nord- und Südgebirge, Tsinling oder
Peling und Nanling, das Land der zwei grossen Ströme Hoangho und Yang-
tsekiang, im Westen gebirgig und reich an Bauholz, nach Osten Alluvialebenen
mit blühendem Reisbau (Kornkammer China’s), Seidenzucht und Baumwollen-
manufactur; Weizen, Thee, Orangen, Zuckerrohr und Bambu vorhanden. - 7. Kiangnan oder Kiangssi, Mündungsland beider Ströme, mit grossen
Seen; hier Shanghai. - 8. Tshekiang, hügeliges Küstenland im Süden des vorigen; hierher auch
die Tshusaninseln. - 9. Nganhoei, stromaufwärts am Yangtsekiang, mit dem Binnensee Tsiao.
- 10. Honan, stromaufwärts am Hoangho, soll das Stammland der Chinesen sein.
- 11. Hupe, mittleres Hügelland am Yangtsekiang, voll Teiche und Sümpfe.
- 12. Kiangsi, südliches Bergland mit dem grossen Landsee Phuyang.
[185]Anmerkungen zu China.
- 13. Hunan, südliches Bergland mit dem Landsee Tungting.
- 14. Setshuen oder Szütshuan, »die vier Thäler«, Gränzprovinz gegen Tibet,
hügelig und flussreich, mit gemässigtem Klima. - 15. Kuei-tsheu, südliches Bergland.
- C. Der Gürtel südlich von Nanling, 27—26° Nordbreite, mit ähnlichen Pro-
dukten, doch von geringerer Qualität. Hier schon Palmen, aber kein Wein
mehr. Darf als tropischer Theil von China bezeichnet werden, obwohl er ein
paar Grade nördlich vom Wendekreis beginnt. - 16. Fokien oder Fukian, bergige Ostküste, Formosa gegenüber. Hier Amoy.
- 17. Kwantong oder Kwantung, bergige Südküste, östlich von Hainan. Hier
die (gleichnamige) Stadt Canton, nebst Hongkong und Makao. - 18. Kwansi, bergige Küste im Winkel des südchinesischen Meers, westlich
von der Insel Hainan. - 19. Yunnan, südlichste Binnenprovinz, naturhistorisch mit Hinterindien über-
einstimmend.
- Cervus Taiwanus Blyth und C. Swinhoei Sclater auf Formosa. Proc. z. soc. 1862.
Taf. 16 und 17. - — dama L., der europäische Dammhirsch, in Gärten zu Kanton.
- — axis L., der indische gefleckte Hirsch, von der Stadt Hankau im mittlern
China erhalten. - — hortulorum Swinhoe = pseudaxis Gray Proceed. zool. soc. 1861 Taf. 27.
und elaphus L., der europäische Edelhirsch, beide in dem Park des kaiser-
lichen Sommerpalastes. - — Wallichii Cuv., »in der Tartarei jenseits der grossen Mauer«.
- — Mantschuricus Swinhoe, in der Mantschurei.
und gut ausgeführt, stimmt mit keiner der im Berliner Museum vorhandenen Arten
von Palaeornis überein; am nächsten kommt er dem P. Javanicus Osbeck. Die
Stirne ist blau, die Wangen weiss, die Brust blass röthlich, der Bauch weiss,
Ober- und Unterschnabel roth kolorirt. Demnach wäre es eine neue Art, aber auf
die Farben der chinesischen Bilder darf man sich nur wenig verlassen, und das
Original des Malers kann ebensowohl aus dem indischen Archipel zu Schiffe, als
aus dem Binnenlande nach Canton gebracht worden sein.
Eine neue Art von Tragopan, T. Caboti, angeblich aus China, ist von Gould
in den Proceedings of the zool. soc. 1854 beschrieben.
Polyplectron lebt in Tibet und Hinterindien; Cryptonyx auf der Halbinsel von
Malakka, auf Sumatra und Borneo.
auch die »sinologisch-zoologischen Notizen« von Andreae in Dr. Weinland’s zoolo-
gischem Garten, III., 1862, S. 178—180.
- Diccionario geografico, estadistico, historico de las Islas Filipinas par los MM.
RR. PP. Misioneros Agustinos Calzados, Fr. Manuel Buzeta et Fr. Felipe
Bravo. Madrid 1850. 8vo. Zwei Bände in 8vo. - Memorias historicas y estadisticas de Filipinas y particularmente de la grande isla
de Luzon escritas por D. Rafael Diaz Arenas. Imprenta Del Diario de
Manila 1850. 17 Nummern und ein Supplement. (Der K. Bibliothek gegeben.) - Diccionario de terminos comunes tagalo-castellano, sacado de graves autores (!)
por D. Rosalio Serrano. Manila 1858. 8vo. 144 Seiten. Es fällt auf,
dass nach diesem Wörterbuch der Vokal E der tagalischen Sprache fehlt.
Vgl. auch den botanischen Theil, Tange, S. 44—48.
für ihre Zeit gründlich und umfassend, gab der Geistliche Georg Joseph Camel,
wie es scheint in Mähren zu Hause, dessen Name durch Linné in dem der allbe-
kannten Camellia verewigt ist. Seine Nachrichten wurden handschriftlich an den
Londoner Apotheker Jacob Petiver eingesandt und von diesem in den Philosophical
transactions, Jahrgang 1702—1708, Band XXIII.—XXVI., in acht, die einzelnen
Thierklassen behandelnden Aufsätzen veröffentlicht. Die einheimischen Namen sind
darin besonders reichhaltig aufgezählt.
Sonnerat war 1741 Mitglied einer französischen Expedition, um Pflanzen der
Gewürznelke und Muskatnuss nach Isle de France zu bringen, und besuchte hierbei
die Philippinen, namentlich Manila, Antique auf Panay und Zamboanga; er hat in
der Beschreibung dieser Reise, voyage à la Nouvelle Guinée, Paris 1776, 4to, eine
verhältnissmässig grosse Anzahl von Vögeln dieser Inseln beschrieben und abgebildet.
— Cuvier nennt ihn collecteur indefatigable — aber seine Vaterlandsangaben sind,
wo sie nicht von Späteren bestätigt werden, nicht unbedingt anzunehmen, da er
z. B. den bekannten südafrikanischen Sekretär, Gypogeranos, als von den Philippinen,
und drei Pinguine, Vögel des kälteren Südens, als von Neu-Guinea beschreibt und
abbildet, während er beide vermuthlich unterwegs vom Cap der guten Hoffnung
erhalten (vergl. Anmerkung 5).
Wegen Meyen siehe oben S. 174; das Zoologische findet sich im dritten Theil
seiner Reise um die Erde 1834 und in den Acta acad. Leop. Carol. XVI. 1834 und
XVII. 1835; die Original-Exemplare befinden sich im Zoologischen Museum zu
Berlin, wie auch die reichen Sammlungen, welche Herr Feodor Jagor während
seines Aufenthaltes auf den Philippinen in den Jahren 1859 und 1860 in dieser wie
anderen Thierklassen zusammengebracht und dem Museum zum Geschenke gemacht.
Verzeichnisse der von ihm gesammelten Halbaffen, Flederthiere, Schlangen und
Frösche hat Prof. Peters in den Monatsberichten der Berliner Akademie, 1859 S. 269,
[205]Anmerkungen zu den Philippinen.
1862 S. 683 und 706, 1863 S. 457 veröffentlicht. Siehe auch dessen »Reisen in den
Philippinen« 1873. 8vo.
Das Meiste und Glänzendste für die Kenntniss der philippinischen Fauna, nicht
nur in Bezug auf Conchylien, hat der Engländer Hugh Cuming (gestorben 1865)
gethan, welcher in den Jahren 1836—1838 die verschiedenen Inseln besuchte, »König
der Sammler« mit Recht von seinen Landsleuten genannt, und in neuester Zeit, be-
sonders für wirbellose Seethiere, Prof. Carl Semper 1860—1865, dem wir auch
eine gründliche zoologische Bearbeitung der Holothurien und eines Theiles der Mol-
lusken, sowie einen kürzeren interessanten Ueberblick über die natürlichen Verhält-
nisse »die Philippinen und ihre Bewohner, 1869, 8vo,« verdanken.
heimischen Namen catatua, abucay oder calangay; ferner einen blauen Papagei,
(Tanygnathus Luzonensis?) tagalisch bototoe oder bubutoc. Zu Zamboanga sah ich
ferner zwei Lori, Ps. (Lorius) garrulus L. und lori L. = Lorius Philippensis Briss. =
tricolor Stephens, beide zahm und mit der Angabe, dass sie von Makassar hier-
hergebracht seien (also aus den Molukken stammen). Der erstere befand sich übrigens
auch unter den ausgestopften Vögeln der Biblioteca militar zu Manila, der letztere
wird von früheren Autoren als Bewohner der Philippinen und Solo-Inseln angegeben;
Camel scheint denselben unter seinem vielfarbigen Papagei, manucmanuc auf Luzon
genannt, zu verstehen; aber auch diese Benennung, die bekanntlich in der Bezeich-
nung der Paradiesvögel manukdewata, Göttervogel, wiederkehrt, scheint auf seine
Herkunft aus dem südöstlichen Theil des indischen Archipels hinzudeuten; im Taga-
lischen bezeichnet manoc einfach das Huhn.
Philippinen, die ersteren zwei selbst noch von Buzeta gelegentlich genannt; dieselben
scheinen mir zu unsicher bestimmt, vielleicht sind nur ähnliche Vögel gemeint, die
ornithologisch andern Gattungen angehören.
Sonnerat bildet Taf. 49 einen kibitzähnlichen Vogel ab, den er Paon sauvage
de l’isle de Luçon nennt, mit der Bemerkung, dass er dort Pfau genannt werde; da er
aber zugleich angibt, dass er auch am Cap der guten Hoffnung vorkomme, so ist er wohl
mit demselben Unrecht zu den philippinischen Vögeln gerathen, wie der Sekretär, eine
Wittwe, Vidua Panayensis, und ein Colius, C. Panayensis bei demselben Verfasser,
lauter südafrikanische Vögel. Walden erklärt ihn für Otis Kori.
Ein Webervogel führt den Beinamen philippinisch: Loxia Philippina L., Ploceus
Phil. Cuv., Bonap. Keiner der neueren Reisenden hat ihn dort wieder gefunden, die
Gattung ist hauptsächlich afrikanisch, doch bis in den westlichen Theil des indischen
Archipels (Java) verbreitet; der Trivialname, der ihm beigelegt wurde, toucnam-
courvi, erinnert in recht verdächtiger Weise an den neli-courvi, Ploceus pensilis,
von Madagaskar. Es scheint mir daher noch sehr bedenklich, ob jener in Wahrheit
ein Philippiner sei. Auch zwei der oben auf Sonnerat’s Autorität noch angeführten
Spechtarten, Picus menstruus und cardinalis S. 190 und Psittaeus simplex S. 191, sind
aus der Liste der philippinischen Vögel zu streichen.
Anas Manilensis Gmel. beruht auf der Beschreibung und Abbildung von Sonnerat,
l. c. S. 91 Taf. 54; die Abbildung gleicht ziemlich gut der südafrikanischen Anas
[206]Philippinische Affen.
viduata, so dass man auf den Glauben kommen kann, Sonnerat habe auch hier einen
afrikanischen Vogel für philippinisch ausgegeben. Der Beschreibung nach aber soll
sie nur die Grösse einer Kriekente haben. Demnach wäre sie eine eigene, mir nicht
weiter bekannte Art. Schlegel vermuthet in ihr Nettapus pulchellus. Die in der
Biblioteca militar gesehene war wohl auch klein, aber entbehrte der bestimmten
Zeichnung, war schwarz und weiss an Hals und Kopf, und ebensowenig konnte ich diese
an anderen von mir im Freien nur auf Entfernung gesehenen kleinen Enten erkennen.
