[[1]]
MUSICA
FIGURALIS
,
Oder
Newe Klaͤrliche
Richtige/ vnd vorſtentliche
vnterweiſung/

Der
SingeKunſt.

Mit gewiſſen Regulen, klaren vnd
verſtendigen Exemplen, neben vollkom-

mener erklaͤrung der Modorum
Muſicorum.

Vor die Particular Schul zu Ro-
ſtock zugerichtet



Gedruckt zu Roſtock: durch Jochim Fueß/
BeyJoh. Hallervordtzu finden.

ANNO M. DC. XIX.

[[2]]

Denen GOttesfuͤrchtigen/
Zuͤchtigen vnd Ehrliebenden Jun-
gen Geſellen vnd Knaben.


Simoni Pauli,
Joachimo
Fuͤlbier/
Johanni Kaͤntzeler/
Michaeli Schulten/
Johanni Dunckern/
Conrado Beckman/
Zachariæ Schummern
Joachimo Schoͤnerma.
Joachimo Weſtphal/
Michaeli Geißmar/
Davidi Deutſchen/
Jacobo Nettelblat/
Joanni Maeß/
Chriſtiano Freitag/
Joanni Stavenow/
Joachimo Wedege/
Michaeli Schwaben/
Heinrico Wendt/
Heinrico Bueck.
Georgio Kuͤſtern.


Wie dann auch allen vnnd jedern
Knaben/ der Particular Schul zu
Roſtock/


Seinen [lieben]Diſcipulis zur wolmeinenden
anreitzung in der Muſic Kunſt ſich
fleiſſig zu vben/


Vorehret diß Buͤchlein der
Author.

[[3]]

Von der Muſica


CAPUT I.


Was iſt die Muſica?


Eine Wiſſenſchafft zu ſingen.


Wie mancherley iſt die Muſica?


Zweyerley: Choralis vnd Figuralis.


Was iſtChoralis Muſica?


WElche handelt von einem
ſchlechten vnd einfeltigen Ge-
ſange/ da eine/ oder mehr Stim-
men eingefuͤhret werden/ in glei-
cher ſchlechter vnnd einfeltiger
Form vnd weiſe/ vnd da einerley Noten vnd
zeichen gefunden werden/ vnd keine nota mehr
gilt als die ander.


Was iſtFiguralis Muſica?


Welche handelt vom Figural Ge-
ſange/ da viel Stimmen eingefuͤhret
werden/ auff ſondere arth vnnd weiſe:
A ijVnd
[[4]] Vnnd lehret/ wie ein jeder den vorgeſchriebe-
nen geſang recht/ zierlich/ kuͤnſtlich vnd lieb-
lich/ mit der Stimm außſingen/ oder mit ei-
nen Inſtrumento ſpielen/ vnd mit andern ein-
gefuͤhrten Stimmen zuſammen ſtimmen ſoll/
alſo das ohne groſſen vnnuͤtzen ruffen/ vnnd
Baͤuriſchen geſchreye eine ſchone/ liebliche vnd
anmuͤtige harmonia, vnd gethoͤn erwecket/
vnd gehoͤret werde/ dadurch das Gemuͤthe
auffgemuntert wird/ vnnd das Hertze be-
weget.


Wie viel Stuͤck muß einer der dieſe
Kunſt lernen vnd gebrauchen wil/ vornemlich
wiſſen vnd in acht nehmen?


Sieben: Vors 1. Muß er wiſſen/ die
Claves, oder Schluͤſſel der Muſic. 2. Die
voces Muſicales, oder woͤrterlein die im ſin-
gen gebraucht werden. 3. Die figuren ſo im
geſange vorfallen/ als Noten/ Puncten/ Pau-
ſen/ vnnd dergleichen. 4. Die intervalla.
5. Die proportiones oder Triplen. 6. Wie
er ſich im ſingen vorhalten ſolle. 7. Was der
Geſang vor einen Modum habe.


CA-

[[5]]

CAPUT II.
Von dennClavibusoder
Schluͤſſeln der
Muſic.


Wie vorhelt ſichs [mit] denClavibus
oder Muſic Schluͤſſeln?


GLeich wie mann in ein verſchloſſenes
Hauß oder Gemach auff rechte weiſe
nicht kommen/ viel weiniger all Kiſten
vnd Kaſten darinnen eroͤffnen vnd auffſchlieſ-
ſen kan/ wo man nicht die Schluͤſſel darzu hat:
Alſo kan man auch nicht ſingen/ wo man
nicht Claves oder Muſic Schluͤſſel in acht
nimbt/ Vnd mercket/ wie viel jhr ſeind/ wo
ſie ihren ſitz ſtelle oder orth haben/ wie ſie vn-
terſchieden werden/ was ſie bedeuten.


Wie viel ſeindClaves Muſicales?


Sieben/ nemblich die ſieben erſten Buch-
ſtaben im Alphabeto, A. B. C. D. E. F. G.
Von welchen das B. zwyfach iſt/ nemblich b.
molle,
vnd

[figure]

durum.


Wo haben ſie jhren ſitz?


In einem Syſtemate Muſico, wel-
A iijcher
[[6]] ches finff Linien/ gleicher weite von einander
geſetzet/ vnd vier Spacia begreiffet/ da man
dann von vnten an auff warts zehlet.


Figure 1. Exemplum.

Wie werden die Claves ge-
theilet?


1. In Signatas, oder die/ ſo da auß-
truͤcklich im anfange eines jedern Syſtematis
auff eine gewiſſe Liniam gezeichnet werden.
Vnd 2. Non ſignatas, oder die ſo da nicht
außdruͤcklich geſetzet werden/ ſondern nur
nach den geſetzten verſtanden werden.


Welches ſindSignatæ?


F. C. G.


Wie werden ſie in demSyſtemate
gezeichnet? Alſo:


F. C.
[[7]]
Figure 2. F.

Figure 3. C.

Figure 4. G.

Was bedeuten dieClaves
Signatæ?


Vor eins ſchlieſſen ſie den Geſang auff/
daß man wiſſen kan wie man anfehet: Vors
ander daß man ſich im ſingen durch das gantze
Syſtema nach jhnen richten kan/ auff das
man wiſſen muͤge/ was man auff jeglicher
Linien vnd in jederm Spacio ſingen ſoll.


Wie lehren mich ſolches die
Claves?


Es ſeind etliche Muſicaliſche woͤrterlein/
die da im ſingen gebraucht werden/ von denen
man einem jeglichen Clavi eins muß zu eignẽ.


CAPUT III.
Von denVocibus Muſicali-
bus,
oder woͤrterlein die im ſingen
gebreuchlich.


A iiijWie
[[8]]

Wie viel ſeindt derſelben
Woͤrterlein?


Sechſe/ UT, RE, MI, FA, SOL, LA,


Haben ſie alle einerley Natur?


NEin/ ſondern es muͤſſen von jhnen ſon-
derlich in acht genommen werden/ die
beyde woͤrterlein Mi, vnd Fa, in dem
Clave b. vnd

[figure]

. Dann ſie machen 1. einen
graſſen vnterſcheit in dem Geſange/ vnd 2.
wo ſie nicht fleiſſig vnterſcheidet werden/ koͤn-
nen ſie einen gantzen geſang verwirren/ nach
dem alten Sprichworte:
Mi, \& Fa, ſunt tota Muſica.


Wie wird den der Geſang von
jhnen vnterſchieden?
Oder
Wie mancherley iſt der Geſang?


Der Geſang iſt zweyerley Cantus regu-
laris
oder

[figure]

duralis vnnd Cantus irregu-
gularis,
daß iſt/ transpoſitus oder b.
[...]ollaris.


Wo-
[[9]]

Woher entſtehet dieſer vn-
therſcheidt?


