ÜBER DIE
ALGEBRA DER LOGIK
ALGEBRA UND LOGIK DER RELATIVE.
DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER.
1895.
[[III]]
DER
RELATIVE,
DER
VORLESUNGEN ÜBER DIE ALGEBRA DER LOGIK
MIT VIEL FIGUREN IM TEXTE.
Nicht mir!’
(Goethe (Geist).)
(Matthäus.)
DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER.
1895.
[[IV]]
Alle Rechte,
einschliesslich des Übersetzungsrechts, vorbehalten.
[[V]]
Inhalt von Bd. 3, I.
- Erste Vorlesung.
- Zur Einführung.
- Seite
- § 1. Plan. Der Operationskreis der Algebra der binären Relative 1
- § 2. Die Denkbereiche der verschiednen Ordnungen und ihre Individuen 4
- Zweite Vorlesung.
Die formalen Grundlagen, insbesondre zur Algebra der binären Relative.
§ 3. Die 29 zu 31 fundamentalen Festsetzungen. Summendarstellung der
Relative. Aussagenschemata 17 - § 4. Die Matrix eines Relativs und deren Augen. Beispiele. Geometrische
Repräsentation. Die dreifachen Evidenzen 42 - § 5. Haushalt mit Klammern 68
- Dritte Vorlesung.
Die Sätze von allgemeinster Natur in der Algebra der binären Relative.
§ 6. Gesetze der Spezies, soweit nur allgemeine Relative in deren Ausdruck
eingehen. Dualismus und Konjugation 76 - § 7. Beweis jener Grundgesetze. Nebst einigen Hülfsschemata des Aus-
sagenkalkuls 101 - Vierte Vorlesung.
Einfachste Sätze von speziellerem Charakter in der Algebra der binären
Relative. Modulknüpfungen.
§ 8. Noch einige weitre Grundformeln. Die reduziblen primären Modul-
knüpfungen. Der Abacus vervollständigt. Produktdarstellung der
Relative 117 - § 9. Die 12 irreduziblen primären Modulknüpfungen und die 64 Diagonal-
abwandlungen eines allgemeinen Relativs 130 - § 10. Erste 6 „ausgezeichnete“ Relative 146
- Fünfte Vorlesung.
Das Auflösungsproblem in der Algebra der binären Relative.
§ 11. Gesamtaussage der Data eines Problems und allgemeinste Aufgabe 150 - § 12. Allgemeine und rigorose Lösungen 161
- § 13. Fortsetzung. Iterationen. Grenzwerte und Konvergenz. Potenz 178
- § 14. Beispiele einfachster Art. 192
- Sechste Vorlesung.
Die Parallelreihentransformationen und -Probleme.
§ 15. Die 256 Zeilenabwandlungen eines allgemeinen Relativs. Ebensoviele
Kolonnenabwandlungen. Einschlägige Sätze 201 - § 16. Die inversen Zeilen- oder Kolonnenprobleme 223
- Siebente Vorlesung.
- Seite
- Die elementaren Inversionsprobleme.
§ 17. Erste 4 Inversionsprobleme und -Theoreme 241 - § 18. Die 4 zweiten Inversionsprobleme nebst zugehörigen Theoremen 247
- § 19. Die 4 dritten Inversionsprobleme 256
- § 20. Vorübergehend „Transoperationen“ genannte Knüpfungen und deren
Inversionsprobleme. Quaderrelative 278 - Achte Vorlesung.
Die einfachsten Auflösungsprobleme der Theorie.
§ 21. Probleme, welche in zwei Buchstaben möglich sind. Erste Stufe der
Probleme in drei Buchstaben. Das allgemeinste Problem von univer-
saler Natur auf dieser Stufe. Solvirender Faktor 293 - § 22. Zweite Stufe der Auflösungsprobleme in drei Buchstaben. Ketten-
problem, Transitivität und anderes 321 - Neunte Vorlesung.
Die Theorie der Ketten.
§ 23. Dedekind’s Kettentheorie und der Schluss der vollständigen Induk-
tion. Vereinfachung jener 346 - § 24. Nebenstudien zur Kettentheorie 387
- Zehnte Vorlesung.
Individuen im ersten und zweiten Denkbereich. Die Theorie der uni-
nären Relative.
§ 25. Das Element als Einzeiler und der Einkolonner. Charakteristik und
Knüpfungsgesetze beider 405 - § 26. Das Einauge, dessen Charakteristik und Knüpfungen 424
- § 27. Sätze über Knüpfung mit den absoluten Moduln. Systeme, Klassen
oder absolute Terme als binäre und als uninäre Relative 443 - Elfte Vorlesung.
Studien über Elimination, Produktir- und Summiraufgaben.
§ 28. Eine Studie gemäss Peirce über Elimination 468 - § 29. Über von Peirce so genannte „Entwickelungsformeln“: Summationen
und Produktevaluationen. Zum Inversionsproblem 491 - Zwölfte Vorlesung.
Theorie der Abbildung. Ihre 15 Arten. Eindeutigkeit bei Zuord-
nungen und Gleichmächtigkeit von Systemen.
§ 30. Direkt sowie umgekehrt nie undeutige und nie mehrdeutige Zuord-
nung. Funktion, Argument und Substitution (Permutation) als Relative 553 - § 31. Dedekind’s ähnliche Abbildung eines Systems in ein anderes. Ähn-
liche oder gleichmächtige Systeme 596
[[VII]]
Berichtigungen zu Bd. 3, I.
- Seite 25, Zeile 5 v. u. ist zu sagen: identischen „oder absoluten“ Moduln.
- Seite 39 ist Z. 15 und 16 v. o. sowie Z. 10 und 9 v. u. zu tilgen: [die nicht chiff-
rirten beiden Schemata über ζ) und ϑ) sind falsch und durch κ) auf
S. 40 vertreten zu denken.] - Seite 61 ist Fig. 14 und 15 vertauscht.
- Seite 64, Zeile 16 v. o. wäre zuzufügen, dass statt excepting einfacher auch except
und eventuell exclusive of gesagt werden kann. - Seite 67, Zeile 17 v. o. wäre hinter „Konventionen“ im ersten Satz des dritten
Absatzes streng genommen einzuschalten: und den wenigen sog. Prin-
zipien der allgemeinen Logik, welche sich aber (wesentlich, wenn auch
nicht förmlich) als in jenen Konventionen schon mit enthalten ansehn
lassen. - Seite 91, Zeile 12 v. u. sollte unter Hinzufügung der kursiv gedruckten Worte
gesagt sein: Im letzten Falle, der jedoch bei Formeln mit lauter all-
gemeinen Relativen nicht vorzukommen scheint. —.
Kommen auch Moduln vor, so ist der Fall möglich, wie das Beispiel
von S. 125 zeigt:
.
Wir haben dann also in Wahrheit dreierlei Arten von Zweigespannen
zu unterscheiden: duale, sowie konjugirte, und solche, die wie 7) S. 91
beides zugleich sind. - Seite 127, Z. 6 v. o. statt des zweiten b lies b̄̆.
- Seite 131, Z. 8 v. o. st. Selbstrelativen l. individuellen Selbstrelativen.
- Seite 133, Z. 16 v. o. st. least lies greatest. [Man könnte auch highest im
Gegensatz zu lowest sagen.] - Seite 137, Z. 8 v. u. ebenso wie Seite 131, Z. 8 v. o.
- Seite 149, Z. 8 v. o. wäre hinzuzufügen, dass die Frage nur eine solche der
Form ist, indem mein Relativ 0 ɟ 0' ; (a ɟ 0), gleich 0 ɟ 0' (0 ɟ ă); 1 nach
einem späteren Satze 10) S. 444, mithin in ein Peirce’sches transformir-
bar ist. Im Hinblick auf den Satz am Schluss von S. 148 könnte man
sagen, dass es blos eine Art von ausgezeichneten Relativen gebe, indem
sich ja alle schon als 1 ; c ; 1 darstellen lassen. - Seite 173, dritter Absatz (Z. 11 bis 13 v. o.) sollte der Funktionsbuchstabe F
durchweg als ein neuer, F, gesetzt sein. - Seite 214, Z. 19 v. o. steht vor dem letzten γ eine 0 zu viel.
- Seite 227, Z. 12 v. u. bei 7) fehlt } hinter der letzten 1.
- Seite 255 unten sind die Formeln 26) falsch. Zur Richtigstellung der ersten wäre
das a rechts durch a(1 ; b) zu ersetzen, und entsprechend sind die
übrigen zu modifiziren, wonach die 26) aber nur als Umformungen von
8) gemäss spätern Satzes 9) S. 444 erscheinen.
Zudem ist in den zwei letzten Formeln ein Negationsstrich deplacirt,
sollten mithin die in 26) rechts gleich x gesetzten Ausdrücke heissen:
.
[VIII]Berichtigungen zu Bd. 3, I.
- Seite 274, Z. 18 v. u. streiche den Zusatz: — worin … ersetzbar.
- Seite 281, Z. 9 v. o. st. b l. c.
- Seite 306 untere Figur links statt g lies ḡ.
- Seite 321, Z. 16 v. o. st. Pluszeichen l. Piuzeichen.
- Seite 330, Z. 3 v. o. verbessere man von denjenigen u, die kein übergesetztes
Zeichen tragen, das zweite, fünfte und sechste in ū̆, zudem das letzte ū̆
in u. - ibid., Z. 5 v. o. verbessere das fünfte u in ū̆.
- Seite 338, Z. 7 v. o. st. Russel l. Russell.
- Seite 344, Z. 6 v. o. lies: x als Aliorelativ resp. Aliorelativnegat.
- Seite 366, Z. 18 v. u. st. welche l. die.
- Seite 383, Z. 7 v. o. füge hinzu: — cf. S. 366.
- Seite 389, Z. 8 v. u. st. Augabe l. Aufgabe.
- Seite 406, Z. 11 v. o. st. 0 l. 0'.
- Seite 418 empfiehlt sich zu 23) eine Vorverweisung auf 25) S. 502.
- Seite 438, Z. 2 v. o. sollte ein Gedankenstrich nebst Durchschuss folgen.
- Seite 440 könnten die Aussagensubsumtionen 30) auch als Äquivalenzen angesetzt
werden. - Seite 449, Z. 4 v. o. st. 5 l. 5.
- Seite 452 [Z. 12 v. u. st. sofern l. weil ja, und streiche Z. 11 v. u., besser:] ist
Z. 13 bis 11 v. u. zu ersetzen durch:
Ein Element von einem Element ist immer das erstere Element
selbst — cf. S. 412. - Seite 470, Z. 12 v. u. st. 10) l. 100).
- Seite 502, Z. 5 v. u. st. u l. a.
- Seite 509 sq. ist zu Aufg. 11 zu bemerken, dass wegen u = 1 u ; 1' ihre Lösung
sich schnellstens aus 6) S. 496 als Sonderfall ergibt. - Seite 520, Z. 9 v. o. st. des Faktors i lies ĭ.
- Seite 526, Z. 1 v. u. st. 1'l lies 1'k l.
- Seite 529, Z. 10 v. o. st. ci l. c(i).
- Seite 552, Z. 4 v. o. hinter Wurzeln schalte ein: (Radikale).
- Seite 554, Z. 14 v. o. st. h i l. h ĭ.
- ibidem, Z. 1 v. u. st. des letzten = lies ⋹.
- Seite 594, Z. 7 v. u. statt des zweiten A2 l. A3.
- Seite 620, Z. 20 v. u. st. „mehrzig“ l. „mehrig“.
Erste Vorlesung.
Zur Einführung.
§ 1. Plan. Der Operationskreis der Algebra der binären Relative.
α) Es ist eine grossartige Disziplin, reich an Ausdrucksmitteln
und mächtigen Schlussmethoden, fast überreich an Sätzen, wenn auch
von unvergleichlichem Ebenmaasse, in welche ich versuchen will den
Leser hiermit einzuführen.
Dürften auch ihre ersten Anfänge — mit Augustus De Morgan —
kaum über die Mitte dieses Jahrhunderts zurückreichen, so ist die
Literatur dieser Disziplin doch schon eine ziemlich umfangreiche, zudem
ihre Kenntnissnahme eigentümlich erschwert nicht nur durch ihr Zer-
streutsein in verschiedenen nicht leicht zugänglichen Schriftwerken,
sondern auch durch die Verschiedenartigkeit der — ich kann nur sagen:
„Hieroglyphen“systeme, deren sich die Urheber der Disziplin bedienten
und welche sogar bei ihrem Hauptförderer Charles S. Peirce zu-
weilen fast unvermittelt gewechselt haben. Ausser diesen beiden
Hauptschöpfern der Theorie dürfte dieselbe mittelbar den Arbeiten von
Herrn R. Dedekind am meisten Förderung verdanken, und liegt es
dem Verfasser ob, nun die Gesamtheit der bisherigen Leistungen zu
dem gegenwärtigen Stande der Disziplin gleichsam aufzurunden.
Bei der fast unermesslichen Mannigfaltigkeit der Richtungen, nach
welchen sich die Disziplin entwickelungsfähig zeigt, der Fülle ihrer
Anwendungsmöglichkeiten auf die verschiedensten Gebiete — zu denen
die Begriffe von „Endlichkeit“, „Anzahl“, „Funktion“ und „Substitution“
ebensowol gehören als wie z. B. die „menschlichen Verwandtschafts-
verhältnisse“ —, bei ihrer Doppelnatur als einer Algebra einerseits
und einer Entwickelungsform der Logik andrerseits, nämlich ihrer Aus-
gestaltung zur Logik der Beziehungen (und Beziehungsbegriffe, „Relative“)
überhaupt, scheint es unerlässlich — soll nicht die Übersicht leiden
und der Eindruck der Schönheit und Konsequenz des Ganzen verloren
Schröder, Algebra der Relative. 1
[2]Erste Vorlesung.
gehen — dass wir die verschiedenen Gesichtspunkte, unter welchen
unsre Theorie zu betrachten sein wird, thunlichst scharf von einander
getrennt halten.
Ich werde deshalb zunächst eine Seite der Theorie fast ausschliess-
lich bevorzugen, und zwar dieselbe lediglich als eine Algebra, einen
Kalkul aufbauen, der seine Gesetze aus einer geringen Anzahl bestimmt
formulirter fundamentaler Festsetzungen denknotwendig ableitet. Erst
wenn auf diesem Wege ein gewisser Grundstock geschaffen und ein
schon recht ansehnliches Kapital von absolut feststehenden Wahrheiten
— Thatsachen der Deduktion — gesichert ist, gedenke ich in sehr
viel spätern Vorlesungen auf die Fundamente der Disziplin zurück-
zukommen, um deren zuerst nur einfach hingestellte Festsetzungen
dann auch heuristisch zu motiviren und aus allgemein logischen Ge-
sichtspunkten reflektirend zu erörtern, insbesondre sie als den Zwecken
ebendieser Wissenschaft, der Logik, dienstbare nachzuweisen. Bis
dahin mögen logische Interpretationen von Ausdrücken oder Formeln
des Kalkuls höchstens nebenher in Form von Seitenblicken erfolgen,
bestimmt, das Interesse des Lesers zu wecken und denselben zu der
später systematisch zu erwerbenden Deutungskunst allmälig heran-
zuziehen.
Ebenso wird es zur Vereinfachung des Ganzen beitragen, wenn
wir dasjenige, was zur Sicherung des Anteils der andern Forscher an
den Errungenschaften der Theorie gesagt werden muss, und was zumeist
von literarhistorisch-kritischen Erörterungen unzertrennlich sein wird,
erst nachträglich in eignem Paragraphen zusammenstellen — die
Theorie selber thunlichst von allem Beiwerk entlastend.
Meine Bezeichnungsweisen schliessen sich sehr nahe an die von
Peirce in einer9c seiner Abhandlungen gebrauchten an, und werden
die Abweichungen späterhin gekennzeichnet und gerechtfertigt. Den
zahlreich zu verwendenden Suffixen zuliebe und um zugleich den Platz
frei zu halten für die „Exponenten“ von „Potenzen“, deren Begriff auch
in unsre Disziplin Eingang findet, musste vom vertikalen zu dem hori-
zontal übergesetzten Negationsstriche übergegangen werden. Zudem wird
sich Veranlassung ergeben, die beiden — wenn auch nicht bei Aus-
sagen — so doch bei binären Relativen (sowie solchen von noch
höhrer Ordnung) unterscheidend zu verwenden — ein Punkt auf den
wir noch zurückkommen.
Nach dem Gesagten gehe ich sogleich zu dem Versuche über:
β) Vorweg über den Operationskreis der relativen Logik einen kurzen
Überblick zu geben — den Operationskreis der arithmetischen Algebra
[3]§ 1. Operationskreis der Algebra der Relative.
zur Vergleichung heranziehend. Ich fasse dabei ausschliesslich den
weitaus wichtigsten Teil der ersteren: die
Algebra der binären Relative
(bei Peirce „dual relatives“ genannt) in’s Auge, welche den natur-
gemässen Ausgangspunkt der ganzen Theorie bildet. Ebendiese ist
bis jetzt allein auch einigen Ausbaues teilhaftig geworden und wird
auf sie die Wissenschaft, um damit für ihre vornehmsten Probleme
auszukommen, vielleicht sogar sich wesentlich beschränken dürfen.
Im identischen (Gebiete- oder Klassen-)Kalkul hatten wir uns mit
drei Rechnungsarten, „Spezies“ vertraut zu machen: mit der identischen
Multiplikation, der identischen Addition und der Negation. Von diesen
waren die beiden erstgenannten „knüpfende“ Operationen, die zu ihrer
Ausführung mindestens zwei Operanden (Terme) als gegeben voraus-
setzten; die letztgenannte eine „nicht-knüpfende“ Operation, welche
schon an einem Operanden (Term) vollziehbar. Die knüpfenden Ope-
rationen waren hier assoziative sowol als kommutative.
Denselben drei identischen Spezies begegnen wir auch in der Logik
der Relative wieder, woselbst sie in der That die erste Hauptstufe der
elementaren Operationen ausmachen. Zu diesen treten aber als zweite
Hauptstufe hier noch drei weitere Spezies hinzu: die drei „relativen“
Elementaroperationen, als da sind: die relative Multiplikation (oder
Komposition), die relative Addition und die Konversion; jene beiden
knüpfende und zwar assoziative aber (im allgemeinen) nicht kommu-
tative Operationen, diese eine nicht knüpfende Operation, die bereits
an einem Operanden vollziehbar.
Mit ihren sechs Spezies ist mithin die Logik der Relative, gegenüber
der allgemeinen Arithmetik mit ihren sieben algebraischen Operationen,
immer noch im Vorteil. Zugunsten der letztern kann allerdings geltend
gemacht werden, dass durch die bekannte Erweiterung des Zahlengebietes
zum Gebiet der gemeinen komplexen Zahlen es sich habe ermöglichen lassen,
die 7 Spezies der Algebra auf viere zu reduziren, nämlich auf Addition,
Multiplikation, Potenzirung und Logarithmirung — indem die Subtraktion
als eine Addition der entgegengesetzten Zahl, die Division als eine Multi-
plikation und die Radizirung als eine Potenzirung mit der reziproken Zahl
in Wegfall gekommen, drei von den vier inversen Operationen mithin in
den direkten aufgegangen seien.
Demgegenüber ist aber zu betonen, dass auch die 6 Spezies der
relativen Logik wesentlich sich auf viere (und zwar schon von vornherein)
reduziren, indem vermittelst der Negation die beiden Additionen zurück-
führbar sind auf die entsprechenden Multiplikationen (oder umgekehrt),
mithin, bei Verzicht auf die Symmetrie, diese auch durch jene könnten ent-
1*
[4]Erste Vorlesung.
behrlich gemacht werden. In der definitiven Anzahl der unentbehrlichen
Grundoperationen stehen somit beide Disziplinen auf gleicher Linie.
In ihrer durchgängigen Symmetrie aber besitzt die Algebra der
Relative einen ästhetischen Vorzug vor der Algebra der Zahlen. Ver-
fügt sie doch über zwei Prinzipien zur Vervielfältigung, Verdoppelung
ihrer Theoreme und tritt ein jeder ihrer allgemeinen Sätze mit drei
zumeist andern gekoppelt als eine Tetrade, ein Quadrupel, ein Gespann
von Sätzen (oder Formeln) auf, indem er mittelst Kontraposition,
beiderseitigem Negiren, einen ihm „dual entsprechenden“ Satz, das Paar
aber mittelst beiderseitigen Konvertirens, ein zweites dazu „konjugirtes“
Sätzepaar liefert, dessen Geltung von ihm mitbedingt und garan-
tirt wird.
γ) Wenn demnach der identische Kalkul als ein blosser Teil —
der elementarste — der relativen Logik erscheinen wird, die letztre
also als eine Erweiterung (spezielle Anwendungsweise und Fortsetzung)
des erstern sich darstellt, so bieten sich anscheinend zwei Möglich-
keiten dar, die Algebra der Relative zu begründen.
Die eine: im Anschluss an den bisherigen Lehrgang, bei welchem
wir vom Begriff der Subsumtion ausgegangen waren um gegen Ende
zu einer wissenschaftlichen Definition des Individuums zu gelangen.
Die andre: als die Möglichkeit einer selbständigen Begründung, als ein
Aufbau der ganzen Disziplin sozusagen auf einer tabula rasa.
Eine solche Begründung, die von der Betrachtung von „Elementen“
(oder Individuen) ihren Ausgang nimmt, hat Peirce gegeben, und
kann der Vergleich der damit geschaffenen ganz eigenartigen Grund-
lage der gesamten Logik mit ihren anderweitigen Fundirungen nur
lehrreich sein. Wir schliessen uns darum diesem letztern Lehrgange
an, zumal von da der erwähnte „Anschluss“ sehr leicht und rasch zu
gewinnen sein wird.
§ 2. Die Denkbereiche der verschiednen Ordnungen und ihre
Individuen.
Als gegeben, irgendwie begrifflich bestimmt, denken wir uns die
„Elemente“ oder Individuen
1) A, B, C, D, E, …
einer „gewöhnlichen“ Mannigfaltigkeit (vergl. Bd. 1, S. 342). Dieselben
sollen durchweg von einander und vom Nichts (von 0) verschieden geachtet
werden. Sie müssen unter sich verträglich (konsistent) sein, sodass
nicht etwa die Setzung eines von ihnen der Denkbarkeit eines andern
[5]§ 2. Denkbereich der ersten Ordnung.
vorbeugt, und sie müssen einander gegenseitig ausschliessen (unter
sich disjunkt sein), sodass auch keines der Elemente als eine Klasse
gedeutet werden dürfte, die ein andres von ihnen unter sich begreift.
Ich bemerke dieses, und noch einiges andre mehr, zum voraus, um
die Erwartung des Lesers angemessen zu dirigiren, nicht aber aus dem
Grunde, weil etwa schon auf diese letzteren Bemerkungen wesentliche
Schlüsse zu bauen wären. Auch wer diese Bemerkungen für ganz un-
genügend fundirt erachten wollte, der könnte sich doch nicht ablehnend
verhalten gegenüber der formalen Denknotwendigkeit, kraft welcher mit
den fundamentalen Festsetzungen des nächsten Paragraphen als deren Kon-
sequenz auch das ganze Gebäude unsrer Theorie gesichert sein wird.
Die Gesamtheit der gedachten Elemente stellen wir, indem wir
deren Namen mittelst Pluszeichen verbinden, als eine „identische
Summe“ (logical aggregate) dar und nennen sie den ursprünglichen oder
Denkbereich der ersten Ordnung: 11 (gelesen Eins hoch eins), sodass uns:
2)
gilt.
Der Denkbereich 11 soll mehr als ein Element enthalten. Diese
Voraussetzung ist zur Geltung fast aller Sätze der Theorie erforderlich.
Den Fall, wo der Denkbereich blos ein Element enthielte, wollen wir
„den Ausnahmefall“ nennen.
Bei manchen Formeln wird sogar, damit sie Geltung beanspruchen
können, es unerlässlich sein vorauszusetzen, dass der Denkbereich mehr
als zwei Elemente umfasse. Solche Formeln sollen durch einen ihrer
Chiffre beigesetzten Stern * gekennzeichnet werden.
Im übrigen kann die Menge der Elemente, welche unser Denk-
bereich zusammenfasst, eine „endliche“ (oder begrenzte) sein, indem
der Denkbereich besteht aus einer beliebig zu wählenden „Anzahl“ von
Elementen. Oder aber das System der Elemente ist ein „unendliches“
(unbegrenztes), wo dann von ihrer „Anzahl“ nicht gesprochen werden
kann. Im letzteren Falle mögen die Elemente entweder „diskrete“
sein, etwa ein sogenanntes „einfach unendliches“ System bildend, oder
auch nicht, d. h. sie dürfen ebensogut auch als „konkrete“ gedacht
werden, welche z. B. ein „Kontinuum“ ausfüllen, wie die Punkte einer
Linie, einer Fläche, eines Körpers, insbesondre einer Geraden, einer
Ebene oder des Raumes.
Auch diese Bemerkungen sind vorgreifende. Ist es doch eine der vor-
nehmsten Aufgaben der Theorie selbst, den Begriff der „Endlichkeit“ eines
Systems von Elementen erst aufzustellen, was eine Vorbedingung für die
Gewinnung des so hochwichtigen „Anzahl“-Begriffes bildet, desgleichen
sodann, die verschiedenen Arten von „Unendlichkeit“ unterscheidend zu
[6]Erste Vorlesung.
definiren! Um nicht in Fehlschlüsse zu verfallen wird der Leser aber gut
thun, die Möglichkeit auch der letzterwähnten Annahmen nicht aus dem
Auge zu verlieren.
Wir mögen nun zwar zur Illustration einen Denkbereich „bevor-
zugen“, der aus den sämtlichen Punkten einer Geraden (nämlich beider-
seits unbegrenzten geraden Linie) besteht (denen bekanntlich die reellen
Zahlen der Arithmetik ein-eindeutig entsprechen)
— oder auch blos aus einem Teile dieses Punktgebietes, wie etwa seiner
Hälfte: dem Strahle, welchem sich das Gebiet der positiven Realzahlen ein-
deutig zuordnen lässt — vielleicht auch blos aus der Reihe der den ganzen
Zahlen entsprechenden äquidistanten Punkte unsrer Geraden oder deren
positiver Hälfte. Immer aber wird dies unwesentlich bleiben müssen.
Es darf von vornherein in der Theorie nicht vorausgesetzt werden,
dass die Elemente in einer bestimmten Reihenfolge sich befinden oder
überhaupt in eine solche sich bringen liessen.
Nie wird a priori von „benachbarten“ Elementen, von den Vorgängern
oder Nachfolgern eines Elementes gesprochen werden dürfen — wie es denn
schon zu einem Punkte auf der geraden Linie (wenn sie auch etwa von
links nach rechts durchlaufen wird) keinen unmittelbar vorhergehenden und
keinen unmittelbar folgenden Punkt, keine unmittelbar benachbarten Punkte
gibt. Wie man Urteile fällen kann über alle Punkte, resp. über jeden
Punkt einer Fläche (z. B.) — um aus diesen Urteilen andre Urteile logisch
abzuleiten — ohne doch diesen Punkten damit irgendeine Reihenfolge zu-
zuschreiben, ebenso muss in der Theorie inbezug auf die Elemente unsres
Denkbereiches schliessend vorgegangen werden.
Die „Elemente“ brauchen auch nicht etwa gleichzeitig zu existiren;
sie dürften uns z. B. „Ereignisse“ aus Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft repräsentiren (koexistirende oder simultane, wie successive); es
genügt, dass sie zusammen gedacht werden können.
Zu Zwecken der Exemplifikation auf logischem Gebiete empfiehlt
sich oft die Deutung der Elemente als „Personen“ der menschlichen
Gesellschaft, Menschheit überhaupt.
Neben den grossen lateinischen Buchstaben, die uns bestimmte Ele-
mente vorzustellen haben, falls wir einzelne von diesen hervorzuheben
beabsichtigen, bedürfen wir auch noch einer Kategorie von Zeichen
zur Darstellung von oder als Namen für unbestimmte oder allgemeine
Elemente.
Dieses Bedürfniss tritt bereits zutage, macht sich geltend schon
bei dem ersten und einfachsten Akte — zu welchem wir jetzt schreiten
wollen — dem Akte: irgend zwei Elemente in eine Beziehung zu
einander zu setzen oder unter dem Gesichtspunkte einer solchen zu
[7]§ 2. Elemente, = Individuen des ersten Denkbereichs.
betrachten. Die Elemente, zwischen denen dergestalt — sagen wir: —
„ein Verhältniss“ konstatirt werden soll, können nämlich entweder ver-
schiedene, oder sie können auch die nämlichen, können „einerlei“ sein.
Der Gesichtspunkt, das „fundamentum relationis“ sei z. B. die Zu-
neigung, Liebe einer Person zu einer Person.
Wenn die Person A die Person B liebt, so wird unter diesem
Gesichtspunkt das Elementepaar „A : B“ in Betracht kommen. Wenn
etwa zugleich die Person B die Person A nicht liebt, so wird das
Elementepaar „B : A“ (welches demnach vom vorigen zu unterscheiden
ist) nicht in Betracht kommen.
Wenn die Person A sich selbst liebt, so wird als „Elementepaar“
auch „A : A“ in Betracht zu ziehen sein.
Schon diese beiden Fälle, der erste mit dem letzten, lassen sich —
bei Beschränkung auf den bisherigen Zeichenvorrat — nicht gemeinsam
erledigen oder abhandeln, und zwar aus dem Grunde, weil die An-
nahme: B = A, welche den letzten Fall unter den ersten subsumiren
würde, sich in Widerspruch befindet mit der eingeführten und unver-
brüchlich festzuhaltenden Voraussetzung A ≠ B. Zudem wird man so
doch immer nur am Beispiele kleben bleiben.
Wir bedürfen neuer Zeichen — und diese wählen wir vorderhand
ausschliesslich aus der Reihe der folgenden:
3) i, j, h, k, l, m, n, p, q
— um irgend eines der Elemente A, B, C, D, … unsres Denk-
bereiches 11 vorzustellen.
Heben wir jetzt ein Elementepaar i : j hervor, etwa wieder um
damit zu konstatiren, dass eine Person i eine Person j liebt, so wird
ebensogut die Annahme j = i als die Annahme j ≠ i zulässig bleiben,
und lassen sich alle Vorteile der Allgemeinheit für unsre Betrachtungen
sichern, in Verbindung mit den Vorteilen, welche die Einführung
knappster Zeichenschrift gewährt.
Also: während zwei verschiedene von den Buchstaben A, B, C, …
immer zwei verschiedene Elemente vorzustellen haben, sind zwei ver-
schiedene Buchstaben aus der Reihe i, j, h, … einer solchen Be-
schränkung nicht unterworfen. Dieser Gegensatz ist darin begründet,
dass während A, B, C, … uns als bestimmte sozusagen „spezifizirte“
Elemente gelten, die Symbole i, j, … vielmehr zu verwenden sein
werden als Repräsentanten, Stellvertreter von irgend welchen, von un-
bestimmt gelassenen oder „allgemeinen Elementen“. Jenen entsprechen
in der Arithmetik die numerischen, diesen die literalen oder Buch-
[8]Erste Vorlesung.
staben-Zahlen. Und wie die letztern sind sie gleichermassen unent-
behrlich und ermöglichen uns die Realisirung analoger Vorteile.
Die allgemeinen Elementsymbole i, j, h, k, … lassen insbesondre
auch als „Indizes“, „laufende Zeiger“, „Summations-“ und „Produktations-
variable“, sich verwenden, und werden zunächst sogar vorwiegend als
solche in Betracht kommen.
In der That können wir mit ihrer Beihülfe die Gleichung, welche
uns den Denkbereich 11 darstellte, jetzt konziser schreiben, wie folgt:
4) ,
wobei zur korrekten Auslegung, zur „Auswertung“ oder „Evaluation“
der Summe rechterhand nur erforderlich ist, dass man der Summations-
variablen i auferlege, jedes der Elemente A, B, C, … als seine Be-
deutung anzunehmen, oder — wie man sich ausdrückt — die Gesamt-
heit der Individuen des Denkbereiches 11 „zu durchlaufen“.
Dieser Prozess, der in unsrer Theorie mit jedem Ausdruck von der
Form Σi oder Σj, Σh, … von einem f (i, j, h, …) in Gedanken zu voll-
ziehen sein wird, ist wohl zu unterscheiden von dem Auslegungsverfahren
bei solchen Ausdrücken wie , wie sie im ersten und zweiten Bande
häufig vorkamen (und auch hier in modifizirter Bedeutung bald eine Rolle
spielen werden), wo nämlich die Summationsvariable u zu durchlaufen hatte
nicht blos alle Elemente, sondern alle erdenklichen Gebiete oder Klassen,
das ist alle Elementesummen aus dem vorliegenden Denkbereiche.
Also: jedem auf ein Symbol der Reihe 3) bezüglichen Summen-
zeichen wird (woferne nicht ausdrücklich anderes stipulirt ist) die vorhin
beschriebene „Erstreckung“ zuzuschreiben sein.
Der Denkbereich 11 bildet eine Mannigfaltigkeit, auf welche ohne
weitres der gesamte „identische Kalkul“ anwendbar sein würde. Doch
soll von dieser Thatsache bis zur Neubegründung des letztern hier
kein Gebrauch gemacht werden.
Jede (identische) Summe von Elementen dieses Denkbereiches 11
wird späterhin als ein „absoluter Term“, als ein „System“ (Gebiet) oder
auch eine „Klasse“ (class-term) schlechtweg zu bezeichnen sein.
Nunmehr können wir auch das oben am Beispiel Ausgeführte
allgemein statuiren:
Werden aus unserm Denkbereiche 11 irgend zwei Elemente i und j
in bestimmter Reihenfolge hervorgehoben und in dieser — gleichviel aus
welchem Beweggrunde, einerlei unter welchem Gesichtspunkte — zu
einem „Paare“ zusammengehalten, so mag das Ergebniss der Zu-
[9]§ 2. Elementepaare, = Individuen des zweiten Denkbereichs.
sammenstellung vermittelst eines Doppelpunktes dargestellt werden in
Gestalt von
5)
— gesprochen: i zu j.
Dies ist zunächst unverfänglich, weil der Doppelpunkt zwar in § 23
des Bd. 1 provisorisch zur Darstellung der identischen Division verwendet,
daselbst aber als definitiv entbehrlich nachgewiesen und dadurch zu andern
Zwecken verfügbar geworden ist.