Eine etwas ausführlichere Liste der philippinischen Vögel habe ich in Cabanis
Journal für Ornithologie Jahrg, 1866 pag. 8—31 gegeben. Seitdem hat Lord Walden
im I bis 1871 S. 93 einen neuen Beitrag dazu geliefert, und soeben in den Transact. zool.
soc. IX. 2. 1875 eine grössere Arbeit über dieselben veröffentlicht, worin er die Arten-
zahl auf 218 gebracht hat.
maching und mananit; Camel erwähnt drei dieser Namen als seien es verschiedene
Arten, und Buzeta spricht im Allgemeinen von verschiedenen, und Band I. pag. 265,
in Bezug auf die Gegend von Abra im nördlichen Luzon von »unzähligen« Arten
von Affen. Doch kennt man bis jetzt noch keine andere Art mit Sicherheit von den
Philippinen. Isidor Geoffroy hatte einen aus Manila erhaltenen Affen unter dem
Namen palpebrosus als Art von cynamolgos unterscheiden wollen wegen dunklerer
Gesichtsfarbe und einem weissen Flecken über dem Auge, schmalerer Schnauze und
längerem Schwanze. Die Gesichtsfarbe des cynamolgos ist aber überhaupt sehr ver-
schieden, ebenso die Schwanzlänge, wie ich selbst an den drei bei Zamboanga er-
legten gefunden habe. Alle drei hatten ein trüb röthlichgraues Gesicht, die obern
Augenlider in ihrer ganzen Ausdehnung weiss, aber keine weissen Flecken oberhalb
derselben, Ohren und Hände schwärzlich, innen im Ohr schmutzig weisse Haare.
Der Oberkopf und der Rücken war bei allen gleichmässig mit gelb und schwarz ge-
ringelten Haaren besetzt. Die Differenzen bestanden in Folgendem:
[207]Anmerkungen zu den Philippinen.
sind vermuthlich Albinos; ein solcher wurde als Cercocebus Philippinus von Isidor
Geoffroy beschrieben. Wenn Buzeta I. pag. 507 in der Provinz Caraga auf Mindanao
einen Orangutang wohnen lässt, so meint er damit vielleicht den von den Solo-Inseln
angegebenen Gibbon, Hylobates funereus Is. Geoff. Auch der schwarze Affe von
Celebes, Macacus niger Desm, soll nach einer leider nicht näher bestimmten Angabe
auf den Philippinen leben.
wenig bekannt, scheinen aber denen aus andern Inseln des indischen Archipels nahe
verwandt. In der Revue zoologique von 1847 ist ein einfarbiger Cervus Philippinus
Desm. abgebildet, den Einige für dieselbe Art mit dem Hirsch der Marianen halten;
der Cervus pseudaxis der Zoologie du voyage de la Bonite ist vermuthlich die ge-
fleckte Art, deren Camel von den Solo-Inseln erwähnte. Auch ein Muntjak kommt
nach Buzeta auf Luzon, Provinz Bataan, vor. H. Cuming bespricht ferner systema-
tisch noch unbekannte Wiederkäuer der Philippinen in den Proceedings of the zoolo-
gical society, 1839 pag. 93 und 1840 pag. 30, der eine scheint der Kuhantilope, Anoa
depressicornis, des nördlichen Celebes ähnlich zu sein.
eine hübsche Ansicht eines Stückes des Taalsees und seines Vulkans, sowie einige
Details über die Methode, den Sabalo zu fangen, pag. 164; wenn er aber ebenda
das Wasser des Sees als süss angibt, so muss ich ihm aus eigener Erfahrung wider-
sprechen. Buzeta beschreibt auf ähnliche Weise l. c. Bd. II. S. 436 die Vorrich-
tungen zum Fange des Sabalo und sagt, sie werden gefangen, wenn sie durch den
Fluss ins Meer hinunter ziehen um zu laichen. (?) Ebenderselbe berichtet, dass der
Taalvulkan früher unthätig und angebaut gewesen, bis zum Ausbruch von 1716 (1706?),
dem 1754 ein zweiter heftiger folgte. Als ich ihn besuchte, wurden nur kleine Steine
bis Mannshöhe, und nie über den Rand des Hauptkraters hinüber ausgeschleudert.
Vgl. hiemit die Nachrichten von Prof. Semper in dessen obenerwähntem Werkchen
»die Philippinen«, S. 8 und S. 97.
für Meerthiere, so unter anderen:
basac, tambasacan oder tambale für die Seekuh, Halicore duyong;
pauican für Seeschildkröte;
lavinduyong oder tagan für den Sägefisch, Pristis;
tabalong, tabarong für die Kofferfische, Ostracion;
parolog und talli für das Seepferdchen, Hippocampus;
pating für Haie, pagi für Stachelrochen, Trygon;
calambutan für den Tintenfisch, Sepia;
bungcan = Gelasimus, belagen = Palinurus;
balat für Holothurien
und eine Anzahl Benennungen für bestimmte Conchylien, die später erwähnt werden
sollen.
auch der französische Bischof Pallegoix, der so lange in dem Lande gelebt und
mit den Eingeborenen so vielfach verkehrt hat, deutlich denselben Fisch als den
Hervorbringer jener Töne betrachtete; diese Uebereinstimmung macht wenigstens
wahrscheinlich, dass dieses die allgemeine Annahme der Eingeborenen, nicht ein nur
auf Uebervortheilen des Fremden abzweckender Einfall des Einzelnen gewesen. Die
Worte von Pallegoix, in dessen description du royaume Thai ou Siam, ein Buch, das
ich in Siam selbst von dem ehrwürdigen Greise erhalten, sind folgende (Bd. I.
S. 194): Il y a un poisson qu’on appelle langue du chien; il a absolument la même
form que la sole; il s’attache au dessous des barques et fait entendre un bruit très-
sonore et même harmonieux, ce qui est encore bien plus frappant, lorsque cinq ou
six de ces animaux sont collés à la barque. Es ist nicht einzusehen, wie eine Sole
sich an ein Schiff anheften soll. John White, Reise nach China 1824, S. 187, er-
zählt von musicirenden Fischen an der Mündung des (Siam benachbarten) Cambodja-
flusses (Oken, allgemeine Naturgeschichte, Fische S. 249); die Töne vergleicht er mit
Orgel, Maultrommel und dem Murksen der Frösche. Auch hier gab ein Dolmetscher
die Erklärung, dass die Fische sich an das Schiff anhängen und zwar mit dem Munde.
Aehnliche an den amerikanischen Küsten gehörte Töne wurden von Schöpf und Cuvier
auf Pogonias bezogen, einen barschartigen, frei schwimmenden Fisch. Auch
Tennent meldet aus Ceylon von musikalischen Tönen in der Lagune von Batticaloa,
die von den Eingeborenen einem Schalthier zugeschrieben werden. Ceylon, vol. II.
pag. 468—471.
oder minder Wahrscheinlichkeit deuten lassen, Bd. I. des erwähnten Werks, S. 192 ff.
Der Mondfisch der Siamesen ist ohne Zweifel ein Tetrodon, eine Gattung, welche
in den grösseren Flüssen Indiens und selbst im Nil vertreten ist; der pla krai, bis
einen Meter lang, schuppenlos, flach, mit drei Sternen an jeder Seite, vermuthlich
ein Mastacemblus, ähnlich M. argus; in dem pla kako, dem grössten Süsswasserfisch,
einzelne Schuppen von der Grösse eines Fünffrankenstücks, möchte ich ein Osteo-
glossum vermuthen; meng-phu, schön grünblau, 20—30 Pfund schwer, gefrässig
und bissig, daher den Badenden gefährlich, bleibt mir ein Räthsel. Als Fische, die
über Land wandern, nennt derselbe drei Arten: pla dak und pla mo, der erste ist
zweifelsohne Ophicephalus, der dritte vielleicht Osphromenus, vom zweiten bleibt es
mir zweifelhaft, ob auch ein Labyrinthkiemer gemeint ist oder der Siluroid, den ich
pla lok nennen hörte, da auch Siluroiden nach einzelnen in Amerika gemachten Erfah-
rungen über Land wandern (Callichthys coelatus, hassar, nach Rich. Schomburgk’s Reisen
in Britisch-Guyana 1848. II. S. 412). Die Krebse, écrevisses, »tout à fait differentes
[225]Anmerkungen zu Siam.
de celles d’Europe«, mit blauen zehn Zoll langen Scheeren bei Pallegoix S. 195 sind
die grossen indischen Süsswasser-palaemon. Ein reichhaltiges Verzeichniss siame-
sischer Süsswasserfische, aber gemischt mit Seefischen, wie sie eben auf den Markt
kommen, nach einer Sammlung von Bocourt, ist vor Kurzem in der Nederlandsch
tydschrift voor dierkonde 1864 pag. 34 ff. gegeben; frühere Notizen von Bleeker nach
Durchsicht der Zeichnungen des Grafen von Castelnau finden sich in der natuur-
kundig tydschrift voor Nederlandsch Indie XX. 1859 S. 101, von Dr. Günther nach
Mouhot’s Sammlungen in den Proceedings of the zoological society of London 1860
pag. 113 und 1861 pag. 187, sowie in Annals and Magazine of nat. hist. 1863 pag. 245.
Bleeker macht auf die besondere Aehnlichkeit der Süsswasserfische Siams mit denen
von Borneo aufmerksam, und ich kann dieselbe nur bestätigen nach dem, was ich in
beiden Ländern gesehen, z. B. die Gattung Datnioides und die Cyprinoidenarten:
Barbus apogon, bramoides, Schwanefeldi, hampal, Rasbora argyrotaenia, Chela
oxygastroides und macrochir. Neben der geographischen Nachbarschaft ist es nament-
lich das Vorhandensein grosser Ströme und grösserer Alluvialebenen, was diese
Aehnlichkeit erklärt.
Mouhot eingesandten Exemplaren, hat mein Freund Dr. Günther in den Proceedings
of the zoological society 1860, Reptiles pl. XXIII., mitgetheilt.
Bischof Pallegoix erwähnt einer Wasserschlange unter der Bezeichnung serpent
trompe d’éléphant, description du royaume Thai ou Siam I. pag. 178, vielleicht die
oben erwähnte Homalopsis.
schall in der Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch Indie Band VIII. S. 147
Näheres mitgetheilt; ein Auszug davon in Troschel’s Archiv f. Naturgeschichte XXII. 2.
1856. S. 61.
Günther in den Proceedings of the zoological society von 1860, pag. 3—6, Zusätze
ebenda im folgenden Jahre und pag. 187 in den Annals and Magazine of nat. hist.
November 1863 gegeben. Einige von Herrn Jagor aus Siam erhaltene hat Prof. Peters
in den Monatsberichten der Berliner Akademie, Juni 1863, angeführt; andere Dr. Cope
in den Proceedings of the academy of Philadelphia 1860. Zu diesen, 58 an der
Zahl, kamen durch die preussische Expedition folgende sechs, als in Siam einhei-
misch, hinzu:
- Tachydromus sexlineatus Daud. (var. aeneus Peters l. c. pag. 405),
- Lygosoma serpens L.,
- Typhlops braminus Daud.,
- Acrochordus Javanicus Hornstedt,
- Rhabdion torquatum D. B.,
- Elaphis virgata Schleg.
the zoological society, 1859, S. 151, ein systematisches Verzeichniss veröffentlicht
worden nach den von Sir Robert Schomburgk eingesandten Materialien. Einige
andere von der Crawfurdschen Expedition 1821 durch Dr. Finlayson mitgebracht und
Ost-Asien. Zoologisch. I. 15
[226]Anmerkungen zu Siam.
den Sammlungen der ostindischen Compagnie einverleibt, finden sich in den Catalogen
derselben von Fr. Moore verzeichnet.
Die Arten, welche ich in Siam erlangt und in keiner dieser beiden Quellen als
siamesisch erwähnt finde, sind folgende:
Vultur leuconotus Gray,
Milvus sp.,
Corvus macrorhynchos Tem.,
Lanius nigriceps Frankl.,
Passer montanus L. sp.,
Halcyon Capensis L. sp.,
Megalaema caniceps Frankl.,
Leptopila capillata Tem.,
Ardea cinerea L. var. major,
— nigrirostris Gray,
Gallinago stenura Horsf.,
Charadrius sp.,
Porphyrio sp.,
Sterna Panayensis Lath.,
Larus sp.,
Carbo sp.
Mit diesen ist die Zahl der bis jetzt bekannten Vogelarten aus Siam 98. Der
schon von Tachard 1689 beschriebene nok herian ist wahrscheinlich der Riesenstorch,
nok karien. Die Webervögel in der alten Hauptstadt Ayutia, deren Tavernier und
Kämpfer gedenken, dürften wohl zu der in der vorderindischen Halbinsel berühmten,
auch in Birma und Malakka beobachteten Art, Ploceus baya Blyth., gehören.
