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Zoologiſche Briefe.

Naturgeſchichte
der
lebenden und untergegangenen Thiere,
für
Lehrer, höhere Schulen und Gebildete aller Stände,


Mit vielen Abbildungen.

Zweiter Band.

Frankfurt a. M.:
Literariſche Anſtalt.
(J. Nütten.)

1851.

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Schnellpreſſendruck von C. Krebs-Schmitt. in Frankfurt a. M.

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Zwölfter Brief.
Kreis der Wirbelthiere. (Vertebrata.)


Wir gelangen endlich zu demjenigen Kreiſe, welcher uns ſelbſt als
oberſtes Glied in ſich einſchließt und durch dieſe Näherung für uns
eine ganz beſondere Bedeutung hat. Die übrigen, nach ſo abweichen-
den Planen gebauten Kreiſe ſtehen uns immer als etwas Fremdartiges
gegenüber, während wir uns hier gewiſſermaßen heimiſch fühlen, Aehn-
liche unter Aehnlichen, und ſo für die Auffaſſung der uns näher liegen-
den Typen auch geeigneter erſcheinen.


Wie bei allen übrigen Kreiſen des Thierreiches, ſo ſehen wir auch
bei dieſem einen gemeinſamen Grundplan für die Organiſation aller
Weſen, welche ihm angehören; einen Grundplan, der in ſeinen erſten
Anfängen zwar nur einfache, wenig complicirte Formen erſcheinen
läßt, welche ſich aber nach und nach immer höher geſtalten, bis ſie
in dem Menſchen ihren letzten endlichen Ausgangspunkt erreichen. Aber
auch hier läßt ſich in der Entwickelung der Formen durchaus dieſelbe
Erſcheinung gewahren, welche wir ſchon in anderen Kreiſen zu beob-
achten Gelegenheit hatten, nämlich die, daß der Embryo der höheren
Formen ſucceſſiv Entwickelungsmomente durchläuft, welche den blei-
benden Geſtaltungen der niederen Typen analog erſcheinen. So wahr
dieſes iſt und ſo ſehr man durch eine Menge von Einzelheiten die
Durchführung dieſer Norm nachweiſen kann, ſo ſehr muß man ſich
auf der anderen Seite gegen die allzuweit getriebene Ausdehnung
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 1*
[4] dieſes Satzes verwahren, die während einiger Zeit in der Wiſſenſchaft
gäng und gebe war, ſo daß man nicht nur behauptete, der menſchliche
Embryo ſey im Beginne Fiſch, Amphibium oder Reptil, ſondern ſogar
noch weiter zurückgriff, und die Anſicht aufſtellte, er laufe Entwicke-
lungsphaſen durch, welche die Organiſation der Weichthiere, der
Würmer u. ſ. w. wiederholten. Man ſuchte auf einige entfernte und
großen Theils ſogar falſch aufgefaßte Aehnlichkeiten geſtützt, auf dieſe
Weiſe die Einheit des Planes, nach welchem das ganze Thierreich
aufgebaut ſein ſollte, darzuthun. Bei der jetzt ſchon erlangten Kennt-
niß der ſo verſchiedenartigen Grundpläne, nach welchen die Kreiſe der
wirbelloſen Thiere gebaut ſind, dürfte es vollkommen unnöthig erſchei-
nen, dieſe Anſicht hier noch weiter zu bekämpfen. Es wird ebenſo
aus dem Folgenden hervorgehen, daß zwar ein gemeinſamer Grund-
plan für alle Wirbelthiere exiſtirt, daß aber damit noch bei Weitem
nicht eine völlige Gleichſtellung der embryonalen Entwickelungsphaſen
mit den ſucceſſiv ausgebildeten Typen der erwachſenen Thiere erreicht
ſei, ſondern daß im Gegentheile eine jede Klaſſe der Wirbelthiere
wieder ganz eigenthümliche Entwickelungsmomente beſitzt, welche mit
denen der übrigen Klaſſen nicht verwechſelt werden können.


Betrachten wir nun die Geſammtorganiſation der Wirbelthiere,
ſo ſtellt ſich als erſter weſentlicher Charakter die ſymmetriſche La-
gerung
der Organe zu beiden Seiten einer ſenkrechten Mittelebene
dar. Bei vielen Wirbelthieren iſt dieſe Symmetrie ſo durchaus gewahrt,
daß auch nicht die leiſeſte Andeutung einer Abweichung [vorkommt];
bei ſehr vielen ſind alle Organe ſymmetriſch geſtellt mit Ausnahme
der Unterleibseingeweide, beſonders des Darmes und der Leber, welche
eine unregelmäßige Lagerung darbieten. Nur ſehr ſelten kommen die
Beiſpiele vor, in welchen auch das Knochenſyſtem und namentlich der
Schädel mit in ſolche aſymmetriſche Bildung hineingezogen wird, da
man ſonſt in dieſem, ſowie in dem Nervenſyſteme gerade die ſtrengſte
Symmetrie ausgebildet findet. Bei dieſer Lagerung der Theile zeigt
ſich jedoch nur hier und da eine Spur jener Abtheilung in Querringe
oder Zoniten, wodurch ſich die Würmer und Gliederthiere ſo ſehr
auszeichnen. An einigen Stellen, wie in dem Knochenſyſteme und
beſonders an den Wirbeln erblickt man freilich ausgebildete Quer-
ringe, aus denen namentlich die Wirbelſäule zuſammengeſetzt iſt; —
ſonſt ſieht man nur größere Abtheilungen, in welche der Körper mehr
oder minder deutlich getrennt erſcheint. So beſitzen alle Wirbelthiere
zwar einen Kopf, Träger des Gehirnes, der ſpezifiſchen Sinnesorgane
und des Einganges zum Verdauungskanale; allein ſehr häufig und
[5] namentlich bei den niederen Typen, iſt dieſer Kopf durchaus nicht
deutlich von dem Rumpfe durch einen Hals geſchieden, ſondern mit
demſelben verſchmolzen, ſo ſelbſt, daß noch die Athmungswerkzeuge,
welche ſonſt weſentlich der Bruſt angehören, in den Kopf hinein ge-
ſchoben ſind. In ähnlicher Weiſe iſt diejenige Scheidung, welche bei
den höheren Typen zwiſchen Bruſt- und Bauchhöhle ſtattfindet und
die hauptſächlich durch die Lagerung des Zwerchfelles und die Bildung
der Rippen ſich kundgiebt, bei den niederen Typen durchaus aufgeho-
ben, ſo daß ſämmtliche Eingeweide in einer und derſelben gemeinſamen
Höhle liegen, an der weder innen noch außen eine Scheidung in ein-
zelne Abtheilungen hervortritt. Indeſſen läßt ſich unzweifelhaft dar-
thun, daß mit jedem Schritte zu höherer Ausbildung auch die Tren-
nung zwiſchen dieſen drei weſentlichen Abtheilungen des Körpers
beſtimmter und deutlicher hervortritt, ſo daß bei den Säugethieren
ſtets zwei vollkommen getrennte Höhlen hergeſtellt werden, von welchen
die eine, die Bruſthöhle, die Athemwerkzeuge und das Centralorgan
des Kreislaufes, das Herz, enthält, während die Bauchhöhle den
Magen und den übrigen Darmkanal nebſt ſeinen Drüſen, ſowie die
Harn- und Geſchlechtstheile einſchließt.


Von beſonderer Wichtigkeit für die Betrachtung der Wirbelthiere
erſcheint die eigenthümliche Ausbildung der härteren Stützen, welche
die Formen des Körpers beſtimmen und theils zum Schutze beſon-
derer Organe, theils zur Herſtellung von Hebeln für die Bewegung
dienen und unter der Geſammtbezeichnung des Skeletes bekannt
ſind. Bei allen vorigen Kreiſen ſahen wir bald nur einen durchaus
weichen Körper oder ein Feſterwerden der äußeren Haut, wodurch
dieſe zugleich als Schutzgebilde und als Stütze für die Bewegung auf-
tritt, ſo daß wir bei den Gliederthieren als allgemeinen Charakter die
Exiſtenz von hohlen Ringen oder hohlen Cylindern erwähnen konnten,
in deren Innerem die bewegenden Stränge, die Muskeln, angebracht
ſind. Bei den Wirbelthieren findet gerade das entgegengeſetzte Ver-
hältniß ſtatt, indem hier die Hebel, aus Knochen oder Knorpel gebil-
det, im Inneren angebracht ſind und die Muskeln ſich auf ihrer Au-
ßenfläche anſetzen, was indeſſen nicht verhindert, daß zugleich der andere
Zweck der härteren Theile, die Beſchützung der Eingeweide, durch
Bildung von Gewölben und Höhlen erreicht wird. Die feſten Theile
des Skelettes erſcheinen ſämmtlich um eine Axe gelagert, welche in der
Mittellinie des Körpers in der Weiſe ſich hinzieht, daß zugleich eine
obere oder Rückenhälfte und eine untere oder Bauchhälfte des Thieres
ſich durch die [Lagerung] dieſer Axe erkennen läßt, welche meiſtens von
[6] der Wirbelſäule, oder bei den niederen Typen von einem einfachen
Faſerknorpelſtrang, der Wirbelſaite (Chorda dorsalis), gebildet wird.
Von dieſer Axe ſtrahlen gegen die Rücken- und Bauchſeite hin Bogen-
fortſätze aus, die ſich bald mehr bald minder vollſtändig zu Ringen oder
Gewölbe vereinigen und welche zum Schutze der Eingeweide beſtimmt ſind.
Die oberen Bogenbildungen ſchließen ſich meiſtens am vollſtändigſten
und bilden ſo eine Kapſel für das Gehirn und die höheren Sinnes-
organe, den Schädel, und für das Rückenmark eine aus Spitzbogen
zuſammengewölbte Röhre, den Rückenkanal, ſo daß demnach die ganze
obere Bogenbildung hauptſächlich nur zum Schutze des centralen
Nervenſyſtemes beſtimmt iſt. Bei weitem nicht ſo feſt ſchließen ſich
die unteren Bogenhälften, welche zur Umhüllung der Eingeweide und
der großen Blutgefäße des Körpers dienen, und meiſtens muß der

Figure 1. Fig. 926.

Senkrechter Querdurchſchnitt durch die
Bauchhöhle eines Fiſches.
a Rückenfloſſe. b Floſſenträger.
c Dornfortſatz. d Obere Bogen-
ſtücke. e Körper. f Untere Bogen-
ſtücke des Rückenwirbels. Letztere
ſchließen die große Körperarterie, die
Aorta, ein. g Rippen. h Haut,
mit Schuppen bedeckt. i Bauch-
floſſen. k Seitliche Muskelmaſſen.
l Muskelgräten. m Rückenmark.
n Seitenkanal. o Niere. p Schwimm-
blaſe. q Eierſtock. r Magen. s
Darm. t Leber. u Milz.


Schluß bei ihnen durch große Strecken
dazwiſchen ausgebreiteter Häute ergänzt
werden. So ſtellt ſich demnach bei einem
queren Durchſchnitte des Körpers die
Wirbelſäule als die faktiſche Axe des
Körpers in dieſem Kreiſe dar, zugleich
zwei Bogen ausſendend, nach der Rücken-
gegend hin die für das Central-Ner-
venſyſtem beſtimmten, während nach der
Bauchgegend die Hüllen für die Cen-
tral-Körpergefäße und die Eingeweide
von ihr ausgehen und hierdurch auch
die relative Lagerung der einzelnen Or-
gane beſtimmt wird. Das Central-Ner-
venſyſtem liegt auf der oberen Seite dieſer
Axe, der Rückenfläche zunächſt, unmittelbar
auf den Wirbelkörpern und der Schädel-
baſis auf. Unter der Axe finden ſich die
Eingeweide und ſo ſehr auch ihre Ent-
wickelung wechſeln mag, dennoch ſtets in
derſelben relativen Lage, nämlich der
Wirbelſäule zunächſt angeheftet, die Nie-
ren und die inneren Geſchlechtstheile, in
der Mitte der Darm und am weiteſten
gegen die Bauchfläche hin, unmittelbar
an der Wandung ihrer betreffenden Höh-
[7] len die Leber und das Herz. Dieſe Lagerung der Theile und nament-
lich die Stellung, welche das Nervenſyſtem einnimmt, iſt außerordentlich
charakteriſtiſch für die Wirbelthiere, indem bei dem Kreiſe, welchem
ebenfalls ein zuſammenhängendes, in der Mittellinie des Körpers lie-
gendes Nervenſyſtem zukommt, bei den Gliederthieren, dieſes gerade
in umgekehrter Weiſe, nämlich auf der Bauchfläche unter allen Einge-
weiden gelagert iſt, während das Herz die höchſte Stelle an der
Rückenfläche einnimmt und keinerlei Trennung durch ein inneres Ske-
lett, wie bei den Wirbelthieren, vorhanden iſt.


Nicht minder charakteriſtiſch erſcheint die Bildung der Bewe-
gungsorgane
für den Kreis der Wirbelthiere. Dieſelben können
gänzlich fehlen, ſo daß gar keine Glieder vorhanden ſind und der
Körper ſelbſt mit der Fortſetzung der Wirbelſäule, dem Schwanze, der
Ortsbewegung vorſteht, die ſtets möglich iſt, indem es kein einziges
Wirbelthier giebt, welches zu irgend einer Zeit ſeines Lebens an den
Boden feſtgeheftet wäre. Bei den meiſten ſind indeſſen eigene Extre-
mitäten entwickelt, welche ſtets paarig vorhanden, niemals die Zahl von
vier überſchreiten, zwei vordere, die Bruſtglieder, unmittelbar hinter
dem Halſe angebracht und zwei hintere, die Beckenglieder, welche ge-
wöhnlich an dem Ende der Bauchhöhle befeſtigt ſind und durch ihren
Gürtel, das Becken, dieſelbe abſchließen. Die Modificationen, welche
dieſe Glieder theils durch das Medium, in welchem die Thiere leben,
theils durch die verſchiedene Beſtimmung derſelben erleiden, ſind außer-
ordentlich mannigfaltig und können ſowohl zur Begrenzung der Klaſ-
ſen, wie zur Umſchreibung kleinerer Gruppen oft mit Vortheil benutzt
werden. So mannigfach dieſe Beſtimmungen auch ſein mögen, ob
die Extremität als Floſſe, als Flugwerkzeug, als Stütze oder als
Greiforgan benutzt wird, ſtets iſt doch der Plan ihrer Bildung der-
ſelbe und auch für beide Gliederpaare identiſch. Beide zeigen eine
Gürtelbildung, Schulter oder Becken, welche die Extremität in ihrer
Lage erhält und mehr oder minder feſt an die Wirbelſäule befeſtigt;
beide zeigen dann dieſelbe Zuſammenſetzung, indem an den Gürtel
zuerſt ein einziger Knochen, Oberarm oder Oberſchenkel eingelenkt iſt,
welcher meiſt zwei Knochen des Vorderarmes oder Vorderſchenkels
trägt; auch dann, wenn dieſe beiden Knochen in einen verſchmolzen
ſind, läßt ſich gewöhnlich ihre urſprüngliche Trennung nachweiſen.
Weit ſchwankender ſind die Verhältniſſe in der letzten Abtheilung der
Extremitäten, der Hand oder dem Fuße, welche zwar bei den höheren
Formen aus drei Abtheilungen, der Wurzel, dem Mittelſtücke und den
[8] Fingern oder Zehen zuſammengeſetzt erſcheint, bei den niederen Formen
dagegen viele Abweichungen von dieſer Regel zeigt. Auch in Hinſicht
der Zahl der Finger oder Zehen ſieht man ungemein große Abwei-
chungen, doch kann man meiſtens die Tendenz zur Herſtellung der
Fünfzahl wahrnehmen, wenn auch dieſelbe nicht vollſtändig erreicht
wird; nur bei wenigen Ausnahmen ſieht man eine ganz unbeſtimmte
Anzahl einzelner Knochen auftreten und die Zahl derſelben von der hier
ausgedrückten Norm abweichen. Wenn indeſſen auch dieſe Verſchie-
denheiten einen ziemlich weiten Spielraum haben, ſo ſieht man doch
daß die geringe Zahl der Extremitäten, welche niemals überſchritten
wird, ebenfalls einen weſentlichen Unterſchied von den Gliederthieren
bedingt, bei welchen unter allen Umſtänden wenigſtens drei, wenn
nicht mehr Paare von Extremitäten vorhanden ſind.


Hinſichtlich der Ausbildung der inneren Theile und der
einzelnen Organe, zeigen ſich ebenfalls mannigfache Verſchiedenheiten
in dem Kreiſe, der uns beſchäftigt. Nur ſelten bildet die äußere Haut
einen feſten Panzer, welcher bald den ganzen Körper, bald nur ein-
zelne Theile deſſelben einſchließt und deſſen Struktur bald mehr hornig,
bald mehr knochig erſcheint. Gewöhnlich findet ſich eine aus dehnbaren
Faſern gewebte Lederhaut, welche noch mannigfache oberflächliche Deck-
und Schutzmittel trägt, die wir unter dem Namen von Schuppen,
Federn, Haaren u. ſ. w. kennen; ſelbſt in den Fällen indeß, wo die
äußere Haut eine bedeutende Feſtigkeit beſitzt, bietet ſie zwar theilweiſe
Stützpunkte für die Bewegung dar, was indeß nicht hindert, daß die
meiſten Muskeln dennoch an der Außenfläche des inneren Skelettes
ihren Anheftungspunkt und ihre Hauptwirkſamkeit finden.


Das Central-Nervenſyſtem bildet bei allen Wirbelthieren
ein zuſammenhängendes Ganzes, welches ſich mit Ausnahme des nie-
derſten aller Wirbelthiere durch beſondere Gewölbebildungen auszeich-
net; gewöhnlich kann man daran den ſtrangartigen Theil, der in dem
Wirbelkanale liegt und die Sammlung ſämmtlicher Körpernerven
bildet, das Rückenmark, von dem ſtärker angeſchwollenen Gehirne
unterſcheiden, welches in der Schädelkapſel gelegen iſt und die Nerven
des Kopfes und der Sinnesorgane ausſtrahlen läßt. Alle dieſe Nerven
ſammeln ſich in demjenigen Theile des Gehirnes und Rückenmarkes,
welcher den Wirbelkörpern zunächſt aufliegt und den man deßhalb
als Hirnſtamm unterſcheiden kann. Dieſer Theil erſcheint bei dem
Embryo zuerſt und wächſt allmälig innerhalb der von den harten
Hüllen gebildeten Höhlen gewölbartig nach oben zuſammen, ſo daß
man namentlich in dem Gehirne ſtets mehr oder minder verbreitete
[9] innere Höhlen findet, welche den centralen Nervenmaſſen aller übrigen
Thiere gänzlich abgehen. In der Maſſe des Gehirnes und Rücken-
markes finden die Nerven unzweifelhaft ihre Endigung und zwar wie
es ſcheint in der Weiſe, daß jede primitive Faſer von einer Ganglien-
kugel entſpringt. In der That unterſcheidet man im Gehirne und
Rückenmarke aller Wirbelthiere weſentlich zwei Subſtanzen, eine weiße
Subſtanz aus Primitivfaſern gebildet, welche eine nur unbedeutende
Hülle beſitzen, und eine mehr graue Subſtanz, die vorzugsweiſe aus
Ganglienkugeln zuſammengeſetzt erſcheint. Die genaueren Verhältniſſe
der Nerven zu beſtimmten Partien des Gehirnes ſind durchaus noch
nicht feſtgeſtellt; doch dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß im
Gehirne und Rückenmarke eine Menge von Faſern ſowohl wie von
Ganglienkugeln exiſtiren, welche mit den ausſtrahlenden Nervenfaſern
in keiner direkten Beziehung ſtehen. Im Allgemeinen bemerkt man,
daß die Gewölbtheile um ſo mehr ausgebildet ſind und der Hirnſtamm
um ſo mehr zurückſinkt, je höher entwickelt die Intelligenz und die
geiſtigen Fähigkeiten des Thieres erſcheinen — und dieß Verhältniß
ſowohl, wie auch direkte Beobachtungen und Verſuche weiſen darauf
hin, daß die geiſtigen Fähigkeiten hauptſächlich in den Gewölbtheilen
des Gehirnes ihren Sitz haben, die ſich auch durch ihre Unempfind-
lichkeit von dem äußerſt empfindlichen Hirnſtamme weſentlich unter-
ſcheiden. Bei den meiſten Wirbelthieren laſſen ſich in dem Gehirne
drei Hauptabtheilungen unterſcheiden: Das Hinterhirn oder Nach-
hirn
, aus dem verlängerten Marke, welches unmittelbar mit dem
Rückenmarke zuſammenhängt, und dem kleinen Gehirne gebildet; das
Mittelhirn, die ſogenannten Vierhügel enthaltend; und das Vor-
derhirn
, das zum größten Theile von den Hemiſphären des großen
Gehirnes gebildet wird; es entſprechen dieſe Theile weſentlich den drei
ſpezifiſchen Sinnesorganen des Kopfes, das Vorderhirn der Naſe, das
Mittelhirn den Augen, das Nachhirn den Ohren, und wenn auch
mannigfaltige Zuſammenſchiebungen in dieſer Hinſicht vorkommen, ſo
kann man doch meiſt bei dem Embryo dieſe drei Abtheilungen mit
Deutlichkeit in den erſten Anlagen des Central-Nervenſyſtemes unter-
ſcheiden. Auch hier laſſen ſich je nach der Stufe der Ausbildung, auf
welche ſich ein Wirbelthier erhebt, vielfache Modificationen der Bil-
dung erkennen, indem das Mittelhirn, welches die geringſte Gewölbe-
bildung zeigt, ſtufenweiſe zurückſinkt, während bei zunehmender Intel-
ligenz die Seitentheile des kleinen Gehirnes, vorzüglich aber die Hemi-
ſphären des Großhirnes eine ſo bedeutende Ausbildung erhalten, daß
letztere das Mittelhirn gänzlich überwuchern und in ſich aufnehmen.


[10]

Bei den meiſten Wirbelthieren kommen ſämmtliche Sinnesor-
gane
in mehr oder minder vollſtändiger Ausbildung vor. Am
weiteſten verbreitet iſt das Ohr, indem man bis jetzt nur ein einziges
Wirbelthier und zwar das niedrigſte von allen kennt, welchem das
Ohr fehlte, während das Auge öfter gänzlich mangelt und auch die
Naſe, wenn zwar nicht fehlt, ſo doch ihrer Beſtimmung als Sinnes-
organ zuweilen entrückt iſt und nur einen Luftweg für die Athmung
bildet. Hinſichtlich der inneren Ausbildung laſſen ſich bei allen Sin-
nesorganen, die ſtets nur paarweiſe vorhanden ſind, mancherlei Stu-
fen nachweiſen. So bildet die Naſe bei den auf Waſſerathmung
angewieſenen Wirbelthieren einen geſchloſſenen Blindſack, während ſie
bei den Luftathmern ſtets in den Gaumen geöffnet erſcheint und ſomit
auch bei geſchloſſenem Maule einen Luftweg für die Lungen herſtellt; —
während bei mangelnder Ausbildung des Geruches ſie ſich nur als
einfache Röhre oder Blindſack zeigt, entwickelt ſie bei höherer Ausbil-
dung dieſes Sinnes vielfache Nebenhöhlen und gewundene Räume,
auf deren auskleidender Schleimhaut der Riechnerv ſich ausbreitet.
Das Auge iſt zwar überall mit Muskeln verſehen, die aber bei den
niederen Typen nur eine äußerſt geringe Beweglichkeit zeigen, während
zugleich die Schutzapparate und namentlich die Lider gänzlich fehlen
oder nur mangelhaft entwickelt ſind; erſt bei den höchſten Formen
findet ſich eine ſolche Stellung der Augen, daß dieſelben gleichzeitig
auf einen Punkt gerichtet werden können, ſo wie jene innere Ausbil-
dung, die namentlich der Regenbogenhaut eine ſehr große Empfindlich-
keit und ein lebhaftes Anpaſſungsvermögen an die verſchiedenen Licht-
grade zukommen läßt. Noch mehr als bei den übrigen Sinnesorga-
nen fällt die allmälige Ausbildung des Ohres auf, indem daſſelbe
Anfangs nur aus dem Labyrinthſäckchen und einigen halbzirkelförmigen
Kanälen beſteht und tief im Inneren des Schädels verborgen, von
Knochen und Knorpeln eingeſchloſſen und von Muskeln und Haut
überdeckt, liegt. Erſt nach und nach geſellt ſich eine Schnecke zu dem
inneren Ohre, ſowie ein mittleres Ohr, aus der Paukenhöhle und
den dazu gehörigen Theilen beſtehend. Dieſes mittlere Ohr tritt nach
und nach an die Oberfläche der Schädels heran und bei den höchſten
Typen endlich entwickelt ſich ein äußeres Ohr, ein Schalltrichter, über
die Fläche des Schädels erhaben und oft äußerſt beweglich, beſtimmt,
die Schallwellen zu dem Trommelfelle hinzuleiten.


Die Verdauungsorgane ſind überall bei den Wirbelthieren
nach demſelben Typus gebaut, die Mundöffnung ſtets an dem vorde-
ren Theile des Körpers, meiſt etwas auf der Bauchfläche angebracht
[11] und immer nur mit einem einzigen Unterkiefer bewaffnet, der aus zwei
in der Mittellinie verbundenen Hälften beſteht und hauptſächlich nur
von unten nach oben wirkt, ein weſentlicher Unterſchied von den Glie-
derthieren, bei welchen ſtets mehrere Kieferpaare vorhanden ſind, die
von den Seiten her gegen einander ſich bewegen. Nur bei ſehr we-
nigen Wirbelthieren, die eine durchaus niedere Stufe der Bildung
einnehmen, fehlen die Kiefer gänzlich und ſind durch beſondere Lippen-
bildungen erſetzt. Die Bewaffnung der Mundhöhle wechſelt außer-
ordentlich, bietet aber gerade dadurch vielfache Charaktere zur Unter-
ſcheidung größerer und kleinerer Gruppen. Meiſt ſind Zähne
vorhanden von äußerſt mannigfaltiger Struktur und Anordnung;
ganze Ordnungen und Klaſſen aber, wie die Schildkröten und Vögel,
entbehren derſelben gänzlich und beſitzen ſtatt ihrer mehr oder minder
ſcharfrandige, gewöhnlich mit Hornplatten beſetzte Kiefer. Bei den
Säugethieren beſchränkt ſich die Zahnbildung lediglich auf die eigent-
lichen Kieferknochen, während bei den Fiſchen, Amphibien und Reptilien
nicht nur ſämmtliche an der Bildung der Mundhöhle theilnehmende
Geſichtsknochen, ſondern auch einige Knochen der Schädelbaſis und die
Zunge mit Zähnen beſetzt ſein können. Letztere bildet meiſt einen mehr
oder minder deutlichen Vorſprung, der in dem Raume zwiſchen beiden
Unterkieferhälften gelegen iſt, an dem oft bedeutend entwickelten Zun-
genbeine eine feſte Stütze findet und zwar faſt überall einen eigenen
Geſchmacksnerven, den Zungenſchlundkopfnerven (Nervus glossopha-
ryngeus)
erhält, ſich aber meiſt doch mehr als Taſt- oder Greiforgan
entwickelt. Bei niederen Thieren erſcheint die Zunge durchaus unbe-
weglich und an den Boden der Mundhöhle feſtgeheftet, während ſie
bei höheren ſich mehr und mehr befreit und oft eine außerordentliche
Beweglichkeit erhält. Meiſt erſcheint ſie mit dickem hornigem Ueber-
zuge verſehen; ſeltener iſt ſie, wie bei dem Menſchen, weich und nicht
nur zur Aufnahme von Geſchmackseindrücken, ſondern auch zur Mo-
dulation der Töne geeignet. Nur bei wenigen zerfällt das Darmrohr
in keine weiteren Abtheilungen, ſondern ſetzt ſich gerade, gleiche Weite
behauptend, von der Mundhöhle zum After fort; meiſtens unterſcheidet
man den Schlund, der bei den kiemenathmenden Wirbelthieren auf
beiden Seiten Spalten hat, den Magen, öfters von complicirter Bil-
dung, beſonders bei Pflanzenfreſſern, den Zwölffingerdarm, welcher
die Ausführungsgänge der Leber und der Bauchſpeicheldrüſe aufnimmt,
den Dünndarm, den Dickdarm, an deſſen Anfang ſich oft ein bedeu-
tender Blinddarm[], ſowie ein mehr oder minder langer Wurmfortſatz
kenntlich macht, und den Maſtdarm, der durch den After nach außen
[12] mündet. Alle dieſe Abtheilungen können ſich bald mehr bald minder
ausbilden, bald verſchmelzen, ſo daß in dieſer Hinſicht mannigfaltige
Variationen entſtehen. Gewöhnlich findet man, daß die Fleiſchfreſſer
den kürzeſten und einfachſten Darmkanal haben, die Pflanzenfreſſer
dagegen nicht nur oft eine mehrfache Magenbildung zeigen, ſondern auch
meiſt einen ungemein langen, mannigfaltig gewundenen Darm und
ſehr entwickelten Blinddarm beſitzen; — doch finden ſich von dieſer
allgemeinen Regel vielfache Ausnahmen. Die Nebendrüſen des Darmes
ſind faſt überall in gleicher Weite entwickelt; die Speicheldrüſen zwar
kommen nur den Landthieren zu, fehlen aber den im Waſſer lebenden
Fiſchen und den Amphibien, dagegen ſind ſie bei einigen übermäßig
entwickelt und bei den giftigen Schlangen ſogar noch neben ihnen be-
ſondere Drüſen ausgebildet, welche das Gift bereiten, das durch die
Zähne beim Biſſe abfließt. Die Leber iſt bei allen Wirbelthieren vor-
handen und zwar faſt immer als compacte Drüſe, die oft den größten
Theil der Bauchhöhle einnimmt. Ihr Verhältniß zum Blutkreislaufe
bleibt ſtets daſſelbe, indem alles vom Darmkanal herſtrömende Blut
ſich in ihr aufs Neue in den Capillarnetzen des Pfortaderkreislaufes
vertheilt. Bei manchen niederen Typen wird der Pfortaderkreislauf
ſogar noch durch das aus den hinteren Extremitäten zurückkehrende
Blut geſpeiſt. Die Bauchſpeicheldrüſe (Pancreas) fehlt bei den nie-
derſten Fiſchen und wird bei den anderen durch eigenthümliche röhren-
artige Ausſtülpungen des Darmes erſetzt, welche man die Pförtner-
anhänge (Appendices pyloricae) genannt hat. Die Milz, welche den
Wirbelthieren ausſchließlich zukommt und bei keinem wirbelloſen Thiere
gefunden wird, iſt zwar meiſtens vorhanden, fehlt aber den niederſten
Knorpelfiſchen durchaus, ſo daß ſie nicht als durchgängig charakteriſti-
ſches Merkmal der Wirbelthiereingeweide dienen kann.


Die Athemorgane zerfallen bei den Wirbelthieren in zwei
große Gruppen je nach dem Elemente, welches unmittelbar zur Athmung
dient. Die niedere Form wird durch Kiemen dargeſtellt, d. h. durch
Gefäßbogen, welche aus der Herzkammer hervorgehend den Schlund
umfaſſen und auf dieſem Wege ſich nach und nach an der Oberfläche
von Blättchen, Zotten oder Kolben in Kapillarnetze auflöſen, deren
Blut mit dem umgebenden Waſſer in Wechſelwirkung tritt und Sauer-
ſtoff daraus aufnimmt, während es Kohlenſäure abgiebt. Meiſtens
ſind dieſe Gefäßbogen durch knöcherne oder knorpelige, dem Zungen-
beine angehörige Bogen geſtützt und durch Spalten, welche von außen
her bis in den Schlund führen, von einander getrennt. Mechaniſche
Vorrichtungen verſchiedener Art bewirken während des Lebens eine
[13] beſtändige Strömung des Waſſers durch dieſe Kiemenſpalten und eine
ſtete Erneuerung desſelben im Umkreiſe der athmenden Blättchen. Nur
allmälig werden die Kiemen durch Lungen verdrängt, elaſtiſch häutige
Säcke, urſprünglich paarig vorhanden, Ausſtülpungen des Schlundes
auf der Bauchſeite, die ſich nach und nach von dem Darmkanale ab-
trennen und endlich nur in ſofern mit ihm zuſammenhängen, als die
Oeffnung des Luftweges, die Stimmritze, ſich in dem Grunde der
Rachenhöhle befindet. Bei den Amphibien zeigen ſich namentlich die
mannigfaltigen Stufen des Kampfes von Kiemen und Lungen um den
Vorrang als reſpiratoriſche Organe und bei ihnen, wie bei den Rep-
tilien, kann man auch den Uebergang der urſprünglich ſackförmigen
Lungen zu der eigentlichen Drüſenform ſehen, welche ſie bei den aus-
gebildeten Formen beſitzen; auf der inneren Seite der Lungenſäcke
entwickeln ſich Zellen, die ſtets tiefer und tiefer werden und allmählig
zu verzweigten und veräſtelten Röhrchen ſich ausbilden, auf deren
Oberfläche ſich ringsum die Blutgefäße veräſteln, während ſie ſelbſt
mit der Luftröhre und dem Kehlkopfe in direkter Verbindung ſtehen
und ſo die in ihm enthaltene Luft durch die Athembewegungen gewech-
ſelt werden kann. Allgemein ſind die Lungen in der Art gebaut, daß
die Luft, welche zum Athmen gedient hat, auch auf demſelben Wege,
auf welchem ſie eindrang, wieder ausgeſtoßen werden muß, jedoch ſo,
daß Naſe oder Mund je nach Belieben des Thieres, als äußere Oeff-
nung des Luftweges benutzt werden können.


Es begreift ſich leicht, daß bei dem vielfachen Wechſel in der
Struktur der Athemorgane auch in den Organen des Kreislau-
fes
mancherlei Verſchiedenheiten vorkommen. Mit einer einzigen
Ausnahme (bei dem Lanzettfiſchchen, Amphioxus) iſt das Blut bei
allen Wirbelthieren purpurroth gefärbt und zwar hängt dieſe Färbung
einzig von den Blutkörperchen ab, dünnen, ſcheibenförmigen Form-
elementen von rundlicher oder elliptiſcher Geſtalt, die ſich nur mittelſt des
Mikroſkopes erkennen laſſen und in der farbloſen Blutflüſſigkeit ſus-
pendirt ſind. Ein Herz als Centralpunkt für die mechaniſche Fort-
bewegung des Blutes fehlt nur einem einzigen der bekannten Wirbel-
thiere (Amphioxus), bei welchem ſeine Druckkraft durch die Contractilität
der großen Gefäßſtämme erſetzt iſt; bei allen übrigen iſt das Herz
mit ſeinen verſchiedenen Abtheilungen das einzige Organ, das durch
die Zuſammenziehung ſeiner Muskelfaſern das Blut durch die Gefäße
hindurch treibt. Bei den durch Kiemen athmenden Wirbelthieren iſt
dieſe muskulöſe Druck- und Saugpumpe ſtets in dem Bereiche des
venöſen Kreislaufes ſo angebracht, daß das aus den Organen des
[14] Körpers zurückkehrende Blut von ihm aus in die Gefäßbogen der
Kiemen getrieben wird; bei den durch Lungen athmenden Wirbelthieren
dagegen ſcheidet ſich das Herz nach und nach in zwei Hälften, von
denen die eine, die rechte, dem Kiemenherzen der Fiſche entſpricht, in-
dem ſie, im venöſen Strome angebracht, das vom Körper zurückkehrende
Blut aufnimmt und es in die Lungen treibt, während die linke Hälfte,
als bewegender Mittelpunkt des arteriellen Stromes, das Blut aus
den Athemorganen empfängt und es in den Körper umtreibt. Die
verſchiedenen Stadien der allmähligen Scheidung der beiden
Herzhälften, welche ſich bei Säugethieren und Vögeln vollkom-
men ausgeführt findet, laſſen ſich beſonders bei Amphibien und Rep-
tilien in großer Mannigfaltigkeit wahrnehmen, indem dort mehr
oder minder bedeutende Communicationsöffnungen in dem Herzen
oder in der Nähe deſſelben vorhanden ſind, wodurch ſich die beiden
[Blutarten] in größerem oder geringerem Maße miteinander vermiſchen
können. Bei allen Wirbelthieren ſind übrigens die peripheriſchen
Blutbahnen vollkommen geſchloſſen und überall geſonderte Gefäße vor-
handen, in welchen das Blut ſtrömt. Nirgends noch hat man ſolche
Unterbrechungen der Cirkulation und Erſatz der mangelnden Gefäße
durch Hohlräume gefunden, wie dieß bei den meiſten wirbelloſen Thieren
vorzukommen pflegt; namentlich findet ſich überall zwiſchen der arte-
riellen und venöſen Gefäßſtämmen ein Netz feiner Capillar- oder
Haargefäße, durch deren äußerſt dünne Wandungen die Umſetzung
der Stoffe im Körper geſchieht und die dann einerſeits mit den zuführen-
den, andererſeits mit den abführenden Gefäßen in unmittelbarem Zu-
ſammenhange ſtehen. Als eigenthümlicher Anhang des Gefäßſyſtemes
ſtehen die Lymphgefäße da, zarthäutige Kanäle, die eine farbloſe,
höchſtens durch beigemengte Fettröpfchen milchig erſcheinende Flüſſig-
keit führen, mit feinen Aeſten in den Organen entſpringen und ſich
nach und nach zu größeren Stämmen ſammeln, die ſich in den venö-
ſen Kreislauf ergießen. Trotz vielfacher mühſamer Unterſuchungen er-
ſcheint ſowohl die Struktur der letzten Anhänge dieſer Lymphgefäße,
ſowie ihre eigentliche Bedeutung für die Oekonomie der Thiere noch
nicht gehörig aufgeklärt.


Von beſonderer Bedeutung erſcheinen für die Wirbelthiere die
Harnorgane oder Nieren, welche ſtets zunächſt an der Wirbel-
ſäule über allen anderen Eingeweiden liegen und auch von dem Bauch-
felle nicht eingehüllt, ſondern nur an ihrer vorderen Fläche überzogen
werden. Sie ſind hauptſächlich zur Abſonderung der ſtickſtoffhaltigen
Auswurfſtoffe des Körpers beſtimmt und ihre Ausführungsgänge, die
[15] Harnleiter, zeigen inſofern eine merkwürdige Evolution, als ſie ſich
anfangs vollkommen ſelbſtändig bis zu ihrem äußeren Ende hinter
dem After erhalten, dann in das Endſtück des Darmes auf der hin-
teren Fläche einmünden, nach und nach aber auf die vordere Fläche
deſſelben überwandern und ſich endlich ganz von dem Darme lostren-
nen und eine beſondere Mündung nach außen erhalten, die ſich vor
der Afteröffnung befindet und mit den Geſchlechtswegen in nächſter
Beziehung ſteht.


Was nun die Zeugung und Fortpflanzung der Wirbel-
thiere betrifft, ſo muß vor allem darauf aufmerkſam gemacht werden,
daß in dieſem ganzen Kreiſe niemals irgend eine Spur von Knoſpen-
zeugung oder Ammenbildung auftritt, ſondern jegliche Fortpflanzung
ſtets nur durch den Gegenſatz der beiden Geſchlechter bedingt wird.
Auch normale Zwitterbildung exiſtirt in dieſem Kreiſe nicht; ſtets ſind
die Geſchlechtsorgane auf verſchiedenen Individuen angebracht; ja ſelbſt
die Beiſpiele von Zwitterbildung, die man bei abnorm entwickelten
Individuen gefunden haben wollte, reduziren ſich alle auf Hemmungs-
bildungen, bei welchen die unausgebildeten Geſchlechtstheile Zwiſchen-
formen zwiſchen männlichem und weiblichem Typus darſtellten. Mei-
ſtens unterſcheiden ſich Männchen und Weibchen durch mehr oder
minder auffallende Charaktere; wenn indeſſen auch in der Körpergröße
ſich zuweilen Mißverhältniſſe nach der einen oder andern Seite hin
finden, ſo werden dieſelben doch niemals ſo bedeutend, wie bei vielen
wirbelloſen Thieren, bei welchen wir zuweilen ganz verkümmerte
Männchen antrafen. Auch die keimbereitenden Geſchlechtstheile liegen
urſprünglich, wie die Nieren, unmittelbar neben der Wirbelſäule über
den übrigen Eingeweiden, ſenken ſich aber bei den höheren Typen
mehr nach vorn und unten. Zuweilen finden ſich nur die keimberei-
tenden Organe, Eierſtöcke und Hoden, vor, während jede Spur von
ausführenden Kanälen fehlt und die Produkte einfach durch Platzen
der Kapſeln, in welchen ſie ſich befinden, in die Bauchhöhle gerathen
und von da weitergeführt werden. Bei den meiſten Wirbelthieren
indeß ſetzen ſich die Hodenkanäle, die Bildungsſtätten der Samenthier-
chen, indem ſie ſich mehr und mehr ſammeln, in den ſogenannten
Nebenhoden und von da aus in die Samenleiter fort, welche
meiſtens gegen das Ende ihres Verlaufes mit blinddarmähn-
lichen Samenblaſen und anderen Nebendrüſen ausgeſtattet ſind. Die
Samenleiter ſelbſt öffnen ſich bald in die ſogenannte Cloake, d. h. in
das Endſtück des Darmes, welches zugleich die Mündungen der Ge-
ſchlechts- und Harnorgane aufnimmt, oder ſie münden ſelbſtändig oder
[16] gemeinſchaftlich mit den Harnorganen, aber getrennt von dem Darme,
nach außen. Begattungsorgane fehlen bei vielen Wirbelthieren gänz-
lich, ſelbſt bei ſolchen, bei denen ſich die Eier innerhalb der weiblichen
Geſchlechtstheile entwickeln und mithin auch dort befruchtet werden
müſſen. Da wo männliche Begattungsorgane vorkommen, ſind dieſel-
ben meiſtens einfach, ſeltener doppelt und ihre Beziehungen zu den
Samenleitern, ſo wie ihre ſonſtige Bildung äußerſt mannigfaltig.
Eben ſo vielfach wechſeln die Formen der weiblichen Geſchlechtsorgane,
zumal da hier die Beziehungen zur Ausbildung der Jungen noch man-
nigfaltiger werden, wodurch namentlich diejenigen Gebilde, welche die
Ausführung der Eier bewerkſtelligen, mannigfach modifizirt werden.
Sehr häufig finden ſich in den Eileitern beſonders ausgebildete Stel-
len vor, von denen die Einen durch drüſige Wände zur Bildung
beſonderer Hüllen um das Ei, die Anderen zur Herſtellung von Neſt-
ſtätten zur inneren Bebrütung geeignet erſcheinen, und ebenſo mannig-
faltig wie dieſe Drüſen und Erweiterungen, erſcheinen auch die weiblichen
Begattungsorgane in ihrer Formgeſtaltung. Bei allen Wirbelthieren ohne
Ausnahme herrſcht eine gewiſſe Periodicität von längerer oder kürzerer
Dauer in der Geſchlechtsfunktion, welche ſich namentlich bei dem Weibchen
durch die Ausſtoßung der Eier zu gewiſſen Zeiten kundgibt. Die
Heranbildung der Eier im Eierſtocke, ihre ſucceſſive Ausbildung bis
zur endlichen Trennung und ihre Ausſtoßung durch die Eileiter ge-
ſchieht überall ſelbſtſtändig und ſelbſt dann, wenn keine Befruchtung
ſtattfindet; die Befruchtung ſelbſt aber kann in zwei verſchiedenen
Stadien der Eiwanderung eintreten. Bei den Einen nämlich, und
hierzu gehören die meiſten Fiſche und Amphibien, werden die Eier
gänzlich ausgeſtoßen und ihre Befruchtung geſchieht erſt außerhalb,
meiſtens in dem Augenblicke, wo ſie aus der Geſchlechtsöffnung des
Weibchens hervortreten; bei den anderen wird durch eine mehr oder
minder innige Begattung die befruchtende Flüſſigkeit in das Innere
des weiblichen Organismus eingeführt und [die] Eier kommen auf
irgend einem Punkte ihrer Wanderung bald ganz in der Nähe
der Eierſtöcke, bald weiter von denſelben entfernt mit dem Samen in
Berührung. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſe Weiſe der Befruchtung
überall eintreten muß, wo das Junge ſich innerhalb des mütterlichen Or-
ganismus bis zu einem gewiſſen Grade ausbildet, zuweilen findet indeß
dieſelbe auch da ſtatt, wo die Entwickelung des Embryo erſt nach der
vollſtändigen Ausſtoßung des Eies beginnt. In der Beziehung der
Frucht zu dem mütterlichen Organismus laſſen ſich ebenfalls mehrere
Verſchiedenheiten von großem Gewichte nachweiſen. Bei den meiſten
[17] Wirbelthieren erhält das Ei von dem Eierſtocke aus ſoviel Dotterſub-
ſtanz mit, daß der Embryo ſich vollſtändig auf deren Koſten ausbilden
kann und keiner weiteren Stoffzufuhr, ſei es von Seiten des mütter-
lichen Organismus oder von außen her, bedarf. In dieſen Fällen
wird das Ei gewöhnlich noch in dem Eileiter von verſchiedenen Hül-
len, von Eiweiß und Schalenbildungen, eingeſchloſſen und dann nach
der Ausſtoßung in ſolche Verhältniſſe gebracht, welche zur Entwickelung
des Embryos nothwendig ſind, wozu namentlich ein gewiſſer Grad
von Wärme und Feuchtigkeit und der Zutritt[ ]von Sauerſtoff gehören; —
Bedingungen, die ſich bald von ſelbſt finden, bald, wie bei den brü-
tenden Thieren, von den ſorgſamen Eltern beſchafft werden. Bei dem
anderen extremen Endpunkte dieſer Beziehungen zwiſchen Mutter und
Frucht findet ſich bei dem urſprünglichen Eie nur eine kleine Dotter-
maſſe vor, ungenügend, die Ausbildung des Embryos zu beſtreiten,
der dann durch beſondere Gefäße in innige Wechſelwirkung mit den
Gefäßen des mütterlichen Organismus tritt und aus dem Blute des-
ſelben die zu ſeiner Ausbildung nöthigen Stoffe bezieht. Zwiſchen
dieſen beiden Verhältniſſen liegen mannigfache Zwiſchenſtufen, indem
bei den Einen es nur auf äußere Zufälligkeiten ankommt, ob die loſen
Eier ſich außerhalb oder innerhalb des mütterlichen Organismus ent-
wickeln, während bei Anderen die Entwickelung im Inneren zwar
Regel iſt, der Embryo oder das Ei aber deßhalb in keine nähere Ver-
bindung mit den Organen tritt, ſondern frei in der Höhle [des] Eilei-
ters liegt und nur durch Aufſaugung aus der Flüſſigkeit, welche dieſe
erfüllt, ſich weitere Stoffe aneignen kann.


Die Entwickelung des Embryos geſchieht bei dem Kreiſe
der Wirbelthiere allgemein nach einem gemeinſchaftlichen Grundplane,
der ſich indeſſen bei den verſchiedenen Klaſſen und Ordnungen in
mannigfacher Weiſe modifizirt. Ueberall iſt der Dotter von einer
deutlichen Dotterhaut umgeben, die zuweilen ſogar eine ziemlich bedeu-
tende Dicke erreicht und die allmählig verſchwindet, ſobald der Embryo
ſich ſeine Hüllen aufgebaut hat. Die Entwickelung geht ſtets, wie bei
den Kopffüßlern und Gliederthieren, von einem beſtimmten Punkte
aus und läuft kreis-wellenförmig um das Ei herum, ſo daß der Embryo-
naltheil anfangs eine mehr oder minder dicke Hohlſcheibe darſtellt,
welche ſich eines Theils allmählig verbreitert und ſo den Dotter ein-
faßt, anderen Theils in ihrer Mitte ſich erhebt und hier eine Axe
entſtehen läßt, welche in der That die Mittellinie des werdenden Thie-
res iſt und das Centralnervenſyſtem und die Wirbelaxe in ſich vereinigt.
Der Gegenſatz zwiſchen Dotter und Embryo tri[t]t faſt überall ſcharf
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 2
[18] und deutlich hervor, ſo ſelbſt, daß oft ein Theil des Dotters als
Dotterſack abgeſchieden wird und nur noch durch einen offenen Gang
mit dem Darmkanale zuſammenhängt, eine Bildung, die bei denjenigen
Wirbelthieren bald ſchwindet, bei welchen der Embryo mit dem müt-
terlichen Organismus in näheren Zuſammenhang tritt. Charakteriſtiſch
iſt für den ganzen Wirbelthierkreis die ſchon früher angegebene La-
gerung des Dotters
der Bauchfläche des Embryo’s gegenüber; —
eine Lagerung, die derjenigen der Gliederthiere gerade entgegengeſetzt
iſt und auch die ſo verſchiedene Poſition der Organe zur Folge hat,
indem auch hier wie bei den Gliederthieren das Herz in unmittelbarer
Nähe des Dotters, alſo auf der Bauchfläche, das Centralnervenſyſtem
aber dem Dotter entgegengeſetzt, mithin auf der Rückenfläche ſich ent-
wickelt. Aeußerſt charakteriſtiſch iſt ferner für alle Wirbelthiere das frühe
Erſcheinen des Herzens und die baldige Entwickelung einer vollſtändigen
Cirkulation, die zwar beide erſt nach dem Erſcheinen der Rudimente des
Centralnervenſyſtems und des Skelettes auftreten, doch aber früh
genug in die Erſcheinung kommen, ſo daß die weitere Entwickelung
nicht ohne die Dazwiſchenkunft der Cirkulation ſtattfinden kann. Es
zeigt ſich alſo hier ein direkter Gegenſatz gegen die meiſten wirbelloſen
Thiere, bei welchen das Herz nur in den ſpäteren Stadien der em-
bryonalen Entwickelung ſich zeigt, ſo daß die meiſten Organe nicht
nur angelegt, ſondern auch bis zu einem gewiſſen Grade ausgebildet wer-
den, bevor eine Cirkulation der allgemeinen Ernährungsflüſſigkeit ſtattfin-
det. Endlich darf als letztes charakteriſtiſches Merkmal für die Entwicke-
lung der höheren Wirbelthierembryonen die Bildung beſonderer Hüllen
angeſehen werden, die von dem Embryo, nicht, wie die Eiſchalen der
niederen Thiere, von dem mütterlichen Organismus, ausgehen und
von denen eine, die ſogenannte Schafhaut oder das Amnios, überall,
wo ſie vorhanden iſt, einen vollſtändigen Sack um den Körper des
Embryo bildet, die andere dagegen, die Harnhaut oder Allantois ge-
nannt, weſentlich dazu dient, bei den Säugethieren die Gefäßverbindung
zwiſchen Mutter und Frucht zu vermitteln.


Betrachtet man die allgemeinen Grundzüge der Entwickelung des
Embryos, ſo zeigt ſich hierin von Beginn an eine große Uebereinſtim-
mung. Die Zerklüftung des Dotters findet bald in dem ganzen Um-
fange deſſelben, bald nur an dem Embryonaltheile ſtatt, und ſobald
aus ihr die Zellen hervorgegangen ſind, aus denen ſich die ſämmtlichen
Organe des Embryos aufbauen, ſo beginnt die morphologiſche Bildung
[19] mit der Herſtellung einer Längsfurche, welche zu beiden Seiten von
zwei erhabenen Wülſten eingefaßt iſt und die man die Rückenfurche
genannt hat; mit fortſchreitender Bildung heben ſich dieſe Wülſte in
die Höhe, weiten ſich vorn aus, ſo daß der von ihnen umſchloſſene
Raum etwa die Form einer Lanze hat, und wölben ſich zugleich mehr
und mehr nach oben zuſammen, bis ſie ein förmliches Rohr darſtel-
len, das nach vorn zu keulenförmig erweitert iſt. Dieſes Rohr bildet
die erſte Grundlage für die Entwickelung des Centralnervenſyſtemes.
Die Nervenmaſſe erzeugt ſich auf dem Grunde dieſes Rohres und
wölbt ſich in ähnlicher Weiſe nach oben zuſammen, das Gehirn und
Rückenmark bildend, ſo daß Anfangs die eigentliche Nervenmaſſe nur
ſehr gering iſt und in ihrem Inneren eine durchlaufende Höhlung
einſchließt, die immer mehr und mehr durch Anſatz neuer Nervenmaſſe
verengert wird. Der Rückenmarkskanal, ſowie die Höhlungen des
Gehirnes, deren wir oben erwähnten, ſind demnach nur Ueberbleibſel
jener urſprünglich weit bedeutenderen Höhlung, welche von der wer-
denden Nervenmaſſe umſchloſſen wurde. Die Sinnesorgane ſind zum
großen Theile nur Ausſtülpungen der urſprünglichen kammerartigen
Abtheilungen des Gehirnes, welche wir oben ſchon namentlich anführ-
ten, und zwar ſcheint jedes Sinnesorgan eine doppelte Ausbildung
zu beſitzen, indem einerſeits der ſpecifiſche Sinnesnerv eine hohle Röhre
oder Ausſackung darſtellt, welche mit der inneren Höhle ſeiner betref-
fenden Hirnkammer communicirt, während andererſeits von außen her
eine Grube ſich entgegenbildet, die ſich mehr oder minder abſchließt
und die äußeren Theile des Sinnesorganes bildet. So ſieht man
das Vorderhirn ſich unmittelbar in die hohlen Riechnerven fortſetzen,
die mit kolbigem Ende ſich an eine blinde Grube anlegen, welche ihnen
von außen her entgegenwächſt und ſich als Naſengrube manifeſtirt;
ſo bildet der Sehnerv anfangs eine hohle Birne mit cylindriſchem
Stiele, welcher von außen her eine Grube entgegenwächſt, die ſich
indeſſen bald abſchließt und nach dieſem Abſchluſſe ſich als Kryſtall-
linſe zu erkennen giebt; ſo erſcheint auch das äußere und mittlere
Ohr anfangs als eine Hautgrube, welche erſt ſpäter nach und nach
ſich abſchließt und mit dem inneren Ohre in Verbindung tritt. Im
Allgemeinen läßt ſich bei der Bildung des Nervenſyſtemes, wie bei
derjenigen der Sinnesorgane daſſelbe Geſetz erkennen, welches auch
für die Entwickelung aller übrigen Organe gültig iſt, nämlich, daß
die urſprünglichen Anlagen, ſowie ſie zuerſt formell geſondert hervor-
treten, aus Haufen von Bildungszellen beſtehen, in denen man an-
fangs zwar keine Verſchiedenheit wahrnimmt, die ſich aber nach und
2*
[20] nach zu den verſchiedenen Formelementen differenziren, welche wir an
dem ausgebildeten Organe ſehen. So war der Streit, den man lange
führte, ob die beiden Rückenwülſte, die häutigen Hüllen des Rücken-
marks oder die Knochen, oder Muskeln und äußere Haut ſeien, welche
Gehirn und Rückenmark umgeben, ein vollkommen müßiger; denn
dieſe Wülſte ſind das noch einförmige Rudiment aller dieſer Formele-
mente, in welche ſie ſich ſpäter ſcheiden. So kann man ebenſo bei dem
Auge nachweiſen, daß die verſchiedenen Häute, welche den Augapfel
umziehen, gleichſam nur aus der Spaltung einer einzigen Maſſe her-
vorgehen, welche anfangs das Rudiment des Auges bildet.


Faſt unmittelbar nach der Entſtehung der erſten Anlage des Ner-
venſyſtemes, vielleicht auch ſchon gleichzeitig mit ihr zeigt ſich auf dem
Boden der Rückenfurche ein cylindriſcher Axenſtrang, welcher faſt durch
die ganze Länge des Körpers ſich erſtreckt und vorn zwiſchen den beiden
Ohrblaſen etwas zugeſpitzt endigt. Dieſer Axenſtrang iſt die ſogenannte
Wirbelſaite oder Chorda, die Grundlage des ganzen Skelettes
und ſchon als ſolche vollkommen charakteriſtiſch für alle Wirbelthier-
embryonen. Anfangs durchaus nur aus dicht zuſammengedrängten
Zellen gebildet, ſcheint ſich dieſer Strang bei allen Wirbelthieren ohne
Ausnahme in eine äußere Scheide und einen inneren Kern zu diffe-
renziren, der eine zwiſchen Knorpel und Gallert inneſtehende Feſtigkeit
beſitzt und allmählig durch die ſpäteren Bildungen der Wirbelkörper
verdrängt wird. Bei den niederen Formen der Fiſche und Amphibien
erhält ſich dieſe Chorda das ganze Leben hindurch in ähnlicher Weiſe,
wie ſie anfangs bei dem Embryo ausgebildet war und bei den meiſten
Fiſchen und den fiſchartigen Amphibien bleibt wenigſtens ein Neſt dieſes
Stranges in den Höhlungen zurück, die in den Wirbelkörpern ſich
zeigen. Von weſentlichſter Bedeutung erſcheint die Scheide der Wir-
belſäule, da dieſe der Sitz der Verknöcherung der Wirbelkörper und
ihrer Bogen iſt; die Wirbelkörper bilden ſich nämlich urſprünglich in
Form von Ringen oder ſeitlichen Platten, die nach und nach gänzlich
den zwiſchen ihnen gelegenen Strang verdrängen. Von der Scheide
der Wirbelſaite gehen häutige Rohre ab, Sehnenblätter, welche nach
oben die Umhüllung des Rückenmarkes, nach unten diejenige der
Eingeweide und großen Gefäße bilden und in denen ſich ebenfalls
Verknöcherungen, die oberen und unteren Bogenfortſätze der Wirbel
ausbilden. Nach vorn zu ſetzt ſich die Scheide der Chorda in eine
geräumigere Knorpelkapſel fort, die das Gehirn von allen Seiten
umhüllt, wenn ſie auch ſtellenweiſe große, nur durch Haut geſchloſſene
Lücken läßt und auf ihrer Außenſeite mehr oder minder geſchloſſene
[21] Kapſeln für die ſpecifiſchen Sinnesorgane zeigt. Der urſprüngliche
Schädel, der von dieſer Knorpelkapſel hergeſtellt wird, iſt ſtets ein
ungetheiltes Ganzes, das ſich in dieſer Form auch bei vielen Knorpel-
fiſchen erhält. Bei denjenigen Thieren, wo ein knöcherner Schädel
vorkommt, entwickeln ſich die Knochen deſſelben nur zum kleinſten
Theile durch unmittelbare Verknöcherung des knorpeligen Urſchädels —
weit aus die meiſten Schädelknochen entſtehen aus Deckplatten, die ſich
von allen Seiten her an die Knorpelkapſel anlegen, und ohne vorher
in den knorpeligen Zuſtand überzugehen, ſich unmittelbar aus häuti-
gen Theilen hervorbilden. Unter dem Einfluſſe der Ausbildung dieſer
Deckplatten verſchwindet allmählig der nicht verknöcherte Theil der
primitiven Knorpelkapſel gänzlich, ſo daß bei den höheren Typen keine
Spur mehr davon vorhanden iſt, während freilich bei den meiſten
Fiſchen und Amphibien ein mehr oder minder bedeutender Reſt dieſes
knorpeligen Urſchädels das ganze Leben hindurch bleibt. Es würde
zu weit führen, wollten wir hier auf die Verhältniſſe zwiſchen der
knorpeligen Grundlage und den darauf oder darin entwickelten Kno-
chen näher eingehen, zumal da dieſe bei den verſchiedenen Klaſſen
mancherlei Verſchiedenheiten darbieten. Gleiches müſſen wir von den-
jenigen Knochengebilden ſagen, welche entweder dem Geſichte oder
den Eingeweiden angehören, da bei allen dieſen je nach den Klaſſen
eine bedeutende Verſchiedenheit herrſcht, ſo daß ſie erſt bei dieſen ge-
nauer abgehandelt werden können. Die Entwickelung der Extremi-
täten, der vorderen wie der hinteren, geht überall nach demſelben
Typus und nach dem Geſetze der allmähligen Differenzirung vor ſich.
Die Tragegürtel, Schultern und Becken erſcheinen zuerſt, dann das
Endglied, Hand oder Fuß, urſprünglich als einförmiger Stummel,
indem ſich erſt nach und nach die Zehen ausbilden und ganz zuletzt
vollſtändig trennen, zwiſchen Endglied und Gürtel ſchieben ſich dann
die verſchiedenen Mittelglieder je nach ihrer Entwickelung ein.


Als eigenthümliche Bildung der höheren Wirbelthiere, welche den
niederen gänzlich fehlt, zeigen ſich, wie ſchon bemerkt, zwei Hüllen,
von denen die eine eine Fortſetzung der äußerſten Lage der Oberhaut
bildet, während die andere aus den ſpäteren dem Urinſyſteme angehö-
rigen Bildungen hervorgeht. In der That bildet ſich die Schafhaut oder das
Amnios in der Weiſe, daß die äußere Zellenlage der Haut ſich an die
Innenfläche der Eihaut anlegt und in dem ganzen Umkreiſe des Dot-
ters mit derſelben verwächſt, da aber, wo der Embryonalkörper ſich
befindet, ſich allmählig abzieht, zuſammenwächſt und gänzlich abſchnürt,
ſo daß ein vollkommen geſchloſſener Sack um den Embryo herum ge-
[22] bildet wird, der eigentlich die nach außen umgeſchlagene Fortſetzung
der Bauchhaut darſtellt. Wir haben dieſer Bildung nur deßhalb
hier erwähnt, weil ſie einen ſcharfen Charakter zur Unter-
ſcheidung zweier größerer Gruppen in dem Kreiſe der Wirbelthiere
überhaupt abgiebt.


Forſcht man der Entſtehung des Blutgefäßſyſtemes näher nach,
ſo zeigt ſich, daß das Centrum deſſelben, das Herz, ebenfalls urſprüng-
lich aus einer ſoliden Zellenlage beſteht, welche ſich nach und nach
aushöhlt, und daß die Gefäße urſprünglich Gänge zwiſchen den Bil-
dungszellen des Embryo bilden, die erſt nach und nach mit einfachen
oder Faſerhäuten ausgekleidet werden. Das Herz ſteht von Anfang
an in der genaueſten Beziehung zu dem Dotter und bildet urſprüng-
lich ſtets einen einfachen Schlauch, welcher von hinten her die von
dem Körper und dem Dotter zurückkehrende Blutmaſſe aufnimmt und
nach vorn weiter treibt. Die weitere Ausbildung der Circulation
hängt beſonders mit der Bildung von Kiemen oder Lungen zuſammen
und kann erſt bei den einzelnen Klaſſen genauer ins Auge gefaßt
werden.


Die Entwickelung der Baucheingeweide geht zum großen Theile
von derjenigen des Darmes aus; dieſer bildet nämlich urſprünglich
eine dem Dotter zunächſt liegende Schicht von Bildungszellen, welche
ſpäter eine Rinne darſtellen, die gegen den Dotter hin offen iſt, ſich
aber nach und nach zu einer Röhre abſchließt, an welcher als Reſt
der urſprünglichen Oeffnung gegen den Dotter hin der Kanal des
Dotterſackes übrig bleibt. Die ſämmtlichen Drüſen und Höhlen, welche
mit dem Darmkanale in Verbindung ſtehen, zeigen ſich anfangs in
Geſtalt ſolider Maſſen von Bildungszellen, die ſich ſpäter aushöhlen
und mit der Höhlung des Darmes in Verbindung treten. Die Leber,
das Pancreas, Lungen und Schwimmblaſen ſind durchaus in dieſem
Falle, nicht aber die Nieren und die keimbereitenden Geſchlechtstheile,
welche aus einem eigenen Bildungsſtoffe beſtehen und niemals in
direkte Verbindung mit dem Darmkanale treten, es ſei denn durch ihre
Ausführungsgänge, welche auf andere Weiſe, durch Entwickelung von
der Außenfläche her, entſtehen.


Betrachtet man in Gemäßheit der hier entwickelten allgemeinen
Erſcheinungen den Kreis der Wirbelthiere und ſucht man die unter-
ſcheidenden Charaktere aufzufaſſen, nach welchen man denſelben in
kleinere Abtheilungen zerlegen könnte, ſo bietet die Entwickelungsge-
ſchichte vor allen Dingen die Hand zur Scheidung zweier größerer
Gruppen. Bei der einen dieſer Gruppen bildet der Embryo ſelbſt
[23] niemals beſondere Hüllen, die ihn einſchließen, wie die Schafhaut oder
die Harnhaut; ſeine Bauchwandungen ſchließen ſich einfach über dem
Dotter zuſammen, ohne ſich nach außen umzuſchlagen oder in irgend
einer Weiſe zu einer Hüllenbildung vorzuſchreiten. Der Embryo zeigt
eine gerade Schädelbaſis, auf welcher die Hirnmaſſe platt aufliegt
und die nur in ſoweit bogenförmig gekrümmt iſt, als dieß der Krüm-
mung der Außenfläche des Dotters entſpricht. Alle die Embryonen,
welche dieſer niederen Gruppe angehören, athmen wirklich durch Kie-
men und zeigen zu dieſem Endzwecke auf den Kiemenbogen des Halſes
mehr oder minder ausgebildete Franzen, auf denen ſich die Capillar-
netze der Blutgefäße verbreiten. Bei den meiſten Thieren dieſer
Gruppe findet Kiemenathmung allein während des ganzen Lebens ſtatt,
bei anderen erhalten ſich die Kiemen auch neben den Lungen während
der ganzen Zeit der Exiſtenz, bei noch anderen finden ſie ſich nur wäh-
rend einer gewiſſen Periode zur Zeit des Larvenlebens und werden
ſpäter durch wahrhafte Lungen erſetzt. Zu dieſer Abtheilung der nie-
deren Wirbelthiere, die ganz allgemein rothes, kaltes Blut haben,
gehören zwei Klaſſen:


Figure 2. Fig. 927.

Das Petermännchen (Trachinus vipera).


Die Fiſche (Pisces), einzig zu dem Aufenthalte im Waſſer
beſtimmt, mit blindſackähnlichen Naſengruben und einem einfachen, aus
einer Vorkammer und einer Kammer beſtehenden Herzen; ſie athmen
ihr ganzes Leben hindurch mittelſt Kiemen und beſitzen niemals eigent-
liche an der Bauchſeite des Schlundes ſich öffnende Lungen.


Figure 3. Fig. 928.

Der Laubfroſch (Hyla arborea).


Die zweite Klaſſe, welche dieſer Gruppe angehört, wird von den
[24]Lurchen (Amphibia) gebildet, bei welchen ſtets Lungen vor-
handen ſind, wenn auch zuweilen neben ihnen während des ganzen
Lebens wirkliche Kiemen funktioniren. Dieſe Klaſſe hat allgemein
getrennte, durchgehende Naſenlöcher, welche ſich nach innen in den
Mund öffnen, und ihr Herz zeigt zwar ſtets eine einfache Kammer,
dagegen eine doppelte Vorkammer, welche durch eine zarthäutige
Scheidewand meiſtens ganz vollkommen und nur in ſeltenen Fällen
unvollſtändig getrennt wird. Die höheren Typen dieſer Klaſſe zeigen
eine Art Larvenmetamorphoſe, indem ſie auch nach dem Verlaſſen des
Eies eine Reihe von Bildungen durchlaufen, die denen der niederen
Typen analog ſind.


Eine weite Kluft trennt die zweite Gruppe, die höheren Wirbel-
thiere, von der vorigen. Zu keiner Zeit des Lebens, auch im Em-
bryonalzuſtande nicht, findet ſich hier eine Spur von wirklicher
Kiemenathmung. Die den Kiemenbogen der niederen Wirbelthiere
analogen Bogen des Halſes zeigen niemals Blättchen oder andere
Vorrichtungen, auf denen ſich athmende Capillarien verzweigen; es
enthalten dieſe Bogen vielmehr ſtets nur ein einfaches Gefäß, das
zur Ueberleitung des Blutes in die Körperarterie beſtimmt iſt. So-
bald die Thiere athmen, ſo geſchieht dieſes nur durch Lungen. Die
Schädelbaſis der Embryonen iſt in der Mitte ſtark knieförmig gebogen
und ihre äußere Hautlage ſetzt ſich ſtets in einen umgeſchlagenen Sack
fort, in die Schafhaut, die eine vollſtändige Hülle für den Fötus
bildet und zu welcher ſich noch außerdem die Allantois geſellt. Auch
hier unterſcheiden wir mehrere Klaſſen:


Figure 4. Fig. 929.

Die grüne Eidechſe (Lacerta viridis).


Die Reptilien (Reptilia) mit kaltem Blute und einem Herzen,
deſſen Vorkammern meiſtens ganz vollſtändig, die Herzkammern aber
ſtets unvollſtändig geſchieden ſind; der Körper iſt meiſt mit Schuppen
oder Knochentafeln bedeckt.


[25]
Figure 5. Fig. 930.

Seeſchwalbe (Sterna hirundo.)


Die Vögel (Aves) mit warmem Blute, durchgängig getrenn-
ten Vor- und Herzkammern und ſtets mit vier Gliedmaßen, von
welchen aber die vorderen zu Flugwerkzeugen umgebildet ſind; eier-
legende Thiere, mit Federn bedeckt.


Figure 6. Fig. 931.

Maki mit ſeinen Jungen.


Endlich die Säugethiere (Mammalia) ſehr ſelten mit nackter,
meiſt mit haariger Haut, lebendige Junge zur Welt bringend, welche
von der Mutter eine Zeit lang durch eine eigene Drüſenabſonderung,
die Milch, ernährt werden.


[26]

Betrachtet man die Entwickelung dieſer Typen, deren ſteter Fort-
ſchritt zu höherer Ausbildung nicht geläugnet werden kann, in der
Erdgeſchichte, ſo ergiebt ſich hier eine Succeſſion, welche im Ganzen
mit der organiſchen Entwickelung übereinſtimmt. In dem Uebergangs-
gebirge ſind die Fiſche die einzigen Repräſentanten der Wirbelthiere,
ebenſo in der Kohlenperiode; in dem permiſchen Syſtem, im Kupfer-
ſchiefer treten zuerſt die Reptilien auf, die niederen Anfänge der höheren
Gruppe; ihnen folgen die Amphibien in der Trias, vom bunten
Sandſteine an, die den höheren Typus der niederen Gruppe darſtellen,
während die Vögel in der Kreide beginnen, die Säugethiere aber
ſchon, wenn auch nur ſelten und nur in zwei Arten ihrer niederſten
Unterklaſſe im Jura auftreten, aber erſt in der Tertiärperiode, eine
bedeutſame Entwickelung erreichen.


Niedere Wirbelthiere.


Wenn es auf den erſten Blick ſcheint, daß Fiſche und Amphibien,
welche beide dieſer Gruppe angehören, ſehr weit von einander ver-
ſchieden ſind, indem die Einen durch ihre Floſſen, die Anderen durch
ihre Füße ſchon einen genügenden Haltpunkt zur Unterſcheidung bie-
ten, ſo haben die Entdeckungen der neueren Zeit gezeigt, daß gerade
die Grenzlinie zwiſchen dieſen beiden Klaſſen kaum mit Sicherheit
gelegt werden kann, indem es Weſen giebt, deren Charaktere ſo ſehr
in der Wage liegen, daß das Zünglein nach der einen oder anderen
Seite hin überſchlägt, je nachdem man dieſe oder jene Eigenthümlich-
keit ſtärker beſchwert. Dagegen hält es um ſo leichter, die Scheide-
linie zwiſchen Amphibien und Reptilien, welche letztere der anderen
Gruppe angehören, mit Sicherheit und Beſtimmtheit zu ziehen, ſo daß
man ſich in der That verwundern muß, wie noch immer die meiſten
Forſcher in Folge des althergebrachten Schlendrians beide ſo äußerſt
verſchiedene Typen in einer einzigen Klaſſe zuſammenfaſſen. Wir
haben die charakteriſtiſchen Unterſchiede zwiſchen den beiden angegebenen
Hauptgruppen der Wirbelthiere ſchon des Näheren vorgeführt und
gezeigt, daß ſie namentlich in dem Mangel beſonderer vom Embryo
[27] ausgehender Hüllenbildungen, in der geraden Schädelbaſis und in der
wirklichen Kiemenathmung zu irgend einer Zeit ihres Lebens liegen
und daß namentlich die Amphibien ſich dadurch ſcharf von den Rep-
tilien trennen, daß erſtere eine Larvenperiode durchmachen, welche den
letzteren durchaus fremd iſt. Auf die Unterſchiede der beiden hierher
gehörigen Klaſſen werden wir bei dieſen ſelbſt zurückkommen. Be-
trachtet man die geologiſche Entwickelung dieſer Gruppe im Großen,
ſo ſieht man die Fiſche ſchon in der älteſten Zeit mit den erſten Be-
wohnern der Meere auftreten, welche die Uebergangsſchichten ablagern; —
die Amphibien dagegen erſcheinen erſt ſpäter in dem Salzgebirge oder
der Trias mit merkwürdigen Formen, von denen es noch zweifelhaft
iſt, ob ſie nicht vielleicht den Reptilien zugezählt werden dürften, ver-
ſchwinden dann wieder und treten erſt in den Tertiärgebilden auf’s
Neue mit der jetzigen Schöpfung verwandten Bildungen auf. Abge-
ſehen von dem Auftreten jener zweifelhaften Familie in der Trias, hat
man aus der ſpäten Erſcheinung der Amphibien Schlüſſe gegen die
allmählige Fortentwickelung der Typen ziehen wollen, da ſie doch un-
zweifelhaft niedriger organiſirt ſind, als die Reptilien, welche ſchon
in dem Kupferſchiefer erſcheinen. Hält man aber die Thatſache im
Auge, daß die Amphibien der Ausgangspunkt einer niederen Gruppe,
die Reptilien der Anfangspunkt einer höheren ſind, ſo löſet ſich dieſer
ſcheinbare Widerſpruch zur Beſtätigung des Geſetzes auf, indem es
auch ſonſt vorkommt, daß die Anfangspunkte einer höheren Reihe
tiefer zurückliegen, als die Endpunkte eines unbeſtreitbar niederer ſte-
henden Typus.


Klaſſe der Fiſche. (Pisces.)


Die Körpergeſtalt dieſer Thiere, die ſtets nur zum Aufent-
halt und zum Athmen im Waſſer beſtimmt ſind, iſt im Allgemeinen
ſpindelförmig oder wurmartig, zuweilen aber auch in ſehr bizarrer
Weiſe verunſtaltet. Gewöhnlich zeigt ſich eine ſeitliche Zuſammen-
drückung, ſo daß die Höhe bedeutender erſcheint als die Breite, doch
giebt es auch faſt kugelrunde oder elliptiſche Fiſche, an welchen eine
ſolche Zuſammendrückung nicht hervortritt, während in andern Fällen
dieſelbe ſoweit getrieben iſt, daß der Körper nur einem Bande oder
[28] einer ſenkrecht geſtellten Scheibe gleicht, deren obere Kante von dem
Rücken, die untere von dem Bauche gebildet wird. Bei manchen
Familien findet gerade das Gegentheil ſtatt, indem, wie z. B. bei
den Rochen, der ganze Körper von oben nach unten abgeplattet er-
ſcheint und ſo eine horizontale Scheibe darſtellt, deren Kanten von
den Rändern der Bruſtfloſſen gebildet werden. Die Eintheilung des
Körpers in Regionen unterliegt beſonderen Schwierigkeiten; der Kopf
iſt niemals von dem Rumpfe durch einen Hals getrennt, ſondern im
Gegentheile ſo in einer Flucht mit den Contouren deſſelben fortgeſetzt,
daß keine Trennung nachgewieſen werden kann. Bei den meiſten
Knochenfiſchen zeigt ſich zwar eine ſolche Trennung äußerlich durch
die Kiemenöffnung, welche auch im gemeinen Leben das Ohr der
Fiſche genannt wird; allein da bei dieſen die ſonſt am Halſe ange-
brachten Kiemen unter den Kopf ſelbſt geſchoben ſind, ſo iſt dieſer
Spalt vielmehr die Grenze zwiſchen Hals und Rumpf. Ein Schwanz
kommt allen Fiſchen ohne Ausnahme zu, d. h. eine hintere Fortſetzung
des Körpers, welche das weſentlichſte Bewegungsorgan bildet und
keine Eingeweide mehr birgt; allein auch hier läßt ſich die Gränze
des Schwanzes meiſt nur durch die Lage des Afters von außen be-
ſtimmen, da der Rumpf ganz allmählig in denſelben übergeht und
die Stellung der hinteren Gliedmaßen ſeine Gränze durchaus nicht
angiebt.


Da die Fiſche lediglich nur zum Aufenthalt im Waſſer beſtimmt
ſind, ſo iſt auch ihr ganzer Körperbau und namentlich die Bewe-
gungsorgane
dieſem gemäß eingerichtet. Mächtige Muskeln liegen
zu beiden Seiten der Wirbelſaite vom Kopfe bis zur Schwanzſpitze
hin und bilden eigentlich nur zwei Hauptmaſſen, die indeſſen meiſtens
noch ſeitlich ſo getheilt ſind, daß man vier Muskelzüge unterſcheiden
kann, zwei obere zu beiden Seiten der Dornfortſätze gelegen und den
Rücken bildend, und zwei untere unter der Wirbelſäule auf den Rippen
und den unteren Dornfortſätzen ſich hinziehend, welche die Bauch-
wandungen und die untere Seite des Schwanzes bilden. Dieſe
Hauptmuskelmaſſen dienen weſentlich nur zur kräftigen Seitwärtsbe-
wegung des Rumpfes und Schwanzes und zeigen eine eigenthümliche
Bildung, indem ſie gewiſſermaßen in eine Menge von Ringen zer-
fallen, welche durch Sehnenblätter von einander getrennt ſind, deren
je eines einem Wirbel mit ſeinen Dornfortſätzen und Rippen entſpricht.
Dieſe Sehnenblätter ſind der Stellung der Fortſätze gemäß gebogen,
ſo daß man nach dem Abziehen der Haut auf der Oberfläche parallele
Zickzacklinien ſieht, welche dieſen Sehnenblättern entſprechen. Bei
[29] Fiſchen, welche nicht ganz gar gekocht ſind, erhalten ſich dieſe Seh-
nenblätter ebenfalls und laſſen die Abtheilung der Muskelmaſſen in
zickzackförmige Ringe deutlich wahrnehmen. Auf einem queren Durch-
ſchnitte erſcheinen dieſe Ringe, ihrer ſchiefen Stellung wegen, wie
zwiebelartig in einander geſteckte Blätter von kegel- oder tutenförmi-
ger Geſtalt. Die Fortbewegung im Waſſer wird weſentlich nur
durch dieſe Muskelmaſſen bedingt, welche das genießbare Fleiſch der
Fiſche bildet und das Schwimmen ſelbſt hat viele Aehnlichkeit mit den
Bewegungen, welche die Schiffer an einigen Orten zu machen pflegen,
wenn ſie mit einem einzigen in der Längsaxe des Bootes am Hin-
tertheile angebrachten Ruder das Schiff zugleich lenken und fortſtoßen.
Zur Vergrößerung der Fläche, welche der Körper der Fiſche dem
Waſſer bietet, ſind noch beſondere Organe, ſogenannte Floſſen vor-
handen, welche der Klaſſe faſt ausſchließend eigenthümlich ſind. Man
unterſcheidet zwei Syſteme oder Gruppen dieſer Floſſen, die ſenkrechten
in der Mittellinie aufgerichteten, und die paarigen, welche den Glied-
maßen der übrigen Wirbelthiere entſprechen. Die ſenkrechten Floſſen,
welche Form ſie ſpäter auch bei dem erwachſenen Fiſche haben mögen,
entſtehen immer bei dem Embryo aus einem einzigen Hautſaume, wel-
cher auf dem Rücken beginnend ſich um den ganzen hinteren Theil
des Körpers herum bis zu dem After fortzieht und anfänglich durch-
aus keine weiteren Abtheilungen zeigt; dieſe treten erſt ſpäter dadurch
auf, daß an einzelnen Stellen der Hautſaum ſich erhebt und theilweiſe
durch Strahlen geſtützt wird, während er an anderen Orten nach
und nach ſchwindet oder nur als ſtrahlenloſe Hautfalte zurückbleibt.
So bilden ſich denn bei den erwachſenen Fiſchen mancherlei Verſchie-
denheiten aus; — bei den einen bleibt die embryonale Floſſe in der
ganzen Umgrenzung des hinteren Körpertheiles, wie z. B. bei den
Aalen, bei anderen und zwar den meiſten findet ſich eine ſolche Tren-

Figure 7. Fig. 932.

Der Menſchenhai (Carcharias), um die Stellung der Floſſen zu zeigen.
d′ Vordere Rückenfloſſe. d″ Hintere Rückenfloſſe. c Schwanzfloſſe.
a Afterfloſſe. v Bauchfloſſen. p Bruſtfloſſen.


[30] nung, daß drei Abtheilungen hervortreten; — eine, welche den Rücken
einnimmt, Rückenfloſſe(Pinna dorsalis), eine andere, das Ende
des Schwanzes behauptende, Schwanzfloſſe(Pinna caudalis) und
eine dritte, die an dem unteren Rande, meiſt unmittelbar hinter dem
After angebracht iſt und die Afterfloſſe(Pinna analis) genannt
wird. Rücken- und Afterfloſſen können in mehrfacher Zahl vorkom-
men, wie denn überhaupt in Geſtalt, Bildung, Erſtreckung und Vor-

Figure 8. Fig. 933.

Der Kabeljau (Morrhua vulgaris) mit drei Rückenfloſſen und zwei Afterfloſſen.


handenſein dieſer Floſſen die größte Mannigfaltigkeit herrſcht. Es
ſind dieſe Floſſen ſtets von Strahlen geſtützt, zwiſchen welchen eine
dünne, aber feſte Haut ausgeſpannt werden kann; nur bei einigen
Familien findet ſich auf dem Rücken eine kleine Floſſe, die keine
Strahlen beſitzt und die Fettfloſſe(Pinna adiposa) genannt wird.

Figure 9. Fig. 934.

Die Bergforelle (Salmo Schiftermülleri), mit einer Fettfloſſe.


Die Strahlen ſelbſt aber, welche ſowohl in dieſen, als in den paa-
rigen Floſſen vorhanden ſind, zeigen ſehr verſchiedene Natur. Bei
den Knorpelfiſchen finden ſich hornige, ungegliederte, weiche, biegſame
Strahlen in ungemeiner Anzahl, die ſich zerfaſern und gewöhnlich
auf Querreihen cylindriſcher Knorpelſtückchen aufgeſetzt ſind, welche
meiſt, beſonders an den Bruſt- und Bauchfloſſen, die Baſis des Thei-
les der Floſſe bilden, der die Strahlen zeigt. Außer dieſen Strahlen
findet man bei den Knorpelfiſchen noch große Stacheln, höchſtens aber
nur einen in einer Floſſe, die aus Zahnſubſtanz beſtehen, innen hohl
ſind und oft auf einem Knorpelzapfen aufſitzen. Bei den Knochen-
fiſchen trifft man zwei Arten von Strahlen in den Floſſen; — in
dem einen Falle ſind dieſe Strahlen einfache Knochenſtacheln, die ſpitz
zulaufen und an ihrem unteren, etwas verdickten Ende die Gelenk-
[31] fläche tragen, mit der ſie auf dem Floſſenträger befeſtigt ſind. Meiſt
ſind dieſe Stachelſtrahlen hart und ſpröde, ſo daß ſie ſelbſt em-
pfindlich verwunden können und nur bei wenigen Familien erſcheinen
ſie ſo dünn und zart, daß ſie weich und biegſam werden. Sie kön-
nen ſich mit Ausnahme der Schwanzfloſſe in allen übrigen Floſſen
finden, bilden aber immer nur die vordere Partie der Floſſen und

Figure 10. Fig. 935.

Der Lippfiſch (Labrus merula). Die vordere Hälfte der Rücken- und Afterfloſſe iſt aus
Stachelſtrahlen gebildet.


werden ſtets nach hinten von weichen Strahlen gefolgt. Dieſe wei-
chen
oder gegliederten Strahlen beſtehen zwar meiſt ebenfalls
aus Knochenſubſtanz, ſind aber der Quere nach in einzelne Abthei-
lungen zerlegt und zertheilen ſich zugleich der Länge nach dichotomiſch,
ſo daß ſie, je länger ſie werden, deſto mehr ſich fächerartig ausbrei-
ten, während ſie zugleich dünner und biegſamer werden. Alle dieſe
Strahlen ſind auf beſonderen Knochen eingelenkt, welche in der Mit-
tellinie zwiſchen den großen Muskelmaſſen ſtecken und meiſtens die
Geſtalt einer mit der Spitze nach innen gerichteten Dolchklinge zeigen.
An dieſen Floſſenträgern ſetzen ſich kleine Muskeln feſt, welche
die Strahlen aufrichten und niederlegen, alſo die zwiſchen ihnen
liegende Floſſenhaut ſpannen und erſchlaffen können.


Die paarigen Floſſen entſprechen, wie ſchon bemerkt, den
Gliedmaßen der übrigen Wirbelthiere und zeigen als ſolche eine von
den ſenkrechten Floſſen durchaus verſchiedene Structur, wenngleich die
Bildung ihrer Strahlen mit der bei jenen vorkommenden überein-
ſtimmt; die Bruſtfloſſe(Pinna pectoralis) fehlt zuweilen ganz,
meiſtens iſt ſie vorhanden und ſteht dann immer unmittelbar hinter
den Kiemen am Beginne des Rumpfes; ſie beſteht urſprünglich aus
drei Theilen, aus dem Schultergürtel, welcher eine bogenförmige
Geſtalt hat und anfangs aus einem einzigen Knorpelſtücke beſteht,
welches bei der Verknöcherung in mehrere Stücke zerfällt, die man
als Schulterblatt, Schlüſſelbein und Rabenbein unterſchieden hat; — aus
[32] einem mittleren Theile, welcher gewöhnlich aus zwei Reihen verſchie-
dener Stücke beſteht, die dem Arm und der Handwurzel entſprechen,
aber ſtets nur kurz ſind und vor denen ſich ein Kranz kleiner cy-
lindriſcher Stücke findet, die der Mittelhand entſprechen. Auf dieſem
Kranze cylindriſcher Knorpel- oder Knochenſtückchen ſind die Strahlen
eingelenkt, die oft eine ſo bedeutende Länge erreichen, daß ſie als

Figure 11. Fig. 936.

Flugfiſch des Mittelmeeres (Dactyloptera mediterranea). Die ungeheuren Bruſtfloſſen ſind
Flugwerkzeuge geworden.


Flugwerkzeug dienen können. In ſeltenen Fällen fehlt die Bruſtfloſſe
gänzlich, meiſt iſt aber dennoch der Schultergürtel auch dann mehr
oder minder vollſtändig entwickelt. Die Bauchfloſſen(Pinna ab-
dominalis)
, welche den hinteren Gliedmaſſen entſprechen, fehlen eben-
falls oft gänzlich; wenn ſie aber vorhanden ſind, ſo beſtehen ſie immer
aus einem inneren Knorpel- oder Knochenſtücke, welches einfach im
Fleiſche ſteckt und unmittelbar die Floſſenſtrahlen trägt, deren Mus-
keln ſich an ihm anſetzen. Hinſichtlich der Stellung beobachtet man
eine dreifache Verſchiedenheit an dieſem Floſſenpaare. Bei den mei-
ſten Fiſchen ſtehen dieſelben unter dem Bauche, etwa in der Mitte
der Körperlänge, dem After ziemlich nahe gerückt, ſo daß ihre Ana-
logie mit den Hintergliedmaßen ſogleich in die Augen fällt. Man
nennt die Fiſche, bei welchen dieſe Stellung vorkommt, Bauchfloſ-
ſer
(Abdominales); Forellen und Weißfiſche z. B. gehören zu dieſer

Figure 12. Fig. 937.

Der Karpfen (Cyprinus carpio). Bauchfloſſer.


[33]

Figure 13. Fig. 938.

Amphiprion chrysogaster. Bruſtfloſſer.


Abtheilung. Bei den Bruſtfloſſern(Pisces thoracici), zu denen
unſer Barſch zählt, ſtehen die Bauchfloſſen entweder unmittelbar oder
dicht hinter den Bruſtfloſſen, ſo daß ihre Träger innen meiſt an dem
Schultergürtel befeſtigt ſind. Bei den Kehlfloſſern(Jugulares)

Figure 14. Fig. 939.

Das Petermännchen (Trachinus vipera). Kehlfloſſer.


endlich, von denen in unſeren ſüßen Gewäſſern die Aalquappe oder Trüſche
(Lota) ein Beiſpiel liefern kann, ſtehen die Bauchfloſſen noch vor
den Bruſtfloſſen in dem dreieckigen Kehlraume und ihre Träger ſind
gewöhnlich an dem Vereinigungspunkte der Schlüſſelbeine an dem
Schultergürtel befeſtigt. Wenn auch dieſe verſchiedene Stellung der
Bauchfloſſen nicht, wie Linné und viele Naturforſcher nach ihm es
thaten, als weſentliche Grundlage der Eintheilung für die ganze
Klaſſe benutzt werden darf, ſo kann man doch auf der andern Seite
nicht verkennen, daß ſie mit manchen anderen Eigenthümlichkeiten der
Organiſation im Zuſammenhange ſteht und deßhalb eine vorwiegende
Berückſichtigung verdient.


Die Haut der Fiſche und die verſchiedenen Bildungen, welche
ihr angehören, verdienen ihrer Eigenthümlichkeit wegen eine ganz be-
ſondere Berückſichtigung. Allgemein findet man dieſelbe aus zwei
weſentlichen Schichten zuſammengeſetzt, einer tieferen, feſteren, aus ver-
ſchlungenen Zellgewebfaſern gebildeten Lederhaut, die verſchiedene
Schuppen und Deckbildungen in ihrem Inneren trägt, über welche
eine Oberhautſchicht ausgebreitet iſt, die meiſt ſich in zähen Schleim
an ihrer Außenfläche auflöſt. Die verſchiedenen Farbſtoffe, welche den
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 3
[34] Fiſchen die oft ſo lebhaft glänzenden Tinten verleihen, beſtehen
meiſtens aus fettigen oder öligen Subſtanzen, die theils in der Dicke
der Lederhaut, theils zwiſchen ihr und der Oberhaut abgelagert ſind; —
nur die Silberfarbe, die faſt bei allen Fiſchen vorkommt und bei
vielen ſich auch über innere Häute, das Bauchfell und die Schwimm-
blaſe z. B. erſtreckt, wird von eigenthümlichen, dünnen mikroſkopiſchen
Blättchen hervorgebracht, die abgeplattete Hornzellen zu ſein ſcheinen.
Bei manchen Fiſchen, wie namentlich bei den Rundmäulern, zeigt
ſich eine vollkommen nackte Haut, die nur von der ſchleimigen Ober-
hautſchicht bedeckt iſt. Bei den meiſten dagegen ſieht man
Schuppen oder ſonſtige Deckgebilde, deren nähere Betrachtung beſon-
ders wichtig iſt, wenn gleich die davon abgeleiteten Charaktere nicht,
wie man übereilter Weiſe gethan, als weſentliche Grundlagen der
Claſſification gelten dürfen. Am weiteſten verbreitet ſind die eigent-
lichen Schuppen, kleine feſtere Plättchen von horniger Conſiſtenz,
welche in beſonderen Taſchen der Oberhaut ſich bilden und meiſtens
in der Weiſe dachziegelförmig übereinander liegen, daß ſie einen völ-
ligen Panzer um den Körper bilden. Dieſe Uebereinanderlagerung,
welche indeß manchmal, wie z. B. bei den Aalen, gänzlich fehlt, läßt
nur einen Theil der Schuppen auf der Oberfläche erſcheinen, meiſt in
einer ganz anderen Geſtalt als die Schuppe wirklich hat, indem ihre
vordere Partie gewöhnlich von dem freien Rande der vorhergehenden
Schuppen bedeckt iſt. Der Grad des Uebereinandergreifens der Schup-
pen wechſelt in dieſer Art vielfach, vom einfachen Nebeneinanderlagern
bis zu vielfacher Uebereinanderſchichtung nach verſchiedenen Richtungen
hin. Hinſichtlich der Struktur der Schuppen ſelbſt findet man fol-
gende Hauptverſchiedenheiten: Die Hornſchuppen der gewöhnlichen
Knochenfiſche, die meiſt eine elliptiſche oder rundliche Geſtalt haben,

Figure 15. Fig. 940. Fig. 941. Fig. 942.

Schuppen von Knochenfiſchen.
Fig. 940. Cycloidſchuppe von der Forelle (Salmo fario), nur mit con-
centriſchen Linien. Fig. 941. Cycloidſchuppe von der Ellritze (Phoxinus va-
rius)
, mit ſtark vortret enden Radialſtrahlen. Fig. 942. Ctenoidſchuppe von
einem jungen Barſche (Perca fluviatilis).


[35] zeigen auf ihrer Oberfläche eine große Anzahl concentriſcher Linien,
welche bald mehr, bald minder vollſtändige Kreiſe um eine Art Mit-
telpunkt beſchreiben, der bald wirklich in der Mitte, bald mehr nach
hinten liegt, an welchem Theile dieſe Linien meiſt unregelmäßig wer-
den. Außer dieſen concentriſchen Linien ſieht man auf den meiſten
Schuppen Streifen, welche von dem Centrum ſtrahlenförmig nach
außen gehen, manchmal ſehr zahlreich ſind und ſich als Nähte oder
Spalten darſtellen, die zuweilen ein förmliches Netz bilden. Unterſucht
man die Schuppe genauer, ſo findet man, daß ſie aus zwei Lagen
von Schichten beſteht, einer unteren von mehr horniger Struktur, in
welcher die ſtrahligen Nähte ſich befinden und einer oberen härteren,
ſchmelzartigen Schicht, welche durch aufgebogene Ränder und Zacken
die concentriſchen Linien erſcheinen läßt. Der hintere freie Rand
dieſer Hornſchuppen zeigt eine verſchiedene Ausbildung. Bei den einen,
welche man die Rundſchupper(Cycloidei) genannt hat, iſt dieſer
Rand vollkvmmen glatt, bei anderen, den Kammſchuppern(Cte-
noidei)
hingegen iſt dieſer hintere Rand mit Stacheln beſetzt, die
bald einfach als ausgeſägte Zacken erſcheinen, bald von beſonderen
ſpitzen Körperchen gebildet werden, welche auf dieſen hinteren Rand,
ſo weit er frei hervorſteht, aufgeſetzt ſind. — Ein zweiter Haupt-
typus der Schuppenbildung wird von denjenigen Fiſchen geliefert, bei
welchen dicke, harte Knochenſchuppen vorkommen mit deutlich ausge-
bildeten Knochenkörperchen, über welche eine Schicht durchſichtigen
Schmelzes ergoſſen iſt, deſſen Struktur oft derjenigen des Zahnſchmel-
zes ähnelt. Die Knochenſubſtanz iſt hier offenbar in Schichten ab-
gelagert und nimmt an der Bildung der mannigfachen Verzierungen,
welche häufig auf dieſen Schuppen vorkommen, keinen Antheil; ſeltener

Figure 16. Fig. 943. Fig. 944. Fig. 945.

Rundſchuppen von Ganoiden.
Fig. 943. Von Glyptolepis elegans. Der hintere Theil der Schuppe
trägt Schmelzwülſte. Fig. 944. Mehrere Schuppen von Glyptolepis micro-
lepidotus
. Fig. 945. Schuppe von Macropoma Mantelli mit aufgeſetzten
Schmelzwülſten auf dem freien Theile.


erſcheinen dieſe Schmelzſchuppen von rundlicher Geſtalt und in
ähnlicher Weiſe übereinander gelagert, wie die Hornſchuppen der ge-
3*
[36] wöhnlichen Knochenfiſche; meiſtens haben ſie eine rhomboidale, eckige
Form und greifen nur wenig mit ihren Rändern übereinander; während
ſie ſie durch beſondere Zapfen auf der inneren Seite aneinander gelenkt ſind;

Figure 17. Fig. 946. Fig. 947. Fig. 948.

Rhombenſchuppen von Ganoiden.
Fig. 946. Von Lepidosteus. Fig. 947. Vier Schuppen von Palaeonis-
cus
von der inneren Seite, um ihre Zapfenverbindung zu zeigen. Fig. 948.
Schuppe von Lepidotus.


ſie kommen nur in der Ordnung der Ganoiden vor, welcher ihrer größ-
ten Zahl nach von ausgeſtorbenen Gattungen gebildet wird. Ein
dritter Typus der Bedeckung, der ſich dem vorigen nahe anſchließt,
beſteht in der Exiſtenz einfacher Knochenplatten, die hie und da in
die Haut eingeſenkt ſind und zuweilen ſo zuſammenſtoßen, daß ſie
einen vollſtändigen Panzer bilden. Zuweilen ſind dieſe Knochen-

Figure 18. Fig. 949. 950. 952. 953. 954.
Fig. 951. 955. 956.

Knochentafeln und Stacheln.
Fig. 949—951. Nagelſchuppe einer Buckelroche (Raja clavata). Fig. 949.
Von oben, Fig. 950. von der Seite, Fig. 951. vergrößerter Durchſchnitt. Der
Nagel beſteht aus Zahnſubſtanz, die Baſis, auf welcher er aufſitzt, aus Knorpel.
Fig. 952 und 953. Untere und obere Anſicht einer aus Hornſubſtanz und Zahn-
ſchmelz gebildeten Tafel eines Kofferfiſches (Ostracion). Fig. 954. Knochentafel
aus der Haut des Störs (Accipenser sturio). Fig. 955. Bruſtfloſſenſtachel eines
Panzerwelſes (Callichthys miles). Fig. 956. Vergrößerter Durchſchnitt deſſelben.


platten mit förmlicher Zahnſubſtanz belegt; in anderen Fällen er-
ſcheinen ſtatt ihrer Hornplatten, welche dann ebenfalls mit Zahnſub-
[37] ſtanz überkleidet ſind. Bewegliche Anhänge, welche ſich auf dieſen
Platten finden, haben ganz die Struktur kleiner Zähne. — Dieſe Bil-
dung führt hinüber zu derjenigen Struktur der Haut, welche ſich
gewöhnlich bei den quermäuligen Knochenfiſchen zeigt. Bei dieſen
liegen in der dicken Lederhaut Knorpelanhäufungen verbreitet, die
bald nur einen kleinen Raum einnehmen, bald aber größere Scheiben
bilden, auf denen dann ſpitze Stücke, Scherben und Stacheln ſtehen,
welche gänzlich aus Zahnſubſtanz gebildet ſind. Genauer ſind dieſe
letzteren Formen noch nicht unterſucht worden.


Außer den angeführten Deckgebilden findet man noch bei faſt
allen Fiſchen beſondere Kanäle in der Haut vor, welche mit der
Schleimabſonderung im Zuſammenhang ſtehen ſollen und deßhalb die
Schleimgänge genannt werden, wahrſcheinlich aber eine ganz an-
dere Bedeutung haben. Der Schleim, welcher die Oberfläche der Fiſche
ſchlüpfrig macht, iſt in Wahrheit nur die äußere Schicht ihrer im
Waſſer aufgeweichten Oberhaut, welche ſich ganz ſo verhält, wie die
Oberhautſchicht unſerer Zunge oder der inneren Darmhaut. Die ſo-
genannten Schleimgänge ſelbſt beſtehen aus einem ſeitlichen Kanale,
der meiſtens in der ganzen Länge des Körpers ſich hinzieht, von einer
faſerigen, ſehr dünnen Schleimhaut ausgekleidet iſt und eine Menge
kleiner Kanälchen abſendet, welche durch beſondere Schuppen nach
außen münden. Die aufeinander folgende Reihe dieſer Schuppen
bildet die ſogenannte Seitenlinie, die ſich bei den meiſten Fiſchen
außen am Rumpfe erkennen läßt und vielfachen, zur Charakteriſtik der
Gattungen und Arten ſehr brauchbaren Verſchiedenheiten unterliegt.
Gegen den Kopf hin ſteht dieſer Seitenkanal meiſtens mit beſonderen
Röhren in Verbindung, die gewöhnlich in den äußeren Schädelknochen
oder in eigenen Knochenröhren eingeſchloſſen ſind und mehr oder
minder weit an dem ganzen Kopfe ſich verbreiten. Es gehen dieſe
Röhren von beſonderen Blindſäcken aus, die an ihrem Grunde ſtets
Nerven erhalten, welche ſehr eigenthümliche Geflechte bilden, die den
Ausbreitungen der Hörnerven in den Ampullen der halbzirkelförmigen
Kanäle gleichen und ſo auf die Vermuthung leiten, daß man es hier
eher mit einem eigenthümlichen Sinnesorgane zu thun habe. Bei den
quermäuligen Knochenfiſchen ſind dieſe Kanäle des Kopfes und ihre
knoſpenartigen, nervenreichen Anfänge beſonders ſtark entwickelt und
mit einer gallertartigen Sulze erfüllt, welche auch nicht die mindeſte
Aehnlichkeit mit dem Schleime hat, der die Oberfläche der Haut
überzieht.


[38]
Figure 19. Fig. 957.

Skelett des Barſches (Perca fluviatilis) in den Schattenriß des Fiſches eingezeichnet.
Man unterſcheidet beſonders die Augenhöhle, von unten her durch den Joch-
beinbogen begränzt, den Kiemendeckelapparat, die verſchiedenen Floſſen mit den
ſtacheligen Trägern der Strahlen und am Anfange der Bauchhöhle die auf den
Rippen aufſitzenden Fleiſchgräten.


Das Skelett der Fiſche verdient ſchon um deßwillen eine ganz
beſondere Berückſichtigung, weil hier dieſer weſentliche Charakter der
Wirbelthiere in ſeiner urſprünglichen Einfachheit auftritt und wir
ebenſowohl bei den erwachſenen Typen, als auch bei den Embryonen
der höheren Fiſche die einzelnen Entwickelungsſtufen des Skelettes von
ſeiner Urform an zu verwickelteren Geſtalten verfolgen können. In
der That läßt ſich wohl nirgends ſo deutlich als hier, die vollſtändige
Uebereinſtimmung der embryonalen Bildungen mit den bei den niede-
ren Typen entwickelten Formgeſtaltungen nachweiſen und dieſe Ueber-
einſtimmung iſt ſo auffallend, daß man faſt genöthigt wäre, mit den-
ſelben Worten die Beſchreibung der Entwickelung des Skelettes beim
Embryo und bei den einzelnen Familien zu wiederholen.


Die niedrigſte Form der Wirbelbildung, die wir überhaupt fin-
den, iſt bei dem Lanzettfiſchen(Amphioxus) hergeſtellt. Hier

Figure 20. Fig. 958.

Das Lanzettfiſchchen (Amphioxus lanceolatus), von der Seite geſehen.
a Rückenſaite (Chorda). b Mund. c Kiemenſchlauch. d Leber-Blinddarm.
e Bauchhöhlenöffnung (porus abdominalis). f After. g Schwanzfloſſe. h Cen-
tralnervenſyſtem, vorn mit dem punktförmigen Auge und der becherförmigen Naſe.


[39] findet ſich nur ein Axenſtrang, eine Wirbelſaite von knorpelig zelliger
Struktur, die ſich von einem Ende des Körpers bis zum andern in
gerader Linie erſtreckt, vorn und hinten zugeſpitzt endet und von einer
Scheide umgeben iſt, die ſich nach oben zu einer häutigen Hülle für
das durchaus ſtrangförmige Centralnervenſyſtem fortſetzt. Die Scheide
dieſer Wirbelſaite, ſowie das von ihr ausgehende Hauptrohr, welches
das Nervenſyſtem umhüllt, entbehren jeglicher feſten Bildung und das
ganze Skelett beſteht demnach ebenſo, wie bei der erſten Anlage im
Embryo, nur aus der Wirbelſaite mit ihren häutigen Hüllen. Ein
wahrhafter Schädel exiſtirt bei dem Lanzettfiſche gar nicht, indem die
Wirbelſaite bis an das äußerſte Ende der Körperſpitze reicht und
ihre Scheide nirgends eine ſeitliche Ausbreitung oder das Nervenrohr
eine bedeutendere Erweiterung zeigt. Durch dieſe Ausbildung eines
Schädels, welcher die ſtärkere Anſchwellung des Gehirnes einſchließt
und in deſſen hinterem Theile das vordere Ende der Wirbelſaite ein-
gepflanzt iſt, etwa wie der Stiel in dem Eiſen eines Grabſcheites,
unterſcheidet ſich die bei den Rundmäulern, wozu die Neunaugen
und Querder gehören, ausgeprägte Bildung. Hier exiſtirt an der
Stelle einer Wirbelſäule ebenfalls nur eine halb faſerige, halb
zellige Wirbelſaite von ſehniger Hülle umgeben, die ſich nach oben in
ein Nervenrohr, nach unten in einen zweiten häutigen Kanal fort-
ſetzt, welcher die großen Körpergefäße umſchließt. Bei den
eigentlichen Neunaugen entwickeln ſich in dem häutigen Rohre,
welches die Nervenmaſſe umſchließt, einander gegenüberſtehende
paarige, knorpelige Leiſten, die erſten Andeutungen der oberen
Bogenfortſätze der Wirbel. Man ſieht alſo, daß die Bogen-
fortſätze, welche den häutigen Röhren aufliegen, ſich vor den
Wirbelkörpern, zu denen ſie gehören, entwickeln, eine Aufeinander-
folge, die auch bei dem Embryo gültig iſt. Dieſe Bogen bilden ſich
raſch aus; bei den Stören und bei vielen foſſilen Fiſchen findet ſich
noch keine Spur eines Wirbelkörpers vor, ſondern nur eine durch-
gehende, ſtrangförmige Wirbelſaite und dennoch wölben ſich obere,
wie untere Bogenſtücke vollſtändig in der Form von Spitzbogen zu-
ſammen und über dieſe Wölbung ſtellen ſich in der Rückengegend ein-
fache knorpelige Dornfortſätze, während an dem Bauche ſich Rippen
ausbilden, welche die Eingeweide umfaſſen. Bei den Seekatzen (Chi-
maera)
endlich beginnt die Bildung der Wirbel und zwar in Form
von ringförmigen Platten, die in der äußeren Schicht des Wirbel-
ſaitenſtranges entſtehen und deren mehrere auf je ein knorpeliges
[40] Bogenſtück gehen. Man ſieht deutlich, wie auf dieſer ſtrahlig verhärteten
Ringſchicht, welche den innerlich hohlen Knorpelſtrang der Wirbelſaite
einſchließt, oben wie unten zapfenartige Knorpelſtücke ſitzen, von denen
die unteren ſich nur in der Schwanzgegend, die oberen dagegen in
der ganzen Länge zuſammenwölben und durch obere Schaltſtücke, den
Darmfortſätzen entſprechend, mit einander verbunden werden. Statt
äußerer Verhärtungen knorpeliger oder knöcherner Natur zeigt ſich
bei manchen Haien (Notidanus) die Wirbelſaite durch häutige mitten
durchbrochene Scheidewände, deren jede der Mitte eines Wirbelkörpers
entſprechen würde, innerlich abgetheilt. Bei allen übrigen Fiſchen
endlich tritt eine mehr oder minder vollſtändige Verknöcherung ein, ſo
daß ſtatt einer Wirbelſaite eine Reihe von Wirbelkörpern hinter
einander liegt, die gewöhnlich eine cylindriſche Geſtalt haben und
häufig in der Mitte zuſammengedrückt ſind. In dieſe Wirbelkörper,
die bei den Knorpelfiſchen nur netzförmig verknöchern, erſcheinen mei-
ſtens die oberen und unteren Bogenfortſätze zapfenartig eingeſenkt, ſo
daß ſie ſich nicht ſelten mit Leichtigkeit trennen laſſen. Die Wirbel-
körper ſelbſt ſind bei den meiſten Fiſchen vorn wie hinten in der Weiſe
kegelförmig ausgehöhlt, daß die Spitzen dieſer Höhlungen in der
Mitte der Wirbelaxe zuſammentreffen und hier durch ein kleines Loch
mit einander verbunden ſind. Die Wirbelkörper berühren einander
demnach nur mit ihrem äußeren Rande und laſſen doppelkegelförmige
Höhlungen übrig, welche mit einer gallertartigen Sulze, dem Reſte
der urſprünglichen Wirbelſaite, ausgefüllt ſind. Nur ein einziger
von allen bis jetzt bekannten Fiſchen, der Knochenhecht (Lepidosteus),
erhebt ſich über dieſe Bildung, indem bei ihm Wirbelkörper vorkom-
men, die vorn einen Gelenkkopf und hinten eine runde Gelenkhöhle
beſitzen. Auf dieſen Wirbelkörpern, die bald knorpelig, bald mehr
oder minder verknöchert ſind, ſtehen die oberen oder Nervenbogen,
welche meiſtens über dem Rückenmarke zu einem einfachen Dornfort-
ſatze verſchmelzen, deſſen Baſis zuweilen noch einmal auseinander
weicht, um ein faſeriges Längsband zu bilden. Meiſt gehen von der
Baſis dieſer oberen Bogen noch eigene ſchiefe Fortſätze oder Gelenk-
fortſätze aus, welche nach hinten und vorn mit den entſprechenden
Fortſätzen der anſtoßenden Wirbel artikuliren. Die unteren Bogen-
ſtücke ſind in der Bauchgegend gewöhnlich nach außen gerichtet und
ſtoßen in dieſer Gegend in der Mittellinie nur ſelten zuſammen, um
einen Kanal für die Aorta und die Hohlvene zu bilden; dagegen tragen
dieſe mehr nach außen gerichteten unteren Bogen, welche man auch die Blut-
bogen nennen könnte, die die Bauchhöhle umfaſſenden Rippen. Weiter nach
[41] hinten, gegen die Schwanzgegend hin treten dieſe Bogenſtücke in der
Mitte zu einem Kanale für die Gefäße zuſammen, obgleich ſie dort noch
häufig Rippen tragen, und in dem Schwanze ſelbſt vereinigen ſie ſich
meiſtens zu einem langen Dornfortſatze, ſo daß hier ihre Bildung
vollkommen derjenigen der oberen Bogen entſpricht. Die Rippen,
welche zuweilen ſehr ſtark ſind, in andern Fällen gänzlich fehlen, ver-
einigen ſich niemals in ein eigentliches Bruſtbein, ſondern endigen
ſtets frei im Fleiſche. Zuweilen, wie bei den Häringen, iſt freilich
das Bruſtbein durch eine ſtarke Reihe ſcharfer gekielter Schuppen an-
gedeutet, mit denen die Rippen durch Sehnenbänder verbunden ſind.
Außer dieſen auch ſonſt bei den übrigen Wirbelthieren vorkommenden
Bildungen finden ſich bei vielen Fiſchen noch beſondere knochige Sta-
cheln oder Fleiſchgräten, welche ſich in den Sehnenblättern bilden, die
man an den Maſſen der Seitenmuskeln beobachtet. Zuweilen werden
dieſe Fleiſchgräten ſo ausnehmend ſtark, daß man ſie ſelbſt mit den
Rippen verwechſeln kann, mit denen ſie gewöhnlich in mehr oder
minder genauer Verbindung ſtehen.


Eine beſondere Aufmerkſamkeit verdient auch in ſyſtematiſcher Hin-
ſicht das hintere Ende der Wirbelſaite und ſeine Beziehung zu der
Schwanzfloſſe. Bei den niederſten Knorpelfiſchen endet die Wirbelſaite
einfach zugeſpitzt im Fleiſche, der Mitte der Schwanzfloſſe gegenüber,
eine Bildung, die auch in früheſter Zeit bei den Embryonen vor-
kommt; bei den meiſten übrigen Knorpelfiſchen dagegen, ſowie bei

Figure 21. Fig. 959.

Palaeoniscus mit heterocerker, Fig. 960. Dapedius mit homocerker Schwanzfloſſe.


vielen Ganoiden, hebt ſich das hintere Ende der Wirbelſäule in die
Höhe, einen flachen Bogen bildend, deſſen Convexität nach unten ge-
wendet iſt, und ſetzt ſich ſo in den oberen Lappen der Schwanzfloſſe
fort, deren Kante ſie oft in ihrer ganzen Ausdehnung bildet. Die
[42] Floſſenſtrahlen, die nichtsdeſtoweniger oft eine ſichelförmige Floſſe her-
ſtellen, ſetzen ſich dann nur auf der unteren Seite dieſes erhobenen
Lappens feſt. Man hat ſolche Floſſen, die ſich auch beim Embryo
zu einer gewiſſen Zeit finden, heterocerke genannt und bemerkt,
daß ſie namentlich in den älteren Schichten bis zum Jura faſt aus-
ſchließlich vorkommen. Allmählig indeß ſinkt dieſe Bildung zurück,
das Ende der Wirbelſäule bleibt zwar noch erhoben, aber es ſetzt ſich
ſchon ein Floſſenbart an ſeiner oberen Fläche feſt, der allmählig zu-
nimmt, während zugleich der aufwärts gekrümmte Theil der Wirbel-
ſäule ſtets mehr und mehr zurückſinkt und endlich der Schwanz äußer-
lich vollkommen abgerundet, der Mitte der Schwanzfloſſe gegenüber
endet, von deren Floſſenſtrahlen ebenſoviele auf ſeiner oberen oder
unteren Kante befeſtigt ſind. Solche Floſſen, die bei den meiſten
Knochenfiſchen vorkommen, hat man homocerke genannt; unterſucht
man aber die Struktur des Skelettes, ſo findet man, daß bei vielen
Fiſchen nichtsdeſtoweniger eine Andeutung der früheren Bildung zu-
rückbleibt, indem die letzten Schwanzwirbel ſich bogenförmig aufwärts
krümmen und meiſtens noch in einen aufgerichteten, kurzen Faſerſtrang
übergehen, der ein Reſt der Wirbelſaite iſt. Die unteren Dornfortſätze die-
aufgebogenen Wirbel ſtehen dann mehr oder minder horizontal nach
hinten und verwachſen zu einer breiten Platte, an welcher die Strah-
len der homocerken Floſſe befeſtigt ſind, die demnach dennoch eigent-
lich auf den unteren Dornfortſätzen der aufgebogenen Wirbel ſtehen
und ſomit den Strahlen der heterocerken Schwanzfloſſen analog ein-
gepflanzt ſind.


Der Schädel der Fiſche zeigt durchaus dieſelbe Wiederholung
embryonaler Entwickelung, die wir auch bei der Wirbelſäule beobach-
teten. Er iſt zuerſt beſtimmt, eine Kapſel für das ſtärker aufgewulſtete
Hirn und für die ſpezifiſchen Sinnesorgane bes Kopfes zu bilden
und ſchon in der erſten Stufe, wo ſich eine ſolche Erweiterung zeigt,
gewahren wir auch verknorpelte Theile, die ſich zuerſt auf der Baſis
entwickeln, allmählig aber nach oben ſich zuwölben und ſo zuletzt eine
vollſtändige ganz oder bis auf wenige Lücken geſchloſſene Kapſel bil-
den. Der allgemeine Typus, der ſich bei den Rundmäulern aus-
gebildet findet, iſt dieſer. Die Wirbelſaite endigt mehr oder minder
zugeſpitzt in einer Knorpelmaſſe, auf welcher der hintere Theil des
Gehirnes ruht und die zu beiden Seiten zwei feſte Blaſen bildet, in
denen die Ohrlabyrinthe eingeſchloſſen ſind. Nach vorn ſetzt ſich dieſe
Knorpelmaſſe, welche nur eine Erweiterung der Scheide der Chorda
iſt, in zwei mehr oder minder leierförmig gebogene Knorpelleiſten
[43]

Figure 22. Fig. 961. Fig. 962.
Fig. 963.

Schädel des Querders (Ammocoetes branchialis).
Fig. 961. Von der Seite. Fig. 962. Von unten. Fig. 963. Der Länge
nach durchſchnitten, um die Höhlungen zu zeigen. A Lippenknorpel. B Naſen-
kapfel. C Hirnkapfel. D Ohrbläschen. E Wirbelſaite. F Schädelleiſten. G
Gaumenplatte.


fort, welche unter dem Vorderhirne zuſammenſtoßen und einen mitt-
leren Raum umſchließen, der in den erſten Anfängen nur von Haut
umſchloſſen iſt und auf dem der Hirnanhang ruht. Dieſer Raum

Figure 23. Fig. 964.


wird von unten her bei weiterer
Entwickelung durch eine Platte ge-
ſchloſſen, die gewöhnlich eine Löf-
felförmige Geſtalt hat und die, weil
ſie die Decke der Mundhöhle an
dieſer Stelle bildet, die Gaumen-
platte
genannt werden kann. Die
Seitentheile und die Decke des in
dieſer einfachen Weiſe conſtituirten
Schädels ſind anfangs noch häutig,
verknorpeln aber nach und nach,
während ſich, wie bei den Lampre-
ten, neue Bildungen hinzugeſellen.
Nach außen von den ſeitlichen Schädel-
leiſten zeigen ſich nämlich zwei handha-
benförmig gekrümmte, von den ſeitli-
chen Schädelleiſten abgehende Knor-

Figure 24. Fig. 966.

Schädel der Lamprete (Petromyzon).
Fig. 964. Von der Seite. Fig. 965. Von unten. Fig. 966. Der Länge
nach durchſchnitten. Die Buchſtaben haben dieſelbe Bedeutung, wie bei den vo-
rigen Figuren. H Gaumenbogen. I Zungenbogen. K Obere knorpelige Wir-
belbogenſtücke.


[44] pelbogen, welche die erſten Rudimente des Gaumenbogens bilden.
Hinter dieſen Gaumenbogen treten noch andere Knorpelbogen hervor,
die mehr oder minder beweglich mit dem Schädel verbunden ſind,
nach unten ſich herumbigend in die Zunge eingehen und ſo die erſte
Spur des Zungenbogens bilden. So zeigt ſich alſo auf dieſer letz-
ten Stufe der Schädel zuſammengeſetzt aus einer oben häutigen, ſeitlich
verknorpelten Kapſel für das Gehirn, der Fortſetzung des häutigen,
mit knorpeligen Bogen belegten Rückenmarkrohres, an welche ſich
nach vorn ein knorpeliges Naſenrohr anſchließt. Dieſe Kapſel ruht
auf einer Baſis, die hinten aus der Spitze der Wirbelſaite und einer
hinteren Knorpelplatte mit ſeitlichen Ohrblaſen gebildet wird. Nach
vorn ſetzt ſich dieſe hintere Platte in vier Knorpelleiſten fort: zwei
innere, die ſeitlichen Schädelleiſten, den Raum umſchließend, in welchem
der Hirnanhang (Hypophysis cerebri) ruht, und zwei äußere, die
Gaumenleiſten, die alle vorn in einer Knorpelmaſſe zuſammenfließen.
Nach vorn lehnt ſich an dieſen Schädel das bei den Rundmäulern
ſehr ausgebildete Syſtem der Lippenknorpel, nach hinten der Zungen-
bogen, der bei den Fiſchen beſonders wegen der zu ihm gehörigen
Kiemenbogen eine ausgezeichnete Bedeutung erhält.


Figure 25. Fig. 967. Fig. 968.
Fig. 967 u. 968.

Kopfſkelett der Seekatze (Chimaera monstrosa).
Der hintere Theil der Wirbelſäule iſt der Länge nach halbirt, um das
Innere des Nervenrohres und der Chorda zu zeigen. Die kleine Figur 968
ſtellt einen Querſchnitt der Wirbelſäule in der Rückengegend dar. a Knorpel-
ſtab der Schnauze, dem Syſtem der Lippenknorpel angehörig. b Lippenknorpel.
c Zahnplatten. d Unterkiefer. e Kiemendeckel. f Handwurzel. g Mittelhand.
h Schultergürtel. i Augenhöhle. k Sehnige Haut, den vorderen Theil des
Hirns l einſchließend; ſie iſt links weggenommen. m Tragknorpel der Rücken-
floſſe. n Stachel. o Floſſenträger derſelben. p Chorda. q Obere Schalt-
ſtücke. r Seitenſtücke. s Untere Schaltſtücke am Nervenrohre. t Untere Bo-
genſtücke. u Durchſchnitt des Rückenmarkes.


[45]

Der eigentliche Schädel oder die Schädelkapſel, von dem
wir im Verfolge zunächſt handeln, zeigt ſich bei den Quermäu-
lern
, die einen weiteren Fortſchritt erkennen laſſen, als eine
einfache Knorpelkapſel, an deren Boden man keine Spur von einer
Gaumenplatte, noch von der Endigung der Wirbelſaite findet; —
nur eine unbedeutende Verdickung zeigt die urſprüngliche Exiſtenz der
ſeitlichen Schädelleiſten an. An ihrem hinteren Ende zeigt dieſe Schä-
delkapſel ſeitliche, meiſt ganz abgeſchloſſene Räume für das Gehör-
organ; mitten läuft ſie in becherförmige Ausbreitung zum Schutze der
Augen fort und nach vorn endigt ſie in zwei von dem Gehirnraume
abgeſchloſſene Naſenkapſeln. Am Hinterhaupte befindet ſich ein Gelenk
zur Verbindung mit der Wirbelſaite bei den Seekatzen, oder mit dem
erſten Halswirbel bei den Haifiſchen und Rochen.


Nirgends zeigt ſich eine Spur jener Deckplatten, deren erſtes Ru-
diment wir in der Gaumenplatte fanden, und der Zungenbogen iſt,
wie von nun an immer, an dem Schädel nur aufgehängt, nicht aber
mit ihm verwachſen, wie dies bei den Neunaugen der Fall war.


Figure 26. Fig. 969.

Kopfſkelett des Sterlets (Accipenser ruthenus).
a Hautknochen, welche Kopf und Schnauze einhüllen. b Naſengrube.
c Augenhöhle. d Gaumen und Oberkiefer. e Unterkiefer. f Aufhängebogen
des Kiefer- und Zungenapparates. g Kiemendeckel. h Schultergürtel. i Bruſt-
floſſe. k Rippen. l Untere Bogenſtücke. m Chorda. n Rückenmarksrohr.
o Obere Bogenſtücke. p Dornfortſätze.


Um ſo ausgezeichneter tritt das Syſtem der Deckplatten in der
nächſten Stufe auf, die wir bei den Stören ausgebildet finden. Der
ganze Schädel beſteht hier auch noch aus einer Knorpelkapſel, in deren
Baſis ſich die Wirbelſaite bis weit nach vorn gegen den Augenraum
hin fortſetzt, ohne daß ein Gelenk in der Hinterhauptsgegend vorhan-
den wäre. Dieſer Schädel iſt aber von oben ſowohl, wie von unten
mit knöchernen Deckplatten belegt, welche eine förmliche Hülle um den-
ſelben bilden, die nur ſeitlich, wo der Kiefer-, Gaumen- und Zungen-
apparat angehängt iſt, eine Lücke laſſen. Indeſſen gehören die oberen
Deckplatten nicht jenem ſcharf beſtimmten Syſteme an, das bei den
[46] übrigen Knochenfiſchen ausgebildet iſt und den Schädel bildet, ſondern
es ſind bloße Hautknochen, vollkommen ähnlich denjenigen, welche auch
auf dem Rumpfe entwickelt ſind, deren Zahl und Geſtalt ſogar von
einer und der anderen Art wechſelt. Auf der Unterfläche des Schädels
findet ſich nur eine einzige knöcherne Platte, die ſich ſogar nach hinten
über den Raum erſtreckt, welcher den erſten Halswirbeln entſpricht.


Bei den ſämmtlichen Knochenfiſchen nun laſſen ſich deutlich
die allmäligen Fortſchritte der Verknöcherung des Schädels darthun.
Faſt bei allen exiſtirt unter den Knochen, die ſich zu einer mehr oder
minder vollſtändigen Kapſel zuſammenlegen, eine knorpelige Grundlage,
die ebenfalls eine Hülle um das Gehirn bildet und als die urſprüng-
liche Schädelkapſel, als der Ur- oder Primordialſchädel angeſehen
werden muß. Unter unſeren gewöhnlichen Süßwaſſerfiſchen ſind es
vorzüglich die Forellen und der Hecht, bei welchen dieſe knorpelige
Schädelgrundlage in größter Ausbildung während des ganzen Lebens
entwickelt bleibt, ſo daß man an einem gekochten Kopfe die größte
Zahl der Schädelknochen abnehmen kann, ohne das Gehirn anders
als ſtellenweiſe bloszulegen, indem es faſt überall von der inneren
knorpeligen Kapſel des Urſchädels umſchloſſen bleibt. Es iſt ſehr wohl
in das Auge zu faſſen, daß diejenigen Schädelknochen, welche wir mit
dem Namen der Deckplatten bezeichnen, ſich durchaus nicht aus dieſem
urſprünglichen Knorpel entwickeln, ſondern aus häutigen Grundlagen,
die niemals vorher in Knorpel übergehen und daß die Deckplatten nur
durch ihr Wachsthum die urſprüngliche Knorpelkapſel verdrängen;
bei den Barſchen iſt dieß ſchon mehr der Fall, als bei den Hechten;
bei den Weißfiſchen erhalten die Knochenbildungen durchaus das Ueber-
gewicht und bei den Aalen iſt die urſprüngliche Knorpelkapſel durch-
aus verſchwunden im erwachſenen Zuſtande und gänzlich durch die
Knochen verdrängt. Die Knochen aber, welche den Schädel, ſo wie
das ſonſtige Kopfſkelett zuſammenſetzen, ſind trotz äußerſt verſchiedener
Formen ſtets nach demſelben Grundplane gebaut und entſprechen den
Schädelknochen der höheren Wirbelthiere, bei denen ſie ſich auf analoge
Art bilden, wenn gleich die knorpelige Schädelgrundlage bei dieſen
ſtets nur im embryonalen Zuſtande vorhanden iſt.


Der hintere Theil des Schädels, der das Gelenk mit der Wirbel-
ſäule herſtellt, wird von einer Anzahl Knochen gebildet, die durch
[47]

Figure 27. Fig. 970.
Fig. 971.

Fig. 970. Der Schädel des Hechtes (Esox lucius) von unten.
Fig. 971. Derſelbe von oben.


ihre Zuſammenſetzung
vollkommen das Bild
eines Wirbels mit ſei-
nem Körper, ſeinen Bo-
genſtücken, welche das
Mark überwölben, und
ſeinem Dornfortſatze wie-
derholt. In der That
iſt dieſe Hinterhaupts-
gegend aus einem Grund-
knochen gebildet, der auf
ſeiner hinteren Fläche
dieſelbe kegelförmige Höh-
lung zeigt, wie ein Wir-
belkörper und den man
den Hinterhauptskörper(Os basilare 5)*) genannt hat. Auf
dieſem Körper ruhen die beiden Bogenſtücke, die ſeitlichen Hinter-
[48] hauptsbeine
(Occipitalia lateralia 10), welche das verlängerte Mark
umfaſſen und deren Schluß nach oben durch einen meiſt kammartig
entwickelten Knochen, die Hinterhauptsſchuppe(Occipitale supe-
rius
8) gebildet wird. Zwiſchen dieſe Schuppe und die Seitenſtücke
ſchieben ſich meiſt noch zwei Schaltſtücke, die äußeren Hinter-
hauptsbeine
(Occipitalia externa 9) ein. Dieſe Knochen bilden
ſich ſämmtlich durch Verknöcherung des urſprünglichen Schädelknorpels
aus und ſtellen, wie ſchon bemerkt, einen vollſtändigen Wirbel, den
Hinterhauptswirbel, dar.


In Geſtalt eines zweiten unvollſtändigen, unentwickelten Wirbels
zeigen ſich diejenigen Knochen, welche weiter nach vorn durch Verknö-
cherung der ſeitlichen Schädelleiſten entſtanden ſind. Als Theile dieſes
ſogenannten Keilbeinwirbels ſtellen ſich zwei Knochen dar, welche mit
ihrem hinteren Rande an die Knochen des Hinterhauptes anſtoßen,
nach unten in der Mitte zuſammentreten und meiſtens einen bedeuten-
den Antheil an der Bergung des Gehörorganes nehmen. Dieſe Knochen
ſind die großen Keilbeinflügel(alae magnae ossis sphenoïdei 11),
an die ſich nach vornen noch zwei andere Knochen anſchließen, die
meiſtens den Grund der Augenhöhle bilden und die kleinen Keil-
beinflügel
(Alae parvae sive Alae orbitales 14) genannt werden.
*
[49]

Figure 28. Fig. 972.

Der Schädel des Hechtes der Länge nach ſenkrecht durchſchnitten. Die knorpelig bleibenden
Theile ſind hier, wie bei den vorigen Figuren, durch ſenkrechte Strichelung bezeichnet.


Vielleicht kann man dieſe letzteren beiden Knochen, welche den vorderen
Schluß der Hirnkapſel gegen die Augenhöhle hin bewirken, auch als
Theile des vorderſten Schädelwirbels betrachten, welcher ſonſt nur
durch ein einziges, oft fehlendes Knöchelchen repräſentirt wird, das
aus dem vorderen Vereinigungspunkte der knorpeligen Schädelleiſten
ſich bildet und das man das hintere Siebbein(Ethmoideum poste-
rius 15)
nennen kann. Oeffnet man den Schädel, ſo findet ſich nur
bei einigen wenigen Fiſchen ein kleines Knöchelchen im Inneren, wel-
ches zur ſpeziellen Umhüllung des Gehörorganes ſich anſchickt und
das man als Felſenbein(Os petrosum 13) bezeichnen muß.
Bei den meiſten ſind die ſämmtlichen Höhlen für das Gehörorgan je
nach der Größe des letzteren mehr oder minder in allen ſeitlichen
Schädelknochen angebracht.


Nur die bis hierher angeführten Knochen bilden ſich durch direkte
Verknöcherung aus der urſprünglichen knorpeligen Schädelkapſel, aus
dem Primordialſchädel, und gehören deßhalb auch in Wahrheit zu
dem Wirbelſyſteme. Es haben ſich viele und heftige Streitigkeiten
über die im Beginne unſeres Jahrhunderts auftauchende, hauptſächlich
von den Naturphiloſophen ausgehende Anſicht entwickelt, wonach die
ſämmtlichen Knochen des Schädels nur mehr oder minder zerlegte
Theile von urſprünglichen Wirbeln ſein ſollten. Man glaubte einen
durchaus gemeinſamen Plan für den Kopfbau aller Wirbelthiere her-
ſtellen und alle Knochen, die man nur irgend vorfand, in den Wirbel-
typus hineinzwängen zu können, ſo daß man in den Kiefer- und
Kiemenbogen bald Rippen, bald beſondere Ausſtrahlungen, den Glied-
maſſen ähnlich, ſehen wollte und in dem Schädel ſelbſt bald mehr,
bald weniger vollſtändige Wirbel herauszudeuten ſich bemühte. Die
allgemeine Anſicht geht jetzt ohne Zweifel dahin, daß viele Knochen
exiſtiren, welche mit dem Wirbelſyſteme durchaus nichts gemein haben,
daß manche unter dieſen feſten Skelettheilen ſogar nur einzelnen Grup-
pen der Wirbelthiere zukommen, anderen aber durchaus fehlen, wie die
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 4
[50] Lippenknorpel oder die Schleimröhrenknochen, und daß es demnach
auch gar nicht auffallend ſein kann, wenn ſelbſt die nach gemeinſamem
Plane angeordneten Schädelknochen nur in ſo weit Theile von Wirbeln
darſtellen, als ſie aus der urſprünglichen Knorpelanlage des Schädels
entſtanden ſind, während die Deckplatten dem Wirbeltypus gänzlich
fremd bleiben.


Zu dieſen letzteren Deckplatten gehören nun folgende Knochen:
Auf der unteren Fläche des Schädels zeigen ſich bei allen Knochen-
fiſchen nur zwei unpaare Deckplatten von mehr oder minder länglicher
Geſtalt, hinten das Keilbein(Os sphenoïdeum 6), weiter nach vorn
das Pflugſchaarbein(Vomer 16), letzteres ſehr häufig, erſteres
nur ſehr ſelten mit Zähnen beſetzt, welche in der Mitte des Gaumen-
gewölbes vorragen. Da die Keilbeinflügel und der Hinterhauptskörper,
an welche ſich das Keilbein von unten her anlegt, meiſt an ihrer un-
teren Fläche etwas ausgehöhlt ſind, ſo wird hierdurch ein Kanal, der
untere Schädelkanal gebildet, der durch die Deckplatte gegen das
Gaumengewölbe hin, durch die Keilbeinflügel gegen die Hirnhöhle hin
abgeſchloſſen iſt und in welchem die geraden Augenmuskeln entſpringen.
Die obere Decke des Schädels wird dagegen meiſtens von fünf Kno-
chen gebildet, vier paarigen und einem unpaaren. Hinten auf dem
Kopfe zu beiden Seiten der Hinterhauptsſchuppe zeigen ſich die beiden
Scheitelbeine(Ossa parietalia 7), die meiſtens nur einen unbedeu-
tenden Antheil an dem Schädeldache nehmen und nur ſelten einander
in der Mittellinie berühren. Um ſo größer ſind gewöhnlich die beiden
Stirnbeine(Frontalia 1), die in der Mittellinie zuſammenſtoßen
und den hauptſächlichſten Theil des Schädeldaches bedecken. An dieſe
Stirnbeine ſchließen ſich meiſt zwei Paare von Knochen an, welche die
vordere und hintere Ecke der Augenhöhle bilden und die man als
vorderes Stirnbein(Frontale anterius 2) und als hinteres
(Frontale posterius 4) bezeichnet hat. Ganz nach vorn als Deckplatte
der Schnauze findet ſich endlich eine meiſt unpaare, nur ſelten in zwei
Theile getheilte Platte, die auf einem Knorpel ruht, in der die Naſen-
gruben ſich befinden und die man das Naſenbein(Os nasale 3)
nennt. Zur Vervollſtändigung des Schädels gehört endlich noch ein
Knochen, welcher ſich neben und außen an das Stirnbein und die
Scheitelbeine anlegt und hauptſächlich die Bildung der Gelenkhöhle
für den Gürtel des Unterkiefers übernimmt; — es trägt derſelbe mei-
ſtens zum Schluſſe der Schädelkapſel gar nichts bei, ſondern legt ſich
ſchuppenartig über die anderen Knochen herüber. Man hat ihn ſehr
[51] verſchieden gedeutet; wir nennen ihn die Schläfenſchuppe(Os
temporale 12)
.


Der durch die Vereinigung dieſer verſchiedenen Knochen gebildete
Schädel zeigt ſich nun als eine vollſtändige Kapſel, die das Gehirn
und die Ohren gänzlich einhüllt, für Augen und Naſe dagegen mehr
oder minder tiefe Gruben zeigt. Gewöhnlich ſind die Naſengruben
vollſtändig getrennt und ſetzen ſich nach hinten durch die knorpelige
Maſſe, welche den Kern der Schnauze bildet, in zwei nur von den
Geruchsnerven durchzogene Kanäle fort, welche ſich in die meiſt großen
Augenhöhlen öffnen. Dieſe ſind meiſt in der Mitte nur durch
eine häutige Scheidewand getrennt, ſo daß bei dem knöchernen Schädel
ſie in ein durchgehendes Loch zuſammenfließen, welches oben von den
Stirnbeinen, unten von dem Keilbeine gedeckt iſt. Die Höhlen für die
Gehörorgane ſind theils in den ſeitlichen Knochen, theils in den Knor-
peln ausgewirkt und zwar in der Weiſe, daß ein Theil davon ſogar
mit der Hirnhöhle zuſammenfließt. Auf der Außenfläche des Schädels
zeigen ſich ſehr wechſelnde Gruben, Kämme und Leiſten, deren Bildung
oft für die einzelnen Gruppen und Familien ſehr charakteriſtiſch iſt.
Namentlich erhebt ſich gewöhnlich auf der Mittellinie des Hinterhaupts
ein mehr oder minder hoher, von dem oberen Hinterhauptsbeine ge-
bildeter Kamm, der ſich zuweilen über den ganzen Schädel wegzieht
und oft noch von zwei ſeitlichen Kämmen begleitet wird, die durch
tiefe Gruben getrennt ſind.


Als beſondere Anhänge des Schädels zeigen ſich noch zwei ver-
ſchiedene Gruppen feſter Theile, die Lippenknorpel bei den meiſten
Knorpelfiſchen und die Knochen der Schleimkanäle bei den meiſten
Knochenfiſchen. Erſtere ſind um ſo mehr entwickelt, je niedriger der
Fiſch ſteht; ſie bilden daher bei den Rundmäulern den größten Theil
des Schädelſkelettes und namentlich die feſten Stützen der Lippen und
der Fühlfäden. Bei den Quermäulern ſinken ſie mehr und mehr
zurück, namentlich bei den Rochen, während ſie bei den Haien zuwei-
len ſo ſtark entwickelt ſind, daß man ſie früher für die Oberkiefer
ſelbſt hielt und die eigentlichen zahntragenden Kiefer als Analoga der
Gaumenbeine anſah. Als Schleimröhrenknochen ſtellen ſich bei
den meiſten Knochenfiſchen beſonders diejenigen Gebilde hin, welche
man ziemlich allgemein als Jochbein(Os jugale 19) bezeichnet hat
und die bei den meiſten Knochenfiſchen ſich in einem vollſtändigen
Halbkreiſe um den unteren Rand der Augenhöhle herumziehen, ja bei
einigen, den Panzerwangen, ſogar ſich ſo weit ausdehnen, daß ſie nach
4*
[52] hinten mit dem Vorderdeckel verwachſen und ſo einen förmlichen Pan-
zer für die Wange bilden. Zu dieſen Knochen geſellen ſich noch an-
dere kleine Knöchelchen, die meiſtens hinten an dem Schädel an der
Ecke der Zitzenbeine oder über der Augenhöhle, oder mehr vorn an
der Naſe liegen und die alle nur die Bedeutung haben, daß ſie Röh-
ren um die Schleimgänge des Kopfes bilden; obgleich dieſe auch noch
von eigentlichen Schädelknochen beherbergt werden und namentlich die
Schuppe des Schläfenbeines und das Stirnbein ſtets von dem Haupt-
ſchleimgange, der hier und da Mündungen nach Außen zeigt, durch-
zogen werden.


Betrachtet man nun die übrigen gewöhnlich beweglich mit dem
Schädel verbundenen Knochen des Kopfes, welche zuſammen den Ge-

Figure 29. Fig. 973.

Kopfſkelett des Hechtes, nach Wegnahme des Jochbogens, um die Gaumenbeine zu zeigen.
Alle übrigen Knochen und Knorpel befinden ſich in ihrer natürlichen Lage.


ſichtsantheil darſtellen, ſo zeigt ſich in der Aneinanderfügung derſelben
eine Reihe verſchiedener Bogen, die alle nach unten herum zum Schluſſe
zu kommen ſuchen und ſo bald mehr, bald minder vollſtändige Ringe
darſtellen, die den Eingang der Verdauungshöhle umgrenzen. Durch
vergleichende Unterſuchungen des Embryos, wie der niederen Knorpel-
fiſche läßt ſich nachweiſen, daß dieſe Bogen theilweiſe mit dem Schädel
urſprünglich verwachſen ſind und daß auch die hintereinander liegenden
Bogen anfangs noch nicht ſo vollſtändig getrennt ſich zeigen, als ſie
ſpäter ſich darſtellen. Die allmälige Ausbildung der Bogen läßt ſich
demnach hauptſächlich durch ihren mehr oder minder vollſtändigen
Schluß, ſo wie beſonders durch ihre ſtets zunehmende Trennung und
Vereinzelung erkennen. Vor den übrigen Wirbelthieren zeichnet ſich
[53] die knöcherne Grundlage des Geſichtes bei den Fiſchen eines Theiles
dadurch aus, daß eine Menge von Knochen getrennt und in einzelne
Stücke zerfallen ſind, die bei den höheren Thieren zu einem einzigen
Ganzen vereinigt ſind und daß zugleich viele Knochen beweglich dem
Geſichte angehören, welche bei den höheren Thieren entweder unbe-
weglich oder ſelbſt als integrirende Theile dem Schädel eingefügt und
dort namentlich mit dem Schläfenbeine vereinigt ſind.


Als erſte Hauptgruppe dieſer Bogen ſtellt ſich der Kiefergau-
menapparat
dar, der bei genauerer Betrachtung aus drei beſonderen
Bogen, dem Oberkieferbogen, dem Gaumenbogen, die beide nach unten
hin unvollſtändig ſind, und dem Unterkieferbogen beſteht, welcher letz-
tere zwar nach unten hin vollſtändig geſchloſſen, in ſeinem Aufhänge-
theile gegen den Schädel zu aber mehr oder minder mit dem nächſt-
folgenden Bogen des Zungenbeines verwachſen iſt. Der Kiefergaumen-
Apparat iſt weſentlich zum Ergreifen und Feſthalten der Beute beſtimmt
und deßhalb meiſtens mit Zähnen beſetzt.


Ein eigentlicher Oberkieferbogen kömmt erſt bei den Haien und
Rochen vor, wo er aus einem einzigen zahntragenden Stücke beſteht,
welches durch Bänder und Muskeln beweglich an die Unterfläche des
Schädels befeſtigt iſt; bei den Rundmäulern iſt der Oberkiefer gänzlich
durch die Lippenknorpel erſetzt, und noch bei den Seekatzen (Chimaera)
ſind die Zahnplatten, die das obere Gewölbe der Mundhöhle bewaff-
nen, unmittelbar an der Unterfläche des Schädels feſtgewachſen, ſo
daß dieſe hier den fehlenden, zahntragenden Oberkiefer erſetzt. Bei
den Haien und Rochen, wo das Maul ſo weit nach hinten auf der
Bauchfläche angebracht iſt, wird der vom Schädel getrennte Oberkiefer
einfach mit dem Unterkiefer durch ein Gelenk verbunden und das Ge-
lenk durch das obere Stück des Zungenbogens an dem Schädel auf-
gehängt, während bei den Seekatzen der Unterkiefer noch unmittelbar
an einem knorpeligen Fortſatze des Schädels articulirt. Bei den
Stören iſt ein durchaus beweglicher Kiefergaumenapparat hergeſtellt,
der an einem einzigen Bogen aufgehängt iſt, an den zugleich der
Zungenbogen ſich befeſtigt, weßhalb wir dieſe Einrichtung erſt bei die-
ſen betrachten werden. Bei den gewöhnlichen Knochenfiſchen endlich
iſt die Einrichtung folgender Art:


Der vordere Rand des Maules wird von dem Oberkieferbogen
gebildet, der ſtets aus zwei Paaren von Knochen beſteht, mehr nach
[54] innen aus den Zwiſchenkiefern(Ossa intermaxillaria 17), nach außen
und hinten dagegen von den eigentlichen Oberkiefern(Maxillaria
superiora 18)
. Nur ſelten ſind die Zwiſchenkiefer miteinander oder
mit dem Schädel verwachſen, meiſtens haben ſie die Form eines Win-
kelhakens, deſſen äußerer Aſt den Mundrand bildet und Zähne trägt,
während der innere in einer Rinne der Schnauzenſpitze eingelenkt iſt.
Bei den Fiſchen mit vorſtreckbarem Maule, wie bei den Mäniden und
Sonnenfiſchen, iſt dieſer innere Aſt des Zwiſchenkiefers ſehr lang und
gleitet dann in ſeiner Rinne mit Leichtigkeit auf und nieder, wodurch
das Maul röhrenförmig vorgeſchnellt werden kann. Der äußere Aſt
bildet meiſt für ſich ganz allein den Rand der Mundſpalte, ſo daß der
eigentliche Oberkiefer(Maxillare superius 18) hinter ihm im Fleiſche
verborgen liegt und deßhalb auch von älteren Anatomen als Schnurr-
bartbein
(Os mystacis) bezeichnet wurde. Bei vielen Fiſchen, wie
beim Hechte zum Beiſpiel, bildet der Oberkiefer zwar den hinteren
Theil des Mundrandes, trägt aber keine Zähne und nur bei ſehr
wenigen iſt das Verhältniß ſo, wie bei den Lachſen und Forellen, wo
der zahntragende Oberkiefer ſich an den Zwiſchenkiefer anfügt und die
Mundſpalte nach hinten zu fortſetzt. Zuweilen fehlt der Oberkiefer
ganz, in anderen Fällen iſt er ſogar in zwei oder mehrere Stücke
zerfallen.


Figure 30. Fig. 974.

Die beweglichen Geſichtsknochen (Kiefergaumenapparat) des Hechtes vom Schädel getrennt
und von der inneren Seite her gezeichnet.


Hinter dem Oberkieferbogen findet ſich als Schutz des Gaumen-
gewölbes eine aus mehreren Knochen gebildete Platte vor, welche nach
hinten zu mit dem Aufhängebogen des Unterkiefers verwachſen und
nach vorn gewöhnlich durch einen eigenen Fortſatz an dem Zwiſchen-
kiefer und in der Mitte durch einen zweiten an dem Schädel unter
[55] der Augenhöhle befeſtigt iſt. Es beſteht dieſer Bogen aus drei Kno-
chen, dem Gaumenbeine(Os palatinum 22), das dem Kiefer parallel
läuft und meiſtens mit Zähnen beſetzt iſt, welche einen zweiten inneren
Kreis hinter den Kieferzähnen bilden; aus dem Querbeine(Os
transversum 24)
, welches gewöhnlich den Gelenkfortſatz trägt, womit
der Gaumenapparat dem Schädel an der Augenhöhle eingelenkt iſt;
und aus dem Flügelbeine(Os pterygoïdeum 25), welches ſich an
die innere Seite des Suspenſoriums des Unterkiefers anlegt und mit
einem horizontalen Blatte den beweglichen Boden der Augenhöhle
bildet, die es von der Mundhöhle abſchließt. Bei den Quermäulern
und den Stören ſind alle dieſe Bogen auf ihren einfachen urſprüng-
lichen Gehalt reducirt, indem ſich bei den Haien und Rochen ein ein-
ziger Oberkiefer zeigt, hinter dem eine quere, das Gaumendach bildende
Platte liegt, welche als Flügelbein angeſehen werden muß, da ſich vor
ihr bei einigen Rochen noch eine kleine Gaumenplatte findet; bei den
Löffelſtören wird der Gaumenbogen von einem einzigen Stücke gebil-
det, welcher dem ebenfalls einfachen Oberkieferbogen platt aufliegt; und
bei den eigentlichen Stören endlich findet ſich hinter dem kleinen, aus
zwei Stücken gebildeten Oberkieferbogen eine mit ihm verbundene Platte,
welche das Dach des weit vorſchiebbaren Maules bildet und ſchon aus
den gewöhnlichen drei Stücken zuſammengeſetzt iſt.


Die beiden Unterkieferhälften ſind nur ſehr ſelten in der Mitte
mit einander verwachſen, meiſtens aber unbeweglich durch Faſermaſſe
oder Naht mit einander verbunden. Der Unterkiefer ſelbſt, der ge-
wöhnlich mit Zähnen bewaffnet iſt, beſteht ſtets aus mehreren Stücken,
gewöhnlich aus dreien, häufig aus vieren, zuweilen ſelbſt aus ſechſen,
wie bei den Krokodilen; unter dieſen ſind an dem Zahnſtücke(Os
dentale 34)
allein die Zähne befeſtigt, ſo daß es für ſich allein den
unteren Mundrand bildet, während das Gelenkſtück(Os articulare 35)
hauptſächlich das Gelenk trägt, das nach hinten von dem Eckſtücke
(Os angulare 36) vervollſtändigt wird. Unterſucht man den geſamm-
ten Unterkiefer von innen, ſo ſieht man, daß das Gelenk und Zahnſtück
nur eine Art nach außen gewölbten Blattes bilden, das innen rinnen-
förmig ausgehöhlt iſt und in dieſer inneren Höhlung die Endbündel
des Kaumuskels und einen Knorpelſtreifen birgt, der ſtabförmig ſich
faſt durch die ganze Länge des Unterkiefers erſtreckt und deſſen Anfang
am Gelenke zuweilen zu einem eigenthümlichen Knöchelchen ausgebildet
iſt; — dieſer Knorpel (M) iſt der ſogenannte Meckel’ſche Knorpel,
das Rudiment der unteren Hälfte des embryonalen Knorpelbogens,
[56] um welchen ſich die Stücke des Unterkiefers in ähnlicher Weiſe als
Deckplatten gebildet haben, wie die Deckplatten am Schädel um die
urſprüngliche Schädelkapſel.


Das Unterkiefergelenk geſtattet faſt immer nur eine einfache He-
belbewegung von unten nach oben und wird von einer Art Flügelthür
unter ſich unbeweglicher Knochen getragen, die mit dem Gaumenbogen
zuſammen feſt verbunden, von beiden Seiten her die Mund- und Ra-
chenhöhle begrenzen und deren Erweiterung und Verengerung möglich
machen. Dieſe ganze Flügelthür, auf deren Außenſeite ſich die Kau-
muskeln feſtſetzen, iſt gewöhnlich an drei Stellen eng mit dem Schädel
eingelenkt, nämlich vorn an der Schnauzenſpitze durch das Gaumen-
bein, in der Mitte durch den Fortſatz des Querbeines an dem vorderen
Rande der Augenhöhle und hinten an dem Kamme der Schläfenſchuppe
durch das hier beweglich gewordene Zitzenbein. Dieſes Zitzenbein
(Os mastoïdeum 23) iſt gewöhnlich in ſeiner unteren Hälfte geſpalten
und bildet hierdurch zwei Arme, von welchen der eine mehr dem Zun-
genbogen, der andere dem Unterkieferbogen zugewandt iſt. Nach vorn
ſetzt ſich an dieſen Knochen eine Platte, welche den Raum zwiſchen
ihm und dem Flügel- und Gaumenbeine einnimmt und die man den
Paukenknochen(Os tympanicum 27) nennen kann; nach vorn und
unten ſetzen ſich dann an das Zitzenbein noch zwei Knochen feſt, ein
kleinerer, meiſt von griffelförmiger Geſtalt, der Hammerknochen
(Tympano-malleale 31), welcher aus der Verknöcherung des oberen
Stückes des Meckel’ſchen Knorpels hervorgegangen iſt, und das Qua-
dratbein
(Os quadratum 26), welches das eigentliche Unterkiefer-
gelenk für ſich allein bildet und in deſſen oberem Ausſchnitte das
Hammerbein gewöhnlich wie in einem Zapfen ſteckt. Bei den gewöhn-
lichen Knochenfiſchen findet ſich an der hinteren Seite des auf dieſe
Weiſe von den angeführten Knochen gebildeten Flügels ein gewöhnlich
halbmondförmiger Knochen, welcher meiſtens oben von der Einlenkung
des Zitzenbeines an dem Schädel bis gegen das Unterkiefergelenk ſich
hin erſtreckt und mit einem Falze an den Rand des Zitzenbeines, des
Hammerbeines und des Quadratbeines eingelenkt iſt. Dieſer Knochen
iſt der Vorderdeckel(Praeoperculum 30), ein für die Syſtematik
ſehr bedeutſamer Knochen, weil er mit ſeinem freien Rande meiſt hinten
an der Wange hervorſteht und hier oft beſondere Vorſprünge, Zähne-
lungen und Stacheln zeigt, die bei Familien, Gattungen und Arten
eine große Beſtändigkeit wahrnehmen laſſen. Bei den Welſen und
überhaupt bei denjenigen Familien, wo das Gerüſte, welches den Un-
[57] terkiefer- und Zungenbogen trägt, noch nicht vollſtändig getrennt iſt,
zeigt ſich dieſer Vorderdeckel mit einem mehr oder minder bedeutenden
Flügel ſeines inneren Randes zwiſchen das Zitzenbein und das Qua-
dratbein eingeſchoben, eine Bildung, die inſofern Bedeutung hat, als
ſie zeigt, daß dieſer eingeſchobene Fortſatz nichts anderes iſt, als das
noch ungetrennte Hammerbein, welches bei weiterer Spaltung des
Unterkiefer- und Zungenbogens bei den Knochenfiſchen ſich gänzlich
los löſet. Der Vorderdeckel iſt meiſt in ſeiner ganzen Länge durch
einen Hauptarm des Schleimkanals durchzogen, der ſich nach unten
weiter auf den Unterkiefer fortſetzt; unter ſeinen vorſtehenden Rand
bergen ſich die Knochen, welche den Kiemendeckel zuſammenſetzen und
die wie eine Klappe auf der Kiemenſpalte ſich auf und nieder bewegen.
Gewöhnlich iſt dieſer Kiemendeckelapparat, der bei den übrigen Wirbel-
thieren kein Analogon hat und zu den Hauptknochen gezählt werden
muß, aus drei Stücken gebildet, dem Kiemendeckel(Operculum 28),
welcher auf ſeiner inneren Seite eine große Gelenkgrube trägt, mittelſt
der er an einem hinteren Fortſatze des Zitzenbeines eingelenkt iſt; dem
Unterdeckel(Suboperculum 32), meiſtens durch Naht mit dem un-
teren Rande des Kiemendeckels verbunden; und dem Zwiſchendeckel
(Interoperculum 33), welcher den Raum vor dem Unterdeckel gegen
den Vorderdeckel hin ausfüllt. Die gegenſeitigen Verhältniſſe dieſer
drei Knochen, ihre Geſtalt, ihre äußeren Verzierungen wechſeln in
mannigfaltiger Weiſe und bieten vortreffliche Charaktere zur Unter-
ſcheidung der Gattungen und Arten dar.


Nimmt man den Apparat, den wir ſoeben beſchrieben, weg, ſo
zeigt ſich die Mundhöhle der Knochenfiſche durch vielfache Bogen be-
ſchränkt, von denen die meiſten Kiemenfranzen tragen, der vordere
aber, der Zungenbogen, niemals deren beſitzt. Die Endſpitzen
dieſes Bogens laufen vorn in dem Zungenbeine(Os hyoïdeum)
zuſammen, welches aus einer Reihe unpaarer, in der Mittellinie hin-
ter einander liegender Knochenſtücke beſteht, die zwiſchen den beiden
Unterkieferäſten den Kiel der Kehle bilden und an welchen auch die
übrigen Kiemenbogen angeheftet ſind. Nach vorn ſetzt ſich dies Zun-
genbein meiſt in einen eigenthümlichen Knochen, den Zungenkno-
chen
fort, welcher die vordere Spitze der Zunge bildet und ſehr
häufig mit Zähnen beſetzt iſt. Jeder Arm des Zungenbeinbogens be-
[58]

Figure 31. Fig. 975.

Der Kopf des Barſches (Perca fluviatilis),
ſo präparirt, daß man die Mund- und Rachenhöhle und die Augenhöhle von
innen her geöffnet ſieht. Kiefer und Gaumenbogen ſind in ihren häutigen Be-
deckungen erhalten, Zungenbogen, Kiemenbogen und Schultergürtel blosgelegt.
ph Obere Schlundknochen (pharyngea superiora). s Griffelbein, wodurch das
Zungenbeinhorn an der inneren Fläche des Vorderdeckels aufgehängt iſt. or
Augenhöhle (orbita). l Zungenknochen. cl Schlüſſelbein (clavieula). m
Mittelhand (metacarpus). co Stielknochen der Bruſtfloſſe. p Bruſtfloſſe. o,
o′ und o″ Knochen des Schultergürtels. Die Zahlen haben die für die Kopf-
knochen ſchon erklärte Bedeutung.


ſteht aus mehreren, gewöhnlich drei Stücken und heftet ſich durch
einen kleinen Knochen, den Griffelknochen(Os styloïdeum 29) ſo
auf der inneren Seite des Vorderdeckels an, daß dieſer gleichſam als
ſeine Fortſetzung nach oben erſcheint. An dem äußeren Rande der
Zungenbeinhörner ſind bei faſt allen Knochenfiſchen platte, ſäbelför-
mige Knochen eingelenkt, welche die Fortſetzung des Kiemendeckelappa-
rates bilden und zur Spannung einer Haut dienen, die den Kiemenſpalt
unter der Kehle ſchließt und die man die Kiemenhaut(Membrana
branchiostega)
nennt. Die Zahl dieſer Kiemenhautſtrahlen (43)
iſt bei den verſchiedenen Gruppen äußerſt beſtändig und daher ein
gutes Merkmal für die Syſtematik. Bei vielen ausgeſtorbenen Schmelz-
ſchuppern ſind dieſe Strahlen in derſelben Weiſe, wie bei dem Flöſ-
ſelhecht (Polypterus) durch zwei dreieckige Knochenplatten erſetzt, welche
von untenher den Kehlraum zwiſchen den Unterkieferäſten decken. Bei
den Knorpelfiſchen finden ſich meiſtens auch dieſe knorpeligen Kiemen-
hautſtrahlen, während der Kiemendeckelapparat ihnen gänzlich fehlt
[59] und der knorpelige Zungenbogen in der Zahl ſeiner Stücke ſehr
wechſelt.


Hinter dem Zungenbeinbogen folgen einerſeits an dem unpaaren
Zungenbeine, andererſeits an dem Schädel eingelenkt bei allen Quer-
mäulern, Ganoiden und übrigen Knochenfiſchen vier harte Bogen,
welche bei den meiſten Knorpelfiſchen aus nur zwei Stücken zuſam-
mengeſetzt ſind, bei den Knochenfiſchen dagegen gewöhnlich vier be-
ſitzen und auf ihrer hinteren Seite mit Kiemenblättchen beſetzt ſind,
während ſie vorn gewöhnlich Stacheln oder ſelbſt Zähne tragen, die
eine Art von Reuſe am vorderen Eingange des Schlundes bilden.
Dieſe Kiemenbogen nehmen von vorn nach hinten an Größe ab
und ſind nach oben durch beſondere Knöchelchen, die oberen Schlund-
knochen
(Ossa pharyngea superiora) an den Schädel befeſtigt. Ge-
wöhnlich ſind dieſe oberen Schlundknochen nur klein und oft mit Zäh-
nen beſetzt, bei der Familie der Labyrinthfiſche aber werden ſie unge-
heuer groß, blattförmig gewunden und dienen als Reſervoir für das
Waſſer, welches zur Anfeuchtung der Kiemen beſtimmt iſt.


Als letzter Schluß der mit dem Zungenbeine in Zuſammenhang
ſtehenden Knochen verdient ein unvollſtändiger Bogen Erwähnung,
welcher bei dem Embryo zwar Kiemen trägt, die ſich aber ſpäter ver-
lieren und der bei dem erwachſenen Fiſche niemals den Schädel erreicht,
ſondern nur den Eingang des Schlundes von unten umfaßt. Gewöhn-
lich beſteht dieſer Bogen nur aus je einem ſeitlichen Knochenſtücke,
das auf ſeiner Innenfläche häufig mit Zähnen beſetzt iſt und das man
die unteren Schlundknochen(Pharyngea inferiora) genannt hat.
Bei einer ganzen Unterordnung von Knochenfiſchen ſind dieſe Schlund-
knochen in der Mittellinie zu einem einzigen unpaaren Stücke ver-
wachſen.


Das von dem Knochenſyſteme eingeſchloſſene Centralnerven-
ſyſtem
beſteht bei allen Fiſchen aus einem mehr oder minder ge-
ſtreckten, ſtrangartigen Rückenmarke, das in dem oberen Kanale der
Wirbelſäule eingeſchloſſen iſt, und aus einem mehr gewölbten vorde-
ren Theile, dem Gehirne. Aus dem Rückenmarke entſpringen in
Abſätzen, welche den einzelnen Rückenwirbeln entſprechen, die Rücken-
[60]

Figure 32. Fig. 976. Fig. 977. Fig. 978. Fig. 979.

Fig. 976 — 979. Das Gehirn der Forelle (Salmo fario).
Fig. 976. Das Gehirn von oben, Fig. 977. von unten, Fig. 978. von
der Seite, Fig. 979. der Länge nach durchſchnitten. Die Ziffern bedeuten die
zwölf Nervenpaare, wie ſie im Texte aufgezählt ſind. a Verlängertes Mark.
b Kleines Gehirn. c Mittelhirn. d Vorderhirn. e Riechknoten. f Zirbel-
drüſe. g Hirnanhang. h Vierhügel. i Untere Hirnlappen.


marksnerven mit zwei Wurzeln, einer vorderen oder unteren, welche
die bewegenden Faſern enthält, und einer hinteren oder oberen, die
ſtets vor ihrer Verbindung mit der anderen zu einem Knoten an-
ſchwillt und in welcher die empfindenden Faſern verlaufen. Beide
Wurzeln treten meiſt mittelſt geſonderter Löcher aus dem Wirbelkanale
aus und verbinden ſich außerhalb deſſelben durch Queräſte, um dann
ſich hauptſächlich in die ſeitlichen Muskelmaſſen zu verbreiten. Das
Gehirn iſt im Verhältniſſe zu dem Rückenmarke ſowohl, wie zu dem
Körper nur äußerſt klein und füllt die Schädelhöhle meiſt bei weitem
nicht aus. Am beträchtlichſten erſcheint es bei den quermäuligen Kno-
chenfiſchen, wo es auch die complizirteſte Bildung beſitzt. Im allge-
meinen unterſcheidet man an ihm drei Hauptabtheilungen, Vorder-,
Mittel- und Hinterhirn, die ſich bald mehr, bald minder ſcharf von
einander ſcheiden und zugleich wieder häufig in Unterabtheilungen zer-
fallen. Nach vorn bildet der Riechnerve die direkte Fortſetzung des
Gehirnes und zeigt meiſtens in ſeinem Urſprunge zwei ſtärkere Kno-
ten, hinter welchen zwei paarige, meiſt ſolide Anſchwellungen folgen,
die das Vorderhirn (großentheils das Analogon der Hemiſphären
des großen Gehirnes der Säugethiere und des Menſchen) bilden. Auf
dieſe, gewöhnlich kleineren Vorderhirnmaſſen, die in der Tiefe durch
eine quere Commiſſur vereinigt ſind, folgen die größeren Anſchwel-
lungen des Mittelhirnes, von welchen die Sehnerven nach vorn
hin ihren Urſprung nehmen und unter welchen der Hirnanhang mit
ſeinem Trichter ſich befindet. Im Inneren ſind dieſe Anſchwellungen des
[61] Mittelhirnes hohl und zeigen meiſt mannigfaltig gewundene Anſchwellun-
gen an ihrer Hinterwand, welche in ihre Höhle hineinragen und den Vier-
hügeln, den Seh- und Streifenhügeln entſprechen. Hinter dem Hirn-
anhange finden ſich auf der Unterfläche als Ausbildungen des Hirn-
ſtammes zwei ſeitliche Anſchwellungen, die man die unteren Hirnlappen
genannt hat. Das Hinterhirn endlich beſteht wieder aus zwei
Theilen, dem kleinen Gehirne, welches zuweilen ungemein ausgebil-
det iſt und die Form einer phrygiſchen Mütze hat, und dem verlän-
gerten Marke, das nach oben geſpalten iſt und deſſen Höhle ſich unter
dem kleinen Gehirne durch bis nach vorn in die Höhlung des Mittel-
hirnes erſtreckt. Die vielfachen Streitigkeiten, welche über die Deu-
tung der einzelnen Theile des Fiſchgehirnes entſtanden, kamen
hauptſächlich daher, daß man es mit dem Gehirne der erwachſenen
Thiere vergleichen wollte, während ſeine Deutung nur dadurch ſicher-
geſtellt werden kann, daß man die Hirnbildung des Fiſchembryo’s mit
derjenigen der Embryo’s der höheren Thiere vergleicht.


Die Zahl der aus dem Gehirne entſpringenden Nerven iſt faſt
überall dieſelbe und nur bei dem niedrigſten Fiſche, dem Lanzettfiſch-
chen, findet ſich in dieſer Beziehung eine Ausnahme, indem hier nur
einige wenige Nerven als Hirnnerven angeſprochen werden dürften,
die noch zudem nach dem Typus der Rückennerven ausgebildet ſind.
Der Riechnerve(nervus olfactorius 1) iſt faſt bei allen Fiſchen
ſehr ſtark und bildet, wie ſchon bemerkt, die unmittelbare Fortſetzung
des Gehirnes nach vorn; der Sehnerve(nervus opticus 2) erſcheint
nur bei den blinden Fiſchen, deren ſehr wenige ſind, an Maſſe unbe-
deutend und bildet faſt überall ein zuſammengefaltetes Längsband.
Hinſichtlich des Verhaltens der beiden Sehnerven zu einander findet
ein weſentlicher Unterſchied ſtatt, indem ſie bei den eigentlichen Kno-
chenfiſchen ſich vollſtändig in der Weiſe kreuzen, daß der aus der
rechten Hirnhälfte entſpringende Nerve gänzlich in das linke Auge
geht, der aus der linken Hälfte kommende dagegen ſich zu dem rech-
ten Auge begiebt, zuweilen ſelbſt in der Weiſe, daß der eine Nerve
den anderen durchbohrt; bei den Knorpelfiſchen dagegen, ſowie bei den
Ganoiden treten die beiden Sehnerven mit ihrem Innenrande zuſam-
men und verſchmelzen hier ſo miteinander, daß ſie ein liegendes Kreuz,
ein wahres Chiasma bilden. Zu den Augenmuskeln treten gewöhnlich
drei Nervenpaare, die ſich auch bei allen übrigen Wirbelthieren wie-
derfinden, wo der Bewegungsapparat des Auges ausgebildet iſt. Das
vierte Paar(nervus patheticus 4) vertheilt ſich einzig in dem obe-
[62] ren ſchiefen Augenmuskel, das ſechſte Paar(nervus abducens 6)
nur in dem äußeren geraden Augenmuskel, während das dritte
(n. oculomotorius 3) die übrigen vier Augenmuskeln beſorgt. Bedeu-
tend groß iſt das fünfte Nervenpaar(n. trigeminus 5), welches
unmittelbar hinter dem Mittelhirne aus dem Hirnſtamme entſpringt
und Zweige für das Auge, für den Oberkiefer, für die Wangenge-
gend, für den Gaumen und den Unterkiefer abgiebt; gewöhnlich ent-
ſpringt aus ihm noch ein beſonderer Zweig, welcher neben den Dorn-
fortſätzen der Wirbel nach hinten läuft. Dieſes fünfte Nervenpaar,
der Empfindungsnerve für die ſämmtlichen Geſichtstheile, giebt auch
unmittelbar nach ſeinem Urſprunge Faſern an das zunächſtliegende
Nervenpaar, den Geſichtsnerven(n. facialis 7) ab, welcher die
bewegenden Nervenfaſern des Geſichtes enthält und bei den Fiſchen
auf einen einzigen Aſt reduzirt iſt, der an dem Kiemendeckel hinab-
läuft und ſich hauptſächlich an die wenigen Muskeln des Geſichtes
verzweigt. Das achte Paar, oder der Gehörnerve(n. acusticus 8)
iſt meiſtens ſehr bedeutend, aber nur kurz, da er unmittelbar von
dem Gehirne an die Innenfläche des Gehörlabyrinthes tritt. Hinter
dem Gehörnerven findet ſich der Geſchmacksnerve(n. glossopha-
ryngeus 9)
, welcher durch ein eigenes Loch des Schädels in die Kie-
menhöhle dringt, dort einen Knoten bildet und dann einen Zweig in
den Gaumen und einen anderen ſtärkeren über den erſten Kiemenbogen
hinweg an die Zunge ſchickt. Das zehnte Paar, der herumſchwei-
fende Nerve
(n. vagus 10), iſt bei allen Fiſchen außerordentlich
ſtark, entſpringt zur Seite des verlängerten Markes mit vielen Wur-
zeln, bildet meiſt einen großen Knoten, von welchem aus ſeine Zweige
an die Kiemenbögen, den Schlund, den Magen, das Herz und die
Schwimmblaſe gehen und ſendet außerdem einen bedeutenden Zweig
nach hinten, welcher ganz oberflächlich unter der Haut, dem Seiten-
kanale entlang verläuft und dieſem Zweige zuſchickt, die in den Am-
pullenartigen Ausſackungen des Seitenkanales ſich verzweigen. Der
eilfte Hirnnerve fehlt allen durch Kiemen athmenden Wirbelthie-
ren, dagegen iſt faſt bei allen Fiſchen ein dem zwölften Paare, dem
Zungenfleiſchnerven(n. hypoglossus 12) entſprechender Nerve vor-
handen, welcher aber weit nach hinten, in derſelben Weiſe wie ein
Rückenmarksnerve, von dem verlängerten Marke entſpringt, ſich mit
den erſten Rückenmarksnerven verbindet und dann erſt ſich in den
Muskelmaſſen unter der Zunge verzweigt. Es ergiebt ſich aus dieſer
Anordnung der Hirnnerven, daß derſelbe Typus durch alle Wirbel-
thierklaſſen hindurchgeht und wir dürfen demnach auch wohl, ohne
[63] daß nähere Unterſuchungen hierüber angeſtellt wären, den Nerven der
Fiſche dieſelben Funktionen zuſchreiben, welche bei den höheren Wir-
belthieren nachgewieſen ſind.


Die Sinnesorgane des Kopfes ſind bei faſt allen Fiſchen
vorhanden und zeigen nur äußerſt ſelten eine rudimentäre Ausbildung,
ob ſie gleich in ihrer Struktur denjenigen der höheren Thiere nach-
ſtehen. Bei den niederſten Fiſchen, den Lanzettfiſchen und Rundmäu-
lern, iſt die Naſe nur einfach und bildet entweder eine becherförmige
Grube oder ein tiefes, bald häutiges, bald knorpeliges Rohr, welches
bei den Neunaugen geſchloſſen — bei den Ingern (Myxine) aber hin-
ten in die Mundhöhle geöffnet iſt. Bei allen übrigen Fiſchen liegt
die gewöhnlich zierliche Sternfalten bildende Naſenſchleimhaut jeder-
ſeits in einer Grube, welche vorn an der Schnauze in dem Kopfknor-
pel angebracht iſt und bald mit einer Klappe geſchloſſen werden kann,
bei den Knochenfiſchen aber meiſtens zwei hinter einander liegende
Oeffnungen hat, von denen die vordere zuweilen eine durch eine Kno-
chenplatte geſtützte Klappe beſitzt. Das Auge iſt meiſtens ſehr groß,
vorn abgeplattet nnd ſcheint niemals zu fehlen, iſt aber bei den blin-
den Fiſchen mit undurchſichtiger Körperhaut überzogen und entbehrt
dann auch der Augenmuskeln, die ſonſt faſt ſtets in der Sechszahl,
vier gerade und zwei ſchiefe, vorhanden ſind. Augenlider kommen
nur ſelten vor und erſcheinen dann gewöhnlich nur als Falten, die
unbeweglich ſind. Die äußere weiße Augenhaut (Sclerotica) iſt mei-
ſtens in ihrem Inneren durch Knorpel oder Knochenplatten geſtützt
und gewöhnlich durch einen ſehnigen oder knorpeligen Stiel an der
Hinterwand der Augenhöhle befeſtigt; ſie hat die Form eines nach
außen gerichteten Bechers und trägt in dem Falze ihres äußeren Ran-
des die platte, in der Mitte dünnere Hornhaut; ſie wird von hinten
her in der Mitte durch den Sehnerven durchbrochen, welcher ſich in-
nen im Auge zu der becherförmigen Netzhaut (Retina) ausbreitet.
Zwiſchen der Netzhaut und der weißen Augenhaut liegt die aus meh-
reren Schichten beſtehende Aderhaut (Choroidea), welche nach vorn
an dem Falze der Hornhaut ſich befeſtigt und ſich nach Innen als
Regenbogenhaut (Iris) fortſetzt, die gewöhnlich äußerſt lebhaft glän-
zende Metallfarben beſitzt. An der inneren Seite geht dem urſprüng-
lichen Augenſpalte entſprechend eine ſichelförmige Falte der Aderhaut
nach Innen, welche die Netzhaut und den Glaskörper durchbricht und
ſich an die hintere Fläche der Linſe feſtſetzt. Dieſe iſt ungemein groß,
gewöhnlich faſt kugelrund und liegt in einer vorderen Grube des
[64] Glaskörpers, der ſie becherförmig von hinten umgiebt, unmittelbar
hinter der meiſt runden Pupille. Als ein den Augen vieler Knochen-
fiſche höchſt eigenthümliches Gebilde müſſen wir noch die Choroidealdrüſe
erwähnen, ein meiſt hufeiſenförmiges Wundernetz, welches von
den Gefäßen des Auges gebildet wird und allen Knochenfiſchen zu-
kommt, welche Nebenkiemen beſitzen. — Das Gehörorgan, welches

Figure 33. Fig. 980. Fig. 981. Fig. 982.

Fig. 980—982. Das Gehörorgan der Forelle (Salmo fario), vollſtändig
iſolirt und vergrößert.
Fig. 980. Von Außen Fig. 981. Von Innen. Fig. 982. Von Hinten.
a Labyrinthſack. b Vorhof. c Gehörſteine. d Hörnerve. e Aeußerer, f vor-
derer, g hinterer halbzirkelförmiger Kanal. h Gemeinſchaftlicher Stamm bei-
der. i Ampulle.


ſtets gänzlich in dem Schädel eingeſchloſſen iſt, beſteht nur aus dem
Labyrinthe und liegt bei den Rundmäulern in eigenen, mit der Schä-
delhöhle nur durch das Loch der Ohrnerven communicirenden Kapſeln,
bei den Quermäulern ſeitlich in der Knorpelſubſtanz des Schädels,
bei den Knochenfiſchen theilweiſe in den ſeitlichen Knochen und Knor-
peln des Schädels, theilweiſe auch frei in der Schädelhöhle ſelbſt. Es
ſcheint nur den Lanzettfiſchen zu fehlen und beſteht bei den Rundmäu-
lern aus einem Säckchen, welches entweder nur ein oder zwei halb-
zirkelförmige Kanäle zeigt; bei den Knochenfiſchen beſteht es aus einem
gewöhnlich abgeplatteten Sack, der meiſtens zwei, eine größere
und eine kleinere ſteinharte kryſtalliniſche Conkretion enthält, und
aus einem häutigen Vorhofe, in welchem drei halbzirkelförmige Kanäle
ſo einmünden, daß drei Ampullen gebildet werden, an deren Grunde
meiſtens ebenfalls kryſtalliniſche Kalkanhäufungen ſich finden. Bei den
Quermäulern endlich bilden ſich in dem in mehrere Abtheilungen zer-
fallenen Sacke nur weiche kreideartige Conkremente, dagegen iſt das
ganze Gehörorgan in ein knorpeliges Labyrinth eingeſchloſſen, deſſen
[65] innere auskleidende Haut Fortſätze abſchickt, welche das häutige Laby-
rinth befeſtigen und deſſen Höhlung durch einen oder zwei Kanäle
mit einer am Hinterhaupte befindlichen Grube in Verbindung ſtehen,
eine Bildung, wodurch das erſte Rudiment eines äußeren Ohres her-
geſtellt wird.


Der Klaſſe der Fiſche eigenthümlich ſind die elektriſchen Or-
gane
, die man indeß mit Sicherheit bis jetzt nur bei wenigen Fiſchen,

Figure 34. Fig 983.

Anatomie des Zitterrochens (Torpedo).
Die Haut des Rückens iſt in der vorderen Körper-
hälfte entfernt und das elektriſche Organ mit Gehirn
und Nerven blosgelegt. — a Hirn. b Haut mit ihren
Drüſen. c Auge, dahinter das Spritzloch. d Elektri-
ſches Organ. e Kiemen. f Rückenmarksnerven, in die
Bruſtfloſſe gehend. g Rückenmark. h Aeſte des her-
umſchweifenden Nerven (n. vagus) zum elektriſchen
Organ. i Seitennerve.


nämlich bei der Gruppe
der elektriſchen Rochen
(Torpedo), bei dem Zit-
teraale (Gymnotus), dem
Zitterwels (Malapteru-
rus)
und bei den Nil-
hechten (Mormyrus)
nachgewieſen hat. Bei
allen dieſen Fiſchen be-
ſtehen dieſe Apparate,
welche ihre Nerven aus
dem fünften oder dem
herumſchweifenden Paare
oder auch aus dem Rü-
ckenmarke erhalten, aus
gallertartigen Säulen,
welche in häutigen gefäß-
reichen Wänden einge-
ſchloſſen ſind und durch
eine Menge häutiger
Querwände durchſetzt
werden, ſo daß ſie in
der That eine gewiſſe
Aehnlichkeit mit galvani-
ſchen Säulen darbieten.
Auf dieſen häutigen
Zwiſchenwänden verbrei-
ten ſich hauptſächlich die
Nerven, welche äußerſt
zierliche Geflechte bilden und mit ungemein feinen Fäden im Gewebe
der Zwiſchenwände endigen. Die Lagerung dieſer Organe iſt ſehr
verſchieden. Bei den Zitterrochen finden ſich ihrer zwei, die den
mondförmigen Raum zwiſchen dem Vorderkörper einerſeits und der
Vogt, Zoologiſche Briefe II. 5
[66]

Figure 35. Fig. 984.

Anatomie des Hechtes (Esox lucius).
Die ſeitliche Bauchwandung, die Wange und die Schädelwand ſind weg-
genommen, ſo daß das Gehirn, Kiemen und Eingeweide blosgelegt ſind.


[67] Bruſtfloſſe andererſeits ausfüllen und aus einer Menge ſechseckiger,
ſenkrecht ſtehender Säulen beſtehen, deren Zwiſchenwände hori-
zontal übereinander geſchichtet ſind; bei dem Zitteraale, dem kräf-
tigſten aller elektriſchen Fiſche, erſtrecken ſich die Organe zu beiden Sei-
ten des Schwanzes mit horizontalen Säulen und ſenkrechten Quer-
wänden und theilen ſich in zwei Hälften, eine obere größere und eine
untere ſehr kleine, welche den Dornfortſätzen des Schwanzes anliegt.
Bei dem Zitterwelſe liegen die beiden Organe unmittelbar unter der
Haut längs des Leibes und beſtehen größtentheils aus häutigen Blät-
tern mit ſehr kleinen rautenförmigen Zellen. Bei den Nilhechten end-
lich finden ſich nur zwei Säulen, eine obere und untere jederſeits,
die in der Schwanzwurzel unter den Muskeln an den oberen und
unteren Dornfortſätzen der Wirbel anliegen und quere, ſenkrecht ge-
ſtellte Scheidewände zeigen.


Die Verdauungsorgane der Fiſche ſind mannigfacher Weiſe
entwickelt und erreichen zuweilen einen hohen Grad von Complikation.
Von beſonderer Wichtigkeit für die Syſtematik iſt beſonders der Ein-
gang in die Verdauungswege, die Mund- und Rachenhöhle, deren
Zuſammenſetzung durch verſchiedene Knorpel- oder Knochenſtücke wir
ſchon vorher angaben. Es giebt in der That faſt keinen Knochen
unter der Zahl derjenigen, die an der Bildung der Mund- und Ra-
chenhöhle Antheil nehmen, welcher nicht in dieſen oder jenen Fällen
mit Zähnen beſetzt ſein könnte. Einigen, wie den Stören und den
Büſchelkiemern, fehlen freilich die Zähne durchaus. Bei anderen kom-
men ſie nur an einzelnen Knochen vor, wie z. B. bei den Karpfen
nur an den Schlundknochen; nur ſehr ſelten ſehen wir ſie an allen
zahntragenden Knochen entwickelt. Gewöhnlich findet man beim Oeff-
nen des Rachens eines Fiſches auf dem Gaumengewölbe zwei paral-
lele Zahnbogen, von denen der äußere den Zwiſchenkiefern, der innere
den Gaumenbeinen angehört und einen mittleren, dem Pflugſchaarbeine
zukommenden Streifen, während unten ein einziger Zahnbogen vom
Unterkiefer und eine mittlere Reihe vom Zungenbeine getragen wird.
Nach hinten zu ſind gewöhnlich ſämmtliche Kiemenbogen und die obe-
ren und unteren Schlundknochen mit Zähnen und Spitzen beſetzt und
bilden ſo einen ſtacheligen Eingangstrichter in den Schlund. In ſel-
teneren Fällen nehmen auch die Oberkieferknochen, die Flügelbeine und
das Keilbein an der Bezahnung Antheil und vervollſtändigen ſo die
an dem Gaumengewölbe ſichtbaren Zahnlinien. Was nun die Form
5*
[68] der Zähne betrifft, ſo iſt dieſelbe in keiner Klaſſe ſo mannigfaltig,
als gerade bei den Fiſchen und es hält in der That ſchwer,
die wechſelnden Geſtalten unter beſtimmte Normen zu bringen.
Im Allgemeinen kann man zwei Hauptformen unterſcheiden: Fang-
zähne mit mehr ſpitzen Kronen und Mahlzähne mit mehr breiten,
platten Kronen, deren Formen indeß mannigfach in einander über-
gehen. Die Fangzähne haben gewöhnlich die Form eines ſpitzen
Kegels, der nach hinten etwas umgekrümmt iſt, ſo daß er eine Ha-
kengeſtalt erhält; — im Allgemeinen zeigt ſich dann eine Tendenz zur
ſeitlichen Zuſammendrückung, ſo daß der Hakenzahn mehr oder min-
der ſcharfe Ränder erhält und ſeine Spitze einer Dolchklinge oder
einem Lanzeneiſen ähnlich wird; gewöhnlich iſt nur eine ſcharfe Spitze
vorhanden, zuweilen aber finden ſich Widerhaken oder mehrfache Zacken
oder eine meiſelartige Schneide ſtatt einer einfachen Spitze; manchmal
ſind dieſe Fangzähne ungeheuer groß, ſo ſelbſt, daß ſie beweglich
ſind und bei der Schließung des Maules, die ſonſt unmöglich wäre,
in den Rachen zurückgelegt werden; bei einiger Größe ſtehen ſie ge-
wöhnlich in einfacher Reihe in abgemeſſenen Zwiſchenräumen von
einander, ſo daß ſie von beiden Kinnladen her übergreifen, wo dann
oft dieſe Zwiſchenräume durch viele kleinere Zähne ausgefüllt werden.
Dünnere, feinere Fangzähne drängen ſich mehr zuſammen und bilden
einen ganzen Wald auf der Oberfläche der zahntragenden Knochen.
Sind dieſe Zähne noch lang und ſtark, ſo nennt man ſie Kamm-
zähne; — Raſpelzähne ſolche, welche kürzer, aber ziemlich ſtark; Bür-
ſtenzähne, wenn ſie etwa den Borſten einer abgenutzten Bürſte glei-
chen, und Sammetzähne, wenn ſie ſo fein geworden ſind, daß ſie ſich
eher durch das Gefühl, als durch das Geſicht unterſcheiden laſſen.
Die Gaumenzähne der Hechte, die Zähne der Barſche und Aalraupen
(Lota) können unter unſeren Flußfiſchen Beiſpiele dieſer verſchiedenen
Arten der gehäuften Fangzähne bieten. Die Mahlzähne ſind nicht
minder mannigfaltig. Da ſie beſonders dazu beſtimmt ſind, härtere
Theile, wie z. B. Muſchel- und Krebsſchaalen zu zermalmen, ſo bil-
den ſie meiſt flache Scheiben oder mehr oder minder gewölbte Maſſen,
welche gewöhnlich durch gegenſeitige Reibung ſich mehr oder minder
abnutzen. Dieſe platten oder gewölbten Zähne gehen zuweilen un-
merklich in die Form ſtumpfer Kegel über; — manchmal ſind ſie ſehr
groß, vereinzelt, in andern Fällen ſehr klein und ſchießen dann wie
Pflaſterſteine zu einer gemeinſamen Decke zuſammen. Oft ſind dieſe
Platten ſo gebildet, daß ſie vorn einen ſchneidenden Rand herſtellen,
ähnlich dem Schnabel eines Vogels oder einer Schildkröte, und daß
ſie weiter nach hinten eine horizontale Oberfläche bieten, welche zum
[69] Zermalmen dient. Die Struktur der Zähne zeigt ebenfalls grö-
ßere Mannigfaltigkeiten, als in irgend einer anderen Klaſſe vorkom-
men und die Zahnſubſtanzen ſind bei weitem zahlreicher und ihre
Anordnung wechſelvoller, als ſonſt im Thierreiche. Bei den Rund-
mäulern und den Panzerwelſen beſtehen die Zähne aus einer gelben
Hornſubſtanz, die bei den erſteren einen flachen Kegel, bei den letzteren
einen ſpitzigen Haken bildet. Bei den meiſten übrigen Fiſchen wird
die Hauptmaſſe der Zähne von der eigentlichen Zahnſubſtanz gebildet,
einer harten, durchſichtigen Maſſe, welche von Kalkröhrchen durch-
zogen wird, die ſich meiſt nach der Außenfläche des Zahnes hin ver-
zweigen und mit der inneren von der gefäß- und nervenreichen Zahn-
pulpe erfüllten Zahnhöhle in Communikation ſtehen. Nach außen
iſt dieſe Zahnſubſtanz gewöhnlich von Schmelz überzogen, der bei den
Fiſchen nur ſelten jene Säulenſtructur zeigt, welche bei den Säuge-
thieren bekannt iſt, ſondern meiſt vollkommen homogen und von glas-
artiger Sprödigkeit erſcheint. Bei den Fangzähnen bildet dieſer
Schmelz gewöhnlich nur eine Art Kappe für die Spitze und bei den
Mahlzähnen erſcheint er ſehr oft nur an den Rändern, da er in der
Mitte der Zähne abgenutzt iſt. An vielen, namentlich zuſammenge-
ſetzten Zähnen zeigt ſich dann noch eine Verbindungsſubſtanz, ein

Figure 36. Fig. 986. Fig. 988.
Fig. 985. Fig. 987. Fig. 989.

Fig. 985. Längsdurchſchnitt eines Fangzahnes von Pygopterus. Der Schmelz
bildet eine Kapve über der einfachen, eine kegelförmige Markhöhle einſchließenden Zahn-
ſubſtanz. Fig. 986. Querdurchſchnitt eines Fangzahnes vom Knochenhechte (Lepidosteus)
mit gefalteter Zahnſubſtanz. Fig. 987. Längsdurchſchnitt eines zuſammengeſetzten
Mahlzahnes von Callorhynchus. Aus der ſchwammigen Wurzel ſteigen iſolirte Mark-
röhren auf. Fig. 988. Querdurchſchnitt deſſelben Zahnes. Die horizontal durchſchnit-
tenen Markröhren erſcheinen als Löcher, jede von einem Syſtem ſtrahliger Zahnröhrchen
umgeben, die durch Cäment vereinigt ſind. Fig. 989. Senkrechter Durchſchnitt eines
Haifiſchzahnes (Otodus). Die Zahnſubſtanz wird von netzförmigen Markkanälen durch-
zogen und von Schmelzſubſtanz überkleidet.


[70] Cäment, welches meiſtens viel weicher iſt, als die übrigen Subſtan-
zen und durch die Ausbildung von fein verzweigten Kalkräumen der
Knochenſubſtanz einigermaßen ähnlich erſcheint. Betrachtet man das
Verhältniß dieſer Subſtanzen zu einander und zu der ernährenden
Zahnpulpe, welche ſtets im Inneren des Zahnes ſich findet, ſo erge-
ben ſich mehrere verſchiedene Typen der Struktur. Die einfachſte
Struktur iſt diejenige, welche die meiſten kegelförmigen Fangzähne
zeigen. Der Zahn bildet einen Hohlkegel, deſſen innere Axenhöhle
von der gleichfalls kegelförmigen Zahnpulpe eingenommen iſt. Man
kann dieſe Zähne einfache nennen. Bei den Zähnen mit gefal-
teter Zahnſubſtanz
, die ſtets Fangzähne ſind und hauptſächlich
nur bei Knochenfiſchen, wie z. B. beim Knochenhechte (Lepidosteus),
vorkommen, zeigen ſich an der Außenſeite der Zähne tiefe Längsſtrei-
fen, welche beſonders an der Baſis hervortreten und nach der Spitze
hin allmälig abnehmen. Unterſucht man dieſe Zähne genauer, indem
man Querſchnitte macht, ſo ſieht man, daß urſprünglich zwar in der
Mitte eine einfache Markhöhle exiſtirt, daß aber die Zahnſubſtanzen
um dieſelbe herum in zierliche Falten gelegt ſind, die wie die Falten
eines dicken Teppiches erſcheinen, ſo daß die Markhöhle überall in
dieſe Falten ſeitliche Ausläufer ſchickt. Zuweilen werden nun dieſe
Faltungen ſo bedeutend, daß ſie einander berühren, zuſammenwachſen
und nun auf dem Durchſchnitte gewundene Gänge bilden, ſo daß von
der urſprünglichen Markhöhle faſt keine Spur mehr übrig bleibt. So
wird denn der Uebergang zu einem dritten Typus der Zahnſtruktur
gebildet, zu den Zähnen mit netzförmigen Markkanälen,
welche im ganzen Thierreiche einzig bei den Fiſchen vorkommen und
ſtets Fangzähne ſind. Hier findet ſich durchaus keine Markhöhle
mehr. Die Gefäße und Nerven der Zahnpulpe durchſetzen die Zahn-
ſubſtanz nach allen Richtungen hin in Geſtalt netzförmiger Kanäle,
von denen die Zahnröhrchen ausgehen und dieſe ganze Maſſe iſt an
der Krone von einer zuſammenhängenden Schicht von Schmelz über-
goſſen. Endlich als letzte Form ſtellen ſich die zuſammengeſetzten
Zähne
dar, welche nur unter der Form von Mahlzähnen auftreten
und den Knorpelfiſchen eigenthümlich ſind. Auch hier findet ſich keine
gemeinſame Markhöhle, ſondern einzelne ſenkrechte Markröhren, welche
bald gänzlich vereinzelt, bald von einem gemeinſamen Gefäßnetze von
unten her nach der Oberfläche des Zahnes in die Höhe ſteigen. Jede
dieſer Markröhren ſtellt gleichſam einen hohlen Cylinder von Zahn-
ſubſtanz vor, der ſenkrecht auf der Abnutzungsfläche der Zahnkrone
ſteht und alle dieſe einzelnen Cylinder ſind gewöhnlich durch Cäment
[71] zu einer gemeinſamen Maſſe zuſammengegoſſen. Die Befeſtigung
der ſo verſchieden gebildeten Zähne zeigt ebenfalls mehrfache Verſchie-
denheiten. Sehr häufig liegen die Zahnkronen nur in der Schleim-
haut des Mundes und laſſen ſich mit dieſer abziehen, ja ſelbſt, wenn
ſie eine wahre Wurzel haben, wie dieß nur bei den Knorpelfiſchen
vorkommt, ſo iſt dieſe ſtets ſehr ſchwammige Wurzel niemals in eigene
Zahnhöhlen eingekeilt, ſondern nur in die verdickte Schleimhaut ein-
geſenkt und durch vielfache Sehnenfäden in derſelben befeſtigt. Bei
den Knochenfiſchen zeigt ſich niemals eine eigentliche Wurzel und eine
ſolche Einkeilung der Zähne in beſondere Zahnhöhlen, wie ſie z. B.
bei den menſchlichen Zähnen vorkommt. Die Zahnkronen ſind meiſtens
auf eigene Knochenzapfen aufgeſetzt, mit denen ſie entweder durch fa-
ſerige Bandmaſſen verbunden oder auch förmlich verwachſen ſind.
Die Gefäße und Nerven der Zähne dringen dann durch ein Loch
an dem inneren Rande des Sockels ein und durchſetzen denſelben, um
in die Markhöhle des Zahnes zu gelangen; bei einigen Fiſchen ſogar
ſind die Zähne dadurch befeſtigt, daß ihre Kanten in einander eingrei-
fen und dort oft mit Zähnelungen verſehen ſind, ſo daß ſie eine
nathförmige Verbindung zeigen. — Die Entwickelung der Zähne
findet wie es ſcheint, bei allen Fiſchen während der ganzen Zeit ihres
Lebens fortdauernd ſtatt und zwar in der Weiſe, daß die an dem
Mundrande abgenutzten Zähne durch ſolche erſetzt werden, welche von
innen her ſich nachſchieben. Bei allen Zahntypen, die nur in der
Schleimhaut befeſtigt ſind, zeigt ſich deßhalb eine langſame rotatoriſche
Bewegung der Zähne von innen nach außen gegen den Mundrand
hin, ſo daß nur die äußerſten Zähne gerade aufgerichtet ſtehen, die
innerſten und jüngſten Reihen aber ihre nach unten gerichteten Spi-
tzen in einem Falze des Kieferknochens bergen. Bei den auf Knochen-
zapfen befeſtigten Zähnen bildet ſich der Erſatzzahn zur Seite des
alten Zahnes, an deſſen Stelle er ſich ſpäter ſetzt, nicht aber unter
demſelben oder in ſeiner Höhle, wie bei manchen Reptilien.


Die Mund- und Rachenhöhle der Fiſche hat meiſtens, wie
ſchon bemerkt, eine trichterförmig nach hinten zulaufende Geſtalt und
iſt zugleich Eingangshöhle für den Kiemenapparat, deſſen Bogen die
ſeitlichen Wandungen der Rachenhöhle bilden. Gewöhnlich iſt dieſer
Kiementheil der Rachenhöhle nur äußerſt kurz und die Kiemenſpalten
dicht an einander gedrängt, zuweilen aber, wie namentlich bei den
[72]

Figure 37. Fig. 990.

Längsdurchſchnitt der Lamprete
(Petromyzon).
a Mund. b Zunge.
c Naſenrohr. d Hirn,
davor das Auge. e Ohr-
blaſe. f Kiemenſchlauch.
g Herz. h Chorda. i Le-
ber. k Darm. l Rücken-
mark. m Hode. n Nieren.
o After. p Muskelſchich-
ten. q′ u. q″ Rückenfloſ-
ſen. r Schwanzfloſſe. s Af-
terfloſſe. t Schlund.


Rundmäulern, zieht er ſich zu einem langen
Schlauche aus, auf deſſen beiden Seiten ſich
die Kiemenſpalten befinden und der nach hinten
ſich erſt in den eigentlichen Schlund fortſetzt.
Der ganze Darmkanal beſteht weſentlich aus
drei Regionen: aus dem Munddarme, von dem
Schlundkopfe, der Speiſeröhre und dem Magen
zuſammengeſetzt; aus dem Mitteldarme oder
Dünndarme, und aus dem Afterdarme, der dem
Dickdarme und Maſtdarme zugleich entſpricht.
Der Schlund iſt gewöhnlich äußerſt muskulös,
zuweilen trichterförmig erweitert, gewöhnlich
mit Längsfalten beſetzt und in ſeiner Struktur
oft ſo wenig von dem Anfangstheile des Ma-
gens verſchieden, daß man keine beſtimmte Tren-
nung nachweiſen kann. Der Magen ſelbſt
ſcheidet ſich gewöhnlich ziemlich ſcharf in einen
Schlundtheil und Pförtnertheil, indem er meiſt
hakenförmig umgebogen iſt. Oft findet ſich an
der Stelle der Umbiegung ein mehr oder min-
der bedeutender Blindſack vor, der zuweilen ſo
groß wird, daß der Pförtnerantheil nur wie
ein Darm erſcheint, welcher aus dieſem Sacke
entſpringt. An dem Ende des Pförtners findet
ſich gewöhnlich eine häutige Klappe und ein
ſtarker Muskelwulſt, welcher zur Schließung
deſſelben beſtimmt iſt. Unmittelbar hinter dem
Pförtner finden ſich bei den meiſten Knochen-
fiſchen mehr oder minder zahlreiche blinddarm-
artige Ausſtülpungen, die Pförtneranhänge
(Appendices pyloricae), deren Zahl von einem
einzigen bis zu ſechzig und mehr anſteigen kann,
bei den einzelnen Arten aber ſehr fix und be-
ſtimmt iſt. Meiſt ſind dieſe Blinddärme, welche
ganz dieſelbe Struktur beſitzen, wie der übrige
Darmkanal, einfach röhrenartig, zuweilen aber
verzweigen ſie ſich ſo, daß ſie mehr das An-
ſehen einer Drüſe bekommen. Sie entſprechen
offenbar der Bauchſpeicheldrüſe, welche bei einigen Knochenfiſchen und
beſonders bei den quermäuligen Knorpelfiſchen ſtatt ihrer vorkommt.
[73] Von der Einmündungsſtelle der Pförtneranhänge verläuft der Darm-
kanal
meiſt in gleicher Weite, bald mehr, bald minder gebogen, in
der Bauchhöhle fort und geht unmittelbar in den Afterdarm über,
der bald enger, bald weiter iſt. Die vordere Hälfte des Afterdarmes
enthält bei den Neunaugen, ſo wie bei allen Quermäulern und Ganoi-
den, eine ſpiralförmig gewundene Klappe, deren freier ſchraubenförmi-
ger Rand frei in die Darmhöhle hineinragt und die Oberfläche derſelben

Figure 38. Fig. 991. Fig. 993. Fig. 992.

Fig 991—993. Anatomie eines Rochen (Raja marginata).
Fig. 991. Der Roche von der unteren Fläche. Die Bedeckungen ſind
weggenommen, alle Eingeweide in natürlicher Lage, Kiemen und Naſe links
ganz entblößt. Fig. 992. Die Eingeweide der Bauchhöhle entfaltet; Hoden
und Nieren in natürlicher Lage. Fig. 993. Der Darmtheil mit der Spiral-
klappe, weniger verkleinert. a Schnauzenknorpel. b Naſe. c Mund. d Kie-
men. e Herz mit dem Arterienſtiel. f Schultergürtel. g Leber. h Milz. i
Magen. k Spiraldarm. l Bauchfloſſe mit den männlichen Haftanhängen
m. n After. o Schwanz. p Gallenblaſe. q Pankreas. r Hoden. s Nieren.


vergrößert; oder eine förmlich im Inneren des Darms gerollte Klappe.
Den eigentlichen Knochenfiſchen fehlt dieſe Spiralklappe durchaus.
Hinſichtlich der Länge des Darmes finden mannigfache Verſchiedenheiten
ſtatt. Bei den Rundmäulern zeigt derſelbe keine Windungen und läuft
in gerader Linie durch die Bauchhöhle vom Munde zum After; bei
den gefräßigen Raubfiſchen iſt er nur wenig gewunden, bei den Pflan-
zenfreſſern am längſten. Der After findet ſich gewöhnlich ziemlich
weit nach hinten, zuweilen aber weit nach vorn an die Kehle gerückt.
Von den Nebendrüſen des Darmes findet man beſtändig Milz und
Leber vor, die erſtere meiſt in Geſtalt eines ſehr blutreichen, rothen,
abgeplatteten Körpers in der Nähe des Magens; die Leber iſt ge-
wöhnlich ungemein groß, von bräunlicher Farbe, äußerſt fettreich und
[74] liegt in der vorderen Hälfte der Bauchhöhle unmittelbar an dem häu-
tigen Zwerchfelle an; mit wenig Ausnahmen findet ſich überall eine
Gallenblaſe, von welcher aus der Ausführungsgang ſich dicht hinter
dem Pförtner in den Darm einſenkt. Die Galle ſelbſt iſt gewöhnlich
von lebhaft grüner oder gelblich brauner Farbe.


Die Athemorgane der Fiſche beſtehen ſtets aus Kiemen, d. h.
aus weichen, vorſpringenden häutigen Blättchen, auf welchen ſich die
Athemgefäße verzweigen und in deren Umkreis das Waſſer durch den
Mund, die rhythmiſchen Bewegungen des Kiemendeckelapparates und
die Zuſammenziehungen der häutigen und muskulöſen Umgebungen der
Kiemen erneuert wird. Die Kiemenblättchen ſelbſt ſind immer auf
Bogen angebracht, welche die Rachenhöhle umfaſſen und durch Spal-
ten von einander getrennt werden. In Hinſicht der Ausbildung dieſes
Kiemenapparates finden indeß mancherlei Verſchiedenheiten ſtatt. Bei
dem Lanzettfiſchchen findet ſich ein weiter Schlauch, welcher nach hinten
unmittelbar in den Schlund übergeht und deſſen Seiten durch Knorpel-
leiſten gebildet werden, die durch kontractile Spalten von einander
getrennt und überall von Flimmerhärchen überzogen ſind; das Waſſer
wird durch dieſe Flimmerſtrömung erneuert und tritt durch die Spal-
ten in die Bauchhöhle, aus welcher es durch eine in der Mittellinie
gelegene Oeffnung abfließt, durch welche zugleich die Eier nach außen
geführt werden. Bei den Rundmäulern finden ſich beſondere Kiemen-
beutel, meiſt ſieben auf jeder Seite, welche innen mit Schleimhaut
überzogen ſind und außerdem eine muskulöſe und faſerige Hülle haben.
Bei den Ingern (Myxine) haben dieſe Kiemenbeutel bald eine gemein-
ſame, bald getrennte äußere Oeffnungen und kommuniziren jeder durch
einen Gang mit der Speiſeröhre. Bei den Neunaugen dagegen füh-
ren die inneren Gänge der durch getrennte Spalten nach Außen
geöffneten Kiemenbeutel in einen gemeinſamen, an der Bauch-
fläche liegenden Kanal, der hinten blind endigt, vorn aber, wo
er in die Mundhöhle mündet, durch eine Doppelklappe verſchloſſen
werden kann. Bei den Quermäulern finden ſich allgemein an der
Seite des Halſes fünf, nur ſehr ſelten ſechs oder ſieben Kiemenſpalten,
von deren Zwiſchenbrücken häutige Lamellen nach innen gehen, auf
welchen beiderſeits die Kiemenblättchen angeheftet ſind und zwar in
der Weiſe, daß die Schlußlamelle nur auf ihrer vorderen Wand eine
halbe Kieme trägt. Bei den Seekatzen finden ſich dieſelben Lamellen,
aber die Spalten münden nicht frei nach außen, ſondern ſind von
einem häutigen, durch Knorpel geſtützten Kiemendeckel bedeckt, ſo daß
nur eine äußere Spalte zu den Kiemen führt. Bei allen Ganoiden
[75] und ächten Knochenfiſchen endlich ſind die Kiemenſpalten nach außen
durch den knöchernen Deckelapparat geſchützt, welchen wir bei dem
Skelette beſchrieben, und wird auf dieſe Weiſe an jeder Seite des
Halſes eine weite Kiemenhöhle gebildet, in welcher die Kiemenblättchen
frei flottiren und die nach außen durch eine mehr oder minder enge
Spalte geöffnet iſt, je nachdem der Kiemendeckel ganz frei iſt oder
durch überziehende Haut an den Schultergürtel befeſtigt wird. So
ſchwankt die Weite der Kiemenöffnung zwiſchen zwei Extremen, indem
ſie bald auf ein ganz kleines Löchelchen reduzirt iſt, wie bei den Aalen
oder den Büſchelkiemern, bald wie bei den Häringen und Leuchtfiſchen
vom Nacken bis gegen die Spitze des Unterkiefers hin ſich fortſetzt.
Auf dem Kiemenbogen ſtehen in der Regel zwei Reihen lanzettförmiger
Blättchen, welche durch ein dünnes knöchernes oder knorpeliges Stäb-
chen geſtützt werden, auf dem hinteren Rande der Kiemenbogen ein-
gelenkt ſind und durch kleine Muskelchen an- und abgezogen werden
können. Gewöhnlich iſt jeder der vier Kiemenbogen mit einer Dop-
pelreihe von Blättchen beſetzt, ſo daß man vier vollſtändige Kiemen
findet; viele Knochenfiſche aber, wie namentlich die Lippfiſche und
Sonnenfiſche, beſitzen nur drei und eine halbe, die Froſchfiſche nur
drei, die Gattung Malthea nur zwei und eine halbe, und Amphipnous
Cuchia
gar nur zwei Kiemen, während einige Haien (Notidanus) ſechs
und ſieben Kiemen beſitzen. Bei den Fiſchen mit mangelhaften Kiemen
finden ſich dann zuweilen, wie namentlich bei Amphipnous, eigenthüm-
liche Säcke vor, welche von der hinteren oberen Ecke der Kiemenhöhle
ausgehen, ſich längs der Wirbelſäule nach hinten erſtrecken und auf
deren Wänden ſich Kiemengefäße verzweigen. Bei keinem Fiſche aber
exiſtirt eine wahre Lunge, d. h. ein Athemſack, welcher venöſes Blut
empfängt und arterielles abgiebt, und deſſen Oeffnung ſich auf der
Bauchwand des Schlundes befindet; dagegen trifft man bei ſehr vielen
Knochenfiſchen, namentlich bei allen Ganoiden, ein beſonderes ſackför-
miges Organ, welches gewöhnlich aus mehreren Faſerhautlagen beſteht,
innerlich von Schleimhaut überzogen iſt, die zuweilen zellige Vor-
ſprünge beſitzt und das gewöhnlich in der Mittellinie, über allen Ein-
geweiden der Bauchhöhle, jedoch unter der Niere liegt. Dieſe Schwimm-
blaſe
beſteht bei vielen Gattungen aus einer hinteren und vorderen
Hälfte, zeigt zuweilen ſeltſame Anhänge und Veräſtelungen, tritt bei
einigen Familien, wie namentlich bei den Karpfen und Welſen, durch
beſondere Knöchelchen in Verbindung mit dem Gehörorgane und iſt
bald vollſtändig abgeſchloſſen, bald durch einen offenen Gang, der ſich
gewöhnlich in die hintere, ſehr ſelten in die ſeitliche oder vordere
[76] Wand des Schlundes öffnet, mit dieſem letzteren in Verbindung. Die
Gefäße der Schwimmblaſe entſpringen ſtets aus den Körperarterien
und ihre rückführenden Gefäße münden in die Venen ein, nachdem die
Haargefäße oft mannigfache Wundernetze gebildet haben. Die in der
Schwimmblaſe enthaltene Luft wird ohne Zweifel von ihren Gefäßen
abgeſchieden und ſteht durchaus in keiner Beziehung zu der Athem-
funktion, wie ſchon die Dispoſition der Gefäße lehrt, welche ſich auf
der inneren Wand verbreiten. Es entſtehen dieſe Schwimmblaſen
freilich in ähnlicher Weiſe wie die Lungen, als Ausſtülpungen des
Schlundes; da ihnen aber der Charakter von Athemorganen durchaus
abgeht, ſo können ſie auch mit den Lungen nur in entfernter Weiſe
verglichen werden. Sie ſcheinen hauptſächlich dazu zu dienen, das
ſpezifiſche Gewicht der Fiſche zu verringern und durch größere oder
geringere Zuſammendrückung mit dem umgebenden Medium auszu-
gleichen. Zu dieſem Behufe ſind ſogar bei einigen Welſen beſondere
Springfederapparate angebracht, deren Platte durch einen Muskel in
die Höhe gehoben wird, beim Nachlaſſen der Muskelwirkung aber nach
Innen vorſpringt und den Raum der Schwimmblaſe verengert.


Ein eigentliches Herz fehlt nur dem Lanzettfiſchchen, bei welchem
alle größeren Gefäßſtämme Kontraktilität beſitzen. Bei allen übrigen
Fiſchen findet ſich ein muskulöſes Herz, welches unter der Kehle ge-

Figure 39. Fig. 994. Fig. 995. Fig. 996. Fig. 997. Fig. 998.

Herzen verſchiedener Fiſche.
Fig. 994. Herz der Forelle (Salmo fario) von der Seite. Fig. 995. Das-
ſelbe halbirt. Fig. 996. Herz des Kahlhechtes (Amia calva). Fig. 997. Daſſelbe
von vorn geöffnet, um die zwei Reihen halbmondförmiger Klappen und die darüber
geſtellten beiden großen Segelklappen im muskulöſen Arterienſtiel zu zeigen.
Fig. 998. Herz eines Rochen (Raja marginata) geöffnet, um die zahlreichen Klap-
pen im Arterienſtiel ſehen zu laſſen. — a Vorkammer. b Kammer. c Muskulöſer
Theil des Arterienſtiels. d Arterienſtiel.


wöhnlich in dem Vereinigungswinkel der beiden Schultergürtel liegt
und von einem Herzbeutel umſchloſſen wird, der bei den Knorpel-
[77] fiſchen unvollſtändig, bei den Knochenfiſchen aber vollſtändig gegen die
Bauchhöhle hin abgeſchloſſen iſt und ſo eine Art Zwerchfell darſtellt.
Das Herz ſelbſt liegt nur in dem Bereich des venöſen Blutlaufes
und nimmt in einer einzigen, meiſt dünnhäutigen, ungetheilten Vor-
kammer das aus der Leber und dem Körper zurückſtrömende venöſe
Blut auf. Die Vorkammer mündet durch eine mittlere, mit halbmond-
förmigen Klappen verſehene Oeffnung in die ſtark muskulöſe Kammer,
welche gewöhnlich eine dreiſeitige Geſtalt hat und auf ihrer inneren
Fläche viele Muskelbälkchen zeigt. Nach vorn ſetzt ſich die Kammer
mittelſt einer einzigen Oeffnung in die meiſt zwiebelartig angeſchwol-
lene Kiemenarterie fort, an welcher ſich zwei weſentlich verſchiedene
Typen des Baues wahrnehmen laſſen. Bei den Rundmäulern und
den Knochenfiſchen finden ſich nämlich an der Ausmündungsöffnung
der Kammer nur zwei halbmondförmige Klappen, und der Stiel der
Kiemenarterie wird nur durch eine Verdickung des Faſergewebes ge-
bildet, aus welchem die ganze übrige Arterie gewebt iſt. Bei den
Ganoiden und den Quermäulern dagegen bildet der Arterienſtiel wirk-
lich eine Fortſetzung der Kammer und iſt auf ſeiner äußeren Fläche
mit ſcharf abgegrenzten, ſelbſtſtändig kontraktilen Muskelfaſern belegt,
während auf der inneren Fläche ſich eine bedeutende Anzahl über
einander geſtellter Klappen befindet, die in mehrfachen Querreihen,
von welchen jede eine bedeutendere Anzahl von Klappen enthält, über
einander ſtehen. Eine Uebergangsform zwiſchen beiden Typen wird
durch einige Fiſche hergeſtellt, bei welchen die Zahl dieſer inneren
Klappen mehr und mehr zurückſinkt.


[78]
Figure 40. Fig. 999.

Darſtellung des Blutkreislaufes.
Der Fiſch liegt auf dem Rücken; die vom Herzen wegführenden Gefäße
(Arterien) ſind weiß gelaſſen, die zuführenden (Venen) ſchattirt.


Der Kreislauf des Blutes, welches mit einer einzigen Aus-
nahme bei allen Fiſchen roth iſt und meiſt rundliche, ſcheibenförmige
Blutkörperchen enthält, geht in folgender Weiſe vor ſich. Von dem
Herzen aus ſtrömt das Blut durch die große Kiemenarterie und ver-
theilt ſich zu beiden Seiten in die Gefäßbogen, welche die Kiemen-
blättchen ſpeiſen. Die zahlreichen Netze, welche von den Haargefäßen
auf der Fläche dieſer Kiemenblättchen gebildet werden, gehen in die
Kiemenvenen über, deren ſich je eine auf jedem Kiemenbogen ſammelt,
und dieſe Bogen treten dann wieder über dem Kiemengerüſte zu einem
einzigen Hauptſtamme, der Aorta, zuſammen, welcher unmittelbar un-
[79] ter der Wirbelſäule nach hinten verläuft und meiſtens in den unteren
Bogen der Dornfortſätze eingeſchloſſen iſt. Bei denjenigen Fiſchen,
bei welchen die hinteren Kiemenbogen keine Blättchen tragen, läuft
nur ein einfacher Gefäßbogen über den Kiemenbogen weg, um unmit-
telbar in die Körperarterie überzugehen. Die Arterien des Kopfes
entſtehen gewöhnlich ſchon vor der Bildung der Aorta aus der Kie-
menvene des erſten Bogens und die Aorta ſelbſt ſpeiſt auf ihrem Wege
nach hinten die Muskelmaſſen ſowohl durch regelmäßig abgehende
Zweige, welche ſich um die Wirbelkörper herumſchlagen, als auch die
Eingeweide durch einige größere Stämme. Das Körperblut tritt
durch eine am Schwanze einfache, nach vorn gewöhnlich gabelig ſich
theilende Hohlvene in das Herz zurück, nachdem vorher ein Theil
deſſelben das ſogenannte Nierenpfortaderſyſtem gebildet hat. Viele
Venen des Schwanzes und Rumpfes treten nämlich in die Niere und
verzweigen ſich innerhalb derſelben ganz in der Weiſe wie Arterien,
um ſich dann wieder auf’s Neue in die Körpervenen neben der Aorta
zu ſammeln. Das in die Eingeweide ſtrömende Blut ſammelt ſich in
Venen, welche ebenfalls wieder in der Leber ſich in die Haargefäßnetze
des Pfortaderſyſtemes auflöſen und dann zu den Lebervenen zuſammen-
treten, die faſt unmittelbar in die Vorkammer des Herzens übergehen.
So treibt demnach das einzige Herz bei den Fiſchen das Blut regel-
mäßig durch zwei, meiſtens aber durch drei Syſteme von Haargefäßen,
durch das reſpiratoriſche Haargefäßnetz der Kiemen, durch das Ka-
pillarnetz zwiſchen Arterien und Venen, und endlich durch das Kapillar-
netz der an Niere und Leber hergeſtellten Pfortadern, ohne daß auf
dieſem langen Wege irgend eine bewegende Kraft angebracht wäre,
welche eine zweite Impulſion geben könnte. Die unverhältnißmäßige
Stärke der Herzkammer erklärt ſich leicht durch den Hinblick auf dieſe
Verhältniſſe. Außerdem bilden die Nebenkieme, wenn eine ſolche vor-
handen iſt, und die Choroidealdrüſe des Auges noch beſondere Haar-
gefäßnetze, in welchen ſich die Augenarterie verzweigt, um dann wieder
zu einem Stamme zuſammenzutreten, der ſich an die inneren Theile
dieſes Organes begiebt. Als ein beſonderes Gefäßſyſtem zeigen ſich
noch bei den Knochenfiſchen Kanäle, deren Hauptſtamm unmittelbar
unter der Haut an der Seitenlinie verläuft, und wie es ſcheint mit
den ausführenden Gängen der an der Seitenlinie liegenden Schuppen
in Verbindung ſteht. Dieſer Kanal öffnet ſich jederſeits in ein Re-
ſervoir, welches an der Seite der Schwanzwurzel auf der Knochen-
platte liegt, von der die Floſſenſtrahlen getragen werden. Von dieſem
Reſervoir aus führt eine Oeffnung in die Hohlvene, die mit einer
[80] Klappe verſehen iſt, welche das Zuſtrömen von Flüſſigkeit aus dem
Reſervoir in die Hohlvene erlaubt, anderſeits aber dem Austritte des
Blutes aus der Hohlvene in das Säckchen ſich entgegenſtemmt. Der
Kanal, der offenbar mit zum Lymphſyſteme gehört, vielleicht aber auch
dazu beſtimmt iſt, von außen her Waſſer aufzunehmen und in das
Blut überzuführen, erſtreckt ſich nach vorn bis unter den Schulter-
gürtel und öffnet ſich dort in die beiden großen Hohlvenen, die in die
Vorkammer eintreten, wo ſich ein ähnlicher Klappenapparat, wie an
ſeinem hinteren Ende findet.


Als weſentliche Abſonderungsorgane zeigen ſich bei den Fi-
ſchen vornehmlich nur die Nieren, welche unmittelbar unter der
Wirbelſäule, über allen Eingeweiden liegend, ſich gewöhnlich durch die
ganze Länge der Bauchhöhle von vorn nach hinten erſtrecken und nur
auf ihrer vorderen Fläche von einer beſonderen Faſerhaut und dann
von dem Bauchfelle überzogen ſind. Die Harnleiter zeigen ſich meiſt
baumförmig veräſtelt auf der vorderen Fläche dieſer Nieren, die oft
in größerer oder geringerer Erſtreckung in der Mittellinie mit einan-
der verwachſen ſind. An dem hinteren Ende der Bauchhöhle vereinigen
ſich die Harnleiter gewöhnlich in der Mittellinie in einen einzigen
Gang, welcher zu einer Harnblaſe anſchwillt, die ſich entweder hinter
dem After auf einer beſonderen Warze, wie bei den Knochenfiſchen,
oder in die hintere Wand des Maſtdarmes, wie bei den Knorpel-
fiſchen, mündet. Auf der Vorderfläche der Nieren ſieht man außerdem
mehr oder minder bedeutende weißliche oder gelbliche Körperchen, welche
offenbar den Nebennieren entſprechen. Der Harn iſt flüſſig und
waſſerhell.


Die Geſchlechtstheile ſind ſtets nach demſelben Grundtypus
angeordnet, ſo daß ſie auch in ihrer äußeren Form ſich oft ſehr glei-
chen und bei einzelnen Fiſchen nur durch mikroſkopiſche Unterſuchung
ihre ſpezifiſche Natur feſtgeſtellt werden kann. Die keimbereitenden
Geſchlechtstheile, Eierſtöcke und Hoden, liegen ſtets innerhalb der
Bauchhöhle unmittelbar unter den Nieren und über den Darmwin-
dungen und wechſeln ſehr in ihrem Volumen je nach der Jahreszeit,
indem ſie gegen die Fortpflanzungsperiode hin durch die Ausbildung
ihres Inhaltes ungemein anſchwellen, nachher aber zuſammenfallen.
Die Eierſtöcke und Eileiter zeigen verſchiedenes Verhalten. Bei den
Rundmäulern, den Aalen und den Lachſen beſteht der Eierſtock bald
nur aus einer mittleren, bald aus zwei ſeitlichen häutigen Platten,
[81] die mit keinem Ausführungsgange in Verbindung ſtehen, ſondern überall
vom Bauchfelle umkleidet ſind und in deren Dicke ſich die Eier ent-
wickeln. Die reifen Eier durchbrechen die Wandung des Eierſtocks,
fallen in die Bauchhöhle und werden aus dieſer durch eine mittlere
oder zwei ſeitliche Spaltöffnungen nach außen entleert. Genauer be-
trachtet ſind bei dieſer Anordnung dennoch zwei urſprüngliche Bil-
dungstypen vorhanden, indem bei den Rundmäulern und den Aalen
auch den männlichen Organen, den Hoden, der Ausführungsgang
abgeht, während bei den Lachſen derſelbe vorhanden iſt und die ganze
Bildung der Eierſtöcke der letzteren darauf hinweiſet, daß urſprünglich
Eileiter angelegt waren, die aber ſpäter abortiv werden. Bei der
großen Mehrzahl der Fiſche, und zwar weſentlich bei den eigentlichen
Knochenfiſchen, bildet der Eierſtock einen Sack, auf deſſen innerer
Fläche bald Falten, bald vielſeitig geſtaltete häutige Vorſprünge ſich
zeigen, in denen die Eier ſich ſo entwickeln, daß ſie bei dem Durch-
bruche nach ihrer Ausbildung in die Höhle des Eierſtockſackes fallen.
Gewöhnlich ſind die Eierſtöcke paarig, zuweilen aber auch in der Mitte
verſchmolzen. Nach hinten verlängert ſich der Eierſtockſack unmittel-
bar in den Eileiter, der bald früher, bald ſpäter ſich mit demjenigen
der anderen Seite vereinigt und unmittelbar hinter dem After auf
einer zwiſchen dieſem und der Harnöffnung gelegenen Warze ſich nach
außen mündet. Bei einigen Knochenfiſchen, welche lebendige Jungen
gebären, iſt das hintere Ende des Eileiters erweitert, ſo daß es die
ſich entwickelnden Eier aufnehmen kann. Bei mehreren Ganoiden
bildet der Eierſtock eine für ſich abgeſchloſſene Maſſe und der Eileiter,
der gewöhnlich lang und gewunden iſt, hat jederſeits eine weite trom-
petenförmige Oeffnung in der Bauchhöhle, in welche die Eier nach
dem Austritte aus dem Eierſtocke gelangen und ſo nach außen geführt
werden. Bei den Quermäulern endlich findet ſich bald ein unpaari-
ger, bald ein paariger Eierſtock, der ſtets eine abgeſchloſſene Maſſe
bildet und mit den paarigen Eileitern in keiner direkten Verbindung
ſteht. Die Eileiter ſelbſt treten bei dieſen Fiſchen in der Mittellinie
unmittelbar an der Leber zuſammen und haben hier eine gemein-
ſchaftliche Oeffnung, von der aus ſie nach beiden Seiten in die Bauch-
höhle herabſteigen. Nach kurzem Verlaufe zeigt ſich an jedem Eileiter
eine dicke, wohl ausgebildete Drüſe, deren Abſonderung ohne Zweifel
die Hüllenmaſſen der Eier bildet. Nach dem Durchgange durch dieſe
Drüſen erweitert ſich jeder Eileiter bedeutend und bildet eine Art Ge-
bärmutter, in welcher ſich die Jungen weiter entwickeln; die beiden
Uteri münden gemeinſchaftlich durch einen weiten Kanal in die hintere
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 6
[82] Wand des Maſtdarmes ein, wodurch hier eine förmliche Kloake ge-
bildet wird.


