DER
VERGLEICHENDEN GRAMMATIK
DER
INDOGERMANISCHEN SPRACHEN.
HERMANN BÖHLAU
1861.
[]
EINER
LAUTLERE
SKRIT), ALTERANISCHEN (ALTBAKTRISCHEN), ALTGRIECHISCHEN,
ALTITALISCHEN (LATEINISCHEN, UMBRISCHEN, OSKISCHEN), ALT-
KELTISCHEN (ALTIRISCHEN), ALTSLAWISCHEN (ALTBULGARISCHEN),
LITAUISCHEN UND ALTDEUTSCHEN (GOTISCHEN).
HERMANN BÖHLAU
1861.
[]
Verfaßer und verleger behalten sich das recht der übersetzung in
fremde sprachen vor.
[[I]]
Vorrede.
Das vor ligende buch soll ein leitfaden für vorlesungen und
zum selbstunterrichte sein. Der mangel eines solchen werkes
ward bisher algemein empfunden. Der stand der indogerma-
nischen sprachwißenschaft ist aber ein solcher geworden, daß
ein compendium der vergleichenden grammatik der indoger-
manischen sprachen geschriben werden kann. Nach abschei-
dung des noch zweifelhaften bleibt ein reicher, die verschide-
nen seiten, welche die sprache der wißenschaftlichen betrach-
tung beut, umfaßender vorrat von erkentnissen, welche nach
unserem ermeßen für alle zeiten sicher stehen. Dise nach
unserem dafürhalten sicheren ergebnisse der sprachforschung
auf indogermanischem gebiete in sachgemäßer übersichtlichkeit
kurz und doch in algemein verständlicher weise zusammen zu
stellen, ist vor allem die aufgabe eines compendium der ver-
gleichenden grammatik der indogermanischen sprachen. Wo
es aber unvermeidlich ist, noch dunkles und zweifelhaftes zu
*
[II]Vorrede.
erwähnen, muß dises eben als solches außdrüklich bezeichnet
werden.
Einen solchen leitfaden für das erste studium des indoger-
manischen sprachbaues zu verfaßen, ist keine leichte aufgabe.
Ob dem verfaßer des vor ligenden werkes eine auch nur vor
der hand genügende lösung der selben gelungen sei, mögen
andre untersuchen, die ich nicht außer acht zu laßen bitte,
daß dises buch ein erster versuch in der bezeichneten rich-
tung ist.
Daß ích gerade mich der schwirigen arbeit unterfangen
habe, mag die folgende darlegung der entstehung meines bu-
ches wenigstens einigermaßen rechtfertigen.
Seit fünfzehn jaren bin ich akademischer lerer und habe
von anfang an über indogermanische grammatik gelesen; teils
trug ich grammatik einzelner indogermanischer sprachen vom
standpuncte der sprachwißenschaft auß vor, teils grammatik
der sämtlichen sprachen, die den sprachstamm bilden, so ge-
nante vergleichende grammatik. Wenn ich nach der anzal der
zuhörer, welche auch dise lezteren vorträge fanden, und nach
dem auß dauernden fleiße, mit welchem sie gehört wurden,
schließen darf, so müßen sie wol den gegenstand in einer
dem anfänger zugänglichen weise dar gelegt haben. Mein heft
arbeitete ich merere male um. Namentlich war es mir eine
ware freude, für meine hiesigen zuhörer und schüler zu arbei-
ten; irer an regenden teilname verdanke ich die lust und liebe,
mit der ich mich einer völligen umgestaltung meines in zwei
halbjaren vor getragenen heftes über vergleichende grammatik
der indogermanischen sprachen unterzog.
[III]Vorrede.
Bei disen vorlesungen über indogermanische grammatik
empfand ich den mangel eines gedrukten leitfadens, der vor
allem die notwendigen beispile und paradigmen zu bieten hat,
auf das lebhafteste. Dictieren und fort wärendes anschreiben
an die tafel ist für die zuhörer und für den vor tragenden
lästig. So kam mir zuerst der gedanke, mein heft als manu-
script für meine zuhörer vervilfältigen zu laßen. Hierauß ent-
wickelte sich almählich das nun ins werk gesezte vorhaben,
ein compendium für anfänger überhaupt ins werk zu setzen.
Diß buch ist also mein heft in einer abermaligen überarbei-
tung und von disem gesichtspuncte auß bitte ich es zu be-
trachten und zu beurteilen.
Es versteht sich, daß ich mich beim vortrage nicht auf
das im hefte stehende beschränke; das hier gedrukte ist nur
das, was ich in die feder zu dictieren pflege. Außfürungen
zu einzelnen punkten und beiläufige excurse habe ich mir nie
versagt. Wer nach disem compendium list, wird es wol eben
so halten. Daß von einem kurzen abriße alle polemik gegen
ab weichende ansichten ferne gehalten werden muste, gebot
schon das streben nach möglichst geringem umfange des bu-
ches. Überhaupt suche ich so vil als tunlich die dinge so dar
zu legen, daß sie ire rechtfertigung in sich selbst tragen. Der
stoff ist überdiß so massenhaft, daß auch beim vortrage schwer-
lich zeit zu polemischen außeinandersetzungen gewonnen wer-
den kann.
Leider geboten mir die verhältnisse die schließliche zu-
rüstung des heftes zu einem gedrukten compendium in kurzer
frist zu beenden. Doch hoffe ich auch so ein brauchbares buch
geschriben zu haben.
[IV]Vorrede.
Anlage und außfürung meines werkes mögen selbst für
sich sprechen; dise dinge hier rechtfertigend zu erörtern
würde zu weit füren und den umfang des vorwortes alzu ser
auß denen.
Dem geerten hern verleger und drucker für die trefliche
außstattung des buches und für die sorgsame leitung des
druckes auch öffentlich dank zu sagen, halte ich für meine
pflicht.
Jena, im september 1861.
August Schleicher.
[[1]]
Einleitung*).
I. Die sprachwißenschaft oder glottik ist
1. grammatik, d. h. wißenschaftliche erfaßung und dar-
stellung der laute, der form, der function des wortes und
seiner teile und des sazbaues. Die grammatik besteht also
auß lautlere oder phonologie, formenlere oder mor-
phologie, functionslere oder lere von der bedeutung
und beziehung und syntax. Die grammatik kann die spra-
che überhaupt oder eine bestimte sprache oder sprachgruppe
zum gegenstande haben: algemeine grammatik, specielle
grammatik; sie wird in den meisten fällen die sprache dar
stellen müßen als etwas gewordenes, also das leben der spra-
che in seinen gesetzen zu erforschen und dar zu legen haben.
Tut sie diß außschließlich, hat sie also die darlegung des sprach-
lebens zu irem gegenstande, so nent man sie historische gram-
matik oder sprachengeschichte, richtiger bezeichnen wir sie als
lere vom leben**)der sprache (vom leben der laute, der
form, der function, des satzes), die widerum eben so wol eine
algemeine als eine mer oder minder specielle sein kann.
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 1
[2]Sprachclassen.
Die grammatik der indogermanischen sprachen ist also eine
specielle grammatik; da sie ferner dise sprachen als gewordene
betrachtet und auß iren älteren und ältesten zuständen erklärt,
so ist sie genauer als specielle historische grammatik der indo-
germanischen sprachen zu bezeichnen.
- Anm. 1. Es ist üblich die nicht bloß beschreibende, sondern die
sprachformen so vil als möglich erklärende grammatik, da sie in
der regel sich nicht auf betrachtung einer einzelnen sprache be-
schränken kann, vergleichende grammatik zu nennen. - Anm. 2. Das folgende werk umfaßt nur zwei seiten, welche die
sprache der wißenschaftlichen betrachtung bietet, die laute und
die formen. Die function und den sazbau des indogermanischen
sind wir zur zeit noch außer stande in der art wißenschaftlich
zu behandeln, wie wir es bei den mer äußerlichen und leichter
erfaßbaren seiten der sprache, bei den lauten und formen ver-
mögen.
2. descriptive glottik oder sprachbeschreibung.
Aufgabe derselben ist die ermittelung und beschreibung der
sprachlichen sippen oder sprachstämme, d. h. der von einer
ursprache ab stammenden sprachen und die anordnung dersel-
ben nach einem natürlichen systeme.
Eine algemeine ursprache für alle sprachen an zu nemen
ist unmöglich, es gab vilmer eine noch nicht ermittelte große
anzal von ursprachen.
Die sprachen kann man vor der hand am leichtesten nach
irer morphologischen beschaffenheit anordnen. Es gibt 1. spra-
chen, die nur auß ungegliderten unveränderlichen bedeutungs-
lauten bestehen, isolierende sprachen (z. b. das Chinesi-
sche); wir bezeichnen*) einen solchen unveränderlichen bedeu-
tungslaut mit W; auf diser stufe würde das indogermanische
stehen, wenn z. b. das wort ai-mi (griech. εἶμι) nicht so, son-
dern i oder i ma (formel W oder W + w) lautete; ferner 2.
sprachen, die zu disen unveränderlichen bedeutungslauten vorn,
in der mitte, am ende oder an mereren stellen zugleich bezie-
[3]Sprachclassen. Vom leben der sprache.
hungslaute — von uns bezeichnet mit s (suffix) p (praefix) i (infix)
— fügen können: zusammen fügende sprachen (z. b. die
finnischen, tatarischen, dekhanischen und die meisten sprachen
überhaupt); auf diser stufe der entwickelung würde das wort
ai-mi i-ma oder i-mi (Ws) lauten; 3. sprachen, die die wurzel
selbst zum zwecke des beziehungsaußdruckes regelmäßig verän-
dern können und dabei die mittel der zusammenfügung bei be-
halten: flectierende sprachen. Eine solche zum zwecke des
beziehungsaußdruckes regelmäßig veränderliche wurzel bezeich-
nen wir mit Wx (W1, W2 u. s. f.). Bis jezt sind uns zwei sprach-
stämme diser classe bekant, der semitische und der indogerma-
nische. Lezterer hat für alle worte nur eine form, nämlich
Wxs (s bedeutet ein suffix oder merere dergleichen), also re-
gelmäßig veränderliche wurzel mit beziehungsausdrücken am
ende derselben (suffixen) z. b. ai-mi griech. εἶ-μι von wurzel i.
- Anm. 1. Das semitische, dem indogermanischen nicht verwant, hat
merere formen des wortes, das indogermanische nur eine einzige;
außerdem ist der vocalismus desselben von dem des indogerma-
nischen völlig verschiden, anderer tief greifender gegensätze zu
geschweigen. Vgl. Aug. Schleicher, semitisch u. indogermanisch
in Beitr. II, pg. 236 — 244. - Anm. 2. Das augment im indogermanischen ist kein beziehungs-
zusatz, sondern ein an geschmolzenes ursprünglich selbständiges
wort, das bekantlich auch felen kann.
II. Das leben der sprache, gewönlich geschichte der
sprache genant, zerfält in zwei hauptabschnitte:
1. entwickelung der sprache, vorhistorische pe-
riode. Alle höheren sprachformen sind auß einfacheren her-
vor gegangen, die zusammen fügende sprachform auß der iso-
lierenden, die flectierende auß der zusammen fügenden.
2. verfall der sprache in laut und form, wobei zu-
gleich in function und sazbau bedeutende veränderungen statt
finden, historische periode.
Durch verschidene entwickelung auf verschidenen punkten
des gebietes einer und derselben sprache spaltet sich im ver-
laufe der zweiten periode, deren anfang aber ebenfals vor die
historische überliferung fält, eine und dieselbe sprache in me-
1*
[4]Sprachsippen. Vom indogerman. sprachstamme.
rere sprachen (mundarten, dialecte)*); diser process der dif-
ferenzierung kann sich merfach widerholen.
Alles diß trat im leben der sprache almählich im verlaufe
langer zeiträume ein, wie denn überhaupt alle im leben der
sprache statt findenden veränderungen almählich sich entwickeln.
Die zunächst auß der ursprache entstandenen sprachen
nennen wir grundsprachen, fast jede von inen differenzierte
sich zu sprachen; jede diser sprachen kann ferner in mund-
arten, dise in untermundarten gespalten sein.
Alle von einer ursprache her stammenden sprachen bilden
zusammen eine sprachsippe oder einen sprachstamm, den
man wider in sprachfamilien oder sprachäste teilt.
III. Indogermanische sprachen nent man eine be-
stimte reihe von sprachen des asiatisch-europäischen erdteiles
von so übereinstimmender und von allen andern sprachen ver-
schidener beschaffenheit, daß sie sich deutlich als auß einer
gemeinsamen ursprache entstanden erweist.
Innerhalb diser indogermanischen sprachsippe zei-
gen sich aber gewisse geographisch benachbarte sprachen als
näher verwant; so zerfält die indogermanische sprachsippe in
drei gruppen oder abteilungen. Dise sind:
1. die asiatische oder arische abteilung, bestehend auß
der indischen und iranischen oder wol richtiger eranischen
sprachfamilie, welche unter sich ser nahe verwant sind. Älte-
ster repräsentant und grundsprache der indischen familie und
älteste bekante indogermanische sprache überhaupt ist das alt-
indische, die sprache der ältesten teile des veda; später, in
vereinfachter form und nach gewissen regeln als correcte schrift-
sprache den volksdialecten gegenüber fest gesezt, sanskrit
genant. Das eranische kennen wir nicht in seiner grundsprache;
die ältesten uns erhaltenen eranischen sprachen sind das alt-
baktrische oder zend**) (osteranisch) und das altpersische,
[5]Vom indogerman. sprachstamme.
die sprache der achämenidischen keilinschriften (westeranisch).
Zu diser familie gehört ferner das armenische, welches wir
erst auß späterer zeit kennen und-das sich frühe schon von der
eranischen grundsprache ab gesezt haben muß.
2. die südwestliche europäische abteilung, beste-
hend auß griechisch, dem wol das nur in späterer sprach-
form erhaltene albanesische zunächst zu stellen ist, italisch
(die ältesten bekanten formen diser familie sind das lateinische,
besonders wichtig für uns ist das altlateinische vor einfürung
der unter griechischem einfluße gebildeten correcten schrift-
sprache, das umbrische und oskische), keltisch (die am
besten erhaltene — aber dennoch schon ser zersezte — sprache
der keltischen familie ist das altirische, etwa vom 7ten jarh.
unserer zeitrechnung an zugänglich). Italisch und keltisch sind
einander änlicher als dem griechischen.
3. die nördliche europäische abteilung, bestehend auß
der slawischen familie mit der ser nahe verwanten litaui-
schen (die wir von der wichtigsten sprache derselben benen-
nen) und der von beiden weiter ab stehenden deutschen.
Älteste sprachformen diser abteilung sind das altbulgarische
(altkirchenslawische, in datierten handschriften erst auß d. 11.
jarh.), das litauische (und zwar das hochlitauische, südlitaui-
sche, preußisch litauische) erst seit 3 jarhunderten zugänglich,
aber noch immer auf ser alter lautstufe verharrend *) und das
gotische (auß dem 4. jarh.). Neben dem gotischen sind jedoch
die altertümlichsten vertreter des deutschen und des nordischen,
das althochdeutsche und altnordische, da, wo sie ältere
formen bieten als das gotische, bei zu ziehen.
Am meisten altertümliches in den lauten und im bau der
sprache ist erhalten in der asiatischen abteilung und hier wider
im altindischen; dann folgt in bezug auf altertümlichkeit (d. h.
bewarung von änlichkeit mit der ursprache bei weniger stark
entwickelten eigentümlichen formen) die südliche europäische
[6]Vom indogerman. sprachstamme.
abteilung, in welcher das griechische bei weitem am treusten
das alte bewart hat, endlich die nördlich europäische gruppe,
die, im ganzen und großen überblikt, sich als die am indivi-
duelsten entwickelte, als die am wenigsten der ursprache treu
geblibene zu erkennen gibt.
Combinieren wir diß mit den eben an gegebenen verwant-
schaftsverhältnissen der indogermanischen sprachen unter einan-
der und ziehen wir darauß den schluß auf die teilungsprocesse
des indogermanischen sprachkörpers in der vorzeit, so erhalten
wir mit notwendigkeit folgendes resultat.
Die indogermanische ursprache teilte sich zuerst durch
ungleiche entwickelung in verschidenen teilen ires gebietes in
zwei teile, es schied nämlich von ir auß das slawodeutsche
(die sprache, welche später in deutsch und slawolitauisch
auß einander gieng); sodann teilte sich der zurückbleibende stock
der ursprache, das ariograecoitalokeltische, in graecoi-
talokeltisch und arisch, von denen das erstere in grie-
chisch (albanesisch) und italokeltisch sich schied, das lez-
tere, das arische, aber noch lange vereint blib. Später teilten
sich slawolitauisch, arisch (indoeranisch) und italokeltisch nochmals.
Je östlicher ein indogermanisches volk wont, desto mer
altes hat seine sprache erhalten, je westlicher, desto weniger
altes und desto mer neubildungen enthält sie. Hierauß, wie
auß andern andeutungen folgt, daß die Slawodeutschen zuerst
ire wanderung nach westen an traten, dann folgten die Graecoi-
talokelten, von den zurück bleibenden Ariern zogen sich die
Inder südostwärts, die Eraner breiteten sich in der richtung von
südwest auß. Die heimat des indogermanischen urvolkes ist
somit in Centralhochasien zu suchen.
Nur von den Indern, die zu allerlezt den stamsitz verließen,
wißen wir mit völliger sicherheit, daß sie auß iren späteren
wonsitzen ein stamfremdes älteres volk verdrängten, auß dessen
sprache manches in die irige über gieng. Von mereren der
übrigen indogermanischen völker ist änliches teilweise in hohem
grade warscheinlich. Die ältesten teilungen des indogermani-
schen bis zum entstehen der grundsprachen der den sprachstamm
[7]Vom indogerman. sprachstamme.
bildenden sprachfamilien laßen sich durch folgendes schema an-
schaulich machen. Die länge der linien deutet die zeitdauer an,
die entfernung derselben von einander den verwantschaftsgrad.
Grammatik.
I. Phonologie.
A. Vocale.
Indogermanische ursprache.
Da bei anfürung von beispilen nicht nur die vocale, son-
dern auch die consonanten der sprachen gebraucht werden, so
stellen wir der behandlung der vocale eine übersicht der sämt-
lichen sprachlaute, lautphysiologisch an geordnet, mit den etwa
nötigen bemerkungen über außsprache und dergl. vorauß.
Übersicht der laute der indogermanischen
ursprache,
d. h. derjenigen laute, auß welchen die laute der verschidenen
indogermanischen sprachen nach den gesetzen der lautverände-
rungen, welche im leben der sprachen ein treten, hervor ge-
gangen sind, und auf welche sie demnach als auf ire gemein-
same quelle hin füren.
- Anm. 1. In einer älteren lebensperiode der indogermanischen ur-
sprache felten wol die drei aspiraten und die vocalischen doppel-
laute mit â (also âa, âi, âu); dem ursprünglichsten, noch nicht
flectierenden sprachstande giengen die sämtlichen vocalischen
doppellaute ab.
Ursprünglich besaß also das indogermanische warscheinlich sechs
momentane laute, nämlich drei stumme und drei tönende; sechs
consonantische dauerlaute, nämlich drei spiranten und drei so
genante liquidae, d. h. die beiden nasale n, m und r (l ist eine
secundäre abart des r) und sechs vocale. Im späteren stande der
sprache, kurz vor der ersten trennung, gab es neun moment. laute
und neun vocalische laute. Man übersehe nicht dise eigentümli-
chen zalenverhältnisse in der anzal der laute. - Anm. 2. Tönend (oder medial) sind die consonanten, bei deren her-
vorbringung die stimritze mittönt; diß ist bei allen nasalen und
r und l-lauten der fall, wärend die momentanen consonanten und
die spiranten mit und one begleitung von stimton gesprochen wer-
den können. Tön. consonanten haben also eine vocalische beimi-
schung. Die aspiraten sind doppellaute; beide laute, auß denen
sie bestehen, der vorauß gehende momentane consonant und der
nach folgende hauch müßen bei der außsprache gehört werden.
Vocale der indogermanischen ursprache.
| grundvocal | erste steigerung | zweite steigerung. |
| 1. a-reihe a | a + a = aa (â) | a + aa = âa (â) |
| 2. i-reihe i | a + i = ai | a + ai = âi |
| 3. u-reihe u | a + u = au | a + au = âu |
- Anm. 1. Die zweite steigerung findet sich in der asiatischen, süd-
europäischen und nordeuropäischen abteilung der indogerm. spra-
chen, gehört also mit höchster warscheinlichkeit zu den auß der
ursprache überkommenen wortbildungsmitteln, obgleich die einzel-
nen sprachen im gebrauche derselben oft nicht zusammen stimmen. - Anm. 2. aa und âa wurden warscheinlich frühe bereits beide in â
zusammen gezogen. Indessen müßen die so entstandenen beiden
â doch verschiden gewesen sein, da z. b. gotisch und griechisch
noch das â der ersten steigerung von dem der zweiten steigerung
scheiden.
a, der häufigste vocal, bildet eine classe für sich; i und u
sind sich in irem wesen ser änlich und stehen dem a als grund-
verschiden gegenüber. Beide haben die inen nahe stehenden
und sie oft vertretenden consonanten j, v zur seite, wärend das
[10]Indogerman. ursprache. Vocale.
a in keinen consonantischen laut übergehen kann und demnach
die vocalische natur in höherem grade an sich trägt als i und
u, welche den consonanten näher stehen. a ist in der indoger-
manischen ursprache der bei weitem häufigste vocal; er findet
sich vil häufiger als u und i zusammen genommen.
Jeder vocal kann sich nur in seiner reihe bewegen; diß
geschiht zum zwecke des außdruckes der beziehung an der wur-
zel selbst. Die wurzel ist stäts mit dem grundvocale an zu
setzen. Vor zwei consonanten findet die steigerung nicht statt;
in wurzeln, welche auf zwei consonanten schließen, findet sich
nur der grundvocal a (nicht i und u).
Im vocalismus beruht also das wesen der flexion.
Die vocaldenung müßen wir als etwas secundäres der ur-
sprache ab sprechen.
- Anm. Selbst da, wo die übereinstimmung verschidener indogerma-
nischer sprachen der denung ein höheres alter an zu weisen
scheint (z. b. in manchen nominativen des singularis, wie altind.
pitấ(rs), gr. πατήϱ, altlat. patêr, gotisch fadar, d. i. *fathâr;
altind. dúrmanâs, gr. δυσμενής; altind. áçmâ, gr. ποιμήν, lit.
akmů́, lat. homô, got. guma d. i. *gumâ) glauben wir eine un-
ursprüngliche erscheinung vor uns zu haben, die, der natur der
sache gemäß, in den verschidenen sprachen erst nach der tren-
nung derselben von der ursprache sich entwickelte (nicht sel-
ten felt auch in disem puncte die übereinstimmung, vgl. altind.
bháran, gr. φέϱων, lat. ferens, got. baírands, slaw. bery). Wir
können auch hier in der ursprache nur die echten grundformen
vorauß setzen, d. h. das wort in allen seinen teilen noch vol-
kommen unversert (also z. b. patars, dusmanass, akmans).
Beispile.
vak-mi (1. sg. praes.) wurz. vak (loqui), va-vâk-ma (1. sg.
perf.) vâk-s (vox); bhar-âmi, ba-bhar-mi (fero) bhar-ta-s (latus)
wurz. bhar (ferre), ba-bhâr-ta (3. sg. perf.) bhâr-a-s (onus) bhâr-
aja-ti (1. sg. praes. des causativ. verbum; φοϱεῖ) u. s. f.; da-
ta-s da-tâ (datus data) wurz. da (dare), da-dâ-mi (1 sg. praes.);
dha-ta-s dha-tâ (positus posita) wurz. dha (ponere, facere), da-
dhâ-mi (1. sg. praes.) u. s. f.
[11]Indogerman. ursprache. Vocalreihen. Vocal. lautgesetze.
i-masi (1. pl. praes.) wurz. i (ire), ai-mi (eo); vid-masi (1.
pl. praes.) wurz. vid (videre, scire), vaid-mi (video) vaid-aja-ti
(3. sg. praes. verbi causativi), vi-vâid-ma*) (1. sg. perf.); wurz.
div (lucere) div-am (acc. sing. des wortstammes div, lux, lucens
coelum, Ζεύς), daiv-a-s (lucens, divus, deus) u. s. w.
bhug-nas (flexus), a-bhug-am (1. sg. aoristi) wurz. bhug
(flectere), bhaug-âmi (1. sg. praes.), bu-bhâug-ma (1. sg. perf.);
jug-a-m (jugum) jug-ta-s (junctus) wurz. jug (jungere), ju-
jâug-ma (1. sg. perf.) u. a.
- Anm. πέφευγα zeugt nicht gegen die ursprünglichkeit der zweiten
steigerung im perfectum, es ist graecismus für *πέφουγα**); vgl.
formen wie λέ-λοιπ-α zu wurz. λιπ, die also auch hier ου, nicht
ευ erwarten laßen, da dem ευ das ει entspricht. S. unten die
darstellung des griechischen vocalismus.
Vocalische lautgesetze,
d. h. einwirkungen der vocale und consonanten auf die vocale
waren in der indogermanischen ursprache noch nicht vorhanden.
Zusammenstoß von vocalen findet nur selten statt, da noch
keine consonanten auß gestoßen werden und die praepositionen
noch als adverbia getrent vor dem verbum stehen. Treffen je-
doch in folge der wortbildung zwei vocale zusammen, so fand
wol bereits im ursprünglichen sprachstande kein hiatus statt,
wenn der erstere der beiden vocale ein a (â) war. In disem
falle ward höchst warscheinlich das a mit dem folgenden
vocale zusammen gesprochen. So gieng i (und u, wofür bei-
spile felen) nach a mit disem zu dem diphthonge ai zusammen,
z. b. bharait (3. sg. opt. praes.) von wurz. bhar (ferre) praesens-
stamm bhara mit dem i, welches zeichen des optativs ist.
[12]Altindisch. Übersicht der laute.
Die folge zweier vocale aber, von denen der erstere ein i-
oder u-vocal ist, wird nicht als hiatus empfunden, d. h. i und
u (nebst ai âi), au, âu bliben vor andern vocalen noch unver-
ändert z. b. ianti (3. plur. praes., wurz. i) ku-kru-anti (3. pl.
perf.) krau-as (neutr. auditus, wurz. kru audire).
- Anm. Auf die nichtvermeidung des hiatus zwischen i, u (und den
diphthongen, welche dise vocale als schlußelemente haben) und
folgendem vocal weist das älteste indisch deutlich hin. Man kann
jedoch auch vermuten, daß ijanti, kukruvanti, krauvas gespro-
chen ward, d. h. daß u und i sich vor vocalen zu ij, uv spal-
teten, da dise außsprache sich fast von selbst ein stelt und die
vermeidung des eigentlichen hiatus doch warscheinlich ist.
Altindisch (Sanskrit)*).
Übersicht der laute des altindischen.
Mit ṁ bezeichnen wir die nasalierte außsprache der vocale
(wie im franz. en, on), welche durch lautgesezliche wandlung
eines folgenden nasalen consonanten entsteht.
Die tonsilbe bezeichnet ́.
[13]Altindisch. Übersicht der laute.
- Anm. Man vergleiche dise tabelle mit der §. 1 gegebenen über-
sicht der laute der indogermanischen sprachlaute und man wird
finden, daß dise sämtlich in ir ebenfals vorhanden sind (ê =
urspr. ai, ô = urspr. au), außerdem aber eine fast gleiche an-
zal unursprünglicher laute, die durch sprachgeschichtliche pro-
cesse auß jenen ursprünglichen hervor gegangen sind und inen
nunmer zur seite stehen.
Außsprache. Wir kennen sie durch die indische, im
ganzen ser gute tradition und mittels der lautphysiologie und
sprachengeschichte.
Das von der außsprache der aspiraten §. 1 bemerkte gilt
auch hier.
Die palatalen momentanen laute ḱ, ǵ, ḱh, ǵh pflegt man
wie tsch, dsch oder genauer wie franz. dj, tschh, djh auß zu
sprechen, eine außsprache, die nur für einen späteren sprach-
*)
[14]Altindisch. Übersicht der laute.
stand richtig ist; für die ältere zeit wäre die außsprache des
ḱ und ǵ als innige verschmelzung von kj, gj (fast so wie k, g in
kind, gieng) das richtige (bei den aspiraten tritt natürlich noch
der hauch hinzu). Die hervorbringung diser laute (besonders vor
andern lauten als i, e) fält uns jedoch schwer und man bleibt
daher lieber bei der minder richtigen traditionellen außsprache
diser laute als dentale mit lingualer spirans.
‘Lingual’ wird in ermangelung eines beßeren außdruckes für
die gegend des mundes zwischen gaumen und zänen gebraucht.
Die lingualen momentanen laute sind t- und d- änliche laute, die
aber eben nicht an den zänen, sondern vil weiter hinten nach
dem gaumen zu hervor gebracht werden, zu welchem zwecke
man die zunge zurück beugen muß; die Inder nennen sie kopf-
laute (was man unsinniger weise mit ‘cerebralen’ übertragen
hat). Die in Europa conventionell gewordene außsprache schei-
det sie nicht von den dentalen.
Von den spiranten ist ḥ (eine lautgesezliche wandlung von
s) in seiner genauen außsprache nicht bekant, es gilt als ton-
los. Man pflegt es entweder wie h oder gar nicht auß zu
sprechen.
h ist stets hörbar und gilt als tönender laut, ist also wie
unser h, jedoch mit stimton zu sprechen.
ç ist wie j, aber one den dises begleitenden stimton und
wol etwas schärfer (mit engerer stellung des organs) zu spre-
chen (etwas wie ch in sichel; die conventionelle außsprache als
scharfes s ist falsch und zu meiden, ç hat mit s nichts zu
schaffen).
ś ist unser sch, franz. ch.
Die nasale. ṅ ist der gutturale nasal, also zu sprechen
wie unser n in ‘enkel’, oder wie ng in ‘lange’; ñ ist der pala-
tale nasal, der wie eine innige verschmelzung von nj zu lauten
hat (wie gn in franz. ‘campagne’); ń, der kopfnasal, ist ein an
der stelle, wo t́, d́ gesprochen werden, zu bildendes n, dessen
außsprache uns nicht gelingen will und das wir daher von n
nicht zu unterscheiden pflegen.
r und l als vocale lauten etwa so, wie in unsern worten
[15]Altindisch. Vocale.
‘hadern, handeln’ das mit unhörbarem e gesprochene er und el;
r̂ ist die länge von r und ist also durch längere außsprache
von disem zu scheiden*).
Vocale des altindischen.
Wichtig ist vor allem, daß a zu i und î und zu u und û
geschwächt werden und völlig schwinden kann (selten geschiht
diß bei andern vocalen). In disem lezteren falle werden r und
l vor consonanten silbebildend und gelten als vocale; r ist dann
sogar der denung zu r̂ fähig (wie i und u der zu î und û).
Außer den kürzen i und u hat nämlich das altindische
auch noch die unursprünglichen denungen derselben î und û;
ai und au sind zu ê und ô zusammen gefloßen (indem a sich
dem i und u näherte und zu e und o ward, i und u aber eben-
fals dem a sich assimilierten und so in dieselben vocale e und
o über giengen, auß ee und oo ward aber ê und ô).
Das in der sprachengeschichte so wichtige gesetz der as-
similation (anänlichung und angleichung) so wie die
eben so häufig ein tretende vocalschwächung, die nament-
lich beim a ser beliebt ist, tritt uns hier zuerst entgegen. Die
vocalreihen des altind. sind also nunmer folgende:
| schwächung | grundvoc. | 1. steiger. | 2. steiger. |
| 1. a-reihe schwund; i, u; î, û; | a | â | â |
| 2. i-reihe | i | ê | âi |
| 3. u-reihe | u | ô | âu |
- Anm. Die a-reihe ist also um ein glid reicher geworden; der po-
sitiven steigerung hat sich hier gewissermaßen eine negative (die
schwächung) zur seite gestelt.
Beispile.
Die schwächung findet meist statt unter dem einfluße
des accents; zugleich wirkt assimilation an ein i, u der folgen-
[16]Altindisch. A-reihe. Schwund des a.
den silbe oder der vorhergehende consonant macht seine ein-
wirkung geltend.
Schwund des a tritt am häufigsten ein vor r, auch nach r,
in welchem falle ar und ra, wenn ein consonant folgt, zu voc.
r werden, in gleichem falle wird al zu voc. l, va zu u, ja zu
i; der schwund des a ist jedoch keinesweges auf dise fälle be-
schränkt.
Beispile für den völligen schwund des a sind:
r = ar; wurz. bhar (ferre, praes. bhár-âmi φέϱω fero) bhr-
tá-s (nom. sing. masc. part. praet. pass.), wurz. kar (facere, 3.
sing. praes. kar-ốti) kr-tá-s (factus) ḱa-kr-má (1. plur. perfecti),
wurz. mar (mori) mr-tá-s (mortuus, βϱοτός = *μϱο-τό-ς), stamm
mâ-tár (μητεϱ mater) mâ-tŕ-bhjas (matribus) mâ-tŕ-śu (μη-
τϱάσι) u. a.
Diß r wird nun nach analogie der übrigen vocale behan-
delt, also auch gedent, z. b. acc. plur. mâ-tr̂́-s (matres μη-τέϱ-ας)
dâ-tr̂́-n (datores, δο-τῆϱ-ας) vom stamme dâ-tár (dator, δοτήϱ).
l = al komt nur in der wurzel kalp (3. praes. med. kálp-
a-tê recte se habere, sufficere) vor, die für ursprüngliches karp
steht (s. u. bei den consonanten) klp-tá-s (nom. sg. masc. part.
praet. pass.).
r = ra; ṕrḱh-áti (3. sg. praes.) von wurz. praḱh (rogare,
interrogare, vgl. got. frah, lat. prec., z. b. in prak-śjáti 3. sg.
fut.); prth-ú-s (latus, amplus) wurz. prath (vgl. πλατ-ύς, lit.
plat-ùs, altpers. in u-frât-uś = *εὐ-πλατυς, altind. su-prthus
Eufrat) u. a.
- Anm. Die indischen grammatiker betrachten r, l als grundvocale,
ar, al als erste steigerung. Überhaupt gilt inen a als vocal der
ersten steigerung (wie es denn auch häufig einem ê, ô parallel
steht), â aber durchauß als zweite steigerung. Die erste steigerung
nennen die indischen grammatiker guńá-s (masc. qualitas, vir-
tus) die zweite vŕddhi-s (femin. incrementum von wurz. vardh
crescere mittels suffix ti gebildet), außdrücke, die vilfach in euro-
päische sprachliche werke über giengen.
Schwund des a one daß vocalisierung des consonanten ein
treten kann, findet, wie vor andern consonanten, so auch vor
dem vocalisierbaren r dann statt wenn nach r (von ar) ein vocal
[17]Altindisch. A-reihe. Schwund des a.
folgt; es bleibt dann, wie in allen fällen, in welchen a vor einem
consonanten schwindet, eben nur der leztere. Beispile: ḱa-kr-ế
(1. 3. sg. perf. med.) wurz. kar (facere) für *ḱa-kar-ê und di-
ses auß 1. *ka-kar-mê 3. *ka-kar-tê, ḱa-kr-ús (3. pl. act. perf.)
auß *ka-kar-anti.
Schwund des a vor andern consonanten, z. b. ǵa-ghn-ús
(3. plur. perf.), wurz. han, ghan (pulsare, interficere) für *ǵa-
ghan-us (zu sg. ǵa-ghấn-a); ǵa-gm-ús (3. plur. perf.) v. wurz.
gam (ire) für *ǵa-gam-us (zu sg. ǵa-gấm-a); s-ánti (3. plur.
praes.) wurz. as (esse) für as-anti (wie s-unt für *es-unt); s-játi
(z. b. in vj-ava-sjati decernit) für *as-jati wurz. as, sa*), eben
so ç-játi für *aç-jati grundf. *ak-jati wurz. aç, ça (ac-uere);
á-pa-pt-at (3. sg. aor.) für *á-pa-pat-at, wurz. pat (cadere, volare
πτ-έσϑαι) u. a.
u = va (a schwand und v ward zu u); uk-tá-s (nom. sg.
masc. part. praet. pass.) wurz. vaḱ (loqui, 3. sg. praes. vák-ti),
u-vấḱ-a (3. sg. perf.) für va-vấḱ-a, ûḱús (3. plur. perf.) für
*vavaḱús, grundf. *va-vak-anti, ávôḱam für *a-va-uḱ-am (1. sg.
aoristi) grundf. *a-va-vak-am (gr. εἶπον auß *ἐ-ϝε-ϝεπ-ον); sup-
tá-s (part. praet.) von wurz. svap (dormire; sváp-iti 3. sg. praes.,
á-svap-am 1. sg. aor.) u. a.
i = ja (a schwand und j ward zu i); iś-t́á-s (part. praet.
pass.) für *jag-ta-s wurz. jaǵ (sacrificare, colere; 3. sg. praes.
jáǵ-ati), i-jấǵ-a (3. sg. perf.) für *ja-jấǵ-a, îǵús (3. plur.
perf.) für *jajaǵús grundf. *ja-jag-anti; vídh-jati (3. sg. praes.)
wurz. vjadh (laedere, ferire), vi-vidh-ús (3. plur. perfecti, die 3.
sg. lautet vi-vjấdh-a) u. a.
Die schwächung von a 1. zu i und u findet vor r bis-§. 7.
weilen mit assimilation an den vocal der folgenden silbe statt;
häufig ist die schwächung von a zu i one einfluß der folgenden
laute. u entspricht in gewissen fällen einem ursprünglichen an,
am (der nasal schwand, nachdem er das vorher gehende a zu
u getrübt hatte).
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 2
[18]Altindisch. A-reihe. Schwächung des a zu i, u.
Beispile. gir-í-s (mons) wurz. gar (gravem esse), altbaktr.
gairis beide auß *gar-i-s (vgl. slaw. gor-a mit anderem stamm-
außlaute), gur-ú-s (gravis) vgl. griech. βαϱ-ύ-ς grundf. beider
*gar-ú-s, die ursprüngliche wurzelform gar tritt in den steige-
rungsformen dises wortes im altind. selbst zu tage, z. b. gár-
iśth́a-s (superlativ zu gurú-s); kur-ú (2. imper. act.) kur-utế
(3. sg. praes. med.) u. a. formen der art von wurz. kar (facere),
sie stehen für *kar-u, *kar-utê u. s. f. dise aber selbst wider
für *kar-nu *kar-nutê u. s. f. (s. u. die lere von der conjuga-
tion), kur-más zunächst für *kur-umas auß *kar-nu-mas) wo,
wie in den änlichen formen, auch das assimilation wirkende u
geschwunden ist; pur-ú-s (multus), grundf. par-u-s, vgl. πολ-ύ-ς
wurz. par (implere), pur-á-m, pur-í́ (urbs) von derselben wurz.
par mit wandlung des a zu u vor r one einfluß der assimila-
tion (vgl. πόλ-ι-ς, grundf. par-i-s).
Die schwächung von a zu i ist häufig, z. b. kir-áti (3. sg.
praes.), wurz. kar, perf. ḱakấra (effundere); gir-áti (3. sg.
praes.), wurz. gar, perf. ǵagấra (deglutire). Besonders findet
sich dise schwächung bei den wurzeln auf a (die man, beiläufig
bemerkt, nach dem grammatischen systeme der Inder mit den
wurzelaußlauten â, ê, âi, ô verzeichnet findet), z. b. sthi-tá-s
(status, στατός) v. wurz. stha (stare), hi-tá-s für älteres (vêd.)
dhi-tá-s (ϑε-τό-ς) v. wurz. dha (ponere), mi-tá-s (wie die vorigen
part. praet. pass.) v. wurz. ma (metiri); ferner in der praesens-
reduplication, z. b. bi-bhár-mi v. wurz. bhar (ferre), tí-śth́â-mi
= ἵστημι, grundform beider ist *sti-stâ-mi, älter *sta-stâ-mi,
wurz. stha (stare; vgl. altind. dá-dhâ-mi, dá-dâ-mi und griech.
τίϑη-μι, δίδω-μι, wo das altind. jene schwächung von a zu i
noch nicht hat, die im griechischen ein getreten ist).
u = an, am*), z. b. in der endung der 3. plur. -us auß
-anti, -ant z. b. bhárêjus = φέϱοιεν = *bharai-ant (3. pl. opt. praes.
[19]Altindisch. A-reihe. Schwächung des a zu î, û. Grundvocal a.
act.), babhrús = *babharanti (3. plur. perf. act.); ubhấ, ubhấu
= ambo, ἄμφω; leztere sprachen bieten also die ursprüng-
lichere form u. a.
2. Zu î und û wird a ebenfals in der verbindung ar ge-§. 8.
schwächt, so daß îr und ûr, lezteres nach labialen consonan-
ten, als gleichbedeutend mit dem vocale r zu betrachten sind;
die schwächung zu î findet jedoch nicht nur vor r, sondern
nicht selten auch in andern fällen statt.
ûr = r (voc.) = ar nach labialem wurzelanlaute, z. b. pûr-
ńá-s (plenus) für *pr-ná-s, altbaktr. pere-na-s (altbaktr. ere ist
= altind. r voc.), grundf. *par-na-s, von wurz. par (implere).
îr = r (vocal) = ar nach nicht labialen anlauten, z. b.
stîr-ná-s (part. praes. pass.) für *str-ńás grundf. star-na-s v. wurz.
star (sternere), dîrghá-s für *drghá-s (longus), altbaktr. daregha-s,
griech. δολιχό-ς u. s. f., grundf. *dargha-s, vgl. den comparativ
und superlativ im altindischen mit steigerung des wurzelvocals
a gebildet, comp. stamm drấgh-îjaṁs, superl. stamm drấgh-iśt́ha.
î als schwächung von a komt besonders oft, wie die schwä-
chung desselben zu i, bei wurzeln auf a vor, jedoch auch häu-
fig bei nicht wurzelhaftem, zu bildungszusätzen gehörigem a z. b.
hî-ná-s für *ha-na-s (part. praet. pass.), wurz. ha (relinquere, 3.
sg. praes. ǵá-hâ-ti); pî-tá-s (part. praet. pass.), wurz. pa (bi-
bere, 3. sg. praes. píba-ti für *pí-pa-ti auß *pa-pa-ti); ju-nî-más
für *ju-na-mas (1. plur. praes.), vgl. ju-nấ-ti (3. sg. praes.) vom
praesensstamme ju-na, wurz. ju (jungere) u. a.
- Anm. 1. Durch dise schwächung entwickeln sich auch wurzeln
mit i, welchen ursprünglich warscheinlich a zu kam, z. b. altind.
kri (emere), z. b. praes. krî-ńấ-ti, fut. krê-śjáti, perf. ḱi-krấj-a
u. s. f., also mit echtem i, scheint doch auß ursprünglichem kra
= kar hervor gegangen zu sein, vgl. griech. πέϱ-νημι, lit. per-
kù (emo), wo die wurzel mit k weiter gebildet ist. - Anm. 2. Vgl. die fälle, in welchen scheinbar î für a steht, wä-
rend es in der tat zusammenziehung von jâ oder hilfsvocal ist
§. 15, c, e.
Der grundvocala erscheint im altindischen als der häu-§. 8.
figste vocal in wurzeln und beziehungslauten, z. b. ád-mi (1.
sg. praes.), wurz. ad (edere); ás-ti (3. sg. praes.), wurz. as (esse);
2*
[20]Altindisch. A-reihe, a, â.
bhár-asi (2. sg. praes.), á-bhar-at (3. sg. imperfecti), bhár-antas
(φέϱοντες nom. plur. masc. participii praesentis), wurzel bhar
(ferre); áp-as (opus), áp-as-as (operis); mán-as (μένος), mán-as-as
(*μενεσος, μένους); áç-vas grundf. akvas (equos, ἵππος für *ἰϰϝος),
sa (ὁ), tam (τόν, is-tum), çata-tamá-s (centesimus) u. s. f.
Die steigerung des a zu â läßt sich nicht mer in eine
erste und zweite zerlegen (wie im griechischen, lateinischen,
gotischen), auch ist sie kaum und nur nach der analogie völlig
entsprechender formen mit i und u von der denung zu unter-
scheiden. Wir verzichten daher hier auf die durchfürung der
trennung von denung und steigerung bei dem grundvocale a
und ziehen demnach wol manches zur steigerung, was, genauer ge-
nommen, als denung zu bezeichnen wäre. Die steigerung von
a zu â findet sich in wurzeln und in beziehungslauten.
Beispile gesteigerter wurzeln mit dem wurzelvocale a
sind ba-bhấr-a (3. sg. perf.) neben bhár-âmi (1. sg. praes.)
wurz. bhar (ferre), u-vấḱ-a (3. sg. perf.) neben vák-ti (3. sg.
praes.) wurz. vaḱ (loqui), vấs-as (vestis) neben vas-tế (3. sg.
praes. med.) wurz. vas (vestire), kâr-ájati (3. sg. praes. verbi
causativi) neben kar-ốti (3. sg. praes.) wurz. kar (facere)
u. s. f.
- Anm. Die auf a auß lautenden wurzeln erscheinen meist in ge-
steigerter form, (daher entstund das grammatische dogma, daß
wurzeln auf a nur in der function von pronomina erscheinen, wie
ta (nom. sg. masc. sa, acc. ta-m demonstr.), ja (nom. sg. masc.
n. ja-s, ja-t relat.), ka (nom. acc. sg. masc. ka-s, ka-m) u. a.,
alle verbalwurzeln aber auf â außlauten (nach den indischen
grammatikern auf â, ê, âi, ô). Allein auch die ungesteigerten,
ja die verkürzten formen diser wurzeln sind nicht selten, z. b.
ǵí-gâ-ti, ǵá-gâ-ti (3. sg. praes.), aber ga-tá-s (part. praet. pass.),
ga-hí (2. sg. imperat.), gá-ḱḱhati, grundform *ga-skati (3.
sg. praes.), vgl. βέ-βᾰ-μεν, βᾰ-τής zu wurzel ga (ire); dá-dâ-mi
(1. sg. praes. δί-δω-μι), aber da-d-más für *da-da-mas (1. plur.
praes.), vgl. δί-δο-μεν, δό-σις, δο-τήϱ, dă-mus zu wurzel da (da-
re); dá-dhâ-mi (1. sg. praes.) aber da-dh-más auß *da-dha-
mas, vgl. τί-ϑε-μεν, ϑέ-σις zu wurzel dha (ponere); á-pâ-t (3.
sg. aor.), pâ-sjá-ti (3. sg. fut.), aber pí-ba-ti für *pi-pa-ti auß
*pa-pa-ti (3. sg. praes.), vgl. πέ-πο-μαι, πό-σι-ς zu wurz. pa
(bibere); pấ-ti (3. sg. praes.) aber pá-tis, vgl. πό-σις, got. fa-ths,
[21]Altindisch. A-reihe. I-reihe.
d. i. *fa-di-s, lit. pà-ts für *pa-ti-s (dominus), mit schwächung
vor a zu i pi-tar (nom. pi-tấ), vgl. πα-τήϱ, grundf. pa-tar zu
wurzel pa (tueri); tí-śt́hâ-mi, vgl. ἵ-στη-μι (1. sg. praes.) aber
tí-śt́ha-ti für *sti-sta-ti auß *sta-sta-ti (3. sg. praes.), mit schwä-
chung von a zu i sthi-tá-s, grundf. *sta-tá-s, vgl. στᾰ-τό-ς stă-
tu-s zu wurzel stha, urspr. sta (stare) u. s. f. Hier ligen dem-
nach, wie in vilen änlichen fällen, ga, da, dha, pa, pa, stha
deutlich als wurzelformen vor; eben so ist a überall als wurzel-
laut auch da an zu nemen, wo zufällig nur die steigerung in der
gegebenen sprache erscheint. Vgl. meinen aufsatz ‘wurzeln auf a
im indogermanischen,’ Beitr. II, 92 — 99).
Gesteigertes a der beziehungselemente haben wir z. b. im
außlaute a der praesensstämme: bhárâ-mi (1. sg. praes.) bhárâ-
masi (1. pl. praes.) neben bhára-si (2. sg. praes.) bhára-ti (3.
sg. praes.) u. s. f. bhára ist praesensstamm der wurzel bhar
(ferre); in fast allen casus des feminini der a-stämme, z. b. náv-â
návâ-m nom. acc. sg. fem. (nova, νέϝα) neben náva-s náva-m
(nom. acc. sg. masc.) stamm náva (novus); áç-vâ (equa) neben
áç-va-s (equus) stamm áçva (ak-va) und vor gewissen casus-
suffixen überhaupt, z. b. dêvấ-s, älter dêvấ-sas (nom. plur.)
neben dêvá-s (nom. sg.) stamm dêvá (deus); ferner in der auß
lautenden silbe verschidener consonantischer nominalstämme vor
gewissen casussuffixen, z. b. dâ-tấr-am (acc. sg.) dâ-tấr-as (nom.
plur.) vom stamme dâ-tár (dator), der rein erscheint z. b. in
dâ-tár-i (loc. sg.), in dât-tŕ-bhis (instrumentalis plur.) dâ-tr-ế
(dat. sg.) u. a. zu dâ-tr geschwächt wird.
Grundvocali; i-más vgl. ἴ-μεν (1. plur. praes.) wurz. i§. 10.
(ire); vid-más (1. plur. praes.) vgl. ϝίσ-μεν hom. ϝίδ-μεν wurz.
vid (videre, scire); viç-áti (3. sg. praes.), víç-as (nom. pl. homines,
agricolae) wurz. viç (intrare, considere); dí-vam div-ás (acc. gen.
s. zu nom. djâu-s coelum) wurz. div (lucere; vgl. Διϝ-ός eben
so zu Ζεύς = *Δϳευ-ς); pák-ti-s (fem. coctio) vgl. πέπ-σι-ς für
*πέπ-τι-ς von wurz. pak πεπ, urspr. kak, vgl. lat. coc, lit.
kep (coquere) mittels suff. ti gebildet, grundform also kak-ti-s.
î ist nicht selten denung des echten i, wie wir es bereits
als denung des i = a gefunden haben. Die gesetze, nach wel-
chem dise denung eintritt, sind nicht in allen fällen ermittelt.
[22]Altindisch. I-reihe.
Das gedente i wechselt häufig mit dem nicht gedenten, und
wird eben so gesteigert und gewandelt (in ij, j) wie dises.
In fällen wie pátî-n (acc. plur. masc.) grundf. pati-ms stamm
páti (dominus), páktî-s (acc. plur. fem.) grundf. pakti-ms stamm
pákti (coctio) ligt deutlich ersazdenung vor, s. u. (§. 15, d), wo
auch die denung vor j noch zu erwähnen sein wird (§. 15, a),
wie z. b. î-jất neben i-jất (3. sg. opt.) von wurz. i (ire). Vor
schließendem r von nominalstämmen, so wie vor solchem r, auf
welches ein consonantisch anlautendes suffix folgt, tritt bei i
und u denung ein, z. b. stamm gir (sermo z. b. acc. sg. gír-am)
nom. sg. gîr für *gir-s, loc. plur. gîr-śú instr. plur. gîr-bhís für
*gir-su, *gir-bhis.
Auch in wurzeln erscheint also î neben i und es ist gramma-
tische wilkür, wenn in disen fällen die wurzelform mit gedentem
vocale verzeichnet zu werden pflegt, wie z. b. wurz. bhi, nicht
bhî (timere), vgl. bi-bhi-más und bi-bhî-más (1. plur. praes.; 3.
pers. sg. bi-bhế-ti); in andern wurzeln erscheint zufällig nur
der gedente vocal, z. b. nî-tá-s (part. praet. pass.) zu wurz. ni
(nî der grammatiken und wörterbücher; ducere), prî-tá-s zu
wurz. pri (prî delectare) u. a.
- Anm. Besonders die wurzelformen mit auß lautendem vocale wer-
den in grammatiken und wörterbüchern häufig in der gedenten form
an gesezt, da in disem falle die denung besonders beliebt ist.
Über die unursprünglichkeit von î and û im indogermani-
schen vgl. meine andeutungen in Beitr. I. 328 — 333.
Die 1. steigerung des i ist im altind. ê, z. b. ế-mi (εἶ-
μι) grundf. ai-mi wurz. i (ire), vếd-a (οἶδ-α) vếd-a-s (nom. sg.,
liber sacer Indorum., Vêda) wurz. vid (videre, scire), vi-vếç-a
(3. sg. perf.) vếç-a-s (nom. sg. domus vgl. ϝοἶϰ-ο-ς, vîc-u-s)
grundf. *vaik-a-s wurz. viç (intrare), dêv-á-s (deus) grundf. daiv-
a-s wurz. div (splendere), pák-tê-s (gen. sg.) zu pak-ti-s (coctio),
pá-tê-s (gen. sg.) zu pá-ti-s (dominus), bi-bhế-ti (3. sg. praes. re-
dupl.) zu wurz. bhi (timere), nế-tra-m (oculus, i. e. quod ducit)
náj-ati (3. sg. praes.) naj = nê (s. u. §. 14 d.) wurz. ni (ducere),
çế-tê (ϰεῖ-ται 3. sg. praes. med.) zu wurz. çi (quiescere, jacere)
u. s. f.
[23]Altindisch. U-reihe.
Die 2. steigerung des i ist âi, z. b. vấiç-ja-s (vir tertii
ordinis) wurz. viç (intrare vgl. víç-as und vếç-as), vấid-ja-s (vê-
dicus, doctus) wurz. vid (videre, scire vgl. vếd-a-s), dấiv-a-s
(divinus) davon dấiv-a-m (divinum, fatum) von stamm dêv-á
(deus) wurz. div (splendere), cấiv-a-s (quod Çivi est, cultor dei
Çivi) von Çivá-s (deus Çivus), vâiśńavá-s (quod Viśnus est,
cultor dei Viśnus) von Víśńu-s (deus Viśnus) u. s. f.
Sie läuft in allen stücken der i-reihe parallel, auch die
denung des u zu û findet hier wie dort statt.
Grundvocalu, z. b. buddhás für *budh-tás (part. praet.
pass.) bu-budh-ế (1. 3. sg. perf. med.) wurz. budh (cognoscere),
tud-áti (3. sg. praes.) wurz. tud (tundere, ferire), jug-á-m (ju-
gum, ζυγόν) juk-tás für *jug-tas (junctus) á-juǵ-at (3. sg. aor.)
wurz. juǵ, jug (jungere), su-tá-s (part. praet. pass.) wurz. su
(parere, gignere), çru-tá-s (ϰλυ-τό-ς part. praet. pass.) cru-dhí
(vêd. 2. sg. imperat. ϰλῦ-ϑι) wurz. çru (audire) u. s. f. Im
praesensstamme çr-nu, z. b. çr-ńố-mi (1. sg. praes.) zu wurz.
çru (audire) ist ru außnamsweise zu r geschwächt durch völli-
gen schwund des u.
Die denung des u zu û findet hier eben so statt, wie in
der i-reihe die des i zu î, z. b. á-bhû-t (ἔ-φυ[τ] 3. sg. aoristi)
bhû-tá-s bhû-tá-m (masc. neutr. part. praet. pass.) zu wurz. bhu
(bhû, esse) vgl. φῠ-τό-ν fŭ-turu-s); sû-nú-s (filius) vgl. litauisch
sûnús, got. sunus zu wurz. su (parere, gignere, bisweilen auch
als sû aufgefürt); sû-nû́-n auß *su-nu-ns (acc. plur.), got. sununs
vom stamme sûnú (nom. sg. sû-nú-s vgl. §. 15, d). Eben so
wie i wird u vor r und r + consonant bei nominalstämmen ge-
dent (s. §. 10) z. b. stamm dhur (temo, z. b. acc. sg. dhúr-am)
nom. dhûr für *dhur-s instr. plur. dhûr-bhís für dhur-bhis u. s. f.
1. steigerungô z. b. bốdh-ati (3. sg. praes.) zu wurz.§. 13.
budh (cognoscere), pra-tôd-a-s (masc. baculus aculeatus) wurz.
tud (tundere), ju-jốǵ-a (1. 3. sg. perf.) jốg-a-s (junctio, medi-
tatio) wurz. juǵ (jungere), bháv-ati (3. sg. praes.) á-bhav-at (3.
sg. perf.) bhav = bhô (s. u. §. 14, d) wurz. bhu (esse), sô-śjáti
(3. sg. futuri) wurz. su (parere), çrố-tra-m (ntr. auris) zu wurz.
[24]Altindisch. Vocalische lautgesetze.
çru (audire), sû-nố-s (genit. sg.) stamm sû-nú (nom. sg. sû-nú-s
filius) vgl. litauisch sûnaús, got. sunaus u. s. f.
2. steigerungâu, z. b. bâuddhás (masc. assecla Buddhi)
von buddhá-s (part. praet. pass., nomen proprium) wurz. budh
(cognoscere), á-tâut-sam für *a-tâud-sam (1. sg. aor.) wurz. tud
(tundere), jấug-ika-s (adj. quod ad meditationem, jôga-s dictam,
pertinet, solitus) von stamm jôga wurz. jug (jungere), bhấv-a-s
(existentia, natura) bhâv = bhâu (s. u. §. 14, d) zu wurz. bhu
(esse), sâú-ti (3. sg. praes.) su-śấv-a (1. 3. sg. perf.) für *su-
sâv-a (s. u. bei den consonanten) sâv = sâu (s. §. 14, d) wurz.
su (gignere), á-çrâu-śam (1. sg. aor. compos.) wurz. çru (audire)
u. s. f.
- Anm. 1. ‘î und û sind nur als wurzelaußlaute steigerbar’ lautet
die regel der altindischen grammatik, d. h. hier sind sie denun-
gen von echtem i, u; als wurzelinlaute aber sind sie im sprach-
gefül als unursprünglich empfunden und daher nicht nach art des
echten i, u behandelt worden. Echtes i und u erscheint übri-
gens nur vor einfachem wurzelaußlaute. - Anm. 2. Die betonung der worte scheint zwar besonders wegen
der in diser beziehung zwischen griechisch und altindisch ob wal-
tenden übereinstimmung schon in der indogermanischen ursprache
in bestimter weise fest geworden zu sein, die vor ligenden spra-
chen (die beiden genanten auß genommen) gehen aber in irem
worttone so stark auß einander, daß eine ermittelung irer ur-
sprünglichen betonungsweise unmöglich ist. Wir schließen des-
halb die lere von der betonung auß, da sich eine vergleichende
zusammenstellung der indogermanischen sprachen unter disem ge-
sichtspunkte fast auf altindisch und griechisch zu beschränken
hat. Vgl. Franz Bopp, vergleichendes Accentuationssystem nebst
einer gedrängten Darstellung der grammatischen Übereinstimungen
des Sanskrit und Griechischen. Berlin 1854. 8°.
Vocalische lautgesetze.
- Anm. Hier sind nur die lautgesetze des altindischen zu erwähnen,
die innerhalb des wortes statt finden. Die veränderungen, welche
der wortaußlaut in folge der stellung des wortes im satze erlei-
det, gehören ins gebiet der speciellen grammatik des altindischen,
nicht in das der indogermanischen (der so genanten vergleichen-
den) grammatik.
Grundgesetz: das altindische duldet den hiatus nicht. Er wird
[25]Altindisch. Vocalische lautgesetze.
vermiden a) durch zusammenziehung, b) durch schwund des
ersteren vocals und c) durch übertritt der vocale in die inen
entsprechenden spiranten.
Zusammenziehung findet dann statt, wenn a vor einen
vocal zu stehen komt, mit außname der fälle, in welchen a vor
dem folgenden vocale schwindet (auß gestoßen wird, wie man
sagt). Übertritt in den consonanten tritt ein, wenn i, u (und
die i und u als lezten bestandteil enthaltenden ê (= ai), ô (=
au), âi, âu in dise lage kommen. Diser gegensatz von a dem
i, u gegenüber hat seinen grund darin, daß a keinen im ent-
sprechenden spiranten hat, wärend dem i und u aber j und v
als nur durch geringe verschidenheit der außsprache von inen
gesonderte spiranten zur seite stehen; den übergang von i und
u zu j und v vermitteln ij, uv.
a. Beispile von zusammenziehung: praesenstamm bhára
+ i des optativs = bhárê z. b. bhárêt auß *bhara-i-t (3. sg.
opt. praes.); nominalstamm áçva + i des locativs = áçvê (loc.
sg. zu nom. sg. áçva-s equus) u. s. f.
- Anm. Einzelne ältere zusammenziehungen s. im folgenden (§. 15, c).
Die §. 6 erläuterten formen wie ûḱús, îǵús bilden keine auß-
name dises gesetzes, denn sie sind nicht sowol auß *uuḱús,
*iiǵús contrahiert, als durch auflösung von v, j in u, i entstan-
den: *vava-ḱus, *uvaḱus, *uvḱus, ûḱús; *jajaǵus, *ijaǵus
*ijǵus, îǵús sind die hier vorauß zu setzenden lautübergänge.
b. Schwund des a findet statt z. b. in fällen, wie dha-
nín (dives, nom. sg. masc. dhanî́) auß stamm dhána (ntr. nom.
sg. dhána-m divitiae) mit dem suffixe in; selbst vor suffix ja
findet solcher schwund von a statt, z. b. stamm dhán-ja (adj.
dives, nom. sg. masc. dhán-ja-s) von dem selben stamme dhána.
Die wurzeln auf a verlieren iren außlaut im perfect und nemen
dann sogar, wie consonantisch auß lautende, den hilfsvocal i an:
da-d-i-má (1. plur. perf.) von wurz. da (dare) wie tu-tud-i-má
von wurz. tud (tundere), so daß es den anschein gewint, als
ob a vor i geschwunden sei und man ima und änliche, nicht
aber ma als endung empfunden habe.
c. Die spaltung von i und u (und irer denungen î,
[26]Altindisch. Vocalische lautgesetze.
û)*) zu ij, uv hat sich erhalten, wo dise vocale in einsilbigen
worten wurzelhaft sind, seltner hat das gewönliche altindisch
die spaltung auch außerdem, namentlich dann, wenn zwei con-
sonanten vor dem vocale stehen.
Beispile: bhij-í (loc. sg.), der nom. singul. lautet bhî-s (ti-
mor), der stamm ist also bhî; ij-ấj-a (3. sg. perf.) wurz. i (ire),
auß *i-âi-a; âi ist die wurzel i in zweiter steigerung, i dieselbe
in irer grundform.
çu-çruv-ús (3. pl. perf.) v. wurz. çru (audire), grundf. ku-
kru-anti; âp-nuv-ánti (3. plur. praes., das mittels nu gebildet
wird, wurz. âp adipisci); bhruv-í (loc. sg.) nomin. sg. bhrû-s
(ὀφϱύς) stamm also bhrû.
- Anm. j-ánti (3. plur. ind. praes.) wurz. i gegen die regel für das
zu erwartende ij-anti; i ist hier außnamsweise nach der im fol-
genden besprochenen weise behandelt.
d. Die wandlung in den entsprechenden halbvo-
cal ist im gewönlichen altindisch regel, namentlich findet diß
außschließlich statt bei i und u als zweitem bestandteile der
diphthonge ê (= ai) âi, ô (= au) âu, z. b.
páktj-â (instr. sg. zu nom. sg. pákti-s coctio) für *pakti-â,
ni-nj-ế (1. 3. sg. med. perfect.) zu wurz. ni (nî, ducere) für
*ni-ni-ê.
náj-ati (3. sg. praes.) zu wurzel ni (ducere), die hier mit-
tels erster steigerung zu nê d. i. nai gesteigert ist.
ni-nấj-a (1. 3. sg. perf. act.) zu wurz. ni (ducere); nâi ist
zweite steigerung von ni.
çr-nv-ánti (3. plur. act. praes.) wurz. çru (audire) v. prae-
sensstamme çr-nu (vgl. §. 12) für *çr-nu-anti grundf. *kru-nu-
anti vgl. oben âpnuv-ánti mit spaltung von nu zu nuv, weil
hier zwei consonanten vor u stehen.
çráv-ana-m (auditio, auris nom. sg. ntr.) wurz. cru zu çrô
= crau gesteigert, mit suffix ana; çráv-as (ntr. auditio, auris
= ϰλέϝος, slaw. sloves) eben so von ders. wurzel mit suffix as.
[27]Altindisch. Vocalische lautgesetze.
çu-çrấv-a (1. 3. sg. perf.) wurz. çru (audire), die hier mit-
tels zweiter steigerung zu çrâu gesteigert ist.
- Anm. Die ältere sprache hatte bei i, u wol nur die spaltung.
Die reihe der veränderung ist folgende: 1. i, u + voc., z. b.
pákti-â, ser leicht entsteht aber 2. ij, uv + voc., z. b. páktij-â
und endlich verliert sich das vocalische element ganz, 3. j, v +
voc., z. b. páktj-â.
barten consonanten bedingt.
- Anm. Einiges der art muste §. 7 bereits erwähnt werden, wie
pûrnás mit û wegen p, überhaupt sind die schwächungen des a
vor r wesentlich durch disen consonanten bedingt.
a. j liebt denung des vorher gehenden u, i, a (von der
spaltung des j zu ij, îj, s. o. §. 14, 1, c) z. b. crû-já-tê (3. sg. praes.
pass.) zu wurz. çru (audire), ǵî-já-tê (3. sg. praes. pass.) zu wurz.
ǵi (vincere, z. b. in ǵi-tá-s part. praet. pass., ǵáj-ati 3. sg.
praes.), ǵấ-ja-tê (nascitur 3. sg. med.) wurz. ǵa (meist ǵan
lautend und so verzeichnet, gignere, parere; vgl. altbaktr. za-
ja-itê grundf. also ga-ja-tai) u. a.
- Anm. î vor j für i läßt sich auch auß der spaltung von j zu ij
erklären. Villeicht stamt auch die denung des u zu û und a zu
â vor j auß derselben quelle. Vgl. das flgde.
b. Zuweilen tritt anstatt j, ij ein, und, mit der vor j be-
liebten vocaldenung, auch îj.
Nach a tritt in gewissen fällen ij (mit a oder â also êj)
für j (mit a oder â also aj, âj) ein, z. b. praesensstämme auf
a mit dem optativelemente ja bilden nicht -a-ja, sondern -a-ija
d. i. -êja z. b. bốdhêjam für *bôdha-ja-m (1. sg. optat. praes.)
praesensstamm bốdha wurz. budh (cognoscere); dế-ja-s (part.
necessitatis, nom. sg. msc.) für *dâ-ja-s stamm *dâ-ja, auß der
gesteigerten wurzel da (dare) und suffix ja bestehend; gângêja-s
(von gangâ, gesteigert gângâ, mit suffix ja) für *gângâ-jas.
Auch nach consonanten findet sich îj für j, so in den com-
parativen mit suffix. urspr. jans gebildet, z. b. stamm lágh-
îjaṁs (nom. sg. masc. lághîjân) zu laghú-s (levis) = ἐ-λαχύ-ς
für *lagh-jaṁs vgl. ἐ-λάσσων für *λαχ-ϳων und den superlativ
[28]Altindisch. Vocalische lautgesetze.
lágh-iś-t́ha-s ἐ-λάχ-ισ-το-ς, wo -is- v. rest jas, -jaṁs ist. So hat
ferner das suffix ja auch die form îja, z. b. stamm karań-î́ja
(faciendus) für *karan-ja von stamm kára-ńa, der vor ja den
außlaut verliert (§. 14, 1, b) u. s. f.
- Anm. îj = j entwickelte sich im indischen erst nach der schei-
dung von arisch in indisch und eranisch; das dem altindischen
so nahe stehende altbaktrische hat noch j = altind. îj.
c. jâ wird bisweilen in î zusammen gezogen. Diß scheint
vor allem der fall zu sein in den weiblichen stämmen auf î, das
wol nur = jâ sein kann, z. b. bhárantî (ferens) = *bharant-jâ
= gr. φέϱουσα = φεϱοντ-ϳᾱ, ǵanitrî́ = *ǵanitr-jâ auß *ǵan-i-
tar-jâ (genitrix) = γενέτειϱα d. i. *γενετεϱ-ϳα u. s. f., ja-stämme
auß den als masc. bräuchlichen stämmen altind. bhárant, ǵani-
tár, gr. φέϱοντ, γενε-τήϱ; dêvî́ = *daivjâ (dea), vgl. lit. deivė́
d. i. *deivjấ grundf. daivjâ (dea, jezt simulacrum vanum, spec-
trum), weiterbildung von stamm dêvá, lit. dë́va, grundf. daiva
(deus) u. s. f.; deutlich zeigt sich î als schwächere lautform
von jâ im optat., z. b. 3 sg. activ bibhr-jấ-t, 3. sg. med. aber
bíbhr-î-ta, wurz. bhar (ferre, praesensstamm bibhar) u. s. f.
Bisweilen ist î auch product änlicher alter zusammenzie-
hungen von i-a oder ja nach außfall von consonanten zwischen
i und a wie in sîd-áti (3. sg. praes.) auß *si-adati für *si-sad-
ati wurz. sad (considere, perf. sa-sấd-a, aor. á-sad-at) wie ἵζω
auß *ἱἑζω = *si-sed-jô grundf. *si-sad-jâmi, lat. sìdo auß *si-sd-o
*si-sed-o grundf. *si-sad-âmi (mit der nicht seltenen praesens-
reduplication); auch îr z. b. îr-tế (3. praes. med. oritur, surgit,
caus. îr-ájati excitat, emittit) ist als entstanden auß derselben
praesensreduplication erkant: îr = *i-ar, *ijar von wurzel ar
(ire) u. s. f.
d. Ersazdenung. Namentlich in declinationsformen (nom.
sg., acc. plur.) tritt nach abfall von consonanten denung des
vorher gehenden vocals ein. Beispile:
Nom. sg. rấǵâ für *râǵan-s stamm rấǵan (msc. rex)
und nominativelement s, vgl. ποιμήν für *ποιμ-εν-ς; dhanî́ für
*dhanín-s stamm dhanín (dives); mâtấ für *mâtár-s stamm mâ-
tar (mater) vgl. μήτηϱ für *μητεϱ-ς; dúr-manâs für *dur-manas-s
[29]Altindisch. Vocalische lautgesetze.
(masc. fem. malam mentem habens; zusammengesezt auß dus
male und mánas neutr. mens), vgl. δυς-μενής für *δυς-μενες-ς;
agnimấn für *agnimant-s (igneus, igne praeditus, stamm agni
ignis mit suffix mant). Bemerke bháran one ersazdenung für
*bharant-s (nom. sg. part. praes. activi; das entsprechende gr.
φέϱων für φέϱοντ-ς hat dagegen die denung).
Acc. plur. áçvân für *açva-ns, nom. sg. áçva-s (equus); pátîn
für *pati-ns, nom. sg. páti-s (dominus); sûnû́n für *sûnu-ns, nom.
sg. sûnú-s (filius); mátîs für *mati-ns, nom. sg. máti-s (fem. opinio,
animus); dhênû́s für *dhênu-ns, nom. sg. dhênu-s (vacca lactaria).
Als ersazdenung mit vocaltrübung ist wol ô = as vor tönen-
den lauten zu faßen, wie in mánôbhis instr. plur. für *manas-
bhis auß mánas (neutr. mens, μένος) und bhis (suffix des instr.
plur. auß bhi mit dem pluralzeichen s bestehend) u. s. f. Häu-
fig findet dise wandlung des as zu ô bei außlautendem as statt.
e. Ein hilfsvocali, î tritt zwischen stammaußlaut und
consonantisch anlautender endung in wortbildungen, besonders
in conjugationsformen auf, in welchen ursprünglich und teil-
weise noch in der älteren sprache die endung unmittelbar an
den stammaußlaut antrat, z. b. in praesensformen einzelner
verba, wie sváp-i-mi, sváp-i-śi, sváp-i-ti, svap-i-más (1. 2. 3. sg.
1. plur. praes.) u. s. f. für *sváp-mi u. s. f. wurz. svap (dor-
mire); im perfectum geschiht diß in gewissen personen regel-
mäßig, z. b. 1. plur. tutud-i-má wurz. tud (tundere) u. a. Hier
kommen die älteren formen one ein geschobenes i noch häufig
vor, teils sogar im gewönlichen altindisch, wie z. b. ḱakár-tha
(2. sg. perf.) wurz. kar (facere), teils in der älteren sprache
des veda, in welcher ein tutudmá u. s. f. gebildet werden kann.
Im futurum z. b. gam-i-sjấmi (1. pers. sing. fut.) zu wurzel
gam (ire); im part. praes. pass. wie vid-i-tás zu wurz. vid (vi-
dere, scire) und vilen änlichen bildungen findet solche einfü-
gung von i bei gewissen wurzeln statt.
î findet sich als hilfsvocal in aoristformen, wie z. b. 2. sg.
á-nâi-ś-î-s wurz. ni (nî ducere) neben 1. pl. á-nâi-ś-ma; in
praesensformen, wie 1. sg. bráv-î-mi 3. sg. bráv-î-ti neben 1. pl.
brû-más wurz. bru (brû loqui) und in imperfectformen, wie á-brav-
[30]Altbaktrisch. Übersicht der laute.
î-s, á-brav-î-t (2. 3. sg.) von derselben wurzel; ấs-î-s, ấs-î-t (2.
3. sg.) von wurz. as (esse) u. a.
Das vêdische âs für *âs-t (nach einem lautgesetze des alt-
indischen, das die lere von den consonanten zu erörtern hat)
anstatt des späteren ấs-î-t entscheidet für die auffaßung des î
als spät ein geschobenen hilfsvocales.
- Anm. Wenn neben sváp-i-mi für *svap-mi und á-svap-î-t für
*a-svap-t (1. sg. praes., 3. sg. imperf.) ein svápâ-mi á-svapa-t
erscheint, so ist diß einfach so zu faßen, daß, wie oft, neben
dem praesensstamme auf den wurzelaußlaut, svap, auch ein sol-
cher auf a, svapa, erscheint. grh-î-tá-s, part. praet. pass. zu
wurz. grah (capere, prehendere), hat ebenfals diß î, dessen an-
wendung also der des i vollkommen gleich ist, nur ist es seltener.
Altbaktrisch (Zend).
Übersicht der laute des altbaktrischen*).
Mit ṅ (in der zendschrift durch zweierlei zeichen gegeben,
was auch bei den lauten n, j, v statt findet) bezeichnen wir
[31]Altbaktrisch. Übersicht der laute.
einen nasalen klang der vocale; in gewissen fällen wird das
nasalierte a durch ein besonderes schriftzeichen gegeben, was
wir mit a͂ auß drücken.
In der tabelle fanden nur die einfachen vocale platz. An vo-
calischen doppellauten und dreilauten kommen folgende vor:
ai, aê, au, ao. — âi, âu, âo. — èu. — êi (ei). — ôi, ôu. —
ui, ûi. — aêi, aoi, aou.
- Anm. In manchen fällen sind die neben einander stehenden vocale
nicht als diphthonge bildend, sondern als verschidenen silben
angehörig zu betrachten, z. b. âa, èê u. a. (s. §. 25).
Die geltung (außsprache) der altbaktrischen schriftzeichen
ist im ganzen sicher gestelt, nur in einzelnen punkten kann
man zweifeln. Im folgenden bespreche ich nur die laute, über
deren außsprache die gegebene umschreibung nicht an sich deut-
lich ist.
ṭ ist eine modification des t im außlaute (von Bopp durch
ḍ bezeichnet), man pflegt es in der außsprache nicht von t zu
sondern.
qh ist zu sprechen etwa wie unser deutsches ch, nur vil-
leicht rauher und tiefer in der kele, doch wird man mit der
außsprache unseres ch, wie es nach a lautet, der altbaktrischen
außsprache nahe kommen.
ç mag weniger von s ab gesezt worden sein, als im altindi-
schen; für ç = urspr. k ist jedoch die beim altindischen ange-
gebene geltung fest zu halten. Erst in einer späteren zeit mag
dise in abname gekommen und so die vermischung von s und
ç ein getreten sein.
ź ist französ. j, slaw. ż, ž, d. h. ś mit stimmton, ein laut,
der uns Deutschen felt.
z ist = franz. und slaw. z, d. h. s mit stimmton, felt eben-
fals der jetzigen hochdeutschen sprache.
w mag sich in der außsprache von v unterschiden haben,
in welcher weise, ist nicht wol zu ermitteln; wesentlich ist di-
ser unterschid nicht und durch die gleiche außsprache von v
und w werden wir keinen großen feler begehen.
n vor gutturalen und palatalen consonanten mag wol von
[32]Altbaktrisch. Vocale.
der qualität diser laute bestimt worden sein, doch wagten wir
nicht, in die tabelle ein gutturales und palatales n auf zu ne-
men, da die schrift ein solches nicht unterscheidet und die
außsprache als dentales n vor gutturalen und palatalen mög-
lich ist.
Der unterschid in der außsprache von ê und è ist kaum
zu bestimmen; ich würde vor schlagen ersteres wie franz. é fer-
mé und lang, lezteres wie e ouvert (wie ä) zu sprechen. Die
quantität des è ist schwer zu ermitteln, villeicht war es weder
entschiden lang, noch entschiden kurz; stäts kurz ist e.
Die außsprache der diphthonge ergibt sich auß der schrei-
bung (die von Spiegel und Bopp für aê, ao geforderte auß-
sprache als ai, au ist schon auß dem grunde unstatthaft, weil
ai, au von aê, ao durch die zendschrift geschiden sind).
Vocale des altbaktrischen.
Der vocalismus des altbaktrischen ist durch lautgesetze
vom ursprünglichen stande vil stärker ab gewichen, als der des
altindischen. So ist vor allem durch spät ein getretene lautge-
setze die große anzal der diphthonge diser sprache entstanden.
Das a unterligt nicht nur dem schwunde und der schwä-
chung, sondern es erscheint auch nicht selten zu e und o ge-
färbt (lezteres war im altindischen nur bei ô = as der fall).
Der vocal r = ar felt, an seiner stelle erscheint ere auch
are für er, ar, da dem r in der regel (s. §. 28) ein e nach
schlägt. Das altbaktrische zeigt also, da e = a ist, die ur-
sprüngliche lautstufe ar, nicht die geschwächte wie das altindi-
sche (îr und ûr treten demnach für dises er = ar nicht ein, wie
im altindischen für r).
Die denung des i und u zu î und û ist häufiger als im
altindischen. Für ai und au ist aê (wol = ae) und ao eingetre-
ten durch assimilation des zweiten elementes ans erste.
Die vocalische assimilation hat ein weites gebiet gewonnen;
auch die consonanten wirken in diser sprache vil stärker auf
die inen vorauß gehenden und folgenden vocale ein, als diß im
altindischen der fall war. Vor allem bedeutend ist das gesetz,
[33]Altbaktrisch. A-reihe. Schwächung.
nach welchem die vocale einem i (j) und u (v) der folgenden
silbe dadurch änlicher gemacht werden, daß ein i- und u-ele-
ment der folgenden silbe ein solches in der vorher gehenden
hervor ruft (epenthese, umlaut). Besonders in folge dises laut-
gesetzes entstehen die das altbaktrische gleich auf den ersten
blick characterisierenden diphthonge und triphthonge, deren an-
zal übrigens auch durch die auflösungen von j und v in ire
entsprechenden vocale vermert wird.
- Anm. Die länge und kürze der vocale ist in der schrift der ma-
nuscripte nicht reinlich geschiden. In der folgenden umschrei-
bung halten wir uns an die handschriftliche überliferung und
schreiben also auch da die länge, wo sie mit höchster warschein-
lichkeit in der außsprache nicht vorhanden war. Namentlich ist
ê und ô gewiss überall da als kürze zu betrachten, wo dise laute
auß a, i und u hervor giengen, z. b. die verbindung jê für urspr.
ja; vô, pô u. s. f. für urspr. va, pa; außlautendes ô = as; aê
für urspr. ai u. s. f., man spreche hier überall ê und ô als kürzen auß.
Die vocalreihen des altbaktrischen sind folgende:
| schwächung | grundvoc. | 1. steiger. | 2. steiger. |
| 1. a-reihe schwund; i | a (e, o) | â | â |
| 2. i-reihe | i | aê | âi |
| 3. u-reihe | u | ao | âu |
Beispile.
Schwächung. Schwund z. b. in stamm ukh-ta (part. praet.
pass.), altind. uktá grundf. *vak-ta wurz. vaḱ vak (loqui); uç-
mahê (1. plur. med. praes.) uç-jâ-t (3. sg. optat.) von wurz. vaç
(velle, desiderare), vgl. altind. uç-ánti (3. plur. praes. ind.) von
derselben wurzel; aśâuna͂m (gen. plur., eben so in anderen for-
men) für *aśavan-a͂m, stamm aśavan (purus); ja und va gehen
in gewissen declinationsformen regelmäßig in î, û über (s. §.
29, 4); h-mahi, ç-tha, h-enti (1. 2. 3. plur. praes. ind.) = alt-
indisch s-más(i), s-tha, s-ánti, wurz. as (esse; die consonantischen
lautgesetze, denen zu folge hier z. b. h, ç für s auftritt, kön-
nen erst weiter unten an irem orte ire besprechung finden),
urspr. as-masi, as-tasi, as-anti; qh-jèm qh-jâo qh-jâṭ (1. 2. 3. sg.
Schleicher, vgl. gramm. d. indog. spr. 3
[34]Altbaktrisch. A-reihe. Grundvocal a, e.
opt. praes.) = altind. sjâm, sjât, sjât, latein. siêm, siês, siêt,
urspr. as-jâ-m, as-jâs, as-jât erhalten im griech. *ἐ-σ-ϳημ, *ἐ-σ-
ϳης, *ἐ-σ-ϳητ d. i. εἴην, εἴης, εἴη von derselben wurzel; dâ-thr-ê,
dâ-thr-ô (dat., gen. sg.; ô ist = as im wortaußlaute) grundf.
dâ-tar-ai, dâ-tar-as vom stamme dâtar (dator), der z. b. im voc.
dâtare für *dâtar mit nach schlagendem e (s. u. §. 28) erscheint.
Änlicher schwund des a findet sich auch in den auß lautenden
silben anderer nominalstämme.
Die schwächung von a zu i sehen wir z. b. in hi-stâmi,
hi-staiti (1. 3. sing. praes.) für *si-stâmi, *si-staiti, vgl. ἵ-στημι,
ἵ-στησι und lat. si-sto, si-stit auß einer urform *sta-stâ-mi *sta-
sta-ti von wurz. sta (stare), die hier verdoppelt ist; pi-tar neben
dem ursprünglichen pa-tar (nom. pi-tâ pa-tâ für *pa-tars pater)
wurz. pa (tueri); Jimas (nom. propr. dei) für altind. Jamás v.
der wurz. jam (regere, coercere).
Der grundvocala z. b. in ah-mi, aç-ti = altind. und
urspr. ás-mi, ás-ti (1. 3. sg. praes.) wurz. as (esse); vaç-ti (3.
sg. praes.) wurz. vaç (velle); vaḱ-as (sermo) wurz. vaḱ vak
(loqui); aç-pa-s = altind. áç-va-s, urspr. ak-va-s (equus); bar-
-aiti = altind. bhár-ati (3. sg. praes.) wurz. bhar (ferre); stamm
a-mar-a (immortalis) wurz. mar (mori); stamm daregha (longus),
altind. dîrghá grundf. dargha; çtar-e-ta (part. praet. pass.), alt-
ind. str-tá, wurz. star (sternere); ar-e-ta und er-e-ta (altus, mag-
nus), altpers. arta (in arta-khśatrâ altum imperium habens)
wurz. ar; stamm dâtar (dator, creator) wurz. da (dare, creare)
urspr. da und dha mit suffix tar u. s. f.
Die färbung des a zu e ist vor allem vor r vor consonan-
ten häufig, dem in disem falle und im außlaute e nach schlägt
(s. u. §. 28). So steht z. b. pere-nô (nom. sg. plenus) für par-
na-s von wurz. par (implere), kere-tô neben kare-tô = altind.
kr-tás grundf. kar-ta-s (part. praet. pass.) wurz. kar (facere)
u. s. f. Weitere beispile diser art s. u. §. 28. Ferner vor auß
lautendem nasal und vor n + consonant, wie z. b. hentem =
altind. sántam grundf. as-antam (acc. sing. masc. part. praes.
act. von wurz. und praesensstamm as esse, s. §. 27, 2).
[35]Altbaktrisch. A-reihe. Steiger. â. I-reihe.
Auch ê und è sind in gewissen fällen vertreter von a, s.
unten bei den lautgesetzen §. 27, wo auch über o (geschriben
ô) für a zu handeln ist. So ist z. b. ni-vôirjêitê für *ni-vôr-jê-tê
= altind. ni-var-já-tê (3. sg. praes. passivi von wurz. var arcere)
mit ô nach v und ê nach j für a.
â ist steigerung des a wie im altind. und in der urspr.,§. 20.
z. b. âç-u-s (celer) = altind. âç-ú-s, ὠϰύς, wurz. aç, vgl. aç-pa-s =
altind. áç-va-s (equus); kâr-ajêmi (1. sg. praes. causativi) zu
wurz. kar, grundf. u. altind. kârájâmi; stamm aiwi-stâra- (ob-
ductio, tegumentum) wurz. star; çtâ-ta-s (part. praet. pass.), çtâ-
nem = altind. sthấnam grundf. stâ-na-m (locus) wurz. sta (stare)
u. a. Eben so in wortbildungselementen, z. b. barâ-mi, barâ-
mahi (1. sg., plur.) = altind. und grundf. bhárâ-mi, bhárâ-masi
vom praesensstamme bhara mit steigerung des stammaußlautes
a, vgl. bhara-hi = altind. und grundf. bhára-si (2. sg. praes.)
mit ungesteigertem stammaußlaute; dâtâr-em = altind. dâtấr-
am (acc. sg.) neben dâtare (voc. sg.) vom stamme dâtar (dator,
creator) u. s. f.
â wird zu ê, è und âo getrübt; in gewissen fällen tritt a͂
für â ein (die außsprache des a͂ soll nach Spiegel = griech. ω
sein, wobei man jedoch die scheidung dises a͂ von ô nicht be-
greift). Näheres bei den lautgesetzen §. 27, 3. 4. 6. 7.
Grundvocali, z. b. in vid-ja (scientia; nom. sg.) = altind.
vid-jấ und so würde die zendform vor ḱa (que) lauten, wurz.
vid (scire); ḱis-ti-s (scientia) altind. und grundf. kít-ti-s wurz.
ḱit (nosse, scire) u. s. f. In beziehungslauten, z. b. suffix ti
in dem eben angefürten stamme ḱis-ti-s, in pai-ti-s altind. und
grundf. pá-ti-s (dominus) u. a.
Die denung zu î ist häufig, in manchen fällen regelmäßig
(s. u. §. 29, 3), z. b. vîd-vâo, vîdh-vâo = altind. vid-vấn (nom.
sg. msc. part. praet. act. mit abgefallener reduplication, grundf.
*vi-vid-vant-s sciens, gnarus) wurz. vid (videre, scire); vîç-ô (gen.
sing. = vîç-as) vom stamme vîç für viç (habitatio) wurz. viç;
â-frî-tis und â-fri-tis (benedictio) wurz. fri = altind. pri (ama-
3*
[36]Altbaktrisch. I-reihe. 1. steiger. aê, ôi. 2. steiger. âi.
re); ḱi-ṭ und ḱî-ṭ (n. acc. sg. ntr.) stamm u. wurzel ḱi (pron.
interrog.) u. s. f.
Die erste steigerung des i ist ae, geschriben aê (ser
häufig ist die schreibung ê und ô, wo mit höchster warschein-
lichkeit für die außsprache die kürze an zu nemen ist) z. b.
vaêda, vaêsta für *vaêd-ta (1. 3. und 2. sg. perf.) = altindisch
vếda, vếttha = *vếd-tha, gr. ϝοῖδα, ϝοῖσϑα = *ϝοῖδ-ϑα, got.
vait, vaist = *vait-ta, grundf. für altbaktr. und altind. *vi-vaid a,
*vi-vaid-ta wurz. vid (videre, scire); daêv-a-s (daemon) = altind.
dêv-á-s (deus) grundf. daiv-a-s wurz. div (lucere); çaê-tê (3. sg.
praes. med.) = altind. çế-tê, griech. ϰεῖ-ται wurz. çi grundf.
ki (jacere) u. a.
Vor vocalen steht aj wie im altind., z. b. naj-êiti altind. u.
grundf. náj-ati (3. sg. praes.) wurz. ni (ducere). Man siht hier-
auß deutlich, daß in einer älteren sprachperiode auch im alt-
baktrischen die älteste lautform diser steigerung, nämlich ai,
in geltung war.
In gewissen fällen, namentlich vor außlaut s, ṭ, tritt für aê
ôi (sprich oi, mit kurz. o) ein mit trübung des a der grundf. ai
zu o, z. b. pa-tôi-s = altind. pá-tê-s, lit. pa-të́-s grundf. pa-tai-s
(gen. sg. zu nom. sg. pai-ti-s), pa-toi-ṭ (ablat. sg.) grundf. pa-
tai-t zu stamm pa-ti (dominus).
aê und ôi wechseln in demselben worte, z. b. vî-daêva-s
(nom. sg. daevis inimicus) neben vî-dôjûm (acc. sg.); -ûm =
vem = vam (s. §. 29, 4), also für *dojûm auß *doivem, doivam
urspr. daiva-m.
- Anm. Auß lautend geht aê in ê über, z. b. âthr-ê (dat. sg.) vom
stamme âtar (ignis), aber âthraê-ḱa dasselbe mit an gehängtem
ḱa (que), vor welchem sich der ältere laut erhielt.
Die zweite steigerung des i ist âi, z. b. âiti (3. sg.
praes.; die form komt öfters vor, an zusammensetzung mit einer
präposion â ist schwerlich zu denken) wurz. i (ire), altind. mit
erster steigerung ếti grundf. ai-ti; śâiç-tem für *śâid-tem (acc.
sg. part. perf. pass.) altind. siddham auß *sidh-tam (bonum,
perfectum) wurz. altind. sidh.
[37]Altbaktrisch. U-reihe. Grundvoc. u. 1. steig. ao. 2. steig. âu.
Grundvocalu, z. b. in bu-jât (3. opt. aor.) wurz. bu (fieri,§. 23.
esse), mru-jê (1. sg. praes. med.) wurz. mru (loqui), hu-nûta
(3. sg. imperf. med.) wurz. hu (celebrare), rus-ta (3. sg. aorist.
med.) für *rudh-ta, *a-rudh-ta wurz. rudh (crescere) u. a.
- Anm. Bemerke çri-nujâṭ (3. sg. opt.) für *çru-nujât von wurz.
çru (audire).
Die denung des u zu û, die, wie die des i zu î teilweise
an gewisse lautfolgen gebunden ist (s. u. §. 29, 3) ist nicht sel-
ten, z. b. bû-śjantem (acc. sg. msc. participii fut. act.) wurz.
bu (fieri, esse), mrû-maidhê (1. plur. praes. med.) wurz. mru
(loqui), çrû-ta-s altind. çru-tá-s (part. praet. pass.) wurz. çru (au-
dire), kerenûidhi für *kere-nu-dhi (2. sg. imperat.) v. praesens-
stamme kere nu = altind. krńú wurz. kar (facere).
Erste steigerung des u ist ao, z. b. mrao-ṭ (3. sg. im-§. 24.
perf. wurz. mru (loqui), vgl. altind. á-brav-ît für *á-bró-t (s. §.
15, e) grundf. *á-brau-t; hao-ma-s (nom. sg. msc. nomen propr.
plantae et dei) = altind. số-ma-s grundf. sau-ma-s wurz. altb.
hu, altind. su (gignere, sucum exprimere); çrao-thre-m (acc.
nom. sg.) stamm çrao-thra (auditio), altind. çrố-tra-m grundf.
krau-tra-m wurz. çru (audire); raodh-ahê (2. sg. praes. medii)
wurz. rudh (crescere); zao-thre-m (acc. sg.), stamm zao-thra, alt-
ind. hố-tra-m (sacrificium), zao-tâ (nom. sg.) = altind. hô-tấ
für *hô-tars (sacrificans) wurz. altbaktr. zu, altind. hu (sacrifi-
care); a-bav-aṭ, bav-aṭ, altind. á-bhav-at (3. sg. imperf.) wurz. bu;
kere-nao-ṭ (3. sg. imperf.) altind. á-kṛ-nô-t grundf. a-kar-nau-t
zu praesensstamm kere-nu u. a.
- Anm. aokh-ta-s, nebenform zu ukh-tas = altind. uk-tá-s grundf.
*vak-ta-s (dictus) zu wurz. vaḱ, die hier zu uḱ verkürzt (§. 18, 1)
und dann gesteigert ward.
Vor s komt auch èu als steigerungslaut von u vor, mit è
= a, z. b. paçèu-s (gen. sg.) = altind. paçố-s grundf. *pakau-s
zu stamm paçu (pecus); es findet sich in disen genitiven auch
ao-s (auch âu-s, d. i. -au-s mit â für a, vgl. §. 17, anm.).
Zweite steigerung von u ist âu, z. b. çrâv-ajêmi (1. sg.
[38]Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze.
praes. verbi causativi) für *çrâv-ajâmi (§. 27, 3) wurz. çru (au-
dire); hâv-anem (nom. acc. neutr., vas in quo est sucus sômi)
wurz. hu, altind. su (sucum exprimere). Vgl. auch gâu-s (bos)
altind. gâu-s, griech. βοῦ-ς, woferne diß wort, wie höchst war-
scheinlich an zu nemen ist, auf eine wurzel gu hin weist.
Vocalische lautgesetze.
Hiatus wird vermiden 1. durch wandel voni, u zu j, v,
aê, ôi (d. i. ae, oi) zu aj, ôj, ao zu av, âu zu âv; z. b. thrj-aç-
(ḱa), thrj-a͂m (nom. gen. plur.) stamm tri (tres) z. b. in tri-
bjô (dat. pl.); bv-aṭ (3. sg. aor.) wurz. bu (esse); naj-êiti, vi-dôj-
ûm sind bereits oben (§. 22) besprochen; bav-aṭ (3. sg. imperf.)
wurz. bu; gav-a͂m (gen. plur.) zu gâu-s (bos), hier mit erster
steigerung; çrâv-ajêmi auß *crâu-ajâmi (1. sg. praes. causativi)
wurz. çru (audire) u. a.
2. a vor andern vocalen geht mit disen zusammenzie-
hung ein z. b. barôi-ṭ (3. sg. praes.) auß bara, praesensstamm
von wurz. bar (ferre), und dem i des optativs; aç-pê (möglicher-
weise auch aç-pôi, loc. sing.) auß stamm açpa und dem i des
locat. sing.; açpâi auß açpa (equus) und ai, zeichen des dat.
sing. (vgl. §. 14, a) u. s. f.
3. Der durch außstoß von consonanten oder vocalisierung
von j, v entstehende hiatus bleibt. Dise veränderungen tra-
ten erst in einer späteren lebensperiode der sprache ein, in
welcher andre gesetze sich geltend machten, als in einer frühe-
ren. So im dativ sing. der i-stämme, z. b. â-fri-tèê stamm â-
fri-ti (benedictio) auß -taê (das demnach in disem falle mit hia-
tus, zweisilbig gesprochen ward) und diß auß -tajaê grundf.
-taj-ai; zaredha-êm für *zaredhajêm = *zaredhajam = altind.
hrdajam (cor). In fällen wie daêum für *daevem *daivam stamm
daiva (deus, altbaktr. daemon) ist warscheinlich ebenfals ver-
teilung von ae und u auf zwei silben, also ein hiatus an zu
nemen; demnach hôim, haoim für *haojem, *havjam = savjam
(sinistrum) in entsprechender weise mit hiatus, obschon die
[39]Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze.
gruppen ôi, aoi nicht selten durch epenthese entstehen und
dann einer silbe an gehören. Hiatus ist also villeicht auch in
fällen wie aśaonô, aśâuna͂m gen. sg. und plur. vom stamme
aśavan (purus) für *aśavan-as, aśavan-a͂m u. dgl. an zu nemen.
Die metrik des altbaktrischen würde hier allein sichern auf-
schluß geben können. Über den in den an gefürten beispilen
statt findenden schwund von a s. §§. 18. 29, 4.
- Anm. 1. âaṭ (ser häufiges wort ‘tunc’, doch wol = altind. ât) zeigt
auffallenden hiatus, dessen entstehung nicht klar ist. - Anm. 2. Die lautwandlungen, die bei der zusammensetzung von
worten ein treten (wo z. b. von u-v, i-j bloß v, j bleibt) glau-
ben wir der speciellen grammatik des altbaktrischen überlaßen
zu können.
