Schriften.
zu finden bey dem Commercienrath
Daniel Chriſtian Hechtel,
1776.
Jnnhalt
des
dritten Theils.
- 1) Von der Verbindung der Seele
mit dem Körper, welche ent-
weder durch einen phyſicaliſchen
oder durch einen geiſtlichen Ein-
fluß, oder auch durch eine vor-
herbeſtimmte Uebereinſtimmung
geſchehen ſoll S. 1. - 2) Von den Erdbällen in unſerer
Sonnenwelt, oder dem ſogenann-
ten Planeten: und von den Erd-
bällen in den geſtirnten Himmel,
und von ihren Einwohnern, wie
auch von den Geiſtern und Engeln
daſelbſt; So, wie es gehöret und
geſehen worden.
Samm-
[]Jnnhalt - 3) Sammlung etlicher Briefe Hrn.
Emanuel Swedenborgs, betref-
fend einige Nachrichten von ſei-
nem Leben und Schriften, von
einem Kenner und Liebhaber ins
Deutſche überſetzt. 318
ENDE
des dritten Theils.
[[1]]
Swedenborgs
auserleſene Schriften.
Dritter Theil.
A
[[2]][[3]]
Von
der Verbindung der Seele
mit dem Körper,
welche
entweder durch einen phyſicaliſchen
oder durch einen geiſtlichen Einfluß,
oder auch durch eine vorher beſtimmte
Uebereinſtimmung geſchehen ſoll.
1.
Von der Verbindung der Seele
mit dem Körper, oder von der
Würkung beyder in- und mit ein-
ander ſind drey Meynungen und angenom-
mene Sätze vorhanden, welche Hypotheſen
oder willkührliche Wahrſcheinlichkeiten ſind;
Sw. Sch.III.Th. A 2die
[2[4]]Von der Verbindung
die erſte wird der phyſicaliſche oder natürliche
Einfluß genennet, die zweyte der geiſtliche Ein-
fluß, und die dritte die vorherbeſtimmte Har-
monie oder Uebereinſtimmung. Die erſte,
die man den phyſicaliſchen Einfluß nennt, iſt
aus dem Anſchein der Sinne und den daher
kommenden Betrüglichkeiten hergenommen,
weil es den Anſchein hat, als wenn die Ge-
genſtände vor dem Geſicht, welche die Au-
gen reitzen oder berühren, in die Gedanken
einflößen, und ſelbige hervorbrächten; des-
gleichen als wenn die Reden, welche die Oh-
ren berühren, in das Gemüth (Mentem) ein-
flößen, und darinnen Begriffe erregten; eben
ſo iſt es auch mit dem Geruch, Geſchmack
und Gefühl: weil die Werkzeuge dieſer
Sinnen die Berührungen, die aus der Welt
auf ſie übergehen, erſtlich annehmen, und
nach Beſchaffenheit der angeregten Neigun-
gen derſelben das Gemüth (Mens) zu denken
und auch zu wollen ſcheinet, ſo glaubten da-
her die alten Philoſophen und Scholaſtiker,
der Einfluß von derſelbigen würde in die See-
le (Animam) übergeleitet, und ſchloſſen alſo
auf die Hypotheſe vom phyſicaliſchen oder
natürlichen Einfluß. Die zweyte, welche
der geiſtliche, und von einigen auch der gele-
genheitliche Einfluß genennet wird, iſt aus
der Ordnung und derſelben Geſetzen herge-
nommen; weil die Seele (Anima) eine geiſt-
liche Subſtanz oder Weſen, und daher rei-
ner,
[5]der Seele und des Körpers.
ner, höher und innerlicher iſt, der Körper
aber iſt materiell, und daher gröber, ſchlech-
ter oder niedriger und äuſerlicher, und es iſt
der Ordnung gemäß, daß das Reine in das
Grobe, das Hohe in das Niedrige, und das
Jnnerliche in das Aeuſerliche, alſo das Geiſt-
liche in das Materielle einflieſſe, aber nicht
hergegen; derowegen würkt das denkende Ge-
müth (Mens cogitativa) auf das Sehen nach
Beſchaffenheit des Zuſtands, der den Augen
von den Gegenſtänden eingedrückt worden iſt,
welchen Zuſtand daſſelbe Gemüth (Mens) auch
auf einen Wink veranſtaltet; desgleichen
würkt das empfindende oder Vorſiellung be-
kommende Gemüth (Mens perceptiva) auf das
Gehör nach Beſchaffenheit des Zuſtands, der
den Ohren von den Reden iſt beygebracht
worden. Die dritte, welche man die vor-
herbeſtimmte Uebereinſtimmung nennt, iſt
aus dem Auſchein und Betrüglichkeiten der
Vernunft hergenommen, weil das Gemüth,
(Mens) wenn es in der Auswürkung begrif-
fen, zugleich und auf einmal mit dem Kör-
per würket oder handelt; dennoch aber iſt ei-
ne jede Würkung anfänglich auf einander fol-
gend (ſucceſſiva) und alsdenn auf einmal zu-
gleichgeſchehend, (ſimultanea) die auf einan-
der folgende Würkung iſt der Einfluß, und
die auf einmal zugleich geſchehende Würkung
iſt die Uebereinſtimmung; gleichwie, wenn
das Gemüth (Mens) denkt und hernach redet,
A 3oder
[6]Von der Verbindung
oder wenn es will und hernach handelt, daher
iſt es eine Betrüglichkeit der Vernunft, das
Aufeinmalzugleichgeſchehende (Simultaneum)
zu behaupten, und das Aufeinanderfolgende
(Succeſſivum) auszuſchlieſſen. Auſſer dieſen
drey Meynungen von der Verbindung der
Seele mit dem Körper findet keine vierte ſtatt,
denn entweder muß die Seele in den Kör-
per, oder der Körper in die Seele, oder es
müſſen beyde beſtändig zugleich würken.
2. Weil der geiſtliche Einfluß aus der
Ordnung und derſelben Geſetzen kommt, wie
ich geſagt habe, ſo iſt er daher von den Wei-
ſen in der gelehrten Welt vor den zwey übri-
gen erkannt und angenommen worden: alles
das, was aus der Ordnung kommt, iſt Wahr-
heit, und die Wahrheit veroffenbaret ſich
ſelbſt aus dem ihr eingepflanzten Licht, auch
im Schatten der Vernunft, in welchem die
Hypotheſen oder willkührlich angenommene
Wahrſcheinlichkeiten ſtehen. Allein es ſind 3.
Stücke, die dieſe Hypotheſe überſchatten, erſt-
lich weis man nicht, was die Seele iſt, (Ani-
ma) zum andern, was das Geiſtliche iſt, und
drittens, welcherley der Einfluß iſt, derowe-
gen müſſen dieſe drey Stücke erſtlich entwi-
ckelt und erkläret werden, ehe die Vernunft
die Wahrheit an ſich ſelbſt einſiehet; denn die
willkührlich angenommene wahrſcheinliche
Wahrheit (veritas hypothetica) iſt an ſich
ſelbſt
[7]der Seele und des Körpers.
ſelbſt keine Wahrheit, ſondern eine blos ge-
muthmaſſete Wahrheit; ſie iſt wie ein des
Nachts bey dem Licht der Sterne betrachte-
tes Gemählde an der Wand, dem das Ge-
müth (Mens) mancherley Geſtalten nach der
Phantaſie andichtet; anders aber, wenn das
Licht der Sonne nach der Morgenröthe daſ-
ſelbige erleuchtet, und nicht nur das Gemei-
ne ſondern auch das Beſondere daran zum
Vorſchein bringt und vor Augen ſtellt; alſo
wird aus dem Schatten der Wahrheit, in
welchem dieſe Hypotheſe iſt, eine offenbar auf-
gedeckte Wahrheit, wenn man erkennet, was
und welcherley das Geiſtliche iſt in Beziehung
auf das Natürliche, ferner was und welcherley
die menſchliche Seele iſt, (Anima humana)
wie auch welcherley der Einfluß in dieſelbe,
und durch ſie in das empfindende oder Vor-
ſtellungbekommende, und in das denkende Ge-
müth, (in mentem perceptivam \& cogitati-
vam) und aus dieſem in den Körper iſt. Aber
dieſes kann niemand lehren, auſſer ein ſolcher,
dem vom HErrn gegeben worden iſt, in Ge-
ſellſchaft der Engel in der geiſtlichen Welt zu
ſeyn, und auch zugleich mit den Menſchen in
der natürlichen Welt umzugehen; und weil
mir dieſes gegeben worden iſt, ſo habe ich be-
ſchreiben können, was und welcherley das ei-
ne und das andere iſt, welches geſchehen iſt
in dem Buch von der ehelichen Liebe, all-
wo von dem Geiſtlichen in einer Merkwür-
A 4digkeit
[8]Von der Verbindung
digkeit (Memorabili) Num. 326. bis 329.
gehandelt worden; von der menſchlichen
Seele (de Anima humana) Num. 315. und
von dem Einfluß, Num. 380. und weitläuf-
tiger Num. 415. bis 422. Wer ſollte nicht
wiſſen oder wiſſen können, daß das Gute der
Liebe und das Wahre des Glaubens von
GOtt in den Menſchen einflieſſen, und daß
ſie in ſeine Seele (Animam) einflieſſen, und
in ſeinem Gemüth (Mente) empfunden wer-
den, und aus den Gedanken in die Reden,
und aus dem Willen in die Handlungen flieſ-
ſen. Daß daraus der geiſtliche Einfluß ſey,
und deſſen Urſprung und Ableitung herkom-
me, ſoll in dieſer Ordnung offenbar darge-
legt werden. I. Daß zwey Welten ſeyn, die
geiſtliche Welt, wo die Geiſter und Engel
ſind, und die natürliche Welt, wo die Men-
ſchen ſind. II. Daß die geiſtliche Welt ihr
Würklichſeyn oder Daſeyn aus ihrer Sonne
bekommen habe und daraus beſtehe, und die
natürliche Welt aus ihrer Sonne. III. Daß
die Sonne der geiſtlichen, Welt ſey die reine
lautere Liebe von Jehovah GOtt, welcher in
der Mitte derſelben iſt. IV. Daß aus der-
ſelben Sonne, Wärme und Licht herausgehe,
und daß die aus ihr herausgehende Wärme
in ihrem Weſen die Liebe ſey, und das Licht
aus derſelben in ſeinem Weſen die Weisheit.
V. Daß ſowohl dieſe Wärme als auch dieſes
Licht in den Menſchen einflieſſen, die Wär-
me
[9]der Seele und des Körpers.
me in ſeinen Willen, und darinnen das Gute
der Liebe hervorbringe, und das Licht in ſei-
nem Verſtand, und darinnen das Wahre der
Weisheit ausgebäre. VI. Daß dieſe zwey,
die Wärme und das Licht, oder die Liebe und
Weisheit in Eins vereinigt von GOtt in die
Seele (Animam) des Menſchen einflieſſen,
und durch dieſe in das Gemüth, (Mentem)
deſſen Neigungen und Gedanken, und aus
dieſen in des Körpers Sinne, Reden und
Handlungen. VII. Daß die Sonne der na-
türlichen Welt ein reines Feuer ſey, und
durch dieſe Sonne die natürliche Welt ihr
Würklichſeyn oder Daſeyn bekommen habe,
und beſtehe VIII. Daß daher alles, was
aus dieſer Sonne kommt, an und vor ſich
betrachtet, tod ſey. IX. Daß das Geiſtliche
ſich mit dem Natürlichen bekleide, wie der
Menſch mit einem Kleid. X. Daß das
Geiſtliche alſo bekleidet in dem Menſchen ma-
che, daß er vernünftig und moraliſch, alſo
geiſtlich natürlich leben könne. XI. Daß
derſelbige Einfluß auf- und angenommen
werde nach Beſchaffenheit der Liebe und Weis-
heit bey dem Menſchen. XII. Daß der Ver-
ſtand in dem Menſchen, in das Licht, das iſt,
in die Weisheit erhöhet oder aufgekläret wer-
den könne, je nachdem die Vernunft gebildet
oder verbeſſert worden, und ſein Wille in
die Wärme, das iſt, in die Liebe, ebenfalls
nach den Thaten des Lebens; daß aber die
A 5Liebe
[10]Von der Verbindung
Liebe des Willens nicht erhöhet werde, auſſer
in ſo viel der Menſch dasjenige will und thut,
was die Weisheit des Verſtandes lehret.
XIII. Daß es ganz anders bey den Thieren
ſey. XIV. Daß drey Grade oder Staffeln
in der geiſtlichen Welt ſeyn, und drey in der
natürlichen Welt, nach welchen der geſamm-
te Einfluß geſchieht. XV. Daß im erſten
Grad die Endzwecke, im andern die Urſa-
chen, und im dritten die Würkungen ſeyn.
XVI. Daß daraus erhelle, welcherley der
geiſtliche Einfluß von ſeinem Urſprung an bis
zu den Würkungen iſt. Dieſes ſoll nun mit
wenigen erläutert und erkläret werden.
I.
Daß zwey Welten ſeyn, die
geiſtliche Welt, wo die Geiſter und
Engel ſind, und die natürliche Welt,
wo die Menſchen ſind.
3. Daß eine geiſtliche Welt ſey, worinnen
die Geiſter und Engel ſind, die von
der natürlichen Welt, worinnen die Men-
ſchen ſind, unterſchieden iſt, iſt bisher auf
dem Erdkreis, auch in der Chriſtenheit, tief
verborgen geweſen; die Urſache iſt, weil kein
Engel herabgeſtiegen iſt und es mündlich ge-
lehret hat, und kein Menſch hinaufgeſtiegen
iſt und ſie geſehen hat; damit nun die Men-
ſchen,
[11]der Seele und des Körpers.
ſchen, weil ſie von derſelben Welt nichts wiſ-
ſen und daher einen ungewiſſen zweifelhaften
Glauben vom Himmel und der Hölle haben,
nicht ſo gar ſehr bethöret würden, Naturali-
ſten, das iſt, Atheiſten oder Gottesläugner zu
werden, ſo hat es dem HErrn gefallen, das
Geſicht meines Geiſtes aufzuthun, und ihn
in den Himmel zu erheben, und auch in die
Hölle hinabzuführen, und ihn ſehen zu laſſen,
wie beydes beſchaffen iſt. Daraus wurde
mir offenbar, daß zwey Welten ſind, und
dieſe von einander unterſchieden ſind, eine,
in welcher alles geiſtlich iſt und die daher die
geiſtliche Welt genennt wird, und die andere,
in welcher alles natürlich iſt, und die daher
die natürliche Welt genennt wird, und daß
die Geiſter und Engel in ihrer Welt leben,
und die Menſchen in ihrer Welt; desglei-
chen, daß ein jeder Menſch durch den Tod aus
ſeiner Welt in die andere übergehet, und in
dieſer in Ewigkeit lebt. Die Erkenntniß von
dieſen beyden Welten muß vorhergehen, da-
mit der Einfluß, von welchem hier gehandelt
wird, von ſeinem Urſprung her entdeckt wer-
de; denn die geiſtliche Welt fließt in die na-
türliche Welt ein, und belebt ſie in allem
und jedem, was ihr zugehöret, ſowohl bey den
Menſchen als bey den Thieren, und unterhält
auch das Wachsthum in den Bäumen und
Pflanzen.
II.
[12]Von der Verbindung
II.
Daß die geiſtliche Welt ihr
Würklichſeyn oder Daſeyn aus ihrer
Sonne bekommen habe und dar-
aus beſtehe, und die natürli-
che Welt aus ihrer
Sonne.
4. Daß eine andere Sonne in der geiſtli-
chen Welt ſey, und eine andere in der
natürlichen Welt, iſt die Urſache, weil dieſe
Welten gänzlich von einander unterſchieden
ſind, und die Welt ihren Urſprung aus der
Sonne hat; denn dieſe Welt, worinnen al-
les geiſtlich iſt, kann nicht aus derjenigen
Sonne entſpringen, aus welcher alles natür-
liche iſt, denn auf ſolche Art würde ein phy-
ſicaliſcher oder natürlicher Einfluß ſeyn, der
doch wider die Ordnung iſt. Daß die Welt
aus der Sonne entſtanden ſey oder ihr Würk-
lichſeyn daraus bekommen habe, (exſtirerit)
und nicht hergegen, iſt offenbar aus der Wür-
kung der Urſache, daß die Welt in allem und
jedem, was ihr zugehöret, durch die Sonne
beſtehet oder ihr Würklichſeyn fortſetzet, (ſub-
ſiſtat) und die Dauer oder Fortſetzung der
Würklichkeit, (ſubſiſtentia) beweiſet die Ent-
ſiehung des Würklichſeyns oder Daſeyns,
(exiſtentiam demonſtrat) daher ſagt man, die
Dauer der Würklichkeit oder die Unaufhör-
lichkeit
[13]der Seele und des Körpers.
lichkeit ſey ein immerwährendes Würklich-
ſeyn oder Daſeyn; (quod ſubſiſtentia ſit per-
petua exiſtentia) woraus erhellet, daß wenn
die Sonne weggethan würde, ihre Welt in
ein Chaos, und dieſes in ein Nichts würde
fallen. Daß in der geiſtlichen Welt eine an-
dere Sonne ſey, als in der natürlichen Welt,
kann ich bezeugen, weil ich ſie geſehen habe,
ſie erſcheinet feurig, wie unſere Sonne, faſt
in gleicher Größe, ſie ſtehet ſo weit von den
Engeln ab, als unſere Sonne von den Men-
ſchen; ſie gehet aber nicht auf und nicht un-
ter, ſondern ſteht unbeweglich in der mittlern
Höhe zwiſchen dem Zenith oder Scheitelpunkt
und dem Horizont oder Geſichtskreis, daher
haben die Engel ein beſtändiges Licht und ei-
nen immerwährenden Frühling. Ein ver-
nünftiger Menſch, welcher nichts von der
Sonne der geiſtlichen Welt weiß, kann leicht
in ſeinem Begriff von der Schöpfung des
Weltalls wahnſinnig irren, von welcher er
ſich, wenn er ſie tief überdenkt, keine andere
Vorſtellung macht, als daß ſie aus der Na-
tur ſey, und weil der Urſprung der Natur
die Sonne iſt, ſich einbildet, ſie wäre aus
der Natur Sonne als dem Schöpfer. Ue-
berdieß kann keiner den geiſtlichen Einfluß
begreifen, wenn er nicht auch ſeinen Ur-
ſprung weiß; denn der geſamte Einfluß iſt
aus der Sonne, der geiſtliche Einfluß kommt
aus ſeiner Sonne, und der natürliche Ein-
fluß
[14]Von der Verbindung
fluß aus ſeiner; das innere Geſicht des Men-
ſchen, welches ſeinem Gemüthe eigen iſt,
(Mentis ejus) nimmt den Einfluß aus der geiſt-
lichen Sonne auf, aber das äuſere Geſicht,
welches dem Leib eigen iſt, nimmt den Ein-
fluß aus der natürlichen Sonne an, und in
der Auswürkung vereinigen ſie ſich mit ein-
ander, eben ſo wie die Seele (Anima) mit
dem Körper. Daraus erhellet, in welche
Blindheit, Finſterniß und Thorheit diejeni-
gen fallen können, welche nichts von der geiſt-
lichen Welt und ihrer Sonne wiſſen; in
Blindheit, weil das Gemüth (Mens) das blos
allein von dem Sehen des Auges abhängt, in
Vernunftſchlüſſen einer Fledermaus gleich
wird, die des Nachts hin und wieder und nur
an angehängte leinene Tücher flattert: in
Finſternis, weil das Geſicht des Gemüths
(Mentis) wenn in daſſelbe von innen das Se-
hen des Auges einfließt, alles geiſtlichen Lichts
beraubt, und einer Nachteule gleich wird: in
Thorheit, weil der Menſch dem ohngeach-
tet denkt, aber aus dem Natürlichen vom
Geiſtlichen, und nicht hergegen, alſo wahn-
ſinnig, närriſch und thöricht.
III.
Daß die Sonne der geiſtlichen
Welt ſey die reine lautere Liebe von
Jehovah GOtt, welcher in der
Mitte derſelben iſt.
5. Das
[15]der Seele und des Körpers.
5. Das Geiſtliche kann nicht anderswoher
kommen, als aus der Liebe, und
die Liebe nicht anderswoher, als aus Jehovah
GOtt, welcher die Liebe ſelbſt iſt, derowegen
iſt die Sonne der geiſtlichen Welt, aus wel-
cher alles Geiſtliche, als aus ſeiner Quelle,
entſpringt, die reine lautere Liebe die von Je-
hovah GOtt, welcher in der Mitte derſelben
iſt, herausfließet. Selbſt dieſe Sonne iſt
nicht GOtt, ſondern ſie iſt von GOtt, ſie iſt
der nächſte Umkreis um Jhn herum von Jhm
herausgehend. Durch dieſe Sonne von Je-
hovah GOtt iſt das Weltall (Univerſum) er-
ſchaffen worden, wodurch alle Welten zu-
ſammengenommen verſtanden werden, deren
eben ſo viel ſind, als an unſern ausgebreite-
ten Himmel Sterne. Daß durch dieſe Son-
ne, welche die reine lautere Liebe iſt, alſo von
Jehovah GOtt, die Schöpfung geſchehen iſt,
iſt darum, weil die Liebe das Seyn oder das
Weſen ſelbſt des Lebens iſt, und die Weisheit
das Würklichſeyn oder Daſeyn des Lebens
daraus iſt, und aus der Liebe durch die Weis-
heit iſt alles erſchaffen worden; dieſes wird
durch dieſe Worte beym Johann. verſtanden:
das Wort war bey GOtt, und GOtt
war das Wort, alle Dinge ſind durch
daſſelbige gemacht, und ohne daſſelbige
iſt nichts gemacht was gemacht iſt;
und die Welt iſt durch daſſelbige ge-
macht, 1, 1. 3. 10.; das Wort daſelbſt iſt
das
[16]Von der Verbindung
das göttliche Wahre, alſo auch die göttliche
Weisheit; darum wird auch das Wort da-
ſelbſt das Licht genennt, welches alle Men-
ſchen erleuchtet, Verſ. 9, eben ſo wie es die
göttliche Weisheit durch das Göttliche Wah-
re macht. Diejenigen, welche den Urſprung
der Welten anderswoher, als aus der göttli-
chen Liebe durch die göttliche Weisheit, ab-
leiten, die ſtraucheln und irren, wie die ſo
im Hirn verrückt ſind, welche Larven für
Menſchen anſehen, falſche Einbildungen für
Lichter, und Hirngeſpinnſte für würkliche
Geſtalten oder Bilder halten; denn die gan-
ze Schöpfung iſt ein zuſammenhängendes
Werk aus der Liebe durch die Weisheit; man
würde dieſes ſehen, wenn man im Stande
wäre, den Zuſammenhang in der Ordnung
vom Erſten oder Jnnerſten bis zum Letzten
oder Aeuſſerſten (a Primis ad Ultima) zu ſe-
hen. Gleichwie GOtt ein Einziger iſt, alſo
iſt die geiſtliche Sonne eine Einzige, denn
von dem Geiſtlichen, welches von ihr herrüh-
ret, läßt ſich keine Ausdehnung des Raums
ſagen, und das Weſen und die Würklich-
keit ohne Raum iſt allenthalben in Räumen
ohne Raum, alſo auch die göttliche Liebe vom
Anfang des Weltalls bis zu allen ſeinen End-
zwecken; daß das Geiſtliche alles erfülle, und
durch die Erfüllung alles im geſchaffenen Zu-
ſtand erhalte, ſiehet die Vernunft von weiten,
und in der Nähe in ſo viel ſie die Liebe er-
kennet,
[17]der Seele und des Körpers.
kennet, wie ſie an ſich ſelber iſt, ihre Verbin-
dung mit der Weisheit, auf daß die Endzwe-
cke eingeſehen werden, ihren Einfluß in die
Weisheit, auf daß die Urſachen dargeſtellt
werden, und ihre Würkung durch die Weis-
heit, auf daß die Würkungen hervorgebracht
werden.
IV.
Daß aus derſelben Sonne Wär-
me und Licht herausgehe, und daß die
aus ihr herausgehende Wärme in ih-
rem Weſen die Liebe ſey, und das Licht
aus derſelben in ſeinem Weſen
die Weisheit.
6. Es iſt bekannt, daß in dem Wort, und
daher in der allgemeinen Sprache der
Prediger, die göttliche Liebe durch das Feuer
ausgedrückt wird, wie auch, das himmliſche
Feuer die Herzen erfüllen, und in ihnen die
heilige Begierde GOtt zu ehren entzünden ſoll;
darum, weil das Feuer mit der Liebe über-
einſtimmet, und daher dieſelbe andeutet; da-
her kommt es, daß Jehovah GOtt vor Moſe
in dem Buſch, desgleichen auf dem Berg Si-
nai vor den Kindern Jſrael, wie Feuer er-
ſchienen iſt, und daß geboten wurde, das Feuer
unauslöſchlich auf dem Altar zu erhalten, und
jeden Abend die Lampen des Leuchters in der
Sw. Sch.III.Th. BStifts-
[18]Von der Verbindung
Stiftshütte anzuzünden; dieſes war darum,
weil das Feuer die Liebe andeutete: daß der
Menſch entzündet, erwärmet und angeflammt
wird, gleichwie ſeine Liebe in Eifer geräth, oder
in die Hitze des Zorns entflammt; die Wärme
des Bluts, oder die Lebenswärme der Men-
ſchen, und überhaupt der Thiere, kommt
nicht anderswoher als aus der Liebe, die das
Leben derſelben ausmacht: das hölliſche Feuer
iſt auch nichts anders als die Liebe, die der
himmliſchen Liebe entgegen geſetzt oder zuwi-
der iſt: daher kommt es nun, daß die gött-
liche Liebe den Engeln erſcheinet als wie eine
Sonne in ihrer Welt, feurig, wie unſere
Sonne, wie ich oben geſagt habe, und daß
die Engel in der Wärme ſind, je nachdem ſie
die Liebe von Jehovah GOtt durch dieſelbe
Sonne annehmen. Daraus folget, daß das
Licht daſelbſt in ſeinem Weſen die Weisheit
ſey; denn die Liebe und die Weisheit ſind un-
zertrennlich, wie das Seyn und Würklich-
ſeyn oder Daſeyn, (ſicut Eſſe \& Exiſtere) denn
die Liebe hat durch die Weisheit, und nach
Beſchaffenheit derſelben, ihr Würklichſeyn
oder Daſeyn; dieſes iſt eben ſo wie in unſe-
rer Welt, daß die Wärme zur Zeit des Früh-
lings ſich mit dem Licht vereiniget, und das
Wachsthum und endlich die Fruchtbringung
hervorbringt: überdieß weiß jedermann, daß
die geiſtliche Wärme die Liebe iſt, und das
geiſtliche Licht die Weisheit; denn der Menſch
hat
[19]der Seele und des Körpers.
hat Wärme, je nachdem er Liebe hat, und
ſein Verſtand iſt im Licht, je nachdem er
weiſe iſt. Jch habe dieſes geiſtliche Licht ſehr
oft geſehen, es übertrift das natürliche Licht
an Weiſſe und auch an Glanz unendlich,
denn es iſt wie die Weiſſe und der Glanz ſelbſt
in ihrem Weſen, es erſcheinet wie der glän-
zende und ſchimmernde Schnee, ſo wie die
Kleidung des HErrn erſchien, da er verkläret
wurde, Marc. 9, 3. Luc. 9, 29: weil das
Licht die Weisheit iſt, ſo nennet ſich deswe-
gen der HErr das Licht, welches alle Menſchen
erleuchtet, Joh. 1, 9. und anderswo ſpricht
er, daß er das Licht ſelbſt ſey, Joh. 3, 19.
Cap. 8, 12. Cap. 12, 35. 36. 47. das iſt,
daß er das Göttliche Wahre ſelbſt ſey, wel-
ches das Wort iſt, alſo die Weisheit ſelbſt.
Man glaubt, das natürliche Licht, welches
auch das vernünftige iſt, wäre aus dem Licht
unſerer Welt, allein es iſt aus dem Licht der
Sonne der geiſtlichen Welt, denn das Geſicht
des Gemüths (viſus mentis) fließt in das
Sehen des Auges ein, alſo auch die Lichter,
und nicht hergegen; wenn das Gegentheil
wäre, ſo würde es ein phyſicaliſcher oder na-
türlicher Einfluß ſeyn, und kein geiſtlicher.
B 2V.
[20]Von der Verbindung
V.
Daß ſo wohl dieſelbe Wärme,
als auch daſſelbe Licht in den Men-
ſchen einfließen, die Wärme in ſeinen
Willen, und darinnen das Gute der Lie-
be hervorbringe, und das Licht in ſei-
nen Verſtand, und darinnen das
Wahre der Weisheit ausgebäre.
7. Es iſt bekannt, daß alles durchgängig ſich
auf das Gute und Wahre beziehet,
und kein beſonderes Ding vorhanden iſt, wor-
innen nicht eine beſondere Beziehung auf die-
ſe zwey wäre; daher kommt es, daß in dem
Menſchen zwey Aufnahmen und Behältniſſe
des Lebens ſind, eine, welche die Aufneh-
mung des Guten iſt, die der Wille genennt
wird, die andere, welche die Aufnehmung des
Wahren iſt, die der Verſtand genennt wird;
und weil das Gute der Liebe eigen iſt, und
das Wahre der Weisheit zugehöret, ſo iſt der
Wille die Aufnehmung und das Behältnis
der Liebe, und der Verſtand die Aufnehmung
und das Behältnis der Weisheit. Daß das
Gute der Liebe eigen iſt, iſt darum, weil der
Menſch das will, was er liebt, und wenn
er es auswürket, gut heiſſet; und daß das
Wahre der Weisheit eigen iſt, iſt darum,
weil alle Weisheit aus dem Wahren kommt,
ja das Gute, das der Weiſe denkt, iſt wahr,
und dieſes Wahre wird gut, wenn er es will
und
[21]der Seele und des Körpers.
und vollbringt. Wer dieſe zwey Aufneh-
mungen und Behältniſſe des Lebens, welche
der Wille und der Verſtand ſind, nicht recht
von einander unterſcheider, und ſich keinen
klaren Begriff von denſelben macht, der be-
mühet ſich vergebens, den geiſtlichen Einfluß
zu erkennen, denn es iſt ein Einfluß in den
Willen, und iſt einer in den Verſtand; in
den Willen des Menſchen iſt der Einfluß des
Guten der Liebe, und in ſeinen Verſtand iſt
der Einfluß des Wahren der Weisheit, bey-
de Einflüſſe kommen von Jehovah GOtt un-
mittelbar durch die Sonne in deren Mitte Er
iſt, und mittelbar durch den Himmel der En-
gel. Jene zwey Aufnehmer und Behalter,
der Wille und der Verſtand, ſind eben ſo
unterſchieden, wie die Wärme und das Licht,
denn der Wille nimmt die Wärme des Him-
mels auf, die in ihrem Weſen die Liebe iſt,
und der Verſtand nimmt das Licht des Him-
mels auf, welches in ſeinem Weſen die Weis-
heit iſt, wie ich oben geſagt habe. Es giebt
einen Einfluß aus dem menſchlichen Gemüth
(e Mente humana) in die Reden, und giebt
einen in die Handlungen, der Einfluß in die
Reden geſchieht aus dem Willen durch den
Verſtand, aber der Einfluß in die Handlun-
gen geſchieht aus dem Verſtand durch den
Willen: diejenigen, welche nur von dem Ein-
fluß in den Verſtand, und nicht zugleich in
den Willen, wiſſen, und aus demſelben Ver-
B 3nunft-
[22]Von der Verbindung
nunftſchlüſſe machen und ſchließen, ſind wie
Einäugige, die nur die Gegenſtände auf einer
Seite, und nicht zugleich auf der andern ſe-
hen; und wie Einhändige, die nur mit einer
Hand verkehrt und gezwungen arbeiten; und
wie die Lahmen, welche auf einem Bein mit
dem Stock hüpfend dahergehen. Aus dieſem
wenigen iſt deutlich und offenbar dargethan
worden, daß die geiſtliche Wärme in den Wil-
len des Menſchen einfließe, und das Gute
der Liebe hervorbringe, und das geiſtliche Licht
in ſeinen Verſtand, und das Wahre der
Weisheit ausgebäre.
VI.
Daß dieſe zwey, nemlich die
Wärme und das Licht, oder die Liebe
und Weisheit, in Eins vereinigt von
GOtt in die Seele (Animam) des Men-
ſchen einfließen, und durch dieſe in das
Gemüth, (in Mentem) deſſen Neigun-
gen und Gedanken, und aus dieſen in
des Körpers Sinne, Reden
und Handlungen.
8. Es haben bisher ſcharfſinnige Genies ei-
nen geiſtlichen Einfluß von der Seele
(ab Anima) in den Körper vorgegeben, aber
keinen Einfluß in die Seele, und durch ſie in
den Körper, wie wohl bekannt iſt, daß alles
Gute
[23]der Seele und des Körpers.
Gute der Liebe und alles Wahre des Glau-
bens von GOtt in den Menſchen einflieſſen,
und nichts derſelben von dem Menſchen, und
das, was von GOtt einfließt, allernächſt in
die Seele des Menſchen (in Animam) fließt,
und durch die Seele in das vernünftige Ge-
müth (in Mentem rationalem) und durch die-
ſes in dasjenige, was den Körper ausmacht;
wenn einer dem geiſtlichen Einfluß anders
nachforſchet, ſo iſt er wie ein ſolcher, der
die Ader einer Quelle verſtopfet, und den-
noch darinnen immerfort quellendes Waſſer
ſticht; oder wie ein ſolcher, der die Hervor-
ſproſſung eines Baums aus der Wurzel und
nicht aus dem Saamen ableitet; oder wie ei-
ner, der das Geurſtändete ohne Urſtand oder
Grundanfang (principiata absque principio)
betrachtet. Denn die Seele iſt nicht das Le-
ben in ihr ſelber, ſondern iſt die Aufnehme-
rin des Lebens von GOtt, welcher das Leben
in ſich ſelber iſt, und der geſammte Einfluß
iſt ein Einfluß des Lebens, alſo von GOtt;
dieſes wird dadurch verſtanden: Jehovah
GOtt blies in die Naſe des Menſchen
die Seele der Leben ein, und der Menſch
wurde eine lebendige Seele, 1 B. Moſ.
2, 7. in die Naſe die Seele der Leben einbla-
ſen, bedeutet, das Vernehmen und die Em-
pfindung des Guten und Wahren einhau-
chen; und der HErr ſpricht auch von ſich
ſelber: Gleichwie der Vater das Leben
B 4hat
[24]Von der Verbindung
hat in ihm ſelber, alſo hat er auch dem
Sohn gegeben das Leben zu haben in
ihm ſelber, Joh 5, 26.; das Leben in ihm
ſelber iſt GOtt; und das Leben der Seele iſt
das von GOtt einflieſſende Leben. Weil
nun der geſammte Einfluß ein Einfluß des
Lebens iſt, und dieſes durch ſeine Aufnehmer
und Behalter würket, und die innerſte oder
erſte von den Aufnehmungen und Behältniſ-
ſen in dem Menſchen ſeine Seele (Anima)
iſt, ſo muß man derowegen, um den Einfluß
recht und ordentlich zu begreifen und einzuſe-
hen, von GOtt anfangen, und nicht von der
Mitte; wenn man von dieſer anfangen woll-
te, ſo wäre die Lehre vom Einfluß wie ein
Wagen ohne Räder, oder wie ein Schiff oh-
ne Seegel. Weil dem alſo iſt, ſo iſt daher im
vorhergehenden von der Sonne der geiſtlichen
Welt gehandelt worden, in deren Mitte Je-
hovah GOtt iſt, N. 5.; und vom Einfluß
der Liebe und Weisheit, alſo des Lebens dar-
aus, N. 6. 7. Daß durch die Seele (per
Animam) das Leben von GOtt in den Men-
ſchen, und durch dieſe in ſein Gemüth, (in
ejus Mentem) das iſt, in deſſen Neigungen
und Gedanken, und aus dieſen in des Kör-
pers Sinne, Reden und Handlungen einflie-
ſet, iſt darum, weil dieſelben das Leben in
einer auf einander folgenden Ordnung aus-
machen; denn das Gemüth (Mens) iſt der
Seele untergeordnet, (Animæ) und der Leib
dem
[25]der Seele und des Körpers.
dem Gemüth, (Menti) und das Gemüth hat
ein zweyfaches Leben, eins, das dem Willen,
und das andere, das dem Verſtand zugehö-
ret, das Leben des Willens iſt das Gute der
Liebe, und was von dieſer herrühret, nennt
man Neigungen, und das Leben des Ver-
ſtands iſt das Wahre der Weisheit, und was
von dieſer herrühret, nennt man Gedanken,
durch dieſe und jene lebt das Gemüth; (Mens)
das Leben aber des Körpers ſind die Sinne,
die Reden und Handlungen; daß dieſe von
der Seele vermittelſt des Gemüths herkom-
men, folget aus der Ordnung, in der ſie ſind,
und aus dieſer veroffenbaren ſie ſich bey dem
Weiſen ohne Nachforſchung. Die menſch-
liche Seele, (Anima humana) weil ſie eine
obere oder höhere geiſtliche Subſtanz iſt, em-
pfängt den Einfluß unmittelbar von GOtt,
das menſchliche Gemüth aber (Mens humana)
weil es eine untere geiſtliche Subſtanz iſt, em-
pfängt den Einfluß von GOtt mittelbar durch
die geiſtliche Welt, und der Körper, weil er
aus den Subſtanzen oder Weſen der Natur
iſt, welche Materien oder Leiblichkeiten ge-
nennt werden, empfängt den Einfluß von
GOtt mittelbar durch die natürliche Welt.
Daß das Gute der Liebe und das Wahre
der Weisheit mit einander, das iſt, in Eins
vereinigt, von GOtt in die Seele (Animam)
des Menſchen einflieſſen, daß ſie aber im Fort-
gang oder in der Auswürkung von dem Men-
B 5ſchen
[26]Von der Verbindung
ſchen getheilet, und nur bey denen verbun-
den werden, die ſich von GOtt leiten laſſen,
wird aus dem nachfolgenden erhellen.
VII.
Daß die Sonne der natürlichen
Welt ein reines Feuer ſey, und durch
dieſe Sonne die natürliche Welt ihr
Würklichſeyn oder Daſeyn bekommen
habe, und beſtehe.
9. Daß die Natur und ihre Welt, wo-
durch die Atmoſphären d iſt. Aether
und Luftkreiſe, und die Erdbälle, welche man
Planeten nennt, worunter die Erd- und Waſ-
ſerkugel iſt, die wir bewohnen, und auch
Alles und Jedes, was ihre Oberfläche alle
Jahr zieret und ſchmücket, verſtanden wer-
den; und daß dieſe und jene einig und allein
aus der Sonne beſtehen, die den Mittelpunkt
von denſelben ausmacht, und durch die Stra-
len ihres Lichts, und durch die Mäßigung
ihrer Wärme allenthalben gegenwärtig iſt,
weiß unſtreitig jedermann aus dem Augen-
ſchein, Begriff der Sinne, und aus den
Schriften, die von der Bewohnung derſel-
ben handeln; und weil aus der Sonne die
immerwährende Dauer und Fortſetzung des
Würklichſeyns oder Daſeyns herkommt,
(perpetua ſubſiſtentia) ſo kann auch die Ver-
nunft
[27]der Seele und des Körpers
nunft ganz gewiß den Schluß machen, daß
die Entſtehung des Würklichſeyns (exiſtentia)
eben auch aus derſelben ſey, denn die immer-
währende Dauer der Würklichkeit iſt das be-
ſtändige Würklichſeyn, ſo wie die Entſtehung
deſſelben geweſen iſt. (nam perpetuo ſubſi-
ſtere eſt perpetuo exiſtere ſicut exſtitit) Dar-
aus folget, daß die natürliche Welt durch
dieſe Sonne von Jehovah GOtt mittelbarer-
weiſe (ſecundario) geſchaffen worden ſey.
Daß es ein Geiſtliches gebe, und ein Natür-
liches, die gänzlich von einander unterſchie-
den ſind, und daß der Urſprung und die Un-
terhaltung des Geiſtlichen von der Sonne
herkomme, welche die reine lautere Liebe iſt,
in deren Mitte der Schöpfer und Erhalter
des Weltalls Jehovah GOtt iſt, iſt bisher
bewieſen worden; daß aber der Urſprung
und die Unterhaltung des Natürlichen die
Sonne ſey, welches ein lauteres Feuer iſt,
und daß dieſes aus derſelben ſey, und beyde
von GOtt entſpringen, folget von ſelbſt, wie
das Nachfolgende vom Vorhergehenden,
und dieſes vom Erſten folget. Daß die
Sonne der Natur und ihrer Welten ein lau-
teres Feuer (purus ignis) ſey, beweiſen al-
ſo ihre Würkungen, als die Zuſammenzie-
hung ihrer Stralen in den Brennpunkt durch
die Optik, woraus ein heftig brennendes Feu-
er und auch eine Flamme geht; die Natur
ihrer Wärme iſt der Wärme aus dem elemen-
tari-
[28]Von der Verbindung
tariſchen Feuer gleich; die ſtufenweiſe Fort-
rückung oder das Steigen und Fallen dieſer
Wärme geſchieht nach Beſchaffenheit des
Auffallens, woher die Climata, und auch die
vier Jahrszeiten kommen, und ſo weiter, wor-
aus die Vernunft durch des Körpers Sin-
ne behaupten und bekräftigen kann, daß
die Sonne der natürlichen Welt ein reines
lauteres Feuer ſey, wie auch, daß ſie ein
Feuer in ſeiner ſelbſtſtändigen Lauterkeit ſey.
Diejenigen, welche nichts von dem Urſprung
des Geiſtlichen aus ſeiner Sonne, ſondern
nur von dem Urſprung des Natürlichen aus
ſeiner Sonne wiſſen, können nicht anders,
als daß ſie das Geiſtliche mit dem Natürli-
chen vermiſchen und verwirren, und durch
die Betrüglichkeiten der Sinne und folglich
auch der Vernunft ſchlieſſen, daß das Geiſt-
liche nichts anders als lauter Natürliches
ſey, und daß auch deſſen Würkſamkeit, die
durch das Licht und Wärme angeregt wor-
den, Weisheit und Liebe entſpringe; weil
ſolche nichts anders mit den Augen ſehen,
und mit der Naſe riechen, auch nichts anders
mit der Bruſt ein und aushauchen, als die
Natur, ſo ſchreiben ſie ihr dahero auch alles
Vernünftige zu, und ſaugen alſo den Natu-
ralismus ein, wie ein Schwamm das Waſ-
ſer; allein, dieſe können mit den Fuhrmän-
nern verglichen werden, die vier Pferde hin-
ter dem Wagen und nicht vor demſelben ſpan-
nen;
[29]der Seele und des Körpers.
nen; ein anders iſt es mit denen, welche un-
ter dem Geiſtlichen und Natürlichen einen
Unterſchied machen, und dieſes aus jenem
herleiten; dieſe empfinden und begreifen auch
den Einfluß der Seele (Animæ) in den Kör-
per, daß er geiſtlich ſey, und daß das Na-
türliche, welches dem Leib zugehöret, der
Seele (Animæ) zum Werkzeug und Mitteln
dienet, auf daß ſie in der natürlichen Welt
ihre Würkungen hervorbringe: wenn einer
anders ſchließet, ſo kann er einem Krebs ver-
glichen werden, welcher fortkriecht, indem
er durch den Schwanz ſeine Schritte beför-
dert, und die Augen rückwärts kehret wie ſei-
nen Gang; und man kann das vernünftige
Geſicht eines ſolchen mit den Augen des Ar-
gus vergleichen, wovon die am Hinterhaupt
ſahen, die vorne aber eingeſchläfert waren;
ſolche glauben auch, ſie wären Argi, wenn
ſie Vernunftſchlüſſe machen, denn ſie ſpre-
chen, wer ſiehet nicht den Urſprung des Welt-
alls aus der Natur, und was iſt alsdenn
GOtt anders, als die innerſte Ausdehnung
der Natur, und noch mehr dergleichen un-
vernünftige Hirngeſpinnſte, worauf ſie ſich
mehr zu gute thun, als die Weiſen auf das
Vernünftige.
VIII.
[30]Von der Verbindung
VIII.
Daß daher alles/ was aus die-
ſer Sonne kommt, an und vor
ſich betrachtet, tod ſey.
10. Wer ſiehet nicht aus der Vernunft des
Verſtandes, wenn dieſer ein we-
nig über das ſinnliche des Körpers erhoben
wird, daß die Liebe in ſich ſelbſt betrachtet
lebendig, und die Erſcheinung ihres Feuers
das Leben ſey, und hergegen, daß das elemen-
tariſche Feuer in ſich ſelbſt betrachtet gegen
daſſelbe tod ſey; folglich daß die Sonne der
geiſtlichen Welt, weil ſie die reine lautere Lie-
be iſt, lebendig ſey, und daß die Sonne der
natürlichen Welt, weil ſie ein lauteres Feu-
er iſt, tod ſey; eben ſo iſt es auch mit allem,
was aus denſelben herkommt und würklich
iſt. Es ſind zwey Dinge, welche alle Wür-
kungen in dem Weltall hervorbringen, nem-
lich das Leben und die Natur, und ſie wür-
ken dieſelben nach der Ordnung aus, indem
das Leben von innen die Natur rege und ge-
ſchäftig macht: anders aber wenn die Na-
tur von innen das Leben zum würken her-
beybringt, welches bey denen geſchieht, ſo
die Natur, die in ſich ſelbſt tod iſt, über und
in das Leben ſetzen, und daher einig und allein
den Lüſten der Sinne und den Begierden
des Fleiſches opfern, und das Geiſtliche der
Seele
[31]der Seele und des Körpers.
Seele (Animæ) und das wahrhaftig Ver-
nünftige des Gemüths (Mentis) für nichts
achten; dieſe ſind es, die wegen dieſer Ver-
kehrung die Toden genennet werden; der-
gleichen ſind alle Naturaliſten, daß iſt Athei-
ſten oder Gottesläugner in der Welt, und
alle Satane in der Hölle; ſie werden auch
Tode in dem Wort genennt, als beym Da-
vid: Sie hiengen ſich an den Baal-
peor, und aſſen von den Opfern der To-
den, Pſalm 106, 28. Der Feind verfol-
get meine Seele, er leget mich ins Fin-
ſtere, wie die Toden in der Welt, Pſalm
133, 3. Daß er das Seufzen der Ge-
fangenen höre, und losmache die Kin-
der des Todes, Pſalm 102, 21. und in der
Offenbarung: Jch weiß deine Werke,
denn du haſt den Namen, daß du lebeſt,
und biſt Tod; ſey wacker und ſtärke das
andere, das ſterben will, 3, 1. 2. Sie
werden Tode genennt, weil der geiſtliche Tod
die Verdammung iſt, und diejenigen ſind ver-
dammt, welche glauben, daß das Leben aus
der Natur ſey, und daß alſo das Licht der-
ſelben das Licht des Lebens ſey, und eben da-
durch alle Begriffe von GOtt, vom Himmel,
und vom ewigen Leben verbergen, erſticken
und auslöſchen; dieſe ſind daher wie die Nacht-
eulen, die das Licht in der Finſternis, und
die Finſternis im Licht ſehen, das iſt, das
Falſche für das Wahre, und das Böſe für
das
[32]Von der Verbindung
das Gute anſehen; und weil das Angeneh-
me des Böſen bey ihnen das Angenehme des
Herzens iſt, ſo ſind ſie denen Vögeln und
Beſtien nicht ungleich, welche die Todenäſer
als Leckerbiſſen freſſen, und die der Geſtank
aus den Gräbern wie Balſam anriecht. Die-
ſe ſehen auch keinen andern Einfluß als den
phyſicaliſchen oder natürlichen; wenn ſie ja
einen geiſtlichen Einfluß behaupten, ſo ge-
ſchieht es nicht aus einigem Begriff von dem-
ſelben, ſondern aus dem Mund eines Lehrers.
IX.
Daß das Geiſtliche ſich mit dem
Natürlichen bekleide, wie der Menſch
mit einem Kleid.
11. Es iſt bekannt, daß in einer jeden Wür-
kung ein Thätiges oder Würkendes
(activum) und ein Leidendes iſt, (paſſivum)
und daß aus dem Thätigen allein nichts das
Daſeyn bekommt, und auch nichts aus dem
Leidenden allein hervorkommt; eben ſo iſt es
mit dem Geiſtlichen und Natürlichen; das
Geiſtliche, weil es eine lebendige Kraft iſt,
iſt das Thätige, und das Natürliche, weil es
eine tode Kraft iſt, iſt das Leidende; daraus
folget, daß alles, was in dieſer Sonnenwelt
vom Anfang her ſein Würklichſeyn oder Da-
ſeyn bekommen hat, und hernach jeden Au-
gen-
[33]der Seele und des Körpers.
genblick würklich da iſt, aus dem Geiſtlichen
durch das Natürliche herkomme, und dieſes
nicht nur in den Gegen ſtänden des Thierreichs,
ſondern auch in den Dingen des Gewächs-
reichs. Es iſt auch das mit dem Thätigen
und Leidenden übereinkommende nicht unbe-
kannt, daß in allen Würkungen ein Haupt-
urſächliches und ein Werkzeugliches iſt, (prin-
cipale \& inſtrumentale) und daß dieſe zwey,
wenn etwas geſchieht oder ausgewürket wird,
wie ein Einziges zu ſeyn ſcheinen, wiewohl
ſie ganz deutlich zweyerley ſind; deswegen
iſt unter den Grundregeln der Weisheit auch
dieſe, daß die Haupturſache und die werk-
zeugliche Urſache zugleich eine einzige Urſache
ausmachen; alſo iſt es auch mit dem Geiſt-
lichen und Natürlichen; daß dieſe zwey in
den Würkungen wie ein Einziges zu ſeyn
ſcheinen, kommt daher, weil das Geiſtliche
in dem Natürlichen iſt wie die Faſern in den
Muskuln oder Mäuslein, und das Blut in
den Pulsadern, oder wie ein Gedanke in der
Rede, und eine Gemüthsneigung in dem Ton
der Stimme, und es läßt ſich doch das Na-
türliche aus dieſen empfinden; allein man
kann noch überdem wie gleichſam durch ein
Gitter erkennen, daß das Geiſtliche ſich mit
dem Natürlichen bekleide, wie der Menſch
mit einem Kleid. Der organiſche oder werk-
zeug liche Leib, mit dem ſich die Seele (anima)
angekleidet, wird hier einem Kleid verglichen,
weil er ſie bekleidet, und weil ihn auch die See-
Sw. Sch.III.Th. Cle
[34]Von der Verbindung
le auszieht, und von ſich wegwirft, wie ab-
gelegte Kleider, wenn ſie durch den Tod aus
der natürlichen Welt in ihre geiſtliche über-
gehet; der Leib veraltet auch wie ein Kleid
nicht aber die Seele, weil ſie ein geiſtliches
Weſen iſt, das nichts mit den Veränderun-
gen der Natur, die von ihren Anfängen an
bis zu ihren Endigungen fortrücken, und nach
und nach geendiget werden, gemein hat. Die-
jenigen, welche den Körper nicht als die Klei-
dung oder als den Anzug der Seele, welcher
an ſich tod iſt, betrachten, und ihn nicht als
nur für eine angepaßte werkzeugliche Form
zur Aufnehmung der lebendigen Kräfte, die
durch die Seele aus GOtt einflieſſen, an-
ſehen, können nicht anders als aus Betrüg-
lichkeiten ſchlieſſen, daß die Seele durch ſich
ſelbſt lebe, und der Körper auch durch ſich
ſelbſt, und daß zwiſchen dem Leben der See-
le und des Körpers eine vorherbeſtimmte
Uebereinſtimmung ſey; oder auch, daß
das Leben der Seele in das Leben des Kör-
pers einflieſſe, oder das Leben des Körpers
in das Leben der Seele, und alſo ver-
fallen ſie auf einen Einfluß, und zwar ent-
weder auf einen geiſtlichen, oder auf einen
natürlichen; da doch die aus allen erſchaffe-
nen Dingen hervorleuchtende Wahrheit be-
zeuget hat, daß das Nachfolgende (poſterius)
nicht aus ſich ſelbſt, ſondern aus dem Vor-
hergehenden (ex priori) würke, von welchem
es
[35]der Seele und des Körpers.
es hergekommen iſt, alſo auch dieſes nicht aus
ſich ſelbſt, ſondern aus einem das noch wei-
ter vorhergeht, (ex adhuc priori) und daß alſo
auch nichts auſſer aus dem Erſten (ex Primo)
würke, welcher aus ſich ſelbſt würket, nem-
lich von GOtt: überdem iſt das Leben ein ein-
ziges, und dieſes kann nicht erſchaffen wer-
den, ſondern fließt in die zur Aufnehmung
deſſelben organiſch oder werkzeuglich einge-
richtete Formen über alle maſſen ein; der-
gleichen Formen ſind alle und jede Dinge in
dem erſchaffenen Weltall. Viele glauben,
daß die Seele (anima) das Leben ſey, und
daß alſo der Menſch, weil er aus der Seele
lebt, aus ſeinem Leben, alſo aus ſich ſelbſt
lebe, und eben darum nicht durch den Ein-
fluß des Lebens von GOtt; allein dieſe kön-
nen nicht anders als einen Gordiſchen, das
iſt, unauflöslichen Knoten aus Betrüglich-
keiten zuſammen zu flechten, und alle Beur-
theilungen ihres Gemüths (mentis) in den-
ſelben einzuwickeln, woher denn lauter Un-
ſinnigkeit in Anſehung der geiſtlichen Dinge
bey ihnen entſteht, oder ein Labyrinth, das
iſt, einen Jrrgarten zu bauen, worinnen das
Gemüth (mens) nimmermehr durch einige
Fäden der Vernunft den Rückweg finden
und ſich herausführen kann; ſolche laſſen
ſich auch in der That gleichſam in unterir-
diſche Höhlen hinab, wo ſie in ewiger Fin-
ſternis leben; denn daraus kommen unzähli-
C 2che
[36]Von der Verbindung
che Betrüglichkeiten, und jede derſelben iſt
abſcheulich, zum Exempel, GOtt habe ſich
auf die Menſchen übergegoſſen und übergetra-
gen, und daher wäre jeder Menſch eine ge-
wiſſe Gottheit, die aus ſich ſelbſt lebe, und
alſo thäte er das Gute aus ſich ſelbſt und wäre
aus ſich ſelbſt weiſe; desgleichen, er beſitze in ihm
ſelbſt den Glauben und die Liebe, und nehme al-
ſo ſolche von ſich ſelbſt her, und nicht von GOtt,
und was dergleichen ungeheuere Dinge noch
mehr ſind, dergleichen bey denen in der Hölle an
zutreffen ſind, welche, da ſie noch in der Welt
waren, geglaubt haben, daß die Natur lebe, oder
durch ihre Würkſamkeit das Leben hervor-
bringe; wenn dieſe gen Himmel ſchauen, ſo
ſehen ſie ſein Licht wie lauter Finſterniß. Jch
hörete einmal eine Stimme aus dem Himmel,
die da ſagte, daß wenn ein Funken des Le-
bens in dem Menſchen und zwar von ihm
wäre, und wäre nicht von GOtt in ihm,
ſo wäre kein Himmel, noch etwas daſelbſt,
und alſo ſey auch keine Kirche auf Erden,
und folglich auch kein ewiges Leben. Man
leſe hiervon ein mehreres in einer Merk-
würdigkeit, die ich in dem Buch von der
ehelichen Liebe mit eingerückt habe, N. 132.
bis 136.
X. Daß
[37]der Seele und des Körpers.
X.
Daß das Geiſtliche alſo beklei-
det in dem Menſchen mache, daß er
vernünftig und ſittlich, alſo geiſtlicher-
weiſe natürlich leben könne.
12. Aus dem oben befeſtigten Grundſatz,
daß nemlich die Seele (anima) ſich mit dem
Leib bekleide, wie der Menſch mit einem
Kleid, ergiebt ſich dieſes als eine Folgerung;
denn die Seele (anima) fließt in das menſch-
liche Gemüth ein, (in mentem humanam) und
von dieſem in den Leib, und bringt zugleich
das Leben mit, welches ſie unaufhörlich von
dem HErrn empfängt, und leitet alſo ſolches
mittelbarer weiſe in den Leib über, allwo ſie
durch die genaueſte Vereinigung den Anſchein
würket als wenn der Leib lebte; hieraus nun,
und aus tauſend Zeugniſſen der Erfahrung
erhellet, daß das Geiſtliche mit dem Natür-
lichen vereinigt, wie eine lebendige Kraft mit
einer toden, mache, daß der Menſch ver-
nünftig redet und ſittlich handelt: es ſchei-
net zwar, als wenn die Zunge und die Lip-
pen aus einem gewiſſen eigenen Leben rede-
ten, und daß die Aerme und Hände auf glei-
che Art würkten, aber es iſt die Denkungs-
kraft, die an ſich geiſtlich iſt, die da redet,
und der Wille, welcher gleichfalls geiſtlich
C 3iſt,
[38]Von der Verbindung
iſt, der da würket, und zwar beyde durch
ihre Werzeuge, die an ſich leiblich ſind, weil
ſie aus der natürlichen Welt hergenommen
ſind; daß dem alſo ſey, iſt ſonnenklar, man
darf nur, zum Exempel, hierauf Achtung ge-
ben: man thue nemlich das Denken vom Re-
den weg, wird nicht da der Mund augen-
blicklich verſtummen, oder man thue den Wil-
len von der Würckung weg, werden da die
Hände nicht augenblicklich müßig ſeyn? Die
Vereinigung des Geiſtlichen mit dem Natür-
lichen und der daher rührende Anſchein des
Lebens in den leiblichen Dingen kann vergli-
chen werden einem edlen Wein in einem rei-
nen Schwamm, und dem zuckerſüſſen Moſt
in der Weintraube, und dem angenehmen
Saft in dem Apfel, oder auch dem würz-
haften Geruch im Zimmet; von welchen
allen die Fibern oder Faſern nur Leiblichkei-
ten ſind, die Säfte in ſich enthalten, welche
Leiblichkeiten weder von ſich ſelber einen Ge-
ſchmack haben, noch einen Geruch von ſich ge-
ben, ſondern ihr Geſchmack und Geruch iſt
aus den Säften, die in und bey denſelben
ſind, dahero wenn man ſolche Säfte ausdrü-
cket, ſo ſind ſie tode Faſern; ſo iſt es auch
mit den werkzeuglichen Gliedern des Leibes,
wenn das Leben weggenommen wird. Daß
der Menſch durch die Vereinigung des Geiſt-
lichen mit dem Natürlichen oder Leiblichen
vernünftig ſey, erhellet aus der Herleitung
oder
[39]der Seele und des Körpers.
oder Auseinanderſetzung ſeiner Gedanken,
(ex analyticis cogitationis ejus) und daß er
geſittet ſey, aus dem Anſtändigen ſeiner Hand-
lung und aus dem Geziemenden ſeiner Ge-
berden; dieſes kommt dem Menſchen aus
dem Vermögen, daß er den Einfluß von dem
HErrn durch den Himmel der Engel empfan-
gen könne, als woſelbſt der rechte Sitz der
Weisheit und Liebe, folglich des Vernünf-
tigſeyns und Sittlichſeyns zu finden iſt; dar-
aus kann man wahrnehmen, daß wenn das
Geiſtliche mit dem Natürlichen in dem Men-
ſchen vereinigt iſt, er alsdenn geiſtlicherweiſe
natürlich lebt. Daß der Menſch auf eine
gleiche, ja ſo gar auf eine ungleiche Art nach
dem Tod lebe, kommt daher, weil ſeine See-
le alsdenn mit einem ſelbſtſtändigen oder geiſt-
lichen Leib (corpore ſubſtantiali) umgeben
iſt, wie ſie in der natürlichen Welt mit ei-
nem materiellen oder leiblichen umgeben war.
Viele glauben, daß das Vernehmen oder Em-
pfinden und das Gedenken des Gemüths,
(perceptiones \& cogitationes mentis) weil ſie
geiſtlich ſind, nur blos, und nicht durch die
dazu eingerichtete werkzeugliche Formen ein-
flöſſen; allein ſo träumen diejenigen, welche
das Jnnere des Haupts nicht geſehen haben,
als woſelbſt die Empfindungen und Gedan-
ken in ihren Anfängen ſind, daß nemlich da-
ſelbſt das kleine und groſſe Gehirn, die mit
Subſtanzen oder Weſen ein, und zuſammen
C 4gewebt
[40]Von der Verbindung
gewebt ſind, als mit der äuſern aſchfarbigen
Gehirnrinde, und mit dem innern weiſen
Gehirnmark, und daß allda Drüſen, Ge-
wölbe, Scheidewände, und alle dieſe mit dem
harten und dünnen Hirnhäutlein umwickelt
ſind, und daß der Menſch nach der guten
oder ſchlimmen Beſchaffenheit derſelben ent-
weder geſund oder verrückt denke und wolle,
und daß er alſo vernünftig und ſittlich ſey
nach der werkzeuglichen Einrichtung ſeines
Gemüths: denn das vernünftige Sehen des
Menſchen, welches der Verſtand iſt, wäre
ohne die zur Aufnehmung des geiſtlichen Lichts
eingerichtete werkzeugliche Formen ein bloſ-
ſes Nichts, ſo wie das natürliche Sehen oh-
ne Augen; und ſo weiter.
XI.
Daß derſelbe Einfluß auf- und
angenommen werde nach Beſchaffen-
heit der Liebe und Weisheit bey
dem Menſchen.
13. Daß der Menſch nicht das Leben, ſon-
dern ein werkzeuglicher Aufnehmer
des Lebens von GOtt ſey, und daß die Liebe zu-
gleich mit der Weisheit das Leben ſey, ferner
daß GOtt ſelbſt die Liebe und ſelbſt die Weis-
heit und alſo das Leben ſelbſt ſey, iſt oben er-
kläret und bewieſen worden; daraus folget:
ſo
[41]der Seele und des Körpers.
ſo viel der Menſch die Weisheit liebet, oder
ſo viel die Weisheit im Jnnerſten der Liebe
bey ihm iſt, ſo viel iſt er das Ebenbild GOt-
tes, das iſt, ſo viel iſt er ein Empfänger des
Lebens von GOtt; und im Gegentheil, ſo
viel er in entgegengeſetzter Liebe, und alſo in
Unſinnigkeit iſt, ſo viel empfängt er das Le-
ben nicht von GOtt, ſondern von der Hölle,
welches Leben der Tod genennt wird. Die
Liebe ſelbſt und die Weisheit ſelbſt ſind nicht
das Leben, ſondern ſie ſind das Seyn oder
Weſen des Lebens, (Eſſe vitæ) aber das An-
genehme der Liebe und das Liebliche der Weis-
heit, welche die innern Empfindungen oder
die Gemüthsberührungen ſind, (affectiones)
machen das Leben, denn das Seyn oder We-
ſen des Lebens bekommt durch dieſelbe ſein
Würklichſeyn oder Daſeyn; (Eſſe vitæ per
illa exiſtit) der Einfluß des Lebens von GOtt
bringt ſolche Annehmlichkeit und Lieblichkeit
mit ſich, wie der Einfluß des Lichts und der
Wärme zur Zeit des Frühlings in die menſch-
lichen Gemüther, und auch in allerley Arten
der Vögel und Thiere, auch ſo gar in die Ge-
wächſe, welche alsdenn auf keimen und Frucht
bringen; denn das Angenehme der Liebe und
das Liebliche der Weisheit breiten die Gemü-
ther aus, und machen ſie zur Annehmung ge-
ſchickt, ſo wie die Freude und Ergötzlichkeit
das Geſichte ausbreiten, und es zu dem Ein-
fluß der Frölichkeit der Seele (animæ) ge-
E 5ſchickt
[42]Von der Verbindung
ſchickt machen. Ein Menſch den die Liebe
der Weisheit berührt und reizet, iſt wie der
Garten in Eden, in welchem zweyerley Bäu-
me ſind, der eine des Lebens, und der andere
des Wiſſens des Böſen und Guten; der
Baum des Lebens iſt die Aufnehmung der
Liebe und Weisheit von GOtt, und der Baum
der Wiſſenſchaft des Guten und Böſen iſt
die Empfahung derſelben aus ſich ſelber, und
dieſer iſt unſinnig, und glaubt ſo gar, er ſey
ſo weiſe als GOtt, jener aber iſt wahrhaftig
weiſe, und glaubt, daß niemand als GOtt
allein weiſe ſey, und daß der Menſch nur ſo
viel weiſe ſey als er ſolches glaubt, und noch
mehr, ſo viel er empfindet, daß er ſolches wol-
le; aber hiervon kann man nachleſen in einer
Merkwürdigkeit, welche dem Buch von
der ehelichen Liebe Num. 132. bis 136. ein-
verleibet iſt. Ein einziges Geheimniß, wel-
ches das bisherige aus dem Himmel beſtäti-
get, will ich hier beyfügen; alle Engel des
Himmels kehren ihre Angeſichter zu dem HErrn
als zu der Sonne, und alle Engel der Hölle
wenden Jhm das hintere Theil des Haupts zu,
und dieſe empfangen den Einfluß in die Nei-
gungen (in affectiones) ihres Willens, wel-
che an ſich ſelbſt lauter böſe Begierden ſind,
und machen, daß der Verſtand darein willi-
ge, jene aber empfangen den Einfluß in die
Neigungen ihres Verſtands, (in affectiones
intellectus) und machen, daß der Wille mit
ein-
[43]der Seele und des Körpers.
einſtimme, daher ſind dieſe in Weisheit, jene
aber in der Unſinnigkeit; denn der menſchli-
che Verſtand wohnt in dem Gehirn, welches
unter dem Vorderhaupt iſt, und der Wille in
dem kleinen Gehirnlein, welches im Hinter-
haupt iſt: wer ſollte nicht wiſſen, daß ein
Menſch, der aus dem Falſchen unſinnig iſt,
ſeinen böſen Begierden ſchmeichele, und durch
die aus dem Verſtand gemachte Schlüſſe ſel-
bige bekräftige, und daß ein Menſch, wel-
cher aus dem Wahren weiſe iſt, ſehe, wel-
cherley die Begierden ſeines Willens ſeyn,
und ſolche bändige; dieſes thut der Weiſe,
weil er ſein Angeſicht zu GOtt kehret, das iſt,
an GOtt glaubet, und nicht an ſich, jenes
aber thut der Unweiſe, weil er ſein Angeſicht
von GOtt abwendet, das iſt, an ſich und nicht
an GOtt glaubet; an ſich glauben, heißt,
glauben, daß man aus ſich ſelber liebe und
weiſe ſey, und nicht aus GOtt, und dieſes
wird durch das Eſſen vom Baum der Wiſ-
ſenſchaft des Guten und Böſen angedeutet;
aber an GOtt glauben, heißt, glauben, daß
man liebe und weiſe ſey aus GOtt und nicht
aus ſich ſelber, und dieſes heißt eſſen vom
Baum des Lebens, Offenbar. 2, 7. Aus die-
ſem kann nun, jedoch nur gleichſam wie bey
einem nächtlichen Mondenlicht, wahrgenom-
men werden, daß die Aufnehmung des Ein-
fluſſes des Lebens von GOtt nach der Be-
ſchaffenheit der Liebe und Weisheit bey dem
Menſchen
[44]Von der Verbindung
Menſchen geſchehe. Dieſer Einfluß kann
ferner durch den Einfluß des Lichts und Wär-
me in die Gewächſe erläutert werden, welche
blühen und Frucht bringen nach der Beſchaf-
fenheit der Aneinanderhaltung ihrer Fibern
die ſie formiren, und alſo nach der Beſchaf-
fenheit der Annehmung des Einfluſſes; er
kann auch erläutert werden durch den Ein-
fluß der Lichtſtralen in die Edelgeſteine, wel-
che nach Beſchaffenheit der Lage und Zuſam-
menwebung ihrer Theile ſolche Lichtſtralen in
Farben verwandeln, und alſo auch nach der
Annehmung des Einfluſſes nicht weniger
kann er erläutert werden durch die optiſchen
Gläſer und durch das Regenwaſſer, durch
welche die Regenbogen erſcheinen nach Be-
ſchaffenheit des Einfallens, und Brechung
und alſo nach der Annehmung des Einfluſſes
der Lichtſtralen. Auf gleiche Art iſt es mit
den menſchlichen Gemüthern in Anſehung des
geiſtlichen Lichts, welches von dem HErrn als
der Sonne ausgehet, und beſtändig einfließt,
aber verſchieden aufgenommen wird.