Nicht auß der Natur des Geſanges/ als
wann Cantus

[figure]

duralis haͤrterer Natur
wehre/ vnd haͤrter klingen thete/ als Cantus
b. mollaris,
oder das Cantus b. mollaris
weicher wehre/ als Cantus

[figure]

duralis,
wie die vnerfarnen dieſer Kunſt meinen; ſon-
dern von dem vnterſchiedlichen gebrauche

[figure]


duri vnnd b. Mollis, daß man in Cantu

[figure]

durali im Clave

[figure]

ordentlicher weiſe all-
zeit Mi, in Cantu b. mollari, im Clave b.
allzeit Fa ſingen muß: Vnd ſolches darumb/
weil der Cantus b. mollaris auß ſeinem na-
tuͤrlichen ſitze transponiret, vnd in einen an-
dern clavem geſetzet iſt.


Wie wirdCantus b. mollaris
erkant?


Wan das b. molle im anfange des Ge-
ſanges vnd folgends jeder Syſtematis an ſei-
nem natuͤrlichen orthe außdruͤcklich gezeichnet
gefunden wird.


A vExem-
[[10]]
Figure 5. Exemplum.

Wie wirdCantus

[figure]

duralis
erkant?


Wan das b. an ſeinem natuͤrlichen orthe
im anfange des geſangs außdruͤcklich nicht ge-
funden wird.


Figure 6. Exemplum.

Was ſinget man in einem jeg-
lichen Clave?


Daß kan man ſehen in nachfolgen-
der
[[11]] der Tabellâ, welche ſonſten genennet wird:
SCHALA MUSICALIS.


In Cantu [figure]durali
ſinget man?


In Cantu b. mollari
ſinget man:


Exem-
[[12]]
Figure 7. Exemplum Cantus
[figure]
duralis:

Figure 8. Exemplum Cantus b. mollaris:
CA-
[[13]]

CAPUT IV.
Von den Noten/ Puncten/
Ligaturen/ Pauſen/ vnd anderen

zeichen/ ſo im Geſange gebreulich.


Was iſt eine Nota?


SIe iſt das zeichen/ in dem Syſtemate
vnd jeglichem Clave/ daß/ ſo viel es
gilt vnd bedeutet/ nach einem tactu
muß auß geſungen werden.


Was iſt ein Tactus?


Ein tactus, oder Schlag iſt die zeit vnd
raum/ zwiſchen dem nieder ſchlagen vnd auff-
heben/ ſo da mit der Handt geſchicht.


Wie mancherley iſt der Tact?


Zweyerley ſimplex, oder der ſchlechte/
vnd proportionatus, oder Tripel tact.


Was iſt der ſchlechte Tact?


Da eine Semibrevis das iſt eine Nota/
ſo da einen ſchlag gilt/ auffgehet.


Was
[[14]]

Was iſtTactus proportio-
natus
oder Tripel tact?


Da drey Semibreves, oder drey mini-
auffgehen.


Wie werden die Noͤten gezeichnet/
wie heiſſen ſie/ vnd was gilt eine jgliche?


VALOR NOTARUM.


[figure]

Heiſt Maxima, vnd gilt — 3. ſchlaͤge


[figure]

Heiſt Longa, — vnd gilt — 4. ſchlaͤge.


[figure]

Heiſt Brevis, — vnd gilt — 2. ſchl.


[figure]

Heiſt Semibrevis, — vnd gilt — 1 ſchlag.


[figure]

Heiſt Minima, vnnd gilt ein halben
ſchlag.


[figure]

Heiſt Seminima, vnnd gilt ein viertel
vom ſchlage/ oder es gehen jhrer 4. auff
ein ſchlag.


[figure]

Heiſt Fuſa, vnd gilt ein halben viertel
ſchlag/ oder es gehen jhrer achte auff ein
ſchlag.


Oder
[[15]]
[figure]

Oder

[figure]

heiſt Semifuſa, vnd gelten jhrer
ſechtzehn einen ſchlag.


Was gilt ein Punctus?


Allzeit halb ſo viel als die Nota/ welche
vor jhm hergehet/ vnnd nach welcher er ge-
ſetzet.


Was ſeindPauſæ?


Es ſeind zeichen/ ſo da weiſen/ wie lan-
ge vnd wie viel man ſoll ſtille ſchweigen.


Was iſt vor ein vnterſcheid der
Pauſen, oder was gilt eine jgliche
Pauſa?


Figure 9. gilt 4. ſchlaͤge.

Figure 10. gilt 2.

Figure 11. gilt einen.

Figure 12. gilt ein halb.

Figure 13. gilt ein viertel oder ſu-
ſpirium,

Figure 14. gilt ein halb
viertel.

Was
[[16]]

Was ſeindLigaturen?


Wan zwo oder mehr Noten wegen des
vnterlegten texts aneinander gehenget/ vnnd
mit einander verknuͤpffet werden.


Wie werden die Noten an einan-
der geknuͤpffet?


Die alten haben die Ligaturen ſo zweif-
felhafftig gemachet/ daß man ſie vielmehr hat
muͤſſen errathen/ als das man ſie gewiß wiſ-
ſen ſolte/ welches dann offt groſſe vrſach zur
Confuſion vnnd verwirrung des geſanges
gegeben/ derowegen ſolche Ligaturen nun-
mehr auß dem gebrauche kommen/ vnd pfle-
gen nun nicht mehr als zwey oder 3. Breves
aneinander gehengt zu werden.


Darvon dieſe nachfolgende re-
gulen zu mercken.


1.Regula.


Wann zwo Breves aneinander gehengt
werden/ vnnd die erſte eine Liniam oder
Schwantz auffwarts gezogen hat/ gilt jede
einen ſchlag/ ſie ſteigen auff oder nieder.


Exem-
[[17]]
Figure 15. Exemplum.

2.Regula.


Wann drey Breves aneinander gehengt
werden/ vnd die erſte jhre Liniam auffwarts
kehret/ gilt die letzte 2. ſchlaͤge.


Figure 16. Exemplum.

3.Regula.


Wann 2. drey oder vier Breves anein-
ander gehengt werden/ vnd die erſte keine Li-
niam
oder Schwantz hat/ gilt jegliche zwen
ſchlaͤge.


Figure 17. Exemplum.

BRegu-
[[18]]

4.Regula.


Wann die ander Nota in der Ligatur
ſchwartz iſt/ wird jhr dadurch ein viertel vom
ſchlage abgenommen/ vnnd muß ſolches mit
einer Seminimâ, oder viertel ſchlage wider er-
ſtattet werden.


Figure 18. Exemplum.

Seint auch noch ſonſten andere
zeichen im Geſange in acht zu
nehmen?


Ja/ es ſeind mehr zeichen oder figuren/
die nicht weiniger im ſingen fleiſſig muͤſſen
in acht genommen werden/ als da ſein:


[figure]

Was bedeutet das

[figure]

oder

[figure]

Es bedeutet daß der Geſang oder ein Tri-
pla
angeht.


Was
[[19]]

Was bedeutet das

[figure]

Daß die Nota/ da es vorgeſetzet/ allzeit
durch Fa muß außgeſungen werden.


Was bedeutet das

[figure]

Dieſes wird nicht gefunden/ den nur im
Clave B. in Cantu b. mollari, vnd bedeu-
tet das man Mi, oder hart ſingen ſoll.


Was bedeutet das duppelte
Creutze

[figure]

Heiſſet Semitonium vnd zeiget an das
die Nota/ da es vor/ oder vnter geſetzet/ einen
halben thon/ oder grad/ muß erhaben werden/
oder das man Mi ſingen ſoll.


Was bedeutet dieſes zeichen

[figure]

Iſt ein fignum repetitionis, vnd leret das
dieſelbige geſungen clauſula muß widerholet
werden/ darnach es geſetzet iſt.


Was bedeutet dieſes zeichen

[figure]

Es weiſet den orth/ da die erſte Nota im
nachfolgenden Syſtemate ſiehet/ vnd heiſſet
Cuſtos.


B ijWas
[[20]]

Was bedeutet dieſes zeichen?

[figure]

Es iſt ein zeichen in den Fugen gebreuch-
lich/ vnd gibt ſo viel zuverſtehen/ daß/ wann
der erſt ſingende in der Fugâ an dieſelbe No-
tam
koͤmmet/ da dieſes zeichen vnter oder
ober ſtehet/ muß der nachfolgende Singer
mit derſelben Noten am anfange auch anfan-
gen/ vnd nach ſingen.