Die §. 17 bereits erwähnte so genante epenthese, d. i.§. 26.
hervorrufung von i und u durch i, u oder j, v der folgenden
silbe ist rükwärts wirkende assimilation.
i (j) äußert häufiger, seltner u (v) assimilierende kraft auf
die vorher gehende silbe. Das gesetz ist nicht außnamslos
durch gefürt.
i (j) bisweilen auch ê wirkt über die dentalen und labia-
len momentanen consonanten (t, d, th, dh, p, b, bei letzteren
beiden jedoch nicht immer), ferner über ś, n (nur nach a), w, r
hinüber; alle consonantengruppen, die gutturalen m u. s. f. hem-
men dise wirkung; bei nt findet bald epenthese statt, bald nicht.
Mittels epenthese des i (j) entstehen die epenthetischen
diphthonge ai, âi, êi, ôi, ei, ui, ûi und die triphthonge aêi,
aoi, z. b.
ai (wol zu unterscheiden von der steigerung aê = urspr.
ai, das man also keineswegs in der außsprache mit disem ai
= urspr. a vermischen darf) z. b. baraiti (3. sg. praes. zu
wurz. bar ferre, aber 1. praes. barâmi, 2. barahi 3. pl. barenti);
bavainti und bavanti (3. plur. praes. zu wurz. bu); jazamaidhê
(1. plur. medii, wurz. jaz, sacrificare), -maidhê steht für das
zu erwartende *madhê, vgl. griech. -μεϑα.
âi z. b. barâiti (3. sg. praes. conjunctivi, wurz. bhar ferre).
êi, wenn a nach j zu ê wird (s. u. §. 27, 3), z. b. â-tâpa-
[40]Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze.
jêiti für *tâpajêti auß *tâpaja-ti (3. sg. ind. vom causativstamme
tâpaja mit praepos. â, collustrare, wurz. tap urere, lucere).
ôi z. b. nivôirjêitê für *nivôrjêitê auß *ni-var-ja-tê (3. sg. med.
vom passivstamme var-ja mit praeposition ni, wurz. var arcere).
ei kann nur nach r vor kommen und ist selten, meist fin-
det nach e keine epenthese statt; vereidhis (incrementum) für
*veredh-i-s wurz. vardh (crescere); âtareibjô, âtereibjô neben
âtarebjô, âterebjô (dat. plur., suff. bjô, vom stamme âtar, ignis)
u. dgl.
ui z. b. uiti für *uti (demonstratives adverbium vom pro-
nominalstamme u, mit ti gebildet).
ûi z. b. kerenûiśi für *kerenû-si vom praesensstamme kere-
nu (2. sg. praes., wurz. kar, facere).
aêi ist häufig z. b. açpaêibjô für *açpaê-bjô, altind. áçvê-
bhjas (dat. plur., suffix bjô, des stammes açpa equus; die a-
stämme der nomina erweitern iren stammaußlaut vor gewissen
casusendungen zu ai, d. i. altbaktrisch aê).
aoi z. b. kerenaoiti auß *kerenao-ti = altind. krńố-ti
grundf. karnauti (3. sg. activi v. praesensstamme kere-nu urspr.
kar-nu, dessen außlaut hier gesteigert ist, wurz. kar, facere).
u und v (w) wirken nur über r hinüber. So entstehen die
diphthonge au, ôu, èu (über aou vgl. §. 27, 5, anm.).
au z. b. haurvô = haurvas für *harvas = altind. sárva-s
(nom. sg. masc. omnis, totus; diß au ist also wol zu scheiden
von dem ganz verschidenen ao der steigerung, urspr. au, das
also nicht etwa wie au auß zu sprechen ist).
ôu entsteht durch wandlung von a nach labialen zu ô (§.
27, 5) z. b. pôuru-s (nom. sg. msc. multus) für *pôru-s und diß
für *paru-s (altind. purú-s mit schwächung des a zu u, s. o. §. 7).
èu ist ebenfals nur variante von au, z. b. gèurwajêiti für
*gèrwajati, *garwajati auß *garbhajati, *grabhajati (3. sg. act.
v. praesensstamme gèurwaja, wurz. altind. garbh, grabh, capere).
Veränderungen des a durch consonanten und verwantes.
1. Vor r, wenn ursprünglich ein consonant darauf folgte,
ist e für a fast außschließlich beliebt, doch findet sich darne-
ben häufig a, z. b. bar-âmi grundf. bharâmi (1. sg. praes.) aber
[41]Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze.
bere-tô (nom. sg. msc. part. perf. pass.) grundf. *bhar-tas; kere-tô
neben kare-tô = altpers. kar-ta, altind. kr-tá-s grundf. kar-ta-s
(part. praet. pass.), kere-nao-mi = altind. kr-ńố-mi grundf.
kar-nau-mi (1. sg. praes.) wurz. kar (facere); ere-tô neben are-
tô (respecté, grand) = altpers. ar-ta zu wurz. ar, çtere-najen
(3. plur. optat. praes.) wurz. star (sternere), pere-nô (altind.
pur-ńás) grundf. par-na-s (plenus) wurz. par (implere), pereth-u-s
= altind. prth-ú-s urspr. prat-u-s; da ere = ar ist, so weist
perethus auf eine eranische grundform *partus hin u. a.
2. Vor auß lautendem m, n und meist vor n + consonant
steht e für a, z. b. hentem = sentem (vgl. lat. ab-sentem, prae-
sentem) altind. sántam grundf. as-ant-am (acc. sg. masc. partic.
praes. act. wurz. as, esse), barajen (3. plur. opt. praes.) grundf.
bara-ja-nt, barenti (3. plur. ind. praes.) altind. u. grundf. bhá-
ranti, wurz. bhar (ferre); neben ent findet sich jedoch auch
ant, z. b. barantu (3. plur. imperativi praes. von derselben
wurzel), bavainti (3. pl. praes. ind. wurz. bu esse).
Auch â unterligt disem einfluße und wird dann zu è; man
vergleiche qhjèm, qhjèn (1. sg. 3. plur. opt. praes. wurz. as) für
*sjâm, *sjân grundf. as-jâ-m, as-jâ-nt mit qhjâṭ (3. sg. optat.
praes.) für *sjâṭ grundf. as-jâ-t u. a.
Auch inlautend steht e für a vor m, z. b. im superlativ-
suffix -tema, altind. und grundf. -tama, nemô (cultus, adoratio)
= altind. und grundf. námas, daçemô = altind. daçamá-s
(decimus) u. s. f.
3. Nach j findet sich oft, durch anänlichung an das pala-
tale j, ê für a und zwar regelmäßig dann, wenn in der folgen-
den silbe i, î oder ê steht, z. b. âtâpajêiti (collustrat) für *â-tâ-
pajati (s. o. §. 26 unter êi); a und ê finden sich jedoch nicht
selten neben einander, z. b. jêçnem als variante des richtigeren
jaçnem (acc. sg. vom stamme jaçna, sacrificium).
Unter gleichen bedingungen wird auch â zu ê, z. b. han-
kârajêmi für *sam-kârajâmi (1. sg. praes. indic. vom causal-
stamme kâraja, der mit praeposition ham = sam ‘cum’ perficere,
absolutum facere bedeutet, wurz. kar, facere). So erklärt sich,
daß neben einander steht â-vaêdhajê-mi (1. sing. praes.) aber
[42]Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze.
â-vaêdhajâ-mahi (1. plur. praes., vom causalstamme vaêdhaja
mit praep. â, invocare, wurz. vid scire) u. dergl.
4. è für â, das durch ersazdenung entstanden, findet sich
z. b. im dat. instr. plur. der neutra auf as, wo für -as-bhjas,
-as-bhis zunächst *-azbhjas, *-azbhis und mit verlust des z *-âbhjas,
*-âbhis zu erwarten war; das altbaktrische hat dafür -èbjô, -èbîs
(in änlicher weise zeigt das altindische -ôbhjas, -ôbhis) z.b.
raoḱè-bjô, raoḱè-bîs vom stamme raoḱas (lux). Andre mer
vereinzelte, villeicht dialectische übertritte von a zu è mögen
hier übergangen werden (vgl. auch unten §. 29, 4 èê = ajê,
oben §. 24 èus = aus).
5. Trübung desazuo (geschriben ô) tritt bisweilen
durch assimilation nach labialen consonanten ein, z. b.
pôurus d. i. *pôrus = *parus (multus); ubôjô = altind. ubhá-
jôs (gen. loc. dualis) vom stamme ubha, altbaktr. uba (ambo);
vôhus neben vaṅhus = *vasus (bonus, sanctus; h und ṅh = s,
s. unten bei den consonanten); môurus (nomen proprium urbis,
Merw) für *môrus und diß für marus (wurz. mar suffix u).
- Anm. In paour-vô, paoir-jô (primus) vgl. altind. pûr-vá = *par-
va scheint ao = urspr. a zu stehen, denn die grundformen sind
wol par-va, par-ja von wurz. par = pra (vgl. fra-themô pri-
mus), darauß also zunächst *paorva, *paor-ja und sodann,
durch den einfluß von v und j, paour-va, paoir-ja.
-as geht im außlaute stäts in ô (o) über und bleibt nur vor
dem an gehängten ḱa (que) und andern enge ans vorher ge-
hende sich an schließenden wörtchen, z. b. açpô (nomin. sing.
equus) aber açpaçḱa (equusque); kô (nom. sg. msc. quis) aber
kaç-tê (quis tibi), kaç-nâ (quis homo), ja sogar kaç-e-thwa͂m (quis
te) mit erhaltenem aç und mit hilfsvocal e (§. 28). In folgen-
den fällen dürfte jedoch die trübung von a zu o schwerlich
durch einfluß der benachbarten laute bedingt sein.
In zusammensetzung, auch vor secundären suffixen, trübt
sich ebenfals bisweilen a zu ô, z. b. daêvô-dâtô (a daemonibus
creatus) für *daêva-dâtas, airjô-çajanem (Ariae locus) für *airja-
çajanem, çpô-ǵatô (a cane interfectus) für *cpa-ǵatô und diß
auß *çpan-ǵatô, zarathustrô-tema (qui se rapproche le plus de
[43]Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze.
Zoroastre, stamm des superlativus des nom. proprii Zarathu-
stras, *ζαϱαϑυστϱότατο-ς) vom stamme zarathustra mit dem
suffixe tema, huskô-tara (stamm des comparativs) zu huska (sic-
cus) u. s. f.
ôi = ae urspr. ai fanden wir bereits §. 22.
6. âo = â vor ursprünglichem s, mag nun das s erhalten,
oder im außlaute ab gefallen oder im inlaute in ṅh gewan-
delt sein, z. b. mâoç-ḱa für *mâs-ḱa (lunaque, mensisque),
mâoç vor ḱa für mâos = altind. mâs, mâo (nom. sg.) = alt-
ind. mâs, mâoṅhem (acc. sg.) = altind. mâs-am u. a.
Wo s in h gewandelt ist, bleibt â rein, z. b. barâhi =
altind. und urspr. bhárâsi (2. sg. conj. praesentis, wurz. bhar
ferre).
7. a͂ ist = â vor auß lautendem m und n, z. b. in der
endung a͂m = altind. u. urspr. âm des gen. plur. wie gav-a͂m
= altind. gáv-âm (zu nom. sg. gâus bos), diß ist der häufigste
fall; dada͂m = altind. á-da-dâ-m, 1. sg. imperf. zu praesens-
stamm dada, wurz. da (dare); bara͂n 3. pl. conj. imperf. für *ba-
rân grundf. barânt wurz. bhar (ferre), praesensstamm bhara.
Von der function des a͂ als a + nasal s. bei den consonanten.
Zusatz von vocalen. 1. In gewissen fällen findet ein-§. 28.
schiebung eines hilfsvocales e zwischen zwei conso-
nanten statt, auch an r vor consonanten und an auß
lautendes r tritt e an, z. b. dad-e-mahi = altind. dad-
mási grundf. *da-da-masi (1. plur. praes.) zu wurz. da (dare);
vaç-e-mi = altind. váçmi (1. sg. praes., vgl. 3. perf. sg. vaç-ti)
wurz. u. praesensstamm vaç (velle); dadareça = altind. dadárça
1. 3. perf. wurz. darç (videre), vgl. gr. δέδοϱϰα; stamm qhareti
(fem. actio edendi) für *qhar-ti wurz. qhar (edere); fernere
beispile für inlautendes r s. §. 27, 1; dâtare (vocativ sing.) für
*dâtar, altind. u. grundf. dh́âtar od. dâtar (creator od. dator).
Bei rj und rv so wie bei rs (im außlaute und vor t) findet
diser einschub nicht statt, z. b. airjô (nom. sg. Arianus), haurvô
(totus, omnis), atar-s nom. sg. (ignis) stamm atar, karstô (nom.
sg. part. praet. pass.) wurz. kars (arare, doch findet sich auch
kares-tô mit dem hilfsvocale), stamm kars-ti (aratio von dersel-
[44]Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze. Außlaut.
ben wurzel); auch wird nach hr, einer lautgesezlichen variante
von r (s. u. bei den consonanten), der hilfsvocal nicht ein ge-
schoben, z. b. vehrkô (nom. sg. lupus) für *verkas, varkas.
2. Im anlaute erscheint bisweilen vor rvorschlag des
folgendeni, u, also iri, uru für ri, ru, wie ere für er steht
mit nachschlag des vorher gehenden vocals; r liebt also die
stellung zwischen zwei vocalen, z. b. in der wurzel irith für
rith (mori, z. b. iris-tô für *rith-ta-s, part. praet., mortuus);
urûrudhuśa (2. sg. aorist. med.) von wurz. rudh (crescere) für
*rurudha-sa.
- Anm. Dise erscheinung und die epenthese (§. 26) sind wesentlich
gleichartig; das bestreben in zwei auf einander folgenden silben
gleichen vocal zu haben (die scheu vor vocalwechsel) und die
leichtigkeit, mit welcher vocalische elemente im altbaktrischen
auß einer silbe in die andre sich fort pflanzen, haben beides her-
vor gerufen, disen vorschlag, wie die epenthese. Lezterer ist eben-
fals das r vor allem günstig und u wirkt nur über disen conso-
nanten hinüber epenthese, wie auch die in rede stehende laut-
erscheinung nur bei r ein tritt.
1. Im außlaute begint sich die in vilen sprachen statt
findende verkürzung der vocale darin zu zeigen, daß für auß
lautendes â meist a ein tritt, wärend vor ḱa (que) das alte â
bewart ist, z. b. dâta nom. sg. zu stamm dâtar (dator, creator),
das mit ḱa nur dâtâ-ḱa bilden kann, für *dâtâ = altind. dâtấ
(und diß für dâtar-s, das a wird durch ersazdenung für die ab
gefallenen consonanten s und r lang). So in allen fällen, in
denen â auß zu lauten hat.
2. Im außlaute tritt oft für urspr. ja, jâ ein ê ein durch
völlige verschmelzung von j mit a (im litauischen ist dise wand-
lung von jâ zu ė regel, s. u.). So z. b. in der endung sja des
gen. sg. der a-stämme msc. ntr., z. b. von stamm açpa (equus),
açpa-hê, altind. áçva-sja und eben so in der urspr. akva-sja
(hê = hja = sja, die wandlung von s zu h ist regelmäßig);
kainê = altind. kanjâ (puella); perenê (plena) fürt auf ein äl-
teres altbaktrisches *perenjâ, eine nebenstamform auf n-ja zu
[45]Altbaktrisch. Vocalische lautgesetze. Außlaut.
der älteren stammform pere-na = urspr. par na, altind. pûrńá
auf na und so sind alle femina auf ê als ja-stämme zu faßen.
3. Vor auß lautendem m wird i und u gedent: â-fri-
tîm (acc. sg.) vom stamme â-fri-ti (nom. sg. âfritis benedictio);
paçûm (acc. sg.) vom stamme paçu (nom. sg. paçu-s pecus);
auß genommen nach r (z. b. môuru-m acc. zu stamm môuru
nom. propr. urbis) und nach vocalen; s. d. flgde.
4. Regelmäßige außstoßung vona und vocali-
sierung vonj und v findet statt in den auß lautenden ver-
bindungen jam, vam, ajam, avam, welche nicht zu jem, vem,
ajem, avem (nach §. 27, 2), sondern zu îm nach vocalen im,
ûm nach vocalen um, aêm, aom auch âum (für aûm) werden;
außlautendes ajaê = urspr. aj-ai wird zu èê.
Beispile: îm = jam, ûm = vam; tûirîm (acc. sg. msc.) für
*tûirja-m vom stamme tûirja (quartus), thriśûm für thriśva-m
(acc. sg.) vom stamme thriśva (tertia pars); daêum für *daêva-m
(acc. sg.) vom stamme daêva (daemon); vîdôjûm für *vi-doiva-m
(s. o. §. 22) von demselben stamme daêva grundf. daiva.
Bei der lautverbindung avjam tritt bei der wandlung des
jam zu im zugleich auflösung des v zu o ein, so daß z. b-
auß havja-m, stamm havja = altind. savjá (sinister), haoim und,
mit contraction des ao zu ô, hôim wird; eben so auß *havjâ-m
= altind. savjấm (acc. sg. fem.), haoja͂m und hôja͂m.
aêm = altind. ajám (hic), zaredhaêm = altind. hrdajam (cor).
aom, âum = *ava-m (acc. sg. msc.) vom demonstr. prono-
minalstamme ava; arenâum (acc. sg.) vom stamme arenava
(cursus).
èê = ajai, z. b. niź-beretèê (dat. sg.) vom stamme niź-
bereti (actio efferendi, expellendi, niź praeposition, bere-ti =
bhar-ti nomen actionis auf ti von der wurzel bar, urspr. bhar
ferre), aber niź-bere-tajaê-ḱa (dieselbe form mit ḱa que) und
so stäts in disen häufigen bildungen.
- Anm. Außlautendes as wird zu ô, s. §. 27, 5, âs zu âo, §. 27, 6,
d. h. das s fält weg (s. u. die lere von den consonanten) und a,
â wird dann zu o, âo; âm, ân wird zu a͂m, a͂n, §. 27, 7.
[46]Griechisch. Übersicht der laute.
Altgriechisch.
Übersicht der laute des altgriechischen*).
In die tabelle sind nur die einfachen laute auf genommen.
ζ ist ein consonantischer diphthong, nämlich d mit dem
tönenden dentalen spiranten, d. h. z der Slawen oder Franzo-
sen (ψ, ξ sind zeichen für zwei laute, für πσ, ϰσ). Vocalische
diphthonge sind αι, ει, οι; αυ, ευ, ου (nach älterer außsprache);
υι; ferner ᾳ, ῃ, ῳ (nach älterer außsprache, bei welcher das ι
noch gehört ward); ᾱυ (etwa in worten wie γϱαῦς neben γϱηῦς,
in der außsprache villeicht von αυ mit kurzem α geschiden),
ηυ, ωυ.
- Anm. υ ward in einer älteren sprachepoche wie u gesprochen, in
der classischen zeit aber bereits wie y, ü; ου war in der älte-
ren sprache der echte diphthong ou, in der classischen zeit aber
hatte es bereits die geltung von û, wie ja auch in andern spra-
chen, z. b. im französischen, das ältere ou zu û ward, wärend
die schrift die frühere lautstufe fest hält.
Das altgriechische nach art des neugriechischen auß zu spre-
chen, ist ein feler, der auf volständiger unkentnis der sprachen-
geschlichte und der lautlere überhaupt beruht.
[47]Griechisch. Vocale.
Man sondere in der außsprache ει von αι sorgfältig, da es ver-
schidene laute sind; man spreche sie so, wie sie geschriben wer-
den, d. h. αι wie unser deutsches ai oder ei, ει aber als e mit
an geschliffenen i, ein diphthong, der sich dialectisch im deutschen
findet, und der in andern sprachen durch ej bezeichnet wird.
Vocale des altgriechischen.
Die hauptsächlichste abweichung vom ursprünglichen be-
steht in der färbung von a zu e und o, die sowol bei a als bei
â neben bewarung des ursprünglichen lautes statt findet; bei
letzterem sind die archäischen dialecte (dorisch) dem älteren
lautstande treuer verbliben; o hat doppelte function, es ist 1. wie
α und ε vertreter von urspr. a, aber auch (dem ε = a gegen-
über) 2. vertreter von urspr. â; durch die differenzierung von â
zu ο, ᾱ, η, ω ward es möglich ω als zweite steigerung von der
ersten steigerung ο, ᾱ, η zu sondern. Die schwächungen von
a zu ι, υ, so wie der schwund des a treten verhältnismäßig sel-
ten ein.
Die selbe färbung des a-lautes zu e, o fand statt, wenn er
mit i und u diphthonge bildet; hier bildet ε (= a) die erste,
o (= â) die zweite steigerung, welche jedoch in der u-reihe
fast stäts durch die erste steigerung ersezt wird (ει, ευ =
urspr. ai, au; οι, ου = urspr. âi, âu). Nur da, wo die spra-
che der lebendigen beweglichkeit der vocale in irer reihe ver-
gaß, erscheinen αι und αυ als steigerungslaute von ι und υ.
Eine große anzal vocalischer laute, besonders diphthonge
und langer vocale entsteht im griechischen in folge von auß-
stoßung, wandlung und versetzung der diser sprache ganz oder
in gewissen verbindungen unerträglichen ursprünglichen spiran-
ten j, v, s. Dise so entstandenen vocallaute sind also sämtlich
unursprüngliche, dem urstande der sprache fremde producte
der eigentümlichen lautgesetze der griechischen sprache.
Der vocalismus des griechischen, in vilen stücken unur-
sprünglich, erinnert in manchem an den des altbaktrischen, wä-
rend wir auf der andern seite die gröste übereinstimmung mit
dem des altlateinischen finden werden.
[48]Griechisch. A-reihe. Schwächung.
Die vocalreihen des altgriechischen sind demnach folgende:
| schwächung | grundvocal | 1.steig. | 2. steig. |
| a-reihe schwund; ι, υ | ε, ο, α | ο, ᾱ, η | ω |
| i-reihe | ι | ει (αι) | οι |
| u-reihe | υ | ευ (αυ) | ου (ᾱυ). |
Beispile.
Schwächung. Schwund, z. b. γί-γν-ομαι für *γι-γεν-
ομαι, wurz. γεν, urspr. gan, altind. ǵan; πί-πτ-ω für *πι-
πετ-ω wurz. πετ urspr. und altind. pat (cadere); ἔ-σχ-ον für
*ἔ-σεχ-ον (1. sg. aor.) grundf. a-sagh-am wurz. σεχ altind. sah
(sustinere) urspr. sagh; ἑ-σπ-όμην für *σε-σεπ-ομην (1. sg. aor.
zu ἕπ-ομαι) wurz. σεπ (seq-ui) = altind. saḱ urspr. sak u. a.
Nicht selten findet sich völliger schwund eines ursprüng-
lichen a in stammbildungselementen, wie z. b. πα-τϱ-ός, πα-
τϱ-ί u. s. f. v. stamme πατεϱ urspr. pa-tar, also für *πατεϱ-ος,
*πατεϱ-ι grundf. patar-as, pater-i u. s. f.
- Anm. Schwund des anlautenden a ist im griechischen nicht beliebt,
vgl. z. b. ἔσ-μεν grundf. as-masi mit altind. s-más, altbaktr.
h-mahi, lat. s-umus; εἴην = *ἐσϳην grundf. as-jâm mit altind.
s-jâm, lat. s-iêm, altbaktr. qh-jèm; εὖ (ἐΰ) für *ἐσυ grundf.
a-su mit altind. su, altbaktr. hu (bene).
Die schwächung des ursprünglichenaini ist eben-
fals in wurzeln nicht häufig und nicht regelmäßig ein tretend,
z. b. ἴσ-ϑι grundf. as-dhi, (2. sing. imperativi) wurz. ες urspr.
u. altind. as (esse); ἐνίσσω = *ἐν-ϝιϰ-ϳω (ἐν-ίπ-τω increpo ist
nur eine andre praesensbildung derselben wurzel) wurz. ϝεπ,
vgl. z. b. ϝέπ-ος, auß älterem, in jener form noch erhaltenem
ϝεϰ = altind. vaḱ urspr. vak (loqui); πίτ-νημι neben πετ-
άννυμι (expando), vgl. lat. pat-eo; πιτ-νέω (cado) wurz. πετ,
altind. pat; τίϰ-τω (pario) wurz. τεϰ grundf. tak, vgl. ἔ-τεϰ-ον,
τέ-τοϰ-α; ἵππος für *ἰϰ-ϝος, altind. áç-vas, lat. eq-uos grundf.
ak-vas wurz. ak (warscheinlich celeriter incedere) u. a.
Dise schwächung des ursprüngl. a zu i findet regelmäßig
in der praesensreduplication statt, z. b. τί-ϑη-μι altind. und
[49]Griechisch. A-reihe. Schwächung ι, υ. Grundvocal ε.
grundf. dá-dhâ-mi wurz. griech. ϑε, urspr. u. altind. dha (po-
nere); δί-δω-μι, altind. u. grundf. dá-dâ-mi wurz. griech. δο,
urspr. u. altind. da (dare); γί-γν-ομαι wurz. γεν urspr. gan
(gignere); πί-πτ-ω wurz. πετ urspr. pat (cadere).
Die schwächung des a zu v tritt nur vereinzelt auf, z. b.
νυϰτ-ός (gen. sg.) stamm νυϰτ (nox), vgl. lit. naktìs, got. nahts,
altind. adverb. nákta-m, lat. stamm noct, z. b. acc. sg. noct-em
(nox), wurzelvocal also a, wurzel ist warscheinlich nak (necare,
nocere); ὄνυξ, stamm ὄ-νυχ (unguis) wurzelsilbe νυχ, vgl. got.
nag-ls, lit. nág-as, altbulg. nog-ŭtĭ, altind. nakh-a-s, nakh-a-m
(im wurzelaußlaute ab weichend), die wurzel enthält also ur-
sprünglich one zweifel den vocal a; γυν-ή (femina) von wurz.
gan (gignere), vgl. altind. ǵán-a-s (homo), ǵán-î (femina), slaw.
żen-a (femina), got. qên-s (mulier, uxor); ϰύϰλος (circulus), alt-
ind. ḱakrá-m (ntr.) älter kakrá-s (masc. rota); μύλ-ος, μύλ-η
(mola) wurz. mal auß mar, vgl. lat. mol-a, mol-ere, lit. mal-ù,
mál-ti (1. sg. praes. u. infinit. molere), got. mal-an (molere).
- Anm. Die fälle, in denen urspr. ga, ka zu γυ, ϰυ geworden, von
den andern zu trennen und auß gva, kva mit schwund des a zu
erklären, wie man neuerdings will, halte ich für unstathaft; ein
*ϰϝαϰλος, *γϝανη will mir weder als griechisch erscheinen, noch
ist die voraußsetzung solcher formen irgend wie nötig. Zu einem
νϝαξ, ὀνϝαξ, μϝαλη hat meines wißens noch niemand seine zu-
flucht ergriffen, um in disen worten das υ zu erklären. Ist es
aber hier auß a one vermittelung von va geworden, so kann das-
selbe auch nach gutturalen statt gefunden haben. Anders in an-
deren sprachen.
Grundvocal urspr. a. In der regel ist ε vertreter des§. 33.
ursprünglichen a der wurzeln, o ist besonders in stammbildungs-
und wortbildungselementen zu hause, α findet sich in wurzeln,
in wortbildungszusätzen ist es meist durch geschwundenen, einst
vorhandenen nasal bedingt.
Beispiele. ε = a. ἔδ-ω altindisch ád-mi (edo) wurz. ἐδ
urspr.ad (edere); ἐσ-τί, altind. und urspr. ás-ti (est) wurz. ἐς
urspr. as (esse); φέϱ-ω, altind. u. grundf. bhár-âmi, ἔφεϱ-ον,
altind. u. grundf. á-bhar-am wurz. φεϱ urspr. bhar (ferre) u. s. f.
Eben so ist ε in beziehungselementen häufig, z. b. stamm μέν-ες
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 4
[50]Griechisch. A-reihe. Grundvocal ο, α. 1. steiger. ο.
(nom. sg. μένος), altind. u. urspr. mán-as; φέϱ-ετε altind. bhár-
atha urspr. warscheinelich bhar-a-tasi (2. plur. praes. act.) u. s. f.
o = a, z. b. ποδ-ός altind. und grundf. pad-ás (gen. sg.)
stamm und wurzel pad (pes, ire); ὀδ-μή, ὄζω = *ὀδ-ϳω, vgl.
lat. od-or, wo allerdings nach griechischem sprachgefüle o auch
als steigerung von ε in πεδ, *ἐδ an gesehen werden mag; ὁ, τό
urspr. u. altind. sa, ta-t wurz. u. stamm sa, ta (pronom. demon-
strativa); μέν-ος, μένους für *μένεσ-ος, altind. u. grundf. mán-
as, mán-as-as; sämtliche a-stämme wandeln das a in o, z. b.
νέϝο-ς (nom. sg. msc.), νέϝο-ν (acc. sg.), altind. u. urspr. náva-s,
náva-m u. s. f.
α = a, z. b. λα-μ-β-άνω, ἔ-λαβ-ον, altind. á-labh-am wurz.
λαβ, altind. labh (obtinere); δάϰ-νω, ἔ-δαϰ-ον, vgl. altind. dáç-
âmi grundf. der wurzel dak (mordere); ἔ-λαϰ-ον, vgl. lat. loq-
uor, altbulg. rek-ą (dico), altind. láp-âmi (loquor, queror) wurz.
λαϰ = urspr. rak.
Neben ε steht α, z. b. in ἔ-ταμ-ον neben ἔ-τεμ-ον, in ἔ-τϱαφ-
ον, ἔ-τϱαπ-ον, ἔ-ϰταν-ον neben τϱέφ-ω, τϱέπ-ω, ϰτείνω =
*ϰτεν-ϳω u. a. Man darf hier in α nicht eine steigerung von ε
sehen, sondern nur eine verschidene vocalfärbung, die im grie-
chischen allerdings zur function die beziehung des aorists auß
zu drücken benüzt ward.
α = a + nasal, z. b. in πόδα (acc. sg.) altind. u. grundf.
pád-am (pedem); φέϱοντ-α altind. u. grundf. bhárant-am (feren-
tem), φέϱοντ-ας altind. bháranta-s grundf. bharant-ams (acc.
plur. ferentes); ἑπτά altind. u. grundf. saptán (septem), δέϰα
altind. dáçan grundf. dakan (decem); -σα, 1. sg. aoristi compo-
siti = altind. u. urspr. -sa-m (vgl. z. b. ἔ-δειϰ-σα (ἔδειξα) und
altind. á-dik-śa-m wurz. diç urspr. dik monstrare) u. a.
Steigerungen desa. Regel für die erste steige-
rung ist: ε der wurzel wird zu ο, α zu ᾱ, d. i. η, gesteigert.
Dise regel hat jedoch auch außnamen.
1. ε : ο. φόϱ-ος (quod allatum est, tributum), φοϱ-έω
(verbum durativum, fero) = altind. u. grundf. bhấr-a-s (onus)
bhâr-ájâmi (verbum causativum) neben φέϱ-ω, altind. u. grundf.
bhár-âmi (fero); ϝόχ-ο-ς altind. vấh-a-s, slaw. voz-ŭ grundf.
[51]Griechisch. A-reihe. 1. steiger. ο; ᾱ, η.
vâgh-a-s (currus) wurz. ϝεχ, altind. vah grundf. vagh (vehere),
die aber als verbum mit σεχ, altind. sah vermischt ward; μέ-
μον-α (cogito, volo) grundf. ma-mân-a neben μέν-ος (animus),
altind. u. grundf. mán-as, wurz. μεν urspr. man (cogitare); γον-ή
(procreatio), γόν-ος (partus), γέ-γον-α grundf. ga-gân-a, altind.
ǵaǵấna neben ἐ-γεν-όμην, γέν-ος (genus), altind. ǵán-as urspr.
gan-as, wurz. γεν, urspr. gan (gignere); τόϰ-ος (partus), τοϰ-
εύς (parens) neben τεϰ-έσϑαι, τίϰ-τω, wurz. τεϰ (parere); τέ-
τϱοφ-α neben τϱέφ-ω, ἐ-τϱάφ-ην wurz. τϱεφ (alere); ἔ-ϰτον-α
neben ϰτείνω, d. i. *ϰτεν-ϳω, ἔ-ϰταν-ον wurz. ϰτεν (interficere);
εἴ-λοχ-α, λόγ-ος neben λέγ-ω wurz. λεγ (legere); ἔ-φϑοϱ-α,
φϑοϱ-ά neben φϑείϱω, d. i. *φϑεϱ-ϳω wurz. φϑεϱ (perdere) u.
s. f.; γόνυ gen. γόνατος, älter (ion.) γούνατος = *γονϝατος,
γουνός = *γονϝος, vgl. altind. ǵấnu (genu), ebenfals mit ge-
steigertem wurzelvocale.
Im griechischen ist, wegen der prosodischen kürze des o,
dise steigerung selbst vor zwei consonanten möglich, z. b. δέ-
δοϱϰ-α = altind. da-dárç-a, altbaktr. da-dareç-a grundf. da-
dark-a neben δέϱϰ-ομαι, ἔ-δϱαϰ-ον wurz. δεϱϰ urspr. dark
(aspicere, videre).
- Anm. Dieselbe art der steigerung des e = a zu o = â findet
sich im slawischen z. b. vez-ą = urspr. vagh-âmi, lat. veho ne-
ben voz-ŭ = urspr. vâgh-as, griech. ϝόχ-ος, s. u. und im lat.
2. α : ᾱ, η, welche beiden laute uns gleich gelten, z. b.
λέ-ληϰ-α, λέ-λᾱϰ-α neben ἔ-λαϰ-ον wurz. λαϰ (sonare, clamare),
vgl. altind. lap, slaw. u. lit. rek, urspr. rak; ϰέ-ϰληγ-α neben
ἔ-ϰλαγ-ον, ϰλάζω = *ϰλαγ-ϳω wurz. ϰλαγ (sonare); λέ-ληϑ-α
dor. λέ-λᾱϑ-α, λήϑ-η (oblivio) neben ἔ-λαϑ-ον, λα-ν-ϑ-άνω
wurz. λαϑ (latere); εἴ-ληχ-α neben ἔ-λαχ-ον, λα-γ-χ-άνω wurz.
λαχ (sortiri); δέ-δηχ-α neben δάϰ-νω, ἔ-δαϰ-ον wurz. δαϰ (mor-
dere); εἴ-ληφ-α, *ληβ-τις, d. i. *ληπ-σις, λήψις (acceptio) neben
ἔ-λαβ-ον, λα-μ-β-άνω wurz. λαβ (capere); ϰέ-ϰϱᾱγ-α neben
ϰϱάζω = *ϰϱαγ-ϳω wurz. ϰϱαγ (clamare); ἔᾱγα, ion. ἔηγα, d. i.
ϝε-ϝᾱγ-α grundf. va-vâg-a neben ϝάγ-νυμι wurz. ϝαγ (frangere);
stamm μη-τεϱ, urspr. und altind. mâ-tar, latein. mâter u. s. f.
wurz. ma u. a.
4*
[52]Griechisch. A-reihe. 2. steiger. ω.
In wortbildungselementen wird auch ο zu η, ᾱ gesteigert.
Diß findet regelmäßig statt mit dem stammaußlaute o = a
solcher stämme, welche im femininum den stammaußlaut stei-
gern, z. b. nom. sg. msc. νέο-ς, neutr. νέο-ν = urspr. u. alt-
ind. náva-s, náva-m (novus, novum) aber femin. νέᾱ, ion. νέη =
urspr. u. altind. návâ (nova). In ἡ, ‘ᾱ urspr. u. altind. sâ ne-
ben ὁ urspr. u. altind. sa (pron. demonstrat.) und andern pro-
nominalstämmen wird auch das zur wurzel gehörige ο zu η, ᾱ
gesteigert, da es als grammatische endung erschin.
- Anm. 1. μέ-μηλ-α neben μέλ-ει wurz. μελ (curae esse) zeigt auch
die steigerung von ε zu η. - Anm. 2. Bisweilen ist ᾱ zu ᾰ verkürzt, z. b. ϝάσ-τυ (urbs) =
altind. vấs-tu (domus) wurz. altind. u. urspr. vas (habitare); häu-
fig findet solche verkürzung statt im außlaute α weiblicher stämme.
Als zweite steigerung ergibt sich ω durch beispile
wie ἔϱ-ϱωγ-α, ῥώξ ῥωγ-ός (fissura) neben ῥήγ-νυμι wurz. ϝϱαγ
(frangere; vgl. got. brak, lat. frag); πτώξ, d. i. πτωϰ-ς gen.
πτωϰ-ός (timidus), πτώσσω = *πτωϰ-ϳω (timeo) neben πτήσσω =
*πτηϰ-ϳω und ἔ-πταϰ-ον wurz. πταϰ (timorem incutere), wel-
che eine weiterbildung einer wurzel πτα (vgl. πε-πτη-ώς) zu
sein scheint; ἀϱωγ-ός (adiutor) neben ἀϱήγ-ω (auxilium fero).
Auß disen beispilen ergibt sich die gleichung η : ω = ε : ο.
Eben so steigert das gotische ê zu ô, z. b. lêt-an (sinere) zu lai-
lôt (1. 3. sg. perf.) wurz. lat.
Wir werden demnach auch da, wo dem ω keine erste stei-
gerung zur seite steht, das selbe für die zweite steigerungsstufe
halten müßen, also in beispilen wie τϱώγ-ω neben ἔ-τϱαγ-ον
wurz. τϱαγ (rodere); ὄδ-ωδ-α neben ὄζω = ὀδ-ϳω, ὀδ-μή, ὀσ-
μή wurz. ὀδ (olere); ὠϰ-ύς = altind. âç-ús grundf. âk-us (ce-
ler) wurz. ak, vgl. ἵππος urspr. ak-vas; ὠόν beßer ᾠόν (Sappho
ὤϊον nach Ahrens, ὤβεον Hesych.) grundf. âvja-m (ovum; wört-
lich quod avis est) von urspr. avi-s, altind. vi-s (avis); ἀγ-ωγ-ή
(deductio, ductus), ἀγ-ωγ-ός (dux) neben ἀγ-αγ-εῖν, ἄγ-ειν (du-
cere); δί-δω-μι neben δί-δο-μεν wurz. δο (dare) u. a.
Grundvocalι; ἴ-μεν, ἴ-ϑι, altind. i-mási, i-hí grundf. i-
[53]Griechisch. I-reihe. 1. steigerung ει, αι.
masi, i-dhi wurz. i (ire); ἔ-λιπ-ον wurz. λιπ, lat. lic, altind.
riḱ grundf. rik (linquere); ϝίδ-μεν = altind. u. grundf. vid-mási,
stamm ϝίσ-τοϱ (nom. sg. ἴσ-τωϱ und ἵσ-τωϱ gnarus, sciens) für
ϝιδ-τοϱ grundf. vid-tar wurz. vid (scire); ἔ-πιϑ-ον, ἐ-πιϑ-όμην,
πίσ-τις für *πίϑ-τι-ς wurz. πιϑ (persuadere) mit dem stamm-
bildungselemente τι; σχίδ-η, σχίζω = *σχιδ-ϳω wurz. σχιδ =
altind. ḱhid, lat. scid, grundf. skid (scindere); ὀ-μιχ-εῖν wurz.
μιχ = altind. mih, grundf. migh (mingere); τίς grundf. ki-s,
lat. qui-s, got. his, lit. szi-s, slaw. sĭ, pronominalwurzel urspr.
ki (demonstr. interrogat.) u. a.
Das gedente î ist nebenform von i (wol oft durch bestimte
lautverhältnisse bedingt), z. b. bei Hom. ᾽ῑʹομεν u. ᾽ῐʹοωμεν, ᾽ῐʹωμεν
(1. pl. conj. praes.; Curt. gr. gr. §. 314 anm.) grundf. i-a-mas
wurz. i (ire); ἶδ-ος (ntr. sudor), ᾽ῑδ-ίω (sudare) wurz. ἰδ grundf.
svid, vgl. altind. svid-jâmi, althochd. swiz-zan, sweiƷ; πῑʹ-νω
(πῖ-νε), πῖ-ϑι neben ἔ-πι-ον wurz. πι (bibere), vgl. altind. pî
neben pa, pâ (3. sg. praes. pí-ba-ti für *pi-pa-ti, aor. á-pâ-t),
hat zwar ein auß a entstandenes i, doch fält dise entstehung
in ser frühe zeit, da das i der wurzel pi, z. b. im slawischen,
als echtes i gesteigert wird.
Steigerungen desi.
1. steigerungει, z. b. εἶ-μι, lit. ei-mì, altind. ế-mi,
grundf. ai-mi wurz i; πείϑ-ω zu wurz. πιϑ, λείπ-ω zu wurz.
λιπ; ϝείδ-εται, εἴσομαι für *ϝειδ-σομαι, ϝεῖδ-ος (neutr. forma)
wurz. ϝιδ; εἰϰ-ών (imago) neben ἔ-ϊϰ-τον, ἐ-ίϰ-την wurz. war-
scheinlich ϝιϰ (similem esse); ϰεῖ-ται = altind. çếtê wurz. ki
(quiescere, cubare) u. s. f.
αι findet sich wol nur als erstarte steigerung, d. h. da, wo
im kein ι, ει oder οι zur seite steht, z. b. αἴϑ-ω (incendo),
αἴϑ-εσϑαι (ardere), αἰϑ-ήϱ, -έϱος (aether), αἴϑ-ουσα (atrium),
vgl. lat. aed-es, aid-ilis, wurz. ist ιϑ = altind. idh, indh (ar-
dere), deutsch it, in ahd. eit (ignis), eit-ar (virus, sanies).
- Anm. In den medialendungen, z. b. φέϱο-μαι, *φεϱε-σαι, φέϱε-
ται, φέϱο-νται ist αι nicht steigerung, sondern zusammenzie-
hungsproduct auß den grundformen bharâ-mami, bhara-sasi,
bhara-tati, bhara-ntanti, s. u. die lere von der conjugation.
[54]Griechisch. I-reihe. 2. steig. οι. U-reihe. Grundvocal υ.
2. steigerungοι, z. b. οἶ-μο-ς, οἴ-μη (via, iter), vgl.
εἶ-μι, ἴ-μεν wurz. ι (ire); πέ-ποιϑα wurz. πιϑ (ἐπέ-πιϑ-μεν);
λέ-λοιπ-α, λοιπ-ό-ς (reliquus) wurz. λιπ; ϝοῖδ-α = altind. vếda
mit erster, aber got. vait auch mit zweiter steigerung wurz.
ϝιδ (ἴδ-μεν); ἔ-οιϰ-α für ϝεϝοιϰα wurz. ϝιϰ (ἔ-ϊϰ-τον, ἐ-ΐϰ-την);
ϝοῖϰ-ο-ς, vgl. altind. vếç-a-s, lat. vîcus, d. i. *veic-o-s mit erster
steigerung wurz. ϝιϰ = altind. viç urspr. vik (intrare); ϝοῖν-ος,
vgl. lat. vîn-um, deutsch wîn mit erster steigerung; λοιβ-ή (li-
batio) neben λείβ-ω (libo) und λίβ-ο-ς (gutta), λιβ-άς, -άδ-ος
(latex) wurz. λιβ; στοῖχ-ο-ς (series, linea) neben στείχ-ω (ince-
do, ascendo), στίχ-ο-ς (series, ordo) wurz. στιχ urspr. stigh
u. s. f.
- Anm. Im optativ, z. b. φέϱοι-ς = urspr. bharai-s, ferner im
nom. plur. z. b. οἱ, grundf. sai (tai) ist οι zusammenziehungspro-
duct, nicht steigerungsvocal, vgl. die lere von der conjugation.
und declination.
Grundvocalυ, z. b. ἔ-φυγ-ον, φυγ-ή (fuga) wurz. φυγ,
altind. bhuǵ (bhug-nás flexus), got. bug (flectere), latein. fug
(nur hier und im griechischen mit beschränkung der bedeutung);
ἐ-ϱυϑ-ϱός = rudh-irás wurz. ϱυϑ, urspr. u. altind. rudh, got.
rud u. s. f.; σύ, τύ, vgl. altind. tv-am, lat. tu, lit. tu, slaw. ty;
ϰλύω wurz. ϰλυ, altind. wurz. çru, got. hlu (in hliu-ma auditus,
ahd. hlo-sên audire) urspr. kru; ῥυ-τός wurz. ῥυ, altind. und
urspr. sru, daher ἐῤῥύ-ην = *ἐ-σϱυ-ην, deutsch stru (mit ein ge-
schaltenem t, fluere); φύ-ω, φυ-τόν wurz. φυ, altind. bhu (z. b.
bhû-tá-m = φυ-τόν) lat. fu, slaw. by, urspr. bhu (fieri, esse);
ϰέ-χυ-μαι wurz. χυ, got. wurz. gu-t (fundere) durch t weiter
gebildet; ἔσ-συ-μαι, σύ-το wurz. συ (fugare, abigere); ὠϰ-ύ-ς
= altind. âç-ú-s grundf. âk-u-s (velox); πλατ-ύς, lit. platùs, alt-
baktr. perethus, altind. prthús, urspr. prat-u-s (latus), suffix u;
ἄσ-τυ = altind. vấs-tu (domus); βοη-τύ-ς, μάϱ-τυ-ς u. a. mit
suffix τυ = altind., lat., lit. u. urspr. tu u. a. Die denung zu
ῡ ist nicht selten, z. b. ὕδ-ωϱ mit ῠ und ῡ, vgl. altind. ud-a-m,
ud-aká-m, lat. und-a mit ein geschaltenem nasale, wurz. altind.
ud (humectare); πλῡʹ-νω wurzel πλυ, altind. plu (fluchtuare);
[55]Griechisch. U-reihe. Steigerungen des u, 1. ευ, αυ, 2. ου.
πέ-πνῡ-μαι, πε-πνῡ-μένος wurz. πνυ; ξῡʹ-ω wurz. ξυ; ὗς und
σῦς, vgl. lat. sûs, altind. sû-kara, ahd. sû wurz. also su; δϱῦ-ς
got. triu (arbor) u. a. Es läßt sich nicht mit sicherheit ent-
scheiden, wo denung anstatt des grundvocales und wo sie anstatt
der steigerung urspr. au steht. In den zulezt an gefürten beispilen
dürfte wol ursprünglich steigerung vorhanden gewesen sein.
- Anm. Die ältere geltung des υ als u hat sich im böotischen (τού
= σύ, ϰούνες = ϰύνες u. s. f. Ahrens de diall. aeol. §. 38) und
in dem diphthonge αυ erhalten. Die spätere außsprache des υ
als ü trat jedoch verhältnismäßig früh ein. Der selbe lautüber-
gang findet sich auch in andern sprachen. So ist z. b. lat. una
zu franz. une spr. ü̂n geworden; lit. bû-ti entspricht slawischem
byti spr. etwa büti, deutsch nutz, lautet holländ. nut spr. nüt,
deutsch sûr (jezt sauer), holländ. zuur spr. zü̂r (z ist tönendes
s) u. s. f.
Steigerungen desu.
1. steigerungευ, z. b. φεύγ-ω (fugio), πέ-φευγ-α wurz.
φυγ; ἐλεύ(ϑ)-σομαι (veniam) wurz. ἐλυϑ in ἤλυϑον = ἐ-ελυϑ-
ον; ϰλέϝ-ος = altind. çráv-as (gloria) grundf. krav-as wurz.
ϰλυ; πλέϝ-ω (navigo) = altind. u. grundf. pláv-âmi wurz. πλυ;
ῥεῦ-μα (flumen), ῥεύ-σομαι, ῥέϝ-ω (fluo) = altind. u. grundf.
sráv-âmi wurz. ῥυ, urspr. u. altind. sru (fluere); πνεῦ-μα (spi-
ritus), πνεύ-σω, πνέϝ-ω (flo) wurz. πνυ; σεύ-ω (fugo, timorem
incutio) wurz. συ; χέϝ-ω (fundo) wurz. χυ; ξέϝ-ω (levigo) wurz.
ξυ; Ζεύ-ς (nom. propr. dei) auß *δϳευ-ς, im altind. mit zweiter
steigerung djâu-s (coelum), in den andern casus stamm u. wur-
zel div, διϝ = dju *δϳυ, ζυ u. a.
αυ ist auch hier erstarte steigerung, z. b. αὔ-ω für *αὐσ-ω
(accendo), ἔν-αυσ-μα (fomes), vgl. εὔ-ω, lat. ûr-o = *ous-o,
*eus-o (s. u. die lat. vocale), altind. ốś-âmi grundf. aus-âmi
wurz. uś urspr. us; αὐγ-ή (splendor) wurz. ug (vgl. altind. ốǵ-
as vis); αὐξάνω, d. i. *αὐγ-σανω, vgl. lat. aug-eo wurz. ug (die
im lit. rein erscheint).
Die zweite steigerungου ist selten, namentlich bei in-
lautendem u (kein *πέφουγα = got. baug = *bubâuga wie
λέλοιπα), da sie meist durch die erste steigerung ersezt wird,
doch εἰλήλουϑα Hom. zu wurz. ἐλυϑ, vgl. ἤλυϑον u. ἐλεύ(ϑ)-
[56]Griechisch. U-reihe. 2. steiger. ου; ᾱυ (ωυ).
σο-μαι; ἀ-ϰόλουϑ-ος zu ϰέλευϑ-ος; ῥούσ-ιος (fuscus), wol für
*ῥουϑ-ιος (oder etwa *ῥουϑ-τιος? *ῥουϑ-σιος?) neben ἐ-ϱεύϑ-ω
(rubrum reddo) und ἐ-ϱυϑ-ϱός (ruber); σπουδ-ή (festinatio) ne-
ben σπεύδ-ω (incito); λοῦσσον = *λουϰ-ϳον (aegis, os album
ligni abiegni), vgl. λευϰ-ός (albus), ἀμφι-λύϰ-η (diliculum), λύχ-
νο-ς (lucerna). Häufiger bei auß lautendem u, z. b. πνοϝ-ή (spiri-
tus) neben πνέϝ-ω wurz. πνυ; ῥοϝ-ή, ῥόϝ-ος (flumen) neben ῥεῦ-μα
wurz. ῥυ; χοϝ-ή (fusio) neben χέϝ-ω wurz. χυ; πλόϝ-ος (navigatio)
neben πλέϝ-ω wurz. πλυ; ϑοϝ-ός (velox) neben ϑέϝ-ω wurz. ϑυ,
altind. u. urspr. dhu; ξοϝ-ΐς (scalprum), ξόϝ-ανον (imago sculp-
tilis) neben ξέϝ-ω wurz. ξυ; σόϝ-ος (motus celer), σοῦμαι = *σοϝ-
ομαι (tragg. currere, se proripere) neben σεύ-ω wurz. συ.
Vereinzelt ist αυ (ᾱυ) zweite steigerung von u, z. b. ναῦς
(navis) wegen νηῦς als νᾱῦς zu faßen, = altind. nâus, gen.
ion. νηϝ-ός, dor. νᾱϝ-ός, altind. nâv-âs fürt doch wol auf eine
wurzel nu.
ωυ ist nur ionisch = αυ, z. b. ϑωῦ-μα (miraculum) = ϑαῦ-
μα, welches neben ϑέϝ-α (aspectus), wovon ϑεϝ-άομαι (aspicio)
auf eine wurzel ϑυ hin weist.
- Anm. 1. Alle in den lautreihen nicht erscheinenden vocallaute des
griechischen sind also unursprüngliche producte von lautgesetzen
(besonders der zusammenziehung nach außstoß von consonanten). - Anm. 2. Demnach gibt es drei wurzeln ϑυ im griechischen: 1. currere
ϑέϝ-ω, 2. sacrificare ϑύ-ω, 3. aspicere ϑαῦ-μα, ϑεϝ-άομαι.
Vocalische lautgesetze.
Die in den üblichen griechischen grammatiken dar geleg-
ten lautgesetze, z. b. die gesetze der zusammenziehung u. s. f.
werden hier als bekant übergangen.
Auf den ersten blick fält im griechischen auf der häufige
hiatus, der durch außstoß der spiranten von j, v, s, vocalisie-
rung von j, v u. s. f. entsteht und der durchauß nicht immer
durch zusammenziehung beseitigt wird. So konten formen ent-
stehen, wie das hom. δηϊόῳεν mit fünf vocalen neben einander
(δηϊόῳεν, 3. plur. opt. von δηϊόω (interficio) von δήϊο-ς (inimi-
cus) gebildet; δήϊος warscheinlich = *δησιος = altind. *dâsja-s
(inimicus, hostilis) adjectivbildung, auf ja von dấsa-s (daemon,
[57]Griechisch. Vocalische lautgesetze.
servus, ursprünglich gewiss hostis, inimicus), davon *dâsja-jâ-
mi = δησιο-ϳω-μι, worauß δηϊό-ω wird, davon 3. plur. optat.
grundf. dâs-ja-jai-nt, im griechischen mit überflüßigem, unur-
sprünglichem ε vor der personalendung, als laute die grundf.
*dâsja-jai-ant = δηϊό-οι-εν und sodann mit ῳ = ai in folge
unursprünglicher denung des οι zu ῳ, δηϊόῳεν. Nach Aufrecht
in Kuhns Zeitschrift VII, 312 flg. gehört δήϊος, in der form
δάϝιος als äolisch bezeugt, zu wurz. du; die grundformen von
δήϊος, δηιόῳεν wären demnach *dâvja-s, *dâvja-jai-ant). Die diph-
thonge ᾳ, ῃ, ῳ sind nur secundäre zusammenziehungsproducte.
Wärend der außlaut, wenige erscheinungen, wie die teil-
weise kürzung von ᾱ zu α im femininum und änliches auß ge-
nommen (vgl. §. 34) noch nicht auf die vocale zerstörend wirkt,
und auch die vocale der inlautenden silben keinen nachweisba-
ren einfluß auf einander auß üben, tritt eine wesentliche und
für die sprache charakteristische veränderung des ursprüngli-
cheren vocalismus durch consonantische einflüße hervor. Wich-
tig sind vor allem die veränderungen in folge der abneigung
der griechischen sprache gegen die im indogermanischen ur-
sprünglich häufigen spiranten j, v, s; j und v werden zu ι
und υ, in gewissen fällen auch zu ε, und treten auch als ι und υ
auß der folgenden silbe in die vorher gehende; j, v und s fallen
ferner zwischen vocalen auß. Nach abfall und erweichung von
consonanten treten häufige vocaldenungen ein. Consonantischem
anlaute wird nicht selten ein vocalischer vorschlag bei gegeben.
Vocalisierung und umstellung vonjundυ.
1. j wird zu ι und v zu υ, z. b. stammbildungselement
urspr. ja, griech. ιο: πάτϱ-ιο-ς, vgl. patr-ius, von stamm πατεϱ,
vgl. altind. pítr-ja-s urspr. patar-ja-s; ἅγ-ιο-ς, vgl. altind. jaǵ-
ja-s (colendus); in den dorischen futurformen auf σίω für
*σϳω urspr. sjâmi; im genit. sg. msc. neutr. der a-stämme auf
urspr. -asja, griech. mit verlust des s, -οιο, z. b. ἵππο-ιο auß
*ἰϰϝο-σϳο = altind. áçva-sja urspr. akva-sja; optativelement ιη
urspr. u. altind. jâ, z. b. εἴην für *ἐσ-ϳη-μ = urspr. as-jâ-m
mit verlust des s zwischen vocalen u. a. m.; part. praeter. act.
femin. auf υια auß ursprünglichen -vant-jâ, -vans-jâ; auß lezte-
[58]Griechisch. Vocalische lautgesetze.
rer form ward mit außstoßung des an *-vsjâ, wofür -usjâ =
griech. *-υσια, -υια ein treten muste; δύο, δύω = *δϝω, vgl.
δώ-δεϰα auß *δϝω-δεϰα, altind. u. urspr. dvâ.
2. Ferner tritt unleugbar bisweilen ε für j und wol auch
für υ ein, besonders nach consonanten; es blib in disem falle
von j, υ nur der sie begleitende stimton als kurzer, unbestim-
ter vocal, der einem ε nahe komt, z. b. ε = j in futurformen,
wie πλευσοῦμαι, φευξοῦμαι = -σεομαι auß -σϳομαι grundform
-sjâmai; ferner in ϰενεός, äol. ϰέννος, beide also auß *ϰενϳος
grundf. kanjas, altind. çûnjas (vacuus); ἐτεός = altind. satjá-s
(verus); in fällen der declination, wie πόλεως wird jedoch mit
mer recht steigerung von ι zu ει und außfall des j an genom-
men, z. b. πόλεως = πόλεος auß *πολεϳ-ος stamm πολι grundf.
paraj-as stamm pari; ε = υ ist zwar nicht in ἑός = lat. so-
vos grundf. beider *sevo-s und τεός = lat. tovo-s, tuus grundf.
tevos (trotz σός auß σϝος = *τϝος, lezteres ungesteigert von
wurz. tu) an zu nemen, da durch das lateinische als griechisch-
italische grundformen *tevo-s und *sevo-s erwisen werden, aber
warscheinlich in formen wie ἡδεῖα fem. zu ἡδύ-ς auß *ἡδϝ-ια,
wie altind. svâdvî́ auß *svâdvjâ u. a.
- Anm. Im anlaute ist demnach schwerlich wandlung von υ in ε,
sondern vilmer steigerung und außfall des v an zunemen, z. b.
ἑός (proprius, suus) auß *ἑϝος = *sevo-s, lat. sovos, suus trotz
σφός, das auf *σϝος = sva-s sicher hin weist. Oder solte, wie
vor andern consonanten, ε vor geschlagen sein (§. 43) und ἑός
also für *ἐ-σϝο-ς stehen? Wir bezweifeln lezteres wegen der la-
teinischen formen und der analogie von τεός neben dem unge-
steigerten σός auß *τϝος.
3. Wenn j und υ nach ν, ϱ stehen solten, so werden sie
in der regel als ι und υ vor den consonanten gesezt; im äoli-
schen dialecte tritt jedoch assimilation derselben an den vorher
gehenden consonanten ein. Das selbe findet bei λ auch in den
andern dialecten statt, nur ausnamsweise tritt bei λ die um-
stellung ein. Die entstehung der umstellung haben wir uns so
zu denken, daß zuerst, als j, v noch vorhanden waren, ein i
und u durch assimilation (wie im altbaktrischen) in der vorher
gehenden silbe entstund, später fiel dann j, v hinweg.
[59]Griechisch. Vocalische lautgesetze.
j; z. b. ϰτείνω (äol. ϰτέννω) für *ϰτειν-ϳω auß *ϰτεν-ϳω;
μέλαινα auß *μελαν-ϳα; χείϱων (äol. χέῤῥων) für *χειϱ-ϳων auß
χεϱ-ϳων; φϑείϱω (äol. φϑέῤῥω) auß *φϑεϱ-ϳω.
Bei λϳ trat auch außerhalb des äolischen dialects die assi-
milation ein, doch ὀφείλω (Hom. ὀφέλλω) für *ὀφελ-ϳω.
- Anm. 1. μείζων für *μειγ-ϳων auß μεγ-ϳων hat außnamsweise noch
die echte epenthese erhalten. - Anm. 2. Ser häufig wird auch nach ν, ϱ, λ urspr. j zu ι, z. b.
χϱόνιο-ς, ἐλευϑέϱιο-ς, μαϰάϱιο-ς, παϱάλιο-ς u. s. f.
υ; z. b. γουνός, γοῦνα (äol. γόννος, γόννα), γούνατοςfür
γονϝός, γόνϝ-α, γόνϝ-ατος stamm γονυ; οὖλος, ion. = ὅλος auß
ὅλϝο-ς, vgl. altind. sárva-s (omnis), latein. salvu-s, sollu-s (Fest.
totus) auß *solvo-s.
Zufolge des verflüchtigens vonj, v, sfinden vil-§. 41.
fach vocalhäufungen und zusammenziehungen statt.
So schwand z. b. s in fällen wie φέϱη auß *φεϱεσαι, alt-
ind. bhárasê, μένους auß *μενεσος, altind. mána-sas, εἴην auß
*ἐσ-ϳην grundf. as-jâ-m, altind. s-jâ-m, εἱπόμην auß *ἐ-σεπ-ομην
wurz. ἑπ, d. i. σεπ, altind. saḱ, lat. seq in ἕπ-ομαι; εἷϱπον
auß *ἐ-σεϱπ-ον wurz. σεϱπ, altind. sarp, lat. serp-o; πεποιϑυῖα
auß -υσια und diß auß -v(an)tjâ u. s. f.
ϝ ist geschwunden in εἰϱγασάμην (ϝεϱγ-άζομαι) auß *ἐ-ϝεϱγ-
ασαμην; εἶπον, εἰπεῖν, älter ἔ-ει-πον auß *ἐ-ϝε-ϝεπ-ον = grundf.
a-va-vak-am, reduplicierter aorist der wurzel ϝεπ, altind. vaḱ,
lat. voc, grundf. vak u. s. f.
Schwund des j ist vor allem häufig in den stämmen ab ge-
leiteter verba, da alle verba auf -έω, -άω, -όω, contr. -ῶ auß
*-εϳω, *-αϳω, *-οϳω = altind. u. grundf. -ajâmi entstanden sind,
z. b. φοϱῶ, φοϱέω = altind. bhârájâmi u. s. f.
Nach verflüchtigung, außfall und abfall von consonanten§. 42.
tritt häufig ersazdenung ein.
1. nvorslöst sich auf und dent vorhergehendes
οzuου, z. b. φέϱουσι = *φεϱονσι auß φέϱοντι = bháranti,
φέϱουσα = *φεϱονσα auß *φεϱοντ-ια u. s. f.; λύϰους = *λυϰο-νσ,
vgl. got. vulfa-ns, kret. τό-νς = τούς, grundf. *ta-ns, ta-ms.
εzuει, z b. τιϑείς = kret. τιϑένς auß *τιϑ εντ-ς; χα-
[60]Altindisch. Vocalische lautgesetze.
ϱἰεις = *χαϱι-ϝεντ-ς (χαϱίεσσα aber = *χαϱι-ϝετϳα one ν, vgl.
altind. suffix -vant fem. -vatî = -vat-jâ ebenfals mit verlust des
n) u. s. f.
αzuᾱ, z. b. ἱστάς = *ἱστανς auß *ἱσταντ-ς u. s. f.
υzuῡ, z. b. δειϰνῡʹς = *δειϰνυνς auß *δειϰνυντ-ς u. s. f.
So steht in folge von ersazdenung εἰμὶ für *ἐσ-μι (darauß
ion. ἔμμι mit assimilation), altind. u. grundf. ás-mi; ὀϱεινός für
*ὀϱεσ-νος, äol. ὄϱεννος von ὄϱος (ion. οὖϱος, also älter *ὀϱ-ϝο-ς
wurz. ὀϱ oriri, exsurgere) stamm ὀϱες mit suffix νο u. änliche.
2. Ferner tritt ersazdenung inlautend ein, im aorist
compos. nach wegfall vonσnachλ, μ, ν, z. b. ἔνειμα für
*ἐ-νεμ-σα, vgl. äol. ἐ-νέμματο mit assimilation; ἔφηνα für *ἐ-φαν-
σα, ἔ-στειλα für *ἐ-στελ-σα, äol. mit assimilation anstatt der er-
sazdenung ἔστελλα u. s. f. (Curtius, gr. Schulgr. §. 217, in
welchem buche überhaupt, teilweise wenigstens, die lautgesetze
berücksichtigt sind).
3. Häufig ist die ersazdenung im nom. sg. msc. fem. con-
sonantischer stämme zum ersaz eines ab gefallenenςod. τς,
z. b. ποιμήν für *ποιμεν-ς, vgl. altind. rấǵâ für râǵan-s, lat.
homo für homen-s, got. guma, d. i. gumâ, für guman-s; μήτηϱ
für *μητεϱ-ς, vgl. altind. mâtấ für mâtars; πατήϱ für πατεϱ-ς,
vgl. altind. pitấ *für pitars, altlat. patêr für pater-s, got. fadar,
d. i. *fadâr für fadar-s; εὐμενής für *-μενεσ-σ, vgl. altind. su-
manâs für *-manas-s; φέϱων für φέϱοντ-ς (aber altind. bháran
one ersatzdenung für *bharant-s); πεποιϑώς für *πεποιϑϝοτ-ς
u. a.
Dem anlaute wird nicht selten ein vocal vor ge-
schlagen, z. b. ἀ-στήϱ, vgl. stella, got. staírnô, altind. vêd.
star; ἀνήϱ, altind. stamm nar (vir), umbr. ner (princeps); ἐ-ϱυ-
ϑϱός = altind. rudhirás, lat. rub-er, wurz. rudh; ἐϝείϰοσιν (Il.
VI, 217), vgl. latein. viginti, altind. viṁçáti, der anlaut war ur-
sprünglich dvi, das ε ist also erst vor geschlagen, nachdem δ
geschwunden war; ἐϝέϱση (Il. XXIII, 598), vgl. altind. wurz.
varś (humectare, pluere) und so öfters vor ϝ (über ἑός, das
möglicher weise = *e-hvo-s auß svo-s sein könnte, siehe oben,
§. 40, 2, anm.); ὀ-φϱύς = altind. bhrû-s, deutsch braue, slaw.
[61]Griechisch. Vocalische lautgesetze. Lateinisch.
brŭvĭ; ὀ-δούς stamm ὀ-δοντ, vgl. lat. dent, altind. stamm dant
und dánta, lit. danti, got. tunthu u. a.
- Anm. Dise vor geschlagenen vocale als ursprünglich zu faßen, z. b.
ὀδ-οντ als ad-ant, part. praes. von der wurz. ad (edere), ἀσ-
τήϱ als nomen agentis von der wurz. as (jacere, projicere) ist
nicht in allen fällen möglich, z. b. nicht bei ἐϱυϑϱός, ἐϝείϰοσιν
u. s. f. Trotz der äolischen nebenform ἐδ-οντ (Curtius in
Kuhns Zeitschrift IX, pg. 327) halte ich auch in disem worte
ο oder ε für rein griechischen vorschlag; der consensus lingua-
rum (altind. dant, lat. dent, lit. danti, got. tunthu, ahd. zand)
zeugt mit sicherheit für eine form dant der indogerm. ursprache,
welche wol keinesweges auß ad-ant ab geschwächt ist, sondern
warscheinlich von einer wurz. da = ad (mit dem fast regelmä-
ßigen wechsel der wurzelformen diser art, wovon unten zu anfang
des morphologischen teiles zu handeln sein wird) gebildet und
also in da-nt zu zerlegen ist. Das selbe gilt vom stamme ἀστεϱ,
der auf die wurzel star (sternere, spargere) fürt.
Altitalisch*).
1. Lateinisch**).
- Anm. 1. h haben wir als tönenden spiranten an gesezt, da es
das tönende gh der ursprache vertritt. - Anm. 2. n als gutturaler nasal wird durch kein besonderes zei-
chen gegeben; n ist guttural vor den gutturalen consonanten c,
q, g (n adulterinum), nicht aber nach g, wo es, von der üblichen
weise ab weichend, als gewönliches dentales n auß zu sprechen ist.
Diphthonge, fast außschließlich nur dem altlateinischen
eigen, sind ai (ae), au, ei, eu, oi (oe), ou, ui.
Der vocalismus des lateins erlitt im laufe der zeit vilfache
veränderungen. Das classische latein hat, so wie das umbri-
sche, eine abneigung gegen diphthonge, die es in einheitliche
laute wandelt; das altlateinische und vor allem das oskische
bewaren noch die alten diphthonge. Im vor ligenden zustande
leidet das latein an starheit des vocalismus, wenige wurzeln
zeigen noch eine jedoch meist auf nur zwei stufen beschränkte
bewegung des wurzelvocales in seiner reihe.
Die einwirkung des außlautes, ferner der laute auf einan-
der (consonanten auf vocale, vocale auf vocale) hat einen ho-
hen grad im lateinischen erreicht. Unursprüngliche kürzungen
und denungen treten ebenfals vilfach ein, so daß der vocalis-
mus des lateins vom ursprünglichen lautstande sich ser weit
entfernt hat. Dazu komt, daß uns das altlateinische und oski-
sche — die beiden italischen sprachen mit ursprünglicherem
vocalismus — nur ser fragmentarisch erhalten sind, wärend
das classische latein vilfach den charakter einer nicht one ein-
wirkung fremden einflußes fest gesezten schriftsprache an sich
trägt und der vocalismus des umbrischen in hohem grade un-
ursprünglich ist. Das lateinische bietet somit von allen hier in
betracht gezogenen sprachen der wißenschaftlichen forschung
die grösten schwirigkeiten.
a wird vilfach zu i und u geschwächt und geht grösten-
teils eben so in e und o (später meist u) über, wie im griechi-
schen; â wird gleichfals zu ê und ô, nur zeigt sich im lateini-
schen meist einfluß der benachbarten laute als ursache der
vocalfärbung. Bei der durch greifenden, völligen übereinstim-
[63]Lateinisch. Vocale. A-reihe. Schwund.
mung des lateinischen in den vocalreihen mit dem griechischen,
dürfen wir wol auch im latein ô als vocal der zweiten steige-
rung betrachten.
Die i und u-reihen waren in der ältesten sprache den grie-
chischen völlig gleich, namentlich auch in der besonderheit des
ai und au neben ei und eu. In der u-reihe trat jedoch an
die stelle der ersten steigerung durchauß die zweite (wie im
griechischen das um gekerte statt fand), weil e vor u (v) nach
lateinischem lautgesetze (s. u. §. 48) in o über geht. Die spä-
tere sprache hat aber von den alten diphthongen nur au be-
wart; doch zeigt auch dises bekantlich vilfach die neigung sich
in einen einfachen laut zu wandeln.
Vocalreihen des lateins (nur altlateinische laute sind durch
die schrift unterschiden):
| schwächung | grundvoc. | 1. steig. | 2. steig. |
| 1. a-reihe schwund; i, u | e, o, a | o, ê, â | ô |
| 2. i-reihe | i | eiî ê, aiae | oioe û |
| 3. u-reihe | u | euau ô | ouû |
eu ist im classischen latein nicht mehr als steigerungslaut
vorhanden sondern in ou, d. i. û gewandelt.
Die übergänge der diphthonge in monophthonge ist phy-
siologisch leicht zu erklären (assimilation beider laute an ein-
ander wie ei zu ê, ai zu ae, oi zu oe, au zu ô, oder eines
an den andern wie ei zu î, ou zu û) nur der übergang von
oi, oe zu û ist ein eigentümlicher, physiologisch mir nicht
deutbarer.
Schwächung. Schwund des wurzelhaften a, z. b. sum,§. 47.
sumus, sunt, siêm u. a. für *e-sum, grundf. as-mi, *e-sumus,
grundf. as-masi, *es-unt, grundf. as-anti, *es-iêm, grundf. as-jâm
(vgl. d. griech.); besonders häufig tritt diser schwund im zwei-
ten glide von zusammensetzungen ein, wie malo auß *mavlo
und diß auß *mage-vol-o (magis volo) und änliches (s. u. die
lautgesetze §. 56); -br-um auß *ber-um wurz. ber urspr. bhar
[64]Lateinisch. A-reihe, Schwund. Schwächung zu i, u.
(ferre), also ligt hier zusammensetzung, nicht ein stambildungs-
suffix vor, das selbe gilt von -gnus auß -gen-us wurz. gen (gi-
gnere), z. b. malignus u. a. und -gium in jur-gium für *jur-
igium, vgl. rem-ig-ium wurz. ag (agere) u. s. f.
In stambildungssuffixen findet schwund von urspr. a statt,
wie in den verwanten sprachen, z. b. patr-is älter *patr-us,
*patr-os für *pater-os stamm pater grundf. patar-as (gen. sg.) und
in vilen anderen fällen.
2. Ser häufig ist die schwächung vonazui, beson-
ders im zweiten teile von zusammensetzungen, z. b. ac-cipio
neben capio; per-ficio neben facio; as-sid-eo wurz. sad, lat. sed;
me-min-i wurz. man; co-gnitus wurz. gna auß gan; in-si-tus
wurz. sa u. s. f.
Das selbe findet auch in der tonsilbe der worte statt (wie
im deutschen), z. b. in-ter, umbr. an-ter, comparativ des prono-
minalstammes an, vgl. altind. an-tár, án-tara-s (inter, interior),
griech. ἔν-τεϱα; in- (negat.), umbr. an-, altind. an-, griech. αν-;
igni-s altind. agní-s; quinque grundf. kankan, altind. pánḱan.
In der reduplicationssilbe der praesensstämme von wurzeln
mit dem wurzelvocale urspr. a findet dise schwächung regel-
mäßig statt, z. b. gi-gno auß *gi-gen-o, grundf. ga-gan-âmi vgl.
griech. γί-γν-ομαι wurz. gan; sero = *siso (wegen r geht i in
e über, s. u.) grundf. *sa-sâ-mi wurz. sa; si-sto grundf. sta-stâ-mi
wurz. sta; sîdo auß *si-sdo, *si-sed-o grundf. sa-sad-âmi wurz. sad.
3. Häufig ist ferner die schwächung von a zu u, beson-
ders in stamm- und wortbildungselementen, aber auch in wur-
zeln, durch einfluß gewisser consonanten. Deutlich stelt sich i
als die lezte abschwächung von a herauß, indem u nicht selten
durch vermittelung von ü (‘medius quidam inter i et u sonus
— pinguius qum i, exilius quam u — sonum y graecae videtur
habere’ Gramm.; kaiser Claudius verordnete für disen laut das
zeichen 𝈩) in i schwankt und ältere formen mit u denen mit
i zur seite stehen; u ist also die geringere schwächung von a,
die mit disem durch o vermittelt wird, das ser oft die ältere
sprache noch da hat, wo später u ein tritt. Der übergang und
die reihenfolge von a durch u zu i ligt also klar vor: a, o, u, ü, i.
[65]Lateinisch. A-reihe. Schwächung zu u. Grundvocal a.
So ward z. b. eine grundf. *ap-tama-s zu *op-tomo-s, op-tumu-s,
op-tümu-s, op-timu-s, ital. ottimo; *dakama-s zu *decomo-s, de-
cumu-s, decimu-s, ital. decimo; neben cap-ere steht man-cup-ium
(Plaut.), oc-cup-are, in-cip-ere, man-cip-ium; concut-io neben
quat-io; in-sul-sus neben sal-sus u. a. Ser oft ist u erst spä-
tere veränderung von älterem o (vgl. d. griechische, wo o blib),
besonders häufig ist diß der fall in wortbildungselementen, z. b.
nom. acc. sg. msc. ntr. der urspr. a-stämme -u-s auß altlat. -o-s,
griech. ο-ς, urspr. -a-s; -u-m, altlat. -o-m, griech. -ο-ν, urspr.
-a-m, z. b. da-tu-s auß da-to-s, griech. δο-τό-ς, urspr. da-ta-s,
acc. da-tu-m auß da-to-m, griech. δο-τό-ν, urspr. da-ta-m; über-
haupt wird auß auß lautendem urspr. as im lat. os, us, so z. b.
op-us, altlat. op-os, vgl. griech. formen wie μέν-ος, altind. u.
urspr. áp-as; fer-unt altlat. fer-ont, fer-onti, griech. φέϱ-οντι
(φέϱουσι), altind. u. urspr. bhár-anti u. s. f.
Nach v, u bleibt o, z. b. volt (später vult) wurz. altind. u.
urspr. var; loqu-ont-ur (loquuntur), quom (quum, vgl. quon-iam)
grundf. kam, novo-s (novus), altind. u. grundf. náva-s u. s. f.
- Anm. Durch die älteren formen mit o gewint das lateinische be-
deutend an änlichkeit mit dem griechischen.
Der grundvocal der a-reihe, urspr. a ist 1. als a in§. 47.
den wenigsten fällen erhalten, wie es scheint mit vorliebe vor
g, c, z. b. ăc-us, ăc-ies, ăc-erbus wurz. ac, altind. aç, urspr. ak;
ago, ἄγ-ω, altind. áǵ-âmi wurz. ag; măg-is, mag-nus, μέγ-ας,
altind. stamm mah-ánt (nom. sg. masc. mah-ấn), got. mik-ils,
wurz. mag, altind. mah auß magh; frăg-ilis, frăg-or, fra-n-go,
got. wurz. brak (praes. brik-a, perf. brak); ang-uis altind. áh-is,
griech. ἔχ-ις, deutsch unk; ans-er für *hans-er, deutsch gans,
lit. żąs-ìs (= *gans-is), altind. haṁs-ás, grundform des gemein-
samen stammes also ghans; ăl-ius, ἄλλος = *ἀλ-ϳος, got. al-is;
ăp-iscor, ap-tus, vgl. altind. âp-nốmi (1. sg. praes. adipiscor)
wurz. ap; stă-tus, griech. στα-τός grundf. *sta-tas wurz. sta;
să-tus wurz. sa; dă-tus, dă-tor, griech. δο-τός, δο-τήϱ wurz. da;
pă-tera wurz. pa, griech. πο (bibere), vgl. pô-tus.
2. Als o erscheint ursprüngliches a in den wurzeln vor al-
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 5
[66]Lateinisch. A-reihe. Grundvocal o.
lem nach und vor v und außerdem in stamm- und wortbil-
dungselementen.
Nach v, z. b. vom-o, griech. ϝεμ-έω, altind. vám-âmi; vol-o,
vol-t, vol-im später vul-t, vel-im, vgl. altind. vár-âmi (vr-ńốmi,
vr-ńấmi eligo, volo) wurz. var; voc-are altind. wurz. vaḱ, gr.
ϝεπ, urspr. vak; vort-o später vert-o, vgl. altind. várt-atê (3. sg.
praes. med. vertitur, est) wurz. vart; vôs (voster später vester),
vgl. altind. vas (vos, vobis); volv-ere, got. valv-jan (volvere; vgl.
quatuor für *quatuors, *quatuores neben τέσσαϱες = *τετϝαϱες
grundf. wol katvâras, ja vocuus u. dgl. in inschriften für vacuus).
Ursprüngliches sva ist regelmäßig lat. so, z. b. socer, gr.
ἑϰυϱός für *σϝεϰυϱος, altind. sváçuras (geschriben çváçuras), got.
svaíhra, vgl. socrus, altind. sváçrûs (geschr. çváçrûs); sorôrem,
altind. svásâram grundf. svastâram; sop-or, somnus für *sop-nus
(vgl. ὕπ-νος), altind. u. grundf. sváp-nas, vgl. sváp-i-mi (dor-
mio); son-us, altind. sván-as.
Vor v, z. b. ov-is, griech. ὄϝις, altind. áv-is, lit. av-ìs; nov-
os (später nov-us), griech. νέϝ-ος, altind. náv-as; nov-em, griech.
ἐν-νέϝα, altind. náv-an.
In andern verbindungen, z. b. mor-ior wurz. urspr. u. alt-
ind. mar (mori); dom-are griech. wurz. δαμ (ἔ-δαμ-ον), altind.
dam, got. tam, hochd. zam; op-us altlat. op-os, altind. ap-as;
loq-uor, vgl. griech. ἔ-λαϰ-ον, altind. wurz. lap (villeicht sind in
disen beispilen die labialen m, p und das labiale vocale im la-
teinischen liebende l die ursache der wal des o = a); coq-uere
griech. wurz. πεπ, altind. paḱ, lit. kep u. s. f. urspr. kak.
In auß lautenden stamm- und wortbildungselementen ist,
wie im griechischen, o regel vor allem vor s, m; daß die spä-
tere sprache dises o zu u schwächt, sahen wir oben §. 46, 3;
z. b. suffix to im nom. sg. msc. u. acc. msc. ntr. -to-s, -to-m, gr.
-το-ς, το-ν, altind. -ta-s, -ta-m, z. b. in-clu-to-s, acc. clu-to-m, vgl.
griech. ϰλυ-τό-ς, ϰλυ-τό-ν, altind. çru-tá-s, çru-tá-m, urspr. kru-
ta-s, kru-ta-m; endung der neutra -os (später -us), wie z. b.
gen-os (genus), griech. γέν-ος, altind. ǵán-as urspr. gan-as; dat.
plur. -bos (-bus), altind. u. urspr. -bhjas u. s. f.
3. Ser häufig gieng a in e über, one daß sich eine ver-
[67]Lateinisch. A-reihe. Grundvocal e. Steigerung o.
anlaßung hierzu in den umgebenden lauten auf zeigen läßt,
z. b. fer-o wurz. fer, griech. φέϱ-ω, altind. u. grundf. bhár-âmi
wurz. bhar; es-t wurz. es, griech. ἐσ-τί, altind. u. grundf. ás-ti
wurz. as; gen-us, altlat. genos wurz. gen, griech. γέ-νος, altind.
ǵán-as urspr. gan-as wurz. gan; veh-it wurz. veh, altind. vah-
ati grundf. vagh-ati wurz. vagh; pecu, altind. stamm paçú (nom.
sg. paçú-s msc.) grundf. des stammes paku; eq-uos wurz. ec,
griech. ἵππος = *ἰϰ-ϝος, altind. áç-vas wurz. aç grundf. ak-vas
wurz. ak; decem gr. δέϰα, altind. dáçan grundf. dakan; septem
gr. ἑπτά, altind. u. grundf. saptán; den-tem, ὀ-δόντ-α, altind. dánt-
am; men-te-m grundf. man-ti-m wurz. man; fer-ent-em, φέϱ-οντ-α,
altind. u. grundf. bhár-ant-am; die lautverbindung urspr. ant wird
aber im lateinischen auch durch ont, unt gegeben, z. b. fer-unt
auß fer-onti, urspr. u. altind. bhár-anti, e-unt-em neben fer-ent-
em; (g)nô-men, altind. nấ-man, grundf. gnâ-man u. s. f.
Oft ist e deutlich schwächung von a, wie z. b. per-fec-tus
neben fac-tus u. s. f.
Auß o ist e hervor gegangen in fällen wie verto, vester u.
a. für älteres vort-o, grundf. vart-â-mi, wurz. urspr. u. altind.
vart, got. varth; voster vgl. altind. vas (vos, vobis). Demnach
ergibt sich e neben a, o als leichterer vocal.
Steigerungen desa.
1. Dem e gegenüber gilt o als schwerer, und es steht o
bisweilen, wie im griechischen und slawischen, als steigerung
von e = a, also ist in disen fällen o = â; e : o = a : â,
z. b. mon-eo, d. i. mân-ajâmi, verbum causativum von der wurz.
urspr. man (cogitare, also eigentlich ‘denken machen’) neben
men-s für *ments, *men-ti-s grundf. man-ti-s mittels suffix ti von
wurz. man, vgl. me-min-i, lezteres mit schwächung von e zu i;
noc-eo grundf. nâk-ajâmi, verbum causativum von der wurzel
urspr. nak, altind. naç (perire, mori; also eigentlich ‘sterben
machen, verderben’) zu nec-are, vgl. gr. νέϰ-υς, νεϰ ϱός; so steht
tog-a neben teg-o wurz. tag, dtsch. dak, wol für stag, vgl. στέγ-ω,
altind. sthág-âmi (tego), im litauischen steht steg-iù (tego) neben
stôg-as (tectum); doceo ein causativum, grundf. dâk-ajâmi neben
di-dic-i, disco für *dic-sco wol für *didac-sco, vgl. δι-δά(ϰ)-σϰω
5*
[68]Lateinisch. A-reihe. Steiger. o, ê, â, ô.
neben διδάξω d. i. διδάϰ-σω, διδαχ-ή, wurz. dak (nicht dic, wie
in dîco, δείϰ-νυμι, das davon zu trennen ist); for-s, for-dus
neben fer-o wurz. fer urspr. bhar.
Da o kurz ist, so kann dise steigerung auch vor zwei con-
sonanten ein treten, z. b. ex-torr-is, torr-eo = *tors-eo, vgl. tos-
tus für *tors-tus neben terra für *ters-a (das trokne, das land
im gegensatze zum waßer) wurz. tars, got. thars (in thaírsan
torrere, thaúrsjan sitire) altind. tarś (sitire); port-io neben
part-em, im-pert-io, lat. secundäre wurz. part auß par erweitert.
- Anm. Neben a steht o in scob-s (feilstaub, sägespäne), scob-ina
(raspel) zu scăb-o.
2. ê ist selten, z. b. têg-ula neben tĕg-o und tog-a; rêg-em,
vgl. altind. -râǵ-am, rấǵ-ânam neben rĕg-o; lêg-em, col-lêg-a
neben lĕg-o; sêd-es neben sĕd-eo wurz. sad; sê-men neben să-
tus, also meist als steigerung von e; dem urspr. â entspricht ê
auch in êdi, vgl. altind. ấda, d. i. *a-âd-a (perfectum) zu ed-o,
altind. ád-mi; sêmi-, gr. ἡμι-, altind. sâmi-, althd. sâmi-; siêm,
siêt, vgl. εἴην, εἴη, altind. sjâm, sjât, urspr. as-jâ-m, as-jâ-t, fälle,
in denen wol i assimilierenden einfluß geübt hat.
3. Wie ê zu e, so steht â zu a als steigerungslaut, der
sich demnach am häufigsten vor gutturalen consonanten findet,
z. b. âc-er, âc-ris neben ăc-ies; plâc-are neben plăc-ere; pâc-are
neben păc-iscor; mâc-ero neben măc-er; sâg-ire, sâg-us, sâg-a
neben săg-ax; lâb-i neben lăb-are; dâ, dâ-s neben dă-tus; mâ-
ter, altind. mâ-tar wurz. ma; frâ-ter altind. bhrâ-tar wurz. bhra
auß bhar um gestelt.
Das femininum der a-stämme hatte ursprünglich auch im
lateinischen langes a, z. b. nov-â, coc-tâ, urspr. nav-â, kak-tâ,
vgl. altind. návâ, *pak-tấ (komt zufällig nicht vor, sondern
wird durch eine völlig ab weichende bildung, pak-vấ, ersezt),
griech. νέ03DD;-ᾱ, πεπ-τή zu nov-o-s, coc-to-s, nov-u-s, coc-tu-s, urspr.
nav-a-s, kak-ta-s, griech. νέ03DD;-ο-ς, πεπ-τό-ς. Es haben sich im
lateinischen reste dises â erhalten.
4. Nicht selten ist ô als steigerung von a, besonders ne-
ben o = a und da, wo a wurzelaußlaut ist, außerdem in stamm-
[69]Lateinisch. A-reihe. Steiger. ô, û. I-reihe. Grundvoc. i.
bildungselementen, z. b. sôp-io, d. i. altind. u. urspr. svâp-ájami
verbum causativum neben sŏp-or, wurz. lat. sop, urspr. u. alt-
ind. svap; vôc-em = altind. vấḱ-am, griech. ϝόπ-α urspr. vâk-
am neben vŏc-o wurz. urspr. vak (loqui); ôc-ior comparativ zu
einem verlorenen dem griechischen ὠϰ-ύ-ς, altind. âç-ú-s ent-
sprechenden adjectivum (das etwa *oquis lauten würde) wurz.
urspr. ak; dô-num, altind. u. grundf. dấ-na-m, dô-te-m (dos =
dô-ti-s) grundf. dâ-ti-m neben dă-tus wurz. da; pô-tum neben pă-
tera wurz. pa (bibere); gnô-tus, gnô-men neben co-gni-tus wurz.
gna (wie leztere form deutlich zeigt) auß gan; da-tôr-em alt-
ind. dâ-tấr-am, griech. δο-τῆϱ-α suffix urspr. tar, hier zu târ
gesteigert; quô-rum von stamm quo urspr. ka u. a.
5. û = urspr. â kann nur als eine jüngere nebenform
von ô betrachtet werden, wie o so häufig zu u ward; es komt
wol nicht innerhalb der wurzel vor. So sind die suffixa -tûro,
femininum -tûra, z. b. da-tûr-us, rup-tûr-a lateinische bildungen
auß den stämmen auf -tôr urspr. -tar da-tôr, rup-tôr urspr. da-
tar, rup-tar; das suffix des gen. plur. -um, -rum (doch wol als
-ûm, -rûm zu faßen) steht für -ôm, -rôm, griech. -ων, *-ὡν, alt-
ind. u. urspr. -âm, -sâm, z. b. (is-)tarum = griech. *ταὡν, d. i.
τῶν, altind. tấsâm; vôc-um = griech. ϝοπ-ῶν, altind. vâḱ-ấm.
Hier, wie in der u-reihe, mangelt es an wurzeln, welche
sämtliche drei stufen der steigerungsreihe durchlaufen. Für
die i-reihe kenne ich nur das einzige beispil wurz. fid in fĭd-
es, per-fĭd-us neben con-fîd-o, i. e. feid-o (belegt ist di-feid-ens)
und foid-os (foedus); selbst an wurzeln, die in zwei stufen er-
scheinen, wie wurz. dic (griech. διϰ, altind. diç u. s. f.) in in-
dĭc-o, causi-dĭc-us neben deic-o, dîc-o und wurz. i in ĭ-tum neben
ei-s, ei-t, ei-tur = îs, ît, îtur (vgl. εἶ-μι, altind. ế-mi) u. a. ist
mangel.
Der grundvocali findet sich z. b. in dic-are wurz. dic,
vgl. altind. diç, griech. wurzel διϰ (in δείϰνυμι); i-tum (vgl.
ἴ-μεν, altind. i-más) wurz. i; vid-eo, vgl. altind. vid-más, griech.
ϝίδ-μεν, got. vit-um wurz. vid; sci-n-d-o, scissus = *scid-tus,
vgl. altind khi-ńá-d-mi, σχίζω = *σχιδ-ϳω, got. wurz. skid
[70]Lateinisch. I-reihe. Grundvocal i. 1. Steiger. ei (ê, î).
in skaid-an wurz. scid; qui-s, vgl. got. hi-s, lit. szi-s, slaw.
sĭ grundf. ki-s wurz. qui = ki. In stambildungselementen,
z. b. ov-i-s, griech. ὄϝ-ι-ς, altind. áv-i-s, lit. av-ì-s wurz. u, av
mit suffix i; oft ist i in folge der stellung im wortaußlaute
geschwunden, z. b. mens für *ments auß *men-ti-s grundf. man-
ti-s oder in e getrübt, z. b. men-te-m s. d. flg.
Diß echte i wird zu e getrübt nach bestimten gesetzen,
z. b. in-dex, in-dic-is wurz. dic, ig-ne-m für älteres ig-ni-m, alt-
ind. agni-m, lit. ùgni̧. Die älteren formen diser accusative sind
bekantlich nicht selten erhalten, wie navi-m neben nave-m u. a.
- Anm. 1. Hier ist also e das jüngere, i das ursprüngliche und
daher ältere, wärend bei dem auß a geschwächten i, wenn es in
der älteren sprache mit e wechselt, lezteres der ältere laut ist.
Die sprache fülte aber bald disen unterschid der abstammung
nicht mer und behandelte beide i nach derselben analogie. Falsch
ist es jedesfals, im algemeinen zu behaupten, e sei in allen fällen
ursprünglicher als i oder um gekert. - Anm. 2. Etwaige unursprüngliche denung von i zu î von der stei-
gerung î (= altlat. ei) zu scheiden, dürfte schwerlich möglich
sein.
Erste steigerungei (î, ê); *deiv-os (deivae, deivinus
belegt), altind. dêvá-s grundf. daiva-s wurz. div (lucere); deic-o
grundf. daik-âmi wurz. dic; ei-tur wurz. i; feid-o wurz. fid;
veivos, vgl. altind. ǵîvás, lit. gývas wurz. gi, redupl. gig, vig,
giv, viv (mit v für g durch gv vermittelt, s. u. die lere von
den consonanten); veic-us altind. vếças, ϝοῖϰος; vînum, d. i. vei-
nom, got. vein, ϝοῖνος.
Dĕus ist auß *dêus, *dêvos, *deivos geschwächt, also neben-
form zu dîvos, wofür deivinus zeugt; eben so steht warschein-
lich ĕo für *êo, *êjo grundf. *aij-âmi für *aiâmi mit spaltung
von i zu ij; vên-demia inschrr. = vîn-dêmia.
In wortbildungselementen ist ê neben ei, î häufig, später
meist allein regel, z. b. omneis, omnîs, omnês u. dgl.
ai, ae findet sich vereinzelt wie im griechischen, z. b. aid-
e(m), aid-ilis, aed-es (feuerstätte), aes-tas für *aed-tas, vgl. gr.
αἴϑ-ω, αἴϑ-ονσα, αἴϑ-ηϱ, altind. wurz. idh (accendere); maes-tus,
maer-eo neben mis-er; aem-ulus neben im-itari; laevos vgl. λαιϝός;
scaevos vgl. σϰαιϝός; caecus vgl. got. haihs (unoculus, caecus).
[71]Lateinisch. I-reihe. 2. steiger. oi, oe, û. U-reihe. Grundvoc. u.
Zweite steigerung ist oi, oe, û, z. b. foid-ere nom.
*foid-os wurz. fid; *oinos, belegt oino(m), oenus, ûnus, vgl. got.
ains; comoinem, comûnem, vgl. got. gamains (so findet sich loi-
dos, loedos, lûdus; oitier, oetier, ûtier u. a.).
- Anm. Für oe findet sich auch ê, z. b. ob-êdire für ob-oedire
vgl. audire, n-ênum = n-oenum (non). In û gieng oi über
durch vermittelung von ui (wie ja o, ô so oft in u, û über trat)
das zu û ward, wie z. b. in senatûs auß senatuis.
Ser verwischt im lateinischen. Beispile sind ser selten; ich
kann nur an füren lŭc-erna wurz. griech. λυϰ, altind. ruḱ grundf.
ruk neben Leuc-esie (Carm. Sal.), Louc-ina, lûc-em, lû(c)-men,
lou(c)men; dŭc-em neben douc-ere, dûcere; rŭb-er grundf. rudh-
ra-s neben rûf-us grundf. râudh-as.
Der grundvocalu, z. b. in ruptus, ru-m-p-o, vgl. altind.
lu-m-p-ấmi wurz. lup urspr. rup; us-tu-s wurz. us, altind. uś;
tu-tud-i zu praes. tu-n-d-o, vgl. altind. tud-ấmi wurz. tud; rub-er
für *ruf-er, *ruf-ro-s wurz. ruf = ῥυϑ, altind. u. urspr. rudh;
jug-um = ζυγ-όν, altind. jug-ám wurz. jug; fu-i, fu-turus, vgl.
φυ-τόν wurz., urspr. u. altind. bhu (im altind. zu bhû gedent).
In stammbildungen (nicht in wortbildungselementen), z. b. pec-u
(plur. pecu-a), vgl. got. faíhu, ahd. vihu, altind. paçú-s.
Auch diß echte u wird zu i (ü) geschwächt (wie das auß
a entstandene, s. o. §. 46, 3), z. b. lub-et, lib-et wurz. altind.
lubh (cupere, desiderare), got. lub (in lub-ô amor, liub-s carus,
ga-laubs pretiosus); *manu-bus darauß manibus, u ist bekantl.
hier in vilen fällen erhalten; fructi-fer, corni-ger auß *fructu-
fer, *cornu-ger.
- Anm. 1. In o geht echtes u nicht über, außer in fŏ-re auß *fŭ-
se wurz. fŭ. - Anm. 2. û als denung des ŭ ist von û = ou, der zweiten stei-
gerung des u) nicht wol zu scheiden. In tû z. b. ligt gewis un-
ursprüngliche denung vor, grundf. ist tŭ, denn in altind. tv-am,
griech. τύ, σύ, got. thu, slaw. ty, lit. tu ist nirgend steigerung.
Zweifelhaft zwischen denung und steigerung kann man in fällen
sein wie sû-s, ὗς, ahd. sû; mûs, μῦς, ahd. mûs u. a., wo das
griechische jedoch ser für die anname der denung spricht.
[72]Lateinisch. U-reihe. 1. steiger. eu, au.
Erste steigerung war, nach der analogie aller indoger-
manischen sprachen zu schließen, ebenfals vorhanden und zwar
lautete sie, wie im griechischen, eu; sie verlor sich aber ser
frühe, wie denn das einzige erhaltene beispil dises archaischen
steigerungslautes, Leuc-esius, vgl. λευϰ-ός, auch als Loucetius,
Lucetius überliefert ist; grundf. ist wol *Leuc-ent-ios, weiterbil-
dung eines particips stamm *leuc-ent (wie Prudentius von pru-
dent) zu einem praesens *leuc-o von wurz. luc wie φεύγω von
φυγ gebildet. In folge des §. 47, 2 erwähnten lautgesetzes (e
vor u, v wird in o gewandelt) muste auß eu ein mit der zwei-
ten steigerung zusammen fallendes ou später û werden. So ist
z. b. für dûco, douco ein älteres *deuco grundf. dauk-âmi wurz.
duk vorauß zu setzen, da praesensstämme diser art mittels
erster steigerung gebildet werden; ûro, *ouso steht für *euso
= griech. εὔ-ω für *εὐσ-ω, altind. ốś-âmi grundf. aus-âmi
wurz. us; bei wurzeln, die auf u auß lauten, steht vor vocalen
ov für *ev = eu, z. b. flov-ont darauß *fluv-ont, flu-ont, flov-ont
steht aber für *flev-onti, vgl. griech. πλέϝ-οντι (πλέ-ουσι) grundf.
plav-anti und so in änlichen praesensformen; jous, jour-is (jûs,
jûr-is) steht für *jov-os, *joves-is und ist gebildet wie *genos,
*genes-is (genus, generis) von wurz. ju (jungere) mittels erster
steigerung, wie sie dise art nominalstämme zu haben pflegen,
*jov-os also für *jev-os, gebildet von ju wie ϰλέϝ-ος von wurz.