Wenn unter dem Gesichtspunkte einer bestimmten von i zu j be-
stehenden Beziehung ein Elementepaar hervorgehoben und mit i : j in der-
selben Weise dargestellt wird, wie man in der Arithmetik ein (geometrisches)
Verhältniss darzustellen pflegt, so empfiehlt sich dies schon darum nicht
übel, weil in der Sprache des gemeinen Lebens die Worte „Beziehung“
und „Verhältniss“ ohnehin beinahe als synonyme gelten dürften. Zudem
werden mit der arithmetischen Gleichung (i : h) × (h : j) = i : j bei der
Lehre von der Zusammensetzung der Relative Analogieen zutage treten,
die unser dem Peirce’schen sich anschliessendes Vorgehen noch weiter
rechtfertigen.
An sich betrachtet hat zwar der Doppelpunkt — schon als Divisions-
zeichen, gleichwie auch das Minuszeichen — den Fehler, eine unsymmetrische
Knüpfung durch ein symmetrisches, nach rechts und links gleich aus-
schauendes Zeichen darzustellen. Dafür tröstet der Umstand, dass man
(demungeachtet) von der Arithmetik her doch schon gewöhnt ist, die
Knüpfung nicht als eine kommutative anzusehen.
Übrigens sei bemerkt, dass auch hier die Bezeichnung später entbehr-
lich gemacht werden kann, sobald mit ihrer Hülfe die Algebra der Relative
eine bestimmte Stufe der Entwickelung erreicht hat.
Wir nennen i : j ein „Elementepaar“, und zwar i den Antezedenten
(das Vorderglied) oder das Relat, j den Konsequenten (das Hinterglied)
oder das Korrelat desselben.
Nach dem Gesagten wird uns j : i als ein andres Elementepaar
wie i : j zu gelten haben, sobald j von i verschieden ist. Oder wir
mögen hinstellen:
6)
als gültig für alle i und j.
In diesen beiden Aussagenäquivalenzen sind vier Aussagensubsumtionen
enthalten, von welchen diese beiden:
als selbstverständlich, beziehungsweise durch unsre soeben getroffenen Ab-
machungen gegeben, anzusehen sind.
Aus ihnen ergeben sich die beiden andern, die umgekehrten Aussagen-
subsumtionen (kreuz- oder) wechselweise vermittelst Kontraposition.
[10]Erste Vorlesung.
Übrigens sei betont, dass auch diese Bemerkung nur zur vorläu-
figen Orientirung ausgesprochen ist, indem sich 6) als Theorem aus
den fundamentalen Festsetzungen des nächsten Paragraphen späterhin
beweisen lassen wird.
Dasselbe gilt von dem Ansatze:
7)
durch welchen wir zum Ausdruck bringen, dass uns jedes Elemente-
paar als von dem Nichts verschieden zu gelten habe.
Das Elementepaar j : i heisst „das konverse“ von dem Elemente-
paar i : j. Bei der Allgemeingültigkeit dieser Festsetzung wird es
auch gestattet sein in ihr die Namen i und j auszutauschen und muss
also auch das Elementepaar i : j das konverse sein von j : i. Die Be-
ziehung zwischen konversen Elementepaaren ist eine gegenseitige.
Es können nun alle erdenklichen Elementepaare, zu deren Bildung
unser Denkbereich 11 die Elemente liefert, zu einer Tafel, in ein Ta-
bleau zusammengestellt, geordnet werden (may be arrayed oder arranged
in a „block“):
8)
und sei bemerkt, dass wir diese „spezifizirten“ oder speziellen Ele-
mentepaare auch als
„individuelle binäre Relative“
hinzustellen oder zu bezeichnen haben werden, deren irgend eines
durch i : j allgemein repräsentirt werden kann.
Die Gesamtheit dieser individuellen binären Relative oder Elemente-
paare bildet einen neuen, einen eignen Denkbereich, den wir als den
„Denkbereich der zweiten Ordnung“ mittelst 12 (gesprochen: eins hoch
zwei) darstellen, sodass wir haben:
9)
— wo die Klammern um die Elementepaare auch weggelassen werden
könnten — oder in der durch das Summenzeichen ermöglichten Abkürzung:
10) .
[11]§ 2. Der Denkbereich der zweiten Ordnung.
Der Denkbereich 12 ist hiernach gebildet aus den sämtlichen „Varia-
tionen zur zweiten Klasse mit Wiederholungen“ von den Elementen des
Denkbereiches 11 — wie der Mathematiker sich ausdrücken würde; er ist
die zweite Klasse der genannten Variationen. Er enthält die Elemente
von 11 zu Paaren vereinigt in allen erdenklichen Verbindungen (Kombi-
nationen) und Anordnungen (Permutationen).
Als selbstverständlich erscheint es wieder (soll indess nicht we-
sentlich benutzt werden), dass auch dieser Denkbereich eine Mannig-
faltigkeit vorstellt, auf welche der identische Kalkul anwendbar ist.
In diesem Denkbereiche werden sich die Untersuchungen der Theorie
im vorliegenden Bande vornehmlich, ja fast ausschliesslich bewegen,
weshalb wir — den Exponenten 2 zumeist und namentlich in allen
Formeln (seltner im Texte) weglassend — denselben kürzer mit 1 selber
bezeichnen werden.
In einfachster Schreibung seien demnach die Gleichungen 9) und 10)
zusammenfassend wiederholt als:
11)
Ein individuelles binäres Relativ i : j steht in dieser Tafel allemal
in der durch i markirten Zeile und in der durch j markirten Kolonne
(oder Spalte) — wären die Elemente i, j die natürlichen Zahlen, so
könnten wir kürzer sagen: in der iten Zeile und in der jten Kolonne.
Obwohl, wie bereits erklärt, die Voraussetzung einer bestimmten
Reihenfolge oder Anordnung schon bei den Elementen des ersten,
nicht minder also auch bei den Elementepaaren des zweiten Denk-
bereichs den Schlüssen der Theorie nicht zugrunde gelegt werden darf,
wollen wir doch der Übersicht und der Bequemlichkeit der Ausdrucks-
weise zuliebe die vorstehenden Redensarten acceptiren:
Soll von solchen individuellen Relativen i : j, i : h, i : k, … ge-
sprochen werden, welche im Relate übereinstimmen, so werden wir
häufig sagen, dass sie aus derselben Horizontalreihe oder Zeile stammen,
und „die zu i gehörige Zeile“ der Tafel 12 selbst wird uns dann eben
einfach bedeuten: die Gesamtheit (identische Summe) aller der Elemente-
paare unsres zweiten Denkbereichs, welche i zum Relate haben.
Ebenso werden alle Elementepaare i : j, h : j, k : j, …, die im Korre-
late übereinstimmen, von uns der nämlichen Vertikalreihe oder Kolonne
zugewiesen. Und wir unterscheiden demgemäss in unsrer Tafel 12
[12]Erste Vorlesung.
„Reihen“ von Elementepaaren als parallele oder zu einander normale,
sowie als horizontale oder vertikale.
Fasst man die individuellen Elementepaare unsres Denkbereiches 12
in’s Auge, so wahrnimmt man solche von zweierlei Art, je nachdem
in i : j das i = j oder aber i ≠ j ist.
Im ersten Falle haben wir ein Elementepaar von der Form i : i.
Ein solches soll ein individuelles (binäres) „Selbstrelativ“ genannt
werden.
Falls dagegen i ≠ j ist, so heisse i : j ein individuelles (binäres)
„Aliorelativ“.
Ich übersetze hiemit einfach die von Peirce gegebnen Namen „self-
relative“ und „aliorelative“.
Es kann anstössig gefunden werden, dass „self-“ oder „Selbst-“ nicht,
wie die andern zur Zusammensetzung dieser Namen benutzten Wörter,
aus dem Lateinischen stammt. Wenn man nicht „Ipsirelativ“ sagen will,
so könnte man auch „Idemrelativ“ für unser „Selbstrelativ“ nehmen. Andre
Möglichkeiten wären die, zu sagen:
Autorelativ und Heterorelativ,
oder Idio(Homo-?)relativ „ Allorelativ
zur ersten Hälfte aus dem Griechischen, zur zweiten aus dem Lateinischen
genommen, desgleichen zur ersten Hälfte dem Deutschen entstammend:
Selbstrelativ und Anderrelativ
Eigenrelativ „ Fremdrelativ.
Auch schlug mir ein Kollege vor, für Relativ „Beziehnis(s)“ zu sagen.
Ich habe mich nach sorgfältiger Erwägung keinem dieser Vorschläge
anzubequemen vermocht. Dem letzten nicht, weil für die Wissenschaft
zur Deckung ihres Neubedarfs an Wörtern internationale Ausdrücke aus
toten, den klassischen Sprachen weitaus den Vorzug verdienen. Der Aus-
druck „Anderrelativ“ gibt zu unangenehmen Anklängen Veranlassung, wenn
neben den Anderrelativen von andern Relativen oder gar von andern
Anderrelativen gesprochen werden muss. Die übrigen Ausdrücke erscheinen
weniger zutreffend, decken wol den Begriff minder genau.
Obwol nun also „Selbstrelativ“ den erwähnten internationalen Rück-
sichten nicht ganz gerecht wird, will ich es beibehalten, den romanischen
Kulturvölkern es überlassend, sich ein Wort nach ihrem Geschmacke dafür
zu bilden; jenes erscheint mir als das beste und bezeichnendste wenigstens
für die germanische Sprachengruppe mit Einschluss der englischen Sprache.
In unsrer Tafel 12 stehen die individuellen Selbstrelative A : A,
B : B, etc. alle auf einer geraden Linie, welche von links oben nach
rechts unten diese Tafel mitten durchschneidet, und — gemäss einer in
der Lehre von den Determinanten und den Matrices geläufigen Übung —
als die „Hauptdiagonale“ der Tafel bezeichnet wird. Unter der Haupt-
diagonale von 12 verstehen wir also — analytisch gefasst, wenn man es
unabhängig von geometrischen Veranschaulichungen, die eine bestimmte
[13]§ 2. Binäre Relative.
Anordnung der Elementepaare auf einer Fläche vorauszusetzen scheinen,
aussprechen will — weiter nichts als: die Gesamtheit (identische Summe)
aller individuellen Selbstrelative aus unserm zweiten Denkbereiche.
Die individuellen Aliorelative liegen ausserhalb, stehen seitlich
von, oberhalb und unterhalb der Hauptdiagonale.
Jedes individuelle Selbstrelativ ist das konverse von sich selber. Zu
einander konverse individuelle Aliorelative stehen dagegen „symmetrisch“
zur Hauptdiagonale, sodass, wenn man diese letztere als spiegelnde
Linie ansieht, irgend eines der beiden das Spiegelbild sein müsste
vom andern.
Wenn wir sonach über die „individuellen binären Relative“ nun-
mehr Bescheid wissen, so drängt sich die Frage auf: was ist zu ver-
stehen unter einem „binären Relativ“ überhaupt?
Obwol dies systematisch erst im nächsten Paragraphen festgesetzt
werden soll, wollen wir die Antwort hier schon vorgreifend geben.
Darunter wird zu verstehen sein: eine identische Summe (ein Inbegriff)
von irgendwelchen individuellen binären Relativen.
Aus unserm Denkbereiche 12 können wir irgendwelche Elemente-
paare herausgreifen und sie — sei es kollektiv zu einem „Systeme
von Elementepaaren“, sei es generell zu einer „Klasse von Elemente-
paaren“ — mittelst identischer Addition vereinigen. Das Ergebniss
wird ein binäres Relativ (schlechtweg) zu nennen sein.
Der Gesichtspunkt, unter welchem wir solche Aushebung von
Elementepaaren vornehmlich vollziehen, wird allerdings der sein, dass
wir zu einer Klasse oder identischen Summe von Elementepaaren alle
diejenigen individuellen Relative i : j jeweils vereinigen, bei welchen
das Relat i zum Korrelat j in einer „Beziehung“ von bestimmter Art
steht, einer Beziehung, charakterisirt durch ein gewisses „fundamentum
relationis“, auf welches sich gerade das Interesse konzentrirt.
Gleichwie jedoch in der (weiteren) Umfangslogik der Klassen-
bildung keinerlei Schranken gesetzt waren, und die Individuen einer
Klasse nicht etwa, der Forderung der (engeren) Inhaltslogik entspre-
chend, dadurch zusammengehalten werden mussten, dass sie einen
regelrechten „Begriff“ konstituiren, so sollen auch hier die Aushebungs-
möglichkeiten für die zu einem binären Relativ zu vereinigenden
Elementepaare durch keinerlei Schranke eingeengt sein, und mag ein
Gesichtspunkt, wie der erwähnte, zumeist zwar maassgebend sein als
Beweggrund für deren Aushebung aus dem Denkbereiche 12, ohne dass
jedoch sein Vorhandensein eine unerlässliche Bedingung für diese
[14]Erste Vorlesung.
Aushebungen bildete, welche vielmehr (von vornherein) auch ganz
nach Willkür vollzogen werden können (um von da ab festgehalten
zu werden).
Eine Zusammenstellung von irgend drei Elementen i, j und h
aus unserm ursprünglichen Denkbereich 11, wenn dieselben in dieser
bestimmten Reihenfolge geschrieben werden, mag nun weiter ein
„Elementetripel“ oder „individuelles ternäres Relativ“ genannt und mit
12)
dargestellt werden.
Die Gesamtheit, identische Summe aller erdenklichen Elemente-
tripel bildet einen neuen Denkbereich, den wir als den „Denkbereich
der dritten Ordnung“ mit 13 bezeichnen, sodass uns gilt:
13) .
Spezifizirt könnten die Elementetripel übersichtlich nur in Gestalt
eines Blockes — etwa ein Buch füllend — angegeben werden, auf
dessen erster Seite die Elementepaare von 12 in 11) mit dahinter-
gesetztem „:A“ stünden, dessen zweite Seite (besser: Vorderseite des
zweiten Blattes) dieselben Elementepaare mit dahintergesetztem „:B“
enthielte, die dritte Seite (resp. drittes Blatt auf seiner Vorderseite)
ebenjene mit dahinter gesetztem „:C“ und so weiter, weshalb wir
auf deren spezifizirte Angabe hier verzichten.
Mathematisch gesprochen besteht der Denkbereich 13 aus der
„dritten Klasse der Variationen (oder permutirten Kombinationen)
mit Wiederholungen“ von den Elementen des ursprünglichen Denk-
bereiches 11.
Jenachdem in i : j : h alle drei Elemente einander gleich (d. h.
identisch, einerlei) sind, oder — was auf drei Arten möglich — nur
zweie derselben, oder endlich keines von ihnen mit einem andern zu-
sammenfällt, d. h. alle drei verschieden sind, hätten wir fünferlei
individuelle ternäre Relative zu unterscheiden, für welche bezüglich
die Beispiele:
14)
vorbildlich sind.
Eine identische Summe aus Elementetripeln, irgendwie hervor-
gehoben aus dem Denkbereiche 13, wird nun ein „ternäres Relativ“
zu nennen sein.
Indem alle individuellen ternären Relative als unter sich und vom
Nichts verschieden zu gelten haben, wird auch auf den Denkbereich
[15]§ 2. Denkbereiche von höherer Ordnung.
13 und die in ihm denkbaren ternären Relative mindestens zunächst
der identische Kalkul (als Gebiete- sowol wie als Klassenkalkul) an-
wendbar sein.
Und so weiter.
Es ist klar, wie man in dieser Weise fortfahren kann, auch alle
erdenklichen Quadrupel, Quintupel, Sextupel, … von Elementen des
Denkbereiches 11 zu einem Denkbereiche 14, 15, 16, … der vierten,
fünften, sechsten, … Ordnung vereinigend und in ihm den Begriff des
quaternären, quinären, senären, … Relativs aufstellend.
Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass auch die „absoluten Terme“,
„(Gebiete oder) Systeme“, „Klassen“ schlechtweg, das ist — wie ge-
sagt — die Summen, welche aus Elementen des ursprünglichen Denk-
bereiches 11 gebildet gedacht werden können, sich werden ansehen,
darstellen und bezeichnen lassen als „uninäre*)Relatice“ (bei Peirce
„simple relatives“) — wie denn in der That von vornherein nichts im
Wege steht, die Elemente i des Denkbereiches 11 auch „individuelle
uninäre Relative“ zu nennen.
Als obersten Einteilungsgrund für die Klassifikation aller erdenk-
lichen Relative haben wir dann also: die „Ordnung“ derselben. Wir
haben Relative der ersten, zweiten, dritten etc. Ordnung zu unter-
scheiden. Und es ist ein Relativ von bestimmter Ordnung weiter
nichts als die (identische) Summe von irgendwelchen „individuellen“
Relativen ebendieser Ordnung, während unter den „individuellen Re-
lativen“ einer bestimmten Ordnung zu verstehen sind: die „Variationen
(mit Wiederholungen) zur gleichen Klasse“ aus den Elementen des
ersten Denkbereiches. Letztere werden — bei den höheren Ordnungen
(die „Variationen zur ersten Klasse“ sind bekanntlich die Elemente
selbst) — symbolisch dargestellt, indem man die in bestimmter Reihen-
folge in sie eingehenden Elemente mittelst Doppelpunkten verknüpft.
Endlich aber soll im voraus darauf hingewiesen werden, dass die
Theorie der Relative die Möglichkeit schaffen und ein Verfahren auf-
stellen wird, um Ausdrücke, sowol als Relationen, Formeln oder Sätze,
[16]Erste Vorlesung.
von Relativen einer bestimmten Ordnung aus diesem ihrem gemein-
samen Denkbereiche umzudeuten in einen Denkbereich von andrer Ord-
nung. Nämlich, je nach Wunsch, entweder: sie „vorzudeuten“ in einen
Denkbereich von höherer Ordnung, indem alle den Ausdruck zusammen-
setzenden, resp. in die Relation oder Formel eingehenden, Relative der
gegebenen Ordnung gültig umgeschrieben (transformirt) werden in lauter
solche von dieser verlangten höheren Ordnung. Oder (sofern der
Denkbereich, dem die gegebenen Relative angehören, nicht schon von
der niedersten also ersten Ordnung ist) auch: sie „zurückzudeuten“ in
einen Denkbereieh von niedrerer Ordnung.
Bei der Zurückdeutung jedoch gehen gewisse Momente (Elemente)
unsrer Kenntniss über die Konstitution der betreffenden Relative ver-
loren, resp. sie werden ignorirt, es wird von ihnen abstrahirt, m. a. W.
es werden gewisse Teile unsres Wissens fallen gelassen, preisgegeben,
welche hernach bei einer etwa darauf folgenden Wieder-Vordeutung
nicht wieder gewonnen werden, sich nicht mehr restituiren, sodass
der durch eine Zurückdeutung herbeigeführte Verlust an Erkenntniss-
kapital ein dauernder bleibt — natürlich unbeschadet der Zulässigkeit
und Berechtigung des ganzen Prozesses.
Im richtigen Erfassen dieser Prozesse, in der angemessenen Inter-
pretation und Verwertung der für einen Denkbereich aufgestellten
Formeln für einen andern unsrer Denkbereiche, liegen wol die Haupt-
schwierigkeiten, denen das Verständniss unsrer Theorie begegnen mag
und welche behufs Erzielung solchen Verständnisses überkommen
werden müssen. Die Umdeutung aus dem zweiten in den ersten Denk-
bereich — sowie umgekehrt — wird hiefür vorbildlich sein.
Wir wollen deshalb an die Frage erst wieder herantreten, nach-
dem wir uns in diesen beiden Denkbereichen gründlich orientirt haben
werden, und gehn darum jetzt zur eingehenden Betrachtung des
zweiten Denkbereiches, 12, über, dem wir unsre Aufmerksamkeit auf
lange Zeit fast ausschliesslich zuwenden, d. h. wir beschränken unsre
Betrachtungen auf die Algebra und Logik, die Theorie
der binären Relative.
[[17]]
Zweite Vorlesung.
Die formalen Grundlagen, insbesondre zur Algebra der binären
Relative.
§ 3. Die 29 zu 31 fundamentalen Festsetzungen. Summendarstellung
der Relative. Aussagenschemata.
Wesentlich — wenn wir absehen von den Abkürzungen, die noch
durch Einführung der Summen- und Produktzeichen Σ, Π angestrebt
worden sind, sowie von den Übereinkünften behufs Klammern-Erspar-
niss und dergleichen Äusserlichkeiten oder Nebendingen mehr — be-
ruht die ganze Algebra der binären (und der uninären) Relative — ja
wenn man will: die gesamte Logik — auf nur 29 konventionellen Fest-
setzungen, die sich (ohne die allerdings dazu wünschenswerten Erläu-
terungen) bequem auf einer halben Druckseite übersichtlich würden
zusammenstellen lassen.
Gleichwie in den beiden früheren Bänden sehen wir auch hier
die durch das Zeichen ⋹ auszudrückende Beziehung der Einordnung,
Subsumtion als die fundamentale an, mittelst welcher (oder deren Ver-
neinung ⋹) alle übrigen Beziehungen erst ihre Erklärung finden
müssen. Und wir stellen darum an die Spitze als eine für alle Sym-
bole a, b unsrer Theorie maassgebende die Definition der Gleichheit (das
ist hier immer: Einerleiheit, Identität), welche wir in der — sogleich
nachher von neuem zu rechtfertigenden — Schreibweise des „Aus-
sagenkalkuls“ wie früher formuliren als:
(1) .
Die folgenden 14 (es geht schnell!) fundamentalen Festsetzungen
lauten:
(2)
(4)
| 1̅ = 0, | 0̅ = 1. |
[18]Zweite Vorlesung.
Nachdem wir hiermit schon über die Hälfte der formalen Grundlagen
unsrer Theorie statuirt haben, wollen wir in deren Aufzählung eine Pause
eintreten lassen um uns das Bisherige etwas näher anzusehen.
Für einen Wertbereich der aus nur zwei Symbolen 0 (identische
Null) und 1 (identische Eins) besteht, sind mit dem Vorstehenden voll-
ständig — obzwar in nuce — festgelegt: die Gesetze der Einordnung
und Nichteinordnung, der Gleichheit und der Ungleichheit, zudem eines
Kalkuls, der zu Grundrechnungsarten die „drei identischen Spezies“:
Multiplikation, Addition und Negation hat.
Die 4 Konventionen (2) setzen fest, welche von den in jenem
Wertbereich überhaupt denkbaren Subsumtionen gelten und welche
nicht gelten sollen. Dreien wird Geltung zugeschrieben, der vierten
abgesprochen.
Im Hinblick auf (1) wird sich daraus auch ableiten lassen, dass von
den 4 ebenda denkbaren Gleichungen diese beiden: 0 = 0 und 1 = 1, von
den 4 denkbaren Ungleichungen diese: 1 ≠ 0 und 0 ≠ 1 zu gelten haben.
Die 8 Konventionen (3) stellen den „Abacus“, das Einmaleins und
das Einspluseins für jenen auf die Symbole 0 und 1 restringirten
Wertbereich vor. Für diesen Wertbereich definiren sie vollständig
das Produkt a · b oder ab und die Summe a + b zweier Werte a und b
— wie immer letztere „allgemeinen“ Werte auch bestimmt, angenom-
men oder gedacht werden mögen innerhalb jenes Wertbereiches.
Das Einmaleins stimmt vollständig mit dem numerischen überein,
wie es etwa für das dyadische Zahlensystem lauten würde und als
ein Teil des weltläufigen dekadischen Einmaleinses ohnehin jedermann
geläufig ist.
Das Einspluseins zeigt nur die eine Abweichung von dem nume-
rischen Einspluseinse, dass hier 1 + 1 = 1 festgesetzt ist. Zur Mo-
tivirung dieser Abweichung wird vielleicht der Hinweis nicht über-
flüssig sein, dass, weil in unsrer Disziplin für „gleich“ nur gelten soll,
was identisch, einerlei ist, ein wiederholtes Setzen von „Gleichem“
nicht anders denkbar sein wird, denn in Form einer tautologischen und
darum belanglosen Wiederholung — vergleichbar der Bethätigung
jenes Kindes, welches seinem Freunde einunddasselbe, „das nämliche“
Objekt zu wiederholten malen schenkt. Gerade dieser Abweichung aber
wird unsre Disziplin ihre wundervolle Symmetrie hauptsächlich verdanken.
Die 2 Konventionen (4) definiren allgemein die Negation ā („a
strich“ oder „nicht-a“) für jeden Wert a jenes Bereiches.
Was die Anzahl unsrer Konventionen betrifft, so ist ja unverkennbar,
dass in unsrer Art, sie zu zählen etwas Willkürliches liegt. Man könnte
[19]§ 3. Formale Grundlagen. Abacus.
mittelst Anwendung von Buchstaben als allgemeiner Wertzeichen die Menge
der als selbständige hinzustellenden fundamentalen Konventionen noch
weiter verringern oder reduziren. So würden sich die erste und die dritte
Konvention (2) in die Formel a ⋹ a — unser früheres Prinzip I — zu-
sammenfassen lassen, und würden die 6 Festsetzungen der ersten Zeile
von (3) schon durch die viere a · 0 = 0 = 0 · a, a + 1 = 1 = 1 + a ersetz-
bar sein.
Ebensogut lassen aber auch die drei ersten Konventionen (2) in die
beiden sich zusammenziehen 0 ⋹ a ⋹ 1, die uns als „Def. (2)“ von Bd. 1
her wohlbekannt sind, und — noch besser — fassen sich schon alle 8 Kon-
ventionen (3) zu den 4 wohlbekannten Gesetzen zusammen: a · 0 = 0,
a + 1 = 1, a · 1 = a = a + 0.
Am wirksamsten dürfte aber zur Reduktion unsres Konventionen-
systems — sofern man solche überhaupt noch begehren mag — ein Ver-
fahren sich erweisen, welches darauf hinausliefe, die Begründungsweise des
identischen Kalkuls wie sie in Bd. 1 für eine viel umfassendere Mannig-
faltigkeit bereits gegeben worden, hier, für unsern so beschränkten Wert-
bereich 0, 1, im wesentlichen zu wiederholen. Insbesondre wären dabei die
8 Konventionen (3) durch die „Definitionen (3)“ in Bd. 1 S. 196 sq. von
Produkt und Summe, — statuirt in allgemeinen Wertzeichen a, b, c —
zu ersetzen, und aus diesen der Abacus — so wie Bd. 1 S. 271 sq. die
„Theoreme 21) und 22)“ — zu beweisen.
Unstreitig liesse sich also hinbringen, dass man für das Bisherige
auf eine geringere Zahl von selbständigen Festsetzungen blos sich zu be-
rufen brauchte.
Man könnte deren aber auch eine grössere Anzahl herausbringen
[statt 15 bis jetzt im Maximum 26]. Denn: auch darin lag etwas Will-
kürliches, dass wir Subsumtionen wie Gleichungen unterschiedlos als „Fest-
setzungen“ zählten, während doch kraft (1) jede Gleichung ein Paar von
Subsumtionen in sich schliesst.
Über die genaue Anzahl der als selbständige Konventionen ganz un-
umgänglichen Festsetzungen, welche die formale Grundlage für unsre ge-
samte Theorie zu bilden hätten, will ich daher mit niemand rechten.
Mit ihrer Aufzählung bezwecke ich blos, einen praktisch vorzüglich
brauchbaren Ausgangspunkt zu schaffen und eine vollkommene Übersicht
anzubahnen. Da bilden denn in der That die bisherigen 15 Daten jeden-
falls den Kern und spezifizirten Inhalt dessen, was ein damit äquivalentes
System von Konventionen allgemeinerer Form aussagen (in sich begreifen,
involviren) würde, welches etwa diese Data noch konziser zusammenzufassen
strebte — wie immer auch solches formulirt sein möge. Dieser Kern
erscheint hier in kunstloser Enumeration in’s Einzelne („detaillirt“) aus-
einander-gesetzt.
Von vornherein leuchtet ein, was auch die Folge bekräftigen
wird, dass unser Konventionensystem ein widerspruchsfreies ist, wie
denn überhaupt dieselben von vornherein als von einander unabhängige
erscheinen. Beide Überzeugungen sind aus der Wahrnehmung zu
schöpfen, dass jede einzelne von diesen Festsetzungen (1) bis (4) sozu-
2*
[20]Zweite Vorlesung.
sagen „ein neues Symbol“ definirt, welches in den vorhergehenden noch
niemals erwähnt war, sodass durch diese darüber auch nicht präjudi-
zirt sein konnte.
So — um mit dem Ende anzufangen: wenn erst ausgemacht worden,
was unter 1̅ zu verstehen sei, so ist damit noch offen gelassen, was wir
unter 0̅ verstehen wollen, und wie immer wir letzteres ausmachen wollen
(weil eben noch nichts darüber ausgemacht ist, sind wir auch zu nichts
verpflichtet), so wird die Abmachung weder in der oder den vorhergehenden
enthalten sein, noch mit ihnen in Widerspruch treten können.
Beim Abacus (3) — in dessen erster Zeile die Produkte resp. Summen
nicht sowohl einander als vielmehr dem letzten Symbole 0 resp. 1 jeweils
gleichgesetzt zu lesen sind — enthält jede der (so geschieden zu denkenden)
Gleichungen auch eine neue sonst überhaupt nicht vorkommende Knüpfung
zwischen 0 und 1. Und dass z. B. die Gleichung 1 + 1 = 1 nicht aus
den andern folgen kann, lässt schon die Exemplifikation auf das nume-
rische Einmaleins erkennen, wo zwar die andern Gleichungen ebenfalls
gelten, sie (allein) gleichwol nicht gilt. Dass sie auch nicht in Wider-
spruch mit den übrigen stehen kann, erscheint darum als selbstverständlich,
weil sie des bislang noch unerklärten Ausdrucks 1 + 1 erstmals und aus-
schliesslich Erwähnung thut, sodass über die demselben beizumessende Be-
deutung Entgegenstehendes unmöglich schon ausgemacht sein kann.
Die Konventionen (2) endlich enthalten unabhängig von einander die
Festsetzungen über die 0 resp. 1 als Subjekt (oder als Prädikat) zur
0 oder 1.
Hätten wir die 14 letzten Konventionen konziser, d. h. in eine gerin-
gere Zahl von — sonach allgemeineren — formalen Festsetzungen (unter
Gebrauch von Buchstaben) zusammengefasst, so würde diese Überzeugung
von der Unabhängigkeit und Widerspruchslosigkeit der fundamentalen Kon-
ventionen minder bequem und leicht zu gewinnen gewesen sein — was
uns nicht zum wenigsten veranlasste, der obigen Form ihrer Statuirung
den Vorzug zu geben.
Wie schon angedeutet bilden nun die bisherigen 15 Festsetzungen
die Basis, ausreichende Grundlage einer Buchstabenrechnung, eines
„Kalkuls“, in welchem von jedem „allgemeinen Wertsymbole“ oder
Buchstaben — wie a, b, c … — zu unterstellen ist, dass er irgend
einen der beiden Werte 0 und 1 repräsentire.
Die formalen Gesetze, Sätze und Formeln dieser Buchstabenrech-
nung sind keine andern als die des „Aussagenkalkuls“, jenes (noch
formelreicheren) Unterfalles des „identischen Kalkuls“, den wir in Bd. 1
und 2 näher kennen gelernt haben.
Was wir dem Leser nunmehr zumuten müssen ist: dass er sich
hiervon gründlich überzeuge, d. h. zum wenigsten, nachsehe, dass die
l. c. zur Grundlage jener Kalkuln genommenen Definitionen und Prin-
[21]§ 3. Zu den fundamentalen Festsetzungen.
zipien sich auch aus unsern 15 Festsetzungen ergeben, womit dann
auch deren sämtliche Konsequenzen durch ebensie verbürgt sein werden.
Dies mag ganz kunstlos geschehen in der Form einer blossen
Verifikation jener Grundlagen aus dem Abacus, aus unsern Fest-
setzungen.
Da für jeden Buchstaben nur die beiden Fälle zu unterscheiden
sind, wo er 0 und wo er 1 bedeutet, so werden bei einer Formel, in
der blos 1, 2 oder 3 Buchstaben vorkommen, auch nur 2, 22 = 4 resp.
23 = 8 Einsetzungen (von Wertsystemen 0 oder 1 für die Buchstaben)
zu vollziehen sein, um dieselbe für alle erdenklichen Fälle zu bewahrheiten.
Beispielsweise können so das „Prinzip II“ des Bd. 1: (a ⋹ b)(b ⋹ c)
⋹ (a ⋹ c), die Definitionen (3) daselbst: (c ⋹ a)(c ⋹ b) = (c ⋹ ab), etc.,
das Assoziationsgesetz, und das volle Distributionsgesetz a(b + c) = ab + ac
mit Leichtigkeit als kraft unsrer 15 Festsetzungen gültige nachgewiesen
werden.
Mehr wie drei Buchstaben kamen in den zur formalen Grundlage des
Aussagenkalkuls seinerzeit genommenen „Definitionen“ und „Prinzipien“
überhaupt nicht vor.
In gleicher Weise könnte man sich aber natürlich auch jedes kom-
plizirtere Theorem, jeden Folgesatz des Aussagenkalkuls, den wir aus jenen
formalen Grundlagen in der Theorie desselben deduzirten, unmittelbar
verifizirt denken und aufgrund unsrer 15 Festsetzungen ihn nötigenfalls
verifiziren.
Wir dürfen hienach nun mit einem Schlage die volle Vertrautheit
mit dem gesamten Formalismus des Aussagenkalkuls (implicite damit
zugleich also auch des identischen Kalkuls) beim Leser voraussetzen.
Und es erscheint mit dem Vorstehenden die wichtige Thatsache
gesichert: dass es uns jederzeit freistehen wird, die 1 als eine „wahre“,
die 0 als eine „falsche“ Aussage zu interpretiren — wo dann alle
wahren Aussagen als einander gleich („äquivalent“) zu gelten haben
werden, und ebenso alle falschen Aussagen — wofern wir zugleich
die Subsumtion zwischen Aussagen, sowie die Aussagennegation, das
Aussagenprodukt und die Aussagensumme, in der üblichen Weise
deuten.
Mit dieser Bemerkung ist den Verwendungen, die wir mit den-
selben Wertsymbolen 0 und 1 im Wertbereich der Relative noch be-
absichtigen, in keiner Weise vorgegriffen.
Der Studirende aber bleibe sich bewusst und halte fortgesetzt
sein Augenmerk darauf gerichtet, dass wenn nunmehr aus den ferner
hinzutretenden Festsetzungen werden Schlüsse, Folgerungen gezogen
werden, dieses Folgern stets nach den Gesetzen ebenjenes Aussagen-
kalkuls vor sich geht, dessen Grundlage die bisherigen Festsetzungen
[22]Zweite Vorlesung.
bilden, und welche keine andern sind als die der allgemeinen Logik
— auch der traditionellen, jedoch in ihrer knappsten und strengsten
Fassung.
Die vierte Konvention (2) formulirt zwar für Aussagen den Gegen-
satz von „wahr“ und „falsch“, bringt ihn als einen solchen auf die
knappste Weise zum Ausdruck. Bei Relativen jedoch wird dieselbe
erst dann eine wesentliche Rolle spielen, wenn partikulare Urteile in
Betracht gezogen werden, und kann man zuvor derselben längere Zeit
entraten.