Was bedeutet dieſes?

[figure]

Iſt ein ſtrich oder Linia vber das gantze
Syſtema, vnd bedeutet das allda alle Stim-
men zuſammen kommen/ vnd ein wenig inne-
halten.


Was bedeutet dieſes?

[figure]

Iſt ein ſignum finale, vnd bedeutet daß
man ſoll außhalten.


CAPUT V.
Von denIntervallis.


Was iſt einIntervallum?


Der raum zwiſchen zweyen Noten/
oder
[[21]] oder der Sprung auß einem Clave in einen
andern.


Weiſe mirs durch Exempel?

[figure]

CAPUT VI.
Von den Triplen/ oder
Proportionibus.


Was iſt ein Tripla/ oder
Proportio?


EIn Tripla oder Proportio iſt eine art
zu ſingen/ nach einem geſchwinderen
Tactu, da man von gemeinen vnnd
gebreuchlichen Tactu etwas abtrit/ vnd da
B iijins
[[22]] ins gemein drey Semibreves, oder drey
Minimæ auff ein Tact gehen. Vnd wird
erkandt/ wann von newen ein

[figure]

ohne einem
Striche/ oder

[figure]

mit einem Striche/ ne-
ben beygeſetzter

[figure]

3. oder

[figure]

vorgeſetzet wird.


Wie mancherley iſtTripla
oder Proportio?


Triplæ oder Proportiones werden auff
vielerley arth gebrauchet/ wie wol ohne alle
nothwendigkeit/ Sintemahl man einen Tri-
plam
ſo geſchwinde oder ſo langſam ſingen
kan als den andern/ vnd iſt nicht von noͤthen
offt mehr ein Ænigma als ein Triplam ein-
zufuͤhren. Der gebreuchlichſten aber finden
ſich vornemblich zweyerley art.


Weiſe mir die erſte art?


Erſtlich werden 3. Semibreves oder
Minimæ auff einen ſchlag gerechnet/ vnnd
wird die Propertio mit dieſem

[figure]

oder
dieſem

[figure]

3 zeichen gezeichnet/

[figure]

vnd ſo es
drey Semibreves ſeind/ wirts

[figure]

genennet
Tripla. So es Minimæ ſeind/ wirds genennet
Seſquialtera.


Exem-
[[23]]
Figure 19. Exemplum Semibrevium
vel Triplæ.

[figure]
Figure 20. Exemplum minimarum vel
ſesquialteræ.

[figure]

Weiſe mir die ander ahrt?


Zum andern wird ein Tripla gefunden/
da 3. ſchwartze Semibreves, oder Minimæ
auff ein Schlag gerechnet werden/ vnd wird
nur die Ziffer 3. vor oder vnter die Noten ge-
ſetzet/ oder wol gar außgelaſſen. So es drey
Semibreves ſeind/ kan mans nennen/ Tri-
plam nigram.
Seind es Minimæ, kans
Seſquialtera nigra genennet werden.


Exem-
[[24]]
Figure 21. Exemplum Triplæ nigræ.

Figure 22. Exemplum Seſquialteræ
nigræ.

Oder


[figure]

Weil aber die Noten in den Triplen
offtmahls ſich verendern/ vnd balt etwas ver-
lieren balt etwas gewinnen oder zunehmen/
muß man nachfolgende Regulen in acht
nehmen.


Regula prima.


Wann eine Semibrevis vnd eine Brevis
im
[[25]] im Triplâ ſchwartz gefunden werden/ gelten
ſie nicht mehr oder weniger als wann ſie weiß
wehren.


Figure 23. Exemplum.

Regula2.


Wann zwo oder mehr Breves auff ein-
ander folgen/ wird eine von der andern per-
fectiret,
vnd vollkommen gemacht/ vnd gilt
eine jegliche einen ſchlag/ oder ſo viel als drey
Semibreves, biß auff die letzte/ welche jhren
natuͤrlichen valorem behelt.


Figure 24. Exemplum.

Regula3.


Wann drey Breves ſchwartz nach ein-
B vander
[[26]] ander gefunden werden/ wird nicht eine von
der andern perfectirt/ oder vollkommen ge-
macht/ ſondern ſie gehen alle drey auff 2.
ſchlaͤge/ vnd wird die mittelſte getheilet.


Figure 25. Exemplum.

Wie verhelt ſichs mit den Pauſen
in einem Triplâ?


In dem Triplâ gelten ſie die helffte/ in
Seſquialtera vollkommen.


CAPUT VII.
Von etlichen Regulen zier-
lich zu ſingen.


Regula I.


WElcher Knabe die Muſicam lernen
vnd vben wil/ muß vor allen dingen
luſt vnd liebe darzu haben/ ſich befleiſ-
figen/ daß er wol vnd artlich ſeine Stimme
mode-
[[27]]moderiren vnd zwingen/ den Odem meſſig-
lich geben vnd gebrauchen/ vnd ohne verdruß
vnd aller beſchwerung ſingen koͤnne. Die-
nen derwegen gantz nicht zur Muſic, die
Knaben welche alſo ruffen vnd ſchreien/ das
ſie gantz ſchwartz-rodt wie ein Kalkunſcher
Hahn vmb den Kopff werden/ vnd die den
Mundt ſo weit auffſperren/ als wann man
mit einem Fuͤder Hew darein fahren ſolte/
daß ſie den Odem ſaͤmptlich mit einem ſchlag\&
fahren laſſen/ vnd muͤſſen zu einer jedern No-
ten newen Odem ſchepffen.


Regula II.


Auch iſt ein groſſer vnterſcheit/ vnter
friſch Singen/ vnd vnter Ruffen. Friſch ſingen
iſt in der Muſic gantz noͤtig/ vnd iſt ſo viel
als frewdig nicht traͤg/ faul/ noch ſchlefferig/
daß man die Stimme nicht fallen laſſe. Ruf-
fen aber iſt in der Muſic verboten/ vnd geben
die Cantores jhre groſſe vnwiſſenheit nicht
wenig an tag/ die den Knaben mit gewalt ge-
bieten/ daß ſie von Leibes krefften ruffen muͤſ-
ſen/ dadurch offt eine edle reine vnd feine Stim-
me gantz verdorben wird.


Re-
[[28]]

Regula III.


Im anſtimmen ſoll einer/ vnnd keiner
mehr gehoͤret werden. Wird derwegen ge-
jrret da jrer ſo viel anſtimmen/ als jhrer ſingen
wollen/ vnd wird dem gantzen zukuͤnfftigem
Geſange ſeine lieblicheit genommen.


Regula IV.


Im ſingen ſollen die Puncta zierlich in
die vorgeſetzte oder vorhergehende Noten ge-
theilet vnd ohne ſonderliche pronunciation
geſungen werden. Irren derwegen die/ wel-
che ſollen ſingen.


[figure]

Vnd ſingen
oder pro-
nunciren


[figure]
Re-
[[29]]

Regula V.


Im ſingen ſoll der Text/ wie er ſtehet/
pronunciret vnnd außgeſprochen werden/
vnd jrren die gahr ſehr/ vnd haben ein groſſes
vitium im ſingen an ſich/ welche auß einem
E ein æ, oder œ, vnd auß einem i latino, ein
Grichiſches η, auß einem U, ein O machen/
als wann ſie vor Amen, Amæn vor alleluja,
allæloja,
vor Spiritus Spƞrƞtus oder Spæ-
rætus,
vnd dergleichen ſingen.


Regula VI.


Im ſingen ſoll man ſich nicht vber eilen/
ſondern meſſig/ langſamb vnd ohne alle furcht
vnd zagen ſingen. Irren derwegen die/ wel-
che im ſingen alſo eilen/ als wann ſie einen Ha-
ſen erjagen ſolten/ vnnd wann ſie bey etliche
Fuſen vnd Semifuſen kommen/ auß furcht
vber hin wiſchen/ daß ſie nicht die helffte dar-
von recht zu ſehen bekommen/ vielweiniger
recht ſingen. Auch jrren die/ welche/ ſo ſie
etwan horen das der Cantus etwas bloß ge-
het/ alſo balt jhre Stimme auß furcht fallen
laſſen/ vnd machen offt eine Confuſion vnd
verſtimlung des Geſanges/ do ſie es wol het-
ten ſicher koͤnnen vorbey gehen.