ϰλυ und das disem entsprechende altindische çráv-as von wurz.
çru. Auch Jov-em = Diovem fürt auf *djev-em zurück, war-
scheinlich auch Jû-piter für *djû-piter, *djoupiter und diß für
*djeu-piter, stamm djeu = ζευ, welches nur lautliche verände-
rung von djeu ist, wurz. dju = div (lucere, als nominalstamm
coelum und numen coeli; der altindische nominativ djâu-s mit
zweiter steigerung ist fürs lateinische nicht maß gebend). Da
die erste steigerung vil häufiger ist, als die zweite, so sind die
meisten lateinischen û = altl. ou hierher zu ziehen.
- Anm. neu, seu = neve, *seve gehören natürlich so wenig als ne-
uter, ne-utiquam (auch nutiquam wie nullus) hierher.
au ist, wie im griechischen, archaisch erstarte erste steige-
rung und im lateinischen der einzige diphthong, den die spra-
[73]Lateinisch. U-reihe. 2. steiger. ou, û.
che bei behielt, und den sie bis zur stunde noch nicht auf ge-
geben hat (er findet sich noch im italienischen und mer verein-
zelt auch in andern tochtersprachen des lateins), obschon er
früh schon, besonders in der volksmäßigen außsprache, in den
laut ô schwankt und übergeht; auch in û zieht sich (wol durch
vermittelung von ô) au zusammen, z. b. raud-us, rôd-us, rûd-us
wurz. rud, sonst rub, ruf urspr. rudh (rubere). Beispile für
au: aur-ôra grundf. wol *aus-âsâ wurz. us in ur-o, us-tus, vgl.
altind. stamm uś-ás (aurora), one steigerung in wurzel und suf-
fix (leztere tritt nur in gewissen casus ein); aug-eo vgl. αὔξω,
αὐξ-άνω, doch wol auß *αὐγ-σω, *αὐγ-σανω, lit. áug-u (cresco)
wurz. ug; das eben genante raud-us (ntr. plur. raud-era) wurz.
rud, altind. rudh, griech. ῥυϑ u. a.
- Anm. Auch au entsteht durch secundäre processe, z. b. nauta,
auceps, gaudeo auß nâv-i-ta, *ăv-i-ceps, *gâv-i-deo u. a.
Die zweite steigerung desu, näml. ou, spät. û fält also
mit der ersten zusammen und es ist nur mit hilfe der verwanten
sprachen zu entscheiden möglich, ob û, ou = urspr. au oder
= urspr. âu sei. Lezteres ist gewis nur selten; aber entschi-
den der fall in rûf-us = altir. rúad, got. raud-s, grundf. râudh-
as; villeicht in lûc-em, Louc-ina, lû(c)-men wurz. luk urspr. ruk.
- Anm. ou, û ist hier und da durch außstoß von lauten secundär
entstanden, wie z. b. *councti, cuncti auß *co-juncti, noundinum
(SC. de Bacc.), nûndinum auß *novendinum (vgl. nundinae, tem-
pus novem dierum), prûdens auß providens.
Die genaue darlegung der außerordentlich mannigfaltigen
vocalischen lautgesetze des lateinischen muß der lateinischen
specialgrammatik überlaßen werden. Hier können nur einige
algemeine andeutungen gegeben werden.
Hiatus. Beim zusammenstoß von vocalen wird ser oft
[74]Lateinisch. Vocalische lautgesetze.
der hiatus durch zusammenziehung entfernt. Diß geschiht re-
gelmäßig wenn der erste vocal ein a ist, so amo auß *amao,
amas auß *amais, grundf. der endung -ajâmi, -ajasi; amarunt
auß ama(v)erunt, equae auß equai u. s. f. Andere beispile sind
sîs auß siês, senatûs auß sena-tuis (-tuos), côgo auß co-igo u.
s. f. Die beiden vocale bleiben jedoch auch in vilen fällen,
namentlich machen u und i und das im verwante e mit folgen-
den vocalen keinen hiatus, z. b. fui, lues, fluunt (fluont); die
endungen der nomina -io, -ia, -ies; fieri, tenuia (tenvia), eunt,
eo, meae u. s. f. In zusammensetzungen sogar coactus, deesse,
cooptare, aber auch inlautend boo (boare) u. s. f. Der hiatus
innerhalb eines wortes ist fast stäts durch consonantenverlust
erst herbei gefürt, z. b. fluunt auß flovont, boo auß *bojo u. s. f.
Die gesetze des hiatus im lateinischen bedürfen noch genauerer
feststellung.
Ein ser weites gebiet hat die assimilation von vocal an
vocal, vorwärts und rükwärts, auch bei nicht unmittelbarer
berürung der vocale (über consonanten hinweg), anänlichung
und angleichung wirkend, so wie die assimilation der vocale an
consonanten (die verwantschaft zwischen gewissen vocalen und
gewissen consonanten). Dabei wird aber doch das zusammen-
treffen zweier gleicher vocale vermiden und es findet dann dis-
similation statt.
So steht aureolus, gladiolus, ja vinolentus u. s. f. für *au-
reulus, *gladiulus, *vinulentus von aureu-s, gladiu-s, vinu-m, vgl.
longulus, turbulentus; duritie-s neben duritia u. a.; vgl. siêm
mit altind. sjâm. In disen und änlichen beispilen zeigt sich
anänlichung des folgenden vocals an den vorher gehenden, denn
das o steht dem e und i näher als das u, das e ist dem i
verwanter als das a.
Rükwärts wirkende angleichung findet über consonanten
hinüber statt, z. b. exul aber exil-ium, facul-tas aber facil-is;
mihi, tibi aber umbr. mehe, tefe; bene aber bonos, bonus u. s. f.
Von der verwantschaft des v zu o war §. 47, 2 die rede;
u ist besonders bei labialen, vor allem bei m und l beliebt. So
tritt bei der schwächung von a nicht i, sondern u ein in fäl-
[75]Lateinisch. Vocalische lautgesetze.
len wie oc-cup-o, au-cup-ium wurz. cap, con-tubernium neben
taberna, optumus (später erst op-timus) u. s. f.; vor l wird äl-
teres o zu u, z. b. pocolom zu poculum, ἐπιστολή zu epistula;
bei der schwächung von a tritt vor l + consonant nicht i oder
e (der regelmäßige vertreter von i vor zwei consonanten), son-
dern u ein, z. b. salsus insulsus, sepelio sepultus u. s. f.; fer-
ner ist u beliebt vor n + consonant, z. b. ferunt, homunculus
u. s. f. Überall galt auch hier älteres o.
e ist vorzugsweise in endsilben vor nasalen beliebt, z. b.
septem vgl. ἑπτά, nomen altind. nấman, cornicen wurz. can;
vor allem aber hat e seine stelle vor r, z. b. camera auß ϰα-
μάϱα, operis neben nominis, stetĕrunt auß *stetisonti vgl. stetisti,
veheris auß vehis vgl. vehit-ur, peperi für *pe-pir-i zu par-io
wie cecini zu can-o; affero, nicht das nach der analogie zu er-
wartende *af-fir-o, von fer-o, vgl. fälle wie col-lig-o von leg-o.
Ferner tritt e ein vor mereren consonanten im wechsel
mit i, das vor einem consonanten steht, z. b. judex aber judi-
cis, eques-ter für *equet-ter *equit-ter aber equit-em; asellus auß
*asin(u)lus vgl. asinus; consecro, abreptus u. s. f. (es bleibt i
jedoch in attingo, infringo u. a. dergl.).
Die lautverbindungen ent, end und unt, und schwanken,
z. b. fer-ent-em neben e-unt-em auß e-ont-em, wo der ältere laut
o, u in folge der dissimilation neben e erhalten ist; faciendus
und faciundus beide auß faciondus u. dergl. Überall ist hier
das a der ursprüngliche vocal.
i hat vorliebe für n und die dentalen überhaupt, es ist
die häufigste schwächung von a, z. b. μηχανή aber mâchina;
nominis, hominis, cecini von den stämmen grundf. gnâman, gha-
man, ca-can u. s. f.
Durch dissimilation wird das zusammentreffen völlig
gleicher vocale vermiden, z. b. veritas (veru-s) aber pie-tas
(piu-s), ebrie-tas (ebriu-s) u. a. nicht *pii-tas u. s. f.; equit-is
(eques) aber abiĕt-is, ariĕt-is, pariĕt-is (abies, aries, paries);
divînus (divu-s) aber aliênus (aliu-s); lêvigare (lêvi-s) aber va-
riegare (variu-s) u. a. Der erste vocal ist verändert in mêio
auß *mĭgjo, *mîio; ei, dei ist älter und richtiger als ii, dii u.
[76]Lateinisch. Vocalische lautgesetze.
s. f. Durch dissimilation hielt sich o länger nach u, v, z. b.
nouom, mortuos u. a.
Durch consonantenwegfall wird vocalveränderung be-
wirkt, nämlich 1. ersazdenung, 2. zusammenziehung.
1. ersazdenung, z. b. pês, ariês = *pĕd-s, *ariĕt-s; in der
regel ist später hier (§. 55) kürzung ein getreten, z. b. pedĕs
auß pedês = pedĕt-s, patĕr auß patêr (πατήϱ) = pater-s; fe-
rêns = ferĕnt-s (vgl. φέϱων = φέϱοντ-ς); besonders oft bei
wegfall des nasals vor s, z. b. acc. plur. der a-stämme -ôs (no-
vôs) = -ons (grundf. navans), im comparativ -iôr, -iôrem auß
-jans, -jansam u. s. f.; ferner pôno = *posno (vgl. pos-ui), quîni
= quĭncni, exâmen = *exagmen (ăg-o); besonders fält g so vor
j auß, z. b. mâior = *măg-ior (vgl. mag-nus), âio = *ăg-io (vgl.
ad-ăg-ium), mêio = *mîio = *migjo u. a.
2. Zusammenziehung, z. b. amârunt, amâsti, nôrunt, amô
(auß *amao), docês, audîs (auß *doce-is, *audi-is), invîtare =
*vicitare wurz. vŏc, convîtium = *convicitium wurz. vŏc, suspî-
tio = *suspicitio u. a.; novîs = *novo-bis, nova-bis u. a. Im
reduplicierten perfectum ist diser fall besonders häufig, z. b. wie
êgi auß *egigi, fêci auß *fefici (vgl. cecini) ebenso jêci, frêgi;
fôdi auß *fofŏdi; fûgi auß *fufugi; vîdi auß *vividi, vîci auß
*vividi u. s. f.
Schwächung (erleichterung des vocals durch verände-
rung seiner qualität mit und one kürzung) ist ser häufig im
lateinischen und durchauß nicht außschließlich auf unbetonte
silben beschränkt, wenn auch wol von disen die analogie diser
schwächung iren außgang nam (beispile s. oben §. 46, 2; über
die sache vgl. G. Curtius, das dreisilbengesetz der griech. u.
lat. betonung in Kuhns Zeitschr. IX, 321 flgg.). Besonders re-
gelmäßig tritt schwächung ein in wortbildungssilben, bei zu-
sammensetzungen und bei reduplication aber auch in wurzel-
silben. Durch schwächung wird
a zu e, z. b. fall-o fe-fell-i, parc-o pe-perc-i, fac-tus per-
fec-tus u. s. f.
a zu u, z. b. wurz. cap-io, occupo; hierher gehört das u
[77]Lateinisch. Vocalische lautgesetze.
der unbetonten endsilben, wie z. b. da-tu-s grundf. *da-ta-s, alt-
lat. oper-us altind. u. grundf. ápas-as u. s. f.
a zu i, z. b. fac-io con-fic-io, pa-ter Ju-pi-ter, cad-o ce-
cid-i, can-o ce-cin-i u. s. f.; e tritt für i nach der oben erwähn-
ten regel ein in fällen wie tubi-cen, pe-per-i u. a. (s. §. 52).
â zu ê, z. b. hâl-o, an-hêl-o.
ae zu î, z. b. quaer-o in-quîr-o, caed-o ce-cîd-i.
au zu ô, û, z. b. causa ac-cûso, fauc-es suf-fôc-o, plaud-o
ex-plôd-o u. s. f.
Mit starker kürzung werden sogar lange vocale und diph-
thonge zu ĭ (ĕ), z. b. gnô-tus co-gni-tus, iouro (iûro) pe-iĕro,
de-iero (jĕro für *jiro, mit e für i vor r, §. 52).
Auch die kürzung der vocale hat in den unbetonten end-§. 55.
silben ein ser weites gebiet.
So ist ă des femin. ursprünglich â (gr. ᾱ, η), daher in der
älteren sprache bisweilen noch lang; ĕ des ablativ. sing. der
i-stämme und der irer analogie folgenden consonantischen stäm-
me ist urspr. -ait, worauß -aid, -êd ward (daher patrê, tit. Scip.
Barb.); ê der ab geleit. verba erscheint bisweilen kurz, z. b. cavĕ,
jubĕ; ĭ in mihĭ, ubĭ u. s. f. ist auß älterem î, ei durch kürzung
entstanden, mihei, ubei u. s. f. finden sich nicht selten; alle auß-
lautenden ŏ waren urspr. lang, z. b. homô = *homon-s; agô vgl.
ἄγω grundf. ag-âmi, darauß zunächst ag-â mit verlust des mi;
egô vgl. ἔγω; duo, ambo, octo vgl. δύω, ἄμφω, ὄϰτω.
Vor auß lautendem t findet regelmäßig kürzung statt;
amă-t für -ât = -aat auß -ajati, vgl. amâ-mus; eben so -et, -it auß
-êt -ît älter -eit; auch -it im perfectum lautete älter -eit u. dgl.
Desgleichen vor andern consonanten, z. b. patĕr auß patêr
(vgl. πατήϱ) für *paters; -ŏr im nom. sg. auß -ôr z. b. censôr
(tit. Scip.) auß *cens-tor-s u. a. der art in fülle.
Die verflüchtigung der unbetonten silben fürt bis zu völli-
gem schwund, abfall und außfall der vocale (vgl. §. 46).
Der abfall außlautender vocale ist teils erst spät in der§. 56.
sprache ein getreten, wie z. b. animal für und neben animale,
dic für und neben dice, hoc für und neben hoce, ut für und ne-
ben uti u. s. f., teils älter, wie z. b. vehis für *vehisi, grundf.
[78]Lateinisch. Vocalische lautgesetze.
vaghasi; est, vehit für *esti, *vehiti, grundf. asti, vaghati; sunt,
vehunt für *esonti, vehonti, grundf. asanti, vaghanti (erhalten ist
tremonti, Carm. Saliar. ed. Bergk) u. s. f.
Der außfall von schwachtonigen vocalen ist überauß häufig
im lateinischen und komt vor 1. vor vocalen, z. b. minor, mi-
nus für *minior, *minius; nullus für ne-ullus u. s. f.; fälle, in
denen keine zusammenziehung an zu nemen ist, wie durch bei-
spile wie un-ŏculus (uno-oculus), sem-ănimus (semi-animus), nŭti-
quam (ne-utiquam) u. a. dar getan wird. 2. vor consonanten,
der häufigste fall, z. b. alumnus, vertumnus für *alumenus, *ver-
tumenus, das suffix lautet im griech. -μενο, im altind. -mâna;
stella für *sterla auß *ster-ula; puella für *puerla auß *puerula;
misellus für *miserlus auß *miserulus; patrem für *paterem
stamm pater; rettuli auß *re-tetuli, reppuli auß *re-pepuli, rep-
peri auß *re-peperi u. änliche. Demnach ist vorzüglich zwischen
gleichen consonanten der außfall beliebt. Unbetontes i kann
fast überall völlig schwinden, z. b. dixti auß dixisti, valde auß
valide, gaudeo auß *gavideo (vgl. gavisus) u. s. f.
Besonders wichtig für die declinationslere ist der außfall
von urspr. a und i, d. i. o oder u und i vor dem s des nom.
sg. So entsteht puer u. änl. auß *puers und diß auß puero-s,
puerus (erhalten), vir auß *virs, *viros. Diß ist bekantlich nach
r mit vorauß gehender kürze regel; so steht quatuor für *qua-
tuors, *quatuores, vgl. τέσσαϱες, altind. ḱatvấras; nachdem der
vocal geschwunden, fiel nach dem r auch das s ab. Veraltet
sind formen wie famul (Enn. Ann.) für *famuls auß famulos,
damnas für *damnats auß damnatos, alis für alios (merfach be-
zeugt), Sallustis, Clodis u. s. f. (inscrr.) für Sallustios, Clodios
u. s. f., alid für *aliod, aliud.
Außerordentlich oft fält das i der i-stämme so hinweg,
wodurch gleich im nominativ die im lateinischen durchgängig
statt findende verschmelzung der selben mit den consonantischen
stämmen an gebant wird, so z. b. primas für älteres primatis,
gens auß *gents und diß auß *gen-ti-s, mors für *morts auß
*mor-ti-s, von den wurzeln gen urspr. gan (gignere) und mor
urspr. mar mit den suffix ti, grundf. also gan-ti-s, mar-ti-s u. a.
[79]Lateinisch. Vocalische lautgesetze. Umbrisch.
dergl. Ferner acer für und neben acris, vigil auß vigilis und
merere disen änliche.
Einschaltung eines hilfsvocals findet sich ebenfals§. 57.
bisweilen im lateinischen, z. b. s-u-m auß *es-mi, *es-u-mi urspr.
as-mi; s-u-mus auß *es-mus, *esu-mus urspr. as-masi; vol-u-mus
auß *vol-mus grundf. var-masi, vgl. vol-t grundf. var-ti, mit dem
hilfsvocale u wegen des folgenden m, vgl. drachuma (Plaut.)
auß δϱαχμή, wie überhaupt dergl. einschiebung in fremdwör-
tern beliebt ist, z. b. techina (Plaut.) auß τέχνη u. s. f.
2. Umbrisch*).
Die umbrisch-samnitischen mundarten des altitalischen,§. 58.
welche durch gewisse gemeinsame kenzeichen (p = urspr. k,
infinitiv auf -um u. dergl.) verbunden sind im gegensatze zum
lateinischen, kennen wir nur auß inschriften und es ist des be-
schränkten materials wegen nicht möglich, sie hier in der selben
weise zu behandeln wie jene sprachen, von denen uns littera-
turen oder doch umfangreichere schriftdenkmale vor ligen. Die
erhaltenen umbrischen und oskischen sprachreste sind zum teile
in einer älteren von den Etruskern überkommenen schrift ge-
schriben; dise inschriften zeigen auch eine altertümlichere spra-
che als die mit dem lateinischen alphabete geschribenen. Man
hat daher altumbrisch und altoskisch (mit nationaler schrift,
bezeichnet durch gesperten druck) von neuumbrisch und neu-
oskisch (bezeichnet durch cursive schrift) zu scheiden.
Über die consonanten des umbrischen ist hier nur bei zu
bringen, daß die altumbrische schrift für g und d keine beson-
deren zeichen besizt, sondern dise laute durch k und t gibt;
altumbrisch k, neuumbrisch c sind gleich bedeutend (wie im
lateinischen); ç (in altumbrischer schrift durch ein besonde-
res zeichen d, in neuumbrischer durch s̀ gegeben) bezeichnet eine
wandlung des ursprünglichen k vor palatalen lauten und ist
[80]Umbrisch. Vocale. A-reihe.
warscheinlich dem altindischen ç änlich oder gleich zu sprechen;
altumbr. ṛ (in der altumbrischen schrift q) in neuumbrischer
schrift durch rs gegeben, bezeichnet eine wandlung des d und
ist als zischendes r (wie poln. rz, böhm. ř) zu sprechen; altumbr.
z ist auß lautend vertreter von ts und wol wie diß auß zu
sprechen, neuumbr. ist es bereits in s über gegangen.
Der vocalismus des umbrischen steht dem des lateinischen
ser nahe. Das umbrische hat die lautgeschichtlichen processe,
denen die vocale des lateinischen erst später unterlagen, be-
reits in einer früheren zeit durch gemacht als das lateinische.
Die ursprünglichen, im altlateinischen und besonders im oski-
schen erhaltenen diphthonge sind schon im altumbrischen ver-
loren und durch einfache vocale ersezt; ei neben î und ê (die
bezeichnung der vocallänge findet sich nicht in der altitalischen
schrift) scheint archaische schreibung zu sein; ai dürfte wol
nur als vertreter von aj erscheinen, wie in portaia (portet) u. a.
Die altumbrische schrift kent noch nicht das o, sondern hat da,
wo diser laut zu erwarten ist, anstatt desselben u. In der
sprache selbst war jedoch aller warscheinlichkeit nach das o
vorhanden, da es, als den übergang von a zu u bildend, älter
ist das u (vgl. das lateinische); die spätere sprache kann aber
nicht altertümlicher sein als die frühere. Das umbrische ist
demnach ser arm an vocalischen lauten, es besizt nur a, e, i,
neuumbr. o, u als kürzen und längen; der vocalismus diser
sprache ist in ungleich höherem grade vom stande des vocalis-
mus der italischen grundsprache ab gewichen als der des alt-
lateinischen und oskischen.
Die außstoßung von vocalen hat weiteres gebiet gewon-
nen als im lateinischen, dagegen macht sich im umbrischen wie
im oskischen die vocalschwächung weniger geltend.
Die a-vocale sind i (selten), e, u neuu. o, a,
â, û neuu. ô. Beispile.
Die schwächung von ursprüngl. a zu i ist selten, sie
[81]Umbrisch. A-reihe.
findet sich jedoch z. b. in der reduplicationssilbe von wurzeln
mit dem wurzelvocale a, wie in dirsans (3. plur. praes. conj.),
dirs oder ders, teṛ, d. i. *did ist reduplication der wurzel da
und demnach auß *dida urspr. dada entstanden; sistu, sestu
(= sisto und sistito), ander-sistu (= inter-sistito), die wurzel
ist sta, die reduplicationssilbe hatte also ursprünglich ebenfals
a, *sasta auß *stasta, doch ist hier das i schon ser alt, vgl.
ἵστημι = *sistâmi und altind. tíśth́âmi.
e = urspr. a (ab gesehen von den fällen, wo es variante
von i ist, also als schwächung des a zu betrachten ist, s. d. vor.)
ist häufig, z. b. desenduf (duodecim), für desen ist deçen (= de-
cem) zu lesen grundf. dakan; pequo (= pecua) grundf. pakua;
wurzel fer (in fer-tufer-tu,aṛ-fer-tur u. a.), lat. fer grundf.
bhar;es-t (lat. est) grundf. as-ti; petur- (quatuor in petur-
pursus quadrupedibus); mefamefa (media) grundf. madhjâ;
ner-f (principes) vgl. griech. νεϱ in ἀνήϱ, altind. nar; wurz.
vert (lat. vert), altind. u. grundf. vart u. a.
Altumbr. u = neuumbrisch o, u = urspr. a wie im latei-
nischen, z. b. puplumpoplom (populum) grundf. pa-par-am;
du-purs-us (δίποσι, bipedibus, altind. dvi-pad-bhjas), purs =
urspr. pad (lat. ped- in ped-em); ortom (wäre altumbr. *urtum)
= lat. ortum grundf. ar-tam wurz. ar u. a.
- Anm. Altumbr. u = neuumbr. o = urspr. â s. u. bei â.
a = urspr. a ist häufiger als im lateinischen, da im um-
brischen die schwächung des a in i nicht beliebt ist, z. b. ager
(wie im lateinischen) für *ag-ro-s, vgl. griech. ἀγ-ϱό-ς, altind.
áǵ-ra-s, got. ak-r-s grundf. ag-ra-s;aprufabrof = lat. apros;
an- (negation) lat. in;an-teran-der (= lat. inter) compara-
tiv des pronominalstammes an u. a.
â (auch durch aha, ah bezeichnet; dise schreibweise findet
sich auch bei anderen langen vocalen), z. b. frâtrumfrâtrom
(fratrum) grundf. bhrâtrâm, fâto = lat. fâtum.
Im nom. sing. fem. der a-stämme und im nom. acc. plur.
neutrius ist a, ursprüngl. â, in o, altumbr. u geschwächt, z. b.
tûta, tûtutôto (urbs, civitas) grundf. tâutâ; das selbe findet
vor z für ts statt, z. b. pihazpihos = *pihoz = lat. piâtus.
Schleicher, vgl. gramm. d. indog. spr. 6
[82]Umbrisch. A-reihe. I-reihe. U-reihe.
Altumbr. û neuu. ô = urspr. â, z. b. nûmennômen = lat.
nômen (gnômen) grundf. gnâ-man; in endungen bleibt auch im
neuumbrischen das û, z. b. frâtrûm, grundf. bhrâtrâm; termnû =
lat. terminô(d);vînûvînû = altlat. veinôd, lat. vînô, grundf.
vainât; kvêstûr = altlat. quaistôr (nom. sg.); aṛ-fer-tûr, dem
ein lat. *ad-fer-tôr (d. i. allator) genau entspricht, grundf. der
endung -târ.
Die i-vocale des umbrischen sind i (e), ei
(î, ê).
i = urspr. i, z. b. pis = lat. quis grundf. kis;ifeife =
lat. i-bi vom pronominalstamme i. i wechelt in der schreibung vil-
fach mit e, z. b. piṛ-i, piṛ-e, peṛe, pirs-i, pirs-e, pers-ei, pers-i,
pers-e = *quid-î, d. h. quid grundf. ki-t mit an gehängtem -ei,
-î (vgl. das griech. î in formen wie οὑτοσί u. a.)
ei wechselt mit î, ê (wie auch das eben an gefürte beispil
zeigt), so lautet der dativ. sing. u. plur. der o-stämme, welcher
im oskischen auf -oi plur. -ois (in oskischer schrift -u̇iͤ, -u̇iͤs)
auß geht, im umbrischen auß auf -ei plur. -eis oder -eir, -î
plur. îs oder îr, -ê plur. -ês oder êr; der selbe wechsel findet
sich in formen der i-stämme, z. b. acc. plur. aveif,avîfavîf,
avêf (lat. aves), ablat. plur. aveis, avîs, avês (avibus); stamm
vîno = lat. vîno, altlat. veino; peico = lat. pîcum; screihtor
= lat. scrîpti (neben scrêhto);ê-tuê-tu = lat. î-to, altl. ei-to,
ei- ist die gesteigerte wurzel i (ire).
e findet sich auch für ai des altlat. und oskischen, z. b.
kvêstur, oskisch kvaiͤstur, altlat. quaistôr;mêstru = *mai-
stro, lat. magistro, vgl. osk. mais = lat. magis.
ê ist = âi im dat. sg. der weibl. a-stämme, z. b. tûtê
tôtê = lat. tôtâi, tôtae;âsê = lat. âsâi, ârae. Auch im la-
teinischen finden sich solche dative auf e, z. b. Diane, Fortune
(Corssen I, 185).
Die u-vocale des umbrischen sind u, ô, alt-
umbr. û. Dem umbrischen scheint, wie dem lateinischen, die
erste steigerung des u, nämlich eu, abhanden gekommen zu sein.
u = urspr. u, z. b. wurz. fu in fu-ia (sit, vgl. altindisch
[83]Umbrisch. U-reihe. Vocalische lautgesetze.
bhû-jất),fu-tufu-tu (esto) u. a.; ruf-rêr (rubri), ruf-ru (rub-
ros) wurz. rudh; du-pursus (bipedibus), tu-plêr(du-pli), du ist
auß der wurzel dva (duo) doch wol nicht anders als durch
schwund des a und vocalisierung des v entstanden, so daß in
du echtes, nicht auß a entstandenes u vor ligt.
- Anm. Bisweilen erscheint i an der stelle von u, z. b. si-m acc.
sg., si-f acc. plur. vom stamme si (sus), vgl. lat. sus, griech. ὗς
u. s. f.; manimani ablat. sg. = lat. manu; ti-om tiotiu acc.
sg. des pronom. der 2. pers. grundf. tv-am und andere. Wir ha-
ben disen übergang von u zu i wol änlich zu faßen, wie im la-
teinischen, nämlich durch ü (griech. υ) vermittelt. Bemerkens-
wert ist jedoch, daß er nur in gewissen worten ein getreten ist.
Neuumbr. ô, altumbr. û ist steigerungslaut des u, z. b.
tôto, tûtu = tô-ta grundf. tau-tâ (urbs, civitas) wurz. tu (cres-
cere); rôfu, rôfa = lat. rûfos, rûfas (acc. plur.), rôf rûf =
urspr. râudh, zweite steigerung der wurzel rudh, der stamm
rôfo = got. stamm rauda grundf. râudha; tôru = lat. tauros
(acc. plur.)
1. Die im lateinischen (§. 54) übliche vocalschwächung im
zweiten glide von zusammensetzungen unterblib im umbrischen
in fällen wie aṛ-kan-i, eine bildung von wurz. kan (canere)
mit aṛ (ad) zusammen gesezt, vgl. ac-cinere; pro-can-urent von
derselben wurzel, dem ein lat. *pro-cinuerint (3. plur. fut. ex-
acti) zu einem *pro-cin-ere genau entspräche; sub-ahtu = lat.
sub-igito wurz. ag; Ju-pater = lat. Ju-piter stamm pa-ter von
wurz. pa u. a.
2. Außstoßung der vocale ist im umbrischen, wie im la-
teinischen, vorzüglich aber im alten und volkstümlichen latein,
häufig z. b. nômnê = nôminei, nôminî u. a. Regelmäßig tritt
vocalaußstoßung ein im nom. sg. der mänl. o-stämme, urspr.
a-stämme, z. b. pihaz = *pihats, lat. piatus; termnas = *term-
naz, *termnats = lat. terminatus, vgl. altlat. damnas = dam-
natus u. a. Nach l, r tritt dann verlust des s ein, wie gleich-
fals im lateinischen, z. b. katel = einem altlat. *catul (vgl.
famul), d. i. catulus; ager = lat. ager auß *agr(o)s u. a.
6*
[84]Umbrisch. Vocalische lautgesetze. Oskisch. Vocale.
In änlicher weise, wie im lateinischen, litauischen und go-
tischen (vgl. die darstellung des vocalismus diser sprachen) wird
in folge dises schwundes von o = urspr. a, io in i gewandelt,
z. b. tertim = tertiom (tertium), *tertis (diß wort ist im nom.
sg. masc. nicht belegbar) = tertios. Solcher bildung war das
altlateinische ebenfals fähig, vgl. z. b. lat. alis, alid = alios,
aliud.
3. Oskisch*).
Vocale des oskischen. Die bezeichnung der vocallaute
ist in der nationalen oskischen schrift eine genaue und sorgfäl-
tige. Vocallänge wird jedoch nur außnamsweise, und zwar
durch verdoppelung in der schrift an gedeutet. Außer den os-
kischen denkmalen in nationaler schrift gibt es auch dergleichen
in lateinischer (tab. Bantina) und in griechischer (einige nicht
umfangreiche inschriften).
Über die oskischen consonanten ist hier nur zu bemerken,
daß z anlautend wol wie dz (slawisch), d. i. wie d und tönen-
des s, inlautend wie tönendes s (franz. u. slaw. z), auß lautend
aber wie ts zu sprechen ist.
Die vocale des oskischen stimmen wesentlich zu denen des
altlateinischen; die alten diphthonge sind erhalten, welche das
umbrische und das classische latein fast völlig verloren haben.
Mit dem umbrischen teilt es die abneigung gegen die schwä-
chung von a zu i, mit umbrisch und altlatein die außstoßung
des vocals vor schließendem s des nom. sing.
Eigentümlich ist dem oskischen eine regelmäßige vocalein-
schaltung zwischen zwei silbeschließenden consonanten, von de-
nen der erste eine liquida ist.
[85]Oskisch. Vocale. A-reihe.
Das oskische kent folgende vocale: a, e, iͤ (in oskischer
schrift 𝈩, in der latein. schrift der tabula Bantina nicht von
i geschiden; auß zu sprechen ist diser laut höchst warschein-
lich wie ë, d. h. wie ein nach i hin klingendes kurzes ë, also
wie die kürze des litauischen ė oder des französischen é fermé),
i (in lat. schrift ebenfals i), u̇ (in osk. schrift V̇, in latein. o
und auch in der älteren sprachepoche als o auß zu sprechen),
u. Diphthonge: aiͤ ai, eiͤ ei, u̇iͤ oi; au ist selten (ταυϱομ tau-
rum, aukiͤl nom. propr.); ein uneigentlicher diphthong ist u̇v
ov, das jedoch grammatisch als solcher zu betrachten ist (s.
unten), ser selten ist iu und in seiner grammatischen geltung
noch unklar (z. b. diumpaiͤs = lat. lumphis, dat. plur.).
Die vocalreihen des oskischen sind:
| schwächung | grundvoc. | steiger. |
| 1. a-reihe iͤ (i) | e, u̇ (o), a | â, u͒ (ô), û |
| 1. steiger. 2. steiger. | ||
| 2. i-reihe | iͤ (i) | eiͤ(ei), aiͤ (ai) u̇iͤ (oi) |
| steiger. | ||
| 3. u-reihe | u | u̇v (ov, ωϝ). |
iͤ, i = urspr. a, z. b. iͤs-t (est) grundf. as-ti, di-dest (futur.)§. 65.
wurz. da (dare) u. a.; pru-hip-ust = pro-hib-uerit wurz. hab,
osk. hap.
- Anm. In prae-fuc-us neben fac-us wurz. fac (facere) ist a zu u
geschwächt.
e = urspr. a ist häufig, z. b. set nach den lautgesetzen
= *sent grundf. (a)santi (sunt), es-tûd = lat. es-to wurz. as;
wurz. kens (in kensaum censere, kenstur censor) = altind.
wurz. çaṁs grundf. also kans, kas;mefiaiͤ = lat. mediai, me-
diae grundf. madhjâi u. a. Ferner findet sich e in der redupli-
cationssilbe von wurzeln mit dem grundvocale a, wie in de-det
(dedit) wurz. da;fe-facust (fecerit) wurz. fac; in wortbil-
dungselementen, wie an-ter, lat. in-ter, suffix -tar oder -tara
u. s. f.
[86]Oskisch. A-reihe.
u̇ o = urspr. a ist häufig, besonders (wie im latein.) als
außlaut der mänl. und neutr. a-stämme; u̇p-saum (infinitiv;
u̇psannam dedet = lat. operandum dedit, i. e. faciendam
dedit), verbalstamm ops-a gebildet von opos (opus), altind. und
grundf. áp-as;pu̇tu̇ru͒s grundf. katarâs, bis auf die casusen-
dung = griech. πότεϱοι, lat. utri auß *cotri;pu̇dpot = lat.
quod grundf. kat;hu̇r-tu̇m = lat. hortum; touticom = tûticum
(publicum) u. s. f.
- Anm. Die infinitive auf um wie deicum, acum haben u für u̇, o;
daß grundformen wie daik-a-m wurz. dik stamm daika, ag-a-m
an zu nemen sind, beweisen die entsprechenden umbrischen for-
men mit om (z. b. er-o-m esse) und die formen anderer sprachen,
vor allem des altindischen (s. u. in der stambildungslere).
a = urspr. a, z. b. ac-um trotz des c in der wurzel dem
latein. ag-ere entsprechend; pa-tereiͤ wurz. pa = lat. pa-tri;
sta in *anter-sta-tu̇ (belegt ist der dat. sg. anterstataiͤ)
= lat. Inter-sti-ta (nom. propr. deae) ist sicherlich als kürze
zu faßen; an-ter, negation an-, beide im latein. mit zu i ge-
schwächtem a (inter, in-), pronominalwurzel an.
â = urspr. â, z. b. *aasu̇ nom. sg., belegt ist z. b. aasaiͤ
u. a. casus) = lat. âsa, âra; auch das nom. pr. Staatiis = stâ-
tios entspricht genau dem lat. Stâtius stamm stâtio, die grundf.
stâtja ist mittels suffix urspr. ja und steigerung des wurzelvo-
cals vom stamme des participium praeteriti sta-to (nom. sg. sta-
to-s, osk. also *staz) gebildet.
- Anm. Das urspr. â der weibl. a-stämme wird auch im oskischen
im außlaute zu a verkürzt und zu u̇ o getrübt (vgl. das umbr.),
z. b. viͤu̇ = lat. via aber acc. viͤam, viͤa = lat. viam; pam
= lat. quam grundf. kâm. Die formen mit u̇ sind wol für die
kürze des a beweisend, da u̇ o offenbar in folge der abschwä-
chung im außlaute ein getreten ist, dise aber zunächst vocalkür-
zung, dann erst vocaltrübung bewirkt.
u͒, ô = urspr. â ist besonders in casusformen der mänl.
und neutralen a-stämme häufig, z. b. nom. plur. masc. pu̇tu̇-
ru͒s grundf. katarâs;Nu̇vlanu͒s (lat. Nolani) u. s. f.; ablat.
sg. sakara-klu͒d = lat. *sacraculô(d) (sacello) u. s. f. grundf.
der endung des abl. sg. der mänl. und neutr. a-stämme ist -ât.
[87]Oskisch. I-reihe. U-reihe.
Die länge des u̇ ergibt sich mit notwendigkeit auß den formen
der verwanten sprachen.
û = urspr. â, z. b. in der endung des gen. plur. -ûm =
urspr. -âm; kens-tûr = lat. censôr für *cens-tôr = altind. çaṁs-
tâ(r), die länge des u lert die analogie des altlatein. und der an-
dern verwanten sprachen; Fluusaiͤ = lat. Flôrâi Flôrae, vgl.
got. blô-ma, ahd. pluo-mo, die wurzel kann nur fla = urspr.
bhla, bhra sein.
1. i-reihe. iͤ, i = urspr. i, z. b. dic-ust (dixerit) wurz.§. 66.
dic;piͤ-dpi-t, pi-s = qui-d, qui-s grundf. ki-t, ki-s;iͤsiͤdum
= is idem wurz. i.
eiͤei = urspr. ai, z. b. deic-um (infinit., man hätte deic-
o-m erwartet) grundf. wol deic-a-m wurz. dic; deiv-a-um, ent-
sprechend einem lat. *deiv-a-re, *dîv-are (jurare) von einem no-
men, das im nom. sg. msc. deivo-s (dîvo-s) grundf. daiva-s lau-
tete, von dem der dat. sg. fem. deiͤvaiͤ vor komt, wurz. div;
-eiͤs endung des gen. sg. der i-stämme, welcher vor dem suff.
s steigerung des stamaußlautes hat = altind. -ês, lit. -ës u. s. f.,
grundf. ai-s.
- Anm. Auch iiͤ scheint lat. î, d. h. urspr. ai zu entsprechen, z. b.
Viiͤnikiiͤs = Vînicius; diß nomen. proprium sezt also ein
*viiͤnu̇-m = lat. veino-m, vînu-m vorauß; vgl. das nomen
propr. kiiͤpiiͤs = lat. Cipius (inschrr.), dem doch wol langes
î zu zu schreiben ist.
aiͤ = urspr. ai (wie im lat. und griech. neben ei = urspr.
ai), z. b. aiͤd-ilîs = lat. aidileis aedilês wurz. id = urspr.
idh (urere); kvaiͤstûr = lat. quaistôr, quaestor;aiͤ erscheint
ferner im dat. plur. der a-stämme, z. b. diumpaiͤs = lumphis;
in mais = lat. magis ist g auß gefallen, wie im gotischen mais,
hochdeutsch mêr.
uiͤoi ist = altlat. oi und somit = urspr. âi, z. b. mu̇iͤ-
niͤks (der nom. sg. msc. ist nicht belegt, wol aber z. b. mu̇iͤ-
niͤku̇ nom. sg. fem., mu̇iͤniͤkeiͤ loc. sg. ntr. u. a.), vgl. altlat.
co-moin-em, got. ga-main-s;u̇iͤt-tiuf von der selben wurzel
wie lat. oit-ile, oet-ier, ût-i, ûsus = *ût-tus; -u̇iͤs-ois ist endg.
des dat. abl. plur. der masc. u. ntr. a-stämme, z. b. liͤgatu̇iͤs
(= legatis).
[88]Oskisch. U-reihe. Vocalische lautgesetze.
3. u-reihe. u = urspr. u, z. b. wurz. fu in fu-id (opt.
perf.), fu-st (3. sg. fut.), fu-fans, lat. fu urspr. bhu.
Als steigerung ist nur u̇vov nachweisbar, z. b. tu̇v-tiͤks
*tou-tics (urbanus, publicus) von *tu̇vtu̇touto τωϝτο (urbs) wurz.
tu (im altind. valere); Diu̇veiͤ = Jovi, beide wol für *djev-ei
(s. oben §. 50) wurz. dju. Es scheint also auch im oskischen,
wie im lateinischen, diß u̇v = ou die erste steigerung des u,
die eu (= εν) zu lauten hatte, mit zu vertreten.
1. Wie im umbrischen, so unterbleibt auch im oskischen
die schwächung von a zu i, z. b. fefacid (3. sg. optat. perf.),
fefacust (futur. II), beide von einem perfectstamme fefac, wel-
cher im lateinischen *fe-fic gelautet hat (später ward *feic, fêc
darauß); Anterstatu̇ (nom. propr. Deae) = lat. Interstita;
anter = lat. inter; am-prufid = lat. im-probe.
2. Auch die außstoßung von vocalen findet, wie im um-
brischen, statt, z. b. tu̇vtiͤks = lat. *touticos tûticus, Bantins
= Bantinus, Pu̇mpaiians = Pompeianus,hu̇rz = hortos hor-
tus, cevs = civis, Mutiͤl (nom. pr.) = Mutilus. Eben so nach
j, z. b. Safinim (münze auß d. socialkriege) = *safnim, *saf-
niom = lat. Samnium für *Sabniom;Heiͤrennis = Herennius;
Kiiͤpiiͤs = Cipius; Pu̇ntiiͤs = Pontius u. s. f. In den lezten
beispilen ist = iiͤs als -îis für *îjos zu faßen, grundform der
endung ist -ai-jas (auch im lat. steht -ĭus für -îos, -îjos, -êjos).
3. Die vocaleinschiebung*). Wie im ältesten althochdeutsch
(z. b. puruc = purc, got. baúrgs, waram = warm, got. varms
u. s. f.), so tritt auch im oskischen zwischen liquida und folgen-
den consonanten der vocal der vorher gehenden silbe, z. b.
aragetud (abl. sg.) = lat. argento(d);sakarater, saka-
raklu̇m = lat. sacratur, *sacraclom; teremnu̇s, teremen-
niu̇, vgl. lat. terminus, umbr. termno, griech. τέϱμα, altind.
[89]Oskisch. Vocalische lautgesetze. Altirisch. Übersicht d. laute.
tárman (ntr. cuspis); uruvu̇ = lat. *urva fem. zu *urvus, das
sich auß urvare ergibt.
In andern fällen wird, wie im althochdeutschen ebenfals,
der vocal der folgenden silbe ein geschoben, z. b. pu̇-turûm-
piͤd = lat. *cu-trum-que (gen. plur. u-trorum-que); pu̇-tu̇ru̇s-
piͤd (nom. plur. masc. u-tri-que); pu̇-terei-piͤd (locativ. sing.
masc.).
Altkeltisch (Altirisch).
Das dem italischen zunächst stehende keltische*) kann hier§. 69.
für jezt nur in algemeinen umrißen zur anschauung gebracht
werden. Den ältesten vertreter diser sprachfamilie, das altiri-
sche, finden wir bereits in einem hohen grade mit den eigen-
tümlichkeiten später sprachepochen behaftet. Die auf uns ge-
langten reste des altgallischen sind zwar noch vil altertüm-
licher aber zu spärlich, als daß sie eine irgend genügende
anschauung der sprachformen geben könten.
Übersicht der laute des altirischen.
Von einer möglicher weise schon der älteren sprache zu
kommenden verschidenheit in der geltung mererer consonanten
ist, als von einer jedes falles nur secundären, durch lautgesetze
bedingten erscheinung, hier ab gesehen.
Namentlich durch lautgesetze entsteht eine menge vocali-
scher doppellaute, die wir nicht auf neuirische art auß spre-
chen, sondern so, wie sie geschriben werden, da die ältesten,
hier berücksichtigten schriftdenkmale die sprache zuerst in
schrift sezten, ire schreibung also damals eine phonetische war.
Dise doppellaute sind: ai, ei, oi; ái, éi, ói; ae, oe; au, áu, ou;
ia, ía; ea, eo; éo, éu; ui, úi; ua, úa. Dazu noch die triph-
thonge éui, íui, éoi, uái nebst éiui.
Altirische vocale. Der vocalismus des altirischen ist
durch lautgesetze in hohem grade zersezt; die vocale der auß
lautenden silben sind zum grösten teile bereits ab gefallen und
nur noch an iren wirkungen (assimilation) auf die vocale der
vorher gehenden silben erkenbar. Teils schlägt nämlich der
vocal (i, u) der folgenden silbe in die vorher gehende zurück
(wie biur = biru u. a.), teils verdrängt er den vocal derselben
gänzlich, oder verändert in doch (a der folgenden silbe wandelt
i, u der vorher gehenden in e, o) u. a. Auch im inlaute finden
veränderungen mannigfacher art statt.
Der vocalismus des keltischen entspricht besonders durch
die spaltung des ursprüngl. a in a, e, o dem des griechischen
und italischen. Mit dem italischen teilt er die starheit, d. h. es
gehört im keltischen, wie im italischen, zu den seltneren er-
scheinungen, daß sich eine wurzel durch die reihe ires wurzel-
vocals hindurch bewege.
Bei der schwierigkeit des gegenstandes und bei der ver-
hältnismäßig noch jungen forschung auf disem gebiete, sind
wir außer stande die vocalreihen mit derselben sicherheit zu
entwickeln, wie bei den andern sprachen. Wir können nur fol-
gendes als das ergebnis unserer bisherigen betrachtung des alt-
irischen auf stellen.
[91]Altirisch. A-reihe. I-reihe.
| grundvocal | steiger. | |
| a-reihe | i, u, e, o, a | á |
| grundvocal | 1. steiger. | 2. steiger. | |
| i-reihe | i | í, é, ai | oi (oe) |
| u-reihe | u | ú | úa. |
A-vocale. a ist meist zu e geworden, z. b. dess, vgl.§. 71.
δεξιός, dexter, altind. dákśińa-s; ech, equus grundf. akva-s;
menme (anima) vgl. men-s; wurz. sech, seq-ui grundf. sak; wurz.
gen, griech. γεν, lat. gen (gen-us) grundf. gan (gignere); dét
d. i. *dent, lat. dent (dens), altind. dant, dánta-s; cét d. i. *cent,
lat. centum, urspr. kantam u. s. f.
Weniger deutlich als schwächung als vilmer durch assimi-
lation bedingt erscheint i für a, wie z. b. imme gallisch ambi-,
griech. ἀμφί; ith-im, ed-o wurz. urspr. ad; biur = *biru, fero,
φέϱω, bhár-âmi; crid-e, ϰαϱδ-ία, cor(d) u. s. f.
u in muir = *muri gen. mora (mare) wurz. mar; mug gen.
moga (seruus), vgl. got. magu-s u. a.
o = urspr. a, z. b. in ocht, vgl. octo, οϰτώ, altind. aśt́ấu,
got. ahtau u. s. f.
a, z. b. in wurz. al, lat. al-ere; an- (negat.), altind. an-,
griech. ἀν-, umbr. an-, z. b. an-fiss (inscientia); gall. catu, altir.
cath, ahd. hadu (pugna, bellum) u. a.
á, z. b. in máthir, (mater) urspr. mâ-tar; bráthir (frater)
urspr. bhrâ-tar; dá-n (dô-num) altind. dấ-nam wurz. da dare;
lá-n = *plâ-n (s. u. bei den consonanten) lat. plê-nus grundf.
*plâ-nas wurz. pla = pal, par (implere) u. a.
I-vocale. Grundvocal i (e), z. b. in wurz. fit, fet (scire)§. 72.
grundf. vid; ci-d, ce-d = qui-d grundf. ki-t u. a.
Als erste steigerung des i ergibt sich î, ê und darneben
ai durch beispile wie fín = vînum, fîch = vîcus grundf. vai-
kas wurz. vik, dia gen. dé = deus auß *deivos grundf. daivas;
gaim (hiems), vgl. χεῖμα, lit. żëmà.
Als zweite steigerung dürfen wir oi, oe betrachten, wenig-
stens stimt óin, óen aufs genauste zu altlat. oinos (ûnus), got.
ains; neuir. aoḋ (ignis), das altirisch *óid oder *áid zu lauten
[92]Altirisch. U-reihe. Vocalische lautgesetze.
hatte, vgl. ahd. eit, angels. âd (ignis, rogus), ebenfals mit zwei-
ter steigerung, wärend latein. aid, aed (aedes) und griech. αἰϑ
(αἴϑω) die erste steigerung der wurz. urspr. idh zeigen.
In der i-reihe ligt also die übereinstimmung mit dem la-
teinischen und griechischen klar zu tage:
| griech. ι | ει; αι | οι |
| latein. i | ei (î, ê); ai (ae) | oi (oe, û) |
| altir. i | î, ê; ai | oi (oe). |
Eine reichere fülle von beispilen würde unseres erachtens
one zweifel auch in der a- und u-reihe zu den selben ergebnis-
sen füren.
U-vocale. u, z. b. in sru-th (rivus, kymr. fru-t) wurz sru
(fluere, vgl. griech. ῥεῦ-μα, lit. srov-ė́, deutsch strô-m, wo t
zwischen s und r ein geschoben ist); du- (male), vgl. altind.
dus-, griech. δυς-; su-, so- (bene), altind. su-, griech. εὐ auß
*ἐσ-υ, grundf. as-u u. a.
Ob in clo-or (audio) clo-ithir (audit) o das u von wurz. klu
urspr. kru (audire) vertritt, oder einer steigerung des selben
entstamt, vermag ich nicht zu entscheiden.
Dagegen erscheint wol deutlich als steigerung von u das
û, z. b. clú (rumor, fama) wurz. klu; núe (novus), altgall. no-
vio- grundf. also nav-ja, vgl. nov-us u. s. f., grundf. nav-as; gall.
dúnum, altir. dún (arx), vgl. ahd. zûn, altn. tún (oppidum).
úa ist wol sicher als zweite steigerung von u zu betrach-
ten; diß ergibt sich auß rúad = lat. rûf-us, got. raud-s grundf.
râudh-a-s wurz. rudh; túad, túath (populus), vgl. osk. tuͤvto,
τω03DD;το (urbs, civitas), got. thiuda (populus) mit erster steige-
rung, wurz. tu (valere); lúacharn (lucerna) wurz. luc, urspr.
ruk (lucere); clúa-sa (aures) wurz. klu urspr. kru (audire).
Vocalische lautgesetze.
Außerordentlich weites gebiet gewonnen hat 1. die assi-
milation, die sowol rükwärts als vorwärts wirkt, sowol an-
änlichend als völlig angleichend; 2. die vocalschwächung
und vocalverflüchtigung im außlaute und in den unbeton-
[93]Altirisch. Vocalische lautgesetze.
ten silben; ursprünglich lange vocale und diphthonge werden
zu kurzen vocalen, ursprünglich kurze vocale aber schwinden
völlig. Dise erscheinungen beherschen die sprache in so hohem
grade, daß fast jedes wort als beispil dienen kann, weshalb
wir uns hier mer auf einige andeutungen beschränken, zumal
da die lere von der declination und conjugation beispile genug
bei bringen wird. Überdiß gehört die lere von den secundären
lautgesetzen mer in die grammatik der einzelnen sprache, als
in die des gesamten sprachstammes.
i (j) und u der folgenden silbe treten in die vorher ge-
hende nach dem vocale derselben und verdrängen disen, wenn
er kurz ist, oft gänzlich; a der folgenden silbe wandelt i und
u der vorher gehenden in e und o. Ob der wirkende vocal in
der vor ligenden sprache noch vorhanden ist oder nicht, ist
gleichgiltig.
Beispile: baill = *balli gen. sg. zu nom. ball = *ballo-s,
*balla-s (membrum); echaire, echire (mulio) = equario-s u. s. f.
baull auch bull = *ballu dat. sg. zu ball; fiur = *viru,
lat. viro, dat. sg. zu fer = *viro-s (vir); biur (1. sg. praes.)
= *biru, ahd. biru, lat. fero, grundf. bhár-âmi u. s. f.
fer nom. sing. stamm fira = latein. viro (vir) auß *vira-s,
*viro-s, aber fir, gen. sg., auß *viri, daher bleibt hier i; moga
= *mogau-s gen. sg. zu mug = *mugu-s (seruus) u. s. f.
(Lottner u.
Stokes in Beitr. II, 325 flg.). Nach a und nicht palatalen
vocalen überhaupt folgt mit vorliebe a, nach i und e haben i
und e ire stelle in den wortbildenden elementen, z. b. labra-
tar (loquuntur), aber labri-tir (loquantur); labra-thar (loquitur),
aber labri-ther (loquatur); druad (sacerdotis), aber filed (poetae);
anma (nominis), anman (nomina), aber béme (plagae), bémen
(plagas, plagae) u. a.
- Anm. Dise leichte veränderbarkeit der vocale rürt von irer flüch-
tigkeit und kürze her. Wesentlich die selben erscheinungen finden
den sich unter gleichen verhältnissen, z. b. auch im althochdeut-
[94]Altirisch. Vocalische lautgesetze. Altbulgarisch.
schen, dessen kurze vocale nach der tonsilbe ebenfals höchst
schwacher und flüchtiger natur sind, wie die metrische geltung
derselben und ir leichtes schwinden und übergehen in das halb-
stumme e dar tut, z. b. hungorogon für hungaragon neben hun-
garag (esuriens), gidigini (famulitium) zu dëgan u. s. f.; puruc
(arx), duruh (per) mit vorwärts wirkender assimilation u. a.
1. Ursprünglich lange vocale und diphthonge
der auß lautenden silben werden verkürzt und
schwinden völlig, ja und jâ wird e; z. b. ranna für *ran-
nâ-s, nom. acc. plur. zu stamm ranna (pars), aber rann für ranna
älter rannâ, nom. sg. des selben stammes; betha für *bethau-s,
gen. sg. des stammes bithu (mundus); caile für *caljâ (puella);
rannaire für rannârja-s (gloss. partista) u. s. f.
2. Ursprünglich kurze auß lautende vocale
schwinden. Das selbe findet im inlaute in unbeton-
ten silben häufig statt, z. b. athar (patris) für patar-as
(gen. sg.); fer für *viro-s (vir); berid für *beridi grundf. bha-
rati (fert); bith für bithu-s (mundus) u. s. f.
Inlautend: athra grundf. patar-a(n)s, acc. plur. zu stamm
athar (pater); bertar für *berantar (feruntur); berr auß *berther
und diß auß *berether oder einer änlichen form = lat. fertur auß
*feri-tur u. s. f. in ser vilen fällen.
Altbulgarisch*).
Übersicht der laute des altbulgarischen.
Diphthonge: ě sprich ĕ́ă. Nasalvocale ę, ą wie franz. in
(enfin) on.
Zeichen für zwei consonantische laute: c = ts, č = tš.
Außsprache. e wie kurzes ä.
ĭ und ŭ verhallend kurz und trüb nach e und o hin; y
etwa wie ü.
ch wie im deutschen, š wie deutsches sch, ž wie franz. j,
s scharf und stark, z wie franz. z (zéro).
l, n, r sind villeicht auch palataler außsprache fähig (also
fast wie lj, nj, rj), und werden dann mit ľ, ň, ř bezeichnet.
Vocale des altbulgarischen.
Quantität und betonung des altbulgarischen ist bis jezt noch
nicht ermittelt, da die handschriften beides nicht bezeichnen.
Das altbulgarische hat die alten diphthonge ai, âi verlo-
ren, vor consonanten und im außlaute werden sie durch ě ver-
treten; eben so au und âu, von welchen das erstere durch u
vertreten wird. Durch auflösen der nasale vor consonanten und
im außlaute in einen nasalen klang, der den vorher gehenden
vocal begleitet, entstehen die nasalen vocale ę und ą, ersteres
älterem in, im (en, em), lezteres älterem am, an (om, on) ent-
sprechend.
Die vocalschwächung ist im slawischen nicht auf das a be-
schränkt, sondern auch i und u sind der selben unterworfen,
und zwar wird ursprüngliches a geschwächt zu ŭ, i zu ĭ und
u zu ŭ. In der schwächung fallen also a und u zusammen, was
in merfacher beziehung wichtig ist.
[96]Altbulgarisch. Vocale.
Das ursprüngl. a wird zu a, e, o gespalten, wie im grae-
coitalokeltischen; urspr. u wird wie im griechischen zu y (ü);
o hat, wie im griechischen und lateinischen, doppelte function,
es ist = urspr. a und = urspr. â (dem e gegenüber); eben
so ist a = urspr. a und = urspr. â und zwar ist dann o erste
und a zweite steigerung.
Hier, wie in den nördlichen europäischen sprachen über-
haupt, findet sich nicht selten ein überschlagen der a-reihe in
die i-reihe.
An vocalischen lautgesetzen ist die sprache zimlich reich,
namentlich hat der umlaut (nach j) ein weites gebiet gewonnen;
auch assimilation findet, ebenfals vorwärts wirkend, nicht sel-
ten statt.
Den außlaut behandelt dise sprache änlich wie das goti-
sche, nur werden hier die kürzen nicht völlig getilgt, sondern
in die halbvocale gewandelt; ursprünglich auß lautende länge
bleibt als kürze. Volständiger schwund von vocalen scheint
außer vor r, l, wenn auf dise laute ein vocal folgt, nicht vor
zu kommen.
Bemerkenswert ist die eigentümliche behandlung ursprüng-
lich vocalischen anlautes im altbulgarischen; wir werden hier
neben dem außlautsgesetze auch das gesetz des anlautes zu
ermitteln haben.
Trotz diser vilfachen abweichungen vom ursprünglichen, die
im consonantensysteme eben so bemerkbar sind, ist die sprache
im ganzen doch altertümlich und die alten formen treten rein
herauß, wenn man die lautgesetze in abzug bringt.
Die vocale des altbulgarischen sind demnach folgende:
| schwächung | grundvocal | 1. steig. | 2. steig. | |
| a-reihe | ŭ | e, o, a | o | a |
| i-reihe | ĭ | i | ě | felt vor conson. |
| vorvocal. oj | aj | |||
| u-reihe | ŭ | y | u | felt vor conson. |
| vor vocal. ov | av |
Beispile.
Schwächung. ŭ = urspr. a, z. b. vrŭt-ěti (circumagere),
vgl. lat. vert-o, altind. várt-atê (3. sg. med.) wurz. urspr. vart;
br-ati (capere) für bŭr-ati (was sich bisweilen findet) wurz. slaw.
ber, griech. φεϱ, altind. u. urspr. bhar; gr-ěti (calefacere) für
*gŭr-ěti wurz. ghar, z. b. in altind. ghar-má-s (calor); pŭt-ica
(avis) wurz. pat (volare), griech. πέτ-ομαι; vlŭk-ŭ (lupus) grundf.
varka-s, altind. vŕka-s u. s. f. Die schwächung ist also durch-
auß nicht auf den außlaut beschränkt.
Grundvocale = urspr. a, der häufigste fall, z. b. vret-§. 79.
eno (fusus) grundf. vrat-anam, vart-anam; ber-ą (capio) altind.
u. grundf. bhár-âmi; vez-ą grundf. vagh-âmi, altind. váh-âmi,
lat. veh-o; des-ętĭ = *des-inti-s, vgl. decem, δέϰα, altind. dáçan;
med-ŭ (mel) lit. med-ù-s, altind. mádh-u u. s. f.
o = urspr. a, z. b. domŭ, δόμο-ς, domu-s, altind. damá-s
oder damá-m; novŭ lat. novo-s, griech. νέ03DD;ο-ς, altind. u. grundf.
náva-s; ovŭ (is, hic), grundf. ava-s, altbaktr. ist der stamm ava
ebenfals als demonstrativpronomen in gebrauch; or-ati lat. ar-
are; comparativendung -tor-ŭ, z. b. vŭ-torŭ (alter) für *ą-torŭ,
got. an-thar, altind. u. grundf. án-tara-s; og-nĭ altind. ag-ní-s,
lit. ug-nì-s, lat. ig-ni-s; noštĭ (nox), nach den lautgesetzen für
*noktĭ, lit. naktì-s, got. naht-s, lat. nox stamm nocti u. s. f.
a = urspr. a ist selten mit sicherheit an zu nemen, da in
manchen beispilen an steigerung gedacht werden kann, und a
von â in der schrift nicht geschiden ist, z. b. azŭ, lit. àż (ge-
schriben àsz), altind. ahám, griech. ἐγώ, grundf. wol agham;
nag-ŭ (nudus), vgl. altind. nag-nas, got. naq-aths, aber lit. nóga-s
mit steigerung des wurzelvocales; vlad-ą (impero), got. vald-a;
grab-iti (rapere), altind. wurz. grah auß älterem grabh u. a.
Steigerungen desa.
Erste steigerung. o = â erscheint, wie im griechischen
und lateinischen, dem e gegenüber als erste steigerung, z. b.
voz-ŭ (currus, davon ab geleitet voz-itĭ, 3. sing. praes. grundf.
vâgha-ja-ti) = altind. vấh-a-s, griech. 03DD;όχ-ος, urspr. vâgh-a-s,
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 7
[98]Altbulg. A-reihe. 2. steig. a. I-reihe. Schwäch. ĭ. Grundvoc. i.
vgl. vez-ą = veho, urspr. vagh-âmi; iz-borŭ (electio) grundf.
bhâr-as, vgl. ber-ą grundf. bhar-âmi; gor-ěti (ardere) vgl. gr-ěti;
tok-ŭ (fluxus) grundf. tâk-as, vgl. tek-ą (fluo), lit. ták-as (semita)
von derselben wurzel u. s. f.
Zweite steigerung. a = â ergibt sich deutlich als
zweite steigerung, d. h. als steigerung von o, in fällen wie is-
tak-ati, is-tač-ati (č = kj; effundere) auß toč-iti (fundere) von
tokŭ, dessen wurzelsilbe tok, wie wir eben sahen, auß tek grundf.
tak gesteigert ist; vŭz-gar-ati (ardere) auß gor-ěti; böhm. vy-
váž-eti auß voz-iti von voz-ŭ, voz ist aber auß vez = vagh ge-
steigert. Die geltung des a = urspr. â zeigen häufige beispile,
wie bratrŭ altind. stamm bhrâ-tar, lat. frâ-ter; mati gen. ma-
tere, stamm ma-ter, altind. stamm mâ-tar, lat. mâ-ter; sad-i-ti
(plantare causat. zu wurz. sed, z. b. in selo (fundus), nach den
lautgesetzen für *sed-lo, der stamm sadi fürt auf die grundf.
sâd-aja u. s. f. Ferner erscheint a = urspr. â im femininum
der a-stämme, wie plŭna (plena) grundf. parnâ u. s. f.
- Anm 1. Die vermischung der a-reihe mit der i-reihe werden wir
weiter unten behandeln, §. 83. - Anm. 2. Die nasalvocale ę und ą, die wol durchweg einen ur-
sprünglichen a-laut (in ę mit schwächung) enthalten, werden §.
84 besonders behandelt, um hier die übersicht der lautreihen
nicht zu stören. Überdiß verdanken sie ire entstehung einem
consonantischen lautgesetze, und sind also durchauß unur-
sprünglich.
Schwächungĭ = urspr. i, z. b. cvĭs-ti für *cvĭt-ti (flo-
rere) wurz. kvit, vgl. got. hveit-s, ahd. hwîƷ, altind. çvêt-as, lit.
wurz. szvit (splendere); vĭs-ĭ (praedium) grundf. *visi-s v. wurz.
vik (intrare, considere), welcher got. veihs, lat. vîcus, ϝοῖϰος,
altind. vếças entstammen; dĭnĭ (dies) für *dĭv-nĭ grundf. div-ni-s
von wurz. div (splendere) u. s. f. Im außlaute ist ĭ für urspr.
i regel.
- Anm. Über ĭ = jŭ s. u. §. 87, 2.
Grundvocali = urspr. i, z. b. pro-cvit-ati (efflorescere),
vgl. cvĭs-ti; vid-ěti, lat. vid-ere, wurz. urspr. u. altind. vid, gr.
[99]Altbulg. I-reihe. 1. u. 2. steig. U-reihe. Schwäch. ŭ. Grundv. y.
ϝιδ, got. vit; liz-ati (lambere) wurz. urspr. righ, vgl. altind.
lếh-mi, λείχω, lingo, lit. laiż-aú, got. laig-ô; zim-a (nix), vgl.
lit. żëmà, hiemps, χεῖμα, χιών, altind. himás; li-jati (fundere),
altind. wurz. li (lî, liquefacere) u. a.
- Anm. Über i = ji und jě s. u. §. 87, 3. 5.
Erste steigerung. Vor consonanten ě = urspr. ai, z.
b. cvět-ŭ (flos) grundf. also kvaitas, vgl. pro-cvit-ati; věd-ěti
(scire, nosse), vgl. vid-ěti; lě-jati neben li-jati (fundere); vě-nĭcĭ
(sertum, corona) von vi-ti (circumvolvere); lěvŭ (sinister), vgl.
λαιϝός, laevus; cělŭ (integer), got. hails u. a.
- Anm. Über ě = gedentem e (also = urspr. â) s. u. §§. 83. 86.
Vor vocalen ist die erste steigerung des i oj = urspr. aj,
ai; die zweite aj = urspr. âj, âi, z. b. pi-ti (bibere) wurz. pi,
davon napoiti, d. i. na-poj-iti (potum praebere) und böhm. na-
poj, d. i. *poj-ŭ grundf. paj-a-s (potus), die grundform von
poitĭ (3. sg. praes.) ist also paja-jati, na-paj-ati ist nun wie-
derum von na-poj-iti mittels steigerung der wurzel und verän-
derung des stamaußlautes ab geleitet, diß wort hat also zweite
steigerung des wurzelvocales; po-či-ti (requiescere) wurz. ki,
vgl. altind. çế-tê, griech. ϰεῖ-ται, davon pokoj (quies) = *koj-ŭ
grundf. kaj-a-s; li-jati (fundere) davon loj (sebum), d. i. *loj-ŭ
grundf. laj-a-s u. s. f.
Schwächungŭ, z. b. bŭd-ěti (vigilare) wurz. altind. budh
u. s. f.; rŭd-ěti (erubescere) wurz. altind. u. grundf. rudh u. a.
Namentlich im außlaute ist ŭ = urspr. u häufig, z. b. medŭ
(mel), lit. medù-s, ahd. mëto (mulsum), altind. mádhu (neutr.),
griech. μέϑυ u. a.
Grundvocaly = urspr. u, z. b. sly-šati (audire) wurz.
urspr. kru; böhmisch ply-nouti (fluere) wurz. plu; by-ti (esse)
lit. bú-ti wurz. bhu; ryżdĭ d. i. *ryd-jŭ (rufus) wurz. rudh, vgl.
ἐ-ϱυϑ-ϱός u. s. f.; ty (hier auch auß lautend), lat. tu, τύ, alt-
ind. tv-am u. s. f.
- Anm. y als vertreter auß lautenden nasalvocals, als denung von
auß lautendem ŭ und als zusammenziehungsproduct wird unten
7*
[100]Altbulg. U-reihe. 1 stg. u, ov. 2. stg. av. Misch. d. a- u. i-reihe.
zur sprache kommen (§. 84, 2; §. 88, 3, anm.; §. 87, 7 und
§. 85, 2).
Erste steigerung. Vor consonanten ist u = urspr. au, z.
b. bud-itĭ (3. sg. praes., expergefacere) genau entsprechend dem
altind. verbum causativum bôdhájati urspr. baudhajati, vgl. bŭd-
ěti; slu-ti (inf., audire), vgl. sly-šati; plu-ti (navigare), vgl. böhm.
ply-nouti; slu, plu haben beide die diser praesensbildung zu
kommende steigerung, vgl. πλέϝ-ω, lat. flov-o und im slawischen
selbst die auflösung des u vor vocalen in ov, z. b. slov-ą grundf.
krav-âmi (1. sing. praes.) neben slu-ti, slov-o (verbum) stamm
sloves grundf. kravas, griech. ϰλέϝος, altind. çráv-as; plov-ą
(1. sg. praes.) neben plu-ti grundf. plav-âmi, vgl. ϰλέϝ-ω, altind.
pláv-ê u. a.
Vor vocalen ist av deutlich als zweite steigerung er-
kenbar, z. b. slav-a, böhm. sláva (gloria) wurz. slu urspr. kru
(audire), vgl. slov-o (verbum); plav-ati (navigare) von plu-ti,
plov-ą (navigare, navigo) u. a.
Mischung der a und i-reihe. In den drei nordöstli-
chen sprachfamilien des indogermanischen finden sich in man-
chen wurzeln die vocale der i-reihe neben denen der a-reihe;
disen wurzeln komt ursprünglich der vocal a zu und das um-
schlagen des selben in die i-vocale ist als etwas später ein
getretenes zu betrachten. Im slawischen zeigt sich der über-
gang der a-vocale in die i-vocale besonders deutlich, indem in
vilen fällen gewissermaßen nur anfänge dises überganges vor
ligen. So ist nicht als umschlagen der a-reihe in die i-reihe zu
betrachten
1. wenn a, wie auch in andern sprachen, zu i geschwächt
wird, z. b. lig-ŭkŭ (levis), vgl. altind. lagh-ús, griech. ἐ-λαχ-ύς,
wurzel ist also lagh, aber im althd. lîh-t, neuhd. leich-t ligt
deutlich ein i-vocal vor; rĭc-i (2. sg. imperativi) neben rek-ą (1.
sg. praes.) wurz. rek (dicere), vgl. loq-uor, ἔ-λαϰ-ον grundf.
der wurzel also rak u. a. dergl.
2. Ebenfals nicht als eigentliches überschlagen des a nach
i hin ist zu betrachten das auftreten von ě in wurzeln mit dem
wurzelvocale a, da, wo diß ě nur als die junge denung von e
[101]Altbulgar. Mischung der a u. i-reihe. ě = â.
erscheint; in vollkommen entsprechender weise wird durch junge
vocaldenung e im litauischen zu ė*), im griechischen zu ει (z.
b. εἰμί für *ἐσμί, τιϑείς für *τιϑένς, *τιϑέντ-ς u. s. f.); als ur-
sprünglich wäre hier also â an zu setzen, da e = a ist. Dise
denung tritt als ersazdenung auf, z. b. im aoristus compositus,
wurz. nes, praes. nes-ą (fero), grundform nak-âmi (vgl. griech.
ἤ-νεγϰ-ον wurz. ἐνεϰ mit vor geschlagenem ε), dazu aor. comp.
1. pers. sg. něsŭ = *nê-sŭ auß *nes-sŭ grundf. a-nak-sam; eben
so věsu = *ved-sŭ grundf. a-vad-sam praes. ved-ą (duco) wurzel
ved grundf. vad-âmi wurz. vad; rěchŭ für rěsŭ auß *rek-sŭ
grundf. a-rak-sam wurz. rak, praes. rek-ą (dico) u. a.
Deutlich ist ě = â auch als vertreter des auß lautenden,
wurzelhaften a, z. b. dě-ti (infinitiv, facere), lit. dė́-ti (ponere)
wurz. de urspr. dha, gesteigert oder gedent also dhâ; sě-ti (se-
rere) lit. sė́-ti wurz. sa, vgl. got. sa-ia (1. sg. praes.); vě-jati
(evannare) vě-trŭ (ventus), vgl. lit. vė́-jas (ventus) wurz. va
(flare, spirare) in got. va-ia (1. sg. praes.), altind. vấ-ti (3. sg.
praes.) u. s. f. So ist auch in mrě-ti (mori) mrě umstellung
von mer urspr. mar zu mre grundf. mra, gedent mrě = mrâ;
mlě-ti (molere) von mel älter mal zu mle älter mla, gedent
also mlě = mlâ u. s. f.
Ferner ist in jüngeren, speciell slawisch-litauischen stam-
bildungen ě deutlich denung oder, wenn man will, jüngere stei-
gerung von e als vertreter eines ursprünglichen a im inlaute
der wurzeln, z. b. met-ą, lit. met-ù (jacio, conjicio), davon mět-
ają, lit. mė́t-au (jacto); rek-ą (dico) davon rěk-ati, vgl. lit.
rė́k-ti, rė́k-auti (clamare); sěs-ti = *sěd-ti, lit. sė́s-ti = *sė́d-ti
(considere), sěd-ěti lit. sėd-ė́ti (sedere) wurz. sed urspr. sad
u. s. f.
Dagegen ist in fällen wie měn-iti, das völlig dem althd.
mein-jan entspricht, zu wurz. urspr. man (cogitare); děl-ŭ, das
eben so genau das gotische dails ist, wurz. urspr. und altind.
dar (findere, dividere), eben wegen diser auf höheres alter hin
[102]Altbulgar. Mischung d. a u. i-reihe. Vocal. lautgesetze.
weisenden übereinstimmung mit dem deutschen wirklicher über-
tritt des a in die i-reihe an zu nemen.
Ferner erscheint geradezu i in den wurzeln, die urspr. a
haben, und zwar in der weise, daß eine steigerungsreihe ent-
steht, die folgendermaßen auß a und i-vocalen gemischt ist:
ĭ, e, o, i, ě; z. b. rĭc-i (2. sing. imper.) neben rek-ą (1. sing.
praes. loquor), pro-rok-ŭ (propheta), pro-ric-ati (vaticinari), na-
rěk-ovati (indicare) zu wurz. urspr. rak, demnach tritt dise wur-
zel in fünffacher abstufung auf; plet-ą (necto, texo), plot-ŭ (se-
pes), za-plit-ati, za-plět-ati (implicare) u. a. i erscheint hier
deutlich als steigerungslaut dem e gegenüber, und es hat sich
auf solche weise eine zimlich weit greifende analogie diser art
des wechsels des wurzelvocals gebildet.
Vocalische lautgesetze.
1. ę ist = e, ĭ + nasal, ą = o, a, ŭ + nasal. Beide
nasalvocale entstehen 1. wenn nach den genanten vocalen + na-
sal ein consonant folgt, mit außname von j, vor dem die nasale
bleiben, z. b. banja (balneum), jemlją auß älterem jemją (pre-
hendo) 2. meist auch wenn der nasal auß lautete (s. u. das con-
sonantische außlautsgesetz), z. b. mĭn-ą (1. sg. praes.) inf. mę-ti
= *mĭn-ti comprimere); im-ą = *ĭm-ą = *jŭm-ą (1. sg. praes.)
nach dem anlautsgesetze (s. u. §. 89, 2) wurz. urspr. jam, da-
zu ję-ti (infinitiv) = im-ti (prehendere); eben so mę-chŭ (1. sg.
aoristi compos.) = *mĭn-sŭ grundf. *a-min-sam (nom. sg. msc.),
mę-lŭ (particip. praet. act.) = *mĭn-lŭ u. s. f.; v-on-ja (odor)
aber ą-chati für *on-chati (odorari); są-tĭ altind. sánti urspr.
as-anti (3. plur. praes.) wurz. as (esse); berątĭ = altind. und
urspr. bháranti (3. plur. praes. zu wurzel bhar ferre); stamm
imen (neutr. nomen) z. b. in imene (gen. sg.), davon imę (nom.
sg.) u. s. f.
Das verhältnis von ę zu ą läßt sich durch die gleichung
anschaulich machen ę : ą = e : o, z. b. gręz-nąti (demergi)
aber grąz-iti (verbum causativum, demergere); sęk-nąti (siccari)
[103]Altbulgarisch. Vocalische lautgesetze.
aber sąč-iti (siccare), die causativstämme werden mittels steige-
rung des wurzelvocales gebildet) u. s. f.
2. ą ist der schwächung in u, y, ŭ bisweilen unterworfen,
z. b. grundf. u. altind. sam (cum) lautet im slaw. są-, z. b. są-
logŭ (consors thori, genau dem ἄ-λοχος entsprechend), darneben
aber su-mĭn-ěti sę (dubitare), die gewönliche form diser häufi-
gen praeposition in und außer zusammensetzung ist jedoch sŭ,
so daß für die grundf. sam die drei formen są, su und sŭ vor
ligen (litauisch lautet dise praeposition są und su). Das selbe
findet bei der praeposition statt, deren grundf. an ist; dise
lautet nur noch in zusammensetzungen ą (z. b. ą-dolŭ, ą-dolĭ,
ą-dolije vallis, genau entspräche ein deutsches ‘an-tal’, vgl. dolŭ
foramen, dolĭnŭ, dolina vallis), u (apud) ist eine andre stufe des
selben an; endlich ward durch weitere vocalverflüchtigung ŭ,
d. i. nach dem anlautsgesetze (§. 89) v-ŭ (praeposition, εἰς, ἐν)
darauß, vŭ ist demnach = deutschem an; eben so entstund vŭ-
torŭ (secundus) grundf. an-taras, got. anthar, compar. des selben
stammes an. Die endung des gen. plur. ist ŭ = *ą = âm, z. b.
materŭ grundf. mâtar-âm. Hier felen, wie oft, die mittelstufen.
Wie u und ŭ, so gilt auch y, das ja ein älteres u vertritt,
für ursprünglichen vocal + nasal, z. b. vezy (nom. sing. msc.
partic. praes. act.) grundf. vaghan-ts wurz. vez = urspr. vagh
(vehere); vlŭky (acc. plur.) grundf. varkan-s zu vlŭkŭ (lupus)
grundf. des stammes varka. Vgl. das außlautsgesetz §. 88.
Hiatus. 1. Der hiatus wird nur in zusammensetzung ge-§. 85.
duldet, wozu auch die bestimte declinationsform der adjectiva
zu rechnen ist, wo der hiatus zugleich mit volständiger assimi-
lation der durch außstoß von j zusammen stoßenden vocale
ein tritt; so im gen. sg. msc. neutr., z. b. nova-ago auß *nova-
jego (τοῦ νέου), dat. novu-umu auß noch erhaltenem novu-jemu
(τῷ νέῳ), welche form in der ursprache *navâi jasmâi gelautet
haben würde (die slaw. grundform ist navavi jasmavi, s. u. die
lere von der declination); in der bestimten declination der ad-
jectiva tritt nämlich das demonstrativum ja zu dem adjectivum
in gleichem casus hinzu. Änlicher vorgang findet auch in zu-
sammen gesezten verbalformen statt.
[104]Altbulgarisch. Vocalische lautgesetze.
2. Im instrum. plur. der a-stämme masc. neutr. trat nach
außstoß des an lautenden consonanten des casussuffixes zusam-
menziehung ein, z. b. vlŭky auß *vlukŭi für *vlŭkŭ-mis grundf.
varka-bhis, vgl. lit. vilkais auß *vilka-mis, altind. vŕkâis auß
*vrkâ-bhis, lat. lupis auß *lupobis, *lupois.
3. In fällen wie vodĭnŭ (adj. qui ad aquam pertinet) von
voda (aqua), żenĭskŭ (qui ad feminas pertinet) von żena (femi-
na) fält vor dem vocale des suffixes, hier also vor dem ĭ von
ĭnŭ, ĭskŭ, der stammaußlaut hinweg.
4. i und y spalten sich vor vocalen in ĭj und ŭv, ju wird
im gleichem falle zu ĭv, von oj, aj, ov, av war §. 81 und §. 82
bereits die rede, z. b. bi-ti (infinitiv, percutere) aber bĭj-enŭ
(part. praet. pass.) grundf. bij-ana-s; kry-ti (occultare) aber
krŭv-enŭ (part. praet. pass.) grundf. kruv-ana-s; rju-ti (rugire)
aber rĭv-ą (1. sg. praes.) grundf. riv-âmi; plu-ti (navigare) aber
plov-ą (1. sg. praes.) grundf. plav-âmi; pě-ti (canere), aber poj-ą
(1. sg. praes.) grundf. paj-âmi; dises beispil beweist, daß oj wie
ě erste steigerung von i ist.
- Anm. Nur in dem einzigen beispile medv-ědŭ (ursus) auß medŭ
grundf. medu-s (vgl. lit. medù-s, mel) und -ědŭ = -jadŭ (qui
edit) von wurz. jad (edere) = urspr. ad (nach dem anlautsge-
setze §. 89, 2; grundf. von medvědŭ ist also madhu-adas) ist in
zusammensetzung wandel von urspr. u zu v one spaltung ein
getreten.
Von ersazdenung war schon die rede, z. b. ě auß e wie
rě-chŭ = *rě-sŭ auß *rek-sŭ, 1. sg. aor. compos. wurz. rek (lo-
qui), eben so ba-sę auß *bod-sę, 3. plur. aor. compos. zu praes.
bod-ą wurz. bod (fodere); či-sŭ = *čĭt-sŭ, 1. sg. aor. compos.
zu praes. čĭt-ą wurz. čĭt (legere, colere) u. a.
j äußert sowol als solches, als auch in seinen wandlungen
(s. u. bei den consonanten) auf folgende vocale assimilierenden
einfluß.
1. jo wird zu je, z. b. nes-omŭ (part. praes. pass.) zu nes-ą
(fero) aber bij-emŭ zu bij-ą (percutio) u. s. f.
2. jŭ wird zu ĭ, anlautend und vor vocalen zu i, nach
vocalen zu j, z. b. orĭlĭ (aquilae) nom. sg. msc. adj. mit suffix
[105]Altbulgarisch. Vocalische lautgesetze. Außlautsgesetz.
ja von orĭlŭ grundf. arilas (aquila) die grundf. von orĭlĭ ist,
wie die übrigen casus ergeben, ariljas, wofür zunächst *orĭljŭ
ein zu treten hätte; po-koj = *-kojŭ grundf. kaja-s (quies, vgl.
§. 81); igo = *jŭgo grundf. u. altind. jugám (jugum) u. s. f.
- Anm. Es ist ser warscheinlich, daß diß i = jĭ, jŭ wie ji zu spre
chen ist, vgl. unten 5. und das anlautsgesetz §. 89.
3. jě wird ji, d. i. i, z. b. rybě, dat. loc. sg. von ryba (pis-
cis) aber duši = *duchjě (chj = š) von duša = *duchja (ani-
ma) u. s. f.
4. Nach j tritt ę als nasalvocal ein, außnamsweise ą, nie-
mals aber y, z. b. vezy (nom. sg. msc. part. praes. act.) grundf.
vaghan-ts wurz. vez urspr. vagh (vehere), aber bij-ę grundf.
bijan-ts, die selbe form von wurzel bi (percutere), von welcher
bij-ą, bij-ątĭ (1. sg. 3. plur. praes.) grundf. bijâmi, bijanti ge-
bildet wird one wandlung von ą zu ę. Änliche beispile bietet
auch die declination.
5. Für ji wird nur i geschriben, höchst warscheinlich aber
ji gesprochen, z. b. moi, d. i. moji nom. plur. masc. zu sing.
moj = *mojŭ (s. o. 2; meus), wie z. b. rabi zu rabŭ (servus).
Vgl. oben 3.
Gesetz des außlautes*), so weit es die vocale betrift.§. 88.
Vgl. das änliche außlautsgesetz des gotischen.
A. Kurze vocale. Ursprünglich, oder nach abfall eines
ursprünglich schließenden consonanten auß lautendes 1. a und
u wird in ŭ, i in ĭ verflüchtigt. Außnamsweise bleibt 2. a bis-
weilen als o oder e; 3. i bisweilen als i, was aber meist als
archaismus zu betrachten ist.
B. Lange vocale und diphthonge. 4. Ursprünglich
auß lautendes â wird a, jâ wird ja, nur 5. in wenigen, be-
stimten fällen ji. 6. î wird i; 7. û wird y; 8. ai und âi blei-
ben als ě, nur außnamsweise erscheint i für ě = ai; 9. au
wird u.
[106]Altbulgarisch. Vocalische lautgesetze. Außlautsgesetz.
Beispile. 1. Urspr. a und u wird ŭ; vlŭkŭ nom. acc. sg.
(lupus, lupum) grundf. varka-s, varka-m; pekŭ 1. sg. aor. simpl.
grundf. (a-)pak-am wurz. pek (coquere) u. s. f.
medŭ nom. acc. sg. (mel), lit. nom. medù-s acc. médų; synŭ
nom. acc. sg. (filius, filium) grundf. sunu-s, sunu-m; datŭ (supi-
num) grundf. u. lat. datu-m.
Urspr. i wird ĭ; gostĭ nom. accus. sing. (hospes, hospitem)
grundf. *gasti-s, *gasti-m; jestĭ 3. sg. praes. urspr. as-ti (est);
sątĭ 3. pl. praes. urspr. as-anti (sunt) u. s. f.
2. Urspr. a wird o im nom. acc. sg. neutr. der a-stämme;
novo grundf. nava-m (novum), ferner slovo (verbum) grundf.
kravas u. a.
Urspr. a wird e; diser fall ist häufig, z. b. im vocativ der
a-stämme wie vlŭče d. i. *vlŭke voc. sg. zu vlŭkŭ (lupus) grundf.
varka-s; im gen. sg. u. nom. plur. der consonantischen nominal-
stämme, z. b. mater-e grundf. mâtar-as nom. plur. u. gen. sg.
von stamm mâtar, auch sonst nicht gerade selten.
3. i ist voll erhalten z. b. in der 2. pers. sg. praes., wie
jesi grundf. as-si (es), bereši grundf. bhara-si (fers); in der en-
dung des instrumentalis pluralis -mi, lit. -mis urspr. -bhis, z. b.
gostĭ-mi grundf. *gasti-mi-s auß -bhi-s u. in einigen andern fällen.
- Anm. y für ŭ ist ser vereinzelt, z. b. ty grundf. tu, warscheinlich
ist hier, wie im deutschen, denung von tu zu tû ein getreten,
da dem auß lautenden y in der regel ein älteres û entspricht;
ny, vy = lat. nos, vos, altind. nas, vas; novyi neben novŭi auß
*novŭ-jŭ grundf. navas jas, nom. sg. msc. der bestimten form zu
stamm novŭ (novus), an welchen der pronominalstamm ja (demon-
strativum) an tritt.
4. a = â; nova grundf. navâ nom. sg. fem. u. acc. nom.
plur. neutr. stamm nava (novus), novaja grundf. navâ jâ, ἡ νέη,
nom. sg. fem. der bestimten form.
5. ji = jâ, z. b. im nom. sg. fem. part. praes. act., z. b.
berąšti = *berąt-ji = berąt-jâ wie φέϱουσα = *φέϱοντϳα grundf.
bharant-jâ und in änlichen fällen.
6. i = î, so im dat. loc. sing. der i-stämme, z. b. von
den stämmen gostĭ (msc. hospes), moštĭ (fem. potentia) nach den
lautgesetzen für *mogtĭ, lautet der genante casus gosti, mošti
[107]Altbulg. Vocal. lautgesetze. Außlautsgesetz. Anlautsgesetz.
auß *gostî, *mogtî und diß auß *gostĭ-ĭ, *moštĭ-ĭ grundf. gasti-i,
magti-i; eben so im acc. plur. der selben stämme gosti, mošti
= *gostîs, mogtîs auß der grundf. gastins, magtins u. a.
7. y = û, so die feminina auf y, z. b. svekry = altind.
sváçrû-s, lat. socrus u. sonst noch.
8. ě = ai, âi, so im loc. sg. masc. neutr. der a-stämme,
z. b. vlŭcě = *vlŭkě grundf. varka-i; für jě tritt stäts ji ein
(s. §. 87, 3), so pokoi, d. i. pokoji = *pokojě grundf. -kaja-i
nom. sg. pokoj = *po-kojŭ grundf. -kaja-s (quies) u. sonst. nově
dat. loc. sg. fem. grundf. navâi zu nom. sg. nova (nova) grund-
form navâ.
i = ě findet sich im sing. des imperativs urspr. optativs
wie vezi 2. 3. sg. imper. grundf. vaghai-s, vaghai-t, vgl. die 2.
plur. vezě-te; im dat. loc. der personalpronomina mi = *mě
grundf. ma-i, griech. μοί, altind. mê; ti = *tě auß *tvě = griech.
σοί = *τϝοι, altind. tvê grundf. tva-i; si = *sě auß *svě =
griech. οἷ, grundf. sva-i; im vocativ sing. der i-stämme, z. b.
gosti, mošti auß *gostî, *mogtî grundf. wol gastai, magtai, da der
vocativ steigerung des auß lautenden i und u des stammes
zeigt, denung aber überhaupt etwas secundäres ist.
9. u = au, z. b. dat. sg. msc. neutr. der u-stämme und
der irer analogie folgenden a-stämme, z. b. synu = got. sunau
grundf. sunav-i, deren i schwand; vocat. synu grundf. sunau,
wie im gotischen; gen. sg. der selben stämme, z. b. medu = lit.
medaú-s u. a.
Das altbulgarische, welches nur vocalischen außlaut besizt,
da (wie bei den consonanten zu entwickeln ist) alle ursprüng-
lich auß lautenden consonanten ab fallen, meidet, auß scheu
vor dem diser sprache unbeliebten hiatus (§. 85), vocalischen
anlaut durch vor setzen von j, v (in andern mundarten wird
auch h so verwant). v tritt auf vor labialen vocalen, j vor
nicht labialen, nur ą hat häufiger j als v. Stäts haben den
consonantischen vorschlag die vocale ŭ, y (die also im anlaute
zu vŭ, vy werden), ě (anlautend *jě d. i. ji, geschriben i, 87, 5),
ę (an lautend ję, seltner vę); mit wenigen außnamen hat auch
[108]Altbulgar. Vocalische lautgesetze. Anlautsgesetz.
e, a das j vor sich genommen (je, ja); i ist wol stäts als ji
zu faßen; vor ą komt oft v und j vor. Fast niemals erscheint
dagegen consonantischer vorschlag vor o und u (wo in andre
slawische mundarten ebenfals haben).
1. v tritt vor ŭ, y, vereinzelt auch vor o, ą, ę; z. b.
vŭ = *ŭ = u = ą grundf. an, vgl. §. 84, 2.
v-yk-nąti (discere) neben uč-iti d. i. *uk-iti (docere).
v-on-ja, einziges sicheres beispil des altbulgarischen, in wel-
chem v vor o tritt, vgl. §. 84.
v-ązŭ (vinculum, neben ązŭ, jązu) grundf. anga-s wurz. urspr.
angh (vgl. got. agg-vus, altind. aṁh-us, ang-ustus).
v-ęz-ati (ligare) von der selben wurz. angh u. s. f.
2. j tritt vor a, e, ę, ą, ě, ĭ, i, z. b.
j-azŭ neben azŭ (ego) grundf. agham, vgl. altind. ahám,
ἐγώ u. s. f.; wurz. j-ad urspr. ad (edere); gablŭko, ahd. apfal
u. s. f.
j-es-mĭ grundf. as-mi (sum) und so überall vor e (e ist nur
variante von je).
j-ętro (hepar), vgl. ἔντεϱον, grundf. des slawischen wortes
also wol an-tram (auß an-taram interius); j-ęza (morbus) slawi-
sche grundform wol angjâ darauß engjâ, ingjâ, vgl. altind.
aṁh-atís (fem. angor, morbus) áṁh-as (neutr. angor, angustiae).
j-ązŭ neben v-ązŭ, ązŭ (vinculum, s. o. 1); j-ądolĭ neben
ądolĭ (vallis) auß ą (sonst u, vŭ, grundf. an, s. o.) und *dolĭ, (vgl.
dolŭ foramen, dolina vallis).
iskati (quaerere) = *jiskati = *jěskati, lit. jěszkóti, ahd.
eiscôn, der anlaut weist also mit sicherheit auf urspr. ai hin;
iti (ire) = *jěti, lit. ei-ti (wofür dialectisch auch jei-ti gesagt
werden kann) grundform der wurzel ist ai, 1. steigerung von i.
imą (prehendo) = *jŭmą grundf. jamâmi; igo = *jŭgo
grundf. jugam (jugum); i = jŭ grundf. ja-s, ja-m nom. acc. sg.
msc. des demonstrativen pronomen ja (z. b. nom. sg. fem. ja);
auß jŭ wird zunächst ĭ, an lautend i (§. 87, 2), das aber aller
analogie nach als ji zu faßen ist.
i kann überall als ji gefaßt werden, da die schrift beides
nicht sondert.
[109]Litauisch. Übersicht der laute. Außsprache.
Litauisch*).
Übersicht der laute des litauischen.
Diphthonge. 1. vocalische: ë, ů; ui (selten); ai, au, ei;
ái, áu, éi.
2. consonantische: c, cz, dż.
- Anm. Die von uns zur anwendung gebrachte schreibung schließt
sich so vil als möglich der bei den Litauern üblichen an.
Außsprache. Die correcte außsprache des hochlitaui-
schen bietet dem Deutschen vile schwierigkeit.
k u. g werden vor a, o, u und vor einem andern consonan-
ten echt guttural gesprochen; in worten wie krásztas (margo),
greítas (velox) glaubt man kăr-, găr- im anlaute zu vernemen in
folge der tief gutturalen außsprache von k, g; vor i und den
e-lauten lauten k g dagegen mer palatal (etwa wie in den deut-
schen worten kind, gilde).
sz = slaw. š = deutsch sch; ż = slaw. ž = franz. j; s
und z sind wie im slawischen (vgl. §. 76) zu sprechen.
v lautet auch hier wie deutsches w (welches die Litauer
zu schreiben pflegen; die schreibung v ist eine neuerung von
mir).
Der gutturale nasal komt, wie in den andern sprachen, nur
vor k und g vor, z. b. tingùs (piger) spr. ting-gùs, rankà (ma-
nus) spr. rang-kà.
[110]Litauisch. Übersicht der laute. Außsprache.
l wird da, wo k, g guttural sind, ebenfals guttural gespro-
chen, doch nicht völlig so stark guttural, wie das polnische ɫ;
vor den palatalen vocalen klingt l fast dem deutschen l gleich.
c ist, wie im slawischen = ts; cz (wie im polnischen) =
slaw. č = deutsch tsch; dż ist, wie die schreibung zeigt, =
franz. dj.
y ist zeichen für langes î.
e und ē werden wie ä (kurz und lang) gesprochen; bis-
weilen mit nachschlag eines ganz kurzen a oder ä*), doch be-
ruht dise außsprache nicht auf etymologischem grunde und es
ist überhaupt dise doppelte geltung des e nicht scharf zu
scheiden.
ė ist das weiche, i-änliche e, franz. é fermé, wie z. b. im
deutschen worte ‘see’ und stäts lang.
o ist ebenfals nur lang, nie kurz.
ë wird gesprochen wie ė oder î mit nach schlagendem a
(ėa, îa) und es ist demnach stäts lang.
ů ist = ôa, d. h. ô mit nach schlagendem a.
In ui sind beide laute kurz zu sprechen, doch fält der
nachdruck auf das u.
au wie im deutschen; ai aber ist nicht wie das deutsche
ei, sondern deutlich als ai hören zu laßen; in ei ist ebenfals
das e zu vernemen (wie in manchen deutschen mundarten); ai
und ei sind also in der außsprache scharf zu scheiden.
ái, áu, éi kommen nur in der tonsilbe vor und es ist bei
disen diphthongen der zweite bestandteil wenig hörbar, in der
regel hört man bei den hochlitauern nur â und ê (langes ä)
anstatt diser diphthonge; eine außsprachsweise, deren man sich
jedoch zu enthalten hat.
Die mit einem häkchen versehenen vocalzeichen ą, ę, i̧, ų
(leztere beide werden in den litauischen büchern durch durch-
strichene buchstaben gegeben; wir fanden jedoch eine überein-
stimmende bezeichnung diser art von vocalen durchauß notwen-
[111]Litauisch. Übersicht der laute. Außsprache.
dig) unterscheiden sich in der außsprache nicht mer von a, e,
i, u. Das häkchen zeigt nur an, daß in der älteren sprache
ein nasal auf den vocal folgte, es hat also nur eine etymologi-
sche geltung; ą, ę, i̧, ų sind inlautend lang, auß lautend, mit
wenigen außnamen (bei participien und pronominibus) kurz.
Den wortton bezeichnen wir mit ́, wenn er auf einem lan-
gen vocale, mit ̀, wenn er auf einem kurzen vocale ligt.
Um die übersichtstabelle nicht zu überladen und weil teil-
weise doch wol nicht einfache laute vor ligen (auch ist man-
ches noch nicht genügend physiologisch klar) sind auß der sel-
ben hinweg gelaßen worden die consonanten in irer verbindung
mit j. Dise bald engere, bald losere verbindung wird vor fol-
genden vocalen durch ein i nach dem consonanten bezeichnet;
im außlaute bedienen wir uns, nach dem vorbilde der polnischen
schreibweise, zu disem zwecke eines dem consonanten bei gege-
benen ́. Übrigens können dise laute nur nach abfall von vo-
calen in den außlaut des wortes zu stehen kommen; sie finden
sich daher in der schriftsprache nur außnamsweise am ende
des wortes.