Eine fernere Gruppe von — 7 — fundamentalen Festsetzungen ist
dazu bestimmt, das allgemeine „binäre Relativ“ und gewisse spezielle
Relative eben dieser (der zweiten) Ordnung zu definiren.
Mit diesen Konventionen treten wir eigentlich erst in die Algebra
„der Relative“ ein, sintemal die vorhergehenden noch den elementareren
Zweigen unsrer Disziplin der exakten Logik angehörten.
Die auch verbal zu gebenden Definitionen wollen wir alsbald mittelst
Ansatzes von Gleichungen formuliren. Die Gleichung involvirt zwei Sub-
sumtionen und setzt nach dem bei Konvention (1) aufgestellten Ideale
zum vollen Verständniss ihrer Tragweite eigentlich voraus, dass man schon
wisse, was eine Subsumtion zwischen zwei binären Relativen bedeute. Das
hinwiederum lässt sich nicht (gut) sagen, bevor man weiss, was unter
einem binären Relativ selbst zu verstehen ist. Wir wollen oder müssen
demnach die Frage nach dem Sinn einer Subsumtion zwischen Relativen
a und b vorläufig (bis an’s Ende der Aufzählung) zurückstellen und den
Begriff der Gleichheit, Identität — so, wie es überhaupt beim „Definiren“
üblich — hiernächst als den ursprünglichern gelten lassen. Ich möchte
sagen: „aus didaktischen Gründen“ doch mag man — worauf wenig Ge-
wicht zu legen sein dürfte — über das Zutreffende dieser Bezeichnung
verschiedener Meinung sein.
„Binäres Relativ“ nennen wir eine Summe von Elementepaaren,
hervorgehoben aus dem Denkbereich 12 — und zwar von keinen, von
irgendwelchen, oder auch von allen.
Als die allgemeine Form irgendeines binären Relativs a lässt sich
demnach hinstellen der Ausdruck:
(5)
— wo in der Summe Σi j die Indizes i und j unabhängig von einander
alle Elemente aus dem Denkbereiche 11 (als ihre Bedeutung oder
„Werte“) zu durchlaufen haben — sofern man nur die „Koeffizienten“
ai j (gesprochen: a tief ij), mit welchen die Elementepaare i : j (als
die zugehörigen „Konstituenten“) behaftet oder „multiplizirt“ erscheinen,
[23]§ 3. Summendarstellung der Relative.
auf den Bereich der beiden Werte 1 und 0 beschränkt, was die Formel
ausdrücken würde:
(5α)
und erstern Koeffizientenwert mittelst der Festsetzung
(5β)
das Vorhandensein von i : j als Glied der Summe garantiren, letzteren
Koeffizientenwert mittelst der [Festsetzung]
(5γ)
den Ausfall des Elementepaares i : j als eines Gliedes der Summe be-
wirken lässt.
Die „Relativkoeffizienten“, kenntlich an dem Suffixe, mit welchem
sie stets (in der Regel in Form eines doppelten Index) behaftet sind,
werden demnach den Gesetzen des reinen Aussagenkalkuls unterliegen.
Die Operationen und Knüpfungen welche an, mit oder zwischen
ihnen zu vollziehen sein werden, sind mit unsern ersten 15 Fest-
setzungen bereits vollständig erklärt und nach ihren Gesetzen geregelt.
Andre als die drei identischen Spezies (können und) werden nicht be-
züglich ihrer in Betracht kommen.
Mit einfachen Buchstaben des kleinen lateinischen Alphabets, d. h.
mit solchen ohne Suffix, werden wir — im Gegensatz hierzu — fortan
immer binäre Relative darstellen; sogar mit jenen, die wir bereits für
die Darstellung der Indizes uns reservirt haben, und unbeschadet dieser
ihrer Verwendung, was allerdings noch näherer Erläuterung bedarf,
die später (nach und nach) wird gegeben werden.
Der Gleichung (5) für sich allein würde, wegen der ursprünglichen
Unerklärtheit der Koeffizienten ai j und von deren Wirkung, die Ver-
ständlichkeit noch abgehen, woferne man sie nicht in Verbindung mit
ihren verbalen Zusätzen oder Zusatzformeln nähme, welche — cf. (5α) —
jeden dieser Koeffizienten auf einen der beiden Werte 0 und 1 ver-
weisen, und die Wirkung solchen Faktors 1 oder 0 auf einen Kon-
stituenten mittelst (5β) und (5γ) erläutern. Rationeller Weise kann
man deshalb die vier Ansätze (5), (5α), (5β) und (5γ) doch nur als
„eine Festsetzung“ hinstellen, und zwar jene (5) nicht blos als Formel
betrachtet, sondern in Verbindung mit dem Worttexte genommen.
Namentlich ist hierbei unsre [nur der Übersicht zuliebe ebenfalls in
Formeln gesetzte] Erläuterung (5γ) eigentlich in der verbalen Fassung der
Theorie zugrunde gelegt zu denken, wonach für den Fall, wo ein Koeffi-
zient den Wert 0 besitzt, einfach der Ausfall des zugehörigen Konstitu-
[24]Zweite Vorlesung.
enten i : j als eines Gliedes der a zu nennenden Summe gefordert wird —
ansonst wir streng genommen genötigt sein würden auch noch den Satz
a + 0 = a für Relative a von vornherein zu postuliren, und zu dem kleinen
(übrigens in der That nicht sehr bedenklichen) Zirkel kämen, dass dieses
vorweg als eine Konvention stipulirte Postulat sich später doch aus den
noch hinzutretenden Konventionen beweisen lassen würde.
Einmal gesagt muss auch noch sein, dass bei mehrfachen Indizes,
wie ij, ijh, …, sei es im Suffixe von Σ oder Π Zeichen, sei es im
Suffixe eines Relativ-Symbols, wie a, ā, a + b, etc., die Elementbuchstaben
eigentlich durch Kommata getrennt zu denken sind — was wir ausdrück-
lich zu thun blos der Druck- und Raumersparniss halber unterlassen: im
Suffixe ist i j stets als Repräsentant von i,j und nicht etwa als „Produkt“
von i und j (welches ja allerdings korrekt mit i j darzustellen wäre) auf-
zufassen!
Da die Bezeichnung der Summationsvariabeln von vornherein
gleichgültig ist, nämlich dazu uns jeder nicht schon anderweitig ver-
gebene Name zur Verfügung steht, so konnten wir natürlich (5) auch
schreiben:
,
und zu solcher Abänderung der Indizesbenennung müssten wir behufs
Anwendung des Schema’s (5) jedenfalls schreiten in solchen Fällen,
wo etwa einer der Namen i und j (vielleicht zur Darstellung eines be-
stimmten Elementes) bereits anderweitig vergeben, nicht mehr dispo-
nibel wäre.
Für a kann aber auch b oder c, und so weiter, in (5) durchweg
gesetzt werden, kurzum ein jedes Symbol, sei es einfach oder zusammen-
gesetzt, welches uns ein binäres Relativ vorzustellen bestimmt ist oder
das wir unter die binären Relative aufnehmen. Die Konvention (5)
sollte als eine allgemeine hingestellt sein und das „Schema“ für alle
binären Relative abgeben.
Soferne also in den nachstehenden Gleichungen die Symbole linker-
hand uns als binäre Relative zu gelten haben werden, ist implicite mit
(5) zugleich schon folgendes festgesetzt:
— was zur Erleichterung des Verständnisses von allem Nachfolgenden
hiermit ausdrücklich statuirt sei. —
[25]§ 3. Moduln, Element und Elementepaar als binäre Relative.
Weiss man für einen bestimmten Denkbereich zu jedem erdenk-
lichen Suffix ij, welcher Wert dem Koeffizienten ai j eines binären
Relatives a zukommt, nämlich ob derselbe = 0 oder ob er = 1 (für
ebendies gedachte Suffix ij) ist, so weiss man auch, welche Elemente-
paare in die Summe a ausschliesslich eingehen, man kennt die Art,
wie das binäre Relativ a sich aus individuellen binären Relativen des
Denkbereiches 12 zusammensetzt, m. a. W. man kennt das binäre
Relativ a selbst.
Ein Relativ kann durch die Angabe seiner sämtlichen Koeffizienten,
nämlich der Werte, die diesen zukommen, „bestimmt“, ausreichend be-
schrieben, bekannt gegeben werden. Zur Determination, völligen Be-
stimmung eines binären Relativs, m. a. W. zur „Definition“ eines spe-
ziellen binären Relativs genügt es und ist es im Hinblick auf (5) nur
mehr erforderlich, festzusetzen welche Werte seine Koeffizienten haben
sollen. Die Beschreibung, Spezifikation des Relativs reduzirt sich
fortan auf die Angabe, Spezifizirung seiner Koeffizienten.
Hienach ist klar, dass durch die folgenden 6 Festsetzungen
(6)
| 1i j = 1 | 0i j = 0 |
(7)
| 1'i j = (i = j) | 0'i j = (i ≠ j) |
— oder, besser auseinandergelegt
(7) und
(8)
(9)
— welche für jedes Suffix i, j, beziehungsweise — bei (8) und (9) —
h, k getroffen zu denken sind — die Symbole 1, 0, 1', 0' und i sowie
i : j (auch) als „binäre Relative“ ihre Erklärung gefunden haben
werden.
Diese Festsetzungen bilden mit (5) zusammen die „zweite“ Gruppe
der fundamentalen Konventionen, und sehen wir uns dieselben zunächst
etwas näher an.
Die Symbole 1 und 0 sollen, wenn als Relative gedeutet, die beiden
identischen Moduln genannt werden.
Durch die erste Konvention (6) ist der identische Modul 1 (Eins)
zu einem binären Relativ gestempelt, welches mit dem Denkbereiche 12
zusammenfällt.
Er ist das Universum, die Vollsumme, das Totum oder Ganze des
[26]Zweite Vorlesung.
Denkbereichs, die Summe von allen seinen Individuen oder Elemente-
paaren.
Die zweite Konvention (6) stempelt den identischen Modul 0 (Null)
zu einem völlig leeren Relative, zu einem solchen nämlich, welches
gar kein Elementepaar unsres Denkbereiches 12 (und auch sonst nichts)
enthält.
Wir haben kraft (6) mit Rücksicht auf (5), (5β) und (5γ):
| 1 = Σi ji : j | 0 = |
wo die letzte Gleichung, obwohl als rechte Seite derselben nichts zu
sehen ist, dennoch als eine vollständige Gleichung anzusehen wäre.
Rechte Seite ist hier eine Summe, deren sämtliche Glieder „ausfallen“,
d. h. in der That buchstäblich: „Nichts“. Um die Verwechselung mit
einer unfertigen Gleichung, deren rechte Seite erst noch herzustellen
wäre, zu vermeiden, muss in solchen Fällen, wo alle Glieder auf einer
Seite ausfallen, inskünftige stets das Symbol 0 eintreten.
Die identischen Moduln repräsentiren die äussersten oder Grenz-
fälle, die beiden Extreme unter den denkbaren binären Relativen. Kein
Relativ (innerhalb 12) kann mehr individuelle binäre Relative oder
Elementepaare enthalten als der Modul 1, keines kann deren weniger
enthalten als der Modul 0, und man könnte darum auch 1 als das
„Maximalrelativ“, 0 als das „Minimalrelativ“ hinstellen. Auf die Zu-
lässigkeit dieser Grenzfälle musste schon bei der allgemeinen Definition
eines binären Relativs hingewiesen werden
Ausser diesen beiden „identischen“ Moduln treten aber noch zwei
spezielle (binäre) Relative in der Theorie hervor, die sich durch die
beiden Konventionen (7) definirt finden, nämlich die beiden „relativen
Moduln“ 1' und 0' — gesprochen etwa: Einsap und Nullap (als Ab-
kürzung von „Eins-Apostroph“ etc.).
Wir haben für sie kraft (5) die Darstellungen:
| 1' = Σi j(i = j)(i : j) = Σi(i : i) | 0' = Σi j(i ≠ j)(i : j). |
Ist nämlich — links vom Mittelstriche — j ≠ i, so ist der Aussagen-
faktor (i = j) gleich 0 und fällt allemal das Glied i : j in der Summe aus.
Ist dagegen j = i, so hat der Aussagenfaktor (i = j) den Wert 1, und ist
das Glied i : j in der Summe vertreten. Dann aber dürfen wir für das j,
welches einerlei mit i, auch den Namen i verwenden, wonach die vorhan-
denen Glieder sich in der Form i : i darstellen werden, und diese sind nun
einfach für jedes i gebildet zu denken.
Das heisst nun: 1' ist die Summe „das Universum, der Bereich“
aller individuellen Selbstrelative des Denkbereichs 12, 0' ist die Summe
[27]§ 3. Relativkoeffizienten.
aller individuellen Aliorelative jenes Denkbereiches, bildet „das Univer-
sum der Aliorelative“ (vergl. § 9).
Unsre Theorie der binären Relative kennt sonach vier „Moduln“,
1, 0, 1', 0', deren Benennung als solche sich bald noch genauer moti-
viren lassen wird. —
Bevor wir in die Besprechung der Konvention (8) eintreten, sei
vorgreifend und als für die Algebra der Relative unwesentlich, dagegen
für die Logik der Relative, für ihre Interpretation und Anwendung
fundamental — somit hauptsächlich im Interesse der Anwendungen,
die wir zur Illustration schon in die Algebra einzuflechten beabsich-
tigen — das folgende bemerkt.
Die Relativkoeffizienten, welche wie betont dem Aussagenkalkul
unterliegen, werden sich jederzeit auch als Aussagen deuten, inter-
pretiren lassen, und zwar wird man lesen können:
.
Der Name a des binären Relativs gibt sich hienach als ein „relativer
Name“ zu erkennen (vergl. Bd. 1, S. 76 sq.) äquivalent mit: „ein a
von-“, wie „ein Liebender von-, Bild von-, Wirkung von-, Vater
von-“ etc., als ein Name, der zu seiner Vervollständigung noch der
Anfügung eines Korrelates bedarf. Dieselben Namen können aber auch
als „absolute“ gebraucht werden, indem man sprechen kann von „Lieben-
den, Bildern, Wirkungen, Vätern“ etc. — ohne Anfügung von Korrelaten.
Die wesentlich von Peirce aufgestellte Festsetzung (8) — der
ich nur diese ihre konziseste Fassung dortselbst gegeben — bildet nun
die Grundlage für den Übergang von jener Verwendungsweise der
Namen als relativer zu dieser, ihrer Verwendungsweise als absoluter
Namen, und umgekehrt.
Sie lehrt nämlich zunächst: irgendein Individuum oder Element i
des Denkbereichs 11 als ein binäres Relativ zu betrachten und darzu-
stellen. Und darnach wird sich denn späterhin von selbst ergeben,
auf welche Weise überhaupt ein „absoluter Term“ — nämlich ein
„System“ oder eine „Klasse“ als die identische Summe von Elementen,
Individuen i des Denkbereichs 11 — jederzeit darzustellen ist als ein
binäres Relativ; sowie umgekehrt: wie binäre Relative zu interpretiren
sind im ursprünglichen Denkbereiche, m. a. W. wie sie aus 12 in 11
zurückzudeuten sein werden.
Ich stehe nicht an, die Aufstellung dieser Konvention (8), so un-
scheinbar sie ist, für die höchste und belangreichste Leistung in der
ganzen Theorie zu erklären. Doch wird der Studirende in das volle
[28]Zweite Vorlesung.
Verständniss ihrer Tragweite, in ihre angemessene Handhabung und
Verwertung nur allmälig hereinzuwachsen in der Lage sein.
Für die Darstellung von i werden wir kraft (8) und (5) haben:
,
das heisst: i ist hingestellt als die Summe aller der Elementepaare,
welche i zum Relate haben; es umfasst das Relativ i gerade die Glieder,
welche in der Tafel 12in der mit dem Element i markirten Zeile stehen.
Die Algebra der binären Relative kann aber schon auf eine hohe
Stufe der Entwickelung gebracht werden, ohne dass jemals von der
Konvention (8) Gebrauch zu machen wäre. Es mag deshalb für den
Leser der Rat am Platze sein, für den ersten und allgemeinsten Teil
der Theorie diese Konvention vorderhand zu ignoriren; andernfalles
würden ihm wol Schwierigkeiten des Verständnisses in den Weg treten —
Einwürfe, die ihn irre machen, können sich aufdrängen, die er dann
selbständig und ohne Führer zu überkommen resp. zu entkräften hätte,
während wir im Systeme unsrer Theorie erst später daran kommen,
sie doch mit Leichtigkeit — weil systematisch — zu beseitigen. In
der vollständigen Aufzählung der formalen Grundlagen musste diese
Konvention (8) gleichwol ihre Stelle finden.
Die Konvention (9) läuft, nach den vorhergehenden: (7) links,
(5), und (3) links, wesentlich hinaus auf die Anerkennung der Gleichung
.
Sie lässt nämlich erkennen, dass der allgemeine Koeffizient
eines mit i : j zu bezeichnenden binären Relativs nur dann nicht ver-
schwindet, wenn die beiden Gleichungen h = i und k = j gleichzeitig
den Wahrheitswert 1 haben — wonach denn in der sechsten Doppel-
summe unsres „Korollars zu (5)“ nur das Elementepaar h : k nicht
ausfallen, stehen bleiben wird, bei welchem h = i und k = j bedeutet.
Mit andern Worten garantirt uns die Konvention (9) die Zulässig-
keit des Elementepaares i : j selbst als einer („eingliedrigen, mono-
mischen“) Summe von Elementepaaren; sie reiht die Elementepaare
förmlich ein unter die „binären Relative“ und gibt uns nachträglich
und ausdrücklich Indemnität dafür, dass wir uns vorweg die Freiheit
genommen, diese Elementepaare auch als „individuelle binäre Relative“
hinzustellen oder zu bezeichnen.
Gemäss einer bei Summen, Polynomen, Aggregaten der arithmetischen
Analysis längst eingebürgerten Gepflogenheit mochte wol die Erklärung des
[29]§ 3. Die fundamentalen Festsetzungen über die 6 Spezies.
binären Relativs, wie sie verbal unter (5) gegeben ist, von vornherein einer
so weiten Auffassung begegnen, dass man sich bei (9) — ähnlich wie auch
schon bei (6) — geneigt fühlen wird zu behaupten, diese Konventionen
seien als ausdrückliche gar nicht mehr erforderlich, vielmehr als Selbst-
verständlichkeiten bereits mit dem Übrigen gegeben. Ich will darüber mit
niemand rechten. Der deutlichen und bequemen Bezugnahme halber em-
pfiehlt es sich jedenfalls, beim Chiffriren der fundamentalen Konventionen
liberal, freigebig zuwerke zu gehn und lieber eine zuviel als eine zuwenig
aufzuführen.
Auch von der Konvention (9) wird die Theorie imstande sein lange
Zeit keinen wesentlichen Gebrauch zu machen.
Eine dritte Gruppe von — 6 — fundamentalen Festsetzungen
definirt diejenigen binären Relative, welche aus gegebenen vermittelst
der in § 1 erwähnten sechs Spezies oder Grundrechnungsarten ableitbar
sind; sie erklärt die Resultate dieser 6 Operationen (an oder mit binären
Relativen) als wiederum binäre Relative.
Dieselben lauten:
(10)
| (ab)i j = ai jbi j | (a + b)i j = ai j + bi j |
(11)
(12)
| (a ; b)i j = Σhai hbh j | (a ɟ b)i j = Πh(ai h + bh j) |
(13) ,
und sollen als allgemein, für jedes Suffix ij getroffene Vereinbarungen
verstanden werden, was aussagenrechnerisch bei jeder von diesen Kon-
ventionen — ähnlich wie schon bei denen (6) ‥ (9) der vorigen Gruppe —
eigentlich auszudrücken wäre durch ein Zeichen Πi j, vorangeschrieben
der alsdann in Klammern { } zu setzenden Aussage, durch welche vor-
stehend die Konvention statuirt erscheint — bei der letzten z. B.
mittelst: Πi j{ăi j = aj i}.
Im Hinblick auf das unter (5) Gesagte definiren die drei ersten
(10) und (11) von obigen Festsetzungen das identische Produkt a · b
oder ab, ferner die identische Summe a + b zweier Relative a und b,
sowie endlich das Negat („die Negation“) ā (gelesen: a strich) eines
Relativs a.
Weil nach bekannten Sätzen des Aussagenkalkuls — vergleiche
auch den Abacus (3) — obiges (ab)i j nur gleich 1 sein kann, wenn
ai j und bi j zugleich den Wert 1 haben, wogegen (a + b)i j allemal schon
gleich 1 sein wird, wenn ai j oder bi j den Wert 1 besitzt, so sieht man,
dass das identische Produkt ab dasjenige Relativ sein wird, welches
[30]Zweite Vorlesung.
die den Faktor-Relativen a und b gemeinsamen Elementepaare aus-
schliesslich enthält, wogegen die identische Summe a + b alle die Ele-
mentepaare, und diese allein, umfasst, welche entweder dem a oder
dem b, oder auch diesen beiden Summanden, angehören.
Das Negat ā oder „nicht-a von-“ eines binären Relativs a aber wird
kraft Konvention (4) gerade diejenigen Elementepaare des Denkbereichs
12 in sich vereinigen, welche in dem Neganden a unvertreten sind.
Die ersten 25 Festsetzungen (1) bis (11) zusammen mit der noch
ausstehenden Festsetzung (14), welche den Abschluss unsrer Aufzäh-
lung zu bilden hat, indem sie schliesslich die „Einordnung“ zwischen
binären Relativen definirt — diese 26 Konventionen werden sich als
die ausreichende formale Grundlage dafür erkennen lassen, dass die
binären Relative dem „identischen Kalkul“ unterworfen sind, wogegen
die „spezifischen“ Gesetze des Aussagenkalkuls keineswegs für sie zu
gelten brauchen.
Im Hinblick auf das unter (5) Gesagte definiren nun ferner die
drei letzten (12) und (13) von obigen Festsetzungen
| das relative Produkt | die relative Summe |
| a ; b — gesprochen: a von b — | a ɟ b — ich spreche: a piu b — |
zweier binären Relative a, b, und endlich:
das Konverse („die Konversion“) ă — gesprochen: a konvers —
eines binären Relativs a.
Die „relative Multiplikation“, welche aus zwei binären Relativen
a und b ein drittes binäres Relativ „a ; b“ ableitet, darf auch deren
Zusammensetzung oder Komposition genannt werden; wenn man indessen
auch die „relativen Faktoren“ a und b als die „Komponenten“ bezeichnen
mag, so würde doch der Name „Kompos(i)t“ oder „Kompot“ für
„relatives Produkt“ fataler Anklänge halber nicht annehmbar er-
scheinen — wogegen im englischen „compound“ angeht.
Die Festsetzungen (12) und (13) werden — später — sich aus den
Bedürfnissen des verbalen Denkens auch motiviren lassen. Was z. B. die
erste von diesen Festsetzungen betrifft, so pflegt schon das verbale Denken
auf Schritt und Tritt aus gegebenen Relativen wie „Liebender von-“ und
„Wohlthäter von-“ neue Relative, wie „Liebender von einem Wohlthäter
von-“ zusammenzusetzen.
Übrigens muss noch bemerkt werden, dass — wegen der Nicht-
kommutativität der relativen Knüpfungen — die beiden relativen Fak-
toren in ganz verschiedener Weise in den Begriff des relativen Pro-
duktes eingehen und darum wohl zu unterscheiden sind als „erster
relativer Faktor“, „relativer Vorfaktor“ oder „Multiplikand“ und „zweiter
[31]§ 3. Die relativen Operationen.
relativer Faktor“, „relativer Nachfaktor“ oder „Multiplikator“. Wenn
a ; b gebildet wird, werden wir zu sagen haben, dass man b mit a
„relativ vormultiplizire“, oder a mit b „relativ nachmultiplizire“. Ebenso
wird bei der Bildung einer relativen Summe a ɟ b der „erste (relative)
Summand“, das „erste relative Glied“ a zum „zweiten“ b „voraddirt“,
dieses zu jenem „nachaddirt“. Wenn von relativem Addiren oder „Sum-
miren“ (resp. Multipliziren) gegebener Terme schlechtweg gesprochen
wird, so muss man sich allemal die Reihenfolge derselben beibehalten
denken, in der sie angegeben wurden: man verknüpfe dann die Terme
in der Ordnung, in welcher sie Erwähnung gefunden haben.
Während das Konverse ă eines Relativs a leicht mit Worten zu
beschreiben ist: als dasjenige binäre Relativ, welches ausschliesslich in
sich vereinigt alle die individuellen binären Relative oder Elemente-
paare, die zu den in a enthaltenen „konvers“ sind (vergl. S. 10) — ist
die Bildungsweise von a ; b und a ɟ b eine verwickeltere, und behalten
wir uns vor, dieselbe an andrer Stelle noch eingehender zu betrachten.
Hiernächst sei nur hervorgehoben, dass diese beiden mittelst relativer
Knüpfung aus zwei gegebenen a, b zich zusammensetzenden Relative
in (12) definirt erscheinen durch die Art, wie ihre Koeffizienten aus
denen der beiden Terme a und b jeweils abzuleiten sind. Zu dem
Ende müssen diese letztern Koeffizienten auf jede erdenkliche Weise
aus den Zeilen von a und aus den Kolonnen von b entnommen und
nach Vorschrift der Formeln (11) miteinander verknüpft werden*)
und zwar vermittelst „identischer“ Multiplikation resp. Addition, mithin
durch Rechnungsarten, die dem Operationskreise des Aussagenkalkuls
angehören. Auch zur Erklärung und zum Verständniss der beiden
relativen Knüpfungen ist lediglich die Kenntniss des Aussagenkalkuls
vonnöten.
Kraft des Abacus (3) — nebst (4) — sind die Operationen dieser
letztern Disziplin unbedingt ausführbare und liefern in jedem Falle
ihrer Anwendung ein „eindeutig“ oder unzweifelhaft bestimmtes Ergeb-
niss. Identisches Produkt und identische Summe irgend zweier Werte
aus dem Wertbereich 0, 1 ist in jedem Falle wieder ein ganz be-
stimmter Wert aus ebendiesem Wertbereiche — nicht minder wie das
Negat eines solchen. Die Ausdrücke sind „vollkommen eindeutige“, d. h.
„nie undeutig“ und „nie mehrdeutig“.
Und diese Eigenschaft überträgt sich offenbar auf unsre sechs
[32]Zweite Vorlesung.
Spezies, für die Ermittelung der Koeffizienten von deren Erzeugnisse
ein stets gangbarer Weg vorgezeichnet ist, nämlich ein bestimmtes
Verfahren vorgeschrieben erscheint, welches sich lediglich aus Pro-
zessen der vorerwähnten Art zusammensetzt — mit Ausnahme (wenn
man will) der Konversion, bei der an jener Statt eine blosse Ver-
tauschung der beiden Indizes einzutreten hat, die bewirkt, dass an die
Stelle eines Koeffizienten des Operanden a ein gewisser andrer von
dessen Koeffizienten tritt. Kurz, wir können jedenfalls sagen:
Die sechs Spezies unsrer Disziplin — die identischen gleichwie die
relativen Grundrechnungsarten — sind „vollkommen eindeutige“ Opera-
tionen. Sie sind in unserm Denkbereiche stets unbedingt ausführbar;
wenn a, b gegebene binäre Relative bedeuten, so sind die Symbole
welche die Resultate dieser Spezies als solche kennzeichnen, niemals
sinnlose oder undeutige Zeichen, auch niemals mehrdeutige Namen, d. h.
es kommt ihnen im Gebiete der binären Relative stets ein und nur
ein Wert — in völliger Bestimmtheit — zu.
So schätzbar dieser Fingerzeig in didaktischer Hinsicht für den in die
Theorie Eintretenden sein mag, soll derselbe hier doch nur als ein all-
gemeinphilosophischer Gesichtspunkt zur richtigen Erfassung der Theorie
betont sein. Als eine ihrer vornehmsten Aufgaben wird es dieser Theorie
ja zufallen, das Wesen der „Eindeutigkeit“, eindeutigen Zuordnung erst zu
ergründen, deren Begriff exakt zu formuliren und deren Gesetze zu dedu-
ziren. Zuvor dürfen auf einen Begriff von so abstrakt philosophischem
Klange, solang er noch von einem Nimbus phrasenhafter Unbestimmtheit
umflossen, hier nicht Schlüsse gegründet werden.
Als letzte unsrer fundamentalen Festsetzungen, welche wir hiermit
noch deren dritter Gruppe angliedern, ist hinzustellen: die Definition
der Einordnung, Subsumtion zwischen binären Relativen. Dieselbe lautet:
(14)
und führt den fraglichen Begriff zurück auf den bereits bekannten,
weil durch die Festsetzungen (2) erklärten, Begriff der Einordnung
zwischen den gleichstelligen Koeffizicnten ebendieser Relative. Von
zwei binären Relativen a und b ist a eingeordnet b, a ⋹ b dann und
nur dann zu nennen, wenn für jedes Suffix ij ist ai j ⋹ bi j. Darnach
wird also a ⋹ b besagen, dass alle Elementepaare von a sich unter
denen von b vorfinden. Wir sagen dann auch: a ist Teil (echter Teil
oder auch das Ganze) von b, ist in b enthalten.
Kraft (1) muss nun auch, wie leicht zu sehen, sein:
[33]§ 3. Einordnung und Gleichheit zwischen Relativen.
Korollar zu (14) (a = b) = Πi j(ai j = bi j)
— wonach denn zwei Relative dann und nur dann einander gleich zu
nennen sein werden, wenn sie in den gleichstelligen Koeffizienten über-
einstimmen, d. h. identisch die nämlichen Elementepaare ausschliesslich
umfassen.
Damit findet auch unsre oben noch verbal geführte Überlegung,
dass ein binäres Relativ durch seine Koeffizienten bestimmt sei, ihre
rechnerische Bestätigung, und es wird den bereits in Gleichungenform
gegebenen Festsetzungen (5) bis (13) durch (14) und (1) ihr voller
Inhalt gesichert.
Wenn gelegentlich auch von Beziehungen der Unterordnung wie a ⊂ b
(wo a „echter“ Teil von b zu nennen), vielleicht der Sekanz a  b, etc.
wird gesprochen werden, so können wir diese gleichwie die Beziehungen
a ≠ b (a ungleich b), a ⋹ b (a nicht eingeordnet b), gemäss Bd. 2 nun auch
als auf der Grundlage von (14) definirt erachten.
Zum Schlusse noch ein Wort der Rechtfertigung über die Ab-
weichungen meines Bezeichnungssystems von den Peirce’schen, resp.
dem uns am nächsten kommenden von diesen:
Wegen des nicht kommutativen Charakters der relativen Addition habe
ich das Piu-Zeichen unsymmetrisch gestaltet, während Peirce9c sich noch
mit dem steifen bei Todesanzeigen üblichen Kreuze behalf. Aus ähnlichem
Grunde ist für die relative Multiplikation der Strichpunkt, das Semikolon,
als ein unsymmetrisches Knüpfungszeichen von mir gewählt, während ich
die identische Multiplikation als eine kommutative Knüpfung auch sym-
metrisch ausdrücke, sei es vermittelst des Punktes als Malzeichens, sei es
— wie zumeist — durch einfaches Nebeneinanderstellen der Faktoren (ohne
ausdrückliches Verbindungszeichen). In letztrer Hinsicht weiche ich wesent-
lich von Peirce ab.
Peirce bezeichnet das identische Produkt mit „a,b“. Ganz abgesehen
davon, dass dieses Komma als Malzeichen für eine kommutative Knüpfung
wegen seiner Unsymmetrie hinsichtlich rechts und links als weniger geeignet
erscheint, muss ich solche Verwendung eines so häufig als Interpunktions-
zeichen gebrauchten Trennungszeichens nach wie vor für gänzlich unan-
nehmbar erklären wegen der Verwirrung die sie anzurichten nicht verfehlen
kann sowohl und vor allem im Texte, als auch in den Formeln, wo Funk-
tionen von mehreren Argumenten in Betracht kommen, die ja auch durch
Kommata zu trennen wären. Vergl. Bd. 1, S. 193 sq.
Die relative Multiplikation sodann drückt Peirce sozusagen symme-
trisch mittelst einfachen Nebeneinanderstellens der Faktoren aus. Hiezu
konnte ich mich schon darum, weil letztres Verfahren anderweitig vergeben
war, nicht mehr bequemen.
Allerdings lassen sich zwei Umstände zugunsten dieses Peirce’schen
Verfahrens anführen. Der eine ist geringfügiger Art: wird ein Relativ a
Schröder, Algebra der Relative. 3
[34]Zweite Vorlesung.
interpretirt als „ein a von-“ und zugleich, wie ich es vorschlage, das
Semikolon als „von“ gelesen, so scheint dann „a ; b“ als „ein a von von b“
gelesen werden zu müssen, wobei ich die tautologische Wiederholung des
„von“ begreiflich ablehne. Ich begegne dem Einwand, indem ich sage:
a kann sowohl als absoluter Term, wie als Relativ gedeutet werden; im
letztern Falle interpretirt man nicht sowohl a, als vielmehr eigentlich „a;“,
d. h. „a von-“ scilicet (von) irgend einem dahinter gesetzt zu denkenden
Korrelate.
Der zweite mehr in die Wagschale fallende Umstand ist dieser. Unter
den Begriff des binären Relativs fällt auch — wie wir sehen werden —
der Begriff der mathematischen Substitution, nicht minder wie derjenige der
Funktion. Man schreibt nun allerdings nicht „f ; x“ für eine Funktion von
x, „f(x)“, jedoch auch ebensowenig „fx“. Und ferner wird die relative
Multiplikation der Substitutionen keine andre als deren eigentliche Multi-
plikation sein, welche die Substitutionentheorie ohne Knüpfungszeichen durch
das blosse Nebeneinanderstellen der Faktor-Symbole schon längst aus-
zudrücken pflegt. Der Vorteile einer so einfachen Bezeichnungsweise will
nun auch ich die Substitutionentheorie — solange sie (wie bisher) immer
nur mit der einen Operation des gewöhnlichen (also „relativen“) Multipli-
zirens der Substitutionen zu schaffen hat, keineswegs berauben. Verein-
fachende Abweichungen von der systematischen Bezeichnungsweise zugunsten
eines spezielleren Forschungsgebietes sind in einem solchen jederzeit zu-
lässig, aber auch dessen Gepflogenheiten für eine so sehr viel allgemeinere
Disziplin nicht maassgebend.