Was den Bau der männlichen Geſchlechtstheile betrifft,
ſo wurde ſchon angeführt, daß bei den Neunaugen und den Aalen
die Hoden ebenfalls nur eine gefaltete Platte darſtellen, in welcher
ſich Bläschen ausbilden, die nach erlangter Reife platzen und ihren
Inhalt in die Bauchhöhle entleeren, aus der er durch ſeitliche Oeff-
nungen weggeführt wird. Bei allen übrigen Knochenfiſchen bilden
dagegen die Hoden häutige Säcke, die von mannigfachen Kanälen
durchzogen ſind, welche dem Ganzen faſt das Anſehen eines Schwam-
mes geben; in dieſen verzweigten Kanälen entwickeln ſich die kleinen,
rundlichen, mit kurzem Schwanze verſehenen Samenthierchen und wer-
den durch einen röhrenförmigen Samenleiter nach außen geführt, der
die unmittelbare Fortſetzung des Hodenſackes bildet. Die äußere Mün-
dung iſt für beide Samenleiter gemeinſchaftlich und findet ſich auf
einer Warze hinter dem After, die beſonders bei den lebendig gebären-
den Knochenfiſchen, bei denen eine Begattung ſtattfinden muß, ſehr
entwickelt erſcheint. Bei den Quermäulern zeigen die männlichen Ge-
ſchlechtsorgane einen noch höheren Grad der Ausbildung. Die Sa-
menthierchen entwickeln ſich in kleinen Bläschen, die ſelbſt wieder
von erbſengroßen Blaſen umſchloſſen ſind und in der Subſtanz des
breiten abgeplatteten Hodens eingebettet liegen. Von jeder Blaſe geht
ein Samengang aus, der ſehr fein iſt und allmälig mit den anderen
Samengängen zu einem vielfach geſchlängelten Nebenhoden zuſammen-
tritt, der dann durch einen ebenfalls gewundenen Samenleiter mit dem
Harnleiter gemeinſchaftlich in die Kloake mündet. Außerdem finden
ſich bei allen Quermäulern noch äußere männliche Begattungsorgane,
die in Form zweier langer, cylindriſcher Knorpelanhänge an der Seite
der Bauchfloſſe neben der Schwanzwurzel ſtehen und in deren Rinne
ſich große, aus ſtrahlig geſtellten Blindſchläuchen gebildete Drüſen be-
finden, die einen zähen Klebeſaft abſondern.


Bei allen Fiſchen tritt die Laichzeit nur einmal während des
Jahres ein, gewöhnlich im Frühjahre oder Sommer, bei manchen,
wie bei den Forellen, dagegen auch im Winter; die Fiſche halten ſich
dann meiſtens in Schaaren zuſammen und kommen aus der Tiefe an
die Oberfläche und an den Strand, wo ſie ihre Eier ablegen. Die
größeren Wanderungen, welche unſere Flußfiſche, wie namentlich die
Lachſe, zu gewiſſen Zeiten unternehmen, ſo wie die großen Züge vie-
ler Seefiſche, wie der Sardellen, Häringe und Thunfiſche, finden ihre
[83] Erklärung hauptſächlich in dem Fortpflanzungstriebe. Gewöhnlich
geſchieht die Befruchtung in der Weiſe, daß Eier wie Samen von den
nebeneinander ſchwimmenden Fiſchen dem Waſſer überlaſſen werden
und dieſes die Befruchtung vermittelt; wie denn auch nichts leichter
iſt, als durch künſtliche Befruchtung zahlreiche Fiſchbrut zu erzielen,
was ſogar in neuerer Zeit in induſtrieller Hinſicht wichtig geworden
iſt. Die Zucht der Forellen und Lachſe hat an vielen Orten durch
dieſes Verfahren einen bedeutenden Aufſchwung genommen. Es beſteht
daſſelbe einfach darin, daß man den zur Laichzeit gefangenen Weibchen
die Eier, welche beim leiſeſten Druck aus der Genitalöffnung hervor-
treten, in eine Schüſſel mit Waſſer abſtreicht, dann ein Männchen
auf dieſelbe Weiſe ausdrückt und die milchige Samenflüſſigkeit wohl
in dem ganzen Waſſer über die Eier verbreitet. Dieſe ſind nach kur-
zer Zeit vollſtändig befruchtet und brauchen nur in einem geeigneten
Waſſer, welches für die Forellen klar und fließend ſein muß, auf
Sandboden gehalten zu werden, um ihre vollſtändige Entwickelung
durchzumachen und nach vier Wochen die jungen Forellen ausſchlüpfen
zu laſſen. Dieſe muß man während der erſten zwei Jahre in einem
eigenen, vor Raubzeug geſchützten Weiher, der friſchen Waſſerzufluß
hat, halten, und kann ſie erſt nach Verlauf dieſer Zeit ſich ſelbſt über-
laſſen, wenn man nicht bedeutende Einbuße an der Zahl der Zücht-
linge haben will. Die meiſten Fiſche zeigen durchaus keine Sorge für
ihre Brut und begnügen ſich meiſtens damit, einen gedeckten Ort für
die Ablage ihrer Eier zu finden; — von einigen dagegen, wie von
den Stichlingen, iſt es bekannt, daß die Männchen ein förmliches Neſt
bauen, welches ſie gegen Angriffe zu vertheidigen ſuchen und ſo lange
hüten, bis die Jungen vollſtändig entwickelt ſind.


Die meiſten Fiſche ſind Raubfiſche und nähren ſich entweder von
Thieren derſelben Klaſſe oder von anderen Geſchöpfen, Krebſen, Mu-
ſcheln, Inſektenlarven u. ſ. w., die ſich im Waſſer aufhalten. Nur
wenige begnügen ſich mit Pflanzennahrung. Die meiſten leben im
Meere, und zwar wird die Zahl der Familien und Arten im Ganzen
um ſo anſehnlicher, je weiter man gegen die tropiſche Zone vordringt.


Einige Ordnungen, wie die Quermäuler, ſind durchaus auf das
Meer, andere Familien, wie Karpfen und Hechte, auf das ſüße Waſſer
eingeſchränkt; doch giebt es manche Familien und ſelbſt Gattungen,
in welchen die einen Arten das ſüße Waſſer, die anderen das Meer
bewohnen, und viele Arten exiſtiren, welche gewöhnlich in dem Meere
ſich aufhalten, zur Laichzeit aber oft ziemlich weit in die Flußmün-
dungen hinauf ſteigen, um ſich dort ihrer Eier zu entledigen. Die
6*
[84] Maifiſche (Alosa), aus der Familie der Häringe, die Lachſe und Störe
ſind in dieſem Falle.


Die Entwickelung der Fiſche iſt bis jetzt hauptſächlich nur
an Knochenfiſchen ausreichend verfolgt worden, und während man von
den Quermäulern zwar viele Einzelheiten kennt, fehlen uns bis jetzt
jedwede Beobachtungen über die Entwickelung der niederſten Typen
der Klaſſe der Rundmäuler und der Lanzettfiſche, deren Beobachtung
um ſo mehr von Intereſſe ſein würde, als ſie gerade die niederſten
Typen des ganzen Wirbelthierkreiſes einſchließen. Wir geben im Fol-
genden zuerſt eine Skizze der Entwickelungsgeſchichte der Knochenfiſche,
um daran die Auseinanderſetzung derjenigen Eigenthümlichkeiten zu
reihen, welche die Fortpflanzung der Knorpelfiſche und namentlich der
Quermäuler auszeichnen.


Das friſche Ei, welches eben den Leib der Mutter verlaſſen
hat, zeigt bei den Fiſchen eine helle Dotterkugel, in welcher ſtets ein
oder mehrere ölige Tropfen in Mitten einer eiweißhaltigen Flüſſigkeit
ſchwimmen. Der Dotter ſelbſt iſt von einer äußerſt zarten Dotterhaut
umhüllt und zeigt keine Spur mehr von Keimbläschen und Keimflecken,
welche früher ſehr deutlich waren. Nach außen hin wird der Dotter
von einer härteren, oft lederartigen Eiſchalenhaut umhüllt, welche ſo-
gleich nach dem Eintritte in das Waſſer Flüſſigkeit aufſaugt und ſich
ſo etwas von dem Dotter entfernt, der innerhalb dieſer Eiſchalenhaut
jetzt ganz frei ſchwimmt und ſich ſtets ſo dreht, daß der Ort, wo die
öligen Tropfen angehäuft ſind, nach oben gerichtet iſt. Dort erhebt
ſich auch innerhalb der Dotterhaut der Keim, als ein anfangs rund-

Figure 41. Fig. 1000. 1001.

Dieſe, wie die folgenden Figuren,
beziehen ſich ſämmtlich auf die Entwicke-
lungsgeſchichte der Palee (Coregonus
palaea)
eines Fiſches aus der Lachs-
familie.
Fig. 1000. Das Ei mit erhobenem
Keime.
Fig. 1001. Der Keim in Vierthei-
lung.
a Eiſchalenhaut. b Dotter. c Oel-
tropfen. d Keim.


licher Hügel von kleinen durchſich-
tigen Zellen gebildet, die immer mehr
ſcheibenförmig über den Dotter her-
überwachſen und ſo eine Keim-
haut
bilden, welche den Dotter nach
und nach gänzlich einſchließt. Noch
bevor dieſe Umwachſung des Dot-
ters vor ſich geht, zeigt ſich in dem
urſprünglichen Keimhügel, und nur
in dieſem, nicht aber in dem übri-
gen Dotter die Zerklüftung, welche
raſch vorwärtsſchreitend die bekann-
ten Phaſen durchläuft, ſo daß der
Keim ſich in zwei, vier, acht und
weiterer geometriſcher Proportion
folgend, endlich in eine große Anzahl von kernhaltigen Embryonal-
[85] zellen ſpaltet, aus denen ſich die Organe des Embryos aufbauen.
Nun verändert ſich allmälig die Form des Keimes. Er erhebt ſich

Figure 42. Fig. 1002. 1003.

Fig. 1002. Erſte Bildung des Em-
bryo’s, der ſich in der Anſicht von der
Seite zeigt.
Fig. 1003. Weitere Entwickelung
des Embryo’s, deſſen ſeitliche Ausbrei-
tung ſchon bedeutend über den Dotter
herüber gewachſen iſt. Man unterſchei-
det das ſtumpfe, aufgewulſtete Kopfende.
a Eiſchalenhaut. b Dotter. e Em-
bryo. f Peripheriſche Ausbreitung (Keim-
haut). g Kopfende.


in der Mitte, indem er zugleich
peripheriſch ſich ausbreitet und über
den Dotter herüberzuwachſen be-
ginnt; eine Axe läßt ſich erkennen;
man ſieht eine mittlere Furche, welche
allmälig tiefer wird und ſich als
das erſte Rudiment des Central-
nervenſyſtemes und ſeiner Hüllen,
als die ſogenannte Rückenfurche,
darſtellt. Die Wülſte, welche dieſe
Rückenfurche auf beiden Seiten ein-
faſſen, erheben ſich mehr und mehr
und weichen an demjenigen Ende,
welches ſich ſpäter als das Kopf-
ende herausſtellt, ſo auseinander,
daß die ganze Geſtalt der umſchriebenen Vertiefung etwa die eines
Lanzeneiſens iſt. Die eigentliche Embryonalmaſſe grenzt ſich nun auch
deutlicher von der ſcheibenförmigen Keimhaut ab und während die
beiden Wülſte ſich immer mehr zu einem Rohre zuſammenwölben, er-
ſcheint zugleich in der Axe der Embryonalanlage unter der Rücken-
furche die Anlage eines ſoliden Längsſtranges, welcher bald eine
Scheide und einen inneren Kern zeigt und ſich als die Wirbelſaite

Figure 43. Fig. 1004.

Der mehr entwickelte Embryo von
der Bauchfläche aus durch den Dotter
hindurch geſehen. Nur Kopf u. Schwanz-
ende liegen auf der dem Beſchauer zu-
gewandten Dotterfläche. Die Rücken-
furche iſt geſchloſſen, die Augenwülſte
treten hervor, Chorda und Wirbelthei-
lungen find angezeigt.
a Eiſchalenhaut. b Dotter. h Hirn-
wulſt. i Seitliche Augenwülſte. k
Chorda. l Schwanz.


(Chorda dorsalis) darſtellt. Mehr
und mehr bildet ſich nun mit dem
gleichzeitigen Wachsthume der inne-
ren Organe die äußere Form her-
aus; es zeigt ſich eine deutliche
Abgrenzung des Kopftheiles, des
Rumpfes und des Schwanzes, der
ſich zuerſt von dem Dotter abhebt
und mehr und mehr frei wird. Die
ganze Embryonalmaſſe lag urſprüng-
lich mit der Bauchfläche im Bogen
gekrümmt um den Dotter herum;
ſie hat ſich nun nach und nach be-
freit, ſo daß der Raum, durch wel-
chen ſie mit dem Dotter zuſammen-
hängt, ſtets kleiner wird. Der
Dotter ſelbſt nimmt in dem Maaße
[86] ab, als die Maſſe des Embryo wächſt und wird allmälig ganz oder
theilweiſe von den Bauchwänden eingeſchloſſen, ſo daß ſich das Ver-
hältniß zwiſchen dieſen beiden entgegengeſetzten Theilen gerade umkehrt
und der Dotter in der letzten Periode der Entwickelung nur als ein
unbedeutender Anhang des Embryo’s erſcheint, während er früher die
Hauptmaſſe ausmachte und der junge Körper nur als ein geringer
Schmarotzer auf ſeiner Fläche erſchien. Bei dem Ausſchlüpfen aus
dem Eie beſitzt der junge Fiſch meiſtens noch einen Reſt des Dotters,
der bald wie ein Bruchſack an der unteren Fläche des Bauches her-
vortritt, bald auch gänzlich in dem Bauche eingeſchloſſen iſt und nach
und nach aufgezehrt wird. Die Entwickelung der einzelnen Haupt-
organſyſteme berühren wir hier um deßwillen ausführlicher, weil ſie
die Grundlage für die Entfaltung derſelben Syſteme bei den übrigen
Wirbelthierklaſſen bildet, ſo daß, wer die Entfaltung der einfacheren
Organe bei dem Fiſche kennen gelernt hat, auch leichter die verwickel-
teren Bildungen der höheren Wirbelthiere ſich veranſchaulichen kann.


Das Centralnervenſyſtem beſitzt, wie ſchon bemerkt, das
erſte Rudiment ſeiner Subſtanz, wie ſeiner Hülle, in der Rückenfurche,
welche ſich nach oben hin allmälig zu einem vollſtändigen Rohre
ſchließt. Wir bemerkten, daß an dem Kopfende der Raum dieſer

Figure 44. Fig. 1005.

Der Embryo im Ei von der Seite.
Seine ſeitlichen Ausbreitungen ſind von
überall her ſo um den Dotter herumge-
wachſen, daß nur eine nabelartige Stelle,
wo die Dottermaſſe hervortritt (c) dem
Mittelpunkte des Embryo’s gegenüber,
noch uneingeſchloſſen iſt. Herz und
Bruſtfloſſe zeigen ſich in ihren erſten
Anlagen, erſteres vor letzterem hinter
dem Ohrbläschen auf der Dotterfläche.
a Dotter. b Eiſchale. c Dotter-
loch. d Mittelhirn. f Nachhirn. g Ohr-
bläschen. h Auge. i Chorda. k Stelle
des Afters. n Schwanz. p Bruſtfloſſe.


Furche weiter wird und ſo ſchon
in ſeiner erſten Anlage die größere
Anſchwellung eines Gehirnes an-
deutet. Die Rückenfurche ſelbſt und
das aus ihr hervorgehende Rohr
ſind mit einer hellen Flüſſigkeit er-
füllt, aus der ſich nach und nach
die Nervenſubſtanz in der Weiſe
ablagert, daß dieſe Ablagerung zu-
erſt auf dem Boden beginnt und
dann längs der Innenfläche des
Rohres nach oben hin fortſchreitet,
ſo daß nach und nach das Rohr
innen aufs Neue überwölbt wird
und die Nervenſubſtanz eine zweite
Röhre mit vorderer Blaſenerweite-
rung darſtellt. Wo auch irgend
ein Theil des Centralnervenſyſtemes
ſich hervorbildet, ſtets kann man
[87] ſicher ſein, daß der Abſatz der Nervenmaſſe zuerſt auf dem Boden
von dem Hirnſtamme aus aufwuchert und von da nach den Seiten
und nach oben hin fortſchreitet. Das Rückenmarksrohr bleibt
ſtets von gleicher Weite, ſo daß die darin abgelagerte Subſtanz des
Rückenmarkes zuerſt ein plattes Band bildet, deſſen Seiten ſich nach
und nach umbiegen und ohne ſich zu ſchließen zuſammenkommen, ſo
daß in der Mitte nur ein feiner Kanal übrig bleibt, in den von oben
her eine feine Spalte führt. Bei der Hirnerweiterung dagegen zeigen
ſich bald drei hintereinanderfolgende Abtheilungen: eine vordere klei-
nere, das Vorderhirn(d′), eine mittlere, bei weitem größere, das
Mittelhirn(d″) und eine längere aber ſchmälere hintere Abtheilung,
das Hinterhirn oder Nachhirn, welches dem kleinen Gehirne
(e) und dem verlängerten Marke(f) entſpricht. Alle dieſe

Figure 45. Fig. 1006.

Der Embryo im Beginne der Blutbildung. Der Schwanz hat ſich vom Dotter
abgehoben, die Anlagen von Darm und Nieren treten hervor.
Bei dieſer, wie bei den drei folgenden Figuren haben alle Buchſtaben die gleiche
Bedeutung.
a Dotter. b Oeltropfen. c Blutbildungshof. d′ Vorderhirn. d″ Mittelhirn.
e Kleines Gehirn. f Nachhirn. g Ohrbläschen. h Auge. i Wirbelſaite. k After.
l Darm. m Niere. n Schwanz. o Herz. p Bruſtfloſſe. q Naſe. r Mund. s Kie-
men. t Leber. u Embryonale Bauchfloſſe. v Afterfloſſe. w Rückenfloſſe. x Fettfloſſe.
z Embryonale Floſſe ohne Abtheilungen. α Dottervenen. β Dotterpfortader.


Kammern erſcheinen anfangs einfach in der Mittellinie hintereinander
geſtellt, zeigen ſich aber bei der Ueberwölbung der Nervenmaſſe als
aus ſymmetriſchen Hälften zuſammengeſetzt. Das Vorderhirn ſon-
dert ſich allmälig ſcharf von dem Mittelhirn ab und erſcheint in Form
einer langen Spitze, die nach und nach ſich ausdehnt und um die
[88] Schnauzenſpitze herum als Geruchsnerve der Naſengrube entgegenwächſt,
welche anfangs auf der Unterfläche des Kopfes liegt, allmälig aber
gegen die Schnauzenſpitze und auf die Rückenfläche herum wandert.
Auf der Trennungslinie zwiſchen dem Vorderhirne und dem Mittel-
hirne ſieht man ſchon in früher Zeit eine Anhäufung von Zellen er-
ſcheinen, welche auch bei dem erwachſenen Fiſche nicht fehlt und dort
als Zirbeldrüſe bezeichnet werden kann. — Weit verwickelter ſind die
Bildungen des Mittelhirnes. Dieſes bildet von früher Zeit an zwei
weite ſeitliche Ausbuchtungen, die ſich allmälig mehr und mehr von
der mittleren Partie abſchnüren, ſo daß ſie bald die Geſtalt zweier
hohlen Birnen haben, welche durch einen weiten Stiel mit der Mit-
telmaſſe zuſammenhängen; — in dieſem Zuſtande erkennt man in die-
ſen ſeitlichen, nunmehr abgeſchloſſenen Ausbuchtungen die urſprüng-
liche Augenblaſe und in ihrem hohlen Stiele das erſte Rudiment des
Sehnerven, welches nach und nach ſolid wird. Wie aber bei der
Naſe ebenfalls die empfangenden Theile, die Naſengruben, von der
äußeren Haut ausgebildet werden und nur der Geruchsnerve vom
Gehirne ausgeht und dieſen Naſengruben entgegenwächſt, ſo entſpricht
auch die urſprüngliche Augenblaſe nur dem nervöſen Theile des Auges,
der Netzhaut und dem Sehnerven und die übrigen ſchützenden und
lichtbrechenden Theile des Sehorganes werden ebenfalls von der Haut
aus dieſem Hirntheile entgegengebildet. Wir kommen auf die Ausbil-
dung der Augen ſpäter zurück, während wir hier die weiteren Bildun-
gen des Mittelhirnes verfolgen, das in ſeinem mittleren, zwiſchen den
beiden Augenblaſen gelegenen Theile ſich weiter entwickelt. In dieſem
Mittelhirne wuchert alsbald von dem Boden ausgehend ein Gewölbe
empor, welches von vorn her nach hinten überwächſt, ſo wie es auch
von den Seiten her ſich ſchließt. Von dem Hirnſtamme aus bilden
ſich unter dieſem Gewölbe mehr und mehr vorwachſende Theile, welche
den Vierhügeln, den Seh- und Streifenhügeln entſprechen und unter
dem deckenden Gewölbe vorwuchernd, allmälig den Raum zwiſchen
dieſem und dem Hirnſtamme ausfüllen und ſo die Hirnhöhle, die ſich
hier findet, verkleinert. Aus dem Mittelhirne bildet ſich ferner der
Trichter, der nach unten hin einer Einſtülpung der oberen Gaumen-
wand entgegenwächſt, ſich an dieſe anlegt und ſo den Hirnanhang
(Hypophysis cerebri) darſtellt. Dieſe Verbindung geſchieht unmittelbar
[89]

Figure 46. Fig. 1007.

Kopf und Hinterleib haben ſich vom Dotter abgehoben, die allgemeine embryonale
Floſſe zeigt ſich am Hintertheil als niederer Hautſaum. Am Auge iſt die urſprüngliche
Spalte faſt geſchloſſen; im Mittelhirn beginnen die inneren Ablagerungen der Vierhügel.
Die Cirkulation iſt über den ganzen Dotterſack verbreitet, die Gefäße noch unregelmäßig
buchtig. Am Halſe ſieht man zwei Kiemenſpalten; die Bruſtfloſſe iſt in die Höhe ge-
ſchlagen; die Leber erſcheint als dunkler Zellenhaufen auf dem Dotter. Darm und
Harnleiter ſind deutlich als Röhren zu erkennen.


vor dem Ende der Wirbelſaite zwiſchen den beiden Schädelleiſten hin-
durch, die an dieſem Orte ſtets auseinanderweichen. — Das Nach-
hirn theilt ſich früh in zwei hintereinanderliegende Hälften. Unmittel-
bar an der Trennungslinie, welche es von dem Mittelhirne ſcheidet,
knoſpen zwei ſeitliche Säulen hervor, die in Spitzbogenform gegen
die Rückenfläche hin aufwachſen, einander in der Mittellinie erreichen
und nun nach hinten zu der phrygiſchen Mützenform des kleinen
Gehirnes
ſich ausdehnen. Zu beiden Seiten der hinteren Hälfte
des Nachhirnes ſchließen ſich ſehr bald die Ohrblaſen ab, welche auf
der Gränze gegen das Rückenmark hin liegen. Im Allgemeinen be-
merkt man, daß anfänglich die einzelnen Hirnabtheilungen geräumig
in einer Linie hintereinander liegen, ſo daß der Kopf eine bedeutende
Länge im Verhältniſſe zur Körperlänge zeigt, daß aber mit dem Fort-
gange der Entwickelung die einzelnen Hirnabtheilungen, beſonders aber
die hinteren Parthieen ſich ſtets mehr und mehr zuſammenſchieben,
eine Tendenz, die bei den höheren Wirbelthieren noch weit ſtärker
hervortritt.


[90]

Wir haben das erſte Rudiment eines Auges in der Geſtalt einer
hohlen Blaſe geſehen, welche ſeitlich von dem vorderen Theile des
Mittelhirnes ausgeht. Dem äußeren Axenpunkte dieſer Blaſe gegen-
über ſieht man nun von der Außenfläche her eine beutelförmige Ein-
ſenkung ſich bilden, welche mit den Zellen der äußeren Umhüllungs-
ſchicht des Embryos ausgekleidet iſt und deren Tiefe raſch zunimmt,
während zugleich ihr äußerer Eingang ſich nach und nach abſchnürt
und zuletzt ſo vollſtändig verſchwindet, daß ſtatt des Beutels eine
rundum abgeſchloſſene Kugel vorhanden iſt. Dieſe Kugel iſt die Kry-
ſtalllinſe, welche ſich bei allen Wirbelthieren ebenſo wie bei den Fiſchen
und den Kopffüßlern durch Einſtülpung der Haut von außen her bil-
det. Hinter der Linſe erſcheint bald der becherförmige Glaskörper,
welcher die hintere Fläche der Linſe umfaßt und mit dieſer die vordere
Wand der urſprünglichen Augenblaſe ſo nach innen zurückdrängt, daß
zuletzt dieſe vordere Wand die innere Schicht der becherförmigen Netz-
haut bildet. Die Aderhaut des Auges wächſt von oben und hinten
her um den Linſenapparat und die Nervenhaut ſo herum, daß ſie in
der Fig. 1006 dargeſtellten Entwickelungsſtufe wie ein Helm, der nach
unten weit geöffnet iſt, über der Linſe ſitzt; nach und nach lagert ſich
in der anfangs durchſichtigen Aderhaut der ſchwarze Farbſtoff ab und
zugleich wachſen die Ränder des Helmes zuſammen, doch in der Weiſe,
daß unten und innen lange Zeit noch ein Spalt bleibt, welcher zu-
letzt von der vorſpringenden Falte bezeichnet wird, die ſich bei dem
erwachſenen Fiſche von der Aderhaut nach der Linſe begiebt. Die harte
Augenhaut und die Hornhaut differenziren ſich nach und nach aus
der äußeren Umgebung der Augenblaſe hervor und erſcheinen urſprüng-
lich beide von derſelben Durchſichtigkeit. Was die Entwickelung des
Ohres anbetrifft, ſo zeigt ſich dieſes zuerſt in Form eines durchaus
einfachen Säckchens, welches bald gänzlich von der knorpeligen Schä-
delgrundlage eingehüllt wird und mit dem Nachhirne durch den an-
fangs hohlen Gehörnerven in Verbindung ſteht. Sehr bald lagern
ſich im Innern dieſes Säckchens die kryſtalliniſchen Kalkmaſſen ab,
welche ſich nach und nach zu den Gehörſteinchen ausbilden und zu-
gleich ſieht man im Inneren des Säckchens durch Vorwachſen der
härteren knorpeligen Theile die halbzirkelförmigen Kanäle mehr und
mehr ſich abſcheiden, ſo daß die urſprünglich einfache Blaſe ſich bald
[91]

Figure 47. Fig. 1008.

Der Embryo hat vollſtändig die Herrſchaft über den Dotter erlangt. Das Maul
ſteht noch auf der Bauchſeite, der Kiemendeckel hat die Kiemenſpalten völlig über-
wachſen; der Dotterſack iſt in das Innere der Bauchwände aufgenommen; die Oeltrop-
fen in einen znſammengefloſſen. Die embryonale Floſſe beginnt ſich zu theilen. In der
Schwanzfloſſe entſtehen Strahlen.


als aus dem unteren Gehörſacke und aus den drei Kanälen zuſam-
mengeſetzt zeigt. Die Zuſammenſchiebung der einzelnen Hirntheile und
des ganzen Kopfes überhaupt läßt ſich beſonders durch die wechſelnde
Stellung des Ohrs ſehr deutlich beobachten, indem dieſes anfangs
ſehr weit nach hinten, faſt über dem erſten Rudimente der Bruſtfloſſe
liegt und allmälig dem Auge immer näher rückt, ſo daß es gegen

Figure 48. Fig. 1009.

Der Embryo dem Ausſchlüpfen nahe. Der Kopf iſt ſo zuſammengeſchoben, daß
das Ohr bei der Seitenanſicht das Nachhirn verdeckt; der Dotter iſt gänzlich in den
Bauch aufgenommen, das Schwanzende nach oben gekrümmt, ſo daß eine heterocerke
Schwanzfloſſe vorhanden iſt.


das Ende des Eilebens hin mit ſeinem vorderen Rande faſt den hin-
teren Rand das Auges zu berühren ſcheint.


Als erſtes Rudiment des Skelettes erſcheint die Wirbelſaite,
welche ſich in gerader Linie durch den ganzen Körper erſtreckt, indem
ſie zwiſchen den Ohrblaſen beginnt und in dem Rudimente des
Schwanzes endigt. Die Wirbelſaite zeigt ſich von Anfang an als ein
cylindriſcher Stab, der aus großen, ſehr durchſichtigen waſſerhellen
Kernen zuſammengeſetzt iſt und eine dichte Scheide hat, welche nach
[92] vorn in die Grundlage des Schädels übergeht und nach dem Rücken
hin ſich in das faſerige Rohr fortſetzt, in welchem das Rückenmark
eingeſchloſſen iſt. Bei den Knochenfiſchen gewahrt man bald nach dem
Erſcheinen der Wirbelſaite die erſten Spuren der Wirbelbildung in
Geſtalt winkelförmig gebogener Linien, die in regelmäßigen Abſtänden
von einander an dem Körper erſcheinen, die ganzen äußeren Maſſen
bis auf die Wirbelſaite ſelbſt durchſetzen und den Sehnenblättern ent-
ſprechen, welche an den ſeitlichen Muskelmaſſen des Rumpfes ent-
wickelt ſind. Da wo dieſe Linien auf die Scheide der Chorda und
auf die Hülle des Centralnervenſyſtemes auftreffen, erſcheinen als erſte
Verknöcherungen die oberen und unteren Wirbelbogen, welche paarige
Stückchen bilden, die in Spitzbogenform zuſammenſtoßen. Die Wir-
belkörper ſelbſt erſcheinen erſt ſpäter, als ringförmige Verknöcherungen
der Scheide der Chorda, ſo daß die Baſis der Bogenfortſätze in den
verknöchernden Ringen gleichſam wie eingebohrt ſteckt. Die Wirbel-
körper ſelbſt bilden gleich von Anfang an breitere Ringe, die unmit-
telbar zuſammenſtoßen und deren Dimenſionen mit der Zunahme der
Körpermaſſe überhaupt größer werden, während ſie zugleich durch
Aufwachſen neuer Schichten von Außen an Mächtigkeit zunehmen.


Die Scheide der Wirbelſaite ſetzt ſich unter dem Kopfe als Schä-

Figure 49. Fig. 1010.

Schädelbaſis eines Embryo’s der Palee, von
unten geſehen.
Die Bogen des Kiefergaumengerüſtes
ſind weggenommen, dagegen die Anfänge
der Kiemenbogen erhalten. a Das pfahl-
förmige Ende der Wirbelſaite. b Knorpe-
lige Scheidenmaſſe, welche dieſes Ende um-
giebt und ſich ſeitlich in die Knorpel fort-
ſetzt, welche die halbzirkelförmigen Kanäle
umgeben. c Hintere Schlundknochen. d
Die vier Kiemenbogen. e Knorpelmaſſe
in der Umgebung des Gehörorganes. f
Nebenkieme. g Raum zwiſchen den ſeit-


delbaſis in Geſtalt einer feſteren
Maſſe fort, deren eigentliche Grän-
zen anfangs ſchwer zu beſtimmen
ſind, da ſie mit den umgebenden
Embryonalzellen zuſammenfließen.
Sobald indeß feſteres Knorpelge-
webe in der Umgegend des zu-
geſpitzten Endes der Wirbelſaite
ſich entwickelt hat, ſo beobach-
tet man die Bildung einer Schä-
delbaſis, welche mit derjenigen
des Querders (ſ. Fig. 961—963)
eine wahrhaft auffallende Aehnlich-
keit beſitzt. Die Chorda endet pfahl-
förmig in der Mitte einer breiten
Knorpelmaſſe der Nackenplatte, wel-
che nach beiden Seiten hin das Ge-
hörorgan umſchließt und ſo zwei
ſeitliche Ohrkapſeln bildet; — nach
[93]

lichen Schädelleiſten, auf dem der Hirn-
anhang liegt. h Seitliche Schädelleiſten.
i Flügelbeine. k Gaumenbeine. l Ober-
kiefer. m Naſe. n Vordere Knorpelplatte
des Schädels; Geſichtsplatte. o Augenhöhle.


vorn hin ſetzt ſich dieſe Knorpel-
maſſe in zwei mehr oder minder
rundliche Leiſten fort, welche aus-
einanderweichend einen mittleren
Raum zwiſchen ſich laſſen, in den das Ende der Chorda hineinragt
und die nach vorn ſich wieder in einer breiten Knorpelmaſſe vereini-
gen, welche die vordere Partie des Gaumengewölbes darſtellt und
die Geſichtsplatte genannt wurde. Von dieſer vorderen Geſichtsplatte
gehen ſtets zwei Fortſätze nach hinten aus, die erſten Rudimente des
Gaumenbogens, der hier noch als integrirendes Stück der Schädel-
baſis auftritt. Nach oben hin wölbt ſich die Knorpelmaſſe überall,
ohne beſtimmtere Formen zu bieten, um das Gehirn und die hinteren
Theile der Naſe und Augen herum. Während nun an einigen Stel-
len und namentlich in den Theilen der ſeitlichen Schädelleiſten, welche
den mittleren Raum umfaſſen, durch den hindurch der Trichter und
die Ausſtülpung der Mundhöhle ſich zur Bildung des Hirnanhanges

Figure 50. Fig. 1011.

Schädelbaſis eines jungen Stichlings
(Gasterosteus)
bei welchem die Deckplatten des Pflugſchar-
beines und des Keilbeines ſich zu bilden
beginnen. p Pflugſchar. q Keilbein. Die
übrigen Buchſtaben wie in der vorigen
Figur.


begegnen, der Abſatz von Knochen-
maſſe beginnt, entſtehen zugleich die
Deckplatten aus den häutigen Maſ-
ſen, welche den knorpeligen Urſchä-
del umgeben, ohne vorherige Zwi-
ſchenkunft von Knorpelſubſtanz und
ohne daß die Knorpelmaſſe des
Urſchädels an ihrer Bildung Theil
nähme. Man ſieht ſo auf der un-
teren Fläche des Schädels das Keil-
bein und das Pflugſchaarbein, auf
der oberen Stirn-, Naſen- und
Scheitelbeine bei noch jungen Fi-
ſchen, die ſchon ausgeſchlüpft ſind,
als äußerſt dünne, durchſichtige
Knochenplättchen, welche man ſehr
leicht abheben kann und die der
urſprünglichen Form des Knorpel-
ſchädels nicht den geringſten Eintrag thun, ſo daß man dieſen ſogar
noch durch die durchſichtigen Knochenplättchen hindurch erkennt. Von
den Knochen des Geſichts ſcheinen ſich namentlich die Zwiſchenkiefer
und Oberkiefer ebenfalls aus Hautfalten ohne Zwiſchenkunft einer
vorausgehenden Knorpellage zu bilden. Alle verſchiedenen Bogen,
welche die Geſichtsknochen bilden, der Unterkieferbogen, der Zungen-
[94] bogen, die vier Kiemenbogen und der Schlundbogen beſtehen in ihren
urſprünglichen Grundlagen aus einfachen gebogenen Knorpelſtäben,
welche einerſeits an die Schädelbaſis, andererſeits größtentheils an das
ebenfalls ungetheilte, mittlere Zungenbein ſich anlegen und deren ver-
ſchiedene Gelenke und Abtheilungen erſt ſpäter mit der Verknöcherung
hervortreten. Der Kiemendeckelapparat bildet urſprünglich eine einfache
Hautfalte, welche von der Gewebemaſſe hinter dem Auge vorwachſend,
nach und nach die Kiemenſpalten bedeckt, die anfangs vollkommen frei
zu Tage liegen. Dieſe vorſpringende Hautfalte zeigt nur ſpät in ihrem
Inneren feſtere Theile, welche ſich als die Knochen des Kiemendeckels
und der Kiemenhautſtrahlen darſtellen. Die Entwickelung der Bruſt-
floſſen beginnt ſehr frühzeitig und der ganze Schultergürtel, der an-
fangs ſehr weit nach hinten von dem Auge entfernt ſteht, ſcheint ſich
ebenfalls als Hautfalte im Ganzen zu verknöchern, ohne daß ihm
eine knorpelige Grundlage vorherginge. Die Bruſtfloſſe zeigt anfangs
die Geſtalt einer rundlichen ſtummelartigen Platte, deren beſondere
Abtheilungen in Handwurzel und Floſſen erſt ſpäter auftreten. Die
Bauchfloſſen erſcheinen außerordentlich ſpät, erſcheinen aber nichts deſto
weniger ſogar bei denjenigen Fiſchen angelegt zu werden, welche keine
Bauchfloſſen beſitzen, indem ſie ſpäter wieder verſchwinden. Was die
unpaaren Floſſen betrifft, ſo zeigt ſich bei allen Fiſchembryonen ohne
Ausnahme, mögen ſie ſpäter noch ſo verſchiedene Floſſenformen be-
ſitzen, im Anfange der Entwickelung eine unpaare mittlere Hautfalte,
welche um das hintere Ende des Körpers herumgeht, an dem After
unterbrochen iſt und ſich dann nach vorn unter dem Bauche bis zu
dem Dotter hinzieht. Dieſe Hautfalte erhebt ſich nur allmälig,
erhält ſich eine Zeitlang und ſchwindet dann wieder nach und
nach an denjenigen Stellen, an welchen der erwachſene Fiſch
keine Floſſen beſitzt, während da, wo Floſſen beſtehen, ſich die
Strahlen ausbilden. Lange Zeit hindurch aber zeigt ſich die Art
und Weiſe der Entſtehung der unpaaren Floſſen auch noch dadurch,
daß ſie nur allmälig ſich erheben und die Zwiſchenräume zwiſchen
ihnen nicht ſcharf abgeſchnitten, ſondern mehr als ausgeſchweifte
Lücken ſich darſtellen. Eigenthümlich iſt noch die Art und Weiſe der
Ausbildung der Schwanzfloſſe. Urſprünglich iſt die den Schwanz
ſtützende Wirbelſaite vollkommen gerade, ja ſogar nach unten um den
Dotter herum gebogen. Mit der weiteren Entwickelung des Schwan-
zes hebt ſich derſelbe empor und wird dann vom Fiſche im Eie nach
der Seite hin geſchlagen. Das hintere Ende der Wirbelſaite biegt
ſich nun allmälig in ſtumpfem Winkel nach oben auf und dieſe Bie-
[95] gung erreicht ihre größte Höhe etwa zur Zeit, wann der Embryo das
Ei verläßt. Der junge Fiſch hat nun eine weſentlich heterocerke
Schwanzfloſſe, vollkommen ähnlich derjenigen der Haien und Störe
oder der in den älteren Schichten vorkommenden Ganoiden. Nun
entwickeln ſich auf der unteren Fläche dieſes emporgehobenen Endes
der Wirbelſaite die knöchernen Dornfortſätze, welche zu jener Platte
zuſammenſchießen, von der die Floſſenſtrahlen des Schwanzes getragen
werden und damit verkümmert denn auch allmälig jenes aufgebogene
Ende, das indeß auch in den ſpäteren Perioden immer noch in ſeinen
letzten Spuren ſichtbar iſt.


Die Entwickelung der Eingeweide findet der Zeit nach erſt
ſpäter als die Ausbildung der erſten Rudimente des Skelettes und
Nervenſyſtemes ſtatt. Sie geht von einer Schicht von Bildungszellen
aus, welche zwiſchen der Wirbelſaite einerſeits und dem Dotter an-
derſeits ſich allmälig anhäufen. Dieſe platte Zellenſchicht theilt ſich
der Länge nach in zwei übereinanderliegende Blätter, von denen das
eine, der Wirbelſaite anhängende, nach und nach die Nieren ent-
wickelt, während das andere, dem Dotter aufliegende, ſich zu dem
Darme umgeſtaltet. Dieſe letztere Zellenſchicht, die anfangs nur als
platte, gegen den Dotter hin ausgekehlte Hohlrinne erſcheint, wächſt
allmählig mit ihren ſeitlichen Rändern zuſammen und ſchließt ſich mehr
gegen den Dotter ab, indem ſie das anfangs vollkommen gerade, un-
gewundene Darmrohr bildet. Sobald dieſe Abſchließung begonnen
hat, bildet ſich auch nach und nach die Afteröffnung aus und indem
die Bauchwandungen ſich ebenfalls über dem Darmrohre zuſammen-
ſchließen, hebt ſich der Leib des Embryos mehr und mehr von dem
Dotter ab. Gegen die Mitte jenes Verlaufes hin bietet dieſes Darm-
rohr ſtets einen weiten Spalt, der mit der Dotterflüſſigkeit kommuni-
cirt und der ſich mehr und mehr verengt, bis er endlich zu einem
dünnen Gange zuſammenſchwindet, welcher unmittelbar hinter dem
Bruſtgürtel in das nun geſchloſſene Darmrohr ſich einſenkt. An die-
ſer Stelle bildet ſich die Leber in der Weiſe, daß eine dichtere Zel-
lenanhäufung an dem Darmrohre ſich zeigt, welche unmittelbar auf
dem Dotter aufliegt und in der allmälig unregelmäßig verzweigte
Höhlen ſich bilden, welche durch Auseinanderweichen der Zellen ent-
ſtehen und mit der Darmhöhle direkt zuſammenhängen. Dieſe Höhlen
breiten ſich immer mehr und mehr aus, verzweigen ſich und ſtellen
ſich endlich als die Drüſengänge der Leber dar, während das letzte
Rudiment des Dotterkanales ſich als Gallenblaſe conſolidirt. In
[96] ähnlicher Weiſe, wie die Lebergänge, durch nachträgliche Aushöhlung einer
anfangs ſoliden Zellenmaſſe, entſteht die Schwimmblaſe, welche eben-
falls zuerſt als eine ſolide Anhäufung von Bildungsgewebe auf der oberen
Wand des Darmkanales erſcheint, ſich aber dann aushöhlt, mit der Darm-
höhle in Communication tritt und einige Zeit nach dem Ausſchlüpfen
des Embryos aus dem Eie ſich ſo plötzlich mit Luft füllt, daß man
glauben kann, es ſey dieſelbe durch Einſchlucken der äußeren Luft auf-
genommen worden. Nach vorn tritt das Darmrohr in Verbindung
mit der Mundhöhle und dem Kiemenkorbe, welche ſich in fol-
gender Weiſe bilden. Anfangs liegt die Schädelbaſis platt auf dem
Dotter auf, ſo daß die Augen unmittelbar den Dotter berühren, wie
dies in Fig. 1006 dargeſtellt iſt. Die äußere Umhüllungsſchicht geht
unmittelbar von der vorderen Stirnfläche auf den Dotter über, ſo daß
der Kopf gleichſam auf dieſen feſtgeheftet iſt. Allmälig indeß hebt
ſich auch der Vordertheil des Kopfes in ähnlicher Weiſe, wie der
Schwanz und der Rumpf von dem Dotter ab und ſchließt ſich nach
unten zu, ſo daß der Unterkiefer und die Zungenbeinbogen hervor-
treten. Indeſſen bleibt die Mundöffnung ſtets während der ganzen
Zeit des Embryonallebens weit nach hinten auf die Bauchfläche ge-
rückt, wo ſie einen Querſpalt bildet, der mit der Mundöffnung eines
Haifiſches große Aehnlichkeit zeigt. Erſt gegen das Ende des Eilebens
hin tritt die Mundöffnung mehr an die Schnauzenſpitze, erreicht die-
ſelbe aber erſt völlig nach dem Ausſchlüpfen des jungen Fiſchchens
bei denjenigen Gattungen, bei welchen ſie dieſe Stellung beſitzt. Hin-
ter dem Unterkieferbogen, welcher den Rand der Mundſpalte bildet,
zeigt ſich nun am Halſe eine ſeitliche Maſſe von Bildungsgewebe, die
durch ſtets tiefer werdende Spalten in einzelne Bögen zerlegt wird.
Es erſcheinen ſo fünf Kiemenſpalten, welche die verſchiedenen Kiemen-
bogen von einander trennen, auf denen ſich erſt nach einiger Zeit die
Kiemenblättchen zeigen, deren Zahl und Größe ſtets zunimmt, wäh-
rend zugleich der Kiemendeckelapparat von außen her darüber wächſt.
Die Maſſe, welche die zwiſchen den Kiemenſpalten gelegenen Kiemen-
bogen bildet, iſt anfangs nur ſehr weich, erhält aber ſpäter jene
einfachen Knorpelſtützen, die wir früher erwähnten.


Die Entwickelung des Blutgefäßſyſtemes iſt von der größten
Wichtigkeit für die Ausbildung der einzelnen Organe, indem zwar
die erſte Anlage derſelben überall ohne Dazwiſchenkunft eines allge-
meinen Säfteumlaufes von den embryonalen Bildungszellen ausgeht,
die ſpätere Entwickelung aber nicht ohne Vermittlung des Blutlaufes
ſtattfindet, durch welchen hauptſächlich die allmälige Aufſaugung des
[97] des Dotters und ſeiner Umwandlung in Bildungsſtoff erreicht wird.
Das Herz zeigt ſich zuerſt in der Form einer ſoliden Zellenanſamm-
lung, welche in der Kehlgegend zwiſchen dem Dotter und dem Halſe
ſich findet und ſehr bald von einer kreisförmigen Grube umgeben iſt,
über welche die Umhüllungsſchicht der äußeren Haut einen geräumigen
Sack bildet. Dieſe Zellenanhäufung des Herzens höhlt ſich bald in
ihrem Inneren aus, ſo daß ſie einen dickwandigen Schlauch darſtellt,
der anfangs nach allen Seiten hin, namentlich auch an beiden Enden
vollſtändig geſchloſſen iſt und wurmförmige Zuſammenziehungen zeigt,
welche von hinten nach vorn fortſchreiten. Durch dieſe Bewegung
werden einige wenige Zellen, die offenbar von der inneren Wand
des Schlauches ſtammen, in demſelben hin und her getrieben. All-
mählig bilden ſich nun die Blutgefäße in allen Theilen des Körpers
durch Auseinanderweichen der Bildungszellen, ſo daß die erſten Blut-
gefäße offenbar verzweigte Hohlräume in dem Gewebe darſtellen.
Hauptſitz der Blutbildung iſt bei dem Embryo die Oberfläche des
Dotters, auf der ſich hautförmige Schichten von Zellen ablagern, die
zur Bildung von Blutgefäßen auseinanderweichen. Anfangs bilden
dieſe Zellen nur einen kreisförmigen Hof, im Umkreiſe der Baſis des
Herzens, den man den Blutbildungshof nennen kann, der aber
bald ſich über die ganze Oberfläche des Dotters ausbreitet. Die Aus-
bildung der Bahnen, welche das Blut durchläuft, alſo die ſpeziellere
Anordnung des peripheriſchen Gefäßſyſtemes, wechſelt außerordentlich
mit den einzelnen Phaſen des embryonalen Lebens, ſo daß es ſchwer
hält, hiervon eine allgemeine Ueberſicht zu geben. Der anfangs ein-
fache Herzſchlauch theilt ſich nach und nach in drei hintereinander lie-
gende Abtheilungen, Vorkammer, Herzkammer und Arterienſtiel, deren
Zuſammenziehungen einander rhythmiſch ihrer Lagerung nach folgen. Nach
und nach ſchieben ſich dieſe Abtheilungen übereinander und zugleich
bildet ſich der Kreislauf mehr und mehr demjenigen des erwachſenen
Fiſches entgegen. Vor dem Auftreten der Kiemenſpalten erſcheint der
Kreislauf ſehr einfach. Der aus dem Herzen kommende Blutſtrom theilt
ſich, ſobald er unter der Schädelbaſis angelangt iſt, in zwei Strö-
mungen, eine nach vorn gegen den Kopf hin, eine nach hinten, welche
der Wirbelſaite bis in die Aftergegend folgt, dort umbiegt, nach dem
Herzen zurückſtrömt und ſich in zwei Ströme theilt, von denen der
eine über den Dotter, der andere längs der Wirbelſaite hin dem
Herzen zuſtrömt. Der obere venöſe Körperſtrom verbindet ſich mit
dem von dem Kopfe zurückkehrenden Strome an der Anlagerungsſtelle
des Schultergürtels und läuft nun nach unten, wo er an der hinteren
Bogt. Zoologiſche Briefe. II. 7
[98] Ecke des Herzſchlauches mit dem über den Dotter zurückkehrenden
Strome zuſammentrifft und in die Vorkammer eingeht. Nirgends
finden ſich bei dieſen urſprünglichen einfachen Blutſtrömungen hier,
wie bei allen anderen Wirbelthieren, ſeitliche Verzweigungen. Zwi-
ſchen die von dem Herzen ausgehenden und zu demſelben zurückkeh-
renden Strömungen iſt kein Netz von Haargefäßen eingeſchoben. Man
ſieht den Strom in ſeiner ganzen Fülle dem Stoße des Herzens fol-
gend vorn und hinten in ſeiner Bahn umbiegen und nach dem Herzen
zurückkehren. Das Blut iſt anfänglich vollkommen farblos und ſeine
Bewegung läßt ſich nur durch das Rollen der farbloſen Blut-
zellen unterſcheiden; nach und nach treten gelbröthlich gefärbte Blut-
körper auf, wodurch es dann leichter wird, unter dem Mikroſkope
die Gefäßbahnen in dem durchſichtigen Embryo zu verfolgen. Je
mehr ſich dieſe Blutkörperchen ſowie die Kiemenbogen ausbilden, deſto
zahlreicher werden die Aeſte, deſto mehr entwickelt ſich das kapillare
Gefäßnetz zwiſchen den Arterien und den Venen. Mit der vollſtän-
digen Ausbildung der Kiemenbogen bekommt die Cirkulation einen
neuen Impuls. Die Kiemenarterie theilt ſich in ebenſo viele Bogen
als Kiemenbogen vorhanden ſind und dieſe verſchiedenen Ge-
fäßbogen laufen, ſo lange keine Kiemenblättchen entwickelt ſind,
ungetheilt über die Kiemenbogen weg, um ſich über denſelben zur
Bildung der Aorta zu vereinigen. Zu dieſer Zeit nimmt der
Dotter die Stelle ein, welche ſpäter der Leber zukommt. Das von
dem Körper zurückkehrende Blut läuft großentheils (mit Ausnahme
der kleineren Blutmenge, die in der oberen Hohlvene nach vorn ſtrömt)
längs des Darmkanales nach vorn, ſetzt dann auf den Dotter
über und vertheilt ſich auf der ganzen Oberfläche deſſelben in Netzen,
welche ſich allmälig zu einer Dottervene ſammeln, die in die Vor-
kammern eindringt. Auf dieſe Weiſe wird eine förmliche Dotterpfort-
adercirkulation gebildet, welche aber allmälig auf die Leber übergeht.
Indem nämlich der Dotter mehr und mehr an Maſſe abnimmt, ziehen
ſich die ihm angehörigen Blutgefäßnetze in die ſtets wachſende Leber
hinein, in welcher ſich nun der Pfortaderkreislauf fixirt. Zugleich
wachſen auf den Kiemenbogen die reſpiratoriſchen Blättchen; — in
jedes derſelben biegt anfangs eine Seitenſchlinge der Kiemenarterie
ein, die ſich aber mehr und mehr veräſtelt und ſo nach und nach das
Haargefäßnetz des Kiemenblättchens herſtellt. Sobald der Embryo
das Ei verläßt, iſt ſeine Cirkulation vollkommen dieſelbe in ihren
Grundzügen, wie die des erwachſenen Thieres. Ueber die Entwicke-
lung der Geſchlechtstheile bei den Fiſchen beſitzt man noch durchaus
gar keine Beobachtungen.


[99]

Die Unterſchiede, welche ſich in der Entwickelung der Haien
und Rochen
finden, beruhen vorzüglich darauf, daß bei den meiſten
derſelben keine Eier gelegt, ſondern lebendige Jungen geboren werden,
welche ſich innerhalb einer beſonderen Erweiterung des Eileiters, die
man als Gebärmutter bezeichnen kann, entwickeln. Bei den Seekatzen,
ſo wie bei denjenigen Haien (Scyllium) und Rochen, welche Eier
legen, ſind dieſe von einer ſehr dicken hornigen Schale eingehüllt, die
gewöhnlich viereckig und abgeplattet iſt und ſeitliche Spalten hat, durch
welche das Meerwaſſer in das Innere des Eies eindringen kann.
Die ganze Entwickelung des Embryos geht in dieſen Eiern erſt vor
ſich, nachdem ſie gelegt ſind. Bei den lebendig gebärenden Haien fin-
den ſich zwei verſchiedene Gruppen, nach der Bildung des Eies; bei
den Einen, wozu namentlich die Hunds- und Menſchenhaien gehören
(Galeus; Carcharias), beſitzt das Ei eine äußerſt feine, hornige, durch-
ſcheinende, ſtrukturloſe Schale, welche abgeplattet iſt und eine lange
Hülſe bildet, die wohl ſieben bis achtmal ſo groß als der Dotter iſt.
In der Mitte dieſer am Rande gefalteten Eihülſe liegt der längliche
Dotter, von Eiweiß umgeben, das ſich nach der einen Seite band-
artig fortſetzt. Dieß Eiweiß zieht außerordentlich viel Flüſſigkeit
während der Embryonalentwickelung an ſich, ſo daß das Ei bedeutend
an Größe und Gewicht zunimmt. Die feine Eiſchalenhaut erhält ſich
während der ganzen Entwickelungszeit, während dieſelbe bei den Haien
ohne Afterfloſſe und Nickhaut (Mustelus etc.) ſehr früh verſchwindet
und der Embryo ganz nackt in dem Uterus liegt. Eine zweite Eigen-
thümlichkeit der Embryonen der Quermäuler beſteht in einem gewöhn-
lich birnförmigen äußeren Dotterſack, der durch einen langen Stiel
gerade zwiſchen den beiden Bruſtfloſſen in den Leib übergeht und dort
in den Darmkanal einmündet. Bei den meiſten Haien und Rochen
erweitert ſich der Dottergang im Inneren der Bauchhöhle noch zu
einem zweiten inneren Dotterſacke, welcher indeß einigen Gattungen
zu fehlen ſcheint. Der Stiel des Dotterſackes enthält außer dem in
den Darm mündenden Dottergange noch eine Arterie und eine Vene,
welche die Blutcirkulation auf dem Dotter vermitteln. Bei einer Art
der Gattung Mustelus hat man merkwürdigerweiſe entdeckt, daß auf
dem Dotterſacke Zotten entſtehen, welche in entgegenkommende Zotten
der Eileiterwandung eingreifen und Schlingen der Dottergefäße ent-
halten, ſo daß hier ein förmlicher Mutterkuchen, eine Dotterplacenta
hergeſtellt wird, durch welche der Fötus in derſelben Weiſe an die
Wand der Gebärmutter geheftet wird, wie der Embryo der Säuge-
thiere. Es iſt dieſe Bildung einer Dotterplacenta um ſo auffallender,
7*
[100] als bei einer ſehr nahe verwandten Art derſelben Gattung, wie bei
allen übrigen Haien und Rochen, keine Spur eines ſolchen Mutter-
kuchens vorkommt. Endlich heben wir noch ganz beſonders hervor,
daß die Embryonen aller Quermäuler zu einer gewiſſen Zeit ihres
Lebens äußere Kiemen beſitzen, welche in Geſtalt feiner Fäden auf
den Rändern der Kiemenſpalten aufſitzen und deren Struktur keinen
Zweifel läßt, daß ſie der Athemfunction dienen. Bei den Embryonen
der Knochenfiſche kommt keine Spur ſolcher äußeren Kiemen vor und
auch bei den Rochen und Haien verſchwinden ſie gänzlich vor der
völligen Reife der Embryonen. Bei manchen Gattungen hat man
noch an dem Rande des Spritzloches ebenfalls ſolche Kiemenfäden ent-
deckt, welche aber noch weit früher verſchwinden, als die Fäden an
den Rändern der Kiemenſpalten. Bei keinem erwachſenen Fiſche findet
ſich eine Spur ſolcher äußerer Kiemen vor, während ſie bei den nie-
deren Amphibien das ganze Leben hindurch bleiben und ihre Anwe-
ſenheit bei erwachſenen Thieren einen Charakter für die Amphibien-
natur giebt.


Die Claſſifikation der Fiſche erſchien von jeher als eine
der ſchwierigſten Aufgaben der Zoologie, zumal da man bis auf die
neueſte Zeit in künſtlicher Weiſe nur auf einen einzigen Charakter
Rückſicht nahm und dieſen bald in der Stellung der Bauchfloſſen,
bald in der Natur der Floſſenſtrahlen, bald in der Struktur der
Schuppen zu finden glaubte, alles Charaktere, welche zwar einen
großen Werth beſitzen, aber dennoch niemals in exkluſiver Weiſe gel-
ten können. Erſt in der neueſten Zeit hat man, auf vielfache anato-
miſche Unterſuchungen geſtützt, die Ordnungen durch anatomiſche
Merkmale zu begränzen geſucht und ſo iſt es gelungen, ein natürliches
Syſtem aufzuſtellen, welches zwar durch weitere Verfolgung der ana-
tomiſchen Unterſuchungen und namentlich der noch ſehr mangelhaften
Beobachtungen über die Entwicklungsgeſchichte vielfältige Umgeſtaltun-
gen erfahren wird, vorläufig aber wenigſtens das Verdienſt beſitzt,
daß es ziemlich genau dem Stande unſerer jetzigen Kenntniſſe ent-
ſpricht. Wir theilen hiernach die Fiſche in ſechs Ordnungen, die wir
kurz in folgender Weiſe charakteriſiren.


Die Röhrenherzen(Leptocardia), die niederſten Wirbelthiere
überhaupt darſtellend, mit wurmförmig pulſirenden Gefäßſtämmen, ohne
beſonderes Herz, mit einfacher Wirbelſaite, ohne Schädel und mit völlig
rudimentärem Gehirne.


Die Rundmäuler(Cyclostomata), mit knorpligem Skelette,
aus einer Chorda und embryonaler Schädelkapſel gebildet, rundlichen
[101] Kiemenſäcken, rundem Saugmunde ohne Kiefer, nur durch Lippen-
knorpel geſtützt und einem Herzen, deſſen Arterienſtiel faſerig iſt und
an dem Urſprunge zwei Klappen beſitzt.


Die Knorpelfiſche(Selachia) mit knorpeligem Skelette, das
aber meiſt getrennte Wirbel zeigt, einfacher knorpeliger Schädelkapſel,
an welcher niemals eine Spur von Deckplatten entwickelt iſt, ange-
wachſenen Kiemen und einem muskulöſen Arterienſtiel, der mehrere
Reihen von Klappen im Innern zeigt.


Die Schmelzſchupper(Ganoidea) mit bald knorpeligem, bald
knöchernem Skelette, Deckplatten am Schädel, freien Kiemen, welche
durch einen Kiemendeckel beſchützt werden und einem muskulöſen Arte-
rienſtiele, in deſſen Innerem ſich mehrere Reihen von Klappen be-
finden.


Die eigentlichen Knochenfiſche(Teleostia) mit knöchernem
Skelette, freien Kiemen und Kiemendeckeln und faſrigem Arterienſtiele
ohne Muskelbeleg, an deſſen Urſprunge nur zwei halbmondförmige
Klappen ſich befinden.


Mehrere dieſer Ordnungen haben wieder Unterordnungen, welche
zahlreiche Familien einſchließen, wie denn überhaupt die Fiſche nächſt
den Vögeln die zahlreichſte Wirbelthierklaſſe ausmachen.


Die geologiſche Entwicklung der Klaſſe der Fiſche iſt
beſonders um deſſenwillen wichtig, weil dieſe niederſten Wirbelthiere
zugleich die einzigen ſind, welche von der früheſten Zeit an durch alle
Perioden der Erdgeſchichte hindurch in ſo zahlreichen Typen ſich fin-
den, daß man etwa fünfzehnhundert Arten bis jetzt gefunden hat.
Von den Röhrenherzen, ſowie von den Rundmäulern, welche durch-
aus keine feſten Theile beſitzen, die bei der Verſteinerung ſich erhalten
konnten, ſind keine Spuren auf uns gekommen; dagegen beſitzen wir
von den drei übrigen Ordnungen Knochen, Zähne und harte Haut-
bedeckungen in oft überraſchender Erhaltung. In den älteſten Schich-
ten bis zu der Kreide hin finden ſich einzig nur Knorpelfiſche und
Schmelzſchupper, dagegen durchaus keine eigentlichen Knochenfiſche vor,
die erſt mit der Kreidezeit auftreten. Je älter die Formation, deſto
abweichender ſind auch die Formen und während man bis jetzt keine
einzige foſſile Art gefunden hat, welche mit einer lebenden identifizirt
werden könnte, ſo beginnen auch erſt in der Tertiärperiode Gattungen
aufzutreten, wenn auch ſehr ſparſam in den älteren Schichten, welche
mit den jetzigen übereinſtimmen und nur verſchiedene Arten zeigen.
In den älteſten Schichten, wie namentlich in dem alten rothen Sand-
ſteine, treten jene bizarren Formen der Ganoiden auf, welche man
[102] zu den Inſekten zählte, bald als Krebſe oder Schildkröten betrachtete.
Es überwiegen Typen mit perſiſtenter Wirbelſaite und durchaus knor-
peligem Schädel, der nur von großen Hautknochenplatten geſchützt iſt.
Auch in den folgenden Formationen bis zu dem Jura hin zeigt ſich ſtets
dieſes Vorwiegen von Gattungen mit knorpeligem oder faſerknochigem
Skelette, das auf einen niederen Grad der Ausbildung hindeutet;
zugleich findet ſich bis zu dem Jura faſt kein einziger foſſiler Fiſch,
welcher eine wahrhaft homocerke Schwanzfloſſe beſäße. Erſt in dem
Jura treten Ganoiden auf mit gleichlappiger Schwanzfloſſe, wohlaus-
gebildetem Skelette und dünnen runden Schuppen, welche denen der
eigentlichen Knochenfiſche gleichen, die erſt mit der Kreide in das Leben
treten. Die Vervielfältigung der einzelnen Typen nimmt bei den
eigentlichen Knochenfiſchen ungemein zu, je mehr man ſich der jetzigen
Schöpfungsepoche nähert, während im Gegentheile die zahlreichſten Typen
der Ganoiden in den älteſten Zeiten bis zu dem Jura ſich vorfinden,
dann aber nach und nach ausſterben, ſo daß jetzt nur einige ſeltene
Repräſentanten dieſer mächtigen Ordnung vorhanden ſind, welche früher
mit den Knorpelfiſchen allein die ganze Fiſchfauna, ja ſelbſt den ganzen
Kreis der Wirbelthiere repräſentirte.


Ordnung der Röhrenherzen. (Leptocardia.)

An ſandigen Küſtenſtellen der Nordſee, Italiens und ſelbſt Süd-
amerika’s hat man ein kleines Fiſchchen von höchſtens 2 Zoll Länge
entdeckt, welches von dem erſten Beobachter für eine Schnecke gehal-
ten, ſpäter aber als das niedrigſt ſtehende Wirbelthier erkannt wurde.

Figure 51. Fig. 1012.

Das Lanzettfiſchchen, Amphioxus lanceolatus (Branchiostoma lubricum), von der Seite geſehen
a. Die Rückenſaite (Chorda dorsalis); b. Mundöffnung mit dem reuſen-
artigen Korbe; c. Kiemenſchlauch; d. Blinddarm; e. Oeffnung der Leibeshöhle
(porus); f. After; g. Schwanzfloſſe; h. Centralnervenſyſtem, an ſeinem vor-
deren Ende das punktförmige Auge und die becherförmige Naſengrube tragend.


Durch ſeine äußerſt abweichende Organiſation ſtellt es ſich als den
Typus einer beſonderen Ordnung und einer eigenen Familie (Amphi-
[103] oxida)
dar, die weiter noch keine Angehörigen zählt. Das Fiſchchen
iſt äußerſt durchſichtig, von lang geſtreckter, ſchmaler Geſtalt, nach
beiden Enden hin faſt gleichmäßig zugeſpitzt; unter dem vorderen Ende
des Körpers befindet ſich der eiförmige Mund, der von einem eigen-
thümlichen Reife knorpeliger Spitzen umgeben iſt, welche ſich zuſam-
menbiegen und ſo die Oeffnung verſchließen können. Die Mund-
höhle, die auf ihrer Innenfläche lebhafte Flimmerbewegung zeigt, welche
eine Art von Räderorgan bildet und Infuſorien in beſtändigem Wirbel
in den Mund einführt, öffnet ſich unmittelbar in den weiten Kiemen-
ſchlauch
, der beinahe die Hälfte des ganzen Thieres einnimmt, und
aus einer Menge ſchief von oben nach unten laufender paralleler
Knorpelſtäbe gebildet iſt, die durch feine Querſparren mit einander
verbunden ſind. An dem hinteren Ende führt dieſer Kiemenſchlauch
durch eine vorſtehende ringförmige Falte unmittelbar in den Umfang
des Darmkanales über. Zwiſchen den Knorpelſtäben befinden ſich
eben ſo viele Spalten, durch welche das Waſſer in die allgemeine
Körperhöhle überfließt und dann durch eine mittlere unpaare Oeffnung
(porus abdominalis) entleert wird, die ſich an der Unterfläche des
Bauches etwa in der Länge des Thieres befindet. Die Bewegung des
Waſſers wird durch eine flimmernde Schleimhaut bedingt, welche nur
die Knorpelſtäbe, nicht aber die Zwiſchenſpalten überzieht, und die ſich
unmittelbar über die ganze Länge des Darmkanales fortſetzt und
in dieſem die Fortbewegung der Verdauungsſtoffe vermittelt. Dieſer
Letztere beginnt, wie ſchon bemerkt, unmittelbar hinter dem Kiemen-
ſchlauche mit einer engeren Stelle, erweitert ſich dann plötzlich und
ſendet einen weiten Blinddarm nach vorn aus, der an der rechten
Seite des Kiemenſchlauches zwiſchen dieſem und der Leibeswandung
liegt, in ſeiner Wandung mit grünen Drüſenkörnern beſetzt iſt und
offenbar der Leber entſpricht. Kurz nach Abgabe dieſes Leber-Blind-
darmes verengert ſich der Darm bedeutend und läuft als kaum gebo-
gene Röhre bis zum After, der ſich am letzten Viertheile des Thieres
etwas auf der linken Seite befindet. Das ganze hintere Ende des
Thieres iſt von einer zarten, embryonalen Floſſe umgeben, welche
an dem Schwanze ſelbſt lanzettartig verbreitert iſt und als ſchmaler
Hautſaum ſich eines Theils bis zum After, anderen Theils über die
größte Länge des Rückens erſtreckt. Das innere Skelett beſteht nur
aus einer Chorda, welche ſich durch die ganze Länge des Thieres von
der Schnautzenſpitze bis zum Schwanzende erſtreckt und an beiden
Orten abgerundet endigt. Unmittelbar auf dieſer Chorda liegt das
Rückenmark, welches an jeder Abgangsſtelle eines Nervenpaares
[104] eine geringe Anſchwellung zeigt und etwas hinter dem vorderen Ende
der Chorda abgerundet aufhört. Auf dieſem Ende ſitzt jederſeits auf
kurzem Stielchen ein kleines Auge aus ſchwarzem Pigmente und einer
halbkugelförmigen Linſe gebildet, die unmittelbar unter der äußeren
Haut liegt. Zwiſchen den beiden Augen findet man auf der rechten
Seite eine mit langen Flimmerhaaren ausgefüllte, becherförmige Grube,
die offenbar das erſte Rudiment einer Naſe darſtellt. Die Ge-
ſchlechtstheile
beſtehen aus traubenartigen Zellenhaufen, die an
der inneren Seite der Leibeswandung liegen und die in ihrem Inneren
entwickelten Eier oder Samenthierchen durch Platzen in die Bauch-
höhle entleeren, von wo aus ſie durch die mittlere Bauchöffnung, den
porus abdominalis, mit dem Athemwaſſer nach Außen geſchafft werden
können. Das Gefäßſyſtem iſt höchſt eigenthümlich; ein Herz fehlt
gänzlich und das durchſichtige, ungefärbte Blut wird durch wellen-
artige Zuſammenziehung der größeren Gefäßſtämme im Körper umge-
trieben und zwar in folgender Weiſe: In der Mittellinie läuft unter
dem Kiemenſchlauche eine Arterie hin, welche an jeden Kiemenbalken
ein Gefäß abgiebt, an deſſen Urſprung eine zwiebelartige Verdickung
ſich befindet, die ebenfalls pulſirt; nach vorn endet die mittlere Kie-
menarterie in zwei pulſirende Bogen, welche den Eingang des Kie-
menſchlauches und die Aorta bilden, die unter der Chorda nach hinten
verläuft und auf ihrem Wege überall die von den Kiemenbalken her-
kommenden Venen aufnimmt. Das durch die Aorta in den Körper
getriebene Blut ſammelt ſich in einer pulſirenden Vene, die längs des
unteren Randes des Darmkanales nach vorn läuft, ſich auf dem
Darme verzweigt und dann wieder eine Hohlvene bildet, die an der
oberen Fläche des Blinddarmes hingeht und ſich unmittelbar in die
Kiemenarterie fortſetzt. Der unter dem Darme hin verlaufende Venen-
ſtamm iſt demnach der Pfortader analog, indem er das vom Körper
kommende Blut an dem Blinddarme vertheilt, der auch durch dieſe
Anordnung des Gefäßſyſtemes ſeine Analogie mit der Leber darthut.
Die angeführte Bildung des Gefäßſyſtemes, die bedeutende Verküm-
merung des inneren Skelettes, das nur aus einer Chorda und einer
häutigen Röhre für das Nervenſyſtem ohne Spur einer Schädel-
kapſel beſteht, und die derſelben entſprechende Verkümmerung des
Centralnervenſyſtems entfernen das Lanzettfiſchchen von allen übri-
gen bekannten Typen und weiſen ihm die niedrigſte Stelle unter den
Wirbelthieren an.


[105]
Ordnung der Rundmäuler. (Cyclostomata.)

Die wurmförmige geſtreckte Geſtalt, die faſt gleichmäßige Dicke

Figure 52. Fig. 1013.

Längsdurchſchnitt der Lamprete
(Petromyzon).
a Mund. b Zunge.
c Naſenrohr. d Hirn,
davor das Auge. e Ohr-
blaſe. f Kiemenſchlauch.
g Herz. h Chorda. i Le-
ber. k Darm. l Rücken-
mark. m Hode. n Nieren.
o After. p Muskelſchich-
ten. q′ u. q″ Rückenfloſ-
ſen. r Schwanzfloſſe. s Af-
terfloſſe. t Schlund.


des Körpers in ſeiner ganzen Länge, die derbe,
ſchuppenloſe, aber meiſt ſehr ſchleimige Haut,
die ungenügend ausgebildeten, ſenkrechten, faſt
ſtrahlenloſen Floſſen und das Fehlen jeder
Spur von paarigen Floſſen laſſen dieſe Fiſche
ſchon auf den erſten Blick erkennen. Das Ske-
lett
der Rundmäuler iſt vollkommen knorpelig,
die Wirbelſäule wird durch eine einfache Saite
erſetzt, an welcher keine Spur von Rippen oder
unteren beſonderen Bogen vorhanden ſind,
deren Scheide vielmehr ſich nach oben in ein
zweites zuſammenhängendes Rohr fortſetzt, wel-
ches das Rückenmark umhüllt. Der Schädel
zeigt noch ganz die embryonale Bildung mit
der unmittelbar eindringenden Chorda, zu deren
beiden Seiten ſich die Ohrblaſen und die eigen-
thümlichen Knorpelleiſten entwickeln, welche die
zuſammenhängende Kapſel des Gehirnes ſtützen.
Kiefer und ihnen entſprechende Bildungen fehlen
gänzlich, dagegen ſind die Lippen des meiſt
trichterförmigen oder geſpaltenen Saugmundes
ſo wie die Bärtel, welche häufig herumſtehen,
durch ein beſonderes Syſtem von Lippenknor-
peln unterſtützt, die oft eine weit bedeutendere
Ausdehnung und Entwickelung als die Kopf-
knorpel des eigentlichen Schädels zeigen. An
der vorderen Spitze des Schädels befindet ſich
die einfache Naſenöffnung, welche ſich nach
hinten in einen röhrenartigen Sack fortſetzt,
der zwiſchen der Schädelbaſis und dem häuti-

Figure 53. Fig. 1014.

Das Maul des Neunauges, Petromyzon marinus.


[106] gen Gaumengewölbe durchgeht und bei den einen geſchloſſen, bei den
anderen in die Rachenhöhle geöffnet iſt. Das Maul iſt ziemlich
weit, trichterförmig nach hinten verengt, bald von einer kreisrunden,
in anderen Fällen von einer geſpaltenen Lippe umgeben und häufig
mit Bärteln beſetzt; zuweilen ſitzen auf der inneren Fläche dieſer
Lippe kleine ſpitzkegelförmige Hornzähne oder auch nur ein einziger
mittlerer Gaumenzahn auf, in anderen Fällen iſt ſie gänzlich nackt.
Die Mundhöhle führt in der Tiefe in den Schlund, mit dem auf
beiden Seiten die Kiemen entweder durch eben ſo viele Löcher, als
Kiemenblaſen vorhanden ſind, oder auch durch einen mittleren gemein-
ſamen, vorn in den Schlund geöffneten Kanal in Verbindung ſtehen.
Nach Außen öffnen ſich dieſe Kiemenſäcke, auf deren innerer Fläche
ſich die reſpiratoriſchen Gefäße verbreiten, entweder einzeln, ſo daß an
jeder Seite des Halſes ſich eine Längsreihe von knopflochartigen Spalten
findet, oder ſie münden jederſeits zuſammen in einen Kanal, der nach hinten
zu mit demjenigen der gegenüberſtehenden Seite ſich verbindet und auf
der Bauchſeite in der Mittellinie mit einer einzigen Oeffnung endigt,
eine Annäherung zu jener Anordnung des Athemapparates, welche wir
bei dem Lanzettfiſchchen fanden. Das wohl ausgebildete Herz liegt
hinter dem oft eine bedeutende Länge einnehmenden Kiemenapparat,
hat einen deutlichen, zweiklappigen Arterienſtiel, dem ein Muskelbeleg
fehlt, wogegen die aus der Leber kommenden venöſen Stämme allge-
mein die Fähigkeit des Pulſirens zu beſitzen ſcheinen. Der Darm iſt
kurz und faſt gerade ohne weitere vortretende Abtheilungen. Männ-
liche und weibliche Geſchlechtsorgane bilden eine an die Wirbel-
ſaite geheftete Krauſe, aus deren Hodenbläschen und Eierſäcken die
Produkte in die Bauchhöhle fallen, um ſo dann ohne Ausführungs-
gang durch neben dem After befindliche feine Oeffnungen nach außen
entleert zu werden.


Die Familie der Inger(Myxinida) ſteht offenbar auf der nieder-
ſten Stufe der Organiſation in dieſer Ordnung und dem Lanzettfiſch-
chen am nächſten. Die Lippe des Maules iſt nicht gleichförmig, ſon-
dern mit groben, durch Lippenknorpel geſtützten Bärteln beſetzt; das
Naſenrohr öffnet ſich nach hinten in die Rachenhöhle; ein einziger
Gaumenzahn oder einige wenige Zungenzähne ſind vorhanden. Die
äußeren Augen fehlen gänzlich; dagegen finden ſich innere Rudimente,
die entweder nur von der äußeren Haut oder ſelbſt von Muskeln
und Haut bedeckt ſind und deren Organiſation noch nicht genauer
bekannt iſt. Die Athemſäcke liegen ziemlich weit nach hinten und öffnen
[107] ſich bei der einen Gattung (Myxine) mittelſt zwei Seitenkanälen in
ein gemeinſchaftliches Mittelloch, bei der anderen (Bdellostoma) in
Reihen von Löchern zu beiden Seiten. Die wenigen Arten, welche
bekannt ſind, leben wie es ſcheint paraſitiſch in anderen Fiſchen, in
welche ſie ſich einbohren. Myxine (Gastrobranchus). Bdellostoma (Hep-
tatrema)
.


Die Familie der Lampreten oder Neunaugen(Petromyzida)

Figure 54. Fig 1015.

Das Neunauge (Petromyzon marinus)


zeigt ein trichterförmiges Maul, das entweder von einer kreisrunden,
bezahnten, oder einer oberen halbkreisförmigen und unteren kleinen
Lippe, die dann zahnlos ſind, umgeben iſt. Bärtel fehlen unter allen
Umſtänden; die Naſenöffnung führt in einen blinden Sack, der nicht
wie bei der vorigen Familie in den Gaumen geöffnet iſt; die Augen
ſind gewöhnlich wohl ausgebildet, frei, aber wie es ſcheint unbeweg-
lich; die Kiemen ſtets auf beiden Seiten des Halſes durch eine Reihe
von je ſieben Spalten nach außen geöffnet, während ſie nach innen in
einen unpaaren unter dem Schlunde gelegenen Kanal münden, der
hinten blind endigt, vorn aber ſich hinter der Zungenwurzel in den
Schlund öffnet. Mit Ausnahme einer einzigen Art, die indeß auch in
die Flüſſe ſteigt, leben ſämmtliche Fiſche dieſer Familie im ſüßen Waſſer,
beſonders in klaren Bächen, wo ſie ſich gern unter Steinen feſtſaugen.
Petromyzon; Ammocoetus.


Ordnung der Knorpelfiſche (Selachia).

Die äußerſt zahlreichen und mitunter eine bedeutende Größe er-
reichenden Fiſche, welche dieſe Ordnung bilden, bewohnen ſämmtlich
nur das Meer; — keine einzige Art findet ſich in den ſüßen Gewäſ-
ſern und nur ſelten geſchieht es, daß einzelne Individuen in Fluß-
mündungen aufſteigen, in welchen ſich Fluth und Ebbe noch fühlbar
macht. Hinſichtlich der Bildung ihres Skelettes und mancher an-
derer Partikularitäten ſtehen ſie allerdings den Rundmäulern am
[108]

Figure 55. Fig. 1016. Fig. 1917.

Raja marginata vom Rücken und von der Bauchſeite.


nächſten, während ſie in anderen Eigenthümlichkeiten, namentlich in
der Bildung der Eingeweide, der Entwickelung des Gehirnes, der
Fortpflanzung ſogar den übrigen Fiſchen weit voranſtehen und ſich in
vieler Beziehung an die Amphibien anſchließen. Der Schädel dieſer
Thiere beſteht nur aus einem einzigen Knorpelſtücke, einer ganzen un-
getheilten Kapſel, welche das Gehirn umhüllt, das Gehörorgan ein-
ſchließt und ſeitlich und vorn becherartige Vertiefungen zeigt, in
welchen die Augen und die meiſt ſehr complicirten Naſenſäcke ſitzen.
Die Unterfläche dieſer knorpeligen Schädelkapſel bildet zugleich unmit-
telbar das Gaumengewölbe über der Mundhöhle und das vordere
Ende derſelben Fläche den Oberkiefer bei der Familie der Seekatzen
(Chimaerida), indem an ihm die Zähne feſtſitzen, während bei den
übrigen ein durchaus beweglicher Oberkiefer ausgebildet iſt, an den
ſich nach hinten Stücke anſchließen, welche das erſte Rudiment des
Gaumengewölbes darſtellen. Stets findet ſich ein beweglich eingelenkter
mit Zähnen beſetzter Unterkiefer, der aus einem einzigen Knorpelbogen
beſteht, ſo wie in den meiſten Fällen noch beſondere Lippenknorpel,
die aber niemals jenen bedeutenden Grad der Entwickelung erreichen,
welche ſie bei den Rundmäulern zeigten. Der Schädel ſelbſt iſt nur
von Haut überzogen; ſeine äußeren Gruben und Vertiefungen aber
oft ſo mit Fett und gallertartiger Sulze angefüllt, daß die Kopfform
[109] des lebenden Thieres meiſt ſehr bedeutend von der allgemeinen Ge-
ſtaltung des Schädels abweicht. Die allgemeine Verſchmelzung ſämmt-
licher harten Theile des Kopfes in eine einzige knorpelige Kapſel, das
gänzliche Fehlen jeder Spur von Knochengebilden, die ſonſt als Haut-
knochen, Deckplatten u. ſ. w. an dem Schädel der übrigen Fiſche ſich
ausbilden, charakteriſirt die Knorpelfiſche vorzugsweiſe. Hinſichtlich
der Ausbildung der Wirbelſäule herrſcht eine große Verſchiedenheit.
Bei den einen (Chimaera) findet ſich noch eine ungetheilte Wir-
belſaite, deren Scheide ſich nach oben in ein Rohr fortſetzt, welches
das Rückenmark umhüllt, bei anderen (Notidanus) zeigt dieſe Wirbel-
ſaite im Inneren Zwiſchenwände, welche den Wirbeln entſprechen; bei
den übrigen ſind vollſtändige ſcheibenförmige Wirbelkörper vorhanden,
welche von beiden Seiten her becherförmig ausgehöhlt und meiſt nur
unvollſtändig netzartig verknöchert ſind. Indeß läßt ſich auch bei
denjenigen Arten, welche eine continuirliche Chorda beſitzen, die Ab-
theilung der Wirbelkörper durch knorpelige Stücke erkennen, welche in
der Faſerſcheide der Chorda, ſowie in dem Rohre, welches das Rücken-
mark umhüllt, abgelagert ſind. Bei allen übrigen kommen beſondere
obere und untere Wirbelbogen vor, zwiſchen welche oft noch Schalt-
ſtücke eingeſchoben und deren Wurzeln in die Wirbelkörper gleichſam
eingebohrt ſind.


Betrachten wir die äußeren Organe, welche mit dem Skelette
zuſammenhängen, ſo zeigen ſich ſtets die zwei paarigen Floſſen,
von denen die vorderen indeß ſehr verſchiedene Stellungen behaupten.
Die Bruſtfloſſen hängen immer mit einem ſtarken, knorpeligen Schul-
tergürtel zuſammen, welcher entweder an der Hinterhauptsgegend
der Schädelkapſel oder an dem vorderen Theile der Halswirbelſäule
angeheftet iſt und nach vorn und unten auf der Bauchfläche zuſam-
mentretend, das Herz einſchließt. Bei den Seekatzen und Haien ent-
ſpricht dieſer Schultergürtel in Lagerung und Geſtalt demjenigen der
gewöhnlichen Knochenfiſche und dann ſteht auch die gewöhnlich große
Bruſtfloſſe ruderförmig zu beiden Seiten des mehr cylindriſchen Lei-
bes, den ſie in der Ruhe umfaßt. Bei einer großen Familie, den
Rochen, aber ſind die Schultergürtel der Bruſtfloſſen nicht nur bogen-
förmig nach unten geſchloſſen, ſo daß ſie oben an dem Hinterhaupte
aufgehängt ſind und auf der Bauchfläche das Herz umſchließen, ſon-
dern ſie ſchicken auch noch horizontale, ſäbelförmig gekrümmte Trage-
knochen nach vorn und hinten, die den Kopf und die Bauchhöhle
eingränzen, nach hinten an den Beckengürtel ſich anlehnen, nach vorn
[110] aber vor der Schnauzenſpitze zuſammenſtoßen, ſo daß die an den äu-
ßeren Rand dieſer vorderen und hinteren Trageknochen angehefteten
Floſſenſtrahlen eine breite Scheibe darſtellen, welche horizontal zu bei-
den Seiten des Körpers ſich erſtreckt. Die Bauchfloſſen ſind ſtets
vorhanden und unter allen Umſtänden weit nach hinten in die Nähe
des Afters gerückt, ſo daß ſich alſo in der ganzen Ordnung weder
Kehl- noch Bruſtfloſſer finden. Bei den Männchen ſind die Bauch-
floſſen an der inneren Seite mit beſonderen cylindriſchen Knorpelan-
hängen verſehen, die als Klammerorgane zu dienen ſcheinen und als
äußerer Charakter der Geſchlechtsverſchiedenheit benutzt werden können.
Ueberall zeigen ſich die ſenkrechten Floſſen und mit Ausnahme der
Bruſtfloſſen der Rochen, auch die paarigen Floſſen von einer ungemein
großen Menge horniger, faſeriger Strahlen geſtützt, die durchaus keine
Aehnlichkeit mit den Floſſenſtrahlen der übrigen Fiſche zeigen. Außerdem
kommen an den Rückenfloſſen und einzig an dieſen zuweilen ſtachelige
Strahlen von höchſt eigenthümlicher Bildung vor. Eine jede Floſſe be-
ſitzt nämlich dann nur einen einzigen, großen, ſtarken, ſpitzen, meiſt ſäbel-
förmig gekrümmten und an der hinteren Kante ſägeartig gezähnten
Stachel, der aus förmlicher Zahnſubſtanz gebildet, innen hohl und
nach unten wie eine Schreibfeder zugeſchnitten iſt. Mit dieſer kiel-
artigen Baſis ſitzt der Stachel auf einem zuweilen beweglichen Knor-
pelzapfen auf, in ähnlicher Weiſe wie das hohle Horn eines Ochſen
auf dem Knochenzapfen, der es trägt. Bei vielen Rochen ſtehen dieſe
Stacheln in Form gerader, pfeilähnlicher Waffen mit Widerhaken an
dem Schwanze iſolirt und bilden eine gefürchtete Waffe, die geriſſene
Wunden ſchlägt, welche ſchwer heilen. Da die Knorpelfiſche bei
Verſteinerung einzig nur ihre Zähne und dieſe, in höchſt charakteriſti-
ſcher Weiſe von ächter Zahnſubſtanz mit Markkanälen und verzweigten
Zahnröhrchen gebildeten Floſſenſtacheln hinterlaſſen, ſo iſt die Kennt-
niß der letzteren ebenfalls von beſonderer Wichtigkeit für die Pe-
trefaktenkunde, in der man ſie unter dem Namen Ichthyodoruliten
bezeichnete.


Die Haut der Knorpelfiſche iſt entweder ganz nackt oder mit
einer eigenthümlichen Art harter Gebilde bekleidet, welche ſie von allen
übrigen Fiſchen unterſcheidet. In einzelnen Fällen ſind dieſe Haut-
bedeckungen nagelartige, gekrümmte Dornen, die aus ächter Zahnſub-
ſtanz beſtehen und in eine Unterlage von ſchwammigem Gewebe ein-
geſenkt ſind, welches mit netzförmigen Knochenbalken durchzogener
Knorpel iſt. Dieſe Nageldornen kommen namentlich bei den Rochen
[111] vor und ſind hier einzeln auf der Haut des Körpers oder in Reihen
am Schwanze angebracht. Bei den übrigen Fiſchen dieſer Ordnung,
beſonders aber bei den Haien, iſt die ganze Haut mit verſchiedenartig
gezackten und geſpitzten Stückchen von Zahnſubſtanz über und über
beſäet, die dann die eigenthümliche Rauhigkeit der ächten Chagrinhaut
zeigt und auch zum Poliren und ähnlichen induſtriellen Zwecken be-
nutzt wird.


Die Bezahnung des Maules iſt außerordentlich verſchieden,
doch ſtellen ſich bei noch ſo ſehr wechſelnden Formen die Zähne
ſtets als Hautgebilde dar, die niemals in die Knorpelſubſtanz des
Kiefers ſelbſt, ſondern nur mit einer meiſt ſchwammigen Wurzel in
die dicke faſerige Schleimhaut des Zahnfleiſches eingeſenkt ſind. Es
erſetzen ſich dieſe Zähne in der Art von innen nach außen, daß ſtets
der äußere Zahn im Gebrauche iſt und ſobald er ſich abgenutzt hat,
von einem dahinterliegenden erſetzt wird, der allmälig an ſeine Stelle
vorrückt. Die Kiefer der meiſten Rochen und Haien bilden an ihrem
inneren Rande eine förmliche Walze, um welche die Zähne ſo herum
ſtehen, daß die alten, abgenutzten Zähne nach außen, die im Gebrauche
ſtehenden ſenkrecht, die jungen mehr oder minder nach innen gerichtet
und hier in einer Rinne geborgen ſind, ſo daß auf einem ſenkrechten
Durchſchnitte des Kiefers die Zähne um ſeinen Rand geſtellt erſcheinen
wie Zacken eines Kammrades um deſſen Axe. Struktur und Geſtalt
der Zahnkronen ſind äußerſt verſchieden. Bei den großen Raubfiſchen
der Klaſſe, wie z. B. den meiſten Haien, finden ſich meſſerförmig zu-
ſammengedrückte, bald ſpitze, dolchförmige oder breite ſcharfe, oft ſäge-
förmig ausgezackte Zähne, bei den Rochen kommen meiſt pflaſterförmig
geſtellte, mit kegelförmigen Spitzen verſehene Kronen, bei noch anderen
ſogar breite Mahlplatten mit ganz ebener Fläche vor. Alle Thiere
der Ordnung nähren ſich indeſſen nur von Raub, die meiſten von
anderen Fiſchen, wenige von Weich- oder Kruſtenthieren, gar keine
von vegetabiliſchen Stoffen und in Uebereinſtimmung hiermit iſt ihr
Magen gewöhnlich weit, der Darm aber nur kurz und kaum ge-
wunden. In dem mittleren Theile des Darmes iſt als eigenthümliches
Merkmal, welches die Ordnung mit der folgenden gemein hat, die
Entwickelung einer Spiralklappe zu erwähnen, welche mit ihrem
Rande an den Darmwandungen angeheftet, nach innen hin aber frei
iſt, ſo daß ein Schraubengang in dem Darme gebildet iſt, dem die
Nahrungsmittel bei ihrem Durchgange folgen müſſen. Die Athem-
werkzeuge
weichen in ihrer Bildung ſehr von denen der übrigen
[112] Fiſche ab. Auf dem Kiemenbogen ſtehen Kiemenblättchen, welche nicht
nur mit ihrer Baſis an den Kiemenbogen, ſondern auch in ihrer
ganzen Länge mit dem einen Rande und mit ihrem äußeren Ende an
Zwiſchenwände feſtgewachſen ſind, ſo daß nur der gegen die Kiemen-
ſpalte gewendete Rand frei iſt, während die Zwiſchenwände ſelbſt je-
derſeits eine Reihe von Kiemenfranzen tragen. Durch die häutigen,
von Knorpeln geſtützten Zwiſchenwände wird ſo eine Reihe von Säcken
gebildet, die innen eine ſpaltförmige Oeffnung in die Rachenhöhle und
meiſtens auch ihre eigene Spalte nach außen haben, ſo daß man auf
beiden Seiten des Halſes bei den Haien, oder an der Bauchfläche
vor der Bruſtfloſſe bei den Rochen, gewöhnlich fünf, ſehr ſelten ſechs
oder ſieben Kiemenſpalten ſieht. Nur bei den Seekatzen findet ſich zwar
die eben beſchriebene Anheftung der Kiemen, aber doch nur eine einzige
Kiemenſpalte außen, in welche die Säcke münden und die ſogar durch
eine Spur eines knorpeligen Deckels geſchützt wird, welcher den übri-
gen gänzlich abgeht.


Hinſichtlich ihrer Entwickelung zeigen die Knorpelfiſche, wie
ſchon oben bemerkt wurde, bedeutende Verſchiedenheiten von den mei-
ſten übrigen Fiſchen. Es findet bei Allen eine förmliche Begattung
ſtatt und die Männchen beſitzen an der inneren Seite der Bauchfloſſen
eigenthümliche knorpelige, ſtielförmige Anhänge, in welchen bedeutende
Drüſen verborgen ſind und die ohne Zweifel zum Umfaſſen und Feſt-
halten der Weibchen dienen. Nur wenige von dieſen legen Eier von
platter, vierzipfeliger Geſtalt, deren harte Hornſchale Spalten zum
Durchlaſſen des Waſſers beſitzt und an den Zipfeln meiſt in lange,
ſpiralig gewundene Fäden ausläuft. Die meiſten Knorpelfiſche gebä-
ren lebendige Junge, die ſich in einer beſonderen Erweiterung des
Eileiters ausbilden und einen langen, birnförmigen, geſtielten Dotter-
ſack haben, welcher unmittelbar hinter den Bruſtfloſſen in die Bauch-
höhle eindringt. Faſt immer liegen dieſe Embryonen ganz frei und
entwickeln ſich theils auf Koſten des Dotters, theils der eiweißartigen
Sulze, welche ſie umgiebt. Man hat indeß gefunden, daß merkwür-
diger Weiſe bei einer Art von Haifiſchen der Dotterſack Zotten bildet,
welche in entgegenkommende Zotten des Eileiters eingreifen und ſo
eine wahrhafte Dotterplazenta bilden, ein Analogon des Mutterku-
chens, der ſonſt nur bei den Säugethieren vorkommt. Die Embryo-
nen zeigen außer manchen anderen Eigenthümlichkeiten beſonders noch
die, daß ſie an den Kiemenſpalten ſowohl, wie auch meiſt an den
Spritzlöchern fadenartige äußere Kiemen beſitzen, ähnlich denen, welche
[113] ſich bei den Larven der Waſſermolche zeigen. Dieſe äußeren Faden-
kiemen verſchwinden indeß unter allen Umſtänden ſchon lange vor der
Geburt vollkommen ſpurlos und zwar die Faden der Spritzlöcher weit
früher, als die der Kiemenſpalten.


Figure 56. Fig. 1018.

Die Seekatze (Chimaera monstrosa).


Wir unterſcheiden zwei Unterordnungen, von denen die erſte, die
Kleinmäuler (Holocephala) nur von der einzigen Familie der
Seekatzen(Chimaerida) gebildet wird. Die Thiere dieſer Ordnung
beſitzen nur eine ungetheilte Rückenſaite mit oberen knorpeligen Bogen
und Schaltſtücken dazwiſchen und mit unteren knorpeligen Anſätzen,
welche den Querfortſätzen der Fiſchwirbel entſprechen. Dieſe Rücken-
ſaite ſetzt ſich nach vorn unmittelbar in die dicke, faſt kugelförmige
Schädelkapſel fort, deren vorderer Rand die fehlenden Oberkiefer er-
ſetzt, ſo daß die oberen Zahnplatten unmittelbar auf der unteren
Fläche dieſes vorderen Randes der Schädelkapſel aufſitzen. Die Au-
genhöhlen ſind ungemein groß, ebenſo die Augen, die Lider dagegen
fehlen. Die große, vielfach gewundene Naſenkapſel öffnet ſich auf der
unteren Seite der von vielfachen Schleimgängen durchzogenen Schnauze
vor dem kleinen, quergeſpaltenen Munde, der mit einfachen Zahn-
platten bewaffnet iſt, welche ſchnabelförmig vortreten, hinten platt,
vorn ſchneidenartig zugeſchärft ſind; oben liegen zwei, unten nur eine
ſolcher Platten auf jeder Seite. Der Kopf iſt dick, kegelförmig; am
Halſe findet ſich nur eine einzige Kiemenſpalte von einem fingerförmi-
gen Deckelknorpel beſchützt, welche zu den in der Tiefe überall an die
Zwiſchenwände der Kiemenſäcke angewachſenen Kiemenfranzen und zu
den Spalten zwiſchen denſelben führt. Die Bruſtfloſſen ſind unge-
heuer groß, die vordere Rückenfloſſe durch einen ſäbelförmig gekrümm-
ten, ſtarken Stachel geſtützt, der auf einem Knorpelzapfen aufſitzt. Die
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 8
[114] Schwanzfloſſe iſt auf der unteren Seite des Schwanzes angebracht,
der ſich nach hinten in einen langen Knorpelfaden auszieht. Die
Haut iſt nackt, ohne Spur von Chagrin, nur an den zahlreichen
Schleimgängen mit Knorpelſtückchen um dieſelben verſehen. Mit Aus-
nahme der angeführten Eigenthümlichkeiten ſtimmt die Anatomie der
Eingeweide namentlich hinſichtlich der vielen Klappen des Aortenſtieles,
der ſchraubenförmigen Spiralplatte des Darmes u. ſ. w. durchaus
mit der der folgenden Unterordnung überein. Die Seekatzen legen
Eier mit dicker, horniger Schale. Ihre, aus Zahnplatten beſtehenden,
foſſilen Ueberreſte erſcheinen beſonders im Jura in ziemlicher Anzahl und
bedeutender Mannigfaltigkeit der Structur, ſo daß der Typus damals
reicher vertreten war, als in der Jetztwelt. Chimaera; Callorhynchus;
Ichyodon; Ganodus; Psittacodon
.


Unterordnung der Quermäuler (Plagiostomata). An
der Wirbelſäule dieſer Fiſche iſt ſtets die Wirbelabtheilung deutlich
zu erkennen, entweder durch Scheidewände der äußerlich ungetheilten
Chorda, oder durch Ausbildung förmlicher, mehr oder minder ver-
knöcherter Wirbelkörper. Die knorpelige Schädelkapſel iſt mit
dieſer Wirbelſäule durch ein Gelenk verbunden, das eine kegelförmige
Höhle darſtellt. Der Schädel ſelbſt bildet nur eine Kapſel, von der
indeß der Oberkiefer wohl getrennt iſt, während bei den vorigen jede

Figure 57. Fig. 1019.

Kopf des Hai’s (Carcharias).
Vorn die Naſengruben, dahinter das
bogenförmige Maul, am Halſe die queren
Kiemenſpalten.


Spur eines beſonderen zahntragen-
den Knorpels an dem oberen Mund-
gewölbe gänzlich fehlte. Die weite
Rachenſpalte, die einen quer-
geſtellten Bogen bildet, liegt weit
nach hinten auf der Bauchfläche
unter der Schnauze, deren größter
Theil gewöhnlich von den großen
Naſenkapſeln eingenommen wird.
Auf der oberen Fläche des Kopfes
finden ſich, meiſt hinter den Augen,
Spritzlöcher, welche in die Rachen-
höhle ausmünden. Die Kiemen
ſind vollſtändig angewachſen, die
einzelnen Kiemenfächer von einander
getrennt und jedes für ſich nach
außen geöffnet, ſo daß man faſt in
allen Fällen fünf, nur bei einigen
Gattungen (Notidanus) ſechs oder
[115] ſieben Kiemenſpalten auf jeder Seite des Halſes findet. Die Haut
iſt nur ſelten nackt, meiſt mit den oben angeführten feſteren Bildungen
bald mit Nägeln, bald mit Chagrin ausgerüſtet; die Zähne ſind äu-
ßerſt mannigfaltig. Wir unterſcheiden zwei große Familien.


Figure 58. Fig. 1020. Fig. 1021.

Der Randroche (Raja marginata),
von oben, um die Stellung der Augen und der Spritzlöcher dahinter, und von
unten, um Naſe, Naſenklappen, Mund, Kiemen, Bauchfloſſen und After zu
zeigen.


Die Familie der Rochen(Rajida) beſteht aus breiten, platten,
ſcheibenförmigen Fiſchen, deren eigenthümliche Körpergeſtalt durch
die ſonderbare Entwickelung der Bruſtfloſſen bedingt iſt. Der
Halswirbeltheil dieſer Thiere iſt ſtets zu einem einzigen Knochencylin-
der verwachſen. Der Schultergürtel bildet einen vollſtändigen Ring,
welcher oben mit dem hinteren Theile des Schädels verwachſen iſt,
unter der Rückenhaut über der Wirbelſäule zuſammenſtößt und nach
unten zuſammenkommend eine faſt vollſtändige Kapſel für das Herz
bildet. Dieſer Ring trägt bogenförmig gekrümmte Floſſenknorpel, von
denen die einen nach hinten, die anderen nach vorn ſich erſtrecken und
dort ſich mit eigenen Floſſenknorpeln verbinden, welche an der vor-
deren Schnauzenſpitze des Schädels angewachſen ſind. Dieſe Schädel-
floſſenknorpel kommen einzig nur den Rochen zu, und durch ſie, wie
durch ihre Verbindung mit den Bruſtfloſſen wird jene breite Scheibe
gebildet, die durch eine Menge knorpeliger Strahlen geſtützt wird,
8*
[116] welche aus einzelnen kleinen Knorpelgliederchen zuſammengeſetzt ſind,
die rings von Muskeln und Haut umgeben werden.


Auf der oberen Fläche dieſes ſcheibenartigen Körpers finden ſich
nun die großen lidloſen Augen und hinter ihnen die weiten Spritz-
löcher; auf der unteren Seite dagegen die Naſenlöcher, das breitge-
ſchlitzte Maul und die fünf Kiemenſpalten auf jeder Seite des Halſes.
Der Körper läuft nach hinten in einen meiſt dünnen Schwanz aus,
auf dem ſich die unbedeutenden, ſenkrechten Floſſen finden und der zu-
weilen noch als Waffe, deren Wunden für gefährlich gelten, eine oder
zwei lange, ſägeartig gezähnte Stacheln trägt. Die kurzen dicken

Figure 59. Fig. 1022.

Anatomie des Zitterrochens (Torpedo).
Die Haut des Rückens iſt in der vorderen Körper-
hälfte entfernt und das elektriſche Organ mit Gehirn
und Nerven blosgelegt. — a Hirn. b Haut mit ihren
Drüſen. c Auge, dahinter das Spritzloch. d Elektri-
ſches Organ. e Kiemen. f Rückenmarksnerven, in die
Bruſtfloſſe gehend. g Rückenmark. h Aeſte des her-
umſchweifenden Nerven (n. vagus) zum elektriſchen
Organ. i Seitennerve.


Kiefer ſind entweder mit
kleinen, pflaſterförmig in
Reihen geſtellten ſpitzen
Zähnchen oder mit brei-
ten Mahlplatten bewaff-
net, und in der Bildung
der Zähne zeigt ſich oft
die auffallende Verſchie-
denheit, daß bei den
Männchen dieſelben zu-
geſpitzt, bei den Weib-
chen hingegen flach ſind.
Manche Rochen erreichen
eine ungemeine Größe
und ein Gewicht von
mehreren Centnern; ſie
ſind in allen Meeren
verbreitet und erſcheinen
zuerſt in der Kohlenpe-
riode, von wo ſie ſich
durch alle Formationen
bis auf die heutige Zeit
fortſetzen. Man hat
unter ihnen mehrere
Unterfamilien unterſchie-
den. Die Mahlro-
chen
(Myliobatida) mit
beſtacheltem Schwanze,
breiten, tafelförmigen
Mahlzähnen und kurzen Bruſtfloſſen, zwiſchen denen der Kopf ſie
[117] trennend hervortritt und eine beſondere Schnauzenfloſſe trägt (Mylio-
batis; Aetobatis; Zygobatis; Janassa; Rhinoptera.)
Die Paſtina-
ken
(Trygonida), wie die vorigen mit einem Stachel bewaffnet, aber
mit kleinen Pflaſterzähnen und großen Bruſtfloſſen, die vor dem Kopfe
zuſammenſtoßen und ihn umſchließen (Trygon; Trygonoptera; Urolo-
phus; Taeniura; Pteroplatea)
. Die eigentlichen Rochen(Rajida),
mit kielförmig verlängerter Schnauze, unbewaffnetem dünnem Schwanze
und ſpitzen Pflaſterzähnchen (Raja; Uraptera; Platyrhyna). Die Zit-
terrochen
(Torpedida) mit runder Scheibe und eigenthümlichem elek-
triſchem Apparate, welcher in dem Raume zwiſchen den Bruſtfloſſen
und dem Schädel liegt und aus ſenkrecht geſtellten Zellenſäulen beſteht
(Torpedo; Narke; Narcine); und endlich die Hairochen(Squatino-
rajida)
, mit ſpindelförmigem Körper, dickem, fleiſchigem Schwanze und
kleinen Bruſtfloſſen, welche den Kopf nicht erreichen; der bekannte

Figure 60. Fig. 1023.

Der Sägefiſch (Pristis antiquorum).


Sägefiſch, an deſſen langer Schnauze ſeitlich eingekeilte Zähne ſtehen,
die eine Säge bilden, gehört trotz ſeiner ſchlanken Geſtalt zu dieſer
Abtheilung der Rochen. Rhinobatis; Pristis; Squatinoraja.


Figure 61. Fig. 1024.

Der Hai (Carcharias).


Die Familie der Haien(Squalida) zeigt einen langen, ſpindel-
förmigen Körper, ſenkrecht geſtellte Bruſtfloſſen und einen ſtarken
fleiſchigen Schwanz, der an ſeinem Ende ſich aufwärts biegt und eine
mächtige Endfloſſe trägt. Die Kiemenſpalten ſtehen ſeitlich am Halſe,
die Augen haben ausgebildete Lider, die Schnauze iſt ſpitz und Schä-
[118] delfloſſen fehlen durchaus; hinter den auf der unteren Fläche der
Schnauze angebrachten Naſenlöchern ſteht das breite bogenförmige Maul
auf der Unterfläche, gewöhnlich mit mehreren Reihen oft unverhält-
nißmäßig großer, ſpitzer oder ſchneidender Zähne verſehen. Gewöhn-
lich finden ſich zwei Rückenfloſſen, zuweilen durch Stacheln geſtützt;
die Spritzlöcher ſind bald vorhanden, bald fehlen ſie gänzlich. Zu
dieſer Familie gehören die gefürchteten Raubfiſche von ungemeiner
Gefräßigkeit, von denen einige Arten ſogar eine Länge von dreißig
Fuß erreichen und viele dem Menſchen gefährlich werden.


Man hat in der großen und zahlreichen Familie der Haie mehre
Unterfamilien, theils nach der Zahl und nach der Stellung der Floſſen,
theils nach den Zähnen, Spritzlöchern und der Nickhaut des Auges
unterſchieden. Die Familie der Hybodonten(Hybodida) iſt gänzlich
ausgeſtorben, ſo daß man nur Zähne und Floſſenſtacheln davon kennt.
Die zahlreichen Reſte dieſer Familie finden ſich von der Steinkohle
bis zum Jura häufig und nur ſehr ſelten noch in der Kreide. Die
Zähne ſind cylindriſch, längs geſtreift, ihre Kronen oben abgerundet,
ſo daß ſie einen ſtumpfen Höcker bilden — in der Mitte ſteht ein
ſtumpfer Hauptkegel, dem zur Seite mehre Nebenkegel folgen. Die
Thiere hatten wahrſcheinlich zwei Rückenfloſſen, die von großen, wenig
gebogenen, unten dicken, oben ſehr ſpitzen Stacheln geſtützt wurden
(Hybodus; Cladodus; Diplodus). Eine andere Gruppe bilden die
Haie mit Mahlzähnen(Cestracida), welche ebenfalls faſt ausge-
ſtorben ſind. Der lebende Repräſentant dieſer Gruppe, der bei Japan
und Port Jackſon in Auſtralien vorkommt, hat eine kurze, dicke Kör-
pergeſtalt, breiten, unförmlichen Kopf mit vorſtehenden Augen, kleinen
Spritzlöchern dahinter und weitem Maule; er hat zwei Rückenfloſſen,
welche von kurzen, dicken, geraden Stacheln geſtützt werden; die
Schwanzfloſſe iſt ſehr kurz und breit. Die Zähne liegen in beiden
Kiefern pflaſterförmig neben einander, ſind vorn ſpitzig, hinten dagegen
breit und platt mit abgeriebenen Kauflächen und zeigen parallele ſenk-
rechte Markkanäle, wie die Mahlzähne der Seekatzen. Die foſſilen
Reſte kommen von dem Uebergangsgebirge bis zur Kreide vor. (Cestra-
cion; Acrodus; Strophodus; Cochliodus; Psammodus; Helodus; Oro-
dus.)
Die Dornhaien(Spinacida) haben zwei Rückenfloſſen, welche
meiſt mit ſpitzigen Stacheln geſtützt ſind und ſtets ſcharfe ſchneidende
Zähne mit einfacher Krone und Zahnhöhle, deren Contur derjenigen
der Zähne ſelbſt entſpricht. Die Form dieſer Zahnkronen wechſelt
ſehr, doch ſind ſie meiſt dreieckig und ſehr dünn, von den Seiten her
[119] zuſammengedrückt. Die Afterfloſſe fehlt gänzlich. (Spinax; Centrina;
Scymnus; Acanthias; Echinorhinus; Pristiophorus; Squatina.)
Unter
denjenigen Haien, welche in der Zahnſtructur mit den Dornhaien
übereinſtimmen, indem ſie ebenfalls nur einfache Zähne mit einfacher
Zahnhöhle ohne Verzweigungen beſitzen, finden ſich die Glatthaien
(Galeida) mit zwei ſtachelloſen Rückenfloſſen, von welchen die erſte
zwiſchen Bruſt und Bauchfloſſe ſteht, mit einer Nickhaut und ſehr
kleinen Spritzlöchern, die oft kaum zu entdecken ſind. Ihre Zähne ſind
entweder dreieckig geſägt, ſcharf (Galeus; Galeocerdo; Loxodon), oder
platt, pflaſterförmig und ohne Schärfe oder Spitze (Mustelus). Durch
die Natur und Stellung der Floſſen kommen die Menſchenhaien
(Carcharida) den vorigen nahe, unterſcheiden ſich aber durch den
Mangel der Spritzlöcher und die ſtets ſehr ſcharfen, ſpitz dreieckigen
oder zungenförmigen Zähne. (Carcharias; Sphyrna (Zygaena); Prio-
nodon; Hemipristis.)
Bei den übrigen Unterfamilien, mit Ausnahme
der eierlegenden Haifiſche, herrſcht allgemein der Zahnbau mit ver-
zweigten Markröhren, die im Innern des Zahnes Netze bilden. Hierher
gehören die Lamien(Lamnida) mit zwei ſtachelloſen Rückenfloſſen,
einer Afterfloſſe und großen Spritzlöchern, deren Augen aber die Nick-
haut fehlt. Die Kiemenſpalten ſind ſehr groß, ſo daß ſie zuweilen
faſt um den ganzen Hals herum reichen, alle vor den Bruſtfloſſen
gelegen; die Schnauze meiſt lang, das Maul ſehr weit, die Zähne
gewöhnlich zungenförmig, ungezähnt, zuweilen mit Nebenſpitzen ver-
ſehen. (Lamna; Oxyrhina; Otodus; Odontaspis; Selache; Carcharo-
don.)
Die Grauhaien(Notidanida) haben dieſelbe Zahnſtructur,
aber die Form ihrer Zahnkronen iſt derjenigen der Glatthaien ähnlich,
indem die Zähne dünne ſcharfe, aber gezackte Platten darſtellen. Sie
haben nur eine Rücken- und Afterfloſſe, aber ſechs bis ſieben vor der
Bruſtfloſſe gelegene Kiemenſpalten (Hexanchus; Heptanchus; [Notida-
nus;] Corax)
. Als letzte Gruppe ſtellen ſich endlich die Hunds-
Haien
dar (Scyllida) mit zwei weit nach hinten geſtellten Rücken-
floſſen, Afterfloſſe, Spritzlöchern, kleinen Kiemenſpalten, deren letzte
über der Wurzel der Bruſtfloſſe ſtehen, kurzer, ſtumpfer Schnauze,
ſpitzen, zungenförmigen Zähnen mit Nebenzacken und einfacher Zahn-
höhle, die Eier legen, während alle vorigen lebende Junge gebären.
(Scyllium; Pristidurus; Chiloscyllium; Crossorhinus; Stegostoma; Gin-
glymostoma.)


[120]
Ordnung der Schmelzſchupper. (Ganoidea.)

Dieſe Ordnung, welche in ihren niederſten Formen den Knorpel-
fiſchen außerordentlich nahe ſteht, ſich aber durch Entwicklung ihrer
Organiſation bis in die Nähe der Reptilien erhebt, wäre vielleicht
niemals in ihren Eigenthümlichkeiten erkannt worden, wenn nicht die
genauere Unterſuchung der foſſilen Fiſche in der Mehrzahl derſelben
neue Gattungen und Arten hätte erkennen laſſen, die nur mit einigen
wenigen Repräſentanten in der Jetzwelt übereinſtimmen, dagegen
von dem Beginne der Erdgeſchichte an eine weſentliche Rolle in
der Entwicklung der Fiſchklaſſe ſpielen. Es war unmöglich die
Verwandtſchaft der wenigen gleichſam verlorenen Poſten, welche
dieſe Ordnung in der Reihe der jetzigen Fiſche zählt, zu ahnen, ohne
die Kenntniß der verbindenden Glieder, welche ſich in ungemeiner
Anzahl in den Schichten der Erde wiederfinden; und es zeigt dieß
Beiſpiel aufs Neue ſchlagend die Nothwendigkeit des vergleichenden
Studiums der lebenden und foſſilen Thiere, indem nur durch dieſes
einerſeits die lebenden Repräſentanten der ausgeſtorbenen Gattungen
näher erforſcht, andererſeits der geſammte Organiſationsplan der
Klaſſe in ſeinen verſchiedenen Richtungen erkannt werden konnte. Wie
es indeß nicht anders zu erwarten iſt bei einer Ordnung, die ſich vom
Beginne der Erdgeſchichte an durch alle Perioden durchzieht, ſo zeigt
ſich auch in den Charakteren der Ganoiden eine fortſchreitende Ent-
wicklung von niederen Typen zu höheren Formen, die eine Abgränzung
ziemlich ſchwierig machen.


Das Skelett dieſer Fiſche beginnt mit Formen, welche denjenigen
der Seekatzen analog ſind. Eine ungetheilte Wirbelſaite mit fibröſer
Scheide und von dieſer ausgehenden, zu Rohren ſich ausbildenden, häutigen
Fortſetzungen, in denen ſich obere und untere knöcherne Bogenſtücke
zur Umfaſſung des Rückenmarkes und der Aorta bilden und eine unge-
theilte, vollkommen knorpelige Schädelkapſel zur Umſchließung des
Gehirnes und der weſentlichen Sinnesorgane bezeichnen dieſen erſten
Bildungsgrad des Skelettes, wie er zum Beiſpiel beim Stör vorhanden
iſt. Indeß finden ſich bei dieſem Zuſtande des inneren Skelettes doch
ſtets äußere Deckplatten, die bald nur der Haut, bald dem gewöhnli-
chen Syſteme des Skelettes angehören und die ſich namentlich in dem
Geſichtsantheile entwickeln, ſo daß es wohl keinen Ganoiden giebt,
[121] welchem feſtere Platten auf dem Kopfe und der Stirne oder gar die
Kieferknochen, der Hängegürtel des Unterkiefers und der Kiemendeckel
fehlten. Bei weiterer Ausbildung des Skelettes zeigen ſich förmliche
Deckknochen des Schädels vollſtändig nach dem oben auseinanderge-
ſetzten Plane der knöchernen Kopfbildung entwickelt und ihre Ausbil-
dung nimmt nach und nach in der Art zu, daß die urſprüngliche
Schädelkapſel gänzlich verſchwindet und nur ein knöcherner Schädel
vorhanden iſt, der ſämmtliche Knochen beſitzt, welche überhaupt an

Figure 62. Fig. 1025.

Skelett des Kahlhechtes (Amia calva) auf den Schattenriß des Fiſches gezeichnet.


dem Fiſchſchädel vorkommen, ja bei einigen Apparaten, wie namentlich
beim Unterkiefer, zuweilen eine Zuſammenſetzung zeigt, welche ſonſt nur
bei den Reptilien vorkömmt. In gleicher Weiſe geht die Ausbildung
der Wirbelſäule vor ſich. Knöcherne Wirbelkörper entſtehen, nehmen
an Umfang zu, verdrängen nach und nach die zellige Knorpelſubſtanz
der Chorda und es zeigen ſich alle Zwiſchenformen von dem zellig
verknöcherten Wirbelkörper der Haie durch die doppelt gehöhlten Wirbel
der gewöhnlichen Knochenfiſche hindurch bis zu den Wirbeln der höhe-
ren Thiere, indem bei dem Knochenhechte (Lepidosteus) jeder Wirbel
an ſeiner vorderen Fläche mit einem vorſpringenden Gelenkkopfe ver-
ſehen iſt, der in eine Pfanne des vorhergehenden Wirbelkörpers paßt,
eine Bildung, welche ſogar nur bei dieſem einzigen Fiſche, ſonſt nur
bei Amphibien und Reptilien vorkommt.


Hinſichtlich der Floſſen bemerkt man einen ähnlichen fortſchrei-
tenden Wechſel der Formen. Bruſtfloſſen finden ſich ſtets, meiſt ſehr
vollſtändig entwickelt, bei einigen foſſilen Gattungen freilich in ſehr
abenteuerlichen Formen ausgebildet; die Bauchfloſſen dagegen ſcheinen
einigen foſſilen Gattungen zu fehlen, wenn auch dieſer Mangel noch
nicht zweifellos konſtatirt iſt. Bei allen anderen Ganoiden ſtehen die
Bauchfloſſen weit nach hinten unter dem Bauche, niemals vorn an
der Bruſt oder an der Kehle; — ein Charakter, der auch hauptſächlich
mit Veranlaſſung ſein mochte, daß man ihre lebenden Repräſentanten
[122] größtentheils den Bauchfloſſern unter den gewöhnlichen Knochenfiſchen
einreihte. Die Schwanzfloſſe zeigt jene fortſchreitende Bildung, welche
wir ſchon bei den Embryonen der Knochenfiſche beobachteten, indem
bei vielen und namentlich bei den Gattungen aus der älteren Erdge-
ſchichte die Körpermaſſe ſich in den oberen Lappen der Schwanzfloſſe
fortſetzt, ſo daß die Hauptſtrahlen der Schwanzfloſſe ſich unter dieſem
nach oben gebogenen Schwanze feſtſetzen. Von der Jurazeit an
beginnen dagegen Formen mit homocerker Schwanzfloſſe, wo der Kör-
per etwa in der Mitte der beiden Lappen endigt. In den meiſten
Fällen finden ſich an allen Floſſen nur weiche Strahlen, bald mehr
hornartig, wie diejenigen der Knorpelfiſche, bald in der Weiſe getheilt,
wie dieß bei den gewöhnlichen Knochenfiſchen der Fall iſt. Nur bei
wenigen Gattungen ſieht man ſtarke Stacheln, einen an jeder Floſſe,
welche zuweilen ſogar ſekundäre Floſſenſtrahlen tragen. Bei vielen Ga-
noiden findet ſich indeß eine eigenthümliche Bekleidung des Randes der
Floſſen, die vorzugsweiſe an der oberen Firſte der Schwanzfloſſe,
zuweilen aber auch an dem vorderen Rande der übrigen Floſſen ent-
wickelt iſt. Es finden ſich hier nämlich Reihen kleiner, ſpitziger Kno-
chenſtückchen, welche den Rand der Floſſe in ähnlicher Weiſe decken,
wie die Schindeln die Firſte eines Daches, und die man deßhalb auch
Floſſenſchindeln(fulcra) genannt hat; es finden ſich bald eine,
bald zwei Reihen ſolcher Floſſenſchindeln auf der Kante der Schwanz-
floſſe vor und zuweilen ſind dieſelben ſo ſehr zugeſpitzt, daß ſie einen
förmlichen Sägekamm bilden.


Die Anatomie der inneren Theile bietet manche Eigenthümlich-
keiten dar, wodurch ſich die Ganoiden theilweiſe an die Knorpelfiſche
anſchließen. Allen kommt eine Spiralklappe in dem unteren Theile
des Darmes zu und ebenſo findet ſich in dem Arterienſtiele des Her-
zens meiſt eine große Anzahl taſchenförmiger Klappen, ſo wie ein
äußerer Muskelbeleg, welcher den Arterienſtiel befähigt, ſelbſtſtändig
zu pulſiren, was bei keinem Knochenfiſche der Fall iſt. Dagegen zeigen
ſich bei allen bekannten Ganoiden, auch bei denen mit knorpeligem
Skelett zum Unterſchiede von den Knorpelfiſchen, kammförmige, freie
Kiemen und ein einziges Kiemenloch, welches durch einen Kiemendeckel-
apparat geöffnet und geſchloſſen werden kann, ſo wie eine Kiemenhaut,
in der bald vollſtändige Strahlen, bald auch nur ein einziger drei-
eckiger breiter, flügelthürartiger Knochen jederſeits entwickelt iſt. Bei
allen iſt eine Schwimmblaſe vorhanden, die mit einem offenen Gange
gewöhnlich in die obere, in einem Falle aber in die ſeitliche untere
[123] Wand des Schlundes einmündet und die gewöhnlich glatt, zuweilen
aber von ſtarken Muskelbündeln zellig durchzogen iſt, ſo daß ſie viele
Aehnlichkeit im äußeren Anſehen mit einer Amphibienlunge zeigt. Außer
den gewöhnlichen Kiemen kommt auf dem Kiemendeckel oft eine beſondere
halbe Kieme vor, zu welcher zuweilen noch eine falſche Kieme (Pseudobran-
chie)
im Grunde der Kiemenhöhle und ein Spritzloch auf der oberen Fläche
des Kopfes hinzutritt; — dieſe Kiemendeckelkieme, Pſeudobranchie und
Spritzloch kommen indeß in ſo vielfachen, wechſelſeitigen Kombinationen
vor, daß dieſe Charaktere nicht als konſtante bezeichnet werden können.
Dagegen findet ſich ein ſicheres Merkmal der Ordnung in dem Um-
ſtande, daß die Sehnerven ſich nicht, wie bei den Knochenfiſchen, in
der Weiſe kreuzen, daß jeder in das Auge der entgegengeſetzten Seite
geht, ſondern daß, wie bei den Knorpelfiſchen, beide Sehnerven in der
Mittellinie zuſammenkommen, dort mit den zugewandten Rändern ver-
ſchmelzen und ſo ein wahres Chiasma bilden, worauf jeder zu dem
Auge ſeiner Seite tritt. Eine andere Uebereinſtimmung mit den Knor-
pelfiſchen findet ſich in der Bildung der Geſchlechtstheile bei den Weib-
chen, indem die Eierſtöcke vollkommen abgeſchloſſen, die langen, gewun-
denen Eileiter aber ſich mit einem offenen Trichter frei in die Unter-
leibshöhle in der Nähe des Eierſtocksgekröſes einmünden.


Die Hautbekleidung der Ganoiden war es zuerſt, welche auf
ihren Unterſchied von den gewöhnlichen Knochenfiſchen bei Betrachtung
der Foſſilen hinleitete. Wir finden in derſelben eine dreifache Ver-
ſchiedenheit, die, da ſie auch mit anderen Organiſationsverhältniſſen
zuſammenſtimmt, zum weſentlichen Merkmale der Unterordnungen dienen
kann. Bei den Panzerganoiden(Loricata) iſt die Haut entweder
ganz nackt oder mit großen Knochentafeln gepanzert, welche einzeln
in der Haut eingegraben liegen; bei den Eckſchuppern(Rhombifera)
finden ſich viereckige, dicke, dachziegelförmig in Reihen geſtellte Kno-
chenſchuppen, die auf ihrer Außenfläche mit einer Schmelzlage über-
goſſen ſind; bei den Rundſchuppern(Cyclifera) endlich zeigen ſich
runde, dachziegelförmig geſtellte Schuppen in ähnlicher Weiſe gebildet,
wie bei den übrigen Knochenfiſchen.


Die Ordnung der Ganoiden, die ſich nach den angegebenen Cha-
rakteren als eine eigenthümliche Mittelgruppe zwiſchen Knorpelfiſchen
und ächten Knochenfiſchen darſtellt, zeigt eine äußerſt merkwürdige
Geſchichte durch die verſchiedenen geologiſchen Epochen hindurch. Bis
gegen den Schluß der Juraperiode hin repräſentirt ſie allein mit den
[124] Knorpelfiſchen die ganze Klaſſe überhaupt und wird erſt allmälig mit
dem Beginne der Kreideperiode von den übrigen Ordnungen der
Knochenfiſche verdrängt, ſo daß jetzt nur noch wenige zerſtreute Re-
präſentanten in den ſüßen Gewäſſern vorkommen.


Unterordnung der Panzerganoiden (Loricata). Der we-
ſentliche Charakter dieſer Unterordnung liegt in der bald nackten, bald
mit großen Knochenplatten getäfelten Haut, die an dem Kopfe ge-
wöhnlich zu einem einzigen Schilde zuſammenſtoßen, während ſie auf
dem Rumpfe mehr vertheilt ſind. Es beſtehen dieſe Tafeln meiſt aus
ächter Knochenſubſtanz von ſtark poröſer, zelliger Struktur, die ſelten
nur mit einer dünnen Schmelzſchicht überzogen ſind; niemals greifen
dieſelben mit ihren Rändern übereinander, ſondern ſelbſt dann, wenn
ſie einen Panzer bilden, ſtoßen die Ränder, nur mehr oder minder
beweglich, durch Nähte oder Falze zuſammen. Zwiſchen dieſen
Knochenplatten iſt die Haut vollkommen nackt, lederartig und zu-
weilen findet man den ganzen Körper auf dieſe Weiſe von einer
Lederhaut umhüllt und nur an dem Kopfe ſelbſt ſtärkere Plat-
ten entwickelt, die mit der Schädelkapſel in die innigſte Beziehung
treten. Das Skelett aller Fiſche, die zu dieſer Ordnung gehören, iſt

Figure 63. Fig. 1026.

Kopfſkelett des Sterlets (Accipenser ruthenus).
a
Hautknochen, welche Kopf und Schnauze einhüllen. b Naſengrube.
c Augenhöhle. d Gaumen und Oberkiefer. e Unterkiefer. f Aufhängebogen
des Kiefer- und Zungenapparates. g Kiemendeckel. h Schultergürtel. i Bruſt-
floſſe. k Rippen. l Untere Bogenſtücke. m Chorda. n Rückenmarksrohr.
o Obere Bogenſtücke. p Dornfortſätze.


knorpelig, es findet ſich ſtets eine ungetheilte Wirbelſaite, auf welcher
obere und untere Dornfortſätze aufſitzen, die meiſtens knöcherne Con-
ſiſtenz zeigen. Die Schädelkapſel iſt durchaus knorpelig, aber mit
Deckplatten überkleidet, die dem Hautſyſteme angehören und oft eine
Schmelzlagezeigen. Dagegen iſt das Kiefergerüſte gewöhnlich knöchern und
[125] in ſeinen einzelnen getrennten Stücken erkennbar, doch zeigt ſich auch
hier eine niedere Bildung in dem Umſtande, daß der Hängebogen
des Unterkiefers und des Zungenbeines noch nicht getrennt, ſondern
in einem einzigen Stücke verbunden ſind, ſo daß derſelbe Knochen die
Gelenke des Unterkiefers und des Zungenbeinhornes zuſammen trägt.
Der Mund dieſer Fiſche liegt auf der unteren Seite des Schädels
mehr oder minder weit hinter der Schnauzenſpitze, er iſt gewöhnlich
zahnlos oder auch mit kleinen, kegelförmigen Zähnen bewaffnet; die
Ausbildung der Floſſen iſt verſchieden, je nach den Familien, die wir
in folgender Weiſe umgränzen.


Figure 64. Fig. 1027.

Reſtauration von Pterichthys.


Die Familie der Schildköpfe(Cephalaspida) gehört ganz den älteſten
Schichten der Erde an und findet ſich vorzugsweiſe in dem alten rothen
Sandſteine, hier aber an manchen Orten in ungemein großer Zahl.
Nach der Kohlenperiode trifft man keine Spur mehr von dieſer Fa-
milie, die durch ihre bizarre Körperformen und die rudimentäre Aus-
bildung ihrer Floſſen lange Zeit unerkannt blieb, ſo daß man die
Ueberreſte einiger Arten bald für koloſſale Waſſerkäfer, bald für Mo-
lukkenkrebſe oder Schildkröten hielt. Breite Knochenplatten bedecken
nicht nur den Kopf, ſondern auch wenigſtens einen Theil, zuweilen
ſogar die ganze Länge des Leibes, ſo daß in dieſem letzteren Falle
nur Bruſtfloſſen und Schwanz vollkommen beweglich erſcheinen. Ge-
wöhnlich findet ſich an der Kapſel, welche auf dieſe Weiſe durch die
Knochentafeln für den vorderen Theil des Körpers gebildet wird, ein
Gelenk für den Kopf, welches faſt nur eine vertikale Bewegung ge-
ſtattet. Die Knochentafeln ſind an der in die Haut geſenkten Fläche
glatt, außen dagegen mit mannigfaltigen Vorſprüngen und Vertie-
fungen verſehen, ſo daß das Relief ihrer Zeichnungen gute Charaktere
für die Beſtimmung der Arten abgeben kann. Der Kopf iſt breit,
[126] abgeplattet, rund, die ihn bildenden Tafeln, welche durchaus dem
Hautſkelette angehörten, zuweilen zu einem einzigen Schilde verſchmol-
zen; der Mund ſcheint kaum etwas hinter der Schnauzenſpitze geöffnet
zu ſein, er trägt bei einer einzigen Gattung (Coccosteus) kleine kegel-

Figure 65. Fig. 1028

Reſtauration von Coccosteus.


förmige Zähnchen; die Floſſen ſind äußerſt unvollſtändig ausgebildet,
den meiſten Gattungen fehlen die Bruſtfloſſen durchaus, bei anderen
ſind ſie vorhanden, aber in Geſtalt ſäbelförmiger Anhänge, die nur
an der Spitze eine unbedeutende Spur von Floſſenſtrahlen zeigen.
Bauchfloſſen ſind noch bei keinem Fiſche dieſer Familie aufgefunden
worden. Die ſenkrechten Floſſen ſind nur ſchwach entwickelt, indem
ſich bei einigen Gattungen eine kleine Rücken- und Afterfloſſe, dagegen
niemals eine Schwanzfloſſe zeigt; der Theil des Körpers, welcher nicht
mit Knochenplatten bedeckt iſt, war entweder vollkommen nackt oder
mit emaillirten Schuppen verſchiedener Geſtalt bedeckt. Cephalaspis;
Pterichthys; Coccosteus
.


Wenn bei der vorigen Familie die Natur der foſſilen Reſte nur
aus Analogie erſchloſſen werden konnte, ſo war es äußerſt wichtig,
eine lebende Familie unterſuchen zu können, die in Beziehung auf die
Bildung des Skelettes und der Hautbedeckung der vorigen äußerſt nahe

Figure 66. Fig. 1029.

Der Hauſen (Accipenser huso).


ſteht. Die Störe(Accipenserida) ſind in dieſem Falle. Der Körper
dieſer Fiſche iſt lang geſtreckt, walzenförmig, der Kopf platt gedrückt,
die Schnauze weit nach vorn verlängert, ſo daß der Mund in bedeu-
tender Entfernung von der Schnauzenſpitze auf der Bauchfläche ange-
bracht iſt. Die Augen ſind klein, rund, der Kiemendeckelapparat wohl
[127] entwickelt, das Floſſenſyſtem mächtig ausgebildet, indem ſich große
Bruſt- und Bauchfloſſen, gewöhnlich weit nach hinten geſtellte Rücken-
und Afterfloſſen und eine ſichelförmige heterocerke Schwanzfloſſe findet,
deren vordere Firſte meiſt mit ſpitzen Schindeln bedeckt iſt. Wir
können in dieſer Familie zwei Unterfamilien unterſcheiden: die eigent-
lichen Störe (Accipenserida) mit ſchmaler, dreieckiger, derber
Schnauze, an deren Unterfläche ſich beſondere Bartfäden befinden,
mit zahnloſem Maule, das trichterförmig vorſtreckbar iſt und nur eine
geringe Spalte hat, mit einer Nebenkieme auf dem Kiemendeckel, bald
mit bald ohne Spritzloch, und mit knochenbeſchildeter Haut. Die
Knochenſchilder bilden hier meiſt rhomboidale Platten, deren Mitte
haken- oder nagelförmig aufgebogen iſt; gewöhnlich ſtehen dieſe Platten
in Reihen, die einander nicht berühren; doch finden ſich an dem
Schwanze kleinere Tafeln oder auch in Reihen geſtellte, rhomboidale
Schuppen, welche die ganze aufgebogene Partie des Schwanzes in dem
oberen Floſſenlappen bekleiden. Accipenser; Scaphirhynchus; Chon-
drosteus.


Figure 67. Fig. 1030.

Der Löffelſtör (Spatularia folium).


Bei den Löffelſtören (Spatularida) iſt dagegen die ganze
Haut bis auf die Schindeln der Schwanzfloſſe vollkommen nackt, die
Schnauze in ein breites, dünnes, ſpatelförmiges Blatt ausgezogen,
das faſt die Länge des ganzen Körpers erreicht, das Maul weit ge-
ſpalten, in der Jugend mit kleinen Zähnchen beſetzt, die ſich ſpäter
verlieren und der Kiemendeckel in eine lange, häutige Spitze ausge-
zogen; ein kleines Spritzloch findet ſich hinter dem Auge. (Spatularia;
Polyodon)
. Die Löffelſtöre kommen nur in den großen Flüſſen Nord-
amerikas vor, während die eigentlichen Störe über die nördlichen Zo-
nen beider Erdhälften verbreitet, weſentlich Flußfiſche ſind, aber auch
ins Meer hinabſteigen. Ihre Fiſcherei iſt namentlich in den nörd-
lichen Gegenden des Continents, beſonders in Rußland, außerordentlich
wichtig für die Bevölkerung, welcher die großen Fiſche einen weſent-
lichen Nahrungszweig und in den eingeſalzenen Eiern (Caviar) ſo
wie in den getrockneten Schwimmblaſen (Hauſenblaſe) wichtige Han-
delsartikel liefern. Zu der Familie gehörende Reſte wurden ſeit der
Liasperiode hier und da aufgefunden.


[128]

Unterordnung der Eckſchupper (Rhombifera). Die Fiſche,
welche dieſer Unterordnung angehören, waren es hauptſächlich, welche
durch ihre große Zahl und weite Verbreitung in allen Schichten der
Erde die Aufmerkſamkeit auf ſich zogen und ſo gewiſſermaßen als
Typen der ſämmtlichen Ganoiden gelten mußten. Der weſentliche
Charakter dieſer Unterordnung liegt in den viereckigen, meiſt rhom-

Figure 68. Fig. 1031. Fig. 1032. Fig. 1033.

Rhombenſchuppen von Ganoiden.
Fig. 1031. Von Lepidosteus. Fig. 1032. Vier Schuppen von Palaeonis-
cus
von der inneren Seite, um ihre Zapfenverbindung zu zeigen. Fig. 1033.
Schuppe von Lepidotus.


boidalen Schuppen, welche den ganzen Körper bekleiden und ſtets
aus zwei Schichten beſtehen, einer Unterlage von feſter Knochenſub-
ſtanz mit deutlichen Knochenkörperchen, und einer äußeren glasartig
ſpröden, feſten Schicht von Schmelz, die den Schuppen ein emaillirtes
Ausſehen giebt. Die Schuppen ſelbſt ſtecken ebenſo, wie die Schuppen
der übrigen Fiſche, in taſchenförmigen Beuteln der Oberhaut, die ſich
indeß leicht auf der äußeren Fläche der Schuppe abſtreifen. Gewöhn-
lich liegen dieſe Schuppen in ſchiefen Reihen von vorn und oben nach
hinten und unten ſo übereinander, daß der untere ſcharfe Rand der
oberen Schuppe einen Theil der unterliegenden deckt und meiſt ſchicken
ſie noch Knochenfortſätze nach hinten fort, welche unter die Schuppen
der nächſten Reihe eingreifen, ſo daß ein vollkommen beweglicher und
doch äußerſt ſolider Panzer gebildet wird, welcher den ganzen Körper
einhüllt. Alle dieſe Fiſche zeigen ferner auf dem Kopfe keine eigent-
lichen Hautknochen, wie die vorhergehende Unterordnung, indem die
meiſt rauhen oder emaillirten Knochen, die an dem Kopfe oft nur
von einer dünnen Haut bekleidet ſind, alle dem Syſteme des gewöhn-
lichen Schädelſkelettes angehören und im Weſentlichen dieſelbe Bil-
dung und Zahl wie bei den übrigen Fiſchen zeigen. Die Floſſen
ſind überall wohl ausgebildet; die paarigen wie die unpaarigen ſtets
vorhanden und die Bauchfloſſen unter allen Umſtänden weit nach hinten
[129] gerückt. In allen übrigen Charakteren zeigt ſich indeß je nach den
verſchiedenen Familien eine bedeutende Wandelbarkeit und ein ſteter
Fortſchritt zu höherer Ausbildung. So entdeckt man bei vielen foſſilen
Gattungen gar keine Spur einer knöchernen Wirbelſäule, ſondern
höchſtens Anzeichen, daß wie bei der vorigen Unterordnung eine knor-
pelige Chorda und dieſer entſprechendes Skelett exiſtirte. Bei anderen
findet man Wirbel, welche durch die unvollkommene Verknöcherung
den Wirbeln der Knorpelfiſche durchaus nahe ſtehen und bei vielen
foſſilen, ſowie bei einer der beiden jetzt lebenden Gattungen (Poly-
pterus)
ſieht man die Bildung der gewöhnlichen Knochenfiſche mit Doppel-
kegelwirbeln, während bei der andern lebenden Gattung (Lepidosteus)
jener höchſte Grad der Entwickelung des Fiſchwirbels, welcher über-
haupt erreicht wird, vorkömmt, wo die Wirbel durch Gelenkköpfe und
Pfannen miteinander verbunden ſind. Eine gleiche ſucceſſive Ausbil-
dung findet ſich in der Struktur der Schwanzfloſſe, indem dieſelbe
bald heterocerk, bald und zwar nur bei Gattungen, welche von dem
Jura an auftreten, homocerk iſt, bald auch, wie namentlich im Jura,
Zwiſchenbildungen zwiſchen beiden Extremen zeigt. Die Schindel-
bekleidung
derſelben ſcheint bei den foſſilen Gattungen, wo man
ſich mehr an äußere Charaktere halten muß, von ganz beſonderer
Wichtigkeit zu ſeyn. Nicht minder finden wir einen Fortſchritt der
Bildung in der Struktur des Kopfes und der Lagerung des
Maules,
das jetzt immer endſtändig an dem Rande der Schnauze,
nicht mehr auf der Bauchfläche gelegen iſt. Bei den älteren Gattun-
gen erſcheint der Kopf kurz, niedrig, plattgedrückt und erſt bei jünge-
ren Familien kommen zuweilen Formen mit lang geſtreckter Schnauze
vor, die einem höheren Entwickelungsgrade entſprechen. Das Maul
iſt ſtets mit Zähnen bewaffnet, die gewöhnlich kegelförmig ſpitz ſind,
aber ſehr verſchiedene Ausbildung zeigen, indem von kleinen Bürſten-
zähnen, die in großen Mengen zuſammenſtehen, bis zu einzelnen
langen Fangzähnen alle möglichen Stufen und Formen vorkommen.
Wir unterſcheiden folgende Familien:


Die Kleinſchupper(Acanthodida) ſind nur in dem Uebergangs-
gebirge und theilweiſe auch in der Kohlenperiode vorhanden und
zeichnen ſich weſentlich durch die außerordentlich kleinen, faſt mikro-
ſkopiſchen Schüppchen aus, welche den ganzen Körper bedecken, ſo daß
Vogt, Zoologiſche Briefe II. 9
[130]

Figure 69. Fig. 1034.

Reſtauration von Acanthodes.


die Oberfläche ein chagrinartiges Ausſehen erhält. Im Uebrigen ſind
indeß dieſe Schuppen durchaus in der gewöhnlichen Weiſe als Rhom-
ben gebildet. Die Fiſche dieſer Familie waren klein, von kurzer, ge-
drängter Geſtalt, der Kopf kurz, hoch, die Augen weit nach oben
gelegen, die Mundſpalte weit, zuweilen faſt ſenkrecht, Kiemendeckel und
Kiemenhaut wohl entwickelt. Die Schwanzfloſſe war heterocerk, der
obere Lappen in ſeiner größten Maſſe von dem aufgebogenen Schwanze
gebildet und weit länger, als der untere, die übrigen meiſt ſehr mäch-
tigen Floſſen alle von einem einzigen ſtarken und ſpitzen Knochen-
ſtachel geſtützt. Die Firſte der Schwanzfloſſe zeigt kleine Strahlen,
aber keine Schindeln. Das Maul war mit kleinen Hechelzähnchen be-
waffnet und das Skelett weit mehr ausgebildet, als bei den übrigen
Fiſchen der alten Formationen, indem man deutliche Spuren von
Wirbeln gefunden hat. Acanthodes; Diplacanthus; Cheiracanthus.


Figure 70. Fig. 1035.

Der Flöſſelhecht des Senegal. (Polypterus senegalus).


Die Familie der Flöſſelhechte(Polypterida) erſcheint nur durch
eine einzige, jetzt in den großen Flüſſen Afrikas, namentlich im Nil
und im Senegal lebende Gattung repräſentirt. Der Kopf dieſer Fiſche
iſt ſtark abgeplattet, vorn rundlich, die Mundſpalte weit, mit kleinen
Hakenzähnen bewaffnet, zwiſchen welchen ganz kleine Bürſtenzähnchen
ſtehen. Hinter den kleinen Augen, die faſt auf der oberen Fläche des
Kopfes angebracht ſind, findet ſich in der Mitte des Scheitels etwa
auf jeder Seite ein Spritzloch, welches mit einer knöchernen Klappe
verſchloſſen werden kann. Der Leib iſt lang geſtreckt, cylindriſch, die
[131] Eckſchuppen, welche ihn decken, klein, aber doch deutlich, die Bruſt-
floſſen rundlich, von einer breiten, geſtielten, abgerundeten, beſchupp-
ten Ruderplatte getragen. Die Rückenfloſſe iſt in eine Menge einzelner
Stacheln zerlegt, die vollkommen von einander getrennt, den ganzen
Rücken behaupten und deren jeder an der hinteren Fläche ein Fähn-
chen von mehreren gegliederten Strahlen mit ausgeſpannter Floſſenhaut
trägt. Der After liegt ſehr weit nach hinten, ſo daß der Schwanz
nur kurz iſt; die Schwanzfloſſe ſelbſt iſt homocerk und von rundlicher
Geſtalt. Die Kopfknochen ſind an ihrer äußeren Fläche von einer
granulirten Schicht ſpröder, glasartiger Schmelzmaſſe überzogen. Eine
Deckelkieme fehlt durchaus, ebenſo eine Pſeudobranchie. Die Schwanz-
floſſe hat keine Schindeln; — ſtatt Strahlen findet ſich in der Kie-
menhaut nur eine große, dreieckige Knochenplatte auf jeder Seite; die
Naſenhöhlen ſind äußerſt complicirt aus gewundenen Höhlen gebildet;
die Schwimmblaſe aus zwei ungleichen Säcken zuſammengeſetzt, die ſich
in einen gemeinſchaftlichen kurzen Luftgang vereinigen, welcher ſich
auf der Seite nahe der unteren Mittellinie in den Schlund öffnet.
Polypterus.


Figure 71. Fig. 1036.

Reſtauration von Dipterus.
a
Rhomboidale Schuppen.


Die Familie der Doppelfloſſer(Dipterida) iſt uns nur durch
foſſile Gattungen bekannt, die ſich einzig bis jetzt in dem alten, rothen
Sandſteine gefunden haben. Der Kopf dieſer Fiſche iſt platt, zuge-
rundet, die Maulſpalte breit, bald nur mit Bürſtenzähnen, bald auch
mit größeren koniſchen Zähnen bewaffnet. Die Kiemenhaut zeigt an
der Kehle ebenfalls nur zwei länglich dreieckige, flügelthürartige Knochen,
wie bei den Flöſſelhechten. Die Schuppen ſind etwas größer als in
der vorigen Familie, ſonſt aber von ausgezeichnet rhomboidaler Geſtalt
und vollkommen ſcharfwinkelig. Der Körper im Ganzen iſt lang,
ſpindelförmig, die Bruſtfloſſen groß; die kleinen Bauchfloſſen etwa in
9*
[132] die Mitte des Körpers geſtellt und die großen, ſenkrechten Floſſen alle
weit nach hinten gerückt, was die Schwimmfähigkeit ungemein beför-
dert. Bei allen dieſen Fiſchen finden ſich zwei Rückenfloſſen und zwei
Afterfloſſen, was weſentlich die Familie von allen übrigen Ganoiden
unterſcheidet, und eine heterocerke Schwanzfloſſe, alle mit weichen Strah-
len ohne Spur von Stacheln oder Schindeln beſetzt. Dipterus; Dip-
lopterus; Osteolepis
.


Figure 72. Fig. 1037.

Reſtauration von Palaeoniscus.


Eine äußerſt zahlreiche Familie, welche faſt in allen geologiſchen For-
mationen verbreitet vorkommt, wird von denjenigen Ganoiden gebildet,
welche nur eine einzige Reihe von Schindeln, wenigſtens auf der oberen
Firſte der Schwanzfloſſe tragen, und deßhalb Einzeiler(Monosticha)
genannt werden. Dieſe Schindeln ſitzen ſtets mit einer gabelförmigen
Baſis auf der Kante der Floſſe feſt und ſind oft auch noch über die
vorderen Ränder der ſämmtlichen übrigen Floſſen verbreitet. Stets
findet ſich nur eine Rückenfloſſe und eine Afterfloſſe, von denen die
erſtere namentlich gewöhnlich in der Mitte des Körpers ſich findet.
Die Schuppen ſind ſtets mäßig groß, ihr hinterer Rand zuweilen
etwas abgerundet, doch nie ſo, daß die rhomboidale Geſtalt verloren
geht. Die Bezahnung dieſer Fiſche wechſelt in vielfacher Beziehung
und man kann hiernach, ſo wie nach der Körpergeſtalt und dem dar-
aus zu erſchließenden Inſtinkte zwei Gruppen unterſcheiden, welche
man früher zu beſonderen Familien erhob. Man faßte bei dieſer Claſ-
ſification Einzeiler und Zweizeiler (dieſe und die folgende Familie)
zuſammen und nannte die ſchlanken, langgeſtreckten, ſpindelförmigen
Fiſche, welche hierdurch, ſowie durch ihre meiſt großen, einzelſtehenden
ſpitzkegelförmigen Zähne ſich vorzüglich als Raubfiſche dokumentirten,
Sauroiden, während man die Fiſche mit mehr breitem, plattem,
gedrängtem Körper, weniger entwickelten Floſſen und kleinen Bürſten-
oder Hechelzähnen mit dem Namen der Lepidoiden belegte. Dieſe
Eintheilung erſchien indeß zu wenig auf durchgreifende Unterſchiede
geſtützt, da vielfache Uebergangsformen ſich beobachten laſſen, während
die hier gegebenen Merkmale, wenn gleich auf einem unbedeutenden
[133] Charakter, nämlich der Ausbildung der Floſſenſchindeln beruhend,
doch leicht conſtatirt werden können. Wir unterſcheiden in dieſer Fa-
milie der Einzeiler je nach der Bildung der Schwanzfloſſe zwei be-
ſondere Gruppen: Die Palaeonisciden(Palaeoniscus; Platyse-
mius; Amblypterus; Eurynotus; Pygopterus; Acrolepis)
, den älteren
Schichten bis zum Jura angehörig, mit heterocerker Schwanzfloſſe und
meiſt weichem Skelette, welches keine Spuren bei der Verſteinerung
zurückgelaſſen hat; und die Dapediden mit homocerker Schwanzfloſſe,

Figure 73. Fig. 1038.

Reſtauration von Dapedius.


die erſt mit den Schichten des Jura auftreten und gewöhnlich deut-
liche, knöcherne Wirbel mit Doppelfazetten wahrnehmen laſſen. Auch
in dieſen beiden Untergruppen findet man jederſeits Gattungen mit
ſchlankem Leibe und kegelförmigen Einzelzähnen, ſo wie andere mit
Bürſtenzähnen und mehr kurzem gedrängtem Leibe. (Dapedius; Tetra-
gonolepis; Amblyurus; Pholidophorus; Nothosomus
.


Die Familie der Doppelzeiler(Disticha), die mit der vorigen
parallel geht, zeigt gewöhnlich nicht nur auf der Firſte der Schwanz-
floſſe, ſondern auch auf der Vorderkante der übrigen Floſſen eine
Doppelreihe von ſpitzen Schindeln, die gewöhnlich ſägeförmige Kämme
bilden. Auch hier laſſen ſich wieder nach der Bildung der Schwanz-
floſſe zwei Gruppen unterſcheiden: die Knochenhechte (Lepidos-

Figure 74. Fig. 1039.

Breitmäuliger Knochenhecht (Lepidosteus platystomus).


tida) mit heterocerker, und die Lepidoiden mit homocerker Schwanz-
floſſe. Von den erſteren kennen wir lebende Repräſentanten in den
[134] verſchiedenen Knochenhechten, welche die großen Flüße Nordamerikas
bewohnen. Der Kopf dieſer Fiſche iſt kegelförmig, oft in eine lange,
ſpitze Schnauze ausgezogen, welche gänzlich, oben wie unten, mit
doppelten Reihen von Zähnen beſetzt iſt. Es finden ſich nämlich in
den ungemein langen Kiefern einzelne große, ſpitze, kegelförmige Fang-
zähne, die auf beſonderen Sockeln ſtehen und zwiſchen welchen zahl-
reiche kleine Bürſtenzähnchen zerſtreut ſind. Die großen Zähne ſind
der Länge nach geſtreift, und unterſucht man ihre Struktur genauer,
ſo findet man, daß dieſe Streifen durch Faltungen der Zahnſubſtanz
entſtehen, welche wie ein grobes Tuch im Umkreiſe der Zahnhöhle
ein- und ausgebogen iſt. Die Naſenlöcher befinden ſich ganz vorn
an der Spitze der Schnauze, die kleinen runden Augen auf der Seite
in geringer Höhe über dem Mundwinkel. Ein Spritzloch fehlt durch-
aus, die Kiemenhaut enthält drei getrennte Strahlen auf jeder Seite,
der Oberkiefer iſt in viele einzelne zahntragende Stücke getheilt; an
dem langen, geſtreckten Leibe ſtehen die Floſſen weit nach hinten, ſo
daß eine gewiſſe Aehnlichkeit mit der Schwanzform unſeres gewöhn-
lichen Hechtes exiſtirt. Die Rückenwirbel ſind mit einander durch
Gelenkköpfe und Pfannen eingelenkt, die Schwimmblaſe einfach, aber
ſtark zellig und auf ihrem ganzen Umfange mit Muskelbalken verſehen;
ſie öffnet ſich in die hintere Wand des Schlundes. (Lepidosteus; Me-
galichthys; Saurichthys)
. Bei den Doppelzeilern mit homocerker
Schwanzfloſſe oder den Lepidoiden(Lepidotus; Semionotus; Nota-
gogus; Propterus; Caturus; Macrosemius)
zeigen ſich ebenfalls meiſt
ſchlanke Körperformen, aber ſtets nur Bürſten- oder einfache Haken-
zähne, niemals ſolche einzelſtehende Fangzähne mit Faltenbildungen,
wie ſie den Knochenhechten zukommen.


Figure 75. Fig. 1040.

Fig. 1040. Reſtauration von Pycnodus.


Figure 76. Fig. 1041.

Fig. 1041. Gaumen eines Fiſches derſelben Gattung.


Die Familie der Plattzähner(Pycnodontida), welche von dem
Kupferſchiefer an bis zur Tertiärzeit ſich in den verſchiedenen Erd-
ſchichten finden, in der Jetztwelt aber ſpurlos verſchwunden ſind, zeigt
[135] einen ſehr kurzen, hohen, von der Seite her zuſammengedrückten Kör-
per, deſſen Skelett ſich beſonders durch die Anweſenheit von ſtiftartigen
Knochen auszeichnet, welche ähnlich den Floſſenträgern auch im
Nacken und über dem Hinterkopfe an ſolchen Stellen ſich finden, wo
keine Floſſe entwickelt iſt. Der Kopf dieſer Fiſche iſt ſtark zuſammengedrückt,
vorn ſteil abfallend, hinten ſehr hoch; die Floſſen niedrig aber lang,
die Schwanzfloſſe fächerförmig und gleichlappig, die Bruſtfloſſen ſehr
klein. Die Bauchfloſſen ſollen gänzlich fehlen, was eine Ausnahme
von allen übrigen Ganoiden machen würde. Die Zähne dieſer Fiſche
ſind vorn meißelförmig, etwa ähnlich menſchlichen Schneidezähnen,
die übrigen im Unterkiefer, im Oberkiefer und dem Gaumengewölbe
befindlichen Zähne aber bilden breite, meiſt ganz runde oder bohnen-
förmige Platten mit abgenutzter Mahlfläche, die mit ihren Rändern
unmittelbar auf dem Kiefer aufſitzen und mit demſelben verwachſen
ſind; — im Inneren dieſer Zähne gewahrt man eine große Höhle,
ſo daß der ganze Zahn eigentlich nur eine Art von Gewölbe aus
Zahnſubſtanz darſtellt, das ſich über die Fläche des Kiefers erhebt.
Die kleinen Fiſche ſcheinen ſich hauptſächlich von Muſcheln und Schal-
thieren ernährt zu haben, die ſie mit ihren harten Zähnen zermalm-
ten. Pycnodus; Sphaerodus; Microdon; Placodus; Phyllodus; Gyro-
dus; Capitodus
.


Unterordnung der Rundſchupper (Cyclifera). Der we-
ſentliche Charakter dieſer Unterordnung beſteht, wie ſchon angegeben
wurde, in ihren runden, dachziegelförmig über einander liegenden

Figure 77. Fig. 1042. Fig. 1043. Fig. 1044.

Rundſchuppen von Ganoiden.
Fig. 1042. Von Glyptolepis elegans. Der hintere Theil der Schuppe
trägt Schmelzwülſte. Fig. 1043. Mehrere Schuppen von Glyptolepis micro-
lepidotus
Fig. 1044. Schuvpe von Macropoma Mantelli mit aufgeſetzten
Schmelzwülſten auf dem freien Theile.


Schuppen, welche in ihrer äußeren Form, ihrer gegenſeitigen Lage-
rung und theilweiſe auch in ihrer Struktur mit den Schuppen der
gewöhnlichen Fiſche übereinſtimmen. Bei einigen Gattungen dieſer
Unterordnung findet man nämlich in der That ganz dieſelben conzen-
[136] triſchen Linien und Anwachsſtreifen und die biegſame, hornartige,
dünne Subſtanz, wie bei den gewöhnlichen Knochenfiſchen, ohne daß
man eine Spur von Schmelz bemerken könnte; bei anderen laſſen ſich
wohl noch die Anwachsſtreifen wahrnehmen, aber die Schuppen ſind
von einer Schmelzſchichte überzogen, welche ihnen eine glatte Ober-
fläche verleiht; bei noch anderen erſcheinen dieſe Schuppen merklich
verdickt, aus ſtarken Knochenlamellen zuſammengeſetzt, die oft durch
ſehr elegant geformte, zellige Zwiſchenſubſtanz von einander getrennt
werden. So wie in der Beſchuppung, ſo ſchließen auch in mancher
anderen Beziehung die Fiſche dieſer Unterordnung ſich am nächſten an
die Knochenfiſche an, ſo daß es ſchwer hält, die Gränze zwiſchen wirk-
lichen Ganoiden und einigen Gattungen zu finden, die bisher nament-
lich der Familie der Häringe angereiht wurden. Die ſo ſcharf aus-
geprägten anatomiſchen Kennzeichen der Ganoiden gehen allmälig zu
Grunde; während die ganze Struktur des Schädels, der Wirbelſäule,
der Floſſen ſich aufs engſte an die Knochenfiſche anſchließt, ſieht man
den Muskelbeleg am Aortenſtiele allmälig geringer werden und die
Zahl der Klappen im Inneren abnehmen, ſo daß bei der einen leben-
den Gattung (Amia) nur noch zwei Reihen kleiner taſchenförmiger
Klappen exiſtiren, vor denen ſich zwei große Segelklappen befinden,
und bei einer anderen Gattung (Butyrinus) die Stellung noch durch-
aus zweifelhaft iſt, indem hier nur ein kurzer Vorſprung mit vier
Klappen als letztes Rudiment des muskulöſen Aortenſtieles vorhanden
iſt. Ebenſo nimmt die Ausbildung der Spiralklappe in dem Darme
außerordentlich ab, ſo daß ſie kaum noch zwei und eine halbe Schrau-
benwindung in demſelben bei den Kahlhechten zeigt. Eine Deckelkieme
oder ſtatt deren wenigſtens ein aus der Kiemenarterie unmittelbar
entſpringender Aſt zu dem Kiemendeckel fehlt in dieſer Unterordnung
durchaus, während eine Augendrüſe, der Netzhautſpalt und der Sichel-
fortſatz im Auge, die ſonſt allen bisher aufgezählten jetztlebenden Ga-
noiden fehlen, bei dieſer Unterordnung vorhanden ſind. Ebenſo fehlen
allgemein die Schindeln oder Stacheln an den Floſſen, die ſtets nur
weiche Strahlen beſitzen; dagegen zeigen ſich die Sehnerven in der-
ſelben Weiſe angeordnet, wie in den Knochenfiſchen. Wir unterſcheiden
folgende Familien:


Die Faltenſchupper(Holoptychida) zeigen einen langen, ſchindel-
förmigen Körper, der mit verhältnißmäßig ſehr großen Schuppen
bedeckt iſt, welche aus dicker, zelliger Knochenſubſtanz beſtehen, über die
[137]

Figure 78. Fig. 1045.

Holoptychius nobilissimus von unten,
um die dreieckigen Knochentafeln unter der Kehle, Bruſt-, Bauch- und Hin-
terfloſſen zu zeigen.


eine Schmelzſchicht ausgebreitet iſt. Meiſtens iſt dieſer Schmelz mit
verſchiedenartigen, konſtanten, im Relief erhabenen Zeichnungen verſe-
hen und die Kopfknochen in ähnlicher Weiſe wie die Schuppen ciſelirt
und gekörnt und auf ihrer Außenfläche mit Schmelz überzogen. Bei
einigen Gattungen ſcheint die Körperhaut ziemlich nackt, dagegen ſtel-
lenweiſe mit breiten Platten belegt geweſen zu ſein, welche in ihrer
Form einigermaßen denen der Störe ähneln. Alle Fiſche dieſer Fa-
milie waren mächtige große Raubfiſche, deren Kiefer mit einzelnen
geſtreiften, kegelförmigen Fangzähnen bewaffnet waren, die auf runden
Sockeln ſtanden und deren Zahnſubſtanz eine äußerſt komplicirte Fal-
tung zeigt, welche diejenige der Knochenhechte weitaus übertrifft, ja
ohne Zweifel das Beiſpiel der komplicirteſten Struktur bietet, das
überhaupt in der ganzen Thierwelt vorkommt. Zwiſchen dieſen gro-
ßen gefalteten Fangzähnen ſtehen ganz kleine Hechelzähnchen, die faſt
mehr vorſpringende Rauhigkeiten des Schmelzüberzuges der Kiefer zu
ſein ſcheinen. Das übrige Skelett ſcheint entweder vollkommen knorpe-
lig geweſen zu ſein oder aus Knochen beſtanden zu haben, deren
Rindenſchichte nur verknöchert war, während die innere Maſſe Knorpel
enthielt, ſo daß bei der Verſteinerung hier nur eine Höhle zurück-
blieb. Die Floſſen ſind ſtark entwickelt, hoch und die Schwanzfloſſe
vollkommen heterocerk. Die Reſte der großen Raubfiſche, welche dieſer
Familie angehören, finden ſich beſonders im alten rothen Sandſteine.
Holoptychius; Actinolepis; Dendrodus; Asterolepis; Bothriolepis;
Psammosteus
.


Die Familie der Zweifloſſer(Coelacanthida) entſpricht in gewiſ-
ſer Beziehung den Doppelfloſſern der vorigen Unterordnung. Doch
mit dem Unterſchiede, daß die Schuppen überall breit und abgerundet
ſind und dachziegelförmig über einander liegen, zugleich auch zum
[138] Unterſchiede von der vorigen Familie weit dünner und nicht mit ſolchen
vorragenden Schmelzverzierungen verſehen ſind. Die ſchlanken Fiſche
hatten ſtarke, kegelförmige, meiſt gefaltete Zähne, die indeſſen weit
kleiner, als bei der vorigen Familie ſind; bei einer Gattung kommen
ſelbſt pflaſterförmige, auf der Kaufläche gekörnte Zähne vor. Die
ſenkrechten Floſſen, welche außerordentlich ſtark entwickelt ſind, erſchei-
nen alle ganz nach hinten an das Ende des Körpers gerückt, ſo daß
auf den Platten der Verſteinerungen oft die beiden Rückenfloſſen und
die beiden Afterfloſſen, denn ſo viele kommen ſtets vor, mit der großen
Schwanzfloſſe verſchmolzen erſcheinen. Wir können auch hier zwei
Gruppen unterſcheiden; bei der einen, die nur durch eine Gattung
(Glyptolepis) im alten rothen Sandſteine repräſentirt iſt, findet ſich
eine deutlich heterocerke Schwanzfloſſe, während bei der anderen, deren
Reſte ſich im Jura und in der Kreide finden, eine homocerke Schwanz-
floſſe vorhanden iſt. Coelacanthus; Undina; Macropoma.


Figure 79. Fig. 1046.

Skelett des Kahlhechtes, Amia calva, auf den Schattenriß des Fiſches gezeichnet.


In der Familie der Kahlhechte(Amida), die einen lebenden Re-
präſentanten in den Flüſſen Carolina’s hat, finden ſich glatte Schup-
pen mit deutlichen Anwachsſtreifen, die zuweilen zellig in der Mitte
ſind, meiſt aber dieſelbe Hornſubſtanz zeigen, wie die Schuppen der
gewöhnlichen Knochenfiſche, wenn auch eine dünne Schmelzlage darüber
hingebreitet iſt. Der Körper dieſer Fiſche iſt ſchlank, geſtreckt, ſpin-
delförmig; die Knochen des Kopfes meiſt auf ihrer Oberfläche mit
Schmelz überzogen und die darüber ausgeſpannte Haut ſo dünn, daß
ſie vollkommen nackt erſcheinen. Die Schwanzfloſſe homocerk, die Kiefer
mit kleinen kegelförmigen Zähnen, zwiſchen denen zuweilen noch winzige
Bürſtenzähnchen ſtehen, bewaffnet. Die der Familie angehörigen Fiſche
treten in der Juraperiode auf und zeigen ſich noch in der Kreide, während
in den Tertiärgebilden noch keine Reſte von ihnen gefunden wurden.
Amia; Leptolepis; Tharsis; Megalurus; Coccolepis; Thris-
ops; Macrosemius; Pachycormus; Sauropsis
.


[139]
Ordnung der Knochenfiſche. (Teleostia.)

Die bei weitem zahlreichſte Ordnung, welche die uns bekannteren Fiſche,
die des ſüßen Waſſers namentlich faſt gänzlich, einſchließt und deren
Eintheilung um ſo ſchwieriger iſt, als ihre Organiſation, trotz der ver-
ſchiedenen Formen doch nur in geringen Gränzen wechſelt. Bei allen
dieſen Fiſchen findet ſich ſtets ein ausgebildetes knöchernes Skelett

Figure 80. Fig. 1047.

Skelett des Barſches (Perca fluviatilis) in den Schattenriß des Fiſches eingezeichnet.


mit wohlgetrennten Wirbeln, welche die Form hohler Doppelkegel haben.
Unter keinen Umſtänden ſieht man jene Formen unvollſtändiger Ausbil-
dung des Skelettes, welche wir noch bei den vorigen Ordnungen beobachteten.
Zwar giebt es manche Gattungen, bei welchen die Verknöcherung der
Wirbel inſofern nicht ganz vollſtändig iſt, als ſich ein zelliges Ge-
webe findet von einzelnen Knochenbalken, deſſen Zwiſchenräume noch mit
Knorpelſubſtanz erfüllt ſind; allein auch dann laſſen ſich die einzelnen
Wirbel ſehr deutlich erkennen. Ebenſo ſind an dem Schädel ſtets die
einzelnen Knochen wohl ausgebildet, wenn auch während des er-
wachſenen Zuſtandes faſt immer ein Reſt der urſprünglichen Knorpel-
kapſel zurückbleibt, auf dem die übrigen Schädelknochen als Deckplatten
angebracht ſind. Die Verhältniſſe der Schädelknochen unter ſich und
die daraus hervorgehenden Formen des Schädels wechſeln ungemein
und namentlich iſt die Ausbildung der Kieferknochen, ihre mehr oder
minder große Beweglichkeit, ihre Bewaffnung ſo mannigfaltig ver-
ſchieden, daß hieraus ſich viele Charaktere für die Beſtimmung der
einzelnen Familien entnehmen laſſen. Die Bezahnung iſt äußerſt
mannigfaltig und zuweilen auf alle Knochen, welche nur irgend an
[140] der Begränzung der Mundhöhle Antheil nehmen, ausgedehnt; ganz
fehlen die Zähne nie, denn ſelbſt dann, wenn ſie den Kiefern abgehen,
wie bei den Karpfen, finden ſich welche an den unteren Schlund-
knochen. Ein Kiemendeckelapparat iſt ſtets vorhanden. Gewöhnlich
tritt der Kiemendeckel, nur von dünner Haut bekleidet, frei an der
Seite des Halſes hervor und deckt die bald mehr, bald minder weite
Kiemenſpalte, die ſtets nur einfach iſt und in höchſt ſeltenen Fällen
mit derjenigen der anderen Seite in der Mittellinie zuſammenfließt.
Meiſt tritt auch an der unteren Seite des Halſes die freie Kiemenhaut
von ſäbelförmigen Strahlen geſtützt hervor, deren Zahl von großer
Beſtändigkeit bei den verſchiedenen Familien iſt; nur bei wenigen Fa-
milien ſind Kiemendeckel und Kiemenhaut ſehr unſcheinbar und voll-
ſtändig durch die Körperhaut, zuweilen ſelbſt durch bedeutende Mus-
kelmaſſen verdeckt. Das Floſſenſyſtem iſt meiſtens ausgiebig
entwickelt; die Bruſtfloſſen fehlen faſt niemals und haben manchmal
eine ſo bedeutende Größe, daß ſie dem Fiſche beim Springen aus
dem Waſſer als Fallſchirm dienen, womit er ſich eine Zeit lang
in der Luft erhalten kann. In den meiſten Fällen ſind auch die
Bauchfloſſen vorhanden und je nach den Familien bald unter dem
Bauche, bald an der Bruſt, bald vor den Bruſtfloſſen an der Kehle
angeheftet; nur bei einigen Gattungen fehlen ſie gänzlich oder ſind bis
zur Unſcheinbarkeit verkümmert. In den ſenkrechten Floſſen zeigt ſich
eine große Mannigfaltigkeit. Manchmal iſt der Körper in ſeiner
ganzen Länge von einer einzigen Floſſe umſäumt, die in dem Nacken
anfängt, ſich um den Schwanz herum und auf der unteren Kante bis
zum After fortſetzt; in anderen Fällen zeigt ſich eine Abtheilung in
Rücken-, Schwanz- und Afterfloſſe, mehrfache Einſchnitte und Theilun-
gen, wobei indeß dennoch als allgemeinere Regel die Exiſtenz einer
einzigen Rücken- und Afterfloſſe bleibt, obgleich alle ſenkrechten Floſſen,
in einem Falle dieſe, in einem anderen jene fehlen können. Die
Schwanzfloſſe iſt bei allen Knochenfiſchen homocerk, obgleich ſie bei
dem Embryo eine heterocerke Bildungsperiode durchmacht, von welcher
zuweilen in dem Skelette, nicht aber in der äußeren Bildung noch
Spuren zurückbleiben. In der Natur der Floſſenſtrahlen zeigen ſich
mehrfache Unterſchiede; oft ſind die Strahlen aller Floſſen vollkommen
weich, biegſam und gegliedert, in anderen Fällen findet ſich als Stütze
vor der Floſſe ein einfacher Knochenſtrahl, der oft gezähnelt oder in
ſonſtiger Weiſe verziert iſt. Dann giebt es aber auch eine ganze
Gruppe von Knochenfiſchen, bei welchen mehrere Stachelſtrahlen in
der Rückenfloſſe, der Afterfloſſe und einer in den Bauchfloſſen vor-
[141] handen ſind, ja wo ſich oft zwei Rückenfloſſen finden, von denen dann
die vordere nur von harten Stachelſtrahlen, die hintere von weichen
Strahlen geſtützt wird.


Die Bedeckung der Haut erſcheint bei den Knochenfiſchen in
mannigfacher verſchiedener Ausbildung. Viele ſind ganz nackt, ihre
Oberhaut ſchleimig, die Lederhaut darunter ziemlich feſt und nirgends
eine Spur von Schuppen zu ſehen; — bei anderen liegen in einer
ſolchen Haut knöcherne Schilder und Tafeln, deren äußere Fläche oft
mit Zahnſubſtanz überzogen iſt und die ſich namentlich gern auf und
hinter dem Kopfe zu ſchildförmigen Panzern vereinigen; zuweilen
ſtoßen dieſe Tafeln im ganzen Umfange des Körpers zu einem Kno-
chenpanzer zuſammen, an dem die Ränder der einzelnen Tafeln oft
wie die Schienen eines Küraſſes über einander greifen. In den mei-
ſten Fällen finden ſich indeß eigentliche Schuppen von verſchiedener

Figure 81. Fig. 1048. Fig. 1049. Fig. 1050.

Schuppen von Knochenfiſchen.
Fig. 1048. Cycloidſchuppe von der Forelle (Salmo fario), nur mit con-
centriſchen Linien. Fig. 1049. Cycloidſchuppe von der Ellriße (Phoxinus va-
rius)
, mit ſtark vortretenden Radialſtrahlen. Fig. 1050. Ctenoidſchuppe von
einem jungen Barſche (Perca fluviatilis).


Größe, die ſich vorzüglich nach zwei Richtungen hin ausbilden; —
bald nämlich iſt ihr hinterer Rand vollkommen abgerundet, glatt und
die Anwachsſtreifen auf der ganzen Oberfläche deutlich hervortretend;
in anderen Fällen aber finden ſich an dem hinteren Rande entweder
Zähnelungen oder kleine aufgeſetzte ſtachelige Stückchen, durch die der
ganze hintere Rand der Schuppe rauh wird. Im Allgemeinen ſteht
dieſe ſcheinbar unbedeutende Verſchiedenheit der Schuppenbildung mit
anderen bedeutenden Unterſchieden in der Organiſation in Verbindung
und darf nicht unberückſichtigt gelaſſen werden, wenn es gleich ein
Fehler war, dieſelbe in einer bei den Geologen ihrer Bequemlich-
keit wegen angenommenen Klaſſifikation als Grundcharakter der Ein-
theilung zu benutzen und die ganze Maſſe der Knochenfiſche in zwei
Ordnungen zu ſpalten: Rundſchupper(Cycloidei) mit ganz ran-
[142] digen, und Kammſchupper(Ctenoidei) mit kammartig gezähnten
Schuppen.


Hinſichtlich der inneren Anatomie und der Entwicklung haben
wir ſchon in der Einleitung das Nähere bemerkt und es genügt hier,
auf diejenigen Charaktere aufmerkſam zu machen, welche zur Unter-
ſcheidung der Knochenfiſche, namentlich von den Ganoiden, dienen
können. Der Arterienſtiel des Herzens wird bei allen Knochenfiſchen
nur von der verdickten gewöhnlichen Faſerlage der Arterie gebildet
und es geht ihm gänzlich jene äußere Muskelſchichte ab, welche dem
Herzen der Ganoiden und der Knorpelfiſche eine dritte pulſirende
Abtheilung zuführt; an ſeinem Grunde finden ſich ſtets nur zwei
Klappen, die den Eingang in die Kammer ſchließen. Eine Spiral-
klappe des Darmes iſt niemals vorhanden und die Sehnerven kreuzen
ſich vollſtändig über einander, ſo daß ſie nach dem Auge der entge-
gengeſetzten Seite gehen. Hinſichtlich der Schwimmblaſe, die bei allen
Ganoiden vorkommt und ſich in den Schlund öffnet, findet ſich bei
den Knochenfiſchen große Mannigfaltigkeit, indem ſie bei den einen
ganz fehlt, bei anderen mit offenem Gange in den Schlund mündet,
während bei noch anderen dieſer Luftgang vollſtändig verſchloſſen iſt.
Im Allgemeinen ſcheint die Gegenwart der Schwimmblaſe nicht von
ſo außerordentlicher Bedeutung, da ſelbſt in derſelben Gattung ſie
zuweilen der einen Art zukommt, der anderen fehlt oder bei ganz nahe
verwandten Familien ähnliche Unterſchiede ſich vorfinden.


Bei der weiteren Eintheilung dieſer ſo ausnehmend zahlreichen
Ordnung konnte man ſich unmöglich an einen einzigen Charakter
halten, wie man dieſen früher entweder in der Struktur der Schuppen
oder der Floſſenſtrahlen gefunden zu haben glaubte. Indem man ſich
jetzt mehr anatomiſchen Charakteren zugewandt hat, erſcheint es noch
immer ſehr zweifelhaft, ob viele darin begründete Gruppen auch in
der That natürlich ſind und die Charaktere diejenige Wichtigkeit be-
ſitzen, welche man ihnen beigelegt hat. Wir unterſcheiden folgende
Unterordnungen und Familien:


[143]

Unterordnung der Büſchelkiemer (Lophobranchia). Die

Figure 82. Fig. 1051.

Männchen von Hippocampus.
Die eine Hälfte der Brütetaſche iſt
weggenommen, ſo daß man die innere
Fläche ſieht. a Kiemenloch; b Bruſt-
floſſe; c. Rückenfloſſe. Afterfloſſe, dahin-
ter die Bruttaſche d.


kleinen Fiſche, welche dieſer Unter-
ordnung angehören, ſind auf der
ganzen Oberfläche ihres Körpers
mit Knochenſchildern gepanzert,
welche meiſt eine vierſeitige gerippte
Geſtalt haben und mit ihren Rän-
dern an einander ſtoßen. Meiſtens
unterſcheidet man an dieſen Kno-
chenſchildern eine äußere und eine
innere Lage von Knochenlamellen,
zwiſchen welchen in der Mitte Horn-
ſubſtanz entwickelt iſt. Die Geſichts-
knochen, beſonders die Naſenbeine,
die Gaumenbeine und das Pflug-
ſchaarbein ſind außerordentlich lang,
vorgezogen und bilden eine Röhre,
welche den Schädeltheil des Kopfes
oft um das Sechsfache an Länge
übertrifft und an deren vorderem
Ende ſich die kleine Mundſpalte von
den kleinen Kiefern umgeben zeigt;
die verlängerte Schnauze wird dem-
nach bei dieſen Fiſchen nicht von
den Kiefern, ſondern von den Tra-
geknochen derſelben, die den Geſichtstheil zuſammenſetzen, gebildet. Der
Kiemendeckel iſt groß, blaſig aufgetrieben, an ſeinem unteren und hin-
teren Rande aber durch die Haut gänzlich an den Schultergürtel befe-
ſtigt, ſo daß nur an ſeinem oberen Rand eine kleine Spalte übrig
bleibt, welche in die weite Kiemenhöhle führt. Der Bau der Kiemen
ſelbſt iſt höchſt eigenthümlich und dient als weſentlicher Charakter der
Unterordnung. Auf den Kiemenbögen ſtehen nämlich einzelne, an ein-
ander gedrängte Büſchel von feinen Kiemenblättchen, welche eine Art
Knopf zuſammenſetzen, ſo daß jeder Kiemenbogen eine doppelte Reihe
ſolcher an einander gedrängter, geblätterter Knöpfe trägt. Die Floſſen
ſind meiſt nur mangelhaft ausgebildet, die Bruſtfloſſen nur bei einer
einzigen Gattung ziemlich groß, bei den übrigen klein, die Bauchfloſ-
ſen entweder ſehr rudimentär oder auch gänzlich fehlend. Von den
ſenkrechten Floſſen iſt nur die kleine Rückenfloſſe beſtändig vorhanden,
während After- und Schwanzfloſſe häufig fehlen. Sehr eigenthümlich
[144] iſt in dieſer Unterordnung, welche nur eine Familie, die der Tang-
ſchnellen
(Syngnathida) bildet, die Art und Weiſe der Fortpflanzung.
Bei den Männchen findet ſich nämlich an der Wurzel des Schwanzes
entweder ein förmlicher Beutel mit einer kleinen vorderen Oeffnung
(Hippocampus), oder zwei Hautklappen, welche wie Flügelthüren über
einander greifen (Syngnathus), oder endlich nur eine etwas vertiefte
Stelle (Scyphius), in der ſich zur Begattungszeit kleine rundliche
Hautzellen entwickeln, die von Eiern erfüllt werden. Auf welche Weiſe
das Weibchen die Eier an dieſe Stelle bringt, iſt noch unbekannt; —
die Thatſache aber ſteht feſt, daß es wirklich die Männchen ſind, welche
in dieſen eigenthümlichen Brütetaſchen die Eier und ſelbſt die ausge-
ſchlüpften Embryonen ſo lange mit ſich herumtragen, bis dieſelben
gänzlich den Dotterſack verloren haben. Die kleinen Fiſchchen finden
ſich nur in der See und namentlich gern im Tang, an den ſie ſich
mit ihren langen, oft floſſenloſen Schwänzen anklammern. Syngnathus;
Scyphius; Hippocampus; Pegasus
.


Unterordnung der Haftkiefer (Plectognatha) Die kurzen
entweder faſt kugelförmigen oder ſeitlich ſtark zuſammengedrückten Fiſche,
welche dieſer Unterordnung angehören, zeigen in dem Baue ihres
Schädels eine ganz beſondere Feſtigkeit, während das übrige Ske-
lett bei einigen lange Zeit nur unvollſtändig verknöchert und die Wir-
bel namentlich jene faſerig zellige Struktur zeigen, deren wir früher
erwähnten. Der Zwiſchenkiefer iſt bei dieſen Fiſchen bedeutend groß
und bildet für ſich allein den oberen Rand der ſtets engen und kleinen
Mundſpalte; er iſt einerſeits mit den Schädelknochen und andererſeits
mit dem dahinter liegenden Oberkiefer, welcher an der Begränzung
der Mundſpalte keinen Antheil nimmt, feſt und innig verwachſen;
ebenſo ſind die Gaumenknochen durch Nacht mit den übrigen Schädel-
knochen unbeweglich verbunden, namentlich an dem Schläfenbeine,
wo ſtets ſtatt eines hinteren Gelenkes eine Naht vorkommt, ſo daß
der ganze Kiefer-Gaumenapparat ein einziges feſtes Gewölbe bildet.
Der Kopf bildet meiſt einen großen Theil des Körpers. Die Kiemen-
ſpalten
ſind nur klein, der Kiemendeckel und die Kiemenhaut gänz-
lich durch aufliegende Haut und Muskelmaſſen verdeckt. Rippen
und Bauchfloſſen fehlen meiſt gänzlich. Die Wirbelſäule iſt äußerſt
kurz, die Wirbel wenig zahlreich (höchſtens 20); das Rückenmark reicht
nur eine geringe Strecke in den Wirbelkanal hinein und löſt ſich dann
in die Nervenwurzeln auf. Die Hautbedeckung iſt in eigenthüm-
[145] licher Weiſe ausgebildet. Die Lederhaut iſt ſehr dick und bald nur
rauh durch kleine Schmelzſtückchen, wie bei den Haien, bald mit län-
geren, dreigliedrigen Stacheln, Fußangeln ähnlich, beſetzt, bald auch in
threm ganzen Umfange mit Tafeln belegt, welche durch ihr Zuſam-
menſtoßen einen förmlichen Panzer bilden, der demjenigen der Schmelz-
ſchupper einigermaßen ähnelt, obgleich dieſe Tafeln eine durchaus ver-
ſchiedene Struktur beſitzen. Der Darmkanal iſt weit, kurz, ohne
pyloriſche Anhänge — die meiſten haben eine große, weite Schwimm-
blaſe. Die Floſſen ſind im Ganzen nur ſchwach entwickelt und nur
von weichen Strahlen geſtützt, ausgenommen bei einigen Gattungen,
wo ſich außer der weichen hinteren Rückenfloſſe noch ein Paar vor-
dere Stacheln vorfinden, welche in eigenthümlichen Gelenken aufge-
richtet und feſtgeſtellt werden können. Wir unterſcheiden in dieſer
Ordnung zwei Familien.


Die Harthäuter(Sderodermata) zeigen die kleine Mundſpalte

Figure 83. Fig. 1052.

Der Kofferfiſch (Ostracion).


mit einer Reihe ſchief geſtellter Zähne bewaffnet, die in eigenen Zahn-
höhlen des Kiefers ſtehen und in ihrer Form den menſchlichen Schnei-
dezähnen einigermaßen ähnlich ſehen. Es werden dieſe Zähne durch
Erſatzzähne gewechſelt, die in der Kinnlade verborgen liegen und von
unten herauf allmälig an die Stelle des alten Zahnes eintreten. Der
Körper iſt mit hornigen Tafeln bekleidet, die auf ihrer Oberfläche mit
einer Lage von Zahnſubſtanz überzogen ſind, ſonſt aber entweder nur
körnige Zeichnungen oder auch eine ganz glatte Oberfläche darbieten.
Bei einer Gattung (Ostracion), welche die Unterfamilie der Koffer-
fiſche (Ostracida)
bildet, werden dieſe Tafeln ſehr groß, meiſt
ſechseckig und rücken ſo zuſammen, daß ſie eine unbewegliche Panzer-
kapſel bilden, aus welcher nur der Schwanz und die beweglichen
Floſſen hervorragen; die Zähne ſind bei dieſer Unterfamilie nur klein,
meiſelförmig und ohne Schmelz. Bei der Unterfamilie der Horn-
fiſche (Balistida)
bilden dieſe Tafeln eine förmliche Schuppen-
bekleidung, ausdehnbar und beweglich, welche ſich über Kopf und
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 10
[146] Körper fortſetzt und zuweilen ſelbſt zu ganz kleinen Schuppenkörnchen
herabſinkt. Die meiſten Fiſche dieſer Familie haben oben auf dem
Rücken ſtarke gezähnelte Stacheln, welche in eigenthümlichen Gelenken
einſchnappen und ſo feſtgeſtellt werden können; ſie finden ſich, wie
diejenigen der folgenden Familie, nur in ſüdlichen Meeren und gehen
nicht weiter nördlich, als bis in das Mittelmeer. Balistes; Monacan-
thus; Aluteres
.


Die Familie der Nacktzähner(Gymnodonta) unterſcheidet ſich

Figure 84. Fig. 1053.

Igelfiſch (Diodon hystrix).


von der vorigen hauptſächlich durch
die Hautbedeckung und die Bewaff-
nung der Kiefer; dieſe letzteren tre-
ten nämlich ſcharf ſchnabelartig vor
und ſind außen wie innen mit
einem Guße feſter Zahnſubſtanz
überkleidet, die aus ſenkrechten Zahn-
röhren beſteht und zuweilen in der
Mitte durch eine Furche getheilt iſt. Dieſe einzige ſcharfe Zahnplatte,
welche die Kiefer bekleidet, dient den Thieren zum Zermalmen von
Kruſten- und Schaalthieren, welche ihre hauptſächlichſte Nahrung aus-
machen. Die Haut iſt ſehr dick, lederartig, mit größeren oder kleine-
ren Stacheln beſetzt, welche ſogar zuweilen von dem Fiſche willkürlich
geſträubt werden können. Die meiſten Gattungen dieſer Familie beſitzen
eine ſehr große Schwimmblaſe und außerdem noch einen weiten beutel-
förmigen Kehlſack, der in den Schlund mündet und ſich weit nach
hinten unmittelbar unter der Haut des Bauches erſtreckt. Die ſo
gebildeten Fiſche kommen bei ruhigem Wetter an die Oberfläche des
Waſſers, ſchlucken dort eine Menge Luft in den Kehlſack ein, blähen
ſich dadurch in unförmlicher Weiſe auf und treiben dann, den Bauch
nach oben gekehrt, auf der Oberfläche des Waſſers; ihr Fleiſch iſt
ſehr ſchlecht und das einiger Arten wird ebenſo wie das Fleiſch vieler
Fiſche der vorigen Familie, für giftig gehalten. Man kann unter ihnen
drei Unterfamilien unterſcheiden: Die Igelfiſche (Diodontida),
welche die erwähnte Fähigkeit des Aufblaſens im hohen Grade beſitzen
und deren obere Wirbelbogen ſich in der Mittellinie nicht vereinigen,
ſo daß der ganze Rückenmarkskanal von oben her geöffnet iſt. Ihr
Rückenmark iſt nur knopfförmig; Rippen fehlen durchaus. Die Naſe
iſt ſehr eigenthümlich geſtaltet. Meiſt ſteht ſie warzig vor; oft iſt die
Warze gewölbt, mit zwei Naſenlöchern verſehen, zuweilen finden ſich
ſogar ganz ſolide Warzen ohne Höhlungen irgend einer Art. Diodon;
[147] Tetrodon; (Gastrophysus; Chelichthys; Chelonodon; Arothron)
. Die
Dreizähner (Triodontida) können ſich nicht aufblaſen, haben
einen geſchloſſenen Wirbelkanal, Naſenhöhlen wie die übrigen Fiſche,
ſtarke wohl ausgebildete Rippen, gleichen aber im Uebrigen den vorigen.
Endlich die Mondfiſche (Orthagoriscida) haben einen ganz

Figure 85. Fig. 1054.

Der Mondfiſch (Orthagoriscus mola).


platten, kurzen, ſchwanzloſen Kör-
per mit faſerknochigem, weichem
Skelett, dicker Chagrinhaut, können
ſich nicht aufblaſen und es fehlt
ihnen ſogar die Schwimmblaſe
gänzlich, welche die übrigen Unter-
familien haben. Orthagoriscus;
Ozodura
.


Unterordnung der Weichfloſſer (Malacoptera). Die
Fiſche, welche dieſer Unterordnung angehören, zeigen meiſt eine ſpin-
delförmige Geſtalt und im Allgemeinen eine große Regelmäßigkeit der
Körperform, ſo wie eine gleichmäßige Ausbildung ſämmtlicher Organe.
Bei allen kommen ſämmtliche Arten von Floſſen vor, die ſtets nur von
weichen Strahlen geſtützt ſind, mit alleiniger Ausnahme einiger Fami-
lien, bei welchen zuweilen der erſte Strahl der Rücken-, Bruſt- oder
Afterfloſſe eine knöcherne Konſiſtenz beſitzt und ſich als ſtarker, gewöhn-
lich gezähnter Stachel darſtellt. Es findet ſich ſtets nur eine von
Strahlen geſtützte Rückenfloſſe, hinter welcher zuweilen eine zweite
ſtrahlenloſe nur von einer Hautduplikatur gebildete Floſſe ſteht, die
man mit dem Namen der Fettfloſſe bezeichnet hat; — manchmal, jedoch
nur ſelten erſetzt dieſe Fettfloſſe auch die wirkliche Rückenfloſſe. Die
Bauchfloſſen ſind ſtets vorhanden und ſtehen unter allen Umſtänden
unter dem Leibe, niemals an der Kehle oder an der Bruſt. Dieſe
abdominale Stellung der Bauchfloſſen bildet in Verbindung mit dem
durchgängigen Charakter der weichen gegliederten Floſſenſtrahlen das
weſentlichſte Merkmal dieſer Unterordnung. Faſt ebenſo allgemein
findet ſich eine Schwimmblaſe, welche ſtets, wenn ſie vorhanden iſt,
durch einen offenen Gang in die Rückenwand des Schlundes einmün-
det. Eine Familie, welche ſich durch ihre übrigen Charaktere dieſer
Unterordnung ſo nahe anſchließt, daß manche Forſcher ſie ſogar nur
für eine Gruppe halten, entbehrt freilich der Schwimmblaſe durchaus.
Die Schuppen fehlen zuweilen gänzlich oder ſind in ſeltenen Fällen
durch Knochentafeln erſetzt — meiſt bedecken ſie aber den ganzen Kör-
10*
[148] per und haben unter allen Umſtänden einen ganzen hinteren Rand,
ohne Einſchnitte, Kerben oder Spitzen, ſo daß alſo alle hierhergehö-
rigen Fiſche zu den Cycloidſchuppern gehören. Von anderen Unter-
ordnungen der Knochenfiſche unterſcheiden ſich die Weichfloſſer außerdem
noch durch die ſtets getrennten unteren Schlundknochen. Die verſchie-
denen Familien ſind äußerſt zahlreich und meiſtens als Nahrungsmittel
geſchätzt; ſie ſind vorzugsweiſe Bewohner der ſüßen Gewäſſer. Wir
unterſcheiden folgende Familien:


Figure 86. Fig. 1055.

Der Panzerwels (Loricaria).


Die Panzerwelſe(Goniodonta) bilden eine höchſt eigenthümliche
Gruppe, welche durch manche Charaktere ſich theils an die ſtörartigen
Fiſche und die Ganoiden, theils an die folgende Familie anſchließt.
Kopf und Körper ſind von großen, rauhen Knochenplatten gepanzert,
die an dem Schwanze zuweilen den rhomboidalen Schuppen der Ga-
noiden ähnlich werden. Das Maul liegt weit nach hinten unter der
Schnauzenſpitze, iſt ſehr klein, meiſtens vorſtreckbar, von häutigen
Segeln, Lappen und Bartfäden umgeben; die Kiefer bilden eine breite
Lade mit einer tiefen Rinne, in der eine Reihe von hornigen Zähnen
eingeſenkt iſt, die hakenförmig nach außen gekrümmt und am unteren
Ende, wo ſie in der Zahnlade ſitzen, rechtwinklig gebogen ſind. Der
Kiemendeckel iſt größtentheils unbeweglich und die Kiemenſpalte nur
ſehr klein. Sie beſitzen ausgebildete Nebenkiemen, während ihnen die
Schwimmblaſe und die mit derſelben verbundenen Knöchelchen gänzlich
fehlen, was einen Hauptunterſchied von der folgenden Familie abgiebt.
Die Floſſen ſind mächtig; die Bruſtfloſſe meiſt durch einen ſtarken
Stachelſtrahl geſtützt, der durch Einſchnappen in ein Gelenk feſtgeſtellt
werden kann. Der Schwanz iſt zuweilen oben an der Schwanzfloſſe
in einen ſehr langen dünnen Faden ausgezogen; der Magen dieſer
Fiſche iſt einfach, ohne Blindſack, der Darm vielfach gewunden, wie
es ſcheint, für Pflanzennahrung beſtimmt. Die ſchlecht ſchmeckenden
Fiſche finden ſich in den ſüßen Gewäſſern Südamerikas. Loricaria;
Rhinelepis; Acanthicus; Hypostoma
.


[149]
Figure 87. Fig. 1056.

Der Zitterwels (Malapterurus electricus).


Die Familie der Welſe(Silurida) hat entweder eine ganz nackte
lederartige Haut ohne jede Spur von Schuppen oder Knochentafeln,
welche ſich hauptſächlich in der Nähe des Kopfes entwickeln und zu-
weilen ſogar den ganzen Körper einhüllen. Der Kopf iſt plattgedrückt,
breit, der Rachen entweder an der Spitze der Schnauze oder etwas
mehr nach hinten auf der Unterfläche gelegen und die Mundſpalte,
welche bei der vorigen Familie vom Zwiſchen- und Oberkiefer begränzt
wurde, hier einzig von dem Zwiſchenkiefer gebildet, indem die Ober-
kiefer zu Bartfäden verlängert ſind. Die zwei Nebenkiemen, welche bei
den Panzerwelſen vorhanden waren, fehlen hier durchaus; der Kiemen-
deckel, der meiſt ziemlich unbeweglich iſt, hat nur drei Stücke, indem
der Unterdeckel fehlt und an dem Schläfenapparate hat ſich die Theilung
zwiſchen dem Tragebogen des Unterkiefers und des Zungenbeines noch
nicht ausgebildet, ſo daß hier zwei Knochen weniger entwickelt ſind,
als bei den übrigen Knochenfiſchen. Die Schwimmblaſe iſt ſtets vor-
handen und durch einen offenen Gang mit dem Schlunde verbunden;
an ihrem vorderen Ende befinden ſich einige kleine, in einander gelenkte
Knöchelchen, von denen das hintere in die Sehnenhaut der Schwimm-
blaſe eingeſenkt iſt, das vordere aber an das Labyrinth heranreicht,
ſo daß Schwimmblaſe und Ohr durch eine Kette von Gehörknöchelchen
mit einander verbunden ſind. In den Bruſtfloſſen iſt oft der erſte
Strahl ein ſtarker Stachel, der durch ein eigenthümliches Gelenk ſo
feſtgeſtellt werden kann, daß er als Vertheidigungswaffe dient. Die
Ausbildung der Rückenfloſſe iſt ſehr verſchieden; — bald iſt ſie ſehr
lang, in anderen Fällen klein oder vollkommen verſchwunden und dann
durch eine Fettfloſſe erſetzt, welche ſich oft auch hinter der ſtrahlentra-
genden Rückenfloſſe findet; gleicher Wechſel zeigt ſich in der Ausbil-
dung der Afterfloſſe. Bei einigen Gattungen finden ſich eigenthüm-
liche häutige Säcke, die ſich längs der Wirbelſäule nach hinten erſtrecken
und in die Kiemenhöhle ausmünden und die zur Aufnahme von Luft
oder Waſſer beſtimmt ſcheinen. Die Zähne der Welſe ſind ſtets aus
ächter Zahnſubſtanz gebildet, hechel- oder bürſtenförmig, zuweilen ſogar
[150] zweiſpitzig und die Kiemenſpalten bald weit geſchlitzt, bald nur eng
und klein. Eine im Nil lebende Gattung, die nur eine Fettfloſſe auf
dem Rücken hat (Malapterurus), zeichnet ſich durch den Beſitz mächtiger
elektriſcher Organe aus, die zu beiden Seiten des Rumpfes unter der
Haut liegen, gefaltete Längsblätter darſtellen und kräftige Schläge
ertheilen. Die meiſten Welſe finden ſich in den ſüßen Gewäſſern tro-
piſcher Gegenden; in den europäiſchen Flüſſen kommt nur eine Art
vor, der gewöhnliche Wels (Silurus europaeus), die aber zuweilen ein
Gewicht von mehreren Centnern erreicht. Silurus; Bagrus; Hetero-
branchus; Saccobranchus; Pimelodus; Arges; Aspredo; Doras; Cal-
lichthys
.


Figure 88. Fig. 1057.

Myletes Hasselquisti.


Die Familie der Characinen(Characina) wird von ſtets beſchupp-
ten Fiſchen gebildet, deren ſpindelförmige Körpergeſtalt viele Aehnlich-
keit mit derjenigen der Forellen zeigt, mit denen ſie auch darin
übereinſtimmen, daß ſie mit Ausnahme einiger weniger Gattungen hinter
der auf der Mitte des Rückens ſtehenden Rückenfloſſe noch eine kleine
Fettfloſſe beſitzen. Ebenſo ſind, mit Ausnahme einiger Gattungen
(Aulopus; Xyphostoma), bei welchen Kammſchuppen mit geſägtem
hinterem Rande vorkommen, die Schuppen ganz denen der Lachſe ähn-
lich. Das am Ende der Schnauze befindliche Maul iſt vorn vom
Zwiſchenkiefer, weiter nach hinten von dem Oberkiefer begränzt, welcher
den Zwiſchenkiefer in gleicher Linie fortſetzt. Die Zähne fehlen bald
ganz, bald finden ſie ſich nur in der Oberkinnlade oder in den Kie-
fern und ſelbſt in den Gaumenbeinen; — meiſt ſind es hakenförmige
Hechelzähne, zuweilen aber ſieht man ſtarke, gebogene Fangzähne oder
auch mehr ſpitzige, ſchneidende und Kegelzähne. Die Nebenkiemen feh-
len durchaus; die Schwimmfloſſe iſt der Quere nach in eine vordere
und hintere Hälfte getheilt, und die vordere Abtheilung in einigen
Fällen zellig, wie eine Amphibienlunge. Mehrere Gehörknöchelchen
ſtellen die Verbindung zwiſchen der mit offenem Ausführungsgange
mündenden Schwimmblaſe und dem Gehörorgane her. Der Darm
hat zahlreiche Pförtneranhänge und die Eierſtöcke ſetzen ſich unmittel-
[151] bar in den Eileiter fort, was zum weſentlichen Unterſchiede von den
Lachſen dient, mit denen man ſie früher vereinigt hat. Sie finden
ſich hauptſächlich nur in den Flüſſen tropiſcher Gegenden. Myletes;
Serrasalmo; Pygopristis; Pygocentrus; Hydrolycus; Exodon; Hydro-
cyon; Hemiodus; Anodus; Xyphostoma; Erythrinus
.


Figure 89. Fig. 1058.

Der gewöhnliche Karpfen (Cyprinus carpio).


Die Familie der Karpfen(Cyprinida) kommt mit der vorigen in
der Bildung der quergetheilten, durch Gehörknöchelchen mit dem La-
byrinthe verbundenen Schwimmblaſe überein, unterſcheidet ſich aber
von allen übrigen Familien durch die kleine Mundſpalte, die durchaus
zahnlos iſt und deren Rand nur von dem Zwiſchenkiefer gebildet wird,
über dem der Oberkiefer als ſogenanntes Schnurrbartbein liegt. Der
Körper iſt meiſt hoch, plattgedrückt, der Kopf klein, die Schuppen
bald ſehr groß, bald wieder außerordentlich klein und unſcheinbar
und hiernach auch inſofern in ihrer Struktur verſchieden, als bei den
kleineren Schuppen, z. B. der Wetterfiſche (Cobitis), vielfache con-
centriſche und Fächerlinien vorkommen, welche die Schuppe zellenartig
abtheilen, während bei den großen Schuppen der Karpfen und Weiß-
fiſche die Fächerlinien faſt verſchwinden und nur die concentriſchen
Streifen übrigbleiben. Es findet ſich ſtets nur eine Rückenfloſſe und
niemals eine Fettfloſſe. Die Karpfen nähren ſich hauptſächlich von
Pflanzen und Würmern, zu deren Zermalmung, da ſonſt das Maul
zahnlos iſt, auf den unteren Schlundknochen einige große und mäch-
tige Zähne entwickelt ſind, welche gegen eine vorſpringende Platte
des Schädels, die mit Horn bedeckt iſt, gerieben werden können. Der
Magen hat keinen Blindſack, der Darm keine Pförtneranhänge, die
Kiemenhaut meiſt nur drei Strahlen. Bei einigen Gattungen kommt
in der Rücken- und Afterfloſſe ein ſtarker gezähnter Stachel vor. Die
Angehörigen dieſer Familie, welche die ſehr zahlreichen Gattungen der
[152] Weißfiſche, Schmerlen, Barben und Schleien bilden, bevölkern haupt-
ſächlich die ſüßen Gewäſſer der gemäßigten Gegenden und ſind da
geſchätzt, wo man eben keine anderen beſſeren Fiſche hat. Cyprinus;
Tinca; Abramis; Leuciscus; Rhodeus; Pelecus; Aulopyge; Aspius;
Pelegus; Schizothorax; Phoxinus; Barbus; Chondrostoma; Gobio;
Cobitis
.


Figure 90. Fig. 1059.

Lebias fasciata.


Die Familie der Zahnkarpfen(Cyprinodonta) gleicht in der
Körpergeſtalt, der Stellung der Floſſen und dem ganzen äußeren An-
ſehen ſo ſehr den Weißfiſchen, daß man ſie früher mit denſelben ver-
einigte, obgleich ſie in der Bewaffnung des Maules durchaus ver-
ſchieden ſind. Sie beſitzen nämlich in beiden Kiefern oben wie unten
deutliche Hakenzähne und es gehen ihnen die gewaltigen unteren
Schlundzähne und die Hornplatte an der unteren Fläche des Schädels
der Karpfen ab, wofür ſich obere und untere mit kleinen Hechelzähnen
bewaffnete Schlundknochen finden. Die Bildung der Knochen, welche
das Maul begränzen und die Struktur des Darmes ſtimmt mit der-
jenigen der Karpfen überein, dagegen iſt die Schwimmblaſe ungetheilt,
einfach und wie bei allen von jetzt an folgenden Familien keine Spur
von Gehörknöchelchen an ihr wahrzunehmen. Bei einer Gattung
(Orestias), die in den höchſten Seen der Anden vorkömmt, fehlen die
Bauchfloſſen ganz; — bei allen anderen ſtehen ſie etwa in der Mitte
des Körpers; bei einigen Arten hat der Eileiter einen erweiterten
Theil, in dem ſich die Eier, in eiweißhaltiger Flüſſigkeit liegend, wei-
ter entwickeln, ſo daß die Fiſche lebendige Junge gebären. Alle finden
ſich in ſüßen Gewäſſern warmer und tropiſcher Gegenden und errei-
chen nur eine ſehr geringe Größe. Anableps; Poecilia; Fundulus;
Lebias; Cyprinodon
.


[153]
Figure 91. Fig. 1060.

Der Hecht (Esox lucius).


In der Familie der Hechte(Esocida) erreicht der Zwiſchenkiefer,
welcher bei der vorigen Familie wie bei den Karpfen ganz allein den
Mundrand bildete, den Winkel des Rachens nicht, ſo daß die hintere
Hälfte der Mundſpalte noch mit von dem Oberkiefer gebildet wird, der
indeſſen über dem Zwiſchenkiefer liegt. Die Fiſche, welche nur im
ſüßen Waſſer gemäßigter Zonen vorkommen, ſind durchaus mit gro-
ßen runden Schuppen bedeckt, welche viele dichte concentriſche Linien
und einige wenige Fächerlinien zeigen, die in Spalten übergehen, ſo
daß der vordere Rand in mehrere Lappen getrennt wird. Ihr Mund
iſt ſehr ſtark bewaffnet, indem nicht nur auf dem Kiemenknochen, ſon-
dern auch auf den Gaumenbeinen, dem Pflugſchaar und der Zunge
Hechelzähne vorkommen. Der Magen hat keinen Blindſack, der kurze
Darm keine Pförtneranhänge; die drüſigen Nebenkiemen liegen tief
unter der Haut der Kiemenhöhle verſteckt, die Schwimmblaſe iſt ein-
fach. Esox; Umbra.


Die Familie der Nilhechte(Mormyrida) gleicht den gewöhnlichen
Hechten einigermaßen in der Körpergeſtalt, indem der Schwanz ſchlank,
aber ſeitlich verdickt und die auf einer aufgetriebenen Baſis ruhende
Rückenfloſſe weit nach hinten gerückt iſt. Es unterſcheiden ſich dieſe
Fiſche von allen übrigen durch die Eigenthümlichkeit, daß die Zwiſchen-
kiefer in der Mitte ſo mit einander verwachſen ſind, daß auch nicht
eine Spur einer Naht vorhanden und ſomit nur ein einziger unpaarer
Zwiſchenkiefer gebildet iſt. Der Körper iſt beſchuppt, der Kopf da-
gegen mit einer nackten dicken Haut überzogen, welche Kiemendeckel
und Kiemenſtrahlen ſo überzieht, daß nur eine kleine ſenkrechte Kie-
menſpalte übrig bleibt; das Maul iſt klein, ſeitlich vom Oberkiefer
begränzt, gekerbte oder kegelförmige Zähne ſtehen im Zwiſchen- und
Unterkiefer und hechelförmige Zähne auf Zunge und Gaumen. Ne-
benkiemen fehlen; an dem langen dünnen Darme finden ſich zwei
Blinddärme; die Schwimmblaſe iſt, wie bei allen folgenden Familien,
wenn ſie vorhanden, einfach. Auf dem Schädel findet ſich eine eigen-
thümliche von der Haut bedeckte Oeffnung, welche in die Schädelhöhle
[154] und zu dem Labyrinthe führt. Auf beiden Seiten der verdickten
Schwanzwurzel liegen kurze elektriſche Organe von Wurſtform mit
ſenkrechten Querblättchen. Die Arten der wenig zahlreichen Familie
ſind bis jetzt nur in dem Nil gefunden worden. Mormyrus; Mor-
myrops
.


Figure 92. Fig. 1061.

Der gemeine Häring (Clupea harengus).


Die Familie der Häringe(Clupeida) bewohnt mit geringen Aus-
nahmen nur das Meer und iſt eine von denjenigen Fiſchfamilien, welche
weſentlich für unſere Nahrung in Betracht gezogen werden. Die Fa-
milie ſelbſt iſt noch eine derjenigen, welche am wenigſten ſcharf be-
gränzt erſcheint, ſo daß bei genauerer Unterſuchung derſelben namentlich
die mit großen, aus einzelnen Stücken moſaikartig zuſammengeſetzten
Knochenſchuppen bedeckten Süßwaſſerfiſche tropiſcher Gegenden, die
einen nackten Kopf mit dicken, glasartig ſpröden Schädelknochen be-
ſitzen und welche man jetzt noch zu der Familie zählt, ausgewieſen
werden dürften. Arapaima (Sudis); Osteoglossum; Heterotis.


Alle ächten Häringe ſind über den ganzen Leib beſchuppt,
mit großen, dünnen, biegſamen, leicht abfallenden Schuppen, deren
concentriſche Linien nur dem hinteren Rand parallel laufen und dort
gerade Linien bilden. Ihre Fächerlinien neigen ſich in Winkeln nach
hinten zuſammen. Die Fiſche haben ein weit geſpaltenes Maul, das
vorn vom Zwiſchenkiefer, ſeitlich vom Oberkiefer eingefaßt wird, wel-
cher durch Naht mit dem vorigen verbunden iſt und ſo ſeine unmit-
telbare Folge bildet. Der Schädel zeigt einen kleinen Hinterhaupts-
kamm und zwei Seitenkämme, die nach hinten in ſehr lange, dicke
Stacheln auslaufen, ſowie zwei flügelartige Verlängerungen des
Keilbeines, die nach hinten ſich ausdehnend die erſten Halswirbel-
körper von der Seite her umfaſſen. Eine Fettfloſſe fehlt ihnen, ebenſo
einigen Gattungen die Schwimmblaſe, welche bei anderen vorhanden
iſt; dagegen haben alle viele Pförtneranhänge und die meiſten eine
Nebenkieme, welche aber bei anderen ſehr klein wird und allmälig
ganz verſchwindet. Die Schwimmblaſe zeigt bei einigen ſeitliche nach
vorn gerichtete Blindſäckchen, bei andern ſelbſt häutige Kanäle, welche
[155] ſich mit dem Labyrinthe verbinden, denen aber die Knöchelchen fehlen.
Bei anderen Gattungen finden ſich große, glasartige durchſichtige
Augenlider, die von vorn und hinten her das Auge bedecken und in
der Mitte nur einen ſenkrechten Spalt laſſen. Am bekannteſten von
der Familie iſt der ächte Häring (Clupea harengus), zu deſſen Fiſcherei
in der Nordſee ganze Flotten von Fahrzeugen ausgerüſtet werden.
Zur Laichzeit wandern die Häringe in ungeheueren Schaaren an die
Oberfläche und gegen die Küſten hin, um dort ihre Eier abzuſetzen; —
ſie ſchwimmen dann ſo nahe an der Oberfläche, daß man von weitem
her den Silberblick der glänzenden Schuppen ſieht. Man hat behaup-
tet, daß dieſe Häringsbänke hoch aus dem nordiſchen Eismeer kämen
und ſich an der Spitze von Schottland in zwei Züge theilten, von
welchen der eine öſtlich längs der norwegiſchen Küſte bis in die Oſt-
ſee und an die jütiſche Küſte ſich ergieße, während der andere an der
weſtlichen Küſte Englands und Irlands herum bis in den Kanal und
an die Bretagne gelange. Die Wahrheit liegt darin, daß die Fiſche
das ganze Nordmeer bewohnen und zu verſchiedenen Epochen vom
Juli bis gegen den November hin an das Ufer herankommen. Clu-
pea; Alosa; Engraulis; Megalops; Elops; Chirocentrus; Hyodon; Sto-
mias; Chauliodes. Butyrinus (?)
.


Figure 93. Fig. 1062.

Humboldt’s Leuchtfiſch (Scopelus Humboldti).


Familie der Leuchtfiſche(Scopelida). Die Fiſche dieſer Familie,
welche bald beſchuppt, bald gänzlich nackt ſind, haben in ihrem Aeu-
ßeren viele Aehnlichkeit mit den Lachſen, zu welchen ſie früher gerech-
net wurden, von denen ſie ſich aber weſentlich durch die Bildung des
Maules unterſcheiden, das nur von dem Zwiſchenkiefer begränzt wird,
indem der Oberkiefer als Schnurrbartbein parallel über demſelben
liegt. Auch liegt noch ein fernerer Unterſchied von den Lachſen in
der Struktur der weiblichen Geſchlechtsorgane, indem die Eierſtöcke
ſich, wie bei allen übrigen Knochenfiſchen, unmittelbar in die Eileiter
fortſetzen. Die Leuchtfiſche haben allgemein eine Fettfloſſe, gewöhnlich
aber gar keine Schwimmblaſe. Bei einigen Arten (Scopelus) kommen
[156] runde, glänzende Schuppen an dem Leibe vor, welche bei Nacht ganz
ausgezeichnet leuchten; gewöhnlich haben ſie viele Pförtneranhänge
und zuweilen ein höchſt eigenthümliches mit langen Fangzähnen aus-
geſtattetes Gebiß, die beim Schließen des Maules nach Innen einge-
legt werden. Scopelus; Saurus; Aulopus; Ichthyococcus; Mauro-
licus; Chlorophthalmus; Paralepis; Sternoptix
.


Figure 94. Fig. 1063.

Die Alpenforelle (Salmo Schiffermülleri).


Die Familie der Lachſe(Salmonida) wird von äußerſt wohl-
ſchmeckenden beſonders den nördlichen Zonen angehörenden Fiſchen ge-
bildet, die meiſtens nur in klaren Flüſſen, Seen und Gebirgsbächen
wohnen, von denen einige aber auch abwechſelnd in das Meer hinab-
ſteigen und nur zur Laichzeit in das ſüße Waſſer kommen. Es ſind
meiſt ſchlanke, ſpindelförmige, lebhaft gefärbte oder gefleckte Fiſche mit
deutlichen, großen, regelmäßigen Schuppen, ohne Fächerlinen, auf deren
Oberfläche ſich nur wenige concentriſche Linien zeigen, die um die
Schuppe herum laufen. Sie beſitzen ſtets eine hintere Fettfloſſe. Ihr
Maul wird vorn vom Zwiſchenkiefer, hinten von dem durch Naht
damit verbundenen Oberkiefer begränzt. Die Bezahnung iſt je nach
den verſchiedenen Gattungen außerordentlich verſchieden, indem einige
gar keine Zähne haben, während bei anderen ſämmtliche Knochen des
Rachens damit beſetzt ſind. Sie haben kammartige Nebenkiemen, eine
große einfache Schwimmblaſe, viele Pförtneranhänge an dem Darme
und eine ſehr eigenthümliche Bildung der Eierſtöcke, die vollkommen
abgeſchloſſen ſind und mit keinem Ausführungsgange in Verbindung
ſtehen. Die reifen Eier ſprengen die zarten Kapſeln, von welchen ſie
umgeben ſind und fallen in die Bauchhöhle, aus der ſie durch eine
mittlere, hinter dem After gelegene Oeffnung ausgeführt werden. Es
gehören hierher die verſchiedenen Lachſe, Forellen, die man in den
klaren Gebirgswäſſern antrifft. An die Familie ſchließt ſich noch eine
Gattung (Galaxias) an, die ſich durch den Mangel der Fettfloſſen und
der Schuppen unterſcheidet, ſonſt aber in allen anatomiſchen Charak-
teren mit ihr übereinſtimmt. Salmo; Tymallus; Osmerus; Corego-
nus; Mallotus; Argentina
.


[157]

Die Familie der Blindfiſche(Heteropygia) iſt nur durch eine
einzige kleine Art bekannt, welche in unterirdiſchen Höhlen Nordame-
rikas lebt und durch die Stellung der Floſſen ſich den Stockfiſchen
nähert. Das Fiſchchen iſt nackt, länglich, der Kopf abgerundet, das
vordere Nasloch weit von dem hinteren entfernt und in eine Röhre
ausgezogen; die ſehr kleinen Augen von undurchſichtiger Haut über-
zogen. Der After befindet ſich vor den Bauchfloſſen unter der Kehle,
der Darm beſitzt Pförtneranhänge und der Magen einen Blindſack.
Nebenkieme und Fettfloſſe fehlen, die Schwimmblaſe iſt einfach. Der
Fiſch gebiert lebendige Junge. Amblyopsis.


Unterordnung der fußloſen Fiſche (Apoda). Der Körper
dieſer Fiſche, von welchen der Aal den bei uns bekannteſten Typus
darſtellt, iſt ſchlangenförmig lang geſtreckt, mit nackter, weicher, ſchlei-
miger Haut überzogen, in deren Dicke zuweilen faſt mikroſkopiſch kleine
Schüppchen verſteckt ſind, welche einander niemals berühren und ſo
regelmäßige Fächerſtreifen und concentriſche Linien zeigen, daß ſie aus
einzelnen nach der Peripherie hin wachſenden Zellen zuſammengeſetzt
ſcheinen. Die meiſten dieſer Fiſche haben eine lange ſackartige Schwimm-
blaſe mit einem Luftgange, der ebenſo, wie bei der vorigen Unterord-
nung, in die obere Wand des Schlundes mündet; ihre Floſſen ſind
ſtets von weichen Strahlen geſtützt, aber im Ganzen äußerſt rudimen-
tär; die Bauchfloſſen fehlen immer; von den Bruſtfloſſen ſind ſehr
häufig nur die rudimentären Schultergürtel vorhanden, während die
äußere Floſſe gänzlich fehlt. Auch die ſenkrechten Floſſen ſind entwe-
der nur in der Form einer durchgehenden Embryonalfloſſe vorhanden
oder mehr oder minder abortiv. Der Schädel aller fußloſen Fiſche iſt
lang, ſchmal, die obere Fläche platt, eben, ohne Spur von Kämmen
und Gruben, die Hinterhauptsfläche wie ſenkrecht abgeſchnitten. Kopf
und Hals ſind von dicker Haut überzogen, welche den Kiemendeckel
und die Kiemenhaut ſo ſehr einhüllt, daß ſie von außen nicht gewahrt
werden können und meiſt nur eine kleine unbedeutende Kiemenſpalte
übrig bleibt, während zugleich hierdurch ein weiter Kiemenſack gebildet
wird, an den ſich zuweilen noch ein acceſſoriſcher, längs der Rücken-
wirbelſäule ausgedehnter Athemſack anſchließt, was die Fiſche dieſer
Ordnung meiſtens befähigt, das Waſſer zu verlaſſen und längere Zeit
auf trockenem Lande auszuhalten. Alle ſind gefräßige Raubfiſche, die
ſich theils im Meere, theils im ſüßen Waſſer gefallen. Wir unter-
ſcheiden folgende Familien:


[158]
Figure 95. Fig. 1064. Fig. 1065. Fig 1066.

Fig. 1064. Vordertheil des Muräne (Muraena helena). Fig. 1065. Kopf von Symbranchus
unicolor
von der Seite. Fig. 1066. Derſelbe von unten, um die gemeinſchaftliche Kiemenöff-
nung unter dem Halſe zu zeigen.


Die Aale(Muraenida) haben einen ſpitzen Kopf mit lang vor-
gezogener Schnauze, die mit ſtarken Hakenzähnen bewaffnet iſt. Die
Mundſpalte wird einzig vom Zwiſchenkiefer begränzt; der Oberkiefer
liegt über demſelben, zu einem ganz kleinen Knöchelchen geſchwunden,
im Fleiſche. Die Bruſtfloſſen fehlen oft gänzlich; vor ihnen findet
ſich die faſt horizontal geſtellte, ſpaltförmige kleine Kiemenöffnung;
auch die ſenkrechten Floſſen ſind zuweilen ſo verkümmert, daß eine
oder die andere, zuweilen ſelbſt alle gänzlich fehlen. Der Schulter-
gürtel iſt nicht, wie bei den übrigen Knochenfiſchen, an dem Hinter-
haupte, ſondern weiter nach hinten an der Wirbelſäule aufgehängt.
Die Bauchhöhle iſt ziemlich kurz, der After faſt in der Mitte des
Körpers, der Magen mit einem Blindſacke verſehen, der Darm dage-
gen ohne Pförtneranhänge; Eierſtöcke und Hoden entbehren gänzlich
aller Ausführungsgänge und ihre Produkte werden durch zwei ſehr
kleine Oeffnungen zu beiden Seiten des Afters aus der Bauchhöhle,
in die ſie ſich entleeren, ausgeführt. Der ziemlich allgemein verbreitete
Glaube, daß die Aale lebendige Junge gebären, iſt falſch und wurde
durch die Entleerung von Eingeweidewürmern aus dem After bedingt,
die man ihrer Geſtalt wegen für junge Aale hielt. Anguilla; Conger;
Muraena; Muraenophis; Sphagebranchus; Ophisurus; Apterichthys
.


In der Familie der Löcheraale(Symbranchida) ſind die beiden
Kiemenöffnungen unter der Kehle zu einem einzigen Loche vereinigt,
welches gewöhnlich durch eine mittlere Scheidewand in zwei Theile
getheilt iſt. Der Zwiſchenkiefer begränzt wie bei den vorigen das
ganze Maul, aber der Oberkiefer iſt nicht rudimentär und im Fleiſche
verſteckt, ſondern begleitet den Zwiſchenkiefer in ſeiner ganzen Länge;
der Schultergürtel iſt weit hinter dem Kopfe an der Wirbelſäule auf-
gehängt; die Bruſtfloſſen fehlen gewöhnlich; bei den ſenkrechten Floſſen
laſſen ſich meiſtens die Strahlen kaum erkennen. Die Schwimmblaſe,
der Blindſack des Magens und die Pförtneranhänge fehlen durchaus,
der Darm iſt ganz gerade und die Leber außerordentlich lang; hin-
[159] ſichtlich der Bildung der Geſchlechtstheile unterſcheiden ſich dieſe Thiere
ebenfalls auffallend von den Aalen, indem ſowohl Hoden wie Eier-
ſtöcke ſich unmittelbar in Ausführungsgänge fortſetzen, welche an dem
After ſich öffnen. Bei einigen Gattungen iſt die Zahl der Kiemen
verringert und dagegen acceſſoriſche Athemſäcke ausgebildet, welche von
der Kiemenhöhle ausgehen. Sie leben in den ſüßen Gewäſſern tro-
piſcher Länder. Symbranchus; Monopterus; Amphipnous; Alabes.