Säugethiere Siams, aber einzelne Notizen darüber finden sich in allen Werken zer-
streut, welche überhaupt über die Naturgeschichte Siams handeln. Die wichtigsten
derselben, in der obigen Darstellung mehrfach benützt, sind:
- Tavernier, collections of travels through Turkey into Persia and the East Indies.
London 1684. Fol. - Gouye, P., observations physiques et mathématiques pour servir à l’histoire na-
turelle etc., envoyées de Siam à l’Académie royale par les pères Jésuites
François. Paris 1688. 8vo. Beschreibung und Abbildung des Crocodilus
galeatus und Gecko verus. Dasselbe auch in den Memoires de l’Académie
des sciences avant 1699, tom. III. pl. 64 und 67. - Tachard, P., voyage de Siam des pères Jésuites. Amsterdam 1689. 8vo. Die
Jesuiten kamen 1685 unter Louis XIV. nach Siam und waren bis zum
Sturze Constantin Falcons 1687 in grossem Ansehen daselbst. - — second voyage du Père Tachard et des Jésuites envoyez par le roy au
royaume de Siam. Paris 1689. 4to. (Eine andere Ausgabe in Amsterdam
1689, 8vo.); enthält Abbildungen von Manis und Gecko verus. - Kämpfer, E., Geschichte und Beschreibung von Japan, herausgegeben von Dohm.
Lemgo 1777. 4to. Der Verfasser war vom 7. Mai bis 4. Juli 1690 mit einer
holländischen Gesellschaft in Siam. - Crawfurd, John, Journal of the embassy to the courts of Siam and Cochinchina,
in the years 1821—22. London 1828. 4to. - Finlayson, Dr. Georg, Arzt und Naturforscher dieser Gesandtschaft, hat auch
eine eigene Reisebeschreibung geliefert, welche nach seinem allzufrühen Tode
von Sir Raffles 1826 herausgegeben wurde, beide sind übersetzt in der
Bibliothek der neuesten und wichtigsten Reisebeschreibungen von Sprengel
und Ehrmann. Weimar, Landesindustrie-Comtoir, 8vo., Band XLIV. und
Band LVI.
[227]Zoologische Literatur über Siam.
- Ueber Finlayson’s Sammlungen finden sich noch einige spezielle An-
gaben in Horsfield’s catalogue of the Mammalia of the museum of the
Hon. East India Company. London 1856, 8vo., und Fr. Moore’s catalogue
of the birds of the museum of the Hon. East India Company. Zwei
Bände 1856—58. 8vo. - Pallegoix, description du royaume Thai ou Siam. Paris 1854. 2 Bände kl. 8vo.
Frucht eines vierundzwanzigjährigen Aufenthaltes im Lande als Chef der
französischen Missionäre, enthält hauptsächlich, was die Eingeborenen
selbst über ihre Thiere wissen und glauben. - Bowring, Sir John, the kingdom and people of Siam, with a narrative of the
mission to that country in 1855. London 1857, zwei Bände 8vo., enthält
wenig speziell Zoologisches. - Mouhot, Henry, travels in the central part of Indochina, Cambodia and Laos
during the years 1858 (wo der Verfasser daselbst in seinem 35. Jahr ge-
storben). London 1864, zwei Bände 8vo., mit zoologischem Anhang über
einige Reptilien, Fische und Mollusken, die meist auch schon in den vor-
hergehenden Jahrgängen der Proceedings of the zool. soc. beschrieben
und abgebildet sind. - Schomburgk, Sir Robert, englischer Consul zu Bangkok während unserer An-
wesenheit daselbst, 11. März 1865 zu Schöneberg bei Berlin 61 Jahre alt
gestorben, hatte schöne Sammlungen aus verschiedenen Thierklassen, noch
reichere an Insekten und Fischen der französische Consul, Graf Castel-
nau, an Reptilien und Conchylien dessen Sohn, Vicomte Castelnau.
Literatur zerstreut, namentlich auch in den Berichten der zahlreichen wissenschaft-
lichen Expeditionen, welche diese Insel berührt haben, von Crawfurd’s Gesandtschaftsreise
nach Siam 1822, welche Dr. Finlayson als Naturforscher mitmachte, bis zur öster-
reichischen Novara- und italienischen Magenta-Expedition, ferner auch in den Cata-
logen des britischen Museums durch Dr. J. E. Gray, A. Günther u. A. und denen der
früher selbständigen, jetzt damit vereinigten Sammlungen der ostindischen Compagnie
in London durch Thom. Horsfield und Friedr. Moore; auch finden sich zahlreiche
spezielle Angaben über die Thierwelt Singapore’s von Dr. Oxley in Crawfurd’s treff-
lichem Dictionary of the Indian Archipelago. In unserm Texte ist zuweilen darauf
Bezug genommen, wesentlich aber nur gegeben, was ich selbst auf Singapore ge-
sehen oder doch, z. B. in Betreff des Tigers, unmittelbar von dort Ansässigen ge-
hört habe. Diese Nachrichten über den Tiger habe ich schon in der Zeitschrift »Der
zoologische Garten« V. 1864 S. 382 mitgetheilt.
reren Gelehrten, Weimar, 8vo., Band 44. 1827. (Finlayson’s Tagebuch) S. 51 und
Band 56. 1831. (Crawfurd’s Tagebuch) S. 75. Schlegel handleiding tot de boefening
der dierkonde II. 1858 S. 542 nennt sie Spongia (Poterion) Neptuni, in andern Samm-
lungen fand ich sie als Spongia cyathiformis oder ohne Namen. Der älteste systema-
tische Name scheint Spongia patera Hardwicke, Asiatic Researches XI. pag. 180 1822;
Raphiophora p. Gray Proc. zool. soc. 1867 pag. 524.
Dr. Finlayson auf den Korallenbänken bei Singapore gefunden und für einen Fucus
gehalten hat (a. a. O. S. 54.). Es gibt keine nesselnde Wasserpflanze, weder unter
den Tangen, noch unter den Phanerogamen, wohl aber ist das Nesseln, eine bei den
Polypen und Quallen ziemlich verbreitete charakteristische Eigenschaft, namentlich
auch bei Plumularien später wieder beobachtet worden; Senator Kirchenpauer in
Hamburg, dem ich auch die Bestimmung der im Text genannten Arten verdanke, hat
daher auch eine Art Pl. urens genannt.
lungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1864, 4to., nach Ma-
terialien, welche ich auf unserer Expedition von Dr. Schneider für die Königl. Samm-
lungen erhalten habe.
der nederlandsche overzeeische besittingen, Leiden 1839—1843, mit 102 kolorirten
Tafeln. Ein Auszug davon in Erichson’s Archiv für Naturgeschichte, Jahrgang XII.,
1846, S. 109—128 und in Oken’s Isis 1840, S. 436.
Sclater, veröffentlicht in dessen ornithologischer Zeitschrift »Ibis« Oktober 1859, dann
in mehreren Aufsätzen über einzelne Thiergruppen des Archipels, und endlich in
seinem grösseren Werk »the Malay Archipelago«.
Prof. W. Peters über die Arten der Gattung Pteropus in den Monatsberichten
der Königl. Akademie der Wissenschaften, 1867, S. 319 ff.
Eine kurze Besprechung der zoologischen Literatur des indischen Archipels,
der auch ich im Obigen manche Einzelheit entnommen, dürfte hier nicht ganz unan-
gemessen sein. Aus der älteren Zeit sind nur zwei Naturforscher zu nennen:
Georg Eberhard Rumph, gebürtig aus Hanau und lange Zeit »Oberkaufmann«
in Amboina, wo er 1702 in einem Alter von 75 Jahren gestorben. Sein Werk:
d’amboinsche rariteitkamer, 1699 im Manuskript nach Holland geschickt und da-
selbst 1705 zu Amsterdam in Folio gedruckt, gibt eine interessante und an eigenen
Beobachtungen reiche Beschreibung der an den Küsten von Amboina und in den benach-
barten Gegenden gefundenen Crustaceen, Echinodermen und einiger andern niedern
Seethiere, diese im ersten Buch unter der Benennung »weiche Schalfische« zusam-
mengefasst, sodann eine ähnliche noch etwas ausführlichere der Conchylien im zweiten
Buch, während das dritte Mineralien, Versteinerungen und »andere seltsame Sachen«
(z. B. Bezoarkonkretionen, Ambra, alte Steingeräthe) behandelt. Als faunistische
Quelle ist er insofern mit Vorsicht zu benutzen, als in Holland manche Abbildungen
und einige Zusätze beigefügt wurden, die nicht alle ostindische Vorkommnisse be-
treffen. Aus dem gedruckten Text sind dieselben leicht zu erkennen, und auch in
den Abbildungen sind diese Figuren meist mit Nummern, nicht mit Buchstaben be-
zeichnet (Ausnahme auf Tafel 34). Es folgt daraus, dass eine noch so unzweifelhafte
Abbildung in diesem Werke nichts für das Vorkommen der betreffenden Art in Ost-
indien beweist, wie manche späteren Compilatoren angenommen haben, sondern immer
hiefür erst der Text zu vergleichen ist. Es gibt noch eine spätere abgekürzte Aus-
gabe desselben, unter dem Titel Thesaurus imaginum, Haag 1739, und eine deutsche
Uebersetzung des konchyliologischen Theils durch Chemnitz, Wien 1766 fol., mit
[343]Anmerkungen zum ind. Archipel.
theilweise etwas veränderten Abbildungen. Ein zweites noch grösseres Foliowerk
desselben Verfassers, Herbarium Amboinense, het amboinsche Kruidboek, erst nach
seinem Tode durch Burmann veröffentlicht, enthält in seinem sechsten Bande, 1750
erschienen, die damals noch für Pflanzen gehaltenen Korallen.
Bald nach Rumph schrieb Franz Valentyn, evangelischer Prediger in Amboina,
ein grosses Werk in fünf Foliobänden Oud en nieuw Oost Indien (Alt- und Neu-
Ostindien), das Geschichte, Geographie und Statistik der damaligen holländischen
Besitzungen im indischen Archipel behandelt; es bildet insofern ein Seitenstück und
eine Ergänzung zu Rumph, als der dritte Band, 1726 erschienen, S. 263—297 Ver-
handeling der dieren van Amboina, S. 297—329 Verh. der Vogelen, S. 330—346
Verh. der Waterdieren und S. 347—510 Ongemeene Visschen van Amboina manche
interessante Bemerkungen über Vorkommen und Lebensweise von Säugethieren, Rep-
tilien, Insekten und Vögeln, sowie Namen und Farbenbeschreibungen von 525 Fischarten
gibt, von denen die meisten nach den beigegebenen für unsere jetzigen Begriffe etwas
zu kleinen und rohen Abbildungen noch systematisch erkennbar sind. Dieselben
Fischabbildungen wurden später 1754 von L. Renard in einem eigenen Werke ver-
öffentlicht. Eine kleine Abhandlung über Schalthiere in demselben Band, öfters auch
gesondert im Buchhandel, enthält auf saubern Kupfertafeln eine Reihe von Conchy-
lien, gleichsam als Supplement zu Rumph, doch auch wieder nicht-ostindische dar-
unter; der Text hiezu ist sehr mager und dilettantisch, durchaus vom Standpunkt des
Raritätensammlers. Auch hiervon gibt es eine deutsche Uebersetzung. In der neuen,
von Dr. S. Keyzer besorgten Ausgabe des Valentynschen Werkes in 8vo., Haag
1856, sind gerade die naturhistorischen Kapitel als veraltet weggelassen. Freilich
sind sie das, aber dieses Werk ist neben dem von Rumph und einem ältern unbe-
deutenderen des Arztes Bontius in Batavia, historia naturalis et medica Indiae
orientalis 1658, längere Zeit die Hauptquelle für die Kenntniss der Thiere des
Archipels gewesen.
Erst in dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts zeigte sich wieder neue
wissenschaftliche Regsamkeit, und zwar jetzt der Veränderung des politischen und
merkantilischen Schwerpunkts gemäss in Batavia; es entstand dort die Bataviaasche Ge-
nootschap van Kunsten en Wetenschappen, 1779, welche eine Zeitschrift herausgab,
in deren ersten Bänden einer der Stifter, Herr von Wurmb, 1775—1781 in Batavia
mehrere zoologische Aufsätze veröffentlichte, unter anderm über einen grossen Orang-
utan aus Borneo. Ungefähr um dieselbe Zeit kamen die ersten lebenden Exemplare
solcher Affen nach Holland, wo sie Gegenstand eingehender Arbeiten von Vosmaer
1778 und Camper 1782 wurden; 1793 folgten die ersten Beschreibungen des suma-
tranischen Nashorns durch englische Beamten in Benkulen.