Außer den oben verzeichneten consonanten hat das litaui-
sche also noch die auf folgende art graphisch bezeichneten con-
sonantischen laute: ki ḱ, gi ǵ; ti und di sind nur niderli-
tauisch, denn im hochlitauischen geht älteres und niderlitaui-
sches tj, d. i. vor vocalen ti, in cz, wie dj, d. i. vor vocalen di,
in dż über; pi ṕ, bi b́; vi; szi sź, żi ż́, si ś nebst ci = tś;
ni ń, mi ḿ; ri ŕ, li ĺ.
Die außsprache diser laute im außlaute (ḱ, ǵ, ṕ, b́ u.
s. f.) ist so schwierig und so wenig von der gewönlichen auß-
sprache diser laute unterschiden, daß man sie füglich vernach-
läßigen kann. Überdiß sind die selben hier, wo es sich stäts
um die möglichst ältesten formen der worte handelt, von völlig
untergeordneter bedeutung, da sie nur nach spät (oft nur in
der umgangssprache) ein tretendem schwund auß lautender vo-
cale vor kommen.
ki, gi (vor vocalen, wie sich von selbst versteht) sind pa-
[112]Litauisch. Übersicht der laute. Außsprache.
latales ḱ, ǵ (vgl. §. 4); wer dise laute nicht auß zu sprechen
vermag, kann one alzu großen feler kj, gj substituieren.
pi, bi, mi, vi sind außerordentlich schwer auß zu sprechen;
von dem j, das hier dem labialen consonanten an geschmolzen
ist, darf man kaum etwas vernemen, auß genommen im an-
laute, wo man es deutlicher hört.
si, ci (d. i. tsi), szi, żi vermag ich in irer außsprache kaum
zu beschreiben; man hört wärend des zischlautes zugleich einen
i-änlichen ton, um diß hervor zu bringen, muß die zunge am
gaumen stark nach oben gewölbt und die mundöfnung breit
gezogen werden. Der unterschid diser laute von den nicht jotier-
ten ist aber, wie bei den andern consonanten, von gröster be-
deutung für die sprache; saúsio z. b. ist gen. sing. von saúsis
(scabies) aber saúso gen. sing. von saúsas (adjectiv. siccus);
nèsziu ist 1. sg. futuri, neszù dagegen 1. sg. praesentis (fero,
porto) u. s. f.
ni ist leise palatales n.
ri ist palatales r, also wie r und j in einen laut verschmol-
zen mit weit zurück gezogener zunge und breitem munde zu
sprechen, z. b. gĕriù 1. sg. praes. (inf. gér-ti bibere) aber gĕrù
instr. sg. msc. zu géra-s (bonus).
li ist sanft palatales l, l mouillé der Franzosen.
Nicht in abrede zu stellen ist jedoch, daß auch die nach
den lauten ki, gi u. s. f. folgenden vocale etwas anders und
zwar höher, mer palatal klingen, als nach den nicht jotierten
consonanten; bei dem a tritt diß am stärksten hervor (s. u. bei
den lautgesetzen).
Jeder vocal (oder diphthong) bildet eine silbe für sich; nur
in zusammensetzung können zwei vocale zusammen treffen, zwi-
schen welchen also hiatus (spir. lenis, aleph) zu sprechen ist,
z. b. paupýs, spr. pă-ŭppî́s (regio fluvialis, ùpė flumen), neìmsiu
(non sumam, ìm-ti sumere); paárti (arando subvertere, ár-ti
arare) u. a. Eben so ist in zusammensetzungen mit dem re-
flexiven si und der praeposition pri (wie z. b. apsiaúti calcea-
mentum sibi induere, si sibi, aúti calceamentum induere; prieíti
accedere, eíti ire) das i voller vocal, nicht zeichen der jotierung
[113]Litauisch. Vocale.
des vorher gehenden consonanten (-siau-, priei- ist also nicht
als eine silbe, sondern deutlich als zwei, wie si-au, pri-ei auß
zu sprechen).
Dise wenigen fälle, die einzigen, in denen zur richtigen
außsprache der schrift einsicht in den bau des wortes erfor-
dert wird, lernt auch der anfänger bald kennen; für die vgl.
grammatik, die es fast außschließlich mit den einzelnen wor-
ten zu tun hat, kommen sie nur wenig in betracht.
Vocale des litauischen.
Durch die bewarung der diphthonge und der vocale der
auß lautenden silben unterscheidet sich vor allem das litauische
von dem im so nahe stehenden slawischen.
Von den vocalreihen (der vocalsteigerung) macht das litaui-
sche auß gedenteren gebrauch als das slawische.
a wird auch hier zu i und, jedoch selten, auch zu u ge-
schwächt; der gewönliche vertreter von a ist e (niemals aber,
wie im slaw., griech., latein., o). a ist auch im litauischen, wie
im slaw., got. und sonst, sowol vertreter des ursprüngl. a, als
des urspr. â; o (stäts lang) entspricht urspr. â (steigerung oder
zusammenziehungsproduct).
Die i-reihe und die u-reihe haben in übereinstimmender
weise das bemerkenswerte, daß sie für die erste steigerung
doppelte vertretung zeigen, nämlich in der i-reihe ë und ei =
urspr. ai, in der u-reihe ů und au = urspr. au. Für urspr.
âi gilt lit. ai, für urspr. âu aber áu.
Das überschlagen der a-reihe in die i-reihe, das für die
nördlichen europäischen sprachen unseres sprachstammes be-
zeichnend ist, findet sich auch im litauischen in mereren siche-
ren beispilen.
Das litauische hat außer der vocalsteigerung noch die jün-
gere vocaldenung, die zwar oft vom tone bedingt ist, aber doch
auch zu wortbildenden zwecken verwant wird; kurze vocale
werden durch die denung zu langen und es ist zu bemerken,
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 8
[114]Litauisch. Vocale. A-reihe. Schwächung i, u.
daß die länge von e doppelter art ist; ĕ wird nämlich teils zu
ē, teils zu ė gedent.
Wie im slawischen, so wird auch im litauischen im worte
kein hiatus geduldet; die spaltung von i und u zu ij und uv
oder zusammenziehung beseitigt denselben.
j wirkt umlautend auf folgendes a und geht mit a und o
auch völlige verbindung ein.
Der außlaut wird in der gewönlichen umgangssprache be-
reits stark verkürzt, in der schriftsprache ist diß auf bestimte
fälle beschränkt. Von einem dem slawischen entsprechenden
anlautsgesetze (§. 89) finden sich nur vereinzelte spuren.
Die vocalreihen des litauischen sind demnach folgende:
| schwächung | grundvocal | 1. steig. | 2. steig. |
| a-reihe i (y), u (selten) | e (ē, ė) a (ā) | a (ā) | o |
| i-reihe | i (y) | ë, ei | ai |
| vor vocal. ej | aj | ||
| u-reihe | u (ū) | ů, au | áu |
| vor vocal. av | ov |
Beispile.
Schwächung. i gedent y = urspr. a. Die schwächung
des urspr. a zu i ist im litauischen häufig und bei vilen wur-
zeln regelmäßig, z. b. pìl-ti (infinit. implere) grundf. der wur-
zel ist par, pil-ù (1. sg. praes.) grundf. par-âmi, mit denung
des i zu y (î) pýl-iau (1. sg. praeteriti); kìl-ti (infinit. exsur-
gere, tolli), lit. wurzel kal, mit denung kyl-ė́ti (tollere); mìr-ti
(infin. mori) wurz. mar; ìr-ti (remigare) mit denung ýr-iau
(1. sg. praet.) wurz. ar; at-mìn-ti (infin. coniicere, explicare,
als reflexiv meminisse) wurz. man; tį́s-ti (infin. extendi) wurz.
tans, weiterbildung von tan (welches selbst eine weiterbildung
von ta ist) u. s. f.
u = urspr. a tritt weniger regelmäßig, mer vereinzelt auf,
meist vor nasalen und liquiden, doch nicht außschließlich, z. b.
pùl-kas (agmen, populus) wurz. par (implere); kul-nìs (calx)
wurz. kal urspr. kar (ire); kùmp-as (curvus) neben kàmp-as
[115]Litauisch. A-reihe. Grundvocal e, a. 1. steig. a.
(angulus); ung-urýs (anguilla) neben ang-ìs (anguis); ùpė flu-
men), vgl. aqua, altind. stamm ap; ugnìs (ignis), altind. agnís,
altbulg. ognĭ u. a.
Grundvocal. e, gedent ē, ė = urspr. a; z. b. kel-iù§. 93.
(1. sg. praes.) neben kél-ti (infinitiv, tollere) und kė́l-iau (1. sg.
praeteriti desselben verbum) wurz. kal, kar, vgl. kìl-ti (tolli)
und kál-nas (mons; über die denung von kel zu kėl in kė́l-
iau vgl. §. 98); mér-dmi, in der jetzigen sprache mér-du (1.
sg. praes. animam ago, moriens sum) von einer auß urspr. mar
weiter gebildeten wurzel mard; àt-men-u 1. sg. praes. zu infinit.
at-mìn-ti (coniicere, explicare) wurz. urspr. man; tę́s-ti (exten-
dere) wurz. tan-s auß urspr. tan; tek-ė́ti (currere), vgl. slaw.
tek-ą wurz. tak; sė́d-mi (sedeo) wurz. urspr. sad; ė́d-mi (edo)
wurz. urspr. ad; dė́-ti (infin. ponere) wurz. urspr. dha u. a.
a = urspr. a. Wo in den wurzeln neben a ein e erscheint,
da gilt im litauischen a dem e gegenüber als steigerungslaut
(es entspricht demnach das litauische a in diser function dem
o des slawischen, griechischen, italischen). Es felt jedoch auch
nicht an fällen, in denen sich a als ungesteigerter laut und
demnach als einem ursprünglichen a entsprechend ergibt, z. b.
àż (slaw. azŭ) geschriben àsz (ego) grundf. agham oder agam,
vgl. ἐγώ, ego, altind. ahám; ăkìs (oculus), accus. áki̧, vgl. gr.
ὄσσε = *ὀϰιε, lat. ŏc-ulus, altind. ák-śi; ăvìs accus. ávi̧ = lat.
ovis, gr. ὄϝις, altind. ávis. Auch in worten wie kàmpas (angu-
lus), angìs (anguis) haben wir keine steigerung an zu nemen;
das selbe gilt von beispilen wie ar-iù (1. sg. praes.), ár-ti (infin.
arare); plătùs = griech. πλατύς, altind. prthús grundf. pratus;
sta-týti (ponere, collocare) von wurz. sta u. a.
Steigerungen des urspr. a.
Erste steigerung. a = urspr. a. Dise function hat a
deutlich in allen fällen, in welchen im ein e zur seite steht, so
daß also dises litauische a dem slawischen, griechischen, latei-
nischen o entspricht; z. b. isz-man-aú (intelligo), man-au auß
älterem *man-aju grundf. mân-ajâmi neben àt-men-u wurz. man;
kál-nas (mons) neben kel-iù (tollo) wurz. kal; mar-ìnti (sterben
laßen, adesse moribundo), már-as (pestis), vgl. mér-dmi wurz.
8*
[116]Litauisch. A-reihe. 2. stg. o. I-reihe. Grundvoc. i. 1. stg. ë, ei.
mar; rám-dyti (pacare, tranquillare), vgl. rém-ti (fulcire) wurz.
ram; tákas (semita) = slaw. tokŭ (flumen), vgl. tek-ė́ti, slaw.
tek-ą (curro) wurz. tak; eben so in tą̄s-ýti (trahere) neben tę́s-
ti (extendere) u. a.
Zweite steigerung. o (stäts lang im lit.) = urspr. â
und zwar ergibt sich diß o deutlich als zweite steigerung, so
daß es dem slaw. a und dem griech. und got. ô in diser func-
tion entspricht, z. b. mór-ai (plur. tant. feretrum) wurz. mar;
or-ė (tempus arandi Neßelm. wörterb.) wurz. ar; nů́-mon-ė
(intelligentia), prá-mon-ė (inventio, fraus, machinatio) wurz. man;
rom-ùs (placidus) neben rám-dyti wurz. ram; į́-tok-a (ostium)
neben ták-as; plót-is (latitudo) neben plat-ùs; sod-ìnti (plantare),
vgl. slaw. sad-iti, verb. caus. zu sė́d-mi wurz. sad; pa-dó nas
(subiectus, civis) wurz. urspr. dha, vgl. dė́-ti; stó-nas (status),
pa-stó-ti (fieri), vgl. sta-týti; mo-tė́ genit. mo-tèrs (mulier) grundf.
des lezteren mâtar-as, vgl. slaw. ma-ti, gen. ma-tere; bro-ter-
ė́lis (dialectisch; deminutiv, fraterculus), bró-lis (frater; urspr.
ebenfals deminutiv, eine warscheinlich auß broterė́lis verkürzte
form) vgl. slaw. bratrŭ, urspr. stamm bhrâ-tar u. s. f.
Grundvocali, gedent y = urspr. i, z. b. lìk-ti (relin-
quere), lýk-ius (reliquum, residuum), vgl. lat. lic-tus, linq-uo u.
a., grundf. der wurzel rik; ìsz-lyż-is (spatium quod inter den-
tes est) wurz. liż, slaw. liz, griech. λιχ u. s. f., urspr. righ;
pra-szvì-n-t-a, 3. sg. praes. (illucescit) inf. -szvìs-ti für *-szvit-ti
praet. -szvit-aú wurz. szvit auß kvit; isz-výs-ti (infin.) für -vyd-
ti, praet. -vyd-au (conspicere) wurz. vid (videre); dýv-as (mira-
culum) wurz. div; vý-ti (persequi) wurz. vi; lý-ti (pluere) wurz.
li; bij-óti (timere) wurz. bi u. a.
Erste steigerung. ë, ei, vor vocalen ej = urspr. ai,
vor vocalen aj. Im litauischen scheint ei eine höhere steige-
rung zu sein als ë, und zwischen disem und litauisch ai (urspr.
âi) eine mitlere stellung ein zu nemen, z. b. lëk-ù (relinquo)
1. sg. praes. zu infinitiv lìk-ti; lë́ż-ti (lingere, lambere) wurz.
liż; szvë́s-ti für *szvët-ti (lucere, splendere) wurz. szvit; dë́v-as
[117]Lit. I-reihe. 2. stg. ai. U-reihe. Grundvoc. u. 1. stg. ů, au, av.
(deus), vgl. altind. dêvás grundf. daiv-a-s wurz. div; lë́-tî (fun-
dere) wurz. li u. a.
veizd-ė́ti (videre) für *veid-ėti, véid-as (facies) wurz. vid;
deiv-ė́ (simulacrum vanum, früher dea) wurz. vid u. a.
vej-ù praes. mit 1. steigerung gebildet, zu infin. vý-ti (per-
sequi) grundf. wäre vaj-âmi.
Zweite steigerungai (ái), vor vocc. aj = urspr. âi, âj;
z. b. laik-ýti (verbum causativum, facere ut maneat i. e. tenere)
neben lìkti wurz. lik; laiż-ýti (verbum frequentativ.) neben
lë́ż-ti (lingere, lambere) wurz. liż; szvaistýti für *szvait-týti
(lucernam huc illuc ferre, verb. frequentat.) neben szvë́sti wurz
szvit; vaid-ìnti (verb. causativ. ostendere) neben veizdė́ti (vide-
re) wurz. vid; lái-styti (verb. frequentat. saepe fundere) neben
lë́-ti (fundere) wurz. li; vaj-óti (verb. frequentativ.) neben výti
(persequi) u. a.
Grundvocalu (ū) = urspr. u, z. b. pa-klus-nùs (obe-
diens) wurz. klus (audire) = slaw. slych deutsch hlus, mittels
s weiter gebildete wurz. klu urspr. kru; pluk-dýti (facere ut
fluat, schwemmen) wurz. pluk mittels k auß plu weiter gebil-
det; plústi für plúd-ti praet. plúdau (initium natandi facere,
ins schwimmen geraten) wurz. plud auß plu mittels d weiter
gebildet; úg-is (incrementum, surculus) wurz. ug, vgl. lateinisch
augere u. a.; dùb-ti (excavari); srùsti (cruentum facere) für
*srud-ti wurz. srud mittels d weiter gebildet auß *sru (fluere);
szúv-is (teli iactus, tormenti fragor) wurz. szu (tela mittere) u. a.
Erste steigerung. ů, au, vor voc. av = urspr. au, av.
Da neben au das längere áu (vor vocalen ōv) steht, so glaube
ich, daß au, wie in der i-reihe das ei, als erste steigerung zu
betrachten ist. Richtiger ist es villeicht zu sagen, daß im li-
tauischen dise beiden reihen viergliderig sind: i, ë, ei, ai und
ái; u, ů, au, áu. Beispile:
ů́g-is (incrementum) wurz. ug; důb-ė́ (fovea, scrobs, fossa)
wurz. dub; szlů́-ti (verrere) praet. szlav-iaú wurz. szlu; plaúk-
ti (nare, natare) wurz. pluk; klaus-ýti (audire) wurz. klus auß
klu; aú-ti (calceamentum induere), nusi-av-inė́ti (saepius calcea-
[118]Lit. U-reihe. 2. stg. áu, ov. Misch. d. a u. i-reihe. Vocalden.
mentum sibi detrahere) wurz. u; sraú-mė (aquarum impetus),
srav-ė́ti (fluere, sanguinem fundere) wurz. sru u. a.
Zweite steigerung. áu, vor vocc. ov = urspr. âu, âv;
z. b. áug-ti (crescere) wurz. ug; kláus-ti (interrogare) wurz.
klus; srov-ė́ (aquarum impetus) wurz. sru; száu-ti (tela mittere)
praet. szóv-iau wurz. szu; pláu-ti (eluere, abluere) praet. plóv-
iau wurz. plu u. a.
- Anm. ui ist kein so regelmäßiger vocal des litauischen, daß man
im eine stelle in den vocalreihen an weisen könte; meist findet
er sich in etymologisch nicht klaren worten, z. b. gùi-ti (perse-
qui) praes. gujù; puikùs (splendidus, pulcher) u. a., oder in ent-
lehnten worten, wo ui besonders häufig das slawische y ersezt,
z. b. mùilas (sapo) auß dem rußischen mylo u. a.
Mischung der a- und i-reihe. Auß brìs-ti (per aquam
ire) für *brid-ti praet. brid-aú, praes. bred-ù nebst brad-à (la-
cuna, stagnum), vgl. slaw. bred-ą (transeo), brodŭ (vadum) er-
gibt sich mit voller sicherheit eine wurzel brad, von derselben
erscheint aber auch braid-ýti, verbum durativum zu brìs-ti;
neben plàk-ti (percutere), plók-sztas (planus, aequus), wurz. plak
steht plë́k-ti (verberare); lém-ti praes. lem-iù (fatum, sortem
destinare), neben lom-à (terminus destinatus) weisen sicher auf
eine wurzel lam hin, darneben findet sich Laím-a (dea For-
tuna), pa-láim-a (fortuna) u. a. dergl.
- Anm. Die wurzel sta (stehen) berürt ich mit der u-reihe; neben
sta-týti, stó-nas (§§. 93. 94) findet sich stů-mŭ́ stamm stů-men
(statura, corporis magnitudo) und stov-ė́ti (stare), niderlitauisch
stau-nu (sto); die wurzel da (dare) ist völlig in die u-reihe über
getreten, z. b. infinit. dů́-ti, praet. dav-iaú, dov-anà (donum).
Denung. Die denung der vocale ist im litauischen häufig
und besonders bei e und a in ser vilen fällen sichtlich nur wir-
kung des accentes, z. b. nom. sg. ăvìs (ovis), aber im acc. sg.
ávi̧ mit langem a; lemiù 1. sg. praes., aber z. b. lémti inf. (for-
tunam destinare). Nicht selten tritt aber auch die denung als
mittel der wortbildung auf und dann wird e nicht zu ē (sprich
langes ä), sondern mit wechsel der klangfarbe zu ė gedent, z.
b. rèm-ti (fulcire) praet. rė́miau (vgl. die denung von e zu ě
im slawischen, §. 83). Beispile der denung der verschidenen
[119]Litauisch. Vocalische lautgesetze.
vocale geben die vorher gehenden paragraphen. Überall erweist
sie sich als etwas neueres, speciell litauisches und es sind die
gedenten laute nur als abarten der älteren, ursprünglich kur-
zen vocale zu betrachten, weshalb wir sie auch von disen in
der darstellung nicht getrent haben.
Vocalische lautgesetze.
- Anm. ą, ę, i̧, ų sind, wie bereits §. 90 bemerkt ward, nicht na-
salvocale, wie slaw. ę, ą, sondern völlig eben das selbe, was a,
e, i (y), u. Vom außfalle der nasale s. u. bei den consonanten.
Eben daselbst komt die in folge des außfals des nasals ein tre-
tende ersazdenung in betracht.
calen.
1. Wie im slawischen, so wird auch im litauischen der
hiatus innerhalb des wortes nicht geduldet, er findet sich nur
bei der zusammensetzung von worten. Beispile gab §. 90 am
ende.
u (ū), i (ȳ) werden vor vocalen, wie im slawischen (§. 85,
4), in uv, ij gespalten, z. b. pú-ti (putrescere) praet. pŭv-aú
praes. pūv-ù; man siht auß disem und anderen beispilen, daß
auch dise so entstandenen u und i vor v und j, wie alle vo-
cale, der denung unterworfen sind; try-s (tres) gen. trij-ú. Vom
wechsel von ë und ei, ai, ů und au, áu mit ej, aj, av, ov ge-
ben §§. 95. 96 beispile.
2. a wird mit dem folgenden vocale zusammen gezogen
und zwar ist a + a = o, a + i = ai, a + u = au. Dise fälle
treten besonders oft nach außstoßung von j ein. Mit formen,
wie z. b. 1. sg. praes. *jëszkaju, 2. *jëszkaji, 3. jëszkaja, 1. pl.
*jëszkajame, 2. pl. *jëszkajate, inf. jëṡzkóti auß *jëszkajati (quae-
rere) vgl. ahd. eiscôn, slaw. iskati = *ěskati, *jěskati, §. 89, 2,
das jedoch sein praesens anders bildet, als im litauischen (näm-
lich ištą für *iskją) vergl. slawische bildungen, wie 1. dělają, 2.
dělaješi, 3. dělajetĭ, 1. plur. dělajemŭ u. s. f.; grundf. der en-
dung ist 1. -ajâmi, 2. -ajasi, 3. -ajati, 1. plur. -ajâmasi u. s. f.
Solche formen verlieren im litauischen das j und lauten nun
[120]Litauisch. Vocalische lautgesetze.
1. jë́szkau, 2. jë́szkai, 3. jë́szko auß *jëszkaa, 1. plur. jë́szkome
auß *jëszkaame u. s. w., ganz so wie z. b. im böhmischen an-
statt der an gegebenen altbulgarischen formen wie 3. sg. děla-
jetĭ, 1. pl. dělajemŭ ein dělá(t́), děláme ein getreten ist.
A. Wirkung von j auf folgende vocale (assimila-
tion, umlaut).
1. j verschmilzt mit folgendem ai, o und a, ą zu ei, ė, ę,
z. b. es solte das praeteritum zu infinit. bandý-ti (tentare, ex-
periri), stamm bandi, lauten 1. sg. *bandi-aú, vgl. brid-aú (zu
brìsti stamm brid); 2. *bandi-aí, vgl. brid-aí; 3. *bàndi-o, vgl.
brìd-o; 1. pl. *bàndi-ome, vgl. brìd-ome u. s. f.; wärend nun 1.
sg. bandiau im niderlitauischen unverändert bleibt, im hochli-
tauischen aber, durch wandlung von dj in dż zu bandżaú wird,
one daß das au durch j afficiert ward, wird 2. *bandiaí, d. i.
*bandjaí zu bandeí; 3. bàndio d. i. *bàndjo zu bàndė, eben so
1. pl. bàndėme u. s. f.
ai wird im hochlitauischen unregelmäßiger weise auch dann
zu ei, wenn das j sich mit dem vorher gehenden consonanten
verbindet, z. b. nom. plur. masc. żódiai, jáutiai zu nom. sing.
żódis (verbum) = *żódja-s, jáutis (bos) = *jáutja-s (s. u. 3);
auß disem żódiai, jáutiai, d. i. żódjai, jáutjai wird in manchen
gegenden ganz regelrecht żódei, jáutei mit ei = jai, wie in
bandeí = bandjaí; im südlichsten litauisch und in der schrift-
sprache aber lauten dise formen żódżei, jáuczei, es ist also ai
zu ei gewandelt, obschon das j in dż, cz latent geworden ist
(vgl. d. flgde.).
In den zalreichen femininen auf -ė ist dises ė vertreter von
-jâ; im acc. sg. haben dise worte -ę = urspr. -jâm, woraus zu-
nächst -jan im altlitauischen ward, z. b. nom. sg. srovė́ (impe-
tus aquarum) grundf. srâv-jâ, acc. sg. sróvę grundf. srâv-jâm.
Im partic. fut. act. steht im nom. sg. msc. -sęs für -siąs grundf.
-sjants, fem. -senti für -sianti grundf. -sjantjâ (s. d. flgde), z. b.
dė́-sęs (inf. dė́-ti ponere, grundf. der wurzel da urspr. dha)
grundf. dhâ sjant-s, fem. dė́-senti grundf. dhâ-sjant-jâ u. s. f.
[121]Litauisch. Vocalische lautgesetze.
2. Nach j wird ai zu ei, z. b. 2. sg. praet. jëszkójei auß
jëszkójai, vgl. brid-aí; nach j und allen j enthaltenden conso-
nanten, also auch nach dż = dj, cz = tj, wird a zu e. In der
schreibung findet maṅ in disem falle meist das a bei behalten,
in der außsprache aber nirgend, z. b. kraújas (sanguis) sprich
kraújes; tréczas = *tretjas (tertius) sprich tréczes u. s. f.
3. Nom. acc. sg. msc. der ja-stämme, grundf. nom. -ja-s acc.
-ja-n, wird in den meisten fällen nach consonanten zu nom. -i-s,
betont -ý-s, acc. -i̧, nach vocalen aber zu -ji-s, acc. -ji̧; z. b. auß
*tretjàs-jas nom. sg. bestimter form (ὁ τϱίτος) wird tretýs-is
(oder nach 2. treczès-is); *żódja-s (verbum) wird żódis acc. żódi̧
= *żódja-n, *żódja-m.
4. Nur auf bestimte fälle beschränkt ist der wandel von
urspr. -jâ zu -i im nom. sg. fem., z. b. in den participien, wie
áuganti (crescens) für *augantjâ; in einzelnen bildungen wie
martì für *martjâ (sponsa, nova nupta, nurus), wie die andern
casus (z. b. gen. sg. áuganczos, d. i. *augantjôs, marczós, d. i.
*martjôs) zeigen u. s. f. Entsprechenden lautwechsel zeigt ji
(ea) für *jâ, femin. zu masc. jis für *jas (is) vom pronominal-
stamme ja.
- Anm. In änlicher weise findet sich im slawischen ĭ = jŭ = ja-s,
-ja-m und ji = jâ (vgl. §§. 87, 2. 88, 5), nur wirkt im slawi-
schen das j zugleich auf den vorher gehenden consonanten, was
im litauischen nicht der fall ist.
B. Wirkung von nasalen auf vorher gehende vo-
cale. Außer dem späteren abfall und außfall von nasalen im
außlaute und vor gewissen consonanten, durch welchen der
vorher gehende vocal gedent ward (sihe unten bei den con-
sonantischen lautgesetzen), findet sich in gleichem falle auch
verschmelzung von an zu u. In betreff der auß lautenden sil-
ben wird diß im folgenden paragraph besprochen. Inlautend
findet diser lautwechsel nur vor s statt, so z. b. im part. praet.,
z. b. nom. sg. msc. dégęs gen. dégusio für *degensio, *degansio
(zu infin. dèg-ti ardere). Mittelstufe war, wie der żemaitische
dialect zeigt, die wandlung von an zu un, dessen n dann regel-
recht vor s schwand (s. u.)
[122]Litauisch. Vocalische lautgesetze. Außlautsgesetz.
Mereres den außlaut betreffende, ward bereits im vorigen
paragraph zur sprache gebracht.
1. Auch im litauischen ist die verkürzung und verflüchti-
gung auß lautender vocale vilfach ein getreten. So wird das
ursprüngl. â des femin. durchauß zu a verkürzt, z. b. gerà
(bona); auß ë = ai wird in mersilbigen worten i, z. b. gerì
(boni) aber të́ (hi); veżì (vehis) auß *veżë = *veżai und dises
auß *veżasi grundform vaghasi, 2. sing. praes. (infinitiv vèż-ti
vehere).
Wenn jedoch das wort am ende einen zusatz hat, so er-
hält sich die alte länge, z. b. geró-ji, grundf. der endung -â-jâ
(ἡ ἀγαϑή); gerë́-ji oder gerë́-jë (οἱ ἀγαϑοί), bestimte form des
adjectivs mit dem an geschmolzenen demonstrativpronomen, des-
sen stamm ja ist; veżë́-s (veheris) 2. sing. praes. mit dem re-
flexiven -si u. a. Übrigens tritt bisweilen in disen fällen des
antretens von zusätzen an den wortaußlaut auch denung des
lezteren ein, z. b. 1. plur. véżamė-s (vehimur) von véżame (ve-
himus) grundf. vaghâmasi; dem -me = -masi, -mas komt also
kurzer vocal zu. Warscheinlich sind dise denungen durch die
analogie solcher fälle, wie die im vorher gehenden erwähnten,
bedingt.
2. In der sprache des gewönlichen umgangs werden auß
lautende vocale ser häufig ab geworfen, z. b. véżam für véżame
1. pl. praes., véż für véża 3. plur. praes. u. s. f., was hier nicht
weiter verfolgt werden kann; einzelne fälle der art sind aber
nunmer in die schrift auf genommen. So steht z. b. im dat.
sing. mascul. der pronominalen declination tám (τῷ), gerám
(bono) für támui, gerámui der älteren sprache; dů́s 3. sg. fu-
turi (dů́-ti dare) steht für älteres dů́si auß *důsit, grundf. der
endung -sjati u. s. f.
3. Das ū des gen. plur. für urspr. âm, ist durch den ein-
fluß des dann ab gefallenen nasals entstanden, z. b. akmenú
genitiv pluralis vom stamme akmen (nomin. sing. akmů́ lapis)
auß *akmenun, welche endung un im genitiv pluralis sich in
[123]Litauisch. Vocal. lautgesetze. Außlautsgesetz. Anlautsgesetz.
żemaitischen drucken noch findet, und diß auß *akmenan
grundf. akman-âm.
4. Auß lautendes ů, verkürzt u, ist vertreter von älterem
a + nasal, z. b. nom. sing. akmů́ (lapis), pëmů́ (pastor) auß
den grundformen *akman-s, *paiman-s (vgl. altind. áçmâ auß
akmans, griech. ποιμήν auß *ποιμενς); veżù (veho) für *veżů́
auß der grundf. vaghâmi, auß welcher zunächst *vażam, *vażan
ward; das zu erwartende veżů ist vor dem reflexiven -si, -s er-
halten: veżů́-s (vehor). Eben so im instrumentalis singul., z. b.
vilkù auß *vilků, *vilkam, *vilka-mi zu *vilka-s (lupus); urspr.
auß lautendes -ans des acc. plur. wird zu -ůs und darauß,
durch verkürzung, -us, z. b. vilkùs auß *vilků́s, *vilka-ns. Der
selbe lautwechsel (u = an) findet im part. praet. und imperf.
activi auch in lautend statt (s. §. 100, B); żemaitische formen
wie giaruns-ius = hochlit. gerů́s-ius (τοῦς ἀγαϑούς) für *gerans-
jans, runku = hochlit. rànką (manum) zeigen, daß n das a vor
sich trübte und dann schwand; durch ersazdenung ward auß u
dann ů, durch verkürzung auß ů meist wiederum u.
5. a, selten und nur in bestimten worten i, fält vor auß
lautendem s hinweg (wie im gotischen); bei a findet diß in der
gewönlichen sprache überall da statt, wo es die außsprache
irgend zu läßt, z. b. póns für pónas (dominus) u. s. f.; àns
(pron. demonstr. is) ist außschließlich auch in der schrift ge-
braucht für *anas, eben so pàts (dominus, ipse) für *patìs
u. a. Im dativ pluralis findet sich nur z. b. pónams für
pónamus der ältesten bekanten sprache, außerdem fält u vor s
nicht auß.
An das slawische anlautsgesetz (§. 89) erinnert, daß
an lautendem ë ein j vor tritt, z. b. j-ëszkóti (quaerere), vgl.
slawisch iskati = *j-ěskati, althochd. eiscôn, und daß in man-
chen mundarten jedem an lautenden vocale ein j vor geschla-
gen wird.
[124]Gotisch. Übersicht der laute.
Gotisch*).
Übersicht der laute des gotischen.
Im silbenanlaute schreibt die gotische schrift ï für i, eine
schreibung, die wir nur im inlaute der worte bei behalten.
- Anm. Im gotischen wird nach dem vorbilde der griechischen schrift
vor g und k der gutturale nasal durch g bezeichnet, z. b. laggs
(longus) sprich langgs, nach neuhochdeutscher schreibung mit ng
für den gutturalen nasal.
q ist = kv, wie auch andre schreiben; auch th und die
verbindung hv gibt die gotische schrift durch ein zeichen, wes-
halb man hv auch mittels w umschriben findet.
Vocalische diphthonge sind ai, au, ei, iu, sämtlich so auß
zu sprechen, wie sie geschriben werden, mag auch in späterer
zeit ire geltung gewechselt haben; ferner aí, aú, d. h. eine et-
was modificierte außsprache von i und u, beide laute erhalten
einen flüchtigen vorschlag von a, so daß der laut kurz bleibt.
- Anm. Die gotische schrift scheidet ai, au (bei Grimm u, a. ái,
áu) nicht von aí, aú; die verschidene geltung diser laute ist
jedoch durch J. Grimm unwiderleglich dar getan. Um anfän-
gern zu hilfe zu kommen, haben wir in der umschreibung den
unterschid bezeichnet; für solche, welchen der organismus des
deutschen bekant ist, bedarf es solcher bezeichnung nicht.
[125]Gotisch. Vocale.
Vocale des gotischen.
Das deutsche, dessen ältester bekanter vertreter das go-
tische ist, zeichnet sich dadurch auß, daß es das princip der
flexion, die bewegung des wurzelvocals in seiner reihe, volstän-
dig bewart und zu regelmäßiger anwendung gebracht hat. Den
a-vocal schwächt das deutsche doppelt, zu u und zu i und
zwar bedient es sich diser schwächungen eben so regelmäßig
als der steigerungen. Das a hat doppelte function; disen
schwächungen gegenüber ist es steigerung, also = urspr. â, es
ist aber auch in nicht wenigen fällen entschiden reiner grund-
laut und demnach = urspr. a. Erste und zweite steigerung
wird im deutschen durchauß strenge geschiden und von beiden
ein auß gedenter gebrauch gemacht; die zweite steigerung der
a-reihe wird, wie im griechischen, durch vocalschattierung des
â zu ô von der ersten steigerung â, gotisch ê, geschiden. An-
statt au tritt mit schwächung des a zu i, iu ein, also ist got.
iu = urspr. au; in ai assimiliert sich das a dem i und wird
zu e, got. ei ist also = urspr. ai.
Vocaldenung ist dem gotischen noch fremd; indes laßen
sich im die anfänge einer im deutschen im laufe der zeit immer
weiteres gebiet gewinnenden erscheinung, nämlich der teilwei-
sen vertretung des iu (für urspr. au) durch û nicht ab sprechen.
- Anm. Im späteren deutsch gieng das iu wol über dise gränzen
noch hinauß und sezte sich auch da fest, wo keine erste steige-
rung ein zu treten hatte.
Fürs gotische stelt J. Grimm das û in abrede, worin wir
im nicht bei pflichten können.
Diser höchst ursprüngliche vocalismus des gotischen wird
im inlaute durch lautgesetze fast gar nicht getrübt, im auß-
laute unterligen aber die vocale ser bedeutenden verflüchti-
gungen, jedoch nach bestimten gesetzen. Strenge regelmäßig-
keit charakterisiert mit wenigen außnamen den vocalismus der
gotischen sprache. Wie im slawischen und litauischen, so findet
auch im deutschen übertritt der a-reihe in die i-reihe statt, d. h.
es findet sich ei und ai in wurzeln, deren grundvocal a ist (i kann
nicht hierher gerechnet werden, da es schwächung von a ist).
[126]Gotisch. Vocale. A-reihe. Schwäch. i, u. Grundvocal a.
Die vocalreihen des gotischen sind demnach folgende:
| 2. schwäch. | 1. schwäch. | grundvocal | 1. steig. | 2. steig. | |
| a-reihe | i | u | a | a, ê (ahd. â) | ô |
| i-reihe | i | ei | ái | ||
| u-reihe | u | iu | áu. |
Beispile.
Schwächung; i = urspr. a, z. b. baíra (1. sg. praes.), d. i.
*bira (vor r und h steht nicht i und u, sondern aí, aú) grundf.
bharâmi wurz. bhar (ferre); binda (1. sg. praes.) wurz. band,
altind. bandh (ligare), grundform also bandhâmi (wir laßen hier
die altind. form der wurzel als die ursprüngliche gelten, ob-
schon das gotische band auf aspirierten anlaut schließen läßt,
s. darüber bei den consonanten); sita (sedeo) wurz. sat urspr.
sad; faíhu d. i. *fihu neutr., altind. paçú-s msc., lat. pecu grundf.
*paku u. s. f.
u = urspr. a, z. b. baúr-ans d. i. *bur-ans (nom. sg. masc.
part. praet. pass.) grundf. *bharanas wurz. bar urspr. bhar
(ferre); ga-baúr-ths (nom. sg. fem.), -baúrths = *bur-ti-s grundf.
bhar-ti-s von derselben wurzel; bund-um (1. plur. ind. perfecti)
grundf. *ba-bandh-mas, ga-bund-i (fem. vinculum) grundf. *bandh-
jâ wurz. band altind. bandh; vulfs (lupus) altind. vŕkas grundf.
varkas; muna (1. sg. praes. cogito) wurz. man u. s. f.
Grundvocala = urspr. a. Das gebiet des grundvocals
a ist durch die in vilen wortformen regelmäßig ein tretenden
schwächungen zu i, u wesentlich beschränkt.
In fällen wie sa, altind. sa, gr. ὁ; thata altind. tat, gr. τό,
(is)tud ligt a = urspr. a deutlich vor; auch da, wo a vor zwei
consonanten steht, wie z. b. 1. sg. perf. band auß *babanda,
bandi (fem. vinculum) auß *bandjâ ist a = a. Oft kann man
indes zweifeln, ob man a = a oder a = â (s. d. flg. paragr.)
vor sich hat, z. b. da, wo a im praesensstamme der verba er-
scheint, wie fara (eo), vgl. griech. πεϱ-άω πόϱ-ος; sa-ia (sero)
wurz. sa (vgl. să-tus), wo auch steigerung denkbar ist.
[127]Gotisch. A-reihe. 1. steig. a, ê. 2. steig. ô. I-reihe. Grundvoc. i.
Steigerungen desa.
Erste steigerung. 1. a = urspr. â. Im gotischen ist a
dem i und u gegenüber leicht in die stellung eines steigerungs-
lautes gerükt. Entschiden als solcher erscheint es z. b. im per-
fectum, wie bar zu praes. baíra (fero), grundf. ba-bhâr-a; namo
stamm naman, vgl. altind. nấman, lat. nômen, griech. ὄνομα;
in causativverben, z. b. satja (pono) grundf. sâdajâmi wurz. sad,
praes. sita grundf. sadâmi u. s. f.
- Anm. Über das auß lautende a = urspr. â handelt das außlauts-
gesetz §. 113.
2. ê = urspr. â, z. b. bêrum ahd. bârumês, deutsche grund-
form babhârmasi 1. plur. perf. wurz. bar, urspr. bhar (ferre);
eben so sêtum ahd. sâƷumês von wurz. sat (sedere); êtum ahd.
âƷumês von wurz. at (edere); dêds ahd. tât (factum) grundf.
dhâtis wurz. da urspr. dha (ponere, facere) u. s. f.
Zweite steigerungô = urspr. â. Daß ô zweite stei-
gerung ist (wie im griech. ω neben η), leren fälle wie praes.
lêta ahd. lâƷu, perf. lai-lôt (wo die perfectreduplication im goti-
schen erhalten ist, da hat sie überall den vocal ai); saia perf.
sai-sô wurz. sa (serere); fara perf. fôr grundf. fafâra wurz. far
(ire); brôthar grundf. bhrâtâr auß bhrâtars, altind. bhrấtâ, lat.
frâter; sô, griech. ἡ, altind. u. grundf. sâ; thô, griech. τήν, alt-
ind. und grundf. tâm; knôds (genus) grundf. gnâtis wurz. gan,
um gestelt gna u. a.
- Anm. Beispile für den wechsel der a-reihe mit der i-reihe, s. u.
§. 109.
Grundvocali = urspr. i, z. b. vitum (1. plur. perf.),
griech. ϝίδ-μεν, altind. vid-má grundf. vivid-masi wurz. vit =
vid (videre, scire); stigum (1. plur. perf.) wurz. stig (scandere),
griech. στιχ, altind. u. urspr. stigh; taíhum mit aí = i wegen
des folgenden h, althd. zigumês (die selbe form) grundf. *didik-
masi wurz. tih (nuntiare), vgl. lat. dic (in deico, dîco), griech.
διϰ (in δείϰνυμι), altind. diç; thri-m, lat. tri-bus, altind. tri-bhjás;
i-s, i-na, i-ta = lat. i-s, i-m (altlat. für eum), i-d; quius für
*qivas, lat. vîvos, slaw. živŭ, lit. gývas, altind. ǵîvás u. a.
[128]Got. I-reihe. 1. stg. ei. 2. stg. ai. U-reihe. Grundvoc. u. 1. stg. iu.
Erste steigerungei = urspr. ai, z. b. in-veit-an (ado-
rare) wurz. vit; steiga (1. sg. praes.) = στείχω, grundf. staigh-âmi
wurz. stig; teiha (dass.) = altlat. deico grundf. daik-âmi wurz.
tih, vgl. δείϰ-νυμι u. a. der art; vein lat. vînum, altlat. *veinom,
griech. ϝοῖνος mit zweiter steigerung; hveits (albus) altind. çvê-
tas grundf. kvaitas wurz. kvit (splendere), lit. szvit (t im goti-
schen worte stimt nicht, man hatte th oder d erwartet); veihs
neutr., grundf. wäre also *vaik-sa-m, in der wurzelsilbe entspre-
chend dem latein. vîc-us, altlat. *veic-os, altind. vếças, griech.
aber ϝοῖϰος mit zweiter steigerung u. s. f.
Zweite steigerungai = urspr. âi, z. b. taih (1. 3. sg.
perf.) wurz. tih, grundf. wäre didâika; staig (dass.) wurz. stig;
vait (dass.) wurz. vit, griech. ϝοῖδα, das also, wie das gotische,
auf die grundf. vivâida hin weist, altind. mit erster steigerung
vếda; bi-laif (1. 3. perf. remansi), laif = λέλοιπα, λέλοιπε,
laibôs (reliquiae; nom. plur. femin.) stamm laib-a, vgl. λοιπ-ός,
neben lif-na (supersum), wurz. lib, lif, griech. λιπ; haihs
(unoculus, coecus) = lat. coecus, d. i. altlat. coico-s grundf. bei-
der also kâika-s; faih-us (varius, pulcher) in der wurzelsilbe =
ποιϰ-ίλος u. a.
Grundvocalu = urspr. u, z. b. bugum (1. plur. perf.)
grundf. bu-bhug-masi altind. bu-bhuǵ-imá wurz. bug urspr. bhug
(flectere), altind. bhuǵ, lat. fug, griech. φυγ; taúhum für *tuhum
wegen h (dass.) wurz. tuh (ducere) = lat. duc; lub-ains (spes),
lub-ô (amor) wurz. lub, altind. lubh (cupere), lat. lub, z. b. in
lub-et; juk für *jukam (nom. neutr.) = lat. jugum, ζυγόν, alt-
ind. und grundf. jugám u. a.
Erste steigerungiu = urspr. au, z. b. biuga wurz.
bug (flectere 1. sg. praes.) = φεύγω grundf. bhaugâmi; tiuha
(dass.) wurz. tuh = altlat. douco (dûco) grundf. daukâmi; liubs
für *liubas (carus) wurz. lub; liuh-ath neutr. (lumen) wurz. luh
grundf. ruk, vgl. lat. louc-em (lucem), λευϰ-ός altind. rốḱ-atê
(lucet, splendet); hliuma stamm hliu-man (msc. auditus) wurz.
hlu = gr. ϰλυ, altind. çru, slaw. slu grundf. kru (audire) u. a
[129]Gotisch. U-reihe. û. 2. steig. au.
Ein sicheres beispil für û (in gotischer schrift u one be-
zeichnung eines unterschides von der kürze) ist lûka (claudo
1. sing. praes.) für das zu erwartende *liuka wurz. luk; war-
scheinlich sind aber mer dergleichen fälle an zu nemen, jedoch
können dise mit sicherheit nicht als solche bezeichnet werden,
weil inen nur deutsche parallelen mit û zur seite stehen (wie
hus ahd. hûs domus; ut ahd. ûƷ foras u. a.), aber keine paral-
lelen auß andern indogermanischen sprachen; in den übrigen
deutschen sprachen findet sich aber auch û = got. und urspr.
u, nicht nur û = got. iu, urspr. au, so daß also durch althd.
û noch kein voller beweis für gotisch û gegeben ist.
Zweite steigerungau = urspr. âu, z. b. baug (1. 3.
sg. perf.) wurz. bug, altind. bubhốǵa (mit erster steigerung);
tauh (dass.) wurz. tuh; ga-laub-ja (credo) wurz. lub (causativ-
bildung von derselben), wie us-baug-ja (everro) zu wurz. bug,
baug-ja = altind. bhôǵájâmi u. a.
Die verwanten sprachen haben in den vergleichbaren fällen
fast durchauß erste steigerung; im griechischen, der sprache, die
außerdem am meisten mit dem gotischen im fleißigen gebrau-
che der vocalsteigerung stimt, wird die zweite steigerung des
u regelmäßig durch die erste ersezt; indes weiset baua (habito)
perf. bauai-da) auf eine grundf. bhâva-jâmi, causativum zu wurz.
bhu (fieri, esse) hin, und entspricht also dem altind. bhâvájâmi
(facio ut sit), got. bau = altind. bhâu.
Mischung der a und i-reihe findet nur vereinzelt§. 109.
statt, nicht, wie im slawischen und litauischen, mit einer ge-
wissen regelmäßigkeit (vgl. Kuhns Zeitschr. VII, 221 — 223),
z. b. braids = altind. prthús, d. i. *prathus, πλατύς, lit. platùs;
dail-s slaw. děl-u (pars) entspricht dem litauischen dal-ìs (pars),
wurzel ist dar (findere, dividere); greipa, perf. graip, 1. plur.
perf. gripum, wurz. also grip (prehendere), das trotz des g und
des p die nicht regelrecht entsprechen (s. u. die lere von den
consonanten) von altind. wurz. grabh, altpers. garb, slaw. grab
nicht zu trennen ist; neben wurz. las (legere, colligere), 1. praes.
lisa, perf. las, plur. perf. lêsum, steht lais-jan (docere), leis-anôn
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 9
[130]Gotisch. Vocalische lautgesetze.
(imitari), leis-a (orbita); leih-ts (levis) ist mit alind. lagh-ús,
ἐ-λαχ-ύς gleicher wurzel; ahd. mein-jan (opinari) = slaw. měn-
iti ist von wurzel man (cogitare) gebildet u. a.
Vocalische lautgesetze.
1. Der hiatus wird teils geduldet, so z. b. in zusammen-
setzungen, wie ga-ïbnjan (coaequare), ga-arman (commisereri),
aber auch im innern des wortes, z. b. sauïl (sol), saisôum (1.
plur. perf. zu wurz. sa, serere); saia (1. plur. praes. sero) ist
sogar auß *sa-ja grundf. sa-jâmi entstanden u. s. f.
2. Es wechselt u und i mit v und j, z. b. kniu (genu)
auß *kniv-am (s. §. 113, 1) gen. knivis; qius auß *qiv-a-s, gen.
qivis; faus (paucus), comparat. faviza u. änl.; das in disen bei-
spilen nach auß - und abfall der ursprüngl. vocale in den auß -
laut oder vor consonanten gerükte v ist zu u gewandelt; thivi
(ancilla) auß *thiujâ, i = jâ (§. 113, 4), daher gen. thiujôs u. a.
ju wechselt mit iv in sunju-s nom. plur. von sunus (filius)
neben suniv-ê (gen. plur.) u. a. der art.
vi wechselt mit uj in tauj-an (facere) perf. tavi-da, strauj-an
(sternere, spargere) perf. strav-ida (Gr. gr. I3, 66).
ei wechselt mit ij, z. b. frija nom. sing. fem. vom stamme
frija (liber), aber freis nom. sing. masc. für *frij-s auß *frij-a-s
(§. 113, 1) u. s. f.
In fällen wie nom. sg. tauï (neutr. opus, factum) gen. tôjis
grundf. *tavja-m, *tavja-sja stamm tavja (oder tâvja); stôjan
(infin., judicare, damnare) praet. stauïda ist ô ersazdenung für
das auß gefallene v; ôj = avj (tôjis, stôjan = *tavjis, *stavjan).
3. Die entfernung des hiatus durch außstoß eines vocals
findet nur zwischen zwei worten statt und ist also für die vgl.
grammatik nicht von belang (z. b. nist auß ni ist u. dergl.).
1. aú und aí stehen für u und i vor r und h regelmäßig
(Grimm nent dise erscheinung brechung, s. §§. 104, 107, 108);
selten unterbleibt dise wandlung (wie in nih = neque; -uh, z.
[131]Gotisch. Vocalische lautgesetze. Außlautsgesetz.
b. in hvaz-u-h quisque, grundf. kas-ka u. a.). Daß auch außer-
dem, namentlich bei i, auch in gotischen worten (in fremdwor-
ten ist aí = ε, aú = ο), die wandlung des einfachen lautes in
den ‘gebrochenen’ (Grimm) statt finde, ist warscheinlich, z. b.
baitrs, vgl. ahd. pitar (amarus); vaila, vgl. ahd. wëla (bene) wurz.
var; jains, vgl. ahd. jënêr (ille). Darf man den reduplications-
vocal ai hierher rechnen?
Diß gesetz der wandlung von i, u zu aí, aú ist ser jung
und dem gotischen eigentümlich.
2. Nicht bloß in auß lautenden silben (§. 113, 4), sondern
auch in in lautenden ist bisweilen ja, jâ zu ei geworden, z. b.
mahteigs (potens) auß *mahtjags, mahti + ag-s von stamm mahti
(potentia) mit suffix aga (vgl. grêdags, audags); bêreima 1. pl.
opt. perf. auß *babâr-jâ-ma wie bêreis 2. sg. perf. opt. auß
*babârjâs; bêri 3. sg. perf. opt. auß *babârjât; hier ist im auß-
laute jâ zu i geworden (s. u. §. 113, 4).
Einschiebung eines hilfsvocalesu findet nicht sel-§. 112.
ten statt; so bei antritt der partikel h auß ka (que); nach dem
außlautsgesetze (s. d. flg. paragr.) fält das a hinweg, nach dem
gesetze der consonantenvertretung (lautverschiebung) wird k zu
h, z. b. hvaz-u-h auß urspr. kas-ka (vgl. sa-h auß sa-ka); im
perfectum, welche tempusform, wie im gotischen der optativ
deutlich beweist, die endungen an die wurzel unmittelbar sezt,
auß bhabâr-masi z. b. ward *bâr-mas dann *bâr-m und endlich
*bâr-um, d. i. gotisch bêrum. Nach diser analogie ward dann
auch z. b. saisôum 1. pl. perf. zu wurz. sa (serere) mit unnöti-
gem u gebildet; man hätte *saisô-m erwartet.
- Anm. 1. Nach der analogie von formen wie hvaz-uh wird auch
thammuh für das zu erwartende *thammêh grundf. tasmâi-ka
gebildet. - Anm. 2. -uh nicht -aúh, wie man nach §. 111, 1 zu erwarten
hat, warscheinlich deshalb, weil u hier nur hilfsvocal ist.
Außlautsgesetz*). In den ursprüngl. endsilben mer§. 113.
als einsilbiger worte fält urspr. a und i ab und auß (wenn ein
9*
[132]Gotisch. Vocalische lautgesetze. Außlautsgesetz.
einfacher consonant folgt oder folgte), u bleibt. Auß lautendes
â und ai, âi wird a, ja und jâ werden i, beim verbum auch zu
ei, vor consonanten (s,t) wird ja zu ji, nach langer silbe oder
in mer als zweisilbigen worten zu ei gewandelt (au bleibt).
1. a u. i fält ab und auß, z. b. vait 1. 3. sg. perf. grundf.
vivâida, vgl. οἶδα, altind. vếda; baíram, 1. plur. praes., vgl.
φέϱομεν, altind. bhárâmas, s fiel früher schon hinweg, vgl. slaw.
beremŭ; hanin, giband, brôthr, sunau und änliche locative des
sing. als dative fungierend, zu den stämmen hanan (gallus), gi-
band (part. praes., inf. giban dare), brôthar (frater), sunu, (filius),
haben sämtlich i verloren, grundf. z. b. bhrâtr-i, sunav-i u. s. f.,
eben so ist i geschwunden in im = asmi (sum), ist = asti
(est); bairand = altind. und grundf. bháranti, φέϱοντι u. s. f.
vulfs = varkas, altind. vŕkas (lupus), qius (vivus) = alt-
ind. ǵîvás, brôthrs gen. sg., grundf. bhrâtr-as, namins gen. sg.,
grundf. nâman-as, hanans grundf. *kanan-as nom. plur., in der
endung entspricht z. b. ποιμέν-ες, gibands nom. plur. grundf.
der endung -antas; nahts (nox) grundf. naktis u. s. f.
u bleibt, z. b. sunus nom. sg. (filius), sunu für *sunu-n,
sunu-m acc. sg., sunu voc. sg. u. s. f.
- Anm. In einsilbigen worten bleibt natürlich a und i, z. b. sa,
altind. sa, ὁ; hvas, lit. und urspr. kas (quis); is = lat. is.
2. â wird zu a; so in allen femininen der a-stämme im
nom. sg., z. b. vulla (lana), vgl. altind. û́rńâ grundf. beider
varnâ; brôthar nom. sg. = *bhrâtâr auß *bhrâtar-s; fadar eben
so = *fadâr auß *fadar-s, vgl. πατήϱ, altlat. patêr, altind.
pitấ(rs); hana nom. sg. = *hanâ auß *hanan-s, vgl. ποιμήν, alt-
ind. rấǵâ = *râǵans, homô = *homens u. s. f.
- Anm. In einsilbigen worten bleibt die länge, z. b. sô, grundf. u.
altind. sâ, griech. ἡ.
3. ai wird a, z. b. baírada = φέϱεται, altind. bháratê,
grundf. bharatai; baíraza = *φέϱεσαι, altind. bhárasê grundf.
bharasai; baíranda = φέϱονται, altind. bhárantê grundf. bha-
rantai u. s. f.
[133]Gotisch. Vocalische lautgesetze. Außlautsgesetz.
âi wird a, z. b. thamma dat. sg. des demonstrativen pro-
nominalstammes tha, grundf. und altind. tásmâi; vulfa dat. sg.
zu stamm vulfa (lupus) grundf. varkâi, vgl. griechisch λύϰῳ
u. s. f.
- Anm. Im dat. sg. der weibl. a-stämme bleibt âi, z. b. gibai zu
stamm giba (donum), eben so in der pronominalen declination,
z. b. thizai = tasjâi, dat. sg. fem. zu stamm tha, geschwächt thi.
4. ja und jâ wird i, z. b. kuni (genus) nom. acc. sg. ntr.
für *kunja(m), vgl. dat. plur. kunja-m, d. i. *kunja-bhjas, stamm
also kunja grundf. ganja; bandi (vinculum) nom. sg. fem. (gen.
bandjôs) stamm bandjâ; bêri (3. sg. opt. perf.) = *babârjâ(t)
u. s. f.
ja wird ei im imper. der ab geleiteten verba, deren stamm
auf ja auß geht, z. b. nasei = *nasja, infin. nasja-n (servare);
sôkei = *sôkja, infin. sôkja-n (quaerere) u. s. f.
ja vor consonanten nach kurzer stamsilbe wird ji, z. b.
nasji-s, nasji-th 2. 3. sg. praes. indic. auß *nasja-si, *nasja-ti,
infin. nasja-n (servare); harjis (exercitus), nom. sg. msc. stamm
harja auß *harjas u. s. f.
Nach langer stamsilbe tritt für ji, ei ein, z. b. sôkeis,
sôkeith 2. 3. sg. praes. ind. auß *sôkja-si, *sôkja-ti, inf. sôkja-n
(quaerere); haírdeis (pastor), nom. sg. msc. stamm haírdja, für
*hirdja-s; eben so in mer als zweisilbigen worten, z. b. bôkareis
(librarius) nom. sg. msc. stamm bôkarja u. s. f.
- Anm. Gen. sing. sunaus, handaus, voc. sunau zu stamm sunu
(filius), handu (manus) u. änl.; au bleibt also unverändert in den
auß lautenden silben.
[134]Übersicht der vocale.
Übersicht der vocale*).
| A-reihe. | ||||
| schwächung | grundvocal**) | erste steigerung. | zweite steigerung | |
| Indog. ursprache | a | aa (â) | âa (â) | |
| Altindisch | schwund, i, u; î, û | a | â | â |
| Altbaktrisch | schwund, i | a, e, o | â | â |
| Altgriechisch | schwund, ι, υ | ε, ο, α | ο, ᾱ, η | ω |
| Altitalisch†) Lat. | schwund, i, u | e, o, a | o, â, ê | ô |
| Oskisch | iͤ (i) | e, u̇ (o), a | â | u͒ (ô), û |
| Altbulgarisch | ŭ | e, o, a | o | a |
| Litauisch | i, u | e, a | a | ô |
| Gotisch | i, u | a | a, ê (ahd. â) | ô |
I-reihe.
| schwächung | grundvocal | erste steigerung | zweite steigerung | |
| Indogerm. ursprache | i | ai | âi | |
| Altindisch | i | ê | âi | |
| Altbaktrisch | i | aê; oi | âi | |
| Altgriechisch | ι | ει; αι | οι | |
| Altitalisch, Lateinisch | i | ei = î, ê; ai = ae | oi = oe, û | |
| Oskisch | iͤ (i) | eiͤ; aiͤ | u̇iͤ | |
| Altbulgarisch | ĭ | i | ě, vor vocalen oj | felt vor conss., vor vocc. aj |
| Litauisch | i | ë, ei, vor vocalen ej | ai, vor vocc. aj | |
| Gotisch | i | ei | ai | |
| U-reihe. | ||||
| Indogerm. ursprache | u | au | âu | |
| Altindisch | u | ô | âu | |
| Altbaktrisch | u | ao | âu | |
| Altgriechisch | υ | ευ; αυ | ου (ᾱυ) | |
| Altitalisch, Lateinisch | u | eu, ou = û; au, ô | ou = û | |
| Oskisch | u | steigerung u̇v | ||
| Altbulgarisch | ŭ | y | u, vor vocal. ov | felt vor conss., vor vocc. av |
| Litauisch | u | ů, au, vor vocal. av | áu, vor vocalen ôv | |
| Gotisch | u | iu | au | |
B. Consonanten.
Consonanten der indogermanischen ursprache.
Die consonanten unterscheiden sich im indogermanischen,
ab gesehen von ihrer physiologischen beschaffenheit, vor allem
dadurch von den vocalen, daß sie in den wurzeln fest und un-
veränderlich sind (ab gesehen von den veränderungen, welchen
sie zufolge der stäts secundären lautgesetze unterworfen sind),
nicht aber, wie die vocale, in einer bestimten reihe von abstu-
fungen sich bewegen können. Wärend die neun (acht) ursprüng-
lichen vocallaute des indogermanischen auf drei grundvocale
zurück füren, sind die consonanten sämtlich unabhängig von ein-
ander. Wärend die vocale durch ire steigerbarkeit neben der
bedeutung zugleich dem beziehungsaußdrucke dienen, sind die
consonanten nur elemente des bedeutungsaußdruckes; an den
wurzelconsonanten kann im indogermanischen die beziehung nicht
an gedeutet werden.
Die indogermanische ursprache besaß 15 consonanten, wel-
che in §. 1 irer physiologischen beschaffenheit nach zusammen
gestelt sind, nämlich 3 momentane stumme, 3 momentane tö-
nende, 3 momentane tönende aspirierte, 3 spiranten, 3 so genante
liquiden, d. h. 2 nasale und r. Das vorhandensein des b (des
labialen momentanen tönenden consonanten, der labialen me-
dia) in der ursprache, läßt sich durch kein volkommen sicheres
beispil nach weisen; vorhanden war es aber höchst warschein-
lich, da es hauptelement der häufigen aspirate bh ist. Die an-
zal der ursprünglichen consonanten ist also bei weitem größer,
als die der vocale (deren warscheinlich drei mal drei, gewis
aber zwei mal drei vorhanden waren).
Die aspiraten, als doppellaute, scheinen dem ursprünglich-
sten stande der sprache fremd gewesen zu sein und sich erst
später entwickelt zu haben. Vor der ersten teilung der ur-
sprache waren sie aber sicher vorhanden, da sie in den drei
abteilungen des indogermanischen vor ligen, oder doch sicher
erkenbar sind. Sie finden sich nämlich im arischen und im süd-
[137]Indogerman. ursprache. Consonanten. k, t, p.
lich europäischen; im nördlich europäischen müßen sie einst
ebenfals vorhanden gewesen sein; das deutsche hat sie zwar,
wie die andern nordischen sprachen in mediae gewandelt, die
ursprünglichen mediae aber durch wandlung derselben in tenues
von inen geschiden.
Consonantische lautgesetze waren in der ursprache
noch nicht ein getreten; die consonanten konten noch überall
und in allen verbindungen stehen, welche der organismus der
sprache mit sich brachte, da dise verbindungen (z. b. vâk-bhis
instr. plur. vom stamme vâk sermo) noch nicht so enge waren,
daß die durch die bildung der worte zusammen stoßenden con-
sonanten hätten auf einander einwirken können (also z. b. in
vâk-bhis das bh auf das vorher gehende k; im altindischen lau-
tet die form bereits vâg-bhís; k hat hier vor dem tönenden bh
sich in den im entsprechenden tönenden laut g gewandelt; über
die unwarscheinlichkeit des wechsels von i, u mit j, v in der
ursprache vgl. §. 3).
Beispile.
Momentane stumme nicht aspirierte consonanten.
1. k; ka-s (quis), ka (que, et), katvâr-as (quatuor), kankan
(quinque), kard (cor), wurz. kak (coquere), wurz. ka und ak
(acutum esse, celeriter incedere), wurz. ki (jacere), wurz. kru
(audire), kvan-s (canis), wurz. skid (scindere), wurz. vak (loqui),
wurz. dak (mordere), wurz. dik (monstrare), wurz. ruk (lucere),
ak-man-s (lapis, coelum), dakan (decem), varka-s (lupus); suffix
-ka u. s. f.
2. t; ta-t (is-tud), tu (tu), wurz. ta, tan (extendere), tri
(tres), sta (stare), stag (tegere), pat (volare, cadere), prat (ex-
tendi), vart (vertere); häufig in stamm- und wortbildungsele-
menten, z. b. suffix ta (part. perf. pass.), bhara-ti (fert), ragh-
is-ta-s (ἐλάχιστος) u. s. f
3. p; wurz. pa (bibere), wurz. pa (protegere, regere), da-
von pa-ti-s (dominus) und pa-tar-s (pater), par (implere) davon
paru-s (multus) und par-na-s (plenus), wurz. pad (ire) als no-
minalstamm nom. sg. pad-s (pes), pratu-s (πλατύ-ς), wurz. sarp
[138]Indogerm. ursprache. Consonanten. g, b, d; gh, dh.
(serpere), wurz. tap (calefacere, ardere), wurz. svap (dormire)
davon svap-nas (somnus) u. s. f.
Momentane tönende nicht aspirierte consonanten.
1. g; wurz. ga (ire) 1. sg. praes. ga-gâ-mi, wurz. ga ga-n
(nasci), wurz. gan (nosse), wurz. ag (agere), ag-ni-s (ignis), wurz.
grabh (prehendere), wurz. ju-g (jungere) davon jug-am (jugum)
u. s. f.
2. d; wurz. da (dare) 1. sg. praes. da-dâ-mi, wurz. dak
(mordere), dam (domare), dama-s (domus), wurz. dik (monstra-
re), wurz. div (lucere), stamm dva (duo), wurz. ad (edere), wurz.
sad (sedere), wurz. vid (videre) 1. sg. praes. vaid-mi u. s. f.
3. b; ein sicheres beispil für disen laut kenne ich nicht.
Entweder weisen nämlich die deutschen formen der worte, wel-
che im arischen und im südlich europäischen b zeigen, auf bh
hin, wie z. b. altind. wurz. bandh (vincire), aber got. band, als
wäre *bhandh die urform; altind. bâhús (brachium), gr. πῆχυς,
aber nord. bôgr, ahd. puoc, als wäre der ursprüngl. anlaut bh;
altind. wurz. budh (nosse), gr. πυϑ (πυνϑάνομαι), aber gotisch
bud nicht pud, wie bei urspr. b zu erwarten stund (offerre ju-
bere; woferne die gotische wurzel, trotz der verschidenen func-
tion, mit budh, πυϑ identisch ist; dise drei wurzeln haben eine
aspirata im außlaute, villeicht war diß die ursache des weg-
fals einer ursprünglichen aspiration des anlauts im arischen und
im griechischen), oder es felt der sichere entscheidung gebende
vertreter im deutschen, z. b. βϱαχύς, brevis, slaw. brŭzŭ; wurz.
altind. lab, lamb (labi, delabi; 3. sg. praes. lámb-atê), lat. lab
(lâb-itur) u. a.
Momentane tönende aspirierte consonanten.
1. gh; wurz. ghar ghra (ardere, splendere; viridem esse,
flavescere), ghansi-s (m. f., anser), wurz. stigh (ascendere, ince-
dere), wurz. agh angh (angustum esse), wurz. vagh (vehere),
wurz. migh (madefacere, mingere), wurz. righ (lingere, lambere),
dargha-s (longus) u. s. f.
2. dh; wurz. dha (ponere, facere) 1. sg. praes. dadhâmi,
wurz. dham (flare), wurz. idh (ardere), wurz. rudh (rubere, ru-
[139]Indogerman. ursprache. Consonanten. bh; j, s, v; n.
bescere) davon rudhra-s und râudha-s (ruber), madhu (mel,
mulsum), madhja-s medius u. s. f.
3. bh; wurz. bha (splendere; loqui), wurz. bhar (ferre) 1.
sg. praes. bharâmi, wurz. bhu (fieri, esse) 1. sg. praes. bhavâmi,
wurz. bhug (flectere, fugere), bhrâ-tar-s (frater), wurz. grabh (pre-
hendere), nabhas (neutr. nubes), bhi häufiges casussuffix u. s. f.
Seltner ist bh in stammbildungselementen.
Consonantische dauerlaute.
Spiranten.
1. j; ja-s (qui); juga-m (jugum) zu wurz. jug, ju (jun-
gere); ser häufig in stammbildungselementen, z. b. madh-ja-s
(medius), as-jâ-t (sit), bhâra-jâ-mi (φοϱέω), comparativsuffix jans
(wol auß jant); auch in wortbildenden suffixen, z. b. -bhjam,
-bhjams suffix des dat. sg. plur., -sja suffix des gen. sg. masc.
der a-stämme u. s. f. Inlautend berürt sich j mit i, s. o. §. 3.
2. s; wurz. sad (sedere), saptan (septem), wurz. su (gig-
nere) davon su-nu-s (filius), wurz. sru (fluere), wurz. svid (su-
dare), wurz. sta (stare), wurz. star (sternere), wurz. smar me-
minisse), wurz. as praes. as-mi (sum), wurz. us (urere), wurz. vas
(habitare; vestem induere), wurz. tars (torrere, sitire), sva-star-s
(soror); häufig in wortbildenden elementen, z. b. akva-s (equus)
nom. sg. msc., akvâ-sas nom. plur. msc. u. s. f.; auch in stam-
bildenden, z. b. man-as (mens) u. s. f.
3. v; wurz. va (flare), wurz. vam (vomere), wurz. vak
(loqui) dazu vâk s (sermo), wurz. vagh (vehere) 1. sing. praes.
vaghâmi, wurz. var (velle), wurz. vart (vertere), avi-s (ovis),
wurz. vid (videre, scire), nava-s (novus); in stambildenden
elementen, z. b. suffix -vant, altind. -vant, -vans, gr. -ϝεντ, -ϝοτ;
seltener in wortbildenden, z. b. loc. plur. -sva u. s. f. v berürt
sich inlautend mit u, s. §. 3.
Nasale.
1. n; na (non), an- (in- neg.), wurz. nak (mori) dazu nak-
ti-s (nox), nava-s (novus), nâu-s gen. nâvas (navis), wurz. gan
(nasci; scire), stamm ana (pron. demonstr.); in stamm- und wort-
[140]Indogerm. ursprache. Conson. m; r. Altindisch. Conson.
bildenden elementen ist n häufig, z. b. par-na-s (plenus; part.
praet. pass.), ak-man-s (lapis), gnâ-man (nomen), bhara-nti (fe-
runt) u. s. f.
2. m; wurz. ma, ma-n (metiri, cogitare) dazu man-as (mens)
und mâ-tar-s (genitrix, mater), wurz. mar (mori), wurz. smar
(meminisse), wurz. vam (vomere); häufig in wortbildungselemen-
ten, z. b. varka-m (acc. sg.); ai-mi, i-masi (eo, imus, 1. sg. plur.
praes.) u. s. f.; in stambildungselementen, z. b. ghar-ma-s
(calidus, calor), gnâ-man (nomen).
r; wurz. rak (clamare), wurz. ruk (lucere), wurz. rik (lin-
quere), wurz. righ (lingere), wurz. rudh (rubere), raghu-s (levis),
wurz. kru (audire), wurz. bhar (ferre), wurz. ar (ire, oriri; arare),
wurz. par (implere); auch in stambildenden elementen, z. b.
suffix ra, rudh-ra-s (ruber), suffix tar, bhrâ-tar, mâ-tar u. a.,
nicht aber in wortbildenden suffixen.
Consonanten des altindischen (Sanskrit)*).
Die physiologisch an geordnete übersicht der altindischen
consonanten gibt §. 4. Eben daselbst ist über die außsprache
der selben gehandelt.
So ursprünglich im ganzen der vocalismus des altindischen
ist, so vilfach mit späteren elementen versezt ist der conso-
nantismus des selben. Daher stamt jene große anzal consonan-
tischer laute, welche sich in diser weise in keiner andern in-
dogermanischen sprache wider findet.
Ursprünglich sind im altindischen die momentanen nicht
aspirierten stummen und tönenden consonanten und die tönenden
aspiraten gutturaler, dentaler und labialer qualität, also k, t,
p; g, d, b (?); gh, dh, bh; ferner die spiranten j, s, v, und
sodann n, m, r. Das altindische besizt also noch die sämtlichen
[141]Altindisch. Consonanten.
consonanten der indogermanischen ursprache. Alle übrigen, 19
an der zal, sind in den echt arischen worten auß disen ur-
sprünglichen 15 consonanten entstanden und als nebenformen
der selben zu betrachten, hervor gerufen durch meist erken-
bare lautgesetze und durch den einfluß der stamfremden spra-
chen der von den arischen Indern zurück gedrängten drawidi-
schen (dekhanischen) völker, der älteren bewoner der vorderin-
dischen halbinsel.
Lezterem einfluße verdanken im altindischen die so genan-
ten lingualen momentanen laute und der linguale nasal (t́, d́,
th́, d́h, ń) ire entstehung, daher sind dise laute nur den In-
dern eigen, keine andre indogermanische sprache kent sie. Im
indischen gewinnen sie im verlaufe des lebens der sprache (im
Prâkrt) immer weiteres gebiet. Sie sind in den arischen wor-
ten wandlungen der entsprechenden dentalen laute.
Unursprünglich sind ferner die sämtlichen palatalen momen-
tanen laute mit irem nasal, ḱ, ǵ, ḱh, ñ, welche auß den ent-
sprechenden gutturalen entstanden sind, und die palatale stumme
spirans ç, welche eine veränderung von k ist. Das gesetz, nach
welchem die gutturalen teils in die palatalen über gehen, teils
bleiben, ist im einzelnen noch unerforscht (lerreich ist, daß
die gutturale durch die entsprechenden palatale redupliciert
werden).
Unursprünglich sind auch alle tenues aspiratae (kh, th,
ph; bei ḱh und t́h ligt die unursprünglichkeit schon in der
qualität), deren entstehung in den erkenbaren fällen meist durch
vorauß gehendes s bedingt ist (kh, ḱh = sk, sth = st).
Unursprünglich ist h, das meist gh, bisweilen auch andre
aspiraten ersezt; ś tritt teils nach bestimten lautgesetzen, teils
one ersichtliche ursache für s ein, ḥ ist eine ganz junge ver-
änderung von s, die fast auf den außlaut beschränkt ist.
Der gutturale und der palatale nasal stehen nur vor den
momentanen consonanten irer qualität, durch welche sie also
bedingt sind; ṁ ist ebenfals vom folgenden consonanten ab hän-
gig, es tritt vor s und h ein (vor andern consonanten wird es
oft anstatt der nasalen consonanten nur geschriben).
[142]Altindisch. Consonanten. k, k.
l neben r ist, wie in den andern sprachen, unursprünglich.
Es nimt im verlaufe des lebens der altindischen sprache sicht-
lich zu.
Außer den bereits an gedeuteten lautgesetzen hat das alt-
indische zalreiche lautgesetze für den inlaut, besonders aber
für den außlaut (die jedoch weniger hierher gehören, als in die
speciell - altindische grammatik), durch welche der consonantis-
mus diser sprache sich bedeutend vom stande der ursprache
entfernt.
Die vertretung der gutturalen durch palatale findet nur
statt vor vocalen und tönenden consonantischen dauerlauten,
nicht aber vor momentanen consonanten, stummen consonanti-
schen dauerlauten und im außlaute. Doch treten auch hier die
palatalen keinesweges nach bestimten gesetzen ein (z. b. ju-
jốǵ-a junxi neben jốg-a-s junctio), so daß es scheint, als habe
die sprache den ursprünglich rein lautphysiologischen wechsel
der gutturalen mit den palatalen dazu benuzt, um mittels des-
selben beziehungsunterschide auß zu drücken.
Beispile.
Ursprüngl. momentane stumme, nicht aspirierte
consonanten.
1. Urspr. k = altind. k, ḱ, kh, ḱh, ç, p.
Altind. k = urspr. k, z. b. ka-s (quis), wurz. kar (facere),
kŕmi-s (vermis), vŕka-s (lupus), stammbildungssuffix -ka, z. b.
dhârmi-ka-s (justus, von dharmá-s offcium) u. s. f.
Altind. ḱ = urspr. k; ḱa-kấra (feci), ḱa- ist rest der ur-
sprünglichst doppelt gesezten wurzel kar; ḱa (-que, et); ḱat-
vấr-as (quatuor); wurz. ruḱ (lucere); wurz. vaḱ (loqui), davon
váḱ-mi (loquor), vấḱ-am (vocem, sermonem); besonders als
wurzelaußlaut ist ḱ für k beliebt u. s. f.
- Anm. Vor momentanen lauten und s bleibt. die gutturalis, z. b.
vák-ti (loquitur), vâk-śi (loqueris, ś für s nach k, s. § 126, 2),
vag-dhí (loquere), g für k nach den lautgesetzen s. u. u. s. f.
[143]Altindisch. Consonanten. kh, ḱh, ç.
kh und ḱh treten für ursprüngliches k nach s ein, diß s
fält dann öfters hinweg*)).
Altind kh = urspr. sk, z. b. in khañǵa-s (claudus), vgl.
althd. hinch-an, hink-an wurz. hank, ebenfals one an lautendes
s, griech. aber σϰάζω wurz. σϰαγ = altind. khaǵ grundf. skag;
khaǵa-s (permixtio, rutabulum; pugnantium turba), vgl. angels.
scac-an, altn. skak-a (quatere, concutere); khaḱ (prosilire, pro-
gredi, Böhtl-Roth wb.), vgl. slaw. skak-ati (saltare).
- Anm. 1. Die meisten worte mit kh sind nicht oder doch nicht
sicher auf ire grundform zurück zu füren. - Anm. 2. In nakha-s, nakha-m, nakhara-s, vgl. ὄνυχ-ος, slaw.
nogŭtĭ, got nagl-s, steht kh in höchst auf fallender weise für das
zu erwartende gh.
Altind. ḱh = urspr. sk, z. b. wurz. ḱhid (findere) grundf.
skid; ḱhâjấ (umbra) vgl. griech. σϰιά; gáḱḱhâmi grundf. ga-
skâmi (die verdoppelung von ḱh zu ḱḱh ist regelmäßige schrei-
bung nach kurzem vocale) und in änlich gebildeten praesens-
formen.
- Anm. ḱh geht vor t, th in ś über, z. b. práś-t́um (t́ für t nach
ś), infin. zu wurz. praḱh grundf. wol prask mit unursprüngl. s;
vgl. latein. prec (precor), proc (procax), lit. prasz, slaw. pros,
deutsch frah (fraíhnan), altind. praç-ná-s (quaestio) für *prak-
na-s, aber z. b. prak-śjási fut. mit k nach der gewönlichen regel.
ç = urspr. k; wurz. çi (çếtê = ϰεῖται); wurz. ça und aç
(acuere), praes. (a)ç-játi, çâ-tá-s çi-tá-s (acutus), davon auch áçman
(nom. áçmâ, lapis); wurz. çru (audire); çvan nom. çvâ (canis);
wurz. diç (monstrare); wurz. daç (mordere); dáçan (decem) u.
s. f. Besonders vor liquiden consonanten und v, und ferner im
wurzelaußlaute ist ç für urspr. k beliebt, doch ist es auch im
wurzelanlaute nicht selten.
Vor s bleibt in verbalstämmen k, auß dem außerdem ç her-
vor gegangen ist, z. b. á-dik-śat (ἔ-δειϰ-σε, nach k steht ś für
s, s. u.), eben so in gewissen nominalstämmen, z. b. dik-śú loc.
plur. vom stamm diç (nom. sg. dik für *dik-s, gen. diç-ás plaga
[144]Altindisch. Conson. p = urspr. k; t, th.
coeli), dat. pl. dig-bhjás nach den lautgesetzen (s. u.) für *dik-
bhjas. Audre nominalstämme laßen ir ç jedoch in höchst un-
ursprünglicher weise mit t́, d́ wechseln. Vor t, th wird ç zu
ś, das t, th wird dann lingual, z. b. wurz. darç (griech. δεϱϰ,
videre), aber drś-tá-s part. praet. pass. für *drç-ta-s grundf.
dark-ta-s.
Altind. p = urspr. k findet sich nur vereinzelt. Diser
übergang von urspr. k in p zeigt sich in allen indogermanischen
sprachen außer dem lateinischen und dem altirischen; z. b. wurz.
paḱ (coquere) für urspr. kak. Wärend die lat. wurzel coc die
beiden gutturalen der warscheinlich durch reduplication auß
ursprünglichem ka gebildeten wurzel bewart, hat das griechi-
sche in πεπ beide male den labial ein treten laßen, altind. paḱ,
hochdeutsch bach (jezt back-en) und slaw. pek haben nur den
anlaut gewandelt, und lit. kep hat gerade um gekert den auß-
laut in p über treten laßen. Diß beispil ist besonders lerreich
und weiset sicher auf die ursprünglichkeit des k, in disem falle
also der wurzelform kak, hin. Ferner pánḱan (quinque) für *kan-
kan; wz. sap (sequi, colere, vêd.) scheint nebenf. von saḱ (sequi)
grundf. sak zu sein, so daß in diser wurzel also zwei verän-
derungen von urspr. k im altindischen vor lägen; stamm ap
(aqua) muß neben lat. aq-ua, got. ah-va (flumen) für urspr. ak
stehen, lit. ùpė (flumen) zeigt ebenfals die wandlung von k zu
p, grundf. von ùpė ist also *ak-jâ, die wurzel diser worte ist
warscheinlich ak (celeriter incedere).
- Anm. In dem worte hrd, hrd-aja-m steht h = urspr. k, war-
scheinlich durch ein kh vermittelt; urspr. k ist erwisen durch
cord-is, ϰαϱδ-ία, haírt-ô, lit. szird-ìs, slaw. srŭdĭce.
2. Urspr. t = altind. t, th.
Altind. t = urspr. t, z. b. ta-t (is-tud) urspr. eben so; tv-
am (tu); wurz. ta, tan, 1. sg. praes. ta-nốmi (extendere); pát-
ati (3. sing. praes.) wurz. pat volare, cadere); várt-atê (3. sing.
praes. med.) wurz. vart (vertere); suffix -ta (des part. praet.
pass., z. b. in juk-tá-s (zu wurz. jug, juǵ jungere), vgl. junc-tu-s,
ζευϰ-τό-ς; suffix ti der 3. personen des verbi, z. b. 3. sing.
[145]Altindisch. Consonanten. th, p, ph.
bhára-ti, 3. pl. bhára-n-ti, vgl. φέϱε-(τ)ι φέϱο-ντι, fer-t feru-nt,
got. baíri-th, baíra-nd u. s. f.
Altind. th = urspr. t, besonders nach s, z. b. wurz. stha
(stare), z. b. sthi-tás urspr. sta-ta-s (status); wurz. sthag (tegere),
vgl. griech. στεγ, lit. steg; suffix des superlativs -iśt́ha, z. b.
lághiśt́ha-s, vgl. ἐλάχιστος (hier ist den lautgesetzen zufolge
nach ś das th in t́h gewandelt). Bisweilen steht th für t auch
one durch vorher gehendes s bedingt zu sein, so dürfte -tha
als endung der 2. sg. perf., z. b. babhár-tha (tulisti), schwer-
lich ein s vor sich ein gebüßt haben (im lateinischen wird das
perfectum, bezüglich seines stammaußlautes, anders gebildet als
im altindischen), hier ist th wol = t wie auch sonst nicht sel-
ten, z. b. als wurzelaußlaut in wurzel prath (extendi), 3. sing.
práth-atê, prth-ús (πλατύς); wurz. math, manth (agitare) 1. sg.
praes. mathnấmi, mánthâmi, wo an urspr. st nicht wol zu den-
ken ist.
- Anm. 1. Die unursprünglichkeit von th zeigt sich auch darin,
daß es im anlaute der worte nicht vor komt (außer in den weni-
gen schalnachamenden oder ungebräuchlichen und unursprüngli-
chen worten, welche die lexica bieten). - Anm. 2. Nach k scheint durchweg t in s über zu gehen, für s
muß aber in disem fall ś ein treten (s. u. §. 126, 2) z. b. ŕkśa-s
= ἄϱϰτο-ς, ursus für *urctus (wie parsum für *parcsum, *parc-
tum zu parc-eo u. a., vgl. unten beim lateinischen); stamm ták-
śan = τέϰτον; wurz. kśan (laedere, vulnerare) auß kśa weiter
gebildet, vgl. ϰτεν in ϰτείνω u. a.
3. Urspr. p = altind. p, ph.
Altind. p = urspr. p, z. b. wurz. pa (bibere; protegere,
regere), davon pá-ti-s (dominus), pi-tár nom. sg. pi-tấ (pater);
wurz. par 3. sg. praes. pí-par-ti (implere), davon pûr-ńá-s für
par-na-s (plenus); wurz. tap 3. sing. praes. táp-ati (calefacere,
ardere); wurz. sarp 3. sg. praes. sárp-ati (serpere, ire) u. s. f.
Altind. ph = urspr. p, besonders nach s, z. b. sphat́î (alu-
men), sphat́ika-s (crystallus), vgl. deutsch spat; wurz. sphur 3.
sing. praes. sphur-áti (tremere, trepidare, vêd. bed. die wurzel
aber ferire, protrudere) wol auß *sphar, vgl. σπαίϱω, ἀσπαίϱω,
ahd. sporo (calcar), spor (vestigium); phếna-s (spuma), vgl. slaw.
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 10
[146]Altindisch. Consonanten. g, ǵ, d.
pěna, lit. pë́na-s (lac), lat. spûma, woferne es auß *spoi-ma ent-
standen, würde auch hier auf sp weisen, in phê-nas u. s. f.
wäre also eine wurzel spi an zu nemen u. a. Als anlaut ist
übrigens ph nicht häufig.
Die aspirierung der tenues nach s tritt jedoch keinesweges
überall ein, wie die häufigen verbindungen sk (skánd-ati scan-
dit), st (str-ńấti sternit), sp (sprç-áti tangit) dar tun.
Ursprüngl. momentane tönende nicht aspirierte
consonanten.
1. Urspr. g = altind. g, ǵ.
Altind. g = urspr. g, z. b. wurzel ga (ire) in ǵá-gâ-ti,
ǵí-gâ-ti 3. sg. praes., ga-tá-s part. prt. pass., á-gâ-t 3. sg. aor.;
jugá-m (jugum); grabh, grah (prehendere) u. s. f.
Altind. ǵ = urspr. g, z. b. ǵí-gâ-mi (βίβημι) 1. sg. praes.
zu wurz. ga (ire); ju-ná-ǵ-mi 1. sg. praes. zu wurz. juǵ (jun-
gere), vergl. darneben jug-á-m mit erhaltenem g; wurz. ǵan
(gignere), z. b. ǵán-as = gen-us, 1. 3. sg. ind. perf. ǵa-ǵấn-a
= γέγονα, γέγονε; ǵñâ-tá-s = (g)nô-tus wurz. ǵña auß ǵan
urspr. gan u. s. f.
- Anm. Vor t tritt in manchen fällen nicht die gutturalis, sondern
in höchst unursprünglicher weise ś ein, z. b. srś-tá-s part. praet.
pass. von wurz. sarǵ (creare); mấrś-ti 3. sg. praes. von wurz.
marǵ (purgare, abstergere). Auch wechselt bisweilen ǵ mit d́
und t́, je nach der beschaffenheit des folgenden lautes.
2. Urspr. d = altind. d, z. b. wurz. da (dare), 3. sing.
praes. med. vedisch dá-da-tê, 2. sg. imper. med. episch da-da-
sva, 1. sing. praes. act. dá-dâ-mi; wurz. dam (domare), z. b.
dam-á-s, dám-ana-s (domans, coercens), 3. sg. praes. dâm-já-ti;
wurz. vid (videre), z. b. 1. sg. praes. vếd-mi, 1. 3. sg. perf.
vếd-a = ϝοῖδα, ϝοῖδε; wurz. sad (sidere, considere), z. b. 3.
sg. aor. á-sad-at.
- Anm. d́ in pîd́ und nîd́a scheint auß sd entstanden, woferne
nämlich pîd́, das sich durch î und d́ als unursprünglich erweist,
auß *pisd, *pi-sad = api-sad, vgl. πιέζω = *πι-σεδϳω, *ἐπι-
σεδ-ϳω entstanden ist; dem nîd́a-s, nîd́a-m steht lateinisch
nîdu-s zur seite, das ser wol für *nisdus stehen kann (vgl. ju(s)-
dex, i(s)dem; siehe unten die lere von den latein. consonanten),
worauf deutsch nest hin weist; *nisda-s wäre dann als auß *ni-
[147]Altindisch. Consonanten. b; gh, h, dh, h.
sada-s entstanden zu faßen und bedeutete also ‘nidersatz, nider-
laßung’.
3. Altind. b (vgl. §. 117, 3), z. b. in wurz. bandh (ligare),
3. sg. praes. badh-nấ-ti, perf. ba-bándh-a; bâhú-s (msc. brachium);
wurz. budh (cognoscere, nosse), 3. sg. praes. budh-játê, bốdh-ati;
wurz. lamb (labi), 3. sg. praes. lámb-atê u. a.
Ursprüngl. momentane tönende aspirierte con-§. 125.
sonanten.
1. Urspr. gh = altind. gh, h.
Altind. gh = urspr. gh, z. b. wurz. agh in agh-ám (ma-
lum, peccatum, urspr. wol angor); wurz. stigh = στιχ (ascen-
dere), 3. sg. praes. stigh-nutế; mêgh-ás (nubes), vgl. wurz. mih
unter h = gh; dîrghá-s (longus) = δολιχό-ς u. a.
Altind. h = urspr. gh, z. b. haṁsá-s (anser), vergl. χήν,
gans, lit. żąsìs, poln. gęś; wurz. aṁh-ú-s (angu-
stus), áṁh-as, aṁh-atís (angor); wurz. vah (vehere), 3. sg. praes.
váh-ati, für vagh, vgl. got. wurz. vag; wurz. mih (effundere,
mingere), 3. sg. praes. mếh-ati, für migh, vgl. oben mêghás,
griech. wurz. μιχ; wurz. lih (lingere), 3. sg. perf. li-lếh-a, vgl.
λιχ u. s. f.
- Anm. ǵh ist selten, z. b. ǵhaśá-s (piscis); ein mit einer andern
indogermanischen sprache stimmendes beispil ist nicht zur hand.
Es findet sich ǵh im anlaute meist bei schalnachamenden worten.
2. Urspr. dh = altind. dh, selten h.
Altind. dh = urspr. dh, z. b. wurz. dha (ponere), 1. praes.
dá-dhâ-mi, vgl. τί-ϑη-μι, got. wurz. da; wurz. idh (accendere),
3. sg. pass. idh-játê, vgl. griech. αἴϑ-ω; wurz. rudh (rubere)
in rudh-irás (ruber), vgl. griech. ῥυϑ, got. rud; mádhu (mel,
mulsum, potus inebrians), vgl. griech. μέϑυ u. a.
Altind. h = urspr. dh ist selten, z. b. in hi-tá-s für *dhi-
tá-s auß *dha-tá-s part. praet. pass. zu wurzel dha (ponere),
vgl. ϑε-τό-ς; -hi für -dhi, suffix der 2. pers. sing. imper. act.,
z. b. pâ-hí (tuere) aber vêd. çru-dhí = ϰλῦ-ϑι, im sanskrit
steht diß -dhi nur nach consonanten, z. b. ad-dhí von wurz. ad
(edere), -hi aber nach vocalen.
3. Urspr. bh = altind. bh, selten h.
10*
[148]Altindisch. Consonanten. bh, h; j, s.
Altind. bh = urspr. bh, z. b. wurz. bhar (ferre), 1. sg. praes.
bhár-âmi, vgl. griech. φεϱ; wurz. bhu (fieri, esse), 3. sg. praes.
bháv-ati, vgl. φυ; bhid (findere), 3. sg. perf. bi-bhếd-a, vgl. lat.
wurz. fid; nábhas (aer, coelum), vgl. νέφος; wurz. bha, 3. sg.
praes. bhấ-ti (splendere), vgl. φα, φa-ν u. a.
Altind. h = urspr. bh, z. b. in wurz. grah, vedisch noch
grabh (prehendere); má-hjam neben tú-bhjam (dat. sing. pron.
pers. I et II), vgl. mi-hi neben ti-bi.
Consonantische dauerlaute.
Spirantenj, s, v.
1. Urspr. j = altind. j, z. b. pronominalwurzel ja (rela-
tivum), nom. sg. msc. ja-s; ja ist ferner ein häufiges stambil-
dungselement, z. b. mádh-ja-s = med-iu-s; das selbe element
bildet den optativ, z. b. s-jâ-t = s-ie-t; ferner eine art des prae-
sensstammes, die von wurzel as (esse) zur bildung des futurum
dient, z. b. dâ-s-já-ti = δώσει auß *δω-σ-ϳε-τι; ja bildet ab-
geleitete verba, z. b. bhârá-ja-ti 3. sg. praes. verbi causativi
zu wurz. bhar (ferre) = φοϱεῖ auß *φοϱε-ϳε-τι; wurz. ju, juǵ
(jungere), vgl. lat. wurz. jug, davon jugá-m = lat jugu-m;
júvan acc. sg. júvân-am, vgl. das gleich bedeutende got. juggs,
lat. juvenis; jákrt vgl. das gleich bedeutende lat. jecur u. a.
Von der berürung des j mit i handelt §. 14, 1, d. von der
spaltung des selben in ij, îj §. 14, 1, c, über die wandlung von
j zu ij, îj s. §. 15, 2, b.
2. Urspr. s = altind. s, ś.
Altind. s = urspr. s, z. b. wurz. sad (sedere), z. b. sád-as
neutr., sád-ana-m (sedes); sáptan vêd. saptán = septem; wurz.
su (parere, gignere), z. b. su-tás part. praet. pass.; wurz. sru
(fluere) 3. pers. sg. sráv-ati; svásar acc. sg. svásâr-am (soror,
sororem); wurz. svid (sudare) 3. sg. praes. svid-játi; wurz. star
(sternere) 3. sg. praes. str-ńấti; wurz. smar (meminisse) 3. sg.
praes. smár-ati; wurz. as (esse) 3. sg. praes. ás-ti; wurz. vas
(habitare) 3. sg. praes. vás-ati; wurz. vas (induere sibi) 3. sg.
praes. vas-tế; in stamm- und wortbildungselementen wie mán-
[149]Altindisch. Consonanten. ś und die veränder. des s.
as (neutr. mens) = μέν-ος; -s ist element des nom. msc. fem.,
z. b. vŕka-s plur. vŕkâ-sas (lupus, lupi) u. s. f.
Altind. ś = urspr. s, z. b. wurz. uś (ur-ere), vgl. us-tus,
3. sg. praes. ốś-ati; wurz. tarś (sitire) 3. sg. praes. trś-játi,
vgl. lat. torr-eo für *tors-eo, deutsch durs-t; vereinzelt findet sich
auch nach a das ś, wie in wurz. bhâś (loqui) 3. sing. praes.
bh́ấśatê, weiterbildung der wurzel bha = griech. φα in φά-
τι-ς φά-σι-ς (sermo, rumor), φη-μί; neben bhâs, 3. sg. praes.
bhấsatê (lucere, splendere), weiterbildung einer gleich lauten-
den wurzel bha = griech. φα in φαίνω = φα-ν-ϳω, φά-σι-ς
(delatio, accusatio); ś verhält sich also änlich zu s, wie die
palatalen zu den gutturalen; es lautet nur in dem worte śaś
(sex) an, vgl. aber altbaktr. khsvas, welche form die ursprüng-
lichkeit des anlautes dises zalwortes in den andern sprachen
unseres stammes zweifelhaft erscheinen läßt.
Urspr. s ist außerdem noch vilen veränderungen im alt-
indischen unterworfen, die aber sämtlich erst verhältnismäßig
spät ein treten. s ist vor t (th) und p (ph) und nach a (auß-
genommen am wortende) fest; nach k und r steht ś für s, eben
so nach u und i (und den dise laute enthaltenden diphthongen,
überhaupt nach andern vocalen als nach a, â) inlautend vor
den meisten lauten (vor allen vocalen und j, v, m, t, th; ḥ und
ṁ vor dem s heben dises lautgesetz nicht auf); vom stamme
bhûti (= φυσι) lautet also der loc. plur. bhû́ti-śu für *bhûti-su;
nê-śjáti (3. sg. futur. zu wurz. ni, ducere) für *nai-sjati; ế-śi
grundf. ai-si (2. sg. praes. zu wurz. i ire); vák-śi (2. sg. praes.
wurz. vaḱ, loqui) aber át-si für *ad-si (2. sg. praes., wurz. ad,
edere) und tấ-su (loc. pl. fem. von ta, pron. demonstr.); stamm
dhánus (arcus), loc. pl dhánuḥ-śu oder dhánuś-śu für *dhanus-
su; mit suffix -mant dhánuś-mant, nom. sg. dhánuś-mân (arci-
tenens, arcu praeditus). Zwischen s und ś finden indes vile
schwankungen statt (das einzelne ist der altindischen special-
grammatik zu überlaßen, hier genügt zu wißen, daß ś = ur-
sprüngl. s ist).
ḥ, r, ç treten, wie auch ś, nach bestimten lautgesetzen für
s ein, jedoch meist nur im außlaute, in welchem falle -as auch
[150]Altindisch. Consonanten. s, v. Nasale.
in ô übergehen und s ganz schwinden kann, z. b. vrkaḥ für
vrka-s am ende des satzes oder vor k, p; avir êti für avis êti
(ovis it), r tritt vor allen tönenden lauten für s ein, wenn di-
sem nicht a oder â vorher geht; -as aber wird vor tönenden
lauten zu ô, âs zu â, lezteres teilweise auch inlautend, z. b.