XII.
Daß der Verſtand in dem Men-
ſchen in das Licht, das iſt, in die Weis-
heit, in welcher die Engel des Himmels
ſind, erhöhet oder aufgekläret werden
könne, je nachdem die Vernunft ausge-
bildet
[45]der Seele und des Körpers.
bildet oder verbeſſert worden, und ſein
Wille in die Wärme des Himmels, das
iſt, in die Liebe ebenfalls nach der Be-
ſchaffenheit der Thaten des Lebens; daß
aber die Liebe des Willens nicht erhöhet
werde, auſſer nur, in ſo viel der Menſch
dasjenige will und thut, was die Weis-
heit des Verſtands lehret.
14. Durch das menſchliche Gemüth (per
mentem humanam) werden ſeine 2.
Kräfte verſtanden, die man Verſtand und
Willen nennt; der Verſtand iſt der Aufneh-
mer des himmliſchen Lichts, welches in ſei-
nem Weſen die Weisheit iſt, und der Wille
iſt der Empfänger der himmliſchen Wärme,
die in ihrem Weſen die Liebe iſt, wie ich oben
gezeigt habe: dieſe zwey, nemlich die Weis-
heit und Liebe, gehen von dem HErrn als
von der Sonne aus, und flieſſen in den Him-
mel insgemein und insbeſondere ein, woher
denn die Engel Weisheit und Liebe haben,
und flieſſen auch in dieſe Welt insgemein und
insbeſondere ein, woher denn die Menſchen
Weisheit und Liebe haben. Allein dieſe zwey
kommen mit einander vereinigt von dem
HErrn, und flieſſen gleichfalls mit einander
vereinigt in die Seelen der Engel und Men-
ſchen, ſie werden aber nicht mit einander ver-
einigt in ihren Gemüthern aufgenommen, erſt-
lich wird darinnen das Licht aufgenommen,
wel-
[46]Von der Verbindung
welches den Verſtand würket, und nach und
nach die Liebe, welche den Willen würket;
dieſes kommt eben auch aus der Vorſehung
her, weil jeder Menſch von neuem geſchaffen,
das iſt, umgebildet und verbeſſert werden muß,
und dieſes geſchieht durch den Verſtand; denn
er muß von Kindheit an die Erkenntniſſe des
Wahren und Guten faſſen, die ihn lehren ſol-
len, wohl zu leben, das iſt, rechtmäſig zu wol-
len und zu thun, und auf dieſe Art wird der
Wille durch den Verſtand gebildet. Um die-
ſes Endzwecks willen iſt dem Menſchen das
Vermögen gegeben worden, den Verſtand
beynahe in das Licht, in welchem die Engel
des Himmels ſind, zu erhöhen, damit er ſe-
hen möge, was er wollen und aus dem Wil-
len thun müſſe, auf daß er in der Welt auf
eine zeitlang glücklich, und nach dem Tod in
Ewigkeit glückſelig ſey; er wird glücklich und
glückſelig, wenn er ſich nach Weisheit beſtre-
bet, und den Willen unter ihrem Gehorſam
hält; hingegen wird er unglücklich und un-
glückſelig, wenn er ſeinen Verſtand unter den
Gehorſam des Willens hingiebt; die Urſache
iſt, weil der Wille von Geburt an zum Bö-
ſen, ja zu den größten Bosheiten geneigt iſt;
dahero wenn er nicht durch den Verſtand ge-
bändiget würde, ſo würde der Menſch in
Schandthaten fallen, ja, vermöge ſeiner ein-
gepflanzten wilden thieriſchen Natur rauben,
und um ſeinetwillen alle die, ſo ihm nicht
wohl-
[47]der Seele und des Körpers.
wohl wollten und willfahrten, erwürgen. Ue-
berdem, wenn der Verſtand ohne den Willen
nicht könnte vollkommen gemacht werden,
und der Wille durch den Verſtand, ſo würde
der Menſch kein Menſch, ſondern ein Thier
ſeyn; denn er könnte ſonſt nicht ohne dieſe
Trennung, und ohne die Erhöhung des Ver-
ſtands über den Willen, denken, und aus
der Denkungskraft reden, ſondern könnte
ſeine Neigungen nur durch einen Laut zu er-
kennen geben, er könnte auch nicht aus der
Vernunft handeln, ſondern aus einem natür-
lichen Trieb, noch viel weniger könnte er das,
was GOttes iſt, und durch dieſes GOtt er-
kennen, und alſo mit ihm vereinigt werden,
und in Ewigkeit leben; denn der Menſch
denket und will gleichſam als wie von ſich ſel-
ber, und dieſes Denken und Wollen als von
ſich ſelber iſt das Gegenſeitige der Verbin-
dung, (reciprocum conjunctionis) denn es fin-
det keine Vereinigung ohne das Gegenſeitige
(absque reciproco) ſtatt, als wie auch keine
Vereinigung des Thätigen (activi) mit dem
Leidenden (cum paſſivo) ohne das Zurückwür-
kende (absque reactivo) ſtatt findet; GOtt
allein würket, und der Menſch läßt ſich be-
würken, und würket wieder zurück allem An-
ſchein nach als wenn er von ſich ſelber wür-
kete, wiewohl er innerlich von GOtt würket.
Daraus kann man nun, wenn es recht be-
griffen worden iſt, ſehen, welcherley die Liebe
des
[48]Von der Verbindung
des Willens eines Menſchen iſt, wenn ſie
durch den Verſtand erhöhet wird, desgleichen
wie ſie beſchaffen iſt, wenn ſie nicht erhöhet
wird, folglich wie der Menſch beſchaffen iſt.
Aber dieſes, wie nemlich der Menſch beſchaf-
fen iſt, wenn die Liebe ſeines Willens nicht
durch den Verſtand erhöhet wird, ſoll durch
Vergleichungen erläutert werden; er iſt wie
ein Adler, der in die Höhe fliegt, ſo bald er
aber unten Futter ſiehet, das ihm anſtändig
iſt, als Hennen, junge Schwäne, ja ſo gar
junge Schaafe, ſich augenblicklich herabſtürzt,
und ſie auffrißt: er iſt auch einem Verhur-
ten gleich, der unten im Keller eine Hure
verbirgt, und manchmal in das obere Revier
des Hauſes geht, und mit denen, die ſich da
verweilen, weislich von der Keuſchheit redet,
aber einmal über das andere von der Geſell-
ſchaft ſchleicht, und ſeine Geilheit unten bey
der Hure ſättiget; er iſt auch einem Dieb auf
einem Thurm gleich, der ſich allda ſtellet, als
wenn er Wache hielte, ſo bald er aber unten
etwas zu rauben gewahr wird, in aller Eile
herabſpringt, und es wegſchnappet; er kann
auch den Fliegen verglichen werden, die ſich
in ſumpfigten Oertern aufhalten, und gleich-
ſam ſäulenweiſe über dem Kopf eines laufen-
den Pferdes fliegen, ſo bald aber das Pferd
ſtille ſteht, herabfallen, und ſich wieder in ih-
ren Sumpf ſenken: eben ſo iſt der Menſch,
deſſen Wille oder Liebe nicht durch den Ver-
ſtand
[49]der Seele und des Körpers.
ſtand erhöhet wird, denn er ſteht alsdenn un-
ten bey den Füſſen erſoffen in dem Unreinen
der Natur und in den Lüſten der Sinnen:
mit denen aber, welche durch die Weisheit des
Verſtands die Anreizungen der Begierden des
Willens bezähmen, hat es eine ganz andere Be-
ſchaffenheit; bey dieſen ſchließt hernach der
Verſtand mit dem Willen, folglich die Weis-
heit mit der Liebe ein Ehebündnis, und woh-
nen oben mit Ergötzungen beyſammen.
XIII.
Daß es ganz anders bey den
Thieren ſey.
15. Diejenigen, welche aus dem bloſſen
Anſchein von den Sinnen des Kör-
pers urtheilen, ſchlieſen, die Thiere hätten
eben auch einen Willen und Verſtand wie die
Menſchen, und dahero beſtünde der Unter-
ſchied unter beyden blos allein darinnen, daß
der Menſch reden, und alſo das ausſprechen
könnte, was er denke und begehre, die Thie-
re hingegen könnten dieſes nur durch den Laut
zu erkennen geben; dennoch aber haben die
Thiere nicht Verſtand und Willen, ſondern
nur etwas, das beyden ähnlich iſt, welches
die Gelehrten das Aehnlichſcheinende (analo-
gon) nennen. Daß der Menſch ein Menſch
iſt, kommt daher, weil ſein Verſtand über
Sw. Sch.III.Th. Ddas
[50]Von der Verbindung
das Begehren ſeines Willens kann erhöhet
werden, und daſſelbe von oben herab erkennen
und ſehen, und es auch mäßigen kann; ein
Thier hingegen iſt ein Thier, weil die Begierden
es antreiben zu thun, was es thut; dahero
iſt der Menſch ein Menſch dadurch, daß ſein
Wille unter der Botmäßigkeit des Verſtan-
des iſt, das Thier hingegen iſt ein Thier da-
durch, daß ſein Verſtand unter der Botmäß-
ſigkeit ſeines Willens iſt: daraus folget die-
ſer Slchuß, daß der Verſtand des Menſchen,
weil er das einflieſſende Licht aus dem Him-
mel aufnimmt, und ſolches empfindet und
begreift als wenn es ſein wäre, und aus die-
ſem Licht auseinander ſetzend oder herleitend
(analytice) mit allen Mannigfaltigkeiten gänz-
lich wie gleichſam von ſich ſelber denket, leben-
dig iſt, und daher ein wahrhaftiger Verſtand
iſt, und daß ſein Wille, weil er die einflieſ-
ſende Liebe des Himmels aufnimmt, und aus
dieſer Liebe als wie aus ſich ſelber würket,
lebendig, und daher ein wahrhaftiger Wille
iſt; bey den Thieren aber iſt das Gegentheil.
Dahero werden diejenigen, welche aus den
Lüſten des Willens denken, den Thieren ver-
glichen, und erſcheinen auch in der geiſtlichen
Welt von weitem wie Thiere; ſie handeln
auch auf gleiche Art, nur mit dem Unterſchied,
daß ſie anders können, wenn ſie wollen; die-
jenigen hingegen, welche die Begierden ihres
Willens durch den Verſtand zurückhalten,
und
[51]der Seele und des Körpers.
und daher vernünftig und weislich handeln,
erſcheinen in der geiſtlichen Welt wie Men-
ſchen, und ſind Engel des Himmels. Mit
einem Wort, der Wille und Verſtand bey
den Thieren hangen immer aneinander, und
weil der Wille in ſich blind iſt, denn er kommt
von der Wärme und nicht vom Licht, ſo
macht er auch den Verſtand blind, daher weiß
und verſtehet das Thier nicht, was es thut,
und doch handelt es, denn es iſt aus dem Ein-
fluß aus der geiſtlichen Welt thätig, und ein
ſolches Thun iſt ein natürlicher Trieb. Man
glaubt, ein Thier denke das, was es thut,
aus dem Verſtand, allein gar im geringſten
nicht, ſondern es wird blos aus einer natür-
lichen Liebe, die es aus der Schöpfung in
ſich hat, mit Beyhülfe der Sinnen ſeines
Körpers zum Thun angetrieben; daß der
Menſch denkt und will, kommt einzig und
allein daher, weil ſich ſein Verſtand von dem
Willen trennen läßt, und bis in das Licht
des Himmels erhöhet werden kann, denn der
Verſtand denkt, und die Denkungskraft re-
det. Daß die Thiere nach den Geſetzen der
Ordnung, die in ihre Natur gelegt ſind, und
einige wie ſittlich und vernünftig, weit an-
ders als viele Menſchen, handeln, kommt
daher, weil ihr Verſtand blindlings den Be-
gierden ihres Willens unterworfen iſt, und
ſie dahero ſolche durch falſche Vernunftſchlüſ-
ſe nicht umkehren können, wie die Menſchen.
D 2Es
[52]Von der Verbindung
Es iſt zu merken, daß ich durch den Willen
und Verſtand der Thiere im Vorhergehenden
etwas denſelben Aehnliches (inſtar) und Aehn-
lichſcheinendes (analogon) verſtehe; ſo nennt
man es aus dem Anſchein. Man kann das
Leben eines Thiers mit einem Nachtwande-
rer vergleichen, der aus dem Willen mit ein-
geſchläferten Verſtand herumgeht und han-
delt: auch mit einem Blinden, der ſich un-
terwegens von einem Hund führen läßt:
oder auch mit einem Thoren, der aus bloſ-
ſer Gewohnheit, und der daher rührenden
Fertigkeit etwas regelmäßig thut: desglei-
chen, mit einem, der kein Gedächtnis, und
alſo auch keinen Verſtand mehr hat, und den-
noch weis oder lernet ſich anzukleiden, gut
zu eſſen, das weibliche Geſchlecht zu liiben,
durch die Gaſſen von einem Hauß zum an-
dern zu gehen, und dergleichen zu thun, was
den Sinnen ſchmeichelt und das Fleiſch kü-
tzelt, von deren Reitzungen und Willen er da-
hin geriſſen wird, ob er gleich nicht denket,
und alſo auch nicht reden kann. Hieraus
erhellet, wie ſehr diejenigen ſtraucheln, wel-
che glauben, die Thiere wären mit Vernunft
begabt, und nur von den Menſchen durch
die äuſerliche Geſtalt unterſchieden, und auch
dadurch, daß ſie das Vernünftige, welches
ſie inwendig in ſich hätten, nicht ausſprechen
könnten; aus welchen Betrüglichkeiten auch
viele den Schluß machen, daß, wenn der
Menſch
[53]der Seele und des Körpers.
Menſch nach dem Tod lebt, ein Thier auch
leben müßte, und im Gegentheil, wenn das
Thier nach dem Tod nicht lebt, ſo lebte auch
der Menſch nicht; und was dergleichen Träu-
mereyen mehr ſind, die aus der Unwiſſenheit
deſſen, was Wille und Verſtand ſey, inglei-
chen, was die Grade ſeyn, durch welche das
menſchliche Gemüth gleichſam wie auf einer
Leiter bis in den Himmel ſteiget, herrühren.
XIV.
Daß drey Grade oder Staf-
feln, die bisher unbekannt geweſen,
in der geiſtlichen Welt ſeyn, nach wel-
chen der geſammte Einfluß geſchieht.
16. Durch Erforſchung der Urſachen aus
den Würkungen findet man, daß
zweyerley Arten der Grade ſeyn, die eine, in
welcher das Vorhergehende und Nach-
folgende, (Priora et Poſteriota) die andere,
in welcher das Gröſſere und Kleinere (Ma-
jora et Minora) enthalten ſind: die Grade,
welche das Vorhergehende und Nachfol-
gende unterſcheiden, ſind Grade der Höhe,
oder auch die unterſchiedenen (Gradus alti-
tudinis, tum etiam Discreti) zu nennen; die
Grade aber, durch welche das Gröſſere und
Kleinere von einander unterſchieden werden,
ſind Grade der Breite, oder auch die nach
D 3einan-
[54]Von der Verbindung
einander fortgehenden (Gradus latitudi-
nis, et quoque continui) zu nennen; die
Grade der Höhe oder die unterſchiedenen ſind
wie die Entſtehung und Zuſammenſetzung
des einen von dem andern; wie zum Exem-
pel eines Nerven von den Faſern, und einer
Faſer von den Fäſerlein; oder eines Holzes,
Steins oder Metalls von den Theilen, und
eines jeden Theils von den Theilgen: die
Grade der Breite aber oder die nach einan-
der fortgehenden ſind wie das Zu- und Ab-
nehmen eben deſſelben Grads der Höhe nach
der Breite, Länge, Höhe und Tiefe, gleich-
wie die Wellen des Waſſers, der Luft, oder
des Aethers, und wie die Maſſen eines Hol-
zes, Steins, oder Metalls gröſſer und klei-
ner werden. Alles und Jedes in den Welten,
nemlich in der geiſtlichen und natürlichen, iſt
von der Schöpfung an in den Graden dieſer
zweyfachen Art; das geſammte Thierreich in
dieſen Graden ſowohl insgemein als insbe-
ſondere; das ganze Gewächsreich, und das
geſammte Mineraliſche ebenfalls; wie auch
die atmoſphäriſche Ausbreitung von der Son-
ne an bis auf die Erde. Derohalben ſind
drey Atmoſphären d. i. Aether und Luftkrei-
ſe, die nach den Graden der Höhe ſtufenwei-
ſe von einander unterſchieden ſind, ſo wohl
in der geiſtlichen Welt, als in der natürli-
chen, weil allenthalben die Sonne iſt; die
Atmoſphären aber der geiſtlichen Welt haben
vermöge
[55]der Seele und des Körpers.
vermöge ihres Urſprungs zum Voraus, daß ſie
ſelbſtſtändig oder geiſtlich ſind, und die Atmo-
ſphären der natürlichen Welt ſind ihren Ur-
ſprung nach materiell oder natürlich; und weil
die Atmoſphären nach denſelben Graden aus ih-
rer Urquelle abwärts ſteigen, und jene das
Licht und die Wärme in ſich halten, und
gleichſam der Wagen ſind, auf welchen Licht
und Wärme weiter fortgeführet werden, ſo
folget, daß drey Grade des Lichts und der
Wärme ſind; und weil das Licht in der geiſt-
lichen Welt in ſeinem Weſen die Weisheit,
und die Wärme daſelbſt in ihrem Weſen die
Liebe iſt, oben an ſeinem Ort gezeigt worden,
ſo folget auch, daß drey Grade der Weisheit,
und drey Grade der Liebe, und folglich drey
Grade des Lebens ſind; denn ſie werden durch
das gradiret, wodurch ſie gehen. Daher
kommt es, daß drey engliſche Himmel ſind,
der obere, welcher auch der dritte genennt
wird, wo die Engel des höchſten Grads ſind;
der mittlere, der auch der andere genennt
wird, wo die Engel des mittlern Grads ſind,
und der untere, welcher auch der erſte genennt
wird, wo die Engel des untern Grads ſind;
dieſe Himmel ſind auch nach den Graden der
Weisheit und Liebe unterſchieden; diejeni-
gen, welche im untern Himmel ſind, ſtehen
in der Liebe das Wahre und Gute wiſſen zu
wollen, die ſo im mittlern Himmel ſind, ſte-
hen in der Liebe das Wahre und Gute ver-
D 4ſtehen
[56]Von der Verbindung
ſtehen zu wollen, und die im obern Himmel
ſind, ſtehen in der Liebe weiſe ſeyn zu wol-
len, das iſt, nach dem zu leben, was ſie wiſ-
ſen und verſtehen. Weil die engliſchen Him-
mel in drey Grade unterſchieden ſind, ſo iſt
dahero auch das menſchliche Gemüth, (mens
humana) weil es das Ebenbild oder Abbil-
dung des Himmels, das iſt, der Himmel in
einer kleinern Form iſt, in drey Grade un-
terſchieden; daher kommt es, daß der Menſch
ein Engel eines von denen dreyen Himmeln
werden könne, und dieſes geſchieht nach Be-
ſchaffenheit der Aufnehmung der Weisheit
und Liebe von dem HErrn; ein Engel des
untern Himmels, wenn er blos die Liebe auf-
nimmt das Wahre und Gute zu wiſſen, ein
Engel des mittlern Himmels, wenn er die
Liebe aufnimmt das Wahre und Gute zu ver-
ſtehen, und ein Engel des obern Himmels,
wenn er die Liebe aufnimmt weiſe zu ſeyn,
das iſt, nach dem Wahren und Guten zu le-
ben; daß das menſchliche Gemüth in drey
Gegenden nach den Himmeln unterſchieden
ſey, leſe man in einer Merkwürdigkeit, die
ich in dem Buch von der ehelichen Liebe
mit eingerückt habe, N. 270. Hieraus er-
hellet, daß der geſammte geiſtliche Einfluß
zu und in den Menſchen von dem HErrn durch
dieſelben drey Grade herunterſteige, und daß
er von dem Menſchen nach dem Grad der Weis-
heit und Liebe, in welchem er ſtehet, aufge-
nommen
[57]der Seele und des Körpers.
nommen werde, Die Erkänntnis von die-
ſen drey Graden iſt heut zu Tage höchſt nütz-
lich und heilſam, da viele, weil ſie von ſol-
chen nichts wiſſen, in dem untern Grad, in
welchem die Sinnen ihres Körpers ſind, ſie-
hen und hangen bleiben, und aus der Unwiſ-
ſenheit, die eine dicke Finſternis des Verſtands
iſt, in das geiſtliche Licht, welches über die-
ſelben geht, nicht erhöhet oder verſetzet wer-
den können; dahero reißt der Naturalismus
gleichſam von freyen Stücken ein, ſo bald
ſie ſich nur vornehmen, etwas von der See-
le (de anima) und von dem menſchlichen
Gemüth (de Mente humana) und von deſſen
Vernünftigſeyn zu unterſuchen und auszu-
forſchen, und noch mehr, wenn ſie eine Un-
terſuchung vom Himmel und von dem Leben
nach dem Tod anſtellen: dahero werden ſie
denen gleich, die auf dem Markt ſtehen mit
Ferngläſern in den Händen und nach dem
Himmel gucken, und lächerliche Wahrſage-
reyen aushecken; oder auch denen, welche
von allem, was ihnen vor das Geſichte kommt,
und wovon ſie reden hören, ſchwatzen und
raiſonniren, ohne daß ſie einen Verſtand da-
von blicken laſſen; dieſe aber ſind wie Flei-
ſcher, welche die Anatomie zu verſtehen glau-
ben, weil ſie das Eingeweide der Ochſen und
Schaafe äuſerlich aber nicht innerlich beſchaut
haben. Es iſt ein für allemal wahr, daß
das Denken aus dem Einfluß des bloſen na-
D 5türli-
[58]Von der Verbindung
türlichen Lichts, das durch den Einfluß des
geiſtlichen Lichts nicht erleuchtet worden iſt,
weiter nichts als eine Träumerey, und das
Reden aus ſolchem Denken eine bloſe Wahrſa-
gerey iſt. Was die obigen Grade betrift, kann
man ein mehreres davon in dem Werk von
der göttlichen Liebe und göttlichen Weis-
heit, das zu Amſterdam im Jahr 1763. her-
ausgekommen iſt, N. 173. bis 281. nach-
leſen.
XV.
Daß im erſten Grad die End-
zwecke, im andern die Urſachen, und
im dritten die Würkungen ſeyn.
17. Wer ſiehet nicht, daß der Endzweck
nicht die Urſache ſey, ſondern daß
er die Urſache hervorbringe, und daß die Ur-
ſache nicht die Würkung hervorbringe, folg-
lich daß ſie drey unterſchiedene Dinge ſeyn,
die in der Ordnung auf einander folgen. Der
Endzweck bey dem Menſchen iſt die Liebe ſei-
nes Willens, denn was der Menſch liebet,
das ſetzet er ſich vor und iſt darauf bedacht;
die Urſache bey ihm iſt die Vernunft ſeines
Verſtandes, denn der Endzweck ſucht durch
dieſelbe die mittel- oder würkende Urſachen
auf; und die Würkung iſt die Verrichtung
des Leibes aus und nach denſelben; alſo iſt
dreyer-
[59]der Seele und des Körpers.
dreyerley in dem Menſchen, das in der Ord-
nung auf einander folget eben ſo wie die Gra-
de der Höhe: wenn dieſe drey darge ſtellt wer-
den, ſo iſt alsdenn der Endzweck inwendig
in der Urſache, und der Endzweck durch die
Urſache in der Würkung, bahero ſind ſie alle
drey in der Würkung zugleich da: daher
kommt es, daß es in dem Wort heißt, ein
jeder ſollte nach ſeinen Werken gerichter
werden, denn der Endzweck oder die Liebe
ſeines Willens, und die Urſache oder die Ver-
nunft ſeines Verſtands, ſind in den Wür-
kungen beyſammen, welche die Werke ſeines
Leibes, und folglich die Beſchaffenheit des
ganzen Menſchen ſind. Diejenigen, welche
dieſes nicht wiſſen, und die Vorwürfe der
Vernunft (objecta rationis) nicht alſo unter-
ſcheiden, können nicht anders, als daß ſie
die Jdeen ihrer Denkungskraft in des Epicuri
Atomos, oder in Leibnitzens Monaden, oder
in Wolfens einfache Subſtanzen einſchrän-
ken, und folglich ihren Verſtand wie mit ei-
nem Riegel verſchließen, ſo daß er nicht ein-
mal aus der Vernunft von dem geiſtlichen Ein-
fluß denken kann, weil er an keine weitere
Fortſchreitung denket, denn der Autor ſpricht
ſelbſt von ſeiner einfachen Subſtanz, daß ſie
in ein Nichts verfalle, wenn ſie zertheilet wür-
de; denn auf dieſe Art bleibt der Verſtand in
ſeinem erſten Licht, welches blos von den Sin-
nen des Körpers herrührt, ſtehen, und geht
keinen
[60]Von der Verbindung
keinen Grad weiter; woher es dann kommt,
daß man ehe nicht anders wiſſen, als daß
das Geiſtliche ein ſubtil Natürliches ſey, und
daß die Thiere eben auch Vernunft hätten
wie die Menſchen, und daß die Seele ein Hauch
des Windes ſey, wie der, ſo aus der Bruſt
ausgehaucht wird, wenn man ſtirbt; und
was dergleichen mehr iſt, ſo nicht von dem
Licht, ſondern aus dicker Finſternis herkommt.
Weil alles in der geiſtlichen Welt, und auch
alles in der natürlichen Welt nach denſelben
Graden ſtufenweiſe fortgehet, wie ich im vor-
hergehenden Abſchnitt geſagt habe, ſo iſt ganz
klar, daß, dieſe Grade erkennen und unter-
ſcheiden, und in der Ordnung ſehen, eigent-
lich die Erkänntnis (intelligentia) iſt; ein
jeder Menſch wird auch durch dieſelben er-
kannt, wie er nemlich beſchaffen iſt, wenn
man ſeine Liebe weiß, denn der Endzweck,
wie ich geſagt habe, welcher dem Willen ei-
gen, und die Urſachen, welche dem Verſtand
eigen, und die Würkungen, welche dem Leib
zugehören, folgen aus ſeiner Liebe, wie aus
dem Saamen ein Baum, und aus dem Baum
die Frucht kommt. Es giebt eine dreyfache
Art Liebe, die Liebe des Himmels, die Liebe
der Welt, und die Liebe ſein ſelbſt; die Liebe
des Himmels iſt geiſtlich, die Liebe der Welt
iſt materiell, und die Liebe ſeiner ſelbſt iſt kör-
perlich; wenn die Liebe geiſtlich iſt, ſo bringt
alles das, was aus ihr erfolgt, als wie die
Formen
[61]der Seele und des Körpers.
Formen von ihren Weſen, die Eigenſchaft
mit, daß es geiſtlich iſt; ingleichen wenn die
herrſchende Liebe die Liebe der Welt oder des
Reichthums, und alſo materiell iſt, ſo bringt
auch alles, was aus ihr erfolgt, als wie das
Geurſtändete von ſeinem Urſtand oder Grund-
anfang, (principiata a ſuo principio) die Ei-
genſchaft mit, daß es materiell iſt; desglei-
chen, wenn die herrſchende Liebe die Liebe ſei-
ner ſelbſt oder die Erhebung über alle andere,
und alſo körperlich iſt, ſo bringt alles, was
aus ihr herrührt, die Eigenſchaft mit, daß
es körperlich iſt, darum weil der Menſch,
bey dem dieſe Liebe herrſcht, nur auf ſich al-
lein ſieht, und folglich die Gedanken ſeines
Gemüths (mentis) in den Körper verſenkt;
derohalben, wer, wie ich bereits oben geſagt
habe, die herrſchende Liebe eines Menſchen
erkennet, und auch zugleich die Fortſchrei-
tung der Endzwecke zu den Urſachen, und
der Urſachen zu den Würkungen, welche drey
in der Ordnung nach den Graden der Höhe
auf einander folgen, der kennet den ganzen
Menſchen; auf ſolche Art erkennen die En-
gel des Himmels einen jeden, mit dem ſie ſpre-
chen; ſie vernehmen ſeine Liebe aus dem Ton
ſeiner Rede, aus dem Angeſicht ſehen ſie ſei-
ne innere, und aus den Geberden des Kör-
pers ſeine äuſſere Geſtalt.
XVI. Daß
[62]Von der Verbindung
XVI.
Daß daraus erhelle, welcher-
ley der geiſtliche Einfluß von ſeiner
Urquelle an bis zu den Würkungen iſt.
18. Es iſt bisher ein geiſtlicher Einfluß von
der Seele in den Körper, nicht aber
von GOtt in die Seele, und von daher in
den Körper ſtatuirt worden; und dieſes iſt
daher gekommen, weil kein Menſch von der
geiſtlichen Welt, und von der Sonne darin-
nen, woraus alles Geiſtliche als aus ſeiner
Quelle fließt, und folglich von dem Einfluß
des Geiſtlichen in das Natürliche etwas ge-
wußt hat. Weil mir nun gegeben worden
iſt, zugleich in der geiſtlichen Welt und in
der natürlichen zu ſeyn, und alſo beyde Wel-
ten und beyde Sonnen zu ſehen, ſo bin ich
nach meinem Gewiſſen verbunden ſolches zu
offenbaren; denn was hilft das Wiſſen, wenn
nicht das, was einer weiß, auch der andere
weiß, was wäre ſonſt jenes ohne dieſes an-
ders, als Schätze ſammlen und in einem
Schrank verbergen, und ſolche nur manch-
mal anſehen und zählen ohne die geringſte Ab-
ſicht zu haben Nutzen damit zu ſtiften; der
geiſtliche Geitz iſt nichts anders. Damit man
aber vollſtändig wiſſen möge, was und wel-
cherley der geiſtliche Einfluß iſt, ſo iſt nöthig
zu wiſſen, was in ſeinem Weſen das Geiſt-
liche,
[63]der Seele und des Körpers.
liche, und was das Natürliche, wie auch,
was die menſchliche Seele (anima humana)
iſt; damit nun dieſe kleine Abhandlung we-
gen Unwiſſenheit dieſer Dinge nicht mangel-
haft ſey, ſo iſt nöthig, daß man einige Merk-
würdigkeiten, die ich in dem Buch von der
ehelichen Liebe mit eingerückt habe, und
zwar von dem Geiſtlichen, N. 326 bis 329;
ingleichen von der menſchlichen Seele, N.
315; und von dem Einfluß des Geiſtli-
chen in das Natürliche, N. 380, und wei-
ter N. 415 bis 422. nachleſe und ſich Raths
erhole.
19. Dieſem will ich dieſe Merkwürdig-
keit beyfügen. Da ich dieſes geſchrieben
hatte, betete ich zu dem HErrn, auf daß mir
gegeben würde, mit Ariſtotelis, Carteſti und
Leibnitzens Anhängern zu reden, und zwar
um ihre Meynungen von der Verbindung
der Seele mit dem Körper zu vernehmen:
nach meinem Gebet waren neun Perſonen
zugegen, nemlich drey Ariſtoteliker, drey Car-
teſianer und drey Leibnitzer, und ſtunden um
mich herum, zur linken Seite die Anbeter
Ariſtotelis, zur Rechten die Anhänger Carte-
ſti, und hinten die Verehrer Leibnitzens; von
weiten und in einer Entfernung von einan-
der kamen ihrer drey wie mit Lorbeern ge-
krönte zum Vorſchein, und aus der einflieſ-
ſenden Empfindung wurde ich gewahr, daß
es
[64]Von der Verbindung
es die Vorgänger oder Hauptlehrer ſebſt wa-
ren, hinter dem Leibnitz ſtunde einer, der ei-
nen Zipfel von deſſen Kleid in der Hand hiel-
te, und man ſagte, es wäre Wolf. Die-
ſe neun Perſonen, als ſie einander anſahen,
grüßten einander mit artigen Worten, und
redeten einander an. Aber alsbald ſtieg
ein Geiſt mit einer Fackel in der rechten Hand
von unten herauf, und fuhr ihnen damit vor
den Geſichtern herum, den Augenblick wur-
den ſie Feinde, drey wider drey, und gaben
einander häßliche Geſichter; denn es kam ih-
nen die Begierde an zu zanken und zu ſtrei-
ten; und alsdenn huben die Ariſtoteliker,
welche auch Scholaſtiker waren, an und
ſprachen: wer ſiehet nicht, daß die Gegen-
ſtände durch die Sinnen in die Seele einflieſ-
ſen, als wie einer durch die Thür in das Ge-
mach eingeht, und daß die Seele nach dem
Einfluß denke? Jſt es nicht wahr, wenn
zum Exempel ein Liebhaber eine ſchöne Jung-
fer oder Braut ſiehet, ſtrahlen da nicht ſeine
Augen und leiten ſeine Liebe in die Seele
über? Jſt nicht der Geitzige, wenn er einen
Beutel mit Geld ſieht, mit allen Sinnen
darauf erpicht, und erregt durch ſie in ſeiner
Seele die Begierde, ihn zu beſitzen? Spitzt
nicht der Ehrgeitzige, wenn ihm von einem
andern Lobeserhebungen gemacht werden, die
Ohren, und bringen dieſe nicht das Lob in
die Seele? ſind nun die Sinnen des Kör-
pers
[65]der Seele und des Körpers.
pers nicht einzig und allein der Eingang in
die Seele? Kann nun einer aus dieſem und
unzählig andern dergleichen anders ſchlieſſen,
als daß der Einfluß aus der Natur oder phy-
ſicaliſch ſey? Hierauf verſetzten die Carteſia-
ner, welche die Finger unter die Stirne hiel-
ten, und nun wegthäten, und ſprachen: ey,
ey, ihr redet nach dem Anſchein; wiſſet ihr
denn nicht, daß die Augen nicht aus ſich, ſon-
dern aus der Seele die Jungfer oder Braut
lieben; ingleichen, daß die Sinnen des Kör-
pers nicht aus ſich, ſondern aus der Seele
das Geld im Beutel begehren; desgleichen,
daß die Ohren eben auch nicht anders das
Lob der Schmeichler vernehmen; Jſt es nicht
die Vorſtellung, die das Empfinden verur-
ſacht, und die Vorſtellung kann man von der
Seele und nicht von dem Werkzeug ſagen;
ſagt einmal, wenn ihr anders könnet, ob
etwas anders die Zunge und Lippen zum Re-
den veranlaſſe als die Denkungskraft, und
ob etwas anders die Hände zum Thun an-
treibe als der Wille, und Denken und Wol-
len iſt der Seele und nicht dem Körper eigen;
folglich iſt es nichts anders als die Seele,
welche die Augen zum Sehen, die Ohren zum
Hören, und die übrigen ſinnlichen Werkzeu-
ge zum Empfinden veranlaßt; hieraus und
aus unzählig andern dergleichen macht ein
jeder, der über das Sinnliche des Körpers
hinausdenkt, den Schluß, daß kein Einfluß
Sw. Sch.III.Th. Edes
[66]Von der Verbindung
des Körpers in die Seele, ſondern ein Ein-
fluß der Seele in den Körper, den wir auch
den gelegenheitlichen oder geiſtlichen Einfluß
nennen, vorhanden ſey. Hierauf erhoben
drey Perſonen, die hinter den drey vorigen
ſtunden, und Leibnitzens Verehrer waren,
ihre Stimme, und ſprachen: wir haben die
Beweiſe von beyden Seiten gehört, gegen
einander gehalten, und vernommen, daß die-
ſe in vielen Stücken wichtiger ſind, als jene,
und jene in vielen Stücken wichtiger als die-
ſe, derowegen wollen wir mit eurer Erlaub-
niß dem Streit ein Ende machen; und auf
die Frage: nie? ſagten ſie: es giebt keinen
Einfluß der Seele in den Körper, und auch
keinen des Körpers in die Seele, ſondern es
iſt eine einmüthige und auf einen Punkt hin-
auslaufende Würkung beyder zugleich, die
der berühmte Autor mit einem ſchönen Na-
men, nemlich mit der vorherbeſtimmten
Uebereinſtimmung, bezeichnet hat. Hier-
auf kam wiederum ein Geiſt mit einer Fa-
ckel in der Hand, aber nun in der linken, zum
Vorſchein, und fuhr damit um ihre Hinter-
häupter herum, den Augenblick wurden ih-
rer aller Jdeen confus, und ſchryeen alle zu-
ſammen: weder unſere Seele noch unſer Kör-
per weiß, welche Meynung wir ergreifen ſol-
len, darum wollen wir dieſen Streit durch
das Loos entſcheiden, und dem Loos, das zu-
erſt heraus kommt, Beyfall geben; und ſie
nah-
[67]der Seele und des Körpers.
nahmen drey Zettelchen, und ſchrieben auf
eines: phyſicaliſcher Einfluß; auf das
andere: geiſtlicher Einfluß; und auf das
dritte: vorherbeſtimmte Uebereinſtim-
mung; und ſie thäten dieſe drey Zettelchen
in einen Hut; und erwählten einen, der ſie
herausnehmen ſollte, und ſo bald er hinein-
gegriffen, erwiſchte er das, worauf geſchrie-
ben ſtunde: geiſtlicher Einfluß; da ſie
es geſehen und geleſen hatten, ſprachen ſie
alle, doch etliche mit hellen und flieſſenden,
etliche aber mit unvernehmlichen und an ſich
gehaltenen Ton: dabey ſoll es bleiben, weil
es zuerſt herausgekommen iſt. Den Augen-
blick aber ſtunde ein Engel dabey und ſagte:
glaubt ja nicht, daß das Zettelchen für den
geiſtlichen Einfluß etwa von ohngefehr her-
ausgekommen ſey, es iſt durch eine Vor-
ficht geſchehen; denn weil ihr in confuſen
Jdeen ſeyd, ſo ſehet ihr ſeine Wahrheit nicht
ein, allein es hat ſich die Wahrheit ſelbſt in
ſeine Hand geſpielt, damit ihr ſolcher beyſtim-
men möget.
20. Jch wurde einſtmahlen gefragt, wie
ich aus einem Philoſophen ein Theologe wor-
den wäre, und darauf antwortete ich, auf eben
die Art, wie die Fiſcher zu Jüngern und Apo-
ſteln von dem HErrn ſind gemacht worden;
und daß ich auch von meiner erſten Jugend
E 2an
[68]Von der Verbindung
an ein geiſtlicher Fiſcher geweſen bin; hier-
auf wurde ich wieder gefragt, was denn
ein geiſtlicher Fiſcher ſey, und ich antwor-
tete, daß ein Fiſcher in dem Wort und deſ-
ſen geiſtlichen Sinn einen Menſchen andeu-
te, der erſtlich die natürlichen Wahrheiten,
und hernach die geiſtlichen vernünftigerweiſe
ausforſchet und lehret; auf die Frage: wie
dieſes bewieſen werden könnte, antwortete
ich, aus dieſen Stellen des Worts: Das
Waſſer in den Seen wird vertrocknen,
dazu der Strom wird verſiegen und ver-
ſchwinden, derowegen werden die Fi-
ſcher trauren, und alle die, ſo Angel ins
Waſſer werfen, werden klagen, Jeſ. 19,
5. 8. An dem Strom, deſſen Waſſer ge-
ſund wurde, ſtunden die Fiſcher von
Engeddi, da ſpannten ſie ihre Fiſchgar-
ne auf, nach ihrer Art waren ihre Fi-
ſche, wie die Fiſche des groſſen Meers,
ſehr viele, Ezech. 27, 9. 10. Siehe, ich
will viel Fiſcher ausſenden, ſpricht der
HErr, die ſollen die Kinder Jſrael fiſchen,
Jerem. 16, 16. Hieraus erhellet, warum
der HErr die Fiſcher zu ſeinen Jüngern aus-
erleſen und geſagt hatte: Folget mir nach,
ich will euch zu Menſchenfiſchern ma-
chen, Matth. 15, 18. 19. Marc. 1, 16.
17; und warum er zu Petro ſagte, nachdem
er eine groſſe Menge Fiſche beſchloſſen hatte:
von nun an wirſt du Menſchen fahen,
Luc.
[69]der Seele und des Körpers.
Luc. 5, 9. 10. Nachgehends habe ich den Ur-
ſprung dieſer Bedeutung der Fiſcher in dem
Buch: geoffenbarte Offenbarung Johan-
nis, bewieſen: nemlich weil das Waſſer, N.
50. 932; desgleichen auch der Fluß, N. 409.
932. das natürliche Wahre; und ein Fiſch
diejenigen bedeutet, die im natürlichen Wahren
ſind, N. 405; ſo deuten dahero auch die Fiſcher
diejenigen an, welche den Wahrheiten nach-
forſchen und ſie lehren. Hierauf antwor-
tete der, ſo mich gefragt hatte, und ſagte:
nunmehr kann ich verſtehen, warum der
HErr die Fiſcher zu ſeinen Jüngern er-
nannt und auserleſen hatte, und darum
wundere ich mich nicht, daß er ſie auch
dazu auserſehen hat, weil ſie, wie ſie geſagt
haben, von ihrer erſten Jugend an im geiſtli-
chen Sinn, ein Fiſcher, das iſt, ein Nachfor-
ſcher der natürlichen Wahrheiten geweſen
ſind; daß ſie nun ein Nachforſcher der
geiſtlichen Wahrheiten ſind, iſt die Urſache,
weil dieſe auf jene gegründet werden. Er
ſetzte noch hinzu, weil es ein Mann von
Vernunft war: daß der HErr allein erken-
ne, wer tüchtig ſey, die geiſtlichen Wahr-
heiten, die zu ſeiner neuen Kirche gehören,
zu faſſen und zu lehren, ob es einer unter
den Dienern derſelben ſeyn müſſe. Ueber-
dem, welcher Theologe unter den Chriſten
hat wohl nicht vorher auf den hohen Schu-
len die Philoſophie ſtudirt, ehe er die Wür-
E 3de
[70]Von der Verbindung der ꝛc.
de eines Theologen erlangt hat; woher
hätte er ſonſt die Erkenntniß? Endlich ſag-
te er: weil Sie ein Gottesgelehrter wor-
den ſind, ſo eröffnen Sie doch was ihre
Theologie ſey; und ich antwortete: daß
dieſe zwey Stücke, nemlich daß ein ein-
ziger GOtt ſey, und daß eine Verbin-
dung der Liebthätigkeit und des Glau-
bens ſey, die Grundſätze derſelben ſind;
hierauf verſetzte er: wer leugnet dieſe?
ich antwortete: die heutige Theologie,
wenn man ſie in ihrem Jnnern
beſiehet.
Emanuel
[[71]]
Emanuel von Swedenborg
von den
Erdbällen in unſerer
Sonnenwelt,
oder den
ſogenannten Planeten:
und von den
Erdbällen in den
geſtirrnten Himmel,
und von
ihren Einwohnern;
wie auch von
den Geiſtern und Engeln
daſelbſt;
So, wie es gehöret und geſehen
worden.
[[72]][[73]]
Halten Sie mirs zu gut, verehrungswür-
diger Freund! daß Jhnen gegenwär-
tigen Verſuch einer Ueberſetzung vor-
lege, woran mich zum Zeitvertreib bey müßi-
gen Stunden gewagt habe. Es ſind Nach-
richten von den Erdbällen der Planeten und
ihren Einwohnern. Die bekannten Vorſchlä-
ge zu einem moraliſchen Syſtem von dem Hob-
beſio, Puffendorf, Thomaſio, Wolfen u. a. m.
die Bewohner unſerer Erde vernünftiger und
beſſer zu machen, und die auserleſene Schrif-
ten des Fontenelle von mehr als einer Welt,
worinn derſelbe unter Beziehung auf eine in
Iateiniſcher Sprache geſchriebene Chineſiſche
Chronik nicht alle Sterne als bewohnt ver-
muthet, und aus Hugenii Coſmothcoro die
Einwohner nach der Diſtanz der Nähe der
Sonne vorbildet, haben mich lüſtern gemacht,
dieſe Nachrichten zur Hand zu bekommen.
Jch bin es auch wohl zufrieden, mir darüber
Mühe gegeben zu haben, da ich Jhnen nicht
bergen kann, daß mich die Beſchreibung von
E 5den
[74]Anmerkung.
den moraliſchen Beſchaffenheiten der angeb-
lichen Einwohner nicht wenig ergötzt, und
ſich meinen geringen Einſichten nach leichtlich
behaupten läßt, daß dieſen Nachrichten, es
verhalte ſich die Sache wie ſie wolle, in Ab-
ſicht auf die Wahrheit, wenigſt die Stelle ei-
nes klugen Romans mit gutem Fug einge-
raumt werden möge. Vielleicht reuet mich
in reifferen Jahren meine Bemühung noch
weniger, und vielleicht ſehe ich alsdann etwas
mehr als dieſe ſceptiſche Vermuthung. Jn-
deſſen leben Sie wohl, theureſter Freund,
und erlauben in wahrer Hochachtung Dero
fortwährender Liebe und Freundſchaft mich
aufs angelegentlichſte empfehlen zu dürfen.
Schriebs den 3. May 1770.
N. N.
Anmerkung.
Da ich in meinem vorangeſchickten Schrei-
ben an H. *** einer Nachricht aus einer
Chineſiſchen Chronik gedacht, ſo will ich noch
die eigene Worte hier einrucken, wie ſie in
Fontenelle Tractat von mehr als einer Welt
vorkommen. p. m. 227.
„Jch habe ihnen nunmehr alle neue Zei-
„tungen aus dem Himmel geſagt, und ich
„glaube nicht, daß es noch neuere gebe. Es
„iſt mir leyd, daß ſie nicht ſo wunderwür-
„dig
[75]Anmerkung.
„dig und erſtaunend ſind als einige Anmer-
„kungen, die ich neulich in einer kurzgefaß-
„ten Chineſiſchen Chronick las, welche la-
„teiniſch geſchrieben iſt. Man ſiehet da-
„ſelbſt tauſend Sterne mit einem groſſen
„Geraſſel vom Himmel ins Meer fallen, oder
„ſich auflöſen und in Regen verwandlen, die-
„ſes hat man in China mehr als einmal ge-
„ſehen. Dieſe Anmerkung habe ich in
„zweyen ſehr verſchiedenen Zeiten gefunden;
„ohne des Sterns zu gedenken, der ſich ge-
„gen Morgen zerſpaltet, wie eine Rackete,
„und allezeit ein groſſes Geräuſch machet.
„Es iſt verdrießlich, daß dieſe herrliche Din-
„ge für China allein aufbehalten worden,
„und daß unſere Länder niemals einen Theil
„daran gehabt haben. Es iſt gar lange, daß
„unſere Philoſophen glaubten, es wäre aus
„der Erfahrung gewiß, daß der Himmel und
„alle himmliſche Cörper unvergänglich und
„unveränderlich wären, und zu dieſer Zeit
„ſahen die Leute am andern Ende der Erde,
„daß ſich die Sterne zu tauſenden auflö-
„ſeten. Das iſt ja ein groſer Unterſchied
„in Meynungen.“
Durch dieſe Chineſi-
ſche Urkunden ſcheint Fontenelle in ſeiner
plutalité des mondes etwas irre geworden zu
ſeyn, und wenigſtens hat er ſich ſcheinbar ge-
macht, daß er ſie nicht ſine formidine oppo-
ſiti behauptet.
Dürfte
[76]Anmerkung.
Dürfte ich es wagen einen Schluß hier-
aus zu machen, ſo gienge er dahin, daß in
den ſichtbaren Naturwerken immer ſo viel
contra als pro liegt, nur daß uns GOtt in
vielem einen Vorhang vorgezogen: denn nach
Swedenborg und Fontenelle ſind unzählige
Welten, und nach den Chineſiſchen Nachrich-
ten können die Sterne litteraliter nach Aus-
ſage der heiligen Schrift vom Himmel fal-
len. Hier hat man alſo ſo viel pro als con-
tra. Unter dieſer Betrachtung geht mir eine
wichtige Anmerkung bey; es fragt ſich nem-
lich, ob GOttes Größe durch eine unendli-
che Reihe der Welten mehr geprieſen werde,
als durch eine in gewiſſe Gränzen des Uni-
verſi eingeſchloſſene determinirte Zahl der
Welten, in Abſicht auf unſere Erde. Mei-
nes unvorgreiflichen Ermeſſens führet jenes
eine Nothwendigkeit, und dieſes eine Con-
tingenz mit ſich. Gottes Allmacht und Frey-
heit dünkt mich aber gröſer, wenn endlich das
Univerſum auf etwas determinirtes Voll-
kommenes hinaus lauft, als wenn ein ewi-
ger Circul der Weſen ohne einen letzten Ter-
minum der Vollkommenheit iſt.
Weil ſo viel pro als contra in der Natur
iſt, ſo muß ich den Marquis d’Argens loben,
der endlich, müde an dem Septiciſmo, ſeine
Zuflucht zu den Ausſprüchen des höchſten
Verſtands in der Offenbarung genommen,
und
[77]Anmerkung.
und ſeinen Gedanken, ſo gut er glaubte, Grän-
zen geſetzt hat.
Wenn man mit obgemeldeten Herabfallen
der Sterne vergleicht, was in heiliger Schrift
zu leſen, ſo müſſen wir bekennen, daß, wenn
ſchon in heiliger Schrift die Ermahnung an
uns ergehet: Jeſ. 40, 26. Hebet eure Au-
gen in die Hohe und ſehet, wer hat ſol-
che Dinge geſchaffen, und führet ihr Heer
bey der Zahl heraus, der ſie alle mit Na-
men nennet? daß gleichwol an den andern
Orten ſtehet Jeſ. 51. Hebet eure Augen in
die Höhe, der Himmel wird in Salz auf-
gelöſet werden,nimlachu haſchamajim,o-
der wie ein Rauch vergehen; und Jeſ.
34, 4. Es wird ein Heer des Himmels
verfaulen, oder in ſeine Stäublein zu-
rückgehen. Und damit man dieß nicht nur
als eine ſpielende Redart anſehe, ſo wird es
erläutert, der Himmel wird eingerollt wer-
den wie eine Rolle, und alle ſein Heer
(der Fixſterne) wird verwelken wie ein
Blatt am Weinſtock, und wie ein dürr
Blatt am Feigenbaum. Und da dieß ſo
nachdenklich wiederhohlt wird, Apoc. 6, 13.
die Sterne des Himmels fielen auf die
Erde, wie ein Feigenbaum ſeine Feigen
abwirft: ſo muß dem der vor GOttes Re-
de Reſpect hat, beygehen, GOtt hat dieß mit
großem Bedacht in klar deutliche Worte ver-
faßt;
[78]Anmerkung.
faßt; damit einmal GOtt legitimirt werde
in ſeinen Worten, wenn die Wahrheit von
allem Zweifelmachenden Schein entblößt da
ſtehen wird. Es könnte einem leicht ſo vor-
kommen, es ſeyen orientaliſche Wortſpiele:
aber da der höchſte Verſtand in heiliger Offen-
bahrung dieſe Worte mit ſo groſſem Nach-
druck wiederholet, ſo ſehen wir wohl, daß
GOtt hiedurch ſich etwas aufs Zukünftige
vorbehalten hat, da wir werden ſehen die
Himmel, ſeiner Finger Work, den Mon-
den und Sterne die er bereitet, Pſ. 8. und
zwar in Vergleichung mit denen Abſichten
GOttes auf die Erde, und die Erſilinge der
Menſchen. GOtt probirt die ſterbliche Men-
ſchen, die in ſo viel Zweifel ſtecken, ob ſie ſich
wollen durch Gottes hohe und wahrhaftige
Worte heraus helfen, und auch in dieſen
Dingen zum Glauben bringen laſſen. Wahr
iſt, daß dieß nicht eigentlich dazu gehöret, ſe-
lig zu werden; weil wir aber doch einmal ſe-
hen werden, wie wir gehört haben, ſo iſt kei-
ne Entſchuldigung zu ſagen: das nutzt mich
nichts, ich hab keine Zeit darüber zu refle-
ctiren.
Es iſt wunderbar, daß GOtt die Juden
für das weiſeſte Volk preiſet, da ſie doch in
gewiſſen Dingen, wie die Jünger JEſu ſelbſt
ſo unverſtändig waren: die Antwort liegt Pſ.
8, 3. Als ſolche Kinder, die doch am Ver-
ſtänd-
[79]Anmerkung.
ſtändniß der vortreflichſten Dinge ſollen
vollkommen werden 1 Cor. 14, 20. leſen
wir die Worte Jeſ. 51, 16. Jch lege mein
Wort in deinen Mund, und bedecke dich
(gegen die Zweifler) unter dem Schat-
ten meiner Hände, bis ich den Himmel
pflanze und die Erde gründe, und zu
Zion ſpreche: du, du biſt mein Volk.
Welch groſe Worte ſind das! Sehen wir die
Milchſtraße an, ſo wiſſen alle Gelehrten nicht,
was es bedeutet: aber es kommt denen, wel-
che GOttes Wort für nachdrücklich halten,
ſehr wahrſcheinlich vor, daß GOtt mit dieſer
Milchſtraße etwas vorhabe auf die künftigen
Aeonen, nemlich es iſt eine Pflanzſtätte der
Kräften GOttes, darüber wir ſingen: Lo-
bet den HErrn in ſeinem Heiligthum;
lobet Jhn in der Ausbreitung, oder in
dem groſſen Raum ſeiner concentrirten Stär-
ke, wie das Grundwort beſagt; lobet Jhn
in ſeinen Ueberwindungs-Kräften; lo-
ber Jhn in der Vielheit ſeiner Gröſſe.
Pſ. 150, 1. Aber wie ſollen wir Jhn lo-
ben, wenn wir von allen dieſen Dingen
nichts zu wiſſen begehren, wenn wir ſagen:
diß ſind keine Glaubens-Artikel.
Gebückt ſollen wir hineinſchauen in den
groſſen Rath GOttes, nicht ſo ſpielender und
indifferenter Weiſe, wie es diejenigen gewohnt
ſind, die nichts begehren zu erkennen, als wie
ſie
[80]Von den Erden
ſie auf Chriſti Verdienſt ſelig ſterben, wenn
ſie ſchon mit ihrem anvertrauten Pfund
nichts zu erwuchern ſich vorgeſetzt haben.
Von den Erden in dem
Weltall.
Weil mir aus göttlicher Barmherzigkeit das
Jnnerſte meines Geiſtes aufgeſchloſſen,
und mir dadurch gegeben worden, mit Gei-
ſtern und Engeln zu reden, welche nicht allein
unſerer Erde nahe ſind, ſondern auch mit
denen, welche neben andern Erden ſich be-
finden; ſo iſt mir, weil ich ein Verlangen
gehabt habe zu wiſſen, ob es noch andere Er-
den gebe, und wie ſie und ihre Einwohner
beſchaffen ſeyen, von dem HErrn gegeben
worden, mit den Geiſtern und Engeln, wel-
che aus andern Erden ſind, zu reden und um-
zugehen, mit einigen einen Tag, mit andern
eine Woche, und mit einigen Monate lang,
und von ihnen von denjenigen Erden, aus
welchen und neben welchen ſie waren, von
dem Leben der Einwohner, von den Sitten,
von ihrem Gottesdienſt, und von mancher-
ley merkwürdigen Dingen daſelbſt unterrich-
tet zu werden; und weil mir dieſe Dinge auf
ſolche Weiſe zu erkennen gegeben worden, ſo
will ich ſie nun nach dem, was ich gehört und
geſehen habe, beſchreiben.
Es
[81]in dem Weltall,
Es iſt zu wiſſen, daß alle Geiſter und En-
gel aus dem menſchlichen Geſchlechte ſind,
daß ſie neben ihrer Erde ſind, und daß ſie wiſ-
ſen, was daſelbſt vorgehe, und daß der Menſch
von ihnen unterrichtet werden könne, dem
das Jnnere dergeſtalt geöffnet iſt, daß er mit
ihnen reden und umgehen kann. Denn der
Menſch iſt in ſeinem Weſen ein Geiſt, und
ſleht zugleich nach ſeinem Jnnwendigen in ei-
ner Gemeinſchaft mit Geiſtern: daher kann
derjenige, dem GOtt das Jnnere aufgeſchloſ-
ſen, mit ihnen, wie ein Menſch mit dem an-
dern, reden; und dieſes iſt mir jetzt täglich
ſeit vielen Jahren erlaubt worden. Daß
mehrere Erden, und auf ihnen Menſchen und
daher Engel und Geiſter ſeyen, iſt in dem an-
dern Leben nur allzu wohl bekannt: denn
es iſt daſelbſt einem jeden, der es aus Liebe zur
Wahrheit und folglich um des Nutzens wil-
len verlangt, erlaubt, mit den Geiſtern an-
derer Erden zu reden, und daher von der Viel-
heit der Welten vergewiſſert zu werden, zum
gewiſſen Unterricht, daß das menſchliche Ge-
ſchlecht nicht nur aus einer einigen, ſondern
aus unzähligen Welten ſey, und überdiß, wie
ſie geartet ſeyen, was für eine Art zu leben,
und was für einen Gottesdienſt ſie haben.
Jch habe öfters davon mit Geiſtern unſerer
Erde geredet, die mir geſagt, daß ein Menſch
der Verſtand hat, aus vielen Sachen, die er
weiß, auch wiſſen könne, daß es noch mehre-
Sw. Sch.III.Th. Fre
[82]Von den Erden
re Erden, und auf ihnen Menſchen gebe:
denn man kann aus der Vernunft ſchlieſſen,
daß ſo groſſe Laſten, wie die Planeten ſind,
deren einige an Gröſſe dieſe Erde übertreffen,
nicht leer, und nur dazu erſchaffen ſeyen, daß
ſie blos um die Sonne laufen, und mit ihrem
geringen Licht nur für eine Erde leuchten,
ſondern daß ihr Nutzen viel gröſſer, als die-
ſer ſeyn müſſe. Wer nun glaubt, wie es auch
ein jeder glauben ſoll, daß GOtt dieſes Welt-
all zu keinem andern Endzweck erſchaffen ha-
be, als daß ein menſchliches Geſchlecht, und
hierauf ein Himmel vorhanden ſey, indeme
das menſchliche Geſchlecht eine Pflanzſtadt
des Himmels iſt, derſelbe kann nicht anderſt,
er muß glauben, daß es Menſchen gebe, wo
nur irgend eine Erde iſt. Daß die Plane-
ten, welche unſern Augen ſichtbar ſind, weil
ſie innerhalb den Gränzen dieſer Sonnen-
welt ſind, Erden ſeyen, kann man daraus
deutlich wiſſen, daß ſie Cörper von einer ir-
diſchen Materie ſind, weil ſie das Licht der
Sonne zuruck werfen, und wann man ſie
durch optiſche Gläſer betrachtet, gar nicht
wie die Sterne von einer röthlichen Flamme,
ſondern wie Erde dunkelfärbig (ex obſcuris
variegati) erſcheinen; man kann es auch dar-
aus wahrnehmen, weil ſie, gleich unſerer Er-
de, um die Sonne laufen, und in dem Thier-
kreis fortgehen, und daher Jahre und Jahrs-
zeiten, als da ſind Frühling, Sommer, Herbſt
und
[83]in dem Weltall.
und Winter machen; gleichermaſſen, daß ſie,
wie unſere Erde, ſich um ihre Axe drehen,
und daher Tage und Tagszeiten, als Morgen,
Mittag, Abend und Nacht, machen, und daß
überdas einige von denſelben, Monden haben,
welche man Trabanten nennt, die ſich nach
geſetzten Zeiten um ihre Erden, wie der
Mond ſich um die unſere, drehen: und daß
der Saturn, weil er am weiteſten von der
Sonne entfernt iſt, einen groſſen leuchten-
den Ring (cingulum) habe, welcher derſelben
Erde vieles, obwohlen zuruckgeworfenes,
Licht gibt. Wer kann jemalen, wofern er
dieſes weiß, und aus der Vernunft bedenkt,
vorgeben, daß dieſes leere Cörper ſeyen?
Ueber diß habe ich mit den Geiſtern ge-
redt, daß ein Menſch daraus glauben kön-
ne, daß in dem groſſen All, mehrere Erden
als nur Eine ſeyen, weil der Sternenhimmel
ſo unermeßlich, und die Sterne darinn ſo
unzählig ſeyen, deren ein jeder an ſeinem Ort
oder in ſeiner Welt eine Sonne iſt, und
gleich unſerer Sonne, in einer verſchiedenen
Gröſſe: wer es recht bedenkt, der ſchließt,
daß dieſes Ganze, das ſo unermeßlich iſt,
nichts anders als ein Mittel zu einem End-
zweck ſeyn könne, welches nun das letzte Ziel
der Schöpfung iſt, nemlich das Reich der
Himmel, in welchem GOtt mit den Engeln
und Menſchen wohnen kann. Denn die
F 2ganze
[84]Von den Erden
ganze ſichtbare Welt, oder der Himmel mit
ſo viel unzähligen Sternen, welche eben ſo
viele Sonnen ſind, iſt nur ein Mittel, daß
Erden da ſeyen, und auf ihnen Menſchen,
aus welchen das Himmelreich beſteht. Hier-
aus kann ein vernünftiger Menſch nicht an-
ders denken, als daß ein unermeßliches Mit-
tel zu einem ſo groſſen Endzweck, nicht für
das Menſchlichꝛ Geſchlecht, und daher für
den Himmel, nur aus Einer Erde gemacht
ſey; was wäre dieſes für GOtt den unend-
lichen, gegen dem tauſend, ja Millionen Er-
den, ſo ſie alle voll Einwohner wären, we-
nig oder gar nichts zu rechnen wären?
Ueber das iſt der Himmel der Engel ſo
unermeßlich, daß er mit einem jeden Glied
des Menſchen eine Verhältniß hat, und Mil-
lionen Geiſter haben ein Verhältniß mit je-
dem Glied, Werckzeug und Eingeweide und
auch mit einer jeden Neigung (*), daß alſo
dieſer Himmel nach allen ſeinen Ueberein-
ſtimmungen aus den Einwohnern vieler Er-
den beſtehen und harmoniren müſſe.
Es
[85]in dem Weltall.
Es gibt Geiſter, deren einige Bemühung
dahin gehet, ſich Erkenntniſſe zu erwerben,
weil ſie daran allein ein Vergnügen haben,
derowegen iſt es dieſen Geiſtern erlaubt her-
um zu ſchweben, und auch aus dieſer Son-
nenwelt in andere zu gehen, und ſich Kennt-
niſſe zu verſchaffen: dieſe ſagten, daß nicht
allein Erden, auf welchen Menſchen ſind,
in dieſer Sonnenwelt ſeyen, ſondern auch
auſſer derſelben in dem Sternenhimmel in
ſehr groſſer Anzahl. Dieſe Geiſter ſind aus
dem Planeten Mercur.
Was den Gottesdienſt der Einwohner
anderer Erden überhaupt betrift, ſo erken-
nen daſelbſt alle, welche keine Götzendiener
ſind, den HErrn für den einigen GOtt:
denn ſie beten GOtt nicht als einen unſicht-
baren GOtt an, ſondern als einen ſichtba-
ren, auch aus der Urſache, weil, wann ih-
nen GOtt erſcheinet, er in einer menſchli-
chen Geſtalt erſcheinet; wie ehemalen dem
Abrabam und andern auf dieſer Erde: und
welche GOtt unter der menſchlichen Geſtalt
anbeten, die werden alle von dem HErrn an-
genommen. Sie ſagen auch, daß niemand
GOtt recht verehren, noch weniger aber mit
ihm verbunden werden könnte, wenn er
Jhn nicht unter einer Idée begreife, und daß
er nicht anders als unter der menſchlichen
Form begriffen werden könne; und wenn
F 3es
[86]Von dem Planeten
es nicht ſo wäre, ſo würde das innerliche
Geſicht verſtreut werden, welches ein Ge-
denkbild von GOtt iſt, wie das Geſicht des
Auges, wann es dieſe Welt ohne End und
Gränzen anſieht, und daß man alsdann auf
die Gedanken kommen müſſe, die Natur oder
die Welt ſeye GOtt. Als man ihnen ſagte,
daß der HErr auf unſerer Erde die menſchli-
che Geſtalt angenommen, haben ſie es lange
hin und her erwogen, und bald geſagt, daß
dieſes um des Heils der Menſchen willen
geſchehen.
Von der Erde/ oder dem Pla-
neten Mercur, und von ſeinen Gei-
ſtern und Einwohnern.
Daß der ganze Himmel einen einigen Men-
ſchen vorſtelle, der daher der größte
Menſch (*) genennt wird, und daß ein je-
des Glied bey dem Menſchen, ſowohl ſein
innerliches als ſein äuſſerliches, ein Verhält-
niß mit dieſem Menſchen oder Himmel ha-
be,
[87]Mercur ꝛc.
be, iſt ein Geheimniß das noch nicht in
der Welt bekannt iſt, daß es aber alſo ſey,
habe ich aus vielem gewieſen. Dieſen größ-
ten Menſchen aber zu beſtimmen, ſind dieje-
nigen allein nicht genug, welche von unſerer
Erde in den Himmel kommen, dieſe ſind als
wenige anzuſehen, ſie werden aus mehreren
anderen Erden ſeyn, der HErr wird Vor-
ſehung thun, daß, ſo bald es an einem Ort
fehlt, was für eine und wie viel Verhältniß
es ſeyn ſolle, alsbald Geiſter aus andern Er-
den berufen werden, welche ſie anfüllen, da-
mit die Urſache offenbar ſey und alſo der Him-
mel beſtehe.
Was die Geiſter des Planeten Mercurs
in dieſem größten Menſchen vorſtellen, iſt
mir auch aus dem Himmel entdeckt worden,
daß ſie nemlich das Gedächtniß aber nur des-
jenigen vorſtellen, welches von irrdiſchen und
blos materiellen Dingen abgeſondert iſt. Weil
mir aber mit ihnen zu reden gegeben worden,
und dieſes mehrere Wochen lang, und zu hö-
ren wer ſie ſeyen, und zu erforſchen, wie es
mit denjenigen, die in jener Erde ſind, ſtehe;
ſo will ich meine eigene Erfahrung anführen.
Es kamen Geiſter zu mir, und man ſag-
te mir aus dem Himmel, daß ſie aus der Er-
de, die der Sonne am nächſten iſt, welche
wir auf unſerer Erde den Mercur nennen,
F 4ſeyen,
[88]Von dem Planeten
ſeyen, und ſie haben alsbald, da ſie gekom-
men, aus meinem Gedächtniß unterſucht,
was ich wiſſe.
(Solches können dieſe Geiſter am geſchick-
teſten thun: denn wenn ſie zu dem Men-
ſchen kommen, ſehen ſie alles in ſeinem Ge-
dächtniß, was daſelbſt iſt.)