Figure 96. Fig. 1067.

Zitteraal (Gymnotus electricus).
Die kleine Figur daneben ſtellt einen Durchſchnitt in der Mitte des Kör-
pers dar. a. Elektriſches Organ.


Die Zitteraale(Gymnotida) kommen mit den vorigen in der
Anatomie der Geſchlechtsorgane überein, unterſcheiden ſich aber von
ihnen dadurch, daß die Kiemenöffnungen wie bei den gewöhnlichen
Aalen ſeitlich über den ſehr kleinen Bruſtfloſſen ſich befinden. Das
Maul wird nur vorn von dem Zwiſchenkiefer, weiter nach hinten
dagegen von dem Oberkiefer begränzt, ein weſentlicher Unterſchied von
den vorigen Familien; die Bauchhöhle iſt nur ſehr klein, der Darm,
welcher Pförtneranhänge beſitzt, öffnet ſich nach einigen Windungen
unter der Kehle, wo die ungemein lange Afterfloſſe beginnt; die Rücken-
floſſe fehlt gänzlich. Der bekannteſte Fiſch aus dieſer Familie, der
Zitteraal (Gymnotus electricus), der in den ſumpfigen Gewäſſern der
Savannen Südamerika’s lebt, wird bis zu 6 Fuß lang und kann ſo
heftige Schläge ertheilen, daß Menſchen und Pferde davon für einige
Zeit gelähmt werden. Das elektriſche Organ erſtreckt ſich bei ihm
durch die ganze Länge des Schwanzes von der Kehle an zu beiden
Seiten unter der Wirbelſäule und beſteht aus Platten, die zu Säulen
aufgehäuft ſind, welche quer gegen die Hautfläche ſtehen. Andere Gat-
tungen entbehren dieſes mächtigen elektriſchen Organes durchaus.
Gymnotus; Carapus; Sternarchus.


[160]

Unterordnung der Ohnedornen (Anacanthina). Die Fiſche,
welche dieſe Unterordnung bilden, kommen mit den Weichfloſſern inſo-
fern überein, als ſie ganz allgemein nur weiche gegliederte Strahlen
in ihren ſenkrechten Floſſen beſitzen und ihnen ſogar auch jener Sta-
chelſtrahl ganz allgemein fehlt, welcher bei einigen Gattungen der
Weichfloſſer vorkommt; ſie unterſcheiden ſich aber von den Weichfloſ-
ſern, wie von den Fußloſen durch den Bau der Schwimmblaſe, an
welcher der Luftgang ſtets vollkommen geſchloſſen iſt, ſo daß keine
Communikation zwiſchen der Schwimmblaſe und dem Schlunde ſtatt-
findet. Meiſt iſt ſogar der urſprüngliche Luftgang, der beim Embryo
exiſtirte, ſo ſehr verſchwunden, daß man nicht einmal eine Anheftung
des vorderen Endes der Schwimmblaſe an den Schlund mehr findet.
Ein fernerer Unterſchied iſt noch der, daß die Bauchfloſſen entweder
fehlen, was indeß ſelten iſt, oder aber ſich an der Kehle unmittelbar
unter den Bruſtfloſſen oder vor denſelben befinden. Die unteren
Schlundknochen ſind ſtets vollkommen getrennt, was ſie von der fol-
genden Unterordnung unterſcheidet. In den übrigen Charakteren herrſcht
eine ungemein große Verſchiedenheit zwiſchen den verſchiedenen Fami-
lien, deren Vereinigung allerdings auf den erſten Blick etwas ſehr
Ungewöhnliches hat. Wir unterſcheiden folgende Familien:


Figure 97. Fig. 1068.

Der Sandaal (Ammodytes tobianus).


Die Sandaale(Ammodytida) kommen in der langgeſtreckten Kör-
perform, in dem Mangel der Bauchfloſſen mit den Aalen überein,
unterſcheiden ſich aber von ihnen durch die wohlausgebildete, gabelige
Schwanzfloſſe, durch die zwar nackte, aber ſilberglänzende ſtraffe Haut
und durch die vollſtändige Ausbildung des Kiemendeckelapparates, der
ganz frei und nicht von lederartiger Haut überzogen iſt. Die Rücken-
floſſe beginnt faſt im Nacken und ſetzt ſich bis an die Baſis der
Schwanzfloſſe fort, ſie iſt ebenſo, wie die Afterfloſſe, von weichen
Strahlen geſtützt, die aber völlig ungetheilt und einfach ſind. Die
Sandaale beſitzen Nebenkiemen und den ſtielförmigen Knochen des
Schultergürtels, welcher allen Aalen fehlt, bei den übrigen Knochen-
fiſchen aber vorhanden iſt. Die ſchlanken Fiſche graben ſich in der
Nähe des Strandes beſonders gern da ein, wo der Sand bei der
Ebbe trocken gelegt wird; ſie dienen hauptſächlich bei dem Fiſchfange
als Köder. Ammodytes.


[161]

Die Schlangenfiſche(Ophidida) kommen mit den Aalen und mit
der vorigen Familie durchaus in der Körperform, ſo wie in dem
Mangel der Bauchfloſſen überein. Manche dieſer Fiſche haben auch
wie die Aale keine Bruſtfloſſen, ſo daß man ſie früher gänzlich zu
dieſen ſtellte. Die ſenkrechten Floſſen ſind von einfachen, ungetheilten,
weichen Strahlen geſtützt und zuweilen ſo ſehr von Haut überzogen,
daß ſie Fettfloſſen gleichen; ſie haben alle eine Schwimmblaſe, welche
keinen Luftgang beſitzt, und deutliche Nebenkiemen, meiſt aber keine
Pförtneranhänge; der After findet ſich bald mehr in der Mitte des
Körpers, bald weit nach vornen unter der Kehle. Einige haben Bart-
fäden und kleine Schuppen, in der Haut verſteckt, während andere
ganz nackt ſind; ſie kommen nur in der See vor und zwar nicht
nördlicher, als im Mittelmeere. Ophidium; Fierasfer; Enchelyophis.


Figure 98. Fig. 1069.

Der Kabeljau (Gadus morrhua).


Weit bekannter und zahlreicher als die vorige iſt die Familie der
Stockfiſche(Gadida), welche ſich hauptſächlich nur im Meere und
zwar mehr in den nördlichen Gegenden finden. Es ſind langgeſtreckte,
ſpindelförmige Fiſche mit langem Schwanze, kurzer Bauchhöhle und
meiſt breitem, abgeplattetem Kopfe, deren Körper gewöhnlich von ſchlei-
miger Haut überzogen iſt, in der ſehr kleine, weiche Schuppen ſitzen,
welche gänzlich in Hauttaſchen verſteckt ſind, wenige, weit abſtehende
concentriſche Linien beſitzen, die um die ganze Schuppe herumlaufen
und durch wenige Fächerlinien durchſchnitten werden, ſo daß ſie aus
Zellen zu beſtehen ſcheinen. Selten nur iſt der ganze Körper mit
einem Ueberzuge zuſammenhängender, horniger, ſtacheliger Schuppen
bedeckt. Das Maul iſt meiſt weit geſpalten, endſtändig, mit kleinen
hechelförmigen Zähnen bewaffnet, der Zwiſchenkiefer begränzt es in
ſeiner ganzen Länge; der Kopf iſt ſchuppenlos; der Schädel ausge-
zeichnet durch die blaſenartige Auftreibung ſeiner hinteren Hälfte auf
der unteren Seite, die wie ein runder Sack vortritt. Die zugeſtutzten
Bauchfloſſen ſtehen unter der Kehle vor den Bruſtfloſſen und ſind
zuweilen ſelbſt auf einen einzigen Strahl reducirt. Das Syſtem der
Bogt. Zoologiſche Briefe. II. 11
[162] ſenkrechten Floſſen iſt außerordentlich entwickelt, indem zu einer großen
Schwanzfloſſe ſich meiſt noch zwei bis drei Rückenfloſſen und wenig-
ſtens eine große, wenn nicht zwei Afterfloſſen geſellen. Alle ſind
äußerſt gefräßige Raubfiſche, deren Fleiſch ſehr geſchätzt iſt und häufig
getrocknet oder geſalzen als Nahrung dient. Zum Fange des gewöhn-
lichen Kabeljaus (Gadus morrhua) werden beſonders nach Neufund-
land zahlreiche Schiffe ausgerüſtet. Man fängt die Fiſche mit langen
Grundangeln und trocknet ſie, nachdem man ſie ausgeweidet und den
Kopf abgehauen hat, entweder einfach, wo ſie dann Stockfiſch heißen,
oder man ſalzt ſie ein, in welchem Falle ſie Laberden genannt werden,
zuweilen auch ſalzt man ſie nur zur Hälfte, trocknet ſie dann und
bringt ſie unter dem Namen Klippfiſch in den Handel. Auch andere
Gattungen derſelben Familie werden, in ähnlicher Weiſe zubereitet,
in den Handel gebracht und die einzige im ſüßen Waſſer lebende
Gattung, die Aalquappe (Lota), gilt ebenfalls für einen guten Tafel-
fiſch. Gadus; Merlangus; Merluccius; Lota; Brosmius; Phycis; Le-
pidoleprus
.


Als letzte Familie dieſer Unterordnung erſcheinen die Schollen

Figure 99. Fig. 1070.

Der Goldbutt (Platessa vulgaris).


(Pleuronectida), ausgezeichnet durch ihren hohen platten Körper und
die unſymmetriſche Form ihres Kopfes. Der Körper dieſer Fiſche
bildet eine ei- oder linſenförmige Scheibe, deren vordere Spitze von
dem Kopfe, die hintere von der meiſt kleinen runden Schwanzfloſſe
eingenommen wird. Die Rückenfloſſe beginnt meiſt unmittelbar über
den Augen, zuweilen ſelbſt vorn an der Schnauzenſpitze und zieht ſich
über den ganzen Rand des Körpers hinweg; — die ihr entſprechende
hintere Afterfloſſe iſt nur wenig kleiner, da die Bauchhöhle ungemein
klein iſt und der After ſich ganz vorn an der Kehle befindet. Der
ganze Körper iſt demnach eigentlich nur ein ungemein zuſammenge-
drückter, ſcheibenförmiger Schwanz. Dieſe ganze Bildung wäre noch
[163] nicht ſo ſehr auffallend, da es viele Fiſche gibt, deren Körper unge-
mein zuſammengedrückt, hoch und platt iſt, allein bei den Schollen
tritt hierzu noch die Eigenthümlichkeit, daß der vordere Theil ihres
Schädels ſo verſchoben und verbogen iſt, daß ſich die Augen nur auf
einer Seite befinden; dieſe Augenſeite, welche bald die rechte, bald auch
die linke iſt, wird von dem Fiſche in der That ſtets nach oben gewen-

Figure 100. Fig. 1071.

Der Steinbutt (Rhombus maximus).


det und iſt allein mehr oder minder dunkel gefärbt, zuweilen getüpfelt,
während die andere Seite, auf welcher die Augen nicht ſtehen, ſtets
durchaus ungefärbt, weißlich gelb iſt. Die Mundſpalte iſt gewöhnlich
klein, an der vorderen Kante angebracht, mit Hechelzähnen bewaffnet;
die Bruſtfloſſe zuweilen unſymmetriſch, indem ſie auf der ungefärbten,
augenloſen Seite nur rudimentär iſt oder ſelbſt ganz fehlt; die Bauch-
floſſen ſtehen ganz vorn, unmittelbar unter der Kehle. Die meiſten
Schollen haben trotz der durchaus weichen Floſſenſtrahlen rauhe, hinten
gezähnte Kammſchuppen, einige aber wirkliche Cycloidſchuppen ohne
eine Spur von Zähnelung auf dem hinteren Rande. Die Fiſche lieben
tiefe, ſandige Küſten und ſind alle nur Meeresbewohner, obgleich ſie
hie und da mit der Flut in größere Flußmündungen aufſteigen; ihr
Fleiſch iſt äußerſt wohlſchmeckend und geſund, ihre Größe manchmal
bedeutend. Pleuronectes; Platessa; Limanda; Hippoglossus; Rhombus;
Solea; Monochir; Achirus; Plagusia
.


Unterordnung der Schlundnähter (Paryngognatha). Der
anatomiſche Charakter, welcher dieſe Unterordnung vor allen übrigen
auszeichnet, liegt in der Verwachſung der unteren Schlundknochen,
welche bei allen übrigen Knochenfiſchen ohne Ausnahme vollkommen
getrennt ſind, zu einem einzigen unpaaren, meiſt mit ſtumpfen Kegel-
zähnen beſetzten Knochenſtücke, welches gewöhnlich keine Spur von
Naht zeigt, obgleich es gewiß urſprünglich aus zwei getrennten, ſeit-
11*
[164] lichen Stücken zuſammengewachſen iſt. Bei einer Familie der Unter-
ordnung findet ſich indeſſen dieſe urſprüngliche Trennung noch durch
eine Naht angedeutet. Im Uebrigen wechſeln die Charaktere dieſer
Unterordnung ſehr; ihre Schwimmblaſe entbehrt durchaus eines Luft-
ganges, wodurch ſie ſich den Stachelfloſſern anſchließen, auch mit der
vorigen Unterordnung übereinkommen. Dagegen finden ſich je nach
den Familien bald ganzrandige, bald Kammſchuppen; bald nur weiche
Strahlen an den Floſſen, bald Stachelſtrahlen; die Bauchfloſſen bald
unter dem Bauche, bald an der Bruſt oder ſelbſt an der Kehle. Wir
unterſcheiden folgende Familien:


Figure 101. Fig. 1072.

Echſenartiger Makrelhecht (Scomberesox saurus).


Die Hornhechte(Scomberesocida) beſitzen in allen Floſſen
nur weiche, biegſame Strahlen und ſchließen ſich dadurch den vorher-
gehenden an, während die Stellung ihrer Floſſen bald mehr den
Hechten oder den Makrelen ſich nähert. Sie haben glatte Cycloid-
ſchuppen und jederſeits an dem Bauche nahe der Mittellinie eine Reihe
gekielter, vorſpringender Schuppen, welche den Bauchrand ſcharf
machen; ihr Kopf iſt hinten abgeplattet, der Schädel ſtets ganz platt,
ohne Spur von Kämmen oder Gruben, das kleine, obere Hinterhaupts-
bein ſtachelartig nach hinten verlängert, die Stirn etwas eingedrückt.
Beide Kiefer oder auch nur der Unterkiefer ſind in eine lange gezäh-
nelte Schnauze ausgezogen. Die Bruſtfloſſen ſind gewöhnlich unge-
mein entwickelt, weit nach hinten geſtellt, zuweilen ſo ſehr vergrößert,
daß ſie, wie bei dem fliegenden Fiſche (Exocoetus), förmlich als Flügel
benutzt werden können, mittelſt deren dieſe Thiere auf eine Strecke
von mehreren hundert Fußen in der Luft hinſegeln können. Die
Bauchfloſſen ſind abdominal und haben ſtets nur weiche, gegliederte
Strahlen; die Rückenfloſſe iſt weit nach hinten der Afterfloſſe gegen-
über gerückt und zuweilen finden ſich hinter dieſen beiden Floſſen noch
kleine falſche Floſſen, in ähnlicher Weiſe, wie bei den Makrelen.
Die drüſigen Nebenkiemen ſind gänzlich von der Haut der Kiemen-
höhle verdeckt, der Magen hat keinen Blindſack und die Blinddärme
fehlen durchaus; an der ſpitzen Schnauze ſind bald beide Kiefer gleich
[165] lang, bald nur der Unterkiefer ſehr verlängert, der Oberkiefer dagegen
klappenförmig verkürzt. Es ſind geſchmackloſe, ſchlechte Fiſche, die nur
in der See vorkommen. Belone; Scomberesox; Saïris; Hemirham-
phus; Exocoetus
.


Alle Uebrigen dieſer Unterordnung angehörigen Familien beſitzen
nur eine Rückenfloſſe, deren vordere Hälfte aber nur aus Stachel-
ſtrahlen beſteht, zwiſchen welchen zuweilen ſich verlängerte Hautläpp-
chen finden; ſie ſchließen ſich durch dieſe Bildung der Floſſen, ſo wie
durch den Bau der Schwimmblaſe, welcher der Luftgang fehlt, an
die Stachelfloſſer an, während die Hornhechte den Uebergang zu den
Weichfloſſern vermitteln. Wir unterſcheiden unter den Stachelfloſſern
der Unterordnung folgende Familien:


Figure 102. Fig. 1073.

Cichla saxatilis.


Die Chromiden(Chromida) ſind ſämmtlich Flußfiſche der heißen
Gegenden, deren Kopf und Körper meiſt mit großen Kammſchuppen
bedeckt iſt. Ihre Seitenlinie iſt unterbrochen, die Rückenfloſſe in ihrer
größeren Hälfte ſtachelig, meiſt mit dazwiſchenliegenden Hautfähnchen;
After- und Bauchfloſſe, die an der Bruſt ſteht, mit wenigſtens einem
Stachelſtrahle bewaffnet. Die Fiſche beſitzen meiſt fleiſchige Lippen
und mehrere Reihen ſcharfer, ſchneidender Zähne, ſowie auf jeder
Seite nur ein einfaches Nasloch. Der Vorderdeckel iſt meiſtens glatt,
nur bei einer Gattung gezähnelt, die Schlundknochen aus zwei durch
Naht verbundenen Stücken gebildet, der vierte Kiemenbogen mit zwei
Reihen gleich langer Kiemenblättchen beſetzt und durch eine lange
weite Spalte von dem Schlundknochen getrennt. Die geſchloſſene
Schwimmblaſe und ein Blindſack des Magens ſind ſtets vorhanden,
dagegen fehlen die Pförtneranhänge. Die Nebenkiemen fehlen ebenſo
durchaus. Chromis; Cichla; Eteroplus; Crenicichla; Acara.


Die Familie der Kamm-Lippfiſche(Pomacentrida), welche durch-
aus nur die Seen der wärmeren Zonen bewohnt, kommt den vorigen
[166]

Figure 103. Fig. 1074.

Amphiprion chrysogaster.


in der äußeren Körpergeſtalt ſehr nahe, unterſcheidet ſich aber durch
mehrere weſentliche Charaktere. Die fleiſchigen Lippen, ſo wie die
Hautläppchen zwiſchen den Stacheln der Rückenfloſſe fehlen ihnen
durchaus, dagegen beſitzen ſie allgemein Nebenkiemen und ihre unteren
Schlundknochen ſind ſo innig mit einander verſchmolzen, daß man
auch nicht eine Spur von Naht mehr bemerkt. Die Schuppen ſind
meiſt ziemlich groß und an ihrem hinteren Rande, wie bei den vori-
gen, gezähnelt, die Naslöcher einfach, die Seitenlinie unterbrochen,
der Magen hat einen Blindſack und der Darm einige Pförtneranhänge.
Die Bildung der Kiemen unterſcheidet ſich ebenfalls weſentlich von
den Chromiden; der vierte Kiemenbogen hat zwar ebenfalls zwei Rei-
hen von Kiemenblättchen, von denen aber die hintere Reihe nur ſehr
klein, kaum halb ſo lang als die vordere, und die Spalte, die ihn
von dem vereinigten Schlundknochen trennt, ebenfalls nur ſehr klein
und unbedeutend iſt. Die meiſten Kammlipper beſitzen einen gezähn-
ten oder ſelbſt in Stacheln ausgezogenen Vorderdeckel, alle haben eine
große kammförmige Nebenkieme, auch haben ſie allgemein weniger als
ſieben Kiemenſtrahlen und die Zähne, welche auf den vereinigten
Schlundknochen ſtehen, ſind ſtark, ſpitzig und hechelförmig. Amphi-
prion; Premnas; Pomacentrus; Glyphisodon; Dascyllus; Helyases
.


Figure 104. Fig. 1075.

(Labrus merula).


Die Familie der Lippfiſche(Labrida) gehört ebenfalls nur der
[167] See an und prangt meiſtens in den mannigfaltigſten, bunteſten Far-
ben. Der Körper dieſer Fiſche iſt meiſt ſeitlich etwas zuſammenge-
drückt und mit großen, flachen, ganzrandigen Cycloidſchuppen bedeckt,
die viele fächerförmige Strahlen und ſehr enge concentriſche Linien
zeigen. Die Mundſpalte iſt bei allen klein, bei den meiſten mit
fleiſchigen aufgewulſteten Lippen umgeben und das Maul oft ſo ein-
gerichtet, daß es bedeutend vorgeſtreckt werden kann, indem die hin-
teren, ſtielförmigen Fortſätze der Zwiſchenkiefer in einer Rinne der
Naſenbeine auf- und abgleiten können. Gewöhnlich ſtehen in den
Kiefern einzelne ſtarke, meſſerartige oder kegelförmige Zähne, zuweilen
aber auch ſind dieſelben in ähnlicher Weiſe, wie bei einigen Haftkie-
fern, ſchnabelförmig vorgezogen und die Zähne auf der äußeren, wie
auf der inneren Fläche dieſes Schnabels zu einer zuſammenhängenden
Schmelzplatte miteinander verwachſen (ſo bei Scarus; Odax; Callyo-
don
). Der Gaumen iſt zahnlos, die gänzlich verſchmolzenen unteren
Schlundknochen aber mit breiten, plattenförmigen Mahlzähnen beſetzt.
Der Schädel zeigt in der Hinterhauptsgegend kurze, kleine Kämme
durch ſeichte Gruben getrennt, während eine tiefe Grube den vorderen
Theil der Stirnbeine aushöhlt und ſich noch über die Naſenbeine hin-
zieht. Es finden ſich kammartige Nebenkiemen, aber auf dem vierten
eigentlichen Kiemenbogen ſteht nur eine Reihe von Kiemenblättchen
und die Spalten zwiſchen dieſem Kiemenbogen und den Schlundkno-
chen fehlt durchaus. Ihr Magen hat keinen Blindſack, ihr Darm
keine Pförtneranhänge, ihre Seitenlinie iſt meiſtens ununterbrochen,
ihr Fleiſch nur von mittlerer Güte. Labrus; Crenilabrus; Cossy-
phus; Coricus; Julis; Cheilio; Anampses; Xyrichthys; Gomphosus;
Cheilinus; Epibulus
.


Unterordnung der Stachelfloſſer (Acanthoptera). Der
weſentliche poſitive Character dieſer überaus zahlreichen Unterordnung
liegt eines Theils in der Bildung der Floſſen, anderen Theils in
der Struktur der Schwimmblaſe, der negative in der Abweſenheit der-
jenigen Eigenthümlichkeiten, welche die vorigen Unterordnungen cha-
rakteriſiren, wie namentlich in der vollſtändigen Trennung der unteren
Schlundknochen und der Beweglichkeit der Kiefer, wodurch ſich die der
Unterordnung angehörenden Fiſche eines Theils von den ſtachelfloſ-
ſigen Haftkiefern, anderen Theils von den Familien der Schlundnähter
unterſcheiden, welche ſtachelige Floſſen und Kammſchuppen beſitzen.
Bei allen Angehörigen der Stachelfloſſer ſind die vorderen, auf dem
[168] Rücken ſtehenden Strahlen, mögen dieſelben nun einer beſonderen
Floſſe angehören oder mit der weichen Rückenfloſſe ſich fortſetzen oder
auch ganz iſolirt ſtehen, ſtets ungetheilt und in den meiſten Fällen
ſogar förmliche Stacheln, mit denen einige dieſer Fiſche heftig
verwunden können. Unter allen Umſtänden hat auch die Afterfloſſe
vorn einige harte Strahlen und in den äußerſt ſeltenen Fällen, wo
dieſe Stachelſtrahlen in den ſenkrechten Floſſen wirklich fehlen, findet
ſich doch wenigſtens in den Bauchfloſſen, ſobald dieſe vollſtändig ent-
wickelt ſind, ein ausgebildeter Stachelſtrahl vor. Die Bauchfloſſen
ſtehen nur in ſehr ſeltenen Fällen unter dem Leibe, gewöhnlich an der
Bruſt, zuweilen auch vor den Bruſtfloſſen, die ſtets vorhanden ſind,
unter der Kehle. Die Schwimmblaſe fehlt häufig, wenn ſie aber vor-
handen, ſo findet ſich ſtets der embryonale Luftgang durchaus ver-
ſchloſſen oder verſchwunden, ſo daß niemals eine Spur von Commu-
nikation mit dem Schlunde exiſtirt. In Hinſicht aller übrigen Cha-
raktere herrſcht bei den zahlreichen Familien die größte Mannigfaltig-
keit, ſo daß es unmöglich wäre, hier weiter darauf einzugehen. Wir
unterſcheiden folgende Familien:


Figure 105. Fig. 1076.

Chineſiſches Flötenmaul (Aulostoma chinense).


Die Röhrenmäuler(Aulostomida) beſitzen eine lange vorgezogene
Schnauze, welche ganz in derſelben Weiſe, wie die Schnauze der Bü-
ſchelkiemer, von den zu einer Röhre verlängerten Geſichtsknochen
gebildet wird, an deren Ende ſich die kleine Mundſpalte mit den klei-
nen Kieferknochen befindet. Der Zwiſchenkiefer begränzt die Mund-
ſpalte in ihrer ganzen Ausdehnung. Der Körper dieſer Fiſche iſt bald
lang, cylindriſch, bald ſchmal und hoch, die Haut faſt nackt oder mit
kleinen Kammſchuppen oder ſelbſt mit breiten ſchuppenartigen Panzer-
ſtücken bekleidet. Die mit weichen Strahlen beſetzte Rückenfloſſe ſteht
weit nach hinten über der Afterfloſſe und vor ihr befinden ſich bald
eine zweite Stachelfloſſe, bald freie Stachelſtrahlen, ja bei einer Gat-
tung fehlen alle Stachelſtrahlen gänzlich. Die kleinen Bauchfloſſen
ſtehen etwa in der Mitte des Körpers unter dem Bauche und es zeigt
ſich durch dieſe Stellung, ſo wie durch den Mangel von Stachelſtrahlen
bei der einen Gattung, eine unverkennbare Annäherung dieſer Familie
[169] zu den Weichfloſſern. Es ſind ungenießbare Fiſche, die gegen Norden
hin nicht höher, als nach dem Mittelmeere ſich ausbreiten. Aulo-
stoma; Fistularia; Centriscus; Amphisyle; Rhamphosus; Uros-
phen
.


Figure 106. Fig. 1077.

Seeſcorpion (Scorpaena seropha).


Die Familie der Panzerwangen(Cataphracta) zeigt in einigen
Gattungen die ſeltſamſten Formen, welche überhaupt in der ganzen
Klaſſe vorkommen. Der Kopf dieſer Fiſche iſt meiſt unverhältnißmäßig
groß und oft mit ſeltſamen Stacheln, Vorſprüngen und Hautlappen
verſehen, ſo daß er ein höchſt ſonderbares Ausſehen gewinnt. Der
Vorderdeckel iſt faſt immer in Stacheln oder Dornen ausgezogen, mit
Rauhigkeiten und Ecken bedeckt und die Reihe der Unteraugenknochen
unter ſich und mit dem Vorderdeckel ſo verwachſen und ſo ausgedehnt,
daß ſie eine ſchützende Knochendecke auf der Wangengegend bilden,
unter welcher der Kaumuskel ſich anheftet. Das Syſtem der ſenk-
rechten Floſſen iſt gewöhnlich ſehr ſtark entwickelt, die mächtigen Sta-
chelſtrahlen ſtehen bald vereinzelt, wie bei den gemeinen Stichlingen
(Gasterosteus), bald bilden ſie eine vordere Rückenfloſſe, wie bei den
Groppen (Cottus), bald vereinigen ſich beide Arten von Strahlen zu
einer einzigen großen Rückenfloſſe. Die Bruſtfloſſen ſind meiſtens
ungemein entwickelt, bei einer Gattung ſogar von Körperlänge, ſo
daß ſie als Flugwerkzeuge dienen; zuweilen finden ſich vor ihnen freie

Figure 107. Fig. 1078.

Dactyloptera mediterranea.


gegliederte Strahlen, die wie es ſcheint ſelbſt zum Taſten benutzt wer-
den; die Bauchfloſſen ſind klein, meiſt unter den Bruſtfloſſen aufge-
[170] hängt; jedoch giebt es auch Gattungen, wie die erwähnten Stichlinge,
wo ſie durch einen ſtarken Stachel, der unter dem Bauche ſteht, ver-
treten ſind. Die Haut iſt bei der Minderzahl entweder nackt oder mit
Knochentafeln gepanzert, meiſt aber mit kleinen Schuppen bedeckt, die
ſtets Kammſchuppen ſind, ſonſt aber in ihrer Struktur ſehr wechſeln.
Oft finden ſich nur ſehr wenige Zähnchen auf dem hinteren Rande,
bei andern kleine, wenig erhabene, kielförmige Leiſten; ja bei einigen
Seehähnen (Trigla) ſcheinen ſogar die Kammzähnchen gänzlich zu
fehlen und reine, ganzrandige Cycloidſchuppen vorzukommen. Die
Stichlinge, welche unſere ſüßen Gewäſſer bewohnen, zeichnen ſich durch

Figure 108. Fig. 1079.

Der gemeine Stichling (Gasterosteus aculeatus).


eine merkwürdige Fürſorge für ihre Jungen aus. Das Männchen
baut nämlich zur Leichzeit aus Waſſerpflanzen, die es mit Steinen
beſchwert, ein rundes Neſt mit einem einzigen Zugange, in welches
das Weibchen dann die Eier ablegt, die das Männchen in dem Neſte
befruchtet. Während der ganzen Zeit der Entwicklung der Jungen
bewacht nun das Männchen mit vielem Muthe das Neſt, von dem es
jede ſich nähernde Gefahr abzuwenden ſucht. Außer dieſen und den
Groppen kommt keine Art der zahlreichen Familie in den ſüßen Ge-
wäſſern vor, während ſie alle Meere bevölkern. Trigla; Peristedion;
Dactylopterus; Scorpaena; Sebastes; Agriopus; Pterois; Pelor; Synan-
ceia; Cottus; Platycephalus; Aspidophorus; Gasterosteus
.


Die Familie der Barſche(Percida) unterſcheidet ſich von der
vorigen durch die freien Unteraugenknochen, welche mit dem Vorder-
deckel in keiner Weiſe verwachſen ſind. Der Kopf hat meiſtens eine
regelmäßige Geſtalt und entbehrt jener unförmlichen Stacheln und
Anhänge, welche bei den Panzerwangen ſo oft vorkommen; dagegen
iſt der Vorderdeckel oder der Kiemendeckel oder beide zugleich an ihrem
hinteren Rande mit Stacheln oder Zähnelungen verſehen. Der Schädel
iſt namentlich in ſeinem hinteren Theile ſehr entwickelt, während das
[171]

Figure 109. Fig. 1080.

Skelett des Flußbarſches (Perca fluviatilis) auf die Silhouette des Fiſches gezeichnet.


Geſichtstheil lang und ſchmal iſt. Der mittlere Kamm des Schädels
ſetzt die Stirnlinie fort, ohne ſich von den Hinterhauptsbeinen über
die Stirnbeine wegzuziehen, die ſtets flach ſind. Die ſeitlichen Schä-
delkämme gehen ebenfalls nie weiter, als bis zum hinteren Rand der
Augenhöhle. Die Mundſpalte iſt gewöhnlich weit und die Kiefer
ſowohl, wie der Vordertheil des Pflugſchaarbeines immer, die Gaumen-
beine meiſtentheils mit Hechel- oder Bürſtenzähnen beſetzt, unter denen
ſich zuweilen einige größere Fangzähne auszeichnen. Die Schuppen
ſämmtlicher Barſche ſind an ihrem hinteren Rande rauh und ſtachelig,
meiſt durch aufgeſetzte kleine zahnartige Stückchen, zuweilen aber auch
dadurch, daß die ſehr dicke und ſtarke Schuppe auf ihrer Hinterfläche
wie ein Kamm ausgeſägt iſt. Nähere Unterſuchungen über die Ana-
tomie dieſer ſehr zahlreichen Familie und namentlich über die Struktur
ihres Schädels werden ohne Zweifel noch fernere Anhaltspunkte zu
ihrer Unterſcheidung bieten. Wir theilen dieſelben einſtweilen in fol-
gende Gruppen: Die eigentlichen Barſche (Percida) mit ſpindel-
förmigem, meiſt etwas ſeitlich zuſammengedrücktem Körper, gezähneltem
Vorderdeckel und weiter Mundſpalte haben gewöhnlich ſieben, ſelten
weniger, niemals mehr Strahlen in der Kiemenhaut und bald eine
einfache, halbſtachelige Rückenfloſſe (Acerina; Serranus; Diacope; Pria-
canthus; Dules; Cirrhites)
, bald zwei Rückenfloſſen (Perca; Labrax;
Aspro; Lucioperca; Apogon; Pelates)
, von welchen die erſte ſtachelig,
die zweite mit weichen Strahlen verſehen iſt; — ihre Bauchfloſſen,
die höchſtens ſechs weiche Strahlen haben, ſtehen unter den Bruſtfloſ-
ſen und ihre Schuppen ſind ſtets an dem hinteren Rande durch auf-
[172] geſetzte Stückchen rauh und gezähnt; ſie kommen theilweiſe in ſüßen
Gewäſſern, meiſtens aber in dem Meere vor und haben meiſt vortreff-
liches Fleiſch. Die Urbarſche (Holocentrida) gleichen den vori-

Figure 110. Fig. 1081.

Holocentrum leo.


gen in der Stellung der Bauchfloſſen, die indeſſen ſtets wenigſtens ſieben
weiche Strahlen haben, unterſcheiden ſich aber von ihnen weſentlich
dadurch, daß die Kiemenhaut zum mindeſten ſieben Strahlen beſitzt
und daß die Schuppen, die aus biegſamer Hornſubſtanz gebildet ſind,
an dem hinteren Rande einfach geſägt ſind. Auch die Schwimmblaſe
dieſer Fiſche unterſcheidet ſich weſentlich von derjenigen der eigentlichen
Barſche, indem ſie beträchtlich lang ſich durch den ganzen Leib hin-
durch erſtreckt. Die Gattungen, welche dieſer Untergruppe angehören,
ſind die erſten Repräſentanten der Knochenfiſche überhaupt in den Ab-
lagerungen der Kreide und aus dieſem Grunde beſonderer Aufmerk-
ſamkeit werth. (Holocentrum; Myripristis; Beryx; Acanus; Podo-
cys; Acrogaster
.


Figure 111. Fig. 1082.

Petermännchen (Trachinus vipera).


Eine dritte Gruppe, die der Petermännchen (Trachinida),
wird von denjenigen Gattungen gebildet, bei welchen die Bauchfloſſen
ziemlich weit vor den Bruſtfloſſen hart unter der Kehle ſtehen und
außerdem eine ſehr kleine ſtachelige Rückenfloſſe und deutliche, ganz-
randige Cycloidſchuppen ſich finden, zwei Charaktere, die ſo ſehr auf-
[173] fallen, daß allerdings eine vollſtändige Trennung dieſer Gruppe und
ihre Erhebung zu einer eigenen Familie gerechtfertigt erſcheint. Tra-
chinus; Uranoscopus
.


Figure 112. Fig. 1083.

Die Meerbarbe (Mullus barbatus).


Eine letzte Gruppe, welche ebenfalls bedeutend von den eigent-
lichen Barſchen abweicht, iſt diejenige der Meerbarben (Mullida),
bei welchen höchſtens nur vier Strahlen in der Kiemenhaut vorhan-
den ſind, Vordeckel und Kiemendeckel durchaus ganzrandig und unge-
zähnelt bleiben und ebenſo wie der Körper mit großen, kaum gezäh-
nelten, leicht abfallenden Schuppen bekleidet ſind. Die Bauchfloſſen
ſtehen bei dieſer Unterfamilie unter der Bruſtfloſſe und die erſte
ſtachelige Rückenfloſſe weit nach vorn; meiſt beſitzen ſie Bärtel an dem
Kinn und eine ſchöne rothe Farbe und ſind ihres Fleiſches wegen ge-
ſchätzt. Mullus; Upeneus.


Figure 113. Fig. 1084.

Otolithus maculatus.


Die Familie der Umberfiſche(Sciaenida) kommt mit den Barſchen
in der allgemeinen Körperform und in der Anordnung der Floſſen
vollkommen überein; auch hier findet ſich bald nur eine, bald zwei
getrennte Rückenfloſſen, während die Bauchfloſſen ſtets unter den
Bruſtfloſſen ſtehen; das Maul iſt weit geſpalten, die Kiefer häufiger,
als bei den vorigen, mit ſtarken Fangzähnen zwiſchen den kürzeren
Zähnen beſetzt; Pflugſchaar und Gaumenbeine, welche bei den Bar-
ſchen ſtets Zähne tragen, ſind bei den Umbern ohne Ausnahme zahn-
[174] los, dagegen der Kiemendeckel und der Vorderdeckel ſtets gezähnt oder
beſtachelt. Die Schuppen ſind immer Kammſchuppen und erſtrecken
ſich meiſt über Kopf, Wangen und Kiemendeckel, oft auch weit auf
die Floſſen hinauf und es kommt ſogar ein Beiſpiel vor, daß auf den
großen Schuppen noch kleinere aufliegen. In ihrer Struktur zeigen
dieſe Schuppen viele Regelmäßigkeit; die dem Hinterrande aufgeſetzten
Zähnchen ſtehen zierlich geordnet im Quincunx; die concentriſchen
Streifen ſind wenig entwickelt. Der Schädel iſt in der Stirngegend
meiſt ſtark gewölbt und diejenigen Knochen, welche die Schleimkanäle
leiten, blaſenartig aufgetrieben, ſo daß ſie oft große Höhlen bilden.
Die überall geſchloſſene Schwimmblaſe hat ſeltſame, blindſackartige
Anhänge zu beiden Seiten, welche ſich oft noch fingerförmig verthei-
len und der ganzen Schwimmblaſe das Anſehen eines mit Franzen
beſetzten Beutels geben. Sciaena; Otolithus; Corvina; Umbrina; Po-
gonias; Haemulon; Pristipoma; Diagramma; Cheilodactylus
.


Figure 114. Fig. 1085.

Sargus vulgaris


Die Familie der Meerbraſſen(Sparida) kommt mit der vorigen
darin überein, daß Gaumenknochen und Pflugſchaar keine Zähne tra-
gen, unterſcheidet ſich aber von ihr durch die glatten Hinterränder
des Vorderdeckels, welche nicht gezähnelt ſind. Der Körper wird noch
höher und ſeitlich zuſammengedrückter. In ihrem Bau gleichen die
Schuppen denen der vorigen Familie, unterſcheiden ſich aber von ihnen
durch die wenigen kleinen Zähnchen, welche regellos auf dem hinteren
Rande der Schuppen nur einen ſchmalen Kranz bilden und leicht ab-
fallen, ſo daß der Rand oft faſt glatt erſcheint. Es findet ſich
nur eine Rückenfloſſe, welche in ihrer vorderen Hälfte ſtark ſtachelig
iſt. Die mäßig großen Schuppen ſind unter allen Umſtänden Kamm-
ſchuppen und reichen nur genau bis zur Gränze der Floſſen. Die
obere Fläche des Schädels iſt winkelig; die Stirn horizontal, während
die Naſengegend nach vorn, die Hinterhauptsgegend nach hinten ab-
[175] fällt. Die Schädelkämme ſind hoch, dünn und ſchneidend und verei-
nigen ſich meiſt mitten auf der Stirn. Die Bauchfloſſen ſtehen unter
den mäßig entwickelten Bruſtfloſſen. Bei einer kleinen Gruppe der
Familie, deren Fleiſch nur ſchlecht iſt (Maena; Smaris; Gerres; Cae-
sio)
, findet ſich jene Verlängerung des hinteren Aſtes der Zwiſchen-
kieferknochen, wodurch ein ſtark vorſtreckbares Maul gebildet wird und
iſt dieſe Bildung mit der Gegenwart von kleinen Bürſtenzähnen ver-
bunden. Bei allen übrigen ſind die Kiefer ziemlich feſt, das Maul
nicht protraktil, dagegen mit äußerſt kräftigen Zähnen bewaffnet, welche
bald meiſelförmig und ſchneidend, bald ſpitzkegelförmig und gekrümmt,
bald platt mit abgerundeter, gewölbter Mahlfläche ſind. Alle Fiſche
dieſer Familie bewohnen nur das Meer, und das Fleiſch derer, welche
zu der letzteren Gruppe gehören, iſt im Allgemeinen ſehr geſchätzt.
Sparus; Sargus; Dentex; Pagrus; Pagellus; Cantharus; Box; Oblata.


Figure 115. Fig. 1086.

Platax Ehrenbergi.


In der Familie der Schuppenfloſſer(Squamipennia) erſcheint die
[176] ſeitliche Abplattung des Körpers auf den höchſten Punkt getrieben, ſo
daß derſelbe nur eine platte Scheibe darſtellt von rundlicher oder
mehreckiger Geſtalt, deren oberer und unterer Rand mit den ſtark
entwickelten ſenkrechten Floſſen beſetzt iſt. Die Körpergeſtalt gleicht
in vieler Beziehung derjenigen der Schollen, doch mit dem Unter-
ſchiede, daß jede Spur von Aſſymetrie fehlt, beide Seiten des Kör-
pers gleich lebhaft gefärbt ſind und jede ein Auge trägt, durch welches
meiſt ein dunkel gefärbter, ſenkrechter Streif geht. Der Kopf dieſer
Fiſche iſt ſehr klein, die Schnauze meiſt etwas vorgezogen, die Mund-
ſpalte gewöhnlich klein und in der Regel mit langen, biegſamen, hor-
nigen Bürſtenzähnen auf dem Rande der Kiefer beſetzt. Nur wenige
Gattungen (Brama; Toxotes; Pimelepterus) beſitzen ſchneidende oder

Figure 116. Fig. 1087.

Die Caſtagnole (Brama Raji).


hechelförmige Zähne in den Kiefern und auch am Gaumen und dann
zugleich eine weitere Mundſpalte. Der ganze Körper, ſowie gewöhnlich
auch der Kopf, der meiſt glatten Vorder- und Kiemendeckel zeigt, ſind
mit mäßig großen Kammſchuppen bekleidet, welche ſich über diejenigen
Theile der ſenkrechten Floſſen, die aus biegſamen Strahlen beſtehen,
ſo ſehr fortſetzen, daß oft die Gränze zwiſchen Körper und Floſſe gar
nicht angegeben werden kann. Die concentriſchen Linien der Schup-
pen ſind dicht gedrängt; die ganze hintere Hälfte der Schuppe mit
zahlreichen, in Linien geſtellten Kammzähnchen beſetzt, ſtatt deren zu-
weilen nur kielförmige, geſägte Erhöhungen vorhanden ſind. Stets
findet ſich nur eine Rückenfloſſe, deren vordere Stacheln meiſt ſehr
kurz, ſtark und ihrer größten Länge nach im Fleiſche verborgen ſind,
ſo daß häufig nur ihre freien Spitzen hervorſehen. Die bizarr ge-
formten Fiſche, welche nur die ſüdlichen Meere bewohnen, zeichnen
ſich durch den außerordentlichen Reichthum ihrer brennenden Farben
aus, deren Glanz noch dadurch erhöht wird, daß ſie mit meiſt que-
ren Bändern und Streifen ſehr dunkler und ſchwarzer Farben durch-
zogen ſind. Chaetodon; Platax; Chelmon; Ephippus; Drepane; Sca-
tophagus; Psettus; Semiophorus; Zanclus; Pomacanthus
.


[177]
Figure 117. Fig. 1088.

Der Chirurg (Acanthurus chirurgus).


Die Familie der Lederfiſche(Teuthida) wird von einer kleinen
Gruppe pflanzenfreſſender Fiſche der ſüdlichen Meere gebildet, welche
einen abgeplatteten hohen Körper beſitzen, deſſen Contour eine eiför-
mige Figur bildet. Der Schädel zeigt ſtets einen kleinen dünnen Hin-
terhauptskamm, ſo wie zarte ſeitliche Kämme, aber keine tiefen Gru-
ben; die Stirnbeine ſind ſehr ſtark, dick und oft ſeltſam gezeichnet;
das Keilbein tritt als ſcharfer, ſchneidender Kiel nach unten vor. Die
Floſſen ſind von dem Körper wohl abgeſetzt und dieſer ebenſo, wie
der Kopf mit lederartiger Haut überzogen, welcher ſehr kleine, kamm-
förmig gezähnte Schuppen ein körniges Ausſehen geben; die Mund-
ſpalte iſt nur klein und die Bildung der Kiefer, ſo wie der Deckel-
apparate zeigt eine bedeutende Annäherung an die Haftkiefer, obgleich
keine Spur jener ſtarken Verwachſung exiſtirt, welche jene Unterord-
nung charakteriſirt. Die lange Rückenfloſſe, die ſich über den ganzen
Rücken hin erſtreckt, iſt in ihrer größeren Hälfte meiſt ſtachelig und
entſpricht einer faſt ebenſo ausgedehnten, halbſtacheligen Afterfloſſe;
die Bauchfloſſen ſtehen unter den Bruſtfloſſen. Die Zähne bilden eine
einfache, meiſt ſchnabelförmig vortretende Reihe in beiden Kiefern,
während Gaumen und Pflugſchaar zahnlos ſind. Gewöhnlich beſitzen
dieſe Fiſche zu beiden Seiten des Schwanzes entweder mehrfache ſcharfe
Stacheln oder auch einen ſichelförmig gekrümmten, ſchneidenden Dorn,
mit dem ſie arge Wunden verſetzen können. Acanthurus; Naseus;
Amphacanthus; Calopomus; Pomophractus
.


Die Familie der Doraden(Coryphaenida) entſpricht der vorigen
durch die kleinen unſcheinbaren Schuppen, welche der Haut ein körniges
Anſehen geben und zuweilen ſelbſt eine gewiſſe Aehnlichkeit mit der
Hautbedeckung der Knorpelfiſche zeigen. Der Körper iſt plattgedrückt,
aber mehr verlängert, zuweilen ſelbſt ſchlank und langgeſtreckt, die
ganze Länge des Rückens von einer einzigen Floſſe beſetzt, welche in
Vogt, Zoologiſche Briefe II. 12
[178]

Figure 118. Fig. 1089.

Die Dorade (Coryphaena doradon).


dem Nacken, manchmal ſelbſt faſt auf der Schnauzenſpitze beginnt und
in welcher ſich nur biegſame Strahlen befinden, welche vorn ungetheilt
ſind. Zuweilen liegen einige nicht ſehr harte Stachelſtrahlen ganz in
dem vorderen Rande der Floſſe verborgen; die Bauchhöhle iſt nur
kurz, die Afterfloſſe der Rückenfloſſe entſprechend ausgebildet und oft
wie dieſe ungemein hoch; die Bauchfloſſen fehlen bald ganz oder wenn
ſie vorhanden, zeigen ſie meiſt nur wenige Strahlen und ſtehen unter
den Bruſtfloſſen oder ganz weit nach vorn an der Kehle; ſie haben
hechelförmige oder Hakenzähne und einige von ihnen ſind ſchnelle
Raubfiſche, die beſonders die fliegenden Fiſche verfolgen; ſie wurden
früher zu der folgenden Familie geſtellt und kommen wie dieſe nur
im Meere vor. Coryphaena; Centrolophus; Stromateus; Pterois;
Seriola
.


Figure 119. Fig. 1090.

Der Thunfiſch (Thynnus vulgaris).


Die Familie der Makrelen(Scomberida) iſt nicht weniger zahl-
reich, als die Familie der Barſche, ſteht aber dieſer an Nutzbarkeit
für den Menſchen weit voran; es ſind nur Seefiſche, die bald eine
regelmäßig ſpindelförmige, bald eine mehr abgeplattete hohe Körper-
geſtalt zeigen und ſtets ein dünnes Schwanzende mit mächtiger, ge-
wöhnlich halbmondförmiger Schwanzfloſſe beſitzen. Ihr Körper iſt
oft ganz nackt, mit ſehniger, ſilberglänzender Haut überzogen, in an-
deren Fällen iſt er nur theilweiſe, namentlich in der Schultergegend
und längs des Rückens, in ſeltenen Fällen gänzlich mit kleinen, rund-
lichen Cycloidſchuppen beſetzt, denen die Fächerlinien ganz fehlen,
während die concentriſchen Linien nur dem hinteren Rande parallel
laufen und eine Kreiſe um die Schuppe herum bilden. Meiſt finden
[179] ſich an den Seiten des Schwanzes, am Ende der Seitenlinie und an
den Kanten deſſelben vorſpringende, mit gekielten Schuppen, die oft
ſägeförmig werden, beſetzte Leiſten; Kiemen- und Vorderdeckel ſind
ganzrandig und ungezähnelt. Die Anordnung der Floſſen iſt ſehr
verſchieden; zuweilen findet ſich nur eine Rückenfloſſe, vorn mit Sta-
cheln, hinten mit biegſamen Strahlen verſehen; in anderen Fällen
ſind beide Theile der Rückenfloſſe gänzlich getrennt; oft ſind die
Stacheln des vorderen Theiles gänzlich frei, nicht durch Haut ver-
bunden, zuweilen einige davon in langen Peitſchenfäden ausgezogen,
was auch manchmal mit den biegſamen Strahlen geſchieht. Bei den
typiſchen Makrelen ſind die hinteren weichen Strahlen nur kurz und
nicht durch Floſſenhäute mit einander verbunden, ſo daß man hier
eine ſichelförmige Rücken- und Afterfloſſe findet, hinter denen auf
beiden Kanten des Schwanzes eine größere Anzahl kleiner Neben-
floſſen ſteht. Die Bauchfloſſen fehlen nur ſelten, ſtehen aber entweder
unter den Bruſtfloſſen oder etwas weiter nach vorn; die Zähne ſind
meiſt hechelförmig, zuweilen ſehr groß und ſpitz und meiſt nur auf
den Kiefern entwickelt. Man kann in dieſer Familie zwei Gruppen

Figure 120. Fig. 1091.

Der Sonnenfiſch, St. Petersfiſch (Zeus faber).


unterſcheiden: die eine mit ſeitlich
zuſammengedrücktem, kurzem Kör-
per, ſteilem Stirnprofil, vorſtreck-
barem Maule und kleiner Mund-
ſpalte (Zeus; Equla; Vomer;
Argyreiosus; Gasteronemus)
;
die andere mit lang ausgezogenem,
ſpindelförmigem oder ſelbſt aalför-
migem Körper, flachem Stirnprofil
und weit geſpaltenem Maule, das
oft mit großen hakenförmigen Fang-
zähnen bewaffnet iſt. Letztere ſind gefährliche Raubfiſche, die gewöhn-
lich in Schaaren zur Leichzeit wandern und ein äußerſt ſchmackhaftes,
geſundes Fleiſch beſitzen. Die gewöhnliche Makrele, ſo wie der Thun-
fiſch ſind beſonders unter ihnen bekannt; letzterer, der eine bedeutende
Länge und oft ein Gewicht von zehn Centnern erreicht, wird im
Frühjahre bei ſeinen Zügen an den Küſten des Mittelmeeres in eigen-
thümlichen Netzen gefangen, die trichterförmig beginnen und nach hin-
ten ſich immer mehr verengen, in einen beutelförmigen Sack auslaufen,
in dem man die Thunfiſche zuſammentreibt und dann mit Spießen
und Harpunen tödtet. Scomber; Thynnus; Cybium; Orcynnus;
12*
[180]Enchodus; Lichia; Naucrates; Chorinemus; Caranx; Trachurus;
Blepharis; Lepidopus; Trichiurus; Anenchelum; Palaeorhyn-
chum; Hemirhynchus
.


Figure 121. Fig. 1092.

Der Schwertfiſch (Xiphias gladius).


An die Familie der Makrelen ſchließen ſich zunächſt die Schwert-
fiſche
(Xiphioida) an, die man bisher mit den vorigen vereinigte. Die
Oberkinnlade dieſer Thiere iſt in einen langen Schnabel ausgezogen,
welcher hauptſächlich von dem Zwiſchenkiefer gebildet wird und der
bald rund, bald ſchwertförmig platt und meiſtens mit kurzen kleinen
Zähnchen beſetzt iſt; der Unterkiefer iſt bei weitem kürzer, ſpitz ausge-
zogen, der übrige Kopf rundlich und der Schädel oben ganz platt
und durchaus ohne vorſpringende Leiſten oder Kämme, welche bei den
Makrelen immer ſtark entwickelt ſind. Ihre Wirbelſäule zeichnet ſich
noch durch eigenthümlich geſtaltete Dornfortſätze aus, die in Geſtalt
breiter Platten faſt die ganze Länge der dünnen, in der Mitte ſtark
eingezogenen Wirbelkörper einnehmen. Auch die Bildung der Kiemen
iſt höchſt eigenthümlich, indem die Blättchen derſelben alle mit einander
ſo verwachſen ſind, daß ſie eine einzige breite gewellte Hautlamelle
bilden, an welcher man die Abtheilung der urſprünglichen Blättchen
nur durch einzelne rißartige Streifen angedeutet ſieht; eine Bildung,
die bei keinem anderen Knochenfiſche vorkommt. Der Körper der
Schwertfiſche iſt lang geſtreckt, mit einer ſtacheligen Rückenfloſſe verſe-
hen, die in dem Nacken anfängt und ſich faſt bis zum Schwanze fort-
ſetzt, wo eine kleine weichſtrahlige Floſſe ſich an ſie anſchließt; die
Bruſtfloſſen ſind ziemlich groß, ſäbelförmig, die Bauchfloſſen fehlen
entweder ganz oder ſind durch zwei lange Knochenſtrahlen unter der
Kehle erſetzt; die Schwanzfloſſe iſt ſehr tief ausgeſchnitten; an ihrer
Wurzel finden ſich ein oder zwei knorpelig häutige, vorſpringende
Leiſten. Es ſind große, ſchwere Fiſche, außerordentlich gute Schwim-
mer, von denen einige Arten eine Länge von zwanzig Fuß erreichen
und die beſonders die größeren Fiſche verfolgen und mit dem ſtarken
Schwerte durchbohren. Sie gehören hauptſächlich den ſüdlichen Mee-
[181] ren an und nur der gewöhnliche Schwertfiſch kommt vereinzelt zuwei-
len in der Nordſee vor. Xiphias; Tetrapterus; Histiophorus; Machaera;
Coelorhynchus; Blochius
.


Figure 122. Fig. 1093.

Gemeiner Pfeilhecht (Sphyraena vulgaris).


Die Familie der Pfeilhechte(Sphyraenida) zeigt in der ſchlanken
Körperform, dem niedergedrückten, ſpitzen Kopfe, der mit gewaltigen
Zähnen bewaffnet iſt, allerdings einige Aehnlichkeit mit den Hechten,
gehört aber der Natur ihrer Rückenfloſſen und der Schwimmblaſe
nach ohne Zweifel in die Ordnung der Stachelfloſſer, wo man ſie
früher ſogar zu den Barſchen ſtellte. Der ganze Körper ſowie Hin-
terkopf, Wangen und Deckelapparat ſind mit mittelmäßig großen,
ganzrandigen Cycloidſchuppen bedeckt, Vor- und Kiemendeckel durchaus
ungezähnt und glatt gerandet; es finden ſich ſtets zwei Rückenfloſſen,
die durch einen weiten Raum von einander getrennt ſind und von
denen die erſte ſtachelſtrahlige, in der Mitte des Körpers oder weiter
nach hinten über den abdominalen Bauchfloſſen ſteht, während die
weichſtrahlige an dem Schwanze über der Afterfloſſe angebracht iſt.
Die Schwanzfloſſe iſt tief ausgeſchnitten, gegabelt, die Bruſtfloſſen
nur wenig entwickelt. Es ſind große, ſchlanke Raubfiſche, in deren
Kiefern zwiſchen kleineren Zähnen ſtarke, ſchneidende Fangzähne ſitzen.
Sie gehen nördlich höchſtens bis zum Mittelmeere hinauf. Sphyraena;
Paralepis; Sphyraenodus; Hypsodon; Saurocephalus
.


In der Familie der Dornrücken(Notacanthida) iſt die Körper-
form vollkommen aalartig geworden und auch die weichen Floſſen am
Schwanze meiſt in Form einer durchgehenden Embryonalfloſſe ent-
wickelt. Der ganze Körper, ſowie der Kopf iſt mit kleinen Cycloid-
ſchuppen bedeckt, die Oberlippe meiſt in eine lange, rüſſelförmige
Schnauze ausgezogen; die Bruſtfloſſen ſind in ähnlicher Weiſe, wie
bei den Aalen mit ihrem Schultergürtel weit hinter dem Kopfe an der
Wirbelſäule aufgehängt; die Bauchfloſſen fehlen entweder, oder ſtehen
[182]

Figure 123. Fig. 1094.

Notacanthus nasus.


weit nach hinten unter dem Bauche. Vor der Rücken- und Afterfloſſe
finden ſich viele, durch keine Schwimmhaut mit einander vereinigte
freie Stacheln. Sie kommen theils in den Gewäſſern tropiſcher Zo-
nen, theils auch im nördlichen Eismeere vor. Notacanthus; Masta-
cemblus; Rhynchobdella
.


Figure 124. Fig. 1095.

Sichelfiſch (Trachypterus falx).


In der langen geſtreckten Körperform gleichen die Bandfiſche
(Taenioida) den vorigen, unterſcheiden ſich aber ſogleich durch die
ſtarke Abplattung ihres Körpers, der einem langen Silberbande nicht
unähnlich iſt. Die Rückenfloſſe dieſer Thiere beginnt entweder in dem
Nacken oder ſelbſt noch vor den Augen, zuweilen mit einigen ſehr
verlängerten Strahlen und zieht ſich ohne Unterbrechung bis zu dem
Schwanze hin. Der ganze Körper iſt mit ſehr kleinen, filberglänzen-
den Schuppen beſetzt, welche ſich ſehr leicht abſtreifen. Die Bauch-
floſſen fehlen entweder, oder es findet ſich ſtatt ihrer eine Hautfalte
oder einige lange, dünne, iſolirte Knochenſtrahlen. Hinſichtlich der
Bildung des Maules findet man zwei verſchiedene Typen: bei den
einen iſt daſſelbe weit geſpalten, unbeweglich und mit einigen langen,
und ſtarken Fangzähnen bewaffnet; in dieſem Falle endigt auch der
Schwanz entweder ſpitz, oder iſt mit einer endſtändigen Floſſe ver-
ſehen (Trichiurus; Cepola; Lepidopus; Lophotes); bei anderen Gat-
tungen iſt das Maul klein, retraktil und dann ſteht die Schwanzfloſſe
in Geſtalt eines ſenkrechten Fächers auf der Schwanzſpitze auf. Sie
finden ſich nur in wärmeren Meeren. Trachypterus; Gymnetrus.


[183]
Figure 125. Fig. 1096.

Der Harder (Mugil cephalus).


Die Familie der Harder(Mugilida) umfaßt nur wenige Fiſche
mit ſpindelförmigem Körper, die in ihrer äußeren Form einige Aehn-
lichkeit mit den Weißfiſchen haben. Der Kopf iſt platt gedrückt, die
Wangen meiſt in gleicher Weiſe, wie der Körper und die Stirnfläche
des Kopfes, mit großen, runden Schuppen bedeckt, welche ihre hin-
teren Zähnchen ſehr leicht verlieren, ſo daß ſie glattrandig erſcheinen.
Das Maul iſt quer, eckig, zahnlos oder mit ſehr feinen Bürſtenzäh-
nen bewaffnet; die kleine ſtachelige Rückenfloſſe ſteht etwa in der Mitte
des Leibes und iſt durch einen weiten Zwiſchenraum von der ebenfalls
kleinen, weichen Floſſe getrennt; die Bauchfloſſen ſtehen etwas nach
vorn, aber doch ſtets in einiger Entfernung hinter den Bruſtfloſſen.
Es ſind wohlſchmeckende Fiſche, die nicht hoch nach Norden gehen und
gern in die Flußmündungen aufſteigen. Mugil; Atherina.


Figure 126. Fig. 1097.

Der Flußſcheibenbauch (Gobius fluviatilis).


Die Familie der Scheibenbäuche(Gobioida) wird aus einer
großen Anzahl meiſt ſchlanker, langgeſtreckter Fiſche gebildet, bei denen
die an der Kehle oder an der Bruſt ſtehenden Bauchfloſſen in eigen-
thümlicher Weiſe zu einer Haftſcheibe ausgebildet ſind. Die Schuppen
dieſer Fiſche ſind groß, ihre concentriſchen Linien wenig vortretend
und weit auseinander gerückt, die Fächerlinien zahlreich; die Zähn-
chen auf der hinteren Schuppenhälfte klein, nur in einfacher Reihe
aufgeſtellt und oft ſo auf die obere Fläche aufgeſetzt, daß der hintere
[184] glatte Rand der Schuppe über die Zähnchen hinausragt. Bei einer
Gruppe dieſer Thiere (Eleotris; Trichonotus; Callionymus; Platypte-
rus; Opistognathus)
ſind zwar die Bauchfloſſen noch vollſtändig
getrennt, ihre Strahlen aber ſo geſtellt, daß ſie von beiden Seiten
her eine Art von Trichter bilden. Bei den anderen (Echeneis) ſird
die Bauchfloſſen nur an dem Grunde mit einander verwachſen; bei
noch anderen endlich vollſtändig zu einer trichterförmigen Scheibe ver-
einigt, an welcher bald ſämmtliche Strahlen unverzweigt und einfach,
aber doch biegſam (Cyclopterus; Liparis; Gobiesox; Lepadogaster),
oder auch bis auf den erſten Strahl alle verzweigt ſind. (Gebius;
Periophthalmus; Apocryptes; Trypauchen; Sicydium
.) Die meiſt klei-
nen Fiſche lieben in der That den Strand, wo ſie ſich am Grunde
mit ihren Bauchfloſſen gern unter Steinen anheften. Die Stacheln
der Rückenfloſſe ſind entweder weich und biegſam und wenig zahlreich,
oder ſelbſt gänzlich unter der Haut verborgen, die Bruſtfloſſe gewöhn-
lich ſtark entwickelt. Die Gruppe der Seehaſen (Cyclopterus etc.)
zeichnet ſich außerdem noch dadurch aus, daß ſie nur drei oder viert-
halb Kiemen beſitzen und die Schiffshalter (Echeneïs), welche ebenfalls

Figure 127. Fig. 1098.

Der Schiffshalter (Echeneïs remora).


zu dieſer Familie gehören, zeigen auf dem Kopfe einen merkwürdigen
aus gezähnelten knöchernen Querblättchen gebildeten Apparat, mit
dem ſie ſich äußerſt feſt ſogar an lebende Fiſche anheften und ſo ſich
von dieſen umhertragen laſſen.


Figure 128. Fig. 1099.

Der geaugte Schleimfiſch (Blennius ocellatus).


Die Schleimfiſche(Blennioida) ähneln den vorigen ziemlich in
[185] ihrer Körperforn, unterſcheiden ſich aber von ihnen durch die ſehr
unvollſtändig entwickelten kleinen Bauchfloſſen, welche unter der Kehle
ſitzen, oft gänzlich fehlen und gewöhnlich nur ſehr wenige, biegſame,
unverzweigte Strahlen beſitzen. Der Körper dieſer Thiere iſt von
einer weichen, ſehr ſchleimigen Haut überzogen, die Schuppen fehlen
entweder ganz oder ſind nur äußerſt klein und verſteckt. Ihr Schä-
delbau iſt höchſt charakteriſtiſch. Das Hinterhaupt iſt abgeplattet und
bildet ein gleichſeitiges Dreieck, deſſen nach vorn gerichtete Spitze ſich
in einen mittleren Kamm bis über die Augenhöhlen hin fortſetzt. Hin-
ter den Augenhöhlen iſt der Schädel von der Seite her ſo zuſammen-
gedrückt, daß nur wenig Raum für das Vorderhirn bleibt und die
Ränder der Augenhöhle flügelartig nach hinten vorragen, während
ſie zugleich ſeitlich ſich aufwulſten, ſo daß die Stirnfläche eingedrückt
erſcheint. Die untere Schädelfläche bildet einen ſchneidenden Kiel.
Es findet ſich nur eine Rückenfloſſe, die ſich meiſt vom Nacken bis
zum Schwanze erſtreckt und deren Stachelſtrahlen in den häufigſten
Fällen äußerſt weich und biegſam ſind. Die Bruſtfloſſen ſind gewöhn-
lich ſehr groß, fächerartig und ziemlich frei beweglich, die Bauchhöhle
kurz und vor dem After eine ſtark vorſpringende, weiche Geſchlechts-
warze angebracht, die umſomehr eine wirkliche Begattung möglich zu
machen ſcheint, als manche Arten dieſer Fiſche lebendige Jungen ge-
bären; ihre Zähne ſind meiſtens ſehr groß, ſtark, kegelförmig und

Figure 129. Fig. 1100.

Der Seewolf (Anarrhichas Iupus).


manchmal finden ſich, wie beim Seewolfe, hinter dieſen Fangzähnen
rundliche Mahlzähne mit gewölbter Oberfläche. Die Arten kommen
in allen Meeren vor. Blennius; Blennechis; Pholis; Salarias; Clinus;
Gunellus; Zoarces; Anarrhichas
.


Die Familie der Armfloſſer(Pediculata) umfaßt eine kleine
Gruppe häßlicher, widerlicher Fiſche mit ganz nackter oder warzig
rauher Haut, deren vorſpringende Bruſtfloſſen ſich durch eine beſon-
dere Beweglichkeit auszeichnen. Die Knochen der Mittelhand ſind
nämlich vollkommen ſtielförmig ausgezogen und bilden ſo einen lan-
[186]

Figure 130. Fig. 1001.

Fledermausfiſch (Malthe vespertilio).


gen armähnlichen Knochen, der eine ziemlich freie Beweglichkeit beſitzt
und an deſſen Spitze die Floſſen angebracht ſind. Manche dieſer
Thiere können ſich dieſer verlängerten Bruſtfloſſen förmlich als fuß-
ähnlicher Stützen bedienen, auf denen ſie den Vorderleib emporzuheben
und zu watſcheln im Stande ſind. Hinter dieſen Bruſtfloſſen befindet
ſich die kleine Kiemenſpalte, welche in einen ungeheuer weiten Kiemen-
ſack führt, in dem ſich nur dritthalb bis vierthalb Kiemen befinden.
Die Bauchfloſſen ſtehen vor den Bruſtfloſſen unter der Kehle und ſind

Figure 131. Fig. 1102.

Der Froſchfiſch (Lophius piscatorius).


ebenſo, wie die ſenkrechten Floſſen,
nur ſehr wenig entwickelt. In Hinſicht
des Maules kann man zwei Typen un-
terſcheiden: die einen (Lophius; Ba-
trachus)
mit ungeheuer großem abge-
plattetem Kopf, der wenigſtens ein
Drittel, ja ſelbſt über die Hälfte der
Körperlänge einnimmt und mit weiter
Rachenſpalte, die mit großen Fang-
zähnen bewaffnet iſt, die anderen
mit kleinem Kopfe und enger,
ſchwach bezahnter Mundſpalte. Mal-
the; Chironectes
.


Die letzte Familie dieſer Unterordnung wird von den Labyrinth-
fiſchen
(Labyrinthida) gebildet. Die äußere Körperform dieſer Fiſche
wechſelt ſehr, denn bald nähert ſie ſich derjenigen der Lippfiſche oder
ſelbſt der Schuppenfloſſer, während andere (Ophicephalus) ſich in
langgeſtreckter Aalgeſtalt zeigen. Es findet ſich ſtets nur eine Rücken-
floſſe, deren vorderer Theil gewöhnlich ſtachelig iſt und ſchwach aus-
gebildete Bauchfloſſen, die ſenkrecht unter den Bruſtfloſſen ſtehen. Alle
[187]

Figure 132. Fig. 1103.

Kopf eines Kletterfiſches (Anabas scandens).
Der Kiemendeckelapparat iſt weggenommen, um die gefalteten Schlundknochen
zu zeigen.


ſind beſchuppt, doch haben die Gattungen mit ſtarken Stacheln in
Rücken- und Afterfloſſe wohl ausgebildete Kammſchuppen, während
die aalförmige Gattung bei weichen biegſamen, wenn auch ungetheilten
Strahlen der ſenkrechten Floſſen zugleich wohlausgebildete Cycloid-
ſchuppen beſitzt. Der weſentliche Charakter dieſer Fiſche liegt in den
oberen Schlundknochen, welche zu gewundenen Blättern ausgebildet
ſind, die in einer bedeutenden Höhle an der Schädelbaſis und zur
Seite derſelben entfaltet ſind und ſo ein Reſervoir mit vielen Zellen
bilden, in welchen dieſe Fiſche das zur Anfeuchtung ihrer Kiemen nö-
thige Waſſer aufbewahren können. Alle Fiſche dieſer Familie leben
nur in den ſüßen Gewäſſern tropiſcher Gegenden und verlaſſen oft
lange Zeit das Waſſer, um auf dem feſten Lande herumzukriechen, ja
eine Art ſoll ſogar mittelſt der Stacheln ihrer unteren Floſſen und
namentlich ihres Kiemendeckels in den Ritzen von Baumſtämmen in
die Höhe klettern können. Die meiſten liefern ein ſchmackhaftes, ge-
ſundes und ſehr geſchätztes Fleiſch und einige Arten zeichnen ſich auch
noch dadurch aus, daß ein Strahl ihrer Bauchfloſſen zu einem unge-
mein langen Faden ausgezogen iſt. Anabas; Osphromenus; Spiro-
branchus; Macropodus; Colisa; Trichopus; Polyacanthus
.


Die Aufeinanderfolge der Fiſche in der Erdgeſchichte iſt beſonders
um deswillen lehrreich, weil ſie allein von allen Wirbelthieren ſeit
den älteſten Belebungszeiten durch alle Schichten hindurch mit ſtets
wechſelnden Formen ſich fortſetzen. Wie die Verbreitung auf der Erde
ſelbſt während der einzelnen Perioden geweſen ſei, darüber Auskunft
zu geben würde um ſo mehr unſtatthaft ſein, als einerſeits verhält-
[188] nißmäßig nur wenige Lagerſtätten foſſiler Fiſche vorhanden ſind, an-
derntheils diejenigen außer Europa kaum ausgebeutet ſind. Nur ſo
viel kann man ſagen, daß ſelbſt noch in der Tertiärzeit die Repräſen-
tanten der Familien, welche jetzt nur ſüdliche Meere bewohnen, weit
höher nach Norden hinaufgehen, ſo daß die tertiäre Fiſchfauna Lon-
don’s etwa derjenigen des Mittelmeeres, die des Monte Bolca bei
Verona derjenigen der tropiſchen Meere entſpricht. Eine zweite cha-
rakteriſtiſche Eigenthümlichkeit iſt die, daß die alten Ganoiden unzwei-
felhaft das Meer bewohnten, während ihre jetzt lebenden Repräſentanten
auf das ſüße Waſſer beſchränkt ſind.


Betrachtet man nun die Verhältniſſe der einzelnen Geſchichts-
epochen zu einander, ſo finden ſich von den älteſten Belebungszeiten
der Erde, vom Uebergangsgebirge, dem alten rothen Sandſteine, der
Kohle an und weiter bis zum Jura mit eingeſchloſſen, nur Repräſen-
tanten zweier Ordnungen, der Knorpelfiſche und der Ganoiden; die
Untergruppen beider Ordnungen ſind zahlreich vertreten. Bei den
Ganoiden herrſchen anfangs die Familien mit knorpligem Skelette
vor — die Schildköpfe (Cephalaspida) vertreten die Panzerganoiden
in dem Devoniſchen Syſtem und in der Kohle; die Kleinſchupper
(Acanthodida), die Doppelfloſſer (Dipterida) ſind gänzlich auf den alten
rothen Sandſtein und die Kohle beſchränkt, wo ſie den Typus der
Eckſchupper beginnen, während die Faltenſchupper (Holoptychida) in
denſelben Schichten die Rundſchupper repräſentiren. In der Kohle
geſellen ſich zu dieſen Familien die Paläonisciden, welche bis zu dem
Salzgebirge bleiben, und die Zweifloſſer (Coelacanthida), die ſich bis
zur Kreide fortſetzen. In dem Permiſchen Syſteme, im Kupferſchiefer
tritt die Familie der Plattzähner (Pycnodontida) hinzu, die im Jura
ihre größte Ausbildung erreicht und ſelbſt im Tertiärgebilde noch einige
Formen zeigt, jetzt aber ausgeſtorben iſt. Unendlich iſt der Reichthum
des Jura an Ganoiden — Einzeiler und Zweizeiler, Heterocerke und
Homocerke, kommen hier maſſenhaft in die Erſcheinung, und die
Rundſchupper werden durch die Familie der Kahlhechte (Amida), die
Panzerganoiden durch die der Störe (Accipenserida) vervollſtändigt.
In der Kreide werden nur ſehr wenige Ueberreſte von allen drei Un-
terordnungen gefunden, noch weniger im Tertiärgebirge und wenn
auch die jetzige Schöpfung in den Flöſſelhechten den Typus einer
neuen Familie zeigt, ſo iſt doch die Verarmung der mächtigen Ord-
nung ſeit dem Beginne der Kreideperiode in ſtets ſteigender Pro-
greſſion.


[189]

Wenn in der Geſchichte der Ganoiden die Jurazeit einen Wende-
punkt bildet, indem hier zuerſt homocerke Formen und vielfache neue
Typen auftreten, ſo iſt der Eintritt der Kreideperiode der eigentliche
Knotenpunkt für die Ausbildung der ganzer Klaſſe. Die Stachel-
floſſer
treten mit den Barſchen (Percida), den Schwertfiſchen (Xi-
phioida)
, den Pfeilhechten (Sphyraenida), den Makrelen (Scomberoida)
und den Röhrenmäulern (Fistularida) auf, die Weichfloſſer mit
den Hechten (Esocida), den Häringen (Clupeida) und den Lachſen
(Salmonida), die Haftkiefer mit den Hornfiſchen (Balistida). Erſt in
der Tertiärzeit finden wir Repräſentanten der Büſchelkiemer
(Lophobranchia), der Ohnedornen in den Stockfiſchen (Gadoida)
und den Schollen (Pleuronectida), der Schlundnähter in den Lipp-
fiſchen (Labrida), der Fußloſen(Apoda) in den Aalen (Muraenida),
während ſich zu den Stachelfloſſern der Kreide noch die Umber
(Sciaenida), die Braſſen (Sparida), die Harder (Mugilida), die Schup-
penfloſſer (Squamipennia), die Doraden (Coryphaenida), die Panzer-
wangen (Cataphracta), die Scheibenbäuche (Gobioida) und die Schleim-
fiſche (Blennioida) geſellen und die Weichfloſſer durch die Karpfen
(Cyprinida) und die Zahnkarpfen (Cyprinodonta) vermehrt werden.


Alle übrigen Familien der Knochenfiſche gehören der Jetzt-
welt an.


Bei den Knorpelfiſchen läßt ſich nur wenig über die Ent-
wicklung ſagen, da ihre nur aus Stacheln und Zähnen beſtehenden
Reſte nur geringere Einſicht in die nähere Familienverwandtſchaft ge-
ſtatten und alle niederen, den Röhrenherzen und Rundmäulern ana-
logen Gattungen durchaus keine Spuren hinterlaſſen haben. Haien
fanden ſich unzweifelhaft ſeit der älteſten Zeit, Rochen vielleicht ſchon in
der Kohle, vielleicht erſt ſpäter, was vorderhand nicht genau ermittelt
werden kann, da die Stacheln der Uebergangsformen zwiſchen beiden
Familien keine charakteriſtiſchen Merkmale gezeigt haben. Die See-
katzen (Chimaerida) treten erſt im Jura auf, hier aber mit einer
großen Anzahl von Formen, welche die heutigen an Mannigfaltigkeit
weit übertreffen.


[190]

Klaſſe der Lurche. (Amphibia.)


Im Beginne ihrer niederen Formen noch zu beſtändigem Aufent-
halte an das Waſſer gefeſſelt und deßhalb mit mehr fiſchähnlichen
Ruderorganen verſehen, erhebt ſich dieſe Klaſſe allmälig auf das feſte
Land und entwickelt ſo zuerſt die den Landthieren eigenthümliche Be-
ſchaffenheit der Gehwerkzeuge, bei einigen Familien ſogar in außer-
ordentlichem Grade der Ausbildung. Die Körperform der Thiere,
welche zu dieſer kleinen Klaſſe gehören, wechſelt ausnehmend, indem
einerſeits gänzlicher Mangel an Gliedmaßen oder höchſt rudimen-
täre Entwicklung derſelben mit drehrunder Wurmform, anderſeits
breite abgeplattete Körpergeſtalt, welche ſich der Scheibenform nähert,
bei ſtark entwickelten Gehwerkzeugen vorhanden ſind. Bei den auf
dem Lande lebenden gliedmaßenloſen Blindwühlen gleicht der ganze
Körper, der nur Leib und durchaus ſchwanzlos iſt, vollkommen einem
Regenwurme, während bei den im Waſſer lebenden Aalmolchen bei
langſtreckiger Körperform doch ein ſeitlich zuſammengedrückter Schwanz
oft mit einer ſenkrechten Hautfalte als Schwimmfloſſe verſehen die
Schwimmbewegung vermittelt. Hierzu geſellen ſich nun allmälig die
Füße in allen Stufen der Ausbildung, anfänglich durchaus unfähig,
den Körper zu ſtützen und mit nur kleinen rudimentären Zehen in
geringer Zahl ausgerüſtet. Zuweilen ſind nur die Vorderfüße vor-
handen, die als unbedeutende Stummelchen am Halſe hängen, in an-
deren Fällen nur die Hinterfüße. Je mehr ſich die Füße entwickeln,
deſto mehr ſchiebt ſich der Körper zuſammen und plattet ſich zugleich
ab. Bei den froſchartigen Thieren ſchwindet der Schwanz im erwach-
ſenen Alter vollſtändig, ſo daß keine Spur mehr davon vorhanden
iſt und der After ſich unmittelbar, wie bei den Blindwühlen, an dem
hinteren Ende des breiten, ſcheibenförmigen Körpers befindet. Die
Hinterfüße bekommen bei dieſen Thieren ein gewaltiges Uebergewicht
über die kleinen, kurzen, ſtämmigen, meiſt einwärts gedrehten Vorder-
füße, die gewöhnlich nur vier Zehen haben, während die hinteren
meiſt deren fünf beſitzen. Die Bewegung auf dem Lande geſchieht
[191] meiſtens nur ſprungweiſe, indem die kräftigen Hinterſchenkel den Kör-
per oft auf ziemlich bedeutende Strecken hin durch plötzliche Spannung
fortſchnellen.


Die Hautbedeckung der Amphibien erſcheint in ſehr verſchie-
dener Weiſe ausgebildet. Bei den Fröſchen und Molchen iſt die Haut
glatt, ſchlüpfrig, weich, meiſt ſackartig weit, aus elaſtiſchen Sehnen-
faſern gewebt und ziemlich dünn, ſo daß bei denen, wo ſie feſt an
dem Körper anliegt, die Muskeln durch dieſelbe durchſchimmern. Eine
farbloſe, aus Pflaſterzellen gebildete Oberhaut deckt dieſe Lederhaut,
in welcher oft verſchiedene Pigmente von grüner, blauer, gelber oder
brauner Farbe abgelagert ſind. Bei vielen dieſer nackten, froſchartigen
Thiere finden ſich beſondere Drüſenbälge in der Haut, welche einen
ſcharfen, gewöhnlich mehr oder minder nach Knoblauch riechenden
Milchſaft abſondern, der ſtark ſauer reagirt und in der That beim
Einbringen in Wunden kleinerer Thiere giftige Eigenſchaften ent-
wickelt. Gewöhnlich ſind dieſe Drüſen, wie z. B. bei Kröten und
Salamandern, über den ganzen Körper zerſtreut, oft aber noch beſon-
dere dickere Anhäufungen zu beiden Seiten des Halſes angebracht,
welche man dann Ohrdrüſen oder Parotiden genannt hat. Wenn
indeß die meiſten Amphibien wirklich als nackt bezeichnet werden kön-
nen, ſo fehlen doch in einzelnen Familien beſondere Schuppenbildungen
nicht, welche denen der Knochenfiſche ſich am nächſten anſchließen. In
der That beſitzen die Blindwühlen kleine Hornſchüppchen, welche ſowohl
die concentriſchen Linien, als auch die Fächerfurchen der gewöhnlichen
Fiſchſchuppen zeigen und in den Querfalten der übrigens ſchleimigen
Haut verſteckt liegen, und bei den Schuppenlurchen iſt der ganze Kör-
per, der vollkommene Fiſchgeſtalt zeigt, auch mit großen, dachziegel-
förmig über einander liegenden Schuppen bedeckt.


Hinſichtlich der Ausbildung des Skelettes finden ſich ähnliche
Verhältniſſe, wie bei den Fiſchen, wenn auch nicht in ſo ausgedehn-
tem Maaße. Das lange Fortbeſtehen der Wirbelſaite im Laufe der
Entwickelung des Embryo’s deutet ſchon darauf hin, daß auch hier
die niedrigſten Formen mehr oder minder lang eine der embryonalen
Form nahe ſtehende Wirbelſaite behaupten werden; und in der That
finden wir ſowohl eine perſiſtente Wirbelſaite, als auch die Fiſchwir-
belform bei einigen Gattungen und bei vielen ein mehr oder minder
langes Verbleiben des knorpeligen Urſchädels. Die niedrigſte Form
des Skelettes überhaupt zeigen die Schuppenlurche, bei welchen eine
[192] ununterbrochene Wirbelſaite vorkommt, deren Scheide außen faſerig,
innen verknorpelt iſt und von welcher aus nach oben wie unten knö-
cherne Bogen abgehen, die eines Theils das Nervenrohr, anderen
Theils die Blutgefäße umſchließen. In der Bauchgegend ſind die
unteren Bogen nicht geſchloſſen, ſondern rippenartig nach der Seite
ausgezogen; — eigentliche Rippen fehlen aber hier, wie bei allen
übrigen Amphibien vollkommen. Bei den Schleichenlurchen, ſowie bei
den Kiemenmolchen finden ſich Wirbel, welche in ihrer Geſtalt ſich
von Fiſchwirbeln nicht unterſcheiden laſſen und ebenſo, wie dieſe, Höh-
lungen in Doppelkegelform beſitzen, in welchen die Ueberreſte der Wir-
belſaite als gallertartige Maſſen eingeſchloſſen liegen. Bei den eigent-
lichen Molchen finden ſich vollſtändig ausgebildete Wirbel vor, welche
vorn einen rundlichen Gelenkkopf, hinten eine Pfanne tragen, wodurch
die verſchiedenen Wirbel mit einander eingelenkt ſind. Bei allen dieſen
Amphibien mit langgeſtrecktem Körper iſt auch die Zahl der Wirbel
ſehr bedeutend, während bei den froſchartigen Thieren nur ſehr wenige

Figure 133. Fig. 1104.

Skelett des gemeinen Froſches.


Rückenwirbel (ſieben bis neun) vorkommen, dagegen ein langes Kreuz-
bein vorhanden iſt, das aus der Verſchmelzung mehrerer Wirbel ent-
ſtanden ſcheint und mit einem langen, ſäbelförmigem Knochen in Ver-
bindung ſteht, der die Wirbelſäule bis zum After fortſetzt. Die
Querfortſätze der Wirbel ſind bei allen Amphibien wohl ausgebildet,
zuweilen ungemein lang und erſetzen auf dieſe Weiſe die Rippen, welche
zuweilen nur durch ganz kleine Knorpelanhänge vertreten ſind. Auch
hinſichtlich der Bildung des Kopfſkelettes zeigen ſich verſchiedene
Stufen in der Reihe der Amphibien, die ſich namentlich auf das all-
mälige Verſchwinden der urſprünglichen Knorpelgebilde beziehen. Bei
den Schuppenlurchen iſt der knorpelige Urſchädel noch vollſtändig vor-
handen, ein Hinterhauptgelenk fehlt gänzlich und die Wirbelſaite ſetzt
ſich unmittelbar in die Schädelbaſis fort. Das Keilbein bildet eine
einfache, ſehr verlängerte Deckplatte auf der Unterfläche des Schädels,
[193] welcher auf der oberen Fläche eine andere, einfache Deckplatte entſpricht,
die das Stirnbein vorſtellen dürfte. An der Schädelkapſel ſelbſt ſind
nur die ſeitlichen Hinterhauptsbeine verknöchert, die ganze übrige
Kapſel aber knorpelig gebildet, eben ſo der Geſichtstheil, an welchem
nur die feſt eingefügten Oberkiefer und der Zwiſchenkiefer verknöchert
ſind. Dem Hautſyſteme angehörige Deckplatten, welche bei den Fiſchen
ſo häufig ſind, fehlen hier, wie bei allen übrigen Amphibien durchaus.
Bei den Kiemenmolchen iſt die Ausbildung des Schädels ſchon einen

Figure 134. Fig. 1105. Fig. 1106. Fig. 1107.

Schädel des Axolotl (Siredon pisciformis).
Fig. 1105. Von Oben. Fig. 1106. Von Unten. Fig. 1107. Von der
Seite. Die knorpelig bleibenden Theile des Urſchädels ſind mit ſenkrechten
Strichen, die durch Verknöcherung des Urſchädels entſtehenden Knochen mit
Punkten bezeichnet. Die Ziffern haben dieſelbe Bedeutung, wie bei den Kno-
chen der Fiſche.


Schritt weiter, obgleich auch hier noch immer bedeutende Theile des
Schädels knorpelig bleiben. Als erſtes charakteriſtiſches Kennzeichen
für die ganze Klaſſe im Gegenſatze zu den Reptilien ſtellt ſich hier
die Bildung zweier ſeitlicher Gelenkköpfe an dem Hinterhaupte dar,
die von den ſtets verknöcherten ſeitlichen Hinterhauptsbeinen (10)
hergeſtellt werden und in zwei Vertiefungen des erſten ringförmigen
Halswirbels paſſen. Die genauere Beſtimmung der Stellen, welche
die ausgeſtorbene Familie der Wickelzähner oder Labyrinthodonten
einnehmen muß, hängt beſonders von der Ausbildung dieſer doppelten
Gelenkhöcker am Hinterhaupte ab. Der Schädel ſelbſt iſt ſtets ſehr
breit, platt, die Augenhöhlen gewöhnlich ungeheuer groß und durch-
gehend, ſo daß von oben geſehen, die Kiefer einen Halbkreis bilden,
der in der Mitte durch eine längliche Kapſel, den eigentlichen Schä-
del durchſetzt wird. Was nun die einzelnen Knochen betrifft, ſo bil-
det das Keilbein (6) auf der Unterfläche des Schädels eine bald kreuz-
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 13
[194] förmige, bald breite Platte, die meiſtens auf ihrer oberen, dem Schädel
zugekehrten Fläche, mit Knorpel, dem Reſte des Urſchädels, bedeckt
iſt. Sehr ſelten findet ſich ein Rudiment eines Hinterhauptskörpers
oder einer Schuppe, indem gewöhnlich die Verbindung der beiden
ſeitlichen Hinterhauptsbeine durch Knorpel bewirkt wird. Die obere
Schädeldecke wird von zwei Scheitelbeinen (7), die oft indeſſen ganz rudi-
mentär ſind, zwei Stirnbeinen (1) und bei den Blindwühlen noch von
einem Siebbeine gebildet, während bei den übrigen gewöhnlich zwei
mehr oder minder entwickelte Naſenbeine (3) auf der vorderen Seite auf-
liegen. Bei den froſchartigen Thieren exiſtirt ein ringartig verknöcher-
tes Siebbein (15), welches zuweilen eine ſehr bedeutende Größe erlangt,
aber auf der Oberfläche des Schädels nirgends zu Tage kommt. Die
Seitenflächen des Schädels bleiben bei den Kiemenlurchen faſt ganz
knorpelig oder zeigen auch eine dem vorderen Keilbeinflügel (14), ſowie den
vorderen Stirnbeinen (2) entſprechende Verknöcherung, während bei den
froſchartigen Thieren ſowohl das Felſenbein (13), als auch die Keilbein-
flügel verknöchern, aber dennoch häutige Zwiſchenräume laſſen. An
dem Gaumengewölbe ſind alle Knochen feſt mit dem Schädel verbunden
und zwar in der Weiſe, daß Zwiſchenkiefer (17) und Oberkiefer (18) hinter
einander den Mundrand bilden und gewöhnlich ein zweiter paralleler
Bogen auf ihrer inneren Seite von den einfachen Gaumenbeinen (22)
gebildet wird. Ein eigentliches Pflugſcharbein (16) fehlt den Amphibien
durchaus; dagegen ſind die Gaumenbeine gewöhnlich ebenſo, wie die
oberen Kiefer mit Zähnen beſetzt, deren Anweſenheit und Stellung
zu Unterſcheidung von Arten und Gattungen ſehr geeignet erſcheint.
Der Unterkiefer (34) iſt ganz, wie bei den Fiſchen, als Deckplatte um den
gewöhnlich vorhandenen Meckel’ſchen Knorpel gebildet und zum we-
nigſten aus zwei Knochen, dem Gelenkſtücke und dem Zahnſtücke, zu-
weilen aber aus noch mehreren zuſammengeſetzt, die dann beſonders
den Winkel des Unterkiefers bilden. Der Unterkiefer ſelbſt iſt an einem
Tragebogen aufgehängt, welcher niemals vollſtändig verknöchert und
aus dem Quadratbeine (26) und dem Trommelbeine (27) beſteht. Das
ſtabförmige Knochengebilde, welches auf dieſe Weiſe zuſammengeſetzt wird,
iſt feſt mit dem Schädel verbunden und gewöhnlich ſchief nach hinten
gerichtet, ſo daß die Mundſpalte oft ziemlich weit hinter den Schädel
ſich erſtreckt und der Nachen einer großen Erweiterung fähig iſt.


Die hinter dem Unterkieferbogen liegenden Hartgebilde, welche
der Zunge und dem Kiemengerüſte angehören, ſtellen ſich äußerſt ver-
ſchieden dar, je nachdem die Kiemen noch vorhanden oder Lungen
[195] ausgebildet ſind. Bei den Schuppenlurchen iſt das Kiemengerüſte
durchaus ſo, wie bei den Knochenfiſchen gebildet, bei den Kiemenmol-
chen findet ſich ein ſtarker Zungenbeinbogen mit mittlerem Körper,
dem nach hinten mehrere Kiemenbogen angeheftet ſind, die den Schä-
del nicht erreichen; bei den froſchartigen Thieren iſt das Zungenbein
ſehr breit, knorpelig, durch ein Paar lange Knorpelſtäbe an dem
Schädel befeſtigt und noch mit mehreren kürzeren, den Schädel nicht
erreichenden, ſeitlichen Fortſätzen verſehen, welche aus den urſprüng-
lichen Kiemenbogen der Larve hervorgegangen ſind.


Die Extremitäten beſtehen, inſofern ſie vorhanden ſind, ſtets
aus dem Schulter- oder Beckengürtel und den eigentlichen Extremitä-
ten, nur den Blindwühlen fehlen dieſelben gänzlich, während bei
manchen Kiemenmolchen nur Vorderfüße vorhanden ſind und die Hin-
terfüße gänzlich fehlen. Nur bei den Schuppenlurchen iſt der aus
ſtielförmigem Schulterblatte und breitem, ſpatelartigem Schlüſſelbeine
gebildete Schultergürtel noch an dem Schädel ſelbſt aufgehängt; bei
allen übrigen dagegen weiter nach hinten an der Halswirbelſäule be-
feſtigt. Bei den Molchen iſt er ſtets nur theilweiſe verknöchert und
beſteht aus einem Schulterblatte, einem breiten Schlüſſelbeine und da-
hinterliegendem Rabenbeine, zwiſchen welche ſich oft noch ein unpaares
Bruſtbein einſchiebt. Bei den Fröſchen wird ein breiter Bruſtkorb
von dem Schultergürtel gebildet, der aus vielen Stücken beſteht, welche
oft nur theilweiſe verknöchern und in ihrer Deutung manche Schwie-
rigkeiten machen. Der Vorderfuß ſelbſt beſteht immer aus einem ein-
fachen Oberarme, zwei zuweilen verſchmolzenen Vorderarmknochen,
einer oft knorpelig bleibenden Handwurzel und aus Zehen, deren
Zahl meiſt vier, ſelten drei beträgt. Der Beckengürtel iſt bei den
Molchen nur unbedeutend und die Kreuzbeinwirbel kaum in ihrer
Struktur von den übrigen Wirbeln verſchieden. Das Becken bleibt
bei dieſen Thieren außerdem meiſt knorpelig und beſteht nur aus zwei
Darmbeinen, welche durch einen Mittelknochen mit einander verbunden
ſind. Um ſo ausgezeichneter iſt die Bildung des Beckens bei den
Fröſchen, wo daſſelbe den ſtarken Sprungbeinen als Stützpunkt und
ihren Muskeln zum Anſatze dienen muß. Die langen, ſtabförmigen
Darmbeine ſind an die breiten Grifffortſätze des ſchwertförmigen Kreuz-
beines geheftet und krümmen ſich nach hinten gegen den After zuſam-
men, wo ſie mit dem Säbelknochen des Kreuzbeines und den Sitz-
beinen ſich verbinden, während zugleich noch die Schambeine dieſe
Verbindung vervollſtändigen und alle drei Knochen die Gelenkpfanne
13*
[196] für den langen und ſtarken Oberſchenkelknochen bilden. Die Zuſam-
menſetzung der Fußknochen iſt dieſelbe, wie an der vorderen Extremität,
obgleich größerer Wechſel vorkommt, indem bei einigen Kiemenmolchen
nur zwei, drei oder vier, bei den eigentlichen Molchen und den
Fröſchen aber ſtets fünf Zehen an den Hinterfüßen ſich vorfinden,
von welchen die vierte gewöhnlich die längſte iſt. Nur bei ſehr we-
nigen Gattungen kommen kleine, hufartige Nägel vor, in welchen die
Zehenenden wie in einem Fingerhute ſtecken. Bei Weitem bei der
großen Mehrzahl der Lurche ſind die Zehen vollkommen nackt, dagegen
häufig durch Schwimmhäute mit einander verbunden und oft auf ihrer
Unterfläche mit beſonderen Haftballen zum Anheften verſehen. Eine
eigenthümliche Modification bieten auch die Extremitäten der Schup-
penlurche, welche aus einem einzigen ſäbelförmigen Knochen beſtehen,
auf deſſen innerer Seite ein zarter, in der Haut verſteckter Floſſenbart
gefunden wird.


Die Muskeln der Lurche entſprechen ganz der Körperform und
der Bewegung derſelben. Bei den nur im Waſſer lebenden Schup-
pen- und Kiemenlurchen wiegen die ſeitlichen Muskelmaſſen des Rumpfes
und des Schwanzes vor, welche gewöhnlich ſogar dieſelbe zickzackför-
mige Anordnung zeigen, die wir bei den Fiſchen gewahrten. Bei den
Fröſchen dagegen ſinken die Rumpfmuskeln bedeutend zurück, während
diejenigen der Füße in einer Anordnung, welche der menſchlichen eini-
germaßen entſpricht, das Uebergewicht erhalten.


[197]

An dem Centralnervenſyſteme tritt das Gehirn an Maſſe

Figure 135. Fig. 1109.
Fig. 1108. Fig. 1110.

Gehirn und Rückenmark des Froſches.
Fig. 1108. Von Oben. Fig. 1109. Von Unten.
Fig. 1110. Von der Seite.
a Riechnerven. b Riechkolben. c Vor-
derhirn. d Mittelhirn. e Kleines Ge-
hirn. f Rautengrube. g Anſchwellung
an der Abgangsſtelle der Vorderfußnerven.
h Aehnliche an den Hinterfußnerven.
i Hirnanhang.


ſchon etwas mehr über das Rücken-
mark hervor, zeigt aber ſonſt eine
ſehr übereinſtimmende Bildung, wel-
cher derjenigen der Fiſche analog
iſt. Es iſt lang geſtreckt, flach, die
einzelnen Knoten hinter einander
gereiht; das verlängerte Mark iſt
breit, von oben her kahnförmig aus-
gehöhlt, und das kleine Gehirn,
welches bei den Fiſchen meiſt ſo be-
deutend entwickelt war, hier nur
durch eine ſchmale Querbrücke ver-
treten. Vor dem kleinen Gehirne
liegen die Vierhügel, gewöhnlich
aus zwei durch eine Längsfurche
getrennten Anſchwellungen beſtehend
und innerlich ausgehöhlt, von hin-
ten her die Zirbeldrüſe umfaſſend.
Vor dieſer liegen die paarigen An-
ſchwellungen des Vorderhirnes, die
innerlich hohl ſind, gewöhnlich die
größte Maſſe des Gehirnes aus-
machen und meiſt unmittelbar in
die Riechnerven ſich fortſetzen. Von
den Gehirnnerven ſind öfter die
Augenmuskelnerven mit dem fünften
Paare mehr oder minder innig verſchmolzen, ebenſo der Zungenſchlund-
kopfnerv gänzlich in den herumſchweifenden Nerven übergegangen,
während der Zungenfleiſchnerv gewöhnlich aus den erſten Halsnerven
hervorgeht, wodurch die Zahl der Hirnnerven zuweilen um ein Bedeu-
tendes verringert wird.


Die drei hauptſächlichen Sinnesorgane fehlen keinem einzigen
Amphibium, wenn gleich die Augen bei einigen ziemlich rudimentär
ſind. Die Naſenhöhlen ſind ſtets doppelt, durch eine Scheidewand
von einander getrennt und unter allen Umſtänden, zum weſentlichen
Unterſchiede von den Fiſchen, doppelt in die Mundhöhle geöffnet, ſo
daß ſich ſtets an dem Gaumengewölbe, bald mehr nach vorn unmittelbar
hinter den Lippen, bald weiter nach hinten hin, die beiden inneren Na-
[198] ſenöffnungen zeigen. Die Exiſtenz ſolcher durchgehender Naſenöffnun-
gen iſt eng verbunden mit dem Vorhandenſein echter Lungen und ein
durchaus charakteriſtiſches Kennzeichen der Lurche, durch welches ſich
dieſelben unter allen Umſtänden von den Fiſchen unterſcheiden. Bei
den Schuppenlurchen und Kiemenlurchen durchbohren dieſe Naſenöſſ-
nungen freilich nur die Lippe und öffnen ſich nach innen von den
Zahnbogen des Gaumens, während ſie bei den froſchartigen Thieren
mehr nach innen und hinten ſtehen, durch die Knochen des Gaumens
durchtreten und eine bedeutende Weite beſitzen. Bei den Schuppen-
lurchen werden die bedeutenden Naſenhöhlen, die ſich in der Nähe des
Mundwinkels nach innen öffnen, von einem helmartigen Knorpelge-
rüſte getragen, das den Lippenknorpeln analog erſcheint. Bei den
meiſten übrigen Lurchen iſt dagegen die Naſenhöhle weit einfacher und
ihr Eingang klappenartig verſchließbar. Die Augen zeigen bei vielen
einen weſentlichen Fortſchritt gegen das Fiſchauge. Manchmal ſind
ſie nur ganz rudimentär und, wie bei dem Olm (Proteus anguinus),
unter der Haut verſteckt, die nicht einmal über ihnen durchſichtig wird,
während bei den übrigen Kiemenmolchen zwar die Augenlider fehlen,
dagegen die Haut da, wo ſie über den Apfel weggeht, eine glasartige
Durchſichtigkeit erhält. Bei den froſchartigen Thieren iſt der gewöhn-
lich große Augapfel ſehr beweglich und kann namentlich durch einen
trichterförmigen Muskel tief in die Mundhöhle zurückgezogen werden.
Er wird hier gewöhnlich von zwei Augenlidern bedeckt, einem harten,
wenig beweglichen oberen und einem großen unteren Augenlide, das
dünn und durchſichtig iſt. Am inneren Augenwinkel zeigt ſich noch
die Rickhaut als einfache, kleine, unbewegliche Hautfalte. Auch die
Fortbildung des Gehörorganes thut einen bedeutenden Schritt
vorwärts, indem bei den meiſten geſchwänzten Amphibien ein mittleres
Ohr fehlt und nur das Labyrinth vorhanden iſt, während faſt bei
allen froſchartigen Thieren eine Paukenhöhle mit Trommelfell und
kurzer Euſtachiſcher Trompete vorkommt, welche ſich mit weiter Mün-
dung in den hinteren Theil des Rachens öffnet. Das Labyrinth ſelbſt
beſteht aus drei halbzirkelförmigen Kanälen und einem Sacke, der mit
mikroſkopiſchen Kalkkryſtallen erfüllt iſt. Seine theils knorpelige, theils
von dem Felſenbein gebildete knöcherne Umhüllung zeigt eine ovale
Oeffnung, welche bald durch einen Deckel, bald durch eine dünne Haut
verſchloſſen und bei fehlender Trommelhöhle von Muskeln und Haut
bedeckt wird. Bei ausgebildeter Trommelhöhle ſieht man auf der
Außenfläche des Kopfes gewöhnlich faſt unmittelbar hinter dem Auge
das runde Trommelfell, welches in einem kreisförmigen Ringe ausge-
[199] ſpannt iſt und an der inneren Fläche mit drei Gehörknöchelchen in
Verbindung ſteht. Die Wände der Trommelhöhle ſind gewöhnlich
knorpelig, nur bei wenigen knöchern und bei den letzteren auch die
Kette der Gehörknöchelchen bis zu dem ovalen Fenſter des Labyrinthes
fortgeſetzt.


Die Mundhöhle, welche den Anfang des Verdauungs- und
Luftweges bildet, iſt gewöhnlich ungemein weit und tief geſpalten und
meiſt mit Zähnen bewaffnet, die in den Zwiſchenkiefer und Oberkiefer,
in den Gaumenbeinen und in dem Unterkiefer ſtehen. Hinſichtlich der
Bezahnung ſelbſt finden ſich vielfache Verſchiedenheiten. Einige Lurche,
wie viele Kröten, ſind vollkommen zahnlos, anderen, wie den meiſten
Fröſchen, gehen die Zähne im Unterkiefer ab, während die Oberkiefer
eine Zahnreihe und die Gaumenbeine einen kleinen Haufen zeigen.

Figure 136. Fig. 1111.

Eingeweide des Laubfroſches (Hyla viridis).
Die Bauchdecken ſind entfernt und die
Rachenhöhle ſo geſpalten, daß Unterkiefer,
Zunge, Lungen und Herz auf die Seite
geſchlagen werden konnten, ſo daß man
ihre obere Fläche ſieht. a Unterkiefer.
b Zunge. c Stimmlade. d Herz. e Le-
ber. f Lunge. g Pförtner. h Darm.
i Harnblaſe. k After. l Afterdarm.
m Nieren. n Milz. o Hoden. p Fett-
körper. q Magen. r Vorderfuß. s Schlund.
t Euſtachiſche Trompete. u Augapfel.
v Innere Naſenöffnung.


Bei den meiſten Molchen ſind zwei
vollkommene obere Zahnbogen, der
eine von den Oberkiefern, der an-
dere von den Gaumenbeinen getragen,
hergeſtellt, zwiſchen welche der Un-
terkieferbogen eingreift. Gewöhnlich
ſind die kleinen Zähne einfache, ſpitze,
nach hinten gekrümmte Haken
mit einfacher Zahnhöhle und ohne
weitere Complication der äußeren
Geſtalt oder des inneren Baues;
nur die Schuppenlurche und die
Wickelzähner machen hievon eine
Ausnahme, indem bei den erſteren
die Zähne ſcharfe, breite, ſenkrecht
geſtellte Platten bilden, während
ſie bei den letzteren einen äußerſt
komplizirten Bau zeigen, indem die
Zahnſubſtanz gleichſam labyrinthiſch
gewickelt iſt. Die Zunge fehlt
nur bei einer eigenthümligen Fa-
milie der krötenartigen Thiere, iſt
aber bei allen anderen vorhanden
und in ihrer Form oft äußerſt cha-
rakteriſtiſch. Sie iſt gewöhnlich
ſehr breit und füllt ganz den Raum
[200] zwiſchen den beiden Unterkieferäſten aus; bei einigen Molchen iſt dieſe
Zunge gänzlich auf dem Boden der Mundhöhle feſtgeheftet, bei den
anderen aber mehr oder minder frei und zwar in der Weiſe, daß nicht
wie bei den Säugethieren und dem Menſchen die Zunge hinten ange-
wachſen, mit ihrer Spitze aber frei iſt, ſondern im Gegentheil ſie
vorn befeſtigt, ihr hinterer Rand dagegen frei iſt und die Zunge wie
eine Klappe aus dem Munde herausgeſchlagen werden kann, welche
Art der Bewegung namentlich zum Fangen der Inſekten äußerſt för-
derlich ſcheint. Manchmal iſt die Zunge ſogar ganz frei auf allen
Seiten und ihre Scheibe nur durch einen unteren Stiel in dem Boden
der Mundhöhle befeſtigt, ſo daß ſie einem Schwamme nicht unähnlich
ſieht. Der Darmkanal, welcher die Rachenhöhle nach hinten fortſetzt,
iſt gewöhnlich nur kurz, wenig gewunden, der Schlund lang, weit, der
Magen einfach, längsgefaltet, ſehr dickhäutig und der Afterdarm zu-
weilen blaſenartig aufgetrieben. Die Leber iſt groß, meiſt in zwei
Lappen getrennt, die Gallenblaſe allgemein vorhanden, Bauchſpeichel-
drüſe und Milz überall ausgebildet.


Hinſichtlich der Athemorgane ſtellen ſich die Lurche als das
unverkennbare Uebergangsglied zwiſchen der Kiemenathmung der Fiſche
und der Luftathmung der übrigen Wirbelthiere dar, indem zwar alle
ohne Ausnahme Lungen beſitzen, zu welchen aber in der Jugend wirk-
lich athmende Kiemen treten, die bei den Schuppen- und Kiemenlur-
chen das ganze Leben über neben den Kiemen beſtehen bleiben. Bei
dieſen letzteren finden ſich bald zwei, bald drei, bald auch vier äußere
Kiemenbüſchel, welche eine baumförmige oder federähnliche Geſtalt haben
und aus äſtigen Fäden beſtehen, in denen eine lebhafte Blutcirkulation
ſtattfindet. Mit dieſen äußeren Kiemenbüſcheln ſind Kiemenſpalten
vorhanden, welche zwiſchen den Kiemenbogen durch in den Schlund
führen und die bei den Larven ſtets ausgebildet ſind, auch bei den
Aalmolchen trotz des Verſchwindens der Kiemen während des ganzen
Lebens bleiben. Innere Kiemen, von der Haut des Halſes bedeckt,
zu welchen eine äußere Kiemenſpalte führt, finden ſich bei den meiſten
Larven, im erwachſenen Zuſtande aber nur bei den Schuppenlurchen,
wo die drei letzten Kiemenbogen in ähnlicher Weiſe, wie bei den Fiſchen
und den Froſchlarven mit Athemfranſen beſetzt find, während außer-
dem auch äußere Kiemenbüſchel, wenn auch ſchwach, ausgebildet ſind,
ſo daß alſo bei dieſen Thieren während des ganzen Lebens äußere
und innere Kiemen, ſo wie noch obenein Lungen vorkommen. Die
Lungen beſtehen aus rundlichen oder mehr länglichen Säcken, welche
[201] in der Bauchhöhle liegen, gewöhnlich mit Ausnahme der Blindwühlen
gleich groß ſind und nur ſelten inwendig vollkommen glatt erſcheinen.
Bei den meiſten Lurchen zeigen die Lungen einen zelligen Bau, indem
auf der inneren Fläche mehr oder minder hohle Falten der Schleim-
haut vorſpringen, welche vieleckige Räume und Zellen bilden, auf deren
Fläche ſich erſt die Lungengefäße verzweigen. Nach vorn gehen dieſe
Lungen nur ſelten in cylindriſche Luftröhren über; meiſtens öffnen ſie
ſich unmittelbar in die ſogenannte Stimmlade, einen ziemlich weiten
Sack, welcher durch verſchieden geformte dünne Knorpel geſtützt wird
und durch eine bald enge, bald weitere Längsſpalte hinter der Zun-
genwurzel in die Rachenhöhle ſich öffnet. Die froſchartigen Thiere
haben meiſtens eine ſehr tönende Stimme, deren Schall oft noch, be-
ſonders bei den Männchen, durch ſeitliche Höhlen, ſogenannte Kehl-
blaſen verſtärkt wird, die wie große Säcke beim Schreien hervorge-
trieben werden.


Das Herz der Lurche beſteht immer aus zwei dünnhäutigen
Vorkammern und einer einfachen dickwandigen Herzkammer, welche
das Blut in die Arterien treibt. Bei den Schuppenlurchen, den Blind-
wühlen und einigen Kiemenmolchen iſt die auch ſonſt nur ſehr zart-
häutige Scheidewand der Vorkammer nicht vollſtändig, ſo daß zwiſchen
beiden Herzhälften eine Miſchung des Blutes ſtattfinden kann. Das
Herz liegt vor der Leber, bald weiter nach vorn an der Kehle, bald
mehr nach hinten und die Kammer ſetzt ſich nach vorn in einen Arte-
rienſtiel fort, welcher einen deutlichen Muskelbeleg hat und ſelbſtſtän-
dige Pulſation zeigt. Aus dieſem Arterienſtiele treten nach vorn hin
bei den Kiemenlurchen die verſchiedenen Kiemenarterien, welche ſich an
den Kiemenbüſcheln verzweigen und dann in ähnlicher Weiſe, wie bei
den Fiſchen die Aorta zuſammenſetzen. Von den Kiemenarterien gehen
Aeſte nach den Lungen und nach und nach verſchwinden mit der Aus-
bildung der Lungen die Kiemenbogen mehr und [mehr]. indem ſich die
Lungenarterien mehr ausbilden, die vorderen Kiemenbogen dagegen zu
den Arterien des Kopfes ſich umwandeln. Außer dem Pfortader-
ſyſteme der Leber iſt bei allen Lurchen ein Nierenpfortaderſyſtem ent-
wickelt in ähnlicher Weiſe, wie dieß bei den Fiſchen der Fall iſt, von
welchen der Hauptunterſchied, den das Gefäßſyſtem darbietet, in der
Scheidewand der Vorkammer des Herzens beſteht.


Die Nieren liegen ſtets außerhalb des Bauchfelles zu beiden
Seiten der Wirbelſäule und zeigen meiſt ſehr große Gefäßknäuel,
[202] welche in die Nierenkanälchen eingeſenkt ſind. Dieſe bilden ein Ge-
flecht und vereinigen ſich in die Harnleiter, welche auf der inneren
Seite verlaufen und bei den Männchen zugleich als Saamenleiter
dienen; — ſie öffnen ſich mit warzenartigen Vorſprüngen in die hin-
tere Wand des blaſenartig aufgetriebenen Afterdarmes gegenüber einer
weiten, meiſt zweizipfligen Harnblaſe, die eine vollkommen klare, waſ-
ſerhelle Flüſſigkeit enthält. Die Geſchlechtstheile ſind ſehr einfach
gebildet. Hoden und Eierſtöcke liegen an der Rückenwand der Bauch-
höhle, meiſt auf der inneren Seite der Nieren und ſind gewöhnlich
von ziemlich gleicher Geſtalt. Die Hoden beſtehen aus kurzen Saa-
menröhren, zerfallen zuweilen in einzelne Abtheilungen und gehen in
ſehr feine Saamenkanälchen über, welche durch eine Falte des Bauch-
felles nach der Niere hinüber geleitet werden, in dieſer ſich netzförmig
verzweigen und dann in den Harnleiter übertreten, an dem meiſtens
noch ſich röhrenförmige Seitenausſtülpungen, Rudimente von Saamen-
bläschen befinden. Die Eierſtöcke ſind traubenförmig und vollkommen
abgeſchloſſen. Bei den Schwanzlurchen bilden ſie einen Sack mit einer
einzigen Oeffnung, durch welche die reifen Eier in die Bauchhöhle
fallen, während bei den froſchartigen Thieren jedes reife Ei für ſich
ſeine Kapſel durchbricht. Die Eileiter ſind ſtets vollkommen von den
Eierſtöcken getrennt, ſehr lang, darmartig, vielfach gewunden und mit
einem weiten Trichter, der die Eier gleichſam einſchluckt, in die Bauch-
höhle geöffnet. Sie öffnen ſich ebenfalls in die Kloake und zeigen
oft unmittelbar vor dieſer Oeffnung eine uterusartige Erweiterung, in
welcher ſich auch bei den Salamandern die Jungen entwickeln. Der
After, welcher bei den geſchwänzten Lurchen eine Längsſpalte, bei den
übrigen ein rundliches Loch darſtellt, dient ſomit gleichmäßig zur Aus-
führung der Exkremente, des Harnes und der Geſchlechtsprodukte.
Eigentliche Begattungsorgane exiſtiren nirgends, obgleich eine wahre
Begattung und Befruchtung der Eier im Leibe der Mutter bei den
lebendig gebärenden Erdſalamandern vorkommt, während bei allen
übrigen die Eier von dem Männchen erſt in dem Augenblicke befruchtet
werden, wo ſie den Leib der Mutter verlaſſen. Dieſe Befruchtung
geſchieht ſtets im Waſſer und der in Klumpen oder Schnüren abge-
ſetzte Laich wird bei den meiſten Gattungen einfach den Elementen
zur Bebrütung überlaſſen. Nur bei einigen Arten hat man bis jetzt eine
geringe Fürſorge für die Jungen entdeckt. Bei der in unſeren Gegenden vor-
kommenden Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) wickelt ſich das Männ-
chen die befruchtete Eierſchnur in achterförmigen Touren um die Schenkel
und gräbt ſich damit in die feuchte Erde ein, wo es bis zur vollſtän-
[203] digen Entwicklung der Larven verbleibt, und bei der in Südamerika
vorkommenden Pipa ſtreicht das Männchen die Eier in Hautzellen
auf dem Rücken des Weibchens, in welchen die Larven bis zur voll-
ſtändigen Ausbildung der Gliedermaßen und dem Verluſte des Schwan-
zes verbleiben.


Die Entwickelung der Lurche iſt bei der Leichtigkeit, womit
man ſich ihren Laich verſchaffen kann, Gegenſtand vielfacher Unter-
ſuchungen geweſen. Die reifen Eier bilden eine kugelförmige Dotter-
maſſe, welche bei den meiſten eine Ablagerung dunkelgefärbten Pig-
mentes in ihrer Rindenſchicht zeigt, die beſonders um die eine Hälfte
ſo ſtark iſt, iſt, daß das Ei hier oft vollkommen ſchwarz erſcheint. Die
Dottermaſſe ſelbſt beſteht aus einer dicklichen, eiweißhaltigen, zähen
Flüſſigkeit, in welcher ungemein viele feſtere Dotterkörperchen von
talgähnlicher Conſiſtenz und meiſt viereckig abgeplatteter Geſtalt ſich
befinden; — eine ſehr zarte Dotterhaut umſchließt das Ganze. Bei
dem Durchtritte durch den langen, gewundenen Eileiter werden die
Eier mit gallertartiger Maſſe umhüllt, die nur bei wenigen Arten
feſter wird und dann eine elaſtiſche Schnur darſtellt, bei den meiſten
dagegen im Waſſer ungemein anſchwillt und ſo die gewaltigen Maſſen
und Klumpen von Laich bildet, welche wir im Frühjahre in Teichen
und Gräben finden. Bei der Entwickelung ſpielt dieſe Gallertmaſſe
keine weitere Rolle, als die einer ſchützenden Umhüllung, welche ſtets
wie ein Schwamm mit Waſſer vollgeſogen iſt. Sobald die Larve
ihren erſten Entwickelungscyklus vollendet hat, ſo durchbricht ſie dieſe
Hülle, indem ſie ſie zum Theile auffrißt, um dann frei im Waſſer zu
leben. Die Furchung des Eies iſt meiſt durchaus vollſtändig, ſo daß
der ganze Dotter ſich in zwei kugelförmige Hälften theilt und dieſe
Theilung ſich ebenſo durchgreifend fortſetzt, bis die definitive Bildung
der Embryonalzellen vorhanden iſt. Bei der Entwickelung ſelbſt ſtellt
ſich nie ein ſo ſcharfer Gegenſatz zwiſchen Dotter und Embryonaltheil
wie bei den Fiſchen heraus, indem die ganze Rindenſchicht des Dot-
ters ſehr bald innigen Antheil an der Ausbildung des Embryo’s
nimmt und ſo die Kernmaſſe des Dotters, die nach und nach aufge-
braucht wird, in ihrem Inneren einſchließt; — es zeigt ſich demgemäß
nie ein eigentlicher, beutelförmiger Dotterſack. Die Bauchgegend er-
ſcheint nur je nach dem Alter der Larve mehr oder minder aufge-
trieben, da ſie den Dotter im Inneren enthält. Die Larven ſelbſt
ſind unter dem Namen der Kaulquappen, Roßnägel oder Mollenköpfe
allgemein bekannt und die Aenderungen ihrer Geſtalt im Allgemeinen
[204] ſo auffallend, daß ſie von jeher die allgemeine Aufmerkſamkeit erregten.

Figure 137. Fig. 1112.

Froſchlarve in der erſten Zeit ihrer
Entwickelung.


Figure 138. Fig. 1113.

Larve eines Waſſermolches (Triton),
von oben geſehen, um die Kiemenbäum-
chen (b) zu beiden Seiten des Halſes zu
zeigen.


Die erſte Entwickelung geht ziemlich
raſch vor ſich, ſo daß ſchon wenige
Tage nach der Befruchtung die
ganze Dotterkugel in eine Larve
umgewandelt iſt, deren platter, nie-
dergedrückter, mit kleinem, endſtän-
digem Maule verſehener Kopf un-
mittelbar in den ſackförmigen Bauch
übergeht, an dem ſich hinten ein
plattgedrückter Ruderſchwanz befin-
det, der ringsum von einem breiten
Hautſaume, von einer ſenkrechten
Floſſe umgeben iſt. Dieſer Schwanz
zeigt dieſelbe zickzackförmige Anord-
nung der Muskelbündel, wie ſie
auch bei den Fiſchen vorkommt. An
dem Halſe ſproßen die äußeren
Kiemen in Geſtalt warziger Bäum-
chen hervor, verſchwinden aber bei
den Froſchlarven bald wieder, indem
ſie durch innere Kiemen erſetzt wer-
den, während ſie bei den Larven
der Molche weit längere Zeit hin-
durch beſtehen bleiben. Die weitere Ausbildung der Larve, welche ſich
nach dem Durchbruche der Gallertſubſtanz nur von Pflanzenſtoffen,
namentlich von Algen und Waſſerfäden nährt, iſt nun weſentlich auf
die Entwickelung des Schwanzes und die allmälige Verarbeitung
des Dotters gerichtet. Der Hautſaum der Schwanzfloſſe wird ſehr
hoch, der Körper ſchlanker und nach und nach bilden ſich die Glied-
maßen, welche anfangs unter der Haut verborgen ſind und ſich bei

Figure 139. Fig. 1114.

Froſchlarve mit Hinterbeinen.


den Fröſchen und Molchen in um-
gekehrter Ordnung zeigen, indem
bei letzteren die Vorderbeine vor
den Hinterbeinen, bei erſteren die
Hinterbeine lange Zeit vor den
Vorderbeinen die Haut durchbrechen.
[205]

Figure 140. Fig. 1115.

Froſchlarve mit zwei Paar Beinen und
vollſtändigem Schwanze.


Figure 141. Fig. 1116.

Junger Froſch, mit verkümmertem Schwanze.


Figure 142. Fig. 1117.

Junger Froſch, vollſtändig ausgebildet.


Bei den Froſchlarven ſind die Hin-
terbeine geraume Zeit allein vor-
handen und der Schwanz bleibt
auch noch eine Zeit lang nach
dem Erſcheinen der Vorderfüße das
hauptſächlichſte Bewegungsorgan;
dann aber beginnt die Umwande-
lung der ſchwimmenden, pflanzen-
freſſenden Larve zu einem hüpfenden,
inſektenfreſſenden Thiere. Die Kiefer
waren bisher mit Hornſcheiden oder
eigenthümlichen Hornzähnen bewaff-
net, die jetzt abfallen. Der Schwanz
verkümmert nach und nach, ver-
trocknet und verſchwindet endlich
gänzlich. Bei einem ſurinamiſchen
Froſche hingegen, dem Jaki (Pseu-
des)
, fällt der ſtark fleiſchige, dicke
Schwanz erſt ſehr ſpät nach dem
Erſcheinen der Gliedmaßen ab,
ſo daß die ausgebildete Larve weit
voluminöſer erſcheint, als der daraus hervorgehende Froſch. Die
jungen Fröſche, denen ein Stummel des Schwanzes noch längere Zeit
anhängt, verlaſſen in Schaaren das Waſſer, um ſich auf dem feſten
Lande zu verbreiten. Es geſchieht zuweilen, daß Schwärme ſolcher
junger Fröſche bei heftigen Gewittern von dem Wirbelwinde meilen-
weit durch die Luft entführt werden, wo dann ihr Niederfall zu den
abenteuerlichen Sagen vom Froſchregen Veranlaſſung war.


Was nun die Entwickelung der inneren Organe bei der Froſch-
larve betrifft, ſo geht auch hier die Bildung des Embryo’s von einem
beſtimmten Punkte aus, von dem Keimhügel, an welchem ſich zuerſt
die Rückenfurche mit ihren begränzenden Wülſten und nach dieſen die
Chorda, als erſte Anlage des Skelettes zeigt. Die Zellenmaſſen des
Embryos ſind ſehr bald in dem ganzen Umfange des Dotters als
Bauchwandungen und Hautſyſtem ſichtlich. Das Ei wird nun läng-
lich, während die Rückenplatten nach oben ſich ſchließen und ſo den
Raum herſtellen, welcher für Gehirn und Rückenmark beſtimmt iſt.
Man unterſcheidet auch hier deutlich die drei Hirnabtheilungen mit
den ihnen zugehörigen Sinnesorganen, Naſe, Auge und Ohr, bemerkt
aber jetzt ſchon das Uebergewicht des Vorderhirntheiles über die anderen.
[206] Die Entwickelung des Gehirnes und der Sinnesorgane ſelbſt zeigt
viele Aehnlichkeit mit derjenigen der Fiſche, ſo daß wir auf dieſe ver-
weiſen können; namentlich iſt der Wölbungsprozeß der einzelnen Hirn-
theile und die allmälige Verdichtung ihrer Maſſe durch Anlagerung
auf der inneren Seite durchaus derſelbe. Die Ausbildung des Ske-
lettes ſtimmt ebenfalls mit derjenigen der Fiſche überein. In dem
abfallenden Schwanze werden nie Wirbelkörper gebildet, während in
dem Rumpfe dieſelben entweder als vollſtändige Ringe entſtehen und
durch die Form der Doppelkegel hindurchlaufen, welche bei den Kie-
menmolchen permanent bleibt, oder aber auch als Halbringe, ſo daß
die Reſte der Chorda auf der dem Bauche zugekehrten Fläche der
Wirbel wie in einer Rinne ſtecken. Der knorpelige Urſchädel, in wel-
chem das Ende der Chorda bei den jungen Larven ſteckt, zeigt zwar
gewöhnlich eine weit breitere Form, als derjenige der Fiſchembryonen,
aber nichts deſto weniger dieſelben Elemente. Der mittlere Raum, in
welchen die Spitze der Chorda hineinragt und der von dem Hirnan-
hange ausgefüllt wird, iſt bedeutend groß, eiförmig, die ſeitlichen
Schädelleiſten ſchmal, die Zwiſchenräume zwiſchen ihnen und den die
Augenhöhle begränzenden Jochbogen ſehr breit, die Geſichtsplatte
klein und kurz. Die Kopfknochen bilden ſich durchaus in derſelben
Weiſe, größtentheils als Deckplatten, zum kleineren Theile als Ver-
knöcherungen des Urſchädels, der bei den meiſten Gattungen in ein-
zelnen Rudimenten zeit Lebens hindurch beſtehen bleibt.


Von beſonderem Intereſſe erſcheint die Entwickelung der Athem-
organe
und des Blutgefäßſyſtemes, da ſie mit den bleibend ausge-
prägten Formen, welche die Klaſſe darbietet, in engſter Beziehung
ſteht. Das Herz entſteht bei den Larven ſehr früh aus einer zwiſchen
der Unterfläche des Kopfes und dem Dotter abgelagerten Zellenmaſſe
und tritt ſehr bald in Thätigkeit. Anfangs iſt es nur ſchlauch-
förmig, ſpäter entwickeln ſich die einzelnen Abtheilungen; der Aorten-
ſtiel ſetzt ſich unmittelbar in die Kiemenbogen fort, welche anfangs
die äußeren, ſpäter die inneren Kiemenfranſen mit Blut verſorgen.
Aus den vorderen Kiemengefäßen entſtehen die Kopfarterien, während
die hinteren ſich zur Bildung der Aorta zuſammenfügen. Das Kör-
perblut ſtrömt längs des Schwanzes durch die Hohlvenen zurück, ver-
zweigt ſich aber dann, wie bei den Fiſchen, auf der Oberfläche des
Dotters und kehrt durch die Dottervenen in die Vorkammer des Her-
zens zurück. Während des ganzen Larvenlebens bleibt dieſer Kreis-
[207]

Figure 143. Fig. 1118.

Athemgefäße einer Salamanderlarve, bei welcher einzig die äußeren Kiemen
der Athemfunction vorſtehen. a Der Arterienſtiel des Herzens, der ſich in die drei
Paar Kiemenarterien (ab) auflöst. br Die äußeren Kiemen, aus deren Franſen
ſich die Kiemenvenen zuſammenſetzen. t Kopfarterie, aus der erſten Kiemenvene
entſtehend. c Bogengefäß, aus der Vereinigung der beiden hinteren Kiemenvenen
entſtehend und durch ſeine Vereinigung mit dem der andern Seite die Aorta av bildend.
o Augenarterie, aus dem zweiten Kiemenbogen entſtehend. 1, 2, 3 Verbindungs-
äſte zwiſchen den Stämmen der Kiemenvenen und Kiemenarterien. ap Rudimen-
täre Lungenarterie.


lauf in ſeinen Grundzügen derſelbe, nur mit dem Unterſchiede, daß
ſtatt des urſprünglichen Dotterkreislaufes allmälig die Pfortaderbah-
nen der Leber und der Nieren eintreteten. Die Lungen entwickeln ſich
nun allmälig und die aus dem letzten Kiemenbogen entſpringenden
Lungenarterien werden zuſehends bedeutender. Die Luftathmung be-

Figure 144. Fig. 1119.

Dieſelben Gefäße bei einer älteren Larve, wo ſchon die Lungen zu athmen
beginnen und ſomit der bei den Kiemenmolchen bleibende Zuſtand vorübergehend
hergeſtellt iſt. Die Buchſtaben haben dieſelbe Bedeutung wie in der vorigen Figur.
Die Verbindungsäſte 1, 2, 3 ſind weit bedeutender geworden, ſo daß ein großer
Theil des Blutes durch dieſelben an den Kiemen vorbei in den Körper und in die
weit größer gewordenen Lungenarterien läuft.


ginnt nun, während die Kiemen einſchrumpfen. Die Lungenarterien
[208] werden damit ungleich mächtiger, die vorderen Kiemenbogen wandeln
ſich gänzlich in die Arterien des Kopfes und der Augen um, während die
mittleren die Aorta bilden. Während demnach bei den Larven die
ganze Menge des Blutes, welche aus dem Herzen hervorgepreßt wird,
durch die Kiemen hindurch geht und dann erſt ſich in den Körper
vertheilt, ſo erhalten bei dem erwachſenen Thiere ſämmtliche Körper-

Figure 145. Fig. 1120.

Dieſelben Gefäße beim erwachſenen Thiere. Die Kiemengefäße ſind geſchwun-
den, die Verbindungsäſte führen alles Blut, theils in die Lungenarterie, theils in
die Aorta und die Arterien des Kopfes und des Auges.


organe nur gemiſchtes Blut, da die Theilung der Herzkammer, welche
bei den folgenden Wirbelthierklaſſen ſich ausbildet, hier noch nicht
vorhanden iſt. Das aus dem Körper zurückſtrömende Blut tritt frei-
lich in die rechte, das aus den Lungen kommende in die linke Vor-
kammer ein; aber beide Maſſen werden in der einfachen Herzkammer
gemiſcht und aus dieſer gleichmäßig Körper wie Athemorgane geſpeiſt.


Die Ausbildung der Eingeweide weicht in mancher Beziehung von
derjenigen der Fiſche ab. Der Dotter liegt anfänglich frei in den von
den Embryonalzellen gebildeten Bauchwandungen, nach und nach bil-
den die äußeren Schichten eine dichtere Wandung und ſo wird allmälig
die ganze Dottermaſſe in einen ſchneckenförmig gewundenen Darm
umgewandelt, in welchem der Reſt der Dotterzellen anfangs frei liegt
und nach und nach verdaut wird. Es iſt mithin dieſer ſchneckenför-
mige Darm in ſeinem mittleren Theile eigentlich das Analogon des
Dotterſackes bei den Fiſchen. Gegen das Ende des Larvenlebens, wo
die Hornzähne des Mundes abfallen, verkürzt ſich auch dieſer Darm
[209] allmälig und nimmt nach und nach die bei dem erwachſenen Thiere
ausgebildete Form an. Die Lungen entſtehen als Ausſtülpungen des
Schlundes unmittelbar hinter dem Kiemenbogen und ſtellen anfangs
zwei ſolide Zellenanhäufungen vor, die ſich erſt ſpäter aushöhlen. Zu
beiden Seiten der Wirbelſaite finden ſich hoch oben in der Nähe der
Lungen zwei, anfangs ſolide, ſpäter drüſig ausgebildete Körper mit
Ausführungsgängen, welche den Nieren der Fiſche entſprechen. Es
ſind dieſe Körper aber nicht die wirklichen Nieren der erwachſenen
Thiere, ſondern die ſogenannten Wolff’ſchen Körper, die bei allen
Wirbelthieren während des Embryonallebens ſich ausbilden, bei den
Fiſchen als beſtändige Nieren während des ganzen Lebens bleiben,
bei den übrigen Wirbelthieren aber nach und nach zurückſinken und
auf Koſten der eigentlichen Nieren und der Geſchlechtstheile zurückge-
bildet werden. Dieſe eigentlichen Nieren entſtehen bei den Larven der
Lurche ziemlich früh in dem hinteren Theile der Leibeshöhle, während
die erſten Rudimente der Geſchlechtstheile ſich erſt ſehr ſpät am Ende
des Larvenlebens zeigen.


Die Lurche ſind in ihrer Lebensart entweder gänzlich auf das
ſüße Waſſer angewieſen oder doch wenigſtens während ihrer Larven-
zeit darauf beſchränkt. Bei der ſchleimigen Beſchaffenheit ihrer Haut,
der ſtarken Ausdünſtung derſelben, iſt ihnen auch im ausgebildeten
Zuſtande Feuchtigkeit ein nothwendiges Lebensbedürfniß, ſo daß man
ſie nur in ſumpfigen Gegenden, auf naſſen Wieſen oder an ſchattigen,
feuchten, dunklen Orten findet. Ihre Zahl iſt in den tropiſchen Ge-
genden bedeutender, als in den gemäßigten und nimmt nach dem hohen
Norden hin mehr und mehr ab, ſo daß in der Polarregion gar keine
Thiere dieſer Klaſſe mehr vorkommen. Die Larven leben, wie ſchon
bemerkt, nur von Waſſerpflanzen, die erwachſenen Thiere dagegen we-
ſentlich nur von Inſekten, kleinen Würmern u. ſ. w. Sie können
außerordentlich lang, ſelbſt Jahre hindurch ohne Nahrung exiſtiren,
wenn ihnen nur der Zutritt von hinlänglicher Luft und Feuchtigkeit
geſichert iſt. Hieraus erklärt ſich auch das Vorkommen lebender Krö-
ten in verwachſenen Baumlöchern oder faſt verſchloſſenen Steinhöhlen,
von denen man freilich übertrieben ſagte, daß ſie bei dem Abſatze der
Steinmaſſe von derſelben umſchloſſen ſein müßten. Angeſtellte Verſuche
haben nachgewieſen, daß vollkommen eingeſchloſſene Kröten ſehr bald
ſtarben, daß ſie aber in poröſen Maſſen, wo der Zutritt von Luft und
Feuchtigkeit ihnen geſichert war, lange Zeit hindurch exiſtiren konnten.
Die bei uns vorkommenden Lurche überwintern in Sümpfen und Grä-
Bogt. Zoologiſche Briefe. II. 14
[210] ben, wo ſie ſich in den Schlamm einſenken und ſchlafend die Früh-
lingswärme erwarten. Einige Molche, wie namentlich der Olm in
Krain, kommen nur in unterirdiſchen Höhlengewäſſern vor, andere,
wie die Schleichenlurche, nur in Erdlöchern ähnlich denen der Regen-
würmer. Von allen dieſen im Verborgenen lebenden Gattungen hat
man nur dürftige Notizen über ihre Lebensweiſe und gar keine über
die Entwicklung.


Die geologiſche Geſchichte der Lurche iſt nur kurz. Eine
vollkommen ausgeſtorbene Familie, die Wickelzähner, hat ihre Ueber-
reſte nur in der Trias, alſo in dem bunten Sandſteine, dem Muſchel-
kalke und dem Keuper hinterlaſſen. Von den übrigen Lurchen hat
man Ueberreſte nur an wenigen Orten in den mittleren und oberen
Tertiärgebilden gefunden, darunter freilich einige rieſige, an ſüdliche
Formen ſich anſchließende Arten.


Bei den mannigfaltigen Uebergängen, welche ſich in der Klaſſe
der Lurche unter den verſchiedenen Formen mit und ohne Schwanz,
mit und ohne Kiemen zeigen, hält es im allgemeinen ſchwieriger die
Gränzen größerer Abtheilungen zu ſtecken, als kleinere Gruppen von
einander zu ſondern und genauer zu charakteriſiren. Die verſchiedenen
Formen, welche dieſe Klaſſe zeigt, ſtimmen meiſt ſo ſehr mit der unun-
terbrochenen Folge der Entwicklungsphaſen der Embryonen überein,
daß bei einigen kiementragenden Gattungen lange Zeit Streit herrſchte,
ob ſie in der That ausgebildete Thiere oder nur Larven von höher
ſtehenden noch unbekannten Typen ſeien. Nachdem dieſer Streit durch
die Unterſuchung der Geſchlechtstheile zu Gunſten der erſteren Anſicht
gelöſt war, tauchte in den ſchlangenförmigen Blindwühlen ein neuer
Gegenſtand der Diskuſſion auf, der endlich zu Gunſten der Amphi-
biennatur dieſer Thiere entſchieden wurde, obgleich durch die Anerken-
nung dieſer Gruppe zugleich ein ſehr abweichendes Glied in die ganze
Klaſſe gebracht wurde. Endlich iſt noch jetzt die Frage über die Stel-
lung jener merkwürdigen Thiere unentſchieden, deren Charaktere in
faſt gleichmäßig abgewogener Weiſe diejenigen eines Fiſches und eines
Lurches in ſich vereinigen, ſo daß es faſt auf die individuelle Neigung
der Forſcher ankommt, ob ſie beim Wägen der Charaktere dieſem oder
jenem derſelben mehr Wichtigkeit beilegen und hierdurch das Thier zu
der einen oder anderen Klaſſe ſtellen wollen. Indem wir uns für
die Amphibiennatur dieſer Thiere entſcheiden, erhalten wir in der Klaſſe
der Lurche vier ſchon durch äußere Kennzeichen leicht zu unterſcheidende
[211] Ordnungen: Die Schuppenlurche(Lepidota) mit durchaus be-
ſchupptem, fiſchähnlichem Körper; die Schleichenlurche(Apoda)
mit wurmförmig geringeltem extremitätenloſem Körper, die Schwanz-
lurche
(Caudata) mit wenigſtens einem Paare Extremitäten und mehr
oder minder langem bleibendem Schwanze und endlich die Froſch-
lurche
(Ecaudata) mit vier wohlentwickelten Füßen und ohne eine
Spur von Schwanz, der nur im Larvenzuſtande vorhanden iſt.


Ordnung der Schuppenlurche. (Lepidota).

Figure 146. Fig. 1121.

Der ſüdamerikaniſche Schuppenlurch (Lepidosiren paradoxa).


Die beiden Gattungen, welche dieſe Familie und Ordnung bilden,
wurden erſt in der neueren Zeit in Sümpfen und Flüſſen der tropi-
ſchen Gegenden Südamerika’s und Weſtafrika’s aufgefunden. Das
äußere Anſehen des Körpers iſt durchaus fiſchähnlich, der Kopf breit,
dreieckig, der Rachen weit geſpalten, die Augen ziemlich klein, die Na-
ſenlöcher an der Spitze der Schnauze gelegen. Die Wangentheile des
Schädels ſind beſchuppt und unmittelbar hinter denſelben findet ſich
an derſelben Stelle, wie bei den Fiſchen, eine kleine ſenkrechte Kiemen-
ſpalte, an welcher bei einer Gattung drei äußere kleine gefranzte feder-
artige Kiemenbäumchen ſtehen, welche bei der anderen fehlen. Hinter
den Kiemen ſtehen die Bruſtgliedmaßen, zwei ſtielförmige, zugeſpitzte
Knochen, an deren Innenſeite man einen ſehr kleinen, kurzen, durch
hornige Strahlen geſtützten Floſſenbart bemerkt, der in der Haut ver-
borgen iſt. In gleicher Weiſe ſind die hinteren Gliedmaßen gebildet,
welche ſehr weit nach hinten, unmittelbar neben dem After liegen.
Außerdem zeigt ſich noch eine ſenkrechte, durch Hornſtrahlen geſtützte
14*
[212] Floſſe, welche etwa in der Mitte des Rückens beginnt und um den
Schwanz herum bis zu dem After ſich erſtreckt. Der ganze Körper iſt
mit breiten, abgerundeten, dachziegelförmig über einander liegenden
Fiſchſchuppen bedeckt, welche aus einzelnen Stücken moſaikartig zuſam-
mengeſetzt erſcheinen. So weit erſcheinen alle äußeren Charaktere voll-
ſtändig im Einklang mit denjenigen der Fiſche und auch die Struktur
des Skelettes würde gegen dieſe Einordnung nicht ſprechen. Die Wir-
belſäule der Schuppenlurche wird von einem ungetheilten Knorpelſtabe,
einer Chorda, repräſentirt, den eine Faſerſcheide umgiebt, von welcher
nach oben und nach unten knöcherne Wirbelbogen abgehen, welche das
Rückenmark und die Aorta umſchließen; nach vorn ſetzt ſich die Wir-
belſaite unmittelbar in den aus einer einzigen Knorpelkapſel beſtehen-
den Schädel fort, an welchem einige unzuſammenhängende Deckplatten
verknöchert ſind. Sehr eigenthümlich iſt die Bezahnung, indem vorn
unter dem Schädel an dem Theil, welcher den Oberkiefer darſtellen
ſoll, hohe, ſenkrechte, ſchneidende Zahnplatten feſtgewachſen ſind, denen
ähnliche Platten im Unterkiefer entſprechen. Bei weiterer Unterſu-
chung der inneren Organe findet man nun, daß hinter der Kiemen-
ſpalte drei wohlausgebildete Bogen von Kiemenblättchenreihen exiſtiren,
zwiſchen welchen ganz in derſelben Weiſe, wie bei den Fiſchen die
Kiemenſpalten in den Schlund durchgehen; außerdem finden ſich noch
zwei Kiemenbogen, welche keine Blättchen enthalten und deren Arte-
rien unmittelbar ohne Verzweigung in die Aorta übergehen, ſo daß
alſo das aus dem Herzen kommende Blut entweder in die Kiemen-
blättchen eingehen, oder, wenn dieſe ihre Funktion verſagen, unmittel-
bar durch die Arterien der blättchenloſen Kiemenbögen in die Lungen-
arterie gelangen können. So weit können alle Charaktere für Fiſch-
natur ſprechen, wenn ſie auch nicht als ausſchließliche betrachtet werden
können; — bei weiterer Unterſuchung aber finden ſich weſentliche Un-
terſcheidungspunkte, welche die Schuppenlurche ganz beſtimmt von den
Fiſchen weg zu den Amphibien verweiſen. Die Naſenlöcher führen
nämlich in eine weite Naſenkapſel, deren beide Gänge nach unten in
die Mundhöhle kurz hinter der Schnauzenſpitze geöffnet ſind. Hinter
den Kiemenſpalten findet ſich in der vorderen Wand des Schlundes
eine Stimmritze, welche in eine weite, von Knorpeln geſtützte Stimm-
lade und in zwei wohlausgebildete zellige Lungenſäcke führt, die durch
rein venöſes Blut vom Herzen aus geſpeiſet werden und arterielles
Blut in den Strom der Aorta abgeben. Bei geſchloſſenem Maule iſt
demnach durch die Naſenlöcher ein vollkommener Luftweg hergeſtellt,
was bei keinem Fiſche vorhanden iſt, ebenſo wenig als irgend ein
[213] Fiſch eine an der vorderen Wand des Schlundes geöffnete Lunge, die
venöſes Blut erhält, beſitzt. Die Bedingungen des Athmens und des
Kreislaufes ſind vielmehr bei den Schuppenlurchen durchaus die näm-
lichen, wie wir ſie bei denjenigen Amphibien oder Larven ſehen, welche
zugleich Lungen und Kiemen beſitzen und da es zugleich keinen Fiſch
giebt, welcher im erwachſenen Alter äußere Kiemenbüſchel beſitzt, ſo
müſſen wir nothwendig denjenigen entgegentreten, welche mit Herbei-
ziehung aller möglichen Analogien die Schuppenlurche zu den Fiſchen
haben verſetzen wollen. Die Thiere, welche dieſer Ordnung angehö-
ren, graben ſich in den heißen Ländern, welche ſie bewohnen, während
des Austrocknens der Sümpfe in eine Art von Neſt ein, das ſie ſich
beſonders aus Blättern machen und erwarten dort luftathmend die
Regenzeit, welche den Sümpfen wieder Waſſer und ihnen die Kiemen-
athmung zurückgiebt. Lepidosiren; Protopterus.


Ordnung der Schleichenlurche. (Apoda).

Figure 147. Fig. 1122.

Figure 148. Fig. 1124. Fig. 1125. Fig. 1123.

Fig. 1122. Der mexikaniſche Schleichenlurch (Siphonops mexicanus). Fig. 1123. Eine einzelne
Schuppe deſſelben vergrößert. Fig. 1124. Lagerung der Schuppen in den Ringen von Coecilia albi-
ventris
. Fig. 1125. Einzelne Schuppe vergrößert.


Der Körper dieſer Thiere, welche man früher zu den Schlangen
zählte, hat etwa die Geſtalt eines dicken Regenwurmes, der nach vorn
und hinten faſt gleichmäßig zugeſtutzt erſcheint. Die ganze Haut iſt
ſchlüpfrig weich, ſchleimig, wurmförmig geringelt und in Falten gelegt
und in dieſen Falten ſtecken verborgen und in beſonderen Täſchchen
kleine, durchſichtige Schuppen, welche durchaus den Schuppen der Fiſche
gleichen und wie dieſe mit concentriſchen Linien beſetzt ſind. Es zeigt
ſich keine Spur von Gliedmaßen weder von außen, noch an dem Ske-
lette. Der Kopf iſt kegelförmig, die Schnauze etwas vorgezogen, die
mittelmäßige Mundſpalte auf der unteren Seite dieſes Kegels ange-
[214] bracht. Der After befindet ſich ganz hinten am Ende des Körpers,
etwas auf der Unterfläche und zeigt eine rundliche, gleichförmig zuſam-
mengezogene Geſtalt; ein eigentlicher Schwanz exiſtirt mithin gar nicht.
Die Naſenlöcher liegen vorn an der Schnauze, hinter und unter ihnen
findet ſich bei den meiſten Gattungen jederſeits eine blinde Grube,
deren Bedeutug nicht weiter bekannt iſt. Die Augen ſind bei allen
nur rudimentär, bei einigen Arten deutlich ſichtbar, bei anderen gänz-
lich von der darüber geſpannten Haut gedeckt. Oeffnet man das
Maul, ſo ſieht man in der oberen Wandung zwei concentriſche Reihen
ſtarker, ſpitzer, nach hinten gekrümmter Hakenzähne, von welchen die
äußere Reihe dem Oberkiefer, die innere den Gaumenbeinen angehört;
der Unterkiefer zeigt nur eine Reihe; zwiſchen ſeinen Aeſten liegt die
vollkommen feſtgewachſene, rundum angeheftete Zunge. Der Schädel

Figure 149. Fig. 1126. Fig. 1127. Fig. 1128.

Schädel von Siphonops mexicanus. Fig. 1126. Von Unten Fig. 1127. Von der Seite.
Fig. 1128. Von Oben.


iſt ausgezeichnet durch die feſte Verwachſung der Schädelknochen und
namentlich durch die doppelten, ſeitlich geſtellten Gelenkhöcker für den
erſten Wirbel, ein Charakter, welcher den Batrachiern ganz allgemein
zukömmt, während er den Reptilien und namentlich den Schlangen
und Eidechſen, welchen man dieſe Thiere früher zuzählte, gänzlich
abgeht, indem dieſe ſtets nur einen einzigen Gelenkhöcker am Hinter-
haupte beſitzen.


Die Familie der Blindwühlen(Coecilida) repräſentirt einzig in
der jetzigen Schöpfung dieſe Ordnung; beſonders ausgezeichnet iſt bei
dieſen Thieren neben durchaus rudimentärer Entwicklung der Wirbel,
die ähnlich denjenigen der Fiſche Doppelhöhlen beſitzen, die bedeutende
Ausbildung des Zungenbeines, das mehrere Knochenbogen hat, die in
[215] ähnlicher Weiſe, wie die Knochenbögen des kiementragenden Zungen-
beines bei Salamanderlarven gebildet ſind. In der That hat man
auch dieſer Bildung entſprechend gefunden, daß bei jungen Blindwüh-
len auf der Seite des Halſes ein Kiemenloch exiſtirt, welches zu den
gefranzten Kiemenbögen und den dazwiſchen liegenden Spalten führt,
die ſpäter verwachſen — eine Entdeckung, welche die Blindwühlen
definitiv zu den Amphibien ſtellen muß. Die Thiere leben in den
tropiſchen Gegenden beider Hemiſphären in Erdlöchern und ſcheinen
ſich hauptſächlich von Inſektenlarven zu nähren, nach denen ſie im
feuchten Boden wühlen. Coecilia; Siphonops; Epicrium; Rhinatrema.


Figure 150. Fig. 1129. Fig. 1130.

Fig. 1130. Schädel von Mastodonsaurus Jaegeri aus dem Keuper, von oben geſehen.
Man bemerkt hinter der Naſenhöhle (a) die Löcher für den Durchtritt der
Fangzähne des Unterkiefers (b), c Augenhöhlen. d Hinterhauptsgelenk.
Fig. 1129. Querdurchſchnitt eines Zahnes, um die gewickelte Struktur der
Zahnſubſtanz zu zeigen.


Die Schichten der drei Gebilde der Trias, beſonders aber dieje-
nigen des Muſchelkalkes, weniger diejenigen des Keupers und bunten
Sandſteines haben eine große Anzahl von foſſilen Reſten eigenthümli-
cher Art geliefert, welche man unter dem Namen der Wickelzähner
(Labyrinthodonta) zuſammengefaßt hat. Mit Sicherheit ſind von dieſen
Thieren bis jetzt nur die Schädel bekannt, welche durch ihre breite
abgeplattete Form, die ſtarke Verwachſung ſämmtlicher Knochen, die
doppelten Gelenkhöcker am Hinterhaupte und die großen in Doppel-
reihen eingepflanzten Zähne, in Kiefer- und Gaumenbeinen ſich we-
ſentlich den Blindwühlen nähern, von denen ſie ſich indeſſen ſowohl
durch ihre koloſſale Größe und die bedeutenden Augenhöhlen, als auch
namentlich durch die Struktur der Zähne unterſcheiden. Dieſe letzteren
ſind nämlich groß, kegelförmig, auf ihrer ganzen Oberfläche tief ge-
furcht und cannelirt und zeigen ſich bei einem Durchſchnitte aus einem
vielfach zuſammengewundenem Blatte dichter Zahnſubſtanz gebildet, die
[216] etwa ausſieht, als hätte man ein dickes Tuch in ſich zuſammengewun-
den und gepreßt. Dieſe ſeltſam gebildeten Zähne ſtecken in derſelben
Weiſe, wie diejenigen der Blindwühlen tief in eigenen geſchloſſenen
Zahnhöhlen und ſitzen ebenſo in zwei Reihen in der oberen Kinnlade
und im Gaumengewölbe. Wie es ſcheint hatte dieſe eigenthümliche
Familie, welche vielleicht eine beſondere Ordnung bilden muß, knöcherne
Hautſchilder, ähnlich denen der Krokodile, und kurze Füße, analog
denen der Fröſche; wenigſtens ſind in denſelben Schichten Becken-,
Schulter- und Armknochen gefunden worden, welche durch ihre Größe
den Schädel der Labyrinthodonten entſprechen und durch ihre Bildung
ſich denen der Fröſche nähern. Man hat deßhalb auch mit einiger
Wahrſcheinlichkeit die handartigen Fußtapfen, welche offenbar einem
vierfüßigen Thiere angehörten, und die man an einigen Orten im
bunten Sandſteine häufig vorgefunden und mit dem Namen Chirothe-
rium
bezeichnet hat, den Labyrinthodonten zugeſchrieben. Labyrintho-
don; Mastodonsaurus; Capitosaurus; Metopias
.


Ordnung der Schwanzlurche oder Molche. (Caudata).

Der Körper dieſer Thiere iſt mehr oder minder lang geſtreckt,
die Extremitäten, wenn ſolche vorhanden, klein, kurz, weit von einan-
der geſtellt, ſo daß ſie den Körper kaum zu tragen vermögen, der
Schwanz von mittlerer Länge, meiſt ſeitlich zuſammengedrückt, eine
direkte Fortſetzung des Rumpfes. Die ganze Geſtalt gleicht in vieler
Beziehung derjenigen der Eidechſen, ſo daß man auch früher die Molche
in der That zu den Eidechſen zählte, bis eine genauere Bekanntſchaft
mit ihrer inneren Organiſation ihnen die richtige Stelle anwies. Der
Kopf dieſer Thiere iſt ſtets ſehr niedergedrückt, breit, vorn mehr oder
minder abgerundet, die Naſenlöcher an der Spitze der Schnauze be-
findlich, ſehr klein und unmittelbar durchgehend, ſo daß die inneren
Naſenöffnungen ſich vorn in dem Rachen unmittelbar hinter der Reihe
der Kieferzähne befinden. Die Augen ſind ſehr verſchieden entwickelt,
bald ſehr klein, rudimentär und gänzlich von der undurchſichtigen Haut
überzogen, in anderen Fällen größer, deutlich, aber durchaus ohne
Augenlider, in die durchſichtige Haut eingeſenkt: — bei den noch höher
entwickelten Familien halbkugelförmig vortretend, zurückziehbar wie bei
den Fröſchen und mit vollſtändigen Augenlidern verſehen. Eine äußere
[217] Ohröffnung fehlt ſtets und an dem inneren Ohr exiſtirt keine Pau-
kenhöhle, ſondern nur das Labyrinth mit ſeinen verſchiedenen Bildun-
gen. Hinſichtlich der Entwicklung der Füße beobachtet man bei den
ausgebildeten Gattungen alle Stadien, welche ſich bei den Larven der
höchſt ſtehenden Familie, der Salamander, zeigen. So wie aus dem
langgeſtreckten, fiſchähnlichen Körper der letzteren zuerſt die Vorder-
beine hervorbrechen in Geſtalt kleiner unbedeutender Anhängſel mit
kaum getrennten unförmlichen Zehen, wie dann nach einiger Zeit die
Hinterfüße hervorkommen, ebenfalls anfangs in rudimentärer Ausbil-
dung, ſo ſehen wir auch hier in aufſteigender Linie Gattungen mit
zwei Vorderfüßchen, die nicht einmal die Größe eines Kiemenbüſchels
erreichen und nur drei unförmliche Zehen haben, andere mit ebenſo
rudimentären Hinterfüßen, und können ſo eine ſtete Stufenfolge bis
zur Ausbildung zweier faſt gleicher Fußpaare mit wohl entwickelten
Zehen, die in ſeltenen Fällen Nägel tragen, verfolgen. Hinſichtlich
des Schwanzes zeigen ſich ähnliche Entwicklungsſtufen; — anfangs
erſcheint er breit, plattgedrückt, mit ſeitlichen, in Zickzack angelegten
Muskelſtreifen wie derjenige eines Fiſches mit häutiger Floſſe geſäumt,
ſpäter mehr abgerundet ohne Floſſenſaum mit trichterförmig in ein-
ander ſteckenden runden Muskeln beſetzt. Denſelben Gang der Aus-
bildung zeigen die Athemorgane; bei den niederſten Formen ſtehen
Kiemen und Lungen in gleicher Bedeutung für die Athmung da, ja
die erſteren überwiegen bedeutend; wie bei den Froſchlarven, ſo finden
ſich hier quaſtförmige oder baumartig verzweigte Kiemenbüſchel, welche
mit der äußeren Haut zuſammenhängen und mit ihrer Wurzel auf den
ſonſt freien Kiemenbögen aufſitzen. In anderen Fällen ſind zwar
äußere Kiemen nicht mehr vorhanden, dagegen exiſtirt eine Kiemen-
ſpalte auf jeder Seite des Halſes, die zu den freien, durch Spalten
getrennten Kiemenbögen führt, welche auf ihrer konvexen Seite mit
Athemfranzen beſetzt ſind; bei den höheren Familien endlich ſchließt
ſich die im ſpäteren Larvenzuſtand vorhandene Kiemenſpalte völlig,
die inneren Kiemenfrazen verſchwinden, die Kiemenbogen bilden ſich
zurück und die großzelligen, ſackförmigen Lungen dienen einzig und
allein der Athmung. Alle Molche haben in dem Oberkiefer ſowohl
wie in den Gaumenbeinen Zähne, die gewöhnlich zwei vollkommen
parallele Bogen bilden, zwiſchen welche der Zahnbogen des Unterkie-
fers eingreift; die Zähne ſelbſt ſind ſtets nur einfache ſpitzige Haken-
zähnchen, oft ſo klein und im Zahnfleiſch verborgen, daß man ſich von
ihrer Anweſenheit eher durch das Gefühl, als durch das Geſicht über-
zeugen kann. Der Raum zwiſchen den bogenförmigen Unterkieferäſten
[218] iſt von der runden Zunge ausgefüllt, die meiſt mit ihrem ganzen
Grunde feſtgewachſen und nur an dem Rande frei iſt, deren Anhef-
tung aber ſich oft ſehr verengert, ſo daß ſie dann die Geſtalt eines
Hutpilzes hat, der mit einem dünnen Stiele auf dem Grunde der
Mundhöhle feſtſitzt.


Faſt alle Molche halten ſich zeitlebens im Waſſer auf, meiſtens
in ſeichten, ſchlammigen Sümpfen, ſeltener in größeren Seen, niemals
im Meere; nur die am höchſten ausgebildeten Gattungen leben auf
feſtem Lande, aber auch hier nur an feuchten, ſchattigen Orten und
verlaſſen ihre Schlupfwinkel nur nach Regen und ſtarkem Thaue, um
ihrer aus Inſekten und Würmern beſtehenden Nahrung nachzuſchleichen.
Die größeren in Seen und Sümpfen lebenden Arten nähren ſich eben-
falls von Inſekten und Fiſchen. Der nackten, ſchlüpfrigen Haut wegen,
die bei den auf dem feſten Lande lebenden Gattungen noch obenein
durch beſondere über den ganzen Körper zerſtreute Drüſen einen ſchar-
fen, ätzenden Milchſaft abſondert, hält der Volksglaube unrichtiger-
weiſe manche dieſer Thiere für giftig. Wir unterſcheiden folgende
Familien:


Figure 151. Fig. 1131.

Der Axolotl aus Mexiko (Siredon pisciformis).


Die Kiemenmolche(Sirenida) ſtellen den niederſten Typus der
Ordnung dar. Auf jeder Seite des Halſes finden ſich zwei oder
drei baumförmig veräſtelte äußere Kiemenbüſchel; — das Auge iſt
entweder ganz verdeckt oder doch nur ſehr klein und ohne Lider;
der Kopf ganz niedergedrückt, platt; die Füße ſehr klein, durchaus
unfähig, den Körper zu tragen, vorn meiſtens nur mit drei, hinten
mit zwei bis fünf rudimentären, unvollſtändig abgetheilten, kaum ge-
gliederten Zehen verſehen. Die Thiere leben ſtets im Waſſer, einige,
wie der bekannte Olm oder Proteus aus Kärnthen und Krain, nur
in unterirdiſchen Höhlen und können Jahre lang ohne Nahrung aus-
halten; ſie ſind meiſt nur klein, doch erreicht die größte nordamerika-
[219] niſche Art eine Länge von drei Fuß. Hypochthon (Proteus); Siren;
Siredon (Axolotl); Menobranchus
.


Figure 152. Fig. 1132.

Der Aalmolch (Amphiuma tridactylum).


Bei der Familie der Aalmolche(Amphiumida) finden ſich ſtets
vier Füße, wenn auch gewöhnlich nur rudimentär ausgebildet und oft
nur mit einer geringen Zahl rudimentärer Zehen verſehen. Der
Körper iſt meiſt noch quappenartig, zuweilen aber lang geſtreckt, abge-
rundet, aalförmig. Aeußere Kiemen fehlen durchaus, die Lungen ſind
vollſtändig entwickelt. Bei den meiſten Gattungen indeſſen findet ſich
noch ein Kiemenloch auf jeder Seite des Halſes, welches zu den mit
Kiemenfranzen beſetzten Bogen führt; bei dem japaniſchen Rieſenmolche
(Cryptobranchus) dagegen iſt auch dieſe Oeffnung und die Kiemen-
franzen vollſtändig verſchwunden und hierdurch der Uebergang zu der
folgenden Familie gebildet, von welcher ſich die Aalmolche ſtets durch
die mangelhafte Ausbildung der Augen unterſcheiden, die zwar vor-
handen, aber unter allen Umſtänden klein und aller Augenlider baar
ſind, indem ſie nur von der durchſichtigen, an dieſer Stelle verdünnten
Körperhaut überzogen werden. Die meiſt großen Thiere wühlen ſich be-
ſonders gern in den Schlamm ſeichterer Gewäſſer oder Flußufer ein
und zeigen ſchon Repräſentanten in der tertiären Periode, deren Ueber-
reſte man früher bei ihrer bedeutenden Größe und bei der runden
Geſtalt des Kopfſkelettes, die indeß hier durch die Kieferbogen bedingt
iſt, für Skelette vorſündfluthlicher Kinder von einigen Jahren hielt.
Amphiuma; Menopoma; Cryptobranchus; Andrias.


Die Familie der eigentlichen Molche(Salamandrida) zeichnet
ſich vor den vorhergehenden durch den vollkommenen Mangel aller
Kiemenorgane im erwachſenen Zuſtande aus, ſo wie durch die Bildung
der Augen, welche vollkommen entwickelte Lider beſitzen, über die Fläche
des Kopfes hervorragen und in die Augenhöhle zurückgezogen werden
[220] können. Man kann bei ihnen zwei Gruppen unterſcheiden, die Waſ-
ſermolche (Tritonida)
mit zuſammengedrücktem Floſſenſchwanze,

Figure 153. Fig. 1133.

Der Waſſermolch mit dem Rückenkamme (Triton cristatus).


dünnen Füßen, welche beſtändig in Pfützen und Sümpfen leben und
Eier legen, aus welchen ſich Larven bilden, die frei im Waſſer umher-
ſchwimmen ((Triton; Euproctes; Pleurodeles; Oedipus; Pseudotriton;
Ambystoma)
und die Erdmolche (Salamandrida) mit cylindri-
ſchem floſſenloſem Schwanze und großen Drüſen in der Ohrgegend,
die einen gelblichen Saft abſondern. Dieſe letzteren leben nur an
feuchten Orten auf dem Lande und gebären lebendige Junge, indem
die befruchteten Eier an einer erweiterten Stelle des Eileiters ſich
weiter entwickeln und in der eiweißartigen Flüſſigkeit, welche dieſe Er-
weiterung erfüllt, ihre ganze Larvenperiode durchmachen. (Salamandra.)


Ordnung der Froſchlurche. (Anura.)

Die eigenthümliche Geſtalt und beſondere Ausbildung der Extre-
mitäten bei den froſchartigen Thieren ſind bekannt genug. Der Kör-
per iſt ſtets niedergedrückt, platt, breit und kurz, der Kopf durch
keinen deutlichen Hals vom Rumpfe geſchieden; die Mundſpalte weit.
Die vorderen Extremitäten kurz, gewöhnlich nur mit vier, oft ſeltſam
gekrümmten Zehen verſehen; die hinteren ſehr lang, die Schenkel mäch-
tig entwickelt, die fünf Zehen gewöhnlich, wenn auch in ungleicher
Länge ausgebildet und die ganzen Hinterbeine meiſt zum Sprunge ge-
eignet. Die Haut iſt nackt, weich, außerordentlich dehnbar. Der
After an dem hinteren Ende der Wirbelſäule und des Körpers gele-
gen, ſo daß im erwachſenen Alter auch keine Spur eines Schwanzes
[221] vorhanden iſt. Betrachtet man die ſo eigenthümliche Organiſation
dieſer Ordnung näher, ſo findet man ſo viele Beſonderheiten, daß es
unmöglich iſt, ein dieſer Gruppe angehöriges Thier zu verkennen.
Der breite, flache, meiſt zugerundete Kopf trägt an ſeiner vorderen
Spitze die Naſenlöcher, welche gewöhnlich durch Hautklappen vollkom-
men verſchließbar ſind und faſt ſenkrecht nach unten in den Mund
hinter dem Bogen des Oberkiefers ſich öffnen; die Augen ſind mit
wenigen Ausnahmen unverhältnißmäßig groß, oben auf die Stirn-
fläche geſtellt, ſtark vorragend, in ihre Höhlen zurückziehbar, mit einem
kleinen oberen und einem ſehr großen unteren Augenlide verſehen,
welches ſich faſt über den ganzen Augapfel hinaufziehen kann. Hinter
den Augen zeigt ſich gewöhnlich das große, runde Paukenfell, welches
zuweilen verdeckt iſt und in die weite Paukenhöhle führt, die mit einer
kurzen, ſehr deutlichen Trompete meiſt auf beiden Seiten, ſelten nur
in der Mitte des Rachengewölbes einmündet. Der Rachen ſelbſt iſt
ungemein weit geſpalten, der Oberkiefer gewöhnlich, Unterkiefer und
Gaumenbeine dagegen nur ſelten mit kleinen hakigen Zähnchen bewaff-
net. Oeffnet man den Rachen, ſo ſieht man in dem Gaumengewölbe
vorn die beiden Naſenöffnungen, weiter nach hinten die in die Mund-
höhle vorſpringenden Augäpfel und ganz hinten die Oeffnungen der
Ohrtrompeten, während der weite Raum zwiſchen den Unterkieferäſten
gewöhnlich von der dicken ſchwammigen Zunge ausgefüllt wird. Dieſe
fehlt nur äußerſt ſelten ganz, iſt aber gewöhnlich nicht an ihrem
Grunde und an ihrem hinteren Theile, ſondern im Gegentheile vorn
in dem Winkel des Unterkiefers befeſtigt und an ihrem hinteren Rande
frei, ſo daß ſie nach außen umgeſchlagen werden kann. Die Haut iſt
vollkommen nackt, bei vielen Arten mit warzigen Vorragungen und
dicken Drüſen beſetzt, die oft eine unangenehm riechende Flüſſigkeit ab-
ſondern. Die nach innen gebogenen kurzen, meiſt aber ſtämmigen
Vorderfüße tragen vier freie Zehen von ziemlich gleicher Länge, wäh-
rend die maſſiven und langen Hinterbeine gewöhnlich fünf Zehen be-
ſitzen, von denen meiſt die vierte die längſte, der auf gleiche Linie
geſtellte Daumen aber die kürzeſte iſt. Gewöhnlich ſind die Zehen
der Hinterfüße entweder in ihrer ganzen Länge oder nur am Grunde
durch Schwimmhäute mit einander verbunden. Nägel kommen nur
äußerſt ſelten vor, faſt ſtets endigen die Zehen frei, oft dagegen fin-
den ſich an ihrer Unterfläche ſowohl, wie an der Innenfläche der
Hand beſondere Ballen und Warzen, die entweder dem Männchen
bei der Begattung zum Feſthalten dienen und dann ſich nur periodiſch
bei dem einen Geſchlechte entwickeln, oder auch permanent an beiden
[222] Fußpaaren vorhanden ſind und dann zum Unterſtützen des Kletterns
dienen. Die auffallendſten Eigenthümlichkeiten des Skelettes beſtehen
in der außerordentlichen Kürze der Wirbelſäule, die meiſt nur acht
ausgebildete Wirbel enthält, auf welche dann als Kreuzbein ein lan-
ger ſtabförmiger Knochen folgt, an dem zu beiden Seiten ſich die
ſtabförmigen Beckenknochen anlehnen, ſowie in dem gänzlichen Mangel
aller Rippen oder rippenartigen Gebilde, welche die Bauchwandungen
ſtützen können, ſo daß dieſe in ihrer Ausdehnung außerordentlich wech-
ſeln können. Die meiſten Froſchlurche haben ſehr große, ſackförmige,
netzartige Lungen, eine wohlgebildete, weite Stimmlade und eine laut
ſchallende Stimme, deren Klang oft noch durch beſondere Reſonnanz-
höhlen und Kehlblaſen verſtärkt wird.


Im erwachſenen Zuſtande fehlt allen Froſchlurchen der Schwanz
durchaus, während ſie, wie wir ſchon früher ſahen, im jugendlichen
Zuſtande ſtets einen ſolchen beſitzen und bei manchen Gattungen dieſer
Schwanz nur ſehr ſpät und lange nach vollſtändiger Entwickelung der
Beine abfällt, ſo daß zuweilen ſelbſt die ausgebildete Larve eine be-
deutendere Körpermaſſe bietet, als das erwachſene ſchwanzloſe Thier.
Viele halten ſich zeitlebens im ſüßen Waſſer, namentlich in Sümpfen
auf, andere ſuchen das Waſſer nur zur Fortpflanzungszeit, um ihre
Eier und die daraus entſtehenden Larven dieſem Elemente anzuver-
trauen, halten ſich aber ſonſt auf ebener Erde, an feuchten Orten
auf, noch andere endlich verfolgen ihre Beute, die ſtets aus Inſekten
und ähnlichen kleinen Thieren beſteht, auf Gebüſchen und in ſchattigen
Wäldern. Wir unterſcheiden folgende Familien:


Figure 154. Fig. 1134.

Weibliche Pipa mit Jungen in den Rückenzellen. (Pipa americana),


Die Familie der zungenloſen Froſchlurche(Aglossa) zeigt einen
dreieckigen, flachen, niedergedrückten Kopf mit verhältnißmäßig kleinen
[223] rundlichen Augen, breiten, krötenartigen Körper, ſehr kräftige Hinter-
füße mit fünf Zehen, welche in ihrer ganzen Länge durch eine
Schwimmhaut verbunden und von denen die drei vorderen bei der
Kapkröte (Dactylethra) mit hufartigen Klauen am Ende verſehen ſind.
Das Paukenfell iſt gänzlich verſteckt, die Zunge fehlt durchaus, die
euſtachiſchen Trompeten münden im Grunde des Rachens in einer
einzigen mittleren Oeffnung aus. Die Bezahnung iſt bei beiden Gat-
tungen, welche dieſe Familie zuſammenſetzen, verſchieden, indem bei
der Kapkröte der Oberkiefer kleine, ſpitze Zähnchen, wie bei den Frö-
ſchen, trägt, während bei der ſurinamiſchen Kröte (Pipa) beide Kiefer
vollkommen zahnlos ſind. Letztere iſt zudem von langer Zeit her durch
ihre eigenthümliche Fortpflanzungsweiſe bekannt. Die Rückenhaut des
Weibchens zeigt nämlich grubenartige Vertiefungen, in welche das
Männchen bei der Begattung die befruchteten Eier einſtreicht. Mit
dem Wachſen der Larven dehnen ſich auch dieſe Hautzellen aus, ſo
daß die Jungen ihre ganze Entwickelung bis zur vollſtändigen Ausbil-
dung der Füße und bis zum Verluſte des Schwanzes in dieſen Zellen
durchmachen. Pipa; Dactylethra.


Figure 155. Fig. 1135.

Die gewöhnliche Kröte. (Bufo vulgaris.)


Die Familie der Kröten(Bufonida) unterſcheidet ſich von der
vorigen durch die ſtete Anweſenheit einer wohlgebildeten Zunge, welche
mit ihrem vorderen Rande in dem Unterkieferwinkel befeſtigt, hinten
aber frei iſt. Das weſentliche Unterſcheidungsmerkmal der Kröten von
den Fröſchen liegt nicht in der warzigen, mit Drüſen beſetzten Haut,
die einen ſcharfen, meiſt übelriechenden Saft abſondert, auch nicht in
den wenig entwickelten Hinterfüßen, die den Kröten gewöhnlich nur
ein watſchelndes Kriechen, nicht aber große Sprünge geſtatten, ſondern
vielmehr in der Bezahnung, indem beide Kiefer, oberer wie unterer,
durchaus zahnlos und nur mit einem etwas zugeſchärften Rande ver-
ſehen ſind. Den meiſten Kröten fehlen auch Gaumenzähne und alle
[224] mit Ausnahme einer einzigen Gattung haben kurze, krumme Zehen
an den Vorderfüßen, ohne Erweiterung oder Kletterballen. Die dicken
Drüſenmaſſen hinter dem Auge in der Halsgegend, die warzige Haut
ſind zwar bei unſeren inländiſchen Kröten allgemein vorhanden, kom-
men aber auch einigen Froſchgattungen zu und fehlen den meiſten aus-
ländiſchen Gattungen, die eine eben ſo glatte Haut haben, wie unſere
inländiſchen Fröſche. Faſt alle Kröten ſind nächtliche Thiere, welche
ungemein lange ohne Nahrung ausdauern können, ſobald ihr Zu-
fluchtsort nur für Luft und Feuchtigkeit zugänglich iſt. Die Ein-
ſchließung von Kröten in engen Steinhöhlen, wo ſie unter den ange-
gebenen Bedingungen lange lebten, iſt eine Thatſache, Fabel dagegen,
wenn man behauptet, daß dieſe Einſchließung eine hermetiſche geweſen
und ſeit dem Beginne des Abſatzes der Steinmaſſe gedauert habe.
Bufo; Breviceps; Engystoma; Rhinophryne; Uperodon; Phryniscus;
Dendrobates; Hylaedactylus
.


Die Familie der Fröſche(Ranida) ſtellt den vollendetſten Typus
der Gattung dar, indem bei ihnen meiſt die Hinterfüße ſehr ſtark ent-
wickelt, bedeutend lang und muskulös ſind und zu großen Sprüngen
befähigen. Die Körperhaut iſt meiſt glatt, aber ſelbſt bei einigen in-
ländiſchen Gattungen, die im gewöhnlichen Leben als Kröten bezeichnet
werden, wie z. B. bei der Unke (Bombinator), mit dicken Drüſenrei-
hen beſetzt. Der Oberkiefer iſt ſtets gezähnt, der Gaumen trägt
meiſtens, der Unterkiefer nur ſehr ſelten Zähne. Die Zunge iſt bald
gänzlich, bald nur vorn zwiſchen den Unterkiefern befeſtigt und hinten frei.
Wir unterſcheiden zwei Unterfamilien: die eigentlichen Fröſche (Rani-
da)
, mit ſpitzen, vorn freien Zehen, kurzen, gedrängten Vorderfüßen
und langen Hinterfüßen, deren Zehen durch eine Schwimmhaut verbun-
den ſind. Sie halten ſich nur auf der Erde, meiſt in ſumpfigen
Gegenden und in der Nähe des Waſſers auf, in das ſie bei Ge-
fahr flüchten und die Männchen haben gewöhnlich Kehlblaſen
(Rana; Pelobates; Ceratophrys; Cystignathus; Pseudis; Alytes;
Bombinator; Leiuperes.)
und die Laubfröſche (Hylida), deren
meiſt vorn und hinten freie Zehen an ihrem Ende mit breiten Kletter-
ballen verſehen ſind, die oft förmlich die Geſtalt von Saugnäpfen
haben, einen klebrigen Saft abſondern und beim Hüpfen auf Bäumen
[225]

Figure 156. Fig. 1136.

Der gemeine Laubfroſch. (Hyla viridis.)


und Geſträuchen, wo dieſe ſchlanken, langbeinigen Thiere ſich aufhal-
ten, ihnen weſentliche Dienſte leiſten. Hyla; Eucnemis; Phyllomedusa
Phyllobates; Ixalis; Cornufer; Elosia; Polypedates
.


Höhere Wirbelthiere.


Die Gruppe, welche von den drei höheren Wirbelthierklaſſen
gebildet wird, unterſcheidet ſich, wie ſchon früher bemerkt wurde, von
den niederen hauptſächlich durch ihre Entwicklungsgeſchichte, und na-
mentlich durch die ausgiebige Hüllenbildung, welche von dem Embryo
ſelbſt ausgeht, ſo wie durch manche andere Eigenthümlichkeiten, die
wir ſchon im Eingange dieſes Bandes erwähnten. Die Scheidelinie,
welche bei den jetzt lebenden Formen ſich mit vollkommener Sicherheit
und Beſtimmtheit zwiſchen den Lurchen und Reptilien legen läßt, wird
freilich bei den foſſilen Gattungen häufig ſchwankend, da hier gerade
diejenigen Eigenthümlichkeiten der inneren Organiſation der Anatomie
und Entwicklungsgeſchichte nicht zur Anſchauung kommen, auf welche
dieſelbe hauptſächlich gegründet iſt. Man muß indeß wohl im Auge
behalten, daß in allen dieſen Beziehungen die Geſchichte der foſſilen
Formen ſich niemals gleichberechtigt der Unterſuchung der lebenden
Typen gegenüber ſtellen darf, da jene überall in ihren Objekten der
Vollſtändigkeit entbehrt, welche dieſe auszeichnet.


Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 15
[226]

Klaſſe der Reptilien.(Reptilia.)


Die Thiere, welche wir in dieſer Klaſſe zuſammenfaſſen, zeichnen
ſich von den beiden höheren Wirbelthierklaſſen ſogleich durch einen
Charakter aus, welchen ſie mit der Gruppe der niederen Wirbelthiere
gemein haben: ſie beſitzen kaltes Blut, deſſen Temperatur ſtets im
Einklange mit dem Wärmegrade der Umgebung ſteht und nur um ein
Weniges ſich über denſelben erhebt. Die äußere Körperform dieſer
Thiere iſt ebenſo wenig übereinſtimmend, als diejenige der Lurche;
meiſt indeß herrſcht die Entwicklung der Wirbelſäule derjenigen der
Gliedmaßen gegenüber bedeutend vor. Der ganze Körper erſcheint
lang geſtreckt, bald vollkommen fußlos, wie bei den Schlangen, bald
mit nur kurzen Füßen verſehen, die gewöhnlich unfähig ſind, den Leib
vollkommen zu tragen. In der That ſchleift bei den Eidechſen, bei
welchen die Füße noch am meiſten entwickelt ſind, die ganze Unter-
fläche des Körpers faſt beſtändig auf der Erde hin und die kurzen
Beine ſind ſo ſehr ſeitlich geſtellt, daß ſie mehr wie nach außen gerich-
tete Hebel zum Fortſchieben des ſchlangenartig ſich windenden Körpers,
denn wie Stützen deſſelben wirken können. Bei einer wichtigen Ord-
nung der Reptilien, bei den Schildkröten, tritt im Gegenſatze zu den
Schlangen, Eidechſen und Krokodilen die Breitedimenſion des Körpers
mehr hervor, ſo daß dieſer in Form einer platten Scheibe erſcheint,
die zuweilen eine faſt rundliche Geſtalt hat. Bei allen Reptilien ohne
Ausnahme iſt der Schwanz bedeutend entwickelt, bei vielen ſogar
übertrifft er weit die Länge des Körpers, während dagegen der Hals
entweder ganz fehlt oder nur kurz iſt und höchſtens bei den Schild-
kröten eine bedeutende Beweglichkeit und Länge erhält.


[227]

Die Hautbedeckungen ſind nach verſchiedenen Typen geſtaltet.
Bei einigen Familien der Eidechſen und zwar namentlich bei den
Skinken kommen noch wahre Schuppen, ähnlich denen der Fiſche vor,
dünne Knochenblättchen, die eine Hornſchicht als Unterlage haben, ein-
ander dachziegelförmig decken und in Taſchen der verdünnten Haut-
gebilde eingeſchloſſen ſind. Bei den übrigen Eidechſen und Schlangen
ſpricht man zwar auch von Schuppen, darf indeß unter dieſem Aus-
drucke nicht dieſelbe Bildung verſtehen. Die Haut ſondert ſich hier
deutlich in zwei Schichten, die aus Faſern gebildete Lederhaut und die
einem erhärteten Firniſſe ähnliche Oberhaut, welche von Zeit zu Zeit
im Ganzen abgeſtreift wird. Die Lederhaut bildet nun bald einfache
körnige Erhabenheiten, bald Wärzchen, bald auch nach hinten freie
Erhöhungen von ſchuppenähnlicher Geſtalt, über welche die Oberhaut
ſich eng anliegend wegzieht und mit dünneren Einſenkungen in die
Falten der Warzen und Erhöhungen ſich einbiegt. In dieſen Erhö-
hungen entſtehen bei den Krokodilen echte Knochenſchider, die in die
Dicke der Haut ſelbſt eingeſenkt ſind, deren Fäden ſich in die zahlrei-
chen Löcher der Knochenſchilder fortſetzen; bei den Schildkröten ver-
wachſen dieſe Knochenproduktionen der Haut ſogar ſehr frühzeitig mit
denjenigen des Skelettes zum Rücken- und Bauchſchilde, während die
Oberhaut auf dieſem Schilde ſich ſtark hornig verdickt und ſo das
Schildpatt bildet. Beſondere Drüſen der Haut kommen häufig vor,
wenn auch nur auf einzelne Stellen beſchränkt; — ſo findet ſich bei
den Schildkröten jederſeits eine kleine Drüſe unmittelbar unter dem
Rückenſchilde, die ſich gewöhnlich in dem ſeitlichem Falze nach außen
öffnet. Bei den Krokodilen liegen ſolche einen moſchusartigen Geruch
verbreitende Drüſen vielfach zerſtreut in der Haut und am Unter-
kiefer und bei den meiſten Eidechſen kommt eine Querreihe ſolcher
Bälge vor, welche quer über das Deckſchild des Afters herüberläuft,
an der Innenſeite des Schenkels gegen das Bein hinab ſich erſtreckt
und unter dem Namen der Schenkelporen bekannt iſt.


Das Skelett der Reptilien zeigt ſtets in ſeinen weſentlichen
Theilen eine vollſtändige Verknöcherung. Die embryonalen Formen,
die Wirbelſaite wie der knorpelige Urſchädel, ſind von nun an bei den
erwachſenen Wirbelthieren vollſtändig verſchwunden und kommen nur
noch bei dem Embryo in früheſter Zeit der Skelettbildung vor. Die
Zuſammenſetzung der einzelnen Theile des Skelettes ändert indeſſen
ſehr bei den verſchiedenen Ordnungen, ſo daß es ſchwierig hält, ein
15*
[228] allgemeines Bild davon zu entwerfen, zumal da als Ueberreſte des
eigentlichen Urſchädels hier und da nur noch faſerige Zwiſchenwände
vorkommen, die bei den getrockneten Skeletten ausfallen und ſo die
Vergleichung erſchweren.


Der Schädel der Reptilien zeigt gewöhnlich eine mehr oder
minder abgeplattete Geſtalt und ein bedeutendes Ueberwiegen der Kie-

Figure 157. Fig. 1139.


[figure]
Figure 158. Fig. 1137. Fig. 1138. Fig. 1140.

Schädel des Rautenkrokodils (Crocodilus rhombifer). Fig. 1137. Von oben. Fig. 1138. Von
unten. Fig. 1139. Von der Seite. Fig. 1140. Der halbe Unterkiefer von der innern Seite.
Die Ziffern haben die frühere Bedeutung. la Thränenbein (lacrymale).
ch
Die hintere Naſenöffnung (Choanen).


fergerüſte und der Geſichtsknochen gegen die nur kleine Schädelkapſel.
Das Hinterhauptsbein iſt immer vollſtändig in Wirbelform entwickelt,
und zerfällt in den unpaaren Körper, die unpaare Schuppe und die
beiden gewöhnlich ſtark in die Quere verlängerten Seitentheile; es
trägt ſtets nur einen einzigen, gewöhnlich ſtark vortretenden, gewölb-
ten Gelenkkopf, der in die Pfanne des erſten Wirbels paßt, und un-
terſcheidet ſich durch dieſen durchgreifenden Charakter, ſo wie durch die
ſtarke Ausbildung der Schuppe weſentlich von dem Hinterhauptsbeine
der Lurche, die unter allen Umſtänden doppelte Gelenkköpfe beſitzen.
Zuweilen freilich erſcheint der Gelenkkopf aus zwei Hälften zuſammen-
geſetzt, die durch eine ſchmale Furche eingeſchnitten ſind, wie bei den
Schildkröten; bei den meiſten andern aber zeigt er ſich einfach rund in
Knopfform. Nach vorn zu wird die Schädelbaſis vor dem Hinter-
hauptskörper durch das Keilbein vervollſtändigt, welches gewöhnlich
nur eine ſchmale Platte bildet und bei den Krokodilen und Schild-
kröten gewöhnlich gänzlich unſichtbar iſt, indem das feſte Gaumen-
gewölbe ſich in der Mittellinie zuſammenſchließt und die nach hinten
[229] ſich fortſetzenden Naſengänge zwiſchen Keilbein nach oben und Gau-
menbein nach unten eingeſchloſſen ſind. Die urſprüngliche Schädel-
beuge des Embryo’s, welche bei allen höheren Wirbelthieren vorhan-
den, bei den niederen aber niemals entwickelt iſt, bringt es mit ſich,
daß auf der Oberfläche des Keilbeines ein förmlicher Türkenſattel zur
Einlagerung des Hirnanhanges ausgebildet iſt. Seitliche Flügel kom-
men nur ſelten bei dem Keilbeine vor, ein Beweis, daß die ſeitlichen
Schädelbalken bei den meiſten Gattungen nicht verknöchern; dagegen
beſitzt der Keilbeinkörper ſelbſt bei denjenigen Arten, wo das Gaumen-
gewölbe beweglich bleibt, wie namentlich bei den Schlangen und Eid-
echſen ſtarke Fortſätze, an welche die Flügelbeine eingelenkt ſind. Die
obere Bedachung des Gehirnes wird faſt nur von den Scheitelbeinen

Figure 159. Fig. 1141.

Der Schädel einer Rieſenſchlange (Python) von oben.
Die Bedeutung der Ziffern iſt dieſelbe, wie bei den
früheren Kopfſkeletten der Wirbelthiere. a Naſenmu-
ſcheln.


gebildet, die gewöhnlich
zu einer einzigen unpaa-
ren Knochenplatte ver-
ſchmolzen, ſeltener paa-
rig ſind. Oft bildet
dieſes Scheitelbein einen
hohen Knochenkamm und
ſtets finden ſich in ihm
beiderſeits tiefe Gruben,
die Schläfengruben, de-
ren Lagerung und Aus-
dehnung beſonders für
die Beſtimmung der foſ-
ſilen Gattungen von
Wichtigkeit iſt. Bei den
Schlangen greift das
Scheitelbein gürtelartig
nach unten herum, ſetzt
ſich auf den Keilbein-
körper feſt und bildet ſo
die ſeitlichen Wandun-
gen der Schädelkapſel,
die durch das Felſenbein vervollſtändigt werden. Nach vorn ſchließt
ſich an das Scheitelbein das bald paarige, bald unpaare Stirnbein
an, welches die Augenhöhlen deckt und von dem Gehirne abſchließt.
Die Naſenbeine, welche nur ſelten fehlen, bilden nach vorn die äußerſte
Spitze des unbeweglichen, knöchernen Schädeldaches und decken meiſt
beſondere Muſchelbeine, welche in den Knorpeln der Naſenhöhle ent-
[230] wickelt ſind. Die Seitentheile des Schädels werden in der Augenge-
gend vervollſtändigt durch vordere und hintere Stirnbeine, ſo wie oft
noch durch ein eigenes Thränenbein, welches in der inneren Ecke der
Augenhöhle liegt. Die Augenhöhle ſelbſt wird gewöhnlich nach außen
vollſtändig durch den Bogen des Jochbeines geſchloſſen, der freilich
den Schlangen und einigen Eidechſen fehlt und bei anderen nur un-
vollſtändig vorhanden iſt. Die Schuppe des Schläfenbeines nimmt
ebenfalls gewöhnlich an der Bildung dieſes Bogens in ſeinem hinteren
Theile Antheil und trägt zugleich zur Befeſtigung oder Einlenkung des
Unterkieferbogens bei. Die übrigen Theile des Schläfenbeines zeigen
ſehr verſchiedene Beziehungen zu dem Schädel, indem ſie bald unbe-
weglich durch Knochennähte verbunden, bald durch mehr oder minder
laxe Gelenke angeheftet ſind und ſo in die Bildung des Unterkiefer-
bogens mit eingehen, der durch dieſe bewegliche Verlängerung das
Maul einer bedeutenden Erweiterung fähig macht. So iſt das Zitzen-
bein bei den Krokodilen und Schildkröten mit dem Schädel an ſeinem
äußeren Rande verwachſen, bei den meiſten Eidechſen rudimentär,
bei den meiſten Schlangen dagegen in Form einer langen Kno-
chenleiſte ausgebildet, welche durch Sehnenfäden halb beweglich mit
dem Schädel verbunden iſt. So bildet das Quadratbein, welches

Figure 160. Fig 1142.

Schädel der Klapperſchlange (Crotalus) von der Seite,
um das ſtabförmige, lange, an dem beweglichen Zitzen-
bein (23) befeſtigte Quadratbein (26) zu zeigen.


unter allen Umſtänden
den Gelenkfortſatz trägt,
auf dem der Unterkiefer
ſpielt, bei den Schlan-
gen einen langen ſtiel-
förmigen, frei bewegli-
chen Knochen, während
es bei den Eidechſen
weit kürzer iſt, nur ge-
ringe Beweglichkeit hat
und bei den Krokodilen
und Schildkröten durch-
aus feſt mit dem Schä-
del verbunden iſt.


[231]

Der Kiefergaumenapparat zeigt denſelben Wechſel in der

Figure 161. Fig. 1143.

Schädel einer Rieſenſchlange (Python) von unten.
Unterkiefer und Quadratbein ſind abgenommen.
b Columella der Paukenhöhle.


Befeſtigung. Bei den
Schlangen iſt er in allen
ſeinen Theilen beweglich
und überall durch laxe
Gelenkverbindungen mit
dem feſten Schädel ver-
bunden, während bei
den Krokodilen und
Schildkröten alle Theile
deſſelben unbeweglich mit
dem Schädel verbunden
ſind und nur der Un-
terkiefer ein Gelenk be-
ſitzt. So iſt der Zwi-
ſchenkiefer, der bald ein-
fach, bald paarig er-
ſcheint, bei den Schlan-
gen durch ein Gelenk
mit den Naſenbeinen und
der Pflugſchaar verbun-
den, während er bei al-
len übrigen zwiſchen die
Oberkiefer eingekeilt iſt und gleicherweiſe ſind die bei den Schlangen
bald längeren, bald verkürzten Oberkieferbeine hier mit dem vorderen
Stirnbeine eingelenkt, während ſie bei den übrigen feſt mit dem Schä-
del verbunden ſind. Die Gaumenbeine bilden jederſeits Knochenplat-
ten, welche den Boden der Augenhöhle und das Gaumengewölbe ſelbſt
mehr oder minder vervollſtändigen; auch ſie ſind bei den Schlangen
beweglich, bei allen übrigen feſt. Die Flügelbeine ſind meiſtens be-
weglich, berühren ſich aber in der Mitte durch Naht bei den Kroko-
dilen und Schildkröten und enthalten hier die hinteren Naſengänge,
welche hinter ihnen in den Rachen münden; ſie ſind durch das Quer-
bein, welches nur den Schildkröten fehlt, einerſeits mit dem Oberkie-
fer, andererſeits mit dem Gaumenbeine verbunden und ſtellen ſo eine
feſte Stütze für daß Quadratbein und für das Unterkiefergelenk her.
Die beiden Aeſte des Unterkiefers ſelbſt ſind bei den Schlangen nur
durch Sehnen und gekreuzte Muskeln mit einander verbunden, ſo daß
ſie nach Willkür einander genähert oder auch weit entfernt werden
können. Bei den Eidechſen geſchieht die [Verbindung] durch Faſerknor-
[232] pel, bei den Krokodilen durch eine Naht, die oft eine bedeutende Aus-
dehnung hat, ſo daß zum Beiſpiel der lange Schnabel der Gaviale
von den in der Mittellinie verbundenen Unterkieferhälften gebildet
wird, und bei den Schildkröten endlich ſind beide Hälften ſo ſehr zu
einem einzigen Stücke verwachſen, daß man auch bei ſehr jungen In-
dividuen keine Spur einer urſprünglichen Trennung mehr bemerkt.
Jede Unterkieferhälfte iſt wenigſtens aus vier Stücken, wie bei den
Grubenottern, bei den anderen Schlangen aus fünf, bei den Eidechſen
und Krokodilen ſogar aus ſechs Stücken zuſammengeſetzt.


Die Bewaffnung des Mundes iſt bei den Reptilien äußerſt
verſchieden. Eine ganze Ordnung, diejenige der Schildkröten, beſitzt
gar keine Zähne, ſondern lediglich ſcharfe Hornleiſten, welche die
ſchneidenden Kieferränder überziehen und ſo einen Schnabel bilden,
der indeß keine verächtliche Waffe iſt. Alle übrigen haben Zähne, die
alle mehr oder minder dem Typus der einfachen Fangzähne ſich nähern
und bald nur in den Kieferknochen, bald auch auf ſämmtlichen Gau-
menbeinen und auf dem Pflugſchaarbeine angebracht ſind. Die Ha-
kenform iſt durchaus die gewöhnliche, zuweilen aber ſind auch die
Zähne ſeitlich zuſammengedrückt und ihre Kronen gekerbt oder gezäh-
nelt, in anderen Fällen geſtreift, was zuweilen nur auf einer Canneli-
rung des Schmelzes, in anderen Fällen auch auf einer Faltung der
Zahnſubſtanz ſelbſt beruht, ähnlich derjenigen, welche wir bei dem
Knochenhechte antrafen. Mit Ausnahme dieſer nie ſehr complicirten
Faltungen ſind alle Zähne der Reptilien ſehr einfach gebaut und zei-
gen nur eine mittlere Zahnhöhle, welche der äußeren Contour des
Zahnes entſpricht, deſſen Spitze mit einer Schmelzkappe bedeckt iſt.
Hinſichtlich der Anheftung kann man verſchiedene Modifikationen un-
terſcheiden, die auf den Erſatz der Zähne von Einfluß ſind. Meiſtens
findet ſich in dem zahntragenden Knochen eine ſeichte Zahnrinne, in
welcher die Zähne durch verdicktes ſehniges Zahnfleiſch eingeheftet ſind.
Die äußere Leiſte dieſer Zahnrinne erhebt ſich höher, als die innere
und die Zähne wachſen dann mit ihrem äußeren Rande an dieſe erha-
bene Leiſte an, während ſie oft noch an der Baſis durch knöcherne
Sockel geſtützt werden, in welche die Blutgefäße eindringen. Die Er-
ſatzzähne entſtehen dann meiſt auf der Seite der alten Zähne und
verdrängen dieſe, indem ſie ſich nach und nach auf den Sockel auf-
ſetzen. Im Gegenſatz zu der beſchriebenen Zahnanheftung, die bei den
Pleurodonten vorkommt, ſtehen die Acrodonten, bei welchen die Zähne
ſo auf den Kieferrand aufgeſetzt und mit demſelben verwachſen ſind,
daß ſie nur gleichſam einen emaillirten Kamm deſſelben bilden. Bei
[233] den Krokodilen endlich ſtehen die kegelförmigen Fangzähne in ringsum
geſchloſſenen Zahnhöhlen eingekeilt, wie bei dem Menſchen, und wer-
den auf die Weiſe erſetzt, daß der junge Zahn von unten her in die
Höhle des alten eindringt und dieſen gleichſam aus der Zahnhöhle
hinausſtößt, ſo daß er ihm eine Zeitlang wie eine Kappe aufſitzt.


Die Wirbelſäule iſt bei allen Reptilien ſtets verknöchert und
in Wirbel abgetheilt, die aber ſehr verſchiedene Grade der Entwicklung
zeigen. Bei den Meerdrachen und einigen foſſilen Krokodilen ſind die
Wirbelkörper auf beiden Seiten ähnlich wie Fiſchwirbel in Doppel-
kegelform ausgehöhlt und die Bogenſtücke nur durch Knorpel mit dem
Körper verbunden. Bei anderen Krokodilen iſt bald die vordere, bald
die hintere Fläche eben oder leicht konvex, die andere konkav. Bei
den Schildkröten ſind die flach abgeſchnittenen Wirbelkörper durch da-
zwiſchenliegende Faſerknorpelſcheiben mit einander verbunden; bei den
Eidechſen ſind die Wirbelkörper hinten quer konvex, vorn entſprechend
vertieft und bei den Schlangen endlich trägt jeder Wirbelkörper einen
kugelrunden Gelenkkopf, der in die vordere Pfanne des nächſten Wir-
bels eingreift. Rippen ſind zum Unterſchiede von den Lurchen ſtets
ſehr vollſtändig entwickelt und bei den Schlangen namentlich ſehr frei
beweglich, ſo daß ſie hier die Füße erſetzen; ſie ſetzen ſich meiſt bis
zum Becken fort und die vorderen ſind bei den Eidechſen gewöhnlich
mit einem mittleren Bruſtbeine verbunden, das bei den Krokodilen,
wo auch der Hals freie Rippen trägt, bis zu dem Becken ſich hinzieht.
Bei den Schildkröten bilden die breit gewordenen Rippen großen
Theils das knöcherne Rückenſchild. Die übrigen Fortſätze der Wirbel
bieten mannigfache Verſchiedenheiten dar, auf deren Einzelnheiten wir
indeſſen hier nicht eingehen können.


Was die Extremitäten betrifft, ſo fehlen dieſe den meiſten
Schlangen durchaus ebenſo wohl, wie die ſie tragenden Gürtel und
nur bei wenigen ſind in der Aftergegend kurze Stummel vorhanden,
welche von ſtabförmigen Knöchelchen getragen werden, die man kaum
mit den gewöhnlich vorkommenden Beckenknochen in Parallele bringen
kann. Bei den Eidechſen zeigen ſich alle möglichen Stufen der Aus-
bildung von durchaus rudimentären Vorder- oder Hinterfüßen bis zu
vollſtändig ausgebildeten Extremitäten, die ſtets freie Zehen haben,
welche an der Spitze mit krummen Nägeln bewaffnet ſind. Gewöhn-
lich ſtehen dieſe Zehen, deren meiſt fünf von verſchiedener Länge vor-
handen ſind, auf demſelben Plane, wovon indeß die Familie der
Chamäleons eine Ausnahme macht, indem bei dieſen die Zehen ſo
gegen einander über ſtehen, daß eine Klammerzange gebildet wird. Bei
[234] den Waſſereidechſen, als deren Spitze die Krokodile erſcheinen, zeigt
ſich eine andere Entwicklung der Extremitäten, indem hier bei den
älteren foſſilen Gattungen, wie namentlich bei den Meerdrachen, förm-
liche Floſſen gebildet ſind, deren äußerer Rudertheil von einer unbe-
ſtimmten Anzahl rundlicher Knochenſcheiben zuſammengeſetzt wird.
Ihren Ausgangspunkt findet dieſe Bildung bei den Krokodilen, wo
die Zehen zwar deutlich getrennt, die der Hinterfüße aber durch
Schwimmhäute mit einander verbunden ſind. Eine dritte Reihe
bieten die Schildkröten dar, bei welchen zwar die Knochen der
einzelnen Zehen getrennt vorhanden ſind, dieſe aber bald durch
Schwimmhäute verbunden, bald auch durch Sehnen und Bandmaſſen
zu platten Rudern oder dicken Stummelfüßen verbunden ſind. Als
eigenthümliche Modifikation ſtehen endlich noch die foſſilen Flugeidech-
ſen da, bei welchen die Vorderfüße durch enorme Verlängerung eines
Fingers zu Flügeln umgeſtaltet ſind.


Das Centralnervenſyſtem der Reptilien gleicht in vieler

Figure 162. Fig. 1144.


Figure 163. Fig. 1145. Fig. 1146.

Gehirne verſchiedener Reptilien. Fig. 1144. Von
der Natter (Coluber natrix). Fig. 1145. Von
der europäiſchen Sumpfſchildkröte (Emys euro-
paea)
. Fig. 1146. Vom Hechtskaiman (Aligator
lucius)
.
An Letzterem iſt rechts die Hemi-
ſphäre geöffnet, um den an ihrem Grunde
liegenden Streifenkörper zu zeigen. a Riech-
nerven. c Hemiſphären des großen Ge-
hirns. d Vierhügel. e Kleines Gehirn.
f Rautengrube.


Beziehung demjenigen der Lurche,
unterſcheidet ſich aber von demſelben
durch allmälige Ausbildung des
kleinen Gehirns, welche von den
Schlangen an durch die Eidechſen
und Schildkröten fortſchreitet, und
bei den Krokodilen ihren Gipfel-
punkt in dieſer Klaſſe erreicht, indem
hier ſchon Seitentheile gebildet wer-
den und außerdem eine Querfurche
vorhanden iſt. Das Mittelhirn
ſinkt mehr zurück und wird allmälig
bedeutend überwogen von den He-
miſphären des Vorderhirns, welche
eine beträchtliche Breite erlangen,
und das Mittelhirn theilweiſe be-
decken. Die Hirnnerven zeigen
ſich im Allgemeinen denjenigen der
Lurche ähnlich, während der ſym-
pathiſche Nerv gewöhnlich ſehr aus-
gebildet iſt und eine innige Verbin-
dung des fünften Nervenpaares,
ſo wie des herumſchweifenden Ner-
ven mit den ſelbſtſtändigen Zungen-
nerven herſtellt.


[235]

Die Naſenhöhlen der Reptilien ſind ſtets durch knorplige Na-
ſenmuſcheln geſtützt und unter allen Umſtänden in den Rachen, bald
mehr in der Mitte, bald ganz weit nach hinten, wie bei den Kroko-
dilen, geöffnet. Oft findet ſich hier ein Gaumenſegel, welches dieſe
hinteren Oeffnungen verſchließen kann, und nicht minder häufig ſind
auch an den vorderen Naſenöffnungen Klappenvorrichtungen ange-
bracht, durch welche dieſelben beim Untertauchen vollſtändig geſchloſſen
werden können.


Die Augen ſind gewöhnlich klein, zuweilen gänzlich unter der
Haut geborgen; die Augenlidbildungen oft ſehr charakteriſtiſch für
verſchiedene Familien und Gruppen. Am einfachſten iſt dieſe Bildung
bei den Schlangen, wo alle Augenlider fehlen und die Schichten der
Haut, da wo ſie über den Augapfel weggehen, durchſichtig werden,
ſich wölben und eine Kapſel bilden, welche wie ein Uhrglas in den
umgebenden Falz der Haut eingeſchliffen iſt und ſo den beweglichen
Apfel von vorn ſchützt. Die Thränenflüſſigkeit füllt den Raum
zwiſchen dieſer Kapſel und dem Augapfel aus und fließt durch einen
weiten Kanal an dem inneren Augenwinkel in die Naſenhöhle ab. Das
obere Augenlid iſt bei allen übrigen Reptilien meiſt nur ſehr wenig
ausgebildet und beſteht gewöhnlich nur in einer ſteifen, halb knorpli-
gen Hautfalte, während das untere weit größer und beweglicher iſt,
den ganzen Augapfel überziehen kann, oft von einem beſonderen Kno-
chenblättchen geſtützt iſt und in anderen Fällen dem Sehloche gegen-
über eine durchſichtig geſchliffene Stelle, einer Lorgnette ähnlich, beſitzt.
Bei den meiſten Eidechſen, den Schildkröten und Krokodilen tritt hierzu
noch die Nickhaut, die ebenfalls eine Knorpelplatte enthält und von
dem inneren Augenwinkel her mehr oder minder weit, zuweilen ganz
vollſtändig über das Auge herübergezogen werden kann. Ihre Exiſtenz
iſt ſtets mit derjenigen einer beſonderen gelappten Drüſe, der Har-
der’ſchen Drüſe, verbunden. Vollkommen iſolirt ſtehen die Chamäleons,
bei welchen ein kreisförmiges, dem großen vorgequollenen Augapfel
eng anliegendes Augenlid exiſtirt, welches nur eine ſchmale Spalte
offen läßt. Die inneren Theile des Auges unterſcheiden ſich wenig
von denen der höheren Thiere und nur bei den Eidechſen kommt ein
innerer, faltenloſer Vorſprung der Aderhaut vor, der ſich an die Lin-
ſenkapſel anſetzt und dem Kamm des Vogelauges entſpricht.


Das Gehörorgan zeichnet ſich weſentlich vor demjenigen der
Lurche durch das erſte Auftreten der Schnecke aus, die bald einen
[236] rundlichen, häutigen Sack, wie bei den Schildkröten, bald einen kurzen
Kanal mit einer unvollſtändigen Spiralſcheidewand und einem fla-
ſchenförmigen Anhange darſtellt. Das innere Ohr iſt hiermit in ſeinen
weſentlichſten Theilen vorhanden und ſeine weitere Ausbildung bei
Vögeln und Säugethieren giebt ſich nicht mehr durch Vermehrung
der Theile, ſondern nur durch größere Ausarbeitung derſelben kund.
Hinſichtlich des mittleren Ohres oder der Paukenhöhle herrſchen viel-
fache Verſchiedenheiten; bei den Schlangen fehlt ſie durchaus, es iſt
kein Trommelfell und keine Euſtachiſche Trompete vorhanden und die
Oeffnung des knöchernen Labyrinthes, das ovale Fenſter, durch einen
ſtabförmigen, frei vorſtehenden Knochen, die Columella verſchloſſen.
Bei allen übrigen Ordnungen findet ſich eine Paukenhöhle, die durch
eine kurze und weite Trompete in den Rachen mündet und nach außen
durch ein Trommelfell geſchloſſen iſt, welches bald frei liegt, bald
durch eine Hautfalte verſteckt, bald gänzlich von Haut überzogen iſt.
Zwiſchen dem Trommelfelle und dem ovalen Fenſter iſt die Verbin-
dung durch die oft ſehr lange Columella hergeſtellt, an welche ſich
zuweilen noch andere Knöchelchen anſchließen, ſo daß eine förmliche
Kette gebildet wird. Bei den Krokodilen endlich findet ſich die erſte
Andeutung eines äußeren Ohres in Form einer beweglichen Klappe,
welche das Trommelfell decken kann.


Die Verdauungsorgane zeigen, wie ſchon aus der früher
beſchriebenen mannigfaltigen Bewaffnung des Rachens hervorgeht,
vielfache Verſchiedenheiten. Faſt alle Reptilien ſind auf Raub ange-
wieſen und nur einige wenige Schildkröten nähren ſich von Pflanzen-
ſtoffen, alle übrigen einzig von lebenden Thieren, welche ſie ganz
verſchlucken, da ihre Zähne nur zum Verwunden und Feſthalten, nicht
aber zum Zerſtückeln geeignet ſind. Die Zunge bildet bei den Kroko-
dilen nur einen vorſpringenden, flachen Wulſt auf dem Boden der
Mundhöhle, der überall angewachſen und vollkommen unbeweglich iſt,
ſo daß man früher oft behauptete, die Krokodile beſäßen gar keine
Zunge. Bei den Schildkröten iſt ſie ſtark fleiſchig, kurz und dick,
oft mit Zotten bedeckt. Bei den Eidechſen gewöhnlich oval, platt und
ſehr verſchieden in der Beſchaffenheit ihres Ueberzuges; ſie zeigt hier
eine unverkennbare Tendenz zur Zweitheilung, die von der Spitze
aus nach hinten fortſchreitet und endlich bei den wahren Eidechſen
und den Schlangen den höchſten Grad erreicht, indem hier die Zunge
in zwei lange fadenförmige Spitzen ausgezogen iſt, welche mit hor-
[237]

Figure 164. Fig. 1147.

Eingeweide der Ringelnatter (Coluber natrix).
Die Schlange iſt der Länge nach geöffnet, die Eingeweide größten Theils
in ihrer Lage belaſſen — nur der Schlund iſt bei oe′ durchſchnitten um das
Herz und den Anfang der Lunge zu zeigen.
1 Zunge und Stimmritze. oe Schlund. i Magen, i′ Darm. cl Kloake.
an After. f Leber. o Eierſtock mit reifen Eiern o′. t Luftröhre. p Lunge.
p′ Rudiment der rechten Lunge. vt Linke Herzkammer. c Linke Vorkammer.
c′ Rechte Vorkammer. ag Linke Aorta. ad Rechte Aorta. a′ Bauchaorta.
ac Kopfarterien (Carotiden). v Obere Hohlvenen. vc Untere Hohlvenen.
vp Lungenvene.


niger Haut überzogen ſind, in eine eigene Scheide zurückgezogen wer-
den können und als Taſtwerkzeuge dienen. Der Schlund iſt meiſtens
in Uebereinſtimmung mit der Ernährungsweiſe ſehr weit längs-
gefaltet oder auch mit langen Zotten beſetzt und einer ungeheueren
Ausdehnung fähig, ſo daß namentlich die weitmäuligen Schlangen
Thiere verſchlucken können, die ihnen an Umfang überlegen ſind.
Sehr oft geht die Speiſeröhre unmerklich in den weiten Magen über,
der gewöhnlich durch eine Falte oder Klappe gegen den Darm hin
abgegränzt iſt. Der Darm iſt meiſt weit, wenig gewunden, kurz,
der Afterdarm oft durch einen Blindſack und eine ſtarke, erweiterte
Kloake ausgezeichnet. Leber, Bauchſpeicheldrüſe und Milz ſind ſtets
vorhanden, erſtere zuweilen in mehrfache Lappen getrennt und in
ihrer Geſtalt von derjenigen des Körpers abhängig.


[238]

Die Athemorgane ſind ſtets nur in Form von Lungen ent-
wickelt und wie ſchon öfter angeführt wurde, unterſcheiden ſich die
Reptilien, ſowie alle anderen höheren Wirbelthiere hauptſächlich da-
durch von den niederen, daß zu keiner Zeit ihres Lebens, ſelbſt im
Embryonalzuſtande nicht, wirklich athmende Kiemen vorkommen. Ein
geſonderter Kehlkopf tritt jetzt deutlich hervor, die Stimmritze iſt
ſpaltenförmig und bei einigen Eidechſen ſind ſogar vollſtändige ſpann-
bare Stimmbänder ausgebildet. Die Gränze zwiſchen Luftröhre und
deren Aeſten ſowie den Lungen ſelbſt, iſt oft ſehr ſchwierig zu beſtim-
men, da die Knorpelringe, welche erſtere umgeben, zuweilen ſich weit
in die Lunge hinein fortſetzen und andererſeits die Zellen, welche die
Lungen auszeichnen, oft über einen großen Theil der Luftröhre ſich
hinziehen und hier ſogar tiefer und ausgebildeter ſind, als in den
eigentlichen Lungen. Gewöhnlich ſind zwei ſackartige Lungen vorhan-
den, welche durch die ganze Bauchhöhle ſich erſtrecken und auf ihrer
inneren Fläche zellige Vorſprünge der Schleimhaut beſitzen, die bald
einfach ſind, bald ſich mehr compliciren und dann einem ſchwammigen,
von Hohlräumen durchzogenen Gewebe ähnlich werden. Zuweilen
fehlen dieſe Zellen in der hinteren Abtheilung der Lunge, die dann
als ein wenig gefäßreicher Luftſack ſich darſtellt und wahrſcheinlich als
Reſervoir dient. Bei den Schlangen und ſchlangenähnlichen Eidech-
ſen ſind die Lungen ausnahmsweiſe nicht von gleicher Größe, ſondern
nur die eine entwickelt, die andere aber rudimentär oder ſelbſt gar
nicht vorhanden. Das Herz aller Reptilien beſteht aus vier Abthei-
lungen, zwei vollſtändig geſchiedenen Vorhöfen, deren Trennung auch
äußerlich ſichtbar iſt und zwei Kammern, deren Scheidewand indeſſen
erſt bei den Krokodilen vollſtändig wird, während bei allen übrigen
mehr oder minder große Lücken in denſelben vorkommen, durch welche
das Blut aus der linken Kammer in die Rechte übergeführt wird.
Bei den Schildkröten, den Schlangen und den meiſten Eidechſen, wo
die Scheidewand unvollſtändig iſt, entſpringen deßhalb ſowohl die
Lungen- als auch die Körpergefäße aus der rechten Herzkammer, wäh-
rend bei den Krokodilen die Lungenarterie und eine linke Aorta aus
der rechten Kammer, die größere rechte Aorta dagegen aus der linken
Kammer entſpringt. Wenn nun auch durch beſondere Klappenvor-
richtungen im Inneren des Herzens das aus dem Körper zurückkeh-
rende Blut, auch bei unvollſtändiger Scheidewand, hauptſächlich nach der
Lungenarterie, das aus den Lungen kommende weſentlich nach den
Aorten hingeleitet wird, ſo iſt doch auf der anderen Seite ſowohl hier, wie
[239]

Figure 165. Fig. 1148.

Herz und große Gefäßſtämme des Krokodils.
v Hohlvenen (ihre Richtung iſt durch
Pfeile bezeichnet). od Rechte Vorkammer.
vt Die beiden, nur innerlich getrennten
Kammern. ap Lungenarterien. a Ver-
bindungszweig zwiſchen der rechten Kam-
mer und der Aorta (linke Aorta). vp Lun-
genvenen. og Linke Vorkammer. ao
Aorta. cc Die beiden Carotiden.


Figure 166. Fig. 1149.

Herz einer Schildkröte.
v Die beiden Herzkammern. od Rechte
Vorkammer. vc Hohlvene. og Linke
Vorkammer. vp Lungenvene. ag Linke
Aorta. ad Rechte Aorta. av Bauch-
aorta. ac Carotiden. ap Lungenarterien.


bei den Krokodilen die Miſchung der beiden Blutarten wieder dadurch
ermöglicht, daß von den urſprünglichen Kiemenbogen des Embryo’s
weite Verbindungsäſte zwiſchen den großen Gefäßſtämmen hergeſtellt
ſind. Die Aorta wird meiſt aus einem, zwei oder ſelbſt drei Bogen
zuſammengeſetzt, die ſich unter der Wirbelſäule vereinigen und vorher
oft noch die Kopfgefäße abgeben. In dem venöſen Kreislauf iſt ſtets
außer dem Pfortaderſyſteme der Leber auch noch ein ſolches für
die Nieren eingeſchoben. Das Lymphſyſtem iſt außerordentlich ent-
wickelt und läßt außer großen Ciſternen, die gewöhnlich in der Um-
gegend des Magens entwickelt ſind, noch beſondere rhythmiſch pulſirende
Lymphherzen gewahren, von welchen ſtets zwei in der Lendengegend
unmittelbar unter der Haut oder tiefer nach innen dem Kreuzbeine
aufliegen und ihren Inhalt in die zunächſt gelegenen Venen über-
treiben.


[240]
Figure 167. Fig. 1150.

Große Gefäße und Kreislauf einer Eidechſe.
Die Arterien haben doppelte Conturen. Die Venen ſind ſchraffirt. Die Um-
riſſe der Eingeweide nur punktirt.


Die Nieren ſind gewöhnlich ſehr groß, oft vielfach gelappt, zuweilen
in der Mitte mit einander verſchmolzen. Die von ihnen ausgehenden
Harnleiter münden gewöhnlich neben den Leitapparaten der Geſchlechts-
theile in die hintere Wand der Kloake ein, welcher gegenüber ſich
bei den Eidechſen und Schildkröten eine Harnblaſe findet.


[241]

Die Hoden der Reptilien liegen ſtets im Inneren der Bauch-
höhle zu beiden Seiten der Wirbelſäule und ihre Ausführungsgänge
ſammeln ſich gewöhnlich in einem Nebenhoden, aus welchem dann
die Samenleiter nach unten laufen, um in der hinteren Wand der
Kloake ſehr nahe an der Afterſpalte ſich in dieſelbe auszumünden.
Begattungsorgane, welche den Lurchen ſtets fehlen, kommen bei
allen Reptilien in ſehr ausgebildetem Grade und zwar nach zwei durch-
aus verſchiedenen Typen entwickelt vor. Alle Schlangen und Eidech-
ſen haben nämlich zwei paarige Begattungsglieder, welche in der
Wurzel des Schwanzes verborgen liegen und denen zwei rudimentäre
Analoga bei den Weibchen entſprechen. Jede dieſer Ruthen beſteht
aus einem mit Zotten oder ſelbſt Stacheln und Haken ausgekleideten
Hautſchlauche, der wie ein Handſchuhfinger an dem After hervorge-
ſtülpt werden kann, ſo daß die innere Fläche zur äußeren wird.
An die Spitze jedes Schlauches, die oft gabelförmig getheilt iſt, ſetzt
ſich ein Muskel an, der ihn in ähnlicher Weiſe, wie das Fühlhorn
einer Schnecke zurückſtülpen kann. Eine ganz entgegengeſetzte Bildung
findet bei den Schildkröten und den Krokodilen ſtatt, die ſich außerdem
auch noch durch die Längsrichtung der Afterſpalte von den Eidechſen
und Schlangen unterſcheiden, bei welchen der After immer eine quere
Spalte bildet. Bei jenen Ordnungen iſt die Ruthe einfach, an
der Vorderwand der Kloake befeſtigt und mit erektilem Gewebe
verſehen aber undurchbohrt; auf der äußeren Fläche zeigt ſich
eine Längsrinne zur Fortleitung der Samenflüſſigkeit. Die Eierſtöcke
bilden bald Schläuche, bald Platten und ſind ſtets vollkommen von
den Eileitern geſchieden, die eine gefranzte, trichterförmige Oeffnung
in der Bauchhöhle haben und meiſt gegen das Ende hin, wo ſie in
die Kloake münden, etwas erweitert ſind. Die Eier der Reptilien
gleichen im Weſentlichen denen der Vögel; ſie haben einen großen,
meiſt gelben, ſehr ölreichen Dotter, der von einer mehr oder minder
bedeutenden Schicht von Eiweiß umgeben und in einer lederartigen,
gewöhnlich ſehr elaſtiſchen Schale eingeſchloſſen iſt. Zwiſchen den Fa-
ſern dieſer Schaale wird oft kriſtalliniſche Kalkmaſſe, aber ſtets nur
in geringer Menge abgelagert. Die Entwickelung der Eier beginnt
meiſt ſchon innerhalb des mütterlichen Organismus, indem dieſe an
der erweiterten Stelle des Eileiters längere Zeit verbleiben. Bei eini-
gen Arten geſchieht dieß ſogar in der Regel bis zu dem Ende des
Embryonallebens, ſo daß das Junge noch in dem Eileiter die Schale
durchbricht und mithin lebendig geboren wird. Andere Gattungen,
wie unſere gewöhnlichen Nattern kann man ebenfalls dazu bringen,
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 16
[242] die Eier bis zur vollſtändigen Entwickelung der Jungen zu behalten,
indem man ihnen die Gelegenheit benimmt, ſie an geeignete Orte ab-
zulegen. Die meiſten Reptilien verſcharren die Eier im Sande oder
in feuchter Erde und überlaſſen ſie ſich ſelbſt. Die Krokodile und
manche Eidechſen ſollen in der Nähe wachen und nach Beobachtungen
in Menagerien wickeln ſich die großen Würgſchlangen über ihren Eiern
kegelförmig zuſammen und brüten ſie förmlich aus.


Obgleich zu dem Studium der Entwickelungsgeſchichte bei
den Reptilien weit weniger Gelegenheit gegeben iſt, als bei den Vögeln,
die ſich ihnen in den erſten Zuſtänden ſo vollſtändig anſchließen, ſo
ſind dennoch die Entwickelungsſtadien unſerer einheimiſchen Schlangen
und Schildkröten ziemlich vollſtändig unterſucht worden. Die Schil-
derung, welche wir hier alſo von der Entwickelung der Reptilien
geben, kann ebenſowohl auf diejenige der Vögel und mit geringen
Modificationen ſelbſt auf die der Säugethiere angewandt werden, zum
neuen Beweiſe für den Satz, daß die Divergenzen der Bildung erſt
im Laufe der Entwickelung ſich herausſtellen, während die allgemeinen
Verwandtſchaften um ſo auffallender vor die Augen treten, in je
früheren Stadien man die von einem gemeinſamen Typus ausgehen-
den Bildungen unterſucht. So ſtellt ſich denn auch hier von früher
Zeit an ein fundamentaler Unterſchied zwiſchen den Reptilien und
Amphibien heraus, die ſonſt ihres kalten Blutes und mancher anderer
Aehnlichkeiten wegen zuſammengeſtellt wurden, während andererſeits
zwiſchen den Reptilien und Vögeln, welche im erwachſenen Zuſtande
ſo geringe Aehnlichkeit mit einander zeigen, die große Verwandtſchaft
und das Zuſammengehören zu einem Typus durch die Struktur der
Embryonen dargethan wird, zu deren Unterſcheidung in der erſten
Zeit es eines ſehr geübten Beobachters bedarf.