Re-
[[30]]

Regula VII.


Im ſingen ſoll man auch mit auff ande-
re Stimmen hoͤren/ wie man mit denſelben/
zu/ vnd vber einſtimmen muͤge. Irren dem-
nach die/ welche nur allein vor ſich hinweg in
den tag hinein ruffen vnd ſchreyen/ vnd mei-
nen es ſey genug/ wann ſie jhre Stimme allein
treffen/ die andern muͤgen bleiben wo ſie woͤl-
len.


Regula VIII.


Vnd damit ein jeglicher hoͤren koͤnne/ wie
er mit den andern vber einſtimme/ ſollen die
Stimmen fein diſponiret, vnd die ſingenden
jegen einander zuſammen gekehret ſtehen.
Wird derwegen gejrret/ wann einer den
Munt hieher kehret/ der ander ſeinen dort hin-
auß/ wie Samſons Fuͤchſe. Oder ſo der
gantze hauff alſo vermiſchet vnnd verwechſelt
ſtehet/ daß mann nicht hoͤren kan/ welche
Stimme anhebet/ oder welche auffhoͤret.


Regula IX.


In einer privat Muſica gebuͤhret ſichs
nicht/ daß jhrer zwene eine Stimme ſingen/
Wann
[[31]] wann die andern Stimmen einfeldig beſetzet/
es moͤchte dann in dem Baſi, oder mit vnter-
ſchiedenen Inſtrumenten, vnd mit ſonderli-
cher beſcheidener diſpoſition geſchehen.


Regula X.


Auch ſoll in keiner Stimme die vnter
octava geſungen werden. Irren derwegen
die vngeſchickten Cantores nicht weinig/ wel-
che/ wann ſie bey den Diſcantiſten nicht koͤn-
nen fictâ voce ſingen/ alsbalt zur octava
greiffen/ vnd einen Tenorem auß dem Di-
ſcant
machen/ vnnd nicht wenig vitia von
quinten einfuͤhren.


Regula XI.


Im Baſi ſollen keine Coloraturen mehr
gemacht werden/ dann die ſo vom Compo-
niſten
geſetzet ſein/ ſonſten wird das funda-
ment
des Geſanges zerriſſen/ vnd bleiben die
andern Stimmen Bodenloß/ vnd wird nichts
den nur eine verdrißliche diſſonantz gehoͤret.


Regula XII.


Andere Stimmen ſollen alſo Coloriren,
daß
[[32]] daß ſie nicht vitia muſicaliā einfuͤhren/ ſol-
ches koͤnnen ſie mercklich vorhuͤten/ wan ſie in
dem Clave auffhoͤren/ darinnẽ ſie angefangẽ.


Figure 26. Exemplum.

Figure 27. Recht iſts:

Figure 28. Auß dieſem alſo/

Figure 29. oder ſo ſingen.

Figure 30. Vnrecht aber iſts.

Regula XIII.


Die Stimme ſo das fundament hat/
mag wol in einer oder 2. Noten die vnter
octavam ergreiffen/ lenger aber ſoll ſie die
octavam nicht ſingen.


Regu-
[[33]]

Regula XIV.


Im ſingen ſoll der Tact durchauß nicht
gehoͤret/ ſondern allein geſehen/ oder wo es
muͤglich nur obſerviret, vnnd gemercket
werden. Geben demnach die Cantores zu-
erkennen/ daß ſie noch von keiner rechtſchaffe-
nen Muſicâ wiſſen/ welche mit dem Chor-
ſtocke alſo zuſchlagen/ daß die ſtuͤcke darvon
fliehen/ vnd meinen es ſey recht tactiret, wan
ſie nur manlich niederſchagen koͤnnen/ gleich
als wann ſie haber Stro dreſchen muͤſten.


Regula XV.


Wo tactiret wird/ ſoll nicht nur zweyen
oder dreyen Knaben alleine/ ſondern dem
gantzen Choro tactiret werden. Irren dem-
nach die Cantores, welche nur einen oder zwe-
hen Knaben/ vor ſich ſtehend haben/ vnd de-
nen den Tact vor ſchlagen/ vnd laſſen die an-
dern Concentores, gleich als der Hirte ſeine
Hunde/ hinder ſich her ziehen.


Regula XVI.


Im ſingen ſoll durchauß nicht einerley
Tact geſpuͤhret vnd gefuͤhret werden/ ſondern
Cnach
[[34]] nach dem die worte des Textus ſein/ alſo muß
auch der Tact gerichtet ſein/ alſo das eine con-
venientz,
vnnd decorum behalten werde.
Irren demnach die Cantores/ welche den
Tact ſo ſchnurgleich abmeſſen als das Vhr-
werck ſeine minuten.


Ein ander Tact wird hier
erfodert:


[figure]

Ein anderer aber allhier:


[figure]

Item allhier:


[figure]
Vnd
[[35]]

Vnnd
allhier:


[figure]

Regula XVII.


Jegen daß ende des Geſanges/ in pe-
nultima/
daß iſt ohn eine/ der letzten Noten/ ſol-
len alle Stimmen auffhalten/ vnd ein ſanff-
tes fein meſſig gezogenes Confinal machen/
vnd nicht alſo balt das final dem Geſange an-
hengen/ den ſolches den zuhoͤrenden gar ver-
drießlich vorkoͤmpt/ vnd nimbt auch dem Ge-
ſange ein gutes theil der lieblig- vnd anmuͤtig-
keit hinweg. Sonderlich wol aber zieret der Ba-
ſis
den geſungenen Geſang/ wann er vor an-
dern Stimmen ſo wol im confinal/ als in
fine ſelbſten ein wenig zu letzt abſonderlich ge-
hoͤret mag werden.


Regula XVIII.


Ein Cantor ſoll billich ſeinen Diſcipulis
in allen Cantionibus ſo er ſingen wil/ erſtlich
den Modum zeigen/ damit ſie wiſſen koͤnnen/
welchen Clavem ſie vornemblich im ſingen in
acht nehmen ſollen.


CA-
[[36]]

CAPUT VIII.
Von MODIS.


Gib mir auch einen kurtzen vnt er-
richt von den
Modis?


GLeich wie einer/ ſo da auff einem We-
ge im Felde gehet/ viel froͤlicher iſt/ als
wann er in einem dicken vnd finſtern
Walde gehet/ weil er im Felde vmb ſich ſehen
kan/ vnd weiß wo er hingehet/ im Walde a-
ber nicht weiß wo er hinkoͤmmet/ biß er auß
dem Walde koͤmpt/ vnd ſiehet wo er hinkom-
men iſt: Alſo iſts auch im ſingen gethan dan
ſo der ſingende den Modum des Geſanges
erkennet/ ſinget er viel froͤlicher vnd ſtanthaff-
tiger als wann er nicht weiß/ wo er letzlich auß-
halten/ oder welchen Clavem er vornemblich
im ſingen in acht nehmen ſoll. Iſt derwe-
gen ſehr viel daran gelegen/ das man eines
jeden Cantionis Modum recht wiſſe/ ehe
man dieſelbe ſinget.


Was
[[37]]

Was iſt einModus?


Er iſt der Raum/ oder Ort/ auß einem
gewiſſen Clave biß wider in denſelben durch
die Octavam, alſo/ daß er beſtehet auß ei-
ner quarta vnd auß einer quinta, vnd ent-
weder die quartam vber/ oder vnter der
quinten hat/ in welcher Octavâ des gan-
tzen Geſanges weſen/ vnnd eigenſchafft be-
ſtehet.


Figure 31. Exemplum.

Wie mancherley ſind die
Modi?


Zweyerley: Authenti, vnnd Pla-
gales.