çâ-dhí für *çâs-dhi, 2. sg. imper. von çâs (regere) aber z. b.
3. sing. imperat. çấs-tu; aviç ḱarati (ovis it); vrkô bhavat für
vrkas abhavat (lupus erat); vrka âstê für vrkas âstê (lupus se-
det) u. s. f.
Bei den stämmen auf -s finden dise wandlungen auch vor
den consonantisch an lautenden casussuffixen statt, z. b. stamm
mánas gen. mánas-as, one veränderung; aber z. b. instr. plur.
mánôbhis für *manas-bhis, loc. plur. mánaḥ-su für manas-su,
welches auch vor komt, dhánur-bhis für *dhanus-bhis, stamm
dhánus (arcus).
ś geht vor s in k über, z. b. wurz. dviś (odisse), 2. sg.
praes. dvếk-śi für *dvêś-si; auch die wandlung in t́, d́ komt
vor, wie bei ç, z. b. dvid́-d́hí, 2. sg. imper. act. zu wurz. dviś
für *dviś-dhi. Vgl. die altind. grammatik.
3. Urspr. v = altind. v, z. b. wurz. vid (scire), 3. sing.
praes. vết-ti für *vêd-ti; wurz. va (flare), 3. sing. praes. vấ-ti,
vgl. got. wurz. va; wurz. vah (vehere), 3. sing. praes. váh-ati,
vgl. lat. veh, got. vag, slaw. vez u. s. f.; wurz. var (tegere), 3.
sg. praes. vr-ńốti, davon ûr-ńâ (lana) für *var-nâ, vgl. griech.
ϝέϱ-ιον, slaw. vlŭ-na, ahd. wol-la u. s. f.; wurz. var (eligere),
vgl. lat. vol (velle), got. val (eligere) u. s. f.; ávi-s = ovi-s,
ὄϝι-ς; náva-s = novo-s, νέϝο-ς u. s. f.
Über die berürung des v mit u, s. §. 14, 1, c. d.
Nasale.
1. Urspr. n = altind. n, z. b. na, an- (negation); wurz.
naç (perire, mori), 3. sg. praes. naçjáti, vgl. gr. νεϰ; st. nar,
nara nom. sg. nâ für *nars, nara-s (ἀνήϱ); nâu-s = ναῦς; nấ-
man = lat. nô-men; dánta-s (dens); oft wird n in andre nasale ge-
wandelt, z. b. pûr-ńá-s (plenus, vgl. über û = a s. §. 8), grundf.
par-na-s mit ń für n, weil r vorher geht, s. u.; ǵñâ-tás = gnô-
tus, ursprüngl. form der wurzel gñâ ist gan, über das ñ für n
[151]Altindisch. Consonanten. Nasale. r, l.
s. u.; juñǵánti (jungunt) von wurz. jug, mit ein getretenem na-
sal, aber juṅktế, 3. sg. med. mit ṅ, weil k folgt, s. u.; lump-áti
= rumpit hat den nasal m, da p folgt; haṁsá[-]s vgl. anser, gans;
máṁ-si, 2. sg. praes. act., maṁ-sjátê, 3. sg. fut. medii von wurz.
man (putare) mit ṁ für n nach den lautgesetzen des altindi-
schen u. s. f. Alle dise fälle dürften in der indogerman. ur-
sprache noch nicht vor gekommen sein, da höchst warscheinlich
hier entweder der nasal noch nicht in der wurzel, sondern, dem
formprincip unserer sprache zu folge (vgl. einl. I, 2), nach der
selben stund, die an gefürten formen also noch etwa jug-nanti, jug-
natai lauteten, oder n u. m unverändert bliben, z. b. man-si u. a.
Vor casusendungen, die mit consonanten an lauten, fält n
als stammaußlaut der nomina hinweg, z. b. stamm nấman (no-
men) loc. plur. nấma-su für *nâman-su (*nâmaṁ-su). Solcher
wegfall von n findet auch in andern änlichen fällen statt.
2. Urspr. m = altind. m, z. b. wurz. man (cogitare), da-
von mán-as (mens) = μέν-ος; mâ-tár = mâ-ter; wurz. smar
(meminisse), vgl. lat. me-mor mit verlorenem s; wurz. vam, lat.
vom-ere, 3. sg. praes. vám-ati; in stamm- und wortbildungsele-
menten, so suffix man, z. b. nấ-man; m als zeichen des accu-
sativs, z. b. áçva-m = equo-m; -mi 1. sing. praes. plur. -masi,
-mas, z. b. ế-mi, plur. i-más, älter i-mási = εἶ-μι, ἴ-μεν u. s. f.
Die nasale n und m sind, wie die an gefürten beispile zei-
gen, im altindischen vilen veränderungen unterworfen, da sie
sich stäts nach der qualität des folgenden consonanten richten.
Demnach steht vor gutturalen momentanen lauten nur ṅ; vor
palatalen ñ, eben diser laut tritt unmittelbar nach ḱ und ǵ ein;
vor lingualen und nach bestimten lautgesetzen da, wo die lin-
gualen laute ś, r im worte vorauß gehen (auch wol one er-
sichtlichen grund), steht ń; n hat seine stelle vor dentalen und
vor vocalen; m vor labialen und vor vocalen (nur dise beiden
ursprünglichen nasale finden sich im wortanlaute); vor s und h
steht ṁ. Genaueres gehört in die altindische specialgrammatik.
rund l-laute.
r ist vilfach schon dem l gewichen, bisweilen hat die äl-
tere sprache noch r, wo die jüngere bereits l zeigt.
[152]Altindisch. Consonanten. r, l. Consonant. lautgesetze.
Altind. r = urspr. r, z. b. wurz. ram, 3. sg. praes. rám-
atê (delectari); wurz. riḱ (separare), 3. sg. praes. ri-ná-k-ti (mit
ein geschobenem na); wurz. ruḱ (lucere), 3. sg. praes. rốḱ-atê;
wurz. mar (mori), z. b. mr-tá-s part. praet. pass. (mortuus);
wurz. par (implere), 3. sg. praes. pí-par-ti; stamm krp (f. spe-
cies, pulchritudo) wurz. karp, vgl. corp-us, altbaktr. keref-s; in
suffixen z. b. rudh-i-rá-s = ἐϱυϑ-ϱός; suffix -tar, latein. -tor;
-tra-m, lat. tru-m u. a.
- Anm. Im außlaute wird r behandelt wie s; es wird am satzende
in ḥ gewandelt u, s. f., vgl. §. 126, 2.
Altind. l = urspr. r, z. b. lôk, 3. sg. praes. lốk-atê (videre),
one zweifel mit ruḱ (lucere) verwant, vgl. λευϰ-ός und λεύσσω
= *λευϰ-ϳω; wurz. lup (rumpere), 3. sg. praes. lumpáti, vgl.
lat. wurz. rup; wurz. kalp (bene se habere), 3. sg. praes. kálp-
atê, vgl. krp; wurz. lih, griech. λιχ, lat. lig, irisch lig, got. lig,
lit. liż, slaw. liz (lingere), aber im ältesten indisch noch rih.
Auch wo die verwanten sprachen kein r zeigen, ist doch ur-
sprüngliches r an zu nemen, da wir l immer mer zu nemen,
r aber ab nemen sehen; denken wir uns disen process in der
vorhistorischen zeit fortgesezt, so bleibt eben schließlich nur r
als das älteste übrig; vgl. das altbaktrische. Solche fälle sind
z. b. plu (natare), lat. plu, flu, griech. πλυ, slaw. lit. plu, dtsch.
flu (in flu-Ʒ, im dial. fleu-e, spüle wäsche), hier ist eben zufällig
überall das mit r so häufig wechselnde l ein getreten.
Andeutung einiger für die vergleichende gramma-
tik wichtigen lautgesetze (so weit sie nicht in den vor-
her gehenden paragraphen platz gefunden).
Zwischen der art und weise, wie die indogermanischen
laute in einer bestimten indogermanischen sprache zur erschei-
nung kommen (d. h. jenen wandlungen der ursprünglichen laute,
durch deren eintritt die oder jene bestimte sprache auß der
gemeinsamen grundsprache entstund, z. b. altind. vấḱ-am, gr.
ϝόπ-α, lat. vôc-em auß grundform vâk-am), und den verände-
rungen, welche die laute wärend des sonderlebens der so ent-
standenen sprachen erfaren, den lautgesetzen, läßt sich keine
[153]Altindisch. Consonantische lautgesetze. Inlaut.
scharfe grenze ziehen. Der unterschid von lautvertretungen
und lautgesetzen ist ein chronologischer und daher schwanken-
der, die bestimmung der epoche, in welcher eine lautverände-
rung ein trat, ist meist ser schwierig. Im vor ligenden werke
habe ich daher, auch um den stoff nicht alzuser zu zerreißen,
nicht selten die lautgesetze von den lautentsprechungen nicht
scharf geschiden; die lautgesetze gehören überdiß als dem son-
derleben der sprache eigen, nur in so weit hierher, als sie für
die erkentnis der älteren wortformen von bedeutung sind. Die
zalreichen gesetze, z. b. des altindischen, die nur beim zusam-
mentreffen der worte im satze ein treten, können hier, wo nur
das einzelne wort in betracht komt, meist übergangen werden.
Besonders in den schriftsprachen finden sich öfters formen
auß verschidenen perioden neben einander, z. b. altind. juk-
tá-s für *jug-ta-s, von wurzel juǵ (jungere), nach einer älteren
bildungsweise als iś-t́á-s für *ig-ta-s, *ik-ta-s, grundf. jag-ta-s
von wurz. jaǵ (sacrificare; s. o. §. 124, 1); hier ist das lautge-
setz, nach welchem ǵt́ zu śt́ wird, offenbar jünger, als die be-
warung der ursprünglichen verbindung gt, d. h. kt (vor t muß
natürlich k für g ein treten).
Im algemeinen ist das altindische ser reich an consonanti-
schen lautgesetzen; der consonantismus des selben ist also auch
in diser beziehung vilfach unursprünglich. Nicht nur im inlaute
der worte wirken die consonanten vilfach auf einander ein, son-
dern es besteht auch zwischen außlaut und anlaut der zu einem
satze verbundenen worte eine lautverändernde wirkung, die in
disem grade schwerlich der gesprochenen sprache zu zu schrei-
ben ist. Die darlegung letzterer lautgesetze gehört, wie ge-
sagt, großen teils in die altindische specialgrammatik.
1. Assimilation. Vor tönenden momentanen lauten ste-
hen nur tönende, vor stummen nur stumme consonanten, z. b.
stamm vâḱ (sermo), instr. plur. vâg-bhís; ju-ná-ǵ-mi 1. sing.
praes. zu wurz. juǵ (jungere) aber 2. sg. ju-ná-k-śi, 3. sg. ju-
ná-k-ti für *junag-si, junag-ti (vgl. §. 124, 1); ád-mi 1. sg. praes.
[154]Altindisch. Consonantische lautgesetze. Inlaut.
zu wurz. ad (edere) aber át-si 2. sg. praes., át-ti 3. sg. praes.
für *ad-si, *ad-ti; bhárad-bhis instr. plur. vom stamme bhárant
(ferens) für *bharat-bhis auß *bharant-bhis u. s. f.
Die durch assimilation hervor gerufenen wandlungen des s,
s. §. 126, 2, die der nasale §. 127, 1, 2.
Ein merkwürdiges beispil von dissimilation ist die wand-
lung eines s im außlaute von wurzeln vor den mit s an lauten-
den endungen des futurs und aorists in t z. b. wurz. vas, 3. sg.
fut. vat-sjáti, 3. sg. aor. á-vât-sît für *vas-sjati, *á-vâs-sît. Dop-
peltes s wird überhaupt meist gemiden, so z. b. ási, 2. sg. praes.
zu wurz. as (esse) für as-si = ἐσ-σί, vgl. §. 126, 2.
- Anm. Das s der wurzel vas (habitare, commorari) ist ursprüng-
lich und nicht etwa auß t entstanden, vgl. got. wurz. vas (ma-
nere), praes. vis-a = vas-âmi.
2. Die aspiraten stehen nur vor vocalen und tönenden
consonantischen dauerlauten, also auch nie im außlaute.
Häufig ist das zusammentreffen einer tönenden gutturalen,
dentalen oder labialen aspirata mit folgendem t (th). In disem
falle gibt die aspirata iren hauch an das folgende t ab, welches
seinerseits dem vorher gehenden laute dadurch änlicher wird,
daß es stimton an nimt; auß tönender aspirata + t wird also
tönender nicht aspirierter consonant + dh; demnach ist gh +
t = gdh, dh + t = ddh, bh + t = bdh, z. b. wurz. budh
(cognoscere, nosse) gesteigert bôdh + tum (endung des infini-
tivs) = bốddhum; wurz. labh (adipisci) + tum = lábdhum u.
s. f. h zeigt sich auch hier oft deutlich als gleich bedeutend
mit gh (vgl. §. 125, 1), z. b. wurz. duh (mulgere) mit ta, suffix
des part. praet. pass., bildet die form dugdhá-s, ferner dug-dhí
(2. sg. imp.) für *dugh-dhi, dốg-dhi für *dôgh-ti 3. sg. praes.,
sämtlich gebildet als laute die wurzel noch dugh; andre wurzeln
(deren anlaut nicht d ist) behandeln ir h auch anders, z. b.
ruh (crescere) + ta-s (part. perf. pass.) bildet rûd́hás; *lêh-ti,
*lêgh-ti, 3. sg. praes. von wurz. lih, d. i. ligh (lambere) wird
lếd́hi u. s. f., h + t, th, dh wird hier zu d́h mit denung
eines vorher gehenden kurzen vocales; diser lautwechsel ist
demnach offenbar mer secundär, jünger als die wandlung von
[155]Altindisch. Consonantische außlautsgesetze.
ht, d. i. ght in gdh. Die aspiration ist also hier überall auf
den folgenden laut gerükt.
Kann die aspiration des wurzelaußlautes nicht bleiben, z. b.
im außlaute oder vor s, und lautet die wurzel mit einem ur-
sprünglichen tönenden nicht aspirierten consonanten an, so
geht die aspiration auf disen über, z. b. stamm sarva-búdh; der
nom. sg. solte *sarva-budh-s lauten, s muß nach dem außlauts-
gesetze hinweg fallen, dh zu t werden, die aspiration geht
nun auf b über und das wort lautet sarva-bhút; eben so im
loc. plur. sarva-bhút-su auß *-budh-su; h wird auch hier wie gh
behandelt, z. b. 3. sg. aor. von wurz. duh lautet á-dhuk-śat
mit ś für s nach der regel (§. 126, 2) für *a-dugh-sat.
1. Im außlaute wird nur ein consonant geduldet, von me-
reren bleibt nur der erstere, z. b. stamm vâḱ (sermo, accus.
vấḱ-am) solte im nom. sg. vâḱ-s oder vilmer (nach §. 123, 1)
*vâk-s oder (nach §. 126, 2) vâk-ś lauten, wofür nun vâk
ein tritt. Da aspiraten doppellaute sind, so muß auch bei inen
der hauch hin weg fallen, also nicht z. b. sarva-búdh, sondern
sarva-bhúd mit verschobener aspiration (nach §. 130, 2), wofür
nach dem folgenden (s. 2) sarva-bhút mit t für d ein tritt.
Nur r + moment. conson. kann im außlaute stehen, ein fall,
der jedoch nur selten ein tritt; ferner steht vor folgendem ḱ,
t, t́ und ḱh, th, t́h die verbindung ṁs mit iren vertretern, z. b.
áçvân acc. plur. zu nom. sg. áçva-s (equus), grundf. ist *açvâns
oder *açvâms, daher noch z. b. açvâṁs tatra (equos ibi); çrî́-
mân (felix) nom. sing. masc., grundf. *çrî-mant-s, daher z. b.
noch çrîmâṁç ḱarati (felix it, ç für s nach §. 126, 2,); ấsan 3.
plur. imperf. von wurz. as (esse) auß *âsant, âsans, t ist näm-
lich nicht selten der wandlung in s unterworfen, wie in den
stämmen auf -ant, die mit formen auf -ans wechseln, ferner in
der endung der 3. plur. -us für -ant, daher z. b. âsaṁs tatra
(erant ibi) für ursprüngliches *âsant tatra. In jeder andern
verbindung bleibt aber bloß n nach der algemeinen regel.
2. Nur stumme momentane consonanten können im auß-
[156]Altbaktrisch. Consonanten.
laute (wenn kein auf sie bestimmend ein wirkender heller laut
folgt; in pausa) stehen, die tönenden treten daher in die stum-
men irer qualität über, daher für sarva-búdh nicht sarva-bhúd
(s. 1), sondern sarva-bhút. h (d. i. gh) wird auß lautend zu
t́, das ältere k (für g, gh) hat sich nur bei wurzeln erhalten,
welche mit d an lauten, z. b. auß lih (lambens) wird im nomi-
nativ (grundf. ligh-s) lit́ (lid́ vor tönenden lauten), auß duh
(mulgens) aber dhuk (dhug).
- Anm. Daß die palatalen im außlaute nicht stehen, ward §. 22 am
schluße bereits bemerkt.
Consonanten des altbaktrischen.
Auf den ersten blick (vgl. §. 16) fält im altbaktrischen auf
die fülle der spiranten, von denen jedoch alle außer j, v, s
unursprünglich sind. Die palatalen besizt auch dise sprache,
wie das altindische, dessen consonantismus dem des altbaktri-
schen überhaupt am nächsten steht. Nur felen hier natürlich
die im altindischen durch den einfluß der südindischen spra-
chen bedingten lingualen.
Von den momentanen nicht aspirierten stumlauten ist ḱ
und ǵ wie im altindischen = k, g; ṭ ist eine fast nur auf den
außlaut beschränkte modification des t.
Das altbaktrische ersezt die ursprüngl. aspiraten durch die
nicht aspirierten tönenden consonanten. Die stummen und tö-
nenden momentanen laute werden vor consonantischen dauer-
lauten, auch zwischen vocalen aspiriert, k zu kh, t zu th, p
aber zu spirans f (eine aspirata ph felt) g zu gh, d zu dh, b
bleibt, oder wird w. Im bezug auf die aspiratae steht also das
altbaktrische zum keltischen und nordischen, im gegensatze zu
altindisch, griechisch, lateinisch.
Von den spiranten ist qh (sprich wie unser ch in ‘sache’)
= urspr. sv (eins der characteristischen merkmale der erani-
schen sprachfamilie), auch = urspr. s; h und ṅh = urspr. s;
ç wie im altind. = urspr. k, aber auch oft = urspr. s; ś =
urspr. s; ź und das häufigere z sind = urspr. gh, besonders
[157]Altbaktrisch. Consonanten. k, kh, ḱ.
oft stehen sie altindischem h gegenüber, auch entsprechen sie
urspr. g, besonders häufig dann, wenn das altind. ǵ zeigt, oder
sie sind lautgesezliche vertreter von urspr. s, also von altbak-
trischen s, ç, ś.
f ist wandlung von p vor den aspirierenden dauerlauten,
w lautgesezlicher vertreter (villeicht nur graphisch verschiden)
von v, auch bisweilen erweichung von labialen momentanen lau-
ten, namentlich von bh.
l ist neben r noch nicht vorhanden.
Die lantgesetze des inlautes sind im obigen teilweise
berürt, so das ein treten der aspiration vor gewissen lauten;
das altbaktrische hat deren zimlich zalreiche. Characteristisch
für das eranische im gegensatze zu dem so nahe verwanten
altindischen ist die wandlung der dentalen vor dentalen in den
dentalen spiranten (wärend im altindischen beide momentane
laute bleiben).
Der außlaut hat vil weniger gesetze als im altindischen,
da die worte eines satzes nicht mit einander verschmolzen wer-
den; in der schrift werden alle worte durch einen punct von
einander getrent, ja sogar bisweilen ein wort auf dise art in
teile zerlegt.
Ursprüngl. momentane stumme nicht aspirierte§. 133.
consonanten.
1. Urspr. k = altbaktr. k, kh, ḱ, ç, p.
Altbaktr. k = urspr. k, z. b. kaç (quis) = urspr. ka-s;
wurz. kar (facere), z. b. 1. sg. praes. kere-nao-mi, d. i. kar-
nau-mi; keref-s acc. kerep-em (msc.), vgl. corp-us u. s. f.
Altbaktr. kh = urspr. k vor den consonantischen dauer-
lauten j, ç, ś, v, r, n, m, z. b. stamm altbaktr. ukhśan = alt-
ind. ukś án (taurus); wurz. khrudh = altind. krudh (irasci)
u. a.; auch vor t in stamm ukhta = altind. uktá grundf. vak-ta
part. perf. pass. von wurz. urspr. vak, altbaktr. vaḱ (loqui).
Altbaktr. ḱ = urspr. k; wie im altindischen stehen die
palatalen nur vor vocalen und v, j, z. b. ḱa = altind. ḱa
(que); ḱi-s, ḱi-ṭ = qui-s, qui-d; wurz. vaḱ (z. b. 3. sg. perf.
[158]Altbaktr. conson. ç, p = urspr. k; t, th.
vavaḱa) grundf. vak; paḱ-aiti grundf. kak-ati 3. sg. praes. zu
wurz. paḱ (coquere) = urspr. kak u. s. f.
Altbaktr. ç = urspr. k, z. b. çate-m, vgl. centu-m (ἑ-ϰατόν);
çaê-tê = altind. çế-tê, ϰεῖ-ται grundf. kai-tai; wurz. çru = alt-
ind. çru grundf. kru (χλύ-ειν), z. b. part. perf. pass. çrû-ta-ç,
d. i. ϰλυ-τός grundf. kru-ta-s; açpaç = altind. áç-va-s urspr.
akva-s (equus) u. a.
- Anm. 1. Die zwei ç des altbaktrischen sind also scharf zu schei-
den, ç = urspr. k und ç = urspr. s; ç = urspr. k steht vor
vocalen und tönenden consonantischen dauerlauten, ç = urspr.
s aber nie, denn für urspr. s vor vocalen tritt h, ṅh, ś ein. - Anm. 2. In ǵaç, z. b. 3. sg. praes. ǵaç-aiti = altind. gáḱḱh-
ati = urspr. ga-sk-ati ist ç = urspr. sk; eben so in wurzel
pereç, z. b. 2. sg. praes, pereç-ahi = altind. prḱh-ási grundf.
prask-asi, vgl. poscis auß *porsc-is.
Altbaktr. p = urspr. k. Diser fall ist selten, wie auch
im altindischen, z. b. wurz. paḱ = altind. paḱ grundf. kak,
vgl. lat. coq-uere; panḱan = altind. páñḱan grundf. kankan,
vgl. lat. quinque; stamm ap, nom. sg. âfs, acc. sg. âp-em gen.
apaç-ḱa (mit -ḱa que) = altind. stamm ap, z. b. nom. plur.
âp-as, vgl. lat. aqua, got. ahva = *akvâ (flumen), wodurch die
ursprünglichkeit des k in der wurzel dises wortes erwisen ist
(vgl. altind. aç = urspr. ak in áç-va-s equos, âç-ú-s celer).
2. Urspr. t = altbaktr. t, th, t.
Altbaktr. t = urspr. t, z. b. wurz. ta (demonstr.) in ta-ṭ,
te-m = altind. u. urspr. ta-t (nom. acc. ntr.), ta-m (acc.sg. msc.);
tûm = altind. tvam (tu); wurz. pat (cadere, volare) = altind.
u. urspr. pat; wurz. çta = altind. stha urspr. sta (stare) u. a.
Altbaktr. th entspricht urspr. t vor den aspirierenden con-
sonanten, z. b. thri (nom. neutr.) thrib-jô (dat.; tria, tribus),
stamm urspr. und im altind., griech., latein. u. s. f. tri; thwa͂m
= altind. tvâm (te; acc. sg. pron. pers. II); dâthrô gen. sg. zu
stamm dâtar (dator); puthra-ç = altind. putra-s (filius); pathnî
= altind. pátnî, griech. πότνια (domina, uxor) u. s. f. Wie im
altindischen, so zeigt sich auch im altbaktrischen th für urspr.
t, bisweilen one ersichtliche lautliche veranlaßung, z. b. perethu-s
= altind. prthú-s (magnus, amplus) aber peretu-s (fem. pons) u. a.
[159]Altbaktrisch. Consonanten. ṭ; p, f.
In manchen fällen tritt auch dh als aspiration von urspr.
t auf, z. b. in nafedhrô gen. sg. (nepos, umbilicus) vom stamme
naptar, wofür man *nafthrô erwartet hätte; in stamm ukhdha
für uk-ta grundf. vak-ta part. praet. pass. zu wurz. vaḱ (dicere
loqui) und in einigen andern beispilen ist khdh = kt; auch in
stamm dughdhar (filia) ist ght die ursprüngliche verbindung, vgl.
altind. stamm duhi-tár, altbulg. stamm dŭšter, d. i. dŭg-ter u.
s. f. (suffix ist tar). Wir haben in disem dh villeicht nur eine
graphische variante von th (= t) zu sehen.
Altbaktr. ṭ = urspr. t im außlaute, z. b. ta-ṭ = altind. u.
urspr. ta-t, lat. (is-)tud; qhjâ-ṭ = altind. sjâ-t, siê-t urspr. as-
jâ-t (3. sg. opt. praes. zu wurz. as esse) und so in allen fällen,
in denen t auß lautet.
An lautend findet sich ṭ nur in zwei fällen, in stamm ṭkaêśa
(praeceptum, lex, religio; das wort ist dunkel und mit altind.
çikś, çikśâ wol nicht zusammen zu stellen); stamm ṭbaêśa =
altind. dvêśa (odium) wurz. dviś; von der selben wurzel findet
sich das part. praet. pass. mit a privat. a-dhbis-ta aber auch
a-ṭbis-ta (non odiosus), ṭbis ist also = dvis, ṭ also hier =
urspr. d, das in di-dhvaêśa 3. sg. perf. act. = *di-dvaếsa (d
zwischen vocalen und v wird zu dh aspiriert) vor ligt.
3. Urspr. p = altbaktr. p, f.
Altbaktr. p = urspr. p, z. b. pa-itis = altind. u. urspr.
pá-ti-s (msc. dominus); pi-ta(rs) = altind. pitấ, lat. pa-ter von
wurz. pa (tueri, servare; z. b. 2. sing. praes. med. ni-pâonhê,
grundf. *pâ-sai tu conserves); paçu-s (masc., pecus) = altind.
paçú-s, vgl. deutsch fihu (neutr.), lat. pecu; wurz. pat (volare,
cadere, ire) = altind. u. urspr. pat, griech. πετ; wurz. tap =
altind. u. urspr. tap (urere), vgl. tep-idus, slaw. tep-lŭ calidus)
u. s. f.
Altbaktr. f = urspr. p; z. b. stamm qhafna msc. = altind.
u. urspr. sváp-na (somnus); taf-nu (urens) von wurz. tap; keref-s
nom. sing. zu stamm kerep (corpus); nafedhrô = *nafthrô
grundf. nap-tras (s. o. unter th) von stamm *nap-tar (nepos);
fra (praep.) = altind. pra; wurz. fri (mit â benedicere; â-frî-
nâmi benedico) = altind. wurz. pri (prî-ńấ-mi exhilaro) u. a.
[160]Altbaktrisch. consonanten. g, gh, ǵ, ź, z.
Ursprüngl. momentane tönende nicht aspirierte
consonanten.
1. Urspr. g = altbaktr. g, gh, ǵ, ź, z.
Altbaktr. g = urspr. g, z. b. gairi-s = altind. girí-s grundf.
*gari-s, vgl. slaw. gor-a (mons) wurz. gar; stamm gara (celui
qui dévore ou avale, gosier) zu wurzel gar, altind. gar (ava-
ler); stamm gao, gav (taurus, terra), altind. gô, gav (bos) u. a.
Altbaktr. gh = urspr. g vor den aspirierenden consonan-
ten, z. b. ǵa-ghm-uśi für ǵa-gmuśî (nom. sg. fem. part. praet.
activi) zu wurz. gam (ire), seltner im anlaute, z. b. ghena, ghnâ
neben gena, gnâ, altind. ved. gnâ (mulier), vgl. γυνή, altbulg.
żena u. a.
Altbaktr. ǵ = urspr. g in der reduplication, wie im alt-
indischen, wie das eben an gefürte ǵa-ghm-uśî zeigt; ferner in
ǵacaiti = altind. gáḱḱhati grundf. ga-skati, ga-ska ist prae-
sensstamm von wurzel ursprünglich ga (ire); dise wurzel wird
weiter gebildet und lautet nun altind. gam, altbaktr. ǵam, z. b.
ǵam-jâṭ 3. sg. act. optat. aoristi grundf. gam-jâ-t; wurz. ǵad
= altind. u. urspr. gad (dicere loqui); in disen fällen bewart
also das altindische den ursprüngl. guttural.
Altbaktr. ź = urspr. g, z. b. źanu = altind. ǵấnu (ge-
nu); wurz. źna = altind. ǵña (scire), davon z. b. źnâ-tâ (le
connaisseur, le savant), grundform der wurzel ist gan, um ge-
stelt gna (vgl. z. b. lat. gnô-sco). Dem altbaktrischen ź scheint
also altindisch ǵ zur seite zu stehen.
Altbaktr. z = urspr. g; auch diß findet sich vorzüglich
dann, wenn im altindischen das ursprüngl. g in ǵ über getre-
ten ist, so z. b. wurz. za, zan (gignere, nasci) = altind. ǵa,
ǵan urspr. ga, gan, vgl. griech. γεν, lat. gen u. s. f.; davon
stamm zâ-ta = altind. ǵâ-ta part. praet. pass. (natus); wurz.
jaz = altind. jaǵ (deos colere, sacrificare); baêśaze-m = altind.
bhêśaǵa-m (medicamentum); wurz. verez = altind. vrǵ = gr.
ϝεϱγ urspr. varg (agere, facere); stamm zem (terra) = altind.
ǵam, z. b. gen. sg. zem-aç = altind. ǵm-as (mit geschwunde-
nem a der wurzel), vgl. lit. żémė, altbulg. zemlja (terra) grundf.
[161]Altbaktrisch. Consonanten. d, dh; b; g, gh, z.
der lit. und slaw. form gamjâ; das griech. χαμα in χαμᾶζε,
χαμα-ί weist jedoch auf aspirierten anlaut hin.
2. Urspr. d = altbaktr. d, dh (th).
Altbaktr. d = urspr. d, z. b. daêva-ç (mauvais génie) =
altind. dêvá-s, lit. dë́va-s (deus) grundf. daiva-s; daçan = alt-
ind. dáçan, δέϰα, decem; wurz. da, altind. u. urspr. da (dare);
wurz. diç (docere, monstrare) = altind. diç, griech. διϰ, lat. dic,
got. tih, urspr. dik; dus (der außlaut richtet sich nach dem
folgenden laute) = altind. dus, griech. δυς- (male); dva = alt-
ind. dvâ, dvâu, griech. δύω, lat. duo u. a.
Altbaktr. dh = urspr. d, besonders, doch one feste regel,
zwischen vocalen und vor aspirierenden consonanten, z. b. da-
dha͂m 1. sg. imperf. wurz. da (dare) = altind. á-da-dâm, gr.
ἐ[-]δί-δων; stamm vidhvans, z. b. nom. sg. msc. vîdhvâo (sapiens,
gnarus) = altind. vidvấn, part. praet. act. zu wurz. vid (videre,
scire) u. a.
Auch th, als variante von dh, findet sich für urspr. d, z. b.
vithuśê dat. sg. masc. neutr. vom stamme vidvans (gnarus) =
altind. vidúśê.
3. Altbaktr. b = altind. b; stamm bâzu = altind. bâhú
(brachium); wurz. bud, budh = altind. budh (videre, expergisci);
wurz. band = altind. bandh (ligare, vincire), davon stamm
baçta = altind. baddhá für *badhta (part. praet. pass.).
Ursprüngl. momentane tönende aspirierte con-§. 135.
sonanten.
1. Urspr. gh = altbaktr, g, gh; z, ź.
Altbaktr. g = urspr. gh, z. b. stamm garema = altind.
gharmá (calor, aestas).
Altbaktr. gh = urspr. gh; stamm gharema neben garema
= altind. gharmá; wurz. gar, ghar = altind. har (sumere),
griech. χεϱ (χείϱ, εὐ-χεϱ-ής) in â-ghair-jâṭ für *ghar-jâ-ṭ, 3.
sg. optativ.
Altbaktr. z = urspr. gh, besonders oft dann, wenn im alt-
ind. gh durch h ersezt wird, z. b. wurz. zan = altind. han auß
ghan (ferire, interficere), z. b. zainti = altind. hán-ti; stamm
zima (hiemps, frigus) = altind. hima (msc. nix), vgl. gr. χεῖμα,
Schleicher, vgl. gramm. d. indog. spr. 11
[162]Altbaktrisch. Consonanten. ź; d, dh, th; b, w.
χιών, lat. hiemps; azem = altind. ahám für agham (ἐγώ, got.
ik haben jedoch g, nicht gh); bâzu-s = altind. bâhú-s, griech.
πῆχυ-ς; wurz. miz in stamm maêçman (ntr.; urina) für *maêz-
man = altind. mih, z. b. in mêha-s (urina), mêgha-s (nubes),
griech. μιχ in ὀ-μιχ-έω, ὀ-μίχ-λη u. s. f.
Altbaktr. ź = urspr. gh erscheint fast nur als variante
von z, z. b. źainti = zainti, altind. hán-ti; stamm źa-ta =
altind. ha-tá, part. praet. pass. der wurz. urspr. ghan (ferire);
aźi-s neben azi-s = altind. áhi-s für *aghi-s, griech. ἔχι-ς.
2. Urspr. dh = altbaktr. d, dh, th.
Altbaktr. d = urspr. dh; wurz. da (ponere, creare) = dha,
griech. ϑε, deutsch da, z. b. 2. sg. opt. dôis (que tu poses),
stamm dâta (positus, creatus); wurz. dar (dere; portare, tenere)
= altind. dhar.
Altbaktr. dh = urspr. dh; wurz. dha neben da (ponere,
creare), z. b. ni-dhâiti (il depose); stamm jaodha (pugnator) zu
wurz. judh = altind. judh u. a.
Auch hier ist dh nur lautgesezliche veränderung von d; in
den an gefürten beispilen ist die aspiration durch die stellung
zwischen zwei vocalen bedingt.
th als nebenform von dh, z. b. in wurzel dath = dadh,
durch reduplication gebildet auß dha (ponere, creare), z. b. 3.
plur. opt. praes. ni-daithja͂n (deponant).
3. Urspr. bh = altbaktr. b, w.
Altbaktr. b = urspr. bh, z. b. bavaiti = altind. bhávati,
wurz. bu, altind. und urspr. bhu, griech. φυ; baraiti = altind.
bharati, wurz. bar, altind. und urspr. bhar, griech. φεϱ; stamm
brâtar, z. b. acc. sg. brâtar-em = altind. bhrâtar, lat. frater
u. s. f.; suffix des dat. plur. -bjô, -bjaç, des instrum. plur. -bis,
bîs = altind. -bhjas, -bhis, griech. -φι, -φιν u. a.
Altbaktr. w = urspr. bh, z. b. garewa = altind. gárbha
(foetus, proles); aiwi (sur, au dessus) = altind. abhí; altbaktr.
w scheint demnach durch eine allerdings nicht regelmäßig ein
tretende aspiration auß b, bh hervor gegangen zu sein, und
sich somit zu b in änlicher weise zu verhalten, wie die aspi-
rierten consonanten zu den nicht aspirierten.
[163]Altbaktrisch. Consonanten. j; s, ç.
Ursprüngliche spiranten.
1. Urspr. j = altbaktr. j, z. b. wurz. ja (pron. relat.),
altind. u. grundf. ja, z. b. ntr. sg. jaṭ = altind. u. urspr. jat;
wurz. jaz (sacrificare, deos colere) = altind. jaǵ; wurz. ja, alt-
ind. u. urspr. ja (ire); -bjô, -bjaç, suffix des dat. plur., altind.
-bhjas u. s. f.
- Anm. 1. In jûźem = altind. jûjám (vos, nom. plur. pron. II.
pers.) scheint ź für j zu stehen. - Anm. 2. j wird in altbaktrischer schrift durch zwei zeichen ge-
geben, nämlich im anlaute durch ein anderes als im inlaute.
Dise unterscheidung ist gewis nur graphisch; vgl. v.
2. Urspr. s = altbaktr. s, ç, ś, h, ṅh; sv = altbaktr. qh.
- Anm. Zwischen s und ś, besonders aber zwischen s und ç schwankt
vilfach die schreibung; s steht im außlaute, häufig aber auch im
inlaute, vor k ist s regel; ç ist anlautend, aber auch inlautend
vor consonanten, vor t, n ist nach a das ç regel, nicht so häu-
fig findet es sich nach andern vocalen; vor -ḱa und -ḱiṭ muß
stäts ç stehen. Der unterschid von s und ç scheint nur gra-
phisch zu sein; man fieng an beide laute zu mischen, nachdem
ç seinen ursprünglichen laut (als palataler stummer spirant) ver-
loren, und dem s änlich oder (wie im slawischen) gleich gewor-
den war. Doch findet sich nicht s für ç = urspr. k.
Altbaktr. s = urspr. s, vor allem im außlaute nach con-
sonanten und anderen vocalen als a, â, z. b. âf-s (aqua) nom.
sg. vom stamme ap; drukh-s (trux, torvus; als fem. nom. propr.)
nom. sg. vom stamme druǵ; paiti-s, altind. u. grundf. páti-s (do-
minus); paçeus gen. sg. zu paçu-s (bestia, pecus) grundf. pakaus
u. s. f.; inlautend nach kh (wo auch ś stehen kann), z. b.
khsathra (khśathra; neutr. imperium, msc. rex) altind. kśatrá
(n. imperium, principes, milites); vor t, meist nach andern vo-
calen als a (nach welchem ç beliebter ist), z. b. histâ-mi grundf.
sistâmi (sto); superlativendung -ista, z. b. stamm mazista (maxi-
mus) grundf. maghista; an lautend nur vor k in wenigen, nicht
völlig klaren worten, wie z. b. stamm skjaothna (neutr. actio).
Altbaktr. ç = urspr. s vor consonanten t, n, ḱ, z. b. aç-ti
= altind. u. urspr. ás-ti (ἐσ-τί est); stamm çtâ-ta, part. praet.
pass., çtâ-ne-m (locus, situs) = altind. sthâ-na-m, wurz. sta
(stare); wurz. çtar (sternere), altind. u. urspr. star; wurz. çtu =
11*
[164]Altbaktrisch. Consonanten. ś (ś = urspr. ks, sk).
altind. und urspr. stu (laudare); stamm baç-ta für bas-ta, part.
perf. pass. von der wurzel band, bad (ligare, vincire); stamm
vîç-ta für vis-ta, part. perf. pass. von der wurz. vid (reperire),
in disen beiden beispilen ist s auß d entstanden, s. u.; çnâ-iti
= altind. snấti (lavatur). Vor -ḱa (-que) -ḱit (particula en-
clitica zur aufhebung der interrogativen function der pronomina)
steht stäts ç = urspr. s, z. b. kaç-ḱiṭ (quicunque), kaç-ḱa (et
quis) u. s. f.
Altbaktr. ś = urspr. s wie im altindischen, also vor allem
zwischen vocalen, deren erster nicht a, â ist, z. b. aêśô = alt-
ind. êśás grundf. ai-sa-s (hic; das pronomen ist zusammen ge-
sezt auß den stämmen ai auß i gesteigert, und sa, beide
demonstrativer function); vîduśê, altind. vidúśê dat. sing. des
stammes vid-vans (part. perf. activi zu wurz. vid scire), also
für vid-vans-ai, worauß durch schwund des a und außfall des
n des suffixes -vans zunächst *vid-us-ai ward; ś steht auch nach
kh, d. i. k (wo auch s stehen kann), z. b. stamm khśaja (msc.
rex) von wurz. khsi (dominare); stamm khśathra (ntr. imperium,
msc. miles), stamm khśnaothra (ntr. les prières) u. s. f.
Bisweilen ist von der lautverbindung khś = ks nur ś ge-
bliben (k hat sich dem folgenden laute assimiliert; ein entspre-
chender vorgang findet im slawischen statt, s. u. das altbulg.),
z. b. śôithra (regio, urbs = altind. kśếtra (neutr. ager, fun-
dus); śiti (la terre, habitation) = altind. kśití (femin. dass.);
śama (terra) = altind. kśamấ (dass.); daśina (adj. dexter) =
altind. dákśińa (dass.); aśi (oculus), altind. ákśi (ntr. dass.)
u. a. Fast nur in disem falle findet sich ś im anlaute, außer-
dem ist es im anfange der worte ser selten, z. b. in einigen
formen der wurzel su (produire), wie śava 2. sing. imperat.,
śâvajôiṭ 3. sg. optat. praes. verbi causativi.
Auch von der ursprünglichen lautverbindung sk, altind. ḱh
(s. o. §. 123, 1) ist bisweilen nur ś übrig gebliben, z. b. aśa (fem.
sainteté, pureté), vgl. altind. aḱḱha (adject. limpidus, purus);
kaśa (rivage, bord d’un fleuve) = altind. kaḱḱha (masc. ntr.
ripa, campi uliginosi); vgl. sjaothna (ntr. actio) neben skjaothna.
Altbaktr. h = urspr. s, anlautend und inlautend vor voca-
[165]Altbaktr. Consonanten. h, qh = urspr. s, ṅh.
len, m, v, j, z. b. henti = altind. sánti urspr. as-anti 3. plur.
praes. zu wurzel as (esse); haptan = altind. u. urspr. saptán
(septem); histâmi grundf. si-stâ-mi, vgl. ἵ-στη-μι, urspr. sta-stâ-
mi, 1. sg. praes. zu wurz. sta (stare); hu = altind. su, griech.
εὐ- auß *ἐσυ urspr. as-u (bene) von wurz. as (esse); wurz. hu
(extraire un suc par la pression, laudare, celebrare) = altind.
u. urspr. su u. s. f. Inlautend z. b. in ahi = altind. ási urspr.
as-si, 2. sg. praes. zu wurz. as (esse); stamm ahura = altind.
ásura (vivus, animus) von ásu (vitae spiritus) und diß von wurz.
as (esse); -ahê = altind. u. urspr. -asja, genit. sg. msc. neutr.
der stämme auf a u. s. f. Vor m in hmahi = altind. smási
urspr. as-masi, 1. plur. praes. zu wurz. as (esse); ahmâi = alt-
ind. asmấi dat. sg. vom pronominalstamme a (demonstrat.), er-
weitert a-sma. Nach anderen vocalen als a bleibt s, z. b. wurz.
mar für smar (meminisse, s. u.) aber paiti-smar (commémorer,
invoquer) dass. mit praep. paiti. Vor v, z. b. in hvare (sol) =
altind. u. urspr. svar (ntr. coelum, lux); pronominalstamm hva
= altind. sva (suus). Vor j, z. b. im pronominalstamme hja =
altind. u. urspr. sja (demonstr.), z. b. ntr. sg. hjaṭ.
Bisweilen schwindet diß h, so vor allem bei an lautendem
hm, z. b. mahi für hmahi auß smási urspr. as-masi (sumus);
wurz. mar (se rappeller) = altind. u. urspr. smar, z. b. ma-
renti = altind. smáranti, 3. pl. praes. (auch fra-mar mit prae-
position fra = pra findet sich one h); es findet sich diser
außfall des h auch sonst z. b. in hvaê, variante zu hvahê =
sva-sja, gen. sg. des pronominalstammes sva.
Auch der stärkere spirant qh findet sich für urspr. s, z. b.
qhjâo, qhjâṭ = altind. sjâs, sjât, lat. siês, siêt, urspr. as-jâ-s,
as-jâ-t, 2. 3. sg. optat. praes. zu wurz. as (esse); so, dialectisch,
auch im gen. sg. masc. neutr. der a-stämme, z. b. çpenta-qhjâ
(stamm çpenta sanctus) für das gewönliche çpenta-hê, grundf. der
endung ist -sja (s. o.).
Altbaktr. ṅh = urspr. s, und zwar ist ṅh regel zwischen
a und einem andern vocale der nicht i ist; vor i steht h, z. b.
manaṅh-a = altind. mánas-â, instr. sg. von stamm urspr. manas,
altind. mánas (neutr. mens), d. loc. sg. lautet aber manah-i =
[166]Altbaktr. Consonanten. qh = urspr. sv; ṅuh = sv.
altind. mánas-i; wurz. herez = altind. sarǵ (emittere, creare),
mit praepos. upa aber upa-ṅherez; wurzel huś (siccare), aber
a-ṅhaoś-emna, part. praes. medii mit a privat. (qui ne dessèche
pas); vaṅhu-s (bonus, sanctus) = vasu-s, vaṅhav-ê dat. sg. des
selben; aṅh-aṭ, aṅh-en grundf. as-at, as-ant, 3. sg. plur. imperf.
zu wurz. as (esse); aoṅh-a = altind. ấsa, 1. 3. sing. perf. der
selben wurzel; maoṅh-em = altind. mấs-am acc. sg. zu stamm
mâs (luna, mensis), â wird also in disem falle zu âo getrübt
u. s. f.
Auch vor r findet sich ṅh, von welchem ṅ wol nur gra-
phisch verschiden ist, z. b. hazaṅhra oder hazaṅra = altind.
sahásra (neutr. mille).
- Anm. ṅ wird in altbaktrischer schrift durch zwei zeichen gegeben,
von denen das eine nach â, âo, das andre nach nach i, ê steht.
Urspr. sv = altbaktr. qh; s ist hier ebenfals durch den
stärkeren spiranten qh vertreten, v aber auß gefallen, z. b.
stamm qha, altind. u. urspr. sva (suus, proprius); stamm qhafna,
altind. u. urspr. svap-na (somnus); stamm qhaṅhar, altind. svasar
(soror); haraqhaiti = altind. sarasvatî, stamm saras mit suffix
-vant, fem. -vatî (aqua praedita; nom. propr. fluminis et regionis,
Ἀϱαχωσία) u. a. Daß im persischen (westeranischen) das v
neben dem kelspiranten lange hörbar blib, zeigt die schreibung
des neupersischen, z. b. chvâb (somnus), vgl. altbaktr. qhafna;
chvâr-den (comedere, bibere) wurz. altbaktr. qhar grundf. svar
u. a. Jezt wird im neupersischen das v nach dem ch auch
nicht mer auß gesprochen, so daß die beispilsweise an gefür-
ten worte châb, chârden lauten. Im altpersischen wird dagegen
ursprüngliches sva durch uva auch huva gegeben, was dem im
altbaktrischen seltneren hva, nicht aber dem qha = urspr. sva
sich an schließt, z. b. uvârazmija (nom. propr.; regio pabuli),
neupers. chvârezm spr. chârezm, von wurz. altbaktr. qhar urspr.
svar (edere); stamm huva = altbaktr. hva und qha, altind. sva
(suus); harauvati = altbaktr. haraqhaiti, s. o.
Auch ṅuh vertritt urspr. sv, das in disem falle wol zu-
nächst in ṅhv über gieng, auß welchem dann durch umstellung
(villeicht durch ṅuhv vermittelt) ṅuh ward (fals nicht etwa ṅuh
[167]Albaktr. Conson. v, w; b = urspr. v; p = urspr. v.
nur graphisch für ṅhu zu faßen ist), z. b. qharenti, 3. pl. praes.
zu wurzel qhar = svar (edere) aber fra-ṅuharenti, die selbe
form mit praeposition fra; vaṅuhî = *vasvî, femin. zu vaṅhu-s
(bonus) = vasu-s; endung der 2. imper. medii ṅuha = altind.
sva, z. b. pereçaṅuha (interroga) = altind. *prḱḱhásva u. a.
- Anm. Über auß lautendes as, das nur vor -ḱa, -ḱiṭ als aç bleibt,
sonst aber zu ô wird, so wie über auß lautendes âs, das vor
den genanten partikeln âoç, außerdem aber âo wird, s. unten
das außlautsgesetz §. 140, 2.
3. Urspr. v = altbaktr. v, w; b, p.
Altbaktr. v = urspr. v, z. b. wurz. vaḱ (loqui, dicere), 3.
sg. perf. vavaḱa, altind. vaḱ, lat. voc; wurz. vaz urspr. vagh
(vehere), 1. sg. praes. vazâmi = altind. váhâmi, lat. veho; wurz.
vid urspr. und altind. vid, 3. sg. perf. vaêda = altind. vếda,
griech. ϝοῖδα, got. vait, urspr. vivaida; stamm nava (novus),
altind. und urspr. nâva; suffix -vans, altind. -vaṁs auß -vant,
z. b. vîdhvâoṅh-em = altind. vidvấṁs-am, acc. sing. zu stamm
vid-vaṁs auß vid-vant (sciens, gnarus, sapiens); suffix des loc.
plur. -śva, -hva urspr. -sva (altind. -su) u. a.
- Anm. v wird in altbaktrischer schrift durch zwei zeichen gegeben,
nämlich im anlaute durch ein anderes, als im inlaute (vgl. j).
Warscheinlich ist auch w von v nur graphisch verschiden.
Altbaktr. w = urspr. v; diß w findet sich besonders häu-
fig nach th, z. b. thwa͂m = altind. tvâm, acc. sg. pron. II. pers.,
stamm tu, tva; rathw-ê, rathw-ô dat. u. gen. sing. zu stamm
ratu, nom. sg. ratu-s (maître, chef) u. a.
Altbaktr. b = urspr. v findet sich nach ṭ auß d in der
wurzel ṭbiś neben dviś = altind. dviś (odisse); nach z, z. b.
in zbajêmi = altind. hvájâmi (invoco), wurz. hva; das vorher
gehende d ist ab gefallen in bis für altind. u. urspr. dvis, vgl.
das gleich bedeutende latein. bis, griech. δίς; bi-tja für *dvi-tja
(secundus), vgl altind. dvitî́ja für *dvi-tja.
Altbaktr. p = urspr. v nach ç, z. b. stamm açpa, altind.
áçva urspr. akva (equus); stamm çpan, altind. çvan urspr. kvan
(canis), z. b. acc. sg. çpân-em = altind. çvấn-am u. a.
[168]Altbaktr. Consonanten. n, a͂, m; r.
Nasale.
Urspr. n = altbaktr. n, z. b. naçu-s (cadaver), gr. νέϰυ-ς
urspr. naku-s; stamm nava (novus) urspr. nava; stamm nâman
(nomen) urspr. gnâ-man; wurz. źna um gestelt auß *źan urspr.
gan (scire), wie altind. ǵña, gr. γνο, lat. gno; stamm pere-na
grundf. par-na; endung -nti der. 3. plur. verbi urspr. u. altind.
-nti, gr. -ντι u. s. f.
- Anm. n wird in altbaktrischer schrift durch zwei zeichen gege-
ben, von denen das eine im anlaute, inlautend vor vocalen, j, v,
m und im außlaute, das andre aber vor andern consonanten ge-
braucht wird.
Nach a wird vor th und den spiranten h, ç (f) der nasal
zu einem nasalen nachklange verflüchtigt; das mit disem nach-
klange versehene a wird in altbaktrischer schrift durch ein be-
sonderes zeichen auß gedrükt, welches wir mit a͂ umschreiben,
z. b. stamm ma͂-thra (msc. parole) = altind. man-tra (msc. preces,
hymnus) wurz. man (cogitare); za͂-hjamana, stamm des part. fut.
pass. der wurzel zan (gignere) = urspr. gan, grundf. also gan-
sja-mana; a͂ç z. b. in bar-a͂ç für *bar-ants grundf. bhar-ants,
nom. sg. msc. part. praes. activi (wurz. bhar (ferre) u. a.
- Anm. Über a͂ = urspr. â, s. oben §. 27, 7.
Urspr. m = altbaktr. m, z. b. wurz. man (cogitare), alt-
ind. u. urspr. man, davon stamm manas (mens) nom. sg. manô,
dat. manaṅhê = manas-ai u. s. f.; wurz. mar (mori), altind. u.
urspr. mar; wurz. mar für und neben smar, altind. u. urspr.
smar (meminisse); suffix -tema, den superlativ bildend, altind.
u. urspr. -tama, lat. -timo; -mi plur. -mahi 1. sg. plur. act. verbi,
altind. u. urspr. -mi, -masi; -m den accus. sg. bezeichnend wie
altind. u. urspr. u. s. f.
Das r.
Urspr. r = altbaktr. r, z. b. wurz. ruḱ (splendere, fulgere),
altind. ruḱ urspr. ruk, vgl. gr. λυϰ, davon z. b. stamm raoḱas
(lumière); wurz. riḱ (diviser, séparer), altind. riḱ (separare,
evacuare), vgl. lat. lic, lit. lik (linquere), 3. sg. praes. raêḱ aiti;
wurz. par (complere, facere), davon stamm perena (plenus),
urspr. par-na; wurz. kar (facere); ar (ire) u. s. f.
[169]Altbaktrisch. Consonantische lautgesetze. Inlaut.
Vork, p wird r durch vor geseztes h aspiriert, z. b. stamm
kerep (masc. corpus), acc. kehrp-em; stamm vehrka = altind.
vŕka (lupus). Wird nach r das im gewönlich bei gegebene e
ein geschalten, so tritt natürlich kein h vor r ein: kerepem,
vereka.
Consonantische lautgesetze.
Inlaut.
1. Assimilation. Das gebiet der assimilation ist im
altbaktrischen noch ein verhältnismäßig beschränktes. Es komt
sogar die verbindung von stummen mit tönenden consonanten
vor, z. b. ukhdha für und neben ukhta auß *uk-ta part. praet.
pass. zu wurz. vaḱ (loqui, dicere); darneben finden sich aller-
dings beispile wie vâghżbjô, dat. pl. zu stamm vâḱ, für *vấkhś-
bjô und diß auß *vâks-bjas (mag man den sibilanten erklären
wie man wolle, sicherlich ist er als urspr. s an zu setzen); das
tönende b hat hier die vorher gehenden consonanten ebenfals
in tönende gewandelt.
Vor s stehen nur stumme consonanten, z. b. drukh-s nom.
sg. des stammes druǵ (dea mala); eben so vor t, z. b. stamm
drukhta (laesus), part. praet. pass. zu wurz. druǵ (odisse, nocere).
z wird vor dem stummen t zu s, ç, z. b. von wurz. verez
(griech. ϝεϱγ; agere, facere) wird stamm vares-ta, part. praet.
pass., gebildet; von wurzel jaz (deos colere, sacrificare), jaç-ta,
ebenfals part. praet. pass. (apporté pour le sacrifice). Auch vor
n und m, die doch tönend sind, wird z zu ç, z. b. stamm jaç-na
(sacrifice avec prières) von wurz. jaz; stamm maêç-man (urina)
von wurz. miz (mingere). Es zeigt sich jedoch im algemeinen
als gesetz, daß z und ź vor tönenden lauten mit s, ç und ś
vor stummen wechseln (vgl. auch über die dissimilation unter 3);
so steht ź als außlaut der mit dem folgenden worte verschmel-
zenden adverbien nis (ex) und dus (male) vor tönenden lauten,
z. b. niź-baraiti (effert), duź-ûkhte-m (ntr. male dictum), ś da-
gegen vor stummen, z. b. duś-skhjaothna (adj. qui fait le mal),
duś-mata (adj. male cogitatus), da m im altbaktr. als stummer
laut behandelt wird; ç wechselt mit z als außlaut von uç, uz
[170]Altbaktrisch. Conson. lautgesetze. Inlaut.
(sursum), z. b. uz-barem (creabam), uçe-hista (surge) mit ein ge-
schaltenem e (§. 28) u. s. f., was jedoch, als nur in der verbin-
dung (zusammenrückung und zusammensetzung) zweier worte
statt findend, für die vergleichende grammatik von geringerer
bedeutung ist.
- Anm. ś für urspr. sk, ks ist bereits erklärt, s. oben §. 136, 2;
ehe die assimilation von k an den folgenden oder vorher gehen-
den sibilanten erfolgte, ward diser also zu ś durch die einwir-
kung des k. Vgl. im altindischen kś für urspr. ks, §. 126, 2.
2. Aspiration. Eine besondre art des anänlichenden
einflußes der umgebenden, besonders aber der folgenden laute,
zeigt sich im altbaktrischen durch die aspirierende kraft, welche
die consonantischen dauerlaute (die spiranten, nasale und r)
auf die vorher gehenden momentanen consonanten äußern; k,
g, t, d, p, b werden durch den einfluß diser laute mit mer oder
weniger außnamen zu kh, gh, th, dh, f, w; k geht ferner vor
t in kh über, z. b. ukhta für ukta, part. praet. pass. von wurz.
vaḱ (loqui), p aber bleibt, z. b. qhapta sopitus zu qhap (dormire).
Auch zwischen vocalen findet bisweilen aspiration statt, be-
sonders bei d, welches zu dh oder th wird, s. o. §. 134, 2; 135, 2.
Zwischen vocalen zeigt sich auch die verbindung kt zu khdh
(wol nur graphisch für khth) aspiriert, z. b. stamm ukhdha für
und neben ukhta, part. praet. pass. zu wurz. vaḱ (loqui); stamm
pukhdha (quintus) für *pukh-ta und diß wol für *pakta auß
*pankta von panḱan (quinque) mit u für a durch den einfluß
des labialen p u. a.
3. Dissimilation. Im gegensatze zum altindischen wer-
den im altbaktrischen, wie im griechischen, lateinischen, deut-
schen, slawischen, litauischen zwei dentale momentane laute
nicht neben einander geduldet, sondern der erstere geht in den
dentalen spiranten und zwar vor t in s, vor d in z über; nach
andern vocalen als a tritt für z das linguale ź ein, z. b. stamm
baç-ta part. praet. pass. von wurzel band (ligare), vgl. altind.
baddhá; stamm iriç-ta (mortuus, cadaver), part. praet. pass. von
wurz. irith (mori); paz-da (frapper à coup de pied) auß pad
(pes) und da (ponere, dare); dazdi, 2. sing. imper. praes. von
[171]Altbaktrisch. Conson. lautgesetze. Außlaut.
wurz. da (dare), praesensstamm dad auß *dada, für *dad-di =
*dad-dhi; stamm khraoź-da (violent, emporté) von einem *khraod
von wurz. khrud, altind. krudh (irasci) und der wurzel da (po-
nere; dare) u. a.
4. Einschaltung von consonanten zwischen zwei
consonantische laute findet sich villeicht z. b. in vâgh-ź-bjô dat.
plur. zu stamm vâḱ (sermo, verbum), acc. sg. vâḱ-em, nom. sg.
vâkh-s. Vergl. jedoch unten bei der lere von der declination
(dat. plur.), wo andre erklärungsversuche erwähnt werden; über
ghź für khś, ks s. oben zu anfang dises paragraphs.
5. Vorschlag von consonanten im anlaute ist vil-
leicht an zu nemen bei kh-sta in fra-khstânê, 1. sg. imp. med.,
einer nebenform der wurzel sta (stare); f-stâna (la mamelle),
vgl. altind. stana (msc. mamma); ṭ-kaêś a (instruction, précepte,
religion, loi, religieux) dunkler abstammung. Möglicher weise
sind jedoch dise scheinbar vor geschlagenen laute reste von
vor gesezten partikeln.
Außlaut.
Der außlaut bewart im altbaktrischen seine ursprüngliche
form treuer als im altindischen; er ist vil weniger lautgesetzen
unterworfen.
1. Das wortende ist nicht wie im altindischen, auf einen
consonanten beschränkt; vâkh-s, keref-s, nom. sg. von den stäm-
men vâḱ (sermo), kerep (corpus) bewaren eine ältere form als
im altindischen, wo sie vâk, krp lauten müßen, mit verlust des s.
Wie in den verwanten sprachen, so fält auch im altbak-
trischen von der secundären form der endung der 3. plur. verbi,
urspr. nt, das t hinweg, z. b. qhjèn urspr. as-jâ-nt, vgl. griech.
εἶεν auß *ἐσ-ϳε-ντ, 3. plur. optat. praes. zu wurzel as (esse);
aṅhen, altind. ấ san, urspr. a-as-ant, 3. pl. imp. der selben wurzel.
2. Das folgende wort wirkt im altbaktrischen nicht, wie
im altindischen, auf den außlaut des vorher gehenden, außer
bei wirklicher verbindung zweier worte zu einem; diser fall
tritt ser häufig ein, wenn die partikeln -ḱa und -ḱit an gehängt
werden, vor welchen lauten das ursprüngliche s nach a und
[172]Griechisch. Consonanten.
âo (= â) als ç bleibt, wärend außerdem -as in -ô, -âs in -âo
über geht (vgl. §. 136, 2), z. b. açpô, nom. sg. msc. (equus), aber
açpac-ḱa (equusque); kô (quis), aber kaç-ḱiṭ (quicunque); mâo
= mâs (mensis, nom. sg.) aber mâoç-ḱa (mensisque) u. s. f.
Auß lautendes t wird in ṭ gewandelt, s. o. §. 133, 2.
Consonanten des altgriechischen *).
Die übersicht gibt §. 30.
Der consonantismus des griechischen hat 1. die ursprüng-
lichen aspiraten erhalten, aber nicht als tönende aspiraten, son-
dern als stumme aspiraten: χ = kh, ϑ = th, φ = ph, diß ist
die erweislich älteste geltung diser griechischen laute; die auß-
sprache von χ, φ als spiranten, nämlich χ = deutsch ch, φ
= f und die des ϑ als assibilate, etwa wie ts, ist jünger, zum
teile erst ganz spät ein getreten. Es ist lautphysiologisch nicht
leicht erklärbar, wie der übergang der tönenden aspirata in
die stumme aspirata vor sich gieng. Leichter begreift sich der
entgegen gesezte wechsel; doch macht die übereinstimmung
sämtlicher indogermanischer sprachen, auch der dem griechi-
schen zunächst verwanten, in der widergabe der ursprünglichen
aspiraten durch tönende laute die anname unstatthaft, daß das
griechische allein die älteste geltung der indogermanischen as-
piraten erhalten habe (daß der indogerm. ursprache die laute
kh, th, ph anstatt gh, dh, bh eigen gewesen seien). 2. Das grie-
chische besizt eine abneigung gegen die ursprünglichen spiran-
ten; j ist im ältesten zugänglichen stande der sprache bereits
nur in seinen wirkungen noch vorhanden, als für sich existie-
render laut aber verloren; v ist nur in archaischen resten als
[173]Griechisch. Consonanten. ϰ.
ϝ erhalten; s bleibt eigentlich nur im außlaute und vor stum-
lauten, vor vocalen wird es aber in h gewandelt und zwischen
vocalen völlig außgestoßen. Wie in allen indogerm. sprachen
außer dem altbaktrischen steht im griechischen l bereits vilfach
neben dem r.
Im algemeinen steht also der consonantismus des griechi-
schen dem der ursprache näher, als der des altindischen und
der meisten andern indogermanischen sprachen.
Was die consonantischen lautgesetze betrift, so bringt der
außfall der ursprünglichen spiranten und die veränderungen,
welche durch disen außfall und durch einwirkung der ursprüng-
lichen spiranten auf die benachbarten laute entstehen, bedeu-
tende abweichungen vom älteren lautstande hervor. Die assi-
milation hat bereits zimlich weites feld gewonnen; vor s fallen
sämtliche dentale hinweg, das n meist mit denung des vorher ge-
henden vocales. Die palatalen laute j, i äußern bereits vilfach
ire wirkung (zetacismus). Ferner werden nur wenige consonan-
ten im außlaute geduldet, kurz; in seinen consonantischen laut-
gesetzen gleicht das griechische vilfach den sprachen, die be-
reits in verhältnismäßig späten epochen ires lebens stehen.
Beispile.
Ursprünglich momentane stumme nicht aspirierte§. 142.
consonanten.
1. Urspr. k = griech. ϰ, γ, π, τ (ϰϳ = σσ, vgl. unten die
lautgesetze).
Griech. ϰ = urspr. k, z. b. ϰαϱδ-ία (cor), vgl. lat. cord,
lit. szird-ìs, slaw. srŭd-ice, got. haírt-ô, die sämtlich ursprüngl.
an lautendes ϰ vorauß setzen, altind. hrd steht also für *khard,
*kard, indogerm. urform dises wortes ist kard; ϰεῖ-μαι (cubo),
ϰοί-τη (cubile) wurz. ϰι, altind. çi, slaw. und urspr. ki; ϰύων,
ϰυν-ός (canis), altind. stamm çvan, urspr. kvan; ϰλυ-τός wurz.
ϰλυ (audire), altind. çru, got. hlu, urspr. kru; δάϰ-νω wurz.
δαϰ (mordere), altind. daç, urspr. dak; δείϰ-νυμι wurz. διϰ
(monstrare), altind. diç, got. tih, urspr. dik; δέϰα, lat. decem,
[174]Griechisch. Consonanten. γ, π, τ = urspr. k; τ = urspr. t.
altind. daçan, got. taíhun, urspr. dakan; λευϰ-ός (albus), ἀμφι-
λύϰ-η (diluculum) wurz. λυϰ, altind. ruḱ, urspr. ruk u. s. f.
- Anm. ξ ist nur graphisches zeichen für ks, z. b. δείξω = *δειϰ-
σω, δεξιός = *δεϰ-σιος, *δεϰ-τιος, vgl. dexter, altind. dákś-
ińas u. s. f.
Griech. γ ist bisweilen spätere erweichung von ϰ, das sich
nicht selten darneben erhalten hat (G. Curtius vor dem Kie-
ler Index scholarum, sommer 1857), z. b. wurz. φϱαγ in ἐ-φϱάγ-ην
aber φϱάσσω = *φϱαϰ-ϳω (s. d. lautges.), lat. farc-io; μαγ in ἐ-
μάγ-ην, μάγ-ειϱος, μαγ-εύς aber μάσσω = *μαϰ-ϳω, vgl. mac-
erare, lit. mink-yti (depsere) neben mank-sztyti (mollire), wurzel
also mank auß mak; μίσγω neben lat. misceo, altind. miçrájâmi
u. a. Vgl. unten d. lateinische.
Griech. π = urspr. k (vgl. G. Curtius in Kuhns Zeit-
schrift III, 401 flg.), z. b. πέντε, vgl. quinque urspr. kankan;
wurz. πο in ποῦ, πῶς, πότεϱος, ion. noch ϰοῦ, ϰῶς, ϰότεϱος,
lat. quo, got. hva, altind. lit. slaw. u. urspr. ka; wurz. ἑπ in
ἕπ-ομαι, urspr. sak, lat. seq (sequi); wurz. ϝεπ in ϝέπος, εἶπον
= *ϝεϝεπον, ϝόπ-ς = voc-s, urspr. vak (loqui), in ὄσσα =
*ϝοϰϳα (s. d. lautges.) ist k noch erhalten; wurz. λιπ in λείπ-ω,
λοιπ-ός = lat. lic (linquo), altind. riḱ urspr. rik; wurz. ὀπ
in ὄπ-σομαι, ὄμμα = *ὀπ-μα, lat. oc in oc-ulus, lit. ak-ìs u.
s. f., aber ὄσσε = *ὀϰϳε, dualis von einem stamme *ὀϰι (oculus,
vgl. d. lautges.) mit erhaltenem k, urspr. aki u. s. f. Nach G.
Curtius (a. a. orte) ist griechisch π in 17 fällen = urspr. k,
wärend in 104 fällen k blib, so daß also etwa ⅙ der urspr.
k in π über getreten ist.
Griech. τ = urspr. k findet sich meist in pronominal- und
numeralstämmen, so τί-ς, lat. qui-s urspr. ki-s; τε urspr. ka,
vgl. altind. -ḱa, lat. -que, got. -u-h, vgl. πό-τα ion. πό-ϰα, ἄλλο-τε
ion. ἄλλο-ϰα; πέντε urspr. kankan, vgl. quinque; τέσσαϱες urspr.
katvâras, vgl. quatuor(es), altind. ḱatvấr-as. Selten findet sich
dise lautentsprechung in anderen wurzeln, wie wurzel τι in
τίεσϑαι, altind. ḱi, also urspr. ki.
2. Urspr. t = griech. τ (τϳ = σσ, vgl. d. lautges), z. b.
τό(τ), urspr. u. altind. ta-t, nom. acc. sg. des pronominalstam-
[175]Griechisch. Conson. p = urspr. π.
mes urspr. ta; wurz. τα, τεν in τέ-τα-ϰα, τά-νυ-μαι, τέινω =
*τεν-ϳω, urspr. u. altind. ta, tan; stamm τϱι in τϱεῖς, urspr. u.
altind. tri (tres); wurz. στα in στα-τός, στά-σις, ἵ-στη-μι, urspr.
sta (stare); wurz. στεγ in στέγ-ω, στέγ-ος, vgl. lit. wurz. steg,
urspr. stag (tegere); wurz. πετ in πέτ-ομαι, πί-π(ε)τ-ω, urspr.
und altind. pat (volare, cadere); πλατύς urspr. pratus, altind.
prthús; suffix -το des part. perf. pass., urspr. u. altind. ta u. a.
Die verbindung ϰτ ist in mereren beispilen nur im grie-
chischen erhalten, wärend sie in den andern sprachen in ks auß
wich; z. b. griech. stamm τέϰτον, altind. tákśan (faber ligna-
rius), vgl. althd. dëhsa, dëhsala (ascia); ἄϱϰτος = lat. ursus,
nach den lautgesetzen des lat. für *urcsus auß *urctus, altind.
ŕkśas, grundf. *ark-ta-s.
3. Urspr. p = griech. π (vgl. π = urspr. k), z. b. wurz. πο,
πι (bibere) in πό-σις (potus), πέ-πο-μαι, πέ-πω-ϰα, πί-νω;
πό-σις grundf. u. altind. pá-tis (dominus); stamm πα-τεϱ urspr.
pa-tar (pater) wurz. pa (protegere, regere); wurz. πλα, z. b.
in πίμ-πλη-μι, πιμ-πλά-ναι (implere), urspr. pra auß par, z.
b. altind. pí-par-mi (1. sg. praes. act.); πλατύς urspr. pratus,
altind. prthús; wurz. πλυ in πλέϝ-ω, πλόϝ-ος, πλυ-τός, altind.
plu urspr. pru; wurz. ἑϱπ in ἑϱπ-ετόν (animal serpens), ἕϱπ-ω
= altind. u. urspr. sárpâmi, lat. serp-o, urspr. sarp; ὕπ-νος
urspr. u. altind. sváp-nas, vgl. som-nus = *sop-nus u. a.
Auch im griechischen, wie im altindischen (§. 122 flg.) zeigt
sich bisweilen unursprüngliche aspiration der tenuis vor vorhan-
denem oder bereits geschwundenem s und hier und da auch in
andern lagen, z. b. σχίζω, d. i. *σχιδϳω für *σϰιδϳω neben σϰίδ-
νημι, vgl. lat. scid in scindo, wurz. skid in got. skaida, altind.
wurz. ḱhid, d. i. skid in ḱhi-ná-d-mi 1. sing. praes.; ἔϱχομαι
für *ἐϱ-σϰομαι, vgl. altind. 1. sg. praes. activi rḱḱhấmi auch
árḱhâmi = gr. *ἔϱχω, urspr. act. ar-skâ-mi, med. ar-ska-mai,
wurz. ar (ire); πάσχω für *παϑ-σϰω wurz. παϑ, vgl. ἔ-παϑ-
ον; ϰϱιϑή vgl. ahd. gërsta, also wol für *ϰϱιστη; so findet sich
das suffix -ϑϱο-ν neben und für -τϱο-ν, lat. tru-m, altind. und
urspr. -tra-m, z. b. in βά-ϑϱον (fundamentum; wurz. βα = γα
ire) neben ἄϱο-τϱον (aratrum) u. a.; τϱέφω neben τέϱπω (in
[176]Griechisch. Conson. γ = urspr. g.
bezug auf die bedeutung vgl. τέϱπεσϑαι ἐδητύος), die altind.
wurz. tarp hat beide bedeutungsfunctionen, lit. tàrpti (crescere,
provenire); hier ist villeicht ϱ die ursache der ursprünglichen
aspiration, was in -ϑϱο-ν = τϱο-ν entschiden der fall ist (vgl.
das altbaktrische, wo r aspirierende kraft hat, das in rede ste-
hende suffix lautet also im altbaktrischen stäts -thra).
Momentane tönende nicht aspirierte consonanten.
In folge des überganges der tönenden aspiraten in stumme
aspiraten trat im griechischen auch ein teil der tönenden nicht
aspirierten consonanten in die entsprechenden stummen laute
über. Es werden nämlich im griechischen an lautende tönende
nicht aspirierte consonanten solcher wurzeln, welche auf eine
aspirata auß lauten, meist in die entsprechenden stummen con-
sonanten gewandelt; in disem lautwechsel ist assimilation des
an lautenden consonanten an den momentanen lautteil der grie-
chischen (stummen) aspirata, welche die wurzelsilbe schließt, wol
nicht zu verkennen, z. b. altind. bâhús (brachium), d. i. *bâghus,
vgl. altn. bôgr, althd. buoc (das in disen deutschen worten an
lautende b weist eigentlich auf urspr. bh), aber griech. πῆχυς;
altind. bahú-s, d. i. *baghu-s (multus), aber griech. παχύ-ς (cras-
sus, obesus); altind. wurz. budh (scire, expergisci), got. wurz.
bud, hochd. but (in unserm biete, bot; auch hier findet sich im
deutschen b, das urspr. bh entspricht, nicht p, das ein ursprüng-
liches b ersetzen würde), aber griechisch πυϑ in πυνϑάνομαι,
πυϑ-έσϑαι; altind. wurz. guh, d. i. *gudh (abscondere), griech.
ϰυϑ in ϰεύϑω.
Indes finden sich doch auch verbindungen wie βαϑ-ύ-ς,
βαφ-ή, γϱάφ-ειν u. a., welche trotz des aspirierten consonan-
ten im wurzelaußlaute einen tönenden nicht aspirierten conso-
nanten als anlaut der wurzel zeigen.
1. Urspr. g = griech. γ, β.
Griech. γ = urspr. g (über ζ = gj vgl. d. lautges.), z. b.
wurz. γεν in γένος, γί-γ(ε)ν-ομαι urspr. gan (gignere, nasci);
wurz. γνο = gna auß gan (nosse) in γι-γνώ-σϰω, γνώ-μη; γόνυ
= altind. ǵấnu, vgl. lat. genu, got. kniu; wurz. ζυγ urspr.
[177]Griechisch. Consonanten. β = urspr. γ, δ, β.
jug (jungere) in ζεύγ-νυμι, ζυγ-όν; wurz. ἀγ in ἄγ-ω = alt-
ind. áǵ-âmi, lat. ago, altn. inf. ak-a, 1. sg. praes. ek, perf. ôk
u. s. f.
Griech. β = urspr. γ (vgl. §. 148, 1, e); wurz. βα in βί-βη-
μι, βά-σϰω = altind. u. urspr. ga (ire), altind. ǵí-gâ-mi urspr.
ga-gâ-mi, altind. gá-ḱḱhâmi urspr. ga-skâmi; βαϱύς = altind.
gurús für urspr. garus (gravis); βάϱιστος = altind. gáriśt́has
urspr. garistas (gravissimus); βίϝος = altind. ǵîvás, lit. gývas,
got. qius, urspr. wol gigvas (vivus, vita); βοῦς = altind. und
urspr. gâus; βι-βϱώ-σϰω, βοϱ-ά wurz. βοϱ, βϱο urspr. gar, gra,
altind. wurz. gar (deglutire), lat. (g)vor-are, slaw. žrě-ti (deglu-
tire), lit. gér-ti (bibere); ἔ-ϱεβ-ος, vgl. altind. ráǵ-as (pulvis),
got. riq-is (neutr. tenebrae); wurz. νιβ in χέϱνιψ für *χεϱ-
νιβ-ς, χέϱ-νιβ-ος, altind. wurz. niǵ urspr. nig, im griechischen
erhalten in νίζω = *νιγ-ϳω.
2. Urspr. d = griech. δ (über ζ = δϳ vgl. §. 148, 1, d);
wurz. δο urspr. da (dare), praes. δί-δω-μι urspr. dadâmi; wurz.
δαϰ (mordere), praes. δάϰ-νω, altind. wurz. daç urspr. dak;
wurz. δαμ in δαμ-άω, δάμ-νημι, altind. u. urspr. dam (domare);
δόμος lat. domus, altind. damás oder damám, slaw. domŭ; wurz.
ϝιδ urspr. vid (videre), perf. ϝοῖδα, got. vait, grundf. vivâida;
wurz. ἑδ, urspr. u. altind. sad (sedere) in ἕζομαι = sed-jo-mai;
wurz. ἐδ, urspr. u. altind. ad in ἔδ-ω, ἔδ-ομαι, lat. ed-o, got.
ita u. a.
- Anm. Nur ganz vereinzelt scheint, wie griech. τ = urspr. k, so
auch griech. δ = urspr. g zu sein; so ist wol δελφ-ύς (ute-
rus) mit altind. gárbh-as (dass.) zusammen zu stellen, zumal ein
ἀδελφειός in seiner bildung einem altind. sa-garbhjas (couteri-
nus) volkommen entspricht.
3. b anderer indogerm. sprachen = griech. β; selten (vgl.
§. 117, 3), z. b. βλη-χάομαι, lat. bâl-are, slaw. ble-ją, ahd. blâ-
Ʒan; βϱαχύ-ς lat. brev-is auß *bregu-is, slaw. brŭz-ŭ; βδέ-ω,
böhm. bzdí-ti, lit. bezd-ė́ti, deutsch fist (flatus ventris sine cre-
pitu) davon fist-en (flatum ventris emittere), slawodeutsch also
mit der spirans vor d, die hier entweder ein geschoben, oder
im griechischen auß gefallen ist, das hochdeutsche f stelt nicht
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 12
[178]Griechisch. Consonanten. χ, ϑ.
aspiriertes b als anlaut sicher, die grundform der wurzel ist
also bda oder bsda = bad oder basd. Vgl. oben pg. 176.
Ursprüngl. momentane tönende aspirierte con-
sonanten.
1. Urspr. gh = gr. χ (über χϳ = σσ vgl. §. 148, 1, e, β),
z. b. χήν, vgl. deutsch gans, grundf. gansis, altind. haṁsá-s, d. i.
*ghansas, lit. żąsìs, slaw. gęsĭ; wurz. χυ in χέϝ-ω, χύ-σις, got.
wurz. gu-t, hochd. gu-ß, (gieß-en); wurz. ἀχ, ἀγχ in ἄγχ-ω, ἄχ-
νυμαι, ἄχ-ομαι, ἄχ-ος, ἄχ-ϑος (onus), ἄχ-ϑομαι, urspr. agh, alt-
ind. aṁh, lat. ang, got. aggv; wurz. στιχ in στείχω, στίχος, στοῖ-
χος, altind. u. urspr. wurz. stigh, got. stig in steigan (ascendere),
staiga (semita; die slaw.-lit. formen entscheiden bei den aspira-
ten nicht, s. u.); wurz. λιχ in λείχω, altind. lih älter rih, d. i.
righ (lingere, lambere), got. lig in bi-laig-ôn (ἐπιλείχειν); wurz.
μιχ in ὀ-μιχ-έω, ὀ-μίχ-λη, altind. mih, d. i. migh in mếh-âmi
(effundo, mingo), mêghás (nubes), deutsch mig, z. b. niderdtsch.
mîge (urina); δολιχός altind. dîrghás grundf. darghas (longus)
u. a. Bisweilen findet sich im griechischen γ gegenüber einem
altind. gh oder, was das selbe ist h; meist stimt das maß ge-
bende deutsche dann zum griechischen, da gotisch k = urspr.
g ist (s. unten) z. b. μέγ-ας, μεγ-άλη, got. mik-il-s aber altind.
stamm mah-ánt, d. i. *magh-ant, lat. mag-nus; γένυς, altind.
hánus, d. i. *ghanus, aber got. kinnus, vgl. lat. gena und (dens)
genu-inus; ἐγώ altind. ahám, d. i. *agham aber got. ik, lat.
ego (altbaktr. azem, slaw. azŭ, lit. asz, d. i. aż entscheiden
nicht zwischen g und gh); -γε dor. -γα, altind. gha, ha, got.
-k (z. b. in mi-k = *με-γε), slaw. że kann einem ga und gha
entsprechen. Dagegen steht in ἐγγύς = altind. aṁhús d. i. *an-
ghus (angustus), das gotische aggvus auf seiten der aspirata.
2. Urspr. dh = gr. ϑ (über ϑϳ = σσ, vgl. §. 148, 1, e, β),
z. b. wurz. ϑε urspr. dha (ponere), praes. τίϑημι, altind. und
urspr. dádhâmi, got. wurz. da, hochd. ta, z. b. in l. praes.
tuo-m auß *ti-tô-mi = dadhâmi; μέϑυ, altind. u. urspr. mádhu,
althd. mëtu (mulsum); wurz. ἰϑ in αἴϑω, altind. und urspr.
wurz. idh (ardere); ἐ-ϱυϑ-ϱός wurz. ϱυϑ, altind. rudhirás, urspr.
[179]Griech. Conson. φ; ι = urspr. j, ε = urspr. j, ζ = urspr. j.
rudhras, wurz. rudh, got. wurz. rud in raud-s, hochd. wurz. rut
in rôt, lat. rûfus u. a.
- Anm. In ϑεϱός altind. gharmás (calor), lat. formus, vgl. slaw.
grě-ti (calefacere), deutsch warm auß *gwarm steht ϑ für das
zu erwartende χ; in νίφω, νιφός, vgl. ninguo, nix, nivis =
*nigvis, lit. snë́gas (nix), snìgti (ninguere) ist φ für χ ein ge-
treten.
3. Urspr. bh = griech. φ; wurz. φα (splendere) in φα-
ίνω, φά-σις, wurz. φα (loqui) in φη-μί, φά-σϰω, φά-τις, φω-
νή, altind. u. urspr. bha, altind. bhâ-mi (splendeo), bhâ-s (splen-
dere), bhâ-ś (loqui), lat. fa-ri; wurz. φεϱ, 1. sg. praes. φέϱω,
lat. fer, fero, altind. u. urspr. bhar, bhárâmi, got. bar, baíra;
wurz. φυ in φύω, φυ-τόν, lat. fu in fui, fu-turus, altind. und
urspr. bhu, ahd. pi in pi-m auß *pu, *piu-m geschwächt; νέφος,
νεφέλη, altind. nábhas (nubes), ahd. nëpal (nebula); ὀ-φϱύς,
altind. bhrûs, ahd. prâwa u. a.
Consonantische dauerlaute.
Urspr. spiranten; j, s, v.
1. Urspr. j = griech. ι, ε, ζ, ‘, schwund (über j in ζ, σσ,
vgl. §. 148, 1, b. d. e).
a. Griech. ι = urspr. j, z. b. im häufigen stambildungs-
suffixe urspr. ja, griech. ιο, so πάτϱ-ιο-ς urspr. patar-ja-s u. a.,
s. §. 40, 1.
In disem falle findet bei liquiden consonanten auch um-
stellung des ursprünglich nach dem consonanten stehenden j als
ι vor den selben statt, z. b. φϑείϱω auß *φϑεϱ-ϳω u. s. f., s.
§. 40, 3.
b. Griech. ε = urspr. j, z. b. ϰενεός (vacuus) für *ϰενϳος,
wie äolisch ϰέννος beweist, altind. çûnja-s läßt neben *ϰενϳο-ς
auf eine beiden gemeinsame urform kvanja-s schließen; στεϱεός
= στεῤῥός (durus, rigidus) auß *στεϱϳος; ϑυϱεός (lapis ostium
claudens, scutum valvae simile) auß *ϑυϱϳος mit suffix urspr.
ja von ϑύϱα (fores), s. §. 40, 2.
c. Griech. ζ = urspr. j, z. b. wurz. ζυγ in ζεύγνυμι, ζυγόν,
lat. jugum, altind. jugám u. s. f., wurz. latein. altind. u. urspr.
12*
[180]Griech. Conson. ‘ = urspr. j; schwund d. j.
jug (jungere); ζέω, wurz. ζες, vgl. ἔ-ζεσ-μαι, ζεσ-τός, althd.
jës-an (nhd. gären) grundf. der wurz. jas; ζέϝα lit. jávas plur.
javaí (frumentum), altind. stamm java (hordeum).
d. Griech. ‘ = urspr. j, z. b. ἧπαϱ, vgl. lat. jecur, altind.
jakŕt; ἅγιος altind. jaǵjas (colendus) wurz. urspr. jag; ὥϱα,
vgl. altbaktr. jâre (n. annus), got. jêr, ahd. jâr; ὑσ-μίν (erhal-
ten nur im dativ. sg. ὑσ-μῖν-ι), ὑσ-μίνη (pugna), wurz. ὑς vor
μ für *ὑϑ = altind. judh (pugnare), z. b. in judh-ma-s (pugna,
pugnator), judh-mâna-m (pugna), welche mit dem griechischen
worte auch im suffix verwant sind; ὑμε-ῖς vgl. altind. juśmá-t
(ablativus; es komt hier natürlich nur auf den stamm an), lit.
jus (vos) u. a.
- Anm. Die vereinzelte bezeichnung des griech. relativstammes ὅ-ς
als ϝο (in ϝό-τι) ist, wie es scheint, nur irtümlich. Die stellung
dises wortes im verse bei Homer beweist nicht für digamma, da
j eben so wirken konte, wie ϝ. Man kann daher auch gr. ὅ-ς
= altind. u. urspr. ja-s, lit. ji-s, slaw. i = jŭ (vgl. got. ja-bai
si), ἥ = altind. u. urspr. jâ an setzen. Solte jedoch das di-
gamma, das sich allerdings auch sonst irtümlich für älteres j ge-
schriben findet (Curtius, griech. etymologie, I. nr., 606, p. 364),
dennoch richtig sein, so steht ὅ-ς für hϝος = urspr. sva-s; der
stamm sva ist auch im deutschen als relativum im gebrauche,
z. b. got. svê (quomodo, sicut).
e. Griechisch ist j völlig geschwunden (vgl. §. 41), z. b.
an lautend in äol. ὔμμε-ς, vgl. altind. juśmá-t (ablat.). Inlau-
tend ist diß häufiger der fall; nach consonanten z. b. in d. endg.
des fut. -σω für *-σϳω, vgl. die dorische form -σίω = altind. u.
urspr. -sjâ-mi; zwischen vocalen ist der außfall des j am ge-
wönlichsten, so in den endungen der ab geleiteten verba -εω,
-αω, -οω, welche sämtlich ursprüngl. u. altind. -ajâmi entspre-
chen, z. b. φοϱέω = altind. u. urspr. bhârájâmi; im gen. sing.
der mänl. und neutr. o-stämme, urspr. a-stämme, z. b. ἵππου
auß ἵπποο und diß, wie bekant, auß ἵπποιο, welches für *ἱπ-
ποσϳο urspr. akva-sja steht. Das j war also, ehe es völlig
schwand, wol überall in ι über getreten.
- Anm. Von der assimilation des j an andre consonanten, wie z. b.
λλ = λϳ u. dgl., seiner verbindung mit den gutturalen und den-
talen zu ζ, σσ handeln die lautgesetze §. 148, 1, b. d. e.
[181]Griechisch. Consonanten. σ, ‘.
2. Urspr. s = griech. σ, ‘, schwund.
a. Griech. σ = urspr. s im außlaute und vor stummen
consonanten, seltener vor vocalen z. b. wurz. ἐς urspr. as (esse);
ἐσ-τί altind. u. urspr. ás-ti (est); stamm μένος, urspr. u. altind.
mánas (mens); suffix des nom. sg. masc. fem. -s, z. b. πόσι-ς,
ὄψ = ϝόπ-ς, altind. u. urspr. páti-s, urspr. vâk-s; suffix des
gen. sg. -os urspr. -as z. b. ϝοπ-ός urspr. vâk-as, altind. vâḱ-
ás u. s. f.; wurz. στα, ἵστημι urspr. sta-stâmi, lat. und urspr.
sta; wurz. στοϱ, altind. u. urspr. star, z. b. 1. sg. praes. στόϱ-
νυμι, altind. str-ńốmi urspr. star-naumi u. s. f.; σῦς neben ὗς,
lat. sûs, ahd. sû; σιγάω neben ahd. swîgên hat außnamsweise
σ für älteres sv, welches in der regel durch ‘ gegeben wird;
das selbe findet in σελήνη von wurz. svar (lucere) statt, vgl.
ἑλένη, mit dem gewönlichen lautwechsel, von der selben wurzel.
b. Griech. ‘ = urspr. s. An lautend vor vocalen und vor
urspr. v, z. b. wurz. ἑδ, ἕδ-ος, ἕδ-ϱα, ἕζομαι für *ἑ-δ-ϳομαι,
lat. sed, urspr. u. altind. sad (sedere); ἑπτά, lat. septem, urspr.
u. altind. saptán; wurz. ἑπ in ἕπω, ἕπομαι, lat. seq-uor, altind.
saḱ urspr. sak; ὕπνος urspr. u. altind. svápnas; ἡδύς grundf.
u. altind. svâdús; pronominalwurzel ἑ, ὁ in οὗ, οἷ, ἕ (sui, sibi,
se), ὅς (proprius, suus), urspr. u. altind. sva; ἑϰυϱός grundf. u.
altind. sváçuras, lat. socer, got. svaíhra u. a.
- Anm. Es ist nicht warscheinlich, daß das in der regel das s ver-
tretende ‘ bei worten, welche ursprünglich mit sv an lauteten,
das v ersetze, vor welchem dann s völlig geschwunden wäre.
Zeigt die ältere sprache in disen fällen noch das ϝ, so haben
wir warscheinlich an zu nemen, daß vor ϝ das spirituszeichen
nicht geschriben ward und daher ein ϝέ u. dgl. als hve zu lesen;
die lange dauer des s im griechischen scheinen ursprünglich dia-
lectische nebenformen wie σφός zu beweisen.
Nicht selten tritt ‘ vom inlaute (nach einem vocale) in den
anlaut (vor den selben), so z. b. εἱπόμην auß *ἐ-ἑπομην, *ἐσε-
πομην wurz. ἑπ für *σεπ urspr. sak; εἱστήϰειν auß *ἐ-ἑστη-
ϰειν, *ἐ-σεστηϰειν wurz. στα, redupliciert sa-sta, *σε-στα; εὕω
neben εὔω (aduro) wurz. ὐς urspr. us, altind. uś (urere) grundf.
ausâmi, im griechischen zunächst also *εὐσω, *εὐὡ; ἡμεῖς vgl.
altind. asmá-t, ἡμεῖς steht also mit ersazdenung für *ἀσμεις,
[182]Griech. Consonnanten. Schwund d. urspr. s.
daher die nebenform ἄμμες = *ἀσμες, in welcher σ dem μ sich
assimiliert hat; in ἡμεῖς ist also das s eigentlich zwei mal vor-
handen (vgl. ὑμεῖς).
Auf den ersten blick scheint sich auch ἑός neben σφός und
ὅς auß einer griechischen grundform σϝος, nämlich ἑός für *ἐὁς
(ehos) auß ἐ‘ϝος (ehvos) und diß auß *ἐσϝος zu erklären, ἐ-σϝος
für σϝος mit dem beliebten vocalvorschlage, der in den neben-
formen σφός und ὅς nicht statt fand; denkt man aber an das
latein. suus, älter sovos, d. i. *sevos (§. 47, 2), so wird man auf
eine speciell graecoitalische grundform *sevos (vgl. lit. sávo zu
einem ungebräuchlichen *sàva-s, suus) gefürt, die im lat. sovos,
suus, im griech. ἑϝος werden muste; dann müßen wir auch
τεός = *τεϝος = tuus, d. i. *tovos, *tevos faßen (vgl. lit. tàva-s,
tuus). Vgl. §. 40, 2. anm.
Bisweilen tritt ‘ als späterer zusatz auf, so z. b. in ἵππος
auß *ἰϰϝος, vgl: lat. equos, altind. áçvas, grundf. akvas; daß
hier ‘ erst spät ein trat, beweisen formen wie Λεύϰιππος, Ἄλ-
ϰιππος, die sonst bekantlich *Λευχιππος, *Ἀλχιππος zu lauten
hätten; ὕστεϱος = altind. út-taras; ὑ ist ein so häufiger an-
laut, für urspr. su, sva, daß die selteneren anlaute, die eigent-
lich ὐ zu lauten hätten, in die analogie des ὑ gezogen werden;
hierher gehört warscheinlich auch ὕδωϱ, vgl. unda, altind. ud-
am, ud-akám (aqua), got. vatô, lit. vandů (mit älterem vad =
ud); ὑφαίνω, vgl. die deutsche wurz. wab (weben) grundf. vabh,
auß welcher also regelrecht ein ubh, griech. υφ entstehen konte.
c. Im griechischen ist urspr. s, oder vilmer das auß ur-
sprüngl. s entstandene ‘ völlig geschwunden (vgl. §. 42). Diß
ist regel im inlaute zwischen vocalen, seltener findet diser
schwund im anlaute statt vor vocalen; vor an lautendem ϱ und
ν ist er dagegen regel, z. b. μένος, gen. μένους auß μένεος,
*μένεσος, grundf. u. altind. mánasas; φέϱῃ auß *φέϱεσαι urspr.
bhárasai, μῦς, gen μυός = lat. mus, muris, beide auß *musas;
ϝιός für *ϝισος = lat. virus, altind. viśas und viśam u. a.
Im anlaute vor vocalen ist ‘ weg gefallen in ἀ- für und
neben ἁ-, ὀ- = urspr. u. altind. sa- (cum), z. b. in ἀ-δελφειός,
[183]Griechisch. Consonanten. υ = urspr. v.
ἀ-δελφός (frater, wörtl. couterinus, vgl. δελφύς, uterus); ἄ-λοχος
(uxor, consors tori, vgl. λέχος, cubile, torus); ὄ-πατϱος (eun-
dem patrem habens, vgl. πατήϱ) u. a. neben ἃ-πας u. s. f.;
stamm ὀντ in ὤν = *ὀντς, οὖσα = *ὀντια, ὄν = *ὀντ = sant
urspr. as-ant, part. praes. act. d. wurz. urspr. as (esse); die
älteren formen dises participii ἐών u, s. f. weisen auf ein ein-
stiges *ἐὁντ, *ἐσ-οντ hin mit erhaltener wurzel ἐσ, auß welcher
form das s regelrecht auß fiel, *ἐσ-οντ ward so zu ἐοντ, spä-
ter fiel das ε hinweg und so entstund ὀντ; demnach gehört diß
beispil eigentlich nicht hierher.
Vor ν fiel ‘ weg in νυός = lat. nurus, althd. aber snur,
snura, altind. snuśâ, altbulg. snocha, demnach ist auch die grie-
chische grundform als *σνυσος an zu nemen; das σ zeigt sich
noch in der nebenform ἔννυος mit vor geseztem ἐ (§. 43) =
*ἐσνυος; wurz. νυ in νέϝ-ω, aber imperf. bei Hom. ἔννεον auß
*ἐ-σνεϝ-ον, altind. u. urspr. snu (stillare).
Vor ϱ schwand ‘ in wurz. ῥυ in ῥέω, ῥυτός = altind. u.
urspr. sru, deutsch, mit ein geschaltenem t, stru in strôm, lit.
sru und stru, slaw. stru in o-strov-ŭ (πεϱίῤῥυτος, d. i. insula).
Erhalten ist auch hier das s in assimilation an das ϱ, z. b. in
ἐῤῥύην, ἔῤῥευσα für *ἐ-σϱυ-ην, *ἐ-σϱευ-σα.
Auch in der wurzel μεϱ in μέϱ-μεϱ-ος, μέϱ-ιμνα, μάϱ-τυς
ist, wie im lat. me-mor und deutschen mâri (memorabilis, clarus),
das im altind. smar (praes. smárâmi memini) erhaltene s ge-
schwunden.
Von der assimilation des s an andre consonanten handelt
§. 148, 1, a, b; vom wegfalle des s neben andern consonanten mit
ersazdenung §. 42.
3. Urspr. v ist = griech. υ, ε, ϝ, das in der späteren
sprache schwand; selten wird urspr. v durch ‘ (h) gegeben.
a. Griech. υ = urspr. v, z. b. δύο, δύω, welches neben
δώ-δεϰα auf einen älteren griechischen stamm δϝο = altind.
dva hin weist, s. §. 40.
Über die umstellung des υ bei liquiden consonanten, wie
z. b. in γουνός = äol. γόννος auß *γονϝος, stamm γονυ, mit
dem os des genitivs, vor dem υ, d. i. u, in ϝ über gieng, δου-
[184]Griech. Consonanten. ε = urspr. v, ϝ, ‘ = urspr. v.