GegenPeirce spricht hierbei ferner noch der Umstand, dass mittelst
einfachen Nebeneinanderstellens der Terme bei ihm doch (gleichwie bei mir)
das Produkt von Koeffizienten sowie Aussagen dargestellt wird, sodass also
bei ihm, je nachdem a und b Relative oder Aussagen bedeuten, die
Knüpfungen ab nicht durchaus denselben Gesetzen unterliegen, Verwechse-
lungen näher gelegt erscheinen. Die Koeffizienten werden sich zudem, obwol
sie Aussagen sind, auch als (binäre, sogenannte „ausgezeichnete“) Relative
darstellen lassen! (Siehe Ende des § 25).
Der „relative Modul“ 1' — der in der That sich deckt mit der „iden-
tischen Substitution“ 1 der Substitutionentheorie — wird von Peirce auch
mit 1 selbst (ohne meinen Apostroph) bezeichnet — was nur darum bei
ihm angängig, weil Peirce auch meinen „identischen“ oder „absoluten
Modul“ 1 durch das Symbol ∞ (unendlich) ersetzt — nicht ohne aber für
die Koeffizienten und Aussagen wieder meine (d. i. die Boole’sche) 1 bei-
zubehalten! Gegen diese Verwendung des ∞ glaube ich mich in Bd. 1,
S. 274 sq. hinreichend ausführlich geäussert zu haben, wozu noch kommt,
dass wir hier des ∞ auch noch zu ganz andern Zwecken — mehr im
mathematischen Sinne — bedürfen werden, und dass die schönen Analogieen
zwischen den absoluten und den relativen Moduln in Peirce’s Bezeich-
nungssystem verschleiert, im meinigen besser zutage treten. Den relativen
Modul 0' stellt Peirce dar durch ein gothisches n (wonicht das latei-
nische n) als dem Anfangsbuchstaben von „naught“ oder „nought“ (nichts).
[35]§ 3. Letzte zwei Festsetzungen — über Σ, Π.
Den fundamentalen Festsetzungen könnten (was anfangs unter-
blieb) endlich noch diejenigen zugezählt werden, welche die Verwen-
dungsweise des Produkt- und Summenzeichens
Π und Σ
erklären und regeln.
Unter dem „laufenden Zeiger“ (d. i. der „Produktations“- resp. „Sum-
mations-Variabeln“) u stellen wir uns ein Relativsymbol vor, welchem
alle Werte aus einem bestimmten (als irgendwie gegeben zu denkenden)
Wertbereiche beigelegt werden sollen. Dieser Wertbereich heisst die
„Erstreckung“ des „nach u genommenen“ „Produktes Π“, resp. der
„Summe Σ“, und wird im allgemeinsten Falle eine wohldefinirte „Klasse“
von (binären) Relativen sein.
Unter dem „allgemeinen Term (Faktor resp. Summand)“ des Pro-
duktes resp. der Summe — welcher immer hinter diesem Zeichen
zu erblicken ist — stellen wir uns irgend eine „Funktion von u“, f(u)
vor, d. h. einen Ausdruck, welcher in irgendwie gegebner Weise ver-
mittelst lauter Operationen aus der Gruppe der sechs Spezies unsrer
Disziplin aufgebaut ist aus u selber und irgendwelchen andern Rela-
tiven a, b, c, …, x, y, …, deren Bedeutungen (Werte) aber, auch
wenn die Bedeutung von u (innerhalb jener Erstreckung) wechselt,
stets konstant festgehalten werden müssen. Diese letzteren Relative
heissen — im Gegensatz zum „Argument“ u — die „Parameter“ der
Funktion f(u), und können sowol als allgemeine Relative aufgefasst
werden, wie auch spezielle Werte haben, insbesondre können sie oder
einzelne von ihnen auch durch Moduln vertreten sein.
Alsdann wird die Funktion f(u) selbst ein binäres Relativ sein,
dessen Wert für jeden angenommenen Wert von u und fixirte Werte
der allgemeinen Buchstabenparameter ein völlig bestimmter sein muss
— aus dem Grunde, weil auch die Ergebnisse der den Ausdruck f(u) zu-
sammensetzenden, in ihm vorgeschrieben erscheinenden Operationen oder
Spezies durch unsre Festsetzungen als binäre Relative jeweils eindeutig
erklärt worden. In der That wird sich auch der allgemeine Koeffizient
zum Suffix ij dieses Relativs f(u) vermittelst kombinirter Anwendung
unsrer 6 Schemata (10) bis (13) durch die allgemeinen Koeffizienten
des Argumentes u und sämtlicher Parameter nach einem vollkommen
bestimmt vorgeschriebnen Verfahren als eine Aussagenfunktion der-
selben unschwer darstellen lassen. Mit f(u) zugleich kennen wir also
für jedes ij auch dessen Relativkoeffizienten {f(u)}i j.
Es handelt sich nun darum auch die Symbole:
3*
[36]Zweite Vorlesung.
als binäre Relative zu erklären. Diese Erklärung hat, wie immer, zu
erfolgen vermittelst allgemeiner Angabe ihrer Koeffizienten. Und letz-
tere leisten im vorliegenden Falle die beiden Festsetzungen:
(15)
welche für jedes Suffix ij hiermit „ausgemacht“ sein sollen.
Diesen Festsetzungen werden wir im § 6 auch die einfachere Fassung
zu geben vermögen:
(15)
.
Rechnet man dieselben hinzu, so werden wir im Ganzen 29 + 2 = 31 funda-
mentale Festsetzungen zu zählen gehabt haben.
In der That kann über den Sinn und Wert der Koeffizienten-
(id est Aussagen)produkte oder Summen rechterhand, durch welchen
unser Koeffizient zur linken eben explizirt werden soll, in keinem Falle
mehr ein Zweifel bestehen.
Im Hinblick auf die in unsrer neunten Vorlesung (§ 23 und 24) ver-
folgten Ziele ist es jedoch wichtig, letzteres noch eingehender zu erörtern
und namentlich die Überzeugung zu gewinnen, dass es zur Evaluation
solcher Aussagen-Π und Σ keineswegs erforderlich ist, den Begriff von
Aussagenprodukt Π (resp. -summe Σ) etwa dadurch etablirt zu denken,
dass man denselben so, wie es in Anhang 3 des Bd. 1 gesehah — aufgrund
der mittelst „Schlusses von n auf n + 1“ von dreien auf beliebig (auch
unbegrenzt) viele Terme ausgedehnten Assoziationsgesetze der Aussagen-
multiplikation und Addition — fundirt, nämlich „induktorisch“ gewinnt.
Vielmehr genügt es, zur Aufstellung dieses Begriffes und zur Begründung
der vornehmsten auf ihn bezüglichen Sätze, schon: auch nur das Recht in
Anspruch zu nehmen, eine Überlegung allgemein zu führen, nämlich in uni-
versalen und Existenzialurteilen überhaupt zu denken.
Wir gehen darum auf die Rolle der Π und Σ im Aussagenkalkul
hiernächst noch etwas näher ein.
Die Begriffe beider sollen hier als selbständig (independent, nicht
rekurrirend oder induktorisch) aufgestellte zugrund gelegt sein, wie
folgt. Stellt Au irgend eine auf ein Gedankending u bezügliche Aus-
sage, eine „Aussage über u“ vor, so hat uns von den beiden Symbolen
— erstreckt über einen irgendwie gegebnen Bereich von „Werten“ als
den dem Symbole u unterzulegenden Bedeutungen — von diesen beiden
hat uns das erstre vorzustellen: die Aussage, dass Au für jedes dieser
Objekte u (innerhalb der „Erstreckung“) zutrifft, das letztre aber: die
[37]§ 3. Aussagenschemata.
Aussage, dass Au für gewisse u (innerhalb dieser Erstreckung) zutrifft,
mithin dass es mindestens ein u im Erstreckungsbereiche gibt, für
welches Au zutrifft.
Hienach wird der Aussage der Wahrheitswert 1 immer dann
und nur dann zukommen, wenn, für jedes der gedachten u, Au = 1 ist,
der Wahrheitswert 0 dagegen, falls es unter jenen mindestens ein u
gibt, für welches Au nicht zutrifft, wo also Au = 0 ist.
Der Aussage wird der Wahrheitswert 1 schon zukommen,
wenn es im Erstreckungsbereiche nur überhaupt ein u gibt, für welches
Au = 1 ist, dagegen wird ihr der Wahrheitswert 0 dann und nur
dann zukommen, wenn es daselbst kein solches u gibt, d. h. wenn für
jedes u des Erstreckungsbereiches Au nicht zutrifft, Au = 0 ist.
Stellt demnach v einen Wert vor, beliebig hervorgehoben aus dem
Erstreckungsbereiche für u, so müssen wir haben:
oder kürzer:
α)
womit auch gegeben ist:
β)
.
Letzteres zeigt, dass für jeden Wert (v oder u) aus dem Erstreckungs-
bereiche der sogenannte „allgemeine Faktor“ Au des Aussagen-Π auch
angesehen und hingestellt werden kann als ein wirklicher („eigent-
licher“) „Faktor“ des ohne Π-zeichen als ein „binäres“ (zweifaktoriges)
bereits anderweitig erklärten Aussagen-„Produktes“ im engsten Sinne;
und ebenso, dass das sog. „allgemeine Glied“ einer Aussagen-Σ auch
wirklicher (oder „eigentlicher“) Summand ist einer binomischen Aus-
sagensumme, d. h. einer Aussagensumme im engsten Sinne, als welche
sich eben unsre Aussagen-Σ jederzeit muss hinstellen lassen.
Ferner erkennt man im Hinblick auf das oben Gesagte als un-
mittelbar einleuchtend, dass die Negation an unsern Aussagen-Π und Σ
nach folgenden Schemata „auszuführen“ ist:
γ)
.
Und in dem hier bethätigten „dictum de omni et de nullo“, durch
welches wir die sämtlichen vorstehenden Formeln gewinnen (deren An-
erkennung wir ja fordern müssen), ist nicht etwa ein wirkliches „Axiom“
zu erblicken; vielmehr hat das dictum nur den Charakter eines „Prin-
[38]Zweite Vorlesung.
zips“ (im Sinne des Bd. 1); es vertritt uns nämlich — und ist in der
That weiter nichts, als: — die Erklärung der Begriffe:
- „jedes“ (every) u, resp.
- „einige“ oder „gewisse“ u*) (sive „überhaupt ein“ u, kürzer: „ein
u“, some u, an u)
— welche Erklärung anders „förmlich“, als eine „regelrechte Definition“,
wol nicht gegeben zu werden vermöchte. Vergl. S. 67 sq.
Umfasst der Erstreckungsbereich von u blos ein Objekt v, so ist leicht zu
sehn, dass die Bedeutung sowol des ΠA als des ΣA alsdann die auf dieses
eine v bezügliche Aussage A selbst sein wird, nämlich dass
alsdann sein wird. Die Π und Σ bestehen hier nur aus einem Term, sind
„monomisch“.
Umfasst der Erstreckungsbereich von u gerade zwei Objekte v und w,
so erkennt man ebensoleicht, dass dann die Bedeutung von
zusammenfällt mit derjenigen vom, durch den Abacus (3) bereits (ohne Π
und Σ-zeichen) erklärten binären Produkte, resp. der binären (= binomischen)
Summe der auf v und w bezüglichen beiden Einzelaussagen.
Umfasst — um es nur mehr für das Π auszusprechen — der Er-
streckungsbereich genau drei Objekte, welche uns für den Augenblick die
Buchstaben u, v, w repräsentiren mögen, so liesse sich ähnlich einsehn,
dass die Bedeutung des ΠA zusammenfällt mit dem — aufgrund des
Assoziationsgesetzes der Aussagenmultiplikation — als der übereinstim-
mende Wert der beiden binären Aussagenprodukte Au(AvAw) und (AuAv)Aw
erklärten ternären (dreifaktorigen) Produkte AuAvAw, und so weiter.
Für einen auf eine beliebige „Anzahl“, eine „endliche Menge“ von
Objekten u beschränkten, „begrenzten“ Erstreckungsbereich nun ähnlich
darzuthun, dass das Aussagen-Π sich auch mittelst successiven immer nur
binären Multiplizirens zwischen seinen Faktoraussagen aus diesen ableiten
lässt, dies auch zu statuiren und davon wesentlich Gebrauch zu machen,
können wir in unsrer Theorie sehr wohl unterlassen, uns dessen enthalten,
wenigstens bis dahin, wo in der neunten Vorlesung der „Schluss von n
auf n + 1“ seine strenge Begründung gefunden haben wird. Sobald aber
letztere erfolgt ist, wird auch die angeregte Sache als mit einem Schlage
durch unsern Anhang 3 des Bd. 1 vorweg erledigt zu betrachten sein.
[Noch weniger aber brauchen wir zuvor auch davon noch Notiz zu
nehmen, dass für einen aus einer „unbegrenzten“ und zwar „einfach unend-
lichen“ Reihe von diskreten Objekten u bestehenden Erstreckungsbereich,
[39]§ 3. Aussagenschemata.
unser ΠA sich auch sozusagen als ein „Grenzwert“ mittelst unbegrenzt
fortzusetzenden binären Multiplizirens aus den Faktoraussagen ableiten
lassen würde!]
Ist Au unabhängig von, konstant bezüglich u, das heisst: ist in
der Aussage, welche hier als allgemeiner Term figurirt, von u gar nicht
die Rede, so mögen wir (auch in den Formeln) das Suffix u bei der
Aussage Au als belanglos unterdrücken, dieselbe blos mit A selbst
darstellen. Alsdann gilt wiederum selbstverständlicherweise:
δ) .
Ist ebenso Bu eine auf u bezügliche und B eine bezüglich u konstante
Aussage, so haben wir ferner die Schemata:
ε)
welche beiden sich zu dem allgemeinern Schema zusammenfassen
lassen:
oder auch zu dem noch allgemeinern:
ζ) ,
worin der Erstreckungsbereich für v ein beliebig andrer als der für u
sein mag.
Analog zu vorstehenden Peirce’schen gelten aber auch die (meine)
beiden Schemata:
η)
die sich zu dem allgemeinern:
sowie zu dem noch allgemeinern:
ϑ)
zusammenfassen lassen.
Spezialisirt man in ε) und η) A = 1 (indem man hernach A für
das verbleibende B sagt) oder B = 0, so ergeben sich die Schemata:
ι)
von welchen das erste und letzte im Hinblick auf das „spezifizische
Prinzip“ des Aussagenkalkuls
[40]Zweite Vorlesung.
(A = 1) = A
sich als nichtssagend darstellen, die beiden andern aber von der häu-
figsten Anwendung sind.
Endlich ist, als von häufigstem Gebrauche, noch das Aussagen-
schema anzuführen:
κ)
worin von den beiden mittleren, den untereinander stehenden Subsum-
tionen, sei es als Thesis (Behauptung, Folgerung) sei es als Hypothesis
(Voraussetzung, Bedingung) blos die eine (oder die andre) genommen
zu werden braucht. Dieselben gestatten namentlich das überschiebende
Produktiren sowie Summiren von für den Erstreckungsbereich allge-
gemein geltenden Subsumtionen, etc.
Hiermit haben wir wol die wichtigsten Schemata oder Sätze des
Aussagenkalkuls soweit sie Aussagen-Π und Σ betreffen, rekapitu-
lirt und zur Bequemlichkeit des Studirenden übersichtlichst zusammen-
gestellt — solche jedenfalls, mit denen (und ein paar sogleich folgenden
Beiträgen) sich wird auskommen lassen.
Sie sind ausdrücklich oder in nuce in Bd. 2 schon vorgekommen,
wenngleich etwas zerstreut (ibid. S. 40, 180, 194, 258, 261, u. a.). Man
erkennt in α) die Theoreme 6) des Bd. 1 und 2 wieder, in β) nah lie-
gende Korollare dazu kraft R. Grassmann’s Theoremen 20), in γ) De
Morgan’s Theoreme 36), in δ) die Tautologiegesetze 14), in ε) die Bd.
1 und 2 mit (3) chiffrirte (dort) „Definition“ von Peirce, in η) aber
das von mir Bd. 2 S. 258 (als blos für Aussagen gültig) dazu gelieferte
Gegenstück, in ι) das Th. 24) nebst einem Bd. 2, S. 261 dazu gelieferten
(blos für Aussagen gültigen) Gegenstück, in κ) endlich Erweiterungen der
Theoreme 17).
Nicht mitangeführt sind noch die Distributionsgesetze für die
Aussagen Π und Σ:
λ)
nebst ihren Erweiterungen zur Multiplikationsregel für (Aussagen-)
Polynome und deren dualem Gegenstück:
μ)
.
Das Pendant zu λ):
ν)
versteht sich aus δ) von selbst nach den Identitäten:
[41]§ 3. Aussagenschemata.
ξ)
deren jeweilig letzte jedoch nur gilt sofern u und v die nämliche Er-
streckung haben.
Auch würden sich über mehrfache Summen und Produkte noch
weitre Schemata anreihen lassen.
Als bemerkenswertester neuer schliesst sich diesen der von Herrn
Peirce aufgestellte Satz an:
Stellt Au,v eine auf zwei Objekte u und v bezügliche Aussage vor,
welche je in einem eignen Erstreckungsbereiche variabel gedacht wer-
den sollen, so ist stets
ο)
— worin natürlich das Symbol Au,v auch a priori durch das Av,u er-
setzbar.
Gibt es nämlich mindestens ein u derart, dass für dieses u und
jedes v die Aussage A gilt, so wird es auch für jedes v mindestens
ein u geben (nämlich eben das genannte) derart, dass von beiden die
Aussage A zutrifft. Der Schluss ist jedoch augenscheinlich nicht um-
kehrbar.
Wir werden aber die gedachten Schemata vorwiegend, wenn nicht
ausschliesslich, auf solche Objekte u, v, ‥ anzuwenden bekommen,
welche nicht sowol allgemeine Relative, als vielmehr blos „Elemente“
i, j, ‥ sive „Individuen des ersten Denkbereiches“ sind. In solchem
Falle hängen wir, anstatt sie unter das Σ oder Π zu schreiben, die
laufenden Zeiger den Σ und Π (wie bisher schon) als Suffixum an.
Um nicht Überflüssiges zu leisten und uns zu sehr zu wiederholen,
wollen wir deshalb die einschlägigen oder noch ausstehenden von den be-
achtenswertern Schemata blos mit obiger Beschränkung und erst in § 7
in’s Auge fassen.
Schon bei dieser Beschränkung der laufenden Zeiger auf Elemente
sei jedoch darauf hingewiesen und betont, dass der Erstreckungsbereich
unsrer Aussagen-Π und Σ allemal auch ein „Kontinuum“ sein darf, wie
es beispielsweise die reellen Zahlen, oder die Punkte einer Geraden ins-
gesamt bilden. In solchen Fällen bleiben die Zeichen Π und Σ definitiv
unentbehrlich und würde es nimmermehr thunlich sein, das mittelst des
Π (z. B.) „symbolisch“ dargestellte Aussagenprodukt als ein „aktuelles“
Produkt mit allen seinen Faktoren explicite hinzuschreiben.
Stets werden es in unsrer Theorie — wenn nicht blosse Aus-
sagen-Produkte resp. Summen — so doch „identische“ Produkte Π und
Summen Σ sein, welche uns diese Zeichen darstellen helfen. M. a. W.
die Zeichen Π, Σ werden als solche nur für die erste Hauptstufe von
[42]Zweite Vorlesung.
uns verwendet: um eine identische Multiplikation resp. Addition von
(zumeist unbegrenzt vielen) Relativen anzudeuten.
Sollten jemals diese Symbole zur Abkürzung auch von relativen
Produkten und Summen in Bedarf kommen, so werden wir sie uns
zur Unterscheidung (ähnlich wie die Moduln) in Gestalt von Π', Σ'
mit einem Apostroph versehen. Begreiflich wird jedoch solche Ver-
wendung noch eingehendere Vorbetrachtungen, eventuell gerichtet auf
die Bestimmung des allgemeinen Koeffizienten, erheischen.
Die oben resumirten Aussagenschemata α) ‥ ο) muss der Studi-
rende [so wie wir es unter ο) zur Illustration ausgeführt] sich gründlich
überlegen und dieselben in succum et sanguinem aufzunehmen suchen.
Ein Übriges wird die Übung, die unsre Theorie gewährt, hin-
zuthun.
§ 4. Die Matrix eines Relativs und deren Augen. Beispiele.
Geometrische Repräsentation. Die dreifachen Evidenzen.
Wir sahen: zur völligen Bestimmung, Determination oder un-
zweifelhaften Beschreibung eines (binären) Relativs in gegebnem Denk-
bereiche (12) genügt die Angabe seiner Koeffizienten. Die mit Bezug
auf die Elementepaare der Tafel 12 in Reihen geordnet zusammen-
gestellten, je als 0 oder aber 1 spezifizirten Werte der Koeffizienten:
1)
eines speziellen Relativs a bilden die sogenannte „Matrix“ desselben,
und kann auch ohne jene Spezifizirung das vorstehende Schema
wol als die Matrix eines allgemeinen binären Relativs a bezeichnet
werden.
Man mag die Matrizen der Relative zwischen zwei vertikale, soge-
nannte „Kolonnenstriche“ einschliessen, wonach sie gerade so aussehen
werden, wie „Determinanten“, deren sämtliche „Elemente“ nur „Nullen
oder Einser“ wären. Wird Unterscheidung von Determinanten auch im
Äusserlichen gewünscht, so kann man unten die Kolonnenstriche noch mit
einem Horizontalstriche behufs Hufeisen- oder U-förmiger Umrahmung der
Matrix verbinden — der obere Teil muss für den Negationsstrich und event.
das Konversionshyphen frei bleiben.
Mit dem Relativ zugleich ist seine Matrix bekannt, und umgekehrt.
[43]§ 4. Matrix eines Relativs und deren Augen.
Für viele Zwecke ist es aber bequemer, nur von dessen Matrix zu
reden, blos diese zu schildern.
Beispielsweise wenn für einen Denkbereich von 4 Elementen A, B, C, D
die Matrix eines Relativs a die folgende ist, so wird das Relativ den da-
neben angegebnen Wert haben:
2)
und umgekehrt ist auch aus der rechts für a gemachten Angabe — selbst
wenn die Glieder gänzlich zusammengerückt sein sollten — mit Leichtig-
keit das Schema zur Linken als die Matrix von a zu entnehmen.
Man ermisst hier bereits, welche Druckersparniss durch die Angabe
ihrer Matrizes an Stelle der Relative selbst erzielt zu werden vermag.
Der Vorgang besitzt ein bemerkenswertes Analogon und Präzedens in
der Arithmetik bei der üblichen Darstellung der natürlichen Zahlen im
dekadischen Zahlensysteme. Daselbst ist eine natürliche Zahl ja eigentlich
ein Aggregat oder Polynom, welches nach fallenden Potenzen der Grund-
zahl Zehn unsres Zahlensystems geordnet ist und als dessen Koeffizienten
lauter „Ziffern“ auftreten, wie z. B.
,
.
Aus der Wahrnehmung nun, dass in dieser Weise dargestellt alle
Zahlen in einem gewissen (nach links weit genug fortgesetzt zu denkenden)
„Gerippe“:
… + ‥ × 103 + ‥ × 102 + ‥ × 101 + ‥ × 100
übereinstimmen, entspringt die Berechtigung ebendieses Gerippe als selbst-
verständlich zu unterdrücken und die Zahlen mittelst einfachen Nebenein-
anderstellens ihrer Ziffern (nämlich der Polynom-Koeffizienten) darzustellen
— so, wie es links in den Klammern vorgreifend für sie angegeben ist —
somit jene Schreibersparniss zu verwirklichen, die durch die Einführung
der Ziffer 0 erst ermöglicht worden.
Ganz ähnlich in der That lassen wir hier beim Übergang von
den Relativen zu ihrer Matrix weg: das Gerippe der Konstituenten
oder Elementepaare (samt den sie verbindenden Pluszeichen) und be-
halten als das, was eben das Unterscheidende ist für verschiedene Re-
lative (im gegebenen Denkbereiche), blos das System ihrer Koeffi-
zienten bei — wobei es ebenfalls zur unzweifelhaften Darstellung der
Relative erforderlich ist oder wenigstens zur Deutlichkeit ihrer Be-
[44]Zweite Vorlesung.
schreibung beitragen wird, dass der Ausfall, das Fehlen gewisser
Elementepaare oder Konstituenten durch Nullkoeffizienten markirt
werde.
Man könnte nun die Koeffizienten eines Relativs auch als die
„Elemente“ seiner Matrix bezeichnen; doch wollen wir um jeden Doppel-
sinn zu vermeiden, hier blos von „Stellen“ der Matrix reden.
Eine mit 1 besetzte Stelle der Matrix soll schlechtweg eine besetzte
Stelle, eine „Vollstelle“ oder auch ein „Auge“ derselben genannt werden;
jede mit einer 0 besetzte Stelle derselben heisse eine unbesetzte Stelle
oder „Leerstelle“ — eventuell „Lücke“.
Wol weniger gut qualifiziren sich — weil auf der zu speziellen An-
schauung von einer Lotterie beruhend — die Benennungen „Treffer“ und
„Niete“.
Auch die Bezeichnung als „Stift“ und „Loch“ oder „Kontakt“ und
„Unterbrechung“ — bei denen an die Möglichkeit einer (sicherlich bevor-
stehenden!) mechanischen oder maschinellen Ausführung der relativen Ope-
rationen, eventuell unter Beihülfe der Elektrotechnik, zu denken wäre —
dürften vorderhand als „vorgreifende“ beiseite zu lassen sein.
Zur Darstellung von binären Relativen vermittelst ihrer Matrix
empfiehlt sich ungemein die Verwendung von „karrirtem Papiere“.
Man kann die Zeilen eines solchen Blattes mit den Namen A, B, C, …
der Elemente des Denkbereiches 11 markiren und ebendiese Namen
auch den vertikalen Linien zur Überschrift geben. Die Gitterpunkte
markiren alsdann die „Stellen“ der Matrix.
In solchem Falle ist es nur erforderlich, ist es ausreichend, die
als Vollstellen zu kennzeichnenden Gitterpunkte (in Druck oder Schrift)
mit einem fetten oder schwarzen Punkte zu besetzen — vergleichbar
den „Augen“ eines Dominosteines oder Würfels im Spiele; die unbe-
setzt gelassenen Gitterpunkte geben sich dann von selbst als die Leer-
stellen der Matrix zu erkennen.
Auf diese Weise würde beispielsweise die Matrix des
obigen Relativs sich als die nebenstehende Figur präsentiren.
Die Vor- und Überschriften der Reihen kann man eventuell
als selbstverständliche auch weglassen.
Dies vorausgeschickt wird nun der Leser praktisch
am schnellsten von der Natur eines „binären Relativs“
sich einen richtigen Begriff verschaffen, wenn er sich ein wenig ver-
tieft in den Anblick der beiden folgenden Figuren, durch welche ich für
einen Denkbereich 11, bestehend aus den natürlichen Zahlen 0, 1, 2,
3, 4 … die Relative „Teiler von-“ und „teilerfremd mit“ (d. h. „relativ
prim zu-“) vermittelst ihrer Matrix dargestellt habe.
[45]§ 4. Beispiele von Relativen.
Matrix des Relativs: „Teiler von-“.
[46]Zweite Vorlesung.
Wenn ich bei Exemplifikationen auf den Denkbereich der Zahlen die
bekannten Zeichen für die Zahlen Null und Eins mit einem Tupfen ver-
sehe, so geschieht dies natürlich blos ad hoc, zum Zwecke ihrer Unter-
scheidung von den beiden Wahrheitswerten der Aussagen sowie auch von
den absoluten Moduln unsrer Theorie. Und bei dem so spärlichen Vor-
kommen dieser Symbole als Zahlzeichen in unserm Buche erwächst daraus
auch wie figura zeigt keine nennenswerte Belästigung. Keineswegs jedoch
soll damit etwa auf eine allgemeinere Annahme solcher Gepflogenheiten
in der Arithmetik und anderwärts hingewirkt oder dafür plädirt werden.
Im Gegenteil, ich müsste dringend davor warnen: der Studirende, welcher
die Zahl Eins stets mit Tupfen schreibt, muss im schriftlichen Rechnen
hinter Andern zurückbleiben.
Die Elemente i, j sind hier natürliche Zahlen. Um die Darstellung
Fig. 2 des Relativs „Teiler von-“ zu gewinnen, hat man sich für jede
Stelle, wo eine mit i markirt gedachte Zeile von der Kolonne zu einem j
geschnitten wird, die Frage vorzulegen: Ist i ein Teiler von j? Im Be-
jahungsfalle ist der Gitterpunkt mit einem Auge zu besetzen, im Ver-
neinungsfalle unbesetzt zu lassen. Man erhält so ein Tableau, das an das
„Sieb des Eratosthenes“ cribrum Eratosthenis (behufs Auffindung der
Primzahlen) erinnert. Dasselbe veranschaulicht für das Gebiet der natür-
lichen Zahlen den ganzen Umfang des (relativen) Begriffes „Teiler von-“
(einer Zahl).
Jede Zahl ist Teiler von sich selbst, weshalb denn die Hauptdiagonale
voll mit Augen besetzt ist. Unser Relativ — t mag es für den Augen-
blick heissen — enthält alle individuellen Selbstrelative unsres Denk-
bereiches, begreift sie unter sich: es ist 1' ⋹ t. Unser t ist in Peirce’s
Ausdrucksweise sowol Selbstrelativ als Negat eines Aliorelativs. Die Zahl
Null (0̇) ist sonst — ausser von sich selbst — Teiler von keiner Zahl,
darum die erste Horizontallinie sonst eine leere. Dagegen ist jede Zahl
Teiler von Null, geht in der Null ohne Rest (und zwar nullmal) auf, darum
die erste Vertikallinie eine vollbesetzte, eine „Vollkolonne“. Die Zahl
Eins (1̇) geht in jeder Zahl auf, daher die zweite Zeile überall mit Augen
besetzt, eine „Vollzeile“. Auch in jeder folgenden Zeile bilden die Augen
eine Reihe von äquidistanten Punkten — mit immer grösserem Abstande.
Ebenso erscheinen sie aber auch auf Strahlen gereiht, die vom Anfangs-
punkt der Hauptdiagonale ihren Ausgang nehmen und sich asymptotisch
der ersten Horizontale nähern. …
Das Relativ t ist ein hervorragendes Beispiel zu derjenigen Klasse
von Relativen, die wir, weil t ; t ⋹ t ist, „transitive“ zu nennen haben: ein
„Teiler von einem Teiler von“ (einer Zahl) ist immer auch ein „Teiler
von“ (ebendieser Zahl). Es ist hier sogar (weil auch das Umgekehrte
gilt): t ; t = t.
Um die Darstellung Fig. 3 des Relativs p = „teilerfremd mit-“ zu
gewinnen, muss man sich ebenso für jeden Gitterpunkt die Frage vor-
legen: Ist das Element i, welches die Zeile markirt, d. h. die Zahl i,
teilerfremd (relativ prim) mit der Zahl j, welche die Kolonne markirt? —
um im Bejahungsfalle ein Auge einzutragen. Dabei darf bekanntlich die
Zahl Eins als ein allen Zahlen selbstverständlich „gemeinsamer“ Teiler als
[47]§ 4. Beispiele von Relativen.
solcher nicht berücksichtigt werden. Die Frage ist also: haben i und j
noch (einen) gemeinsame(n) Teiler ausser der 1̇? Im Verneinungsfalle
sind sie „teilerfremd“ zu nennen.
Gewöhnlich wird der Begriff aber nur auf die Zahlen von 2 an auf-
wärts angewendet und haben wir nur für diese die Augen als fette in die
Figur eingetragen.
Bei Einbeziehung, indessen, auch der Zahlen 0̇ und 1̇ würden als mit
Augen zu besetzende auch noch diejenigen Gitterpunkte in Betracht kom-
men, die sich in der Figur mit hohlen Ringeln (unfett) markirt finden.
Matrix des Relativs: „teilerfremd mit-“.
Bei der ganz strengen Fassung des Begriffes, wie sie oben durch die ent-
scheidende „Frage“ charakterisirt erscheint, muss in der That dann jede
Zahl zur Eins, und auch diese zu sich selber, teilerfremd genannt werden,
auf welch letzteren Umstand das (einzige) Ringelchen auf der Haupt-
diagonale hinweist.
Für den engeren Denkbereich (der Zahlen von 2 an) gilt jedoch: dass
[48]Zweite Vorlesung.
keine Zahl teilerfremd mit sich selbst ist; bei dem Relativ mit fetten
Augen bleibt die Hauptdiagonale eine unbesetzte oder leere und ist p ⋹ 0',
unser p enthält nur individuelle Aliorelative und ist deshalb, in Peirce’s
Terminologie, selbst ein „Aliorelativ“ zu nennen.
Das Relativ p exemplifizirt zudem jene Klasse von binären Relativen,
welche eine „gegenseitige“ Beziehung zum fundamentum relationis haben,
es ist p ein „symmetrisches“ (nach Einigen auch: „umkehrbares“, „konver-
tibles“) Relativ — symmetrisch inbezug auf die Hauptdiagonale — indem
p̆ = p ist.
Aus den bisherigen Betrachtungen erhellt, dass — äusserlich ge-
nommen (m. a. W. in der suppositio nominalis, cf. Bd. 1, S. 44) — binäre
Relative „Namen“ sind, welche, sei es mit bestimmtem, sei es mit offen
gelassnem unbestimmten Korrelate, sowol als Subjekt, wie als Prädikat
von kategorischen Urteilen figuriren können.
Als Prädikat finden sich solche schon mehrfach illustrirt. Der Satz:
Ein Teiler von einer Zahl ist (weil Teiler auch von sich selber) immer
zugleich Teiler von einem Teiler dieser Zahl — dieser Satz illustrirt auch
als Subjekt unser Relativ „Teiler von-“.
„Relative“ also sind nicht etwa Aussagen; vielmehr sind sie wirk-
lich Namen von Dingen. Sie sind aber — nach Mill so zu nennende —
„mitbezeichnende“ oder „konnotative“ Namen*), d. h. Namen, welche eine
Aussage involviren.
Das durch Angabe seiner Matrix Fig. 2 spezifizirte Relativ „Teiler
von“ — z. B. — gibt erschöpfend die Antwort auf die „Doppelfrage“:
welche natürliche Zahlen Teiler sind von welchen natürlichen Zahlen.
Die durch das spezifizirte Relativ mitabgegebne Aussage ist eine
völlig bestimmte, sobald das fundamentum relationis gegeben ist. Als-
dann haben nämlich die Gleichungen, vermittelst deren wir die Koeffi-
zienten als = 0 oder = 1 spezifiziren, auch einen bestimmten Sinn.
Und das aus diesen Gleichungen gebildete Aussagenprodukt ist die von
unserm Relativ involvirte Aussage.
So involvirt das als erstes Beispiel gebrachte und durch Fig. 1 dar-
gestellte Relativ die Aussage:
3) (aA A = 0)(aA B = 1)(aA C = 0)(aA D = 1) .