In der kurzen Zeit der englischen »Zwischenherrschaft« 1811—1816 nahmen die
naturgeschichtlichen Untersuchungen durch das Interesse und eigene Forschungen des
Gouverneurs Sir Stamford Raffles, später in Benkulen und Gründer von Singapore,
sowie durch den Naturforscher von Fach, Thomas Horsfield, einen weiteren Auf-
schwung, namentlich in Betreff der Säugethiere und Vögel sowohl Java’s als Sumatra’s;
die Resultate sind niedergelegt in dem XIII. Band der Transactions of the Linnean
society 1821 und 1822, in Horsfield’s zoological researches in Java, London, 4to.,
1821—1828, ferner in einem naturgeschichtlichen Anhang zu Raffles’s Lebensbeschrei-
[344]Anmerkungen zum ind. Archipel.
bung und in den neuerdings erschienenen Catalogen der durch beide so bereicherten,
man könnte fast sagen gegründeten zoologischen Sammlungen der ostindischen Com-
pagnie (catalogue of the Mammalia of the Museum of the Hon. East-India Company,
London 1851, 8vo., von Horsfield, Birds von Fr. Moore, Bd. I. und II. 1856—58,
Bd. II. Lepidoptera Bd. I. 1856). Die in doppelter Beziehung erneute holländische
Herrschaft legte — und es ist das hauptsächlich Verdienst des General-Gouverneurs
Baron van der Capellen, 1816—1826 — grossen Werth auf die naturgeschichtliche
Durchforschung ihres Gebietes durch eigene Fachgelehrte und berief nacheinander
folgende Naturforscher und mehr oder weniger spezielle Zoologen aus Europa nach Java:
- Caspar Georg Carl Reinwardt, 1816—21 auf Java, machte 1821 eine Reise nach
Bima, Timor, Banda, Amboina, Ternate, Gorontalo und Manado, kehrte
später nach Europa zurück und starb als Professor in Leiden 1854. - J. C. van Hasselt, nach kurzem Aufenthalte in Java 8. September 1823 gestorben.
Briefe und Berichte über seine Beobachtungen in der holländischen Zeit-
schrift Konst- en Letter-bode 1823 und 1824. - Heinr. Kuhl, September 1821 gestorben.
- Heinr. Boie, aus Kiel, 1825, ebenfalls bald gestorben.
- Macklot, machte 1828 mit Sal. Müller die Expedition nach Timor und Neuguinea
mit, wurde 1832 bei einem Aufstande der Chinesen in Batavia ermordet. - Forsten, besuchte Celebes und die Molukken, gestorben 3. Januar 1843 zu
Amboina. - Sal. Müller, vergl. dessen oben angeführtes Werk.
- Franz Junghuhn aus Eisleben, vorwiegend Botaniker und Geognost, kam 1837
nach Java und wurde, da die eigene Kommission für Naturwissenschaften
aufgehoben wurde, als Inspektor der Chinarinde-Anpflanzungen auf Java
angestellt, wo er 1864 starb. Bekannt sind seine drei grösseren Werke,
die sowohl in holländischer als deutscher Sprache erschienen sind: Topo-
graphische und naturwissenschaftliche Reisen durch Java. Magdeburg 1845.
gr. 8vo., mit Atlas von 38 Tafeln und 2 Karten. Java, seine Gestalt,
Pflanzendecke und innere Bauart. Dresden 1852—54. 8vo., mit Atlas von
11 Tafeln. Die Battaländer auf Sumatra. Berlin 1847. 8vo., mit 19 Tafeln.
Während von den früheren Sammlern auf Amboina hauptsächlich die fremd-
artigen Gestalten der Meerthiere bevorzugt wurden, wandte sich auf den grossen
Inseln das Interesse der Forscher zunächst den höheren Wirbelthieren zu, und das
Reichsmuseum in Leiden, worin die von jenen Reisenden gesammelten Naturgegen-
stände sich anhäuften, trat unter der Leitung von C. J. Temminck († 1858) und
H. Schlegel in die Reihe der grossartigsten zoologischen Anstalten. Die Säugethiere
und Vögel wurden grossentheils von ersterem wissenschaftlich verwerthet, zunächst
in den gemeinschaftlich mit Sal. Müller herausgegebenen Verhandelingen over de
natuurlijke geschiedenis der nederlandsche overzeesche besittingen. 1839—1844, fol.,
dann mehr systematisch in den Monographies de mammalogie, seit 1824, 4to. und dem
nouveau recueil de planches coloriées d’Oiseaux, 1820—1839. fol. Die Vögel von
Schlegel Muséum d’hist. nat. des Pays-bas seit 1862. Die Reptilien von Schlegel,
Essai sur la physionomie des serpents, 1837, 8vo. mit Atlas in Fol. (im allgemeinen
Theil dieses Werkes S. 225—243 auch eine Uebersicht der Verbreitung der Säuge-
[345]Anmerkungen zum ind. Archipel.
thiere, Vögel und Reptilien durch die Inseln des Archipels), und in seinen Abbildungen
neuer oder unvollständig bekannter Amphibien 1837—1844. Fol. Die eingesandten
Fische wurden von Cuvier und Valenciennes in ihrer histoire naturelle des poissons
1828—1849, die Seesterne von Joh. Müller und Troschel (dieser reiste deshalb 1841
nach Leiden) in dem System der Asteriden 1842 beschrieben, während noch später
die Seefedern dem Custos Dr. Herklots 1856, die Schmetterlinge und manche Co-
leopteren dem Custos Snellen van Vollenhoven 1860 und 1863 Anlass und Stoff zu
besondern Arbeiten gaben.
Ein praktisches Handbuch für die Kenntniss vieler ostindischer Arten verdanken
wir demselben Prof. Schlegel; es führt den Titel handleiding tot de beoevening der
dierkunde, 2 Bände, 1857 und 1858, kl. 8vo. mit einem Atlas in Fol., allerdings Hand-
buch für Zoologie überhaupt, aber zunächst für den naturwissenschaftlichen Lehrkurs
an der Akademie zu Breda bestimmt, an welcher die Offiziere der holländischen Armee
und Marine ausgebildet werden, daher mit besonderer Rücksicht auf die in den nieder-
ländischen Besitzungen vorkommenden Thiere, so dass namentlich der erste, nur
Säugethiere und Vögel behandelnde Theil ganz speziell zur Erkennung der häu-
figeren oder ausgezeichneteren Arten, die im Archipel leben, dienen kann, während
der zweite alle übrigen Thiere umfassende Band sich mehr in den Gränzen eines
allgemeinen Lehrbuchs hält.
Von englischer Seite gab Eyton einen Catalog der Vögel von Malakka mit An-
gabe vieler einheimischer Namen in den Proceedings of the zoological society of
London, 1837, und derselbe Dr. Theodor Cantor, dessen Verdienste um die chine-
sische Fauna wir schon oben S. 174 rühmend zu erwähnen hatten, von Singapore
aus werthvolle Bearbeitungen der von ihm beobachteten Reptilien und Fische im
Journal of the asiatic society of Bengal, 1847 und 1850, 8vo. mit mehreren Tafeln.
Gleichzeitig hatten die von der französischen Regierung ausgehenden wissenschaft-
lichen Erdumsegelungen besonders in dem östlichen Theil und den anstossenden
Gränzgebieten des indischen Archipels die zoologische Kenntniss in allen Thier-
klassen gefördert. Die hauptsächlichsten dieser Expeditionen sind im zweiten Band
S. 103 angeführt.
In Niederländisch-Indien selbst war seit Aufhebung der naturwissenschaftlichen
Kommission ein Stillstand im Studium der dortigen Thierwelt eingetreten, der den
grössern Theil des zweiten Vierteljahrhunderts hindurch andauerte. Einen neuen
Aufschwung erhielten die zoologischen Bestrebungen dort erst durch Dr. P. Bleeker,
welcher mit Eifer und Energie die Systematik und Beschreibung der Fische des
Archipels in die Hand genommen und für diesen Zweig der Thierkunde halboffiziell
Propaganda gemacht, indem er als Chef des Medicinalwesens seine durch den ganzen
Archipel zerstreuten Untergebenen zum Sammeln von Fischen und Reptilien an-
spornte, sowie 1850 die »naturkundige Vereinigung« in Batavia gründete, deren Prä-
sident er, bis er Indien verliess, geblieben ist. Arbeiten von ihm über die Fische
und Reptilien des Archipels, einzelne auch über Crustaceen (Doclea) und Seefedern,
finden sich seit 1846 in den Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap, 4to.,
Verhandelingen der natuurkundige Vereeniging in Nederlandsch Indie, 4to., auch
Acta societatis scientiarum Indo-Neerlandicae betitelt, und in der von derselben
Gesellschaft herausgegebenen Natuurkundig Tydschrift voor Nederlands Indie, 8vo.,
[346]Anmerkungen zum ind. Archipel.
hauptsächlich für kleinere Mittheilungen zu rascherer Veröffentlichung bestimmt, wie
die Proceedings englischer und amerikanischer Gesellschaften, eine Zusammenstellung
von Fischen aus Sumbawa auch in dem zu Singapore erschienenen Journal of the Indian
archipelago, vol. II. 1848. Die Zahl der einzelnen Aufsätze ist sehr gross, da fast jede
Zusendung zu einer besondern Aufzählung Veranlassung gab; die umfassendsten sind
eine Bearbeitung der karpfenartigen Fische 1860, der Welse 1858 und eine Aufzäh-
lung aller bis dahin bekannten Fischarten aus dem Archipel, 1859, im IV., VI. und
VIII. Band der zweiten der oben genannten Zeitschriften. 1855 begleitete er den
General-Gouverneur Duymaer van Twist auf dessen offizieller Reise über Celebes
nach den Molukken und gab in der ausführlichen Reisebeschreibung, reis door de
Minahassa en den molukschen Archipel, zwei Bände gr. 8vo., Batavia 1856, Listen
der Thiere aller Klassen, welche bis dahin von den betreffenden Inseln in der zoo-
logischen Literatur angegeben waren, Verzeichnisse, welche freilich der Natur der
Sache nach sehr unvollkommen ausfallen mussten. Definitiv nach Europa zurück-
gekehrt, hat er seit 1862 begonnen seine ichthyologischen Resultate in einem um-
fassenden Bilderwerke, Atlas ichthyologique des Indes orientales neerlandaises,
Amsterdam, Fol., niederzulegen, wovon bis jetzt die Papagei- und Lippfische, die
Welse, Karpfen, Aale, Lophioiden, Plectognathen und Pleuronectiden erschienen sind.
Gleichzeitig thaten sich auch an andern Punkten der niederländischen Besitzungen
unter den Aerzten einige als Sammler und Kenner einzelner Thierabtheilungen rühm-
lich hervor, so O. Mohnicke (aus Stralsund) in Amboina und später in Surabaya für
Käfer, C. L. Doleschall in Amboina (gestorben) für Spinnen und Zweiflügler und
H. A. Bernstein aus Breslau, erst Privatarzt auf Java, für Vögel; Doleschall ver-
öffentlichte einige systematische Arbeiten über die genannten Gliederthiere, Bernstein
mehrere interessante Aufsätze über Anatomie und Biologie javanischer Vögel in den
Abhandlungen der naturkundigen Gesellschaft und im Journal für Ornithologie 1859
bis 1860. Auf Amboina ging daneben das Sammeln von Conchylien und anderen
Raritäten des Meeres nach Rumph’s Beispiel fort, ohne den seitherigen Fortschritten
der Wissenschaft zu entsprechen; jeder Arzt, der dort einige Zeit stationirt war,
brachte eine kleine Conchyliensammlung zusammen, und einzelne dort ansässige Lieb-
haber verkauften von Zeit zu Zeit grössere Sammlungen nach Batavia oder Europa;
leider wurde dabei auf das nähere Vorkommen gar nicht geachtet, was durch ma-
laiische Händler oder eigene kleine Reisen von Timor, den Tenimber-Inseln, den
eigentlichen Molukken, Celebes u. s. w. gekommen, mit den bei Amboina selbst vor-
kommenden Naturalien zusammengeworfen und alles von da ohne Fundortsangabe nach
Batavia und Europa verschickt, so dass es dort als amboinisch, hier als javanisch galt.
Daher viele falsche Vaterlandsangaben noch in neueren systematischen Werken.