Als ſie nach unterſchiedenen Dingen frag-
ten, und unter andern auch nach den Städ-
ten und Oertern, wo ich geweſen war, nahm
ich wahr, daß ſie die Tempel, Palläſte, Häu-
ſer und Gaſſen nicht wiſſen wollten, ſondern
nur das wovon ich wußte, daß es an jenen
Oertern geſchehen, ferner was die Regierung
daſelbſt, die Gemüthsart, und die Sitten
derjenigen die daſelbſt ſind, betrift, und der-
gleichen. Denn ſolche Dinge ſind in dem
Gedächtniß der Menſchen mit den Oertern
verbunden, deswegen wann man die Oerter
im Gedächtniß erregt, auch dieſes in die Ge-
danken kommt. Jch wunderte mich, daß
ſie ſo beſchaffen ſeyen, deswegen fragte ich,
warum ſie das Prächtige der Oerter übergien-
gen, und nur nach den Sachen und Thaten
daſelbſt fragten? So ſagten ſie, daß ſie kein
Vergnügen finden, das materielle, cörperli-
che und irdiſche, ſondern nur das reelle zu ſe-
hen, daher wurde ich beſtärkt, daß die Gei-
ſter dieſer Erde in dem größten Menſchen
das
[89]Mercur ꝛc.
das Gedächtniß der Dinge, die von dem Ma-
teriellen und Jrdiſchen abgeſondert ſind, vor-
ſtellen. (Es giebt ein ſenſuelles und intel-
lectuelles Gedächtniß.) Man ſagte mir,
daß das Leben der Einwohner auf jener Erde
ſo beſchaffen ſey, daß ſie nemlich ſich nichts
um das Cörperliche und Jrdiſche, ſondern
nur um die Statuten, Geſetze und Regie-
rung der Völker daſelbſt bekümmern, und
ferner auch um das was den Himmel ange-
het, welches unzählich iſt. Es iſt mir auch
geſagt worden, daß mehrere von den Men-
ſchen derſelben Erde mit den Geiſtern reden,
und daß ſie daher von geiſtlichen Dingen und
von Zuſtänden des Lebens nach dem Tod Kennt-
mſſe bekommen, und daher auch das Cörper-
liche und Jrdiſche verachten. Denn diejeni-
gen, welche es für gewiß wiſſen und glau-
ben, daß ein Leben nach dem Tod ſey, be-
kümmern ſich um das Himmliſche, weil es
ewig und glückſelig iſt, nicht aber um das
Jrdiſche, ſondern nur in ſo weit die Bedürf-
niſſe dieſes Lebens es erfordern. Weil es
nun mit den Einwohnern dieſe Bewandniß
hat, ſo ſind auch die Geiſter, welche von
dorther ſind, alſo beſchaffen.
Wie begierig ſie die Erkenntniſſe der Sa-
chen unterſuchen und ausſchöpfen, wie ſehr
ihr Gedächtniß über das Sinnliche des Leibs
erhaben ſey, konnte mir aus dieſem klar ſeyn,
F 5weil
[90]Von dem Planeten
weil ſie, da ſie dasjenige, was ich von den
himmliſchen Sachen wußte, einſahen, alles
durchgiengen, und beſtändig ſagten, daß es
ſo ſey: Denn wenn die Geiſter zu einem
Menſchen kommen, gehen ſie in ſein ganzes
Gedächtniß, und erwecken daſelbſt ſolche
Dinge, die ihnen tauglich ſind, ja ſie leſen,
wie ich öfters wahrgenommen habe, alles,
was daſelbſt iſt, gleich ſam aus einem Buch.
Dieſe Geiſter thaten dieſes deſto fleißiger und
geſchwinder, weil ſie ſich nicht bey demjeni-
gen aufhielten, was ſchwer und langſam iſt,
und das innere Geſicht zuſammen ſtrengt und
folglich zuruck hält, wie alles Jrdiſche und Cör-
perliche, wann es zum Endzweck gemacht wird,
das iſt, wann es allein geliebt wird, ſondern ſie
haben die Sachen ſelbſt angeſchauet; denn
die Sachen, denen das Jrdiſche nicht an-
hängt, bringen das Gemüth empor, und ver-
ſetzen es alſo in ein weites Feld, blos mate-
rielle Dinge aber führen das Gemüth ab-
wärts, ſchränken es ein und verſchlieſſen es.
Jhre Begierde ſich Kenntniſſe zu erwerben,
und ihr Gedächtniß zu bereichern, erhellte
auch daraus: Als ich einsmals etwas von
dem Künftigen das kommen ſoll geſchrieben,
und ſie weit von mir waren, daß ſie es aus
meinem Gedächtniß nicht ſehen konnten, weil
ich es in ihrer Anweſenheit nicht leſen woll-
te, ſo wurden ſie ſehr unwillig, und wollten
auf mich wider ihre gewohnte Weiſe losge-
hen,
[91]Mercur ꝛc.
hen, ſagend, daß ich ſehr ſchlimm wäre, und
dergleichen. Und damit ſie ihren Zorn an-
zeigten, ſo machten ſie an dem rechten Theil
meines Hãupts, bis zu dem Ohr, eine Art
von einer Zuſammenziehung mit Schmerzen,
dieſes aber ſchadete mir nichts. Weil ſie
mir aber Uebels gethan, ſo entfernten ſie ſich
noch weiter, ſie ſtunden aber bald ſtill, und
wollten wiſſen, was ich geſchrieben hatte; ſo
groß iſt ihre Begierde nach Kenntniſſen.
Die Geiſter des Mercurs beſitzen vor den
übrigen Geiſtern Kenntniſſe derjenigen Sa-
chen, welche ſowohl in dieſer Sonnenwelt,
als auſſer derſelben in dem Sternenhimmel
ſind, und was ſie einmal erlangt haben, das
behalten ſie, und erinnern ſich daran, ſo oft
ähnliche Dinge vorkommen. Deswegen kann
man klar ſehen, daß die Geiſter ein Gedächt-
niß haben, und daß es weit vollkommener
als der Menſchen ihres ſey, ferner daß was
die Geiſter hören, ſehen, und wahrnehmen,
ſie auch behalten, und häuptſächlich dasjeni-
ge, an dem ſie ein Vergnügen finden, wie
dieſe Geiſter an Kenntniſſen von Sachen:
denn das was ihnen Vergnügen und Liebe
erweckt, das fließt gleichſam von ſelbſten in
ſie und bleibt ihnen. Das übrige kommt
nicht in ſie, ſondern berührt nur die Ober-
fläche und geht vorbey.
Wann
[92]Von dem Planeten
Wann die Geiſter des Mercurs zu an-
dern Geſellſchaften kommen, erforſchen ſie von
ihnen, was ſie wiſſen, und nachdem ſie ſich
erkundiget haben, gehen ſie weg; es gibt auch
eine ſolche Communication zwiſchen den Gei-
ſtern, hauptſächlich den Engeln, daß, wann
ſie in einer Geſellſchaft ſind, da ſie angenehm
und beliebt ſind, alles, was ſie wiſſen, ge-
meinſchaftlich mitgetheilt wird. Aus ihren
Känntniſſen ſind die Geiſter des Mercurs vor
andern hochtragend; weßwegen ihnen geſagt
worden, daß, ob ſie gleich unzählige Sachen
wiſſen, ſie doch noch unendlich vieles nicht
wiſſen, und wenn die Kenntniſſe bey ihnen
bis in Ewigkeit vermehrt würden, ſo könn-
ten ſie doch nicht alles erfahren. Daß nun
dieſes hochtragende Einbildung ſey, wurde
ihnen geſagt, und daß ſich dieſes nicht ſchicke:
Sie antworteten, daß es kein Hochmuth ſey,
ſondern nur ein Ruhm wegen ihrer Gedächt-
nißkräften. So können ſie ihre Fehler be-
ſchönen.
Die Wörterſprache verabſcheuet ſie, weil
ſie materiell iſt, weßwegen ich mit ihnen oh-
ne Hülfe anderer Geiſter nicht anders als
durch eine Art von activen Gedanken reden
konnte, Jhr Gedächtniß, weil es mit Sa-
chen, die nicht vollkommen materielle Bilder
ſind, umgeht, bietet dem Gedanken ſeine Ge-
genſtände näher dar, denn ein Gedank, der
über
[93]Mercur ꝛc.
über dieEinbildung erhoben iſt, erfordert zu ſei-
nen Gegenſtänden Sachen, die von dem Ma-
teriellen abgezogen ſind; Ob dem aber gleich
alſo iſt, ſo beſitzen doch die Geiſter des Mer-
curs wenig Urtheilungskraft, ſie haben kein
Vergnügen an Sachen, welche Beurtheilung
erfordern, und Schlüſſe aus Kenntniſſen
betreffen. Denn nur bloſe anſchauende Er-
kenntniſſe gereichen ihnen zum Vergnügen.
Man ſagte ihnen, ob ſie aus ihren Kennt-
niſſen keinen Nutzen ziehen wollten? Denn
es iſt nicht genug ſich nur an Kenntniſſen zu
ergötzen, da dieſe ſich auf einen Nutzen be-
ziehen, und der Nutze wird der Endzweck
ſeyn: Aus den Kenntniſſen allein haben ſie
keinen Nutzen, ſondern andere, denen ſie ih-
re Kenntniſſe mittheilen wollen, und daß es
ſich gar nicht für einen Menſchen, der weiſe
ſeyn will, ſchicke, bey den Kenntniſſen allein
ſtehen zu bleiben, weil dieſe nur beyhülfliche
Urſachen ſind, die zu Erforſchung derjenigen
Sachen, welche zu dem Leben gehören, die-
nen werden. Sie antworteten aber, daß
ſie ſich an den Kenntniſſen ergötzten, und
daß dieſelben auch zum Nutzen dienen.
Einige von ihnen wollen auch nicht als
Menſchen erſcheinen, wie die Geiſter anderer
Erden, ſondern als Kugeln von Criſtall;
daß ſie ſo erſcheinen wollen, und doch nicht
ſo erſcheinen, kommt daher, weil die Kennt-
niſſe
[94]Von dem Planeten
niſſe immaterieller Dinge in dem andern Le-
ben durch Criſtalle vorgeſtellt werden. Die
Geiſter des Mercurs kommen ferner nicht
mit den Geiſtern auf unſerer Erde überein,
denn die Geiſter unſerer Erde ſorgen nicht ſo
ſehr für die Realitäten, ſondern nur für das
Weltliche, Leibliche und Jrrdiſche, welches
materielle Dinge ſind. Deswegen können
die Geiſter des Mercurs nicht bey den Gei-
ſtern unſerer Erde ſeyn, daher fliehen ſie,
wo ſie ihnen aufſtoſſen, davon. Denn die
geiſtlichen Dunſtkreiſe, welche aus beyden
ausdämpfen, ſind beynahe einander zuwider.
Die Geiſter des Mercurs ſagen, daß ſie nicht
die Schale, ſondern die Sachen die von ih-
rer Schale abgeſondert ſind, und alſo das
Jnnere ſehen wollen.
Es erſchien mir nicht gar eine Stunde lang
eine ſehr helle und freudig brennende Flam-
me, dieſe Flamme zeigte die Ankunft der Gei-
ſter des Mercurs an, welche im Durchſehen,
Denken und Reden fertiger als die erſtern
waren. Als ſie kamen, giengen ſie ſogleich
das, was in meinem Gedächtniß war, durch,
ich konnte aber wegen ihrer Fertigkeit nicht
wahrnehmen, was ſie bemerkten; ich hörte je
und je ſagen, es ſey alſo: Zu demjenigen was
ich in der Geiſterwelt geſehen hatte, ſagten
ſie, ſie wiſſen es ſchon vorher: ich nahm wahr,
daß eine Menge Geiſter, die ſich zu ihnen ge-
ſellet
[95]Mercur ꝛc.
ſellet hatten, hinter mir ein wenig zur Linken
in dem flachen Theil des Kopfs gegen dem
Nacken waren.
Zu einer andern Zeit ſahe ich eine Menge
ſolcher Geiſter, aber in einer gewiſſen Entfer-
nung von mir, ein wenig zur rechten Hand
vorwärts, und von daher redeten ſie mit mir,
aber durch Hülfe anderer Geiſter, denn ihre
Sprache iſt ſo geſchwind als ihre Gedanken,
welche Gedanken nicht können ausgeſprochen
werden als vermittelſt anderer Geiſter Kräf-
ten, und was ich am meiſten wunderte, war,
daß ſie volumatim, d. i. in einem räumlichen
Begriff, redeten, und doch ſo fertig und ge-
ſchwind; ich nahm wahr, daß ihre Sprache,
weil mehrere zugleich redeten, denen Waſſer-
wellen ähnlich (undulatoria) war, und dieſes
iſt merkwürdig, daß ſie gegen mein linkes
Aug fiel, ob ſie gleich zu meinem rechten wa-
ren, die Urſache war, weil das linke Aug mit
den Kenntniſſen der Sachen, die von dem
Materiellen abgezogen ſind, eine Verhältniß
hat, mit denjenigen alſo, die zum Verſtand
gehören, das rechte aber mit dem was zur
Weisheit gehört. Mit eben der Geſchwin-
digkeit, mit der ſie redten, nahmen ſie auch
die gehörte Sachen an, und urtheilten von ih-
nen, ſagend: dieſes ſey ſo, und dieſes nicht,
ihr Urtheil iſt gleichſam ohne Zeit in einem
Punct (inſtantaneum). Es war ein Geiſt aus
einer
[96]Von dem Planeten
einer andern Erde da, der mit ihnen geſchickt
reden konnte, weil er fertig und ſchnell war,
dabey aber doch einer Zierlichkeit in der Rede
ſich anmaßte. Jn einem Augenblick urtheil-
ten ſie von demjenigen, was er redete, und
ſagten dies ſey allzuſchön, dies allzuklug, ſo
daß ſie nur darauf Achtung gaben, ob ſie nicht
etwas, das ihnen noch nicht bekannt wäre,
von ihm hören möchten, ſie verwarfen alſo
dasjenige, was die Sache undeutlich machte,
welches hauptſächlich das Beſtreben nach der
Schönheit der Rede und Gelehrſamkeit iſt.
Denn dieſe verfinſtern die Sachen ſelbſt, und
an deren ſtatt ſetzen ſie Worte, welche nur
materialiſche Decken (formæ) der Sachen
ſind: denn der Redende hängt an ſie ſein Ge-
müth, und will, daß die Worte eher als der
Sinn der Worte, gehört werden, deswegen
des andern Gehör mehr als der Sinn (mens)
afficirt und berührt wird.
Die Geiſter der Erde des Mercurs halten
ſich nicht an einem Ort, oder innerhalb der
Verſammlungen der Geiſter einer einzigen
Welt auf, ſondern gehen durch das ganze
Univerſum, die Urſach iſt, weil ſie das Ge-
dächtniß der Sachen vorſtellen, welches be-
ſtändig möchte mit etwas bereichert werden,
deswegen wird es ihnen erlaubt, herum zu
ziehen, und überall Kenntniſſe zu erlangen.
Wann ſie ſo umher reiſen, und die Geiſter
antref-
[97]Mercur ꝛc.
antreffen, welche materielle d. i. cörperliche
und irrdiſche Sachen lieben, ſo fliehen ſie
dieſelbigen, und begeben ſich dahin, wo ſie
dergleichen nicht hören. Daraus kann man
ſehen, daß ihr Gemüth über das Sinnliche
erhoben ſey, und daß ſie alſo in dem innerli-
chen Licht ſeyen: Es wurde mir auch erlaubt,
das würklich zu vernehmen, da ſie bey mir
waren, und mit mir redeten: ich nahm da-
mals wahr, daß ich ſo weit von dem Sinn-
lichen weggeführt wurde, daß mein Augen-
licht ſchwach und dunkel zu werden anfieng.
Die Geiſter derſelben Erde gehen in Hau-
ſen und Reihen, und wann ſie verſammelt
ſind, formiren ſie gleichſam eine Kugel; ſie
werden auf ſolche Art von dem HErrn ver-
einbart, daß ſie Eines thun, und daß die Er-
kenntniſſe des einen allen übrigen, und die
Kenntniſſe aller, einem jeden mitgetheilt wer-
den, wie es in dem Himmel geſchiehet. Daß
ſie ſich durch das Univerſum durchſchwingen,
damit ſie ſich Erkenntniſſe der Sachen ſam-
meln, offenbahrte ſich mir auch daraus, daß
ſie einmal, da ſie ſich noch weit von mir ent-
fernt ſehen lieſſen, mit mir von dortaus re-
deten, und ſagten, daß ſie jetzt verſammelt
ſeyen, und aus der Sphäre dieſer Welt in
den Sternenhimmel giengen, wo ſie wiſſen,
daß es ſolche gebe, die ſich nicht um das Cör-
perliche und Jrdiſche, ſondern um Sachen,
Sw. Sch.III.Th. Gdie
[98]Von dem Planeten
die von ihnen erhöhet ſind, bekümmern, mit
welchen ſie umgehen wollen. Es wurde ge-
ſagt, daß ſie ſelbſt nicht wiſſen, wo ſie hin-
giengen, ſondern daß ſie unter göttlicher Auf-
ſicht dahin gebracht würden; wo ſie von ſol-
chen Dingen unterrichtet werden können, wel-
che ſie noch nicht wiſſen, und welche mit den
Kenntniſſen, die ſie haben, übereinſtimmen;
es wurde auch geſagt, daß ſie nicht wiſſen,
wie ſie ihres gleichen antreffen, mit denen ſie
vereiniget werden, und daß auch dieſes unter
der göttlichen Aufſicht geſchehe.
Weil ſie alſo durch das ganze Univerſum
gehen, und alſo vor andern von den Welten
und Erden auſſer der Sphäre unſerer Son-
nenwelt etwas wiſſen können; ſo habe ich
deswegen auch mit ihnen davon geredt; ſie
ſagten, daß in dem Weltall ſehr viele Erden
und daſelbſt Menſchen wären, und daß ſie ſich
wunderten, daß einige, welche ſie Menſchen
von geringem Verſtand nennten, meyneten,
daß der Himmel des allmächtigen GOttes nur
allein aus Geiſtern und Engeln beſtehe, wel-
che aus Einer Erde kommen, da es ſo weni-
ge ſind, daß ſie in Anſehung der Allmacht
GOttes kaum etwas ſeyen, ob es auch gleich
Millionen Welten und Erden wären. Fer-
ner ſagten ſie, daß ſie wiſſen, daß es über et-
liche hundert tauſend Erden gebe, und wie
wenig dieſes für den unendlichen GOtt ſey.
Da
[99]Mercur ꝛc.
Da die Geiſter des Mercurs bey mir wa-
ren, als ich ſchrieb und das Wort nach ſei-
nem innerlichen Verſtand auslegte, und wahr-
nahmen, was ich ſchrieb, ſagten ſie, daß das-
jenige, was ich ſchrieb, ſehr grob wäre, und
wie faſt alle Ausdrücke materiell ſchienen.
Jch konnte ihnen aber antworten, daß die
Menſchen unſerer Erde, dasjenige was ich
ſchriebe, für ſubtil und erhaben anſehen, da-
von ſie vieles nicht verſtehen; ich ſetzte noch
hinzu, daß viele auf dieſer Erde nicht wiſſen,
daß ein innerlicher Menſch ſey, welcher auf
den äuſſerlichen würkt, und macht, daß die-
ſer lebt, und daß ſie ſich aus dem Betrug ih-
rer Sinnen überreden, daß der Leib ein Le-
ben an ſich habe, und daß daher diejenigen,
welche böſe und unglaubig ſind, an einem
Leben nach dem Tod zweifeln, ferner, daß
ſie dasjenige von dem Menſchen, was nach
dem Tod des Leibes leben wird, nicht Geiſt
ſondern Seele nennen, und daß ſie darüber
ſtreiten, was Seele ſey, und wo ihr Sitz ſey,
und glauben, daß mit der Seele derſelbe ma-
terielle Cörper, ob er gleich in alle Winde
zerſtreuet worden, wieder vereiniget werden
müſſe, damit der Menſch als Menſch lebe,
neben noch andern dergleichen. Als dieſes
die Geiſter des Mercurs hörten, fragten ſie,
ob dieſe auch Engel werden können? darauf
antwortete ich: diejenigen werden Engel, die
in dem Grund des Glaubens und der Liebe
G 2gelebt
[100]Von dem Planeten
gelebt haben, und alsdann ſind ſie nicht mehr in
dem Aeuſſeren und Materiellen, ſondern in
dem Jnnerlichen und Geiſtlichen, und wann
ſie in dieſen Zuſtand kommen, ſo ſind ſie in
dem Licht noch über demjenigen, in welchem
die Geiſter aus dem Mercur ſind. Damit
ſie wüßten, daß es alſo wäre, ergab es ſich,
daß ein Engel des Himmels aus unſerer Er-
de, der dergleichen war, da er in der Welt
lebte, mit ihnen redete, wovon im folgenden.
Hernach iſt mir von den Geiſtern des Mer-
curs ein langes ungleiches aus mehreren Papie-
ren zuſammengeleimtes Papier geſchickt wor-
den, welches eben ſo gedruckt ausſahe, als
man auf dieſer Erde druckt; ich fragte, ob
ſie dergleichen bey ihnen hätten? ſie ſagten
aber, ſie hätten es nicht, allein ſie wiſſen,
daß es ſolches Papier auf unſerer Erde gebe,
ſie wollten nicht mehreres ſagen; ich merkte
aber, ſie dachten, daß die Kenntniſſe auf
unſerer Erde auf dem Papier, und alſo nicht
in dem Menſchen wären, ſie ſpotteten nem-
lich, daß das Papier gleichſam wüßte, was
der Menſch nicht wiſſe, ſie wurden aber un-
terrichtet, wie es ſich mit dieſem verhielte.
Nach einiger Zeit kamen ſie wieder, und ſchick-
ten mir anderes Papier, auch als wann es
gedruckt wäre, wie das erſte, das aber nicht
ſo zuſammengefügt und ungeſchmückt, ſon-
dern nett und zierlich war; ſie ſagten, ſie
wären näher unterrichtet worden, daß auf
dieſer
[101]Mercur ꝛc.
dieſer Erde ſolches Papier und daher Bücher
ſeyen.
Aus dieſem, was ich würklich geſagt, er-
hellt offenbar, daß die Geiſter das, was ſie
in dem andern Leben ſehen und hören, im
Gedächtniß behalten, und daß ſie eben ſo,
als da ſie Menſchen in der Welt waren, un-
terrichtet werden, und zwar auch in dem,
was zum Glauben gehöret, und folglich in
einen vollkommenern Stand gelangen kön-
nen. Je inniger die Geiſter und Engel ſind,
deſto eher und völliger erſchöpfen ſie die Sa-
chen, und behalten ſie deſto beſſer; und weil
dieſes in Ewigkeit fortgehet, ſo erhellet, daß
ihre Weisheit beſtändig zunimmt; bey den
Geiſtern des Mercurs wächſt die Wiſſenſchaft
der Sachen beſtändig, aber deswegen nicht
die Weisheit, weil ſie die Kenntniſſe, wel-
che die Mittel ſind, lieben, nicht aber den
Nutzen, als den Endzweck.
Ferner kann man noch aus folgendem
ſehen, was die Geiſter aus dem Planeten
Mercur für ein Genie haben. Man muß
wiſſen, daß alle, ſo viel Geiſter und Engel
ſind, Menſchen waren, denn das menſchli-
che Geſchlecht iſt die Pflanzſtadt des Him-
mels; ferner, daß die Geiſter nach ihren Af-
fectionen und Neigungen noch eben diejeni-
ge ſeyen, die ſie waren, da ſie als Menſchen
G 3in
[102]Von dem Planeten
in der Welt gelebt haben: denn einem jeden
folgt ſein Leben nach. Weil dem alſo iſt, ſo
kann das Genie der Menſchen von einer je-
den Erde aus dem Genie der Geiſter, die da-
her ſind, erkannt werden.
Weil die Geiſter des Mercurs in dem
größten Menſchen das Gedächtniß der von
dem Materiellen abgezogenen Sachen vor-
ſtellen, ſo wollen ſie deswegen, wann jemand
mit ihnen von irdiſchen, leiblichen und blos
weltlichen Dingen redet, es durchaus nicht
anhören, und wenn ſie dazu gezwungen wer-
den, ſo überſetzen ſie es in etwas anders und
gemeiniglich in das Gegentheil, damit ſie es
vermeiden. Damit ich für gewiß wüßte,
daß dieſes ihre Art zu denken ſey, ſo zeigte
ich ihnen Wieſen, Aecker, Gärten, Wälder
und Flüſſe, (dieſes Repräſentiren oder Vor-
ſtellen heißt, es bildlich einem andern darle-
gen, dis erſcheint in dem andern Leben nach
dem Leben.) Sie verdreheten es aber alsbald,
ſie verdunkelten die Wieſen und Aecker, und
erfüllten es durch Vorſtellungen mit Schlan-
gen, ſie verſchwärzten die Flüſſe, daß das
Waſſer nicht hell ſchiene. Als ich ſie fragte,
warum ſie dieſes thäten, ſagten ſie, daß ſie
nicht an dergleichen Dinge, ſondern an et-
was reelles denken wollten, welches Erkännt-
niſſe der Sachen ſeyen, die von dem Jrdi-
ſchen abgeſondert werden, hauptſächlich von
denen,
[103]Mercur ꝛc.
denen dergleichen es in dem Himmel gibt. Nach
dieſem ſtellte ich ihnen gröſſere und kleinere
Vögel vor, dergleichen auf unſerer Erde ſind,
denn in dem andern Leben kann man dieſes
lebhaft vorbilden: als ſie ſahen, daß ich ih-
nen dieſe Vögel vorgeſtellt hatte, wollten ſie
zuerſt ſolche umgeſtalten, hernach aber ergötz-
ten ſie ſich daran, und blieben ſtill. Die
Urſache war, weil die Vögel Erkenntniſſe
der Sachen bedeuten, die Wahrnehmung
davon hatte auch alsdann einen Einfluß, al-
ſo lieſſen ſie ab von ihrer Umgeſtaltung, und
alſo wandten ſie ſich von den Jdeen weg,
welche in dem Gedächtniß hangen blieben,
(lat. \& ita ab ideis memoriæ ſuæ avertendis
deſiſtebant.) Nach dieſem ſtellte ich ihnen
einen ſehr angenehmen Garten, voll mit Lam-
pen und Lichtern, vor, alsdann hielten ſie
ſich auf und ſtunden dabey ſtill, weil die Lam-
pen mit Lichtern die Wahrheiten, die aus
dem Guten leuchten, bezeichnen. Daher
ſchloſſe ich, daß ſie auch in Anſehung der ma-
teriellen Sachen unterhalten werden konn-
ten, wann man ihnen nur zugleich ihre Be-
deutung im geiſtlichen Verſtand ertheilt:
denn was des geiſtlichen Sinnes iſt, das iſt
von dem Materiellen nicht ſo abgeſondert,
weil es die Vorſtellung an dieſem iſt. Ueber-
dis habe ich mit ihnen von Schaafen und
Lämmern geredt, dieſes wollten ſie aber nicht
hören, weil ſie dieſes für irdiſche Dinge an-
G 4nahmen;
[104]Von dem Planeten
nahmen; die Urſache davon war, weil ſie
nicht verſtunden, was die Unſchuld iſt, wel-
che die Lämmer anzeigen, welches ich daraus
wahrnahm, da ich ſagte, daß die Lämmer,
die in dem Himmel vorgeſtellt ſind, die Un-
ſchuld bedeuten; darauf antworteten ſie mir,
ſie wüßten nicht, was Unſchuld ſey, wel-
ches ihnen nur dem Namen nach bekannt
ſey. Die Urſach iſt, weil ſie nur von den
Erkenntniſſen, nicht aber deren Nutzen, wel-
cher ihr Endzweck iſt, gerührt werden, des-
wegen können ſie nicht aus der innerlichen
Empfindung (perceptione) wiſſen, was die
Unſchuld iſt.
Es kamen einige von den Geiſtern des
Mercurs, die von andern geſchickt waren,
zu mir, daß ſie höreten, was bey mir vor-
gienge; dieſen ſagte einer von den Geiſtern
unſerer Erde, er ſollte den ſeinigen hinter-
bringen, daß ſie nichts anders, als Wahr-
heit reden, und nicht wie ſie pflegen, den
Fragenden das Gegentheil vorhalten ſollten:
denn wenn es einer von den Geiſtern unſerer
Erde ſo machen würde, ſo würde er geſtraft
werden. Darauf antwortete der Haufen,
der noch entfernt war, von welchen jene Gei-
ſter abgeſchickt waren, daß, wenn ſie deswe-
gen geſtraft werden ſollten, ſie alle geſtraft
werden müßten, weil ſie nicht anderſt thun
könnten, und es ſo der heſtändige Gebrauch
ſey:
[105]Mercur ꝛc.
ſey: ſie ſagten, daß, wenn ſie mit den Menſchen
ihrer Erde reden, ſie es auch ſo machen, aber
dieſes thun ſie nicht in dem Sinn zu betrü-
gen, ſondern damit ſie eine Wißbegierde ein-
flöſen möchten: denn wenn ſie das Gegen-
theil vorhalten, und die Sachen auf eine ge-
wiſſe Art verbergen, ſo wird alsdann eine
Wißbegierde erregt, und ſo wird aus der
Bemühung es zu erfahren, das Gedächtniß
verbeſſert. Von eben der Sache redete ich
ein andersmal mit ihnen, und weil ich wuß-
te, daß ſie mit den Geiſtern ihrer Erde rede-
ten, ſo fragte ich, wie ſie ihre Einwohner
unterrichten? Sie ſagten, daß ſie ſie nicht
ſo unterrichten, wie ſich die Sache verhält,
ſondern nur eine vorläufige Empfindung der
Sache (apperceptionem) beybringen, damit
dadurch die Begierde zu forſchen und zu wiſ-
ſen unterhalten und vermehrt werde: denn
wenn ſie auf alles antworten würden, ſo
würde die Begierde vergehen. Sie ſetzten
hinzu, daß ſie das Gegentheil auch deswegen
vorhalten, damit die Wahrheit hernach beſſer
eingeſehen werde. Denn alle Wahrheit er-
ſcheint aus dem Verhältniß zu dem Gegen-
ſatz. Sie haben im Gebrauch, daß ſie ei-
nem nicht ſagen, was ſie ſelbſt wiſſen, ſon-
dern nur von allem zuſammenwollen ſie wiſ-
ſen, was ſie ſelbſt wiſſen; ihrer Geſellſchaft
aber theilen ſie alles mit, ſogar, daß, was
G 5einer
[106]Von dem Planeten
einer weiß, alle wiſſen, und was alle, ein
jeder daſelbſt.
Weil die Geiſter des Mercurs an Kennt-
niſſen einen Ueberfluß haben, ſo ſtehen ſie in
einer Art Aufblehung. Sie glauben daher,
daß ſie ſchon ſo viel wiſſen, daß man kaum
mehr wiſſen könne. Allein die Geiſter von
unſerer Erde ſagten ihnen, daß ſie nicht viel
ſondern wenig wiſſen, und daß dasjenige,
was ſie nicht wiſſen, unendlich dagegen ſey;
und daß ſich das, was ſie nicht wiſſen, wie
das Waſſer des ſehr groſſen Weltmeers zu
dem Waſſer eines kleinen Bronnen, verhal-
te; ferner, daß die erſte Stufe zur Weis-
heit ſey, daß man wiſſe, erkenne und anneh-
me, weil das, was man weiß, ſo wenig ge-
gen demjenigen, was man nicht weiß, iſt,
daß es kaum verglichen werden kann. Da-
mit ſie wiſſen möchten, daß es ſo ſey, ſo
durfte ein Geiſt, der ein Engel war, mit ih-
nen reden, und ihnen überhaupt ſagen, was
ſie wüßten, und was ſie nicht wüßten, und
daß ihnen noch unendliches verborgen ſey,
auch daß ſie in Ewigkeit nicht einmal das
gemeine der Sachen wiſſen könnten. Er
redete durch Jdeen, die die Engel haben, viel
fertiger als ſie, und weil er ihnen entdeckte,
was ſie wüßten, und was ſie nicht wüßten,
ſo ſind ſie ſehr darüber erſtaunt. Nach die-
ſem habe ich einen andern Engel mit ihnen
reden
[107]Mercur ꝛc.
reden ſehen, der in einer Höhe zur rechten
Hand erſchien. Er war von unſerer Erde
und erzählte ſehr vieles, das ſie nicht wuß-
ten, alsdann redtete er mit ihnen durch Ver-
änderungen des Zuſtandes, von welchem ſie
bekannten, ſie verſiehen es nicht. Darauf
ſagte er ihnen, daß eine jede Veränderung
des Status, (qui eſt relatio mutabilium ad fix-
um quid) unermeßliches in ſich halte, und
auch jedwedes kleinſie davon. Als ſie dieſes
hörten, fiengen ſie an, ſich zu demüthigen,
da ſie vorher wegen ihrer Kenntniſſe aufge-
blaſen waren. Die Demüthigung ſtellte ſich
durch die Herlaſſung ihres (Voluminis) Buchs
vor. (Denn dieſer Haufe erſchien damals
wie ein Buch (Volumen) vorwärts in einer
Entfernung zur Linken, in der Ebene der
Gegend unter dem Nabel.) Das Buch aber
ſchien in der Mitte wie ausgehdlt, von den
Seiten aber erhöhet zu ſeyn; ich nahm da-
ſelbſt eine gegenſeitige öftere Bewegung wahr,
man ſagte ihnen auch, was dieſes bedeute,
d. i. was ſie in ihrer Erniedrigung denken
möchten, und daß diejenigen die zu den Sei-
ten erhöhet erſchienen, noch in keiner De-
müthigung wären; ich ſahe zuletzt, daß das
Volumen (Buch) ſich zertheilte, und daß
diejenigen, welche noch in keiner Demüthi-
gung waren, gegen ihrem Weltſtand, (Orbem)
zuruck gewieſen wurden, die übrigen aber ſte-
hen bleiben durften.
Es
[108]Von dem Planeten
Es kamen Geiſter des Mercurs zu einem
von unſerer Erde herbey, der, ſo lang er in
der Welt gelebt hatte, wegen ſeiner Gelehr-
ſamkeit ſehr berühmt war, ich meyne den
Chriſtian Wolfen, ſie wollten von ihm in un-
terſchiedlichen Sachen unterrichtet werden,
da ſie aber wahrnahmen, daß dasjenige, was
er ſagte, nicht über das Sinnliche eines na-
türlichen Menſchen erhaben war, weil er im
Reden an Ehre gedachte, und daß er, wie in
der Welt (denn ein jeder iſt ſich in der an-
dern Welt gleich) mancherley in eine Schluß-
kette bringen, und aus dieſem wiederum, und
beſtändig anderes ſchlieſſen, und alſo mehre-
res aus ſolchen Dingen zuſammenketten woll-
te, welche ſie noch nicht als wahr eingeſehen
oder erkannt haben, indem ſie vorgaben, daß
auf ſolche Weiſe weder die Schlußkette an
ſich, noch mit dem concludirten zuſammen-
hange, und es eine Dunkelheit des Anſehens
nannten, ſo ſtunden ſie ab, ihn zu fragen,
und ſagten nur allein, wie wird dieſes, wie
jenes genennt? und weil er auch auf dieſes
nur durch materielle und keine geiſtliche Jdeen
antwortete, ſo wichen ſie weg von ihm.
Denn ein jeder redt in dem andern Leben, ſo
viel geiſtlicher Weiſe, oder durch geiſtliche
Jdeen, als er in der Welt an GOtt geglaubt,
und ſo viel auf materielle Art, als er nicht
geglaubt hat. Weil ſich hier die Gelegenheit
an die Hand gibt, ſo darſ ich erzählen, wie
es
[109]Mercur ꝛc.
es den Gelehrten in dem andern Leben gehe,
die den Verſtand aus eigenem Nachſinnen
erlangen, worzu ſie durch die Liebe, das Wah-
re um der Wahrheit willen zu wiſſen, und
alſo um des vom weltlichen abgeſonderten
Nutzens willen, angefeuert worden; und wie
es ſich mit denenjenigen verhalte, welche es
von anderen haben ohne eigenes Nachſinnen,
wie es diejenigen zu thun pſlegen, die das
Wahre blos um des Ruhms der Gelehrſam-
keit willen, und alſo um Ehre und Gewinns
willen in der Welt, und alſo nicht um des
vom weltlichen abgeſonderten Nutzen willen
ſuchen, ſo will ich hier einige Erfahrung von
ſolchen anführen. Jch vernahm ein Getö-
ſe, das von unten gegen der linken Seite bis
zum linken Ohr gieng, und merkte, daß es
Geiſter waren, die ſich daſelbſt herausſchwin-
gen wollten, ich konnte aber nicht wiſſen, was
für Geiſter es wären; da ſie aber heraus ka-
men, redeten ſie mit mir, und ſagten, daß ſie
Logici und Metaphyſici geweſen ſeyen, und
daß ſie ſich mit ihren Gedanken da hinein ge-
laſſen, zu keinem andern Ende, als daß ſie für
Gelehrte gehalten werden, und alſo zu Ehren
und Reichthümern gelangen möchten, ſie be-
weinten ihren würklichen Zuſtand, weil ſie
aus keinem andern Endzweck gelernt, und
alſo ihre Vernunft hierdurch nicht gebeſſert
hätten. Jhre Rede war langſam und ſtumm
klingend. Unterdeſſen redeten zween mitein-
ander
[110]Von dem Planeten
ander über meinem Haupt; ich fragte ſie wer
ſie wären? und ſie antworteten mir, daß der
eine in der gelehrten Welt ſehr berühmt wä-
re, und ich konnte glauben, daß es der Ariſto-
teles war, wet der andere war, ſagten ſie
mir nicht. Er wurde darauf in den Zuſtand
geſetzt, worinn er in ſeinem Leben auf der
Welt war, denn ein jeder kann leichtlich in
den Zuſtand, darinn er in ſeinem Leben
war, geſetzt werden, weil er denſelben Zu-
ſtand ſeines Lebens ganz bey ſich hat. Jch
wunderte mich ſehr, daß er ſich zum rechten
Ohr wendete, und daſelbſt rauh und doch im-
mer geſund redte. Aus dem Sinn ſeiner
Sprache nahm ich wahr, daß er von einem
ganz andern Verſtand als jene Scholaſtiker
war, die zuerſt aufgeſtiegen waren, daß er
nemlich ſeine Schriften aus ſeinem eigenen
Nachdenken genommen, und daher ſeine Welt-
weisheit hervor gebracht hat, alſo, daß die
Worte, die er erfunden, und die er ſeinen
ausgeſonnenen Dingen beygelegt hat, lauter
Ausdrücke der Stimmen und Geſinnungen
(formulæ vocum) waren, mit welchen er das
Jnnere bezeichnete, ferner, daß er aus der
angenehmen Neigung und Begierde, dasjeni-
ge, was dem Nachſinnen und dem Verſtand
eigen iſt, zu wiſſen erweckt worden; und daß
er demjenigen, was ihm ſein Geiſt eingegeben,
gehorſam gefolgt habe. Derohalben wandte
er ſich zum rechten Ohr, anderſt als ſeine
Nach-
[111]Mercur ꝛc.
Nachfolger, die Scholaſtiker, welche nicht
(ox cogitatione ad terminos, ſed a terminis
ad cogitationes) von den Gedanken zu den
Worten, ſondern von den Worten zu den
Gedanken, und alſo auf einem widrign Weg
gehen; und viele von ihnen gelangen nicht
einmal zu den Gedanken, ſondern bleiben
blos an den Worten hangen; wenn ſie dieſe
anwenden, ſo geſchieht es, entweder das was
ſie wollen zu beſtättigen, oder dem falſchen
nach der Begierde zu überreden, den Schein
des wahren anzuſtreichen; deswegen ſind ih-
nen ihre wiſſenſchafftliche Dinge mehr Mit-
tel, toll und närriſch als klug zu werden, und
daher Finſterniß ſtatt des Lichts. Jch rede-
te alsdann mit ihm von der analytiſchen Wiſ-
ſenſchaft, und ſagte, daß ein Knab in einer
halben Stunde mehr philoſophiſch, analytiſch
und logicaliſch rede, als er durch ein ganzes
Werk hätte beſchreiben können, weil alles, was
zu einem Gedanken, und folglich zur menſch-
lichen Rede gehöret, analytiſch iſt, davon die
Geſetze aus der geiſtlichen Welt ſind; und
wer nach der Kunſt aus den Worten denken
will, der ſey einem Dänzer nicht ungleich,
welcher aus der Wiſſenſchaft der Bewegungs-
Fäſerlein und Muskeln danzen lernen will:
wenn er nun unter dem Danzen immer dar-
an denken würde, ſo würde er alsdann kaum
einen Fuß bewegen können, und er bewegt
doch ohne jene Wiſſenſchaft alle bewegende
Fäſer-
[112]Von dem Planeten
Fäſerlein, die um ſeinen ganzen Leib ausge-
breitet ſind, und mit Application bewegt er
die Lunge, das Zwerchfell, die Seiten, die
Aerme, den Hals und das übrige, zu deſſen
Beſchreibung ganze Bücher nicht hinlänglich
wären; und ſo verhält es ſich eben mit den-
jenigen, die aus den Terminis denken wollen.
Es billigte dieſes jener Geiſt, und ſagte, wenn
man auf jenen Weg denken lerne, ſo gienge
man in verkehrter Ordnung zu Werk; er ſetz-
te hinzu: Wenn einer unſinnig ſeyn wollte,
müſſe man ſo verfahren. Er ſollte aber un-
aufhörlich nur auf den Nutzen und nach dem
Jnnern denken. Hierauf zeigte er mir, was
er für eine Jdee von dem höchſten GOtt ge-
habt hatte, daß er ſich ihn, nemlich in menſch-
licher Geſtalt, mit einem ſtrahlenden Kreis
um das Haupt vorgeſtellt habe, und daß er
jetzo wiſſe, daß der HErr ſelbſt jener Menſch,
und daß der ſtrahlende Circul das Göttliche
von ihm ſey, welches nicht nur in dem Him-
mel allein, ſondern in die ganze Welt einen
Einfluß hat, und alles ordnet und regieret,
wer den Himmel beherrſcht und regieret, fügt
er hinzu, der beherrſcht und regieret auch
die ganze Welt, weil das eine von dem an-
dern nicht abgeſchieden werden kann; er ſagte
auch, daß er nur Einen GOtt allein geglaubt
habe, deſſen Vollkommenheiten und Eigen-
ſchaften er mit ſo viel Namen bezeichnete,
als viele Götter andere anbeteten. Jch ſahe
ein
[113]Mercur ꝛc.
ein Weibsbild, welche ihre Hand ausſtreckte,
und ihm die Wange ſtreicheln wollte, ich ver-
wunderte mich darüber, er ſagte aber, daß,
da er in der Welt geweſen, ihm öfters ein
ſolches Weibsbild erſchienen, ſo ihm gleich-
ſam die Wangen ſtreichelte, und deren Hand
ſchön geweſen wäre; die Geiſter der Engel
ſagten mir, daß ſolche Weibsbilder von den
Alten öfters geſehen, und daher von ihnen
Pallades genennet worden, und daß ſie ihm
von denjenigen Geiſtern erſchienen ſey, die,
da ſie als Menſchen zu alten Zeiten gelebt,
ohne Philoſophie ſich an Jdeen ergötzt, und
den Gedanken nachgehängt haben, und weil
ſolche Geiſter bey ihm waren, und ein Ver-
gnügen an ihm hatten, weil er von dem Jn-
nern heraus ſeine Gedanken batte, ſo haben
ſie ihm im Bild eine ſolche Frau vorgeſtellt.
Zuletzt entdeckte er mir, was er für eine Jdee
von der Seele oder dem Geiſt des Menſchen
gehabt hatte, welchen er Pneuma nennte, daß
es nemlich etwas lebendiges wäre, daß man
nicht ſehen könnte, wie etwas Luft, er ſagte
auch, daß er gewußt habe, daß ſein Geiſt nach
dem Tode leben werde, weil es ſein innerliches
Weſen wäre, welches nicht ſterben kann, weil
es denken kann; und daß es überdiß davon
nicht deutlich, ſondern nur undeutlich habe
denken können, weil es anderswoher keine
Erkenntniß auſſer von ſich, und ein wenig
aus den Alten, davon hatte. Ueberdas iſt
Sw. Sch.III.Th. HAriſto-
[114]Von dem Planeten
Ariſtoteles in dem andern Leben unter den
klugen Geiſtern, und viele von ſeinen Nach-
folgern unter den thörichten.
Jch ſahe einsmals, daß Geiſter von unſe-
rer Erde, bey den Geiſiern des Mercurs wa-
ren, und ich hörte ſie untereinander reden; dar-
auf fragten die Geiſter von unſerer Erde un-
ter andern, an wen ſie glaubeten? ſie ant-
worteten: ſie glauben an GOtt. Als ſie aber
weiter von GOtt fragten, an den ſie glaubten,
wollten ſie es nicht ſagen, weil es ihre Ge-
wohnheit iſt, nicht gerade auf die Fragen zu
antworten. Die Geiſter aber aus dem Mer-
cur fragten hinwiederum die Geiſter unſerer
Erde an wen ſie glaubten? ſie ſagten, an
GOtt den HErrn; darauf ſagten die Geiſter
des Mercurs: ſie merken, daß ſie an keinen
GOtt glauben, und daß ſie im Gebrauch ha-
ben, mit dem Munde zu ſagen, daß ſie glau-
ben, und glauben doch nicht. (Die Geiſter
des Mercurs haben ein ſehr ſeines Gemerk
daher, weil ſie immer vermittelſt der Empſin-
dung erforſchen, was andere wiſſen) Es wa-
ren Geiſter unſerer Erde unter ihnen, welche
ſich in der Welt zum Glauben nach der Lehre
der Kirche bekannt, aber doch nicht nach dem
Glauben gelebt haben; und wer kein Leben
des Glaubens führet, der hat in dem andern
Leben keinen Glauben, weil er nicht in dem
Menſchen iſt. Als ſie dieſes höreten, ver-
ſtummten ſie, weil ſie aus der ihnen alsdann
gege-
[115]Mercur ꝛc.
gegebenen Erfahrung (apperceptione) erkann-
ten, daß dem alſo ſey.
Etliche Geiſter aus dem Himmel wußten
es, daß den Geiſtern des Mercurs einmal ver-
heiſſen geweſen, den HErrn zu ſehen; deswe-
gen wurden ſie von den Geiſtern, die um mich
waren, befragt, ob ſie ſich dieſer Verheiſung
erinnerten? ſie antworteten, ja in allweg, ſie
wüßten aber nicht, ob es ihnen ſo verſpro-
chen ſey, daß man nicht daran zweiflen dür-
fe. Als ſie unter ſich ſo redeten, erſchien ih-
nen die Sonne des Himmels, (die Sonne des
Himmels, welche der HErr iſt, ſehen keine
andere, als diejenigen, welche in dem inner-
ſten oder dritten Himmel ſind, die übrigen ſe-
hen nur das Licht von daher.) Da ſie die
Sonne ſahen, ſagten ſie, dieſes ſey nicht GOtt
der HErr, weil ſie ſein Angeſicht nicht ſahen.
Unterdeſſen aber redeten die Geiſter unter-
einander, was ſie aber redeten, hörte ich nicht.
Plötzlich aber ließ ſich darauf die Sonne wie-
der ſehen, und in ihrer Mitte der HErr mit
eiuem Sonnenkreis umgeben, da dieſes die
Geiſter des Mercurs ſahen, demüthigten ſie
ſich ſehr tief, und lieſſen ſich nieder. Dar-
auf wurde auch der HErr aus jener Son-
ne von den Geiſtern dieſer Erde geſehen, wel-
che, da ſie Menſchen waren, Jhn ſelbſt in
der Welt geſehen haben, aus welchen einer
nach dem andern und ſo in der Ordnung
H 2viele
[116]Von dem Planeten
viele bekannten, daß es der HErr ſelbſt ſey, und
dieſes haben ſie vor der ganzen Verſammlung
eingeſtanden. Die Geiſter des Planeten Ju-
piters ſahen endlich auch den HErrn aus der
Sonne, welche mit deutlicher Stimme ſag-
ten: Er ſeye es ſelbſt, den ſie auf ihrer Erde,
da ihnen der GOtt des Weltalls erſchienen,
geſehen hatten.
Einige wurden, nachdem ſie den HErrn
geſehen, gegen vornen zu zur Rechten geführt,
und da ſie fortgiengen, ſagten ſie, ſie ſähen
ein weit helleres und reineres Licht, als ſie
niemalen vorhero geſehen, und man könne
kein gröſſeres Licht nirgends ſehen; und als-
dann war es hier die Zeit des Abends, wel-
ches mehrere ſagten. Es iſt zu wiſſen, daß
die Sonne der Welt, auch nichts von Licht
aus ihr, gar keinem Geiſt erſcheinet; das
Licht dieſer Sonne iſt den Geiſtern und En-
geln wie eine dicke Finſterniß, dieſe Sonne
bleibt allein den Geiſtern aus der Erfahrung,
da ſie, als ſie in der Welt waren, dieſelbe ſahen
im Gemüth, und präſentirt ſich ihnen in der
Jdee, wie etwas finſteres, und zwar von
hinten in einer weiten Entfernung ein wenig
über die Fläche des Haupts erhaben. Die
Planeten, welche innerhalb dieſer Sonnen-
welt ſind, erſcheinen nach einer gewiſſen Lage
gegen die Sonne: der Mercur von hinten
ein wenig zur Rechten, der Planet Venus
zur
[117]Mercur ꝛc
zur Linken ein wenig ruckwärts, der Mars
zur Linken vorwärts, aber nach einer gröſ-
ſern Entfernung, der Planet Saturn ganz
vornen in einer ſehr weiten Entfernung, der
Mond zur Linken ziemlich hoch, die Traban-
ten auch zur Linken, im Verhältniß gegen ih-
ren Planeten. So iſt die Lage jener Plane-
ten in den Jdeen der Geiſter und Engel: und
auch die Geiſter erſcheinen neben ihrem Pla-
neten auſſerhalb demſelben. Was aber die
Geiſter des Mercurs insbeſondere anbelangt,
ſo erſcheinen ſie nach keiner gewiſſen Gegend,
noch in einer gewiſſen Entfernung, ſondern
ſie erſcheinen bald vorwärts, bald zur Linken,
und bald ein wenig hinterwärts; die Urſach
iſt, weil ſie durch die ganze Welt gehen dür-
fen, um ſich Kenntniſſe zu verſchaffen. Die
Geiſter des Mercurs erſchienen mir einsmals
zur Linken in einer Kugel, und alsdann in
einem Umfang, (volumine) der ſich in die
Länge erſtreckte. Jch verwunderte mich, wo
ſie hin wollten, ob ſie zu dieſer Erde oder an-
derwärts wollten, und ich nahm bald wahr,
daß ſie ſich zur Rechten wendeten, und ſich
im Umwenden der Erde oder dem Planeten
Venus näherten, zu ihrer vordern Gegend.
Als ſie aber dahin kamen, ſagten ſie, ſie möch-
ten nicht da bleiben, weil ſie hier böſe ſeyen;
deswegen wendeten ſie ſich gegen dem hintern
Theil dieſer Erde um, und ſagten darauf,
ſie wollten da bleiben, weil die Leute, die da
H 3ſeyen,
[118]Von dem Planeten
ſeyen, gut ſind. Da dieſes geſchahe, ſpühr-
te ich in dem Hirn eine gewaltige Verände-
rung, und daher eine ſtarke Würkung Dar-
aus konnte ich ſchlieſſen, daß die Geiſter der
Venus, welche von jener Seite des Plane-
ten ſind, mit den Geiſtern des Mercurs über-
einſtimmten, und daß ſie ſich bezögen auf das
Gedächtniß der immateriellen Sachen als
übereinſtimmend mit dem Gedächtniß imma-
terieller Dinge, welches die Geiſter des Mer-
curs haben, deswegen wurde (in mir) eine
gröſſere Würkung von ihnen empfunden, als
ſie da waren.
Jch verlangte zu wiſſen, wie die Men-
ſchen auf der Erde des Mercurs ausſehen,
und wie ihr Leib geſtaltet, ob ſie den Men-
ſchen unſerer Erde gleich ſeyen? Darauf
ſtellte ſich vor meine Augen eine Frau, die
denjenigen auf unſerer Erde ganz gleich war,
ſie war ſchön von Angeſicht, aber kleiner als
dic Frauen auf unſerer Erde, ſie war auch
rahner von Leib, aber von gleicher Höhe,
auf dem Kopf war ſie mit Leinwand, zwar
nicht nach der Kunſt, aber doch anſtändig be-
kleidet. Es präſentirte ſich mir auch ein
Mann, welcher auch rahner von Leib war,
als die Männer auf unſerer Erde ſind; die-
ſer hatte ein dunkelblaues, dem Leib geſchmei-
dig angemeſſenes Kleid an ohne Falten, und
ohne daß etwas hervor ſtach; man ſagte mir,
daß
[119]Mercur ꝛc.
daß die Menſchen dieſes Planeten eine ſolche
Leibesgeſtalt und Tracht hätten. Jch bekam
auch hernach ihre Kühe und Ochſen zu ſehen,
die zwar nicht ſehr von denen auf unſerer
Erde unterſchieden, aber doch kleiner waren,
und einigermaſſen den Hündinnen und Hir-
ſchen gleichen. Jch fragte ſie auch wegen
der Sonne der Welt, wie ſie aus ihrer Er-
de anzuſehen? ſie ſagte, ſie erſcheine groß,
und gröſſer als aus anderen Erden; dieſes
wiſſen ſie, ſagten ſie, aus der Jdee anderer
Geiſter von der Sonne. Weiter ſagten ſie,
daß ſie eine mittelmäßige Witterung hätten,
nicht zu heiß und nicht zu kalt, GOtt habe,
ſagten ſie noch ferner, ſo für ſie geſorgt, daß
ſie keine allzugroſſe Hitze, weil ihre Erde der
Sonne näher, als andere wäre, hätten, die-
weil die Hitze nicht aus der Nähe der Son-
ne kommt, ſondern von der Höhe und Dicke
des Dunſt- und Luftkreiſes, wie es aus der
Kälte auf den hohen Bergen, auch in den
heiſſeſten Climaten erhellet, ferner, daß auch
die Hitze nach dem geraden oder ſchiefen Auf-
fallen der Sonnenſtrahlen unterſchieden ſey,
wie man es aus den Zeiten des Winters und
Sommers in einem jeden Land ſehen kann.
Dieſes iſt, was mir von den Geiſtern und
Einwohnern der Erde des Mercurs zu wiſ-
ſen gegeben worden iſt.
H 4Von
[120]Von dem Planeten
Von dem Planeten Jupiter und
ſeinen Geiſtern und Einwohnern.
Mit den Engeln und Geiſtern des Plane-
ten Jupiters, habe ich einen längern
Umgang, als mit den Geiſtern und Engeln
der übrigen Planeten haben dürfen, deswe-
gen ich von dem Zuſtand ihres Lebens und
der Einwohner dieſes Planeten, vieles erzeh-
len kann. Daß die Geiſter von daher gewe-
ſen, erhellte aus vielen Dingen, es wurde
mir auch aus dem Himmel geſagt. Die Er-
de ſelbſt oder der Planet Jupiter erſcheint
zwar den Geiſtern und Engeln nicht, denn
nirgends läßt ſich einigen daſelbſt eine Erde
ſehen, ſondern nur Geiſter und Engel, die
daher ſind, erſcheinen. Diejenigen, die aus
dem Planeten Jupiter ſind, erſcheinen vor-
wärts zur Linken, in einiger Entfernung,
und ſo beſtändig. Die Geiſter einer jeden
Erde ſind neben ihrer Erde, aus der Urſache,
weil ſie dieſelbe bewohnt haben, (denn ein
jeder Menſch wird nach dem Tode ein Geiſt)
und weil ſie demnach von gleicher Gemüths-
art ſind, und bey den Einwohnern ſeyn, und
ihnen dienen können. Sie erzehlten, daß
in derjenigen Gegend der Erde, wo ſie gelebt
haben, ſo lange ſie in der Welt waren, eine
groſſe Menge Menſchen wäre, ſo viel als die
Erde ernähren könnte, daß ſie fruchtbar ſey,
und
[121]Jupiter.
und an allem einen Ueberfluß habe, und daß
ſie daſelbſt nicht mehr, als ſoviel zu den Be-
dürfniſſen des Lebens erfordert wird, begeh-
ren, und daß ſie das, was nicht zu den Noth-
wendigkeiten gehöret, auch nicht für nützlich
halten, und daß daher die Menge der Men-
ſchen ſo groß ſey. Sie ſagten, daß ihre
größte Sorge die Erziehung der Kinder wä-
re, und daß ſie dieſelben aufs zärtlichſte lieb-
ten. Sie erzehlten ferner, daß ſie daſelbſten
in Völker, Familien und Häuſer zertheilt
ſeyen, und daß alle beſonders mit den Jhri-
gen wohnen, und daß ſie daher nur mit den
nächſten Verwandten einen Umgang haben;
ferner, daß niemand jemalen nach des an-
dern Güter trachte, ja daß es keinem in den
Sinn komme, von des andern Gütern et-
was zu erlangen, weniger etwas durch Kunſt-
griffe an ſich zu ziehen, am wenigſten aber
es anzufallen und wegzunehmen, dieſes hal-
ten ſie für eine ſchröckliche, und wider die
menſchliche Natur lauffende That. Da ich
ihnen ſagen wollte, daß es auf unſerer Er-
de Kriege, Raubereyen und Todſchläge gebe,
wandten ſie ſich weg, und verabſcheueten es
auch nur anzuhören. Daß die allerälteſten
auf dieſer Erde eben ſo ihre Wohnungen ge-
habt haben, iſt mir von den Engeln geſagt
worden, daß ſie nämlich in Völker, Fami-
lien und Häuſer zertheilt, und alle mit ih-
rem Gut zufrieden geweſen ſeyen, auch daß
H 5es
[122]Von dem Planeten
es etwas ganz unbekanntes geweſen ſey, ſich
von anderer ihren Gütern zu bereichern, wie
auch aus Eigenliebe zu herrſchen, und daß
daher die alte Zeiten, und inſonderheit die
älteſten, dem HErrn vor den nachfolgenden
angenehm geweſen ſeyen, und daß auch da-
zumal, weil es ein ſolcher Zuſtand war, die
Unſchuld und mit ihr die Weisheit geherrſcht
habe, daß alsdann ein jeder das Gute, weil
es gut, und das was recht, weil es recht, ge-
than habe, daß ſie nicht gewußt haben, was
da ſey, das Gute und Recht um ihrer Ehre
oder Gewinnſts willen zu thun, auch daß ſie
dazumal nichts als die Wahrheit geredt ha-
ben, und dieſes nicht ſowohl deswegen, weil
es wahr, als vielmehr weil es gut, d. i. nicht
aus einem bloſen Verſtand, ſondern aus ei-
nem freyen, mit dem Verſtändniß vereinig-
ten Willen (non ex intellectuali ſeparato,
ſed ex voluntario cum intellectuali conjuncto.)
So waren die alten Zeiten beſchaffen, des-
wegen konnten damals die Engel mit den
Menſchen converſiren, und ihre Gemüther
(mentes) die von cörperlichen Dingen beyna-
he abgeſchieden waren, in den Himmel erhe-
ben, ja, ſie daſelbſt herum führen, und ihnen
das Prächtige allda und die Glückſeeligkeiten
zeigen, wie auch ihr Glück und Wonne mit
ihnen theilen. Dieſe Zeiten waren auch den
alten Schriftſiellern bekannt, und wurden
von
[123]Jupiter.
von ihnen die goldene und auch die ſaturni-
ſche Zeiten genannt. Die Urſach, daß dieſe
Zeiten ſo beſchaffen waren, war, wie bereits
geſagt worden, dieſe, daß ſie in Völker, und
die Völker in Familien, und die Familien in
Häuſer unterſchieden waren, und ein jedes
Haus für ſich gewohnt hat; und daß es da-
mals keinem in den Sinn gekommen, nach
des andern ſeinem Erbe zu ſiehen, und ſich
daraus Reichthum und Herrſchaft zu erwer-
ben. Die Eigenliebe und die Liebe zur Welt,
waren damals weit entfernt, ein jeder freute
ſich über das ſeinige und nicht weniger über
des andern ſein Gut. Dieſe Scene aber hat
ſich in der Folge der Zeit geändert, und in
das Gegentheil verwandelt, da die Begierde
zu herrſchen und vieles zu beſitzen in die Ge-
müther eingedrungen, alsdann vereinigte ſich
das menſchliche Geſchlecht um ſeiner Sicher-
heit willen, in Reiche und Herrſchaften, und
weil die Geſetze der Liebe und des Gewiſſens,
welche in die Herzen geſchrieben waren, auf-
gehört haben, ſo war es nöthig, um die Ge-
waltthätigkeiten zu bezähmen, Geſetze zu ge-
ben, in welchen Ehre und Gewinn die Be-
lohnungen, und die Beraubungen deſſelben die
Strafen waren. Da ſich der Zuſtand ſo ge-
ändert, wandte ſich der Himmel ſelbſt von
den Menſchen ab, und das je länger je mehr
bis auf dieſe Zeiten, da man nimmer weiß,
ob ein Himmel oder eine Hölle ſey, ja von ei-
nigen
[124]Von dem Planeten
nigen geläugnet wird, daß es dergleichen ge-
be. Dieſes wird geſagt, damit durch eine
Parallelſtelle erläutert werde, wie der Zu-
ſtand derer, die in dem Planeten Jupiter
ſind, beſchaffen, und woher ihre Frömmig-
keit und Weisheit komme, davon ich im fol-
gendem mehrers ſagen will.
Durch einen langen Umgang mit den Gei-
ſtern des Jupiters erkannte ich, daß ſie fröm-
mer als die Geiſter vieler anderen Erden wa-
ren. Jhr Anfall, als ſie ankamen, wovon
alsdann ein Aufenthalt und Einfluß ent-
ſtund, war ſo gelind und angenehm, daß ich
es nicht ausdrucken kann. Die Beſchaffen-
heit eines jedweden Geiſtes zeigt ſich in dem
andern Leben durch den Einfluß, der eine
Mittheilung ſeiner Rührungen (affectionis)
iſt, die Frömmigkeit offenbart ſich durch das
Angenehme und Sanfte; durch das Sanfte,
weil er ſich fürchtet zu ſchaden, und durch das
Angenehme, weil er gern Gutes thut; das
Sanfte und Angenehme des Einfluſſes der
guten Geiſter von unſerer Erde habe ich von
jener ihrem ſehr deutlich unterſcheiden kön-
nen. Sie ſagten, wann eine geringe Zwi-
ſtigkeit unter ihnen vorkomme, daß ſich wie
ein dünner weiſſer Strahl, wie bey einem
Blitz, oder wie ein Bündlein (faſciola) wor-
inn ſchimmernde und herumirrende Sterne
ſind, ſehen laſſe, ſie geben ſich aber bald wie-
der
[125]Jupiter.
der zufrieden: die glänzende und zugleich her-
umirrende Sterne bedeuten das Falſche, aber
die ſchimmernde und immer an einem Ort ſte-
hende Sterne das Wahre. Alſo bedeuten je-
ne (die irrende) Zwiſtigkeit. Die Anweſen-
heit der Jovialiſchen Geiſter habe ich nicht
nur aus ihrem gelinden und ſanften An-
wandlen und Einfluß erkennen können, ſon-
dern auch daraus, weil ſie meiſtens ihren Ein-
fluß in das Geſicht hatten, und es freudig
und lächlend machten, und dieſes beſtändig,
ſo lang ſie da waren; ſie ſagten, daß ſie es
mit den Angeſichtern ihrer Einwohner, wann
ſie zu ihnen kommen, eben ſo machen, und
ihnen alſo die Ruhe und Wonne des Herzens
einflöſen wollen; dieſe Ruhe und Wonne,
welche ſie mir einflößten, erfüllte merklich
die Bruſt und das Herz; die Begierden und
die Sorgen wegen des Zukünftigen entfer-
ten ſich alsdann, als welche Unruhe und Un-
luſt mit ſich bringen, und in dem Gemüth
allerley Bewegungen verurſachen. Daher
konnte ich erkennen, was es für eine Be-
ſchaffenheit mit dem Leben der Einwohner auf
der Erde des Jupiters hat, denn aus den Gei-
ſtern kann man die Art der Einwohner erken-
nen, denn einem jeden hangt ſeine Lebensart
von der Welt an, und er lebt auch ſo fort,
wenn er ein Geiſt wird. Jch nahm wahr,
daß ſie in einem noch innereren Zuſtand der
Seligkeit oder Glückſeligkeit waren, dadurch
nahm
[126]Von dem Planeten
nahm ich ab, daß ihr Jnneres gegen den Him-
mel nicht verſchloſſen, ſondern noch eröffnet
war; denn je offener das Jnnere gegen dem
Himmel iſt, deſto eher nimmt es das Gute von
GOtt und damit die Seligkeit und innere
Glückſeligkeit an, ganz anders iſt es bey de-
nenjenigen, die nicht in der Ordnung des Him-
mels leben, dieſen iſt das Jnnere verſchloſ-
ſen, und das Aeuſſere zur Welt aufgethan.
Was für ein Angeſicht die Einwohner des
Jupiters haben, wurde mir auch gezeigt, nicht
daß ich die Einwohner ſelbſt geſehen, ſondern
nur die Geiſter in ähnlicher Geſtalt, die ſie
hatten, als ſie auf ihrer Erde waren: Ehe ich
aber dieſes habe ſehen dürfen, erſchien mir ei-
ner von ihren Engeln hinter einer weiſſen
Wolke, der mir Erlaubniß darzu gab. Dar-
auf zeigten ſich mir zwey Angeſichter, ſie wa-
ten wie die Angeſichter unſerer Erde, weiß
und ſchön, es leuchtete aus ihnen die Auf-
richtigkeit und Beſcheidenheit heraus. Da
die Geiſter des Jupiters bey mir waren, ſchie-
nen mir die Angeſichter der Menſchen auf
unſerer Erde kleiner als ſonſt zu ſeyn, wel-
ches daher kommt, weil aus denſelben Gei-
ſtern die Jdee in mir entſtand, welche ſie von
ihren Angeſichtern hatten, daß ſie gröſſer wä-
ren: denn ſie glauben, daß, wenn ſie als Men-
ſchen auf ihrer Erde leben, nach dem Tod ihre
Angeſichter gröſſer, und der Geſtalt nach rund
ſeyn
[127]Jupiter.
ſeyn würden, und weil ſich dieſe Jdee ihnen
eingedrückt hat, ſo bleibt ſie ihnen auch daher,
und ſie erſcheinen ſich, wann ſie Geiſter wer-
den, in gröſſeren Angeſichtern. Daß ſie
glauben, ihre Angeſichte werden gröſſer, kommt
daher, weil ſie ſagen, ihr Angeſicht ſey kein
Cörper, weil ſie dadurch ſehen, hören, reden
und Gedanken vorſtellen, und weil auch das
Gemüth (mens) dadurch ſichtlich wird, des-
wegen haben ſie eine Jdee von dem Angeſicht,
wie von dem geſtalteten Gemüth; und weil
ſie wiſſen, daß ſie nach dem Leben in der Welt
weiſer werden, ſo glauben ſie, daß ihre Ge-
müthsform oder ihr Angeſicht gröſſer werde.
Sie glauben auch, daß ſie nach dem Tod ein
Feuer bekommen werden, das ihre Angeſichte
erwärmen würde, dis leiten ſie daher, weil
die Klügere unter ihnen wiſſen, daß das Feuer
in dem geiſtlichen Sinn die Liebe bedeute,
und daß die Liebe das Feuer des Lebens ſey,
und daß aus dieſem Feuer die Engel ihr Le-
ben haben; diejenigen unter ihnen, welche
in himmliſcher Liebe gelebt haben, werden auch
ihres Wunſches gewähret, und ſpühren, daß
ihr Angeſicht warm wird, und alsdann wird
das Jnnere ihres Gemüths von Liebe entzün-
det. Eben deswegen waſchen und reinigen
die Einwohner derſelben Erde ihr Angeſicht
oft, und bewahren es ſorgfältig vor der Son-
nenhitze; ſie haben einen Anzug, der aus ei-
ner blaulichten Rinde gemacht iſt, damit um-
geben
[128]Von dem Planeten
geben ſie das Haupt, und bedecken ſo das An-
geſicht. Von den Angeſichtern der Menſchen
auf unſerer Erde, die ſie durch meine Augen
geſehen, ſagten ſie, ſie wären nicht ſchön, und
ihre Schönheit beſtünde in der äuſſeren Haut,
nicht aber in den Faſern von innen; ſie
wunderten ſich, daß einiger ihre Angeſichter
rauh und blattermäßig, oder auf eine andere
Art verſtellt waren, und ſagten, daß man bey
ihnen dergleichen nicht finde; doch gefielen
ihnen auch einige Angeſichter, nemlich die frö-
lichen und lächelnden, und die, welche um die
Lippen ein wenig heraus giengen. Daß ih-
nen die Angeſichter, die um die Lippen her-
aus giengen, gefielen, kam daher, weil ſie mei-
ſtens durch das Angeſicht reden, und haupt-
ſächlich durch deſſen Gegend um die Lippen,
und weil ſie ſich niemals verſtellen, d. i. an-
derſt reden, als ſie denken, deswegen thun ſie
ihrem Angeſicht keinen Zwang an, ſondern
laſſen es frey heraus; anderſt iſt es bey de-
nenjenigen, die von Kindheit an die Verſtel-
lung gelernt haben, deren Angeſicht zieht ſich
daher von innen zuſammen, daß man nichts
vom Gedanken daraus ſehen kann; von auſ-
ſen läßt man auch nichts heraus kommen,
ſondern man hält es parat, ſich heraus zu laſ-
ſen oder zuſammen zu ziehen, wie es die Ver-
ſchlagenheit anräth. Wenn man die Zaſern der
Lippen und deſſen, was um ſie herum iſt, an-
ſchauet, kann man die Wahrheit ſehen: denn
es
[129]Jupiter.
es ſind daſelbſt vielerley Reihen zuſammen
geflochten, und dick aufeinander, welche nicht
allen zum Eſſen und zur Sprache durch Wör-
ter, ſondern auch die Jdeen des Gemüths
auszudrucken, geſchaffen ſind.