ϱός, δούϱατος auß *δοϱϝος, *δοϱϝατος, auß welchem sich auch
δοϱός, δόϱατος mit schwund des v erklärt, vgl. den nominativ
δόϱυ, s. §. 40, 3.
b. Griech. ε = urspr. v, z. b. ἡδεῖα auß *ἡδϝια, d. i.
ἡδυ + ια des feminins = altind. svâdvî auß *svâdvjâ u. a.,
s. §. 40, 2.
- Anm. Es ist jedoch wol möglich, daß ἡδεῖα als *ἡδεϝ-ια grundf.
svâdav-jâ zu faßen ist, da das griechische, wie auch das latei-
nische, υ und u häufiger steigert, als das altindische (vgl. die
lere von der declination). Es ist schwer, hier eine sichere ent-
scheidung zu treffen.
c. Griech. ϝ, das in der späteren sprache schwand, =
urspr. v (vgl. §. 41), z. b. ϝοῖνος, vgl. lat. vînum, altlat. veinom,
grundform des stammes vaina (oder, nach dem griech., vâina);
ϝοῖϰος lat. vîcus, d. i. altlat. veicos, altind. vếça-s, urspr. vaika-s;
ϝεϱγον wurz. ϝεϱγ = altind. vrǵ, ûrǵ, deutsch vark (werk,
würken) urspr. varg; wurz. ϝιδ urspr. altind. u. lat. vid, deutsch
vit, z. b. in ϝίδ-μεν = altind. u. urspr. vid-mási, ϝοῖδα =
altind. vếda, got. vait grundf. vivâida; wurz. ϝεπ = lat. voc
für *vec, altind. vaḱ urspr. vak, z. b. in ϝέπος = altind. váḱas
(sermo); ὄϝις = lat. ovis, lit. u. urspr. avìs; νέϝος = lat. no-
vus für *nevos, altind. u. grundf. náva-s; πλέϝ-ω wurz. πλυ
lat. = *flov-o für *flev-o (flu-o), altind. u. urspr. pláv-âmi; suffix
-ϝεντ = altind. u. urspr. -vant (z. b. στονό-ϝεσσαν = -ϝετ-ϳαν
mit verlust des nasals); ναῦς gen. νᾱϝός = altind. u. urspr.
nâus, gen. nâvás; nach consonanten, wie z. b. in δώδεϰα, δίς
für δϝώ-δεϰα, δϝί-ς, stamm δϝο, δϝι urspr. dva (vgl δύο);
δοϱός, γόνατος auß δοϱϝός, γόνϝατος, vgl. δόϱυ, γόνυ u. a.
- Anm. Im inlaute zwischen vocalen kann also vj schwinden, diß
fand statt im suffix -tav-ja, mittels ja und steigerung des stam-
außlautes von abstracten auf tu gebildet, das im griech. -τέο
lautet, z. b. δοτέος = altind. dâtávjas; ϑετέος = altind. dhâ-
távjas.
d. Griech. ‘ = urspr. v in ἕσπεϱος, ἑσπέϱα, vgl. latein.
vesper, vespera; ἵσ-τωϱ neben ἴσ-τωϱ, der nach ϝίδ-μεν u. a.
zu erwartenden form, stamm ϝιδ-τοϱ (sciens) von wurz. ϝιδ;
ἕννυμι, εἷμα, äol. ἔμμα = *ϝεσ-νυμι, *ϝεσ-μα, wurz. ϝες, vgl.
[185]Griechisch. Consonanten. ν.
lat. ves-tire, altind. u. grundf. der wurzel vas; hier kann ‘ aber
auch auß s entstanden und um gestelt sein, vgl. oben 2, b.
- Anm. Vereinzelt ist β = urspr. v in βούλομαι, das man als für
*βολνομαι (vgl. altind. vrńế grundf. *var-na-mai) stehend faßt;
ου wäre dann durch ersazdenung für das geschwundene ν auß ο
entstanden; die wurzel βολ für ϝολ entspricht dem lateinischen
vel, vol (in velle, vol-t), altind. u. urspr. var (eligere, velle). Dia-
lectisch findet sich β für urspr. v häufiger, wie z. b. lakon. βέϱ-
γον, βιδεῖν für ϝέϱγον, ϝιδεῖν wurz. urspr. varg, vid u. a.
Doch ist es nicht unwarscheinlich, daß hier β nur als graphi-
sche bezeichnung des υ-lautes anstatt ϝ an gewant ward.
Über die assimilation des υ an andre consonanten, z. b.
τέσσαϱες = *τεσϝαϱες, τετϝαϱες, s. unten bei den lautgesetzen.
Nasale.
1. Urspr. n = griech. ν (vgl. die lautges. über den auß-
fall und abfall des urspr. n im griechischen). Vor gutturalen
wird der nasal im griechischen guttural, urspr. nk, ng, ngh =
griech. γϰ, γγ, γχ, vor labialen labial; z. b. νέϝος = altind. u.
urspr. návas (novus); ναῦς altind. nâus, lat. navis; ἀ-νήϱ stamm
νεϱ = altind. u. urspr. nar; ἐννέϝα lat. novem, altind. u. grundf.
návan; wurz. νεϰ in νέχ-υς, νεϰ-ϱός = lat. nec in nec-are, alt-
ind. naç urspr. nak; negat. ἀν- = urspr. u. altind. an-; wurz.
ἀν, urspr. u. altind. an (spirare) in ἄν-εμος = lat. an-imus,
vgl. altind. an-ilás (ventus); wurz. γεν in γέν-ος, γί-γ(ε)ν-ομαι
= lat. gen, altind. u. urspr. gan; 3. plur. verbi -ντι (-νσι) =
altind. u. urspr. -nti, z. b. φέϱοντι, φέϱουσι = altind. u. urspr.
bháranti u. s. f.
Der bei einigen praesensformen in die wurzel tretende na-
sal, urspr. n und nach der wurzel stehend, wie in τέμ-νω (vgl.
ἔ-ταμ-ον), bleibt als ν vor dentalen, wie in λανϑ-άνω, vgl.
ἔ-λαϑ-ον; er wird zu μ vor labialen, wie in λαμβ-άνω, vgl.
ἔ-λαβ-ον; zu γ vor gutturalen, wie in λαγχ-άνω, vgl. ἔ-λαχον.
Die selben wechsel zeigen sich natürlich auch außerdem, z. b.
in der zusammensetzung, wo συν- mit συμ-, συγ- je nach qua-
lität des folgenden consonanten wechselt.
- Anm. ἄλλος = lat. alius, got. alis halten wir mit G. Curtius
[186]Griechisch. Consonanten. μ, ν; ϱ, λ.
für unverwant mit altind. anjas, und sehen darin eine bildung
von einer wurzel urspr. ar.
2. Urspr. m = griech. μ, ν (lezteres im außlaute), z. b.
stamm με, μο, ἐμε, ἐμο (pron. pers. I) = lat. me, deutsch mi
(in mi-ch, mi-r), altind. u. urspr. ma, davon -μι plur. -μεν, dor.
-μες, 1. sg. plur. des verbum = urspr. u. altind. -mi, -masi (z.
b. εἶ-μι = urspr. ai-mi, altind. ếmi; ἴμεν = altind. u. urspr.
i-mási); μέσσος (μέσος) = *μεϑϳος (s. u. §. 148, 1, e) = lat.
medius, altind. u. urspr. mádhjas, got. midji-s; stamm μήτεϱ,
altind. u. urspr. mâtár (mater); wurz. μεν, μνα, urspr. u. altind.
man, in μι-μνή-σϰω, μένος = altind. u. urspr. mánas (mens);
μέϑυ altind. u. urspr. mádhu, althd. mëtu; ἅμα, ὁμό-ς altind.
sama-s (similis, aequus), sama-m, samâ (ὁμοῦ), lat. sim-ilis,
sim-ul, got. sama (idem); wurz. ϝεμ (ἐμέω) = lat. vom in vomo
für *vemo, lit. vem (1. sg. praes. vem-iù), altind. u. urspr. vam
(1. sg. praes. vámâmi). Auß lautend ward m zu ν, z. b. accu-
sativzeichen ν = urspr. m, wie in τό-ν = altind. und urspr.
ta-m, vgl. lat. is-tu-m; ν = m als suffix d. 1. pers. sg. z. b.
in ἔφεϱο-ν = urspr. u. altind. ábhara-m.
r und l-laute.
Urspr. r = griech. ϱ, λ.
Griech. ϱ = urspr. r, z. b. in wurzel ϱυϑ, altind. u. urspr.
rudh; suffix -ϱο altind. u. urspr. -ra, beides in ἐ-ϱυϑ-ϱός =
altind. rudhirá-s urspr. rudh-ras; wurz. ἀϱ in ἀϱ-όω, ἄϱ-οτϱον,
vgl. latein. ar-o, ar-atrum, got. ar-jan, lit. ár-ti, slaw. or-ati
(arare); wurz. ὀϱ in ὄϱ-νυμι, lat. or (orior), altind. ar in r-nốmi
(orior); wurz. ῥυ altind. u. urspr. sru (fluere) u. a.
Griech. λ = urspr. r, z. b. wurz. λυϰ in λευϰός, lat. luc,
dtsch. luh, altind. ruḱ urspr. ruk (lucere); wz. πολ, πλα altind.
u. urspr. par (implere) in πολύς, altind. purús für urspr. par-
us, πίμ-πλη-μι; ἐ-λαχ-ύς = altind. laghús; δολιχός altind. dîr-
ghás, altbaktr. dareghô urspr. dargha-s; ὅλος für *ὁλϝος, lat.
sollus für *solvos, altind. sárva-s u. s. f.
[187]Griechisch. Consonant. lautgesetze. Assimilation.
Andeutung einiger für die vergleichende gram-
matik wichtigen lautgesetze.
Inlaut.
a. Volkommene angleichung des vorher gehen-
den lautes an den folgenden; z. b. s an folgendes ν, μ,
ἕννυμι = *ϝεσ-νυμι; äol. ὄϱεννος = *ὀϱεσ-νος von ὄϱος, stamm
ὀϱες, suffix νο; dor. ἐμμί = *ἐσ-μι; εἰ-μί, ὀϱεινός ersetzen die
verdoppelung durch ersazdenung.
Bekant ist die assimilation der labialen momentanen laute
an folgendes μ, wie γέγϱαμμαι auß *γεγϱαφ-μαι u. s. f., und
die wol nur in zusammensetzung erscheinenden assimilationen,
wie συλλέγω, συῤῥέω u. dergl.
In dem häufigsten falle diser art, nämlich bei der assimi-
lation sämtlicher dentale samt ν an folgendes s, wird das ent-
stehende doppelte s auch inlautend nach kurzem vocale von
der spätern sprache nicht mer geduldet; nur die archaische
sprache (Hom.) beut beispile wie ποσσί auß *ποδ-σι, überall
bleibt nur s als rest des assimilationsprocesses, nicht selten
(besonders im nom. sing. und dann, wenn ντ, νδ, νϑ ursprüng-
lich vorhanden war) mit ersazdenung des vorher gehenden vo-
cals (vgl. §. 42), in welchem falle villeicht weniger assimila-
tion des ν als auflösung des selben in einen vocalischen laut an
zu nemen ist. Es ist diß ein bekantes lautgesetz, zu welchem
fälle gehören, wie σώμᾰ(τ)-σι, πο(δ)-σί, ϰόϱῠ(ϑ)-σι, δαίμο(ν)-
σι. Das assimilation wirkende s ist nicht selten unursprünglich,
nämlich durch ein früher ein getretenes lautgesetz (s. u.) auß
τ entstanden, z. b. πείσις auß stamm πενϑ (vgl. πένϑος) und
suffix -σι-ς auß -ti-s. Ersazdenung findet sich in fällen wie
εἰδώς = *ϝειδϝοτ-ς, δαίμων = *δαιμον-ς, φέϱουσι = *φεϱονσι
auß φέϱοντι; ν + dental müßen beide vor s schwinden, z. b.
σπείσω auß *σπενδ-σω, πείσομαι auß *πενϑ-σομαι, *τιϑείς auß
*τιϑεντ-ς, χαϱί-εις auß *χαϱι-ϝεντ-ς (aber φέϱων auß *φεϱοντς,
s. §. 42, 3; χαϱίεσσα auß *χαϱιϝετ-ϳα, s. unten e), one ersaz-
denung, weil hier kein ν vorhanden war).
[188]Griechisch. Consonant. lautgesetze. Assimilation.
b. Volkommene angleichung des folgenden lau-
tes an den vorher gehenden. Dise art der angleichung ist,
wie die vorige, besonders im äolischen beliebt, wärend außer-
dem anstatt der verdoppelung meist ersazdenung (§. 42) am
vorher gehenden vocale oder umstellung von υ und ϳ ein zu
treten pflegt. So wird ϝ, ϳ und ς vorher gehenden liquiden,
υ und ϳ bisweilen auch andern lauten, namentlich dem σ, assi-
miliert, z. b. γόννος = γουνός = *γονϝ-ος, genitiv zu stamm
γονυ; stamm πολλο für *πολϝο, eine weiterbildung durch o,
urspr. a, von stamm πολυ urspr. par-u; ϰτέννω = ϰτείνω =
*ϰτεν-ϳω; χέῤῥων = χείϱων = *χεϱϳων u. s. f. Bei λϳ ist die
assimilation allen dialecten verbliben: στέλλω = *στελϳω, ἄλλος
= *ἀλϳος, lat. alius, mit außname von ὀφείλω auß *ὀφελϳω und
villeicht einigen andern; πτίσσω = *πτισϳω (ἔ-πτισ-μαι), vgl.
latein. wurz. pis in pinso, pis-tor, altind. pis (z. b. pi-ná-ś-ti,
lat. pinsit); πόδεσσι auß ποδεσϝι, -σϝι = urspr. -sva ist endg.
des locat. plur., ε ist hilfsvocal, ποδ nominalstamm; auch hier
hat die spätere sprache nur ein σ, z. b. πόλεσι, γλυϰέσι, wel-
ches aber zwischen zwei vocalen nie auß fält, da es eben für
σσ steht. τέτταϱες, τέσσαϱες auß *τετϝαϱες (grundf. katvâras)
ist ein beispil der assimilation von ϝ an einen momentanen laut.
Eben so behandelt werden, mit außname archaischer reste, wie
ὄϱσω, ὦϱσα, χέϱσος (χέῤῥος), ϑάϱσος (ϑάῤῥος), πέφανσα, die
inlautenden verbindungen λσ, ϱσ, νσ, μσ, z. b. äol. ἔστελλα =
ἔστειλα = *ἐστελ-σα; äol. ὀῤῥάτω = ὀϱσάτω; äol. ἐγέννατο
= ἐγείνατο = *ἐγενσατο; äol. ἔνεμμα = ἔνειμα = *ἐνεμσα;
so steht ἔφηνα für *ἐφαν-σα, ἤγγειλα für *ἠγγελ-σα u. s. f.
c. Anänlichung des vorher gehenden lautes an
den folgenden. Bekantlich stehen vor τ und σ nur stumme
momentane laute (λεϰ-τός, λέϰ-σις, d. i. λέξις wurz. λεγ), vor δ
tönende momentane (γϱάβ-δην wurzel γϱαφ), vor ϑ aspiraten
(λεχ-ϑήναι wurz. λεγ).
Vor ν gehen labiale in iren nasal über, z. b. σεμ-νός für
*σεβ-νος, vgl. σέβ-ομαι, doch findet sich z. b. ὕπ-νος gegenüber
von som-nus für *sop-nus.
ν geht bekantlich vor labialen in den labialen nasal μ (z.
[189]Griechisch. Consonant. lautgesetze. Assimilation.
b. ἔμ πειϱος für *ἐν-πειϱος), vor gutturalen in den gutturalen
nasal γ über (z. b. συγ-ϰαλέω für *συν-ϰαλέω). Vgl. §. 146, 1.
Vor μ gehen häufig die dentalen τ, δ, ϑ in ire spirans
über, z. b. ἤνυσ-μαι zu ἀνύτ-ω, πέπεισ-μαι für *πεπειϑ-μαι
u. s. f.; doch findet sich ion. ὀδ-μή neben späterem ὀσ-μή von
wurz. ὀδ; ἴδ-μεν neben ἴσ-μεν; ἀϱιϑμός, ἀτμός u. a. haben
die wandlung in σ nicht.
Ferner ist bekant der wandel der gutturalen ϰ, χ vor μ
in γ, z. b. δόγ-μα wurz. δοϰ, τέτυγ-μαι wurz. τυχ; doch bleibt
oft χ, wie z. b. in δϱαχμή; diß gesetz wird ebenfals in der
älteren (ionischen) sprache nicht durch gefürt, z. b. ἴϰ-μενος,
ἀϰαχ-μένος.
Vor ι wandelt sich τ, außer im dorischen dialecte, in σ
z. b. φησί, dor. φατί, das -τι der 3. pers. sing. ist erhalten in
ἐσ-τί; die abstracta auf -σι-ς für -τι-ς, z. b. φά-σις, bei Hom.
u. tragg. φά-τις (sermo); πέψις (wurz. πεπ grundf. kak, co-
quere) auß *πεπ-τις grundf. kak-ti-s; suffix ja, griech. ιο nach
stämmen auf t, ta bildet tja mit verlust des stamaußlautes a
von ta, der vor suffix ja regelmäßig schwindet, griech. τιο,
darauß σιο, z. b. von πλοῦτος wird gebildet dorisch πλούτ-ιο-ς
darauß πλούσιος; von ἐνιαυτός dor. ἐνιαύτ-ιο-ς, darauß ἐνιαύ-
σιος, stamm γεϱοντ (nom. sing. γέϱων) mit suffix ja, griech. ια
bildet γεϱοντία darauß γεϱουσία; grundf. (d)vikati, dor. ϝίϰατι,
εἴϰατι (wol auß ἐϝιϰατι), att. εἴϰοσι; für dor. φέϱοντι, τιϑέντι
(3. plur.) grundf. bharanti, dadhanti tritt *φεϱονσι, *τιϑενσι und
darauß nach der regel (s. o.) φέϱουσι, τιϑεῖσι (ion.) ein u. a.
Auch vor υ tritt bisweilen diser wandel von τ zu σ ein,
so in σύ für dorisch τύ, vgl. lat. u. lit. tu; suffix -συ-νη grundf.
-tu-nâ, weiterbildung des häufigen abstractsuffixes -tu (-tv-a).
d. Anänlichung des folgenden lautes an den vor-
her gehenden. Das j der verbindung dj wird dem vorher ge-
henden dentalen tönenden laute dadurch änlich, daß es dentaler
tönender spirant (franz. oder poln. z) wird, dj wird so zu dz
(nach slaw. oder franz. außsprache), geschriben ζ, z. b. Ζεύς auß
*Δϳευς = altind. djâus (wurz. dju = div); ἓζομαι = *σεδϳομαι
wurz. ἑδ = σεδ (sedere) u. s. f.
[190]Griechisch. Consonant. lautgesetze. Assimilation.
e) Gegenseitige anänlichung und angleichung
der laute an einander.
α. γϳ wird zu ζ = dz (s. oben d), indem γ vor j zu d,
j aber nach d zu z wird, z. b. ϰϱάζω, d. i. *kradzô auß
*ϰϱαδϳω und diß auß *ϰϱαγ-ϳω, wurz. ϰϱαγ, vgl. ϰέ-ϰϱαγ-α;
μέζων, μείζων, lezteres zugleich mit versetzung des j in die
vorher gehende silbe (vgl. §. 40, 3) auß *μεγ-ϳων, vgl μεγ-άλη
μέγ-ας u. s. f.
In νίζω neben χέϱ-νιβ-ος, νίπτω = *νιβ-τω ist die ältere
wurzelform nig, altind. niǵ erhalten (vgl. §. 143). λάζομαι ne-
ben λαμβάνω ist dunkel, woferne es nicht das einzige beispil
von ζ = βϳ ist.
β. τϳ, ϑϳ, ϰϳ, χϳ werden zu σσ; in τϳ und ϑϳ wird ϳ vor
den dentalen stummen lauten zur dentalen stummen spirans s,
wodurch zunächst τσ, ϑσ entsteht, sodann assimilieren sich die
vorher gehenden stumlaute disem σ; ϰϳ, χϳ werden zunächst zu
tj, thj, wie ja gutturale vor j so häufig in dentale übergehen,
und dise dann in der eben beschribenen weise zu σσ, z. b.
ἐϱέσσω auß *ἐϱετ-ϳω, vgl. ἐϱετ-μός; ϰϱέσσων, ϰϱείσσων mit um-
stellung von ϳ (vgl. μέζων, μείζων) auß *ϰϱετ-ϳων, vgl. ϰϱάτ-
ιστος; ϰοϱύσσω auß *ϰοϱυϑ-ϳω, vgl. ϰε-ϰόϱυϑ-μαι; βάσσων für
*βαϑ-ϳων, vgl. βαϑ-ύς; πίσσα = *πιϰϳα, vgl. pix, pic-is; ἥσσων
für *ἡϰ-ϳων, vgl. ἥϰιστος; ἐλάσσων für *ἐλαχ-ϳων, vgl. ἐλάχιστος,
ἐλαχύς, altind. laghús.
Nicht selten scheint σσ auß γϳ entstanden. In disen fällen
ligt, soweit sie deutlich sind, stäts ein im älteren stande der
sprache noch vorhandenes ϰ zu grunde, welches erst später,
nachdem ϰϳ bereits zu einer festen lautgruppe verbunden war,
in γ sich erweichte, z. b. πλήσσω neben πέπληγον, πληγή, ur-
sprüngl. aber lautete die wurz. πλαϰ, vgl. πλάξ, πλαϰ-ός, dtsch.
flah, lit. plàk-ti (percutere), dazu plók-sztas (planus); φϱάσσω
= *φϱαϰ-ϳω aber ἐφϱάγην mit erweichung von ϰ zu γ, vgl.
lat. farc-io u. a. Vgl. o. §. 142, 1 (woselbst bereits Curtius
programm über disen gegenstand an gefürt ward).
- Anm. 1. βϱάσσων ist mit Curtius zu βϱαχύς, nicht aber zu
βϱαδύς zu stellen.
[191]Griech. Cons. lautgesetze. Dissimilation.
- Anm. 2. Daß in fällen wie πέσσω neben πέψω, πέπων, ἐνίσσω
neben ἐνέπω, ὄσσα neben ἔπος, ὄσσε und ὄσσομαι neben ὄψ-
ομαι noch ϰϳ enthalten sei (*πεϰϳω vgl. altind. paḱ, lat. coc;
*ἐνίϰϳω = ϝιϰ-ϳω, ὄσσα = ϝοϰϳα, wurz. ϝεϰ, ϝοϰ urspr. vak
loqui; ὄσσε = *ὀϰϳε, ὄσσομαι = *ὀϰϳομαι wurz. οϰ urspr. ak,
vgl. oculus, lit, akìs) ward ebenfals §. 142 bereits berürt.
f. Lauteinschiebung zwischen die zusammen tref-
fendenden consonanten. νϱ und μϱ werden, wie in an-
dern sprachen (z. b. franz. gen-d-re auß lat. gener, generum,
*genrum; nombre auß lat. numerus, *numrus) zu νδϱ, μβϱ, z. b.
ἀν-δ-ϱός für *ἀνϱ-ος, stamm ἀνεϱ; μεσ-ήμβϱια für *-ημϱια,
vgl. ἡμέϱα; ἄ-μβϱοτος für *ἀ-μϱο-τος wurz. μϱο = lat. mor
(mori); in βϱοτός ist das μ vor β geschwunden, βϱοτός steht
für *μβϱοτος (erhalten in ἄ-μβϱοτος) und dises für *μϱο-τος,
part. praet. zu wurz. mar, mra (mori) u. a.
- Anm. In fällen wie πτόλις neben πόλις, vgl. altind. puram, purî
(urbs) wurz. par (implere); πτίσσω = *πτισϳω für *πισ-ϳω
wurz. πις = lat. pis (pinso), altind. pis, ist τ ein geschoben one
ersichtliche veranlaßung. Es scheinen dialectische formen zu sein.
g. Die außstoßung von s zwischen consonanten, wie
z. b. in τέτυφ-(σ)ϑε ist bekant.
h. Umstellung wie in ϑάϱσος neben ϑϱάσος, δέδοϱϰα
neben ἔδϱαϰον. Es ist nicht leicht zu ermitteln, welche stellung
hier die primitive ist.
- Anm. τέ-ϑνη-ϰα neben ἔ-ϑαν-ον u. dergl. sind uralte variatio-
nen von wurzelformen und nicht als folge griechischer lautgesetze
zu betrachten. Vgl. unten die lere von den wurzeln.
Hierher gehört der bekante wandel von
momentanen dentalen lauten vor τ und ϑ in σ, der sich auch im
eranischen, lateinischen, slawodeutschen findet, z. b. ἀνυσ-τός
zu ἀνύτ-ω; ᾀσ-τέον zu ᾄδ-ω, πεισ-ϑῆναι zu πείϑ-ω u. s. f.
Bisweilen werden zwei auf einander folgende aspiraten
durch wandlung der ersteren oder der zweiten in den nicht
aspirierten laut vermiden, z. b. ἐ-τέ-ϑην, ἐ-τύ-ϑην für *ἐϑε-
ϑην, *ἐ-ϑυ-ϑην wurz. ϑε, ϑυ, vgl. τί-ϑη-μι, ϑύω; σώϑη-τι für
*σω-ϑη-ϑι, die endung der 2. imper. ist ϑι urspr. dhi, vgl.
ϰλῦ-ϑι urspr. kru-dhi u. a. Diser fall scheint nur bei ϑ ein
zu treten.
[192]Griech. Cons. lautgesetze. Aspiraten. Außlaut.
Wenn nach den lautgesetzen wur-
zelaußlautende aspiraten in nicht aspirierte consonanten über
gehen, so rükt die aspiration auf den wurzelanlaut τ; das selbe
findet statt, wenn auf den wurzelaußlaut ϑ folgt, obgleich vor
ϑ die aspirata bleibt, z. b. stamm τϱιχ, vgl. τϱιχ-ός, aber *ϑϱιϰ-σ,
d. i. ϑϱίξ; τϱέχ-ω aber ϑϱέξομαι, τύφω aber ϑύψω, τϱέφω
aber ἐϑϱέφϑην u. s. f. In fällen, wie der zulezt an gefürte
schin dem sprachgefül die aspiration vor ϑ als durch dises
bedingt, und also auch bei wurzelaußlaut z. b. β, π statt fin-
dend, demnach ist der wurzelaußlaut erst durch das zurüktre-
ten der aspiration auf den anlaut als aspirata bezeichnet.
Von zwei an lautenden
consonanten wird nur der erste in der reduplicationssilbe be-
laßen, daher werden die aspiraten nur durch den ersten be-
standteil (χ d. i. kh durch ϰ, ϑ d. i. th durch τ, φ d. i. ph
durch π), redupliciert z. b. ἵ-στη-μι, d. i. *σι-στη-μι für sti-
stâ-mi, γέ-γϱαφ-α für *γϱε-γϱαφ-α, πέ-φυ-ϰα für *φε-φυ-ϰα,
τί-ϑη-μι für *ϑι-ϑη-μι, ϰί-χϱη-μι für *χι-χϱη-μι und diß für
*χϱι-χϱημι u. s. f.
Bei mereren consonantenverbindungen fält auch diser erste
consonant hinweg, so daß anstatt der reduplication nur ein
vocal erscheint, z. b. ἔ-γνω-ϰα für *γε-γνω-ϰα, ἔ-ϰτον-α für
*ϰε-ϰτον α u. a.
Außlaut.
Im außlaute duldet das griechische nur die consonanten ς
und ν (meist auß m), z. b. πόσι-ς urspr. pati-s, πόσι-ν urspr.
pati-m, und ferner ϱ, z. b. πάτεϱ, vocativ grundf. patar, nom.
sg. πατήϱ, grundf. patars (ϰ findet sich nur in ἐϰ auß ἐξ ver-
kürzt und in οὐϰ, das gewiss ebenfals eine verkürzte form ist).
Andre consonanten werden ab geworfen oder in ς oder ν ge-
wandelt.
So wird das im indogermanischen ursprünglich häufig auß
lautende t im griechischen ab geworfen (vgl. lat. novô auß novôd
urspr. navât ablat. sg.) oder in ς gewandelt, z. b. ἔφεϱε, altind.
u. urspr. ábharat, ἔφν altind. ábhût, ἔφεϱον (3. plur.) urspr.
[193]Griechisch. Consonant. lautgesetze. Außlaut.
abharant; τέϱας für *τεϱατ, vgl. gen. τέϱατ-ος; εἰδός (ntr.) für
*εἰδϝοτ, vgl. gen. εἰδότ-ος u. s. f. Durch abfall von ι kam ϑ
in den außlaut; wenn diß statt fand, so ward auch ϑ in ς ge-
wandelt, z. b. δός auß *δοϑ für *δο-ϑι urspr. da-dhi (imper.
aoristi der wurz. δο, urspr. da, dare). δ fält ab: παῖ (vocativ)
für *παιδ.
Das im indogermanischen besonders als accusativzeichen
und element der 1. sg. verbi so häufig auß lautende m wird
im griechischen stäts durch ν ersezt, z. b. πόσι-ν, altind. und
grundf. páti-m; νέϝο-ν grundf. u. altind. náva-m; ἔφεϱο-ν (1. sg.)
grundf. u. altind. ábhara-m u. s. f. Seltner wird es ab gewor-
fen, in welchem falle das vorher gehende a gedent ward und
daher auch in der vor ligenden sprache als ᾰ blib und nicht in
ε gewandelt ward, z. b. πατέϱα = *πατεϱᾱ auß *πατεϱ-αν
grundf. patar-am; ἔδειξα = *ἐ-δειϰ-σᾱ grundf. der endung -sa-m,
vgl. altind. á-dik-śam; δέϰα vgl. lat. decem, altind. dáçan u. a.
Von mereren consonanten, deren lezter s ist, werden in
der regel die lezten ab geworfen, im nom. sg. meist mit ersaz-
denung, z. b. φέϱων für *φεϱοντ-ς, μητήϱ für *μητεϱ-ς, ποιμήν für
*ποιμεν-ς, εὐμενής für *εὐμενες-ς; doch bleibt auch s, wie z. b.
τιϑείς, διδούς u. s. f. auß *τιϑεντ-ς, *διδοντ-ς und, in gewissen
fällen, auch die vorher gehenden laute, z. b. φάλαγξ, λύγξ,
φλόξ, ὄψ, sogar ἕλμιν(ϑ)ς, πείϱιν(ϑ)ς, ἅλς, die auf unbeliebte
verbindungen auß lauten. Ist der lezte consonant nicht s, so
schwindet bei ντ nur das τ, z. b. γέϱον(τ), vocativ für *γεϱοντ
(nomin. γέϱων für *γεϱοντς); in andern fällen (die indes nur
ser selten sind) müßen beide consonanten fallen, z. b. γάλα
(nom. sg.) für *γάλα-ϰτ, ἄνα (vocativ) für *ἄναϰτ.
Das bekante ν ἐφελϰυστιϰόν ist kein rest einer früheren
sprachperiode, sondern eine speciell griechische, junge erschei-
nung, z. b. ἔφεϱε-ν, altind. und grundf. ábharat; in disem falle
trat das ν also erst ein, nachdem das ursprünglich auß lautende
t geschwunden war und das sprachgefül sich gewönt hatte, die
form als vocalisch schließend zu empfinden; φέϱουσι-ν altind.
u. grundf. bháranti; ποσσί-ν grundf. pad-sva.
In der 1. pers. plur. verbi ist diß ν fest gewachsen; die
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 13
[194]Lateinisch. Consonanten. c, q.
grundform der endung der selben ist -masi, darauß ward -mas,
das im dorischen -μες erhalten ist; durch den hier und da auch
im griechischen ein tretenden schwund des auß lautenden s
(der bekantlich im lateinischen ser häufig ist), wie z. b. in
οὕτω neben und für οὕτως, entstund auß -μες nun *-με und
an dises -με wuchs das anfangs warscheinlich ephelkystische ν
an, so kam -μεν zu stande, z. b. altind. und urspr. bhárâmasi,
dann altind. bhárâmas, griech. (dorisch) φέϱομες, *φεϱομε, φέ-
ϱομε-ν (an einen übergang von s zu n ist hier so wenig zu den-
ken, als sonst irgend wo auf indogermanischem sprachgebiete).
Consonanten des lateinischen.
Die übersicht der laute gibt §. 44.
Bezeichnend für das lateinische ist vor allem der mangel
der aspiraten, welche durch die entsprechenden nicht aspirier-
ten tönenden consonanten und durch die unursprünglichen spi-
ranten f, h vertreten werden; lezteres in der weise, daß f (das
im inlaute durch b vertreten wird) alle ursprünglichen aspira-
ten ersetzen kann, h aber nur das ursprüngliche gh.
k (geschriben c, q) bleibt stäts unverändert, fält aber hier
und da im anlaute ab; es geht nicht in p oder t über, wie in
den andern indogermanischen sprachen. Die ursprünglichen
spiranten sind sämtlich erhalten; doch geht s ser oft in r über,
j und v fallen oft auß und wechseln in i und u.
Die consonanten sind zalreichen lautgesetzen unterworfen;
assimilation, dissimilation, wandlung von t zu s, von s zu r,
außfall von consonanten, abfall der selben im anlaute und auß-
laute (lezteres findet in noch höherem grade im archaischen
latein statt) entfernen den consonantismus diser sprache weit
vom ursprünglichen stande der indogermanischen ursprache.
Beispile.
Ursprüngl. momentane stumme nicht aspirierte
consonanten.
1. Urspr. k = latein. k, d. i. c, q. Häufig erzeugt nach
einem noch nicht ermittelten lautgesetze das ursprüngliche k
[195]Lateinisch. Consonanten. c, q.
ein v nach sich (vgl. das gotische). Die schrift ersezt, mit we-
nigen archaischen außnamen, k durch c, vor u vor andern voca-
len = v gilt in gleicher function q (in früherer zeit auch vor
silbebildendem u, z. b. pequnia), z. b. wurz. coc in coc-tus, coqu-o
urspr. kak, vgl. griech. πεπ, altind. paḱ; quinque urspr. kan-
kan, vgl. griech. πέντε; wurz. quo in quo-d u. a., urspr. ka,
vgl. griech. πο, älter ϰο; -que altind. -ḱa urspr. ka, vgl. griech.
τε quatuor für *quatuores urspr. katvâras, vgl. griech. τέττα-
ϱες; stamm cord in cor für cord, gen. cord-is, urspr. kard, vgl.
griech. ϰαϱδ-ία; wurz. qui in qui-s, qui-d urspr. ki, vgl. griech.
τί-ς, τί; wurz. qui in qui-es urspr. ki, vergl. griech. ϰι in
ϰεῖ-ται; wurz. clu in cluo, in-clu-tus urspr. kru, vgl. griech.
ϰλυ; wurz. scid in scindo, urspr. skid, vgl. gr. σχιδ; canis für
*cvan-is urspr. kvan-s, vgl. gr. ϰύων, ϰυν-ός; wurz. dic in deic-o,
dîc-o, -dĭc-us urspr. dik, vgl. gr. διϰ in δείϰ-νυμι; decem urspr.
dakan, vgl. gr. δέϰα; wurz. luc in luc-eo, louc-em, lûc-em urspr.
ruk, vgl. griech. λυϰ; wurz. loc, loquin, loc-utus, loqu-i urspr. rak,
vgl. griech. λαϰ; wurz. voc für *vec in vôc-em, voc-are urspr.
vak, vgl. griech. ϝεπ; suffix -co, fem. -ca, urspr. -ka, fem. -kâ,
z. b. in civi-cu-s, uni-cu-s, vgl. griech. -ϰο-ς u. a.
Wie im griechischen (§. 124, 1), so ist auch im lateinischen
bisweilen k in g erweicht, z. b. vi-gin-ti, tri-gin-ta neben vi-
cen-sumus, tri-cen-sumus (vigesimus, trigesimus, vgl. εἴ-ϰο-σι, τϱιά-
ϰον-τα) -gin-, -cen- ist hier rest von (de)-cem grundf. dakan;
neg-otium = *nec-otium; gubernator neben ϰυβεϱνήτης u. a.
- Anm. 1. Die außsprache des c vor i ward, wie in allen sprachen,
frühe die eines palatalen ḱ (etwa wie k in unserem worte kind);
stärker trat die affection des c vor i vor einem andern vocale her-
vor, da in diser stellung i dem j fast gleich wird, so daß die
verbindungen cio, ciu u. s. f. nicht nur wie ḱio, ḱiu, sondern
frühe schon (ganz so wie auch in andern sprachen das selbe statt
findet) wie tjo, tju lauteten, daher die häufigen schwankungen in
der schreibung. Die einer späteren lautstufe an gehörige wand-
lung des i, j nach t in s, ś (tjo = tśo) trat erst in der ro-
manischen epoche auf. - Anm. 2. p ist demnach im lateinischen nicht = urspr. k (vgl.
aber oskisch und umbrisch); worte, in denen p = urspr. k er-
scheint, sind folglich entlent. So ist Petronius, Epona keltisch,
vgl. lat. quatuor, equus; popina ist oskisch, vgl. lat. coquina,
13*
[196]Latein. Consonanten. t, p; g, gu, v = urspr. g.
coquere; palumbes, neben dem lateinischen columba, muß wol
ebenfals auß dem oskischen stammen; ist lupus wirkl. = griech.
λύϰος, so ist es auch auß dem oskischen, sabinischen oder umbri-
schen auf genommen; eben so muß limpidus neben liquidus
dialectische, ursprünglich nicht römische nebenform sein, wenn
die beiden worte wirklich, wie oft behauptet wird, identisch sind.
2. Urspr. t = lat. t, z. b. tu urspr. tu, vgl. griech. τύ,
σύ; wurz. to in is-tu-d urspr. ta, ta-t, vgl. griech. τό; wurz. ten
in ten-tus, ten-or, ten-eo, ten-do urspr. tan, vgl. griech. τα, τεν;
wurz. tri in três, trîs, treis urspr. tri, vgl. griech. τϱι in τϱεῖς;
wurz. sta in sta-tus, sta-re urspr. sta, griech. στα; wurz. teg
urspr. stag, griech. στεγ; wurz. pet in pet-o, im-pet-us, penna
auß pes-na, *pet-na urspr. pat (volare, cadere), vgl. griech. πετ;
wurz. vert in vert-ere urspr. vart; sufflx -to fem. -ta = -tâ, vgl.
griech. -το, -τη, z. b. in da-tu-s urspr. da-ta-s, griech. δο-τό-ς;
-t 3. sg., -nt 3. plur. verbi urspr. -ti, -nti, vgl. griech. -τι, ντι,
z. b. fer-t, fero-nt(i), altind. u. urspr. bhára-ti, bhára-nti, griech.
φέϱε-(τ)ι, φέϱο-ντι u. s. f.
- Anm. 1. Über t im außlaute, s. §. 159.
- Anm. 2. Die wandlung von ti vor vocalen in ts (z) trat erst im
romanischen ein.
3. Urspr. p = latein. p, z. b. wurz. po in po-tus, urspr.
pa, vgl. griech. πο in πό-σις; in bi-bo ist p zu b erweicht; *po-
ti-s in impos, im-po-tem, compos, com-po-tem, po-t-est, ut-po-te, -pte,
altind. u. urspr. pá-ti-s, griech. πό-σι-ς, wurz. urspr. pa (tueri);
pa-ter urspr. pa-tar-s, vgl. griech. πα-τήϱ, von der selben wur-
zel; wurz. ple in ple-nus urspr. pra, par, vgl. griech. πλε;
ped-is altind. u. urspr. pad-ás, vgl. griech. ποδ-ός; wurz. tep
in tep-eo, tep-or urspr. tap; wurz. sop in sop-ire, som-nus für
*sop-nus, altind. u. urspr. svap, vgl. griech. ὑπ u. s. f.
- Anm. Auffallend ist die wandlung des ursprünglichen p in f in
der wurz. flu, flug (fluc-tus), lezteres weiter gebildet auß flu in
flov-o, flu-o, wodurch die modification in der function eine laut-
liche bezeichnung erhielt. Die ursprünglichkeit des p ist durch
die übrigen sprachen bezeugt, vgl. πλυ, altind. plu, slaw. plu u. a.
Momentane tönende nicht aspirierte consonanten.
1. Urspr. g = lat. g, gu, v.
Lat. g = urspr. g, z. b. wurz. gen in gi-g(e)n-o, gen-us,
[197]Lateinisch. Consonanten. g, gu, v = g.
gna in gnâ-tus, urspr. gan, vgl. griech. γεν; wurz. gno in gnô-
sco, gnô-tus urspr. gna auß gan um gestelt, vgl. griech. γνο in
γι-γνώ-σϰω; genu vgl. gr. γόνυ, altind. ǵấnu, got. kniu; wurz.
ag in ago urspr. ag, praes. ag-âmi, griech. αγ in ἄγ-ω; wurz.
jug in jugum, jung-o, altind. juǵ, jug, urspr. jug, vgl. griech.
ζυγ u. s. f.
Lat. gu, v = urspr. g. Wie auß urspr. k sich qu, d. i. kv
entwickelte, so auch auß g ein gu; diß gv ist aber nur nach
n erhalten, zwischen vocalen hat sich das g dem v assimiliert
(one längung vorher gehender kürze), so daß v also allein noch
vorhanden ist. Auf dise weise geschah es, daß lat. v zwischen
vocalen = urspr. g sein kann, z. b. wurz. nig, erhalten in nix
= nig-s, vgl. lit. snìg-ti (ningere), snë́g-as (nix), ning-ere neben
ningu-ere, aber es heißt nĭvis auß *nigvis, grundf. *snig-as;
wurz. vig für gvig, vgl. deutsch quick, in vixi = *vig-si, vic-
tus = *vig-tus, aber viv-us, viv-o für *vigv-us, *vigv-o.
- Anm. 1. fluxi, fluc-tus, con-flug-es neben fluo, d. i. *flov-o zeigen
zwar eine lateinische weiterbildung der wurzel flu zu flug; wir
sehen jedoch keinen grund für die anname, daß fluo, flov-o nebst
fluv-ium den weg durch *flogv-o, *flugv-ium genommen habe
(Corssen I, 44); hier ist eben die ältere wurzelform one g er-
halten. - Anm. 2. Vgl. das unter gh §. 153, 1 bei gebrachte und die laut-
gesetze §. 157, 1, a. - Anm. 3. In bos, bovis = griech. βοῦς, βοϝός = altind. gâus
(gen. gôs ist villeicht vertreter eines urspr. gav-as), vgl. ahd.
chuo, ist b = urspr. g, eine dem lateinischen sonst fremde laut-
entsprechung; das wort ist demnach warscheinlich entlent. - Anm. 4. c und g ward in der ältesten lateinischen schrift nicht
geschiden, wol aber in der sprache selbst. - Anm. 5. Vor n pflegt man jezt das lateinische g in der auß-
sprache in gutturales ṅ zu wandeln, d. h. das g assimiliert sich
dem n seiner quantität nach, es wird nasal; anstatt mag-nus,
dig-nus u. s. f., spricht man maṅ-nus, diṅ-nus. Es ist diß der
selbe lautwechsel, wie in schon die ältere sprache in Sam-nium für
*Sab-nium, som-nus für *sop-nus zeigt. Dennoch können wir jene
außsprache des gn als ṅn nicht für alt halten, da die römischen
grammatiker der selben nicht erwähnen. Verschiden von diser
späteren außsprache des gn ist die art, wie gn in den romani-
schen sprachen behandelt wird, wo es zu palatalem ñ ward, in-
dem g zu j erweicht mit n verschmolz, z. b. ital. magno, degno
[198]Latein. Consonanten. d, l = urspr. d; b.
(sprich maño, deño), franz. magne, digne (sprich mañ, diñ).
Durch romanischen einfluß kann also die erwähnte außsprache
des lat. gn nicht entstanden sein.
2. Urspr. d = lat. d, selten l.
Lat. d = urspr. d, z. b. wurz. da in dă-tus, altind. und
urspr. da, vgl. griech. δο; wurz. dom in dom-are, altind. und
urspr. dam, vgl. griech. δαμ-άω; dom-us altind. u. urspr. dam-
as, vgl. griech. δόμ-ος; dent-em altind. u. urspr. dánt-am, vgl.
griech. ὀ-δόντ-α; wurz. vid in vid-ere, altind. u. urspr. vid,
vgl. griech. ϝιδ; wurz. ed in ed-o, altind. u. urspr. ad, vgl.
griech. ἐδ; wurz. sed in sed-eo, altind. u. urspr. sad, vgl. griech.
ἑδ u. a.
Lat. l = urspr. d anlautend und, seltner, inlautend vor
vocalen, z. b. lacrima auß dacrima (Festus), vgl. δάϰϱυ, got.
tagr, ahd. zahar; lêvir vgl. δαϝήϱ, altind. stamm dêvár nom.
sg. dêvấ, auch als a-stamm dêvará-s, ahd. zeihhur, lit. dëveri-s
(mir nur auß dem wörterbuche bekant), ruß. deverĭ (der vocal
der wurzelsilbe entspricht sich in den verschidenen sprachen
nicht, da er teils als a, teils als ai, oder deren vertreter er-
scheint); lingua älter dingua, vgl. got. tuggo, unser zunge; ol-
ere neben od-or, vgl. ὄδ-ωδ-α, ὀδ-μή, ὀσμή. Bisweilen werden
beide formen, die mit d und die mit l überliefert, so im-pel-
imentum neben im-ped-imentum von stamm ped (pes), de-lic-are
neben de-dic-are u. a.
3. b der andern indogermanischen sprachen = lat. b, z.
b. bal-are, vgl. βλη-χή, βλη-χάομαι, slaw. ble-ją, ahd. blâ-Ʒan
(balare), ein onomatopoietisches wort; brevis entsprechend dem
griech. βϱαχύς, slaw. brŭzŭ (velox); wurz. lab in lâb-itur, lap-
sus = *lab-tus, altind. wurz. lab, lamb in lámb-atê (labitur, cadit).
Momentane tönende aspirierte consonanten.
- Anm. 1. f kann sämtliche aspiraten vertreten und hat seine haupt-
sächliche stellung im anlaute; inlautend tritt in der regel b für f ein. - Anm. 2. ch, th, ph sind keine lateinischen, sondern griechische
laute, die erst verhältnismäßig spät in gebrauch kamen und der
älteren sprache noch unbekant sind. Das genauere über die ge-
schichte diser schreibungen gehört in die lateinische special-
grammatik.
[199]Latein. Conson. g, gu, v = urspr. gh; h = urspr. gh.
Lat. g = urspr. gh, z. b. wurz. ang in ang-o, ang-ustus,
ang-or, ang-ina, urspr. angh, griech. ἀγχ, ἀχ in ἄγχ-ω, ἄχ-νυμαι,
ἄχ-ος, altind. aṁh, got. agg urspr. agh; wurz. lig in lig-urio, li-
n-g-o urspr. righ, altind. rih, lih, griech. λιχ in λείχω, λίχνος,
got. lig; wurz. mig in mi-n-go, mejo für *migio, urspr. migh,
altind. mih, griech. μιχ in ὀ-μιχ-έω, ὀ-μίχ-λη.
Lat. gu, v = urspr. gh (vgl. §. 152, 1 und §. 157, 1, a),
z. b. angu-is, angu-illa, vgl. griech. ἔχ-ις, ἔγχ-ελυς, altind. ah-is,
d. i. *agh-is, lit. ang-ìs (anguis), ung-urýs (anguilla), ahd. unc;
brev-is für *bregvis, griech. βϱαχύς; lev-is für *legvis, vgl.
ἐ-λαχύς, altind. laghús. In brevis und levis ist die entstehung
des v = gu nicht sowol durch wandlung von urspr. gh in gv
zu erklären, als durch antritt eines secundären i an die einst
vorhandenen stämme bregu, legu = urspr. braghu, raghu. Nichts
desto weniger stekt aber auch so in v das ursprünglich vor-
handene gh, indem sich der leztere laut oder vilmer das dem
urspr. gh im lateinischen entsprechende g dem v assimiliert hat.
- Anm. Lateinisches g kann also = urspr. gh und = urspr. g
sein; in fällen wie mag-nus neben μέγ-ας, ego neben ἐγώ (s. §.
144, 1) werden wir durch das altindische mah-ánt, ahám uns
nicht bestimmen laßen, lat. g = urspr. gh an zu setzen, zumal
auch das gotische mik-ils, ik den nicht aspirierten laut vor-
auß sezt.
Lat. h = urspr. gh, z. b. hiem-ps, vgl. griech. χιών (nix),
χεῖμα (procella), χειμών (hiemps), altind. himá-s (nix, frigidus),
slaw. zima (hiemps, frigus), lit. żëmà hiemps); homo älter
hemo, stamm homen, hemen, vgl. got. guma, stamm guman, lit.
żmů, stamm żmen, die sämtlich auf ghaman hin weisen; holus,
helus, helvola, wurz. ghar (virescere, virere), vgl. χλο-ή, altind.
hari-s (luteus, viridis), slaw. zelenŭ (viridis), zel-ije (olera), lit.
żel-ù (viresco), żolė́ (herba); haedus (Cod. Medic. Vergilii), vgl.
ahd. geiƷ, der anlaut dises wortes war urspr. also gh; wurz.
veh, praes. veh-o, urspr. vagh, praes. vagh-âmi, altind. vah,
praes. váh-âmi, altbaktr. vaz, praes. vaz-âmi, gr. ϝεχ in ϝόχ-ος,
got. vag in (ga-)vig-a, vig-s (via), slaw. vez, praes. vez-ą, lit.
veż, praes. veż-ù.
[200]Latein. Consonanten. h, f = urspr. gh.
Das h schwindet leicht völlig, wie z. b. in anser für *han-
ser, vgl. altind. haṁsá-s, ahd. gans stamm gansi, slaw. gąsĭ,
lit. żąsì-s; olus für älteres holus, vgl. χλο-ή, deutsch gruo-ni,
wurz. ghar, ghra; via wol auß *vehia von wurz. veh, vgl. das
völlig entsprechende litauische vėżė́ (orbita), d. i. *veżja, grundf.
des litauischen und lateinischen wortes ist also vagh-jâ (vgl.
Curtius, gr. etym. I, nr. 169, pg. 161).
- Anm. Nicht selten findet sich schon frühe auch h da, wo es nicht
stehen solte, z. b. humerus für umerus, vgl. griech. ὦμο-ς, alt-
ind. áṁsa s und áṁsa-m, got. amsa (stamm amsan); später
ward h bekantlich vilfach an lautenden vocalen vor gesezt, so
wie überhaupt im gebrauche des h sich vilfaches schwanken schon
frühe zeigt.
Lat. f = urspr. gh, z. b. fel stamm fell, warscheinlich auß
*felti, vgl. χόλ-ος, χολ-ή, ahd. galla, slaw. żlŭ-čĭ; fer-vor, vgl.
altind. ghar-má-s (calor), slaw. grě-ti (calefacere), gor-ěti (ardere),
deutsch warm für *gwarm auß *gar-m, welche sämtlich auf eine
wurzel urspr. ghar hin weisen (das griechische ϑεϱ-μός, ϑέϱ-ω
hat, wenn es wirklich hierher gehört, eine ursprünglich vil-
leicht dialectische veränderung der an lautenden aspirata χ zu
ϑ erfaren); fu-tis (vas aquarium), fû-tilis (siehe Curtius, gr.
etym. I, nr. 203, pg. 172), wurz. fu-d (fundo), vgl. griech. wurz.
χυ in χέϝ-ω, deutsch gu-t in got. giut-an (fundere).
Da f und h einem urspr. gh entsprechen und da h leicht
völlig hinweg fält, so erklären sich formen wie foedus neben
hoedus, haedus und oedus, aedus, edus (vgl. geiƷ); folus neben
holus und olus (wurz. ghar); fostis neben hostis (gotisch gasts
weist bestimt auf das ursprünglich an lautendes gh hin; die be-
deutung stimt in dem tertium ‘fremder, fremdling’), fordeum
neben hordeum (ahd. gersta, dessen s ein geschoben oder im
lateinischen auß gefallen sein kann, zeugt von ursprünglich an
lautendem gh; wenn ϰϱῑϑή hierher gehört, so müste man wol
annemen, daß es in folge von dissimilation für *χϱῑϑη auß
*χϱῐστη stehe, ϑ wäre dann auß στ, σϑ entstanden, und ι zum
ersatze gedent worden) u. a. dergl.
- Anm. Ein beispil für b = urspr. gh scheint sich nicht zu finden.
[201]Lateinisch. Consonanten. d, f, b = urspr. dh.
Lat. d = urspr. dh, z. b. mediu-s = urspr. und altind.
mádhja-s, griech. μέσσος, d. i. *μεϑϳος, got. midjis; aed-es (ur-
sprünglich ‘feuerstätte’, vgl. aes-tus, aes-tas auß *aed-tus, aed-tas),
wurz. urspr. idh, gr. αἴϑ-ω, altind. indh, vgl. ahd. eit (ignis);
vidua vgl. altind. vidhavâ, got. viduvô.
So geschah es, daß im lateinischen die wurzeln urspr. dha
(ponere) und da (dare) zusammenfließen konten, z. b. ab-do,
con-do, crê-do nicht von da-re, sondern von einem als simplex
verlorenen, dem griech. τί-ϑη-μι, altind. da-dhâ-mi, ahd. tuom
entsprechenden verbum, vgl. altind. çrád-dadhâmi (credo).
- Anm. Ganz vereinzelt ist r = dh in meri-dies auß *medi-dies
(medius = mádhjas, vgl. μεσ-ημβϱία, mit-tag, altind. madh-
jâhna-s auß madhja medius und ahan dies); in ar = ad (ar-
vorsus u. s. f.) ist die zusammenstellung mit worten der verwan-
ten sprachen nicht leicht (vgl. den regelmäßigen wechsel von d
und r im umbrischen, s. u.).
Lat. f = urspr. dh, z. b. fûmus, vgl. altind. dhûmás, lit.
dû́mai (plur.; nom. sg. wäre dûma-s), slaw. dymŭ, ahd. toum,
griech. ϑύ-ος (suffimentum), wurz. dhu; for-is, for-as vgl. griech.
ϑύϱα, got. daúr, ahd. tor, turi, slaw. dverĭ, lit. durýs, altind.
aber dvâra-m, dvâr, ved. dur mit d, nicht mit dh, auf welches
die süd- und nordeuropäischen sprachen hin weisen; fer-us,
fer-a, fer-ox, vgl. griech. ϑήϱ, ϑηϱ-ίον; fir-mus, frê-tus, frê-
num, vgl. altind. wurz. dhar (tenere, sustinere).
In rûfus = got. raud-s, grundf. râudha-s, wurz. rudh steht
auch inlautend f = urspr. dh, wärend rub-er, rub-igo nach der
regel b für f zeigen; vgl. altind. rudh-irá-m (sanguis), griech.
ἐ-ϱυϑ-ϱός.
Lat. b = urspr. dh im inlaute, z. b. rub-er wurz. rub, alt-
ind. rudh, got. rud, ahd. rut, slaw. rŭd (rubere, rubescere);
verbum ist wol dem gotischen vaúrd, hochd. wort gleich zu
setzen und demnach eine grundform *vardha-m für verbum wie
für vaurd an zu nemen, vgl. lit. várda-s (masc. nomen); barba
steht dem altnordischen bardhr, hochd. bart zur seite, dem lat.
[202]Latein. Consonanten. b, f = urspr. bh.
b = deutsch d, t kann nur ein ursprüngliches dh zu grunde
ligen.
- Anm. In rŭtilus ist t auf keinen fall der wurzelaußlaut von urspr.
rudh. Das wort ist dunkel; villeicht ist -tilu-s suffix, vor wel-
chem der wurzelaußlaut ungewönlicher weise geschwunden ist.
3. Urspr. bh = lat. b, f.
Lat. b = urspr. bh im inlaute, z. b. ambo = griech. ἄμφω,
vgl. altind. ubhâú älter ubhấ, got. bai neutr. ba (mit verlore-
nem anlaute), slaw. oba, grundf. des stammes ist ambha; lub-et
altind. wurz. lubh (cupere), got. lub (in liub-s carus, lubô amor
u. a.); nêbula, nûbes, vgl. griech. νεφέλη, νέφος, altind. nábhas
(coelum, älter nubes), ahd. nëbal, slaw. nebo (coelum); -bî in
ti-bî, i-bî, (c)u-bî entspricht dem altind. -bhjam, suffix des dat.
sg. (nur in gewissen fällen erhalten, z. b. tú-bhjam = latein.
ti-bî); -bus, suffix des dat. ablat. plur. = altind. -bhjas, vgl.
griech. -φιν, beiden gemeinsam ist das element bhi; die wurzel
fu lautet in den mit ir zusammengesezten verbalformen mit b
an, z. b. ama-bam, ama-bo für *ama-fam, *ama-fo (s. unten bei
der conjugation) u. a.
- Anm. In mi-hi steht -hi für das zu erwartende -bi, wie auch im
altindischen má-hjam für *má-bhjam steht, vgl. ti-bi, altind.
tú-bhjam; der anlaut m scheint in beiden sprachen dissimilie-
rend auf das bh gewirkt zu haben. Man darf also nicht daran
denken, der indogermanischen ursprache bereits ein ma-hjam zu
zu schreiben, vilmer konte hier die form nur ma-bhjam (oder
ma-bhiam, ma-bhijam, vgl. §. 3) lauten, dise grundform gestal-
tete sich nun im latein. zu mihei, im altind. zu ma-hjam.
Lat. f = urspr. bh, z. b. wurz. fa in fâ-ri, fâ-tum, urspr.
bha, vgl. griech. φα in φη-μί, φω-νή, φά-τις, altind. bhâ-ś
(loqui); wurz. fer praes. fer-o, vgl. griech. φεϱ in φέϱ-ω, urspr.
u. altind. bhar praes. bhár-âmi; wurz. fu in fu-turus, fu-am,
altind u. urspr. bhu, griech. φυ in φύ-ω, φυ-τός; wurz. fug in
fug-io, fug-a, vgl. griech. φυγ in φεύγω, φυγή, altind. bhuǵ,
got. bug, praes. biuga, urspr. bhug; frâter urspr. bhrâtar-s, vgl.
griech. φϱάτωϱ, altind. bhrấtâ, got. brôthar u. s. f.
[203]Lateinisch. Consonanten. j, i = urspr. j; s.
Consonantische dauerlaute.
Spirantenj, s, v.
1. Urspr. j = lat. j (geschriben i), i.
Lat. j = urspr. j, an lautend und inlautend zwischen voca-
len, z. b. wurz. jug, altind. juǵ, griech. ζυγ, urspr. jug in ju-
n-g-o, jug-um = urspr. u. altind. jugá-m, ζυγόν, got. juk, alt-
bulg. igo = *jŭgo; pronominalwurzel ja in ja-m, vgl. lit. jau,
got. ju (jam); jus vgl. altind. jûśa-s, jûśa-m (pease soup, the
water in which pulse of various kinds has been boiled; Wil-
son), slaw. jucha; juvenis, vgl. altind. júvan, got. juggs, slaw.
junŭ, lit. jaúnas; major auß *mag-jor mit dem comparativsuff.
-jor, älter -jos, griech. -ιον, altind. -jaṁs, -îjaṁs, urspr. jans;
mejo = *migjo, d. i. *migh-jâmi, eine praesensbildung mittels
urspr. ja, wie der gleichen sich in allen indogermanischen spra-
chen finden (s. u. bei der conjugation) u. s. f.
Lat. i = urspr. j nach consonanten, z. b. medius = urspr.
u. altind. mádhjas, vgl. μέσσος = *μεϑϳος; patr-iu-s, urspr.
patar-ja-s, vgl- πάτϱ-ιο-ς, altind. pitr-ja-s, stamm urspr. patar
mit suffix ja; siem, siet urspr. as-jâ-m, as-jâ-t, vgl. εἴην, εἴη
auß *ἐσ-ϳη-μ, *ἐσ-ϳη-τ, altind. sjâ-m, sjâ-t, opt. praes. der wurz.
as (esse) u. a.
Nicht selten schwindet j völlig, z. b. minor, minus für *min-
ior, *min-ius, suffix urspr. -jans, den comparativ bildend; ero,
eris, erit zunächst auß *eso, *esis, *esit für *esjo, *esjis, *esjit,
grundf. as-jâ-mi, as-ja-si, as-ja-ti, eine praesensbildung mittels
ja von wurzel as, welche futurbeziehung auß drükt, vgl. altind.
s-jấ-mi, s-já-si, s-já-ti, griech. ἔσομαι für *ἐσ-ϳο-μαι; -bus suffix
des dat. abl. plur. urspr. -bhjams, altind. -bhjas; moneo urspr.
mânajâmi, causativum von wurz. man (cogitare) u. a.
2. Urspr. s = lat. s, r.
Lat. s = urspr. s. Anlautend, meist auch auß lautend,
inlautend vor stummen consonanten; zwischen vocalen tritt s in
der classischen sprache fast stäts in r über. Vor tönenden conso-
nanten fält es teils auß (assimiliert sich), teils geht es ebenfals
in r über (s. u. die lautges.), z. b. wurz. sed (sed-ere), urspr.
[204]Lateinisch. Consonanten. v, u = urspr. v.
und altind. sad, griech. ἑδ, got. sat; septem altind. und urspr.
sáptan, griech. ἑπτά; wurz. sta, z. b. in sta-tus, urspr. sta,
griech. στα, altind. stha; wurz. ster in ster-no, altind. u. urspr.
star, griech. στοϱ; wurz. es in es-t, urspr. u. altind. as, griech.
ἐσ in ἐσ-τί; wurz. us in ur-o, us-tus, urspr. us, altind. uś; -s, suffix
des nom. sg., urspr. u. altind. -s, griech. -ς, got. lit. -s, z. b.
equo-s urspr. akva-s, griech. ἵππο-ς, altind. áçva-s; suffix -os,
-es, z. b. gen-os, gen-us, gen. gen-er-us, gen-er-is, urspr. gan-as,
gen. gan-as-as, vgl. griech. γέν-ος, *γεν-εσ-ος = γένους, altind.
ǵán-as, gen. ǵán-as-as u. s. f.
Lat. r = urspr. s, vgl. unten die lautgesetze §. 157, 1. f.
3. Urspr. v = lat. v (in der schrift von u nicht geschi-
den), u.
Lat. v = urspr. v, z. b. wz. vid in video, altind. u. urspr. vid,
griech. ϝιδ; wurz. vom für *vem in vom-o, altind. u. urspr. vam,
griech. ϝεμ; wurz. voc für *vec in voc-are, vôc-em, urspr. vak,
altind. vaḱ, griech. ϝεπ; wurz. veh in veh-o, urspr. vagh, altind.
vah, griech. ϝεχ, got. vag; wurz. vol in vol-t, altind. u. urspr.
var (velle); ovi-s urspr. avis, lit. avì-s, altind. ávis, griech. ὄϝις;
novo-s (novu-s) urspr. u. altind. náva-s, griech. νέϝο-ς u. s. f.
- Anm. Obschon schreibungen wie quis, quod, anguis, suavis die
gewönlichen sind, so ist hier doch u = v an zu nemen (also
quis, qvod, angvis, svavis), da diß u metrisch nicht als vo-
cal gilt.
Lat. u = urspr. v nach momentanen consonanten und n,
z. b. quatuor, altind. ḱatvấras, griech. τέτταϱες = *τετϝαϱες,
got. fidvôr, urspr. katvâras; diß u = v scheint als consonant
nach zu wirken, daher z. b. die positionslänge des an sich kur-
zen a, die in der schreibung quattuor iren außdruck findet;
besonders häufig ist u = urspr. v in dem stambildungssuffix
urspr. va = lat. vo, uo, später vu, uu, welches im lateinischen
nach den meisten consonanten uo später uu, fem. ua lautet, r,
l, q außgenommen, z. b. al-vo-s ‘der närende’ wurz. al (ale-
re); ar-vo-m ‘das gepflügte’ wurz. ar (arare); eq-vo-s urspr. ak-
va-s, altind. áç-va-s ‘der laufende’, wurz. urspr. ak (celeriter
incedere) und andere, aber vac-uo-s wurz. vac, noc-uu-s, re-lic-uo-s
[205]Consonanten. Schwund des urspr. v; n.
neben re-liq-vo-s wurz. noc, lic (überhaupt finden nicht selten
schwankungen zwischen v und u statt, wie aqüae, acuam neben
aqva; tenvia, genva neben tenuia, genua u. dergl.); con-tig-uo-s
wurz. tag; de-cid-uo-s wurz. cad; in-gen-uo-s wurz. gen u. s. f.
- Anm. suus ist nicht geradezu = sva-s, sondern lautet in der
älteren sprache sovos; demnach haben wir auch tuus = tovos
zu faßen; es hat hier das lateinische und das griechische (ἑός,
τεός = *sevo-s, *tev-os), steigerung des u zu ev, ov, wärend die
andern sprachen v zeigen.
Nicht selten schwindet v völlig, so z. b. se, si-bi u. s. f.
für *sve, *svi-bi vom stamme urspr. sva, vgl. altind. sva; te,
ti-bi für *tve, *tvi-bi, vgl. altind. tva-m (acc. sg.); canis für *cvan-is
vgl. ϰύων, altind. stamm çvan, grundf. kvan; suadeo für *suad-
veo von suavis = *suadvis, vgl. griech. ἡδύ-ς, altind. svâdú-s;
deus = *dêus, *dêvo-s, *deivo-s, dîvo-s, grundf. daiva-s, vgl. alt-
ind. dêvá-s, lit. dë́va-s. Zwischen vocalen läßt die spätere
sprache den außfall des v häufig ein treten, so suus, suum für
älteres (inschrr.) sovos, sovom (*suvus, *suvum); fluunt älter
(inschrr.) flovont; fui = *fuvi, eben so in andern änlichen fäl-
len; boum für bovum; prudens auß providens, nolo = *nevolo;
amarunt = amaverunt u. s. f. Doch finden sich nur novus,
ovis u. a. mit bewartem v.
Nasale.
Urspr. n = lat. n. Wie in den andern indogermanischen
sprachen, so wird auch im lateinischen das ursprüngliche n vor
gutturalen consonanten guttural (nach unserer bezeichnungs-
weise also ṅ, s. oben §. 4), vor labialen aber labial, d. h. m.
Beispile: ne in ne-c, ne-fas u. s. f., altind. und urspr. na; in-
umbr. an-, griech. ἀν-, altind. u. urspr. an- (negation in zusam-
mensetzung); wurz. nec in nec-are, noc-ere, griech. νεϰ, altind.
naç, urspr. nak; stamm noc-ti in noc-te-m, urspr. nak-ti, vgl. lit.
nak-tì-s, griech. stamm νυϰτ, altind. náktam adverb. (noctu);
nâvis altind. u. urspr. nâus, griech. ναῦς; wurz. gen in gen-us,
gi-g(e)n-o, griech. γεν, altind. ǵan urspr. gan; häufig ist n in
suffixen, z. b. suffix urspr. na in plê-nu-s grundf. prâ-na-s urspr.
par-na-s (wurz. par implere), -na bildet participia praet. passivi,
[206]Lateinisch. Consonanten. m; r.
hat aber auch vilfach andere function, z. b. som-nu-s für *sop-
nu-s, urspr. u. altind. sváp-na-s, griech. ὕπ-νο-ς; suffix man,
z. b. in gnô-men, nô-men, altind. nâ-man urspr. gnâ-man; -nti,
-nt bildet die 3. plur. verbi, z. b. *fero-nti, feru-nt = φέϱο-ντι,
altind. u. urspr. bhára-nti u. s. f.
Beispile der wandlung von urspr. n in ṅ, m sind praesens-
bildungen wie ju-n-go wurz. jug, ru-m-po (altind. lu-m-pấmi),
wurz. rup (altind. lup), die in iren grundformen wol jug-nâmi,
rup-nâmi gelautet haben; erst später trat der nasal in die wur-
zel, wodurch juṅgâmi, rumpâmi, d. i. jungo, rumpo entstund.
- Anm. Über gn s. oben §. 152, 1, anm. 5.
Urspr. m = lat. m, z. b. wurz. men in me-min-i, men-tem,
mon-eo, griech. μεν, urspr. u. altind. man (cogitare); mâ-ter,
μή-τηϱ, altind. mâ-tấ, urspr. mâ-tar-s; wurz. mor in mor-i, mor-
tuus, altind. u. urspr. mar (mori); wurz. vom für *vem (§. 47, 2)
in vom-o, griech. ϝεμ, altind. u. urspr. vam u. s. f. Auch in
suffixen findet sich häufig m, z. b. suffix -men, urspr. -man, wie
in gnô-men, nô-men, altind. nấ-man, urspr. gnâ-man; suffix
urspr. -ma, merfacher function, am häufigsten den superlativ
bildend, besonders in verbindung mit suffix ta als -ta-ma, lat.
z. b. in pri-mu-s, op-timu-s; -m 1. pers. sg., -mus 1. pers. plur.
z. b. (e)s-u-m auß *es-mi, griech. εἰμί auß der selben grundf.,
altind. u. urspr. ás-mi, feri-mus, griech. φέϱο-μεν, dor. φέϱο-
μες, altind. u. urspr. bhárâ-masi; -m den accus. sing. bildend,
z. b. eqvo-m altind. áçva-m, vgl. griech. ἵππο-ν mit ν für μ nach
griechischem außlautsgesetze, urspr. akva-m u. s. f.
r und l-laute.
Urspr. r = lat. r, l.
Lat. r = urspr. r, z. b. rex d. i. *rêg-s urspr. râg-s, vgl.
den altindischen (gleich bedeutenden) stamm râǵ; wurz. rub in
rub-er, rub-ru-m, vgl. griech. ἐ-ϱυϑ-ϱό-ς, ἐ-ϱυϑ-ϱό-ν, altind.
rudh-i-rá-m, urspr. rudh-ra-s, rudh-ra-m; wurz. rup in ru-m-p-o,
rup-tu-s, vgl. altind. lup (rumpere) in lu-m-p-ấmi, lup-tá-s, lit.
lup in lùp-ti (pellem detrahere); wurz. or in or-ior, or-tus, vgl.
griech. ὄϱ-νυμι, altind. u. urspr. ar; wurz. ar in ar-o, vgl.
[207]Lateinisch. Consonanten. l. Lautgesetze. Assimilation.
griech. ἀϱ-όω, slaw. or-ją, ar-atrum vgl. ἄϱ-οτϱον, slaw. or-alo
für or-adlo; wurz. fer, 1. sg. praes. fer-o, φεϱ, 1. sg. praes.
φέϱ-ω, altind. u. urspr. bhar, 1. sg. praes. bhár-âmi; frâ-ter,
φϱά-τωϱ, altind. bhrấ-tâ, urspr. bhrâ-tar-s u. s. f. r ist in
stambildungselementen häufig, so in den suffixen ro, ru, urspr.
-ra (rub-ru-m urspr. rudh-ra-m); tor urspr. -tar (da-tor urspr.
da-tar-s nom. sg.); -tro, -tru urspr. -tra; in wortbildungselemen-
ten, d. h. casus- und personalendungen, findet es sich nicht.
Lat. l = urspr. r (vgl. unten die lautgesetze über den
wechsel von l mit r im lateinischen zum zwecke der dissimila-
tion), z. b. wurz. loc in loq-vor, loc-utus, griech. λαϰ, lit. rek
(rė́k-ti clamare), urspr. rak; wurz. luc in luc-erna, lûc-em, griech.
λυϰ, altind. ruḱ, got. luh, urspr. ruk; wurz. lic in linquo, re-
lic-tus, griech. λιπ (λείπω), altind. riḱ, urspr. rik; wurz. lig
in lingo, griech. λιχ (λείχω), altind. lih, urspr. righ; wurz. lub
in lub-et, got. lub (liubs carus), altind. lubh (cupere) urspr. rubh;
levis auß *legv is, vgl. griech. ἐ-λαχύ-ς, altind. laghú-s, urspr.
raghu-s u. s. f. Auch in stambildungselementen findet sich l
häufig.
Andeutung einiger für die vergleichende gram-
matik wichtigen lautgesetze.
Inlaut.
1. Assimilation. Die assimilationen, welche bei zusam-
mensetzung mit praepositionen ein treten, sind hier übergangen.
Sie sind für die vergleichende grammatik von untergeordneter
bedeutung und haben ire stelle in der lateinischen specialgram-
matik. Auch außerdem ward das als bekant vorauß zu setzende
gar nicht oder doch nur flüchtig erwähnt.
a. Volkommene angleichung des vorher gehen-
den lautes an den folgenden. Die volkommene anglei-
chung des vorher gehenden consonanten an den folgenden ist
nach langen vocalen, nach denen verdoppelte consonanten nicht
leicht zu gehöre zu bringen sind, von der verflüchtigung (auß-
stoßung) des ersteren lautes kaum zu scheiden; nach kurzem
[208]Lateinisch. Consonanten. Lautgesetze. Assimilation.
vocale ist dagegen die verdoppelung des zweiten lautes das
unterscheidende kenzeichen der wirklichen assimilation. Da
jedoch die verflüchtigung eines consonanten vor einem andern
wol kaum anders gefaßt werden mag, als durch anänlichung
an den folgenden bedingt, so bringen wir die fälle von conso-
nantenschwund vor consonanten ebenfals hier zur sprache.
Die verdoppelung der consonanten ward vor Ennius in
der schrift nicht bezeichnet; auf inschriften erscheint sie durch
greifend an gewant erst seit 640 d. st.
Beispile volkommener assimilation des vorher gehenden an
den folgenden consonanten nach kurzem vocale sind sum-mu-s
auß *sup-mu-s, vgl. sup-er, sup-erior, sup-remus; sel-la, lapil-
lus auß *sed-la, vgl. sed-ere, *lapid-lus, vgl. lapid-em; puel-la
auß *puer-la, *pueru-la; asel-lus auß *asin-lus, *asinu-lus u. s. f.
Volkommene assimilation des vorher gehenden consonanten
an den folgenden nach langen vocalen; die schrift bezeichnet
in disem falle die verdoppelung nicht. Bekant ist die assimi-
lation (der wegfall) von d, t und häufig auch von n vor fol-
gendem s, ein vorher gehender kurzer vocal wird dann lang,
worin wir ein zeugnis für die einst wirklich vorhandene ver-
doppelung des consonanten zu sehen glauben, z. b. pês = pĕd-s,
vgl. pĕd-em, *milês, später erst milĕs, auß milet-s, vgl. milit-em;
formôsus auß formonsus, das suffix ist ursprünglich -vans auß
-vant, dessen v schwand; equôs auß *equon-s, d. i. acc. equo-m
mit dem pluralzeichen s; consul neben cosul, quotiens = *quo-
tient-s neben quoties; censor, censeo neben seltnerem cesor, ceseo
u. s. f. Bisweilen hat sich also die sprache früh für den auß-
fall von n entschiden, bisweilen hat dagegen das n länger und
in der späteren schriftsprache außschließlichen bestand.
Einem folgenden j assimiliert sich nicht selten vorher ge-
hendes g, j wird dann stäts einfach geschriben, aber der vor-
her gehende vocal wird lang, wenn er kurz war (vgl. §. 53, 1),
z. b. mâ-jor auß *măg-jor, vgl. mag-nus wurz. mag urspr. magh
(crescere); â-jo auß *ăg-jo, vgl. ad-ăg-ium wurz. ag, altind. ah
urspr. agh (dicere); mê-jo durch dissimilation (§. 52) auß *mî-jo
für *mĭg-jo, vgl. mi-n-g-o, wurz. mig, griech. μιχ, urspr. migh.
[209]Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
Vor dem suffixe urspr. ja bleibt g, indem dann j in i gewan-
delt wird (§. 154, 1), z. b. ad-ăg-ium, nau-frăg-ium. Vgl. den
außgedenteren schwund von consonanten vor j mit ersazdenung
in der zusammensetzung, wie z. b. se(d)-jungo, pe(r)-jero, di(s)-
judico, tra(ns)-jicio u. a.
Schwund von g vor v one ersazdenung findet statt in fäl-
len wie brĕv-is für *bregv-is, vgl. βϱαχύ-ς lĕv-is für *lĕgv-is,
vgl. ἐ-λαχύ-ς nĭv-is für *nigv-is, vgl. nix = *nig-s, ningv-o;
demnach ist der selbe vorgang wol auch in vîvo für *vîgv-o an
zu nemen, vgl. vixi, d. i. *vig-si wurz. *vig (s. §. 152, 1. 153, 1).
d schwand vor v in suâv-is auß *svâdv-is, vgl. griech. ἡδύ-ς,
altind. svâdú-s.
Vor nasalen schwindet bisweilen g und häufiger c (das auch
bleiben und sich zu g wandeln kann, s. unten, unter c), sel-
tener one, meist mit ersazdenung, z. b. stĭ-mulus, stĭ-mulo von
wurz. stig, gesteigert in in-stîg-o, nasaliert in instinc-tus = *in-
sting-tus, vgl. griech. στίζω = *στιγ-ϳω ex-â-men für *ex-ăg-
men von wurz. ag in ag-ere neben ag-men, teg-men, seg-mentum
(vor n ist g häufig, z. b. lignum, dignus, magnus u. s. f.); vâ-nus
auß *văc-nus, vgl. văc-uus; dê-ni auß *dĕcni, vgl. dĕcem, pî-
nus auß *pĭc-nus, vgl. pĭc-is (pix; des vocales wegen kann pî-
nus mit πεύϰη, deutsch vieh-te, welche auf wurzel puk oder pu
weisen, nicht verwant sein); lû-na auß *luc-na wurz. luc (die
in *luc-na wol als nicht gesteigert an zu nemen ist, wir haben
also wol *lŭc-na an zu setzen, nicht *louc-na, *lûc-na; vgl.
λύχ-νο-ς); nc schwand so in quî-ni auß *quinc-ni.
Vor m schwand c in lû-men auß *luc-men (zweifelhaft ob
von der gesteigerten oder ungesteigerten wurzel, ob auß *lŭc-
men oder auß *louc-men, *lûc-men); cs, d. i. x, scheint vor m
geschwunden zu sein in tê-mo für *tex-mo, vgl. althd. dîhs-ila
und die altind. wurzel takś (fabricari, facere).
Vor l ist x geschwunden in tê-la, das doch wol nur auß
*tex-la, vgl. tex-ere zu erklären ist.
Vor tönenden consonanten schwindet s, so z. b. vor n in
pô-no für *pŏs-no, vgl. pŏs-ui; cê-na für *ces-na, vgl. umbr. çesna;
in penna für älteres pes-na ist die assimilation erhalten, pesna
Schleicher, vgl. gramm. d. indog. spr. 14
[210]Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
steht für *pet-na (s. unter c) von wurz. pet, griech. πετ, altind.
pat (volare), vgl. prae-pet-es (aves; Fest.), ahd. fëd-ara, fëd-ah,
griech. πτ-ίλον, πτε-ϱόν (penna) u. s. f.
Vor m schwand s in rê-mus, vgl. tri-res-mus der col. rostr.,
res-mus steht für *ret-mus, vgl. griech. ἐ-ϱετ-μός; one ersazde-
nung schwand s in Că-mêna auß *cas-mêna wurz. cas, vgl. car-
men, altind. wurz. ças, çaṁs (narrare, indicare).
Vor n und m geht s auch in r über, s. unter e.
Vor l schwand s in corpu-lentus für *corpus-lentus, vgl. cor-
pus, corporis.
Vor d schwindet s, so z. b. in jûdex für *jûs-dex, î-dem
für *ĭs-dem, dî-dûco für *dĭs-duco u. a.
Vor sc schwinden consonanten wol nur durch vereinfachung
und erleichterung der außsprache, so in di-sco für *dic-sco, vgl.
di-dic-i; po-sco (mit fest gewordenem sc, das ursprünglich nur
praesensbildend ist, vgl. po-posc-i), wol für *porc-sco, vgl. die
wurzel proc, prec in proc-ax, proc-us, prec-or, dtsch. frah, frag
(in got. fraíh-nan, nhd. frag-en).
Änlich ist mis-tus für und neben mics-tus, mix-tus und diß
wol für *misc-tus, vgl. misc-eo; tos-tu-s auß *tors-tu-s, vgl. torr-eo
für *tors-eo, deutsch durs-t, altind. wurz. tarś (sitire), d. i. tars.
Bekant ist, daß gewisse consonantengruppen von mereren
consonanten durch verflüchtigung (außstoßung) eines diser laute
erleichtert werden.
So schwinden nach r, l die gutt. c u. g, wenn t oder s folgt,
z. b. sar-tus für *sarc-tus, vgl. sarc-io; tor-tus für *torc-tus, vgl.
torqv-eo u. a. dergl.; sar-si für *sarc-si, vgl. sarc-io; tor-si für
*torc-si, vgl. torqv-eo; mul-si, mul-sus für *mulg-si, *mulg-sus auß
*mulg-tus, vgl. mulg-eo; spar-si für *sparg-si, spar-sus für *sparg-
sus auß *sparg-tus, vgl. sparg-o u. a. dergl.; par-simonia für
*parc-simonia auß *parc-timonia, wie das disem worte zu grunde
ligende par-su-s auß *parc-tus, vgl. parc-o; so auch ursus für
*urcsus auß *urctus, vgl. griech. ἄϱϰτος, altind. ŕkśas.
Im außlaute wird dagegen rcs geduldet in arx, merx.
Anm. Quintus für quinc-tus ist jung, vgl. das häufige Quinc-tius
neben jüngerem Quintius.
[211]Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
b. Volkommene angleichung des folgenden lau-
tes an den vorher gehenden. Dise art der assimilation
ist im lateinischen häufig; so assimiliert sich z. b. das t der
superlativendung -timu-s, urspr. u. altind. -tama-s, erhalten in
op-timus, dem vorher gehenden s in -is-simus = *is-timus; -is,
die kürzeste form des ursprünglichen -jans, das im latein. -iôs,
-iôr, -ius lautet, ist demnach das suffix des comparativs, an
welches das des superlativs an tritt, z. b. longis-simus auß
*longis-timu-s; eben so assimiliert sich t von -ti-mu-s an r und
l bei denjenigen superlativen, welche vom ungesteigerten stam-
me des adjectivs gebildet werden, z. b. celer-rimus auß *celer-
timu-s, facil-limus auß *facil-timu-s u. s. f.
s assimiliert sich an r in torr-eo für *tors-eo neben tos-tu-m
für *tors-tu-m wie im deutschen dürr-e neben durs-t; fer-rem,
vel-lem sind auß *fer-sem, *vel-sem entstanden, vgl. ama-rem für
*ama-sem, fac-sem.
v scheint an vorher gehendes l assimiliert in pallor, palli-
dus für *palvor, *palvidus, vgl. ahd. falo, falaw-er, falw-er, lit.
u. grundf. pàlv-as (fal, von tieren); mollis wol auß *molvis, *moldv-
is, altindischem mrdú-s grundform mardu-s entsprechend; vgl.
suavis = *suadvis neben altind. svâdú-s, griech. ἡδύ-ς.
t nach s assimilierte sich disem in censor, census auß wurz.
cens mit den suffixen -tor, -tu, vgl. osk. cens-tur, cens-tom =
censum. Ferner findet assimilation von t an vorher gehendes
s in den häufigen fällen statt, in welchen auß d, t + t zunächst
st entstund (s. unten 2, dissimilation); nach kurzem vocale wird
die verdoppelung auch graphisch auß gedrükt, nach langem
vocale und nach consonanten steht in der regel nur ein s, doch
finden sich darneben schreibungen wie fussus, cassus, divissio,
rissu u. s. f., die also iren guten grund in der sprache haben,
z. b. fissus auß *fid-tu-s, *fis-tu-s, wurz. fid in findo, fĭd-i; gressu-s
auß *gred-tu-s, *gres-tu-s, vgl. grad-ior; passus auß *pat-tu-s,
*pas-tu-s, vgl. pat-ior; êsum für das zu erwartende essum auß
*ĕd-tu-m, *es-tu-m, vgl. ĕd-o; clausus auß *claud-tu-s, *claus-tu-s,
vgl. claud-o; ûsus (selten ussus; inschr.) auß *ût-tu-s, *ûs-tu-s,
vgl. oit-ier, ût-i; tonsu-s auß *tond-tu-s, *tons-tu-s, vgl. tond-eo;
14*
[212]Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
vicensumus, vicêsimus auß *vicent-tumu-s, *vicens-tumu-s (wäre
hier, wie in deci-mu-s, nur -mo an getreten, so würde die form
*viginti-mu-s lauten) u. s. f.
c. Anänlichung des vorher gehenden lautes an
den folgenden.
Bekantlich gehen tönende momentane consonanten vor stum-
men consonanten in stumme über, z. b. ac-tus, scrip-tus, scrip-
si u. s. f. für *ag-tus, vgl. ag-o; *scrib-tus, *scrib-si, vgl. scrib-o
u. s. f. Dagegen steht neben sec-are seg-mentum, neben salic-
em, salig-nus u. s. f.; die tönenden laute m, n wandelten hier
c in das tönende g.
Labiale momentane consonanten gehen vor n in den labia-
len nasal über; som-nus, Sam-nium für *sop-nus (vgl. sop-ire),
*Sab-nium (vgl. Sab-ini, Sab-elli).
Die ältere sprache zeigt noch s vor nasalen auß t erweicht,
wie res-mu-s (rêmus) auß *ret-mu-s (ἐϱετ-μός); pes-na (penna)
auß *pet-na (wurz. pet volare, s. oben unter a).
Vereinzelt ist quadra-ginta neben quatri-duo; t ist vor dem
tönenden r zu d gewandelt.
d. Anänlichung des folgenden lautes an den vor-
her gehenden. Sie findet vor allem bei t statt, welches nach
nasalen und liquiden (also nach consonantischen dauerlauten)
gerne in die spirans s über geht; die selbe neigung zeigt es
nach gutturalen (nach c), lezteres findet sich auch im altindi-
schen, s. oben §. 123, 2, anm. 2); z. b. man-sum für *man-
tu-m (man-eo), pul-su-s für *pul-tu-s (pel-lo, pe-pul-i), spar-sus
für *spar-g-tu-s (sparg-o), u. s. f.; darneben aber findet sich
ten-tu-s (und ten-sus), sepul-tu-s (sepel-io), tor-tu-s für *tor-c-tus
(torqv-eo) u. s. f.; mac-simu-s steht so für *mag-timu-s (mag-
nus; vgl. op-timu-s); fixus, d. i. fic-su-s für *fig-tu-s (fig-o) u.
s. f. neben ac-tu-s (ag-o), fic-tu-s (wurz. fig in fi-n-go) und ser
vilen andern mit erhaltenem t.
Niemals geht t nach n in s über, wenn nt zu einem und
dem selben wortbildungselemente gehört, z. b. feru-nt, fere-nt-em
u. s. f.
[213]Latein. Conson. lautges. Wandlung von s zu r. Dissimilation.
- Anm. mend-ax darf wol schwerlich als bloß lautliche verände-
rung für *ment-ax betrachtet und zu ment-iri gestelt werden,
vgl. darüber Aufrecht in zeitschrift IX, 232.
e. Wandlung von s zu r zwischen vocalen oder zwi-
schen vocalen und tönenden consonanten und nach
vocalen auch im außlaute (der vor ligenden sprache). Die
tönenden laute wandeln hier das stumme s in das tönende
r. Der gleiche vorgang findet sich z. b. auch im deutschen
(z. b. war, wâren für was, wâsen wurz. was, vgl. ge-wes-en u.
dgl.) und im altindischen. So z. b. generis (genus) auß altlatei-
nischem *genes-os; majores auß majoses; erat auß *esat, wurz.
es u. s. f.; veter-nus auß *vetes-nus (vetus, veter-is); car-men auß
*cas-men, vgl. altlat. Cas-mena wurz. cas; diur-nus, ho-dier-nus
von einem sonst verlorenem stamme *dios, *dies = urspr. di-
vas (in dies, diei ist das auß lautende s des stammes geschwun-
den) u. s. f.; arbor für älteres arbos, amor auß *amos, *amo-se
u. s. f. Zwischen vocalen ist nur selten s gebliben, z. b. nasus,
vgl. altind. nas, slaw. nosŭ u. s. f., miser, vasa, posui; in der
regel bleibt nur s für ss, wie z. b. casus für cassus auß cad-tu-s
u. dergl. (s. oben b).
- Anm. Es ist warscheinlich, daß in den fällen, in welchen r für
s im außlaute erscheint, diß nur durch einwirkung der analogie
nahe ligender fälle, in welchen diser wandel durch die stellung
des s im inlaute bedingt ist, zu stande kam. So ist das junge
arbor für arbos und andre dergl. nicht durch einen lautphysio-
logischen process, sondern durch die analogie der übrigen casus
(arboris, arborem) erzeugt u. s. f.
f. Lauteinschiebung zwischen die zusammen
treffenden consonanten. Bekant ist die einschiebung von
p zur vermittelung des m mit folgendem s, t, welche sich in
den besten manuscripten (so z. b. im Mediceus des Vergilius)
findet, z. b. hiem-p-s, sum-p-si, sum-p-tus u. s. f.
2. Dissimilation.
t, d wandeln sich vor folgendem t in s (wie im altbaktri-
schen, griechischen, slawodeutschen), z. b. eques-ter, pedes-ter
für *equet-ter, *pedet-ter, vgl. equit-is, pedit-is; es-t, es-tis für
*ed-t, *ed-tis, vgl. ed-o; claus-trum für *claud-trum, vgl. claudo u. a.
[214]Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Anlaut.
Ebenfals durch das streben nach dissimilation bedingt ist
der wechsel von -ali-s mit -ari-s; lezteres steht dann, wenn der
wortstamm, an welchen diß secundäre suffix an tritt, ein l ent-
hält, z. b. mort-ali-s aber vulg-ari-s, popul-ari-s, epul-ari-s.
Anlaut.
Mer als in den verwanten sprachen, in welchen consonan-
tenschwund im wortanlaute nur vereinzelt auf zu treten pflegt,
sind im lateinischen an lautende consonanten der verflüchtigung
auß gesezt. Oft fält von zwei an lautenden consonanten der
erstere hinweg, doch findet sich sogar der schwund eines ein-
zelnen consonanten vor folgendem vocale (q vor u).
So lautet mit sm, sr kein lateinisches wort an; wo dise
gruppen ursprünglich im anlaute stunden, da verlieren sie das
s und nur der zweite laut bleibt, z. b. nix, nivis auß *snig-s,
*snigv-is (s. oben §. 152, 1), vgl. lit. snìg-ti (ningvere), snë́g-as
(nix), got. snaiv-s (nix); nurus auß *snurus, vgl. ahd. snur, alt-
ind. snuśấ; me-mor auß *sme-smor, wurz. altind. u. urspr. smar
(meminisse).
Vereinzelt sind dagegen fälle wie teg-o für *steg-o, vgl. gr.
στέγ-ω, στέγ-η neben τέγ-η, lit. stógas (tectum), im deutschen
felt ebenfals das s, vgl. deck-en, dach; cav-ere neben got. us-
skav-jan (sibi cavere) wurz. urspr. skav u. a. dergl. neben den
häufigen anlauten st, sc. Auch in lâ-tum für *tlâtum, vgl. wurz.
tol (tollo) ist das an lautende t geschwunden. Ob lae-tus für
*plai-to-s steht und zu wurz. altind. pri (amare, exhilarare) ge-
hört, lăv in lavere, lavare für *plăv steht, und hier eine cau-
sativbildung der wurzel plu vorligt, kann zweifelhaft erscheinen
(lav gehört wol mit luo zusammen und nicht zu wurzel plu).
Überhaupt ist auf disem gebiete noch viles zweifelhaft und
unsicher, weshalb wir uns auf wenige beispile beschränken.
Bekant ist, daß man erst in historischer zeit den anlaut
gn in n vereinfachte, wie z. b. in nô-sco, nô-tus, nô-men auß äl-
terem gnô-sco vgl. co-gnô-sco, gnô-tus, gnô-men vgl. co-gnômen;
narrare auß älterem gna-rigare, von dem einzigen mit vollem
anlaute erhaltenen worte gnâ-rus gebildet, das mit gno-sco glei-
[215]Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Anlaut.
cher wurzel ist, urspr. gna auß gan (nosse; vgl. γι-γνώ-σϰω,
altind. ǵña, deutsch kan und kna u. s. f.); nâ-tus für älteres
gnâ-tus (erhalten in co-gnâtus), wurz. gna auß gan (gignere),
vgl. gen-us. Das selbe lautgesetz der vereinfachung an lauten-
der gutturalis mit n zu n findet sich im englischen; man schreibt
bekantlich im jetzigen englisch noch den alten anlaut gn, kn
in wörtern wie gnat, gnaw, knowledge u. s. f., spricht aber g
und k nicht mer auß. Vgl. das schwinden der gutturale vor
nasalen im inlaute (§. 157, 1, a).
Wie suavis für *suadvis (§. 157, 1, a), so steht viginti für
*dviginti, vgl. duo, altind. dva; der wegfall des d findet sich
jedoch hier auch im griechischen (εἴϰοσι) keltischen (altirisch
fiche, fichet, d. i. viginti) und arischen (altindisch viṁçáti, altbak-
trisch vîçaiti), stamt also auß uralter zeit. Hätte in späterer
zeit noch *dviginti bestanden, so wäre *biginti darauß gewor-
den, wie bis auß *dvis, bellum auß duellum, bonus auß duonus
(duonoro tit. Scip. Barb. F.); hier ist durch gegenseitige an-
änlichung auß d und v, b geworden, indem d sich der qualität
nach dem v assimilierte (labiale qualität an nam) und v dem d
der quantität nach gleich ward, d. h. in einen momentanen
tönenden laut über gieng.
Vor j ist d geschwunden in Jovis u. s. f. für *Djovis, vgl.
altlat. Diove (Jovi) und osk. Diu̇veiͤ (Mommsen unterit. diall.
pg. 255), altind. djâu-s (coelum), griech. Ζεύς = *δϳευ-ς u. s. f.
wurz. dju (= div, lucere).
Selbst der beliebte anlaut qv ist zu v vereinfacht in ver-
mis (vgl. deutsch wurm) für *qvermis, grundf. karmi-s, altind.
krmi-s, lit. kirm-elė́ (vermis); eben so scheint v für gv zu ste-
hen in wurz. ven (venire) = *gven für *ge-n (§. 157, 1) wei-
terbildung durch n von wurz. ga (ire).
Ser spät trat ein der abfall von c vor u in mereren for-
men des interrogativpronomens, z. b. in u-bi für *cu-bi oder
*qvo-bi, erhalten in der zusammensetzung ali-cubi, vgl. umbr.
pufe mit p = lat. c; u-nde für *cu-nde erhalten in ali-cunde;
u-ter für cu-ter (comparativform von stamm cu = quo), vgl.
[216]Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut.
osk. potoros-pid (d. i. utrique) mit p = lat. c, griech. πότε-
ϱος, älter, ion. ϰότεϱος, altind. u. grundf. ka-tarás.
Außlaut. Im vor ligenden stande der sprache duldet das
lateinische nicht nur die einfachen consonanten fast sämtlich im
außlaute, sondern auch consonantengruppen von zwei ja drei
consonanten, nämlich nasal oder liquida + muta; muta, r, l, m,
n + s; s + t, z. b. ferunt, hunc, volt, fert; scrobs, ars, fers,
puls, hiems (hiemps), ferens; est; nasal oder liquida + muta
+ s, z. b. hiemps, urbs, arx, d. i. arcs, falx, d. i. falcs; ja es
sind dise nun auß lautenden consonanten zum bei weitem grös-
ten teile erst durch verflüchtigung von vocalen in den außlaut
gekommen oder vocallos zusammen gedrängt worden. Doch wird
niemals im außlaute geduldet verdoppelter consonant, z. b. os,
fel, nicht *oss, *fell, vgl. oss-is, fell-is; ferner wird nicht ertra-
gen die verbindung zweier momentanen laute, z. b. lac für *lact,
vgl. lact-is, und rd: cor für *cord, vgl. cord-is; wo dise verbin-
dungen im außlaute stehen solten, wird der lezte consonant ab
geworfen.
Erst mit feststellung der lateinischen schriftsprache der
classischen zeit gewann der außlaut ein festeres wesen. Die
ältere, volkstümliche, archaische sprache zeigt in der schrei-
bung eine große gleichgiltigkeit gegen auß lautende consonan-
ten. Gerade die für die wortbildung wichtigsten consonanti-
schen außlaute s, m, t werden hier bald in der schrift auß
gedrükt, bald nicht, änlich wie diß auch im umbrischen statt
findet. Diß beweist, daß in der älteren zeit (beim nicht ge-
bildeten teile der Römer sicherlich auch später) die auß lau-
tenden consonanten ser schwach zu gehöre gebracht wurden,
etwa so, wie in manchen romanischen sprachen (z. b. das d
im spanischen, t, nt u. a. im französischen). Die correcte schrei-
bung fürte hier nach griechischem vorbilde eine feste regel ein;
der consonant ward nun entweder stäts geschriben (die regel)
oder stäts ab geworfen (der seltnere fall). Wenige beispile
jener schwankenden behandlung des außlautes auch in der schrift
sind bis in die classische zeit gebliben.