Das befruchtete Ei der Reptilien zeigt auf der Oberfläche des
Dotters eine rundliche Stelle mit verwiſchter Begränzung, welche
eine weißliche Farbe hat und demjenigen Theile der Hühnereier ana-
log iſt, welche man unter dem Namen des Hahnentrittes im gemeinen
Leben bezeichnet. Dieſer Keim beſteht aus kleinen Zellen, welche faſt
farblos ſind und ſo im Gegenſatze zu dem gelben Dotter die weißliche
Farbe entſtehen laſſen; er bildet die erſte Grundlage der Embryonal-
entwickelung und ſtellt ſich als den Centralpunkt derjenigen Bildungen
dar, welche den Aufbau des Embryos vermitteln. Man hat behauptet,
daß die Zellen, welche ihn zuſammenſetzen, hier ſowohl, wie bei den
[243] Vögeln aus einer theilweiſen Furchung des Dotters hervorgingen,
es iſt aber bis jetzt noch nicht möglich geweſen, den thatſächlichen
Beweis dieſer Furchung zu führen. Jedenfalls iſt dieſelbe, wenn ſie
vorkommt, nur höchſt partiell und ſchnell vorübergehend und unter-
ſcheidet ſich dadurch das Ei der Vögel und Reptilien weſentlich von
demjenigen der Lurche und der Säugethiere, bei welchen eine vollſtän-
dige Zerklüftung des Dotters ſtattfindet. Sobald der Embryo ſich zu
entwickeln beginnt, ſo verlängert ſich dieſer Keim und bildet nun eine
ovale Scheibe, die in der Mitte durchſichtiger, nach außen opaker iſt.
In dieſem mittleren durchſichtigen Theile, welchen man den Fruchthof
genannt hat, erheben ſich nun die Rückenwülſte, welche den vertieften
Raum einſchließen, der nach und nach durch Zuwölbung der Wülſte ſich in
das Rohr für Gehirn und Rückenmark umwandelt. Unter der Rücken-
furche erſcheint die Wirbelſaite in ſtabförmiger Geſtalt und in derſel-
ben Erſtreckung, wie bei den niederen Wirbelthieren, aber bei Weitem
dünner als bei dieſen. Auch ihre Exiſtenz in der Dauer iſt weit be-
ſchränkter und ſie wird viel früher, als bei den niederen Wirbelthieren
durch vollſtändig ausgebildete Wirbelkörper erſetzt. An dem vorderen
Theile, wo die Rückenfurche ſich ausweitet, laſſen ſich nach und nach
bei der Ueberwölbung der Wülſte die einzelnen Hirnabtheilungen un-
terſcheiden, von denen die des Vorderhirnes von Anbeginn an die
bedeutendſte iſt. Sobald indeſſen das Kopfende ſich deutlicher zu ge-
ſtalten beginnt, ſo tritt auch jener fundamentale Unterſchied zwiſchen
niederen und höheren Wirbelthieren hervor, den man mit dem Namen
der Kopfbeuge bezeichnet. Der bisquitförmige, flache Embryo liegt
nämlich mit der mäßig gekrümmten Bauchfläche auf der Oberfläche
des Dotters auf und zwar in der Queraxe des Eies. Indem nun
der Embryo ſich erhebt und ſeitlich abgränzt, ſchließt ſich ſein Kopf-
ende beſonders raſch ab, knickt ſich aber zugleich nach vorn hin gegen
den Dotter ein, in ähnlicher Weiſe, wie wenn man den Kopf ſo ſtark
als möglich ſenkt und gegen die Bruſt drückt. Das Ende der Wirbel-
ſaite und der unmittelbar vor demſelben in der Lücke der beiden Schä-
delbalken ſich ablagernde Hirnanhang, welcher indeß erſt ſpäter er-
ſcheinen wird, bilden den Winkelpunkt dieſer Einknickung, welcher ein
rundlicher Eindruck auf dem Dotter entſpricht. Dieſe Kopfbeuge iſt
ſo ſtark, daß es unmöglich iſt, die Bauchfläche des Kopfes und Halſes
zu unterſuchen, ohne den Kopf gewaltſam in die Höhe zu beugen.
Auf der Rückenſeite des Embryos bildet die Mittelhirnblaſe den Schei-
telpunkt dieſer Kopfbeuge, die auch ſpäter in dem knorpeligen Urſchä-
16*
[244] del durch eine ſenkrecht aufſteigende Platte, den ſogenannten mittleren
Schädelbalken und bei dem verknöcherten Schädel durch den Türken-
ſattel bezeichnet wird.


Figure 168. Fig. 1151. Fig. 1152. Fig. 1153.

Embryonen der Schildkröte (Emys europaea).
Fig. 1151. Von der Seite, etwas aufgebogen, um das Herz ſehen zu
laſſen. Fig. 1152. Von oben, auf dem Dotter liegend, beſonders um die Ent-
ſtehung der Kopfkappe zu zeigen. Fig 1153. Von unten.
Die Bedeutung der Buchſtaben iſt bei dieſen und den folgenden Figuren
dieſelbe. a Auge. b Kopfbeuge. c Ohrbläschen. d Wirbelkörper. e Rücken-
ſaite. f Herz. g Dotter. h Gefäßhof. i Schafhaut. k Kopf. l Rudi-
ment des Vorderfußes, m des Hinterfußes. n Harnhaut. o Schwanz. p
Schlundrohr. q Ausſtülpung der Mundſchleimhaut, dem Hirnanhang ent-
ſprechend. r Mittlerer Schädelbalken. s Kiemenſpalten. t Dotterſack. u Darm.


Unmittelbar nach der Schließung der Rückenwülſte und dem Erſcheinen
der Wirbelſaite, ſowie der Kopfbeuge, beginnt die Bildung einer an-
deren Eigenthümlichkeit des Embryos der höheren Wirbelthiere, näm-
lich die Bildung der ſogenannten Schafhaut oder des Amnios.
Die äußere Zellenſchicht des Embryos, aus welcher ſich nach und nach
die äußere Haut bildet, ſetzt ſich zwar über den ganzen Dotter fort,
denſelben umfaſſend, bildet aber zugleich vorn und hinten eine Falte,
welche ſich über das Kopf und Schwanzende hinüberſchlägt und die
man in dieſer Zeit ihrer erſten Bildung die Kopf- und Schwanzkappe
genannt hat. Dieſe beiden Falten wachſen nun von allen Seiten her
über den Embryo gegen den Mittelpunkt des Rückens hin zuſammen,
vereinigen ſich dort und bilden nun einen Sack, der den Embryo von
allen Seiten her einſchließt und eine unmittelbare Fortſetzung ſeiner
äußeren Hautlage iſt. Die Vereinigungsſtelle iſt ſehr bald nicht mehr
zu ſehen und da der Embryo ſich ebenfalls frühzeitig gegen den Dot-
ter abſchließt, ſo liegt er dann frei ſchwimmend und nur durch den
[245] Dottergang gehalten in der Flüſſigkeit, welche den Sack der Schafhaut
erfüllt. Dieſe iſt, wie aus der bisherigen Darſtellung hervorgeht,
ein reines Produkt der embryonalen Entwickelung und bei den niederen
Wirbelthieren läßt ſich auch nicht eine Spur von ihr wahrnehmen.


Schon vor der Entſtehung und vollſtändigen Ausbildung der
Schafhaut ſind auch die übrigen organiſchen Syſteme angelegt worden.
In dem undurchſichtigen Theile der Keimhaut, in dem ſogenannten
Gefäßhofe haben ſich die Lückenräume der erſten Gefäße, ſowie die
erſten Blutzellen gebildet und zugleich iſt in der Halsgegend, verſteckt
durch die Kopfbeuge, eine Zellenanhäufung entſtanden, welche ſich
allmälig zum ſchlauchförmigen Herzen aushöhlt. Hinter dem Herzen
liegt anfangs der ganze Körper des Embryo platt auf dem Dotter
auf, ſo daß die Stelle des Darmes durch eine lange, flache Rinne
erſetzt iſt, die von dem Dotter beſpült wird. Die Bauchwandungen
ſchließen ſich aber allmälig immer mehr und mehr zuſammen, die
Darmrinne wölbt ſich zu und ſtellt ſich bald zu einem Rohre her, das
nur noch an einer gewiſſen Stelle durch einen offenen Gang mit dem
Dotterſacke in Zuſammenhang ſteht. Indem ſich nun Darm- wie
Bauchwände gegen den Dotter hin mehr und mehr zuſammenſchließen,
bleibt endlich nur noch als letzter Zuſammenhang zwiſchen Embryo
und Dotter der Nabel übrig, der ſich erſt bei der Geburt vollſtändig
ſchließt. Mit dem Beginne des Darmſchluſſes dagegen tritt bei den

Figure 169. Fig. 1154. Fig. 1155. Fig. 1156.

Ein älterer Embryo, bei dem die Extremitäten und die Harnhaut zu
ſproffen heginnen, von der Seite. Fig. 1155. Der Kopf deſſelben, ſenkrecht
durchſchnitten, beſonders um das Verhältniß des mittleren Schädelbalkens zur
Kovfbeuge zu zeigen. Fig. 1156. Noch älterer Embryo von der Seite.


Reptilien, wie bei den übrigen höheren Wirbelthieren eine neue eigen-
thümliche Bildung ein, diejenige der Harnhaut oder Allantois.
[246] Es erhebt ſich nämlich von dem hinteren Körperende aus an der Stelle,
wo die Hinterfüße hervorſproſſen, ein kleines birnförmiges Bläschen,
welches eine Ausſtülpung der vorderen Darmwand darſtellt und raſch
nach vorn wächſt, indem es durch den von den Bauchwänden gebil-
deten Nabelring hindurchdringt und ſich nun über dem Amnios nach
und nach ausbreitet. Dieſer Harnſack wächſt nun immer mehr und
mehr vor und lagert ſich als ein weiter, mit Flüſſigkeit gefüllter

Figure 170. Fig. 1157. Fig. 1158. Fig. 1159.

Fig. 1157. Noch älteres Ei der Schildkröte. Der Harnſack liegt auf
dem mit parallelen Gefäßen ausgeſtatteten Dotterſacke und läßt die Gränze der
Schafhaut und das Auge des Embryos durchſcheinen. Fig. 1158. Der Em-
bryo von der Bauchſeite, nachdem Schafhaut und Harnhaut abgeſchnitten und
der Dotter entfernt iſt. Fig. 1159. Derſelbe Embryo von der Seite; Rücken-
und Bauchſchild ſind ſchon gebildet.


Beutel über den Embryo und deſſen Schafhaut her, dieſelbe nach und
nach gänzlich verdeckend. Während die Schafhaut gänzlich gefäßlos
iſt, ſo hat dieſe Harnhaut im Gegentheile eine große Anzahl von
Gefäßverzweigungen, welche eigentlich das Athmen des Embryos ver-
mitteln. Sie bleibt bei den Reptilien, ſo wie bei den Vögeln beſtän-
dig frei, während ſie bei den Säugethieren weſentlich zur Bildung
des Mutterkuchens beiträgt.


Betrachten wir nun die Bildung der Organe des Embryo’s im
Einzelnen, ſo zeigen ſich weſentliche Abweichungen von den bekannten
Klaſſen der Fiſche und Lurche, weniger in dem Gehirne und den Sin-
nesorganen, als in dem Skelette und den übrigen Eingeweiden. In
der Bildung des Schädels wird eine weſentliche Verſchiedenheit durch
die Exiſtenz der erwähnten Kopfbeuge hervorgerufen. Auch hier findet
ſich ein knorpeliger Urſchädel, in deſſen hinterem Theile das pfahlför-
[247] mige Ende der Chorda zwiſchen den beiden Knorpelkapſeln der Gehör-
organe ſteckt, aber die ſeitlichen Schädelbalken, welche von dieſer Grund-
maſſe ausgehen, ſind nur kurz und das Loch, auf welchem der Hirnan-
hang ruht, faſt kreisrund. Unmittelbar hinter dem Rande dieſes Loches
erhebt ſich von dem Grunde aus gegen oben hin eine ſcharfe Knorpel-
leiſte, welche tief in die Baſis des Gehirnes eindringt und den hinte-
ren Theil ſcharf von dem vorderen, nach innen eingeknickten Hirntheile
trennt. Bei der ſpäteren Streckung der Schädelbaſis, welche die ur-
ſprüngliche Kopfbeuge nach und nach verſchwinden macht, geht auch
dieſer Fortſatz zu Grunde, bleibt aber doch theilweiſe als hintere Wand
des Türkenſattels beſtehen. Der knorpelige Urſchädel ſelbſt verſchwindet
an den Stellen, wo er nicht verknöchert ſehr bald und wird hier durch
die Deckplatten erſetzt, deren Struktur bei dem Erwachſenen wir ſchon
erwähnten. Die Wirbel entſtehen ebenfalls auf andere Weiſe, als bei
den Fiſchen und Lurchen; zwar gewahrt man wie bei dieſen eine dünne
Scheide, welche den knorpeligen Kern der Chorda einſchließt, die erſten
Anlagen der Wirbelkörper erſcheinen aber nicht als Ringe, ſondern
vielmehr als quadratiſche Täfelchen, welche zu beiden Seiten der Wir-
belſaite ſich hinziehen und aus einer dunkleren Maſſe gebildet ſind, ſo
daß ſie durch die zarten Leibeswandungen hindurch ſchimmern. Dieſe
Täfelchen greifen anfangs nur von oben her über die Wirbelſaite
herum, ſchließen ſich aber ſpäter dennoch vollſtändig zuſammen und
geſtalten ſich allmälig zu den Wirbelkörpern um, während die Chorda
ſehr bald ſchwindet und zwar von dem Halſe gegen den Schwanz hin,
ſo daß an dem hinteren Ende des Körpers noch am letzten Rudimente
von ihr ſichtbar ſind. Die Gliedmaſſen ſproſſen in ähnlicher Weiſe,
wie bei den Lurchen und Fiſchen, in Form platter Floſſenſtummel
hervor, die ſich erſt nach und nach differenziren. Ihre erſten Anlagen
finden ſich ſogar bei den gliedmaſſenloſen Schlangen und Eidechſen,
bilden ſich aber dann ſehr ſchnell zurück, ſo daß ſpäter keine Spur mehr
von ihnen ſichtbar iſt. Eine beſondere Modifikation in der Bildung
des Skelettes zeigen noch namentlich die Schildkröten. Die jungen
Embryonen derſelben gleichen durchaus denen der übrigen Reptilien
und zeigen keine Spur jener ſchildförmigen Verbreiterung, durch welche
ſich dieſe Ordnung ſo ſehr auszeichnet. Die Rippen erſcheinen in
ihrer erſten Anlage vollkommen ſtabförmig, wachſen aber dann auffal-
lend in die Breite, bis ſie mit einander zuſammenſtoßen und ſo das
durch zackige Nähte verbundene Rückenſchild darſtellen. An die Enden
dieſer Rippen ſchließen ſich dann beſondere Knochentafeln an, welche
den Saum des Rückenſchildes und auf der Bauchfläche das Bauchſchild
[248] bilden. In der Nähe des Wirbelkörpers aber wächſt ein beſonderer
Fortſatz aus der Rippe hervor, der ſich nach oben um die Rücken-
muskeln herumwölbt, an den Dornfortſatz des Wirbelkörpers anſchließt
und ſo den Anſchein giebt, als ſei das Rückenſchild aus einer Ver-
einigung von Hautknochen und inneren Knochen gebildet. Die Kie-
menbogen der Embryonen verdienen ebenfalls noch eine beſondere
Erwähnung. Sobald ſich der untere Theil des Kopfes gegen den
Dotter hin abgeſchloſſen hat, ſo ſieht man zu beiden Seiten des Halſes
in der Gegend unter dem Ohrbläschen rißartige Spalten, welche
durch fingerförmige Fortſätze feſterer Subſtanz getrennt ſind. Dieſe
fingerförmigen Bogenſtücke, welche von beiden Seiten des Halſes her
nach unten gegen das Herz hin ſich einkrümmen, ſind die Kiemen- oder
Visceralbogen. Die Kiemenarterie vertheilt ſich in ebenſo viel Aeſte,
als Bogen vorhanden ſind, und dieſe Gefäßbogen vereinigen ſich unter
der Wirbelſaite zu der Aorta. Sieht man alſo von den Kiemenfranzen
und der ganzen Athemfunktion der Kiemen ab, ſo entſprechen dieſe
Bogen in Lagerung und Form durchaus den Kiemenbogen der niederen
Wirbelthiere, unterſcheiden ſich aber von ihnen eben durch dieſen
Mangel der Athemfunktion oder jeder phyſiologiſchen Funktion über-
haupt. Während der Stoffwechſel, auf dem die Athmung beruht, bei
den Embryonen und Larven der niederen Wirbelthiere in den Kiemen-
franzen vor ſich geht, geſchieht er hier in den Gefäßverzweigungen
der Harnhaut, welche zu dieſem Zwecke von dem Embryo gebildet
wird. Im Laufe der Entwickelung verſchwinden dieſe Kiemenbogen
wieder völlig, indem die hinteren Spalten ganz zuwachſen, die vorderen
theilweiſe an der Bildung des mittleren Ohres theilnehmen und die
ihnen entſprechenden Kiemenbogen ſich in den Unterkiefer, das Zun-
genbein und die Kehlkopfgebilde umwandeln.


Gegen das Ende der Entwickelung hin findet man in dem Eie
den Embryo von ſeinem Amnios eingehüllt und an der Bauchfläche
die Nabelöffnung zeigend, aus welcher der Reſt des Dotters als birn-
förmige mit mehr oder minder langem Stiele verſehene Blaſe und der
weite Umhüllungsſack der Harnhaut hervorgeht. Der Dottergang
ſchließt ſich bald vollſtändig ab, ebenſo der Stiel des Harnſackes,
deſſen Gefäſſe nur noch übrig bleiben. Der Embryo durchbricht nun
die Schafhaut und dann die Eiſchale, wozu ihm bei vielen Arten ein
eigenthümlicher ſcharfer unpaarer Zahn dient, der aus dem Zwiſchen-
kiefer hervorwächſt und ſpäter verſchwindet. Nach der Geburt
ſchrumpfen die Gefäſſe des Harnſackes ein, indem die Lunge die Athem-
[249] funktion übernimmt und der Nabel vernarbt bald gänzlich, ohne eine
Spur zu hinterlaſſen.


Viele Reptilien, wie die meiſten Schildkröten, die Seeſchlangen,
ſind vermöge der Organiſation ihrer Bewegungswerkzeuge lediglich
auf das Waſſer angewieſen und verlaſſen daſſelbe nur, um ihre Eier
auf dem feſten Lande abzulegen. Es iſt namentlich von den Schild-
kröten bekannt, daß gewiſſe Sandbänke ihnen zum allgemeinen Rendez-
vous dienen, wo dann das Einſammeln der Millionen Eier einen
beſonderen Erwerbszweig für die Anwohner zur Laichzeit bildet. An-
dere, worunter namentlich viele Schlangen, halten ſich gern an feuchten
Orten und in der Nähe des Waſſers auf, oder lauern auch im Waſſer
ſelbſt auf ihre Beute. Die meiſten Eidechſen und einige Schlangen
hingegen ziehen trockenes Land vor, bergen ſich in Erdlöchern und
jagen theils auf dem Boden, theils auch auf den Bäumen. Die klei-
neren Arten nähren ſich vorzugsweiſe von Inſekten, während die großen
gefährliche Raubthiere ſind und einige Arten ſogar den Menſchen an-
fallen. Man will in dem ſüdlichen Amerika die Beobachtung gemacht
haben, daß dieſelbe Art von Krokodilen, die in den großen Flüſſen
und den Lagunen wimmeln, in dem einen Fluſſe durchaus unſchädlich
iſt, ja ſogar den Menſchen flieht, während ſie in dem anderen ihn mit
Hartnäckigkeit angreift und verfolgt. Die Reptilien ſind vorzugsweiſe
Bewohner heißer Länder. Die Zahl ihrer Arten, die Mannigfaltig-
keit ihrer Formen, ſo wie die Größe der Typen nimmt mit ſchnellen
Schritten zu, je mehr man ſich dem Aequator nähert. Die Krokodile
ſind gänzlich auf die heiße Zone eingeſchränkt; ihr nördlichſter Ver-
breitungsbezirk iſt auf unſerem Kontinente der Nil, auf dem amerika-
niſchen Florida und Texas. Von den Schildkröten geht nur eine
Art, die europäiſche Sumpfſchildkröte, bis zu den Ufern des baltiſchen
Meeres, während ſonſt das Mittelmeer der Ordnung ihr Ziel ſteckt.
Am weiteſten nach Norden verbreiten ſich noch Schlangen und ſchlan-
genähnliche Eidechſen, Otter und Blindſchleiche, welche bis nach
Schweden hinauf ſich ausdehnen, Die kletternden Arten der Schlan-
gen und Eidechſen ſind lediglich auf die wärmeren Zonen beſchränkt.


Die geologiſche Entwicklung dieſer Klaſſe iſt um ſo intereſſanter,
als ähnlich wie bei den Fiſchen in den foſſilen Formen eine Reihe
von Typen auftreten, welche jetzt vollſtändig verſchwunden ſind. Sie
beginnen mit echten Eidechſen im Kupferſchiefergebirge, zu denen dann
in der Trias ſich die ſonderbaren Formen der älteren Meerdrachen
[250] geſellen. Im Jura werden die Typen häufiger; die Schildkröten, die
Großechſen, die Flugechſen, die Krokodile und jüngeren Meerdrachen
entfalten hier ihre oft gigantiſchen Formen, ſo daß man nicht mit
unrecht den Jura das Reich der Reptilien genannt hat. Auch in der
Kreide erhalten ſich noch einige gigantiſche Formen der Eidechſen. In
dem Tertiärgebirge aber, in welchem zuerſt die Ueberreſte ächter Schlan-
gen auftreten, iſt alles auf das jetzt gewöhnliche Maß zurückgebracht
und die Seedrachen gänzlich verſchwunden, nachdem ſie ſchon in der
Kreide nur ſehr geringe Repräſentanten aufgezeigt hatten. Unter den
jetzigen Reptilien ſind nur einige Schildkröten auf das Meer ange-
wieſen, während im Jura und in der Trias die mit Floſſenfüßen
verſehenen Drachen nur das Meer bewohnten und ſich, wie die ver-
ſteinerten Ueberreſte ihrer Nahrung lehren, von Fiſchen nährten.


Schon früher wurde angeführt, daß die Art und Weiſe der Auf-
faſſung der Charaktere lange Zeit bei denjenigen Thieren, welche die
beiden Klaſſen der Amphibien und Reptilien zuſammenſetzen, eine
äußerſt verfehlte war und daß es vielfacher Anſtrengungen bedurfte,
um die großen Unterſchiede der Organiſation, welche zwiſchen den ver-
ſchiedenen vierfüßigen Gattungen dieſer Thiere exiſtiren, auch durch
die Claſſifikation entſprechend auszudrücken. Man konnte ſich nur
ſchwer entſchließen, die Salamander und Molche von den Eidechſen
zu trennen, mit denen ſie doch nur in der äußeren Körpergeſtalt einige
entfernte Aehnlichkeit beſitzen; und auch jetzt noch iſt es trotz aller
Kenntniß der inneren Organiſation und der Entwicklungsgeſchichte
noch nicht gelungen, den konſervativen Troß der meiſten und beſonders
der deutſchen Naturforſcher zu überzeugen, daß man endlich einmal
die alte Leier von den vier Wirbelthierklaſſen aufgeben und die Am-
phibien und Reptilien als zwei ſtreng geſonderte Klaſſen hinſtellen
müſſe. Es kann bei dieſem Stande der Sache auch nicht befremden,
daß die großen und wichtigen Unterſchiede, welche zwiſchen einzelnen
Gruppen der Reptilien ſelbſt vorhanden ſind, noch nicht in entſpre-
chender Weiſe durch die Claſſifikation anerkannt wurden, da man einer-
ſeits zu hartnäckig an dem Hergebrachten feſthielt und andererſeits die
Berückſichtigung der Foſſilen zurückwies, die gerade bei dieſer an Ge-
ſtalt und Organiſation ſo wechſelnden Klaſſe von ganz beſonderer
Erheblichkeit ſein mußten.


Betrachtet man die äußere Körperform, ſo ſcheinen ſich bei dem
erſten flüchtigen Ueberblicke drei Hauptgruppen in der Klaſſe der Rep-
[251] tilien zu ergeben: Schlangen mit wurmförmigem Körper ohne Glied-
maſſen, Eidechſen mit ſchlankem geſtrecktem Körper und vier Füßen,
Schildkröten mit breitem in eine Knochenſchale eingeſchloſſenem Leibe.
Bei näherer Unterſuchung aber zeigt ſich, daß die Scheidelinie zwiſchen
Schlangen und Eidechſen in dieſer Weiſe und nach dieſen Charakteren
gezogen eine durchaus willkürliche iſt und daß man, wenn man die
Charaktere der inneren Organiſation, die Bildung des Unterkiefers
und ſeiner Gelenke und die der Rippen ins Auge faßt, anerkennen
muß, daß es echte Eidechſen ohne Füße, wie z. B. unſere Blind-
ſchleichen, und echte Schlangen mit rudimentären Füßen, wie die Boa’s
und Rieſenſchlangen, giebt. Durch ebenſo beſtimmte Charaktere unter-
ſcheiden ſich einerſeits die Krokodile und andererſeits die Eidechſen von
einander, obgleich man bisher ſtets nur die Krokodile als eine Familie
oder höchſtens als eine Unterordnung der Eidechſen aufgefaßt hat,
während ſie doch durch viele Verhältniſſe der inneren Organiſation
ſich ſogar näher an die Schildkröten, als an die Eidechſen anſchließen.
Wir erkennen zuvörderſt in der Klaſſe der Reptilien zwei einander
gegenüber ſtehende Reihen, die ſich leicht durch äußere Charaktere un-
terſcheiden laſſen, und deren jede wieder aus zwei ſcharf getrennten
Ordnungen beſteht. Bei der einen Reihe, die durch die Schlangen
(Ophidia) und die Eidechſen(Sauria) gebildet wird, ſtellt ſich der
After als eine Querſpalte dar, welche meiſt mit einer ſchildförmigen
Klappe verſchloſſen werden kann, und bei den Männchen finden ſich
zwei Ruthen, die hinter dem After in der Schwanzwurzel verborgen
liegen und aus demſelben hervorgeſtülpt werden können, wo ſie ſich in
ähnlicher Weiſe, wie ein Handſchuhfinger, umdrehen. Bei den Pan-
zerechſen (Loricata)
und den Schildkröten (Chelonia) hin-
gegen, welche die andere Reihe zuſammenſetzen, bildet der After eine
Längsſpalte und das männliche Begattungsorgan, das nur einfach iſt,
liegt innerhalb der Kloake an der Vorderwand derſelben und nicht an
der Baſis des Schwanzes außerhalb der Kloake, wie bei der vorigen
Reihe.


[252]

Reihe der Reptilien mit querem After und doppelter Ruthe.


Ordnung der Schlangen. (Ophidia.)

Die Thiere, welche dieſe Ordnung zuſammenſetzen, ſind der gifti-
gen Eigenſchaften einiger Familien wegen ein Gegenſtand allgemeinen
Schreckens und Abſcheues, und werden ſogar in unſeren Gegenden,
die doch nur eine einzige giftige Art beſitzen, die übrigen unſchuldigen,
ja ſelbſt nützlichen Gattungen derſelben mit einer Art von Wuth ver-
folgt. Der Körper der Schlangen iſt bekanntlich lang geſtreckt,
wurmförmig, meiſt ohne deutlich abgeſetzten Schwanz und Hals, der
Kopf jedoch in der Regel breiter, als der übrige Körper und deutlich
in ſeiner Ausdehnung erkennbar. Dieſer lang geſtreckte Körper iſt
bei den Schlangen ganz allgemein in eine feſte Haut eingehüllt, der
man gewiſſermaßen mit Unrecht den Namen einer Schuppenhaut gege-
ben hat, während doch in der That dieſe Haut ein durchaus zuſam-
menhängendes Ganze bildet, die deutlich aus einer Lederhaut und
einer darüberliegenden Epidermis beſteht. Die Lederhaut iſt nicht
gleichförmig dick und eben, ſondern an einzelnen Stellen verdickt und
der Rand dieſer Stellen frei umgeſchlagen, ſo daß Falten gebildet
werden, welches das Anſehen von dachziegelförmig über einander lie-
genden Schuppen haben; indem nun die Oberhaut ebenfalls dieſen
Duplikaturen der Lederhaut folgt und ſich an den freiliegenden Stellen
verdickt, während ſie da dünner wird, wo ſie in die Falten eingeht,
treten dieſe Schuppen noch deutlicher hervor. Man unterſcheidet
der Geſtalt nach Schuppen, die länger als breit ſind, oft auf
ihrer Mitte einen Kiel tragen und vorzugsweiſe auf der Rücken-
fläche des Thieres entwickelt erſcheinen und Schilder von meiſt ſechs-
oder viereckiger Geſtalt, gewöhnlich länger als breit, die vorzugsweiſe
auf der Bauchſeite und an dem Kopfe ſich ausbilden. Die Oberhaut
wird ſtets von den Schlangen im Ganzen abgeſtreift und zeigt ſich
dann als eine vollkommen farbloſe, ſcheinbar ſtrukturloſe Haut, welche
alle Skulpturen der Oberfläche erhalten zeigt. Dieſer Hautwechſel
geſchieht mehrmals im Jahre nach kurzem Unwohlſeyn des Thieres,
das nachher gern frißt und glänzendere Farben zeigt. Der Kopf
der Schlangen iſt im Allgemeinen abgeplattet, mehr oder minder drei-
eckig und der Rachen ungeheuer weit geſpalten, ſo ſelbſt daß dieſe
[253] Spalte oft über die hintere Gränze des Kopfes hinaus zu gehen ſcheint.
Die Naſenlöcher liegen ſtets vorn am Kopfe, oft ganz an der Spitze
der Schnauze, die gewöhnlich runden oder längs ovalen Augen etwa
in der Mitte der Schnauzenſpalte ganz auf der Seite und dem Kie-
ferrande ſehr genähert. Der bewegliche Augapfel, deſſen Pupille bei
den nächtlichen Gattungen meiſt ſenkrecht geſpalten, bei den übrigen
rund iſt, zeigt keine Augenlider, ſondern wird von der durchſichtigen
Haut überzogen, die in ähnlicher Weiſe wie ein Uhrglas in einem
Falze der runden Augenhöhle eingeheftet iſt und eine Kapſel bildet,
welche durch einen weiten Gang, den Thränenkanal, nach innen mit
der Naſenhöhle in Verbindung ſteht. Das Auge der Schlangen hat
hierdurch ein gläſernes unheimliches Anſehen.


Einen weſentlichen Charakter für die ganze Ordnung der Schlan-

Figure 171. Fig. 1160.

Schädel der Klapperſchlange (Crotalus) von der Seite,
um das ſtabförmige, lange, an dem beweglichen Zitzen-
bein (23) befeſtigte Quadratbein (26) zu zeigen.


gen findet man in der
Struktur des knöchernen
Gerüſtes, welches den
Antlitztheil des Schädels
bildet. Bei den meiſten
Schlangen nämlich iſt
das Oberkiefergerüſte
durchaus beweglich ge-
worden; ‒ der Zwiſchen-
kiefer freilich hängt feſt
mit den Naſenbeinen zu-
ſammen; dagegen ſind
die Oberkiefer-, die Flü-
gel- und Gaumenbeine durchaus beweglich und können ſowohl nach
den Seiten, als auch nach vorn und hinten geſchoben werden. Eine
ebenſo große Beweglichkeit iſt in dem Unterkieferapparate hergeſtellt;
das lange ſchuppenförmige Zitzenbein hängt nur durch Bänder und
Muskeln mit dem Schädel zuſammen und trägt an ſeinem Ende das
lange, ſtabförmige, meiſt ſchief nach hinten gerichtete Quadratbein, an
welchem der Unterkiefer eingelenkt iſt. Dieſer ſelbſt beſteht aus zwei
völlig getrennten, ſtabförmigen, nur wenig gebogenen Hälften, die
vorn entweder gar nicht oder nur durch laxe Sehnenfaſern mit ein-
ander verbunden ſind und deren Trennung auch gewöhnlich durch die
ſogenannte Kinnfurche an der Unterfläche des Kopfes ausgedrückt iſt.
Durch dieſe Einrichtung iſt der ganze Unterkieferapparat einer enormen
Erweiterung fähig, indem jeder Unterkieferaſt aus drei durch laxe
[254] Gelenke verbundenen, ſtabförmigen Knochen beſteht, die ſelbſt wieder
nach beiden Seiten hin aus einander weichen können.


Die Bezahnung der Schlangen iſt je nach den verſchiedenen
Familien ſehr verſchieden. Niemals kommen andere, als echte Haken-
zähne vor, die zuweilen ſehr groß, immer aber ſpitz, nach hinten ge-
krümmt und nur zum Feſthalten der Beute, nicht einmal zum Zer-
reißen und noch weniger zum Kauen derſelben dienen. Gewöhnlich
bilden dieſe Zähne einen ſcheinbar ſoliden Kegel aus harter Zahnſub-
ſtanz mit dünnem Email bekleidet; bei den verdächtigen und giftigen
Schlangen aber kommen theils rinnenförmige, theils hohle Zähne vor,
welche zur Ableitung des Sekretes eigenthümlicher Speicheldrüſen die-
nen. Manchmal erſcheinen dieſe Zähne nur auf der Fläche gefurcht,
in anderen Fällen aber vertieft ſich dieſe Hohlkehle bedeutend und die
beiden Ränder der Furche wölben ſich ſo zuſammen, daß ein Kanal
entſteht, der ſich an der Spitze des Zahnes öffnet und ſeiner ganzen
Länge nach durch einen feinen Schlitz geöffnet iſt; bei den echten Gift-
ſchlangen endlich, bei den Ottern, ſchließt ſich dieſer Schlitz völlig und
der Giftzahn ſtellt nun einen ſpitzen, hohlen, ſäbelförmig gekrümmten
Kegel dar, an deſſen Spitze ſich eine feine Spaltöffnung zeigt, durch
welche das Gift beim Biſſe ſich ergießt. Nach dieſer Beſchaffenheit
der Zähne richtet ſich auch der Bau des Oberkieferapparates. Bei
den ungefährlichen Schangen mit ganzen ſoliden Zähnen ſind die
Oberkiefer ſehr lang und mit einer ununterbrochenen Reihe von Zähnen
beſetzt, auf welche ein zweiter Zahnbogen nach innen folgt, der von den in
den Gaumenbeinen eingepflanzten Zähnen gebildet wird, da die Gau-
menbeine faſt bei allen Schlangen zahntragend ſind; bei den Trugſchlan-
gen mit gefurchten Zähnen iſt der Oberkiefer ſchon kürzer, in ſeinem
vorderen Theile mit kleinen Hakenzähnen und hinten mit den großen
Rinnenzähnen bewaffnet; bei den unechten Giftſchlangen oder den
Nattern iſt der Oberkiefer nur kurz und trägt hinter den großen
geſchlitzten Giftzähnen einige kleine ſolide Hakenzähne; bei den Ottern
endlich iſt der Oberkiefer auf ein ganz kurzes Knöchelchen reduzirt
und nur mit hohlen, ungeſchlitzten Giftzähnen beſetzt.


Alle Schlangen nähren ſich nur von lebenden Thieren, und die
eben geſchilderte Einrichtung ihres Kieferapparates bringt es mit ſich,
daß ſie ihre Beute nur in einem Stücke hinabſchlingen können; ſie
überfallen dieſelbe im Schuſſe und die giftigen verſetzen ihr nur einen
Biß, nachher ruhig die Wirkung des Giftes erwartend, während die
anderen ihre Beute umſchlingen und durch Umwicklungen erſticken;
[255] lebenszähere Thiere werden ſogar noch lebend verſchluckt. Die Arbeit
des Schlingens iſt bei größeren Thieren eine ungemein mühſame; der
Rachen der Schlange erweitert ſich nach und nach in ungeheuerem
Maße, die Unterkieferäſte ſpreitzen ſich auseinander, ſo weit es nur
irgend möglich iſt, zwiſchen ihnen ſchiebt ſich, da die Arbeit oft ſtun-
denlang dauert, der ſtielförmige Kehlkopf hervor, um die Athmung zu
unterhalten; die bedeutend entwickelten Speicheldrüſen ergießen ihr
Sekret, das den ganzen Biſſen ſchlüpfrig macht, und ſo zieht ſich nach
und nach der Kopf der Schlange über den Leichnam des Thieres
weg, bis dieſer gänzlich in dem weiten Rachen und in der Speiſeröhre
verſchwunden iſt. Die Verdauung geht äußerſt langſam vor ſich, iſt
aber ſo aktiv, daß nur höchſtens einige Hornreſte des Thieres durch
den After entleert werden. Das was man gewöhnlich Schlangenkoth
nennt, iſt der als halbweiche Maſſe entleerte Urin, der faſt nur aus
Harnſäure beſteht. Die meiſten Schlangen brauchen ein bis zwei
Monate, bevor ſie nach einer vollſtändig ſättigenden Mahlzeit eine
andere einnehmen.


Eigentliche Bewegungsorgane fehlen den Schlangen ganz; von
vorderen Extremitäten, von einem Schultergürtel und einem Bruſt-
beine zeigt ſich keine Spur; bei einigen Familien dagegen kommen
Spuren der hinteren Extremitäten vor, die indeß durchaus rudimentär
ſind, aus einem oder mehreren kleinen Knöchelchen beſtehen, von denen
die inneren dem Becken, die äußeren, wenn ſie vorhanden ſind, den
Extremitätenknochen entſprechen und die zuweilen einen klauenförmigen
Nagel tragen, der zur Seite des Afters kaum vorſtehend ſich zeigt.
Zum Erſatz für dieſen Mangel der Extremitäten iſt dagegen die Be-
weglichkeit der Wirbelſäule außerordentlich groß; — die Wirbel ſind
durch förmliche Kugelgelenke mit einander verbunden, indem ſtets der
Gelenkknopf des vorhergehenden Wirbels in einer runden Pfanne des
folgenden ſpielt; die Rippen ſind ebenſo durch Kugelgelenke mit den
Wirbelkörpern verbunden und bilden ebenſo viele ſtabförmige Bewe-
gungshebel, deren jeder einen äußerſt entwickelten Muskelapparat be-
ſitzt, wodurch jede Rippe leicht nach allen Seiten hin bewegt werden
kann. Die Schlange läuft gewiſſermaßen, indem ſie vorwärts gleitet,
auf den unter der Haut verborgenen Spitzen ihrer zahlreichen Rippen.
Auch tragen alle Wirbel, von dem erſten an bis zu denen des
Schwanzes, ausgebildete Rippen, die nur vorn etwas kleiner ſind, ſo
daß in Wahrheit keine Halswirbel exiſtiren. Ein Bruſtbein fehlt unter
allen Umſtänden, da die Enden aller Rippen vollſtändig frei ſind.


[256]

Bei der langgeſtreckten Form des Körpers kann es nicht ver-
wundern, daß alle Eingeweide dieſelbe Geſtalt annehmen. Die Zunge
iſt ſehr lang, dünn, hornartig, in einer eigenen Scheide verborgen
und an ihrer Spitze in zwei ſpitze Hälften geſpalten, die hauptſächlich
als Taſtorgan zu dienen ſcheinen. Meiſt findet ſich auch bei ganz
geſchloſſenem Maule ein Ausſchnitt im Oberkiefer, durch welchen die
Zunge, welche ſich ſtets lebhaft bewegt, hervorgeſtreckt wird. Der
Schlund iſt lang, äußerſt muskulös; der Magen geſtreckt, ſackartig,
bedeutender Erweiterung fähig; der Darm verhältnißmäßig kurz und
nur wenig gewunden. Gewöhnlich iſt nur eine und zwar die linke
Lunge in Form eines langen, innen zelligen Sackes entwickelt, die
rechte dagegen ganz rudimentär; — die Luftröhre iſt ſehr lang und
oft ſchon in ihrer ganzen Länge mit Zellen beſetzt; ſehr lang geſtreckt
ſind Nieren und Eierſtöcke oder Hoden; die beiden in der Schwanz-
wurzel verborgenen Ruthen laſſen meiſt dieſen Theil des Männchens
etwas dicker erſcheinen. Indem wir hauptſächlich die Bezahnung und
die damit zuſammenhängenden charakteriſtiſchen Eigenthümlichkeiten des
Skelettes in das Auge faſſen, erhalten wir folgende Unterordnungen
und Familien.


Unterordnung der Giftſchlangen (Venenosa). Der Kopf
dieſer Thiere iſt meiſt mehr oder minder dreieckig mit abgeſtumpfter
Schnauze und ſtark vorſtehenden Winkeln, die gewöhnlich von dem
Halſe deutlich abgeſetzt erſcheinen. Der Rachen iſt ungemein weit ge-
ſpalten. Der Oberkiefer, der bald ziemlich lang, bald durchaus ru-
dimentär iſt, trägt jederſeits vorn einen einzigen großen, ſpitzen
Hakenzahn, der durch beſondere Muskeln nach hinten in den Rachen
zurückgelegt oder nach vorn geſtellt werden kann und einen bald ge-
ſchlitzten, bald gänzlich geſchloſſenen Kanal enthält, durch welchen das

Figure 172. Fig. 1161.

Kopf einer Klapperſchlange (Crotalus).
Die Haut der Wange iſt abgezogen, um den Gift-
apparat zu zeigen. n Naſenloch, darunter die eigen-


Gift beim Biße abfließt.
Der geſammte Giftap-
parat hat folgende
Struktur: Hinter den
Augen, zum Theile noch
unter denſelben, in dem
Raume zwiſchen Ober-
kiefer und Quadratbein,
liegt eine bedeutende
Drüſe, die ſich in einigen
Fällen ſogar weit nach
hinten über die Rippen
[257]

thümliche Kiefergrube. v Giftdrüſe, von der muskulöſen
Sehnenhaut umgeben, die ſich in den Ausführungsgang
fortſetzt und in den Giftzahn c öffnet. m Beißmuskel,
zum Theil die Giftdrüſe bedeckend und ſie zuſammen-
drückend. s Speicheldrüſen am Mundrande.


hinaus erſtreckt und von
ſehnigen Muskelhäuten
eingehüllt wird, die eben-
ſo, wie der Kaumuskel,
die Drüſe zuſammendrücken können. Der Ausführungsgang der Drüſe,
der ſich zuweilen ſackförmig erweitert und ſtets circuläre Muskelfaſern
hat, mündet in das Wurzelloch des Giftzahnes, ſo daß der Kanal
des Zahnes nur die weitere Fortſetzung dieſes Ausführungsganges iſt.
Bei dem Biſſe richtet die Schlange die beiden Giftzähne auf und
ſpritzt in dem Augenblicke, wo der ſcharfe Zahn die Haut aufreißt,
das Gift in die Wunde; dieſes letztere wirkt durchaus nur, wenn es
unmittelbar in das Blut gebracht wird, zerſetzt aber dann auch das-
ſelbe mit ſolcher Schnelligkeit, daß in heißen Ländern der Biß großer
Giftſchlangen, deren Drüſen voll ſind, faſt unrettbar den Tod herbei-
führt, während in kälterer Jahreszeit bei kleineren Schlangen, oder
nach Erſchöpfung derſelben der Biß oft ganz ungefährlich bleibt. Die
Mittel zur Heilung des Schlangenbiſſes laufen alle darauf hinaus,
entweder die Aufnahme des Giftes in den Strom der Circulation zu
verhüten oder wenn dieſes nicht mehr möglich ſein ſollte, durch ener-
giſche, ſchweißtreibende Mittel dem fauligen Zerſetzungsfieber, welches
die Auflöſung des Organismus herbeiführt, Einhalt zu thun. Zu
den Mitteln erſter Art gehört das augenblickliche Ausſaugen der Wunde
mittelſt Schröpfköpfen oder mit dem Munde, wozu es durchaus keines
Heroismus bedarf, da es ebenſo unſchädlich iſt, als das Saugen an einem
Finger; das Ausſchneiden in weitem Umfange und ſtarke Ausbluten-
laſſen mit ſteter Ausſpülung der Wunde; das Ausbrennen oder Aetzen
derſelben mit Salmiakgeiſt u. ſ. w. Zu den letzteren die Abgüſſe der
verſchiedenen Pflanzen, welche man am meiſten in heißen Ländern
empfohlen hat. Wir unterſcheiden unter den Familien, welche wahre
Giftzähne haben, zwei Gruppen: die Ottern mit rudimentärem
Oberkiefer, der nur Giftzähne trägt, welche einen vollkommen geſchloſ-
ſenen Kanal haben, und die Giftnattern, bei welchen der Ober-
kiefer mehr entwickelt iſt und einige ſolide Hakenzähne hinter den
großen Giftzähnen trägt, deren Kanal auf der convexen Seite des
Zahnes fein geſchlitzt iſt.


Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 17
[258]
Reihe der Ottern.

Die Familie der Grubenottern(Crotalida) beſitzt einen breiten,

Figure 173. Fig. 1162.

Die gemeine Klapperſchlange (Crotalus
horridus)
.


dreieckigen Kopf, der entweder in
ſeiner ganzen Ausdehnung oder doch
an ſeinem größten hinteren Theile
vollkommen beſchuppt iſt und nur
ſeitlich und an der Schnauzenſpitze
Schildchen zeigt. Unter dem Na-
ſenloche, das ſeitlich an der Schnau-
zenſpitze ſteht, findet ſich unmittel-
bar über dem Oberkieferrande eine
tiefe, ſackförmige, blinde Grube, die
mit Schildchen ausgekleidet iſt und
deren Bedeutung durchaus räthſel-
haft bleibt. Die Pupille des ziemlich
großen, runden Auges bildet eine
ſenkrechte Spalte. Die Giftzähne
ſind ungemein groß, an der Spitze
ſchwach S förmig gekrümmt; in den
Gaumenbeinen und den Unterkie-
fern ſtehen nur wenige kurze Hakenzähne, deren Spitzen kaum aus
dem Zahnfleiſche hervorragen. Die Unterfläche des Leibes iſt mit
Schildern beſetzt, die an dem Schwanze bald einfach, bald paarweiſe
geordnet ſind. Die meiſten Arten dieſer Familien bewohnen Amerika,
einige auch Aſien und viele erreichen eine Länge von 6 Fuß und
darüber; es ſind die giftigſten Schlangen, deren Biß bei ihrer Größe
meiſt unrettbar tödtlich iſt. Die Klapperſchlangen (Crotalus), welche
in mehreren Arten über den ganzen amerikaniſchen Continent verbrei-
tet ſind und durch die eigenthümliche Hornraſſel ſich auszeichnen, welche
ſich an ihrem Schwanze befindet, und die Lanzenſchlangen (Trigono-
cephalus)
gehören dieſer Familie an. Die Klapperſchlangen, welche
weit nach Norden hinaufgehen, werden dem Menſchen ſelten gefähr-
lich, da ſie äußerſt träge und auch unbehülfliche Thiere ſind, welche
nur dann beißen, wenn ſie unmittelbar angegriffen werden; dagegen
ſind die Lanzenſchlangen ſehr gefährlich, da ſie äußerſt agil und zor-
nig ſind und ſogar nicht ſelten ihre Beute mit großer Schnelligkeit
in weitem Sprüngen verfolgen. Trigonocephalus; Lachesis; Crotalus;
Cophias; Bothrops; Tisiphone; Atropos
.


[259]

Die Familie der Ottern(Viperida) hat mit den vorigen den

Figure 174. Fig. 1163.

Kopf der Kreuzotter (Pelias
berus)
, ron oben geſehen.


breiten ſtumpfen Kopf, den plumpen Körper,
den kurzen Schwanz und die meiſt ſtark ge-
kielten Schuppen gemein, unterſcheidet ſich aber
durch den Mangel der charakteriſtiſchen Grube
unter den Naſenlöchern. Der Kopf iſt bald
durchgängig geſchuppt, bald vorn mit kleinen
Schildchen bekleidet. Die gewöhnliche Kreuz-
otter, welche bis hoch nach Schweden hinauf-
geht und in manchen ſumpfigen Gegenden
Deutſchlands nicht ſelten iſt, gehört dieſer Fa-
milie an, welche nur den alten Continent be-
wohnt und deren verſchiedene Arten keine ſehr
bedeutende Größe erreichen. Pelias; Vipera;
Echis; Acanthophis
.


Reihe der Giftnattern mit bezahntem Oberkiefer.

Die Familie der Seeſchlangen(Hydrida) erreicht eine nur un-
bedeutende Länge von höchſtens vier Fuß, zeichnet ſich aber auf den
erſten Blick durch den kurzen Schwanz aus, der von der Seite zu-
ſammengedrückt und ſtark gekielt iſt, ſo daß er ein vertikal geſtelltes
Ruder darſtellt. Meiſt iſt auch der Leib ziemlich ſtark ſeitlich zuſam-
gedrückt oder gekielt und an der Bauchſeite ebenfalls mit Schuppen,
nur ſelten mit Schildchen bekleidet. Der ziemlich ſpitze Kopf iſt von
dem Halſe nicht abgeſetzt und größtentheils mit Schildern bedeckt; die
Naſenlöcher ſtehen oben auf der Schnauze, ziemlich nahe der Mittel-
linie und können mit einer Klappe verſchloſſen werden. Der Ober-
kiefer iſt ziemlich lang und trägt vorn die kurzen, unbeweglich feſt-
ſtehenden, auf der convexen Seite fein geſchlitzten Giftzähne, hinter
denen noch mehrere kleine volle Hakenzähne folgen. Die ſehr agilen
Schlangen finden ſich nur im indiſchen Oceane, beſonders im Sunda-
archipel, ſollen äußerſt giftig ſein und bald ſterben, wenn man ſie in
ſüßes Waſſer thut, eine Sage, die gar keinen Grund haben kann,
da es von einigen Arten bekannt iſt, daß ſie in die Mündungen der
Flüſſe kommen und außerdem nicht abzuſehen iſt, weßhalb ein Thier,
für welches das Meerwaſſer nur Aufenthaltsort, nicht aber Medium
der Athmung iſt, im ſüßen Waſſer ſterben ſoll. Hydrus; Hydrophis;
Pelamys; Platurus
.


17*
[260]

Die Familie der echten Giftnattern(Elapida) hat einen mit

Figure 175. Fig. 1164.

Die ägyptiſche Brillennatter (Naje haje).
(Aspic)
.


Schildern beſetzten, kurzen, rund-
lichen Kopf, der nur ſehr wenig
vom Halſe abgeſetzt iſt und die
Naſenlöcher zwar vorn an der
Schnauze aber ganz an dem ſeit-
lichen Rande trägt. Der Körper
iſt rundlich, der Rücken meiſt ſchwach
kielförmig erhoben, die Schuppen
faſt immer ungekielt, der Bauch mit
einfacher, die Unterfläche des Schwan-
zes gewöhnlich mit doppelter Schild-
reihe beſetzt. Die Giftzähne ſind,
wie bei den Seeſchlangen, kurz,
ſtark, unbeweglich, auf der con-
vexen Seite fein geſchlitzt; hinter
ihnen ſteht meiſt noch eine ganze
Reihe kleiner, ſolider Hakenzähne in
dem Unterkiefer. Die Schlangen dieſer Familie, zu welcher die Brillen-
nattern gehören, die ſich dadurch auszeichnen, daß ſie die Rippen des Hal-
ſes ſpreitzen und dieſen Theil hierdurch bedeutend aufblähen können, geben
den übrigen Giftſchlangen trotz der Kürze ihrer Zähne an Gefährlichkeit
des Biſſes durchaus nichts nach. Elaps; Aspidoclonion; Naja; Bungarus.


Figure 176. Fig. 1166. Fig. 1165.

Fig. 1165. Kopf von Dispholidus Lalandi (Dendrophis colubrina) von der Seite.
Fig. 1166. Die beiden hinteren Furchenzähne vergrößert.


Unterordnung der Trugnattern (Suspecta). Die Schlangen
dieſer Unterordnung haben einen langen, wohlausgebildeten Oberkie-
fer, der in ſeiner ganzen Ausdehnung mit Hakenzähnen beſetzt iſt, von
denen die vorderen ſtets ſolid, einer oder mehrere hintere dagegen,
welche die übrigen an Größe übertreffen, mit einer vorderen Furche
oder Rinne verſehen ſind und ſo das Ausſehen von Giftzähnen dar-
bieten. Trotz der Gegenwart dieſer Zähne finden ſich indeß in der
[261] That keine Giftdrüſen bei dieſen Schlangen vor, ſondern es iſt nur
der Saft der gewöhnlichen, freilich bedeutend entwickelten Speichel-
drüſen, welcher durch dieſe Zähne in die Mundhöhle abgeleitet wird.
Auch iſt durchaus kein Beiſpiel bekannt, daß ein Biß derſelben eine
giftige Wirkung gehabt hätte. Im Ganzen erſcheint die Organiſation
der Schlangen, welche dieſe Abtheilung zuſammenſetzen, ſo überein-
ſtimmend, daß es ſchwierig iſt, beſondere Familien aufzuſtellen, doch
kann man die Waſſernattern(Homalopsida) mit der Mittellinie ſehr
nahe gerückten, durch eine Klappe verſchließbaren Naſenlöchern, kleinen
Augen und aufwärts gezogener Rachenſpalte, die vorzugsweiſe im
Waſſer leben (Homalopsis), die Erdnattern(Coelopeltida) mit grö-
ßeren Fangzähnen, die bald im Oberkiefer, bald im Unterkiefer, bald
in beiden zugleich ſtehen (Coelopeltis; Psammophis; Herpetodryas;
Dipsas)
und die Baumnattern(Dryophida) mit langem, ſpitzem
Kopf und dünn peitſchenförmigem Körper unterſcheiden, indem die
Letzteren ſich noch beſonders dadurch auszeichnen, daß die Be-
zahnung ihres Unterkiefers hintereinander zwei Reihen von Zähnen
zeigt, die klein anfangen und mit großen Furchenzähnen enden, ſo
daß mitten und hinten im Oberkiefer größere Furchenzähne ſtehen.
Dryophis; Dendrophis.


Unterordnung der giftloſen Schlangen (Innocua). Der
auszeichnende Charakter dieſer Unterordnung, welche die größten und
ſtärkſten Schlangen enthält, liegt darin, daß alle Zähne gleichmäßig
gebildete, ſolide Hakenzähne ſind, welche im Oberkiefer zwei parallele
Reihen bilden, von denen die eine dem langen, die ganze Mundſpalte
begränzenden Oberkiefer, die innere den Gaumenbeinen angehört, wäh-
rend zugleich beide Unterkieferäſte mit einer dichten Reihe hakenförmi-
ger Zähne bewaffnet ſind. Die Geſichtsknochen bieten in ähnlicher
Weiſe, wie bei den vorigen Unterordnungen eine große Beweglichkeit
dar. Wir unterſcheiden folgende Familien:


Die Rattern(Colubrida), als deren Typus die in unſerer Ge-
gend ziemlich häufige, durchaus unſchuldige Ringelnatter dienen kann.
Die äußeren Charaktere dieſer Schlangen unterſcheiden ſie nur wenig
von den Giftnattern und Trugnattern, welche früher auch ganz all-
gemein unter dem Gattungsnamen Coluber aufgeführt wurden. Der
Kopf der Thiere iſt dreieckig, etwas zugeſpitzt, kaum von dem Halſe
abgeſetzt, mit Schildern beſetzt, unter denen ſich beſonders die Schil-
[262]

Figure 177. Fig. 1167. Fig. 1168. Fig. 1169

Kopf der Aesculapſchlange (Coluber Aesculapii), Fig. 1167. von oben, Fig. 1168. von
der Seite, Fig. 1169. von unten.


der zu beiden Seiten der Kinnfurche auszeichnen. Naſenlöcher und
Augen ſind klein, erſtere ſeitlich geſtellt, letztere mit runder Pupille
verſehen. Rücken und Seiten des Körpers mit dachziegelförmigen
Schuppen, der Bauch mit einfacher, die Unterſeite des Schwanzes
mit doppelter Schilderreihe beſetzt; der Oberkiefer iſt ſehr lang, der
Rachen ſehr weit geſpalten, die Zähne meiſt von gleicher oder nach
hinten abnehmender Länge; zuweilen finden ſich einige zu größeren
Fangzähnen ausgebildete Hakenzähne; die Stummeln der hinteren Ex-
tremitäten, ſo wie die Afterſpornen, welche deren Gegenwart bezeich-
nen, fehlen bei allen Gattungen dieſer Familie durchaus; der Zwi-
ſchenkiefer trägt niemals Zähne. Die zahlreichen Arten dieſer Familie
ſind über die ganze Erde verbreitet und leben meiſt auf der Erde,
theilweiſe auch in Sumpfgegenden, wo ſie ſich vorzüglich von kleinen
Säugethieren und Amphibien nähren. Tropidonotus; Coluber; Co-
ronella; Zacholus; Xenodon; Heterodon; Lycodon; Calamaria
.


Figure 178. Fig. 1170. Fig. 1171. Fig. 1172.

Fig. 1170. Kopf der Fetiſchſchlange (Boa Constrictor). Fig. 1171. Die Aftergegend
Fig. 1172. Das knöcherne Gerüſte der Fußſtummeln.


Familie der Rieſenſchlangen oder Stummelfüßer(Peropoda).
Der Kopf dieſer Schlangen iſt dreieckig, abgeplattet, meiſt vorn zuge-
[263] ſpitzt, hinten breit und gewöhnlich deutlich von dem Halſe abgeſetzt.
Der Rachen weit geſpalten, die beiden Kieferbogen und die Gaumen-
beine, zuweilen ſelbſt der Zwiſchenkiefer mit Zähnen beſetzt, die alle
derb und ihrer Größe nach ſo geordnet ſind, daß der zweite oder
dritte Zahn in der Reihe der größte iſt und die übrigen ſucceſſiv nach
hinten abnehmen. Die Flügelbeine ſind S förmig gekrümmt und nur
in ihrer vorderen Hälfte mit Zähnen beſetzt. Zu beiden Seiten des
Afters finden ſich zwei hornige ſtumpfe Klauen, welche das Rudiment
der hinteren Extremität beenden. Der Kopf iſt meiſtens mit Schil-
dern bekleidet, die Kehle dagegen mit Schuppen, ein weſentlicher Un-
terſchied von der vorigen Familie. Der Bauch zeigt Schilder, die
gewöhnlich einfach ſind, aber eine bedeutende Breite beſitzen, die
Unterfläche des Schwanzes zeigt gewöhnlich doppelte, ziemlich
ſchmale Schilder. Man kann in dieſer Familie einige Unterfamilien
unterſcheiden: Die Schlinger (Pythonida), welche hakenförmige
Fangzähne im Zwiſchenkiefer und auf der Außenſeite der Kieferſchilder
tiefe dreieckige Gruben zeigen (Python; Morelia; Nardoa). Die Kö-
nigsſchlangen (Boida)
ohne Zähne im Zwiſchenkiefer, ohne äu-
ßere Gruben an dem Maule, aber wie die vorigen mit weit geſpal-
tenem Rachen, ſcharf abgeſetztem Kopfe, kurzem Schwanze, der zuweilen
hakenförmig gekrümmt und zum Umgreifen der Aeſte geeignet iſt. Die
Arten dieſer beiden Familien lauern theilweiſe im Waſſer, meiſt
aber auf Bäumen oder in Gebüſchen; manche erreichen eine Länge
von vierzig Fuß und darüber und die Dicke eines kräftigen Manns-
ſchenkels (Boa; Epicrates; Platygaster; Enygrus; Eunectes). Eine
dritte Unterfamilie bilden die Rollſchlangen (Erycida) mit
rundlichem, nicht abgeſetztem Kopfe, ſtark vortretenden Fußſtummeln,
ſehr kurzem, ſtumpfem Schwanz und kleiner, enger, wenig ausdehn-
barer Mundſpalte; letztere erreichen nur eine unbedeutende Größe und
finden ſich vorzugsweiſe in den türkiſchen Beſitzungen am Mittelmeere,
während die Rieſenſchlangen nur die tropiſchen Gegenden beider Erd-
hälften bewohnen. Eryx.


Eine dritte Familie bilden die Wickelſchlangen(Tortricida), kleine
Schlangen von wurmförmiger Geſtalt und faſt überall gleichdickem
Körper, die eine nur ſehr kleine, unbedeutende Mundſpalte haben.
Die Aeſte des Oberkiefers ſind kurz, hoch in der Mitte und nur halb
ſo lang, als der Kopf, ſo daß die Mundſpalte nur kaum bis unter
die Augen reicht; Oberkiefer und Flügelknochen ſind beide ziemlich feſt
mit dem Schädel verbunden und ebenſo die Unterkieferäſte, obgleich
[264] vollkommen getrennt, dennoch wenig ausdehnbar; Ober- und Unter-
kiefer tragen ganz gleiche Zähne, die nicht ſehr ſtark gekrümmt und
in der Mitte der Reihe am längſten ſind. Zu beiden Seiten des
Afters ſtehen wie bei den vorigen zwei kleine Afterklauen, die halb
in Gruben verborgen ſind; es ſind kleine Schlangen, die auf der
Erde meiſt unter Gebüſch leben und im Allgemeinen ſehr träge ſind.
Tortrix; Cylindrophis.


Figure 179. Fig. 1173. Fig. 1174. Fig. 1175.

Fig. 1173. Kopf der Wurmſchlange (Typhlops lumbricalis) von der Seite. Fig. 1174. Kopf
von oben. Fig. 1175. After und Schwanz von der Seite.


Unterordnung der Wurmſchlangen (Scolecophida). Die
Schlangen, welche dieſe Unterordnung zuſammenſetzen, haben im All-
gemeinen die Geſtalt eines Regenwurmes oder eines Federkieles alſo
einen drehrunden, gleichförmig dicken Leib ohne abgeſetzten Kopf und
mit einem kurzen, gleich dicken, abgerundet endenden Schwanze. Die
Mundſpalte dieſer Thiere iſt nur ſehr klein, der Kopf kegelförmig,
die Schnauze über den Unterkiefer vorſtehend, die Augen gewöhnlich
klein und faſt rudimentär; der ganze Oberkieferapparat iſt durchaus
mit dem Schädel feſt verwachſen und die äußeren Flügelbeine fehlen,
ſo daß die Ausdehnbarkeit des Rachens trotz der Theilung der Unter-
kieferäſte nur eine ſehr geringe iſt. Die Bezahnung iſt durchaus eigen-
thümlich, indem die Wurmſchlangen niemals in beiden Kinnladen
zugleich, ſondern entweder nur in der oberen oder in der unteren
kleine derbe Hakenzähne beſitzen. Die äußere Bedeckung des Körpers
iſt ebenfalls eigenthümlich, indem ſich die Haut nicht geſchuppt, ſon-
dern quer geringelt zeigt und dieſe Ringe wieder in einzelne viereckige
Täfelchen zerfallen, deren jedes eine Oberhauttaſche bildet, in welcher
eine wahrhafte Schuppe ſteckt, die eine hornige Conſiſtenz hat. Wir
unterſcheiden in dieſer Unterordnung zwei Familien: die Blindſchlan-
gen
(Typhlopida) mit gezähntem Oberkiefer und zahnloſem Unterkiefer
[265](Typhlops; Pilidion; Onychocephalus) und die Zahnſchleichen(Ca-
todontida
)
mit zahnloſem Oberkiefer und zahntragendem Unterkiefer
(Catodon; Stenostoma); beide Familien gleichen ſich im Aeußeren ſehr
und auch in ihrer Lebensweiſe, indem beide hauptſächlich in Erd-
löchern wohnen und ſich weſentlich von Würmern und Inſektenlarven
nähren. Es macht dieſe Unterordnung durch ihre kleine Mundſpalte
und die Unbeweglichkeit ihres Oberkieferapparates, ſowie durch die
eigenthümliche Bildung ihrer Schuppen, welche derjenigen der Skinke
ſehr nahe kommt, den Uebergang zu der nächſten Ordnung.


Ordnung der Eidechſen. (Sauria).

Der Körper der Eidechſen zeigt faſt immer drei wohlgeſchiedene
Abtheilungen, einen Kopf von ausnehmend wechſelnder Geſtalt, der
gewöhnlich durch einen Hals von dem dickeren Leibe getrennt iſt, und
einen mehr oder minder langen Schwanz, der meiſt im Verhältniß
zum Leibe ſehr ſchlank erſcheint. Meiſt ſind auch vier mit nägeltra-
genden Zehen verſehene Füße vorhanden, die gewöhnlich nur kurz
ſind und den Leib kaum über den Boden erhaben tragen; ja bei den
meiſten Eidechſen wird in ähnlicher Weiſe, wie bei den Schlangen,
beim Laufen die ganze untere Fläche des Körpers und Schwanzes auf
dem Boden geſchleppt.


So verſchieden die Geſtalt des Kopfes iſt, indem derſelbe bald
platt dreieckig, bald hoch gekielt und ſcharf iſt, ſo zeigt ſich doch eine
große Uebereinſtimmung in der Struktur und Bildung ſeiner Knochen
und namentlich ein ſteter Unterſchied in der Bildung der Kiefergelenke
von der vorhergehenden Ordnung. Das ganze Oberkiefergerüſte,
welches bei den Schlangen noch beweglich war, iſt hier vollkommen
feſt mit dem Schädel verwachſen und keiner Erweiterung fähig; der
Oberkiefer, die Gaumenbeine, das Zitzenbein, das Quadratbein ſind
alle unbeweglich mit dem Schädel verwachſen und ſomit für den Un-
terkiefer ſtatt drei ſucceſſiver Gelenke nur ein einziges, das eigentliche
Unterkiefergelenk, beibehalten worden; die Aeſte des Unterkiefers ſelbſt
ſind in dem Winkel des Kinns meiſt durch eine Naht feſt mit einan-
der verbunden und können durchaus nicht von einander entfernt wer-
den; die Rachenſpalte iſt gewöhnlich weit, da das etwas verlängerte
Quadratbein an der hinterſten Ecke des Schädels eingelenkt iſt; die
[266] einzige Bewegung aber, welche zu ihrer Erweiterung möglich iſt, iſt
die auch bei den meiſten übrigen Thieren vorkommende des Unterkie-
fers in ſenkrechter Richtung. Die Bezahnung der Kieferknochen iſt
bei den Eidechſen im Durchſchnitte bei weitem nicht ſo vollſtändig, als
bei den Schlangen; gewöhnlich finden ſich nur zwei Reihen gleich-
mäßiger Zähne, eine im Oberkiefer, eine andere im Unterkiefer, ſelten
trägt der Gaumenbogen Zähne und wenn dieſe vorhanden, ſo bilden
ſie niemals einen vollſtändigen inneren Bogen, ſondern nur zwei
kleine, ſeitliche Gruppen an dem hinteren Gaumengewölbe; dagegen iſt
die Form, die Befeſtigung und die Erneuerung der Zähne bei den
Eidechſen weit mannigfaltiger, als bei den Schlangen. Gewöhnlich
freilich ſind die Zähne mehr oder minder kegelförmig, ſpitz, hakig nach
hinten gebogen, oft aber ſind die Kronen mehr oder minder ſchneidend,
faltig geſtreift, der über dem Zahnfleiſche herausſtehende Zahntheil
abgeſetzt und in anderer Weiſe geformt, zuweilen ſelbſt kommen mehr-
ſpitzige, flache, meſſer- oder ſägeartige Zähne vor. Hinſichtlich der
Befeſtigung finden ſich zwei weſentliche Unterſchiede. Niemals trifft
man wahrhafte Alveolen und Zähne, welche in denſelben eingekeilt
ſtecken, dagegen bildet ſich oft in beiden Kieferreihen eine zuſammen-
hängende Zahnrinne aus, die nach außen hin von einem Knochen-
blatte geſchützt wird, ſo daß der Kiefer an ſeinem oberen Rande aus-
gekehlt erſcheint; in dieſer Rinne nun liegen die Zähne in der Weiſe,
daß ſie mit der hohlen Wurzel auf dem Grunde der Rinne aufſitzen,
wo ſich zuweilen noch beſondere knöcherne Sockel für ſie zeigen, und
daß ſie mit ihrem Außenrande an dem Knochenblatte angewachſen ſind,
welches die äußere Wand der Zahnrinne bildet. Man hat die Eid-
echſen, welche dieſe Zahnbildung zeigen, mit dem Namen der Seiten-
zähner (Pleurodontia) belegt. Bei anderen Gattungen zeigt der Kiefer
keine ſolche Zahnrinne und die im Zahnfleiſche ſich bildenden Zähne
wachſen unmittelbar auf ſeinen freien Rand auf, oft in ſolcher Weiſe,
daß man nur mit Mühe die Gränze zwiſchen dem Zahne und dem
Knochen entdecken kann, und es ausſieht, als wenn der Kiefer ſelbſt
an ſeinem Rande ſägenartig ausgeſchnitten und emaillirt wäre. Die
ſolche aufgewachſene Zähne tragenden Eidechſen hat man auch unter
dem gemeinſamen Namen der Acrodonten bezeichnet. Die genaueren
Verhältniſſe der Zähne erſcheinen beſonders wichtig für die Beſtim-
mung der zahlreichen foſſilen Gattungen, von denen man oft nur ein-
zelne Kieferfragmente kennt.


Für die Beſtimmung der lebenden Gattungen hat die Bildung
der Zunge eine ganz beſondere Bedeutung. Bei den einen iſt dieſes
[267] Organ dünn, ſehr lang, hornartig und vorn in zwei längere Spitzen
geſpalten, die fadenförmig auslaufen; dieſe einer Schlangenzunge ganz
ähnliche Spaltzunge, um deren willen man auch dieſe Eidechſen die
Spaltzüngler (Fissilinguia) genannt hat, iſt in einer eigenen
Hautſcheide eingeſchloſſen und kann auch bei geſchloſſenen Kiefern durch
einen vorderen Ausſchnitt derſelben zum Taſten hervorgeſtreckt werden.
Bei einer anderen Gruppe, welche man Kurzzüngler (Brevilin-
guia)
genannt hat, iſt die Zunge dick fleiſchig, am Grunde der Mund-
höhle feſtgewachſen, aber nach allen Seiten hin beweglich, ohne beſon-
dere Hautſcheide und nur bei geöffnetem Maule zwiſchen den Kiefern
vorſtreckbar. Bei den einen iſt dieſe fleiſchige Zunge vorn zugerundet
oder nur unmerklich ausgebuchtet, bei anderen aber verdünnt ſie ſich
nach vorn ziemlich bedeutend und läuft dann oft in zwei kurze, faden-
förmige Spitzen aus oder zeigt auch nur einen mehr oder minder
tiefen, halbmondförmigen Ausſchnitt. Eine dritte eigenthümliche Bil-
dung zeigt das Chamäleon, auf deſſen Beſchreibung wir verweiſen.


Die meiſten Eidechſen zeichnen ſich vor den Schlangen durch die
Exiſtenz von zwei häutigen Augenlidern aus, welche von oben und
unten her den Augapfel bedecken können; nur bei einigen wenigen
Gattungen zeigt ſich eine Bildung der Augenbedeckung ähnlich derje-
nigen der Schlangen. Die äußere Ohröffnung iſt nicht wie bei dieſen
mit der äußeren Schuppenhaut bedeckt, ſondern in den meiſten Fällen
frei und zeigt das in einem Rahmen ausgeſpannte dünne Paukenfell
nackt zu Tage liegend. Die Bildung der äußeren Haut iſt mannig-
faltig; gewöhnlich zeigt ſie ſich in ähnlicher Weiſe beſchuppt, wie bei
den Schlangen, indem die Lederhaut Erhöhungen und Duplikaturen
bildet, welche von der ſtellenweiſe verdickten Oberhaut, die ein zuſam-
menhängendes Ganze bildet, überzogen werden. Auf dieſe Weiſe ent-
ſteht die ſcheinbare Schuppenbekleidung, welche den Körper der meiſten
Eidechſen bedeckt; oft, wie bei den Chamäleonen und den Gekkos legen
ſich indeß dieſe Erhöhungen der Haut nicht dachziegelförmig überein-
ander, ſondern bilden nur einzelne aneinandergereihte körnige oder
warzenförmige Erhöhungen. In anderen Fällen rücken dieſe Erhö-
hungen ſo aneinander, daß ſie Täfelchen bilden, die nur durch netz-
förmige, vertiefte Linien von einander getrennt ſind; oft wachſen ſie
aber auch aus und bilden lang geſpitzte, mehr oder minder ſteife Sta-
cheln, die in Linien oder Wirteln geſtellt ſind, oder verlängern ſich
auch zu oft ſeltſam ausgezackten Hautlappen und Kämmen. Wenn
indeß alle dieſe Bildungen nur auf der relativen Entwicklung des
[268] einen oder anderen Elementes der Haut beruhen, ſo finden ſich bei
einzelnen Familien noch ganz beſonders abweichende Bildungen, die
wir bei dieſen ſelbſt näher betrachten werden. Auf dem Kopfe befinden
ſich faſt immer größere Schilder, die man je nach der Lagerung in
Naſenſchilder, Stirnſchilder, Scheitelſchilder, Hinterhaupt-, Zügel- und
Schläfenſchilder getheilt hat und deren Ausbildung früher weſentliche
Charaktere für die Abgränzung der Familien gab, während man jetzt
erkannt hat, daß ſie nur in Bezug auf die Erkenntniß der Arten
einigen Werth beſitzen.


Hinſichtlich der Füße und der Extremitätenbildung überhaupt
findet man eine große Mannigfaltigkeit in der Reihe der Eidechſen.
Schon bei den Schlangen führten wir an, daß manche ſchlangenähn-
liche Thiere, die durchaus keine Spur von äußeren Gliedmaßen beſitzen,
wie unſere Blindſchleichen, dennoch durch ihre ganze innere Organiſa-
tion, die Verwachſung ihres Kieferapparates u. ſ. w. mit Nothwen-
digkeit zu den Eidechſen gerechnet werden müſſen. Es gibt in der
That eine ganze Reihe von Eidechſen, welchen die äußeren Gliedmaſſen
ganz fehlen, die dagegen faſt immer einen mehr oder minder ausge-
bildeten Schultergürtel mit einem rudimentären Bruſtbeine und ein
verkümmertes Becken beſitzen; letzteres kommt, wie wir ſahen, auch
manchen Schlangen zu, aber Schultergürtel und Bruſtbein, ſeien ſie
auch noch ſo rudimentär, ſind noch bei keiner Schlange gefunden
worden und charakteriſiren deßhalb die Eidechſe als ſolche. Je mehr
ſich die vorderen Extremitäten entwickeln, deſto länger wird auch das
Bruſtbein, deſto vollſtändiger der Schultergürtel; indeß giebt es wohl
keine Eidechſe, bei welcher alle Rippen mit dem Bruſtbeine verbunden
wären; je ſchlangenähnlicher die Geſtalt, deſto mehr Rippen ſind voll-
kommen frei und in ähnlicher Weiſe, wie bei den Schlangen, beweg-
lich. Die Ausbildung der äußeren Gliedmaßen zeigt ebenfalls alle
möglichen Uebergänge; — bald finden ſich nur zwei ſtummelartige
Hinterfüße, welche in Geſtalt zweier platter, beſchuppter Platten an
dem Leibe anliegen, bald nur zwei kleine Vorderfüßchen oder vier Füße
von vollkommen rudimentärer Ausbildung, unfähig den Körper zu
ſtützen, mit kleinen kaum angedeuteten Zehen verſehen; bei der höchſten
Stufe der Ausbildung finden ſich vorn wie hinten fünf Zehen, alle auf
gleiche Linie geſtellt, meiſt aber von ſehr verſchiedener Länge, die ge-
wöhnlich alle mit krummen Nägeln bewaffnet ſind; ſelbſt bei der voll-
endetſten Ausbildung der Füße aber dienen dieſelben niemals zum
Ergreifen oder Halten der Beute, ſondern nur als Geh- und Kletter-
[269] werkzeuge. Der Schwanz iſt von ſehr verſchiedener Länge, gewöhnlich
aber mindeſtens ebenſo lang, als der Körper, und oft mit ausgezeich-
neten, ſtacheligen Wirtelſchuppen bedeckt.


Die meiſten Eidechſen ſind Bewohner ſüdlicher und tropiſcher
Gegenden, wo ſie ſich entweder auf der Erde, oder auf Bäumen und
Geſträuchen kletternd umhertreiben, Inſekten, kleine Säugethiere und
Vögel im Sprunge haſchen. Die größten Arten erreichen höchſtens
eine Länge von vier bis ſechs Fuß und keine einzige wird dem Men-
ſchen gefährlich. Manche größere Gattungen werden ſogar ihres zar-
ten Fleiſches willen als Wild gejagt. In den gemäßigten Zonen
verfallen ſie in Winterſchlaf und werden bei kälterem Wetter ſehr träge
und langſam, während ſie bei lebhaftem Sonnenſcheine außerordentlich
agil und munter werden und ſogar ſich inſofern zähmen laſſen, daß
ſie auf bekannte Zeichen aus ihren Schlupfwinkeln hervorkommen und
das ihnen beſtimmte Futter in Empfang nehmen.


In der Vorwelt waren die Eidechſen die erſten Repräſentanten
des Typus der Reptilien und einige Gattungen derſelben, die der
Kreideperiode beſonders angehören, erreichen eine rieſenmäßige Größe.
Wir erkennen unter ihnen mit Berückſichtigung der foſſilen Gattungen
folgende Unterordnungen und Familien:


Unterordnung der Ringelechſen (Annulata). Der Körper
dieſer Thiere iſt drehrund, ziemlich dick, wurmförmig, der Kopf nicht
abgeſetzt, der Schwanz dick, abgerundet, ſehr kurz, ſo daß der After
ſich ganz nahe an dem hinteren Ende befindet. Die Haut dieſer Eid-
echſen iſt ganz eigenthümlich gebildet; man bemerkt keine Schuppen,
ſondern lediglich Querfurchen ähnlich den Eindrücken oder Ringeln
der Würmer, die wieder durch feine Längsriſſe getheilt ſind, ſo daß
der ganze Körper von wirtelförmig geſtellten, häutigen Schildchen um-
geben ſcheint. Die Mundſpalte iſt nur ſehr klein, unterwärts ange-
bracht, die Zähne bei den meiſten in eine Rinne angewachſen, bei
einer Gattung dagegen auf den Rand des Kiefers aufgeſetzt. Die
Zunge iſt dick, kurz, vorn etwas ausgeſchnitten, das Auge ſehr
klein, rund und in ähnlicher Weiſe, wie bei den Schlangen, nur von
einer durchſichtigen Hautkapſel, nicht aber von Augenlidern beſchützt;
ebenſo überzieht die äußere Haut ganz vollſtändig das Paukenfell, ſo
daß keine Spur vom Ohre ſich vorweiſt. Den meiſten Gattungen
fehlen äußere Gliedmaßen durchaus, nur bei einer findet man zwei
[270] ganz kleine, rudimentäre Vorderfüßchen mit fünf Zehen, von denen
eine einen Nagel trägt. Die Thiere leben in Erdlöchern, faſt alle
in Amerika, und nähren ſich hauptſächlich von Inſektenlarven und
Würmern. Die ganze Unterordnung wird nur von einer einzigen
Familie, den Doppelſchleichen(Amphisbaenida) gebildet. Amphis-
baena; Blanus; Lepidosternum; Trogonophis; Chirotes
.


Unterordnung der eigentlichen Eidechſen (Autosauria).
Die zahlreichen Familien, welche dieſe Unterordnung bilden, unter-
ſcheiden ſich von den vorhergehenden hauptſächlich durch die ſtets be-
ſchuppte Haut, durch das vollkommen freie Paukenfell und gewöhnlich
auch durch ausgebildete Augenlider, die nur ſelten fehlen. Bei den
niederſtehenden Familien finden ſich noch Formen, die durch die äußere
Körpergeſtalt und die Verkümmerung der Füße und Augenlider den
Schlangen ſich annähern, während bei den meiſten vier vollſtändig
ausgebildete Extremitäten, gewöhnlich mit fünf Zehen, vorn und hinten
vorhanden ſind.


Die Familie der Nacktaugen(Gymnophthalma) zeigt eine lange

Figure 180. Fig 1177. Fig. 1178.


Figure 181. Fig. 1176.

Fig. 1176. Neuholländiſcher Zweifuß (Hystero-
pus novae Hollandiae)
. Fig. 1177. Die After-
gegend von Unten. Fig. 1178. Der Kopf mit der
ausgeſtreckten Zunge von Oben.


geſtreckte, ſchlangenartige Körperge-
ſtalt und entweder gar keine oder
nur ſehr mangelhaft ausgebildete
Extremitäten. Die Zunge iſt kurz,
dick, vorn ausgeſchnitten, das Auge
entweder gänzlich unter der Haut
verborgen, rudimentär und ohne
Präparation unſichtbar, oder durch-
aus nackt und in ähnlicher Weiſe, wie
bei den Schlangen, mit einer Kapſel
bedeckt, außer welcher ſich indeß
meiſt an dem oberen Augenhöhlen-
rande eine häutige Verlängerung
zeigt, die das Rudiment eines unbe-
weglichen Augenlides darſtellt. Der
Rachen iſt weit geſpalten, das
Paukenfell ſichtbar, der Körper durch-
aus mit Schuppen bekleidet, welche
in vieler Beziehung von denjeni-
gen der übrigen Eidechſen bedeutend
[271] abweichen. Die Oberhaut bildet nämlich förmliche Taſchen, in wel-
chen einzelne Schuppen ſtecken, die ganz in ähnlicher Weiſe befeſtigt
ſind, wie die Fiſchſchuppen, aber aus einzelnen Knochentäfelchen beſte-
hen, welche durch hornige Faſermaſſen zuſammengehalten werden. Die
Knochentäfelchen, welche die Schuppen zuſammenſetzen, laſſen auf das
Beſtimmteſte in ihrem Inneren ſehr zahlreiche, meiſt in regelmäßige
Reihen geſtellte Knochenkörperchen erkennen. Dieſe Schuppenbildung
iſt durchaus dieſelbe, die man auch bei der folgenden Familie beobach-
tet, von der ſich indeß die Nacktaugen durch den Mangel der Augen
oder der Augenlider hinlänglich unterſcheiden. Typhline; Dibamus;
Hysteropus (Pygopus); Ablepharus; Gymnophthalmus; Leristes; Lialis
.


Figure 182. Fig. 1179.

Diploglossus Houttuyni. Daneben die Zunge.


Die Familie der Schleichen(Scincida) zeigt in der Bildung ihrer
Körpergeſtalt und der Extremitäten, ſowie in der Beſchuppung viele
Aehnlichkeit mit der vorigen, unterſcheidet ſich aber von dieſer durch
die ſtete Anweſenheit von Augenlidern und meiſtens auch durch die
Anweſenheit eines freien, freilich etwas vertieften Paukenfelles. Der
Kopf dieſer Eidechſen iſt dreieckig, abgeplattet, vorn etwas zugeſpitzt,
der Hals von der Dicke des hinteren Kopftheiles und weder von dem
Kopfe, noch von dem cylindriſchen Leibe abgeſetzt, der allmälig und
ohne ſichtliche Gränze in den gewöhnlich ziemlich langen und maſſiven
Schwanz übergeht; auf ſeiner Oberfläche iſt der Kopf mit Schildern
bedeckt, während die ganze übrige Körperhaut aus Schuppen zuſam-
mengeſetzt iſt, die aus Knochentäfelchen beſtehen, in eigenen Taſchen
der Oberhaut ſtecken und entweder in Längsreihen oder in Quinkunx
geordnet ſind. Die Zunge iſt frei, platt, ſcheidenlos, vorn leicht aus-
geſchnitten oder mit zwei kurzen, kegelförmigen Spitzen geendet; ſie
zeigt entweder zottige oder warzige Erhabenheiten auf dem größten
Theile ihrer Oberfläche. Der ganze Körper iſt rundlich, ohne ſeitliche
oder Querfalten, die Extremitäten entweder nur kurz und ſchwach im
Verhältniß zu dem ſchweren langen Körper, oder ſelbſt gar nicht ent-
wickelt.


[272]

Wir finden auch in dieſer Familie ſchlangenähnliche Gattungen
ohne eine Spur von äußeren Gliedmaßen, wie z. B. unſere gewöhn-
liche Blindſchleiche, andere, die nur hintere Extremitäten beſitzen, welche
bald ruderförmig, bald in kurze Zehen getheilt ſind, noch andere, bei
welchen zwar Vorder- und Hinterfüße vorhanden, aber die Zahl der
Zehen unter fünf, oft bis zwei herabfällt, ſo daß in dieſer einzigen
Familie ſich faſt alle nur möglichen Uebergangsformen der Extremi-
täten wahrnehmen laſſen. Faſt ſämmtliche Schleichen leben in trocke-
nen, ſandigen Gegenden, in Erdlöchern, unter Steinen, und ernähren
ſich theils von Inſekten, theils von Würmern und ähnlichem Raube.
Scincus; Tropidophorus; Gongylus; Euprepis; Diploglossus; Seps;
Ophiodes; Anguis; Acontias; Bipes; Scelotes
.


Figure 183. Fig. 1180.

Trobilonotus Novae-Guineae. Darunter der Kopf mit geöffnetem Maule, um die Zunge zu zeigen.


In der Familie der Wirtelſchleichen(Chalcidida) zeigt ſich eben-
falls noch die langſtreckige, gleichmäßige Körpergeſtalt und die ſucceſ-
ſive Ausbildung der Gliedmaßen, ſo daß man auch hier Gattungen
ganz ohne Füße, mit hinteren Stummelfüßen und mit vier Füßen
findet, an welchen die Zehen entweder gar nicht oder nur mangelhaft
ausgebildet ſind; dagegen zeigt ſich bei dieſer Familie ein weſentlicher
Unterſchied in der Beſchuppung. Die Knochentäfelchen der Schleichen
fehlen durchaus, die Haut iſt mit dachziegelförmigen Schuppen bedeckt,
ähnlich denjenigen der übrigen Eidechſen, die aber in Querreihen ge-
ſtellt ſind, ſo daß ſie um den rundlichen Körper und beſonders um
den langen Schwanz förmliche Wirtel bilden. Auf dem Rücken ſind
dieſe Schuppen ſehr hart, gekielt, ſpitz nach hinten ausgezogen, oft
zahnartig verlängert und in Reihen geſtellt, ſo daß die ganze Rücken-
fläche bis zur Endſpitze des Schwanzes mit Reihen ſägeartiger Zähne
beſetzt iſt. Die Augenlider ſind bei dieſen Eidechſen ſtets vorhanden,
[273] das Paukenfell vertieft aber frei, der Kopf meiſt kantig und hie und
da in Spitzen ausgezogen, die Zunge kurz, fleiſchig, mit Geſchmacks-
wärzchen bedeckt, vorn und meiſt auch hinten halbmondförmig ausge-
ſchnitten. Alle ſind Pleurodonten und zeichnen ſich außerdem noch
durch eine tiefe Falte aus, welche hinter dem Ohre oder hinter den
Vorderfüßen beginnt, mit kleinen Schuppen bekleidet iſt und den Rücken
ſcharf von dem Bauche trennt. Die Familie kommt hauptſächlich in
Amerika und Afrika vor, nur äußerſt wenige Gattungen finden ſich in
Aſien und eine einzige, der Scheltopuſik (Pseudopus), in den Steppen
des ſüdlichen Rußlands. Chalcis; Zonurus; Gerrhosaurus; Tribolo-
notus; Gerrhonotus; Chamaesaurus; Ophisaurus
.


Figure 184. Fig. 1181.

Die grüne Eidechſe (Lacerta viridis).


Als gewiſſermaßen typiſcher Mittelpunkt der ganzen Ordnung
ſtellt ſich die Familie der Eidechſen(Lacertida) mit einer ungemein
großen Anzahl verſchiedener Gattungen dar, die ſich wieder nach ihrem
Aufenthaltsorte in der alten oder neuen Welt in zwei leicht zu unter-
ſcheidende Unterfamilien theilen. Der Körper der Eidechſen iſt lang,
cylindriſch, der Schwanz namentlich außerordentlich verlängert, da er
in manchen Fällen das vierfache Maaß der Körperlänge erreicht; der
Kopf iſt dreieckig, abgeplattet, vorn zugeſpitzt, ſtets mit ſymmetriſchen
Tafeln bedeckt, der Rachen weit geſpalten, die Augen ziemlich groß,
mit zwei vollſtändigen Augenlidern und meiſt noch mit einer Nickhaut
verſehen; der Kopf iſt wohl abgeſetzt vom Halſe, der niemals einen
Kehlſack oder ſonſtige häutige Anhänge zeigt, dagegen meiſt eine oder
mehrere quere, von oben nach unten gehende Hautfalten erkennen
läßt. Der Rücken iſt gewöhnlich abgerundet, ſelten gekielt, niemals
mit einem Kamm ſägeförmiger Zähne verſehen, der Schwanz meiſt
rund, nur in einigen Fällen ſeitlich zuſammengedrückt und oben gekielt;
die vier Füße ſind wohl entwickelt, ſelten mit vier, meiſtens mit fünf
Zehen verſehen, die alle mit ſcharfen Hakenkrallen bewaffnet ſind und
von denen die vierte meiſtentheils die längſte iſt. Die Haut beſteht
in der gewöhnlichen Weiſe aus Schuppen, die auf dem Rücken meiſt
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 18
[274] klein ſind, auf der Bauchfläche in ſechsſeitige Schilder übergehen. Die
Zunge iſt frei, fleiſchig, platt und dünn, mehr oder weniger ausſtreck-
bar, an der Baſis zuweilen von einer unvollkommenen Scheide umge-
ben, vorn in zwei Hornſpitzen auslaufend, die zuweilen ziemlich lang
ſind. Nach der Bezahnung unterſcheidet man zwei Unterfamilien: die
Eidechſen der alten Welt (Lacertida) mit angewachſenen,
krummen Zähnen, die in einer gemeinſamen Rinne ſtehen, aber nur
ſehr wenig an die Kieferknochen feſtgewachſen ſind, da die Außenwand
der Rinne nur ſehr wenig hoch iſt; die Zähne bilden ſo gleichſam
eine Reihe Palliſaden, die auf dem Kiefer ſtehen, leicht ausfallen und
am Grunde eine Höhlung zeigen, in welche die Gefäße und Nerven
des Zahnſäckchens von außen her eindringen. Lacerta; Tachydromus;
Psammodromus; Tropidosaurus; Ophiops; Eremias; Acanthodactylus
.


Ihnen gegenüber ſtehen die Eidechſen der neuen Welt (Amei-
vida)
mit tiefer Zahnrinne des Kiefers, hoher Außenmauer deſſelben und
ſchief anliegenden, feſtgewachſenen Zähnen, in welche die Gefäße und Ner-
ven von unten her aus dem Kieferknochen eintreten, ohne daß man an ihrer
Peripherie eine Höhlung bemerken könnte. Einige Arten dieſer ame-
rikaniſchen Eidechſen zeigen einen kielförmig zuſammengedrückten Schwanz
und dickere Schuppen auf dem Rücken, wodurch ſie ſich in ihrem
äußeren Anſehen einigermaßen den Krokodilen nähern. Alle Arten
dieſer Familie leben auf der Erde, meiſt unter Sträuchen oder in Wäl-
dern und die größeren begnügen ſich nicht mit Inſekten, ſondern ſuchen
auch kleinere Wirbelthiere im Sprunge zu erhaſchen. Crocodilurus;
Thorictes; Neusticurus; Ameiva; Monitor (Salvator); Acrantus; Cen-
tropyx
.


Figure 185. Fig. 1182.

Bell’ſche Warneidechſe (Varanus Bellii).


Die Familie der Warneidechſen(Varanida) hat mit den eigent-
lichen Eidechſen den langen, geſtreckten Körper, den breiten ungekielten
[275] Rücken, die vollſtändig ausgebildeten Extremitäten gemein, unterſcheidet
ſich aber durch die Beſchuppung, durch die Struktur der Zunge und
die Zähne. Der Kopf iſt noch länger, glatt, ſpitz, einem Schlangen-
kopfe ähnlich, die Zunge ſehr lang, ausſtreckbar, in zurückgezogenem
Zuſtande gänzlich in einer Hautſcheide verborgen und in zwei lange,
hornige Spitzen geſpalten; der Kopf zeigt niemals Schilder, wie bei
den Eidechſen, ſondern dieſelbe Beſchuppung, wie der übrige Körper;
die Schilder des Bauches ſind von denen des Rückens an Größe nicht
verſchieden. Nirgends finden ſich dachziegelförmige Schuppen, ſondern
nur einzelne rundliche Höckerchen, zuweilen mehr oder minder länglich,
in Quinkunx geſtellt und an ihrer Baſis von einem Kranze kleiner
Körnchen umgeben, ſo daß die ganze Haut ein unregelmäßig chagri-
nirtes Anſehen hat. Die Zähne liegen an der Innenſeite der Kiefer-
rinne an, ſtehen ziemlich weit von einander, ſind kegelförmig, vorn im
Kiefer mehr ſpitz, hinten dagegen meiſt mehr oder minder keulenförmig
oder ſelbſt abgenutzt; der Schwanz iſt ſehr lang, gewöhnlich ſeitlich
zuſammengedrückt und gekielt, die Füße kräftig und mit großen Ha-
kenkrallen verſehen. Die Thiere leben theils in ſandigen Gegenden,
theils am Ufer der Flüſſe und bewohnen alle die tropiſchen Gegenden
des alten Continents und Auſtraliens, mit Ausnahme einer einzigen
Art, Heloderma horridum, welche in Mexiko vorkommt und ſich noch
beſonders durch ihre vorderen Hakenzähne auszeichnet, welche ihrer
ganzen Länge nach tief gefurcht ſind und durch dieſe Bildung wenigſtens
einige Wahrſcheinlichkeit zu dem Glauben der Einwohner beitragen,
welche ſie für ein giftiges Thier halten. Varanus; Psammosaurus.


Schon ſeit längerer Zeit kannte man aus den Kupferſchiefern des
Mansfeldiſchen ein Foſſil, das man für den älteſten Repräſentanten
der Reptilien erkennen mußte und anfangs zwar für ein Krokodil
hielt, bis man erkannte, daß es in der That ein eidechſenartiges Thier
ſei, welches den Typus einer neuen Familie bilden müſſe, der man
den Namen der Urechſen(Palaeosaurida) beilegte und an die ſich noch
mehrere verwandte Gattungen, beſonders aus der Trias und dem
bunten Sandſteine anſchließen. Die Zähne der Urechſen ſind ſpitz,
lang, dünn und ſcheinen in der Zahnrinne noch in beſondere Höhlen
eingekeilt zu ſein, wodurch ſie den Uebergang zu den Krokodilen ma-
chen. Die Wirbelkörper ſind kurz, in der Mitte etwas verengt, die
Gelenkflächen eben, die Hinterfüße weit länger, als die Vorderfüße,
die fünf Zehen vollkommen entwickelt und mit ebenſoviel Gliedern
verſehen, als im Allgemeinen bei den Eidechſen vorhanden ſind. Die
18*
[276] ganze Bildung der Kiefer und Zähne ſchließt dieſe Thiere zunächſt an
die Warneidechſen an; wie ſich aber einerſeits Beziehungen zu den
Krokodilen finden, ſo zeigen ſich merkwürdiger Weiſe unter dieſen Ur-
echſen einige Arten (Dicynodon), die vielleicht bei näherer Bekannt-
ſchaft Typen einer eigenen Familie werden müſſen und durch die
Schädelform, die völlig umgränzten Augenhöhlen, die ſchnabelartig
comprimirten Kieferränder, an denen keine Zähne ſitzen, den Schild-
kröten ſich anſchließen, von denen ſie ſich wieder durch den gänzlichen
Mangel eines Panzers und durch die Exiſtenz eines Paares großer
Fangzähne unterſcheiden, die unter den Augenhöhlen hervorſtehen.
Palaeosaurus; Proterosaurus; Thecodontosaurus; Sphenosaurus.


Eine andere Familie urweltlicher Eidechſen wird von den ſoge-
nannten Maasechſen(Mosasaurida) gebildet, meiſt rieſenmäßig großen
Thieren mit langem Schädel, weit geſpaltenem Rachen und flügelför-
mig gebogenen Gaumenbeinen, die mit Zähnen bewaffnet ſind. Die
Zähne der Kiefer, die eine lange geſchloſſene Reihe bilden, ſind kegel-
förmig, ſeitlich etwas zuſammengedrückt, mit ſchneidender, außen ge-
ſtreifter Krone und ſtehen in einer flachen Zahnrinne auf Sockeln, die
ſelbſt wieder von ſeichten Gruben umgeben ſind; die Erſatzzähne wach-
ſen durch die Sockel der alten Zähne hervor. Die Extremitäten ſind
nicht genau bekannt, der Schwanz war ein zuſammengedrückter Ru-
derſchwanz, ähnlich demjenigen der Krokodile, deren Größe die Thiere
um ein bedeutendes übertrafen; — ihre Ueberreſte finden ſich vorzugs-
weiſe in der Kreide von England, Nordamerika und namentlich in
dem Petersberge von Maeſtricht. Mosasaurus; Geosaurus; Leiodon;
Rhaphiosaurus
.


Figure 186. Fig. 1183.

Das gemeine Chamäleon (Chamaeleo africanus).


Eine höchſt eigenthümliche Familie, die ſich durch eine Menge von
Eigenthümlichkeiten ganz außerhalb der übrigen ſtellt, iſt diejenige der
[277]Chamäleons(Chamaeleonida). Die plumpen, kleinen Eidechſen,
welche der einzigen Gattung angehören, die dieſe Familie bildet, haben
einen breiten eckigen Kopf, der meiſt höher als lang iſt und nach
hinten in einen ſtumpfen Kamm ausläuft, der den Nacken überragt;
die Mundſpalte iſt ſehr groß, die Kiefer mit angewachſenen Zähnen
bewaffnet; das Paukenfell gänzlich unter der Haut verborgen. Das
Auge iſt bedeutend, vollkommen kreisförmig, vorgequollen und durch
ein einziges, etwas warziges Augenlid bedeckt, welches nur der Pu-
pille gegenüber eine rundliche Oeffnung zeigt. Der Hals iſt ausneh-
mend kurz und bildet eigentlich nur eine tiefe Falte hinter dem ſon-
derbar eckigen Kopfe, die an der Unterfläche durch die aufgetriebene
Kehle verwiſcht wird. Der Körper iſt ſeitlich ſehr zuſammengedrückt,
höher als dick, der Rücken meiſt mit einem vorſpringenden Kamme
geziert, der ſich über den Schwanz fortſetzt. Dieſer iſt von mittlerer
Länge, deutlich abgeſetzt, kräftig, in der Ruhe gewöhnlich ſpiralförmig
gebogen, ein förmlicher Greif- und Wickelſchwanz, der dem Thiere
beim Klettern zum Umfaſſen der Zweige dient. Die Beine ſind ſchlan-
ker und höher, als bei irgend einer andern Eidechſe, ſie endigen in
fünf Zehen, die aber gegen einander überſtehen und ſo mit einander
verwachſen ſind, daß der Fuß eine zweiblättrige Klammerzange dar-
ſtellt, deren eines Blatt drei, das andere zwei Zehennägel trägt.
Dieſe Ausbildung der Füße zu Klammern, welche viel Analogie mit
den Füßen der Klettervögel zeigt, ſteht in Uebereinſtimmung mit der
Lebensart, indem die Chamäleonen ſtets nur auf Bäumen und Ge-
ſträuchen in den Zweigen umherklettern, um dort ihre aus kleineren
Inſekten beſtehende Nahrung zu ſuchen.


Höchſt eigenthümlich iſt der Bau der Haut, in dem der von Al-
ters her bekannte Farbenwechſel der Thiere begründet liegt. Es zeigen
ſich auf der Oberfläche dieſer Haut weder Schuppen, noch Tafeln,
ſondern nur größere und kleinere Körner, ſo daß ihr Anſehen mit
demjenigen des Chagrin Aehnlichkeit hat. Unter der durchſcheinenden
Oberhaut befindet ſich eine ſehr entwickelte Lage weicher Wärzchen,
welche verſchiedene Farben tragen und je nach dem Zufluſſe des Blu-
tes ſich ſtärker aufrichten und ausdehnen; der Farbenwechſel wird
demnach vorzüglich durch das Zuſtrömen des Blutes in dieſe Haut-
wärzchen bedingt und in der That kann man durch Reizung oder
Erhitzung des Thieres ſeine Farbe von einem einfachen Hellgrau durch
grünliche, gelbe und ſchmutzig rothe Tinten hindurch bis zu einem
geſättigten, ſchmutzigen Violett ſteigern, welches faſt ſchwarz erſcheint.


[278]

Die Chamäleonen ſind äußerſt träge, langſame Thiere, deren
Ernährung von Inſekten, Fliegen und ähnlichem Ungeziefer ſehr ſchwie-
rig ſein würde, wenn ſie nicht in der Zunge ein vortreffliches Mittel
zum Fangen dieſer Thierchen beſäßen. Betrachtet man dieſe Zunge
in der Ruhe, ſo bildet ſie im Grunde der Mundhöhle einen dicken,
rundlichen Knopf, der vorn eine becherförmige Vertiefung hat, welche
mit einem zähen Schleime überzogen iſt; dieſen Schleimknopf kann
das Thier, wenn es eine Beute erblickt, plötzlich mit ungemeiner
Schnelligkeit und Sicherheit auf eine Entfernung, welche manchmal
das Doppelte ſeiner Körperlänge beträgt, herausſchnellen und man
ſieht dann mit Erſtaunen, daß die Zunge ſich nach hinten in ein
äußerſt dehnbares Muskelrohr fortſetzt, deſſen einzelne Muskelfäden ſo
geordnet ſind, daß ſie das blitzſchnelle Hervorſchießen und Zurückziehen
hinlänglich erklären. Die Chamäleonen kommen nur in den heißen
Gegenden der alten Welt vor. Chamaeleo.


Figure 187. Fig. 1184.

Der Mauergecko (Platydactylus muralis).


Die Familie der Gecko’s(Geckotida) wird von zahlreichen Arten
kleiner Eidechſen gebildet, die einen platten, niedergedrückten, hinten
breiten Kopf, ſtark zuſammengezogenen Hals, niedergedrückten Körper
und einen verhältnißmäßig nur ſehr kurzen Schwanz haben, der höch-
ſtens die Länge des Körpers erreicht. Gaumenzähne fehlen in dieſer
Familie durchaus; — dagegen ſind die Kiefer mit angewachſenen,
einfachen ſchneidenden Zähnen bewaffnet. Die Augen dieſer Eidechſen
ſind ſehr groß, kreisrund, die Hornhaut ſtark gewölbt, die Pupille
eine ſenkrechte, ſchmale Spalte; die Augenlider fehlen durchaus, man
ſieht nur im Umkreiſe der Augenhöhle einen geringen häutigen Vor-
ſprung, von welchem aus die Oberhaut in kontinuirlichem Zuge über
die Oberfläche des Augapfels wegſetzt; das Auge der Thiere erhält
[279] hierdurch in ähnlicher Weiſe, wie dasjenige der Schlangen, ein ſtieres,
gläſernes Anſehen; das Paukenfell iſt ſtets ſichtlich, meiſt aber nur in
geringer Ausdehnung. Der ganze Leib zeigt in ähnlicher Weiſe, wie
bei der vorhergehenden Familie, keine dachziegelförmigen Schuppen,
ſondern ungleiche warzenförmige Erhöhungen, die zuweilen zu ſtachli-
chen Höckern heranwachſen, es fehlt aber die eigenthümliche Struktur,
welche den Farbenwechſel bedingt. Der weſentliche Charakter der Fa-
milie liegt in der Bildung der Füße, die kurz, aber gewöhnlich dünn
und ſchmächtig ſind und in fünf, meiſt ganz gleich lange Zehen
auslaufen, denen die Nagelbekleidung zuweilen gänzlich fehlt. Statt
deſſen iſt auf der Unterfläche der Zehen ein eigenthümlicher Haftappa-
rat angebracht, ähnlich den Fußballen, welche bei vielen Inſekten, wie
z. B. bei Fliegen und Heuſchrecken an der Unterſeite der Zehen ent-
wickelt ſind. Es finden ſich nämlich Scheiben oder Verbreiterungen
der Zehen, die oft ſehr bedeutend ſind und auf der Unterfläche durch-
aus mit querſtehenden, meiſt fein gezackten Blättchen beſetzt ſind, zwi-
ſchen denen ſich eine klebrige Flüſſigkeit abſondern ſoll. Mittelſt dieſer
Haftzehenk lettern die Gecko’s mit Leichtigkeit an ſenkrechten Wänden
in die Höhe, ja ſogar wie Fliegen über Decken und Gewölbe hinweg.
Bei vielen dieſer Thiere kommen Hautfalten, ja ſelbſt fallſchirmähnliche
Verlängerungen der Seitenhaut vor; ſie ſind alle äußerſt häßlich,
jagen beſonders nur Abends und Nachts langſam ſchleichend nach In-
ſekten umher und ihre Hautabſonderung gilt in ihrem Vaterlande all-
gemein für giftig. Platydactylus; Ptychozoon; Hemidactylus; Ptyo-
dactylus; Phyllodactylus; Gymnodactylus
.


Figure 188. Fig. 1185.

Der fliegende Drache (Draco volitans).


Als letzte Familie dieſer Unterordnung ſtellen ſich die zahlreichen
Arten der Leguane(Iguanida) dar, welche gleich zahlreich auf beiden
Hemiſphären vertreten ſind. In der allgemeinen Körperform, ſowie
[280] in der Beſchuppung ſteht die Familie der Leguane den eigentlichen
Eidechſen am nächſten, von denen ſie ſich wieder durch mehrere Cha-
raktere, beſonders aber durch die Struktur der Zunge unterſcheidet.
Der Kopf der Leguane iſt meiſt abgeplattet, kurz, breit, vorn abgeſtutzt,
zuweilen mit vorſpringenden Leiſten, Hautlappen oder Kämmen verſe-
hen; er iſt ſtets beſchuppt, niemals mit breiten Tafeln belegt. Der
Leib iſt rundlich, gewöhnlich ziemlich dick, faſt immer mit einem ſchar-
fen Kiele oder ſelbſt einem hohen Kamme verſehen, welcher ſich oft
noch entweder auf den Kopf oder über den Schwanz fortſetzt; dieſer
letztere iſt gewöhnlich ſehr lang, ſpitz zulaufend, zuweilen in eigen-
thümlicher Weiſe mit ſtacheligen Wirtelſchuppen beſetzt. Die Tendenz
zur Bildung von ſonderbaren Hautanhängen, wunderlich gezackten
Kämmen zeigt ſich ebenſo auf der Unterfläche des Körpers, namentlich
an der Kehle, wo ſehr häufig ein ſchlaff herabhängender Kehlſack von
mannigfaltig wechſelnder Form ausgebildet iſt. Meiſt ſind dieſe
Kämme und Lappen nur einfache Hautduplikaturen, oft aber entwickeln
ſich darin beſondere Knochenſtützen, bald ganz ſpeziell gebildet, wie
zuweilen im Kehlſacke, bald nur Verlängerungen von Knochen, die
dem allgemeinen Plane angehören. So verlängern ſich bei den Baſi-
lisken die Dornfortſätze der Rücken- und Schwanzwirbel, um den
Rückenkamm zu ſtützen, und bei dem fliegenden Drachen wachſen die
falſchen Rippen horizontal aus und werden Stützen eines breiten
Fallſchirmes, welcher zu beiden Seiten des Leibes, zwiſchen den Beinen
ausgeſpannt iſt. Die Augen haben überall zum Unterſchiede von der
vorigen Familie wohl ausgebildete ſenkrechte Lider, das Paukenfell iſt
ſtets frei, zuweilen etwas vertieft, die Füße wohl ausgebildet, die Ze-
hen oft ſehr lang, dünn, meiſt von ungleicher Länge, ſtets mit krum-
men Krallen verſehen und nur bei einer Gattung (Anolis) auf der
unteren Fläche mit Haftläppchen beſetzt. Die Zunge der Leguane iſt
dick, ſchwammig, breit, kurz, aber nur an ihrer Spitze frei und hier
gewöhnlich zugerundet oder kaum ausgerandet. Sie ſtimmen hierin
mit der vorigen Familie durchaus überein und machen durch dieſe Bil-
dung der Zunge eine Art von Uebergang zu den Krokodilen, bei wel-
chen die Zunge gänzlich auf den Boden der Mundhöhle einge-
wachſen iſt.


Die große Zahl der Leguane trennt ſich hinſichtlich der Bildung
ihrer Zähne in zwei, ſcharf geſonderte Gruppen oder Unterfamilien,
welche zugleich genau geographiſchen Gränzen entſprechen und in denen
ſich die meiſten Gattungen mit ſo täuſchendem äußeren Anſehen und
[281] ſo übereinſtimmend in Färbung, Größe und anderen Kennzeichen wie-
derholen, daß man ſie oft nur durch die Bildung der Zähne von
einander unterſcheiden kann. Die Leguane Amerikas nämlich zeigen

Figure 189. Fig. 1186.

Meereidechſe der Galopagos-Inſeln (Amblyrhynchus ater).


alle Kiefer mit tiefer Zahnrinne, in welcher die Zähne an die äußere
Mauer angewachſen ſind, während die Leguane der alten Welt
ſämmtlich Acrodonten ſind und ſich dadurch auszeichnen, daß ihre
Zähne auf den Rand des Kiefers aufwachſen. Gewöhnlich bilden die

Figure 190. Fig. 1187.

Erdagame von Guinea (Agama colonorum).


Zähne der Kiefer eine geſchloſſene Reihe kurzer Hacken, in anderen
Fällen aber finden ſich auch Zähne mit langer ſchmaler, meißelförmi-
ger Krone, die zuweilen ſelbſt ſägeartig ausgezackt iſt. Die Leguane,
welche dieſe letztere Struktur der Zähne zeigen (Fig. 1186 a), leben
außer von Inſekten auch von Blättern und Früchten, die wahrſcheinlich
die Nahrung der folgenden Familie abgaben. Nach der Lebensart
kann man zwei Gruppen in dieſer Familie unterſcheiden, indem die
einen mehr auf der Erde, in ſteinigen und ſandigen Gegenden ſich
aufhalten, einen flachen Rumpf, kurzen breiten Kopf und vertieftes
Paukenfell zeigen, während die anderen beſonders gern auf Bäumen
umherklettern, zuweilen eine ziemlich bedeutende Größe erlangen und
meiſt einen länglichen Kopf, ausgebildete Kämme und flaches Pauken-
fell erkennen laſſen. Pleurodonten: Iguana; Cyclurus; Amblyrhyn-
[282] chus; Basiliscus; Polychrus; Tropidogaster; Phrynosoma; Norops;
Anolis
. Acrodonten: Istiurus; Leiolepis; Uromastix; Lophyrus;
Agama; Galeotes; Draco; Helluo; Phrynocephalus; Chlamydosaurus
.


Unterordnung der Großechſen (Dinosauria). Die rieſen-
großen Gattungen, welche dieſe Familie zuſammenſetzen und die alle
vollſtändig ausgeſtorben ſind, lebten vorzugsweiſe während der Epoche
der juraſſiſchen und Kreideablagerungen und ſind durch Kiefer, Wir-
bel und Extremitätenknochen bekannt. Die Zähne der meiſten dieſer
Thiere ſtehen in getrennten Alveolen auf beſonderen Sockeln und ha-
ben entweder eine ſpitz kegelförmige ſchneidende Krone oder einen
meſſerförmigen gezackten Rand, deſſen Abnutzung mit Beſtimmtheit auf
Pflanzennahrung hindeutet. Die Zähne werden durch Nachwachſen
junger Zähne von unten her erſetzt. In der Wirbelſäule zeichnet ſich
beſonders das aus fünf verwachſenen Wirbeln beſtehende Kreuzbein aus,
welches in ſeiner Form ſehr viele Aehnlichkeit mit dem entſprechenden
Knochen der Säugethiere hat und ſich ſcharf von der Bildung aller
übrigen Reptilien unterſcheidet, wo ſtets nur zwei Wirbel zum Kreuz-
beine zuſammenwachſen. Die Formen der Extremitätenknochen bewei-
ſen, daß die Großechſen äußerſt kräftige plumpe Füße beſaßen mit
kurzen, dicken Zehen, einigermaßen denen der dickhäutigen Säugethiere
ähnlich. Alle dieſe Knochen zeigen eine ſehr feſte Struktur ihrer
äußeren Lage und Markhöhlen im Innern, die ſonſt nur den Säuge-
thieren, aber keinem Reptil zukommen und deutlich beweiſen, daß die
Großechſen ſchwerfällige Landthiere waren, welche wie es ſcheint haupt-
ſächlich in der Nähe von Flußufern ſich aufhielten. Die Länge einiger
Arten mag bis zu vierzig Fuß und mehr betragen haben; ihre Ueber-
reſte ſind bis jetzt vorzugsweiſe in England gefunden worden. Dino-
saurus; Megalosaurus; Iguanodon; Hylaeosaurus
.


Ordnung der Flugechſen (Pterodactylia).

Die Familie, welche dieſe Ordnung mit nur wenigen Arten bildet,
hat ihre Ueberreſte hauptſächlich in dem deutſchen Jura, namentlich in
den Schichten von Sohlenhofen hinterlaſſen. Der Kopf dieſer Repti-
lien iſt ſehr groß mit weiten Augenhöhlen und ungegliedertem knöcher-
[283]

Figure 191. Fig. 1188.

Reſtauration von Pterodactylus.
Die punktirte Linie zeigt die wahrſcheinliche Gränze der Haut und des
Fallſchirmes an.


nem Augenringe, der Rachen mit langen, ſpitzen, pfriemenförmigen
Zähnen beſetzt, die in Zahnhöhlen ſitzen und die Erſatzzähne in ihrer
Höhle bergen. Bei vielen Arten gehen dieſe Zähne bis nach vorn;
bei andern aber finden ſie ſich nur im hinteren Theile der Kiefer, die
nach vorn in eine zahnloſe mit einem hornigen Schnabel bekleidete
Spitze ausliefen. Der Hals iſt lang, ſtark, der Rumpf kurz, ſchwach,
und nach hinten in einen ſehr kurzen, dünnen, ſtielförmigen Schwanz
endigend. Der Schulterapparat iſt ſehr ſchwach, aus einem langen,
ſäbelförmigen Schulterblatte, einem dünnen Hakenſchlüſſelbeine zuſam-
mengeſetzt, ohne Gabelbein, der Oberarm kurz und ziemlich dick, die
Unterarmknochen mehr als doppelt ſo lang. An dieſem ſitzt nun auf
einigen kleinen Mittelhandknochen die merkwürdigſte Hand im ganzen
Thierreiche; innen vier dünne Krallenfinger, an welche ſich nach außen
ein ungeheuer langer, ſtarker, ſäbelförmiger Finger anſchließt, aus vier
langen Gliedern gebildet. Dieſer Finger für ſich iſt etwa ſo lang,
wie Hals und Rumpf zuſammengenommen. Die Hinterfüße ſind
ſchwach, mit Krallenfingern verſehen, lang und an einem ſchwachen,
kleinen Becken befeſtigt. Aller Wahrſcheinlichkeit nach war zwiſchen
dem ſäbelförmigen äußeren Finger, der bald aus zwei, bald aus vier
Gliedern beſteht, und den Seiten des Leibes eine Flughaut ausge-
ſpannt, welche die Flugechſen befähigte, in ähnlicher Weiſe wie Fleder-
mäuſe in der Luft umher zu flattern. Ihre Skelette wurden in der
That früher bald für Vogel- bald für Fledermausreſte gehalten, bis
endlich die große Aehnlichkeit im Bau des Schädels, die eingekeilten
[284] Zähne, die Eigenthümlichkeiten der Wirbelſäule ihre Reptiliennatur
überzeugend darthaten. Pterodactylus; Ornithopterus; Rhampho-
rhynchus
.


In der Reihe der Reptilien, die ſich durch einen längs geſchlitz-
ten After und eine einfache männliche Ruthe auszeichnen, ſteht oben
an die


Ordnung der Waſſerechſen. (Hydrosauria.)

Ich faſſe unter dieſer Benennung eine ganze Reihe meiſt rieſen-
mäßiger Reptilien zuſammen, die in der jetzigen Schöpfung nur noch durch
die Krokodile vertreten ſind, die aber in früheren geologiſchen Epochen
die raubgierigen Beherrſcher nicht nur der ſüßen Gewäſſer, ſondern
auch der Meere waren. In ähnlicher Weiſe, wie in der Ordnung
der Eidechſen, läßt ſich auch bei dieſer Ordnung eine allmälige Aus-
bildung der Extremitäten gewahren, wenn gleich in anderer Richtung.
Da die Anfänge dieſer Ordnung nicht das feſte Land, ſondern das
Waſſer bewohnten, ſo ſehen wir bei demſelben Typus des Schädel-
baues, bei gleichmäßiger, allmälig ſich erhebender Ausbildung der
Wirbelſäule anfänglich nur Ruderfloſſen auftreten von unförmlicher
Geſtalt, mit unbeſtimmter Zahl der Knochen, welche die Handwurzel
und die ungetrennten Zehen bilden, ſo daß Bewegungswerkzeuge her-
geſtellt werden, ähnlich den Floſſen der Walthiere; allmälig ſondert
ſich dieſe Bildung aus, die einzelnen Zehen trennen ſich mehr und
mehr, die Thiere leben nicht mehr einzig in der hohen See, ſondern
in Lagunen und an Flußufern und es zeigen ſich dann wohlgebildete
Füße mit vollkommen getrennten Zehen, wenn auch zuweilen durch
Schwimmhäute mit einander verbunden. Da die Kenntniß der inne-
ren Anatomie lediglich auf der Unterſuchung der einzigen jetzt leben-
den Familie beruht, ſo erſcheint es zweckmäßiger auf die näheren
Charaktere erſt bei dieſer einzugehen. Wir unterſcheiden eben nach
der angedeuteten verſchiedenen Bildung der Extremitäten zwei Grup-
pen oder Unterordnungen, von welchen die eine lediglich aus foſſilen,
die andere aus foſſilen und lebenden Familien gebildet iſt.


Unterordnung der Meerdrachen (Enaliosauria). Der
Kopf der rieſenmäßigen Meerdrachen, von denen manche Arten eine
Länge von dreißig Fuß erreichten, iſt ſtark abgeplattet, die Kiefer lang
ausgezogen und mit gewaltigen, kegelförmigen, ſpitzen, meiſt an ihrer
[285] Krone geſtreiften oder oberflächlich in Falten gelegten Zähnen bewaff-
net. Alle dieſe Zähne ſtecken in wohlgeſonderten, runden Alveolen
eingekeilt und der Erſatzzahn bildet ſich in der Weiſe unter der Wur-
zel des feſtſitzenden alten Zahnes, daß er in dieſen von unten her
gleichſam eindringt und ihn ſo lang wie eine Kappe auf ſeiner Spitze
trägt, bis der alte Zahn faſt vollſtändig reſorbirt iſt und abfällt.
Die Augen ſind meiſt ungemein groß und von faßdaubenartig geſtell-
ten Knochenplatten umgeben; die Kiefer lang gezogen; die Naſen-
löcher an der Schnauzenſpitze angebracht, der Hirntheil des Schädels
ſehr klein und durch zwei tiefe Gruben oder Löcher, in welchen die
Kaumuskeln ſich anſetzen, von dem ſtark nach hinten gerichteten, kräf-
tigen Gerüſte des Unterkiefergelenkes geſchieden. Die Wirbelſäule, die
nach hinten in einen langen, wahrſcheinlich mit einer häutigen Floſſe
verſehenen Schwanz ausläuft, ſteht auf einer niederen Stufe der Bil-
dung, indem die Wirbelkörper ganz in ähnlicher Weiſe, wie diejenigen
der Fiſche auf beiden Seiten kegelförmig ausgehöhlt ſind und meiſtens
in ihrem Querdurchmeſſer den Längsdurchmeſſer bedeutend übertreffen.
Der Bruſtkaſten war äußerſt kräftig gebaut und die ſämmtlichen Rip-
gen an einem langen Bruſtbeine eingelenkt. Merkwürdig war die Bil-
dung der Extremitäten. Während nämlich Schulter und Beckengürtel
aus ſtarken, kräftigen, wohlausgebildeten Knochen zuſammengeſetzt ſind,
werden Oberarm wie Schenkel nur durch einen kurzen Cylinderknochen,
Vorderarm und Schiene durch zwei ſcheibenähnliche Knochen repräſentirt,
auf welche eine Menge kleiner, rundlicher Knochenſtücke folgen, die mo-
ſaikartig zuſammengelegt ſind und ſo eine platte, lange Floſſe
darſtellen, welche an beiden Seiten des Leibes angebracht war. Die
verſchiedenen Proportionen des Körpers wechſeln ungemein, in-
dem bei den einen der Hals lang, ſchlangenähnlich, der Schwanz
dagegen kurz, bei den anderen der Hals ſehr verkürzt und der
Schwanz verlängert erſcheint. Man kann in dieſer Gruppe vorwelt-
licher Thiere drei Familien unterſcheiden: die Meerdrachen aus der
Trias
(Nothosaurida) mit geſtrecktem Schädel, an dem ſich aber die
Oberkieferbeine faſt bis zur Spitze erſtrecken, ringloſen, auf der
Oberfläche des Schädels liegenden Augenhöhlen, vor welchen unmit-
telbar die Naſenlöcher, dahinter die Schläfengruben ſich finden und
mit kegelförmigen, ganzen, ungeſtreiften, weit von einander ſtehenden
Zähnen, von denen ſich meiſt die vorderen im Oberkiefer ſtehenden
durch ihre beſondere Länge auszeichnen (Nothosaurus; Simosaurus;
Dracosaurus; Conchiosaurus)
. Die Fiſchdrachen(Ichthyosaurida)
mit ſpitzem Kopfe, ſchnabelförmig verlängerter Schnauze, an welcher
[286]

Figure 192. Fig. 1189.

Reſtauration von Ichthyosaurus.
Das Skelett iſt auf die Silhouette des Körpers eingetragen.


nur die Zwiſchenkiefer größtentheils Antheil nehmen, geſtreiften Zäh-
nen, die dicht bei einander ſitzen und deren Zahnſubſtanz förmliche
Faltungen zeigt, mit dickem, langem Leibe, kurzen Floſſenfüßen und
langem Schwanze (Ichthyosaurus; Pliosaurus); und die Schlangen-
drachen
(Plesiosaurida) mit kurzem, abgeſtutztem Kopfe, langen,

Figure 193. Fig. 1190.

Reſtauration von Plesiosaurus, eben ſo behandelt.


ſchlanken Zähnen von ungleicher Länge, von denen gewöhnlich einige
als Fangzähne vorſtehen, ſchlangenähnlichem, langem Halſe und kur-
zem, dickem Körper, an dem ein ſtielförmiger, unbedeutender Schwanz
ſitzt (Plesiosaurus). Die beiden letzteren Familien kommen nur in
den juraſſiſchen Gebilden vor und zeichnen ſich nebſt den vorigen noch
weſentlich dadurch von den Krokodilen aus, daß ſie eine vollkommen
nackte, lederartige Haut beſaßen, an welcher keine Spur von Knochen-
ſchildern oder ſonſtiger Schuppenbedeckung zu finden iſt.


Unterordnung der Panzerechſen oder Krokodile (Loricata)
Der Schädel der Krokodile iſt breit, flach, die Kiefer ſehr verlängert
zuweilen in einen langen Schnabel ausgezogen, der indeſſen ſich von
dem Schnabel der Fiſchdrachen inſofern weſentlich unterſcheidet, als
nur ſeine Spitze von den Zwiſchenkiefern, die ganzen Seiten aber
von den Oberkieferknochen gebildet werden. Die Gaumenbeine tragen
niemals Zähne, ſondern bilden, wie bei der vorigen Unterordnung
ein breites Dach, das vollkommen geſchloſſen iſt und die langen Na-
ſengänge, die ſich hinten im Rachen öffnen, vollkommen von der Mund-
[287]

Figure 194. Fig. 1191.

Das Nilkrokodil (Crocodilus niloticus).


höhle abſchließt. Die Naſenlöcher liegen vorn an der Spitze der
Schnauze und können durch eine Klappe nach Willkühr vollſtändig
geſchloſſen werden. Die Zähne ſtehen hart nebeneinander in vollkom-
men geſchloſſenen Zahnhöhlen und zeigen eine lange, hohle Wurzel
und eine deutlich abgeſetzte, meiſt oberflächlich geſtreifte, ſpitze zuſam-
mengedrückte Krone; ſie werden in derſelben Weiſe, wie dieß oben
beſchrieben wurde, durch von unten heraufdrängende Erſatzzähne
gewechſelt; die Augenhöhlen liegen weit nach hinten, ſind vollkommen
geſchloſſen, das Auge wohl entwickelt und durch breite Lider ver-
ſchließbar; ebenſo kann das ganz hinten am Schädel angebrachte
äußere Ohr durch eine Hautklappe vollkommen verſchloſſen werden.
Die Halswirbel zeigen meiſt lange, rippenähnliche Fortſätze, die über-
einander greifen und ſo dem Halſe nur eine höchſt geringe Biegſamkeit
geſtatten. Die Rippenbögen ſind ſtark, aus zwei im Winkel mit
einander zuſammentreffenden Knochen gebildet und das Bruſtbein über
die ganze Unterfläche des Bauches fortgeſetzt, ſo daß es ſich meiſt
hinten an den Beckengürtel anſchließt. Meiſt gehen von dieſem Bruſt-
beine von unten her falſche Rippen aus, welche die Wirbelſäule nicht
erreichen. An dem Schwanze ſind die Dornfortſätze hoch, der Schwanz
ſelbſt zuſammengedrückt, oben gekielt und mit einem anfangs doppel-
ten, ſpäter einfachen, gezackten Kamme beſetzt. Unterſucht man die
Mundhöhle, ſo findet man gewöhnlich den vierten Zahn des Unter-
kiefers zu einem ſtarken, kegelförmigen Fangzahne entwickelt und ſo
über die anderen Zähne hervorragend, daß er entweder in einen
Ausſchnitt oder ſelbſt in ein Loch des Oberkiefers beim Schließen des
Maules eingreift. Auf dem Boden der Mundhöhle, zwiſchen den
Aeſten des Unterkiefers liegt eine ſchwammige Zunge, die durchaus
unbeweglich mit ihren Rändern überall angewachſen iſt und ſich da-
durch weſentlich von der Zunge aller übrigen Reptilien unterſcheidet.
Die Füße ſind kurz, aber kräftig, quergeſtellt, ſo daß ſie auf dem
Lande den Körper nicht tragen, ſondern nur fortſchieben können. Die
[288] Vorderfüße haben ſtets fünf, die Hinterfüße vier Zehen, von denen
nur die inneren Nägel tragen; die Zehen der Vorderfüße ſind durch-
aus getrennt, die der Hinterfüße dagegen durch ganze oder halbe
Schwimmhäute mit einander verbunden. Die Körperbedeckung der
Krokodile zeichnet ſich noch beſonders dadurch aus, daß in einer
dicken, hie und da körnigen Lederhaut einzelne Knochenſchilder ent-
wickelt ſind, welche ein zelliges Gewebe haben und durchaus in die
Lederhaut ſelbſt eingelaſſen ſind; auf dem Kopfe liegt dieſe Lederhaut
unmittelbar auf der wabenförmigen Oberfläche der Schädelknochen
auf, deren ſämmtlichen Vertiefungen ſie folgt; an dem übrigen Kör-
per zeigt ſie Körner, an dem Schwanze meiſt Längs- und Querlinien,
die bei oberflächlichem Anſehen die Stellung dor Wirtelſchuppen einiger
Eidechſen nachahmen. Die Knochentafeln ſind hauptſächlich in dem
Nacken und auf der Rückenfläche des Leibes entwickelt. Die Kloake
iſt, wie ſchon angeführt, bei beiden Geſchlechtern durch einen Längs-
ſpalt nach Außen geöffnet und bei dem Männchen die einfache, erectile
Ruthe in der Kloake ſelbſt verborgen.


Die Panzerechſen treten mit dem Jura in vielfachen, meiſt ſehr
eigenthümlichen Gattungen auf und ſetzen ſich bis in die jetzige Schöp-
fung mit wenig wechſelnden Charakteren fort. Wir unterſcheiden unter
ihnen nach der Entwickelung der Wirbelſäule drei verſchiedene Fami-
lien: Die Teleoſaurier(Teleosaurida) mit außerordentlich verlän-
gerter, dem jetzt lebenden Gavial ähnlicher Schnauze und biconcaven
Wirbelkörpern, ähnlich denjenigen der Fiſche (Poecilopleuron; Pleurosau-
rus; Teleosaurus; Pelagosaurus; Aelodon; Gnathosaurus; Mystrio-
saurus)
. Die Steneoſaurier(Steneosaurida), ebenfalls mit langer
Schnauze und vorn convexen, hinten aber concaven Wirbeln (Steneo-
saurus; Streptospondylus)
. Beide Familien finden ſich nur in dem
Jura und zwar die erſtere mehr in dem Lias, die letztere mehr in den
oberen Schichten der juraſſiſchen Gebilde. Endlich die Familie der
jetzt lebenden Krokodile(Crocodilida), deren Wirbelkörper vorn con-
cav, hinten aber convex ſind, erſcheint erſt ſparſam in der Kreide,
dann aber häufig in den verſchiedenen Tertiärgebilden aller Länder.
Unſere jetzt lebenden Krokodile, unter denen man beſonders die Ga-
viale mit langer, ſchmaler, die Krokodile und Alligatoren mit breiterer
Schnauze unterſcheidet, leben vorzugsweiſe in den großen Flüſſen und
den Lagunen, wo ſie Tags über meiſt ſchlafend zubringen und Nachts
hauptſächlich auf Raub ausgehen; ſie nähren ſich von Fiſchen, oder
auch von Säugethieren, welche ſie überfallen, wenn ſie zum Trinken
[289] kommen. Außerhalb des Waſſers bewegen ſie ſich nur ſehr mühſam
und unbehülflich, während ſie äußerſt geſchickt ſchwimmen und ſehr
lange tauchen können, wobei ihnen die verſchließbaren Naſenlöcher
und die weiten Luftſäcke, die ſie beſitzen, weſentliche Dienſte leiſten.
Crocodilus; Rhamphognathus; Alligator; Polyptychodon.


Ordnung der Schildkröten. (Chelonia.)

Figure 195. Fig. 1192.

Skelett einer Landſchildkröte (Testudo).
Das Bauchſchild iſt weggenommen, um die innere Fläche des Rücken-
ſchildes zu zeigen.
vc Halswirbel. co Rabenbein. dv Rückenwirbel. c Rippen, durch
Nähte mit einander verbunden. cs Seitliche Schildſtücke. b Becken. t Schien-
bein. p Wadenbein. f Schenkelbein. cl Schlüſſelbein. o Schulterblatt.


In weit ſchärferer und beſtimmterer Weiſe, als alle anderen
Typen der Reptilien trennt ſich dieſe Ordnung von den übrigen ab.
Der platte, ſchildförmige Körper, unter deſſen Knochenplatten ſich meiſt
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 19
[290] die Extremitäten und der Kopf zurückziehen können, die kurzen ſtum-
melförmigen Füße, das zahnloſe, einem Vogelſchnabel nicht unähnliche
Maul laſſen dieſe Ordnung vor allen anderen auf den erſten Blick
erkennen. Der Kopf der Schildkröten iſt im Allgemeinen oval, hinten
quer abgeſtutzt, die Kiefer ſehr kurz, hoch, beiderſeitig mit ſcharfem
ſchneidendem Rande verſehen und mit Hornplatten überkleidet. Die
Schädelknochen ſchließen feſt aneinander und bilden ein breites Dach
über den vollkommen geſchloſſenen Augenhöhlen, in welchen ſich wohl
ausgebildete, mit Augenlidern verſehene Augen befinden. Die Zunge
iſt fleiſchig, kurz, nicht vorſtreckbar, aber vollkommen beweglich; der
Hals meiſt kurz und dick, die einzelnen Wirbel des Halſes vollkommen
frei beweglich und ohne ausgebildete Fortſätze. An der Rückenwir-
belſäule zeichnen ſich beſonders die breiten plattenförmigen Rippen aus,
welche ſehr lang und breit werden, durch zackige Nähte ſich mit einan-
der verbinden und ſo einen einzigen breiten Schild darſtellen, der den
ganzen Rücken deckt und von Außen noch mit beſonderen Horn-
tafeln belegt iſt. Meiſt gehen die Rippen in gleicher Breite bis zu
dem äußeren Rande des Schildes fort, zuweilen aber ſind die Plat-
ten nur in der Nähe der Wirbelſäule entwickelt und nach außen hin
ſtehen dann die Rippen gleichſam wie Radſpeichen an dem Skelette
hervor, während bei dem lebenden Thiere ihre Zwiſchenräume durch
derbe Haut- und Hornſchilder gedeckt ſind; gewöhnlich findet ſich an
dem Rückenſchilde ein Saum beſonderer Knochenplatten, Randſtücke,
in welche die endenden Rippen eingeſenkt ſind, ſo daß auch bei ſpei-
chenartig verlängerten Rippen ein ganzer Rand hergeſtellt wird. In
ähnlicher Weiſe wie auf dem Rücken, wird auf der Bauchſeite ein
Knochenſchild hergeſtellt, welches aus dem übermäßig verbreiterten, in
Stücke zerfallenen Bruſtbeine gebildet wird und gewöhnlich an den
Seiten ſo mit dem Rückenſchilde durch Nähte ſich verbindet, daß beide
Schilder eine Kapſel bilden, die nur vorn und hinten zum Durch-
laſſen des Kopfes, der Füße und des Schwanzes geöffnet iſt. Auf
der äußeren Seite ſind Rücken- und Bauchſchild beide mit Hornplat-
ten bedeckt, welche aneinander ſtoßende Schilder bilden und aus denen
bei einigen Arten das bekannte Schildpatt gewonnen wird. Dieſe
Schilder entſprechen in ihrer Abtheilung niemals den Abtheilungen
der Rippen und der Knochenſtücke des Bruſtbeines und laſſen meiſtens
auf dem Rücken eine mittlere Reihe, die Rückenſchilder, zwei Reihen
von Seitenſchildern und einen Kranz von Randſchildern unterſcheiden,
welche letztere den ganzen Panzer umgeben. Die Lagerung dieſer
Horntafeln und ihr Verhältniß zu einander erſcheint immer von Wich-
[291] tigkeit für die Unterſcheidung der verſchiedenen Gattungen und Arten.
Die ſämmtlichen Organe des Körpers, ſo wie auch namentlich der
Schulter- und Beckengürtel ſind innerhalb des Schildes angebracht
und letztere unbeweglich an die innere Fläche des Rückenſchildes an-
geheftet. Alle Schildkröten haben vier Füße, die ſtets nur kurz
und ſtummelförmig ſind, in ihrer Ausbildung aber bei den verſchie-
denen Familien ſehr weſentliche Verſchiedenheiten zeigen. Der Schwanz
iſt gewöhnlich nur kurz, rundlich, zugeſpitzt, die an ſeiner Baſis ge-
legene Oeffnung der Kloake von einem Längsſchlitze gebildet, in ähn-
licher Weiſe wie bei den Krokodilen und die Männchen eben ſo mit
einer einfachen Ruthe verſehen. Alle Schildkröten ſind äußerſt träge,
langſame Thiere, welche ſich hauptſächlich von vegetabiliſchen Sub-
ſtanzen, einige aber auch von kleineren Thieren und von Fiſchen
nähren. Wir theilen ſie in folgende Familien:


Die Seeſchildkröten(Thalassita) ſind einzig auf den Aufenthalt

Figure 196. Fig. 1193.

Die Ca[r]etſchildkröte (Chelonia imbricata).


im Meere beſchränkt und alle vor-
treffliche Schwimmer, welche ſich
theilweiſe auf der hohen See gefal-
len und nur zum Ablegen ihrer
Eier an die ſandigen Küſten kom-
men. Das Schild dieſer Thiere iſt
klein, ſehr flach, nach hinten zuge-
ſpitzt und nur zur Bedeckung des
Körpers geeignet; Kopf und Füße
können durchaus nicht in daſſelbe
zurückgezogen werden. Der Kopf
iſt ſtark abgeplattet, vorn abgeſtutzt,
die Kiefer ſehr ſcharf, ſchnabelartig,
der Hals ziemlich kurz, die vier
Füße zu ungetheilten Floſſen um-
geſtaltet; die vorderen Floſſen ſind
weit länger, als die hinteren, platt, ſäbelförmig gekrümmt, die hinte-
ren kurz und breit; die Zehen laſſen ſich bei einigen Gattungen durch-
aus gar nicht, bei anderen nur dadurch unterſcheiden, daß die Floſſe
ſtellenweiſe dicker und dünner iſt. Bei einigen Gattungen ſtehen Nä-
gel, höchſtens zwei, an dem äußeren Rande der Floſſe, da, wo die
betreffenden Zehen enden; anderen fehlen dieſe Nägel durchaus. Alle
ſind vortreffliche Schwimmer und viele erreichen eine ſehr bedeutende
Größe; die meiſten nähren ſich von Seetang und haben ein äußerſt
19*
[292] wohlſchmeckendes, geſundes Fleiſch, während die anderen, welche ſich
zum Theile von Mollusken nähren, ein ſehr ungeſundes, ja ſelbſt
giftiges Fleiſch haben ſollen. Die bekannte Caretſchildkröte, welche
faſt einzig das geſchätzte Schildpatt liefert, gehört dieſer Familie an.
Chelonia; Sphargis; Aplax.


Figure 197. Fig. 1194. Fig. 1195.

Fig. 1194. Die Schnappſchildkröte (Snapping turtle) des Miſſiſippi. Gymnopus spinifer (Trionyx
ferox)
. Fig. 1195. Das Bauchſchild.


Durch die Bildung der Füße ſtehen die Flußſchildkröten(Pota-
mida)
den Seeſchildkröten am nächſten. Rücken- und Bauchſchild ſind
ebenfalls ſehr flach, wenig gewölbt und meiſtens nur unvollſtändig
verknöchert; beide ſind in ihrem ganzen Umfang von einer weichen,
lederartigen, im Umkreiſe knorpeligen und biegſamen Haut bedeckt,
welche durch die ſpeichenartigen Verlängerungen der Rippen geſtützt
wird. Kopf und Füße können unter dieſes Schild nicht zurückgezogen
werden; der Kopf iſt lang, zugeſpitzt, dreieckig, die Naſenlöcher in
einen kurzen, beweglichen Rüſſel verlängert, die Kiefer außerordentlich
ſcharf ſchneidend, nackt, von weichen Lippen umgeben, der Hals lang,
drehrund, ſehr verlängerbar; das Bauchſchild hinten namentlich ſehr
kurz, in der Mitte nicht verknöchert, mit dem Rückenſchilde nicht durch
Nähte verbunden; die vier Füße kurz, dick, am Ende ſehr breit, die
Zehen in ihrer ganzen Länge durch eine Schwimmhaut verbunden,
die ſich noch an dem hinteren Rande des Beines fortſetzt; die Zehen
übrigens beweglich, deutlich erkennbar und die drei vorderen mit Nä-
geln bewaffnet, während die zwei hinteren nagellos ſind. Die Gat-
tungen dieſer Familie ſind äußerſt räuberiſche, lebhafte Beſtien, die in
den großen Flüſſen Amerika’s und Indiens leben, ſich hauptſächlich
von Fiſchen nähren, den zurückgezogenen Hals blitzſchnell vorſtrecken
[293] und ſogar badende Menſchen angreifen, denen ſie Stücke Fleiſch mit
den ſcharfen Kiefern ausreißen. Trionyx; (Gymnopus); Cryptopus.


Die Familie der Sumpfſchildkröten(Elodita) iſt die zahlreichſte
von allen und bildet den Uebergang von den vorigen zu den eigent-
lichen Landſchildkröten. Die Füße haben fünf freie, bewegliche Zehen,
welche ſämmtlich mit Hakenkrallen bewaffnet ſind, aber an ihrer Baſis
durch eine Schwimmhaut aneinander geheftet werden, ſo daß die Thiere
ſie ebenſo wohl auf dem Lande, als in dem Waſſer mit Vortheil be-
nutzen können; auch bewohnen dieſe Thiere vorzugsweiſe gern Land-
ſeen oder ausgebreitete Sümpfe, an deren Ufer ſie zuweilen hinan-
klimmen, um ihrer aus Pflanzen beſtehende Nahrung nachzugehen.
Wir unterſcheiden unter ihnen zwei Unterfamilien: die Lurchſchild-
kröten (Chelyda)
mit ſpitzem Kopfe, an dem zuweilen ebenſo wie

Figure 198. Fig. 1196.

Die Matamata (Chelys fimbriata).


bei der vorigen Familie die Naſe rüſſelförmig verlängert iſt, langem,
rundem, oft mit ſonderbaren Hautlappen verziertem Halſe, unvollkom-
men verknöchertem Rücken- und Bauchſchilde, unter welches die Füße
gar nicht eingezogen werden können. Alle dieſe Charaktere ſtimmen
noch weſentlich mit denen der Flußſchildkröten überein, von welchen
dieſe Gruppe indeß außer durch die Bildung der Füße ſich auch noch
dadurch unterſcheidet, daß der Kopf ſeitlich zwiſchen die beiden Pan-
zerſchilder zurückgelegt werden kann, daß ſeine Kiefer mit weicher Haut
überzogen ſind und das Rückenſchild nicht mit Lederhaut, ſondern mit
Hornplatten bedeckt iſt (Chelys; Chelodina; Platemys; Pentonyx; Po-
docnemys; Peltocephalus)
. Bei den eigentlichen Sumpfſchildkröten
(Emyda)
iſt der Panzer größer, mehr gewölbt, Rücken- und Bauch-
ſchild vollkommen verknöchert, durch Naht mit einander verbunden, die
Kiefer mit Horn bedeckt, nicht von weichen Lippen umgeben und der
Kopf kann gänzlich unter das Schild zurückgezogen werden, indem der
ziemlich lange Hals ſich S-förmig von oben nach unten zuſammenbiegt.
Emys; Cistudo; Tetronyx; Platysternum; Emysaurus; Cinosternum;
Chelydra; Eurysternum; Idiochelys
.


[294]
Figure 199. Fig. 1197.

Die europäiſche Landſchildkröte (Testudo graeca).


Figure 200. Fig. 1198.

Fig. 1197. Von oben. Fig. 1198. Von unten.


Die Familie der, Landſchildkröten(Chersita) hat einen hochge-
wölbten, gänzlich verknöcherten Rückenſchild, der mit dem Bauchſchilde
durch Naht verbunden iſt und vorn und hinten nur zwei ſchmale
Spalten zeigt, in welche Kopf, Füße und Schwanz gänzlich geborgen
werden können. In einigen Fällen iſt das Bruſtſchild in ſeinem vor-
deren oder hinteren Theile ſelbſt klappenartig beweglich, ſo daß der
Panzer noch vollkommen geſchloſſen werden kann. Der Kopf iſt kurz,
abgeſtutzt, die Kiefer mit ſcharfen Hornplatten ohne Lippen beſetzt, die
Füße ziemlich lang, ſtark und ſämmtliche Zehen in eine einzige dicke
Säule verwachſen, welche an ihrem vorderen Rande mit platten, ab-
geſchliffenen Hornnägeln beſetzt iſt und eine dickſchwielige Sohle hat,
ſo daß der Fuß im Ganzen dem eines Elephanten nicht unähnlich iſt.
Die jetzt lebenden Landſchildkröten ſind im Durchſchnitte nur klein;
man hat indeſſen am Himalaya Reſte einer koloſſalen Art gefunden,
welche in dieſe Familie gehört, die in den wärmeren Zonen, haupt-
ſächlich in Wäldern und Gebüſchen auf dem feſten Lande lebt. Te-
studo; Homopus; Pyxis; Cinyxis; Colossochelys
.


[295]

Klaſſe der Vögel..(Aves.)


Die Umwandlung der vorderen Gliedmaſſen zu Flügeln, die Be-
deckung des ganzen Leibes mit Federn ſind ſo allgemein und durch-
gehend in dieſer Klaſſe, daß dieſe ſchon durch die angeführten
Charaktere allein als eine durchaus abgeſchloſſene höchſt charakteriſtiſche
Gruppe des Thierreiches daſtehen würde. Man kann nicht ſagen,
daß die Klaſſe der Vögel ſich als einen nothwendigen Durchgangs-
typus zwiſchen den Reptilien einerſeits und den Säugethieren anderer-
ſeits hinſtellt. Die Durchführung des einheitlichen Planes in dem
Baue der Wirbelthiere und die Anſchauung ſeiner allmähligen Aus-
bildung würde im Gegentheile bedeutend leichter ſein, wenn die in
vielen Beziehungen abnorme Klaſſe der Vögel gänzlich fehlte und die
Säugethiere ſich unmittelbar an die Reptilien anſchlöſſen. Nichts
beweiſet beſſer als dieß Verhältniß einer ganzen und ſo überaus zahl-
reichen Klaſſe die Vergeblichkeit des Abmühens Derjenigen, welche das
Thierreich in eine einzige aufſteigende Linie ordnen möchten, die von
den niederſten Formen beginnend, bei dem Menſchen ihren Ausgangs-
punkt fände. Die Klaſſe der Vögel ſteht unzweifelhaft durch die Aus-
bildung ihrer inneren Organe, beſonders ihres Gehirnes, ihres
Herzens und ihrer Lungen, ſowie durch das warme Blut weit über
den Reptilien, während ſie auf der anderen Seite eben ſo zweifellos
den Säugethieren in vielfacher Beziehung nachſteht; und dennoch bildet
ſie kein Mittelglied zwiſchen beiden Klaſſen, ſondern einen abweichen-
den Typus, der ſich weder dem einen noch dem anderen näher
anſchließt.


Die Körperform der Vögel iſt eine durchaus charakteriſtiſche.
Bruſt und Bauch bilden eine einzige eiförmige Maſſe, welche im
Gleichgewichte auf zwei unter ihr angebrachten Stützen, den Beinen,
[296]

Figure 201. Fig. 1199.

Das Skelett des Geiers, in die Silhouette des Körpers eingezeichnet.
ve Halswirbel. cl Gabelknochen (clavicula). ca Handwurzel (carpus).
ph
Phalange des Fingers. st Bruſtbein (sternum). t Schienbein (tibia).
ta
Fußwurzel (tarsus). vq Schwanzwirbel. f Schenkelbein (femur). vs
Kreuzbein (sacrum). h Oberarm (humerus). o Elle (ulna).


ruht und zwar gewöhnlich ſo, daß die Längsaxe der Eigeſtalt hori-
zontal von vorn nach hinten läuft. Der rundliche Kopf, der in
einen mehr oder minder langen Schnabel ausgezogen iſt, ruht immer
auf einem langen Halſe, der wenigſtens neun, oft aber über zwanzig
Wirbel enthält und eine große Freiheit der Bewegungen beſitzt; da-
gegen iſt der Schwanz ſtets durchaus rudimentär, wenigſtens was
das Skelett und die Muskeln betrifft; denn der Theil, welchen man
gewöhnlich den Schwanz nennt, wird bei den Vögeln nur von langen
und ſteifen Federn gebildet. In dieſer bedeutenden Verlängerung des
oft ſchlangenförmigen Halſes und der Verkümmerung des Schwanzes
finden wir einen direkten Gegenſatz gegen die Reptilien, bei welchen
meiſt das umgekehrte Verhältniß der genannten Körpertheile ſtattfindet.
Hierzu kommt noch die Höhe der Beine, welche ſtets auch bei den
kurzbeinigſten Vögeln den Körper vollkommen ſchwebend tragen, wäh-
rend dieſer bei den Reptilien faſt immer auf der Erde geſchleift wird.


Das Skelett der Vögel zeichnet ſich vor dem aller übrigen
Wirbelthiere durch eine beſondere Eigenthümlichkeit aus, welche ſich
auf das Flugvermögen bezieht und mit dem Namen der Pneumaticität
[297]

Figure 202. Fig. 1200.

Skelett der Seemöve (Larus).
vc Halswirbel. c Gabelknochen. st Bruſtbein. d Finger. p Daumen
des Fußes. ta Fußwurzel. t Schienbein. ex Schwanzbein. s Kreuzbein.
o Schulterblatt. b Vorderarm.


bezeichnet wird. Die pneumatiſchen Knochen enthalten nämlich kein
Mark, ſondern mehr oder minder große Höhlen, welche durch Oeff-
nungen mit den Luftzellen des Körpers communiziren und von dieſen
aus durch die Lunge oder die Luftwege mit Luft gefüllt werden. An
dem trockenen Skelette erſcheinen dann an den einzelnen Knochen Löcher,
welche in dieſe inneren, die Markzellen erſetzenden Höhlen führen.
In der That finden ſich auch bei jungen Vögeln, welche noch nicht
flügge ſind, die Knochen des Skelettes mit Mark verſehen, welches
aber nach und nach ſchwindet und den Lufthöhlen Platz macht.
Die Ausbreitung dieſer in den einzelnen Knochen iſt ſehr verſchieden
und richtet ſich weſentlich nach zwei Bedingungen, nach dem Flug-
vermögen und nach der Körpergröße der einzelnen Gattungen. Die
Nashornvögel, die Sturmvögel und Pelikane, welche alle leicht flie-
gen und eine bedeutende Körpergröße beſitzen, haben faſt nur hohle
Knochen, indem nur einige dünne Knöchelchen des Kopfes, wie na-
mentlich die Jochbeine, ſolid ſind. Sonſt erſtrecken ſich die Lufthöh-
[298] len bei den angeführten Vögeln durch alle Schädel- und Wirbelknochen
bis in die letzten Spitzen der Zehenglieder hinein. Das umgekehrte
Verhältniß findet bei den Straußen und den verwandten Laufvögeln
ſtatt, wo die Pneumaticität auf nur wenige Knochen der Hirnſchale
beſchränkt iſt. Am häufigſten ſind einige Schädelknochen pneumatiſch,
die unmittelbar von der Mund- und Naſenhöhle aus mit Luft gefüllt
werden, nach ihnen das Oberarmbein, welches wie die übrigen Kno-
chen des Körperſkelettes mit den von den Lungen ausgehenden Luft-
ſäcken im Zuſammenhang ſteht. Die äußere Rindenſchicht dieſer pneu-
matiſchen Knochen iſt ſtets außerordentlich feſt und dicht, eine Ein-
richtung, wodurch Feſtigkeit mit Leichtigkeit verbunden wird.


Die Schädelknochen der Vögel verwachſen ſehr frühzeitig in eine

Figure 203. Fig. 1201.

Schädel eines Geiers.
m Oberkiefer. n Nasloch. l Thränenbein. as
Oberer Aſt deſſelben. cl Scheidewand der Augenhöh-
len. c Schädelkapſel. o Pauke. t Quadratbein. mi
Unterkiefer. j Jochbein. cn Knorpelige Naſenmuſcheln.


einzige Hirnkapſel, an
der auch nicht eine Spur
von Nähten übrig bleibt,
die ſich nur in der erſten
Zeit bei ganz jungen
Individuen noch finden.
Es iſt deßhalb auch
ſchwierig, die Geſtalt
der einzelnen Knochen,
welche in dieſen Schädel
eingehen, näher zu be-
ſtimmen und ihre Grän-
zen anzugeben. Im All-
gemeinen iſt der Vogel-
ſchädel rundlich und die Hirnkapſel im Verhältniſſe zu dem Geſichts-
theile bei Weitem größer, als bei den Reptilien. Ja es erſcheint
dieſe Größe oft weit bedeutender, als ſie wirklich iſt, da große
Luftzellen zwiſchen der inneren und äußeren Lage der Schädelknochen
entwickelt ſind und ſo der äußere Umfang des Schädels in keinem
Verhältniſſe zu der geringen inneren Höhle für das Gehirn ſteht.
Der Gelenkkopf, mit welchem der Schädel auf dem erſten Halswirbel
aufſitzt, iſt ſtets einfach, knopfförmig, oft vollkommen kugelig, ſo daß
er eine bedeutende Beweglichkeit beſitzt. Die zu beiden Seiten des
Schädels liegenden Augenhöhlen ſind gewöhnlich ſehr groß, nicht
immer vollſtändig geſchloſſen und auch ihre Scheidewand ſehr oft nicht
durchaus verknöchert. In dem nach vorn ausgezogenen Schnabel
liegen die an Umfang ſehr wechſelnden Naſenhöhlen, deren Scheidewand
[299] ebenfalls ſehr oft unvollſtändig iſt, ſo daß man quer durch die Na-
ſenlöcher durchſehen kann, die man in dieſem Falle als durchgehend
bezeichnet. Unterſucht man den Schädel bei ſehr jungen Individuen,
wo die einzelnen Knochen der Kapſel noch getrennt ſind, ſo ſtellt ſich
zuerſt heraus, daß die Zahl dieſer Knochen im Verhältniſſe zu der
bei den Reptilien vorkommenden bedeutend vermindert iſt und daß
dieſe Verminderung namentlich den Schläfenbeinapparat betrifft, deſſen
viele Stücke in wenigere Knochen zuſammengeſchmolzen ſind. Im
Umkreiſe des Markloches wird der Hinterhauptswirbel von vier
Stücken gebildet, der Schuppe und dem Körper des Hinterhaupts
oben und unten, und den beiden ſeitlichen Hinterhauptsbeinen, die
ebenfalls zur Bildung des Gelenkhöckers beitragen und einen Theil
des Ohrlabyrinthes umſchließen. Die Seiten des Schädels werden
von den Schläfenſchuppen umfaßt, die meiſt vertieft ſind und ſo eine
äußere Schläfengrube bilden, in der der Hebemuskel des Unterkiefers
ſeinen Urſprung nimmt. An dieſe Schuppe wachſen ſehr früh das
Falſenbein und das Zitzenbein an, ſo daß ſie nur einen einzigen
Knochen bilden, an welchem der meiſt viereckige, breite, oben ausge-
zackte Trageknochen des Unterkiefers, das Quadratbein, eingelenkt iſt.
Die obere Decke des Schädels wird von den kleinen Scheitelbeinen
und den großen Stirnbeinen gebildet, welche letztere zugleich die ganze
Decke der Augenhöhle liefern. Das Thränenbein und das Naſenbein
vervollſtändigen die vordere und innere Ecke der Augenhöhle, wäh-
rend das gewöhnlich große Siebbein die Hirnkapſel gegen die Augen-
höhle hin ſchließt und die Zwiſchenwand derſelben vervollſtändigt.
Auf der unteren Fläche der Schädelkapſel zeigt ſich vor dem Hinter-
hauptsbeine das dreieckige, hinten breite, vorn zugeſpitzte Keilbein,
das auf ſeiner Hirnfläche den Türkenſattel bildet und außer dem
bedeutenden großen Flügel noch kleine Augenflügel und einen ſtarken
Fortſatz bildet, der nach vorn hin dem Jochbeine entgegenwächſt und
die Augenhöhle von hinten her begränzt.


Der ganze Oberkiefergaumenapparat iſt an dem zu einer
einzigen Kapſel verwachſenen Schädel beweglich eingelenkt und zwar
in der Weiſe, daß zwei hauptſächliche Drehpunkte ausgebildet ſind,
der eine für den Oberkiefer an der Gränze zwiſchen Schnabel und
Stirn, der andere hinten an der Einlenkungsſtelle des Quadratbeines
mit der Schläfenſchuppe. Der Oberkiefer ſelbſt iſt in der Regel ſehr
klein, nach hinten gerückt, der Zwiſchenkiefer dagegen ſehr beträchtlich,
unpaarig und das weſentlichſte Beſtimmungsmoment der Schnabelform.
[300] Das Oberkieferbein iſt jederſeits durch einen ſtabförmigen Knochen,
der unter dem Augenhöhlenrande herläuft, mit dem Quadratbeine ver-
bunden. Es iſt dieſer Verbindungsſtab immer aus zwei Knochen zu-
ſammengeſetzt, vorn aus dem eigentlichen Jochbeine, hinten aus dem
ſogenannten Quadratjochbeine. Das Gaumengewölbe des Schnabels
iſt aus zwei großen Gaumenbeinen und einem mittleren Pflugſchaar-
beine zuſammengeſetzt, an welche ſich noch zu beiden Seiten lange,
ſtabförmige Flügelbeine anſchließen, welche vorn an die Gaumenbeine,
hinten an die Quadratbeine oder das Keilbein eingelenkt ſind. Alle
dieſe verſchiedenen Verbindungen bezwecken eine Complicität der Be-
wegungen, indem der Oberkiefer ſich nothwendig heben muß, wenn
der Unterkiefer herabgezogen und hierdurch der Schnabel geöffnet
wird. Der Unterkiefer, deſſen Form je nach der Schnabelform über-
haupt ſehr wechſelt, der aber immer hinten an dem Quadratbeine
eingelenkt iſt, beſteht, wie bei den Schildkröten, aus einem mittleren,
unpaaren, dem Zahnſtücke entſprechenden Knochen und aus fünf ſeit-
lichen, paarigen Stücken, die indeſſen ſehr bald mit einander verwachſen
und ſo einen einzigen Winkelknochen darſtellen.


Zähne kommen bei den Vögeln überhaupt gar nicht vor und die
einzige Bewaffnung ihres Mundes beſteht in den Hornſcheiden, welche
die ſchneidenden Ränder der Kieferknochen überziehen. Dieſe Horn-
ſcheiden ſind gewöhnlich ſcharf, wie die Schneide eines Meſſers, nur
ſehr ſelten kammartig ausgezackt. Bei den Raubvögeln und Kern-
beißern iſt ihre Subſtanz am härteſten, während ſie bei den haupt-
ſächlich von Weichthieren lebenden Enten und Schnepfen in eine ſehr
zarte Haut übergeht, die zahlreiche Nerven enthält und ein feines
Taſtorgan darſtellt. Oefters erſtrecken ſich dieſe Hornſcheiden nicht
über den ganzen Schnabel hinweg, ſondern werden nach hinten zu
von einer eigenthümlichen nackten Haut, der ſogenannten Wachshaut
(Ceroma) erſetzt. Bei ſeiner engen Beziehung zu der Nahrung und
Lebensweiſe der Vögel iſt der Schnabel ein vorzüglicher Gegenſtand
der Aufmerkſamkeit für die Zoologen geworden, die für die Beſchrei-
bung ſeiner vielfach wechſelnden Formen beſondere Kunſtausdrücke er-
funden haben. Die Rückenkante des Oberſchnabels heißt der Schna-
belrücken oder die Firſte; — meiſt erſcheint dieſelbe mehr oder minder
nach vorn gebogen oder ſelbſt hakenförmig gekrümmt. Der untere
Rand des Unterkiefers wird die Dillenkante, der Winkel, in
welchem beide Aeſte des Unterſchnabels zuſammenſtoßen, der Kinn-
winkel
, und der vereinigte Theil der beiden Unterkieferäſte die
[301]Dille(Myxa) genannt. Die Gegend zwiſchen dem Auge und der
Schnabelwurzel heißt die Zügelgegend und die hintere Wangengegend,
wo ſich bei dem Säugethier die äußere Ohröffnung finden würde,
die Ohrgegend. Die Form der Schnäbel und ihr Verhältniß zum
Körper iſt ſehr verſchieden. Die einfachſte Geſtalt iſt diejenige eines
Kegels oder einer Pyramide mit mehr oder minder ſcharfer Firſte,
die zuweilen etwas weniges nach vorn gebogen iſt. Von der Länge
des Storchſchnabels bis zu dem kurzen Kegelſchnabel eines Kernbeißers
und der Dünne eines Kolibriſchnabels finden ſich alle möglichen Ueber-
gänge dieſer Kegelgeſtalt in zahlreichſtem Wechſel der Form. Durch
ſtärkere Biegung der Firſte, Zuſpitzung des vorderen Hakens am
Oberſchnabel und Schärfung der Seitentheile geht dieſe Schnabelform
allmälig in den Raubſchnabel über, der bei den ächten Falken und
Eulen den Gipfel ſeiner Ausbildung erreicht. Zuweilen findet ſich
an dieſen Raubſchnäbeln noch eine ſeitliche, vorſpringende, ſcharfe
Ecke, die man dann mit dem Namen eines Zahnes belegt. In ande-
ren Fällen plattet ſich der Kegelſchnabel mehr ab, ſeine Seitentheile
verbreitern ſich, die Kante der Firſte verſchwindet oft gänzlich und
es werden ſo jene Formen hergeſtellt, die von den Gänſen und Löf-
felreihern bekannt ſind. Sehr häufig dient auch der Schnabel zur
Unterſtützung des Kletterns wie bei den Papageien und während hier
der Oberſchnabel ſehr ſtark gebogen wird, ſo daß das Ganze etwa
die Form einer Kneipſcheere hat, wie man ſie in der Gärtnerei braucht,
wird zugleich ſeine Subſtanz poröſer und leichter; eine Bildung, die
bei den Nashornvögeln ihr höchſtes Ziel erreicht, bei welchen die un-
geheueren Schnäbel aus großzelliger Knochenmaſſe beſtehen, die zum
Theil ſogar luftführend iſt. Einige Vögel, wie die Tauben und die
Sturmvögel zeichnen ſich noch durch eine beſondere Bildung des
Schnabels aus, der zuſammengeſetzt erſcheint, indem die Naſenlöcher
von beſonderen Knorpelſchuppen überwölbt ſind, die auf den Ober-
ſchnabel aufgeſetzt und mit demſelben verſchmolzen ſind.


Die Wirbelſäule der Vögel läßt ſtets die verſchiedenen Ab-
theilungen in Hals-, Rücken-, Lenden-, Kreuz- und Schwanzwirbel
erkennen. Der Hals hat gewöhnlich eilf bis zwölf, ſelten neun, zu-
weilen aber auch über zwanzig Wirbel, welche alle ſehr beweglich,
vorn ausgehöhlt und hinten gewölbt ſind. Die Querfortſätze der
Halswirbel ſind ſehr ſtark und an ihrer Wurzel durch ein Loch durch-
bohrt, in der Weiſe, daß alle dieſe Löcher in ihrer Aufeinanderfolge
einen Kanal bilden, durch welchen die hinteren Hirnarterien und der
[302] Stamm des ſympathiſchen Nerven nach oben ſteigen. Die Rücken-
wirbel ſind beſtändig ſehr kurz, wechſeln von ſechs bis zehn und
beſitzen auf ihrer vorderen, dem Bauche zugewandten Fläche meiſt
gabelige Dornfortſätze, um welche herum die Lungen befeſtigt ſind.
Alle Rückenwirbel tragen Rippen, welche ſehr platt ſind und winkel-
förmig mit vom Bruſtbeine ausgehenden platten Knochen verbunden
ſind, welche den Rippenknorpeln entſprechen. Dieſe Bruſtbeinrippen
ſind ſowohl mit dem Bruſtbeine, als mit der Rippe beweglich verbun-
den, die Feſtigkeit des Bruſtkorbes aber, welche beſonders für das
Fliegen von Wichtigkeit iſt, dadurch vermehrt, daß eine jede Rippe
etwa in der Mitte ihrer Länge einen gabelförmigen Fortſatz nach
hinten ſchickt, der ſich auf den Körper der nächſtfolgenden Rippe
auflegt und mit dieſem durch Bandmaſſe verbunden iſt. Außer den
wahren, mit dem Bruſtbeine verbundenen Rippen kommen indeß ſtets
vorn noch einige falſche Rippen vor, welche das Bruſtbein nicht er-
reichen und in deren Verfolge ſich an dem Halſe an den Spitzen der
Querfortſätze kleine Rippenrudimente zeigen. Die Lenden- und Kreuz-
beinwirbel, deren zuſammen ſich etwa neun bis gegen zwanzig finden,
verwachſen untereinander und mit dem Becken gewöhnlich zu einem
einzigen Knochen, deſſen urſprüngliche Zuſammenſetzung aus einzelnen
Wirbeln ſich nur durch die Nervenlöcher erkennen läßt, welche zwiſchen
den verwachſenen oberen Bogen ſich finden. Das Kreuzbein ſtellt auf
dieſe Weiſe einen meiſt länglichen Knochen dar, welcher auf beiden
Seiten mit den langen und ſchmalen Darmbeinen des Beckens ver-
wachſen iſt. Der Schwanz beſteht ſtets nur aus ſehr wenigen kleinen,
beweglich mit einander verbundenen Wirbeln, welche ſtarke Querfort-
ſätze tragen. Der letzte Schwanzwirbel iſt gewöhnlich lang, von der
Seite her zuſammengedrückt, von der Form eines Steuerruders und
mehr oder minder ſenkrecht in die Höhe geſtellt; er dient hauptſächlich
den Muskeln, welche die Steuerfedern des Schwanzes bewegen, zum
Anſatzpunkte und iſt deßhalb um ſo bedeutender, je mehr dieſe letzteren
entwickelt ſind.


[303]

Das Bruſtbein bildet mit dem Schultergürtel zuſammen einen
ſehr complicirten aber feſten Stützapparat für die mächtigen Armmus-

Figure 204. Fig. 1202

Schultergürtel des Adlers,
o Schulterblatt. c Rabenbein. co
Bruſtrippen. s Bruſtbein. e Hintere
Ausſchnitte deſſelben. sc Bruſtbeinkamm.
b Vordere Spitze deſſelben. f Gabelkno-
chen. m Haut zwiſchen demſelben und
dem Bruſtbeine.


keln, welche dem Flugvermögen
dienen. Das Bruſtbein ſelbſt ſtellt
gewöhnlich eine breite Platte dar,
welche zwiſchen den Bruſtbeinrip-
pen aufgehängt iſt und ſich ſo weit
nach hinten erſtreckt, daß der größte
Theil der Baucheingeweide auf
dieſer Platte ruht. Nur bei den
Laufvögeln, welchen das Flugver-
mögen gänzlich abgeht, iſt dieſe
Platte auf ihrer äußeren Fläche
ſchildförmig und gleichmäßig ge-
wölbt. Bei allen übrigen trägt ſie
in der Mittellinie einen Kamm, an
den ſich die Flugmuskeln von bei-
den Seiten her anſetzen und der
um ſo höher und vollſtändiger iſt, je kräftiger ſich überhaupt das
Flugvermögen entwickelt zeigt. Die Kolibris und unter unſern in-
ländiſchen Vögeln die Mauerſchwalben und Tauben zeigen die ſtärkſte
Entwickelung dieſes Kammes. Die Platte des Bruſtbeines iſt bei
ſtarken Fliegern wie z. B. den Falken vollkommen ganz, bei andern
aber mehr oder minder ausgeſchnitten oder ſelbſt von Löchern durch-
brochen, welche dann durch eine ſehnige Haut überzogen werden.
Unſere Hühner können namentlich ein Beiſpiel dieſer ſtarken Ausſchnitte
und Durchlöcherungen geben, deren Anordnung für die einzelnen Gat-
tungen und Arten ſehr conſtant iſt. Das Schultergerüſte der
Vögel beſteht allgemein aus drei Knochen, welche unter ſich und mit
dem Bruſtbeine ſehr feſt verbunden ſind und ſo einen feſten Stütz-
punkt für die Flugbewegungen herſtellen. Das Schulterblatt iſt ſäbel-
förmig und liegt horizontal auf dem Halſe der Rippen zu beiden
Seiten der Wirbelſäule auf. In dem Schultergelenke ſtößt es mit
einem ſtarken cylindriſchen Knochen zuſammen, welcher nach unten
hin ſich an die vordere Ecke der Bruſtbeinplatte befeſtigt, und dem
Rabenſchnabelfortſatze des menſchlichen Schulterblattes entſpricht. Die-
ſes Rabenbein iſt ſtets weit ſtärker, als das Schlüſſelbein, welches
ebenfalls von dem Schultergelenke aus bogenförmig nach unten geht
und durch Sehnenmaſſe an die vordere Spitze des Bruſtbeinkammes
angeheftet iſt. Hier wachſen die Schlüſſelbeine beider Seiten in der
[304] Mittellinie zuſammen, ſo daß ſie einen einzigen Knochen, das ſoge-
nannte Gabelbein (furcula) bilden. Die Gabelbeine der Enten und
Gänſe ſind ſelbſt den Kindern bekannt genug, indem man aus ihnen
die ſogenannten Springfröſche verfertigt. Das Schultergerüſte ſelbſt
bietet bei dieſer Einrichtung eine große Feſtigkeit und faſt völlige Un-
beweglichkeit dar. Auf dem von ihm hergeſtellten Gelenke ſpielt das
Oberarmbein, das meiſtens nur kurz und dick, zuweilen aber ſehr
breit iſt. Der Vorderarm beſteht wie gewöhnlich aus der Elle und
der Speiche, iſt aber meiſt weit länger, als der Oberarm und von
zwei kleinen, rundlichen Knöchelchen gefolgt, welche die Handwurzel
darſtellen. Die Mittelhand iſt wieder ziemlich lang und aus zwei
Röhrenknochen gebildet, die an ihren beiden Enden mit einander ver-
wachſen, ſo daß ſie nur einen einzigen Knochen darſtellen, welcher in
der Mitte durch einen länglichen Raum durchbrochen iſt. Dieſer
Knochen trägt an ſeinem hinteren Ende, wo er der Handwurzel ange-
lenkt iſt, auf einem beſonderen Vorſprunge das kleine Daumenglied,
welches dem ſogenannten Afterflügel als Stützpunkt dient. Auf dem
vorderen Ende der Mittelhand ſtehen gewöhnlich zwei kurze Finger,
von welchen der eine, dem Mittelfinger entſprechende, zwei, höchſtens
drei, der kleine Finger immer nur ein einziges Glied zeigt. Dieſe
oft ſtark verlängerten Knochen ſind ſehr eng mit einander verbun-
den und tragen die Schwungfedern der Flügel. Die Gelenkverbin-
dung ſämmtlicher Knochen iſt ſo, daß im Zuſtande der Ruhe der
Flügel eine förmliche Zickzacklinie bildet, indem der Oberarm längs
der Wirbelſäule nach hinten liegt, der Vorderarm ihm parallel nach
vorn ſich erſtreckt, ſo daß das Handwurzelgelenk vorn an dem Bruſt-
beinkamme anliegt und die Hand wieder nach hinten eingeſchlagen
wird.


Mit alleiniger Ausnahme des Straußes iſt das Becken aller
Vögel in der Mittellinie auf der Bauchfläche geöffnet, ſo daß es aus
zwei ſeitlichen Hälften beſteht, die einander nicht berühren. Hüftbein,
Sitzbein und Schambein ſind alle drei unbeweglich mit einander ver-
bunden und das erſtere in der ganzen Länge ſeines inneren Randes
mit dem Kreuzbein verwachſen, ſo daß dieſes einen ſchaufelförmigen
Knochen darſtellt, der ſeitliche, nach hinten gerichtete Flügel beſitzt.
Zwiſchen dem Darme und dem Sitzbeine finden ſich meiſt mehr oder
minder große Löcher und Ausſchnitte. Der Oberſchenkelknochen, wel-
cher mit einem kleinen runden Gelenkkopfe, der unter rechtem Winkel
[305]

Figure 205. Fig. 1203.

Skelett des Straußes, in die Silhouette eingezeichnet.


von ihm abgeht, in die Schenkelpfanne eingeſenkt iſt, erſcheint gewöhn-
lich als ein kurzer, aber ſtarker cylindriſcher Knochen, der ganz in der
Fleiſchmaſſe des Leibes geborgen iſt. Die Knieſcheibe bildet eine runde
Platte, welche das Kniegelenk von vorn deckt, in welcher das meiſt
lange, dicke, den Oberſchenkel an Maſſe weit übertreffende Schienbein
eingelenkt iſt. Das Wadenbein exiſtirt nur in Form eines ſpießför-
migen Griffelfortſatzes, welcher an der äußeren Seite des Scheinbeines
angelegt iſt und niemals bis zu dem Fußwurzelgelenke reicht. Dieſes
Wadenbein iſt den meiſten Rauchern wohlbekannt, da es gewöhnlich
als Pfeifenraumer benutzt wird. Die Fußwurzel wird durch einen
einzigen langen, cylindriſchen Knochen gebildet, welcher meiſtens völlig
nackt, unbefiedert und nur von hornigen Schildern begleitet iſt und
den man den Lauf(Tarsus) nennt. Die Länge der Beine wird
hauptſächlich durch die Länge dieſes Laufknochens bedingt und das
zwiſchen ihm und dem Unterſchenkel hergeſtellte nach hinten gerichtete
Gelenk in der beſchreibenden Zoologie gewöhnlich die Fußbeuge genannt.
Der eigentliche Fuß wird aus zwei, drei oder vier Zehen gebildet, in
deren Anordnung eine große Mannigfaltigkeit herrſcht. Jede Zehe
beſteht aus mehreren Gliedern, und zwar nimmt die Zahl derſelben
ſo zu, daß ſie von innen nach außen gewöhnlich von zwei bis auf
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 20
[306] fünf ſteigt. Sehr häufig ſteht der Daumen mit den übrigen Zehen
nicht auf gleicher Fläche. Oft berührt er den Boden gar nicht, wo
man ihn abgerückt nennt, in anderen Fällen reicht er nur mit der
Nagelſpitze auf, bei noch anderen nennt man ihn aufliegend, indem er
ſeiner ganzen Länge nach auf dem Boden ruht. Gewöhnlich iſt dieſer
Daumen nach hinten gerichtet, bei den Klammerfüßen aber, wie
z. B. bei den Mauerſchwalben, ſteht er wie die übrigen Zehen nach
vorn. Nach der Richtung der Zehen unterſcheidet man ferner noch
Kletterfüße, bei welchen auch die äußere Zehe nach hinten gerich-

Figure 206. Fig. 1204. Fig. 1205.


Figure 207. Fig. 1206. Fig. 1207. Fig. 1208.

Fig. 1204. Spaltfuß eines Singvogels (Turdus cyaneus) mit vollſtändig
geſtiefeltem Laufe. Fig. 1205. Schwimmfuß einer Ente. Fig. 1206. Spalt-
fuß eines Schreivogels (Ampelis cotinga) mit vorn getäfeltem, hinten gekörn-
tem Laufe. Fig 1207. Kletterfuß eines Papagei’s mit durchaus gekörntem
Laufe. Fig. 1208. Watfuß einer Bekaſſine mit rudimentärer Hinterzehe und
getäfeltem Laufe.


tet iſt, ſo daß je zwei Zehen einander gegenüber ſtehen und der Fuß
eine doppelte Zange darſtellt. Die Spechte und Papageien mögen als
Beiſpiele dieſer Fußbildung dienen. Bei manchen Vögeln, wie z. B.
bei dem Kuckuk wird die Hinterzehe oder in ſeltenen Fällen die Außen-
zehe in der Art beweglich, daß ſie beliebig nach vorn oder nach hinten
geſchlagen werden kann; man nennt dieß eine Wendezehe. Man-
chen Vögeln fehlt die Hinterzehe ganz, einem, dem afrikaniſchen Strauße,
auch noch die Außenzehe, ſo daß nur zwei im Ganzen vorhanden ſind.
Man hat ſolche Füße Lauffüße genannt. Bei allen bis jetzt ange-
führten Arten von Füßen ſind die Zehen vollkommen frei und höch-
ſtens ganz tief am Grunde durch eine Haut verbunden. Da aber die
Zahl der Vögel, bei welchen Füße mit drei nach vorn gerichteten und
[307] einer freien Hinterzehe vorkommen, ungemein groß iſt, ſo hat man
hier wieder mehrere Unterabtheilungen gemacht. Watfüße nennt
man lange Beine, bei welchen das Schienbein nicht bis zur Fußbeuge
gefiedert, ſondern unten nackt iſt, wie der Lauf. Die meiſten Stelz-
vögel, wie die Reiher und Störche, gehören in dieſe Kategorie.
Gangbeine dagegen nennt man diejenigen Füße, bei welchen das
Schienbein bis zur Fußbeuge gefiedert iſt. Bei dieſen Gangbeinen
unterſcheidet man wieder: Spaltfüße, wenn die Zehen durchaus
getrennt ſind; Sitzfüße, wenn ſie nur durch eine kurze Haut an
ihrem Grunde verbunden werden; Wandelfüße, wenn Mittel- und
Außenzehe am Grunde mit einander verwachſen ſind, wie bei unſeren
Hühnern; und Schreitfüße, wenn dieſe Verwachſung ſich über die
Mitte der Zehen hinaus erſtreckt wie dieß z. B. bei dem Eisvogel
der Fall iſt. Bei den Waſſervögeln, wo die Füße als hauptſächliches
Ruderorgan dienen, wird ihre Wirkung beſonders dadurch vermehrt,
daß die Zehen durch Schwimmhäute mit einander verbunden werden.
Man unterſcheidet hier hauptſächlich: Lappenfüße, wenn die Zehen
nur von breiten, ſeitlich eingeſchnittenen Hautlappen umgeben ſind,
wie dieß bei den Waſſerhühnern der Fall iſt; Schwimmfüße, wenn
nur die drei nach vorn gerichteten Zehen durch eine Schwimmhaut
verbunden ſind, die Hinterzehe aber frei iſt oder ſelbſt gänzlich fehlt;
und endlich Ruderfüße, wie bei den Scharben und Pelikanen, wo
auch der Daumen nach vorn gewandt und mit den übrigen durch eine
gemeinſchaftliche Schwimmhaut verbunden iſt.


In der Anordnung der Muskeln bieten die Vögel die meiſte
Eigenthümlichkeit dar, indem ſie weſentlich für den Flug eingerichtet
ſind. Ihre Muskulatur iſt im Allgemeinen ſehr roth, derb und feſt
und der Unterſchied zwiſchen den purpurnen Fleiſchfaſern und den
glänzenden, ſtraffen Sehnen ſehr auffallend. Bei der geringen Be-
weglichkeit der Rückenwirbelſäule, der ſchwachen Ausbildung des
Schwanzes und der gänzlichen Starrheit des Beckens darf es nicht
Wunder nehmen, wenn von den Muskeln des Stammes nur die
Halsmuskeln gehörig ausgebildet, die übrigen aber rudimentär ſind.
Die Hauptmuskelmaſſe des ganzen Körpers wird gewöhnlich von den
Anziehern der Flügel, die dem großen Bruſtmuskel entſprechen, gebil-
det. Es iſt diejenige Maſſe, welche auf der äußeren Fläche des Bruſt-
beines und an dem Bruſtbeinkamme anſitzt und bei allen Vögeln das
hauptſächlich eßbare Stück bildet. Die zweite Hauptmaſſe iſt die zur
Bewegung der Beine beſtimmte, wo aber in der Anordnung der ein-
20*
[308] zelnen Muskeln eine engere Analogie mit denen des Menſchen exiſtirt,
als an dem Flügel. Hier iſt indeſſen beſonders die Einrichtung be-
merkenswerth, daß die langen und dünnen, aber ſehr feſten Sehnen
der Zehenbeuger, in denen ſich oft Verknöcherungen entwickeln, an dem
hinteren Rand der Fußbeuge über eine Rolle weglaufen, in der ſie
durch ſtarke Bänder feſtgehalten ſind. Durch dieſe Einrichtung wird
bei der Beugung des Fußgelenkes, welche der Vogel beim Nieder-
hocken im Sitze vornimmt, die Sehne gezogen und dadurch die ſämmt-
lichen Zehen zuſammengebogen, ohne daß hierzu ein beſonderer Wil-
lenseinfluß nöthig wäre. Dieſer Einrichtung verdanken es die Vögel,
daß ſie auch im Schlafe feſt die Zweige umkrallen, auf welchen ſie
ihren Sitz gewählt haben. Außer dem Angeführten zeichnet ſich die
Vogelmuskulatur auch noch durch die ausnehmend entwickelten Haut-
muskeln aus, welche überall an die Federn ſich anſetzen und dieſe
ſträuben und wieder zurücklegen oder nach verſchiedenen Seiten hin
bewegen können.


Das Hautorgan der Vögel zeichnet ſich beſonders durch die Aus-
bildung der Federn aus, welche den ganzen Körper bedecken und
überall ohne Ausnahme vorhanden ſind. An einer vollkommen aus-
gebildeten Feder unterſcheidet man den Stamm oder Kiel(scapus),
welcher unten hohl und hart iſt, nach oben aber in den ſoliden
Schaft(rhachis) ausläuft, an welchen der Bart oder die Faſern
der Feder ſich anſetzt. Dieſer Schaft iſt auf der Hinterſeite faſt im-
mer rinnenförmig ausgehöhlt und da, wo dieſe Rinne in der Nähe
des Kieles aufhört, ſetzt ſich ſehr häufig noch ein zweiter kleinerer
Schaft an, welchen man den Afterſchaft genannt hat, der aber bei
allen Schwung- und Steuerfedern, welche wir einzig als Schreib-
federn benutzen, gänzlich fehlt. Die Fahne der Feder wird von mehr
oder minder dicht gedrängten, langen Blättchen gebildet, welche wieder
bald auf beiden Seiten, bald nur an einem Rande mit Wimpern,
Häkchen oder Strahlen beſetzt ſind, die dann oft noch ſekundär neue
Wimpern und Häkchen tragen. Die Häkchen zweier benachbarter
Strahlen greifen namentlich bei den Steuer- und Schwungfedern innig
in einander, ſo daß die Fahne eine breite Platte bildet, mit welcher
die Luft geſchlagen werden kann. Hinſichtlich der Struktur unter-
ſcheidet man Kontourfedern(pennae) mit vollkommen ausgebilde-
tem ſteifem Kiele, der eine ziemlich feſte, zuſammenhängende Fahne
trägt; die Deck- und Schwungfedern, wie z. B. unſere gewöhnlichen
Schreibefedern liefern die beſten Beiſpiele. Zuweilen ſind dieſe Kon-
[309] tourfedern zerſchliſſen, in manchen Fällen, wie z. B. beim Kaſuar,
fehlt auch die Fahne ganz und es findet ſich nur der Schaft in Form
eines langen Stachels. Die Kontourfedern gehen allmälig in die
Dunenfedern(plumae) über, deren Schaft ſchwach iſt, zart, fein
und deren Strahlen einen gegliederten Bau zeigen, indem ſie wie in
einander ſteckende Duten ausſehen, die gewöhnlich abwechſelnd ſchwarz
und weiß oder braun und weiß gefärbt ſind, ſo daß die Dune oder
Flaumfeder eine graue oder gelbliche Farbe hat. Gewöhnlich ſtehen
in der Nähe einer jeden Kontourfeder mehrere Flaumfedern, die von
jener bedeckt werden und ſelten nur bilden die Flaumfedern für ſich
allein größere Felder, wie z. B. an dem Halſe des Kondors, der an
ſeiner Baſis einen förmlichen Kragen von hellweißen Flaumfedern
trägt. Als dritte weſentliche Modifikation der Federn erſcheinen die
Fadenfedern(filoplumae), bei welchen der Schaft ſehr dünn und
biegſam und die Fahne nur äußerſt rudimentär iſt, ja häufig ganz
fehlt, ſo daß die Feder einem Haare gleicht. Die Federn bilden ſich
im Gewebe der Lederhaut in urſprünglich geſchloſſenen Bälgen, aus
welchen die Fahne nach und nach durchbricht und deren Ueberreſte auf
dem Stamme und dem Kiele als eine verſchrumpfte Haut noch ſichtbar
ſind, welche man bei dem ſogenannten Abziehen der Federn entfernt.
Nach dem Durchbruche der Feder bildet der Sack eine vertiefte Taſche,
in deren Umkreis ſich die bewegenden Muskeln der Federn feſtſetzen
und von deren Grunde ſich ein Wärzchen erhebt, als deſſen Fortſetzung
die in dem Kiele verborgene trockene Haut, die ſogenannte Seele, er-
ſcheint. Dieſe Seele verhält ſich zu der Feder etwa in ähnlicher Weiſe,
wie das Zahnſäckchen zu dem Zahne. Sie iſt gefäßreich, ſo lange die
Feder noch wächſt, vertrocknet aber dann und bereitet hierdurch den
Wechſel der Feder vor. Die Stellung der Federn erſcheint beſonders
wichtig für die beſchreibende Zoologie. Man iſt erſt in neuerer Zeit
darauf aufmerkſam geworden, daß die Federn nicht gleichmäßig über
den ganzen Körper vertheilt ſind, ſondern gewiſſe Zonen innehalten,
Federfluren(Pterylae), zwiſchen welchen leere Räume ſich hinzie-
hen, welche man Raine(Apteria) genannt hat. Die Vertheilung
dieſer Federfluren auf den verſchiedenen Regionen des Körpers iſt
meiſtens für die größeren Gruppen äußerſt charakteriſtiſch, für die
Syſtematik indeß noch nicht ſo benutzt worden, wie ſie es wohl ver-
diente, wobei wohl das Haupthinderniß darin liegen mag, daß es faſt
unmöglich iſt, dieſe Federfluren an ausgeſtopften Exemplaren genauer
zu beſtimmen. Sonſt ſind für die beſchreibende Zoologie beſonders
wichtig die Federn der Flügel und des Schwanzes, die man im All-
[310] gemeinen in Schwungfedern, Steuerfedern und Deckfedern
theilt. An einem ausgeſtreckten Vogelflügel unterſcheidet man zuerſt
die Hauptſteuerfedern oder die Handſchwingen, gewöhnlich zehn,
ſeltener neun oder eilf lange Federn, mit breiten Fahnen, welche ſich
an der ganzen Länge der Handknochen vom Flügelbuge bis zur Spitze
feſtſetzen, dann die Armſchwingen, welche den Raum vom Ellen-
bogen bis zum Armgelenke einnehmen, und die Deckfedern des Schul-
terfittigs
(Parapterum), welche an dem Oberarme eingefügt ſind.
Der Daumen trägt an dem Handgelenke eine Sammlung kleiner
Schwungfedern, welche man den falſchen Flügel(alula) nennt.
Von allen Seiten ſind die Kiele der Schwungfedern von kürzeren
Deckfedern umgeben, wodurch aus dem ganzen Flügel eine breite
Platte gebildet wird, an der die Schwungfedern ſo angelagert ſind,
daß beim Heben des Flügels die Luft zwiſchen ihnen durchſtreicht,
beim Senken darunter gefangen wird. Die Steuerfedern des
Schwanzes ſtehen gewöhnlich fächerartig und dienen hauptſächlich zum
Balanciren des Vogelleibes in horizontaler Stellung, ſo wie zum ſeit-
lichen Steuern deſſelben, was man namentlich deutlich bei den Raub-
vögeln beobachten kann, wenn ſie mit unbeweglich ausgeſpannten Flü-
geln ihre langſamen Kreiſe in der Luft beſchreiben. An denjenigen
Stellen, wo die Haut nicht mit Federn bedeckt iſt, zeigt ſie ſich bald
nackt und weich und ziemlich dünn, wie an dem Halſe mancher Geier,
bald iſt die Oberhaut hornartig verdickt, wie dieß namentlich an dem
Laufe und den Zehen der Fall iſt. Hier zeigt ſich dieſe Hornmaſſe
bald einfach körnig, bald durch Furchen in mehr oder minder bedeu-
tende Schilder getheilt, welche, wenn ſie in größerer Länge zuſammen-
fließen, Schienen oder Stiefel genannt werden und deren Anord-
nung für die Syſtematik von Bedeutung iſt. Zu dieſen Hornbildun-
gen der Oberhaut gehören ebenfalls auch die Nägel der Zehen, die
ſchon früher beſchriebenen Schnabelſcheiden und die Sporen, ſcharfe,
nagelartige Hornſpitzen, die gewöhnlich auf der inneren Seite der
Füße, wie bei den Hähnen, oft aber auch, wie bei den Wehrvögeln,
dem Caſuar und dem Sekretär, an der vorderen Flügelecke angebracht
ſind und den Thieren als Waffe dienen, womit ſie beim Schlagen
mittelſt des Flügels verwunden. Endlich kommen noch bei manchen
Vögeln, beſonders ſtark entwickelt bei dem Truthahne und bei man-
chen Geiern, Fleiſchauswüchſe auf der Haut des Kopfes und Halſes
vor, welche durch das Andrängen des Blutes geſchwellt werden können.


An dem Nervenſyſteme der Vögel läßt ſich eine bedeutende
[311]

Figure 208. Fig. 1209.

Hirn des Straußes von oben.
c Hemiſphären des großen Gehirns.
o Sehhügel. cv Kleines Gehirn. e Ver-
längertes Mark.


Fortbildung über dasjenige der
Reptilien nicht verkennen. Das
Gehirn iſt ungleich bedeutender im
Verhältniſſe zu dem Rückenmarke,
das in ſeinem Verlaufe zwei An-
ſchwellungen zeigt, die dem Aus-
tritte der Extremitätennerven ent-
ſprechen. An der hinteren An-
ſchwellung weichen die Stränge auf
der Rückenfläche ſo auseinander,
daß der Rückenmarkkanal in Form
einer rautenförmigen Grube (Sinus
rhomboidalis)
bloßgelegt wird. Der
Uebergang des Rückenmarkes in das Gehirn geſchieht unter einem
ſtarken Winkel, Reſultat der Nackenbeuge des Embryo’s und der eigen-
thümlichen Stellung des Kopfes auf dem Halſe. Während nämlich bei
den Reptilien die Grundfläche des Schädels mit dem Rückenmarke in
derſelben horizontalen Linie ſich fortſetzt, wird bei den Vögeln der
horizontal geſtellte Kopf auf dem von unten her ſtützenden Halſe ge-
tragen, ſo daß beide einen ſtumpfen Winkel mit einander bilden. Das
Gehirn iſt ſtets ziemlich bedeutend in die Breite entwickelt, rundlich
und füllt die Schädelhöhle gänzlich aus. Es iſt ſo zuſammengeſchoben,
daß die ſtarken Anſchwellungen des Vorderhirnes, die großen Hemi-
ſphären, in der Mittellinie unmittelbar an das kleine Gehirn anſtoßen
und die Anſchwellungen des Mittelhirnes, die Vierhügel, gänzlich auf
die Seite und nach unten gedrängt ſind, eine ganz beſondere Eigen-
thümlichkeit des Vogelgehirnes. Die Hemiſphären ſelbſt ſind glatt
und windungslos, ihre Höhlen bedeutend, auf dem Boden derſelben
aber nur die geſtreiften Körper entwickelt. Sie tragen vorn auf ihrer
Unterfläche die kleinen hohlen Anſchwellungen der Riechnerven und auf
ihrer oberen Fläche in der Ecke, wo ſie zuſammenſtoßen, die Zirbel-
drüſe. Die Vierhügel ſind einfach, hohl, ſtehen in deutlicher Verbin-
dung mit dem Sehnerven und zeigen hinten den ſehr kleinen, gewöhn-
lich länglichen Hirnanhang. Das kleine Gehirn iſt deutlich aus queren
Blättern zuſammengeſetzt, bedeutend größer als bei den Reptilien,
und die untere Anſchwellung des verlängerten Markes von unten her
durch einen tiefen Querſchlitz, in welchen urſprünglich der mittlere
Schädelbalken paßte, von dem Mittelhirne geſchieden. Die Hirnnerven
ſind alle vorhanden und der ſympathiſche Nerv dadurch ausgezeichnet,
daß ſein Stamm an dem Halſe in dem Wirbelkanale verläuft.


Unter den Sinnesorganen iſt die Naſe verhältnißmäßig am
[312] wenigſten ausgebildet und das Geruchsvermögen nur ſehr ſchwach
entwickelt. Verſuche haben nachgewieſen, daß man nur irrthümlich
von einem ſcharfen Geruche bei vielen Aasvögeln, wie namentlich den
Geiern ſprach und daß dieſe im Gegentheile nur durch die Schärfe
ihres Geſichtes ihren ſtinkenden Fraß entdecken. Bei einigen Waſſer-
vögeln fehlen die äußeren Naſenöffnungen ganz oder ſind auf nur
höchſt unbedeutende Schlitze reducirt. Bei den übrigen Vögeln ſtehen
ſie bald an der Schnabelwurzel, bald mehr gegen die Mitte deſſelben
hin. Nur bei dem Kiwikiwi, dem flügelloſen Vogel Neuſeelands,
finden ſie ſich ganz vorn an der Spitze des langen dünnen Schnabels
und ſind mit weicher, ſehr nervenreicher Taſthaut umgeben. Die inne-
ren Naſenöffnungen bilden zwei ſchlitzartige Spalten in dem hinteren
Gaumengewölbe, welche zuweilen zuſammenfließen. Die inneren Win-
dungen, die von knorpeligen Muſcheln getragen werden, ſind unbe-
deutend. Um ſo ausgebildeter ſind gewöhnlich die Augen, welche
ſtets vorhanden ſind und oft eine ungemeine Größe erreichen. Sie
ſind wenig beweglich, ein Mangel, der durch die große Freibeweglich-
keit des Kopfes erſetzt wird. Die Form des Augapfels iſt dadurch
ausgezeichnet, daß die ſtark gewölbte Hornhaut durch einen verengten,
kegelförmigen oder faſt cylindriſchen Theil in den flachen, ſchalenför-
migen hinteren Abſchnitt übergeht. Dieſer halsförmige Theil des
Bulbus wird durch einen Knochenring geſtützt, welcher in das Ge-
webe der Sklerotika eingeſenkt iſt und aus knöchernen, dachziegelförmig
über einander liegenden Platten gebildet wird. Die Linſe iſt rundlich,
bei den Falken vorn ſtark abgeplattet, bei den nächtlichen Vögeln ſehr
konvex und wird durch den faltenreichen Kamm oder Fächer, der ſchräg
von dem Sehnerven gegen die Linſenkapſel hinläuft, in ſeiner Lage
erhalten. Die Schutzorgane des Auges ſind ſehr ausgebildet, indem
ſich ſtets zwei freibewegliche Lider nebſt einer halb durchſichtigen Nick-
haut finden, die durch eigene Muskeln von dem inneren Augenwinkel
her etwa über die Hälfte des Augapfels hinübergezogen werden kann.
Das Gehörorgan gleicht in vieler Beziehung demjenigen der Krokodile.
Ein äußeres Ohr iſt nicht vorhanden, wird aber bei vielen Vögeln
durch eine eigenthümliche Stellung der Federn und bei den Eulen durch
eine häutige Klappe erſetzt. Das Trommelfell liegt an dem Grunde
eines kurzen weiten Gehörganges in einem gewöhnlich unvollſtändigen
Ringe und ſchließt nach außen die weite Paukenhöhle, die viele Ne-
benzellen hat und durch eine kurze, ziemlich weite Euſtachiſche Trom-
pete in den Rachen mündet. Die Verbindung zwiſchen dem Pauken-
felle und dem Labyrinthe wird durch eine einzige lange Kolumella
hergeſtellt. Das Labyrinth ſelbſt beſteht aus einem kleinem Vorhofe,
[313] drei halbcirkelförmigen Kanälen und einer röhrenförmigen Schnecke,
die im Inneren die ſogenannte Flaſche (lagena), das erſte Rudiment
des Spiralblattes einſchließt. Die Zunge iſt nur ſelten weich und
fleiſchig, wie bei den Papageien, bei den meiſten übrigen Vögeln da-
gegen mit einem dicken Hornüberzuge verſehen, welcher Warzen, Wi-
derhaken, Pinſel oder Bürſten entwickelt, die zum Angreifen und
Anſpießen der Nahrung dienlich ſind. Bei den Kolibris ſcheint
die pinſelförmige Zunge in dem langen, dünnen Schnabel ſogar
gewiſſermaßen als Pumpenſtengel zum Auffangen des Honigſaftes zu
dienen; bei vielen Waſſervögeln, wie namentlich beim Pelikane, iſt ſie
durchaus rudimentär.


Die Verdauungswerkzeuge der Vögel ſind trotz der ſo

Figure 209. Fig. 1210.

Verdauungsapparat des Huhnes.
e Schlund. j Krovf. vs Drüſenmagen. g Magen.
p Pankreas. d Zwölffingerdarm. co Blinddärme. gi Dick-
darm. u Harnleiter. o Eileiter. x Oeffnung deſſelben. cl Kloa-
ke. i Dünndarm. c Gallengang. vf Gallenblaſe. f Leber.


verſchiedenen Nahrung
derſelben dennoch nach
einem ziemlich überein-
ſtimmenden Plane ge-
baut und zeigen nur in
unbedeutenden Dingen
einige Verſchiedenheiten.
Zahlreiche Speicheldrü-
ſen ergießen ihr Sekret
in die Mundhöhle, wel-
che ſich in die gewöhnlich
weite und bei den Raub-
vögeln beſonders ſtark
muskulöſe, längsgefal-
tete Speiſenröhre fort-
ſetzt. Dieſe ſteigt längs
der Wirbelſäule des
Halſes gewöhnlich etwas
auf der rechten Seite
herab und iſt bald gleich-
mäßig weit, bald in der
Nähe der Bruſt zu einem
bedeutenden Sacke, dem
Kropfe, aufgeblaſen, wel-
cher ſehr drüſenreich iſt
und hauptſächlich den
Tagraubvögeln, den
Hühnern, Tauben und
[314] Laufvögeln zukommt. In dem Kropfe erhält das Futter eine vorläufige
Bearbeitung und geht dann durch eine engere Abtheilung der Speiſe-
röhre in den Drüſenmagen über, der in der Bauchhöhle liegt, ſack-
artig iſt und meiſtens eine ſehr dicke Wandung hat, in welcher eine
Menge abſondernder Drüſen bald gleichmäßig vertheilt, bald nach ge-
wiſſen Normen gruppirt liegen. Nach hinten geht dieſer Drüſenmagen
in eine zweite Magenabtheilung über, die man der Stärke ihrer Wan-
dungen wegen gewöhnlich als den Muskelmagen bezeichnet. Die Stärke
der Muskulatur dieſer Abtheilung hängt weſentlich von der Nahrung
ab. Am ſchlaffſten ſind die Wandungen des Muskelmagens bei den
Fleiſchfreſſern, wo er nur einen weiten Sack bildet, am ſtärkſten ent-
wickelt bei den Körnerfreſſern, wie unſeren Hühnern und Enten, wo
er eigentlich aus zwei dicken, muskulöſen Reibſcheiben beſteht, deren
jede in der Mitte eine rundliche Sehnenausbreitung hat, an welche
ſich die Muskelfaſern feſtſetzen. Dieſe Reibſcheiben ſind innen mit einer
dicken, hornigen Oberhautſchicht ausgekleidet und dienen in der That
dazu, das in dem Kropfe und Drüſenmagen erweichte Futter mechaniſch
zu zermalmen. Der Dünndarm bildet ſtets eine Schlinge, in welcher
die Bauchſpeicheldrüſe liegt und zeigt häufig einen Ueberreſt des Dot-
terganges in Geſtalt eines wurmförmigen Anhanges. Der Dickdarm
beſitzt meiſtens zwei Blinddärme, und öffnet ſich mit einer klappen-
artigen Kreisfalte in die Kloake, die zugleich den Harn- und Ge-
ſchlechtsorganen als Ausgang dient und an welcher ſich außerdem noch
ein eigenthümlicher Blindſack befindet, welcher bei allen Vögeln an der
hinteren Wand der Kloake vorkommt, drüſige Wände hat und die
Bursa Fabricii genannt worden iſt. Die Leber iſt groß, meiſt mit
einer Gallenblaſe verſehen und das Zwergfell nicht zwiſchen ihr und
dem Herzen, ſondern hinter und über ihr ausgeſpannt, doch ſo, daß
die Lungen nur theilweiſe von der Bauchhöhle abgeſchnitten ſind.


Die Anweſenheit zweier Kehlköpfe, ſo wie die Lagerung und
Struktur der Lungen, welche durch große Oeffnungen mit den im
Körper verbreiteten Luftzellen und Säcken kommuniciren, zeichnet die
Vögel vor allen anderen Wirbelthiere weſentlich aus. Hinter der
Zungenwurzel findet ſich eine Längsſpalte, ſelten von einem Kehldeckel
beſchützt, welche unmittelbar in den oberen Kehlkopf führt, der aus
mehreren Knorpeln zuſammengeſetzt iſt, durch beſondere Muskeln be-
wegt werden kann, aber keine Stimmbänder beſitzt. Die Muskeln
dieſes Kehlkopfes gehen von dem Zungenbeine aus, deſſen Hörner bei
denjenigen Vögeln, welche die Zunge zum Anſpießen von Inſekten
[315] hervorſchnellen, wie z. B. bei den Spechten, oft ſich bogenförmig über
den Kopf hinaus bis zur Schnabelwurzel erſtrecken. Von dem Kehl-
kopfe aus ſteigt die lange Luftröhre an dem Halſe hinab, meiſtens von
vollſtändigen Knorpelringen gebildet. Bei den meiſten Vögeln verläuft
die Luftröhre ganz gerade bis zu ihrem Eintritte in die Lunge; bei
einigen Hühnern, Sumpf- und Waſſervögeln aber, die ſich durch eine
weitſchallende Trompetenſtimme auszeichnen, wie beim Auerhahn, dem
Schwan und dem Kranich, macht die Luftröhre an ihrem Bruſtende
ſchlangenförmige Biegungen, die bald nur unter der Haut, zuweilen
aber auch in dem hohlen Bruſtbeinkamme liegen und beſonders bei
den Männchen ſtark ausgebildet ſind. Mit Ausnahme einiger Geier,
der Störche und der Laufvögel [findet] ſich bei allen Vögeln an der
Theilungsſtelle der Luftröhre in die beiden Bronchen der untere
Kehlkopf als weſentlicher Stimmapparat. Nur in ſehr ſeltenen Fällen

Figure 210. Fig. 1211. Fig. 1212. Fig. 1213. Fig. 1214.

Fig. 1211. Der untere Kehlkopf von einem Singvogel (der Krähe, corvus coronix) von vorn.
Fig. 1212. Derſelbe von der Seite. Fig. 1213. Unterer Kehlkopf des Kakadu (Psittacus sulphureus)
von der Seite. Fig. 1214. Derſelbe von vorn.
a Luftröhre. b Bronchen. 1 2 und 3 Die beiden Arten von Kehlköpfen
gemeinſchaftlichen Muskeln. 4 5 und 6 die Muskeln der Singapparates,
welche nur den Singvögeln (Oscines) zukommen.


iſt dieſer untere Kehlkopf ſo angebracht, daß jeder Luftröhrenaſt ſeinen
beſonderen Kehlkopf beſitzt. Gewöhnlich wird der untere Kehlkopf
gerade an der Stelle, wo ſich die Luftröhre in die beiden Bronchen
theilt, von dem unteren Ende und dem Anfange der Bronchen zugleich
gebildet, eine Regel, von der nur bei einer einzigen Familie von
Schreivögeln eine Ausnahme ſtattfindet, indem hier der untere Kehl-
[316] kopf einzig von dem Ende der Luftröhre hergeſtellt wird und die
Bronchen keinen Antheil daran nehmem. Der in gewöhnlicher Weiſe
ausgebildete untere Kehlkopf zeigt nun folgende Bildung. Der untere
Abſchnitt der Luftröhre iſt blaſig, zu einer Trommel erweitert, und
der Ausgang aus dieſer Trommel in die Bronchen gewöhnlich durch
einen queren knöchernen Steg getrennt, in deſſen Ausſchnitten die
häutige Innenwand der Bronchen als innere Paukenhaut ausgeſpannt
iſt. Bei den eigentlichen Singvögeln beſitzt dieſer untere Kehlkopf
fünf oder ſechs beſondere Muskelpaare, welche zur Spannung der
Trommelhäute und zum Hervorbringen der Stimme dienen und den
übrigen Vögeln abgehen. Die Lungen ſelbſt hängen nicht frei, wie

Figure 211. Fig. 1215.

Lungen des Kiwi-Kiwi (Apteryx).
t Luftröhre ohne unteren Kehlkopf. v Lungengefäße. p Rechte Lunge,
unverſehrt. o Oeffnungen der Luftröhrenäſte in die Luftſäcke. b Ein ſolcher
Luftröhrenaſt aufgeſchlitzt. b’ Ein anderer mit den Oeffnungen in die Zellen
der Lunge.


bei den Säugethieren in einem geſchloſſenen Bruſtfellſacke, ſondern ſind
an der oberen Fläche der Bauchhöhle in den Zwiſchenräumen der
Rippen zu beiden Seiten der Wirbelſäule in Geſtalt hellrother, ſchwam-
miger Maſſen abgelagert. Die Bronchen laſſen auf eigenthümliche
Weiſe die Luftzellen dieſes ſchwammigen Gewebes entſtehen und zeigen
zahlreiche Oeffnungen auf der Oberfläche der Lungen, welche in häutige
Säcke führen, die mit den Luftgängen der Knochen in Verbindung
ſtehen. Gewöhnlich finden ſich vier Paar von ſolchen Oeffnungen,
die in hinter einander liegende von einander getrennte Luftſäcke führen
und theilweiſe ſogar die Eingeweide umhüllen.


[317]

Das Herz der Vögel liegt unmittelbar hinter dem Gabelknochen,
nur von einem dünnen Herzbeutel umgeben, frei in der Bauchhöhle
und zeichnet ſich namentlich dadurch aus, daß durchaus keine Verbin-
dung zwiſchen der linken und rechten Herzhälfte ſtatt hat. Die beiden

Figure 212. Fig. 1216.

Die Arterien des Tauchers (Colymbus) auf die Silhouette des Vogels eingezeichnet.
Einige Hauptorgane ſind durch punktirte Linien angegeben. t Luftröhre.
a Aorta, ſich ſogleich in zwei Bogen theilend. r Niere, mit ihrer aus der
Baucharterie entſpringenden Arterie. ai Darmarterien, ebendaher entſpringend.
as Kreuzbeinarterie, rudimentäre Fortſetzung der Aorta. cl Kloake. af
Schenkelarterie. am Linker Aortenbogen, die Gefäße der Flugmuskeln, die
Armarterien, Schulterarterien (av) und die Carotis (ac) abgebend. ce Hals-
äſte der Carotis. al Zungenarterie.


Blutbahnen, deren Inhalt bei dem Krokodile noch durch Verbin
dungen der großen Gefäßſtämme vermiſcht wurde, ſind hier vollkom-
men getrennt. Das aus dem Körper zurückkehrende Blut ſammelt
ſich vollſtändig in der rechten Vorkammer und wird von hier aus durch
[318] eine mit eigenthümlicher, ſehr ſtark muskulöſer Klappe verſehene weite
Oeffnung in die rechte Herzkammer getrieben, von welcher aus es in
die Lungen gepumpt wird. Nachdem es die Lungen durchlaufen und
dort den Einfluß der eingeathmeten Luft erfahren hat, kehrt es in
die linke Vorkammer, welche es in die linke Herzkammer ſendet, die
es nun durch zwei Aorten, in deren Vertheilung vielfache Verſchie-
denheit herrſcht, in den Körper treibt, von wo es durch die Venen
und das Pfortaderſyſtem der Leber in die rechte Vorkammer zurück-
kehrt. Die Vögel ſind demnach die erſte Wirbelthierklaſſe, bei welchen
das Blut in ſeiner Geſammtheit die Lungen durchläuft und niemals
eine Miſchung zwiſchen beiden Blutarten ſtattfindet, Bedingungen,
welche, wie es ſcheint, zur Hervorbringung der wärmeren Tempera-
tur des Blutes, wie ſie bei Säugethieren und Vögeln ſich findet,
nothwendig ſind. In der Schwanzgegend findet ſich bei allen Vögeln
entweder nur ein häutiger Lymphbehälter, oder ſelbſt ein contractiler,
mit Muskelfaſern verſehener Lymphſack.


Die Nieren liegen in dem hinteren Theile der Bauchhöhle in
den vorderen Gruben des Kreuzbeines, ſind ſehr häufig mit einander
verſchmolzen und ſenden aus ihrer vorderen Fläche die beiden Harn-
leiter nach der Kloake hin, in deren hintere Wand ſie ſich neben den
Geſchlechtskanälen öffnen. Außer ihnen müſſen wir noch eines be-
ſonderen Abſonderungsorganes gedenken, der ſogenannten Bürzel-
drüſe,
welche in der äußeren Haut auf dem Rücken des Schwanzes
unmittelbar an den Steuerfedern deſſelben liegt und eine fettige
Schmiere abſondert, womit die Vögel ihre Federn einzuölen pflegen.
Sie iſt bei den Waſſervögeln, deren fettes Gefieder von dem Waſſer
gar nicht genetzt wird, am bedeutendſten und fehlt namentlich den
Laufvögeln durchaus. Enten und Gänſe ſieht man oft ſtundenlang
beſchäftigt, mit dem Schnabel zuerſt etwas Schmiere aus dieſer Bür-
zeldrüſe auszupreſſen und dann die einzelnen Federn gleichſam durch-
zukauen und ſie ſo einzuölen.


Die männlichen Geſchlechtsorgane beſtehen immer aus
zwei Hoden, von welchen der linke meiſt etwas größer iſt und die
zur Begattungszeit bedeutend anſchwellen, nachher aber auf ein ſehr
geringes Maaß zurückſinken. Die Samenleiter gehen ohne Bildung
eines Nebenhodens von dem Hoden geſchlängelt nach der Kloake zu
und endigen ſich an der Hinterwand derſelben bei den meiſten Vögeln
auf zwei kleinen, gefäßreichen Wärzchen. Nur bei den Laufvögeln
[319] und einigen Waſſervögeln und Hühnern kommt eine einfache männ-
liche Ruthe vor, die aus einem vorderen ausſtülpbarem Schlauche
und einem hinteren, erektilen Gewebe beſteht, und eine Rinne zur
Fortleitung des Samens zeigt. Die weiblichen Geſchlechts-
theile
ſind bei den meiſten Vögeln merkwürdiger Weiſe nur einfach,
indem der urſprünglich angelegte rechte Eierſtock ſpäter vollkommen
rudimentär wird und nebſt ſeinem Eileiter entweder gänzlich ſchwin-
det oder aber nur in Geſtalt unförmlicher Bläschen überbleibt. Der
linke Eierſtock, der über und vor der Niere liegt, erzeugt allein Eier
in häutigen Platten, die durch ihre Entwickelung ihm ein traubiges
Anſehen geben. Der Eileiter iſt ſtets ſehr lang, beträchtlich gewun-
den und zeigt oben einen weiten Trichter mit ſchlitzförmiger Oeffnung
zur Aufnahme der Dotter; ſeine Fortſetzung iſt röhrenförmig eng,
mit vielen Drüſen beſetzt, welche das Eiweiß abſondern, das ſich in
Schichten ablagert und bei der Drehung des Eies während ſeines
Durchganges durch dieſen Theil die feſteren Windungen bildet, die
man mit dem Namen der Hagelſchnüre bezeichnet. Vor der Kloake
zeigt der Eileiter eine erweiterte Stelle, die ebenfalls mit reichlichen
Drüſen beſetzt iſt und in welcher die Kalkſchale abgelagert wird. Zur
Bildung derſelben ſieht man häufig die Hausvögel Kalk an den
Mauern picken und es iſt bekannt, daß man in der Gefangenſchaft
gehaltenen Vögeln gegen die Paarungszeit hin Kalk liefern muß, um
ihnen die Bildung der Eiſchaale zu ermöglichen. Der Eileiter mün-
det in die Kloake auf der äußeren Seite des linken Harnleiters.


Die Paarungszeit tritt bei den meiſten Vögeln nur periodiſch
einmal im Jahre, im Frühling oder Sommer, ein und iſt mit einer
außerordentlichen Erhöhung aller Lebensthätigkeiten verbunden. Die
meiſten Vögel leben paarweiſe, nur wenige, wie unſere Hühnervögel,
in Polygamie und bei den meiſten beſchäftigen ſich beide Gatten gleich-
mäßig mit dem Baue des Neſtes und der ſpäteren Sorge für die
Jungen. Sehr oft ändert namentlich das Männchen zur Paarungs-
zeit ſein Gefieder und legt das ſogenannte Hochzeitskleid an, welches
meiſt glänzendere, lebhaftere Farben zeigt. Viele Gattungen, die ſonſt
ſtumm ſind, laſſen zu dieſer Zeit eine beſondere Lockſtimme hören;
andere verändern ihren Geſang in eigenthümlicher Weiſe. Der Bau
der Brutſtätte, des Neſtes, zeigt ſehr auffallende Verſchiedenheiten
und für jede Art einen ganz beſonderen Typus, der ſich ſtets wieder-
holt. Am kunſtloſeſten iſt im Allgemeinen der Neſtbau der Waſſer-
und Sumpfvögel: viele höhlen ſich nur Löcher am Strande aus, die
[320] ſie mit den Dunen ihres eigenen Körpers auskleiden, andere bereiten
auf der Erde mit Binſen oder Grashalmen eine kunſtloſe ſchüſſelför-
mige Brutſtätte. Manche langbeinige Vögel, wie die Flamingo’s, ſollen
beſondere Erdhaufen aufthürmen, die zu der Länge ihrer Beine im
Verhältniſſe ſtehen und auf deren Spitze ſich das Neſt befindet. Einige
Waſſervögel wiſſen daſſelbe ſo einzurichten und zu befeſtigen, daß es
auf dem Spiegel des Waſſers ſelbſt ſchwimmt und durch die Verän-
derungen des Waſſerſtandes keinen Schaden erleidet. Auch die Raub-
vögel bauen im Allgemeinen nur einen kunſtloſen, ſchüſſelförmigen,
flachen Horſt, der meiſtens auf der Spitze hoher Bäume oder auf
unzugänglichen Felſen angebracht iſt. Die größte Kunſtfertigkeit im
Neſtbaue entwickeln die Sing- und Schreivögel, die ſich Bäume oder
niedere Sträuche, Aſtlöcher und ähnliche gedeckte Stellen, zur Stätte
ausſuchen. Das Neſt wird hier aus verſchiedenen feſteren Materia-
lien angelegt, aus Zweigen u. ſ. w., welche kunſtreich zuſammenge-
flochten werden und deren innere Höhlung mit weicheren Stoffen,

Figure 213. Fig. 1217.

Neſt des Diſtelfinks.


Figure 214. Fig. 1218.

Neſt der Schneidergrasmücke.


Federn, Heu, Wolle u. ſ. w. ausgekleidet wird. Bei unſern meiſten
Singvögeln ſind dieſe Neſter oben offen, aber doch ſo angebracht,
daß kein Regen in ſie hineinfallen kann. Einige, wie die Krähen
und Kreuzſchnäbel, wölben ſie zu und laſſen nur eine, vom Nord-
winde abgewendete, ſeitliche Oeffnung. Den merkwürdigſten Inſtinkt
[321] zeigen einige ausländiſche Vögel, wie z. B. die Schneidergrasmücke
Oſtindiens, welche ihr leichtes Neſtchen in einem Blatte aufhängt,
vor welches ſie ein anderes Blatt feſtgenäht hat, zu welchem Behufe
ſie Baumwollfäden mittelſt ihres Schnabels und ihrer Füße zuſammen-

Figure 215. Fig. 1219.

Neſt der Republikaner.


dreht, oder die Republikaner (Ploceus), welche in großen Geſellſchaften
zuſammenleben und ein gemeinſchaftliches Neſt bauen, das mit breiten
Blättern gedeckt iſt und unter dem Dache eine Menge von Eingängen
hat, die alle in die getrennten Gemächer der einzelnen Paare führen.
Der Zweck der Brütung iſt der, die Eier beſtändig in einer der
Blutwärme nahekommenden Temperatur zu erhalten. Je früher der
Vogel brütet (und der Kreuzſchnabel thut es in unſeren Gegenden
mitten im Winter, im Dezember und Januar), deſto weniger verläßt
er die Eier und meiſtens wird in dieſen Fällen das brütende Weibchen
von dem Männchen gefüttert. Bei anderen Gattungen brüten beide
Gatten abwechſelnd und das abgelöſte hält ſich ſtets in geringer Ent-
fernung vom Neſte auf, um Gefahr abzuwehren oder auch durch Liſt
die Verfolgung auf falſchen Weg zu lenken. Bei vielen Vögeln, na-
mentlich bei Waſſervögeln fallen an beſtimmten Stellen des Unter-
leibes die Federn aus, ſo daß nackte, runde Flecke, ſogenannte Brüte-
flecke entſtehen und die Haut beim Brüten unmittelbar die Eier berührt.
Die Zahl der Eier iſt ſehr verſchieden. Viele Waſſervögel, wie die
Lummen und Alke, legen nur ein einziges Ei, während bei denjenigen
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 21
[322] Vögeln, bei welchen die Jungen unmittelbar nach dem Ausſchlüpfen
ſich ſelbſt ihre Nahrung ſuchen können, wie bei unſern Hühnern, die
Zahl bis auf zwanzig und mehr ſteigt. Die Wärme des brütenden
Vogels kann mit demſelben Erfolg auf künſtliche Weiſe erſetzt werden,
nur muß man Sorge tragen, daß ſie ſtets in gleichmäßiger Weiſe bis
zum Ausſchlüpfen der Jungen erhalten werde.


Die Entwickelung des Vogelembryos, deren Studium wahr-
haft den Grund zu unſerer heutigen Wiſſenſchaft der Entwickelungs-
geſchichte gelegt hat, gleicht ſo ſehr in allen Stücken derjenigen der
Reptilien, daß die dort gegebene Beſchreibung unbedenklich überall
auf die Vogelembryonen angewandt werden kann; wenigſtens was
die erſte Zeit der Bildung betrifft. Es war natürlich, daß die For-
ſchung, ſobald ſie einmal auf dieſen Punkt gerichtet war, das Hühn-
chen zum Gegenſtande nehmen mußte, und obgleich zwiſchen ihm und
den Säugethieren beträchtliche Verſchiedenheiten obwalten, ſo wurde
doch bei der Schwierigkeit, ſich junge Embryonen von Säugethieren
zu verſchaffen, das Hühnchen ſtets als Ausgangspunkt für die Dar-
ſtellung der früheſten Entwickelungszeiten gewählt. Das Ei der Vö-
gel beſteht unmittelbar nach dem Legen aus einer äußeren, harten,
poröſen Kalkſchale, deren häutige Grundlage nur gering an Maſſe iſt.
Zahlreiche Poren geſtatten einen Austauſch von Gaſen durch dieſe
Schale hindurch, welche bald weiß, bald mehr oder minder gefärbt,
zuweilen mit Flecken, Tupfen und Stricheln geziert und deren Form,
Größe und Zeichnung für jede Art charakteriſtiſch iſt. Bricht man
dieſe Schale auf, ſo findet man zuerſt die Schalenhaut in Form einer
weißlichen, undurchſichtigen Membran, die überall die innere Fläche
der Schale auskleidet, mit Ausnahme des ſtumpfen Poles, wo ſie nach innen
weicht und ſo einen Luftraum herſtellt, der für die Athmung des Embryo’s
von Wichtigkeit iſt. Innerhalb der Schalenhaut liegt nun das zähe durch-
ſichtige Eiweiß, welches beim Kochen zu einer weißen Maſſe gerinnt und
aus mehreren Schichten beſteht, die gegen den Dotter hin ſtets dichter
werden. Die dickſte Schicht des Eiweißes umgiebt unmittelbar den
Dotter und ſetzt ſich an beiden Polen des Eies in ſpiralig gedrehte
Stränge, die Hagelſchnüre (chalazae) fort. Die gelbe Dotterkugel wird
unmittelbar von einer dünnen, ſtrukturloſen Haut, der Dotterhaut,
umhüllt, welche die urſprüngliche Eihaut iſt, mit der das Ei den Eier-
ſtock verließ, indem alle bisher beſchriebenen Gebilde, Eiweiß, Eiſchalen-
haut und Schale, der Dotterkugel erſt auf ihrer Wanderung durch den
Eileiter umgebildet wurden. Die Dotterhaut verſchwindet gänzlich im
[323] Laufe der Entwickelung. Die Dotterkugel ſelbſt iſt aus großen waſ-
ſerhellen Zellen zuſammengeſetzt, welche viele gelbe Oeltropfen enthal-
ten und zeigt in ihren äußeren Schichten ein dichteres Gefüge als in
der Mitte, ſo daß hier eine Art Höhle hergeſtellt wird, die ſich bis
unter den Keim erſtreckt. Dieſer beſteht aus einer weißlich runden
Schicht kleinerer Zellen mit punktförmigem Inhalte, die ſich überall
hervorbilden, wo Embryonalorgane angelegt werden ſollen, da ein
direkter Aufbau aus Dotterzellen nicht Statt hat.