Was iſtModus Authen-
tus?


Der allzeit ſeine quartam vber der quin-
C iijten
[[38]]ten hat/ Sehet doch hier recht zu. Solche ſeint [...]
ſo da vnebener zahl ſint/ als/ 1. 3. 5. 7. 9. 11. 13.


Figure 32. Exemplum.

Was iſtModus Plagalis?


Der ſeine quartam vnter der quinten hat.
Solche ſeint/ die ſo gerader oder ebener zahl
ſint/ als/ 2. 4. 6. 8. 10. 12. 14.


Figure 33. Exemplum.

Wie viel ſeintModi?


Auß dem Circulo, oder Tabellâ Muſi-
welche man billich Tabellam auream nen-
nen ſolte/ werden viertzehen vnterſchietliche
Modi gezogen/ weil aber deren zwene/ nemlich
der 11. vnd 12. von wegen jhrer vngebreuch-
lichen vnnd vnfuͤglichen intervallen nicht
leicht-
[[39]] leichtlich koͤnnen gebrauchet werden/ werden
ſie nicht allein auß jhren ordentlichem vnd na-
tuͤrlichen Sitze hinweg genommen/ vnd vor die
letzten gerechnet/ ſondern werden auch Nothi,
daß iſt/ vnaͤchte genennet.


Wie wirdt ſolcheTabella gezeiget/
vnd gewieſen?


Weil der Geſang zweyerley iſt/ nem-
lich Cantus

[figure]

duralis, vnd Cantus b mol-
laris,
vnnd ſolcher vnterſcheit wegen der
Transpoſition, daß iſt wegen der erhoͤhung
oder ernidrigung des Geſanges herkoͤmmet/
als wird auch die Tabella auff zweyerley art
gewieſen/ nemlich einmahl/ da ſie den Mo-
dum in Cantu regulari,
oder

[figure]

durali;
Vors ander/ da ſie den Modum in Cantu
Transpoſito,
oder b. Mollari repræſenti-
ret
vnd zeiget.


C 4Ta-
[[40]]

tabella
Welche den Modum in Cantu

[figure]

durali
anzeiget.


[figure]
[[41]]
Figure 34. tabella
Welche den Modum in cantu b. mollari
anzeiget.

[[42]]

Kan man nun auß dieſenTabellis
alle Cantiones, weß Modi ſie ſeint/
erkennen?


Ja alle Cantiones, ſo da Componi-
ret
ſeint/ vnd Componiret werden muͤgen.
Damit aber ſolches deſto leichter geſchehen
koͤnne/ ſeint nachfolgende Regulen vnd obſer-
vationes
zu mercken.


Obſervatio I.


In einem jeglichen Geſange muß man
zum erſten den Clavem ſuchen vnd wiſſen/
darinnen der Geſang ſeinen natuͤrlichen Sitz
hat/ vnd darinne er beruhet. Solchen kan
man finden in dem Fine oder ende des Baſis/
vnnd wann man in acht nimmet/ in welchem
die meiſten Clauſulen des Geſanges ſich en-
digen.


II.


Weil ein jeder Modus auß einer quint
vnd quarta, oder quart vnnd quinta beſte-
het/ So muß man fleiſſig in acht nehmen/
ob jm Geſange die quarta vber/ oder vnter
der quinten iſt/ vnd darnach muß der Mo-
dus
des geſanges geurtheilt werden/ ob er ein
Authentus oder Plagalis iſt.


Der
[[43]]

III.


Der rechte vnd eigentliche Modus wird
eigentlich im Diſcant vnd Tenore erkennet/
muß man ſich derwegen nicht laſſen jrren/ wan
im Baſſo vnd Alto ein ander Modus gefun-
den wird. Dann es wird in der Compoſi-
tion
allzeit ein Authentus vnd ein Plagalis
zuſammen geſetzet/ welche beyde auß einem
Clave gehen. Wann den derwegen im Di-
ſcant
vnd Tenore der Authentus iſt/ ſo iſt
im Alto vnd Baſſo der Plagalis. Vnd hin-
wider ſo im Diſc: vnd Tenore ein Plagalis
gefunden wird/ ſo iſt gewiß im Baſſo vnnd
Alto der Authentus, wie auß nachfolgen-
der erklerung der Modorum inſonderheit zu
ſehen.


IV.


Wann ſichs aber zutregt das in einem
Geſange die Stimmen anderſt gefunden wer-
den/ als jtzunt gemeldet/ wie ſolches ſich dann
offt zutregt in den Cantionibus 8. Vocum
da ein hoher vnnd tieffer Chor: So ſolſtu
wiſſen/ daß ſolches nicht geſchicht ex præſcri-
pto artis,
ſondern ex Licentiâ Authoris,
vnd im ſelben Geſange iſt der Modus ſchwer-
lich
[[44]] lich zu vrtheilen. Als zum Exempel in der
Cantilenâ Blaſij Ammonis, Cantate Do-
mino cantie: nov: 8. Vocum,
Findet ſich in
den Öberſtimmen ein Authentus, nemblich
Dorius tranſpoſitus, in den mittel Stim-
men der Plagalis, in dem Baſi beydes des ho-
hen vnd dieffen Chori iſt der Authentus wi-
derumb. Allhier iſt die frage ob der Cantus
ſey Dorij, oder Hypodorij Modi. Da
ſagſtu recht/ Es ſey Dorius. Du ſageſt auch
nicht vnrecht/ es ſey Hypodorius. Dann
die gemeinſchafft dieſer beyder Modorum,
(die auch ſonſten ein jglicher Authentus mit
ſeinem Plagale hat) iſt ſo groß/ daß ſie ſich
leichtlich ohne einem ſingulari prædominio
vnd herrſchafft vertragen koͤnnen/ vnd iſt jh-
nen genug/ daß ſie jhren Communem Cla-
vem finalem
haben. Vnd bewegen es die
nicht recht/ ſo da ſagen/ es muͤſſe ein gewiſſer
Modus prædominiren vnd die Öberhant
behalten/ ſonſten werde die kunſt violiret vnd
verletzet/ dann jhre meinung ſich nur erſtrecket/
nach der gemeinen weiſe des Geſanges.


V.


Wann ſichs auch zutregt/ das man eine
Me-
[[45]]Melodiam in einem andern/ vnd aber an-
derm Modo findet/ ſo vrtheilet man ſie/ wie
man ſie findet. Als zum Exempel/ einer hat
geſetzet: Ich ruff zu dir JErr JEſu Chriſt/
ad Primum Dorium, ein ander ad Nonum
Æolium: Item
einer hat geſetzet: Allein
zu dir HErr Jeſu Chriſt ad Secundum,
Hypodorium:
Einander ad Decimum
Hypoæolium:
Iſt die frage: cujus Modi
die Cantiones ſein? Antwort/ Wie ſie ge-
funden werden/ alſo vrtheilt man ſie. Vnnd
wird ein erfarner Muſicus, der die Cantio-
nes
alſo transponiret, oder auch ſelbſt Com-
poniren
wil/ wol zuſehen/ daß er die Semi-
tonia
an rechten gebreuchlichen Örtern wiſſe
zu adhibiren, damit den Melodien jhre na-
tuͤrliche liebligkeit nicht benommen werde.


VI.


Mann muß ſich auch nicht laſſen jrren/ daß
die Authores bißweilen ex licentiâ vber die
gebuͤhr ſchreiten/ vnd in einer Stimme zweyer
Modorum ambitum oder vmkreiß ſetzen/
ſondern man muß in ſolchem fall auß dem
Clave ſignatâ vrtheilen.


Exem-
[[46]]
Figure 35. Exemplum.

[figure]

Hier iſt Ambitus 1. vnd 2. Modi, Clavis
ſignata
aber zeiget an den Primum Mo-
dum.


Folget eine Erklerung eines
jedern
Modiinſonderheit.


PRIMUS MODUS
DORIUS.