. (aB A = 1)(aB B = 1)(aB C = 0)(aB D = 0) .
. (aC A = 1)(aC B = 1)(aC C = 1)(aC D = 0) .
. (aD A = 0)(aD B = 1)(aD C = 0)(aD D = 0)
und gibt, wenn etwa a = „amans“ = „Liebender von-“ bedeutet, die Ant-
wort auf die Frage: welche von den Personen A, B, C, D unsres Denk-
[49]§ 4. Beispiele. Konnotativität.
bereiches welche Personen lieben? — und zwar dahingehend, dass A den B
und den D liebt, B den A und sich selber, C den A, den B und sich
selber, D den B, sonst aber (von den Genannten) niemand jemanden (aus
ihrer Mitte) liebt.
Ich habe die vorstehenden Beispiele gebracht, um vorweg das
Interesse des Lesers für die Relative zu erregen, deren richtige Auf-
fassung wenigstens anzubahnen. Über die hierbei in Betracht kom-
menden und zum Teil erst flüchtig gestreiften Dinge werden wir uns
in dem spezifisch logischen Teil unsrer Disziplin noch eingehender zu
verbreiten haben.
Zur Stelle muss ich nur über den „konnotativen“ Charakter der
relativen Namen zur Berichtigung noch folgendes aussprechen.
Wenn ich mich in Bd. 1 gegen eine Einteilung der Namen in
„mitbezeichnende (konnotative)“ und „nichtkonnotative“ ablehnend ver-
halten habe, so geschah dies insofern mit Recht, als solche Einteilung
— wie sich zeigen wird — zusammenfallen würde mit der Einteilung
der Namen in absolute und relative, die wir ohnehin adoptirten.
Zu weit bin ich aber gegangen — und hat dies auch ein Kritiker
(Herr Husserl1) beanstandet — indem ich durch die (wie ich fand
und noch finde) unzutreffend gewählten Beispiele Mill’s mich verleiten
liess, auch dem Begriffe der Konnotativität eines Namens die Berech-
tigung abzusprechen (Bd. 1, S. 62). Auf dem durch die Bearbeitung
der Theorie der Relative gewonnenen Standpunkte kann ich nicht um-
hin, diesem Begriffe eine gewisse Bedeutung zuzuerkennen, welche wie
mir scheint gerade durch die Logik der Relative erst in das rechte
Licht gesetzt wird. (Darüber später noch Näheres!)
Als fernere Illustrationen von Relativen durch ihre Matrizes sollen
die der vier Moduln (S. 50) hergesetzt werden — für den Fall der
Verwendbarkeit von karrirtem Papiere.
Die Matrix des absoluten oder identischen Moduls 1 ist durchaus
vollbesetzt, trägt an jedem Gitterpunkte ein Auge; die Matrix von 0
ist eine durchaus leere (enthält blos Leerstellen). Die Matrix des
relativen Moduls 1' hat die Hauptdiagonale mit Augen vollbesetzt,
ausserhalb dieser Linie aber lauter Leerstellen; bei der Matrix von 0'
ist es umgekehrt: da enthält die Hauptdiagonale lauter Leerstellen
während der ganze Aussenraum derselben mit Augen voll besetzt ist.
Man sieht auch hier, dass die Angabe der Matrix einfacher ist,
als wie die der Relative 1', 0' selbst (die 1 und 0 wurden bereits in
extenso angegeben, S. 11 und 26):
Schröder, Algebra der Relative. 4
[50]Zweite Vorlesung.
4)
| 1' = A : A + | 0' = A : B + A : C + A : D + … |
| + B : B + | + B : A + B : C + B : D + … |
| + C : C + | + C : A + C : B + C : D + … |
| + D : D + | + D : A + D : B + D : C + … |
| + … | + . . . . . . . . . . |
Ganz nebenher sei auch schon hier bemerkt, dass es freistehn wird,
die absoluten Moduln 1 und 0 als „etwas“ (resp. „etwas von“) — eine
Matrix von 1.
Matrix von 0.
Matrix von 1'.
Matrix von 0'.
Kategorie unter welche „Alles“ fällt — und „nichts“ (resp. „nichts von“)
zu deuten — übrigens sehr cum grano salis.
a ; 1 könnte also mit Worten beschrieben werden als a, zusammen-
gedacht mit (bei Peirce minder genau: „coexistent with“) irgend etwas. Etc.
Genaueres siehe im logischen Teile.
[51]§ 4. Matrix von Moduln, Element und Elementepaar.
Der relative Modul 1' aber kann als „einerlei, identisch mit“, „gleich“
oder „selbst“ (identical with), der 0' als „ein andres als“ (other than),
„ungleich mit“, „verschieden von“ gedeutet werden.
Kraft Festsetzung (8) des § 3 haben wir ferner noch:
5) i = i : A + i : B + i : C + i : D + …
und besteht hienach die Matrix des Elementes oder Individuums i des
Denkbereiches 11, wenn dasselbe als binäres Relativ aufgefasst, im
Denkbereiche 12 gedeutet wird, aus lauter leeren oder unbesetzten Zeilen
mit Ausnahme der einen mit i markirten Zeile, in der nun alle Stellen
mit Augen voll besetzt sein werden.
Die nebenstehende Figur stellt beispielsweise
die Matrix des Elementes D vor. — Die Matrix des
Elementepaars oder individuellen binären Rela-
tivs i : j trägt kraft Festsetzung (9) blos an
der einen Stelle, wo die ite Zeile sich mit der
jten Kolonne schneidet, ein Auge, während sie
überall sonst nur Leerstellen aufweist. Man könnte
sie füglich als „Einauge“ („Punkt“) charakteri-
siren. Wir überlassen es dem Leser sie sich zu veranschaulichen.
Umfasst der Denkbereich 11 eine begrenzte Menge, eine „Anzahl“
von Individuen i, so besteht die Matrix jedes binären Relativs aus
n × n = n2 Stellen, deren jede entweder mit 1 oder mit 0 besetzt zu
denken ist, d. h. leer sein oder aber ein Auge tragen wird.
Die Mannigfaltigkeit der alsdann möglichen oder denkbaren binären
Relative ist in solchem Falle ebenfalls eine endlich begrenzte, und zwar
ist die AnzahI dieser Relative, wie leicht zu sehen,
mithin 16 bei n = 2, ferner 512 bei n = 3 und 65536 bei n = 4, etc.
Umfasst dagegen der Denkbereich 11 eine unbegrenzte Menge von
Elementen i, so wird auch die Mannigfaltigkeit der möglichen binären
Relative eine unendlich grosse.
Die Begriffe: „endlich“, „Anzahl“, „unendlich“ und insbesondre „ein-
fach unendlich“ sowie „mehrfach unendlich“ werden ja systematisch erst
später einzuführen und strenge zu definiren sein. Doch muss behufs Be-
sprechung der geometrischen Veranschaulichung unsrer Relative vermittelst
ihrer Matrizen hier vorgreifend von diesen Begriffen schon ein populärer
Gebrauch gemacht werden.
Nur bei „einfach unendlichem“ Denkbereiche 11, d. h. populär ge-
sprochen: falls die natürlichen (oder auch die ganzen) Zahlen zur
Numerirung seiner Elemente ausreichen würden, genügen auch die
4*
[52]Zweite Vorlesung.
Gitterpunkte (eines unbegrenzt zu denkenden Blattes) von karrirtem
Papiere um die Matrixstellen aller binären Relative zu repräsentiren.
Das quadratische Schema der Matrix eines solchen Relativs, wie
wir es bei endlichem Denkbereiche hatten, degenerirt alsdann, indem
es mindestens nach rechts und unten unbegrenzt bleibt, in ein den
Winkelraum eines Rechten oder Quadranten erfüllendes Schema von in
Reihen geordneten Stellen, deren jede für sich entweder unbesetzt ist
oder ein Auge trägt. (Es kann jedoch auch dieses Schema nach links
und oben so fortgesetzt werden, dass es die ganze Ebene überdeckt.)
Bilden dagegen die Elemente des Denkbereiches 11 als eine mehr-
fach unendliche Mannigfaltigkeit etwa ein „Kontinuum“, so empfiehlt
es sich zumeist, diese Elemente den Punkten einer (begrenzten oder
unbegrenzten) geraden Linie eindeutig zugeordnet zu denken. Die Mög-
lichkeit solcher Zuordnung zu den Punkten einer geraden Linie oder
auch schon Strecke ist ja für jeden stetigen unendlichen wenn auch
mehrdimensionalen Denkbereich in der Georg Cantor’schen „Mannig-
faltigkeitslehre“ mathematisch bewiesen (so namentlich für alle Punkte
des Raumes). Doch mögen wir — davon absehend — sie hiernächst
einfach zur Voraussetzung erheben.
Ein hervorragendes Interesse wird somit jedenfalls die Supposition
beanspruchen dürfen, wo als Elemente (oder Repräsentanten der Ele-
mente) des Denkbereiches 11 die sämtlichen Punkte einer unbegrenzten
— sagen wir horizontalen — Geraden angesehen werden können, sodass
in dem ursprünglichen Denkbereiche das Element i irgend einen Punkt
dieser Geraden markirt.
Wir können alsdann in bekannter Weise auch die reellen Zahlen
zur Bestimmung unsrer Elemente i verwenden, die genannte Gerade
als die x-Axe eines rechtwinkligen Koordinatensystems in der Ebene hin-
stellen, deren positive Seite sich rechts von einem in ihr angenommenen
Ursprunge (oder Nullpunkte) befindet, und können von da die positive
y-Axe nach unten gehen lassen.
Für den Denkbereich der zweiten Ordnung, 12, wird alsdann jeder
Punkt der Koordinatenebene eine Matrixstelle repräsentiren und als
Träger zu dienen haben für den Koeffizienten eines ganz bestimmten
Elementepaares. Und zwar des Elementepaares i : j, wenn in ihm die
mit i (auf der y-Axe) markirte Horizontallinie oder Zeile zusammentrifft
mit der mit j (auf der x-Axe) markirten Kolonne — kurz wenn i als
Ordinate und j als Abszisse die rechtwinkligen Koordinaten des ge-
dachten Punktes sind.
Eine den Koeffizienten 1 tragende Matrixstelle wird als ein „Auge“
[53]§ 4. Geometrische Repräsentation der Relative.
fortan ein mittelst schwarzen Druckes hervorzuhebender Punkt sein,
wogegen eine den Koeffizienten 0 tragende Matrixstelle weiss, unbedruckt
zu bleiben hat. Die Augen der Matrix eines binären Relativs bilden
somit irgend eine Figur in der Koordinatenebene und umgekehrt wird
jede Figur in der Ebene — wie immer sie auch aus Punkten, Linien
(Kurven) und eventuell auch Flächen zusammengesetzt sei — sich
ansehen lassen als die Matrix eines (durch sie völlig bestimmten) binären
Relatives.
Die Theorie der binären Relative gewinnt bei dieser Veranschau-
lichungsweise den Reiz sich zu präsentiren als eine ganz eigentümliche
Form von
„analytischer Geometrie der Ebene“.
Wir werden sie kurz „die geometrische Repräsentation“ der Relative nennen.
Insbesondre wird nun die ganze schwarz bedruckte Ebene den
Modul 1, dieselbe, weiss oder unbedruckt gelassen, den Modul 0 reprä-
sentiren. Der Modul 1' ist (schwarz ausgezogen gedacht) die den
Koordinatenwinkel halbirende Gerade (deren Gleichung in der gewöhn-
lichen Darstellung y = x wäre), das ist die (eine) „Symmetriegerade“ der
beiden Koordinatenaxen, welche immer noch den Namen „Hauptdiago-
nale“ weiter führen mag. Der Modul 0' ist die ganze Aussenfläche
eben dieser Symmetriegeraden (d. h. sonst die ganze Ebene schwarz
bedruckt gedacht und nur die Hauptdiagonale weiss gelassen).
Das „Element“ i als binäres Relativ gedeutet ist Funktionskurve
einer konstanten Funktion, nämlich die im Abstand i zur x-Axe parallele
Gerade, als deren Gleichung gemeinhin y = i anzusetzen wäre.
Ein einzelner Punkt aber in der Ebene (auch wenn er auf der
x-Axe gelegen) repräsentirt — wenn schwarz bedruckt oder hervor-
gehoben gedacht — allemal jetzt (d. h. für den Denkbereich 12) ein
„individuelles binäres Relativ“ oder „Elementepaar“ i : j (und nicht mehr,
wie oben sub 11, ein Element i selber).
Dieser geometrischen Repräsentation der binären Relative durch
Punktsysteme („Gebiete“) in der Ebene ordnen offenbar auch die vor-
hergehenden Matrixdarstellungen (bei endlichem oder einfach unend-
lichem Denkbereiche) sich ein, indem sie eben nur einen Teil der ver-
fügbaren Koordinatenebene in Anspruch nehmen — sodass wir für alle
Fälle werden von der geometrischen Repräsentation reden und Gebrauch
machen können.
Interessant ist es z. B. sich zu vergegenwärtigen, welche Figur das
S. 45 sq. betrachtete Relativ „Teiler von-“ für unser Kontinuum bilden wird.
Der Begriff des Teilers ist ja in der That längst von den ganzen auch auf
[54]Zweite Vorlesung.
beliebige Zahlen ausgedehnt: a ist Teiler von b, sooft b/a eine ganze Zahl
ist. Darnach sieht man leicht, dass die Figur ein Büschel wird von unend-
lich vielen (voll ausgezogenen) diskreten Geraden (Doppelstrahlen), die vom
Ursprunge ausgehen und sich der x-Axe asymptotisch nähern — und zwar
symmetrisch zu beiden Seiten der y-Axe, welche selbst zu dem Büschel
gehört, wogegen die x-Axe frei bleibt. Es wäre nicht schwer auch „die
Gleichung“ dieser Geradenschar aufzustellen.
Im Anschluss an diese Betrachtungen müssen wir jetzt auch die
Frage beantworten, als welche Figuren — wenn die geometrische Re-
präsentation der binären Relative a und b bekannt ist — sich die
Resultate der sechs Spezies:
ā, ab, a + b, ă, a ; b, a ɟ b
nunmehr darstellen werden?
Es leuchtet sofort ein, dass die drei ersten von diesen Ausdrücken
die aus dem identischen Kalkul bekannte Bedeutung haben.
Das Negat ā von a hat ausschliesslich die Leerstellen von a mit
Augen besetzt; seine geometrische Repräsentation wird erhalten, indem
man in der Figur von a sozusagen schwarz und weiss vertauscht; die
Figur von ā ist die Aussenfigur derjenigen von a.
Das identische Produkt ab stellt sich geometrisch dar als der
Schnitt (Dedekind’s „Gemeinheit“) der Figuren a und b; es ist der
Inbegriff, die Gesamtheit der den Relativen a und b gemeinsamen Punkte
oder Augen. Man lasse also behufs Bildung von ab alle die Punkte
(Augen) weg, die blos dem einen oder blos dem andern der beiden
Relative a, b angehören. Die Matrix von ab enthält ausschliesslich
diejenigen Augen, welche dem Relativ a und dem Relativ b zugleich
angehören
— in bekannter Analogie mit dem grössten gemeinschaftlichen Divisor zweier
Zahlen, insofern ab das weiteste (umfassendste, ausgedehnteste, „grösste“,
augenreichste) Relativ sein wird, welches sowol in a als in b enthalten ist.
Die identische Summe a + b stellt sich geometrisch dar als die
Figur, das Punktsystem, zu welchem die Figuren von a und von b
einander gegenseitig ergänzen. Die Zeichnung zu dieser Figur wird
erhalten, indem man beide Figuren — die von a und die von b — in
die Ebene einträgt, die eine sozusagen über die andre hinweg druckend;
die doppelt bedruckten Stellen werden dabei gleichwie die blos einfach
bedruckten nur eben schlechtweg schwarz erscheinen. Die Matrix von
a + b umfasst ausschliesslich diejenigen Augen, welche dem Relativ a
oder dem Relativ b angehören.
[55]§ 4. Die Spezies in geometrischer Repräsentation.
In Analogie zu dem kleinsten gemeinschaftlichen Vielfachen zweier
Zahlen wird a + b das engste (mindestumfassende, „kleinste“, augenärmste)
Relativ sein, welches sowol a als b in sich enthält.
Besteht überhaupt zwischen zwei Relativen die Beziehung der Ein-
ordnung, ist a ⋹ b, so wird die Matrix von a Teil sein (echter Teil
oder das Ganze) von der Matrix von b. Die Figur von a liegt alsdann
ganz in der Figur, dem Punktsysteme von b, d. h. wirklich innerhalb
derselben, oder aber indem sie sich mit demselben deckt). M. a. W. Die
Figur von b enthält, begreift in sich die Figur von a.
Die geometrische Repräsentation des Konversen ă zu einem ge-
gebenen Relativ a wird ferner erhalten, indem man die Matrix, Figur
von a umklappt um die Hauptdiagonale, sodass von den beiden positiven
Axenrichtungen, der x- und der y-Axe, eine jede in diejenige Lage
kommt, welche zuvor die andre inne hatte. Dem Analysten ist das
Umklappen von Determinanten, dem Geometer die Vertauschung der
Koordinatenaxen ein längst geläufiger Prozess.
Mehr neu und unsrer Disziplin eigentümlich sind die Prozesse der
beiden relativen Knüpfungen, wenngleich auch sie in der Analysis schon
ein Präzedenz besitzen in Gestalt der „Zusammensetzung von Funk-
tionen“ — noch allgemeiner: in der Elimination einer Variabeln aus
zwei Gleichungen oder Ungleichungen. Diese Operationen sind auch
von verwickelterem Charakter wie die vorhergehenden. Um zu ent-
scheiden, ob das relative Produkt c = a ; b an
einer bestimmten Stelle, die dem Elementepaar
i : j entspricht (in der Sprache der analytischen
Geometrie: an der Stelle x = j, y = i) ein Auge
trägt oder nicht, hat man sich die Kolonne j des
Relativs b so über die Zeile i des Relativs a
umgelegt zu denken, dass das obere Ende, der
Fusspunkt jener Kolonne in der x-Axe auf den
linkseitigen Anfang oder Fusspunkt dieser Zeile
auf der y-Axe zu liegen kommt. Fallen dann
irgendwo zwei Augen zusammen, kommt nämlich ein Auge von a zur
Deckung mit einem Auge von b, indem eben beide in ihrer Reihe
(Zeile resp. Kolonne) die gleiche (hte) Stelle einnehmen, so ist ci j = 1,
d. h. c an der fraglichen Stelle mit einem Auge zu versehen, andern-
falles behält c daselbst eine Leerstelle.
[56]Zweite Vorlesung.
Bei dem gleichen Verfahren des Superponirens, Übereinanderlegens
wird die relative Summe d = a ɟ b immer und nur dann an der Stelle ij
ein Auge bekommen, wenn auf jede Stelle der iten Zeile ein Auge zu
liegen kommt — sei es ein solches von a allein, sei es eines nur
von b, sei es auch in Deckstellung ein Auge von a zusammen mit
einem Auge von b.
Für gewöhnlich wird man sich die gegebnen Relative in verschiedene
Blätter eintragen, weil bei Eintragung in das nämliche Blatt betreffs irgend
eines Auges zweifelhaft erschiene, ob es als ein Auge von a oder als ein
solches von b anzusehen ist. Bei Eintragung der Figuren von a und b in
einunddasselbe Blatt würde die Deutlichkeit erfordern, dass man die Augen
von a von denen von b etwa als Tupfen und Kreuze, am besten vielleicht
(als Tupfen) durch verschiedene Färbung unterscheide — wobei aus rot
und blau z. B. in Fällen der Deckung violett entstünde (sofern man nicht
vorzieht, die linke Hälfte des Tupfens alsdann rot, die rechte blau zu
zeichnen, oder auch die gefärbten Augentupfen des einen Relativs, die-
jenigen des andern an Grösse übertreffen zu lassen).
Bei solcher Eintragung liesse sich die Ermittelung des ci j und di j
dadurch gewinnen, dass man die Schenkel eines rechten Winkels h, h aus
der Anfangslage des Axensystems in Parallelbewegung mit seinem Scheitel
der Hauptdiagonale entlang (eventuell blos durch deren Gitterpunkte hin-
durch) führte. Nur wenn mindestens einmal diese Schenkel gleichzeitig
ein Auge treffen und zwar eines von a auf der iten Zeile, und eines von b
auf der jten Kolonne, nur dann wird ci j mit einem Auge zu versehen sein —
sobald dies jedoch für eine Lage unsres rechten Winkels erkannt ist,
braucht dessen Gleitbewegung nicht weiter fortgesetzt zu werden; alsdann
ist nämlich für das dieser Lage entsprechende h erkannt, dass ai hbh j = 1
ist und kann nach dem Abacus (3) das Hinzutreten noch weitrer Glieder
0 oder 1 in der Summe Σhai hbh j, als welche ci j = (a ; b)i j definirt ist, an
diesem Ergebniss nichts mehr ändern; die Summe muss = 1 sein, sobald
auch nur ein Glied derselben = 1 ist.
Dagegen wird di j = (a ɟ b)i j = Πh(ai h + bh j) = 1 also mit einem Auge
zu versehen sein, immer und nur dann, wenn für jede Lage des gleitenden
rechten Winkels (eventuell nur an den durch die Gitterpunkte der Haupt-
diagonale gebotenen Stationen) mindestens einer seiner beiden Schenkel
ein Auge trifft und zwar der vertikale Schenkel ein Auge des Relativs a
in dessen iter Zeile oder der horizontale Schenkel ein Auge von b in dessen
jter Kolonne. Versagt dies Kennzeichen für eine Lage des rechten Winkels
(nämlich auch nur für einen Gitterpunkt der Hauptdiagonale), indem beide
Schenkel auf den zugehörigen Fluchten kein solches Auge treffen, so
braucht diesmal wiederum die Gleitbewegung nicht weiter fortgesetzt zu
werden; alsdann ist nämlich erkannt, dass der eine Faktor ai h + bh j = 0 ist,
was das Verschwinden des ganzen Produktes bedingt, als welches di j
definirt wurde.
Übrigens ist anzuraten, dass der Studirende sich an Beispielen für
Denkbereiche von nur wenig Elementen darauf einübe, die relativen
[57]§ 4. Relative Knüpfung, an den Matrizes vollzogen.
Knüpfungen an durch ihre Matrizes gegebenen Relativen zu vollziehen. Den
Schematismus oder die Technik des Verfahrens sich anzueignen ist in der
That nicht schwer, und genügt es schon, dieselbe für einen Denkbereich 1 ⅓
aus drei Elementen zu erfassen: Bezeichnen wir in Gestalt von
die (Koeffizienten 1 vertretenden) Augen, sowie die (Nullkoeffizienten reprä-
sentirenden) Leerstellen der Matrix für den Augenblick mit chiffrirten Buch-
staben, so wird die Matrix des relativen Produktes nach folgendem Vor-
bilde erhalten:
und ist die Matrix von a ɟ b dual entsprechend zu bilden, sodass z. B.
(a1 + α1)(a2 + β1)(a3 + γ1) deren Anfangselement sein wird, u. s. w.
Darnach werden wir beispielsweise für
und mag man für letzteres die Probe machen, dass:
.
Allerdings wäre bei der Eintönigkeit des rein mechanischen Verfahrens
eine maschinelle Auṡführung desselben sehr zu wünschen — und wird
solche beim weitern Fortschreiten unsrer Disziplin auch sicherlich nicht
ausbleiben.
Nach alledem ist, wenn a und b zwei Figuren in der Koordinatenebene
bedeuten, auch die Figur vollkommen bestimmt, welche das Relativ a ; b,
desgleichen diejenige, welche das Relativ a ɟ b vorstellen wird.
Was ist nun z. B. eine Kreislinie „von“ einer Kreislinie, sowie eine
Kreisfläche „von“ einer Kreislinie, oder wiederum „von“ einer Kreisfläche (etc.)?
Herr Gustav Mie hatte die Güte, sich mit diesen Fragen zu beschäf-
tigen und veranschaulichen die Figuren 10 bis 17 für verschiedene nach
Lage und Grösse charakteristische Annahmen der beiden gegebenen Kreise
a, b die spezielleren Resultate seiner dankenswerten Untersuchung.
Bevor wir noch das zur nähern Erläuterung dieser Figuren Erforder-
liche sagen, wollen wir auch die allgemeineren Ergebnisse dieser Unter-
suchung — für den Mathematiker — statuiren.
Sind im rechtwinkligen Koordinatensystem der Ebene
y = f(x) und y = φ(x)
[58]Zweite Vorlesung.
die Gleichungen zweier Kurven, die wir mit den verwendeten Funktions-
buchstaben f und φ selbst kurz bezeichnen wollen, so ist
y = f{φ(x)},
mithin die Resultante der Elimination von h aus den beiden Gleichungen:
y = f(h), h = φ(x),
die Gleichung der Kurve, als welche sich uns das Relativ „f ; φ“, also
„f von φ“, darstellt.
Die zu einem relativen Produkte a ; b sich „zusammensetzenden“ Fak-
toren a = f, b = φ sind hier „Funktionen im Sinne der Mathematik“ und
das relative Produkt a ; b = f ; φ ist „die aus beiden zusammengesetzte Funk-
tion“ — das Wort „Funktion“ im gleichen Sinne genommen. Dieser Sinn
ist, nebenbei gesagt, ein etwas weiterer als derjenige, in welchem das Wort
„Funktion“ in unsrer Theorie späterhin zu gebrauchen sein wird, wo näm-
lich gelegentliche Undeutigkeit sowie Mehrdeutigkeit (der Zuordnung der
y-Werte zu den x-Werten) strengstens ausgeschlossen bleiben muss.
Sind — noch allgemeiner gesprochen —
Φ(x, y) = 0 und Ψ(x, y) = 0
die Gleichungen zweier Kurven, welche selbst wieder mit den gleichnamigen
Funktionsbuchstaben Φ und Ψ bezeichnet und unter den binären Relativen
a und b demnächst verstanden werden mögen, so wird die Gleichung der
als a ; b = Φ ; Ψ zu bezeichnenden Kurve einfach erhalten, indem man eine
Variable h aus den beiden als zusammenbestehend gedachten Gleichungen
Φ(h, y) = 0, Ψ(x, h) = 0
eliminirt.
Wird ferner für die eine oder für die andre der beiden Kurven (oder für
beide) die von ihr begrenzte Fläche genommen, als welche bekanntlich —
für die erstere sei es gesagt — diejenige gilt, deren Punkte x, y der Un-
gleichung Φ(x, y) \< 0 genügen, so braucht in dem vorstehend Gesagten
nur das betreffende Gleichheitszeichen durch das Zeichen \<, das Wort
„Gleichung, Kurve“ eventuell durch „Ungleichung, Fläche“ ersetzt zu werden.
Auch hat man das Zeichen ≦ (kleiner oder gleich) zu nehmen, falls das
zusammensetzende Relativ etwa die Fläche der Kurve mitsamt ihrer Um-
grenzung bedeuten soll.
Die Linie, welche man als „die eine Kurve (a) von der andern
Kurve (b)“ erhält, wird im Allgemeinen mit beitragen zur Begrenzung der
Fläche, welche sich bezüglich ergibt als die „Kurve a von der Fläche b“
resp. die „Fläche a von der Kurve b“ sowie die „Fläche a von der Fläche b“.
Bei der Anwendung auf die zwei Kreise
a) (x - α)2 + (y - β)2 - γ2 = 0, b) (x - δ)2 + (y - ε)2 - ζ2 = 0
ist jene Linie nun die Projektion auf die x, y-Ebene der Raumkurve
vierter Ordnung, in welcher sich die beiden Kreiszylinder mit zu einander
normalen Axen schneiden (das h als Applikate, z-Koordinate gedacht):
(h - α)2 + (y - β)2 - γ2 = 0, (x - δ)2 + (h - ε)2 - ζ2 = 0.
[59]§ 5. Ein Kreis von einem Kreise.
Wir haben nun
in den Figuren die
Kreisfläche a horizon-
tal, die b vertikal
schraffirt — jedoch
nicht die ganzen Kreis-
flächen, sondern nur
dasjenige Segment der-
selben, welches zu dem
relativen Produkte a ; b
bei der Konstruktion
desselben Punkte bei-
steuert. Es zeigt sich
nämlich, dass oft nicht
alle Teile der Figuren
a und b hierbei in
Verwendung kommen,
m. a. W. auf die Ge-
staltung des „a ; b“ von
Einfluss sind, viel-
mehr, ohne dass letz-
teres irgend anders
ausfällt, gewisse Seg-
mente von jedem Kreise
auch weggelassen wer-
den könnten.
Die „Kreislinie a
von der Kreislinie b“
ist nun die bei a ; b aus-
gezogen zu erblickende
Kurve vierter Ord-
nung, welche in Fig. 10
die Gestalt eines rund-
lichen Vierecks hat, bei
Fig. 11 und 12 ein, bei
13 zwei Paar einge-
drückte Seiten zeigt,
bei Figur 14 einen
Doppelpunkt besitzt
oder Schleifenform an-
nimmt, sich bei Fig. 15
in zwei geschlossene
Äste sondert, die in
16 (zusammenschrum-
pfend) zu offenen (ob-
zwar begrenzten) Hy-
perbelästen geworden
sind und bei Fig. 17
[60]Zweite Vorlesung.
in die Diagonalen des
Quadrates (als Asymp-
toten) degeneriren.
Die „Kreisfläche a
von der Kreislinie b“ ist
nun allemal der hori-
zontal (oder mindestens
auch horizontal) schraf-
firte Teil der in der
Figur mit a ; b bezeich-
neten Fläche.
Die „Kreislinie a von
der Kreisfläche b“ ist
der vertikal (oder min-
destens auch vertikal)
schraffirte Teil dieser
Fläche.
Endlich „die Kreis-
fläche a von der Kreis-
fläche b“ ist der über-
haupt (sei es horizontal,
sei es vertikal, sei es
doppelt) schraffirte Teil
besagter Fläche — z. B.
bei Fig. 13, 14, 15
das Rechteck mit nur
ganz wenig abgerunde-
ten Ecken, bei Fig. 16
das volle Rechteck.
Bei Fig. 10 fallen alle
drei Flächen in eine
zusammen, bei Fig. 11
und 12 fallen noch zwei
von den drei Flächen
in eine, nämlich die
erste mit der dritten zu-
sammen. Bei Fig. 17
haben wir nur die Schraf-
fur für „die Fläche a
von der Linie b“ ein-
getragen. Der Kreis b
(welcher voll in Betracht
kommt) und die beiden
leeren Zentridreiecke des
mit a ; b markirten Qua-
drates müssten, sym-
metrisch dazu, vertikal
schraffirt werden, um
[61]§ 4. Ein Kreis von einem Kreise.
auch „die Linie a von
der Fläche b“ zur Dar-
stellung zu bringen,
und das ganze Qua-
drat wird hier „die
Fläche a von der
Fläche b“ repräsen-
tiren.
Behufs Verdeut-
lichung des Konstruk-
tionsverfahrens und
um den Studirenden
in den Stand zu setzen,
auch selbst Kontrole
zu üben, haben wir
fast zum Überfluss*)
noch mit Fig. 18 für
zwei aufs Gerathewohl
angenommene Kurven
a und b die Konstruk-
tion von irgend einem
Punkte ihres relativen
Produktes a ; b veran-
schaulicht, womit sich
bei denselben Hülfs-
linien noch drei weitre
Punkte von letzterm
— im Ganzen vier
Punkte des a ; b — zu-
gleich ergaben.
Durch einen be-
liebigen (im Abstand h
von beiden Axen be-
findlichen) Punkt der
Hauptdiagonale 1' sind
(vertikal resp. hori-
zontal) Parallelen zu
den Axen gezogen,
[62]Zweite Vorlesung.
welche Punkte der
Figuren a und (resp.) b
enthalten, mit letztern
zum Schnitt kommen.
Wo die Projizirenden
dieser Schnittpunkte
zusammentreffen, muss
man Punkte des ge-
suchten Relativs a ; b
haben.
Ist nämlich*)y = i,
x = h — gemeinhin
(analytisch - geome-
trisch) gesprochen —
ein Punkt von a, so hat
die Matrix dieses Re-
lativs an der Schnitt-
stelle der iten (ge-
nauer: der mit i mar-
kirten) Zeile und hten
Kolonne ein Auge, wel-
ches in unsrer Theorie
als die Matrix des
individuellen Relativs
i : h zu bezeichnen wäre;
letzteres Elementepaar
gehört dem Relative a
an, und es ist ai h = 1.
Ist ebenso y = h,
x = j ein Punkt von b,
so hat die Matrix von b
an der Schnittstelle der
hten Zeile mit der jten
Kolonne ein Auge, ge-
hört das individuelle
Relativ oder Elemente-
paar h : j dem Rela-
tive b an und ist
bh j = 1.
Dann ist aber auch
ai hbh j = 1 und um so
mehr ci j = (a ; b)i j =
= Σhai hbh j = 1, d. h.
es trägt das Relativ
c = a ; b auch an der
Schnittstelle der iten
[63]§ 4. Ein Kreis von einem Kreise.
Zeile mit der jten Kolonne ein Auge oder gehört der Punkt y = i, x = j
der Figur a ; b an.
Imgrunde ist, wie man sieht, nur die in der Geometrie übliche Be-
zeichnung y = i, x = j eines Punktes der Koordinatenebene für unsre
Zwecke durch die Bezeichnung
i : j zu ersetzen! Hält man
sich nur dieses gegenwärtig, so
wird man darnach auch das
Vorhergehende alles leicht zu
verstehen und zu rechtfertigen
imstande sein.
Die nämlichen Figuren
werden — kraft einer in § 6
unter C) folgenden Bemerkung
— auch geeignet erscheinen die
Konstruktion und Beschaffen-
heit einer relativen Summe
a ɟ b zu illustriren, wofern
man nur anstatt der Figuren
a, b und a ; b deren „Aussen-
figuren“ oder Ergänzungen zur
ganzen Ebene, Negate in’s Auge
fasst.
Ich habe vorstehenden Sei-
tenblick in die analytische Geo-
metrie gewagt, um auch bei dem Mathematiker um Interesse für unsre
Disziplin zu werben.
Zugunsten etwaiger in die Algebra der Relative einzuflechtender
Illustrationen und Exemplifikationen, sei — deren Logik vorgreifend —
hier auch noch angeführt:
Die Subsumtion a ⋹ b zwischen binären Relativen wird sich in
Worten wiedergeben lassen mit: „alle a von- (scilicet etwas) sind auch
b von- (sc. ebendiesem etwas)“, oder m. a. W. „jedes a von- ist ein
b von-“.
Es bedeute etwa a (= amans) Liebender von- (lover of) und
b (= benefactor) Wohlthäter von-.