Die Anlagerung der Organe, welche den Embryo zuſammenſetzen,
und die Ausbildung ſeiner Hüllen macht beſonders in den erſten Ta-
gen der Bebrütung außerordentlich ſchnelle Fortſchritte, ſo daß mit
dem Abſchluſſe des fünften Tages das Hühnchen ſchon in allen ſeinen
Theilen vollkommen kenntlich vorhanden iſt. Raſch bildet ſich die Ver-
längerung des Keimes, die Rückenfurche mit ihren Wülſten, ihren
vorderen Hirnerweiterungen und der hinteren Spalte aus, welche als
rautenförmige Grube vorhanden bleibt. Am Ende des erſten Tages
der Bebrütung ſieht man ſchon die Anlagen der viereckigen Platten
für die Wirbel, die Abtheilungen der freilich noch ungeſchloſſenen
Rückenwülſte, die beginnende Kopfbeuge und das Vorwachſen jener
Hautfalte, welche die Schafhaut bildet, und der wir unter dem Na-
men der Kopfkappe erwähnten. Am zweiten Tage ſchließen ſich die
Rückenwülſte, Augen- und Ohrblaſen treten hervor, das Herz und
der Gefäßhof bilden ſich, ſo daß im Beginne des dritten Tages der
erſte Kreislauf vollſtändig ausgebildet iſt. Das Herz bildet dann einen
cylindriſchen S förmig gekrümmten Schlauch, welcher unter dem zum
Knie gebeugten Kopfe in der Halsgegend liegt, ſich wurmartig von
hinten nach vorn zuſammenzieht und das Blut in vier Paare von
Gefäßbogen treibt, welche ſich unter dem Ohrbläschen vereinigen und
ſo die Aorta darſtellen. Dieſe läuft nur etwa bis in die Mitte des
Leibes und vertheilt ſich dann in zwei quere Aeſte, welche auf den
Gefäßhof des Dotters übergehen und ſich dort verzweigen. Das Blut
ſammelt ſich an dem Rande des Gefäßhofes in einer Kreisvene und
kehrt durch vier Stämme, zwei vordere und zwei ſeitliche in die hin-
teren queren Zipfel des Herzſchlauches zurück. Der hintere Leib des
Embryo’s bildet zu dieſer Zeit noch eine kahnförmige Maſſe, welche
gegen den Dotter hin weit geöffnet iſt und zu beiden Seiten des
Rückenmarkes die viereckigen Wirbelkörper erkennen läßt. Die Wir-
belſaite, welche im Anfange ebenſo wie bei den Reptilien [ausgebildet]
war, verſchwindet nun ſchon allmälig, ein charakteriſtiſches Kenn-
zeichen für den Embryo der Säugethiere und Vögel.


21*
[324]

Unter dem Einfluſſe der Cirkulation, die ſich mehr und mehr aus-
dehnt, ſchreitet die Bildung des Embryos mit raſchen Schritten vor.
Der Embryo hebt ſich von dem Dotter ab, die Darmrinne ſchließt
ſich von den Seiten her gegen den Dotter, und dieſem Schluße folgen
unmittelbar die Bauchwandungen nach, ſo daß ein anfangs weiter,
dann ſtets enger werdender Nabel ſich bildet, durch deſſen Oeffnung
hindurch der Dotter mit dem Darme kommunizirt. Die Schafhaut
vervollſtändigt ſich, indem die vorſpringenden Falten der Kopf- und
Schwanzkappe einander entgegenwachſen und ſich ſo zu der häutigen
Hülle vereinigen, welche anfangs dem Embryo ſehr knapp anliegt,
ſpäter aber ſich ſackförmig ausdehnt. An dem hinteren Ende des Lei-
bes ſproßt die Harnhaut hervor, faſt zu gleicher Zeit mit den Anfangs
floſſenförmigen Extremitäten und dringt durch den urſprünglich weiten
Nabel nach außen, wo ſie ſich birnförmig erweitert; — auch ſpäter
noch läßt ſie ſich leicht bis zur Kloake hin verfolgen, indem ihr langer
Hals neben dem Dottergange durch den Nabel dringt. Sie umwächſt
das Ei nach und nach mehr und mehr, indem zugleich der Dotter,
deſſen Subſtanz zur Bildung des Embryos aufgebraucht wird, ſich
ſtets verkleinert. Ihre Gefäße, welche von Anfang an ſehr bedeutend
ſind, entſpringen zwar aus dem arteriellen Syſteme des Embryos,
vertreten aber dennoch die Stelle der Athemgefäße, da weder die ur-
ſprünglichen Kiemenbogen, noch die Lungen beim Embryo dieſe Funk-
tion haben. Erſt nach Anlegung dieſer Theile entfernt ſich der Em-
bryo einigermaßen von dem Typus der Reptilien, namentlich dadurch,
daß der Schwanz, der bei jenen eine anſehnliche Länge erhält, bei
den Vogelembryonen nur rudimentär bleibt. Die verſchiedene Ausbil-
dung der Extremitäten des Kopfes und zuletzt die Bildung der Federn
bringen dann nach und nach die vollſtändige Umwandlung in den
Vogeltypus hervor. Zum Durchbrechen der Eiſchale erhält der junge
Vogel auf der Spitze des Oberſchnabels einen kegelförmigen ſpitzen
Kalkdorn, der ſpäter ſpurlos verſchwindet.


Die jungen Vögel zeigen bei dem Ausſchlüpfen aus dem Eie zwei
weſentlich verſchiedene Typen. Bei den Einen, den ſogenannten Neſt-
hockern,
ſind die Jungen nur mit ſpärlichem Flaume bedeckt und
unfähig, ihrer Nahrung nachzugehen; — ſie werden von den Alten
mit großer Sorgfalt und Ausdauer gefüttert und zwar gewöhnlich mit
beſonderen Stoffen, welche ſie ſpäter verſchmähen. So füttern die
meiſten Körnerfreſſer ihre Jungen anfangs mit Würmern, Raupen
u. ſ. w. Es dauert oft geraume Zeit, bis die Jungen flügge werden
[325] und das Zutragen der Nahrung beſchäftigt die Alten von früh Mor-
gens bis in die Nacht hinein. Bei den Anderen, den Neſtflüchtern,
ſind die Jungen faſt mit dem Verlaſſen der Eiſchale fähig, ihre Nah-
rung zu ſuchen und ſtehen dann nur noch unter der Aufſicht der
Eltern, welche ihnen die nöthige Anleitung geben.


Die Periodicität des Lebens iſt nirgendwo auffallender als
gerade in der Klaſſe der Vögel, bei welchen ſie zu mancherlei Erſcheinungen
Veranlaſſung giebt. Das Federkleid wird namentlich in den gemäßig-
ten und kalten Zonen regelmäßig zweimal im Jahre gewechſelt und
gewöhnlich ſind die Farben, welche nach der Mauſer erſcheinen, ver-
ſchieden, ſo daß man ein Sommerkleid und ein Winterkleid unterſchei-
det. Nimmt man hierzu die Thatſache, daß bei den meiſten Vögeln
die Verſchiedenheit des Gefieders bei beiden Geſchlechtern ziemlich be-
deutend iſt, daß das gewöhnlich größere und ſtärkere Männchen we-
nigſtens weit hellere und lebhaftere Farben, oft aber auch totale Ver-
ſchiedenheiten zeigt, wie z. B. bei den Hühnern, Faſanen u. ſ. w., daß
die jungen Vögel oft ein von den alten durchaus verſchiedenes Kleid
beſitzen, ſo ſieht man hieraus, daß Irrthümer hinſichtlich der Beſtim-
mung der Arten leicht geſchehen können. In anderer Hinſicht giebt
ſich die Periodicität ſehr lebhaft in der Lebensweiſe kund. Nur we-
nige Vögel ſind vollkommen ſtationär, ſo daß ſie zu allen Jahreszeiten
an demſelben Orte vorhanden ſind und da brüten, wo ſie den Winter
zubringen. Man hat die Vögel dieſer Art Standvögel genannt.
Die Strichvögel machen beſchränkte Wanderungen in Geſellſchaft,
bleiben aber etwa in demſelben Klima, wenn ſie auch im Winter mehr
ſüdlich ziehen. Die Zugvögel endlich, wozu Störche, Schwalben,
Wachteln u. ſ. w. gehören, unternehmen jährlich zweimal eine weite
Reiſe, indem ſie im Frühjahre nördlich ziehen, dort brüten und im
Herbſte mit den Jungen aufbrechen, um in ſüdlichen Standorten den
Winter zuzubringen. Unſere gemäßigten Gegenden bilden für viele
höher im Norden brütende Vögel, wie für die wilden Gänſe, die
Seidenſchwänze u. ſ. w. die ſüdlichen Winterquartiere, während die
Zugvögel unſerer Zonen an den Küſten des Mittelmeeres und na-
mentlich an der afrikaniſchen Küſte den Winter zubringen. Aufbruch
und Reiſe geſchehen meiſtens in der Nacht; Tags vorher ſieht man
die Vögel aus einer ganzen Gegend an beſtimmten Sammelplätzen ſich
vereinigen, bis plötzlich in einer Nacht die ganze Geſellſchaft aufbricht.
Diejenigen, welche über das Meer ſetzen, ſammeln ſich im Herbſte an
den ſüdlichen Landſpitzen an, wo ſie einige Tage verweilen, um Kräfte
[326] zu ſammeln, und im Frühjahre findet man namentlich von ſolchen
Vögeln, welche ſchlecht fliegen, wie z. B. von Wachteln, an denſelben
Orten ganze Schaaren, oft im Zuſtande höchſter Ermattung, ſo daß
ſie ſich mit Händen greifen laſſen. Wegen dieſer Wanderungen und
der leichten Ortsbewegung der Vögel hält es ſchwierig, die Gränzen
ihrer Verbreitung genauer zu beſtimmen. Im Allgemeinen nimmt der
Reichthum der Typen, die Farbenpracht des Gefieders, die Zahl der
Individuen ungemein zu, je näher man dem Aequator kommt, und
viele Familien, wie z. B. diejenige der Papageien, ſind ganz auf die
ſüdliche Zone beſchränkt. Während aber die Landvögel ſich ungemein
nach Süden zu häufen, mehrt ſich die Zahl derjenigen Waſſervögel,
welche in dem Meere fiſchen, ungemein nach den Polargegenden hin,
wo ganze Inſeln faſt nur von zahlloſen Schwärmen einiger Arten
bewohnt werden.


Die geologiſche Geſchichte der Vögel iſt nur kurz. In dem
bunten Sandſteine hat man Spuren von Fußtritten gefunden, die wohl
ohne Zweifel Vögeln zugerechnet werden können, ohne daß es indeß
bis jetzt gelungen wäre, Ueberreſte dieſer Thiere ſelbſt aufzufinden.
Erſt in der Kreide hat man ſehr ſeltene Ueberreſte gefunden, die theils
einem ſperlingsartigen Vogel, theils einer Schnepfe und einem Schwimm-
vogel zugeſchrieben werden. In den Tertiärgebilden ſind die Ueber-
reſte zwar häufiger, aber kaum irgend genau beſtimmt, und erſt in
den Knochenbreccien der Diluvialgebilde haben ſich manche Ueberreſte
gefunden, die ſich theils den jetzigen Typen nähern, theils aber auch
ſich ungemein entfernen und merkwürdige Rieſenformen gewahren laſſen,
die vielleicht auch der jetzigen Epoche angehören. Im Ganzen ſind
die foſſilen Ueberreſte der Vögel äußerſt ſelten und bei der großen
Uebereinſtimmung im Baue der Klaſſe ſchwer beſtimmbar.


Bei dieſer großen Uebereinſtimmung, welche der Bau der Vögel
ſowohl hinſichtlich der inneren Organe, als auch in Bezug auf die
äußeren Merkmale zeigt, bei der geringen Zahl von Charakteren,
die man in der That als weſentliche bezeichnen könnte, darf es nicht
auffallen, wenn die Claſſifikation dieſer Klaſſe von jeher viele Schwie-
rigkeiten gemacht hat. Zwar hatte man früher ſchon die auffallenden
Formen der Schwimmvögel, der Watvögel und der Raubvögel unter-
ſchieden; aber es dauerte ſehr lange, bis man in Folge ausgedehnterer
anatomiſcher Unterſuchungen dazu gelangte, die Rieſenvögel von den
[327] Hühnern zu trennen und erſt in neuerer Zeit machte man Unterſu-
chungen, auf welche geſtützt man die früher ſo unförmliche Gruppe
der Singvögel in mehrere Abtheilungen zerlegen konnte. Man hatte
irrthümlicher Weiſe den Schnabel als weſentliches, ja faſt als einziges
Organ betrachtet, nach welchem man das Syſtem aufſtellte, und man
gerieth dadurch in ein durchaus künſtliches Syſtem, bei welchem gerade
die Modifikationen desjenigen Organes, welches am meiſten den Ein-
flüſſen der äußeren Verhältniſſe ausgeſetzt iſt, die wichtigſte Stelle
einnehmen. In neuerer Zeit hat man beſonders viele Wichtigkeit auf
das Vorhandenſein und die Ausbildung des Singmuskelapparates,
auf die Zahl und das Verhältniß der Schwungfedern und auf die
Bekleidung des Laufes gelegt und hiernach ſowohl die Ordnungen,
als auch die Familien genauer zu umgränzen geſucht. Auch dieſe Ein-
theilung, welche den jetzt vorhandenen Hilfsmitteln durchaus entſpricht,
wird ſpäter aufgegeben werden müſſen, ſobald die Form des Schädels
und des Gehirnes in ausgedehnterem Maße in Betrachtung gezogen
werden können, als dieß bis jetzt der Fall geweſen iſt, wo man ſich
nur mit den trockenen Bälgen für die meiſten ausländiſchen Gattungen
behelfen mußte und zudem gegen einen unerträglichen Dilettantismus
zu kämpfen hatte, welcher ſich oft ſogar die undankbare Mühe nahm,
die Arten auf das kleinlichſte zu zerſplittern und auf die unbedeutend-
ſten Unterſchiede ſogenannte Subſpecies zu gründen. Es iſt ſchwer zu
ſagen, was der wiſſenſchaftlichen Ornithologie mehr Schaden gebracht
habe, ob die Caprice reicher Sammler, die nur die Schönheit des
Federbalges ſchätzten, oder die Leidenſchaft geiſtesbeſchränkter Land-
pfarrer und penſionirter Förſter, welche mit jedem Neſte in der Um-
gegend ihres Wohnortes genauere Bekanntſchaft machten, und ſo zu
ſagen genealogiſche Regiſter über die Spatzenfamilien führten, welche
unter den Dächern ihres Dorfes niſteten.


Wir unterſcheiden bei den Vögeln zwei Reihen, deren jede wieder
in mehrere Ordnungen zerfällt. Bei den einen, den eigentlich typiſchen
Vögeln, unter welchen wir die Singvögel, die Schreivögel, die Klet-
tervögel und die Raubvögel begreifen, tritt uns weſentlich die Sorge
für die Jungen entgegen, welche längere Zeit hilflos im Neſte liegen
und hier von den Eltern meiſt mit ausgezeichneter Sorgfalt und Auf-
opferung geätzt und gepflegt werden. Die Neſthocker(Insessores)
tragen entweder ihren Jungen das Futter einfach zu, was namentlich
der Fall iſt, ſobald daſſelbe aus Fleiſch oder aus Inſekten beſteht, oder
ſie erweichen das Futter vorher in dem Kropfe und füttern es dann,
[328] indem ſie es wieder hervorwürgen, den Jungen ein. Die zu dieſer
Abtheilung gehörigen Vögel zeichnen ſich alle vorwiegend durch bedeu-
tendere Entwickelung des Flugvermögens aus, während die Füße hin-
ſichtlich ihrer Ausbildung mehr zurücktreten; umgekehrt verhält es ſich
mit der anderen größeren Gruppe, den ſogenannten Neſtflüchtern
oder Pippeln(Autophagi), welche meiſtens unmittelbar nach dem
Verlaſſen der Eiſchale ſchon befähigt ſind, das Neſt zu verlaſſen und
unter Anleitung der Eltern das Futter aufzuſuchen. Bei dieſen beob-
achten wir eine allmälige Verkümmerung des Flugvermögens, das bei
vielen Gattungen freilich außerordentlich entwickelt iſt, und eine Aus-
bildung der Füße, welche im umgekehrten Verhältniſſe zu diejenigen
der Flügel ſteht.


Reihe der Neſthocker. (Insessores.)

Wir unterſcheiden in dieſer Reihe die Ordnung der Tauben
(Columbae)
mit Schreitfüßen, knorpelſchuppigem Schnabel und
ohne Singmuskelapparat; die Singvögel (Oscines) mit ausge-
bildetem Singmuskelapparate und meiſt deutlicher Stiefelung der Lauf-
ſeiten; die Schreivögel (Clamatores) ohne Singmuskelapparat,
mit ſeitlich getäfeltem oder gekörntem Laufe; die Klettervögel
(Scansores)
mit Kletterfüßen, und die Raubvögel (Rapta-
tores)
mit hakenförmig gekrümmtem Schnabel und ſtarken Raubfüßen.


Ordnung der Tauben. (Columbae.)

Dieſelbe beſtand bisher nur aus einer einzigen Familie, der alten
Gattung Columba von Linn, von welcher die meiſten Arten als
Hausvögel gehalten werden. Die Familie der Tauben (Colum-

Figure 216. Fig. 1220.

Kopf einer Taube.


bida) iſt ſcharf begränzt durch die
ausgezeichnete Bildung des Schna-
bels, welcher ziemlich lang und
ſchwach iſt, eine vordere Kuppe hat,
dann abgeſetzt iſt und ſich mit einer
neuen kuppenförmigen Wölbung er-
hebt, die durch eine Knorpelſchuppe
bedingt iſt, welche die Naſenlöcher
bedeckt und ſelbſt wieder von einer
nackten, weichen, meiſt warzigen
[329]

Figure 217. Fig. 1221.

Die große indiſche Taube (Columba porphyrio).


Haut überzogen wird. Die Flügel
ſind lang, ſpitzig und haben durch-
greifend zehn Handſchwingen und
eilf bis fünfzehn Armſchwingen,
während der Schwanz faſt allge-
mein zwölf, ſehr ſelten ſechszehn
Steuerfedern zeigt. Die Füße ſind
kurz, die Zehen lang, gänzlich
geſpalten, ohne Spannhaut, die
Außenzehe zuweilen mit der mitt-
leren an ihrer Wurzel verwachſen,
die Hinterzehe lang, vollkommen ausgebildet, berührt mit der ganzen
Unterfläche den Boden beim Auftreten. Der Lauf iſt nur ſelten ge-
körnt oder mit netzförmiger Hornhaut begleitet, gewöhnlich finden ſich
deutliche ſchuppige Schilder auf der Vorderſeite, die indeſſen nie zu
förmlichen Stiefelblättern verſchmelzen. Die Tauben leben bekanntlich
in Monogamie, aber zugleich in größeren Geſellſchaften, vorzugsweiſe
in Wäldern, wo ſie ihre kunſtloſen Neſter auf Bäumen anlegen.
Einige Arten, die ſich durch die ſtärkere Ausbildung ihrer Füße den
Hühnervögeln nähern, zu welchen man oft die Tauben als beſondere
Familie geſtellt hat, leben mehr auf der Erde und bauen ihr Neſt
unter Sträuchern. Die meiſten Arten legen nur zwei Eier auf ein-
mal, brüten aber mehrmals des Jahres, bei welchem Geſchäfte Männ-
chen und Weibchen abwechſeln. Faſt alle fliegen äußerſt geſchickt und
ſtreichen oder wandern zuweilen in ungeheueren Schwärmen, aber doch
nur auf beſchränkte Entfernungen. Sie nähren ſich hauptſächlich von
Sämereien und Inſektenlarven und füttern die anfangs blinden und
lange Zeit hilfloſen Jungen mit dem im Kropfe aufgeweichten Futter.
Sie ſind über die ganze Erde verbreitet, die größeren hühnerähnlichen
Arten mehr in ſüdlichen Zonen.


Den Tauben nahe, aber doch wieder in vielen Beziehungen von
ihnen entfernt, ſtanden die Dronten oder Dodo’s(Inepta), große,
ſchwere Vögel, die bedeutend größer als Schwäne waren und im Jahre
1598 bei der Entdeckung von Isle de France auf dieſer Inſel ange-
troffen, ſeither aber gänzlich vernichtet wurden, ſo daß jetzt nur noch
zwei Köpfe, ein Fuß und einige Federn die einzigen Ueberreſte der
Vögel bilden, deren Geſammtform man bei einer Art durch gleichzei-
tige Oelgemälde nach dem Leben kennt. Der Schnabel des Dodo’s
war kräftig, lang, mit abgeſetzter, hakig gebogener Kuppe und glich
[330] einigermaßen einem Geierſchnabel; die Naſenlöcher ſtanden hinter der
Kuppe in zwei ſeitlichen Furchen; der Körper war plump, ſchwer;
die Flügel ſehr kurz und zum Fluge untauglich, mit nickenden, zer-
ſchliſſenen Federn beſetzt, ähnlich denen des Straußes; der kurze
Schwanz trug einen ähnlichen Federbuſch; die Füße waren kurz, dick
und hatten drei vorwärts gerichtete Zehen und eine kurze Hinterzehe.
Die jetzt aufgefundenen Schädel und übrigen Knochenreſte laſſen dieſe
unbehülflichen Thiere, die gar nicht fliegen und nur langſam watſcheln
konnten, unzweifelhaft den Tauben anſchließen. Auf den Inſeln
Mauritius und Bourbon exiſtirten verwandte ebenfalls ausgerottete
Gattungen. Didus; Pezophaps; Apterornis.


Figure 218. Fig. 1222.

Die Steppentaube (Pterocles setarius).


Den Uebergang zu den Hühnervögeln macht die Familie der
Steppentauben(Pteroclida). Der Schnabel dieſer Vögel iſt einfach,
auf der Firſte gebogen, übergreifend, wie derjenige der Hühner, aber
die Flügel lang, ſpitz, ſelbſt ſäbelförmig; die Füße kurz, ſchwach;
die Läufe entweder bis an die Nägel befiedert oder nur vorn mit
ſchwachem Flaum bedeckt; die Zehen kurz; die Hinterzehe rudimentär
oder ganz fehlend; der Schwanz lang, die mittleren Steuerfedern oft
ſehr verlängert und ſpitz. Sie leben, ganz wie die Tauben, in Mo-
nogamie, aber geſellig in Schwärmen, bewohnen die Steppen und
Wüſtenländer Aſiens und Afrika’s, wo ſie unter Sträuchern niſten,
und fliegen und laufen ebenſo zierlich wie ſchnell. Pterocles; Syr-
rhaptes
.


Ordnung der Singvögel. (Oscines.)

Meiſt kleine, ſchwache, niedliche Vögel, die über die ganze Erde
verbreitet ſind und ſich hauptſächlich durch den Singmuskelapparat
auszeichnen, der an ihrem unteren Kehlkopfe angebracht iſt und den
[331] wir ſchon früher beſchrieben haben. So weſentlich indeß dieſer Ap-
parat zur Hervorbringung eines wahren Geſanges erſcheint, da kein
ſingender Vogel deſſelben entbehrt, ſo darf man doch auf der anderen
Seite nicht vergeſſen, daß ſeine Anweſenheit nicht durchaus die Eigen-
ſchaft des Geſanges bedingt, wie denn mehrere Familien, die ihn be-
ſitzen, ſich durch die höchſt unangenehme kreiſchende Stimme auszeich-
nen, die ihnen zukömmt. Der Schnabel der Singvögel iſt bei den
verſchiedenen Familien ſehr verſchieden geſtaltet, entbehrt aber unter
allen Umſtänden einer Wachshaut gänzlich. Bei den bisher üblichen
Eintheilungen, wo man dieſe und die folgende Ordnung der Schrei-
vögel unter einer Ordnung begriff, wurden dieſe Vögel nach der Form
des Schnabels in Unterordnungen zerlegt. Man unterſchied Spalt-
ſchnäbler (Fissirostres) mit breitem, flachem, tiefgeſpaltenem Schnabel;
Zahnſchnäbler (Dentirostres) mit ſtärkerem, oft gebogenem, ſeitlich
eingekerbtem Schnabel, deſſen Spitze zahnartig gekrümmt war; Kegel-
ſchnäbler (Conirostres) mit mäßig langem, ſeitlich ungekerbtem, zuſam-
mengedrücktem Schnabel; Dünnſchnäbler (Tenuirostres) mit pfriemen-
förmigem, dünnem, meiſt verlängertem Schnabel. Es ſteht dieſe Bil-
dung meiſtens mit der Art der Nahrung im Zuſammenhang; die
Spaltſchnäbler ſchnappen Inſekten im Fluge, während die Dünn-
ſchnäbler meiſtens weiche Larven in den Ritzen der Bäume aufſuchen;
die Zahnſchnäbler leben meiſt theils von Inſekten, theils von Früch-
ten, während die Kegelſchnäbler vorzugsweiſe härtere Pflanzenſamen
genießen. Die Flügel der Singvögel ſind ganz allgemein wohlgebildet
und ihr Flugvermögen oft ſehr bedeutend, wenn ſie auch an Schnel-
ligkeit den Tauben weit nachſtehen. Sie haben in der Regel neun
ausgebildete Handſchwingen und wenn eine vordere zehnte vorhanden
iſt, ſo erſcheint dieſelbe ſtets, mit Ausnahme der Rabenfamilie, mehr
oder minder verkümmert und bedeutend kürzer, als die übrigen. In
der Regel finden ſich neun Armſchwingen, die niedrigſte Zahl, welche
überhaupt vorkommt, in Ausnahmsfällen nur ſteigt die Zahl bis auf
vierzehn; die Deckfedern des Armes ſind ſo kurz, daß ſie im höchſten
Falle die halbe Länge der Armſchwingen erreichen, während bei allen
übrigen Vögeln dieſe Deckfedern über mehr als die Hälfte der Arm-
ſchwingen hinübergreifen. Der meiſt quergeſtutzte, ſelten ausgeſchnit-
tene Schwanz beſitzt überall zwölf Steuerfedern mit alleiniger Aus-
nahme zweier kleiner Gattungen, bei welchen ausnahmsweiſe nur zehn
vorkommen. Ein weſentlicher Charakter liegt noch bei den Sing-
vögeln in der Bekleidung des Laufes, deſſen Seiten faſt unter allen
Umſtänden, mit alleiniger Ausnahme der Lerchen, mit einer einzigen
[332] Stiefelſchiene begleitet ſind. Zuweilen erſtreckt ſich die Stiefelung auch
auf die Vorderſeite des Laufes, welche indeſſen bei den meiſten mit
einer einzigen Reihe großer ſchuppenartiger Tafeln begleitet iſt. Die
Füße ſelbſt ſind allgemein ſchwach, Wandelfüße, indem von den drei
Vorderzehen die beiden äußeren am Grunde mit einander verwachſen
ſind; die Vögel bewegen ſich nur ſelten ſchrittweiſe, hüpfen vielmehr
gewöhnlich mit beiden Füßen zugleich. Sie zeichnen ſich beſonders
durch einen gewöhnlich kunſtreichen Neſtbau aus, ſind aber im Uebri-
gen äußerſt ſtupid, ſowohl im Freien, wie in der Gefangenſchaft.
Die meiſten leben in Monogamie, paarweiſe, viele außerdem geſellig
in Schwärmen und brüten nur einmal des Jahres; viele ſind Wan-
dervögel, die im Sommer nach Norden ziehen, im Winter aber wär-
mere Klimate aufſuchen und meiſtens nach Kleinaſien oder Nordafrika
überſetzen.


Die Familie der Schwalben(Hirundinida) hat einen breiten,
flachen, ſehr tief geſpaltenen, an der Spitze etwas gekrümmten Schna-
bel und einen ungemein weiten Rachen, der ſich bis hinter die Augen
öffnet. Die Naſenlöcher ſind länglich, die Bartborſten, welche ſich am
Grunde des Schnabels befinden, kurz und ſchwach; die Flügel ſehr
lang, zugeſpitzt, mit neun Handſchwingen verſehen, von welchen die
vorderſte die längſte iſt. Die Zahl der Armſchwingen beträgt ebenfalls
neun. Die Füße ſind kurz, kräftig, die mittlere Zehe bedeutend länger,
die Hinterzehe zum Unterſchiede von den Segelſchwalben, die der Ord-
nung der Schreivögel angehören, wirklich nach hinten gedreht. Bei
einigen Arten ſind Läufe und Zehen bis zu den Krallen befiedert, bei
anderen nackt und dann vorn getäfelt, während die Seiten geſtiefelt
ſind. Das Bruſtbein hat zwei doppelte ſeitliche Ausſchnitte, iſt aber
wie der ganze Schulterapparat den langen Flügeln und ihren kräftigen
Muskeln entſprechend ſtark entwickelt. Der ſchnelle und geſchickte Flug
der Schwalben, die Sicherheit, mit welcher ſie in der Luft ſchwärmende
Inſekten ſchnappen, iſt bekannt genug, ebenſo ihre Wanderungen nach
Süden beim Beginne der kälteren Jahreszeit und ihre Rückkehr im
Frühjahre, wo das Pärchen ſein altes Neſt mit großer Sicherheit
wiederzufinden weiß. Sie bauen ihre Neſter, die meiſtens aus Erde
beſtehen, deren Klumpen mittelſt des Saftes der Kropfdrüſen zuſam-
mengeklebt werden, gern an Mauern, Häuſern oder in Felsritzen,
wobei ſie ein ſeitliches Flugloch laſſen. Hirundo; Chelidon; Procne.


[333]

Die Familie der Fliegenſchnäpper(Muscicapida) umfaßt kleine

Figure 219. Fig. 1223.

Der weißhalſige Fliegenſchnäpper (Muscicapa
albicollis)
.


Singvögel mit breitem, niederge-
drücktem Schnabel, deſſen Spitze
meiſt hakenförmig umgebogen und
hinter dieſer Hakenſpitze mit einer
Kerbe verſehen iſt. An der Baſis
des Schnabels ſtehen gewöhnlich
ſtarke, vorwärts gerichtete Borſten,
welche zuweilen zu einer Art Feder-
buſch vereinigt ſind. An den Flü-
geln finden ſich ſtets zehn Hand-
ſchwingen, von denen die erſte bedeutend kürzer, die dritte oder fünfte
gewöhnlich die längſte iſt. Der Lauf zeigt vorn Schuppentafeln, auf
der Seite Stiefelſchienen. Das Gefieder iſt meiſt ſeidenartig, ſelten
reich gefärbt. Die kleinen munteren Vögel leben in Hecken und Ge-
büſchen und ſchnappen meiſt fliegende Inſekten im Stoße weg, ohne
ſie indeß in ähnlicher Weiſe zu jagen, wie dieß die Schwalben thun.
Die Arten der nördlichen und gemäßigten Gegenden ziehen im Winter
gegen Süden. Muscicapa; Muscipeta; Campephaga; Graucalus; Ce-
blepyris; Bombycilla
.


Die Familie der Würger(Lanida) zeichnet ſich vor allen anderen

Figure 220. Fig. 1224.

Der Neuntödter (Lanius collurio).


Singvögeln durch das grauſame
Naturell aus, welches ſie einiger-
maßen den Raubvögeln nähert. Die
ſtarken und kräftigen Vögel nähren
ſich hauptſächlich von Inſekten, grei-
fen aber auch kleinere Vögel und
Säugethiere mit großem Muthe an
und haben von der Gewohnheit, die
im Vorrath getödtete Beute auf
Dornen aufzuſpießen, den Volks-
namen Neuntödter erhalten. Der
Schnabel iſt kräftig, ſeitlich zuſammengedrückt, hakig umgebogen, ſcharf
zugeſpitzt und hinter der Spitze mit einem vorſpringenden Zahne oder
einer ſcharfen Ecke verſehen; an der Baſis ſtehen ſtarke, lange Bart-
borſten. Die Würger haben zehn Handſchwingen, von denen die erſte
zwar immer kürzer iſt als die übrigen, aber dennoch oft eine bedeu-
tendere Länge erreicht, als dieß bei den übrigen Singvögeln der Fall
iſt. Der Lauf iſt vorn getäfelt, ſeitlich mit Stiefelſchienen verſehen,
[334] die aber gewöhnlich hinten nicht ganz übergreifen und ſo einen ge-
körnten Streifen übrig laſſen. Manche Arten dieſer Familie, die im
Allgemeinen ziemlich eintönig gefärbt iſt, und von denen ſich die ein-
heimiſchen Arten durch einen ſchwarzen horizontalen Streif durch das
Auge auszeichnen, wiſſen die Stimmen anderer Vögel täuſchend nach-
zuahmen. Lanius; Edolius (Dicrourus); Pycnonotus; Pachycephala.


Die Familie der Buſchſänger(Sylvida) beſteht aus kleinen leb-

Figure 221. Fig 1225.

Die Kohlmeiſe (Parus major).


haften, meiſt von Inſekten lebenden
Vögeln, deren Schnabel gerade, ko-
niſch, bald mehr zuſammengedrückt
und ſtark, bald pfriemenförmig, fein
und ſpitz iſt und ovale Naſenlöcher
zeigt, die entweder durch lockere Fe-
derchen verdeckt oder durch Haut
halbgeſchloſſen ſind. Der Oberkiefer
iſt bald ſeicht gekerbt, bald durchaus
geradlinig an ſeiner unteren Schnei-
defläche; die Flügel haben ſtets zehn Handſchwingen, wovon die erſte
oft ziemlich lang iſt und die vierte gewöhnlich die Spitze des Flügels
bildet; die Läufe ſind vorn getäfelt, ſeitlich geſtiefelt, die Bartborſten
nur unbedeutend. Sie leben hauptſächlich von Inſekten und zeigen
oft einen ziemlich kunſtvollen Neſtbau. Es gehören hierher die Gras-
mücken mit meiſt eintönigem, röthlichgrauem Gefieder, und die Meiſen
mit ſtärkerem Schnabel und kräftigeren Füßen, die gewöhnlich lebhafte
Farben bänderartig vertheilt zeigen. Sylvia; Calamoherpe; Malurus;
Parus; Regulus; Troglodytes
.


Der vorigen Familie ſehr nahe ſteht die Familie der Waldſänger
(Sylvicolida), welche ganz denſelben Bau der Füße, dieſelbe Verſchie-
denheit im Baue des Schnabels zeigt, ſich aber dadurch weſentlich
unterſcheidet, daß nur neun Handſchwingen vorhanden ſind und daß
die Schilder des Vorderlaufes zuweilen ſo ſtark mit einander verwach-
ſen, daß man einen vollſtändigen Stiefel zu ſehen glaubt. Man kann
auch hier zwei größere Gruppen unterſcheiden, die europäiſchen Bach-
ſtelzen
(Motacillida) mit feinem, dünnem, vorn hakig gekrümmtem
Schnabel und langen dünnzehigen Füßen, die ſich beſonders auf Wie-
ſengründen und in der Umgebung von Gewäſſern umhertreiben, und
[335]

Figure 222. Fig. 1226.

Blauer Tangara (Tanagra violacea).


die amerikaniſchen Tangaras(Ta-
nagrida)
mit kräftigem, dreieckigem,
an der Wurzel ſtark angeſchwolle-
nem Schnabel, deſſen Bildung ſich
zunächſt an den der Finken an-
ſchließt. Die letztere Unterfamilie
zeichnet ſich noch weſentlich durch
ihr meiſt prachtvoll gefärbtes und
lebhaft metalliſch glänzendes Gefie-
der aus und hält ſich vorzugsweiſe
in Wäldern auf, wo ſie neben In-
ſekten auch von Sämereien ſich nährt. Sylvicola; Motacilla; Anthus;
Nemosia. — Tanagra; Euphone; Procnias
.


Durch die Verſchmelzung der Schilder am Vorderlaufe bei einigen

Figure 223. Fig. 1227.

Die Weindroſſel (Turdus merula).


Gattungen ſchließt ſich die vorige
Familie zunächſt an diejenige der
Droſſeln(Turdida) an, welche ſich
vor allen anderen Sängern durch
einen gänzlich geſtiefelten Lauf aus-
zeichnet, der eigentlich nur von zwei
durchgehenden Hornblättern, einem
vorderen und einem hinteren, be-
kleidet wird. Der Schnabel iſt bei
dieſer Familie mäßig lang, zuſam-
mengedrückt, etwas gebogen, vorn
mit einer krummen Spitze und einer unbedeutenden Kerbe verſehen;
die Bartborſten ſind nur klein, ſchwach, die Flügel mit zehn Hand-
ſchwingen verſehen, von denen die dritte meiſt die längſte iſt;
die Füße ſind gewöhnlich ſtark, die Zehen kräftig, das Gefieder ein-
tönig grau mit roſtrothen Flecken, der Geſang der meiſten Arten be-
ſonders zur Paarungszeit der Männchen ausgezeichnet ſchön. Die
verſchiedenen Droſſeln, die Nachtigallen, Steinſchmätzer und Waſſer-
amſeln gehören dieſer Familie an. Turdus; Saxicola; Luscinia; Ru-
ticilla; Accentor; Cinclus; Eupetes
.


Kaum weniger beliebte Sänger enthält die Familie der Finken
(Fringillida), welche ſich von den übrigen Singvögeln durch ihren
kurzen, kegelförmigen, an der Wurzel ſtark verdickten, ungekerbten
Schnabel, deſſen Firſte bald ganz gerade, bald nur mäßig gebogen iſt,
[336]

Figure 224. Fig. 1228.

Der Kreuzſchnabel (Loxia curvirostris).


auf den erſten Blick auszeichnen.
Es dient ihnen dieſer ſtarke Schna-
bel hauptſächlich zum Abſchälen und
Zerbeißen der harten Pflanzenſamen
und Kerne, von denen ſich die Al-
ten faſt ausſchließlich nähren, wäh-
rend die Jungen hauptſächlich mit
Inſekten geätzt werden. Sie haben
neun Handſchwingen und einen
vorn getäfelten, ſeitlich geſtiefelten
Lauf von mittlerer Stärke und
Länge. Ihr Gefieder iſt oft vielfach farbig gefleckt, meiſt aber mehr
oder minder eintönig ins Graue ſpielend. Einige Arten zeichnen ſich
durch ſeltſame Formen des Schnabels oder durch eig enthümlichen Ne-
ſterbau aus, ſo der den Norden bewohnende Kreuzſchnabel mit ſeinen
hakigen, über einander greifenden Kiefern, der gerade in der härteſten
Winterkälte brütet, oder die Webervögel in Indien mit ihrem langen,
beutelförmig zuſammengenähten, unten durch einen Kanal geöffneten
Neſte. Fringilla; Emberiza; Pitylus; Pyrgita; Pyrrhula; Loxia; Coc-
cothraustes; Plectrophanes; Ploceus; Vidua
.


Die Familie der Lerchen(Alaudida) unterſcheidet ſich von der vorigen

Figure 225. Fig. 1229.

Die Haubenlerche (Alauda cristata).


durch einen kegelförmigen, ziemlich
dünnen, ſpitzen, ungekerbten Schna-
bel, der meiſt kaum die Länge des
Kopfes erreicht und keine Bart-
borſten zeigt. Sie haben zehn Hand-
ſchwingen an den Flügeln und
zeichnen ſich vor allen anderen Sing-
vögeln dadurch aus, daß ihr Lauf
vorn und hinten getäfelt iſt und
durchaus keine Stiefelſchienen zeigt.
Die Hinterzehe dieſer auf der Erde
niſtenden und von Sämereien leben-
den Singvögel iſt gewöhnlich mit einem langen, pfriemenförmigen,
ſpitzen Sporen bewaffnet; — ſie ſchließen ſich durch den ſchrittweiſen
Gang und die unvollkommene Bekleidung des Fußes einigermaßen an
die Staare und Raben an, denen ſie aber in mancher anderer Bezie-
hung wieder ſehr unähnlich ſind. Alauda; Alaemon.


[337]

Die Familie der Baumläufer(Certhida) hat einen langen, dün-

Figure 226. Fig. 1230.

Der blaue Baumläufer (Certhia cyanea).


nen, ſpitzen, entweder ganz geraden
oder ſchwach gebogenen Schnabel,
der meiſt weit länger als der Kopf
iſt und in welchem eine ſpitze hor-
nige Zunge ſteckt; die Flügel haben
zehn Handſchwingen; die gewöhnlich
kurzen aber kräftigen Läufe ſind
vorn geſchildet, ſeitlich geſtiefelt;
die Zehen gewöhnlich ſehr lang und
beſonders die Hinterzehe ſehr kräf-
tig, mit einem ſtarken Nagel verſe-
hen. Die meiſt lebhaft gefärbten Thiere ſuchen ihre aus Inſekten
beſtehende Nahrung, indem ſie an Felſen, Mauern oder Bäumen um-
herklettern und in deren Ritzen mit ihrem ſpitzen Schnabel ihr Futter
aufſuchen; ſie bedienen ſich bei dieſem Klettern theilweiſe des Schwan-
zes, deſſen Steuerfedern ſteif und oft abgenutzt ſind. Certhia; Ticho-
droma; Climacteris; Sitta
.


Durch den langen dünnen Schnabel, der indeß meiſt ſtärker ge-

Figure 227. Fig. 1231.

Der ſenegaliſche Honigvogel (Cinnyris sene-
galensis)
.


bogen iſt, gleichen die Honigvögel
(Cinnyrida) der vorigen Familie,
unterſcheiden ſich aber von ihr durch
die lange, röhrenförmige, an der
Spitze geſpaltene oder förmlich mit
pinſelartigen Hornfaſern verſehene
Zunge, die wie es ſcheint, beſonders
zum Aufpumpem des Honigſaftes
der Blumen beſtimmt iſt. Die mei-
ſten Vögel dieſer Familie haben
neun, einige wenige zehn Hand-
ſchwingen an den kurzen Flügeln;
ihre vorn getäfelten Läufe ſind kräftig, die Zehen kurz, die Kralle der
Hinterzehe meiſt ſehr ſtark. Die Vögel dieſer Familie bewohnen nur
die tropiſchen Zonen und zeichnen ſich meiſt durch einen äußerſt kunſt-
vollen Neſtbau, ſowie durch ihren prachtvollen metallglänzenden Feder-
ſchmuck aus, wodurch ſie ſich einigermaßen den Kolibris nähern; ſie
nähren ſich von Inſekten und Honigſaft, den ſie übrigens ſitzend
ſaugen. Cinnyris; Dacnis; Pardalotus; Dicaeum; Drepanis; Necta-
rinia; Arachnothera
.


Vogt, Zoologiſche Briefe II. 22
[338]

Die Familie der Staare(Sturnida) beſteht aus unangenehm

Figure 228. Fig. 1232.

Der gemeine Staar (Sturnus vulgaris).


ſchreienden, meiſt ſchwärzlich oder
gelb gefärbten Vögeln mit kegelför-
migem, ganz geradem oder nur
ſehr ſchwach gebogenem Schnabel
ohne Bartborſten, der nur ſelten
eine ſchwache Kerbe hinter der Ober-
kieferſpitze hat. Die Läufe ſind
vorn mit Tafeln, an der Seite mit
Stiefelſchienen verſehen, die indeß
nicht immer ganz vollſtändig bis
nach unten hin ausgebildet ſind.
Nach der Bildung der Flügel kann
man zwei Gruppen unterſcheiden, indem bei den amerikaniſchen Gelb-
vögeln
(Icterida) nur neun Handſchwingen vorhanden ſind, während
die Staare der alten Welt gewöhnlich noch eine kurze zehnte Hand-
ſchwinge zeigen. Die geſelligen Strichvögel leben hauptſächlich von
Inſekten und Sämereien und richten oft durch ihre Menge große Ver-
heerungen in Pflanzungen an. Sturnus; Buphaga; Gracula; Lampro-
tornis; Icterus; Cassicus; Scaphidura; Agelaeus
.


Die höchſte Stufe unter den Singvögeln nehmen ohne Zweifel

Figure 229. Fig. 1233.

Der Paradisvogel (Paradisea apoda).


die Raben(Corvida) ein, meiſt
große, geſellig lebende Vögel in
ziemlich einfärbigem Federkleide, die
ſich ſowohl von Samen und Früch-
ten, als auch von verſchiedenen
Stoffen aus dem Thierreiche näh-
ren. Die Schlauheit und Geleh-
rigkeit dieſer Vögel erhebt ſie weit
über die übrigen ſtupiden Singvö-
gel, die freilich den Geſang und das
ſchönere Kleid vor ihnen voraus
haben. Der Schnabel der Raben
iſt kegelförmig, ſtark, ſeitlich zuſam-
mengedrückt, ſchwach auf der Firſte
gebogen, gewöhnlich ungekerbt und
mit kleiner Hakenſpitze verſehen, die
Naſenlöcher faſt vollkommen rund mit ſammtartigen oder Borſtenfedern
bedeckt; die Flügel ſind lang, ſpitz, mit zehn Handſchwingen verſehen,
[339] von welchen die erſte gewöhnlich die Länge der zweiten erreicht. An
dem Arme befinden ſich zuweilen bis vierzehn Schwingen, die höchſte
Zahl in der ganzen Ordnung; die Füße ſind ſtark, kräftig, die Kral-
len groß, die Läufe vorn getäfelt, ſeitlich mit Stiefelſchienen verſehen,
welche aber auf der Außenfläche nicht ganz bis zum Fußgelenke reichen
und hier durch gekörnte Haut erſetzt werden. Die Pirole und Para-
disvögel
unterſcheiden ſich von den eigentlichen Raben hauptſächlich
durch die größere Anzahl der Armſchwingen, ſowie dadurch, daß ſie
nur Früchte oder Inſekten verzehren, während die Raben ſich auch
von Aas und ſelbſt von lebenden Säugethieren und Vögeln nähren.
Corvus; Pyrrhocorax; Fregilus; Cracticus; Ptilorhynchus; Callaeas;
Garrulus; Oriolus; Paradisea; Epimachus
.


Ordnung der Schreivögel. (Clamatores.)

Die Vögel dieſer Ordnung, welche man bis in die neuere Zeit
faſt allgemein mit den Singvögeln zuſammenwarf, zeichnen ſich allge-
mein durch den Mangel des Singmuskelapparates aus, der für die
vorige Ordnung als weſentlicher Charakter galt. Uebrigens entſpre-
chen die einzelnen Formen ſo ſehr denen der vorhergehenden Ordnung,
daß faſt überall korreſpondirende Familien gebildet werden, welche erſt
durch dieſes anatomiſche Kennzeichen, ſo wie durch einige Charaktere
der Fußbekleidung von einander getrennt wurden. Wir treffen bei
den Schreivögeln faſt alle Formen des Schnabels, welche bei den
Singvögeln ausgebildet waren: ſtumpfe, kurze, kegelförmige Schnäbel
zum Kernerfreſſen, weit geſpaltene Rachen zum Inſectenhaſchen, feine,
ſpitze, röhrenförmige Schnäbel zum Aufſaugen der Honigſäfte u. ſ. w.
finden ſich ganz in ähnlicher Weiſe hier wieder vor, ſo daß in der
Bildung dieſer Theile durchaus kein Anhaltspunkt für die Unter-
ſcheidung der beiden Ordnungen gegeben iſt. Dagegen zeigt ſich in der
Bildung der Flügel einiger Unterſchied. Bei den Singvögeln hatten
wir mit alleiniger Ausnahme der Raben entweder nur neun oder zehn
Handſchwingen gefunden, von denen die vorderſte nur rudimentär
geſtaltet war; bei den Schreivögeln dagegen finden ſich ſtets zehn
Handſchwingen, von denen die erſte gewöhnlich die längſte und wenig-
ſtens weit über die Hälfte der Länge der übrigen Schwingen hinaus-
ragt, während bei den Singvögeln ſie faſt immer mehr als um die
22*
[340] Hälfte kürzer iſt. Die Zahl der Armſchwingen wechſelt bei den Schrei-
vögeln ſehr, indem zuweilen nur ſechs bis acht, meiſtens neun bis
zehn, in anderen Fällen aber ſogar fünfzehn bis ſiebzehn vorkommen,
eine Zahl, welche von den Singvögeln nie erreicht wird. Die Bil-
dung der Füße wechſelt bei den Schreivögeln bedeutend; der Lauf iſt
aber niemals wie bei den Singvögeln geſtiefelt, gewöhnlich getäfelt
ſowohl vorn, wie auf den Seiten; bei einigen Familien fehlt ſogar
alle Hornbekleidung und der Fuß iſt bis auf die Krallen mit Federn
beſetzt. Ebenſo wechſelnd iſt die Bildung der Zehen; bei den meiſten
Familien iſt der Fuß in derſelben Weiſe gebildet, wie bei den Sing-
vögeln, indem drei Zehen nach vorn, eine nach hinten gerichtet iſt, bei
anderen aber ſtehen die Zehen entweder alle mehr oder minder nach
vorn, oder die Außenzehe iſt in ſeltenen Fällen, die Innenzehe häufi-
ger, zu einer Wendezehe geworden. Bei vielen Familien ſind auch
die beiden inneren Zehen ganz oder theilweiſe mit einander verſchmol-
zen oder durch kurze Haut verbunden. Der Schwanz hat in der
Regel zwölf Steuerfedern, zuweilen nur zehn, in anderen Fällen, die
indeß ſelten ſind, ſogar vierzehn bis ſechszehn. Die Lebensart der
Schreivögel iſt begreiflicher Weiſe ebenſo verſchieden, als diejenige der
Singvögel. Man hat unter ihnen zwei größere Gruppen unterſchieden:
Die eigentlichen Schreivögel (Clamatores) mit durchaus getäfelten und
gewöhnlichen Wandelfüßen, die denjenigen der Singvögel analog ge-
baut ſind, und die Schrillvögel (Strisores), bei welchen die Füße ab-
weichend gebaut und nur mit kleinen Schildern und Schuppen, oder
auch mit Federn bedeckt ſind; die letztere Gruppe ſchließt ſich durch
die Bildung ihrer Füße eines Theiles an die Klettervögel, anderen
Theiles durch die Eulen, die ebenfalls eine Wendezehe beſitzen, an die
Raubvögel an.


Echte Schreivögel.

Unter den echten Schreivögeln ſteht eine Familie oben an, welche
ſich durch die Bildung ihres Stimmorganes an die Singvögel an-
ſchließt und durch die höchſt ſeltſamen ſchreienden Töne ausgezeichnet
iſt, welche die ihr angehörigen Vögel von ſich geben. Während bei
allen übrigen Singvögeln die beiden an der Theilung der Luftröhre
hervorgehenden Bronchen an der Bildung des unteren Kehlkopfes
Antheil nehmen, wird dieſer im Gegentheil bei dieſen Luftröhren-
[341] kehlern
(Tracheophona) einzig von dem unteren ungetheilten Ende
der Luftröhre gebildet, das dünnhäutig iſt, einige äußerſt zarte Knor-
pelringe enthält, die ſeitlich unterbrochen ſind und durch ein Band
feſtgehalten werden, ſo daß ſie ſchwingende Reſonanzſtäbe bilden. Man
hat unter den Vögeln, welche dieſe Bildung des Kehlkopfes zeigen,
zwei Unterfamilien unterſchieden, von welchen die Einen, die Woll-

Figure 230. Fig. 1234.

Myiothera brachyura.


rücken (Eriodorida) einen gra-
den Schnabel mit ſeichter Einker-
bung hinter der gebogenen Spitze
des Oberkiefers zeigen. Die Flügel
dieſer Vögel ſind kurz, rundlich,
die Füße vorn getäfelt, nähern ſich
aber bei einigen Gattungen denen
der Singvögel dadurch, daß die
äußere Seite des Laufes geſtiefelt
iſt, während die innere ſich nackt
und ohne Hornbekleidung zeigt; die
Federn des Rückens ſind verlängert
und haben eine eigenthümliche wollige Beſchaffenheit. (Drymophila;
Pitta; Formicivora (Eriodora); Thamnophilus; Myiothera.)
Die an-
dere Unterfamilie, welche man die Baumhacker (Anabatida) ge-
nannt hat, entſprechen durch die Bildung des Schnabels durchaus
der Familie der Baumläufer in der vorigen Ordnung, mit welchen
man ſie auch bisher zuſammenſtellte, unterſcheiden ſich aber von dieſen
ſogleich durch die lange vordere Handſchwinge und durch die eigen-
thümliche Laufbekleidung; die äußere Laufſeite zeigt nämlich einen
ſchmalen, nackten, gekörnten oder ſchuppigen Streifen, während die
drei anderen Seiten des Laufes von gebogenen Tafeln umkleidet ſind,
welche von vorn her über die innere und hintere Seite herübergreifen
und manchmal ſo verſchmelzen, daß ſie einer Stiefelſchiene ähnlich
ſehen. Die Vögel dieſer Familie klettern wie die Baumläufer an
Bäumen und Felſen umher, und haben deßhalb auch ſteife meiſt etwas
abgenutzte Stützfedern im Schwanze. Anabates; Xenops; Synallaxis;
Furnarius; Dendrocolaptes
.


Die ſämmtlichen übrigen Familien der Schreivögel haben einen
gewöhnlich gebildeten unteren Kehlkopf aber ohne Singmuskelapparat.
Es gehören hierher folgende Familien:


[342]

Die Schmuckvögel(Colopterida) haben einen meiſt kurzen Schna-

Figure 231. Fig. 1235.

Haubenſchmuckvogel (Ampelis cucullata).


bel, der entweder ganz gerade oder
mit nur ſchwach gebogener Firſte
verſehen iſt, gewöhnlich aber einen
kleinen Haken und eine Einkerbung
hinter demſelben hat; zuweilen iſt
dieſer Schnabel ſehr platt und ver-
breitert, in anderen Fällen mehr
ſeitlich zuſammengedrückt und hoch.
An den oft ziemlich langen Flügeln
finden ſich meiſt in der Mitte einige
ſehr verſchmälerte, bald ſichelförmig
gekrümmte, bald verkürzte und ver-
kümmerte Schwungfedern, die den Flügeln ein eigenthümliches Anſehen
geben. Die Läufe ſind kurz, vorn getäfelt, zuweilen ſo, daß die Ta-
feln bis nach hinten übergreifen und hier nur einen geringen, körni-
gen Streif über laſſen. Die Vögel dieſer Familie nähren ſich haupt-
ſächlich von Inſekten, einige von ihnen, wie namentlich die ſüdameri-
kaniſche Gattung Tyrannus, gleichen in ihrem Betragen durchaus den
Würgern und greifen, wie dieſe, ſelbſt kleinere Vögel an. Ampelis;
Phibalura; Coracina; Phytotoma; Pipra; Rupicola; Psaris; Tyrannus;
Muscivora; Todus; Cyanotis; Fluvicola
.


Die Familie der Rakken(Coracida) entſpricht derjenigen der

Figure 232. Fig. 1236.

Die gewöhnliche Rakke (Coracias garrula).


Raben in der vorigen Ordnung;
der Schnabel iſt bald kegelförmig,
kräftig, gerade mit übergebogener
Hakenſpitze, bald mehr kurz und
dick und der Rachen ſehr weit ge-
ſpalten, ſo daß die Vögel befähigt
ſind, in ähnlicher Weiſe wie Schwal-
ben, nach fliegenden Inſekten um-
herzuſchwärmen. Bei einer Gruppe
der Familie, die nächtlicher Weiſe
in den Waldungen Neuhollands
nach Inſekten umherſchwärmt, iſt
der Schnabel ſogar ſehr breit und gewölbt und das Gefieder dabei
ähnlich wie dasjenige der Ziegenmelker, weich und ſeidenartig. Die
Füße der Rakken haben gänzlich getrennte Zehen und die Läufe zeigen
vorn Tafeln, hinten und auf der Seite aber ein grobes Netzwerk.
[343] Mit Ausnahme der erwähnten Tagſchläfer iſt das Gefieder der mei-
ſten Vögel dieſer Famile ſehr lebhaft gefärbt und oft mit ſchönem
Metallglanze verſehen. Coracias; Prionites (Momotus); Eurystomus;
Eurylaema; Podargus
.


Die Bienenfreſſer(Meropida), welche mit der vorigen Familie

Figure 233. Fig. 1237.

Der Bienenwolf (Merops apiaster).


das glänzende Gefieder gemein ha-
ben, unterſcheiden ſich von ihr durch
den langen, ſpitzen, etwas geboge-
nen, an der Baſis ziemlich breiten
Schnabel, der eine ſcharfe Kante
beſitzt, durch die langen, ſpitzen
Flügel, die kurzen, ſchwachen Füße,
deren Mittel- und Außenzehe bis
über die Mitte miteinander ver-
wachſen ſind und deren Läufe vorn
getäfelt, hinten ſehr fein genetzt
ſind. Die lebhaften Vögel ſchwärmen in ſüdlichen Gegenden in ähn-
licher Weiſe wie die Schwalben umher und ſchnappen beſonders
Weſpen und Bienen weg. Merops; Nyctiornis.


Die Familie der Wiedehopfe(Upupida) hat einen äußerſt dünnen

Figure 234. Fig. 1238.

Der Wiedehopf (Upupa epops).


langen, gebogenen Schnabel, deſſen
beide Hälften vollkommen platt auf-
einander liegen und keine Rinne
zeigen, indem die ſehr kurze, drei-
eckige Zunge nur in der Tiefe des
Rachens zwiſchen den beiden aus-
einandergehenden Aeſten des Unter-
kiefers liegt, nicht aber in den
Schnabel vordringt. Die Läufe
ſind in dieſer Familie meiſt auch
hinten theilweiſe getäfelt, die Zehen
groß und vollkommen getrennt; ſie leben mehr auf der Erde und auf
Bäumen, in deren Ritzen und Löchern ſie Inſekten ſuchen. Upupa;
Irrisor
.


Die Familie der Eisvögel(Alcedida) zeichnet ſich im Allgemei-
nen durch das große Mißverhältniß zwiſchen dem Körper und dem
[344]

Figure 235. Fig. 1239.

Der gewöhnliche Eisvogel (Alcedo ispida).


Schnabel aus, der ſehr lang, ſpitz,
kegelförmig und meiſt ganz gerade
oder kaum gebogen iſt. Die kurzen
und dicken Vögel haben einen ſehr
kurzen Schwanz, kurze, rundliche
Flügel und kurze ſchwache Füße,
an denen die beiden Außenzehen
meiſt in ihrer ganzen Länge ver-
wachſen ſind und die Innenzehe
bald nur ganz kurz und ſchwach iſt,
bald gänzlich fehlt. Die meiſt mit lebhaften Metallfarben gezierten
Vögel halten ſich beſonders gern am Ufer fließender Gewäſſer auf,
wo ſie ſtundenlang ruhig auf Zweigen ſitzen und dann plötzlich auf
kleine Fiſche und Waſſerinſekten ſtoßen. Alcedo; Ceyx; Halcyon.


Die Familie der Nashornvögel(Bucerida) beſchließt die Reihe

Figure 236. Fig. 1240.

Der Calav (Buceros rhinoceros).


der echten Schreivögel; es ſind meiſt
große, rabenartige Vögel, mit ſehr
großem, hohlem, ſeitlich zuſammen-
gedrücktem Schnabel, deſſen gezähnte
Ränder übergreifen und auf wel-
chen meiſt noch ein beſonderer Auf-
ſatz ſteht, der einem Horne nicht
unähnlich iſt und hohle Knochen-
zellen enthält. Bei dieſer Familie
kommt die größte Zahl von Arm-
ſchwingen in der ganzen Ordnung
der Schreivögel, nämlich ſiebzehn
vor. Die Zunge iſt nur kurz und
fleiſchig, die Zehen nur durch eine
kurze Haut am Grunde mit einan-
der verbunden. Die großen Vögel,
die ziemlich träge ſind, leben haupt-
ſächlich von Inſekten, Früchten,
verſchmähen aber auch kleinere Am-
phibien nicht. Buceros; Bucorvus;
Rhinoplax
.


[345]
Schrillvögel. (Strisores.)

Wir führten ſchon an, daß in dieſer Gruppe die Bildung der
Füße ſowohl, als auch ihre Bedeckung einen weſentlichen Unterſchied
von den echten Schreivögeln bildet. Es gehören hierher folgende Familien:


Figure 237. Fig. 1241.

Kolibri.


Die Kolibris(Trochilida),
bekannt wegen der Kleinheit ihres
Körpers und dem mannigfaltigen
Farbenglanz ihres bunten, oft me-
tallglänzenden Gefieders. Der
Schnabel dieſer niedlichen Vögel-
chen iſt lang, dünn, ſchmal, gerade
oder ſchwach gebogen und die Rän-
der des Oberſchnabels ſo übergrei-
fend über den rinnenförmigen Un-
terkiefer, daß hierdurch eine förmliche
Röhre gebildet wird, in welcher
die bis zur Wurzel geſpaltene Zunge
wie ein doppelter Pumpenſtengel
ſpielt. Die Hörner des langen
Zungenbeines legen ſich in ähnlicher Weiſe, wie bei den Spechten um
den Kopf herum und geſtatten ſo ein pfeilartiges Hervorſchießen der
langen Zunge, mittelſt deren dieſe kleinen Bewohner der heißen Zone
über Blumen ſchwebend, kleine Inſekten oder Honigſaft aus den
Kelchen hervorholen. Ihre Flügel ſind ſehr lang, ſäbelförmig ſpitz,
die Handſchwingen ausnehmend lang, ſtark und ſteif, das Bruſtbein
ſehr groß, ſein Kamm außerordentlich entwickelt und das Flugver-
mögen ungemein bedeutend. Die Füße ſind ſchwach, dünn, die Zehen
durchaus frei. Trochilus.


Figure 238. Fig. 1242.

Die Mauerſchwalbe (Cypselus apus).


Die Familie der Mauerſchwal-
ben
(Cypselida) unterſcheidet ſich
von den echten Schwalben, mit
welchen ſie bisher gewöhnlich zu-
ſammengeſtellt wurde, durch den
Mangel des Singmuskelapparates.
Der Schnabel iſt kurz, flach, breit,
der Rachen außerordentlich weit ge-
ſpalten, die Flügel ganz gebaut
wie diejenigen der Kolibris, lang,
ſäbelförmig, ſehr ſteif, die Füße
ſehr kurz und wahre Klammerfüße,
[346] indem die vier getrennten, faſt gleich langen, mit ſtarken Krallen
verſehenen Zehen alle nach vorn gerichtet ſind; doch kann die der
Hinterzehe entſprechende Zehe als Wendezehe auch nach außen und
hinten gedreht werden; die Läufe ſind bis auf die Zehen hin gänzlich
befiedert. Sie niſten in Spalten und Ritzen von Mauern und Felſen
und können ſich wegen ihrer langen Flügel nur ſchwer vom Boden
erheben. Bekannt ſind die eßbaren Neſter der den indiſchen Archipel
bewohnenden Salangane (Cypselus esculentus), die aus zerkautem
Tang beſtehen, der durch den Kropfſaft zu einer gallertartigen Maſſe
verſchmolzen iſt und die man beſonders zur Anfertigung von Kraft-
brühen benutzt. Cypselus; Acanthylis; Macropteryx.


Die Familie der Nachtſchwalben(Caprimulgida) kommt in vielen

Figure 239. Fig. 1243.

Kopf des Ziegenmelkers (Caprimulgus
europaeus)
.


Stücken mit den Mauerſchwalben
überein, hat aber einen noch brei-
teren, flacheren Schnabel mit hakig
gebogener Spitze und einem unge-
mein weit geſpaltenen Rachen, an
deſſen Grunde lange, ſteife Bart-
borſten ſtehen. Der Daumen, der
gewöhnlich nach hinten gerichtet iſt,
kann nach vorn gewendet werden, die übrigen Zehen ſind durch eine
kurze Haut mit einander verbunden. Das Gefieder dieſer Thiere iſt
ſehr locker und weich, grau und braun gezeichnet, ihr Flug durchaus
geräuſchlos, wie der der Eulen; ſie ſchlafen Tags über und fliegen
Abends meiſtens nach Inſekten, eine ſüdamerikaniſche Gattung auch
nach Früchten und Sämereien umher. Caprimulgus; Nyctibius; Stea-
tornis
.


Die Familie der Schopfhühner(Opisthocomida) wurde bisher
ihres Ausſehens wegen allgemein zu den eigentlichen Hühnervögeln
gerechnet, unterſcheidet ſich aber von dieſen weſentlich. Der Schnabel
iſt kurz, zuſammengedrückt, an der Firſte gewölbt, der Kopf meiſt
mit einem Buſche ſteifer Federn geziert; die Füße ſind ſtark, kräftig,
die Zehen gänzlich von einander getrennt und die Hinterzehe bei
manchen Gattungen eine Wendezehe; der Lauf iſt durchaus getäfelt,
vorn mit mehreren Reihen kleiner ſechsſeitiger Tafeln verſehen, der
Kropf iſt ſehr groß, der Magen klein und kräftig muskulös; ſie leben
in feuchten Ebenen und in Savanen, hauptſächlich von Sämereien.
Opisthocomus.


[347]

Die Familie der Wendezeher(Amphibola) bildet, wie die vorige
den Uebergang zu den Hühnern, ſo dieſe zu den Klettervögeln. Der
Schnabel dieſer Vögel iſt kurz, gedrungen, kräftig, gewöhnlich auf
der Firſte gebogen, an den Rändern gezähnelt und mit einer hakigen
Spitze verſehen, die Flügel kurz, der Schwanz lang, die Füße kräftig,
vorn getäfelt. Bei den Einen (Corythaix; Musophaga; Chizaerhis)
ſind die Zehen am Grunde durch Haut verbunden und die äußere
Zehe iſt eine Wendezehe geworden, ſo daß ſie nach hinten geſchlagen
und ein Kletterfuß gebildet werden kann, an welchem zwei Zehen nach
vorn, zwei nach hinten gerichtet ſind; bei den Anderen (Colius) ſind
alle Zehen durchaus frei und die Hinterzehe iſt zur Wendezehe ge-
worden, ſo daß ein Klammerfuß gebildet werden kann, an welchem
alle Zehen nach vorn gerichtet ſind. Sämmtliche Vögel dieſer Fami-
lie gehören dem tropiſchen Amerika an und nähren ſich hauptſächlich
von Früchten.


Ordnung der Klettervögel. (Scansores).

Der auszeichnende Charakter dieſer Ordnung liegt in der Bil-
dung der Füße, an welchen ſtets zwei Zehen nach hinten, zwei nach
vorn gerichtet ſind, wodurch theils das Umfaſſen der Zweige, theils
auch das Klettern an ſenkrechten Stämmen erleichtert wird, indem
der Körper einen kräftigeren Stützpunkt in den beiden nach hinten
gerichteten Zehen findet. Bei denjenigen Familien, wo dieſes Klettern
und Klimmen an Baumſtämmen vorzugsweiſe ausgebildet iſt, dienen
auch die ſteifen Steuerfedern des Schwanzes zum Stützen und Schie-
ben, wodurch ſie bald in eigenthümlicher Weiſe abgenutzt werden.
Das Flugvermögen der Klettervögel iſt im Allgemeinen nur ſchwach
entwickelt, die Flügel kurz und ſchwer, ebenſo der Gang unbeholfen
und ſchwerfällig. Der Schnabel und die Lebensart ſind ganz außer-
ordentlich verſchieden bei den einzelnen Familien, dagegen die Beklei-
dung der Füße inſofern übereinſtimmend, als meiſtens überall größere
oder kleinere Tafeln exiſtiren, niemals Stiefelſchienen und nur ſelten
ein körniges oder netzförmiges Horngewebe. Wir unterſcheiden fol-
gende Familien:


Die Papageien(Psittacida), allgemein bekannt durch ihre Ge-
lehrigkeit und Nachahmungsſucht, ſowie durch die Fähigkeit, vorge-
[348]

Figure 240. Fig. 1244.

Der Kakadu (Psittacus sulphureus).


ſprochene Worte nachplappern zu
lernen, zeigen die Eigenſchaften der
Klettervögel im ausgezeichnetſten
Grade. Die Füße ſind ſehr ſtark, kurz
und kräftig, die vorderen und hin-
teren Zehen meiſt einander gleich in
Entwickelung, die beiden Innenzehen
ſchwächer; die Läufe und Zehen
mit gekörnter oder genetzter Haut
bedeckt. Der Schnabel iſt ſehr eigen-
thümlich gebaut, an ſeiner Baſis
mit einer Wachshaut bedeckt, in
welcher die kleinen runden Naſen-
löcher liegen; der Oberkiefer iſt hakenförmig gekrümmt, ſehr beweglich,
greift ſtark über dem ſcharfen, ausgekehlten Unterſchnabel hinüber und
wird beim Klettern ebenfalls zum Anhaken und Greifen der Zweige
benutzt. Die Zunge iſt dick, fleiſchig, zuweilen wie bei den Rüſſel-
papageien lang, cylindriſch, ſonſt aber meiſt kurz; die Flügel kurz,
ſchwach, der Schwanz bald ſtumpf und breit, bald von bedeutender
Länge. Die Vögel dieſer Familie, die nur über die Tropenländer
verbreitet iſt und meiſt ein außerordentlich lebhaft gefärbtes Gefieder
beſitzt, leben paarweiſe und geſellig, nähren ſich von Früchten und
Sämereien und richten in Pflanzungen oft großen Schaden an.
Psittacus.


Die Pfefferfreſſer(Rhamphastida) ſind ihres ungeheuer großen,

Figure 241. Fig. 1245.

Der Pfefferfreſſer (Rhamphastos carinatus).


mit Hornzellen gefüllten, gebogenen
und ſeitlich gezahnten Schnabels
wegen ſeit alter Zeit bekannt; die
Zunge dieſer Vögel entſpricht indeſ-
ſen dem ungeheuren Schnabel durch-
aus nicht, da ſie nur dünn, hornig,
an der Spitze aber gefiedert und
geſpalten iſt; die Füße ſind ſtark,
kräftig, vorn getäfelt, das Flug-
vermögen nur ſchwach. Die großen
Vögel leben hauptſächlich von In-
ſekten, die ſie mit der Federzunge aus Baumritzen herausholen, ge-
nießen aber auch Früchte und verſchmähen ſelbſt Eier und Junge
anderer Vögel nicht. Rhamphastos; Pteroglossus.


[349]

Die Familie der Spechte(Picida) zeichnet ſich durch den geraden

Figure 242. Fig. 1246.

Der Buntſpecht (Picus medius).


ſtarken, koniſchen Schnabel aus, in
dem eine ſehr lange, ſpitze, hornige
Zunge liegt, die pfeilartig hervor-
geſchnellt werden kann. Die Füße
ſind kurz, ſtark, die Hinterzehen
ſehr kräftig, die innere zuweilen
nur rudimentär oder gänzlich feh-
lend, ſo daß nur drei Zehen vor-
handen ſind. Der Schwanz iſt bei
einigen Gattungen weich, bei ande-
ren mit ſteifen, ſpitzen Schwung-
federn verſehen, die den Körper
beim Klettern an den Stämmen
ſtützen. Sie hacken mit dem ſtarken Schnabel tiefe Löcher in das
Holz und ziehen die Inſekten theilweiſe mit ihrer hornigen Zunge
hervor. Picus; Picumnus; Yunx.


Die Familie der Bartvögel(Bucconida) hat einen meiſt ſtarken,

Figure 243. Fig. 1247.

Wechſelfarbiger Bartvogel (Bucco versicolor).


kurzen, kräftigen Schnabel, der an
der Wurzel von fünf Bündeln ſtei-
fer Borſten umgeben iſt, von denen
je eines vor jedem Naſenloch, eines
zur Seite und ein unpaares unter
dem Kinn ſteht. Die Füße ſind
kurz, ſchwach, getäfelt, die Farben
des Gefieders gewöhnlich ſehr leb-
haft und metallglänzend. Die trä-
gen Vögel bewohnen nur die heiße
Zone und nähren ſich beſonders von Inſekten oder Früchten. Pogo-
nias; Bucco; Monasa; Capito; Trogon
.


Figure 244. Fig. 1248.

Rothſchwänziger Glanzvogel (Galbula
ruficauda)
.


Die Familie der Glanzvögel
(Galbulida) wird von kleinen, leb-
haft gefärbten, grün metalliſch
glänzenden Vögeln gebildet, die
einen langen, ſpitzen, bald geraden,
bald gebogenen Schnabel beſitzen
und ſchwache Füße haben, deren
Vorderzehen meiſt gänzlich mit ein-
[350] ander verwachſen ſind. Sie wiederholen in dieſer Ordnung die Eis-
vögel, denen ſie auch ganz in ihrem Benehmen gleichen. Galbula;
Lamprotyla; Iacamaralcyon
.


Die Familie der Kuckuke(Cuculida) bildet den Uebergang von

Figure 245. Fig. 1249.

Der Kuckuk (Cuculus canorus).


den Klettervögeln zu den Raubvö-
geln. Der Schnabel iſt kurz gebo-
gen, zuſammengedrückt; der Rachen
weit geſpalten, die Bartborſten feh-
len durchaus. Die äußere Hinter-
zehe ſteht nicht mehr beſtändig nach
hinten, ſondern kann auch nach
vorn gewandt werden. In den
Flügeln zeigt ſich eine Annäherung
an die Singvögel, indem die zehnte
Schwinge zuweilen verkümmert,
zuweilen ſelbſt gar nicht vorhanden erſcheint. Die Vögel dieſer Fa-
milie klettern gar nicht, ſondern fliegen nur in Wäldern umher und
nähren ſich hauptſächlich von Inſekten, namentlich von Raupen. Be-
kannt iſt die Eigenthümlichkeit unſeres inländiſchen Kuckuks, der ſeine
Eier in fremde Neſter, beſonders von Singvögeln legt, und ſie von
dieſen ausbrüten und die Jungen auffüttern läßt. Die ausländiſchen
Kuckuke ſollen eigene Neſter in Baumhöhlen bauen und ſelbſt brüten.
Cuculus; Scythrops; Crotophaga.


Ordnung der Raubvögel. (Raptatores.)

Die außerordentliche Ausbildung des Flugvermögens, die Ent-
wickelung des ganzen Skelettes, die Schärfe der Sinne und
vorzüglich des Geſichtes haben die Vögel, welche dieſer Ordnung
angehören, in den meiſten Syſtemen an die Spitze der ganzen
Klaſſe gebracht und in der That reſumiren ſich auch in ihnen die
vorzüglichſten Eigenſchaften der typiſchen Vögel in ausgezeichneter
Weiſe. Der Kopf der Raubvögel iſt rund, verhältnißmäßig dick, der
Schnabel ſehr ſtark, der Oberkiefer bald in ſeiner ganzen Länge, bald
nur vorn an der Spitze hakig gekrümmt, ſehr ſcharf und feſt und oft
noch an der Seite des ſchneidenden Randes mit einem vorſpringenden
[351]

Figure 246. Fig. 1250.

Die Gabelweihe von Carolina (Falco (Elanus) carolinensis).


Zahne verſehen; die Hakenſpitze des Oberkiefers greift ſtets über den
gewöhnlich geraden, kurzen Unterkiefer hinüber; an ſeiner Baſis iſt
der Oberſchnabel mit einer Wachshaut bekleidet, in welcher ſich die
nur ſelten verdeckten, meiſt offenen, rundlichen oder ovalen Naſen-
löcher befinden. An der Baſis des Schnabels ſtehen außerdem manch-
mal ſtarke Bartborſten, während in anderen Fällen dieſelbe ganz nackt
iſt. Der Hals iſt kräftig, oft nur ſehr kurz, in anderen Fällen län-
ger und dann oft nackt oder nur mit Flaumfedern bekleidet, während
bei kurzem Halſe die Befiederung gewöhnlich über den ganzen Kopf
hinweggeht. Die Flügel ſind lang, ſpitz und beſitzen durchaus zehn
Handſchwingen, deren relative Länge bei den einzelnen Familien ſehr
variirt. Die Armſchwingen ſind durchſchnittlich ſehr zahlreich im Ver-
hältniſſe zu den vorigen Familien, indem man wenigſtens zwölf, ge-
wöhnlich dreizehn bis achtzehn und im Maximum ſogar ſieben und
zwanzig findet. Der Schwanz iſt breit, gewöhnlich lang, oft ausge-
zackt und enthält meiſtens zwölf, ſeltener vierzehn breite, ſteife Steuer-
federn. Die Füße ſind außerordentlich kräftig, dick, die Zehen kurz
und ſtark, die langen, gebogenen Krallen ſehr ſcharf und ſpitzig; im-
mer ſind drei Zehen nach vorn, eine nach hinten gerichtet und
gewöhnlich die drei vorderen Zehen oder wenigſtens die beiden inneren
durch eine kurze Haut mit einander verbunden. Bei einer Familie,
den Eulen, iſt die äußere Zehe eine Wendezehe und kann vollſtändig
nach hinten geſchlagen werden, ſo daß ein Kletterfuß gebildet wird,
eine bedeutungsvolle Annäherung an die vorige Ordnung. Die Läufe
ſind nur ſelten vorn mit Tafeln, gewöhnlich in ihrer ganzen Länge
mit netzförmigen Schildern bedeckt.


[352]

Sämmtliche Vögel dieſer Ordnung leben vom Raube, die meiſten
fangen lebende Wirbelthiere oder begnügen ſich auch mit Aas und nur
die kleineren Arten ſuchen zuweilen in der Noth ihren Hunger mit
Inſekten zu ſtillen. Das kunſtloſe, flache Neſt, welches dieſe Vögel
meiſt auf Bäumen, Felſen oder in Mauerlöchern anbringen, enthält
gewöhnlich nur zwei, höchſtens vier Eier, aus welchen die Jungen
in ziemlich unvollendeter Entwickelung nackt und blind auskriechen und
von den Alten lange Zeit gefüttert werden. Die Raubvögel leben
ſtets paarweiſe und meiſtens vereinzelt, ſo daß jedes Paar einen be-
ſtimmten Jagdbezirk hat, eine Regel, wovon nur einige, gewöhnlich
von Aas lebenden Gattungen eine Ausnahme machen. Das Geſicht
der Raubvögel iſt ganz außerordentlich ſcharf; hoch in den Lüften
ſchwebend entdecken ſie ihre Beute, auf die ſie meiſtens mit raſender
Schnelligkeit herabſtürzen oder ſtoßen; nur wenige Arten jagen förm-
lich im Fluge ihrer Beute nach. Man unterſcheidet in dieſer Ordnung
vor allen Dingen zwei Hauptgruppen: die Nachtraubvögel, mit
äußerſt weichem, aufgedunſenem Gefieder, großen runden, nach vorn
gerichteten Augen, die Tags über ſchlafen und erſt Nachts auf ihren
Raub ausgehen, und die weit zahlreicheren Tagraubvögel mit
ſeitlich geſtellten Augen, unbedeckter Wachshaut und knapp anliegendem
ſtraffem Gefieder, die nur Tags über jagen, die Nacht aber in ihrem
Neſte ſchlafend zubringen. Bei beiden Gruppen iſt der Unterſchied
der Alten und Jungen in dem Federkleide oft ſehr bedeutend und ſtets
das Weibchen bei weitem größer, kräftiger und auch grauſamer, als
das Männchen.


Nachtraubvögel.

Figure 247. Fig. 1251.

Der Kauz (Scops vulgaris).


Sie bilden die einzige Familie
der Eulen(Strigida), allgemein
bekannt durch die nächtliche Lebens-
art und die vielfachen Vorurtheile,
welche ſich an ihre unheimliche Er-
ſcheinung geknüpft haben. Der
Kopf der Eulen iſt ungemein groß
und ſeine Dimenſionen werden noch
vergrößert durch die ſtarke Befie-
derung, die ſich über ihn, ſo wie
über den kurzen, gedrungenen Hals
erſtreckt; die Augen ſind groß, rund,
[353] ganz nach vorn gerichtet und häufig ſo nahe aneinander gerückt, daß
ſie nur durch eine ſchmale Scheidewand getrennt erſcheinen. Oft noch
wird ihr ſonderbares Anſehen dadurch erhöht, daß ſie von einem
Kranze von Federn umgeben werden, welcher eine Art Trichter bildet.
Der Schnabel iſt ſehr kurz, aber ſtark und ſeiner ganzen Länge nach
hakig gebogen. Die Wachshaut wird von den Zügelfedern gänzlich
verdeckt, ſo daß man nur den vorſtehenden Schnabelhaken ſieht. Der
Kranz von Federn, welcher die Schnabelwurzel bedeckt, die Augen
umgibt und nach hinten ſich über die Ohröffnung herüberlegt, wird
der Schleier genannt; die Ohröffnung ſelbſt iſt häufig von einer nackten
Haut umgeben und kann mit einer häutigen Klappe geſchloſſen wer-
den, ſo daß das erſte Rudiment eines äußeren Ohres gebildet wird,
welches noch durch einen Bündel von Federn verſtärkt wird, die
hinter demſelben ſtehen und gewiß zum Auffangen der Schallwellen
beſtimmt ſind. Das Gefieder iſt äußerſt weich, wollig und aufgedun-
ſen, der Flug deßhalb durchaus geräuſchlos. Die ſtarken, kurzen,
ſcharfkralligen Füße ſind bis zu den Krallen befiedert, die vorderen
Schwungfedern am äußeren Rande gezähnelt, die äußere Zehe, wie
ſchon erwähnt, eine Wendezehe, die nach hinten gedreht werden kann.
Man kann in dieſer Familie zwei Gruppen unterſcheiden: die eigent-
lichen Eulen
(Syrnium; Ulula; Bubo; Otus; Strix; Noctua; Scops),
meiſt mit Schleier und Ohrbüſcheln verſehen, die nur bei Nacht
jagen, vom Tageslichte geblendet werden und deßhalb, wenn ſie ſich
am Tage aus ihren Schlupfwinkeln hervorwagen, von den kleinen
Vögeln angegriffen und geneckt werden — und die ſogenannten Tag-
eulen
(Surnia), welche nur in den Polargegenden vorkommen, einen
weit kleineren Kopf, undeutlichen Schleier, langen Schwanz und kurze
Flügel beſitzen, nur am Tage und in der Dämmerung jagen und den
Uebergang zu den Falken machen.


Tagraubvögel.

Die Familie der Geier(Vulturida). Der Schnabel der Geier
iſt gewöhnlich eben ſo lang oder ſelbſt länger, als der Kopf, an
ſeiner Baſis mehr oder minder gerade und erſt gegen die Spitze hin
hakig übergebogen, ſo daß er im Allgemeinen weit ſchwächer erſcheint,
als bei der vorigen Familie. Der Kopf und der Hals ſind nackt
oder nur mit einem kurzen, wolligen Flaume bedeckt, der Kopf
Bogt. Zoologiſche Briefe. II. 23
[354]

Figure 248. Fig. 1252.

Der gelbe Geier (Vultur fulvus).


Figure 249. Fig. 1253.

Kopf des Condor (Sarcorhamphus Condor).


gewöhnlich klein, der Hals lang, ſo daß eine gewiſſe Aehnlichkeit mit
dem Vordertheil einer Schlange vorhanden iſt. Sehr oft finden ſich
ſonderbare Auswüchſe und Anhänge an dieſen nackten Theilen und
gewöhnlich iſt der Hals an ſeinem Ende mit einer Art Kragen von
langem Flaum oder ſteifen Federn verſehen. Die Flügel ſind ſehr
lang, ſpitz, die Füße kurz, kräftig, aber die Krallen nicht ſo krumm
und ſcharf, als bei den Falken. Die echten Geier mit nacktem Kopf
und Hals und flachliegenden Augen leben meiſtens in Schaaren zu-
ſammen, nähren ſich hauptſächlich von Aas und werden dadurch in
heißen Ländern ſehr nützlich. Es ſind träge Vögel, die ſtundenlang
mit hängendem Kopfe ruhig ſitzen, bis ſie eine Beute gewahren, von
der ſie mit unerſättlicher Gier oft ſo viel verſchlingen, daß ſie zum
Fluge faſt unfähig werden. Der Condor, der größte Raubvogel,
der die Anden Südamerika’s bewohnt, gehört zu dieſer Gruppe.
Vultur; Neophron; Cathartes; Sarcorhamphus.


Den Uebergang zu der folgenden Familie bilden die Lämmer-
geier
(Gypaëtida), Bewohner der europäiſchen und aſiatiſchen Hoch-
gebirge, die mit dem an der Baſis geraden, dann kuppig gekrümmtem
Schnabel der Geier, mit den hochliegenden Augen und den wenig
gekrümmten Krallen derſelben die Befiederung des Kopfes und Halſes
verbinden, welche man bei den Falken wahrnimmt, denen ſich dieſe
Vögel auch durch ihre Lebensart nähern, indem ſie hauptſächlich nur
auf lebende Thiere Jagd machen. Der Lämmergeier iſt der größte
Raubvogel der gemäßigten Zonen, der dem Condor nur ſehr wenig
[355] nachgibt und ſich hauptſächlich von jungen Lämmern und anderen
Thieren dieſer Größe nährt. Gypaëtos.


Figure 250. Fig. 1254.

Die Gabelweihe (Milvus communis).


Die Familie der Falken(Falconida) begreift die muthigſten und
kräftigſten Raubvögel, die allein von lebendigen Thieren ſich nähren.
Der dicke Kopf und kräftige Hals ſind durchaus befiedert, der Schna-
bel kurz, ſtark, faſt immer von der Wurzel an gekrümmt, die Augen
ſeitlich geſtellt, von einer vorſpringenden Augenbraue überwölbt, ſo
daß das Auge tief im Kopfe zu liegen ſcheint. Die Zügelgegend mit
kurzen Flaumen oder Borſten beſetzt, die Flügel lang, ſpitz, der
Schwanz ziemlich lang, die Krallen der Füße ſtark gekrümmt und
ſehr ſcharf. In der äußerſt zahlreichen, über die ganze Erde verbrei-
teten Familie kann man noch als beſondere Gruppen unterſcheiden:
Die Edelfalken(Falco), mit langem, ſpitzem Flügel, an dem die
zweite Handſchwinge die längſte iſt, während die erſte ihr wenig nach-
gibt und mit durchaus gekrümmtem, ſtarkem Hakenſchnabel, hinter

Figure 251. Fig. 1255.

Der Habicht (Astur palumbarius).


deſſen ſcharfer Spitze ein
Zahn ſich befindet; es
gehören in dieſe Gruppe
die Falken, welche man
früher zur Jagd abrich-
tete. Unter den uned-
len Falken
(Astur;
Milvus; Buteo; Circus)

an deren mehr ſtumpfem
Flügel die dritte oder
vierte Schwinge die läng-
ſte iſt, zeichnet ſich be-
ſonders die Gruppe der
Adler(Haliaetos;
Aquila)
mit ihrem an-
fänglich geraden, erſt
23*
[356]

Figure 252. Fig. 1256.

Der Königsadler (Aquila imperialis).


von der Mitte an gekrümmten Schnabel, dem platten Kopfe, den ſtark
vorſtehenden Augenbrauen und den bis an die Zehen befiederten Läu-
fen aus. Den Uebergang zu den Sumpfvögeln bilden die Stelz-
falken
(Gypogeranus), welche mit den übrigen Falken den ſtark ge-
krümmten Hakenſchnabel, die bis zur Fußbeuge befiederten Beine und
die krummen Krallenzehen gemein haben, ſich aber durch die ungemein
langen Läufe unterſcheiden, die denen eines Storches an Länge nichts
nachgeben. Dieſe Raubvögel des ſüdlichen Afrika’s ſtelzen mit großen
Schritten in trockenen Gegenden umher und nähren ſich faſt einzig
von Schlangen, welche ſie durch Flügelſchläge betäuben, wobei ihnen
ein ſtumpfer Sporn an der Armecke weſentliche Dienſte leiſtet. Man
zähmt dieſen nützlichen Falken, was ſehr leicht gelingt und hat ſchon
mehrfach verſucht, denſelben in andere Länder, wo viele Schlangen
vorkommen, zu verſetzen.


Reihe der Pippel. (Autophagi.)

Wir erkennen in dieſer Reihe, wo die Jungen unmittelbar nach
dem Auskriechen aus der Eiſchale mit den Eltern nach Futter ausge-
hen und von dieſen nicht eigentlich gefüttert, ſondern nur zum Auf-
ſuchen des Futters angeleitet werden, vier Ordnungen an: Die
[357]Schwimmvögel (Natatores) mit kurzen Wadbeinen und meiſtens
ganzen Schwimmfüßen, alle beſtimmt, ihre Nahrung ſchwimmend oder
tauchend im Waſſer zu ſuchen; die Sumpfvögel (Grallatores)
mit langen Stelzbeinen und meiſt langem Halſe, durch die hohen Bei-
nen befähigt, in feuchten Gegenden umherzuwaten und in Moräſten,
Sümpfen und am ſeichten Ufern ihre Nahrung zu ſuchen; die Hüh-
nervögel (Gallinacei)
mit wohlgebildeten Sitz- oder Spaltfüßen,
die ſtumpfe Nägel haben, mit meiſt gewölbtem ſtarkem Schnabel, Kör-
nerfreſſer, in Hügeln und Wäldern lebend; und endlich die Lauf-
vögeln (Cursores)
mit ganz verkümmerten Flügeln und langen
kräftigen Laufbeinen, durch ihre Anatomie den Säugethieren am näch-
ſten ſtehend und in Wüſten und weiten Ebenen ſich aufhaltend.


Ordnung der Schwimmvögel. (Natatores.)

Die Vögel dieſer Ordnung, welche meiſt eine ziemliche Körper-
größe beſitzen, zeichnen ſich alle durch ein ſehr dichtes, ſtraffes, anlie-
gendes Gefieder aus, das meiſtens durch dicken Flaumpelz verſtärkt
iſt und mit dem Fette aus der Bürzeldrüſe fleißig eingeölt wird, ſo
daß es das Waſſer vollſtändig abhält. Der Schnabel dieſer Thiere
hat ſehr verſchiedene Geſtalten, indem er bald ſehr breit und flach,
bald hoch, ſchneidend und kurz, bald lang und ſpitz iſt; — ſtets aber
zeigt er eine bedeutende Stärke und oft noch beſondere Zähnelungen
oder andere Vorrichtungen zum Feſthalten der ſchlüpfrigen Nahrung,
welche ſtets aus Fiſchen oder anderen Waſſerthieren, niemals aus
Pflanzenſtoffen beſteht. Die Flügel zeigen eine ſehr verſchiedene Aus-
bildung. Bei einigen Gattungen ſind ſie gänzlich unbefiedert und zu
flachen, beſchuppten Rudern umgeſtaltet, welche hauptſächtich zur Er-
haltung des Gleichgewichtes im Waſſer zu dienen ſcheinen, bei den
übrigen findet man alle Stufen der allmäligen Ausbildung von ſehr
kurzen, verkümmerten, kaum zum Fluge geſchickten Flügeln bis zu mäch-
tigen, ungemein langen und breiten Schwingen, die mit einem ausge-
zeichneten Flugvermögen ausgerüſtet ſind, welches das aller anderen
Vögel übertrifft, indem man faſt ſagen kann, daß die Sturmvögel,
die Seeſchwalben und Fregatten ihr ganzes Leben fliegend zubringen.
Die Zahl der Handſchwingen beträgt in der Regel bei den Schwimm-
vögeln zehn, öfter auch eilf, die der Armſchwingen iſt bedeutender als
[358] in irgend einer anderen Ordnung, indem ſich wenigſtens dreizehn, in
der Regel etwa zwanzig und in manchen Fällen bis zu vierzig finden.
Der Schwanz iſt gewöhnlich kurz, aber kräftig und hat in der Regel
zwölf, ſeltener mehr Steuerfedern, deren Zahl indeß bis zu zwei und
dreißig anſteigen kann. Die kurzen, kräftigen Füße ſind ſtets bis zur
Fußbeuge befiedert, der Lauf kurz, von den Zehen ſtets nur drei nach
vorn gerichtete vollſtändig ausgebildet, indem die Hinterzehe bald gänz-
lich fehlt, bald nur ein kurzer, mit einer kleinen Kralle bewaffneter
Stummel iſt; nur in ſehr ſeltenen Fällen wird die Hinterzehe länger,
dreht ſich dann quer nach innen und wird mit den übrigen Zehen
durch eine breite Schwimmhaut verbunden. Die drei Vorderzehen ſind
gewöhnlich bis zur Kralle durch breite Schwimmhäute mit einander
verbunden, zuweilen ſind dieſe Schwimmhäute tiefer eingeſchnitten und
in ſeltenen Ausnahmsfällen erſcheinen die Zehen durchaus frei, aber
auf beiden Seiten mit breiten, häutigen Schwimmrändern geſäumt.
Dieſe Schwimmfüße bilden das einzige Ruderwerkzeug beim Schwim-
men und Tauchen und erſcheinen um ſo mehr nach hinten gerückt, je
mehr die Flügel verkümmert und das Schwimmtauchen ausgebildet iſt.
In dieſen Fällen nimmt auch der Körper beim Gehen eine mehr ſenk-
rechte Stellung an, wie dieß namentlich bei den Pinguinen der Fall
iſt, wo die Füße ganz gerade unter dem Hintertheile ſtehen und der
Körper vollkommen aufrecht getragen wird, während bei denjenigen
Waſſervögeln, wo das Flugvermögen ſtark ausgebildet iſt, der Körper
beim Gehen mehr wagerecht getragen wird. Alle Waſſervögel ſchwim-
men ſehr geſchickt auf der Oberfläche des Waſſers, wobei gewöhnlich
mehr als die Hälfte des Körpers unter dem Waſſerſpiegel gehalten
wird; die meiſten können beim Schwimmen unmittelbar untertauchen und
bis auf große Tiefen hinab rudern, wie denn z. B. die Eiderente ihre
gewöhnliche Nahrung, die aus Klaffmuſcheln beſteht, aus mehreren
hundert Faden Tiefe hervorholt; andere Gattungen mit ausgebildetem
Flugvermögen können nur ſtoßend tauchen, indem ſie ſich mit großer
Schnelligkeit aus bedeutender Höhe auf ihre Beute herabſtürzen. Die
meiſten Waſſervögel leben geſellig, oft in ungeheueren Schwärmen am
Meere und ziehen beſonders felſige Ufer vor, an denen ſie ihr kunſt-
loſes Neſt aufbauen. Einige höhlen ſogar tiefe Löcher aus und an-
dere wiſſen ihr Neſt ſo zu flechten, daß es auf dem Waſſerſpiegel an
Pflanzen feſtgehalten ſchwimmt. Die meiſten von ihnen werden theils
ihrer Eier und ihres Fleiſches wegen, theils auch um ihrer Flaumen
und Federn willen gezagt oder gezähmt. Wir unterſcheiden folgende
Familien:


[359]

Die Pinguine(Impennia). Der Körper dieſer ſeltſamen Vögel

Figure 253. Fig. 1257.

Pinguin (Aptenodytes).


erſcheint meiſtens faſt cylindriſch,
der Hals ziemlich dünn, der Kopf
klein, der Schnabel lang, ſcharf
kantig, ſeitlich zuſammengedrückt,
vorn gebogen und ſeine ſcharfe Firſte
meiſt durch eine Furche von den
Seitentheilen abgeſchieden. Der Fe-
derpelz iſt ſehr dicht, glatt anlie-
gend, ſtraff, die Füße ſehr kurz,
ganz nach hinten geſtellt, ſo daß
der Körper vollkommen aufrecht ge-
tragen wird; die kleine rudimentäre
Hinterzehe iſt frei und nach vorn
gewendet, die übrigen drei Zehen,
die lang und dick ſind, bis an die Krallen durch Schwimmhaut ver-
bunden. Am ausgezeichnetſten iſt die Bildung der Flügel, die einen
langen, faſt ſäbelförmigen Lappen darſtellen, welcher ſchlaff an der
Seite des Leibes herabhängt und mit ſehr kleinen kurzen Federchen
bedeckt iſt, die wie Schuppen anliegen. Die zum Fliegen vollkommen
unfähigen Thiere bewohnen vorzugsweiſe die kälteren Küſten der
Südſee, wo ſie ſich in Schaaren finden und gern in langen Reihen
aufrecht am Ufer ſtehen, in welcher Stellung ſie ſich zugleich auf die
Fußwurzeln ſtützen; ſie ſchwimmen und tauchen ſehr geſchickt und die
Weibchen brüten die Eier zwiſchen den Schenkeln aus, nehmen ſie
auch wohl bei Gefahr in dieſer Lagerung auf der Flucht beim Schwim-
men mit ſich fort. Aptenodytes; Catarrhactes; Spheniscus.


Den vorigen ſehr nahe ſteht die Familie der Alken(Alcida),

Figure 254. Fig. 1258.

Der Larventaucher (Fratercula arctica).


indem die Flügel ebenfalls ſehr kurz
und meiſtens zum Fliegen untaug-
lich ſind, aber dennoch ſtets Feder-
bekleidung und, wenn auch kleine,
Schwungfedern zeigen; die Füße
ſtehen ebenſo, wie bei den Pingui-
nen, ſehr ſtark nach hinten, doch
nicht ganz ſo weit und der Körper
wird in etwas ſchiefer Stellung
getragen. Die Schwimmfüße ſind
ganz; die vierte Zehe fehlt durch-
[360] aus; der Schnabel iſt ſtets kurz, ſeitlich zuſammengedrückt, ſchmal,
meiſt mit queren oder ſchiefen Falten geziert, zuweilen vorn an der
Spitze gebogen, in anderen Fällen außerordentlich hoch, dünn und
ſchneidend. Alle dieſe Vögel leben in großen Schaaren in den nörd-
lichen Polarmeeren, wo ſie theils in kunſtloſen Neſtern, theils in tie-
fen Löchern brüten, die ſie mit ihrem Schnabel aushöhlen; ſie ſind
größtentheils ſehr ſtupid und dienen den Bewohnern des Nordens
hauptſächlich durch ihr Fett, das man als Brennöl benutzt, und ihre
Eier. Uria; Alca; Mergulus; Phaleris; Mormon; Fratercula.


Die Familie der Taucher(Colymbida) hat einen langen, geraden,

Figure 255. Fig. 1259.

Der Haubentaucher (Colymbus cornutus).


kantigen, ſpitzen Schnabel von ke-
gelförmiger Geſtalt und einen rund-
lichen Kopf, welcher nicht ſelten mit
eigenthümlichen Federbüſchen oder
Halskrauſen geziert iſt; der Hals
iſt ziemlich lang und dünn, die
Flügel kurz, aber wohl gebildet, der
Flug ſchnell, aber nicht anhaltend;
die Füße ſtehen weit nach hinten,
zeigen ſtets eine kleine geſäumte
Hinterzehe und drei große Vorder-
zehen, die bald mit ganzen Schwimm-
häuten verſehen, bald auch frei und
nur mit breiter Schwimmhaut ge-
ſäumt ſind; die Bruſt mehrerer Ar-
ten wird als vortreffliches feines Pelzwerk benutzt, da ſie einen äußerſt
weichen, ſeidenglänzenden Flaum beſitzt. Die Taucher ſind Bewohner
der nördlichen und gemäßigten Zone, welche die ſüßen Gewäſſer, be-
ſonders Seen als Aufenthaltsorte und Brütplätze vorziehen und mei-
ſtens ſich nur im Sommer an das Nordmeer begeben. Eudyles;
Colymbus; Podiceps
.


[361]
Figure 256. Fig. 1260.

Die Trauerente (Anas [Oidemia] nigra).


Die Familie der Enten(Lamellirostria) enthält eine große An-
zahl lebhaft gefärbter Arten mit dickem, meiſt breitem und flachem,
ſeltener ſchmalem und geradem Schnabel, der vorn Kuppenförmig
herabgebogen iſt und auf den Seiten von einer weichen, empfindlichen
Haut bedeckt wird, welche vorſtehende quere Falten oder Zacken zeigt
und wie es ſcheint weſentlich zum Durchtaſten des Schlammes dient,
in welchem die Enten vorzugsweiſe ihre aus Würmern und Mollus-
ken, wie aus faulenden Stoffen beſtehende Nahrung ſuchen. Das

Figure 257. Fig. 1261.

Die Eidergans (Somateria mollissima).


Gefieder der Entenvögel iſt weich,
flaumig, von einigen, wie von der
Eiderente, außerordentlich geſchätzt,
die Flügel mittelmäßig groß und
durch die ſtarken ſteifen Schwung-
federn zum Fluge äußerſt geſchickt.
Die wilden Enten und Gänſe ſind
äußerſt ſchlaue, vorſichtige und ſcheue
Vögel, von denen die meiſten Arten
ſüße Gewäſſer vorziehen, die ſeicht
genug ſind, um gründeln zu können,
eine eigenthümliche Art des Tau-
chens, wobei die Thiere mit ſenk-
recht nach unten geſtelltem Leibe den
[362] Grund mit dem Schnabel durchſuchen, während ſie den Bürzel über
die Waſſerfläche erheben. Die Füße der Enten haben drei lange, durch
ganze Schwimmhaut verbundene Zehen und eine rudimentäre Hinter-
zehe, die bald ganz nackt, bald häutig geſäumt iſt. Cygnus; Anser;
Anas; Somateria; Clangula; Mergus
.


Figure 258. Fig. 1262.

Der Anhinga (Plotus anhinga).


In der Familie der Ruderfüßler(Steganopoda) dient als we-
ſentliches Kennzeichen die Bildung des Fußes, an welchem die vierte
Zehe bald quer nach innen, bald ſelbſt etwas nach vorn gerichtet und
mit den anderen durch eine vollſtändige Schwimmhaut verbunden iſt,
ſo daß jene Form der Fuße gebildet wird, welche man Ruderfüße
genannt hat. Die Beine ſind ſchon mehr in die Mitte des Körpers
gerückt, als bei den Enten, mit denen ſelbſt die Körperform im Allge-

Figure 259. Fig. 1263.

Kopf des Pelikans.


meinen viele Aehnlichkeit hat. Der
Schnabel iſt gewöhnlich ſehr lang,
dünn, ſcharf gekielt, gerade, ganz
ſpitz oder der Oberkiefer mit einem
herabgekrümmten Hacken verſehen;
bei manchen iſt entweder der Kropf
ungeheuer groß, oder es dient auch
die erweiterte Haut, welche ſich zwi-
ſchen den Aeſten des Unterkiefers
befindet, als Sack für die Aufbe-
wahrung der Beute. Der Hals
[363] iſt meiſtens lang, bei einigen von ganz ungewöhnlicher Länge und
Dünne, die Flügel ſehr wohl ausgebildet, lang, zuweilen ſelbſt, wie
bei der Fregatte, ſäbelförmig zugeſpitzt, der Flug meiſt ſchnell, anhal-

Figure 260. Fig. 1264.

Die Fregatte (Tachypetes Aquila).


tend und kräftig. Viele niſten auf Bäumen, oft ziemlich weit von der
Küſte und vermehren ſich in günſtigen Fällen außerordentlich ſtark.
Pelecanus; Sula; Dysporus; Carbo; Halieus; Plotus; Tachypetes;
Phaeton
.


Figure 261. Fig. 1265

Die Seeſchwalbe (Sterna hirundo).


Die Familie der Möven(Larida) gleicht durch die Körperform
und das Gefieder den Tauben oder den Schwalben, mit denen ſie das
außerordentlich ausgebildete Flugvermögen theilen. Der Schnabel iſt
gewöhnlich zuſammengedrückt, bald lang, ſchmal und gerade, bald
kürzer und an der Spitze kuppenförmig gebogen, nur in Ausnahme-
[364] fällen breiter oder auch mit ungleichen Kieferhälften verſehen. Die
Füße ſind nur dreizehige Schwimmfüße mit einer freien Hinterzehe,
wodurch ſie ſich weſentlich von der vorigen Familie unterſcheiden; die
Flügel ſind lang, ſpitz, oft ſäbelförmig, der Schwanz zuweilen ſchwal-
benartig ausgeſchnitten. Alle Möven ſind Stoßtaucher, ihr Flug
äußerſt geſchickt und zierlich, einige, wie die Raubmöven (Lestris) leben
ſelbſt hauptſächlich davon, daß ſie andere Stoßtaucher ſo lange ver-
folgen, bis dieſe die erhaſchte Beute fallen laſſen, welche ſie dann im
raſchen Fluge wegſchnappen, ehe ſie noch den Waſſerſpiegel erreicht.
Die Möven leben beſonders in nördlichen Meeren, kommen aber auch,
beſonders im Winter, auf die ſüßen Gewäſſer der gemäßigten Zonen.
Larus; Rhynchops; Sterna; Lestris.


Die Familie der Sturmvögel(Procellarida) theilt mit den vori-

Figure 262. Fig. 1266.

Kleiner Sturmvogel (Procellaria vittata).


gen im Allgemeinen die Körperform,
die ſehr langen, oft ſäbelartigen
Flügel, welche die größte Zahl von
Armſchwingen in der ganzen Klaſſe
der Vögel beſitzen und das ausge-
zeichnete Flugvermögen, unterſcheidet
ſich aber von ihnen weſentlich durch
die Füße, an welchen die Hinterzehe
ganz fehlt oder nur durch einen
kurzen, klauentragenden Stummel
erſetzt iſt und durch die Bildung
des Schnabels. Dieſer iſt nämlich
ziemlich lang, gerade, etwas abgeplattet, der Oberkiefer vorn kuppig
herabgebogen, die Dillenecke des Unterkiefers kantig vorſtehend und
beide Theile deutlich von der hinteren Partie des Schnabels abgeſetzt,
auf welcher noch die zu einer vorſtehenden Röhre vereinigten Naſen-
löcher aufſitzen. Die Sturmvögel können gar nicht tauchen, ſind da-
gegen weſentlich darauf angewieſen, ihre Nahrung auf den hochgehen-
den Wellen zu ſuchen, auf denen ſie gewöhnlich mit ausgebreiteten
Flügeln laufen oder flattern und deßhalb von den Seefahrern als
Vorboten des Sturmes angeſehen werden. Sie kommen in allen
Meeren vor und brüten auf nackten Felſen, meiſt ſelbſt ohne Neſt.
Diomedea; Procellaria; Thalassidroma; Puffinus.


[365]
Ordnung der Sumpfvögel. (Grallatores).

Der Schnabel dieſer Ordnung, welche ſich weſentlich durch die

Figure 263. Fig. 1267.

Der Kranich (Grus cinerea).


langen Stelzfüße auszeichnet, zeigt
ſehr verſchiedene Formen, iſt indeſ-
ſen faſt unter allen Umſtänden län-
ger, als der Kopf, und meiſtens
ſpitz kegelförmig, zuweilen ſelbſt in
ſeiner ganzen Länge ſehr dünn und
ſchmal. Der Hals iſt gewöhnlich
lang, oft unverhältnißmäßig dünn,
ſchlangenartig gebogen und ſteht in
ſeiner Entwickelung in einem ge-
wiſſen Verhältniſſe zu der Höhe der
Beine. Das Gefieder liegt meiſt
ſtraff an, erſcheint dem der Waſſervö-
gel ähnlich, ſelten mit hellen Farben
geziert und faſt niemals metallglän-
zend. Die Flügel ſind ſtark ent-
wickelt, das Flugvermögen meiſt
ungemein bedeutend, die Stellung
im Fluge eigenthümlich, indem die Vögel den langen Hals und die
langen Beine meiſt wagerecht nach vorn und hinten ausſtrecken; die
Beine ſind meiſt unverhältnißmäßig lang, beſonders die Läufe, und dieſe
ſowie der Unterſchenkel in ſeiner unteren Hälfte vollkommen nackt und
mit grobem Netzwerke überzogen. Von der allgemeinen Regel, daß die
Unterſchenkel nicht bis zur Fußbeuge befiedert ſind, giebt es indeſſen
manche Ausnahmen, die dennoch ihrer übrigen Charaktere wegen zu
den Sumpfvögeln gerechnet werden müſſen. Die Zehen ſind ſehr lang,
[366] in Ausnahmefällen gänzlich durch eine Schwimmhaut verbunden oder
ringsum mit häutigen Lappen geſäumt, meiſt aber entweder ganz frei
oder nur die äußeren an ihrem Grunde mit unbedeutender Haut zu-
ſammengeheftet. In der Entwicklung der vierten Zehe herrſcht eine
ſehr große Verſchiedenheit, indem ſie bald ganz fehlt, bald eine ziem-
liche Länge beſitzt, gewöhnlich aber doch nur rudimentär iſt, oder zu-
weilen einen Sporn trägt. Die meiſten Vögel dieſer Ordnung halten
ſich an flachen Ufern der Gewäſſer, an Sümpfen und moraſtigen Ge-
genden auf, wo ſie mit langen Schritten umherwaten und ihre aus
Würmern, Inſekten und Waſſerthieren beſtehende Nahrung ſuchen;
viele haben die Gewohnheit, ſtundenlang auf einem Beine mit einge-
zogenem Halſe ſtill zu ſtehen; die meiſten flüchten ſich in Gefahr,
indem ſie ſich ihren Flügeln anvertrauen, einige indeß ſind äußerſt
ſchnelle Läufer und fliegen nur ſelten, ſo daß man ſie mit Hunden
hetzen kann. Die meiſten ſind Strich- oder Zugvögel, die im Som-
mer an ihren nordiſchen Wohnorten brüten, im Winter aber in wär-
mere Gegenden ziehen; ſie leben meiſt paarweiſe, vereinigen ſich aber
gern zu größeren Geſellſchaften. Wir unterſcheiden folgende Familien:


Die Familie der Waſſerhühner(Macrodactylia) hat einen

Figure 264. Fig. 1268.

Der Jaçana (Parra chirurgus).


kurzen Schnabel, der nur ſelten
länger als der Kopf iſt, aber
gewöhnlich die Form eines ſpitzen
Keiles beſitzt, der ſtark von der
Seite zuſammengedrückt iſt. An
der Seite des Oberſchnabels findet
ſich meiſt eine Längsrinne oder auch
nur eine Vertiefung, in welcher die
durchgehenden Naſenlöcher liegen.
Der Hals iſt verhältnißmäßig kurz,
dick, die Flügel nicht ſehr entwickelt, die Beine kurz, aber dick und
kräftig und der Unterſchenkel entweder ganz oder zum größten Theile
befiedert, ſo daß der ganze Habitus des Vogels ziemlich dem eines
Hühnervogels gleicht. Die Zehen ſind lang, kräftig, mit ſcharfen
Nägeln verſehen, die Hinterzehe gehörig ausgebildet und oft mit einem
ſtarken Sporn bewaffnet, der zuweilen ſelbſt unverhältnißmäßig lang
und dünn iſt. Der Flügel iſt bei einigen Gattungen an der Armecke
mit einem ſtarken ſpitzen Dorne bewaffnet, die Zehen bei anderen in
[367] ihrem ganzen Umfange mit Hautlappen geſäumt. Die meiſten Vögel
dieſer Familie zeigen in ihrer Lebensart noch viele Aehnlichkeit mit den
eigentlichen Waſſervögeln, indem ſie geſchickt ſchwimmen, theilweiſe
ſelbſt tauchen oder auch mit großer Schnelligkeit über die Waſſerpflan-
zen der Teiche und Sümpfe weglaufen, wobei ſie von ihren langen
Zehen trefflich geſtützt werden. Rallus; Crex; Gallinula; Parra; Por-
phyrio; Notornis; Fulica; Padoa
.


Figure 265. Fig. 1269.

Die Schnepfe (Scolopax rusticola).


Die Familie der Schnepfen(Scolopacida). Der Schnabel dieſer
meiſt kleinen Vögel iſt ſehr lang, dünn, weich, biegſam und bald voll-
kommen gerade, bald etwas nach oben oder nach unten gebogen oder
an ſeiner Spitze unbedeutend gekrümmt oder geknopft. Der Kopf und
namentlich die Zügelgegend iſt vollſtändig befiedert, die Flügel ſtark
ausgebildet, der Hals kurz und dick, oft noch mit eigenthümlichen Fe-
derkrauſen verſehen, die der Vogel nach Willkür ſträuben kann. Die
Füße ſind verhältnißmäßig kurz, dünn, die Unterſchenkel zuweilen bis
zur Fußbeuge, meiſt ziemlich weit hinab befiedert; die Hinterzehe iſt
faſt immer vorhanden, aber weit kleiner, als bei der vorigen Familie;
die Vorderzehen ſind lang und dünn, meiſt vollkommen frei oder nur
am Grunde geheftet, in einigen Fällen aber lappig geſäumt oder ſelbſt
durch Schwimmhäute mit einander verbunden. Die Nahrung der
niedlichen Vögel, welche als Wild ſehr geſchätzt ſind, beſteht vorzugs-
weiſe aus Würmern und Inſektenlarven, welche ſie mit dem langen
Schnabel aus ſumpfigem oder weichem Boden hervorſuchen. Scolopax;
Limosa; Totanus; Tringa; Machetes; Numenius; Calidris; Phalaropus
.


[368]

Den vorigen ſehr nahe ſteht die Familie der Strandläufer(Cha-

Figure 266. Fig. 1270.

Der weiße Strandreuter (Himantopus
candidus)
.


radrida), unterſcheidet ſich aber na-
mentlich durch den Schnabel, der
ſtets hart, mit feſtem Horne beklei-
det, meiſt freilich lang, dünn und
gebogen oder gerade, in anderen
Fällen aber auch kurz, kegelförmig
und auf der Spitze gekuppt iſt. Die
Beine der meiſten Gattungen ſind
äußerſt lang, ſchmächtig, die Unter-
ſchenkel ihrem größten Theile nach
nackt, nur bei einigen kurzbeinigen
Gattungen bis zur Fußbeuge gefie-
dert; die Hinterzehe fehlt entweder
ganz oder iſt nur durch einen un-
bedeutenden Anhang repräſentirt.
Die langen, dünnen Vorderzehen
ſind ganz frei oder geheftet, zuweilen auch durch eine Schwimmhaut
mit einander verbunden. Die Vögel dieſer Familie leben beſonders
gern an ſandigen Ufern oder ſelbſt in trockenen Gegenden von Mol-
lusken, Würmern und Inſekten. Charadrius; Aegialites; Vanellus;
Strepsilas; Himantopus; Haematopus; Recurvirostra; Glareola; Ta-
chydromus
.


Die eigentlichen Repräſentanten dieſer Ordnung ſind diejenigen

Figure 267. Fig. 1271.

Der Ibis der Egypter (Ibis sacer).


Sumpfvögel, welche die Familie
der Reiher(Ardeida) ausmachen.
Der Schnabel dieſer Vögel iſt lang,
hart, meiſt dick und ſtark an der
Baſis, gewöhnlich kegelförmig zu-
geſpitzt, zuweilen aber breit abge-
plattet, mehr oder minder löffel-
förmig oder auch ſonſt von ſeltſam
abweichender Geſtalt. Der Hals
iſt lang, oft ſchlangenartig, gewöhn-
lich dünn, zuweilen ziemlich ver-
dickt, die Flügel kräftig, die Füße
ſehr hoch, dünn, ſtelzenartig, die
Hinterzehe meiſt vorhanden, aber kurz, die Vorderzehen ſtark, gewöhn-
[369] lich frei, oder nur am Grunde geheftet, ſelten durch eine Schwimm-
haut verbunden. Die Wangen- und
Zügelgegend iſt bei vielen z. B.
den Störchen durchaus nackt und

Figure 268. Fig. 1272.

Die Rohrdommel (Ardea stellaris).


Figure 269. Fig. 1273.

Der Marabutſtorch (Ciconia (Mycteria) Marabu).


mit einer weichen Haut überkleidet. Die Vögel dieſer Familie haben
meiſt einen ſehr hohen und kräftigen Flug, niſten auf Bäumen und
halten ſich an Gewäſſern oder auch ſumpfigen Wieſen auf, wo ſie
ſich hauptſächlich von Fiſchen, Amphibien und Reptilien nähren. Grus;
Ardea; Eurypyga; Cancroma; Nycticorax; Scopus; Ciconia; Dromas;
Mycteria; Tantalus; Ibis; Platalea; Phoenicopterus
.


Den Uebergang zu der Ordnung der Hühner bildet die Familie

Figure 270. Fig. 1274.

Beſpornte Hühnerſtelze (Chauna chavaria).


der Hühnerſtelzen(Alectorida), die
mit den unbefiederten, nackten Un-
terſchenkeln der Stelzvögel das An-
ſehen und den Schnabelbau der
echten Hüher verbindet. Der Schna-
bel iſt nämlich kurz, höchſtens ſo
lang als der Kopf, meiſt kürzer,
ſtark, kuppig gewölbt, mit hakiger,
übergreifender Spitze; die Flügel
ziemlich kurz, ſtark, oft mit Sta-
cheln an der Armbeuge bewaffnet
und ſo als Waffe ausgebildet; die
Füße verhältnißmäßig kürzer, als
bei der vorigen Familie, aber ſehr
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 24
[370] kräftig und ſtark, die Zehen ganz frei oder nur am Grunde geheftet,
kräftig, lang, die Hinterzehe meiſt tüchtig entwickelt und zuweilen mit
einem ſcharfen Sporn verſehen. Die meiſten Vögel dieſer Familie
leben theils in Gehölzen, theils in trockenen, ebenen Gegenden vor-
zugsweiſe von Sämereien, weniger von Inſekten oder anderen Thieren
und ſind äußerſt geſchickte Läufer, welche nur ſelten und ſchwerfällig
fliegen. Einige ſüdamerikaniſche Gattungen werden ihres Muthes
wegen gezähmt und den Hühnerheerden beigeſellt, welche ſie mit Schna-
belhieben und Schlägen des beſpornten Flügels gegen Angriffe des
Raubzeugs ſehr energiſch zu vertheidigen wiſſen. Palamedea; Chauna;
Psophia; Dicholophus; Otis
.


Ordnung der Hühnervögel. (Gallinacea.)

Figure 271. Fig. 1275.

Der Satyr (Tragopan satyrus).


Die meiſt großen und ſchweren Vögel, welche dieſe Ordnung bil-
den, beſitzen einen ſtarken, dicken Schnabel, der ſtets kürzer als der
Kopf und bald in []ſeiner ganzen Länge, bald nur vorn kuppig ge-
bogen iſt. Die Ränder und die Spitze des Oberſchnabels greifen
über den Unterſchnabel herüber und die Höhe des erſteren wird meiſt
noch dadurch verſtärkt, daß die Naſenlöcher mit einer hornigen oder
[371] knorpelartigen Schuppe überwölbt, theilweiſe bedeckt und oft noch
von einer Wachshaut umgeben ſind. Faſt immer findet man an dem
Kopfe verſchieden gelegene nackte Stellen, ſowie Kämme und Fleiſch-
auswüchſe, die aus einem erektilen Gewebe gebildet ſind und ſich im
Zorne mit Blut ſtrotzend anfüllen. Die Flügel der Hühnervögel ſind
verhältnißmäßig kurz, der Flug daher ſchwer, ſelten anhaltend, ge-
wöhnlich ſehr geräuſchvoll und niedrig; das Gefieder iſt ſtraff, oft
mit ſehr reichen Farben und lebhaftem Metallglanze geziert, der
Schwanz oft ungemein entwickelt und fähig, fächerartig geſpreizt und
entfaltet zu werden. Die Beine ſind von mittlerer Höhe, ſehr ſtark
und kräftig, bis zur Fußbeuge, zuweilen ſelbſt bis zu den Zehen
hinab befiedert; ſtets finden ſich drei kräftige Vorderzehen mit ſtum-
pfen, meiſt platten Nägeln, die entweder ganz frei oder nur am
Grunde durch eine kurze Haut verbunden ſind; die vierte Zehe iſt
ſtets nach hinten gerichtet, meiſt klein, ſchwach und rudimentär und
in ähnlicher Weiſe, wie die Afterklaue mancher Säugethiere, in eini-
ger Höhe über dem Boden angeheftet. Nur bei denjenigen Gattungen,
welche vorzugsweiſe gern auf Bäumen leben und ſeltener auf die Erde
kommen, ſteht eine kräftigere vierte Zehe im gleichen Niveau mit den
übrigen. Bei den Männchen der meiſten Gattungen findet ſich außer-
dem noch in einiger Höhe über dem Boden ein ſtarker, oft ſehr
ſpitzer und ſcharfer Sporn vor, der nach innen und hinten gewendet
iſt und den Thieren vorzugsweiſe als Waffe dient. Die meiſten
Vögel dieſer Ordnung halten ſich ſtets auf der Erde, meiſt auf Hai-
den und in niederen Holzbeſtänden auf, wo ſie ihr kunſtloſes Neſt
gewöhnlich auf flacher Erde anlegen. Der Hahn hat eine größere
Anzahl von Hennen um ſich, welche einzig das Brütegeſchäft vollzie-
hen. Die Jungen nähren ſich anfangs mehr von Inſekten und Wür-
mern, während ſie ſpäter härtere Sämereien vorziehen, die meiſtens
mit den ſtarken Füßen aus der Erde hervorgeſcharrt werden. Faſt
alle Arten ſind äußerſt leicht zähmbar und werden ſowohl des wohl-
ſchmeckenden Fleiſches, als der Eier wegen, vielfach als Hausgeflügel
gezogen. Wir unterſcheiden folgende Familien:


24*
[372]

Die Familie der Tavone(Megapodida) nähert ſich am meiſten

Figure 272. Fig 1276.

Neuholländiſcher Tavon (Megapodius Duperrey).


den Sumpfvögeln, zu denen ſie auch
von vielen Forſchern geſtellt worden
ſind. Der Schnabel iſt gewölbt,
zuſammengedrückt, die Naſenlöcher
häutig, die Augengegend nackt, die
Flügel kurz, abgerundet und am
Buge mit einem ſtumpfen Höcker
bewaffnet. Die Füße ſind ziemlich
hoch, bis zur Beuge befiedert, die
Vorderzehen ſehr lang mit ſtumpfen
Nägeln, durch eine Spannhaut am
Grunde miteinander verbunden, die
Hinterzehe lang, ſtark, in gleicher Höhe mit den übrigen; die Nägel
ſämmtlicher Zehen ſind ſehr lang, ſchwach gekrümmt, ſtumpf und
unterhalb ganz flach. Das einzige Ei, welches dieſe Vögel, die nur
den auſtraliſchen Archipel bewohnen, legen, iſt unverhältnißmäßig
groß und ſoll, den Berichten der Reiſenden zu Folge, einfach
im Sande verſcharrt und der Sonnenhitze zum Brüten überlaſſen
werden. Megapodius.


In der Familie der echten Hühner(Phasianida) iſt entweder
der ganze Kopf oder einzelne Theile deſſelben, namentlich die Wan-
gen, nackt und bei den Einen mit Fleiſchauswüchſen, bei den Anderen
mit Federbüſchen geziert. Die Flügel ſind kurz, ſtraff, der Schwanz
oft ungemein lang, auffallend geſtaltet, beſonders bei dem Männchen
ſehr ſtark entwickelt und meiſt wie ein Fächer ſpreizbar. Die Füße
kräftig, nur am Grunde geſäumt, bei den Männchen geſpornt; die
Hinterzehe halb ſo lang, als die Innenzehe, wenig über den Boden
erhaben, meiſt mit ihrem Nagel denſelben berührend. Die Perl- und
Truthühner, die Faſanen und Pfauen, von denen ſich ſo viele durch
ihr ausgezeichnet ſchönes Gefieder bemerklich machen, gehören alle dieſer
Familie an, in der noch beſonders das große Mißverhältniß zwiſchen
Männchen und Weibchen hinſichtlich der Größe und der Befiederung
auffallend iſt. Faſt alle Angehörigen dieſer Familie ſind als Haus-
vögel gezähmt. Phasianus; Gallus; Numida; Meleagris; Argus; Pavo.


[373]

Die Feldhühner(Tetraonida) unterſcheiden ſich von den vorigen,
denen ſie in Lebensart und Nahrung ganz gleichkommen, durch die

Figure 273. Fig. 1277.

Das Schneehuhn (Lagopus alpinus).


vollſtändige Befiederung des Kopfes,
an dem nur zuweilen ein geringer
Streifen über den Augen nackt
bleibt, durch die längeren Flügel
und durch die Füße, welche bei
den meiſten Männchen ſpornlos ſind
und deren Hinterzehe entweder ganz
fehlt oder doch nur rudimentär ent-
wickelt iſt und den Boden gar nicht
berührt. Die Zehen der Meiſten
ſind am Grunde durch Haut ver-
bunden, die Läufe zuweilen bis
auf die Fußwurzel oder ſelbſt bis
auf die Zehen befiedert. Die ſcheuen Vögel, von denen keine einzige
Gattung Hausvogel geworden iſt, leben auf Feldern und in Wäldern
in Schaaren, die von einem alten Männchen angeführt werden und
ſonſt nur aus Weibchen und Jungen beſtehen. Tetrao; Perdrix;
Francolinus; Lagopus; Coturnix
.


Von allen übrigen Hühnern unterſcheidet ſich die Familie der

Figure 274. Fig. 1278.

Schwarzftirniges Steißhuhn (Ortygis
nigrifrons)
.


Steißhühner(Crypturida) durch
den ſehr unvollkommenen, meiſt
unter den Bürzelfedern, die einen
dicken Buſch bilden, gänzlich ver-
ſteckten Schwanz. Der Schnabel
dieſer Vögel iſt länger und gerader
als bei allen übrigen Hühnervögeln,
die Flügel ſehr kurz, ſo daß die
Thiere entweder gar nicht oder nur
ſehr ſchwer fliegen, die Füße kurz,
ſtark, die Hinterzehe ſehr klein
und in bedeutender Höhe einge-
lenkt. Sie ſind im Allgemeinen kleiner, als die gewöhnlichen Hühner-
vögel und leben in Schaaren in buſchigen oder ganz freien Gegenden.
Crypturus; Ortygis; Hemipodius; Rhynchotus.


[374]

Durch die allgemeine Körperform, die Bildung des Schnabels,
die Kürze der Füße ſtehen die Jakuhühner(Penelopida) den Hüh-

Figure 275. Fig. 1279.

Das Hokohuhn (Crax alector).


nervögeln am nächſten,
während ihre Anatomie
und namentlich die ſtarke
Entwickelung eines ein-
fachen, langen, aus-
ſtülpbaren Penis ſie
mehr den ſtraußartigen
Vögeln näher bringt.
Die etwa die Größe
eines Truthahnes errei-
chenden Vögel leben und
niſten auf Bäumen und
haben in Uebereinſtim-
mung mit dieſer Lebens-
art eine lange, ſtarke Hinterzehe, die mit den Vorderzehen in gleicher
Höhe ſteht. Der Schnabel iſt ſehr ſtark, krumm gewölbt, mit ſchar-
fer Spitze, Augengegend und Oberkehle meiſt nackt und oft mit Fe-
derbüſchen oder Auswüchſen geziert; der Sporn fehlt ihnen ganz
allgemein; ihr Schwanz iſt lang und abgerundet, die Flügel zum
Unterſchiede von den Rieſenvögeln durchaus wohlgebildet und mit
kräftigen Schwungfedern verſehen. Die Familie iſt nur auf Süd-
amerika beſchränkt. Penelope; Urax; Crax.


[375]
Ordnung der Laufvögel. (Cursores.)

Figure 276. Fig. 1280.

Der afrikaniſche Strauß (Struthio camelus).


Der weſentlichſte Charakter dieſer Ordnung, welcher die größten
Vögel angehören, beſteht in der Verkümmerung der Flügel, deren
Knochen zwar nicht fehlen, aber entweder ganz unter dem übrigen
Federkleide verſteckt oder mit fahnenloſen Schwungfedern verſehen ſind,
welche der Luft durchaus keinen Widerſtand leiſten können. Die meiſt
ſehr großen Vögel ſind deßhalb gänzlich unfähig zu fliegen, und ein-
zig auf ihre Füße als Bewegungsorgane angewieſen. Ihre Knochen
unterſcheiden ſich deßhalb auch von denen der meiſten übrigen Vögel
durch den faſt gänzlichen Mangel der Luftzellen, ſo wie ihr Bruſtbein
in Uebereinſtimmung mit der rudimentären Ausbildung der Flügel-
muskeln eines Kammes gänzlich entbehrt und nur eine breite, gewölbte
Platte bildet. Der Schnabel der Laufvögel iſt meiſt kurz, abgeplattet,
dreieckig mit ſtumpfer Spitze, die Naſenlöcher vorn an der Spitze des-
ſelben gelegen, Kopf und Hals gewöhnlich nackt oder mit kurzem
Flaume bedeckt. Der Schwanz hat entweder gar keine Steuerfedern,
oder nur einen Buſch zerſchliſſener, mehr haarartiger Federn; die Füße
ſind lang, hoch, außerordentlich kräftig, die Schenkel dick, ihre Mus-
keln ſehr ſtark, die Zehen kurz, breit, mit ſchwieliger Sohle und
[376] platten Nägeln verſehen, die Hinterzehe fehlt entweder ganz oder zeigt
nur einen ganz kleinen, unbedeutenden Stummel, bei den meiſten ſind
drei, bei dem afrikaniſchen Strauße, dem größten Vogel überhaupt,
nur zwei Zehen entwickelt. Wir unterſcheiden folgende Familien:


Figure 277. Fig. 1181.

Der Caſuar (Casuarius galeatus).


Die Strauße(Struthionida) haben einen durchaus flachen Schna-
bel, nackten oder mit kurzen Flaumfedern bedeckten Kopf, an dem die Ohr-
öffnung deutlich hervorſteht, langen Schlangenhals und ſehr hohe Beine mit
zwei oder meiſtens drei ſtarken Zehen. An den Flügeln ſtehen ent-
weder ſteife, fiſchbeinähnliche Kiele, wie bei den Caſuaren, oder nickende
Schwungfedern, wie bei den Straußen. Die Familie lebt nur in den
tropiſchen Zonen, und ihre meiſten Angehörigen ſind ſowohl durch
ihre Größe, als durch die Schnelligkeit ihres Laufes bekannt genug.
Struthio; Dromaius; Rhea; Casuarius.


Vor nicht langer Zeit entdeckte man in dem vulkaniſchen Sande
von Neuſeeland rieſenmäßige Ueberreſte von Vögeln, deren Zahl ſich
bald mehrte ſo daß man jetzt mit Beſtimmtheit behaupten kann, daß
eine vielleicht nicht einmal gänzlich ausgeſtorbene Familie von Land-
vögeln auf Neuſeeland exiſtirte, welche zu den Straußen in nächſter
Beziehung ſtand und die man mit dem Namen der Rieſenvögel(Di-
nornida
)
belegt hat. Die Sagen der Eingeborenen berichten von einem
[377] rieſenmäßigen Vogel, den ſie Moa nannten und mit welchem ihre
Ahnen die heftigſten Kämpfe zu beſtehen hatten. Einem Reiſenden
wurde die Stelle gezeigt, an welcher der letzte Moa nach blutigem
Kampfe, in dem mehrere Eingeborene fielen, erlegt worden ſeyn ſollte.
Die Knochen, aus denen man mehrere Arten und ſogar zwei Gattungen
herausgefunden hat, weiſen in der That nach, daß die größte Art den afri-
kaniſchen Strauß um mehrere Fuß an Höhe übertroffen haben mußte. Der
gänzliche Mangel an Luftzellen in den Knochen, die eine Markhöhle
haben, beweiſet, daß die Thiere ebenſo wie die Strauße zum Fliegen
durchaus unbefähigt waren. Die Füße hatten nur drei Zehen und
der Bau des Schädels ſtimmte weſentlich mit demjenigen des Neuhol-
ländiſchen Straußes überein. Ganz in der neueſten Zeit wurden in
Madagaskar einige koloſſale Eier gefunden, deren Cubikinhalt demje-
nigen von acht Straußeneiern gleichkommt. Einige Knochen laſſen
auf einen Vogel von wenigſtens doppelter Straußengröße ſchließen,
der jetzt noch im Innern jener Inſel haust und den man einſtweilen
mit dem Namen Aepyornis belegt hat. Die aufgefundenen Fußknochen
ſchließen ſich in ihrer Geſtalt näher an die Strauße als an die neu-
ſeeländiſchen Rieſenvögel an. Dinornis; Palapteryx.


Figure 278. Fig. 1282.

Der Kiwi-kiwi (Apteryx australis).


Nicht minder merkwürdig als dieſe Familie der Rieſenvögel iſt
ein anderes neuſeeländiſches Vogelgeſchlecht, der Kiwi-kiwi(Apteryx),
welches ebenfalls als Typus einer beſonderen Familie (Apterygida)
gelten muß. Der ganze Körper dieſer Vögel, von denen man jetzt
zwei Arten kennt, iſt mit langen, haarartigen Federn bedeckt, ähnlich
denjenigen des Caſuars, welche die kurzen, ſtummelartigen Flügel
gänzlich verſtecken. Der Vogel hat einen langen, runden, weichen
Schnabel, ähnlich dem einer Schnepfe, an deſſen vorderem Ende die
[378] mit einer Klappe verſchließbaren Naſenlöcher ſtehen, und kurze Füße
mit drei Vorderzehen und einer rudimentären, nach innen gerichteten
Hinterzehe. Der ſeltſame Vogel, der die Größe eines Huhnes erreicht,
lebt in den dichteſten Wäldern Neuſeelands in Erdlöchern und geht
nur Nachts ſeiner aus Würmern beſtehenden Nahrung nach; man
jagt ihn bei Fackelſchein mit Hunden, denen er nicht entgehen kann,
da er eine nur geringe Schnelligkeit beſitzt.


Klaſſe der Säugethiere. (Mammalia.)


Faſt ſtets unterſcheidet man in dieſer Klaſſe, welcher unſere eigene
Gattung angehört, drei Körperregionen: Kopf, Hals und Stamm, der
ſich nach hinten in einen mehr oder minder langen Schwanz fortſetzt.
Nur ſelten ſind, wie bei den Walthieren z. B. dieſe Körperregionen
ſo mit einander verſchmolzen, daß keine Unterſcheidung möglich iſt,
häufiger noch iſt der Hals ſo kurz, daß der Kopf unmittelbar auf
dem Rumpfe aufzuſitzen ſcheint, und oft iſt der Schwanz ſo geſtutzt,
daß er gänzlich in dem Fleiſche verborgen iſt. Während bei den Fi-
ſchen, den Lurchen und Reptilien der Körper mit dem Kopfe in einer
und derſelben horizontalen Linie liegt, bildet er meiſt bei den Säuge-
thieren in ähnlicher Weiſe wie bei den Vögeln, eine gebrochene Linie,
indem der Rumpf dem Erdboden parallel getragen wird, der Kopf
ebenfalls horizontal oder geneigt ſteht, beide aber durch die ſchief auf-
ſteigende Linie des Halſes mit einander verbunden werden. Nur bei
den dem Menſchen naheſtehenden Gattungen wird der Rumpf mehr
aufgerichtet und bei dem Menſchen allein ſind die ſtützenden Glied-
maßen ſo beſchaffen, daß der Rumpf in vollkommen ſenkrechter Stellung
aufrecht getragen wird. Der Stamm ſelbſt, der ſich von außen her ſtets
als eine einzige Maſſe darſtellt, an welcher die Gliedmaſſen angeheftet
ſind, zeigt ſich innen durch eine quere Scheidewand, das Zwerchfell,
in zwei beſondere Höhlen getrennt, die Bruſthöhle für Herz und Lun-
[379] gen, die Bauchhöhle für die übrigen Eingeweide. — Der Schwanz,
die Fortſetzung des Stammes mittelſt einer allmälig verkümmernden
Wirbelſäule, wechſelt außerordentlich an Länge, indem er bei vielen
nur aus einigen unſcheinbaren, im Fleiſche verſteckten Wirbelbeinen
beſteht, während er bei anderen die Länge des Körpers übertrifft und
oft als Stütz- oder Hülfsorgan der Bewegungen, beſonders bei ſprin-
genden und kletternden Säugethieren benutzt wird.


Die Haut der Säugethiere beſteht immer aus einer ziemlich
dicken Lederhaut, die aus verſchlungenen Faſern zuſammengeſetzt iſt
und bei vielen Säugethieren, wie namentlich bei den Dickhäutern, eine
bedeutende Mächtigkeit erreicht. Unter dieſer Lederhaut, in welcher
allein die Blutgefäße und Nerven ſich verbreiten, iſt gewöhnlich eine
mehr oder minder beträchtliche Fettſchicht im Zellgewebe abgelagert,
und bei manchen Thieren dringt auch dieſes Fett in die Zwiſchenräume
der laxer gewebten Lederhaut ein, wie dieß z. B. bei den Walfiſchen
der Fall iſt. Die an der Außenfläche ausgebreitete Oberhaut beſteht
aus hornigen Schüppchen, die zuſammenhängende Lagen bilden und
durch Vertrocknung aus Zellen hervorgehen, welche ſich ſtets wieder
an der Oberfläche der Lederhaut erneuern. Man hat die Bildungs-
ſtätte der Oberhautzellen, die ſich auf der Oberfläche der Lederhaut
erzeugen und hier eine ſchleimige Schicht darſtellen, das Malpighi’ſche
Netz genannt. In dieſen neu gebildeten Zellen ſind meiſtens die Farb-
ſtoffe und Pigmente abgelagert, welche unabhängig von den Haaren
die Haut ſelbſt färben. Die Modifikationen, welche die Struktur der
Oberhaut erleidet, ſind äußerſt mannigfaltig; — ſie verdickt ſich an
beſonderen Stellen, namentlich da, wo Nerven und Gefäße gegen
Druck geſchützt werden ſollen und bildet dann Schwielen, wie an dem
Geſäße mancher Affen, den Füßen des Menſchen, oder ſelbſt dicke vor-
ſtehende Ballen, wie an den Füßen der meiſten übrigen Säugethiere.
In anderen Fällen erhebt ſich die Oberhaut in ſchuppenartigen Plätt-
chen, die dachziegelförmig über einander liegen und große Aehnlichkeit
mit den Schuppen der Fiſche haben. Der Schwanz des Bibers, der
Ratte und mancher anderen Säugethiere können hiervon Beiſpiele ge-
ben. Die am allgemeinſten vorkommende Oberhautbildung aber, welche
als charakteriſtiſches Merkmal der Säugethiere hingeſtellt werden kann,
da ſie nur einigen Walthieren und auch dieſen nur im Alter abgeht,
iſt die Bildung der Haare, welche bei den meiſten Säugethieren über
den ganzen Körper verbreitet ſind und nur bei wenigen auf einzelne
Stellen, namentlich des Kopfes, beſchränkt erſcheinen. Die Haare be-
[380] ſtehen ganz allgemein aus einem inneren gewöhnlich gefärbten Mark-
cylinder, der von einer äußeren Rindenſubſtanz umſchloſſen iſt, die
meiſt eine etwas verſchiedene Farbennüance beſitzt. Nach außen iſt dieſe
Rindenſchicht noch von einer gewöhnlich ſchuppigen Schicht bedeckt,
welche oft knotige Abtheilungen zeigt, die dann dem Haare ein ganz
eigenthümliches Anſehen geben. Die Haare bilden ſich in dem Gewebe
der Lederhaut in geſchloſſenen Säcken auf einem gefäßreichen, warzen-
artigen Vorſprunge, der auch ſpäter noch als ſogenannte Zwiebel zu-
rückbleibt; ſie durchbrechen allmälig das Säckchen, um nun auf der
Oberfläche der Haut zu erſcheinen. Ihre Ausbildung ſelbſt iſt äußerſt
mannigfaltig. Bald erſcheinen ſie nur äußerſt zart, dünn und weich,
ähnlich den Flaumfedern der Vögel, lang, gekräuſelt und auf der gan-
zen Oberfläche mit feinen Härchen und Spitzchen verſehen — ſie
bilden ſo die Wolle; — bald ſind ſie ſtärker, ſteifer und ihre Ober-
fläche glatt — ſie werden dann Licht- oder Stammhaare genannt.
Beſonders bei den Säugethieren, die in kälteren Klimaten ſich aufhal-
ten, iſt der Pelz gewöhnlich aus dieſen beiden Arten von Haaren zu-
ſammengeſetzt, indem die Wollhaare einen dichteren Ueberzug unmittel-
bar auf der Haut bilden. Häufig auch werden die Wollhaare nur
im Winter ausgebildet, während im Sommer die zerſtreuter ſtehenden
Lichthaare allein übrig bleiben. Beſonders ſtarke und dicke Haare
finden ſich faſt allgemein an den Lippen der Säugethiere in Geſtalt
ſteifer Borſten, die zuweilen ſogar, wie bei den Seehunden, ſpiralig
gedreht erſcheinen. Es ſtecken dieſe Taſthaare in ſtarken, tiefen, faſe-
rigen Bälgen, welche durch beſondere Muskeln bewegt werden können
und zahlreiche Fäden von dem fünften Nervenpaare erhalten, ſo daß
ſie in der That feinere Taſtempfindungen mittheilen können. Noch
ſtärker, ſteifer, in Form ſpitzer Pfeile entwickelt werden die Haare bei
manchen Lanzenratten und gehen ſo allmälig in die dicken und feſten
Stacheln über, welche wir beſonders von dem Igel und dem Stachel-
ſchweine kennen. Dieſe Stacheln beſtehen aus parallelen Röhren von
Hornſubſtanz und zeigen ſich ſo gleichſam aus einer gewiſſen Anzahl
von Haaren zuſammengeſetzt, die um einen inneren Markkanal zu einem
Bündel verſchmolzen ſind. Manche ausnahmsweiſe Bildungen, wie
z. B. das Horn des Nashorns zeigen dieſelbe Struktur aus paralle-
len Hornröhren und die Schuppen des Schuppenthieres, welche Dach-
ziegelförmig über einander liegen und einen ſtarken Panzer um den
Körper bilden, ſind eigentlich nur plattgedrückte Stacheln und ebenſo,
wie dieſe, aus parallelen Hornröhren zuſammengeſetzt. Eine gleiche
Bildung haben die Hufe und Klauen, welche die Zehenſpitzen vieler
[381] Säugethiere umgeben; doch nimmt hier nach und nach eine blättrige
Bildung überhand, zwiſchen deren einzelnen Schichten die Hornröhren
und die Gefäße ſich hinziehen. Bei dieſen größeren Gebilden, den
Hufen, den Hornſcheiden der hohlhörnigen Wiederkäuer u. ſ. w. findet
man deutlich an der Baſis ein ſehr gefäßreiches, meiſt aufgewulſtetes
Gewebe, aus welchem der neu entſtehende Hornſtoff in der Weiſe
abgeſondert wird, daß das ſchon erſtarrte Gebilde ſtets mehr und mehr
ſich nach außen vorſchiebt. Ganz überhand nimmt die blättrige Bil-
dung in den Platt- und Kuppennägeln, ſo wie in den Krallen, die
nur aus einzelnen ſchief über einander liegenden Hornblättchen gebil-
det werden, welche ſich von dem Grunde der Nagelfalte aus vorſchie-
ben und ſo die ſtete Abnutzung erſetzen. Außer dieſen Oberhautgebil-
den finden ſich in der Haut der Säugethiere faſt überall Schweiß-
drüſen, aus einem engen geſchlängelten Ausführungsgange beſtehend, der
in der Tiefe der Haut mit einem Drüſenknäuel zuſammenhängt, und wei-
tere Talgdrüſen, die eine mehr oder minder fettige Schmiere abſon-
dern und gewöhnlich der Art in die Haarbälge einmünden, daß das
Haar von ihrem Sekrete eingeölt wird. Außerdem ſind oft an einer
oder der andern Stelle der Haut größere Drüſen entwickelt, die eine
ölige Schmiere abſondern, welche meiſt einen ſtarken Geruch hat.
Solche Schmeerdrüſen finden ſich an dem Kopfe, namentlich vieler
Wiederkäuer, Dickhäuter und Nager, bald in der Schläfe, bald auf der
Wange oder ſelbſt am Hinterhaupte. Bei den Spitzmäuſen liegen ſie
an der Seite des Leibes, bei der Moſchusmaus an dem Schwanze, bei
vielen Wiederkäuern in einem Kranze an dem Hufe, zwiſchen den Ze-
hen, wo dieſelben ſich ſpalten. Bei den meiſten Säugethieren kommen
ſehr ſtarke Drüſen dieſer Art in der Nähe des Afters und der Ge-
ſchlechtstheile vor und bei den Zibetthieren, den Hyänen ſind ſie ſo
entwickelt, daß ſie förmliche Säcke bilden, aus denen bei den erſteren
die ſtark riechende ölige Abſonderung gewonnen wird. Häufig ſind
dieſe Drüſen nur bei dem männlichen Geſchlechte entwickelt, bei dem
weiblichen rudimentär und ſo werden namentlich der Moſchus und
das Bibergeil (castoreum) in Säcken abgeſondert, welche mit der
Vorhaut der Begattungsorgane in beſonderer Beziehung ſtehen und
in derſelben ausmünden. Als einer beſonderen Bildung müſſen wir
noch einer Hautdrüſe erwähnen, welche nur bei den männlichen Kloa-
kenthieren, dem Schnabelthiere und dem Ameiſenigel vorkommt, an
der inneren Seite des Schenkels liegt und einen Ausführungsgang
nach unten ſendet, der in der Nähe des Fußes in einen gekrümmten,
ſcharfen Sporn ausmündet. Ziemlich allgemein wurde dieſe Drüſe
[382] als eine Giftdrüſe und der hohle Sporn für einen Giftſtachel ange-
ſehen; — neuere Beobachtungen aber ſcheinen dieſer Anſicht zu wider-
ſprechen, indem man bis jetzt niemals fand, daß ſich die Thiere des-
ſelben als Waffe zu bedienen ſuchten. Da dieſer Sporn nur den
Männchen zukommt, ſo ſcheint die durch ihn geleitete Abſonderung
mehr zu der Geſchlechtsfunktion in Beziehung zu ſtehen.


Figure 279. Fig. 1283.

Skelett des Kameels in d e Silhouette des Thieres eingezeichnet.
mt Mittelfuß. ta Fußwurzel. fe Oberſchenkelbein. vq Schwanzwirbel.
os Kreuzbein. vl Lendenwirbel vd Rückenwirbel. o Schulterblatt. vt Hals-
wirbel. h Oberarm. cu Elle. ca Handwurzel. mc Mittelhand. ph Zehen.
c Rippen. ro Knieſcheibe. ti Schienbein.


In dem Skelette der Säugethiere zeigt ſich eine große Man-
nigfaltigkeit, was in ſtarkem Gegenſatze zu der großen Einförmigkeit
der Bildungen bei der vorhergehenden Klaſſe ſteht. Von den Kloaken-
und Walthieren aus erheben ſich die Formen nach und nach zu dem
menſchlichen Typus, welchem die Affen am nächſten ſtehen. Mit Aus-
nahme der ſchwankenden Zahlenverhältniſſe der Wirbelſäule und der
Gliedmaßen zeigt ſich indeß eine überraſchende Einförmigkeit des Pla-
nes in dem Baue des ganzen Skelettes, ſo daß die einzelnen Modi-
fikationen weit mehr durch abweichende Form und Lagerung, als
durch tiefere Verſchiedenheiten bedingt werden. Der Schädel beſteht
immer aus einem Gerüſte unbeweglich verbundener Knochen, die man
[383] in die eigentlichen Schädel- und Geſichtsknochen theilen kann, ohne
daß zwiſchen beiden eine genauere Gränze gezogen werden könnte.
Die Beweglichkeit einzelner Geſichtsknochen, die wir bei allen vorigen
Klaſſen mehr oder minder ſtark ausgebildet vorfanden, iſt hier gänz-
lich verſchwunden und nur der Unterkiefer als einziges Stück und
zwar unmittelbar an dem Schädel eingelenkt. Die Geſichtsknochen,
welche die Bildung des Naſen- und Gaumengewölbes herſtellen, er-
ſcheinen im Allgemeinen um ſo länger vorgezogen, und die Hirnkapſel
um ſo geringer im Verhältniſſe, je niedriger das Thier ſteht. Man
hat hieraus namentlich eine Stufenleiter der Menſchenähnlichkeit ab-
zuleiten geſucht und zu dieſem Zwecke zur mathematiſchen Beſtimmung
die Meſſung eines Winkels vorgeſchlagen, der durch folgende zwei
Linien gebildet wird. Die eine Linie wird von der Oeffnung des
äußeren Gehörganges nach vorn durch das Gaumengewölbe bis zum
Grunde der äußeren Naſenöffnung gezogen; ſie iſt gewiſſer Maaßen
der äußere Ausdruck der Schädelbaſis. Die zweite Linie zieht man
von dem vorſpringenden Winkel der Stirn zwiſchen den Augen bis
zu der vorderen Spitze des Oberkiefers, bis zur Wurzel der Schneide-
zähne. Der hierdurch gebildete Winkel, welchen man den Geſichts-
winkel
genannt hat, erſcheint um ſo mehr dem rechten genähert, je
mehr der Schädelantheil über den Geſichtsantheil entwickelt iſt. Die

Figure 280. Fig. 1284.

Schädel eines Etruskers.


Schädel der kaukaſiſchen Race zeigen meiſt achtzig, die der Neger etwa
[384]

Figure 281. Fig. 1285.

Negerſchädel.


ſiebzig, die der Affen von dreißig bis zu ſechszig Grad bei jungen
Thieren; allein wenn auch das Maaß dieſes Geſichtswinkels im

Figure 282. Fig. 1286.

Schädel eines alten Pavians,
mit einem Geſichtswinkel von etwa
30 Grad.


Figure 283. Fig. 1287.

Schädel [eines] jungen Orangs,
die höchſte bei Thieren vorkommende Aus-
bildung des Geſichtswinkels zeigend.


Allgemeinen eine Anſchauung geben kann, ſo zeigen ſich doch bei ſei-
ner Anwendung im Einzelnen eine Menge von Schwierigkeiten, die
ihn nicht als unumſtößliches Maaß erſcheinen laſſen. Namentlich

Figure 284. Fig. 1288.

Schädel des Ebers.
Der Geſichtswinkel iſt faſt unmeßbar, da bei der ſtark zurückweichenden
Stirn und den etwas gewölbten Naſenbeinen ſich keine Linie von der Wurzel
der Schneidezähne zu der Stirn legen läßt.


[385] wird die Richtigkeit dieſes Maaßes dadurch getrübt, daß gerade in
der Stirngegend die beiden Platten der Schädelknochen oft ſehr be-
deutend auseinander weichen, indem ſie die ſogenannten Stirnhöhlen,
Nebenhöhlen der Naſe, in ſich aufnehmen, wodurch der Geſichtswinkel
im Verhältniſſe zu der Hirnentwickelung zu groß erſcheint. Im All-

Figure 285. Fig. 1289.

Fig. 1290.
Fig. 1289. Der Schädel eines jungen aſiatiſchen Elephanten, der die Nähte
der Knochen noch zeigt. Letztere ſind mit den gewöhnlichen Ziffern (ſ. S. 47.)
bezeichnet. 1 Thränenbein.
Fig 1290. Durchſchnitt eines erwachſenen Schädels derſelben Art, um
die inneren Höhlen zu zeigen. a Zellen der Stirnhöhlen, zwiſchen den beiden
Platten der Schädelknochen. b Höhle für das Gehirn, verhältnißmäßig klein.
c Gelenkhöcker des Hinterhauptes. d Hinterſter noch unentwickelter Backzahn.
e Mittlerer, im Gebrauche ſtehender Backzahn. f Vorderſter Backzahn, faſt
gänzlich abgenutzt. g Stoßzahn. h Naſenöffnung. i Zwiſchenkiefer.


gemeinen aber läßt ſich nicht läugnen, daß ſogar unbewußt die Be-
ziehungen des Geſichtswinkels zu der Entwickelung der intellektuellen
Fähigkeiten anerkannt werden, indem man ſtets geneigt iſt, Thieren mit
ſteil abfallender Stirnfläche, alſo mit größerem Geſichtswinkel, bedeu-
tendere Fähigkeiten zuzuſchreiben, als ſolchen mit zurückweichendem
Obergeſichte. Eben ſo iſt dieß in die künſtleriſche Auffaſſung überge-
gangen und an dem Kopfe des olympiſchen Jupiters von Phidias,
der die höchſte Entwickelung der Intelligenz darſtellen ſollte, iſt der
Geſichtswinkel ſogar um einige Grade über das Maaß eines rechten
Winkels hinaus geöffnet.


Vogt. Zoologiſche Briefe II. 25
[386]

Das Hinterhauptsbein (5) der Säugethiere bietet ſtets zwei vor-
ſpringende Gelenkhöcker dar, die je nach der Stellung des Kopfes bald
mehr an der hinteren, bald, wie bei dem Menſchen, an der unteren
Fläche des Schädels angebracht ſind. Dieſer Knochen, der noch am
meiſten einem Wirbel in allen ſeinen Theilen ähnlich ſieht, beſteht zwar
bei den jungen Säugethieren regelmäßig aus dem unteren Körper,
den Seitentheilen und der oberen Schuppe, verwächſt aber frühzeitig,
ſo daß er bei erwachſenen Thieren ſtets nur ein einziges Stück dar-
ſtellt, welches oft noch ſogar nach vorn hin mit dem Körper des
Keilbeines verſchmilzt, ſo daß, wie bei dem Menſchen, die ſämmtlichen
Stücke, welche dem Keilbeine und dem Hinterhauptsbeine angehören,
nur einen einzigen Knochen bilden, welchen man auch das Grundbein
genannt hat. Das Keilbein (6) ſelbſt beſteht immer aus zwei Körper-
ſtücken, dem hinteren, mit dem die großen Keilbeinflügel, und dem
vorderen, mit welchen die kleinen Flügel oder Augenflügel verwachſen
ſind, an welchen ſtets der Durchtritt der Sehnerven ſtattfindet. Die
Grundfläche der Hirnkapſel wird einzig von den angeführten Knochen
gebildet, die ſich auch noch auf die Seitenwandungen des Schädels
ziehen. Hier werden ſie vervollſtändigt durch das Schläfenbein (12),
welches bei den älteren Individuen ſtets aus einem einzigen Stücke
beſteht, bei den jüngeren aber vier getrennte Stücke zeigt: das Felſen-
bein, an der Baſis des Schädels gelegen und zur Einſchließung des
Ohrlabyrinthes beſtimmt; das Zitzenbein, oft nur wenig entwickelt,
ſonſt aber die Nebenhöhlen der Paukenhöhlen einſchließend; das
Trommelbein, bald nur in Form eines einfachen Ringes ausgebildet,
welcher das Trommelfell umfaßt, bald auch zu einer bedeutenden
Blaſe aufgetrieben, die an der Unterfläche des Schädels hervortritt,
und die Paukenhöhle einſchließt; und endlich die Schuppe, welche
um ſo größer iſt, je bedeutender die Ausbildung der Hirnkapſel er-
ſcheint und deßhalb bei den Menſchen und Affen am ſtärkſten hervor-
tritt, während ſie bei den übrigen mehr zurückſinkt. Einzig bei den
Walthieren kommt noch die frühere embryonale Trennung des Schlä-
fenbeines in ſeinen einzelnen Theile auch im Alter vor, indem Felſen-
und Trommelbein mit den übrigen Schädelknochen nur durch Band-
maſſe vereinigt ſind. Auf der oberen Fläche des Schädels zeigen ſich
zunächſt vor der keilförmig vortretenden Hinterhauptsſchuppe die ge-
wöhnlich kleinen, ſchmalen und platten Scheitelbeine (7), welche nur
beim Menſchen eine bedeutende Größe erreichen. Meiſt ſchiebt ſich in
ihre hintere Ecke, zwiſchen ſie und die Hinterhauptſchuppe, ein beſon-
deres Zwickelbein ein. Vor dem Scheitelbeine bilden die Stirn-
[387] beine
(1) den größten Theil des vorderen Schädeldaches, den oberen
Rand der Augenhöhle und deren obere und innere Wandung; — ſie
verwachſen nur bei dem Menſchen, den Affen, den Fledermäuſen und
einigen großen Dickhäutern zu einem einzigen Knochen, bleiben aber
bei den meiſten übrigen getrennt und tragen bei den Wiederkäuern die
Zapfen, auf welche die Hörner aufgeſetzt ſind. Zwiſchen die vorderen
Augenplatten der Stirnbeine ſchiebt ſich zum Schluſſe der Schädel-
höhle das Siebbein (15) ein, welches indeß nur ſehr wenig an der Be-
gränzung der Augenhöhle Antheil nimmt und weſentlich dem Geruchs-
nerven zum Durchgang beſtimmt iſt, zugleich aber auch die oberen
Windungen der Naſenhöhle bildet. An dieſe eigentlichen Schädel-
knochen ſchließen ſich nun die unbeweglichen Geſichtsknochen, die nur
durch Nähte mit einander verbunden ſind und ſo beſſer, als die Schä-
delknochen, die urſprünglichen Trennungen gewahren laſſen. Die
Naſenbeine (3), welche zuweilen ungemein ſtark entwickelt ſind, in an-
deren Fällen aber zurückſinken und nicht einmal die Naſenhöhle be-
decken, bleiben gewöhnlich paarig und vervollſtändigen dann mit den
unteren Muſchelbeinen die innere Naſenhöhlung, die oft außeror-
dentlich verwickelte Windungen zeigt. Bei Thieren, welche ſich durch
die Schärfe ihres Geruches auszeichnen, wie namentlich bei den Hun-
den, bilden die Querdurchſchnitte der Naſenhöhlen und beſonders
der unteren Muſchelbeine ausnehmend verwickelte, labyrinthiſche Gänge
dar, durch welche die Schleimhautfläche der Naſe bedeutend vermehrt
wird. Das Pflugſchaarbein (16) nimmt vorzugsweiſen Antheil an
der Bildung der knöchernen Naſenſcheidewand, während das Thrä-
nenbein
, im inneren Augenwinkel gelegen, die Ableitung der Thrä-
nen in die Naſenhöhle vermittelt und zuweilen auch auf der vorderen
Fläche des Antlitzes an dem unteren Rande der Augenhöhle hervor-
tritt. Das Thränenbein fehlt einigen Walthieren, wo überhaupt durch
die Umwandlung der Naſenhöhle zu einem ſenkrechten Spritzloche
mancherlei tiefgreifende Veränderungen in den Knochen, welche dieſe
Höhlung begränzen, Statt haben. Der vordere Theil der Schnauze
wird von den Kiefer-, Gaumen- und Jochbeinen gebildet. Gewöhn-
lich finden ſich in der Mitte der Schnauzenſpitze vor den Naſenlöchern
die beiden Zwiſchenkieferbeine (17), welche bei dem Menſchen ſchon
ſehr frühzeitig mit dem Oberkiefer verwachſen, ſonſt aber ſtets getrennt
ſind, oft ſogar nur durch Bandmaſſe dem Oberkiefer verbunden blei-
ben, und die Schneidezähne tragen, wenn ſolche vorhanden ſind. Dieſe
Zwiſchenkiefer ſchieben meiſtens einen Aſt nach der Naſenhöhle vor,
und ihr unterer, die Spitze des Gaumengewölbes bildender Theil iſt
25*
[388] gewöhnlich von zwei ſenkrechten Löchern durchbohrt, welche von der
Schleimhaut überzogen ſind. Die Oberkieferbeine (18) bilden ſtets die
Seitentheile der Schnauze und beſitzen einen ſenkrecht ſtehenden An-
tlitztheil und einen horizontalen Gaumentheil, deren Gränze von dem
zahntragenden Rande des Knochens gebildet wird. Von dem Antlitz-
theile erhebt ſich gewöhnlich ein Fortſatz, an welchen ſich nach hinten
das Jochbein (19) anſchließt, um ſo mit dem Jochfortſatze des Schläfen-
beines den Jochbogen zu vervollſtändigen, deſſen Entwickelung ſehr
auffallende Verſchiedenheiten zeigt, indem er zuweilen unvollſtändig,
in anderen Fällen aber ganz ungeheuer entwickelt und ſelbſt mit einem
abwärts gerichteten Fortſatze verſehen iſt, der ſich über den Unter-
kiefer herabſenkt. Das Gaumengewölbe, welches die Naſenhöhle von
der Mundhöhle abtrennt, wird in ſeiner hinteren Partie von den
eigentlichen Gaumenbeinen (22) und von den Flügelbeinen (25)
gebildet, die bei dem Menſchen ſchon frühzeitig mit dem Keilbeine ver-
wachſen. Eine ähnliche Verwachſung findet bei dem Menſchen mit
dem oberſten Theile des großen Zungenbeinhornes ſtatt, das bei ihm,
dem Orangutang und einigen Dickhäutern mit dem Schläfenbeine ver-
wächst und dort den ſogenannten Griffelfortſatz (29) darſtellt, wäh-
rend es bei allen übrigen Säugethieren nur durch Bandmaſſe mit
dem Schädel verbunden iſt. Der Unterkiefer (34) der Säugethiere ent-
ſteht überall nur aus zwei Hälften, nie aus mehreren Knochenſtücken,
ein großer Unterſchied von demjenigen der Reptilien, wo dieſer Kno-
chen, wie wir geſehen haben, ſtets aus vielen Stücken zuſammengeſetzt
iſt. Zuweilen ſind die Unterkieferſtücke an der Spitze nur durch Band-
maſſe, gewöhnlich indeſſen durch Naht mit einander verbunden;
bei den Kameelen, den Faulthieren, den Walroſſen, den Einhufern,
Dickhäutern, Fledermäuſen, Affen und Menſchen verwachſen die beiden
Hälften ſehr frühzeitig miteinander und bei dem Menſchen allein wölbt
ſich an dieſer Stelle der untere Rand hervor, ſo daß ein vorſpringen-
des Kinn gebildet wird. An ſeinem aufſteigenden Aſte, der nur bei
einigen Walthieren ganz fehlt, ſo daß der Knochen hier einer Rippe
gleicht und der auch bei den Zahnloſen kaum ſichtbar iſt, trägt der Unter-
kiefer ſtets den converen Gelenkkopf, deſſen Form ſehr verſchieden je
nach der Nahrung und den Ordnungen der Säugethiere iſt. So ſteht
bei den Fleiſchfreſſern, wo nur die hebelartige Bewegung des Unter-
kiefers, dieſe aber ſehr ſtark entwickelt iſt, der rollenförmige Gelenkkopf quer
zu der Achſe des Schädels und iſt eine tiefe, quere Grube des Schläfen-
beines feſt eingefügt, während bei den Wiederkäuern, wo die reibende
[389] Mahlbewegung am Bedeutendſten ausgebildet iſt, der Gelenkkopf ein
wenig vorſpringendes, rundes Knöpfchen bildet, das auf einer ſehr
flachen Gelenkgrube ſpielt. Zahlreiche Zwiſchenformen charakteriſiren
die verſchiedenen Ordnungen und nicht minder große Unterſchiede zei-
gen ſich in der Entwickelung des hinteren, ſogenannten Kronfortſatzes,
an den ſich hauptſächlich die Kaumuskeln anſetzen. Bei Thieren,
welche gar nicht beißen, wie z. B. die Ameiſenfreſſer, fehlt der Kron-
fortſatz gänzlich, während er bei Katzen und Hunden eine breite
Platte darſtellt, die ſich weit unter dem Jochfortſatze durchſchiebt.


Die Verſchiedenheiten in der Schädelform überhaupt werden einer-
ſeits durch die Ausbildung des Gehirnes und das Verhältniß der
Hirnkapſel zu dem Antlitztheile, andererſeits aber auch durch die Er-
nährungsweiſe und die damit zuſammenhängende Ausbildung der
Kiefer und ihrer Muskeln bedingt. Während die größere Menſchen-
ähnlichkeit, wie ſchon oben auseinandergeſetzt wurde, hauptſächlich auf
dem Verhältniſſe zwiſchen Schädel und Antlitztheil beruht, ſo daß
Thiere mit ſchnabelförmig ausgezogenen Kiefern, wie die Walthiere,

Figure 286. Fig. 1291. Fig. 1292. Fig. 1293.


Figure 287. Fig. 1294.

Fig. 1291. Schädel des Schnabelthieres (Ornithorhynchus) von oben. Fig. 1292. Von der Seite.
Fig. 1293. Von unten. Fig. 1294. Schädel des Ameiſenigels (Echidna hystrix) von der Seite.


Kloakenthiere und Zahnloſen am entfernteſten zu ſtehen ſcheinen, ſo
wirkt andererſeits die Entwickelung ſtärkerer Kraft und größerer Raub-
luſt dieſem Verhältniſſe entgegen, indem eines Theils die Kiefer ver-
kürzt, anderen Theils Kämme und Leiſten auf der Schädelkapſel ent-
wickelt werden, welche deren äußeren Umfang bedeutend vergrößern.
So zeichnet ſich der Schädel der Fleiſchfreſſer durch eine rundliche
[390]

Figure 288. Fig. 1295. Fig. 1296. Fig. 1297.

Schädel des Tigers (Felis tigris).
Fig. 1295. Von oben. Fig. 1296. Von der Seite. Fig. 1297. Von unten.


Form aus, die bei den Katzen den höchſten Grad erreicht, nicht durch
Entwickelung der Hirnkapſel, ſondern durch Verkürzung der ſtarken
Kiefer und durch Ausbildung eines Kammes auf der Seitenlinie, der
den mächtigen Schläfenmuskeln in ähnlicher Weiſe zum Anſatze dient,
wie der Bruſtbeinkamm den Flugmuskeln der Vögel. Es iſt leicht
einzuſehen, daß die Entwickelung dieſes Scheitelkammes und die damit
zuſammenhängende Krümmung der Jochbogen, unter welchen dieſe
Beißmuskeln durchgehen, die äußere Geſtalt des Schädels weſentlich
modifiziren müſſen.


Mit nur ſehr geringen Ausnahmen haben alle Säugethiere Zähne,
welche ſtets in den Kiefern, niemals in anderen Knochen der Mund-
höhle ſtecken. Zähne in den Gaumen- oder Flügelbeinen, im Pflug-
ſchaar oder der Zunge ſind ſtets charakteriſtiſch für die drei niederen
Wirbelthierklaſſen und kommen bei Säugethieren nie vor. Bei einigen
Ameiſenfreſſern fehlen die Zähne gänzlich und ſind durch eine ſchwie-
lige Bekleidung der Kieferränder erſetzt. Bei den Walfiſchen kommen
ſie nur im jugendlichen Alter vor, verſchwinden aber dann, um jenen
eigenthümlichen Horngebilden Platz zu machen, die man unter dem
Namen der Baarten und des Fiſchbeines kennt. Hinſichtlich der
Struktur kommen verſchiedene Modifikationen vor. Die meiſten Zähne
beſtehen aus einer Wurzel und einer durch den Schmelzüberzug ver-
[391] ſchiedenen Krone, deren Geſtalt mannigfache Abänderungen erleidet;
Hauptmaſſe iſt ſtets die eigentliche Zahnſubſtanz aus homogener, ſehr
viel Kalk enthaltender, elfenbeinharter Maſſe gebildet, welche bedeutend
viele Zahnröhrchen zeigt, die ſenkrecht gegen die innere Zahnhöhle ge-
richtet ſind und von dieſer ausgehend gegen die Peripherie zu ſtets
feiner werden. Dieſe Zahnſubſtanz wird auf der äußeren Fläche der
Krone von dem Schmelz überzogen, der eine noch bedeutendere Härte
und glasartige Sprödigkeit beſitzt und aus einzelnen prismatiſchen
Stückchen beſteht, die ſenkrecht gegen die Oberfläche des Zahnes ge-
richtet ſind. In den meiſten Fällen bildet der Schmelz eine einfache
Kappe auf der eigentlichen Zahnſubſtanz, die gleichförmig um die
Zahnhöhle herumgebogen iſt. Solche Zähne, die bei dem Menſchen,
den Affen, den Fleiſchfreſſern u. ſ. w. vorkommen, heißen einfache
Zähne
; — auf den abgenutzten Flächen ihrer Kronen zeigt ſich in der
Mitte die Zahnſubſtanz, umgeben von einem zuweilen etwas hin und
hergebogenen Ringe von Schmelz. Faltenzähne nennt man jene

Figure 289. Fig. 1298. Fig. 1300. Fig. 1301.


Figure 290. Fig. 1299.

Fig. 1303. Fig. 1302.
Zähne verſchiedener Säugethiere, meiſt von der Kaufläche geſehen.
Fig. 1298. Backzahn eines foſſilen Elephanten (Mastodon) mit größter
Ausbildung der ſtumpfen Höcker. Fig. 1299. Unterkiefer des afrikaniſchen
Elephanten. Die abgenutzte Kaufläche der Zähne zeigt rautenförmige Schmelz-
inſeln. Fig. 1300. Backzähne des Känguruh (Halmaturus) mit vorſpringen-
den Schmelzhöckern. Fig. 1301. Backzähne des Meerſchweinchens (Cavia co-
baya)
mit eckigen, einfachen Schmelzfalten. Fig. 1302. Backzähne des Pacca
(Coelogenys) mit inneren Schmelzinſeln. Fig. 1303. Backzähne des Bibers
(Castor) mit gewundenen Schmelzfalten.


[392] Ausbildung, wo der Schmelz ſich in Falten in die Zahnſubſtanz hin-
einzieht, ſo daß auf dem Durchſchnitte zickzackartige Figuren entſtehen,
deren Zwiſchenräume mit Zahnſubſtanz erfüllt ſind, eine Bildung, die
namentlich bei vielen Nagethieren und Wiederkäuern vorkommt und
die bei noch höherer Entwickelung in die zuſammengeſetzten Zähne
übergeht, die gewiſſermaßen aus einzelnen Säulen zuſammengeſchweißt
erſcheinen, deren jede von Zahnſubſtanz und Schmelz überzogen iſt
und die alle durch eine weichere Maſſe verbunden ſind, welche man
den Kitt oder das Cäment genannt hat. Solche Zähne, die bei vie-
len Nagern, Wiederkäuern, beſonders aber bei den Elephanten in
ausgezeichnetem Maaße als Backzähne vorkommen, zeigen auf dem
Durchſchnitte oder der Abnutzungsfläche einzelne Schmelzinſeln, die
mit Zahnſubſtanz ausgefüllt und durch Cäment mit einander verbun-
den ſind. Von dieſer allgemeinen Bildung der Zähne weichen indeß
manche Thiere in auffallender Weiſe ab, ſo die Zähne des ausgerot-
teten Borkenthieres (Rytine) und diejenigen des Cap’ſchen Ameiſen-
freſſers (Orycteropus), welche in ihrer Struktur ſehr den Zähnen der
Seekatzen nahe kommen und aus parallelen ſenkrechten Röhren beſtehen,
die verhältnißmäßig nur ſehr wenig unorganiſche Subſtanz enthalten.
Dichte, filzartige Zahnröhrchen ſtehen ſenkrecht auf der Höhle einer
jeden ſolchen Säule, die durch filzartiges Gewebe mit den übrigen
verbunden wird. Hinſichtlich der Befeſtigung der Zähne finden
ebenfalls mancherlei Verſchiedenheiten ſtatt. Alle, mit Ausnahme der
Milchzähne einiger Walthiere ſtecken mit ihren unteren Theilen in
beſonderen Zahnhöhlen der Kiefer, in Alveolen; aber nicht bei allen
findet ſich ein deutlicher Abſatz zwiſchen Krone und Wurzel, die mit
einer Verengerung der inneren Zahnhöhle verbunden iſt. Im Gegen-
theile zeigt ſich namentlich bei denjenigen Zähnen, welche vom Kiefer
aus beſtändig nachwachſen, und ſo die Abnutzung ihrer Krone erſetzen,
die Zahnhöhle nach unten erweitert und innen ſtets neue Schichten
anſetzend, während der Zahn nach Außen vorſchiebt. Bei ſehr vielen
Säugethieren iſt die Wurzel der Krone nicht einfach, ſondern doppelt
und mehrfach, ein Bau, der ganz charakteriſtiſch für die Säugethiere
iſt und ſonſt in keiner Klaſſe vorkommt, was beſonders für die Foſſilen
von Wichtigkeit iſt, bei welchen der Zweifel über gewiſſe Reſte nur
dadurch gehoben werden konnte, daß man die Wurzeln der Backzähne
unterſuchte und nachwies, daß ſie mehrfach und getheilt ſeien. Der
Stellung der Zähne nach unterſcheidet man drei Gruppen: Die
[393]

Figure 291. Fig. 1304. Fig. 1305. Fig. 1306.

Schädel verſchiedener Beutelthiere.
Fig. 1304. Von der Beutelratze (Didelphys). Auf kleine, meiſelartige
Schneidezähne folgen lange, gekrümmte, dolchartige Eckzähne und viele Back-
zähne mit ſcharfen Spitzen, die auf Nahrung von Inſekten und kleineren
Thieren hinweiſen. Fig. 1305. Vom Potoru (Hypsiprymnus). Der vordere
Schneidezahn des Oberkiefers iſt ſehr ſpitz, hakenartig, die folgenden meiſel-
artig, der Eckzahn klein, die Backzähne haben ſtumpfe Mahlhöcker, wie bei
allen Früchtefreſſern. Fig. 1306. Vom Wombat (Phascolomys). Nagegebiß
mit meiſelartigen Schneidezähnen, ohne Eckzähne, langer Zahnlücke und plat-
ten Mahlbackzähnen.


Schneidezähne, die oben in dem Zwiſchenkieferbeine, unten in dem
entſprechenden Theile des Unterkiefers ſitzen und gewöhnlich eine mei-
ſelförmige, quere, ſchneidende Krone beſitzen; zuweilen nur verlängern
ſich dieſe Zähne in eigenthümlicher Weiſe, ſo daß ſie wie beim Narwal
und bei den Elephanten lange Stoßwaffen oder Hauer bilden, wie
beim Nilpferd; den Wiederkäuern fehlen die Schneidezähne ganz allge-
mein in dem Oberkiefer, dem Elephanten im Unterkiefer und den
Zahnloſen mit einer einzigen Ausnahme in beiden Kiefern zugleich.
Hierauf folgen nach hinten die Eckzähne, welche gewöhnlich eine

Figure 292. Fig. 1307. Fig. 1308. Fig. 1309. Fig. 1310.

Schädel des Walroſſes (Trichecus rosmarus).
Fig. 1307. Von der Seite. Fig. 1308. Von Vornen. Fig. 1309. Von
Oben. Fig. 1310. Von Unten. Es finden ſich nur hauerartige Eckzähne und
einfache Backzähne, keine Schneidezähne im Alter.


[394] etwas gekrümmte Hakengeſtalt haben und bei den Fleiſchfreſſern be-
ſonders eine ungemeine Größe und Mächtigkeit zeigen. Oft erſcheinen
ſie bei dieſen ſäbelförmig gekrümmt und dolchartig zugeſchärft, ſo daß
ſie zum Reißen tiefer Wunden beſonders geſchickt erſcheinen. Oft feh-
len dieſe Eckzähne, wie z. B. allen Nagern und den meiſten Wieder-
käuern gänzlich, wodurch denn eine große Zahnlücke zwiſchen den
Schneidezähnen und den eigentlichen Backzähnen entſteht. Die Back-
zähne
ſelbſt ſind hinſichtlich ihrer Geſtaltung den meiſten Modifica-
tionen unterworfen. Bei vielen Thieren nutzen ſie ſich außerordent-
lich ſchnell ab und zeigen dann vollkommen platte Kronen, auf deren
Abnutzungsflächen die Falten und Inſeln des Schmelzes wie ſchmale
Bänder hervorſtehen; dieß iſt namentlich bei den Nagern und den
Wiederkäuern der Fall. Bei denjenigen Thieren, welche ſich ſowohl
von Fleiſch wie von Früchten und anderen vegetabiliſchen Subſtanzen
nähren, zeigen ſich auf den breiten, gewöhnlich vierſeitigen Kronen
ſtumpfe, zitzenartige Höcker, welche zuweilen auch in jochartige Leiſten

Figure 293. Fig. 1311.


Figure 294. Fig. 1312. Fig. 1313.

Schädel des Nilpferdes (Hippopotamus).
Fig. 1311. Von der Seite. Fig. 1312. Von Unten. Fig. 1313. Der
Unterkiefer von Oben. Man ſieht die abgenutzten Flächen der ſtumpfhöckerigen
Backzähne und die zu ſtumpfen Hauern umgewandelten Eck- und Schneide-
zähne.


[395] zuſammenfließen, und die von oben und unten her in einander greifen.
Die Abnutzung dieſer Höcker und Joche erzeugt mannigfache Figuren,
welche für Gattungen und Arten äußerſt charakteriſtiſch ſind und bei
der Beſtimmung der foſſilen Zähne von beſonderer Wichtigkeit erſchei-
nen. Bei den Inſektenfreſſern werden dieſe Höcker ſehr ſpitzig und

Figure 295. Fig. 1314. Fig. 1315. Fig. 1316.

Gebiſſe verſchiedener Inſektenfreſſer.
Fig. 1314. Vom Maulwurf (Talpa europaea). Fig. 1315. Von einer
Spitzmaus (Sorex madagascarensis). Fig. 1316. Vom Desman (Mygale
moschata)
.


ſtellen ſich meiſt in zwei abwechſelnde Reihen, ſo daß die Krone eines
ſolchen Zahnes einem doppelt zugeſchärften Sägeblatte nicht unähnlich
ſieht. Bei den Fleiſchfreſſern endlich werden die Kronen der Backzähne
lang, von den Seiten her zuſammengedrückt, meſſerartig ſchneidend
und an ihrem oberen Rande ausgezackt, ſo daß die Zähne beider
Kiefer etwa wie übereinander gleitende ausgezackte Scheerenblätter
wirken. Man hat ſolche Zähne Zackenzähne genannt, außerdem aber
unter den Backzähnen, deren oft eine ziemliche Anzahl iſt, mehrere
Gruppen unterſchieden. Die vorderen Backzähne, welche gewöhnlich
kleiner ſind und bei den Fleiſchfreſſern, wo die verſchiedene Form den
höchſten Grad erreicht, gewöhnlich nur eine einfache Reihe von Hök-
kern zeigen, hat man Lückenzähne oder Höckerzähne, die folgen-
den eigentliche Backzähne genannt und unter dieſen auch wieder den
erſten bei den Fleiſchfreſſern meiſt ſehr großen Zahn mit dem Namen
des Reiß- oder Fleiſchzahnes bezeichnet. Die einzige ſtatthafte
Unterſcheidung in den Backzähnen dürfte indeſſen nur die ſein, welche
auf die Entwickelung Rückſicht nimmt, wo man dann als Lückenzähne
diejenigen bezeichnen müßte, welche gewechſelt werden und vorherge-
hende Milchzähne erſetzen, als Backzähne diejenigen, welche keinen
ſolchen Wechſel erleiden. Je nach den einzelnen Gattungen treten die
Unterſchiede in dem Baue und der Form der einzelnen Zähne mehr
[396] oder minder hervor. Es giebt viele Gattungen, bei welchen nur eine
Art von Zähnen vorkommt, und bei den Delphinen z. B. ſind beide
Kiefer in ihrer ganzen Ausdehnung mit kegelförmigen Zähnen bewaff-
net, die in Struktur und Form die vollſtändigſte Uebereinſtimmung
zeigen. Die Kenntniß des Zahnſyſtemes, auf welcher beſonders die
Beſtimmung der foſſilen Gattungen beruht, wird noch durch den Um-
ſtand erſchwert, daß alle Säugethiere ohne Ausnahme einem Zahn-
wechſel unterworfen ſind, wodurch die urſprünglichen, ſogenannten
Milchzähne durch neue erſetzt werden und daß andererſeits an ver-
ſchiedenen Stellen bei gewiſſem Alter neue Zähne hervorbrechen oder
andere abgeworfen werden. Der Wechſel betrifft nur die Schneide-
zähne, die Eckzähne und die Lückenzähne, niemals die eigentlichen
Backzähne, welche nur einmal für das ganze Leben erſcheinen, bei
manchen Thieren aber während des ganzen Lebens nachwachſen, ſo
daß dieſe Thiere in beſtändigem Zahnwechſel ſich finden. So bilden
ſich z. B. bei dem Elephanten hinten im Kiefer ſtets neue Zahnmaſſen,
die ſo geſtellt ſind, daß ſie beim Kauen nicht angegriffen werden, all-
mälig aber vorrücken und die vorn im Kiefer ſtehenden, abgenutzten
Backzähne erſetzen. Oft unterſcheiden ſich die Milchzähne ſehr bedeu-
tend durch die Form ihrer Kronen von den ſpäter bleibenden Zäh-
nen. Gewöhnlich haben ſie nur ſehr ſchwache, unbedeutende oder auch
gar keine Wurzeln, ſondern nur eine hohle Krone, die auf dem Kie-
fer aufſitzt und durch den ſich entwickelnden Zahn aufgehoben und
abgeſtoßen wird. Die Entwickelung der Zähne ſelbſt geht innerhalb
der Kiefer in geſchloſſenen Säcken vor ſich, welche durch eine ſehr
gefäßreiche Haut ausgekleidet ſind, an deren Oberfläche die Abſonde-
rung der Zahnſubſtanzen geſchieht; eine Einſtülpung dieſer Haut bildet
die gefäß- und nervenreiche Zahnpulpe, welche in die Höhle des Zah-
nes hineinragt und bei Entzündungen oder anderen Affektionen die
nagenden Zahnſchmerzen verurſacht. In beſonders ausgezeichneter
Weiſe geſchieht der Zahnwechſel bei einigen Spitzmäuſen und den
Elephanten. Bei erſteren bilden die Kronen der Milchzähne eine
einzige, zuſammenhängende Maſſe, die ſich beim Entſtehen der Zähne
im Ganzen abhebt und bei dem Elephanten erzeugen ſich die neuen
Backzähne hinten und ſchieben ſich allmälig nach vorn, indem ſie in die
vorhandenen gleichſam hineinwachſen und dieſelben auf dieſe Weiſe
nach und nach verdrängen.


[397]

Die Wirbelſäule der Säugethiere läßt ſich mit Ausnahme der
wenigen Walthiere, welche keine Hintergliedmaſſen und deßhalb kein
Kreuzbein beſitzen, in Hals-, Rücken-, Lenden-, Kreuz- und Schwanz-
wirbel unterſcheiden. Ihre Körper ſind nicht durch Gelenkflächen,
ſondern gewöhnlich durch zwiſchenliegende Faſerbandmaſſen verbunden,
welche durch ihre Elaſtizität die Beweglichkeit der Wirbelſäule vermit-
teln. Der Halswirbel ſind ſtets ſieben, mit alleiniger Ausnahme eini-
ger Arten von Faulthieren, bei welchen ſich acht oder neun finden.
Die Länge des Halſes beruht nur auf der Länge der Wirbelkörper,
nicht aber auf ihrer vermehrten Anzahl. Zuweilen und namentlich
bei den Walthieren ſind die Halswirbel unbeweglich mit einander ver-
wachſen, doch läßt ſich ihre Zahl ſtets durch die Bogen beſtimmen.
Der erſte und zweite Halswirbel zeichnen ſich durch beſondere Geſtalt
und Verhältniſſe ſehr bedeutend aus. Die Rückenwirbel tragen unter
allen Umſtänden Rippen, welche entweder durch Knorpel oder ſelten
durch Knochen mit dem Bruſtbeine verbunden ſind. Falſche Rip-
pen nennt man diejenigen hinteren Rippen, welche nicht mit dem
Bruſtbeine verbunden ſind. Das Zahlenverhältniß zwiſchen beiden
Arten von Rippen wechſelt ſehr und ebenſo die Zahl der Rip-
pen im Ganzen, welche von zehn bis zu drei und zwanzig ſchwan-
ken kann. Die Lendenwirbel ſind gewöhnlich am umfangreichſten,
durch breite, große Querfortſätze ausgezeichnet, welche hier die
Stelle der Rippen vertreten. Das Kreuzbein entſteht durch Ver-
ſchmelzung von drei bis vier, ſelten von mehr Wirbeln, die ſich
unter einander und mit den Hüftbeinen zu der Bildung des Beckens
verbinden. Den größten Wechſel in Bezug auf die Zahl bieten die
Schwanzwirbel dar, die von vorn nach hinten an Größe abnehmen,
zuletzt nur aus einfachen cylindriſchen Körpern ohne Fortſätze und
obere Bogen beſtehen und deren Zahl zwiſchen vier bis ſechsund-
vierzig ſchwankt. Den meiſten Einfluß auf die Geſtalt des Körpers
haben die oberen Dornfortſätze, welche beſonders in der vorderen
Halsgegend ſehr ſchwach ſind, nach hinten zu aber an Höhe zu-
nehmen und gewöhnlich an den Rückenwirbeln am höchſten ſind, wo
ſie dann den Widerriſt bilden und dem elaſtiſchen Nackenbande, wel-
ches den Kopf trägt und beſonders bei den langhalſigen Säugethieren
entwickelt iſt, zum Stützpunkte dienen.


Die Extremitäten, deren höchſtens vier vorhanden ſind, zeigen
manche Grade einer ſtufenweiſen Entwickelung. Bei den nur im Waſ-
ſer lebenden Walthieren fehlen die hinteren Extremitäten ganz, wäh-
rend die vorderen zu breiten Fiſchfloſſen umgeſtaltet ſind; bei allen
[398]

Figure 296. Fig. 1317.

Skelett des Dügongs (Halicore).
Statt hinterer Extremitäten iſt nur ein Rudiment (b) des Beckens, aus
ſtielförmigen Knochen gebildet, vorhanden.


übrigen kommen ſtets vier Glieder vor, deren Gebrauch aber ſehr ver-
ſchieden iſt. Bei den übrigen ſchwimmenden Säugethieren, z. B. den
Seehunden, ſind zwar die hinteren Extremitäten vorhanden, aber weit

Figure 297. Fig. 1318.

Skelett des Seehundes (Phoca) in ſeine Silhouette eingezeichnet.
vq Schwanzwirbel. vs Kreuzwirbel. vl Lendenwirbel. vd Rückenwirbel.
vc Halswirbel. s Bruſtbein. h Oberarm. r Speiche. ca Handwurzel.
mc Mittelhand. ph Phalangen. o Schulterblatt. c Ripven. f Schenkelbein.
p Wadenbein. t Schienbein. ta Fußwurzel. mt Mittelfuß. ph Zehen.
b Becken.


nach hinten zur Seite des Schwanzes gerückt und, wie die Vorder-
füße, durch Schwimmhäute zu breiten Floſſen umgeſtaltet, an denen
man indeß die Zehen deutlich unterſcheidet. Den meiſten übrigen
Säugethieren dienen die Füße nur als Stützpunkte der Bewegung und
wenn dieſe eine gleichförmige iſt, wie Gehen, Laufen u. ſ. w., ſo
werden auch Vorder- und Hinterglieder ſo übereinſtimmend wie mög-
lich, während bei ungleicher Ortsbewegung, wie beim Springen, Klet-
tern u. ſ. w. die Glieder auch in ungleicher Weiſe ſich ausgebildet
zeigen und namentlich für den erſteren Zweck die Hintergliedmaßen
[399] eine bedeutend vorwiegende Ausbildung erhalten. Die vorderen Glied-
maßen befreien ſich mehr und mehr von ihrer urſprünglichen Beſtim-
mung, nur Stützpunkt zu ſein; ihre Beweglichkeit im Ganzen, ſo wie
diejenige der einzelnen Theile, wird ſtets größer und größer, ſie wer-
den zum Ergreifen, Packen und Feſthalten benutzt und bei der höch-
ſten Stufe, dem Menſchen, ſind ſie als Arme gänzlich der Ortsbewe-
gung entfremdet und nur für die letzteren Zwecke geeignet. Der Schul-
tergürtel der vorderen Extremität erleidet in Uebereinſtimmung hiermit
ſehr bedeutende Modifikationen. Die Kloakenthiere beſitzen noch ein,
dem Vogeltypus entſprechendes Schultergerüſte, an welchem das lange
und ſchmale Schulterblatt erſt ſpät mit dem Rabenbeine verwächſt und
außerdem durch Schlüſſelbeine feſt mit dem Bruſtbeine verbunden iſt.
Bei allen übrigen Säugethieren iſt das Rabenbein ſchon ſehr früh als
Fortſatz mit dem gewöhnlich breiten, dreieckigen Schulterblatte ver-
wachſen und geht niemals bis zu dem Bruſtbeine hin. Auch hinſicht-
lich des Schlüſſelbeines, das ſtets auf beiden Seiten getrennt iſt und
nie zu einem Gabelknochen verwächſt, finden mancherlei Verſchiedenhei-
ten ſtatt. Es fehlt ganz allen Thieren, bei denen der Vorderfuß nur
als Stütze dient, entwickelt ſich allmälig mit größerer Freibeweglichkeit
des Fußes, iſt aber dann oft nur in der Weiſe in einer großen Sehne
ausgebildet, daß es weder das Bruſtbein, noch das Schulterblatt oder
auch nur einen dieſer Knochen erreicht. Erſt bei einigen kletternden
Beutelthieren und Nagern, bei vielen ſcharrenden Inſektenfreſſern und
bei allen Flatterthieren und Affen iſt das Schlüſſelbein in derſelben
Weiſe, wie bei dem Menſchen entwickelt und dient dann als Stütze
für die freier bewegliche Extremität. Weniger tief greifende Verſchie-
denheiten bietet die Struktur des Beckens dar. Bei den Walthieren
freilich, wo die Hinterfüße ganz fehlen, wird das Becken nur durch
zwei ſchmale, längliche Sitzbeine repräſentirt, welche mit der Wirbel-
ſäule gar nicht verbunden ſind. Bei allen übrigen beſteht das Becken
aus den Hüft- oder Darmbeinen, welche mit dem Kreuzbeine mehr
oder minder feſt verwachſen ſind, aus den Schambeinen, welche auf
der Bauchfläche in der Schambeinfuge zuſammenſtoßen und aus den
zwiſchen beide eingeſchobenen Sitzbeinen, die vorzüglich den hinteren
Theil bilden. Selbſt bei den menſchenähnlichſten Affen zeichnet ſich
das Becken durch die lange geſtreckte Form, dem breiten, weiten Becken
des Menſchen gegenüber aus. Die Schambeinfuge iſt nur ſelten ſo feſt
vereinigt wie bei dem Menſchen, eben ſo ſelten aber auch gänzlich offen.
Was nun die Gliedmaßen ſelbſt betrifft, ſo ſehen wir an dieſen ſtets den-
ſelben Typus der Bildung und bei etwaiger Abnahme oder anderer Mo-
[400] difikation ſtets die Anwendung derſelben Geſetze, ſo daß die Analogie der
einzelnen Theile mit Leichtigkeit hergeſtellt werden kann. Oberarm
und Oberſchenkel, Vorderarm und Vorderſchenkel ſind einander ſtets
im Weſentlichen gleich gebildet und gewöhnlich in dem erſteren Theile
der Extremität nur ein Knochen, Oberarm- oder Oberſchenkelbein;
in dem letzteren zwei, vorn Elle und Speiche, hinten Schienbein und
Wadenbein vorhanden; nur die Stellung der Gelenke iſt ſtets ver-
ſchieden, indem der Ellenbogen mit ſeinem Winkel nach hinten, das
Knie aber nach vorn gerichtet iſt, ſo daß beide Extremitäten, gegen
einander geſtellt, eine X-förmige Figur bilden. Bei den meiſten Thie-
ren ſind Oberſchenkelbein und Oberarmbein nur kurz und ſo von dem
Fleiſche umgeben, daß erſt die folgende Abtheilung hervortritt, wodurch
denn im gewöhnlichen Leben meiſt der Irrthum erzeugt wird, daß
man das Knie dem Hüftgelenke, den Ellenbogen dem menſchlichen
Oberarmgelenke gleichſtellt.


Hinſichtlich der Ausbildung der Füße ſelbſt findet nun die größte
Verſchiedenheit ſtatt. Die Normalzahl der Zehen oder Finger iſt fünf,
wie bei dem Menſchen; — ſie wird niemals überſchritten, dagegen
ſehr häufig bleibt die Zahl unter der angegebenen ſtehen, indem ein-
zelne Zehen rudimentär werden oder endlich ganz verſchwinden. Dieſe

Figure 298. Fig. 1319.

Skelett des Schweinefußes.
Der Daumen iſt verſchwunden, Zeige-
und kleiner Finger rudimentär, ſo daß ſie
den Boden nicht berühren und als After-
Klauen hervorſtehen. a Elle (cubitus).
b
Speiche (radius). c Handwurzel (car-
pus). d
Mittelhand (metacarpus). e klei-
ner Finger. f Zeigefinger. g Mittel-
finger. h vierter Finger.


Reduktion betrifft zuerſt den Dau-
men, dann den kleinen Finger, hier-
auf den Zeigefinger und zuletzt den
vierten Finger, ſo daß endlich ein-
zig der Mittelfinger übrig bleibt
und zwar ſtets geſchieht die Reduk-
tion in der Weiſe, daß die Finger
ſich erſt verkürzen, den Boden nicht
mehr erreichen und als ſogenannte
Afterklauen übrig bleiben. So fin-
det man an dem Vorderfuße des
Hundes vier vollſtändig ausgebil-
dete Zehen, während der Daumen
auf der inneren Seite nur als Af-
terklaue vorhanden iſt und an dem
Hinterfuße gänzlich fehlt. So ſieht
man bei dem Schweine die zweite
und fünfte Zehe nur rudimentär als
Afterklauen an der hinteren Seite
des Fußes ſtehen, während einzig
[401] die dritte und vierte Zehe den Boden berühren. Bei manchen Wieder-
käuern, wie z. B. bei dem Schafe, fehlen dieſe Afterklauen ganz und

Figure 299. Fig. 1320. Fig. 1321.

Skelet des Hirſchfußes.
Fig. 1320. Von vorn. Fig. 1321. Bon der Seite.
Das Wadenbein iſt mit dem Schien-
beine verwachſen, die Afterklauen ſehr ru-
dimentär. a Schienbein. b Fußwurzel.
c zwei mit einander verſchmolzene Mittel-
fußknochen. d e f Phalangen der beiden
Hauptfinger.


Figure 300. Fig. 1322. Fig. 1323.

Die beiden Füße des Pferdes.
Fig. 1322. Vorderfuß. Fig. 1323. Hinterfuß.
Vorderfuß: c Speiche. c1 und c2
Handwurzel. mc Mittelhand. s Stiel-
knochen (Rudiment eines zweiten Fingers).
p1 p2 p3 Phalangen. Hinterfuß: t Schien-
bein. ta ta1 Fußwurzel. c Sprungbein.
s Stielknochen. p pi pt Phalangen.


bei dem Pferde endlich wird auch der vierte Finger rudimentär und
es bleibt nur der Mittelfinger, freilich ungemein ſtark und ſäulenför-
mig ausgebildet und mit ſeinem Vorderende in den Huf eingeſenkt.
Mit dieſer Reduktion der Zehen geht diejenige der Knochen in der
Mittelhand, in der Handwurzel und in dem Vorderarme Hand in
Hand. Elle und Speiche oder Schienbein und Wadenbein verwachſen
mit einander zu einem einfachen Knochen, der anfangs zwar noch
deutlich die Spur der urſprünglichen Trennung zeigt, ſpäter aber die-
ſelbe nicht mehr gewahren läßt. Speiche und Wadenbein erſcheinen
dann nur noch als knopfförmige Fortſätze der Elle und des Schien-
beines, bis ſie endlich gänzlich unerkennbar werden. Hand- und Fuß-
wurzel beſtehen ſtets auch bei der ſtrengſten Reduktion aus mehreren,
kurzen, in zwei Reihen auf einander folgenden Knochen. Die Mittel-
hand, welche zuweilen außerordentlich lang wird und bei den Wieder-
käuern und Einhufern oft den längſten Theil des Fußes bildet, be-
ſteht im größten Zuſtande der Reduktion, bei den Pferden, aus einem
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 26
[402] einzigen Knochen, der übrigens deutlich die Verſchmelzung aus zwei
ſeitlichen Hälften zeigt. Bei den Wiederkäuern erſcheinen dieſe Knochen
getrennt als Stützpunkte der beiden ausgebildeten Zehen und man ſieht
wie allmälig mit den Afterzehen ſich zugleich auch die ihnen entſpre-
chenden Mittelknochen ausbilden, bis die vollſtändige Zahl von fünf
erreicht iſt. Die Gliederzahl der Zehen iſt gewöhnlich drei und nur
bei einigen Walthieren wird dieſelbe überſchritten, während ſie auf
der anderen Seite für den Daumen faſt immer ſich auf zwei beſchränkt.
In der Entwickelung der Extremität überhaupt kann man wohl zwei
Reihen unterſcheiden, die eine von den ſchwimmenden, die andere von
den nur laufenden Landſäugethieren begonnen. In der erſten Reihe
iſt die Tendenz auf Herſtellung einer breiten Floſſe gerichtet; die ein-
zelnen Knochen werden deßhalb ſehr kurz, breit, verbinden ſich feſt mit
einander und die langen Finger, die anfangs eine unbeſtimmte Zahl
von Gliedern zeigen, werden durch Haut mit einander vereinigt; allmälig
werden die Finger freier, bleiben aber noch durch Floſſenhäute verbunden
und die Verbreitung zeigt ſich noch ebenfalls ſtark entwickelt bei den-
jenigen Extremitäten, welche zum Graben beſtimmt ſind. Die andere
Reihe geht von den einhufigen Säugethieren, den Pferden, aus und
drückt ſich durch ſtete Befreiung der Zehen und durch Vermehrung
derſelben aus, ſo wie durch Verkürzung der Mittelfußknochen, die
vorher eine ungemeſſene Länge erreichen. Hinſichtlich der Stellung der
Zehen unterſcheidet man eigentliche Füße, bei welchen die Zehen auf
einer und derſelben Linie ſtehen, und Hände, bei welchen der Daumen
entgegengeſetzt und ſo die Hand zum Greifen benutzt werden kann.
Die Hände ſind häufiger an den hinteren Extremitäten, als an den
vorderen entwickelt. Viele Beutelthiere, alle Affen und die meiſten
Halbaffen beſitzen an den hinteren Extremitäten Hände, während nur
der Menſch und die eigentlichen Affen an den vorderen Extremitäten
Hände beſitzen und der Menſch die einzige Gattung bildet, bei welcher vorn
nur Hände, hinten nur Füße entwickelt ſind. Das Maß des Auftre-
tens iſt ebenfalls ſehr verſchieden. Die wenigſten Säugethiere nur
ſetzen ſo wie der Menſch die ganze Fläche der Fußknochen von der
Handwurzel bis zur Spitze der Zehen auf den Boden auf. Man
nennt ſolche Sohlengänger(Plantigrada); — der Bär, die Affen,
viele Beutelthiere ſind in dieſem Falle. Alle übrigen berühren entwe-
der nur mit der halben Sohle oder auch nur mit der Spitze der Ze-
hen den Boden; man nennt ſie Zehengänger(Digitigrada), wie
z. B. Hunde und Katzen. In dieſem Falle, wo nur die letzten Ze-
henglieder den Boden berühren, aber mit ihrer unteren Fläche, auf
[403] der ſchwielige Ballen entwickelt ſind und wo die Zehen frei, mehr oder
minder getrennt und nur auf ihrer oberen Fläche mit Horngebilden
bedeckt ſind, nennt man auch den Fuß Pfote. Bei einer dritten Gruppe
endlich berühren die Zehen nicht mit ihrer unteren Fläche, ſondern
vielmehr mit ihrer Spitze den Boden und dieſe Spitze iſt in einen
hornigen Huf eingelaſſen, welche die Zehe in ähnlicher Weiſe, wie
ein Schuh umgiebt. Die Pferde, die Wiederkäuer, die Dickhäuter,
welche dieſe Bildung zeigen, nennt man deßhalb Hufgänger(Ungu-
ligrada)
. Hinſichtlich der Hornbekleidung der Zehen und Füße unter-
ſcheidet man ebenfalls verſchiedene Formen. Die wenig gebogenen
flachen, vorn abgerundeten Nägel, wie ſie beim Menſchen auf der
oberen Fläche der Finger und Zehen liegen, nennt man Plattnägel
(lamna), ſie kommen faſt nur bei den Affen und auf dem Daumen
der Beutelthiere und Halbaffen vor; erheben ſich dieſe Nägel in der
Mitte, ſo daß ſie lang und ſchmal werden, eine gewölbte Oberfläche
zeigen und nach unten ausgehöhlt erſcheinen, ſo nennt man ſie Kup-
pennägel
(tegulae). Die Kuppennägel gehen durch mancherlei Ue-
bergänge in die Krallen(falculae) über, welche von beiden Seiten
ſtark zuſammengedrückt, gekrümmt werden und eine ſchneidende Kante
erhalten, ſo daß ſie zum Einſchlagen geſchickt werden. Die höchſte
Ausbildung der Krallen findet ſich bei den Katzen, bei welchen dieſel-
ben durch eigene Muskeln über das Nagelglied der Zehen herauf in
eine beſondere Scheide zurückgezogen und ſo vor der Abnutzung ihrer
Schärfe geſchützt werden können. Auf der anderen Seite finden ſich
mannigfache Uebergänge von dem Kuppennagel zu dem Hufe, indem
erſterer allmälig auf die untere Fläche der Zehe übergreift und ſo zu
jener ſchuhartigen Bekleidung der Zehenſpitze wird, welche wir mit
dem Namen des Hufes(ungula) bezeichnen.


Schon ſeit längerer Zeit hat man auf eine gewiſſe Wechſelbezie-
hung in der Bildung der Zähne, des Schädels und der Füße hinge-
wieſen, welche in ihren weiteren Beziehungen allerdings deutlich ge-
nug in die Augen fällt und ſich daraus erklärt, daß beide Bildungen
in enger Beziehung zu der Nahrung und der Lebensweiſe ſtehen.
Man kann hiernach aus der Exiſtenz eines Gebiſſes, welches ſchnei-
dende Eckzähne, mit Zacken beſetzte Backzähne beſitzt und ſomit einen
Fleiſchfreſſer andeutet, mit Sicherheit auch darauf ſchließen, daß
die Muskelkämme des Schädels in Uebereinſtimmung zu der
durch das Gebiß ausgedrückten Raubluſt ſtehen werden und daß
das Thier Pfoten und Krallen an den freien Zehen ſeiner Füße
26*
[404] beſeſſen haben muß, während man auf der anderen Seite ebenſo ſicher
aus der Exiſtenz von Hufen und dieſen entſprechenden Bildungen
der Fußknochen nachweiſen kann, daß das Thier, welchem dieſe Reſte
angehörten, wenig entwickelte Schädelkämme und ein Gebiß gehabt
haben müſſe, welches nur auf Pflanzennahrung hindeutete. Die Ver-
folgung dieſer Beziehungen, in welchen die einzelnen Abtheilungen
des Skelettes zu einander ſtehen, wird beſonders wichtig für die Un-
terſuchung und Beſtimmung foſſiler Ueberreſte, bei welchen es darauf
ankommt, die einzelnen Knochen zu erkennen, aus ihren eigenthümli-
chen Formen durch Vergleichung zu ermitteln, in die Nähe welcher
lebender Geſchöpfe die ausgeſtorbene Gattung gehört habe und aus
dieſen Thatſachen dann ſo viel als möglich das ganze Thier ſeiner
äußeren Geſtalt und ſeinem inneren Baue nach wiederherzuſtellen.


Figure 301. Fig. 1324. Fig. 1326. Fig. 1325.

Fig. 1324. Gehirn des Jagdhundes von der Baſis. Fig. 1325. Daſſelbe von oben. Fig. 1326. Gehirn
der Wanderratte (Mus decumanus) von oben.
Die furchenloſen Hemiſphären decken Vierhügel und Zirbel nicht. a Riech-
kolben. b Große Hemiſphären. c Mitteltheil (Wurm des kleinen Gehirns).
d Seitentheile deſſelben. e Verlängertes Mark. f Zirbeldrüſe. g Vierhügel.
h Kreuzung (chiasma) der Sehnerven. i Hirnanhang (hypophysis). k Brücke.


An dem Centralnervenſyſteme der Säugethiere tritt beſon-
ders im Verhältniſſe zu den früher betrachteten Thierklaſſen die bedeu-
[405] tendere Entwicklung des Gehirnes und namentlich der großen Hemi-
ſphyären im Vergleiche zu dem Rückenmarke und den Nerven hervor.
Gewöhnlich füllt das Rückenmark den Kanal, den die Wirbelbogen
zuſammenſetzen, bis in das Kreuzbein hinein aus und zeigt, den Ab-
gangsſtellen der Nerven zu den beiden Gliedmaßenpaaren entſprechend,
etwas ſtärkere Anſchwellungen, aber niemals einen ſolchen rautenför-
migen Sinus, wie wir dieß an dem Rückenmarke der Vögel beobach-
teten. An dem Uebergange der Rückenmarksſtränge in den Hirnſtamm
zeigt ſich eine bedeutende mittlere Anſchwellung, die Brücke, welche bei
den Vögeln kaum durch einige Faſern angedeutet erſcheint und hinter
ihr noch an dem verlängerten Marke die ſogenannten Rautenkörper,
welche den Säugethieren ganz allgemein zukommen, dem Menſchen aber
fehlen. Hinſichtlich der Ausbildung des kleinen Gehirnes findet man
eine fortlaufende Reihe, welche bei den Kloakenthieren beginnt, wo
das kleine Gehirn ſich noch vollſtändig dem der Vögel analog mit
ſtarkem Körper und wenig ausgebildeten Seitentheilen zeigt, während
bei dem Menſchen, dem letzten Ausläufer der Reihe, die Seitenlappen
weit den Mitteltheil überwiegen und zugleich am ſtärkſten gefaltet ſind.
Die Affen, Delphine und Robben ſtehen in dieſer Ausbildung des
kleinen Gehirnes, welche mit derjenigen der Brücke gleichen Schritt
hält, dem Menſchen am nächſten, während die Beutelthiere, Nager,
Zahnarmen und Fledermäuſe ſich mehr den Kloakenthieren anſchließen.
Die Vierhügel oder die Anſchwellungen des Mittelgehirnes ſind meiſt
durch eine Kreuzfurche wirklich in vier Hügel getheilt, die aber ſtets
vollkommen ſolide und gewöhnlich bei den höheren Ordnungen von
den hinteren Lappen des Vorderhirnes ihrem größten Theile nach oder
ſelbſt gänzlich bedeckt ſind, eine Bildung, welche auch dem Menſchen zu-
kommt, während bei den angeführten Säugethieren mit niederer Hirn-
entwicklung, den Didelphen, Zahnloſen, Nagern, Inſektenfreſſern und
Fledermäuſen die hinteren Theile der Vierhügel noch zu einem größe-
ren oder geringeren Theile unbedeckt bleiben. Die Hemiſphären des
großen Gehirns erſcheinen meiſt etwas in die Länge gezogen, nur bei
den Waſſerſäugethieren iſt der Querdurchmeſſer des Gehirns bedeu-
tender. Hinſichtlich ihres inneren Baues bemerkt man als auszeich-
nende Charaktere, in der die innere Höhlung überdeckenden Wölbung
eine mehr oder minder ausgebildete Lage weißer Querfaſern, welche
die beiden Hirnhemiſphären verbindet und unter dem Namen des
Schwielenkörpers (corpus callosum) bekannt iſt. Bei den Säugethie-
ren ohne Mutterkuchen fehlt dieſes Gebilde noch ganz, ebenſo wie bei
den Vögeln, während es bei allen übrigen, nur in verſchiedener Stärke
[406] entwickelt iſt. An dem vorderen Ende der Hemiſphären finden ſich
mit Ausnahme der Affen und der geruchloſen Walthiere kolbenför-
mige hohle Anſchwellungen, die ſogenannten Riechkolben, welche ſich
in die Geruchnerven fortſetzen und die bei höherer Hirnentwicklung
nur dem Affen und dem Menſchen fehlen. Von beſonderer Bedeutung
erſcheint noch die Ausbildung der Windungen, welche ſich auf der
Oberfläche des Gehirnes bei den meiſten Säugethieren zeigen; ſie
fehlen nur den Kloakenthieren und den meiſten raubenden Beutelthie-
ren, zeigen ſich als höchſt ſchwache Einſenkungen bei den meiſten Na-
gern, Inſektenfreſſern und Fledermäuſen und gewinnen erſt bei den
höheren Säugethieren größere Mannigfaltigkeit und Tiefe, obgleich ſie
niemals die bei dem Menſchen ausgeprägte Bildung erreichen. Viel-
leicht ſtehen dieſe Windungen in einer gewiſſen Beziehung zu den hö-
heren Geiſtesfunktionen, wo denn die Seehunde dem Menſchen am
nächſten ſtehen würden, da ſie bei dieſen ſelbſt noch mannigfaltiger,
als bei den Affen ſind. Im Ganzen zeichnet ſich das menſchliche Ge-
hirn vor dem aller übrigen Säugethiere durch den beträchtlichſten Um-
fang aller zu den Gewölbtheilen gehörigen Theile, dem Hirnſtamme
gegenüber, aus, ſo wie durch die vorwiegende Entwickelung des Vor-
derhirnes, welches nicht nur das ganze Mittelgehirn, ſondern auch
einen Theil des kleinen Gehirnes bedeckt. Hinſichtlich der peripheri-
ſchen Nerven findet nur inſofern eine wichtige Verſchiedenheit ſtatt,
als bei den Walthieren die Geruchnerven gänzlich fehlen, wenigſtens
bei den Delphinen, den einzigen Thieren dieſer Gruppe, bei welchen
bis jetzt genau Unterſuchungen hierüber angeſtellt werden konnten.


Die Geruchsorgane ſind überall nach demſelben Typus ange-
ordnet, mit Ausnahme der Walthiere, bei welchen die Naſenhöhle, die
bald getheilt, bald unpaarig iſt und durch Klappen oben wie unten
geſchloſſen werden kann, ſenkrecht von der Stirn in den Rachen hinab-
ſteigt und eigenthümliche Nebenſäcke beſitzt, welche zu dem Ausſtoßen
der Athemluft in Beziehung zu ſtehen ſcheinen. Bei allen übrigen
Säugethieren liegen die Naſenhöhlen mehr horizontal und werden
durch eine halb knorpelige nach hinten zu knöcherne Scheidewand in
zwei Theile geſchieden. Sie ſtehen nämlich mit ausgedehnten Neben-
höhlen in Verbindung, die ſich theils in die Oberkiefer-, Gaumen-
und Flügelbeine, vor allen Dingen aber in die Stirnbeine erſtrecken
und dort oft, wie beim Elephanten, bedeutende blaſige Auftreibungen
erzeugen. Bei den durch Schärfe des Geruches ausgezeichneten Säu-
gethieren wird die Oberfläche der Naſenſchleimhaut durch zahlreiche
[407] Windungen und Krümmungen der Muſchelbeine außerordentlich ver-
mehrt. Die äußere Naſe iſt faſt bei allen Säugethieren weit beweg-
licher, als bei dem Menſchen und verlängert ſich bei den Schweinen,
dem Goldmaulwurfe, dem Tapir und einigen anderen Thieren zu
einem kürzeren, bei den Elephanten zu einem außerordentlich langen
Rüſſel, der von dieſem Thiere als äußerſt geſchicktes Taſt- und Greif-
organ benutzt wird. Die Augen ſind nur bei einigen in der Erde
lebenden Thieren ausnehmend klein, oder ganz unter der Haut ver-
ſteckt, während ſie bei den nächtlichen Halbaffen die anſehnlichſte
Größe erreichen. Bei vielen ſtehen ſie ſo ſehr auf der Seite, daß
die Gegenſtände ſtets nur mit einem Auge erblickt werden können.
Nach und nach rücken ſie näher auf die Vorderfläche der Stirn. Zu
den beiden bei dem Menſchen vorkommenden Augenliedern geſellt ſich
bei faſt allen Säugethieren, mit Ausnahme der Affen und Wale, ein
inneres Augenlied oder eine Nickhaut, welche jedoch ſtets den Augapfel
nur zum Theile bedecken kann. Im übrigen iſt der Bau des Auges
ganz demjenigen des menſchlichen analog und beſondere auffallende
Verſchiedenheiten zeigt hauptſächlich nur die Aderhaut und die Iris.
Bei erſterer ſieht man nämlich mit Ausnahme der Affen, Kloakenthiere,
Nager und Zahnarmen in dem Hintergrunde des Auges eine helle,
bald mehr ins Grüne oder Weiße ſchillernde Stelle, welche entweder
aus Faſern oder bei den Raubthieren aus Zellen zuſammengeſetzt iſt
und die Lichtſtrahlen in Art eines Hohlſpiegels zurückwirft, ſo daß
die Augen im Finſteren leuchten. Man hat dieſe eigenthümliche Schicht
der Aderhaut das Tapetum genannt. Die Iris zeichnet ſich beſonders
durch die verſchiedenen Formen der Pupille aus, die zwar bei den
meiſten, wie die menſchliche Pupille, rund iſt, bei vielen Grasfreſſern
aber, wie z. B. den Ziegen, die Form einer Querſpalte, bei den
nächtlichen Raubthieren dagegen die einer Längsſpalte hat und hier
auch eine außerordentliche Beweglichkeit beſitzt. Das Gehörorgan
bietet manche Verſchiedenheiten dar. Wir begegnen hier zuerſt der
Bildung eines eigentlichen äußeren Ohres, welches zwar den im
Waſſer lebenden oder in der Erde wühlenden Thieren meiſtens fehlt,
bei vielen anderen aber eine Ausbildung und Beweglichkeit beſitzt,
welche die beim Menſchen vorkommende Bildung weit übertreffen.
Bei den tauchenden Säugethieren ſind gewöhnlich beſondere Klappen
ausgebildet, welche die Mündung des halb knorpeligen, halb knöcher-
nen Gehörganges ſchließen können. Die Paukenhöhle iſt meiſt ziem-
lich groß und oft mit Nebenhöhlen in Verbindung, welche an der
Schädelbaſis als hohle Knochenblaſen hervortreten. An dem inneren
[408] Ohre entwickelt ſich beſonders die Schnecke, welche bis zu fünf thurn-
förmigen Windungen beſitzen kann, aber eine Reihe von Bildungen
zeigt, die ſich durch die bei den Kloakenthieren exiſtirende kaum gebo-
gene Schnecke unmittelbar an die bei Krokodilen und Vögeln aus-
geprägte Form anſchließt.


Mit Ausnahme der Kloakenthiere und der Wale finden ſich bei
allen Säugethieren weiche bewegliche Lippen und Backen, welche bei
vielen Nagern und Affen innere Einſackungen, ſogenannte Bockentaſchen
haben. Die Zunge zeigt außerordentlich viele verſchiedene Geſtalten
und wechſelt von der bedeutend breiten, rundum angewachſenen,
faſt unbeweglichen Zunge einiger Walthiere durch alle Geſtaltungen
bis zu der außerordentlich langen, wurmförmigen, zuweilen ſelbſt in
Körperlänge hervorſtreckbaren Zunge der Ameiſenfreſſer. Meiſt finden
ſich auf ihrer Oberfläche vorn mehr oder minder entwickelte, haken-
artige Wärzchen, die zuweilen eine hornartige Härte annehmen, ſo
daß die Zunge wie eine Raſpel rauh wird. Zuweilen ſieht man
unter der Zunge noch eine zweite bewegliche Vorragung, die man mit
dem Namen der Unterzunge belegt hat. Drei Paare von Speichel-
drüſen ſondern die Feuchtigkeit ab, welche ſtets die Mund- und Rachen-
höhle beſpült und ein bewegliches Gaumenſegel dient abwechſelnd zur
Abſchließung des Mundes gegen die Naſe, oder der hinteren Naſen-
öffnungen gegen die Rachenhöhle. Der Darmkanal ſelbſt erſcheint
um ſo kürzer und einfacher gebildet, je mehr die Thiere nur auf
reine Fleiſchnahrung angewieſen ſind, während bei Pflanzennahrung
ſowohl der Magen, als der Dick- und Blinddarm häufig ſehr kom-
plicirte Bildungen zeigt. Der Magen ſelbſt erſcheint gewöhnlich als
ein bohnenförmiger, mehr oder minder quer geſtellter Sack, der in
einen rundlichen Schlundtheil und mehr darmähnlichen Pförtnertheil
zerfällt. An dem Schlundtheile ſackt ſich die hintere Wand zuweilen
mehr aus, und bildet dann einen förmlichen Blindſack. Bei manchen
von Pflanzenſtoffen ſich nährenden Thieren verlängert ſich nun der
Magen, wird darmartig, zeigt abwechſelnde Einſchnitte und Erwei-
terungen und geht ſo nach und nach in die zuſammengeſetzten Magen
der Walfiſche, der Faulthiere und ganz beſonders der Wiederkäuer über,
bei welchen ſeltener drei, häufiger vier ſcharf getrennte Magenab-
theilungen vorkommen, die durch eine ſogenannte Schlundrinne in der
Art mit einander in Verbindung ſtehen, daß das Futter, nachdem es
eine vorläufige Verdauung erfahren, durch einen Akt normalen Er-
brechens wieder in den Mund zurückgeſchafft werden kann, um dort
[409] von Neuem durchgekaut zu werden. Eine ſolche Schlundrinne und
ſomit auch das Wiederkäuen kommt indeſſen nicht nur bei den Wie-
derkäuern, ſondern auch bei einigen Nagern, Beutelthieren und Faul-
thieren vor. Die Länge des Darmkanales und namentlich des Dünn-
darmes wechſelt außerordentlich, ſteht aber gewöhnlich im Verhältniſſe
zu der mehr oder minder ausſchließlichen Pflanzennahrung, weßhalb
ſie zum Beiſpiel bei den Wiederkäuern am bedeutendſten iſt; ebenſo
iſt der Dickdarm und der gewöhnlich an ihm vorkommende Blinddarm
bei den Pflanzenfreſſern am ſtärkſten ausgebildet und der Blinddarm
namentlich bei denen, welche bei reiner Pflanzennahrung doch keine
zuſammengeſetzte Magenbildung beſitzen, wie z. B. bei dem Pferde.
Hinſichtlich des Afterdarmes zeichnen ſich nur die Kloakenthiere aus,
bei welchen eine den Vögeln entſprechende Zuſammenmündung der
Geſchlechts- und Harnorgane mit dem Endtheile des Darmes vor-
kommt, eine Bildung, an welche die ſehr genährte Lagerung beider
Oeffnungen bei vielen Nagern erinnert. Eine Gallenblaſe zeigt ſich
bei den meiſten Säugethieren; indeſſen finden ſich hierin zuweilen
ſelbſt individuelle Verſchiedenheiten. Die Leber ſelbſt kommt in
Form und Lagerung bis auf unbedeutende Verſchiedenheiten mit der
menſchlichen überein.


Die Lungen der Säugethiere ſind ſtets paarig. Sie hängen
vollkommen frei nur durch die Luftröhre und die großen Gefäße
befeſtigt in der Bruſt, deren Höhle von dem Bruſtfelle überzogen und
gegen die Bauchhöhle durch das muskulöſe Zwergfell abgeſchieden
wird, welches bei den meiſten Säugethieren quer auf der Achſe des
Körpers ſteht, während es bei den Walthieren ſich in ſchiefhorizon-
taler Richtung längſt der Wirbelſäule unter den Lungen hin erſtreckt.
Das Gewebe der Lunge unterſcheidet ſich bedeutend von denjenigen
der Vögel wie der Reptilien, indem es durchaus ſchwammig iſt und
aus vielfach verſchlungenen und in einander mündenden feinen Aeſten
und Zweiglein der Luftröhren beſteht, die ſich zuletzt in Endbläschen
auflöſen, auf deren Oberfläche ſich die Capillaren der Lungengefäße
verzweigen. Die Luftröhre iſt mit Ausnahme einiger Faulthiere,
bei welchen ſie gewunden erſcheint, vollkommen gerade und durch Knor-
pelringe geſtützt, welche gewöhnlich hinten nicht ganz geſchloſſen ſind.
Der Kehlkopf iſt überall nach demſelben Typus, wie bei dem Men-
ſchen gebildet, mit Ausnahme der Walthiere, bei welchen durchaus
keine Stimmbänder vorkommen und auch die Struktur der Spitze
manche Eigenthümlichkeiten zeigt, die beſonders darauf berechnet ſind,
[410] den Luftweg vollſtändig gegen alles Eindringen von Waſſer beim
Schlucken abſchließen. Bei manchen Thieren zeigen ſich bedeutende
Luftſäcke an dem Kehlkopfe, welche bald, wie bei den Walen, als ein-
fache Reſervoirs zu dienen ſcheinen, bald auch, wie bei den Brüllaffen
als Reſonanzinſtrumente zur Verſtärkung der Stimme dienen.