Eine strengere Beachtung der faunistischen Unterschiede der einzelnen Inseln und
Inselgruppen zeichnet vortheilhaft die reichen Sammlungen des Engländers Alfred
Russel Wallace aus, der in den Jahren 1854—1862 alle grösseren und viele der
kleineren Inseln des Archipels, namentlich im östlichen Theile besuchte, und nach
seiner eigenen Angabe etwa 125,000 Stück zoologischer Gegenstände, darunter 8050
Vögel, 13,100 Schmetterlinge und 83,200 Käfer zurückbrachte. Neben zahlreichen
kleineren und spezielleren Aufsätzen hat er in einem zweibändigen Werke The Ma-
layan Archipelago, London 1869 8vo. (ins Deutsche übersetzt von A. B. Meyer 1869),
[347]Anmerkungen zum ind. Archipel.
eine eingehende Schilderung seiner Reisen, Forschungen und Anschauungen gegeben,
geistreich und anziehend, voll feiner Beobachtungen, wenn auch zuweilen etwas ein-
seitig und theoretisirend. Der grosse Unterschied zwischen der Thierbevölkerung der
grossen westlichen und der kleineren östlichen Inseln, schon von den holländischen
Forschern dargelegt und im Allgemeinen jedem Spezialzoologen schon früher be-
kannt, wurde von Wallace sehr scharf hervorgehoben, durch viele neue Beispiele er-
läutert und mit einem vermuthlichen früheren Zusammenhang der Küsten von Borneo,
Sumatra und Java unter sich und mit Malakka in Verbindung gebracht.
Wallace’s reiche Erfolge regten nun auch wieder in Holland zur Nacheiferung
auf, und in Folge davon wurden nun auch wieder von der Kolonialverwaltung ein-
zelne Beamte eigens für naturwissenschaftliche Sammelreisen bestellt, so der schon
genannte Bernstein, welcher in den Jahren 1860—1862 die eigentlichen Molukken,
Halmahera, Morotai, die Obi-Inseln, Gebe und Waigin durchforschte, aber zu
grossem Verlust für die Wissenschaft schon am 18. April 1865, als er sich eben
zu einer grösseren Reise nach Neuguinea selbst anschickte, unerwartet rasch starb,
und H. von Rosenberg aus Darmstadt.
Akademie 1867, S. 319.
dem Namen Tupe angeführte Thier auf die Gattung Cladobates. Valentyn, a. a. O.
S. 276, 277, sagt, man sehe in Amboina zuweilen ein Thierchen, Tupe genannt, das
am meisten einem Eichhörnchen gleicht; sie kommen aber daselbst nicht ursprünglich
vor, sondern werden von andern Gegenden gebracht. Die ausdrückliche Angabe von
vier Zehen an den Vorderfüssen, sowie dass es Cocosnüsse, Pisang, Reis und allerlei
Baumfrüchte fresse, spricht entschieden für ein wirkliches Eichhorn, und gegen den
»Insektenfresser« Cladobates; unklar bleibt aber, wie Valentyn nach den zwei langen
Zähnen in Ober- und Unterkiefer noch Hundszähne erwähnen kann. Die Eckzähne
vom Cladobates sind übrigens zu klein, um einem Laien als Hundszähne zu gelten.
Weder Eichhörnchen noch Cladobates kommen unseres Wissens wild auf den Molukken
vor, wohl aber wird Sciurus bicolor auf Java den Fremden lebend zum Kauf angeboten
(S. 52) und so mögen überhaupt Eichhörnchen in der Blüthezeit Amboina’s dahin
gebracht worden sein, ihrer Gutmüthigkeit und Kurzweiligkeit wegen, welche von
Valentyn ausdrücklich hervorgehoben wird und welche nicht auf einen Insektenfresser
passt. Die grossen, doch freundlichen Augen, welche Valentyn hervorhebt, passen gut
auf das von mir eine Zeitlang lebend gehaltene zweifarbige Eichhörnchen, Sciurus bicolor,
sowie auch alles was Valentyn von seinem Betragen in der Gefangenschaft erzählt;
offenbar hat er auch ein solches Thierchen lebend gehabt und lieb gewonnen, wie ich.
Tiger auf Java hörte, habe ich in der Zeitschrift »der zoologische Garten« Jahrgang
1861 S. 418 und 384 mitgetheilt. Das Erstechen des Tigers durch Lanzenträger
schildert als Augenzeuge unter Andern von Wollzogen, Briefe des Herrn von Wurmb
und des Herrn Baron von W. auf ihren Reisen nach Afrika und Ostindien in den
Jahren 1774—1792. Gotha 1794. 8vo. pag. 389.
Naturgeschichte VII. S. 1608; es ist dieses entscheidend dafür, dass der schwarze
[348]Anmerkungen zum ind. Archipel.
Panther nur eine Farbenspielart des gewöhnlichen, nicht eine eigene Art (Felis melas
Peron) ist, wie auch vom afrikanischen, sowie vom Jaguar und Kuguar schwarze
Individuen vorkommen, vergl. meine Bemerkungen im »zoologischen Garten« 1864
S. 279. Raffles, Transact. Linn. soc. XIII. 1821 pag. 250 führt allerdings rimau-
kumbang als spezielle Namen für den »schwarzen Tiger« an, aber er unterscheidet
in dieser Abhandlung überhaupt nicht den Panther vom Tiger und scheint daher
den malaiischen Namen des Panthers auf die schwarze Abart allein bezogen zu haben;
wenigstens deutet der oben angegebene Sinn des Wortes entschieden auf ein ge-
flecktes Thier.
Hinterindien seit Buffon in den zoologischen Büchern führt, taguan, stammt von
den philippinischen Inseln — allgemeine Historie der Reisen Bd. XI. S. 428, Pallas
miscellanea zool. pag. 55 — und ist höchst wahrscheinlich nur eine Variation von
caguang, wie Pater G. J. Camel den philippinischen Namen eines fliegenden Säuge-
thiers schreibt, das vielmehr Galeopithecus Philippinus sein dürfte, vgl. oben S. 194.
ist in Major Thorn’s history of the conquest of Java, London 1815, pag. 218, und
lautet: hares and rabbits are pretty common, and deer and antilopes also plentiful;
es ist hier im Allgemeinen von Java die Rede, aber doch wohl zunächst an die Um-
gegend von Batavia gedacht; von Kaninchen auf Java habe ich nie etwas gesehen
oder gehört. Doch sagt der alte Valentyn in seiner Beschreibung von Batavia, oud
en nieuw Oost Indie, Bd. IV. pag. 255 (1724—1726, neue Ausgabe durch Keyzer, 8vo.,
1858, Bd. III. S. 540), unmittelbar nach der Aufzählung der zahmen und einiger wilden
Vögel: »es gibt auch Kaninchen, doch nicht im Ueberfluss«; und bald darauf nennt
er eine ziemliche Anzahl wilder Säugethiere, aber nicht den Hasen. Was Thorn sich
unter seiner Antilope gedacht, ist zweifelhaft, vielleicht den Kidjang, Cervus (Prox)
muntjac, als dem Hirsche ähnliches, zarteres Thier. Eine Antilope kommt auf Java
nicht vor. In den Vocabularien der malaiischen Sprache werden wohl auch Namen
für Hasen oder Kaninchen genannt, kawelu und kelintji, klintji, ersteres kann aber
vielleicht auch ein ganz anderes Thier sein und das letztere ist nach Roorda v. Ey-
singa erst aus dem holländischen konyntje entstanden. Derselbe Lepus nigricellis
findet sich auch auf der Insel Réunion (Bourbon) nach Maillard, hier ohne Zweifel
eingeführt.
ein Faulthier, holländisch luyaard, von den Sunda-Inseln oder auch Ceylon genannt
wird, so ist damit immer der Faulaffe, Stenops, gemeint; ebenso unter dem Namen
Flusspferd, Hippopotamus, nicht das rein afrikanische Thier dieses Namens, sondern
der indische Tapir.
I. S. XII; dass Elephanten früher von chinesischen Kolonisten eingeführt worden
seien, klingt unwahrscheinlich, da der Elephant in China nirgends, unseres Wissens,
vorkommt und namentlich nirgends zahm gehalten wird, ausser etwa früher am kaiser-
lichen Hof zu Peking als Paradestück, auch nicht in andern chinesischen Kolonieen.
Wohl aber könnte man fragen, ob jenes Elfenbein etwa von fossilen Thieren, wie
das sibirische, stamme. Resident Schwaner, der längere Zeit auf der Ostküste Borneo’s
[349]Anmerkungen zum ind. Archipel.
und in steter Berührung mit den Eingeborenen gewesen und den ich 1863 deshalb
befragte, hat keinen Elephanten daselbst gesehen und kannte auch keinen einheimi-
schen Namen für das Thier. Aber in den dajak’schen Liedern, welche Missionar
Hardeland auf der Südostküste gesammelt, (Hardeland, Versuch einer Grammatik der
dajak’schen Sprache, Amsterdam 1858, 8vo.), kommt ein eigener Name, njawaloi,
vor, der mit Elephant übersetzt wird, doch fügt der Uebersetzer und Herausgeber
selbst hinzu, dass dieses Thier im südlichen Borneo gegenwärtig unbekannt sei. Auch
die älteren Nachrichten über das Vorkommen von Elephanten auf Mindanao und den
Solo-Inseln (Jesuit Gemelli Carreri) haben sich nicht bestätigt, wahrscheinlich be-
ruhen sie auch auf zeitweise von dortigen Fürsten zahm gehaltenen. Ueber das Rhino-
ceros von Borneo vergl. die neuesten Angaben von Wallace in Proc. zool. soc. 1874
pag. 498, wo auch eine gute Abbildung von Rh. Sondaicus, Tafel 78, wie im vorher-
gehenden Jahrgang, Tafel 67, eine von Rh. Sumatrensis mitgetheilt ist.
Batavia I. 1853 pag. 399 und II. 1854 pag. 379.
an, aber da es als merkwürdiges Thier von den Holländern, bei denen sich die Nei-
gung, fremde Thiere lebend zu erhalten, früh entwickelt hat, öfters nach ihren Haupt-
niederlassungen Amboina und Batavia gebracht wurde, so kamen diese als Vaterland
des Thiers in manche Bücher, so Amboina z. B. bei Zimmermann specimen zoologiae
geographicae pag. 552, Java bei Gmelin in der 13. Ausgabe von Linné’s Natursystem
S. 221, ja Ternate noch bei Bleeker reis door de Minahassa en den molukschen Ar-
chipel 1856 I. S. 190. Borneo bei Zimmermann l. c. dagegen ist wohl nur ein Miss-
verständniss für Buru, holländisch Boeroe oder Boero geschrieben. Schon Valentyn
erzählt Manches von seinem Leben im Freien; der Baum Waringin, dessen Blätter
er als seine Nahrung nennt, ist eine Ficusart.
von Celebes beschrieben, welche wohl nicht als eigene Arten von dem oben genannten
niger unterschieden sein dürften. Dieser schwarze Affe von Celebes ist übrigens
den afrikanischen Pavianen nicht besonders nahe verwandt, so wenig als der Babi-
rusa den afrikanischen Warzenschweinen, und daher der kühne Gedanke von A. Wallace,
wegen beider einen uralten Zusammenhang dieses Gebiets des Archipels mit Afrika
zu postuliren, nicht gerechtfertigt. Die Anoa findet ihre nächsten Verwandten, wenn
man sie als Rind betrachtet, auch in Asien, als Antilope dagegen allerdings in
Afrika an der Elenn-Antilope, A. oreas.
Celebes, Ternate, Batjan, Halmahera und Amboina vorkommend an; da sie aber,
früher vielleicht häufiger als jetzt, des Zibeths wegen auch von den Menschen lebend
gehalten wurde, so wird dadurch fraglich, ob sie der ursprünglichen Fauna dieser
Inseln angehört. Der alte Valentyn sagt von diesem Thiere in dem angeführten Werke
S. 270: »Die Zibethkatze findet sich auch auf Amboina, ist aber nicht von allen zugehöri-
gen Inseln bekannt; sie kommt hier allein, wie ich glaube, auf der Insel Buru ursprüng-
lich vor. Aber da dann und wann wohl einige auf Amboina aus ihren Behältern
entkommen sind, und sich dann hier fortgepflanzt haben, so werden dann und wann
auch hier einige gefangen.« Paradoxurus musanga wird neben den grossen Sunda-
[350]Anmerkungen zum ind. Archipel.