Es wurde mir auch gezeigt, wie ſich die
Gedanken durch das Geſicht präſentiren; die
Neigungen, welche die Liebe detreffen, offen-
baren ſich durch das Geſicht und deſſen Ver-
änderungen, und die Gedanken in ihnen durch
die Verſchiedenheiten nach den Geſtalten des
Jnnern daſelbſt, weiter kann man es nicht
beſchreiben.
Die Einwohner des Jupiters haben auch
eine Wörterſprache, die aber nicht ſo ſchal-
lend iſt, wie bey uns. Eine Sprache (Lo-
quela) hilft der andern, und der Wörterſpra-
che (Loquelæ vocum) wird ein Leben eingeflö-
ſet durch die Sprache des Angeſichts. Jch
wurde von den Engeln belehret, daß die aller-
erſte Sprache auf einer jeden Erde, die Spra-
che durch das Angeſicht geweſen, und das
aus zweyen urſprünglichen Quellen daſelbſt,
nemlich aus den Lippen und den Augen; die
Urſache, daß dergleichen Sprache die erſte ge-
weſen iſt, weil das Angeſicht, dasjenige, was
der Menſch denkt und was er will, abzubil-
den, geſtaltet iſt, daher iſt auch das Angeſicht
das Bild und der Zeiger des Gemüths ge-
Sw. Sch.III.Th. Jnannt
[130]Von dem Planeten
nanut worden; ferner, weil in den älteſten
oder erſten Zeiten alles aufrichtig geweſen,
und der Menſch nicht anders gedacht hat,
oder hat denken wollen, als was er haben woll-
te, daß man es aus ſeinem Angeſicht ſehe;
alſo konnten auch die Neigungen des Ge-
müths, und daher die Gedanken lebhaft und
vollkommen vorgeſtellt werden, ſo präſentirte
ſichs auch nach dem Aug, wie in einer Ge-
ſtalt (forma) ſehr vieles zugleich. Dieſe
Sprache übertraf um ſo viel die Wörterſpra-
che, als das Geſicht das Gehör: nemlich wie
ein Unterſchied iſt, ein Feld ſehen, oder nur
davon hören, und faſſen, wann es durch Wör-
ter beſchrieben iſt. Sie ſetzten hinzu, daß
dergleichen Sprache mit der Sprache der En-
gel überein käme, mit welchen die Menſchen
zu denſelbigen Zeiten auch Gemeinſchaft hat-
ten: wann auch das Angeſicht redet, oder das
Gemüth durch das Angeſicht, ſo iſt die Spra-
che der Engel bey dem Menſchen in der letz-
ten natürlichen Geſtalt, nicht aber wann der
Mund durch Stimmen redet. Es kann auch
ein jeder begreiffen, daß die Wörterſprache
den Aelteſten nicht habe bekannt ſeyn kön-
nen, weil die Wörter der Sprache nicht un-
mittelbar eingegeben ſind, ſondern erſt muß-
ten ausgefunden und denen Sachen beygelegt
werden, welches nur durch die Folge der Zeit
geſchehen konnte. So lang Aufrichtigkeit
und Geradheit bey dem Menſchen war, ſo
lang
[131]Jupiter.
lang blieb auch dergleichen Sprache; ſo bald
aber der Sinn (mens) anderſt zu denken und
anderſt zu reden anfieng, welches ſich zuge-
tragen, da der Menſch ſich und nicht ſeinen
Nächſten zu lieben anfieng, ſo bald hat auch
die Wörterſprache zugenommen, und das An-
geſicht hat geſchwiegen oder gelogen: daher
hat ſich die innere Geſtalt des Angeſichts ver-
ändert, ſich zu ſammen gezogen, verhärtet und
angefangen, faſt das Leben zu verliehren,
aber die äuſſerliche hat angefangen, von dem
Feuer der Eigenliebe entflammt zu werden,
und (auf ſolche unächte Art) als lebendig vor
den Augen der Menſchen zu ſcheinen. Denn
das, was als des Lebens manglend allda ſich
einfindet, erſcheint nicht vor den Augen der
Menſchen, ſondern vor den Augen der En-
gel, weil dieſe das Jnnere erblicken. So
ſind die Angeſichter derjenigen beſchaffen, die
anderſt denken und anderſt reden: denn die
Verſtellung, Heucheley, Liſt und Betrug,
welches die heutige Klugheit iſt, führen ſol-
ches ein. Die Sache verhält ſich aber in
dem andern Leben ganz anders, daſelbſt darf
man nicht anders reden und anderſt denken:
denn man empfindet auch daſelbſt deutlich in
einem jeden Wort, daß es nicht mit einander
übereinſtimme, und wenn man es merkt, ſo
ſtößt man einen ſolchen Geiſt, in welchem
dergleichen Falſchheit iſt, aus der Geſellſchaft,
und beſtraft ihn, hernach wird er auf man-
J 2cherley
[132]Von dem Planeten
cherley Weiſe dahin gebracht, daß er redet,
wie er denkt, und daß er denkt, wie er will,
bis ſein Gemüth (mens) Eines, und nicht
mehr getheilt iſt; wenn er nemlich ſo gut iſt,
daß er das Gute will, und die Wahrheit aus
dem Guten denkt und redet; und wenn er ſo bö-
ſe iſt, daß er das Böſe will, und das Falſche aus
dem Böſen denkt und redet; der Gute wird
nicht eher in den Himmel erhaben, und der Böſe
wird auch nicht eher in die Hölle geworfen,
und dieſes geſchiehet zu dem Ende, daß in der
Hölle nichts als Böſes und Falſches aus dem
Böſen, und in dem Himmel nichts als Gu-
tes und Wahrheit aus dem Guten ſey.
Jch bin ferner von den Geiſtern, die aus jener
Erde waren, von unterſchiedenen Dingen,
die ſich bey den Einwohnern daſelbſt finden,
unterrichtet worden, als von ihrem Gang, von
ihren Speiſen und Wohnungen. Was ih-
ren Gang anbetrift, ſo gehen ſie nicht auf-
recht, wie die Einwohner dieſer Erde, und
vieler andern Erden, ſie kriechen auch nicht
wie die Thiere, ſondern wenn ſie gehen hel-
fen ſie ſich mit den flachen Händen, und he-
ben ſie nach einander zur Helfte über die Füſ-
ſe in der Höhe, ſie ſehen auch im Gehen alle
drey Schritte hinter ſich und zur Seiten, und
biegen alsdann den Leib ein wenig, welches
ſchnell geſchiehet, denn bey ihnen iſt es ein
Uebelſtand, wenn man von andern anderſt
als
[133]Jupiter.
als vom Angeſicht geſehen wird. Wann ſie
ſo gehen, halten ſie das Geſicht immer auf-
recht, wie bey uns, daß ſie ſo auch den Him-
mel anſchauen, wenn ſie die Erde anſehen;
ſie hängen es nicht gegen die Erde, dieſes hei-
ſen ſie verdammt; die geringſten bey ihnen
machen es alſo, wann ſie ſich nicht angewöh-
nen, das Angeſicht in die Höhe zu heben, ſo
werden ſie aus ihrer Geſellſchaft ausgeſtoſſen.
Wenn ſie aber ſitzen, ſo präſentiren ſie ſich
wie die Menſchen auf unſerer Erde, nach dem
obern Theil des Leibes aufrecht, nach den Füſ-
ſen aber ſitzen ſie kreutzweis; ſie hüten ſich
ſehr, nicht allein wenn ſie gehen, ſondern auch
wenn ſie ſitzen, daß man ſie nicht von hin-
ten, ſondern nur von vornen ſehe, ſie ha-
ben es auch gern, daß man ihre Angeſichter
ſieht, weil daraus ihr Gemüth zu erſehen iſt,
denn ſie zeigen kein anderes Angeſicht, als ihr
Gemüth iſt, können es auch nicht anderſt;
die Anweſenden wiſſen es auch daher deut-
lich, wie ſie gegen ſie geſinnt ſeyen, welches
ſie auch nicht verbergen, abſonderlich ob die
Freundſchaft, die ſie blicken laſſen, aus Auf-
richtigkeit oder aus Zwang herrühre. Die-
ſes zeigten mir ihre Geiſter, und ihre Engel
beſtätigten es, deswegen ſcheinen auch ihre
Geiſter nicht wie die andere aufrecht zu ge-
hen, ſondern ſchier wie die Schwimmer, dem
Gang mit den Händen zu helfen, und ſich öf-
ters umzuſehen.
J 3Die-
[134]Von dem Planeten
Diejenigen, welche in ihren warmen Erd-
ſtrichen leben, gehen nacket, doch haben ſie ei-
ne Decke über die Lenden, ſie ſchämen ſich nicht
ihrer Blöſe, denn ihr Sinn iſt keuſch, ſie lie-
ben nur ihre Weiber, und verabſcheuen den
Ehebruch. Sie wunderten ſich ſehr, daß die
Geiſter unſerer Erde, da ſie höreten, daß ſie
ſo gehen und auch nackend ſeyen, ſie aus-
lachten, und geile Gedanken hätten, und daß
ſie gar nicht auf ihr himmliſches Leben, ſon-
dern nur auf dergleichen Dinge aufmerkſam
geweſen ſeyen; ſie ſagten, dieſes ſey ein Zei-
chen, daß ſie ſich um das Leibliche und Jrdi-
ſche mehr bekümmern, als um das Himmli-
ſche, und daß unanſtändige Dinge ihre Her-
zen einnehmen. Es wurde ihnen geſagt, daß
die Blöſe keine Schande noch Aergerniß de-
nen ſey, welche in der Keuſchheit und in dem
Stand der Unſchuld leben, ſondern nur de-
nen, welche in Geilheit und Unzucht leben.
Wenn die Einwohner jener Erde im Bett
liegen, ſo kehren ſie ihr Angeſicht vorwärts
gegen dem Zimmer, nicht aber hinterwärts
gegen der Wand zu. Dieſes erzehlten mir
ihre Geiſter, und führter. zur Urſache an, daß
ſie glauben, ſie kehren das Angeſicht ſo gegen
den HErrn, kehren ſie es aber hinterwärts, ſo
wendeten ſie es von Jhm ab. Dergleichen
wiederfuhr mir etlichemal, da ich in dem Bett
war,
[135]Jupiter.
war, woher es aber komme, hatte ich vorher
nicht gewußt.
Sie eſſen gern lang, nicht ſowohl aus
Vergnügen an der Speiſe, als vielmehr am
Geſpräch zur ſelbigen Zeit. Wenn ſie an
dem Tiſch fitzen, ſo ſitzen ſie nicht auf Seſ-
ſeln oder Bänken, oder erhöheten Strohbet-
ten, auch nicht auf dem Gras, ſondern auf
den Blättern eines gewiſſen Baums, ſie woll-
ten mir nicht ſagen, von was für einen Baum
die Blätter waren, da ich aber viele rieth
und nennete, geſtunden ſie mirs endlich, da
ich die Blätter des Feigenbaums nannte. Ue-
berdieß ſagten ſie, daß ſie die Speiſen nicht
nach dem Geſchmack, ſondern vornemlich
nach dem Nutzen zurichten, ſie ſagten, daß
eine nützliche Speiſe ihnen wohl ſchmecke.
Hievon ward die Rede unter den Geiſtern,
und der Ausſpruch geſchahe, daß dieſes einem
Menſchen gezieme, denn ſo liegt ihm am Her-
zen, daß eine geſunde Seele in einem geſun-
den Leib ſey, diß iſt anderſt, als bey denen,
bey welchen der Geſchmack herrſchet, daher
kränkelt der Leib, zum wenigſten iſt er inner-
lich ſchwach, folglich auch das Gemüth, (mens)
denn dieſes richtet ſich nach dem innern Zu-
ſtand der Theile, die das, was des Leibes iſt,
aufnehmen, ſo, wie das Geſicht und Gehör
ſich nach dem Zuſtand des Auges und des Oh-
res richtet; deswegen iſt es eine Thorheit,
J 4wenn
[136]Von den Planeten
wenn man die ganze Annehmlichkeit des Le-
bens in die Schwelgerey und Wolluſt ſetzt,
daher iſt man auch in ſolchen Dingen ſtumpf,
welche Nachdenken und Beurtheilung betref-
fen, und geſchickt in dem, was den Leib und
die Welt angehet. Hieraus entſteht die Aehn-
lichkeit eines Menſchen mit einem unver-
nünftigen Thier, mit welchem ſich auch ſolche
nicht uneben vergleichen.
Jhre Wohnungen ſind mir auch gezeigt wor-
den, ſie ſind niedrig von Holz, inwendig aber
mit Baſt, oder mit einer Rinde von weiß-
lecht himmelblauer Farbe ausgemacht, und
ganz herum und oben mit Sternlein, wie ſie
an den Himmel erſcheinen, ausgedüpfelt:
denn ſie wollen ihre Häuſer inwendig nach der
Gleichheit des ſichtbaren Himmels überziehen,
die Urſach iſt, weil ſie glauben, die Sterne ſeyen
die Wohnungen der Engel. Sie haben auch
Zelten, welche oben rund, und in die Länge
ausgedehnet, auch inwendig mit Sternlein
auf einem himmelblauen Boden ausgeziert
ſind. Jn dieſe begeben ſie ſich bey Tag, da-
mit ihre Angeſichter von der Sonnenhitze kei-
nen Schaden leiden. Sie ſind ſehr beſorgt,
dieſe ihre Zelter ſchön auszuzieren, und rein-
lich zu halten, ſie eſſen auch in denſelben.
Da die Geiſter des Jupiters die Pferde
dieſer Erde ſahen, kamen mir die Pferde klei-
ner
[137]Jupiter.
ner vor als ſonſt, ob ſie gleich ſtark und hoch
waren, dieſes kam aus der Jdee, die jene Gei-
ſter von den Pferden daſelbſt haben; ſie ſag-
ten, es gebe bey ihnen auch dergleichen, aber
viel gröſſere, ſie ſeyen wild oder halten ſich
in den Wäldern auf, und jagen ihnen, wenn
man ſie ſiehet, einen Schrecken ein, ob ſie
gleich keinen Schaden thun; ſie ſetzten noch
hinzu, daß ſie vor ihnen eine angebohrne oder
natürliche Furcht haben, daher bekam ich
Gelegenheit, der Urſache von dieſer Furcht
nachzudenken: Ein Pferd bedeutet in dem
geiſtlichen Sinn etwas intellectuelles, das
aus den wiſſenſchaftlichen Dingen gebildet
worden, und weil ſie das inrellectuelle durch
die Wiſſenſchaften aus der Welt auszubeſ-
ſern ſich ſcheuen, ſo kommt daher der Ein-
fluß der Furcht. Daß ſie die wiſſenſchaft-
lichen Dinge, welche die menſchliche Gelehr-
ſamkeit betreffen, nicht achten, wird man
im folgenden ſehen.
Die Geiſter jener Erde wollen nicht mit
den Geiſtern unſerer Erde in Geſellſchaft
ſeyn, weil ſie in den Gemüthern und Sit-
ten unterſchieden ſind: Sie ſagen, die Gei-
ſter unſerer Erde ſeyen liſtig, und fertig und
ſinnreich, Uebel anzuſtiften, wiſſen auch und
denken wenig an das Gute. Ueberdas ſind
die Geiſter des Jupiters viel weiſer als die
Geiſter unſerer Erde; von den unſrigen ſa-
J 5gen
[138]Von den Planeten
gen ſie auch, daß ſie viel reden und wenig
denken, und daß ſie alſo nicht viel und auch
nicht einmal was gut iſt, innerlich empfin-
den könnten: ſie ſchlieſſen daher, daß die
Menſchen unſerer Erde äuſſerliche Menſchen
ſind. Einsmals wurde auch den böſen Gei-
ſtern unſerer Erde zugelaſſen, durch ihre bö-
ſe Künſte zu agiren, und denen Geiſtern des
Jupiters, die bey mir waren, zuzuſetzen,
dieſe ſtunden es ſehr lange aus, endlich aber
bekannten ſie doch, daß ſie es nicht länger
ertragen könnten, und daß ſie glaubten, es
gebe keine ſchlimmere, denn ſie verkehrten
ihre Einbildung und Gedanken ſo, daß es
ſie bedünkte, als wenn ſie gleichſam gebun-
den wären, und nicht anders als durch gött-
liche Hülfe herausgeriſſen und errettet wer-
den könnten. Als ich in dem Wort (GOttes)
etwas von dem Leiden unſeres Heilandes ge-
leſen, ſo ſchmäheten die Europäiſche Geiſter
gräulich darwider, um die Geiſter des Jupi-
ters zu verführen. Man fragte ſie, wer ſie
wären, und was ſie in der Welt für ein Amt
gehabt hätten, da man dann erfuhr, daß et-
liche unter ihnen Prediger, und mehrere von
denen geweſen, welche ſich aus der Geſell-
ſchaft des HErrn oder Jeſuiten nennen. Jch
ſagte, daß ſie, da ſie in der Welt lebten,
damals durch ihre Predigten von dem Leiden
des HErrn den Pöbel zum Weinen haben
bewegen können; ich ſagte ihnen auch die
Urſa-
[139]Jupiter.
Urſache, daß ſie in der Welt anderſt gedacht
und anderſt geredt, und alſo etwas anders
in dem Herzen als in dem Mund geführt ha-
ben, und daß ſie jetzt nicht mehr ſo betrüg-
lich reden dürfen: denn wenn ſie Geiſter wer-
den, müſſen ſie gänzlich ſo reden, wie ſie den-
ken. Es erſtaunten hauptſächlich die Geiſter
des Jupiters darüber, daß es einen ſolchen
Zwieſpalt des Jnn- und Aeuſſerlichen bey
dem Menſchen geben könne, nemlich ganz
anderſt zu reden und anderſt zu denken, wel-
ches ihnen unmöglich wäre. Sie verwun-
derten ſich, da ſie höreten, daß viele aus un-
ſerer Erde auch Engel werden, und daß die-
ſelben ein ganz anderes Herz haben, ſie ſchloſ-
ſen alsdann, daß auf unſerer Erde alle ihnen
ähnlich ſeyen, man ſagte ihnen aber, daß
viele nicht ſo ſeyen, und daß es auch einige
gebe, die aus dem Guten, nicht aber aus dem
Böſen, wie jene denken, und daß diejenigen,
welche aus dem Guten denken, Engel wer-
den. Damit ſie wüßten, daß es ſo ſey, ſo
kamen aus dem Himmel von den Engeln aus
unſerer Erde Chöre, einer nach dem andern,
welche zugleich mit Einer Stimme und mit
Zuſammenſtimmung den HErrn verherrlich-
ten; an dieſen Chören ergötzten ſich die Gei-
ſter des Jupiters, die bey mir waren, ſo ſehr,
daß es ihnen dünkte, ſie ſeyen gleichſam in
den Himmel entzückt, dieſe Lobpreiſung der
Chöre daurete ohngefähr eine Stunde lang.
Jch
[140]Von den Planeten
Jch durfte ihr Vergnügen, das ſie daran hat-
ten und mit mir theilten, zugleich empfinden;
ſie ſagten, daß ſie das auch den Jhrigen, die
anderswo ſind, erzehlen wollten.
Die Einwohner der Erde des Jupiters
ſetzen die Weisheit darein, daß ſie von Sa-
chen, die in dem Leben vorkommen, wohl
und richtig denken, dieſe Weisheit bekommen
ſie von Kindheit auf, von den Eltern, wel-
che nach und nach auf die Nachkommenſchaft
fortgepflanzt wird, und aus der Liebe dazu,
weil ſie bey den Eltern wächſt. Von den
Wiſſenſchaften, wie ſie auf unſerer Erde be-
ſchaffen ſind, wiſſen ſie gar nichts, ſie wol-
len auch nichts davon wiſſen, ſie nennen die-
ſelben Schatten, und vergleichen ſie den
Wolken, welche zwiſchen der Sonne ſind;
dieſe Jdee von den Wiſſenſchaften haben ſie
von einigen aus unſerer Erde genommen, wel-
che ſich bey ihnen für weiſe aus den Wiſſen-
ſchaften angegeben haben. Die Geiſter aus
unſerer Erde, welche ſich dafür ausgaben,
ſind diejenigen geweſen, welche die Weisheit
in ſolchen Dingen ſetzten, die nur blos für
das Gedächtniß ſind, als in den Sprachen,
vornemlich der hebräiſchen, griechiſchen und
lateiniſchen, in den Denkwürdigkeiten, was
die gelehrte Welt angehet, in der Critik, in
bloſe Experimentalſachen und in Wörtern,
(terminis) vornemlich philoſophiſche u. d. m.
ſie
[141]Jupiter.
ſie haben ſich auch deren nicht als Mittel wei-
ſe zu werden bedienet, weil ſie in ihnen ſelbſt
die Weisheit geſetzt haben: dieſe, weil ſie
durch die Wiſſenſchaften, als durch die Mit-
tel, die Kräften ihres Verſtandes nicht ver-
beſſert haben, haben ſehr wenig Empfindung
(perceptionis) in dem andern Leben, denn
ſie ſehen nur allein in den Worten und aus
den Worten, und welche ſo ſehen, da iſt alles
wie Nebel und Wolken vor dem intellectuel-
len Geſicht, ſiehe oben; diejenigen aber, wel-
che wegen ihrer Gelehrſamkeit in ſolchen Din-
gen hochmüthig geweſen ſind, empfinden noch
weniger, und die, welche ſich der Wiſſen-
ſchaften als Mittel bedienet haben, die Sa-
chen der Kirche und des Glaubens zu ſchwä-
chen und zu zernichten, dieſe haben ihren Ver-
ſtand ganz verderbt, und ſehen in der Fin-
ſterniß, wie die Nachteulen das Falſche für
wahr, und das Böſe für gut an. Die Gei-
ſter des Jupiters haben aus dem Umgang mit
dergleichen geſchloſſen, daß die Wiſſenſchaf-
ten einen Schatten werfen und verblenden:
Man ſagte ihnen aber, daß auf dieſer Erde
die Wiſſenſchaften die Mittel ſeyen, das in-
tellectuelle Geſicht zu eröffnen, welches Ge-
ſicht in dem Licht des Himmels iſt; weil aber
nur ſolche Dinge die Oberhand haben, wel-
che das blos natürliche und ſinnliche Leben
anbetreffen, ſo ſind deswegen ihnen die Wiſ-
ſenſchaften Mittel zur Thorheit, nemlich ſich
für
[142]Von den Planeten
für die Natur wider GOtt, und für die
Welt wider den Himmel zu beſtärken. Fer-
ner ſagte man, daß die Wiſſenſchaften an
ſich geiſtliche Reichthümer ſeyen, und daß
diejenigen, welche ſie beſitzen, ſeyen, wie die-
jenigen, welche weltliche Reichthümer beſäſ-
ſen, welche ebenfalls Mittel ſind, ſich, dem
Nächſten und dem Vatterland zu nutzen, aber
auch zu ſchaden; ferner, daß ſie auch wie
die Kleider ſeyen, welche zum Nutzen, zur
Zierde und auch zum Stolz dienen, gleichwie
es bey denen iſt, welche von ihnen allein woll-
ten geehrt ſeyn. Die Geiſter des Jupiters
verſtunden dieſes wohl, ſie wunderten ſich
aber, daß, da ſie Menſchen waren, bey den
Mitteln ſtehen blieben, und daß ſie ſolche
Dinge, welche zur Weisheit führen, der
Weisheit ſelbſt vorgezogen, und nicht einge-
ſehen haben, daß, ſich mit ſeinem Gemüth
in dieſelbigen einlaſſen und nicht höher ſtei-
gen, heiſſe verdunkeln und verblenden.
Es kam ein Geiſt, der aus der untern
Erde aufſtieg, zu mir, und ſagte: daß er
dasjenige, was ich mit andern Geiſtern gere-
det, gehört habe, er habe aber nichts verſtan-
den, was von dem geiſtlichen Leben und ſei-
nem Licht geſagt wurde; er wurde befragt:
ob er wollte davon unterrichtet werden? Er
antwortete: er ſey nicht in dieſer Abſicht ge-
kommen; woraus ich ſchlieſſen konnte, daß
er
[143]Jupiter.
er dergleichen nicht faßte, denn er war ſehr
dumm; die Engel ſagten, daß er, da er in
der Welt als ein Menſch lebte, unter denen
geweſen ſey, die wegen ihrer Gelehrſamkeit
etwas berühmt waren; er war kalt, welches
man an ſeinem Anhauchen deutlich ſpührte;
welches ein Zeichen war eines blos natürli-
chen und keines geiſtlichen Lichts, ſo, daß er
ſich den Weg zu dem Licht des Himmels durch
die Wiſſenſchaften nicht geöffnet, ſondern
verſchloſſen hat.
Weil ſich die Einwohner der Erde des
Jupiters den Verſtand durch einen andern
Weg zuwegen bringen, als die Einwohner
unſerer Erde, und überdis noch von einer an-
dern Art ſind, ſo wie es ihr Leben mit ſich
bringt, ſo können ſie nicht lang bey einander
ſeyn, ſondern ſie fliehen entweder dieſelben,
oder machen, daß ſie fortgehen. Es ſind At-
moſphären, welche geiſtliche Sphären zu nen-
nen ſind, die aus einem jeden Geiſt beſtän-
dig ausflieſſen; ſie flieſſen aus der Würkſam-
keit der Neigungen (ex activo affectionum)
und folglich der Gedanken, alſo aus dem Le-
ben ſelbſt: alle geſellſchaftliche Verbindungen
in dem andern Leben geſchehen nach den Sphä-
ren, diejenigen, welche übereinſtimmen, ver-
einigen ſich nach ihrer Uebereinſtimmung;
welche nicht übereinſtimmen, entfernen ſich
nach der Verſchiedenheit. Die Geiſter und
En-
[144]Von den Planeten
Engel, die von der Erde des Jupiters ſind,
ſtellen in dem größten Menſchen die Einbil-
dung der Gedanken (imaginativum cogitatio-
nis) vor, und ſo den activen Stand der in-
nerlichen Theile. Die Geiſter unſerer Erde
aber, ſtellen unterſchiedene Verrichtungen
der äuſſern Theile des Leibs vor, wann dieſe
herrſchen wollen, ſo kann das active oder ima-
ginative der Gedanken von dem Jnnern nicht
einflieſſen; daher kommen Widerſtände zwi-
ſchen den Lebensſphären von beeden.
Was ihren Gottesdienſt anbelangt, ſo
iſt das die Hauptſache, daß ſie unſern HErrn
für den Allerhöchſten erkennen, welcher Him-
mel und Erde regiert, ſie nennen ihn den Ei-
nigen HErrn, und weil ſie Jhn bey Leibes
Leben erkennen, und verehren, ſo ſuchen ſie
Jhn daher nach dem Tod, und finden Jhn.
Es iſt eben wie mit unſerm HErrn. Man
fragte ſie, ob ſie wiſſen, daß der Einige HErr
ein Menſch ſey? ſie antworteten, ſie wiſſen
alle, daß er ein Menſch ſey, weil er von vie-
len in ihrer Welt als Menſch geſehen wor-
den, und daß Er ſie in der Wahrheit unter-
richte, ſie erhalte, und denen das ewige Le-
ben gebe, die Jhn aus dem Guten verehren;
Sie ſagten ferner, daß ihnen von Jhm geof-
fenbaret worden ſey, wie ſie leben und glau-
ben ſollten, und daß dasjenige, was geoffen-
baret worden iſt, den Kindern von den El-
tern
[145]Jupiter.
tern geſagt würde, und alſo dieſe Lehre zu
allen Familien käme, und ſo zu dem ganzen
Geſchlecht, welches von Einem Vater her-
ſtammt; ſie ſetzten noch hinzu, daß es ihnen
vorkomme, als wäre dieſe Lehre ihren Ge-
müthern eingeſchrieben, welches ſie daraus
ſchlieſſen, weil ſie alsbalden empfinden, und
gleichſam aus ſich erkennen, ob dasienige,
was von andern von einem Leben des Him-
mels bey dem Menſchen geſagt wird, wahr
ſey. Sie wiſſen nicht, daß ihr Einiger HErr
als Menſch auf unſerer Erde gebohren wor-
den ſey, welches zu wiſſen, ſie auch, wie ſie
ſagten, nicht be ſorgt ſind, nur daß Er Menſch
ſey, und die ganze Welt regiere: da ich ſag-
te, daß Er auf unſerer Erde Chriſtus JEſus
genennt werde, und daß Chriſtus einen Ge-
ſalbten oder König, und JEſus einen Hei-
land bedeute; ſo ſagten ſie, daß ſie Jhn nicht
als einen König verehren, weil das Königli-
che nach dem Weltlichen ſchmeckt, ſondern
daß ſie Jhn als einen Heiland verehren.
Weil die Geiſter unſerer Erde einen Zweifel
machten, ob ihr Einiger HErr einerley mit
unſerm HErrn wäre, ſo lehnten ſie Jhn da-
durch ab, daß ſie ſich erinnerten, daß ſie Jhn
in der Sonne geſehen, und daß ſie erkannt
haben, es ſey eben derjenige, den ſie auf ih-
rer Erde geſehen haben. Einsmals hatten
auch die Geiſter des Jupiters, die bey mir
waren, einen Augenblick einen Zweifel, ob
Sw. Sch.III.Th. Kihr
[146]Von den Planeten
ihr Einiger HErr eben der unſerige ſey? aber
dieſer Zweifel, der in einem Augenblick kam,
wurde ihnen auch in einem Augenblick wieder
benommen: Er kam von einigen Geiſtern
aus unſerer Erde her, darauf aber haben ſie
ſich, daß ſie nur einen Augenblick daran ge-
zweifelt haben, zu meiner größten Verwun-
derung ſo ſehr geſchämet, daß ſie zu mir ſag-
ten, ich möchte doch dieſes nicht bekannt ma-
chen, damit ſie keines Unglaubens deshalben
beſchuldiget werden möchten, da ſie es doch
jetzt vor andern wiſſen. Dieſe Geiſter wur-
den ſehr gerührt, und freueten ſich ſehr, als
ſie die Rede höreten, daß ihr Einiger HErr
allein Menſch ſey, und alle von Jhm das
haben, daß ſie Menſchen heiſſen, daß ſie
aber in ſo fern Menſchen ſeyen, als ſie ſein
Ebenbild ſind, d. i. ſoviel ſie Jhn und den
Nächſten lieben, folglich ſoviel ſie in dem
Guten ſind: denn das Gute der Liebe und
des Glaubens iſt das Ebenbild des HErrn.
Es waren Geiſter des Jupiters bey mir,
da ich das 17te Capitel aus dem Johanne von
der Liebe des HErrn und von ſeiner Verklä-
rung laſe, und da ſie höreten, was darinnen
ſtund, ſo wurden ſie von dem Heiligen ein-
genommen, und ſie bekannten, daß alles dar-
inn göttlich ſey; aber die Geiſter unſerer
Erde, die unglaubig geweſen ſind, gaben dar-
auf beſtändig Aergerniſſe, und ſagten, daß
Er
[147]Jupiter.
Er als ein Kind gebohren ſey, als ein Menſch
gelebt habe, und wie ein anderer Menſch er-
ſchienen, daß Er gekreutziget worden ſey u. d. m.
Die Geiſter des Jupiters gaben aber nicht
darauf acht, ſondern ſagten: daß ihre Teu-
fel ſo wären, welche ſie verabſcheuen, ſie ſetz-
ten hinzu, es ſey gar nichts himmliſches in
ihren Herzen, ſondern nur lauter irdiſches,
welches ſie Schlacken nannten; daß es ſo
ſey, ſagten ſie, haben ſie auch daraus erfah-
ren, daß, da ſie hörten, daß die Leute auf
ihrer Erde nackend gehen, ſie alsbald unrei-
ne Gedanken gehabt haben, und daß ſie gar
nicht an ihr himmliſches Leben gedacht haben,
von welchem ſie dazumal auch gehöret haben.
Wie klar die Geiſter des Jupiters die
geiſtliche Sachen empfinden, konnte ich aus
ihrer Vorſtellung wahrnehmen, wie der HErr
die ſchlimme Neigungen in gute verwandelt:
Sie ſtellten den intellectuellen Sinn als eine
ſchöne Geſtalt vor, und gaben ihm eine der
Geſtalt zukommende Activität für das Leben
der Neigung, welches ſie auf eine ſolche Wei-
ſe thaten, die mit Worten nicht beſchrieben
werden kann, ſo geſchickt, daß ſie von den
Engeln gelobt worden ſind. Es waren da-
mals Gelehrte aus unſerer Erde da, welche
in das Jntellectuelle Wörter von wiſſenſchaft-
lichen Dingen gemengt, und vieles von der
Form, Subſtanz, vom materiellen und im-
K 2ma-
[148]Von den Planeten
materiellen u. d. gl. geſchrieben und gedacht,
und dergleichen zu keinem Nutzen angewandt
haben, dieſe konnten jene Vorſtellung auch
nicht einmal begreiffen. Auf ihrer Erde hü-
tet man ſich ſehr, daß niemand auf verkehr-
te Meynungen von dem Einigen HErrn ge-
rathe, und wann ſie merken, daß einige un-
richtig von dem HErrn zu denken anfangen,
ſo erinnern ſie ihn zuerſt, alsdann benehmen
ſie es ihm durch Drohworte, und endlich durch
Strafen. Sie ſagten, daß ſie wahrgenom-
men haben, daß, wenn ſo etwas dergleichen
ſich in eine Familie einſchleicht, dieſe wegge-
ſchaft werde, nicht zwar durch Todesſtrafen
von ihren Cameraden, ſondern durch Berau-
bung des Athems, und folglich des Lebens
von den Geiſtern, nachdem ſie ihnen zuerſt
den Tod angekündigt haben: denn auf der-
ſelben Erde reden die Geiſter mit ihnen, und
beſtrafen ſie, wann ſie böſes gethan haben,
und auch wann ſie etwas übels zu thun, im
Sinn gehabt haben, wovon im folgenden;
deswegen wird ihnen der Tod angekündigt,
wann ſie von dem Einigen HErrn übel den-
ken, und ſich nicht beſſern. Auf dieſe Wei-
ſe wird daſelbſt der Dienſt des HErrn erhal-
ten, der bey ihnen die höchſte Gottheit iſt.
Sie ſagten, ſie haben keine Feſitage, ſondern
an einem jeden Morgen bey Aufgang der
Sonne, und jedweden Abend bey Untergang
der Sonne, verrichten ſie einen heiligen Dienſt
in
[149]Jupiter.
in ihren Zeltern dem Einigen HErrn, und
ſingen Jhm auch nach ihrer Art Pſalmen.
Ferner bin ich unterrichtet worden,
daß es auf jener Erde auch ſolche gebe, die
ſich Heilige nennen, und bey Strafe ihren
Knechten, deren ſie viel annehmen, befehlen,
daß ſie ſie Herren nennen; ſie verbieten ihnen
auch, den HErrn der ganzen Welt anzube-
ten, und ſagen, daß dieſe Herren die Mittler
ſeyen, und daß ſie ihre Bitten zu dem HErrn
der ganzen Welt bringen würden. Sie nen-
nen den HErrn der ganzen Welt, der unſer
HErr iſt, nicht den Einigen HErrn wie die
übrigen, ſondern den allerhöchſten HErrn,
weil ſie ſich Herren nennen. Sie nennen
die Sonne der Welt das Angeſicht des höch-
ſten HErrn, und glauben, daß daſelbſt ſeine
Wohnung ſey, weswegen ſie auch die Son-
ne anbeten. Sie werden von den übrigen
Einwohnern verabſcheuet, und dieſe wollen
keinen Umgang mit ihnen haben, ſowohl,
weil ſie die Sonne anbeten, als auch, weil
fie ſich Herren nennen, und von ihren Die-
nern als Mittelsgötter verehrt werden. Die
Geiſter zeigten mir die Decke ihres Haupts,
welches ein zugeſpitzter (turritus) Hut war,
von einer dunklen Farbe. Jn dem andern
Leben erſcheinen ſie zur Linken in einer gewiſ-
ſen Höhe, und ſitzen daſelbſt wie Götzen, und
werden auch im Anfang von den Dienern,
K 3die
[150]Von dem Planeten
die bey ihnen waren, verehrt, hernach aber
auch von ihnen verſpottet. Jch wunderte
mich, daß ſie daſelbſt in ihrem Angeſicht leuch-
ten wie Feuer, welches ſie daher bekommen,
weil ſie geglaubt haben, ſie ſeyen Heilige ge-
weſen; ob ſie aber gleich in dem Geſicht wie
feurig ausſehen, ſo ſind ſie doch kalt, und
wünſchen äuſſerſt warm zu werden; daraus
erhellet, daß das Feuer, welches an ihnen
leuchtet, ein blindes Feuer der Eigenliebe ſey.
Eben dieſe ſcheinen ſich Holz zu ſpalten, da-
mit es ihnen warm werde, und wann ſie es
ſpalten, ſo ſcheint unter dem Holz etwas von
einem Menſchen heraus, welchen ſie alsdann
zugleich umbringen wollen; dis kommt da-
her, weil ſie ſich ein Verdienſt und eine Hei-
ligkeit anmaſſen; diejenigen, welche dieſes
auf der Welt thun, präſentiren ſich in dem
andern Leben als Holzhauer, wie auch einige
aus unſerer Erde, von welchen anderswo ge-
handelt worden iſt. Jch will auch von
dieſen eine Erfahrung beyfügen, damit die
Sache erläutert werde. „Auf der untern
Erde, unter den Fußſohlen ſind auch ſolche,
die ein Verdienſt in ihre gute Thaten und
Werke ſetzen, viele von ihnen erſcheinen, als
wenn ſie ſich Holz ſpalteten. Der Ort, wo
ſie ſind, iſt etwas kalt, und es ſcheint, als
wollten ſie ſich durch ihre Arbeit heiß machen:
ich habe auch mit ihnen geredet, und durfte
ſie fragen: ob ſie nicht aus dieſem Ort weg-
gehen
[151]Jupiter.
gehen wollten? Sie ſagten mir aber, daß ſie
es durch ihre Arbeit noch nicht verdient hät-
ten; wenn aber dieſer Stand vorüber iſt, ſo
werden ſie davon befreyt. Sie ſind die na-
türlichen, weil die Seligkeit verdienen
wollen, nichts geiſtliches iſt, denn es kommt
aus ihrem eigenen und nicht von dem HErrn,
und überdis ziehen ſie ſich andern vor, und
einige von ihnen verachten andere, dieſe, wenn
ſie in dem andern Leben vor andern keine Freu-
de empfangen, ſo erzürnen ſie ſich wider den
HErrn, deswegen erſcheint ihnen, wenn ſie
Holz machen, gleichſam etwas von dem HErrn
unter dem Holz, und dieſes kommt aus
Zorn.“
Es iſt auf derſelben Erde etwas gemei-
nes, daß die Geiſter mit den Einwohnern
reden und ſie unterrichten, und auch wenn
ſie etwas böſes gethan, züchtigen; weil mir
von dieſer Sache vieles von ihren Engeln be-
richtet worden, ſo möchte ich daſſelbe ordent-
lich erzehlen. Daß die Geiſter daſelbſt mit
den Menſchen reden, kommt daher, weil fie
viel an den Himmel und an das Leben nach
dem Tod gedenken, und weil ſie ſich um das
Leben in der Welt dagegen nicht viel beküm-
mern, denn ſie wiſſen, daß ſie, wenn ſie
ſterben, fortleben werden, und zwar in ei-
nem glückſeligen Zuſtand nach dem Zuſtand
ihres innern Menſchen, wie er in der Welt
K 4gebildet
[152]Von dem Planeten
gebildet worden. Mit Geiſtern und Engeln
zu reden, war auch auf dieſer Erde zu alten
Zeiten etwas gemeines, aus gleicher Urſache,
weil ſie nemlich an den Himmel, und wenig
an die Welt gedacht haben, es iſt aber dieſe
lebendige Gemeinſchaft mit dem Himmel mit
der Zeit verſchloſſen worden, wie der Menſch
von einem innerlichen zu einem äuſſerlichen
wurde, oder welches eben das iſt, wie er an-
fieng viel an die Welt, und wenig an den
Himmel zu denken, und noch mehr, da er
nicht mehr glaubte, daß es einen Himmel,
oder eine Hölle gebe, und daß der Menſch an
ſich kein Geiſt ſey, der nach dem Tod lebe:
denn heut zu Tag glaubt man, daß der Leib
aus ſich lebe, und nicht aus ſeinem Geiſt;
deswegen, wenn der Menſch jetzt nicht glaub-
te, daß er mit dem Leib auferſtehen werde;
ſo glaubte er gar nichts von einer Auferſte-
hung.
Was die Gegenwart der Geiſter bey den
Einwohnern des Jupiters insbeſondere anbe-
trift, ſo gibt es einige Geiſter welche züch-
tigen, andere welche unterrichten, und andere
welche ſie regieren. Die Geiſter, welche züch-
tigen, nähern ſich der linken Seite, und nei-
gen ſich gegen dem Rucken, und wenn ſie da
find, ſo langen ſie aus dem Gedächtniß des
Menſchen alle ſeine Thaten und Gedanken
heraus, denn dieſes iſt den Geiſtern etwas
leich-
[153]Jupiter.
leichtes: denn wenn ſie zu dem Menſchen
anlaufen, ſo kommen ſie in ſein ganzes Ge-
dächtniß. Wenn ſie finden, daß er übels
gethan oder übels gedacht hat, ſo geben ſie
ihm einen Verweiß, und ſtrafen ihn auch
mit einem Schmerzen an den Gliedern, Füſ-
ſen, oder Händen, oder mit einem Schmer-
zen um die Gegend über dem Bauch; dieſes
können die Geiſter auch ſehr gut thun, wenn
es ihnen erlaubt wird; wann dieſe zu dem
Menſchen kommen, jagen ſie ihm ein Grau-
en mit Furcht ein, daher weiß der Menſch
ihre Ankunft: die böſe Geiſter können, wann
ſie zu einem kommen, einen Schrecken einja-
gen, abſonderlich diejenigen, die, da ſie auf
der Welt lebten, Mörder geweſen ſind. Da-
mit ich wüßte, wie es dieſe Geiſter machen,
wann ſie zu einem Menſchen von ihrer Erde
kommen, ſo wurde erlaubt, daß ein ſolcher
Geiſt zu mir kommen durfte, als er nahe bey
mir war, kam mich merklich Grauen ſamt
Furcht an, ich entſetzte mich, aber nicht ſo-
wohl von innen als äuſſerlich, weil ich ge-
wußt habe, daß es ein ſolcher Geiſt war, ich
ſahe ihn auch, und er erſchien mir wie eine
dunkle Wolke, mit beweglichen Sternen in
der Wolke; die veränderlichen Sterne zeigen
falſche Dinge, die Fixſterne aber die Wahr-
heit an; dieſer wandte ſich zu meiner linken
Seite gegen den Rucken, und fieng auch an,
mir nach den Thaten und Gedanken einen
K 5Ver-
[154]Von den Planeten
Verweiß zu geben, welche er aus meinem
Gedächtniß hervor ſuchte, und auch falſch
auslegte: er wurde aber von den Engeln ge-
hindert, da er wahrnahm, daß er bey keinem
Menſchen von ſeiner Erde war, fieng er an
mit mir zu reden, und zu ſagen, daß er alles
und jedes, was der Menſch gethan und ge-
dacht hat, wenn er zu ihm komme, wiſſe,
daß er ihm ferner einen ſcharfen Verweiß
gebe, und auch mit unter ſchiedlichen Schmer-
zen züchtige. Zu einer andern Zeit kam auch
ein ſolcher züchtigender Geiſt zu mir, und
machte ſich auf meine linke Seite unter der
Mitte des Leibs, wie der vorige, der auch
ſtrafen wollte, aber auch dieſer wurde von
den Engeln abgehalten, doch zeigte er mir die
Arten der Strafen, die ihm erlaubt ſind,
den Menſchen von einer Erde anzuthun,
wann ſie etwas Uebles thun, und zu thun
im Sinn haben; ſeine Strafen waren, ne-
ben dem Schmerzen der Glieder, auch eine
Zuſammenziehung um den mittlern Bauch,
welche wie eine Zuſammendrückung von ei-
nem ſcharfen Gürtel empfunden wird; fer-
ner wurde ihnen Abwechslungsweiſe das
Odemholen gehemmt, ſo daß es ihnen angſt
und bange wurde, auch wird auf eine Zeit-
lang verboten, nichts als Brod zu eſſen, als-
dann kündigt man ihnen den Tod an, wann
ſie dergleichen zu thun nicht unterlaſſen wür-
den, und darauf beraubt man ſie der Freude
an
[155]Jupiter.
an Kindern, Ehegatten und Freunden; als-
dann wird daher der Schmerz empfindlich.
Die Geiſter aber, die unterrichten, machen
ſich auch auf ihre linke Seite, aber mehr vor-
wärts, ſie geben auch Verweiſe, aber nur ge-
lind, und bald lehren ſie, wie ſie leben ſollen,
ſie erſcheinen auch dunkel, aber nicht wie je-
ne als Wolken, ſondern gleich als mit Sä-
cken angezogen, dieſe nennt man Lehrer, die
erſtern aber Züchtiger Wann jene Geiſter
da ſind, ſo ſind auch engliſche Geiſter da,
dieſe ſitzen bey dem Haupt, und erfüllen daſ-
ſelbe auf eine beſondere Art; man ſpürt auch
ihre Gegenwart allda wie ein leichtes Anhau-
chen, denn ſie fürchten, der Menſch möchte
aus ihrem Anwandeln und Einfluß, auch
nur etwas ſehr weniges von Schmerzen oder
Furcht empfinden; ſie regieren die Zucht-
und Lehrgeiſter, jene, daß ſie dem Menſchen
nicht weher thun, als es von dem HErrn er-
laubt, dieſe, daß ſie die Wahrheit ſagen. Als
ein züchtigender Geiſt bey mir war, waren
auch dazumal engliſche Geiſter da, und mach-
ten, daß ich ſtets ein munteres und aufge-
raumtes Angeſicht hatte, und die Gegend um
die Lippen ein wenig vorhangend, und mei-
nen Mund ein wenig offen, dieſes können
die Engel durch ihren Einfluß leicht thun,
wann es von dem HErrn erlaubt wird; ſie
ſagten, daß ſie ſo den Einwohnern ihrer Er-
de,
[156]Von dem Planeten
de, wenn ſie bey ihnen ſind, das Geſicht bil-
den.
Wenn ein Menſch nach der Züchtigung und
Unterrichtung wiederum Böſes thut, oder
Böſes zu thun gedenket, und ſich nicht aus
den Lehren der Wahrheit Einhalt thut, ſo
wird er alsdann, wann der Zuchtgeiſt wieder
kommt, härter geſtraft; die engliſche Geiſter
mindern aber dieſe Strafe nach der Abſicht
bey den Thaten, und nach dem Willen in dem
was ſie denken. Daraus war zu erſehen,
daß ihre Engel die bey dem Haupt ſitzen, eine
Art des Richtens über den Menſchen haben,
weil ſie zulaſſen, mäßigen, zurückhalten, und
einen Einfluß machen; man ſagte aber, daß
ſie nicht richten, ſondern daß der HErr allein
der Richter ſey, und daß von Jhm bey ihnen
alles herkomme, was ſie den Zucht- und Lehr-
geiſtern befehlen, und daß dieſes erſcheine (von
Jhm) eben wie von ihnen. Die Geiſter re-
den daſelbſt mit dem Menſchen, der Menſch
aber nicht hinwiederum mit den Geiſtern,
und wenn er unterrichtet wird, nur dieſe Wor-
te: (quod non amplius ita faciet) daß er es
nicht wieder ſo machen wolle; er darf auch
niemand ſagen, daß ein Geiſt mit ihm gere-
det habe, wann er es thut, wird er nachge-
hends geſtraft. Dieſe Geiſter des Jupiters
meynten Anfangs, da ſie bey mir waren, ſie
wären bey einem Geiſt von ihrer Erde: da
ich aber hinwiederum mit ihnen redete, und
auch
[157]Jupiter.
auch ſagte, daß ich im Sinn hätte, ſolches
dem Publico bekannt zu machen, und alſo an-
dern ſagen wollte, und weil damals ihnen
nicht erlaubt war zu züchtigen, noch zu un-
terrichten, ſo merkten ſie, daß ſie bey einem
andern wären. Es ſind zwey Zeichen, die je-
nen Geiſtern erſcheinen, wann ſie bey dem
Menſchen ſind; ſie ſehen einen alten Mann,
von einem weiſſen Angeſicht, dis iſt ein Zei-
chen, daß ſie nichts, als was wahr iſt ſagen,
und nichts als was recht iſt thun; ſie ſehen
auch ein Angeſicht im Fenſter, nachdem ich
dieſes geſehen, giengen jene Geiſter alsbald
von mir weg.
Neben den Geiſtern, von denen ich würk-
lich gemeldet habe, giebt es auch Geiſter, wel-
che das Gegentheil rathen, das ſind diejenigen,
die in ihrem Leben auf der Welt aus anderer
ihren Geſellſchaften ausgeſtoſſen worden ſind,
weil ſie böſe waren; wann ſie ankommen, er-
ſcheint gleichſam ein fliegendes Feuer, das na-
he an dem Angeſicht herabfällt, ſie ſetzen ſich
unten gegen dem Hintern des Menſchen, und
von dannen reden ſie gegen oben hinauf; ſie
ſagen ihnen das Gegentheil von dem, was ih-
nen der unterrichtende Geiſt von den Engeln
geſagt hat, daß man nemlich nicht nach dieſer
Lehre, ſondern nach dem Willen und Freygei-
ſterey u. d. g. leben dürfe. Sie kommen ge-
meiniglich, wann die vorigen Geiſter weg-
gegan-
[158]Von den Planeten
gegangen, die Menſchen daſelbſt wiſſen aber,
wer und was dieſe Geiſter ſind, und daher
achten ſie dieſelben nicht, ſondern ſie lernen
ſo nur was böſe und alſo auch was gut iſt:
denn durch das Böſe lernt man was gut iſt,
wie nemlich das Gute beſchaffen, das wird
aus ſeinem Gegentheil erkannt, ein jeder Be-
griff einer Sache entſteht nach einer Erwä-
gung, die ſich auf den Unterſchied bezieht,
welcher aus dem Gegentheil entſteht auf un-
terſchiedene Art und in verſchiedenen Graden
(omnis perceptio rei eſt ſecundum reflexio-
nem relativam ad diſcrimina ex contrariis va-
rio modo \& vario gradu.)
Die Zucht- und Lehrgeiſter gehen nicht zu
denenjenigen, welche ſich heilige und mittlen-
de Herren nennen, wie zu denen andern auf
jener Erde, weil ſie ſich nicht unterrichten laſ-
ſen, noch durch ihre Lehre gebeſſert werden;
ſie ſind unbiegſam, weil ſie es aus ihrer Ei-
genliebe thun; die Geiſter ſagten, ſie erken-
nen aus der Kälte, daß ſie ſolche ſeyen, und
daß ſie von ihnen weggehen, wann ſie die
Kälte empfinden.
Es gibt auch Geiſter unter den Joviali-
ſchen, welche ſie Caminfeger nennen, weil ſie
in einem ihnen gleichen Kleid und mit einem
rußigen Geſicht erſcheinen. Wer, und was
ſie ſeyen, will ich auch beſchreiben. Es kam
ein
[159]Jupiter.
ein ſolcher Geiſt zu mir, und bath mich ſehr,
ich möchte doch für ihn bitten, daß er in den
Himmel kommen könnte; er ſagte, er wiſſe
nicht, daß er böſes gethan, ſondern nur al-
lein, daß er die Einwohner der Erde ausge-
ſcholten, und nachdem er dieſes gethan, ſie
unterrichtet habe. Er wandte ſich gegen mei-
ne linke Seite unter dem Ehlenbogen, und
redete gleichſam zweyſpältig, (bifide) dieſer
konnte auch ein Mitleiden erwecken, ich konn-
te ihm aber nichts anders antworten, als daß
ich ihm nicht helfen könnte, und daß es nur
bey dem HErrn allein ſtehe, noch für ihn zu
bitten, weil ich nicht wiſſe, ob es nützlich iſt,
oder nicht; daß er es aber hoffen könnte, wenn
er es werth ſey; darauf wurde er unter die
gute Geiſter, die von ſeiner Erde waren, auf-
genommen, ſie ſagten aber, er könnte nicht in
ihrer Geſellſchaft ſeyn, weil er nicht ihres
gleichen ſey. Weil er aber doch ein ſo brün-
ſtiges Verlangen hatte, in den Himmel zu
kommen, ſo wurde er in die Geſellſchaft der
guten Geiſter von dieſer Erde geſchickt: ſie
ſagten aber ebenfalls, er könnte nicht bey ih-
nen ſeyn; er war auch von ſchwarzer Farbe
in dem Licht des Himmels, allein er ſagte,
daß er nicht ſchwarz ſondern porcellainfärbig
ausſehe. Man ſagte mir, daß es bey denen
anfangs ſo ſey, welche hernach unter diejeni-
gen aufgenommen werden, welche in dem
größten Menſchen oder Himmel die Gegend
der
[160]Von dem Planeten
der Saamenbläslein ausmachen: denn in
denſelben Bläslein ſammelt ſich der Saame,
und überzieht ſich mit einer ſchicklichen Ma-
terie, welche bequem iſt, das fruchtbarma-
chende des Saamens zu erhalten, damit es
nicht zerſtreuet werde, welche aber in dem
Hals der Gebährmutter abgelegt werden kann,
damit alſo das, was innwendig aufbehal-
ten worden iſt, zu der Empfängniß oder
Schwängerung des Eyleins diene; daher hat
auch dieſe Saamenmaterie einen Trieb und
gleichſam ein brennendes Verlangen, ſich los
zu machen und den Saamen zu hinterlaſſen,
auf daß ſie einen Nutzen ſchaffe. Etwas der-
gleichen zeigte ſich auch bey jenem Geiſt, die-
ſer kam noch zu mir in einer ſchlechten Klei-
dung, und ſagte wiederum, er brennte vor Be-
gierde nach dem Himmel zu kommen, und er
ſey jetzt ſo beſchaffen, daß er ſich darzu Hoff-
nung machen könnte; ich konnte darauf ihm
ſagen, dieſes ſey vielleicht ein Zeichen, daß
er bald werde aufgenommen werden; die En-
gel ſagten ihm alsdann, er ſolle das Kleid weg-
werfen, er warf es auch auf Begehren ſo ge-
ſchwind hinweg, daß man es kaum geſchwin-
der thun kann; durch dieſes wurde vorge-
ſtellt, was es für eine Beſchaffenheit mit
dem Verlangen derer habe, welche in der Ge-
gend ſind, mit welcher die Saamenbläslein
correſpondiren. Man ſagte, daß dergleichen
Geiſter, wenn ſie zu dem Himmel zubereitet
ſind,
[161]Jupiter.
ſind, ihre Kleider ausziehen müſſen, neue hel-
lere bekommen, und Engel werden Dieſe
verglichen ſie mit kleinen Würmlein, welche
ſich nach Vollendung ihres unanſehnlichen
Standes in Nymphen, und ſo in Zwiefalter
verwandeln, denen hernach ein anderer Anzug
gegeben, und Flüger von blauer, gelber, ſil-
berner und goldener Farbe mitgetheilt werden,
und die auch alsdann die Freyheit bekommen,
in der Luft, als in ihrem Himmel, zu fliegen,
ſich zu begatten, Eyer zu legen, und ſo für
die Fortpflanzung ihres Geſchlechts beſorgt
zu ſeyn, alsdann wurden auch zugleich ſüſſe
und angenehme Lebensmittel aus den Säf-
ten und dem Geruch vielerley Blumen an-
gewieſen.
Jn dem vorhergehenden iſt noch nicht ge-
meldet worden, wie die Engel beſchaffen ſind,
die aus jener Erde ſind: denn diejenigen, wel-
che zu den Menſchen ihrer Erde kommen, und
zu ihrem Haupt ſitzen, wovon oben, ſind kei-
ne Engel in ihrem innern Himmel, ſondern
es ſind engliſche Geiſter oder Engel in ihrem
äuſſern Himmel, und weil entdeckt worden
iſt, wie auch dieſe Engel beſchaffen ſind, ſo
will ich das, was mir auch von ihnen zu wiſ-
ſen gegeben worden, erzehlen. Es machte
ſich einer von den Geiſtern des Jupiters, die
Furcht einjagen, auf meine linke Seite un-
ter dem Ellenbogen, und redete von daher,
Sw. Sch.III.Th. Lſeine
[162]Von dem Planeten
ſeine Sprache aber war rauſchend, die Wor-
te waren auch nicht genug unterſchieden und
von einander abgeſondert, ſo daß ich lang
warten mußte, bis ich einen Sinn heraus
brachte, und wann er redte, brachte er auch
etwas Furcht darunter, er gab dieſe Ermah-
nung, daß ich die Engel, wenn ſie kommen,
wohl aufnehmen ſollte; ich antwortete aber,
daß dieſes nicht meine Sache ſey, ſondern daß
bey mir alle ſo, wie ſie ſelbſt ſind, aufgenom-
men werden. Bald kamen die Engel aus der-
ſelben Erde, und ich konnte aus der Rede mit
mir wahrnehmen, daß ſie gänzlich von den
Engeln unſerer Erde unterſchieden waren:
denn ſie redeten nicht durch Worte, ſondern
durch Jdeen, welche ſich durch mein Jnne-
res überall ausbreiten, und daher hatten ſie
auch einen Einfluß in das Angeſicht, ſo, daß
das Angeſicht zu allem concurrirte, indem es
von den Lippen anfieng, und überall gegen
ſeine Circumferenz (Umkreis) fortgieng; die
Jdeen, welche ſie anſtatt der Worte gebrauch-
ten, waren unterſchieden, aber ſehr wenig.
Nach dieſem redeten ſie mit mir durch noch
weniger abgeſonderte Jdeen, ſo, daß man
kaum etwas dazwiſchen wahrnahm; es war
in meiner Empfindung ſo, wie der Sinn der
Worte bey denen iſt, welche allein auf den
Sinn, von den Worten abgeſondert, merken.
Dieſe Rede war mir verſtändlicher als die vo-
rige, und ſie war auch vollſtändiger, ſie hatte
ihren
[163]Jupiter.
ihren Einfluß, wie die erſte, ins Angeſicht,
der Einfluß aber gieng nach der Beſchaffen-
heit der Sprache mehr an einem fort, ſie
fieng aber nicht von den Lippen, wie die er-
ſte, an, ſondern von den Augen: hernach re-
deten ſie noch anhaltender und vollſtändiger,
und alsdann konnte das Angeſicht durch kei-
ne ſchickliche Bewegung concurriren, ſondern
ich fühlte einen Einfluß in das Gehirn, und
daß dieſes alsdann ebenfalls bewegt wurde.
Zuletzt redeten ſie ſo, daß die Rede allein
in den innern Verſtand fiel. Jhre Geſchwin-
digkeit war einem dünnen Lüftlein gleich, den
Einfluß ſelbſt empfand ich, aber nicht ein je-
des deutlich. Dieſe Spracharten waren wie
flüßige Dinge, die erſte Art wie ein flieſſend
Waſſer, die andere wie ein dünneres Waſſer,
die dritte wie die Atmoſphäre im Verhältniß
dagegen, und die vierte war wie eine dünne
Luft. Der Geiſt, welcher zu meiner linken
Seite war, wovon oben, redete manchmal
dazwiſchen, und er erinnerte mich inſonder-
heit mit ſeinen Engeln beſcheiden umzugehen:
denn es waren Geiſter da aus unſerer Erde,
welche mißliebige Dinge mit einmiſchten;
er ſagte, er habe nicht verſtanden, was die
Engel redeten, ſondern erſt hernach, wann er
ſich an mein linkes Ohr lenkte, alsdann hat-
te er auch keine kirrende Rede, (loquela ſtri-
dens) wie zuvor, ſondern er redete wie die
andere Geiſter.
L 2Jch
[164]Von dem Planeten
Jch redete hernach mit den Engeln von den
Merkwürdigkeiten auf unſerer Erde, beſon-
ders von den Buchdruckerſchriften allhie, von
dem Wort (GOttes), von allerhand Lehren
der Kirche nach demſelben, und ſagte ihm, daß
das Wort und die Lehrſätze im Druck vor-
handen ſeyen, und alſo erlernt würden; ſie
verwunderten ſich ſehr, daß man ſolche Din-
ge durch Schriften und durch den Druck be-
kannt machen könnte.
Jch hatte auch das Glück zu ſehen, wie es
zugeht, wann die Geiſter jenes Erdballs, wann
ſie zubereitet ſind, in den Himmel erhoben
und Engel werden, es erſcheinen alsdann
Wagen und Pferde, welche wie Feuer leuch-
ten, von welchen ſie eben ſo wie Elias hin-
weggenommen werden: daß die Wagen und
Pferde lichte, wie feurig ſcheinen, kommt da-
her, weil ſo vorgeſtellt wird, daß ſie unter-
richtet und zubereitet ſeyen, in den Himmel
einzugehen, weil die Wagen die Lehrſätze der
Kirche, und die leuchtende Pferde, den erleuch-
teten Verſtand bedeuten.
Der Himmel, in welchen ſie aufgenommen
werden, erſcheinet zur Rechten auf ihrer Erde
und iſt alſo von dem Himmel der Engel un-
ſerer Erde unterſchieden; die Engel, welche
in demſelben Himmel ſind, erſcheinen in ei-
nem himmelblauen glänzenden und mit gol-
denen
[165]Jupiter.
denen Sternchen gedüpfelten Gewand, und
dieſes deswegen, weil ſie in der Welt dieſe
Farbe geliebt haben, ſie glaubten auch, daß
dieſes die eigentliche Himmelsfarbe ſey, be-
ſonders, weil ſie eine ſolche Liebe zum Guten
haben, womit jene Farbe correſpondirt.
Es präſentirte ſich mir ein Kahlkopf, aber
nur ein oberſter Theil, welcher von Bein iſt,
und man ſagte, daß dergleichen diejenigen ſe-
hen, welche in einem Jahr ſterben werden,
und daß ſie ſich alsdann vorbereiten. Sie
fürchten daſelbſt den Tod nicht, als nur des-
wegen, weil ſie Weiber, Kinder oder Eltern
hinterlaſſen, denn ſie wiſſen, daß ſie nach
dem Tod leben werden, und daß ſie nicht aus
dem Leben gehen, weil ſie in den Himmel ge-
hen, deswegen nennen ſie ſterben nicht ſter-
ben, ſondern himmliſch werden (cœlificari)
Diejenigen, welche auf ſelbiger Erde in ei-
ner wahrhaftig ehligen Liebe gelebt, und
wie es Eltꝛrn gebührt, für ihre Kinder
geſorgt haben, ſterben an keinen Krankhei-
ten, ſondern ruhig, wie im Schlaf, und
ſo wandern ſie aus der Welt in den Him-
mel. Das Alter der Menſchen daſelbſt be-
lauft ſich gemeiniglich auf 30. Jahre, nach
den Jahren unſerer Erde, die Urſach, war-
um ſie in ſo kurzer Zeit ſterben, iſt aus
der Vorſehung GOttes, damit die Menge
der Menſchen allda nicht gröſſer werde, als
L 3ſelbi-
[166]Von dem Planeten
ſelbige Erde erhalten kann, und weil ſie ſich,
wenn ſie ſo alt ſind, von den Engeln und
Geiſtern nicht leiten laſſen, wie diejenigen,
welche noch nicht ſo alt ſind, weswegen
die Geiſter und Engel ſelten zu denen, die
älter ſind, kommen; ſie erwachſen auch
bälder als auf unſerer Erde; ſchon in ih-
rer erſten Jugendblüthe verheirathen ſie ſich,
und dann iſt es ihre einige Freude, ihren
Ehegatten zu lieben, und für ihre Kinder
zu ſorgen, die übrigen Ergötzungen nen-
nen ſie zwar Ergötzungen, aber nur ein
reſpective äuſſerliches Vergnügen.
Von dem Erdball oder Plane-
ten Mars, und von ſeinen Geiſtern
und Einwohnern.
Die Geiſter des Mars ſind unter denenje-
nigen Geiſtern, welche aus den Erdbäl-
len dieſer Sonnenwelt ſind, die allerbeſten,
denn ſie ſind mehrentheils wie himmliſche
Menſchen, denen nicht ungleich, welche von
der älteſten Kirche auf dieſer Erde gewe-
ſen ſind. Wann ſie nach ihrer eigentli-
chen Beſchaffenheit erſcheinen, ſo präſenti-
ren ſie ſich mit dem Angeſicht in dem Him-
mel, und mit dem Leib in der Geiſterwelt,
und
[167]Mars.
und ihre Engel mit dem Angeſicht gegen den
HERRN, und mit dem Leib in dem Him-
mel.
Der Planet Mars erſcheinet in der Jdee
der Geiſter und Engel, wie die Planeten an-
derwärts, beſtändig an ſeinem Ort, und
zwar zur linken Hand vorwärts in eini-
ger Entfernung auf der Fläche der Bruſt,
und alſo auſſer der Spähre, wo die Gei-
ſter unſerer Erde ſind. Die Geiſter der ei-
nen Erde ſind von den Geiſtern der andern
Erde abgeſondert, deswegen, weil die Gei-
ſter einer jeden Erde eine ganz beſondere Pro-
vinz in dem größten Menſchen vorſtellen,
und daher in einem andern und verſchiedenen
Stande ſind; und die Verſchiedenheit des
Standes macht, daß ſie von einander entweder
zur Rechten oder zur Linken in einer gröſ-
ſern oder kleinern Entfernung abgeſondert
erſcheinen.