Das Herz liegt meiſtens gerade in der Mittellinie, nur bei den
Orangs in ähnlicher Weiſe, wie bei dem Menſchen, etwas nach der
linken Seite hin. Es beſteht immer aus zwei Vorhöfen und zwei
Kammern, die durch eine Längsſcheidewand ſo abgeſchloſſen ſind, daß
jede Kommunikation zwiſchen der rechten und linken Herzhälfte un-
möglich iſt. Meiſt iſt die Scheidung der beiden Herzhälften von
außen nicht ſichtbar, zuweilen aber tritt ſie außerordentlich ſtark her-
vor, ſo daß das Herz wirklich aus zwei Hälften zuſammengeſetzt
erſcheint. Zuweilen finden ſich in der Scheidewand der Kammern
Knochen vor, die von einfach cylindriſcher Geſtalt ſind. Hinſichtlich
des Urſprunges der Arterien und namentlich der Hals- und Schulter-
Arterien finden mannigfache Verſchiedenheiten ſtatt, auf welche einzu-
gehen hier zu weit führen würde; dagegen müſſen wir der Wunder-
netze erwähnen, welche faſt immer an den Gehirnarterien, bei einigen
beſonders langſam beweglichen, grabenden und kletternden Thieren
auch an Schulter- Netz- und Schenkelarterien vorkommen. Der Haupt-
ſtamm des Gefäßes theilt ſich in dieſen Wundernetzen in eine Menge
von Zweigen, die zahlreich mit einander anaſtomoſiren und dann
wieder zu einem einzigen Stamme zuſammentreten. Der Zweck dieſer
Wundernetze kann ein doppelter ſein, einerſeits die Bewegung des
Blutes zu verlangſamen und andererſeits bei theilweiſem Drucke den-
noch der Blutbahn einen unverſchloſſenen Weg zu öffnen.


Die Nieren der Säugethiere haben faſt immer eine Bohnen-
form und liegen in der Lendengegend zu beiden Seiten der Wirbel-
ſäule, nur auf ihrer vorderen Fläche vom Bauchfelle überzogen; zu-
weilen nur erſcheinen ſie in einzelne Lappen aufgelöſt. Die Harn-
leiter münden ſtets in eine Harnblaſe ein, die immer auf der Bauch-
fläche der Eingeweide unmittelbar hinter der Bauchwandung liegt.
Die Hoden bieten hinſichtlich ihrer Lage vielfache Verſchiedenheiten
dar. Bei vielen Säugethieren, namentlich den Kloakenthieren, Zahn-
armen, Walthieren, ſowie beim Elephanten und Nashorn liegen ſie,
wie bei den vorhergehenden Klaſſen, im Inneren der Bauchhöhle in
der Nähe der Nieren. Bei manchen Nagern, wie bei der Ratte,
[411] ſteigen ſie zur Brunſtzeit durch den Scheidenkanal der Bauchmuskeln
herab und liegen dann in der Leiſtengegend unter der Haut, wo ſie
auch ſonſt normal bei vielen Nagern, einigen Wiederkäuern, Dickhäu-
tern und Raubthieren angetroffen werden; bei anderen, namentlich bei
allen Beutelthieren, Fledermäuſen und Affen findet ſich ein herabhän-
gender Hodenſack, in welchen zuweilen auch nur zur Brunſtzeit die
Hoden hinabſchlüpfen. Die aus dem Nebenhoden hervorkommenden
Samenleiter ſind zuweilen ſehr ſtark gewunden und zeigen gegen das
Ende ihres Verlaufes ſeitliche Divertikel, die ſogenannten Samenblaſen,
welche bei den Inſektenfreſſern am größten ſind, den eigentlichen Raub-
thieren, den Walthieren und allen Didelphen aber fehlen. Die Sa-
menthiere münden gemeinſchaftlich mit den Ausführungsgängen der
Vorſteherdrüſen in den hinteren Theil des Ruthenkanals, bei den
Didelphen dagegen in den gemeinſchaftlichen Harngeſchlechtsgang, von
dem der Kanal der Ruthe ſelbſt getrennt iſt. Dieſe letztere zeigt in
Form und Lage außerordentlich viele Verſchiedenheiten. Bei den Di-
delphen iſt ſie hoch in dem Harngeſchlechtsgange verborgen und nur
unvollſtändig durchbohrt; — bei den meiſten Nagern liegt ſie ſo nahe
am After, daß ſie von demſelben noch theilweiſe umſchloſſen wird,
nur bei den Fledermäuſen und Vierhändern hängt ſie wie bei dem
Menſchen frei von der Schambeinfuge herab, während bei den meiſten
übrigen Säugethieren ihre Scheide in größerer oder geringerer Er-
ſtreckung in der Mittellinie unter dem Bauche angeheftet iſt, oft ſelbſt
ſo, daß wie bei den Katzen im ungeſchwellten Zuſtande ihre Spitze
nach hinten gerichtet erſcheint. Außer den Schwellkörpern findet ſich
faſt bei allen Nagern, Fleiſchfreſſern, Fledermäuſen und Affen in der Ruthe
und namentlich in der Eichel ein beſonderer Knochen von vielfach wech-
ſelnder Geſtalt. Die weiblichen Geſchlechtstheile wechſeln
ebenfalls mannigfaltig in ihrem Baue. Bei den Kloakenthieren iſt
noch, wie bei den Vögeln der rechte Eierſtock verkümmert und nur
der linke vollſtändig entwickelt; — bei allen übrigen Säugethieren
herrſcht vollkommene Symmetrie. Im Allgemeinen wiegt an dem Eier-
ſtocke der Säugethiere ein ſtark faſriges Gewebe vor, in welchem die
Eiſäcke zerſtreut liegen, ſo daß die Eierſtöcke nur ſelten ein traubiges,
meiſt nur ein etwas höckeriges Anſehen zeigen. Die Eier der Säuge-
thiere ſelbſt ſind ungemein klein, mikroſkopiſch, aber eingebettet in
größere mit Flüſſigkeit erfüllte Säckchen, welche man die Graf’ſchen
Bläschen genannt hat und die zur Zeit der Reife des Eies platzen,
um daſſelbe in den Eileiter zu entlaſſen. Dieſer bildet bei einigen
Raubthieren namentlich eine faſt vollkommen geſchloſſene, nur ſeitlich
[412] durch einen Schlitz geöffnete Kapſel um den Eierſtock, während er bei
den meiſten, wie bei dem Menſchen, einen offenen, mit Franſen ver-
ſehenen Trichter zur Aufnahme des Eies bildet. Von hier an ſteigen
die Eileiter mehr oder minder gewunden nach unten und erweitern
ſich dann bald einzeln bald gemeinſchaftlich zur Bildung der Gebär-
mutter, oder des Fruchthälters, in welchen bei den meiſten Säuge-
thieren die Weiterentwicklung des Jungen ſtattfindet. Bei den Kloa-
kenthieren vereinigen ſich beide Eileiter nie und der linke, entwickelte
gleicht ſehr dem Eileiter eines Vogels, indem er ſich am Ende etwas
erweitert und in den Vorhof der Kloake einmündet. Bei den Beutel-
thieren ſind die Eileiter nur kurz und erweitern ſich bald jederſeits
in die ſpindelförmigen Fruchthälter, welche nach unten zu in die höchſt
merkwürdig ausgebildete Scheide einmünden, die man früher für den
leierförmigen Uterus hielt. Von einem gemeinſchaftlichen, nach hinten
blind geendeten Sacke in dem die beiden Oeffnungen der Fruchthälter
oft durch eine Scheidewand getrennt zuſammenmünden, ſteigen zwei
henkelartig gebogene Scheibenkanäle auf, die ſich nach unten in Leier-
form zuſammenbiegen und gemeinſchaftlich das Ende der Scheide bil-
den. Die Länge und Biegung dieſer henkelartigen Scheibenkanäle,
ſowie die Ausbildung des mittleren Blindſackes, der die Mündungen
der Eileiter aufnimmt, ſind bei den verſchiedenen Beutelthieren ſehr
mannigfaltigen Modifikationen unterworfen. Bei allen übrigen Säuge-
thieren iſt keine Spur einer ſolchen Bildung vorhanden und die
Scheide bildet ſtets nur einen einfachen Kanal ohne bedeutende Kom-
plikationen der Bildung. Dagegen ſchreitet die Ausbildung der
Fruchthälter durch eine ganze Reihe von Bildungen in der Weiſe
voran, daß die urſprüngliche Duplicität allmälig verſchwindet. So
finden ſich bei den Nagern noch zwei vollkommen getrennte Frucht-
hälter, die ganz die Geſtalt eines Darmes beſitzen und bei den einen
getrennt in die Scheide münden, während bei den anderen ſchon ein
ganz kleiner gemeinſchaftlicher Körper und einfache Ausmündung vor-
kommt. Die Ausbildung dieſes Körpers ſchreitet nun durch die Wie-
derkäuer, Dickhäuter und Raubthiere hindurch fort, doch in der Weiſe,
daß der einfache Körper ſtets in zwei lange ſchlauchartige Hörner
ausläuft, die dann bei den Fledermäuſen und bei den Aeffern nach
und nach verſchwinden, ſo daß endlich bei dem Affen und dem Men-
ſchen nur noch eine durchaus einfache Gebärmutter von birnförmiger
Geſtalt vorhanden iſt, in deren obere Ecken die Eileiter einmünden.
Als beſondere Beigabe der weiblichen Geſchlechtstheile müſſen wir
noch der Milchdrüſen erwähnen, die nur bei den Säugethieren,
[413] aber auch bei allen ohne Ausnahme vorkommen und durch deren
Abſonderung das Junge einige Zeit hindurch ernährt wird. Es liegen
dieſe Drüſen unter der Haut des Bauches oder der Bruſt gewöhnlich
in vieles Fett eingehüllt und meiſtens treten ihre Ausführungsgänge
in einen kolbigen Vorſprung, eine ſogenannte Zitze ein, welche das
Junge mit ſeinen Lippen umfaßt. Bei den Kloakenthieren einzig fehlen
die Zitzen ganz und bei den Walen ſind ſie äußerſt kurz und in einer
rinnenartigen Vertiefung eingeſenkt, während ſie bei den Beutelthieren
oft ungemein lang und bandartig erſcheinen. Die Lagerung der
Zitzen iſt mannigfaltig verſchieden und im Allgemeinen bemerkt man
eine allmälige Wanderung derſelben von hinten nach vorn, ſo daß ſie
bei höherer Stellung der Thiere der beim Menſchen vorhandenen
Lagerung ſich allmälig annähern. So liegen ſie bei den Walen und
den Einhufern ganz hinten in der Nähe der Schamſpalte, bei den
meiſten übrigen Ordnungen an dem Bauche, bei den Fledermäuſen,
den Affen, den Elephanten, Faulthieren und Seekühen an der Bruſt,
und bei dieſen letzteren finden ſich ſtets auch nur zwei Bruſtdrüſen,
während beſonders bei den kleineren Raubthieren, bei Inſektenfreſſern
und Nagern ſogar bis zu zehn und mehr vorkommen können. Es
verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſe Bruſtdrüſen während der Zeit der
Trächtigkeit ſich mehr entwickeln und anſchwellen, während ſie nach
Beendigung der Säugung nach und nach zurückſinken.


Die Entwickelungsgeſchichte der Säugethiere und des Men-
ſchen mußte ſo lange gänzlich im Dunkeln ſein, als man, wie die älteren
Anatomen bis zum Anfange unſeres Jahrhunderts allgemein, das
wahre Ei der Säugethiere noch nicht kannte und das Graf’ſche Bläs-
chen, in welchem daſſelbe eingebettet liegt, für dieſes Ei ſelber hielt.
Später brachten die Kleinheit dieſes Eies, die Schwierigkeit, es in den
Schleimhautfalten des Eileiters und des Fruchthälters zu finden, bevor
es eine gewiſſe Größe erreicht hatte, und der Umſtand der inneren Ent-
wicklung überhaupt eine Reihe von Hinderniſſen mit ſich, die erſt in der
neueſten Zeit mit Erfolg beſiegt wurden. Jetzt kennen wir das Ei
der Säugethiere auch in den erſten Zeiten ſeiner Entwicklung ebenſo
genau, als das irgend einer andern Klaſſe und können uns hierdurch
auch über die erſten Entwicklungsmomente des menſchlichen Embryos
durch Analogie genügende Kunde verſchaffen. Bei allen Säugethieren
findet die Brunſt nur zu einer gewiſſen Zeit ſtatt und wiederholt ſich
periodiſch in Epochen, die bei den kleineren im Durchſchnitte häufiger
wiederkehren, während ſie ſonſt bei den meiſten die Dauer eines Jah-
[414] res haben. Unter den Männchen finden um dieſe Zeit gewöhnlich
heftige Kämpfe um den Beſitz der Weibchen ſtatt und bei den in
Heerden lebenden Säugethieren iſt es gewöhnlich nur ein einziges
Männchen, dem die Weibchen zufallen. Bei dieſen iſt die Brunſt
durch erhöhten Blutzudrang zu den Geſchlechtstheilen, vermehrte
Schleimabſonderung und ähnliche Zeichen ſichtbar und dieſe äußeren
Vorgänge ſind ſtets mit der Loslöſung von Eiern im Inneren und
deren Wanderung durch den Eileiter verknüpft. Man glaubte früher,
daß in Folge des Reizes der Begattung erſt die Loslöſung des Eies
ſtattfindet, hat ſich aber jetzt überzeugt, daß dieſe Loslöſung ganz un-
abhängig von der Begattung periodiſch zu gewiſſen Zeiten ſtattfindet
und auch regelmäßig bei weiblichen Säugethieren ſich einſtellt, ſelbſt
dann, wenn dieſe fern vom Männchen gehalten werden. Die äußeren
Zeichen der Brunſt ſind demnach gewiſſermaßen nur der Reflex der
Vorgänge im Inneren des Eierſtockes, welche die Austreibung des
Eies bezwecken und es iſt auch hier, wie bei allen anderen Thieren
die unmittelbare Berührung des Eies mit dem befruchtungsfähigen
Samen nothwendige Bedingung der Befruchtung und der Entwicklung
des Embryos. Da aber die Entwicklung des Embryos innerhalb der weib-
lichen Geſchlechtstheile in dem Fruchthälter ſtattfindet, ſo muß auch die Be-
gegnung der Zeugungsſtoffe dort eintreten, und der Same durch die
Begattung in die weiblichen Organe eingeführt werden. Man hat
vollkommen konſtatirt, daß derſelbe in manchen Fällen bis zu der
Oberfläche des Eierſtockes ſelbſt vordringt, während gewöhnlich die
Begegnung des von dem Eierſtocke nach außen wandelnden Eichens
und des von außen eindringen Samens innerhalb des Eileiters ſtatt-
findet.


[415]

Das reife Eichen der Säugethiere, das in ſeltenen Fällen

Figure 302. Fig. 1327.

Reifes Eierſtocks-Ei des Kaninchens.
a Dotterhaut (Zona pellucida). b
Dotter. c Keimbläschen. d Keimfleck.


eine Größe von 1/12 Linie erreicht,
zeichnet ſich durch einige beſondere
Eigenthümlichkeiten aus. Gewöhn-
lich hat es einen ziemlich feſten,
hellen, mit punktförmigen Körper-
chen dicht erfüllten Dotter, in wel-
chem das waſſerhelle runde Keim-
bläschen eingebettet liegt, welches
einen gekörnten, gewöhnlich ſchwach
gelblichen Keimfleck zeigt. Das Keim-
bläschen erhält ſich, ſo lange das
Eichen in dem Eierſtock verweilt,
verſchwindet dann aber gänzlich, ſo
daß bei dem im Eileiter befindlichen Eie keine Spur mehr davon zu
ſehen iſt. Der Dotter iſt von einer ſehr dicken, ſtrukturloſen hellen
Dotterhaut umgeben, welcher bei der Anſicht durch das Mikroſkop den
Dotter wie ein heller Ring umgibt und die deßhalb auch zona pel-
lucida
genannt wurde. Die Dicke und Feſtigkeit dieſer Dotterhaut
unterſcheidet das Säugethierei hauptſächlich von den Eiern aller übri-
gen Klaſſen. Das ſo gebildete Eichen ſchwimmt in der eiweißartigen
Flüſſigkeit, welche den Eiſack oder das Graf’ſche Bläschen erfüllt
und wird hier ringsum von einer Schicht an einander hängender
Zellen umgeben, die bei der Durchbrechung des Eierſtockes zum größ-
ten Theile abgeſtreift werden, früher aber für beſonders wichtig gal-
ten und deßhalb den Namen der Keimſcheibe (Discus proligerus) er-
hielten. Die ganze innere Wandung des Eiſackes iſt mit eben ſolchen
Zellen austapezirt und enthält außerdem zahlreiche Blutgefäße, in
welchen zur Zeit der Reife des Eies ein ſtärkerer Andrang ſtattfindet.
Das Graf’ſche Bläschen ſchwillt nun mehr und mehr an; die Ab-
ſonderung im Inneren vermehrt ſich; die äußeren Häute des Eiſackes
verdünnen ſich ausnehmend und endlich bildet ſich ein Loch auf der
Spitze des Eiſackes, durch welches das Eichen in den Eileiter ent-
ſchlüpft. Die entzündliche Aufregung des Eiſackes dauert aber auch
nach dieſer Ausſtoßung noch eine Zeit lang fort. Die Ausſchwitzung
in ſeinem Inneren nimmt zu und es bildet ſich endlich eine Narbe,
welche man mit dem Namen des gelben Körpers (corpus luteum)
bezeichnet und deren Exiſtenz man früher als untrügliches Merkmal
ſtattgehabter Empfängniß anſah. Jetzt hat man freilich nachgewieſen,
daß bei jeder Brunſt und bei dem menſchlichen Weibe bei jeder Men-
[416] ſtruation ſich ein oder mehrere Eier loslöſen und ebenſo viele gelbe
Körper bilden, die indeſſen, wenn keine Embryonalentwicklung ſtatt-
findet, ſchnell aufgeſaugt werden, während ſie ſich um ein Bedeutendes
vergrößern, wenn die Entwicklung der Frucht den erhöhten Blutan-
drang in dieſen Theilen längere Zeit hindurch unterhält.


Die Veränderungen, welche das Ei innerhalb des Eileiters er-

Figure 303. Fig. 1328.

Kaninchenei im Eileiter.
Der Dotter iſt in eine große An-
zahl von Bildungszellen zerlegt, deren
jede einen hellen Kern hat; die Dotter-
haut (a) von einer bedeutenden Schicht
Eiweiß (e) umgeben.


leidet, ſind weſentlich folgende. Die
Zellen der Keimſcheibe löſen ſich
allmälig ab und ſtatt ihrer wird
bei einigen Thieren, wie z. B. beim
Kaninchen eine Schicht von Ei-
weiß
umgebildet, die bei anderen,
namentlich dem Hundeei, gänzlich
vermißt wird. Der Dotter ſelbſt,
in welchem das Keimbläschen ver-
ſchwunden iſt, theilt ſich in geome-
triſcher Progreſſion in ſtets kleiner
werdende Kugeln, die in ihrem In-
neren helle Kerne zeigen und ſich
allmälig durch Umbildung von
Häuten zu Zellen umwandeln. Der
Dotter erhält hierdurch ganz in ähnlicher Weiſe, wie bei dem Eie der
Mollusken eine Maulbeerform und die einzelnen Kugeln haben an-
fänglich ſogar einen ſehr geringen Zuſammenhang, ſo daß ſie beim
Oeffnen des Eies auseinander fallen. Sobald dieſe Dotterkugeln an
der Gränze der Zerklüftung angelangt ſind, bilden ſich feine Häut-
chen um dieſelben, wodurch ſie als wahre Zellen mit hellen Kernen
erſcheinen. Dieſe Zellen vereinigen ſich pflaſterförmig auf der Ober-
fläche des Dotters, der in der Mitte flüſſig und durchſichtig wird und
ſtellen ſo eine Haut dar, welche an der inneren Fläche der Dotterhaut
anliegt und die Keimblaſe genannt wird. An einer Stelle dieſer
Keimblaſe lagert ſich von innen her mehr körnige Maſſe an und bil-
det ſo einen runden dunklen Fleck, den Fruchthof, von welchen
aus die Entwicklung des Embryos beginnt. Während dieſer Ausbil-
dung der Keimblaſe mit dem Fruchthofe hat ſich auch das Eichen durch
Einſaugung von Flüſſigkeit ſehr bedeutend vergrößert und die Dotter-
haut iſt hierdurch ſo ausgedehnt worden, daß ſie keine meßbare Dicke
mehr zeigt, ſondern nur als ein äußerſt feines Häutchen erſcheint. Bei
den Säugethieren, bei welchen Eiweiß im Eileiter der Dotterhaut
umgebildet wird, verſchmilzt dieſes Eiweiß allmälig mit der Dot-
terhaut zu einer einzigen Membran, die jetzt die Eihaut(Chorion)
[417]

Figure 304. Fig. 1329.

Das Ei einer Hündin aus der Gebärmutter.
Chorion und Keimblaſe ſind ausgebildet, erſteres
überall mit Zöttchen beſetzt. Der Fruchthof iſt als
dunkler Punkt deutlich. Natürliche Größe = 2 Li-
nien. a Chorion mit den Zotten. b Keimblaſe. c
Fruchthof.


genannt wird. In die-
ſem Zuſtande, als eine
waſſerhelle Blaſe, um-
geben von der aus pfla-
ſterförmigen Zellen be-
ſtehenden Keimblaſe und
der äußeren aus der
Dotterhaut mit oder oh-
ne Zuthun von Eiweiß
gebildeten Hülle des
Chorion’s langt das Ei-
chen in dem Uterus an,
wo es ſich nun an ir-
gend einer Stelle auf ei-
genthümliche Weiſe durch
Bildung äußerer Zotten fixirt, während zugleich der Embryo aus den
Zellen des Fruchthofes ſich aufbaut und ſehr bald durch ſeine Gefäße
mit den Gefäßen der Mutter in nähere Beziehung tritt, um aus
dem Blute derſelben die zu ſeiner Weiterentwicklung nöthigen Stoffe
zu beziehen. Um indeß dieſe Verbindung näher darſtellen zu können,
iſt es nöthig, auf die erſten Entwicklungszuſtände des Embryos nä-
her einzugehen, da alle Hüllen des Eies entweder allein oder zum
Theile durch Häute mitgebildet werden, welche von dem Embryo ſelbſt
ausgehen.


Figure 305. Fig. 1330.

Erſte Anlage des Hunde - Embryo’s.
Man ſieht die Rückenfurche und die Rückenwülſte
in der Mitte der biscuitförmigen Embryonal-Anlage,
die erſt von einem hellen, länglichen und dann von
einem runden dunkeln Fruchthofe umgeben iſt. a Die
Keimblaſe, zerſchnitten und ausgebreitet. b Dunkler
Fruchthof. c Heller Fruchthof. d Embryonalanlage.


Zuerſt legt ſich an
die innere Seite der Keim-
blaſe und des Fruchtho-
fes eine zweite Schicht
von Zellen an, welche
ſich aus dem Dotter
heraus entwickelt und
aus welcher ſpäter der
Darmkanal mit ſeinen
Annexen hervorgeht.
Man hat dieſe Schicht
das vegetative oder
Schleimblatt, die äu-
ßere, aus welcher ſich
Hirn und Rückenmark
bilden, das animale oder
Vogt. Zoologiſche Briefe, II. 27
[418]ſeröſe Blatt genannt. Sobald dieſe beiden Schichten deutlich ge-
worden ſind, ſo zeigt ſich in dem Fruchthofe die erſte Spur der Em-
bryonalbildung dadurch, daß der Fruchthof birnförmig wird und in der
Mitte eine tiefere Rinne, die Rückenfurche zeigt, um welche herum
ſich ſogleich die Rückenwülſte hervorheben, die ſehr bald die gewöhn-
lichen drei aufeinander folgenden Hirnbuchten zeigen, welche ſich ſpäter
zu den Hirnkapſeln abſchließen. Die Entwickelung der Augen aus

Figure 306. Fig. 1331. Fig. 1332. Fig. 1333.

Fig. 1331. Sehr junger Hundeembryo von der Seite. Man ſieht die
offene Rückenfurche mit den Hirnbuchten, die beginnenden Wirbelkörper und
die beiden Blätter der Keimhaut. a Hirnbuchten. b Wirbelkörper. c Ani-
males Blatt. d Vegetabiles Blatt.
Fig. 1332. Aelterer Embryo vom Rücken; Fig. 1333. Von der Bauch-
fläche. Die Schafhaut iſt noch nicht geſchloſſen, ſondern bildet über dem Rücken
einen offenen Raum. Herz und erſter Kreislauf ſind gebildet; Augen
und Ohren ſind angelegt; die Bauchfläche noch kahnförmig ausgehöhlt;
die Kopfbeuge beginnt ſich zu zeigen; der erſte Kiemenbogen iſt ebenfalls vor-
handen. a Umgebogener Kopftheil. b Kiemenbogen. c Herz. d Dottervene.
e Rückenmark. f Wirbel. g Dotterarterien, aus den Aorten längs der Wir-
belkörper entſpringend. h Ohrbläschen. i Schafhaut (amnios). k Schleim-
blatt. —


der mittleren Hirnabtheilung, der Ohren an der hinteren, ſowie die
fernere innere Ausbildung des Gehirnes und ſeiner einzelnen Theile
geſchieht ganz in derſelben Weiſe, wie wir dieß ſchon früher bei den
übrigen Wirbelthierklaſſen beobachteten. Ganz nach der Weiſe der
Reptilien und Vögel zeigt ſich auch bei dem Embryo von früher Zeit
[419] an die doppelte Biegung der Körpers, die Nackenbeuge hinter der
Ohrblaſe und die Kopfbeuge zwiſchen der mittleren und hinteren Ab-
theilung, durch welche das Vordertheil des Embryo’s wie ein Finger
zuſammengebogen und in die Dotterblaſe hineingedrückt wird; erſt in
den ſpäteren Zeiten der Embryonalentwickelung zeigt ſich der Säuge-
thiertypus in der Hirnbildung dadurch, daß das Vorderhirn gänzlich
das Mittelhirn überwächſt und zugleich an dem kleinen Gehirne die
beiden Seitentheile ſich ausbilden, durch deren ſtärkere Entfaltung
das Säugethiergehirn ſich weſentlich von demjenigen des Vogels un-
terſcheidet.


Faſt gleichzeitig mit der erſten Anlage des Centralnervenſyſtemes
entſteht diejenige des Skelettes in der Wirbelſaite, ſowie die erſte
Zellenanhäufung, die ſich ſpäter zu dem Herzſchlauche aushöhlt. Die
Rückenſaite erreicht bei den Embryonen der Säugethiere niemals auch nur
die verhältnißmäßige Wichtigkeit, welche ſie bei den niederen Wirbelthieren
beſitzt und wird ſehr bald durch die erſten Anlagen der Wirbelkörper
erſetzt, welche in Geſtalt quadratiſcher Täfelchen zu beiden Seiten der
Wirbelſaite auftreten und ſich nach und nach zu den Wirbelkörpern
umwandeln. An dem Schädel bildet ſich ebenſo, wie bei den anderen
Wirbelthieren, zuerſt ein knorpeliger Urſchädel, der theilweiſe an ſeiner
Baſis verknöchert, größten Theils aber durch die Deckplatten der
Schädelknochen bei der ſpäteren Ausbildung verdrängt wird. Das
Verhältniß der drei Schädelbalken zu dem Naume, in welchem ſich
der Hirnanhang erzeugt, iſt bei den Säugethieren ebenfalls weſentlich
das früher dargeſtellte. Auch die Gliedmaßen erſcheinen urſprünglich
nur als breite, floſſenförmige Vorſprünge und laſſen erſt in den ſpä-
teren Zeiten die Abtheilungen der Finger und Zehen gewahren, welche
ſich urſprünglich in ähnlicher Weiſe darſtellen, wie ſie an den Floſſen
der Robben z. B. permanent ausgebildet ſind. Die erſte Anlage des
Herzens zeigt ſich, wie ſchon bemerkt, unmittelbar nach der Anlage
des Rückenmarkes und Gehirnes in Geſtalt einer ſoliden Zellenanhäu-
fung, welche ſich bald in einen Sförmig gewundenen Schlauch um-
wandelt, der in ſeinen hinteren Zipfeln das über den Dotter herſtrö-
mende Blut aufnimmt und es durch ſeine vordere Spitze wieder in
27*
[420]

Figure 307. Fig. 1334. Fig. 1335.

Fig. 1334. Ein älterer Hunde-Embryo, von der inneren Seite angeſe-
hen. Die Kopfbeuge iſt vollendet, Auge und Ohr als Bläschen geſchloſſen,
vier Kiemenbogen angelegt, das Herz in Vorkammer, Kammer und Arterien-
ſtiel getrennt; die vordere Extremität in Floſſenform angelegt, der Darm noch
als Rinne vorhanden; die Harnhaut (Allantois) als kleine Blaſe hervorge-
ſproſſt. Fig. 1335. Der Kopf deſſelben Embryo’s ſtärker vergrößert, von vorn.
a Auge. b Ohr. c Kiemenbogen. d Herz. e Vorderfuß. f Darmrinne.
g Harnhaut. i Schleimblatt.


die Aorta austreibt, aus der es durch den Körper auf den Dotter
gelangt. Die erſte Bildung des Blutes und der Gefäße findet gleich-
zeitig mit dem Herzen auf der Oberfläche des Fruchthofes ſtatt und
der erſte Kreislauf iſt vollkommen ähnlich demjenigen, der bei Rep-
tilien und Vögeln ſtattfindet. Später freilich zeigen ſich beträchtliche
Modifikationen durch die Bildung des Fruchtkuchens, auf die wir zu-
rückkommen werden. Indeſſen entſtehen die Kiemenbogen und Kie-
menſpalten durchaus in ähnlicher Weiſe bei den Säugethieren wie
bei den Reptilien und Vögeln und durchlaufen dieſelben Umwandlun-
gen, indem ſich die vorderen an der Bildung des Ohres und des Zun-
genbeines betheiligen, während die hinteren zu der Bildung des
Kehlkopfes und der Seitentheile des Halſes in Beziehung ſtehen.
Auch die Schließung des Darmkanales, der aus der inneren Lage
der urſprünglichen Embryonalzellen entſteht, zu einem vollſtändigen
Rohre, welches nur an einer einzigen Stelle durch den Dottergang
mit dem Dotterſacke in Verbindung bleibt, der bei den Säugethieren
allgemein die Nabelblaſe genannt wird, ſo wie die allmälige Abhe-
bung des Embryo’s, die Schließung ſeiner äußeren Bauchwandung
[421]

Figure 308. Fig. 1336. Fig. 1337.

Fig. 1336. Noch älterer Hunde-Embryo von der Seite. Der Darm
iſt vollſtändig gebildet, die Kiemenbogen treten zurück. Hinterfuß und Schwanz
ſind deutlich vorhanden; Dotterblaſe (Nabelblaſe) und Harnhaut ſtielförmig
abgeſchnürt. Fig 1337. Derſelbe Embryo von vorn, um die Lage der Ein-
geweide zu zeigen. a Naſe. b Auge. c Ohr. d Herz. e Vorderfuß. f
Leber. g Darmſchlinge, in welche die Nabelblaſe h durch ihren Stiel einmün-
det. i Hinterfuß. k Harnhaut. l Schwanz. m Wolff’ſche Körper. d1 Ar-
terienſtiel. d2 Kammer. d3 Herzohren.


durch den Nabel und die Ausſtülpung der Harnhaut, deren Stiel
nebſt demjenigen der Nabelblaſe durch dieſen Nabel hindurchgeht, iſt
uns aus den vorhergehenden Klaſſen zur Genüge bekannt; — nicht
minder die Bildung der Schafhaut, welche Anfangs in Geſtalt einer
Falte als Kopf- und Schwanzkappe ſich erhebt und allmälig über dem
Rücken des Embryo’s zu einem vollkommen geſchloſſenen Sacke zuſam-
menwächſt. Die hauptſächlichſte Verſchiedenheit zeigt ſich in der Art
und Weiſe, wie dieſe Hüllen des Eies, die Schaf- und Harnhaut, ſo
wie die urſprüngliche Dotterhaut ſich untereinander und zu der inne-
ren Schleimhaut der Gebärmutter verhalten.


Wir ſahen ſchon oben, daß die Dotterhaut in dem Eileiter ſich
bedeutend erweitert und verdünnt habe, ſo daſt ſie ein äußerſt zartes
Häutchen darſtellt, welches mit dem Eiweiße verſchmolzen iſt. Sobald
nun die Falte der Schafhaut ſich erhebt, ſo legt ſich dieſelbe überall
von innen her genau der äußeren Hülle des Eies an und verwächſt
[422] mit derſelben, ſo daß nach dem Schluſſe der Schafhautfalten über
dem Rücken die äußere Eihaut durch eine innere Schicht verſtärkt
worden iſt, welche von der Faltung der Schafhaut herrührt. Man
nennt die ſo ausgebildete Haut, zu welcher ſelbſt noch eine Schicht
von im Eileiter umgebildetem Eiweiß kommen kann, das Chorion oder

Figure 309. Fig. 1338. Fig. 1339.

Fig. 1338. Vom Hunde, Fig. 1339. vom Menſchen entnommen. In
beiden Figuren ſind die Gebärmutterwandungen ſchwarz, das Chorion zackig
dargeſtellt worden. Die Umriſſe der Harnhaut ſind durch eine einfache Linie,
die der Nabelblaſe durch Punkte, die der Schafhaut durch eine punktirte Linie
angegeben. Bei dem Hunde iſt die Harnhaut um das ganze Ei herumgewach-
ſen und hat ſich zur Bildung des gürtelförmigen Mutterkuchens überall in
die Zacken des Chorions hineingelegt. Beim Menſchen iſt ſie klein geblieben
und hat ſich nur an einer Stelle, der Stelle der ſcheibenförmigen Placenta, in
die Zotten des Chorions hineingebildet. Dafür iſt das Amnios, die Schafhaut,
um ſo größer und außerdem dem Ei von Außen her die hinfällige Haut (De-
cidua
, durch eine zuſammenhängende Linie bezeichnet) umgebildet. a Wand
des Fruchthälters. b Einmündung der Eierſtöcke. c Muttermund. d Deci-
dua. e
Chorion. f Schafhaut. g Harnhaut. h Nabelblaſe. i Embryo.


die Lederhaut; dieſelbe bleibt als äußere Hülle des Eies bis zu der
Geburt beſtehen. Sobald das Chorion durch die beſchriebene An-
einanderlagerung der äußeren Schafhautfalte und der urſprünglichen
Dotterhaut nebſt dem äußeren Eiweiße gebildet iſt, ſo entwickeln ſich
auf ſeiner ganzen Oberfläche eine Menge verzweigter Zotten, welche
ſich in die Oeffnungen der ſehr erweiterten Schleimdrüſen der Gebär-
mutter einſenken und auf dieſe Weiſe das Ei an einer beſtimmten
Stelle befeſtigen. Dieſe Zotten des Chorions entſtehen auf ſeiner ganzen
Oberfläche, verſchwinden aber alsbald wieder an denjenigen Stellen,
wo keine Befeſtigung an die Wände des Fruchthälters ſtattfindet. Die
Eier der meiſten Säugethiere erhalten auf dieſe Weiſe eine citronen-
[423] förmige Geſtalt, indem ſich die Zotten ihres Chorions überall in die
Wände des ſchlauchförmigen Uterus einſenken und nur die beiden
Pole des Eies frei bleiben. Die Ausbildung dieſer Zotten iſt die
erſte Einleitung zu der Bildung des Fruchtkuchens, hinſichtlich deren
man drei verſchiedene Modifikationen unterſcheiden kann. Bei den
Fleiſchfreſſern und den Robben erhalten die Zotten des Chorions auf
dem ganzen Umfange mit Ausnahme der beiden Eipole durch die dop-
pelhörnige Ausbildung der Harnhaut Gefäße, ſo daß ein gürtelför-
miger Mutterkuchen gebildet wird, während bei den Nagern, Inſek-
tenfreſſern, Fledermäuſen, Affen und dem Menſchen nur an einer

Figure 310. Fig 1340.

Menſchlicher Embryo, etwa ſieben Wochen alt.
Die Gebärmutter iſt in vier Lappen aufgeſchnitten, deren innere Fläche
mit der hinfälligen Haut bekleidet iſt. Das überaus zottige Chorion iſt geöff-
net, ſo daß man den Embryo von der durchſichtigen Schafhaut umſchloſſen
in ſeiner Lage ſieht. Bedeutung der Buchſtaben wie in der vorigen Figur.


einzigen Stelle die Zotten bleiben, ſo daß der Mutterkuchen eine Schei-
benform erhält. Bei allen übrigen Säugethieren erhalten ſich nur
hier und da zerſtreute Zotten, die einzeln geſäet auf der ganzen Ober-
fläche des Eies ſich finden, ſo daß der Mutterkuchen kein zuſammen-
hängendes Ganze bildet, wie dieß bei den vorhergenannten Ordnungen
der Fall iſt, wo die Zotten ſich ſo verfilzen und mit der inneren
[424] Schicht des Uterus verſchmelzen, daß gerade hierdurch ein zuſammenhän-
gendes Ganze, ein Mutterkuchen (Nachgeburt, Placenta) gebildet
wird. Indeß entwickeln die Zotten des Chorions niemals ſelbſtſtän-
dig Gefäße, ſondern erhalten dieſelben durch die Ausbildung der
Harnhaut, welche ihnen dieſelben zuführt. Der Mutterkuchen iſt ſo-
mit ein ſehr zuſammengeſetztes Gebilde, das einerſeits aus den Zotten
des Chorions beſteht, anderſeits aus Zotten, welche auf der
Oberfläche der Schleimhaut des Uterus ſich ausbilden und wech-
ſelweiſe in einander greifen, ſo daß ein ſchwammiger gefäß-
reicher Körper entſteht, der halb dem Fruchthälter, halb dem Chorion
angehört. Von beiden Seiten her dringen in dieſen Fruchtkuchen die
Gefäße des Embryo’s und der Mutter ein; die Venen des mütterli-
chen Fruchthälters bilden nach und nach weite Behälter, in welche
die Gefäßzotten, die vom Embryo ausgehen, hineinragen, ſo daß die-
ſelben überall von dem Blute der Mutter umſpült werden, wodurch
der Austauſch der Stoffe weſentlich erleichtert wird. Die Harnhaut
ſelbſt zeigt bei den verſchiedenen Säugethieren eine ſehr verſchiedene
Entwickelung. Während ſie bei den meiſten Wiederkäuern und Fleiſch-
freſſern z. B. das ganze Ei nach allen Seiten hin überwächſt, erhält
ſie ſich zwar bei den meiſten Säugethieren mit einfachen Mutterkuchen,
aber nur in kleinerem Maßſtabe und verſchwindet endlich beim Men-
ſchen ſehr bald nach ihrer Erhebung gänzlich, ſo daß ſie früher faſt
allgemein geläugnet oder von ihrer Exiſtenz nur ſo viel zugegeben
wurde, daß man annahm, ſie reiche nie über die Gränze des Nabels
hinaus. Jedenfalls iſt die Harnhaut bei dem menſchlichen Embryo
nur ſehr klein und ihre Exiſtenz dauert nur ſehr kurze Zeit. Sie
ſcheint hier einzig den Zweck zu haben, die Gefäße zu den Zotten des
Chorions hinzuleiten und bildet ſich deßhalb unmittelbar zurück, ſobald
die ihr angehörenden Gefäßſtämme die Zotten erreicht haben. Nicht
minder wichtig iſt der Unterſchied zwiſchen den Säugethieren und den
Reptilien und Vögeln, welcher durch das Verhalten des Dotters be-
dingt wird. Bei den letzteren, wo er den ganzen Stoff zur Ent-
wickelung des Embryos liefern muß, iſt der Dotter begreiflicher Weiſe
bedeutend groß, während er bei den Säugethieren, wo die Cirkulation
des mütterlichen Organismus ſehr bald die Stoffzufuhr beſorgt, nur
verſchwindend klein iſt. Doch zeigt ſich bei dieſen der Prozeß
der Abſchließung des Darmes und der Bauchwandungen gegen
dem Dotter ganz ſo, wie bei den Vögeln und Reptilien. Der Dot-
tergang zieht ſich indeſſen meiſtens ziemlich lang aus, ſo daß die Na-
belblaſe mit ihrem Stiele in der Mitte des Fruchtlebens die Geſtalt
[425] eines ſehr langhalſigen Kolbens zeigt. Dieſer Stiel der Nabelblaſe
und derjenige des Harnſackes geben die Grundlage des Nabelſtranges
ab, auf welchem die Gefäße verlaufen, welche die Verbindung zwiſchen
dem Fruchtkuchen und dem Embryo herſtellen. Bei Vögeln und Rep-
tilien bleibt ſowohl der Stiel des Harnſackes, wie auch derjenige des
Dotterſackes durch das ganze Fruchtleben hindurch offen. Bei den
meiſten Säugethieren hingegen ſchließt ſich der Gang des Nabelbläs-
chens ſehr bald, ſo daß keine Communikation zwiſchen ihm und dem
Darme mehr ſtattfindet, während nur derjenige der Harnhaut offen bleibt.
So zeigt denn der Nabelſtrang der Säugethiere auf dem Durchſchnitte
in der Mitte einen weiten Gang, den Stiel der Harnhaut, der von
ihr aus zu der Harnblaſe geht und ſpäter als ſogenannter Harnſtrang
(Urachus) den Grund der Harnblaſe an den Nabel befeſtigt. Um
dieſe Höhlung des Nabelſtranges herum zeigen ſich die Lumina der
Gefäße, gewöhnlich aus zwei Arterien und einer Vene beſtehend. Bei
dem Menſchen endlich, wo auch der Harnſack ſehr bald verſchwindet,
erſcheint der Nabelſtrang ganz ſolide und man ſieht auf ſeinem Durch-
ſchnitte nur die Lumina der Gefäße, aber durchaus keinen Gang in
ähnlicher Weiſe, wie dieß bei den Säugethieren der Fall iſt.


Da der Fruchtkuchen zu gleicher Zeit als Ernährungsſtelle, wie
als Vermittler der Athmung dient, indem durch den Austauſch, der in
ſeinen Blutgefäßnetzen zwiſchen dem Blute der Mutter und der Frucht
ſtattfindet, letzterem ſowohl Nährſtoffe als auch Athmungsgaſe zuge-
führt werden, ſo iſt es von beſonderer Wichtigkeit, den Uebergang aus
dieſer Ernährungs- und Athmungsweiſe des Fötus in die des Jun-
gen genau kennen zu lernen. Eingeſchloſſen von dem Chorion als
äußerſter Hülle und von der Schafhaut als innerſter, zwiſchen welche
ſich bei den meiſten Säugethieren noch die ebenfalls mit Flüſſigkeit ge-
füllte Harnhaut drängt, ſchwimmt der Embryo in der Mitte des Eies,
deſſen Anwachſen allmälig den Uterus ſo ſehr erweitert hat, daß die
Trächtigkeit von außen ſichtbar iſt. Der Embryo iſt überall von dem
Waſſer, welches den Sack der Schafhaut erfüllt, benetzt, in demſelben
untergetaucht. Er iſt vollſtändig ausgebildet, nur ſeine Lungen ſind
noch gänzlich zuſammengefallen, ſo daß ſie faſt lederartig, etwa von
ähnlichem Gewebe wie die Leber, erſcheinen und auch wie dieſe im
Waſſer unterſinken. Nur wenn durch das Athmen Luft in die zuſam-
mengefallenen Röhren und Bläschen des Organs eingeführt iſt, er-
ſcheint dieſes weich, ſchwammig und ſchwimmt im Ganzen oder ſtück-
weiſe auf dem Waſſer. In dem Blutkreislaufe finden ſich bei dem im
Ei eingeſchloſſenen Embryo noch Bahnen, welche ſich ſpäter ſchließen
[426] und die den Zweck haben, den Blutſtrom von der Lunge ab und un-
mittelbar in die Körpergefäße zu lenken. So exiſtirt in der Scheide-
wand der Vorhöfe das ſogenannte eirunde Loch, welches eine Com-
munikation zwiſchen beiden Vorhöfen herſtellt und ſo geſtellt iſt, daß
ſchon der größte Theil des aus dem Körper zurückkehrenden venöſen
Blutes unmittelbar durch den rechten Vorhof hindurch in die linke
Herzhälfte ſtrömen muß, alſo den Weg durch die rechte Kammer, durch die
Lunge bis in den linken Vorhof nicht zu machen braucht. Das wenige
übrige Blut, welches noch in die rechte Kammer kommt, wird zwar
von dieſer durch die Lungenarterie ausgetrieben, geht aber größten-
theils durch ein weites Gefäß, den ſogenannten Botalliſchen Gang,
direkt in die Aorta über, ohne die Lunge zu durchlaufen, ſo daß alſo
faſt alles Blut, welches in das Herz kommt, durch die Körperbahn
der Aorta wieder von demſelben weggeführt wird. Dieſe giebt bald
nach ihrem Eintritte in die Bauchhöhle die oberen Darmarterien ab,
von welchen die Gefäße des Harnſackes, die beiden großen Nabelarte-
rien entſpringen, durch die ein bedeutender Theil des Embryonalblutes
in den Fruchtkuchen ſtrömt. Das Blut, welches hier gekreiſt und
Sauerſtoff der Luft, ſo wie Ernährungsſtoffe von dem Blute der
Mutter eingetauſcht hat, kehrt durch die Nabelvene zurück und vereinigt
ſich durch ein weites, in der Leber gelegenes Gefäß, den venöſen Le-
bergang (Ductus venosus Arrantii), mit dem aus dem Körper zurück-
kommendem Blute in der Hohlvene unmittelbar vor dem Herzen. Bei
der Geburt treiben die Muskelfaſern des Fruchthälters durch heftige
Zuſammenziehungen den Embryo durch die Scheide und die äußeren
Geſchlechtstheile hervor, wobei die Eihäute zerſprengt werden. Un-
mittelbar nach der Geburt fängt das Junge an zu athmen, die Lungen
dehnen ſich aus, das Blut ſtrömt ihnen zu und indem einerſeits die
Nabelgefäße, die zu dem als Nachgeburt ausgetriebenen Fruchtkuchen
gingen, zuſammenfallen, ſchließt ſich anderſeits ſehr bald das eirunde
Loch, der Botalliſche Gang und der venöſe Gang der Leber, ſo daß
die vollſtändige Scheidung zwiſchen beiden Herzhälften und Blutarten
realiſirt wird. Bei den im Waſſer lebenden Säugethieren bleibt das
eirunde Loch beſonders lang offen, ſchließt ſich aber doch im ſpäteren
Alter völlig.


Die Dauer der Trächtigkeit iſt bei den Säugethieren ſehr ver-
ſchieden, ſteht aber gewöhnlich im Verhältniſſe zu der Größe. Die
kleineren Nager, die Mäuſe, Kaninchen u. ſ. w. tragen nur drei bis
ſechs Wochen, während dieſe Zeit bei dem Menſchen neun Monate, bei
[427] dem Pferde eilf Monate, bei dem Elephanten ſogar über ein Jahr
dauert. Die Zeit, während welcher die jungen Thiere geſäugt wer-
den, ſteht ebenfalls gewöhnlich in Beziehung zu der Dauer der Träch-
tigkeit. Bei den auf freiem Felde lebenden Thieren, welche ſich ihre
beſonderen, ſtabilen Lagerſtätten bereiten, wie z. B. bei den Wieder-
käuern, ſind die jungen Thiere unmittelbar nach der Geburt befähigt,
ihren Eltern zu folgen, während ſie bei anderen, wie namentlich bei
den Fleiſchfreſſern, längere Zeit hilflos im Neſte liegen und erſt nach
und nach das Gehen erlernen. Die Mütter wachen meiſt mit großer
Sorgfalt über den Jungen und vertheidigen ſie ſelbſt mit Gefahr ihres
Lebens.


Die Lebensart der Säugethiere, ſo wie ihre Verbreitung ſind
außerordentlich verſchieden. Die einen ſind gänzlich auf das Waſſer
angewieſen und können daſſelbe gar nicht verlaſſen, wie die Walthiere,
oder ſich nur mit Mühe auf dem feſten Lande fortbewegen, wie die
Robben; andere, wie Fiſchottern und Biber, ſind gleichmäßig für das
Waſſer und das Land ausgeſtattet. Die Waſſerſäugethiere ſind faſt
alle Raubthiere, welche ſich von Fiſchen und Weichthieren nähren.
Unter den Landthieren ziehen viele, wie die Dickhäuter, ſumpfige Wal-
dungen oder Flüſſe vor, an deren Ufern ſie ſich beſonders von Wur-
zeln und Geſträuchen nähren. Weite Ebenen, lichte Waldungen ſind
vor allen den truppweiſe lebenden Wiederkäuern und Einhufern ange-
wieſen, die ſich ebenfalls nur von vegetabiliſchen Stoffen nähren. Die
meiſten Nager leben entweder in Höhlen unter der Erde oder auch
kletternd auf Bäumen,; ihre aus Pflanzenſtoffe beſtehende Nahrung
ſuchen ſie meiſtens auf der Oberfläche oder in geringer Tiefe. Raub-
thiere und Inſektenfreſſer ſind meiſtens nächtliche Thiere, welche Tags
über in Verſtecken oder auch in Höhlen lauern und erſt Abends auf
ihren Raub ausgehen. Die ganze Ordnung der Flatterthiere und
Halbaffen beſteht ebenfalls aus nächtlichen Thieren, die fliegend oder
kletternd ihre Nahrung ſuchen. Die ganze Ordnung der Affen beſteht
einzig aus Kletterthieren, denen die Wälder der Tropengegenden zum
Aufenthalte angewieſen ſind. Was die Vertheilung auf der Erde be-
trifft, ſo theilen nur wenige Hausſäugethieren mit dem Menſchen das
Privilegium, auf der ganzen Erde verbreitet zu ſein. Alle übrigen
haben mehr oder minder ausgedehnte Bezirke, in denen ſie die ihnen
angemeſſenen Verhältniſſe verwirklicht finden. Ganze Ordnungen ſind
nur auf einzelne Zonen eingeſchränkt; ſo ſind die Affen genau auf
die Gränze der Palmenvegetation reduzirt und die nördlichſte Gränze
[428] ihrer Verbreitung zugleich der ſüdlichſte Punkt Europas, die Spitze
von Gibraltar. So bewohnen die Beutelthiere nur Auſtralien und
das ſüdliche Amerika, während die Kloakenthiere gänzlich auf Auſtra-
lien eingeſchränkt ſind. Die Zahnloſen finden ſich nur in den Tro-
pengegenden der drei Continente: Amerika, Afrika und Aſien, ebenſo
die Rieſengattungen der Dickhäuter: Elephant, Flußpferd, Nashorn
und Tapir. Fledermäuſe, Raubthiere, Inſektenfreſſer, Nager, Dick-
häuter, Einhufer und Wiederkäuer ſind über die ganze Erde verbrei-
tet, wenn auch allgemein in der Art, daß die Zahl der Arten und
Familien von Norden gegen Süden hin bedeutend zunimmt. Die
Walthiere und Robben allein machen von dieſer Regel eine Ausnahme,
indem ſie in jeder Beziehung, was Zahl der Arten und Individuen,
ſo wie deren Größe betrifft, nach den Polargegenden des Nordens wie
des Südens hin zunehmen.


Die foſſilen Säugethiere, deren man jetzt etwa ſechshundert Arten
kennt, treten zuerſt in dem Jura mit einigen kleinen Gattungen auf,
welche offenbar den Beutelthieren angehören. Trotz des großen Reich-
thums der juraſſiſchen Gebilde an Verſteinerungen, hat man bis jetzt
doch nur ſeltene Bruchſtücke dieſer erſten Säugethiere aufgefunden,
was zu der Annahme berechtigt, daß dieſelben in der That eine ſehr
vereinzelte Erſcheinung waren. In der Kreide wurde noch keine Spur
von Säugethierreſten entdeckt, während in der Tertiärzeit plötzlich eine
Menge von Formen auftreten, die um ſo mehr von den jetzt lebenden
Arten verſchieden, je älter die Schichten ſind, welchen die Reſte ange-
hören. Die Dickhäuter ſind es namentlich, welche in den älteren
Tertiärſchichten mit einer großen Anzahl eigenthümlicher Formen auf-
treten, ſo daß die Geſammtzahl der ausgeſtorbenen Gattungen und
Arten ſogar die der jetzt lebenden übertrifft, ein Verhältniß, welches
außerdem nur noch bei den zahnloſen Säugethieren vorkommt, deren
rieſenmäßige Formen, die jetzt ganz von der Erde verſchwunden ſind,
in der letzten Epoche der Tertiärzeit Südamerika bevölkerten. Sonſt
zeigt faſt jede Epoche der Tertiärzeit einen eigenthümlichen Charakter;
die ältere, wie bemerkt, durch die vorwiegende Ausbildung der Dick-
häuter, die mittlere durch das Auftreten der Wiederkäuer, welche von
da an im beſtändigen Zunehmen begriffen ſind, die jüngere Tertiär-
periode und das Diluvium durch die maſſenhafte Ausbildung der
Raubthiere, welche auch zugleich zum Theile rieſenförmige Größe er-
reichen. Viele Säugethiere ſind indeß ebenſo, wie der Menſch, ihrer
Gattung und Familie nach nur Angehörige der jetzigen Epoche und
[429] es zeigt ſich auch in dieſer Beziehung eine merkwürdige Ausbildung
der Typen, indem die dem Menſchen zunächſt ſtehende Ordnung der
Affen zwar in allen Schichten der Tertiärgebilde, aber dort nur äußerſt
ſpärlich vorkommen und die hauptſächliche Entwicklung dieſer zahl-
reichen Ordnung einzig der jetzigen Epoche angehört.


Die Claſſifikation der Säugethiere iſt von jeher ein Gegenſtand
vielfacher Erörterung und mannigfachen Streites geweſen, zumal hin-
ſichtlich der Ordnung, in welcher man die einzelnen Gruppen einzu-
reihen pflegte, ſowie hinſichtlich des relativen Werthes, welchen man
dieſen verſchiedenen Gruppen beilegte. Wir unterſcheiden bei ihnen
vor allen Dingen zwei Unterklaſſen, die weſentlich auf die Struktur
der Geſchlechtsorgane und die Fortpflanzung gegründet ſind und zwei
Reihen bilden, welche zwar an Zahl und Reichthum der Formen
außerordentlich verſchieden ſind, aber dennoch faſt überall analoge
Typen darbieten. Bei der einen Unterklaſſe, den Säugethieren
ohne Mutterkuchen
oder den Didelphen (Aplacentaria)
bildet ſich niemals ein eigentlicher Mutterkuchen aus, das Ei entwickelt
ſich im Inneren der weiblichen Geſchlechtstheile bis zu einer gewiſſen
Stufe der Ausbildung des Embryos, welche bedeutend geringer iſt,
als diejenige, in welcher die meiſten anderen Säugethiere zur Welt
kommen. Das hülfloſe Junge wird meiſt in ganz eigenthümlicher
Weiſe feſthängend an den Zitzen der Mutter durch die Milch derſelben
bis zur Epoche der Selbſtſtändigkeit ernährt. Der Mangel eines wah-
ren Mutterkuchens beruht darin, daß die Allantois ſich zwar in Bla-
ſenform ausbildet, aber niemals eine ſolche Ausdehnung erreicht, daß
ſie ſich an die Wandungen der Gebärmutter anlegte und ihre Gefäße
mit den Uteringefäßen in Wechſelwirkung träten. Das Ei und der
in ihm enthaltene Embryo werden demnach innerhalb der mütterlichen
Geſchlechtstheile in ähnlicher Weiſe, wie die Jungen der meiſten Knor-
pelfiſche durch Einſaugung der in den Organen enthaltenen Flüſſig-
keiten ernährt, da die Dottermaſſe, welche dem Ei beigegeben iſt, zwar
bedeutender iſt, als bei den übrigen Säugethieren, aber dennoch nicht
wie bei den meiſten eierlegenden Thieren zur Ausbildung des Embryos
hinreicht.


Eine zweite durchgreifende Verſchiedenheit beſteht in dem Mangel
des Schwielenkörpes (corpus callosum) dieſer beträchtlichſten aller Com-
[430] miſſuren, welche die beiden Hirnhälften mit einander verbinden. Es
fehlt dieſer Theil dem Gehirne aller Didelphen durchaus, während er
bei allen übrigen Säugethieren, wenn auch in verſchiedenem Grade
entwickelt, vorhanden iſt. Die übrigen Verſchiedenheiten in großer
Zahl, welche ſich bei den Didelphen finden, ſind weſentlich nur der
einen oder anderen Ordnung dieſer Thiere eigenthümlich, ſo daß wir
ſie auf die nähere Betrachtung derſelben zurückſtellen können. Auch
bei der Eintheilung dieſer Unterklaſſe treten die Verhältniſſe der Fort-
pflanzung und die Bildung der Geſchlechtstheile in den Vordergrund,
ſo daß wir zwei Ordnungen unterſcheiden müſſen: die Kloaken-
thiere (Monotremata)
mit einfacher Kloake als gemeinſchaftlichem
Ausführungsgange des Darmkanales, der Harn- und Geſchlechtswerk-
zeuge, die niedrigſte Stelle unter den Säugethieren einnehmend; und
die Beutelthiere (Marsupialia), ausgezeichnet durch die eigen-
thümliche Einrichtung der in Hauptfalten oder in Beuteln eingeſchloſ-
ſenen Zitzen, an welchen die Jungen lange Zeit hindurch permanent
angeheftet ſind. Die letztere Ordnung bietet eine größere Anzahl von
Familien dar, welche bei genauerer Analyſe vielmehr den Ordnungen
der übrigen Säugethiere als den Familien derſelben entſprechen und
die bei gleicher Anzahl der Repräſentanten gewiß als gleich wichtig
anerkannt werden würden.


Die übrigen Säugethiere, die Monodelphen (Placentaria),
bei welchen allen ohne Ausnahme ein wahrer Mutterkuchen gebildet
und der Embryo durch die Wechſelwirkung ſeines Blutes und des
Blutes der Mutter im Inneren dieſes Mutterkuchens ernährt wird,
zeigen in der Bildung ihrer Zähne und ihrer Extremitäten mannich-
fache Verſchiedenheiten, welche beſonders zur Aufſtellung der Ordnun-
gen benutzt worden ſind. Es konnte indeß ſchon einer oberflächlichen
Betrachtung nicht entgehen, daß zwiſchen den verſchiedenen Ordnun-
gen mancherlei nähere oder entferntere Beziehungen ſtattfinden, durch
welche ſich einzelne größere Gruppen erkennen laſſen. Man wurde
durch dieſe verſchiedenen Analogieen, die man bald in der äußeren
Form, bald in der Bildung der äußeren Haut, der Zähne, der Füße,
der Verdauungs- und Geſchlechtsorgane erkannte, zu der Annahme
verſchiedener Reihen oder Stämme geleitet, die indeß immer viel
Schwankendes in ihrer Durchführung zeigten, da man ſich bei der
Anatomie der erwachſenen Thiere auf keine ſcharf abgegränzten Cha-
raktere ſtützen konnte. Betrachtet man indeß die embryonale Ausbil-
dung und namentlich die Art und Weiſe der Entwicklung des Mut-
[431] terkuchens, ſo bieten ſich ſcharf geſonderte Charaktere für dieſe größe-
ren Gruppen, durch welche manche der früheren auf unbeſtimmte An-
nahmen gegründeten Umgränzungen beſtätigt werden.


Bei den Einen bildet ſich niemals ein zuſammenhängender Mut-
terkuchen aus; die Harnhaut überzieht die ganze innere Oberfläche
der Eihaut; ihre Gefäße bilden ſich hier und da in einzelne Zotten
oder Wülſte (Cotyledones) hinein, in welchen die wechſelſeitige Ge-
fäßverbindung zwiſchen Mutter und Frucht ſtattfindet. Die Wal-
thiere (Cetacea)
mit fiſchartigem Körper, floſſenartigen Vorder-
gliedmaßen, unter denen wir drei Unterordnungen unterſcheiden: die
ächten Walthiere (Cetacea) auf Fleiſchnahrung angewieſen, mit
einwurzeligen Kegelzähnen; die Doppelzähner (Zeuglodonta)
mit doppelwurzeligen Fleiſchzähnen, deren Kronen ſcharf gezackt ſind;
und die Seekühe (Sirenia) von gleicher Körperform, ähnlicher
Beſchaffenheit der Gliedmaßen, aber mit Mahlzähnen verſehen und auf
Pflanzennahrung angewieſen; — die Dickhäuter (Pachydermata)
mit vier Füßen und mehr als zwei Hufen daran, ſo wie meiſtens mit
allen Arten von Zähnen verſehen die Zahnloſen (Edentata)
mit langentwickelten mehrfachen Krallen, aber ſtets ohne Vorder- und
Eckzähne; die Einhufer (Solidungula) mit Vorderzähnen in bei-
den Kinnladen und einfachen Hufen an allen Füßen; und die Wie-
derkäuer (Ruminantia)
mit geſpaltenen Hufen, eigenthümlicher
Magenbildung und ohne Schneidezähne in dem Oberkiefer; — bilden dieſe
größere Gruppe, in welcher ſich die Ordnung der Dickhäuter gewiſſer
Maßen als der Mittelpunkt darſtellt, an welchen einerſeits die Wale
und Seekühe, andererſeits die Zahnloſen oder die Einhufer und Wie-
derkäuer ſich anreihen.


Bei einer zweiten Gruppe ſammeln ſich die Anfangs zerſtreuten
Zotten des Chorions und der Harnhaut in einem Gürtel, welcher
quer um das ſpindelförmige Ei gelegt iſt und die beiden Enden des-
ſelben frei läßt; — der Mutterkuchen heftet auf dieſe Weiſe das Ei
in dem ganzen Umkreiſe der inneren Höhle der röhrenförmigen Ge-
bärmutter an. Die Gruppe, welche von dieſen mit einem gürtelför-
migen Mutterkuchen verſehenen Säugethieren gebildet wird, zeichnet
ſich durch die Anordnung ihrer Zähne und ihr raubgieriges Naturell
von allen andern aus und begreift nur zwei Ordnungen, die Rob-
ben (Pinnipedia)
mit fiſchähnlichem Körper und Floſſenfüßen, und
die eigentlichen Fleiſchfreſſer (Carnivora) mit ſcharfen vielfa-
chen Krallen an den Pfoten.


[432]

Eine dritte Gruppe wird durch diejenigen Säugethiere gebildet,
bei welchen die Zotten des Chorion’s ſich nur an einer einzigen Stelle
in Wechſelwirkung mit den Gefäßzotten der Gebärmutter ausbilden,
wodurch ein einfacher Mutterkuchen erzeugt wird, der mehr oder min-
der eine Scheibenform beſitzt. Die Nager (Glires) mit Krallen-
pfoten, meißelartigen Scheidezähnen und ohne Eckzähne, die Inſek-
tenfreſſer (Insectivora)
mit Krallenpfoten, vielfachen Schneide-
zähnen, langen Eckzähnen und ſpitzhöckerigen Backenzähnen, die Flat-
terthiere (Volitantia)
mit durch eine Flughaut verbundenen
Extremitäten, die Vierhänder (Quadrumana) mit Händen an
allen vier Extremitäten, und die Zweihänder (Bimana) mit
Händen an den vorderen und Füßen an den hinteren Extremitäten
bilden dieſe Gruppe, welche ſich in ununterbrochener Reihe bis zu der
Krone der jetzigen Schöpfung, bis zu dem Menſchen erhebt.


Unterklaſſe der Säugethiere ohne Mutterkuchen. (Aplacentaria.)

Schon vorher wurde angeführt, daß der Mangel des Schwielen-

Figure 311. Fig. 1341.

Gehirn des Ameiſenſeeigels (Echidna).
An der rechten Hemiſphäre iſt die Decke abgenommen,
ſo daß man bei fehlendem Schwielenkörper die tiefen
Gebilde ſieht. a Unverletzte Hemiſphäre. b Kleines
Gehirn. c Vierhügel. d Sehhügel. e Pferdefuß (hippo-
campus)
.


körpers im Gehirn eines
der weſentlichſten anato-
miſchen Kennzeichen in
dieſer Unterklaſſe ſei und
man deßhalb das Gehirn
eines ſolchen Säugethie-
res auf den erſten Blick
unterſcheiden könne, in-
dem beim Auseinander-
ziehen der beiden Hirn-
hälften diejenigen Theile
frei zu Tage kommen,
welche bei den übrigen
durch dieſe Commiſſur
gedeckt ſind. Die Hirn-
hälften ſelbſt ſind im
Ganzen klein und decken
niemals das kleine Ge-
hirn, ſelten die Vierhügel.
[433]

Figure 312. Fig. 1342.

Becken des Ameiſenigel’s (Echidna hystrix).
a Kreuzbein aus verwachſenen Wirbeln beſtehend.
b Hüftbein. c Schambein. d Beutelknochen. e Ge-
lenkpfanne des Schenkels.


Der Schädel, die Wirbel-
ſäule und die Extremi-
täten zeigen keinen
durchgreifenden Charak-
ter, welcher ſie von denen
der übrigen Säugethiere
weſentlich unterſcheiden
ließe; dagegen findetman
einen ſolchen in der
Struktur des Beckens.
Hier ſtehen nämlich auf
dem vorderen Rande und
zwar in der Nähe der
Vereinigung der beiden
Schambeinäſte zwei meiſt
längliche, cylindriſche oder platte Knochen beweglich eingelenkt, welche
man die Beutelknochen (Ossa marsupialia) ziemlich ungeeigneter Weiſe
genannt hat, da ſie auch bei den nicht mit einem Beutel verſehenen
Thieren dieſer Unterklaſſe vorkommen. Es liegen dieſe Knochen in
der Dicke der Bauchwandungen und ſcheinen als Verknöcherungen der
Sehnen des äußeren ſchiefen Bauchmuskels betrachtet werden zu kön-
nen; ſie ſind bei Männchen und Weibchen ſtets in gleicher Weiſe ent-
wickelt.


Ordnung der Kloakenthiere. (Monotremata.)

Sie begreift die niederſten Säugethiere, die man ſogar oft als
eine eigenthümliche Klaſſe zwiſchen den Säugethieren und den Vögeln
hat hinſtellen wollen. Der Schädel dieſer Thiere iſt flach, der Raum
für das Gehirn nur gering im Vergleich zu der bedeutenden Ausbil-
dung des Geſichtstheiles; die Schnauze iſt ſehr lang, die Kiefer
entweder vollkommen zahnlos oder mit hornigen Zähnen verſehen, die
eine Art von Platte bilden und aus ſenkrechten Hornfaſern gebildet
ſind. Weiche Lippen fehlen durchaus. Die Schädelknochen verwach-
ſen ſehr früh in ähnlicher Weiſe, wie bei den Vögeln, zu einer naht-
loſen Kapſel. Das äußere Ohr fehlt dieſen Thieren durchaus und
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 28
[434]

Figure 313. Fig. 1343. Fig. 1344. Fig. 1345.


Figure 314. Fig. 1346.

Fig. 1343. Schädel des Schnabelthiers von Oben; Fig. 1344 von der Seite;
Fig. 1345 von Unten; Fig. 1346 Schädel des Ameiſenigels von der Seite. a
Zähne des Schnabelthiers.


Figure 315. Fig. 1347.

Schultergürtel des Schnabelthieres (Ornithorhynchus).
a Schulterhöhe (Acromion). co Rabenbein (os cora-
coideum). d
Gabelknochen, aus den verwachſenen
Schlüſſelbeinen (clavicula) gebildet. h Gelenkhöle des
Oberarmbeines. o Schulterblatt (omoplata). s Bruſt-
bein (sternum). c Rippen.


die Augen ſind nur klein,
ſonſt aber vollſtändig
entwickelt, der Schulter-
gürtel nähert ſich in ſeiner
Bildung eines Theils dem
der Reptilien, anderen
Theils dem der Vögel; —
die Handhabe des Bruſt-
beins iſt T-förmig und
die beiden Schlüſſelbeine
ſo mit einander verwach-
ſen, daß ſie einen feſten
Gabelknochen wie beiden
Vögeln bilden. Die Ra-
benbeine ſind außeror-
dentlich groß und die
Schulterblätter über die
Gelenkgrube des Ober-
armes nach vorn hin verlängert, ſo daß ſie mit dem Bruſtbeine zu-
ſammenſtoßen. Die Füße haben fünf Zehen, welche überall mit lan-
gen Krallennägeln bewaffnet ſind; die Männchen tragen außerdem
an dem Hinterfuße noch einen eigenthümlichen Sporn, welcher der
ganzen Länge nach durchbohrt iſt und mit dem Ausführungsgang
[435]

Figure 316. Fig. 1348.

Innere Geſchlechtstheile des Schnabelthieres.
a Der linke Eierſtock verkümmert. b Der Trichter
des Eileiters mit ſeinem Schlitze. c Rechter Eierſtock.
d Der Eileitertrichter aufgeſchnitten; eine Sonde iſt
durch den Schlitz geſteckt. e Eileiter. f Uterus, links
nur bis zur Einmündungswarze, rechts ganz geöffnet.
g Harnleiter auf derſelben Warze durch ein Löchlein ſich
öffnend. h Harnblaſe. i Gemeinſchaftlicher Gang für
Harn- und Geſchlechtsprodukte (canalis urogenitalis).
k
Maſtdarm, eine Sonde iſt durch ihn bis in ſeine
Oeffnung in die Kloake l geſteckt.


einer Drüſe in Verbin-
dung ſteht, die nach der
Behauptung der Einge-
borenen einen giftigen
Saft abſondern ſoll. Die
weiblichen Geſchlechts-
theile ſind denjenigen
der Vögel analog gebil-
det, indem der rechte
Eierſtockverkümmert, der
linke traubenförmige da-
gegen faſt einzig ent-
wickelt iſt. Dieſer liegt
unmittelbar neben der
ſpaltenförmigen Oeff-
nung der weiten Trom-
pete, welche in einen
kurzen Eileiter führt,
der ſich jederſeits zu ei-
nem ſchlauchförmigen
Uterus erweitert. Die
beiden Uteri öffnen ſich
getrennt von einander
auf zwei warzenartigen
Erhöhungen, auf denen
zugleich die Oeffnungen
der Harnleiter ſich be-
finden, in einen weiten Kanal, der nach vorn in die Harnblaſe, nach
hinten in das erweiterte Ende des Maſtdarmes, in die Kloake ſich fort-
28*
[436]

Figure 317. Fig. 1349.

Weibliches Schnabelthier von der Bauchſeite.
Rechts iſt die Hautdecke von der Milchdrüſe zurück-
geſchlagen. a After. b Hautdrüſenöffnung, an der
Stelle, wo das Männchen den Sporn hat. c Milch-
drüſe.


ſetzt. Die Milchdrüſen
haben keine Zitzen, ſon-
dern öffnen ſich einfach
mit einer ſpaltförmigen
Oeffnung jederſeits am
Bauche. Es giebt nur
eine auf jeder Seite.
Sie beſtehen aus dicken
wurmförmigen Blind-
gängen, deren Ausbil-
dung je nach dem Zu-
ſtande der Trächtigkeit
ſehr verſchieden iſt.


Figure 318. Fig. 1350.

Das Schnabelthier (Ornithorhynchus paradoxus).


Wir unterſcheiden zwei Familien, deren jede nur von einer Gat-
tung repräſentirt iſt. Die Schnabelthiere(Ornithorhynchida) haben
einen breiten, plattgedrückten, einem Entenſchnabel ähnlichen Oberkie-
fer, der vorn die Naſenlöcher trägt und in deſſen untere Rinne der
ſchmale Unterkiefer paßt; an der Seite zeigt dieſer Schnabel quere
Falten und im Hintergrunde des Maules eine zahnartige Hornplatte
ohne Wurzel, die aus ſenkrechten Faſern beſteht. Der walzenförmige
Körper iſt mit kurzen, groben Pelzhaaren bekleidet, der Schwanz kurz,
plattgedrückt, behaart. Die fünf Zehen der Füße ſind durch eine
Schwimmhaut verbunden, welche an den Vorderfüßen die Krallen
weit überragt. Die Thiere leben in Neuholland in Teichen und Flüſ-
ſen, an deren Ufern ſie ſich Löcher graben. Die Eingeborenen behaup-
ten, daß ſie Eier legen, doch hat man in Neſtern neben zolllangen,
kaum geborenen Jungen niemals Schalen beobachtet.


[437]
Figure 319. Fig. 1351.

Der Ameiſenigel (Echidna s. Tachyglossus hystrix).


Bei den Ameiſenigeln(Echidnida), die in demſelben Vaterlande
in Erdhöhlen leben, iſt die Schnauze in einen langen dünnen Rüſſel
ausgezogen; die Kiefern ſind durchaus zahnlos; der Gaumen ſtatt
deſſen mit rückwärts gerichteten Hornwarzen beſetzt; die Zunge iſt
äußerſt lang, ſehr beweglich; die Füße mit ſtarken, langen, gebogenen
Krallen bewaffnet; zwiſchen den Borſtenhaaren ſtehen auf dem Rücken
ähnlich wie bei den Igeln, kurze Hornſtacheln, die dem Thiere zur
Vertheidigung zu dienen ſcheinen, obgleich es ſich nicht vollſtändig
zuſammenrollen kann.


Foſſile Ueberreſte von Kloakenthieren ſind bis jetzt noch nicht
aufgefunden worden.


Ordnung der Beutelthiere. (Marsupialia.)

Dieſe Ordnung umfaßt eine große Anzahl von Thieren, welche
hauptſächlich nur in Auſtralien und dem ſüdlichen Amerika vorkommen
und deren foſſile Repräſentanten die erſten Säugethiere ſind, die
überhaupt in der Geſchichte der Erde auftreten. Der Schädel der
Beutelthiere hat gewöhnlich eine mehr oder minder pyramidale Form
mit zugeſpitzter Schnauze und ſtark hervortretendem Geſichtstheile; die
Zahnbildung iſt je nach den Familien außerordentlich verſchieden und
derjenigen der verſchiedenen Ordnungen der Säugethiere entſprechend;
die Augenhöhlen ſind gewöhnlich nach hinten offen und durch ein Loch
[438]

Figure 320. Fig. 1352. Fig. 1353. Fig. 1354.

Schädel verſchiedener Beutelthiere. Fig. 1352. Der Beutelratze (Didelphys). Fig. 1353. Des Potoru
(Hypsiprimnus). Fig. 1354. Das Wombat (Phascolomys).


mit der Schläfengrube verbunden; der Unterkiefer hat eine eigenthüm-
liche Geſtalt, indem ſich ſein Gelenkwinkel nach innen einbiegt und
einen mehr oder minder blattartigen Fortſatz bildet, welcher zuweilen
faſt den ganzen Raum zwiſchen den beiden Aeſten des Unterkiefers
einnimmt; die Beutelknochen ſind bei allen Beutelthieren ohne Aus-
nahme und bei beiden Geſchlechtern in vollkommen gleicher Größe ent-
wickelt; die Bildung der Extremitäten erſcheint äußerſt verſchieden,
gewöhnlich findet man die Vorderfüße mit mehreren freien Zehen
verſehen und mit langen Nagelkrallen bewaffnet, ſo daß ſie zum Gehen,
ſo wie zum Ergreifen der Beute geſchickt erſcheinen; bei den Sprin-
genden ſind ſie gewöhnlich ſehr kurz, verkümmert, aber nichts deſto
weniger mit wohl ausgebildeten Schlüſſelbeinen verſehen. Sehr ver-
ſchiedenartig iſt die Bildung der Hinterfüße. Bei den Einen ſind die
Zehen frei, mit Krallennägeln verſehen und der Fuß zum Laufen ge-
eignet; bei Anderen die mittleren Zehen mit einander verwachſen und
mit dem Mittelfuße enorm verlängert, ſo daß ein mächtiges Inſtru-
ment zum Sprunge geſchaffen wird; bei noch Anderen endlich ſind die
Hinterfüße vollkommene Hände, indem neben vier nageltragenden Ze-
hen ein abſetzbarer nagelloſer Daumen gebildet iſt.


Das Gehirn zeigt bei den meiſten Beutelthieren entweder gar
keine oder nur ſehr wenige flache Windungen. Die äußere Ohrmu-
ſchel iſt bei Allen wohl ausgebildet und bei vielen ſogar von beträcht-
licher Größe. Den weſentlichſten auszeichnenden Charakter bietet die
Bildung der Geſchlechtstheile dar; bei den Männchen liegen die Ho-
den in einem Sacke unter dem Bauche weit vor der Ruthe, die zum
Theil in einem langen ſcheidenartigen Canale verſteckt iſt; bei den
Weibchen führt die weibliche Geſchlechtsöffnung, welche vollkommen von
dem After getrennt iſt, in einen mehr oder minder langen Kanal, der
ſich bald in zwei Röhren theilt, welche ſich in Form einer Lyra nach
[439]

Figure 321. Fig. 1355.

Innere Geſchlechtstheile eines trächtigen Känguruh’s (Macropus).
a Franzen des Eileitertrichters. b Gelber Körper im rechten Trichter.
c Eileiter. d Rechter Uterus, trächtig. e Chorion des Embryo f, der einen
ſehr kurzen Nabelſtrang zeigt. g Linker Uterus, leer. h Gemeinſchaftlicher
Scheidentheil. i Henkelartige Scheidenkanäle. k Gemeinſchaftlicher blinder
Sack derſelben. l Unvollſtändige Scheidewand dieſes Sackes.


oben gegen einander krümmen. Dieſe beiden Scheidenkanäle, welche
man früher für die beiden Gebärmutterhälften anſah, öffnen ſich in
einen Sack, der mehr oder minder vollſtändig durch eine mittlere Schei-
[440] dewand in zwei Hälften getheilt und deſſen Ausbildung bei den ver-
ſchiedenen Gattungen ſehr verſchiedene Gränzen zeigt. In dieſen Sack
mündet jederſeits eine ſchlauchförmige Gebärmutter, die ſich nach vorn
in einen kurzen Eileiter fortſetzt, deſſen weite Oeffnung den Eierſtock
mit zahlreichen Franzen umfaßt. Zu dieſer eigenthümlichen Bildung
der inneren Geſchlechtstheile tritt noch die Ausbildung des Beutels

Figure 322. Fig. 1356. Fig. 1357.

Fig. 1356. Hintertheil einer weiblichen Beutelratte (Didelphys). Die punktirte Linie bezeichnet die
Ausdehnung des Beutels. Fig. 1357. Der Beutel geöffnet, um die Zitzen zu zeigen.


hinzu. Die Zitzen liegen nämlich an dem hinteren Theile des Bauches
zu beiden Seiten der Mittellinie in mehr oder minder großer Anzahl
und beſitzen eine verhältnißmäßig außerordentliche Länge; ſie ſind in
ihrem Umkreiſe entweder nur von einen einfachen Hautfalte oder von
einer förmlichen Taſche umgeben, die eine ſchlitzartige Oeffnung beſitzt
und in welcher die Jungen lange Zeit an den Zitzen der Mutter hän-
gend herumgetragen werden.


Man hat über die früher ſo zweifelhafte Frage der Fortpflanzung
der Beutelthiere in den europäiſchen Menagerieen vielfache Beobach-
tungen anſtellen können, aus welchen ſich ergeben hat, daß der Em-
bryo innerhalb der Gebärmutter ſich inſoweit vollſtändig ausbildet,
als zum Leben in freier Luft nothwendig iſt, daß er aber dann noch
nur eine ſehr unbedeutende Größe beſitzt. Man findet alle Theile des
Säugethiereies, Chorion, Nabelblaſe, Schaafhaut und Harnhaut voll-
kommen ausgebildet, nur mit dem Unterſchiede, daß Letztere nicht bis
[441] zur Oberfläche des Chorion herankommt und auf dieſe Weiſe kein
Mutterkuchen gebildet wird. Die Geburt des kleinen, aber in ſeinen
Theilen vollſtändig ausgebildeten Jungen geht ganz in gewöhnlicher
Weiſe vor ſich; die Mutter empfängt es mit dem Maule, bringt es
in den Beutel und hängt es dort an eine Zitze an, zu deren enger
Umfaſſung Mund- und Rachenhöhle des Jungen in eigenthümlicher
Weiſe kanalartig ausgebildet ſind; der Beutel bleibt noch ſehr lang,
ſelbſt nach der vollſtändigen Ausbildung des Jungen der Zufluchtsort
für daſſelbe, ſo daß es ſich bei drohender Gefahr hineinflüchtet. Bei
denjenigen Gattungen, bei welchen der Beutel durch eine Hautfalte
erſetzt iſt, hängt das Junge nur im Anfang an den Zitzen, wird aber
ſpäter von der Mutter auf dem Rücken mit herumgetragen.


Wir unterſcheiden in der Ordnung der Beutelthiere folgende Fa-
milien:


Figure 323. Fig. 1358.

Der Wombat (Phascolomys Wombat.)


Die Beutelnager(Glirina) beſtehen aus einer Gattung kurzer,
plumper, träger, nächtlicher Thiere, die in ihrem Aeußeren viel Aehn-
lichkeit mit einigen Arten von Schrotmäuſen beſitzen. Dieſe Aehnlichkeit
iſt noch durch den Zahnbau beſtätigt (ſ. Fig. 1354 S. 438), welcher
ganz demjenigen der Nagethiere entſpricht, indem in jeder Kinnlade
vorn zwei breite, meiſelartig zugeſchärfte Zähne ſtehen, auf welche nach
einer langen Zahnlücke die breitkronigen abgenutzten Backzähne mit
faltigem Schmelzſaume folgen. Die Vorderfüße der in Erdhöhlen
lebenden Thiere haben fünf kaum getrennte, aber mit langen Grab-
nägeln bewaffnete Zehen; an den Hinterfüßen finden ſich nur vier
ſolche Zehen und ein kurzer ſtummelartiger Daumen. Sie finden ſich
nur in Auſtralien. Phascolomys.


[442]
Figure 324. Fig. 1359.

Känguruh (Halmaturus).


Die Familie der Känguruh’s(Macropodida) iſt durch den eigen-
thümlichen Bau der Gliedmaſſen ſeit der Entdeckung Neuholland’s
wohl bekannt. Der Kopf dieſer Thiere iſt klein, der Zahnbau eigen-
thümlich und in mancher Beziehung dem der Pferde analog (ſ. Fig.
1353 S. 438 Schädel des Potoru). Sie haben ſechs bis acht Vorder-
zähne in der Oberkinnlade, von denen der hintere bei einer Gattung
abgerückt iſt, zwei meiſelartig horizontal geſtellte Vorderzähne in der Unter-
kinnlade und nach einer Zahnlücke vier bis fünf würfelförmige Backzähne
mit ſtumpfhöckerigen Kronen (ſ. Fig. 1300 S. 391). Die Vorderfüße mit
fünf freien Zehen ſind ſehr kurz, die Hinterfüße ungemein lang und kräftig,
der Schwanz ſehr dick und lang; von den vier Zehen des Hinterfußes
ſind die beiden mittleren bis zum Nagelgliede mit einander verwachſen,
die beiden äußeren frei, alle ſehr bedeutend verlängert. Sie ſpringen
in ungeheueren Sätzen, indem ſie den langen Schwanz als Balancir-
ſtange gebrauchen und ſtützen ſich auf denſelben beim Sitzen; ſie nähren
ſich nur von Kräutern, worauf auch der Bau ihres Verdauungskanales
hinweiſet, indem der Magen in mehrfache Höhlen getheilt iſt und der
Blinddarm eine bedeutende Länge erreicht. Halmaturus; Macropus;
Hypsiprimnus
.


Den Känguruh’s nahe ſtehen hinſichtlich des Gebiſſes die Früchte-
freſſer
(Frugivora), indem ſie ebenfalls zwei lange meiſelartige Schnei-
dezähne im Unterkiefer und mehrfache im Oberkiefer beſitzen. Dagegen
iſt die Zahnlücke bei dieſen Thieren nie vollſtändig ausgebildet und es
finden ſich meiſt in beiden Kinnladen oder wenigſtens in der oberen
bald mehr, bald minder ausgebildete Eckzähne; die Backzähne gleichen
denen der vorigen Familie; da die Thiere aber ſämmtlich auf Bäumen
herumklettern und einige ſogar eine Art von Flughaut beſitzen, welche
[443]

Figure 325. Fig. 1360.

Gebiß des Kuskus (Phalangista).


ihnen als Fallſchirm dient, ſo ſind die Extremitäten gleichmäßig ent-
wickelt und die vorderen mit fünf freien Krallenzehen, die hinteren
dagegen, an denen Zeige- und Mittelfinger mit einander verwachſen
ſind, mit einem entgegenſtellbarem Daumen verſehen, der faſt nach
hinten gerichtet ſcheint und zum Umfaſſen der Zweige äußerſt geſchickt
iſt. Die meiſten Thiere dieſer Familie beſitzen einen langen Greif-
ſchwanz und treiben ſich in ähnlicher Weiſe, wie unſere Eichhörnchen,
auf den Bäumen umher; eine Gattung (Phascolarctus s. Lipurus)
ſtimmt durch den fehlenden Schwanz und den plumpen Körperbau
mehr mit den Wombats überein. Ihr Magen iſt einfach, der Blind-
darm dagegen ſehr entwickelt. Die Familie kommt außer in Auſtra-
lien auch auf den Sundainſeln vor. Phalangista; Petaurus.


Figure 326. Fig. 1361.

Beutelratze (Didelphys).


Die Familie der Inſektenfreſſer(Insectivora) oder Beutelratzen
beſteht aus einer Menge kleiner, mit langgeſpitztem dreieckigem Kopfe
[444] verſehener Raubthiere, deren Gebiß demjenigen der Inſektenfreſſer ſehr ähn-
lich iſt (ſ. Fig. 1352 S.438). Eine außerordentlich große Anzahl kleiner mei-
ſelartiger Schneidezähne, auf welche ſcharfe gekrümmte Eckzähne, meſſerar-
tige Neißzähne und mit ſpitzen Höckern verſehene Backzähne in großer
Anzahl folgen, charakteriſiren dieſe Familie, in der man nach der Bil-
dung der Extremitäten mehrere Unterfamilien unterſcheiden kann; bei
den Beuteldachſen(Perameles; Chaeropus) nämlich haben die Vor-
derfüße nur drei ausgebildete, mit Grabekrallen verſehene Zehen und
die weit längeren, kräftigeren, zum Springen ausgebildeten Hinterfüße
einen Daumenſtummel und vier krallentragende Zehen, von denen die
beiden mittleren mit einander verwachſen ſind, während bei den Amei-
ſenbeutlern
(Myrmecobius) die fünf Zehen der Vorderfüße wohl
ausgebildet ſind, der Daumenſtummel der Hinterfüße aber gänzlich
fehlt. Bei den eigentlichen Beutelratzen((Didelphys), die theils

Figure 327. Fig. 1362.

Beutelmaus, Didelphys dorsigera (Chironectes).


auf Bäume klettern, theils durch verbindende Häute zwiſchen den Ze-
hen zum Schwimmen befähigt ſind und einen nackten ſchuppigen Greif-
ſchwanz beſitzen, ſind die fünf Zehen der Vorderfüße wohl getrennt
und an den Hinterfüßen ein freier entgegenſetzbarer Daumen entwickelt,
ſo daß eine förmliche Hand ausgebildet iſt. Beutelratzen finden ſich
neben Auſtralien auch in Südamerika.


Die fleiſchfreſſenden Beutelthiere(Carnivora), von denen
die größte Gattung, der Beutelwolf (Thylacinus), die Höhe eines
mäßigen Hundes erreicht, haben mit der vorigen Familie die große
Zahl der Zähne überhaupt und der kleinen Schneidezähne insbeſondere
gemein, unterſcheiden ſich aber durch die noch kräftigeren kegelförmigen
Eckzähne und die von der Seite her abgeplatteten, ausgezackten Kronen
der ſcharfen Backzähne; ſo wie durch die Struktur der Füße, die vorn
fünf freie Krallenzehen, hinten, je nach den Gattungen, vier oder
fünf Krallenzehen ohne Daumen haben. Es ſind blutgierige grauſame
[445] Raubthiere, deren erſte Ueberreſte, zwei verſchiedenen ausgeſtorbenen
Gattungen angehörend, ſchon in den Schichten des engliſchen Jura
aufgefunden worden ſind, was um ſo auffallender erſcheint, als bis-
her weder im Jura, noch in der Kreide eine ſonſtige Spur von
Säugethieren vorkommt und erſt die Tertiärzeit durch die Ueberreſte
derſelben charakteriſirt wird. Thylacinus; Dasyurus; Phascogale;
Pascolotherium; Thylacotherium
.


Die Ordnung der Beutelthiere iſt in der gegenwärtigen Epoche
auf Auſtralien, die Sunda-Inſeln, das ſüdliche und mittlere Amerika
eingeſchränkt; die Beutelratzen ſind hauptſächlich in Amerika einheimiſch
und gehen dort am weiteſten nach Norden, während die Fleiſchfreſſer
und die Pflanzenfreſſer weſentlich nur Auſtralien angehören. In frü-
heren Epochen der Erdgeſchichte waren indeß die Inſekten- und Fleiſch-
freſſer auch in Europa vertheilt, wie dieß ihre foſſilen Ueberreſte im
Jurakalke von Stonesfield und im Gypſe von Paris beweiſen. Bei
aller Bedeutſamkeit dieſer Thatſache darf man indeß doch nicht ver-
geſſen, daß dieſe europäiſchen Reſte nur ſehr ſparſam ſind und die
Beutelthiere in der Tertiärzeit weſentlich ſchon auf dieſelben Gegenden
der Erde angewieſen waren, denen ſie jetzt ausſchließlich angehören.


Unterklaſſe der Säugethiere mit Mutterkuchen. (Placentaria).

Die Eigenthümlichkeiten dieſer an Mannichfaltigkeit der Formen
bei weitem reicheren Unterklaſſe ſind hauptſächlich, wie ſchon erwähnt,
in der Entwicklung des Embryo’s zu ſuchen, welcher während der
weſentlichſten Zeit ſeiner Entwicklung durch einen Mutterkuchen an
die innere Fläche der Gebärmutter geheftet iſt. Das Ei, welches ver-
hältnißmäßig ſehr klein iſt, hat nur einen höchſt unbedeutenden Dotter
und wird, ſobald die Entwicklung des Embryo’s begonnen hat, durch
die innige Wechſelwirkung ernährt, welche innerhalb des Mutterku-
[446] chens zwiſchen den Gefäßzotten des Chorions und denen der Gebär-
mutterwandlung ſtattfindet. Die Jungen kommen in verhältnißmäßig
weit größerer Ausbildung zur Welt und werden von der Mutter
zwar durch die Milch genährt, jedoch niemals in einem ſolchen Beutel
herumgetragen, wie dieß bei der vorhergehenden Ordnung der Fall
iſt. Alle Säugethiere dieſer Unterklaſſe ohne Ausnahme beſitzen im
Gehirn den Schwielenkörper, während ihnen die ſo ausgezeichneten
Beutelknochen am Becken abgehen. Wir haben auf die verſchiedenen
Charaktere, welche ſich in der Anordnung des Mutterkuchens finden
und wonach drei wohlgeſonderte Reihen in dieſer Unterklaſſe entſtehen,
ſchon aufmerkſam gemacht, ſo daß es unnöthig wäre auf dieſelben
weiter einzugehen.


Reihe der Säugethiere mit zerſtreuten Mutterkuchenzotten.

Ordnung der Walthiere. (Cetacea.)

Die Wale ſind ſämmtlich Waſſerbewohner von Fiſchgeſtalt, welche
im Verhältniſſe zu den Landbewohnern theilweiſe eine ungeheure
Größe und Maſſe erreichen. Der Körper dieſer plumpen Thiere iſt
nach hinten zugeſpitzt und mit einer Schwanzfloſſe verſehen, deren
Grundlage aus einem halbfeſten Faſerknorpel beſteht und deren Stellung
zum Unterſchiede von der Schwanzfloſſe der Fiſche wagerecht iſt. Die
Hinterfüße fehlen durchaus, ſtatt ihrer findet ſich nur das unförmliche
Rudiment eines knöchernen gänzlich in der Fleiſchmaſſe verborgenen
Beckens, das meiſtens aus zwei in V-Form in der Mittellinie ver-
wachſenen cylindriſchen Knochen beſteht. Der Mangel eines beſon-
deren, aus verwachſenen Wirbeln beſtehenden Kreuzbeines ſteht hier-
mit in Einklang. Die Vorderfüße ſind in Floſſen umgewandelt, die
unmittelbar hinter dem Kopfe in ähnlicher Weite wie die Bruſtfloſſen
der Fiſche angebracht ſind und von Außen einfache Ruder darſtellen,
im Inneren aber die aus vier bis fünf Zehen zuſammengeſetzten Finger
und die äußerſt kurzen Knochen der vorderen Extremität erkennen
laſſen. Häufig haben dieſe in der Haut verborgenen Finger, die nur
bei wenigen Ausnahmen Nägelſpuren an der Spitze erkennen laſſen,
eine große Anzahl von einzelnen Gliedern, weit mehr als ſonſt ge-
[447] wöhnlich bei anderen Säugethieren vorhanden ſind. Der Kopf erſcheint
von dem übrigen Körper durchaus nicht abgeſetzt, dr Schädel iſt ſehr
platt, der Gehirntheil oft ungemein klein; das Geſicht dagegen groß
und die Kiefer meiſt bedeutend vorgezogen. Das Hinterhauptsgelenk
ſteht vollkommen an der hinteren Fläche des Schädels in ſenkrechter
Stellung und es fehlen jene ſtarken Leiſten und Vorſprünge, ſo wie
die Dornfortſätz der Halswirbel, an welchen bei den Landſäugethieren
beſonders das den Kopf tragende Nackenband ſich anheftet, deſſen
Funktion hier unnöthig geworden iſt, da das Gewicht des mit großen
Fettzellen verſehenen Schädels hauptſächlich von dem Waſſer getragen
wird. Ein äußeres Ohr fehlt allen Cetaceen, die meiſt nur ſehr kleine
einfache Oeffnung läßt ſich nur ſchwer auffinden. Der ganze Körper
iſt unter der dicken, meiſt haarloſen oder nur mit zerſtreuten Borſten
beſetzten Haut von einer dicken Specklage umhüllt, zu deren Gewin-
nung beſonders auf die Thiere dieſer Ordnung Jagd gemacht wird.
Wir unterſcheiden drei Unterordnungen, die ſich beſonders durch ihre
Bezahnung charakteriſiren.


Die eigentlichen Walthiere (Cetacea) haben ſo ſehr vor
allen anderen die Fiſchgeſtalt, daß ſie an den meiſten Küſten nicht
von den gewöhnlichen Fiſchen unterſchieden werden; zur Vermehrung
dieſer Aehnlichkeit beſitzen viele dieſer Thiere noch eine Rückenfloſſe,
die indeß nur durch Faſerknorpel geſtützt iſt. Der Kopf iſt ungemein
groß, ſo daß er bei manchen ein Drittel der ganzen Länge des Thie-
res einnimmt und der Schädel meiſt in der Art unſymmetriſch ausge-
bildet, daß die der rechten Seite angehörigen Knochen größer und
länger, die Oeffnungen der linken Seite (Naſenloch etc.) größer ſind.
Eine beſondere Eigenthümlichkeit des Schädelbaues liegt noch in der
Struktur des Felſenbeines, welches von elfenbeinerner Härte und mit
den übrigen Theilen des Schläfenbeines nicht verwachſen, ſondern nur
durch Bandmaſſe und Faſern verbunden iſt, ſo daß es bei der Fäul-
niß der Theile loſe wird; eine Bildung, die übrigens auch den See-
kühen eigen iſt. Der Rachen ungeheuer weit geſpalten, die Kiefer bei
den Jungen ſtets, bei den Alten nicht immer mit einer großen Anzahl
ſpitzer, kegelförmiger Zähne bewaffnet, die in der ganzen Länge des
Kiefers keinen Unterſchied zeigen und mit einer einfachen Wurzel in
den Zahnhöhlen der Kinnladen ſtecken. Das Gehirn der Wale iſt
auffallend in die Breite entwickelt — ſeine Windungen meiſt tief und
zahlreich. Das Auge der Walthiere iſt verhältnißmäßig ſehr klein
[448] und liegt tief unten an der Seite des Kopfes meiſt unmittelbar über
dem Winkel der Mundſpalte. Sehr ausgezeichnet iſt die Bildung der
Naſe, welche ganz die Bedeutung eines Geruchsorganes verloren hat
und nur noch Luftweg iſt, womit der gänzliche Mangel eines Riech-
nerven zuſammenhängt. Das einfache oder doppelte Naſenloch ſteht
oben auf der Fläche des Kopfes und führt ſenkrecht hinab in die meiſt
zellig verzweigten Naſengänge, die ſich ſenkrecht nach dem Nachen zu
fortſetzen. Das Gaumenſegel iſt faſt horizontal geſtellt und umfaßt
nach hinten zu die auf der Spitze eines vorragenden Kegels ange-
brachte Stimmritze ſo genau, daß der Luftweg gänzlich von der Ra-
chenhöhle und dem Schlunde abgeſchieden werden kann. Die mit
Waſſerdampf geſchwängerte Luft, die von Zeit zu Zeit nach langen
Intervallen mit großem Geräuſche ausgeſtoßen wird, bildet in der
kälteren Luft einen Dunſtſtrahl, der wie ein Springbrunnen aus die-
ſen ſenkrecht geſtellten Spritzlöchern hervorbricht. Außer dieſem regel-
mäßigen Spiele des Athmens, zu welchem Zwecke die Walthiere an
die Oberfläche des Waſſers emporſteigen, ſollen viele derſelben auch
zum Spiele Waſſer einſchlucken und es im Strahle durch die Naſen-
löcher hervortreiben. Die Haut der Walthiere iſt vollkommen haar-
los, die Specklage verhältnißmäßig ſehr dick; ſie haben nur zwei
Zitzen, welche in Hautfalten verborgen unmittelbar neben dem After
weit nach hinten liegen, und werfen gewöhnlich nur ein einziges
Junges, welches von der Mutter mit großer Zärtlichkeit geſchützt
wird. Auch die Bildung der Verdauungsorgane iſt eigenthümlich;
weiche Lippen, welche ſonſt faſt allen Säugethieren mit Ausnahme der
Schnabelthiere zukommen, fehlen den eigentlichen Walthieren durchaus,
der Schlund iſt meiſtens nur eng, der Magen dagegen aus mehreren
Abtheilungen zuſammengeſetzt, die oft wieder in untergeordnete Höh-
len zerfallen, ſo daß kaum bei den Wiederkäuern eine zuſammengeſetz-
tere Magenbildung gefunden werden dürfte. Wir theilen die eigent-
lichen Wale in folgende Familien:


In der Familie der Walfiſche(Balaenida) hat der Kopf eine
unverhältnißmäßige Größe und der Rachen eine außerordentliche Weite,
während der Schlund nur ſehr eng iſt, ſo daß die Thiere, welche
ſelbſt eine Länge von 80 Fuß erreichen, nur von kleinen Seethieren
und zwar beſonders von Walfiſchſchnecken und höchſtens von Fiſchen
von der Größe der Häringe ſich nähren. Die Oberkinnlade paßt
bei geſchloſſenem Maule in die Unterkinnlade hinein, deren Hälften
[449]

Figure 328. Fig. 1363.

Der grönländiſche Walfiſch (Balaena mysticetus).


keinen aufſteigenden Aſt haben und leicht mit Rippen verwechſelt wer-
den könnten. In der Jugend ſind beide Kinnladen mit hinfälligen
Kegelzähnen bewaffnet, die in einer Rinne ſtehen und die Zahl von
hundert in einer Kinnlade erreichen können; ſpäter fallen dieſe Zähne
aus; der Unterkiefer bleibt vollkommen unbewaffnet, in dem Ober-

Figure 329. Fig. 1361.

Schädel des Walfiſches.
ms Obere Kinnlade mit den Barten. mi Untere Kinnlade. er Schädel.


kiefer aber entwickeln ſich die Hornbarten des ſogenannten Fiſchbeines.
Eine Unzahl von hornigen Platten ſind in einer Rinne zu beiden
Seiten des Oberkiefers ſo geſtellt, daß ſie Querreihen bilden, wäh-
rend ihre Faſern ſenkrecht nach unten ſtehen und ſo eine Art von
Sieb oder Reuſe darſtellen, durch welches beim Schließen des Maules
das Waſſer zwar entweichen kann, die kleinen Thiere aber zurückge-
halten werden. Dieſe Barten haben je nach der Stelle des Maules
eine Länge von drei bis fünfzehn Fuß und bilden nebſt dem Thran,
der aus der Specklage gewonnen wird, die oft mehrere Fuß mächtig
iſt, die beiden Handelsartikel, wegen deren man den Walfiſchfang be-
treibt. Die zum Walfiſchfange ausgerüſteten Schiffe gehen jetzt haupt-
ſächlich in die nördlichſten Theile des Polarmeeres, in die Baffinsbai
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 29
[450] und den Beringsſund, da die Walfiſche weiter ſüdlich gänzlich aus-
gerottet ſind; man wirft das Thier, während es Athem ſchöpft, mit
einer Harpune an und verfolgt es, um es bei erneutem Athemſchöpfen
von Neuem zu durchbohren. Balaena; Balaenoptera.


Figure 330. Fig. 1365.

Der Pottfiſch (Physeter macrocephalus). c Spritzloch.


Bei der zunehmenden Seltenheit der Walfiſche des nördlichen
Polarmeeres richten ſich die Unternehmungen jetzt mehr und mehr
nach dem ſüdlichen Polarmeere, welches hauptſächlich von der Familie
der Pottfiſche(Physeterida) bewohnt wird. Dieſe Thiere theilen mit
den eigentlichen Walfiſchen die unverhältnißmäßige Größe des Kopfes,
unterſcheiden ſich aber von ihnen durch die beſtändigen Zähne der
Kiefer, welche ſpitz und koniſch und meiſtens nur in dem Unterkiefer
entwickelt, im Oberkiefer aber verkümmert ſind. Die obere Fläche der

Figure 331. Fig. 1366.

Der Schädel des Pottfiſches von oben, um die Rinne für die Walrathzellen zu zeigen.


Kieferknochen iſt tief ausgehöhlt und dient als Grundlage für große
ſehnige Zellen, welche den ganzen Raum zwiſchen der Hirnkapſel und
der Schnauze einnehmen und mit einer fettähnlichen Maſſe, dem Wal-
rath (Sperma ceti) erfüllt ſind. Die Naſenkanäle ſteigen in ſchiefer
Richtung durch dieſe Maſſe nach der ſteil abgeſtutzten Schnauzenſpitze
empor. Physeter; Catodon.


Die Familie der Delphine(Delphinida) unterſcheidet ſich von
den vorigen weſentlich durch den verhältnißmäßig kleinen Kopf, der
den Thieren das Anſehen eines gewöhnlichen Fiſches giebt. Bei den
[451]

Figure 332. Fig. 1367.

Das Meerſchwein (Delphinus phocaena).


meiſten Gattungen dieſer Familie ſind beide Kinnladen, die oft zu
einem Schnabel verlängert ſind, mit ſpitzen, in eigene Höhlen einge-
keilten Zähnen bewaffnet; bei anderen fallen dieſe Zähne aus und es
bildet ſich, wie beim Narwal (Monodon), nur ein einziger langer
Stoßzahn aus, der in dem Zwiſchenkiefer ſteckt, alſo ein eigentlicher
Schneidezahn iſt und bis zu einer Länge von zehn Fuß auswächſt;
bei noch anderen bleiben nur im Unterkiefer einige wenige, oft ſelbſt
vom Zahnfleiſche verdeckte Zähne. Im Verhältniß zu den übrigen
Walthieren erreichen die Delphine nur eine geringe Größe, da die
gewöhnlichen Gattungen nur fünf bis zehn, die größte höchſtens fünf-
undzwanzig Fuß lang wird. Sie jagen und ſpielen meiſtens in Schaa-
ren vereinigt an der Oberfläche des Waſſers. Hyperoodon; Delphi-
norhynchus; Monodon; Delphinus; Phocaena; Delphinapterus; Zi-
phius
.


Die Unterordnung der Doppelzähner (Zeuglodonta) wird
bis jetzt nur durch ein rieſenmäßiges foſſiles Thier vertreten, deſſen
einzeln gefundene Zähne man anfangs zwar für Zähne einer rieſen-
mäßigen Eidechſe hielt, die ſpäter aber als Säugethierzähne erkannt
wurden, was ſich durch die Entdeckung des faſt vollſtändigen Skelettes
in Alabama beſtätigte. Es gehörte eine für unſere Zeit ziemlich bei-
ſpielloſe Verirrung dazu, um auch nach der Entdeckung dieſes Ske-
lettes die Reptiliennatur des Thieres, freilich nur für Augenblicke,
behaupten zu können. Die Wirbel dieſes Skelettes, das wohl eine
Länge von fünfzig Fuß erreichen mag, ſowie der ganze Schädel mit
der eigenthümlichen Bildung der Felſenbeine und der Geſichtsknochen
tragen vollſtändig den Charakter der ächten Walthiere, während die
Bezahnung namentlich einen Uebergang zu den [fleiſchfreſſenden] Robben
macht, worauf auch der lange, ſchlanke Hals und der verhältnißmäßig
kleine, kurze Kopf deuten. Die Zähne ſind zweiwurzelig und die
29*
[452] ſcharfen Kronen in der Mitte von beiden Seiten her durch vertikale
Furchen ſo eingeſchnürt, daß es faſt ausſieht, als wäre jeder Zahn
aus zwei Zähnen zuſammengeſetzt, die an der Baſis der Krone durch eine
ſchmale Brücke mit einander verbunden wären. Die vorderen Extre-
mitäten des Thieres waren floſſenförmig, während die hinteren fehlen,
ſo daß es ſich alſo auch hierdurch den Walen anſchließt, von denen
es ſich indeß noch durch den verhältnißmäßig kleinen Kopf und den
verlängerten Hals unterſcheidet. Zeuglodon (Basilosaurus).


Figure 333. Fig. 1368.

Skelett des Dugong’s (Halicore).
b Beckenrudiment.


Die dritte Unterordnung, aus den Seekühen (Sirenia) ge-
bildet, unterſcheidet ſich von den Walthieren durch mehrfache eigen-
thümliche Charaktere. Der Kopf iſt von verhältnißmäßiger Größe,

Figure 334. Fig. 1369.


Figure 335. Fig. 1370. Fig. 1371. Fig. 1372.

Fig. 1369. Der Dugong (Halicore). Fig. 1370. Schädel von Oben. Fig. 1371. Das Maul
geöffnet. Fig. 1372 Der Schädel von unten.


[453] von dem Körper nicht abgeſetzt, aber mit dick aufgewulſteten fleiſchigen
Lippen verſehen, die mit ſtarken Bartborſten beſetzt ſind. Die ge-
trennten Naſenlöcher ſtehen vorn auf der Spitze der Schnauze und
die Naſengänge zeigen keine Spur jenes Spritzapparates, der die
Walthiere ſo auszeichnet; die beiden Hälften des Herzens ſind ſo tief
von einander getrennt, daß daſſelbe faſt aus zwei nur an einer Stelle
mit einander verwachſenen Herzen zu beſtehen ſcheint. Die Bezah-
nung iſt ſehr verſchieden, namentlich in Bezug auf die Vorder- und
Eckzähne; überall ſind aber Mahlzähne vorhanden, welche auf das
deutlichſte auf Pflanzennahrung hinweiſen. Die beiden Zitzen liegen
vorn an der Bruſt, nicht hinten am After; die Haut iſt meiſtens mit
einſam ſtehenden Borſten beſetzt; der Geſichtstheil des Kopfes iſt be-
deutend kürzer im Verhältniß zum Schädel als bei den Walen, der
Unterkiefer meiſt kräftig und hoch und mit einem wohlentwickelten auf-
ſteigenden Aſte verſehen. Die Thiere dieſer Unterordnung leben ſtets
nur an den Küſten und namentlich in den Mündungen großer Flüſſe,
an deren Ufern ſie ſich von Gewächſen nähren.


Die Familie der Borkenthiere(Rytinida) lebte noch bis in die
Mitte des vorigen Jahrhunderts etwa an den Küſten Kamtſchatka’s
und der Kurilen, iſt aber ſeitdem gänzlich ausgeſtorben. Die einzige
Art, von welcher nur wenige Fragmente und eine ſehr genaue Be-
ſchreibung eines Augenzeugen übrig ſind, der ſie zehn Monate lang
beobachtete, war ein plumpes Thier von etwa zwanzig Fuß Länge,
deſſen Haut eine Art dicker riſſiger Borke darſtellte, welche aus mit-
einander verwachſenen, ſenkrechten Hornröhren oder Haaren gebildet
iſt. In jeder Kieferhälfte fand ſich oben und unten nur eine einzige
breite Zahnplatte ohne Wurzel, die eine zungenförmige Geſtalt beſitzt
und aus ſenkrechten Schmelzcylindern oder Zahnröhren zuſammengeſetzt
iſt, welche mit einander verſchmolzen ſind. Rytine.


Die eigentlichen Seekühe(Manatida) beſitzen ſtets eine dünne
behaarte Haut und unterſcheiden ſich weſentlich durch ihre Bezahnung
von der vorigen Familie. In der Oberkinnlade beſitzen ſie zwei Schnei-
dezähne, welche bei der einen Gattung (Manatus) frühzeitig ausfallen,
bei der anderen (Halicore) aber, wo Ober- und Unterkiefer plötzlich
ſich nach unten biegen, ſich zu hakenförmigen Stoßzähnen entwickeln;
im Unterkiefer fehlen dieſe Vorderzähne ſtets; immer finden ſich bei
den jungen Thieren wenigſtens fünf Mahlzähne in jedem Kiefer, die
eine elliptiſche Geſtalt und quergefaltete Kronen beſitzen, deren Leiſten
[454] ſich nach und nach abnutzen. Bei dem alten Dugong bleiben in jedem
Kiefer nur zwei ſolcher Zähne übrig, während bei dem Manati ſich
acht oder zehn erhalten und an den Floſſen auch Spuren von Nägeln
vorkommen. Manatus; Halicore; Cheirotherium; Metaxytherium
(Halianassa)
.


Figure 336. Fig. 1374.

Figure 337. Fig. 1373. Fig. 1375.

Fig. 1373. Schädel des Dinotherium giganteum aus dem Rheinſande bei Eppelsheim. Fig. 374.
Reſtauration des Thieres. Fig. 1375. Zwei Backzähne deſſelben.


Die ausgeſtorbene Familie der Dinotherien(Dinotherida), welche
in der Tertiärzeit den Golf des Rheines bewohnte, ſteht durch die
Bildung der breiten mit zwei gekerbten Querleiſten verſehenen Mahl-
zähne den Seekühen am nächſten, entfernt ſich aber durch die Bildung
des Schädels und des Unterkiefers. Das ungeheure Thier iſt bis
jetzt nur durch ſeinen Kopf bekannt, welcher durch den flachen Schädel,
den horizontalen Gelenkkopf unverkennbar ſich den Seekühen anreiht.
Die Naſenhöhlen bilden oben eine einzige tiefe Grube, woraus, wie
aus den ungeheueren Löchern für den Schnauzennerven oder Unter-
augenhöhlenaſt des fünften Paares, man auf die Gegenwart eines
kurzen Rüſſels oder einer ſehr verdickten Oberlippe ſchließen darf.
Die Augenhöhlen ſind nicht vollſtändig geſchloſſen; der Oberkiefer
läuft flach nach vorn aus und zeigt keine Spur von Vorderzähnen,
während die beiden Unterkieferhälften plötzlich in rechtem Winkel nach
unten gebogen und jede mit einem gewaltigen, ſäbelförmig gekrümmten
Stoßzahne bewaffnet iſt. Dinotherium.


[455]

Noch ein anderes foſſiles Thier, von dem wir bisher nur den
Kopf kennen, ſcheint eine weitere Familie (Toxodontida) unter den
Seekühen darzuſtellen; der niedergedrückte Schädel, die horizontal ge-
ſtellten Gelenkhöcker ſprechen für dieſe Stellung, gegen welche auch
die auffallend großen Jochbögen nicht verſtoßen, während die Struk-
tur der Backzähne und der Schneidezähne theils nach den Dickhäutern,
theils ſogar nach den Nagern hinweiſt. In jeder Hälfte des Ober-
kiefers ſtehen nämlich vier meißelförmige Schneidezähne und ſechs Back-
zähne von cylindriſcher Geſtalt, deren Schmelz an der Seite ober-
flächlich gefaltet iſt und deren Kronen bedeutende Abnutzungsflächen
zeigen. Die bekannten Ueberreſte wurden in den Tertiärgebilden Süd-
amerika’s gefunden. Toxodon.


Die Walthiere erſcheinen ſchon in den älteſten Tertiärzeiten und
wie man ſieht, war ſogar ihre Entwicklung an Formen in der Vor-
welt bedeutender als jetzt, da neben den jetztlebenden Familien, die
alle in der Tertiärzeit verireten ſind, noch Typen exiſtirten, welche
gänzlich ausgeſtorben ſind.


Ordnung der Dickhäuter. (Pachydermata).

Die plumpe Körperform, die meiſt dicke ſchwere Haut, die bei
einigen dieſer Thiere nur ſpärliche Borſten und vielfache Riſſe und
Falten zeigt, die Kürze der Gliedmaßen, der dicke Hals, der kaum
von dem übrigen Körper abgeſetzt iſt, nähern dieſe Ordnung ſehr der
vorigen; — eine Annäherung, die noch durch die ausgeſtorbenen Gat-
tungen vergrößert wird, von denen es, wie beim Dinotherium und
beim Toxodon, ohne Kenntniß der Hintergliedmaßen ſchwierig zu ent-
ſcheiden iſt, ob ſie der einen oder der anderen Ordnung zugehören.
In der Bildung des Schädels und des Gebiſſes herrſchen die mannig-
faltigſten Verſchiedenheiten, doch überwiegt in den meiſten Fällen der
Kiefertheil ſehr bedeutend den Schädeltheil an Maſſe und Ausdehnung.
[456]

Figure 338. Fig. 1376.


Figure 339. Fig. 1377.

Fig. 1378.
Schädel des Nilpferdes (Hippopotamus).
Fig. 1376. Von der Seite. Fig. 1377. Von Unten. Fig. 1378. Der Unterkiefer
von Oben.


Gewöhnlich haben die Thiere alle drei Arten von Zähnen, die Schnei-
dezähne in Geſtalt ſtumpfer Meißel, die gebogenen, kegelförmigen
Eckzähne oft ungeheuer entwickelt in Form von Hauern und die Back-
zähne in breiter Form mit Schmelzfalten verſchiedener Art oder mit
Querleiſten, Längsjochen und ſtumpfen Höckern verſehen, welche bei
zunehmendem Alter ſich abnutzen und eigenthümliche Figuren auf der
Oberfläche zeigen. Das ganze Gebiß iſt meiſtens theils zur Verthei-
digung, theils zum Zermalmen härterer Pflanzentheile außerordentlich
geeignet, wie denn auch die weſentliche Nahrung der Thiere hieraus
beſteht. In Uebereinſtimmung hiermit ſind die Füße nur als Stütz-
punkte der Bewegung, nicht aber zum Ergreifen oder Feſthalten eines
Gegenſtandes ausgebildet und die letzten Glieder der Zehen, deren
gewöhnlich vier bis fünf, ſelten nur drei vorhanden ſind, mit einer
Hufklaue umkleidet, die einen ſicheren Stützpunkt gewährt. Die meiſten
[457] dieſer Thiere treten mit allen Hufen zugleich auf und dieſe ſind ſogar oft nur
in eine einzige breite Sohlenmaſſe eingelaſſen; andere aber, wie z. B.
unſer gewöhnliches Schwein, treten nur mit den verlängerten mitt-
leren Zehen auf, während die äußeren Zehen als Afterklauen über
dem Niveau des Bodens hängen. Hinſichtlich der übrigen Charaktere
zeigen ſich mannigfache Verſchiedenheiten zwiſchen den einzelnen Fami-
lien, die indeſſen durch die ausgeſtorbenen Gattungen vielfach näher
mit einander verbunden werden.


Figure 340. Fig. 1379.

Der aſiatiſche Elephant (Elephas indicus).


Die Familie der Rüſſelthiere(Proboscidea) begreift die lebenden
Elephanten und die ausgeſtorbenen Maſtodonten, welche beide ſich
durch die Exiſtenz eines ſehr verlängerten Rüſſels auszeichnen. Dieſer
Rüſſel, welcher den Thieren als außerordentlich geſchicktes Werkzeug
zum Ergreifen und Feſthalten, ſowie als Vertheidigungswaffe dient,
iſt nichts anderes, als die in ein gewaltiges Muskelrohr verlängerte
Naſe, welche durch eine nach Willkühr verſchließbare Klappe von den
eigentlichen Naſenhöhlen abgetrennt iſt und ihrer ganzen Länge nach
von der Naſenſcheidewand durchzogen wird. Der Schädel der Rüſſel-
[458]

Figure 341. Fig. 1380. Fig. 1381.

Fig. 1380. Der Schädel eines jungen aſiatiſchen Elephanten, der die Nähte
der Knochen noch zeigt. Letztere ſind mit den gewöhnlichen Ziffern (ſ. S. 47.)
bezeichnet. 1 Thränenbein.
Fig. 1381. Durchſchnitt eines erwachſenen Schädels derſelben Art, um
die inneren Höhlen zu zeigen. a Zellen der Stirnhöhlen, zwiſchen den beiden
Platten der Schädelknochen. b Höhle für das Gehirn, verhältnißmäßig klein.
c Gelenkhöcker des Hinterhauptes. d Hinterſter noch unentwickelter Backzahn.
e Mittlerer, im Gebrauche ſtehender Backzahn. f Vorderſter Backzahn, faſt
gänzlich abgenutzt. g Stoßzahn. h Naſenöffnung. i Zwiſchenkiefer.


thiere iſt verhältnißmäßig groß, hoch und ſchwer, die Stirn faſt ſteil abfal-
lend, was indeß nicht in der Ausbildung der Gehirnmaſſe ſeinen Grund
hat; die Hirnkapſel iſt im Gegentheil im Verhältniſſe zu dem großen Schä-
del auffallend klein, das äußere und innere Blatt der Schädelknochen aber
durch blaſig aufgetriebene Knochenzellen, welche mit Fett gefüllt ſind, von
einander getrennt. Der Raum, den dieſe Zellen einnehmen, iſt eben ſo
bedeutend, als derjenige für das Gehirn. Die Bezahnung iſt höchſt
eigenthümlich. Gewöhnlich ſitzen in jeder Kieferhälfte nur zwei unge-
mein große, länglichvierſeitige, platte Mahlzähne, die nur unbedeu-
tende Wurzeln haben, deren Oberfläche aber bei den eigentlichen Ele-
phanten mit inneren durch Cäment verbundenen Schmelzfalten beſetzt
iſt, die meiſtens verſchiedene Rhombenfiguren zeigen, während bei den
Maſtodonten die Oberfläche aus zitzenartigen, freien Höckern beſteht,
die in Querlinien geordnet ſind. In dem Maße, als ſich dieſe brei-
ten Mahlzähne abnutzen, bilden ſich hinter ihnen in der Kieferrinne
neue, die ſich allmälig nach vorn ſchieben und die Stelle der abge-
nutzten Zähne einnehmen, welche nach und nach zerbröckeln und ver-
[459] loren gehen. Durch dieſes beſtändige Abnutzen und Erſetzen, das ſich bis
in das hohe Alter der Thiere ununterbrochen fortſetzt, wird ein ziemlicher
Wechſel in der Bezahnung, je nach den verſchiedenen Altersperioden des
Thieres herbeigeführt. Die Rüſſelthiere ſchließen ſich durch dieſen
Zahnwechſel äußerſt nahe an die Seekühe an, bei welchen ein ähn-
licher Erſatz der abgenutzten Zähne beobachtet wird. Außer dieſen
Backenzähnen, die bei den alten Thieren in dem Unterkiefer einzig
vorhanden ſind, (bei den Maſtodonten allein exiſtiren in der Jugend
zwei kurze Milch-Stoßzähne im Unterkiefer), finden ſich in dem Ober-
kiefer zwei Stoßzähne, welche lang, koniſch zugeſpitzt, leicht gekrümmt
und bei dem Männchen weit mehr entwickelt ſind, als bei dem Weib-
chen. Dieſe Stoßzähne, die oft eine gewaltige Länge und ein Gewicht
von einem Centner erreichen, ſtehen zu beiden Seiten aus dem Maule,
den Rüſſel umfaſſend, hervor und liefern das bekannte Elfenbein.
Das äußere Ohr der Rüſſelthiere iſt bedeutend, die Füße plump, ſäu-
lenförmig und mit fünf kleinen platten Hufen verſehen, die den fünf
wohlausgebildeten Zehen entſprechen, welche aber ganz in Sehnenge-
webe eingehüllt und von der Haut umſchloſſen ſind. Der Fuß ſtellt
ſo einen mit dicker Schwielenmaſſe getäfelten Ballen vor, auf deſſen
oberer Fläche die Hufe aufliegen. Das Weibchen hat nur zwei
Zitzen, welche an der Bruſt liegen, der Schwanz iſt kurz, mit ſteifen
Borſten beſetzt.


Die Familie der Rüſſelträger iſt jetzt einzig auf die alte Welt
und zwar auf die Gegend innerhalb der Wendekreiſe beſchränkt, wäh-
rend ſie in der Diluvialzeit nicht nur über den kälteren Theil der alten
Welt ſo ſehr ausgebreitet war, daß das Elfenbein des foſſilen Ele-
phanten oder des Mammuth einen weſentlichen Handelsartikel Sibi-
riens bildet, ſondern daß auch in Amerika namentlich die Ueberreſte
der Maſtodonten häufig genug vorkommen. Die Thiere leben geſellig
in Heerden, beſonders in den ſumpfigen Wäldern der tropiſchen Ge-
genden Aſiens und Afrika’s und wird vorzugsweiſe der aſiatiſche Ele-
phant ſeit den älteſten Zeiten in gezähmten Zuſtande zu mancherlei
Zwecken, namentlich aber als Laſtthier benutzt. Elephas; Mastodon.


[460]
Figure 342. Fig. 1382.

Der Tapir (Tapirus americanus).


Die Familie der Tapire(Nasuta) entſpricht in ihrem jetzigen
Auftreten gewiſſermaßen der vorigen, da der größte Dickhäuter der
Tropengegenden Amerikas ihr angehört, obgleich ſie nicht auf die neue
Welt beſchränkt iſt, ſondern eine eigenthümliche Art auch in Indien
vorkömmt. Der Schädel dieſer Thiere iſt lang, pyramidal, nicht zellig
wie derjenige der Elephanten, der Kopf demjenigen der Schweine ähn-
lich, die Naſe in einen kurzen aber äußerſt beweglichen Rüſſel verlän-
gert, mit welchem das Thier nach allen Seiten hin taſtet. Die Na-
ſenbeine zum Anſatz der ſtarken Rüſſelmuskeln hoch gewölbt. Das
Zahnſyſtem entfernt ſich bedeutend von demjenigen der Rüſſelthiere,
zumal bei den foſſilen Gattungen dieſer Familie, die mancherlei Ver-
ſchiedenheiten von dem jetzigen Tapir darbieten. Bei allen der Fa-
milie angehörigen Thieren finden ſich oben und unten in den Kiefern
ſechs Schneidezähne und dann ein kurzer, nicht ſehr bedeutend ent-
wickelter Eckzahn, welchem in der Oberkinnlade ſieben, in der unteren
ſechs Backzähne folgen, die mit einfachen oder doppelten Querjochen
verſehen ſind. Dieſe quergejochten Zähne des jetzt lebenden Tapir
gleichen ſo ſehr den Zähnen des Dinotheriums, daß man anfangs, als
man nur einzelne Exemplare von den Backzähnen des letzteren kannte,
es für einen rieſigen Tapir anſprach. Die Füße der Tapire ſind
ſchlank, die Zehen, deren ſich vier an den Vorderfüßen, drei an den
Hinterfüßen befinden, wohl getrennt und mit glatten Hufklauen ver-
ſehen. Die Thiere leben in ſumpfigen Wäldern, an Moräſten und
Flußufern in Heerden und flüchten ſich bei Gefahr gern ins Waſſer,
da ſie vortrefflich ſchwimmen und tauchen. Tapirus; Lophiodon;
Anthracotherium
.


[461]
Figure 343. Fig. 1383.

Der Emgalo vom Cap (Phacochaerus aethiopicus (Sus larvatus)).


Die Familie der Schweine(Suida) zeigt etwa die Körperform der
vorigen, wenn auch mit geringerer Entwicklung der rüſſelartigen Schnauze,
die beſonders zum Aufwühlen der Erde beſtimmt iſt, unterſcheidet ſich
aber durch den Bau der Zähne und der Extremitäten. Die Schneidezähne

Figure 344. Fig. 1384.

Schädel des Ebers (Sus scrofa).


ſind bei allen Schweinen vorhanden, aber nur wenig entwickelt; die Eck-
zähne hingegen ſind ſowohl in dem Ober- als in dem Unterkiefer ſtark
entwickelt und namentlich bei dem Männchen zu ſcharfkantigen Hauern
ausgebildet, die bei den meiſten Gattungen ſeitlich aus dem Munde
hervorragen und als gefährliche Waffen dienen. Die Backzähne ſind
meiſt in ziemlicher Anzahl vorhanden, bis zu ſieben in jeder Kiefer-
hälfte und auf der Mahlfläche mit ſtumpfen Sitzenhöckern verſehen,
die ſich mehr oder minder abnutzen und dann rundliche oder kleeblatt-
[462]

Figure 345. Fig. 1385.

Skelett des Schweinefußes.
Der Daumen iſt verſchwunden, Zeige-
und kleiner Finger rudimentär, ſo daß ſie
den Boden nicht berühren und als After-
Klauen hervorſtehen. a Elle (cubitus).
b Speiche (radius). c Handwurzel (car-
pus)
. d Mittelhand (metacarpus). e klei-
ner Finger. f Zeigefinger. g Mittel-
finger. h vierter Finger.


beſonders moraſtige Waldungen.
ähnliche Zeichnungen bilden. An
den Füßen ſind die beiden Mittel-
zehen ſtärker verlängert, vollkommen
frei und mit zwei großen Hufklauen
verſehen, womit die Thiere allein
den Boden berühren. Die beiden
äußeren Zehen ſind bei weitem klei-
ner, kürzer und durch zwei kleinere
Afterklauen an der hinteren Fläche
der Füße angezeigt. Die Thiere
dieſer Familie ſind über die ganze
heiße und gemäßigte Zone aller
Erdtheile verbreitet und als Nah-
rungsmittel geſchätzt, weßhalb die
Zucht einiger Arten als weſentlicher
Zweig der Landwirthſchaft betrieben
wird. Die wilden leben ſtets in
großen Rudeln zuſammen und lieben
Sus; Dicotyles; Babirussa; Phaco-
chaerus; Hyotherium; Chaeropotamus.


Figure 346. Fig. 1386.

Umriß des Palaeotherium magnum, reſtaurirt.


Zwiſchen die Schweine einerſeits und die Tapire andererſeits ſtellt
ſich eine foſſile Gattung, welche wohl als Repräſentant einer eigenen
Familie (Palaeotherida) betrachtet werden muß. Das Skelett der Pa-
läotherien, deren Ueberreſte ſich namentlich im Pariſer Gypſe häufig
vorfinden, iſt bis auf wenige Einzelheiten ziemlich vollſtändig gekannt.
Die erhabenen abſtehenden Naſenbeine, welche auf einen kurzen beweg-
lichen Rüſſel in ähnlicher Weiſe wie bei dem Tapir ſchließen laſſen,
die allgemeine Körperform, die meißelartigen Schneidezähne und die
[463] kurzen, zugeſpitzten Eckzähne nähern ſie den Tapiren, während die
Struktur der Backzähne mehr derjenigen der Nashörner analog iſt;
dieſe ſind nämlich aus zwei halbmondförmigen, nach innen geöffneten
Prismen in dem Unterkiefer zuſammengeſetzt, während die Backzähne
des Oberkiefers eines oder mehrere Längsjoche zeigen, die ſelbſt bei
ſtarker Abnutzung noch ſichtbar ſind. Die verſchiedenen Arten der be-
kannten Gattung wechſelten von der Größe eines Pferdes bis zu der-
jenigen eines Haſen; die Füße waren ziemlich ſchlank und hatten drei
nur wenig ungleiche Zehen, von welchen die mittlere die längſte war.
Palaeotherium.


Figure 347. Fig. 1387.

Das Nilpferd (Hippopotamus amphibius).


Die Familie der Flußpferde(Obesa) enthält die plumpſten Thiere
dieſer Ordnung, mit ſchwerem breitem Kopfe und ſehr kurzen ſäulen-
artigen Füßen, die den umfangreichen Leib nur wenig über den Bo-
den erheben. Die Kiefer dieſer Thiere ſind ungeheuer im Verhältniſſe
zu dem Schädeltheile des Kopfes (ſ. S. 456 Fig. 1376—78) und
ſind oben und unten mit vier kegelförmigen, faſt wagerecht ſtehenden
Schneidezähnen bewaffnet, auf welche die gewaltigen Eckzähne folgen,
die im Unterkiefer ungemein maſſiv und ſäbelförmig nach außen ge-
krümmt ſind, während die des Oberkiefers nur kurz erſcheinen und
ſtets gegen die innere Fläche der unteren ſich abnutzen; die Backzähne
ſind faſt viereckig und die hinteren mit doppelten, in Längsreihen ge-
ſtellten, dreiſeitigen Kegelhöckern verſehen, welche bei der Abnutzung
kleeblattähnliche Zeichnungen bilden. Vor den eigentlichen Backzähnen
ſtehen kleine unentwickelte Lückenzähne, welche nur einen Höcker zeigen.
Die faſt haarloſe Haut iſt ungeheuer dick, der Schwanz kurz, die
Schnauze außerordentlich breit und aufgewulſtet, die plumpen Füße
mit vier nur wenig getheilten, faſt gleichen Zehen verſehen. Die jetzt
lebende Art, welche die Familie bildet, hält ſich nur in den großen
[464] Flüſſen Afrika’s auf, deren Ufer ſie abweidet. Die foſſilen Arten wa-
ren über ganz Europa und Aſien verbreitet. Hippopotamus; Pota-
mohippus.


Figure 348. Fig. 1388.

Das javaniſche Nashorn (Rhinoceros javanicus).


Die Familie der Nashörner(Rhinocerida) giebt der vorigen an
Plumpheit der Körperformen wenig nach. Die Haut iſt faſt nackt,
panzerartig, in Falten gelegt, der Schädel dreieckig mit ſchiefer Stirn-
fläche, welche vorn gegen die Schnauze hin ein oder zwei ſpitze, krumm
gebogene, faſerige Hörner trägt. Dieſe Hörner, welche nur mit der
Haut zuſammenhängen, ruhen indeß auf den gewölbten Naſenbeinen,
welche weit über die Kiefer vorragen und zuweilen ſelbſt bei einigen
foſſilen Arten von einer knöchernen Naſenſcheidewand geſtützt werden.
Die Schneidezähne wechſeln bei den verſchiedenen Arten ſehr, indem
bald gar keine oder vier kleine und unentwickelte oben und unten vor-
handen ſind; die Eckzähne fehlen ſtets; die durch eine Lücke getrennten
Backzähne ſind vierſeitig, breit und erſcheinen je nach dem Grade ihrer
Abnutzung in ſehr verſchiedener Geſtalt. Doch ſieht man ſtets mehr
oder weniger, beſonders an den Unterkieferzähnen eine oder zwei halb-
mondförmige Leiſten, deren Convexität nach außen gewendet iſt. Die
Füße haben vorn und hinten drei wenig getrennte, mit kleinen Hufen
gedeckte Zehen. Die Thiere leben geſellig in den ſumpfigen Tropen-
wäldern der alten Welt. Die ausgeſtorbenen Arten waren bis nach
Sibirien verbreitet. Rhinoceros; Acerotherium; Elasmotherium.


Die Familie der Klippdachſe(Hyracida) ſchließt ſich im Zahn-
bau und namentlich in der Struktur der Backzähne ſehr nahe an
die Nashörner an, unterſcheidet ſich aber durch die Schneidezähne, die
ſtark, unten meißelartig, oben gekrümmt und zugeſchärft ſind, und
durch den Mangel der gewölbten Naſenbeine. Die kleinen niedlichen
Thiere, welche etwa die Größe eines Kaninchens erreichen, haben ein
[465]

Figure 349. Fig. 1389.

Fig. 1389. Der Klippdachs (Hyrax capensis).


Figure 350. Fig. 1390.

Fig 1390. Der Schädel von der Seite.


mengedrückt, hinten quadratiſch, vierkantig mit ſtumpfhöckeriger Kau-
fläche, die hinteren Backzähne des Unterkiefers meiſt aus zwei halb-
weiches, dicht behaartes Fell mit einzelnen ſtärkeren Borſten, kurze
Füße, vorn mit vier, hinten mit drei platten Hufklauen, die nur von
oben decken, ſo daß ſie menſchlichen Nägeln ähnlich ſehen, und haben
ſo ſehr das Ausſehen von Nagethieren, daß ſie früher dieſen zuge-
zählt wurden. Sie leben in den Gebirgen der Capgegend in Erdhöh-
len und laſſen ſich leicht zähmen. Hyrax; Hyracotherium.


Figure 351. Fig. 1391.

Anoplotherium gracile, Umriß nach den einzelnen Knochen reſtaurirt.


Die letzte Familie der Dickhäuter (Anoplotherida), welche ſich
durch die ſchlanke Körperform, die hohen ſchlanken Füße und manche
andere Eigenthümlichkeiten den Widerkäuern enge anſchließen, wird
von einigen foſſilen Gattungen gebildet, die in jeder Kieferhälfte drei
Schneidezähne, einen nicht vorſtehenden kurzen Eckzahn und ſieben
Backzähne beſaßen, welche alle in ungetrennter Reihe ohne Zahnlücke
neben einander geſtellt ſind, eine Eigenthümlichkeit, die ſonſt nur dem
Menſchen zukommt. Die Backzähne des Oberkiefers ſind vorn zuſam-
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 30
[466] mondförmigen Prismen gebildet. Die Füße hatten nur zwei tief
geſpaltene Zehen, die mit Klauen, ähnlich denen der Wiederkäuer ver-
ſehen waren; bei manchen fand ſich noch eine dritte unvollſtändige, in
eine Afterklaue endende Zehe vor. Der Schwanz dieſer Thiere war
meiſtens lang, ihre äußere Körperform gefällig; ihre Ueberreſte befin-
den ſich beſonders in den älteren Tertiärſchichten und laſſen durch die
Art ihrer Anhäufung auf ein geſelliges Leben in moraſtigen Gegenden
ſchließen. Anoplotherium; Oplotherium; Xiphodon; Dichobune; Cha-
licotherium
.


Die Dickhäuter erſcheinen mit den älteſten Tertiärgebilden und
entfalten hier einen Reichthum von Formen und Typen, der ſich noch
in der mittleren Tertiärzeit erhält, dann aber mehr abnimmt, ſo daß
unſere jetzige Periode verhältnißmäßig als die ärmſte an Formen die-
ſer Ordnung ſich darſtellt. Die Dickhäuter ſind in der Tertiärzeit
über die ganze Erde verbreitet und namentlich ſolche Familien, welche
jetzt auf die Tropen eingeſchränkt ſind, wie Elephanten und Nashör-
ner, bis an die Nordgränze Sibiriens einheimiſch geweſen.


Ordnung der Einhufer. (Solidungula.)

Das Pferdegeſchlecht mit ſeinen zahlreichen Arten, welche alle
unter einander Baſtarde erzeugen können und jetzt über die ganze
Erde verbreitet ſind, repräſentirt einzig dieſe Ordnung, welche erſt
durch die Civiliſation nach Amerika verpflanzt wurde, wo jetzt das
Pferd in verwildertem Zuſtande einheimiſch iſt. Die weſentlichen Cha-
raktere der ganzen Familie und Ordnung liegen in dem Zahnſyſteme
und in der Bildung der Füße. Der Schädel iſt lang geſtreckt, pyra-
midal, die Stirn flach, die Kiefer weit vorgezogen und der Unterkiefer
namentlich durch ſeine Entwicklung bemerklich; der Mund iſt oben und
unten mit ſechs Schneidezähnen bewaffnet, welche anfänglich eine boh-
nenförmige braune Vertiefung auf ihrer Schneidefläche zeigen, die ſpä-
ter durch die Abnutzung verſchwindet; eine lange Zahnlücke, die bei
[467]

Figure 352. Fig. 1392.

Pferdeſchädel.
o Hinterhauptsbein. p Scheitelbein. f Stirnbein. or Augenhöhle. n Na-
ſenbein. ms Oberkiefer. im Zwiſchenkiefer. i Schneidezähne. c Eckzahn.
m Backzähne. mi Unterkiefer.


der Anlegung des Zaumes benutzt wird, wird nur von einem kleinen
rudimentären Eckzahne unterbrochen, der zuweilen gar nicht zur Ent-
wickelung kömmt; die ſechs Backzähne, die in jeder Kieferhälfte ſtehen,
ſind vierſeitig, nur der erſte und letzte dreiſeitig, ſeitlich zuſammenge-
drückt und auf der ebenen Kaufläche mit vier mannigfach gewundenen
Schmelzleiſten gezeichnet. Bei ſämmtlichen vier Füßen ſind die oberen

Figure 353. Fig 1393. Fig. 1394.

Fig. 1393. Skelett des Vorberfußes vom Pferde. Fig. 1394. Skelett des Hinterfußes.
Vorderfuß: c Speiche. c1 c2 Knochen der Handwurzel. mc Mittelhand-
knochen. s Stielförmiges Rudiment eines zweiten Mittelhandknochens. p1
p2 p3
Phalangen des Fingers. — Hinterfuß: t Schienbein. ta ta1 Fußwur-
zel. c Sprungbein. s Griffelbein. p erſte, pi zweite, pt dritte Phalange.


Knochen der Extremitäten nur kurz, die der Mittelhand oder dem Mit-
telfuße angehörigen aber bedeutend verlängert und zwar iſt es nur
30*
[468] die mittlere Zehe, welche an dieſer Verlängerung Theil nimmt und
den Stützknochen des einzigen Hufes bildet. Die Knochen der Hand-
oder Fußwurzel ſind nur kurz und in zwei Reihen geſtellt, auf die
zweite Reihe folgt der ſtarke Mittelknochen der mittleren Zehe, zu deſ-
ſen beiden Seiten oben noch kleine griffelförmige Knochen, Rudimente
der äußeren Zehen, vorhanden ſind; es wird dieſer Knochen gewöhn-
lich das Schienbein genannt. Auf ihn folgen die beiden kurzen, ſehr
beweglich verbundenen Zehenglieder, welche die Feſſel bilden und als
letzte Endigung das abgerundete Endglied, umgeben von dem Hufe,
deſſen untere Fläche eine mehr oder minder halbmondförmige Geſtalt
zeigt. Die Haut aller Einhufer iſt kurz und dicht behaart, der Hals
mit einer Mähne geziert und der kurze Schwanz meiſt mit einem Bü-
ſchel langer dicker Haare beſetzt. Die foſſilen Gattungen, welche ſich
in den Tertiärſchichten mancher Länder finden, zeichnen ſich beſonders
durch ſtärkere Ausbildung der Griffelbeine oder der verkümmerten Ze-
hen aus und bilden dadurch eine Annäherung an die folgende Ord-
nung. Der Magen der Einhufer iſt einfach, verhältnißmäßig ſogar
klein, der Blinddarm dagegen ungeheuer entwickelt, die Milchdrüſen
liegen weit nach hinten zwiſchen den Hinterſchenkeln.


Die Einhufer ſind geſellige Thiere, welche in Rudeln zuſammen
beſonders gern die Hochebenen und geſtreckten Plateaus bewohnen, wo
ſie gemeinſchaftlich ſich ſelbſt und ihre Jungen gegen die Angriffe der
Raubthiere vertheidigen. Wir haben bekanntlich zwei Arten, das Pferd
und den Eſel, zu Hausthieren gezähmt. Die erſte Art iſt in unzäh-
ligen Varietäten und Racen über die ganze Erde verbreitet, läßt ſich
faſt an alle Klimate mit Ausnahme der heißeſten und kälteſten ge-
wöhnen und iſt in den Steppengegenden der alten und neuen Welt
nach der Zähmung aufs Neue verwildert, ſo daß das urſprüngliche
wilde Pferd nirgend mehr vorhanden iſt; der wilde Eſel dagegen
findet ſich als äußerſt behendes, ſchlaues und flüchtiges Thier auf den
Gebirgsebenen Perſiens und der Tartarei, wo er Onager oder Kulan
genannt wird. In gezähmtem Zuſtande läßt ſich der Eſel bei weitem
nicht ſo hoch nach Norden verpflanzen, als das Pferd, und ſeine Ent-
wicklung leidet ſehr unter dem Einfluße kälterer Klimate. Die Ba-
ſtarde zwiſchen beiden Arten, Maulthier und Mauleſel, ſind in nörd-
lichen Klimaten unfruchtbar, pflanzen ſich aber in ſüdlichen zuweilen
fort und werden dort ihrer Ausdauer wegen außerordentlich geſchätzt.
Die geſtreiften Pferdearten, wie Zebra, Quagga und Onagga, gehö-
[469]

Figure 354. Fig. 1395.

Das Zebra (Equus Zebra).


ren alle urſprünglich dem afrikaniſchen, die einfarbigen dem aſiatiſchen
Continente an. Equus; Hippotherium; Hipparion.


Foſſile Pferdegattungen kommen von den mittleren Tertiärgebil-
den an vor und zwar auch in Amerika, das vor der Entdeckung keine
Repräſentanten der Ordnung beſaß.


Ordnung der Wiederkäuer. (Ruminantia).

Dieſe zahleiche Ordnung umfaßt einen großen Kreis pflanzenfreſ-
ſender Säugethiere, die auf den erſten Blick ſich in höchſt eigenthüm-
licher Weiſe von den übrigen abgränzen. Alle haben einen verhält-
nißmäßig kleinen langgeſtreckten Kopf mit weit vorgezogenen, ſchwachen
Kiefern, die in verſchiedener Art bezahnt ſind; in dem Zwiſchenkiefer

Figure 355. Fig. 1396.

Schädel eines Büffels.


[470] fehlen nämlich mit Ausnahme des Kamels die Schneidezähne durchaus
und ſind durch einen harten, ſchwieligen Wulſt der inneren Mundhaut
erſetzt; in der Unterkinnlade dagegen finden ſich ſechs bis acht meißel-
artige, ſchief nach außen gerichtete Schneidezähne in einem Halbkreiſe
geſtellt. Die Eckzähne wechſeln ausnehmend in ihrer Entwicklung, bei
den meiſten Gattungen fehlen ſie ganz, ſo daß eine lange, ununter-
brochene Zahnlücke ſich von den Schneide- zu den Mahlzähnen hin-
zieht; bei anderen ſind ſie klein, hinfällig oder nur bei Männchen ent-
wickelt, bei Wenigen bedeutend groß und die des Oberkiefers zu langen
krummen Haken ausgebildet, welche auf dem Maule nach unten her-
ausſtehen. Die Backzähne ſind meiſtens in der Zahl von ſechs in
jeder Kieferhälfte vorhanden, haben eine prismatiſche Geſtalt, eine
quere Kaufläche, auf welcher ſich zwei Paare von halbmondförmigen
Schmelzfalten zeigen, die der Länge nach geſtellt ſind und deren Con-
vexität im Unterkiefer nach außen, im Oberkiefer nach innen ſchaut.
Die Augenhöhle des knöchernen Schädels iſt ſtets vollkommen abge-
ſchloſſen, das Stirnbein häufig ausgezeichnet durch beſondere Aus-
wüchſe und Knochenzapfen, welche als Hörner oder Geweihe nach
außen vorſtehen. Sämmtliche Füße enden in zwei mit dreieckigen Hufen
bekleidete Zehen, die gewöhnlich vollſtändig von einander getrennt ſind.

Figure 356. Fig 1397.

Fuß eines Hirſches von vorn und von der Seite,
um die hinteren Zehenrudimente zu zeigen.
a Schienbein. b Fußwurzel. c Mit-
telfuß aus zwei verſchmolzenen Knochen
gebildet. d erſte, e zweite, f dritte Pha-
langen der beiden Hauptzehen.


Unterſucht man das Skelett eines ſol-
chen Fußes, ſo findet man, daß in
ähnlicher Weiſe, wie bei den Ein-
hufern, der dem Mittelfuße ent-
ſprechende Theil es iſt, welcher durch
ſeine Verlängerung auch die Ver-
größerung des Fußes herbeiführt.
Dieſer Mittelfußknochen aber iſt bei
den Wiederkäuern deutlich aus zwei
in der Mittellinie zuſammenge-
ſchweißten Hälften zuſammengeſetzt
und hat unten für jede aus drei
Gliedern zuſammengeſetzte Zehe einen
beſonderen rollenförmigen Gelenk-
kopf. Häufig noch zeigen ſich an
der hinteren Fläche dieſes verſchmol-
zenen Mittelfußknochens griffelför-
mige Anſätze, Rudimente der beiden
äußeren Zehen, welche beſondere
kurze Zehenglieder und Afterklauen
[471] tragen, ſo daß in Wahrheit vier Zehen, zwei ausgebildete und zwei
verkümmerte exiſtiren, deren Mittelfußknochen zu einem einzigen Cylin-
der verſchmolzen ſind.


Vor manchen anatomiſchen Eigenthümlichkeiten erſcheint als die
vorſtehendſte die Bildung des Magens, welche mit dem ſonderbaren
Wiederkauen, das man bei allen Thieren dieſer Ordnung beobachtet,
im Zuſammenhange ſteht. Der Magen iſt nämlich hier in drei oder

Figure 357. Fig. 1398. Fig. 1399.

Die Magen eines Schafes.
o Schlund. g Schlundrinne. f Pſalter. c Labmagen. d Darm.
pg Pförtner. b Haube. p Panſen.


vier Abtheilungen zerfällt, von welchen ſtets die letzte den Pförtner-
antheil bildet, während die zwei oder drei erſten Säcke dem Speiſe-
röhrentheile angehören. Nehmen wir als Beiſpiel den Magen des
Schafes, ſo findet ſich hier die Einmündung der Speiſeröhre mitten in
dem Punkte, wo drei Abtheilungen dieſes Magens zuſammenſtoßen;
die größte, am meiſten nach links gelegene, mehrfach gelappte Abthei-
lung, in welche das Futter unmittelbar aus der Speiſeröhre durch eine
weite Oeffnung eintritt, zeigt auf ihrer Innenfläche eine dicke, faſt
hornartige Schicht von Epithelium, ſie heißt der Panſen(Rumen;
Ingluvies)
; aus dem Panſen führt eine ziemlich weite Oeffnung nach
rechts hin in den Netzmagen oder die Haube(Reticulum; Ollula),
welche unmittelbar unter der Speiſeröhre liegt, auf ihrer Oberfläche
mit maſchenartigen Zellen verſehen iſt und einen ſauren Magenſaft ab-
ſondert. Das Futter, welches in kleinen Portionen aus dem Panſen,
[472] wo es mit ſpeichelartigem Magenſafte durchweicht wurde, in den Netz-
magen trat, wird von dieſem durch eine Oeffnung in die Speiſeröhre
zurückgetrieben, gewiſſermaßen erbrochen und gelangt ſo wieder in den
Mund, in welchem es aufs Neue durchgekaut wird. Beim zweiten
Hinabſchlucken ändert es indeß ſeinen Weg und geht nicht wieder in
den Panſen, ſondern an dieſem und dem Netzmagen vorbei in den
dritten Magen. Die Speiſeröhre ſetzt ſich nämlich nach rechts hin in
Geſtalt einer muskulöſen Rinne fort, welche durch zwei lippenartige
Falten gebildet wird, deren Ränder ſich feſt an einander legen und ſo
die Rinne zur Röhre umgeſtalten können. Beim zweiten Hinab-
ſchlucken nach dem Akte des Wiederkäuens gleitet das Futter in dieſer
Schlundrinne unmittelbar in den dritten Magen, der eine rundliche
Form hat und auf der Oberfläche mit einer Menge längsgeſtellter
Blätter geziert iſt, welche ihm den Namen des Buches, des Pſalters
oder Blättermagens(Omasus, Psalterium) verſchafft haben; aus
dieſem führt eine Oeffnung in die letzte, darmförmige Portion, den
Pförtnertheil des Magens, welcher hauptſächlich die Stätte für die
Abſonderung des ſauren Magenſaftes iſt und wegen ſeiner die Milch
gerinnen machenden Eigenſchaft der Lab- oder Käſemagen(Abo-
masus)
genannt wird. Die große Complikation der Magenbildung
ſteht ohne Zweifel mit dem Umſtande in Zuſammenhang, daß alle
Thiere dieſer Ordnung auf Gräſer und Kräuter zur Nahrung ange-
wieſen ſind, d. h. auf Pflanzentheile, die ſehr wenig Subſtanzen ent-
halten, aus denen Fleiſch und Blut gebildet werden können; ſo daß
eine bedeuteude Menge von Futter in dem Extractionsapparate des
Magens behandelt und der Prozeß der Ausziehung ſelbſt ſo vollſtän-
dig als möglich durchgeführt werden muß, wozu das öftere Durch-
weichen mit verſchieden zuſammengeſetzten Magenſäften und die bedeu-
tende Zerkleinerung und Verarbeitung der Futtermaſſe die weſentlich-
ſten Hülfsmittel ſind. Der Darmkanal der Wiederkäuer, welcher im
Uebrigen keine weſentlichen Eigenthümlichkeiten zeigt, macht ſich durch
ſeine außerordentliche Länge bemerkbar, indem er wenigſtens eilf bis
zwölf Mal, manchmal vier und zwanzig Mal ſo lang als der Körper
iſt. Die Zitzen liegen bei allen weit nach hinten zwiſchen den Hinter-
ſchenkeln.


Die Ordnung der Wiederkäuer iſt diejenige, welche die weſent-
lichſte Fleiſchnahrung des Menſchen liefert; alle Thiere dieſer Ord-
nung werden gegeſſen und die Zucht einiger Arten bildet die weſent-
lichſte Grundlage, die Hauptbedingung für die Möglichkeit einer grö-
[473] ßeren Anhäufung des Menſchen an gewiſſen Orten und der daraus
hervorgehenden Civiliſation. Alle dieſe Thiere leben geſellig in Heerden
und zwar meiſtens in der Art, daß ein einziges älteres Männchen als
Haupt des aus Weibchen und Jungen zuſammengeſetzten Rudels er-
ſcheint. Wir unterſcheiden folgende Familien:


Figure 358. Fig. 1400.

Skelett des Kameels in die Silhouette des Thieres eingezeichnet
mt Mittelfuß. ta Fußwurzel. fe Oberſchenkelbein. vq Schwanzwirbel.
os Kreuzbein. vl Lendenwirbel vd Rückenwirbel. o Schulterblatt. vt Hals-
wirbel. h Oberarm. cu Elle. ca Handwurzel. me Mittelhand. ph Zehen.
c Rippen. ro Knieſcheibe. ti Schienbein.


Die Kamele(Tylopoda) bilden in ihrer Organiſation den Ueber-
gang zu den Dickhäutern, an die ſie ſich namentlich durch ihr Zahn-
ſyſtem anſchließen; ſie beſitzen nämlich in der Oberkinnlade vorn zwar
einen bedeutenden leeren Raum, ſo daß ſcheinbar die Schneidezähne
fehlen. Bei genauerer Unterſuchung aber findet man, daß in der
That noch in jedem Zwiſchenkiefer ein kleines kegelförmiges Zähnchen
ſteht, welches weit nach hinten gerückt iſt, ſo daß es hart an dem Eck-
zahne anſteht, der in beiden Kinnladen hakenförmig und wohl ent-
wickelt iſt. Der erſte Backzahn iſt ebenfalls von kegelförmiger Geſtalt
und dem Eckzahne nahe gerückt, ſo daß man bei oberflächlicher Anſicht
den Kamelen im Oberkiefer drei, im Unterkiefer zwei Eckzähne zuſpre-
chen könnte. Hierauf folgt die Zahnlücke und dann die gewöhnlichen
[474] Backzähne, welche aber in geringerer Anzahl, als bei allen übrigen
Wiederkäuern, nämlich oben fünf, unten vier, vorhanden ſind. Die
Füße haben nur zwei Zehen, keine Afterklauen, aber Schwielen an den
Knieen und an der Bruſt, welche den Thieren beim Niederliegen
Nutzen gewähren, indem ſie ſich ſtets zuerſt auf die Kniee niederlaſ-
ſen. Man kann in dieſer Familie zwei Gruppen unterſcheiden: Die
Kamele der alten Welt(Camelus) beſitzen einen unverhältniß-
mäßig langen Hals und auf dem Rücken entweder einen oder zwei
Höcker, welche durch ein mit langen Haaren beſetztes Fettpolſter ge-
bildet werden. Die Zehen der Füße ſind kaum getrennt, unten durch
eine breite ſchwielige Sohle, welche die Geſtalt eines ſchmalen Pferde-
hufes hat, mit einander verbunden und ihre Trennung nur oben durch
zwei flache deckende Kuppennägel angedeutet. Die Kamele der neuen

Figure 359. Fig. 1401.

Das Lama (Auchenia lama).


Welt oder die Lama’s(Auchenia) beſitzen keine ſolche verbindende
Sohle, ſondern haben weiter geſpaltene, aber auch mit Kuppennägeln
gedeckte Zehen; es fehlt ihnen in der Oberkinnlade der an den Eck-
zahn herangerückte kleine Backzahn, ihr Rücken iſt vollkommen eben, ohne
Höcker, und der Körper mit langer ſeidenartiger Wolle bedeckt, die von
einigen Arten zu induſtriellen Zwecken verarbeitet wird. Beide Grup-
pen ſind auf die ſüdlichen Gegenden ihrer Hemiſphären eingeſchränkt,
wo ihre verſchiedenen Arten gezähmt ſind und durch ihr ſanftes Na-
turell, ihre Stärke und Genügſamkeit ſich beſonders zu Laſtthieren in
den Wüſten oder, die amerikaniſchen, im Gebirge eignen. Camelus;
Auchenia
.


[475]
Figure 360. Fig. 1402.

Die Giraffe (Camelopardalis Giraffa).


Die Familie der Giraffen(Devexa) wird nur von der einzigen
bekannten jetztlebenden und einer rieſenmäßigen foſſilen Gattung ge-
bildet. Sie zeichnet ſich durch den auffallend langen Hals, den kurzen
Körper mit abſchüſſiger Rückenlinie und den kleinen Kopf mit doppel-
ten vom Felle überzogenen, knöchernen Hornzapfen vor den übrigen
Wiederkäuern aus. Das Gebiß iſt vollkommen dem der Hirſche ana-
log, oben und unten mit ſechs Backzähnen, nur fehlen ihm die Eck-
zähne durchaus. Die Zunge iſt ſehr lang, faſt wurmförmig und dient
zum Ergreifen und Abbrechen der Zweige. Auf dem Stirnbeine ſtehen
vorn zwei kurze, ſenkrechte Hornzapfen und beim Männchen hinter
denſelben noch ein kleinerer mittlerer, die alle von behaarter Haut
überzogen ſind. Die ungemeine Höhe des Widerriſtes iſt weniger
durch die Länge der Vorderbeine, als vielmehr durch die ungemeine
Entwickelung der Dornfortſätze der Rückenwirbel bedingt. Den Füßen
fehlt die Afterklaue und die Schwiele. Die jetzt lebende Gattung, die
eine Höhe von achtzehn Fuß erreicht, iſt auf die Tropenzone des afri-
kaniſchen Kontinentes beſchränkt; die foſſile koloſſale Gattung wurde
am Himalaja aufgefunden; — ihr Schädel übertrifft den des Ele-
phanten an Größe. Camelopardalis; Sivatherium.


[476]
Figure 361. Fig. 1403.

Das Moſchusthier (Moschus moschiterus).


Die Familie der Moſchusthiere(Moschida) zeigt im Ganzen die
Geſtalt und Bildung eines Rehes, unterſcheidet ſich aber durch den
gänzlichen Mangel an Geweihen bei beiden Geſchlechtern. Es ſind
leicht gebaute, flinke Waldthiere mit äußerſt zarten Füßen, an welchen
außer den beiden Hauptzehen noch zwei Afterklauen ausgebildet ſind;
das Skelett der Füße unterſcheidet ſich von demjenigen der übrigen
Wiederkäuer durch die Exiſtenz eines getrennten Wadenbeines, das
ſonſt immer mit dem einzigen Schienbein verwachſen iſt. Zum Erſatze
der durchaus mangelnden Geweihe hat das Männchen im Oberkiefer

Figure 362. Fig. 1404.

Schädel des Moſchusthieres.


zwei ſehr lange ſäbelartige Eckzähne, welche weit aus dem Munde
hervorragen und dem Thiere ſogar dazu dienen ſollen, ſich an Baum-
äſten anzuhängen. Im Uebrigen iſt das Gebiß vollkommen demjeni-
gen der übrigen Wiederkäuer analog. Bei einer Art der Gattung
findet ſich bei den Männchen zwiſchen der Vorhaut und dem Nabel
in der Leiſtengegend ein an der Vorhaut geöffneter Beutel aus einer
einfachen Hauteinſackung beſtehend, in welchem der bekannte Moſchus
abgeſondert wird. Ein weſentlicher Unterſchied von der folgenden
Familie beſteht noch in dem Mangel der eigenthümlichen Gruben
[477] unter dem Auge, in welchen eine ſchleimige, übelriechende, ſchmierige
Flüſſigkeit abgeſondert wird. Die zierlichen Thiere leben in Rudeln,
beſonders auf den trockenen Hochebenen Mittelaſiens und auf den
Sunda-Inſeln, wo ſie theils als ſchmackhaftes Wild, theils der Mo-
ſchusbeutel wegen gejagt werden. Moschus; Tragulus; Dremo-
therium.


Figure 363. Fig. 1405.

Der Edelhirſch (Cervus elaphus).


Weit zahlreicher und in allen Welttheilen verbreitet iſt die Familie
der Hirſche(Cervida), die überall als vortreffliches Wild gejagt wird
und von welcher eine Art, das Rennthier, das weſentlichſte Hausthier
des hohen Nordens bildet. Der auszeichnende Charakter dieſer Fa-
milie, welche an den ſchlanken Beinen ſtets Afterklauen beſitzt, liegt
eines Theiles in den Thränengruben, die unmittelbar unter dem Auge
angebracht ſind und aus Hautbälgen beſtehen, die eine ſchmierige
Flüſſigkeit abſondern, anderen Theils in der eigenthümlichen Art
zackiger Hörner, die man als Geweihe bezeichnet, die faſt überall nur
den Männchen zukommen und zu beſtimmten Zeiten gewechſelt werden.
Nur bei der Untergruppe der Rennthiere beſitzt auch das Weibchen
Geweihe, die aber weit kleiner und ſchwächer ſind, als diejenigen der
Männchen. Der Wechſel der Geweihe ſteht mit der Geſchlechtsfunk-
tion in engſter Beziehung; kaſtrirte Hirſche ſetzen keine neuen auf,
[478]

Figure 364. Fig. 1406.

Das Rennthier (Cervus taraudus).


werfen aber auch die vorhandenen nicht ab. Als Baſis dieſer Geweihe
findet ſich auf dem Stirnbeine ein Knochenzapfen, der nach oben einen
Kranz bildet, auf welchem das neue Horn ſich aufſetzt; dieſes bildet
ſich ganz in ähnlicher Weiſe, wie die neue Knochenmaſſe oder der Cal-
lus nach Verletzungen von Knochen, indem eine Entzündung entſteht,
welche Knorpelmaſſe abſondert, die von der Haut überzogen iſt; der
äſtige Knorpelſtab wächſt ſehr ſchnell heran, vergrößert ſich immer
mehr und verknöchert endlich gänzlich in aufſteigender Richtung von
dem Stirnbeine her. Sobald die Verknöcherung vollſtändig geworden
iſt, ſo fängt die umhüllende Haut, der ſogenannte Baſt, an zu ver-
trocknen und wird dann meiſtens von den Thieren ſelbſt durch Reiben
an Baumſtämmen und Aeſten entfernt. Cervus; Palaeomeryx;
Dorcatherium.


Die Familie der Hohlhörner(Cavicornia) umfaßt eine weit grö-

Figure 365. Fig. 1407.

Kopf des Steinbocks (Capra ibex).


ßere Anzahl von Gattungen und
Arten, von welchen einige, wie die
Schafe, Ochſen und Ziegen in al-
len Ländern als Hausthiere gezo-
gen werden. Das Stirnbein trägt
bei dieſen Thieren in beiden Ge-
ſchlechtern kurze, ſolide, zugeſpitzte
Knochenzapfen, über welchen ſich
eine hohle Hornſcheide ausbildet,
die beſtändig bleibt, durch Anſatz
neuer Schichten an der Haut nach
[479] außen fortwächſt und ſo die hohlen Hörner bildet, welche bei einigen
Gattungen nur bei den Männchen, bei den meiſten in beiden Ge-
ſchlechtern vorkommen. Allen Hornthieren fehlen die Eckzähne; die
zweizehigen, mit großen, tiefgeſpaltenen Hufen verſehenen Füße zeigen
ſtets noch zwei hintere Afterklauen. Man kann unter ihnen mehrere
Gruppen unterſcheiden: Die Antilopen mit vollen, feſten Knochen-
zapfen, die zuweilen ſelbſt den Geweihen der Hirſche ähnlich werden;
ſchlankem, meiſt hirſchähnlichem Körper und oft mit Thränengruben
unter den Augen; — theils in den Wüſten und Ebenen der ſüdlichen
Zone des alten Continents, theils auch, wie die Gemſen und Ga-
belgemſen, auf den höchſten Gebirgen, an der Gränze des ewigen
Schnees in Europa, Aſien und Amerika einheimiſch; die Ziegen mit
bebartetem Kinne, kantigen Hörnern, ohne Klauendrüſen und Thrä-
nengruben, ſchlaue, flinke und gewandte Bewohner der höchſten Ge-
birgswelt des alten Continents. Die Schaafe mit meiſt ſpiralig

Figure 366. Fig. 1408.

Der Mufflon (Ovis musimon).


gewundenen Hörnern, bartloſem Kinne, Thränengruben und einer
Drüſe zwiſchen den Hufklauen, Bewohner der niedrigeren Gebirge;
[480]

Figure 367. Fig. 1409.

Der Biſon (Bos bison).


endlich die Ochſen mit plumpem Körperbaue, großem, ſchwerem
Kopfe, faſt drehrunden Hörnern und nackter, feuchter Schnauze, meiſt
Bewohner der grasreichen Ebenen und der flachen, ſumpfigen Wälder.
Antilope; Capra; Ovis; Ovibos; Bos; Leptotherium.


Die Ordnung der Wiederkäuer war in der Vorzeit nicht minder
verbreitet und nicht minder zahlreich, als in der Jetztwelt. Sie tritt
erſt in der mittleren Tertiärzeit nach den Dickhäutern auf, zeigt
aber ſowohl gegen das Ende der Tertiärepoche, wie in der Di-
luvialzeit eine große Anzahl von Formen, unter denen ſich namentlich
rieſenmäßige Hirſche und Ochſen auszeichnen. Einige dieſer ſogenann-
ten foſſilen Arten ſcheinen ſogar noch gleichzeitig mit dem Menſchen
gelebt zu haben, ſeither aber ausgeſtorben zu ſein, was um ſo weni-
ger auffallen darf, als auch eine, früher in Europa weit verbreitete
Art, der Auerochs, jetzt dem Verlöſchen nahe iſt und nur noch in
dem Bialowieſer Walde in Lithauen durch Hegung vor der gänzlichen
Ausrottung geſchützt wird.


Ordnung der Zahnarmen. (Edentata).

In vieler Beziehung ſteht dieſe merkwürdige Ordnung, welche
jetzt weſentlich nur auf die ſüdlichen Zonen unſerer Erde beſchränkt
iſt, vollkommen iſolirt da und ſchließt ſich nur in entfernterer Weiſe
durch einige ausgeſtorbene Gattungen an die Dickhäuter an. Der
[481]

Figure 368. Fig. 1409.

Schädel des Erdſchweines vom Kap (Orycteropus capensis).


Schädel dieſer Thiere iſt bei den inſektenfreſſenden Gattungen lang
geſtreckt, faſt cylindriſch, der Hirntheil ſehr klein, die Kiefer ſehr lang,
aber ſchwach und wenig entwickelt; bei den pflanzenfreſſenden Faul-
thieren iſt der Schädel rund, die Kiefer kurz, hoch und ſtark. Eini-
gen Gattungen fehlen alle Zähne durchaus, bei anderen exiſtiren nur
wenige, ſchlecht entwickelte Backzähne aus einem einzigen Schmelz-
prisma gebildet, das vollkommen wurzellos iſt und eine weichere Zahn-
ſubſtanz umſchließt; bei anderen treten hierzu noch kleine, ſtumpf
kegelförmige Eckzähne und nur eine einzige Art beſitzt zwei kleine un-
ausgebildete Vorderzähne, die in ihrer Struktur ganz den Backzähnen
ähnlich ſind. Die Wirbelſäule dieſer Thiere iſt ſtets ſehr kräftig, die
Halswirbelſäule einiger Arten dadurch ausgezeichnet, daß bis zu
neun Wirbeln darin vorkommen; der Schwanz gewöhnlich lang; die
Extremitäten meiſt kurz, dick, in ihrer ganzen Struktur plump und
ihre Knochen oft in ſeltſamer Weiſe mit einander verwachſen. Die
Zehen der Thiere ſind ſelten vollſtändig getrennt, meiſt nur gegen
die Spitze hin geſchieden, hier aber mit ungeheuer langen, gebogenen
Sichelkrallen bewaffnet, welche beſonders zum Aufgraben der Erde
oder zum Umfaſſen von Bäumen geſchickt erſcheinen. Das Gehirn iſt
klein, ohne Windungen oder nur mit ſehr flachen Furchen verſehen;
die Hemiſphären des großen Gehirnes decken das kleine Gehirn nicht.
Das äußere Ohr fehlt vielen Arten, iſt aber bei anderen ſehr ent-
wickelt; die Zunge iſt meiſt ſehr lang, wurm- oder riemenförmig.
Die Verdauungsorgane je nach der Nahrung verſchieden gebildet. Die
Hoden liegen ſtets in der Bauchhöhle. Es ſind träge, meiſt nächt-
liche Thiere von äußerſt ſtumpfen Sinnen, die theils in Erdlöchern,
theils auf Bäumen vereinzelt leben und höchſtens die Größe eines
mäßigen Hundes erreichen. In der Vorwelt gab es einige gigantiſche
Formen, welche theils ein Mittelglied zwiſchen den jetzt lebenden Fa-
milien bilden, theils auch zu den Dickhäutern hinüberleiten und deren
Ueberreſte bis jetzt beſonders häufig in den Tertiärſchichten Südame-
rikas gefunden wurden.


Vogt, Zoologiſche Briefe. II. 31
[482]
Figure 369. Fig. 1410.

Langſchwänziges Schuppenthier (Manis macrura).


Die Familie der Wurmzüngler(Vermilinguia) beſitzt einen äu-
ßerſt langen, nach vorn zugeſpitzten Kopf mit kleiner Mundöffnung,
aus welcher eine dünne, ſehr lange und bewegliche Zunge hervorge-
ſtreckt werden kann; Augen und Augenhöhlen ſind ſehr klein, letztere
meiſt in die Schläfengruben geöffnet, der Schädel ohne vorſpringende
Leiſten, die Kiefer ſchwach, dünn, entweder ganz zahnlos oder, beim
Kap’ſchen Erdſchwein, mit einigen wenigen platten Mahlzähnen ver-
ſehen, die eine faſt nur hornartige Conſiſtenz haben und aus einzel-
nen ſenkrecht ſtehenden Zahnröhren zuſammengeſetzt ſind, welche durch eine
weichere Subſtanz mit einander verbunden werden; die Füße ſind kurz,
aber äußerſt kräftig, meiſt mit vier oder fünf langen Sichelkrallen verſehen,
der Körper lang geſtreckt, die Haut bald faſt nackt, bald mit dichtem,
ziemlich langem Haare, bald mit dachziegelartig übereinander liegenden
Schuppen bedeckt, welche aus zuſammengeklebten Hornfaſern beſtehen.
Die Thiere leben ſämmtlich in Erdhöhlen und nähren ſich von Amei-
ſen und Termiten, deren Hügel ſie mit den einwärts gebogenen vor-
deren Krallenfüßen aufſcharren. In die Oeffnung, welche bald von
zornig herbeilaufenden Ameiſen erfüllt wird, ſteckt das Thier die lange
klebrige, mit hornigem Ueberzuge, Stacheln und Spitzen verſehene
Zunge, die es zurückzieht, ſobald eine hinlängliche Anzahl von Amei-
ſen ſich mit ihren Kiefern darin eingebiſſen haben. Myrmecophaga;
Orycteropus; Manis; Glossotherium; Macrotherium.


Die Familie der Gürtelthiere(Cingulata) beſitzt einen weniger
zugeſpitzten, mehr kegelförmigen Kopf mit ſchwachen Kiefern, in denen
oft eine große Anzahl kleiner, ſäulenförmiger, wurzelloſer Backzähne
ſtecken. Die Zunge iſt kurz, fleiſchig. Der ganze Körper iſt durch
kleine Täfelchen gepanzert, die an dem Bauche und den Extremitäten
[483]

Figure 370. Fig. 1411.

Schwarzer Tatu (Dasypus peba).


warzenartig in einer dicken Lederhaut ſtecken, auf dem Rücken und dem
Kopfe aber tafelartig zuſammenſtoßen und ſo Schilder bilden, die mei-
ſtens Querreifen zeigen und dadurch beweglich ſind. Die vorn fünfzehi-
gen, hinten vierzehigen Füße ſind mit langen und ſcharfen Sichelkral-
len bewaffnet. Die Thiere haben eine außerordentliche Muskelkraft und
leben in ihrem einzigen Vaterlande, Südamerika, in Erdhöhlen, welche
ſie Nachts verlaſſen, um nach ihrer Nahrung, Würmern und Inſekten
umherzuſuchen. Man hat die Ueberreſte einiger koloſſalen Arten in den
Tertiärgebilden Südamerikas entdeckt. Dasypus; Chlamyphorus; Ho-
plophorus; Pachytherium; Chlamydotherium; Hetero-
don; Euryodon; Xenurus; Glyptodon.


Figure 371. Fig. 1412.

Skelett des Megatherium aus dem Pampasthone am Plataſtrome in Südamerika.


Die Familie der Großthiere(Megatherida) wird nur durch einige
foſſile Gattungen aus Südamerika, von außerordentlich plumpem,
31*
[484] ſchwerfälligem Körperbaue gebildet, welche durch ihre Charaktere
den Uebergang von der vorigen Familie zu der folgenden bil-
den. Der Schädel iſt kurz, breit, plump, die Kiefer ſtark
und nur mit einfachen Backzähnen bewaffnet, welche einen ſäu-
lenförmigen Schmelzcylinder zeigen. Aeußerſt charakteriſtiſch iſt
an dem kräftigen Jochbogen ein langer, blattförmiger Fortſatz, der
nach unten über den Unterkiefer hinübergreift und auch bei den Faul-
thieren vorkömmt, wie denn überhaupt der ganze Schädelbau dieſer
Thiere demjenigen der pflanzenfreſſenden Faulthiere ſich anſchließt,
während der Bau der Extremitäten vielmehr dem der inſektenfreſſenden
Gürtelthiere ſich nähert. Die Füße ſind nämlich kurz, Oberarm- und
Oberſchenkelbein faſt breiter als lang, die Zehen verwachſen, die
äußeren verkümmert, die inneren mit langen Krallen bewaffnet; der
Schwanz ziemlich lang, kräftig, das Becken außerordentlich breit und
platt. Die Thiere treten, wie alle übrigen Zahnloſen, mit dem äuße-
ren Rande der Füße auf, zeichnen ſich aber vor den vorigen Familien
noch dadurch aus, daß an dem Vorderfuße die Speiche beweglich iſt
und um ihre Achſe gerollt werden kann, eine Eigenthümlichkeit, welche
auch den Faulthieren zukommt und die eine Bewegung des Vorder-
fußes in ähnlicher Weiſe wie ein Arm geſtattet. Die Haut dieſer
koloſſalen Thiere, die die Maſſe eines Elephanten zum Theil erreichten,
beſaß keinen Panzer, wie man früher glaubte. Megatherium; Mega-
lonyx; Mylodon; Scelidotherium; Platyonyx
.


Figure 372. Fig. 1413.

Der Ai (Bradypus tridactylus).


Die Familie der Faulthiere(Bradypoda) kommt durch den kur-
zen, faſt kugeligen Kopf, die kurzen und hohen Kiefer, den über den
Unterkiefer herabſteigenden Fortſatz des Jochbeines, mit der vorigen
überein, übertrifft ſie aber durch größere Beweglichkeit der Speiche
[485] und ſchlanke Bildung der Extremitäten, die ſich an diejenige der Af-
fen und Menſchen anſchließt. Die Backzähne ſind cylindriſch, faſt
dreiſeitig; vor ihnen ſteht ein kurzer, ſtumpf kegelförmiger Eckzahn,
während die Schneidezähne allen fehlen, mit Ausnahme einer Art,
bei welcher ſich ein kleines, backzahnförmiges Zähnchen in dem Zwi-
ſchenkiefer jederſeits ſo geſtellt findet, daß es ſich unmittelbar an den
Eckzahn anſchließt. Die Vorderfüße ſind verhältnißmäßig ſehr lang,
die Hinterfüße kurz aber kräftig und an beiden Extremitäten die Ze-
henknochen förmlich miteinander zu einem einzigen Stücke verwachſen.
Der Schwanz fehlt faſt ganz. Die nach innen gedrehten Füße ſind
vorn wie hinten mit ungeheuer langen Sichelkrallen bewaffnet, denen
nur eine Charnierbewegung geſtattet iſt. Der Körper iſt mit langem
dürrem Haare bedeckt; die Milchdrüſen liegen an der Bruſt. Die
trägen Thiere können ſich auf der flachen Erde nur mit äußerſter
Mühe und ſehr unbehülflich fortbewegen, kletteru aber geſchickt auf
Bäumen umher, von deren Blättern ſie ſich nähren, obgleich auch
hier ihre Bewegungen äußerſt träge ſind und ſie ſich hauptſächlich
mehr durch die Ausdauer auszeichnen, mit der ſie ſtundenlang in der-
ſelben hängenden Stellung ausharren können. Mehrere Arten dieſer
Thiere, die nur in Südamerika einheimiſch ſind und keine foſſilen
Verwandten haben, zeichnen ſich dadurch aus, daß ſie acht oder neun
Halswirbel beſitzen, während bei allen übrigen Säugethiergattungen
die Zahl derſelben nur ſieben beträgt. Bradypus; Choloepus.


Reihe der Säugethiere mit gürtelförmigem Mutterkuchen.

Die Formen, welche wir in dieſer Reihe gewahren, ſind bei wei-
tem nicht ſo mannigfaltig, als in der vorhergehenden und das Gebiß
ſogar in Uebereinſtimmung mit dem raubgierigen Charakter der Thiere
faſt durchgängig nach demſelben Plane gebaut. Die verſchiedenen
Ordnungen können deßhalb hauptſächlich nur auf den Bau der Füße
gegründet werden, in welcher Beziehung allerdings eine ſehr bedeu-
tende Verſchiedenheit obwaltet, da die Einen zum Aufenthalt im Waſ-
ſer, die Andern zum Rauben auf dem feſten Lande beſtimmt ſind. Die
gürtelförmige Ausbildung des Mutterkuchens, welcher einen Kranz um
das Ei bildet und daſſelbe von allen Seiten an der inneren Fläche
[486] der röhrenförmigen Gebärmutter feſtheftet, iſt allen Thieren dieſer
Reihe gemeinſam, ebenſo die Zuſammenſetzung des Gebiſſes aus kleinen,
kranzförmig geſtellten Schneidezähnen, großen, hakenförmig gekrümmten
ſcharfen Eckzähnen und ſcharfſchneidenden höckerigen Backzähnen, welche
nicht zum Kauen, ſondern nur zum Zerſchneiden der Nahrung geeignet
ſind. Wir finden in dieſer Reihe zwei Ordnungen, die ſich auf den
erſten Blick durch die Bildung der Extremitäten unterſcheiden.


Ordnung der Robben. (Pinnipedia.)

Figure 373. Fig. 1414.

Skelett des Seehundes (Phoca) in ſeine Silhouette eingezeichnet.
vq Schwanzwirbel. vs Kreuzwirbel. vl Lendenwirbel. vd Rückenwirbel.
vc Halswirbel. s Bruſtbein. h Oberarm. r Speiche. ca Handwurzel.
mc Mittelhand. ph Phalangen. o Schulterblatt. c Ripven. f Schenkelbein.
r Knieſcheibe. p Wadenbein. t Schienbein. ta Fußwurzel. mt Mittelfuß.
ph Zehen. b Becken.


Die Robben zeichnen ſich durch den faſt drehrunden, von vorn
nach hinten kegelförmig verſchmälerten, mit Floſſenfüßen verſehenen
Körper aus, der allmälig in den ſtarken Hals übergeht, auf welchem
ein meiſt kleiner, faſt rundlicher Kopf ſitzt. Alle Formen der kräftigen
Muskulatur ſind durch eine dicke Specklage verhüllt, über welche eine
mit platt anliegenden Haaren beſetzte dicke Haut gezogen iſt. Die
ganze Geſtalt der Thiere hat etwas außerordentlich Plumpes und
Schwerfälliges, und nähert ſich derjenigen der Wale. Der Schädel
iſt kurz, kräftig, die Kiefer gedrungen, die Leiſten für den Anſatz der
Schläfenmuskeln ſtark entwickelt, ſo daß bei vielen Gattungen ein
[487] hoher Kamm über die Mittellinie des Schädels ſich hinzieht; die
Augenhöhle iſt gewöhnlich nach hinten in die Schläfengrube geöffnet;
die kurzen ſtarken Kiefer tragen vorn einen Bogen kleiner, ſenkrecht
geſtellter, meißelartiger Schneidezähne, derer Zahl und Dauer ſehr
unbeſtändig iſt, da ſie bei manchen Gattungen ſchon ſehr bald ausfal-
len, ohne ſpäter erſetzt zu werden. Die Eckzähne ſind groß, hackig
gekrümmt, ſcharf geſpitzt, zuweilen in Form von Hauern entwickelt;
die Backzähne bis auf den letzten gewöhnlich einwurzelig, in ihrer
Form nicht verſchieden, mit ſcharfen längsgereihten Kronen verſehen,
die oben oft ſägeartig eingekerbt ſind, ſo daß bei manchen Gattungen
jede Zahnkrone förmlich die Geſtalt eines mehr oder minder tief ein-
geſchnittenen Dreizackes erhält. Das weite Maul iſt mit dicken, aufge-
wulſteten Lippen bedeckt, in denen einzelne ſehr dicke und lange, ſpi-
ralig gedrehte Schnurrborſten ſtecken; die Naſenlöcher finden ſich am
Ende der Schnauze und bilden meiſt Längsſpalten, welche durch be-
ſondere Muskeln hermetiſch geſchloſſen werden können; die Augen ſind
groß, klar, meiſt hellbraun gefärbt und von ausnehmend klugem Aus-
drucke, die ſchönſten Augen im ganzen Thierreich; die Ohröffnung iſt
ſehr klein und ein äußeres Ohr entweder gar nicht vorhanden oder
ſehr rudimentär. Die Vorderfüße ſtehen unmittelbar unter der Bruſt,
wo der Körper am dickſten iſt, und ſtellen breite kurzgeſtielte Ruder-
lappen vor, an denen man zwar die Zehen und die ihnen entſprechen-
den gekrümmten ſcharfen Hakenkrallen deutlich unterſcheiden kann, die
aber durch eine dicke, behaarte Schwimmhaut mit einander zu Schwimm-
floſſen verbunden ſind; die Hinterfüße ſind durchaus nach hinten ge-
ſchoben, in gleicher Flucht mit dem Körper geſtreckt und ſo zu beiden
Seiten des kurzen Schwanzes geſtellt, daß ſie eine mächtige, doppelte
ſenkrechte Endfloſſe bilden, welche das weſentliche Bewegungswerkzeug
des Thieres iſt. Die Zitzen liegen weit nach hinten in der Nähe dieſer
mißgeſtalteten Ruderfüße.


Sämmtliche Robben leben in dem Meere, aber ſtets in der Nähe
der Küſten, wo ſie ſich beſonders in Flußmündungen an felſigen, un-
bewohnten Inſeln und in der Nähe der Eisbänke gefallen. Auf die
floſſenartigen Vorderfüße geſtützt, kriechen ſie mühſam, den ſchweren
Körper auf dem Boden ſchleifend, an ihren Lieblingsplätzen aufs
Trockene, wo ſie meiſtens gemeinſchaftlich in der Sonne ſchlafen und
beim Nahen einer Gefahr ſich ſogleich in das Waſſer ſtürzen. Man
jagt ſie des Speckes und der Häute wegen, indem man ſie auf dem
[488] feſten Lande zu überraſchen ſucht und ſie durch Stockſchläge auf die
Naſe betäubt. Sie nähren ſich faſt nur von Fiſchen, einige auch von
Krebſen und Muſcheln.


Figure 374. Fig. 1415. Fig. 1416. Fig. 1417. Fig. 1418.

Schädel des Walroſſes (Trichecus rosmarus).
Fig. 1415. Von der Seite. Fig. 1416. Von vorn, um das Verhältniß
der Naſenöffnung zu den Zwiſchenkiefern und den Stoßzähnen zu zeigen.
Fig. 1417. Von Oben. Fig. 1418. Von Unten; die zwei kleinen Schneide-
zähnchen ſtehen an der inneren Seite der Eckzähne.


Die Familie der Walroſſe(Trichechida) bildet das Mittelglied
zwiſchen den eigentliche Robben nnd den Seekühen, ſo wie namentlich
den foſſilen Gattungen, welche wir denſelben angereiht haben, ſo daß
dieſe Familie in dieſer Reihe etwa die Stelle einnimmt, welche die
Dickhäuter in der erſten Reihe der Säugethiere behaupten. Es ſind

Figure 375. Fig. 1419.

Das Walroß (Trichecus rosmarus).


große, plumpe Thiere, die ein Gewicht von zwanzig und mehr Cent-
nern erreichen und ſich von der folgenden Familie weſentlich durch
[489] die Bezahnung unterſcheiden. Das junge Thier hat oben wie unten
Schneidezähne, die im Unterkiefer ſehr bald verloren gehen und von
welchen im Oberkiefer nur zwei ſeitliche ſtehen bleiben, die durch Form
und Abnutzung ganz den eigentlichen Backzähnen gleichen. Die Eck-
zähne entwickeln ſich nur im Oberkiefer zu zwei langen, ſchweren ge-
krümmten Hauern, welche weit nach unten hervortreten und zwiſchen
die der zuſammengedrückte Unterkiefer hineinpaßt. Die Thiere bedie-
nen ſich dieſer Hauer ſowohl zum Aufwühlen des Grundes, um nach
Muſcheln zu ſuchen, als auch zum Fortziehen des Körpers auf dem
Boden und auf dem Eiſe. Die Backzähne ſind bei jungen Thieren
ſpitz kegelförmig, erhalten aber bei älteren durch die Abnutzung eine
ebene Kaufläche, wodurch ſie den Backzähnen mancher Zahnarmen
ähnlich werden. Man jagt die Thiere ſowohl des Speckes und der
Haut, als auch namentlich der Hauer wegen, deren Subſtanz bei wei-
tem härter als Elfenbein iſt und mit Vortheil zur Bereitung falſcher
Zähne verwendet wird. Sie kommen nur im nördlichen Polarmeere
vor. Trichechus.


Figure 376. Fig. 1420.

Der gemeine Seehund (Phoca vitulina).


Die Familie der eigentlichen Robben oder Seehunde(Phocida)
zeigt im Durchſchnitte eine weit geringere Körpermaſſe, als die vorige,
von der ſie ſich auffallend durch den Zahnbau unterſcheidet, der durch-
aus ſich demjenigen der folgenden Ordnung anſchließt. In dem Ober-
kiefer finden ſich vier bis ſechs, in dem Unterkiefer zwei bis vier
Schneidezähne, hinter welchen die ſcharfen Eckzähne ſtehen, die niemals
aus dem Maule hervorragen. Die Backzähne ſind bald einſpitzig,
bald kegelförmig, bald drei- oder vierzackig und dann mit doppelten
Wurzeln verſehen, die Schnauze meiſt aufgewulſtet, zuweilen ſelbſt zu
einem Rüſſel oder zu einem willkürlich aufzublaſenden Beutel ausge-
bildet. Man kann in dieſer zahlreichen Familie zwei Gruppen unter-
ſcheiden, die einen, die Seehunde(Phoca; Pelagius; Stemmatopus;
[490] Stenorhynchus)
ohne äußeres Ohr mit ganzrandiger Schwimmhaut
der Hinterfüße, die anderen, die Ohrrobben(Otaria), mit kleiner
rudimentärer Ohrmuſchel und ausgezackter Schwimmhaut, die zwiſchen
den Zehen riemenförmig verlängert erſcheint.


Beide Familien der Robben, Walroſſe und Seehunde, haben Re-
präſentanten in den Tertiärgebilden aufzuweiſen.


Ordnung der Raubthiere. (Carnivora.)

Die vollſtändige Ausbildung der Füße, welche zum Bewohnen
des Feſtlandes eingerichtet ſind, unterſcheidet dieſe Thiere, welche äußerſt
zahlreich über den ganzen Erdboden verbreitet ſind, auf den erſten
Blick von den vorigen. Der Körper verbindet in ausgezeichneter
Weiſe die Bedingungen der Kraft, der Schnelligkeit und der Leichtig-
keit. Der Schädel iſt kurz gedrungen, kräftig; die Gehirnkapſel meiſt

Figure 377. Fig. 1421. Fig. 1422. Fig. 1423.

Schädel des Tigers (Felis tigris).
Fig. 1421. Von oben. Fig. 1422. Von der Seite. Fig. 1423. Von unten.


[491] mehr oder minder rundlich, die Schläfengruben tief, die Leiſten zum
Anſatze der Beißmuskeln meiſt ſo ſtark entwickelt, daß ſie einen hohen
Kamm bilden, der ſich über den ganzen Raum des Mittelhauptes er-
ſtreckt. Die Jochbogen ſind breit, ſehr bedeutend nach außen gebogen,
um den mächtigen Beißmuskeln den Durchgang zu geſtatten; die Augen-
höhlen nach hinten in die Schläfengruben geöffnet; die Kiefer ſind um
ſo kräftiger und gedrungener, der aufſteigende Aſt des Unterkiefers um
ſo entwickelter, je raubgieriger das Thier iſt. Die Bezahnung iſt

Figure 378. Fig. 1424.

Oberkieferzähne des Hundes.
a b c Schneidezähne. d Eckzahn. e f g Lückenzähne. h i j Backzähne.
h Reißzahn.


mannigfaltiger, als in irgend einer anderen Gruppe, da die Formen
der Backzähne ſo ſehr unter ſich abweichen, daß man mehrfache Arten
derſelben unterſcheiden kann. Die Schneidezähne ſind in der Regel
nur klein, quergeſtellt, ſcharf ſchneidend und in beiden Kinnladen ſtets
in der Zahl von ſechs vorhanden; die Eckzähne ſind faſt ſtets gekrümmt
und um ſo ſchärfer, je mehr das Thier ausſchließlich von Fleiſch-
nahrung lebt; meiſt greifen die Eckzähne ſo in einander, daß beim
Schließen des Maules der des Unterkiefers in eine Lücke zwiſchen den
Schneidezähnen und den oberen Eckzähnen eingreift; hinter den Eck-
zähnen folgen meiſt einige kleine, gewöhnlich kegelförmige, ſpitzige,
einwurzelige Zähne, welche man die falſchen Backzähne oder die Lücken-
zähne genannt hat. Die Reihe der eigentlichen mehrwurzeligen Back-
zähne wird gewöhnlich von einem großen, meſſerſcharfen, mehrſpitzigen
Zahne begonnen, dem Reiß- oder Fleiſchzahne, dem einige mehrwurze-
lige höckerige Backzähne folgen. Je raubgieriger das Naturell, deſto
weniger zahlreich ſind dieſe Backzähne, deſto ſchärfer, ſägenartiger
ihre Kronen; — je mehr das Thier ſich auch zugleich mit Pflanzenkoſt
begnügt, deſto breiter werden die Kronen und erhalten mehr oder
minder ſpitze Höcker und nach innen vorſpringende Anſätze, welche die
Kaufläche des Zahnes verbreitern und beim Schließen des Maules in
einander greifen. Die weichen Lippen der Raubthiere ſind ſtets mit
[492] größeren Schnurrborſten beſetzt. In der Ausbildung der Füße zeigt
ſich mancherlei Verſchiedenheit, indem mit zunehmender Schnelle und
Behendigkeit die Thiere mehr und mehr von der Sohle auf die Zehen
ſich erheben. Die Zehen find mehr oder minder tief getrennt, vorn
meiſt in der Fünfzahl, hinten in der Vier- oder Fünfzahl vorhanden
und an ihrer Spitze mit krummen ſchneidenden Krallen bewaffnet, die
bei einer Familie ſogar in eigene Scheiden zurückgezogen werden kön-
nen. Einige Familien treten nur mit den Zehen ſelbſt auf den Bo-
den auf, weßhalb man ſie unter dem Namen der Zehengänger (Digi-
tigrada)
bezeichnete; andere ſetzen ſowohl die Zehen, als auch die mit
ſchwieliger Haut bedeckten Mittelfußknochen beim Gange auf den Bo-
den (Semiplantigrada); bei anderen endlich iſt eine Sohle, ähnlich der
des menſchlichen Fußes, hergeſtellt, deren hinterer Theil durch die
Fußwurzel und namentlich durch das Ferſenbein gebildet wird; es
ſind die Sohlengänger (Plantigrada). Mit dieſer Bildung der Füße
ſteht meiſtens auch die Beweglichkeit im Einklange, indem die Sohlen-
gänger träger und ſchleppender ſind, zum Erſatz dafür aber auch eine
größere Beweglichkeit der Vorderfüße beſitzen und dieſelben in gewiſſer
Weiſe als unausgebildete Arme benutzen können. Die Zitzen liegen
bei allen dieſen Thieren in mehrfacher Anzahl und doppelten Reihen
unter dem Bauche; — die eben geborenen Jungen ſind während der
erſten Tage blind, da ſich ihre Pupillarmembran noch nicht geöffnet
hat. Wir unterſcheiden folgende Familien:


Reine Zehengänger.

Die Familie der Katzen(Felida) ſchließt die kräftigſten, raubgie-
rigſten Thiere der Ordnung ein. Der Kopf erſcheint rund, faſt kuge-
lig wegen der Kürze der gedrungenen Kiefer und der Mächtigkeit der
Beißmuskeln, welche die Wangengegend ausfüllen; die Eckzähne ſind
ſchneidend, Lückenzähne nur zwei vorhanden, die meſſerartig ſcharf
und gezackt ſind; auf dieſe beiden Lückenzähne folgt ein einziger voll-
kommen ſcharfer, zwei- oder dreiſpitziger Backzahn, hinter dem in dem
Oberkiefer noch ein kleiner ſpitzer Kornzahn ſteht. Dieſe wenigen
meſſerſcharfen Zähne gleiten beim Schließen des Maules über einan-
der, wie die Blätter einer ausgezackten Scheere; die Zunge iſt rauh,
ſtachelig, feilenartig; die Ohren kurz, ſteif, zuweilen mit Haarpinſeln
[493]

Figure 379. Fig. 1425.

Der Jagdtiger oder Guepard (Cynailurus jubatus).


beſetzt; der Körper langgeſtreckt, geſchmeidig, der Schwanz lang, die
Füße kurz und kräftig. Die Zehen der Füße beſitzen einen eigenthüm-
lichen Mechanismus: das Krallenglied iſt ſenkrecht auf das mittlere
eingelenkt und auf ſeiner oberen Fläche durch ein elaſtiſches Band an
die vorhergehenden Glieder befeſtigt, über welchen ſich eine Scheide
befindet, in welche die ſcharfe gebogene Kralle zurückgezogen werden
kann. Die Beugemuskeln der Finger ſenden dagegen eine ſtarke Sehne
an das Krallenglied, welche bei ihrer Zuſammenziehung das Vorſtrecken
der Kralle bewirkt. Alle Thiere dieſer Familie, auch den ſo gut be-
leumdeten Löwen nicht ausgenommen, ſind grauſame und im Ganzen
feige Raubthiere, welche nicht im Laufe jagen, ſondern ihre Beute
beſchleichen oder ihr auflauern und ſie dann mit einem plötzlichen
Sprunge überraſchen. Sie leben einſam, gewöhnlich in Familie, deren
jede einen gewiſſen Jagdbezirk hat und lauern meiſtens an den Trink-
plätzen auf die grasfreſſenden Säugethiere, welche ihnen eine leichte
Beute werden. Die größeren Thiere dieſer Familie verſchwinden vor
der Civiliſation immer mehr und mehr, da man ſie ſowohl ihres
Pelzwerkes wegen jagt, als auch namentlich des Schadens wegen aus-
zurotten ſucht. Alle Gattungen, auch der Tiger und der Löwe fliehen
den Menſchen bei Tage und wagen ihn nur bei Nacht oder wenn ſie
verwundet und gejagt werden anzugreifen. Die Familie iſt in allen
Erdtheilen zahlreich vertreten und über alle Zonen verbreitet; ſie zeigt
in dem Guepard oder Jagdtiger einen Uebergang zu den Hunden,
da dieß hochbeinige Thier jagt und die Krallen nicht zurückziehen kann.
Felix; Lynx; Cynailurus.


[494]
Figure 380. Fig. 1426.

Die gefleckte Hyäne (Hyaena crocuta).


Die Familie der Hyänen(Hyaenida) kommt den vorigen im
Zahnbaue und der Kürze und Kräftigkeit der mächtigen Kiefer nahe,
unterſcheidet ſich aber weſentlich durch die Bildung der Extremitäten;
ſie haben in beiden Kiefern drei Lückenzähne, einen Reißzahn und da-
hinter im Oberkiefer einen kleinen Kornzahn, ganz wie die Katzen,
aber nur vier ausgebildete Zehen an den Vorderfüßen und ſcharfe
Krallen, die nicht zurückgezogen werden können. Die Vorderfüße
ſind bedeutend länger als die Hinterfüße, ſo daß der Körper nach
hinten abſchüſſig erſcheint. Am After befindet ſich eine Drüſentaſche,
die eine ſtinkige Schmiere abſondert. Die jetzt auf den afrikaniſchen
Kontinent beſchränkten Thiere jagen meiſtens in Haufen des Nachts
umher und nähren ſich auch von Aas und ähnlichen Stoffen, wie
denn das Ausgraben der Leichen bekannt iſt. Tags über ſchlafen ſie
in Höhlen, welche ſie ſich ſelbſt gegraben haben. Hyaena; Proteles;
Smilodon; Amyxodon
.


Figure 381. Fig. 1427.

Der Wolf (Canis lupus).


Die Familie der Hunde(Canida) hat eine gewiße Aehnlichkeit im
Körperbaue mit den Hyänen, beſitzt aber ſtets vier gleichmäßig aus-
[495] gebildete Füße, die vorn fünfzehig, hinten nur vierzehig und mit feſt-
ſtehenden Krallen bewaffnet ſind; die Kiefer ſind länger; der Kopf
deßhalb mehr dreieckig mit zugeſpitzter Schnauze, der Eckzahn ſchlank,
die drei Lückenzähne ſcharf zugeſpitzt, der Reißzahn ſchneidend; hinter
ihm ſtehen zwei Backzähne mit ſpitzen Höckern, die Zunge iſt ſammt-
artig weich, nicht feilenartig, wie bei den vorhergehenden Familien,
die Ohren meiſt groß, der Geruchsſinn vorzugsweiſe entwickelt. Drü-
ſentaſchen fehlen durchaus. Die Stammart der unzähligen Raçen,
welche wir im gezähmten Zuſtande beſitzen und die ſich durch ſo man-
cherlei verſchiedene Eigenſchaften auszeichnen, iſt im wilden Zuſtande
unbekannt; die übrigen wilden Hunde, welche eine runde Pupille
haben, leben meiſtens in Rudeln zuſammen und jagen gemeinſchaftlich
ihre Beute im Laufe; während die einſamen Arten, oder Füchſe, wel-
che meiſtens Nachtthiere ſind und eine ſenkrechte Pupille beſitzen, ſich
meiſtens Höhlen graben, in die ſie ſich Tags über zurückziehen. Ca-
nis; Vulpes; Otocyon; Megalotis; Hyaenopus; Icticyon; Nyctereutes;
Hyaenodon
.


Die bisherigen Familien ſind ſämmtlich Zehengänger und betreten
nur mit der ſchwieligen Unterfläche der abgekürzten Zehenglieder den
Boden; bei den folgenden erſtreckt ſich die Schwiele auch auf den Mit-
telraum des Fußes.


Halbſohlengänger.

Figure 382. Fig. 1428.

Die Zibethkatze (Viverra civetta).


Die Familie der Stinkratzen(Viverrida) beſteht aus langge-
ſtreckten, ſpitzſchnauzigen Thieren, mit langem Schwanze und kurzen
Füßen, welche vorn und hinten eine gleiche Anzahl von Zehen, vier
oder fünf beſitzen und in ähnlicher Weiſe wie die Hyänen in der
Gegend des Afters oder der Geſchlechtstheile eine Drüſentaſche haben,
welche eine ſtark riechende Schmiere abſondert, die bei einigen zum
[496]

Figure 383. Fig. 1429.

Die Genettkatze (Viverra genetta).


Arzneigebrauche verwendet wird. Oben finden ſich drei, unten vier
ſpitzkegelförmige Lückenzähne, auf welche der ſchneidende Reißzahn
folgt, der indeß nach innen einen ſtumpfhöckerigen Fortſatz zeigt;
hinter den Fleiſchzähnen ſtehen oben zwei, unten nur ein ſtumpfhöcke-
riger Backzahn; die Eckzähne ſind drehrund, ſpitzkegelförmig, nicht
zuſammengedrückt und ſchneidend, wie bei den Vorigen; die Zunge iſt
ſcharf, feilenartig, der Pelz meiſt grobhaarig und wenig geſchätzt. Es
ſind nächtliche Raubthiere der ſüdlichen Zonen, die beſonders kleineren
Thieren nachſtellen und im Ganzen äußerſt blutgierig ſcheinen. Icti-
des; Paradoxurus; Viverra; Rhyzaena; Crossarchus; Ichneumon; He-
migale; Genetta; Ailurus; Potamophilus; Herpestes
.


Figure 384. Fig. 1430.

Das Wieſel (Mustela vulgatis).


Die Familie der Marder(Mustelida) hat einen noch länger ge-
ſtreckten Körper, als die vorigen und ſehr kurze niedrige Füße, ſo
daß der Körper ſich kaum über den Boden erhebt. An Vorder- und
Hinterfüßen ſind fünf Zehen vorhanden; der Kopf iſt meiſt kurz, dick,
die Eckzähne ſchlank, hakig, die Lückenzähne gewöhnlich nur in ge-
ringer Anzahl vorhanden, der Reißzahn breit, ſcharf und ſtets nur
ein einziger Höckerzahn hinter demſelben entwickelt. Es ſind ſchlaue,
nächtliche, blutgierige Thiere, welche oft ſich damit begnügen, nur das
Blut ihrer Opfer zu ſaufen und im Verhältniſſe zu ihrer Größe un-
gemeine Verwüſtungen in Höfen und Hühnerſtällen anrichten können.
Der Pelz der meiſten Gattungen, beſonders der im Norden lebenden,
[497]

Figure 385. Fig. 1431.

Die Otter (Lutra vulgaris).


wie der Zobel und Hermeline, iſt ſehr geſchätzt. Eine beſondere Unter-
abtheilung läßt ſich in den Ottern(Lutra) erkennen, bei denen die
Fußzehen durch Schwimmhäute mit einander verbunden ſind und wo
namentlich die im hohen Norden lebende, ihres Pelzes wegen außer-
ordentlich geſchätzte Seeotter (Enhydris) durch die Gleichförwigkeit ih-
rer Backzähne, den Mangel eines ausgebildeten Reißzahnes und durch
die ſtark nach hinten gerückten, floſſenartigen Hinterfüße den Ueber-
gang zu den Robben macht. Mustela; Putorius; Mydaus; Mephitis;
Lutra; Enhydris
.


Die folgenden Gruppen treten ſämmtlich mit der ganzen Sohle
auf, die bis hinten hinaus ſchwielig, wenn auch hier und da zwiſchen
den Schwielen mit Haaren beſetzt iſt. Das Gebiß der Gattungen
wird mehr und mehr höckerig, die Kronen der Mahlzähne breiter
und zum Zermalmen von Pflanzenſtoffen geeignet.


Sohlengänger.

Figure 386. Fig. 1432.

Der Vielfraß (Gulo borealis).


Die Familie der Vielfraße(Gulida) entſpricht hinſichtlich ihres Ge-
biſſes noch vollkommen den marderähnlichen Thieren, indem die Schneide-
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 32
[498] zähne ſcharf, die meiſt in der Dreizahl vorkommenden Lückenzähne
ſpitzig und ſchneidend ſind; dagegen iſt der Reißzahn ſehr ungleich
entwickelt und meiſt nach innen zu mit einem bedeutenden ſtumpfen
Höcker verſehen, die darauf folgenden wenigen Backzähne ziemlich
breitkronig und ſtark höckerig. Der Körper der Thiere iſt ziemlich
gedrungen, plump, aber doch lang geſtreckt; der Kopf ſpitz, die Füße
kurz, überall mit fünf Zehen verſehen; die Thiere ſind blutgierige
Raubthiere, welche bald in Höhlen, wie unſer Dachs, bald wie der
nordiſche Vielfraß auf Bäumen leben und ſich durch ihre Gefräßigkeit
auszeichnen. Die foſſilen Gattungen dieſer Familie bilden merkwür-
dige Uebergänge theils zu der vorigen, theils zu der folgenden Fa-
milie. Meles; Gulo; Galictis; Mellivora; Amphicyoe; Palaecyon;
Taxotherium
.


Figure 387. Fig. 1433.

Der braune Bär (Ursus arctos).


Die Familie der Bären(Ursida) enthält an Körpermaſſe die
größten Naubthiere, die aber im Ganzen genommen ein wenig
blutgieriges Naturell zeigen und theilweiſe ſich gern von Früchten und
anderen vegetabiliſchen Stoffen nähren. Der Körper der Bären iſt
plump, ihre Bewegungen aber trotz des ſchwerfälligen Ausſehens nicht
ungeſchickt und namentlich die Beweglichkeit der Vorderfüße, die
Brauchbarkeit derſelben zum Umfaſſen und zum Mundeführen bei wei-
tem größer als bei den vorigen Familien; ja es giebt ſelbſt einige
Arten, bei welchen dieſe Beweglichkeit viel Affenartiges zeigt. Das
Gebiß unterſcheidet ſich weſentlich von demjenigen der vorhergehenden
Familie; die Schneidezähne haben nicht mehr einfach meſſerartige
Kronen, ſondern breitere abgeſchliffene Flächen; die Eckzähne, obwohl
äußerſt kräftig und ſtark hervortretend, ſind doch nur ſtumpf kegel-
[499] förmig; die kleinen Lückenzähne fallen leicht aus; ein eigener Reiß-
zahn fehlt ganz, dagegen ſind zwei oder drei langgeſtreckte mit ſtum-
pfen Höckern beſetzte Backzähne auf jeder Seite vorhanden. Der Pelz
der Thiere iſt langhaarig, die Naſe meiſt ſehr entwickelt, zuweilen
ſogar rüſſelartig ausgezogen; ſie klettern meiſt ſehr gut, ſcharren nach
Wurzeln und Würmern, graben aber keine eigentlichen Höhlen, ob-
gleich ſie in eine Art Winterſchlaf verfallen. Ihre Verbreitung und
Anhäufung in den Knochenhöhlen aus der Diluvialzeit, in der
eine Art exiſtirte, welche die größten jetzigen Bären um etwa ein
Drittel der Maſſe übertraf, bildet eine bedeutſame Thatſache für die
Geſchichte dieſer Periode. Ursus; Nasua; Amphiarctos.


Figure 388. Fig. 1434.

Figure 389. Fig. 1435. Fig. 1436.

Der Kinkajou (Cercoleptes caudivolvulus).
Die Skizze im Hintergrunde zeigt eine Lieblingsſtellung des Thieres
beim Freſſen Fig. 1435. Sohle des Vorderfußes. Fig. 1436. Sohle
des Hinterfußes.


Als letzte Familie ſchließen wir hier die Gattung der Kinkajon’s
oder Wickelraubthiere(Cercoleptida) an, welche in ihrem Gebiſſe
den Bären entſpricht, in der Bildung der Füße aber bedeutend von
ihnen abweicht. Die kleinen niedlichen Thiere, die einen dichten wol-
ligen Pelz, kurzgeſtutzten Kopf und einen langen Wickelſchwanz be-
ſitzen, klettern Nachts auf Bäumen umher, nähren ſich beſonders von
Früchten, Inſekten und kleineren Thieren und führen die Nahrung
mittelſt der Vorderfüße ganz in ähnlicher Weiſe, wie Eichhörnchen
zum Munde. Die Eckzähne ſind nur kurz, wenig vorſtehend, die
beiden Lückenzähne klein, die drei hinteren Backzähne mit ſtumpfen
32*
[500] Höckern verſehen, während ein eigentlicher Reißzahn fehlt; Vorder-
und Hinterfüße haben eine vollſtändige fleiſchige Schwielenſohle mit
fünf Zehen, die ganz vollkommen getrennt ſind und von einander
etwas entfernt werden können; der Hinterfuß namentlich gleicht in
ſeiner Geſtalt ſehr dem Fuße des Menſchen, unterſcheidet ſich indeſſen,
wie leicht begreiflich, durch die ſcharfen Krallennägel, welche an allen
Zehen entwickelt ſind. Cercoleptes.


Die Entwickelung der foſſilen Raubthiere erreicht ihren Höhe-
punkt in der Diluvialzeit, wo die Thiere am größten, ihre Anzahl
an Individuen am bedeutendſten und die Formen am mannigfaltigſten
waren. Von den älteſten Tertiärſchichten, in denen nur wenige kleine
Fleiſchfreſſer vorkommen, ſteigt ihre Entwickelung bis zu der angegebe-
nen Epoche und ſinkt wieder in unſerer Zeit zurück, indem uns eine
Menge von Formen fehlen, welche namentlich als Mittelglieder zwi-
ſchen die einzelnen Familien traten und dieſe durch Uebergänge mit
einander verbanden.


Reihe der Säugethiere mit ſcheibenförmigem Mutterkuchen.

Bei wechſelndem Charakter des Zahnſyſtemes iſt es hauptſächlich
in dieſer Reihe die Entwickelung der Extremitäten, die Ausbildung
der Vorderfüße zu wahren Händen, welche die Aufmerkſamkeit auf
ſich zieht; und man kann nicht mit Unrecht behaupten, daß das Ver-
hältniß der einzelnen Gruppen zu einander weit mehr durch die Bil-
dung der Extremitäten, als durch andere Charaktere beſtimmt werde.
Im Ganzen haben die Säugethiere dieſer Reihe nur eine geringe
Größe und Maſſe und ſo wie der Menſch ihnen allen an Ausbildung
ſeiner einzelnen Theile vorangeht, ſo übertrifft er ſie auch ſämmtlich
hinſichtlich ſeiner Größe. In Betreff des Zahnſyſtemes erblicken wir
zwei verſchiedene Richtungen der Ausbildung, indem einerſeits die
Thiere mehr auf animaliſche Koſt angewieſen ſind und deßhalb ſpitze
Eckzähne und ſpitzhöckerige Backzähne beſitzen, während andererſeits
die Bezahnung auf ausſchließliche Pflanzenkoſt hinweiſt und deßhalb
ſcharf ſchneidende Vorderzähne und Backzähne mit platter Mahlkrone
[501] vorhanden ſind. Beide Extreme treffen zuſammen in denjenigen Ge-
biſſen, welche wie das des Menſchen auf Nahrung aus beiden Reichen
hinweiſen, und meißelartige Schneidezähne, mehr oder minder kegel-
förmige Eckzähne und ſtumpfhöckerige Backzähne mit einander verbin-
den. Wir erkennen in dieſer Reihe folgende Ordnungen und Familien:


Ordnung der Inſektenfreſſer. (Insectivora.)

Die kleinen Raubthiere, welche dieſer Gruppe angehören und die
faſt alle ein nächtliches Leben, zum Theil unter der Erde führen, beſitzen
alle einen lang zugeſpitzten Kopf mit dünnen, vorgeſtreckten Kiefern,
in welchen äußerſt zahlreiche Zähne ſitzen. Der Körper iſt meiſt mehr
oder minder gedrungen, kurz, die Füße niedrig, ſo daß der Bauch faſt
auf der Erde geſchleppt wird. Die Vorderzähne ſind ſcharf, klein,
meiſt in verſchiedener Anzahl in beiden Kiefern vorhanden und bei

Figure 390. Fig. 1314. Fig. 1315. Fig. 1316.

Gebiſſe verſchiedener Inſektenfreſſer.
Fig. 1314. Vom Maulwurf (Talpa europaea). Fig. 1315. Von einer
Spitzmaus (Sorex madagascarensis). Fig. 1316. Vom Desman (Myogale
moschata)
.


den Gattungen ſehr wechſelnd in ihren Zahlenverhältniſſen; die Eck-
zähne fehlen zuweilen, wenn ſie vorhanden, ſind ſie meiſt kurz, aber
ſehr ſcharf und ſpitz; gewöhnlich ſind drei bis vier kegelförmige Lük-
kenzähne vorhanden, auf welche oft noch eben ſo viele Backzähne fol-
gen, die alle ziemlich breit und mit vielen ſcharfen Spitzen verſehen
ſind, die von beiden Kiefern her in einander greifen. Die Füße ſind
in verſchiedener Weiſe ausgebildet, kommen aber auch bei den bizarr-
ſten Umgeſtaltungen darin überein, daß ſie eine ganz nackte, ſchwielige
Sohle beſitzen und mit der ganzen Fläche des Fußes aufgeſetzt wer-
den. Die Inſektenfreſſer ſind demnach alle wahre Sohlengänger und
[502] ſchließen ſich hierdurch, ſowie durch die Eigenthümlichkeit ihres Zahn-
baues an die Fleiſchfreſſer an, denen man ſie auch oft als Unterord-
nung beigeſellt hat. Die Zehen ſind meiſt in der Vollzahl vorhanden,
mit ſcharfen Krallen beſetzt und den Vorderfüßen durch die Ausbil-
dung eines knöchernen Schlüſſelbeines, welches den Raubthieren
gänzlich fehlt, eine feſtere Stützung bei freierer Beweglichkeit verlie-
hen. Auch die Bildung des Gehirnes iſt weſentlich von derjenigen
der Raubthiere verſchieden, indem es lang geſtreckt, ſchmal, faſt ohne
Windungen iſt und das kleine Gehirn faſt gar nicht bedeckt, während
das breite, mit zahlreichen Windungen verſehene, große Gehirn der
Fleiſchfreſſer das kleine Gehirn faſt gänzlich überdeckt. Geſicht und
Gehör ſind meiſtens nur ſchwach entwickelt, die Augen bei den in
Höhlen lebenden entweder nur ganz rudimentär oder ſelbſt gänzlich
vom Felle überzogen; die äußere Ohrmuſchel ſehr klein, oft ſelbſt gänzlich
mangelnd. Ein weſentlicher Unterſchied von den Fleiſchfreſſern und
eine Annäherung an die Nager findet ſich in der Struktur der männ-
lichen Geſchlechtstheile, an denen enorme, oft in ihrer Struktur ſehr
verwickelte Samenblaſen ausgebildet ſind, die den Fleiſchfreſſern durch-
aus fehlen. Die Thiere nähren ſich weſentlich nur von Inſekten und
deren Larven, Würmern, kleineren Reptilien und Amphibien, ſind
meiſtens äußerſt gefraßig, ſonſt aber träge in ihren Bewegungen,
ſchlafen meiſt des Tages über und verfallen gewöhnlich noch in einen
Winterſchlaf von längerer oder kürzerer Dauer. Wir unterſcheiden
folgende Familien:


Figure 391. Fig. 1440.

Der Maulwurf (Talpa europaea).


Die Familie der Maulwürfe(Talpida) beſteht aus einigen Gat-
tungen mit ſpitzem Kopfe, langer rüſſelförmiger Schnauze und wurm-
förmigem, mehr oder minder geſtrecktem Körper, die beſtändig in
Erdhöhlen leben und Gänge graben, um ihrem, aus Würmern und
Inſektenlarven beſtehenden Raube nachzugehen. Die Augen dieſer
Thiere ſind entweder ganz von Haut überzogen oder ſo klein, daß ſie
[503]

Figure 392. Fig. 1341.

Die Hand des Maulwurfes.
o Schultergelenk. a Ober-
arm. c Elle. r Speiche. d
Finger. ca Accefſoriſcher
Sichelknochen.


nur mit Mühe entdeckt werden können. Die
äußeren Ohren fehlen gänzlich; die Füße ſind
äußerſt kurz, die Hinterfüße zum Gehen einge-
richtet, theilweiſe ſelbſt bei den am Waſſer
grabenden Arten durch verbindende Häute zu
Schwimmfüßen umgeſtaltet; die Vorderfüße ſind
breit, mit ſcharfen mächtigen Krallen bewaffnet,
ſchaufelförmig nach außen geſtellt, fünfzehig
und zuweilen noch, wie bei unſerem Maul-
wurfe, durch einen ſichelförmigen Knochen der
Handwurzel verbreitert, der ſich über die
Mittelfußknochen heranlegt, oder bei einer an-
deren Gattung nur dreizehig, ſchmäler, wie
eine Hacke nach unten gebogen, in allen Fäl-
len aber mächtige Grabwerkzeuge zum Aufwüh-
len der unterirdiſchen Gänge, in welchen die
Thiere beſtändig leben. Die Zahnbildung
iſt verſchieden, bei den Einen ſind ziem-
lich zahlreiche Vorderzähne und ſtark vortretende
Eckzähne vorhanden, bei den anderen fehlen dieſe Eckzähne und es
finden ſich nur kegelförmige ſcharfe Lückenzähne vor den ſpitzhöckerigen
Backzähnen. Talpa, Condylura mit Eckzähnen; Scalops, Chrysochloris
ohne Eckzähne.


Figure 393. Fig. 1442.

Die gewöhnliche Spitzmaus (Sorex araneus).


Die Familie der Spitzmausartigen Thiere(Soricida) beſitzt
vorn und hinten gleichmäßig ausgebildete Füße mit freien Zehen, die
zuweilen indeſſen ganz oder theilweiſe durch Schwimmhäute verbunden
ſind; der Kopf iſt gewöhnlich lang geſtreckt, das Haar mehr oder
minder borſtig, zuweilen, wie bei den Igeln mit Stacheln von bedeu-
tender Stärke untermengt; die Augen ſtets deutlich aber klein; die
Ohrmuſchel faſt immer vorhanden, der Schwanz gewöhnlich lang,
[504] meiſt nackt und ſchuppig. Das Zahnſyſtem wechſelt noch mehr, als
in der vorigen Gruppe; bei den Einen fallen die Schneidezähne ſehr
früh aus, bei den Anderen finden ſich im Zwiſchenkiefer mächtige,
dreieckige, ſcharfſpitzige Vorderzähne, welche die Eckzähne erſetzen, bei
Anderen ſind die Eckzähne ſtark vorragend und kräftig; bei den Einen
bleiben die Backzähne ſtets ſehr ſcharf ſpitzig, bei den Andern nutzen
ſie ſich bald ab und deuten auf mehr vegetabiliſche Koſt hin. Die
eigentlichen Spitzmäuſe haben in der Seite eine Drüſenöffnung, welche
eine übelriechende Flüſſigkeit abſondert, und halten keinen Winterſchlaf,
dem die beſtachelten Igel unterworfen ſind. Die Thiere dieſer Fami-
lie verfolgen ihren Raub entweder über der Erde oder meiſt in Gän-
gen, die oft von anderen Thieren gegraben ſind; einige leben auch

Figure 394. Fig. 1443.

Der Desman (Myogale moschata).


nur im Waſſer in Gängen, die ſich unter dem Waſſerſpiegel öffnen.
Erinaceus; Centetes; Sorex; Myogale.


Die Familie der Springer(Salientia) iſt bis jetzt nur durch
eine einzige Gattung (Macroscelides) bekannt, die in dem nördlichen
und ſüdlichen Afrika in zwei Arten einheimiſch iſt. Die Hinterfüße
ſind außerordentlich lang und kräftig, die Vorderfüße klein, kurz,
beide fünfzehig mit langen Nägeln und der kurze Daumen der Vor-
derfüße ſogar etwas ſeitlich abgerückt. Die Vorderzähne ſind zahl-
reich, die Eckzähne fehlen, die Backzähne ſind ſcharf ſpitzig; die Schnauze
in einen langen, dünnen, ſehr beweglichen Rüſſel verlängert, die
äußeren Ohrmuſcheln zum Unterſchiede von den übrigen Inſektenfreſ-
ſern bedeutend entwickelt. Die niedlichen Thierchen graben ſich Erd-
höhlen, in welchen ſie die Nacht zubringen, während ſie am Tage
nach Inſekten jagen, die ſie im Sprunge haſchen.


[505]
Figure 395. Fig. 1444.

Der Tana (Cladobates tana).


Ebenſo verſchieden in ihrer Lebensweiſe als die vorige iſt die
Familie der Klettermäuſe(Cladobatida), welche nur in einer einzigen
mehrere Arten enthaltenden Gattung auf den Sundainſeln repräſen-
tirt iſt. Die lebhaften Thiere haben ziemlich hohe Beine mit fünf
vollkommen freien, langkralligen Zehen, eine ſehr ſpitze, langgeſtreckte
Schnauze, faſt nackten Kopf mit ziemlich großen Augen und unbe-
deutender Ohrmuſchel und einen langen, borſtig behaarten Schwanz;
die Schneidezähne der Unterkinnlade ſtehen faſt horizontal und wer-
den von einem ſcharfen Eckzahne gefolgt, der im Oberkiefer fehlt.


Die Thiere klettern Tags über mit großer Behendigkeit wie Eich-
hörnchen auf Bäumen umher, wo ſie Inſekten und kleinere Säuge-
thiere jagen. Cladobates.


Foſſile Ueberreſte von Inſektenfreſſern ſind bis jetzt nur ſpärlich,
wenn auch in allen Tertiärſchichten, aufgefunden und höchſt unzu-
reichend unterſucht worden. Sie gehören den Maulwürfen und ſpitz-
mausartigen Thieren an, die jetzt auch in Europa einzig vertreten
ſind.