So stellt das Negat ā den relativen Begriff vor: „Nicht-Liebender
von-“, das Konverse ă den: „Geliebter (Geliebte, Geliebtes) von-“.
Dass man im Deutschen nichts geschlechtlos, ohne ein bestimmtes
genus sagen kann ist für unsre Disziplin sehr hinderlich und begründet
einen grossen Vorzug des Englischen, wo einfach „lover“ eintritt für
„der, die oder das Liebende“. Auch können wir im Deutschen für b̆ (bene-
fitted by-) nicht „bewohlthatet von-“ sagen sondern müssen zu der Um-
[64]Zweite Vorlesung.
schreibung „Empfänger oder Empfängerin von Wohlthaten seitens-“ unsre
Zuflucht nehmen, u. s. w.
Um nicht zu übergrosser Weitläufigkeit gezwungen zu sein kann ich
nur die Bitte an den Leser richten (sofern nicht ausdrücklich das Gegen-
teil stipulirt wird) das Genus in welchem ein relativer Name eingeführt
wird, allemal ignoriren zu wollen.
Ferner bedeutet nun das identische Produkt ab alles was zugleich
Liebender und Wohlthäter ist von- (sc. jemand), die identische Summe
a + b: was Liebender oder Wohlthäter (eventuell beides) ist von-.
Dagegen wird das relative Produkt a ; b zu interpretiren sein als
„Liebender von einem Wohlthäter von-“, und die relative Summe a ɟ b
als „Liebender von allen ausser Wohlthätern von-“, womit indessen
gänzlich offen gelassen (in keiner Weise präjudizirt) sein soll, ob er
etwa auch solche Wohlthäter liebe, oder nicht. Wir werden in unsrer
Disziplin fein unterscheiden müssen zwischen den Partikeln „ausser“
(englisch: but, save?, besides?) und „ausgenommen“ (englisch: excepting).
Sagen wir von den Personen, Menschen auf einem untergegangenen
Schiffe: „Alle wurden gerettet mit Ausnahme der Besatzung“, so wurden
blos die Passagiere gerettet und die Mannschaft ist umgekommen, sagen
wir dagegen: „alle Personen ausser der Besatzung sind gerettet“, so steht
zwar fest, dass die Passagiere gerettet sind; von der Besatzung aber will
ganz und gar nichts ausgesagt sein; vielleicht ist sie untergegangen, viel-
leicht schwebt sie noch in Lebensgefahr, wird teilweise oder ganz (eben-
falls) noch gerettet.
Von grösster Wichtigkeit für das richtige Erfassen unsrer Theorie
ist es nunmehr, dass der Leser, bevor er in dieselbe eintritt, folgendes
beachte.
Alle Sätze der Algebra der Relative dürfen eine „dreifache Evi-
denz“ beanspruchen.
In dreierlei Sinne — schon nach den bisherigen Ausführungen —
mögen wir von „einer Evidenz“ derselben reden; auf drei grundver-
schiednen Wegen können wir sie einleuchtend finden, je nachdem wir
zum Ausgangspunkt nehmen: die in § 3 aufgestellten fundamentalen
Festsetzungen, oder aber: die geometrische Repräsentation der Relative
und der mit ihnen zu vollziehenden Operationen, wie wir sie oben
an die Betrachtung der Matrix knüpften, oder endlich: die verbale
Interpretation der Relativsymbole, ihre Wiedergabe durch relative
Namen der Wortsprache zu Zwecken der angewandten Logik — wie
wir sie zuletzt, soeben, und vorgreifend, angedeutet.
Kurz, wenn auch nicht vollkommen erschöpfend, will ich diese
dreierlei Evidenzen als die analytische, die geometrische und die rheto-
[65]§ 4. Dreifache, analytisch-geometrisch-rhetorische Evidenz.
rische Evidenz bezeichnen. Die Reinheit der Methode wird jedenfalls
erheischen, dass wir dieselben unvermengt lassen, ja dass wir eine von
ihnen — bei der Algebra die erste — bevorzugen und sie allein alle
wesentlichen Schlüsse beherrschen lassen.
Die erste, die „analytische“ Evidenz ist zu erzielen durch den streng
deduktiven „Beweis“ der Formeln oder Sätze unsrer Theorie aus ihrer
in § 3 gegebnen formalen Grundlage. Es wird von jeder Formel gezeigt,
dass sie in jenen Konventionen bereits als eine Konsequenz derselben
enthalten und durch sie denknotwendig mitgegeben ist. Und zwar ist
solcher Nachweis rechnerisch zu führen, indem man bei jedem Schritte
sich bewusst wird, nach welchem Schema des Aussagenkalkuls derselbe
vor sich geht, das ist also: durch welche Gesetze der allgemeinen
Logik dieser Schritt legitimirt wird. Für die Natur dieser Evidenz
und die Art und Weise ihrer Erlangung werden die folgenden Vor-
lesungen reichlichste Illustration liefern. Man könnte unzweideutig sie
auch als die „Koeffizienten-Evidenz“ kennzeichnen, weil in den funda-
mentalen Konventionen die Erzeugnisse der 6 Spezies je als ein Re-
lativ doch nur erklärt erscheinen vermittelst Definition seines allge-
meinen Koeffizienten — weshalb bei allen Beweisen unmittelbar oder
mittelbar auf diese Koeffizienten muss zurückgegangen werden.
Diese analytische Evidenz also werden wir in der Theorie aus-
schliesslich gelten lassen, und ein Satz der Algebra der Relative darf
nicht als sichergestellt anerkannt werden, solange er nicht auf diesem
Wege „erwiesen“ ist.
Man kann nun aber zweitens auch die Beziehungen und Knüpfungen
zwischen Relativen — ingestalt etwa einer Vergleichung durch men-
tales Superponiren, zum-Schnitt-Bringen, Zusammenfügen und Tren-
nen ihrer Raumbilder sowie eventuell mittelst gesetzmässigen Ver-
flechtens der Augenreihen ihrer Matrizes — mit der „geometrischen“
Anschauung bewerkstelligen resp. verfolgen und begleiten.
So sieht man z. B. im Hinblick auf die Figuren 4 bis 7 augenblick-
lich, dass 1' · 0' = 0 und 1' + 0' = 1 ist, die beiden relativen Moduln also
disjunkt sind und einander zum ganzen Denkbereiche 12 ergänzen, dass
sie m. a. W. Negate von einander sind.
Oder — um noch durch ein andres Beispiel die „geometrische Evi-
denz“ zu illustriren — so wird es — nachdem bereits erkannt ist, dass
das Relativ „a ; 1“ aus einem Relativ a immer erhalten wird, indem man
des letzteren überhaupt mit (einem oder mehrern) Augen besetzte Zeilen
in lauter vollbesetzte oder Vollzeilen verwandelt — geometrisch unmittel-
bar einleuchten, dass:
(a = 0) = (a ; 1 = 0) und (a ≠ 0) = (a ; 1 ≠ 0)
Schröder, Algebra der Relative. 5
[66]Zweite Vorlesung.
ist, d. h. dass Verschwinden oder Nichtverschwinden von a und von a ; 1
einander gegenseitig bedingen.
Ebenso ist dann klar, dass a ⋹ a ; 1 sein muss, und andres mehr
— wie wir denn auch die Sätze des identischen Kalkuls für die Figuren
oder Punktsysteme, die unsre Relative geometrisch repräsentiren, schon in
Bd. 1 so als unmittelbar einleuchtende erkannten.
Wennschon sie (hier wie dort) beim Aufbau der Theorie nicht
wesentlich soll benutzt werden dürfen, ist die geometrische Evidenz
jedoch als ein bequemes und fruchtbares Mittel zur Entdeckung
von Sätzen nicht zu verachten; auch liefert sie höchst schätzbare
Kontrolen und erleichtert das Behalten mancher Sätze. Derselben
wird darum ganz besondre Aufmerksamkeit in der Theorie zu widmen
sein; ja die letztere wird eine Tendenz rechtfertigen, die Koeffizienten-
evidenz nach und nach in analytisch wohlbegründeter Weise durch die
geometrische Evidenz „ablösen“ zu lassen.
Die dritte Art von Evidenz, die rhetorische, ist die im gewöhn-
lichen Denken wirksame. Wir empfinden sie, werden ihrer gewahr,
sobald wir auf Relative von spezieller Natur, wie l = lover = Lie-
bender (von-), b = benefactor = Wohlthäter (von-), s = servant =
Dienender (von-) jene allgemeinen Relative, die als Buchstaben in unsern
Formeln auftreten, — mit Peirce — exemplifiziren.
Jedermann wird z. B. unmittelbar einleuchtend den Satz finden: Der
Liebende eines Wohlthäters (von-), der zugleich ein Dienender ist (von je-
mand), ist Liebender eines Wohtthäters (von-) und zugleich auch Liebender
eines Dienenden (von diesem jemand) — wie ihn [blos etwas kürzer und
wenn man will auch allgemeiner] die Formel ausspricht:
l ; (bs) ⋹ (l ; b)(l ; s).
Niemand wird sich sträuben, den Satz von genannten Relativen spe-
zieller Natur auch auf irgend welche andre sei es relative, sei es selbst
absolute Terme auszudehnen und darin ein Prinzip anzuerkennen, welches
unser gesamtes Denken als eine Selbstverständlichkeit beherrscht. Ist doch
auch das Bild eines verstorbenen Freundes gewisslich Bild eines Verstor-
benen und auch Bild eines Freundes, der Käufer eines teuern Pferdes zu-
gleich Käufer von etwas Teuerm und Käufer eines Pferdes, u. s. w.
Auch allgemein wird:
a ; (bc) ⋹ (a ; b)(a ; c)
sein müssen.
Sobald man sich ein wenig mit dem Übersetzen aus der Zeichen-
sprache in die Wortsprache vertraut gemacht hat, lassen so in der
That die einfachern Formeln unsrer Theorie einen hohen Grad von
unmittelbarer Intuitivität nicht verkennen.
[67]§ 4. Über die axiomatischen Grundlagen.
Die Logik, wenn sie — ebenso für relative wie für absolute Begriffe —
die Methoden und Schemata des Folgerns und Schliessens entwickeln will,
kann natürlich nicht umhin darnach zu streben, dass sie auch möglichst
vollständig registrire und schematisire: die apriorischen, selbstverständlichen,
identischen, analytischen oder nichtssagenden Urteile oder „Wahrheiten“ als
diejenigen, auf welche bei jeglichem Schliessen jederzeit Berufung erfolgen kann.
Wer aber auf solche Evidenz beim Aufbau unsrer Theorie sich
berufen wollte, der würde sich bald zur Anerkennung einer ganz über-
grossen Menge von eigenartigen „Prinzipien“ genötigt sehen und die
Klage des Herrn Venn1p. 400 sq. gerechtfertigt erscheinen lassen:
dass an Stelle des einen „simple and uniform set of rules“, des so
einfachen Systems von Grundsätzen der alten Logik, wir beim Eintritt
in die Logik der Relative uns sogleich vor eine verblüffend grosse
und verwirrende Mannigfaltigkeit von solchen gestellt sehen (are intro-
duced into a most perplexing variety of them).
Neben oder ausser den in § 3 zusammengestellten fundamentalen
Konventionen bedürfen wir in der That in der Theorie keines weiteren
„Prinzipes“. Und wenn die Frage aufgeworfen wird nach den axioma-
tischen Grundlagen unsrer Disziplin der Algebra und Logik der Rela-
tive, so kann ich Herrn Peirce beipflichten, der sich über diese Frage
am Schlusse von 2 ausspricht. Die Grundlagen sind vom selben Range,
sind keine andern, als wie die bekannten „Prinzipien“ der allgemeinen
Logik. Im Gegensatz zur Geometrie bedürfen Logik und Arithmetik
keiner eigentlichen „Axiome“.
Um nicht missverstanden zu werden, muss ich einschalten: Freilich
kann auch die Geometrie betrachtet werden lediglich unter dem formalen
Gesichtspunkte der Folgerichtigkeit ihres Lehrgebäudes. Natürlich können
deren sogenannte Axiome auch hingestellt werden als blosse Annahmen,
vielleicht ganz willkürliche Assumtionen, um deren Erfülltsein, Gültigkeit,
Wahrheit in irgend einem Denkbereiche man sich absolut nicht kümmert,
man sich enthält, im Geringsten etwas zu behaupten. Die geometrischen
Sätze werden alsdann blos relative Wahrheit beanspruchen dürfen, werden
immer nur zuzugeben sein, soferne eben jene Voraussetzungen zutreffen.
Gemeinhin, und meines Erachtens mit Recht geschieht aber dergleichen
nicht. Die geometrischen Axiome werden vielmehr gelehrt, hingestellt und
angenommen mit dem Anspruche auf reale Geltung, Wahrheit, sei es für
unsre subjektive Raumanschauung sei es für das derselben objektiv zu-
grunde liegend gedachte Wirkliche. Und diese Axiome sind keineswegs
analytische oder nichtssagende Urteile; mögen sie auch zufolge der Be-
schaffenheit, Natur unsres räumlichen Anschauungsvermögens „psychologisch
denknotwendig“ genannt werden, so kommt ihnen doch keine Denknot-
wendigkeit im logischen Sinne zu, und die Geometrie ist mehr als ein
blosser Zweig der Logik; sie ist das elementarste Glied in der grossen
Reihe der physikalischen Wissenschaften. Anders die Arithmetik.
5*
[68]Zweite Vorlesung.
Ich habe mich darum schon in Bd. 1 enthalten für die bei dem
dortigen Lehrgange benötigten „Prinzipien“ den Namen „Axiome“ zu
gebrauchen. Und jene „Prinzipien“ sind blos verkappte Definitionen
— „are mere substitutes for definitions of the universal logical rela-
tions“. Soweit die allgemeinen logischen Beziehungen definirt zu
werden vermögen — sagt Peirce mit Recht — kann man ohne irgend
welche „Prinzipien“ in der Logik auskommen (all axioms may be dis-
pensed with). Diese Auffassung wird denke ich in dem nachfolgenden
Lehrgebäude noch weitre Bekräftigung finden.
Besonders wird die Thatsache der Führbarkeit des da geführten Be-
weises für das volle Distributionsgesetz in dieser Hinsicht lehrreich sein.
Um nun also nochmals auf unsre drei Evidenzen zurückzukommen,
so darf in der Theorie an die beiden letzten nicht wesentlich appellirt
werden und sind dieselben höchstens zur Illustration der Sätze heran-
zuziehen.
Während bei den einfachern Sätzen die zweite und dritte Evidenz
leichtlich die erste überflügelt, ihr nur allzugerne vorauseilt, bleibt
bei fast allen verwickelteren Untersuchungen namentlich die dritte
Evidenz weit — nicht selten hoffnungslos — hinter der ersten zurück,
sieht man sich schliesslich auf die Evidentmachung mittelst penibel
deduktiven Beweises allein angewiesen oder erfordert wenigstens die
Herbeiführung auch der beiden andern Evidenzen für den Ungeübten
einen nicht geringen Aufwand von „Kopfzerbrechen“.
§ 5. Haushalt mit Klammern.
Bevor wir in die so mannigfaltigen Sätze oder Formeln der Theorie
eintreten, haben wir endlich noch Vereinbarungen zu treffen, die auf
einen möglichst sparsamen Haushalt mit Klammern abzielen. Bei Ver-
wirklichung solcher höchst begehrenswerten Ökonomie mit genanntem
Element der Zeichensprache, mit den Parenthesen, wird eine gründ-
liche Vertrautheit mit den darauf bezüglichen Vereinbarungen uner-
lässlich sein zum richtigen Verständniss der Ausdrücke, welche in ver-
wickelteren Formeln auftreten.
Bereits haben wir die sechs Spezies in zwei „Hauptstufen“ ein-
geteilt, als deren erste die identische, als deren zweite die relative
bezeichnet wurde. Daneben und unabhängig davon empfiehlt es sich
aber, noch gewisse Rangordnungsverhältnisse oder „Stufen“folgen zwi-
schen diesen Spezies festzusetzen.
Was zunächst die vier knüpfenden von den sechs Spezies betrifft,
so sollen die beiden Multiplikationen (in Analogie zur Arithmetik) für
[69]§ 5. Haushalt mit Klammern.
„von höherer Stufe“ gelten als wie die beiden Additionen. Von den „gleich-
namigen“ Operationen aber, d. h. von den beiden Multiplikationen resp.
von den beiden Additionen, soll immer die relative für von der höheren
Stufe gelten (von höherer somit als wie die identische).
Darnach kommt der identischen Addition die erste, der relativen
Addition die zweite, der identischen Multiplikation die dritte und der
relativen Multiplikation die vierte „Stufe“ zu.
Das richtige Verstehen, die korrekte Deutung aller erdenklichen
mittelst dieser Operationen aufzubauenden Ausdrücke wird alsdann
garantirt sein durch durch die folgende(n beiden) aus der Arithmetik
einfach herüberzunehmende(n) Konvention(en).
Erste Konvention. Kommen Operationen derselben Stufe auf der
Zeile zusammen ohne dass durch Klammern die Reihenfolge von deren
Ausführung ausdrücklich vorgeschrieben wäre, so hat man sich dieselben
successive oder „fortschreitend“ ausgeführt zu denken in der Reihenfolge,
in der man beim Lesen von links nach rechts auf deren Knüpfungs-
zeichen stösst.
Diese Konvention war zwar noch in § 23 des Bd. 1 von Belang, indem
sie z. B. den Ausdruck a - b + c, = (a - b) + c gebührend schied von
dem nicht damit zu verwechselnden a - (b + c), bei welchem darnach die
Klammer nicht unterdrückt werden durfte.
Hier jedoch, in unsrer Theorie der Relative, wird diese Konvention
zu einer schliesslich belanglosen zufolge der erweislichen Assoziativität
unsrer sämtlichen knüpfenden Spezies, derzufolge
a + b + c = (a + b) + c von a + (b + c), abc = (ab)c von a(bc)
a ɟ b ɟ c = (a ɟ b) ɟ c von a ɟ (b ɟ c), a ; b ; c = (a ; b) ; c von a ; (b ; c)
ohnehin nicht unterschieden zu werden braucht — vergleiche auch Bd. 1
Anhang 2. Wesentlich bleibt nur die
Zweite Konvention. Kommen Operationen verschiedener Stufe
zusammen ohne dass durch Klammern die Reihenfolge von deren Aus-
führung ausdrücklich vorgeschrieben wäre, so hat man sich allemal die
Operation der höheren Stufe zuerst ausgeführt zu denken.
Hienach wird zum Unterschied von — im Kontrast mit — dem
rechts entgegengestellten Ausdrucke, bei welchem die Klammer niemals
weggelassen werden darf, bedeuten:
| a + bc = a + (bc) entgegen (a + b)c | ab + c = (ab) + c entgegen a(b + c) |
| a + b ɟ c = a + (b ɟ c) „ (a + b) ɟ c | a ɟ b + c = (a ɟ b) + c „ a ɟ (b + c) |
| a + b ; c = a + (b ; c) „ (a + b) ; c | a ; b + c = (a ; b) + c „ a ; (b + c) |
| a ɟ bc = a ɟ (bc) „ (a ɟ b)c | ab ɟ c = (ab) ɟ c „ a(b ɟ c) |
| a ɟ b ; c = a ɟ (b ; c) „ (a ɟ b) ; c | a ; b ɟ c = (a ; b) ɟ c „ a ; (b ɟ c) |
| a · b ; c = a(b ; c) „ (a · b) ; c | a ; b · c = (a ; b)c „ a ; (b · c). |
Eine gewisse Härte zeigt die rigorose Durchführung dieses Prin-
zips (nur) da, wo die beiden Multiplikationen konkurriren, sofern von
diesen die identische (wie zumeist üblich) ohne Knüpfungszeichen ge-
schrieben ist: In Fällen wie ab ; c, a ; bc, ab ; cd wird man sich näm-
lich versucht fühlen, die näher beisammen stehenden Buchstaben für zu-
nächst zusammengehörig zu halten, was zu einem Widerspruch mit
obiger Übereinkunft führen würde. Diesem Gefühle dürfte es ratsam
sein auch Rechnung zu tragen, und wir thun dies zunächst, indem wir
für den genannten Fall die Geltung der Konvention an die Bedingung
knüpfen, dass für die identische Multiplikation der Punkt als Malzeichen
ausdrücklich Verwendung gefunden habe.
Hiernach haben wir das vorstehende Tableau noch zu ergänzen
durch den gleichsam eine „Ausnahme“ statuirenden Zusatz zu seiner
letzten Zeile:
| ab ; c = (ab) ; c entgegen a(b ; c) | a ; bc = a ; (bc) entgegen (a ; b) c. |
Von der „Ausnahme“ aber wird man am besten die Konvention
selbst entlasten, indem man sich etwa einprägt: Nur wo sie des Mal-
zeichens entbehrt, stellt die identische Multiplikation sich über die relative,
geht ihr voran.
Beispielsweise noch wird also bedeuten:
.
Ferner fügen wir als Interpretirübung an:
.
Bei einiger Übung wird man bald wahrnehmen, dass jeder Aus-
druck nur eine sparsamste Schreibung zulässt und dass man nicht etwa
unter verschiedenen gleich einfachen „einfachsten“ Schreibungen eines
solchen jemals die Wahl haben kann. Durch unsre Konventionen er-
weist sich die beste Darstellung eines Ausdrucks als eine in jedem
Falle unzweifelhaft bestimmte.
In dieser Hinsicht ist namentlich hervorzuheben, dass, weil der Punkt
doch ein einfacheres Zeichen ist, wie die Klammer, für einen Ausdruck
[71]§ 5. Haushalt mit Klammern.
von der Form a(b ; c), wenn derselbe für sich steht, besser gesagt wird:
a · b ; c. Wenn dagegen dieser Ausdruck selber noch eingeklammert werden
müsste, wie z. B. in (a · b ; c) ; d, so würde besser wieder die vorige Schrei-
bung für ihn eintreten, indem die Darstellung a(b ; c) ; d sich als (um den
Punkt) sparsamer erweist!
Unterdrückt darf hienach die Klammer welche einen Ausdruck
einschliesst nur dann werden, wenn die „innere“ Operation, d. h. die-
jenige aus welcher der eingeklammerte Ausdruck zuletzt hervorgegangen
ist, nicht von niedrigerer Stufe ist wie die „äussere“ Operation, d. h.
die Spezies durch welche der Ausdruck mit einem andern Term (oder
andern Termen) verbunden erscheint. —
Die nicht knüpfenden von unsern 6 Grundoperationen — die Ne-
gation nämlich beim Gebrauch des horizontal übergesetzten Negations-
striches, sowie die Konversion — brauchen in die Vereinbarung nicht
einbezogen zu werden, weil das als Strich oder Ringelchen übergesetzte
Zeichen als vinculum schon eine Klammer ersetzt.
Beim Gebrauch des vertikalen Negationsstriches aber brauchte man
nur die Negation als „von der höchsten Stufe“ hinzustellen um unsre zweite
Konversion auch auf sie mit auszudehnen — wonach denn (in erster Zeile
wie vordem) gelten würde:
| a + b1 = a + (b1) entgegen (a + b)1 | ab1 = a(b1) entgegen (ab)1 |
| a ɟ b1 = a ɟ (b1) „ (a ɟ b)1 | a ; b1 = a ; (b1) „ (a ; b)1. |
Ähnliches wäre bezüglich der Suffixe 0, 00, 1, 11 zu sagen, durch
deren Anhängung wir späterhin noch die Operation der „Ketten-“, „Bild-
ketten-“ etc. Bildung anzeigen. Diese letztern müssen den knüpfenden
Operationen gegenüber als von der höheren Stufe gelten, sodass wir bei-
spielsweise haben werden:
| a + b0 = a + (b0) entgegen (a + b)0 | ab00 = a(b00) entgegen (ab)00 |
etc.
Ihnen dagegen sollen die mit horizontal übergesetztem Striche resp.
Hyphen angedeuteten Operationen der Negation und Konversion ihrerseits
vorgehen, sodass uns gelten wird:
ā0 = (ā)0 entgegen (a0͞), ă00 = (ă)00 entgegen (a00)͝,
desgleichen ā̆0 = (ā̆)0 entgegen (a0)͞͝. Etc.
Dies motivirt sich später dadurch: weil man die Operationen „strich“,
„konvers“ oder „strichkonvers“ an der a-Kette resp. a-Bildkette etc. ohne-
hin wird „ausführen“ können, sodass die hinter „entgegen“ angeführten
unbequem zu druckenden Symbole gar nicht werden endgültig vorzukommen
brauchen.
[72]Zweite Vorlesung.
Endlich aber müssen wir uns noch über den Klammerngebrauch
da, wo Π und Σ-zeichen mitspielen, verständigen.
Unmittelbar hinter jedem dieser Zeichen steht der „allgemeine Term“
(allgemeine Faktor resp. das allgemeine Glied), auf welchen das Zeichen
Π resp. Σ sich beziehen, den es beherrschen, regiren soll.
Wo der Name dieses allgemeinen Terms anfängt, darüber kann
hienach kein Zweifel bestehen, es frägt sich aber wo dieser Name je-
weils aufhört, m. a. W. bis wie weit nach rechts hin die Herrschaft
unsres Zeichens reichen, sich erstrecken soll?
Letzteres ist im Allgemeinen durch den Usus in der Mathematik
(dem wir uns, wo er ausschlaggebend, anschliessen) bereits geregelt. Gleich-
wohl müssen wir für unsre Disziplin (im Hinblick auf die ihr eigentüm-
lichen Spezies und Schreibweisen) es nochmals und sorgfältiger resp. voll-
ständiger statuiren.
Im allgemeinen Term selbst können — ebenso wie Relativ-Koeffi-
zienten — hier auch Aussagen auftreten, welche z. B. als „spezifizirte“
eines Umfangsbeziehungszeichens, wie ⋹, =, ⊂, ≠, ∉, zu ihrer Dar-
stellung benötigen und sich dessen bedienen. In solchem Falle muss
dies Beziehungszeichen stets von einer Klammer mittelbar umschlossen
sein, welche hinter dem Π resp. Σ anhebt und schliesst. Wir nennen
solches Beziehungszeichen (hinsichtlich unsers Π oder Σ) ein „gebun-
denes“ — im Gegensatz zum „freien“ Zeichen einer Umfangsbeziehung.
Als „frei“ (ev. inbezug auf unser Π resp. Σ) wird (solch) ein
(Beziehungs-)Zeichen zu bezeichnen sein, wenn es entweder überhaupt
nicht von einer Klammer (mittelbar) umschlossen ist, oder doch nur
von solchen Klammern, welche unser Π resp. Σ-zeichen selber mitent-
halten, in sich fassen, mittelbar umschliessen.
Beispielsweise ist in den Ausdrücken:
Π(a⋹b) = c, {Σ(a⋹b) = c}d
das Einordnungszeichen ein gebundenes, das Gleichheitszeichen ein freies
hinsichtlich des Π oder Σ, das linkerhand ein freies schlechtweg.
Keinesfalls soll nun die Herrschaft eines Π oder Σ-zeichens über
das ihm als nächstes folgende freie Umfangsbeziehungszeichen (Ver-
gleichungszeichen) hinüberreichen.
Was die gebundenen betrifft, so gehören diese jeweils entweder
einem als Faktor, oder als Summand — wenn nicht als Negand —
auftretenden „Aussagenterm“ an, und werden solche Aussagenterme
mit den übrigen Operationsgliedern auf einer Linie stehen, sodass wir
uns bei den ferneren Konventionen um die etwaigen Umfangsbeziehungs-
zeichen als solche nicht weiter zu kümmern brauchen, und nur mehr
[73]§ 5. Haushalt mit Klammern.
noch die Frage zu erledigen bleibt, welche Operationen der Herrschaft
unsres Π oder Σ Halt gebieten.
Letzteres wird im Grossen und Ganzen durch den Hinweis darauf
zu erledigen sein, dass unser Π stets eine identische Multiplikation,
das Σ eine identische Addition vorzuschreiben hatte, wonach die Rang-
ordnung oder Stufenfolge, wie sie im Vorangegangenen zwischen den
vier knüpfenden Operationen festgesetzt wurde, implicite auch schon
mitgeordnet erscheint für die mittelst Π und Σ anzudeutenden Ope-
rationen.
Hienach muss in der That schon bedeuten:
.
Ein Zweifel kann nur noch obwalten und wird darum eine Über-
einkunft erforderlich in folgenden Fällen:
Erstens, wenn identisches Produktiren mittelst Π zusammentrifft
mit relativer Multiplikation, und zwar aus dem Grunde, weil es (im
Hinblick auf die oben statuirte „Ausnahme“) zunächst noch nicht aus-
gemacht ist, ob man das Πa ebenso wie ein a · b nach der allgemeinen
Vorschrift, oder ob man es wie ein ab unter dem Gesichtspunkt der
Ausnahme behandeln wolle. Indem wir uns für ersteres entscheiden,
so gilt uns:
Πa ; b = Π(a ; b) entgegen (Πa) ; b.
Zweitens, wenn identisches Produktiren mit Π zusammentrifft mit
identischem Multipliziren (ohne Π, also mit dem oder ohne das Mal-
zeichen.). Hier gelte:
Πa · b = Π(a · b), Πab = Π(ab) entgegen (Πa) · b = (Πa)b.
Drittens, wenn identisches Summiren mit Σ zusammentrifft mit
identischem Addiren (ohne Σ, also mit +). Hier ist schon längst der
Usus sanktionirt, zu verstehen:
Σa + b = (Σa) + b entgegen Σ(a + b)
in welch letzterm Ausdruck die Klammer allemal nicht unterdrückt
werden darf. Es geht also die Summation jeweils der Addition vor.
Im Hinblick auf diesen Gebrauch erscheint es bequemer auch die
oben in eckige Klammer gesetzte Konsequenz unsrer allgemeinen Fest-
[74]Zweite Vorlesung.
setzungen nicht zu adoptiren, sie vielmehr zu ersetzen durch die fol-
gende Übereinkunft:
Σa ɟ b = (Σa) ɟ b entgegen Σ(a ɟ b).
Wir können uns dann einfach merken:
Die Herrschaft der Π und Σ-zeichen reicht stets bis zum nächsten
freien Plus- oder Piu-Zeichen.
Kommen Suffixe mit in Betracht, sei es einfache, wie i, wie
0 und 1, sei es doppelte wie hk, etc., so haben diese, sofern nicht
durch Klammern das Gegenteil ausdrücklich vorgeschrieben ist, allemal
den Vortritt vor allen übrigen Operationen. So gilt in der ganzen
Welt schon längst:
abi = a(bi) entgegen (ab)i,
a + bh k = a + (bh k) „ (a + b)h k,
und wäre auch von vornherein zu verstehen:
Πai j = Π(ai j) entgegen (Πa)i j, Σai j = Σ(ai j) entgegen (Σa)i j
unbeschadet dessen, dass hier beides definitionsweise mit (15) für äqui-
valent erklärt worden.
Ein gleiches gilt ja auch für den Apostroph, sofern uns z. B.
a1' = a · 1' = a(1') bedeutet, wogegen (a1)' = a' für ein von 0 und 1 ver-
schiedenes a in unsrer Disziplin jeden Sinnes baar sein würde, für a = 0
aber einen andern Sinn gäbe.
Ein gleiches ist endlich auch für (Potenz-)Exponenten (als schon
anderweitig üblich) zu statuiren, wonach denn bedeutet:
abn = a(bn) entgegen (ab)n, a ; bn = a ; (bn) entgegen (a ; b)n,
a + bn = a + (bn) „ (a + b)n, a ɟ bn = a ɟ (bn) „ (a ɟ b)n,
Σan = Σ(an) entgegen (Σa)n,
Πan = Π(an) „ (Πa)n.
Die beiden letzten Ausdrücke würden miteinander und mit Πa selbst
übereinstimmen, und ähnlich müssten auch die darüber einander entgegen-
gestellten beiden Ausdrücke jeweils zusammenfallen, wenn die „Potenz“ als
ein identisches Produkt aus gleichen Faktoren aufgefasst würde. In unsrer
Disziplin reserviren wir aber den Potenzbegriff für relative Produkte aus
gleichen Faktoren — wo dann die entgegengestellten Ausdrücke verschie-
denes bedeuten werden.
Da nun ani j als (ai j)n gedeutet auf ai j selbst hinauskommen müsste,
so erklären wir
ani j = (an)i j entgegen (ai j)n = ai j.
Weiter werden wir verstehen:
a0n = (a0)n entgegen (an)0 und a1n = (a1)n entgegen (an)1.
[75]§ 5. Haushalt mit Klammern.
Kommen — ein in unsrer Theorie ungemein häufiger Fall —
mehrere Σ und Π-zeichen in bunter Folge unmittelbar nebeneinander
zu stehen, so erstreckt sich die Wirkung eines jeden über alle fol-
genden und den allgemeinen Term des letzten hinweg bis zu dessen
Ende hin, und bedarf es keiner weitern Übereinkunft um den Sinn
des ganzen Ausdrucks klar zu stellen. Man hat sich dann die Sum-
mationen und Produktationen in der umgekehrten Folge vollzogen zu
denken von derjenigen, in welcher ihre Zeichen der Zeile entlang von
links nach rechts gelesen werden — weil dem Ausführen einer solchen
Operation die Bildung, Herstellung ihres allgemeinen Terms notwendig
vorausgehen muss. So bedeutet z. B.:
ΣiΣjΠhΣkai j h k = Σi[Σj{Πh(Σkai j h k)}]. —
[[76]]
Dritte Vorlesung.
Die Sätze von allgemeinster Natur in der Algebra der binären Relative.
§ 6. Gesetze der Spezies, soweit nur allgemeine Relative in deren
Ausdruck eingehen. Dualismus und Konjugation.
Die wichtigsten Gesetze der 6 Grundrechnungsarten sind von Peirce
schon mit ziemlicher Vollständigkeit aufgestellt.
Es werden uns die kleinen lateinischen Buchstaben nunmehr stets
allgemeine binäre Relative vorstellen, zudem die in 3) S. 7 angeführten
„Elemente“ bedeuten.