Es kamen Geiſter von dar zu mir und
machten ſich an meinen linken Schlaf, und
blieſen mich daſelbſt mit ihrer Rede an, ich
verſtunde ſie aber nicht, ſie war dem Fluſ-
ſe nach weichlich, eine weichere hatte ich
vorher nicht empfunden, ſie war wie die
gelindeſte Luft. Zuerſt blies ſie an den
linken Schlaf und oben an das linke Ohr,
von da gieng das Anhauchen bis an das
L 4linke
[168]Von dem Planeten
linke Aug fort, und nach und nach zu dem
rechten, und zog ſich hernach, inſonderheit
von dem linken Aug zu den Lippen, und
da es bey den Lippen war, gieng es durch
den Mund hinein, und durch den Weg in-
nerhalb des Munds, und zwar durch die
Euſtachianiſche Röhre in das Gehirn; da
das Anblaſen bis dahin kam, ſo verſtund ich
alsdann ihre Rede, und es wurde mir mit
ihnen zu reden gegeben. Jch beobachtete,
daß, da ſie mit mir redeten, meine Lippen
ſich bewegten, und auch die Zunge ein we-
nig, dieſes geſchahe wegen der Correſpon-
denz der innern Rede mit der äuſſern. Die
äuſſerliche Rede (loquela) iſt ein vernemlicher
Schall, welcher gegen das äuſſere zarte Häut-
lein des Ohrs fällt, und von da aus vermit-
telſt der kleinen Werkzeuge (organulis) Häut-
chen und Fäſerchen, die inwendig in dem Ohr
ſind, in das Gehirn kommt. Hieraus konn-
te ich wiſſen, daß die Sprache der Einwoh-
ner des Mars von der Sprache der Einwoh-
ner unſerer Erde unterſchieden war, daß ſie
nemlich nicht ſchallend, ſondern leiſe iſt, und
ſich in das Gehör und innerliche Geſicht durch
einen kürzern Weg hinſchleicht, und daß fie,
weil es mit ihr dieſe Beſchaffenheit hat, voll-
kommener, auch voll ſtändiger an Gedanken und
Jdeen war, und alſo der Geiſter- und Engel-
ſprache näher kommt. Jn wie ferne man
von dieſer Sprache afficirt wird, (loquelæ
affe-
[169]Mars.
affectio) das präſentirt ſich bey ihnen in dem
Angeſicht, und der Gedanke davon in den
Augen: denn der Gedanke und die Rede, fer-
ner das afficirt werden und das Angeſicht
thun bey denſelben Eins; ſie halten es für
böſe, anders denken und anders reden, an-
ders wollen und anders mit dem Geſicht vor-
geben. Sie wiſſen nicht, was Heucheley, be-
trügliche Verſtellung und Liſt ſey. Daß die
älteſte Menſchen auf unſerem Erdboden auch
eine ſolche Sprache gehabt haben, konnte ich
durch den Umgang mit einigen von ihnen in
dem andern Leben wiſſen, und damit dieſe
Sache erläutert werde, will ich dasjenige,
was ich gehört habe, anführen, es iſt folgen-
des: „Mir wurde durch einen Einfluß, wel-
chen ich nicht beſchreiben kann, gezeiget, was
es für eine Beſchaffenheit mit der Sprache
derjenigen gehabt habe, die von der älteſten
Kirche waren: ſie war nemlich nicht ver-
nehmlich (articulata) wie die Wörterſprache
unſerer Zeit, ſondern leiſe, ſie geſchahe nicht
durch das äuſſerliche ſondern durch das innerli-
che Athmen, alſo war es eine Gedankenſprache;
ich konnte auch wahrnehmen, wie ihr inneres
Athmen beſchaffen geweſen; daß ſie von dem
Nabel gegen das Herz, und ſo durch die Lip-
pen fortgieng, ohne etwas ſchallendes, wann
ſie redeten, und daß ſie in des andern Ohr
nicht durch den äuſſerlichen Weg eingieng,
ſondern auf etwas, welches man die Ohr-
L 5trommel
[170]Von den Planeten
trommel nennet, anſchlug, ſie gieng aber
durch den innerlichen Weg, und zwar durch
etwas daſelbſt, welches heut zu Tag die Eu-
ſtachianiſche Röhre heißt. Jch ſahe, daß ſie
durch dergleichen Sprache ihre Gedanken
und Jdeen viel vollſtändiger ausdrucken konn-
ten, als es ſonſt durch vernehmliche Töne
oder ſchallende Worte geſchehen kann, wel-
che Rede ebenfalls durch das Athmen, aber
durch das äuſſerliche, dirigirt wird; denn es
iſt kein Wort, ja gar nichts in einem Wort,
welches nicht durch allerley Applicationen
der Reſpiration dirigirt wird; bey jenen aber
geſchiehet es viel vollkommener, weil es nem-
lich durch die innere Reſpiration gehet, wel-
che eben deswegen, weil es die innere iſt, voll-
kommener und den Jdeen der Gedanken ap-
plicabler und gemäſer iſt; überdas gehet es
auch durch kleine Bewegungen der Lippen,
und damit correſpondirende Veränderungen
des Angeſichts: denn weil es himmliſche Men-
ſchen waren, ſo leuchtete alles, was ſie
dachten, aus ihrem Angeſicht und Augen
heraus, welche ſich gleichförmig veränder-
ten, das Angeſicht in Abſicht auf die Geſtalt
nach dem Leben ihrer Rührung, (affectionis)
die Augen aber in Abſicht auf das Licht; mit
dem Geſicht konnten ſie niemalen ſich anderſt
anſtellen, als nachdem was ſie in Gedanken
hatten, weil ihre Sprache durch die innere
Reſpiration geweſen, welche den Menſchen-
geiſt
[171]Mars.
geiſt ſelbſt angehet, deswegen konnten ſie mit
den Engeln eine Gemeinſchaft haben, und
reden.“ Die Reſpiration der Geiſter des
Mars wurde mir auch zu erkennen gegeben,
ich empfand, daß ihr Athmen aus der Gegend
der Bruſt dem Nabel zu gieng, und von da
aufwärts durch die Bruſt mit einem unmerk-
lichen Hauch gegen den Mund floſſe, woraus
ich, gleichwie aus andern Erfahrungen, er-
kennen konnte, daß ſie von himmliſcher Art
waren, daß ſie alſo denen, die von der älte-
ſten Kirche auf dieſer Erde geweſen ſind,
nicht ungleich waren.
Jch wurde belehret, daß die Geiſter des
Mars in dem größten Menſchen das Mittel
zwiſchen dem Verſtand- und Willens-We-
ſen, und alſo den Gedanken aus der Rüh-
rung, und die, welche die beſten unter ihnen
ſind, die Rührung des Gedankens (affectio-
nem cogitationis) vorſtellen: daher kommt
es, daß ihr Angeſicht mit ihrem Gedanken
einerley thut, und ſie ſich vor niemand ver-
ſtellen können. Und weil ſie jenes im größ-
ten Menſchen vorſtellen, ſo correſpondirt die
mittlere Gegend, die zwiſchen dem Gehirn
und Gehirnlein iſt, mit ihnen: denn bey
welchen das Gehirn und Gehirnlein den geiſt-
lichen Wirkungen nach vereiniget ſind, bey
denſelben thut das Angeſicht Eines mit dem
Gedanken, ſo daß aus dem Angeſicht ſelb ſt
die Rührung des Gedanken, und aus der
Rüh-
[172]Von dem Planeten
Rührung, wenn einige Zeichen aus den Au-
gen auch zum Vorſchein kommen, das ge-
meinſchaftliche (commune) des Gedanken
herausleuchtet: deswegen hab ich, da ſie bey
mir waren, ein Zurückziehen des Vorder-
Theils des Haupts gegen das Hinter-Theil,
alſo des Gehirns gegen dem Gehirnlein, merk-
lich empfunden.
Als einsmals Geiſter des Mars bey mir
waren, und die Sphäre meines Gemüths be-
ſezten, kamen Geiſter aus unſerer Erde an,
und wollten ſich auch in dieſelbe Sphäre ein-
miſchen; die Geiſter unſerer Erde aber wur-
den alsdann wie toll, aus der Urſach, weil
ſie ſich gar nicht für einander ſchickten: denn
die Geiſter unſerer Erde ſtellen in dem größ-
ten Menſchen den äuſſerlichen Sinn vor, da-
her waren dieſe in einer zu der Welt und zu
ſich ſelbſt gekehrten Idée, die Geiſter des Mars
aber in einer von ihnen ab- und zu dem Him-
mel und zu dem Nächſten gerichteten Idée,
woraus eine Widerwärtigkeit entſtund; es
kamen aber alsdann engliſche Geiſter des Mars
dazu, aus deren Ankunft die Communica-
tion benommen wurde, und ſo wichen die
Geiſter unſerer Erde.
Es haben mit mir engliſche Geiſter von
dem Leben der Einwohner auf ihrer Erde ge-
redet, daß ſie unter keinen Herrſchaften ſte-
hen,
[173]Mars.
hen, ſondern daß ſie in gröſſere und kleinere
Geſellſchaften abgetheilt ſeyn, und daß ſich
daſelbſten nur ſolche zuſammen geſellen, wel-
che in ihren Gemüthern überein kommen,
und daß ſie dieſes ſogleich aus dem Angeſicht
und aus der Rede wiſſen, und daß ſie ſelten
hierinn fehlen, ſie ſind alsdann gleichbalden
Freunde. Sie ſagten auch, ihre geſellſchaft-
liche Verbindungen ſeyen angenehm, und ſie
reden unter einander von ſolchen Sachen,
die in den Geſellſchaften vorkommen, inſon-
derheit von dem, was in dem Himmel iſt,
denn viele von ihnen haben eine Communi-
cation mit den Engeln des Himmels. Die-
jenigen, welche in ihren Geſellſchaften anfan-
gen unrichtig zu denken und folglich übel zu
wollen, werden getrennet, ſie überlaſſen ſie
ihnen ſelbſt, daher führen ſie auſſer der Ge-
ſellſchaft ein ſehr elendes Leben in Felſen oder
anderwärts, denn ſie bekümmern ſich nichts
mehr um dieſelben. Einige Geſellſchaften
verſuchen auf allerley Weiſe dieſelben zur
Beſſerung zu bringen, da es aber vergeblich
iſt, ſo trennen ſie ſich von ihnen. Alſo ver-
hüten ſie, daß ſich keine Herrſchſucht noch
Gewinnſucht einſchleiche, d. i. daß nicht ei-
nige aus Herrſchſucht eine Geſellſchaft, und
hernach mehrere andere, unter ſich bringen,
und daß nicht einige aus Gewinnſucht an-
dern ihre Güter wegnehmen. Ein jeder da-
ſelb ſten lebt mit ſeinen Gütern zufrieden, und
ein
[174]Von den Planeten
ein jeder iſt mit ſeiner Ehre vergnügt, daß
man ihm nachrühmt, er ſey ein gerechter und
ein Menſchenfreund. Dieſes Vergnügen
und Ruhe des Gemüths würde ſich verliehren,
wenn nicht diejenigen, welche übel denken
und übel wollen, ausgeſtoſen würden, und
wenn ſie nicht in den erſten Anfängen, der
Eigenliebe und der Liebe zur Welt, klüglich
und ernſtlich vorbeugten: denn dieſe Arten
von Liebe ſind es, um deren willen Herr-
ſchaften und Reiche entſtanden ſind, in de-
ren Bezirk wenige ſind, die nicht herrſchen,
und die Güter anderer beſitzen wollen, denn
es giebt wenige, welche das was recht und
billig iſt, aus Liebe zur Gerecht- und Billig-
keit thun, noch weniger welche das Gute
aus Liebe ſelbſt thun, wohl aber aus Furcht
vor dem Geſetz, Leben, Verluſt eines Ge-
winns, Ehre und guten Namens.
Von dem Gottesdienſt der Einwohner
ſagten ſie, daß ſie unſern HErrn erkennen
und anbethen, mit Vermelden, daß Er allein
GOtt ſey, und daß er ſowol den Himmel
als auch die ganze Welt regiere, daß alles
Gute von Jhm ſey, und daß Er ſie leite,
ferner daß Er bey ihnen auf der Erde zum
öftern erſcheine. Jhnen wurde alsdann ge-
geben zu ſagen, daß auch die Chriſten auf
unſerer Erde wiſſen, der HErr regiere den
Himmel und die Erde, aus den Worten des
HErrn
[175]Mars.
HErrn ſelbſt bey dem Matthäo 28, 18. Mir
iſt gegeben alle Gewalt im Himmel und
auf Erden, daß ſie aber das nicht glauben
wie die, welche aus der Erde des Mars ſind.
Sie ſagten auch, daß ſie daſelbſt glauben,
es ſey bey ihnen nichts als ein wüſtes und
hölliſches Weſen, und alles Gute ſey des
HErrn; ja ſie ſagten weiter, ſie ſeyen an
ſich Teufel, und der HErr ziehe ſie aus der
Hölle heraus, und halte ſie beſtändig ab.
Einsmals, da der HErr genennet wurde, ſa-
he ich, daß ſich jene Geiſter ſo innig und ſo
tief demüthigten, daß man es nicht beſchrei-
ben kann: denn bey der Demüthigung hat-
ten ſie den Gedanken, daß ſie an ſich in der
Hölle und alſo ganz unwürdig ſeyen, auf den
HErrn zu ſchauen, welcher die Heiligkeit
ſelbſten iſt. Jn dieſem Gedanken aus dem
Glauben waren ſie ſo tief, daß ſie gleichſam
auſſer ſich waren, und blieben darinn auf
den Knien, bis der HErr ſie aufhub, und
alsdann gleichſam aus der Hölle herauszog:
wenn ſie ſo aus der Demüthigung emporſtei-
gen, ſo ſind ſie voll Gutes und Liebe, und
folglich voll Freude des Herzens. Wenn ſie
ſich alſo demüthigen, wenden ſie das Ange-
ſicht nicht zu dem HErrn, denn dieſes unter-
ſtehen ſie ſich nicht, ſondern ſie kehren es ab.
Die Geiſter, die um mich waren, ſagten, daß
ſie dergleichen Demüthigung nirgends geſe-
hen haben.
Es
[176]Von den Planeten
Es verwunderten ſich einige Geiſter, die
aus jener Erde waren, darüber, daß um mich
ſo viele Geiſter aus der Hölle waren, und
daß ſie auch zu mir redeten: ich gab aber zur
Antwort, daß dieſes ihnen um der Urſache
willen erlaubt werde, damit ich wiſſe, was
es für eine Beſchaffenheit mit ihnen hat, und
warum ſie in der Hölle ſind, und daß ſich
dieſes nach ihrem Leben verhalte; ich konnte
auch ſagen, daß viele unter ihnen wären,
die ich gekannt hatte, da ſie auf der Welt
lebten, und daß einige von ihnen damals in
groſſem Anſehen geſtanden ſind, denen aber
damals nichts als die Welt am Herzen lag;
daß mir aber niemals ein böſer Geiſt, und
wenn er auch noch ſo hölliſch wäre, einen
Schaden zufügen könne, weil ich beſtändig
von dem HErrn beſchüzt werde.
Es präſentirte ſich mir ein Einwohner
von jener Erde, es war zwar kein Einwoh-
ner, ſondern einer der ihm gleich ſahe, ſein
Angeſicht war wie das Angeſicht der Einwoh-
ner unſerer Erde, die untere Gegend des An-
geſichts aber war ſchwarz, nicht vom Bart,
denn er hatte keinen, ſondern an deſſen ſtatt
von einer Schwärze, dieſe Schwärze breite-
te ſich bis unter die Ohren zu beeden Seiten
aus, der obere Theil des Angeſichts war gelb-
licht, wie das Angeſicht der Einwohner un-
ſerer Erde, welche nicht ganz weiß ſind. Fer-
ner
[177]Mars.
ner ſagten ſie, daß ſie auf dem Erdball Baum-
früchte, inſonderheit eine gewiſſe runde Frucht,
eſſen, welche aus ihrer Erde hervor grünet,
neben anderm Zugemüs; daß ſie daſelbſt
Kleider tragen, welche ſie aus Rindenzaſern
einiger Bäume machen, die eine ſolche Stei-
fe haben, daß man ſie zuſammen ſetzen und
auch durch eine Art Gummi, das bey ihnen
hervor kommt, zuſammen leimen kann. Sie
erzählten über das, daß ſie flüßige Feuer all-
da zu machen wiſſen, woraus ſie Licht zu den
Abend- und Nachtzeiten haben.
Jch ſahe etwas ſehr ſchön flammendes,
es war von mancherley Farben, purpurfär-
big, ferner wurde es aus dem weiſſen roth,
die Farben glänzten auch ſchön von der Flam-
me; ich ſahe auch eine Hand, an welche ſich
dieſes flammende Weſen anſetzte, zuerſt auf
die umgekehrte Seite, hernach an die flache
Hand, nachgehends ſchlich es um die Hand
rings herum; dieſes dauerte einige Zeit lang,
hernach entfernte ſich dieſe Hand ſamt dem
flammenden Weſen auf einige Weite, und
wo ſie ſtehen blieb, war es helle, in dieſer
Helle verſchwand die Hand, und darauf ver-
wandelte ſich dieſes flammende Weſen in ei-
nen Vogel, welcher anfänglich von gleichen
Farben mit dem flammenden Weſen war,
und die Farben ſchimmerten ebenfalls, es
Sw. Sch.III.Th. Mver-
[178]Von dem Planeten
veränderten ſich aber die Farben nach und
nach, und mit den Farben die Lebenskraft
in dem Vogel.
Er flog umher, zuerſt um mein Haupt,
hernach in ein enges Zimmer, welches wie
eine Capelle ausſah, und je nachdem er
mehr vorwärts flog, ſo wich das Leben von
ihm, und wurde endlich zu Stein, anfäng-
lich perlenfarben hernach von dunkler Far-
be, ob er aber gleich kein Leben hatte, ſo
flog er doch immer. Als jener Vogel um
das Haupt flog, und noch in ſeiner Lebens-
kraft war, erſchien ein Geiſt, welcher von
unten durch die Gegend der Lenden bis zu
der Gegend der Bruſt aufſtieg, er wollte von
dar jenen Vogel wegnehmen, weil er aber ſo
ſchön war, verwehrten es die Geiſter, die
um mich waren, denn ſie hatten alle ihr Ge-
ſicht auf ihn gerichtet, der Geiſt aber, der
von unten herauf kam, beredete ſie mit Macht,
daß der HErr bey ihm wäre, und daß er es
alſo aus dem HErrn thue; ob gleich dieſes
die meiſten nicht glaubten, ſo thaten ſie doch
nicht weiter Einhalt, den Vogel hinweg zu
nehmen, weil aber in demſelben Augenblick
der Himmel ſeinen Einfluß gab, ſo konnte
er ihn nicht halten, ſondern er ließ ihn frey
aus ſeiner Hand fliegen. Da dieſes geſchahe,
redeten die Geiſter, die um mich waren, und
dem-
[179]Mars.
demſelben Vogel und ſeinen nach und nach
auf einander folgenden Veränderungen ſcharf
zuſahen, von ihm unter einander, und das
eine geraume Zeit; ſie merkten, daß ein ſol-
ches Geſicht nichts anders als etwas himm-
liſches habe anzeigen können, ſie wußten,
daß das Flammende die himmliſche Liebe und
deren Rührungen bedeute, daß die Hand, an
welche ſich das flammende Weſen anſetzte,
das Leben und deſſen Macht, die Verände-
rungen der Farben die Verſchiedenheiten des
Lebens und der Weisheit und Verſtand be-
zeichnen; etwas ähnliches bedeute auch der
Vogel, aber mit Unterſchied, das flammen-
de bezeichne die himmliſche Liebe, und was
zu ſelbiger Liebe gehöret, und der Vogel die
geiſtliche Liebe und was dieſelbe Liebe betrift;
(die himmliſche Liebe iſt die Liebe zu dem HErrn,
und die geiſtliche Liebe iſt die Liebe gegen dem
Nächſten.)
Die Veränderungen der Farben und
zugleich des Lebens in dem Vogel, bis er
ſteinern worden iſt, bedeuten die nach und
nach entſtehende Veränderungen des geiſt-
lichen Lebens nach dem Verſtändniß. Sie
wußten auch, daß die Geiſter, welche von
unten durch die Gegend der Lenden zu der Ge-
gend der Bruſt aufſteigen, in der ſtarken Ein-
bildung ſtehen, ſie ſeyen in dem HErrn, und
M 2daher
[180]Von dem Planeten
daher glauben, daß ſie alles was ſie thun,
wenn es auch ſchon böſe iſt, mit des HErrn
Willen thun. Doch konnten ſie daraus
nicht wiſſen, was durch dieſes Geſicht ver-
ſtanden würde; endlich wurden ſie aus
dem Himmel belehret, daß man Einwohner
des Mars verſtanden; daß ihre himmliſche
Liebe, worinnen noch viele ſtehen, durch das
flammende Weſen, welches ſich an die Hand
geſetzt hat, bedeutet worden ſey, und daß
der Vogel anfänglich, da er in der Schön-
heit ſeiner Farben und in ſeiner muntern
Lebenskraft war, ihre geiſtliche Liebe bedeute;
daß aber der Vogel wie von Stein und ohne
Leben, und endlich von dunkler Farbe wor-
den ſey, dieſes bedeute die Einwohner, wel-
che ſich von dem Gut der Liebe entfernet ha-
ben, und in dem Böſen ſind, und doch noch
glauben, ſie ſeyen in dem HErrn. Eben der-
gleichen iſt auch durch den Geiſt angezeigt
worden, welcher aufſtieg, und den Vogel
hinwegnehmen wollte.
Durch den ſteinernen Vogel wurden auch
die Einwohner jenes Erdballs vorgeſtellet,
welche das Leben ihrer Gedanken und Regun-
gen auf eine fremde Weiſe in faſt gar kein
Leben verwandeln, wovon ich folgendes ge-
höret habe: Es war ein Geiſt über meinem
Haupt, welcher mit mir redete, aus dem Schall
merke-
[181]Mars.
merkete man, als ob er in einem Stand des
Schlafs wäre, in dieſem Zuſtand redete er
vieles, und das mit einer ſolchen Klugheit,
daß es wachend nicht beſſer ſeyn könnte; es
wurde (mir) zu vernehmen gegeben, daß er
ein Subject war, durch welches die Engel
redeten, und daß er es in demſelben Zuſtand
mit Bewüßtſeyn empfände (apperciperet)
und vorbrächte: denn er redete nichts als
was wahr war, wenn etwas anderswoher
einfloß, ſo ließ er es zwar ein, aber er brach-
te es nicht vor. Jch fragte ihn von ſeinem
Zuſtand, er ſagte, es ſey ihm ein ruhiger
Stand, und er ſey ohne alle Sorge wegen
des Zukünftigen, er leiſte aber zugleich Nu-
tzen, wodurch er eine Gemeinſchaft mit dem
Himmel habe. Mir wurde geſagt, daß ſol-
che in dem größten Menſchen den ſich in die
Länge ziehenden Saum (Sinum Longitudi-
nalem) vorſtellen, welcher in dem Gehirn
zwiſchen deſſen beeden Hälften liegt, und da-
ſelbſt in einem ruhigen Stand iſt, es mag
auch das Gehirn zu beeden Seiten ſo aufrüh-
riſch ſeyn, als es immer will. Als ich in
der Unterredung mit dieſem Geiſt war, dran-
gen ſich die Geiſter gegen dem vordern Theil
des Haupts, wo derjenige war, den ſie druck-
ten, deswegen wich er auf die eine Seite,
und machte ihnen Platz.
M 3Die
[182]Von dem Planeten
Die ankommende Geiſter redeten unter-
einander, es verſtunden aber weder die
Geiſter um mich herum, noch ich, was
ſie redeten: ich wurde von den Engeln
unterrichtet, daß es Geiſter aus dem
Erdball des Mars waren, welche alſo un-
tereinander reden konnten, daß die anweſen-
de Geiſter nichts davon verſtunden noch merk-
ten. Jch verwunderte mich, daß es eine
ſolche Sprache geben könnte, weil alle Gei-
ſter eine Sprache haben, welche aus den Ge-
danken fließt, und aus denen Jdeen beſtehet,
welche in der geiſtlichen Welt wie Worte ge-
höret werden. Es wurde geſagt, daß dieſel-
ben Geiſter auf gewiſſe Weiſe Jdeen formi-
ren, welche durch die Lippen und durch das
Angeſicht ausgedruckt werden, und andern
nicht verſtändlich ſind, und daß ſie in dem-
ſelben Augenblick durch Kunſt die Gedanken
entziehen, indem ſie hauptſächlich verhüten,
daß nichts von der Rührung ſich offenbare,
aus der Urſache, weil, wenn etwas von der
Rührung empfunden wird, alsdann der Ge-
danke offen ſtünde, denn der Gedanke fließt
aus der Anregung, und iſt gleichſam in
ihr.
Jch wurde ferner belehret, daß die Einwoh-
ner der Erde des Mars, welche das himmli-
ſche Leben in die Erkenntniſſe allein, und
nicht
[183]Mars.
nicht in das Leben der Liebe ſetzen, eine ſolche
Sprache ausgeſonnen haben, doch nicht alle,
und daß ſie, wenn ſie Geiſter werden, dieſes
behalten. Dieſe ſind es, welche inſonder-
heit durch den ſteinernen Vogel bedeutet
worden ſind: denn eine Rede durch Bil-
dungen des Geſichts und Bewegungen der
Lippen, mit Entfernung der Rührungen und
Entziehung der Gedanken von andern, dar-
ſtellen, iſt ſo viel als eine Rede entſeelen und
ſie einem Bild gleich machen, und ſo auch
ſich durch ähnliche Grade. Ob ſie aber gleich
meynen, daß ſie von andern nicht verſtanden
werden, was ſie untereinander reden, ſo ver-
nehmen doch die engliſche Geiſter all und je-
des, was ſie reden: die Urſach iſt, weil
man ihnen keinen Gedanken entziehen kann.
Dieſes wurde ihnen auch durch eine leben-
dige Erfahrung gezeigt; ich dachte an das,
daß die böſe Geiſter unſerer Erde ſich nicht
ſchämen, wenn ſie andern zuſetzen; dieſes
hatte bey mir ſeinen Einfluß von den engli-
ſchen Geiſtern, welche ihre Sprache vernah-
men; darauf erkannten jene Geiſter des
Mars, daß es das wäre, wovon ſie unter-
einander redeten, und ſie verwunderten ſich;
überdas wurde von einem engliſchen Geiſt
vieles entdeckt, ſowohl was ſie redeten, als
auch was ſie gedachten, ob ſie ſich gleich
Mühe gaben, ihm die Gedanken zu entzie-
hen.
M 4Nach
[184]Von dem Planeten
Nach dieſem influirten jene Geiſter von
oben in mein Angeſicht, der Einfluß wur-
de wie ein dünner Strichregen gefühlt,
welches ein Zeichen war, daß ſie in kei-
ner Rührung deſſen, was wahr und gut
iſt, waren, denn dieſes wird durch das ge-
ſtreifte vorgeſtellt; ſie redeten darauf öf-
fentlich mit mir, und ſagten, daß die Ein-
wohner ihrer Erde ebenfalls ſo unterein-
ander reden.
Sie wurden darauf berichtet, daß die-
ſes böſe ſey, weil ſie alſo das Jnnerliche
verſtopfen, und davon auf das Aeuſſerliche
abweichen, und vornemlich, weil es keine
Aufrichtigkeit iſt, alſo zu reden: denn die-
jenigen, welche aufrichtig find, wollen nichts
reden, auch nicht einmal denken, als nur
ſolche Dinge, die andere wiſſen ſollen, ja
wenn es auch alle wären, auch ſelbſt der
ganze Himmel; diejenigen aber, welche nicht
wollen, daß andere wiſſen was ſie reden,
die urtheilen über andere, denken übel von
ihnen und wohl von ſich, und werden end-
lich aus einer Fertigkeit ſo weit gezogen,
daß ſie ſchlimm von der Kirche, von dem
Himmel, ja ſelbſt von dem HErrn denken.
Es wurde geſagt, daß diejenigen, welche
Kenntniſſe lieben und nicht alſo ein Leben
nach denſelbigen, in dem größten Men-
ſchen
[185]Mars.
ſchen die innere Haut der Hirnſchale vor-
ſtellen, daß aber diejenigen, welche ſich ge-
wöhnen, ohne Rührung zu reden, und den
Gedanken an ſich und andern zu entzie-
hen, dieſelbe Haut vorſtellen; die aber bei-
nern worden, weil von einigem geiſtlichen
Leben ihnen kein Leben entſtehet.
Weil durch den ſteinernen Vogel auch
diejenigen vorgeſtellet worden ſind, welche
in Kenntniſſen allein, und in keinem Le-
ben der Liebe ſtehen, und weil ſie daher
kein geiſtliches Leben haben, ſo will ich
hier ſtatt eines Anhangs zeigen, daß dieje-
nigen allein ein geiſtliches Leben haben, wel-
che in einer himmliſchen Liebe, und daher
in Erkenntniſſen ſind, und daß die Liebe
in ſich alles Erkenntnißweſen, welches zu
jener Liebe gehöret, enthalte.
Es ſeyen zum Exempel die Thiere der
Erde, und auch die Thiere des Himmels
oder die Vögel: jene haben eine Wiſſen-
ſchaft von allem, was zu ihrer Liebe ge-
höret; ihre Liebe aber iſt, ſich ernähren, ſi-
cher wohnen, das Geſchlecht fortpflanzen,
ihre Jungen ernähren, bey einigen ſich auf
den Winter verſehen; deswegen haben ſie
alle erforderliche Wiſſenſchaft, denn dieſe
befindet ſich in ihrer Liebe, und influirt in
M 5ſie,
[186]Von den Planeten
ſie, als wie in ihre Behältniſſe; dieſe Wiſ-
ſenſchaft iſt bey einigen Thieren ſo beſchaf-
fen, daß der Menſch nicht anderſt als dar-
über erſtaunen kann, die Wiſſenſchaft iſt
ihnen angebohren, und wird ein Trieb (in-
ſtinctus) genennet, er gehört aber zu der
natürlichen Liebe, darinn ſie ſtehen.
Wenn der Menſch in ſeiner Liebe wä-
re, welches die Liebe zu GOtt und gegen
dem Nächſten iſt, (dieſe Liebe iſt dem Men-
ſchen eigen, wodurch er von den unver-
nünftigen Thieren unterſchieden wird, und
iſt eine himmliſche Liebe) ſo wäre der
Menſch alsdann nicht allein in aller er-
forderlichen Wiſſenſchaft, ſondern auch in
allem Verſtand und Weisheit, denn dieſe
würden in jene Liebe aus dem Himmel, d. i.
durch den Himmel von GOtt, influiren.
Weil aber der Menſch nicht in jener,
ſondern in widriger Liebe, nemlich in der
Liebe ſein ſelbſt und der Welt, gebohren
wird, ſo kann er darum nicht anderſt als
in aller Unwiſſenheit und Ungeſchicklichkeit
gebohren werden, durch göttliche Mittel
aber gelangt er zu etwas Verſtand und
Weisheit, aber doch nicht würklich in et-
was, wo nicht die Liebe zu ſich und zu der
Welt weggeſchaft, und ſo der Weg gebah-
net
[187]Mars.
net wird für die Liebe zu GOTT und
gegen den Nächſten. Daß die Liebe zu
GOtt und die Liebe gegen den Nächſten
allen Verſtand und Weisheit in ſich ha-
ben, kann man aus denjenigen erſehen, wel-
che in der Welt in jener Liebe ſtunden,
dieſe, wenn ſie nach dem Tod in den Him-
mel kommen, wiſſen daſelbſt und haben
einen Geſchmack an ſolchen Dingen, die
ſie niemals vorher wußten; ja ſie denken
und reden daſelbſt wie die übrigen Engel:
dis ſind ſolche Dinge, die kein Ohr jema-
len gehöret, noch ein Herz gewußt hat, die
unausſprechlich ſind, die Urſach iſt, weil
jene Liebe ein Vermögen, dergleichen zu
empfangen, in ſich hat.
Von der Erde/ oder den Plane-
ten Saturn, und von ſeinen Gei-
ſtern und Einwohnern.
Die Geiſter von dieſer Erde erſcheinen
da, wo die Erde ſelbſt iſt, vorwärts
auf eine ziemliche Weite, etwas unten
auf der Fläche der Knie: wenn dahin
das Aug geöffnet wird, ſo kommt eine
Menge Geiſter zu Geſichte, welche alle
von jener Erde ſind: man ſiehet ſie von
dieſem
[188]Von den Planeten
dieſem Theil jener Erde, und zwar zur
Rechten. Jch konnte auch mit ihnen re-
den, und daraus erkennen, was es mit ih-
nen im Verhältniß gegen andere für eine
Beſchaffenheit habe: ſie ſind fromm und
beſcheiden, und weil ſie ſich für klein hal-
ten, ſo erſcheinen ſie auch in dem andern
Leben als klein.
Jn ihrem Gottesdienſt ſind ſie ſehr de-
müthig denn ſie halten ſich disfalls für
nichts. Sie verehren unſern HErrn, und
erkennen Jhn für den Einigen GOTT.
Der HErr erſcheinet ihnen auch bisweilen
unter einer engliſchen Geſtalt und wie ein
Menſch; und alsdann leuchtet das Gött-
liche aus dem. Angeſichte heraus, und rüh-
ret das Gemüth. Die Einwohner reden
auch, wenn ſie das Alter haben, mit Gei-
ſtern, von welchen ſie Unterricht von dem
HErrn bekommen, ſowohl wie man Jhn
verehren müſſe, als auch wie man leben
ſolle. Wenn einige wollen, die Geiſter
die von dorther ſind verführen, und von
dem Glauben an den HErrn, oder von der
Demüthigung gegen Jhn, und von der
Frömmigkeit des Lebens abwendig machen,
ſo ſagen ſie, ſie wollen ſterben; alsdann
ſiehet man in ihren Händen kleine Meſſer,
womit ſie ihre Bruſt, wie es ſcheinet durch-
ſtechen wollen. Wenn man ſie fragt war-
um
[189]Saturn.
um ſie das thun, ſo ſagen ſie, ſie wollen
lieber ſterben, als von dem HErrn abfal-
len.
Die Geiſter aus unſerer Erde lachen
ſie auch bisweilen deswegen aus, und ſchel-
ten auf ſie, daß ſie das thun; ſie antwor-
ten aber darauf, ſie wiſſen wohl, daß fie
ſich nicht umbringen, ſondern daß dieſes
nur eine Erſcheinung (adparenz) ſey, wel-
che aus dem Willen ihres Gemüths aus-
flieſſe, daß ſie lieber ſterben wollen, als
ſich von dem Dienſt des HErrn abziehen
laſſen.
Sie ſagten, daß Geiſter von unſerer
Erde einigemal zu ihnen kommen, welche
ſie fragen, was für einem GOtt ſie die-
nen, dieſen antworten ſie: ſie ſeyen nicht
geſcheut, und es könne kein gröſſerer Un-
ſinn ſeyn, als erſt fragen, was für einen
Gott jemand verehre, da doch alle in der
ganzen Welt nur einen einigen GOtt ha-
ben, und ſie ſeyen noch unſinniger darin-
ne, daß ſie nicht ſagen, der HErr ſey der-
ſelbe einige GOtt, und derſelbe regiere den
ganzen Himmel und dadurch die ganze
Welt; denn wer den Himmel regieret, re-
gieret auch die Welt, weil die Welt durch
den Himmel regieret wird.
Sie ſagten, daß es auf ihrer Erde auch ſol-
che
[190]Von den Planeten
che gebe, die das Nachtlicht, welches groß iſt,
den HErrn nennen, daß ſie aber von den üb-
rigen abgeſondert und von ihnen nicht gedul-
det werden. Dieſes Nachtlicht kommt von
jenem groſſen Ring, (cingulo) welches dieſelbe
Erde auf eine Weite umgibt, und von den
Monden, welche die Trabenten des Saturns
genennet werden.
Sie erzählten, daß eine andere Art Geiſter,
welche Schaarenweis gehen, häufig zu ihnen
komme, und zu wiſſen verlange, was es bey
ihnen für eine Beſchaffenheit habe, und daß
ſie auf mancherley Art dasjenige, was ſie wiſ-
ſen, heraus locken. Von dieſen ſagten ſie,
ſie ſeyen nicht ungeſcheut, nur aber in dem,
daß ſie allein es zu wiſſen begehren, um kei-
nes andern Nutzens willen, als daß ſie es
wiſſen. Nachgehends wurden ſie belehret,
daß dieſelben Geiſter aus dem Planeten Mer-
cur, oder aus der Erde, die der Sonne am
nächſten iſt, ſeyen, und daß ſie nur an Kennt-
niſſen, und nicht ſowohl an dem daraus ent-
ſtehenden Nutzen, Vergnügen haben.
Die Einwohner und Geiſter des Planeten
Saturns ſtellen in dem größten Menſchen den
mittlern Sinn zwiſchen dem geiſtlichen und
natürlichen Menſchen vor, der aber vom natür-
lichen abweicht und dem geiſtlichen näher
kommt. Daher rühret die Erſcheinung, daß
jene Geiſter in den Himmel gerückt oder hin-
geriſſen
[191]Saturn.
geriſſen und bald zurück geſchickt werden:
denn was des geiſtlichen Sinnes iſt, das iſt
in dem Himmel; was aber des natürlichen
Sinnes iſt, das iſt unter dem Himmel. Weil
die Geiſter von unſerer Erde in dem größten
Menſchen den natürlichen und cörperlichen
Sinn vorſtellen, ſo durfte ich aus einer deut-
lichen Erfahrung wiſſen, wie der geiſtliche und
natürliche Menſch untereinander ſtreiten und
ſich ſtoſſen, wenn dieſer nicht im Glauben
und Liebe ſtehet. Die Geiſter von der Erde
des Saturns lieſſen ſich von weitem ſehen,
und darauf gab es eine lebhafte Communica-
tion zwiſchen jenen und zwiſchen dergleichen
Geiſtern von unſerer Erde; dieſe, nachdem ſie
jene alſo vermerkten, wurden wie unſinnig,
und fiengen an jene zu verfolgen, indem ſie
unanſtändige Dinge vom Glauben und auch
vom HErrn einblieſen; und da ſie von An-
züglichkeiten und Schmähungen erhitzt wa-
ren, machten ſie ſich auch mitten unter die-
ſelben hinein, und trachteten aus dem Un-
ſinn, darinn ſie waren, ihnen Schaden zu-
zufügen: allein die Geiſter des Saturns fürch-
teten nichts, weil ſie ſicher und in Ruhe wa-
ren, aber jene Geiſter von unſerer Erde fien-
gen an, da ſie mitten unter ihnen waren,
Angſt zu bekommen, und mit Mühe Luft zu
ſchöpfen, und drangen ſich alſo hinaus, der
eine dahin, der andere dorthin, und verſchwan-
den.
[192]Von dem Planeten
den. Die Anweſenden bemerkten daraus, was
es mit dem natürlichen Menſchen, der von dem
geiſtlichen getrennt iſt, für eine Bewandniß
habe, wenn er in eine geiſtliche Sphäre kommt,
nemlich daß er unſinnig ſey: denn der natürli-
che von dein geiſtlichen getrennte Menſch, iſt
allein aus der Welt und nicht aus dem Himmel
weiſe; und wer nur aus der Welt weiſe iſt,
derſelbe glaubt nichts als was die Sinne be-
greifen, und was er glaubt, glaubt er aus dem
Betrug der Sinne, wenn nun dieſer durch den
Einfluß aus der geiſtlichen Welt nicht gehoben
wird, ſo bringt er falſche Dinge hervor: da-
her kommt es, daß ihm keine geiſtliche Dinge
etwas ſind, ſogar daß er es kaum hören kann,
wenn das Geiſtliche genennet wird. Deswe-
gen ſind dergleichen Geiſter nicht bey ſich ſelbſt,
wenn ſie ſich in einer geiſtlichen Sphäre befin-
den. Anderſt verhält es ſich, wenn ſie in der
Welt leben, alsdann denken ſie entweder na-
türlicher Weiſe von geiſtlichen Dingen, oder ſie
wenden das Ohr ab, das iſt, ſie hören und mer-
ken nicht darauf. Aus eben dieſer Erfahrung
erhellet auch, daß der natürliche Menſch ſich
nicht in den geiſtlichen begeben, das iſt, auf ſtei-
gen könne, ſondern wenn der Menſch im Glau-
ben und daher in dem geiſtlichen Leben iſt, daß
der geiſtliche Menſch in den natürlichen einflieſ-
ſe und daſelbſt denke: denn es gibt einen geiſtli-
chen Einfluß, das iſt, aus der geiſtlichen Welt
in die natürliche, nicht aber aus dieſer in jene.
[193]Saturn.
Ferner bekam ich von den Geiſtern jener
Erde Nachricht von den Einwohnern, was es
für eine Bewandtniß mit ihren geſellſchaftli-
chen Verbindungen habe, und anders mehr.
Sie ſagten, daß ſie in Familien abgeſondert
leben, eine jede Familie beſonders und nicht
bey der andern, alſo Mann und Weib mit
ihren Kindern beyſammen, und daß ſie, wenn ſie
ſich verheirathen, von dem Hauſe ihrer Eltern
getrennet werden, und es nicht mehr achten.
Deswegen erſcheinen die Geiſter von jener Er-
de Paar und Paar weiſe. Jch vernahm auch,
daß ſie um den Lebensunterhalt und Kleidung
wenig bekümmert ſind, daß ſie Früchte und
Hülſengemüſe eſſen, die ihre Erde hervorbringt,
und daß ſie leicht gekleidet ſeyen, weil ſie ei-
ne dicke Haut oder Rock wider die Kälte um
ſich haben; daß überdieß alle auf ihrer Erde
wiſſen, daß ſie nach dem Tod leben werden,
und daß ſie deswegen auch aus ihren Leibern
nichts machen, nur in ſo fern des Lebens hal-
ber, welches, wie ſie ſagen, fortdauren und
dem HErrn dienen werde; daß ſie daher auch
die Leichname der Verſtorbenen nicht begraben,
ſondern hinwerfen, und mit Zweigen von den
Bäumen aus dem Wald bedecken.
Als ſie wegen jenes großen Rings befragt
wurden, welcher von unſerer Erde ſich über
den Geſichtskreis jenes Planeten zu erheben,
und die Stellungen zu verändern ſcheinet, ſo
Sw. Sch.III.Th. Nſag-
[194]Von dem Planeten
ſagten ſie, daß es ihnen nicht als ein Ring,
ſondern nur als eine Schneeweiſe in dem Him-
mel unter mancherley Richtung vorkomme.
Von der Erde oder dem Planeten
Venus, und von ſeinen Geiſtern und
Einwohnern.
Der Planet Venus erſcheinet in der Jdee
der Geiſter und Engel zur Linken ein we-
nig rückwärts auf einige Weite von unſerer
Erde: in der Jdee der Geiſter ſage ich, weil kei-
nem Geiſt die Sonne der Welt, noch ſonſt ein
Planet erſcheinet, ſondern die Geiſter haben
nur eine Jdee, daß ſie ſeyen; aus der Jdee
allein von ihnen präſentirt ſich die Sonne der
Welt von hinten als etwas Dunkeles, die Pla-
neten aber nicht als Jrrſterne, wie in der Welt,
ſondern als beſtändig an ihren Orten, man
ſehe oben.
Jn dem Planeten Venus ſind zwo Gat-
tungen von Menſchen, die der Gemüthsart
nach einander zuwider ſind: Es giebt einige,
die zahm und menſchlich ſind, und es giebt an-
dere, die rauh und faſt wilder Art ſind; die
von der erſten Gattung laſſen ſich auf der an-
dern Seite des Erdballs ſehen, die von der an-
dern auf dem Theil, der hieher ſiehet. Man
muß aber wiſſen, daß ſie ſo nach den Zuſtän-
den
[195]Venus.
den ihres Lebens erſcheinen: denn der Zuſtand
des Lebens ſtellet alle Apparenz des Raums
und der Entfernung allda dar.
Einige von denen, welche auf der andern
Seite des Planeten erſcheinen, und zahm und
menſchlich ſind, kamen zu mir, und wurden
mir zu ſehen vorgeſtellet über dem Haupt, mit
welchen ich mancherley geredet habe: unter an-
dern ſagten ſie, daß ſie, da ſie in der Welt
waren, unſern HErrn für ihren einigen GOtt
erkannt haben, und ihn jetzt mehr dafür er-
kennen; ſie ſagten, daß ſie ihn auf ihrer Erde
geſehen haben, und ſie ſtellten es auch vor, wie
ſie ihn geſehen hatten. Dieſe Geiſter ſtellen
in dem größten Menſchen das Gedächtniß ma-
terieller Dinge vor, wie es mit dem Gedächt-
niß immaterieller Sachen übereinkommt, wel-
ches die Geiſter des Mercurs vorſtellen: dem-
nach ſtimmen die Geiſter des Mercurs mit
dieſen Geiſtern der Venus gar ſehr überein,
deswegen wurde, als ſie beyeinander waren,
aus dem Einfluß von dar eine groſſe Verän-
derung und eine ſtarke Wirkung in meinem
Gehirn empfunden, man ſehe oben.
Mit denen Geiſtern aber, welche ſich auf
dem hieher ſehenden Theil ſehen laſſen, und
ungeſchlacht und faſt wilder Art ſind, habe
ich nicht geredet, ſondern es wurde mir von
den Engeln erzählet, was es für eine Beſchaf-
N 2fen-
[196]Von dem Planeten
fenheit mit ihnen hat, und woher ſie eine ſo
wilde Natur haben, daß ſie nemlich daſelbſt
ein groſſes Vergnügen an Plünderungen, und
hauptſächlich am Eſſen vom Raub haben; das
Vergnügen von dem, wann ſie an das Eſſen
vom Raub gedenken, wurde mir zu empfinden
gegeben, und ich nahm wahr, daß es ſehr groß
war. Daß auch auf unſerer Erde Einwohner
von ſolcher wilden Natur geweſen ſeyen, er-
hellet aus den Geſchichtſchreibern verſchiedener
Völker, ferner aus den Einwohnern des Lands
Canaan, 1 Sam. 30, 16. und auch aus dem
Jüdiſchen und Jſraelitiſchen Volks auch zur
Zeit Davids, daß ſie alle Jahre Streyfereyen
gethan, die Nationen geplündert, und mit
Freuden den Raub verzehret haben. Es wur-
de auch geſagt, daß die Einwohner mehren-
theils Rieſen ſind, und daß die Menſchen von
unſerer Erde ihnen nur bis an den Nabel gehen;
ferner daß ſie auch dumm ſeyen und nicht dar-
nach fragen, was der Himmel, oder was das
ewige Leben iſt, ſondern daß ſie allein für das
ſorgen, was ihre Erde und ihr Vieh angehet.
Weil es nun dieſe Bewandniß mit ihnen hat,
ſo ſetzen ihnen, wenn ſie in das andere Le-
ben kommen, am meiſten die Böſen und
Falſchen zu. Die Hölle, die bey ihnen iſt, er-
ſcheinet neben dem Erdball, und hat keine Ge-
meinſchaft mit der Hölle der Böſen von unſe-
rer Erde, aus der Urſache, weil ſie von ganz
anderer Art und Neigungen ſind, daher iſt
auch
[197]Venus.
auch ihr Böſes und Falſches von ganz anderer
Gattung. Diejenigen aber, welche ſo beſchaffen
ſind, daß ſie können ſeelig werden, ſind an
Oertern der Abſtreifung (vaſtationis) und
werden allda auf den äuſſerſten Grad der Ver-
zweiflung gebracht, denn das Böſe und Fal-
ſche von jener Art kann nicht anderſt gebän-
digt und weggeſchaft werden. Wenn ſie in
dem Stand der Verzweiflung ſind, ſchreyen
ſie, daß ſie Beſtien ſeyen, daß ſie ein Greuel,
ein Scheuſal, und alſo verdammt ſeyen. Ei-
nige von ihnen, wenn ſie in ſolchem Zuſtand
ſind, ſchreyen auch gegen den Himmel, die-
ſes aber wird ihnen vergeben, weil es aus der
Verzweiflung herrühret; der HErr verhütet es,
daß ſie in keine Läſterungen als bis zu den ge-
ſetzten Gränzen losbrechen. Wenn dieſe das
Aeuſſerſte erduldet haben, ſo werden ſie ſelig,
weil alsdann das Leibliche bey ihnen tod iſt.
Von dieſen wurde (mir) auch geſagt, daß
ſie, da ſie auf ihrer Erde lebten, an einen
höchſten Schöpfer ohne Mittler geglaubt haben,
wenn ſie aber ſelig werden, ſo werden ſie auch
unterrichtet, daß der HErr ſeye allein GOtt,
ein Heiland und Mittler. Jch ſahe etliche
von ihnen, nachdem ſie das Aeuſſerſte erlitten
haben, in den Himmel aufgenommen werden,
und als ſie daſelbſt aufgenommen worden, be-
merkte ich eine ſolche Zärtlichkeit der Freude
von ihnen, daß ſie mir Thränen aus meinen
Augen preßte.
N 3Von
[198]Von den Geiſtern und
Von den Geiſtern und Einwohnern
des Monds.
Einige Geiſter erſcheinen über dem Haupt,
und es lieſſen ſich von dannen Stimmen
wie Donner hören, denn ihre Stimmen tönten
nicht anderſt, als wie Donner aus den Wol-
ken nach den Blitzen, ich hielte dafür, daß
es eine groſſe Menge Geiſter wäre, welche durch
Kunſt, Stimmen mit einem ſo ſtarken Laut
von ſich hören laſſen konnten. Die etwas ein-
fältige Geiſter, die bey mir waren, lachten ſie
aus, worüber ich mich ſehr verwunderte; die
Urſach dieſes Spottes wurde bald endeckt, ſie
war dieſe: daß die Geiſter, welche töneten,
nicht viel, ſondern wenig, und auch klein wie
Knaben waren, und daß ſie ihnen vorher durch
ſolche Getöſe einen Schrecken eingejagt haben,
und doch keinen Schaden zufügen könnten. Da-
mit ich wüßte, wie ſie beſchaffen wären, lieſ-
ſen ſich einige von der Höhe, wo ſie töneten,
herab, und es trug zum verwundern einer den
andern auf dem Rücken, und ſo näherten ſich
je zween und zween zu mir; ſie lieſſen ſich in kei-
nem unfeinen Angeſicht ſehen, es war aber
länger als das Angeſicht der übrigen Geiſter,
ihre Statur war gleich der Gröſſe eines Kna-
ben von 7 Jahren, aber von ſtärkerm Leibe,
es waren alſo kleine Menſchen. Mir wurde
von Engeln geſagt, daß ſie aus dem Mond
waren.
[199]Einwohnern des Monds.
waren. Derjenige, welcher von dem andern
getragen worden, kam zu mir, und machte ſich
auf die linke Seite unter dem Ellenbogen, und
redete von dannen, ſagend, daß, wenn ſie ei-
ne Stimme von ſich geben, ſie alſo tönen, und
daß ſie alſo die Geiſter, welche ihnen Böſes
zufügen wollen, in Furcht ſetzen, und einige
in die Flucht jagen, und daß ſie alſo ſicher
gehen, wohin ſie wollen. Damit ich für ge-
gewiß wüßte, daß ihre Stimme ſo lautete, ſo
wich er von mir zu einigen andern hinweg, und
tönete gleichfalls ſo. Ferner zeigten ſie, daß
ihre Stimme aus dem Wanſt wie ein Rülpſen
ausgeſtoſſen würde, und alſo ertönete. Jch
bemerkte, daß dieſes daher käme, weil die Ein-
wohner des Monds nicht ſo aus der Lunge,
wie die Einwohner anderer Erden, ſondern
aus dem Wanſt reden, und alſo aus einer
Luft, die ſich daſelbſt ſammelt, aus der Ur-
ſach, weil der Mond keine ähnliche Dunſtku-
gel, wie andere Erdbälle, um ſich hat. Jch
wurde belehret, daß die Geiſter des Monds
in dem größten Menſchen den ſchildförmigen
Knorpel (Xiphoiden) vorſtellen, an welchen
vornen die Ribben ſtoſſen, und aus welchen
die weiſſe Binde herabgeht, welche den Mus-
keln des Wanſtes zu einer Unterſtützung die-
net.
Daß auch in dem Mond Einwohner ſeyen,
wiſſen die Geiſter und Engel, und das gleich-
N 4falls
[200]Warum hat der HErr wollen ꝛc.
falls in den Monden oder Trabanten um den
Erdball des Jupiters und um die Erde des
Saturns. Diejenigen, welche keine Geiſter
von dannen geſehen und mit ihnen geredet ha-
ben, zweifeln doch nicht, daß auch auf den-
ſelben Menſchen ſeyen, weil es eben ſowohl
Erden ſind; und wo eine Erde iſt, da iſt auch
ein Menſch; den der Menſch iſt der Endzweck,
um deſſen willen die Erde da iſt, und es iſt
nichts von dem groſſen Schöpfer ohne End-
zweck gemacht worden. Daß der Endzweck
der Schöpfung das menſchliche Geſchlecht ſey,
damit der Himmel daraus beſtehe, kann einem
jeden, welcher aus einer ein wenig aufgeklär-
ten Vernunft denkt, bekannt ſeyn.
Die Urſachen, warum der HErr hat
wollen auf unſerer Erde, und auf keiner
andern gebohren werden.
Daß es dem HErrn gefallen hat, auf unſe-
rer und auf keiner andern Erde gebohren
zu werden und die Menſchheit anzunehmen,
davon giebt es viele Urſachen, von welchen ich
aus dem Himmel unterrichtet worden bin. Die
Haupturſache iſt um des Worts (GOt-
tes) willen geweſen, daß dieſes hat kön-
nen auf unſerer Erde aufgeſchrieben,
und hernach ſchriftlich auf der ganzen
Erde bekannt gemacht, und wenn es
einmal
[201]auf unſerer Erde gebohren werden?
einmal bekannt gemacht worden, auf
die ganze Nachkommenſchaft erhalten
werden; und daß auf ſolche Weiſe auch
allen in dem andern Leben hat können
geoffenbahret werden, daß Gott Menſch
geworden ſey.
Daß die Haupturſache um des Worts
willen geweſen, iſt, weil das Wort die
göttliche Wahrheit ſelbſt iſt, welches den Men-
ſchen lehret, daß ein GOtt ſey, daß ein Him-
mel und eine Hölle ſey, daß ein Leben nach
dem Tod ſey, überdas lehret es, wie er leben
und glauben ſoll, damit er in den Himmel kom-
me, und ſo in Ewigkeit glückſelig ſey. Die-
ſes alles würde ohne Offenbarung, alſo auf
dieſer Erde ohne das Wort ganz unbekannt ge-
weſen ſeyn, und doch iſt der Menſch ſo erſchaf-
fen worden, daß er nach ſeinem Jnnern nicht
ſterben kann.
Daß das Wort hat können auf unſe-
rer Erde aufgeſchrieben werden, iſt,
weil die Kunſt zu ſchreiben hier von den uräl-
teſten Zeiten war, zuerſt auf Baumrinden,
hernach auf Pergament, nachgehends auf Pa-
pier, und endlich durch den gemeinen Druck.
Dafür hat der HErr geſorget um des Worts
willen.
Daß das Wort hernach hat können
auf dieſer ganzen Erde bekannt gemacht
N 5wer-
[202]Warum hat der HErr wollen nur
werden, iſt, weil hier alle Nationen Handel
und Wandel untereinander treiben, nicht nur
durch Reiſen, ſondern auch durch Schiffahr-
ten an alle Oerter des ganzen Erdkreiſes: da-
her hat das Wort, da es einmal ſchriftlich
aufgezeichnet worden, von einer Nation zu der
andern gebracht und überall gelehret werden
können.
Daß das Wort, nachdem es einmal
aufgeſchrieben worden, hat können auf
die ganze Nachkommenſchaft erhalten
werden, folglich auf tauſend und aber tau-
ſend Jahre, und auch daß es erhalten worden
ſey, iſt bekannt.
Daß auf ſolche Weiſe hat können
offenbar werden, daß GOtt Menſch ge-
worden ſey: denn dieß iſt das erſte und we-
ſentlichſte, um deswillen das Wort iſt, denn
niemand kann an einen GOtt glauben und
GOtt lieben, den er nicht unter einer Geſtalt
begreifen kann; deswegen fallen diejenigen, wel-
che ein unſichtbahres und alſo unbegreifliches
Weſen erkennen, mit ihren Gedanken auf die
Natur, und glauben alſo an keinen GOtt.
Darum hat es dem HErrn gefallen, hier ge-
bohren zu werden, und dieſes durch das Wort
kund zu thun, damit es nicht nur auf dieſer
Welt bekannt würde, ſondern auch damit es
durch
[203]auf unſrer Erde gebohren werden?
durch daſſelbe den Geiſtern und Engeln
auch aus andern Erden, und auch den
Völkern aus der unſerigen offenbar
würde.
Es iſt zu wiſſen, daß das Wort, welches
auf unſerer Erde durch den Himmel von dem
HErrn gegeben worden, eine Vereinigung des
Himmels und der Welt ſey, zu dem Ende iſt
eine Correſpondenz alles deſſen, was in dem
Buchſtaben im Wort enthalten iſt, mit den
göttlichen Dingen im Himmel; und daß das
Wort in ſeinem höchſten und innerſten Ver-
ſtand von dem HErrn, von ſeinem Reich in
den Himmeln und auf Erden, und von der
Liebe und Glauben von Jhm und an Jhn,
folglich vom Leben von Jhm und in Jhm han-
delt: ſolches wird den Engeln im Himmel vor-
gelegt, wenn das Wort unſerer Erde geleſen
und verkündiget wird.
Auf einer jeden andern Erde wird die gött-
liche Wahrheit mündlich durch Geiſter und En-
gel geoffenbaret, wie in dem vorhergehenden,
da von den Einwohnern der Erdbälle in dieſer
Sonnen-Welt gehandelt wurde, gemeldet
worden iſt, dieß geſchiehet aber innerhalb ih-
ren Familien: denn das menſchliche Geſchlecht
wohnet auf den meiſten Erden nach Familien
abgetheilt. Es wird derowegen die göttliche
Wahrheit, welche durch Geiſter und Engel
ge-
[204]Warum hat der HErr wollen nur
geoffenbahret worden iſt, nicht weit über die
Familien hinaus gebracht, und wenn nicht be-
ſtändig eine neue Offenbahrung folgt, ſo wird
es verkehrt oder geht zu Grunde: anders iſt
es auf unſerer Erde, wo die göttliche Wahr-
heit, welche das Wort iſt, in ſeiner Voll-
ſtändigkeit immerdar bleibt.
Es iſt zu wiſſen, daß der HErr alle, aus
was für einer Erde ſie auch ſeyen, erkenne
und aufnehme, welche GOtt unter menſch-
licher Geſtalt erkennen und verehren, weil
GOtt unter menſchlicher Geſtalt der HERR
iſt: und weil der HErr den Einwohnern auf
denen Erdbällen in engliſcher Geſtalt, welches
die menſchliche Geſtalt iſt, erſcheinet; dero-
wegen, wenn die Geiſter und Engel aus je-
nen Erden von den Geiſtern und Engeln un-
ſerer Erde hören, daß GOtt würklich Menſch
ſey, ſo nehmen ſie dieſes Wort an, erkennen
es und freuen ſich, daß es ſo ſey.
Zu denen oben angeführten Urſachen kommt
noch dieſes hinzu, daß die Einwohner und Gei-
ſter unſerer Erde in dem größten Menſchen
den natürlichen und äuſſerlichen Sinn vorſtel-
len, und der natürliche und äuſſerliche Sinn
iſt das letzte, worein das Jnnere des Lebens
ausgehet, und worinn es als in ſeinem gemein-
ſchaftlichen Weſen ruhet. Eben ſo verhält es
ſich mit der göttlichen Wahrheit in dem Buch-
ſtaben,
[205]auf unſrer Erde gebohren werden?
ſtaben, welche das Wort genennet wird, wel-
ches um eben dieſer Urſache willen auch auf
dieſer Erde und auf keiner andern, gegeben wor-
den iſt; und weil der HErr das Wort iſt, und
ſein Erſtes und Letztes, daß alles nach der Ord-
nung beſtünde, ſo hat Er auch wollen auf die-
ſer Erde gebohren werden, und Wort werden,
wie es bey Johanne heißt: Jm Anfang war
das Wort, und das Wort war bey GOTT,
und GOtt war das Wort, dieſes war im An-
fang bey GOtt; alles iſt durch Jhn gemacht,
und ohne Jhn iſt nichts gemacht, was gemacht
iſt: und das Wort war Fleiſch und woh-
nete unter uns, und wir ſahen ſeine
Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des
Eingebohrnen vom Vater. Cap. I, 1. 2.
3. 4. 14. 18. Das Wort iſt der HErr, in
Abſicht auf die göttliche Wahrheit, alſo die gött-
liche Wahrheit vom HErrn. Dieß iſt aber ein
Geheimniß, welches in den Verſtand nur we-
niger kommt.
Von den Erden in dem geſtirnten
Himmel.
Diejenigen, welche in dem Himmel ſind, kön-
nen mit Engeln und Geiſtern reden und
umgehen, die nicht allein von Erden in dieſer
Sonnenwelt ſind, ſondern auch mit denen, die
von Erden auſſer dieſer Welt in dem Univerſo
ſind;
[206]Von den Erden
ſind; nicht nur mit den Geiſtern und Engeln
allda, ſondern auch mit den Einwohnern ſelbſt,
aber nur mit ſolchen, denen das Jnnere er-
öffnet iſt, daß ſie diejenigen hören können, die
aus dem Himmel reden. Eben ſo kan es auch
ein Menſch, wann er in der Welt lebt, dem es
von dem HErrn gegeben iſt, mit Geiſtern und
Engeln zu reden: denn der Menſch iſt nach ſei-
nem Jnnern ein Geiſt, der Leib, den er in der
Welt herumträgt, dienet ihm nur zu Ver-
richtungen in dieſer natürlichen oder irdiſchen
Sphäre, welche die äuſſerſte iſt. Allein mit
Engeln und Geiſtern als ein Geiſt zu reden,
wird keinem gegeben, er ſey denn ſo beſchaffen,
daß er den Engeln nach Glauben und Liebe zu-
geſellet werden könne, das kan aber nicht ſeyn,
wenn nicht der Glaube und Liebe auf den HErrn
gehen: denn der Menſch wird durch Glauben
und Liebe zu Jhm, das iſt, durch die Wahr-
heiten der Lehre und durch das Gute des Le-
bens von Jhm, vereiniget; und wenn er ver-
einiget iſt, ſo iſt er vor allem Anfall böſer Gei-
ſter aus der Hölle ſicher. Bey einigen aber kan
ihr Jnneres gar nicht eröffnet werden, weil
ſie nicht in dem HErrn ſind. Dieß iſt die Ur-
ſache, daß heut zu Tage wenige ſind, denen
es gegeben iſt mit Engeln zu reden und umzu-
gehen: davon daß eine offenbare Anzeige iſt,
daß man heutiges Tags kaum glaubt, daß es
Geiſter und Engel gebe, noch weniger, daß
ſie bey einem jeden Menſchen ſeyen, und daß
durch
[207]in dem geſtirnten Himmel.
durch ſie der Menſch in einer Verbindung mit
dem Himmel ſtehe, und durch den Himmel
mit dem HErrn; und daß man noch weniger
glaubt, daß ein Menſch, wenn er dem Leibe
nach ſtirbt, als ein Geiſt lebe, auch in menſch-
licher Geſtalt, wie zuvor.
Weil heut zu Tage viele in der Kirche gar
nichts glauben von einem Leben nach dem Tod,
und kaum etwas vom Himmel, auch nichts
vom HErrn, daß Er der GOtt des Himmels
und der Erde ſey: ſo iſt mir deswegen das
Jnnere meines Geiſtes von dem HErrn auf-
gethan worden, daß ich, ſo lang ich im Leibe
bin, zugleich bey den Engeln im Himmel ſeyn,
und nicht nur mit ihnen reden, ſondern auch
daſelbſt erſtaunliche Dinge ſehen, und ſie be-
ſchreiben könne, damit ſie nicht etwa inskünftige
auch ſagen können: wer iſt von dem Himmel
zu uns kommen und hat uns erzählet, daß Er
ſey, und was daſelbſt ſey? Allein ich weiß,
daß auch diejenigen, welche in ihrem Herzen
vorher Himmel und Hölle und ein Leben nach
dem Tode geläugnet haben, ſich auch dagegen
verhärten und es läugnen werden: denn es iſt
leichter, einen Raben weiß zu machen, als zu
machen, daß die glauben, welche einmal im
Herzen den Glauben verworfen haben, Urſach
iſt, weil ſie daran immerdar aus einer Ge-
wohnheit zu läugnen, (ex negativo) und nicht
zu bejahen denken. Jedoch mag das, was
von
[208]Von den Erdbällen
von Engeln und Geiſtern bisher geſagt worden,
und weiter geſagt werden ſoll, für diejenigen
wenige ſeyn, welche im Glauben ſtehen: da-
mit aber auch die übrigen zu einiger Erkennt-
niß gebracht werden, iſt mir verſtattet worden,
ſolche Dinge zu erzählen, welche einen wißbe-
gierigen Menſchen ergötzen und reitzen; und
dieß ſoll nun auch geſchehen von den Erden in
dem Sternenhimmel.
Wer die Heimlichkeiten des Himmels nicht
weiß, kann nicht glauben, daß ein Menſch ſo
weit entfernte Erden ſehen, und durch die ſinn-
liche Erfahrung etwas von ihnen erzählen kön-
ne: er ſoll aber wiſſen, daß die Räume und
Entfernungen, und folglich die Fortſchreitun-
gen, welche in der natürlichen Welt vorgehen,
in ihrem Urſprung und erſten Urſache Ver-
änderungen des Zuſtandes des Jnneren ſeyen,
und daß ſie bey den Engeln und Geiſtern nach
denſelbigen erſcheinen, und daß ſie alſo nach
denſelben (Veränderungen) dem Schein nach
von einem Ort in den andern, und von einer
Erde in die andere, auch in die Erden am Ende
des Weltalls verſetzet werden können. Gleiche
Bawandniß hat es auch mit einem Menſchen
nach ſeinem Geiſt, ſo, daß der Leib doch an
ſeinem Orte bleibt. Alſo iſt es mir ergangen,
weil mir aus göttlicher Barmherzigkeit des
HErrn gegeben wurde, mit Geiſter als ein
Geiſt, und zugleich mit Menſchen als ein Menſch
um-
[209]in dem geſtirnten Himmel.
umzugehen. Daß ein Menſch ſeinem Geiſte
nach alſo verſetzet werden könne, kann der ſinn-
liche Menſch nicht begreifen, weil er im Raum
und in der Zeit iſt, und nach dieſen ſeine Fort-
ſchreitungen mißt.
Daß viele Welten ſeyen, kann einem ſe-
den daraus bekannt ſeyn, daß ſo viele Geſtir-
ne in dem Weltall erſcheinen, und es iſt in
der gelehrten Welt eine bekannte Sache, daß
ein jedes Geſtirn wie eine Sonne an ſeinem
Orte ſey, denn es bleibt beſtändig, wie die
Sonne unſerer Erde, an ſeinem Ort, und
daß nur die Entfernung mache, daß es ſo klein
als ein Stern ausſieht: folglich daß es eben ſo,
wie die Sonne unſerer Welt, Planeten um
ſich habe, ſo Erden ſind; daß aber dieſe vor
unſern Augen nicht erſcheinen, kommt von ih-
rer unermeßlichen Weite her, und von dem
Licht, ſo ſie allein von ihrem Stern haben,
welches Licht nicht wiederum bis hieher reflec-
tirt werden kann. Zu was anders würde wohl
ein ſo groſſer Himmel mit ſo vielen Sternen
dienen? denn der Endzweck der Schöpfung der
Welt iſt der Menſch, daß aus dem Menſchen
der engliſche Himmel beſtehe. Was wäre für
einen unendlichen Schöpfer das menſchliche
Geſchlecht, und folglich der engliſche Himmel
aus einer Erde, für welchen tauſend Erden,
ja auch nicht Myriaden, hinlänglich wären.
Man hat ausgerechnet, daß, wenn eine Mil-
Sw. Sch.III.Th. Olion
[210]Von den Erdbällen in dem ꝛc.
lion Erden in der Welt wären, und auf ei-
ner jeden Erde 300 Millionen Menſchen, und
200 Geſchlechter (Generationen) innerhalb
6000 Jahren, und wenn einem jeden Men-
ſchen oder Geiſt 3 cubiſche Ellen Raum ange-
wieſen würde: ſo würde die Anzahl ſo vieler
Menſchen oder Geiſter, wenn man ſie in
eine Summe bringt, doch nicht einen Raum
vom tauſendſten Theil dieſer Erde erfüllen, al-
ſo etwa den Raum eines Trabanten um den
Planeten Jupiter oder Saturn, welches in dem
Weltall ein Raum von einer unmerkbaren Klein-
heit wäre, denn ein Trabant iſt vor dem bloſen
Auge kaum ſichtbar. Was iſt demnach dieſes
für den Schöpfer der Welt, dem es nicht ge-
nug ſeyn würde, wenn das ganze All voll wä-
re, denn er iſt unendlich. Hievon habe ich mit
Engeln geredet, welche ſagten, daß ſie eine
gleiche Jdee von der Wenigkeit des menſchli-
chen Geſchlechts in Abſicht auf die Unendlich-
keit des Schöpfers haben, doch aber, daß ſie
nicht aus den Räumen, ſondern aus den Zu-
ſtänden gedenken, und daß nach ihrer Jdee ſo-
viel Myriaden Erden, als man irgend denken
könnte, doch gar nichts gegen den HErrn ſeyen.