[506]
Ordnung der Flatterthiere. (Volitantia.)

Figure 396. Fig. 1445.

Skelett der Fledermaus, in die Silhouette eingezeichnet.
ph Fingerglied. me Mittelhand. po Daumen. ca Handwurzel. r Speiche.
cu Elle. h Oberarmbein. cl Schlüſſelbein. o Schulterblatt. ti Schienbein. f
Oberſchenkel.


Eine in ihrem Verhalten und ihren Beziehungen zu den übrigen
Ordnungen ſehr ſonderbare abweichende Gruppe, welche ſich beſon-
ders durch die Ausbildung der Extremitäten zu wahren Flugorganen
auszeichnet. Der Schädel der Flatterthiere hat eine meiſt rundliche
Geſtalt und wenig entwickelte Leiſten, der Kiefertheil iſt wenig vor-
gezogen, aber nichts deſto weniger ſtark entwickelt und bei den mei-
ſten gut bewaffnet; Ohren und Naſe ſind gewöhnlich ungemein ent-
wickelt und oft mit den ſeltſamſten häutigen Verlängerungen verſehen,
die der Sitz des feinſten Taſtſinnes ſind. Der Körper iſt länglich
geſtreckt, mit feinem, mausartigem Pelz bedeckt, die Zitzen vorn an
der Bruſt angebracht und die Ruthe beim Männchen vollkommen frei
und herabhängend. Die Haut auf den Seiten des Körpers iſt in
der Weiſe entwickelt, daß ſie nicht nur die Extremitäten ſelbſt und
den Schwanz, ſondern auch die ſehr verlängerten Finger der Vor-
derfüße mit einander verbindet und ſo eine ausgedehnte Flughaut
[507] bildet, welche den Thieren die Möglichkeit geſtattet, in der Luft nach
ihrem Raube umherzuflattern. In Uebereinſtimmung mit dieſer Flug-
bewegung ſind auch die Bruſtmuskeln in ähnlicher Weiſe, wie bei den
Vögeln ausgebildet und das Bruſtbein mit einem mehr oder minder
vorſpringenden Kamme verſehen, an welchen ſich dieſe Flugmuskeln
anheften. Die Bezahnung in dieſer Ordnung iſt ſehr verſchieden,
indem die Einen ſich weſentlich von Inſekten oder dem Blute größerer
Thiere, die Anderen aber von Früchten nähren. Wir unterſcheiden
nach der Ausbildung der Flughäute zwei Unterordnungen.


Die Unterordnung der Fledermäuſe (Chiroptera) zeichnet
ſich durch die ungleiche Entwickelung ihrer Extremitäten aus. Die
Schlüſſelbeine und Schulterblätter ſind bedeutend groß und kräftig
entwickelt, der Oberarm nur kurz, der Unterarm ſchon bedeutend län-
ger und die beiden Knochen, die ihn bilden, vollkommen beweglich
und getrennt. Die Handwurzel beſteht nur aus einigen kleinen
Knöchelchen, eben ſo die Mittelhand, auf welche dann die Finger fol-
gen; der Daumen iſt nur klein, frei und ſein Endglied mit einem
ſcharfen, krummen Nagel, mit einer Hakenkralle bewaffnet, an der ſie
ſich aufhängen können. Die Knochen der übrigen vier Finger ſind
außerordentlich verlängert, dünn, das letzte Glied vollkommen nagel-
los; ſie dienen zum Spannen der Flughaut, welche bei allen dieſen
Thieren ſehr dünn, faſt durchſichtig und mit wenigen ſchwärzlichen
Haaren beſetzt iſt. Die Hinterfüße ſind gewöhnlich ſehr klein, aber
kräftig, wohl ausgebildet, fünfzehig und mit ſcharfen Hakenkrallen
bewaffnet, der Schwanz kurz und fehlt oft gänzlich. Bei der gering-
ſten Ausdehnung iſt die Flughaut an dem ganzen äußeren Rande der
Hinterbeine bis zu der Handwurzel, an der Seite des Leibes, an dem
inneren Rande des Armes und an den vier Fingern befeſtigt, oft
aber erſtreckt ſie ſich noch vorn über das Ellenbogengelenk weg und
iſt auch zwiſchen den beiden Hinterfüßen und dem Schwanze als ſo-
genannte Schenkelhaut ausgeſpannt, ſo daß in dieſer Hinſicht die
vielfachſten Verſchiedenheiten obwalten. Alle dieſe Thiere fliegen nur
in der Dämmerung und bei Nacht oder an dunkeln Orten umher.
Das Unſtäte und Schwankende ihres flatternden Fluges iſt hinlänglich
bekannt. Ihr Gefühl iſt äußerſt fein und namentlich in den oft ſehr
ſonderbar ausgebildeten Hautlappen der Ohren und Naſe vorhan-
den. Sie weichen im Dunkeln, durch das Gefühl dieſer Organe be-
nachrichtigt, ſelbſt geſpannten Faden und feſteren Gegenſtänden aus,
[508] während ſie im Fange der Inſekten ſehr gewandt und ſicher ſind.
Während ihres Schlafes bei Tage und während des langen Winter-
ſchlafes, dem die Arten der gemäßigten Zone unterworfen ſind, hängen
ſich die Thiere an den freien Hakenkrallen ihrer Hinterfüße mit dem
Kopfe nach unten auf und hüllen ſich größtentheils in ihre Flughaut
ein; meiſtens wählen ſie zu dem Winterſchlafe Baumhöhlen, Felsritzen,
Mauerlöcher und vorzugsweiſe gern alte Kamine, in denen ſie ſich
in großen Schaaren verſammlen. Das ſaugende Junge wird von
dem Weibchen an der Bruſt mit herumgetragen. Wir unterſcheiden
folgende Familien:


Figure 397. Fig. 1446.

Fig. 1446. Die kleine Fledermaus (Vespertilio pipistrellus).
kriechend.


Figure 398. Fig. 1447.

Fig. 1447. Dieſelbe


Die Familie der eigentlichen Fledermäuſe(Vespertilionida) zeigt
die Charaktere der Ordnung im höchſten Grade entwickelt. Das Ge-
biß iſt vollſtändig dasjenige der inſektenfreſſenden Thiere, mehrere
kleine meiſelartige Schneidezähne, oft dicht gedrängt, zwiſchen ſtark
vorſtehenden, hakenartig gekrümmten Eckzähnen, kegelförmige, meiſt
dicht gedrängte oder ſchneidende Lückenzähne und ſpitz höckerige, mit
dieſen Spitzen in einander greifende Backzähne ſetzen das Gebiß des
weiten Rachens zuſammen, mittelſt deſſen die Fledermaus ihre Beute
im Fluge fängt. Die vier Finger der Hand, welche die Flughaut
ſpannen, ſind durchaus nagellos, auch der Zeigefinger, welcher bei
den fliegenden Hunden meiſt eine Kralle trägt. Einige ſüdliche Arten
(Nycteris) können die loſe anliegende Haut wie einen Ballen durch
zwei kleine in den Backen angebrachte Oeffnungen aufblaſen. Bei
den meiſten Gattungen ſind die Ohren ungeheuer groß, wenig be-
haart, mit ſeltſamen Winkeln und Vorſprüngen verſehen, die äußere
Naſe oft mit höchſt ſonderbaren blattartigen Vorſprüngen und Haut-
verlängerungen ausgerüſtet, welche alle der Sitz eines äußerſt feinen
Taſtſinnes ſind, der beſonders das ſchwache Geſicht erſetzt. Geblendete
[509] Fledermäuſe, denen man die Augen zerſtört hat, vermieden im Fluge
eben ſo geſchickt alle Arten von Hinderniſſen, ja ſelbſt hängende Bind-
faden, wie ſolche, deren Augen unverſehrt gelaſſen worden waren,
während die Zerſtörung dieſer Hautlappen den Flug der Thiere faſt
unmöglich macht. Die meiſten Fledermäuſe nähren ſich nur von
Abend- und Nachtinſekten, die ſie im Fluge mit großer Geſchicklichkeit
ſchnappen; einige ſüdliche Arten (Phyllostoma; Glossophaga) aber
ſaugen wirklich das Blut lebender größerer Thiere, die ſie im Schlafe
überfallen. Sie bilden zu dieſem Endzwecke mit den feſt aufgepreßten

Figure 399. Fig. 1448. Fig. 1449. Fig. 1450.

Fig. 1448. Kopf des Vampyr’s (Phyllostoma bastatum). Fig. 1449. Die Zähne von
vorn. Fig. 1450. Der Schädel von der Seite.


Lippen eine Art Schröpfkopf, verwunden die aufgetriebene und un-
empfindlich gewordene Haut mit den ſcharfen, ganz vorn im Munde
ſtehenden Eckzähnen und erweitern die Wunde mittelſt der Zunge ſo,
daß eine trichterförmige Oeffnung entſteht. Bei einigen Arten dieſer
Vampyre (Glossophaga) beſitzt die lange Zunge ſogar eine rinnenför-
mige Scheide, deren Ränder ſich zu einer wahren Saugröhre zuſam-
menlegen. Man kann unter den Fledermäuſen mehrere Gruppen
unterſcheiden: Die Vampyre mit großen Eckzähnen und einem
Nagelgliede an dem Mittelfinger der Flughaut (Phyllostoma; Glosso-
phaga; Stenoderma; Desmodus)
; die Ballenfledermäuſe(Nycte-
ris)
; und die eigentlichen Fledermäuſe, die beiden letzteren
ohne Nagelglieder an den Fingern. (Megaderma; Rhinolophus; Ta-
phozous; Molossus; Vespertilio)
.


Die fliegenden Hunde(Frugivora), die nur in ſüdlichen Klima-
ten vorkommen, ſind einzig nur auf Pflanzennahrung angewieſen und
zeigen eine dieſer entſprechende Ausbildung der Zähne. Es finden
[510] ſich höchſtens vier Vorderzähne, die zuweilen gänzlich fehlen, indem
ſie früh ausfallen, wenig entwickelte Eckzähne, ein oder mehrere kegel-
förmige Lückenzähne und dann einige Backzähne, welche eine runde,
flache Krone haben, die in der Jugend ſtumpfe Höcker beſitzt, welche
ſich ſpäter zu einer horizontalen Mahlfläche abnutzen. Die Zunge
iſt ſcharf, feilenartig, zuweilen verlängert, der Schwanz kurz,
der Kopf lang, die Kiefer vorgezogen, die Geſichtsform in Etwas
der eines Hundes ähnlich, die Ohren von gewöhnlicher Größe, zuge-
ſpitzt, die Naſe niemals mit den ſonderbaren Hautauswüchſen verſehen,
welche bei den Inſektenfreſſern vorkommen. Außer dem Daumen trägt
auch der zwar dreigliedrige aber kurze und meiſt nicht in die Flughaut
einbegriffene Zeigefinger einen Krallennagel. Die drei übrigen Finger
der Flughaut haben nur zwei Glieder. Dieſe Thiere kommen nur in
der alten Welt vor, ſchwärmem meiſt in zahlreichen Geſellſchaften um-
her, nähren ſich hauptſächlich von ſaftigen Früchten der Bäume, jagen
aber auch mitunter Inſekten und kleine Vögel. Einige Arten werden
gemäſtet und als Leckerbiſſen verſpeiſt. Die Flughaut iſt meiſtens
ziemlich dick und ſtark behaart. Pteropus; Macroglossus; Cephalotes;
Hypoderma; Pachysoma
.


Die Unterordnung der Pelzflatterer (Dermoptera) ver-

Figure 400. Fig. 1451. Fig. 1452. Fig. 1453.

Fig. 1451. Der fliegende Lemur (Galeopithecus volitans).
Fig. 1452. Oberkiefer. Fig. 1453. Unterkiefer von der Zahn-
fläche geſehen.


bindet die Flatterthiere
mit den Halbaffen.
Vorder- und Hinterfüße
ſind faſt von gleicher
Länge, die fünf Finger
alle mit Krallen bewaff-
net, zwar durch Haut
mit einander verbunden,
aber durchaus nicht ver-
längert und nicht als
Spanner der Flughaut
ausgebildet. Dieſe iſt
vollkommen behaart, dick,
nur von der Handwur-
zel bis zu der Fußwur-
zel und zwiſchen den
beiden Hinterfüßen und
dem Schwanze ausge-
ſpannt und dient weit
häufiger als Fallſchirm,
denn als Flughaut. Der
[511] Kopf iſt rundlich, die Schnauze etwas vorgezogen, hundeähnlich, die
Ohren kurz geſtutzt, der Körper ſchlank, der Schwanz ziemlich lang
und durch eine Fortſetzung der Flughaut geſäumt und mit den Hir-
terfüßen verbunden. Das Gebiß unterſcheidet ſich weſentlich von dem
der vorigen Familie und ſchließt ſich dem der Halbaffen an. Im
Oberkiefer ſtehen nur zwei zuſammengedrückte, meſſerartige, an der
Schneide gekerbte Vorderzähne ſeitlich in einer Linie mit den Back-
zähnen, ſo daß vorn an der Spitze der Schnauze eine bedeutende
Lücke bleibt; in dem Unterkiefer finden ſich im Ganzen ſechs Schneide-
zähne, von denen die inneren tief gekerbte blättrige Kronen haben;
die Lückenzähne ſind in beiden Kiefern länglich ſchneidend, die Back-
zähne breit, kurz, mit vorſtehenden ſtumpfen Höckern verſehen. Die
beſonders auf den Südſee-Inſeln heimiſchen Thiere klettern auf Bäumen
umher und machen weite und geſchickte Sprünge, bei welchen ihnen
die Flughaut als Fallſchirm dient. Galeopithecus.


Man hat bis jetzt nur wenige foſſile Ueberreſte von Flatterthie-
ren, dieſe aber in allen Schichten der Tertiärgebilde und des Dilu-
viums, von der älteſten Epoche, dem Pariſer Gypſe an, gefunden.
Uebrigens iſt in dieſen Reſten die Familie der eigentlichen Fledermäuſe,
nicht die der fliegenden Hunde und die der Pelzflatterer repräſentirt.


Ordnung der Nagethiere. (Glires.)

So zahlreich dieſe die kleinſten Säugethiere enthaltende Ordnung

Figure 401. Fig. 1454.

Schädel und Unterkiefer eines Nagers.


in ihren äußeren Formen und in
der Verſchiedenheit gewiſſer Einzeln-
heiten des Baues ſich geſtalten mag,
ſo einförmig iſt im Ganzen ihre
Organiſation, ſo übereinſtimmend
die allgemeinen Grundzüge des Pla-
nes, nach welchem ſie gebaut ſind.
Der Kopf iſt meiſtens rundlich mit
ſanftgewölbtem Stirnabfall, ſpitziger
Schnauze, breiten Backen, deren
[512] Maaß ſehr häufig durch bedeutende Backentaſchen vermehrt wird, in
welchen die Thiere ihre geſammelten Vorräthe nach Hauſe tragen.
Die kleine Mundöffnung befindet ſich unter der ſpitzigen, gewöhnlich
mit Schnurrborſten gezierten Schnauze und zeigt ſehr häufig die vor-
ſtehenden, ſcharfen Schneidezähne. Der Schädel iſt mehr oder minder
cylindriſch, gegen die Schnauze zugeſpitzt ohne beſondere hervorſtehende
ausgewirkte Leiſten, die Jochbeine breit und flach, die Augenhöhle nie-
mals gegen die übrigens ſchwache Schläfengrube abgeſchieden. Am
auffallendſten iſt die Bezahnung; oben wie unten finden ſich im Gan-
zen nur zwei lange, nach außen gekrümmte einfache Schneidezähne,
deren hinterer Theil außerordentlich weit in die Kiefer hineinragt, ſo
daß oft die hohle Wurzel dieſer Schneidezähne unter den Backzähnen
durchgreift; die nicht ſehr harte Subſtanz dieſer Zähne iſt auf ihrer
Außenfläche und nur auf dieſer mit einer außerordentlich feſten, oft
gelblich gefärbten Schmelzlage überzogen, ſo daß die hintere Fläche
durch das Nagen bei weitem ſtärker abgenutzt wird und hierdurch den
Zähnen, welche aus dem Kiefer heraus beſtändig nachwachſen, eine
meißelartige Zuſchärfung ſtets erhalten bleibt. Hinter dieſen außer-
ordentlich charakteriſtiſchen Schneidezähnen ſtehen weder Eck- noch
Lückenzähne, ſondern es folgt eine lange Zahnlücke und dann die dicht
geſchloſſene Reihe der hart an einander gedrängten Backzähne, welche
ebenfalls in ihrer Struktur viel Eigenthümliches beſitzen. Dieſe Back-
zähne, deren Zahl nie über ſechs anſteigt und nicht unter zwei herab-
ſinkt, haben eine prismatiſche Geſtalt und ermangeln meiſt einer eigent-
lichen Wurzel. Bei manchen Gattungen bilden ſie nur einen einfachen
Schmelzcylinder, deſſen Inhalt mit Zahnſubſtanz erfüllt iſt, bei ande-
ren bildet der Schmelz einfache Falten nach innen, die ſtets in die
Quere gerichtet ſind und ſo harte Rippen darſtellen, die bei der vor-
und rückwärtsgehenden Bewegung der Kiefer, beim Nagen, zum Zer-
malmen der feſteren Futtergegenſtände ſehr förderlich ſind; zuweilen
werden dieſe Schmelzfalten äußerſt komplizirt und außer der vielfach
gewundenen äußeren Schmelzlage ſieht man dann noch innerlich auf
der abgenutzten Mahlfläche, die ſtets horizontal iſt, einzelne abgeſon-
derte Schmelzinſeln ſtehen. So groß die Einförmigkeit des Zahnbaues
im Allgemeinen iſt, ſo äußerſt verſchieden ſind dieſe Faltungen der
Schmelzſubſtanz bei den einzelnen Gattungen und Familien der Nager.
Mit dieſem Zahnbaue ſteht in Zuſammenhang die Bildung des Ge-
lenkhöckers, mittelſt deſſen der Unterkiefer in der Schläfengrube einge-
lenkt iſt. Während bei den fleiſchfreſſenden Thieren, wo die Bewegung
von oben nach unten die weſentlichſte iſt, dieſer Gelenkkopf eine quere
[513] Walze darſtellt, bildet er im Gegentheile bei den Nagern eine Längs-
walze mit bogenförmiger Krümmung, welche hauptſächlich nur die er-
wähnte Bewegung von vorn nach hinten geſtattet. Eine große Ver-
ſchiedenheit herrſcht in der Bildung der Extremitäten, des Schwanzes,
der allgemeinen Körperbedeckungen und der Sinnesorgane. Man findet
faſt ſtets vier oder fünf Zehen, alle mit Krallennägeln bewaffnet und
auf dieſelbe Linie geſtellt, niemals einen abziehbaren Daumen; dage-
gen iſt die Länge und die verhältnißmäßige Entwicklung der Extremi-
täten und ihr Gebrauch ſo mannigfaltig, als es nur irgendwie vor-
kommen kann, da die Nager eben ſo wohl in Erdlöchern, welche ſie ſich
graben, wie in dem Waſſer, auf der Erde laufend und ſpringend, wie
auf Bäume kletternd ſich bewegen. Die dichte Behaarung des Pelzes
zeigt alle Zwiſchenſtufen von dem feinſten Wollhaare der Seidenmaus
bis zu den ſtarken Stacheln des Stachelſchweines. Die Vorderfüße zeich-
nen ſich aus durch die meiſtens vollſtändige Entwicklung des Schlüſſel-
beines, welches nur den laufenden Familien ganz fehlt, bei einigen ru-
dimentär bleibt, bei denjenigen aber, die ſich der Vorderfüße auch zum
Halten des Futters und zum Klettern bedienen, ganz vollkommen aus-
gebildet iſt. Die ſämmtlichen Thiere leben faſt ausſchließlich von Pflan-
zennahrung; — nur bei einigen zeigt die Exiſtenz ſtumpfer Höcker auf
den ausnahmsweiſe zweiwurzeligen Backzähnen auf mehr gemiſchte Nah-
rung hin. Alle richten durch das Benagen feſterer Pflanzenſtoffe, durch
das Bohren von Gängen, ſo wie das faſt allgemein in dieſer Ordnung
vorkommende Sammeln von Vorräthen nicht unbedeutenden Schaden
an. Im Uebrigen ſind es meiſt ſtupide und dumme Thiere, deren
Gehirn auch nur einen ſehr geringen Grad von Ausbildung zeigt, in-
dem es gar keine Windungen, höchſtens einige Längsfalten beſitzt und
das kleine Gehirn faſt gänzlich bloß läßt. Bei der großen Anzahl
von Uebergängen zwiſchen den einzelnen Formen und der geringen
Beſtändigkeit durchgreifender Charaktere trotz der großen Anzahl von
Gattungen und Arten darf es nicht verwundern, wenn die Begrän-
zung der Familien, ſo wie ihre Stellung zu einander die mannigfal-
tigſten Abänderungen erfahren hat. Wir nehmen folgende Fami-
lien an:


Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 33
[514]
Figure 402. Fig. 1455.

Der kleine Pfeifhaſe (Lagomys pusillus).


Die Familie der Haſen(Leporida) iſt ihrer äußeren Erſcheinung
nach allgemein durch die beiden bei uns einheimiſchen Arten, den Ha-
ſen und das Kaninchen, bekannt, iſt übrigens eine der wenigen Fami-
lien, welche von den übrigen durch ſcharf beſtimmte Charaktere ſich
abgränzen laſſen. Hinter den großen Schneidezähnen des Oberkiefers,
die eine mittlere Längsfurche zeigen, ſtehen nämlich in derſelben Längs-
linie zwei kleinere unvollkommene Schneidezähnchen, die einzig bei dieſer
Familie vorkommen. Die Backzähne haben eine mittlere quere Schmelz-
brücke, ſo daß jeder Zahn aus zwei Hälften zuſammengeſchmolzen
erſcheint. Außer dieſem zeichnet ſich der Schädel der Haſen noch da-
durch aus, daß die Scheidewand zwiſchen den großen Augenhöhlen
zwar vollſtändig iſt, die Löcher für den Durchtritt der Sehnerven
aber ſo nach innen gegen die Mittellinie geſchoben ſind, daß ſie nur
eine einzige durch die davor ſtehende Scheidewand getheilte Oeffnung
darſtellen. Die beiden Gaumenlöcher ſind ſo groß, daß der knöcherne
Gaumen nur eine ſchmale Längsleiſte darſtellt, welche von dem zahn-
tragenden Oberkiefertheile durch weite ovale Löcher getrennt iſt; der
Wangentheil des Oberkiefers bildet nicht eine ſolide Knochenplatte wie
bei den übrigen Nagern, ſondern iſt überall ſiebartig durchbrochen,
wie dieß auch bei den Wiederkäuern ziemlich allgemein vorkommt.
Die Entwicklung der Extremitäten iſt bei den Haſen ſehr ungleich,
indem die Hinterfüße bei weitem ſtärker, die Vorderfüße dagegen nur
ſchwach und mit unvollkommenen Schlüſſelbeinen verſehen ſind. Lepus;
Lagomys
.


[515]
Figure 403. Fig. 1456.

Das Waſſerſchwein (Hydrochoerus capybara).


Die Familie der Meerſchweinchen(Cavida) beſitzt im Ganzen
die Körperform der Haſen, wenn auch mit geringerer Ungleichheit der
Vorder- und Hinterfüße und mit plumperen Formen des Körpers
überhaupt. Die Ohren ſind ſtets nur kurz, der Schwanz ganz kurz
oder fehlt ſelbſt gänzlich, die Schlüſſelbeine ſind überall unvollkommen,
die Füße meiſt vierzehig vorn, hinten bald fünf-, bald nur dreizehig.
Sie haben bald nur ſchmelzfaltige, bald wirklich zuſammengeſetzte Back-
zähne. Der auszeichnende Charakter dieſer Familie liegt beſonders in
den Krallen der Pfoten, welche ſtumpf, breit und hufähnlich ſind und
durchaus nicht zum Faſſen dienen. Mehrere Gattungen leben beſon-
ders in der Nähe der Flüſſe, haben zum Theil Schwimmhäute an den
Zehen und flüchten ſich bei Gefahr ins Waſſer; ſie ſind einzig auf
Südamerika beſchränkt und als Wild geſchätzt. Cavia; Hydrochoerus;
Dasyprocta; Coelogenys
.


Figure 404. Fig. 1457.

Die Wollmaus (Chinchilla lanigera).


Auf denſelben Erdtheil und meiſt auf die Hochgebirge deſſelben
33*
[516] eingeſchränkt iſt die Familie der Haſenmäuſe(Lagostomida), verhält-
nißmäßig große Thiere mit großen weiten Ohren, langen kräftigen
Hinterfüßen, kurzen kleinen Vorderfüßen und einem langen, meiſt
buſchig behaarten Schwanze. Die Backzähne ſind wurzellos, zuſam-
mengeſetzt, die unteren Vorderzähne ſehr kurz, ſtets abgenutzt und
breitſchneidig. Der Pelz dieſer Thiere iſt ſehr dicht, weich, ſeidenartig und
von einigen Arten als Pelzwerk ſehr geſucht. Die Zahl der Zehen
an den Vorderfüßen wechſelt zwiſchen vier und fünf, an den Hinter-
füßen befindet ſich ſtets eine Zehe weniger, als an den Vorderfüßen.
Lagostomus; Eriomys; Chinchilla; Lagotis.


Figure 405. Fig. 1458.

Der Springhaſe (Dipus sagitta.)


Die Familie der Springhaſen(Macropoda) zeichnet ſich durch
die enorme Entwickelung der Hinterbeine, die außerordentlich kurzen,
kleinen Vorderbeine und den langen runden Schwanz, der an ſeinem
Ende meiſt eine Quaſte trägt, vor allen übrigen Nagern leicht aus.
Die Vorderbeine haben vier mit langen Grabekrallen bewaffnete Ze-
hen und meiſt noch einen Daumenſtummel; die Hinterfüße nur drei
vollſtändige und eine oder zwei ſeitliche verkümmerte Zehen, für welche
oft nur ein einziger Mittelfußknochen exiſtirt. Gewöhnlich finden ſich
in der Unterkinnlade nur drei, in der Oberkinnlade vier Backzähne
vor, indem vor dem größeren noch ein kleinerer Lückenzahn ſteht. Die
Thiere graben ſich Erdhöhlen, weßhalb auch die Schlüſſelbeine ihrer
Vorderfüße vollſtändig entwickelt ſind, in denen ſie den Tag zubrin-
gen und kommen bei Nacht hervor, wo ſie mit großen Sprüngen um-
[517] herhüpfen, was bei dem außerordentlich langen Quaſtenſchwanze und
der feinen Geſtalt des Körpers einen wahrhaft phantaſtiſchen Anblick
gewähren ſoll. Die Arten dieſer Familie ſind über ſämmtliche Welt-
theile verbreitet mit Ausnahme Europa’s, das nur in den öſtlichen
Steppen Rußlands eine Art beſitzt. Dipus; Alactaga; Scirtetes; Me-
riones (Iaculus); Pedetes
.


Figure 406. Fig. 1459.

Das canadiſche Stachelſchwein (Erethizon dorsatus).


Die Familie der Stachelſchweine(Hystricida) iſt weſentlich cha-
rakteriſirt durch die mehr oder minder ausgebildeten Stacheln, welche
zwiſchen die Haare des Körpers eingeſtreut ſind und die bald mehr
rund und hornig, bald mehr platt und hohlkehlig in Form eines
Lanzeneiſens ausgebildet ſind. In beiden Kiefern findet ſich vier zu-
ſammengeſetzte, ſchmelzfaltige Zähne. Der Schädel iſt ebenſo durch
ſeine Form und hinten abgeſtutzte und platte Geſtalt, wie durch das
ungeheuere Unteraugenhöhlenloch ausgezeichnet; die Schlüſſelbeine ſind
meiſt unvollſtändig, die Füße vorn und hinten einander faſt gleich,
vorn mit vier, hinten zuweilen mit fünf Zehen verſehen. Die ge-
wöhnlichen Stachelſchweine leben auf der Erde, wo ſie nach Wurzeln
graben, andere aber, die eine warzige Fußſohle beſitzen, nähren ſich
hauptſächlich von Früchten und Rinden und klettern auf Bäumen um-
her. Hystrix; Atherura; Erethizon; Cercolabes (Synetheres); Sphig-
gurus
.


Die Familie der Biber(Castorida) zeigt einen ſchwerfälligen,
plumpen Körper mit kurzem, dickem Kopfe und doppelter Behaarung,
indem zwiſchen den längeren Borſten ein feinerer Wollpelz [exiſtirt].
Alle Füße ſind fünfzehig, die hinteren mit verbindender Schwimmhaut,
die vorderen mit freien Krallenzehen verſehen; der Schwanz iſt be-
[518]

Figure 407. Fig. 1460.

Der Biber (Castor fiber).


deutend, bald breit, platt und ſchuppig, bald rundlich und theilweiſe
nackt. Die vorderen Schneidezähne ſind mächtiger, als bei irgend
einem Thiere der ganzen Ordnung, die breiten Backzähne auf der
einen Seite mit einer einfachen Schmelzfalte, auf der anderen mit drei
einſpringenden Falten beſetzt. Die Thiere leben größtentheils im
Waſſer, ſchwimmen und tauchen ſehr gut und graben ſich Erdlöcher
mit backofenförmigen Keſſeln, deren Ausgänge ſich unter dem Waſſer-
ſpiegel befinden. Die Biber bauen ſelbſt da, wo ſie ungeſtört bleiben,
unförmliche Dämme zur Stauung des Waſſers aus abgenagten Stäm-
men und Schlamm, und benutzen ebenſo die Stämme zur Stützung
und Bedeckung ihrer im Waſſer liegenden Kammern, die zuweilen
neben einander unter einem gemeinſchaftlichen Dache, aber ſtets für
jede Familie geſondert angelegt ſind. Die wunderſamen Erzählungen
von Biberpaläſten mit mehrfachen Stockwerken, Fallthüren, geheimen
Treppen und Ausgängen gehören in das Reich der fabelhaften Ge-
ſchichten, in welchen die canadiſchen Jäger ſich ebenſo ſehr auszeichnen,
als ihre europäiſchen Zunftgenoſſen. Castor; Myopotamus.


Plumpe Thiere mit dickem breitem Kopfe, kleinen oder ganz mit
Fell überzogenen Augen bilden die Familie der Maulwurfmäuſe
(Georhycha), deren äußeres Anſehen allerdings ſehr viel ähnliches mit
den Maulwürfen hat; das äußere Ohr wie der Schwanz fehlen ganz
oder ſind rudimentär, die Vorder- und Hinterfüße mit fünf Zehen
verſehen, welche bald kürzere Grabekrallen, bald ſehr verlängerte Si-
[519]

Figure 408. Fig. 1461.

Die Blindmaus (Spalax typhlus.)


chelkrallen tragen. Die gewaltig großen, ſtarken Nagezähne ſtehen
meiſt bedeutend aus dem Maule hervor und geben dadurch dem plum-
pen Kopfe ein eigenthümliches wildes Ausſehen. Die rudimentäre
Ausbildung der Augen, der wurſtförmige Körper und die ganz kurzen,
aber kräftigen Grabefüße deuten ſchon darauf hin, daß dieſe Thiere
hauptſächlich in Erdlöchern und Höhlen leben. In der That haben
alle viele Aehnlichkeit in der Lebensart mit dem Maulwurfe, ſind aber
weit zerſtörender für die Kultur als dieſer, der nur mittelbar durch
das Aufwühlen ſeiner Gänge und ſeiner Haufen ſchadet, während dieſe
Nager ſich direkt von den Wurzeln und Zwiebeln der Gewächſe näh-
ren. Spalax; Georhychus; Ctenomys; Geomys; Bathyergus; Sacco-
phorus (Ascomys); Aspalax
.


Figure 409. Fig. 1462.

Der Hamſter (Cricetus vulgaris).


Die Familie der Mäuſe(Murida) iſt an Gattungen die zahl-
reichſte und zugleich diejenige Familie, welche durch die Ausbildung
ihrer Backzähne ſich am meiſten den folgenden Ordnungen nähert, die
auf gemiſchte Nahrung angewieſen ſind. In der That ſind auch die
meiſten Mäuſe, wie dieß namentlich unſere Hausratten beweiſen, durchaus
nicht ausſchließlich auf Pflanzennahrung angewieſen, ſondern greifen auch
[520] andere Stoffe mit ihrem Gebiſſe an. Die zierliche Körpergeſtalt und das
niedliche Ausſehen der Mäuſe im Ganzen iſt bekannt und erhält ſich bei
der ganzen Familie; die meiſten haben einen langen Schwanz, der mehr
oder weniger behaart iſt; — nur bei einigen wird er kürzer und
ſelbſt rudimentär. Der Schädel iſt geſtreckt, das Unteraugenhöhlenloch
nur ein ſchmaler ſenkrechter Schlitz, unter welchem der Oberkiefer
blaſig aufgetrieben iſt; der Jochbogen ſchwach, der Winkel des Unter-
kiefers abgerundet; an den Vorderfüßen finden ſich vier Zehen und
an der Stelle des Daumens eine unbedeutende nagelloſe Warze, an
den Hinterfüßen fünf mit Nägeln verſehene Zehen; die Schlüſſelbeine
ſind vollkommen ausgebildet und die Arme werden in der Regel zum
Halten des Futters benutzt, das gewöhnlich in ſitzender Stellung ver-
zehrt wird. Charakteriſtiſch iſt das Gebiß inſofern, als die unteren
Schneidezähne bedeutend verſchmälert ſind und nicht in eine horizon-
tale Meißelfläche, wie bei den übrigen Nagern, ſondern in eine Spitze
auslaufen; Zahl und Form der Backzähne ſind ſehr verſchieden, ge-
wöhnlich finden ſich drei oben und unten in jeder Kieferhälfte, zuwei-
len auch vier, höchſt ſelten nur zwei. Bei vielen Gattungen finden
ſich entgegengeſetzte oder abwechſelnde Schmelzfalten, bei anderen da-
gegen ſtumpfe Querhöcker, die von beiden Seiten her in einander grei-
fen und die dann wahre doppelte Wurzeln beſitzen. Es gehören zu
dieſer Familie diejenigen Nager, welche in den kultivirten Gegenden
theils auf dem Felde, wie der Hamſter und die Scharrmäuſe, theils

Figure 410. Fig. 1463.

Die Scharrmaus (Hypudaeus (Arvicola) arvalis).


in den Wohnungen den meiſten Schaden zufügen. Mus; Cricetus;
Meriones (Gerbillus); Hypudaeus (Arvicola); Lemmus; Fiber; Hydro-
mys; Saccomys
.


Der Familie der Mäuſe entſpricht in Südamerika die in dem äuße-
ren Anſehen und der Körperform ſehr ähnliche Familie der Schrot-
[521] mäuſe
(Psammoryctida), die ſich aber durch mancherlei ſpezielle Cha-
raktere unterſcheiden. An dem Schädel iſt das Unteraugenhöhlenloch
ſehr weit, der Unterkieferwinkel in eine verlängerte Spitze ausgezogen,
das äußere Ohr iſt ziemlich klein, der Schwanz in ähnlicher Weiſe,
wie derjenige der Mäuſe, ſchwach behaart und geringelt. Es finden
ſich ſtets vier Backzähne in jedem Kiefer, die mit platten Mahlflächen
und Schmelzfalten verſehen ſind und keine Wurzeln haben; die Vorder-
zähne ſind in beiden Kiefern quer abgeſchnitten und meißelartig.
Psammoryctes; Octodon; Capromys; Loncheres (Echimys).


Figure 411. Fig. 1464.

Das Eichhörnchen (Sciurus vulgaris).


Die Famile der Eichhörnchen(Sciurida) zeigt in ihrem Aeuße-
ren zwar eine eigenthümliche Körperbildung, die indeß von den ge-
wöhnlichen Eichhörnchen durch eine Reihe ſtets plumper werdender
Formen bis zu den dicken, ungefälligen Murmelthieren hinführt. All-
gemein kommt vor den vier Backenzähnen, die in den beiden Kiefern
ſich finden, ein kleinerer vorderer Lückenzahn im Oberkiefer vor und
die Backenzähne ſelbſt ſind deutlich mit ſtumpfen Querhöckern verſehen,
welche einigermaßen denen der Mäuſe entſprechen. An den Hinter-
füßen finden ſich fünf in gleicher Linie geſtellte, mit Krallen verſehene
Zehen, an den Vorderfüßen dagegen nur vier ſolcher Krallenzehen und
ein Daumenſtummel, der gewöhnlich einen mehr oder minder platten
Nagel beſitzt, ſo daß dieſe ſchon händeähnlich werden. Die Thiere
leben theils auf Bäumen, theils in Erdhöhlen und ſammeln faſt alle
Vorräthe, die ſie theilweiſe in Backentaſchen nach Hauſe tragen; einige
[522] von ihnen, welche die gemäßigten Zonen bewohnen, fallen während
der kälteren Jahreszeit in Winterſchlaf. Sciurus; Pteromys; Tamias;
Spermophilus; Arctomys
.


Figure 412. Fig. 1465.

Der Siebenſchläfer (Myoxus nitela).


Hierin ſo wie in der zierlichen Geſtalt und der Lebensart gleicht
ihnen die Familie der Siebenſchläfer(Myoxida), die ebenſo einen
langen ſtark behaarten Schwanz beſitzen, aber ſich weſentlich durch
den Mangel des Lückenzahnes und durch die meiſt vielblättrige Struk-
tur der mit Querleiſten verſehenen Backzähne unterſcheiden. Die Vor-
derfüße ſind ganz, wie diejenigen der Eichhörnchen, mit vier Kral-
lenzehen und einem Daumenſtummel verſehen, der hier nagellos iſt,
zugleich aber iſt auch an den Hinterfüßen der Daumen deutlich abge-
ſetzt, lang und mit einem Krallennagel verſehen, wodurch eine den
Halbaffen ähnliche Handbildung entſteht. Zu dieſer Aehnlichkeit tritt
noch die des gänzlichen Mangels eines Blinddarmes, welcher bei allen
übrigen Nagern in ausgezeichneter Weiſe entwickelt iſt. Die äußerſt
niedlichen und flinken Thierchen, welche höchſtens die Größe einer
Ratte erreichen und beſonders gern auf Haſelſtauden umherklettern,
bauen ſich im Herbſte ein warmes Neſt, in welchem ſie ihren Winter-
ſchlaf halten; ſie ſchließen ſich unter allen Nagern zunächſt an die Aeffer
und zwar an die Familie der Nageäffer an, denen ſie auch durch den
wolligen Pelz und das mehr nächtliche Leben näher kommen. Myoxus.


Foſſile Reſte von Nagethieren finden ſich in allen Schichten der
Tertiär- und Diluvialgebilde und zwar in Europa Eichhörnchen,
Biber, Mäuſe, Haſen und in Amerika faſt alle dort einheimiſchen Fa-
milien, beſonders in den Knochenhöhlen.


[523]
Ordnung der Affen. (Quadrumana.)

Figure 413. Fig. 1466.

Schädel vom Pavian (Cynocephalus).


Die Verhältniſſe des Körpers, die Form des Kopfes und der
Extremitäten nähern ſich in allen Beziehungen der menſchlichen Ge-
ſtalt. Bei den meiſten Affen iſt der Schädel rundlich, von um ſo
gefälligerer und menſchenähnlicher Form, je jünger das Thier iſt, dem
er entnommen; die Kiefer ſind meiſt hoch, aber kurz und kräftig und
entwickeln ſich mit zunehmendem Alter, ſo daß der Geſichtswinkel um
ſo ſpitzer wird, je mehr das Thier an Jahren vorſchreitet. Die Zähne
nähern ſich im Allgemeinen denen des Menſchen, doch ſtehen die Eck-
zähne auch bei den menſchenähnlichſten Affen ſtärker hervor und grei-
fen ſo über einander, daß zwiſchen ihnen einerſeits und den Eck- oder
Backzähnen andererſeits eine mehr oder minder bedeutende Lücke be-
ſteht, in welche der entſprechende Eckzahn eingreift, ſo daß alſo nie-
mals bei den Affen eine vollſtändig geſchloſſene Zahnreihe exiſtirt.
Meiſtens ſind die Schneidezähne meißelförmig, die Eckzähne ſtumpf
koniſch, die würfelförmigen, zweiwurzeligen Backzähne mit kegelförmi-
gen Spitzen verſehen und gewöhnlich in größerer Zahl vorhanden,
als bei dem Menſchen. Doch herrſchen in dieſer Beziehung auch
mancherlei Verſchiedenheiten und namentlich zeigt die Unterordnung
der Halbaffen oder Aeffer eine große Mannigfaltigkeit in dem Zahn-
baue, der alle Zwiſchenſtufen zwiſchen Nagethieren, Inſektenfreſſern
und Früchtefreſſern durchmacht. Die Augenhöhle der Affen iſt ſtets
geſchloſſen, die äußeren Ohren meiſt nur mäßig groß, bald mehr zu-
geſpitzt, bald auch der Menſchenform annähernd. Der weſentliche
Charakter der ganzen Ordnung liegt in der Bildung der Füße. Die
[524] beiden Extremitäten ſind ziemlich gleich an Entwickelung, die vorderen
ſehr oft länger als die hinteren, welche niemals in der Weiſe, wie
beim Menſchen, zum aufrechten Gange eingerichtet ſind. Bei allen
Affen ohne Ausnahme finden ſich an den Hinterfüßen fünf Zehen,
von welchen vier auf gleicher Linie ſtehen und wenigſtens die drei
äußeren mit platten Nägeln verſehen ſind, während der Zeigefinger
oft eine lange Kralle beſitzt. Außer dieſen vier in gleicher Linie ſte-
henden Zehen findet ſich ſtets an den Hinterfüßen ein wohl ausge-
bildeter, entgegenſetzbarer Daumen mit plattem Kuppennagel, ganz
ähnlich dem Daumen des Menſchen, ſo daß eine wahre hintere Hand
gebildet wird. In den meiſten Fällen findet ſich auch an den vorde-
ren Extremitäten eine ebenſo ausgebildete Hand, an welcher der Dau-
men ſowohl wie die übrigen Finger mit Kuppennägeln verſehen ſind.
Indeſſen fehlt an dieſen Vorderhänden der Daumen zuweilen ganz
und es finden ſich dann entweder fünf zuweilen ſehr lange Finger
mit oder ohne Krallen, oder es giebt auch nur vier Finger und ſtatt
des Daumens einen unbedeutenden Stummel. Das durchgreifende Kenn-
zeichen der Affen iſt demnach nicht die Exiſtenz von vier Händen, ſondern
vielmehr diejenige von zwei Händen an den Hinterfüßen, ein Charak-
ter, den ſie mit den Beutelratzen gemein haben, von welchen indeß die
übrige Organiſation ſie weſentlich unterſcheidet, da ihr Gehirn demje-
nigen des Menſchen analog gebildet, die beiden Zitzen an der Bruſt
angebracht ſind und die Ruthe des Männchens zwiſchen den Schen-
keln frei herabhängt. Die dünnen Schenkel, deren Muskulatur zu
ſchwach iſt, um beſtändig für ſich allein den Körper zu tragen, wie
dieß zum aufrechten Gange nothwendig iſt, der durchaus behaarte
Leib, der meiſt lange Schwanz, welcher oft als Greif- oder Wickel-
ſchwanz entwickelt iſt, unterſcheiden außer den angeführten Kennzeichen
die Affen hinlänglich, die nur Kletterthiere ſind, ihr ganzes Leben,
meiſt geſellig, auf Bäumen zubringen, von Früchten und Sämereien
leben und auf dem Boden ſich ſtets mittelſt ihrer vier Füße fortbewe-
gen, wobei ſie den Außenrand der Hände auf den Boden ſetzen. Wir
unterſcheiden in dieſer Ordnung, welche weſentlich auf die heiße Zone
beider Hemiſphären beſchränkt iſt und nirgends den Verbreitungskreis
der Palmen überſchreitet, zwei Unterordnungen, deren Kennzeichen ſich
leicht auffaſſen laſſen.


Die Unterordnung der Halbaffen oder der Aeffer (Prosi-
miae)
ſchließt ſich mehr an die Nager und Inſektenfreſſer an. Der
[525] Kopf iſt rundlich, zuweilen mit ſpitzer vorgezogener Schnauze, die
Ohren vorſtehend, oft bedeutend groß, der Schwanz ſtets lang, mehr
oder minder buſchig, das Gebiß und die Vorderhände bei den ver-
ſchiedenen Familien ſehr verſchieden geſtaltet. An den Hinterfüßen
trägt der Daumen ſtets einen Plattnagel, während der Nagel des
Zeigefingers immer in Geſtalt einer Kralle oder eines Pfriemens aus-
gebildet iſt und zuweilen auch die übrigen Finger ſolche Krallen tra-
gen. Es ſind meiſtens träge nächtliche Thiere, die mit großer Ge-
ſchicklichkeit klettern und ſpringen, ſich von Inſekten und Früchten
nähren, theilweiſe aber auch lediglich auf Pflanzennahrung angewieſen
ſind. Wir nehmen folgende Familien an:


Figure 414. Fig. 1469.

Der Ai-Ai (Chiromys madagascarensis).


Die Dünnfinger(Leptodactyla) ſind bis jetzt nur durch die ein-
zige Gattung Chiromys repräſentirt, die nur äußerſt ſelten auf Ma-
dagaskar gefunden worden iſt und die ein ſo natürliches Uebergangs-
glied zwiſchen den Nagern und den Aeffern bildet, daß ſie je nach der
Wichtigkeit, welche man dem einen oder dem andern Charakter bei-
legte, von den verſchiedenen Forſchern bald zu der einen, bald zu der
anderen Ordnung gerechnet wurde. Der Schädel iſt rund gewölbt,
die Augenhöhlen vollkommen geſchloſſen, was bei keinem Nager vor-
kommt, der Schnauzentheil der Kiefer ſehr kurz, das Geſicht im Gan-
zen dem eines Eichhörnchens ähnlich, mit welchem das Thier auch
vollſtändig im Gebiſſe übereinſtimmt; es finden ſich nämlich oben und
[526] unten zwei große meißelartige Nagezähne, auf welche eine lange Lücke
folgt. Die Backzähne, deren ſich drei in jeder Hälfte des Unterkiefers,
vier in jeder des Oberkiefers befinden, haben rundliche Querhöcker,
die ziemlich ſpitz ſind. Die Ohren ſind groß und nackt, der Körper
wollig behaart, der Schwanz buſchig. An den vorderen Extremitäten
finden ſich fünf ſehr lange und dünne Finger mit Krallennägeln, die
faſt auf gleicher Linie ſtehen, indem der Daumen nur etwas abgerückt,
nicht aber entgegenſetzbar iſt, der Mittelfinger iſt der längſte; — an
den Hinterfüßen befinden ſich drei gleiche äußere Krallenzehen, eine
Zeigezehe mit einem Pfriemennagel, wie bei allen Halbaffen, und ein
entgegenſetzbarer Daumen mit plattem Nagel. Es iſt ein träges,
nächtliches Thier, das auf Bäumen umherklettert und ſich beſonders
von Inſekten nährt, die es mit den langen Fingern aus den Riſſen
der Rinde hervorkratzt. Chiromys.


Figure 415. Fig. 1470.

Der Geſpenſtaffe (Tarsius spectrum).


Die Familie der Langfüßer(Tarsida) wird ebenfalls von nächt-
lichen Thieren gebildet, die ſich durch ungemein große Augen, große
nackte Ohren und einen langen bepinſelten Schwanz auszeichnen. Der
Kopf iſt rund, dick, die Kiefer wenig vorſtehend, das Gebiß entſchie-
den auf Inſektennahrung hindeutend; die Zahl der Schneidezähne, die
klein und ſcharf ſind, wechſelt ſehr bei den verſchiedenen Gattungen;
die Eckzähne ſind krumm, hakig, ſpringen bedeutend vor; meiſt finden
ſich in der Oberkinnlade ſechs, in der Unterkinnlade fünf mit ſpitzen
Höckern verſehene Backzähne, von denen die vorderen einſpitzig, die
hinteren mit mehreren Spitzen verſehen ſind. An Vorder- und Hin-
[527] terfüßen finden ſich entgegenſetzbare Daumen und die Hinterſüße zeich-
nen ſich beſonders dadurch aus, daß die Fußwurzel außerordentlich
lang iſt und die Zehen oft in einem merkwürdigen Mißverhältniſſe zu
einander ſtehen. Die nächtlichen Thiere jagen auf Bäumen nach In-
ſekten. Tarsius; Otolicnus; Galago.


Figure 416. Fig. 1472. Fig. 1473.

Figure 417. Fig. 1471.

Fig. 1471. Der Lori (Stenops gracilis). Fig. 1472. Gebiß deſſelben. Fig. 1473. Gebiß des
Geſpenſtaffen (Tarsius spectrum).


Ihnen ſehr nahe ſteht die Familie der Nachtaffen(Nycticebida),
welche daſſelbe Gebiß zeigen, ebenſo nächtliche Inſektenjäger mit feinem
Wollpelze, großen Augen und bald langem, bald ſehr kurzem Schwanze
ſind, ſich aber durch ihr träges Naturell, durch die kleinen Ohren und
die Hinterfüße unterſcheiden, deren Wurzeln eine ganz gewöhnliche
Länge beſitzen. Stenops; Nycticebus; Cheirogale.


Die Familie der Fuchsaffen(Lemurida) erſetzt auf der Inſel
Madagaskar, wo ſie einzig einheimiſch ſind, die eigentlichen Affen.
Der Kopf zeigt einen rundlichen Schädeltheil, aber eine ſpitze fuchs-
ähnliche Schnauze und die Kiefer eine zwiſchen Inſekten- und Früchten-
freſſern mitten inneſtehende Bildung. In der Oberkinnlade ſtehen vier
meißelartige, ſenkrecht nach unten gerichtete Schneidezähne, in der Un-
[528]

Figure 418. Fig. 1474.

Macki mit ſeinem Jungen (Lemur mongoz).


terkinnlade ſechs, die ſehr lang, pfriemenförmig und faſt horizontal
nach außen gerichtet ſind; hierauf folgt in der Oberkinnlade ein ſchar-
fer, ſeitlich zuſammengedrückter, ſäbelförmiger Eckzahn, drei ſpitze
Lückenzähne und drei mit ſtumpfen Doppelhöckern beſetzte Backzähne,
während in der Unterkinnlade der Eckzahn an Form und Größe nicht
über die zwei ſpitzen Lückenzähne und die drei ſtumpfſpitzen Backzähne
hervorragt. Eigenthümlich iſt in dieſer Familie beſonders die Bildung
der Hinterhände, an welchen der Daumen und die drei letzten Zehen
platte Nägel tragen, wáhrend der Zeigefinger mit einer ſcharfen, pfrie-
menförmigen Kralle bewaffnet iſt. Die Thiere leben geſellig und hal-
ten ſich Tages über ruhig, klettern aber beſonders in der Dämmerung
nach Früchten und Inſekten umher. Lemur; Lichanotus.


Foſſile Ueberreſte von Halbaffen ſind bis jetzt noch nicht gefunden
worden.


[529]

Dit Unterordnung der eigentlichen Affen (Simiae) ſchließt
ſich in der Schädelform, in dem Gebiſſe, in der Ausbildung der
Hände ſtets mehr und mehr dem Menſchen an, obgleich noch immer
auch bei den menſchenähnlichſten Affen große Verſchiedenheiten in jeder
Beziehung ſtattfinden. Alle eigentlichen Affen haben, wie der Menſch,
vier Schneidezähne, die indeß nicht ſenkrecht, ſondern ſchief nach vorn
geneigt ſtehen, ſo daß ſie beim Schließen des Mundes eine vorſpringende
Ecke bilden. Die Eckzähne ſtehen ſtets etwas über die anderen her-
vor, zuweilen ſelbſt in ganz bedeutender Weiſe und haben eine ent-
ſprechende Zahnlücke in dem gegenüberſtehenden Kiefer; die Backzähne
ſind gewöhnlich in der Fünfzahl vorhanden und in ſtrenger Reihe an
einander geſchloſſen, würfelförmig mit breiter, höckeriger Kaufläche.
Das Geſicht iſt meiſt bis auf einen Kreis um die Augen, um Naſe
und Mund in derſelben Weiſe behaart, wie der übrige Körper, ſo
daß weder Bart noch Haupthaar ſich in der Weiſe, wie beim Men-
ſchen unterſcheiden. Die Extremitäten ſind lang und ſchmächtig und
im Vergleich mit denjenigen des Menſchen die Arme unter allen Um-
ſtänden viel länger und die Hinterſchenkel bei weitem ſchmächtiger, ſo
daß der Querdurchmeſſer der Oberſchenkel bedeutend geringer iſt, als
der Durchmeſſer von vorn nach hinten und der Schenkel nicht cylin-
deriſch oder kegelförmig, ſondern von der Seite her abgeplattet er-
ſcheint und in der Form dem Schlegel eines Thieres näher kommt.
Auch hier zeigt ſich die Erſcheinung, die ſchon bei der vorigen Unter-
ordnung zu beobachten war, nämlich, daß die Hände der Hinterfüße
weit allgemeiner und vollſtändiger entwickelt ſind, als diejenigen der
vorderen Extremitäten, wo bald der Daumen weit weniger entgegen
geſetzt werden kann, ja bei einigen Gattungen ſogar gänzlich fehlt
oder nur als kleiner Stummel vorhanden iſt. Im Allgemeinen iſt der
Schwanz bei den Affen ſtark entwickelt, zuweilen zu einem förmlichen
Greif- oder Wickelſchwanze ausgebildet, an welchen die Thiere ſich
ſtundenlang aufhängen können. Gewöhnlich geſellen ſich noch hierzu
Gefäßſchwielen, nackte, ſchwielige Stellen an den Hinterbacken, welche
bei der mangelnden Muskelbekleidung der Sitzknorren das Hocken auf
dem Hinteren erleichtern. Alle Affen ſind weſentlich Kletterthiere, die
gewöhnlich in Geſellſchaften ſich in Wäldern herumtreiben und von
Früchten, Körnern und Inſekten leben und durch ihre Beweglich-
keit, ihre Nachahmungsſucht und ihr meiſt drolliges Weſen bekannt
genug ſind. Alle ſind in der Jugend weit gelehriger, ſanfter und
unzweifelhaft ihre intellektuellen Fähigkeiten weit größer, als im Alter,
wo die Kinnladen allmälig mehr hervortreten, die Eckzähne vorſpringen
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 34
[530] und mit dieſer rückſchreitenden Umbildung des Schädels auch die in-
tellektuellen Fähigkeiten ganz bedeutend zurücktreten und das Thier
mit jedem Tage dümmer, ſtupider, zugleich aber auch boshafter wird.
Die Reſultate der Beobachtungen über dieſe Umwandlung und dieſe
Rückbildung der Affen im höheren Alter ſind unzweifelhaft und um
ſo glaubwürdiger, als ſie vorgefaßten Meinungen widerſprechen.
Unbefangene Beobachtung des Menſchengeſchlechtes würde durchaus
dieſelben Reſultate liefern und zeigen, daß der Menſch von einem ge-
wiſſen Alter an demſelben Geſetze der Rückbildung und Verdummung
unterliegt, wie ſein nächſter Nachbar im Thierreich.


Figure 419. Fig. 1475.

Der Ouiſtiti (Hapale (lachus) vulgaris).


Die Familie der Krallenaffen(Hapalida) iſt eine kleine, auf
Südamerika beſchränkte Familie niedlicher Aeffchen mit meiſt dichtem
Wollpelze und langem, bebuſchtem Schwanze, die einen rundlichen,
kinderähnlichen Kopf haben, an welchen die platte Naſe mit ſeitlichen
Naſenlöchern und die vorſtehenden, oft mit Haarpinſeln geſchmückten
Ohren ſich beſonders auszeichnen. Alle Finger mit Ausnahme des
Daumens tragen an allen Händen ſpitze Krallennägel, die ganz denen
der Eichhörnchen gleichen, während der Daumen, der übrigens an
der Vorderhand nur ſehr wenig entgegenſetzbar iſt, durch einen plat-
ten Nagel geſchützt iſt. Der lange Schwanz iſt nicht zum Wickeln
oder Greifen geeignet. Das Gebiß hat oben wie unten fünf Back-
zähne mit ſpitzigen, denen der Inſektenfreſſer ähnlichen Höckern. Die
Thiere hüpfen geſellig, wie Eichhörnchen, auf den Bäumen umher und
ſchnappen beſonders gern Inſekten, ſie werden oft gezähmt, ſind aber
äußerſt empfindlich gegen Kälte. Hapale; (Iacchus; Midas).


[531]
Figure 420. Fig. 1476.

Der Sajou (Cebus apella).


Die Familie der Plattnaſen(Platyrrhina) begreift alle Affen der
neuen Welt ohne Ausnahme und auch nur dieſe und unterſcheidet ſich
von der folgenden Familie, welche die Affen der alten Welt umfaßt,
auf den erſten Blick durch die Bildung der Naſenſcheidewand, welche
brückenartig breit iſt, ſo daß die Naſenlöcher ſeitlich aus einander ge-
rückt ſind. Die Eckzähne ſind gewöhnlich nur klein, die Backzähne
in allen Kiefern oben wie unten in der Sechszahl ausgebildet, der
Schwanz ſtets von bedeutender Länge, oft auf ſeiner Unterfläche nackt
und ſchwielig, alſo ein förmlicher Greifſchwanz, zuweilen durchaus
behaart und dann entweder zum Umwickeln geeignet oder auch ganz
ſchlaff. Allen Affen der neuen Welt fehlen ſowohl die Backentaſchen,
als die Gefäßſchwielen, dagegen haben ſie ſämmtlich Kuppennägel an
allen Fingern; der Daumen fehlt einigen Gattungen gänzlich oder iſt
nur als ein Stummel vorhanden. Bei mehreren Arten befindet ſich
an dem Zungenbeine eine weite Knochenblaſe, die von dem gewaltig
hohen Unterkiefer beſchützt wird, mit dem Kehlkopfe in Verbindung
ſteht und die Stimme ungemein verſtärkt. Das unerträgliche Geheul,
welches die geſellig lebenden Brüllaffen (Mycetes), die dieſe Bildung
des Kehlkopfes haben, in der Nacht erſchallen laſſen, wird von den
34*
[532] Reiſenden als eine wahrhafte Plage geſchildert. Man hat nach der
Bildung des Schwanzes, je nachdem derſelbe an der Unterfläche gegen
die Spitze hin nackt (Greifſchwanz) oder behaart iſt, zwei Gruppen
unterſchieden, die indeſſen ſonſt keine weſentlichen Verſchiedenheiten
darbieten. Mycetes; Ateles; Lagothrix; Nictipithecus; Callithrix;
Brachyurus; Cebus; Pithecia
.


Die Familie der Schmalnaſen(Catarrhina) bewohnt einzig die
alte Welt und enthält diejenigen Gattungen, welche dem Menſchen
am Nächſten ſtehen. Die Naſenſcheidewand iſt ſchmal, die Naſen-
löcher einander genähert, die Naſe ſelbſt meiſt platt, zuweilen indeß
auch in ſeltſamer Weiſe vorgezogen. Dieſe Affen haben ganz allgemein
dieſelbe Zahl der Backenzähne, wie der Menſch, mithin einen weniger in
jeder Kieferhälfte, als die Affen der neuen Welt; dagegen iſt der Eckzahn
ſtets bedeutender, als bei dieſen und bei einigen Gattungen, wie zum
Beiſpiele den Pavianen, ſo ungemein entwickelt und ſcharf und die
Kiefer ſo ſchnauzenartig vorgezogen, daß der Anſchluß an die Raub-
thiere hierin ſowohl, wie in der ganzen Haltung unverkennbar iſt.
Die meiſten dieſer Affen haben einen Schwanz, der indeß niemals
ein echter Greif- oder Wickelſchwanz wird und der nur den menſchen-
ähnlichſten Familien gänzlich abgeht; ebenſo beſitzen faſt alle Geſäß-
ſchwielen und Backentaſchen. Die Hände ſind im Allgemeinen wohl
ausgebildet, nur bei einer Gattung fehlt der Daumen an den Vor-
derhänden gänzlich. Man kann zwei Gruppen unterſcheiden, von
denen die erſte, die geſchwänzten Affen mit Gefäßſchwielen

Figure 421. Fig. 1477.

Mandrill (Mormon Maimon).


[533] und ſehr ſchlanken Gliedmaßen, die Paviane und Meerkatzen enthält (Cy-
nocephalus; Macacus; Inuus; Cercopithecus; Semnopithecus; Colobus)
,
während die zweite die ungeſchwänzten Affen ohne Backentaſchen und mit

Figure 422. Fig. 1478.

Der Orang-Utang (Simia satyrus).


gar keinen oder nur ſehr kleinen Geſäßſchwielen umfaßt, die ſogenannten
Waldmenſchen, von welchen der Orang (Simia s. Pithecus), der Chim-
panſe (Troglodytes) und der Gibbon (Hylobates) die bekannteſten Arten
ſind. Die weſentlichſten äußeren Charaktere, welche dieſe Affen von dem
Menſchen unterſcheiden, beruhen in der Bildung der vier Hände und in der
Proportion der Arme, welche wenigſtens bis zum Knie, bei den meiſten
aber bis auf die Knöchel hinab reichen, und in der Kürze des Oberſchen-
kelbeins, das beim Menſchen verhältnißmäßig die größte Länge unter allen
Thieren erreicht. Das neckiſche Naturell, welches die übrigen Affen zu einer
ekelhaften Karrikatur des Menſchen macht, iſt hier verſchwunden und hat
einer ruhigen, ja ſelbſt melancholiſchen Gemüthsſtimmung Platz gemacht.
Die Intelligenz der Jungen iſt ſehr bedeutend und ihre Handlungen in
vieler Beziehung denjenigen eines Kindes außerordentlich ähnlich. Im
Alter werden die Thiere boshaft und die Veränderung ihres Schädel-
baues iſt ſo bedeutend, daß man lange Zeit die alten Individuen des
Orangs für eine beſondere Art hielt und ſie unter dem Namen Pongo
unterſchied.


[534]
Figure 423. Fig. 1479.

Schädel des jungen Orangs.
i Zwiſchenkiefer, mi Unterkiefer. m Oberkiefer. po Jochbogen. o Ohr-
öffnung. f Stirnbein. p Scheitelbein. t Schläfenbein.


Die Gibbons und Orangs leben auf den Sundainſeln, der Chim-
panſe in den heißeſten Gegenden des ſüdweſtlichen Afrikas. Alle klet-
tern ſehr gut und den Orang ſieht man häufig mit Hülfe eines
Stockes aufrecht gehen, wobei er aber watſchelt, da er die Hinterhände
nur mit dem äußeren Rande aufſetzt. Die älteren Thiere haben eine
erſtaunliche Muskelkraft und vertheidigen ſich, angegriffen, in äußerſt
kühner Weiſe mit Stöcken und Steinen.


Foſſile Affenreſte hat man bis jetzt, wenn auch ſparſam in allen
Tertiärſchichten aufgefunden. Dieſelbe geographiſche Abgränzung herrſcht
auch bei den Foſſilen — in Amerika kommen nur Plattnaſen, in
Europa nur Schmalnaſen vor, letztere aber weit höher nach Norden,
indem man noch in England (in Suffolk) ſolche Reſte geſunden hat,
da doch jetzt der Felſen von Gibraltar die einzige Stätte in Europa
iſt, wo Affen in wildem Zuſtande exiſtiren.


[535]
Ordnung der Zweihänder. (Bimana.)

Die Naturgeſchichte dieſer Ordnung, die einzig und allein von
der Gattung Menſch gebildet wird, iſt um ſo verwickelter und läßt
ſich um ſo ſchwieriger von unbefangenem Standpunkte aus betrachten,
als ſie uns ſelbſt und unſere nächſten Verwandten betrifft und bald
dieſe, bald jene ſpekulative Anſichten der Reinheit der Beobachtungen
hemmend ſich aufdringen. Zugleich darf nicht außer Augen gelaſſen
werden, daß auf dieſem Felde reine, unverfälſchte Beobachtungen am
ſchwierigſten waren, indem ſehr häufig religiöſe und andere Vorur-
theile ihnen entgegen ſtanden und daß andererſeits diejenigen, welche
am meiſten in der Lage waren, Unterſuchungen dieſer Art anzuſtellen,
eine völlige Unfähigkeit hierzu bewieſen. In der That giebt es kein
anderes Feld der Naturgeſchichte, welches im Vergleiche zu der Wich-
tigkeit der aufgeſtellten Fragen ſo wenig genügende wiſſenſchaftlich
feſtgeſetzte Thatſachen darböte und kein anderes, in welchem Faſelei
und grober Unverſtand nebſt unendlicher Bornirtheit ſich ſo breit ge-
macht hätten, als gerade hier. Wir werden in dem Verlaufe dieſes
Abſchnittes ſehen, daß die wichtigſten Kennzeichen, deren konſtante
Eigenthümlichkeiten die Arten und Raſſen der Menſchengattung cha-
rakteriſiren, bis auf die neueſte Zeit gänzlich außer Acht gelaſſen wur-
den, während man auf unbedeutende Aeußerlichkeiten das größte Ge-
wicht legte, ſo daß auch jetzt noch die menſchliche Naturgeſchichte größ-
ten Theils auf Vermuthungen und nur zum geringſten Theile auf
wahrhaften Thatſachen beruht.


Die naturgeſchichtlichen Charaktere, welche die Menſchengattung
als Ordnung charakteriſiren und ſie namentlich von der zunächſt ſte-
henden, den Vierhändern, unterſcheiden, ſind im Intereſſe der fortlau-
fenden Ausbildungstheorie, bald zu ſehr gemindert, bald von denen,
welche den Menſchen von der ganzen übrigen Thierſchöpfung iſoliren
wollten, allzu ſehr übertrieben worden. Dieſe Charaktere ſind aber
in der That weder größer noch geringer als die Charaktere, welche
die übrigen Ordnungen der Säugethiere von einander trennen, und
[536] wenn es im Sinne jener Fortbildungstheorie unmöglich iſt zu behaup-
ten, daß z. B. ein allmäliger Uebergang von den Nagern zu den In-
ſektenfreſſern ſtattfinde, ſo erſcheint es ebenſo unſtatthaft, die barokke
Behauptung aufzuſtellen, der Orang ſei ein Mittelglied zwiſchen Affen
und Menſchen, während zugleich auf der anderen Seite feſtſteht, daß
die Kluft zwiſchen Vierhändern und Zweihändern durchaus nicht ſo
unüberſehbar tief iſt, als man ſie hat darſtellen wollen.


Die Haut des Menſchen unterſcheidet ſich in ihrer Struktur nicht
weſentlich von derjenigen der übrigen Säugethiere, indem ſie wie dieſe
ſtets aus zwei, deutlich von einander geſchiedenen Lagen, aus der
eigentlichen Lederhaut, welche aus verſchlungenen elaſtiſchen Faſern
beſteht, und aus der Oberhaut zuſammengeſetzt iſt, deren Grundlage
von Hornzellen gebildet wird, welche um ſo weicher und voller ſind,
je näher ſie der Lederhaut und ihren vorſtehenden Gefühlswärzchen
aufliegen. Von der Haut der Affen unterſcheidet ſich indeß die menſch-
liche Haut weſentlich durch die äußerſt lichte, unbedeutende Behaa-
rung des Körpers, mit Ausnahme einiger Stellen, wie des Kopfes,
der Achſelhöhlen und Schaamgegend, auf welchen längere und derbere
Haare dicht concentrirt ſind. Die Behaarung der Affen iſt ſtets weit
gleichförmiger über den ganzen Körper verbreitet und namentlich iſt
die Streckſeite der Glieder ſtets mit vollſtändigem Pelze beſetzt, was
auch bei übermäßiger Entwicklung der Haare, wie ſie bei manchen
Menſchenraſſen vorkommt, niemals ſtattfindet. In der Entwicklung
der Haare, namentlich des Hauptes, zeigen ſich vielfache Verſchieden-
heiten. Meiſtens iſt es ſchlicht, mehr oder minder lang, oft zur Locken-
bildung geneigt; in andern Fällen lang und ſo kraus und lockig, daß
die betreffenden Völkerſchaften hölzerne Spießlein im Haar zu tragen
pflegen, um ſich zu kratzen. Bei den Negern endlich iſt es kurz, kraus
und ſo fein, daß es als Wolle erſcheint, obgleich es die charakteriſti-
ſchen Eigenſchaften der Thierwolle nicht beſitzt. In der Farbe der
Haare kann man beſonders zwei Typen unterſcheiden: ſchwarze oder
ſchwarzbraune, am weiteſten verbreitet, da ſolche Haare allen Polar-
völkern und allen Völkern der wärmeren Zone zukommen, und blonde
mit den verſchiedenen Abſtufungen von hellbraun, gelb und roth, die
faſt nur in gemäßigten Zonen vorkommen. Indeſſen giebt es unter
allen ſchwarzen Völkerſchaften entweder blonde Stämme oder doch
blonde Individuen, die unter den rein ſchwarzen, wie den Negern,
gewöhnlich braunroth oder brandroth erſcheinen, und ſind anderſeits
[537] die blonden Stämme ſtets mit braunen Individuen gemiſcht, die, wie
es ſcheint, in einzelnen Gegenden ſogar mehr und mehr überhand
nehmen und die Blonden verdrängen.


Die verſchiedene Färbung der Haut bei den verſchiedenen
Raſſen rührt nicht von einer Verſchiedenheit in dem Vaue ſelbſt, wie
man manchmal behauptet hat, ſondern im Gegentheile nur von einer
quantitativen Entwicklung des Pigmentes her, welches auch bei den
weißeſten Menſchenraſſen, bald conſtant an einzelnen Stellen des Kör-
pers, bald unter dem Einfluſſe des Sonnenlichtes ſich erzeugt. Die
Lederhaut, welche die Gefäße und Nerven, ſo wie die Haarbälge ein-
ſchließt, bildet eine große Anzahl von einzelnen Erhöhungen, zwiſchen
welchen wellenartige vertiefte Linien ſich hinziehen und die man die
Gefühlswärzchen genannt hat. In den Vertiefungen zwiſchen dieſen
Gefühlswärzchen ſind beſonders die entſtehenden Zellen der Oberhaut
angehäuft, welche bei den gefärbten Raſſen mit mehr oder minder
dunklem Pigmente angefüllt und zuweilen, wie bei den Negern, ſo ſehr
vermehrt ſind, daß ſie als eine netzartige zuſammenhängende Schicht ſich
loslöſen und darſtellen laſſen, was wegen ihrer größeren Zerſtreuung
bei den weniger gefärbten Raſſen nicht möglich iſt. Die trockenen
Hornzellen, welche die äußere Schicht der Oberhaut bilden, ſind bei
allen Raſſen ohne Ausnahme durchſcheinend, farblos, mit einem ge-
ringen Stich in das Gelbliche und es hängt demnach von der größe-
ren oder geringeren Entwicklung der Pigmentſchicht und ihrer mehr
oder minder geſättigten Farbe, ſowie von der Häufung der hornartig
durchſcheinenden Oberhaut ab, ob die Farbe geſättigt ſchwarz, braun,
gelb, kupfrig oder weiß erſcheint. Es unterliegt keinem Zweifel, daß
der Einfluß des Klimas und des Sonnenlichtes auf die Entwicklung
dieſes Hautpigmentes einigen Einfluß habe, der um ſo mehr hervor-
tritt, je weniger Pigment urſprünglich bei der Raſſe vorhanden war,
weßhalb denn die Bräunung der Europäer in heißen Klimaten und
ihre Bleichung in nördlicheren Gegenden am deutlichſten hervortritt,
während dieß Mehr und Minder bei ſtärker gefärbten Raſſen nicht in
die Augen fällt. Allein dieſer Einfluß des Klimas kann die urſprüng-
liche Anlage der Raſſenfärbung nicht verändern. An Punkten bedeu-
tender Völkerſtrömungen, an welchen ſeit Jahrtauſenden verſchiedene
Raſſen neben einander dieſelbe Gegend, folglich auch unter denſelben
Verhältniſſen bewohnen, ſind die Unterſchiede der Hautfärbung noch
heut ebenſo vollkommen charakteriſtiſch, wie ſie in den Zeiten waren,
zu welchen unſere älteſten geſchichtlichen Denkmäler hinaufragen. Es
[538] iſt im Allgemeinen richtig, daß im Norden, in Gebirgen und Hoch-
ebenen blaſſer gefärbte, in tropiſchen Zonen und Tiefebenen dunklere
Völkerſtämme wohnen, daß alſo die Entwicklung des Pigmentes mit
den phyſikaliſchen Verhältniſſen der Erde in einiger Beziehung ſteht.
Indeſſen iſt auch dieſer Satz ſo wenig ausſchließlich richtig, wie der,
daß in den genannten Gegenden die blonde Hautfarbe herrſche. Die
Bewohner des höchſten Nordens haben gelbe oder braune Hautfarbe
und ohne Ausnahme dunkle oder ganz ſchwarze Haare. Wenn aber
trotz dieſen Thatſachen der Einfluß der Klimate wirklich die einzige
Urſache der verſchiedenen Färbung ſeyn ſoll, ſo genügen wenigſtens
unſere bis jetzt angeſtellten Beobachtungen hinlänglich um zu beweiſen,
daß Hunderttauſende, ja Millionen von Jahren nöthig geweſen ſeyn
müßten, um die verſchiedenen Abſtufungen zu erzeugen, welche wir
jetzt auf der Erde beobachten — ein Reſultat, das denjenigen kaum
genügen dürfte, welche aus anderen als naturgeſchichtlichen Gründen die
Behauptung aufſtellten, daß die verſchiedene Farbe der Raſſe lediglich
dem Einfluſſe der Klimate zuzuſchreiben ſey. Man darf aber dieſen
entgegen um ſo mehr behaupten, daß die verſchiedene Färbung Re-
ſultat einer urſprünglichen von dem Wohnſitze und dem Einfluſſe des
Sonnenlichtes unabhängigen Anlage ſey, als gerade in Folge einer
ſolchen Anlage bei den ungefärbten Raſſen an Stellen, die dem Son-
nenlichte nie ausgeſetzt ſind, wie an dem Hofe der Bruſtwarze und
an dem Hodenſacke eine weit bedeutendere Entwicklung des braunen
Pigmentes ſtattfindet. Aus allem dieſem ſcheint uns hervorzugehen,
daß die Färbung der Raſſen eine urſprüngliche iſt, deren Intenſität
durch Klima und Lebensart zwar geſteigert oder verringert, ſonſt aber
nicht bedeutend modifizirt werden kann.


Die Eigenthümlichkeiten des Skelettes, welche die Ordnung
der Zweihänder charakteriſiren und namentlich auch von derjenigen
der Vierhänder trennen, ſind äußerſt mannigfaltig und bei weitem
wichtiger als diejenigen der Haut. Bei der Vergleichung mit den
menſchenähnlichſten Affen, dem Orang und dem Schimpanſe, erſcheinen
dieſelben außerordentlich bedeutend und wurden nur von denjenigen
für gering angeſchlagen, welche namentlich die Schädel junger Affen
der genannten Arten mit den Schädeln erwachſener Menſchen ver-
glichen, was zu dem falſchen Reſultate hinführte, daß nur ein gerin-
ger Unterſchied zwiſchen den niedrigſten Menſchen und den höchſten
Affen exiſtire. Es wurde ſchon bei der vorigen Ordnung erwähnt,
[539] daß die intellektuelle Entwicklung der Affen im mannbaren Alter zu-
rückſinkt und daß in der Jugend die Schädelkapſel ein weit günſtige-
res Verhältniß den Geſichtsknochen gegenüber hat, als im mannbaren
Alter, wodurch die Menſchenähnlichkeit der jungen Affen bedeutend
erhöht wird. Der menſchliche Schädel zeichnet ſich auch von dem
der menſchenähnlichſten Affen im erwachſenen Zuſtande durch eine un-
endlich bedeutendere Entwicklung des Hirnantheiles und durch das
Zurückſinken der Kiefertheile aus. Das Geſicht bildet nur den unbe-
deutenderen Anhang des Schädeltheiles, während bei den meiſten Thie-
ren gerade das umgekehrte Verhältniß ſtattfindet. Der Hirntheil iſt
höher gewölbt, die Stirne ſteiler, die Kiefer weniger ſchnauzenförmig
vorgezogen, als bei irgend einem anderen Thiere und während der
Geſichtswinkel bei dem Menſchen zwiſchen 70 und 80 Grad ſchwankt,
beträgt er bei dem erwachſenen Orang nur 30 und bei dem Schim-
panſe höchſtens 35 Grad, während er freilich bei jungen Thieren bis
zu 60 Grad hinaufgeht. Mit dieſer größeren Ausbildung des Hirn-
antheiles und der geringeren Entwicklung der Kiefer hängen auch die
übrigen Verſchiedenheiten in der Schädelform im Allgemeinen zuſam-
men. Der Schädel der menſchenähnlichſten Affen erſcheint bei der
Betrachtung von oben als ein ſehr verlängertes Oval, das aus zwei
etwa gleichen Hälften beſteht, dem Schädel und dem Geſichte, während
auch bei dem verlängertſten Negerſchädel eine durch den Mittelpunkt
der Schädelbaſis gezogene Querlinie weit in den Hirnantheil hinein-
fällt. Gleiche Unterſchiede zeigen ſich bei der Betrachtung der Grund-
fläche des Schädels, wobei beſonders die Lagerung des Hinterhaupts-
loches und der Jochbogen in die Augen fällt. Bei allen menſchlichen
Schädeln liegt der Jochbogen ſtets ganz in der vorderen Hälfte des
mittleren Längendurchmeſſers, während er bei den menſchenähnlichſten
Affen etwa der Mitte des Längendurchmeſſers entſpricht und halb in
der vorderen, halb in der hinteren Hälfte liegt. Das große Hinter-
hauptsloch, durch welches das verlängerte Mark in die Schädelhöhle
aufſteigt, liegt etwa in der Mitte der menſchlichen Schädelbaſis, ſo
daß ſein vorderer Rand gerade auf die Hälfte des Längendurchmeſſers
des Schädels trifft, der auf den beiden zur Seite des Hinterhaupt-
loches gelegenen Gelenkhöckern vollkommen balancirt werden kann.
Bei den Affen liegt dagegen das Hinterhauptsloch vollſtändig in dem
hinteren Drittheile des Schädels, der nicht auf den beiden Gelenk-
höckern ſich im Gleichgewichte erhalten kann, ſondern nach vorn über-
wiegt. Zu dieſen weſentlichen Charakteren kommt noch die Abplat-
tung der Schädelbaſis bei den Affen und ihre Abrundung und Wöl-
[540] bung bei dem Menſchen, die größere Ausdehnung des Gaumens und
die daraus folgende Weiterſtellung der Zähne, ſo wie die Zahnlücke
für die Eckzähne, welche bei den Affen vorhanden iſt, bei den Men-
ſchen aber fehlt. Mit den Affen gemein hat der menſchliche Schädel
die gegen die Schläfen zu geſchloſſenen Augenhöhlen, welche bei den
meiſten Säugethieren an dieſer Stelle durchbrochen ſind. Auch in der
Ausbildung der einzelnen Knochen des Schädels zeigen ſich vielfache
Eigenthümlichkeiten, welche alle mit der bedeutenderen Entwickelung
des Hirnantheiles zuſammenhängen. Die Hinterhauptsſchuppe und
die Schläfenſchuppe, zur Umhüllung der hinteren und ſeitlichen Theile
des Gehirnes beſtimmt, ſind bei dem Menſchen größer, als bei allen
übrigen Thieren, ebenſo iſt der anſteigende Theil des Stirnbeines,
welcher die vorderen Hirnlappen umfaßt, bei dem Menſchen am größ-
ten und die beiden Hälften ſchon frühzeitig in der Mittellinie ver-
wachſen, was ſonſt nur bei wenigen Thieren, wie namentlich bei den
Affen und Fledermäuſen der Fall iſt. Das Keilbein verwächſt ſehr
früh, ſowohl mit dem Hinterhauptsbeine, als auch namentlich mit
ſeinen Flügeln, die bei den meiſten Säugethieren als eigene Knochen
getrennt bleiben. Die hinteren Keilbeinflügel, welche die unteren Sei-
tentheile des Gehirnes umſchließen helfen, ſind ebenfalls bei dem Men-
ſchen größer, als irgend wo anders. An den Geſichtsknochen des
Menſchen fällt beſonders die ſtarke Tendenz zur Verwachſung auf.
Die bei den Säugethieren getrennten Flügelbeine verſchmelzen mit dem
Keilbeine, die Unterkieferhälften wachſen ſchon bei dem Embryo in
der Mitte zuſammen, das oberſte Ende des Zungenbeines trennt ſich
von dieſem ab und verwächſt mit dem Schläfenbeine, wo es den Grif-
felfortſatz bildet. Das Zwiſchenkieferbein, welches bei allen Säuge-
thieren exiſtirt und deſſen Spuren ſich auch im erwachſenen Alter bei
allen erkennen laſſen, verwächſt ſchon ſo frühzeitig bei dem menſch-
lichen Embryo mit dem Oberkiefer, daß man früher ſogar ſeine
Exiſtenz gänzlich abläugnete, während jetzt nur ſeine frühe Verwach-
ſung für charakteriſtiſch gelten muß. Nicht minder charakteriſtiſch für
den Menſchen iſt die Bildung eines eigentlichen Kinnes, d. h. die
Vorbiegung des unteren Unterkieferrandes an der Verwachſungsſtelle
in der Mittellinie, eine Eigenthümlichkeit, die auch den menſchenähn-
lichſten Affen abgeht. Das Zahnſyſtem des Menſchen beſteht aus vier
Schneidezähnen, zwei Eckzähnen und zehn Backzähnen in jedem Kiefer:
die Schneidezähne meiſelartig zugeſchärft, die Eckzähne pyramidaliſch,
kaum vorſtehend, die Backzähne mit ſtumpfen, in einanderpaſſenden
Höckern verſehen; — eine Bezahnung, welche auf gemiſchte Koſt,
[541] beſonders härtere Früchte, Samen und Wurzeln, weniger aber auf
Fleiſchnahrung hindeutet. Sämmtliche Zähne ſind aneinandergeſchloſ-
ſen, ſo daß keine Zahnlücke, ſelbſt für die Eckzähne nicht, vorhanden
iſt, eine Eigenthümlichkeit, welche der Menſch nur mit einer foſſilen
Gattung der Dickhäuter (Anoplotherium) gemein hat.


In dem Baue des übrigen Skelettes läßt ſich überall, ſo wie
ſchon bei dem Schädel in der Lage der Gelenkhöcker des Hinterhaup-
tes die Tendenz zur Herſtellung des aufrechten Ganges nicht verken-
nen. Die Dornfortſätze der Wirbel ſind gering, da ſie keinem den
Kopf tragenden Nackenbande zum Anſatze dienen. Die Krümmung
der Wirbelſäule doppelt Sförmig; an Bruſt und Becken der Quer-
durchmeſſer bedeutender, als der Durchmeſſer von dem Rücken gegen
den Bauch. Von allen Säugethieren hat der Menſch die geringſte
Anzahl von Schwanzwirbeln, die zudem ſo nach innen gegen das
Becken hin eingebogen ſind, daß ſie keinem beweglichen Anhange als
Stütze dienen. Im Verhältniſſe zu den höheren Affen fällt beſonders
die Kürze der oberen Extremität auf, die nur bis zu der Mitte
der Schenkelknochen bei aufrechter Stellung reicht, während bei der-
ſelben Stellung die Fingerſpitzen des Schimpanſe die Mitte der Wade,
diejenigen des Orang die Knöchel erreichen. Dieſe Länge des Armes,
welche den Affen als Kletterthieren eigenthümlich iſt, wird indeß bei dem
Menſchen durch eine weit größere Ausdehnung der Beweglichkeit er-
ſetzt, welche namentlich bei der Vor- und Rückwärtsrollung des Armes
(Pronation und Supination) bedeutend iſt. Die Bildung der Hände
iſt im Uebrigen ziemlich ähnlich, wenn auch die Affenhand ſtets weit
ſchmäler und länger gezogen iſt und der Daumen weniger frei be-
weglich erſcheint. Am ſtärkſten tritt der Unterſchied an den hinte-
ren [Extremitäten]
hervor, die bei den Affen an Länge und Volu-
men etwa den vorderen Extremitäten gleichkommen, bei dem Menſchen
aber bedeutend überwiegen und namentlich in Ausbildung derjenigen
Muskelmaſſen ſich auszeichnen, welche zur Aufrechthaltung des Stam-
mes und zum Tragen des Körpers dienen. So iſt denn die Ausbil-
dung des Beckens bei dem Menſchen durchaus verſchieden von dem-
jenigen der Affen. Die Darmbeine ſind breit, weit nach außen
gewölbt, die Schambeine horizontal, das ganze Becken breit ſchüſſel-
förmig, während es auch bei den menſchenähnlichſten Affen länglich
kegelförmig erſcheint, was hauptſächlich von der Schmalheit der Darm-
beine und der ſchiefen Richtung der Schambeine nach hinten abhängt.
Die Stellung der Gelenkpfannen, ihre Tiefe, ſo wie die ſeitliche An-
[542] heftung des Gelenkhöckers des Schenkelbeines weiſen hinlänglich darauf
hin, daß der aufrechte Gang, bei welchem die ganze Maſſe der Ein-
geweide von dieſem ſchüſſelförmigen Becken getragen und dieſes wieder
auf die ſtarken Säulen der Beine geſtützt wird, eine natürliche Be-
dingung des Menſchen iſt. Das Oberſchenkelbein des Menſchen iſt
im Verhältniß zum Körper länger als bei irgend einem anderen
Thiere, indem es faſt den vierten Theil der Geſammtlänge des Kör-
pers erreicht. Die Muskelmaſſe des Schenkels iſt faſt cylindriſch, die
der Thiere von Außen her abgeplattet; der größte wagrechte Durch-
meſſer geht hier ſtets von Vorn nach Hinten, bei dem Menſchen von
Außen nach Innen. Das Knie iſt gerade geſpannt; bei den men-
ſchenähnlichſten Affen ſtets, wie bei anderen Thieren, gebogen; die
Muskelmaſſe des Unterſchenkels iſt zu einer Wade concentrirt. Zu
dieſen Charakteren tritt noch als beſonders wichtiger die Bildung des
Fußes. Der Daumen ſteht hier auf gleicher Linie mit den übrigen
Fingern, denen er auf keine Weiſe entgegengeſetzt werden kann. Die
Zehen ſind verhältnißmäßig ſehr kurz, wenig beweglich, breit, von
oben her platt gedrückt, eine Gangſchwiele iſt auf der Ferſe, wie auf
dem vorderen Theile des Mittelfußes entwickelt, während der hintere
Theil des Mittelfußes und der vordere Theil der Fußwurzel gewölb-
artig zuſammengefügt ſind. Bei den menſchenähnlichſten Affen iſt im
Gegenſatze hierzu der Fuß ſo gedreht, daß ſie beim Verſuchen des
aufrechten Ganges, was ſie höchſtens auf einige Minuten thun, nur
mit dem äußeren Rande den Boden berühren; zugleich iſt der ganze
Fuß platt wie die Hand, die Finger langgeſtreckt dünn, rundlich, der
Daumen lang, frei beweglich, den übrigen Fingern vollkommen ent-
gegenſetzbar und zum Umfaſſen der Zweige geeignet, die Sohle mit
keiner Schwiele verſehen. Aus allen dieſen Verſchiedenheiten, ſowie
aus der direkten Beobachtung geht ohne Zweifel hervor, daß ſelbſt
die höchſten Affen nur ſehr ausnahmsweiſe einige Schritte aufrecht
gehen, ſonſt aber nur zum Klettern beſtimmt ſind, während dem Men-
ſchen der aufrechte Gang durch die Organiſation ſeiner Extremitäten
gebieteriſch aufgenöthigt iſt.


Auf die Verſchiedenheiten in der Anordnung des Muskelſyſtemes
einzugehen, liegt außerhalb der Gränzen dieſes Buches. Wir können
hier nur ſo viel bemerken, daß das Syſtem der Hautmuskeln bei dem
Menſchen am ſchwächſten entwickelt iſt, indem als einziger Reſt da-
von die oberflächlichſte Muskelausbreitung am Halſe übrig bleibt,
während bei allen Affen wenigſtens in der Rückengegend ein Ueber-
[543] reſt des Hautmuskels vorhanden iſt, der ſonſt bei den Säugethieren
eine oft bedeutende Entwickelung erreicht.


Bei dem bedeutenden Ueberwiegen der Schädelkapſel über das
Geſicht, läßt es ſich erwarten, daß auch in der Ausbildung des Cen-
tralnervenſyſtemes
bedeutende Verſchiedenheiten zwiſchen den
Zweihändern und den Affen ſtattfinden müſſen. Es iſt namentlich die
Maſſenentwickelung der Hemiſphären des großen Gehirnes, welche
dieſen Unterſchied bedingt, ſo daß das Gehirn bei dem Menſchen, ſo-
wohl im Verhältniſſe zu der Maſſe des Körpers, als auch zu derje-
nigen des verlängerten Markes, des Rückenmarkes und des periphe-
riſchen Nervenſyſtemes am bedeutendſten erſcheint. Die Hemiſphären
des großen Gehirnes ſelbſt ſind am bedeutendſten in ihren vorderen
und hinteren Lappen entwickelt, ſo daß ſie ſich nach hinten über das
kleine Gehirn erſtrecken, während ſie nach vorn ſich über das ganze
Dach der Augenhöhle herüberlegen und den Raum hinter der ſteil
aufſteigenden Stirne ausfüllen. Die Ausbildung des kleinen Gehirnes,
welche vorzüglich deſſen Seitenhälften betraf, iſt bei den Menſchen am
weiteſten gediehen, ſo daß bei ihm die Hemiſphären des kleinen Ge-
hirnes am meiſten den Mitteltheil, den Wurm, überwiegen. Die
Windungen und Einſchnitte auf der Oberfläche ſowohl des großen,
wie des kleinen Gehirnes ſind unſymmetriſch und bedeutender, als bei
allen übrigen Säugethieren, ſo daß der Lebensbaum des kleinen Ge-
hirnes am ſtärkſten verzweigt erſcheint. Mit den höheren Affen hat
der Menſch den Mangel der Riechkolben gemein.


In der Struktur der Sinnesorgane ſind es beſonders die
Augen, welche unſere Aufmerkſamkeit auf ſich ziehen müſſen. Die
Sehorgane rücken erſt nach und nach bei den Säugethieren von den
Seiten des Schädels auf die Vorderfläche und noch bei den menſchen-
ähnlichſten Affen erſcheinen ſie weit von einander gerückt. Die pig-
mentloſe Stelle, welche bei vielen Säugethieren in der Sehaxe an der
Aderhaut ſich befindet und das Tapetum genannt wird, die Stelle,
welche das Leuchten der Augen bei Nacht hervorbringt, fehlt in dem
menſchlichen Auge gänzlich, dagegen findet ſich auf der Netzhaut in
der Sehaxe eine eigenthümliche, gelblich gefärbte Stelle, der gelbe
Fleck, welche auf dem Auge der menſchenähnlichſten Affen fehlt. Die
Farbe der Augen oder vielmehr der Regenbogenhaut — denn nur
dieſe iſt bei dem Auge als gefärbte Haut ſichtbar — wechſelt durch alle
Abſtufungen vom lichten Grau durch Blau und Braun bis zu tiefem
[544] Schwarz und hängt in ſo fern mit der Farbe der Haare zuſammen,
als die grauen und blauen Augen meiſt mit blonden, die braunen
und ſchwarzen meiſt mit ähnlicher Tinte der Haare vergeſellſchaftet
ſind. Die ſogenannten Albino’s, bei welchen das Pigment im ganzen
Körper fehlt, ſo daß Haut und Haare weiß und die Augenhäute we-
gen der durchſchimmernden Blutgefäße röthlich erſcheinen, kommen bei
allen Menſchenracen als krankhafte Entartung, nicht aber als eben
ſo gleichberechtigte Varietät, wie die blonde und ſchwarze vor. Be-
kanntlich ſind Individuen dieſer Art auch bei manchen Säugethieren,
wie z. B. Kaninchen, Mäuſen und ſelbſt Pferden nicht ſelten.


Es dürfte ſchwierig ſein, in der Geſtalt und Lagerung der übri-
gen Eingeweide ganz beſonders charakteriſtiſche Eigenthümlichkeiten
des Menſchen aufzufinden, indem die geringen Aenderungen, welche
in der Zuſammenſetzung, Form und Lagerung dieſer Organe vor-
kommen, einzeln wohl auch bei den übrigen Säugethieren vorgefunden
werden, wenn auch gerade nicht in derjenigen Zuſammenſtellung, in
welcher der Menſch ſie beſitzt; namentlich müſſen wir darauf auf-
merkſam machen, daß dieß hinſichtlich derjenigen Organe der Fall iſt,
welchen wir die Gabe der Sprache verdanken. Die Organiſation
des Kehlkopfes, der Luftröhre, der Mund- und Rachenhöhle iſt bei
den meiſten Affen durchaus nicht ſo verſchieden, daß man daraus die
Unmöglichkeit des Beſitzes einer Sprache herleiten könnte, obgleich es
keinem Zweifel unterliegt, daß auch die menſchenähnlichſten Affen ſich
nur durch Zeichen und gewiſſe Töne, nicht aber durch artikulirte
Laute mitzutheilen vermögen. Der Beſitz der Sprache iſt allgemein
bei allen, auch den wildeſten Völkerſchaften. Man hat bis jetzt noch
kein Volk gefunden, welches derſelben entbehrt hätte; es liegt mithin
die Sprachfähigkeit nicht in den Organen, welche die Laute artikuliren,
ſondern vielmehr in der Ausbildung des Gehirnes, welches den von
ihm elaborirten Gedanken gewiſſe Muskelbewegungen, die beſtimmte
Laute hervorbringen, zum Ausdrucke dienen läßt. Bei dem großen
Abſtande der Gehirnbildung zwiſchen den menſchenähnlichſten Affen
und dem Menſchen ſelbſt läßt es ſich wohl begreifen, daß eine ſolche
weſentliche Manifeſtation der Gehirnthätigkeit, wie die Sprache, auch
erſt bei der höheren Ausbildung des Gehirnes, wie ſie dem Menſchen
zukommt, Platz greifen kann. Es dürfte ſogar in dieſer Hinſicht nicht
unintereſſant ſeyn, die Hirn- und Schädelbildung einzelner Völker
mit beſonderer Beziehung zu den Eigenſchaften ihrer Sprache zu
unterſuchen. Aus der Vergleichung der Schädel geht ſchon, wie oben
[545] bemerkt, hervor, daß das hauptſächliche Uebergewicht des menſchlichen
Gehirnes in der Entwickelung der vorderen und hinteren Theile der
großen Hemiſphären zu ſuchen iſt, und als einen phyſiologiſchen Er-
fahrungsſatz dürfen wir annehmen, daß die vorderen Theile des Ge-
hirnes hauptſächlich die Werkſtätten der Reflexion, die hinteren Theile,
ſo wie das kleine Gehirn, der Sitz der Coordination der Bewegun-
gen ſind. Um die Sprache zu bilden bedarf es aber dieſer beiden
Elemente, einerſeits der Reflexion und der ſchaffenden Gedanken, an-
derſeits der Coordination beſtimmter Bewegungen, um gewiſſe, dem
Gedanken entſprechende und dadurch Andern verſtändliche Laute zu
erzeugen und an einander zu reihen. Es würde ſich fragen, ob die
Entwickelung der vorderen Hemiſphärenlappen mehr mit dem ideellen
Reichthume der Sprache an Ausdrücken für abſtrakte Begriffe, die
Entwickelung der hinteren Hemiſphärenlappen mehr mit dem materiel-
len Reichthume an Lauten, Wurzeln und grammatikaliſchen Beugun-
gen zuſammenhängt. Ein dürftiger Anhaltspunkt für Unterſuchungen
der Art iſt uns darin gegeben, daß die Sprachen der meiſten Völker,
welche ſtark vorragende Kiefer und eine zurückweichende Stirne, alſo
eine geringere Entwickelung der vorderen Hemiſphärenlappen beſitzen,
meiſt nur Bezeichnungen für concrete Gegenſtände und Erſcheinungen
haben, der Worte für abſtracte Gegenſtände aber gänzlich entbehren,
während bei den meiſten dieſer Völker bei einer ebenſo bedeutenden
Entwickelung der hinteren Hemiſphärenlappen der Reichthum der
Sprache an Lauten den übrigen Sprachen nichts nachgiebt.


Die Entwickelung des Embryo’s findet bei dem Menſchen
ganz in ähnlicher Weiſe ſtatt, wie bei den Säugethieren und iſt an
dieſelben Bedingungen der freiwilligen Loslöſung eines Eies in perio-
diſch wiederkehrender Zeit und die Begegnung des Eichens mit be-
fruchtungsfähigem Samen, bevor es in den Fruchthälter eintritt, ge-
knüpft. Die erſten Zeiten der Entwickelung, namentlich die Verän-
derungen des menſchlichen Eies in dem Eileiter und die erſten Bildungen
des Embryo’s nach der Fixirung des Eies in der Gebärmutter ſind
bis jetzt durchaus unbekannt, da die äußerſt zarten Objekte ſehr kurze
Zeit nach dem Tode ſchon der Zerſetzung anheim gefallen ſind. Aus
der Kenntniß der früheſten, gut erhaltenen Embryonen, die wir be-
ſitzen, geht hervor, daß dieſe erſten Bildungszuſtände von den bei
den Säugethieren bekannten nicht weſentlich verſchieden ſein können.
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 35
[546]

Figure 424. Fig. 1480. Fig. 1481.

Fig. 1480. Vom Hunde, Fig. 1481. vom Menſchen entnommen. In
beiden Figuren ſind die Gebärmutterwandungen ſchwarz, das Chorion zackig
dargeſtellt worden. Die Umriſſe der Harnhaut ſind durch eine einfache Linie,
die der Nabelblaſe durch Punkte, die der Schafhaut durch eine punktirte Linie
angegeben. Bei dem Hunde iſt die Harnhaut um das ganze Ei herumgewach-
ſen und hat ſich zur Bildung des gürtelförmigen Mutterkuchens überall in
die Zacken des Chorions hineingelegt. Beim Menſchen iſt ſie klein geblieben
und hat ſich nur an einer Stelle, der Stelle der ſcheibenförmigen Placenta, in
die Zotten des Chorions hineingebildet. Dafür iſt das Amnios, die Schafhaut,
um ſo größer und außerdem dem Ei von Außen her die hinfällige Haut (De-
cidua
, durch eine zuſammenhängende Linie bezeichnet) umgebildet. a Wand
des Fruchthälters. b Einmündung der Eileiter. c Muttermund. d Deci-
dua. e
Chorion. f Schafhaut. g Harnhaut. h Nabelblaſe. i Embryo.


Die Bildung der Schafhaut, ſo wie der übrigen Embryonalhüllen
und die Anlage des Embryo’s ſelbſt ſtimmen ſo vollkommen mit denen
der Säugethiere überein, daß es faſt unmöglich ſcheint, einen ſolchen
iſolirten jungen Embryo von demjenigen eines Säugethieres zu un-
terſcheiden. Weſentliche Abweichungen zeigen ſich nur in zwei Punk-
ten. Der Harnſack oder die Allantois iſt bei dem menſchlichen Embryo
außerordentlich klein und verſchwindet ſehr ſchnell wieder, nachdem
ſie einmal die Gefäße zur Bildung des Mutterkuchens an die Peri-
pherie des Eies geführt hat. An eine ſolche Ausbildung des Harn-
ſackes, wie bei den meiſten Säugethieren iſt vollends gar nicht zu
denken und es herrſchte deßhalb bis in die neueſte Zeit, wo man ſehr
junge Embryonen genauer kennen lernte, vielfach die Anſicht, als
finde ſich bei dem menſchlichen Embryo gar kein Harnſack vor und
würden die Nabelgefäße in ganz eigenthümlicher Weiſe zur Bildung
des Mutterkuchens geleitet. Wenn dieß auch unrichtig iſt, ſo ſteht
doch ſo viel feſt, daß bei keinem anderen Säugethiere der Harnſack
[547] ſo unbedeutend iſt und ſo früh verſchwindet, wie bei dem Menſchen.
Eine zweite Eigenthümlichkeit iſt die, daß die Schleimhaut der Gebär-

Figure 425. Fig 1482.

Menſchlicher Embryo, etwa ſieben Wochen alt.
Die Gebärmutter iſt in vier Lappen aufgeſchnitten, deren innere Fläche
mit der hinfälligen Haut bekleidet iſt. Das überaus zottige Chorion iſt geöff-
net, ſo daß man den Embryo von der durchſichtigen Schafhaut umſchloſſen
in ſeiner Lage ſieht. Bedeutung der Buchſtaben wie in der vorigen Figur.


mutter bei beginnender Entwickelung des Eichens und noch ehe daſſelbe
in die Gebärmutter gelangt iſt, bedeutend anſchwillt und ſich endlich
in Form eines weichen, häutigen Sackes loslöſet, der die ganze Wan-
dung der Gebärmutter überzieht und in welchen das durch die Mün-
dung des Eileiters eintretende Eichen ſich von außen her einſenkt.
Bei dem ſteten Wachsthume des Eies treibt daſſelbe die ihm zuge-
wendete Wand des Sackes vor ſich her und ſtülpt ſich denſelben all-
mälig ſo über, daß der Sack in ähnlicher Weiſe das Eichen bedeckt,
wie eine eingeſtülpte Schlafmütze den Kopf. Man hat dieſe einzig
von der Gebärmutter gebildete Hülle des Eies, welche ſogar dann
entſteht, wenn das Eichen ſich abnormer Weiſe in dem Eileiter oder
in der Bauchhöhle entwickelt, die hinfällige Haut (membrana decidua),
genannt. Als vollſtändige Umhüllung des Eies entwickelt ſich die
hinfällige Haut nur bei dem Menſchen; bei den Affen kommen nur
einzelne unzuſammenhängende Flocken als Analogon derſelben vor.


35*
[548]

Die Ordnung der Zweihänder tritt in der Erdgeſchichte erſt mit
den neueſten Bewohnern des Planeten auf und obgleich man vielfach
das Gegentheil behauptet hat, ſo kann man doch jetzt als erwieſene
Thatſache annehmen, daß noch keine menſchlichen Ueberreſte aufgefun-
den worden ſind, welche bis in die Zeit der Höhlenbären und der
Diluvialablagerungen, geſchweige denn in frühere geologiſche Epochen
hinaufragten. Alle menſchlichen Ueberreſte, welche man in Höhlen
und Felſenklüften unter Reſten foſſiler Thiere fand, haben ſich als
ſpätere Beimiſchungen erwieſen, die theils durch die Sitte älterer
Völker, ihre Todten in Höhlen zu begraben, theils durch Ueberſchwem-
mungen und ähnliche Zufälle an ihren jetzigen Lagerort geriethen.
Ebenſo ſind die Erzählungen von rieſengroßen Knochen unſerer Ur-
väter, welche hier und da vorgefunden ſein ſollten, in ſo fern ins
Fabelreich verwieſen, als dieſe Knochen nicht Menſchen, ſondern rie-
ſigen Thieren, gewöhnlich Elephanten, Maſtodonten, Nashörnern und
Nilpferden, welche in der Diluvialzeit Europa bewohnten, angehörten.
Die wenigen, wirklich verſteinerten Menſchenknochen, welche man bis
jetzt an einzelnen Küſten, wie namentlich bei Guadeloupe, entdeckt
hat, liegen allerdings in feſtem Kalkſteine, der ſich aber an denſelben
Meeresküſten noch unter unſern Augen bildet, wie denn auch dieſe
Skelette von Muſcheln, Schnecken und Polypen umgeben ſind, welche
der jetzigen Bevölkerung der dortigen See angehören, alſo unzweifel-
haft beweiſen, daß auch die Skelette erſt in unſerer jetzigen Epoche
von der Kalkmaſſe umhüllt wurden.


Der Menſch iſt nicht, wie die meiſten Thiere, auf ein mehr oder
minder beſchränktes Klima der Erde angewieſen, er haust im Gegen-
theile überall auf dem Feſtlande, wo thieriſches Leben möglich iſt, von
der Nähe des Pols bis zu dem Aequator. Schon dieſe ungemeine
Verbreitung der Gattung über die ganze Fläche der bewohnbaren Erde
muß uns aufmerkſam machen, daß wir es hier nicht mit einer einzi-
gen Art, ſondern mit mehreren, einer Gattung zugehörenden Arten
zu thun haben, die etwa in ähnlicher Weiſe, wie die verſchiedenen
Arten der Katzen- oder Hundegattung über die Erde verbreitet ſind,
ſo daß jede einen mehr oder minder ſcharf begränzten Wohnſitz hat.
In der That giebt es keine dem Menſchen als Hausthier angehörige
Thierart, welche in gleicher Weiſe wie er verbreitet wäre. Alle haben
entweder nach dem Norden oder nach dem Süden hin eine Gränze,
über welche ſie nicht hinausgehen.


[549]

Es iſt allerdings nicht zu läugnen, daß die Fähigkeit auch der
einzelnen Menſchenarten ſich dem Klima anzupaſſen, eine verhältniß-
mäßig ſehr große iſt und hieraus iſt zum Theile eine der bedeutend-
ſten Schwierigkeiten für die naturhiſtoriſche Unterſuchung der Men-
ſchengattung entſtanden. Die wenigſten Völker befinden ſich noch auf
dem urſprünglichen Platze, auf dem ſie uns von den erſten Spuren
der Geſchichte nachgewieſen werden, die meiſten haben Wanderungen
unternommen und ſind an Orten angeſiedelt, wo ſie andere Bewoh-
ner vorfanden, deren Loos je nach den Begriffen der Sieger ein
verſchiedenes war. Sehr häufig geſchah es im Alterthume, wie noch
jetzt in Amerika, daß ganze Völker vernichtet und bis auf den letzten
Mann ausgerottet wurden. In anderen Fällen wurden nur die
Männer getödtet, die Weiber als Sklavinnen behandelt und die die-
nende Raſſe allmälig durch wachſende Unterdrückung vernichtet, oder
durch Vermiſchung mit den Siegern dieſen einverleibt. In noch an-
deren Fällen blieben beide Raſſen neben einander, indem ihre Miſchung
nur allmälig gelang. Ja es giebt Fälle, wo der barbariſche Sieger
ſogar in der Kultur des unterjochten Volkes aufging und durch die-
ſelbe allmälig aufgehoben wurde. Wie auch dieſe verſchiedenen Ver-
hältniſſe ſich geſtalten mochten, immer blieb als weſentliches Reſultat
das, daß ein Miſchvolk producirt wurde, welches die Charaktere der
eingebornen Raſſe mit denjenigen der eindringenden vereinigte und ſo
Baſtarde darſtellte, die man ohne die geſchichtliche Nachweiſung für
eigenthümliche Varietäten halten könnte. Es ſind dieſe Miſchungen
außerordentlich häufig zwiſchen Raſſen und Abarten, welche zwar
derſelben Menſchenart angehören, aber dennoch beſtimmt verſchiedenen
Abarten zugerechnet werden müſſen; ſie ſind aber auch häufig zwiſchen
Völkern durchaus verſchiedener Art. So haben wir einerſeits in Eu-
ropa vielſeitige Baſtarde zwiſchen Kurz- und Langköpfen wie z. B.
Slaven und Germanen und anderſeits ſehen wir, daß ganze Miſch-
lingsvölker aus der iraniſchen und turaniſchen Art in Aſien durch die
Ueberfälle der nomadiſchen Turaner-Völkerſchaften in die Gebiete ira-
niſcher Einwohner erzeugt wurden. Man darf wohl ſagen, daß es
in Europa und Aſien kaum ein Volk giebt, welches jetzt noch auf dem
Platze wäre, den ſeine geſchichtlich nachweisbaren Vorfahren einge-
nommen haben und daß es faſt keines giebt, welches nicht mehr oder
minder ein Baſtardvolk genannt zu werden verdiente.


Die weſentlichſte Schwierigkeit, welche ſich der genaueren Beſtim-
mung der phyſiſchen Charaktere der einzelnen Menſchenarten entgegen
[550] ſtellt, iſt, wie ſchon aus dem Vorhergehenden erhellt, die Fähigkeit
dieſer Arten, fruchtbare Baſtarde mit einander zu erzeugen und ſo die
Miſchlingscharaktere weiter fortzupflanzen. Man hat dieß häufig als
einen Beweis der artlichen Einheit des Menſchengeſchlechtes ausge-
ſprochen, indem man ſich auf die Analogie mit der Pferdegattung
ſtützte, wo allerdings Eſel und Pferd unfruchtbare Baſtarde zeugen.
Es iſt ſchwer zu begreifen, warum man dieſe Analogie derjenigen der
verſchiedenen Hundearten vorzog, wo Wolf, Hund und Fuchs voll-
kommen fruchtbare Baſtarde mit einander zeugen. Es läßt ſich im
Gegentheile nachweiſen, daß die Baſtardzeugung um ſo leichter iſt,
je mehr man den letzten Ausläufern des Thierreiches ſich nähert, denn
während bei niederen Thieren, wie Inſekten zum Beiſpiele, die ver-
ſchiedene Geſtalt der Hornſtücke des Begattungsapparates eine Begat-
tung zwiſchen verſchiedenen Arten unmöglich macht, iſt die Erzeugung
von Baſtarden bei den meiſten Säugethieren nicht durch ſolche äußere
Schwierigkeiten verhindert und die Möglichkeit einer Erzeugung fort-
pflanzungsfähiger Baſtarde um ſo wahrſcheinlicher. Es kann demnach
auch die Erzeugung fruchtbarer Baſtarde in der Menſchengattung kei-
nen Beweis für ihre artliche Einheit abgeben, ſo wenig als das oben
angeführte Beiſpiel aus der Hundegattung den Beweis liefert, daß
Hund und Wolf dieſelbe Art ſeien. Indeß ſind dieſe Baſtardzeugun-
gen nur dann wichtig für die Veränderung der phyſiſchen Merkmale,
namentlich der Hautfarbe, der Schädelſtruktur, der Geſichtsformation
und der Haarbeſchaffenheit, wenn ſie ganze Völkerſchaften mit einem
Male betreffen, wie dieß durch Kriegs- und Ausrottungszüge nach
alter Weiſe geſchehen kann. Die vereinzelten Baſtardzeugungen kehren
immer nach einigen Generationen wieder zu dem Typus einer urſprüng-
lichen Art zurück, ſchon aus dem Grunde, weil der Baſtard ſelten einen in
gleicher Linie der Abſtammung mit ihm ſtehenden anderen Baſtard fin-
det, mit welchem er Kinder erzeugen könnte. Man kann dieſe Rück-
kehr der Baſtarde in den einen oder den andern Elterntypus (Rück-
kehr, welche durch die Abſtammung des Weibes beſtimmt wird, mit
welcher der Baſtard Kinder zeugt) jetzt ſchon in Amerika beobachten,
wo an vielen Orten drei ſcharf geſchiedene Menſchenarter mit einander
in Berührung kommen: die amerikaniſchen Ureinwohner oder India-
ner, die afrikaniſchen Negerſklaven und die weiße aus Europa herüber
gewanderte Art, die Creolen. Die vereinzelten Baſtarde, welche dieſe
drei Arten mit einander erzeugen und die unter dem Namen Mulatten,
Meſtizen und Zambo’s bekannt ſind, ſind gewöhnlich ſchon mit der
vierten Generation gänzlich in einer der drei Arten aufgegangen.


[551]

Wenn wir demnach zugeſtehen, daß durch die Vermiſchung der
Arten im Großen die mannigfaltigſten Modificationen der urſprüng-
lichen Struktur und völlig neue Baſtardbildungen ganzer Völkerſtämme
erzeugt werden können, ſo müſſen wir auf der andern Seite den Ein-
fluß der Klimate auf ein höchſt geringes Maaß zurückführen. Man
hat ſich unendliche Mühe gegeben, durch Schlüſſe der Analogie, welche
auf die Erzeugung von Raſſen bei den Hausthieren gegründet waren,
die Möglichkeit zu beweiſen, daß die Unterſchiede der einzelnen Men-
ſchenarten durch klimatiſche und davon abhängige Einflüſſe erzeugt
ſeyn können; aber es iſt bis jetzt unmöglich geweſen, auch nur die
mindeſte Thatſache von einiger Bedeutung hierfür aufzufinden. Es
iſt gelungen, in verhältnißmäßig kurzer Zeit durch beſonderes Ausleſen
der Mutterthiere, durch eigenthümliche Fütterung und Behandlung
beſondere ſich fortpflanzende Hausthierraſſen zu erzeugen, aber es iſt
nicht gelungen, irgend eine erhebliche Aenderung der Menſchenarten,
die in andere Klimate verſetzt wurden, zu beobachten. Während
Pferde und Schweine, nach Amerika eingeführt, dort unter dem Ein-
fluſſe des Klimas wohl charakteriſirte, conſtante Raſſen mit ſpezifiſchen
Abweichungen erzeugt haben, ſtehen ſich noch heute die Abkömmlinge
der Eroberer, der Indianer und der erſten eingebrachten Neger mit
derſelben Schärfe der Charaktere gegenüber, wie an dem erſten Tage
ihres Zuſammentreffens, ſo daß alſo dieſelbe Quantität der klimati-
ſchen Einflüſſe, welche den Hausthieren einen gewiſſen Stempel auf-
drücken konnte, an dem Menſchen ſpurlos vorüberging. Wem die
Länge der Zeit bei dem beregten Beiſpiele nicht genügen ſollte, der
möge ſich nach Egypten wenden, wo bekannte hieroglyphiſche Darſtel-
lungen die arbeitenden Juden aus der vormoſaiſchen Zeit, die Neger
und die koptiſchen Ureinwohner Egyptens mit denſelben Charakteren
darſtellen, mit welchen wir ſie heut noch kennen. Die Einwirkungen
des Klimas erſtrecken ſich demnach bei dem Menſchen, ſoweit konſtatirte
Thatſachen reichen, nur auf die Mehrung oder Minderung der In-
tenſität der Hautfarbe, nicht aber auf andere weſentliche Charakere.
Wir wiſſen noch von keinem Volke, deſſen Schädeltypus oder Haarbau
durch das Klima verändert worden wäre und können uns hierbei auf
Analogieen gar nicht ſtützen, da jede Thierart in Beziehung hierauf
in ſehr verſchiedener Weiſe impreſſionabel iſt: während die Einen
ſehr leicht Farbe und Conſtitution des Haares ändern, erſcheinen die
anderen in allen Klimaten unter denſelben Verhältniſſen und man
kann daher als Thatſache, als allgemeine Regel aufſtellen, daß diejenigen
[552] Arten, welche die größten Verbreitungsbezirke beſitzen, am wenigſten
von den Einflüſſen der Klimate abhängen und noch größere Erweite-
rung ihres Verbreitungsbezirkes ohne bedeutenden Einfluß ertragen.


Einen weſentlichen Einfluß auf die phyſiſche Conſtitution der
Völkerſchaften übt die größere oder geringere Quantität und Be-
ſchaffenheit der Nahrungsmittel aus, welche ſie ſich verſchaffen können.
Es giebt in der That Völkerſchaften, wie die Buſchmänner im Cap-
lande, die Feuerländer, die Eingebornen Neuhollands, welche im be-
ſtändigem Kampfe mit der äußerſten Hungersnoth liegen und deren
phyſiſche Charaktere dadurch ſo verändert wurden, daß man ſie oft
für ſpeziell verſchieden hielt; unverhältnißmäßige Auftreibung des
Bauches, der zur Stillung des Hungers mit gänzlich unverdaulichen
Dingen gefüllt wird, entſetzliche Dürre und Magerkeit der Glieder,
die deßhalb unverhältnißmäßig lang erſcheinen, wulſtig aufgetriebene
Gelenkknorren und in der Jugend ſchon gealterte Züge, ſowie eine
borkig rußige Haut charakteriſiren im Allgemeinen dieſe verhungern-
den Völkerſchaften; indeſſen bleiben auch bei dieſem Zuſtande die Ei-
genthümlichkeiten, namentlich des Schädelbaues in charakteriſtiſcher
Weiſe ausgeprägt.


Zu den Schwierigkeiten materieller Art, welche wir ſoeben als
die Fortſchritte der menſchlichen Naturgeſchichte hemmend bezeichneten,
kommen noch andere, welche zwar längſt weggeräumt ſeyn ſollten,
aber dennoch nichts deſto weniger den verderblichſten Einfluß äußern,
ich meine die religiöſen Vorurtheile. Die Mythen aller Völker beſchäf-
tigen ſich mit der Urzeugung des Menſchen und faſt alle laſſen dieſelben
von einem einzigen Paare entſtehen, deſſen Nachkommen ſich allmälig
über die Erde ausbreiteten. Allerdings wird hierbei unter dem Men-
ſchen ſtets nur das ſpezielle Volk verſtanden, nicht aber die ganze
Menſchheit und gewöhnlich findet ſich in dieſen Mythen irgend ein
Punkt, wo die Nachkommen des einzigen Elternpaares mit menſchlichen
Weſen anderer Art in Berührung kommen, die dann entweder vom
Himmel gefallen oder von der Erde, von den Göttern oder auf irgend
eine andere mirakulöſe Weiſe erzeugt ſind. In der jüdiſchen Mythe
entſteht ſogar das Menſchengeſchlecht zweimal von einem Paare, indem
die ganze adamitiſche Bevölkerung ohne Ausnahme durch die Sünd-
fluth vernichtet und nur Noah nebſt ſeinen direkten Nachkommen ver-
ſchont wird, ſo daß Noah in der That der ſekundäre Stammvater
der Menſchengattung iſt. Eines Theils aus dogmatiſchen, andern
[553] Theils aus humanitariſchen Gründen iſt man nun ſtets darauf aus-
gegangen, alle Menſchen als Brüder darzuſtellen und deßhalb ihre
Abſtammung von einem einzigen Paare mit allen nur erdenklichen
Gründen zu verfechten. Dieſe konnten aber immer nur darauf hinaus-
laufen, daß dieſe Nachkommen des erſten Menſchenpaares ſich über
die ganze Erde zerſtreut hätten (eine rein hypothetiſche Annahme, für
die man niemals einen Schatten hiſtoriſcher Beweiſe aufbringen konnte)
und daß dann durch die Länge der Zeit in den verſchiedenen Klimaten
die jetzt zu beobachtenden Varietäten entſtanden ſeien, ebenfalls rein
hypothetiſche Annahme, für welche, wie ſchon bemerkt, die Naturge-
ſchichte des Menſchen nicht eine einzige Thatſache bietet. Die gänz-
liche Unhaltbarkeit der moſaiſchen Mythe läßt ſich endlich thatſächlich
nachweiſen; — denn hier handelt es ſich nicht um eine Entſtehung
des Menſchengeſchlechtes vor Millionen von Jahren und allmälige
Ausbildung der Varietät, ſondern um Entwickelung dieſer Varietäten
in chronologiſch beſtimmbarer Zeit, da durch dieſe Mythe Noah als
Einheitsvater des Menſchengeſchlechts dargeſtellt wird. Die Entwicke-
lung der Varietäten könnte alſo erſt mit deſſen Söhnen beginnen und
wir haben Denkmäler genug aus vormoſaiſcher und ſpäterer Zeit, um
thatſächlich darzuthun, daß damals die Verſchiedenheit der Menſchen-
arten ſchon in vollem Umfange exiſtirte.


Es unterliegt deßhalb keinem Zweifel, daß die Menſchengattung
urſprünglich aus mehreren, eben ſo genau von einander durch charak-
teriſtiſche Merkmale getrennten Arten beſtehe, als die übrigen Säuge-
thiergattungen auch. Geologiſche Thatſachen weiſen darauf hin, daß
die Länge der Epoche, während welcher die jetzige Schöpfung ſich auf
der Erde befindet, ſchon außerordentlich bedeutend iſt, ſo daß unſere
Chronologieen nur einen unendlich kleinen Bruchtheil davon darſtel-
len und es iſt wahrſcheinlich, daß die Menſchengattung dieſen unge-
heueren Zeitraum von Jahren in Zuſtänden durchlaufen hat, analog
denen der wilden Völkerſchaften und daß hierbei durch Miſchung die
vielfachen Baſtardformen entſtanden, die wir jetzt als Zwiſchentypen
zwiſchen den ſchärfer charakteriſirten Arten als Varietäten oder Raſſen
betrachten.


Eine außerordentliche Schwierigkeit ſtellt ſich ferner noch der
wiſſenſchaftlichen Unterſuchung der Naturgeſchichte des Menſchen durch
die Art und Weiſe entgegen, wie die Materialien zu derſelben ge-
ſammelt werden. Die meiſten wiſſenſchaftlichen Expeditionen ſind bis
[554] jetzt nur Streifzüge geweſen, auf denen die Schiffsärzte ans Land
ſtürzten, um einige Skizzen zu zeichnen, unbeſtimmte Schädel auf Be-
gräbnißplätzen aufzuwühlen und falſch gehörte und falſch verſtandene
Sprachproben in das Notizenbuch aufzuzeichnen. Die Miſſionäre,
welche ſich zu längerem Aufenthalte bei ſolchen Völkern berufen glaub-
ten, waren größtentheils durchaus unfähige Subjekte und wenn man
aus den Nachrichten mancher älteren katholiſchen Miſſionäre, nament-
lich der Jeſuiten manche brauchbare Thatſache entnehmen kann, ſo iſt
dieß bei dem völligen Blödſinne der heutigen und beſonders der pro-
teſtantiſchen Miſſionäre durchaus unmöglich.


Erſt in der neueren Zeit hat man begonnen, die Unterſuchung
über die Naturgeſchichte der Menſchengattung auf wahrhaft wiſſen-
ſchaftliche Baſen zu ſtützen und man kann hier zwei gleich fruchtbrin-
gende Richtungen unterſcheiden, nach welchen dieſe Unterſuchungen
geführt werden müſſen. Die eine Richtung, welche wir hier nur an-
deuten können, iſt die ſprachwiſſenſchaftliche, die genetiſche Vergleichung
der verſchiedenen Sprachen und ihre Zurückführung auf die Mutter-
ſtämme, von welchen aus ſie ſich entwickelt haben. Von großer Be-
deutung iſt hier eines Theils die Gleichheit der Wurzeln, wodurch
verſchiedene Gegenſtände bezeichnet werden, andern Theils die Analo-
gie der grammatikaliſchen Formen und deren Beziehung zu einander.
Verwandtſchaft der Sprache in dieſer Hinſicht deutet gewiſſermaßen
auf einen ähnlichen Bau des Gehirnes und ſomit auch des Schädels
hin und es darf wohl erwartet werden, daß dieſe Beziehungen durch
ſpätere Unterſuchungen noch deutlicher dargeſtellt werden.


Nicht minder wichtig und mehr in das Bereich unſeres Gebietes
fallend ſind die Unterſuchungen über die phyſikaliſchen Kennzeichen,
durch welche ſich die einzelnen Menſchenraſſen auszeichnen. Hautfarbe,
Geſichtszüge, Haarbeſchaffenheit, Verhältniß der einzelnen Körpertheile
zu einander ſtehen hier in zweiter Linie, obgleich immerhin wichtig
genug und auch über dieſe Punkte haben wir nur ſehr wenige und
unvollſtändige Angaben. Künſtleriſche Portraits und pittoreske Be-
ſchreibungen ſind vollkommen unbrauchbar. Zur Anſtellung von Meſ-
ſungen der Kopfdurchmeſſer, der Geſichtstheile des Körpers und der
Gliedmaßen und zur Anfertigung von mathematiſch genauen Zeichnun-
gen in der Profilanſicht, von vorn und hinten her oder von Gips-
masken haben ſich nur wenig Reiſende entſchließen mögen. So iſt
denn das Vergleichungsmaterial hauptſächlich auf die Schädel einge-
[555] ſchränkt, die allerdings den wichtigſten Theil ausmachen, da ſie die
knöcherne Hülle desjenigen Syſtemes bilden, welches äußeren Einflüſ-
ſen am wenigſten unterworfen iſt.


Die Analyſe des Schädelbaues erſcheint in der That jetzt als die
wichtigſte Handhabe zur Unterſuchung der menſchlichen Naturgeſchichte.
Sie kann indeß nur dann beſtimme Reſultate geben, wenn ſie nicht
auf einzelne Exemplare, ſondern auf ganze Reihen von Schädeln ge-
ſtützt wird, ſo daß die individuellen Abweichungen verſchwinden und
nur die typiſchen Eigenthümlichkeiten übrig bleiben. Um ein vollſtän-
diges Bild des Schädelbaues zu entwerfen, iſt gewiſſermaßen die
architektoniſche Behandlung von allen Seiten her nöthig und nur eine
gleichmäßige, vergleichende Aufrißzeichnung der Schädel von oben und
unten, vorn und hinten, ſowie im Profile kann Andern die Schädel
verſinnlichen und deren Forſchungen weiter führen. Dieſe Aufriſſe
müſſen aber genau unter den Bedingungen eines architektoniſchen Riſ-
ſes gemacht werden, wenn man ſich ihrer zur Vergleichung ſoll be-
dienen können. In gleicher Weiſe gehört die genaue Angabe der
verſchiedenen Durchmeſſer und der Verhältniſſe derſelben zu einander
weſentlich zu der genauen Beſchreibung einer typiſchen Schädelconfor-
mation. Bei der Profilanſicht des Schädels treten beſonders zwei
fundamentale Unterſchiede in die Erſcheinung. Bei vielen Völkerſchaf-
ten, am ſtärkſten ausgeprägt bei den Negern, treten die Kiefer affen-
ähnlich vor und die Schneidezähne ſind ſchief in dieſelben eingeſetzt,
ſo daß ſie beim Zuſammentreffen einen nach außen vorſpringenden
Winkel bilden. Der Geſichtswinkel wird durch dieſes Vorſpringen
der Kiefergebilde kleiner und da meiſtens hiermit eine abgeplattete
Naſe und aufgeworfene Lippen verbunden ſind, ſo entſteht hierdurch
eine ſchnauzenförmige Vorragung des Untergeſichts, welche der ganzen
Phyſiognomie etwas Thieriſches giebt. Man hat dieſe Grundform
des Schädelbaues, welche offenbar eine Hinneigung zur Schädelform
der Affen anzeigt, die Prognathe Schädelform genannt, zum
Unterſchiede von der Orthognathen, bei welcher die Kiefer mehr
zurückſinken und die Schneidezähne deßhalb eine ſenkrechte Stellung
gegen einander behaupten. Im Allgemeinen kann man ſagen, daß die
Entwickelung der Kiefer allerdings zu der Kulturfähigkeit der Men-
ſchenarten in nächſter Beziehung ſteht und daß alle zu einer höheren
Kulturſtufe gelangten Völker zu den Gradezähnern, viele unkul-
tivirte Raſſen dagegen zu den Schiefzähnern gehören.


[556]

Die Eigenthümlichkeit des angeführten Schädelbaues zeigt ſich auch
bei der Vertikalanſicht des Schädels von oben dadurch, daß bei den
prognathen Schädeln die Kiefer über den Stirnrand hervorſpringend
ſich zeigen. Bei dieſer Anſicht und bei der Vergleichung des Längen-
und Querdurchmeſſers des Schädels laſſen ſich indeß noch andere
Haupttypen der Conformation auffinden. Bei den Einen übertrifft
der Längsdurchmeſſer den Querdurchmeſſer um ein Bedeutendes, ſo
daß ſich beide wenigſtens zu einander verhalten, wie 9:7. Die hin-
teren Lappen des Gehirnes erſtrecken ſich ſo weit nach hinten, daß ſie
das kleine Gehirn noch um ein Gewiſſes überragen. Die Schädel
von oben geſehen, bilden ein Oval, das zuweilen ſehr in die Länge
geſtreckt iſt, in anderen Fällen mehr einer rundlichen Form ſich nä-
hert. Man hat dieſe Geſtaltung des Schädels die Dolichocephale
Form
genannt, als deren Endpunkte man einerſeits den Neger, anderer-
ſeits den Weſteuropäer bezeichnen kann. Vielleicht dürfte es zweckmäßig
ſein, unter dieſen Langköpfen noch ſtrenger, als man bisher gethan,
zwiſchen der geſtreckten ausgezogenen Form, wie ſie dem Neger eigen-
thümlich iſt, und der ovalen Form der Europäer zu unterſcheiden.
Den Langköpfen gegenüber ſtehen die Kurzköpfe oder Brachyce-
phalen
, bei welchen der Längsdurchmeſſer zum Querdurchmeſſer ſich
höchſtens verhält wie 8:7 und wo die hinteren Lappen der Hemi-
ſphären das kleine Gehirn nur bedecken, nicht aber überragen. Von
oben betrachtet zeigen dieſe Schädel eine rundliche oder ſelbſt viereckige
Geſtalt mit abgerundeten Ecken und der ganze Schädel erſcheint, wie
begreiflich, mehr in die Breite gezogen. Es iſt dieſe Schädelform
namentlich den Turanern, ſowie unter den europäiſchen Völkerſchaften
den Slaven eigenthümlich und man dürfte auch hier wieder zwei Un-
tergruppen unterſcheiden. Betrachtet man nämlich die Schädel kurz-
köpfiger Völker von vorn, ſo zeigen ſich, namentlich bei den nomadi-
ſchen Völkerſchaften die Backenknochen und Jochbogen ſeitlich bedeutend
vorſtehend, die Seitenflächen des Schädels dagegen nach oben im
Winkel zuſammen laufend, ſo daß eine pyramidale Form des Schä-
dels hergeſtellt wird, während die Geſichtsform ſtatt wie bei den
meiſten Europäern ſenkrecht oval zu ſeyn, vierſeitig und faſt breiter
als lang erſcheint. Dieſe pyramidale Schädelform kommt, wie
ſchon bemerkt, hauptſächlich bei den nomadiſchen Völkerſchaften der
Kurzköpfe vor, während die Anderen einen rundlichen Schädelbau
beſitzen. Nicht minder wichtig erſcheint die Unterſuchung der Schädel-
baſis und ihre Vergleichung bei den verſchiedenen Typen, doch ſind
hierüber noch keine ſpeziellen Unterſuchungen gemacht worden. Es
[557] können ſich indeß die verſchiedenen Typen des Schädelbaues in man-
nigfacher Weiſe mit einander verbinden, ſo daß wir ſchiefzähnige
Kurz- und Langköpfe, ſo wie gradzähnige Kurz- und Langköpfe beſitzen.


Wenn auch die Unterſuchungen bis jetzt noch nicht ſo weit ge-
diehen ſind, daß wir für alle Punkte es mit Gewißheit behaupten
können, ſo dürfen wir doch im Allgemeinen ſagen, daß die Verwandt-
ſchaften, welche durch die Sprache angezeigt werden, auch durch die
phyſiſchen Kennzeichen ſich bewähren. Wir unterſcheiden unter den
Arten, welche wir annehmen und die hauptſächlich auf die qualitative
Verſchiedenheit des Hautpigmentes gegründet ſind, verſchiedene Ab-
arten oder Raſſen nach Beſchaffenheit der Haare, und nach den Kenn-
zeichen, welche der Bau des Geſichtes und des Schädels darbietet,
ohne damit behaupten zu wollen, daß die Abtheilung der Arten hin-
reichend in’s Einzelne geht. Wir bezweifeln durchaus nicht, daß fort-
dauernde Unterſuchung der ſpeziellen Charaktere ſtets mehr und mehr
Arten der Menſchengattung wird unterſcheiden laſſen, wie es denn
überhaupt im Gange der Wiſſenſchaft liegt, zuerſt die allgemeinen
Aehnlichkeiten aufzufaſſen und dann erſt die Verſchiedenheiten kritiſch
zu ſondern. Die wiſſenſchaftlich begründete Naturgeſchichte des Men-
ſchen datirt aber kaum weiter zurück, als unſer Jahrhundert.


Der Aethiopier.

Figure 426. Fig. 1483. Fig. 1484. Fig. 1485.

Negerſchädel.
Fig. 1483. Von Vornen. Fig. 1484. Von der Seite. Fig. 1485. Von
oben. Bei der Seitenanſicht iſt hier, wie bei den folgenden Schädeln der Ge-
ſichtswinkel angegeben.


Die Menſchenart, welche wir unter dieſem Namen bezeichnen, hat
eine mehr oder minder ſchwärzliche Hautfarbe, welche von dem ge-
[558] ſättigten Dunkelbraun bis zu dem tiefſten Sammtſchwarz wechſelt.
Dieſe Haut iſt gewöhnlich glänzend, glatt und hat einen eigenthüm-
lichen Geruch, welche den Neger vor allen anderen Arten unterſchei-
det. Der Körper iſt je nach den verſchiedenen Raſſen bald ſehr wohl
gebildet, kräftig, muskulös, bald feiner und ſchmächtiger. Bei den
verhungerten Raſſen, wie bei den Buſchmännern, zeigt er die oben
beſchriebenen Eigenſchaften. Die Haare ſind ſchwarz, kurz wollig,
kraus gelockt, ſelten etwas verlängert, zuweilen von braunrother
Farbe als ſeltene Ausnahme, und nur bei krankhaften Albino’s ebenſo
wie die Haut weiß; daß Geſicht iſt platt gedrückt aber ſchmal, ſehr
häufig nach unten bedeutend zugeſpitzt, ſo daß es ausſieht, als ſeyen
die Backen zwiſchen die Zähne eingekniffen; die Lippen wulſtig auf-
geworfen, ſtark hochroth; die Naſe breit, platt, oben eingedrückt, auf-
geſtülpt, die Naſenlöcher ſo geſtellt, daß beim Anſchauen des Geſichts
von unten her ſie mit den Augen eine parallele Linie bilden; die
Naſenwurzel breit, die übrigens quergeſtellten und wohlgeöffneten
Augen durch einen breiten Zwiſchenraum getrennt; die Backenknochen
treten verhältnißmäßig wenig vor; die Stirn iſt ſchmal, ſeitlich zu-
ſammengedrückt und weicht gewöhnlich nach hinten bedeutend zurück.
Die Brüſte der Weiber werden ſehr bald außerordentlich lang, ſchlauch-
förmig, ſo daß ſie den Säuglingen über die Schulter hinüber oder
unter dem Arme durch gereicht werden. Hinſichtlich der Schädelform
finden ſich zwei Varietäten: Lang- und Kurzköpfe, aber überall nur
Schiefzähner, ſo daß die Geradzähner durchaus bei dieſer niedrigſt
ſtehenden Menſchenart fehlen. Die Langköpfe, zu denen die Neger
von Binnenafrika oder Sudan, die Kaffern und Hottentotten
gehören, zeichnen ſich alle durch eine außerordentlich geſtreckte, gewiſ-
ſermaßen affenförmige Form des Schädels aus, der ein langes Oval
bildet, welches in der Schläfengegend noch obenein ſtark von der
Seite her zuſammengedrückt iſt. Die Stirn iſt gewöhnlich ſchmäler
als die Seitentheile der hinteren Schädelgegend, ſo daß der größte
Durchmeſſer des Schädels in das hintere Drittheil der eigentlichen
Schädelkapſel fällt. Der Längsdurchmeſſer des Schädels verhält ſich
zum Querdurchmeſſer gewöhnlich wie fünf zu vier. Der Geſichtswinkel
beträgt 70 bis 75 Grad. Die Maſſe des Schädels iſt gewöhnlich
außerordentlich ſchwer, elfenbeinern hart, die Zähne wohl ausgebildet,
die Schneidezähne ſchief geſtellt, die Zahl der Backenzähne oft um einen
in jeder Kieferhälfte erhöht und häufig eine Zahnlücke für die vorſpringen-
den Eckzähne angedeutet. Dieſe Unterart des äthiopiſchen Menſchen
mit langgeſtrecktem Kopfe und ſchnauzenförmig vorſpringenden Kiefern
[559] bewohnt das ganze afrikaniſche Feſtland von dem 20° nördlicher Breite
etwa an bis zu der Südſpitze des Caplandes und theilt ſich weſentlich
in drei große Gruppen: Die eigentlichen Neger mit tiefer Haut-
ſchwärze, zurückweichender Stirn, vollem Wollhaare und ziemlich brei-
tem Untergeſichte; die nomadiſchen Kaffern mit ziemlich hoher Stirn,
wohlgebildeter gerader Naſe und ſpitzem Untergeſicht, und die Hot-
tentotten
mit außerordentlich abgeplatteter Naſe, kleinen, tief liegen-
den Augen und ebenfalls ſpitzem Untergeſichte, von denen die Buſch-
männer
nur einen Zweig bilden. Bei den Weibern der Kaffern und
Hottentotten bildet ſich oft ein ganz eigenthümliches Fettpolſter auf
dem Hintern aus. Die Sprache der Kaffern und Hottentotten hat
eine große Menge von ſchnalzenden, knarrenden und Gurgellauten,
welche ihr ein eigenthümliches Gepräge geben.


An die Aethiopier Afrika’s ſchließt ſich eine kleine Anzahl von
Negerſtämmen an, welche hauptſächlich im Inneren einiger Südſeein-
ſeln auf Sumatra, Mindanao und den neuen Hebriden verbreitet
ſind und die in allen äußeren Charakteren vollkommen mit den Negern
übereinſtimmen, ſo daß man ſie auch Negrito’s genannt hat, die
ſich aber dadurch unterſcheiden, daß ihre Köpfe weniger lang geſtreckt
ſind, ſo daß man ſie eher zu den Kurzköpfen zählen könnte. Bei
einer wenig bekannten und von dieſen Negrito’s verſchiedenen Völker-
ſchaft, welche die Inſeln Waigiu und deren Nachbarn, ſo wie die
ganze Nordküſte von Neu-Guinea bewohnt, bei den Papuas tritt
dieſer Charakter des Kopfes am auffallendſten hervor; ſie gehören
offenbar zu den ſchiefzähnigen Kurzköpfen. Der Längsdurchmeſſer
verhält ſich zum Querdurchmeſſer etwa wie 8:7; die Kiefer ſtehen
ſtark vor, bilden aber einen breiteren Bogen, als bei den Kaffern;
Lippen, Naſe und der übrige Geſichtsausdruck iſt ganz derjenige der
Neger; das Kopfhaar aber zeichnet ſich durch eine beſondere Eigen-
thümlichkeit aus, es iſt nämlich lang, ſchwarz, nicht wollig, aber
dick gelockt, ſo daß es eine ungeheure runde Lockenperücke darſtellt,
die etwa wie ein Wollſtock ausſieht, womit man die Zimmer zu putzen
pflegt. Die Hautfarbe iſt dunkel braunſchwarz. Man ſieht, daß man
dieſe Negerbevölkerung der Südſeeinſeln nicht als Einwanderer von
Afrika her betrachten kann, da ſie zu den Breitköpfen gehören, wäh-
rend in ganz Afrika nur ſchmalköpfige Aethiopier wohnen; daß dieſe
Bevölkerung im Gegentheile eine autochthone iſt und in dieſer Art die
Breitköpfe repräſentirt — wie denn überhaupt in den Aſien zugehö-
rigen Länderſtrichen die Breitköpfe vorherrſchen.


[560]
Der Menſch der Südſee; der Malaye.

Die vorherrſchende Hautfarbe dieſer Art, welche die Inſeln der
Südſee von Madagaskar aus nach Oſten bis zur Oſterinſel und die
Küſte der malayiſchen Halbinſel bewohnt, iſt ein geſättigtes Gelbbraun,
welches bald mehr in das Schwarzbraun, bald in ein helleres Ma-
hagonigelb übergeht. Die Haare ſind ſchwarz, bald mehr lockig, aber
niemals wollig, bald gänzlich ſchlicht, lang und geſtreckt; die Stirne
hoch; die Augenbrauen geſchwungen; die Augen meiſt lang geſchlitzt.
Die Naſe mit breiten Flügeln, aber nur ſelten platt gedrückt, ſondern
gewöhnlich gerade oder ſelbſt gebogen. Die Lippen oft nur wenig
aufgeworfen. In der Schädelform unterſcheidet man nur faſt Schief-
zähner mit vorſtehenden Kiefern; — es zeigen ſich aber hier wieder
die beiden Typen von Langköpfen und Breitköpfen wie bei der vori-
gen Art. Die Alfuru’s, welche den Continent Auſtraliens, Neu-
Guinea’s, Borneo’s, Java’s und Sumatra’s nebſt einigen kleinen
Inſeln bewohnen, zeigen in ihrer Schädelform durchaus Aehnlichkeit
mit derjenigen der Neger, obgleich ſie ſtets lange, ſtraffe Haare ha-
ben. Sie beſitzen abſchreckende Negerphyſiognomieen, ſtumpfe abge-
plattete Naſen, aufgeworfene Lippen, vorſtehende Backenknochen, vor-
gequollene Augen, dicken ſtacheligen Bart, eine dunkle, ſchmutzig braune
Hautfarbe und außerordentlich dürre, magere Glieder, nebſt allen
Zeichen der beſtändigen Aushungerung. Die eigentlichen Polyne-
ſier
, welche den Alfuru’s am nächſten ſtehen, aber im Allgemeinen
eine hellere Hautfarbe, mehr lockiges Haar und weniger abgeplattete
Naſen beſitzen, zeigen zum Theile ebenſo wie die Alfuru’s den Typus
der Langköpfe mit vorſtehendem Kiefer, ſo namentlich die Bewohner
von Amboina und den Sandwichinſeln. Im Gegenſatze hierzu ſtehen
die Bewohner der übrigen Südſeeinſeln, meiſt von rein brauner Haut-
farbe, wohlgebildet, von kräftigem Körperbaue mit dem Ausdrucke der
Intelligenz in den Geſichtern, deren Züge ſich nur durch die breiten
Naſenflügel und die vorſtehenden Lippen von den Zügen der Europäer
unterſcheiden ſollen. Dieſe wie die Taihiti’er und die ihnen verwand-
ten Inſulaner gehören zu den Kurzköpfen und zeigen in dieſer Be-
ziehung einige Verwandtſchaft zu den Bewohnern von Madagaskar,
den Madekaſſen, welche ebenfalls mit brauner Hautfarbe, aufge-
[561] worfenen Lippen und breiten Naſenflügeln ein bald geſtrecktes, bald
nur lockiges Haupthaar verbinden und eine mit den Polyneſi-
ſchen Sprachen verwandte Sprache reden. Am deutlichſten aus-
geprägt tritt der Charakter der Kurzköpfe in den eigentlichen Ma-
layen
hervor, welche die Küſten der malayiſchen Halbinſel und der
großen Sundainſeln bewohnen. Die eigentlichen Malayen ſind eher
klein als groß, rein gelb wie Mahagoniholz, die Stirn hoch, die
Augen eng geſchlitzt, dunkel, die Naſe dreieckig, die Naſenflügel ſehr
breit, der Bart gering; oft ſtehen die äußeren Augenwinkel etwas
nach oben, wodurch der Geſichtsausdruck demjenigen der Chineſen
ähnelt. Die Schädel ſind breit, der Längsdurchmeſſer gering, ihre
Geſtalt, von oben geſehen, die eines Vierecks mit abgerundeten Ecken,
die Backenknochen breit, die Naſenwurzel eingedrückt, die Kiefer da-
gegen weit vorſtehend.


Der Amerikaner.

Figure 427. Fig. 1486. Fig. 1487. Fig. 1488.

Schädel eines Inka.
Fig. 1486. Von vorn. Fig. 1487. Profil. Fig. 1488. Scheitelanſicht.


Wenn die beiden Menſchenarten, welche wir bisher abhandelten,
obzwar geographiſch ſehr wohl begränzt, doch in ſo fern eine eigen-
thümliche Verbreitung zeigen, als ſie nur wenig über die Wendekreiſe
hinausgehen, ſo ſehen wir dagegen in der amerikaniſchen Menſchenart
eine rein continentale Verbreitung über das ganze Feſtland Amerika’s
Bogt. Zoologiſche Briefe. II. 36
[562] und deſſen Inſeln mit Ausnahme des nördlichen Polarkreiſes, welcher
von einer anderen Art bewohnt wird. Die ſämmtlichen Ureinwohner
Amerika’s, ſo ſehr auch ihre einzelnen Eigenthümlichkeiten abweichen
mögen, zeigen dennoch viele gemeinſame Charaktere und eine allge-
meine Aehnlichkeit ihrer hundertfach abweichenden Sprachen, beſonders
in dem grammatikaliſchen Baue. Es zeichnen ſich dieſelben nämlich
dadurch aus, daß die Amerikaner einzelne Stücke von Worten oder
Stammwurzeln gewiſſermaßen aneinander leimen, um ſo zuſammenge-
ſetzte Worte zu bilden, welche den Sinn ganzer Sätze haben, eine
Eigenthümlichkeit, welche man mit dem Namen der poly-ſynthetiſchen
Structur belegt hat. Die Hautfarbe der Amerikaner iſt im Allgemei-
nen thonfarbig, im Norden mehr ins Rothe, Kupfrige, im Süden
mehr in’s Braune und Schwärzliche ſpielend, auf den Gebirgen hel-
ler, in den Ebenen geſättigter. Das Haar iſt ſtets ſchwarz, nur in
Ausnahmefällen eigenthümlich ſilbern blond, lang, ſchlicht und ſtraff,
die Augenbrauen dick, die Augen im Allgemeinen kleiner als bei den
Europäern, ſcheinbar ſtumpf und ſchläfrig, die Naſe groß und ſtets
gebogen, ſcharfrückig, die Naſenflügel aber breit und die Naſenöffnun-
gen ſo geſtellt, daß beim Anſchauen von unten herein ſie mit den
Augenbogen parallel laufen. Die Stirn weicht gewöhnlich ſehr zurück und
es wurde dieß bei manchen Stämmen für eine ſolche Schönheit gehalten,
daß man ſogar durch künſtliche Mittel bei den Säuglingen die Stirn ein-
drückte und nach hinten zu abplattete. Die Backenknochen ſind ſtets
ſehr breit, ſtark vorragend, die Schädel bei allen jetzt lebenden Ame-
rikanern mit vorſpringenden Kiefern und ſchief geſtellten Zähnen ver-
ſehen. Im Norden wie im Süden Amerika’s finden ſich ſowohl Lang-
köpfe als Breitköpfe unter den zahlreichen Indianerſtämmen und zwar
zeigen hauptſächlich die Lenape’s, die Iroquois und die Cherokeeſen,
ſowie die Mandanen und im Süden Botokuden und Karaiben die
verlängerte Kopfform, während die Oſagen, die Natchez, die Creeks
und die Seminolen im Norden, ſowie im Süden die Araukaner und
Peruaner die breite Kopfform zeigen. Nähere Unterſuchungen müſſen
noch angeſtellt werden, um nachzuweiſen, was man bis jetzt noch als
zweifelhaft hingeſtellt hat, ob die alten Culturvölker der Indianer, die
Azteken in Mexiko und die Ynka’s in Peru wirklich nicht zu den Schief-
zähnern, ſondern zu den Geradzähnern gehörten. Es wäre dieß aller-
dings in ſo fern bedeutungsvoll, als die höhere Ausbildung dieſer aus-
geſtorbenen Volksſtämme eine Unterſtützung für die Anſicht geben würde,
daß die Culturperiode der amerikaniſchen Völkerſchaften vorüber und
die ganze Art dem allmäligen Untergange geweiht ſei.


[563]
Der Turaner.

Figure 428. Fig. 1489. Fig. 1490. Fig. 1491.

Schädel eines Mongolen.
Fig. 1489. Von Vorn. Fig. 1490. Profil. Fig. 1491. Scheitelanſicht.


Der Continent Aſiens mit Ausnahme der Küſtenländer im Süden
und Oſten wird von einer Menſchenart bewohnt, als deren weſentlich
bekannte Repräſentanten wir nur die Chineſen zu erwähnen brauchen,
um ihre charakteriſtiſchen Kennzeichen in das Gedächtniß zu rufen.
Die Hautfarbe dieſer Menſchenart wechſelt in vielen Schattirungen,
von dem geſättigten Gelbbraun durch ein reineres Gelb oder ſchmutzi-
ges Olivengrün bis zu der hellſten ungefärbten Haut, wie man ſie
nur bei gebildeten Europäern beobachten kann. Namentlich bei den
Frauen, welche nach der Sitte vieler Völkerſtämme, die zu dieſer Art
gehören, beſtändig unter Dach gehalten und der Sonne faſt nie aus-
geſetzt werden, dürfte das geübteſte Auge oft keinen Unterſchied in
der Hautfarbe mit den weißen Raſſen entdecken, und daſſelbe gilt für
die weſtlichen Ausläufer dieſer Art, welche zum Theile in den euro-
päiſchen Continent eingedrungen ſind. Das Geſicht iſt bei allen Völ-
kern dieſer Art breit, flach, die Backenknochen vorſtehend; die Augen
meiſt eng geſchlitzt, klein und der äußere Winkel ſehr häufig in die
Höhe gezogen, ſo daß die Augenſchlitze ſchief gegen die Mittellinie nach
unten gerichtet ſind; die Naſe iſt gewöhnlich klein und ſtumpf, der
Mund breit, aber nur wenig aufgeworfen. Der Umfang des ganzen
Geſichtes mehr rundlich, oder faſt quadratiſch; das Haar iſt gewöhn-
lich ſchwarz, namentlich dei den dunkler gefärbten Raſſen, während
36*
[564] bei den helleren auch öfter die blonde Varietät vorkommt; es iſt
immer ſchlicht, zuweilen ſelbſt ſtraff, niemals natürlich lockig oder gar
wollig. Der Bart wechſelt nach den einzelnen Raſſen bedeutend, indem er
bald ſchwach, bald ſtark und dicht iſt. Die Kurzſchädel herrſchen bei dieſer
Art ſehr bedeutend vor und deßhalb iſt denn der Schädel auch meiſtens
quadratiſch mit abgerundeten Ecken oder ſelbſt kugelförmig, die Stirn
breit, ſteil anſteigend, die Schläfengegend etwas eingedrückt, das
Hinterhaupt mehr ſteil abfallend, die Augenhöhlen weit voneinander
gerückt, die Naſenbrücke breit, die Schädelknochen ſelbſt im Allgemei-
nen weit feſter und gewichtiger, als bei der folgenden Menſchenart.
Unter dieſen Kurzköpfen finden ſich je nach der Stellung der Kiefer
wieder zwei Varietäten: Schiefzähner, welchen nur wenige Stämme,
und Geradzähner, welchen die große Maſſe der turaniſchen Völker-
ſchaften angehört. Zu den Schiefzähnern gehören vor allen die
Kalmucken, die eigentlichen Tataren und die Mongolen oder
Mandſchu’s, Nomadenvölker der Hochplateaus von Centralaſien,
welche ſich zugleich durch den eigentlichen pyramidalen Schädelbau
auszeichnen, indem die zurückweichenden Stirnbeine mit den Scheitel-
beinen auf der Spitze des Schädels in einer Weiſe zuſammen laufen,
daß dieſer Vereinigungspunkt die Spitze einer Pyramide darſtellen
würde, deren Baſis man durch die vorſpringenden Backenknochen
legen könnte. Die Geſichtszüge dieſer Nomaden, welche ſich in viel-
fache Horden theilen, ſind ſehr übereinſtimmend; ſie haben ſchiefe,
nach innen geſenkte, am äußeren Augenwinkel gehobene, ſehr eng ge-
ſchlitzte Augen, dicke fleiſchige Augenlider, ſchwarze, dünne, kaum ge-
krümmte Augenbrauen, eine dicke kurze, an der Wurzel ſehr breite
Naſe, deren Oeffnungen ſo geſchlitzt ſind, daß ſie bei der Betrachtung
von unten her parallel mit den Augenlinien laufen, ſtark vorſprin-
gende Backenknochen, dicke fleiſchige Lippen, vorſpringendes rundes
Kinn und eine ſehr große Ohrmuſchel, die bedeutend von dem Kopfe
abſteht. Sie haben im Allgemeinen trotz der ſorgfältigen Kultur, die
ſie ihm widmen, nur dünnen und kurzen Bart.


Die übrigen nomadiſchen Völkerſchaften Mittelaſiens, welche ſich
in ihrer Sprache an die vorhergehenden anſchließen und wozu na-
mentlich die Kirkiſen, die Turkomanen und die eigentlichen
Turken oder Osmanli’s gehören, welche letztere in gleicher Weiſe
wie die Mandſchu’s im Oſten und in China, ſo im Weſten, in Klein-
aſien und der europäiſchen Türkei ſich feſte Wohnungen erobert und
die nomadiſchen Gewohnheiten aufgegeben haben, alle dieſe Völker-
[565] ſchaften unterſcheiden ſich dadurch, daß ihre Kiefer mehr zurückweichen,
und die Schneidezähne eine gerade Stellung einnehmen. Hiermit ſteht
denn auch die Verſchönerung der übrigen Geſichtszüge im Zuſammen-
hang; die Stirn wird ſenkrecht, ſo daß der Geſichtswinkel oft nur
wenig von einem rechten abweicht, die Naſe erhebt ſich, ihre Brücke
wird ſchmäler, ihre Flügel rücken näher zuſammen, die Augen öffnen
ſich weiter und verlieren ihre ſchiefe Stellung, der Mund wird wohl
geformt, der Bart voll und dicht, die Ohrmuſcheln kleiner und an-
liegend, ſo daß wir gerade unter den Türken häufige Beiſpiele ſehr
edler und wohl geformter Geſichtszüge finden.


Aehnliche Verhältniſſe finden ſich bei der großen Raſſe der
Tſchuden, welche ebenfalls ein mehr nomadiſches Leben führen, zum
größten Theil aber ſich feſte Wohnſitze erkoren hat, die indeſſen mehr
nach dem Nordweſten des aſiatiſchen Continentes und von da nach
Europa ſich hinüber erſtrecken. In dieſer Raſſe, die man auch die
Ugrer genannt hat, zeigt ſich die meiſte Hinneigung zu dem mongo-
liſchen Geſichtstypus, bei den Lappen, Finnen und Eſthen im
Norden Europa’s, den Uralern und Samojeden im Nordweſten
Aſiens, während die Magyaren zu dieſen Stammes- und Sprach-
verwandten hinſichtlich ihrer phyſiſchen Ausbildung ſich etwa in ähn-
licher Weiſe verhalten, wie die Osmanli’s des türkiſchen Reiches zu
den Kalmucken der Steppe. Der Schädelbau der Finnen, der Lappen
iſt jetzt beſonders genau bekannt und die typiſchen Eigenthümlichkeiten
bis in die kleinſten Einzelheiten erforſcht, ſo daß man nur wünſchen
muß, von allen übrigen Völkern ähnliche Beſchreibungen zu haben.


Die Polarregionen Aſiens, die von Samojeden, Korjäken,
Kamtſchadalen, Kurilen
und vielen mehr untergeordneten Völ-
kerſchaften bemohnt werden, zeigen uns in dieſen einen eigenen Raſ-
ſentypus mit verwandten Sprachen, der den Mongolen ſich am nächſten
anſchließt. Es ſind im Durchſchnitte verhältnißmäßig kleine, zartge-
baute Menſchen von rauchiger, wenn gleich weißer Hautfarbe, mit
langem, ſtraffem und grobem Haupthaare, breitem, plattem, faſt rund-
lichem Geſichte, kurzer, an der Wurzel breiter Naſe, mit breiten, weit
geöffneten Naſenflügeln, kleinen dunklen, aber geradgeſchlitzten Augen
und wenig gebogenen, ſparſamen Augenbrauen; ſie nähren ſich weſent-
lich von Fiſchen und Seehunden, kleiden ſich nur in Felle und ſchließen
ſich am nächſten an die Polarbewohner Amerika’s, an die Grön-
länder
und Eskimo’s an.


[566]

Dieſe Völkerſchaften, welche mit mehreren Stämmen den ganzen
Polarkreis des amerikaniſchen Continentes einnehmen, und ſich bis
über die aleutiſchen Inſeln hin verbreiten, gleichen in ihrem äußeren
Verhalten ganz den Polarvölkern Sibiriens; ſie haben lange, ſtraffe,
dicke, kohlſchwarze Haupthaare, ſtarken Bart, den ſie ſich aber auszureißen
pflegen, kleine, ſchwarze, ſchläfrige Augen, platte Naſe mit breiten
Flügeln, etwas aufgeworfene Lippen und einen kleinen Körperbau,
wobei ſie leicht fett werden. Wenn indeß die äußere Erſcheinung der
aſiatiſchen und amerikaniſchen Polarbewohner ziemlich identiſch iſt, ſo
herrſcht im Gegentheile in dem Schädelbaue die größte Verſchiedenheit,
indem die Aſiaten den Kurzköpfen mit geraden Zähnen, die Ame-
rikaner den Langköpfen mit ſchiefen Zähnen angehören. In der That
zeigen die Schädel der Grönländer und Eskimo’s ein Verhältniß des
Längendurchmeſſers zum Querdurchmeſſer wie 19 : 14 und eine ſehr
ſchmale Stirn, aber ſtark vortretende Backenknochen und ebenſo vor-
ſtehende Kiefer, ſo daß ſie ſich in vieler Beziehung der amerikaniſchen
Raſſe nähern. Die Schädel erſcheinen ausnehmend höckerig, alle
Muskelanſätze ſtark ausgewirkt, die Schläfengruben tief, die Jochbogen
ſtark von oben nach unten und nach außen gedreht, ſo daß die Schä-
del viele Aehnlichkeit in dieſer Beziehung mit den pyramidalen Schä-
deln der Nomaden erhalten.


Der öſtliche Theil des aſiatiſchen Continentes nebſt den japani-
ſchen Inſeln und der Halbinſel Korea wird von der Indochineſi-
ſchen
Raſſe bewohnt, welche eine waizengelbe, bald mehr ins röthliche
bald mehr ins hell grünliche ſpielende Hautfarbe beſitzen; ſie haben
dichtes, ſchwärzliches, ſtraffes Haupthaar, dicke Augenbrauen, wenigen
dünnen Bart, ſtark vorſtehende Backenknochen, ſchiefe Augenbraubogen
und jene eigenthümliche, ſchiefe Stellung der eng geſchlitzten Augen,
welche ſo bekannt iſt. Die Naſe iſt breit, etwas abgeplattet, die Stirn
zurückweichend, ziemlich ſchmal, die Kiefer vorſtehend, die Lippen etwas
aufgeworfen und wulſtig. Alle dieſe Völker, deren Cultur in ein ſo
hohes Alterthum hinaufreicht und deren Sprachen das Gemeinſame
haben, daß ſie aus einſylbigen Wörtern zuſammengeſetzt ſind, gehören
zu den Langköpfen mit vorſpringenden Kiefern und ſchief geſtellten
Zähnen, ein Schädelbau, wodurch ſie ſich weſentlich von den ver-
wandten Völkern mit gleichem Geſichtsausdrucke unterſcheiden. In der
That findet ſich an dem Schädel das bedeutende Ueberwiegen des
Längsdurchmeſſers über den Querdurchmeſſer, wodurch die Bildung
ſich ſogar mehr derjenigen der Afrikaner nähert, die zurückweichende
[567] Stirn vergeſellſchaftet mit den ſtarken, breiten Backenknochen und den
ſchiefen Flächen der Scheitelbeine, wodurch der Schädel, von vorn ge-
ſehen, eine mehr pyramidale Geſtalt erhält. Die Tibeter und einige
Stämme Hinterindiens ſcheinen in der nächſten Verwandtſchaft mit
dieſem Typus der turaniſchen Art zu ſtehen, in der die höchſte Schä-
delform, die Langköpfe mit ſenkrechten Zähnen, noch nicht entwickelt iſt.


Der Iraner.

Figure 429. Fig. 1490. Fig. 1491. Fig. 1492.

Schäbel eines alten Etruskers.
Fig. 1490. Von vorn. Fig. 1491. Profil. Fig. 1492. Scheitelanſicht.


Wir bezeichnen mit dieſem Ausdrucke diejenige Menſchenart, welche
man auch mit dem Namen der kaukaſiſchen oder weißen Art belegt hat.
Die Entwickelung des Pigmentes hängt bei dieſer Art weſentlich von
dem Wohnorte ab, ſo daß die bei Weitem zahlreichſten Völkerſtämme,
welche gemäßigte Klimate bewohnen, eine weiße Hautfarbe beſitzen,
durch welche an gewiſſen Stellen, wie an den Wangen, die Blutfarbe
durchſchimmert, während die Bewohner ſüdlicherer Gegenden bald eine
mehr grünliche Bronzefarbe, bald eine bis zum Schwarzen gehende
braune Färbung beſitzen. Die Art ſelbſt erſtreckt ſich von Vorder-
Indien her über das perſiſche Hochplateau und den Kaukaſus hinüber
nach Europa, welches ſie mit Ausnahme des Nordens und Ungarns
ganz bevölkert, ſo wie über den nördlichen Theil von Afrika, etwa
von dem Wendekreiſe an, wobei ſie indeß an dem arabiſchen Golfe,
dem ganzen Laufe des Nil nachdringend bis weit gegen den Aequator
[568] hin vorrückt. Das Haupthaar iſt entweder ſchlicht oder lockig, größ-
tentheils braun oder ſchwärzlich, während in den nordiſchen Gegenden
die blonde Varietät vorwiegt, die indeſſen mehr und mehr gegen die
braune zurückſinkt. Das Geſicht iſt ſtets oval, oft bedeutend in die
Länge gezogen, die Augen weit und gerade geſchlitzt, die Naſe vorſte-
hend, ſchmal, die Naſenöffnungen ſo geſtellt, daß ſie beim Anſchauen
des Geſichtes von unten einen Winkel über den Linien der Augen-
brauen bilden, die Stirne gewölbt, der Geſichtswinkel dem rechten ſich
annähernd, die Lippen nicht aufgewulſtet. Die genaueren Unterſuch-
ungen über die Sprachen und ihre Stämme haben die [Exiſtenz] von
zwei großen Stämmen nachgewieſen, von welchen der eine, der ſemi-
tiſche
oder ſyro-arabiſche Arabien nebſt den afrikaniſchen Küſten
des Mittelmeeres inne hat, während der andere, der indo-euro-
päiſche
von Oſtindien aus über Europa ſich erſtreckt. An dieſe
beiden großen Völkermaſſen, welche durch gemeinſame Abſtammung
ihrer Sprache ſich aneinander ſchließen, reihen ſich noch einerſeits die
Kaukaſier zum größten Theile und andererſeits der geringe Reſt eines
größtentheils untergegangenen Volkes an, welches wir unter dem Na-
men der Basken kennen. In Beziehung auf den Schädelbau läßt ſich
bemerken, daß die Langköpfe bei dieſer Art entſchieden das Ueberge-
wicht haben, und zwar die geradzähnigen Langköpfe, welche den übri-
gen Menſchenarten faſt gänzlich abgehen und daß nur ein, größten-
theils untergegangener Volksſtamm durch die ſchiefe Stellung der Zähne
und das Vorwiegen der Kiefer ſich der niedrigſten Schädelform der
Aethiopier nähert. Schiefzähnige Kurzköpfe fehlen bei dieſer Art
durchaus, welche ſomit in ihrer großen Mehrzahl der höchſten Schä-
delform angehört.


Die alten Aegyptier, als deren Nachkömmlinge die heutigen
Fellah’s erſcheinen, hatten eine dunkelröthliche oder bräunliche Farbe,
volles Geſicht, platte Stirn, lang geſchlitzte, aber gerade ſtehende
halb geſchloſſene Augen, vorſtehende Wangenknochen, eine breite, ziem-
lich platte, ſehr kurze Naſe, deren Oeffnungen eigenthümlich Sförmig
ausgeſchweift ſind. Die Oberlippe iſt ſehr lang, der Mund wenig
geſpalten, die Lippen dick, die Ohrmuſcheln groß und weit vom Schä-
del abſtehend, Haupthaar und Bart ſchwarz, gewöhnlich kraus, lockig,
aber keineswegs wollig. Die Schädel der Fellah’s, ſowie diejenigen,
welche man den Mumien entnommen hat, ſind im Allgemeinen ſehr
dicht und feſt, wie diejenigen der Neger, zeigen aber in ihrer ſonſti-
gen Struktur nicht die lang geſtreckte Form dieſer, ſondern die ge-
[569] wöhnliche ovale Geſtalt der Langköpfe, ſteil anſteigende, breite Stirn,
wenig eingedrückte Schläfengruben und ſchöne Wölbung der regel-
mäßigen Schädelkapſel; dagegen ſind die Kiefer ſehr kräftig, ſtark vor-
ſtehend und die Schneidezähne ſchief geſtellt, ſo daß hierdurch offenbar
eine gewiſſe Aehnlichkeit mit dem Negertypus hergeſtellt wird.


Dieſelbe Aehnlichkeit mit dem Negertypus in Betreff der dunklen
Hautfarbe, der etwas aufgeworfenen Lippen und der ziemlich platten
Naſe zeigt ſich bei denjenigen Stämmen der Syro-Araber, welche un-
ter dem Namen der Abyſſinier, der Schangala’s oder Nubier,
der Tibbus und der Gallas bekannt ſind. Bei dieſen neigt ſich
der Typus bald mehr dem afrikaniſchen durch eine ſtumpfe Naſe, dicke
Lippen und ſehr lockiges Haar zu, bald mehr den übrigen Semiten
durch ovale Geſichtsform, ſchmale, gebogene Naſe, wohlgeſtaltete Lip-
pen und lebhafte, weit geſchlitzte Augen. Alle dieſe Völker haben in-
deß ſo wie die übrigen ſemitiſchen Stämme die gerade Stellung der
Zähne und das Zurückweichen der Kiefer, welches dem gewöhnlichen
langköpfigen Typus angehört, miteinander gemein. Am höchſten er-
hebt ſich der Typus dieſes großen ſyro-arabiſchen Volksſtammes in den
Berbern, den Arabern und den Juden, welche als engere
Zweige deſſelben Stammes anzuſehen ſind. Das Geſicht bildet bei
ihnen ein längliches Oval; das Haar iſt ſchlicht, lang; die Stirn
ſteil; die Augenbrauen wohl geſchweift; die Naſe groß, ſcharf, meiſt
ziemlich gebogen; die Backenknochen etwas vorſtehend; die Naſenöff-
nungen Sförmig geſchweift; der Mund wohl gebildet, der Bart ſtark
und lockig; die Augen groß, von ſchwarzer Farbe; die Hautfarbe ge-
wöhnlich braungelb, bei den Weibern oft ziemlich weiß. Die Schä-
del ſind oval, der Scheitel ſehr erhaben, die Augenhöhlen ſehr weit,
die Schädelknochen im Allgemeinen ſehr dünn und zart, der Glieder-
bau zart, aber ſehnig.


Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Volk der Guanchen,
welches noch in hiſtoriſcher Zeit die kanariſchen Inſeln bewohnte, und
von den Eroberern im Namen des Chriſtenthums auf die ſcheußlichſte
Art ausgerottet wurde, ſo daß wir jetzt nur noch trockene Mumien
von ihnen kennen, nach allen phyſiſchen Merkmalen, ſo wie nach den
auf uns gekommenen Ueberreſten ihrer Sprache zu dem ſyro-arabi-
ſchen Stamme gehörte.


Das kleine Volk der Basken, welches der letzte Ueberreſt der
alten Iberier iſt, ſpricht eine Sprache, welche von allen übrigen
[570] iraniſchen Sprachen gänzlich verſchieden, vielmehr mit den amerikani-
ſchen Idiomen einige entfernte Aehnlichkeit hat. Die phyſiſchen Cha-
raktere dieſes durch Leichtigkeit und regelmäßigen Körperbau ausge-
zeichneten Volksſtammes ſind noch nicht wiſſenſchaftlich unterſucht und
namentlich haben wir noch keine Beſchreibung ihres Schädelbaues
erhalten, obgleich es keinem Zweifel unterliegen mag, daß ſie zu den
geradzähnigen Langköpfen gehören.


Die Kaukaſier, zu welchen mit Ausnahme der an den Quellen
des Terek lebenden Oſſeten oder Iron’s, die ſämmtlichen Völker des
Kaukaſus gehören, ſtellen in allen Verhältniſſen den ſchönſten Men-
ſchentypus dar und gehören alle ohne Ausnahme ihrer Schädelſtruktur
nach zu den geradzähnigen Langköpfen, wenn gleich ſehr häufig ihre
Schädelform mehr rundlich wird. Alle dieſe Völkerſchaften haben eine
ausgezeichnete weiße Hautfarbe und nähern ſich ſehr in allen Bezie-
hungen den Europäern, ſprechen aber Sprachen, welche zwar nahe
mit einander verwandt, aber mit den indoeuropäiſchen oder ſemitiſchen
durchaus nicht die mindeſte Aehnlichkeit haben.


Als letzte aber größte Völkerfamilie ſtellen ſich in dieſer Men-
ſchenart die der Indoeuropäer dar, deren Sprachen alle bekannt-
lich von einer gemeinſchaftlichen Mutter, dem Sanskrit, abſtammen.
Alle Völker dieſer Familie gehören den Geradezähnern an, aber ſonſt
ſtellen ſich in der Schädelform zwei weſentliche Unterſchiede dar, welche
ſogar in der näheren Verwandtſchaft der Sprachen einen Wiederklang
finden. Die alten Perſer, die Afghanen, die Oſſeten des Kau-
kaſus und die Kurden ſtimmen mit ſämmtlichen ſlaviſchen Völker-
ſchaften, deren Sprachen mit den ihrigen die nächſte Aehnlichkeit haben,
darin überein, daß ſie Kurzköpfe ſind, woher die breiteren Stirnen,
das ſteiler abfallende Hinterhaupt, das geringe Ueberwiegen des Längs-
durchmeſſers über den Querdurchmeſſer und die mehr platten breiteren
Geſichter, wodurch ſich der Ausdruck dieſer Raſſen mehr demjenigen
der turaniſchen nähert. An dem Schädel ſind bei allen dieſen Kurz-
köpfen die Augenbogen ſtark entwickelt, das Hinterhaupt dagegen nie-
mals höckerig, ſondern gerade abgeſchnitten und die Höcker der Schei-
telbeine weit nach hinten gerückt.


Das Stammvolk der Hindus mit ſeiner bronzefarbigen Haut
und dem zierlichen, faſt weibiſchen Körperbaue, das Urvolk der Celten
mit ſeinen geringen Reſten in Schottland, Irland und der Bretagne
[571] und den aus Miſchung hervorgegangenen Celto-Romanen und
Gräco-Romanen ſowie die ſämmtlichen germaniſchen Stämme
gehören alle dem Typus der Langköpfe an, wodurch ein weſentlicher
Unterſchied von der vorher berührten Gruppe der Kurzköpfe gegeben
iſt. Es wäre unnöthig auf ihre weitere Beſchreibung hier einzugehen.


Dreizehnter Brief.
Die Verbreitung der Thiere auf der Erde.


Schon auf einem kleineren Fleck, deſſen Umgränzung kaum einige
Stunden Weges einnimmt, ſieht der aufmerkſame Beobachter eine
bedeutende Verſchiedenheit in der Verbreitung der einzelnen Thiere,
welche mit ihm dieſen Fleck bewohnen. Die einen finden ſich nur in
Schaaren, in größeren oder geringeren Geſellſchaften, welche bald in
conſtanter Weiſe organiſirt ſind, wie die der Ameiſen oder Bienen,
bald nur durch eine gewiſſe Gewohnheit der Geſelligkeit zuſammenge-
halten ſcheinen, wie die Schwärme vieler anderer Inſektenarten, der
Raben oder anderer Vögel. Im Gegenſatz hierzu ſtehen viele Arten,
wie die Raubvögel, die man ſtets nur vereinzelt nur hier und da,
über weitere Entfernungen herrſchend antrifft. Jeder junge Sammler
von Schmetterlingen z. B. weiß, daß die einen Arten überall häufig
anzutreffen ſind, während andere ihm nur ſehr ſelten in die Hände
fallen und daß dieſe oder jene Orte eine beſondere Phyſiognomie be-
kommen durch die Arten, welche ſich daſelbſt in Menge aufhalten. So
zeigt ſich denn ſchon eine gewiſſe Geſetzmäßigkeit in der Vertheilung
der verſchiedenen Thiere auf beſchränktem Raume, deren Regel man
auch in einigen größeren Zügen leicht entdecken kann. Man ſieht
bald, daß bei denjenigen Klaſſen, welche durch ihre große Zahl, ihre
[572] Beweglichkeit und Farbe beſonders geeignet ſind, einer Gegend einen
beſtimmten Charakter aufzudrücken, daß namentlich bei den Inſekten
und Vögeln eine gewiſſe Abhängigkeit von der Vertheilung der Pflan-
zen herrſcht, welche theils unmittelbar theils mittelbar durch ihre Be-
wohner beiden Thierklaſſen als nothwendige Bedingungen ihrer Exi-
ſtenz gelten. Die Wieſe zeigt andere Bewohner als der Wald und
dieſer wieder verſchiedene Arten, je nach der Qualität ſeines Baum-
beſtandes; Sümpfe und Moräſte andere, als trockene ſandige oder
gebirgige Gegenden. Nicht minder bemerkt man, daß diejenigen Arten,
welche eine bedeutendere Körpergröße beſitzen, in Beziehung zu der
Fülle des Nahrungsmateriales ſtehen und daß deßhalb die größeren
Fleiſchfreſſer am weiteſten ausgedehnte Bezirke haben, in welchen ſie
nach Beute umherjagen. Der Bewohner einer kleinen Gegend kennt
eben ſowohl den Fuchsbau, als das einſame Gabelweihenpaar, welches
zu beſtimmter Stunde den Horſt verläßt, um ſeine Nahrung zu ſuchen
und der Sammler weiß ſehr wohl, an welchem oft äußerſt eng be-
gränzten Flecke ſeiner Umgebung er ſicher ſein kann, dieſe oder jene
Art zu finden, die ſonſt oft in der ganzen Umgegend nicht vorkommt.


Dieſe Verhältniſſe erweitern ſich, ſobald man aus dem engen
Kreiſe des Wohnortes heraustretend mehr in die Ferne ſchweift. Der
Bewohner von bergigen Gegenden kann ſchon in wenigen Stunden,
wie in der Pflanzen- ſo auch in der Thierwelt, eine totale Umän-
derung finden. Wie die Wälder allmälig zuſammenkrüppeln, die Ge-
wächſe mehr dem Boden ſich nähern und endlich an der Gränze des
ewigen Schnees nur eine höchſt kümmerliche Vegetation von gänzlich
verſchiedenen Arten zuſammengeſetzt ſich zeigt, ſo ſieht man auch in
der Thierwelt nach und nach die Arten der Ebene verſchwinden und
ſtatt ihrer fremdartige Formen auftreten, welche den veränderten Le-
bensbedingungen der höheren Regionen angepaßt ſind. Es hält leicht
die Umgeſtaltung des pflanzlichen und thieriſchen Lebens, welche ſich
hier zeigt, auf Rechnung der abnehmenden Wärme zu ſetzen, obgleich
eine aufmerkſamere Beobachtung zeigt, daß dies nicht der allgemeine
Grund, wenn auch ein außerordentlich wirkſamer ſei.


Am auffallendſten endlich tritt dieſe Veränderung des thieriſchen
Lebens auf der Erde hervor, wenn man über weite Flächen der Erde
in horizontaler Richtung ſich bewegt. Je weiter der Kreis der be-
kannten Erde ſich ausdehnte, deſto mehr wurden die Entdecker neuer
Länder von den ungewohnten Pflanzen- und Thierformen angeregt,
[573] welche ſie dort trafen. Das erſte Bedürfniß war, zu ſammeln, auf-
zubewahren und den Bewohnern der Heimath jene ſtaunenswerthen
Seltenheiten zu zeigen. So entſtanden gegen das Ende des Mittel-
alters die erſten Sammlungen und jene Werke, welche unter dem Titel
Raritätenkammer, Weltſchatz u. ſ. w. die Seltenheiten der neu ent-
deckten Gegenden den Bewohnern des alten Continentes in Kupfern
vor Augen führten. Man darf wohl ſagen, daß der neu erwachte
Eifer für die Naturwiſſenſchaften ſich weſentlich mit an dieſen Gegen-
ſtänden der Neugierde entzündete und daß ſo nach und nach mit der
Kenntniß dieſer Gegenſtände auch zugleich das Bewußtſein eingepflanzt
wurde, daß verſchiedene Erdzonen ſich völlig durch die Verſchiedenheit
ihrer Bewohner charakteriſiren ließen. Aber erſt nach und nach wurde
man auf die Wichtigkeit dieſes neuen Zweiges der Wiſſenſchaft auf-
merkſam und erſt gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts begann
man das Material kritiſch zu ſichten und nach wiſſenſchaftlichen Grund-
ſätzen zu ordnen.


Der Schwierigkeiten einer ſolchen Bearbeitung ſind viele. Die
meiſten Reiſenden und Sammler hatten gar keine Idee von der Wich-
tigkeit der genauen Notirung eines Wohnortes und es kam ihnen
wenig darauf an, ob der Balg oder die Muſchel, welche ſie mit-
brachten, aus Oſt- oder Weſtindien ſtammte. Viele ſuchten auch im
Intereſſe höheren Gewinnſtes abſichtlich zu täuſchen, indem ſie den
Arten andere, ſelten beſuchte Wohnorte anwieſen. Eine große Ver-
wirrung wurde endlich durch diejenigen Reiſenden herbeigebracht,
welche den ähnlichen Thieren, die ſie in fremden Ländern fanden,
die in der Heimath gebräuchlichen Namen gaben. So wie die älteren
Römer in den Elephanten nur Ochſen ſahen, ſo fanden die erſten
Eroberer in Amerika den Löwen und den Tiger, den Eber und das
Schaf und man hatte lang Mühe und Noth, bis man aus mehr
oder minder verworrenen Angaben dieſer Art das Richtige ausſcheiden
konnte. Noch heute herrſcht über viele Arten, die ſeit langer Zeit
her wohl bekannt ſind, hinſichtlich ihrer Verbreitung Zweifel, der erſt
nach und nach durch ſolche Beobachter, welche die Wichtigkeit dieſer
Beſtimmungen kennen, gelöſt werden kann. Zu dieſen Schwierigkeiten,
die aus der Unvollkommenheit der Beobachtung und dem Mangel
der Genauigkeit der Beobachter hervorgehen, geſellen ſich noch andere,
welche in dem Gegenſtande ſelbſt begründet ſind. Viele, namentlich
geſellige Thiere unternehmen oft weite Wanderungen, deren Urſachen
gewöhnlich in der mangelnden Nahrung an ihrem bisherigen Wohn-
[574] orte liegen. Bei vielen Arten ſind dieſe Wanderungen in periodiſcher
Wiederkehr eingerichtet. Wir ſind von unſeren Störchen und Schwal-
ben gewohnt, daß ſie im Herbſte ſüdwärts ziehen und im Frühjahre
uns wiederkehren; eine Abweichung von dieſer Regel würde als ein
außerordentliches Naturereigniß gedeutet werden. Nicht ſo verhält
es ſich mit den Wanderungen der Lemminge zum Beiſpiele, der Heu-
ſchrecken und ſo mancher anderer Thieren, die in gewöhnlichen Zeiten
ruhig innerhalb ihrer Wohnſitze bleiben, zuweilen aber plötzlich von
Hungersnoth getrieben in Maſſe ausziehen, um an anderen Orten
Futter zu ſuchen, ähnlich gewiſſermaßen hierin den Menſchenſchwär-
men zur Zeit der Völkerwanderung. Es iſt zuweilen vorgekommen,
daß der Verbreitungsbezirk eines Thieres durch ſolche Wanderung
und die davon zurückbleibenden Anſiedler in bedeutender Weiſe ver-
größert wurde. Weniger in Anſchlag zu bringen ſind zufällige Ver-
irrungen oder Verſchlagungen, welche zuweilen vorkommen und durch
Stürme, Meeresſtrömungen oder ähnliche Urſachen bedingt werden.


Während die Pflanzenwelt nur auf das feſte Land und ſomit
auf den kleinſten Theil der Erdoberfläche beſchränkt iſt, breitet ſich
die Thierwelt gleichmäßig im Meere und auf dem Lande aus und
dürfte in beiden Elementen etwa eine gleiche Zahl von Formen be-
ſitzen. Wenn es ſich deßhalb darum handelt, die geographiſche Ver-
breitung der Thiere näher in das Auge zu faſſen, ſo müſſen Land und
Meer gleichmäßig berückſichtigt werden, ein Umſtand, wodurch, wie
man leicht ſieht, die Schwierigkeiten verdoppelt werden, da das Meer
als das unzugängliche Element ſich nur ſchwierig die zu ſolcher Be-
arbeitung nöthigen Thatſachen entreißen läßt, wie denn auch anderer-
ſeits die Beſtimmung des Ortes größeren Schwierigkeiten und größe-
ren Irrthümern unterworfen iſt. Zu dem bietet, wie es ſcheint, das
Meer durch ſeine uns zum großen Theile noch unbekannten Strö-
mungen und durch die größere Gleichförmigkeit ſeiner Temperatur
eine bedeutende Leichtigkeit zur Zerſtreuung der Thiere über größere
Strecken dar.


Unterſucht man die Verhältniſſe, unter welchen die zahlreichen
Thierarten auf der Erde verbreitet ſind, ſo zeigt ſich bald, daß nur
wenige dieſer Arten ſich faſt über die ganze Erdoberfläche zerſtreut
finden, die meiſten dagegen einen feſt beſchränkten Wohnort haben,
nach deſſen Gränzen hin ſie allmälig ſeltener werden und ſich endlich
ganz verlieren. Die Seltenheit einzelner Thiere an beſtimmten Orten
rührt oft nur daher, daß dieſe Orte an der Grenze ihres Verbrei-
[575] tungsbezirkes liegen. Andere freilich ſind überall, wo ſie auch ſein
mögen, ſtets nur in vereinzelten Exemplaren zu finden, obgleich auch
hier ſich meiſtentheils ein größerer oder geringerer Raum nachweiſen
läßt, auf welchem die Art eigentlich zu Hauſe iſt. Am weiteſten ver-
breitet ſind diejenigen Arten, welche dem Menſchen entweder als Haus-
thiere angehören oder doch größtentheils auf ſeine Koſten leben. Der
Hund, das Pferd, das Haushuhn, die Ratte, die Schabe, der Floh
und die Laus haben den Menſchen über die ganze Erde begleitet und
ſich überall mit ihm mehr oder minder heimiſch gemacht; ja, an eini-
gen Stellen ſind dieſe Hausthiere durch Vernachläßigung wieder in
halbwilden Zuſtand zurückgekehrt und ſo auf künſtliche Weiſe manche
Thierart an Orten einheimiſch geworden, wo ſie früher durchaus un-
bekannt war. Dieß iſt z. B. der Fall mit dem Pferde in den Pam-
pas in Südamerika, mit dem Eber in den weſtlichen Savannen Nord-
amerikas, mit der europäiſchen Biene längs der Ufer des Miſſiſippi
und ſeiner Nebenſtröme. Indeſſen beſchränken ſich dieſe Beiſpiele bis
jetzt nur auf äußerſt wenige Arten, welche, wie erwähnt, zu dem Men-
ſchen in einer näheren Beziehung ſtehen. Im Uebrigen kennen wir
nur wenige mit dem Menſchen in keiner Beziehung ſtehenden Thiere,
welche, wie der Diſtelfalter (Vanessa Cardui) über Europa, Aſien, Af-
rika und Neuholland verbreitet wären und auch hier, wie bei anderen
Beiſpielen mag die Verbreitung oft eine zufällige ſein, bedingt durch
die Ueberführung gewiſſer Subſtanzen, in welchen Larven, Eier oder
vollendete Thiere fortgeführt wurden.


Bei allen übrigen Arten läßt ſich ſtets mit Sicherheit ein be-
ſtimmter Verbreitungsbezirk nachweiſen, der nicht nur von dem Boden
und dem Klima, ſondern von einer Menge von Verhältniſſen beſtimmt
wird, die mit der ganzen phyſikaliſchen Beſchaffenheit des Erdtheiles
zuſammenhängen und deren genauere Ergründung uns größtentheils
unmöglich iſt. Warum unter gleichem Breitegrade oder vielmehr
unter derſelben Linie gleicher Wärme Amerika eine von dem alten
Continente durchaus verſchiedene Thierbevölkerung zeigt, iſt ebenſo
wenig einzuſehen, als die Aehnlichkeit gewiſſer Typen, welche ſich in
entſprechenden Gegenden trotz aller Verſchiedenheit zeigt. Zuweilen
ſind ſolche entſprechende Arten einander ſo ähnlich, daß nur eine
minutiöſe Vergleichung die Unterſchiede nachweiſen kann; in anderen
Fällen iſt die Verſchiedenheit ſo groß, daß ſelbſt der ſtumpfſte Sinn
davon getroffen wird und ganze Länderſtrecken einen eigenthümlichen
Charakter durch ſolche Bewohner erhalten. Die Größe der Verbrei-
[576] tungsbezirke der einzelnen Arten hängt ebenſo mit mannigfachen Ei-
genthümlichkeiten theils der Thiere ſelbſt, theils der ſie umgebenden
Verhältniſſe zuſammen. Im Allgemeinen kann man ſagen, daß ent-
gegen der Anſicht, die man ſich von vorne herein bilden möchte, der
Verbreitungsbezirk um ſo geringer iſt, in je höherem Grade die Bewe-
gungswerkzeuge ausgebildet ſind, indem der Bau derſelben geſtattet,
zufälligen Einflüſſen, welchen andere Thiere nicht zu widerſtehen ver-
mögen, Widerſtand zu leiſten. So wird man den Geieradler, den
Condor, die Gemſe nicht außerhalb der dieſen Thieren angewieſenen,
wenn auch beſchränkten Wohnſitze finden. Ihre Bewegungswerkzeuge
ſind kräftig genug, fortführenden Gewalten Widerſtand zu leiſten,
oder ſie wieder an den Heimathsort zurückzubringen. Ganz entge-
gengeſetzt verhält es ſich mit den feſtſitzenden Thieren, welche übrigens,
wie wir aus dem Früheren wiſſen, wohl alle ohne Ausnahme Jugend-
zuſtände beſitzen, in welchen ſie leicht beweglich und der Ortsverände-
rung fähig ſind. Die mittelſt ihrer Räderorgane frei umherſchwim-
menden Larven der Schnecken und Muſcheln, die Larven der Ranken-
füßer, die als Quallen frei umherſchwimmenden Geſchlechtsknospen
der Hydromeduſen können von Meeresſtrömungen außerordentlich weit
und an Orte verführt werden, welche ſir in ſpäteren Zeiten, nachdem
ſie ihre Larvenzeit vollendet haben, nicht wieder verlaſſen können.
Schiffe und Treibhölzer haben nicht minder dazu beigetragen, ſolche
feſtſitzende oder ſich anklammernde Thiere aus einer Küſtengegend in die
andere zu verpflanzen, wie dieß namentlich von den ſchädlichen Bohr-
würmern thatſächlich nachgewieſen iſt. Was ſonſt die Größe der Ver-
breitungsbezirke betrifft, ſo erſcheint dieſe in Ebenen, in Uebereinſtim-
mung mit der Gleichförmigkeit der Umgebung, bei weitem größer als in
Gebirgen, die mit ihren eigenthümlichen Arten der höheren Regionen
gleichſam wie Inſeln aus dem umgebendem Meere der Ebene hervor-
ragen. Gras- und früchtefreſſende Thiere zeigen im Allgemeinen be-
ſchränktere Verbreitungsbezirke und größere Fixität des Wohnortes,
als die fleiſchfreſſenden Raubthiere, welche oft gezwungen ſind, weite
Streifzüge anzuſtellen, um ihrer Beuteluſt zu genügen.


Unterſucht man die Verbreitung jeder einzelnen Art, beſonders
indem man dieſelbe auf Karten aufträgt, ſo zeigt ſich bald eine gewiſſe
Vergeſellſchaftung in der Art, daß die Verbreitungsbezirke vieler Thiere
weſentlich zuſammenfallen, wenn auch ihre Gränzen hier und da von
einander abweichen. Es bilden ſich ſo Gruppen, deren Exiſtenz theils
von einander, theils von dem Typus der Vegetation abhängt, Grup-
[577] pen, die ſich wechſelſeitig bedingen und ſo ein Ganzes darſtellen, was
man mit dem Namen der Fauna einer Gegend bezeichnet. So wird
man leicht erkennen, daß die Verbreitungsbezirke des Rennthieres, des
Vielfraßes, des blauen Fuchſes und des weißen Bären mit einander
in einer gewiſſen Beziehung ſtehen und daß dieſe Thiere vorzugsweiſe
eine Thierbevölkerung charakteriſiren, welche wir mit dem Namen der
Fauna der Polarzone bezeichnen können. So wird man finden, daß
die ganze Ordnung der Vierhänder, Affen und Halbaffen, ſich inner-
halb des Verbreitungsbezirkes der Palmen hält und nirgends denſel-
ben überſchreitet, daß mit den Affen auf der einen Hälfte des Con-
tinentes die großen Dickhäuter, Elephant und Nashorn, auf der andern
Tapire, Pekari’s und ähnliche Thiere der Tropen in Beziehung ſtehen,
und daß dieſe Tropenfaunen in Amerika noch beſonders durch die zahn-
armen Säugethiere, in Neuholland durch die mannigfaltigen Formen
der Beutelthiere ausgezeichnet ſind. Jedoch muß vor Allem darauf
aufmerkſam gemacht werden, daß eine ſolche Gruppirung zu einer
Fauna niemals eine abſolute Gränze zeigt, indem jede Art einen ab-
weichenden Verbreitungsbezirk hat, ſo daß an den Gränzen namentlich
vielfache Uebergriffe und Einkeilungen vorkommen. So ſtreift der
bengaliſche Tiger z. B. bis nach Sibirien hin und tritt ſo aus dem
tropiſchen Klima, deſſen eigentlicher Bewohner er iſt, heraus, während
der Wolf zuweilen bis weit nach Süden hin vordringt. Wenn wir
deßhalb beſtimmte Faunen abgränzen, ſo geſchieht dieß ſtets nur in
approximativer Weiſe und man darf aus unſerer Abgränzung nament-
lich nicht ſchließen, daß die Phyſiognomie der Thierbevölkerung mit
einem Schlage, wie beim Ueberſchreiten einer Gränze ſich ändere.
Nur dann, wenn Continente durch weite Meere, Binnenſeen durch
weite Landſtrecken getrennt ſind, finden plötzliche Umänderungen der
Faunen ſtatt, während im Gegentheile bei Erſtreckung kleiner Meere
oder Continente die Phyſiognomie nur allmälig ändert, indem häufige
Arten allmälig ſeltener werden und endlich ganz aufhören, während
ſie durch andere erſetzt werden. Durch dieſe Verhältniſſe beſtimmt,
hat man häufig verſucht, für jede Art ein beſtimmtes Heimathszentrum
zu konſtruiren, von welchem aus ſie ſich nach und nach über weitere
Flächen ausgedehnt haben ſollte, eine Anſicht, die von den Thatſachen
durchaus nicht unterſtützt wird, indem die Verbreitungsbezirke meiſt
mehr gürtelförmige Zonen darſtellen und dann auch einer ſolchen Ver-
breitung namentlich bei Süßwaſſerthieren phyſiſche Schwierigkeiten
entgegenſtehen, welche unlösbar ſind. So würde es unmöglich ſein
für die Karpfen und Hechte oder die Forellen, welche die ſüßen Ge-
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 37
[578] wäſſer Mitteleuropas bewohnen, einen Mittelpunkt aufzuſtellen, von
welchem aus ſich dieſe Fiſche in die verſchiedenen Flußgebiete verbreitet
hätten, zwiſchen welchen kein für ſie praktikabler Uebergang vorhanden
iſt. Die Forelle der höhern Bergbäche des Donaugebietes iſt ganz
dieſelbe, wie die Forelle auf den ſüdlichen Abhängen der liguriſchen
Alpen und dennoch iſt zwiſchen beiden kein Uebergang, auch nicht durch
die Zwiſchenſtationen der übrigen Gebirge möglich. Schon dieſe ein-
fache Betrachtung widerlegt aufs Bündigſte die abſurde Anſicht von
der Entſtehung der einzelnen Thierarten aus einem einzigen Paare,
welche aus ſonſtigen ökonomiſchen Gründen der Thierwelt eine reine
Unmöglichkeit iſt. Bei der mindeſten Einſicht in dieſen ökonomiſch-
ſocialen Zuſammenhang der einzelnen Thierarten unter einander kann
ſich jeder leicht ſagen, daß ein einziges Tigerpaar alle pflanzenfreſſen-
den Arten der ganzen oſtindiſchen Fauna hätte verzehren müſſen, bevor
es denſelben möglich geweſen wäre, ſich fortzupflanzen und läßt ſich
durch dieſe, wie andere Beiſpiele leicht zeigen, daß die jetzige, wie alle
früheren Schöpfungen in einem numeriſchen Verhältniſſe aufreten muß-
ten, welches dem jetzt beſtehenden bis auf kleine Abweichungen hin
ähnlich ſein mußte, indem das harmoniſche Verhältniß zwiſchen fleiſch-
freſſenden und als Nahrung dienenden Thieren nur geringe Abwei-
chungen erlaubt.


Es wurde ſchon oben angeführt, daß wir bei der Betrachtung
der geographiſchen Verbreitung der Thiere Feſtland und Meer weſent-
lich von einander halten müſſen, indem beide durchaus verſchiedene
Bewohner aufzuweiſen haben und daß man auf dem Feſtlande ebenſo
weſentlich nach zwei Richtungen hin unterſcheiden müſſe, indem die
Faunen ſich ſowohl nach horizontaler Erſtreckung, wie auch nach ver-
tikaler unterſcheiden. Betrachtet man in letzterer Beziehung die Ver-
theilung des thieriſchen Lebens auf der Erde, ſo zeigt ſich, daß die
Uferzone des Meeres in jeder Beziehung die reichſte iſt an Mannig-
faltigkeit der Formen, wie an Zahl der Individuen und daß dieſen
beiden Beziehungen nach das Thierleben um ſo mehr abnimmt, als
man in die Höhe oder in die Tiefe kommt, eine Erſcheinung, die
übrigens mit denjenigen in der Pflanzenwelt in vollkommenem Ein-
klange ſteht. Zu den vielen Raubthieren, namentlich Vögeln, welche
zwar das feſte Land bewohnen, aber auf dem Meere ſchwimmend ihre
Nahrung ſuchen, geſellen ſich die zahlreichen Bewohner des Strandes
und weiter in das Land hinein die eigenthümliche Bevölkerung der
Tiefebenen mit ihren Sümpfen, Moräſten und Lagunen, in welchen
[579] oft eine beſondere Miſchung von Bewohnern des ſalzigen [und] ſüßen
Waſſers ſtattfindet. Die Hügelländer werden ſchon ärmer, wenn-
gleich die gewöhnlich dichte Waldvegetation mit ihren zahlreichen
Bächen der Thierwelt weit größere Reſſourcen bietet, als die meiſt
trockenen und dürren Hochplateaus, welche wieder eine ganz eigen-
thümliche Bevölkerung zeigen. Ueber dieſen erheben ſich endlich die
Hochgebirge, wo zuletzt in dem ewigen Schnee und Eis alles thieriſche
Leben erſtirbt, nachdem es vorher in äußerſt kümmerlichen Reſten ſich
gezeigt hat. Im allgemeinen läßt ſich nicht verkennen, daß bei der
Umänderung der Faunen, welche durch die Höhenzonen hervorgebracht
wird, ebenſo wie in dem Pflanzenreiche eine gewiſſe Aehnlichkeit mit
den Polarregionen zu Stande kommt; ſowie der Wanderer, der aus
Deutſchland nach Norden geht, ſtatt der Buchen und Eichen anfangs
nur Tannen und Birken, ſpäter Zwergtannen und zuletzt nur Mooſe
und niedrig wachſende Kräuter in eben ſolcher Reihenfolge nach dem
Pole hin findet, wie er ſie bei der Beſteigung der Alpen beobachten
kann, ſo ſieht auch der Thierforſcher den Eber und das Pferd allmälig
verſchwinden und ſtatt ihrer in aufſteigender Folge die Ziege, die
Gemſe, den Luchs, das Murmelthier, den weißen Haſen und das
Schneehuhn erſcheinen, deren gleiche oder verwandte Arten er bei dem
Vordringen nach Norden wiederfindet, und in gleicher Weiſe ſieht er
die Bewohner der ſüßen Gewäſſer allmälig ändern und ſtatt der
Weißfiſche, der Karpfen und Hechte, die Aalquappe und das Lachsge-
ſchlecht eintreten.


In ähnlicher Weiſe geſtalten ſich die Erſcheinungen, wenn wir
die Bewohner des Meeres in die Tiefen deſſelben verfolgen. Auch
hier iſt die Uferzone, welche bei tiefer Ebbe noch abgedeckt wird, in
jeder Beziehung die reichſte und die Zahl der Arten, wie die Menge
der Individuen nimmt in demſelben Verhältniſſe ab, als wir in die
Tiefe dringen, ſo daß bei tauſend Fuß nur noch höchſt ſeltene Be-
wohner des Meeresbodens gefunden werden. Begreiflicher Weiſe ſind
bei der Schwierigkeit der Unterſuchung dieſe Verhältniſſe noch weit
weniger im Meere gekannt, als auf dem feſten Lande, ſo daß hier
noch vielfache Nachforſchungen zu machen ſind, die um ſo wichtiger
erſcheinen, als ſie zu der Geſchichte der Erde in engerer Beziehung
ſtehen, als die Verhältniſſe des Feſtlandes. Auch hier zeigen ſich
mannigfache Verſchiedenheiten je nach der Beſchaffenheit des Meeres-
bodens ſelbſt, indem Schlamm, Sand oder Fels durchaus verſchiedene
Anſiedler und mit ihnen andere freiſchwimmende Seethiere herbeiziehen.


37*
[580]

Wenn die vertikale Vertheilung beſonders bei kleineren Raum-
abſchnitten von größter Wichtigkeit erſcheint, ſo verſchwindet ſie ver-
hältnißmäßig mehr, ſobald man die horizontale Verbreitung der Thiere
nach größeren Regionen in das Auge faßt. Tiefebenen und Hügel-
land, Hochebenen und Gebirge finden ſich faſt in jeder dieſer größeren
Zonen, ſo daß hierdurch eine gewiſſe Aehnlichkeit hergeſtellt und die
Verſchiedenheit hauptſächlich durch die größere oder geringere Entfer-
nung von dem Aequator bedingt wird. Wenn wir nun auf die
nähere Umgränzung dieſer Zonen eingehen, ſo können wir dieſelben
nur in ihren größten Zügen umfaſſen, nicht aber in die Einzelnheiten
eingehen, die uns nothwendiger Weiſe bis auf die Gattungen und
Arten führen müßten, welche wir ſchon in dem ſyſtematiſchen Theile
zur Seite laſſen mußten; denn wenn es einzelne Ordnungen und um
ſo mehr Familien giebt, welche genau in beſtimmte Zonen eingegränzt
ſind, ſo finden wir dagegen andere Gattungen, Familien und Ord-
nungen, welche in verſchiedenen Arten ſich über die ganze Erde ver-
breiten und deren Vertheilung man deßhalb nur dann richtig auffaſſen
kann, wenn man bis auf die Arten herabgeht. So ſehen wir die
Hirſche, die Bären, die Hunde, die Katzen von den Polargegenden
bis zu dem Aequator ausgedehnt, wenn auch das Rennthier, das
Elen, der Edelhirſch, der Dammhirſch u. ſ. w. durchaus verſchiedene
Arten ſind, die einander wechſelſeitig ergänzen. Im Allgemeinen gilt
auch hier das ſchon bei der vertikalen Verbreitung gefundene Geſetz,
daß auf dem feſten Lande Mannigfaltigkeit der Arten und Zahl der
Individuen um ſo mehr zunehmen, je mehr man ſich dem Aequator
nähert, während bei den Meeresbewohnern dieß nur für die Mannig-
faltigkeit der Formen, nicht aber für die Zahl der Individuen gilt.
Zugleich erhebt ſich, während man dem Aequator näher kommt, das
thieriſche Leben mehr in die Luft, während es in dem Meere um ſo
mehr in die Tiefe ſinkt, je näher man dem Pole kommt; ſo findet
man z. B. in den Tropengegenden eine Menge derjenigen Inſekten-
gattungen, welche in gemäßigten Zonen auf der Erde hauſen, in der
Höhe auf Bäumen und Pflanzen, während der Boden gänzlich den
Ameiſen und Termiten überantwortet iſt; ſo ſieht man bei den Säuge-
thieren z. B. ganze Ordnungen, wie diejenigen der Affen, auftreten,
welche nur auf das Klettern angewieſen ſind, und andere, wie Inſek-
tenfreſſer, Eidechſen, Schlangen und Fröſche auf Bäumen und Sträu-
chen ihr Weſen treiben, die in gemäßigten Zonen an die Erde gebannt
ſind. Ebenſo vermehrt ſich nach den Tropen hin die Zahl der Nacht-
thiere aller Art, wie denn überhaupt das thieriſche Leben, welches in
[581] nördlichen Gegenden ſich beſonders um die Mittagsſtunde concentrirt,
unter den Tropen ſeine größte Entfaltung unmittelbar vor Sonnen-
aufgang und nach Sonnenuntergang findet.


Bei der Betrachtung der einzelnen Faunen, die wir in zwei pa-
rallele Reihen, Faunen des Feſtlandes und des Meeres, theilen, faſſen
wir bei den erſteren die Bewohner des Landes, wie des ſüßen Waſ-
ſers zuſammen, die ſchon um deßwillen nicht getrennt werden können,
als bei den Inſekten namentlich viele Arten in verſchiedenen Lebens-
zuſtänden bald das eine, bald das andere Element bewohnen.


Faunen des Feſtlandes.


Indem wir von Norden nach Süden fortſchreiten, finden wir
zuerſt im Umkreiſe des Nordpols, gleichmäßig verbreitet über beide
Erdhälften, die Polarregion, deren Südgränze durch das Waldgebiet
bezeichnet iſt. Auf dem alten Kontinente hören die Wälder etwa bei
dem 65-ſten Grade, auf dem neuen etwa an dem 60-ſten nördlicher
Breite auf. Ungeheure Ebenen, den größten Theil des Jahres hindurch mit
Schnee und Eis bedeckt, charakteriſiren dieſe Gegend, die nur wenige
Gräſer und Sommerkräuter erzeugt. Deßhalb beſteht auch der we-
ſentliche Charakter dieſer Polarregion darin, daß die pflanzenfreſſenden
Thiere gänzlich zurückſinken und die Fleiſchfreſſer auf ſolche Arten
reduzirt ſind, welche von Fiſchen längs der Meeresufer ſich nähren.
Die einzigen Nager ſind der Lemming (Lemmus norvegicus) und der
Eishaaſe (Lepus glacialis), der einzige Wiederkäuer das Rennthier
(Cervus tarandus), welches die ſpärlichen Flechten aus dem Schnee
ſchabt und im Winter dennoch gezwungen iſt, ſich nach der Wald-
gränze gegen Süden zurückzuziehen. Der Eisbär (Ursus glacialis),
der weiße und blaue Fuchs (Canis lagopus, isatis), der nordiſche Viel-
fraß (Gulo borealis) und die Seeotter (Enhydris marina) jagen in
dieſen unwirthbaren Regionen, in denen nur wenige kleine Singvögel
von der Schneeeule (Surnia nyctea) verfolgt werden. Ungemein zahl-
reich ſind dagegen die Waſſervögel, die Lumme (Uria) und Alke (Al-
cida)
, die Möven (Larus) und Raubmöven (Lestris), die Kormorane
(Carbo) und Sturmvögel (Procellaria), die Taucher (Colymbida) und
Eiderenten (Somateria), welche an den felſigen Ufern des Meeres
[582] niſten und ſämmtlich von Fiſchen ſich nähren. Die Klaſſen der Lurche
und Reptilien fehlen ganz; unter den Inſekten finden ſich nur ſolche
Arten, welche wie die Schnaken (Culicida) und Eintagsfliegen (Ephe-
merida)
nur eine höchſt kurze Zeit in vollendetem Zuſtande vollbrin-
gen. Die Ordnungen der Geradflügler, der Halbflügler, der Käfer
fehlen gänzlich, ebenſo wie alle diejenigen Klaſſen, deren Exiſtenz auf
dem feſten Lande an ſüßes Waſſer gebunden iſt.


Die gemäßigte Zone, welche man von der Waldgränze bis
etwa gegen die Wendekreiſe hin begreift und die weſentlich durch den
Gegenſatz zwiſchen Sommer und Winter charakteriſirt iſt, läßt ſich auf
dem alten Kontinente in mehrere Faunen theilen. Die Fauna von
Centraleuropa
zeigt im Norden vorzüglich den Vielfraß, das
Rennthier, das Hermelin (Mustela erminea), den nordiſchen Luchs
(Lynx), den Edelfalken (Gyrfalco), den Kreuzſchnabel (Loxia), den
Seidenſchwanz (Bombycilla), das Blaukehlchen (Lusciola suecica), wäh-
rend Lurche und Reptilien ihr noch abgehen und unter den Süß-
waſſerfiſchen die Familie der Lachſe (Salmonida) alle übrigen weit
überragt. Während im Sommer dieſelben fürchterlichen Mücken-
ſchwärme ſich finden, welche in der Palarregion dem Menſchen mehr
Noth machen, als ſelbſt in den Tropengegenden, wiegen unter den
Käfern die fleiſchfreſſenden Laufkäfer (Carabida) bei weitem vor, zu
welchen ſich wenige Geradflügler, Hemipteren und einſame Bienen
geſellen. In dem ſüdlicheren Theile dieſer Fauna, welche ſich weſent-
lich durch die Laubholzwaldungen charakteriſiren läßt, erſcheinen das
Elenthier (Cervus alces), der Auerochs (Bos urus), das Reh (Cervus
capreolus)
, der Hirſch (Cervus elaphus), die Gemſe (Antilope rupi-
capra)
, der gewöhnliche Fuchs (Canis vulpes), der Dachs (Meles taxus),
die Wieſel und Iltiſſe (Mustelida), die wilde Katze (Felis catus), die
Fiſchotter (Lutra), der Desman (Myogale moschata), die Adler, die
Weihen (Milvus), und andere Falken (Astur, Buteo, Circus), die
wilde Taube und Gans, der Auerhahn (Tetrao urogallus), der Trappe
(Otis), die Nachtigall, der Lämmergeier (Gypaëtos). — Lurche und
Reptilien treten hier zum erſten Male auf, Fröſche, Salamander,
Molche und Fiſchmolche (Proteus), die Sumpfſchildkröte (Emys euro-
paea)
, die Otter (Vipera berus), die Natter (Coluber natrix), die
grüne Eidechſe (Lacerta agilis) mit wenigen Verwandten. Unter den
Süßwaſſerfiſchen wiegen beſonders die Karpfen (Cyprinida) und Lachſe,
ſo wie die Hechte (Esocida) vor. Inſekten aller Ordnungen und der
meiſten Familien ſind zahlreich, kleine Tauſendfüße (Geophilus), die
[583] Waſſerſpinne (Argyroneta) und der gewöhnliche Flußkrebs (Astacus
fluviatilis)
, beſonders bezeichnend für die Klaſſen der Gliederthiere.
Die Familie der Flußmuſcheln (Najades) tritt beſonders unter den
Weichthieren hervor, begleitet von zahlreichen Teichhornſchnecken (Lym-
naeus)
und anderen Lungenſchnecken. Der Regenwurm (Lumbricus)
und der gewöhnliche Blutegel (Hirudo) erſcheinen als charakteriſtiſch
für die Würmer. Es entſpricht dieſer Fauna in Aſien diejenige des
ſüdlichen Sibiriens und der altaiſchen Gebirgskette, wo vorzüglich das
geſtreifte Eichhorn (Sciurus striatus), das Hermelin, der Zobel (Mu-
stela zibelina)
, der Moſchushirſch (Moschus moschiferus), der ſchwarze
Wolf (Canis lycaon) ſich auszeichnen. Beiden Faunen gemeinſam iſt
beſonders der gewöhnliche Wolf (Canis lupus), welcher die ganze ge-
mäßigte Zone von der Waldgränze bis zu dem 40-ſten Grade nörd-
licher Breite etwa hin einnimmt.


Von der vorigen als weſentlich verſchieden zeigt ſich die mittel-
ländiſche Fauna
, welche längs der ganzen Küſten des Mittelmee-
res ſowohl auf europäiſcher, als aſiatiſcher und afrikaniſcher Seite
ſich erſtreckt und nördlich durch die Kämme der Alpen, ſüdlich durch
diejenigen des Atlas begränzt wird. Der Löwe, der früher auch das
europäiſche Gebiet dieſer Fauna bewohnte, iſt jetzt dort ausgerottet und
auf die afrikaniſche Hälfte beſchränkt worden. Dagegen finden ſich
noch auf beiden Ufern die Genette (Viverra genetta), der Schakal
(Canis aureus), das Stachelſchwein (Hystrix cristata), der Flamingo
(Phoenicopterus ruber), der Bienenfreſſer (Merops apiaster) und an
einzelnen Orten der Kapuzineraffe (Inuus sylvanus), der Mufflon
(Ovis musimon) und der Steinbock der Sierra Nevada (Capra Schim-
peri)
, der hier den Steinbock der Alpen und des Altai erſetzt. Die
Tigerkatze und der Caracal (Felix caracal) verbreiten ſich hauptſäch-
lich ſüdlich und öſtlich. Lurche und Reptilien werden zahlreich, na-
mentlich nehmen die Landſchildkröten (Testudo), die Schlangen, die
Eidechſen zu, indem beſonders die Familie der Gekkos und der Cha-
mäleon’s in dieſer Fauna auftreten. Die Familie der Vogelſpinnen
(Mygalida) zeigt ihren erſten Repräſentanten in der Mauerſpinne
(Cteniza caementaria), während zugleich gefürchtete größere Spinnen-
arten, wie die Tarantel (Lycosa tarantula) und die Malmignatte
(Theridion malmignatta) ſich zeigen. Ebenſo beginnt hier die Familie
der Scorpione (Scorpionida), um gegen die Tropen hin mehr und
mehr an Größe und Gefährlichkeit zuzunehmen. Unter den Inſekten
ſind es beſonders die Heteromeren, die großen Cicaden und die Ge-
[584] ſpenſtheuſchrecken (Mantis), welche dieſer Fauna einen beſondern Cha-
rakter geben, verbunden mit den Heuſchreckenſchwärmen, welche indeß
mehr als vereinzelte Erſcheinungen vom Weſten und Süden herkom-
men; die Geier nehmen nach und nach im Verhältniſſe zu den Falken
zu, wie denn überhaupt die Aasfreſſer unter den Säugethieren durch
die Hyäne und unter den Käfern durch die großen Aas- und Tod-
tenkäfer vermehrt werden.


Oeſtlich entſprechen der mittelländiſchen Fauna die noch größten-
theils unbekannten Hochebenen und Steppen Centralaſiens, die ge-
wiß bei näherer Bekanntſchaft noch in mehrere Regionen zerfällt wer-
den müſſen. Das zweihöckerige Kameel (Camelus bactrianus), das
wilde Pferd und der wilde Eſel (Onager) und in der Umgebung der
Salzſeen eine Menge ſpringender und grabender Nager, ſo wie einige
Gazellen, wilde Schaafe und Ziegen, das Fauſthuhn (Syrrhaptes) und
die Steppentaube (Pterocles), charakteriſiren dieſe Gegend hinlänglich,
welche der Tiger auf ſeinen Wanderungen durchſtreift und in der
der Edelhirſch und der Wolf noch heimiſch ſind.


An dieſe Region ſchließt ſich gegen Oſten hin die des nördli-
chen China
an, in welcher ſchon einige Affen (Inuus speciosus) vor-
kommen, dagegen das Kameel und der Hirſch gänzlich fehlen.


Bei weitem genauer bekannt ſind die tropiſchen Gegenden
Aſiens
, welche ſich wohl in zwei Untergruppen, in die oſtindiſche
Fauna
und in diejenige der Sundainſeln mit der mollukki-
ſchen Halbinſel
theilen läßt, welche letztere vorzüglich durch die
Orangutang’s (Simia satyrus), die Gibbon’s (Hylobates), den Ge-
ſpenſtaffen (Tarsius spectrum) charakteriſirt ſind. Dieſe außerordent-
lich reiche Fauna beherrſcht der Königstiger (Felis tigris) als größtes
Raubthier. Der indiſche Elephant (Elephas indicus), das indiſche
Nashorn, der Lippen- und Palmenbär (Ursus labiatus und palmarum),
der indiſche Tapir (Tapirus indicus), die Pelzflatterer (Galeopithecus),
der Babiruſſa (Porcus babirussa), ſind hier zu Hauſe; ſchmalnaſige
Affen (Catarrhina), Tupajas (Cladobates), kleine bärenartige Raub-
thiere (Arcturus, Arctictis, Mydaus) und eine Unzahl von Fledermäuſen
beleben die Wälder; das javaniſche Schuppenthier (Manis javanica)
findet reichliche Nahrung an Ameiſen und Termiten. Hier iſt das
eigentliche Vaterland der Hühner und Faſanen, der Paradiesvögel
(Paradisea), des indiſchen Caſuars (Casuarius galeatus) und einer
[585] Menge theils gewaltiger, theils gefährlicher Reptilien, worunter ich
namentlich die Felſenſchlange (Bungarus), den Gavial (Rhamphorhyn-
chus)
, die giftigen Seeſchlangen (Hydrus) und die ſchnappenden Fluß-
ſchildkröten (Trionyx gangetica) aufführe. Zu den Familien der
eigentlichen Eidechſen und Gekkos geſellt ſich hier beſonders die ſelt-
ſame Familie der Leguane mit angewachſenen Zähnen (Acrodonta).
Der Reichthum der Inſektenwelt iſt außerordentlich. Unter den Spin-
nen zeichnen ſich beſonders die Geißelſcorpione (Phrynida) und die
Scorpionſpinnen (Galeodes) aus; unter der Kruſtenthieren die Land-
krabben (Gecarcinus), unter den Lurchen das vorwiegende Verhältniß
der Baum- und Laubfröſche (Hylida).


So wie in ſeiner phyſiſchen Conſtitution, ſo zeigt ſich auch das
tropiſche Afrika in ſeiner Fauna durchaus verſchieden von den
Tropengegenden des aſiatiſchen Continents. Das Flußgebiet des Nils
bildet gewiſſermaßen einen Ausläufer dieſer Faunen gegen Norden
hin, an deſſen Gränze ſich die Thierwelt des Mittelmeeres mehr oder
minder mit derjenigen des tropiſchen Afrika’s miſcht. Eine große An-
zahl von Gazellenarten (Antilope) durchſtreifen die Wüſten und Ebe-
nen des tropiſchen Afrika’s, gejagt von dem Serval (Felis serval) und
dem Jagdtiger, Guepard (Cynailurus), während der Löwe hier eben
ſo unumſchränkt herrſcht, wie in Indien der Tiger. Die Giraffe
(Camelopardalis) und das Nilpferd (Hippopotamus), ſowie der Schim-
panſe (Simia troglodytes) ſind dieſem Continent vollkommen eigen-
thümlich. Madagaskar, ſowie die benachbarte öſtliche Küſte zeichnet
ſich durch ſeine beſondere Bevölkerung an Halbaffen aus. Der zwei-
zehige Strauß (Struthio camelus), das Nilkrokodil, der Schuppenlurch
(Protopterus) des Gambia, der elektriſche Wels (Malapterurus), der
Flöſſelhecht (Polypterus) und die Nilhechte (Mormyrida) charakteriſiren
die übrigen Klaſſen der Wirbelthiere, während die Weichthiere ſich
beſonders durch die Flußauſtern (Etherida), die Ampullarien und eine
große Menge von Landſchnecken auszeichnen. Große Skorpione, Skor-
pionſpinnen und Skolopender ſind vorzüglich unter den ſpinnenartigen
Thieren bemerkenswerth. Eine ganz eigenthümliche Bevölkerung zeigt
dann noch das Capland, wo die Flußpferde, Nashörner und Elephan-
ten Centralafrika’s mit dem Klippdachſe (Hyrax capensis), dem Lar-
venſchweine (Phacochoerus), dem Ameiſenſchweine (Orycteropus) und
dem Schakal, der Hyäne und dem Löwen zuſammentreffen, während
zugleich der Madenhacker (Buphaga) unter den Vögeln und die zun-
genloſe Hufkröte (Dactylethra) unter den Lurchen als beſondere Typen
hervortreten.


[586]

In gleicher Weiſe, wie der alte Continent, läßt ſich der neue in
verſchiedene, jenen entſprechende Faunen theilen. Wir bemerkten ſchon,
daß die Thiere der Polarzone identiſch mit denen des alten Conti-
nentes ſind. Die unendlichen Eisflächen ſcheinen hier gewiſſermaßen
als mittheilende Flöße zu dienen. Anders verhält es ſich in der ge-
mäßigten Zone innerhalb der Waldgränze, wo zwar entſprechende,
aber doch verſchiedene Arten vorkommen. So wie das nördliche Si-
birien, ſo iſt auch der nördliche Theil der gemäßigten Zone
von Amerika
, welcher beſonders Kanada begreift, das weſentliche
Jagdgebiet der geſchätzteren Pelzthiere. Der Waſchbär (Procyon lotor),
der Baribal (Ursus ferox), der gelbe Vielfraß (Gulo luscus), der
Prairiewolf (Canis latrans), der canadiſche Biber (Castor canadensis),
die Zibethmaus (Fiber zibethicus), Dachs und Luchs, verſchiedene
Arten von Füchſen, Mardern und Wieſeln bilden die weſentlichſte
Ausbeute dieſer Jagd, welche eine ungeheuere Anzahl von Häuten
alljährlich auf den Markt bringt. Der Biſamochſe (Ovibos moschatus)
ganz im Norden, der Biſon (Bos bison) weiter ſüdlich, das wilde
Schaf der Felſengebirge (Ovis montana), die Gabelgemſe (Antilope
furcifera)
und der canadiſche Hirſch, (Wapiti; Cervus strongyloceros)
zeichnen ſich unter den Pflanzenfreſſern aus und gehen zum großen
Theil weiter nach Süden bis zur Nordgränze des mexikaniſchen Meer-
buſens herab. Der weiße Adler, der Truthahn, die in ungeheueren
Schwärmen ziehende Wandertaube zeichnen ſich unter den Vögeln, die
Schnappſchildkröte des Miſſiſippi (Trionyx ferox), die Klapperſchlange
(Crotalus horridus) unter den Reptilien, die verſchiedenen Fiſchmolche
(Siren; Siredon; Amphiuma; Menopoma; Menobranchus) unter den
Lurchen aus. Die Knochen- (Lepidosteus) und Kahlhechte (Amia)
der amerikaniſchen Flüſſe ſind wichtige Repräſentanten faſt ausgeſtor-
bener Familien. Zu ihnen geſellen ſich eine Menge von Flußfiſchen,
welche denen des gemäßigten Europa analog, aber nicht mit ihnen
identiſch ſind, wie namentlich die Löffelſtöre (Spatularia) und Panzer-
ſtöre (Scaphyrhynchus).