DEr erſte Modus wird Dorius genen-
net/ vnd beſtehet regulariter im D.
nimbt ſeine quintam auß dem D. ins
A. vnd die quartam daruͤber/ auß dem A.
ins D. beruhet letzlich im D. Iſt er transpo-
niret,
ſo beſtehet er im G. nimbt ſeine quintam
auß
[[47]] auß dem G ins D. vnd die quartam daruͤber
auß dem D. ins G. vnd ruhet letzlichen im G.
auff nachfolgende weiſe.


Figure 36. Exempl. Cantus regularis:

Figure 37. Exempl. Cantus jrregul.

Der Clavis ſignata item die quinta
vnd quarta in jglicher Stimme werden alſo
gefunden:


In
[[48]]

In Cantu regulari:


Figure 38. Cantus.

Figure 39. Tenor.

Figure 40. Altus.

Figure 41. Baſſus.

In cantu transpoſito oder b.
mollari:


Figure 42. Cantus.

Figure 43. Tenor.

Figure 44. Altus.

Figure 45. Baſſus.

Natu-
[[49]]
Natura.

Seine Natur iſt: Daß er froͤliche Gra-
vitetiſche/ Prechtige vnnd Majeſtaͤtiſche wie
auch demuͤtige vnd freundliche Textus, als
gratulationes, petitiones Epithalamia, ein
Carmẽ heroicum, vnd dergleichen haben wil.
Exempla dieſes Modi ſeint:


  • Vater vnſer im Himmelreich.
  • Wir gleuben all an einen Gott.
  • Chriſt lag in Todes banden.
  • Jeſus Chriſtus vnſer Heylant/ der võ etc.
  • Durch Adams fall iſt gantz verderbt/ etc.

SECUNDUS MODUS
Hypodorius.


DEr ander Modus wirdt genennet
Hypodorius, beſtehet regulariter
im D. nimbt ſeine quartam auß dem
A. ins D. vnd die quintam daruͤber auß dem
D. ins A. beruhet letzlich im D. Irregulariter
aber beſtehet er im G. nimbt die quartam auß
dem D. ins G. vnd die quintam daruͤber auß
dem G. ins D. ruhet letzlich im G. auff nach-
folgende art:


DExem-
[[50]]
Figure 46. Exempl. Cantus regul.

Figure 47. Exempl. Cantus irregularis.

Der Clavis ſignata, quarta vnd quin-
ta
werden in jeglicher Stimme alſo gefunden.


In Cantu regulari.


Can-
[[51]]
Figure 48. Cantus.

Figure 49. Tenor.

Figure 50. Altus.

Figure 51. Baſſus.

In Cantu transpoſito.


Figure 52. Cantus.

Figure 53. Tenor.

Figure 54. Altus.

Figure 55. Baſſus.

Natura.

In dieſẽ Modo koͤnnẽ gebrauchet werdẽ ernſt-
D ijhaff-
[[52]] hafftige/ harte/ rauhe Textus. Item precæ-
tiones deprecationes,
vnnd dergleichen.
Wirdt wegen ſeiner rechtmeſſigen hoͤhe vnnd
dieffe die er irregulariter/ oder transponi
ret
hat/ faſt offt geſetzet vnd gebrauchet/ we [...]
die inſtrumenta ſich ſehr bequemlich zu die [...]
ſem Modo gebrauchen laſſen.


Exempla ſindt:


  • Allein zu dir HErr Jeſu Chriſt.
  • HErr wer wirdt wohnen.
  • Helfft mihr Gotts guͤthe preiſen.
    Oder:
  • Einmahl ging ich ſpatzieren.
    Oder:
  • Von Gott wil ich nicht laſſen/ etc.

TERTIUS MODUS
Phrygius.


DEr dritte Modus wirdt genenn [...]
PHRYGIUS, beſtehet regulari
ter
im E. nimbt ſeine quintam au [...]
dem E. ins

[figure]

vnd daruͤber die quartam au [...]
dem

[figure]

ins E. ruhet letzlich im E. Irregularite [...]
beſtehet er im A. nimmet ſeine quintam au [...]
dem A. ins E. vnd die quartam auß dem E [...]
[...][[53]] [...]ns A. beruhet auch letzlich im A. auff nach-
folgende weiſe.


Figure 56. Exempl. Cantus regul.

Figure 57. Exempl. Cantus irreg.

Der Clavis ſignata, die quint vnnd
quarta werden in jeder Stimme alſo gezeich-
net gefunden.


In Cantu regul.


D 3Can-
[[54]]
Figure 58. Cantus.

Figure 59. Tenor.

Figure 60. Altus.

Figure 61. Baſis.

In Cantu irregulari:


Figure 62. Cantus.

Figure 63. Tenor.

Figure 64. Altus.

Figure 65. Baſſus.

Natura:

Seine Natur vnd eigenſchafft iſt/ daß er
harte
[[55]] harte vnd zornige worte des Texts haben wil:
jedoch weil er das Semitonium, regul: im
G. jrregulariter im C. faſt brauchet/ bringet
er eine ſonderliche lieblicheit mit ſich/ alſo das
man ſo wol verba dulcia vnd humilia, als
tortuoſa, impetuoſa, auſtera vnd acerba
in jhm kan gebrauchen


Exempla dieſes Modi ſeint:


  • Chriſtus der vns ſeeligmacht/ etc.
  • Da Jeſus an dem Creutze/ etc.
  • Es wolt vns Gott gnedig ſein.
  • O HErre Gott begnade mich/ etc.

QUARTUS, MODUS
Hypophrygius.


DEr vierde Modus wirdt genennet
Hypophrygius, beſtehet regulari-
ter
im E. nimbt ſeine quartam auß
dem

[figure]

ins E. vnd ſeine quintam daruͤber ins

[figure]

beruhet letzlich im E. Irregulariter beſte-
het er im A. nimmet ſeine quartam auß dem
E. ins A. vnd die quintam daruͤber auß dem
A. ins E. ruhet letzlich im A. auff nachfol-
gende art:


D4Exem-
[[56]]
Figure 66. Exempl. Cant. Reg.

Figure 67. Exempl. Cantus irreg.

Der Clavis ſign: quart, vnd quinta,
werden in jeglicher Stimme alſo gefunden:


In Cantu regul. oder

[figure]

dur.


Figure 68. Cantus.

Figure 69. Tenor.

Figure 70. Altus.

Figure 71. Baſis.

In
[[57]]

In Cantu irregul.


Figure 72. Cantus.

Figure 73. Tenor.

Figure 74. Altus.

Figure 75. Baſis.

Natura.

Seine Natur iſt etwas haͤrtlicher als ter-
tij Modi.
Vnnd koͤnnen trawrige Textus,
als lamentationes, Epicedia, vnd depre-
cationes
in dieſem Modo gebrauchet werdẽ.


Obſervatio.

Doch iſt zu mercken das dieſer Modus
ſo groſſe gemeinſchafft mit tertio Modo hat/
das er kaum vom ſelben in Cantionibus mag
vnterſchieden werden. Sintemahl er faſt
nimmer die quartam vnter der quinten recht
erreichet/ ſondern nimmet etliche intervalla
D vvber
[[58]] vber der quint zu ſich/ vnd ſonderlich die ſe-
cundam,
alſo das es eine Sexta vom Clave
finali
wirdt/ vnd durch dieſe ſextam mag er
auch von tertio Modo vnterſchieden werden.


Exemplum.


  • Menſch wiltu leben ſeeliglich.
  • Auß dieffer noth ſchrey ich zu dir.
  • Erbarm dich mein O HErre Gott.
  • Mitten wir im leben ſint. Wie auch
  • Da Jeſus an dem Creutze ſtundt.

QUINTUS MODUS
Lydius.


DEr fuͤnffte Modus wird genennet
Lydius vnd beſtehet Regul: im Cla-
ve F.
nimmet ſeine quintam auß dem
F. ins C. vnnd die quartam daruͤber ins F.
Irregulariter
aber beſtehet er im B. nimmet
ſeine quintam auß dem b. ins F. vnnd die
quartam auß dem F. ins b. ruhet im b.


Figure 76. Exempl. Cant. Reg.