Allein von den Erden im Sternenhimmel ſoll
jetzt im folgenden aus der Erfahrung ſelbſt ge-
redet werden, woraus auch erhellen wird, wie
die Verſetzung dahin nach meinem Geiſte, ſo,
daß der Leib an ſeinem Orte blieb, geſchehen
ſind.
Von
[211]Von der erſten Erde ꝛc.
Von der erſten Erde in dem geſtirn-
ten Himmel, und von deren Geiſtern und
Einwohnern
Jch wurde durch Engel von dem HErrn zu
einer Erde in dem geſtirnten Himmel ge-
führet, wo ich konnte auf die Erde ſelbſt ſe-
hen, aber nicht mit den Einwohnern daſelbſt
reden, wohl aber mit den Geiſtern von daher.
Alle Einwohner oder Menſchen von einer jed-
weden Erde werden nach vollbrachtem Leben in
der Welt Geiſter, und bleiben neben ihrer Er-
de; doch erlangt man von ihnen Nachricht von
der Erde und von dem Zuſtande der Einwoh-
ner daſelbſt: denn die Menſchen welche von
dem Leibe ſcheiden, nehmen ihr ganzes voriges
Leben und all ihr Gedächtniß mit ſich. Auf
Erden in dem Weltall gebracht werden, heißt
nicht, dem Leibe nach dahingeführet und ver-
ſetzt werden, ſondern dem Geiſte nach, und
der Geiſt wird durch die Verſchiedenheiten des
Zuſtandes des innern Lebens geführet, wel-
che ihm vorkommen als Fortſchreitungen durch
Räume. Die Annäherungen geſchehen auch
nach den Uebereinſtimmungen oder Aehnlich-
keiten der Lebenszuſtände denn eine Ueberein-
kunft oder Aehnlichkeit des Lebens vereinigt,
und eine Nichtübereinſtimmung oder Unähn-
lichkeit trennet. Daraus kann man begreifen,
wie eine Verſetzung nach dem Geiſte, und
deſſen Annäherung an entfernte Oerter geſchie-
het, ſo daß doch der Menſch an ſeinem Orte
O 2bleibt.
[212]Von der erſten Erde
bleibt. Aber den Geiſt durch die Veränderun-
gen des Zuſtandes ſeines Jnnern vor ſeine
Welt hinausführen, und machen, daß die
Veränderungen nach und nach bis auf einen
gewiſſen Stand fortgehen, welcher denen,
zu welchen er geführet wird, übereinſtim-
mig oder ähnlich iſt, das ſtehet in der
Macht des HErrn allein: denn es wird eine
ſtete Regierung und Vorausſehung ſeyn, vom
erſten bis aufs letzte, vor- und rückwärts; in-
ſonderheit daß das mit einem Menſchen geſche-
he, welcher noch dem Leibe nach in der Natur
der Welt, und dadurch im Raum iſt. Daß
dem ſo ſey, kann man diejenigen, welche in
der leiblichen Sinnlichkeit ſind, und aus der-
ſelben heraus denken, nicht glauben machen;
die Urſach iſt, weil die leibliche Sinnlichkeit
keine Fortſchreitungen ohne Raum begreifen
kann; wohl aber können diejenigen, welche aus
der Sinnlichkeit ihres Geiſtes, die von der
Sinnlichkeit des Leibes in etwas entfernet und
abgezogen iſt, und alſo mehr innerlich in ſich
denken, dahin gebracht werden, daß ſie es glau-
ben und faſſen, weil in der Jdee des innern
Gedanken kein Raum noch Zeit iſt, ſondern
anſtatt deren ſolche Dinge, woraus Raum
und Zeiten ſind. Für dieſe mag alſo das
ſeyn, was von den Erden in dem geſtirnten
Himmel folgt, und nicht für andere, es wä-
re denn, daß ſie Unterricht annehmen.
Jn einem wachenden Zuſtande wurde ich
dem Geiſte nach durch Engel von dem HErrn
auf
[213]in dem geſtirnten Himmel.
auf eine Erde in dem Weltall, in Beglei-
tung einiger Geiſter aus dieſer Welt geführt;
die Reiſe gieng zur rechten Hand, und dau-
rete zwey Stunden. An dem Ende unſrer
Sonnenwelt erſchien zuerſt eine weißlichte aber
dicke Wolke, und nach dieſer ein feuriger
Rauch, der aus einer großen Kluft aufſtieg-
es war ein großer Abgrund, welcher auf je-
ner Seite unſere Sonnenwelt von einigen
Welten des geſtirnten Himmels ſcheidete; je-
nen feurigen Rauch ſahe man auf eine ſehr
große Weite. Jch wurde mitten hinüber
geführt; und darauf erſchienen unten in je-
nem Schlund ſehr viele Menſchen, welche
Geiſter waren: (denn die Geiſter erſcheinen
alle in menſchlicher Geſtalt, und ſind würk-
lich Menſchen) ich hörte ſie auch untereinan-
der reden; woher ſie aber und wer ſie wa-
ren, konnte ich nicht wiſſen: doch ſagte mir
einer von ihnen, daß ſie Wachten ſeyen, da-
mit nicht die Geiſter von dieſer Welt in eine
andere ohne gegebene Erlaubniß hinüber ſez-
zen. Daß dem ſo ſey, wurde auch beſtäti-
get: denn einige Geiſter, welche in dem Ge-
folge waren, denen es nicht erlaubet wurde,
hinüber zu fahren, als ſie zu jenem großen
Zwiſchenraum kamen, fiengen an ſehr zu
ſchreyen, ſie kämen um: denn ſie waren wie
die, welche in den letzten Zügen mit dem
Tode ringen, deswegen blieben ſie auf jener
Seite des Abgrundes ſtehen, und konnten
O 3nicht
[214]Von den Erden in dem ꝛc.
nicht weiter hinüber gebracht werden: denn
der Rauch, welcher aus dem Schlund aus-
dünſtete, ergriff ſie, und marterte ſie auf
ſolch Weiſe.
Nachdem ich über dieſen großen Schlund
hinüber gebracht worden, kam ich endlich an
einen Ort, wo ich mich verweilte, darauf
erſchienen mir oberhalb Geiſter, mit welchen
ich reden durfte. Aus ihrer Rede und aus
ihrer Art ſich ihrer Vorſtellungen von Sa-
chen bewußt zu ſeyn (genio appercipiendi)
und ſie zu beſchreiben, habe ich deutlich wahr-
genommen, daß ſie aus einer andern Erde
waren, denn ſie waren durchaus unterſchie-
den von den Geiſtern unſerer Sonnenwelt;
ſie merkten es auch aus meiner Rede, daß
ich weit her war.
Nachdem wir von verſchiedenen Dingen
uns eine Zeitlang unterredet hatten, fragte
ich: was für einem Gott ſie dieneten? einem
gewiſſen Engel, ſagten ſie, welcher als ein
göttlicher Menſch ihnen erſcheinet, denn er
glänzet aus einem Licht, und daß er ſie un-
terrichte und zu vermerken gebe, was zu thun
ſey. Sie ſagten ferner, daß ſie wiſſen, daß
der größte GOtt in der Sonne des engli-
ſchen Himmels ſey, und daß er ſeinem En-
gel und nicht ihnen erſcheine, und daß er zu
groß ſey, als daß ſie ſich unterſtehen dürf-
ten, ihn anzubeten. Der Engel, den ſie
verehrten, war eine engliſche Geſellſchaft, dem
es
[215]in dem geſtirnten Himmel.
es vom HErrn gegeben wurde, ihnen vorzu-
ſtehen und den Weg der Gerechtigkeit und
des Rechts zu lehren; daher haben ſie ein
Licht aus einer Flamme, welche als eine Fak-
kel zu ſehen iſt, ſehr feurig und gelb; die
Urſach rührt daher, weil ſie den HErrn nicht
anbeten, daher haben ſie kein Licht aus der
Sonne des engliſchen Himmels, ſondern aus
einer engliſchen Geſellſchaft: denn eine
engliſche Geſellſchaft kann, wenn es ihr vom
HErrn gegeben wird, ein ſolches Licht Gei-
ſtern, die in der untern Gegend ſind, dar-
ſtellen. Dieſe engliſche Geſellſchaft habe ich
auch geſehen, ſie war hoch über ihnen; ich
habe auch das Flammende, woher das Licht
kam, geſehen.
Jm übrigen waren ſie beſcheiden, etwas
einfältig, doch dachten ſie ziemlich gut. Aus
dem Licht bey ihnen konnte man ſchließen,
was es bey ihnen für eine Beſchaffenheit mit
der Verſtändlichkeit (intellectuale) habe: denn
der Verſtand richtet ſich nach dem Empfang
des Lichts aus dem Himmel, weil die gött-
liche Wahrheit, die von dem HErrn als der
Sonne ausgehet, es iſt, was daſelbſt leuch-
tet, und den Engeln nicht nur das Sehen
ſondern auch das Verſtehen giebt.
Jch wurde unterrichtet, daß die Einwoh-
ner und Geiſter von jener Erde ſich in den
O 4größ-
[216]Von der erſten Erde
größten Menſchen auf etwas in dem Milz
beziehen, wovon ich durch den Einfluß auf
das Milz, da ſie mit mir redeten, vergewiſ-
ſert wurde.
Es kam die Frage von der Sonne ihrer
Welt, welche ihre Erde erleuchtet, vor; ſie
ſagten, daß die Sonne daſelbſt flammend er-
ſcheine, und da ich die Größe von der Son-
ne unſerer Erde vorſtellte, ſagten ſie, ſie ſey
kleiner: denn die Sonne iſt ihnen vor unſern
Augen ein Stern; ich hab auch von den En-
geln gehöret, daß ſie unter den kleinern ein
Stern ſey. Sie ſagten auch, daß man aus
ihrer Erde den Himmel geſtirnt ſehe, und
daß ein Stern, welcher größer als die an-
dern ſey, ihnen gegen Abend erſcheine; aus
dem Himmel wurde geſagt, daß derſelbe un-
ſere Sonne ſey.
Nachgehends wurde mir das Geſicht ge-
öffnet, daß ich in etwas auf die Erde ſelbſt
ſehen konnte; und es erſchienen viele
Wieſen und Wälder ſamt Bäumen mit Blät-
tern; auch Schafe die Wolle trugen. Nach
dieſem ſahe ich etliche Einwohner, die von
geringem Stande waren, ſie hatten Kleider
an faſt wie die Bauren in Europa. Es zeig-
te ſich auch ein Mann mit ſeinem Weib, die-
ſes hatte eine ſchöne Statur, und zierliche
Gebärden, der Mann gleichfalls; was mich
aber
[217]in dem geſtirnten Himmel.
aber wunderte, ſo gieng er prächtig einher,
und hatte einen gleichſam ſtolzen Gang, das
Weib aber einen demüthigen. Es ſagten die
Engel, daß dieß ſo der Gebrauch auf jener
Erde ſey, und daß dergleichen Männer ge-
liebt werden, weil ſie doch gut ſind. Es
wurde auch geſagt, daß ſie nicht mehrere Wei-
ber haben dürfen, weil es wider die Geſetze
ſey. Das Weib, das ich ſahe, hatte vor
der Bruſt ein breites Gewand, hinter wel-
ches ſie ſich verbergen konnte; dieß war ſo
gemacht, daß ſie die Aerme hinein ſtecken,
und daſſelbe anziehen und fortgehen konnte:
an dem untern Theil konnte es aufgehoben
werden, und wenn es aufgehoben und
an den Leib gelegt worden, ſahe es aus
wie eine Schnürbruſt, wie bey den Frauen
auf unſerer Erde. Eben daſſelbe diente auch
dem Manne ſtatts eines Gewands, ich
ſahe daß er es von dem Weib nahm, auf
ſeinen Rücken legte und den untern Theil los-
machte, dieſer hieng bis auf die Füße hinab
wie ein langes Kleid (toga) und ſo gieng er
gekleidet einher. Was ich auf jener Erde ſa-
he, ſah ich nicht mit den Augen meines Lei-
bes, ſondern mit den Augen meines Geiſtes,
und ein Geiſt kan das ſehen was auf einer
Erde iſt, wenn es ihm von dem HErrn ge-
geben wird.
Weil ich weis, daß einige zweifeln wer-
den, ob es doch möglich ſey, daß ein Menſch
O 5mit
[218]Von der erſten Erde
mit den Augen ſeines Geiſtes etwas auf ei-
ner ſo weit entlegenen Erde ſehen könne, ſo darf
ich ſagen, wie es damit zugehe. Die Entfer-
nungen in dem andern Leben ſind nicht wie
die Entfernungen auf der Erde; die Entfer-
nungen in dem andern Leben verhalten ſich
gänzlich nach eines jeden Zuſtänden, darinn
ſein Jnneres iſt. Diejenigen, welche in el-
nem ähnlichen Zuſtand ſind, die ſind zugleich
in einer Geſellſchaft und an einem Ort; alles
Gegenwärtige rührt daſelbſt aus der Aehnlich-
keit des Zuſtandes her, und alle Entlegen-
heit aus ſeiner Unähnlichkeit her. Daher kam
es daß ich bey jener Erde war, da ich von
dem HErrn in einen Zuſtand verſezt wurde, der
dem Zuſtande der Geiſter und Einwohner da-
ſelbſt ähnlich war, und daß ich alsdenn gegen-
wärtig mit ihnen redete. Es erhellet daraus, daß
die Erden in der geiſtlichen Welt nicht wie in der
natürlichen Welt von einander abſtehen, ſon-
dern nur dem Schein nach, nach den Zu-
ſtänden des Lebens der Einwohner und Gei-
ſter daſelbſt. Ein Zuſtand des Lebens iſt ein
Zuſtand der Neigungen (affectionum) in
Abſicht auf Liebe und Glauben. Daß ein
Geiſt, oder welches einerley, ein Menſch dem
Geiſte nach das ſehen kan, was auf einer
Erde iſt, will ich beſchreiben, wie ſich auch
dieſe Sache verhält. Weder Geiſter noch
Engel können mit ihrem Geſicht etwas ſehen,
welches in dieſer Welt iſt: denn ihnen iſt
das
[219]in dem geſtirnten Himmel.
das Licht dieſer Welt oder der Sonne wie
eine dicke Finſterniß: gleichwie ein Menſch mit
dem Geſicht ſeines Leibs auch nichts von dem
ſehen kann, was in dem andern Leben iſt,
denn ihm iſt das Licht des Himmels wie ei-
ne dicke Finſterniß. Doch können Geiſter und
Engel, wann es dem HErrn wohlgefällt,
dasjenige was in der Welt iſt, ſehen durch
die Augen eines Menſchen; dieſes läßt aber
der HERR bey keinen andern als bey denen
zu, denen der HErr mit Geiſtern und En-
geln zu reden, und zugleich bey ihnen zu
ſeyn erlaubet: durch meine Augen wurde ih-
nen vergönnet das, was in der Welt iſt, zu
ſehen, und ſo deutlich als ich, wie auch Men-
ſchen, die mir redeten, zu hören. Es ereig-
nete ſich etlichemal, daß einige ihrer Freun-
de, die ſie bey Leibes Leben gehabt haben,
durch mich geſehen haben durchaus ſo gegen-
wärtig wie vorher, und ſie erſtaunten; ſie ſa-
hen auch ihre Männer und Kinder, und woll-
ten ſagen, daß ſie da wären und dieſelben
ſähen, und daß ich von ihrem Zuſtand in
dem andern Leben Nachricht geben ſollte; es
war mir aber verboten, ihnen zu ſagen und
zu entdecken, daß es ihnen ſo vorkomme, aus
der Urſache weil ſie geſagt hätten, ich ſeye
nicht geſcheid, oder weil ſie gedacht hätten,
es ſey Unſinn, weil mir bekannt war, daß,
ob ſie gleich es mit dem Munde ſagten, ſie
es doch nicht im Herzen glaubten, daß es
Gei-
[220]Von der erſten Erde
Geiſter gebe, und daß die Todten auferſtan-
den und unter den Geiſtern ſeyen, und die-
ſe durch einen Menſchen ſehen und hören
können. Da mir anfangs mein inwendiges
Geſicht geöfnet wurde, und diejenigen, ſo im
andern Leben waren, durch meine Augen die
Welt und das was in der Welt war, ſa-
hen, ſind ſie ſo erſtaunt, daß ſie ſagten, dieß
ſey ein Wunder über Wunder, und wurden
mit neuer Freude erfüllet, daß es auf ſolche
Weiſe eine Gemeinſchaft der Erde mit dem
Himmel, und des Himmels mit der Erde,
gebe. Dieſe Freude daurete Monate lang,
nachdem ſie es aber ſo gewohnt worden, ver-
wundern ſie ſich jetzt nicht mehr. Jch wur-
de belehret, daß Geiſter und Engel bey an-
dern Menſchen nicht das Geringſte von dem,
was in der Welt iſt, ſehen, ſondern nur die
Gedanken und Neigungen derer, bey denen
ſie ſind, vernehmen. Hieraus konnte erhellen,
daß der Menſch alſo erſchaffen ſey, daß, wenn
er in der Welt unter Menſchen lebt, er auch
zugleich im Himmel unter den Engeln leben
möchte, und hinwiederum, daß Himmel und
Welt bey dem Menſchen zugleich ſeyn, und
Einerley würken ſollten, und die Menſchen
wiſſen könnten, was im Himmel, und die
Engel, was auf der Welt ſey; und daß,
wenn die Menſchen ſterben, ſie auf ſolche
Weiſe aus dem Reich des HErrn auf Er-
den in das Reich des HErrn im Himmel,
nicht
[221]in dem geſtirnten Himmel.
nicht als in ein anderes, ſondern als in das
nemliche, in welchem ſie auch waren, da ſie
im Leibe lebten, übergehen ſollten: weil aber
der Menſch ſo leiblich worden iſt, hat er ſich
den Himmel verſchloſſen.
Zuletzt habe ich auch mit Geiſtern, wel-
che von jener Erde waren, von mancherley
Dingen auf unſerer Erde geredet, inſonder-
heit davon, daß es hier Wiſſenſchaften gebe,
die man anderswo nicht finde, als die aſtro-
nomiſchen, geometriſchen, mechaniſchen, phy-
ſiſchen, chymiſchen, mediciniſchen, optiſchen,
philoſophiſchen, und überdas noch Künſte, die
anderswo nicht bekannt ſeyen, als Schiffe
zu bauen, Metalle zu ſchmelzen, auf Papier
zu ſchreiben, und es durch den Druck be-
kannt zu machen, und auf ſolche Weiſe mit
andern auf dem Erdboden Gemeinſchaft zu
haben, es auch auf die Nachkommenſchaft
auf tauſend Jahre zu bringen, und daß es
ſo mit dem Wort, das von dem HErrn iſt,
ergangen, und daß deswegen die Offenbarung
auf unſerer Erde beſtändig bleiben ſolle.
Endlich wurde mir auch die Hölle derer,
die von jener Erde waren, gezeigt, diejeni-
gen, ſo ich darinn ſahe, machten einen ſehr
großen Schrecken ihre greßliche Geſichter darf
ich nicht beſchreiben. Jch ſahe auch daſelbſt
Hexen, welche Zauberkünſte treiben, dieſe er-
ſchienen grün gekleidet, und erregten Grauen.
Von
[222]Von der zweyten Erde
Von der zweyten Erde in dem ge-
ſtirnten Himmel, und von ihren Gei-
ſtern und Einwohnern.
Jch wurde darnach von dem HErrn auf eine
Erde in der Welt geführet, welche von
unſerer Erde weiter als jene erſte, wovon
jetzt gehaudelt worden, entfernet war; daß
ſie weiter entfernt war, erhellte daraus, daß
ich dahin nach meinem Geiſte in zween Ta-
gen gebracht worden bin, ſie zwar zur Lin-
ken, die erſte aber zur Rechten. Weil die
Entfernung in der geiſtlichen Welt nicht aus
dem Abſtand des Orts, ſondern aus dem
Unterſchied des Standes, wie oben gemeldet
worden, herrühret, ſo konnte ich daraus, weil
es zween Tage lang verzögerte, bis ich dahin
kam, den Schluß machen, daß der Zuſtand
des Jnnern bey ihnen, welches ein Stand
der Rührungen und der Gedanken daher, iſt,
um ſo viel von dem Zuſtande des Jnnern,
welcher bey den Geiſtern aus unſerer Erde
iſt, unterſchieden wäre. Weil ich dorthin
dem Geiſte nach durch die Veränderungen
des Zuſtandes des Jnnern verſetzt worden
bin, ſo konnte ich die auf einander folgende
Veränderungen ſelbſt, ehe man dorthin kam,
bemerken. Es geſchahe, da ich wachte.
Als man da anlangte, ſahe man keine
Erde, ſondern die Geiſter aus derſelben Er-
de: denn es erſcheinen, wie vorhin gemeldet
wor-
[223]in dem geſtirnten Himmel.
worden, die Geiſter einer jedweden Erde um
ihre Erde herum, aus der Urſache: weil ſie
mit den Einheimiſchen von gleicher Art ſind,
denn ſie kommen von ihnen her, und ſind zu dem
Ende da, daß ſie ihnen dienen. Man ſahe
dieſelben Geiſter ſehr hoch über dem Haupt,
und von dar ſahen ſie mich ankommen. Es
iſt zu wiſſen, daß diejenigen, welche in dem
andern Leben in der Höhe ſtehen, diejenigen
die unten ſind, ſehen können, und je hö-
her ſie ſind, deſto weiter können ſie um
ſich ſehen, und daß ſie dieſelben nicht nur
ſehen, ſondern auch mit ihnen reden können.
Sie bemerkten daher, daß ich nicht aus
ihrer Erde war, ſondern aus der Ferne
anderswoher, deswegen redeten ſie mich
von dortaus an, und fragten von mancher-
ley Sachen, auf welche mir auch zu ant-
worten gegeben worden; unter andern erzählte
ich ihnen, aus was für einer Erde ich war,
und wie ſie beſchaffen ſey, hernach redete ich
von den Erdbällen in unſerer Sonnenwelt,
und darauf auch von den Geiſtern der Erde
oder des Planeten Merkur, daß ſie viele Erd-
bälle durchwandern, um ſich Kenntniſſe von
mancherley Sachen zu verſchaffen; als ſie das
hörten, ſagten ſie, daß ſie auch dieſelben bey
ihnen geſehen haben.
Es wurde mir von den Engeln aus un-
ſerer Erde geſagt, daß die Einwohner und
Geiſter jener Erde in dem größten Menſchen
die
[224]Von der zweyten Erde
die Schärfe des Geſichts vorſtelleten, und
daß ſie deswegen in der Höhe erſcheinen, und
auch ein ſehr ſcharfes Geſicht haben. Weil
ſie das vorſtellten, und das, was unten war,
ſcharf ſahen, habe ich ſie auch unter dem Reden
mit den Adlern verglichen, welche hoch flie-
gen, und ſich ſcharf und weit umſehen: ſie
wurden aber auf dieſes unwillig, und mey-
neten, als ob ich glaubte, ſie ſeyen in Ab-
ſicht auf den Raub den Adlern gleich, und
daß ſie alſo böſe wären; allein ich antworte-
te, daß ich ſie den Adlern nicht in Rückſicht
auf den Raub vergliche, ſondern in Rückſicht
auf die Schärfe des Geſichts.
Sie wurden befragt, was für einem Gott
ſie dieneten? ſie antworteten darauf, daß ſie
einen ſichtbaren und unſichtbaren Gott ver-
ehrten, einen ſichtbaren Gott unter menſchlicher
Geſtalt, und einen unſichtbaren Gott unter kei-
ner Geſtalt; ich nahm an ihrer Rede und
auch an den Jdeen ihrer Gedanken, die ſie
mir mittheileten, wahr, daß der unſichtbare
Gott ſelbſt unſer HErr wäre, ſie nenneten
ihn auch den HErrn. Auf dieſes wurde ge-
antwortet, daß auch auf unſerer Erde ein
unſichtbarer und ſichtbarer Gott verehrt wer-
de, und daß der unſichtbare GOtt Vater,
und der ſichtbare HErr genennet werde, daß
aber beedes Eins ſeyen, wie er ſelbſt geleh-
ret hat, da er ſagte, daß man die Geſtalt
des Vaters niemals geſehen habe, daß aber
der
[225]in dem geſtirnten Himmel.
der Vater und Er Eins ſeyen, und daß,
wer ihn ſiehet, den Vater ſehe, und daß
der Vater in ihm und er in dem Vater ſey,
folglich daß dieſes beede göttliche Weſen in
Einer Perſon ſey. Daß dieſes Worte des
HErrn ſelbſt ſeyen, ſchlage man nach, Joh.
V. 37. X. 30. XIV. 7. 9. 10. 11.
Nach dieſem ſah ich andere Geiſter aus
eben derſelben Erde, welche ſich an einem
Orte unter ihnen ſehen ließen, mit welchen
ich auch redete; es waren aber dieſe Götzen-
diener, denn ſie verehrten einen Götzen aus
Stein, der einem Menſchen, aber keinem
ſchönen gleich war. Es iſt zu wiſſen, daß
alle, welche in das andere Leben kommen, an-
fänglich einen Gottesdienſt haben, der ihrem
Gottesdienſt auf der Welt gleich iſt, daß ſie
aber nach und nach davon wegkommen. Die
Urſache, daß es ſo geſchiehet, iſt, weil ein
jeder Gottesdienſt dem innerlichen Leben des
Menſchen eingepflanzt bleibt, aus welchem er
nicht anders als nach und nach weggeſchaft
und ausgerottet werden kan. Als ich dieſes
erblickte, ſagte ich, man müſſe keinen todten
ſondern einen lebendigen Gottesdienſt haben,
ſie wiſſen, daß Gott, und nicht der Stein,
lebe; ſie gedenken aber an den lebendigen
Gott, wenn ſie einen, einem Menſchen ähn-
lichen Stein anſehen, und anderſt können
die Jdeen ihrer Gedanken auf den unſicht-
Sw. Sch.III.Th. Pbaren
[226]Von der zweyten Erde
daren Gott nicht figirt und determinirt wer-
den; darauf konnte ich ihnen antworten, daß
dieſes wohl geſchehen könne, wenn es auf
den HErrn gehe, welcher der ſichtbare GOtt
in dem Gedanken unter menſchlicher Geſtalt
iſt; und daß alſo der Menſch mit dem un-
ſichtbaren Gott durch Gedanken und Rüh-
rung, folglich durch Glauben und Liebe, ver-
einigt werden könne, wenn er mit dem HErrn
vereinigt wird, aber nicht anderſt.
Die Geiſter, welche ſich aus der Höhe
ſehen ließen, wurden befragt, ob ſie auf der
Erde unter der Regierung der Fürſten oder
Könige leben? darauf antworteten ſie, ſie
wiſſen nicht, was Regierungen ſeyen, ſie le-
ben unter einander, in Völker, Familien
und Häuſer abgetheilet; ſie wurden befragt,
ob ſie ſo ſicher ſeyen? ſie ſagten ja, weil ei-
ne Familie die andere nicht beneidet, und
nichts abzunehmen begehret. Sie wurden un-
willig, daß man nach ſolchen Dingen fragte,
gleich als ob man ſie einer Feindſeligkeit, oder
einer Beſchützung gegen Räuber, beſchuldigte:
was iſt nöthiger, ſagten ſie, als Nahrung
und Kleidung haben, und ſo vergnügt und
ruhig unter einander wohnen.
Als man ſie ferner von ihrer Erde frag-
te, ſagten ſie, ſie haben Wieſen, Auen,
Wälder voll fruchtbarer Bäume, auch Seen,
wor-
[227]in dem geſtirnten Himmel.
worinn Fiſche, ferner Vögel von blauer Far-
be mit goldnen Federn, und große und kleine
Thiere, unter den kleinern gedachten ſie ſol-
cher, welche einen hohen Rücken, wie die
Cameele auf unſerer Erde, hätten; und doch
eſſen ſie kein Fleiſch von ihnen, ſondern al-
lein das Fleiſch von Fiſchen, überdas Früch-
te von Bäumen, Zugemüs aus der Erde.
Sie ſagten ferner, daß ſie in keinen aufge-
baueten Häuſern wohnen, ſondern in Hay-
nen, worinn ſie ſich unter den Zweigen Dä-
cher für den Regen und Sonnenhitze machen.
Es wurde die Frage von ihrer Sonne ge-
macht, welche ein Stern vor den Augen aus
unſerer Erde iſt, ſie ſagten, daß ſie feurig
erſcheine, dem Anſehen nach nicht größer als
der Kopf eines Menſchen. Von den En-
geln wurde mir geſagt, daß der Stern, der
ihre Sonne iſt, unter den kleinern ſey, nicht
weit von dem Aequator des Himmels.
Es ließen ſich die Geiſter ſehen, die ſich
gleich ſahen, als ſie Menſchen auf ihrer Er-
de waren, ſie hatten ein Angeſicht, das dem
Angeſicht der Menſchen auf unſerer Erde
nicht ungleich iſt, außer daß ihre Augen und auch
ihre Naſe klein waren: weil mir dieſes etwas un-
geſtalt vorkam, ſagten ſie, kleine Augen und
eine kleine Naſe ſey bey ihnen eine Schön-
heit. Es ließ ſich ein Frauenzimmer ſehen
P 2mit
[228]Von der dritten Erde
mit einem langen Kleid angezogen; ich frag-
te, woraus ſie ſich auf jener Erde Kleider
machen? ſie antworteten, ſie leſen aus Kräu-
tern ſolche Dinge zuſammen, die ſie in Fä-
den zuſammenwirken, hernach ſetzen ſie ſo-
gleich die Fäden in doppelt oder dreyfacher
Reihe zuſammen, und feuchten ſie mit Leim-
waſſer an, und überziehen ſie alſo mit einer
Steife, ſie färben dieß Gewebe hernach aus
Kräuterſäften. Es wurde (mir) auch gezeigt,
wie ſie die Fäden machen: ſie ſitzen rücklings
(deſupinatæ) auf dem Boden, und rollen
dieſelben durch die Zehen der Füße zuſam-
men, und wenn ſie aufgerollet ſind, ziehen
ſie dieſelben an ſich, und laſſen ſie durch die
Hände gehen.
Sie ſagten auch, daß auf derſelben Er-
de ein Mann nur eine Frau, und nicht meh-
rere habe, und daß ſie die Kinder der Zahl
nach 10 bis auf 15 zeugen. Sie ſetzten hin-
zu, daß man auch daſelbſt Huren finde, daß
ſie aber nach dem Leben des Leibes, wenn
ſie Geiſter werden, Zauberinnen ſeyen und
in die Hölle geworfen werden.
Von der dritten Erde in dem ge-
ſtirnten Himmel, und von Geiſtern
und Einwohnern.
Es ließen ſich Geiſter von weitem ſehen,
welche ſich nicht näher herbey machen
woll-
[229]in dem geſtirnten Himmel.
wollten, die Urſache war, weil ſie nicht zu-
gleich bey den Geiſtern unſerer Erde, die da-
mals um mich waren, ſeyn konnten; daraus
bemerkte ich, daß ſie aus einer andern Erde
waren: nachgehends wurde mir geſagt, daß
ſie aus einer gewiſſen Erde in dem Weltall
waren, wo aber dieſelbe Erde ſey, wurde
mir nicht angezeigt. Jene Geiſter wollten
gar nicht an ihren Leib denken, auch nicht
einmal an eine körperliche und materielle Sa-
che, anderſt als die Geiſter aus unſerer Er-
de; daher kam es, daß ſie nicht herzunahen
wollten, doch aber nach Entfernung einiger
Geiſter von unſerer Erde, kamen ſie näher
herzu, und redeten mit mir. Allein ich em-
pfand alsdann eine Angſt, welche aus Zu-
ſammenſtoßung der Wirkungskreiſe (ex col-
liſione ſphærarum) entſtund, denn es um-
geben geiſtliche Sphären alle Geiſter und die
Geſellſchaften der Geiſter, und weil ſie aus
dem Leben der Rührungen und der Gedan-
ken ausfließen, ſo entſtehet deswegen, wo
widrige Rührungen ſind, ein Aneinanderſtoſ-
ſen und daraus eine Bangigkeit. Es erzähl-
ten die Geiſter von unſerer Erde, daß ſie es
auch nicht wagen, ſich ihnen zu nähern, weil,
wenn ſie ſich nähern, esihnen nicht nur angſt
und bange wird, ſondern es dünkt ſie auch,
als ob ſie mit Schlangen an Händen und
Füßen gebunden wären, woraus ſie nicht los
werden können, ehe ſie zurück weichen; daß
P 3es
[230]Von der dritten Erde
es ihnen ſo vorkomme, hat ſeine Urſache in
der Correſpondenz: denn die Geiſter unſerer
Erde ſtellen in dem größten Menſchen den
äußerlichen Sinn, alſo das körperliche Sinn-
liche, vor, und dieß Sinnliche wird in dem
andern Leben durch Schlangen vorgeſtellet.
Weil es mit den Geiſtern jener Erde
dieſe Bewandtnis hat, ſo präſentiren ſie ſich
deswegen vor den Augen anderer Geiſter,
nicht wie andere in einer deutlichen menſch-
lichen Geſtalt ſondern wie Wolken, die mei-
ſten wie eine ſchwärzliche Wolke, deren ein
weißes menſchliches Weſen eingemiſcht iſt, ſie
ſagten aber, daß ſie inwendig weiß ſeyen, und
daß, wann ſie Engel werden, dieſes ſchwärz-
liche in ſchön blau verwandelt werde, wel-
ches mir auch gezeigt wurde. Jch fragte, ob
ſie eine ſolche Jdee von ihrem Leib auch ge-
habt haben, da ſie als Menſchen auf der
Welt lebten? ſie ſagten, daß die Menſchen
von ihrer Erde ihre Leiber für nichts achten,
ſondern nur den Geiſt in dem Leib, weil ſie
wiſſen, daß dieſer in Ewigkeit leben, der Leib
aber zu grund gehen werde; ſie ſagten auch,
daß viele auf ihrer Erde glauben, der Geiſt
des Leibes ſey von Ewigkeit geweſen und dem
Leib bey der Empfängnis eingegoſſen worden,
ſie ſetzten aber hinzu, daß ſie jetzt wiſſen, es
ſey dem nicht ſo, und es reue ſie, daß ſie
auch in einer ſolchen falſchen Meynung geweſen
ſeyen.
Als
[231]in dem geſtirnten Himmel.
Als ich fragte, ob ſie einige Dinge auf
unſerer Erde ſehen wollten, und daß dieſes
durch meine Augen geſchehen könnte, ſo ant-
worteten ſie zuerſt, ſie könnten es nicht, her-
nach, ſie wollten es nicht, weil das, was ſie
ſehen würden, doch nichts anders ſeyn würde
als irdiſche und materielle Dinge, von wel-
chen ſie, ſo viel möglich, die Gedanken ent-
fernen. Doch präſentirten ſich vor ihnen
prächtige Palläſte, die denen, welche auf un-
ſerer Erde bey den Königen und Fürſten ſind,
ähnlich waren: denn es können ſich derglei-
chen vor den Geiſtern präſentiren, und wenn
dieſes geſchiehet, ſo kommt es ihnen gänzlich
vor, als wenn es ſo wäre. Allein die Gei-
ſter aus jener Erde machten nichts daraus,
ſie nennten ſie marmorne Schattenbilder; ſie
erzählten darauf, daß es bey ihnen noch präch-
tigere gebe, und daß es ihre Gotteshäuſer
wären, nicht aus Stein, ſondern von Holz.
Da ihnen geſagt wurde, daß es doch irdiſche
Dinge wären, antworteten ſie, es ſeyen kei-
ne, ſondern himmliſche Dinge, weil, wenn
ſie dieſelben anſehen, ſie keine irrdiſche ſon-
dern eine himmliſche Jdee haben, und glau-
ben, daß ſie auch dergleichen im Himmel nach
dem Tode ſehen werden. Sie ſtellten darauf
ihre Gotteshäuſer vor den Geiſtern unſrer
Erde vor, welche ſagten, daß ſie nichts
prächtigers geſehen haben, und weil ich ſie
auch geſehen, ſo kann ich ſie deswegen be-
P 4ſchrei-
[232]Von der dritten Erde
ſchreiben: ſie werden aus Bäumen gebauer,
die nicht gehauen werden, ſondern wie ſie auf
ihrem natürlichen Grund und Boden wach-
ſen; ſie ſagten, daß es auf ihrer Erde Bäu-
ine gäbe von einer verwundernswürdigen Län-
ge und Höhe, ſie ſetzen dieſelben von Anfang
in Reihen, damit ſie zu Lauben und Spa-
ziergängen dienen, und ordnen ihre Aeſte,
wenn ſie noch zart ſind, und bereiten ſie
durch Beſchneiden zu, daß ſie im Wachſen
ſich in einander ſchlingen und mit einander
verbinden zu einem Boden und Eſtrich der
aufzubauenden Kirche, und ſich auf den Sei-
ten für die Wände erheben, und ſich oben
in Bögen für das Dach biegen; daher bauen
ſie die Kirche mit einer wunderbaren Kunſt,
hoch über die Erde erhaben; ſie machen auch
eine Treppe in dieſelbige durch lauter Baum-
äſte, die hervorgehen und veſt mit einander
verbunden ſind. Ueber das zieren ſie die Kir-
che auſen und inwendig auf mancherley Wei-
ſe aus, indem ſie den Zweigen mancherley
Geſtalten geben: alſo bauen ſie auch ganze
Hayne. Was es aber für eine Beſchaffen-
heit mit jenen Kirchen inwendig habe, konn-
te ich nicht ſehen, nur wurde mir geſagt,
daß das Licht von ihrer Sonne durch Oef-
nungen zwiſchen den Aeſten hineinfalle, und
durch Cryſtallen hin und her geworfen wer-
de, wodurch das Licht allerley Farben wie ein
Regenbogen an den Wänden herum bekommt,
in-
[233]in dem geſtirnten Himmel.
inſonderheit blaue und Pommeranzen-Farbe,
welche ſie vor andern lieben. Dieſes ſind ih-
re Baukünſte, die ſie den prächtigſten Pa-
läſten unſerer Erde vorziehen.
Ferner ſagten ſie, die Einwohner woh-
nen nicht in der Höhe, ſondern auf der Er-
de in niedrigen Hütten, (caſis) aus der Ur-
fache weil das Hohe für den HErrn, der in
dem Himmel iſt, gehöret, und das Niedrige
für die Menſchen, die auf Erden ſind. Es
wurden mir auch ihre Hütten gezeigt, ſie wa-
ren länglicht, inwendig an den Wänden war
ein Bett an dem andern, worinn einer nach
dem andern liegt, auf der Seite der
Thüre gegen über iſt ein in die Runde gebo-
gener Platz, vor welchem ein Tiſch und hin-
ter demſelben ein Heerd iſt, wovon die gan-
ze Kammer helle wird, auf dem Heerd brennt
kein Feuer, ſondern es iſt leuchtend Holz dar-
auf, welches ſo viel Licht von ſich giebt, als
eine Flamme auf dem Heerd; dieß Holz, ſag-
ten ſie, ſcheint des Abends, als wenn ein
Gluthfeuer darinnen wäre.
Sie ſagten, daß ſie nicht in Geſellſchaf-
ten leben, ſondern ein jedes Haus für ſich,
und daß Geſellſchaften ſeyen, wenn ſie zunt
Gottesdienſt zuſammen kommen, und daß als-
dann die Lehrer unterhalb der Kirche ſpatzieren
gehn, und die andern in den Lauben auf den Seiten
P 5und
[234]Von der dritten Erde
und daß ſie in dieſen Zuſammenkünften eine
innerliche Freude an dem Anblick der Kirche
und an dem Gottesdienſt darinn haben.
Von dem Gottesdienſt ſagten ſie, daß ſie
einen GOtt unter menſchlicher Geſtalt, alſo
unſern HErrn, erkennen: denn diejenigen,
welche den Gott des Weltalls unter menſch-
licher Geſtalt erkennen, werden von unſerm
HErrn angenommen und geführet, die übri-
gen können nicht geführet werden, weil ſie
ohne eine Geſtalt denken. Sie fügten hinzu,
daß die Einwohner ihrer Erde von himmli-
ſchen Dingen durch einen unmittelbaren Um-
gang mit Engeln und Geiſtern unterrichtet
werden, in welchem ſie leichter als andere,
von dem HErrn verſetzt werden können, weil
ſie aus ihrem Denken und Rührung das Leib-
liche verwerfen. Jch fragte wie es denen
gehe, die bey ihnen böſe ſind, ſie ſagten,
man dürfe auf ihrer Erde nicht gottlos ſeyn:
Wenn aber einer bös denkt und übels thut,
ſo werde es ihm von einem Geiſt verwieſen,
welcher ihm, wenn er darinn beharret, den
Tod ankündigt, und wenn er beharret, ſo
ſterbe er an einer Ohnmacht; und auf ſolche
Weiſe werden die Menſchen jener Erde vor
den Anſteckungen der Böſen bewahret. Es
wurde auch ein ſolcher Geiſt zu mir geſchickt,
der mit mir, als wie mit ihnen redete, er
verurſachte mir noch dazu in der Gegend mei-
nes
[235]in dem geſtirnten Himmel.
nes Unterbauchs einigen Schmerzen, und ſag-
te, daß er es ſo denen mache, welche böſe
denken und übels thun, und denen er den
Tod ankündigt, wenn ſie fortmachen. Sie
ſagten, daß diejenigen hart geſtraft werden,
welche heilige Dinge entweihen, und daß, ehe
der Strafgeiſt kommt, ihnen in dem Geſicht
ein breiter Löwenrache von ſchwarzbleicher Far-
be erſcheine, welcher ihnen vorkommt, als
wenn er ihren Kopf verſchlingen, und ihn
vom Leib abreißen wollte, daher kommt ſie
ein Grauen an, den Strafgeiſt nennen ſie
den Teufel.
Weil ſie zu wiſſen verlangten, wie es ſich
mit der Offenbarung auf unſerer Erde ver-
hält, ſo ſagte ich: daß es ſchriftlich und durch
die Predigt aus dem Wort, und durch kei-
nen unmittelbaren Umgang mit Geiſtern und
Engeln geſchehe, und daß die Schrift durch
den Druck bekannt gemacht, und von allen
Gemeinden geleſen und begriffen, und alſo
das Leben gebeſſert werden könne. Sie ver-
wunderten ſich ſehr, daß es eine ſolche Kunſt,
die anderwärts ganz unbekant ſey, gebe; ſie
begriffen aber, daß auf dieſer Erde, wo man
nur das Leibliche und Jrrdiſche liebt, die
göttliche Dinge aus dem Himmel nicht anderſt
einfließen und aufgenommen werden können,
und daß es für ſie gefährlich ſeyn würde, mit
Engeln zu reden.
Es
[236]Von der vierten Erde
Es erſchienen die Geiſter jener Erde oben
auf der Fläche des Hauptes gegen die rechte
Hand; alle Geiſter werden aus der Lage im
Verhältnis gegen den menſchlichen Leib aus
einander erkannt, welches geſchiehet, weil der
ganze Himmel mit allem, was an dem Men-
ſchen iſt, correſpondirt: dieſe Geiſter halten
ſich auf jener Fläche und in dieſer Entfer-
nung auf, weil ihre Correſpondenz nicht mit
dem Aeußerlichen bey dem Menſchen iſt, ſon-
dern mit dem Jnnern. Jhre Wirkung geht
auf das linke Knie, oben und unten ein we-
nig, mit einem ſehr empfindlichen Zittern,
welches ein Zeichen iſt, daß ſie mit der Ver-
einigung des Natürlichen und Himmliſchen
correſpondiren.
Von der vierten Erde in dem ge-
ſtirnten Himmel, und von ihren Geiſtern
und Einwohnern.
Jch wurde noch auf eine andere Erde, wel-
che in dem Weltall auſſerhalb unſerer
Sonnenwelt liegt, gebracht, welches durch
die Veränderungen des Zuſtandes meines Ge-
müths, und alſo dem Geiſte nach, geſchahe:
denn es wird, wie vorher etliche mal gemel-
det worden, ein Geiſt nicht anderſt aus ei-
nem Ort in den andern als durch Verän-
derungen des Zuſtandes ſeines Jnnern ge-
bracht, welche Veränderungen ihm gänzlich
als
[237]in dem geſtirnten Himmel.
als wie Bewegungen aus einem Ort in den
andern, oder als Reiſen, vorkommen; dieſe
Veränderungen dauerten ohngefähr 10 Stun-
aneinander fort, ehe ich von dem Zuſtand
meines Lebens in ihren Lebensſtand gelangte,
ehe ich alſo meinem Geiſte nach dahin ver-
ſetzt wurde. Jch ſchwebte gegen Morgen zur
Linken, und mich dunkte ich würde allmählich
von der Horizontal-Fläche erhoben; ich konnte
auch die Fortſchreitung und Bewegung von
dem erſten Ort deutlich bemerken, bis ich end-
lich diejenigen, von welchen ich mich entfern-
te, nicht mehr ſehen konnte; und indeſſen ha-
be ich mit den Geiſtern, die zugleich bey mir
waren, von mancherley Dingen geredet. Es
war auch ein gewiſſer Geiſt bey uns, wel-
cher, da er auf der Welt lebte, ein Vor-
ſteher und Prediger, und auch ein ſehr rüh-
render Schriftſteller geweſen war, aus der
Idée, die von ihm in mir war, meynten mei-
ne Gefährten, dieſer würde ein guter Chriſt
nach dem Herzen vor andern ſeyn: denn in
der Welt nimmt man eine Idée an, und ur-
theilet aus der Predigt und den Schriften,
und nicht aus dem Leben, wenn dieſes nicht
dabey iſt, und wenn man etwas an dem
nicht damit übereinſtimmenden Leben ſiehet,
ſo entſchuldigt man es, denn die Idée oder
der Gedanke und Begrif von einem ziehet al-
les auf ſeine Seite.
Nach-
[238]Von der vierten Erde
Nachdem ich bemerkte, daß ich in dem
geſtirnten Himmel meinem Geiſte nach weit
auſſer unſerer Sonnenwelt war, denn dieſes
kann man aus den Veränderungen des Zu-
ſtandes und der daher ſcheinenden beſtändi-
gen Fortſchreitung, welche faſt 10 Stunden
währete, bemerken: ſo hörete ich endlich Gei-
ſter neben einer Erde reden, welche Erde ich
auch nachgehends erblickte. Als ich ihnen nä-
her kam, ſagten ſie nach einiger Unterredung,
daß bey ihnen zuweilen Fremde anderswoher
ankommen, welche mit ihnen von GOtt re-
den, und die Jdeen ihrer Gedanken verwir-
ren; ſie zeigten auch den Weg, durch wel-
chen ſie kommen, woraus ich bemerkte, daß
es von den Geiſtern aus unſerer Erde wä-
ren. Sie wurden darauf befragt, worinn ſie
ſich confundirten? ſie antworten, dadurch,
daß ſie ſagen, man müſſe an die Gottheit
glauben, welche in 3 Perſonen unterſchieden
ſey, die ſie doch Einen GOtt nenneten; und
wenn ſie die Idée ihrer Gedanken durchſuchen,
ſo ſtellt ſie ſich als ein dreyfaltiges Weſen,
das nicht an einem fortgehet ſondern abge-
ſetzt iſt, dar, (ſicut Trinum non continu-
um ſed diſcretum) und bey einigen als wie
3 Perſonen, die unter einander, der eine zu
dem andern, reden, bey andern als zween
die bey einander ſitzen, der eine bey dem an-
dern, und der dritte, der ſie höret und von
ihnen gehet, und ob ſie gleich eine jede Per-
ſon
[239]in dem geſtirnten Himmel.
ſon GOtt nennen, und von einer jeden ei-
ne andere Idée haben, ſo ſagen ſie doch Ei-
nen GOtt; ſie beklagen ſich ſehr, daß ſie
dadurch ſie irre machen, daß ſie drey denken
und Einen ſagen, da man doch denken ſol-
le wie man redet, und reden wie man denkt.
Der Geiſt, welcher in der Welt ein Vor-
ſteher und Prediger geweſen und auch bey
mir war, wurde alsdann auch geprüfet, was
er für eine Idée von einem GOtt und 3 Per-
ſonen hätte? er ſtellte 3 Götter vor, wie ſie
aber Eins in Einem fortgehen, er ſtellte aber
dieſes Eine dreyfaltige Weſen als unſichtbar
dar, weil es die Gottheit iſt, und da er die-
ſes darſtellte, wurde bemerkt, daß er alsdenn
nur an den Vater und nicht an den HErrn
dachte, und daß ſeine Idée von dem un-
ſichtbaren GOtt keine andere als wie von
der Natur in ihren erſten Grundanfängen
war, woraus folgte, daß das Jnnerſte der
Natur bey ihm ſeine Gottheit geweſen, und
daß er alſo leichtlich dahin verleitet werden
könnte, die Natur für GOtt zu erkennen.
Man muß wiſſen, daß eines jeden Idée von
einer jedweden Sachen ſich in dem andern
Leben nach dem Leben präſentire, und daß
man dadurch von einem jeden erkundige, was
er für Gedanken und Begriffe von Glaubens-
Sachen hat, und daß die Idée des Gedan-
ken von GOtt die vornehmſte unter allen ſey,
denn wenn dieſe richtig iſt, ſo geſchiehet ei-
ne
[240]Von der vierten Erde
ne Verbindung mit der Gottheit, und darauf
mit dem Himmel. Sie wurden darauf
befragt, was ſie für eine Idèe von GOTT
hätten? ſie antworteten, daß ſie keinen Be-
griff von einem unſichtbaren GOtt, ſondern
von einem ſichtbaren unter menſchlicher Ge-
ſtalt haben; und daß ſie dieſes nicht nur aus
einer innerlichen Empfindung ſondern auch
daraus wiſſen, daß er ihnen als ein Menſch
erſchienen ſey; ſie fügten hinzu, daß, wenn
ſie ſich nach der Idée einiger Ankömmlinge
GOtt als unſichtbar, und alſo ohne Geſtalt
und Beſchaffenheit, vorſtelleten, ſo könnten
ſie von GOtt keinen Gedanken haben, weil
ein ſolches unſichtbares Weſen in keine Ideé
des Gedanken fällt. Als ich dieſes gehöret
hatte, wurde mir gegeben ihnen zu ſagen,
es ſey gut, daß ſie an einen GOTT unter
menſchlicher Geſtalt denken, und daß viele
aus unſerer Erde ebenfalls ſo denken, inſon-
derheit wenn ſie an den HErrn denken, und daß
die Alten auch nicht anderſt gedacht haben; ich
erzählte darauf von Abraham, von Loth, von
Gideon, von Manoah und ſeinem Weib,
und was von ihnen in unſerm Wort erzeh-
let wird, daß ſie nemlich Gott unter menſch-
licher Geſtalt geſehen, und da ſie ihn geſe-
hen, für den Schöpfer der ganzen Welt er-
kannt, und ihn Jehovah genennet haben;
und das auch aus einer innerlichen Empfin-
dung; daß aber heut zu Tag dieſe innerliche
Em-
[241]in dem geſtirnten Himmel.
Empfindung in der Chriſtenwelt verloren ge-
gangen, und nur bey den Einfältigen, die im
Glauben ſtehen, zurück geblieben ſey.
Ehe dieſes geredet worden, glaubten ſie,
daß auch unſere Gefährten unter denen wä-
ren, welche ſie durch die Jdee der drey von
Gott irre machen wollten, derowegen freue-
ten ſie ſich, als ſie dieſes höreten, und ſag-
ten, daß von GOTT, den ſie damals den
HErrn nenneten, auch einige geſandt worden
ſeyen, welche ſie von ihm unterrichten, und
daß ſie keine Fremde annehmen wollen, wel-
che ſie verwirren, inſonderheit durch die drey
Perſonen in der Gottheit, weil ſie wiſſen,
daß ein einiger Gott ſey, daß demnach die
Gottheit eines, und nicht ein einmüthiges
Weſen aus dreyen ſey, wenn ſie ſich nicht
Gedanken von Gott als wie von einem En-
gel machen wollen, in welchem das Jnner-
ſte des Lebens iſt, welches unſichtbar iſt, und
aus welchem er denkt, und weiſe iſt, und das
Aeußerliche des Lebens, welches unter menſch-
licher Geſtalt ſichtbar iſt, woraus er ſiehet
und handelt, und ein Hervorgang (Proce-
dens) des Lebens, welches die Sphäre der
Liebe und des Glaubens von ihm iſt, denn
von einem jeden Geiſt und Engel geht eine
Lebensſphäre hervor, aus welcher er von wei-
tem erkannt wird; und daß in Abſicht auf
den HErrn der Ausgang des Lebens von ihm
das Göttliche ſelbſt ſey, welches die Himmel
Sw. Sch.III.Th. Qfüllet
[242]Von der vierten Erde
füllet und dieſelben macht, weil das Weſen
(Eſſe) des Lebens der Liebe und des Glau-
bens von Jhm herkommt. Sie ſagten, daß
ſie ſo und nicht anderſt das Dreyfaltige und
zugleich eine begreifen können. Als ich dieſes
vernommen, wurde mir gegeben zu ſagen, daß
eine ſolche Jdee von dem Dreyfaltigen
und zugleich Einen, mit der engliſchen
Jdee von dem HErrn übereinkomme,
und daß es ſelbſt aus der Lehre des
HErrn, die er von ihm ſelber gegeben hat,
ſey: denn er lehret, daß der Vater und er
Eines ſeyn, daß der Vater in ihm und er in
dem Vater ſey, daß wer ihn ſiehet, den
Vater ſehe, und wer an ihn glaubet, an
den Vater glaube und ihn erkenne; ferner
daß der Tröſter (Beyſtand) welchen er den
Geiſt der Wahrheit, wie auch den heiligen
Geiſt, nennet, von ihm ausgehe, und nicht
von ſich ſelber, ſondern von ihm rede, durch
welchen das göttliche ausgehende Weſen (Di-
vinum procedens) verſtanden wird. Ferner
daß die Jdee von dem dreyfaltigen und zu-
gleich einen Weſen mit dem Seyn und Da-
ſeyn (cum eſſe \& exiſtere) des Lebens des
HErrn, da er in der Welt war, überein-
ſtimme: das Seyn ſeines Lebens iſt das gött-
liche Selbſt geweſen, denn er iſt von Jeho-
vah gezeuget worden; und das Seyn des Le-
bens eines jeden iſt von dem, von welchem
er
[243]in dem geſtirnten Himmel.
er gezeuget wird; das Daſeyn des Lebens
aus demſelben Seyn iſt das Menſchliche in
einer Geſtalt; das Weſen des Lebens eines
jeden Menſchen, welches er von dem Vater
hat, wird Seele genennet, und das Daſeyn
des Lebens daraus, der Leib; Seele und Leib
machen einen Menſchen aus; die Aehnlich-
keit zwiſchen beeden iſt wie zwiſchen dem, was
in dem Beſtreben (Conatu) und was in dem
Thun (Actu) daraus iſt, denn das Thun iſt
ein wirkendes Beſtreben, und ſind alſo zwey
Eins. Das Beſtreben in dem Menſchen wird
der Wille genennet, und ein wirkendes Be-
ſtreben wird eine Handlung genennet. Der
Leib iſt das Werkzeugliche, durch welches der
Wille, welcher die Haupturſache (principale)
iſt, wirket, und das Werkzeugliche und die
Haupturſache in dem Würken ſind eines, alſo
auch Seele und Leib. Eine ſolche Jdee von
Seele und Leib haben die Engel in dem
Himmel, daher wiſſen ſie, daß der
HErr ſein Menſchliches göttlich gemacht ha-
be aus dem göttlichen in ſich, welches ſeine
Seele aus dem Vater geweſen iſt. Auch
der Glaube, welcher überall in der Chriſten-
welt eingeführet iſt, iſt nicht dawider, denn
er lehret: Obgleich Chriſtus Gott und
Menſch iſt, ſo iſt er doch nicht zwe-
en, ſondern Ein Chriſtus; ja er iſt
gänzlich nur Einer und eine einige Per-
ſon, weil, gleichwie Leib und Seele
Q 2Ein
[244]Von der vierten Erde
Ein Menſch ſind, alſo iſt auch Gott
und Menſch, Ein Chriſtus, nach dem
Glaubensbekänntnis des Athanaſius. Weil
eine ſolche Vereinigung oder ein ſolches eines
in dem HErrn geweſen iſt, ſo iſt er daher
auch nicht nur der Seele nach, ſondern auch
dem Leibe nach, welchen er in der Welt ver-
kläret hat, auferſtanden, anderſt als irgend
ein Menſch, wovon er auch die Jünger un-
terrichtet, da er ſagte: Betaſtet mich und
ſehet, denn ein Geiſt hat nicht Fleiſch
und Bein, wie ihr ſehet, daß ich ha-
be. Dieſes verſtunden jene Geiſter wohl,
denn ſolche Dinge fallen in den Verſtand
der engliſchen Geiſter; ſie fügten hinzu, daß
der HERR allein Macht habe in den Him-
meln, und daß die Himmel ſein ſeyen: wor-
auf mir zu antworten gegeben wurde, daß
auch dieſes die Kirche auf unſerer Erde aus
dem Munde des HErrn ſelbſt wiſſe, ehe er
in den Himmel fuhr, denn er ſprach dama-
len: Mir iſt gegeben alle Gewalt im
Himmel und auf Erden.
Nach dieſem redete ich mit jenen Geiſtern
von ihrer Erde, denn dieſes wiſſen alle Gei-
ſter, wann ihr natürliches oder äußerliches
Gedächtnis von dem HErrn eröfnet wird,
denn dieſes nehmen ſie mit ſich aus der Welt,
es wird aber nicht anderſt, als aus bloſem
Wohlgefallen des HErrn eröfnet. Hierauf
rede-
[245]in dem geſtirnten Himmel.
redeten die Geiſter von ihrer Erde, aus de-
ren ſie waren, daß ſie, wenn es ihnen er-
laubt wird, den Einwohnern ihrer Erd er-
ſcheinen, und mit ihnen als wie Menſchen
reden; und daß dieſes dadurch geſchehe, daß
ſie in ihr natürliches oder äußerliches Ge-
dächtnis, und demnach in den Gedanken,
darinn ſie waren, da ſie auf der Welt leb-
ten, geſetzt werden, und daß darauf den Ein-
wohnern das innere Geſicht, oder das Ge-
ſicht ihres Geiſtes, aus welchem ſie geſehen
werden, eröfnet werde: ſie fügten hinzu, daß
die Einwohner nicht anderſt meynen, als daß
ſie Menſchen von ihrer Erde ſeyen, und daß
ſie erſt alsdann wahrnehmen, daß ſie keine
ſeyen, wenn ſie plötzlich aus ihren Augen
verſchwinden. Jch ſagte ihnen, daß es eben
ſo auf unſerer Erde zu alten Zeiten geſche-
hen ſey, als vor Abraham, Sara, Loth, den
Einwohnern Sodoms, Manoah und ſeinem
Weibe, Joſua, Maria, Eliſabeth, und über-
haupt vor den Propheten; und daß der Herr
gleichfalls erſchienen ſey, und diejenigen, wel-
che ihn ſahen, nicht anderſt gemeynet haben,
als daß er ein Menſch der Erde wäre, ehe
er ſich geoffenbaret hat; daß dieſes aber heut
zu tage ſelten geſchehe, aus der Urſache da-
mit nicht die Menſchen durch ſolches zum Glau-
ben gezwungen werden, denn ein gezwungener
Glaube, wie derjenige iſt, welcher durch Wunder-
werke entſtehet, haftet nicht, und würde auch de-
Q 3nen
[246]Von der vierten Erde
nen ſchädlich ſeyn, bey welchen der Glaube
durch das Wort in einem ungezwungenen
Stand eingepflanzt werden kann.
Der Geiſt, welcher in der Welt ein Vor-
ſteher und Prediger geweſen war, glaubte gar
nicht, daß es andere Erden als unſere gäbe,
aus der Urſache, weil er in der Welt gedacht
hatte, daß der HErr allein auf dieſer Erde
gebohren ſey, und niemand ohne den HErrn
ſelig werde: derohalben wurde er in einen ähn-
lichen Zuſtand verſetzt, in welchen die Geiſter
gebracht werden, wann ſie auf ihrer Erde als
Menſchen erſcheinen, wovon erſt gemeldet
worden, und ſo wurde er auf dieſelbe Erde
geſandt, daß er ſie nicht nur ſähe, ſondern
auch mit den Einwohnern daſelbſt redete,
worauf ſich von dar eine communication zwi-
ſchen mir ergab, daß ich ebenfals Einwohner
und auch einige Dinge auf jener Erde ſahe.
Es lieſſen ſich darauf vier Gattungen von
Menſchen, aber eine Gattung nach der an-
dern nach und nach, ſehen: zuerſt ſahe ich
Menſchen, die Kleider an hatten, hernach
nackende von menſchlicher Fleiſchfarbe, darauf
nackende aber von einem entzündeten Leib,
endlich ſchwarze.
Als der Geiſt, der ein Vorſteher und
Prediger geweſen war, bey denen die Kleider
trugen, war, ließ ſich ein Frauenzimmer ſe-
hen, die ein ſehr ſchönes Angeſicht hatte, ſie
hatte
[247]in dem geſtirnten Himmel.
hatte ein ſchlecht Kleid an, der Rock hieng
ihr hinten auf eine wohlanſtändige Weiſe
hinab, ihr Kopfputz war ſchön in Geſtalt ei-
nes Blumenkranzes. Jenem Geiſt gefiel die-
ſe Jungfrau, als er ſie ſahe, ſehr wohl, er
redete mit ihr, und nahm ſie bey der Hand,
weil ſie aber merkte, daß er ein Geiſt, und
nicht aus derſelben Erde, war, ſchlich ſie ſich
von von ihm weg: nachgehends erſchienen ihm
zur Rechten andere Frauenzimmer mehr, wel-
che Schafe und Lämmer waideten, die ſie
darauf zu einer Tränkrinne führeten, in wel-
che das Weſſer durch ein Gräblein aus ei-
nem Teich geleitet worden war; ſie waren
eben ſo gekleidet, und hatten Hirtenſtäbe in
den Händen, wodurch ſie die Schafe und
Lämmer zur Tränke führeten: ſie ſagten, daß
die Schafe dahin gehen, wohin ſie mit ihren
Stäben weiſen. Die Schafe, die ſich prä-
ſentiren, waren groß, ſie hatten Schwänze,
die Wolle trugen, breit und lang ausgeſtreckt
waren. Die Angeſichter des Frauenzimmers
präſentirten ſich näher, ſie waren vollkom-
men und ſchön. Es zeigten ſich auch Män-
ner, ihre Angeſichter waren von Fleiſchfar-
be, wie auf unſerer Erde, aber mit dem Un-
terſchied, daß der untere Theil ihres Ange-
ſichts an ſtatt des Bartes ſchwarz, und die
Naſe mehr ſchnee-als fleiſchfarbigt war. Nach
dieſem wurde der Geiſt, welcher, wie ſchon
gemeldet worden, in der Welt ein Prediger
Q 4ge-
[248]Von der vierten Erde
geweſen war, weiter, aber wider ſeinen Wil-
len, gebracht, weil er noch jenes Frauenzim-
mer, ſo ihm wohlgefiel, in Gedanken hatte,
welches daraus erhellte, weil ſich immer et-
was Schatten von daraus an dem erſten Ort
zeigte; er kam darauf zu denen, welche na-
cket waren, dieſe ſahe man je zween und zween
mit einander ſpazieren, es waren ein Mann
und ein Weib, mit einer Decke um die Len-
den und mit einem Schleyer um das Haupt.
Jener Geiſt, als er bey dieſen war, wurde
in den Zuſtand verſezt, in welchem er in der
Welt war, als er predigen wollte, und dar-
auf ſagte er, er wolle vor ihnen den gekreu-
zigten HErrn predigen, ſie ſagten aber, ſie
mögen nichts von dergleichen hören, weil ſie
nicht wiſſen was das ſeyn ſoll, und ſie wiſ-
ſen, daß der HErr lebe; alsdann ſagte er,
er wolle den lebendigen HErrn predigen, aber
auch dieſes wollten ſie nicht, und gaben vor,
daß ſie in ſeiner Rede nichts himmliſches ver-
merken, weil vieles um ſeinet- und ſeines Na-
mens und Ehre willen geſchehe, und daß ſie
aus dem Schall der Rede hören, ob es aus
dem Herzen komme oder nicht; und daß er
ſie, weil es dieſe Bewandnis mit ihm habe,
nicht lehren könnte, deswegen ſchwieg er; er
war in der Welt, da er lebte, ein ſehr rüh-
render Redner, ſo daß er die Zuhörer zu hei-
ligen Dingen ungemein bewegen konnte, dieſes
rührende aber hatte er durch Kunſt, alſo von
ſich
[249]in dem geſtirnten Himmel.
ſich und aus der Welt, und nicht aus dem
Himmel, erlangt.
Sie ſagten ferner, daß ſie eine Empfin-
dung, (perceptionem) haben, ob das eh-
liche Weſen bey denen aus ihrem Volk, wel-
che nacket war, ſey? und es wurde mir ge-
zeigt, daß ſie dieſes aus der geiſtlichen Idée
von der Ehe vernehmen, welche als ſie mir
mitgetheilet wurde, ſo beſchaffen war, daß die
Aehnlichkeit des Jnnern durch die Vereini-
gung des Guten und Wahren, und alſo der
Liebe und des Glaubens, formirt worden
war, und daß aus dieſer Vereinigung, wann
ſie ſich in den Leib ergießt, die ehliche Liebe
entſtehe: denn alles, was dem Gemüth ei-
gen iſt, wird in einer natürlichen Geſtalt in
dem Leib dargeſtellt, und alſo in der Geſtalt
der ehlichen Liebe, wenn das Jnnere von
zweyen eine Liebe zu einander hat, und ſie
alſo aus jener Liebe einer wie der andere zu
wollen und zu denken verlangen, und alſo
nach dem Jnnern, welches dem Gemüth ei-
gen iſt, zugleich bey einander zu ſeyn und ver-
einigt zu werden begehren: daher wird die geiſt-
liche Neigung, welche den Gemüthern eigen
iſt, natürlich und nimmt eine Empfindung
der ehelichen Liebe an: die den Gemüthern
eigene geiſtliche Neigung iſt eine Rührung von
dem Guten und Wahren und ihrer Verei-
nigung, denn alles was zum Gemüth, oder
zum Gedanken und Willen, gehöret, bezie-
Q 5het
[250]Von der vierten Erde
het ſich auf das Wahre und Gute. Sie ſag-
ten auch, daß es durchaus kein ehliches We-
ſen zwiſchen einem Mann und vielen Wei-
bern gebe, weil es keine Ehe des Guten und
Wahren, welches für die Gemüthern gehö-
ret, als unter zweyen geben kann.
Hernach kam der Geiſt, von welchem oben,
zu denen, welche nackend aber von einem ent-
zündeten Leib waren, und zuletzt zu denen,
welche ſchwarz waren, davon einige nackend,
andere bekleidet waren, dieſe und jene aber
wohneten anderſtwo auf eben derſelben Erde:
denn ein Geiſt kann in einem Augenblick auf
entlegene Oerter der Erde gebracht werden,
weil er nicht wie der Menſch durch Räume,
ſondern durch die Veränderungen des Zu-
ſtandes fortſchreitet und getragen wird.