Inseln auch von Timor angegeben und soll im Leidner Museum auch von Amboina
vertreten sein, freilich vielleicht auch von anderswoher nach Amboina gebracht und
von dort eingesandt. Uebrigens wüsste ich das Thier Lauw, das Valentyn beschreibt
und abbildet, kaum anders zu deuten, obwohl die angebliche weisse Schwanzquaste
mir von keiner Art bekannt ist; er sagt übrigens nicht, es lebe auf Amboina, son-
dern man finde es zuweilen bei den Amboinesen. Was die Nagethiere der Molukken
betrifft, so führt zwar Bleeker, reis door de Minahassa etc. II. 1856, S. 61, Pteromys
elegans Sal. Müller unter den Säugethieren von Amboina auf, aber sonst keiner der
holländischen Naturforscher, namentlich nicht Sal. Müller, der die Vertheilung der
Säugethiere durch den indischen Archipel genau verfolgt hat. Bleeker’s Verzeichnisse in
dieser Reise sind nicht frei von irrthümlichen Bestimmungen (vergl. über einige Echi-
nodermen in dieser Beziehung meine Bemerkungen in Troschel’s Archiv für Natur-
geschichte Bd. XXXII. 1866 S. 187). Vielleicht hörte er von einem fliegenden
Beutelthier, Petaurus, erzählen und deutete es auf das javanische fliegende Eichhorn,
Pteromys elegans. Valentyn’s recht kenntliche Beschreibung des Petaurus ariel von
Halmahera findet sich in seinem Kapitel über die Thiere von Amboina, S. 270, nach
Schiffernachrichten aus dem Jahre 1677. Ueber das von ihm Tupe genannte Thier
vergl. Anmerkung 4. S. 347.
1858. 8vo.
soc. 1860), Rosenberg (Journal für Ornithologie 1862), Wallace (Proc. zool. soc. 1864)
und Bernstein (Nederl. Tydschrift voor Dierkunde II. 1865) eigene Aufsätze veröffent-
licht. Ich habe im Obigen bei der Bestimmung der Arten mich hauptsächlich an die
Monographie der Papageien von O. Finsch, Leiden 1867, zwei Bände 8vo., gehalten,
kann aber dessen allzu puristische Verdammung der Namen Cacatua, Lorius und
Loriculus nicht theilen; haben doch die Griechen und Römer selbst auch für fremde
Thiere Namen aus fremden Sprachen adoptirt, so z. B. elephas und camelus.
aller Arten und Fundorte, im Auszug von mir übersetzt im Journal für Ornithologie
1866. (Vgl. auch Schlegel Nederl. Tydschrift v. Dierkunde III. S. 192—213.)
1868—1871, unterscheidet Sharpe folgende Arten von Tanysiptera innerhalb unseres
Gebietes:
- T. Doris Wallace, Insel Morotai im Nordosten von Halmahera,
- — Emiliae, Insel Rau ebenda,
- — sabrina Gray, Insel Kajoa an der Westküste von Halmahera,
- — Acis Wall., Buru,
- — Margaretae, Heine, Halmahera und Batjan,
- — Nais Gray, Ceram und Amboina,
- — Riedeli Verr. Celebes, wahrscheinlich von Manado.
Ausserdem noch einige von Neuguinea und den anliegenden Inseln. Wenn es
auch wahrscheinlich ist, dass die beiden Hauptgruppen der Molukken, einerseits
Halmahera mit Batjan u. s. w., andererseits Ceram mit Amboina, einige Formen be-
sitzen, die man je nach Belieben als Lokalracen (Schlegel Nederl. Tydschr. voor
[351]Anmerkungen zum ind. Archipel.
Dierkunde III. 1866 S. 269 ff.) oder Arten bezeichnen kann, so erscheint es doch höchst
sonderbar, dass so kleine und den grössern so nahe liegende Eilande, wie Kajoa und Rau,
eigene Arten haben sollen, um so mehr als die angeblichen Artunterschiede sehr gering
sind. Die Art von Amboina dürfte wohl als Linné’s Alcedo dea zu betrachten sein.
wird, ist nicht malaiisch oder indisch, und ich wüsste keine sichere Etymologie des-
selben anzugeben, wenn es nicht etwa auf das griechische kitta gleich lateinisch pica
zurückzuführen ist. Linné nannte eine Art Corvus brachyurus und Buffon la brève,
von brevis, breve, wegen des kurzen Schwanzes, daher auch in deutschen Büchern
die Bezeichnung »Kurzschwanz«. Ueber die Arten vgl. Schlegel a. a. O. S. 188—190.
angegeben wird, ist arabischen Ursprungs und wahrscheinlich identisch mit dem des
Vogels Rok, der uns aus den arabischen Mährchen bekannt ist.
einen lebenden Kasuar, den ersten, der überhaupt beschrieben und abgebildet wurde
und der auch lebend nach Europa kam, als Geschenk vom König einer Stadt an der
Nordküste von Java, welche sie Cidayo nennen, das heutige Sidaju, westlich von Su-
rabaya und Grisse; man sagte ihnen, dass er auf der Insel Banda lebe und auch dieses
Exemplar von dort stamme. Dieses beweist, dass auch von einheimischen Fürsten
der Vogel öfters lebend gehalten wurde und auch als Geschenk von der einen Insel
zur andern geschickt wurde; man muss daher doppelt vorsichtig mit den Angaben
über sein Vaterland sein. Die Banda-Inseln sind aber so klein und wurden bald,
1621, von den Holländern so vollständig in Besitz genommen, dass ein solcher
Vogel ihrer Aufmerksamkeit nicht hätte entgehen können, und doch findet sich nir-
gends eine andere, spätere Angabe über sein Vorkommen auf Banda. Der Prediger
Valentyn, der jahrelang auf Amboina lebte und viel mit den Eingeborenen verkehrte,
gibt die detaillirteste und wie mir scheint zuverlässigste Angabe über sein Vaterland:
»er kommt vor auf der Insel Ceram und zwar meist auf dessen Südseite, von Eli-
paputeh bis Kellemuri. Man sagt. dass sie auch auf Buton (Insel an der Südostecke
von Celebes) und in den Aru-Inseln vorkommen, doch diese unterscheiden sich
einigermaassen von denselben, wie sich weiter unten ergeben wird.« Die spätere
Stelle, welche zweifelsohne gemeint ist, lautet: »Der Kasuar, der auf Aru vor-
kommt, ist beinahe wie der Ceram’sche; doch die Eier des Aru’schen Vogels sind bei
weitem nicht so schön, als die des Ceram’schen, indem sie viel längere und ver-
wirrtere Tüpfel haben.« Spätere Schriftsteller haben das Vaterland des Kasuars nach
sehr unzuverlässigen Angaben ungebührlich ausgedehnt, so heisst es in der Gmelin’schen
Ausgabe von Linné: habitat intra zonam torridam Asiae orientalis, und noch Oken
sagt: sein Vaterland ist das südliche Asien, die Molukken, Ceram, Banda, Java und
Sumatra, ja er fügt nachher noch »die Halbinsel jenseits des Ganges« hinzu. Von
einem Kasuar auf Buton hat man in neuerer Zeit nichts mehr gehört, die Insel ist
aber so wenig besucht und bekannt, dass dieses gegen Valentyn’s Angabe wenig ins
Gewicht fällt. Auf den Aru-Inseln fand Wallace eine Art des Kasuars, welche
Sclater als Casuarius bicarunculatus beschrieben hat; Rosenberg aber hält ihn für
identisch mit seiner neuen Art von Neuguinea, Casuarius Kaupi. Dass der Kasuar
auf seinen Eiern sitzt, also brütet, hat schon Valentyn gesehen; aber erst in neuester
[352]Anmerkungen zum ind. Archipel.
Zeit hat Rosenberg Näheres darüber berichtet, und zwar betreffs der Art von Sala-
watti, Casuarius Kaupi, siehe Natuurkundig Tydschrift voor Nederlandsch Indie 1863
oder Cabanis’ Journal für Ornithologie 1861.
schon erwähnten und den allgemein systematischen Werken namentlich noch folgende
Abhandlungen zu vergleichen:
- Sumatra: Raffles in den Transactions of the Linnean Society Bd. XIII. 1821,
manche Bestimmungen rectificirt von Fr. Moore, catalogue of birds of the
Museum of the Hon. East-India Company, vol. I., II. 1856—1858. - Borneo: Low, Sarawack, its inhabitants and productions 1848, 8vo. (60 Arten
von Vögeln genannt). Sclater in den Proceedings of the zoological society
of London 1863 pag. 206 nach der Sammlung von Mottley im Gebiet von
Banyermassin. - Java: Horsfield zoological researches in Java 1825, 4to., und in dem eben ge-
nannten Band der Trans. Linn. Soc., vergl. dazu ebenfalls den Catalog
von Moore. Bernstein in Cabanis’ Journal für Ornithologie 1859, 1860
und 1861, namentlich Lebensweise, Nester und Eier betreffend. - Celebes: Walden in den Transactions of the zoological Society of London, VIII. 2.
1872. 4to. - Xula-Inseln: Wallace Proc. zool. soc. 1862.
- Eigentliche Molukken: Gray Proc. zool. soc. 1860 nach der Sammlung von Wallace.
Bernstein im Journal für Ornithologie 1864. - Ceram: Wallace in der Zeitschrift Ibis 1861.
- Timor: Wallace Proc. zool. soc. 1861.
Sal. Müller für die Insel Djilolo (Halmahera) angegeben, aber diese Art ist sehr
wenig bekannt geworden (vergl. Strauch, Vertheilung der Schildkröten S. 34), auch
von den neueren Besuchern der genannten Insel, Wallace, Bernstein und mir, nicht
wieder aufgefunden, so dass wir erst weitere Aufklärung abwarten möchten, ehe wir
annehmen, dass die vorherrschend afrikanische, schon auf dem indischen Festland
spärlich werdende Gattung Testudo mit Ueberspringung der grossen Sunda-Inseln
plötzlich wieder auf den Molukken auftrete, um so mehr als sie auch in Neuguinea,
Neuholland, Polynesien und selbst auf den Philippinen fehlt.
bracht, doch ohne sichere Angabe, ob aus Amboina selbst oder Ceram, Gray catal.
shield. rept. pag. 67, 1855, Strauch, geogr. Verbreitung der Schildkröten, S. 128, später
Proc. zool. soc. 1864, von Gray zu einer eigenen Art, Aspilus (?) punctulatus, ge-
macht. Da wir von den holländischen Naturforschern, welche viel von Amboina,
aber verhältnissmässig wenig von Ceram beschrieben haben, nichts über sie erfahren,
auch Valentyn auf Amboina nur von Einer Schildkrötenart, Cistudo Amboinensis,
weiss, und die Insel überhaupt an Süsswasserthieren arm ist, so ist es weit wahr-
scheinlicher, dass jener Trionyx von Ceram, das Frau Ida Pfeiffer quer durchreist
hat, wenn überhaupt von den Molukken stammt. Es wäre dieses das südöst-
lichste Vorkommen der Gattung.
von den Molukken, auch Neuholland und den Sunda-Inseln angeführt, so noch bei
Dumeril und Bibron, neuere Angaben geben ihm aber mit weit mehr Wahrschein-
lichkeit Madagaskar zur Heimath, Gray catal. of lizards 1845 pag. 268.
landsch Indie IX. 1861.
Callophis, in den Monatsberichten der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin,
März 1869, mit 2 Tafeln.
lichopsis Cope 1867) einige Unterschiede von den neuholländischen.
schon erwähnten allgemeineren Werken zu vergleichen:
- Sumatra: Bleeker in Natuurkundig Tydschrift voor Nederlandsch Indie XVI. 1855,
XX. 1859, XXI. 1860 und Ludeking, natuur- en geneeskundig Topographie
van Agam. 1867. 8vo. - Banka: Giebel in der Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, 1866
(Schildkröten). - Bintang: Bleeker Nat. Tydschr. Nederl. Indie XVI. 1858 und XX. 1859.
- Borneo: Edeling in Nat. Tydschr. Ned. Ind. II. 1865; Günther in den Proceed.
of the zool. Soc. of London 1872, pag. 586—600; Peters in den Annali del
Museo Civico di storia naturale di Genova III. 1872 (von Beccari und Doria
gesammelt). - Bali: Bleeker Nat. Tydschr. Nederl. Indie XVI. 1858.