Natürlich werden die Knüpfungsgesetze, die schon bei den einfachsten
Knüpfungen zutage treten, auch bei den komplizirteren Knüpfungen eine
Rolle spielen, sie werden den verwickelteren auf solche bezüglichen Sätzen
voraussichtlich mit zugrunde liegen. Als einfachste Knüpfungen mag man
diejenigen hinstellen, in welche nur 1, 2, 3 (oder höchstens 4) Buchstaben
als Symbole für ebensoviele von vornherein unabhängig beliebige Relative
eingehen. Auf diesem Wege lässt sich das Feld der für unsre Disziplin
als fundamental zu bezeichnenden Folgesätze oder „Gesetze“ zunächst einmal
roh umgrenzen. Um sodann heuristisch gedachte fundamentale Gesetze
zu entdecken, brauchte man blos mit kombinatorischer Vollständigkeit alle
erdenklichen Ausdrücke hinzuschreiben, welche sich mittelst unsrer Spezies
aus so geringer Buchstabenzahl aufbauen lassen. Für jeden dieser Aus-
drücke wäre gemäss den Festsetzungen (10) bis (13), S. 29, der allgemeine
Koeffizient zu bilden — eine für Anfänger ohnehin empfehlenswerte Übung —
und endlich wäre zuzusehen, welche Relationen (der Einordnung oder
Gleichheit) sich zwischen diesen Koeffizienten aufgrund der Sätze des Aus-
sagenkalkuls rechtfertigen lassen. Auf solche Weise würde sich auch die
Überzeugung von der Vollständigkeit unsrer Zusammenstellung der Sätze
wol gewinnen lassen oder wenigstens die Erkenntniss, dass in ihr nichts
Belangreicheres übersehen sein dürfte.
Diesen immerhin etwas mühsamen und zeitraubenden Weg will ich
aber mit dem Leser nicht gehen; ich will vielmehr die Grundgesetze sum-
marisch darlegen. Dabei soll auf Erzielung einer guten Übersicht Bedacht
genommen und zu dem Ende eine Einteilung der Gesetze in Gruppen
herbeigeführt werden. Die Beweise liefern uir zumeist erst am Ende einer
grössern Gruppe — für die chiffrirten Formeln dieses Paragraphen sogar
erst im nächsten.
[77]§ 6. Über Sätze von allgemeinster Natur.
Im gegenwärtigen haben wir vollauf damit zu thun, von den Formeln
selbst Kenntniss zu nehmen, uns die Sätze, die sie darstellen, zum Bewusst-
sein zu bringen, die Namen, welche sie etwa zu führen berechtigt wären,
ihre Stellung, Anwendungsweise und Tragweite in unsrer Wissenschaft zu
beurteilen, dasjenige darzulegen, was zu beachten ist, um sie sich gut ein-
prägen zu können, u. s. w. Da müsste denn die sofortige Einfügung der
Beweise die Übersicht zu schwer beeinträchtigen. Zu den Formeln pflege
ich jedoch auch naheliegende Korollare — wie Ausdehnung auf noch mehr
Operationsglieder, und anderes — immer sogleich mitanzuführen. Bei der
zumeist ganz kurz abzuthuenden Begründung solcher Korollare ist natürlich
der Leser gebeten, die chiffrirten Formeln selbst, zu denen sie gegeben
werden, vorläufig als schon erwiesene zu betrachten.
Ein grosser Teil der Grundgesetze — diejenigen die den Vortritt haben
umfassend — ist dem Leser aus dem identischen Kalkul ohnehin bereits
bekannt.
Der Beweis ebendieser aus den fundamentalen Festsetzungen des § 3
ist wie sich zeigen wird durchgängig äusserst leicht zu führen. Es genügt
dafür in § 7 ein paar Paradigmata anzuführen, unter denen das volle Distri-
butionsgesetz nicht wird fehlen dürfen. Direkt: mittelst Zurückgehens auf
die Koeffizienten, brauchten — woferne man nicht den Inhalt unsres Bd. 1
ignoriren will — ohnehin nur die wenigen „Definitionen und Prinzipien“
(nun als „Theoreme“) aus § 3 „bewiesen“ zu werden, welche wir in Bd. 1
dem identischen Kalkul zugrunde gelegt hatten. Dieses wenigstens ge-
schieht auch im § 7.
Doch wird die Methode der Beweisführung, also die Herbeiführung
der „Koeffizientenevidenz“, an den höhern, auf relative Operationen bezüg-
lichen Sätzen so reichlich eingeübt und ist das Beweisverfahren ein so
gleichmässiges, einheitliches, indem es durchweg auf demselben Grund-
gedanken beruht, dass auch bei keinem noch dem identischen Kalkul an-
gehörenden Satze der direkte Beweis dem Leser irgend eine Schwierigkeit
zu bereiten vermöchte und dass man die Theorie der Relative auch als
eine selbständig begründete sich wird aneignen und von Bd. 1 und 2 ganz
emanzipiren können.
Wenn nun gegenüber dem Bd. 1 die Grundlagen, auf die wir uns
berufen müssen, hier auch als neue zu bezeichnen sind, so wollen wir aber
doch mit der detaillirten Beweisführung der schon bekannten Sätze den
Leser nicht ermüden, auch über deren Benennung, verbale Fassung und
Anwendungsweise, ihre Ausdehnung auf noch mehr Operationsglieder etc.
weiter keine Worte verlieren, dieserhalb ein für allemal auf Bd. 1 verweisend.
Dass
(a  b) = (b ⋹ a)
bedeuten solle ist kein „Satz“, sondern eine Zusatzkonvention, die wir aber
unter den fundamentalen Festsetzungen nicht mit aufgeführt haben, weil sie
immer nur nebensächlich zur Anwendung gelangt und man ganz gut mit
immer nur im Sinne von links nach rechts angesetzten Subsumtionen in
der Theorie auskommen könnte.
[78]Dritte Vorlesung.
Die Sätze:
0) a ⋹ a, a = a, (a = b) = (b = a), (a ⋹ b) (b ⋹ c) ⋹ (a ⋹ c)
drücken kein Gesetz unsrer Spezies aus, müssen aber als ganz unentbehr-
liche und aus unsern Festsetzungen beweisbare Theoreme über Relative
einmal Erwähnung gefunden haben.
Eine erste Gruppe von Gesetzen bezieht sich auf die knüpfenden
Operationen.
Als ganz fundamental sei vorangestellt der Satz:
1) (a ⋹ b)(c ⋹ d) ⋹ (ac ⋹ bd)(a + c ⋹ b + d)(a ; c ⋹ b ; d)(a ɟ c ⋹ b ɟ d),
der eigentlich, weil das Aussagenprodukt rechterhand einem jeden
seiner Faktoren eingeordnet ist, also dessen Geltung nach sich zieht,
die vier zumeist getrennt anzuwendenden Sätze in sich zusammenfasst:
| (a ⋹ b)(c ⋹ d) ⋹ (a · c ⋹ b · d) | (a ⋹ b)(c ⋹ d) ⋹ (a + c ⋹ b + d) |
| (a ⋹ b)(c ⋹ d) ⋹ (a ; c ⋹ b ; d) | (a ⋹ b)(c ⋹ d) ⋹ (a ɟ c ⋹ b ɟ d). |
Man merke hinzu: Gleichstimmige Subsumtionen dürfen auch durch
relative Multiplikation oder Addition überschiebend verknüpft werden.
Die Konklusion, gefolgerte Subsumtion, ist aber hierbei eine ganz
andre, wenn man die zweite Subsumtion hinter die erste schiebt, als wenn
man das Umgekehrte thut. Und beides ist zulässig, liefert richtige Kon-
klusionen: man hätte aus der Prämisse links auch schliessen können:
c ; a ⋹ d ; b, sowie c ɟ a ⋹ d ɟ b — wie man denn relatives Vor- und Nach-
multipliziren, resp. -addiren bei der Anwendung des Satzes noch zu
unterscheiden hat.
Die Modifikationen zu formuliren, welche der Satz zulässt, wenn die
eine oder die andre oder wenn beide Prämissensubsumtionen in Gleichungen
ausarten — in Analogie zu den Theoremen 15) bis 19) des Bd. 1 (S. 263 ‥ 267
sowie Bd. 2, S. 31) — überlassen wir dem Leser: Es können, relativ nicht
minder wie identisch, auch Subsumtionen mit Gleichungen sowie Gleichungen
mit Gleichungen überschiebend verknüpft werden. Eine Subsumtion sowol wie
eine Gleichung kann beiderseits mit Gleichem, mit einem beliebigen aber links
und rechts demselben Relative, relativ (vor- resp. nach-)multiplizirt werden;
ein solches kann beiderseits zu ihr relativ (vor- resp. nach-)addirt werden.
Z. B. es ist (a ⋹ b) ⋹ (a ; c ⋹ b ; c). Dagegen wäre: links nach- und rechts
vorzumultipliziren mit c, im Allgemeinen natürlich nicht gestattet. Gleiches,
auf gleiche Art geknüpft, gibt auch in unsrer Disziplin stets Gleiches.
Diese Bemerkungen sind, im Hinblick auf die Def. (1) der Gleichheit,
so nahe liegende Korollare zu unserm Theoreme 1), dass sie mit diesem
zugleich als erwiesen anzusehn sein werden.
Demnächst reihen sich an: die schon bekannten Sätze der ersten
Hauptstufe:
[79]§ 6. Die Grund-Gesetze der Spezies.
2) von denen nur das erste Paar, das Kommutationsgesetz, kein Analogon
auf der zweiten Hauptstufe finden wird.
Ausserdem sind aber noch als fundamentale Sätze des identischen
Kalkuls, zu denen sich bei den relativen Operationen keine Analoga
werden nachweisen lassen, erinnernd hervorzuheben diese:
3)
Als (mit) auf die relativen Operationen bezüglich kommen nun-
mehr neu hinzu die hochwichtigen Sätze:
4) 5)
6)
7)
welche mit ihren höchst nahe liegenden Korollaren:
A)
unsre erste Formelgruppe abschliessen.
Die Sätze 4) bis 7) und A) bilden augenscheinlich in gewissem
Sinne Analoga — wonicht einen Kontrast — zu den Sätzen 2), in
denen mehr als zwei Buchstaben vorkommen.
[80]Dritte Vorlesung.
Man muss sich dieselben möglichst fest einprägen, und zwar die
blos einseitig als Subsumtionen geltenden 5) und 7), etc., auch mit der
zugehörigen Richtung des Subsumtionszeichens. Vor allem merke man
zu 4): Auch die relative Multiplikation verhält sich distributiv zur iden-
tischen Addition, ebenso die relative Addition zur identischen Multiplikation.
Insbesondre kann man identische Summen auch relativ „ausmultipli-
ziren“ und umgekehrt einen „gemeinsamen“ relativen (Vor- resp. Nach-)
Faktor bei den Gliedern einer identischen Summe als ebensolchen
„ausscheiden“. Etc.
Das Theorem 4) wollen wir das Distributionsgesetz der relativen
Knüpfungen oder der zweiten Hauptstufe nennen — wobei wir fort-
fahren unter dem „Distributionsgesetze“ schlechtweg immer das bis-
herige, in 2) mit angeführte der ersten Hauptstufe angehörige Gesetz
gleichen Namens zu verstehen.
Höchst beachtenswert ist der Satz 6) als das „Assoziationsgesetz“
der beiden relativen Knüpfungen. Von den beiden Gleichheitszeichen
einer jeden Doppelgleichung 6) soll nur das erste als „ein Theorem
statuirend“ aufgefasst werden, das zweite dagegen als — konventionell —
eine Zusatzdefinition zum Ausdruck bringend. Das Theorem lautet:
Auch die relative Multiplikation ist (gleichwie die identische) eine
assoziative Operation, desgleichen die relative Addition.
Die Zusatzdefinition erklärt hernach den Begriff des relativen Pro-
duktes von drei in bestimmter Ordnung gegebenen Faktoren mittelst
Zurückführung dieses Begriffes auf den schon feststehenden eines rela-
tiven Produktes von nur zwei Faktoren — analog den Begriff der
Summe aus drei relativen Summanden. Die Zusatzkonvention setzt
fest: Unter a ; b ; c soll der übereinstimmende Wert der beiden in 6)
vorhergehenden relativen Produkte verstanden werden. Etc.
Begriff und Sätze sind von dreien alsbald auf beliebig viele Terme
ausgedehnt zu denken so, wie wir es in Anhang 3 des Bd. 1 für irgend
eine Knüpfung nachgewiesen haben, wofern sie nur dem einfachsten Falle
des Assoziationsgesetzes (dem „speziellen“ Assoziationsgesetz für drei Terme)
unterworfen ist. Dies empfiehlt sich wenigstens als praktisch für unsre
Theorie im Allgemeinen, unbeschadet dessen, dass in der neunten Vorlesung
zeitweilig davon abgesehen werden mag.
Auch bei der relativen Multiplikation von beliebig vielen Relativen
(und eventuell noch relativen Produkten solcher) wird hienach die Klammer-
stellung gleichgültig sein: die Klammern können sämtlich unterdrückt oder
auch nach Belieben angebracht werden. Analog bei der relativen Addition
von Relativen (selbst und eventuell noch relativen Summen).
Der Satz 5) — zunächst links vom Mittelstriche — lehrt: dass
wenn man einen relativen Faktor als ebensolchen (nämlich Vor- resp.
[81]§ 6. Gesetze der knüpfenden Spezies.
Nachfaktor) distributiv zugesellt den Faktoren eines identischen Produktes,
man im Allgemeinen nicht das Gleiche, sondern Übergeordnetes er-
halten wird. Am leichtesten wird man sich diese Sätze wol einprägen
mittelst Beachtung ihrer „rhetorischen Evidenz“, auf welche für den
ersten derselben S. 66 schon hingewiesen wurde.
Die Achtsamkeit auf dieses Merkmal erleichtert überhaupt das
Behalten der Sätze, namentlich derer links vom Mittelstriche.
Diejenigen rechts prägen sich hernach von selbst mit ein als solche,
die den vorerwähnten dual entsprechen. Wofern man sich nur die
Herrschaft über die „Prinzipien des Dualismus und der Konjugation“
erwirbt, die wir baldigst aufstellen und begründen werden, fällt es
überhaupt nur nötig, von jedem Quadrupel zusammengehöriger oder
„verwandter“ Sätze einen einzigen — den ersten z. B. — zu merken.
Ebenso ist für den zweiten einleuchtend: Ein Liebender und zugleich
Wohlthäter von einem Dienenden ist Liebender eines Dienenden und auch
Wohlthäter von einem Dienenden. Aber nicht umgekehrt! Wer Liebender
ist von einem, und zugleich Wohlthäter ist von einem (vielleicht ganz
andern) Dienenden, braucht nicht Liebender und zugleich Wohlthäter von
einem (einem und demselben) Dienenden zu sein!
In der That: Satz 6) erscheint rhetorisch geradezu als selbstverständ-
lich, indem z. B. der „Liebende eines Wohlthäters“ von einem Dienenden als
dasselbe sich darstellt wie: der Liebende eines „Wohlthäters von einem Die-
nenden“. Ebenso auch 4): Der Liebende von einem Wohlthäter von- oder
Dienenden von- (jemand) ist entweder Liebender eines Wohlthäters von-
oder Liebender eines Dienenden von- (diesem jemand), und umgekehrt.
Desgleichen: Wer Liebender oder Wohlthäter ist von einem Dienenden, der
ist auch Liebender von einem Dienenden oder Wohlthäter von einem Die-
nenden, und umgekehrt.
Diese Wahrnehmungen dürfen aber, wie bereits betont, beileibe nicht
als ein „Beweis“ der Sätze angesehen werden, welchen letzteren wir viel-
mehr noch schuldig sind. —
Von zwei Operationsgliedern (Faktoren, Summanden) der in ihnen vor-
kommenden identischen Produkte oder Summen sind auch die Sätze 4)
und 5) alsbald auf beliebig viele Terme ausgedehnt zu denken in einer höchst
nahe liegenden Weise, die vom speziellen Distributionsgesetze her aus Bd. 1
wohlbekannt ist (S. 311). Ebenso ist namentlich die erste Formel A)
fortan erweitert zu denken zu einer auf relative Multiplikation bezüglichen
„Multiplikationsregel für Polynome“ (nämlich identische Summen).
Und somit wäre nun blos noch das Theorem 7) zu besprechen
und zu merken. Dasselbe nimmt eine Sonderstellung insofern ein als
es einen Gegensatz, Kontrast bildet zum Distributionsgesetze der ersten
Hauptstufe.
Es lässt zunächst vermuten, dass zwischen a ; (b ɟ c) und a ; b ɟ a ; c
allgemein keine Beziehung der Einordnung oder Gleichheit (überhaupt der
Schröder, Algebra der Relative. 6
[82]Dritte Vorlesung.
Wertgemeinschaft) bestehn wird, indem es eine solche Beziehung vielmehr
statuirt zwischen jenem ersten Ausdrucke und diesem: a ; b ɟ c, der sich
durch Unterdrückung der Klammer aus ihm ergibt — wenn man will auch:
durch Abänderung der Klammerstellung, Verschiebung der Klammer, indem
nach § 5 dieser letztre Ausdruck nichts andres wie (a ; b) ɟ c bedeutet.
Dass in der That zwischen relativer Multiplikation und Addition
ein distributiver Zusammenhang allgemein nicht besteht, würde sich
mittelst Exemplifikation auf das Gegenteil unschwer beweisen lassen.
Wollten wir uns aber damit befassen von allen erdenklichen Sätzen,
denen in unsrer Disziplin allgemeine Geltung nicht zukommt, auch dieses
nachzuweisen, so würden wir allzusehr belastet und unser ohnehin volu-
minöses Buch übermächtig anschwellen. Wir haben schon genug damit
zu thun für alle in unsrer Theorie positiv hingestellten Behauptungen
die erforderlichen Beweise zu erbringen. Und die Pflicht der Beweisfüh-
rung, das onus probandi, bliebe auf seite Desjenigen, der einen hier nicht
aufgenommenen Satz anwenden wollte. Die eingehende Beschäftigung
mit der Disziplin von seiten des Herrn Peirce und von mir gibt
eine gewisse Bürgschaft dafür, dass einfachre Sätze, falls sie allgemein
Geltung hätten, hier schwerlich übersehen sein würden. Wer den auf-
geführten Sätzen neue hinzufügen will, sei hiermit herausgefordert. Ge-
lingt das, so wird eine Bereicherung der Theorie zu verzeichnen sein.
(Bei den Umkehrproblemen liefre ich selbst noch Einiges hinzu).
Verbal interpretirt besagt der erste Satz 7) z. B.: der Liebende eines
„Wohlthäters von allen ausser Dienenden“ ist immer „Liebender eines Wohl-
thäters“ von allen ausser Dienenden, d. h. steht zu allen ausser Dienenden
in der Beziehung des Liebenden eines Wohlthäters von ihnen.
Wenn man den Worttext (in seiner ersten Fassung) liest, so möchte
man wohl meinen, dass der Satz auch umgekehrt gelten müsse, dass näm-
lich die durch die Kopula „ist“ verbundnen beiden Kategorieen von Per-
sonen in eine Kategorie zusammenfielen. Dieses ist, wie wir noch genauer
sehen werden, nun keineswegs der Fall: unser Satz darf nicht umgekehrt
werden. Und es ist sehr bemerkenswert, dass die „rhetorische Evidenz“ —
im Grunde (nur) weil die Wortsprache des Hülfsmittels (oder zur exakten
Behandlung so unentbehrlichen Bezeichnungskapitals) der Klammern ent-
behrt — hier leichtlich irreführt, wonicht geradezu dazu verleitet einen
Fehlschluss zu begehen.
Ähnlich besagt der zweite Satz 7): Wer zu irgend einem Dienenden
in der Beziehung steht eines Liebenden von allen ausser dessen Wohl-
thätern, der ist ein Liebender von allen ausser Wohlthätern von Dienenden.
Vor Fehlschlüssen gewährt hier jedenfalls der Kalkul Rettung, und so
kann ich nur raten, dass der Leser sich die einfachen Formeln 7) so wie
sie eben sind einpräge.
Was nun die Beweise der Formeln betrifft, so muss ich den Leser
schon darum bitten, sich noch ein wenig zu gedulden bis zur Er-
[83]§ 6. Gesetze von Negation und Konversion.
ledigung der nächsten Formelgruppe, weil bei Berücksichtigung der in
dieser zu statuirenden Prinzipien der Konjugation und des Dualismus
unsre Arbeit sich sehr verringern wird.
Eine zweite Formelgruppe zieht auch die Spezies der Negation
und Konversion mit in Betracht.
Als die allereinfachsten verdienen vorangestellt zu werden die drei
Sätze:
8) ā̄ = a, ă̄ = ā̆, ă̆ = a.
Der erste von diesen ist der schon aus dem identischen Kalkul
bekannte „Satz der doppelten Verneinung (Negation)“.
Der zweite lehrt, dass die Reihenfolge, in welcher die beiden Ope-
rationen der Negation und der Konversion hintereinander ausgeführt
werden, für das Ergebniss gleichgültig ist.
Dieser Satz hat bislang keinen Namen; vielleicht ist es genehm,
denselben als den „Wechselsatz von Negation und Konversion“ zu
bezeichnen.
Der dritte mag analog der „Satz der doppelten Konversion“ heissen.
Derselbe lehrt, dass — gleichwie durch doppelte Negation — so auch
durch doppelte (zweimal hintereinander vollzogene) Konversion jedes
Relativ ungeändert bleibt. Auch doppelte Konversion „hebt sich auf“
oder: das Konverse vom Konversen eines Relativs ist dieses ursprüng-
liche Relativ selber.
In ihrer Gesamtheit legen unsre drei Sätze die Folgerung nahe,
dass die vier Ausdrücke
B) a, ā, ă, ā̆
in Hinsicht der beiden Operationen der Negation und Konversion eine
„Gruppe“ bilden.
Dieselben sollen die vier mit a (oder irgend einem von ihnen)
„verwandten“ Relative heissen.
In hinreichend vereinfachten (sog. reduzirten) Ausdrücken kann
eine jede der beiden nichtknüpfenden Spezies niemals successive, in
mehrfacher Wiederholung, auftreten, sondern es kann nur vorkommen:
eine jede einzeln, oder gar nicht, oder beide in der Ordnung -̆ (strich-
konvers) je einmal hintereinander.
Insbesondre wird auch stets sein müssen:
ā̆̄̆ = a.
Hiernächst treten zu De Morgan’s schon bekannten Formeln:
9)
| a̅b̅ = ā + b̄ | a̅ +̅ b̅ = āb̄ |
6*
[84]Dritte Vorlesung.
als vollkommne Analoga auf der zweiten Hauptstufe hinzu:
10)
— zwei höchst bemerkenswerte Sätze, nach welchen auch für die rela-
tiven Knüpfungen der Wortlaut der vorigen aufrecht erhalten werden
kann: das Negat des Produktes ist die Summe der Negate der Faktoren,
das Negat einer Summe ist das Produkt der Negate ihrer Glieder.
Setzt in 10) man ā, b̄ für a, b und wendet den — unter 8) mit
registrirten — Satz der doppelten Verneinung an, so ergeben sich zu den
aus Bd. 1 schon bekannten beiden ersten auch noch die beiden letzten von
den folgenden vier Formeln:
C)
welche (die schon S. 3 aufgestellte Behauptung rechtfertigend) er-
kennen lassen: dass von den beiden knüpfenden Spezies einer jeden
Hauptstufe die eine — gleichviel welche — zur Not auch durch die
andre entbehrlich gemacht werden kann. Solches aber auf Kosten der
Einfachheit, Symmetrie und Eleganz des ganzen Lehrgebäudes wirklich
zu thun, wäre mindestens ebenso thöricht, als wenn man z. B. in der
Mathematik zugunsten des sinus die Namen cosinus, (tg, sec, etc.) —
oder umgekehrt — aus der Welt schaffen wollte.
Nach C) muss auch jeder mittelst knüpfender Spezies aus einfachen
Relativsymbolen aufgebaute Ausdruck seinem Werte nach ungeändert bleiben,
wenn man denselben folgendem Prozesse unterwirft, der sich aus drei Teil-
operationen zusammensetzt, nämlich: wenn man erstens die sämtlichen ein-
fachen Operationsglieder in ihre Negate verwandelt, zweitens die beiden
knüpfenden Operationen einer jeden Hauptstufe, als da sind Multiplikation
und Addition, miteinander vertauscht, drittens vom Ergebnisse die Negation
nimmt.
Bei dem Austausch der Operationen dürfen jedoch die Konventionen
über Erforderlichkeit oder Entbehrlichkeit von Klammern nicht ausser Acht
gelassen werden. Exempel:
a ; (b + c) ɟ d = (ā ɟ b̄c̄) ; d̄.͞
Diese Sätze 9), 10) — in Verbindung mit 8) — garantiren nun-
mehr, dass die Operationen der Negation und Konversion, welche in irgend
einem mittelst der 6 Spezies aufgebauten Ausdrucke vorkommen, d. i.
vorgeschrieben sein mögen, samt und sonders sich so weit ausführen
lassen, dass sie an keinem noch irgendwie zusammengesetzten Aus-
druckteile mehr zu vollziehen sein werden. Vielmehr lässt durch „Aus-
führung“ der nichtknüpfenden Spezies hinfort jeder Ausdruck sich so
[85]§ 6. Gesetze der nicht-knüpfenden Spezies.
weit reduziren, dass Negationsstrich sowie Konversionsringel oder auch
das Zeichen Strichkonvers höchstens noch über den einfachsten Sym-
bolen — wie Buchstaben — haften, aus welchen als aus seinen letzten
Elementen der Ausdruck aufgebaut war. Der allgemeinste Ausdruck
also, der in unsrer Theorie ein binäres Relativ vorzustellen vermag,
wird — solchergestalt reduzirt — ausschliesslich mittelst der vier
knüpfenden von den 6 Spezies zusammengesetzt erscheinen aus lauter
durch Buchstaben dargestellten und eventuell noch den mit ihnen „ver-
wandten“ Relativen von der Form B). Solche Symbole eben wollen
wir hinfort „einfache“ nennen.
Die Buchstaben können auch durch Modul(name)n vertreten sein, und
werden dann die durch die übergesetzten Zeichen -, ̆, -̆ angedeuteten
Operationen, wie bald zu sehen, sich an ihnen noch vollends „ausführen“
lassen, sodass mit jenen Zeichen behaftete Moduln auch nirgends vor-
kommen werden.
Die Anwendung der Formeln 9), 10) im Sinne von links nach
rechts nennen wir das „Ausführen“ der Negation an den unter dem
Negationsstriche linkerhand stehenden Ausdrücken.
Analog — doch in gewissen Hinsichten damit kontrastirend —
gelten für die „Ausführung“ der Konversion die folgenden ebenfalls
ganz fundamentalen Sätze:
| ab͝ = ăb̆ | a + b͝ = ă + b̆ |
oder auch im Hinblick auf das Kommutationsgesetz als hiermit äquivalent:
11)
| ab͝ = b̆ă | a + b͝ = b̆ + ă |
und dazu:
12)
| a ; b͝ = b̆ ; ă | a ɟ b͝ = b̆ ɟ ă. |
Im Gegensatz zur Negation lässt hiernach die Konversion bei ihrer
Ausführung die Natur der Ausdrücke unverändert; sie kehrt aber, indem
sie sich distributiv von denselben auf deren Operationsglieder, Terme
überträgt, die Reihenfolge der letzteren um — ein Zusatz der blos bei
den identischen Knüpfungsergebnissen irrelevant, belanglos ist, bei den
relativen dagegen nicht missachtet werden darf. Man merke:
| Das Konverse eines identischen Produktes ist das identische Produkt der Konverse seiner Faktoren. | Das Konverse einer identischen Summe ist die identische Summe der Konverse ihrer Glieder. |
| Das Konverse eines relativen Pro- duktes ist das relative Produkt der | Das Konverse einer relativen Summe ist die relative Summe der |
| Konverse seiner Faktoren, diese je- doch in der entgegengesetzten Reihen- folge genommen. | Konverse ihrer Glieder, diese eben- falls in der umgekehrten Ordnung genommen. |
Sowie umgekehrt.
Die Sätze 9) bis 12) sind von zweien alsbald auch wieder auf be-
liebig viele Terme ausgedehnt zu denken.
Ersetzt man in 11) und 12) a und b durch ă, b̆, und beachtet den
Satz der doppelten Konversion aus 8), so ergeben sich noch die Dar-
stellungen:
D)
welche zeigen, dass man in irgend einem vermittelst knüpfender Spezies
aufgebauten Ausdrucke die umgekehrte Ordnung seiner sämtlichen Operations-
glieder oder Terme herstellen könnte dadurch, dass man die letztern durch
ihre Konverse ersetzte und alsdann den ganzen Ausdruck konvertirte.
Es sind jedoch die Teiloperationen des unter D) gleichwie des unter
C) im vorigen Kontext geschilderten Prozesses blos in ihrer Gesamtheit
allgemein gestattet. Im allgemeinen wird dagegen bei einem für sich
stehenden Ausdrucke es nicht zulässig sein, dass man die Teiloperationen
der soeben genannten Prozesse einzeln an ihm vornehme, sintemal die letz-
tern von Einfluss auf den Wert des Ausdrucks sich erweisen dürften.
Ebensowenig darf man die Terme des Ausdrucks durch ihre Negate ersetzen
oder (eventuell in Verbindung damit) die Negation vom ganzen Ausdruck
nehmen.
Denn wenn der Wert, die Bedeutung eines Ausdruckes geändert, der-
selbe in einen (nicht blos der Form nach) „andern“ Ausdruck verwandelt
wird, so lässt sich, falls man vom ursprünglichen Ausdrucke irgend etwas
wusste oder zu begründen vermochte, von dem geänderten Ausdrucke dies
nicht mehr wissen oder behaupten. Jedenfalls lässt sich das über den Aus-
druck vorhandene Erkenntnisskapital nicht ohne weiteres auf diejenigen
Transformationen desselben, die seinen Wert beeinflussen, übertragen. Viel-
mehr geht man dieses gesamten Erkenntnisskapitals verlustig, gibt dasselbe
preis, sobald man den Ausdruck durch einen solchen ersetzt, der einen
vielleicht ganz andern Wert besitzen mag.
Es geht damit ähnlich wie in der Arithmetik: Stellt ein numerischer
oder auch Buchstaben-Ausdruck z. B. die Geldsumme vor, die eine Person
A einer Person B schuldet, so wird A gegen alle Transformationen des die
Schuldsumme repräsentirenden Ausdrucks Protest erheben, welche denselben
in einen solchen von höherem Werte verwandeln, B mindestens dagegen
Verwahrung einlegen, dass der Ausdruck in einen andern von niedrerem
Betrage umgewandelt werde.
Aus Gründen der angedeuteten Art nennt man bekanntlich „erlaubt“
oder „zulässig“ nur solche Umformungen eines Ausdruckes, von welchen
garantirt werden kann, dass sie den Wert desselben ungeändert lassen.
[87]§ 6. Gesetze von Negation und Konversion.
Dies traf oben bei C) und D) für die Teiloperationen der Prozesse
nur in ihrer angegebnen Verbindung miteinander zu.
Doch können (solche) Operationen — wie Negiren, Konvertiren, Er-
setzen der Terme durch von ihnen verschiedene, z. B. ihre Negate oder
ihre Konverse — welche am einzelnen Ausdrucke unzulässig sind, an Aus-
drücken dennoch zulässig werden in einer hochwichtigen Kategorie von
Fällen, nämlich wenn diese Ausdrücke in eine allgemeingültige Formel als
deren beide Seiten eingehen, oder was auf dasselbe hinauskommt, wenn sie
in allgemeinen Lehrsätzen figuriren.
Dass da die unbestimmten, durch Buchstaben als allgemeine Symbole
repräsentirten Operationsglieder auch durch andre durchweg ersetzt werden
dürfen ist a priori einleuchtend, liegt nämlich im Begriffe der Allgemein-
gültigkeit der Formel oder des Lehrsatzes.
Unter welchen Bedingungen aber, oder mit welchen Kautelen, die
Operation des Negirens sowie die des Konvertirens beiderseitig voll-
zogen werden darf an einer Subsumtion oder Gleichung — dies lehren
die nächstfolgenden Sätze:
13) (a ⋹ b) = (b̄ ⋹ ā) = (ă ⋹ b̆) = (b̄̆ ⋹ ā̆)
mit den höchst nahe liegenden Korollaren:
E)
— worin sämtliche Aussagen weniger einander als vielmehr der ersten
von ihnen gleichgesetzt zu denken sind.
Die Verwandlung der ersten Subsumtion 13) in die zweite wird
bekanntlich die Kontraposition von jener genannt; sie läuft hinaus auf
beiderseitiges Negiren, welches jedoch nicht ohne gleichzeitige Umkehrung
des Subsumtionszeichens gestattet ist (oder falls man letztres bei-
behalten will, zu verbinden ist mit einer Vertauschung von Subjekt
und Prädikat der Subsumtion).
Die Verwandlung der ersten Subsumtion 13) in die dritte möge
das beiderseitige Konvertiren derselben heissen. Dasselbe ist hienach
ohne weiteres gestattet, liefert wiederum eine mit der gegebenen äqui-
valente Subsumtion.
Die „Umkehrung der Subsumtion“ a ⋹ b selbst dagegen würde die-
selbe in b ⋹ a verwandeln, welche letztere mit ihr zugleich gar nicht zu
gelten braucht; ihre (legitime) Verwandlung in b  a dagegen würde blos
als ein „Rückwärtslesen“ der Subsumtion zu bezeichnen sein.
Ihre Verwandlung in die vierte mag konvertirende Kontraposition
genannt werden.
Bei den Gleichungen muss alsdann kraft Def. oder Festsetzung (1)
das beiderseitige Negiren (die Kontraposition) sowol als auch das
[88]Dritte Vorlesung.
beiderseitige Konvertiren, sowie endlich dieses in Verbindung mit jenem
ohne weiteres gestattet sein.
Durch beiderseitiges Negiren (Kontraposition) der Aussagen-
gleichungen (Äquivalenzen) in 13) und E) ergibt sich noch als ein
weiteres Korollar dazu: dass es auch gestattet ist in ihnen die in den
Klammern stehenden Zeichen ⋹ und = durch deren Negationen ⋹ und ≠
durchweg zu ersetzen. Wir haben also ganz ähnliche Sätze auch für
die Unsubsumtion und Ungleichung, nämlich als Korollar zu 13) und E):
.
Aus den Sätzen 8) bis 13) lassen sich jetzt auch die hochwich-
tigen „Prinzipien des Dualismus und der Konjugation“ rechtfertigen,
die uns in den Stand setzen, zu jeder als allgemeingültig erkannten
„Formel“ sogleich noch drei zumeist neue Formeln hinzuschreiben,
deren Gültigkeit mit ihr zugleich verbürgt sein wird. Die in der
Theorie zu leistende Beweisarbeit wird damit auf beinah ihren vierten
Teil reduzirt! Es verlohnt deshalb, hierauf sogleich näher ein-
zugehen, indem man die chiffrirten Formeln vorderhand als erwiesen
ansieht.
Die Formel habe die Gestalt einer Subsumtion oder aber einer
Gleichung, oder auch der Verneinung von dieser oder jener. Wie
später zutage tritt, lässt sich dies bei jeder Formel hinbringen, sodass
es unbeschadet der Allgemeinheit vorausgesetzt werden kann. Zu beiden
Seiten der Formel seien auch die Operationen der Negation und Kon-
version schon ausgeführt.