[217]Lateinisch. Conson. lautgesetze. Außlaut. s, m.
Betrachten wir die für die grammatik wichtigsten außlauts-
consonanten urspr. s, m, t im einzelnen.
s findet sich auf den ältesten inschriften nicht geschriben
in fällen wie Tetio, Furio, nom. sg. für Tetio-s, Furio-s; Corneli,
Clodi u. a. für Cornelis, Clodis = Cornelios, Clodios (Ritschl,
progr. zum XII. März 1861). Doch ist in der ältesten sprache
der schwund des auß lautenden s auf den nom. sg. beschränkt.
Es ist bekant, daß noch in späterer zeit die dichter das auß
lautende s vor folgendem consonantischen anlaute nicht zu rech-
nen brauchten und daß die schwache außsprache des auß lau-
tenden s vor consonanten auch außerdem bezeugt ist. Die
schriftsprache entschid sich in den meisten fällen für die bei-
behaltung des s. In die schriftsprache gedrungen ist jedoch
das schwanken zwischen bewarung und wegfall des auß lauten-
den s in der 2. pers. sg. des medium, wie amabaris und ama-
bare; ferner in magis und mage, potis und pote.
Der wegfall des s ward in der schriftsprache zur regel ge-
macht z. b. im nom. plur. masc. der o-stämme, welche in der
älteren sprache noch das ursprüngliche s hier und da zeigen,
z. b. heis, magistreis u. a. neben hei, magistrei; leztere form,
als hi, magistri, ward nun die außschließlich fest gehaltene.
Das selbe fand statt im gen. sing. femin. der a-stämme, z. b.
suaes, dimidiaes, familias, später findet sich nur ae u. a.
Durch verflüchtigung des vocals der lezten silbe schwand
s nach r in fällen wie puer, vir, quatuor, acer (mit zu gesez-
tem vocale vor r) für *pueros, *viros (*puerus, *virus), *quatuo-
res (vgl. τέσσαϱες), acris; seltener fand das selbe nach l statt,
wie z. b. vigil für vigilis.
m, im außlaute ebenfals nur schwach hörbar, wird in älte-
ren sprachdenkmalen häufig durch die schrift nicht auß gedrükt,
z. b. oino, viro, duonoro, tit. Scip., neben pocolom, sacrom u. a.
Im volksmunde blib dise schwache außsprache des auß lau-
tenden m, wie spätere inschriften beweisen; die schriftsprache
hielt jedoch an der schreibung des selben durch greifend fest.
Eine wirkung der schwachen außsprache des auß lautenden m
[218]Lateinisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut. t.
ist darin zu erkennen daß es im verse vor vocalen nicht ge-
rechnet wird.
Auch das auß lautende n scheint nur schwach gehört wor-
den zu sein, vgl. alioqui neben alioquin und dergl.
Ursprünglich auß lautendes t hatte im älteren latein einen
schwachen laut, wie ein kaum hörbares d; daher findet es sich
häufig nicht geschriben, z. b. patre (t. Sc. Barb.) neben Gnaivod
u. a. Im latein der classischen periode wird d für urspr. t teils
in der schrift fest gehalten, so z. b. im neutrum der pronomi-
nalen declination, wie quo-d = urspr. ka-t, id = urspr. i-t u.
s. f. (seltener ist hier die schreibung mit t), teils völlig ab ge-
worfen, so im ablat. sg., wo d = urspr. t nur in dem archai-
schen latein erhalten ist, im classischen aber nicht geschriben
wird, z. b. equô-d, equô = urspr. akvâ-t, altind. áçvâ-t; in der
endung -to des imperativs ist ebenfals t geschwunden, z. b.
urspr. as-tât, osk. es-tûd, lat. esto auß *es-tôd. Ist t nicht ur-
sprünglich auß lautend, sondern erst durch vocalschwund in den
außlaut gekommen, so bleibt es im classischen latein, wärend
die archaische latinität auch dises t nicht schonte, z. b. ît
grundform *ei-ti urspr. ai-ti; vehit(i), vehunt(i), *vehonti urspr.
vaghati, vaghanti u. a., aber archaisch dede = dedet, dedit ja
sogar dedro für dedront, dederunt.
Also auch nt ward in älterer zeit und in der gewönlichen
sprache kaum hörbar gesprochen; dise außsprache gab anlaß
zu den doppelformen der späteren fest gesezten schreibung für
die 3 plur. perf., wie fecerunt (mit erhaltenem vollen außlaute)
und fecere (mit geschwundenem nt und geschwächtem vocale).
Noch stärker, als im altlateinischen und in der lateinischen
sprache der ungebildeten, war das verschlucken der auß lau-
tenden consonanten im umbrischen, s. unten. Das oskische da-
gegen zeigt dise erscheinung nicht, warscheinlich deshalb, weil
zu der zeit, auß welcher die auf uns gekommenen oskischen
inschriften stammen, eine algemein gültige schriftsprache bei
allen samnitischen stämmen sich bereits gebildet hatte, worauf
außer vilem andern auch die übereinstimmung in der schrei-
[219]Umbrisch. Consonanten.
bung der oskischen inschriften verschidener gegenden hin weist,
so daß man hier nicht mer schrib, wie man gerade sprach,
sondern nach einer herkömlichen, fest gesezten art und weise.
Einiges über die consonanten des umbrischen.
Der consonantismus des umbrischen entspricht im algemei-
nen dem des lateinischen. Die altumbrische schrift sondert nicht
g von c, d von t; die neuumbrische schrift gebraucht c, q, g
in übereinstimmung mit dem lateinischen, z. b. cabriner, lat.
caprini (gen. sg.), altumbr. kapres (capri), neuumbr. pequo =
lat. pequa, gewönlich pecua; ager nom. sing., agre = * agrer,
*agres, *agreis gen. sing.; vgl. lat. ager, griech. ἀγϱός u. s. f.;
altu. tuf, neuu. duf acc. plur., vgl. lat. duo, griech. δύο, altind.
dvâu u. s. f. Es ist nicht zu bezweifeln, daß die frühere spra-
che, eben so wie die spätere und wie die indogerman. sprachen
überhaupt, g und d als von k und t unterschidene laute be-
seßen habe; nur die schreibung war eine ungenaue, indem sie
den unterschid diser laute unbezeichnet ließ. Wie in altlatei-
nischer schreibweise, so wird auch in den alt- und neuumbri-
schen schriftdenkmalen verdoppelung von consonanten nicht auß
gedrükt.
Dem lateinischen qv = urspr. k steht bisweilen umbrisches
p (im pron. urspr. ka, ki, lat. quo, qui, umbr. pu, pi und in
zalworten) zur seite. k wird vor e und i und in verschmel-
zung mit folgendem j zu einem laute, der in altumbr. und neu-
umbr. schrift sein besonderes zeichen hat, und aller warschein-
lichkeit nach der palatale tonlose spirant war, weshalb man in
durch ç umschreibt (vgl. §. 58).
d ist inlautend und auß lautend der wandlung in einen
laut unterworfen, der altumbrisch durch ein besonderes zeichen
(vgl. §. 58), neuumbrisch durch rs auß gedrükt wird, welcher
demnach höchst warscheinlich ein tönender ż-änlich zischender
und dabei vibrierender laut gewesen ist (also phonetisch dem
böhmischen ř, poln. rz gleich oder doch ser nahe stehend), den
man bei der umschreibung des altumbrischen mit ṛ bezeichnet.
[220]Umbrisch. Consonanten.
f hat die selbe geltung, wie im lateinischen, gilt aber auch
im inlaute (wo es im lateinischen durch b ersezt wird).
h hat weiteren umfang als im lateinischen, da es vor t für
die (nach dem lateinischen) zu erwartende gutturale und labiale
tenuis ein tritt (über h als denungszeichen, s. oben §. 60).
Altumbr. z scheint graphische bezeichnung von ts zu sein;
neuumbr. ist das t geschwunden und nur s gebliben.
Im außlaute werden die meisten consonanten, so vor allem
m, s (r), t, f bald geschriben, bald nicht, was auf eine schwa-
che außsprache der selben hin weist, und zugleich ein zeugnis
dafür ist, daß es die Umbrer zu einer correcten, fest gesezten
schriftsprache nicht gebracht haben. Änlich verhält es sich be-
kantlich mit der schreibung des archaischen lateins.
Zu den ursprünglich momentanen lauten.
p = lat. qu, z. b. pis, pis = quis urspr. ki-s;putrês-
pe = (c)utriusque; petur-pursus = quadru-pedibus u. a.
b steht eben so = lat. *gv, v in wurz. ben, ben = lat.
*gven, ven (venire) auß ga-n (§. 158).
ç = k vor i, e, z. b. curnaco, acc. sg., aber curnaçe, abl.
von *curnacs (cornix); deçen-duf = *decemduo (duodecim); fa-
çia = faciat; paçe = pace; ç = kj z. b. tribriçu = lat.
*triplicio, nom. sg. (triplicatio) eines mittels -ion gebildeten ab-
stractum von tribrik = triplec (triplex); es findet sich neben
ç auch die schreibung çi, d. i. çj, z. b. purtinçus, purdinçus,
purdinçust und purdinçiust.
- Anm. In der neuumbrischen schrift ist nicht selten s für ç ge-
schriben, was offenbar nur in der flüchtigkeit des schreibers sei-
nen grund hat, der den beistrich am s hinweg ließ, durch wel-
chen sich ç von s unterscheidet.
Für ts tritt altu. z, neuu. s ein, z. b. pihaz, pihos =
piatus; taçez, taçes = tacitus; termnas = terminatus. Vgl.
lat. damnas auß *damnats = damnatus u. änl.
nt wird neuu. zu nd, z. b. anter, neuu. ander = latein.
inter (geschwächt auß *anter).
p geht vor r gerne in b über, z. b. kabru neben kapru
(caprum), cabriner (caprini).
[221]Umbrisch. Consonanten.
d geht zwischen vocalen und auß lautend nach vocalen in
den oben beschribenen laut über, den wir im altumbrischen
durch ṛ wider geben, neuu. wird er mittels rs auß gedrükt,
z. b. du-pursus (bipedibus), purs = ποδ;aṛ = lat. ad, z. b.
asam-aṛ = aram ad (ad aram); aṛveitu = advehito;peṛe,
piṛi, perse, pirsi, persi, persei = lat. quid mit an gehängtem
î;teṛadersa, dirsa = *didat, d. i. det, redupl. praes. zu wurz.
da (dare). In ṛeṛe = dedet, dedit (3. sg. perf.) und ṛu-num
= donum von der selben wurz. da (beide formen in einer und
der selben inschrift) ist ṛ = d sogar im anlaute ein getre-
ten, was villeicht nur dialectisch war. Im vor ligenden beispile
kann assimilation von deṛ zu ṛeṛ die veranlaßung zu diser
auffälligen wandlung gegeben haben; indes vgl. lat. lingua für
dingua mit der änlichen wandlung von d in l.
nd (aber nicht das auß älterem nt entstandene) geht durch
assimilation des d an das n in nn über, wofür die schrift, in
welcher consonantenverdoppelung überhaupt nicht bezeichnet
wird, nur n hat, z. b. pihanêr = *pihandêr, lat. piandi (gen.
sg.); panu-pei = *pandu-pei, lat. quando-que.
f z. b. in frater, frater wurz. fer u. a., wie im lateini-
schen; inlautend z. b. in tefe, tefe = lat. tibi, tibei, altind.
túbhjam;ife, ife = lat. ibi, ibei u. a.
h wie im lateinischen, z. b. wurz. hab, hab = lat. wurz.
hab; mehe = lat. mihi u. a.
h vor t entsteht auß c, p, z. b. rehte = latein. recte;
subahtu für *subac-tu auß *sub-ag-tu = lat. subigito;scrêhto,
scrêhto = lat. scrîptum u. a.
Zu den ursprünglichen consonantischen dauer-§. 162.
lauten.
j wird, wie im lateinischen, in der schrift durch i gegeben,
z. b. Iuve, Iuve = lat. Jovi auß * Djovi, Jupater (voc.) =
*dju-pater, *djou-pater, *djeu-pater = lat. Juppiter; nach conso-
nanten ist wol, wie im lateinischen, j zu i geworden, z. b. ter-
tiutertio, tertiam = lat. tertium, tertiam u. dergl.
s ist im wortstamme meist erhalten, z. b. asa, asa = alt-
latein. asa, class. lat. ara; aber eru, erom = * esum, * esom,
[222]Oskisch. Consonanten.
infinitiv der wurzel es (esse). Auß lautend nach vocalen gilt
als regel, daß im altumbrischen s bleibt, im neuumbrischen
aber das s zu r wird, z. b. tutas Ijuvinas, totar Ijovinar
= altlat. *tôtâs Iguvinâs (*totae Iguvinae) gen. sing.; eben so
im nom. plur. und sonst. Dagegen bleibt im dat. ablat. plur.
auch neuumbr. s, z. b. aveis (avibus), dupursus (bipedibus) u. a.,
wärend im passiv schon altumbr. das auß lautende s zu r ge-
worden ist, z. b. emantur = lat. emantur, wie im altlateini-
schen, oskischen und altirischen.
Für v hat die altumbrische schrift einen eigenen vom zei-
chen für den vocal u verschidenen buchstaben. Umbrisch v =
lat. v, z. b. avef lat. aves, kvestur lat. quaestor u. a. Auß u
vor vocalen wird oft uv, z. b. tuves (für *duves) = lat. duo-
bus; neuumbr. fält diß v meist wider auß, z. b. duîr = duo-
bus (oder vilmer *duvês, tuvês, duîs sind = einem nicht
vor kommenden lat. *duis dat. plur.). Vgl. altlat. flovont, sovos
mit class. lat. fluunt, suus.
Wie im lateinischen, so fält auch im umbrischen das nomi-
nativ-s da hinweg, wo es nach außfall des vorher gehenden
vocals nach r und l zu stehen kam, z. b. ager auß *ager-s,
*agros; catel (catulus) auß *catels, *catlos. Vgl. lat. ager, vigil
(auß *agers, *vigils; *agros, vigilis).
Einiges über die consonanten des oskischen.
Die oskischen consonanten entsprechen wesentlich denen
des umbrischen, welchen sie noch näher stehen, als denen des
lateinischen, von welchen sie übrigens ebenfals nur wenig ab
weichen. Die oskische schrift, eine fest gesezte schreibung
überall zeigend, und als die einer schrift- und litteratursprache
von der altlateinischen und umbrischen auß gezeichnet, drükt
die consonantenverdoppelung in lautend und auß lautend durch
die schrift auß und scheidet d und g von t und k; die altos-
kische schrift trent auch v von u.
p ist auch im oskischen = lat. qu im pronomen und zal-
wort, wie in den andern bekanten italischen sprachen, dem la-
teinischen gegenüber.
[223]Oskisch. Consonanten.
Die consonanten sind weniger lautgesetzen unterworfen
als im umbrischen und lateinischen; s wird außer im passiv
nicht zu r; d nicht zu ṛ wie im umbrischen, oder zu l wie im
lateinischen; mit f und h verhält es sich wie im umbrischen.
Auß lautende consonanten fallen nicht hinweg, wie im umbri-
schen und altlateinischen (vgl. liͤkiͤtudlicitud, lat. liceto;estud,
lat. esto, sakaraklu̇d, lat. *sacraculo abl sing.), nur m kann
schwinden (z. b. viͤa neben viͤam acc. sing. = lat. viam).
Zu den ursprünglichen momentanen consonanten.
p = lat. qu, z. b. pu̇dpod, piͤd, pam = lat. quod, quid,
quam;pu̇tu̇ru̇s- pid = lat. utri-que; pomtis = quinque, πομ-
τιες = Quintius von dem selben zalworte, eben daher stamt
auch pu̇mpaiians = Pompeianus (echt lateinisch wäre wol
*quinqueianus) u. a.
Wurzel ben (venire) in ku̇m-ben-ed (convenit 3. sg. perf.),
ku̇m-ben-nieiͤs (conventus gen. sg.) wie umbr. = lat. (g)ve-n,
auß urspr. ga.
t bleibt nach ns, z. b. censtur = lat. censor auß *cens-tor,
censtom = lat. censum auß *cens-tum (§. 157, 1, b). tt geht nicht,
wie im latein. (§. 157 1, b) in ss (s) über, z. b. u̇ittiuf von
wurz. u̇it = lat. oit, ût (ûti) neben lat. ûsus auß *ût-tus, *oit-
tos; nach n wird t in der 3. plur. der verba entweder zu s,
z. b. deicans, 3. plur. conj. praes. = lat. dîcant; bansae = Ban-
tiae, wo s also deutlich = tj ist (vgl. bantins = Bantinus),
oder n assimiliert sich dem t, das dann bleibt, z. b. set =
lat. sunt.
d bleibt selbst zwischen vocalen, vgl. z. b. akudunniad
mit lat. Aquilonia(d), umbr. akeṛuniam-emacersoniam-e (in
Aquiloniam); dedet = dedit (3. sg. perf. wurz. da, dare), vgl.
umbr. ṛeṛe = dedit, dirsans = *didans.
f bleibt inlautend, wie im umbrischen, z. b. mefiaiͤ =
mediai grundf. madhjâi (hier ist also f = urspr. dh); amprufid
= lat. improbe;fufans = *fu-bant, 3. plur. imperf. wurz. fu;
safinim = sabinium, puf = ubi. Außerdem entspricht das os-
kische f dem lateinischen f, z. b. wurz. fu, wurz. fac u. a. wie
[224]Oskisch. Consonanten.
im lateinischen. Vor t geht p in f über, z. b. in scriftas =
lat. scriptae (nom. plur. femin).
h vor t ist auß c entstanden wie im umbrischen, z. b.
ehtrad = lat. extra,saahtu̇m = lat. sanctum; außerdem
entspricht das oskische h dem lateinischen h, z. b. hu̇rz = lat.
hortus, hipust = lat. habuerit u. a.
Zu den ursprünglichen consonantischen dauer-
lauten.
j ist wol die geltung des i in worten wie diu̇veiͤδιουϝει
= (D)iovi;iu̇veis = Jovis.
s bleibt auch in lautend zwischen vocalen unverändert, z.
b. aasas, aasaiͤ, vgl. altlat. asas, asai, später arae. Nur im
passiv geht das ursprüngliche s des an gehängten reflexivpro-
nomens in r über, z. b. vincter = vincitur, sakarater =
sacratur.
Im inlaute zwischen vocalen nähert sich jedoch (wie im
gotischen, s. unten) s bisweilen dadurch dem r, daß es tönend
wird; diß tönende s wird in der oskischen schrift durch z be-
zeichnet, z. b. im genit. plural. der weiblichen a-stämme auf
-azum = lat. -arum urspr. -âsâm; censazet = *censa-sit (cen-
suerit) u. sonst.
Oskisches z hatte aber offenbar noch andre geltung, näm-
lich, wie im altumbrischen, die von ts und ferner die von dz;
erstere ist an zu nemen in fällen wie hu̇rz = *hu̇rt-s =
lat. hortus, vgl. altumbrisch pihaz = piatos; leztere in dem
worte zicolom, ziculud (diem, die) = lat. *dieculum, dieculo (vgl.
diecula).
v hält sich im altoskischen wie im altlateinischen und alt-
umbrischen nach u, z. b. su̇veis, suvad lis su̇vad = altlat.
sovi, sovad, im classischen latein sui, sua;eiͤtiuvad, eiͤtiu-
vam; im neuoskischen schwindet dises v, wie in den schwester-
sprachen, z. b. eituam, eituas (der stamm eiͤtiuva, eitua be-
deutet pecunia). Auch vor consonanten findet sich altoskisch
v, nämlich in u̇v (vgl. über das selbe als steigerungslaut von u
§. 67), z. b. tu̇vt-iks, τωϝτο, aber neuumbr. toutad, touticom
(stamm tu̇vta = umbr. tuta, tota; urbs).
[225]Altirisch. Consonanten.
Die assimilation von nd zu nn gilt wie im umbrischen, z.
b. u̇psannam = operandam auß *opesandam, vgl. opus, oper-
is auß opes-os stamm opes, von welchem der verbalstamm u̇psa,
lat. *opesa, opera gebildet ist.
Im accus. plur. ist die ursprüngliche endung -ns zu ss as-
similiert, z. b. viͤass = vias auß *vians; eben so -u̇ss auß
-ons, vgl. lat. -ôs, gr. -ους = -ονς;-iͤss auß -ins.
Consonanten des altirischen.
Die übersicht der consonanten s. oben §. 69.
Wie im slawogermanischen und teilweise im lateinischen,
so werden auch im altirischen die ursprünglichen aspiraten
durch die tönenden nicht aspirierten consonanten ersezt; die
übrigen ursprünglichen momentanen laute bleiben (bis auf die
durch die lautgesetze bedingten wandlungen) unverändert. Na-
mentlich ist hervor zu heben, daß im altirischen das ursprüng-
liche k bleibt (es wird c geschriben), im gegensatze zum cymri-
schen, wo für ursprüngliches k die labiale muta p ein tritt.
An lautendes p fält im altirischen ab, d. h. es verflüch-
tigte sich in früheren lebensperioden der sprache almählich zu
ph, f, h, und lezteres schwand dann völlig (vgl. lat. filius, span.
hijo, jezt gesprochen icho; lat. faedus, haedus, aedus). Das
schwinden der consonanten in folge der aspiration der selben
ist ein im irischen immer stärker hervor tretender zug, der zu-
erst das p ergriffen zu haben scheint.
Von den ursprünglichen spiranten sind j und v, die beide
im gallischen noch vorhanden waren, verschwunden; lezteres
ist nur im anlaute als f erhalten. s, das nicht selten auß ge-
fallen ist, schwindet im laufe der zeit immer mer. Vor den
stummen momentanen lauten, so wie vor s, fält der nasal auß.
h ist nur graphischer zusatz älterer handschriften, wie in den
gleichzeitigen lateinischen und deutschen manuscripten; die
neuere sprache hat h in der außsprache als erweichung von s
und t, welche dann in der schrift belaßen, aber durch einen
punkt bezeichnet werden: ṡ, ṫ.
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 15
[226]Altirisch. Consonanten. c, ch; t, th.
Lautgesetze verändern die ursprünglichen consonanten-
verhältnisse des altirischen in hohem grade. So gehen z. b.
die ursprünglichen momentanen stummen consonanten zwischen
vocalen (auch dann, wenn einer der selben verloren ist) in as-
piraten und tönende laute über. In der späteren sprache sin-
ken auch die so noch bleibenden stummen momentanen laute
großen teils zu tönenden herab; überhaupt werden in der spä-
teren sprache alle consonanten zwischen vocalen erweicht, ver-
flüchtigt. Diß mag schon früh begonnen haben, da in den al-
ten handschriften die tönenden momentanen consonanten da oft
doppelt, oder als stumme geschriben werden, wo sie noch hart
lauteten. Assimilation und andre unursprüngliche lauterschei-
nungen haben bereits weites gebiet gewonnen. Dem altgalli-
schen waren dise lautgesetze noch fremd.
Nahe zusammen gehörige worte werden wie ein wort be-
handelt, wodurch consonantischer anlaut des zweiten wortes
veränderlich wird (momentane stumme nicht aspirierte conso-
nanten werden aspiriert, wenn ein vocal vorher geht oder gieng;
ferner findet assimilation an vorher gehenden nasalen außlaut
statt, besonders in der späteren sprache; dise erscheinung wird
eclipsis genant u. a.).
Ursprünglich momentane stumme nicht aspirierte
consonanten.
1. Ursprünglich k = altirisch c (zwischen voc. ch, wofür
bisweilen auch wol g ein tritt), z. b. cu, cun (canis), urspr.
stamm kvan; cath (pugna) gall. catu-, z. b. in caturiges (‘kampf-
mächtige’), vgl. altsächs. hadu (deutsch h = urspr. k, s. unten);
cucann = coquina wurz. urspr. kak (coquere); ech = lat. equos
urspr. akvas; wurz. sech = lat. seq-ui urspr. sak; deich = lat.
decem urspr. dakan; fichet = *vicenti, viginti u. a.
2. Urspr. t = altir. t (zwischen voc. th, das mit d wech-
selt), z. b. tri = lat. tres urspr. stamm tri; máthir = lat. mâ-
ter urspr. mâtar-s; tuath (populus) gall. τοουτιους (civis), vgl.
osk. tu̇vtu̇, umbr. tûta, tôta (urbs, civitas), got. thiuda (popu-
lus) wurz. tu (crescere); t als element der 3. pers. sing. verbi
(auß urspr. wurz. ta, pron. demonstr.), z. b. berid (fert) auß
[227]Altirisch. Consonanten. p; g, d.
*beriti urspr. bharati; ber-thar = lat. fer-tur auß *fer-tuse, fert-se
(s. unten die lere von der conjugation); -nt in der 3. pl. verbi,
z. b. ber-tar auß *ber-ntar = latein. feruntur auß *ferunt-u-se,
*ferunt-se u. a.
3. Urspr. p warscheinlich = altir. p, doch weiß ich hier-
für kein beispil.
An lautend fält p im altir. ab, z. b. athir = lat. pater, urspr.
stamm pa-tar; neuir. iasg, also altir. *isc = lat. piscis, got.
fisks; neuir. uct (d. i. ucht) = lat. pectus; altir. il = *pilu-s, ahd.
vilu, πολύ-ς, altind. purú-s urspr. paru-s; ro-lín (implevit), lán
= plênus, lia = πλείων, wurz. par, pra, pla; ro = lat. pro,
altind. pra u. a.
- Anm. In der irischen wurzel mal, z. b. co-mal-nad (implere) scheint
urspr. p der wurzel par durch irisch m ersezt. Vgl. unter bh.
Ursprünglich momentane tönende nicht aspi-§. 168.
rierte consonanten.
1. Urspr. g = altir. g, z. b. wurz. gen (gignere) = lat.
gen urspr. gan; gair (vox), gair-im (voco), fo-ghur (sonus, pro-
nuntiatio) wurz. gar, vgl. altind. wurz. gar (als gř verzeichnet),
griech. γηϱ-ύω, slaw. gla-gol-ją (dico); ríg (rex) = lat. rêg-s,
vgl. altind. râǵ, rấǵ-an, got. reik-s u. a.
- Anm. In bó (vacca) = lat. bo-s ist b = urspr. g (vgl. altind.
gâu-s), weshalb ich das wort für fremd halte, wie im lateinischen.
2. Urspr. d = altir. d, z. b. dá = lat. duo, altind. dvâ;
deich = lat. decem urspr. dakan; dét, d. i. *dent (nach den
lautgesetzen des altirischen) = lat. dent, altind. u. urspr. dant
(dens); dess, des, lat. dex-ter, δεξ-ιός, altind. dákś-ińas; dair,
daur (quercus), vgl. δϱῦς, got. triu; cride, croidhe (cor), vgl.
lat. cord-is, ϰαϱδ-ία, got. haírtô u. a.
ith-im, lat. ed-o (in der endung vom altirischen verschiden),
wurz. altind. und urspr. ad, mit th = d, wie bisweilen. Änlich
ist das an gefürte croidhe neben cride (cor).
Auch t erscheint als schreibung für d, so vor allem in der
wurzel fit (scire) = fid = lat. altind. und urspr. vid, z. b.
ro-fet-ar (scit).
15*
[228]Altirisch. Conson. g = urspr. gh; d = urspr. dh; b = urspr. bh.
3. b der andern indogermanischen sprachen warscheinlich
= altir. b. Beispile felen mir noch.
Ursprünglich momentane tönende aspirierte con-
sonanten.
1. Urspr. gh = altir. g, z. b. gor-aim (calefacio), vgl.
slaw. gor-ěti (ardere), altind. ghar-más (calor), urspr. wurz. ghar;
gaim (hiemps), vgl. χειμ-ών, lat. hiem-ps, altind. him-ás, lit.
żëm-à u. a.; líg-im (lingo) urspr. wurz. righ, griech. λιχ, altind.
lih u. s. f.
2. Urspr. dh = altir. d, z. b. neuir. daim (church, house,
people), vgl. altind. dhấ-man (habitatio); de-nim (facio) ist
doch wol (wie auch das vorige) auf die wurz. altind. u. urspr.
dha, griech. ϑε, deutsch da u. s. f. (ponere, facere) zurück zu
füren; neuir. aod, aodh (ignis), altir. also *áid, *óid, vgl. griech.
αἴϑω, lat. aed-es, urspr. u. altind. wurz. idh (ardere).
- Anm. Für d erscheint th (th und d wechseln im altirischen ser
häufig) in úth (uber, mammula) = lat. ûber, griech. οὖϑαϱ, alt-
ind. û́dhas, hochd. euter.
3. Urspr. bh = altir. b, z. b. wurz. ber, altind. u. urspr.
bhar, z. b. biur, d. i. *biru = fero, φέϱω, got. baíra, altind.
u. urspr. bhár-âmi; bríg (valor), vgl. altind. wurz. bhrâǵ, älter
bhrag, ahd. plîch-an (splendere); b als endung des dat. plur. =
altind. -bhjas, lat. -bus, vgl. griech. -φιν, z. b. bráithrib = fratri-
bus = altind. bhrấtrbhjas = urspr. bhrâtar-bhi-ams, altgall.
mâtrebo = altlat. *mâtrebo(s), mâtribus.
In nem (coelum), entsprechend altind. nábh-as, νέφ-ος ‚slaw.
neb-o, ist urspr. bh durch irisch m ersezt (vgl. unter p). Vil-
leicht eben so in lám (manus), wenn es von wurz. altind. labh
gebildet ist.
- Anm. Dem lateinischen anlaute fr entspricht irisches sr, auch,
wie es scheint, in entlenten worten, z. b. sru-th (cymrisch frwt,
d. i. frut), vgl. das gleich bedeutende und in der wurzel stim-
mende flu-men urspr. wurz. plu; srían (cymr. frwyn) = frê-
num, wurz. urspr. dhar, dhra (tenere); srogell (cymr. frowyll)
= flagellum. Irisch s scheint nur in entlenten worten dem la-
teinischen f zu entsprechen, wie z. b. in suist = fustis, seib
= faba.
[229]Altirisch. Consonanten. j, s, v.
Consonantische dauerlaute.
Ursprüngliche spirantenj, s, v.
1. j schwindet im altirischen, wie sich von dem häufigen
j der in diser sprache so ser verflüchtigten nicht wurzelhaften
silben von selbst versteht; an lautend z. b. óc- (nur in zusam-
mensetzung) = altcymr. iouenc = juvencus auß *jovenco-s grundf.
*javanka-s, vgl. altind. compar. stamm jáv-îjaṁs superlat. jáv-
iśth́a zu júv-an, vgl. juv-enis, deutsch jung.
2. Urspr. s = altir. s, z. b. sen compar. sin-iu, vgl. sen-
ex, sen-ior; siur wol für *sisur = lat. soror, altind. stamm
svásar urspr. svastar; secht = lat. septem urspr. saptan; wurz.
as in as, is = lat. est urspr. as-ti u. a.
Ser häufig ist s assimiliert oder geschwunden (so stäts das
ursprünglich auß lautende s), z. b. am (sum) = asmi; ammi
(sumus) = as-masi.
Zwischen vocalen schwand s durch die aspiration zu ṡ, sh,
das wie h auß gesprochen ward (vgl. unten bei den lautges.
das über die aspiration bemerkte), so z. b. in fí = lat. viru-s,
i. e. *visu-s, griech. ἰός = *ϝισο-ς, altind. viśa-s, viśa-m; siur
= lat. soror; iach = lat. esoc-s; ga (hasta) = *gaisa-s, vgl.
deutsch gêr grundf. gâisa-s; gaide (pilatus) grundf. gaisatia-s,
vgl. Γαισάτοι (gens gallica) u. a.
3. Urspr. v an lautend = altir. f, z. b. fiss (scientia) von
wurz. urspr. vid (scire); fer = lat. vir, vgl. lit. výra-s, got.
vaír (vir); ferr (melior), vgl. lit. vyrésnis (praestantior), griech.
ϝαϱείων, ϝάϱιστος, altind. várîjaṁs, váriśt́ha wurz. var (eli-
gere, velle); flaith (dominium), vgl. got. vald-an, alaw. vlad-ati
(imperare); fín = lat. vînum (villeicht entlent); fedb = lat.
vidua (villeicht entlent).
In bíu, beo = vivus scheint b für f = v ein getreten zu
sein. Diß ist wegen der nahen verwantschaft des keltischen
und lateinischen warscheinlicher, als die anname, bíu sei = gîvas
(vgl. altind. ǵîvás, lit. gývas, slaw. żivŭ, deutsch quick), und g
sei hier, wie im griechischen bisweilen (§. 143, 1) in b über ge-
treten; vgl. bran (corvus) mit lit. várnas (corvus), várna (cor-
[230]Altirisch. Consonanten. n, m, r, l.
nix), slaw. vranŭ (niger, corvus), vrana (cornix); marb = mor-
tuus kann doch ebenfals nur auß *martva-s entstanden sein, hier
ward tv zu b, wie im lateinischen so oft dv. Selbst in entlen-
ten worten ward v zu b, z. b. tar ioib ‘per Jovem’.
Inlautend schwindet urspr. v, z. b. dia = lat. deus auß
dêvos, urspr. daiva-s, gen. dei, dé auß *dêvi; ó, ua (corn. armor.
a) = altind. áva (de, ab); nú = latein. novos, altind. u. urspr.
náva-s; siur = *sisur, lat. soror und diß *svisur, *sveror.
Nasale.
Urspr. n = altir. n, z. b. nau = lat. navis, altind. naûs,
ναῦς; an- privativ. = griech. ἀν-, umbr. an-, lat. in-; a-nman
nom. plur., lat. nômina, nom. sg. ainm; óen, óin = lat. oino-s,
got. ain-s u. s. f.
Urspr. m = altir. m, z. b. men-me (anima) zu wurz. man
(cogitare); mar-b = mortuus, grundf. beider mar-tva-s wurz.
mar = altind. u. urspr. mar (mori); muir lat. mare, vgl. got.
marei, lit. márės; mí, gen. mís = lat. mensis, grundf. beider
wol mâns (vgl. altind. mâs, griech. μήν) auß *mânt (part. praes.
act. von wurz. ma metiri); m als rest von -mi, -masi, suffix der
1 sg. plur. verbi in a-m = as-mi (sum), ammi = as-masi (su-
mus) u. a.
r und l-laute.
Urspr. r = altir. r, l.
Altir. r = urspr. r, z. b. in roth = latein. rota, vgl. lit.
ráta-s, deutsch rad, altind. rátha-s (currus); wurz. ber = lat.
fer, altind. u. urspr. bhar (ferre); a-thir, má-thir = lat. pa-ter,
mâter urspr. pa-tar-s, mâ-tar-s u. a.
Altir. l = urspr. r, z. b. in lán = plênus grundf. prâ-na-s
= par-nas; il = ahd. vilu, griech. πολύ-ς urspr. paru-s, beide
von wurz. par, pra (implere); lóche (lightning) wurz. luc, alt-
ind. ruḱ urspr. ruk (lucere); clú (rumor, fama), clua-s (auris)
wurz. clu, altind. çru urspr. kru (audire); meil-im (I grind;
muileand molendinum und muilneoir molendinarius sind wol
auß dem lateinischen entlent), vgl. mol-ere, ahd. mal-an, μύλ-η,
altind. wurz. mar-d (conterere) urspr. wurz. mar u. a.
[231]Altirisch. Consonantische lautgesetze.
Consonantische lautgesetze.
Inlaut.
1. Assimilation des vorher gehenden consonanten an
den folgenden. n vor s, f und stummen momentanen lauten
assimiliert sich disen volkommen; anstatt der consonantenver-
doppelung tritt aber ersazdenung ein, z. b. cís = lat. cens-us,
cét = lat. centum, cóic = lat. quinque u. s. f.
In den endungen der worte, welche im altirischen schon
ser verkürzt und verflüchtigt sind, ist die ersazdenung wider
geschwunden; so in den endungen der 3. plur. verbi, wie -at,
-et = lat. -ont (-unt); -etar u. s. f. = lat. *-ontor, -untur; auch
in etar = lat. inter trat dise verkürzung ein.
Auch sonst erscheint assimilation des vorher gehenden con-
sonanten an den folgenden, z. b. am (sum), ammi (sumus) für
*as-m, *as-mî *as-misi auß urspr. as-mi, as-masi; dess, des, vgl.
dex-ter, δεξ-ιός, altind. dákś-ińas; oft mit ersazdenung, z. b.
néll (‘nebulae’ gloss., nubes) für *nebl, vgl. nebula, νεφέλη, ahd.
nëbal; dér = δάϰϱυ, got. tagr; suan (sleep) = lat. somnus,
altind. svápna-s; tés (calor) warscheinlich auß *tep-s, *tep-su
von wurz. tap (tepere, tepescere).
2. Die assimilation des folgenden consonanten an einen
vorher gehenden nasal begint schon frühe, z. b. altir. imme =
gall. ambi, lat. amb-, gr. ἀμφί. Diß nimt in der neueren spra-
che ser überhand, so daß die verbindungen mb, nd, ng zu m,
n, ṅ (gutturales n) werden. Tritt dise erscheinung zwischen
zwei worten ein, von denen das erstere ursprünglich auf einen
nasal schloß und das zweite mit einem momentanen laute be-
gint, so nent man sie eclipsis; es werden dann beide laute ge-
schriben (und zwar merkwürdiger weise der nasal am folgen-
den worte), aber nur der erstere auß gesprochen (z. b. ár
m-bó our cow, sprich ár mó auß arn bó u. s. f.
Es scheint beim zusammentreffen von dentalen das selbe
lautgesetz ein zu treten, wie im lateinischen (§. 157, b), nach
welchem z. b. dt zu ss (s) wird, z. b. fiss (scientia) auß *fid-ti,
[232]Altirisch. Consonantische lautgesetze. Aspiration.
*fis-ti wurz. fid, fit = urspr. vid (scire); sess (sedes) wol = lat.
sessus auß *sed-tu-s von wurz. sed (sedere); ein sicheres bei-
spil ist ferner sesaimm für *se-staim = ἵστημι, si-sto von wurz.
sta. Im futurum assimiliert sich folgendes f einer vorher ge-
henden liquida oder nasal mit ersazdenung, z. b. do-gén-a, as-
bér-a für do-gen-fa, as-ber-fa.
Änliche erscheinungen kommen durch die aspiration zu
stande, s. d. flg.
3. Aspiration u. dergl. Umgebende vocale üben auf
die momentanen consonanten einen erweichenden einfluß (von
Zeuss infectio mollis genant) auß, der art, daß die stummen
momentanen consonanten c, t, p in secundäre aspiraten ch, th,
ph über gehen. Geschwundene vocale wirken nach, eben so
geschwundene consonanten, welche die nicht aspirierten laute
erhalten, z. b. ech = equos, wol zunächst für *ecu, vgl. alt-
sächs. ëhu; aber cét, nicht *céth, weil es auß *cent, centum ent-
standen ist; das in einer älteren sprachperiode vor dem t ste-
hende n hemt hier die aspiration. Auf dise weise zeugt die
beschaffenheit des lautes für die einst vorhandenen, später ge-
schwundenen laute.
th, das wie h gesprochen ward, schwindet häufig völlig.
So erklären sich vor allem im passiv die formen der 3. sg. one
th d. i. t, wie z. b. berr, berir, berar neben berthar = fer-tur;
ältere form mag ein *bera-tar gewesen sein, auß welchem *bera-
thar, berthar, sprich berhar und dann berar, schließlich berr
durch immer stärkere verflüchtigung hervor giengen.
Auch in bezug auf dises lautgesetz werden nahe zusammen
gehörige worte wie ein wort behandelt, daher denn der anlaut
der worte, je nach dem erhaltenen oder einst vorhandenen
außlaute des vorher gehenden wortes wechselt. Dise erschei-
nung gehört, da sie nur bei der verbindung mererer worte ein
treten kann, nicht in die vergleichende grammatik, sondern in
die irische specialgrammatik.
Da auch hier ab gefallene vocale und consonanten nach
wirken, so ist diß lautgesetz neben dem einfluße des einstigen
nasalen außlautes von der grösten wichtigkeit für die recon-
[233]Altirisch. Consonantische lautgesetze.
struction der grammatischen endungen einer älteren lebensepo-
che der irischen sprache.
In der spätern sprache unterligen auch die in der älteren
sprache noch bestehenden momentanen stummen consonanten
der wandlung in tönende, z. b. altir. cét = centum, neuir. céad;
altir. etar = lat. inter, neuir. eadar; altind. cóic = quinque,
neuir. cúig u. a.
Die neuere sprache erweicht auch die momentanen tönen-
den laute g, d, b zu ġ, ḋ, ḃ und m zu ṁ, wofür im gälischen
gh, dh, bh, mh geschriben wird; s wird zu ṡ (oder sh, sprich
h); spuren dises gesetzes laßen sich bereits im altirischen war
nemen, indem man nicht selten die media, wo sie nach der
späteren sprache zu bleiben hat (hart, nicht erweicht lautet,
wo sie nach Zeuss im ‘status durus’ steht, was neben andern
consonanten der fall ist), verdoppelt oder als tenuis geschri-
ben findet, z. b. ardd (altus), vgl. arduus; do omalgg (mulsi)
u. a. Auch findet sich bisweilen schon frühe ṡ geschriben, oder
es ist völlig geschwunden (s. oben §. 170, 2).
Vor t geht c und p in ch über, z. b. nocht = noct (nox),
ocht = octo, lacht = lact (lac), secht = septem, necht = neptis.
Media und aspirata werden nicht selten verwechselt; so
steht z. b. ithim, wo wir *idim, vgl. ed-o erwarten; tech (domus)
für und neben teg, vgl. teg-ere, στέγ-η, στέγ-ος; berid für berith
= urspr. bharati, lat. fert u. s. f. Eben so wechseln b und f,
z. b. car-ub (amabo), aber car-fam (amabimus); vgl. den wech-
sel von th und d, f und b im gotischen).
4. Umgebende palatale laute (i, e) bringen in der neue-
ren sprache, besonders in der außsprache, in weitester außde-
nung veränderung der benachbarten consonanten hervor, die in
disem falle den so genanten ‘slender sound’ annemen, wärend
sie außerdem ‘broad’ sind. Für die ältere sprache können wir
von diser palatalisierung der consonanten noch ab sehen (über
die angebliche wandlung von c, g in s sihe Stokes in Beitr.
III, 61).
5. Dissimilation beim zusammentreffen von dentalen fin-
det statt wie im latein., z. b. ro-fes-tar (scit) für *ro-fed-tar.
[234]Altirisch. Conson. lautges. Außlaut. Altbulg. Consonanten.
Der Außlaut
hat fast gar keine ursprünglich auß lauten-
den consonanten mer auf zu weisen, außer in iren wirkungen;
sie sind in der regel sämtlich selbst mit dem vorher gehenden
vocale verflüchtigt.
So ist das ursprünglich ser häufig auß lautende s geschwun-
den in fällen wie fer = lat. vir auß *viros; beram = lat. fe-
rimus, altind. und urspr. bhárâmasi; athraib = lat. patribus,
urspr. patar-bhjaṁs u. s. f.
Ja selbst consonanten vor ursprünglich auß lautenden vo-
calen hielten nicht immer stand, z. b. bir = *birî auß *birisi,
*berisi = altind. u. urspr. bhárasi (fers; hier kann man an den
schwund von s zwischen vocalen denken, s. oben §. 170, 2);
beir neben berid auß *beridi für *beriti, altind. u. urspr. bhárati
u. dergl.
m schwand z. b. im acc. sing. der nomina, z. b. athir =
patrem urspr. patar-am; die ursprünglich auß lautenden na-
sale wirken indes durch einfluß auf den anlaut des folgenden
wortes noch fort.
t ist hier und da erhalten, so in cid = lat. quid urspr.
ki-t (darneben aber auch ce, cia, co, ca als ntr. pron. interr.);
aber sogar beir neben berid auß altind. u. urspr. bhára-ti (fert),
wie so eben an gefürt ward.
Consonanten des altbulgarischen.
Die übersicht der altbulgarischen consonanten gibt §. 76.
Das slawische und das litauische kennen keine aspiraten,
die ursprünglichen aspiraten werden hier durch die nicht aspi-
rierten tönenden consonanten ersezt (vgl. das altbaktrische, kel-
tische, teilweise auch das lateinische, gotische, wo die selbe
lautentsprechung gilt), so daß die slawolettische media doppel-
ter art ist, 1) = ursprünglicher aspirata, 2) = ursprünglicher
media.
Die gutturalen sind merfach zu spiranten geworden, one
daß das gesetz hierfür klar ersichtlich ist; nämlich g zu z, k
zu s (vgl. hierüber Beiträge I, 107 flg.), wodurch nun im s
[235]Altbulgarisch. Consonanten.
zwei ursprünglich völlig verschidene laute zusammen fallen,
nämlich k und s. Im wesentlichen teilt das litauische auch
dise eigentümlichkeit (lit. sz = urspr. k, lit. ż = urspr. g, gh).
Die wandlung von k in č, c und die von g in ž und teilweise
in z ist dagegen jüngern ursprungs und daher unter den laut-
gesetzen zu besprechen. Das litauische teilt disen lautüber-
gang nicht, er trat erst ein, nachdem litauisch und slawisch
als getrente sprachkörper vorhanden waren.
Lautgesetze. Ebenfals jünger und durch erkenbare laut-
einflüße bedingt ist die wandlung von s zu ch (vgl. griech. h
= urspr. s, altbaktr. h und qh = urspr. s).
Die volständige assimilation, die häufig statt findet, fält
mit der außstoßung des ersten lautes zusammen, da das slawi-
sche niemals einen consonanten verdoppelt. Außerdem findet
sich auch die anänlichung der consonanten an folgende laute.
Beim zusammenstoß von dentalen tritt, wie in den andern
indogermanischen sprachen, mit außname des altindischen, dis-
similation ein.
Ein ser weites gebiet hat der einfluß des j und der pala-
talen vocale (der i und e-laute) auf die vorher gehenden con-
sonanten, besonders auf gutturale und dentale gewonnen (zeta-
cismus). Auch vor r, l, v unterligen die gutturalen änlichen
veränderungen, wie vor palatalen lauten.
Nasale bleiben nur vor vocalen, außerdem lösen sie sich
in einen nasalen klang auf, der mit dem vorher gehenden vo-
cale zu einem nasalvocale (ą, ę) verschmilzt. Im außlaute wird
kein consonant geduldet. Sie fallen sämtlich ab, nur können
die nasale sich mit dem vorher gehenden vocale zu einem na-
salvocale verbinden und so erhalten werden. Der somit auß-
namslos vocalische außlaut sämtlicher altbulgarischer worte,
bedingte eine scheu vor vocalischem anlaute, welcher denn auch
in den meisten fällen durch vorschlag von j oder v (in andern
slawischen dialecten auch h) behoben wird.
Ursprünglich momentane stumme nicht aspi-§. 176.
rierte consonanten.
1. Urspr. k = altbulg. k, s, p.
[236]Altbulgarisch. Consonanten. k, s, p = urspr. k; t.
Altbulg. k = urspr. k, z. b. pronominalwurzel kŭ, ko,
urspr. ka, nom. sing. kŭ(-to) = lit. u. urspr. ka-s; kamy nom.
sing. (lapis), stamm kamen urspr. ak-man, vgl. altind. áç-man;
wurz. ki (quiescere) in po-koj (quies), po-či-ti (requiescere;
či = ki, s. unten), urspr. ki, vgl. qui-es, ϰεῖ-μαι, altind. wurz.
çi; vlŭkŭ (lupus) altind. vŕka-s urspr. varka-s; svekrŭ (socer)
altind. sváçura-s grundf. svakura-s; ok-o vgl. oc-ulus, lit. ak-ìs,
griech. ὄσσε = *ὀϰ-ιε, altind. ák-śi; krik-nąti und klik-nąti
(clamare), vgl. lit. klýkti, altind. wurz. kruç, mit anderem wur-
zelvocale; stammbildungssuffix -ŭkŭ, neutr. -ŭko, fem. -ŭka =
urspr. -aka-s, -aka-m, -akâ u. a.
Der umfang des k ist im altbulgarischen durch die im fol-
genden zu erwähnenden veränderungen der gutturale beschränkt.
Altbulg. s = urspr. k, z. b. pronominalwurzel sĭ = urspr.
ki, got. hi, z. b. nom. sg. msc. sĭ = urspr. ki-s, acc. sĭ = urspr.
ki-m; wurz. slu in slu-ti (audire) urspr. kru, altind. çru u. s. f.;
srŭdice (cor) vergl. ϰαϱδία, cord-is, altind. hrd für *khard, lit.
szirdì-s; sŭto urspr. kanta-m, altind. çatá-m, centum, lit. szìmta-s;
des-ętĭ, weiter gebildet auß dak-an, vgl. altind. dáçan, griech.
δέϰα, lat. decem, lit. dészim-tis; os-trŭ (acutus) wurz. ak (in
ac-ies, ac-utus u. s. f.), lit. asz-trùs; vĭsĭ (praedium) wurz. urspr.
vik, altind. viç (intrare), vgl. ϝοῖϰ-ος u. s. f.
- Anm. In seltenen fällen scheint für dises s = urspr. k das s =
urspr. s häufig vertretende ch ein getreten zu sein, wie z. b.
wol in chromŭ (claudus), vgl. altind. wurz. klam, çram (defati-
gari); chladŭ (aura), chladiti (refrigerare), vgl. got. kald-s (fri-
gidus); šlěmŭ (galea) für *chlěmŭ (s. unten), vgl. got. hilm-s, lit.
szàlma-s.
Altbulg. p = urspr. k, z. b. wurz. pek in pek-ą (coquo)
grundf. kak-âmi, vgl. lit. kep-ù, lat. coq-uo, altind. wurz. paḱ,
griech. πεπ; pętĭ (quinque) wol für *pęk-tĭ, vgl. lit. penk-ì,
griech. πέντε, deutsch fimf, aber lat. quinque grundf. kankan.
- Anm. Über die wandlung von k in č und c s. unten bei den laut-
gesetzen.
2. Urspr. t = altbulg. t, z. b. pronominalwurzel tŭ, ntr.
to, fem. ta, urspr. lit. u. altind. ta, griech. το, lat. (is)-tu; ty
urspr. tu, lat. tu, lit. tu; tĭn-ŭkŭ (tenuis), tę-tiva (chorda), ten-
[237]Altbulg. Consonanten. p; g, z = urspr. g.
eto (laqueus) von wurz. urspr. tan (extendere), vgl. griech. τεν
(τείνω), lat. ten-er, ten-ere; tri (tres), vgl. lit. trýs, stamm tri;
wurz. sta in sta-ti urspr. sta (stare); tep-lŭ (calidus) wurz. urspr.
u. altind. tap, lat. tep in tep-eo, tep-idus; vrŭt-ěti wurz. urspr.
u. altind. vart, lat. vert-ere, got. varth; str-ěti (extendere), po-
stel-ą (sterno), wurz. urspr. star, lat. ster, griech. στοϱ; häufig
ist t in stam- und wortbildungselementen, z. b. part. praet. pass.
auf -tŭ, neutr. -to, fem. -ta = urspr. -ta-s, -ta-m, -tâ, vgl. lat.
-tu-s, gr. -το-ς u. s. f.; suffix -telĭ, d. i. *-tel-i, -tel-ja auß urspr.
-tar (nomina agentis bildend) weiter entwickelt, z. b. da-telĭ,
lat. da-tor, griech. δο-τήϱ, altind. dâ-tấ (rs); 3. pers. sg. verbi
-tĭ = urspr. ti, 3. plur. -ntĭ = urspr. -nti, z. b. peče-tĭ, pekątĭ
= urspr. kaka-ti, kaka-nti, lat. coqui-t(i), coquo-nt(i) u. s. f.
- Anm. Über št = tj s. die lautgesetze.
3. Urspr. p = altbulg. p, z. b. pi-ti (bibere) wurz. pi,
pa, vgl. πί-νω plŭ-nŭ (plenus) urspr. par-na-s wurz. par (im-
plere); pŭt-ica (avis) von wurz. altind. und urspr. pat, griech.
πετ (volare); plu-ti (navigare) urspr. wurz. pru, vgl. altind. plu,
griech. πλυ; wurz. tep in tep-lŭ (tep-idus), urspr. u. altind. tap;
sŭp-ati (dormire) wurz. urspr. u. altind. svap, vgl. latein. sop,
griech. ὑπ u. s. f.
Ursprünglich momentane tönende nicht aspi-§. 177.
rierte consonanten.
1. Urspr. g = altbulg. g, z.
Altbulg. g = urspr. g, z. b. grab-iti (rapere) urspr. u. alt-
ind. wurz. grabh (prehendere); ursprünglich identisch hiermit
ist auch wurz. greb in po-greb-ą (sepulcrum), vgl. got. grab-an,
griech. γϱάφ-ω, früh schid sich jedoch das ursprüngliche grabh
hier und in andern sprachen in zwei wurzeln; gla-gol-ati (di-
cere), redupliciert auß wurz. altind. und urspr. gar (laudare,
celebrare, dicere), griech. γηϱ-ύω; gor-a (mons) altind. girí-s,
altbaktr. gairi-s beide für * gar-i-s wurz. gar (gravem esse);
bogŭ (deus) urspr. u. altind. bhaga-s, altpers. stamm baga (deus);
igo = *jŭg-o, urspr. und altind. jug-ám, lat. jug-um, griech.
ζυγ-όν u. a.
Altbulg. z = urspr. g, z. b. in zna-ti (scire), zna, grundf.
[238]Altbulgarisch. Consonanten. d, b.
gnâ, steigerung von gna auß gan um gestelt, vgl. ahd. wurz.
kna in knâ-jan (cognoscere), griech. γνο in γι-γνώ-σϰω, lat. gno
in gnô-tus, altind. wurz. ǵña; zę-tĭ (gener) grundf. *gin-ti-s auß
*gan-ti-s von wurz. urspr. gan (gignere) mit suffix ti (nomen
agentis bildend); mlŭz-ą (mulg-eo) wurz. urspr. marg, vergl.
ἀ-μέλγ-ειν, lat. mulg-ere, altind. wurz. marǵ (abstergere); ząbŭ
(dens) = altind. vêd. ǵámbha-s (dens), vgl. griech. γαμφαί,
γαμφ-ηλαί, γόμφ-ος u. a.
- Anm. 1. z ist nicht durch folgende palatallaute erzeugt, da es häu-
fig vor ŭ, o, ą erscheint. Vgl. den folgenden paragraphen, in
welchem z = urspr. gh zu behandeln ist. - Anm. 2. Über ž = urspr. g, s. unten bei den lautgesetzen.
2. Urspr. d = altbaktr. d, z. b. wurz. da in da-ti (infin.
dare), altind. lat. urspr. da; dom-ŭ (domus) = δόμο-ς, altind.
u. urspr. dama-s; dŭva (duo) stamm altind. u. urspr. dva; drŭva
(ligna), drěvo (arbor), vgl. altind. druma-s, griech. δϱῦς, got.
triu; wurz. vid in vid-ěti (videre), věd-ěti (scire), in den andern
sprachen u. urspr. vid, got. vit; wurz. j-ad (über das im an-
laute zu gesezte j s. das anlautsgesetz §. 89) in jamĭ = *j-ad-
mi (edo), altind. u. urspr. ad, lat. griech. ed, got. at; wurz.
sed, z. b. in sęd-ą grundf. * sa-n-d-âmi (consido), praes. mittels
nasal gebildet, altind. urspr. sad, griech. ἑδ, lat. sed, got. sat;
wurz. rud in ryd-ati (flere), urspr. u. altind. rud, vgl. lit. raud-à
(lamentatio), ahd. wurz. ruƷ in rioƷ-an (flere) u. a.
- Anm. Über żd = dj, s. unten die lautgesetze.
3. b anderer indogermanischer sprachen = altbaktr. b,
z. b. wurz. bud in bŭd-ěti (vigilare), bud-iti (expergefacere) alt-
ind. budh, lit. bud in bud-rùs (vigil), griech. πυϑ, wol durch
assimilation für *βυϑ, aber got. bud in biud-an (offerre, man-
dare) weist auf ein *bhudh hin; bol-ij (maior) vgl. altind. bál-
îjân, *bál-iśt́ha-s (fortior, fortissimus), bála-m (vis, robur); brŭzŭ
(velox) vgl. βϱαχύ-ς, bre(g)vi-s; ble-ją (balo), vgl. βλη-χή, bâl-
are, ahd. blâ-Ʒan (balare).
Ursprünglich momentane tönende aspirierte
consonanten.
1. Urspr. gh = altbulg. g, z.
[239]Altbulg. Consonanten. g, z = urspr. gh; d = urspr. dh.
Altbulg. g = urspr. gh, z. b. gr-ěti (calefacere), gor-ěti
(ardere), wurz. urspr. ghar, vgl. altind. ghar-má-s (calor), got.
var-ms für *gvar-ma-s; gąsĭ (anser) grundf. ghansi-s, lit. żąsì-s,
vgl. altind. hamsá-s, griech. χήν; wurz. stig in do-stig-nąti (de-
prehendere), stĭza (semita) = *stĭgja urspr. stigh, griech. στιχ,
got. stig; mĭg-la (nebula) = ὀ-μίχ-λη, wurz. urspr. migh; dlŭg-ŭ
(longus) urspr. dargh-a-s, δολιχός, altind. dîrghás, altbaktr. stamm
daregha; lĭg-ŭkŭ (levis), vgl. altind. lagh-ú-s, ἐ-λαχ-ύ-ς u. a.
Altbulg. z = urspr. gh, z. b. zel-enŭ (viridis), zel-ije (olera),
vgl. altind. har-i-s, har-ita-s (flavus, viridis), χλω-ϱός, χλό-η, ahd.
grô-ni, gruo-ni (viridis) nebst zor-ja, zar-ja (splendor), zla-to
(aurum), got. gul-th, vgl. χϱ-υσός von wurz. ghar (splendere);
zima (hiemps, frigus), altind. himá-s (nix, frigidus), hiem-ps,
χειμ-ών; liz-ati (lingere) wurz. urspr. righ, altind. lih, älter rih,
griech. λιχ; vez-ą (veh-o) wurz. urspr. vagh, altind. vah, got.
vag; ąz-ŭ, ąz-a, j-ąz-a (vinculum), ąz-ŭkŭ (angustus), ąz-ota (an-
gustia), j-ęz-a (morbus), wurz. urspr. agh, angh (angustum esse),
vgl. altind. aṁh-ú-s (angustus, angustia), áṁh-as (angustia), got.
aggv-u-s (angustus), griech. ἄγχ-ω, ἄχ-νυμαι u. a.
- Anm. 1. Das häufige vorkommen von z vor ŭ, o, ą beweist, daß z
durchauß nicht durch folgenden palatalen laut hervor gerufen ist,
also keineswegs durch einen jener jüngeren lautwechsel der spra-
che erzeugt ward, welche wir ‘lautgesetze’ nennen. Das selbe
beweist lit. ż = slaw. z. - Anm. 2. Über ż = urspr. gh s. unten bei den lautgesetzen.
2. Urspr. dh = altbulg. d, z. b. dě-ti (facere) praes. deždą
auß *de-d-ją, praesensstamm ded auß dha-dha wurz. altind. u.
urspr. dha, griech. ϑε, got. da (ponere, facere); dŭm-ą altind. u.
urspr. dhám-âmi wurz. dham (flare); drŭ-žati (tenere), slawische
wurz. drŭg auß drŭ, dŭr weiter gebildet, altind. u. urspr. wurz.
dhar (tenere); dymŭ altind. dhûmá-s, griech. ϑυμό-ς, lit. fûmu-s,
ahd. toum (vapor, fumus); rŭd-ěti (rubescere), rŭžda auß *rŭd-ja
(rubigo), wurz. rudh, ῥυϑ, deutsch rud (rubere); medŭ (mel) =
altind. u. urspr. mádhu, griech. μέϑυ; bŭd-ěti (vigilare), wurz.
altind. budh, griech. πυϑ u. s. f.
3. Urspr. bh = altbaktr. b, m.
[240]Altbulg. Consonanten. b = urspr. bh; j.
Altbulg. b = urspr. bh, z. b. wurz. ber praes. ber-ą (ca-
pere), altind. u. urspr. wurz. bhar praes. bhár-âmi; wurz. by
inf. by-ti (esse), altind. u. urspr. bhu, griech. φυ, lat. fu; wurz.
ba in o-ba-vati (incantare), ba-snĭ grundf. *bha-ni-s oder *bhâ-
ni-s (fabula), urspr. bha, fa-ri, griech. φα, altind. weiter gebil-
det zu bhas; běg-ą (curro), mit verändertem wurzelvocale, urspr.
bhaug-âmi, vgl. altind. wurz. bhuǵ, griech. φυγ, got. bug; bra-
trŭ (frater), d. i. *brâ-tra-s urspr. bhrâ-tar-s; brŭ-vĭ (superci-
lium), vgl. altind. bhrû-s, griech. ὀ-φϱύ-ς, althd. prâw-a; nebo
gen. nebes-e (coelum), altind. u. urspr. nábhas, gen. nábhas-as,
griech. νέφος u. s. f.
Altbulg. m = urspr. bh nur in den casuselementen, die
auf dem suffixe urspr. bhi beruhen, deren bh im slawodeutschen
überhaupt durch m ersezt wird, z. b. vlŭkŭ-mŭ, vlŭko-mŭ (lupis),
dat. plur. = urspr. varka-bhj-am-s; nova-mi instr. plur. (novis,
fem.) = urspr. navâ-bhi-s; vlŭkŭ-mĭ instr. sing. = urspr. varka-
bhi u. s. f.
Consonantische dauerlaute.
Ursprüngliche spirantenj, s, v.
1. Urspr. j = altbulg. j, z. b. in der wurzel ja pron.
demonstr. u. relat., z. b. gen. sing. msc. neutr. je-go = altind.
u. urspr. já-sja, dat. je-mu = altind. u. urspr. já-smâi, nom.
sg. msc. i für *jŭ = altind. u. urspr. ja-s; jem-ati (prehendere),
altind. u. urspr. wurz. jam (prehendere, cohibere); junŭ vgl.
juvenis, altind. stamm juvan, got. juggs; igo für *jŭgo = urspr.
jugá-m, latein. jugum. Beispile des inlautenden j gibt §. 81;
andre fälle von inlautendem j werden bei den lautgesetzen zur
sprache kommen, wie z. b. mežda (vicus) für *medjâ, altind. u.
urspr. mádhjâ, lat. media u. s. f.
In der genitivendung der pronom. declin. -go = urspr. sja
(z. b. je-go (eius) = altind. u. urspr. já-sja) ist auß urspr. j ein
slaw. g geworden, wie es scheint, durch verhärtenden einfluß
des vorher gehenden s.
- Anm. Von den verschmelzungen des j mit vorher gehenden con-
sonanten und dem schwinden des selben zwischen vocalen haben
[241]Altbulgarisch. Consonanten. s, v, n.
die lautgesetze zu handeln. Vgl. über den außfall von j oben
§. 85.
Das unursprüngliche, im slawischen an lautenden vocalen vor
geschlagene j behandelt §. 89, 2; eben daselbst ist von der schrei-
bung des anlautes i = ji für jŭ die rede.
2. Urspr. s = altbulg. s, z. b. wurz. altind. u. urspr. sad
in sęd-ą (consido), sěd-ěti (sedere), sad-iti (plantare), vgl. griech.
wurz. ἑδ, lat. sed, got. sat; sedmĭ (septem) altind. u. urspr.
saptán; sy-nŭ (filius) got. u. urspr. su-nu-s, altind. u. lit. sûnús;
wurz. stru (t ist ein geschalten wie im deutschen strô-m, grundf.
strâu-ma-s, von der selben wurzel) in stru-ga, stru-ja (flumen),
o-strov-ŭ (insula), altind. u. urspr. sru, griech. ῥυ (fluere); wurz.
sta in sta-ti (stare), urspr. u. lat. sta, altind. stha; str-ěti (ex-
tendere), altind. u. urspr. wurz. star (sternere); sŭp-ati (dor-
mire) altind. u. urspr. wurz. svap, sup; wurz. jes für *es (esse)
urspr. u. altind. as, z. b. in jes-tĭ = altind. u. urspr. ás-ti;
nosŭ = lat. nasu-s, vgl. altind. nas u. s. f.
- Anm. Über altbulg. ch und seinen vertreter š = urspr. s s. un-
ten die lautgesetze §. 182, 6.
3. Urspr. v = altbulg. v, z. b. wurz. vid in vid-ěti (vi-
dere), věd-ěti (scire), altind. u. urspr. vid; vě-trŭ (ventus), vě-jati
(evannare) von wurz. urspr., altind. u. got. va (flare; vgl. §.
83, 2 über den wechsel von a mit ě); wurz. vez, praes. vez-ą
(veho), urspr. vagh, praes. vagh-âmi; vel-ěti (velle, jubere), vol-
ja (voluntas), urspr. u. altind. wurz. var, lit. val in valė́ (vo-
luntas), deutsch val, lat. vel; vrŭt-ěti (circumagere) wurz. altind.
u. urspr. vart (vertere); dva, altind. dvâ, dvâu, lat. duo; novŭ
(novus), altind. u. urspr. náva-s, lat. novo-s, griech. νέϝο-ς;
ovĭ-ca (ovis), weiter gebildet auß altind. u. urspr. ávi-s; ovŭ
fem. ova (hic, haec), urspr. altbaktr. u. altpers. pronominalst.
ava u. s. f.
- Anm. Das unursprüngliche, an lautenden vocalen vor geschlagene
v behandelt §. 89, 1.
Nasale.
1. Urspr. n = altbulg. n; nur vor vocalen erhalten, z. b.
ne (non, ne) altind. u. urspr. na; noštĭ d. i. *nokti-s (nox) =
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 16
[242]Altbulgarisch. Consonanten. m, r, l.
lat. nox auß * nocti-s, urspr. u. lit. naktì-s; novŭ = lat. novos,
altind. und urspr. náva-s; nebo (coelum) = altind. und urspr.
nábhas, griech. νέφος (nubes); zna-ti (inf. scire) wurz. gna auß
gan um gestelt; onŭ (ille), lit. àns (für *àna-s, das ungebräuch-
lich ist) urspr. ana-s; plŭ-nŭ (plenus) grundf. pla-na-s urspr.
par-na-s; i-men-e gen. sg., nom. imę (nomen), vgl. urspr. gnâ-
man-as, lat. nô-min-is u. s. f.
- Anm. 1. Die auflösung der nasale in nasalvocale ist §. 84 be-
sprochen. - Anm. 2. In devętĭ (novem), vgl. altind. naván, ἐν-νέϝα u. s. f.,
steht d für n, bedingt durch die analogie von desętĭ (decem);
vgl. unten das litauische devynì.
2. Urspr. m = altbulg. m; nur vor vocalen erhalten, z. b.
mě-ra (mensura) wurz. urspr. ma (metiri; über ě neben a s. §.
83, 2); mą-žĭ (vir), mĭn-ěti (putare) zu wurz. urspr. man (cogi-
tare); mati (mater) gen. ma-ter-e, urspr. mâ-tar-s, gen. mâ-
tar-as; mŭr-ěti, mr-ěti (mori), wurz. altind. u. urspr. mar; domŭ
(domus) urspr. dama-s, griech. δόμο-ς, lat. domu-s; -mĭ endung
der 1. sg., -mŭ endung der 1. plur. verbi = altind. u. urspr.
-mi, -masi, z. b. jes-mĭ (sum) = altind. u. urspr. ás-mi; jes-mŭ
(sumus) = urspr. as-masi, altind. s-mási u. s. f.
- Anm. 1. Die auflösung der nasale in nasalvocale ist §. 84 besprochen.
- Anm. 2. In črŭvĭ (vermis) urspr. karmi-s (vgl. vermis, deutsch
wurm u. a.), ferner in prŭvŭ-ĭ, vgl. lit. pirma-s, lat. primu-s,
got. fruma scheint ein ursprüngliches m in v gewandelt zu sein;
beide male nach vorauß gehendem r.
Urspr. r = altbulg. r, l.
Altbulg. r = urspr. r, z. b. rŭd-ěti (erubescere) wurz. alt-
ind. u. urspr. rudh; -ter = urspr. -tar in den verwantschafts-
worten, wie stamm ma-ter urspr. mâ-tar; wurz. mŭr in mr-ěti
(mori), altind. u. urspr. mar; wurz. ber (capere), altind. u.
urspr. bhar; or-ati (arare) wurz. urspr. ar u. s. f.
Altbulg. l = urspr. r, der vil häufigere fall, z. b. luč-a
(radius), lu-na (luna) wurz. luk urspr. ruk, altind. ruḱ (lucere);
liz-ati (lingere) wurz. urspr. righ, griech. λιχ, lat. u. got. lig,
altind. lih, älter rih; liub-iti (amare) wurz. lat. lub, altind. lubh
urspr. rubh (amare, cupere); lig-ŭkŭ (levis), vgl. altind. laghú-s
[243]Altbulg. Consonant. lautgesetze. Assimilation.
griech. ἐ-λαχύ-ς, die auf urspr. raghu-s (levis) hin füren; slu-ti
(audire) wurz. slu urspr. kru, griech. ϰλυ, got. hlu, altind. çru;
plŭ-nŭ (plenus) urspr. par-na-s, wurz. altind. und urspr. par;
vel in vel-ěti (velle, jubere), altind. und urspr. var; suffix -lo
für -dlo, altind. u. urspr. -tra-m, z. b. ora-lo = lat. ara-tru-m,
griech. ἄϱο-τϱον, altind. arí-tra-m (remus); suffix -telĭ d. i. *-tal-
ja-s auß urspr. -tar, z. b. da-telĭ, vgl. lat. da-tor, griech. δο-τήϱ
urspr da-tar-s u. s. f.
- Anm. Ursprünglich vor r (und l) stehender vocal tritt bei folgen-
dem consonanten im slawischen hinter das selbe z. b. plŭ-nŭ urspr.
par-nas; prasę vgl. porcus, ahd. varh; vladiti vgl. got. valdan
u. s. f. Selbst das litauische teilt dise neigung nicht, die also
ser jung und nur slawisch ist.
Consonantische lautgesetze.
Inlaut.
1. Volkommene angleichung des vorher gehen-
den consonanten an den folgenden. Häufig im slawi-
schen; die so entstehende consonantenverdoppelung wird aber
graphisch nie bezeichnet (wie z. b. jesi geschriben wird für
*jes-si grundf. as-si, 2. sg. praes. zu wurz. as, esse); in bestim-
ten fällen wird, wie auch in andern sprachen, die verdoppelung
durch denung des vorher gehenden vocales ersezt.
Älteres ks assimiliert sich zu ss, z. b. desĭnŭ (dexter) =
altind. dákśińa-s, beide auß daksina-s, vgl. δεξ-ιός u. s. f.;
tes-ati (lapides scalpere), vgl. altind. wurz. takś; osĭ = lat.
axi-s.
Im dat. sg. masc. neutr. der pron. declination, z. b. tomu
vom demonstrativen pronominalstamme urspr. ta, ist m durch
assimilation von sm zu mm entstanden; von tomu z. b. ist die
slawische grundform *tasmavi (eine secundäre u-form, wie von
einem stamme tasmu), urspr. u. altind. tásmâi.
- Anm. Die beim zusammentreffen verschidener worte, d. h. in der
zusammensetzung mit praepositionen ein tretenden assimilationen
und lautwechsel überlaßen wir der specialgrammatik des altbulg.
16*
[244]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
Vor n werden t und d assimiliert, z. b. o-svĭnąti auß *o-svĭt-
nąti (illucescere) wurz. svit, vgl. svit-ati (illucescere); u-vęnąti
auß *u-vęd-nąti (marcescere), vgl. u-vęd-iti (marcidum reddere).
t und d assimilieren sich folgendem l, so vor dem suffixe
nom. sg. -lŭ, neutr. -lo, fem. -la urspr. msc. -ra-s, neutr. -ra-m,
femin. -râ des part. praet. act., z. b. plelŭ, palŭ auß *plet-lŭ,
*pad-lŭ zu plet-ą (plecto), pad-ą (cado); suffix -lo, westslaw. -dlo,
altind. u. urspr. -tra-m, lat. -tru-m, griech. -τϱο-ν.
t und d assimilieren sich folgendem s, z, b. jasi auß *jad-
si, grundf. ad-si, 2. sing. praes. zu wurz. jad (edere) u. s. f.;
čisę 3. plur. aor. comp. auß *čĭt-sę, wurz. čĭt (colere). Solches
ursprünglich doppeltes s leistet der wandlung in ch, š meist
widerstand, doch, namentlich bei ersatz der verdoppelung durch
denung, geht bisweilen auch dises s in ch (š) über, s. unten 6.
Folgendem m und v der 1. sg. plur. u. dual. wird d assi-
miliert, z. b. 1. sg. jamĭ, 1. plur. jamŭ, 1. dual. javě auß *jad-
mĭ, altind. u. grundf. ád-mi, *jad-mŭ, altind. u. grundf. ad-mási,
*jad-vě von wurzel jad (edere) u. s. f.
Vor n verliert sk das k, z. b. ples-ną-ti für *plesk-ną-ti,
vgl. plesk-ati (plaudere) u. a.
p, b, v assimilieren sich folgendem n, t (vor lezterem gilt
auch einschiebung von s, s. unten 7, a), z. b. vor n in sŭnŭ (som-
nus), u-sŭnąti (obdormiscere) für *sup-nŭ, altind. u. grundf. sváp-
na-s, *-sŭp-nąti, vgl. sŭp-ati (dormire); netij (fratris filius) für
*nep-tij, vgl. ἀνέψιος, altind. stamm nap-tar (nepos); gŭnąti
(plicare) für *gŭb-nąti, vgl. sŭ-gyb-ati (plicare; doch bleibt gyb-
nąti perire unverändert); plinąti für *plĭv-nąti, vgl. plĭv-ati
(spuere); dĭnĭ (dies) für *dĭv-nĭ, wurz. div (lucere). Vor t, be-
sonders häufig vor dem -ti des infinit., z. b. po-greti für *greb-ti
(sepelire), praes. po-greb-ą; žiti (vivere) für *żiv-ti praes. żiv-ą
u. s. f.
Im aoristus compos. älterer bildung assimiliert sich con-
sonantischer wurzelaußlaut dem s des aorists, meist mit ersaz-
denung (s. oben §. 83, 2 u. §. 86), z. b. basę auß *bod-sę, praes.
bod-ą (fodio); čisŭ auß *čĭt-sŭ, praes. čĭt-ą (lego, colo); ręchŭ,
rěšę auß *rek-sŭ, *rek-sę, praes. rek-ą (dico); auch die verdop-
[245]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
pelung zweier gleicher laute (im slaw. wenigstens), wird auf dise
weise ersezt, z. b. něsu = *nes-sŭ, praes. nes-ą (fero), grundf.
ist nak-âmi (mit s = k, vgl. griech. wurz. ἐ-νεϰ, s. oben §.
176, 1). Dise angleichung findet one ersazdenung statt z. b.
in po-gresę auß *-greb-sę, praes. po-greb-ą (sepelio) neben po-
grěsŭ auß -greb-sŭ mit ersazdenung; jasŭ, jasę und, mit der
jüngeren wandlung von s zu ch, jachŭ, jašę (sihe unten 6) auß
*jad-sŭ, *jad-sę, älter *ad-sam, *ad-sant, zu praes. jamĭ auß
*jad-mĭ (edo). In disen zulezt an gefürten fällen läßt sich nicht
entscheiden, ob ersazdenung statt findet oder nicht, da das a
in disen aoristformen möglicher weise lang gewesen sein kann.
2. Volkommene angleichung des folgenden con-
sonanten an den vorher gehenden. Im inlaute finden
sich für dise art der assimilation wol schwerlich beispile. In
zusammensetzung mit der praeposition obŭ, welche ir ŭ verliert,
assimiliert sich an lautendes v dem b, z. b. obi-ti (circumvol-
vere) für *ob-bi-ti auß *ob-vi-ti wurz. vi; obęzati (involvere) für
*ob-vęz-ati wurz. vęz u. s. f.
3. Anänlichung des vorher gehenden consonan-
ten an den folgenden laut.
a. Wie in andern sprachen, so gehen auch hier vor stum-
men lauten die tönenden in stumme, vor tönenden die stum-
men in tönende über. Diß zeigt sich namentlich bei z und s,
nicht nur im außlaute von praepositionen, sondern auch im in-
laute der worte, z. b. noz-dri (nasus) von nosŭ (dass); męz-dra
(corticis pars interior, das fleischige der rinde) zu męs-o (caro);
ves-ti (infinit.) neben vez-ą (veho); l wirkt als ein stummer laut,
z. b. ves-lo (remus) wurz. vez (vehere); mas-lo (oleum), vgl.
maz-ati (ungere); u-vęs-lo (mitra), vgl. u-vęz-ati (ligare), vęz-nąti
(coronare).
b. Die gutturalen wandeln sich vor palatalen vocalen (i,
ĭ = urspr. i, ę = in, im oder em, ě und e) in linguale und
dentale laute; und zwar wird k zu č und c, g zu ž und z, ch
zu š und s.
Vor e findet nur die wandlung in die lingualen laute č (=
tš), ž, š statt, z. b. četyrije, vgl. lit. keturì (quatuor); im vocat.
[246]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
sg., z. b. ělověče, bože, mniše zu den nominativen člověkŭ (homo),
bogŭ grundf. bhaga-s (deus), mnichŭ (monachus); in conjugations-
formen, wie 3. sg. praes. pečeti, možetĭ, grundf. kaka-ti, magha-ti
neben 1. sg. peką (coquo), mogą (possum), eben so in andern
personen vor e; ušese, očese gen. sing. zu nom. ucho (auris),
stamm *uses, grundf. *ausas, oko (oculus), stamm *okes, grundf.
*akas; die grundformen von ušese, očese sind also ausas-as,
akas-as.
Vor i finden beiderlei wandlungen statt; vor i von stambil-
dungselementen die linguale, vor i der wortbildungselemente die
dentale, z. b. člověci nom. pl. zu nom. sg. člověkŭ (homo); dusi
nom. plur. zu duchŭ (spiritus); bozi nom. plur. zu bogŭ (deus);
aber z. b. božica (dea); ĭ hat stäts die leztere art der wand-
lung vor sich, z. b. božĭstvo (divinitas), grundf. bhagitva-m; eben
so vor wurzelhaftem i, z. b. živą (vivo), živŭ (vivus), wurz. giv,
vgl. lit. gýv-as (vivus); das selbe scheint von ę (= ĭ + nasal)
zu gelten, vgl. z. b. dašę, d. i. *da-sĭnt auß da-sant (griechisch
entspräche ein *ἔ-δο-σαν), 3. plur. aoristi comp. von wurz. da
(dare) neben dachŭ, d. i. *da-sŭ auß da-sam, 1. sg. aor. comp.
(diß wäre im griech. *ἔ-δο-σα). Zu folge diser doppelten wand-
lung der gutturalen gewint es öfters den anschein, als ob z,
c (ts) vor palatalen vocalen in ž, č (tš) gewandelt seien, das
verwandelte ist aber hier stäts der ursprüngliche guttural, so
z. b. knęzĭ (princeps) auß deutschem kuning weiter gebildet durch
anfügung von jŭ (= urspr. ja-s), aber knęžĭstvo, knęžije (princi-
patus), die grundformen waren *kuningjatva-m, *kuningija-m;
vocativ zu knęzĭ ist knęže, wärend in den andern casus z gilt;
so otĭčĭskŭ (paternus) von otĭcĭ (pater), vocativ otĭče; lice d. i.
*likjo auß *likjas, neutr. (vultus, persona) aber genitiv ličese,
grundf. *likjas-as u. a.
ě (d. i. ěa) hat in wortbildungselementen die dentale wand-
lung vor sich, z. b. im loc. sg., wie člověcě, bozě, dusě zu člověkŭ
(homo), bogŭ (deus), duchŭ (animus), grundf. z. b. bhagai u. a.,
eben so in wurzeln, z. b. cělŭ (sanus, integer) = got. hails,
grundf. also kaila-s. In stambildenden elementen gilt dagegen
ě (d. i. ěa) als ja und wird dem gemäß behandelt (s. unten
[247]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
unter 5), z. b. množai, compar. zu mnogŭ (multus) für *mnogěi
(vgl. z. b. dobrěi, compar. zu dobrŭ bonus); slyšati (audire) vgl.
sluchŭ (auditus) für *slychě-ti (von einer wurz. slu-s = deutsch
hlu-s, grundf. kru-s, weiter gebildet auß kru), grundf. des ver-
balstammes ist *slusai u. s. f.
Wenn č, ž vor a und u erscheinen, so ist im ersteren falle
wol stäts kě, gě als die ältere form vorauß zu setzen, im an-
deren kju, gju (vor o und ą erscheinen č und ž nie, ein siche-
res zeugnis für ire spätere entstehung, wärend s und z = k
und g, gh älter und daher von den folgenden lauten unab-
hängig sind), z. b. časŭ (hora) für čěsŭ (das in bulgarischen ma-
nuscripten vor komt), vgl. lit. czė́sas, wol von wurz. ki (vgl.
altind. ḱi colligere, struere); žas in u-žas-nąti (obstupescere)
= gěs, vgl. got. us-geis-nan (dass.). Bei u wechselt nicht sel-
ten die schreibung, wie in čudo und čjudo (miraculum) u. s. f.
Eben so verhält es sich mit c, z. b. carĭ (rex), verkürzung
von cěsarĭ = lat. caesar.
Vor i und ĭ gehen die lautverbindungen kt, gt, cht in št
über. Zunächst ward wol durch einfluß des palatals auf den
guttural čt, žt, št auß kt, gt, cht; žt muß natürlich zu št wer-
den, und čt d. i. tšt konte ebenfals leicht den an lautenden t-
laut verlieren, z. b. sěšti, infin. für *sěk-ti (secare), praes. sěk-ą;
peštĭ (fornax) für *pek-tĭ, wurz. pek, vgl. pek-ą (coquo) mit suffix
tĭ; noštĭ (nox) für *nok-tĭ, vgl. lit. nak-tì-s, got. nahts auß *nah-
ti-s; mošti infin. für *mog-ti (posse), praes. mog-ą; moštĭ (poten-
tia) für *mog-tĭ = got. mahts auß *mag-ti-s; dŭšti auß *dŭgti
(filia), gen. dŭštere, grundf. dugtar-as; vrěšti (triturare) infinit.
für *vrěch-ti, praes. vrĭch-ą u. s. f.
Vor l, r, v tritt ebenfals die in rede stehende wandlung
der gutturale mit vorliebe ein, so c und č = k, z. b. cvětŭ
(flos) neben böhmischen květ; cvěliti (flere) neben altböhmisch
kvěliti, neuböhmisch kvíliti; člov-ěkŭ (homo) scheint doch auf
die wurzel kru (audire, distincte loqui) zurück zu füren, die
allerdings außerdem im slawischen slu lautet; črŭvĭ (vermis)
altind. kŕmi-s grundf. karmi-s; črŭt-ati (incidere), vgl. lit. kert-ù
(caedo), altind. wurz. kart (findere, dissecare) u. slaw. krat-ŭkŭ
[248]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
(brevis); ž = g (urspr. g oder gh), z. b. žr-ěti (deglutire),
žrŭ-lo (guttur), wurz. urspr. gar, vgl. lit. gér-ti (bibere), altind.
wurz. gar, praes. gir-ấmi, gil-ấmi; žlŭ-tŭ (flavus) = lit. gèl-
tas, žlŭ-čĭ (bilis) wurz. ghar (viridem esse, flavescere), vgl. χόλ-ος,
χολ-ή, χλό-η, χλω-ϱός, altind. har-i, har-it u. s. f.
Ser häufig bleibt aber auch k und g vor l, r, v (wie jedes
wörterbuch zeigt).
c. t und d gehen vor l und m in gewissen fällen in die
spirans s über, z. b. gąs-li (plur. cithara), vgl. gąd-ą (cithara
cano); jas-li (praesepe) wurz. jad (edere); čis-lo, čis-mę (nume-
rus) wurz. čĭt (numerare).
Auch diser lautwechsel ist eine anänlichung; l und m sind
dauerlaute; indem die momentanen t, d in den dauerlaut s über
gehen, werden sie dem folgenden l, m quantitativ änlich.
4. Anänlichung des folgenden lautes an den vor-
her gehenden. Sie fand statt, indem j nach t in š, nach d
in ž über gieng; dise lautfolge tš (č), dž ward aber im altbul-
garischen zu št, žd um gestelt (wie dorisch σδ, d. i. zd auß ζ,
d. i. dz um gestelt ist), z. b. veząšta (vehentis; mascul.) auß
*vezątja; prěštą für *prětją, 1. sg. praes. zu infin. prět-iti (vitu-
perare); roždą für *rodją, 1. sg. praes. zu infin. rod-iti (gene-
rare, parere); mežda (vicus) für *medja urspr. madhjâ u. s. f.
r und v zwischen den dentalen und j heben die wirkung
des lezteren nicht auf, z. b. u-mrŭštv-l-jenŭ (part. praet. pass.)
für *-mrŭtv-jenŭ, infin. u-mrŭtviti (occidere).
st und zd gehen mit j ebenfals in št, žd über, d. h. s und
z assimilieren sich dem folgenden š, ž, z. b. puštą für *pusštą
auß *pustšą und diß für *pustją, 1. sg. praes. zu infin. pustiti
(mittere); jaždą für *jazždą auß *jazdžą und diß für *jazdją,
1. sg. praes. zu infin. jazditi (equitare) u. a.
5. Gegenseitige anänlichung und angleichung
der laute an einander.
kj wird č (d. i. tš) seltner, in stambildungselementen, c
(d. i. ts), gj wird ž, seltner z, chj wird š, z. b. plačą für *plak-ją,
1. sg. praes. infin. plak-ati (lavare); lŭžą für lŭg-ją infin. lŭg-
[249]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
ati (mentiri); dyšą für *dych-ją, infin. dych-ati (flare); duša für
duchjâ (anima), vgl. duchŭ (animus).
c = kj, z. b. im suffixe -cĭ, neutr. -ce, fem. -ca, d. i. -kja-s,
-kja-m, -kjâ, z. b. zlatica (numus), d. i. zlatikjâ, vgl. zlatikŭ
(masc. numus).
z = gj, z. b. in stĭza (semita) d. i. stĭg-jâ von wurz. stigh u. a.
Auß skj solte also sč werden, für sč tritt aber überhaupt
(auch wenn durch zusammensetzung s und č zusammen treffen)
das beliebte št ein, daher ištą für *isčą auß *iskją, 1. sg. praes.,
infin. iskati (quaerere).
s, c d. i. ts und z gehen mit j in š, č, d. i. tš und ž über,
z. b. pišą, 1. sing. praes. auß *pisją, infin. pis-ati (scribere);
otĭčĭ (adject. patris), d. i. *otĭcjŭ von otĭcĭ (pater); grožą auß
*grozją, 1. sg. praes., infin. groz-iti (minari) u. a.
s und z werden auch dann verwandelt, wenn sie von j
durch l oder n getrent sind; l und n werden dann durch das
j palatal, so daß j gleichsam durch dise laute hindurch auf
den vorher gehenden consonanten wirkt, z. b. myšlją 1. sing.
praes. für *myslją, infin. mysli-ti (cogitare); blažnją für *blaznją,
1. sg. praes., infin. blazni-ti (scandalum praebere) u. s. f.
Mit r, l, n verschmilzt auch j völlig, so daß j nach inen
oft nicht geschriben wird; r, l, n werden dadurch one zweifel
palatal, indessen bezeichnet diß die schrift gewönlich gar nicht
(nur einzelne handschriften zeichnen palatales r, l, n durch ein
zu geseztes ⌒ auß). Am häufigsten wird j nach r nicht ge-
schriben, z. b. bura neben burja (procella); doch finden sich
auch schreibungen wie vol͡ą = volją, acc. sg. zu volja (volun-
tas); blagyn͡i = *blagynji auß *blagynja (bonitas), blagyn͡ą =
blagynją (act. sing.) u. a. Es müßen demnach rj, lj, nj über-
haupt in enger verbindung mit einander gestanden und wol fast
einen laut, nämlich den der palatalen ř, ľ, ň gebildet haben.
6. Wandlung von s zu ch (für welches vor palatalen
vocalen š ein tritt) zwischen vocalen, seltner im anlaute. Dise
wandlung ist der von s zu r im lateinischen und deutschen zu
vergleichen, und ist eben so wenig durchgängig ein getreten,
wie dise; z. b. im aor. comp. wie da-chŭ, 1. sing. aor. comp.
[250]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Einschiebung.
von wurz. da (dare), = *da-sŭ grundf. da-sa-m (aber z. b. 2.
plur. da-s-te grundf. da-s-tas); da-chomŭ 1. plur. grundf. da-sâ-
mas; da-šę 3. plur. = *da-chę, *da-sin grundf. da-sant; im loc.
plur. -chŭ = lit. u. altind su, z. b. nova-chŭ = altind. návâ-su
(femin., in novis); snocha = altind. snušâ (nurus) für *snusâ;
myšĭ für *mychĭ und diß für *mysĭ (mus), vgl. μῦς, lat. mus,
altind. mûśa-s; 3. plur. aor. comp. auf -ošę für *-ochę = -asant,
z. b. vezošę grundf. vagha-sant; 2. sg. praes. -eši für *-echi =
urspr. -asi, z. b. vezeši = urspr. vagha-si (vehis), aber jesi für
*jes-si grundf. as-si (es).
An lautend findet sich ch und sein vor palatalen ein tre-
tender vertreter š z. b. in chod-itĭ 3. sing. praes. (it), šĭd-ŭ,
šĭlŭ für *šĭd-lŭ, part. praet. act., beide zu wurzel sad (ire), die
grundformen sind sâd-aja-ti, sad-vant-s, sad-ra-s; šes-tĭ (sex),
vgl. sex, ἕξ, zunächst für *chestĭ und diß für *sestĭ; šiv-ą (suo),
šiv-ŭ (sutura) für *chiv-ą, *chiv-ŭ und diß für *siv-ą, *siv-ŭ
wurz. altind. siv (suere), vgl. got. siu-ja (suo), lat. wurz. su.
Daß diß ch (š) für s ser jung ist, beweisen die öfters noch
in den ältesten handschriften erscheinenden formen mit s für
späteres ch, z. b. in 1. sg. u. plur. aor. comp. pri-ję-sŭ, pri-ję-
somŭ zu 1. sg. praes. im-ą, infin. ję-ti (prehendere), grundf. der
wurzel jam, neben dem gewönl. ję-chŭ, ję chomŭ, grundf. *jim-
sa-m, *jim-sâmas; ja-sŭ neben ja-chŭ auß *jad-sŭ, 1. sg. aor.
comp. von wurz. jad (edere), grundf. *ad-sam, und andere der-
gleichen formen.
Häufig genug bleibt s zwischen vocalen ungewandelt, z. b.
nosŭ = lat. nasus; bosŭ = lit. bása-s (non calceatus) u. s. f.
In dręchlŭ neben dręselŭ (morosus) ist ch = s auch vor l
ein getreten. Andere sichere beispile der art sind mir nicht
bekant.
- Anm. In šuj (sinister) = altind. sav-ja-s ist š unregelmäßig, oder
vilmer sav ist in siv, sju geschwächt und š = sj, s. oben 5.
7. Lauteinschiebung; a) zur vermittelung der
zusammen treffenden consonanten. Diß findet statt zwi-
schen s und r (wiewol der anlaut sr darneben häufig sich fin-
det), z. b. wurz. stru in stru-ja (flumen), stru-ga (fluctus),
[251]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Einschiebung.
o-strov-ŭ (insula) wurz. altind. u. urspr. sru, griech. ῥυ (fluere),
dtsch. stru (in ahd. strou-m) mit der selben einschiebung; ostrŭ
(acutus), lit. asz-trùs, von wurz. os = urspr. ak (acutum esse), mit
dem suffixe rŭ urspr. ra, für *os-ru, urspr. ak-ra-s, vgl. acer,
ἄϰϱο-ς; pĭstrŭ (variegatus) eben so von wurz. pĭs, vgl. pis-ati
(scribere, pingere); zwischen die tönenden z, ž und folgendes r
tritt (meist in zusammensetzungen) d, z. b. iz-d-rešti (eloqui, wurz.
rek), ja sogar izdrailĭ (Israel); ždrěbę neben žrěbę (pullus) u. a.
Zwischen p und t findet sich im infinitiv einschaltung von
s, z. b. po-črŭp-s-ti (haurire), praes. črŭp-ą; po-grep-s-ti (sepe-
lire) für *-greb-ti, praes. po-greb-ą.
Noch nicht durch greifend in den ältesten manuscripten
(auch nicht im neubulgarischen) werden p, b, v, m, also sämt-
liche labialen, und folgendes j durch ein ein geschobenes l ver-
mittelt, z. b. syp-l-ją 1. sg. praes. für *sypją, infin. syp-ati (spar-
gere); gyb-l-ją, infin. gyb-ati (periclitari); lov-l-ją, infin. lov-iti
(captare); drěm-l-ją, infin. drěm-ati (dormitare); bez-um-l-ĭ für
*bez-um-jŭ (demens) von bezŭ (sine) und umŭ (mens), suff. jŭ u. a.
Natürlich wirkt nur ĭ = jŭ, nicht ĭ = i in diser weise.
b. Vor k, t und n findet sich in stambildungselementen
nicht selten ein unursprüngliches s, vor n auch z, z. b. suffix
-ĭskŭ = got. iska, altind. u. urspr. -ika, griech. -ιϰο, lat. -icu,
z. b. sloven-ĭskŭ, σϑλοβην-ιϰό-ς, sloven-icu-s, slowen-isch; suffix
-stĭ = altind. u. urspr. -ti, griech. -τι, -σι u. s. f., z. b. bělo-stĭ
(albor) von bělŭ (albus; unmittelbar an die wurzel an tretend
lautet diß suffix -tĭ one s, z. b. pa-mę-tĭ, memoria, wurz. man
cogitare); suffix -stvo = altind. u. urspr. -tva-m, z. b. množĭ-
stvo (multitudo) für *mnogĭ-stvo (s. oben 3) von mnogŭ (multus),
vgl. altind. bahu-tva-m (multitudo) von bahu-s (multus); suffix
-snĭ = altind. u. urspr. -ni, z. b. pě-snĭ (cantus) zu pě-ti (ca-
nere); ba-snĭ (fabula) neben -o-ba-jati (incantare) wurz. ba (fari),
vgl. altind. glâ-ni-s (fatigatio) u. änl.
c. Weniger gehört hierher das einem an lautenden j in
gewissen fällen vor geschlagene n, z. b. otŭ n-jego (ab eo),
jego, gen. sg. des pronominalstammes urspr. ja; vŭ-n-iti (intrare)
lis vŭnjiti, auß vŭ (in) und i-ti (ire) = jiti, *jěti (§. 89, 2) u. a.
[252]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Dissimilation. Außlaut.
t und d gehen vor t in s über (wie
in den meisten indogermanischen sprachen), z. b. das-te 2. pl.
praes. wurz. da (dare) auß *dad-te grundf. dad(a)-tasi; das-tĭ
3. sg. praes. auß *dad-tĭ grundf. dad(a)-ti; čĭs-tĭ (honor) auß
*čĭt-tĭ grundf. kit-ti-s wurz. čĭt (colere) u. s. f.
- Anm. In fällen wie rasti (crescere; infin.) für *rast-ti steht natür-
lich s für ss.
Sie ist
bei den vocalen bereits dar gelegt worden, s. oben §. 85.
Außlaut.*)
Alle ursprünglich auß lautenden consonanten fallen ab; na-
sale können aber auch mit dem vorher gehenden (ursprünglich
kurzen oder langen) vocale zu einem nasalvocale verschmelzen;
der nasalvocal ist in manchen fällen da, wo der nasal nicht
ursprünglich auß lautete, sondern erst durch abfall anderer
laute in den außlaut zu stehen kam, bereits zu y geworden
(d. h. auß dem nasalvocale ą ward, wie so oft in der späteren
sprache, u und hierauß jenes y = ü, vgl. §. 84, 2); in andern
fällen ist er zu ŭ verflüchtigt.
1. Abfall. s fiel ab, z. b. im nom. sg. wie vlŭkŭ (lupus)
urspr. varka-s; orĭlĭ für * orĭljŭ (§. 87, 2) grundf. arilja-s (ad-
ject. mit suff. ja gebildet zu orĭlŭ, grundf. arila-s, aquila); po-koj
(quies) für *po-kojŭ (§. 87, 2) grundf. pa-kaj-a-s von wurz. ki,
či (quiescere); synŭ (filius) urspr. sunu-s; moštĭ (potestas) urspr.
magh-ti-s; im gen. sing., z. b. matere (matris) urspr. mâtar-as;
medu (mellis) ursprüngl. madhau-s; im dat. plur., suffix -mŭ =
*mo-s = urspr. -bhjams; im instrum. plur. suffix -mi = urspr.