- Celebes: Bleeker ebenda XXII. 1860.
- Batjan: Bleeker ebenda XVI. 1858.
- Ceram: Bleeker ebenda XXII. 1860; Günther Proc. zool. soc. 1863.
- Amboina: Bleeker ebenda XXII. 1860.
- Timor: Bleeker ebenda XXII. 1860.
Neuere Arbeiten über die Schmetterlinge des Archipels sind:
- Zinken, in den Acta Academ. Caes. Carol. Leopold. Band XV. 1831 von Java.
- W. de Haan, Papilioniden in Temminck’s Verhandelingen (auch Raupen).
- Horsfield, Th., descriptive catalogue of the Lepidoptera contained in the Mu-
seum of the Hon. East-India Company. London 1828 und 1829. 4to. - — und Moore, catalogue of the Lepidoptera of the Museum of the Hon. East-
India Company I. 1857, 8vo., mit besonderer Rücksicht auf die Raupen. - Snellen v. Vollenhoven essai d’une faune entomologique de l’Archipel indo-
neerlandais. I. Papilioniden 1860, 55 Arten. II. Piérides. 1865. 67 Arten,
deren Namen auch in Nederl. Tydschr. voor de Dierkunde III. p. 53—61. - Wallace, Alfr., in Proceedings of the Linnean Society VI. 1862, VII. 1863,
Proc. of the entomological society 1864, Transactions of the Linnean
society XXV. 1865, 8 Tafeln, Transactions of the entomological society,
Ost-Asien. Zoologisch. I. 23
[354]Anmerkungen zum ind. Archipel.
third series IV. 1867 (Piérides). Ein Verzeichniss der von ihm gesam-
melten Tagschmetterlinge durch Hewitson im Journ. Linn. Soc. Zool.
VIII. pag. 143—149. - Druce, H., in den Proceedings of the zoological society 1873 mit 3 Tafeln.
(Schmetterlinge aus N. B. Borneo, von Lowe gesammelt.)
A. B. Meyer, 1870, S. 166—173 und der malayische Archipel, Bd. I., 1869,
S. 182—184.
- Haan in N. Ann. Mus. hist. nat. IV. 1836 (Lamellicornier und ihre Larven).
- Vollenhoven, Sn. v., in der holländischen Tydschrift voor Entomologie. Haag.
Bd. VII. 1863—1864, pag. 145—170, pl. 9—12 und series II., Bd. I. 1866. - Baly, Phytophaga Malayana, collected by Wallace. Part. I. London 1865. 8vo.
- Pascoe, F. P., Longicornia Malayana, collected by Wallace, Transact. entomol.
soc. Lond., third series vol. III. 1864—1869. - Wallace, Cetoniidae of the Malayan Archipelago. Ebenda vol. IV. 1868.
- Mohnicke, O., Cetoniiden im Archiv für Naturgeschichte 1871 (174 Arten).
Unter den Käfern, welche ich im Archipel sammelte (170 Arten), betrugen die
Lamellicornier 30, die Longicornier 12, Melasomen 9, Carabiden 8, Rüsselkäfer und
Chrysomeliden je 6 Procent; Staphyliniden keine.
Nederlandsch Indie 1855. Es wird angegeben, dass man diese Käfer mit verschie-
denen starkwirkenden Stoffen, wie Arsenik, Stramonium, Benzoë u. dgl. füttere und
sie dann über die Speisen, welche für die betreffende Person bestimmt sind, weg-
laufen lasse. Dr. Bensen’s Versuche haben ergeben, dass dieser Käfer von Arsenik
wie andere Thiere stirbt, Stramonium aber längere Zeit ertragen kann, doch sind
die in seine Exkremente übergehenden Quantitäten davon zu gering, um eine merk-
liche Einwirkung auf einen Menschen auszuüben.
Ueber die Hemipteren:
- Ellenrieder in Tydschrift der natuurkundige Vereeniging voor Nederland’s Indie.
XXIV. 1863 (von Sumatra). - Wallace ebenda XIX. 1859 (Cicaden von Sarawak) und Proc. zool. soc. 1862.
- Walker, catalogue of Homopterous Insects collected on the Indian Archipelago
by Wallace. Journ. Linn. Soc. X. 1869. - Snellen v. Vollenhoven, Faune entomologique de l’Archipel Indonéerlandais.
I. Scutellerides 1863, 4 Taf. III. Pentatomides 1868, 4 Taf.
- Ueber die von Wallace gesammelten Hymenopteren s. F. Smith in den Proc. of
the Linnean Soc. VI. 1862 bis IX. 1871.
- Doleschall, eerste, tweede und derde bydrag tot de kennis der diptero-
logische Fauna van Nederlandsch Indie, in Tydschrift natuurkundig
Vereeniging Nederl. Indie X. 1856, XI. 1857 und XII. 1858. - Van der Wulf in Tydschrift voor Entomologie, 2 series, Bd. III. 1867.
[355]Anmerkungen zum ind. Archipel.
- Vergl. auch Wallace in den Proc. Linn. Soc. 1856 (von Sarawak und Singapore),
Proc. zool. soc. 1862, und dessen Ausbeute F. Walker bearbeitet im Journ.
of the Proc. Linn. Soc. I. 1856 und IX. 1866.
Acta societ. Indo Neerl. 1857 (von Java und Amboina), sowie Tydschrift natuurk.
Vereenig. Nederl. Indie Jahrgang XII. 1856 und XIII. 1857, pag. 399—434.
schaften in Berlin 1864, S. 529—551, wo mehrere von mir mitgebrachte neue Arten
von Polydesmus beschrieben sind.
berichten der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin, Mai 1864, S. 9,
mit Vorzeigung von nach den frischen Exemplaren verfertigten Farbenskizzen und in
Troschel’s Archiv für Naturgeschichte Bd. XXXIV., 1868, S. 8—17, mitgetheilt.
Die im Text besprochenen Fische sind hauptsächlich nach Bleeker’s ichthyologischem
Atlas bestimmt, aber die Benennungen nach Dr. Günther’s Fischkatalog angenommen.
von der früher bekannten vorderindischen Art Ambassis bogoda C. V. = Bogoda nama
Blkr. unter Anderm durch die zwar sehr kleinen, aber doch deutlich sichtbaren Schuppen
(squamae minutissimae, conspicuae, 70 in der Seitenlinie), unterscheiden. Wenn wir
nach Günther’s Vorgang nun Bogoda wieder mit Ambassis vereinigen, so können wir
vernünftigerweise der Art nicht den Namen macrolepis, grossschuppig, lassen, da ihre
Schuppen weit kleiner als die der andern Ambassisarten sind, und ich habe ihn
daher in Troschel’s Archiv 1868 in microlepis, kleinschuppig, umgeändert.
ferner 2 Pisoodonophis (verwandt mit Ophisurus), 1 Sphagebranchus, 2 Muraenen
(Gymnothorax), die letzteren alle nur aus den grossen Inseln.
1850, pag. 1281—1284, unter dem Namen Alausa toli.
Bd. II., 1858, S. 105, »gaan de rivieren op, zoo ver als zich de vloed nitstrekt.«
Cantor in der eben angeführten Arbeit über die Fische der malaiischen Halbinsel,
S. 1008 u. ff., gibt nur das Meer und Brackwasser (estuaries) als Wohnplatz der
Polynemusarten an, dagegen Bleeker Act. soc. Indo-Neerland. Bd. VI., 1859, S. 39
—41, für P. Borneensis und dubius »in mari et in fluviis«, für multifilis allein »in
fluviis«, für plebejus und hexadactylus »in mari et in ostiis fluviorum«, für hexane-
mus und indicus »in mari et aquis fluvio-marinis«; gerade die drei erstgenannten
sind solche, welche er aus Borneo kannte. Meine Beobachtungen bestätigen das
Vorkommen des P. multifilis in den Flüssen in weiter Entfernung vom Meere.
der Wissenschaften 1868, S. 459, nach den von mir mitgebrachten Exemplaren.
die Listen von Bleeker in Natuurkundig Tydschrift voor Nederlands Indie Bd. XVI.,
1858, S. 210, 263, 273, 338 und 385, nach Sendungen von E. A. Lange und van Ophuy-
sen. Nach den umfassenden Zusammenstellungen desselben im Atlas ichthyologique,
kennt man aus der Familie der Cyprinoiden überhaupt 109 Arten von den drei
grossen Sunda-Inseln und davon
- von allen drei grossen Sunda-Inseln .......... 13 (15)
- von Borneo und Sumatra, aber nicht von Java, ...... 22 (27)
- von Sumatra und Java, aber nicht von Borneo, ...... 14 (12)
- von Borneo und Java, aber nicht von Sumatra, ...... 0 (1)
- allein von Borneo ................. 14 (13)
- allein von Sumatra ................. 18 (14)
- allein von Java .................. 28 (27)
- 109 (109)
und somit
- überhaupt aus Borneo ................ 51 (58)
- überhaupt aus Sumatra ............... 67 (68)
- überhaupt aus Java ................. 59
Aus der Familie der Siluroiden 90 Arten überhaupt, von den drei grossen Sunda-
Inseln davon
- von allen drei grossen Sunda-Inseln .......... 16 (19)
- von Borneo und Sumatra, aber nicht von Java, ...... 17 (18)
- von Java und Sumatra, aber nicht von Borneo, ...... 14 (12)
- von Java und Borneo, aber nicht von Sumatra, ...... 2 (2)
- allein von Borneo ................. 7 (7)
- allein von Sumatra ................. 14 (13)
- allein von Java .................. 20 (19)
- 90 (90)
- überhaupt aus Borneo ................ 48 (52)
- überhaupt aus Sumatra ............... 69 (70)
- überhaupt aus Java ................. 56
Die eingeklammerten Zahlen geben die kleinen Umänderungen an, welche diese
Zahlen durch Hinzurechnen meiner Sammlungen erleiden, die hauptsächlich auf
Borneo gemacht sind. Immer ist aber Borneo noch die am wenigsten, Java die am
meisten durchforschte Insel und dürften daher bei näherer Kenntniss die Zahlen
für Borneo noch zunehmen, die der Java ausschliesslich eigenthümlichen abnehmen,
wahrscheinlich auch die für Sumatra und Borneo gemeinsamen zunehmen und die
wenigen für Java und Borneo gemeinsamen, aber Sumatra fremden, ganz schwinden.
en troupes comme nos épinoches à l’embouchure des rivières de la terre des Papous
et des Moluques, Voyage de Duperrey, zoologie II., pag. 77; ich traf sie bei Ma-
kassar am offenen Meeresstrande unter Steinen.
sechserlei Fische an, leider nur mit einheimischen Namen: cabo, gete-geto, sayo,
[357]Anmerkungen zum ind. Archipel.
lumulontik, komo und grosse Aale, siehe Logans Journal of the Indian Archipelago
II. 1848 pag. 825; Bleeker als Süsswasserfische der Minahassa überhaupt, also wohl
vorzugsweise des Sees von Tondano die Gattungen Dules, Anabas, Ophicephalus,
Cestreus (neben Mugil), Sicydium, Platyptera (beides Gobioiden) und Anguilla, und
betont ausdrücklich »die gänzliche Abwesenheit der Karpfen und Welse, an denen
das angrenzende Borneo so reich ist«, Bl. reis door de Minahassa 1856, I. pag. 22.
Von Ternate sagt er, dass daselbst von ächten Flussfischen keine Rede sein könne;
von Batjan, dass die karpfenartigen Fische ebenfalls fehlen und in den süssen Ge-
wässern durch Arten der Gattungen Ambassis, Dules, Mesoprion und Eleotris er-
setzt werden, worunter nur Dules als eigentlicher Süsswasserfisch zu nennen sei;
endlich von der Insel Buru, dass an den Flussmündungen bei Kajeli Arten von Am-
bassis, Mugil, Petroscirtes, Eleotris und Periophthalmus leben, aber als eigentlicher
Süsswasserfisch auf dieser Insel nur Anguilla Elphinstoni betrachtet werden könne;
es sei dieses wahrscheinlich auch der Aal, der im Binnensee von Wakoholo leben
soll, Bleeker a. a. O. Bd. I. S. 191 und 249, Bd. II. S. 37. Später hat er noch
einen eigenen Süsswasseraal von Halmahera beschrieben. Auch ich konnte auf den
Molukken und ebenso auf Timor trotz oftmaliger Nachfragen weder Siluroiden noch
Cyprinoiden erhalten, und ich muss es daher für sehr unwahrscheinlich halten, dass
ein Cyprinoid, Barbus maculatus K. H., von Frau Ida Pfeiffer auf Amboina gefunden
worden sein soll, wie Günther cat. fish. VII., pag. 123, angibt. Diese Art ist häufig
um Singapore und wurde wohl dort von der bekannten Reisenden mitgenommen.