Endlich redete ich mit den Geiſtern jener
Erde von dem Glauben, den die Einwoh-
ner unſerer Erde von der Auferſtehung ha-
ben, daß ſie nicht begreifen können, daß die
Menſchen ſogleich nach dem Tod in das an-
dere Leben kommen, und alsdann wie Men-
ſchen dem Angeſicht, Leib, Aermen, Füſſen,
und allen äuſſer- und innerlichen Sinnen nach,
ausſehen, und noch weniger daß ſie alsdann
Kleider anhaben, auch Bleibeſtätten und Woh-
nungen haben; und das allein aus der Ur-
ſach, weil die meiſten daſelbſt aus den ſinn-
lichen Dingen, welche den Leib betreffen, ſich
ihre Gedanken machen, und deswegen glau-
ben,
[251]in dem geſtirnten Himmel.
ben, es ſey nichts, das ſie nicht ſehen und
betaſten, und daß wenige aus ihnen von den
äuſſerlichen ſinnlichen Dingen auf das Jnne-
re hinweggezogen, und in das Licht des Him-
mels, in welchem man dergleichen Dinge be-
greift, erhaben werden können; daher kommt
es, daß ſie von der Seele, oder von ihrem
Geiſt keine Idée eines Menſchen haben kön-
nen, ſondern eine Idée als wie von dem Wind,
Luft oder Geiſt ohne Form, worinn doch et-
was lebendiges iſt. Dieß iſt Urſach, daß ſie
glauben, ſie werden nicht eher als am Ende
der Welt, welches ſie das jüngſte Gericht
nennen, auferſtehen, und der Leib werde als-
dann, ob er gleich in Staub zerfallen und
in alle Winde zerſtreuet worden, wieder her-
geſtellet und mit ſeiner Seele oder mit ſei-
nem Geiſt vereinigt werden. Jch fügte hin-
zu, daß ſie auf dieſem Glauben gelaſſen wer-
den, weil diejenigen es nicht anderſt faſſen
können, welche aus äuſſerlichen ſinnlichen
Dingen, wie gemeldet worden, denken, als
daß die Seele oder der Geiſt nicht als Menſch
in menſchlicher Geſtalt leben könne, wo er
nicht den Leib wieder bekommt, den er in der
Welt herum getragen hat: wenn man dem-
nach nicht ſagen würde, daß er wieder auf-
erſtehe, ſo würden ſie die Lehre von der Auf-
erſtehung und dem ewigen Leben als unbe-
greifflich aus dem Herzen verbannen. Es
hat aber doch jener Gedanke von der Auf-
erſte-
[252]Von der vierten Erde
erſtehung den Nutzen bey ſich, daß ſie ein
Leben nach dem Tod glauben, aus welchem
Glauben folgt, daß, wenn ſie krank auf dem
Bette da liegen, und nicht aus weltlichen
und leiblichen, alſo nicht aus ſinnlichen Din-
gen wie zu vor denken, ſiealsdann glauben, ſie
werden gleich nach dem Tode fortleben; ſie reden
auch alsdann von dem Himmel und von ei-
ner Hofnung des Lebens allzu gleich nach dem
Tode, aber abgeſondert von dem Lehrſatz von
dem jüngſten Gericht. Jch erzählte ferner,
daß ich mich einige mal verwundert habe,
daß, wenn diejenigen, welche den Glauben
haben, von einem Leben nach dem Tod, oder
von den Jhrigen welche ſterben oder geſtor-
ben ſind, reden, und alsdann nicht zugleich
an das jüngſte Gericht denken, ſie glauben,
ſie werden leben oder leben als Menſchen gleich
nach dem Tode: dieſe Idée aber wird, ſo
bald der Gedanke von dem jüngſten Gericht
hinein fließt, in eine materielle Idée von ih-
rem irdiſchen Leib verwandelt, daß er wiede-
rum mit ſeiner Seele vereinigt werden ſoll:
denn ſie wiſien nicht, daß ein jeder Menſch
ein Geiſt ſeinem Jnnern nach iſt, und daß
dieſer es iſt, der in dem Leib und in einem
jeden Theil deſſelben, und nicht der Leib aus
ſich, lebet, und daß eines jeden Geiſt es ſey,
woraus der Leib ſeine menſchliche Geſtalt hat,
der folglich hauptſächlich der Menſch, und in
einer ähnlichen Geſtalt, iſt, die zwar vor
den
[253]in dem geſtirnten Himmel.
den Augen des Leibs unſichtbar, vor den An-
gen der Geiſter aber ſichtbar iſt; daher er-
ſcheinen auch, wenn das Geſicht des Geiſtes
des Menſchen eröfnet wird, welches durch
Wegräumung des Geſichts des Leibes geſchie-
het, die Engel wie Menſchen: alſo ſind die
Engel den Alten erſchienen, wovon in dem
Wort (GOttes) Meldung geſchiehet. Jch
habe auch etlichmal mit Geiſtern geredet, wel-
che ich, da ſie als Menſchen auf der Welt
lebten, gekannt habe, und fragte ſie, ob ſie
wieder mit ihrem irdiſchen Leibe, wie ſie zu-
vor gedacht haben, bekleidet werden wollen?
als ſie dieſes höreten, flohen ſie von der blo-
ſen Idée von ſeiner Vereinigung weit hinweg,
und entſezten ſich, daß ſie auf der Welt aus
blindem Glauben ohne allen Verſtand ſolchen,
Gedanken gehabt baben.
Ueber dieſes ſah ich auf jener Erde ihre
Wohnungen, es waren niedrige Häuſer, die
in die Länge ſich erſtrekten, mit Fenſtern auf
den Seiten nach der Anzahl der Zimmer oder
Kammern, worein ſie abgetheilet waren; das
Dach war rund, und die Thüren auf beyden
Seiten am Ende; ſie ſagten, ſie ſeyen aus
Erde aufgebauet und mit Waſen bedeckt, und
die Fenſter ſeyen aus Grasfäden, ſo zuſam-
men geſezt, daß das Licht durchſcheine. Jch
ſahe auch die Kinder, ſie ſagten, daß die
Nachbarn zu ihnen kommen, inſonderheit um
der Kinder willen, damit ſie in Geſellſchaft
bey
[254]Von der vierten Erde
bey andern Kindern unter dem Anblick und
Aufſicht der Aeltern ſeyen. Es präſentirten
ſich auch die Aecker, die dazumal wegen der
faſt reifen Ernte weiß waren, es zeigte ſich
der Saamen oder die Körner von jener Ernte,
welche Chineſiſchen Waitzen-Körner gleich
waren; ich ſahe auch das Brod davon, es
war klein in viereckigten Stücken. Ueber das
zeigten ſich auch die Felder voll Gras mit
Blumen, und auch Bäume mit Früchten,
die Granatäpfeln ähnlich waren, ferner Ge-
ſträuche (arbuſta) die zwar keine Weinſtöcke
waren, aber doch Beere trugen, aus welchen
ſie den Wein bereiten.
Die Sonne deſelbſt, die uns ein Stern
iſt, ſiehet allda flammend aus, in der Gröſe
faſt den vierten Theil von unſerer Sonne.
Das Jahr iſt bey ihnen ohngefähr 200 Ta-
ge, und ein Tag 15 Stunden lang in Ver-
gleichung mit der Tageszeit auf unſerer Erde:
die Erde ſelbſt iſt unter den kleinſten in dem
geſtirnten Himmel, ſie hat kaum 500 deutſche
Meilen im Umkreiß. Dieß ſagten die Engel aus
einer mit ſolchen Dingen auf unſerer Erde
gemachten Vergleichung, welche ſie in mir
oder in meinem Gedächtnis ſahen; ſie ſchloſen
dieſes durch engliſche Jdeen, durch welche
man geſchwind die Maße der Räume und der
Zeiten in richtiger Verhältniß in Ruckſicht
auf die Räume und Zeiten anderwärts, weiß:
die engliſche Jdeen, welche geiſtlich ſind,
über-
[255]in dem geſtirnten Himmel.
bertreffen in dergleichen Dingen unermeßlich
weit die menſchliche Jdeen, welche natürlich ſind.
Von der fünften Erde in dem ge-
ſtirnten Himmel, und von ihren Geiſtern
und Einwohnern.
Jch wurde abermalen zu einer andern Erde,
welche auſſerhalb unſerer Sonnenwelt in
dem Weltgebäude war, gebracht, und auch
dieſes geſchah durch die Veränderungen des
Standes faſt 12 Stunden an einander fort.
Jn dem Gefolge waren viele Geiſter und En-
gel aus unſerer Erde bey mir, mit welchen
ich unter Wegs oder in jenem Fortgang re-
dete: nun wurde ich auf die Seite auf- und
niederwärts getrieben beſtändig zur Rechten,
welches in dem andern Leben gegen Mittag
iſt, nur an zweyen Orten ſah ich Geiſter, und
an dem einen redete ich mit ihnen. Auf dem
Weg oder in jenem Fortgang konnte ich be-
merken, wie unermeßlich groß der Himmel des
HErrn, der für die Engel und Geiſter iſt,
wäre: denn aus den unbewohnten Plätzen
konnte ich ſchlieſſen, daß er ſo unermeßlich
gros wäre, ſo daß, wenn es viele Myriaden
Erdkugeln gebe, und auf einer jeden eine ſo
groſſe Menge Menſchen wäre als auf unſerer
Erde, doch Wohnung genug für ſie in Ewig-
keit wäre, und niemals voll würde: dieſes
konnte ich aus einer Vergleichung ſchlieſſen,
wel-
[256]Von der fünften Erde
welche ich über die Ausbreitung des Himmels,
der um unſerer Erde und für dieſelbe iſt, an-
ſtellte, welche Ausdehnung im Verhältniß da-
gegen ſo klein war, daß ſie nicht einmal dem
Millionenmal tauſendſten Theil von jener un-
bewohnten Ausdehnung gleich käme.
Als die engliſche Geiſter, welche von je-
ner Erde waren, ſich ſehen lieſſen, redeten
ſie uns an, und fragten, wer wir wären und
was wir wollten? wir antworteten; wir ſeyen
auf der Reiſe, und dahin gebracht worden,
ſie dürfen nichts von uns befürchten. Denn
ſie fürchteten, wir möchten von denen ſeyn,
welche ſie an GOtt, am Glauben und der-
gleichen irre machen, um deren willen ſie ſich
in jene Gegend bey ihrer Erde verfüget haben,
und vor ihnen fliehen, ſo weit ſie könnten.
Auf die Frage, durch was ſie irre machen,
antworteten ſie durch die Idée der Drey,
und durch die Idée des Göttlichen ohne das
Menſchliche in GOtt, da ſie doch wiſſen und
begreifen, daß GOtt Einer ſey und daß er
ein Menſch ſey. Nun nahm ich wahr, daß
diejenigen, welche ſie irre gemacht und wel-
che ſie geflohen haben, aus unſerer Erde ge-
weſen ſeyen; ferner auch daraus, daß dieje-
nigen aus unſerer Erde ſeyen, welche alſo in
dem andern Leben nach der Neigung und Luſt
zu Reiſen, die ſie ſich auf der Welt gemacht
haben, herumſchweifen, denn auf den an-
dern Erdkugeln giebt es dergleichen Reiſen nicht.
Jch
[257]in dem geſtirnten Himmel.
Jch erfuhr hernach, daß es Mönche waren,
welche die Heiden bekehren wollten und auf
unſerm Erdkreis umherzogen.
Deswegen ſagten wir zu ihnen, ſie thun
wohl, daß ſie dieſelben fliehen, weil ihre Abſicht
nicht das Lehren iſt, ſondern das Gewinnen
und Herrſchen, und daß ſie trachten durch
mancherley Dinge anfänglich Gemüther ein-
zunehmen, ſie aber hernach als Knechte ſich
unterwürfig zu machen; ſie thun über das
wohl, daß ſie ſich in ihrem Begriff von GOtt
von ihnen nicht irre machen laſſen. Ferner
meldeten ſie, daß ſie auch dadurch unter ih-
nen eine Verwirrung machen, daß ſie ſagen,
ſie müſſen den Glauben haben und glauben
was ſie ſagen, daß ſie ihnen aber geantwor-
tet haben, ſie wiſſen nicht, was der Glaube
oder was Glauben ſey, da ſie in ſich empfin-
den, daß dem ſo ſey; ſie waren aus dem
himmliſchen Reich des HErrn, wo alle aus
einer innern Empfindung die Wahrheiten wiſ-
ſen, die bey uns Glaubensſachen heiſſen: denn
ſie ſtehen in einer Erleuchtung von dem HErrn,
anderſt als die, welche in dem geiſtlichen
Reich ſind. Daß die engliſche Geiſter von
jener Erde aus dem himmliſchen Reich waren,
konnte ich aus dem flammenden Weſen ſehen,
woraus ihre Jdeen leuchten, denn in dem
himmliſchen Reich iſt ein flammendes, und
in dem geiſtlichen ein weiſſes Licht. Diejeni-
Sw. Sch.III.Th. Rgen
[258]Von der fünften Erde
gen, welche aus dem himmliſchen Reich ſind,
ſagen, wenn die Rede von Wahrheiten iſt,
nicht mehr als ja ja, oder nein nein, und
raiſonniren niemals darüber, ob es dem ſo
ſey, oder nicht ſey; ſie ſind es, von welchem
der HErr ſagt: eure Rede ſoll ſeyn ja ja,
nein neu, was drüber iſt, iſt vom Uebel.
Daher kommt es, daß jene Geiſter geſagt
haben, ſie wiſſen nicht, was es ſey den Glau-
ben haben oder glauben; ſie betrachten dieſes,
als wie wenn einer zu ſeinen Cammeraden,
welcher mit ſeinen Augen Häuſer oder Bäu-
me ſiehet, ſagte, er ſolle glauben, daß es
Häuſer und Bäume ſeyen, da er deutlich
ſiehet, daß dem ſo iſt. Dieſe Bewandtnis
hat es mit denen, welche aus dem himmli-
ſchen Reich des HErrn ſind, und ſo waren
dieſe engliſche Geiſter. Wir ſagten zu ih-
nen, es ſeyen wenige auf unſerer Erde, wel-
che eine innere Empfindung (perceptionem)
haben, aus der Urſach, weil ſie in der Ju-
gend Wahrheiten lernen, und ſie doch nicht
thun: denn es hat der Menſch zwo Kräften,
welche Verſtand und Wille genannt wer-
den: diejenigen, welche die Wahrheiten
nicht weiter als in das Gedächtniß und dar-
auf einiger maſſen in den Verſtand, und
nicht in das Leben, d. i. in den Willen, ein-
laſſen, dieſe, weil ſie in keiner Erleuchtung
oder innerem Geſicht von dem HErrn ſeyn
können, ſagen, daß man ſie glauben müſſe,
und
[259]in dem geſtirnten Himmel.
und raiſonniren auch darüber, ob ſie wahr
ſeyen oder nicht, ja ſie wollen nicht, daß
ſie durch ein inneres Geſicht, oder einige Er-
leuchtung durch den Verſtand, empfunden
werden; ſie ſagen alſo, weil Wahrheiten bey
ihnen ohne ein Licht aus dem Himmel ſind,
und denen, welche ohne ein Licht aus dem
Himmel ſehen, kann das falſche als wahr,
und das wahre als falſch vorkommen: daher
hat viele daſelbſt eine ſo groſſe Blindheit über-
fallen, daß, obgleich der Menſch die Wahr-
heiten nicht thut oder nach denſelben lebet,
ſie doch ſagten, er könne allein durch den
Glauben ſelig werden, gleichwie daß der
Menſch kein Menſch aus dem Leben und
nach demſelben, ſondern aus der Wiſſenſchaft
ſolcher Dinge, welche den Glauben ohne Le-
ben angehen, ſeyn würde. Nachgehends
redeten wir mit ihnen von dem HErrn, von
der Liebe zu Jhm, von der Liebe gegen den
Nächſten und von der Wiedergeburt, und
ſagten, daß den HErrn lieben ſey die Gebote
lieben, die von Jhm gegeben worden, d. i.
aus Liebe nach denſelbigen leben; daß die
Liebe gegen den Nächſten ſey, das Gute wol-
len, und daher dem Mitbürger, dem Vater-
land, der Kirche, dem Reich des HErrn gu-
tes thun, nicht um ſein ſelbſt willen, daß
man geſehen werde oder abverdiene, ſondern
aus Neigung zum Guten. Von der Wie-
dergeburt wurde geſagt, daß diejenigen, wel-
R 2che
[260]Von der fünften Erde
che von dem HErrn wiedergebohren werden,
und die Wahrheiten ſogleich in das Leben ein-
laſſen, in eine innere Empfindnug von ihnen
kommen, daß aber dieſelben, welche die Wahr-
heiten zuerſt in das Gedächtniß aufnehmen,
und hernach dieſelbigen wollen und ſie thun,
diejenigen ſeyen, welche in dem Glauben ſte-
hen, denn ſie thun aus dem Glauben, wel-
cher alsdann das Gewiſſen genennet wird.
Sie ſagten, ſie empfinden dieſes, daß dem
ſo ſey, folglich auch, was der Glaube ſey.
Jch redete mit ihnen durch geiſtliche Jdeen,
durch welche man dergleichen darſtellen und
begreifen kann.
Dieſe Geiſter mit denen ich itzt geredet ha-
be, waren auf der mitternächtlichen Seite
ihrer Erde: darnach kam ich bey andern an,
welche auf der weſtlichen Seite waren; als
dieſe auch auskundſchaften wollten, wer ich
wäre und was es für eine Beſchaffenheit mit
mir hätte, ſo ſagten ſie alsbald, es ſey bey
mir nichts als lauter Böſes, ſie dachten, ich
würde ſo abgeſchröckt werden, mich näher
herbey machen; ich bemerkte, daß ſie auf
dieſe Weiſe alle, die bey ihnen ankommen,
zuerſt anreden. Jch antwortete aber, ich
wiſſe es wohl, daß dem ſo ſey, und daß bey
ihnen ebenfalls nichts als lauter Böſes ſey,
aus der Urſach, weil ein jeder in das Böſe
gebohren wird, und deswegen alles was von
einem
[261]in dem geſtirnten Himmel.
einem Menſchen, Geiſt und Engel als aus
dem ſeinigen oder aus ſeinem Eigenen, kommt,
lauter Böſes iſt, weil alles Gute, das ſich
bey einem jeden befindet, von dem HErrn iſt.
Hieraus nahmen ſie wahr, daß ich in der
Wahrheit wäre, und ich wurde angenom-
men, mit ihnen zu reden. Darauf zeigten
ſie mir ihre Jdee von dem Böſen bey dem
Menſchen und von dem Guten von dem
HErrn, wie es von einander geſchieden wird:
ſie ſetzten eines neben das andere, ſo daß ſie
faſt an einander ſtoßten, doch aber beſonders
und gleichſam auf eine unausſprechliche Wei-
ſe gebunden waren, ſo daß das Gute das
Böſe leitete und bändigte, daß es nicht nach
Belieben ſchalten durfte, und daß das Gute
ſo das Böſe lenkte, wohin es wollte, auſſer
daß das Böſe es inne wurde: auf ſolche
Weiſe ſtellten ſie die Herrſchaft des Guten
über das Böſe, und zugleich den freyen Stand,
vor. Hernach fragten ſie, wie der HErr
bey den Engeln aus unſerer Erde erſcheinet?
ich antwortete, daß er in der Sonne als
Menſch erſcheine, mit dem Sonnenfeuer da-
ſelbſt umgeben, aus welchem die Engel in
den Himmeln alles Licht haben, und daß die
Wärme, welche da herausgehet, das göttli-
che Gute ſey, und daß das Licht, welches
daher kommt, die göttliche Wahrheit ſey,
beydes aus der göttlichen Liebe, welche das
um den HErrn in jener Sonne ſcheinende
R 3feurige
[262]Von der fünften Erde
feurige Weſen iſt; daß aber dieſe Sonne
nur den Engeln in dem Himmel, und nicht
den Geiſtern die unten ſind, erſcheine, weil
dieſe von der Aufnahm des Guten der Liebe
und der Wahrheit des Glaubens entfernter
ſind als die Engel die in den Himmeln ſind.
Daß ſie nach dem HErrn und nach ſeiner Er-
ſcheinung vor den Engeln von unſerer Erde
fragten, das wurde ihnen gegeben, weil es
alsdann dem HErrn gefiel, ſich ihnen gegen-
wärtig zu zeigen, und dasjenige in Ordnung
zu bringen, was aus den böſen Geiſtern all-
da in Verwirrung gebracht worden, worü-
ber ſie Klage führeten; daß ich dieſes ſehen
ſollte, war auch eine Urſach, daß ich dort-
hin verſetzt wurde.
Es ließ ſich alsdann eine kleine Wolke
ſehen, welche gegen Morgen aus der Höhe
herabſtieg, in dem Herabfahren erſchien ſie
ſtuffenweis helle, und in menſchlicher Geſtalt,
endlich präſentirte ſich dieſe in einem flam-
menden Glanz, um welchen Sternlein von
eben derſelben Farbe waren: auf ſolche Wei-
ſe hat ſich der HErr bey den Geiſtern, mit
denen ich redete, gegenwärtig dargeſtellet.
Vor dieſer Gegenwart verſammelten ſich als-
dann von allen Seiten her alle Geiſter, wel-
che daſelbſt waren, und da ſie kamen, wur-
den die guten von den böſen geſchieden, die
guten zur Rechten und die böſen zur Linken,
und
[263]in dem geſtirnten Himmel
und das in einem Augenblick als wie von
freyen Stücken; die zur Rechten waren,
wurden geſtellet nach der Beſchaffenheit des
Guten, und die zur Linken, nach der Be-
ſchaffenheit des Böſen; diejenigen welche
gut waren, wurden zurück gelaſſen, daß ſie
eine himmliſche Geſellſchaft unter einander
errichteten, die böſen aber wurden in die
Hölle geworfen. Nach dieſem ſah ich, daß
ſich jener flammende Schein auf die unteren
Oerter der Erde daſelbſt ſehr tief hinab ließ,
und darauf erſchien es bald in einem flam-
menden Weſen, welches in das lichthelle fiel,
bald in dem lichthellen, ſo ins dunkle ſtach,
und bald im dunkeln. Mir wurde von den
Engeln geſagt, daß eine ſolche apparenz nach
dem ſey, wie das Wahre von dem Guten,
und das Falſche von dem Böſen aufgenom-
men werde, bey denen, welche die niedrige Ge-
genden jener Erde bewohnen, nicht aber daß
der flammende Schein ſolche Veränderungen
erlitte. Sie ſagten auch, daß die niedrige
Gegenden jener Erde ſowol von guten als
böſen aber von einander wohl abgeſondert,
bewohnet würden, aus der Urſach, damit
die böſen durch die guten von dem HErrn
regieret würden; ſie fügten hinzu, daß die
guten nach einander von dar in den Himmel
von dem HErrn erhaben werden, und an ih-
re Stelle andere folgen, und ſo gehe es be-
ſtändig fort. Bey jener Herabfahrt wurden
R 4gleich-
[264]Von der fünften Erde
gleichfalls die guten von den böſen geſchieden,
und alles in Ordnung gebracht: denn die böſen
haben ſich durch mancherley Kunſtgriffe und
Liſt in die Wohnungen der guten gemacht,
und ihnen Schaden zugefüget: um dieſer
Urſache willen geſchah jene Heimſuchung.
Jene Wolke, welche in der Herabfahrt ſtu-
fenweiſe helle und in menſchlicher Geſtalt,
und hernach als ein flammender Schein, er-
ſchien, war eine engliſche Geſellſchaft, in
deren Mitte der HErr war. Daraus konn-
te ich wiſſen, was durch die Worte des HErrn
bey den Evangeliſten verſtanden wird, wo
er vom jüngſten Gericht redet: daß er ſamt
den Engeln kommen werde in den Wol-
ken des Himmels mit Herrlichkeit und
Kraft.
Nach dieſem ſah ich Mönchs-Geiſter, die
nämlich auf der Welt reiſende Mönche oder
Miſſionarii geweſen ſind, wovon oben Mel-
dung geſchehen, es zeigte ſich auch ein Hau-
fen Geiſter welche aus jener Erde waren, die
meiſten waren böſe, die ſie auf ihrer Seite
gebracht und geführet haben; dieſe präſentir-
ten ſich auf der öſtlichen Seite jener Erde,
aus welcher ſie die guten vertrieben hatten,
die ſich auf die nordliche Seite der Erde, wo-
von oben, begeben haben: Dieſer Haufe wur-
de ſamt ſeinen Verführern in Eins auf etlich
tauſend verſammlet, und geſchieden, die bö-
ſen
[265]in dem geſtirnten Himmel.
ſen aus demſelben wurden in die Hölle ge-
worfen. Mit einem Mönchs-Geiſt konnte
ich auch reden, und fragen was er da mach-
te, er ſagte, daß er ſie von dem HErrn be-
lehrete; was noch mehr? vom Himmel und
Hölle; was ferner? vom Glauben alles deſ-
ſen, was er ſagen werde; was weiter? von
der Macht, Sünden zu vergeben, und den
Himmel zu eröffnen und zu verſchlieſſen.
Man erforſchte ihn alsdann, was er von
dem HErrn, von den Wahrheiten des Glau-
bens, von Vergebung der Sünden, von
Seligmachung des Menſchen, von Himmel
und Hölle wüßte? man erfuhr, daß er kaum
etwas wußte, und daß er von all und jedem
dunkle und falſche Begriffe hätte, und daß
ſich allein bey ihm eine Gewinn- und Herrſch-
ſucht eingeniſtelt hätte, die er auf der Welt
bekommen, und aus derſelben mit ſich ge-
nommen hat; deswegen wurde ihm geſagt,
daß, weil er aus jener Begierde doch dahin
gereiſet iſt, und weil es der Lehre nach dieſe
Beſchaffenheit mit ihm hat, er nothwendig
bey den Geiſtern jener Erde habe das himm-
liſche Licht hinweg nehmen und eine hölliſche
Finſternis verurſachen, und ſo machen müſ-
ſen, daß die Hölle und nicht der HErr bey
ihnen die Herrſchaft hätte. Er war über
das im Verführen liſtig, aber doch dumm in
Abſicht auf Sachen die den Himmel ange-
hen; weil es nun dieſe Bewandnis mit ihm
R 5hatte,
[266]Von der fünften Erde
hatte, wurde er hernach in die Hölle gewor-
fen. Auf ſolche Weiſe wurden die Geiſter
jener Erde ihrer los. Es ſagten auch die
Geiſter jener Erde unter andern, daß jene
Ankömmlinge, welche, die gemeldet worden,
Mönchs-Geiſter waren, ſich alle Mühe ge-
geben haben ſie zu bereden, daß ſie in Ge-
ſellſchaft, und nicht abgeſondert und einſam,
bey einander lebten: denn die Geiſter und
Engel wohnen eben ſo beyeinander wie auf
der Welt; diejenigen welche in Verſamm-
lungen auf der Welt gelebt haben, wohnen
auch bey einander in dem andern Leben, und
diejenigen, welche in Häuſer und Familien
abgetheilt waren, wohnen auch daſelbſt be-
ſonders. Dieſe Geiſter haben auf ihrer Er-
de, da ſie als Menſchen allda lebten, beſon-
ders gewohnet, Häuſer bey Häuſern, Fami-
lien und Familien, und ſo Nationen bey
Nationen, daher haben ſie nicht ge-
wußt, was da wäre in Geſellſchaft
beyſammen leben. Als ihnen demnach geſagt
wurde, daß jene Ausländer ſie ſo beredeten
aus der Urſache, damit ſie über ſie gebiethen
oder herrſchen möchten, und daß ſie dieſel-
ben nicht anderſt unter ſich bringen und zu
Knechten machen könnten: ſo antworteten
ſie, ſie wiſſen gar nicht, was gebiethen und
herrſchen ſey; daß ſie allein vor der Jdee des
Gebieths und Herrſchaft fliehen, bemerkte
ich daraus, daß einer von ihnen, der uns
von
[267]in dem geſtirnten Himmel.
von hinten begleitete, als ich ihm die Stadt,
worinn ich wohnete, zeigte, vor dem erſten
Anblick derſelben davon flohe, und nicht mehr
geſehen wurde.
Jch redete darauf mit den Engeln, die bey
mir waren, von den Herrſchaften, daß zwo
Arten von Herrſchaften ſeyn, die eine der
Liebe gegen den Nächſten, und die andere die
Eigenliebe, und daß die Herrſchaft der Liebe
gegen den Nächſten unter denen ſey, welche
in Häuſer, Familien und Völker abgeſon-
dert wohnen, die Herrſchaft der Eigenliebe
aber unter denen, welche in einer Geſellſchaft
beyſammen wohnen. Unter denen, welche
in Häuſer, Familien und Völker abgeſondert
leben, herrſchet derjenige, welcher der Va-
ter des Volks iſt, und unter ihm die Stamm-
väter der Familien, und unter dieſen die
Väter eines jeden Hauſes. Der Vater ei-
nes Volks wird derjenige genennet, aus wel-
chem die Familien, und aus den Familien
die Häuſer abſtammen; dieſe alle aber herr-
ſchen aus Liebe, wie ein Vater gegen die
Kinder, er lehret fie, wie ſie leben ſollen, er
thut ihnen gutes, und giebt ihnen von dem
ſeinigen, ſo viel er vermag: und es kommt
ihm niemalen in den Sinn, ſich dieſelben
als Unterthanen oder als Diener unterwürfig
zu machen, ſondern er liebet ſie, daß ſie ihm,
als Kinder ihrem Vater, gehorchen; und
weil
[268]Von der fünften Erde
weil dieſe Liebe in dem Abſtammen wächſet,
wie bekannt iſt, ſo handelt deswegen der
Vater eines Volks aus einer viel innerliche-
ren Liebe, als der Vater ſelbſt, von wel-
chem die Kinder zunächſt herkommen. Eine
ſolche Herrſchaft iſt auch in den Himmeln,
weil der HErr eine ſolche Herrſchaft hat:
denn er führet ſeine Herrſchaft aus göttlicher
Liebe gegen das geſamte menſchliche Ge-
ſchlecht. Die Eigenliebe aber, welche der
Herrſchaft der Liebe gegen den Nächſten ent-
gegen ſtehet, hat da angefangen, als der
Menſch von dem HErrn abfiel: denn in wie
ferne der Menſch den HErrn nicht liebet und
ehret, in ſo fern liebet und ehret er ſich, und
um ſo viel liebet er auch die Welt; darauf
haben ſich die Völker aus Noth, damit ſie
ſicher wären, mit den Familien und Häu-
ſern zuſammen gethan, und Regierungen un-
ter mancherley Geſtalten errichtet: denn um
wie viel jene Liebe zugenommen hat, um ſo
viel hat auch allerley Böſes, als Feindſchaft,
Neid, Haß, Rache, Wuth, Betrug, ge-
gen alle, die ſich widerſezten, überhand ge-
nommen: denn aus dem Eigenen, worinn
diejenigen ſind, welche in der Eigenliebe ſie-
hen, entſpringt nichts als lauter böſes, denn
das Eigene des Menſchen iſt nichts als böſe,
und das Eigene, weil es böſe iſt, nimmt
kein gutes aus dem Himmel an; daher iſt die
Eigenliebe, ſo lang ſie herrſchend iſt, ein
Vater
[269]in dem geſtirnten Himmel.
Vater alles ſolchen Uebels; es hat auch mit
derſelben Liebe die Beſchaffenheit, daß, in
wie fern man ihr den Zügel ſchieſſen läßt,
ſie dahin rennet, bis endlich ein jeder, der
mit ihr behaftet iſt, über alle andere in der
ganzen Welt zu herrſchen, und alle Güter
der andern zu beſitzen trachtet; ja auch dieſes
iſt noch nicht genug, er will über den gan-
zen Himmel herrſchen, wie aus dem heuti-
gen Babel erſehen werden kan. Dieſes iſt
nun die Herrſchaft der Eigenliebe, von wel-
cher die Macht der Liebe gegen den Nächſten
ſo weit, als der Himmel von der Erde, un-
terſchieden iſt. Ob es aber gleich mit der
Herrſchaft der Eigenliebe in den Geſellſchaf-
ten, oder in den Reichen und Staaten, die-
ſe Bewandtniß hat, ſo giebt es doch noch
auch in denſelben eine Macht der Liebe gegen
den Nächſten bey denen, welche aus der Lie-
be und Glauben an GOtt beſtändig ſind,
denn dieſe lieben den Nächſten: daß auch die-
ſe in den Himmeln in Völker, Familien und
Häuſer abgetheilet, wohnen, ob ſie gleich
beyſammen in Geſellſchaften, aber nach geiſt-
lichen Anverwandſchaften leben, welche ſich
auf das Gute der Liebe und auf das Wahre
des Glaubens beziehen, ſoll anderswo aus
göttlicher Barmherzigkeit des HErrn gemel-
det werden.
Nach dieſem fragte ich jene Geiſter von
mancherley Dingen, welche auf der Erde,
aus
[270]Von der fünften Erde
aus welcher ſie waren, ſind, zuerſt von ih-
rem Gottesdienſt und von der Offenbahrung,
Von dem Gottesdienſt ſagten ſie, daß die
Völker mit ihren Familien alle 30. Tage an
einem Ort zuſammen kommen und die Pre-
digten anhören; und daß ihnen alsdann der
Prediger von einer von der Erde etwas erhö-
heten Canzel von den göttlichen Wahrheiten
Unterricht ertheile, welche zu dem Guten des
Lebens führen. Von der (göttlichen) Offen-
bahrung meldeten ſie, daß ſie zur Morgens-
zeit in dem mittlern Stand zwiſchen Schla-
fen und Wachen geſchehe, wenn ſie in dem
nnern Licht, welches von den leib- und welt-
lichen Sinnen noch nicht vermiſcht worden
ſind, und daß ſie darauf die Engel des Him-
mels von den göttlichen Wahrheiten und
von dem Leben nach denſelbigen, reden hö-
ren, und daß, wenn ſie wachend werden,
ihnen ein Engel in einem weiſſen Kleid bey
dem Bette erſcheine, welcher darauf plözlich
aus ihren Augen verſchwindet; und daß ſie
daraus wiſſen, daß das, was ſie gehöret ha-
ben, aus dem Himmel ſey: alſo wird ein
göttliches Geſicht von einer nicht göttlichen
Viſion unterſchieden, denn in einem nicht
göttlichen Geſicht erſcheinet kein Engel; ſie
ſetzten hinzu, daß auf ſolche Weiſe die Of-
fenbahrungen bey ihren Predigern, bisweilen
auch bey ihnen, geſchehen.
Auf
[271]in dem geſtirnten Himmel.
Auf die Frage von ihren Häuſern ſagten
ſie, daß ſie niedrig, aus Holz ſeyen, mit ei-
nem flachen Dach, um welches ein nieder-
wärts ſchief gebogener Rand gehet, und daß
allda vornenheraus Mann und Weib wohne,
zunächſt dabey die Kinder, hernach die Mäg-
de und Knechte. Von der Speiſe meldeten
ſie, daß ſie Milch mit Waſſer trinken, und
daß ſie die Milch von Kühen haben, welche
wie Schafe Wolle tragen. Von ihrer Le-
bens-Art ſagten ſie, daß ſie nackend gehen,
und daß ihnen die Blöſe keine Schande ſey,
ferner daß ſie mit denen, welche innerhalb
ihren Familien ſind, Umgang pflegen.
Von der Sonne ihrer Erde erzähleten ſie,
daß ſie den Einwohnern feuerroth ſcheine,
daß die Jahreszeit aus 200. Tagen bey ihnen
beſtehe, und daß ein Tag 9. Stunden unſe-
rer Zeit gleich ſey, welches ſie aus der Län-
ge der Tage unſerer Erde, die ſie in mir be-
merkten, ſchlieſſen konnten; ferner daß ſie
einen beſtändigen Frühling und Sommer ha-
ben, und daß daher die Felder immerfort
blühen, und die Bäume beſtändig Früchte
tragen; die Urſach davon iſt dieſe, weil ihr
Jahr ſo kurz iſt, und nur eine Zeit von 75.
Tagen unſers Jahres ausmacht; und wo die
Jahre ſo kurz ſind, da bleibt keine Kälte des
Winters, noch die Hize des Sommers, da-
her grünet das Erdreich beſtändig.
Von
[272]Von der fünften Erde in dem ꝛc.
Von ihren Vermählungen und Ehen auf
derſelben Erde erzählten ſie, daß eine Toch-
ter in ihren mannbaren Alter zu Hauſe blei-
ben müſſe, und nicht als bis auf den Tag ih-
rer Verheirathung ausgehen dürfte, und daß
ſie alsdann in ein Hochzeithaus gebracht wer-
de, wohin noch andere mannbare Jung-
frauen mehr begleitet worden ſind, daſelbſt
werden ſie hinter eine Vertäfelung, die bis
an die Hälfte ihres Leibes erhöhet iſt, geſezt,
und laſſen ſich vom Angeſicht bis auf die
Bruſt ſehen, dahin kommen alsdann die
Jünglinge, und wählen ſich eine zur Frau
heraus. Wenn nun der Junggeſell eine ihm
taugliche, zu welcher ihn ſein Gemüth zie-
het, erblickt, ſo nimmt er ſie bey der Hand;
wenn ſie ihm dann folgt, ſo führt er ſie in
das zubereitete Haus, und ſie wird ſeine
Frau: denn ſie ſehen es einander an dem
Geſicht an, ob ſie ſich den Gemüthern nach
für einander ſchicken; denn eines jeden ſein
Angeſicht iſt allda ein Gemüths-Zeiger, es
heuchelt und verſtellt ſich nicht. Damit aber
alles auf eine wohlanſtändige Weiſe und oh-
ne Geilheit abgehe, ſo ſitzt hinter den Jung-
frauen ein alter Mann, und auf der Seite
eine alte Frau, welche auf ſie acht haben.
Dergleichen Oerter giebt es viel, wohin die
junge Mägdlein geführet werden; es ſind
auch geſetzte Zeiten, daß die jungen Leute die
Wahl haben: denn wenn ſie an dem einen
Ort
[273]Reflexiones über dieß Buch.
Ort kein ihnen taugliches Mägdlein ſehen,
ſo gehen ſie an einen andern, und wenn es
nicht zu der ſelben Zeit geſchiehet, ſo kommen
ſie in der folgenden wieder. Ferner ſagten
fie, daß ein Mann nur Eine Frau habe,
und niemals mehr, weil dieſes der göttlichen
Ordnung zuwider lauft.
Reflexiones über dieß Buch.
Ein groſſes Aufſehen haben die Bücher
Swedenborgs in manchem Land ge-
macht, da doch Herr Baron von Aſſenburg
als Däniſcher ehemaliger Geſandter in Stock-
holm bezeugt, daß man in Schweden nicht
daran denke, dieſe Bücher zu verketzern.
Es iſt eine Zeit zu zerreiſſen, und eine Zeit
zu nähen. Man ſollte denen gratuliren,
welche eine Prüfung anzuſtellen geſonnen
waren, denn obwohl die Sache Sweden-
borgs mit Prinz Wilhelm und Jhro Maje-
ſtät der Königinn bekannt iſt, und ſich der
würde lächerlich machen, der alles für Phan-
taſie ausſchreyen wollte, ſo iſt doch viele
Caution nöthig. Ein groſſes Phænomenon
iſts für die, welche diſputiren, was der in-
nere Menſch in dem äuſſern ſey? dahero iſt
auch dieſe Ueberſetzung mehr zur Prüfung als
zur Behauptung aller Sätze. Paulus war
Sw. Sch.III.Th. Sent-
[274]Reflexiones über dieß Buch.
entzückt bis in den dritten Himmel, aber er
war im Leib und ſchwerlich auſſer dem Leib,
der dritte Himmel war in ſeinem aufgeſchloſ-
ſenen innern Menſchen offenbar, da hörte
er unausſprechliche Worte, die einem Men-
ſchen in der groben Hütte nicht taugen aus-
zureden. Warum? Er kann ſie nicht aus-
reden, ohne ſeine gewohnte typos der irdi-
ſchen, mechaniſchen, philoſophiſchen oder ſonſt
angenommenen rerminorum artis mit hinein
zu bringen. Soll man deswegen alles weg-
werfen? Nein, man ſolle ex ſtercoribus En-
nii das Gold herausſuchen: das iſt aber müh-
ſam für die delicate Sucher, die nur alles
auf dem Brett hergetragen wiſſen wollen.
Nun laßt uns als Wiſſenſchaft- und Ge-
ſchmakliebende dieß Buch von den Jnnwoh-
nern der Planeten durchpaßiren, und zwar
ohne Aufenthalt. Jſts nicht wahr, daß ſie
der Prüfung wehrt ſind? Wolf wird hart
mitgenommen, als ein materialiſcher Geiſt,
der blos die Mechanik in ſeinen Säzen zum
Grund hat, und eine mechaniſche Metaphy-
ſik herausgeſponnen, die denen Geiſtern des
Mercurs ſehr abendtheuerlich vorkommt.
Artiſtoteles hat ein gröſſeres Lob als Wolf,
und das mit Recht, denn er hat die Natur
beſſer aus Experimenten durchſucht, und
doch konnte er nach damaliger Zeit in vielem
nicht ſo weit ſehen, wie wir heut zu Tag
aus
[275]Reflexiones über dieß Buch.
aus der Folge der Entdeckungen, daß Arti-
ſtoteles die Seele eine Endelechiam, nicht
Entelechiam, ganz anderſt als Leibniz nennt,
da denke man nach, wie tief dieſes in die
wahre Metaphyſik hinein reicht. So ſtellt
auch Swedenborg die Seele, oder viel-
mehr den innern Menſchen, nicht als ein
ſimplex, ſondern ein aus endelechiis pluri-
bus coadunirtes, Weſen vor, das iſt die
wahre Idée.
GOtt kann in ein intenſum bringen, was
vielerley diverſe Kräften in ſich entſchließt,
ſo daß es doch ein reſpective einfaches un-
zerſtörlich Weſen iſt. Man denke den
Gründen der Sprache nach, wie ſie aus dem
Geſicht der Geiſter leuchtet. Man denke
der Atmoſphäre der Geiſter nach. Man den-
ke der unerſchöpflichen Mannigfaltigkeit nach,
die GOtt beliebt, in menſchlicher Geſtalt die
Geiſter darzuftellen. Man denke der Figur
der Seele nach. Es iſt nicht möglich nach
unſern gewohnheitlichen Bildern der groben
Hütte, noch weniger nach den ſimplificirten
Abſtractionen der Jdealiſten dieſe Erfahrun-
gen Swedenborgs zu prüfen.
Wer die heilige Offenbahrung nach dem
maſſiven Grund der Schrift verſteht, wer
die materialiſchen Ausdrücke des Throns
GOttes, der Farben in GOtt, des Lichts
S 2des
[276]Reflexiones über dieß Buch.
des Bodens des Throns GOttes, des durch-
ſcheinenden Glaſes mit Feuer gemiſcht, der
Edelſteine, der Früchte des Holzes des Le-
bens, der Mauern der Stadt in eine Con-
nexion ſtellt, der merkt, daß alles zuſammen
ſtimmt, und daß Swedenborg ſich ſelbſt
ungleich wird, indem er dieß verneint.
Wie wichtige Reflexionen könnte man an-
ſtellen! aber wir beſehen dieſe Dinge itzo nur
im Vorbeygehen. Das bleibt übrig bey al-
lem, daß alles ſehr materialiſch ausſieht,
welches denen bilderloſen Wolfianern noth-
wendig muß anſtößig ſeyn: denn ſie wollen
in denen unendlichen Monaden mehr Har-
monie ſehen, als in der willkührlichen Er-
wählung der Aeonen, und in der Stadt
GOttes.
Nun kann man noch viele Reflexionen
zur Aſtronomie, zur Moral, zur Politic,
zum Eheſtand, zur Auferziehung der Kinder,
zur Jnformation der Kinder heraus nehmen,
ſo wird man denen Obligation haben, wel-
che dieß Buch nicht unter die Bank ſtecken.
Sehr viele Dinge giebt es zu cenſiren; aber die
vortrefliche Dinge, die zur wahren Metaphy-
ſik, Logik und Analyſi gehören, übertreffen
dieſe critiſche Anfälle weit. Daher, mein
geneigter Leſer, laſſe dir meine fugitive An-
zeigen darzu dienen, die Wiſſenſchaften mit
mehr Nachdenken aus Swedenborg zu be-
rei-
[277]Reflexiones über dieß Buch.
reichern, und tadle nicht, was du zu ſchwach
biſt, reiflich zu betrachten. Es gehöret eine
Panſophie darzu, mit ſo abgeriſſenen tadel-
ſüchtigen pöbelhaften Einfällen iſt niemand
gedient. Ein ganzes Collegium von unbe-
fangenen Männern ſollte dieſe Dinge in
Prüfung ziehen: eher iſt kein Urtheil zuläng-
lich, nach der Wahrheit zu ſchlieſſen: die
Wahrheit iſt noch nicht offenbar, welche
den Wiſſenſchaften der Phyſik, der Mathe-
matik, der Moral die wahre Geſtalt giebt.
Laßt uns warten, was GOtt für Data ge-
ben wird. Unter dieſen iſt auch, was
Swedenborg geſchrieben: aber wann die
zween Zeugen werden kommen, alsdann
wird man erſt ein recht Gericht richten. Jn-
zwiſchen müſſen wir die Weisheit der Su-
ſpenſion in vielem ergreifen, und der iſt
weiſe, der dieß thut und mit gnugſamer Lang-
muth wartet, bis GOtt alles ſelbſt zuſam-
men ſtellt, was zu den Wiſſenſchaften gehö-
ret. Es iſt noch Raum übrig bis alles heim-
liche, bis alles verborgene offenbar wird.
Darzu tragen viele Dinge, auch ſweden-
borgiſche Nachrichten bey. Laß es ſeyn, daß
noch vieles wegfällt, laß es ſey, daß er in
ſeinen Viſis auch neue Zuſammenſetzungen
der Willkühr giebt. Die ganze Sache iſt
gleichwol aller Ehren werth, die wird GOtt
reinigen, wann er die Kinder Levi reinigt
und ſchmeltz. Swedenborg meynt es ſey
S 3nahe,
[278]Reflexiones über dieß Buch.
nahe, nämlich etwa in zwey Jahren. Der-
gleichen Jrrungen muß man einem Seher
nicht ſo hoch anrechnen. Man denke nach,
wie die Apoſtel ſelbſt ſich nahe gemacht, nicht
ohne des ewigen Geiſtes Direction, was doch
noch 1770. Jahr entfernt geblieben. Gedult
iſt uns noth in dem groſſen Cyclo der Welt,
bis alles zuſammen lauft. Jeder ſehe, daß
er in der Ewigkeit beſtehe, und keine falſche
Geburten mit ſich nehme. Man bedenke
wohl, was die Geiſter des Planeten Jupi-
ters von unſern Gelehrten dieſer Erde und
von ihren Wiſſenſchaften ſagen: dieſe wer-
den ihnen in jener Welt zu Nebel und Fin-
ſterniß. Zwar ſeyen die Wiſſenſchaften wie
die Kleider, die zur Zierde und Decke dienen,
aber auch zum Stolz und Einbildung, ab-
ſonderlich wenn man bey den Mitteln der
Wiſſenſchaften ſtehen bleibt, und ſie nicht
zum Zweck des innern Verſtands braucht.
Es influirt auch viel bey Swedenborg,
daß er weniger Chemiſt als Mechanicus ge-
weſen, daher er die fixe Weſen der Stadt
GOttes in Zweifel zieht, und ſie pur meta-
phoriſch erklärt, welches den klaren Verſtand
der Worte GOttes ſehr verwirrt. Man
muß aber hoffen, dieſer Fehler werde auf
eine andere Art compenſirt werden, denn
wir wiſſen nicht, ob bey ſolchen Geſichtsga-
ben eine ſolche Accurateſſe, das Wort au
pied de lettre auszulegen ſtehen kann. Dio-
nyſius
[279]Reflexiones über dieß Buch.
nyſius Areopogita hat Beſchauungen gehabt
von den himmliſchen Herrſchaften der Geiſter
und Engel, und er iſt vermuthlich durch die-
ſe intellectuelle Schauungen verſucht wor-
den, die maßiv und materiell ſcheinenden
Ausdrücke der heiligen Offenbahrung Johan-
nis überſinnlich zu erklären, wie denn die
Wolfianer, Semler und dergleichen Jdeali-
ſten, würklich ſolche ſogar in Zweifel ziehen.
Aber ſo jemand davon thut, dem wird GOtt
eben dieſes materielle Holz des Leibes entzie-
hen, und er wird mit ſeiner idealiſchen Be-
ſchauung lange Zeit hinaus abgeſpeiſet wer-
den.
Man prüfe demnach alles wohl nach der
Symmetrie der Worte des höchſten Verſtands
und der offenbaren Werke GOttes, welche
Spiegel der Unſichtbarkeiten des Allerhöch-
ſten ſind.
Dieß ſind die General-Reflexionen.
Nun iſt uns ſpecialius noch manches zu be-
herzigen:
Erſtlich zur Theologie:
1) Von dem Zuſtand nach dem Tod
und von den Aeonen, die ſich GOtt
vor der Schöpfung vorgeſetzt.
Jn des de la Groze Jndianiſchem Chri-
ſten-Staat leſen wir, daß die Thomas-
S 4Chri-
[280]Reflexiones über dieß Buch.
Chriſten, welche in ganz Malabar und Jn-
dien ein Zeugnis der Wahrheit nach den
Tranquebariſchen Nachrichten abgeben, von
Thoma dem Apoſtel die heilige Lehre unver-
ſehrt bis etwa vor 100. Jahren, erhalten.
Dieſe lehren, daß der Zuſtand nach dem Tod,
vom dem Zuſtand nach der Aufer ſtehung ſehr
unterſchieden ſey. Sie lehren kein Fegfeu-
er, aber einen Ort des Wartens, bis JEſus
ſich offenbaret. Dieſe Lehre iſt von denen
Catholiken durch das Fegfeuer, von den Pro-
teſtanten durch eine allzuübereilte Vollendung
nach dem Tod, umgeſtaltet, und aus der
wahren Verhältniß mit andern Wahrheiten,
geſetzt worden. Jn den 3 erſten Seculis ha-
ben Irenæus, Tertullianus, Cyprianus u. a. m.
noch rein gelehret. Irenæus hält es für einen
Jrrthum, daß man gleich von nun an, ohne
durch die Gradus JEſu Chriſti vom untern
zum oben durchzugehen vollendet ſeyn ſolle;
ſeine Worte lauten: Es ſey ein Jrrthum,
daß der innere Menſch ſogleich mit
Hinterlaſſung des Leibs in der Erde,
in die überhimmliſche Gegenden aufſteige.
Tertullianus will gar nicht, daß das Para-
dieß der Ort des Himmels ſey, ſondern es
ſey noch in denen untern Gegenden; die Stel-
le lautet alſo: (Tertull. de anima in ſine.)
Du haſt von mir ein Büchlein vom Para-
dieß, darinn wir beſchlieſſen, daß jede See-
le bey den inferis in niedrigen Gegenden auf-
behal-
[281]Reflexiones über dieß Buch.
behalten werde bis auf den Tag Chriſti. Da
nun dieſe Lehre vom Zwiſchenſtand ſo ver-
ſtellt worden, ſo iſt kein Wunder, daß
καιροῖς ἰδίοις Gott durch Swedenborg den
Zuſtand nach dem Tod ganz anderſt, als man
ſich einbildet, durch Offenbarung beſchreibt.
Nun ſind in Swedenborg viele vermiſchte
ungewiſſe, aus Zuſammenſetzung der Viſorum
ſelbſt entſtandene Lehren: aber wer das Be-
ſte aus ihm, mit der heiligen Schrift ver-
gleicht, findet da genugſamen Grund. Es
iſt alſo nicht noth, viel davon zu ſchreiben.
Der Brief von Herrn Lavater an Herrn Zim-
mermann (in den Ausſichten) giebt uns ſehr
wahrſcheinliche Vorbildung. Wir müſſen
uns inzwiſchen begnügen mit ſolchen unvoll-
ſtändigen Nachrichten, und nur das anneh-
men, was mit den Stellen und Pünctlein
heiliger Schrift, wenn man ſie zuſammen
nimmt, übereinkommt. Die ganze Propor-
tion der Wahrheiten, beſonders der Vorſatz
der Ewigkeiten in Chriſto, giebt den beſten
Ausſchlag. Wer die Epiſtel an die Epheſer
von der Haushaltung der Zeiten, bis alles
unter ein Haupt gebracht wird, wohl beher-
zigen mag, der wird genugſame Sicherheit
finden, ohne daß nöthig iſt, jemand die Sa-
che durch menſchliche Commentarios erſt klar
zu machen. Der Herr la Pierre in Neufcha-
tel hat darüber viel gelitten. Daher man in
dieſer Lehre niemand nichts aufdringen ſolle,
S 5ſon-
[282]Reflexiones über dieß Buch.
ſondern man muß mit JEſu Chriſto in al-
len Frieden ſprechen: Es wird ein jeder mit
Feuer geſalzen werden, hier oder dorten.
Wer es faſſen mag, der faſſe es.
Was die uralte Cabaliſten aus Rabbi
Simeon Ben Jochai von den Behältniſſen nach
dem Tode ſchreiben, das iſt für unſere un-
glaubige Zeit nicht tauglich, ich wollte es
ſonſt gerne hier beyſetzen, weil es ſolche giebt,
welche gar die heilige Offenbarung für ein
jüdiſches Blumwerk von orientaliſchen nichts-
heiſſenden Worten ausgeben: Doch wer den
Stilum der heiligen Schrift kennte, und Rhen-
ferds Abhandlung de ſtilo Joannis Cabaliſtico
gourtirte, der würde auch daraus etwas neh-
men, das zur Wahrheit dienet. Es giebt
aber eine Theologia pigrotum, welche ſagen,
Chriſtum lieb haben ſey beſſer denn alles wiſ-
ſen: aber leſet hievon den Grund-Text, es
lautet ganz anders.
Diejenigen, welche in dieſen Betrach-
tungen eine völlige Gewisheit aus heiliger
Schrift verlangen, und ſich keiner Hülfs-
mittel weder aus denen den Apoſteln aller-
nächſten Vätern, Polycarpo, Clemente Ro-
mano, noch auch, die Marperger, aus den
reinen Auszügen der alten Juden, noch auch
aus der Analogie der Werke Gottes, wie La-
vater,
[283]Reflexiones über dieß Buch.
vater, noch aus denen in eigenen Zeiten
(ἐν καιροῖς ἰδίοις) gegebenen Offenbarungen,
wie der drey Engel des ewigen Evangelii, be-
dienen wollen, ſind in Gefahr auf ſich ſelbſt
zu bauen, und aus dieſer Zuverſicht falſche
Schlüſſe zu machen. Sie ſchlieſſen, weil
keine Verdammniß iſt an denen die in Chri-
ſto JEſu ſind, ſo ſey auch keine Reinigung
nach dem Tod: aber das iſt wider 1 Cor.
3, 15. Sie ſchlieſſen, abgeſchiedene See-
len kommen vom Glauben nach dem Tod ins
Schauen, alſo gebe es keine Mittel mehr,
dardurch man nach dem Tod belehrt werde,
das iſt wider 1 Petri 3, 19. denn JEſus
hat den Geiſtern im Gefängnis gepredigt, und
was die Glaubigen betrifft, ſo muß ihnen
die Beylage des Worts Gottes noch zu ſtat-
ten kommen, ob ſie ſchon die gedruckte Bi-
bel nicht mitnehmen. Sie ſchlieſſen, daß
die Seelen vor dem jüngſten Tag in den himm-
liſchen Tempel verſammlet werden: aber da
wird eine grundforſchende Seele fragen:
wann iſt die Zeit, daß ich in den Tempel
komme? denn in der Offenbarung wird der
Tempel Gottes auch nicht gleich eröffnet,
ſondern erſt unter der 7ten Poſaune. Da
kommt erſt die Zeit, und vorher iſt ſie nicht,
die Todten zu richten und zu geben den Lohn
ſeinen Knechten, Apoc. 11, 19. Die Ver-
heiſſung Gottes, die Ueberwinder zum Pfei-
ler und Seule im Tempel Gottes zu machen,
geht
[284]Reflexiones über dieß Buch.
geht auch nicht gleich an. Apoc. 3, 12. Ue-
berhaupt ſind die Verheiſſungen in Cap. 2.
und 3. erſt weit hinaus ins neue Jeruſalem,
lange nach dem Zwiſchenſtand zwiſchen Tod
und Auferſtehung, geſtellt.
Wenn man ſagt: man komme ins Pa-
radis, oder Abrahams Schoos, ſo ſchlieſſen
ſie aus dieſem Grund, das Paradis und
Abrahams Schoos ſey im Tempel Gottes.
Gleichwohl lenken ſie wieder ein und ſagen,
es gebe eine Zwiſchenzeit, ehe man in den
Tempel Gottes komme, da man ſich beſin-
ne, erhole, faſſe und ſchmücke.
Weil ohne Heiligung niemand den HErrn
ſehe, und wer in Wiedergeburt ſtehe, heilig
ſey, ſo ſehe man GOtt gleich nach dem Ab-
ſchied: das iſt ſehr mangelhaft geſchloſſen:
denn Paulus iſt bey Chriſto nach ſeinem Ab-
ſchied, aber GOtt ſehen wie er iſt, wird
weiter hinausgeſezt, da wird wenigſt keine
Zeit beſtimmt; wir ſollen keine Zeit beſtim-
men wollen, wenn uns der Geiſt der Weiſ-
ſagung noch keine Zeit angiebt. Es iſt eine
groſſe Sache, daß die Apoſtel geglaubt ha-
ben, ſie werden JEſum noch vom Himmel
kommen ſehen, und ſie werden mit ihm hin-
gerükt werden in den Wolken, welches doch
noch nicht geſchehen. Folglich will uns der
Geiſt Gottes in dieſer Sache keine mathema-
tiſche
[285]Reflexiones über dieß Buch.
tiſche demonſtration reichen, ſondern wir
müſſen zufrieden ſeyn zu wiſſen, wir ſeyen
in der Hand Gottes und Chriſti. Aber die
Hand Gottes iſt nicht ein Raum einer Hand
gros, da müſſen wir gebükt hineinſehen in
die Zeiten der Eröffnung, wie ſie in heiliger
Offenbahrung uns beſchrieben werden.
Bengel hat uns von den Zahlen und Zeiten
vieles angegeben, das wichtig iſt; aber wir
müſſen auch noch mehr data erwarten.
Sie ſchlieſſen, wenn der Engel zu Ephe-
ſus geſtorben wäre, ehe er wieder zur erſten
Liebe gelangt, ſo würde er nach dem Tod
doch haben erfahren müſſen, er habe die erſte
Liebe verlaſſen: was iſt dieſes anders als ein
Jnterimsſtand? Ob man es Locum tettium
oder milleſimum nennet, iſt einerley Schwierig-
keit. Dem Johanni ſey nur das höchſte und
tiefſte gezeigt worden, nicht die Vorbereitun-
gen, allwo ſie warten müſſen, daß ſie nicht
ohne uns vollendet werden. Ebr. 11. 40.
Was kann man da determiniren, wie kann
man das gewiſſe und das wahrſcheinliche aus-
einander leſen? Es wird immer noch etwas
übrig bleiben, das nicht zu beantworten iſt.
Wenn wir auch die Zahlen in H. Offenbah-
rung alle verſtünden, wie Herr Bengel auf
das apocalyptiſche Einmal eins ſehr gebauet,
ſo iſt doch noch weit hin, die geiſtliche Le-
benskräften Cap. 12, 5. ſowohl im Reich des
Lichts
[286]Reflexiones über dieß Buch.
Lichts als der Finſternis zu demonſtriren:
deswegen hat man aber Vorrath genug, ſich
zu beruhigen. Genug, wer an JEſum
glaubt, der hat das ewige Leben. Da laſſe
man einem jeden ſeine aus der Schrift und
aus GOtt empfangene Stützen, und mache
ſich nicht vor der Zeit zum Richter und Mo-
nopoliſten gegen andere.
2) Das wichtigſte, das uns in Erſtau-
nen ſezt, iſt diß, daß unſere Erde den an-
dern Einwohnern der Planeten als die fin-
ſterſte, gröbſte, kothigſte vorkommt, in
welcher das verdammte Weſen am meiſten
prävatirt, welche auch ihrer Grobheit halber
allein fähig iſt, daß das geſchriebene Wort
allda durch materialiſche Druckerey publi-
cirt und fortgeſezt werde, welches wegen der
prävalirenden Subtilheit auf andern Erden
des Mercurs, Jupiters, des Venus u. a. m.
nicht angeht. Und doch iſt der Sohn Got-
tes in Menſchengeſtalt allein auf dieſer befleck-
ten Erde gebohren worden! welch ein gro-
ſer willkührlicher Vorſatz Gottes iſt diß.
Chriſtus nimmt nicht der Engel Natur an
ſich, ſondern die grobe materialiſche Natur
des Samens Abrahä: was will GOtt dar-
durch? Jn Lyſtra des Lands Lycaonien ver-
ehrten die Jnnwohner, da Paulus und Bar-
nabas den von Mutterleib Lahmen plözlich
hergeſtellt, den Barnabam als Jupiter, und
Pau-
[287]Reflexiones über dieß Buch.
Paulum als Mercurium, und ſagten: die
Götter, als den Menſchen gleichgewordene,
ſind zu uns hernieder kommen. Jn Wahr-
heit, das können wir auf unſerer Erde in
höchſtem Verſtand ſagen. Welch ein Be-
weis wider das Syſtem der Weſen! GOtt
iſt zwar ein nothwendiges Weſen, aber da-
bey das allerfreyeſte: dieſer hat nicht um
der Tugenden der Menſchen willen dieſe Er-
de zum Schauplatz ſeiner Verklärung er-
wählt, ſondern um ganz anderer Urſachen
willen, die in der Harmonie der Creatur kei-
nen Grund haben, ſondern in der freywilli-
gen Ausübung der Liebe Gottes zu den Elen-
deſten. Aus dieſen leztern will er ſeine Erſt-
linge der Creaturen machen, dieſe will er den
reinen Geiſtern des Mercurs, des Jupiters,
in der Zeit der Offenbarung Chriſti vorzie-
hen, ſie zum Erbtheil machen, in dem er
vorzüglich wohne, an dieſen will er die Pro-
be machen, daß das allergröbſte, allernatür-
lichſte ſolle das allergeiſtlichſte und verklärte-
ſte werden. Dieſer Grund iſt Swedenborg
ganz unbekannt. Er muß noch ganz anderſt
von dem wahren Verſtand heiliger Schrift
belehret werden. Chryſoſtomus ſagt, er ſey
nicht zufrieden nur hin zu gelangen ins Para-
dies, wo der Schächer hingekommen, er hat
die heilige Ambition der Erſtlinge. Swe-
denborg hat dieſe Ambition nicht. Mirjam
tadelte an Moſe, daß er eine ſchwarze Moh-
rin
[288]Reflexiones über dieß Buch.
rin zum Weibe genommen: die Philoſophen
können auch nicht reimen: warum GOtt
dieſe ſchwarze Erdinnwohner, die er unter
die Sünde beſchloſſen, zu ſo hohein Grad der
ehlichen Liebe erſehen. Der Grund muß
allein dieſer ſeyn: die Materie in den höch-
ſten Stand des Geiſtes zu erheben, und alle
Paßionen der Materie ſelbſt zu empfinden,
bis der Geiſt aus der Tiefe der Materie ſei-
ne höchſte perfection bekomme. Diß iſt ein
theologiſches Problem.
Aber ein eben ſo groſes Problem iſt diß,
daß Swedenborg uns entdekt, es könne kein
Geiſt oder kein Engel ſeyn oder entſtehen,
der nicht vorher in den Hülſen der groben
Materie herausgekeimt und fortgewachſen,
diß iſt auch ein groſes Problem, und läßt ſich
nicht ſo ſchnell wegwerfen. Was wird Sem-
beck in Lindau darzu ſagen, welcher glaubt,
daß die Menſchheit in die verlaſſene Woh-
nung der Engel geſezt ſey, und die Stelle
der Engel einnehmen ſolle: aber unſere Erd-
innwohner haben wenig Luſt, dieſen Abſich-
ten Gottes ins Ewige nachzudenken; ſie er-
kennen ihre Ehre nicht, die GOtt ihnen an-
thun will, indem es das niederſte zum höch-
ſten erheben will. Die im Planet Jupiter,
Mercur, Venus, haben alſo keinen Glauben
ans Wort, ſondern ſie werden durch beſon-
dere Revelationen geführt; ſie ſind aber nicht
wie
[289]Reflexiones über dieß Buch.
wie wir ſo unwillig zum Sterben, der Tod,
oder das Ausgehen aus der irrdiſchen Kruſte
in ein beſſers Leben, iſt ihnen nicht das ſchröck-
lichſte ſondern das allerergötzlichſte. Sie
müſſen vom zukünftigen Leben viel ſtärkere
Vorſtellungen haben als die kaltſinnige Chri-
ſten unſerer Erde, und die ganze Religion
muß uns nicht ſo ſchön ſeyn, als ihnen ihre
aus der Offenbahrung und Geſchöpf in der
Unſchuld gefaßte Jmpreßionen ſind O welch
eine groſe Sache iſt es demnach um den Glau-
ben aus dem Gehör des Worts. Man leſe
in dieſem Buch, warum Chriſtus allein auf
dieſer Erde gebohren und geſtorben iſt.
Nun wollen wir ſehen, wie wir aus
Swedenborgs Nachrichten
Zweytens die Philoſophie bereichern.
Unſere Grundweisheit, welche der Theo-
logie ſolle zum Grund liegen, iſt voll Zwei-
fel, weil die Philoſophen von der heiligen
Schrift abſtrahiren. Swedenborg war ein
mechaniſcher Philoſoph, er hat noch begreifli-
chere Jdeen in ſeinem Syſtem als Leibniz,
ſein finitum activum und elementare iſt viel
gedenklicher als die ganze Lehre von der idea-
liſtiſchen Materie. Denn nach Leibniz iſt
die Materie, wie Plato ſchon gedenkt, kein
wahres ens, nur die Monaden ſind wahre
Sw. Sch.III.Th. TSub-
[290]Reflexiones über dieß Buch.
Subſtanzen, hingegen iſt nach Leibniz und
Plato die Materie keine Subſtanz. Aber
die Materie, ich meine die reine Materie,
welche keine grobe Zufälligkeiten hat, iſt die
Baſis aller Subſtanz. Darum ſagte Mau-
pertuis, er wiſſe nicht was Subſtanz ſey:
Urſache iſt, weil man Subſtanz ohne ſub-
tile Erde begreiffen will. Swedenborg kann
keine Subſtanz ohne ſubtile Lichts-Erde con-
cipiren. Nach Swedeyborg muß der inne-
re Menſch aus dem äuſſern gebohren werden.
Der innere Menſch hat ſo viel Organismos
in zarten Lichtsweſen als der äuſſere Menſch,
und darum hat der innere Menſch eine Fi-
gur wie der Menſch, nur das grobe muß weg.
Dieß iſt unſern angenommenen Jdeen ganz
entgegen, aber die heilige Schrift will einen
innwendigen Menſchen haben im alten, und
Tertullianus hat durch revelation in der Ge-
meine in ſeinem Buch de anima bezeugt, der
innere Menſch ſehe aus wie der äuſſere, nur
die Grobheit und Plumbheit ſey davon weg.
Auf dieſen Grund ſind die Viſa des Swe-
denborgs gebauet. Die Einwohner der Pla-
neten legen ihre grobe Hütte ohne Furcht vor
dem Tod ab, wie unſere Menſchen ſie able-
gen mit gichteriſchen Bewegungen, oder mit
ängſtlichen Ringen der Herzkammern.
Hernach ſind ſie Geiſter in dem Spatio
der unſichtbaren Welt, welche abermal die
Figur
[291]Reflexiones über dieß Buch.
Figur, nicht eines Vieleckes, ſondern eines
groſſen Menſchen hat, und das kommt den
Unwiſſenden ſo ungewohnt vor, daß ſie es
für närriſch halten, daß in der Ewigkeit die-
ſer in die Zehen, der andere in den Kopf,
der dritte anderswo ſolle placirt ſeyn. Es
iſt aber keine närriſche Hypotheſe, denn Chri-
ſto iſt alles Gericht übergeben, darum weil
er des Menſchen Sohn iſt: und darum kann
anſtatt eines Raums des Vieleckes, oder ſtatt
eines unendlichen Raums, derſelbe Raum
in die Figuren der Theile des Menſchen ein-
geſchloſſen werden.