Südamerika bildet einen Continent für ſich, welcher durch die
Landenge von Panama und die Kette der Antillen nur unvollſtändig
mit Nordamerika verbunden iſt. Die Krallenaffen (Hapalida), ſo wie
die breitnaſigen Affen (Platyrrhina) kommen hier allein vor, eben ſo
die Faulthiere (Bradypus), die Gürtelthiere (Dasypus) und überhaupt
die meiſten Arten der zahnloſen Säugethiere (Edentata), von denen
nur die Ameiſenfreſſer am Cap und in Oſtindien Repräſentanten ha-
[587] ben. Die Llama’s (Auchenia) vertreten die Kamele der alten Welt,
die Pekari’s (Dicotyles), die Schweine, der Tapir den Elephanten.
Die Katzen haben in dem Jaguar (Felis onca) dem Puma oder Ku-
guar (Felis concolor) und vielen kleineren gefleckten Katzenarten eigen-
thümliche Vertreter. Unter den Vögeln zeichnen ſich die vielfachen
Geier, mit dem Kondor (Sarcorhamphus) an der Spitze, der ameri-
kaniſche Strauß (Rhea), die Wehrvögel (Palamedea), Bakuhühner
(Penelopida), Steißhühner (Crypturus), die Kolibris und der Fett-
rabe (Steatornis) beſonders aus; unter den Reptilien die furchtbaren
Lanzenſchlangen (Trigonocephalus) und Grubenottern (Lachesis), die
Leguane mit angewachſenen Zähnen (Pleurodontia), die Ameiven und
Kaimans; unter den Lurchen der Axolotl (Siredon), die Pipa und
der Schuppenlurch aus den Sümpfen des Amazonenſtromes (Lepido-
siren)
. Unter den Flußfiſchen herrſchen beſonders die zahlreichen
Gattungen der Welſe (Silurida), die Panzerwelſe (Loricarida) und
Characinen vor; unter den ſpinnenartigen Thieren die großen Vogel-
ſpinnen (Mygale), die Geißelſpinnen (Phrynus) und Skorpione, welche
den afrikaniſchen an Größe und Gefährlichkeit nicht nachſtehen. Der
unendliche Reichthum, die Farbenpracht und Größe der ſüdamerikani-
ſchen Inſekten zeichnen dieſe vor denen aller anderer Formen aus.
Gegen die Südſpitze des amerikaniſchen Continentes ſinkt dieſes reiche
Leben der Tropenzone allmälig mehr und mehr zurück und geht nach
und nach an dem Feuerlande und den Küſten der Maghelansſtraße
in eine der Polarregion ähnliche Fauna über, welche ſich durch gro-
ßen Mangel an Landthieren auszeichnet, dagegen beſonders durch die
zahlreichen Sturmvögel und die Pinguine (Aptenodytes) einen ganz
eigenthümlichen Charakter erhält.


Vollkommen iſolirt in jeder Beziehung ſteht Auſtralien mit
ſeiner nächſten Umgebung da. Es iſt das einzige Land, welches
Cloakenthiere (Monotremata) ernährt und die zahlreichen Beutelthiere
(Marsupialia) ſind faſt einzig auf ſeinen Continent und die nächſten
Inſeln beſchränkt, mit Ausnahme einiger Arten von Beutelratzen
(Didelphys) und Phalangern (Phalangista), die in Südamerika und
den Sunda-Inſeln vorkommen. Einige kleine Nager und Fledermäuſe
ausgenommen, waren hier alle übrigen Ordnungen der Säugethiere
unvertreten. Nicht minder eigenthümlich iſt dieſer Continent durch
den Emu (Dromaius novae Hollandiae) und den Kivi-Kivi (Apteryx),
durch ſeine Eulenpapagaien (Podargus), die Manteleidechſe (Chlamydo-
[588] saurus)
und durch die zahlreichen Glieder aus der Familie der Schlei-
chen (Scincida), welche hier unter den Reptilien vorwiegend vertreten
ſind. Pflanzenfreſſende Inſekten wiegen hier, wie in allen Tropenge-
genden weit vor den Fleiſchfreſſenden vor.


Faunen des Meeres.


Wie ſchon oben bemerkt, ſind die Schwierigkeiten, welche ſich
einer genaueren Kenntniß der Meerfaunen entgegenſetzen, unendlich
viel größer, als an dem feſten Lande und deßhalb auch weit we-
niger gelöſt. Kaum daß hier und da einige vage Andeutungen in
dieſer Beziehung vorhanden ſind und daß man verſucht hat, einige
größere Küſtenſtriche abzuſcheiden, welche beſondere Faunen darbieten.


Die Polarregion des Nordmeeres, wie des Süd-
poles
theilt mit der Polargegend des feſten Landes die Eigenthüm-
lichkeit der allgemeinen Verbreitung ihrer Bewohner und wenn auch
am Südpole nicht dieſelben Arten vorkommen, wie an dem Nordpole,
ſo entſprechen ſich dieſelben doch in ähnlicher Art, wie die Thiere
Nordamerikas denen des gemäßigten Europa entſprechen. Beide Polar-
regionen ſind das eigentliche Vaterland der größeren Walthiere (Ce-
tacea)
, der Wal- und Potfiſche (Balaenida, Physeterida), auf deren
Fang eine zahlreiche Menge von Schiffen ausgerüſtet wird. Im nörd-
lichen Polarmeere befindet ſich beſonders noch der Narwal (Monodon)
und der Buzkopf (Delphinus Orca), ſo wie des Walroß (Trichecus),
während der Seelöwe (Otaria leonina) und überhaupt die Ohrrobben
(Otaria) den ſüdlichen Polarregionen angehören. Das ausgerottete
Borkenthier (Rytine) war noch am Ende des vorigen Jahrhunderts
häufig in der Meeresſtrecke zwiſchen Nordamerika und Kamſchatka.
In dem nördlichen Polarmeere wiegen von Fiſchen beſonders die
Lachſe (Salmonida), die Häringe (Clupeida), die Stockfiſche (Gadida)
und der Lump (Cyclopterus lumpus) über alle anderen Familien vor;
Armfüßler kommen nur ſelten vor, dagegen nackte Floßenfüßer, und
namentlich die Walfiſchſchnecken (Clio borealis) in zahlloſen Schwär-
men, ſo daß ſie den rieſigen Cetaceen zur Nahrung dienen können.
Die Krabben fehlen den Kruſtaceen gänzlich, wohl aber kommen zahl-
reiche Sitzaugen und langſchwänzige Krebſe vor.


[589]

Die Nordſee und der Theil des atlantiſchen Oceans,
welcher von der amerikaniſchen Küſte begränzt wird, ſtellt nur
ein einziges großes Waſſergebiet dar, in welchem die Seehunde (Pho-
cida)
, die Stockfiſche (Gadida), die Häringe noch vorwiegen, der Lump
aber faſt gänzlich zurücktritt. Die Kopffüßler treten häufig, doch nur
mit wenigen Arten auf. Unter den Cruſtaceen zeichnen ſich nament-
lich Spitzkrabben (Oxyrhyncha), große Hummern und Taſchenkrebſe
(Cancer) aus. Der Pfahlwurm (Teredo) richtet in dieſer Gegend
vorzüglich ſeine Verheerungen an und unter den Stachelhäutern, die
in dem Polarmeere faſt ganz fehlten, zeichnen ſich Schlangen- (Ophiu-
rida)
, Haar- (Comatulida) und Seeſterne (Asterida), Herz- (Spatan-
gida)
und Seeigel (Cidarida) beſonders aus.


So wie ſeine Ufer, ſo hat auch das Becken des Mittel-
meeres
ſeine eigenthümlichen Bewohner. Zahlreiche Delphine und
Meerſchweine, ſo wie einzelne Lederſchildkröten (Sphargis) zeigen ſich
ſtatt der mangelnden Seehunde, unter den Fiſchen treten beſonders
die Makreelen (Scomberida), die Schwertfiſche (Xiphioida), die Meer-
braſſen (Sparida), die Zitterrochen (Torpedo); unter den Cruſtaceen
die Scham- (Calappa) und Wollkrabben (Dromia), die Gattungen
Homola, Scyllarus und Squilla hervor. Das Papierboot (Argonauta)
geſellt ſich zu vielfachen Arten der Kopffüßler, während die ganze
Unterklaſſe der Heteropoden, die Pfeilſchnecken (Sagitta), die Loch-
muſcheln (Terebratula) und Bohrmuſcheln (Pholax), die Feuerzapfen
(Pyrosoma) und Gürtelquallen (Cestum), die Meduſenhäupter (Eu-
ryale)
, die Segelquallen (Velella) und viele Arten von Röhrenquallen
und Quallenpolypen hier zum erſten Male auftreten.


Die beiden Küſten des ſüdlichen Oceans, der einerſeits
von der Weſtküſte Afrikas, anderſeits von der Oſtküſte Amerikas be-
gränzt wird, gleichen ſich in vieler Beziehung, obgleich auch hier meiſt
verſchiedene Arten ſich wechſelſeitig vertreten. So iſt die Seekuh
(Manatus), welche in der Nähe der großen Flußmündungen Afrikas
weidet, eine andere, als die Seekuh vom Amazonenſtrome, und wäh-
rend die afrikaniſche Küſte ſich durch ihren Reichthum von Schildigeln
(Clypeaster) auszeichnet, wiegen die Scheibenigel (Laganum) und Nuß-
igel (Cassidulida) an der amerikaniſchen Küſte vor, wo zugleich in
der Tiefe die einzigen geſtielten Haarſterne (Holopus; Pentacrinus)
unſerer Schöpfung vorkommen.


[590]

Wenn ſchon in der Nähe der Antillen größere Ausbreitungen
riffbildender Korallenpolypen vorkamen, ſo treten wir mit dem indi-
ſchen Meere
und ſeinen nordweſtlichen Ausläufern, dem rothen
Meere
und dem perſiſchen Golfe, mit dem Sundameere und
dem ſtillen Oceane in die wahre Zone der großen Korallen-
riffe
ein, die ganze Inſeln und Länder einzäunen und eine höchſt
eigenthümliche Fauna bergen, welche in den ſtillen Gewäſſern der
Atoll’s und Lagunen einen Zufluchtsort ſucht. Hier finden ſich vor-
züglich die Lederfiſche (Teuthida), die Harthäuter (Sclerodermata) und
die in den lebhafteſten Farben ſchimmernde Familie der Schuppenfloßer
(Squamipennia). Der Hai mit Mahlzähnen (Cestracion) iſt in Au-
ſtralien und Japan verbreitet, während der Dugong (Halicore) vor-
züglich das rothe Meer und den perſiſchen Golf beſucht. In der
Sunda begegnen wir dem Nautilus und dem Poſthörnchen (Spirula),
dem einzigen Repräſentanten der vielkammerigen Cephalopodenſchalen
der Vorwelt; wir finden dort die Rieſenmuſcheln (Tridacna), die Loch-
muſcheln (Terebratula), die Trigonien; unter den Schnecken die glän-
zenden Familien der Kegel- (Conida) und Porcellanſchnecken (Cypraea)
in ihrer höchſten Entfaltung und in den Korallenriffen die reichſte
Entwicklung der Stachelhäuter in allen Formen und Familien. Als
eine beſondere Fauna kann dann endlich noch jener Theil des Oceans
angeſehen werden, welcher zwiſchen der oſtaſiatiſchen Küſte von
China bis Kamſchatka hin und der weſtamerikaniſchen im Nor-
den eingeſchloſſen iſt. Nicht minder eigenthümlich und von der des
großen Oceans verſchieden iſt die Bevölkerung des weſtlichen Küſten-
ſtriches von Südamerika längs der Küſte von Chili und Peru.
Es fehlen uns indeß noch genügende Thatſachen, um dieſe Faunen in
ihrer Beſonderheit zu umgränzen.


[591]

Vierzehnter Brief.
Geſchichte der Chierwelt.


Schon in dem fünften Briefe wurden einige der Erſcheinungen
erwähnt, welche die wiſſenſchaftliche Zoologie beſtimmen müſſen, lebende
und untergegangene Thiere zuſammenzufaſſen, um aus dieſen beiden
Elementen ein Geſammtbild des Thierlebens zu entwerfen, wie es ſich
nach allen Richtungen hin von ſeinen Anfängen an entfaltete. Dort
wurden auch in Kürze die verſchiedenen Geſteinformationen angeführt,
welche Reſte von Thierweſen einſchließen und einige allgemeine Re-
ſultate aus der Betrachtung derſelben gezogen. Bei den verſchiedenen
Klaſſen und Ordnungen haben wir uns ſtets bemüht die Erſcheinungs-
zeit derſelben, ſo wie die Entwicklung des Typus durch die verſchie-
denen geologiſchen Epochen hindurch anzuführen. Man vergeſſe aber
nicht, daß hier keine Gewißheit erhalten werden kann. Es wird und
muß dieſer Nachweis ſtets ein unvollſtändiger ſein, da nur diejenigen
Organe des Thierleibes der Zerſtörung durch die vielfachen Erdrevo-
lutionen entgehen konnten, welche eine gewiſſe Feſtigkeit beſitzen und
es ganze Klaſſen von Thieren gibt, denen alle Organe ſolcher Art
gänzlich abgehen. Namentlich findet dieſes, wie wir geſehen haben,
auch bei denjenigen Formen ſtatt, welche die niedrigſten Typen einer
Klaſſe darſtellen, ein Umſtand, durch welchen uns in der Entwicklungs-
geſchichte der Thierwelt gerade dieſe ſo wichtigen Anfangstypen durch-
aus abgehen. Es kann wohl keinem Zweifel unterworfen werden,
daß die Meere der Urwelt von einer ungemeinen Anzahl gallertartiger
Weſen wimmelten, deren Spuren uns jetzt gänzlich verloren gegangen
ſind und es iſt zum Beiſpiel weit mehr Wahrſcheinlichkeit vorhanden,
daß eine Menge von Typen, ähnlich dem Lanzettfiſchchen, die älteren
Ganoiden begleiteten, als aus dem Nichtvorhandenſein ſolcher Reſte
das Gegentheil einer ſolchen Annahme erſchloſſen werden könnte. Wenn
es ſich deßhalb um Erforſchung des Entwicklungsganges der Thier-
[592] welt handelt, ſo iſt ſtets hierauf die weſentlichſte Rückſicht zu nehmen
und es gilt hier mehr als bei allen anderen Geſichtspunkten der
Wiſſenſchaft der Satz, daß man Charaktere und Thatſachen nicht
zählen, ſondern wägen müſſe. Eine Aufzählung der Ordnungen,
Familien, Gattungen und Arten, wie ſie in hiſtoriſcher Reihenfolge
erſchienen, iſt deßhalb ſtets äußerſt verdienſtlich, die daraus gezogenen
numeriſchen Zuſammenſtellungen aber immer inſofern fehlerhaft, als
die der Zerſtörung unterworfenen Thiere einen unbekannten Faktor
in die Rechnung bringen und außerdem die Größen, welche man ver-
gleicht, keine adäquate Bedeutung haben, da eine Familie in der einen
Klaſſe oft einen ganz anderen Werth haben kann, als eine Ordnung
in einer anderen und zudem die Meinung der einzelnen Forſcher über
den gegenſeitigen Werth der Thiergruppen auf das breiteſte auseinan-
der gehen.


Faßt man, abgeſehen von den Schwierigkeiten, welche die Abgrän-
zung der einzelnen Geſteinformationen und damit der hiſtoriſchen Erd-
epochen dem Geologen bietet, die Bevölkerung der Erde zu einer ge-
wiſſen Zeit in das Auge, ſo ergibt ſich ſtets eine gewiſſe Gruppirung,
die in mancher Beziehung mit derjenigen der Faunen auf der Erde
einige Aehnlichkeit hat. So wie hier weit auseinander liegende Ge-
genden gänzlich verſchiedene Arten und Gruppen beſitzen, während
näher aneinander gränzende eine gewiſſe Gleichförmigkeit gewahren
laſſen, ſo zeigen ſich auch fern von einander liegende Erdepochen in
auffallender Verſchiedenheit, während näher liegende einen gewiſſen
gleichförmigen Anſtrich haben. Daß die Thierbevölkerung im Laufe
der Erdentwicklung ſich mannigfach geändert habe, kann keinem Zweifel
unterworfen ſein; — in welchem Sinne dies geſchehen ſei, ob in fort-
ſchreitender Entwicklung, ob rückſchreitend, darüber ſind die Meinun-
gen noch immer getheilt.


Jedenfalls ſteht feſt, daß die jedesmalige Thierbevölkerung auch
dem Zuſtande der Erde vollkommen entſprach und dieſem ebenſo ange-
paßt war, als die jetzige Schöpfung ihrer Umgebung. So ſehen wir
denn auch in den erſten Belebungszeiten, wo nur geringe Theile des
jetzigen Feſtlandes aus dem faſt die ganze Erde bedeckenden Waſſer
hervorragten, nur Waſſerthiere, aber keine luftathmenden Geſchöpfe
und erſt nach und nach erblicken wir mit dem fortſchreitenden Empor-
tauchen des feſten Landes auch eine zunehmende Ausbildung der luft-
athmenden Thiere. Schon dieſe Thatſache iſt von größter Wichtigkeit.
[593] Durch die ganze Thierwelt hindurch tritt uns das Geſetz entgegen,
daß in allen Kreiſen, deren Angehörige ſowohl das Waſſer, als das
Land bewohnen, die niederen Typen, zuweilen auch die Anfangsſtufen
der höheren Typen dem naſſen Elemente angehören, während die hö-
heren Formen Luft athmen. Bei keinem Kreiſe läßt ſich dieß Verhält-
niß mit größerer Sicherheit nachweiſen, als bei den Wirbelthieren, ob-
gleich auch die Gliederthiere und die Weichthiere es ohne Mühe gewah-
ren laſſen. So ſind hier die Fiſche ganz an das Waſſer gebunden,
die Lurche theilweiſe während ihres ganzen Lebens, theilweiſe nur in
ihrer erſten Entwicklungszeit. In dem Kreiſe der Gliederthiere ſind die
Kruſtaceen faſt nur Waſſerthiere, die höher ſtehenden Spinnen und In-
ſekten Luftthiere und bei den Weichthieren erhebt ſich nur die letzte
Ordnung, die der Lungenſchnecken, zur Athmung des gasförmigen
Elementes.


Wir haben ſchon früher den Satz ausgeſprochen, daß die Ent-
wicklung des Thierreiches in hiſtoriſcher Reihenfolge eine gewiſſe Aehn-
lichkeit darbiete mit der Entwicklung des Embryo’s bei den höheren
Typen und daß die älteren Formen gewiſſermaßen die embryonalen
Geſtalten wiederholen, welche nur vorübergehend in der individuellen
Geſchichte eines Thieres auftreten. Es muß daher, da wir die Ein-
theilung des Thierreiches weſentlich auf die Entwicklungsgeſchichte
deſſelben gründen, ein gewiſſes Verhältniß zwiſchen den Perioden der
embryonalen Entwicklung, den Eintheilungsgruppen der ſyſtematiſchen
Zoologie und der Aufeinanderfolge in der Erdgeſchichte ſich zeigen,
wenn anders dieſe Prinzipien als richtig erkannt werden ſollen. Frei-
lich laſſen ſich bis jetzt hierfür der Thatſachen nicht allzuviele anfüh-
ren, was aber in der Mangelhaftigkeit unſerer Kenntniſſe ſelbſt liegt,
die für viele Klaſſen noch gar keine, für andere nur höchſt unvoll-
kommene und unzuſammenhängende Thatſachen über die Entwicklungs-
geſchichte geliefert haben, und namentlich bei den verſchiedenen Kreiſen
der wirbelloſen Thiere noch außerordentlich lückenhaft erſcheinen.


So weit die bis jetzt vorhandenen Forſchungen reichen, iſt es
wahrſcheinlich, daß in den älteren Zeiten der Unterſchied der Klimate
und der telluriſchen Verhältniſſe auf der Erde überhaupt weit geringer
war, als in der jetzigen Zeit und daß dieſe Unterſchiede ſich erſt in
verhältnißmäßig neuer Epoche ausbildeten. Freilich beſchränken ſich
genauere paläontologiſche Unterſuchungen nur auf einen geringen Theil
des Feſtlandes, während ungeheure Strecken in allen Continenten ent-
weder gar nicht oder nur höchſt unvollſtändig unterſucht worden ſind,
Vogt. Zoologiſche Briefe, II. 38
[594] ſo daß in dieſer Beziehung noch keine hinreichende Menge von That-
ſachen geſammelt iſt. Erſt in der Tertiärzeit machen ſich Klimate
und Faunen in ähnlicher Weiſe bemerklich, wie in der unſrigen. Wenn
wir deßhalb Bilder des Thierlebens in verſchiedenen geologiſchen
Epochen der Erde hier in kurzen Umriſſen zeichnen, ſo wird die Feh-
lerhaftigkeit derſelben in Beziehung auf die paläontologiſchen Faunen
der einzelnen Erdtheile wenigſtens für die älteren Zeiten nicht ſehr
groß ſein, während es allerdings für die Tertiärzeit ebenſo, wie für
unſere Zeit lächerlich erſcheinen würde, ein zahnloſes Säugethier mit
einer Hyäne als Bewohner deſſelben Landſtriches zuſammenzuſtellen.
In dieſen Bildern können wir indeß nur die größeren Gruppen der
Geſteinſchichten, ſo wie wir ſie in dem fünften Briefe bezeichneten,
berückſichtigen und müſſen es ſpeziellen Forſchungen überlaſſen, näher
auf die Einzelheiten einzugehen.


In der erſten Belebungszeit der Erde oder in dem Ueber-
gangsgebirge
finden wir ſchon alle Kreiſe des Thierreiches, wie
wir ſie auch heute noch angenommen haben, vertreten, mit Ausnahme
der Urthiere, deren Zerſtörung indeß in dieſen Urgebirgsſchichten,
welche ſo vielfachen Metamorphoſen unterworfen waren, leicht einzu-
ſehen iſt. Die Strahlthiere zeigen ſich in den zwei einzigen Klaſſen
vertreten, deren Erhaltung in Geſteinen möglich iſt, in den Polypen
und in den Stachelhäutern und zwar finden ſich vorwiegend ſechs-
ſtrahlige Polypen, ſowie Orgelkorallen (Tubiporida) und Seekorke
(Alcyonida), die zuweilen größere Maſſen darſtellen. Die Stachel-
häuter ſind einzig durch die Seelilien (Crinoidea) repräſentirt und
zwar ſind die Seeäpfel (Cystocrinida) gänzlich auf dieſe erſte Bele-
bungszeit eingeſchränkt, mit der ſie verſchwinden, während die geſtiel-
ten Seelilien in größerer Anzahl durch die Caryocrinen und Actino-
criniden vertreten ſind. Alle höheren Typen der Stachelhäuter fehlen
durchaus und man kann deßhalb wohl ſagen, daß der Kreis der Strahl-
thiere und namentlich die Klaſſe der Stachelhäuter von niederen getäfelten
zu höheren gegliederten Typen fortſchreitet. Der Kreis der Würmer bie-
tet am wenigſten Gelegenheit zur Erhaltung dar, doch hat man Reſte ge-
funden, welche, wenn auch bis jetzt unbeſtimmbar, auf die Anweſenheit
von Ringelwürmern hindeuten. Unter den Molluskoiden hat man
nur wenige den Moosthieren (Bryozoa) angehörige Reſte unterſchie-
den, da Rippenquallen und Mantelthiere keine Ueberreſte hinterlaſſen.
Anders verhält es ſich mit den eigentlichen Weichthieren, welche faſt
alle feſte Schalen beſitzen. Hier ſehen wir denn vor allen die Unter-
[595] klaſſe der Armfüßer (Brachiopoda) in reichſter Ausbildung und jetzt
wie in der folgenden Periode an Zahl der Formen und der Indivi-
duen ungemein die übrigen Blattkiemer überwiegend, welche indeſſen
ſowohl durch Seiten- (Pleuroconcha) als Geradmuſcheln (Ortho-
concha)
vertreten ſind, während die Röhrenmuſcheln (Inclusa) noch
gänzlich fehlen. Die Floſſenfüßer (Pteropoda) erſcheinen nur in einigen
Gattungen, deren Stellung vielleicht noch zweifelhaft erſcheinen dürfte,
während unter den Bauchfüßlern (Gasteropoda), Rücken- (Opisthobran-
chia)
und Halskiemer (Prosobranchia) vertreten ſind, unter ihnen aber
faſt nur Familien mit ganzem Mundrande, indem die Kanalmündigen,
welche jetzt die Ueberhand haben, nur äußerſt wenige Arten als Reprä-
ſentanten zeigen. Bemerkenswerth iſt hier, daß die Larven der kanal-
mündigen Schnecken nichtsdeſtoweniger in ihrem Jugendzuſtande eine
ganze volle Mündung beſitzen, die ſich erſt ſpäter umwandelt. Der Kreis
der Kopffüßler iſt nur durch Vierkiemer (Tetrabranchiata) repräſentirt
und zwar die Familie der Perlboote (Nautilida) durch ſehr verſchieden-
artig aufgerollte, bald gerade, bald halbgebogene Arten, während die
Ammonshörner (Ammonitida) nur durch Gattungen vertreten ſind,
welche ungezähnelte Scheidewände darbieten (Goniatites). Die Zweikie-
mer fehlen durchaus. Die einzigen Repräſentanten der Gliederthiere be-
ſtehen in der Ordnung der Trilobiten, jenen ſeltſamen Cruſtaceen, welche
in ihrer Organiſation den niedrigſtehenden Blattfüßern am nächſten ſich
anreihen. Es ſtirbt dieſe Ordnung, der Vorläufer der übrigen krebs-
artigen Thiere, ſchon in der nächſtfolgenden Formation gänzlich aus.
Von Wirbelthieren zeigen ſich nur Fiſche, den Knorpelfiſchen und den
Schmelzſchuppern (Ganoidea) angehörig und meiſtens Familien, welche
wie die Schildköpfe (Cephalaspida), die Kleinſchupper (Acanthodida),
die Doppelfloſſer (Dipterida) und die Faltenſchupper (Holoptychida)
ſchon in der Kohlenformation gänzlich ausſterben, während einige an-
dere, wie die Haie mit Mahlzähnen (Cestracida) bis in unſre jetzige
Epoche, die Zweifloſſer (Coelacanthida) bis zur Kreidezeit ſich durch-
ziehen. So ſtellt ſich denn im Ganzen eine Thierwelt dar, welche einzig
aus Waſſerthieren beſteht, weßhalb auch dieſe erſte Schöpfung durchaus
auf die Anfangstypen der höheren Kreiſe beſchränkt iſt, und auch für die
niederen Kreiſe zwar zahlreiche Individuen, aber im Vergleich zu der
jetzigen Thierwelt nur wenige verſchiedene Gattungen und Familien zählt.
Viele Familien und ſelbſt Ordnungen, welche in dieſer Periode auftreten
und niedere Formen darſtellen, verſchwinden bald nach derſelben wieder,
um vollkommneren Platz zu machen und wenn wir uns nicht täu-
ſchen, ſo iſt auch die Abnahme der niederſtehenden Typen und ihre
38*
[596] Erſetzung durch höher gebildete ein Zeichen der zunehmenden Voll-
kommenheit.


In der Steinkohlenperiode, welche ſich durch die außer-
ordentliche Fülle ihrer Vegetation vor allen übrigen auszeichnet, ſehen
wir auch die Zahl der Typen in der Thierſchöpfung weſentlich ſich
vermehren. In wenig veränderten Schichten dieſer Formation hat
man die Wurzelfüßer (Rhizopoda) durch die Familie der Schnecken-
zieler (Helicostegida), die Infuſorien durch eine Art von Kranzthier-
chen (Peridinium) vertreten gefunden; während die Polypen etwa den-
ſelben Charakter behalten, zeigen die Stachelhäuter eine Anzahl neuer
Formen in freilich ſeltenen Schlangenſternen (Ophiurida), Seeſternen
(Asterida) und Seeigeln (Echinida), unter welchen jedoch lediglich die
Turbanigel (Cidarida) vertreten ſind. Zu den Schlangenwürmern ge-
ſellen ſich einige Röhrenwürmer, zu den Trilobiten Rankenfüßer (Cir-
chipedia)
, Blattfüßer (Phyllopoda) und Pfeilſchwänzer (Xyphosura),
ſowie Schalenflöhe (Cyprida), wie man ſieht, alle nur Repräſentanten
der niederen Ordnungen der Kruſtenthiere. Die erſten luftathmenden
Thiere treten in Skorpionen und Spinnen, in Käfern, Netzflüglern und
Geradflüglern auf, meiſt in bis jetzt unbeſtimmbaren Reſten. Bei
den Fiſchen erhält ſich derſelbe Typus, indem nur Knorpelfiſche und
Schmelzſchupper vorhanden ſind und zwar von letzteren einzig Fami-
lien mit heterozerker Schwanzfloſſe, Knochenhechte (Lepidosteida) und
Paläonisciden, welche eben ſo wie die hier zuerſt auftretenden Hybo-
donten in dem Jura ausſterben.


In dem permiſchen Syſteme oder dem Kupferſchiefer, das
ſonſt eine große Uebereinſtimmung hinſichtlich ſeiner Thiereinſchlüſſe
mit dem Kohlengebirge zeigt, tritt das erſte luftathmende Gliederthier
in Geſtalt eines beſchuppten Reptils aus der Familie der urweltlichen
Eidechſen (Protorosaurus) auf.


Die Schichten der Trias zeigen hinſichtlich der Infuſorien,
Wurzelfüßer und Weichthiere keine neue Thatſache. Bei den Sta-
chelhäutern entſteht ein neuer Typus in der Gattung Encrinus, bei
den Kopffüßlern in dem Auftreten der Ammoniten mit halbgezähnten
Scheidewänden (Ceratites) und der Zweikiemer (Dibranchiata), von
denen einige ſpärliche Belemniten zeugen. Unter den Cruſtaceen ge-
ſellt ſich zu den vorigen Typen die Unterklaſſe der Stielaugen (Po-
dophthalma)
und zwar mit langgeſchwänzten Krebſen (Macrura). Die
[597] Familien der Seekatzen (Chimaerida) und diejenigen der Plattzähner
(Pycnodonta) vervollſtändigen die ſchon repräſentirten Ordnungen der
Fiſche. Die Klaſſe der Lurche tritt zum erſten Male mit jenen ſelt-
ſamen Wickelzähnern (Labyrinthodonta) in die Erſcheinung, über deren
Organiſation das Urtheil der Forſcher noch ſchwankt und unter den
Reptilien findet ſich ein neuer Typus, derjenige der Seedrachen (Ena-
liosauria)
durch die Familie der Nothoſaurier repräſentirt. Der bunte
Sandſtein hat an manchen Orten Spuren aufbewahrt, welche man
mit größter Wahrſcheinlichkeit als von Vögeln herkommend gedeutet
hat, wenn gleich noch keine Knochen derſelben in dieſen Lagen gefun-
den worden ſind.


In den verſchiedenen Schichten der Jura-Epoche entfaltet ſich
ein verhältnißmäßig weit reicheres Thierleben als in der Trias, in
welcher mancherlei Verhältniſſe ſtörend auf das organiſche Leben ein-
gewirkt zu haben ſcheinen. Einzeiler (Stichostegida) vervollſtändigen
die Klaſſe der Wurzelfüßer; die riffbildenden Polypen erlangen eine
ſo ungemeine Entwickelung, daß man oft den ganzen Jura als ein
einziges Korallenriff aufgefaßt hat. Bei den Stachelhäutern zeigen
ſich jetzt alle Ordnungen und Familien vertreten, indem neben einer
großen Anzahl von Seelilien auch Haarſterne (Comatulida), alle Fa-
milien der Echiniden und Spuren von Seewalzen (Holothurida) vor-
kommen. In der Unterklaſſe der Armfüßler tritt die Ordnung der
Rudiſten auf, welche ſich in der Kreide am bedeutendſten entfaltet,
um dort auszuſterben. Die Kruſtenthiere zeigen die Aſſeln (Isopoda);
die Inſekten eine ziemliche Anzahl von Zweiflüglern, Schnabelkerfen
(Hemiptera), Schmetterlingen und Hautflüglern. Auſtern und kanal-
mündige Schnecken, ſowie Ammonshörner mit ganz gelappten Schei-
dewänden erreichen ihre höchſte Entfaltung. Unter den Fiſchen zeigen
ſich zwar nur noch Schmelzſchupper und Knorpelfiſche, erſtere aber
durch homocerke Familien, wie Kahlhechte (Amida), Lepidoiden und
Dapediden, ſowie durch Störe, letztere durch Rochen vervollſtändigt.
Unter den Reptilien ſieht man die rieſigen Dinoſaurier, die Seedrachen
(Enaliosauria), die Teleoſaurier und die Flugechſen (Pterodactylus)
ſowie See-, Sumpf- und Landſchildkröten von bedeutender Größe,
Endlich erſcheinen in den höheren Schichten dieſes Gebirges die erſten
Ueberreſte von Säugethieren und zwar bedeutſamer Weiſe der Ord-
nung der Beutelthiere, als der niederſten Reihe dieſer wichtigen Klaſſe
angehörend. Die enorme Entwickelung der Reptilien in ihren furcht-
barſten Formen und in mehreren ausgeſtorbenen Familien, ſo wie die
[598] ausgiebige Entfaltung der Korallenriffe und Auſternbänke und der
ihnen zugehörigen Bevölkerung von Seethieren anderer Art iſt es vor-
züglich, welche dieſe Periode der Erdgeſchichte charakteriſirt.


Die verſchiedenen Schichten der Kreide waren durch ihre eigen-
thümliche Structur theilweiſe beſonders geeignet, kleinere delikate For-
men zu erhalten. So ſehen wir denn auch in ihnen alle Familien der
Wurzelfüßer (Rhizopoda) in großen Mengen vertreten und theilweiſe
durch ihre Anhäufung ganze Schichtenmaſſen bildend. Die Rudiſten,
welche hier weite Gebirgszonen bilden, verſchwinden mit dieſer Forma-
tion, ebenſo die Ammonshörner, welche vorher ſeltſam aufgerollte und
gewundene Formen zeigen. Dagegen finden wir die Krabben unter
den Cruſtaceen und die Knochenfiſche (Teleostia) durch eine große
Anzahl von Familien verſchiedener Unterordnungen vertreten. Bü-
ſchelkiemer (Lophobranchia) und Harthäuter (Selerodermata), Urbarſche
(Holocentrida), Makrelen (Scomberida), Schwertfiſche (Xiphida) und
Pfeilhechte (Sphyraenida) erſcheinen ſchon in tieferen Schichten, wäh-
rend in den höheren Nacktzähner (Gymnodonta), Häringe (Clupeida),
Aale (Apoda), Lippfiſche (Labroida), Röhrenmäuler (Aulostomida),
Panzerwangen (Cataphracta), Umberfiſche (Sciaenida), Meerbraſſen
(Sparida), Schuppenfloſſer (Squamipennia), Lederfiſche (Teuthida) und
Armfloſſer (Pediculata) ſich dieſen zugeſellen, ſo daß, wie man ſieht,
die Stachelfloſſer hier bedeutend das Uebergewicht haben. Während
die Reptilien noch beſonders durch die plumpen Formen der Dino-
ſaurier ſich auszeichnen, führt uns die Kreide die erſten Knochen von
Vögeln und zwar von Waſſervögeln (Palmipedia), Schnepfen (Scolo-
pacida)
und Singvögeln (Oscines) vor, Reſte, die indeſſen noch alle
einer näheren Beſtimmung harren.


In der Tertiärzeit treten zuerſt die Lungenſchnecken (Pulmonata)
der höchſte Typus der Weichthiere auf, mit ihnen unter den Kruſten-
thieren die Flohkrebſe (Amphipoda) und die Mundfüßer (Stomapoda),
ſo daß jetzt alle Familien dieſer letzteren vervollſtändigt ſind. An ſie
reiht ſich die Klaſſe der Myriapoden und unter den Fiſchen die Säge-
rochen (Squatinorajida), die Karpfen (Cyprinida) und Zahnkarpfen
(Cyprinodonta), die Hechte (Esocida), die Stockſiſche (Gadida), die
Schollen (Pleuronectida), die Hornhechte (Belone), die Harder (Mugi-
lida)
, die Scheibenbäuche (Gobioida) und Schleimfiſche (Blennida), ſo
daß hierdurch allmälich die Weichfloſſer mit den Stachelfloßern gleich
geſtellt werden. Die Klaſſe der Lurche tritt mit rieſigen Molchen
[599](Andrias) und Fröſchen auf; bei den Reptilien geſellt ſich zu den
übrigen Gattungen die Ordnung der Schlangen und bei den
Vögeln vervollſtändigen ſich die übrigen Ordnungen in ſolcher
Weiſe, daß nur die Laufvögel für den letzten Abſchnitt dieſer
Zeit, den man ebenſo gut auch für den Anfang unſerer Epoche
nehmen kann, nämlich für das Diluvium, übrig bleiben. Zugleich
aber zeichnet ſich die Tertiärzeit durch das maſſenhafte Auftreten
der Säugethiere vorzüglich aus, und da dieſe Klaſſe zu uns ſelbſt in
der nächſten Beziehung ſteht, ſo gehen wir auf die Erſcheinung der
einzelnen Ordnungen und Familien etwas genauer ein, als dieſes bei
den vorigen Klaſſen der Fall ſein konnte.


In dem unteren Tertiärgebirge, welches vorzüglich durch
die Ablagerungen von Paris, London und die gleichzeitigen Schichten
anderer Länder vertreten iſt, zeigen ſich ſelbſt in Europa Reſte von
Beutelthieren, ſo wie von Walfiſchen und Delphinen, welche wir in
den Beginn der Säugethierreiche mit Mutterkuchen geſtellt haben. Die
Dickhäuter ſind zahlreich vertreten durch die ausgeſtorbenen Familien
der Paläotherien und Anaplotherien, ſowie durch eigenthümliche
Schweine (Suida), welche mit dieſen gemeinſchaftlich vorkamen. Unter
den Raubthieren finden ſich Hunde, Stinkratzen (Viverrida) und Viel-
fraße (Gulida), von Nagern nur Siebenſchläfer (Myoxida) und Eich-
hörnchen (Sciurida) vor. Die Flatterthiere ſind durch eigentliche
Fledermäuſe (Vespertilionida) und die ſchmalnaſigen Affen (Calarrhina)
durch eine einzige Art, welche dem gemeinen Makaken nahekommt,
vertreten. So geſtaltet ſich ſchon eine Säugethierfauna, in welcher
zwar viele Ordnungen unvertreten ſind, aber dennoch ein gewiſſes
Ganze ſich herausſtellt, in welchem die Dickhäuter vor allem vorwiegen.


In dem mittleren Tertiärgebirge macht ſich beſonders das
Auftreten der Seekühe (Manatida), der Wiederkäuer und der Inſekten-
freſſer bemerklich. Neben den eigentlichen Walfiſchen erſcheinen Ueber-
reſte ausgeſtorbener Seekuharten, wie der Familie der Dinotherien,
deren gigantiſche Reſte ſich zunächſt an die Dickhäuter anſchließen.
Die Ordnung der Dickhäuter wird vervollſtändigt durch die Familie
der Rüſſelträger (Proboscidea) und die Gattung Maſtodon, durch die
Nashörner und die Tapire, welche weſentlich durch die ausgeſtorbene
Gattung Lophiodon vertreten werden. Auch die Ordnung der Einhufer
hat hier zum erſten Male Reſte von Pferden hinterlaſſen; von den
Wiederkäuern ſind die Familien der Moſchusthiere (Moschida), der
Hirſche (Cervida) und der Antilopen (Cavicornia) vertreten und zu
[600] den früheren Familien der Fleiſchfreſſer geſellen ſich Katzen, Hyänen
und Marder (Mustelida), während die Inſektenfreſſer mit Maulwürfen
(Talpida) auftreten und Haſen (Leporida) und Biber (Castorida) die
Ordnung der Nager vervollſtändigen.


In den oberen Tertiärgebilden finden ſich die Reſte der
merkwürdigen Familien der Doppelzähner, (Zeuglodontida), die ein
Zwiſchenglied der Ordnung der Walthiere und derjenigen der Robben
macht, welche letztere hier durch Walroſſe (Trichecida) und Seehunde
(Phocida) vertreten iſt. Die Nilpferde (Hippopotamus) geſellen ſich
den übrigen Dickhäutern, Kamele, gigantiſche Giraffen (Sivatherium)
und Ochſen den Wiederkäuern zu. Die Familie der Bären (Ursida)
tritt in der Ordnung der Fleiſchfreſſer, diejenigen der Mäuſe (Murida),
der Lanzenratten (Psammoryctida), der Stachelſchweine (Hystricida)
und der Kammmäuſe (Ctenomys) unter den Nagern auf.


Die Diluvialgebilde zeichnen ſich durch eine außerordentliche
Entwicklung der Fleiſchfreſſer hinſichtlich ihrer Zahl und Größe aus,
obgleich keine beſondere Vermehrung der Familien vorhanden iſt.
Neuholland hat eine Menge von foſſilen Beutelthierreſten geliefert,
welche den Familien der Beutelnager (Phascolomida), der Kängurus
und der fleiſchfreſſenden Beutelthiere angehören, während Amerika die
ausgeſtorbene Seekuhfamilie der Toxodonten, Europa dagegen die noch
lebende der Elephanten liefert. In Südamerika finden ſich ferner die
zahnarmen Thiere durch Ameiſenfreſſer, Gürtelthiere und Großthiere,
die Nager durch Springhaſen (Macropoda), Haſenmäuſe (Lagostomida),
Maulwurfmäuſe (Spalacida) und Meerſchweine (Cavida), ſo wie die
Vierhänder durch plattnaſige Affen (Platyrrhina) und Krallenaffen
(Hapalida) vertreten. So vervollſtändigt ſich der Kreis der Schöpfung
immer mehr, je weiter man ſich der Jetztwelt nähert und in der That
erſcheinen von den jetzt vorhandenen Ordnungen der Säugethiere nur
die beiden Endpunkte, die Kloakenthiere (Monotremata) und die Zwei-
händer oder der Menſch in der Tertiärzeit unvertreten, während von
einzelnen Familien die Borkenthiere (Rytinida), die jetzt ebenfalls von
der Erde vertilgt ſind, die Faulthiere (Bradypida), die Klippdachſe
(Hyracida), die Kinkajous (Cercoleptida), die Kletter- (Cladobatida)
und Springmäuſe (Macroscelides), die früchtefreſſenden Fledermäuſe
(Pteropida) und die Pelzflatterer (Dermoptera) noch keine Vertreter in
den Schichten der Erde gezeigt haben.

[601]

Appendix A Syſtematiſches Inhaltsverzeichniß
des zweiten Bandes.


  • Seite.
  • Zwölfter Brief. Kreis der Wirbelthiere. Vertebrata1
  • Niedere Wirbelthiere26
  • Klaſſe der Fiſche. Pisces27
  • Röhrenherzen. Leptocardia102
  • Lanzettfiſchchen. Amphyoxida102
  • Rundmäuler. Cyclostomata105
  • Inger. Myxinida106
  • Lampreten. Petromyzida107
  • Knorpelfiſche. Selachia107
  • Kleinmäuler. Holocephala113
  • Seekatzen. Chimaerida113
  • Quermäuler. Plagiostomata114
  • Rochen. Rajida115
  • Mahlrochen. Myliobatida116
  • Paſtinaken. Trygonida117
  • Rochen. Rajida117
  • Zitterrochen. Torpedida117
  • Hairochen. Squatinorajida117
  • Haien. Squalida117
  • Hybodonten. Hybodida118
  • Mahlhaien. Cestracida118
  • Dornhaien. Spinacida118
  • Glatthaien. Galeida119
  • Menſchenhaien. Carcharida119
  • Lamien. Lamnida119
  • Grauhaien. Notidanida119
  • Hundshaien. Scyllida119
  • Schmelzſchupper. Ganoidea120
  • Panzerganoiden. Loricata124
  • Schildköpfe. Cephalaspida125
  • Störe. Accipenserida126
  • Löffelſtöre. Spatularida127
  • Eckſchupper. Rhombifera128
  • Kleinſchupper. Acanthodida129
  • Flöſſelhechte. Polypterida130
  • Doppelfloſſer. Dipterida131
  • Einzeiler. Monosticha132
  • Paläonisciden 133
  • Dapediden 133
  • Doppelzeiler. Disticha133
  • Knochenhechte 133
  • Lepidoiden 133
  • Plattzähner. Pyc[l]odontida134
  • Seite.
  • Rundſchupper. Cyclifera135
  • Faltenſchupper. Holoptychida136
  • Zweifloſſer. Coelacanthida137
  • Kahlhechte. Amida138
  • Knochenfiſche. Teleostia139
  • Büſchelkiemer Lophobranchia143
  • Tangſchnellen. Syngnathida144
  • Haftkiefer. Plectognatha144
  • Harthäuter. Sderodermata145
  • Kofferfiſche. Ostracida145
  • Hornfiſche. Balistida145
  • Nacktzähner. Gymnodonta146
  • Igelfiſche. Diodontida146
  • Dreizähner. Triodontida147
  • Mondfiſche. Orthagoriscida147
  • Weichfloſſer. Malacoptera147
  • Panzerwelſe. Goniodonta148
  • Welſe. Silurida149
  • Characinen. Characina150
  • Karpfen. Cyprinida151
  • Zahnkarpfen. Cyprinodonta152
  • Hechte. Esocida153
  • Nilhechte. Mormyrida153
  • Häringe. Clupeida154
  • Leuchtfiſche. Scopelida155
  • Lachſe. Salmonida156
  • Blindfiſche. Heteropygia157
  • Fußloſe. Apoda157
  • Aale. Muraenida158
  • Löcheraale. Symbranchida158
  • Zitteraale. Gymnotida159
  • Ohnedornen. Anacanthina160
  • Sandaale. Ammodytida160
  • Schlangenfiſche. Ophidida161
  • Stockfiſche. Gadida161
  • Schollen. Pleuronectida162
  • Schlundnähter. Pharyngognatha163
  • Hornhechte. Scomberesocida164
  • Chromiden. Chromida165
  • Kamm-Lippfiſche. Pomacentrida165
  • Lippfiſche. Labrida166
  • Stachelfloſſer. Acanthoptera167
  • Roͤhrenmäuler. Aulostomida168
  • Panzerwangen. Cataphracta169
  • Barſche. Percida170
  • Barſche. Percida171
  • Urbarſche. Holocentrida172
  • Petermännchen. Trachinida172
  • Meerbarben. Mullida173
  • Umberfiſche. Sciaenida173
  • Meerbraſſen. Sparida174
  • Schuppenfloſſer. Squamipennia175
  • Lederfiſche. Teuthida177
  • Doraden. Coryphaenida177
  • Makrelen. Scomberida178
  • Schwertfiſche. Xiphioida180
  • Pfeilhechte. Sphyraenida181
  • Dornrücken. Notacanthida181
  • Seite.
  • Bandfiſche. Taenioida182
  • Harder. Mugilida183
  • Scheibenbäuche. Gobioida183
  • Schleimfiſche. Blennioida184
  • Armfloſſer Pediculata185
  • Labyrinthfiſche. Labyrinthida186
  • Klaſſe der Lurche. Amphibia190
  • Schuppenlurche. Lepidota211
  • Schleichenlurche. Apoda213
  • Blindwühlen. Coecilida214
  • Wickelzähner. Labyrinthodonta215
  • Schwanzlurche. Molche. Caudata216
  • Kiemenmolche. Sirenida218
  • Aalmolche. Amphiumida219
  • Molche. Salamandrida219
  • Waſſermolche. Tritonida220
  • Erdmolche. Salamandrida220
  • Froſchlurche. Anura220
  • Zungenloſe. Aglossa222
  • Kröten. Bufonida223
  • Froſche. Ranida224
  • Eigentliche 224
  • Laubfröſche. Hylida224
  • Höhere Wirbelthiere225
  • Klaſſe der Reptilien. Reptilia226
  • Reihe mit querem After und doppelter Ruthe 252
  • Schlangen. Ophidia252
  • Giftſchlangen. Venenosa256
  • Grubenottern. Crotalida258
  • Ottern. Viperida259
  • Giftnattern 259
  • Seeſchlangen. Hydrida259
  • Echte Giftnattern. Elapida260
  • Trugnattern. Suspecta260
  • Waſſernattern. Homalopsida261
  • Erdnattern. Coelopeltida261
  • Baumnattern. Dryophida261
  • Giftloſe Schlangen. Innocua261
  • Nattern. Colubrida261
  • Rieſenſchlangen. Peropoda262
  • Schlinger. Pythonida263
  • Königsſchlangen. Boida263
  • Rollſchlangen. Erycida263
  • Wickelſchlangen. Tortricida263
  • Wurmſchlangen. Scolecophida264
  • Blindſchlangen Typhlopida264
  • Zahnſchleichen. Catodontida265
  • Eidechſen. Sauria265
  • Ringelechſen. Annulata269
  • Doppelſchleichen. Amphisbaenida270
  • Eigentliche Eidechſen. Autosauria270
  • Nacktaugen. Gymuophthalma270
  • Seite.
  • Schleichen. Scincida271
  • Wirtelſchleichen. Chalcidida272
  • Eidechſen. Lacertida273
  • Der alten Welt. Lacertida274
  • Der neuen Welt. Ameivida274
  • Warneidechſen. Varanida274
  • Urechſen. Palaeosaurida275
  • Maasechſen. Mosasaurida276
  • Chamaeleon’s. Chamaeleonida277
  • Gecko’s. Geckotida278
  • Leguane. Iguanida279
  • Großechſen. Dinosauria282
  • Flugechſen. Pterodactylia282
  • Reihe mit Längsafter und einfacher Ruthe 284
  • Waſſerechſen. Hydrosauria284
  • Meerdrachen. Enaliosauria284
  • Der Trias. Nothosaurida285
  • Fiſchdrachen. Ichthyosaurida285
  • Schlangendrachen. Plesiosaurida286
  • Panzerechſen. Loricata286
  • Teleoſaurier. Teleosaurida288
  • Steneoſaurier. Steneosaurida288
  • Krokodile. Crocodilida288
  • Schildkröten. Chelonia289
  • Seeſchildkröten. Thalassita291
  • Flußſchildkröten. Potamida292
  • Sumpfſchildkröten. Elodita293
  • Lurchſchildkröten. Chelyda293
  • Sumpfſchildkröten. Emyda293
  • Landſchildkröten. Chersita294
  • Klaſſe der Vögel. Aves295
  • Reihe der Neſthocker. Insessores328
  • Tauben. Columbae328
  • Tauben. Columbida328
  • Dronten. Inepta329
  • Steppentauben. Pteroclida330
  • Singvögel. Oscines330
  • Schwalben. Hirundinida332
  • Fliegenſchnäpper. Muscicapida333
  • Würger. Lanida333
  • Buſchſänger. Sylvida334
  • Waldſänger. Sylvicolida334
  • Bachſtelzen. Motacillida334
  • Tangara’s. Tanagrida335
  • Droſſeln. Turdida335
  • Finken. Fringillida335
  • Lerchen. Alaudida336
  • Baumläufer. Certhida337
  • Honigvögel. Cinnyrida337
  • Staare. Sturnida338
  • Gelbvögel. Icterida338
  • Raben. Corvida338
  • Pirole. Paradisvögel 339
  • Seite.
  • Schreivögel. Clamatores339
  • Echte Schreivögel 340
  • Luftröhrenkehler. Tracheophona340
  • Wollrücken. Eriodorida341
  • Baumhacker. Anabatida341
  • Schmuckvögel. Colopterida342
  • Rakken. Coracida342
  • Bienenfreſſer. Meropida343
  • Wiedehopfe. Upupida343
  • Eisvögel. Alcedida343
  • Nashornvögel. Bucerida344
  • Schrillvögel. Strisores345
  • Kolibri’s. Trochilida345
  • Mauerſchwalben. Cypselida345
  • Nachtſchwalben. Caprimulgida346
  • Schopfhühner. Opisthocomida346
  • Wendezeher. Amphibola347
  • Klettervögel. Scansores347
  • Papageien. Psittacida347
  • Pfefferfreſſer. Rhamphastida348
  • Spechte. Picida349
  • Bartvögel. Bucconida349
  • Glanzvögel. Galbulida349
  • Kuckuke. Cuculida350
  • Raubvögel. Raptatores350
  • Nachtraubvögel 352
  • Eulen. Strigida352
  • Tagraubvögel 353
  • Geier. Vulturida353
  • Lämmergeier. Gypaëtida354
  • Falken. Falconida355
  • Edelfalken 355
  • Unedle Falken 355
  • Adler 355
  • Stelzfalken 356
  • Reihe der Pippel. Autophagi356
  • Schwimmvögel. Natatores357
  • Pinguine. Impennia359
  • Alken. Alcida359
  • Taucher. Colymbida360
  • Enten. Lamellirostria361
  • Ruderſüßler. Steganopoda362
  • Möven. Larida363
  • Sturmvögel. Procellarida364
  • Sumpfvögel. Grallatores365
  • Waſſerhühner. Macrodactylia366
  • Schnepfen. Scolopacida367
  • Strandläufer. Charadrida368
  • Reiher. Ardeida368
  • Hühnerſtelzen. Alectorida369
  • Hühnervögel. Gallinacea370
  • Tavone. Megapodida372
  • Echte Huͤhner. Phasianida272
  • Feldhühner. Tetraonida373
  • Steißhühner. Crypturida373
  • Jakuhühner. Penelopida374
  • Seite.
  • Laufvögel. Cursores375
  • Strauße. Struthionida376
  • Rieſenvögel. Dinornida376
  • Kiwi-kiwi’s. Apterygida377
  • Klaſſe der Säugethiere. Mammalia378
  • Unterklaſſe der Säugethiere ohne Mutterkuchen. Aplacentaria432
  • Kloakenthiere. Monotremata433
  • Schnabelthiere. Ornithorhynchida436
  • Ameiſenigel. Echidnida437
  • Beutelthiere. Marsupialia437
  • Beutelnager. Glirina441
  • Känguruh’s. Macropodida442
  • Früchtefreſſer. Frugivora442
  • Inſektenfreſſer. Insectivora443
  • Fleiſchfreſſer. Carnivora444
  • Unterklaſſe der Säugethiere mit Mutterkuchen. Placentaria445
  • Reihe mit zerſtreuten Mutterkuchenzotten 446
  • Walthiere. Cetacea446
  • Eigentliche Walthiere. Cetacea447
  • Walfiſche. Balaenida448
  • Pottfiſche. Physeterida450
  • Delphine. Delphinida450
  • Doppelzähner. Zeuglodonta451
  • Seekühe. Sirenia452
  • Borkenthiere. Rytinida453
  • Seekühe. Manatida453
  • Dinotherien. Dinotherida454
  • Toxodontida455
  • Dickhäuter. Pachydermata455
  • Rüſſelthiere. Proboscidea457
  • Tapire. Nasuta460
  • Schweine. Suida460
  • Palaeotherida462
  • Flußpferde. Obesa463
  • Nashörner. Rhinocerida464
  • Klippdachſe. Hyracida464
  • Anoplotherida465
  • Einhufer. Solidungula466
  • Pferde. Equida466
  • Wiederkäuer. Ruminantia469
  • Kameele. Tylopoda473
  • Giraffen. Devexa475
  • Moſchusthiere. Moschida476
  • Hirſche. Cervida477
  • Hohlhörner. Cavicornia478
  • Zahnarme. Edentata480
  • Wurmzüngler. Vermilinguia482
  • Gürtelthiere. Cingulata482
  • Großthiere. Megatherida483
  • Faulthiere. Bradypoda484
  • Reihe der Säugethiere mit gürtelförmigem Mutterkuchen 485
  • Robben. Pinnipedia486
  • Walroſſe. Trichechida488
  • Seehunde. Phocida489
  • Seite.
  • Raubthiere. Carnivora490
  • Katzen. Felida492
  • Hyänen. Hyaenida494
  • Hunde. Canida494
  • Stinkratzen. Viverrida495
  • Marder. Mustelida496
  • Vielfraße. Gulida497
  • Bären. Ursida498
  • Kinkajou’s. Cercoleptida499
  • Reihe der Saͤugethiere mit ſcheibenförmigem Mutterkuchen 500
  • Inſektenfreſſer. Insectisora501
  • Maulwürfe. Talpida502
  • Spitzmäuſe. Soricida503
  • Springer. Salientia504
  • Klettermäuſe. Cladobatida505
  • Flatterthiere. Volitantia506
  • Fledermäuſe. Chiroptera507
  • Fledermäuſe. Vespertilionida508
  • Fliegende Hunde. Frugivora509
  • Pelzflatterer. Dermoptera510
  • Nagethiere. Glires511
  • Haſen. Leporida514
  • Meerſchweinchen. Cavida515
  • Haſenmäuſe Lagostomida516
  • Springhaſen. Macropoda516
  • Stachelſchweine. Hystricida517
  • Biber. Castorida517
  • Maulwurfmäuſe. Georhycha518
  • Mäuſe. Murida519
  • Schrotmäuſe. Psammoryctida521
  • Eichhörnchen. Sciurida521
  • Siebenſchläfer. Myoxida522
  • Affen. Quadrumana523
  • Halbaffen. Prosimiae524
  • Dünnfinger. Leptodactyla525
  • Langfüßer. Tarsida526
  • Nachtaffen. Nycticebida527
  • Fuchsaffen. Lemurida527
  • Affen. Simiae529
  • Krallenaffen. Hapalida530
  • Plattnaſen. Platyrrhina531
  • Schmalnaſen. Catarrhina532
  • Zweihänder. Bimana535
  • Aethiopier 557
  • Polyneſier 560
  • Amerikaner 561
  • Turaner 563
  • Irauer 567
  • Dreizehnter Brief: Verbreitung der Thiere auf der Erde
    Verbreitungsbezirke 571
  • In vertikaler Richtung 572
  • In horizontaler Ausdehnung 572
  • Schwierigkeiten der Unterſuchung 573
  • Seite.
  • Begränzung der Faunen 577
  • Faunen des Feſtlandes 581
  • Polare 581
  • Des alten Continentes 581
  • Gemäßigte 582
  • Von Central-Europa 582
  • Von Südſibirien 583
  • Mittelländiſche 583
  • Aſiatiſche Steppenfaunen 584
  • Von China 584
  • Tropiſche Fauna 584
  • Oſtindiens 584
  • Der Sunda-Inſeln 584
  • Afrika’s 585
  • des Caplandes 585
  • Des neuen Continentes 586
  • Gemäßigte Fauna Nordamerika’s 586
  • Tropiſche Fauna Südamerika’s 586
  • Feuerland 587
  • Faunen Auſtraliens 587
  • des Meeres 588
  • Polarmeere 588
  • Nordſee und nördlicher Atlantiſcher Ocean 589
  • Mittelmeer 589
  • Südlicher Ocean 589
  • Indiſches Meer; Rothes Meer; Perſiſcher Meerbuſen; Sunda-
    Meer; Stiller Ocean der Tropengegend 590
  • Chineſiſches Meer der Tropengegend 590
  • Weſtliches Küſtenmeer Südamerika’s 590
  • Vierzehnter Brief. Geſchichte der Thierwelt591
  • Fauna des
    Uebergangsgebirges 594
  • Steinkohlenperiode 596
  • Permiſchen Syſtemes 596
  • Trias 596
  • Jura 597
  • Kreide 598
  • Tertiärſyſtemes 598
  • Säugethierfauna der
    Unteren 599
  • Mittleren 599
  • Oberen Tertiärſchichten 600
  • Diluvialgebilde 600

[609]

Appendix B Alphabetiſches Namensregiſter.


(Die mit ganz fetter Schrift gedruckten Namen bedeuten die Kreiſe, die mit halb
fetter Schrift
die Klaſſen, die mit Schwabacher und cursiv Schrift die Ordnun-
gen, und jene mit geſperrter Schrift gedruckten die Familien.)


A.
AaleII. 158. 189.
AalmolcheII. 219.
Aalquappe II. 33. 162.
AalwürmchenI. 184.
Aaskäfer I. 667. 669.
Abdominales II. 32.
Abendpfauenauge I. 628.
AbendſchwärmerI. 627.
Ablepharus II. 271
Abramis II. 152.
Abramis brama I. 204.
Abyſſinier II. 569.
Acaena I. 625.
Acaenites I. 691.
Acalephae I. 254.
Acalyptera I. 605.
Acanthia lectularia I. 574.
Acanthicus II. 148.
Acanthida 1. 574.
Acanthius II. 119.
Acanthocephala 1. 180.
Acanthocercus I. 441.
Acanthodactylus II. 274.
Acanthodes II. 130.
Acanthodida II. 129.
188.
Acanthophis II. 259.
Acanthoplera II. 167.
Acanthosoma I. 575.
Acanthurus chirurgus II.
177.
Acanthylis II. 346.
Acanus II. 172.
Acara II. 165.
Acarida I. 501.
Acarina I. 497.
Acarus I. 501.
Accentor II. 335.
Accipenser II. 127.
Accipenser huso II. 126.
Accipenser ruthenus II. 45.
Accipenser sturio II. 36.
Accipenserida II. 126.
188.
Acephala I. 274.
Acerina II 171.
Acerotherium II. 464.
Achatina I. 357.
Acherontia I. 628.
Achirus II. 163.
Achlysia I. 503.
Achorutes I. 563.
AchtfüßerI. 390.
Achtheres percarum I. 428.
432.
Achtherida I. 432.
Acineta I. 97.
Acmaea I. 343.
Acontias II 272.
Acrantus II. 274.
Acridida I. 583.
Acridium I. 519. 576. 584.
Acridium migratorium I.
583.
Acrocera I. 611.
Acrocerida I. 611
Acrodonten II. 282.
Acrodus II. 118.
Acrogaster II. 172.
Acrolepis II. 133.
Actaeon I. 340.
Actinia I. 111. 121.
Actinida I. 120.
Actinocriniden I. 155.
Actinocrinus I. 155.
Actinolepis II. 137.
Actinophrys I. 82. 97.
Adela I. 623.
Adler II. 298. 303. 355.
AefferII. 524.
Aega I. 480.
Aeges I. 459.
Aegialia I. 667.
Aegialites II. 368.
Aegina I. 137.
Aeglea I. 465.
Aelia I. 575.
Aelodon II. 288.
Aeolosoma I. 230.
AenderlingeI. 93.
Aenderlinge, gepanzerte I. 93.
Aenia I. 240.
Aepyornis II. 377.
Aequorea I. 137.
Aequorida I. 136.
Aeschna I. 519. 527.
Aeschna forcipata I. 593.
Aesculapſchlange II. 262.
Aethiopier II. 557.
Aethon I. 432.
Aetobatis II. 117.
AffenII. 523.
Affen, eigentlicheII.529.
Affen, geſchwänzte mit Ge-
fäßſchwielen II. 532.
Affen, ungeſchwänzte ohne
Backentaſchen II. 533.
Afghanen II. 570.
Agalma I. 141.
Agama colonorum II. 281.
Agaricophagus I. 664.
Agathidium I. 664.
Agathis I. 691.
Agathistegida I. 84.
Agelaeus II. 338.
Aglossa I. 623. II. 222.
Agnostus I. 447.
Agrion I. 546. 593.
Agrion virgo I. 593.
Agriopus II. 170.
Agyrtes I. 668.
Ai II. 484.
Ai-Ai II. 525.
Ailurus II. 496.
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 39
[610]Alabes II. 159.
Alactaga II. 517.
Alaemon II. 336.
Alanda cristata II. 336.
Alaudida II. 336.
Albunea I. 464.
Alca II. 360.
Alcedida II. 343.
Alcedo ispida II. 344.
Alcida II. 359.
Alcinoe I. 257.
Alciope I. 240
Alcyonella I. 253.
Alcyonida I. 123.
Alecto I. 157.
Alectorida II. 369.
Aleyrodes I. 569.
Alfuru’s II. 560.
Aligator lucius II. 234. 289.
AlkenII. 359.
Allotria I. 689.
Alosa II 84. 155.
Alpenforelle II. 156.
Alpheus I. 459.
Aluteres II. 146.
Alysia I. 691.
Alyſiden I. 691.
Alytes II. 224.
Amara I. 675.
Amarucium I. 258. 266.
Amarucium Nordmanni I.
263.
Amazonen I. 686.
Amblyopsis II. 157.
Amblypterus II. 133.
Amblyrhynchus ater II. 281.
Amblyurus II. 133.
Ambystoma II. 220.
AmeiſenI. 687. 702. 703.
Ameiſen, weißeI. 586.
AmeiſenbeutlerII. 444.
Ameiſenheimchen I. 582.
Ameiſenigel II. 389. 432.
437.
AmeiſenkäferI. 669.
Ameiſenlöwe I. 557. 639.
Ameiſenlöwen, Larve des I.
640.
Ameiſenſchrecke I. 582.
Ameiva II. 274.
Ameivida II. 274.
Amerikaner II. 561.
Ametabola I. 556. 559.
Amia II. 136. 138.
Amia calva II. 76. 121.
Amiba I. 82.
Amida II. 138. 188.
Ammocoetes branchialis II.
43.
Ammocoetus II. 107.
Ammodytes tobianus II.
160.
Ammodytida II. 160.
Ammonites I. 386. 387.
Ammonitida I. 383. 386.
AmmonshörnerI. 383.
386.
Ammophila I. 636. 697.
Ammothoe I. 496
Ampelis II. 342.
Ampelis cotinga II. 306.
Ampelis cucullata II. 342.
Amphacanthus II 177.
Amphiarctos II. 499.
Amphibia II. 24. 190.
Amphibola II. 347.
Amphicora I. 236.
Amphicyon II. 498.
Amphimallum I. 667.
Amphinome I. 218. 240.
Amphinomida I. 240.
Amphion I. 455.
Amphioxida II. 102.
Amphioxus II. 13. 38.
Amphioxus lanceolatus II.
102.
Amphipeplea I. 356.
Amphipnous Cuchia II. 75.
159.
Amphipoda I. 423. 475.
Amphiprion chrysogaster
II.
33. 166.
Amphisbaena II. 270.
Amphisbaenida II. 270.
Amphisyle II. 169.
Amphitrite 1. 236.
Amphiuma tridactylum II.
219.
Amphium’ida II. 219
Ampullaria cornu arietis I.
358.
Ampullarida I. 358.
Amyxodon II. 494.
Anabas scandens II. 187.
Anabates II. 341.
Anabatida II. 341.
Anableps II. 152.
Anacanthina II. 160.
Anampses II. 167.
Ananchytes I. 168.
Anapera I. 604.
Anarrhichas lupus II. 185.
Anas nigra II. 361.
Anatifa laevis I. 423. 427.
Anchorclla I. 433.
Ancyla I. 700.
Ancylida I. 341.
Andrena I. 700. 701.
Andrias II. 219.
Androctonus I. 513.
Anenchelum II. 180.
Angia I. 120.
Anguilla II. 158.
Anguillulida I. 184.
Anguis II. 272.
Anhinga II. 362.
Anitocrus I. 479. 480.
Anisoplia I. 667.
Anisoscelis I. 575.
Anistoma I. 664.
Anistomida I. 664.
Annelida I. 174.
Annulata II. 269.
Anobium pertinax I. 656.
Anodonta I. 309.
Anodus II. 151.
Anolis II. 282.
Anomia I. 303. 304.
Anomura I. 461.
Anophales I. 615.
Anoplius I. 697.
Anoplotherida II. 465.
Anoplotherium gra-
cile II.
465.
Anser II. 362.
Anthicus I. 663.
Anthidium I. 700.
Anthocopa I. 700.
Anthomycida I. 606.
Anthomyia I. 606.
Anthophora I. 521. 677.
700.
Anthosoma I. 433.
Anthracida I. 610.
Anthracotherium II. 460.
Anthrax flavus I. 610.
Anthrenus I. 668.
Anthribus I. 653.
Anthus II. 335.
AntilopenII. 479.
Antilope II. 480.
Antipathida I. 120.
Antrimpos I. 459.
Anura II. 220.
Apfelwurm I. 653.
Aphaniptera I. 601.
Aphanisticus I. 655.
Aphidida I. 568
Aphidius I. 689. 691.
Aphis rosarum I. 568.
Aphodius I. 666.
Aphrodite I. 239.
Aphroditida I. 239.
Aphrophora 1. 570.
Apida I. 700.
ApiocrinidenI. 156.
Apiocrinus I. 156.
Apion frumentarius I. 653.
Apion pomonae I. 653.
Apis I. 677. 700. 702.
[611]Apistes I. 613.
Aplacentaria II. 429. 432.
Aplax II. 292.
Aplysia I. 273. 321.
Aplysia depilans I. 339.
Aplysida I. 339.
Apoda II. 157 211. 213.
Apoda II. 189.
Apocryptes II. 184.
Apogon II. 171.
Apseudes I. 481.
Aptenodytes II. 359.
Aptera I. 556. 559.
Apterichthys II. 158.
Apterornis II. 330.
Apterygida II. 377.
Apteryx II. 316. 377.
Apusida I. 443.
Apus I 443.
Aquila imperialis II. 356.
Araber II. 569.
Arachnida I. 402. 486.
Arachnothera II. 337.
Araneida I. 506. 508.
Aradus I. 574.
Arapaima II. 154.
Araukaner II. 562.
Arbeitsbiene I. 702.
Arca I. 310.
Arcellida I. 82.
Archegonus I. 447.
Archenmuſchel I. 275. 310.
Arcida I. 309.
Arctiscon I. 497.
Arctomys II. 522.
Arcturus I. 480.
Ardea stellaris II. 369.
Ardeida II. 368.
Arenicolida I. 239.
Arenicola piscatorum I.
220. 239.
Argas I. 502.
Argentina II. 156.
Arges I. 448. II. 150.
Argonauta I. 364.
Argonauta Argo I. 391.
Argulida I. 435.
Argulus foliaceus I. 435.
Argyreiosus II. 179.
Argus II. 372.
Argyroneta I. 509.
Argyronetida I. 509.
Aricia I. 240. 606.
Aricidida I. 533.
Arion I. 357.
Armadillo I. 481.
ArmfloſſerII. 185.
ArmfüßlerI. 275. 283.
Armfuͤßler, regelmaͤßige
I. 290.
ArmpolypenI. 126.
ArmwirblerI. 253.
Arothron II. 147.
Arrenurus I. 503.
Artemia I. 444.
Articulala I. 392.
Arvicola arvalis II. 520.
AſaphidenI. 447.
Asaphus caudiger I. 447.
Ascalophus I. 639.
Ascarida I. 184.
Ascaris I. 175. 183. 184.
Ascidiae I. 262.
Ascidiae compositae
I.
266.
Ascidiae simplices I.
267.
Ascidiae sociales I.
266.
Ascomys II. 519.
Asellus I. 481.
Asellida I. 480.
Asilida I. 612.
Asilus I. 612.
Asindulum I. 595.
Aspalax II. 519.
Aspergillida I. 314.
Aspergillum I. 314.
Aspic II. 260.
Aspidiotus I. 568.
Aspidoclonion II. 260.
Aspidophorus II. 170.
Aspius II. 152.
Aspredo II. 150.
Aspro II. 171.
Aſſel I. 405.
AſſelnI. 423. 477.
Astacida I. 459.
Astacus fluviatilis I. 418.
460.
Astasida I. 93.
Astata I. 698.
Asterias I. 144. 160.
Asterida I. 160.
Asterolepis II. 137.
Asteronyx I. 159.
Astoma I. 93.
Astrea I. 119. 120.
Astreida I. 119.
Astropecten I. 160.
Astur palumbarius II. 355.
Atax I. 503.
Ateles II. 532.
Ateuchus sacer. I. 666.
Atherina II 183.
Atherix I. 609.
Atherura II. 517.
Atlanta I. 333.
Atlantida I. 332.
Atlas I. 667.
Atractocerus necydaloides
I.
656.
Atropos II. 258.
Atta I. 703.
Attagenus I. 668.
Atycha I. 629.
Auchenia I. 660. II. 474.
Auchenia lama II. 474.
AugenfliegenI. 607.
AugenkorallenI. 120.
Augenkrabbe I. 409. 471.
Augenthierchen I. 93.
Aulacostomum I. 228.
Aulacus I. 692.
Aulopus II. 150. 156.
Aulopyge II. 152.
Aulostoma chinense II. 168.
Aulostomida II. 168.
Aurelia aurita I. 132.
Auricula I. 356.
Auriculida I. 356.
Auſter I. 294. 303.
AuſternI. 303.
AuſternwürmerI. 236.
Autophagi II. 357.
Autosauria II. 270.
Aves II. 25. 295.
Avicula I. 308.
Aviculida I. 307.
AxenzeilerI. 84.
Axia I. 461.
Axina I. 658.
Axolott II. 193. 218.
Azteken II. 562.
B.
Babirussa II. 462.
Bachſtelzen, europäi-
ſche
II. 334.
Bacillus I. 585.
Bacteria I. 585.
Baculites I. 386.
Badistes I. 674.
BärenII. 498.
BärthierchenI. 496.
Bagrus II. 150.
Balaena mysticetus II. 449.
Balaenida II. 448.
Balaenoptera II. 450.
Balancirfliege I. 641.
Balanida I. 428.
Balanus nucum I. 652.
Balanus I. 428.
BalgmilbenI. 500.
Balistes II. 146.
Balistida II. 145. 189.
Ballenbiene I. 554.
Ballenfledermäuſe II. 509.
Bandquallen I. 256.
[612] Bandwurm, menſchlicher I.
188. 190. 192.
BandwuͤrmerI. 190.
Bandwürmer, eigent-
liche
I. 195.
Barbus II. 152.
BarſcheII. 170. 171. 189.
Barſch II. 34. 38. 58.
Barſchlaus I. 428. 432.
BarſchläuſeI 432.
BartvögelII. 349.
Basanistes I. 433.
Basiliscus II. 282.
Basilosaurus II. 452.
Basken II. 569.
Bassus I. 691.
Bathyergus II. 519.
Batrachus II. 186.
Battida I. 446.
Battus pisiformis I. 447.
Bauchfloſſer II. 32.
BauchfüßerI. 334.
BaumhackerII. 341.
BaumkorallenI. 118.
BaumläuferII. 337.
BaumnatternII. 261.
Baumwanze I. 532.
Baumwanze, graue I. 575.
Bdella vestita I. 504.
Bdellida I. 504.
Bdellostoma II. 106. 107.
BecherkorallenI. 119.
Belemnit I. 389.
Belemnitella I. 390.
Belemnites I. 390.
Belemnitida I. 389.
Belone II. 165.
Belostoma I. 573.
Bembecida I. 697.
Bembex I. 698.
Bembidium I 674.
Berbern II. 569.
Berenice I. 137.
Berenicida I. 137.
Bergforelle II. 30.
BernhardinerkrebſeI.
463.
Bernſteinſchnecke I. 201.
Beroe I. 256.
Beroida I. 256.
Beryx II. 172.
Berhylus I. 690. 691.
Bettwanze I. 574.
BeuteldachſeII. 444.
Beutelmaus II. 444.
BeutelnagerII. 441.
Beutelratze II. 393. 438. 440.
BeutelratzenII. 443.
Beutelratzen, eigentli-
che
II. 444.
BeutelthiereII. 430. 437.
Beutelthiere, fleiſch-
freſſende
II. 444.
Beutelwolf II. 444.
Biber II. 391. 517.
Bibio I. 613.
Bibionida I. 613.
Bicellaria I. 248.
BieneI. 677. 687. 700.
Bienen, geſellig lebende I.
702.
BienenfreſſerII. 343.
Bienenwolf I. 658. II. 343.
Bimana II. 432. 535.
Bipeltata I. 454.
Bipes II. 272.
Bipinnaria asterigera I. 165.
Biphora I. 268.
Birgus latro I. 464.
Birkenhähnchen I. 632.
Biſon II. 480.
Bittacus tipularides I. 641.
Blabera I. 581.
Blanus II. 270.
Blaps mortisaga I. 664.
BlaſenfüßeI. 589.
BlaſenkäferI. 662.
BlaſenſchneckenI. 338.
360.
Blaſenwürmer I. 196.
BlättchenſchneckenI.
341.
Blätterfreſſer I. 677.
Blatt, trockenes I. 585.
Blatta I. 517. 576.
Blatta germanica I. 581.
BlattflöheI. 569.
BlattfuͤßerI. 422. 441.
BlatthörnerI. 665. 676.
Blattida I. 580.
BlattkiemerI. 275. 291.
BlattkrebſeI. 443.
BlattläuſeI. 568.
BlattlausfreſſerI. 661.
Blattwespe I. 527.
BlattweſchenI. 694.
BlattwicklerI. 623.
Bledius I. 670.
Blennechis II. 185.
Blennidida II. 189.
Blennioida II. 184.
Blennius ocellatus II. 184.
Blephanis I. 586. II. 180.
BlindfiſcheII. 157.
Blindmaus II. 519.
BlindſchlangenII. 264.
BlindwanzenI. 574.
BlindwühlenII. 214.
Blochius II. 181.
Blumenfliegen I. 606.
Blumenkäfer I. 665.
Blumenmücken I. 613.
BlumenthierchenI. 215.
BlutegelI. 227.
Blutegel, mediciniſcher I.
224. 225.
Boa Constrictor II. 262.
BockkäferI. 658.
Bocydium I. 570.
BogenkrabbenI. 470.
Bohadschia I. 169.
Bohrkäfer I. 656.
BohrmuſchelnI. 313.
Bohrmuſcheln, eigentliche I.
296.
Boida II. 263.
Bolitophilus I. 614.
Bombardierkäfer I. 674.
Bombinator II. 224.
Bombus I. 700. 702.
Bombycida I. 626.
Bombycilla II. 333.
Bombylida I. 610.
Bombylus I. 557. 611.
Bombyx mori I. 627.
Bombyx quercifolia I. 618.
Bomolocus I. 434.
Bopyrida I. 479.
Bopyrus squillarum I. 479.
Borborus I. 606.
Boreus I. 641.
Borkenkäfer I. 548. 647. 653.
BorkenthiereII. 453.
Borlasia I. 209.
BorſtenthierchenI. 99.
BorſtenträgerI. 98.
Bos bison II. 480.
Bostrychida I. 653.
Bostrychus typographus I.
653.
Bothriocephalus latus I.
192. 195.
Bothriolepis II. 137.
Bothrops II. 258.
Botokuden II. 562.
Botryllus I. 264. 266.
Botys I. 624.
Bowerbankia I. 253.
Box II. 175.
Brachinida I. 674.
Brachinus erepitans I. 674.
Brachionus I. 216.
Brachipoda I. 275. 283.
290.
Brachiostoma lubricum II.
102.
Brachycera I. 604.
Brachygaster I. 692.
Brachystoma I. 607.
Brachyura I. 465.
[613]Brachyurus II. 532.
Bracon I. 691.
Braconiden I. 689. 691.
Bradypoda II. 484.
Bradypus tridactylus II.
484.
Brama Raji II. 176.
Branchiata I. 335.
Branchiobdella I. 227. 228.
Branchipida I. 443.
Branchipus stagnalis I. 444.
BraſſenII. 189.
BremſenI. 612.
Brenthus I. 653.
Breviceps II. 224.
Brevilinguia II. 267.
Brillenfliege I. 518. 606.
Brillennatter, ägyptiſche II.
260.
Brisa I. 461.
Brissus I. 168.
Brontes I. 448.
Brosmius II. 162.
Bruchus pisi I. 653.
Bruſtfloſſer II. 33.
Bryaxis I. 670.
Bryozoa I. 246. 247.
Bubo II. 353.
Buccinida I. 351. 360.
Buccinum prismaticum I.
351.
Buccinum undatum I. 351.
Bucco versicolor II. 349.
Bucconida II. 349.
Bucephalus polymorphus I.
201.
Bucerida II. 344.
Buceros rhinoceros II. 344.
Buchdruckerkäfer I. 653.
BücherläuſeI. 589.
BücherſkorpioneI. 511.
Buckelfliegen I. 611.
Buckelroche II. 36.
BuckelzirpenI. 570.
Bucorvus II. 344.
Bufo vulgaris II. 223.
Bufonida II. 223.
Bulimus I. 357.
Bulla I. 339. 360.
Bullaea I. 339.
Bullida I. 338.
Bungarus II. 260.
Buntſpecht II. 349.
Buphaga II. 338.
Buprestida I. 654.
Buprestis gigas I 654.
Buprestis manca I. 548.
647.
Bursaria I. 98.
BuͤſchelkiemerII. 143. 188.
BüſchelkrebſeI. 440.
Buſchmänner II. 559.
Buſchmücken I. 614.
BuſchſängerII. 334.
Buſenthierchen I. 85.
Buteo II. 355.
Buthus I. 513.
Butyrinus II. 136. 155.
Byrrhida I. 668.
Byrrhus I. 668.
Bythinus I. 670.
Byturus I. 668.
C.
Cactus-Laus I. 568.
Caesio II. 175.
Calamaria II. 262.
Calamoherpe II. 334.
Calandra granaria I. 652.
Calandra palmarum I. 652.
Calao II. 344.
Calappa I. 470.
Calceola I. 291.
Calicurgus I. 697.
Calidris II. 367.
Caligida I. 434.
Caligus I. 434.
Callaeas II. 339.
Callianassa I. 461.
Callianida I. 461.
Callianira I. 257.
Callianirida I. 256.
Callichora I. 136.
Callichroma moschatum I.
659.
Callichthys II. 150.
Callichthys miles II. 36.
Callidea I. 575.
Callidium I. 659.
Callimome I. 690.
Callionymus II. 184.
Callirhoe I. 136.
Callithrix II. 532.
Callomyia I. 607.
Callorhynchus II. 69.
Callyodon II. 167.
Calopomus II. 177.
Calosoma sycophanta I.
646. 673.
CalymenidenI. 447.
Calymene Blumenbachi I.
447.
Calyptera I. 606.
Calyptraea I. 345.
Camelus II. 474.
Camelopardalis Giraffa II.
475.
Campanularia I. 127. 130.
Campanularida I. 129.
Campephaga II. 333.
CampilopleuridenI.
448.
Cancer I. 412. 471.
Cancer pagurus I. 470.
Cancroma II. 369.
Canida II. 494.
Canis lupus II. 494.
Cantharis (der Alten) I. 663.
Cantharus II. 175.
Capito II. 349.
Capitodus II 135.
Capitosaurus II. 216.
Capra II 480.
Capra ibex II. 478.
Caprella I. 475.
Caprellida I. 475.
Caprimulgida II. 346.
Caprimulgus europaeus II.
346.
Caprina I. 290.
Caprinida I. 289.
Capromys II. 521.
Caprotina I. 290.
Capsida I. 574.
Capsus I. 574.
Capulida I. 345. 360.
Capulus I. 345.
Carabida I. 648. 673.
677.
Carabus I. 521. 534. 643.
645. 674.
Carabus aurat[u]s I. 674.
Caranx II. 180.
Carapus II. 159.
Carbo II. 363.
Carcharias II. 99. 119.
114. 117.
Carcharida II. 119.
Carcharodon II. 119.
Carchesium I. 96.
Carcinus I. 471.
Cardida I. 310.
CardinalkäferI. 663.
Cardisoma I. 472.
Cardium I. 311.
Caretſchildkröte II. 291.
Carida I. 459.
Caridina I. 459.
Carinaria I. 333.
Carnivora II. 431. 490.
Carnivora (Beutelthiere)
II. 444.
Carychium I. 356.
Caryocrinus I. 155.
Caryophyllia I. 108. 119.
Caryophyllida I. 195.
Cassicus II. 338.
Cassida I. 350.
Cassida I. 661.
[614]Cassida equestris I. 548.
647.
Cassidida I. 661.
Cassidulida I. 167.
Cassidulus I. 167.
Cassiopea I. 137.
Cassis I. 350, 351.
Caſtagnole II. 176.
Castor II. 391.
Castor fiber II. 518.
Castorida II. 517.
Caſuar II. 376.
Casuarius galeatus II. 376.
Cataphracta II. 169.
189.
Catarrhactes II. 359.
Catarrhina II. 532.
Cathartes II. 354.
Catenipora I. 118.
Catocala I. 626.
Catodon I. 265. 450.
Catodontida II. 265.
Catometopa I. 471.
Catopida I. 668.
Catops I. 668.
Caturus II. 134.
Caudata II. 211. 216.
Cavia II. 515.
Cavia cobaya II. 391.
Cavicornia II. 478.
Cavida II. 515.
Ceblepyris II. 333.
Cebrio rufus I. 657.
Cebrionida I. 657.
Cebus apella II. 531.
Cecidomyia I. 614.
Cecrops I. 434.
Celten II. 570.
Celto-Romanen II. 571.
Cellularia I. 248. 252.
Cenobita I. 464.
Centetes II. 504.
Centrina II. 119.
Centris I. 700. 701.
Centriscus II. 169.
Centrolophus II. 178.
Centropyx II. 274.
Centrotus I. 570.
Centrurus I. 513.
Cephalaspida II. 125.
188.
Cephalaspis II. 126.
Cephalemyia I. 605.
Cephalocera I. 612.
Cephalophora I. 274. 315.
Cephalopoda I. 361.
Cephalotes I. 675. II. 510.
Cephea I. 137.
Cephenemyia I. 605.
Cephus I. 695.
Cepola II. 182.
Cerambycida I. 659.
Cerambyx I. 659.
Ceraphron I. 691.
Ceratites nodosus I. 386.
Ceratophrys II. 224.
Ceratopogon I. 614.
Cerceis I. 480.
Cerceris I. 698.
Cercolabes II. 517.
Cercoleptes II. 500.
Cercoleptida II. 499.
Cercopida I. 570.
Cercopis I. 570.
Cercopithecus II. 533.
Cerithida I. 346. 360.
Cerithium I. 346.
Cerocoma I. 663.
Cerophytum I. 655.
Certhia cyanea II. 337.
Certhida II. 337.
Cerura I. 626.
Cerurida I. 626.
Cervida II. 477.
Cervus elaphus II. 477.
Cervus tarandus II. 478.
Cestoidea I. 190.
Cestracida II. 118.
Cestracion II. 118.
Cestum Veneris I. 255.
Cetacea II. 431. 446.
Cetonia aurata I. 666.
Cetonida I. 665.
Ceyx II. 344.
Chaeropotamus II. 462.
Chaeropus II. 444.
Chaetodon II. 176.
Chaetogaster I. 230.
Chaetoglena I. 94.
Chaetonotus I. 214.
Chaetotyphla I. 94.
Chalcidida I. 690. II.
272.
Chalcis I. 690. II. 273.
Chalicodoma I. 701.
Chalicotherium II. 466.
Chama I. 293. 306.
Chamaesaurus II. 273.
Chamaeles africanus II.
276.
Chamaelonida II. 277.
ChamäleoneII. 277.
Chamida I. 306.
Characina II. 150.
CharacinenII. 150.
Charadrida II. 368.
Charadrius II. 368.
Chauliodes I. 639. II. 155.
Chauna chavaria II. 369.
Cheilinus II. 167.
Cheilio II. 167.
Cheilodactylus II. 174.
Cheilosia I. 608.
Cheiracanthus II. 130.
Cheirogale II. 527.
Cheirotherium II. 454.
Chelichthys II. 147.
Chelidon II. 332.
Chelifer I. 512.
Chelmon II. 176.
Chelodina II. 293.
Chelonia II. 251. 289. 292.
Chelonia imbricata II. 291.
Chelonodon II. 147.
Chelonus I. 692.
Chelostoma I. 701.
Chelyda II. 293.
Chelydra II. 293.
Chelys fimbriata II. 293.
Chermes I. 569.
Cherokeſen II. 562.
Chersita II. 294.
Chilina I. 356.
Chilopoda I. 485.
Chiloscyllium II. 119.
Chimaera II. 39. 109.
Chimaera monstrosa II. 44.
113.
Chimaerida II. 189.
113.
Chimpanſe II. 533.
Chinchilla lanigera II. 515.
Chineſen II. 563.
Chionea I. 614.
Chique I. 602.
Chirocentrus II. 155.
Chirodota I. 168.
Chiromys madagascarensis
II
525.
Chiromyza I. 609.
Chironectes II. 186. 444.
Chironomus I. 614.
Chiroptera II. 507.
Chirotes II. 270.
Chirotherium II. 216.
Chirurg II. 177.
Chiton I. 359.
Chitonella I. 359.
Chitonida I. 359.
Chizaerhis II. 347.
Chlaenius I. 674.
Chlamidodon I. 99.
Chlamydosaurus II. 282.
Chlamydotherium II. 483.
Chlamyphorus II. 483.
Chloe I. 591.
Chloeia I. 240.
Chloraemida I. 236.
Chlorion I. 697.
Chlorophthalmus. II. 156.
[615]Choleva I. 668.
Choloepus II. 485.
Chondracanthida I.
432.
Chondracanthus merlucci
I.
432.
Chondros I. 357.
Chondrosteus II. 127.
Chondrostoma II. 152.
Chonetes I. 291.
Choretra I. 614.
Chorinemus II. 180.
Chromida II. 165.
Chromis II. 165.
Chrysaora I. 136.
Chrysida I. 692.
Chrysis I. 554. 692.
Chrysochloris II. 503.
Chrysolampus I. 689.
Chrysomela. I. 661.
Chrysomelida I. 661.
Chrysops I. 612.
Chrysotus I. 608.
Cicada I. 571.
Cicada perla I. 570.
Cicada ulmi I. 571.
Cicaden, eigentlicheI.
571.
Gicadida I 570. 571.
Cichla saxatilis II. 165.
Cicindela campestris I. 548.
647. 676.
Cicindelida I. 648. 675.
Ciconia Marabu II. 369.
Cidarida I. 165.
Cidariden, eigentliche I. 166.
Cidaris I. 166.
Cimbex I. 527. 694.
Cimbus I. 574.
Cimex I. 575.
Cinclus II. 335.
Cineras vittatus I. 426.
Cingulata II. 482.
Cinnyrida II. 337.
Cinnyris senegalensis II.
337.
Cinosternum II. 293.
Cinyxis II. 294.
Circus II. 355.
Cirolanus I. 480.
Cirrhipedia I. 421. 423.
Cirrhites II. 171.
Cirrhonereis I. 240.
Cistela I. 664.
Cistelida I. 663.
Cistudo II. 293.
Cixia I. 571.
Cladobates tana II. 505.
Cladobatida II. 505.
Cladodus II. 118.
Cladolabes I. 169.
Cladonema I. 136.
Cladoxerus I. 585.
Clamatores II. 328. 339.
Clangula II. 362.
Clausilia I. 357.
Clavagella I. 314.
Clavelina I. 267.
Clavella I. 432.
Clavicornia I. 667.
677.
Claviger I. 642. 670.
Clavigerida I. 669.
Cleodora I. 331.
Clepsine hyalina I. 227.
Clepsinida I. 227.
Clerida I. 657.
Clerus alvearius I. 658.
Clerus apiarius I. 658.
Climacteris II. 337.
Clinocera I. 609.
Clinus II. 185.
Clio borealis I. 331.
Clioida I. 331.
Clisia I. 428.
Clitellaria I. 609.
Clivina I. 675.
Clubiona I. 509.
Clupea harengus II. 154.
Clupeida II. 154. 189.
Clymenia I. 386.
Clypeaster I. 167.
Clypeastroida I. 166.
Clytus I. 659.
Cobitis II. 151. 152.
Coccida I. 567.
Coccidula I. 662.
Coccinellida I. 661.
Coccinella I. 662.
Coccolepis II. 138.
Coccosteus II. 126.
Coccothraustes II. 336.
Coccus cacti I. 567.
Cochenille, ächte I. 567.
Cochliodus II. 118.
Coecilia II. 215.
Coecilida II. 214.
Coelacanthida II. 137.
188.
Coelacanthus II. 138.
Coelogenys II. 391. 515.
Coelopeltida II. 261.
Coelopeltis II. 261.
Coelorhynchus II. 181.
Coenurus cerebralis I. 197.
Coleoptera I. 558. 642.
Coleris I. 664.
Colias I. 631.
Colisa II. 187.
Colius II. 347.
Colletes I. 700. 701.
Collyris I. 676.
Colobus II. 533.
Colon I. 668.
Colopterida II. 342.
Colossochelys II. 294.
Coluber Aesculapii II. 262.
Coluber natrix II. 234.
237.
Colubrida II. 261.
Columba porphyrio II.
329.
Columbae II. 328.
Columbella I. 350.
Columbida II. 328.
Colydium I. 654.
Colymbetes I. 673.
Colymbus cornutus II. 317.
360.
Colymbida II. 360.
Comaster I. 157.
Comatula I. 157. 436.
Comatula mediterranea I.
157.
Comatulida I. 156.
Conchifera I. 274.
Cenchiosaurus II. 285.
Condor II. 354.
Condylura II. 503.
Conger II. 158.
Conida I. 348. 360.
Conirostres II. 331.
Conocephalus I. 448.
Conops I. 607.
Conopsida I. 607.
Conus I. 318. 348.
Copepoda I. 421. 436.
Cophias II. 258.
Copris lunata I. 666.
Coprophagida I. 666.
Coracias garrula II. 342.
Coracida II. 342.
Coracina II. 342.
Corax II. 119.
Corbis I. 311.
Corbula I. 311.
Coregonus II. 156.
Coregonus palaea II. 84.
Coreida I. 575.
Coreus I. 575.
Coricus II. 167.
Corixa I. 572.
Corizus I. 575
Cornufer II. 225.
Coronella II. 262.
Coronu laI. 428.
Corophia I. 477.
Corphyrops I. 608.
Corvida II. 338.
Corvus II. 339.
[616]Corvus coronix II. 315.
Corvina II. 174.
Corydalis I. 639.
Corydia I. 581.
Coryne I. 129.
Coryphaena doradon II.
178.
Coryphaenida II. 177.
189.
Corystes I. 470.
Corythaix II. 347.
Cossus I. 626.
Cossyphus II. 167.
Cottus II. 169.
Coturnix II. 373.
Courtillière I. 582.
Crabro I. 698.
Crabronida I. 698.
Cracticus II. 339.
Crangon I. 459.
Crania I. 290.
Crassatella I. 311.
Crax alector II. 374.
Creeks II. 562.
Crenatula I. 306.
Crenilabrus II. 167.
Crenicichla II. 165.
Creophila I. 606.
Creusia I. 428.
Crevettine I. 475.
Crex II. 367.
Cribina I. 122
Cricetus vulgaris II. 519.
Crinoidea I. 145. 152.
Criocerida I. 660.
Crioceris 12 punctata I.
660.
Crisia I. 252.
Cristalis I. 603.
Cristatella I. 253.
Crocodilida II. 288.
Crocodilurus II. 274.
Crocodilus niloticus II.
287.
Crocodilus rhombifer II.
228.
Crossarchus II. 496.
Crossorhinus II. 119.
Crotalida II. 258.
Crotalus II. 230. 253. 256.
258.
Crotalus horridus II. 258.
Crotophaga II. 350.
Crustacea I. 402. 403.
Crypticus I. 661.
Cryptobranchus II. 219.
Cryptocephalus I. 661.
Cryptopus II. 293.
Crypturida II. 373.
Crypturus II. 373.
Cryptus I. 691.
Cteniza I. 510.
Ctenoidea II. 142.
Ctenomys II. 519.
Ctenophora I. 246. 254.
Ctenophora I. 614.
Ctenophyllia I. 120.
Cucujo I. 665.
Cucujus I. 654.
Cuculida II. 350.
Cucullia I. 626.
Cuculus canorus II. 350.
Culex I. 551.
Culex pipiens I. 595. 615.
Culex, Puppe von I. 600.
Culicida I. 615.
Cunina I. 137.
Curculio I. 652.
Curculionida I. 651.
Cursores II. 357. 375.
Cuterebra I. 605.
Cyamida I. 475.
Cyamus ceti I. 474.
Cyanea I. 136.
Cyanotis II. 342.
Cyathina I. 119.
Cyathophyllia I. 119.
Cyathophyllida I. 119.
Cybium II. 179.
Cychrus I. 674.
Cyclas I. 311.
Cyclasida I. 311.
Cyclica I. 661.
Cyclifera II. 123. 135.
Cycloidea II. 35. 141.
Cyclogaster I. 609.
Cyclometopa I. 470.
Cyclonotum I. 671.
CyclopenI. 438.
Cyclopida I. 438.
Cyclops I. 128. 436. 438.
Cyclopsine I. 438.
Cyclopterus II. 184.
Cyclostoma I. 359.
Cyclostomata II. 100. 104.
Cyclostomida I. 358.
Cyclurus II. 281.
Cyclus I. 447.
Cycnus I. 432.
Cydippe I. 257.
Cydnus I. 575.
Cygnus II. 362.
Cylindrophis II. 264.
Cymbium I. 349.
Cymbulia I. 331.
Cymindis I. 674.
Cymodoce I. 480.
Cymothoë I. 480.
Cynaiturus jubatus II. 493.
Cyniphida I. 688.
Cynips gallae tinctoriae I.
688.
Cynocephalus II. 523. 533.
Cynthia I. 267.
Cyphaspis I. 447.
Cyphon I. 657.
Cypraea I. 348.
Cyprella I. 440.
Cypricardium I. 311.
Cyprida I. 439.
Cypridella I. 440.
Cypridina I. 440.
Cyprinida II. 151. 189.
Cyprinodon II. 152.
Cyprinodonta II. 152.
189.
Cyprinus carpio II. 32. 151.
Cypris I. 438. 439. 440.
Cypselida II. 345.
Cypselus apus II. 345.
Cypselus esculentus II. 346.
Cyrene I. 311.
Cystica I. 196.
Cysticercus cellulosae I.
196. 197.
Cystignathus II. 224.
Cystocrinida I. 154.
Cystocrinus I. 155.
Cytacis I. 136.
Cythera I. 311.
Cytherea I. 440.
D.
Dacnis II. 337.
Dactylethra II. 223.
Dactyloptera mediterranea
II.
32. 169.
Dactylopterus II. 170.
Dapediden II. 133.
Dapedius II. 41. 133.
Daphnia I. 126. 440.
Daphnida I. 440.
Darnis I. 570.
Dascyllus II. 166.
DaſſelfliegenI. 604.
Dasypogon I. 612.
Dasyprocta II. 515.
Dasypus peba II. 483.
Dasytes I. 657.
Dasyurus II. 445.
Decapoda I. 422. 452. 456.
Decticus I. 583.
Delphinapterus II. 451.
Delphine II. 450.
Delphinida II. 450.
Delphinorhynchus II. 451.
Delphinula I. 352.
Delphinus phocaena II. 451.
Demodex I. 500.
[617]Dentrobates II. 224.
Dentrocoela I. 207.
Dentrocolaptes II. 341.
Dendrodus II. 137.
Dendrogyra I. 120.
Dendrophis colubrina II.
260.
Dendrophyllia I. 119.
Dentalida I. 343. 360.
Dentalium entalis I. 343.
Dentex II. 175.
Dentirostres II. 331.
Dermanyssus I. 502.
Dermestes lardarius I. 668.
Dermestida I. 668.
Dermoptera I. 580.
Dermoptera II. 510.
Desman II. 395. 501—504.
Desmia I. 119.
Desmodus II. 509.
Desmophyllum I. 119.
Desoria I. 563.
Devexa II. 475.
Dezia I. 607.
Diacope II. 171.
Diadema I. 166.
Diagramma II. 174.
Diaperis I. 664.
Diapria I. 691.
Dibamus II. 271.
Dibranchiata I. 387.
Dicaeum II. 337.
Diceras I. 306.
Dichanta I. 606.
Dichelestida I. 433.
Dichelestium sturionis I.
433.
Dichobune II. 466.
Dicholopus II. 370
DickhaͤuterII. 431. 455.
DickköpfeI. 630.
Dickkopffliege I. 607.
Dicotyles II. 462.
Dicrourus II. 334.
Dicynodon II. 276.
Didelphen II. 429. 432.
Didelphys II. 393. 438.
440.
Didelphys dorsigera II. 444.
Didemnum I. 266.
Didus II. 330.
Diglena forcipata I. 212.
Dilophus I. 613.
Dinobryida I. 93.
Dinornida II. 376.
Dinornis II. 377.
Dinosauria II. 282.
Dinosaurus II. 282.
Dinotherida II. 454.
DinotherienII. 454.
Dinotherium giganteum II.
454.
Dioctria I. 612.
Diodon hystrix II. 146.
Diodontida II. 146.
Diomedea II. 364.
Diopsis I. 518.
Diopsis Ichneumonides I.
606.
Diphyes Brajae I. 140.
Diphyida I. 140.
Diphyllidia ocellata I. 341.
Diplacanthus II. 130.
Diploctenium I. 120.
Diplodus II. 118.
Diploglossus Houttugni II.
271.
Diplopoda I. 484.
Diplopterus II. 132.
Diplostomum I. 174. 185.
Diplozoon paradonum I.
204.
Dipsas II. 261.
Diptera I. 557. 594.
Dipteren, huͤpfendeI.
601.
Dipterida II. 131. 188.
Dipterus II. 131. 132.
Dipus sagitta II. 516.
Dircaea I. 663.
Dixobale I. 139.
Discoidea I. 167.
Dispholidus Lalandi II. 260.
Disticha II. 133.
Diſtelfink II. 320.
Distoma duplicatum I. 201.
Distoma hepaticum I. 203.
Distomida I. 203.
Dixa I. 614.
Dodo’sII. 329.
Dolabella I. 339.
Dolerus I. 695.
Dolichopida I. 608.
Dolichopus I. 595. 608.
Dolichurus I. 697.
Dolium I. 351.
Dolomedes I. 509.
Donacia I. 660
Donacia crassipes I. 544.
Donax I. 311.
DonnerkeileI. 389.
DoppelfloſſerII. 131.
188.
DoppelfüßerI. 484.
DoppellöcherI. 203.
DoppelquallenI. 140.
DoppelräderthiereI.
216.
DoppelſchleichenII.
270.
Doppelwurm I. 204.
DoppelzaͤhnerII. 431.
451.
DoppelzeilerI. 84. 133.
Dorade II. 178.
DoradenII. 177. 189.
Dorcatherium II. 478.
Dorida I. 340.
Doridium I. 339.
Dorippe I. 470.
Doris I. 335. 337.
Doris tuberculata I. 340.
DornhaieII. 118.
DornrückenI. 609. II.
181.
Dorylus I. 703.
Drache, fliegender II. 279.
Draco II. 282.
Draco volitans II. 279.
Draucosaurus II. 285.
Drapetes I. 611.
DrehkorallenI. 119.
Drehwurm I. 197.
DreieckmuſchelnI. 309.
DreilöcherI. 203.
Dreissena I. 308.
DreizähnerII. 147.
Dremotherium II. 477.
Drepano II. 176.
Drepanis II. 337.
Drilus I. 657.
Drohne I. 518. 702.
Dromains II. 376.
Dromas II. 369.
Dromia I. 465.
Dromius I. 674.
DrontenII. 329.
DroſſelnII. 335.
Dryinus I. 691.
Drymophila II. 341.
Dryophida II. 261.
Dryophis II. 261.
Dügong II. 398. 452.
Dules II. 171.
Dungfliegen I. 605.
DünnfingerII. 525.
Dünnſchnäbler II. 331.
Dynastes (hercules) I.
667.
Dynastida I. 666.
Dyomea I. 130.
Dysaster I. 168.
Dyschirius I. 675.
Dysdera I. 509.
Dysporus II. 363.
Dytiscida I. 648.
Dytiscus I. 529.
Dytiscus latus I. 672.
Dytiscus marginalis I. 548.
647.
Vogt, Zoologiſche Briefe. II. 40
[618]E.
Eber II. 384. 461.
Ecaudata II. 211.
Echeneïs remora II. 184.
Echidna hystrix II. 389.
433. 437.
Echimys II. 521.
Echinaster I. 160.
Echinida I. 160.
Echinida II. 437.
Echiniden I. 166.
Echinococcus I. 197.
Echinocyamus I. 167.
Echinodermata I. 142.
Echinolampas I. 167.
Echinometra I. 166.
Echinoneus I. 167.
Echinopora I. 120.
Echinorhinus II. 119.
Echinorhynchus I. 174. 180.
Echinus I. 105. 144. 160.
Echis II. 259.
Echiurus I. 229.
EckſchupperII. 123. 128.
EdelfalkenII. 355.
EdelfalterI. 631.
Edentata II. 431. 481.
Edolius II. 334.
Edriophthalma I. 422. 472.
Edwardsida I. 122.
EgelI. 224.
Egyptier II. 568.
Eichenglucke I. 618.
Eichenwickler (Neſt und
Raupe) I. 623.
EichhörnchenII. 521.
EidechſenII. 251. 265.
Eidechſen, eigentlicheII.
270.
Eidechſen der alten
Welt
II. 274.
Eidechſen der neuen
Welt
II. 274.
Eidechſe, grüne II. 24. 273.
Eidergans II. 361.
EinfüßerI. 485.
EinhuferII. 466.
EinleibigeI. 81.
Eintagsfliege I. 536. 551.
Eintagsfliege Swammer-
damms I. 590.
EinzeilerI. 84. II. 132.
EinzeilerII. 132.
EiſchneckenI. 347. 360.
EisvögelII. 343.
Elanus II. 351.
Elapida II. 260.
Elaps II. 260.
Elasmotherium II. 464.
Elater noctilucus I. 655.
Elaterida I. 655.
Eledone I. 391. 392.
Elenchus I. 636.
Eleotris II. 184.
Elephant, foſſiler II. 391.
Elephant, aſiatiſcher II. 385.
Elephas indicus II. 457.
Elliprocephalus I. 448.
Ellritze II. 34.
Elmis I. 671.
Elodita II. 293.
Elops II. 155.
Elosia II. 225.
Emarginula I. 352.
Emberiza II. 336.
Embia I. 589.
Embyden I. 589.
Embida I. 589.
Emesa I. 574.
Empalo vom Cap II. 461.
Empida I. 611.
Empis I. 611.
Empusa I. 586.
Emyda II. 293.
Emydium I. 496. 497.
Emys europaea II. 234.
244.
Emysaurus II. 293.
Enaliosauria II. 284.
Enchelina I. 98.
Enallostegida I. 84.
Enchelyophis II. 161.
Enchelys I. 85. 98.
Enchodus II. 180.
Enchytraeus I. 239.
Encrinida I. 155.
Encrinus liliiformis I. 156.
Encyrtus I. 690.
Endomychida I. 660.
Endomychus I. 661.
Engraulis II. 155.
Engystoma II. 224.
Enhydris II. 497.
Ennomus I. 625.
EntenII. 361.
Entenmuſchel I. 284.
EntenmuſchelnI. 423.
427.
Entomostegida I. 84.
Entomostraca I. 421. 423.
Enygrus II. 263.
Eolida I. 339.
Eolidia I. 340.
Epeira I. 488. 509.
Ephemera I. 536. 551.
Ephemera Swammerdammi
I.
590.
Ephemerida I. 590.
Ephippiger I. 583.
Ephippus II. 176.
Ephyra I. 136.
Epibulus II. 167.
Epicrates II. 263.
Epicrium II. 215.
Epimachus II. 339.
Epipyxis I. 93.
Epistylis nutans I. 96.
Equula II. 179.
Equus Zebra II. 469.
Erbſenkäfer I. 653.
ErbſenmuſchelnI. 311.
Erdagame von Guinea II.
281.
Erdflöhe I. 661.
ErdlibellenI. 639.
ErdmilbenI. 504.
ErdmolcheII. 220.
Erdmücken I. 614.
ErdnatternII. 261.
Erdſchwein vom Kap II. 481.
ErdwuͤrmerI. 229.
Erebus I. 557.
Erebus limax I. 626.
Eremias II. 274.
Erethizon dorsatus II. 517.
Ergasilida I. 434.
Ergasilus I. 434.
Erichthonius I. 477.
Erinaceus II. 504.
Eriodora II. 341.
Eriodorida II. 341.
Eriomys II. 516.
Erioptera I. 614.
Errantia I. 237.
Ersaea I. 141.
Erycida II. 263.
Eryma I. 460.
Eryon I. 461.
Eryphia I. 471.
Erythraeus I. 505.
Erythrinus II. 151.
Eryx II. 263.
Eschara I. 253.
Escharida I. 252.
Eſkimo’s II. 565.
Esocida II. 153. 189.
Esox lucius II. 47. 66. 153.
Eſthen II. 565.
Eteroplus II. 165.
Etheria I. 305.
Etherida I. 305.
Etrusker II. 383.
Euaxes I. 239.
Eucharis I. 257.
Euchlanis I. 216.
Eucnemis I. 655. II. 225.
Eucoila I. 689.
Eudendrium I. 129.
Eudora I. 137.
[619]Eudytes II. 360.
Euglena viridis I. 86. 93.
Euglypha I. 82.
Eulaema I. 701.
Eulais I. 503.
EulenI. 625. II. 352.
Eulimena I. 444.
Eumenes I. 699.
Eumolpe I. 240.
Eumolpus I. 661.
Eumorphus I. 661.
Eunectes II. 263.
Eunice I. 218. 237. 240.
Eunicida I. 240.
Eupetes II. 335.
Euphone II. 335.
Euphrosyne I. 240.
Euplocamus I. 341.
Euplota I. 99.
Euplotes I. 99.
Euprepia I. 627.
Euprepis II. 272.
Eupnoctes II. 220.
Euryale I. 159.
Euryalida I. 159.
Eurybia I. 137. 331.
Eurylaema II. 343.
Eurynome I. 470.
Eurynotus II. 133.
Euryodon II. 483.
Eurypyga II. 369.
Eurysternum II. 293.
Eurystomus II. 343.
Eurytoma I. 690.
Eusarcus I. 506.
Eusmilia I. 120.
Evadne I. 441.
Evania I. 692.
Evanida I. 692.
Exocoetus II. 164. 165.
Exodon II. 151.
F.
FadenſchneckenI. 339.
FadenwuͤrmerI. 178.
Fadenwurm der Tropenge-
genden I. 184.
Falco II. 355.
Falco carolinensis II. 351.
Falconida II. 355.
Falken, unedleII. 355.
FangheuſchreckenI.
585.
FaltenſchneckenI. 349.
360.
FaltenſchupperII. 136.
188.
Fasciolaria I. 350.
FaulthiereII. 484.
FauſtſchneckenI. 358.
Favonia I. 137.
Federbuſchpolypen I. 247.
253.
FederbuſchwirblerI.
253.
FedermottenI. 622.
Feldheuſchrecken I. 583.
FeldhühnerII. 373.
Felida II. 492.
Felis tigris II. 390. 490.
Fellah’s II. 568.
FelſenſchneckenI. 350.
360.
Feronia I. 675.
Fetiſchſchlange II. 262.
Fettfliegen I. 606.
FeuerzapfenI. 267.
Fiber II. 520
Fierasfer II. 161.
Figites I. 689.
Filaria medinensis I. 184.
Filistata I. 510.
FinkenII. 335.
Finnen II. 565.
Finnenwurm I. 196. 197.
Firolida I. 333.
Firola I. 333.
FiſchaſſelnI. 479.
FiſchdrachenII. 285.
FiſcheII. 23. 27.
Fiſche, fußloſe II. 157.
Fiſchkäfer, der große I. 672.
Fiſchkäfer I. 524.
FiſchkäferI. 671. 676.
Fissilinguia II. 267.
Fissirostres II. 331.
Fissurella I. 352.
Fistulana I. 314.
Fistularia II. 169.
Fistularida II. 189.
FlachkrebſeI. 454.
FlatterthiereII. 432. 506.
Fledermäuſe II. 507.
Fledermäuſe, eigent-
liche
II. 508. 509.
Fledermausfiſch II. 186.
FledermausläuſeI. 603.
Fleiſchfliegen I. 606.
Fleiſchfreſſer, eigentliche
II. 431.
FliegenI. 605.
Fliegen, eigentlicheI. 604.
Fliegenmaden I. 607.
FliegenſchnäpperII.
333.
Fliegenſchnäpper, weißhalſi-
ger II. 333.
FlöheI. 601.
FlohkrebſeI. 423. 475.
FlohkrebſeI. 477.
Flohkrebs I. 402.
FlorfliegenI. 590.
Florfliege I. 546.
Floscularia I. 215
Floscularida I. 215.
FlöſſelhechteII. 130.
FloſſenfüßerI. 329.
Flötenmaul, chineſiſches II.
168.
FlugechſenII. 282.
FlügelſchneckenI. 347.
360.
Fluͤgelloſe (Inſekten) I. 556.
559.
Flugfiſch des Mittelmeeres
II. 32.
FlunderläuſeI. 434.
FlußauſternI. 305.
Flußkrabbe I. 471.
Flußkrebs I. 398. 418. 460.
FlußmuſchelnI. 308.
FlußnäpfeI. 341.
FlußpferdeII. 463.
Flußſcheibenbauch II. 183.
FlußſchildkrötenII.
292.
Flustra I. 248. 253.
Fluvicola II. 342.
Foenus I. 524.
Foenus jaculator I. 692.
Forelle II. 34. 60. 64.
Forficesila I. 580.
Forficula I. 532.
Forficula auricularia I. 579.
Forficulida I. 579.
Formica I. 525.
Formica rufa I. 703.
Formicida I. 703.
Formicivora II. 341.
Francolinus II. 373.
Fratercula arctica II. 359.
Fregatte II. 363.
Fregilus II. 339.
Fringilla II. 336.
Fringillida II. 335.
FröſcheII. 224.
Froſchfiſch II. 186.
FroſchlurcheII. 211. 220.
Froſchlurche, zungen-
loſe
II. 222.
FrüchtefreſſerII. 442.
Frugivora II. 442. 509.
FuchsaffenII. 527.
Fulgora laternaria I. 571.
Fulgorida I. 570.
Fulica II. 367.
Fundulus II. 152.
Fungia I. 110. 120.
Fungicola I. 614.
[620]Fungida I. 120.
Furnarius II. 341.
Fusus I. 350.
Fußloſe FiſcheII. 157. 189.
G.
Gabelfliege I. 611.
GabelſpringerI. 562.
Gabelweihe II. 355.
Gabelweihe von Carolina II.
351.
Gadida II. 161. 189.
Gadus morrhua II. 161. 162.
Galago II. 527.
Galathea I. 461.
Galaxias II. 156.
Galbula ruficauda II. 349.
Galbulida II. 349.
Galeida II. 119.
Galeocerdo II. 119.
Galeodes araneoides I. 486.
510.
Galeopithecus volitans II.
510.
Galeotes II. 282.
Galerites I. 167.
Galeruca I. 661.
Galerucida I. 661.
Galeus II. 99. 119.
Galgulus I. 573.
Galictis II. 498.
Gallas II. 569.
Gallertglöckchen I. 96.
Gallicola I. 614.
Gallinacei II. 357. 370.
Gallinula II. 367.
Gallmücken I. 614.
Gallus II. 372.
GallweſpenI. 687. 688.
Gamasida I. 502.
Gamasus I. 502.
Gammarida I. 477.
Gammarus I. 477.
Ganoidea II. 101. 120.
GanoidenII. 188.
GarneelenI. 404. 414.
459.
Garrulus II. 339.
GartenweſpenI. 697.
Gasteronemus II. 179.
Gasteropoda I. 334.
Gasteropteron I. 339.
Gasterosteus II. 93. 169.170.
Gastrobranchus II. 107.
Gastrochaena I. 296. 314.
Gastrophysus II. 147.
Gecarcinus I. 472.
GeckosII. 278.
Geckotida II. 278.
GeierII. 353.
Geier, gelber II. 354.
GeißelkrebſeI. 455.
GeißelſkorpioneI.
513.
Gelasimus I. 472.
GelbvögelII. 338.
Genetta II. 496.
Genettkatze II. 496.
Geocoris I. 575.
Geometrida I. 625.
Geomys II. 519.
Geophilus I. 485.
Georhycha II. 518.
Georhychus II. 519.
Georyssus I. 671.
Geosaurus II. 276.
Geotrupes I. 554.
Geotrupes stercorarius I.
644. 666.
Gephyrea I. 228.
GeradfluͤglerI. 556. 575.
GeradmuſchelnI. 306.
Gerbillus II. 520.
Germanen II. 571.
Gerres II. 175.
Gerrhonotus II. 273.
Gerrhosaur[u]s II. 273.
Gerris I. 574.
Gervillia I. 306.
Geryonia I. 135. 137.
Geryonida I. 137.
Geſpenſtaffe II. 526. 527.
GeſpenſtkrebſeI. 475.
GeſpenſtſchreckenI.
585.
Getreidemotte I. 623.
Gibbon II. 533.
GirnmuſchelnI. 306.
Girnmuſchel I. 293.
GiftnatternII. 259.
GiftſchlangenII. 256.
Ginglymostoma II. 119.
GiraffenII. 475.
GlanzvögelII. 349.
Glareola II. 368.
GlasthierchenI. 94.
GlatthaieII. 119.
Glaucus I. 340.
GliederthiereI. 392.
Glires II. 432. 511.
Glirina II. 441.
Glockenbäumchen I. 96.
GlockenpolypenI. 129.
Glockenthierchen I. 91. 95.
Glockenthierchen, ge-
panzerte
I. 95.
GlockenwirblerI. 253.
Glomeris I. 485.
Glossophaga II. 509.
Glossotherium II. 482.
Glycere I. 237. 240.
Glycimeris I. 312.
Glyphea I. 460.
Glyphisidon II. 166.
Glyptodon II. 483.
Glyptolepis II. 138.
Glyptolepis elegans II. 35.
Glyptolepis microlepidotus
II.
35.
Gnathosaurus II. 288.
Gobiesox II. 184.
Gobio II. 152.
Gobioida II. 183. 189.
Gobius fluviatilis II. 183.
Goldbutt II. 162.
Goldkäfer I. 661. 666.
Goldweſpe I. 554.
GoldweſpenI. 692.
Goliathus I. 666.
Gomphocerus I. 584.
Gomphosus II. 167.
Gomphus I. 593.
Gongylus II. 272.
Goniatites I. 386.
Goniodes I. 562.
Goniodonta II. 148.
Gonodactylus I. 455.
Gonoleptes I. 506.
Gonoplacus I. 472.
Gordiacei I. 181.
Gordius I. 181.
Gorgonia I. 124.
Gorgonida I. 123.
Grabweſpe I. 606.
GrabweſpenI. 695.
Grabweſpenlarve I. 607.
Gracula II. 338.
Gräco-Romanen II. 571.
Grallatores II. 357. 365.
Grapsus I. 472.
Graucalus II. 333.
GrauhaienII. 119.
Gregarina I. 178.
Gregarinea I. 178.
Griebelmücken I. 613.
Grimothea I. 461.
Grönländer II. 565.
Groppen II. 169.
Großaugen I. 607.
GroßechſenII. 282.
GroßräderI. 215.
GroßthiereII. 483.
Grubenkopf, menſchlicher I.
192. 195.
GrubenotternII. 258.
GrünwürmerI. 236.
Grus II. 369.
Gruscinerea II. 365.
Gryllacris I. 583.
[621] Gryllen I. 582.
GryllenkrebſeI. 460.
Gryllida I. 582.
Gryllotalpa vulgaris I. 582.
Gryllus domesticus I. 582.
Gryphaea I. 304.
Guanchen II. 569.
Guepard II. 493.
Gulida II. 497.
Gulo borealis II. 497.
Gunellus II. 185.
GurkenquallenI. 256.
GürtelthiereII. 482.
Gymnetrus II. 182.
Gymnodactylus II. 279.
Gymnodonta II. 146.
Gymnophthalma II.
270.
Gymnophthalmus II. 271.
Gymnopus spirifer II. 292.
Gymnosoma I. 607.
Gymnotida II. 159.
Gymnotus II. 65.
Gymnotus electricus II. 159.
Gypaëtida II. 354.
Gypaëtos II. 355.
Gypogeranus II. 356.
Gyrinida I. 672.
Gyrinus I. 642.
Gyrinus colymbus I. 672.
Gyrodactylus I. 204.
Gyrodus II. 135.
Gyropus I. 562.
H.
HaarflüglerI. 662.
HaarquallenI. 137.
HaarſterneI. 156.
HaarthierchenI. 98.
Habicht II. 355.
Haematopinus I. 561.
Haematopota I. 612.
Haematopus II. 368.
Haemopis I. 227.
Haemulon II. 174.
HaftkieferII. 144. 189.
HaftkieferII. 189.
HaftwalzenI. 168.
HaieII. 117.
Haie mit Mahlzäh-
nen
II. 118.
HaifiſchläuſeI. 434.
HairochenII. 117.
HalbaffenII. 524.
HalbfluͤglerI. 556. 564.
Halbnymphe I. 546.
HalbſchwaͤnzerI. 461.
Halbſohlengänger II. 495.
Halcyon II. 344.
Haliaetos II. 355.
Halianassa II. 454.
Halicore II. 398. 452. 454.
Halictophagus I. 636.
Halictus I. 554. 700.
Halieus II. 363.
Haliotida I. 352. 360.
Haliotis I. 352.
Haliplus I. 673.
Halmaturus II. 391. 442.
Halodactylus I. 253.
HalskiemerI. 342.
HalsthierchenI. 98.
Haltica I. 661.
Halbicus I. 575.
Hamites I. 386. 387.
Hammermuſchel I. 277. 305.
Hamſter II. 519.
HängefalterI. 630.
Hapale vulgaris II. 530.
Hapalida II. 530.
Haplopus I. 585.
HarderII. 183. 189.
HäringeII. 154. 189.
Harpa I. 351.
Harpale I. 675.
Harpalida I. 675.
Harpax I. 586.
Harpes I. 448.
HarpyenI. 626.
Harpyia I. 626.
HarthäuterII. 145.
Haſelnußkäfer I. 652.
HaſenII. 514.
HaſenmäuſeII. 516.
Haubenſchmuckvogel II. 342.
Haubentaucher II. 360.
Hauſen II. 126.
Hausheimchen I. 582.
Hausſpinne I. 508. 509.
HautfluͤglerI. 524. 558.
677.
Hautflügler mit Lege-
röhre I. 688.
HautkrebſeI. 421. 423.
HautläuſeI. 603.
Heberwürmer I. 229.
HechelthierchenI. 99.
Hecht II. 47. 49. 52. 54.
66. 153.
HechteII. 153. 189.
HechtläuſeI. 434.
Hechtskaiman II. 234.
Hectocotylus Tremoctopo-
dis I.
378.
Hedychrum I. 693.
Hedychrum regium I. 554.
Heimchen I. 582.
Hela I. 465.
Helcon I. 692.
Helicida I. 357.
Helicina I. 359.
Helicostegida I. 84.
Heliothrips I. 590.
Helix I. 357.
Helix nemoralis I. 657.
Helix pomatia I. 324.
Helluo II. 282.
HelmſchneckenI. 350.
Heloderma horridum II. 275.
Helodus II. 118.
Helophilus I. 608.
Helops I. 664.
Helyases II. 166.
Hemerobida I. 639.
Hemerobius perla I. 639.
Hemerodromia I. 611.
Hemiaster I. 168.
Hemicale II. 496.
Hemicidaris I. 166.
Hemidactylus II. 279.
Hemimetabola I. 546. 556.
564.
Hemiodus II. 151.
Hemipodius II. 373.
Hemipristis II. 119.
Hemiptera I. 556. 564.
Hemirhamphus II. 145.
Hemirhynchus II. 180.
Hemiteles I. 689.
Henops I. 596. 611.
Hepiolida I. 626.
Hepiolus I. 626.
Heptanchus II. 119.
Heptatrema II. 107.
Heriades I. 701.
Hermeline II. 497.
Hermella I. 236.
Hermellida I. 236.
Hermenthierchen I. 93.
Hermidia I. 624.
Herminia I. 625.
Hermione I. 239.
Herpestes II. 496.
Herpetodrias II. 261.
Hersilia I. 438.
HerzigelI. 167.
HerzmuſchelnI. 310.
Hesperia I. 630.
Hesperida I. 630.
Heterobranchus II. 150.
Heterocera I. 622.
Heterocerida I. 671.
Heterocerus I. 671.
Heterodon II. 262. 483.
Heterogamia I. 581.
Heteromera I. 650.
HeteromerenI. 662.
Heterophlebia I. 593.
Heteropoda I. 332.
[622]Heteropygia II. 157.
Heterotis II. 154.
Heupferde I. 583.
Heuſchnecke I. 515. 532. 578.
HeuſchneckenkrebſeI.
455.
Hexactinia I. 118.
Hexanchus II. 119.
Hexatoma I. 612.
Hilara I. 611.
Himantopus candidus II. 368.
Hindu’s II. 570.
Hinnites I. 305.
Hippa I. 464.
Hipparion II. 469.
Hippida I. 464.
Hippoboscida I. 603.
Hippoboscus I. 604.
Hippocampus II. 143. 144.
Hippoglossus II. 163.
Hipponyce I. 345.
Hippopodius I. 141.
Hippopus I. 306.
Hippotherium II. 469.
Hippopotamus II. 394. 456.
464.
Hippurida I. 289.
Hippurites I. 289.
Hirſch II. 401.
HirſcheII. 477.
Hirſchkäfer I. 667.
Hirſchſchröter I. 667.
Hirudinea I. 224.
Hirudinida I. 227.
Hirundinida II. 332.
Hirundo II. 332.
Hister I. 524. 669.
Histerida I. 648. 669.
Histiophorus II. 181.
HohlhörnerII. 478.
Hokohuhn II. 374.
Holaster I. 168.
Holocentrida II. 172.
Holocentrum leo II. 172.
Holocephala II. 113.
Holometabola I. 557. 594.
Holoptychida II. 136. 188.
Holothuria tubulosa I. 150.
169.
Holothurida I. 152. 168.
Holoptychius nobilissimus
II.
137.
Holopus I. 155. 156.
Holzbiene I. 701.
Holzbock, der graue I. 649.
HolzbohrerI. 655. 677.
Holzbohrer, viergliedrige
I. 651.
Holzbohrer, fünf-
gliedrige
I. 654.
Holzfliegen I. 609.
Holzſpinner, I. 626.
HolzweſpenI. 687.
Holzweſpen, eigent-
liche
I. 693.
Homopus II. 294.
Honigbiene I. 677. 702.
HonigvögelII. 337.
Hoplophora I. 504.
Hoplophorus II. 483.
Hornera I. 252.
HörnerläuſeI. 431.
HornfiſcheII. 145. 189.
HornhechteII. 164.
Hornkäfer I. 666.
Hottentotten II. 558.
Huhn II. 313.
Hühner, echteII. 372.
HühnerſtelzerII. 369.
HuͤhnervoͤgelII. 357. 370.
Hummel I. 702.
Hummelfliege I. 608.
HummerkrebſeI. 459.
HundeII. 494.
Hunde fliegende II. 509.
HundshaieII. 119.
HungerweſpenI. 629.
Homalonotus I. 447.
Homalopsida II. 261.
Homalopsis II. 261.
Homarus I. 460.
Homola I. 465.
Hyaena crocuta II. 494.
HyänenII. 494.
Hyaenida II. 494.
Hyaenodon II. 495.
Hyaenopus II. 495.
Hyalida I. 330.
Hyalea I. 331.
Hyas I. 470.
Hybodida II. 118.
HybodontenII. 118.
Hybodus II. 118.
Hybos I. 611.
Hybotida I 611.
Hydatina senta I. 210. 216.
Hydra I. 126. 127. 131.
Hydra tuba I. 131.
Hydra viridis II. 199.
Hydrachna I. 503.
Hydrachnida I. 502.
Hydrida I. 128. II.
259.
Hydrocantharida I.
672. 676.
Hydrochoerus capybara II.
515.
Hydrochus I. 671.
Hydrocores I. 571.
Hydrocyon II. 151.
Hydrolycus II. 151.
Hydrometra stagnorum I.
573.
Hydrometrida I. 573.
Hydromys II. 520.
Hydrophilida I. 648.
671. 676.
Hydrophilus piceus I. 672.
Hydrophilus spinipes I. 671.
Hydrophis II. 259.
Hydrophoria I. 606.
Hydroporus I. 673.
Hydropsyche I. 638.
Hydrosauria II. 284.
Hydrus II. 259.
Hyla arborea II. 23.
Hyla viridis II. 225.
Hylaedactylus II. 224.
Hylaeosaurus II. 282.
Hylecaetus I. 656.
Hylida II. 224.
Hylobates II. 533.
Hylotoma I. 695.
Hymenoptera I. 558. 677.
Hyodon II. 155.
Hyotherium II. 462.
Hyperia I. 477.
Hyperida I. 476.
Hyperoodon II. 451.
Hyphidrus I. 673.
Hypochthon II. 219.
Hypoderma I. 605. II. 510.
Hypopus I. 502.
Hypostoma II. 148.
Hypsiprymnus II. 393. 438.
442.
Hypsodon II. 181.
Hypudaeus arvalis II. 520
Hyracida II. 464.
Hyracotherium II. 465.
Hyrax capensis II. 465.
Hyria I. 309.
Hysteropus novae Hollan-
diae II.
270.
Hystricida II. 517.
Hystrix II. 517.
J.
Jacamaralcyon II. 350.
Jaçana II. 366.
Jacchus vulgaris II. 530.
Jaculus II. 517.
Jaera I. 481.
Jagdhund II. 404.
JagdſpinnerI. 509.
Jagdtiger II. 493.
Jaki II. 205.
JakuhühnerII. 374.
Janassa II. 117.
[623]Janthina communis I. 353.
Janthinida I. 353.
Janus I. 340.
Ibalia I. 689.
Iberier II. 569.
Ibis sacer II. 368.
Ichneumon I. 402. 691. II.
496.
Ichneumonida (Inſekt)
I. 691.
Ichneutes I. 691.
Ichthydium I. 214.
Ichthyococcus II. 156.
Ichthyodoruliden II. 110.
Ichthyosaurida II. 285.
Ichthyosaurus II. 286.
Icothopse I. 613.
Icterida II. 338.
Icterus II. 338.
Icticyon II. 495.
Ictides II. 496.
Idalia I. 341.
Idiochelys II. 293.
Idothea I. 480.
Idotheida I. 480.
IgelfiſcheII. 146.
Igelzecke I. 501.
Iguana II. 281.
Iguanida II. 279.
Iguanodon II. 282.
Ilia I. 470.
Illaenus I. 447.
Impennia II. 359.
Inachus I. 470.
Inclusa I. 312.
Indianer II. 562.
Indo-Chineſen II. 566.
Indo-Europäer II. 568.
Inepta II. 329.
Infusoria I. 85.
Infuſorien, mundfuͤhren-
de
I. 94.
Infuſorien, mundloſeI.
93.
Inger II. 74. 106.
Innocua II. 261.
Insecta I. 402. 514.
Insectivora II. 432. 505.
Insectivora II. 443.
InſektenI. 402. 514.
Inſekten mitunvollkomm-
ner Verwandlung
I. 556.
564.
Inſekten mit vollkommner
Verwandlung
I. 557.
594.
Inſekten ohne Verwand-
lung
I. 556. 559.
InſektenfreſſerII. 432. 501.
InſektenfreſſerII. 443.
Insessores II. 327. 328.
Inuus II. 533.
Johanniswürmchen I. 525.
657.
Jone I. 480.
Iraner II. 567.
Iridina I. 309.
Iron’s II. 570.
Iroquois II. 562.
Irrisor II. 343.
Isis nobilis I. 123. 124.
Isocardia I. 306.
Isopoda I. 423. 477.
Issus I. 571.
Istiurus II. 282.
Juden II. 569.
Jugulares II. 33.
Julis II. 167.
Julus I. 484. 485.
Junikäfer I. 667.
Ixalis II. 225.
Ixodes Erinacei I. 501.
Ixodida I. 501.
K.
Kabeljau II. 161. 162.
KaͤferI. 558. 642.
KäferläuſeI. 502.
KäferſchneckenI. 359.
Kaffern II. 558.
KahlhechteII. 138. 188.
Kakadu II. 315. 348.
KakerlackenI. 580.
Kalmare I. 388.
Kalmucken II. 565.
KameeleII. 473.
Kameele der alten
Welt
II. 474.
Kameele der neuen
Welt
II. 474.
KameelfliegenI. 641.
Kämmchen I. 310.
Kamm-LippfiſcheII.
165.
KammmuſchelnI. 304.
KammſchupperII. 142.
Kamtſchadalen II. 565.
Känguruh II. 391. 439. 442.
Känguruh’sII. 442.
Kaninchen II. 416.
Kanker I. 505.
Kapkröte II. 223.
KapſelthierchenI. 82.
Karaiben II. 562.
KarpfenII. 151. 189.
KarpfenläuſeI. 435.
Käſemaden I. 600. 606.
KatzenII. 492.
Kaukaſier II. 570.
Kauz II. 352.
KegelhähnchenI. 663.
Kegelſchnäbler II. 331.
KegelſchneckenI. 348.
360.
Kehlfloſſer II. 33.
KehlfuͤßerI. 473.
Kelleraſſel I. 478. 481.
Kerona I. 99.
Kettenkorallen I. 118.
KeulenhoͤrnerI. 622. 629.
667. 676.
Kieferwurm I. 218. 237.
KieferwürmerI. 240.
KielfüßerI. 232.
KielſchneckenI. 333.
KiemenfüßeI. 443.
KiemenmolcheII. 218.
KiemenſchneckenI. 335.
Kiemen-Sumpfſchnecke I. 201.
Kinkajou’sII. 499.
Kirkiſen II. 564.
Kiwi-Kiwi II. 316. 317.
KlaffmuſchelnI. 311.
Klapperſchlange II. 230. 253.
256.
Kleidermotte I. 623.
KleinmaͤulerII. 113.
KleinſchupperII. 129.
188.
KlettermäuſeII. 505.
Kletterfiſch II. 187.
KlettervoͤgelII. 328. 347.
KlippdachſeII. 464.
KloakenthiereII. 430. 433.
KnäulkäferI. 664.
Knochenfiſche, eigentliche
II. 101. 739.
KnochenhechteII. 133.
KnopfkrebſeI. 422.
KnorpelfiſcheII. 101. 107.
189.
KnorpelquallenI. 139.
KofferfiſcheII. 145.
Kohlmeiſe II. 334.
KolbenfluͤglerI. 557.
Kolibri’sII. 345.
Kolpoda I. 85. 98.
Königsadler II. 356.
KönigsſchlangenII.
263.
KopffüßerI. 361.
KopfträgerI. 274. 315.
Korall, ächtes I. 124.
Korjäken II. 565.
Kornwurm, rother I. 653.
KothwanzenI. 574.
Krabbe I. 409. 412. 416.
466.
KrabbenI. 465.
[624] Krähe II. 315.
KrallenaffenII. 530.
Kranich II. 365.
KranzthierchenI. 94.
100.
KratzerI. 178.
KrätzmilbenI. 501.
KrebſeI. 456.
KrebsfloͤheI. 421. 436.
KrebsſpinnenI. 495.
KreiſelſchneckenI. 352.
360.
KreismuſchelnI. 290.
KreiswirblerI. 252.
Kreuzotter II. 259.
Kreuzſchnabel II. 336.
Kreuzſpinne I. 488. 509.
Kriſtallfiſchchen, gewöhnliches
I. 210. 216.
KrokodileII. 286.
Krokodile, jetzt lebende
II. 288.
Kronenthierchen I. 215.
KrötenII. 223.
KruſtenthiereI. 402. 403.
Kruſtenthiere mit Sitz-
augen
I. 472.
KruſtenwirblerI. 252.
KryſtallſchneckenI. 330.
KuckukeII. 350.
Kuhfladenkäfer I. 666.
KugelaſſelnI. 480.
Kulan II. 468.
Kurden II. 570.
Kurilen II. 565.
KurzhoͤrnerI. 604.
KurzrüſſlerI. 607.
KurzzünglerII. 267.
Kuskus II. 443.
L.
Labeo I. 691.
Labidura I. 580.
Labrax II. 171.
Labrida II. 166. 189.
Labrus merula II. 31. 166.
Labydus I. 703.
LabyrinthfiſcheII. 186.
Labyrinthida II. 186.
Labyrinthodon II. 216.
Labyrinthodonta II.
215.
Laccobius I. 671.
Lacerta viridis II. 24. 273.
Lacerdita II. 273. 274.
Lachesis II. 258.
LachſeII. 156. 189.
Lacinularia I. 215.
Lacrymaria I. 98.
Laemargus I. 434.
Laemipoda I. 422.
Laemodipoda I. 473.
Laganum I. 166. 167.
Lagonys pusillus II. 514.
Lagopus alpinus II. 373.
Lagostomida II. 516.
Lagostomus II. 516.
Lagothrix II. 532.
Lagotis II. 516.
Lagria I. 663.
Laguncula I. 253.
Lagunculida I. 253.
Lama II. 474.
Lamellibranchia I. 275.
291.
Lamellicornia I. 665.
676.
Lamellirostria II.
361.
Lamia vomicosa I. 649.
659. 660.
LamienII. 119.
LämmergeierII. 354.
Lamna II. 119.
Lamnida II. 119.
Lamprete II. 43. 72.
LampretenII. 107.
Lamproglena I. 433.
Lamprotornis II. 338.
Lamprotyla II. 350.
Lampyrida I. 648.
657.
Lampyris noctulica I. 657.
LandaſſelnI. 481.
LandkrabbenI. 471.
LandſchildkrötenII.
294.
LandwanzenI. 573.
LangfüßerII. 526.
LanghoͤrnerI. 613.
LangrüſſlerI. 610.
LangſchwaͤnzerI. 456.
LanguſtenI. 461.
Lanida II. 333.
Lanistes I. 358.
Lanius collurio II. 333.
Lanzenſchlange II. 258.
Lanzettfiſchchen II. 13. 38.
102.
Laphria I. 612.
Lappen II. 565.
Larida II. 363.
Larus II. 297. 364.
Larra I. 698.
Larventaucher II. 359.
Lasioptera I. 614.
Laternenträger, urinaniſche
I. 571.
Lathridium I. 653.
Laubfroſch II. 23. 199. 225.
LaubfröſcheII. 224.
Laubkäfer I. 667.
Laubſchrecken I. 583.
LaufkäferI. 643. 645.
673.
Laufkäfer I. 521. 531. 534.
LaufmilbenI. 504.
LaufvoͤgelII. 357. 375.
LausaſſelnI. 479.
LäuſeI. 561.
Leberegel I. 203.
Lebias fasciata II. 152.
LederfiſcheII. 177.
LeguaneII. 279.
Leguane Amerika’s
II. 281.
Leguane der alten
Welt
II. 281.
Leichenkäfer I. 524.
Leiodon II. 276.
Leiolepis II. 282.
Leiuperes II. 224.
Lema I. 660.
Lemmus II. 520.
Lemur, fliegender II. 510.
Lemur mongoz II. 528.
Lemurida II. 527.
Lenape’s II. 562.
Leodice I. 240.
Lepadida I. 427.
Lepadogaster II. 184.
Lepas I. 427.
Lepia I. 674.
LepidoidenII. 132. 134.
Lepidoleprus II. 162.
Lepidoptera I. 557. 616.
Lepidopus II. 180. 182.
Lepidosiren paradoxa II.
211. 213.
Lepidosternum II. 270.
Lepidosteus II. 36. 40. 69.
121. 129. 134.
Lepidostida II. 133.
Lepidota II. 211.
Lepidotus II. 36. 134.
Lepisma I. 563.
Lepismida I. 563.
Leporida II. 514.
Leptaena I. 291.
Leptida I. 609.
Leptis I. 609.
Leptocardia II. 100. 102.
Leptodactyla II. 525.
Leptolepis II. 138.
Leptomerus I. 475.
Leptopodius I. 470.
Leptopus I. 573.
Leptotena I. 604.
Leptotherium II. 480.
[625]Leptura I. 660.
Lepturida I. 660.
Lepus II. 514.
LerchenII. 336.
Leristes II. 271.
Lernaea I. 431.
Lernaeocera I. 431.
Lernaeopoda I. 433.
Lestes I. 593.
Lestrigon I. 477.
Lestris II. 364.
Lesuenria vitrea I. 256.
LeuchtfiſcheII. 155.
LeuchtzirpenI. 570.
Leucifer I. 456.
Leucippe I. 470.
Leuciscus II. 152.
Leucochloridium parado-
xum I.
201.
Leucopsis I. 690.
Leucosia I. 470.
Leucothoë I. 477.
Libelle I. 519.
Libellula indica I. 591.
Libellulida I. 591.
Lichanotus II. 528.
Lichia II. 180.
Licinus I. 674.
Licinida I. 674.
Ligulida I. 195.
LilienkäferI. 660.
Lima I. 305.
Limacida I. 357.
Limacina I. 331.
Limanda II. 163.
Limax I. 321. 354. 357.
Limexylida I. 656.
Limexylon navale I. 656.
Limnadia I. 413. 441. 443.
Limnephila I. 638.
Limnius I. 215.
Limnobates I. 573.
Limnobia I. 614.
Limnochares Anodontae I.
494. 503.
Limnophila I. 614.
Limnoria I. 481.
Limosa II. 367.
Limulus I. 406. 448.
Linguatula I. 499. 500.
Linguatulida I. 499.
Lingula anatina I. 284. 291.
Lingulida I. 291.
Linſenſteine I. 84.
Liothaeum I. 562.
Liparis II. 184.
LippfiſcheII. 166. 189.
Lipura I. 563.
Lipurus II. 443.
Lithobius I. 485.
Lithodes I. 465.
Lithodomus I. 308.
Lithosia I. 627.
Littorina I. 346. 360.
Littorinida I. 346.
Lituites I. 386.
Livia juneorum I. 569.
Lixus I. 652.
Lobiger I. 339.
LöcheraaleII. 158.
Lochmuſchel I. 278. 288.
LochmuſchelnI. 290.
Locusta I. 532. 578. 583.
Locustida I. 583.
LöffelſtöreII. 127.
Loligida I. 388.
Loligo vulgaris I. 388.
Loligopsis Veranii I. 388.
Lomatia I. 610.
Lomechusa I. 670.
Loncheres II. 521.
Lonchopteriden I. 607.
Longicornia I. 658.
Lophiodon II. 460.
Lophius piscatorius II. 186.
Lophobranchia II. 143.
Lophobranchia II. 189.
Lophocercus I. 339.
Lophopoda I. 253.
Lophotes II. 182.
Lophyrus I. 695. II. 282.
Lori II. 527.
Loricaria II. 148.
Loricata II. 123. 124. 251.
286.
Lota II. 33. 68. 162.
Loxia curvirostris II. 336.
Loxocera I. 606.
Loxodes I. 98.
Loxodon II. 119.
Lucanida I. 667.
Lucanus I. 529. 532. 667.
Lucernaria I. 125.
Lucernarida I. 125.
Lucina I. 299. 311.
Lucioperca II. 171.
LuftröhrenkehlerII.
340.
Lumbricida I. 229.
Lumbricus I. 239.
LungenſchneckenI. 335.
353.
LurcheII. 24. 190.
LurchſchildkrötenII.
293.
Luscinia II. 335.
Lutra II. 497.
Lutraria I. 312.
Lycodon II. 262.
Lycoperdina I. 661.
Lycoris I. 240.
Lycosa tarantula I. 509.
Lycosida I. 509.
Lycus I. 657.
Lyda I. 695.
Lygaeus I. 575.
Lygia I. 481.
Lymnaeida I. 356.
Lymnaeus I. 201. 315.
356.
Lymnorea I. 137.
Lyncaeus I. 441.
Lynx II. 493.
Lyrops I. 698.
Lytta vesicatoria I. 662.
M.
MaadechſenII. 276.
Macacus II. 533.
Machaera II. 181.
Machetes II. 367.
Machilis I. 563.
Macrobiotus Hufelandi I.
496.
Macrocera I. 600. 701.
Macrodactylia II. 366.
Macrodontia cervicornis I.
659.
Macroglossa I. 628.
Macroglossus II. 510.
Macrophthalmus I. 472.
Macropoda II. 516.
Macropodida II. 442.
Macropodus II. 187.
Macropoma Mantelli II. 35.
138.
Macropus II. 439. 442.
Macropteryx II. 346.
Macroscelides II. 504.
Macrosemius II. 134. 138.
Macrotherium II. 482.
Mactra I. 278. 292. 311.
Mactrida I. 311.
Macrura I. 456.
Madekaſſen II. 560.
Madrepora I. 118.
Madreporida I. 118.
Maeandrina I. 120.
Maena II. 175.
Magila I. 461.
Magyaren II. 565.
MahlrochenII. 116.
Maja I. 409. 416. 466. 469.
470.
Maikäfer I. 665. 667.
Maifiſch II. 84.
Maiwurm I. 535. 662.
Maki II. 25. 528.
MakrelenII. 178. 189.
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 41
[626] Makrelhecht, echſenartiger II.
164.
Malachida I. 657.
Malachius I. 657.
Malocobdella I. 227.
Malacobdellida I. 227.
Malacodermata I. 656.
Medea I. 256.
MeduſenI. 133.
MeduſenhäupterI. 159.
Medusida I. 135.
MeerbarbenII. 173.
MeerbraſſenII. 174.
Malacoptera II. 147.
Malapterurus electricus II.
149.
Malaye II. 560.
Malermuſchel I. 201.
Malleida I. 305.
Malleus vulgaris I. 305.
Mallotus II. 156.
Malthe vespertilio II. 186.
Malurus II. 334.
Mammalia II. 25.
Manatida II. 453.
Manatus II. 453. 454.
Mandanen II. 562.
Mandrill II. 532.
Mandſchu’s II. 564.
Manis macrura II. 482.
Mantelglöckchen I. 96.
MantelthiereI. 246. 258.
Manticora I. 676.
Mantida I. 585.
Mantis religiosa I. 585.
586.
Mantispa I. 641.
Marabutſtorch II. 369.
MarderII. 496.
Marginella I. 349.
Marienkäfer I. 662.
Marsupiatia II. 430. 437.
Masaris I. 698. 699.
Mastacemblus II. 182.
Mastodon II. 391. 459.
Mastodonsaurus Jaegeri II.
215.
Matamata II. 293.
Matuta I. 470.
Mauerbiene I. 554. 658.
Mauergecko II. 278.
MauerſchwalbenII.
345.
Maulwurf II. 395. 501.
MaulwurfmäuſeII.
518.
Maulwurfsgrylle I. 529.
582.
Maurolicus II. 156.
Mäuſe II. 519.
MeerdrachenII. 284.
Meerdrachen aus der
Trias
II. 285.
Meereidechſe der Galopagos-
Inſeln II. 281.
MeereichelnI. 428.
MeerflöheI. 438.
MeerneſſelnI. 121.
MeerpinſelI. 231. 236.
MeerſchirmeI. 125.
Meerſchwein II. 451.
Meerſchweinchen II. 391.
MeerſchweinchenII.
515.
Megachila I. 701.
Megachirus I. 460.
Megaderma II. 509.
Megalichthys II. 134.
Megalonix II. 484.
Megalops I. 468. II. 155.
Megalotis II. 495.
Megalyra I. 692.
Megalosaurus II. 282.
Megalotrocha I. 215.
Megalotrochida I. 215.
Megalurus II. 138.
Megapodida II. 372.
Megapodius Duperrey II.
372.
Megapus I. 612.
Megaspilus I. 691.
Megatherida II. 483.
Megatherium II. 484.
Mehlwurm I. 548. 647. 664.
Melandrya I. 663.
Melania I. 346.
Melanothrips I. 590.
Melasis I. 655.
Melasomata I. 664.
Meleagrina margaritifera I.
307.
Meleagris II. 372.
Melectra I. 700.
Meles II. 498.
Melicerta ringens I. 215.
Melichares I. 501.
Melitta I. 636.
Meliturga I. 701.
Mellivara II. 498.
Meloë I. 525. 662.
Meloida I. 649. 662.
Melolontha vulgaris I. 665.
Melolonthida I. 667.
Melophagus ovinus I. 604.
Melyris I. 657.
Membracida I. 570.
Membracis I. 570.
Menobranchus II. 219.
Menopoma II. 219.
Menſch II. 423.
Menſchenfloh I. 601.
MenſchenhaienII. 119.
Mephitis II. 497.
Mergulus II. 360.
Mergus II. 362.
Meriones II. 517. 520.
Merlangus II. 162.
Merluccius II. 162.
Mermis I. 181.
Merodon I. 608.
Meropida II. 343.
Merops apiaster II. 343.
Meſſerſcheide I. 297. 312.
Metaxytherium II. 454.
Metopias II. 216.
Metopius I. 691.
Microdon II. 135.
Microdus I. 691.
Microgaster I. 691.
Microstomida I. 209.
Microstomum lineare I. 209.
Midas II. 530.
MiesmuſchelnI. 308.
Miesmuſchel, gewöhnliche I.
295.
MilbenI. 497.
Milesia I. 608.
Millepora I. 252.
Milleporida I. 252.
Milnesium I. 497.
Milvus communis II. 355.
Minyas I. 122.
Miris I. 575.
Miscus I. 636.
Miſtkäfer I. 554. 665.
Mitra I. 349.
Monemia I. 257.
Modiolus I. 308.
MolcheII. 216.
Molche, eigentliche
II. 219.
Molgus I. 504.
Mollukkenkrebſe I. 448.
Mollusca I. 241. 272.
Molluscoida I. 246.
Mollusken, kopfloſeI.
274.
Molossus II. 509.
Molorchus I. 660.
Momotus II. 343.
Monacanthus II. 146.
Monadida I. 94.
Monas I. 85.
Monasa II. 349.
MondfiſcheII. 147.
Mondſchnake I. 613.
MondſchneckenI. 351.
360.
Monedula I. 698.
Mongolen II. 563. 564.
[627]Monitor II. 274.
Monochama tridens I. 658.
Monochir II. 163.
Monodelphen II. 430. 445.
Monodon II. 451.
MonokelnI. 438.
Monopterus II. 159.
Monosomatia I. 81.
Monosticha II. 132.
Monostomum mutabile I.
200.
MoosthiereI. 246. 247.
Mopsea I. 124.
Mordella I. 663.
Mordellida I. 663.
Morelia II. 263.
Mordfliege I. 612.
Mormolyce I. 558.
Mormolyce phyllodes I. 675.
Mormon II. 360.
Mormon maimon II. 532.
Mormyrida II. 153.
Mormyrops II. 154.
Mormyrus II. 65. 154.
Morphe Helenor I. 527. 618.
Morrhua vulgaris II. 30.
Mosasaurida II. 276.
Mosasaurus II. 276.
Moschida II. 476.
Moschus moschiterus II 476.
Moſchusbock I. 659.
MoſchusthiereII. 476.
Mosquitos I. 613.
Motacilla II. 335.
Motacillida II. 334.
MottenI. 623.
MövenII. 363.
MückenI. 613.
Mufflon II. 479.
Mugil cephalus II. 183.
Mugilida II. 183. 189.
Mulio I. 610.
Mullida II. 173.
Mullus barbatus II. 173.
Mumienkäfer I. 666.
MundfuͤßerI. 422. 452.
Mundhornfliegen I. 611.
Muraena helena II. 158.
Muraenida II. 158. 189.
Muraenophis II. 158.
Murex I. 350.
Muricida I. 350. 360.
Murida II. 519.
Mus II. 520.
Mus decumanus II. 404.
Musca I. 595. 607.
Musca vomitoria I. 539. 598.
MuſchelkrebſeI. 422. 438.
Muſchelmilbe I. 494.
MuſchelthiereI. 274.
Muscicapa albicollis II. 333.
Muscicapida II. 333.
Muscida I. 605.
Muscipeta II. 333.
Muscivora II. 342.
Musophaga II. 347.
Mustella vulgaris II. 496.
Mustelida II. 496.
Mustelus II. 99. 119.
Mutilla I. 703.
Mutillida I. 702.
Mützenſchnecken I. 345.
360.
Mya I. 312.
Mycetes II. 531. 532.
Mycetobia I. 614.
Mycetocharis I. 664.
Mycetophagi I. 653.
Mycetophilus I. 614.
Mycteria II. 369.
Mycteriden I. 653.
Mycterus I. 653.
Mydas I. 612.
Mydasida I. 612.
Mydaus II. 497.
Mygale I. 402. 487. 489.
Mygale caementaria I. 510.
Mygale moschata II. 395.
Mygalida I. 509.
Myiothera brachyura II.
341.
Mylabris I. 663.
Myletes Hasselquisti II. 150.
Myliobatida II. 116.
Nyliobatis II. 117.
Mylodon II. 484.
Myogale moschata II. 501
504.
Myopotamus II. 518.
Myoxida II. 522.
Myoxus nitela II. 522.
Myriapoda I. 402. 482.
Myripristis II. 172.
Myrmecobius II. 444.
Myrmecophaga II. 482.
Myrmecophila I. 582.
Myrmeleon I. 557.
Myrmeleon punctatus I.
639.
Myrmeleontida I.
639.
Myrmica I. 703.
Myrmosa I. 703.
Myrpa I. 607.
Mysida I. 455.
Mysis I. 456.
Mystacida I. 638.
Mystriosaurus II. 283.
Myletes II. 151.
Mytilida I. 308.
Mytilus edulis I. 295. 308.
Myxine II. 74. 106. 107.
Myxinida II. 106.
Myzostomida I. 436.
Myzostomum I. 436.
N.
Nabis I. 574.
NachenthierchenI. 99.
NachtaffenII. 527.
Nachtpfauenauge, kleines I.
627.
NachtraubvögelII.
352.
NachtſchmetterlingeI.
622.
NachtſchwalbenII.
346.
NacktaugenII. 270.
NacktzähnerII. 146.
NadelſchneckenI. 346.
360.
NagerII. 432.
NagethiereII. 511.
Naje haje II. 260.
Najades I. 308.
Naidida I. 230.
Nais proboscidea I. 230.
NapfſchneckenI. 345.
360.
Narcine II. 117.
Nardoa II. 263.
Narke II. 117.
Narwal II. 451.
Naseus II. 177.
Naſenſchrecke I. 584.
NashörnerII. 464.
Nashornkäfer I. 667.
NashornvögelII. 344.
Nassa I. 351.
Nassula I. 98.
Nassulina I. 98.
Nasua II. 499.
Nasuta II. 460.
Natantia I. 215.
Natatores II. 357.
Natſchez II. 562.
Natter II. 234.
NatternII. 261.
Naucoris I. 572.
Naucrates II. 180.
Nautilida I. 383. 385.
Nautilus I. 365. 366. 369.
Navicella I. 351.
Nebalia I. 443.
Nebria I. 674.
Necrobia I. 658.
Necrophorus I. 554.
Necrophorus vespillo I. 669.
[628]Nectarinia II. 337.
Necydalida I. 660.
Necydalis I. 660.
Neger II. 384. 558.
Negrito’s II. 559.
NelkenwürmerI. 195.
Nematelmia I. 174. 175.
Nematoidei I. 181.
Nemertida I. 209.
Nemertina I. 207.
Nemestrina longirostris I.
610.
Nemocera I. 613.
Nemoptera I. 641.
Nemosia II. 335.
Nemotelus I. 609.
Nemura I. 590.
Neophron II. 354.
Nepa I 538. 573.
Nephrops I. 460.
Nepida I. 572.
Nereida I. 240.
Nereis I. 174. 217. 235. 240.
Nerita sanguinea I. 351.
Neritida I. 351. 360.
Neritina I. 351.
Nerocilus I. 480.
NeſthockerII. 327. 328.
Neſtkäfer I. 669.
NetzfluͤglerI. 557. 636.
NeunaugenII. 107.
Neuntödter II. 333.
Neuroptera I. 557. 636.
Neusticurus II. 274.
Nicothoë I. 434.
Nierenfeder I. 125.
Nilhecht II. 65.
NilhechteII. 153.
Nilkrokodil II. 287.
Nilpferd II. 394. 456. 463.
Nirmida I. 561.
Nirmus I. 562.
Nitidula I. 669.
Nitidulida I. 669.
Noctua I. 626. II. 353.
Noctuella I. 625.
Noctuida I. 625.
Nodosaria I. 84.
Nogagus I. 434.
Nomada I. 700.
Norops II. 282.
Notacantha I. 609.
Notacanthida II. 181.
Notacanthus nasus II. 182.
Notagogus II. 134.
Noterus I. 673.
Nothosaurida II. 285.
Nothosaurus II. 285.
Nothosomus II. 133.
Notidanida II. 119.
Notidanus II. 40. 75. 109.
114. 119.
Notonecta glauca I. 572.
Notonectida I. 572.
Notopoda I. 465.
Notornis II. 367.
Nubier II. 569.
Nucleolites I. 167.
Nucula I. 310.
Numenius II. 367.
Numida II. 372.
Nummuliten I. 84.
NußigelI. 167.
Nyctereutes II. 495.
Nycteribia Westwoodi I.
603.
Nycteribida I. 603.
Nycteris II. 508.
Nycteus I. 657.
Nyctibius II. 346.
Nycticebida II. 527.
Nycticebus II. 527.
Nycticorax II. 369.
Nyctiornis II. 343.
Nyctipithecus II. 532.
Nymphalis Jasius I. 547.
620. 629.
Nymphon I. 496.
Nysson I. 698.
O.
Obesa II. 463.
Obisida I. 511.
Obisium I. 512.
Oblata II. 175.
Oceania I. 136.
Oceanida I. 136.
Octalinia I. 122.
OchſenII. 480.
Ochſenbremſe I. 595. 612.
Octodon II. 521.
Octopodida I. 390.
Octopus I. 361. 362. 371.
391. 392.
Oculinida I. 120.
Ocydromia I. 611.
Ocypoda I. 472.
Ocyptera I. 607.
Odacantha I. 674.
Odax II. 167.
Odonata I. 592.
Odontaspis II. 119.
Odontopleura I. 448.
OdontopleuridenI.
448.
Odynerus I. 698. 699.
Oecipoda I. 584.
Oecistes I. 215.
Oecophorus I. 623.
Oedalea I. 611.
Oedemagus I. 605.
Oedemera I. 664.
Oedipus II. 220.
Oestrida I. 604.
Oestrus equi I. 604.
Oethra I. 471.
Ogygia I. 447.
OgygidenI. 447.
OhnedornenII. 160. 189.
Ohrenqualle I. 132. 136.
Ohrrobben II. 490.
OhrſchneckenI. 356.
Ohrwurm I. 532.
OhrwürmerI. 579.
Oidemia II. 361.
OlenidenI. 448.
Olenus I. 448.
Oletera I. 510.
Olfersia I. 604.
Oliva I. 347.
Omalisus I. 657.
Omalius I. 670.
Omophron marginatum I.
674.
Onager II. 468.
Onagga II. 468.
Onchidida I. 355.
Onchidium I. 356.
Oniscida I. 481.
Oniscus I. 405. 478. 481.
Onthophagus I. 666.
Onychocephalus II. 265.
Onychotheutis I. 389.
Opalinida I. 94.
Opatrum I. 664.
Ophicephalus II. 186.
Ophidia II. 251. 252.
Ophidida II. 161.
Ophidium II. 161.
Ophiocoma I. 159.
Ophiodes II. 272.
Ophiolepis I. 159.
Ophion I. 691.
Ophiops II. 274.
Ophisaurus II. 273.
Ophisurus II. 158.
Ophiura I. 159.
Ophiurida I. 159.
Ophrydina I. 95.
Ophrydium I. 96.
Opilionida I. 505.
Opis I. 311.
Opisthobranchia I. 337.
Opisthocomida II.
346.
Opisthocomus II. 346.
Opistognathus II. 184.
Oplotherium II. 466.
Orbicula I. 290.
[629]Orbiculida I. 290.
Orcetochilus I. 672.
Orchesella I. 563.
Orchestia I. 477.
Orcynnus II. 179.
OrgelkorallenI. 122.
Orgyia I. 627.
Oribates I. 504.
Oribatida I. 503.
Oriolus II. 339.
Orneodes hexadactyla I.
622.
Ornithobia I. 604.
Ornithomyia viridis I. 603.
Ornithopterus II. 284.
Ornithorhynchida
II.
436.
Ornithorhynchus II. 389.
434.
Orodus II. 118.
Orsodacne I. 660.
Ortalis I. 606.
Orthagoriscida II.
147.
Orthagoriscus mola II. 147.
Orthis I. 291.
Orthoceratites I. 386.
Orthoconcha I. 306.
Orthoptera I. 556. 575.
Ortygis nigrifrons II. 373.
Orycteropus capensis II.
481.
Oryctes nasciornis I. 667.
Oſagen II. 562.
Oscines II. 315. 328.
Oſenanti’s II. 564.
Osmerus II. 156.
Osmia I. 658. 700. 701.
Osmia muraria I. 554.
Osphromenus II. 187.
Oſſeten II. 570.
Osteoglossum II. 154.
Osteolepis II. 132.
Ostracida II. 145.
Ostracion II. 36. 145.
Ostracoda I. 422. 438.
Ostrea edulis I. 294. 303.
Ostreida I. 303.
Otaria II. 490.
Otion I. 427.
Otis II. 370.
Otocyon II. 495.
Otodus II. 69. 119.
Otolicnus II. 527.
Otolithus maculatus II. 173.
OtternII. 258. 250.
497.
Otus II. 353.
Ouiſtiti II. 530.
Ovibos II. 480.
Ovis II. 480.
Ovula I. 348.
Ovulida I. 347. 360.
Oxycera I. 609.
Oxyporus I. 670.
Oxyrhina II. 119.
Oxyrhyncha I. 469.
Oxyrhynchus I. 470.
Oxystomata I. 470.
Oxytelus I. 670. 698.
Oxytrichina I. 99.
Oxyuris I. 183. 184.
Ozodura II. 147.
P.
Pacca II. 391.
Pachycephala II. 334.
Pachycormus II. 138.
Pachydermata II. 431. 455.
Pachygaster I. 609.
Pachymeris I. 575.
Pachysoma II. 510.
Pachyterium II. 483.
Pactolus I. 465.
Padoa II. 367.
Pagellus II. 175.
Pagrus II. 175.
Pagurida I. 463.
Pagurus Bernhardus I. 463.
PalaͤadenI. 422. 444.
Palaecyon II. 498.
Palaemon I. 404. 414. 459.
Palaeomeryx II. 478.
Palaeoniscida II.
188.
Palaeoniscus II. 36. 41.
132.
Palaeorhynchum II. 180.
Palaeosaurida II. 275.
Palaeosaurus II. 276.
Palaeotherida II. 462.
Palaeotherium magnum II.
462.
Palamedea II. 370.
Palapteryx II. 377.
Palea II. 84. 92.
Palinurus I. 403. 461.
Palinurida I. 461.
Palmenkäfer I. 652.
Paludicella I. 253.
Paludina I. 336. 345.
Paludinida I. 345.
Pandarida I. 434.
Pandarus I. 434.
Pangonia I. 612.
Panops I. 611.
Panorpa aegyptiaca I. 640.
Panorpida I. 637. 640.
PanzerechſenII. 251. 286.
PanzerganoidenII. 123.
124. 188.
PanzerwangenII. 169.
189.
PanzerwelſeII. 148.
Panurgus I. 700. 701.
PapageienII. 347.
Papierboot I. 364. 391.
Papierweſpe I. 698.
Papilio Arjuna I. 632.
Papilio Machaon I. 620.
631.
Papilionida I. 631.
Papuas II. 559.
ParadiesvögelII.
339.
Paradisea apoda II. 338.
Paradoxides bohemicus I.
448.
Paradoxurus II. 496.
Paralepis II. 156. 181.
Paramecium I. 85. 98.
Parasita I. 421. 428.
Pardalotus II. 337.
Parnassius I. 632.
Parnopes I. 693.
Parnus I. 671.
Parra chirurgus II. 366.
Parthenope I. 470.
Parus major II. 334.
PaſtinakenII. 117.
Patella I. 342. 343.
Patellida I. 342. 360.
Pavian II. 384. 523.
Pavo II. 372.
Pecten opercularis I. 304.
Pectinaria I. 236.
Pectinida I. 304.
Pectunculus I. 277. 310.
Pedetes II. 517.
Pediculata II. 185.
Pediculida I. 561.
Pediculus capitis I. 561.
Pedum I. 305.
Pegasus II. 144.
Peitſchenwurm I. 184.
Pelagia I. 104.
Pelagia noctiluca I. 134.
136.
Pelagius II. 489.
Pelagosaurus II. 288.
Pelamis II. 259.
Pelates II. 171.
Pelecanus II. 363.
Pelecinus I. 692.
Pelecus II. 152.
Pelegus II. 152.
Pelias berus II. 259.
Pelikan II. 362.
Pelobates II. 224.
[630]Pelopius I. 673.
Pelopaeus I. 697.
Pelops I. 504.
Pelor II. 170.
Peltis I. 669.
Peltocephalus II. 293.
PelzflattererII. 510.
Pelzkäfer I. 668.
Pemphix I. 461.
Pemphredon I. 698.
Penella I. 431.
Penellida I. 431.
Penelope II. 374.
Penelopida II. 374.
Peneus I. 459.
Peniculus I. 432.
Pennatula I. 125.
Pennatulida I. 124.
PentacrinidenI. 156.
Pentacrinus europaeus I.
153. 157.
Pentacta I. 169.
Pentactinia I. 121.
Pentamera I. 650.
Pentamerus I. 291.
Pentastoma I. 500.
Pentatoma I. 532. 556. 564.
575.
Pentatomida I. 575.
Pentonyx II. 293.
Pepsis I. 697.
Perameles II. 444.
Perca fluviatilis II. 34. 38.
58. 171.
Percida II. 170. 189.
Perdrix II. 373.
Peridinida I. 94. 100.
Peridinium I. 94.
Perilampus I. 690.
Periophthalmus II. 184.
Peripatus I. 240.
Peristedion II. 170.
Perla I. 546. 590.
PerlbooteI. 383. 385.
PerlenmuſchelnI.
307.
Perlida I. 590.
Perna I. 305. 306.
Peropoda II. 262.
Perſer II. 570.
Peruaner II. 562.
Petaurus II. 443.
PetermännchenII. 172.
St. Petersfiſch II. 179.
Petricola I. 311.
Petromyzida II. 107.
Petromyzon II. 43. 72. 105.
107.
Petyra I. 575.
Pezophaps II. 330.
Pfahlwurm I. 301. 313.
PfahlwürmerI. 184.
PfefferfreſſerII. 348.
Pfeifhaſe, kleine II. 514.
PfeilhechteII. 181.
189.
PfeilſchneckenI. 333.
PfeilſchwänzerI. 422.
448.
Pferd II. 401.
PflanzenmilbenI.
503.
Pfriemenſchwanz I. 184.
Phacochaerus aethiopicus
II.
461.
Phacops arachnoides I. 445.
Phaeton II. 363.
Phalangista II. 443.
Phalangium opilio I. 505.
Phalaropus II. 367.
Phaleris II. 360.
Pharyngognatha II. 163.
Phascogale II. 445.
Phascolarcthus II. 443.
Phascolomys II. 393. 438.
441.
Phascolotherium II. 445.
Phasianella I. 352.
Phasianida II. 372.
Phasianus II. 372.
Phasma I. 585.
Phasmida I. 585.
Phibalura II. 342.
Phileremus I. 700.
Philodina I. 216.
Philodina citrina I. 213.
Philopterus I. 562.
Phloeothrips I. 590.
Phoca II. 398. 486. 489.
Phocaena II. 451.
Phocida II. 489.
Phoenicopterus II. 369.
Pholadomya I. 312. 314.
Pholas I. 296. 313.
Pholidophorus II. 133.
Pholis II. 185.
Phoxichilidium I. 496.
Phoxinus II. 152.
Phoxinus varius II. 34.
Phragmoceras I. 386.
Phronimus I. 477.
Phryganea venata I. 638.
Phryganida I. 638.
Phryniscus II. 224.
Phrynida I. 513.
Phrynocephalus II. 282.
Phrynus reniformus I. 514.
Phthiria I. 611.
Phthirius I. 561.
Phrynosoma II. 282.
Phycis II. 162.
Phyllidia I. 341.
Phyllidida I. 341.
Phyllium siccifolium I. 585.
Phyllodactylus II. 279.
Phyllodus II. 135.
Phyllomedusa II. 225.
Phyllopoda I. 422. 441.
Phyllopterus I. 583.
Phyllosoma I. 454. 455.
Phyllosomida I. 454.
Phyllostoma hastatum II.
509.
Physa I. 356.
Physalia I. 139.
Physalida I. 138.
Physeter macrocephalus II.
450.
Physeterida II. 450.
Physophora I. 141.
Physopoda I. 598.
Phytocoris I. 575.
Phytophthiria I. 568.
Phytotoma II. 342.
Picida II. 349.
Picumnus II. 349.
Picus medius II. 349.
PiereI. 239.
Pielopsis I. 345.
Pilidion II. 265.
Pillenkäfer I. 668.
PilzkorallenI. 123.
PilzquallenI. 135.
Pilzmücken I. 614.
Pimelepterus II. 176.
Pimelia I. 664.
Pimelodus II. 150.
Pimpla I. 601.
PinguineII. 359.
Pinna I. 308.
Pinnipedia II. 431. 486.
Pinnotheres I. 472.
Piophila I. 606.
Pipa americana II. 222.
PippelII. 357.
Pipra II. 342.
PiroleII. 339.
Pisces II. 23. 27.
Piscicola I. 227.
Pisidium I. 311.
Pithecia II. 532.
Pithecus II. 533.
Pitta II. 341.
Pitylus II. 336.
Placentaria II. 430. 445.
Placodus II. 135.
Placuna I. 304.
Plagiostomata II. 114.
Plagusia II. 163.
Planaria I. 186. 205.
[631]Planarida I. 205.
Planarida I. 207.
Planorbis I. 317. 356.
Planulina I. 84.
Platalea II. 369.
Platax Ehrenbergi II. 175.
Platemys II. 293.
Platessa vulgaris II. 162.
Platicerus I. 667.
PlattkäferI. 653.
PlattnaſenII. 531.
PlattwürmerI. 174. 185.
Plattwuͤrmer, freieI. 189.
Plattwuͤrmer, ſchmaroz-
zende
I. 189.
PlattzähnerII. 134. 188.
Platurus II. 259.
Platycephalus II. 170.
Platydactylus muralis II.
278.
Platyelmia I. 174. 185.
Platygaster I. 690. 691.
II. 263.
Platyonyx II. 484.
Platypeza I. 607.
Platypterus II. 184.
Platyra I. 609.
Platyrhyna II. 117.
Platyrrhina II. 531.
Platysemius II. 133.
Platysoma I. 653.
Platysoma I. 669.
Platysternum II. 293.
Plectognatha II. 144.
Plectrophanes II. 336.
Pleione I. 240.
Plesiosaurida II.
286.
Plesiosaurus II. 286.
Pleurobranchaea I. 341.
Pleurobranchida I.
341.
Pleurobranches Peroni I.
341.
Pleuroconcha I. 302.
Pleurodeles II. 220.
Pleurodontia I. 266.
Pleuronectes II. 163.
Pleuronectida II.
162. 189.
Pleurosaurus II. 288.
Pleurotomababylonia I. 349.
Pleurotomida I. 349.
360.
Plicatula I. 305.
Pliosaurus II. 286.
Ploa I. 572.
Ploas I. 611.
Ploceus II. 321. 336.
Ploesçonia I. 99.
Plotus anhinga II. 362.
Plumatella I. 247. 253.
Plumatellida I. 253.
Plumularia I. 130.
Plusia I. 626.
Pluteus I. 163.
Pneumoderma I. 332.
Podargus II. 343.
Podiceps II. 360.
Podocnemis II. 293.
Podocys II. 172.
Podophrya I. 97.
Podophthalma I. 422. 450.
Podophthalmus I. 409. 471.
Podura I. 562. 563.
Podurida I. 562.
Poecilia II. 152.
Poecilopleuron II. 288.
Poecilopoda I. 422. 448.
Pogonias II. 174. 349.
Polistes I. 636. 699.
Pollicipes I. 427.
Pollyxenus I. 485.
Polyacanthus II. 187.
Polyarthra I. 216.
Polybia I. 471.
Polychrus II. 282.
Polyclinum I. 266.
Polydesmus I. 482. 485.
Polyneſier II. 560.
Polynoe I. 239.
Polyodon II. 127.
Polyommatus betulae I. 632.
Polyophthalmida I.
238.
Polyophthalmus I. 238.
Polypedates II. 225.
PolypenI. 104. 106.
Polypen, achtſtrahligeI.
122.
Polypen, fuͤnfſtrahligeI.
121.
Polypen, ſechsſtrahligeI.
118.
Polyphemus I. 441.
Polypi I. 106.
Polypterida II. 130.
Polypterus senegalus II.
130.
Polyptychodon II. 289.
Polystomida I. 203.
Polystomum integerrimum
I.
204.
Polythalamia I. 83.
Polytrocha I. 216.
Polyzonium I. 485.
Polyzostera I. 581.
Pomacanthus II. 176.
Pomacentrida II. 165.
Pomacentrus II. 166.
Pomophractus II. 177.
Pompilus I. 697.
Ponera I. 703.
Pongo II. 533.
Pontia I. 438.
Pontida I. 438.
Pontobdella I. 228.
Porcellana I. 465.
PorzellankrebſeI.
464.
Porzellanſchnecke I. 348.
Porcellio I. 481.
Poriten I. 118.
Porphyrio II. 367.
Porphyrophora I. 568.
Porpita I. 140.
Portunus I. 471.
Posidonia I. 308.
PoſthörnchenI. 387.
Potamida II. 292.
Potamohippus II. 464.
Potamophilus II. 496.
Potoru II. 393. 438.
PottfiſcheII. 450.
PrachtkäferI. 654.
Premnas II. 166.
Priacanthus II. 171.
Priapulus I. 229.
Prionida I. 659.
Prionites II. 343.
Prionodon II. 119.
Prionus I. 659.
Pristidurus II. 119.
Pristiophorus II. 119.
Pristipoma II. 174.
Pristis antiquorum II. 117.
Proboscidea II. 457.
Procellaria vittata II. 364.
Procellarida II. 364.
Procne II. 332.
Procnias II. 335.
Procrustes I. 674.
Proctotrupes I. 691.
Proctotrupida I. 690.
Productus I. 291.
Propterus II. 134.
Prorodon I. 98.
Proscopia gigas I. 584.
Prosimiae II. 524.
Prosobranchia I. 342.
Prosopon I. 461.
Proteida I. 81.
Proteles II. 494.
Proteus II. 219.
Proto I. 230.
Protopterus II. 213.
Protorosaurus II. 276.
Protozoa I. 78.
Prymnoa I. 124.
Psammobia I. 312.
[632]Psammodromus II. 274.
Psammodus II. 118.
Psammophis II. 261.
Psammoryctes II. 521.
Psammoryctida II.
521.
Psammosaurus II. 275.
Psammosteus II. 137.
Psaris II. 342.
Psarus I. 608.
Pselaphida I. 670.
Pselaphus I. 670.
Psettus II. 176.
Pseudes II. 205.
Pseudis II. 224.
Pseudophana I. 571.
Pseudopus II. 273.
Pseudotriton II. 220.
Psilopus I. 608.
Psithyrus I. 700.
Psittacida II. 347.
Psittacus sulphureus II.
315. 348.
Psocida I. 589.
Psocus I. 589.
Psolus I. 169.
Psophia II. 370.
Psyche I. 625.
Psychida I. 624.
Psylla I. 569.
Psyllida I. 569.
Ptenidium I. 662.
Pterichthys II. 125. 126.
Pterocera I. 347.
Pterocles setarius II. 330.
Pteroclida II. 330.
Pterodaclylia II. 282.
Pterodactylus II. 284.
Pterodina I. 216.
Pteroglossus II. 348.
Pterois II. 170. 178.
Pteromalus I. 690.
Pteromys II. 522.
Pteronarcys I. 590.
Pterophorida I. 622.
Pterophorus pentadactylus
I.
622.
Pteroplatea II. 117.
Pteroplus I. 501.
Pteropoda I. 329.
Pteropus II. 510.
Pterostichus I. 675.
Pterotrachea I. 333.
Ptilinus I. 656.
Ptilium I. 662.
Ptilorhynchus II. 339.
Ptinida I. 656.
Ptinus fur I. 656.
Ptychoptera I. 614.
Ptychozoon II. 279.
Ptygura I. 215.
Ptyodactylus II. 279.
Puffinus II. 365.
Pulex irritans I. 601.
Pulicida I. 601.
Pulmonata I. 335. 353.
Pulpe I. 361. 362. 371.
Pupa I. 357.
Pupart-Krabbe I. 470.
Pupipara I. 602.
PuppengebaͤrerI. 602.
Purpura I. 351.
Putorius II. 497.
Picnodontida II. 134.
188.
Pycnodus II. 134.
Pycnogonida I. 495.
Pycnogonum I. 496.
Pycnonotus II. 334.
Pygocentrus II. 151.
Pygolampis I. 574.
Pygopristis II. 151.
Pygopterus II. 69. 133.
Pygopus II. 271.
Pyllobates II. 225.
Pylorida I. 311.
Pyralida I. 624.
Pyralis vitana I. 624.
Pyrausta I. 624.
Pyrgita II. 336.
Pyrgoma I. 428.
Pyria I. 693.
Pyrochroa coccinella I. 663.
Pyrochroida I. 663.
Pyrosoma I. 267.
Pyrosomida I. 267.
Pyrrhocorax II. 339.
Pyrrhocoris I. 575.
Pyrrhula II. 336.
Pyrula I. 350.
Python II. 229. 231. 263.
Pythonida II. 263.
Pyxis II. 294.
Q.
Quadrumana II. 432.
Quagga II. 468.
Quallen I. 254.
QuallenbooteI. 353.
QuallenflöheI. 476.
QuallenpolypenI. 104. 126.
Quedius I. 670.
Querder II. 43.
QuermaͤulerII. 114.
R.
Raben II. 338.
RäderthiereI. 174. 210.
Raͤderthiere, polypenar-
tige
I. 214.
Raͤderthierchen, ſchwim-
mende
I. 215.
Radiata I. 100.
Radiolites I. 289.
Raja II. 117.
Raja clavata II. 36.
Raja marginata II. 73. 76.
108. 115.
Rajida II. 115. 117.
RakkenII. 342.
Rallus II. 367.
Rana II. 224.
Ranatra I. 573.
Ranatra linearis I. 572.
Randroche II. 115.
RandwanzenI. 575.
Ranella I. 350.
Ranida II. 224.
Ranina I. 465.
RankenfuͤßerI. 421. 423.
RankenwürmerI. 240.
Raphidia I. 641.
Raphidida I. 641.
Raptatores II. 328.
Raubfliegen I. 612.
RaubkäferI. 670.
RaubthiereII. 490.
RaubvoͤgelII. 328. 350.
Rautenkrokodil II. 228.
Rebenſtecher I. 653.
Rebenzünsler I. 624.
Recurvirostra II. 368.
Reduvida I. 574.
Reduvius I. 526.
Reduvius tuberculatus I.
574.
RegenwürmerI. 229.
Regulus II. 334.
Reihenkorallen I. 118.
ReiherII. 368.
Remipes I. 464.
Renilla I. 125.
Reptilia II. 24. 226.
Republikaner II. 321.
Retepora I. 252.
ReuſenthierchenI. 98.
Rhabdocoela I. 206.
Rhagium I. 660.
Rhamphastida II. 348.
Rhamphastos carinatus II.
348.
Rhamphognathus II. 289.
Rhamphomyia I. 611.
Rhamphorhynchus II. 284.
Rhamphosus II. 169.
Rhaphignathus I. 505.
Rhaphiosaurus II. 276.
Rhaphium I. 608.
[633]Rhea II. 376.
Rheinweidenſchwärmer I.
550.
Rhinatrema II. 215.
Rhinelepis II. 148.
Rhinobatis II. 117.
Rhinocerida II. 464.
Rhinoceros javanicus II.
464.
Rhinolophus II. 509.
Rhinoplax II. 345.
Rhinophryne II. 224.
Rhinoptera II. 117.
Rhinosimus I. 653.
Rhipiphorus I. 663.
Rhipiptera I. 632.
Rhizobius I. 569.
Rhizopoda I. 80.
Rhizophysa I. 141.
Rhizostoma I. 133. 137.
Rhizostomida I. 137.
Rhodeus II. 152.
Rhombifera II. 123. 128.
Rhombus maximus II. 163.
Rhopalocera I. 622. 629.
Rhopalogaster I. 612.
Rhynchelmis I. 230.
Rhynchites Bacchus I. 651.
653.
Rhynchobdella II. 182.
Rhyncholophus I. 505.
Rhynchops II. 364.
Rhynchotus II. 373.
Rhyngota I. 564.
Rhyphus I. 613.
Rhyzaena II. 496.
Riedwurm I. 582.
RiemenwürmerI. 195.
Rieſenmuſchel I. 275. 306.
RieſenſchlangenII. 262.
RieſenvögelII. 376.
Rieſenwurm I. 184.
RindenkorallenI. 123.
RingelechſenII. 269.
RingelkrebſeI. 422.
Ringelnatter II. 273.
RingelwürmerI. 174.
RippenquallenI. 246. 254.
Rissoa I. 346.
RobbenII. 431. 486. 489.
Rochen II. 115.
Rogas I. 629.
Rohrdommel II. 369.
RoͤhrenherzenII. 100. 102.
Röhrenholothurie I. 150.
RöhrenmäulerII.
168. 189.
RoͤhrenmuſchelnI. 312.
RöhrenpolypenI. 129.
136.
RöhrenquallenI. 105. 138.
RöhrenwirblerI. 252.
RoͤhrenwuͤrmerI. 230.
RollſchlangenII. 263.
Roßegel I. 227.
RoßmuſchelnI. 289.
Rostellaria I. 347.
Rotatoria I. 174. 210.
Rotifer I. 174. 216.
RückenfüßerI. 465.
RuͤckenkiemerI. 337.
RuderfüßlerII. 362.
RuderwanzenI. 572.
Rudista I. 288.
Ruminantia II. 431. 469.
RundkäferI. 661.
RundkrabbenI. 470.
RundmaͤulerII. 100. 104.
RundſchupperII. 123. 135.
141.
RundwürmerI. 174. 175.
Rupicola II. 342.
RüſſelegelI. 227.
RüſſelkäferI. 651.
RüſſelquallenI. 137.
RüſſelthiereII. 457.
Ruthenfeder I. 125.
Ruticilla II. 335.
Rytine II. 453.
Rytinida II. 453.
S.
Sabella I. 236.
Sabellida I. 236.
Saccobranchus II. 150.
Saccomys II. 520.
Saccophorus II. 519.
SackträgerI. 624.
Saenuris I. 239.
Sägefiſch II. 117.
SägehörnerI. 654.
Sagitta I. 334.
Sagittida I. 333.
Sajou II. 531.
Sairis II. 165.
SaitenwuͤrmerI. 178.
Salamandra II. 220.
Salamandrida II. 219.
220.
Salangane II. 346.
Salarias II. 185.
Salenia I. 166.
Salientia II. 504.
Salmo fario II. 34. 60. 64.
76.
Salmo Schiffermülleri II.
30. 156.
Salmonida II. 156. 189.
Salpa africana I. 270.
Salpa cordiformis I. 270.
Salpa maxima I. 270.
SalpenI. 268.
Salpingus I. 653.
Saltatoria I. 581.
Salticus I. 509.
Salvator II. 274.
Samojeden II. 565.
SandaaleII. 160.
Sandalus I. 657.
Sandfloh I. 602.
SandkäferI. 675.
SandkrebſeI. 464.
SandweſpenI. 697.
SandwürmerI. 239.
Sanguinolaria I. 312.
Sanguisuga medicinalis I.
224. 225.
Saperda I. 660.
Saphenia I. 137.
Saphirina I. 438.
Saprinus I. 669.
Sapyga I. 698.
Sarcinula I. 120.
Sarcophaga I. 607.
Sarcoptes scabiei I. 501.
Sarcorhamphus Condor II.
354.
Sargus I. 609.
Sargus vulgaris II. 174.
Saturnia carpini I. 627.
Satyr II. 370.
Satyrus Balder I. 631.
SäugethiereII. 25.
Säugethiere mit Mutterku-
chen II. 445.
Saͤugethiere mit gürtelför-
migen Mutterkuchen II.
485.
Säugethiere mit ſcheibenför-
migen Mutterkuchen II.
500.
Saͤugethiere mit zerſtreu-
ten Mutterkuchenzot-
ten
II. 446.
Säugethiere ohne Mutter-
kuchen II. 429. 432.
SaugwuͤrmerI. 197.
Säulenglöckchen I. 96.
Sauria II. 251. 265.
Saurichthys II. 134.
Saurocephalus II. 181.
SauroidenII. 132.
Sauropsis II. 138.
Saurus II. 156.
Saxicava I. 296.
Saxicola II. 335.
Scalaria I. 352.
Scalops II. 503.
Scansores II. 328. 347.
Vogt. Zoologiſche Briefe. II. 42
[634]Scaphidium I. 668.
Scaphidura II. 338.
Scaphirhynchus II. 127.
Scaphites I. 386. 387.
Scarabaeus I. 666.
Scarabus I. 356.
Scarites I. 675.
Scaritida I. 675.
Scarus II. 167.
Scatophaga stercoraria I.
605.
Scatophagus II. 176.
Scelidotherium II. 484.
Scelotes II. 272.
Scenopiden I. 607.
Scenopinns I. 607.
SchaafeII. 479.
Schabe I. 517. 576
SchabenI. 580.
SchachtaſſelnI. 480.
Schaflaus I. 604.
SchalenflöheI. 439.
SchalenkrebſeI. 438.
Schangala’s II. 569.
Scharrmaus II. 520.
SchaumzirpenI. 570.
Scheckenfalter I. 632.
ScheibenquallenI.
136.
ScheibenbäucheII. 183.
189.
Schiffshalter II. 184.
Schiffswerftbohrer I. 656.
SchildigelI. 166.
Schildkäfer I. 661.
SchildköpfeII. 125. 188.
Schildkrebs der Molucken I.
406.
SchildkroͤtenII. 251. 289.
SchildläuſeI. 567.
Schildſchrecke I. 584.
SchildwanzenI. 575.
SchirmquallenI. 133.
Schizaster I. 168.
Schizocera I. 695.
Schizothorax II. 152.
SchlangenII. 251. 252.
Schlangen, giftloſeII.
261.
SchlangendrachenII.
286.
SchlangenfiſcheII. 161.
SchlangenſterneI.
159.
Schlangenwurm I. 217. 218.
235. 240.
SchlangenwuͤrmerI. 237.
SchleichenII. 271.
SchleichenlurcheII. 211.
213.
SchleimfiſcheII. 184. 189.
SchlingerII. 263.
SchlundnaͤhterII. 163.
189.
SchlupfweſpenI. 687.
689.
Schlupfweſpen, eigent-
liche
I. 691.
SchmalmuſchelnI. 305.
SchmalnaſenII. 532.
SchmarotzerameiſenI.
702.
SchmarotzerkrebſeI. 421.
428.
Schmeißfliege I. 539. 598.
SchmelzſchupperII. 101.
120.
SchmetterlingeI. 557. 616.
Schmetterlingsfliegen
I. 638.
SchmuckvögelII. 342.
SchnabelfliegenI. 640.
SchnabelkerfeI. 564.
SchnabelthiereII. 436.
SchnabelweſpenI. 697.
SchnakenI. 615.
Schnakenjungfer I. 641.
Schnappſchildkröte des Miſ-
ſiſippi II. 292.
Schnarrſchnecke I. 519. 533.
576. 583.
Schneehuhn II. 373.
SchneckenI. 274. 315.
SchneckenzeilerI. 84.
Schnellfliege I. 606.
SchnellkäferI. 655.
Schneidergrasmücke II. 320.
SchnepfenII. 367.
Schnepfenfliegen I. 609.
SchnirkelſchneckenI.
357.
SchnurwuͤrmerI. 207.
Schnurwürmer, eigent-
liche
I. 209.
Schnurwürmer, rüſſel-
loſe
I. 209.
SchollenII. 162. 189.
SchopfhühnerII. 346.
SchreckenI. 581.
SchreivoͤgelII. 328. 339.
Schreivögel, echteII.
340.
SchrillvögelII. 340.
345.
SchrotmäuſeII. 521.
SchuppenfloſſerII. 175.
189.
SchuppenlurcheII. 211.
Schuppenthier, langſchwän-
ziges II. 482.
SchüſſelſchneckenI. 342.
360.
SchwalbenII. 332.
Schwalbenſchwanz, Raupe
I. 620. 631.
SchwammkäferI. 660.
SchwammkorallenI.
120.
SchwanzlurcheII. 211. 216.
SchwanzweſpenI. 690.
SchwarzkäferI. 664.
SchwarzwürmerI.
206.
Schwebfliegen I. 608. 610.
SchweineII. 460.
SchwertfiſcheII. 180.
189.
SchwimmvoͤgelII. 357.
Schwimmſchnecke I. 321.
Sciaena II. 174.
Sciaenida II. 173. 189.
Sciara I. 614.
Scincida II. 271.
Scincus II. 272.
Sciophila I. 614.
Scirtetes II. 517.
Scirus I. 504.
Sciurida II. 521.
Sciurus vulgaris II. 521.
Sclerodermata II. 145.
Sclerostoma equinum I. 182.
Scraptia I. 663.
Scolecophida II. 264.
Scoleina I. 229.
Scolex I. 194. 196.
Scolia hortorum I. 697.
Scolida I. 697.
Scolopacida II. 367.
Scolopax rusticola II. 367.
Scolopendra I. 402. 455.
Scolytes destructor I. 548.
647.
Scomber II. 179.
Scomberesocida II.
164.
Scomberesox II. 165.
Scomberida II. 178.
189.
Scopelida II. 155.
Scopelus Humboldti II. 155.
Scops vulgaris II. 352.
Scopus II. 369.
Scorpaena scropha II. 169.
Scorpio europaeus I. 512.
Scorpionida I. 512.
Scutella I. 167.
Scutellera signata I. 575.
Scutigera I. 485.
Scydmaenus I. 668.
Scyllaea I. 341.
[635]Scyllarus I. 461.
Scyllida II. 119.
Scyllium II. 99. 119.
Scymnus I. 662. II. 119.
Scyphius II. 144.
Scyrtes I. 657.
Scythrops II. 350.
Sebastes II. 170.
Sedentaria I. 508.
SeeanemonenI. 121.
SeeäpfelI. 154.
SeeblaſenI. 138.
SeeblüthenI. 121.
SeefedernI. 124. 125.
Seegurken I. 125.
Seehähne II. 170.
Seehaſen I. 321. 339. II. 184.
SeehundeII. 489.
SeeigelI. 160.
Seeigel, eigentlicheI.
165 166.
SeekatzenII. 113.
SeekorkeI. 123.
SeekuͤheII. 431. 452.
Seekühe, eigentliche
II. 453.
Seeleuchte I. 136.
SeelilienI. 145. 152.
Seelilien, eigentliche
I. 155.
Seemöve II. 297.
SeeneſſelnI. 122.
SeeohrenI. 352. 360.
Seeotter II. 497.
SeequallenI. 136.
SeeraupenI. 239.
Seeraupen, ſchuppen-
loſe
I. 240.
SeeſcheidenI. 262.
Seeſcheiden, einfache
I. 267.
Seeſcheiden, geſellige
I. 266.
Seeſcheiden, zuſam-
mengeſetzte
I. 263. 265.
SeeſchildkrötenII. 291.
SeeſchlangenII. 259.
Seeſchwalbe II. 25. 363.
Seeſkorpion II. 169.
SeeſterneI. 152. 158.
Seeſterne, eigentliche
I. 160.
SeewalzenI. 143. 152. 168.
Seewolf II. 185.
SegelſchneckenI. 341.
Segestria I. 509.
Seitenraupe I. 627.
Seidenſchmetterling I. 627.
SeitenkiemerI. 341.
SeitenmuſchelnI. 302.
SeitenzähnerII. 266.
Selache II. 119.
Selachia II. 101. 107.
Selandria I. 695.
Semblis I. 639.
Seminolen II. 562.
Semionotus II. 134.
Semiophorus II. 176.
Semiten II. 568.
Semnopithecus II. 533.
Sepia I. 369. 373. 375. 379.
389.
Sepida I. 388.
Sepiola I. 389.
Seps II. 272.
Sepsis I. 606.
Sergestes I. 459.
Seriatopora I. 118.
Sericaria I. 627.
Sericostoma I. 638.
Seriola II. 178.
Serolis I. 480.
Serpula I. 231. 236.
Serranus II. 171.
Serrasalmo II. 151.
Serricornia I. 654.
Serropalpa I. 663.
Sertularia I. 104. 130.
Sesia I. 629.
Sessilia I. 214.
Setifcra I. 98. 99.
Sialida I. 638.
Sialis I. 639. II. 271.
Sichelfiſch II. 182.
Sicydium II. 184.
SiebenſchläferII. 522.
SiebmuſchelnI. 314.
Sigalion I. 240.
Sigalphus I. 691.
Sigaretida I. 345. 360.
Sigaretus I. 345.
SilberweſpenI. 698.
Silpha I. 669.
Silphida I. 669.
Silurida II. 149.
Silurus europaeus II. 150.
Silvius I. 612.
Simiae II. 529.
Simonea folliculorum I. 500.
Simonida I. 500.
Simosaurus II. 285.
Simulia I. 613.
Simulida I. 613.
SingvoͤgelII. 328. 330.
SingzirpenI. 571.
Sinodendron I. 667.
Siphona I. 607.
Siphonophora I. 138.
Siphonops mexicanus II.
213. 214.
Sipunculus I. 228. 229.
Siren II. 219.
Siredon pisciformis II. 193.
218.
Sirenia II. 431. 452.
Sirenida II. 218.
Sirex I. 694.
Sisyr I. 639.
Sitta II. 337.
Sivatherium II. 475.
SkorpioneI. 512.
SkorpionſpinnenI. 510.
Slaven II. 570.
Smaridia I. 505.
Smaris II. 175.
Smerinthus ocellatus I. 628.
Smilodon II. 494.
Smynthurus I. 563.
Sohlengänger II. 497.
SohlenwuͤrmerI. 205.
Sohlenwürmer, ei-
gentliche
I. 207.
Solarium I. 346.
Solaster I. 160.
Solea II. 163.
Solecurtus I. 312.
Solemya I. 312.
Solen I. 297. 312.
Solidungula II. 431. 466.
Solpuga I. 511.
Solpugida I. 510.
Somateria mollissima II.
361.
Sonnenfiſch II. 179.
SonnenkorallenI. 119.
Sonnenſchirm I. 125.
SonnenſterneI. 159.
Sonnenthierchen I. 82. 97.
Sorex araneus II. 503.
Sorex madagascarensis II.
395. 501.
Soricida II. 503.
Spalangia I. 690.
Spalax typhlus II. 519.
Spaltſchnäbler II. 331.
SpaltzünglerII. 267.
SpannerI. 625.
Sparasion I. 697.
Sparida II. 174. 189.
Sparus II. 175.
Spatangida I. 167.
Spatangus I. 167.
Spatularia folium II. 127.
Spatularida II. 127.
SpechteII. 349.
Speckkäfer I. 668.
Spermophilus II. 522.
Sphaeridium scarabeoides
I.
671.
Sphaerodus II. 135.
[636]Sphaeroma I. 480.
Sphaeromida I. 480.
Sphaeronites I. 154. 155.
Sphaerulites I. 289.
Sphagebranchus II. 158.
Sphargis II. 292.
Sphegida I. 697.
Spheniscus II. 359.
Sphenosaurus II. 276.
Sphex I. 697.
Sphiggurus II. 517.
Sphingida I. 626.
Sphinx elpenor I. 628.
Sphinx ligustri I. 550. 618.
Sphodros I. 510.
Sphyraena vulgaris II. 181.
Sphyraenida II. 181.
189.
Sphyraenodus II. 181.
Sphyrna II. 119.
Spinacida II. 118.
Spinax II. 119.
SpindelkäferI. 663.
SpindelſchneckenI.
350. 360.
Spinnen, eigentliche I. 506.
508.
SpinnenkrabbenI.
469.
SpinnenthiereI. 402. 486.
Spinnenthiere, krebsarti-
ge
I. 511.
SpinnerI. 626.
SpiralzeilerI. 84.
Spirifer I. 291.
Spirobranchus II. 187.
Spirorbis I. 236.
Spirula Peronii I. 387.
Spirulida I. 387.
SpitzbrüſteI. 654.
SpitzhornſchneckenI.
356.
Spitzmaus II. 395. 501. 504.
Spitzſchwanz I. 183.
Spondylis I. 659.
Spondylus I. 305.
SpringerII. 504.
Springfiſchchen I. 563.
SpringhaſenII. 516.
SpringweſpenI. 690.
SpulwürmerI. 184.
Squalida II. 117.
Squamipennia II.
175. 189.
Squatina II. 119.
Squatinoraja II. 117.
Squatinorajida II.
117.
Squilla I. 413. 451. 454.
455.
Squillerichthys I. 455.
Squillida I. 455.
StaareII. 338.
StachelfloſſerII. 167. 189.
StachelhäuterI. 105. 142.
StachelſchweineII.
517.
Stachelwürmer I. 229.
Standvögel II. 325.
Staphylinida I. 648.
670.
Staphylinus olens I. 548.
647. 670.
StaudenkorallenI.
120.
Steatornis II. 346.
Stechſchnake I. 615.
Steganopoda II. 362.
Stegostoma II. 119.
Steinbutt II. 163.
Steinbock II. 478.
SteißhühnerII. 373.
Stellaster I. 160.
Stellerida I. 152. 158.
Stelmatopoda I. 252
StelzfalkenII. 356.
Stemmatopus II. 489.
Steneosaurida II.
288.
Steneosaurus II. 288.
Stenoderma II. 509.
Stenops gracilis II. 527.
Stenopteryx I. 604.
Stenorhynchus I. 470. II.
490.
Stenostoma II. 265.
Stentor I. 95.
Stenus I. 670.
Stephanoceros I. 215.
Stephanomia I. 141.
Stephanophyllia I. 119.
Stephanus I. 692.
SteppentaubenII. 330.
Sterlet II. 45.
Sterna hirundo II. 25. 363.
Sternarchus II. 159.
Sternaspis I. 230.
SternläuſeI. 436.
Sternoptix II. 156.
Sternoxia I. 654.
SternſchneckenI.
340.
SternwuͤrmerI. 228.
Sterope I. 593.
Sthenyo I. 136.
Stichling II. 93. 169.
Stigostegida I. 84.
StielaugenI. 422. 450.
Stilbum I. 693.
Stilettfliegen I. 608.
Stinkkäfer I. 669.
StinkratzenII. 495.
Stizius I. 698.
StockfiſcheII. 161. 189.
StockfiſchläuſeI. 432.
Stomapoda I. 422. 452.
Stomatoda I. 94.
Stomias II. 155.
Stomoxys I. 607.
StöreII. 126. 188.
StörläuſeI. 433.
Strahlenbäumchen I. 97.
Strahlenfuß I. 97.
StrahlthiereI. 100.
StrandläuferII. 368.
Strandreuter, weißer II. 368.
Strandſchnecken I. 346. 360.
Stradiomyda I. 609.
Stratiomys cameleo I. 609.
StraußeII. 376.
Strepsilas II. 368.
Strepsiptera I. 557. 632.
Streptospondylus II. 288.
Strichvögel II. 325.
Strigida II. 352.
Strisores II. 340. 345.
Strix II. 353.
Stromateus II. 178.
Strombida I. 347. 360.
Strombus I. 347.
Strongylida I. 184.
Strongylus gigas I. 184.
Strophodus II. 118.
Strudelwürmer I. 214.
Struthio camelus II. 375.
Struthionida II. 376.
Strygocephalus I. 291.
Stubenfliege I. 595.
StummelfüßerII. 262.
SturmvögelII. 364.
Sturnida II. 338.
Sturnus vulgaris II. 338.
Stutzkäfer I. 669.
Stylaria I. 230.
Stylina I. 120.
Stylops I. 557. 633. 636.
Subulipalpa I. 674.
Succinea I. 201. 337.
Sudis II. 154.
Suida II. 460.
Sula II. 363.
SumpflibellenI. 638.
SumpfſchneckenI. 345.
SumpfſchildkrötenII.
293.
SumpfvoͤgelII. 357. 365.
Surnia II. 353.
Sus larvatus II. 461.
Sus scrofa II. 461.
Suspecta II. 260.
[637]Suspensa I. 630.
SüßwaſſerpolypenI.
128.
Sybistroma I. 608.
Sylvia II. 334.
Sylvicola II. 335.
Sylvicolida II. 334.
Sylvida II. 334.
Syllis I. 240.
Symbranchida II. 158.
Symbranchus unicolor II.
158.
Synagra I. 698. 699.
Synallaxis II. 341.
Synanceia II. 170.
Synapta Duvernoy I. 143.
168.
Synaptida I. 168.
Synaptus I. 655.
Syncoryne I. 129. 136.
Synetheres II. 517
Syngnathida II. 144.
Syngnathus II. 144.
Synhydra I. 129.
Syro-Araber II. 568.
Syrphida I. 608.
Syrphus I. 604. 608.
Syrrhaptes II. 330.
Syrtis I. 574.
T.
Tabanida I. 612.
Tabanus bovinus I. 595.
612.
Tachina I. 606. 607.
Tachinus I. 670.
Tachydromia I. 611.
Tachydromus II. 274. 368.
Tachyglossus hystrix II. 437.
Tachypetes Aquila II. 363.
Tachiporus I. 670.
Tachypus I. 674.
Taenia solium I. 188. 190.
193.
Taenida I. 195.
Taeniura II. 117.
Tageulen II. 353.
TagraubvögelII. 352.
353.
Tagpfauenauge I. 620. 621.
631.
TagſchmetterlingeI. 622.
629.
Talitrus I. 402. 475. 477.
Talpa europaea II. 395. 501.
Tamias II. 522.
Tana II. 505.
Tanagra violacea II. 335.
Tanagrida II. 335.
Tanais I. 481.
TangſchnellenII. 144.
Tantalus II. 369.
Tanypida I. 614.
TangarasII. 335.
Tanypus I. 614.
Tanystoma I. 610.
Tanzfliegen I. 611.
TaubenII. 328.
TaucherII. 360.
Taufbecken I. 306.
TaumelkäferI. 672.
TauſendfüßerI. 402. 482.
TauſendwirblerI. 252.
TavoneII. 372.
Taphozous II. 509.
TapireII. 460.
Tardigrada I. 496.
Tarsida II. 526.
Tarsius spectrum II. 526.
527.
TaſchenkrebſeI. 465.
TaſtkäferI. 670.
Tataren II. 564.
Tatu, ſchwarzer II. 483.
Taxotherium II. 498.
Tegenaria domestica I. 508.
Tegomyia I. 606.
Teichhornſchnecke I. 201. 315.
Telaephoria I. 625.
Telegraphina I. 248.
Teleosaurida II. 288.
Teleosaurus II. 288.
Teleostia II. 101. 139.
Pelephorus I. 657.
Tellerſchnecke I. 317. 356.
Tellina I. 311.
Telphusa I. 471. 472.
Tendra I. 253.
Tenebrio molitor I. 548.
647. 664.
Tenthredinida I. 694.
Tenthredo I. 694. 695.
Tenuirostres II. 331.
Terebella I. 233. 234. 235.
236.
Terebratula I. 278. 287.
288.
Terebratulida I. 290.
Teredida I. 313.
Teredo fatalis I. 301.
Teredo navalis I. 313.
Tergipes I. 340.
Termes arborum I. 588.
Termes bellicosus I. 588.
TermitenI. 586. 587.
Termitita I. 586.
Terricola I. 614.
Testacella I. 357.
Testudo II. 289. 294.
Tetanocera I. 606.
Tetrabranchiata I. 383.
Tetragonolepis II. 133.
Tetramera I. 650.
Tetranychus I. 505.
Tetrao II. 373.
Tetraonida II. 373.
Tetrapterus II. 181.
Tetrarhynchus I. 188. 193.
194. 196.
Tetratoma I. 664.
Tetrix I. 556. 584.
Tetrodon II. 147.
Tetronyx II. 293.
Tettigometra I. 571.
Tettigonia I. 570.
Teuthida II. 177.
Thais hypsipyle I. 632.
Thalassema I. 229.
Thalasdroma II. 364.
Thalassina I. 461.
Thalassinida I. 460.
Thalassita II. 291.
Thamnophilus II. 341.
Tharsis II. 138.
Thasia I. 607.
Thaumanthias I. 136.
Thecidea I. 291.
Thecodontosaurus II. 276.
Thelyphonus I. 514.
Thereva I. 609.
Therevida I. 608.
Theridion malmignatta I.
509.
Thetis I. 341.
Thomisus I. 509.
Thorictes II. 274.
Thrips I. 590.
Thrissops II. 138.
Thunfiſch II. 178.
ThurmſchneckenI. 349.
360.
ThürſchneckenI. 358.
Thilacinus II. 444. 445.
Thylacotherium II. 445.
Thymallus II. 156.
Thynnus vulgaris II. 178.
Thyrsophorus I. 589.
Thysanopus I. 456.
Tibeter II. 567.
Tibbus II. 569.
Tichodroma II. 337.
Tiger II. 390. 490
Tillus I. 658.
Tinca II. 152.
Tinea pelionella I. 623.
Tineida I. 623.
Tingis I. 574.
TintenfiſcheI. 388.
Tipula lunata I. 613.
[638]Tipulida I. 613.
Tipunculida I. 607.
Tisiphone II. 258.
Todtengräber I. 554. 669.
Todtenkäfer I. 664.
Todtenkopfmuſchel I. 290.
Todtenuhr I. 656.
Todus II. 342.
Torpedo II. 65. 117.
Torpedida II. 117.
Tortricida I. 623. II.
263.
Tortrix I. 623. II. 264.
Torymus I. 690.
Totanus II. 367.
Toxodon II. 455.
Toxodontida II. 455.
Toxotes II. 176.
Tracheliastes I. 431. 433.
Trachelina I. 98.
Trachelius anas I. 85.
Trachelius fasciola I. 85.
Tracheophona II.
341.
Trachinida II. 172.
Trachinus vipera II. 23.
33. 172.
Trachurus II. 180.
Trachypterus falx II. 182.
Tragopan satyrus II. 370.
Tragulus II. 477.
Trauerente II. 361.
Trauerfliegen I. 610.
Trauerſchweber gelber I. 610.
Trebia I. 434.
Trechus I. 675.
Trematoda I. 197.
Tremoctopus I. 392.
Triarthra I. 216.
Triarthrus I. 448.
Tribolonotus II. 237.
Trichaster I. 159.
Trichechida II. 488.
Trichecus rosmarus II. 393.
488.
Trichiurus II. 180. 182.
Trichius I. 666.
Trichocephalus dispar I.
184.
Trichocera I. 614.
Trichoda I. 98.
Trichodectes I. 562.
Trichodida I. 98.
Trichodina I. 95. 97.
Trichonotus II. 184.
Trichopterygida I.
662.
Trichopteryx I. 602.
Trichopus II. 187.
Trichostoma I. 638.
Tricondylus apterus I. 676.
Tridacna I. 306.
Trigla II. 170.
Trigonia I. 309.
Trigonida I. 309.
Trigonocephalus II. 258.
Trilobita I. 422. 444.
Trimera I. 650.
Tringa II. 367.
Trinucleus I. 448.
Triodontida II. 147.
Trionyx ferox II. 292.
Triphaena I. 626.
Tristoma coccineum I. 198.
203.
Tristomida I. 203.
Triton II. 204. 220.
Tritonia I. 341.
Tritonida II. 220. 341.
Tritonium I. 350.
TritonshörnerI. 351.
360.
Trobinolotus Novae – Gui-
neae II.
272.
Trochida I. 352. 360.
Trochilida II. 345.
Trochilus II. 345.
Trochus magus I. 352.
Troctes I. 589.
Trogida I. 667.
Troglodytes II. 334. 533.
TrogmuſchelnI. 311.
Trogon II. 349.
Trogonophis II. 270.
Trogosida caraboides I. 654.
Trombidida I. 504.
Trombidium Phalangii I.
505.
Trompetenthlerchen I. 95.
Tropidogaster II. 282.
Tropidonotus II. 262.
Tropidophorus II. 272.
Tropidosaurus II. 274.
Trox I. 667.
TrugnatternII. 260.
Trüſche II. 33.
Truxalis nasuta I. 584.
Trygon II. 117.
Trygonida II. 117.
Trygonoptera II. 117.
Trypauchen II. 184.
Tryphon I. 691.
Trypoxylon I. 698.
Tſchuden II. 565.
Tubicinella I. 428.
Tubicola I. 230.
Tubilipora I. 252.
Tubiporida I. 122.
Tubularia I. 129.
Tubularida I. 129. 136.
Tubuliporida I. 252.
Turaner II. 563.
Tunicata I. 246. 258.
Turbanigel I. 166.
Turbinolia I. 119.
Turbinolida I. 119.
Turbo pica I. 322.
Turbo roseus I. 352.
Turdida II. 335.
Turdus cyaneus II. 306.
Turdus merula II. 335.
Turken II. 564.
Turkomanen II. 564.
Turluru I. 472.
Turrilites I. 386. 387.
Turritella I. 346. 360.
Tylopoda II. 473.
Tylos I. 481.
Typhis I. 477.
Typhline II. 271.
Typhlopida II. 264.
Typhlops II. 265.
Tyrannus II. 342.
Tyro I. 477.
Tyroglyphus I. 501.
Tyrus I. 670.
U.
Uca I. 472.
UferkäferI. 671.
Ugrer II. 565.
Uloma I. 664.
Ulonata I. 576. 580.
Ulula II. 353.
Umbellularia I. 125.
UmberII. 189.
UmberfiſcheII. 173.
Umbra II. 153.
Umbrella I. 341.
Umbrina II. 174.
Undina II. 138.
Unio I. 201. 309.
Unke II. 224.
Upeneus II. 173.
Uperodon II. 224.
Upupa epops II. 343.
Upupida II. 343.
Uraler II. 565.
Uranoscopus II. 173.
Uraptera II. 117.
Urax II. 374.
UrbarſcheII. 172.
UrechſenII. 275.
Uria II. 360.
Urnenthierchen I. 95. 97.
Urocerida I 693.
Urolophus II. 117.
Uromastix II. 282.
Uropoda I. 502.
[639]Urosphen II. 169.
Urostyla Stylonychia I. 99.
Ursida II. 498.
Ursus arctos II. 498.
UrthiereI. 78.
Usia furcata I. 611.
V.
Vaginicola I. 96.
Vaginulus I. 357.
Valvata I. 346.
Vampyre II. 509.
Vanellus II. 368.
Vanessa Jo I. 630.
Vanessa Urticae I. 620.
621.
Varanida II. 274.
Varanus Bellii II. 274.
Velella I. 105. 139.
Vellelida I. 139.
Velia I. 573.
Venenosa II. 256.
Venerupis I. 311.
Venus I. 311.
Venusgürtel I. 255.
Veretillum cynomorium I.
107. 112. 124.
Vermes I. 169.
Vermetida I. 344.
Vermetus gigas I. 344.
Vermileo I. 609.
Vermitinguia II. 482.
Vertebrata II. 2.
Vespa communis I. 699.
Vespertilio pipistrellus II.
508.
Vespertilionida II.
508.
Vespida I. 598.
Vidua II. 336.
Viehbremſe I. 605.
VielaugenI. 238.
VielfraßeII. 497.
VielkammerigeI. 83.
ViellöcherI. 203.
VielräderthiereI.
216.
VierhaͤnderII. 432.
VierkiemerI. 383.
Vierrüßler I. 188. 194.
Vipera II. 259.
Viperida II. 259.
Vipio I. 691.
Virgularia I. 125.
Vitrina I. 357.
Viverra civetta II. 495.
Viverra genetta II. 496.
Viverrida II. 495.
VögelII. 25. 295.
VogelläuſeI. 561.
Vogellausfliege, grüne I. 603.
VogelſpinnenI. 509.
Volitantia II. 432. 506.
Volucella bombyleus I. 608.
Voluta I. 319. 349.
Volutida I. 349. 360.
Vomer II. 179.
Vorticella I. 91. 95.
Vulpes II. 495.
Vulsella I. 306.
Vultur fulvus II. 354.
Vulturida II. 353.
W.
Waffenfliegen I. 609.
WaldſängerII. 334.
WalfiſcheII. 448.
WalfiſchläuſeI. 475.
WalfiſchſchneckenI.
331.
WalroſſeII. 488.
WalthiereII. 431. 446.
Walthiere, echteII. 431.
Walthiere, eigent-
liche
II. 447.
WalzenſcheidenI. 268.
WalzenthierchenI.
98.
Wanderratte II. 404.
Wanderſchrecke I. 583.
WarneidechſenII 274.
Warneidechſe, Bell’ſche II.
274.
WarzenſchneckenI.
355.
WaſſeraſſelnI. 480.
WaſſerechſenII. 284.
Waſſerfloh I. 127. 128.
WaſſerhühnerII. 366.
WaſſerjungfernI.
591. 593.
Waſſerkalb, eigentliches I.
181.
WaſſerkäferI. 648.
672. 676.
WaſſerläuferI. 573.
WaſſermilbenI. 502.
WaſſermolcheII. 220.
WaſſernatternII. 261.
WaſſerſchlängelI.
230.
Waſſerſchwein II. 515.
WaſſerſkorpioneI.
572.
WaſſerſpinnenI. 509.
WaſſerwanzenI. 571.
WeberſpinnenI. 505.
WebeſpinnenI. 508.
WechſelthierchenI. 81.
WegſchneckenI. 357.
WeichegelI. 227.
WeiflchoſſerII. 147.
WeichfloſſerII. 189.
WeichflüglerI. 656.
WeichthiereI. 241.
Weichthiere, eigent-
liche
I. 272.
WeichwanzenI. 574.
Weinbergſchnecke I. 324.
Weindroſſel II. 335.
Weinhähnel I. 529. 585.
Wein-Rüſſelkäfer I. 651.
Weinſchwärmer, großer I.
628.
WelſeII. 149.
WendezeherII. 347.
Werftbohrer I. 656.
Werre I. 582.
WeſpenI. 687. 695.
Weſpe der Färbergalle I. 688.
Wetterfiſche II. 151.
WickelraubthiereII.
499.
WickelſchlangenII.
263.
WickelzähnerII. 215.
Widderhorn I. 358.
WidderhörnchenI.
628.
WiedehopfeII. 343.
WiederkaͤuerII. 431. 469.
Wieſel II. 496.
WirbelthiereII. 2.
Wirbelthiere, höhere II. 225.
Wirbelthiere, niedere
II. 26.
WirtelſchleichenII.
272.
Wolf II. 494.
Wollmaus II. 515.
WollrückenII. 341.
Wollſchweber, gefleckter I. 611.
Wombat II. 393. 438. 441.
WürgerII. 333.
WürmerI. 169.
WurmſchlangenII. 264.
WurmſchneckenI. 344.
WurmzünglerII. 482.
WurzelfüßerI. 80.
WurzelquallenI. 137.
X.
Xenodon II. 262.
Xenops II. 341.
Xenos Rossii I. 634.
Xenurus II. 483.
Xestomyza I. 611.
[640]Xiphias gladius II. 180.
Xiphioida II. 180. 189.
Xiphodon II. 466.
Xiphydria I. 694.
Xycla I. 695.
Xylobius I. 655.
Xylocopa I. 700. 701.
Xylophaga I. 609.
Xylotroga I. 655.
Xyphostoma II. 150. 151.
Xyphosura I. 422. 448.
Xyrichthys II. 167.
Y.
Ynka’s II. 562.
Yponomeuta I. 623.
Yunx II. 349.
Z.
Zacholus II. 262.
ZahnarmeII. 480.
ZahnkarpfenII. 152.
189.
ZahnloſeII. 431.
ZahnſchleichenII. 265.
Zahnſchnäbler II. 331.
ZahnſchneckenI. 343.
360.
Zanclus II. 176.
Zangenſchneider I. 593.
Zebra II. 469.
ZeckenI. 501.
Zehengänger II. 492.
ZehnfuͤßerI. 422. 452. 456.
Zerene I. 625.
Zeuglodon II. 452.
Zeuglodonta II. 431. 451.
Zeus faber II. 179.
Zibethkatze II. 495.
Ziegenmelker II. 346.
ZiegenmuſchelnI. 289.
Ziphius II. 451.
ZirpenI. 570.
ZitteraaleII. 159.
ZitterrochenII. 65. 117.
Zitterwels II. 65. 149.
Zoanthida I. 121.
Zoarces II. 185.
Zobel II. 497.
Zodion I. 607.
Zoëa I. 468.
Zonitis I. 663.
Zonurus II. 273.
ZuckergäſteI. 563.
Zugvögel II. 325.
ZungenmuſchelnI. 291.
ZungenwürmerI. 499.
ZünslerI. 624.
ZweifloſſerII. 137. 188.
ZweifluͤglerI. 557. 594.
Zweifuß, neuholländiſcher II.
270.
ZweihaͤnderII. 432. 435.
Zweihörner I. 306.
ZweikiemerI. 387.
Zygaena I. 629. II. 119.
Zygaenida I. 628.
Zygobatis II. 117.
Zygotrocha I. 216.

Appendix C

Schnellpreſſendruck von C. Krebs-Schmitt in Frankfurt a. M.


[][][]
Notes
*
Bei allen Figuren dieſes Bandes, welche ſich auf das Skelett des Kopfes be-
ziehen, ſind zu der Bezeichnung der einzelnen Knochen ſtets dieſelben Zahlen gewählt
worden, ſo daß überall eine Vergleichung möglich iſt. Dieſe Zahlen ſind hier neben
den Namen im Texte angeführt — wir geben indeß hier noch ein Verzeichniß ſämmt-
licher Knochen nebſt den ihnen zukommenden Zahlen, um die Ueberſicht zu erleichtern.
In dem großen Fiſchwerke von Cuvier und Valenciennes, in dem Werke über die
foſſilen Fiſche von Agaſſiz, in der Anatomie der Forellen von Agaſſiz und mir ſind
ſtets identiſche Zahlen zur Bezeichnung derſelben Knochen gebraucht worden.
1. Stirnbein. Frontale.
2. Vorderes Stirnbein. Frontale anterius.
3. Naſenbein. Nasale.
4. Hinteres Stirnbein. Frontale posterius.
5. Hinterhauptsbein. Basilare.
6. Keilbein. Sphenoideum.
7. Scheitelbein. Parietale.
8. Oberes Hinterhauptsbein. Occipitale superius.
9. Aeußeres Hinterhauptsbein. Occipitale exterum.
10. Seitliches Hinterhauptsbein. Occipitale laterale.
11. Großer Keilbeinflügel. Ala magna Sphenoidei.
12. Schläfenſchuppe. Temporale.
13. Felſenbein. Petrosum.
14. Kleiner Keilbeinflügel. Ala parva Sphenoidei.
15. Siebbein. Ethmoideum.
16. Pflugſcharbein. Vomer.
17. Zwiſchenkiefer. Intermaxillare.
18. Oberkiefer. Maxillare.
*
19. Jochbein. Jugale.
20. Naſenflügel. Supranasale.
21. Oberſchläfenbein. Supratemporale.
22. Gaumenbein. Palatinum.
23. Zitzenbein. Mastoideum.
24. Querbein. Transversum.
25. Flügelbein. Pterygoideum.
26. Quadratbein. Quadratum.
27. Paukenbein. Tympanicum.
28. Kiemendeckel. Operculum.
29. Griffelbein. Styloideum.
30. Vorderdeckel. Praeoperculum.
31. Hammerbein. Tympano-malleale.
32. Unterdeckel. Suboperculum.
33. Zwiſchendeckel. Interoperculum.
  • 34. Zahnſtück
  • 35. Gelenkſtück
  • 36. Eckſtück
  • Dentale
  • Articulare
  • Angulare

37. Zungenbeinhorn. Cornu hyoidei.
43. Kiemenhautſtrahlen. Radii branchiostegi.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2025). Vogt, Carl. Zoologische Briefe. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bpfc.0