-bhi-s; im nom. acc. plur. z. b. mošti = *magtî-s, das im accu-
sativ plur. auß urspr. maghti-ns entstanden war; synove (filii)
urspr. sunav-as; in der 1. pers. plur. verbi, z. b. vezemŭ (vehi-
mus) grundf. vagha-mas auß vagha-masi; in der 2. sing. aor.
[253]Altbulg. Consonantische lautgesetze. Außlaut.
und imperf. z. b. veze urspr. vagha-s; eben so im optat. (im-
perativ) z. b. vezi = urspr. vaghai-s u. s. f.
t fiel ab in der 3. sg. und plur. secundärer form, z. b. aor.
veze = urspr. vagha-t, vezą = urspr. vagha-nt. Fälle, wie die
3. sg. aor. compos. by-s-tŭ, da-s-tŭ grundf. *bhu-s-t, *da-s-t sind
wol nicht durch ansatz eines vocals zur erhaltung des conso-
nanten zu erklären, sondern tŭ steht hier wol für tĭ, wie ŭ
nicht selten für ĭ erscheint, und die primäre endung ist, wie
oft, für die secundäre ein gedrungen.
m oder wol n (got. u. lit. haben wenigstens im accus. n)
fiel ab im acc. sg., z. b. vlŭkŭ grundf. vlaka-m, vlaka-n urspr.
varka-m, synŭ = urspr. sunu-m u. s. f.; in der 1. sg. aor. u.
imperf., z. b. vezŭ grundf. vagha-m, vezo-chu grundf. vagha-
sa-m u. a.
2. Nasalvocale. Folgendes sind die für die grammatik
wichtigsten fälle, in welchen ursprünglich auß lautender nasal
mit dem vorher gehenden vocale zu einem nasalvocale ver-
schmilzt, der, wie bemerkt, der schwächung zu y, ŭ in gewis-
sen fällen unterligt.
Acc. sing. des femin. der a-stämme, z. b. novą (novam),
altind. u. urspr. návâ-m, slaw. grundf. wol navâ-n.
1. sing. praes. z. b. vezą grundf. vagha-m oder vaghâ-m
urspr. vaghâ-mi; instr. sing. fem. z. b. novoją auß einer slawi-
schen grundf. *navajâ-mi.
Im gen. plur. ward auß urspr. âm wol zunächst ebenfals
*ą, für diß ą ist aber bereits in der älteren sprache durchauß
ŭ ein getreten (durch die mittelstufen ą, û, u, ŭ), eine im neu-
bulgarischen regelmäßige schwächung, z. b. slovesŭ (nom. sing.
slovo verbum) urspr. kravas-âm; vlŭkŭ grundf. vlakâm; těchŭ
(istorum) grundf. taisâm, altind. tếśâm u. s. f.
Nom. sg. masc. part. praes. wenn j vorher geht, z. b. biję
(infin. bi-ti percutere) grundf. *bija-nt-s, oder wenn i vor nt
stund, z. b. gorę (infin. gorě-ti ardere) für *gori-nt-s; acc. plur.
msc. fem. der ja-stämme, z. b. kraję (nom. sg. kraj für *krajŭ,
*kraja-s margo), grundf. * kraja-ns; dušę (nom. sing. duša für
*duchjâ anima) grundf. dausjâ-ns u. a.
[254]Litauisch. Consonanten.
y tritt anstatt des nasalvocales ein im nom. sg. msc. part.
praes., wenn kein j oder i vorher geht, z. b. vezy für vagha-
nt-s; im nom. sg. msc. der n-stämme, z. b. kamy (lapis) für *ka-
man-s; im acc. pl. msc. der a-stämme, z. b. vlŭky für *vlaka-ns;
eben so im fem., z. b. novy für *navâ-ns.
Consonanten des litauischen.
Die übersicht der litauischen sprachlaute und die beschrei-
bung der außsprache der selben gibt §. 90.
Der consonantismus des litauischen ist im algemeinen der
selbe, wie der des slawischen, nur ist er durch lautgesetze we-
niger verändert.
Auch hier werden also die urspr. aspiraten durch die tö-
nenden nicht aspirierten consonanten ersezt. Dem slawischen s
= urspr. k entspricht lit. sz = urspr. k (von disem sz = k
ist das durch lautgesetze, s. unten, entstehende sz = s wol zu
scheiden); dem slawischen z = urspr. g, gh steht litauisches ż
in gleicher function zur seite (z ist, außer in der verbindung
zd = urspr. d, ein dem litauischen fremder laut, der sich nur
in entlenten worten findet; auch c, d. i. ts, ist nicht ursprüng-
lich litauisch). Die teilweise wandlung der gutturalen in spi-
ranten muß demnach bereits vor der trennung des lettoslawi-
schen in litauisch und slawisch ein getreten sein; die litauischen
lingualen spiranten sz, ż stehen den zu grunde ligenden guttu-
ralen noch etwas näher, als die entsprechenden slawischen den-
talen s und z und erscheinen demnach als ältere lautstufen.
Die im slawischen lautgesezliche, vil jüngere wandlung von k
zu č, c, von g zu ž, z ist im litauischen noch nicht ein getre-
ten; wo sie sich findet, ist sie sicheres zeichen auß dem slawi-
schen entlenter worte. Eben so bleibt s stäts unverändert
(nur in worten, die auß dem slawischen entlent sind, entspricht
litauisch k einem slawischen ch = urspr. s).
Die lautgesetze, vil geringer an außdenung als im
slawischen, entsprechen ebenfals im ganzen denen der slawi-
schen zwillingsschwester. Auch hier werden consonanten nie
[255]Litauisch. Consonanten. k, sz.
verdoppelt; auch hier sind die nasale der verflüchtigung auß
gesezt, doch weniger häufig als im slawischen; auch im li-
tauischen findet beim zusammenstoß von dentalen dissimilation
statt; auch hier geht j mit den vorher gehenden consonanten
eine enge verbindung ein, doch nur bei t und d eine den ur-
sprünglichen consonanten wesentlich verändernde u. s. f.
Der außlaut duldet consonanten, meist sind es freilich
solche, die erst durch abfall von vocalen in den außlaut ka-
men, doch ist das ursprünglich auß lautende s erhalten, was
der sprache ein altertümliches gepräge verleiht; auß lautende
nasale schwinden, werden aber in der schrift noch bezeichnet.
Die im slawischen so stark hervor tretende neigung, vocalischen
anlaut mit consonantenvorschlag zu bekleiden, ist, besonders in
mundarten, auch im litauischen bemerklich.
Im folgenden setzen wir, so vil als möglich, das litauische
stäts in vergleichung mit dem slawischen, um übereinstimmung
und unterschid diser so nahe verwanten sprachen zur anschauung
zu bringen.
Ursprüngl. momentane stumme nicht aspirierte§. 185.
consonanten.
1. Urspr. k = lit. k, sz, p.
Lit. k = urspr. k, z. b. kà-s nom. sg. msc. pron. interr.
= slaw. kŭ urspr. ka-s; keturì (quatuor), vergl. slaw. četyrije
urspr. katvâras; kirm-ėlė́ (vermis), vgl. slaw. črŭvĭ urspr. kar-
mi-s; wurz. klu-s, in klaus-ýti (audire), kláus-ti (interrogare),
= slaw. slu-ch, deutsch hlu-s, weiterbildung von urspr. kru
(audire); ak-ìs (oculus) = urspr. ak-is, vgl. slaw. oko; ak-mů́
stamm ak-men (lapis), vgl. slaw. kamy, stamm ka-men, urspr.
stamm ak-man, vgl. altind. áç-man; vìlka-s (lupus) = slaw.
vlŭkŭ urspr. varka-s, altind. vŕka-s; klýk-ti (clamare) slaw.
krik-nąti, klik-nąti, vgl. altind kruç u. s. f.
Lit. sz = urspr. k, slaw. s; wurz. szlu = slaw. slu urspr.
kru (audire) in szlovė́ (honor) u. a., wenn diß nicht etwa das
entlente slawische slava (gloria) ist, vgl. oben die wurzel klus
gegenüber dem slaw. sluch; szirdì-s (cor) vgl. slaw. srŭdĭ-ce,
stamm urspr. kard; szìmta-s (centum) vgl. slaw. sŭto urspr.
[256]Litauisch. Consonanten. p = urspr. k; t.
kanta-m; dészimti-s (decem) = slaw. desętĭ, weiterbildung von
urspr. dakan, griech. δέϰα; asz-trù-s (acutus) = slaw. os-trŭ
urspr. ak-ra-s wurz. ak (vgl. oben ak-mů́, wo lit. u. slaw. die
wurz. ak mit unverändertem k zeigen); vë́sz-parts (dominus), vë́sz-
kelis (via publica), das vësz- diser worte ist = urspr. vaik, rest
eines stammes vësza grundf. vaika, den lauten nach also =
altind. vêça, lat. vîco, griech. οἶϰο, von denen er aber in der
function verschiden gewesen sein mag, wie vë́sz-kelis zeigt; auch
vësz-nì grundf. vaik-njâ (hospes femina) gehört hierher zu wurz.
urspr. vik (intrare, considere), vgl. slaw. vĭsĭ (praedium) u. a.
Neben kë́-ma-s (vicus) und kaimýnas (vicinus) findet sich
szeimýna (familia), vergl. got. hai-ms, grundf. kai-ma-s, von
wurz. ki (ϰεῖ-μαι), welche slawisch ki, d. i. či (po-či-ti, po-
koj) lautet.
Lit. p = urspr. k, z. b. penkì, slaw. pętĭ (für *pęk-tĭ) urspr.
kankan (quinque); kep-ù, slaw. pek-ą, griech. πέπ-ω, lat. coqu-o
urspr. kak-âmi.
- Anm. Das verhältnis von litauisch und slawisch ist hier beson-
ders bemerkenswert; es gibt lit. kep neben slaw. pek den beweis
für das späte ein treten des wandels von urspr. k zu p, wo-
für auch das verhältnis von lateinisch zu oskisch und umbrisch,
von altirisch zu cymrisch zeugt. Wenn demnach in mereren
sprachen überein stimmend p = urspr. k erscheint (wie bei urspr.
kankan, altind. páñḱan, altbaktr. panḱan, griech. πέντε, osk.
pomtis, cymr. pimp, got. fimf, slaw. pętĭ, lit. penkì neben lat.
quinque, altir. cóic), so ist diß folge eines gemeinsamen, einem
bestimten worte an haftenden phonetischen zuges, nicht aber
eines längeren ungetrentseins diser sprachen.
2. Urspr. t = lit. t, z. b. pronominalwurzel ta, nom. sg.
masc. tà-s, fem. tà, slaw. tŭ, urspr. u. altind. ta; tù (tu) = slaw.
ty urspr. tu; wurz. tans in tąs-ýti (trahere), tę́s-ti (extendere),
tį́s-ti (extendi) auß urspr. tan (extendere), slaw. tĭn, ten in tę-
tiva (chorda), ten-eto (laqueus); wurz. sta in stó-ti (sistere), sta-
týti (ponere, collocare) = slaw. sta urspr. sta; trýs = slaw.
tri, lat. treis; wurz. vart in vart-ýti (versare), verczù für *vert-ju
(verto), slaw. vrŭt, altind. u. urspr. vart; platù-s urspr. pratu-s,
πλατύ-ς, altind. prthú-s; suffix -ta, unter anderm das part. praet.
pass. bildend, z. b. kèp-ta-s = urspr. kak-ta-s, lat. coc-tu-s; ti
[257]Litauisch. Consonanten. p; g, ż = urspr. g, d.
als suffix der 3. sg. verbi, z. b. in és-ti = urspr. as-ti, slaw.
jes-tĭ u. s. f.
- Anm. Über cz = tj s. die lautgesetze §. 191, 6.
3. Urspr. p = lit. p, z. b. pil-ù 1. sg. praes., infin. pìl-ti
(implere, infundere), grundf. par-âmi, pìl-na-s = slaw. plŭ-nŭ
urspr. par-na-s (plenus), wurz. lit. pil, urspr. und altind. par
(implere); pa-tì-s, pà-t-s (dominus, ipse) = altind. u. urspr. pá-
ti-s, got. faths, griech. πό-σις; wurz. plu, slaw. plu, z. b. in
pláu-ti infin., plôv-iau 1. sing. praet. (lavare); platù-s, πλατύς
(latus) urspr. pratù-s; sáp-na-s (somnium) = slaw. sŭnŭ für
sŭp-nŭ (somnus, somnium) = altind. u. urspr. sváp-na-s u. a.
Ursprünglich momentane tönende nicht aspi-§. 186.
rierte consonanten.
1. Urspr. g = lit. g, ż.
Lit. g = urspr. g, z. b. wurz. gen (gignere) in gen-tì-s
(affinis), vgl. lat. gens auß *gen-ti-s; gér-ti (bibere), praes. ger-iù,
wurz. urspr. gar, vgl. slaw. žr-ěti (deglutire) mit ž = g vor r
(§. 182, 3, b); grė́b-ti (pectine, irpice verrere), gráb-as (arca), slaw.
grobŭ (sepulcrum), mit übergang in die i-reihe grë́b-ti (rapere,
prehendere), graib-ýti (comprehendere, contrectare), wurz. alt-
ind. u. urspr. grabh; gýv-as (vivus) = slaw. żivŭ (wegen des i
mit ż für g, §. 182, 3, b), vgl. altind. ǵîvá-s; wurz. jug in jùnga-s
(jugum), vgl. slaw. igo für *jŭgo, altind. u. urspr. jugá-m u. a.
Lit. ż = urspr. g, slaw. z, z. b. żin-óti (scire), żin-ė́ (no-
titia), vgl. slaw. zna-ti (scire) urspr. wurz. gan; żén-ta-s (gener)
nur im suffix verschiden vom slawischen zę-tĭ (gener) d. i. *zĭn-
ti-s, urspr. gan-ti-s (genitor), nom. agentis zu wurz. gan (gig-
nere); mélż-u, 1. sg. praes., mìlż-ti infin. (mulgere), = slaw.
mlŭz-ą, grundf. marg-âmi; żèng-ti (incedere) villeicht mit got.
gagg-an verwant, verdoppelte und nasalierte wurz. ga (ire) u. a.
2. Urspr. d = lit. d, z. b. wurz. dů, d. i. dau, in dů́-ti
(dare), dov-anà (donum), auß slaw. u. urspr. da erweitert; dë́va-s
(deus) = urspr daiva-s, altind. dêvá-s, lat. deu-s, dîvo-s, wurz.
div; dù, fem. dvi, vgl. slaw. dŭva (duo), stamm urspr. dva
(oder dua); dervà (taeda), vgl. slaw. drŭva (ligna), altind. dru-
Schleicher, vgl. gramm. d. indog. spr. 17
[258]Litauisch. Conson. b; g, ż = urspr. gh.
má-s (arbor); wurz. vid = slaw. u. urspr. vid (videre), z. b.
in véid-a-s (facies), vei-z-d-ė́ti (videre; z ist vor d ein gescho-
ben, s. u. d. lautges. §. 192, 2); wurz. ėd auß ed gedent z. b.
ė́d-u (pasco, voro), slaw. jad urspr. ad; wurz. sad in sė́d-mi
(sedeo), sod-inù (colloco), slaw. sed urspr. sad; wurz. rud in
raud-óti (lamentari), raud-à (lamentatio), vgl. slaw. ryd-ati (flere),
ahd. rioƷ-an (flere) u. a.
- Anm. 1. Über dż = dj s. unten die lautgesetze §. 191, 6.
- Anm. 2. In náma-s (domus) steht n für d (vgl. d fü n, §. 189, 1,
anm.), da es doch wol für ursprünglich dama-s steht, vgl. slaw.
domŭ, griech. δόμο-ς, lat. domu-s, altind. damá-s oder villeicht
damá-m.
3. b der übrigen indogermanischen sprachen = lit. b, z. b.
wurz. bud in bu-n-d-ù, infin. bud-ė́ti (vigilare), bùd-inti (exper-
gefacere), bud-rùs (vigil), vgl. slaw. bŭd-ěti (vigilare, bud-iti ex-
pergefacere), altind. wurz. budh.
Ursprünglich momentane tönende aspirierte
consonanten.
1. Urspr. gh = lit. g, ż.
Lit. g = urspr. gh, z. b. gel-eżì-s (ferrum), altbulg. żel-
ězo (dass.), vgl. griech. χαλ-ϰός; mig-là (nebula) = slaw. mĭg-la,
wurz. urspr. migh, griech. ὀ-μιχ, altind. mih; staig-ùs (praeceps),
wurz. stig, slaw. stig, griech. στιχ, urspr. stigh; ang-ì-s (ser-
pens, coluber), ung-urýs (arguilla), vgl. slaw. ąg-oričĭ (anguilla),
griech. ἔχ-ις, ἔγχ-ελυς, altind. áh-i-s; lèng-vas (levis), vgl. slaw.
lĭg-ŭkŭ, altind. lagh-ú-s, griech. ἐ-λαχ-ύς; ìlg-as (longus) scheint
für *dilgas = slaw. dlŭgŭ, altind. dìrghá-s, urspr. dargha-s zu
stehen u. a.
Lit. ż = urspr. gh = slaw. z, z. b. zál-ias (viridis), vgl.
slaw. zel-enŭ (dass.), wurz. urspr. ghar (splendere, virescere);
zu der selben wurzel gehört żėr-ė́ti (splendere), pá-żar-as, pá-
żor-a (splendor in coelo); żëmà (hiemps), slaw. zima, vgl. altind.
himá-s (nix, frigideus), χειμών; lit. żémė für *żemjâ, slaw. zemlja
= zemja (terra), vgl. χαμαί; lë́ż-ti, laiżýti (lambere, lingere),
vgl. slaw. liz-ati (dass.), wurz. urspr. righ, griech. λιχ; veż-ù
(veho) = slaw. vez-ą, urspr. vagh-âmi, wurz. urspr. vagh, alt-
ind. vah; mýż-ti (mingere), wurz. urspr. migh u. s. f.
[259]Litauisch. Conson. d = urspr. dh, b, m = urspr. bh; j, s.
- Anm. In żąsìs = slaw. gąsĭ, grundf. ghansi-s, steht lit. ż slaw.
g (nicht z) gegenüber.
2. Urspr. dh = lit. d, z. b. dė́-ti (ponere), praes. dė́mi
auß *dedmi, jezt dedù, slaw. dě-ti, praes. deždą für *dedją,
wurz. urspr. dha, praes. urspr. dhadhâ-mi; dúmai pl. (fumus)
= slaw. dymŭ, altind. dhûmá-s; raud-ónas (ruber), wurz. altind.
u. urspr. rudh, slaw. rŭd, griech. ῥυϑ; wurz. bud in bud-rùs
(vigil) u. a., slaw. bŭd, altind. budh; medù-s (mel), midù-s (mul-
sum), slaw. medŭ (mel), altind. mádhŭ (mel, vinum), μέϑυ u. a.
3. Urspr. bh = lit. b, m.
Lit. b = urspr. bh, z. b. bú-ti (esse) = slaw. by-ti, wurz.
altind. u. urspr. bhu, griech. φυ; bė́g-ti (currere), praes. bė́g-u
= slaw. běg-ą, wurz. urspr. bhug; bró-lis, broter-ė́lis (fratercu-
lus), vgl. slaw. bratrŭ, urspr. stamm bhrâtar (frater); bij-óti
(timere), bai-sù-s (tremendus), wurz. altind. u. urspr. bhi (timere);
debes-ìs (nubes), slaw. nebo, gen. nebese (coelum), altind. und
urspr. nábhas; abù, slaw. oba = ἄμφω, altind. ubhấu, lat. ambo
u. s. f.
Lit. m = urspr. bh, wie im slawischen und deutschen, nur
im casussuffixe urspr. bhi, welches den instr. sg. plur. und dat.
plur. dual. bildet, z. b. sunu-mì instr. sing. = slaw. synŭ-mĭ,
urspr. sunu-bhi; sunu-mì-s, instr. pl. urspr. sunu-bhi-s; sunu-mus,
sunù-ms, dat. plur. = slaw. synŭ-mŭ, got. sunu-m, urspr. sunu-
bhiam-s.
Consonantische dauerlaute.
Ursprüngliche spirantenj, s, v.
1. Urspr. j = lit. j, z. b. demonstrative pronominalwurzel
ja, nom. sg. ji-s auß *ja-s, fem. ji auß *jâ (§. 100, 3. 4), dat.
masc. já-m, urspr. u. slaw. ja; jáuna-s (juvenis) = slaw. junŭ,
vgl. got. juggs, altind. stamm juvan; jùnga-s (jugum), vgl. slaw.
igo für *jŭgo, altind. u. urspr. jugá-m.
- Anm. Über j nach andern consonanten s. u. d. lautgesetze §. 191, 6.
2. Urspr. s = lit. s, z. b. sėd-ė́ti (sedere), sod-ìnti (collo-
care), vgl. slaw. sěd-ěti (sedere), sad-iti (plantare), wurz. urspr.
sad; septynì (septem), vgl. slaw. sedmĭ, urspr. u. altind. saptán;
17*
[260]Litauisch. Consonanten. v; n.
sūnù-s (filius) = slaw. synŭ, urspr. sunu-s; wurz. sru in srav-
ė́ti (fluere, stillare), srov-ė́ (fluctus), sraú-mė (id.), dial. straumė,
vgl. slaw. wurz. stru, deutsch stru in althd. strou-m, für urspr.
sru, griech. ῥυ; wurz. sta in stó-ti (sistere), sta-týti (collocare)
= slaw. und urspr. sta; sáp-na-s (somnium) = slaw. sŭ(p)nŭ
(somnus, somnium), wurz. altind. u. urspr. svap; wurz. es in
es-mì, és-ti = slaw. jes in jes-mĭ, jes-tĭ, altind. u. urspr. as in
ás-mi, ás-ti; nós-is (nasus), vgl. slaw. nosŭ u. s. f. Ser häufig
ist s in wortbildenden elementen, z. b. nom. sg. der belebten
nomina, wie naktì-s (nox), sunù-s (filius), vìlka-s (lupus) u. a.
3. Urspr. v = lit. v, z. b. vém-ti (vomere), 1. sg. praes.
vem-iù, wurz. urspr. vam, griech. ϝεμ; wurz. vid in véid-as (fa-
cies), veizd-ė́ti (videre) u. a., slaw. u. urspr. vid; vė́-ja-s (ven-
tus), vgl. slaw. vě-trŭ (ventus), wurz. urspr. va, vgl. got. va-i-an;
wurz. veż, 1. sg. praes. veż-ù = slaw. vez, 1. sg. praes. vez-ą,
urspr. vagh, 1. sg. praes. vagh-âmi; wurz. val in val-ià (volun-
tas), vél-yti (velle, jubere) u. a., vgl. slaw. vel-ěti (velle, jubere),
vol-ja (voluntas), wurz. altind. u. urspr. var; vart-ýti (versare),
vers-ti für *vert-ti (vertere), vgl. slaw. vrŭt-ěti (circumagere),
wurz. altind. u. urspr. vart; avì-s (ovis) altind. u. urspr. ávi-s,
vgl. slaw. ovĭca u. s. f.
Nasale.
1. Urspr. n = lit. n, z. b. nè (non) = slaw. ne urspr.
na; naktì-s (nox) = slaw. noštĭ für *nok-tĭ, urspr. nakti-s; naú-
ja-s (novus), vgl. slaw. novŭ, altind. u. urspr. náva-s; żin-óti
(scire) vgl. slaw. zna-ti, urspr. wurz. gan; àns für *ana-s, fem.
anà (ille, illa), vgl. slaw. onŭ, fem. ona, urspr. ana-s, fem. anâ;
pìl-na-s (plenus) = slaw. plŭ-nŭ, urspr. par-na-s; suffix -men
urspr. -man, z. b. in ak-mů́, gen. ak-mèn-s (lapis), vgl. slaw.
ka-my, gen. ka-men-e, urspr. ak-man-s, gen. ak-man-as, altind.
áç-man, gen. áç-man-as u. s. f.
- Anm. In lit. devy-nì novem steht, wie im slaw. devętĭ, d für urspr.
n, welches sich im preußischen nevints (nonus) erhalten hat; eben
so steht debesìs (nubes) für *nebesis, vgl. altind. nábhas, griech.
νέφος u. s. f. Auch hier hat das nah verwante slawische noch
nebo, stamm nebes (coelum). Vgl. oben unter d §. 186, 2. anm. 2.
[261]Litauisch. Consonanten. m, n = urspr. m; r.
2. Urspr. m = lit. m, n.
Lit. m = urspr. m, z. b. wurz. urspr. u. altind. man in
at-mìn-ti-s (reflex. meminisse), praes. àt-mĕn-ůs, isz-man-ýti (in-
telligere), nů́-mon-ė (intellectus), vgl. slaw. mĭn-ěti (putare);
motė́ gen. motèr-s (mulier) = slaw. mati, gen. mater-e (mater),
urspr. mâ-tar-s, gen. mâtar-as; wurz. mar in mìr-ti (mori),
mar-ìnti (moribundo adesse), mór-ai (feretrum), vgl. slaw. mr-ěti
(mori); vém-ti (vomere) wurz. urspr. vam; -mi = urspr. -mi,
slaw. -mĭ, suffix der 1. pers. sing. z. b. es-mì = slaw. jes-mĭ,
altind. und urspr. ás-mi; -me = slaw. -mŭ, altind. und urspr.
-masi, suffix d. 1. pers. plur. z. b. és-me = slaw. jes-mŭ, urspr.
as-masi; wortbildungssuffix -men in stämmen wie pëmen (pastor),
ak-men (lapis) = slaw. -men, -menĭ, urspr. -man u. a.
Lit. n = urspr. m. Das m des accusativs lautete im li-
tauischen, wie im gotischen, n; in der schriftsprache ist es zwar
stäts geschwunden, im niderlitauischen aber hat es sich teil-
weise erhalten, z. b. ta-n (eum), hochlit. tą = got. tha-n-a, slaw.
tŭ, urspr. ta-m, lat. (is)-tu-m; anan = urspr. ana-m (illum);
pirman-ji̧ (τὸν πϱῶτον); acc. plur. lit. -ns = got. -ns, urspr.
-ms, altind. -ṁs, erhalten in żemaitischen formen wie tri-ns (hoch-
lit. trìs, tres) = got. thri-ns, urspr. tri-ms; geruns-ius, gerans-es
(τοὺς ἀγαϑούς, τὰς ἀγαϑάς) u. a. Die übereinstimmung des
litauischen und gotischen beweist, daß auch im slawischen in
disen fällen n für m in einer früheren lebensperiode der spra-
che ein getreten war.
- Anm. Über den wegfall des nasals und denung des vorher gehen-
den vocals (über die scheinbaren nasalvocale des litauischen) s.
unten die lautgesetze 191, 2; über ů, u = urspr. am, an, s. §.
100, B; 101, 3. 4.
Urspr. r = lit. r, l.
Lit. r = urspr. r, z. b. rùd-a-s (fuscus), raud-ónas (ruber),
wurz. urspr. rudh, vgl. slaw. rŭd-ěti (erubescere); rė́k-ti (cla-
mere), vgl. slaw. rek-ą (dico), griech. wurz. λαϰ, altind. wurz.
lap, grundf. der wurzel also rak; rìm-ti (requiescere), ram-ùs
(quietus), altind. u. urspr. wurz. ram (delectari); raud-à (lamen-
tatio), vgl. slaw. ryd-ati (flere), ahd. riuƷ-u, wurz. ruƷ (flere),
[262]Litauisch. Consonanten. l. Conson. lautgesetze. Assimilation.
urspr. u. altind. wurz. rud; ár-ti (arare), 1. sing. praes. ar-iù,
vgl. slaw. or-ati (arare), wurz. ar; suffix -tar, z. b. im stamme
mo-ter = slaw. ma-ter, urspr. mâ-tar, lat. ma-ter u. s. f.
Lit. l = urspr. r, z. b. wurz. lik in lìk-ti, 1. sg. lëk-mì
(relinquere), lat. lic, griech. λιπ, altind. riḱ, urspr. rik; lë́ż-ti,
laiż-ýti (lingere) wurz. liż, slaw. liz, altind. lih, rih urspr. righ;
pìl-ti (implere, fundere), pìl-nas (plenus), wurz. altind. u. urspr.
par, vgl. slaw. plŭ-nŭ; wurz. klu-s in kláus-ti (interrogare), klaus-
ýti (audire) = slaw. wurz. sluch auß urspr. wurz. kru (audire) u. a.
Consonantische lautgesetze.
Inlaut.
1. Volständige angleichung des vorher gehen-
den consonanten an den folgenden. Wie im slawischen,
so wird auch im litauischen consonantenverdoppelung nie ge-
schriben (man schreibt z. b. knìsiu für *knìs-siu, fut. zu knis-ti
fodere u. dergl.), weil man sie in der gesprochenen sprache
auch nicht vernimt. Die gewönlichen drucke haben bald ver-
doppelung, bald nicht.
Vor s gehen t, d in s über, z. b. met-ù, 1. sg. praes. (jacio),
fut. mèsiu für *mè-siu auß *met-siu; ved-ù, 1. sg. praes. (duco),
fut. vèsiu für *vès-siu auß *vèd-siu.
In der zusammensetzung assimiliert sich sz, ż folgendem s,
ż folgendem sz, sz folgendem ż, one daß dise assimilation in
der schrift an gedeutet wird, z. b. isz-si-rìnkti (sibi eligere),
sprich isirìnkti, wie es meist geschriben wird; uż-stóti (vice ali-
cuius fungi, tueri), sprich ustóti; uż-szálti (congelari), sprich
uszálti; isz-żvejóti (expiscari), sprich iżvejóti u. s. f.
2. Wegfall (assimilation) vonn. Vor s und ż schwin-
det n mit ersazdenung; żemaitische und altlitauische drucke
haben hier oft noch das n, z. b. ė́sąs, nom. sg. msc. part. praes.
act. wurz. es (esse) = *esan(t)-s; pį́siu für pin-siu, fut. zu praes.
pin-ù (nectere, texere), sių́-siu für *siun(t)-siu, fut. zu praes.
siunczù für *siunt-ju (mittere) u. s. f.; grę́ż-ti (terebrare, forare)
älter noch grenż-ti (vgl. slaw. gręz-nąti) u. s. f.
[263]Litauisch. Consonant. lautgesetze. Assimilation.
- Anm. Die übliche schreibung ist begreiflicher weise nicht immer
correct; so muß man żąsìs (anser), nicht żasìs schreiben, wegen
żemaitisch żansis, slaw. gąsĭ, deutsch gans u. s. f. Ist zwischen
n und s ein vocal auß gefallen, so bleibt stäts n, z. b. akmèns
gen. sg. zu stamm akmen (nom. akmů́ lapis) grundf. akman-as
u. s. f.
Vor t und vor d des imperfects und partic. praes. und vor
dem k des imperativs ist der schwund von n mer der gewön-
lichen sprache, als der schriftsprache eigen, z. b. pį́-ti = pìn-ti
(infinit., nectere, texere), bálti̧-ti = báltin-ti (dealbare), bálti̧-
davau = báltin-davau (imperfect), bálti̧-dams = báltin-damas
(part. praes. act.), bálti̧-k, pi̧-k = báltin-k, pìn-k (imperativ)
u. s. f.
- Anm. Von der durch früher vorhandenes n vor s bewirkten ver-
änderung des an zu un, ů, u, s. §. 100, B; §. 101, 4.
3. Volständige angleichung des folgenden lau-
tes an den vorher gehenden findet wol nur statt im fu-
turum auf -siu, urspr. u. altind. -sjấmi, in dem falle, wenn sz
+ s zu sz wird, z. b. infin. mùsz-ti (percutere), fut. mùsziu für
*mùsz-sziu auß *mùsz-siu u. s. f.
4. Auch gegenseitige angleichung der beiden
zusammen treffenden consonanten findet sich wol nur
im futurum, und zwar dann, wenn ż + s = sz ist, z. b. vèż-ti
(vehere), fut. vèsziu für *vesz-sziu auß *veż-siu; ż ist stumm ge-
worden, wie das folgende s, s aber ist lingual geworden, wie
das vorher gehende ż.
5. Anänlichung des vorher gehenden consonan-
ten an den folgenden oder veränderung des vorher gehen-
den consonanten durch den folgenden.
Vor stummen consonanten werden nur stumme, vor tönen-
den nur tönende gesprochen. Die schrift hat dise sich von
selbst ergebenden lautwechsel unbezeichnet zu laßen, um nicht
durch phonetische schreibung die etymologie, zusammengehörig-
keit, und somit auch die function der worte unnötiger weise
zu verdunkeln, z. b. isz-bė́g-ti (excurrere), spr. iż-bė́k-ti, bė́g-si
(fut.), spr. bė́k-si, lìp-dams (lìp-ti scandere), spr. lib-dams u. a.
[264]Litauisch. Consonantische lautgesetze. Assimilation.
Gewönlich findet sich áuk-sztas (altus) für áug-sztas (zu áug-ti
crescere), duktė́ für dug-tė́ (filia) geschriben, da man der ab-
stammung diser worte sich nicht mer bewust ist.
Vor l wird ż wie sz gesprochen und daher gewönlich auch
geschriben, z. b. mėż-laí (stercus), sprich mėszlaí, vgl. mė́ż-iu
(stercus tractare).
Vor l gehen t und d in s über (wie im slawischen), z. b.
krìs-la-s (ramenta), wurz. krit (praes. krint-ù, infin. krìs-ti de-
cidere); żáis-la-s (ludus), wurz. żaid (praes. żáidżu für *żáid-iu,
infin. żáis-ti, ludere) u. s. f. Außnamen finden sich, z. b. skaít-
lius (numerus) zu skait-ýti (numerare, legere) u. a.
Vor m von stambildungselementen findet der selbe laut-
übergang statt, z. b. gës-mė́ (canticum) für *gëd-mė, vgl. gëd-
óti (canere) u. a.; vor wortbildendem m bleibt d, z. b. ė́d-
mi (edo).
Der selbe lautwechsel findet statt vor dem k des impera-
tivs (nicht vor k überhaupt), z. b. mès-ki, vès-ki, 2. sg. imper.
zu 1. sg. praes. met-ù (jacio), ved-ù (duco).
Vor d und g wird s zu z, vor k zu sz. Diser lautwechsel
findet sich hauptsächlich bei dem disen lauten bisweilen vor
geschlagenen unursprünglichen s, z. b. veizd-ė́ti (videre) für
*veid-ė́ti; mezg-ù, infin. mègs-ti (acubus texere); jëszkóti (quae-
rere), vgl. slaw. iskati, ahd. eiscôn; suffix -iszka-s = slaw. -ĭskŭ
got. -isk-s, nhd. -isch, urspr. -ika-s (z. b. lëtùv-iszka-s, lituanicus
von lëtuvà) u. a.
Vor j, das nach consonanten i geschriben wird, ändern sich
die meisten consonanten einiger maßen, indem sie mit disem j
eine mer oder minder innige verbindung ein gehen. Die schrift
bezeichnet dise lautwechsel nicht; über die meist für nichtli-
tauer schwirige art der außsprache der selben gibt §. 90
auskunft.
6. Anänlichung des folgenden consonanten an
den vorher gehenden. In gewissen fällen wandelt sich nach
r, g, k das s in sz, z. b. mir-sztù für *mir-stu und diß für *mir-tu,
1. sg. praes., inf. mìr-ti (mori); áug-sztas (altus) zu áug-ti (augeri,
crescere) für *áug-stas, *áug-tas, suffix urspr. ta.
[265]Lit. Conson. lautgesetze. Dissimilation. Zusatz v. Conson.
Nach t wird j zu š, nach d zu ż; für tš, lit. tsz, wird cz
geschriben. Diser lautwechsel ist das sicherste kenzeichen der
hochlitauischen mundart; die niderlitauische, żemaitische, kent
in nicht, z. b. niderlit. jautiu, żodiu = jautju, żodju, gen. plur.
zu nom. sg. jáuti-s (bos), żódi-s (verbum), hochlit. jáuczu, żódżu
u. s. f. Im rein hochlitauischen tritt diser wechsel sogar vor
ei = iai ein, z. b. jáuczei, żódżei (nom. plur.), diall. jáutei,
żódei auß jáutiai, żódiai u. s. f.; ei ist hier als umlaut nach
dem in cz, dż enthaltenen j zu faßen (vgl. §. 100, A).
B. Dissimilation. Vor dentalen gehen die dentalen (wie
im slawischen, deutschen, altbaktrischen, griechische, lateini-
schen) in s über, z. b. praes. met-ù, infin. mès-ti (jacěre) für
*met-ti, imperf. mès-davau für *met-davau; praes. ved-ù, infin.
vès-ti für *ved-ti, imperf. vès-davau für *ved-davau (ducere); so
pė́s-czes (pedes), d. i. *pėd-tja-s, von einem verlorenen pėd- =
urspr. pad (pes), vgl. pėd-à (vestigium pedis), mit suffix -tja
(= -cza, -cze); sė́s-czes (sedens) = *sėd-tjas, vgl. sėd-ė́ti (sedere)
u. s. f.
1. Consonanteneinschiebung. Einschiebungen, wie
in straúmė = hochlit. sraúmė, vgl. das gleich bedeutende ahd.
stroum für *sroum, wurz. urspr. sru, sind nur mundartlich. Doch
dürfte asz-trùs (acer) in diser weise auß *asz-rus, grundf. ak-
ru-s entstanden sein; vgl. slaw. ostrŭ für *os-rŭ; wurz. urspr.
ak (acutum esse), suffix ru.
2. Consonantenvorschlag. Vor t tritt nicht selten
ein unursprüngliches s ein, vor d ein z; auch vor n und m fin-
det sich bisweilen solcher vorschlag von s, des gleichen vor k
(wo s in sz über gehen muß, s. o. 191, A, 5), z. b. mók-stu für
*mók-tu, 1. sg. praes., infin. mók-ti (discere); áug-szta-s (s. o. §.
191, A, 6) für áug-ta-s (altus); suffix -ystė, d. i. -îtjâ; véizd-mi, 1.
sg. praes., jezt véizdżu für *véizd-ju, infin. veizd-ė́ti (videre) für
*veid-mi, wurz. vid; barzdà = slaw. brada (barba) u. a. Dia-
lectisch tritt für zd oft z ein, z. b. veizė́ti, barzà u. s. f.; suffix
-sni-s, -snu-s, -sna u. a. für urspr. -ni-s, -nu-s, -na, z. b. deg-snì-s
(incendium), vgl. dèg-ti (ardere); suffix -sma-s, -smė = -smjâ
[266]Litauisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut.
für -ma-s, -mjâ, z. b. rė́k-sma-s (clamor), vgl. rė́k-ti (clamare)
u. a.; suffix -iszka-s auß urspr. -ika-s = gr. ιϰο-ς u. s. f.
3. Wandelbarer sibilant bei gutturalen. Bei k
und g als außlauten von verbalwurzeln findet sich nicht selten
ein nicht wurzelhaftes sz (bei k) und z (bei g) in der weise,
daß sz und z vor den wurzelaußlauten k und g stehen, wenn
disen lezteren ein vocal (oder i = j) folgt; folgt aber auf k,
g ein consonant (t, s), so treten sz und z, das dann wider s
wird, dem wurzelaußlaute nach, z. b. réiszk-iu (praes.), réiszk-
iau (praeter.), aber réiksz-ti (infin.), réiksziu (futur.) für *reiksz-
siu (revelare); mezg-ù (praes.), mezg-iau (praet.), aber megs-ti
(infin.), mègsiu (fut.) für *megs-siu (acubus texere, nectere) u. a.
- Anm. Die wurzel drak hat nicht sz, sondern s beim außlaute, z. b.
praes. sù-drėsk-iu, infin. su-drė́ks-ti (lacerare), praes. su-drisk-ù,
infin. su-drìks-ti (pannosum fieri), drask-ýti (trahere, rapere).
Außlaut.
Tönende consonanten gehen auß lautend in ire entsprechen-
den stummen über, one daß die schrift in der regel disen wechsel
bezeichnet, z. b. dů́d (für dů́da, 3. sg. praes., dat), spr. dů́t u. a.
So erklärt sich die übliche schreibung asz (ego), isz (ex) für
aż, iż = slaw. azŭ (ego), izŭ (ex).
Auß lautende nasale (n) sind nur in mundarten archaisch
erhalten, sie schwinden außerdem stäts, und es wird der einst
vorhandene nasal am vocale durch ein häkchen bezeichnet, z. b.
acc. sg. vìlką (lupum), áki̧ (oculum), súnų (filium), ursprünglich
wol nur graphische abkürzung für älteres vilkan, akin, sunun,
urspr. varka-m, aki-m, sunu-m. In der jetzigen volkssprache
schwinden sogar auch solche nasale, die erst durch abwurf von
consonanten in den außlaut gekommen sind, z. b. mą́, schrift-
sprache mán, älter (żemaitisch) manei (mihi) u. a. der art.
- Anm. Von der durch auß lautende nasale bewirkten vocalverän-
derung handelt §. 100, B; 101, 3. 4.
Auß lautendes t ist geschwunden, z. b. véża (umgangsspra-
che véż) = slaw. veze-tĭ urspr. vagha-ti, wo t erst nach abfall
des auß lautenden i in den außlaut kam.
Ursprünglich auß lautendes s bleibt im nom. sg., nom. acc.
[267]Litauisch. Consonantische lautgesetze. Anlaut.
plur., z. b. nom. sg. akìs, nom. plur. ákys, acc. plur. akìs auß
*aki̧s, *akins verkürzt; ferner im dat. plur. altlit. *akimus, jezt
akì-ms urspr. aki-bhjas; im instrumental. plur. akimìs, urspr.
aki-bhi-s; im gen. sg. akë́s, urspr. akai-s (stamm aki, oculus).
Alt scheint der verlust von s in der 1. plur. verbi zu sein,
z. b. véza-me grundf. vaghâ-masi (in der 2. sg. verbi ist s auß
gefallen, nicht ab gefallen, veżì = *veżë́ = vaghai auß vagha-si;
solte in 1. 2. plur. etwa auch ein änlicher schwund des s der
ursprünglichen endungen 1. plur. -masi, 2. plur. -tasi statt ge-
funden haben?).
Ursprünglich auß lautende consonanten außer s scheinen
sich nicht zu finden, selbst das r für rs im nom. sg. der ver-
wantschaftsworte ist geschwunden, z. b. motė́ (mulier) für *mo-
ter auß *moter-s u. a. Die nominative sesů́ (soror), stamm seser
und mė́nů (mensis), stamm mė́nes, sind nach analogie der n-stäm-
me gebildet, wie pëmů́ (pastor), stamm pëmen.
Alle consonanten, die erst nach abfall von vocalen in den
außlaut zu stehen kamen, können auß lauten, z. b. vèsk für
vès-ki (duc); akìm für akimì (cum oculo); àż (àsz ego), slaw.
azŭ, grundf. agham; álkst für álk-sta (fame laborat); szvìnkst
für szvìnk-sta (foetere incipit caro) u. s. f. Die volkssprache
begint jedoch in gewissen fällen auch dise consonanten ab zu
schleifen, z. b. kaíp (quomodo), älter kaípo, das volk sagt aber
kaí; mán älter mánei (mihi), beim volke mą́ u. s. f.
Anlaut.
An lautendem ë = urspr. ai, slaw. ě wird j vor gesezt
(wie dem slaw. ě, §. 89, 2), z. b. ìr-ti, praes. yr-ù (dissuo),
dazu pa-jër-kà (fissura, sutura dissuta); jëszkóti (quaerere) =
slaw. iskati für *jiskati auß *jëskati, vgl. ahd. eiscôn; jë́sz-mas
(veru) steht ebenfals höchst warscheinlich für *ësz-ma-s, das auf
eine grundform aik-ma-s hin fürt, zu welcher sich αἰχ-μή zu
stellen scheint, das als für *αἰϰ-μη stehend gefaßt werden kann;
die wurzel ik diser worte ist wol durch altes überschlagen der
a-reihe in die i-reihe zu erklären und als nebenform von ak (acu-
tum esse) zu faßen. Dialectisch hört man auch vor andern an lau-
tenden vocalen j, z. b. jant, jisz u. a. für ànt (in), ìsz (ex) u. a.
[268]Gotisch. Consonanten.
Consonanten des gotischen *).
Die übersicht der gotischen consonanten gibt §. 102.
In der deutschen grundsprache, welcher das gotische in
seinen consonanten im wesentlichen treu gebliben ist, wurden
die ursprünglichen momentanen stummen consonanten (die so
genanten tenues) durch die stummen aspiraten, die ursprüng-
lichen tönenden aspiraten durch die tönenden nicht aspirierten,
die ursprünglichen tönenden nicht aspirierten (die mediae) durch
die stummen nicht aspirierten (die tenues) ersezt (lautverschie-
bung). Bald jedoch traten für kh und ph die unursprünglichen
spiranten h und f ein; auch findet sich merfach anstatt der
aspirata der tönende nicht aspirierte consonant (die media;
also g, d, b = urspr. k, t, p). Die lautentsprechungen zwi-
schen der indogermanischen ursprache und der deutschen grund-
sprache sind demnach folgende:
| ind. urspr. | dtsch. grndspr. | ind. urspr. | dtsch. grndspr. | ind. urspr. | dtsch. grndspr. |
| k | kh (h) | g | k | gh | g |
| t | th | d | t | dh | d |
| p | ph (f) | b | p | bh | b |
Nach s bleiben die tenues unverändert; auch scheint eine
wurzelschließende aspirata an lautende media zu schützen. Ver-
einzelte störungen des lautverschiebungsgesetzes finden sich one
ersichtliche veranlaßung.
Die gutturalen nemen gerne, wie im lateinischen, die spi-
rans v hinter sich.
Die consonantischen dauerlaute der indogermanischen ur-
sprache bleiben auch im deutschen unverändert (bis auf l, das,
[269]Gotisch. Consonanten. h.
wie fast überall, neben r sich ein stelt), natürlich ab gesehen
von iren durch lautgesetze bedingten wandlungen.
Consonantische lautgesetze hat das gotische noch
wenige (vom wechsel von v und j mit u und i ward bereits
§. 110, 2 gehandelt). Schon in der deutschen grundsprache
bestund das gesetz, dem zu folge die ursprünglichen momenta-
nen laute vor einem ursprünglichen dentalen momentanen laute
in die gruppe spirans + t über gehen; kd, kth, gth u. s. f. =
ht; tth, dth, thth = st, später kann auß disem st durch assimi-
lation ss werden; pth, bth = ft. Der außlaut duldet nur sol-
che ursprüngliche consonantenverbindungen, deren leztes ele-
ment s ist; überhaupt wird von den ursprünglich auß lautenden
consonanten nur s und r (im vocativ der nomina auf r; im no-
minativ der selben steht ebenfals r, aber hier für urspr. rs)
geduldet, die übrigen fallen ab, oder sie werden durch ein an
tretendes a geschüzt. Der leztere vorgang ist ein höchst selt-
samer und außerdem im gebiete der indogermanischen spra-
chen nicht vor kommender.
Ursprünglich momentane stumme nicht aspi-§. 196.
rierte consonanten.
1. Urspr. k = got. h, hv, g, f.
Got. h = urspr. k, z. b. hai-ms (vicus, ager) = lit. kë́-
mas, wurz. urspr. ki (jacere); haúrn vgl. lat. cornu; haírtô
(cor), vgl. lit. szirdìs, slaw. srŭdice, gr. ϰαϱδία, urspr. stamm
kard; pronominalwurz. hi, z. b. hi-ta = urspr. ki-t, nom. acc.
sg. neutr. wurz. slaw. sĭ, lit. szĭ (im slawodeutschen demonstra-
tives pron.), urspr. ki; hunds, lat. canis, altind. stamm çvan,
urspr. kvan; hund = lat. centum, altind. çatá-m, urspr. kanta-m;
hliu-ma (auditus) wurz. hlu = slaw. slu, urspr. kru; hveits
(albus) = altind. çvêta-s, urspr. kvait-as, wurz. got. hvit, slaw.
svit (z. b. světŭ lux), lit. szvit (lucere, splendere), trotz des un-
regelmäßigen t im gotischen, für welches th (d) zu erwarten
war; wurz. luh in liuh-ath (lumen), urspr. ruk, altind. ruḱ;
wurz. tih in teih-an (indicare), lat. u. urspr. dik (dicere), altind.
diç; taíhun urspr. dakan (decem); faíhu (pecu) = urspr. paku;
suffix -ha = urspr. -ka, z. b. staina-hs (lapidosus) u. s. f.
[270]Gotisch. Conson. hv, g, f = urspr. k; th, d = urspr. d.
Nach s bleibt k, z. b. skaid-an (separare), wurz. skid, alt-
ind. ḱhid, lat. u. urspr. skid (scindere); fisk-s auß *fiska-s, vgl.
lat. pisci-s u. s. f.
hv = urspr. k, z. b. hva, wurzel des pron. interr. urspr.
ka, ntr. hva-t-a = lat. quo-d, urspr. ka-t; hvei-la (hora), grundf.
kai-râ, in der wurzelsilbe = slawisch ča-sŭ (hora) neben čě-sŭ,
grundf. kai-sas, bis aufs genus stimt genau ϰαι-ϱό-ς, wurz. ki.
Vor disem v ist h = k geschwunden in vaúrms für *hvurms
= lat. vermis für *quermi-s, altind. krmi-s, urspr. karmi-s.
Got. g = urspr. k ist nicht häufig, z. b. ga- = lat. co-,
con-, cum; tagr (ntr. lacrima), vgl. griech. δάϰϱυ, lat. lacrima
für dacruma, wurz. dak (mordere); suffix -ga, häufiger als -ha =
urspr. -ka, z. b. handu-gs (habilis, sollers zu handu-s manus)
u. s. f.
Got. f = urspr. k in fimf (quinque), vgl. aöl. πέμπε mit
gleichem übertritt beider urspr. k zu labialen, grundf. kankan;
fidvôr (quatuor) grundf. katvâras; vulfs (lupus), grundf. varkas;
mit b für f (vgl. unter 3) wurz. lif, lib, z. b. in af-lif-nan
(relinqui), laibôs (reliquiae), griech. λιπ, lat. lic, liqu, urspr.
rik; ahd. bachan wäre got. bak-an (coquere), wurz. deutsch bak,
slaw. pek, lit. kep, lat. coc, urspr. kak.
2. Urspr. t = got. th, d.
Got. th = urspr. t, z. b. demonstr. pronominalwurz. tha,
nom. acc. sg. neutr. tha-t-a = urspr. u. altind. ta-t, urspr. u.
altind. ta, griech. το; thu (pron. 2. sg.) lat. tu, urspr. tu, altind.
tv-am; wurz. than in than-jan (extendere), urspr. tan, vgl. τείνω
u. s. f.; wurz. thars in thaúrs-tei (sitis), ga-thaúrs-ans (aridus),
urspr. tars, altind. tarś, lat. torr, terr in torr-eo, terr-a; threis
= lat. três, griech. τϱεῖς, stamm tri; wurz. varth in vaírth-an
(fieri), altind. u. urspr. vart (vertere) u. s. f.
Got. d = urspr. d ist häufig, z. b. suffix urspr. -tar in
fa-dar (pater), urspr. pa-tar-s neben brô-thar (frater), urspr.
bhrâ-tar-s; suffix urspr. ti, z. b. in ga-faúr-ds (concilium, con-
tio), faths (dominus) für *fadi-s, z. b. dat. plur. fadi-m, altind.
u. urspr. páti-s, dat. plur. urspr. pa-ti-bhjam-s, altind. páti-bhjas,
vgl. griech. πό-σι-ς, lit. pa-t(i)-s neben ga-baúr-ths (partus),
[271]Gotisch. Consonanten. f, b = urspr. p; k.
grundf. bhar-ti-s; suffix urspr. -ta, häufig als part. praet. pass.
bildend, z. b. nom. sg. masc. tami-ths (th wegen s, s. unten),
fem. aber tami-da, vgl. z. b. lat. domi-tu-s, domi-ta; in den en-
dungen der 3. sg. plur. verbi (th ist hier durch den außlaut
bedingt, s. d. lautges.), z. b. 3. plur. indic. praes. baíra-nd =
altind. und urspr. bhára-nti, φέϱοντι; med. baíra-nda = urspr.
bhára-ntai, φέϱονται; 3. sg. med. baíra-da = urspr. bhara-tai,
φέϱεται u. s. f.
Nach s bleibt t, z. b. wurz. stig in steig-an (scandere), urspr.
stigh; sta (stare) in sta-ndan, sta-ss (statio), urspr. sta; is-t (est)
= altind. u. urspr. ás-ti; im superlativ z. b. maist-s (maximus),
grundf. *makis-ta-s = μέγισ-το-ς u. a.
- Anm. Über den wechsel von th und d, s. d. lautgesetze.
3. Urspr. p = got. f, b.
Got. f = urspr. p, z. b. faths (dominus) für *fa-di-s (s.
unten) = altind. u. urspr. pá-ti-s; fa-dar (pater) für *fa-dâr,
urspr. pa-tar-s; filu-s (belegt ist bloß das neutr. filu) = πολύ-ς,
urspr. par-u-s; fulls (plenus) wol für *ful-na-s, urspr. par-na-s;
fôt-u-s (pes) grundf. *pâd-u-s, wurz. pad (ire), vgl. ped-em u.
s. f.; fisks für *fiskas, vgl. lat. piscis; faíhu (pecunia), urspr.
paku, lat. pecu u. a.
Got. b = urspr. p ist nicht häufig, z. b. braids (latus),
vgl. urspr. prat-u-s (über den übertritt von a in die i-reihe s. §.
109), griech. πλατύς, lit. platùs, altind. prthús; sibun (septem),
vgl. altind. u. urspr. sap-tán, septem, ἑπτά.
Nach s bleibt p, z. b. speiv-an, wurz. spiv, vgl. das gleich
bedeutende lat. spu-o.
- Anm. 1. Über den wechsel von f und b, s. unten d. lautgesetze.
- Anm. 2. Selten (außer nach s und scheinbar in den lautgesetzlichen
verbindungen ht, st, ft, s. unten) bleibt die tenuis anderer spra-
chen auch im gotischen; hveit-s (albus) = altind. çvêta-s, slaw.
světŭ (lux), grundf. kvaita-s, wo t; wurz. slap (slêp-an, dormire)
= urspr. u. altind. svap, wo p gebliben ist; in slap = svap
ist auch l = v völlig unregelmäßig.
Ursprünglich momentane tönende nicht aspirierte§. 197.
consonanten.
1. Urspr. g = got. k, dem bisweilen v sich bei geselt
[272]Gotisch. Consonanten. q, t; b = b der and. spr.
(vgl. lat. gv = urspr. g und got. hv, lat. qv = urspr. k), z. b.
kuni d. i. kun-ja-m (genus), wurz. urspr. gan in gen-us, altind.
ǵánas u. s. f.; kann (novi) wurz. urspr. gan, gna in γι-γνώ-σϰω
u. s. f.; kaúrs (gravis, molestus) für *kaúr-i-s, vgl. gra-vis, alt-
ind. gur-ús für *gar-u-s; kniu (genu), vgl. genu, γόνυ, altind.
ǵấnu; juk (jugum) für *juka-m = altind. u. urspr. jugá-m
u. s. f.
q (kv) = g, z. b. in wurz. qam, praes. qima (venio) =
altind. gam; qius (vivus) für *qivas = altind. ǵîvá-s, lit. gýva-s;
riqis (ntr. tenebrae), vgl. altind. ráǵas (pulvis, affectuum im-
petus), raǵanî (nox).
2. Urspr. d = got. t, z. b. tam-jan (mansuefacere), vgl.
δαμ-άω u. a., wurz. dam; tvai, ntr. tva, fem tvôs, vgl. lat. duo,
altind. dvâu u. a.; taíhsvô (manus dextra), vgl. δεξιός, dex-ter,
altind. dákś-ińas; tunthu-s (dens), vgl. altind. dánta-s, ὀ-δοντ,
lat. dent; wurz. vit (scire), z. b. vait (perf. scio) = altind. u.
urspr. vid, perfect. urspr. vivâida; wurz. at (edere), praes. ita,
altind. u. urspr. ad; wurz. sat, praes. sita, altind. u. urspr.
sad u. s. f.
3. b der andern indogermanischen sprachen solte demnach
= got. p sein. In den wenigen vergleichbaren fällen ist aber
das b auch im gotischen vorhanden. Besonders im anlaute von
wurzeln, welche mit einer aspirata schließen, bleibt die im alt-
indischen u. s. f. an lautende media, z. b. grêd-u-s (fames), vgl.
altind. wurz. gardh (cupere); wurz. grab (grab-an, fodere), wel-
che, so wie die noch unregelmäßiger entsprechende wurz. grip
(greipan, capere), doch wol nicht von altind. wurz. grabh zu
trennen ist; daúhtar (filia), vgl. altind. stamm duhitár (nom.
sg. duhitấ), d. i. *dughtar (aber griech. ϑυγατεϱ, das zum got.
stimt); wurz. band (ligare), altind. bandh; wurz. bud (offerre,
mandare), altind. budh (scire). Freilich findet sich auch sonst
got. media der media der andern sprachen entsprechend, z. b.
g in wurz. bug (biugan, flectere) = altind. bhuǵ griech. φυγ,
lat. fug; in ga-g-g-an (ire), wurz. gag auß ga redupliciert; d
in skaida-n (separare) wurz. urspr. skid, lat. scid, griech. σχιδ;
skad-u-s (umbra), wurz. altind. ḱhad, d. i. skad (operire, tegere),
[273]Gotisch. Consonanten. g = gh; d = dh; b, m = bh.
ja selbst an lautend in dail-s (pars) = slaw. dělŭ (id.), vgl.
altind. dalá-m (über den übertritt des a in die i-reihe vgl. §.
109) zu wurz. dar (findere, separare); daúr (porta), vgl. altind.
dvấra-m (id.), aber griech. ϑύϱα stimt zum gotischen.
Ursprüngl. momentane tönende aspirierte con-§. 198.
sonanten.
1. Urspr. gh = got. g, z. b. gul-th (aurum) grundf. ghar-
ta-m, vgl. χϱυ-σός, altind. hir-anja-m, hir-ana-m; wurz. gut (fun-
dere), praes. giuta, weiterbildung von einer wurz. gu = griech.
χυ in χέϝ-ω, χύ-μα; guma, stamm guman (vir), vgl. lat. homo,
stamm homen; aggvu-s (angustus), vgl. griech. ἄχ-νυ-μαι, ἄγχ-ω,
altind. aṁhú-s (angustus) u. s. f., wurz. urspr. agh, angh; wurz.
stig, praes. steiga (ἀναβαίνω), urspr. stigh, griech. στιχ; wurz.
vag (z. b. ga-vag-jan movere, ga-vig-an σαλεύειν), urspr. vagh,
altind. vah; wurz. lig in bi-laig-ôn (ἐπιλείχειν), urspr. righ,
griech. λιχ u. s. f.
Vor dem nach gutturalen leicht ein tretenden v ist g ge-
schwunden in varm-s (calidus) = *gvarma-s, grundf. ghar-ma-s,
vgl. altind. ghar-má-s (calor), wurz. ghar.
2. Urspr. dh = got. d, z. b. wurz. da in dê-ds, grundf.
dhâ-ti-s (factum), in -da, plur. -dê-d-um des zusammen gesezten
perfects, altind. u. urspr. dha, griech. ϑε; raud-s (ruber) für
*rauda-s, urspr. râudha-s, lat. rûfu-s, altir. rúad, wurz. rud, alt-
ind. u. urspr. rudh, griech. ῥυϑ; midjis (medius) für *midja-s,
altind. u. urspr. madhja-s; wurz. dars in ga-dars (perf. audeo),
altind. dharś (audere), vgl. griech. ϑάϱσ-ος, ϑϱασ-ύ-ς u. s. f.
3. Urspr. bh = got. b, m.
Got. b = urspr. bh, z. b. wurz. bar, altind. u. urspr. bhar,
griech. φεϱ, praes. baíra = altind. u. urspr. bhárâ-mi, perf.
bar, urspr. bhabhâra; brô-thar (frater) urspr. bhrâ-tar-s; wurz.
bug (flectere; praes. biug-a), urspr. bhug, griech. φυγ; bau-an
(habitare) wurz. bu, urspr. u. altind. bhu, griech. φυ; grab-an
(fodere), wurz. altind. u. urspr. grabh (prehendere); wurz. lub
in liub-s (carus), lub-ô (amor), ga-laub-jan (credere), altind. u.
urspr. lubh u. s. f.
Got. m = urspr. bh im casussuffixe urspr. bhi, slaw., lit.,
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 18
[274]Gotisch. Consonanten. j, s, v.
deutsch mi, erhalten im gotischen nur in -m, endung des dat.
plur., z. b. sunu-m (filiis) = lit. sunu-mus, sunù-ms, slaw. synŭ-
mŭ, altind. sûnú-bhjas, urspr. sunu-bhi-am-s.
Consonantische dauerlaute.
Ursprüngliche spirantenj, s, v.
1. Urspr. j = got. j, z. b. juggs, vergl. juvenis, altind.
stamm juvan, slaw. junŭ, lit. jáu-na-s; juk (jugum) = altind. u.
urspr. jugá-m; relative pronominalwurz. ja in ja-bai (si), ju (nunc,
jam) u. a., altind. u. urspr. ja; ser häufig in stambildungsele-
menten, z. b. mid-ji-s (nom. sing.), urspr. madh-ja-s, lat. med-
iu-s, mid-ja-ns (acc. plur.), urspr. madh-ja-ms, lat. med-iô-(n)s;
sat-ja (colloco) = altind. u. urspr. sâd-ájâ-mi, causativum zu
wurz. sad (sedere) u. a.
2. Urspr. s = got. s, z. b. wurz. sat (sedere), altind. u.
urspr. sad; su-nu-s (filius), urspr. su-nu-s, lit. u. altind. sû-nú-s;
wurzel sta in der weiter gebildeten wurzel stad, grundf. stat,
z. b. sta-n-d-an (stare), stôd-jan (collocare) u. a., urspr. sta;
staírnô (stella), wurz. star (sternere); pronominalstamm sva, alt-
ind. sva, lat. sovo (in suu-s = sovo-s), griech. *σεϝο (in ἑός,
d. i. *sevo-s), im got. svê-s (proprium), sva (sic), svê (quomodo),
instr., grundf. *svâ-mi; is-t (est) = altind. u. urspr. ás-ti; wurz.
vas (esse, manere), praes. visa, grundf. vasâmi, urspr. u. altind.
vas; wurz. thars in thaírs-an (torrere), thaúrs-jan (sitire), thaúrs-
tei (sitis), urspr. tars, lat. torr, terr für *tors, *ters, altind. tarś;
svistar (soror), urspr. sva-star-s; ser häufig in wortbildenden
elementen, so im nom. sg. plur. msc. fem., z. b. nom. sg. vulfs,
urspr. varka-s; nom. plur. vulfôs, urspr. varkâs-as; acc. plur.
vulfa-ns, urspr. varka-ns; im gen. sing., z. b. brôthrs, urspr.
bhrâtar-as u. s. f.
- Anm. Über die wandlung von s zu z s. die lautgesetze §. 202, 3.
3. Urspr. v = got. v, z. b. wurz. vit (scire), urspr. vid,
z. b. vait, urspr. vivâida, griech. ϝοῖδα; wurz. va (flare), altind.
u. urspr. va, 1. sing. praes. vaia, grundf. va-jâ-mi; wurz. vag
(movere), urspr. vagh (vehere), 1. sing. praes. viga, urspr.
[275]Gotisch. Consonanten. n, m.
vaghâmi; wurz. vas in visa-n (manere, esse), urspr. vas, altind.
vas (habitare); wurz. vas in vas-ja-n (vestire), altind. u. urspr.
vas, griech. ϝες, lat. ves; wurz. val (velle) in vil-ja (voluntas),
vil-jau (volo; optat. perf. in der function des indic. praes.),
vaila (bene; wol vaíla für *vila zu lesen), vgl. deutsch wol auß
wël, wurz. altind. u. urspr. var; wurz. varth in vaírthan (evenire,
fieri), altind. u. urspr. vart; pronominalwurzel sva, z. b. svê
(sicut), urspr. u. altind. sva; aiv-s für *aiva-s (tempus, aevum),
lat. aevo-m, vgl. griech. αἰϝών, altind. ếva-s (masc. decursus,
modus agendi, consuetudo) u. a.
- Anm. Wie gutturale hinter sich ein v erzeugen, das bisweilen
allein blib (s. oben §. 196, 1. 198, 1), so scheint im got. g und ng
auß älterem v hervor zu gehen, z. b. triggv-s (fidus, fidelis), d. i.
*tringv-as für *triva-s, vgl. got. trau-an (confidere), ahd. triwi
(fidus), altind. wurz. dhru (fixum esse; dh entspricht allerdings
dem got. t nicht regelrecht), litauisch drú-tas (firmus); juggs wol
auß *jungva-s, *juva-s, vgl. juve-nis, altind. juvan u. a.; bliggv-
an (percutere), ahd. bliwan.
Nasalen, m.
1. Urspr. n = got. n, z. b. negat. ni, altind. u. urspr.
na; naht-s (nox), urspr. nak-ti-s; nium (novem), altind. u. urspr.
navan; niu-ji-s (novus), lit. naú-ja-s, vergl. altind. und urspr.
náva-s; wurz. kan (scire) in kann (scio), urspr. gan; wurz. kan
(gignere) in kun-i (genus), urspr. gan; suffix na, urspr. na,
part. praet. pass. bildend, z. b. baúra-ns, grundf. bhara-na-s;
barn (neutr. infans), grundf. bhar-na-m; suffix der 3. plur. praes.
ind. -nd, urspr.-nti, z. b. baíra-nd, altind. u. urspr. bhára-nti u. a.
2. Urspr. m = got. m, n.
Got. m = urspr. m, z. b. wurz. man (cogitare), in man,
gen. mans (vir, homo), man, perf. grundf. mamâna (puto, cogito),
mun-an (credere, putare) u. a., altind. u. urspr. man; wurz.
mat, in mit-an (metiri), auß urspr. ma (metiri) weiter gebildet;
wurz. urspr. mar (mori) in maúr-thr (ntr. homicidium), grundf.
mar-tra-m; mar-ei, lat. mare, slaw. more; mêrs (notus, inclytus),
grundf. wol *smâr-ja-s, wurz. smar (meminisse); -m als endung
der 1. plur. verbi, altind. u. urspr. -masi, z. b. baíra-m = alt-
ind. u. urspr. bhárâ-masi u. s. f.
18*
[276]Gotisch. Consonanten. n = urspr. m; r, l. Conson. lautges.
- Anm. Vor g, k wird der nasal guttural; im gotischen wird der
gutturale nasal nach griechischem vorbilde mit g geschriben, z. b.
praes. brigga (affero), wurz. brag, im perf. brah-ta = *brag-da
(§. 202, 1); praes. thagkja (cogito), wurz. thak, im perf. thahta
= *thak-da, nach den lautgesetzen.
Got. n = urspr. m im außlaute einer älteren sprachepo-
che, wie überhaupt im slawodeutschen auß lautendes urspr. m
zu n ward (vgl. das litauische §. 189, 2), z. b. acc. sg. *tha-n,
darauß später tha-n-a (s. §. 203, 3, b) = altind. und urspr.
ta-m (zu ta, demonst. pronominalstamm). Warscheinlich ist dem-
nach auch für das dem got. außlautsgesetze gemäß zu setzen, z.
lene ursprüngliche m die wandlung in n vorauß zu setzen, z.
b. vulf (acc. sg.) für *vulfa-n auß *vulfa-m, grundf. varka-m.
Urspr. r = got. r, l.
Got. r = urspr. r, z. b. raud-s (ruber), urspr. râudha-s,
wurz. altind. u. urspr. rudh, griech. ῥυϑ; raíht-s = lat. rectus;
rim-is (ntr., stamm rim-isa), wurz. altind. u. urspr. ram; reik-s
(potens, princeps), vgl. lat. rêg-em, altind. râǵ, rấǵan (rex);
wurz. bar (baíran, ferre), altind. u. urspr. bhar; wurz. rann in
rinnan (currere, fluere), wol auß urspr. ar (ire) weiter gebildet;
stambildungssuffix -thar, -dar, z. b. in brô-thar, fa-dar =
urspr. -tar, z. b. in bhrâ-tar, lat. fra-ter, pa-tar, lat. pa-ter
u. s. f.
Got. l = urspr. r, z. b. wurz. luh (lucere) in liuh-ath (lux),
grundf. rauk-ata-m, urspr. ruk, altind. ruḱ; wurz. lif, lib in
af-lif-nan (remanere), laib-ôs (reliquiae), urspr. rik, altind. riḱ;
wurz. lig in bi-laig-ôn (lambere), urspr. righ, altind. lih, rih;
wurz. lub in liub-s (carus), ga-laub-jan (credere), altind. lubh,
urspr. rubh (amare, cupere); wurz. hlu in hliu-ma (auditus),
urspr. kru, altind. çru; fulls (plenus), urspr. par-na-s; wurz.
val in viljan (volo) u. a., urspr. u. altind. var u. s. f.
Consonantische lautgesetze.
Inlaut.
1. Eines der wichtigsten lautgesetze der deutschen grund-
sprache und daher auch des gotischen ist die wandlung der sämt-
[277]Gotisch. Consonantische lautgesetze. ht, st, ft; ss auß st; z.
lichen ursprünglichen momentanen laute vor dentalen in die spi-
rans ires organs, wärend der folgende dental stäts zu t wird, dem
nach sind gutturale + dentale momentane laute = ht, dentale
+ dentale momentane laute = st, labiale + dentale momentane
laute = ft, z. b. thahta für *thak-da, perfectum mittels der
wurz. da, urspr. dha (ponere, facere) gebildet von wurz. thak,
praes. thagk-ja (cogito); saúhts (morbus) für *suk-thi-s mit suffix
thi, urspr. ti gebildet von wurz. suk in siuk-s (aeger); mahta für
*mag-da, perf. zu mag (possum); mahts (potentia) für *mag-thi-s,
ebenfals von mag u. s. f.
ga-skafts (creatio, creatura) für *skap-thi-s, vgl. ga-skap-
jan (creare); fra-gifts (donatio) für *gib-thi-s, wurz. gab in gib-
an (dare) u. s. f.
vaist (scis) für *vait-t, 2. sg. perf. (1. 3. sg. vait), wurz.
vit, endung urspr. -ta (vgl. lat. -ti); môsta, zusammen geseztes
perfectum vom einfachen perfectum 1. 3. sg. môt (possum) für
*môt-da; môst, 2. sg. perf. für *môt-t u. s. f.
2. Durch volständige angleichung des folgenden lautes an
den vorher gehenden wird auß st, das beim zusammentreffen
zweier dentale entsteht, fernerhin ss; z. b. von wurz. vit (scire)
wird durch zusammensetzung ein neues perfectum gebildet, das
in 1. 3. sg. *vit-da zu lauten hätte, worauß (nach 1) *vis-ta
wird; diß vis-ta (unser wus-te für älteres wis-ta) findet sich aber
im gotischen nicht, sondern dafür trat vis-sa ein (ahd. wissa,
wëssa); von wurz. stad (stare, weiterbildung mittels urspr. t
von sta), wird ein abstractum mittels suffix urspr. ti gebildet,
dessen stamm also *stad-thi, darauß *stas-ti zu lauten hatte, er
lautet aber stas-si (nom. sg. stass für *stasss auß *stassi-s, z. b.
us-stass resurrectio); von wurz. qath (dicere, loqui; praes. qitha)
wird eben so gebildet stamm qis-si, nom. sg. qiss für *qissis
(z. b. ana-qiss maledictio, ga-qiss pactio) auß *qis-ti-s für qith-
thi-s u. s. f.
3. Durch den anänlichenden einfluß umgebender tönender
laute wird in gewissen fällen s zu z (sprich tönendes s wie
franz. und slaw. z), wie im oskischen (§. 165); in gleicher stel-
[278]Gotisch. Conson. Wechsel von d u. th, b und f.
lung geht im hochdeutschen und lateinischen s in r, im slawi-
schen s in ch über. Diser fall tritt am häufigsten ein, wenn
ein auf s auß lautendes wort einen mit einem vocale beginnen-
den zusatz erhält, z. b. durch anschmelzung von partikeln; so
wird tha-ns (eos, acc. plur. vom demonstrativen stamme tha)
mit uh (für *uha und, da u hilfsvocal ist, für *ha, urspr. ka,
que) zu thanz-uh (hos) u. s. f.; zwischen vocalen gilt z neben s,
z. b. riqiz-is genit. sg. zu nom. sg. riqis (tenebrae); mais (ad-
verb. magis), aber maiza (adj. maior); thizê (gen. plur., stamm
thi auß tha), grundf. ti-sâm; baíris (2. sing. praes. act., fers),
altind. u. urspr. bhára-si, aber im mediopassiv baírazai = altind.
u. urspr. bhárasê, griech. *φέϱεσαι (φέϱῃ), urspr. bhárasai.
- Anm. 1. Die schreibung schwankt bisweilen zwischen z und s,
z. b. saizlêp neben saislêp (perf. zu slêpa dormio) u. a. - Anm. 2. In der regel bleibt s zwischen zwei vocalen unverändert,
wie vêsum (fuimus), urspr. vavâs-masi; visa, urspr. vasâmi u. a.
4. Vor auß lautendem s und im außlaute geht die den-
tale und labiale media gerne in die aspirata und spirans über.
d und th, beide = urspr. t, finden sich im außlaute und
vor s oft neben einander, z. b. fads und faths = altind. und
urspr. pá-ti-s (dominus); -d und -th stehen als endung der 3.
sg. u. 2 plur. verbi, urspr. 3. sg. -ti und 2. plnr. -tasi, z. b.
baírith und baírid = urspr. bhara-ti und bhara-tasi. So komt
neben baud auch bauth vor, grundf. *bubâudha, 1. 3. sg. perf.
zu wurz. bud, praes. biuda (offero); im partic. praeteriti lautet
das suffix urspr. -ta, nom. sg. masc. -ta-s, got. -da, im nom. sg.
masc. aber -ths für *-da-s (nach §. 113, 1), z. b. sôki-da (quae-
sita) aber sokith-s = *sôkida-s (quaesitus). In allen disen fäl-
len ist nur die stellung im außlaute oder vor s ursache des th,
denn vor vocalen tritt hier stäts d ein, z. b. dat. plur. fadi-m,
urspr. pati-bhjams; 3. sg. med. -da, urspr. -tai u. a.
Eben so wechseln b und f, z. b. grôb und gewönlicher grôf,
1. 3. sg. perf. zu grab-an (fodere), wurz. urspr. grabh, grundf.
also *gragrâbha; hlaif auch hlaib, acc. sing. = *hlaiba-m und
hlaifs, nom. sg., seltener hlaibs = *hlaiba-s (panis), aber vor
vocalen steht nur b, z. b. acc. plur. hlaiba-ns u. s. f.
[279]Gotisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut.
g wechselt zwar auch bisweilen mit h, aber in anderer
weise, z. b. juggs (juvenis) compar. juh-iza; aigum und aihum
(habemus).
Außlaut.
Im vor ligenden stande der sprache finden sich in folge
des vocalschwundes in den auß lautenden silben (§. 113) con-
sonantenhäufungen bis zu vier consonanten im außlaute der
worte, z. b. triggvs (fidelis) auß *tringva-s, älter triva-s; us-
vahsts (incrementum) auß *vahsti-s, ga-rêhsns (consilium auß
*rêhsni-s u. s. f., ja sogar ss findet sich nicht selten, z. b. us-
stass (resurrectio) für *stasss auß *stassi-s und diß auß *stadthi-s
(§. 202, 2).
Nur nach s und in mereren fällen auch nach r fält das s
des nominativs hinweg, z. b. drus (casus, lapsus), nom. sg. für
*drus-s auß *drusa-s; vaír (vir) für nom. sg. *vaír-s auß *vira-s
u. s. f.
Die auß lautenden consonantenhäufungen sind demnach
sämtlich unursprünglich. Auch ist von den in der vor ligenden
sprache auß lautenden consonanten nur s und (ser selten) r
schon ursprünglich lezter laut des wortes; alle übrigen auß
lautenden consonanten des gotischen (in manchen fällen auch s
und fast stäts r) sind erst durch abfall früher vorhandener
laute in den außlaut gekommen. Zur zeit, da die endsilben
noch ire vocale hatten, war nämlich die gotische sprache ser
empfindlich gegen consonantische außlaute und auß jener frü-
heren epoche rürt das gotische außlautsgesetz in bezug auf
consonanten, welches im folgenden kurz zusammen gefaßt ist
(vgl. Westphal in Kuhns zeitschr. II, pg. 163 flg.).
1. Von ursprünglich auß lautenden consonantenverbindun-
gen duldete das gotische a) nur diejenigen, deren zweiter und
lezter consonant s ist, b) von den übrigen ward der zweite
consonant ab geworfen.
2. Von einfachen ursprünglich auß lautenden consonanten
wird nur s und r im außlaute geduldet.
[280]Gotisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut.
3. Jeder andere consonant wird a) entweder ab geworfen,
oder durch zusatz eines a gestüzt. Diß leztere trat erst in
einem späteren lebensalter der sprache ein, nachdem nament-
lich das unter 1, b erwähnte gesetz bereits gewirkt und über-
haupt die stellung im außlaute auf die consonanten einfluß ge-
übt hatte.
Beispile. 1, a. -ns im acc. plur. der masc. u. fem., z. b.
vulfa-ns (lupos), ansti-ns (gratias), sunu-ns (filios); -hs in saíhs,
vgl. sex, ἕξ; villeicht -ds im nom. sg. part. praes., z. b. baírand-s
= feren(t)-s, urspr. bharant-s, wenn hier nicht eine vocalische
stamform baíranda vor ligt, was warscheinlicher ist.
1, b. Dagegen z. b. 3. plur. opt. praes. *baírain (in der
vor ligenden sprache nach 3, b baírain-a) für *baírai-nth oder
*baírai-nd, grundf. bharai-nt.
- Anm. In den nominativen der n und r-stämme masc. fem. ist der
abfall des nominativ-s und, bei den n-stämmen, auch des stam-
außlautes und der ersatz diser consonanten durch denung des
vorher gehenden vocals einer frühen sprachepoche zu zu schrei-
ben, wie ja das selbe verfaren auch in andern indogermanischen
sprachen sich zeigt, z. b. guma (vir) für *gumâ (§. 113, 2) auß
*guman-s, wie lat. homô auß *homen-s, altind. rấǵâ (rex) auß
*râǵan-s; fadar (pater) für *fadâr (§. 113, 2) auß *fadar-s, wie
griech. πατήϱ auß *πατεϱ-ς, lat. patêr (§. 55) auß *pater-s, alt-
ind. pitấ auß *pitar-s.
2. s als ursprünglicher außlaut findet sich in ser vilen
fällen, z. b. nom. sing. sunu-s (filius), urspr. sunu-s; gen. sing.
sunau-s, urspr. sunav-as; nom. plur. sunju-s, urspr. sunav-as;
2. sing. opt. z. b. baírai-s, urspr. bharai-s.
r komt fast nur nach altem abfall von s als ursprünglich,
d. h. one vorher gehenden vocalabfall, auß lautend vor, z. b.
fadar (pater), brothar (frater) u. a. auß *fadar-s, *brôthar-s; im
vocativ diser stämme ist es dagegen ursprünglicher außlaut,
doch ist für den vocativ in disem falle im gotischen die nomi-
nativform gebräuchlich, z. b. brôthar, d. i. brôthâr für *brôthars,
die echte vocativform würde *brôthr, d. i. brôthar, urspr. bhrâtar;
lauten.
3, a. t fiel ab im nom. acc sing. neutr. der pronominalen
[281]Gotisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut.
declination, z. b. hva für *hva-th = lat. quo-d, urspr. ka-t;
mikil (magnum) für *mikila-th (a schwindet nach §. 113, 1),
grundf. magala-t; in der 3. sg. optativi, z. b. praes. baírai,
perf. bêri, urspr. bharai-t, babhârjâ-t.
m, gotisch n, fiel ab im accusat. singul., z. b. sunu für
urspr. sunu-m; maht (potentiam) für *mahti-m (i schwindet nach
§. 113, 1), vulf (lupum) für urspr. varka-m, guman (virum) für
urspr. ghaman-am, vgl. lat. homin-em; im gen. pl. z. b. brôthrê
(fratrum), gumanê (hominum) für urspr. bhrâtr-âm, ghaman-âm
u. s. f.
3, b. t ward durch a gestüzt im nom. acc. sing. neutr.
der pronominalen declination, z. b. that-a (hoc) für *that und
dises für *thath, urspr. u. altind. ta-t, zu folge der stellung im
außlaute ward aber th zu t, oder es trat villeicht hier gar nicht
die verschiebung von t zu th ein, oder in älterer zeit ward
auß lautendes t zu d (wie im lateinischen) geschwächt und ein
*ta-d (vgl. lat. is-tud), ward dann später zu *that-t regelrecht
verschoben (leztere vermutung dünkt mich die warscheinlichste
zu sein). Jedes falles beweist die dem that-a zu grunde ligende
form *that, daß längere zeit hindurch der schlußconsonant der
selben auß lautend war und also das an gesezte a eine ser
junge erscheinung ist, wie denn auch in keiner andern indo-
germanischen sprache etwas disem verfaren analoges sich findet;
mikilata (nebenform zu mikil, s. o. 3, a, magnum) für *mikila-t,
grundf. magala-t.
n, durch die stellung im außlaute auß m geschwächt, wie
im späteren hochdeutschen, im griechischen, litauischen, ward
durch a gestüzt im acc. sg. masc. der pronominalen declination,
z. b. than-a (hunc) für *tha-n und diß für *tha-m, vgl. altind.
ta-m, lat. is-tu-m; das selbe fand statt bei dem n, welches zu-
folge früherer außlautsveränderung auß -nt (s. 1, b) entstan-
den war, in der 3. person plur. optativi, z. b. praes. baírai-
n-a, perf. bêrei-n-a für *baírai-n, *bêrei-n auß urspr. bharai-nt,
babhârjâ-nt.
m, zufolge früherer schwächung des außlautes für -mas
[282]Gotisch. Consonantische lautgesetze. Außlaut.
stehend, ward durch a gestüzt in der 1. plur. optativi, z. b.
praes. baírai-m-a, perf. bêrei-m-a, für *baírai-m, *bêrei-m, grundf.
bharai-mas, babhârjâ-mas.
Eben so geschah es in der 1. pers. dualis optativi, welche
sich, wie die 1. dualis überhaupt, von der 1. plur. nur durch
wandlung von m in v unterscheidet, demnach praes. baírai-
v-a, perf. bêrei-v-a für *baírai-v, *bêrei-v, grundf. bharai-vas,
babhârjâ-vas.
Sämtliche fälle, in denen diß a zu gesezt ward, legen zeug-
nis dafür ab, daß diser zusatz erst in einer späten lebenspe-
riode des gotischen statt fand, nachdem andere lautgesetze,
vor allem die abschwächung der auß lautenden silben, bereits
zur geltung gelangt waren.
[283]Übersicht der consonanten.
der
consonanten des indogermanischen in irer regelmäßigen entsprechung.
| Ursprünglich momentane consonanten. | Ursprüngliche consonantische dauerlaute. | ||||||||||||||
| nicht aspirierte stumme | nicht aspirierte tönende | aspirierte tönende | spiranten. | nasale | r-laute. | ||||||||||
| guttural | dental | labial | guttural | dental | labial | guttural | dental | labial | tönend palatal | stumm dental | tönend labial | tönend dental | tönend labial | tönend lingual | |
| Indogerm. ursprache | k | t | p | g | d | b? | gh | dh | bh | j | s | v | n | m | r |
| Altindisch | k, kh, ḱ, ç, p | t, th | p, ph | g, ǵ | d | b | gh, h | dh | bh | j | s, ś | v | n | m | r, l (r, r̂, l als vocale) |
| Anm. In folge von lautgesetzen gehen die dentalen in die lingualen über; ṅ, ñ, ṁ sind lautgesezliche vertreter der ursprünglichen nasale n, m; ḥ, r, ç, ś treten in bestimten lagen für s ein. ḱh ist = urspr. sk. | |||||||||||||||
| Altbaktrisch | k (kh), ḱ, ç, p | t (th, ṭ) | p (f) | g (gh), ǵ, ź, z | d (dh) | b | g (gh), ź, z | d (dh) | b (w) | j | s, s, ç, h, ṅh, qh | v (w), p, b | n | m | r |
| Anm. Die aspiraten sind lautgesezliche vertreter der nicht aspirierten. qh ist = urspr. sv. | |||||||||||||||
| Griechisch | ϰ, γ, π, τ | τ | π | γ, β | δ | β | χ | ϑ | φ | ι, ε, ζ, ‘, geschw. | σ, ‘, geschw. | υ, ε, ϝ, ‘, geschw. | ν | μ, auß lautend ν | ϱ, λ |
| Anm. ϰϳ (γϳ), χϳ, τϳ, ϑϳ = σσ; δϳ, αϳ = ζ. Andre lautgesetze werden hier übergangen. | |||||||||||||||
| Lateinisch | c, qv | t | p | g, gv, v | d, l | b | g, gv, v, h, f | d, f, b | b, f | j, i | s, r | v, u | n | m | r, l |
| Anm. f vertritt die ursprünglichen aspiraten nur im anlaute, in den andern italischen dialecten auch im inlaute (wo es im lateinischen durch b vertreten wird). In den andern italischen dialecten ist auch p vertreter von urspr. k. | |||||||||||||||
| Altirisch. | c (ch) | t (th) | anl. geschw. Inl.? | g | d | b? | g | d | b | geschw. | s, geschw. | anl. f, inl. geschw. | n | m | r, l |
| Altbulgarisch | k, s, p | t | p | g, z | d | b | g, z | d | b, m | j | s (ch, š) | v | n | m | r, l |
| Anm. Mit j und vor palatalen lauten wird k zu č, c; g zu ž, z; tj wird zu št, dj zu żd. Die nasale lösen sich im außlaute und vor consonanten im nasalvocale auf. | |||||||||||||||
| Litauisch | k, sz, p | t | p | g, ż | d | b | g, ż | d | b, m | j | s | v | n | m, auß lautend n | r, l |
| Anm. Vor gewissen consonanten und im außlaute schwinden die nasale (bezeichnet durch ą, ę, i̧, ų); tj wird zu cz, dj zu dż. | |||||||||||||||
| Gotisch | h, g, f | th, d | f, b | k | t | b? | g | d | b, m | j | s (z) | v | n | m, auß lautend n | r, l |
| Anm. Die lautverschiebung widerholt sich im strengalthochdeutschen. | |||||||||||||||
Appendix A
Weimar. — Hof-Buchdruckerei.
[][][][]
vfrs ‘Die Deutsche Sprache’ Stuttg. 1860.
wie der mensch, haben also auch keine geschichte, woferne wir dises wort
in seinem engeren und eigentlichen sinne faßen.
l’Acad. Imp. des sciences de St.-Petersb. VII. Série tome I, No 7, auch in
bes. abdr. Petersb. 1859 und den nachtrag dazu in Kuhn und Schleicher,
Beitr. zur vgl. sprachforschung bd II, pg. 460—463.
nicht fest zu stellen.
altbaktrischen der übrigen teile des Avesta dialectisch ab. Im vor ligen-
den werke ist diser gâthâdialect nur außnamsweise berüksichtigt.
ist nur in wenig umfangreicher und in jeder beziehung verwarloster auf-
zeichnung erhalten, das lettische zeigt eine jüngere sprachform.
schen und gotischen.
nischen ursprache haben wir dise bezeichnung als überflüßig hinweg ge-
laßen.
Bopp, vergleichende Grammatik des Sanskrit, Send, Griechischen, Latei-
nischen, Litauischen, Altslavischen, Gothischen und Deutschen. Berlin
1833—1852. 4°. Zweite ausgabe, welche auch das Armenische behandelt,
I. bd Berl. 1857, II. bd ebendas. 1859. 8°., III. bd 1. hälfte ebendas. 1860.
Diß werk ist natürlich im folgenden vilfach benüzt worden, am meisten in
der stambildungslere. Desselben verfaßers Conjugationssystem des Sans-
krit, Lateinischen, Persischen, Griechischen, Germanischen, Frankf. 1816.
8° hat jezt nur noch historischen wert, als das werk, durch welches Bopp
die vergleichende grammatik der indogermanischen sprachen und die me-
matik tritt die lautlere noch in den hintergrund, welche zuerst durch Ja-
cob Grimms deutsche grammatik seit 1819 zur geltung gebracht, auf das
weitere gebiet der indogermanischen sprachen aber durch Aug. Friedrich
Pott eingefürt ward in seinem werke ‘Etymologische Forschungen auf dem
Gebiete der Indo-Germanischen Sprachen mit besonderem Bezug auf die
Lautumwandlung im Sanskrit, Griechischen, Lateinischen, Littauischen und
Gothischen’. II bde 8°. Lemgo 1833 u. 1836. Zweite Auflage in völlig neuer
Umarbeitung, I. teil: Präpositionen. Lemgo u. Detmold 1859. 8°. Die ge-
nauere ermittelung der lautgesetze so wie den fortschritt unserer disciplin
überhaupt, kann man verfolgen in der Zeitschrift für vergleichende sprach-
forschung auf dem gebiete des Deutschen, Griechischen, Lateinischen, her-
ausgeg. von Dr. Theod. Aufrecht u. Dr. Adalb. Kuhn (vom 3. bde an
von letzterem allein). Berlin, seit 1852 (bis jetzt 10 bände) und in den
Beiträgen zur vergl. sprachforschung auf dem gebiete der arischen, kelti-
schen und slawischen sprachen, herausgeg. von Adalb. Kuhn u. August
Schleicher, Berlin, seit 1858 (bis jezt 2 bände). Die einzelne sprachen
und spracherscheinungen betreffende sprachwißenschaftliche litteratur wird
im verlaufe der darstellung an gefürt werden. Für das altindische ist be-
sonders wegen der accente und der vedischen formen Benfeys größere und
kleinere grammatik (erstere Lpz. 1852, leztere ebendas. 1855) von großem
werte. Die kürzere faßung ist die mer zu empfehlende. Die Benfeyschen
erklärungen der formen sind jedoch in vilen fällen nach unserer ansicht
verfelt. Ferner, soweit es bis jezt erschinen, das sanskritwörterbuch der
kais. Ruß. Akad. der Wißensch. v. Böhtlingk u. Roth, St. Petersb. 1853 flg.
bis jezt 3 bände 4°; ein außgezeichnetes werk, das einen neuen abschnitt
der altindischen sprachstudien bezeichnet.
hat beide laute auch als längen.
anfange des morphologischen teils.
zur vergl. sprachforschung auf dem gebiete der arischen, celtischen und
slawischen sprachen von A. Kuhn und A. Schleicher, I. band, Berlin
1858, p. 355—373.
ein trat.
indogermanischen sprachwißenschaft. Bopps vergl. grammatik behandelt
das zend in ein gehender weise. Fernere hilfsmittel des studiums sind die
außgaben des Avesta von Spiegel und von Westergaard mit über-
setzung, leztere wird auch eine grammatik bringen, und der Vendidad Sade
von Brockhaus mit index und einem wortverzeichnisse (glossar), der
bis dahin (1850) erklärten worte. Ser belerend ist Spiegel, kurzer abriß
der geschichte der eranischen sprachen in Beitr. II, 1 — 37 und 217 — 235.
Ferner verdanke ich ser viles einer handschriftlichen zendgrammatik A.
Webers, die ich mit des vfrs freundlicher erlaubnis benüzte.
1858 (Wilh. Christ, Grundzüge der griechischen Lautlehre, Lpz. 1859,
enthält zu vil unrichtiges, vgl. die anzeige von Leo Meyer in Gött. gel.
A. 1860, stück 34 — 36, pg. 340 flgg. und von Georg Curtius im liter.
Centralblatt 1860, nr. 24 pg. 381). Leo Meyer, die griechisch-lateini-
schen vocale in Benfeys Orient und Occident, I, pg. 55 — 116 (nicht frei
von künen zusammenstellungen) als probe eines größeren werkes: Verglei-
chende Beschreibung der griechischen und lateinischen Sprache. Berlin.
chen im Rhein. Museum, neue Folge, XIV. pg. 329—346. Kirchhoff, die
neuesten Forschungen auf dem Gebiete der italischen Sprachen in d. Algem.
Monatsschr. für Wißensch. u. Litterat. 1852, pg. 577—598 und des selben
‘zur altitalischen Sprachkunde’. Eben das. pg. 801 — 824.
Sprache. Lpz. I. 1858. II. 1859.
teinischen Sprache. II Bde. Leipz. 1858, 1859, wo die früheren schriften
über disen gegenstand zitiert sind.
1849. 1851. Einzelnes nachträgliche und berichtigende besonders in Kuhns
Zeitschrift.
berichtigung bedürfend, ist Th. Mommsen, die unteritalischen Dialekte.
Lpz. 1850. Ferner: A. Kirchhoff, das Stadtrecht von Bantia, ein Send-
schreiben an Hrn. Th. Mommsen. Berl. 1853. L. Lange, die oskische In-
schrift der tabula Bantina etc. Göttingen 1853. Außerdem verschidenes in
Kuhns Ztschr.; Kirchhoff in der kieler Monatsschr, s. o. zu §. 44 pg. 61.
schrift I, 36 flg.
linguae quam britannicae etc. nec non e gallicae priscae reliquiis construxit.
Voll. II. Lpz. 1853. Beitr. etc. von Kuhn und Schleicher enthalten
sprachwißenschaftliches über das keltische in verschidenen aufsätzen von
Ebel, Stokes, Schleicher, von lezterem I, 437—448 über die stel-
lung des keltischen im indog. sprachstamme. Whitley Stokes, Irish
glosses. Dubl. 1860 (enthält in den anmerk. vile wortvergleichungen und
die altirischen declinationsparadigmen).
klärend und vergleichend dar gestelt. Bonn 1852. Miklosich, verglei-
III. Bd. Formenlehre. Wien 1856. Bd. II, die stambildungslere, ist noch
nicht erschinen. Der selbe, die Wurzeln des Altslovenischen. Wien 1857.
Die Bildung der Nomina im Altslovenischen, Wien 1858. Die Bildung der
slavischen Personennamen, Wien 1860. Dise drei werke sind als vorarbei-
ten zum II. bande der vgl. gramm. der slaw. sprachen von Miklosich zu
betrachten. Der selbe, Lexicon linguae slovenicae veteris dialecti, Wien
1850. 4°. Diß werk wird demnächst in zweiter bedeutend vermerter auf-
lage erscheinen. Vostokov, Slovarĭ cerkovno-slavjanskago jazyka, 4°.
I. Bd. St. Petersburg 1858.
schen (altbulgarischen) und die behandlung ursprünglich vocalischen anlau-
tes in der genanten sprache in Beitr. I, pg. 401 — 426.
grammatik. Prag 1856. II. Litauisches lesebuch u. glossar, Prag 1857.
punkt unter dem e bezeichnet.
v. d. Gabelentz und Loebe (bd. II, teil II der außgabe des Ulfilas),
Leipz. 1846, sind die albekanten hauptsächlichen hilfsmittel für das gram-
matische studium des gotischen.
des druckes hinzu gekommen: Fr. Bopp, kritische Grammatik der Sans-
kritasprache in kürzerer Fassung. Dritte, umgearbeite und vermehrte Aus-
gabe. Erste Hälfte. Berlin 1861. Dise neue außgabe bietet die accente
und berüksichtigt die ältere sprache des Vêda.
III, pg. 321 flgg., 426 flgg.
der griechischen und lateinischen Sprache. Erster Band. Berlin 1861.
Enthält die lautlere und die lere von den wurzeln. Diß werk konte dem-
nach leider nur noch hie und da benuzt werden. Im einzelnen finden sich
zwar im genanten buche zalreiche zusammenstellungen, denen wir unmög-
lich bei pflichten können, im ganzen und algemeinen muß es jedoch als
eine sorgfältige, vilen stoff bietende und vilfach lerreiche und an regende
arbeit empfohlen werden.
schen, Beitr. I, 401 — 426.
thischen Sprache in ihrem Verhältniss zu denen des Altindischen, Grie-
chischen und Lateinischen. Aus dem in einiger Zeit erscheinenden Werke
‘Die gothische Sprache. Ihre Lautgestaltung, insbesondre im Verhältniss
zum Altindischen, Griechischen und Lateinischen. Als Grundlage einer
Geschichte der deutschen Sprache’ in Benfeys Orient und Occident I,
pg. 514 — 530 (Fortsetzung folgt). Dise abhandlung Leo Meyers konte
hier nicht mer benuzt werden.
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- Zitationsvorschlag für diese Edition
- TextGrid Repository (2025). Schleicher, August. Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bpph.0