Wassers Clarias batrachus, alle drei auch sonst auf den Sunda-Inseln zu Hause,
sind die einzigen ihrer Familie, welche Bleeker von Bali erhielt. Auf den Philippinen
sollen noch zwei eigene Arten von Cyprinoiden, Dangila cyanopareia und Philippina
sowie ein Süsswasserwels, Arius venosus, vorkommen; von Neuguinea kennt Bleeker
nur einen weit verbreiteten Brackwasserwels, Hexanemichthys, abgesehen von der
für dort sehr zweifelhaften Chaca lophioides.
ursprünglich aus Amboina angegeben: Coregenoides amboinensis = Tetragonopterus
argenteus Artedi, nach einer Angabe des an falschen Fundortsangaben reichen Seba,
thesaur. III. 34, 3. Diese Angabe hat sich aber nicht bestätigt, obwohl noch Lesson,
voyage de Duperrey zool. II. pag. 77, sie wiederholt hat, und es ist wohl keine Frage
mehr, dass es ein südamerikanischer Fisch ist: T. chalceus Ag., vergl. Müller und
Troschel, Archiv für Naturgeschichte 1844 pag. 88 und Günther, catal. fish. V. pag. 320.
Der von Lesson ebenda neben den Süsswasserfischen genannte Elops sabre von
Commerson ist Chirocentrus dorab, ein Meerfisch.
S. 17—61. Taf. 1. Fig. 3—6.
Pfeiffer’s Malakozoologischen Blättern 1867 S. 10—17.
erwähnten Plumatellen von Luzon befinden sich im zoologischen Museum zu
Berlin.
S. 61, Taf. I., Fig. 1, und Ehrenberg in den Abhandlungen der Königl. Akademie
der Wissenschaften in Berlin. 1869. S. 38 ff. Taf. II. Fig. 17—30.
Süss- und Brackwasser-Mollusken auf den einzelnen Inselgruppen, siehe in
meinem noch unterwegs geschriebenen Aufsatze ȟber Land- und Strandschnecken
der Molukken« in Pfeiffer’s malakologischen Blättern. 1863. S. 79, 125—131 und
175—177.
bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin, Juni 1869, S. 22 (Neri-
todryas), sowie A. Adams in Zoology of the voyage of H. M. S. Samarang, Mol-
lusca 1848, introduction pag. V und Lesson, voyage de la Coquille, zoologie Bd. II.,
1830, pag. 373, wo die Art passend N. amphibia genannt wird.
getrennt, Annales du Muséum d’hist. nat. Bd. XV., S. 367, hauptsächlich wegen des
Vorkommens im Brackwasser. Später ergab sich für die Mehrzahl dieser Brack-
wasser-Cerithien noch ein objektiver Unterschied in den zahlreichen Windungen und der
kreisrunden Form des Deckels gegenüber den ächten meerbewohnenden Arten (Wood-
ward manual of the mollusca 1851 pag. 128) und sie wurden sogar nach Schalen-
unterschieden noch in mehrere Gattungen, welche wir eher Gruppen nennen möchten,
zerspalten (Gray guide of syst. distrib. of Mollusca 1857 pag. 106, A. et H. Adams
genera of mollusca I. pag. 286). Meinen Beobachtungen zufolge sind allerdings die
Cerithien mit kreisrundem vielgewundenem Deckel vorherrschend Brackwasser-
bewohner: C. sulcatum Brug. (Rumph’s strombus mangiorum) lebt an und auf den
Manglebüschen in Gesellschaft von Neritina communis und Cassidula-Arten, C. de-
collatum L. sp. ebenso oder auf Steinen, C. palustre in Schlammgräben mit den
grossen Auriculen zusammen, aber sie gehen alle etwas weiter gegen das Meer vor
als Neritina und Auricula und treffen, da wo der Einfluss des süssen Wassers ganz
aufgehört hat und der von der Ebbe entblösste Schlammgrund mit Steinen sich
mischt, sowohl mit eigentlichen Cerithien mit ovalem Deckel, als mit einigen andern
marinen Gattungen: Ricinula, Planaxis u. a. zusammen, doch so, dass in demselben
Grad die einen seltener, die andern häufiger werden. Aehnlich ist es mit den euro-
päischen Arten: man hat Cerithium mammillatum Risso zu Potamides gebracht, aber
C. lima und vulgatum Brug. des Deckels wegen bei den eigentlichen Cerithien lassen
müssen; mammillatum ist auch von allen dreien am entschiedensten Brackwasserthier,
es scheint in den Lagunen Sardiniens häufig zu sein, von wo es Villa, welcher selbst
in Sardinien gewesen, es sogar in seine Sammlung extramariner Conchylien als Pirena
nigra aufnahm (dispos. syst. conchyl. terr. et fluv. 1841 pag. 37) und nach Philippi
ist es »frequens in lacunis et salinis Messinae, Augustae (Agosta in Sicilien) et Ta-
renti«. Die beiden andern sind häufig in den venetianischen Lagunen mit Trochus
Biasoletti und Adriaticus Phil., aber auch sonst an den Küsten des Mittelmeers ge-
mein, ohne an Brackwasser gebunden zu sein.
vorhin angeführten Zoology of the voyage of H. M. S. Samarang, Crustacea, 1848.
introduction pag. IV—VI interessante Mittheilungen.
bewahrt werden, von der Nordküste Australiens, speziell Port Essington, stammen,
Gray catalogue of the Mammalia of the British Museum, Seals 1850 pag. 44. Der
sonstigen rein ausser-tropischen Verbreitung der ganzen Gattung und Familie gegen-
über erscheint diese Angabe wenig glaublich und um so weniger als ebenda wieder-
holt noch Houtman’s Abrolhos an der Westküste des südlichen ausser-tropischen
Theils von Australien, 28° Südbreite, als Fundort genannt wird; von da mochten
die abgezogenen Häute wohl nach Port Essington als Handelsartikel gekom-
men sein. Ein Finwal (Sibbaldius Schlegelii Flower) von 45′ Länge strandete im
April 1863 an der Nordküste Java’s bei Pekalongan. Nat. Tydschr. Nederl. Ind. XXVI.
p. 423 und 445. Vgl. Proc. Zool. Soc. Lond. 1864 p. 400.
Larus Fritzei Bruch und dominicanus Licht, beide unserer grossen Mantelmöve sehr
ähnlich, citrirostris Schimp. und Gabianus Pacificus Lath. als ständige Bewohner,
die europäischen L. marinus, argentatus und canus als zeitweise Gäste. Cabanis’
Journal für Ornithologie 1866.
kleinere Art mit gelbem Kehlsack, Tachypetes minor oder ariel, aber auch die
grössere mit rothem Kehlsack kommt dort vor, denn Valentyn erwähnt ausdrücklich
diese Färbung und ich selbst habe den auf Batjan gesehenen unbedenklich für T.
aquilus genommen.
Proc. zool. soc. 1865 S. 327.
wegen von vielen älteren Autoren nachgebildet, so Ruysch theatr. anat. I. 3, 1,
Valentyn Fig. 213, Renard Fig. 41 und 215 und Nieuhoff II. S. 268 Fig. 4. Bennet
protestirt zuerst gegen seine Flugfähigkeit. Ebenso unrichtig ist, dass er in süssem
Wasser lebe, wie Linné, Cuvier (1817) und noch Oken 1836 angaben.
Nachrichten zusammengestellt und beurtheilt sind.
in Duperrey’s voyage autour du monde, zoologie Bd. II. Theil 1. S. 164, wo ein Fall
von Vergiftung durch denselben Fisch (Thynnus vagans Lesson = pelamys L.) er-
zählt wird, und Cantor Journ. As. Soc. vol. XVIII. 1850 pag. 1277.
eigentlicher Rochen, Raja asterias aus dem Archipel der Molukken an, aber nur nach
andern Schriftstellern, nicht aus eigener Erfahrung, wie die Cursivschrift der Orts-
angabe beweist; es ist nicht wohl anzunehmen, dass ihm bei seinen langjährigen ich-
thyologischen Forschungen im Indischen Gebiet diese Gattung entgangen wäre,
wenn sie sich wirklich dort vorfinden würde, zumal da die Arten anderswo, wo sie
vorkommen, häufig sind, oberflächlich leben und auch dem gemeinen Mann bekannt
sind. Auch ich habe keine Raja im indischen Archipel zu Gesicht bekommen.
Bd. XI. 1864, Literatur S. 7—11 und in v. d. Decken’s Reisen in Ostafrika, dritter
Band, 1869, S. 61—66.
138). Auf dem Markte in Amboina fand ich wiederholt Psammotea violacea Lam.
feilgeboten.
der Alcyonarien I. S. 202—205.
Ueber das Nesseln der Plumularien vergl. oben bei Singapore, Anmerkung 5,
S. 242 und 243. Die von mir gesammelten Arten dieser Gattung sind beschrieben
von Dr. Kirchenpauer in seiner Abhandlung über die Plumularidae, Abhandlungen
des naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg III. 1872.
Orten des indischen Archipels gesammelten Sargassen beim Einlegen derselben ge-
funden; man trifft sie aber auch ausgewaschen im Sande.
rallenarten des indischen Archipels und verschiedene Schwämme desselben nach da-
maliger Weise beschrieben und abgebildet sind.
zu Carlsruhe 1858. Meines Wissens ist nichts Näheres darüber bekannt geworden.
Auch das Bruchstück eines Doldenpolypen, Crinillum Siedenburgi v. d. Hoeven,
verwandt mit den grossen Umbellularien des Nordens, ist von Lieutenant Siedenburg
in dem Bankasee aus einer Tiefe von 2700 Faden im Jahre 1858 aufgefischt worden.
Siehe in den Verslagen en Mededelingen der königl. Akademie der Wetenschapen
1861 S. 286, mit Abbildung, und Kölliker Alcyonarien I. S. 380.
Ferner besitzt das Leidner Museum auch eigenthümliche Glasschwämme, welche
bei Ceram aus grosser Tiefe heraufgebracht wurden: Hyalothauma Herklots und
Marshall Archives néerlandaises des seiences exactes III. 1868, übereinstimmend mit
der von Semper bei den Philippinen gefundenen Semperella Gray (Hyalonema Schultzei
Semper).
Naturgeschichte Bd. XXXI. 1865 S. 345—360 ausführlicher behandelt. Bd. XXXII.
1866 S. 57—88 und 133—189, Bd. XXXIII. 1867 S. 106—119.
lebensvolle Schilderung der Korallenriffe und ihres Thierlebens hat Dr. Klunzinger
in den Verhandlungen der kaiserl. königl. zoologisch-botanischen Gesellschaft 1870,
S. 389—394, und in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin Bd. VII.
1872, S. 20—56, gegeben. Sie betrifft allerdings zunächst das Rothe Meer, aber
bei der grossen Uebereinstimmung der Thierwelt passt sie auch in den meisten Einzel-
heiten auf die Korallenriffe des indischen Archipels.
Taf. 17.
Owen memoir on the pearly Nautilus. London 1832. 4to.
Valenciennes nouvelles recherches sur le Nautile flambé. Paris 1839. 4to.
[361]Anmerkungen zum ind. Archipel.
Van der Hoeven bijdragen tot de ontleedkundige kennis aangaande Nautilus
pompilius. Amsterdam 1856. 4to.
Keferstein in den Nachrichten von der königl. Gesellschaft der Wissenschaften
in Göttingen 1865, S. 353—375, und in seiner Bearbeitung der Weichthiere für
Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. III. Theil 2. 1866.
Harting bijdrage tot de kennis der mikroskopische Fauna en Flora van de Banda-
Zee. Amsterdam 1863. 4to.
und Spengler in der Zeitschrift »Naturforscher«, Bd. X., 1777, S. 38, Taf. I. und
Bd. XIII., 1779, S. 53, Taf. I. II. Diese Abbildungen sind in viele naturgeschicht-
liche Sammelwerke übergegangen.
- Holder of rights
- Kolimo+
- Citation Suggestion for this Object
- TextGrid Repository (2025). Collection 3. Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bpx1.0