Meine Anmerkungen über den Begriff
der Einwohner der Planeten von dem GOtt-
Menſchen ſind in dieſen Blättern nicht aus-
zuführen möglich. Dem Stilo des neuen
Teſtaments iſt es nicht vollkommen gemäß,
die GOttheit durchaus in die Figur eines
Menſchen einzuſchlieſſen. Denn GOtt
iſt ein Geiſt, und hat keine determi-
nirte Figur, er kann ſich aber eine geben,
wie der heilige Geiſt ſich die Taubengeſtalt
gegeben. Man laſſe demnach Swedenborgs
Viſa ſo viel gelten, daß man ſehr nüzliche
Anmerkungen daraus nehmen könne, aber
ſie brauchen noch viel Bewährung. Die Zei-
ten der hellern Offenbahrung werden in fol-
genden Jahren manches rektificiren; aber
man muß nicht begehren, daß alles ohne ei-
T 2nige
[292]Reflexiones über dieß Buch.
nige Einwendung wahr ſey, was Sweden-
borg nicht ſowohl von dem Vater JEſu, als
von dem Geſandten JEſu, dem einzigen Men-
ſchen in Gnaden geſchrieben. Man prüfe
alles und behalte was nach der alle Jahre
mehr bereicherten Aehnlichkeit des Glaubens
wird bewährt erfunden werden. Jezt iſt ei-
ne Zeit der Gedult, auch bey der Ketzer-
macherey.
O wie ſind die Erdeinwohner ſo ſehr an
die grobe Dinge der Ehre, der Wolluſt, der
Bequemlichkeit angeheftet, daß ſie vor lau-
ter Lüſten in Jrrthum an die wahre Beſchaf-
fenheit der künftigen Vorwürfe nicht denken
mögen, geſchweige daß ſie die Ambition ſoll-
ten haben, mit Chriſto einmal auf weiſſen
Pferden herab zu kommen! dieß klingt ihnen
allzumaterialiſch und abſurd, aber daß Thö-
richte GOttes iſt weiſer als die Menſchen
ſind. Man wird mit Erſtaunen ſehen, daß,
wie wir gehöret haben, es auch demtis im-
perfectionibus, ſey in der Stadt GOttes.
Darum ſchämt ſich GOtt nicht, zu heiſſen
ihr GOtt, denn er will ſich nicht nach den
Rechten ſeiner Gottheit beweiſen, ſondern
nach der Menſchheit Chriſti, worinn die Noth-
wendigkeit GOttes mit der Freyheit eines
Menſchen in der Balance iſt. Darum ſteht
ausdrücklich: er habe ihnen eine cörperliche
Stadt bereitet. Swedenborg läugnet die
Aufer-
[293]Reflexiones über dieß Buch.
Auferſtehung der Todten, und meynt, die
Auferſtehung geſchehe gleich in der Ewigkeit.
Das kann zum Theil ſo ſeyn, wie an Moſe
und Elia zu ſehen auf dem Berge, aber es
muß ewig wahr bleiben: Wenn keine Aufer-
ſtehung iſt, ſo iſt auch Chriſtus nicht aufer-
ſtanden; wenn aber Chriſtus auferſtanden,
ſo folgen alle Lebendigmachungen jeder Sphä-
re in ihrer Ordnung nach. Jn dieſem Stück
iſt Swedenborg in derjenigen Unerkänntnis
von GOtt, in welcher ſchon etliche Corin-
ther 1 Cor. 15. geweſen, darinn müſſen wir
ihm nicht Beyfall geben. GOtt wird alle
dieſe Dinge (καιροῖς ἰδίοις) in ihren eigenen
Zeiten an ſeinen rechten Ort ſtellen, jetzo ha-
ben wir noch lauter abgeriſſene Stücke, und
kein Syſtem.
Damit wir aber doch ein wenig ſpecieller
in die Logik, Metaphyſik, Moral und Poli-
tik hineingehen, und aus Swedenborg ſeine
kurze Anmerkungen benutzen, ſo laßt uns
1) Auf die Logik reflectiren, welche
theils die Einwohner der Planeten haben,
theils die Geiſter der Einwohner, die in je-
nen groſſen Raum übergehen. Welch eine
groſſe Logik müſſen die gehabt haben, von
welchem beym Jupiter gedacht wird, näm-
lich in den alten Zeiten haben die Einwohner
des Jupiters, die unter dem HErrn Zebaoth
T 3oder
[294]Reflexiones über dieß Buch.
oder HErrn der Heerſcharen geſtanden, mit
den Engeln converſirt; ihre Mentes, ihre
Gemüther, die von cörperlichen Dingen faſt
abgeſchieden waren, waren in den Himmel
erhaben; ſie konnten, ohne aus dem Leib zu
fahren, wie Swedenborg das Prächtige,
nämlich die Farben, die Früchte, die Lichts-
Produkte, die Figuren und Geſtaltungen
der ewigen Dinge ſehen. Tſchirnhauſen hat
deswegen Gläſer geſchliffen, daß er die Na-
tur möchte ſehen, denn wenn man ſie nicht
ſehe, ſo wiſſe man ſie auch nicht. Demnach
haben die erſten Einwohner Jupiters anſchau-
ende (intuitive) Jdeen bekommen von den
Erſcheinungen der Dinge: wir aber ſind jetzo
nicht mehr im Stand; ja die folgende dege-
nerirte Einwohner Jupiters mußten ſchon
die Abwechslung der Cognitionis intuitivæ
mit der ſimboſia gebrauchen, wie wir auch.
Und dieß iſt das groſſe Kunſtſtück der Logik,
daß wir die wortliche Jdeen in intuitive re-
ſolviren. Wenn wir ſagen Million, ſo ſind
es lauter ſymboliſche Jdeen: wenn ich aber
ſage, es iſt eine Zahl, worinn die vorherge-
hende Zahl 10 mal mehr in ſich faßt, alſo
daß 10 mal 10 hundert, 10 mal 100 tau-
ſend, zehen mal zehen tauſend hunderttau-
ſend heißt; ſo iſt es ſchon intuitiv. Nach
dieſer Art müſſen alle Sprachen mit Zeichen
vollendet werden.
Ein
[295]Reflexiones über dieß Buch.
Ein ſehr wichtiger Punct von der Spra-
che der Menſchen und Geiſter iſt da zu le-
ſen, darüber ſolle billig der, welcher Wiſſen-
ſchaft liebet, nachdenken. Swedenborg ſagt:
er ſey von den Engeln belehrt worden, daß
die allererſte Sprache auf einer jeden Erde
die Sprache durch das Angeſicht geweſen:
die Urſache, daß dergleichen Sprache die er-
ſte geweſen, ſey, weil das Angeſicht das,
was der Menſch denkt, abzubilden geſtaltet
iſt: Ferner weil in den älteſten Zeiten alles
aufrichtig geweſen, und der Menſch nichts
anders gedacht, als was er haben wollte, daß
man es aus ſeinem Angeſicht ſehe. Dieß
iſt auch der Grund eines engliſchen Buchs
von dem Aeuſſern der Rede. Ferner ſagt er:
die Wörterſprache habe den Aelteſten nicht
bekannt ſeyn können, weil die Wörter in
der Sprache nicht unmittelbar eingegeben
ſeyen, ſondern erſt mußten den Sachen bey-
gelegt werden. Nun, geneigter Leſer, dieß
iſt eine ſehr metaphyſiſche Aufgabe. Soll
man Grund geben, ſo denke ich ſo. Wahr
iſt, daß es eine Sprache giebt, welche aus
dem Grund der innern Seelenkräften aus-
fließt, wie bey Adam in der erſten Unſchuld:
aber dieſelbe Sprache war nicht ohne Wor-
te und Zeichen. Wenn es eine Sprache
giebt blos durch das Angeſicht und Züge der
Muskeln; ſo muß etwas dabey ſeyn, das
in die Seele des andern ſich imprimirt, ſonſt
T 4iſt
[296]Reflexiones über dieß Buch.
iſt es keine Sprache. Es muß wenigſt eine
transmiſſio virium immateriatarum, davon
Baco de Verulamio ſchreibt, dabey ſeyn. Es
ſind Atmoſphären, die aus jedem Geiſt aus-
flieſſen aus der Würkſamkeit der Neigungen
und aus dem Leben ſelbſt. Die Engel haben
nach Paulo auch eine Sprache, und Paulus
hörte Worte, die der Menſch hier nicht aus-
ſprechen kann: alſo ſind die Zeichen des An-
geſichts nicht genug, ſondern es müſſen Wor-
te dabey ſeyn. Ja bey uns ſelbſt könnte
kein Menſch ohne Sprache Gedanken haben;
bey der Sprache müſſen Univerſal-Concepte
von Arten und Geſchlechtern der Dinge ſeyn.
Darüber hat Wolf ſchön geſchrieben: den-
ken kann niemand ohne mit ſich ſelbſt im Ge-
müth zu reden. Demnach ſollte Sweden-
borg noch deutlicher ausgeführt haben, wie
man ohne Sprache denken könne. Spricht
man: die Liebe brauche keine viele Worte:
aber eine Liebe ohne Sprache wäre auch kei-
ne Liebe, es muß bey der Liebe eine Commu-
nication ſeyn, dardurch ich die Bilder, die
ich in der Seele trage und mit Zeichen abbil-
de, in dem andern erwecke.
Die Zeichen hören nicht auf, ſo lang noch
das Stückwerk in jener Welt dauret: denn
bis Chriſtus ſich an den auferſtandenen Lei-
bern offenbart, dauret das Stückwerk, her-
nach kommt erſt das Vollkommene, und dieß
je
[297]Reflexiones über dieß Buch.
je mehr die Materie ins Licht und Beſtand-
weſen erhaben wird: denn Licht, Wärme, Fin-
ſierniß und Kälte muß auch in der Ewigkeit
ſeyn, bis GOtt alles in allem wird. Die Grade
der Finſterniß müſſen auch dorten ſeyn, ſonſt
würde kein Verdammter in die äuſſerſte Fin-
ſterniß geworfen.
Wir leſen, daß dem Swedenborg im
Reich der Geiſter die Logici und Ariſtotelici
begegnet. Jn dem Reich der Geiſter unter-
ſcheiden ſich alle Weltweiſen von einander, ab-
ſonderlich die, welche die Wahrheit nur deß-
wegen gelernt, damit ſie commod leben und
Ehre genieſſen. Die, welche nur deswegen
ſtudirt, beweinen im Reich der Geiſter ihre
Dummheit. Die, welche aus eigenem Nach-
ſinnen und Obſerviren Verſtand erlangt, ha-
ben es in jener Welt auch zu genieſſen: denn
der Nachdenkenden ihre Worte ſind keine
entlehnte Worte, es ſind Ausdrücke der
Geſinnungen, mit welchen man das Jnnere
bezeichnet, hingegen die andern die nur um
Ruhms willen ſtudiren, kommen nicht von den
Gedanken zu Worten, ſondern von Worten
zu Gedanken. Viele gelangen nicht einmal
zu Gedanken, ſondern bleiben blos an den
Worten hangen. Wenn ſie dieſe anwenden,
ſo thun ſie es, entweder das, was ſie wollen,
zu beſtättigen, oder dem Falſchen einen Schein
des Wahren anzuſtreichen. Deswegen ſind
T 5ihnen
[298]Reflexiones über dieß Buch.
ihnen ihre ſcholaſtiſche Wiſſenſchaften Mit-
tel, mehr toll als klug zu werden. Er führt
ein Geſpräch mit einem Geiſt an, von der
analytiſchen Wiſſenſchaft, und ſagte, daß ein
Knab (nämlich der von dem groben Cörper
entbunden iſt) in einer halben Stunde mehr
philoſophiſch, analytiſch und logicaliſch rede,
als ein Scholaſticus durch ein ganzes Werk
hätte beſchreiben können, weil alles, was zu
einem Gedanken, und folglich zur menſchli-
chen Rede gehöre, analytiſch oder zergliedernd
ſeyn muß, davon die Geſetze aus der geiſtli-
chen Welt ſind. Hieraus folgt, daß, wenn
die Geiſter auch noch ſo geſchwind begreiffen
und reden, dennoch alles folgende ſeine Ratio-
nem ſufficientem in dem vorhergehenden habe,
und daß das obere ſey wie das untere, nach
JEſu Chriſti Grundſätzen, wer da hat, dem
wird gegeben, und daß, wie zuerſt der Saa-
me, darnach das Gras, hernach der Halm,
und daraus erſt die Figur der Frucht hervor-
wachſe, ſo ſey es in der Rede auch. Aber
daß, ob ſie wohl wiſſen wie eins aus dem an-
dern gehe, weil ſie die einförmige Ordnung in
allem erblicken, ſo daß, wer eines recht kennt,
die anderen alle kennt, ſo können ſie doch nicht
alles aus analytiſcher Kunſt denken, ſo wür-
den ſie einem Tänzer gleich, der aus der Wiſ-
ſenſchaft der Bewegungsfaſern tanzen lernen
wollte. Es müßte nemlich die Ordnung und
Geſchwindigkeit ihnen zur Gewohnheit und
Fer-
[299]Reflexiones über dieß Buch.
Fertigkeit werden. Wenn man aber zuviel
aus Worten und Terminis denken wolle, ſo
verhindere man ſich ſelbſt. Dieß Geſpräch
hat der Geiſt vermuthlich Ariſtotelis, wohl ge-
billigt und ſagt: wenn man blos aus Wor-
ten zu den Sachen komme, und nicht zugleich
von den Sachen zu den Worten, ſo greiffe
man es verkehrt an, und komme zu keiner
Weisheit. Man ſollte alles nach dem innern
Fortgang, und nach dem Nutzen lernen. Von
den Geiſtern des Planeten Mercurs wird ge-
meldet, daß ſie die Wörterſprache als materiel
verabſcheuen, aber eben deswegen wird auch an-
geführt, daß die Geiſter des Mercurs wenig Ur-
theils Kraft beſitzen, weil ſie blos die anſchauen-
de Erkenntniß ohne die ſymboliſche lieben.
Man ſagte ihnen: ob ſie aus ihren Kennt-
niſſen keinen Nutzen ziehen wollen? aber ſie
antworteten, daß ſie ſich an den Kenntniſſen
ergötzen, und daß ſie dieſelben auch auf den
Nutzen bringen. Wolf redet davon deutlich,
wie man Abſichten wieder zu Mitteln, und
dieſe wieder zu Abſichten machen müſſe. Es
wird aber unter den Geiſtern des Mercurs
nicht an ſolchen manglen, welche dieß alles aus
der Uebung an ihren Fehlern lernen. Jn der
Sprache der Geiſter iſt ein unſäglicher Un-
terſchied: Man leſe von den Geiſtern, wel-
che zu Swedenborg gekommen: die waren im
Durchſehen, Denken und Reden fertiger als
die andern. Als ſie kamen, giengen ſie gleich
mein
[300]Reflexiones über dieß Buch.
mein Gedächtnis durch, und ſahen alles dar-
inn. Etliche reden ſo geſchwind als ſie den-
ken, und ihre Gedanken können nicht ausge-
ſprochen werden, als vermittelſt anderer lang-
ſamerer Geiſter. Er ſagt, ſie reden voluma-
tim. Jch verſtehe dardurch, in einem ſo zu-
ſammenfallenden Begriff, daß das räumliche
nicht mehr zu bemerken, wie wenn viele Rol-
len in einander ſtecken. Jhre Sprache war,
wie in der heiligen Offenbahrung ſteht, wie
viele Waſſer, den Waſſerwellen ähnlich. Mit
eben der Geſchwindigkeit, mit der ſie redeten,
nahmen ſie auch die gehörte Sachen an. Jhr
Urtheil iſt gleichſam ohne Zeit in einem Punct.
Wegen der Geſchwindigkeit ihrer Sprache
ſpotten ſie manchmal über unſere Langſamkeit
der auf Papier geſchriebenen Dinge.
Wie die Einwohner des Mercurs ihre
Schüler unterrichten, das gehört auch zur
Methode der Logick. Daſelbſt ließt man, daß
ſie ſie nicht ſo unterrichten, wie ſich die Sa-
che verhält, ſondern nur eine vorläufige Em-
pfindung der Sache beybringen. Da geht
es alſo ganz anderſt, als wenn wir einander
methodo ſynthetica informiren: nicht jedes
Naturell iſt zu dieſer Methode beſtimmt, nem-
lich zuerſt das einfache, hernach das zuſam-
mengeſetzte zu lernen; das iſt gewiſſen Ge-
nien nicht angemeſſen. Die Sprüche Salo-
mo ſind daher, wie die ganze heil. Schrift,
nicht
[301]Reflexiones über dieß Buch.
nicht in ſolcher Ordnung geſchrieben, ſon-
dern nach der Einträchlichkeit der meiſten
Menſchen. Es iſt nicht gut allzu präcis, all-
zu accurat, gleich anfangs zu unterweiſen.
Es iſt beſſer ihnen eine vorläufige Empfindung
des ganzen einzuprägen durch Diſcurſe hie und
da, obwol in keiner Ordnung. Wenn die
Sachen da ſind, ſo giebt ſich die Ordnung
ſelbſt; ſind die Weisheits-Arten da, ſo wird
man ſie hernach bald in ihre generative Ord-
nung bringen. Die Jnnwohner des Mer-
curs wiſſen dieß beſſer als unſere Lehrmeiſter,
ſie ſehen bey der Unterweiſung dahin, daß die
Begierde zu forſchen und zu wiſſen unterhal-
ten werde; aber durch allzugenaue Präciſion
wird ſie nicht unterhalten; wenn ſie auf al-
les antworten würden, ſo würde die Begier-
de vergehen. Sie ſetzen hinzu, daß ſie das
Gegentheil (Antitheton) deswegen vorhalten,
damit die Wahrheit hernach beſſer angeſehen
würde. Denn alle Wahrheit erſcheint aus
dem Verhältniß zu dem Gegenſatz. Dieß iſt
ein Muſter, wie man logiſche Obſervationen
aus Swedenborg ſammlen kann. Nun wol-
len wir
2) zu dem metaphyſiſchen von der See-
le ſchreiten. Jn der Seele des Menſchen
würde bey dieſem Zuſtand und worinn wir
jetzo ſind, kein Beſinnen ſeyn, wenn nicht
Wolfen Lex imaginationis oder Locken conſo-
ciatio idearum der Grund wäre. Ja man
würde
[302]Reflexiones über dieß Buch.
würde nicht behaupten was Thümmig beweißt,
daß die geometriſche Art zu ſchlieſſen mit der
gemeinen Art aller Menſchen übereinkäme.
Es iſt eine ſehr wichtige Sache um die Syl-
logiſmos, und dieſe geſchehen niemal ſine Le-
ge imaginationis, da, wo man ein ganzes ge-
ſehen, einem auch ein Theil beygeht; oder da
man etwas ähnliches geſehen, das mit ver-
bunden auch recurrirt. Wir ſind nicht ſo
beſchaffen wie die Geiſter des Mercurs, wel-
che, wenn ſie zu dem Menſchen kommen, al-
les gleich in ſeinem Gedächtniß ſehen, was da-
ſelbſt iſt. Wir müſſen ex conſociatione idea-
rum handlen, und mich dünkt, auch ſelbige
operationes mentis ſeyen nicht ohne conſocia-
tione idearum: denn als ſie nach Städten und
Oertern, wo ich geweſen, fragten, nahm ich
wahr, daß ſie Palläſte, Häuſer und Gaſſen
nicht wiſſen wollten, ſondern nur die allda ge-
ſchehene Dinge, ferner was die Regierung
daſelbſt, Gemüthsart und die Sitten derer,
die daſelbſt ſind, betrifft. Denn NB. ſolche
Dinge ſind in dem Gedächtniß der Menſchen
mit den Oertern verbunden, deswegen, wenn
man die Oerter im Gedächtniß erregt, auch
dieſes in die Gedanken kommt. Es iſt ferner
klar, daß ſie ſich des Legis imaginationis bedie-
nen, denn da ſtehet, daß ſich die Geiſter des
Mercurs der einmal gefaßten Sachen erin-
nern, ſo oft ähnliche Dinge vorkommen: dieß
gehört zur Pſychologia metaphyſica. Daß
die
[303]Reflexiones über dieß Buch.
die Geiſter ſich GOtt in jener Welt in menſch-
licher Geſtalt wie Apoc. 4. vorſtellen, das zeigt
ſich aus Ariſtotelis Ausſage. Swedenborg
erzehlt, Ariſtoteles habe ihm gezeigt was er für
eine Jdee von dem höchſten GOtt gehabt, daß
er ſich ihn nemlich in menſchlicher Geſtalt, mit
einem ſtrahlenden Kreis um das Haupt vorge-
ſtellt habe, und daß er jetzo wiſſe, daß der HErr
ſelbſt jener Menſch, und daß der ſtrahlende
Circul das Göttliche von ihm ſey, welches
nicht nur in den Himmel allein, ſondern in
die ganze Welt einen Einfluß hat, und alles
ordnet und regieret.
Hier muß ich eine Anmerkung machen,
daß, wenn ſchon die Geiſter in jener Welt viel
Erkenntniß erlangen, und der Wahrheit von
Chriſto etwas näher kommen, es doch gegen
dem, was das klare Wort im neuen Teſta-
ment entdekt, ſehr wenig ſey. Von GOtt
dem Vater, JEſu, und von dem, den GOtt
geſandt hat, wiſſen ſie wenig. Es muß aber
doch geſchehen, daß ſie nach und nach es auch
erfahren: denn im Namen JEſu werden
ſich beugen alle Knie (in Menſchengeſtalt,
weil ſie Knie haben) derer die im Himmel,
auf Erden und unter der Erden ſind, und
alle Zungen der Geiſter müſſen bekennen,
daß JEſus Chriſtus HErr, König und
Hoherprieſter ſey, zur Herrlichkeit GOt-
tes des Vaters.
Ariſto-
[304]Reflexiones über dieß Buch.
Ariſtoteles ſagte ferner, was er an ſeinem
Ort für Beſchäftigungen gehabt, und wie we-
nig ſolche mit den Glaubens-Verrichtungen
der Erſtlinge, welche die Beylage des Worts
GOttes in ſich haben, in Vergleichung kom-
men, wie wenig ſie wiſſen, daß Chriſtus das
A und O der Werke GOttes ſey; und welch
eine große Sache ſey, den reinen und lautern
Sinn JEſu und ſeiner Apoſtel mit ſich in je-
ne Welt zur Beylage haben, und daß JEſus
ſelbſt dieſe Beylage bewahre, daß ſie nicht ent-
rückt werde, bis an jenen großen Tag.
Man leſe was Swedenborg von Ariſtotele
erzählt: Jch ſahe ein Weibsbild, welche ihre
Hand ausſtreckte und ihm die Wange ſtreich-
len wollte, ich wunderte mich darüber u. ſ. f.
Dieſe Dinge ſind keine wichtige Beſchäftigun-
gen des Ariſtotelis; und was er ſich für eine
Jdee von der Seele oder dem Geiſt des Men-
ſchen gemacht, welche er Pnevma nennte, das
iſt ſehr wenig, und es deucht mich, er habe in
ſeinem Buch de anima viel mehr geſagt von
der Edelechia τῇ πρώτσ und folglich den fol-
genden Endelechiis und Progreßionen der
Seele, bis die eſſentien oder endelechien zur
Subſtanz werden, quæ ſubſtat ut hypoſtaſis,
prioribus endelechiis. Hieraus iſt klar, wie
viel willkührliches ſich unter die Viſa Swe-
denborgs miſchet, daß man demnach viele Prüf-
ſteine nöthig habe. Jnzwiſchen kann man
gleich-
[305]Reflexiones über dieß Buch.
gleichwol noch viele obſervationes metaphyſi-
cas herausziehen. Jch will aber zum Beſchluß
noch einen Brief vom Swedenborg ſelbſt an
N. N. hier einrücken, woraus zu ſehen, wie
viel er auf ſeine Scientiam correſpondentia-
rum baue, und wie wenig er denen Erinne-
rungen von dem Senſu Literali Gehör gegeben,
welche in Herrn Clemmens Theologie zu leſen.
— Atlfers dubium, quod tradita ſit Chriſto po-
teſtas ſuper omnem carnem, \& tamen Angeli ac
cælites non habent carnem ſed lucida corpora:
ad hæc digneris benigne recipere hoc reſponſum,
quod ibi per omnem carnem intelligatur omnis
homo, quare in Verbo aliquoties dicitur omnis
caro, quod eſt omnis homo; quod angelorum cor-
pora ottinet, non apparent illa judica, ſed ſicut
carnea, ſunt enim ſubſtantialia \& [non] materia-
lia, ac ſubſtantialia coram illis non translucent;
omne materiale originitus eſt ex ſubſtantiali, in
hoc venit omnis homo, dum exuvias materiales
per mortem deponit, quæ cauſa eſt, quod homo
poſt obitum ſit homo, ſed purior, reſpective ſicut
ſubſtantiale eſt ad materiale. Quod Domino ſit
poteſtas non modo ſuper omnes homines, ſed et-
iam ſuper omnes Angelos, conſtat ex Ipſius ver-
bis apud Matthæum: data eſt mihi omnis pote-
ſtas in Cœlo \& in Terra, Cap. XXVIII, 18.
Quoniam in literis tuis memoras ſenſum natu-
ralem \& ſpiritualem Verbi, ne credatur qu od ali-
quid contrarium de illis ſcripſerim, adjungo char-
tulam, in qua bini illi ſenſus Verbideſcribuntur.—
Amſtelodami die 8. Nov. 1768.
Eman. Swedenborg.
Sw. Sch.III.Th. UDe
[306]Reflexiones über dieß Buch.
De ſenſu naturali \& ſpirituali Verbi.
Quod internus ſeu ſpiritualis ſenſus ſit in Ver-
bo in ſenſu externo ſeu naturali ejus, ſicut na-
bilis gemma in ſua matrice, aut ſicut pulcher
infans in faſciis, hactenus in chriſtiano Orbe
prorſus latuit, \& inde quoque omne id quod
intelligitur per conſummationem ſæculi, ad-
ventum Domini, ultimum judicium, \& per no-
vam Hieroſolymam, de quibus in Verbo utrius-
que Teſtamenti, veteris \& novi, plura ſunt me-
morata \& prædicta; quis absque evolutione \& ex-
faſciatione ſenſus literæ Verbi per ſenſum ſpiri-
tualem ejus, poteſt hilum ex intellectu ſcire, quid
ſignificant quæ Dominus in Cap. XXIV. apud
Matthæum, tum quæ in Apocalypſi prædixit, ſimi-
liter quæ apud Danielem, \& apud Prophetas mul-
tis in locis? Exp[erire] ſi vis, lege verbum prophe-
[tic]um hic \& ibi, ubi nunc agitur de feris \& beſtiis,
nunc de ſtagnis \& paludibus, nunc de ſylvis \&
dunetis, nunc de vallibus \& montibus, nunc de
ululis, ochira, tziim, ſatyris \&c. num aliquod
Divinum in illis percepturus ſis, niſi credideris
illud intus latere, quia a Deo inſpiratum eſt, que-
madmodum, ut dictum, gemma in ſua matrice;
quod gemmæ ſeu cimelia quæ intus latent, ſint
illa, quæ ſenſus internus continet, in doctrina
novæ Hieroſolymæ de Scriptura ſacra n. 5. ad 26.
plene demonſtratum eſt, \& inſuper ibi, quod ſen-
ſus literæ Verbi ſit baſis, continens \& firmamen-
tum ſenſus ſpiritualis ejus n. 27. ad 36. tum
quod Divinum Verum in ſenſu literæ Verbi ſit
in ſuo ſancto, \& in ſua potentia, n. 37. ad 49.
ut \& quod doctrina Eccleſiæ ex ſenſu literæ Ver-
bi haurienda ſit \& per illum confirmanda, n. 50.
ad 61. \& porro quod per ſenſum literæ Verbi,
medio
[307]Reflexiones über dieß Buch.
medio ſenſu ſpirituali ejus, ſit conjunctio cum
Domino, \& conſociatio cum Angelis n 62. ad 69.
His aliquod novum e mundo ſpirituali adjici-
am: Antiſtites Eccleſiræ, qui in illum mundum
poſt mortem alluunt, primum docentur de Scri-
ptura ſacra, quod inibi ſit ſenſus ſpiritualis, qui
in mundo illis fuit ignotus, \& quoque illis dici-
tur, quod angeli cœli in illo Senſu ſint, quando
homo in ſenſu literæ eſt; \& porro, quod transla-
tio ſeu mutatio hujus ſenſus in illum fiat prope
hominem, dum ſancte legit Verbum, \& quod ſit
quædam evolutio ſeu exfaſciato, ad inſtar ſicut
cruſta diſſipatur, \& amygdalum nudum tranſit in
cælum, \& recipitur ab angelis; \& quoque ad in-
ſtar ſicut ſemen injicitur terræ, \& ibi nudatum a
curiculis ſuis educit germen; ſemen illud eſt Ver-
bum in ſenſu literæ, ac germen inde eductum eſt
ſenſus ſpiritualis, hoc tranſit ad angelos, illud au-
tem quieſcit apud hominem; at usque ſemen il-
lud apud hominem in mente ejus manet ſicut in
ſua humo, ac tempore producit ſuum germen, \&
id fructificat, ſi homo per ſemina vitæ, quæ ſunt
vera fidei, \& bona charitatis conjunctus eſt Do-
mino, \& ſic conſociatus angelis. Ulterius mo-
nentur antiſtites, ut omnino recipiant fidem, quod
Verbum in ſinu ſuo ſit ſpirituale, quia eſt Divi-
num, \& quod niſi hanc fidem receperint, poſſint
a ſatanis ſeduci, usque ut negent ſanctitatem Ver-
bi, qua negata diſparatur Eccleſia apud illos: e-
vincuntur etiam, quod ſi non credunt internum
illum Verbi ſenſum, Verbum poſſit illis demum
apparere ſicut ſcriptum inconditum \& rude, aut
ſicut liber omnium hæreſium, quoniam a ſenſu
literæ ejus, ut à quodam lacu, hæretica[i]omnis ge-
neris poſſunt hauriri \& confirmari. Poſthæc illi,
qui ſenſum internum Verbi credunt, recipiuntur
U 2in
[308]Reflexiones über dieß Buch.
in cœtus ſpirituum angelicorum, qui poſtea ele-
vantur in cœlum \& fiunt angeli; at illi, qui non
credunt, ablegantur ad cœtus ſpirituum, qui po-
ſtea dejic iuntur in infernum, \& fiunt ſatanæ: Sa-
tanæ ibi vocantur, qui in mundo omne verum
Verbi falſiſicaverant, \& qui inde inbuerant falſa,
usque ut nihil veri amplius videant.
3) Von der Phyſik will ich dismal keine
Anmerkungen machen, denn die Phyſik grün-
det ſich auf die Zerlegungskunſt, welche aber in
jenem Leben und bey den Geiſtern jener Welt
nicht ſcheint Statt zu haben: wenn wir nicht
mehr ſtückweis erkennen, ſondern ſo, wie wir
von GOtt erkannt ſind, ſo wird die Natur-
kunde ganz anderſt als jetzo beſchaffen ſeyn.
4) Von der Moral will ich nur 2. An-
merkungen machen, doch in connexion mit der
Sprache. Die Zertheilung der Sprache bey
dem Thurn zu Babel iſt offenbar die Urſache
vieler Unordnung worden, und es iſt wohl zu
begreiffen, was hie und da zu leſen, nemlich
ſo bald der Sinn anderſt zu denken und an-
derſt zu reden anfieng, ſo bald hat die Wör-
terſprache zugenommen. Das verſtehe ich al-
ſo, daß alsdann die Vorſtellung und Heuche-
ley ſich in falſche Worte ergoſſen, nicht als ob
gar keine Wörterſprache geweſen, ſondern ſie
iſt ganz ausgearbeitet worden. Da hat ſich
die innere Geſtalt des Angeſicht verändert, und
die äuſſerliche hat angefangen, von dem Feuer
der Eigenliebe entflammt zu werden, und auf
ſolche
[309]Reflexiones über dieß Buch.
ſolche unächte Art als lebendig vor den Au-
gen der Menſchen zu ſcheinen. Jn jener Welt
darf man nicht anderſt denken und anderſt re-
den, wo man nicht will aus der Geſellſchaft
der Aufrichtigen ausgeſtoſen werden. Swe-
denborg hat, wie mich dünkt, von dem τροχῶ
γενέσεως nach Jac. 3. gar keinen Begriff, ſo
ſehr er auch im unſichtbaren bewandert iſt.
Jac. 3. heißt es, die Zunge oder die Rede iſt
eine Welt voll Ungerechtigkeit, ſie befleckt den
ganzen Leib als eine falſch bildende Kraft, ſie
bringt in eine der erſten reinen Ordnung wi-
drige Entzündung, den Umlauf, die Circular-
bewegung, dardurch alles entſtehet, als von der
Hölle, welche lauter unordentliche Entzündung
iſt, entflammt. Von dieſer Sache hat Swe-
denborg keine Begriffe, wie Jacob Böhm.
Die Urſache iſt hier nicht auszuführen: GOtt
wird es ſchon kund machen, warum Sweden-
borg nicht ſo weit hat ſehen können als Jac.
Böhm. Swedenborgs Viſa ſind aus der will-
kührlichen Conſtitution der Begebenheiten in
jener Welt, davon Jac. Böhm wenig Einſicht
gehabt. Böhm aber hat das Jnnere der Selbſt-
bewegung erblickt, aber nicht ausſprechen kön-
nen; wir müſſen demnach warten, biß GOtt
alle dieſe Dinge zuſammen ſtellt.
Noch eine Anmerkung will ich kurz anfü-
gen. Die Sache von der Ehe hat Sweden-
borg aus eben dem willkührlichen Grund ganz
anderſt eingeſehen als Jacob Böhm. Man
U 3denke
[310]Reflexiones über dieß Buch.
denke nur ſelbſt nach. Die Zeit iſt noch nicht
da, daß die Viſa Jac. Böhms und Sweden-
borgs rectificirt werden, es wird aber weder
dieſes noch jenes umſonſt geſchrieben ſeyn.
GOtt wird alles zu ſeinen weitern Abſichten
in folgender Zeit gebrauchen. Nur Gedult:
richtet nicht, bis der HErr kommt.
5) Von der Policey und Regierung
der Völker in den Planeten. Es iſt in al-
len Erden der Planeten die Einrichtung, daß
ſie ſich in Familien zertheilen, daß ſie Kin-
der zeugen, und daß ſie auf die Kinderzucht
unglaublichen Fleiß wenden: abſonderlich
daß ſie ein einförmig Leben führen, nicht an-
derſt reden als ſie denken, meiſt eine glei-
che Geſellſchaft, wie Brüder und Schwe-
ſtern unter einander, ohne Nimrodiſchen
Zwang führen. Weilen daher dorten keine
ſolche Obrigkeit, wie auf unſerer Erde,
ſtatt hat, ſo können auch keine ſolche Geſe-
tze wie bey uns ſeyn, die Strafen, die auf
gewiſſe Ausſchweifungen erſolgen, ſind auch
nicht nöthig in ein gewiſſes Jus Criminale
gebracht zu werden: der Gottesdienſt hat gar
groſen Einfluß in ihren civilen Stand. Vor-
nehmlich ſind ihnen ſtatt aller Geſetze, zwey
Puncten, erſtlich wie ſie den Gehorſam gegen
die Eltern, als Stellvertreter GOttes unter-
halten, faſt auf eben die Art wie die reiſende
Chineſer in Mantua nur dieſe 2. Puncten
von uns Europäern gefragt: und wie ſie den
Tod
[311]Reflexiones über dieß Buch.
Tod nicht fürchten ſollen. Wenn dieſe 2.
Puncten bey den Einwohnern im Gang ſind,
wie ſie würklich alſo ſeyen, ſo braucht es kei-
ne geſchriebene Geſetze Ueberhaupt hat in
keinem Planeten kein geſchriebenes Geſetz
Statt, als allein auf unſerer Erde. Wenn
dieſes Buch noch ſo viel unnöthige, ungewiſſe,
willkührliche Vorgebungen in ſich enthielte,
es wären aber die Urſachen, warum der HErr
hat wollen auf unſerer Erde und auf keiner
andern gebohren werden, in dieſem Buch ent-
deckt, ſo ſollten dieſe Blätter alle andere Selt-
ſamkeiten, wie ſie dieſem oder jenem ſchei-
nen möchten, verſchönern. Denn deswegen
iſt der HErr auf unſerer Erde Menſch geboh-
ren worden, deswegen iſt das Wort Fleiſch
worden auf unſerer Erde, damit das Wort
Gottes könne ſchriftlich auf der ganzen Erde
ausgebreitet werden, ja damit es durch daſſel-
be den Geiſtern und Engeln auch aus andern
Erden offenbahr gemacht werden könne. Es
wäre einem wahren Gelehrten, der nicht auf
Nebendinge verſeſſen iſt, möglich, noch viele
Urſachen anzuführen, warum unſere kothige
Erde ſo viel zu bedeuten hat in dem ganzen Sy-
ſtem: nämlich in unſerer Erde muß es ſich
aufklären, daß, da keine Subſtanz ohne ſub-
tile Erde ſeyn kann, wie in der Metaphyſick
aus der Chemie gezeigt worden, alles Jrrdiſche
nach und nach erhoben werde ins Himmliſche,
und daß der Wille Gottes auf Erden geſche-
U 4he
[312]Reflexiones über dieß Buch.
he wie im Himmel. Diß ſind gröſere Abſich-
ten GOttes, als man meynet Die unzähli-
che Weiten erhöhen die Majeſtät GOttes lan-
ge nicht ſo hoch, als daß GOtt ſich geoffenbahrt
im Fleiſch, damit die grobe Materie des Flei-
ſches gerechtfertigt werde im Geiſt, d. i in der
Unverweslichkeit. Betrübt iſt, daß die Ge-
lehrten diß aus den Augen ſetzen, und andre
Augenmerke, die auf keine ſo wichtige Dinge
zielen, vorziehen, folglich Nebendinge zu Haupt-
ſachen machen, wie es vielen, die gelehrt ſind
ohne Furcht GOttes, die viel Weltliebe haben,
gehet. Hier iſt alſo Noth zu berühren, daß
die Policey in denen Planeten durch die Erſchei-
nungen GOttes, wie vor der Sündflut, und
vornehmlich durch die helle Einſicht in den Zu-
ſtand nach dem Tod, ſo leicht regiert wird.
Aber wir ſind vor jetzo viel zu ſchwach, die
Connexion derer Geiſter, die zu Engeln wer-
den, nach Swedenborg, mit der Verfaſſung
unſerer Erde zu vergleichen, als woraus die
Erſtlinge der Creaturen GOttes durch alle Fol-
gen der Auferſtehung JEſu Chriſti ſich dem
Thron GOttes gegen über darſtellen ſollen,
Epheſ. 1. Jac. 1.
Wie das Jus ſcriptum auf unſerer Erde
entſtanden, das connectirt alles mit dem
Grund, warum Chriſtus auf unſerer Erde
gebohren worden. Es kann aber in dieſen
kurzen Anmerkungen mehr berührt als aus-
geführt werden. Wenn die Metaphyſie aus
der
[313]Reflexiones über dieß Buch.
der Chemie den Univerſitäten nicht an ſtehet,
ſo ſind ſchon andere Geſellſchaften auf dem
Wege, welche weniger befangen ſind mit den
nothwendig noch nicht umzureiſſenden Be-
griffen. Der närriſche Idealismus iſt der
Wahrheit der Subſtanzen, wie ſie in heili-
ger Schrift ſonnenklar dargeſtellt ſind, zu-
wider, und die Schaalen des Zorns Gottes
ſind allein im Stand, dieſe hölliſche Riegel
wegzuräumen. Eher wird die reine Wahr-
heit JEſu Chriſti, und wie alles [...],
d. i. leiblich, aus GOtt ſolle extraponirt wer-
den durch das Fleiſchgewordene Wort, nicht
empor kommen.
Das Jus ſcriptum, auch ohne dieſe Con-
nexion betrachtet, hat ſehr erhabene Quellen,
davon ein Polniſcher Reichs-Marſchall am
ſchönſten geſchrieben.
Was Swedenborg von den Zuſtänden
der Erden des Cœli aſtriferi ſchreibt, iſt ſehr
wenig; es ſcheint, er beſchreibe mehr davon,
wie die Verſetzungen dahin, nach dem Geiſt,
ſo daß der Leib an ſeinem Ort bleibt, geſchehen.
Aber man muß von Swedenborg in einer ſo
dunkeln und entfernten Sache nicht weiter be-
gehren: denn als etliche Geiſter befragt wur-
den, ob ſie auf der Erde unter Regierung der
Könige lebten, antworteten ſie: ſie wüßten
nicht, was Regierungen ſeyen. Der Leſer
mache den Schluß, wie viel Sachen jene zu
wiſſen entbehren können, und doch wie alles,
U 5was
[314]Reflexiones über dieß Buch.
was auf unſerer Erde geſchehen, durch die Glau-
bigen unter JEſu Chriſti Königreich ſolle pro-
tocollirt wieder dargeſtellt und gerichtet wer-
den. Welch ein Theatrum wird es ſeyn,
wann die Könige der Erden um das neue Jeru-
ſalem ſich herum in alle Weite placiren werden,
und ihre Herrlichkeit nach dem beſten Regie-
rungsmuſter werden in die Stadt Gottes
bringen. Genug für dißmal. Es wird Spöt-
ter genug über diß geben. Fanatiquen von
feinerem Schliff werden wieder herrſchen wol-
len über Fanatiquen von gröberem Schliff.
Aber der HErr, der ihr lacht, wird anderſt ran-
giren als die Journaliſten, die von geſtern her
entſtanden.
Zum Beſchluß hätte ich noch eine Verglei-
chung angeſtellt, wie Fontenelle aus Hugenio
die Jnnwohner, ohne Nachrichten von viſis
\& auditis, ſo ſchwach und ungewiß beſchreibt.
Es iſt aber doch der Mühe werth, daß es
ein anderer für ſich thue. Denn wenn man
Fontenelle für keinen Fanatiquen hält, daß
er aus ſeinem ſctinio pectoris ſolche Conjectu-
ren hervor gebracht: warum ſollte man Swe-
denborg es verdenken daß er ſeine Viſa, wenn
ſie auch willkührlich in manchem zuſammen
gefloſſen wären, mit der Welt communicirt,
da ſie zu ſo viel wiſſenſchaftlichen Dingen An-
laß geben, wenn auch das Buch für einen Ro-
man, wie Telemach, ſollte angeſehen werden.
Wenn
[315]Reflexiones über dieß Buch.
Wenn man Hugenii Rechnung betrachtet,
ſo iſt kaum mit Gedanken zu erreichen, wie ge-
ſchwind eine Geſchüz-Kugel lauffen müßte,
wenn ſie vom Stern Jupiters bis auf die Er-
de liefe. Sie müßte 25. Jahre haben, ehe ſie
herunter fiele. Dergleichen Ausrechnungen
ſind in dem lezten Büchlein von der groſſen Con-
junction mehr nachzuſehen. Aus eben dieſem
Hugenio hat es Fontenelle genommen, wenn
er die Jnnwohner der Planeten mit den Jnn-
wohnern unſerer Erde vergleicht. Es iſt nicht
glaublich, daß ſie eine andere Figur als Men-
ſchenfigur haben, weilen GOtt in ſeinen Wer-
ken einförmig iſt, und ſeine Verſchiedenheiten
doch in die Einheit zuſammen zieht. Alle die-
ſe Sachen werden wir, wenn wir genug durch
die Gradus der Exaltation aus der Humiliation
geloffen, einmal ſehen. Jetzt ſind wir in der
Erniedrigung, und dieſer müſſen wir gemäß
denken. Da kann man keine Demonſtratio-
nen fodern, ſo wenig Fontenelle und Hugenius
Demonſtrationes gegeben. Fontenelle ſagt im
II. Soir: es iſt nicht möglich, daß euch Aſtrono-
mi kund machen, was innerhalb des Monden
für Einwohner ſeyen. Man muß zu einer
poetiſchen Fiction ſeine Zuflucht nehmen. Il
faut le demander a Aſtolfe, qui fut conduit dans
la Lune par S. Jean.
Fontenelle meynt gar, die Einwohner ha-
ben nicht nur Sehen, Hören, Schmecken, Füh-
len, Riechen, ſondern noch einen ſechsten Sinn:
aber
[316]Reflexiones über dieß Buch.
aber das iſt nicht glaublich, weil die Einwoh-
ner alle ſterben, und vor dem Sterben kann
der ſechste Sinn nicht ſeyn. Der ſechste
Sinn müßte eine Proportion haben mit dem
ſterblichen Leibe. Vielleicht iſt der ſechste
Sinn die centrale Eröffnung der Seele, davon
Malebranch ſchreibt, daß ſie für Erdeinwohner
nicht convenient ſey. Vielleicht haben die,
welche den Geiſt GOttes in reichem Maas ha-
ben, dieß Senſorium. Aber da müßte man
das Senſorium mehr auf unſerer Erde ſuchen,
als in den Planeten. Denn bis man zu der
Jllumination von innen kommt, muß von
auſſen vieles gleich gemacht werden in der
finſtern Seele, da das Licht oft Finſterniß iſt.
Fontenelle deſperirt, etwas von der Geſtalt
der Jnnwohner zu wiſſen. Und wenn er
von den Jnnwohnern der Venus redet, ſo iſt
es mehr Spottsweiſe, als in Ernſt geredet: er
meynt, ſie ſeyen ein klein ſchwarz Volk, von
der Sonne verbrannt, voll Feuer und Geiſt,
allezeit in Liebe, die immer Verſe machen, mu-
ſiciren, tanzen. Aber dieſe Beſchreibung iſt
weit entfernt von Swedenborgs Nachrichten.
Und man kann Swedenborgs Nachrichten,
ſo ungewiß man ſie auch verlacht, doch aus
Fontenelle Geſpött lernen beſſer diſtinguiren.
Von den Jnnwohnern Mercurii ſpricht
Fontenelle ganz anderſt als Swedenborg: näm-
lich, weil ſie ſo nahe an der Sonne ſeyen, ſo,
meynt er, müſſen ſie von Lebhaftigkeit toll
ſeyn,
[317]Reflexiones über dieß Buch.
ſeyn, kein Gedächtniß haben, wie die Negers,
die auf nichts keine ſonderliche Attention
haben.
Weiter iſt nicht noth, Swedenborgs Nach-
richten mit Fontenelle zu vergleichen. Es iſt
allzu klar, daß, wenn wir auch Swedenborgs
Nachrichten des Fontenelle ſeinen vorziehen,
wir doch keine zuverläßige Gewisheit haben,
bis es von mehr Zeugen confirmirt wird. Aus
dem Zeugniß heiliger Schrift wiſſen wir, daß
die Morgenſterne, d. i. die bewohnte Sterne,
GOtt loben. Aber es müßten nur Engel
ſeyn, wenn die Schrift etwas mehrers von ih-
nen ſagte. Und GOtt kann freylich ſolche
Geiſter als Engel und Abgeſandte brauchen.
Davon aber können wir nicht viel wiſſen,
wir müßten denn wie Gehaſi ein inneres Ge-
ſicht bekommen: aber auch dieß würde nicht
genug ſeyn. Es bleibt alſo uns nichts beſſers
übrig, als das Geheimniß GOttes und Chri-
ſti; oder GOtt iſt geoffenbaret im Fleiſch,
gerechtfertigt im Geiſt. Wohl dem, der
ſeine Wiſſensbegierde dadurch in
Schranken hält.
Samm-
[318]Briefe
Sammlung einiger Briefe
Herrn
Emanuel Swedenborgs,
betreffend
Einige Nachrichten von ſeinem Leben
und Schriften, von einem Kenner und
Liebhaber ins Deutſche überſetzt.
1.
Swedenborgs
Antwort
auf einen Brief eines Freundes.
Jch freue mich über die Freundſchaft, die
Sie mir in Jhrem Brief zu erkennen ge-
ben; und danke Jhnen von Herzen ſowohl
für dieſen Brief, als auch beſonders für Jh-
re Freundſchaft. Die Lobſprüche, mit wel-
chen Sie mich überhäufen, nehme ich nur
in ſo ferne an, in ſo fern ſie Beweiſe ſind
von Jhrer Liebe zu den Wahrheiten, die in
meinen Schriften zu finden ſind; und weil
ſie daraus ihren Urſprung haben, ſo über-
laſſe ich ſie unſerm HErrn, dem Erlöſer, von
welchem alle Wahrheit kommt, denn er iſt
die
[319]Emanuel Swedenborgs.
die Wahrheit ſelbſt; Joh. 14, 6. nur auf
das, was ſie am Ende Jhres Briefs ſchrei-
ben, habe ich meine Aufmerſamkeit gerichtet.
Sie ſchreiben: wenn etwa nach Jhrer Ent-
fernung aus England von Jhren Schriften
ſollte geurtheilet, und mir alsdenn Gelegen-
heit gegeben werden, Sie, den Verfaſſer der-
ſelben, wider einen oder den andern boshaf-
ten Verläumder zu vertheidigen, der, wie ei-
nige Feinde der Wahrheit es zu machen pfle-
gen, ſich bemühen wird, Jhren groſſen Na-
men durch ausgedachte Lügen anzugreifen;
ſollte es da nicht dienlich ſeyn, um derglei-
chen Beſchuldigungen zu widerlegen, daß
Sie mir einige beſondere Umſtände von Sich
zurück lieſſen? zum Exempel, von Jhren
Ehrentituln bey der Akademie, von den öf-
fentlichen Aemlern, die Sie begleitet haben,
von Jhren Bekannten und Verwandten, von
den Ehrenſtellen, mit welchen Sie, wie ich
vernommen habe, beehret worden ſind, und
von den übrigen Umſtänden, die zur Beſtä-
tigung eines guten Namens etwas beytragen
können; damit auf dieſe Weiſe die übelge-
faßten Vorurtheile beſtritten werden können:
denn man muß alle erlaubte Mittel gebrau-
chen, damit der Wahrheit nichts zum Nach-
theil gereichen möge. Nachdem ich dieſes
überdacht hatte, wurde ich angeregt Jhrem
freundſchaftlichen Rath zu willfahren, wel-
cher darinnen beſteht, daß ich einige von meinen
Lebens-
[320]Briefe
Lebensumſtänden bekannt machen ſoll, dahin
gehört nun kürzlich folgendes.
Jch bin im Jahr 1689. den 29. Jan. zu
Stockholm gebohren; mein Vater hieß Jeſper
Swedberg, und war ein zu ſeiner Zeit be-
rühmter Biſchof von Weſtgothland; er wur-
de auch von der Mißionsgeſellſchaft in Eng-
land zu ihrem Mitglied gewählt und aufge-
nommen: denn der König, Carl der XII. mach-
te ihn zum Biſchof der Schwediſchen Gemein-
den in Penſylvanien, wie auch der Gemeinde
in London. Jm Jahr 1710. gieng ich auf
Reiſen, und zwar zuerſt nach England, und
von dar nach Holland, Frankreich u. Deutſch-
land; im Jahr 1714. kam ich wieder zurück.
Jm Jahr 1716. und nachgehends habe ich oft
mit dem König von Schweden, Carln dem
XII. geſprochen, welcher ſehr gnädig gegen
mich war, mir auch in eben dieſem Jahr das
Amt eines Beyſitzers im Bergwerkscollegio
ertheilete, das ich bis zum Jahr 1747. verwal-
tet, und es noch in dieſem Jahr, mit Beybe-
haltung der Beſoldung auf meine ganze Le-
benszeit, niedergelegt habe; ich legte es aber
einzig und allein in der Abſicht nieder, damit
ich dem neuen Beruf, der mir von dem HErrn
anvertrauet iſt, deſto beſſer obliegen könnte:
Es wurde mir zwar damals eine höhere Eh-
renſtelle angeboten, allein ich ſchlug ſie gänz-
lich aus, damit ſich kein Stolz in mein Herz
ein-
[321]Emanuel Swedenborgs.
einſchleichen konnte. Jm Jahr 1719. wur-
de ich von der Königin Ulrica Eleonora gea-
delt, und Swedenborg genennt, und von
der Zeit an habe ich auf den Reichstägen, die
alle drey Jahre gehalten werden, meinen Platz
unter dem Adel im Ritterorden gehabt. Uebri-
gens bin ich durch Einladung ein Mitglied
der königlichen Akademie der Wiſſenſchaften
zu Stockholm; um die Aufnahme in irgend
eine andere Gelehrtengeſellſchaft habe ich mich
ſonſt nie beworben, dieweil ich mich in der
Geſellſchaft der Engel befinde, und dieſe be-
ſchäftiget ſich nur mit ſolchen Dingen, die
den Himmel und die Seele betreffen; in den
Geſellſchaften der Gelehrten hingegen werden
Dinge abgehandelt, welche die Welt und den
Leib angehen. Jm Jahr 1734. hab ich das
Regnum Minerale zu Leipzig, in drey Folio-
bänden herausgeben. Jm Jahr 1738. that
ich eine Reiſe nach Jtalien, und hielte mich
zu Venedig und Rom ein Jahr lang auf.
Was meine Verwandſchaften betrift, ſo
habe ich vier Schweſtern gehabt; eine von
dieſen heyrathete Ericus Benzel, nachma-
liger Erzbiſchof zu Upſal, und dadurch bin
ich auch mit den beyden folgenden Erzbiſchö-
fen daſelbſt, Benzels jüngern Brüdern, in
Verwandſchaft gekommen. Meine andere
Schweſter heyrathete der Stadthalter Carls
Sw. Sch.III.Th. XBen-
[322]Briefe
Benzelſtierna; aber ſowohl dieſer als jener
iſt bereits geſtorben. Hingegen ſind noch
jetzt zwey Biſchöfe, die auch meine Vettern
ſind, am Leben, der eine heißt Filenius, und
iſt Biſchof von Oſtgothland; dieſer vertritt
nunmehr auf dem Reichstage zu Stockholm
die Stell, des kranken Erzbiſchofs und iſt
Vorſitzer des geiſtlichen Stands, und hat
meiner Schweſter Tochter zur Gemahlin ge-
habt: der andere, Namens Benzelſtierna,
iſt Biſchof von Weſtmannland und Dalar-
ne oder Thalland, und iſt der Sohn meiner
andern Schweſter; der übrigen, die in ho-
hen Würden ſtehen, will ich nicht gedenken.
Ueberdiß kann ich ſagen, daß mich in mei-
nem Vaterlande alle Biſchöfe, deren an der
Zahl 10. ſind, und alle Rathsherren, an der
Zahl 16., und die übrigen groſſe Herren lie-
ben, und aus Liebe ehren; und ich lebe mit
ihnen ſo vertraut, wie ein Freund mit dem
andern; dieſes kommt daher, weil ſie wiſſen,
daß ich in der Gemeinſchaft mit den Engeln
bin. Der König ſelbſt und die Königin,
wie auch ihre drey Prinzen, ſind mir ſehr ge-
neigt; ich bin ſo gar einmal von dem König
und der Königin zur Tafel eingeladen wor-
den, und habe mit ihnen geſpeiſt, zu welcher
Ehre ſonſt niemand gelangt, als nur die Vor-
nehmſten im Reiche; eben dieſe Ehre iſt mir
auch nachgehends von dem Kronprinz wie-
der-
[323]Emanuel Swedenborgs.
derfahren. Jedermann wünſcht meine Zu-
rückkunft; daher fürchte ich in meinem Va-
terland nichts weniger, als eine Verfolgung,
davon Sie einige Vermuthung äuſern, und
mir deswegen aus beſonderer Gewogen-
heit in Jhrem Briefe zu rathen ſuchen. Soll-
te man mich anderswo verfolgen, ſo wird
es mich nicht treffen. Aber alle dieſe Din-
ge, ſo ich erzehlt habe, betrachte ich gewiſſer
maſſen als Kleinigkeiten: denn das übertrift
jene Dinge weit, daß ich zu einem heiligen
Amt von dem HErrn ſelbſt gerufen bin, der
ſich mir, ſeinem Knecht, im Jahr 1743.
auf eine überaus gnadenvolle Weiſe perſön-
lich offenbaret, und mir alsdenn die Ausſich-
ten in die geiſtliche Welt eröfnet und bis auf
den heutigen Tag mit Geiſtern und Engeln
zu reden verſtattet hat; ſeit dieſer Zeit habe
ich verſchiedene Geheimniſſe, die ich geſehen
habe und die mir entdeckt worden ſind, durch
den Druck bekannt gemacht, als vom
Himmel und Hölle, vom Zuſtand des Men-
ſchen nach dem Tod, vom wahren Gottes-
dienſt, vom geiſtlichen Sinn des Worts,
auſſer andern wichtigen Materien, welche
zur Seligkeit und Weisdeit dienen Daß ich
etlichemal aus meinem Vaterland in aus-
wärtige Länder gereiſet bin, das iſt aus kei-
ner andern Urſache geſchehen, als aus einem
ſehnlichen Verlangen Nutzen zu ſtiften, und
X 2die
[324]Briefe
die mir anvertrauten Geheimniſſe zu entde-
cken. Ueberdieß habe ich Vermögen, ſo viel
ich brauche, und ſuche und begehre nichts
mehr. Zu dieſer Erzehlung hat mich Jhr
Brief veranlaſſet, um dadurch, wie Sie
ſchreiben, die übelgefaßten Vorurtheile zu be-
ſtreiten. Leben Sie wohl, und ich wünſche
von Herzen, daß Sie in dieſer und in jener
Welt glücklich ſeyn mögen, und ich zweifele
auch nicht daran, daß Sie es ſeyn werden,
wenn Sie auf den HErrn ſchauen, und zu
ihm beten.
London,
1769.
Eman. Swedenborg.
2. Eben-
[325]Emanuel Swedenborgs.
2.
Ebendeſſelben Antwort
auf zwey Briefe
des Herrn Oettingers.
Dieſe Tage kam ich aus auswärtigen Län-
dern, aus Holland und England, wie-
der nach Haus, und erhielte zwey Briefe von
Jhnen, einen von den 13. Octobr. 1765. zu-
gleich mit einem andern, wofür ich Jhnen
danke. — Es ſind fünf Werkchen, auf de-
ren Tittel ich geſchrieben habe: Ex Auditis \&
Viſis: (d. i. ſo wie ichs gehöret und geſehen
habe.) 1) Vom Himmel und der Hölle.
2) vom neuen Jeruſalem und deſſen
himmliſchen Lehre. 3) Vom letzten
Gericht. 4) Vom weiſen Pferd. 5)
Von den Einwohnern der Planeten, —
Nachgehends ſind andere Werkchen heraus-
gekommen. 1) Vom HErrn. 2) Von
der heiligen Schrift. 3) Von der Leh-
re des Lebens für das neue Jeruſalem.
4) Vom Glauben. 5) Von der geiſt-
lichen Welt. 6) Engliſche Weisheit
von der göttlichen Vorſehung. 7) Eng-
X 3liſche
[326]Briefe
liſche Weisheit von der göttlichen Lie-
be und göttlichen Weisheit. Allein die-
ſe ſieben Werkgen machen zuſammen nicht
gar 72. Bogen aus. Jn dieſem Jahr iſt
die geoffenbarte Offenbarung herausge-
kommen, die ich in dem Werkchen vom
letzten Gericht verſprochen hatte, woraus
man deutlich ſehen kann, daß ich mit En-
geln rede, weil nicht einmal ein Vers in
der Offenbarung (Johannis) ohne Offen-
barung kann verſtanden werden. Ein je-
der kann ſehen, daß durch das neue Jeru-
ſalem eine neue Kirche verſtanden werde,
und ihre Lehrpuncte nicht entdeckt werden
können, auſſer vom HErrn allein, denn ſie
ſind in derſelben blos in Fürbildern, d. i.
durch Uebereinſtimmungen beſchrieben wor-
den, ſo auch, daß dieſelben in der Welt
nicht öffentlich können bekannt gemacht wer-
den, auſſer durch einen, dem Offenbarung
gegeben wird. Jch kann heilig betheuren,
daß der HErr ſelbſt von mir iſt geſehen wor-
den, und daß er mich geſandt hat, zu thun,
was ich thue, und mir zu dem Ende das
Jnnere meiner Seele, das iſt, meines Gei-
ſtes eröfnet hat, damit ich dasjenige, was
in der geiſtlichen Welt iſt, ſehen, und dieje-
nigen, die daſelbſt ſind, hören möge, und
das nunmehr 22. Jahre lang; allein, heut zu
Tage iſt eine eidliche Betheurung nicht ver-
mögend
[327]Emanuel Swedenborgs.
mögend, einem dieſes glaublich zu machen,
wer aber Verſtand hat, der kann aus mei-
nen Schriften, die es erweiſen, vornemlich
aus der geoffenbarten Offenbarung, da-
von überzeugt werden. Wer hat vorhero
etwas gewußt von dem geiſtlichen Sinn des
Worts, von der geiſtlichen Welt, oder vom
Himmel und Hölle, und des Menſchen Le-
ben nach dem Tod? ſoll denn dieſes und
noch mehreres immerfort den Chriſten ver-
borgen bleiben? Daß ſolches nun erſt ent-
deckt worden iſt, iſt um der neuen Kirche
willen geſchehen, welche das neue Jeruſa-
lem iſt, damit es die, ſo darinnen ſind, wiſ-
ſen mögen, die übrigen werden es zwar wiſ-
ſen, ſie wiſſen es aber dennoch nicht, weil
ſie es nicht glauben. — Die oben gedach-
ten Werke werden alle zu London, in Eng-
land bey Miſtr. Lewis, in Pater noſter row
near Cheapſide verkauft. Dieſe meine
Schriften vom neuen Jeruſalem können
nicht Weiſſagungen, ſondern Offenbarun-
gen genennet werden. Leben Sie wohl und
bleiben Sie mein Freund. Jch bin
Dero
Stockholm
den 23. Sept. 1766.
ergebenſter
Eman. Swedenborg.
X 43. Eben-
[328]Briefe
3.
Ebendeſſelben Antwort
auf einen Brief
des Herrn Oettingers.
- 1) Ob ein Zeichen nöthig ſey, daß ich
„„vom HErrn geſandt bin, zu thun
„was ich thue?“ Hierauf antworte ich:
heut zu Tage werden keine Zeichen und Wun-
der gegeben, weil ſie das Aeuſere zum Glau-
ben zwingen, aber das Jnnere nicht über-
reden: was halfen die Wunder in Aegyten
und die Herabkunft Jehovens auf den Berg
Sinai bey dem Jſraelitiſchen Volk, welches
ſich nichts deſto weniger nach einem Monat
ein güldenes Kalb machte und für Jehovah
verehrte? Was halfen die Wunder des
HErrn bey dem jüdiſchen Volk, welches ihn
nichts deſto weniger kreuzigte? Eben ſo wür-
de es heut zu Tage ſeyn, wenn der HErr in
einer Wolke mit den Engeln und Poſaunen
erſcheinen würde, Luc. 16, 29. 30. 31.
Heutiges Tages wird die Erleuchtung, und
die daraus kommende Erkenntniß und An-
nehmung der Wahrheiten der neuen Kir-
che das Zeichen ſeyn, auch wird bey etli-
chen
[329]Emanuel Swedenborgs.
chen eine redende Erleuchtung ſtatt fin-
den, dieſe gilt mehr, als ein Zeichen. Al-
lein vielleicht wird noch eins gegeben. - 2) „Ob ich mit den Apoſteln geredet
„habe?“ Hierauf antworte ich: ich ha-
be mit Paulo ein ganzes Jahr geredet, auch
von dem, was er Röm. 3, 28. geſchrieben
hat. Jch habe dreymal mit Johanne geſpro-
chen, einmal mit Moſe, und hundertmal
mit Luthero, welcher bekannte, daß er wi-
der die Warnung eines Engels fidem ſolam,
oder den Glauben allein angenommen hätte,
und zwar einzig und allein wegen der Tren-
nung von den Papiſten: aber mit den En-
geln habe ich nun ſeit 22. Jahren geredet,
und rede noch täglich mit ihnen, dieſe hat
mir der HErr zugeſellet. Allein es iſt nicht
nöthig geweſen, dieſes in meinen herausge-
gebenen Schriften zu erwehnen, wer wür-
de es glauben, und wer würde nicht ſagen,
thue ein Zeichen, daß ich glaube; und ſo
würde ein jeder ſagen der ſolches nicht ſiehet. - 3) „Daß ich aus einem Philoſophen da-
„zu auserſehen worden.“ Hierauf antwor-
te ich: Es iſt darum geſchehen damit das
Geiſtliche, welches heutiges Tages offenba-
ret wird, natürlich und vernünftig gelehret
und verſtanden werde: denn die geiſtliche
Wahr-
[330]Briefe
Wahrheiten haben eine Uebereinſtimmung
mit den natürlichen, denn in dieſe flieſſen
ſie und auf dieſe gründen ſich dieſelben: daß
eine Uebereinſtimmung alles Geiſtlichen
mit allem, was des Menſchen iſt, wie
auch mit allem, was des Erdbodens iſt,
ſey, leſen Sie in dem Buch von Himmel
und der Hölle N. 87. bis 102. N. 105.
bis 115. Daher bin ich von dem HErrn
zuerſt in die natürlichen Wiſſenſchaften ein-
geleitet, und alſo vorbereitet worden, und
dieſes vom Jahr 1744. da iſt mir der Him-
mel eröfnet worden: es wird auch ein jeder
durch das Natürliche zum Geiſtlichen gefüh-
ret, moraliſch auferzogen und nachgehends
vom HErrn geiſtlich gebohren: über dieſes
hat mir der HErr gegeben, daß ich die Wahr-
heiten geiſtlicher weiſe liebe, das iſt, nicht
um Ehre, noch Gewinſtes, ſondern ſelbſt
um der Wahrheit willen; denn wer die
Wahrheiten um der Wahrheiten willen liebt,
der ſiehet ſolche von dem HErrn, denn der
HErr iſt der Weg und die Wahrheit, Joh.
14, 6. hingegen wer dieſelben um Ehre oder
Gewinſtes willen liebt, der ſiehet ſolche von
ſich, und von ſich ſehen heißt Falſchheiten
ſehen. Das bekräftigte Falſche hat die Kir-
che zugeſchloſſen, dahero wird das vernünftig
bekräftigte Wahre dieſelbe aufſchlieſſen: wer
kann das Geiſtliche, welches in den Verſtand
über-
[331]Emanuel Swedenborgs.
übergeht, anders erkennen und verſtehen?
Dieſer Lehrpunkt, der von den Papiſten ge-
lehret und von den Reformirten angenom-
men worden iſt, daß man nemlich den Ver-
ſtand in theologiſchen Sachen unter dem
Gehorſam des Glaubens gefangen nehmen
müſſe, hat die Kirche wiedrum zugeſchloſſen,
was wird dann dieſelbe eröfnen als der
vom HErrn erleuchtete Verſtand? Allein da-
von leſen Sie in der geoffenbarten Offen-
barung N. 914. - 4. Es thut mir leyd, daß Sie wegen
der Ueberſetzung einiger Merkwürdigkeiten
aus dem Werk von den himmliſchen Ge-
heimniſſen gelitten haben; allein was muß
heutiges Tages mehr leiden, als die Wahr-
heit ſelbſt; wie viel ſind derer, welche dieſel-
be ſehen, ja ſehen wollen? Werden Sie
demnach nicht müde, und ſeyn Sie ein Ver-
theidiger der Wahrheit. Jch bin
Dero
Stockholm
den 11. Novembr. 1766.
ergebenſter
Emanuel Swedenborg.
Jnn-[]
jede Creatur nach Ablegung ihrer erſten
Kruſte oder Hütte locirt wird, welches
wohl eine Figur eines Polygoni haben könn-
te, es hat aber die Figur eines groſſen Men-
ſchen, weil Chriſtus der Menſchen Sohn iſt.
verſetzt wird, geht nicht ins Unendliche,
alſo hat er eine Figur, ob es nun ein groſ-
ſes Polygon ſey, oder eine Figur eines
Menſchen, iſt contingent und keine ridi-
cule Idée, wenn man es philoſophiſch an-
ſieht.
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CC-BY-4.0
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- TextGrid Repository (2025). Swedenborg, Emanuel. Auserlesene Schriften. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bpf1.0