Exem-
[[59]]
Figure 77. Exempl: Cant: irreg:

Der Clavis ſignata, quarta, vnnd
quinta in dieſem Modo ſeint in jeglicher
Stimme von Natur alſozu finden.


In Cantu Regul:


Figure 78. Cantus.

Figure 79. Tenor.

Figure 80. Altus.

Figure 81. Baſis.

In Cantu Irreg.


Can-
[[60]]
Figure 82. Cantus.

Figure 83. Tenor.

Figure 84. Altus.

Figure 85. Baſſus.

Natura.

Es iſt dieſer Modus gar ein ſeltzamer
rauher/ vnd vngeſchliffener Modus vnd bey-
des zur Menſchlichen Stimme/ als inſtru-
menten
gar vnbequemlich/ vnd vnfuͤglich/
darumb er den auch von den Muſicis entwe-
der gar nicht/ oder gar ſelden gebraucht wirt.
Exempla finde ich gar nicht.


SEXTUS MODUS
Hypolydius.


DEr ſechſte Modus heiſſet Hypolydius
beſtehet Regulariter im F. nimmet ſeine
quartam auß dem C. ins F. auß dem F. die
quintam ins C. Irregulariter beſtehet er im
b. nim-
[[61]]b. nimmet ſeine quartam auß dem F. ins b.
vnnd die quintam auß dem b. ins F. ruhet
letzlich im b.


Figure 86. Exempl: Cant: regul:

Figure 87. Exempl. Cantus irreg.

Der Clavis ſignata, quarta vnd quin-
ta
werden in jeglicher Stimme alſo gezeichnet.


In
[[62]]

In Cantu regul:


Figure 88. Cantus.

Figure 89. Altus.

Figure 90. Tenor.

Figure 91. Baſis.

In Cantu irreg:


Figure 92. Cantus.

Figure 93. Altus.

Figure 94. Tenor.

Figure 95. Baſis.

Natura \& proprietas.

Dieſes Modi Eigenſchafft iſt eben als
quinti
[[63]]quinti vngeſchickt/ vnd vnbequemlich/ der-
wegen auch nicht leichtlich exempla ge-
funden werden.


SEPTIMUS MODUS
Mixolydius.


DEr ſiebende Modus wirdt genennet Mi-
xolvdius/
beſtehet Regulariter im Cla-
ve G.
nimmet ſeine quintam auß dem G.
ins D. vnd die quartam auß dem D. ins G.
beru[h][t] letzlich im G. Irregulariter beſtehet er
im C nimmet die quintam auß dem C. ins
G. vnd die quartam auß dem G. ins C. be-
ruhet letzlich im C.


Figure 96. Exempl. Cantus reg.

Exem-
[[64]]
Figure 97. Exempl: Cantus Irreg:

Clavis \& ambitus.


Der Clavis ſignata, quint, vnnd
quarta werden in jeglicher Stimme allo ge-
funden.


In Cantu regulari.


Figure 98. Cantus.

Figure 99. Altus.

Figure 100. Tenor.

Figure 101. Baſſus.

In
[[65]]

In Cantu irregulari:


Figure 102. Cantus.

Figure 103. Altus.

Figure 104. Tenor.

Figure 105. Baſis.

Natura:

Die Natur vnd eigenſchafft dieſes Modi
iſt/ daß er wil haben ernſthaffte Textus als
vermanungen/ anreitzungen/ res geſtas, in-
vectivas,
ſcheldungen/ betrawungen/
vnd dergleichen. Vnd ſo man in Tragœdijs
Muſicam
wil vben/ ſo iſt dieſer Modus gar
fuͤglich darzu.


Exempl:


Es iſt das heil vns/ etc.


EOCTA-
[[66]]

OCTAVUS MODUS
Hypomixolydius.


DEr achte Modus wirdt genennet Hy-
pomyxolydius,
vnd beſtehet Regu-
lariter
im G. nimmet ſeine quartam
auß dem D. ins G. vnd die quintam auß dem
G ins D. ruhet letzlich im G. Irregulariter be-
ſtehet er im C. nimmet ſeine quartam auß dem
G. ins C. vnd die quintam daruͤber ins G.
beruhet letzlich im C.


Figure 106. Exempl: Cantus regul:

Figure 107. Exempl: Cant: irreg:

Cla-
[[67]]

Clavis ſign. \& Amb.


Der Clavis ſignata, die quarta, vnd
quinta werden in jglicher Stimme alſo ge-
funden:


In Cantu Regul:


Figure 108. Cantus.

Figure 109. Altus.

Figure 110. Tenor.

Figure 111. Baſis.

In Cantu Irreg.


Figure 112. Cantus.

Figure 113. Altus.

E 2Te-
[[68]]
Figure 114. Tenor.

Figure 115. Baſſus.

Natura.

Dieſer Modus iſt von Natur ein ſehr
lieblicher gravitetiſcher vnd praͤchtiger Mo-
dus,
vnd wil derowegen gar anmuͤtige/ vnnd
ſchoͤne Textus, als Verba honoris, reve-
rentiæ, congratulationis, gratiarum a-
ctionis, \&c.
haben.


Exemplum.


  • Allein Gott in der hoͤhe ſey Ehr.
  • Gelobet ſeiſtu Jeſu Chriſt.
  • Froͤlich wolln wir alleluja/ etc.

NONUS MODUS
Æolius.


DEr neunde Modus wirt genennet
Æolius, vnd beſtehet Reg: im Cla-
ve A.
nimmet die quartam auß dem
A. ins
[[69]]A. ins E. vnd die quartam auß dem E. ins
A. ruhet letzlich im A. Irregulariter beſtehet
er im D. nimmet ſeine quintam auß dem D.
ins A. vnd die quartam auß dem A. ins D.
ruhet letzlich im D.


Figure 116. Exempl. Cantus regul.

Figure 117. Exempl. Cantus irregularis.

Clavis Sign: \& Amb.


Der Clavis ſignata, die quart, vnd
E 3quin-
[[70]]quinta werden in jeglicher Stimme alſo ge-
ſunden:


In Cantu regulari.


Figure 118. Cantus.

Figure 119. Altus.

Figure 120. Tenor.

Figure 121. Baſſus

In Cantu irreg:


Figure 122. Cantus.

Figure 123. Altus.

Te-
[[71]]
Figure 124. Tenor.

Figure 125. Baſis.

Natura \& proprietas.

Seine eigentſchafft iſt/ daß er wil haben
Textus von herlichen denckwuͤrdigen dingen/
danckſagungen/ innerlichen frewden/ vnnd
dergleichen.


Exempl:


  • Ich dancke dem HERren von gantzem
    Hertzen/ etc.
  • Ich ruff zu dier HErr Jeſu Chriſt/ etc.

DECIMUS MODUS
Hypoæolius.


DEr zehende Modus wirdt genennet
Hypoæolius, beſtehtt regul: im Cla-
ve A.
nimmet die quartam auß dem
E. ins A. die quintam auß dem A. ins E.
ruhet im A. Irreg: beſtehet er im D. nimmet die
quartam auß dem A. ins D. vnd die quin-
tam
[[72]]tam daruͤber auß dem D. ins A. beruhet letz-
lich im D.


Figure 126. Exempl. Cant. Reg.

Figure 127. Exempl. Cantus irreg.

Clavis ſign: \& Ambitus.


Der Clavis ſignata, die quart vnd quin.
ta
[[73]]ta werden in jeglicher Stimme alſo geſun-
den.


In Cantu regulari.


Figure 128. Cantus.

Figure 129. Altus.

Figure 130. Tenor.

Figure 131. Baſis.

In Cantu irregul.


Figure 132. Cantus.

Figure 133. Altus.

Figure 134. Tenor.

Figure 135. Baſis.

Na-
[[74]]
Natura \& propr:

Dieſer Modus iſt ein vberauß ſchoͤner
vnd lieblicher Modus, den man einen rechten
Schmeichler nennen koͤnte/ vnd derwegen wil
er haben gar liebliche/ anmuͤtige/ trawrige/
doch troͤſtliche/ freundtliche/ demuͤtige/ vnnd
dergleichen Textus.


Exempla ſindt:


  • Mag ich vngluͤck nicht wider ſtahn.
  • Allein zu dier HErr JEſu Chriſt.
  • Wo Gott der HErr nicht bey vns/ etc.

UNDECIMUS MODUS
Jonicus.


DEr elffte Modus wirdt genennet Jo-
nicus,
vnd beſtehet Regulariter im
C. nimbt die quintam auß dem C.
ins G. vnd die quartam daruͤber auß dem G.
ins C. ruhet letzlich im C. Irregulariter aber
beſtehet er im F. nimmet die quintam auß
dem F. ins C. auß dem C. die quartam ins
F. ruhet letzlich im F.


Exem-
[[75]]
Figure 136. Exempl. Cantus reg.

Figure 137. Exempl: Cantus Irreg:

Cavis ſign: \& ambitus.


Der Clavis ſign: die quint, vnd quar-
[...]a
werden in jeglicher Stimme alſo gefunden:


In Cantu reg:


Figure 138. Cantus.

Figure 139. Altus.

Te-
[[76]]
Figure 140. Tenor.

Figure 141. Baſis.

In Cantu irreg:


Figure 142. Cantus.

Figure 143. Altus.

Figure 144. Tenor.

Figure 145. Baſſus.

Natura \& propr.

Dieſer Modus iſt von Natur lieblich/
vnd frewdig/ derowegen er auch von den Al-
ten γλαφυρὸς/ daß iſt luſtiger vnnd lieblicher
genennet iſt worden. Vnnd wil demnach
Textus haben/ ſo da zur frewdigkeit dienlich:
Als Daͤntze/ Auffzuͤge/ Newezeitungen/ vnd
der-
[[77]] ergleichen: Auch ſonſten von Geiſtlichen
extibus, Wil er haben/ ſo da frewdig troͤſt-
[...]ch/ vnnd eine ſonderliche zuverſicht mit ſich
[...]ringen.


Exempl:


  • Vom Himmel hoch da kom ich her.
  • Ein feſte Burg iſt vnſer Gott.
  • Gott der Vater wohn vns bey.
  • Wo Gott zum Hauß nicht gibt/ etc.

DUODECIMUS MODUS
Hypoionicus.


DEr zwoͤlffte Modus wirdt genant Hypo-
ionicus,
vnd beſtehet Regulariter im C.
[...]immet ſeine quartam auß dem G. ins C. vnd
[...]e quint daruͤber auß dem C. ins G. ruhet
[...]tzlich im C. Irregulariter beſtehet er im F.
[...]mmet die quart auß dem C. ins F. vnd die
quint auß dem F. ins C. ruhet letzlich im F.


Figure 146. Exempl. Cant. Reg.

[[78]]
[figure]
Figure 147. Exempl. Cantus irreg.

Clavis ſign: \& ambitus.


Die quart, quint vnd Clavis ſigna [...]
werden in jeglicher Stimme alſo gezeichnet.


In Cantu regul.


Figure 148. Cantus.

Figure 149. Altus.

T [...]
[[79]]
Figure 150. Tenor.

Figure 151. Baſſus.

In Cantu irreg.


Figure 152. Cantus.

Figure 153. Altus.

Figure 154. Tenor.

Figure 155. Cantus.

Natura \& propr.

Dieſer Modus wenn er transponiret
wirdt/ iſt bey dem Muſicis ſeer gebreuchlich/
wegen der fugligkeit/ ſo die Orgeln vnnd
Inſtrumenta, neben Menſchlicher Stimme/
ſo
[[80]] ſo ſie darein gebraucht werden/ haben koͤnnen.
Den er behelt eine feine natuͤrliche vnd mittel-
meſſige hoͤhe vnd dieffe/ daß es die Menſchli-
che Stimmen allerſeits erlangen koͤnnen. Sei-
ne Natur vnd eigenſchafft belangent: Nim-
met er allerley Textus, beydes frewdige/ traw-
rige/ vnd mittelmeſſige an. doch iſt er nicht ſo
frewdig/ als ſein Authentus, der elffte.


Exempla ſein.


  • Der tag der iſt ſo frewdenreich.
  • Nun frewt euch lieben Chriſten mein.
  • Kom heiliger Geiſt.
  • Nun bitten wir den H. Geiſt.
  • O HErre Gott dein Goͤttlich wort.
  • Nun lob mein Seel den HErren/ etc.

DECIMUS TERTIUS
Modus Hyperphry-
gius
.


DEr dreitzehende Modus wirdt genennet
Hyperphrygius iſt ſonſt von Natur der
elffte/ aber wegen ſeiner vnbequemligkeit/ vnd
vnformligkeit/ zu ruͤcke geſetzet oder vielmehr
gar verworffen/ vnnd vor vnaͤcht erkennet.
Be-
[[81]] Beſtehet ſonſt regular: im

[figure]

. nimmet ſeine
quintam auß dem

[figure]

. ins F. durch Mi, Fa,
vnd ſeine quartam auß dem F. ins

[figure]

. durch
Fa Mi, ruhet im

[figure]

. Irreg: beſtehet er im E.
nimmet die quint auß dem E. ins B. durch
Mi, Fa, vnnd die quart auß dem B. ins E.
durch Fa, Mi, ruhet im E.


Figure 156. Exempl. Cant. Reg.

Figure 157. Exempl. Cantus irreg.

Clavis ſignata, \& Ambitus.


FDie
[[82]]

Die Claves ſignat: quint vnd quart
werden in jeglichen Stimmen alſo gezeichnet:


In Cantu reg.


Figure 158. Cantus.

Figure 159. Altus.

Figure 160. Tenor.

Figure 161. Baſſus.

In Cantu Irreg.


Figure 162. Cantus.

Figure 163. Altus.

Figure 164. Tenor.

Figure 165. Baſſus

Exempla werden nicht gefunden.


DE-
[[83]]

DECIMUS QUARTUS
Modus Hyper Æolius.


[figure]

DEr viertzehende vnd letzte Modus heiſt
Hyperæolius, iſt ſonſt von Natur
der zwoͤlffte/ aber wegen ſeiner vnfuͤg-
ligkeit vnd ſeltzamen vngebreuchlichen inter-
vallen
zu gleich mit dem dreitzehenden zuruͤck
geſetzet/ vnd verworffen. Beſtehet regul. im

[figure]

. Irreg. im E. die Stimmen werden alſo
gezeichnet:


In Cantu reg.


Figure 166. Cantus.

Figure 167. Altus.

Figure 168. Tenor.

Figure 169. Baſis.

In Cantu Irreg.


F 2Can-
[[84]]
Figure 170. Cantus.

Figure 171. Altus.

Figure 172. Tenor.

Figure 173. Baſis.

Exempla werden nicht gefunden.


Vnd ſo viel auch von den Modis, was
ſonſten mehr den Knaben zu wiſſen ſein moͤch-
te/ wird ein fleiſſiger Cantor wol wiſſen zu er-
inneren.


Folgen (weil ſonſt die Bletter hettẽ
muͤſſen ledig bleiben) zwo Fugen darmit ſich die
Knaben ſelbſt vntereinander vben koͤnnen.


Figure 174. I. Fuga 2. Vocum, poſt 2. tactus:
ex Pſalm. 55. v.
23.

[[85]]
[figure]
ijFug.
[[86]]
Figure 175. II. Fug. Duum vocũ poſt. 2. tact. Pſ. 43.

[[87]]
[figure]
[[88]]

Error.


Litera C. fac. 2. lin. 1. Seint ohn ge-
fehr dieſe wort mit eingeſetzet (Sehet doch hier
recht zu) Welche ſollen außgeleſchet werden.


ENDE.

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Dieses Werk ist gemeinfrei.


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Kolimo+

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TextGrid Repository (2025). Collection 3. Musica Figuralis, Oder Newe Klärliche Richtige/ vnd vorstentliche vnterweisung/ Der SingeKunst. Musica Figuralis, Oder Newe Klärliche Richtige/ vnd vorstentliche vnterweisung/ Der SingeKunst. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bpd8.0