Alsdann dürfen (erster Prozess) sämtliche Buchstabenrelative durch
ihre Konverse ersetzt werden, weil für diese letztern Relativwerte die
Formel ebensogut Geltung beansprucht wie für jene ursprünglichen
Relative. Und ferner dürfen (zweiter Prozess) die Ausdrücke beider-
seits nach 13) und E) konvertirt werden, wodurch nach 8) die Kon-
versionsringel über den Buchstaben wieder aufgehoben werden, aber
die Reihenfolge sämtlicher Operationsglieder in der Formel sich in die
entgegengesetzte verwandelt.
Es muss dann also auch diejenige Formel gelten, welche man (mit
einem Schlage) aus der gegebnen Formel erhält, indem man die Aus-
drücke zu beiden Seiten derselben genau so hinschreibt, wie man sie rück-
[89]§ 6. Dualismus und Konjugation.
wärts*)liest — während man jedoch etwa vorkommende spezielle Rela-
tive durch deren Konverse ersetzt.
Dies ist zunächst klar, soferne in der Formel keine speziellen Relative
(Moduln) vorkamen, dieselbe vielmehr lediglich auf allgemeine oder Buch-
stabenrelative Bezug nimmt. In solchem Falle muss zur Rechtfertigung
des Gesagten nur noch folgende Überlegung beigebracht werden.
Kam ein a, ā, ă oder ā̆ in der Formel vor, so verwandelt der erste
Prozess dasselbe bezüglich in:
ă, ă̄ = ā̆, ă̆ = a, ă̄̆ = ā̆̆ = ā.
Der zweite Prozess verwandelt dasselbe hernach in resp.:
ă̆ = a, ā̆̆ = ā, ă, ā̆,
das heisst: die beiden Prozesse hintereinander ausgeführt lassen, wie be-
hauptet, die vier Symbole wirklich unverändert.
Auf spezielle Relative, nur, die etwa (neben allgemeinen) noch in der
Formel vorkommen, ist der erste Prozess gar nicht anwendbar.
Gilt z. B. a + 1 = 1 als allgemeine Formel, so darf zwar a durch
ā, ă, b, 0 und was man will ersetzt werden, nicht aber 1.
Bei solch speziellen Relativen hat daher der zweite Prozess die durch
nichts kompensirte Wirkung, dieselben unter Umkehrung der Reihenfolge,
in welcher sie mit andern Symbolen verknüpft sind, in ihre Konverse zu
verwandeln.
Moduln allerdings — werden wir sehen — bleiben auch hierbei un-
verändert, sodass die vorstehend kursiv gedruckte Methode schon ohne den
letzten Zusatz anwendbar ist, soferne — neben Buchstaben — als spezielle
Relative höchstens Moduln in der Formel vorkommen.
Diese zweite mit der ersten zugleich verbürgte Formel möge die
zu ihr „konjugirte“ heissen. Aus ihr geht hinwiederum durch dieselben
Prozesse auch ihrerseits die erste hervor, sodass die Beziehung zwischen
konjugirten Formeln eine gegenseitige zu nennen ist. Das aus den
genannten beiden Prozessen zusammengesetzte Verfahren mag „Kon-
jugiren“ (Konjugation) genannt werden.
Bei Gleichungen — natürlich „analytischen“, denn auf „synthetische“
Gleichungen, auf „Relationen“ ist das Konjugiren überhaupt nicht anwend-
bar — bei Gleichungen, in welchen keine andern speziellen Relative als
höchstens Moduln vorkommen, könnte das Verfahren geradezu als ein buch-
stäbliches Rückwärtslesen derselben bezeichnet werden; bei Subsumtionen
jedoch darum nicht, weil behufs Konjugirens Subjekt und Prädikat nicht
vertauscht werden dürfen, vielmehr der Minor Minor bleiben muss. Hier
[90]Dritte Vorlesung.
wäre es allenfalls angängig „beiderseitiges buchstäbliches Rückwärtslesen“
für „Konjugiren“ zu sagen.
Jedoch ist der verbale Ausdruck „Rückwärtslesen“ schlechtweg bei
einer Gleichung, oder Subsumtion, Ungleichung etc. bereits in einem ganz
andern Sinne gebräuchlich: man pflegt darunter blos zu verstehen: die
Verwandlung von a = b in b = a oder von a ⋹ b in b  a, etc., unter
gewöhnlichem oder Vorwärtslesen der beiderseitigen (vielleicht sehr kom-
plizirten) Ausdrücke, welche uns die Buchstaben a und b bei dieser Be-
trachtung vertreten.
Ebendarum, sowie auch wegen der in der vorigen Fussnote hinsicht-
lich etwa vorkommender Π, Σ statuirten Einschränkung, empfiehlt es sich
am besten, den Ausdruck „Konjugiren“ zu gebrauchen.
Die Konjugation also liefert uns zur ersten Formel eine zweite,
die mit ihr zugleich gelten muss. Es kann sein, dass diese zweite
Formel doch nur den nämlichen Satz ausdrückt wie die erste — dass
sie nämlich aus ihr auch hervorgeht durch blosse Buchstabenvertau-
schung —, in Verbindung, nötigenfalls, auch mit wirklichem Rück-
wärtslesen der ganzen Formel (sofern sie Gleichung oder Ungleichung
gewesen).
Wie leicht zu sehen würde das z. B. bei irgend einem unsrer vier
Assoziationsgesetze zutreffen.
In solchem Falle führen wir die zu einer aufgestellten konjugirte
Formel nicht mit an. Dergleichen findet verhältnissmässig selten statt.
In der grossen Mehrzahl der Fälle drückt die zu einer ersten konju-
girte Formel einen ganz neuen Satz aus. Wir pflegen sie dann unter
die erste zu schreiben, und verfügen bis jetzt über (im allgemeinen)
zwei Formeln.
Die zu einer gegebnen konjugirte Formel wird jedoch oftmals nicht
rein als solche, sondern mit noch obendrein vertauschten Buchstaben ange-
geben, etwa damit diese wiederum alphabetische Ordnung aufweisen.
Zu jeder von diesen Formeln lässt sich nun ferner das duale
Gegenstück derselben herstellen, sodass wir noch zwei eventuell aber-
mals neue Formeln hinzu erhalten, die wir dann hinter einem „Mittel-
strich“ gewöhnlich neben die vorigen stellen. Den beiden letzten werden
ihrerseits auch wieder die beiden ersten Formeln „dual entsprechen“.
Das duale Entsprechen, der „Dualismus“ zwischen den nebeneinander
stehenden Formeln wird ein gegenseitiges sein, und ferner: wie die
untereinander stehenden Formeln links vom Mittelstriche einander kon-
jugirt waren, so werden auch die beiden Formeln rechts vom Mittel-
strich zueinander konjugirt sein müssen, sodass mit den vier Formeln
deren „Gruppe“ abschliesst.
Für die Operation der Bildung des dualen Gegenstücks ist noch
[91]§ 6. Gespanne von Formeln und Sätzen.
kein Name in Gebrauch; es scheint dafür der Ausdruck „Dualisiren“
zur Verfügung zu stehen (minder gut, weil schon mit Nebendeutungen
versehen, wol „Opponiren, Opposition, Entgegensetzung“ oder dergl.).
Also: durch Dualisiren gehen die nebeneinander, durch Konjugiren
die untereinander stehenden von den vier Formeln in einander über,
und weil jene beiden erlaubte Prozesse sein werden, so dürfen mit
irgend einer von den vier Formeln zugleich alle viere Geltung bean-
spruchen. Die vier Formeln, die sich nur auf zweie oder eine auch
reduziren können, bilden eine Tetrade, ein Quadrupel, Viergespann von
— wie wir sagen wollen — „verwandten“ Formeln oder Sätzen.
Beispiele dazu liefern schon die bisher aufgeführten Sätze.
Eine Reduktion der vier Formeln auf dreie, welche verschiedene Sätze
zum Ausdruck brächten und dennoch in Hinsicht der Operationen des Konju-
girens und Dualisirens eine (vollständige) Gruppe bildeten, ist unmöglich.
Dies würde sich leicht im Anschluss an unsre Ausführungen apagogisch
beweisen, theoretisch begründen lassen. Man mag sich jedoch auch an
der aus der Praxis unsrer Disziplin zu schöpfenden Erfahrung genügen
lassen, dass Triaden, Tripel, Dreigespanne von Formeln in dieser niemals
auftreten.
In eine Dyade, ein Paar oder Zweigespann von Formeln kann das
Viergespann auf zwei Arten ausarten. Entweder könnten hiebei die
einander konjugirten, oder die zueinander dualen Formeln jeweils in
eine zusammenfallen — abgesehen natürlich von der Wahl der Buch-
staben, mit denen die in die Formel als Terme eingehenden allgemeinen
Relative gerade benannt erscheinen und wofür ja der Grundsatz mass-
gebend ist: „der Name thut nichts zur Sache“. Im erstern Falle sind
die verbleibenden das Zweigespann bildenden Formeln, als duale, durch
einen Mittelstrich getrennt nebeneinander gesetzt (oder wenigstens auf
einer Zeile stehend zu denken). Im letztern Falle — der jedoch nicht
vorzukommen scheint — würden sie als konjugirte, untereinander stehen.
Dagegen kommt es — wie beim Zweigespann:
7)
— vor, dass die dualen Formeln zugleich konjugirte sind, ohne dass
doch diese oder jene unter sich zusammenfielen.
Dass die vier Formeln auch in eine zu einer „Monade“, einem
„Eingespann“ zusammenschrumpfen können, zeigt sich schon bei den
Sätzen 0), 1) und 13).
Im Hinblick auf diese Möglichkeiten oder Degenerationsfälle wer-
den wir allgemein am besten (ohne nähere Zahlbezeichnung) blos von
einem „Gespann“ von Formeln oder Sätzen reden.
[92]Dritte Vorlesung.
Der Ausdruck „Gruppe“ wird schon anderweitig und ohnehin in nur
zu oft wechselndem Sinne gebraucht.
Ursprünglich setzt sich das „Dualisiren“ aus folgenden beiden
Prozessen zusammen, mit deren Zulässigkeit das Verfahren auch ge-
rechtfertigt erscheint. (Erster Prozess:) Man ersetze alle in der Formel
vorkommenden Buchstaben, welche allgemeine Relative vorstellen, durch
deren Negate für welche ja die Formel ebensogut gelten muss wie für
die ursprünglichen Relative.
Hernach wende man (zweiter Prozess) das gemäss 13) und E) er-
laubte Verfahren des beiderseitigen Negirens, der Kontraposition an, was
nach den Schemata 13) bei einer Subsumtion oder Subsumtionsnega-
tion die Umkehrung von deren Beziehungszeichen, wo nicht eine Ver-
tauschung von Minor und Major involvirt, bei einer Gleichung solche
Vertauschung ihrer beiden Seiten zwar nicht peremtorisch fordert aber
wenigstens zulässt. Durch diesen zweiten Prozess wird nach den Sche-
mata 9) und 10) die Reihenfolge der Operationsglieder oder Terme
nicht alterirt.
Es werden ferner wegen 8) die vorhin über die Buchstaben ein-
geführten Negationstriche wieder aufgehoben und bleibt als Nutzeffekt
nur der: dass die knüpfenden Operationen einer nämlichen Hauptstufe
sich durch einander ersetzen — während jedes in der Formel vorge-
kommene spezielle Relativ sich in sein Negat verwandelt.
Um die Restitution, Wiederherstellung der ursprünglichen Buchstaben
zufolge des Sich-Aufhebens der doppelten Verneinung genauer einzusehen,
hat man noch zu überlegen:
Kam ein a, ā, ă, ā̆ in der Formel vor, so wird es durch den ersten
Prozess in
ā, ā̄ = a, ā̆, ā̄̆ = ă
verwandelt, darnach aber durch den zweiten Prozess in
ā̄ = a, ā, ā̆̄ = ā̄̆ = ă, ă̄ = ā̆,
d. h. man erhält die alten Symbole wieder.
Nur bei Symbolen für spezielle Relative — wie Moduln z. B. —, auf
welche der erste Prozess nicht angewandt werden durfte, ansonst die For-
mel ihrer erwiesenen Gültigkeit verlustig ging, nur bei diesen tritt der
zweite Prozess ungeschwächt in Wirksamkeit und verhilft ihnen zu einem
Negationsstriche.
Bei Moduln — wird sich im § 8 zeigen — kann auch diese Nega-
tion sogleich „ausgeführt“ werden indem sie blos Vertauschung von 0 und 1,
sowie von 0' und 1', mithin der beiden Moduln einer Hauptstufe, bewirkt.
Indem man also daneben blos die Zeichen · und + sowie ; und ɟ event.
auch Π und Σ vertauscht, wird sich die Operation des Dualisirens eines
Ausdruckes auch mit einem Schlage ausführen lassen, soferne als spezielle
[93]§ 6. Dualisiren und Konjugiren.
Relative höchstens Moduln in dem Ausdrucke vorkommen — und dies ist
praktisch weitaus der häufigste Fall.
Im Gegensatz aber zum Konjugiren, welches die Natur der Knüp-
fungszeichen und die Klammerstellung nicht weiter berührte als in-
dem sie deren Reihenfolge in die entgegengesetzte verwandelte, wird
nun bei der Herstellung des dualen Gegenstücks zu einem Ausdrucke
sorgfältigst Bedacht zu nehmen sein auf korrekten Ansatz der Klammern.
Das zu dem Ende einzuhaltende Verfahren wird man sehr leicht im
Hinblick auf die Konventionen des § 5 sich aneignen und einüben, doch
ist es nicht ganz einfach zu beschreiben.
Man muss sich eben in dem gegebnen Ausdrucke sämtliche Klammern
— auch die Ersparniss halber daselbst unterdrückten — ausdrücklich ange-
setzt denken, muss die fehlenden mental suppliren oder im Geiste herbei-
schaffen. Blos innerhalb solcher Ausdruckteile, die wie
a · b · c … (oder abc ‥), wie a + b + c ‥,
a ; b ; c ; ‥, a ɟ b ɟ c ɟ ‥
mittelst einer und derselben knüpfenden Spezies aufgebaut erscheinen, darf
letztres — der Assoziationsgesetze halber — unterbleiben. Unerlässlich
ist es aber überall da, wo verschiedene knüpfende Spezies konkurriren,
verschiedne Knüpfungszeichen (durch Buchstaben oder Ausdruckteile ge-
trennt) aufeinander folgen.
Nach vollzogener Umwandlung der Knüpfungszeichen muss man alsdann
die sich nach § 5 als entbehrlich zu erkennen gebenden von all den Klam-
mern wieder fort lassen.
Es werden entbehrlich gerade diejenigen Klammern, die im gegebnen
Ausdrucke ausdrücklich angesetzt waren und dort nicht unterdrückt werden
durften. Diese also wird man beim Dualisiren weglassen. Und umge-
kehrt: diejenigen Klammern, die im gegebnen Ausdrucke fehlten, werden
im allgemeinen in dessen dualem Gegenstücke ausdrücklich zu setzen sein
— abgesehn nämlich von obenerwähnten Fällen der Assoziativität und
noch einigen andern Fällen, wie a · b ; c — wozu, auch wieder ohne Klam-
mern, a + b ɟ c das duale Gegenstück sein wird — deren vollständige Auf-
zählung indessen kaum verlohnen dürfte.
Es versteht sich, dass beim Dualisiren sowol als beim Konjugiren die
Reihenfolge der beiden Teilprozesse auch als die umgekehrte hätte genom-
men, der zweite Prozess als erster hätte angesetzt werden können.
Darin, dass beim Dualisiren die Reihenfolge der Terme ungeändert
gelassen wird, und beim Konjugiren die Natur der Knüpfungszeichen, liegt
die Rechtfertigung der obigen Angabe, dass die dualen zu zwei konjugirten
Formeln (resp. Ausdrücken) ebenfalls einander konjugirt sein müssen, gleich-
wie die konjugirten zu zwei einander dual entprechenden Formeln (resp.
Ausdrücken) auch ihrerseits werden zu einander dual sein müssen. Die
beiden Prozesse „stören sich gegenseitig nicht“.
Es muss auch einerlei sein, in welcher Ordnung etwa diese beiden ein-
[94]Dritte Vorlesung.
ander niemals störenden Operationen oder Prozesse hintereinander ausgeführt
werden, als da sind: Vertauschung gewisser Knüpfungszeichen, nämlich Ver-
wandlung jedes Knüpfungszeichens in das andre von derselben Hauptstufe,
und: Rückwärtslesen des Ausdrucks, oder Umkehrung der Reihenfolge von
allen seinen Termen und den sie verbindenden Zeichen — worauf ja das
Dualisiren und das Konjugiren wesentlich hinauslief.
Durch beide Operationen, gleichviel in welcher Folge sie ausgeführt
werden, gelangt man — genau so wie in der Kinematik bei der Zu-
sammensetzung, dem „Parallelogramm der Bewegungen“ — von irgend
einer der vier Formeln unsres Quadrupels allemal zu der ihr diagonal
gegenüberstehenden — das eine mal über die eine, das andre mal über
die andre Ecke des Vierecks, d. h. eben vermittelst einer von den beiden
Formeln, die mit ihr in derselben Flucht stehen (auf derselben Zeile oder
aber in derselben Spalte).
So wichtig in praktischer Hinsicht diese Fingerzeige auch sein
mögen indem sie uns beinah drei viertel aller Deduktionsarbeit er-
sparen werden, bilden sie doch kein wesentliches Moment im deduktiven
Aufbaue unsrer Theorie selbst: die durch sie gesparte Arbeit könnte
ja in jedem Einzelfalle mit grösster Leichtigkeit geleistet werden! Es
ist darum kein grosses Gewicht darauf zu legen, ob etwa die vor-
stehend über Dualismus und Konjugation aufgestellten Behauptungen
in ihrer ganzen Allgemeinheit durch die von mir dazu gegebnen Er-
läuterungen schon vollkommen strenge — als aus unsern 28 fundamen-
talen Festsetzungen formal folgende — begründet zu erachten seien.
Solche Begründung könnte pedantischer noch verlangt und beigebracht
werden; bei wesentlichen Deduktionen werden wir ganz anders strenge
— penibel formal — zuwerke gehen. Bei jenen Überlegungen aber ver-
lohnte wol solches nicht; ich messe denselben fast nur die erziehliche Wir-
kung bei, dass sie den Leser in den Stand setzen, sowol: die fehlenden
drei viertel der Beweise, um deren Druckraum wir unser Buch entlasten
müssen, gewünschtenfalles selbst beizubringen: als blosse Wiederholungen
in der dualen oder konjugirten Umschreibung des Viertels der Beweise
welches wir bringen, als auch: aus der von uns bewiesenen Formel eines
jeden Quadrupels sich immer die drei andern direkt auf kürzestem Wege
herzuleiten. Immerhin hoffe ich die beiden Prinzipien einleuchtend gemacht
zu haben und kann versichern, dass sie bei längerer Praxis immer intui-
tiver werden.
Das Prinzip des Dualismus — hier nur zufolge Hinzutretens der bei-
den relativen Knüpfungen und Moduln unwesentlich in nahe liegender
Weise, zu erweitern gewesen — ist dem Leser schon aus dem identischen
Kalkul bekannt. Dass letzterm das Konjugationsprinzip fremd ist, liegt
daran dass diese Disziplin keine nicht-kommutativen Spezies kennt. Im
identischen Kalkul fallen konjugirte Formeln im Hinblick auf die Kommu-
tationsgesetze jeweils in einen Satz zusammen, und sie würden auch in der
Algebra der Relative in eine Formel zusammenfallen, wenn hier alle knüp-
[95]§ 6. Grundgesetze der Spezies.
fenden Spezies kommutative wären; verschieden können beide hier nur
ausfallen, wenn relative Knüpfungen in ihnen vorkommen. Es drücken
insbesondre bei den Distributionsgesetzen in 2) die vier Formeln blos zwei
Theoreme aus; die untereinanderstehenden besagen das nämliche; getrennt
wurden sie blos aufgeführt, damit ihre Analogie mit 4) etc. gut zutage trete.
Unschwer würde wol ein Bezeichnungssystem zur Darstellung der
Operationen (sowie der Moduln) unsrer Disziplin sich aushecken lassen,
welches die vier (eventuell auch nur zwei) Formeln eines jeden „Gespan-
nes“ von Sätzen auf einen gemeinsamen Ausdruck zu bringen gestattete.
Zu solch genereller Zusammenfassung der Sätze jeden Quadrupels scheint
mir aber gar kein Bedürfniss vorhanden. Dem Anfänger ist die kleine
Repetition der Beweisführung beim dual entsprechenden oder konjugirten
eines einmal bewiesenen Satzes als eine heilsame Übung wohl zu gönnen,
und angewendet werden die Sätze eines Gespannes, wenn nicht — wie in
der Regel — blos einzeln, so doch zusammen immer nur in kollektiver
Verbindung miteinander — als cuncti, nicht als omnes.
Um nunmehr mit unsrer zweiten Formelgruppe zu Ende zu kom-
men, haben wir anzuführen, dass noch diese allgemeinen Sätze be-
kannt sind:
14)
15)
welche letztern noch von Peirce gegebnen man auch mit der Anwen-
dung auf den andern Term, die sie nach den Kommutationsgesetzen
zulassen, vereinigen könnte zu:
F)
Und ferner, dass die Peirce’schen Sätze identischen Kalkuls:
16)
| (ab ⋹ c) = (a ⋹ c + b̄) = (b ⋹ ā + c) | (c ⋹ a + b) = (cb̄ ⋹ a) = (āc ⋹ b) |
welche ein gewisses Gegenstück zu denen der letzten Zeile unter 3)
bilden, auch für unsre Relative gelten und für deren Theorie hoch-
wichtig sind.
Diese (rechts und links vom Mittelstriche im Grunde den näm-
lichen Satz darstellenden) Formeln 16) besitzen auf der zweiten Haupt-
stufe merkwürdige Analoga, auf die wir in § 17 eingehen werden.
Zudem würden sich noch andre gar nicht sehr zahlreiche Sätze als
unter die Überschrift des Paragraphen fallende anreihen lassen, die
wir für eine spätere Fortsetzung aufzusparen vorziehen. Zu einer
[96]Dritte Vorlesung.
ersten Grundlegung kann das Bisherige genügen und wollen wir unsre
Aufmerksamkeit demnächst dem Beweisverfahren für die aufgezählten
Sätze zuwenden.
Diejenigen von den vorstehenden allgemeinen Sätzen, welche sich
in der Form von Gleichungen präsentiren, sichern uns, falls die Glei-
chungen primäre im Boole’schen Sinne sind, die Mittel zur Umfor-
mung, Transformation von Ausdrücken: jeder nach dem Schema der
einen Seite der Gleichung gestaltete Ausdruck kann durch einen nach
dem Vorbild der andern Seite umgestalteten ersetzt werden. Von
solchen Mitteln lässt sich, mit dem Erfolge dass man zu neuen Er-
kenntnissen geführt wird, ein judiziöser Gebrauch machen.
Ebenso, wenn die Gleichungen sekundäre sind, verbürgen unsre
Sätze uns die Erlaubniss zur äquivalenten Umformung von Behaup-
tungen, Urteilen oder Aussagen, sobald solche nur die Form der einen
Seite der Gleichung haben, gleichviel welcher von beiden Seiten.
Formeln, die wie z. B. 1) die Form von sekundären Subsumtionen
haben, gestatten wenigstens das Ziehen von Schlüssen, als den Über-
gang von einer Prämisse der Form des Minor zu einer Konklusion
von der Form des Major der Aussagensubsumtion — ein Übergang,
der bei der Aussagenäquivalenz sogar vor- und rückwärts statthaft.
Aber auch diejenigen Sätze oder Formeln, welche wie 5, 7, 14,
15) blos als primäre Subsumtionen sich darstellen, ermöglichen — im
Hinblick besonders auf Prinzip II sowie Th. 2) und 3) des Bd. 1 —
noch in mannigfaltiger Weise das Ziehen von Schlüssen.
Dem Anfänger scheinen solche wenn auch allgemeingültige Subsum-
tionen vielleicht herzlich wenig Information zu liefern, nur wenig zu
lehren, und erscheint der Rat am Platze sie, und ihresgleichen später, hin-
sichtlich ihrer Bedeutung ja nicht zu unterschätzen.
Nicht nur ist ja, nach dem Theorem von R. Grassmann (a ⋹ b) =
(a = ab) = (a + b = b) z. B., jede Subsumtion ohnehin äquivalent einer
Gleichung, die dann freilich von minder einfachem Ausdrucke und dem-
gemäss von beschränkterer Anwendungsfähigkeit erscheint, sondern es wird
auch ein jeder, der sich selbstthätig an Untersuchungen oder Forschungen,
an die Lösung von Aufgaben in unsrer Disziplin wagt, unfehlbar folgende
Erfahrung machen.
So unliebsam gross die Menge der Sätze, die wir aufzustellen haben,
so überwältigend die Fülle der Formeln auf den ersten Blick erschienen
sein mochte, sie scheint in solchem Falle noch lange nicht gross genug zu
sein; man ist froh um eine jede derselben, auf die man sich zu berufen
vermöchte, mag sie auch blos den dürftigen Inhalt einer Subsumtion auf-
weisen; man steht den gewichtigsten Problemen unsrer Disziplin oft noch
beinahe ratlos gegenüber, und erkennt ihren wirklich grossen Reichtum an
[97]§ 6. Die Π und Σ von Relativen.
Ausdrucksformen als einen eben den Bedarf deckenden, das noch nicht
so grosse Heer der Methoden aber, über die unsre Disziplin bislang ver-
fügt, als ein zumeist noch recht unzulängliches.
So repräsentiren unsre Sätze zwar ein gewisses schon nicht zu ver-
achtendes Kapital an Hülfsmitteln, oft machtvollen Instrumenten des Den-
kens, dem aber eine Ausgestaltung zu immer noch grösserer Fülle, eine
Entwickelung zu noch viel grösserer Machtentfaltung dringend zu wün-
schen bleibt.
Schliesslich erübrigt es uns noch, die wichtigsten von den Sätzen
oder Formeln zusammenzustellen welche für die (identischen) Pro-
dukt(ation)e(n) Π und Summ(ation)en Σ von binären Relativen Geltung
haben, sei es dass man diese Symbole als selbständig definirt ansieht
in der Art, wie wir es am Schlusse des § 3, S. 36 geschildert haben
und wie es beispielsweise bei „kontinuirlichem“ Erstreckungsbereiche der
Π und Σ unumgänglich ist, sei es dass man dieselben blos als Ab-
kürzungen verwendet für die Ergebnisse binärer identischer Knüpfungs-
spezies zwischen irgendvielen Termen, welche nur unbequem sämtlich
hinzuschreiben wären.
Dass für beide Deutungsweisen unsre Formeln die nämlichen sein
müssen (indem eben die zweite Interpretation sich der ersten einordnet)
wird streng genommen erst mit der neunten Vorlesung als gesichert anzu-
sehen sein.
Überhaupt ist zu bemerken, dass die einschlägigen Sätze erst spät,
in schon ziemlich vorgerückten Partieen unsrer Theorie zur Anwendung
kommen werden, weshalb sie der Studirende auch bis dahin überschla-
gen mag.
Grösstenteils sind die Sätze schon im identischen Kalkul gültig
und bekannt. Sie bilden alsdann Gegenstücke, Pendants, eventuell aber
auch stark modifizirte (nämlich abgeschwächte oder defekte) Analoga
zu den Schemata des Aussagenkalkuls, welche wir unter α) bis ξ) am
Schlusse des § 3 bereits zusammengestellt haben — und zwar Ana-
loga, weil, mit Rücksicht auf Festsetzung (14), im Grunde Konse-
quenzen derselben! Die Analogie ist aber keine durchgängige, viel-
mehr werden einzelne von jenen Aussagenschemata sogar ganz ohne
Gegenstück (bei Relativen) bleiben, und wird sich dem formelreichern
Aussagenkalkul gegenüber auch von unsern neufundirten Grundlagen
aus der identische Kalkul wiederum als der weniger Schlüsse gestat-
tende erweisen — wofür der letzte Grund in dem Umstande zu er-
blicken ist, dass zu der mit Πi j konstruirten fundamentalen Festsetzung
(14) ein mit Σi j konstruirtes „aussagenduales“ Gegenstück fehlt, und
daselbst (vgl. Bd. 2, S. 43 sqq.) auch definitiv unzulässig bleibt. —
Schröder, Algebra der Relative. 7
[98]Dritte Vorlesung.
Um die Formeln nicht mit Zeichen zu überladen, wollen wir da,
wo nur ein allgemeines Relativ und Σ oder Π-zeichen in Betracht
kommt, den laufenden Zeiger unerwähnt lassen.
Ist a konstant, so haben wir das Tautologiegesetz
17) Πa = a = Σa
wie immer die Erstreckung des Π oder Σ auch gegeben sein möge
— vgl. δ) des § 3, S. 39.
Ist a variabel, so haben wir doch:
18) Πa⋹a⋹Σa
wenn das in der Mitte stehende (von Π und Σ) freie a nur irgend
einen, einen beliebigen von den wechselnden Termen (a) vorstellt, über
welche das Π und Σ sich übereinstimmend erstrecken soll — vergl.
α) des § 3.
Ein solches Πa, = , soll uns eigentlich einen in formaler Hin-
sicht als allgemeiner oder noch umfassender erscheinenden Ausdruck
vertreten:
.
Dieser Ausdruck umfasst zunächst in der That den vorigen, indem
es uns, solange φ(a) von unbestimmter Allgemeinheit ist, jederzeit
freistehn wird, dieses φ(a) = a selbst zu spezialisiren.
Anstatt jedoch als Erstreckung des Π den Bereich der Werte an-
zugeben, welche dem Argument a des allgemeinen Terms φ(a) in Ge-
danken beizulegen sind, m. a. W. welche a selbst „zu durchlaufen“
hat, und durch welche sich die zugehörigen Werte von φ(a) jeweils
eindeutig bestimmt erweisen, kann man sich auch sogleich den Bereich
der letzteren Werte angegeben denken. Dieser bildet einen neuen,
von dem des a im allgemeinen verschiedenen Erstreckungsbereich, und
wenn wir ihn an Stelle des vorigen zugrunde legen, so wird unser
Ausdruck durch den
nunmehr zu ersetzen sein. Förmlich einander gleich dürfen trotz ihrer
Identität die beiden Ausdrücke aber nicht gesetzt werden, weil in
solcher Gleichung wegen der Verschiedenheit der beiderseitigen Er-
streckungsbereiche das Zeichen Π als ein „doppelsinniges“ gebraucht
erschiene [das φ(a) hat ja nicht die Werte des a anzunehmen oder
zu durchlaufen!] — also: weil mit dem Übergang über das Gleich-
heitszeichen ein Wechsel in den Bezeichnungsprinzipien, in der Ter-
minologie oder Nomenklatur eingetreten wäre, was unerlaubt.
[99]§ 6. Gesetze der Π und Σ von Relativen.
Jetzt steht aber nichts im Wege, für den umständlichern Namen
φ(a) einen Buchstaben c als kürzern Namen einzuführen, φ(a) = c zu
setzen, und so gelangen wir zu dem Ausdrucke:
welcher von derselben Form ist wie der frühere , in welchem nur
der Erstreckungsbereich jetzt als ein anderer zu denken ist, nämlich
statt aus den Werten von a aus denen von φ(a) bestehen wird.
Von vornherein, nämlich sofern es sich um eine neue oder selb-
ständig in voller Allgemeinheit zu führende Untersuchung handelt,
mögen wir aber auch statt des Buchstabens c den Namen a selbst
verwenden, und gelangen so zu unserm frühern Ausdruck zurück als
einem nur scheinbar weniger allgemeinen:
Durch geeignete Wahl, Abänderung des Erstreckungsbereiches lässt
sich jeder Ausdruck von der Form in einen einfacheren von der
Form umwandeln.
Ähnliches ist inbezug auf die Ausdrücke , ,
gesagt zu denken, die wir durch die einfacheren , , a priori
ersetzen können, wie dann auch das Umgekehrte zulässig bleibt.
Jenes aber zu thun empfiehlt sich wegen der dadurch bewirkten
Entlastung, des erzielten Gewinnes an Übersichtlichkeit der Formeln.
Dies vorausgesetzt werden wir haben, als Gegenstück zu γ) des § 3:
19)
| Π̅a̅ = Σā | Σ̅a̅ = Πā |
woneben sogleich gestellt sein möge:
20)
ferner als Gegenstück zu ε), ζ) des § 3:
21)
— was auch hinreichend ausdrucksvoll, nicht missverständlich, schon
durch
Π(a⋹b) = (Σa⋹Πb)
dargestellt werden kann.
Die Schemata η), ϑ) des § 3 entbehren eines genauen Analogons
in unsrer Theorie, ziehen keine Formel vom selben Schema für unsre
Relative nach sich es sei denn die abgeschwächte:
22) Σ(a⋹b) ⋹ (Πa ⋹ Σb).
7*
[100]Dritte Vorlesung.
Den Schemata ι) ibid. entspricht:
23)
| Π(a = 1) = (Πa = 1) | Π(a = 0) = (Σa = 0) |
24)
| Σ(a = 0) ⋹ (Πa = 0) | Σ(a = 1) ⋹ (Σa = 1) |
wobei die Formeln der zweiten Zeile gegen die dortigen Schemata
abgeschwächt erscheinen.
Dem κ) des § 3 entspricht in seinem ersten Teile:
25)
wobei der letzte Teil oder das Ende jenes Schemas ohne Gegenstück
bleibt.
Als Gegenstück zu λ), μ) des § 3 haben wir die Distributions-
gesetze:
26)
als solches zu ν) und ξ) des § 3 die Sätze:
27)
,
— wo bei letzterem, falls die Erstreckung beider Π resp. Σ die näm-
liche sein sollte, das Doppelprodukt (resp. die Doppelsumme) auch in
ein einfaches (eine einfache) zusammenziehbar [vergl. 5) des § 7]:
— endlich haben wir als Gegenstück zu ο) des § 3 den Satz:
28) ΣΠa⋹ΠΣa.
Für die relativen Knüpfungen treten nun hiezu blos noch die fol-
genden Erweiterungen der Sätze 5) und 6) des gegenwärtigen Para-
graphen:
29)
30)
.
[101]§ 7. Die Beweise zu den Gesetzen.
Hierbei können stets die Zeichen
31)
— nach Belieben — gelesen werden.
§ 7. Beweis jener Grundgesetze. Nebst einigen Hülfsschemata des
Aussagenkalkuls.
Die beiderseits oder „voll“ eingeklammerten Chiffren verweisen jeweils
auf die „fundamentalen Festsetzungen“ des § 3, die blos einseitig, rechts
mit einem Klammerhaken versehenen Chiffren aber auf die Formeln des
laufenden — wonicht eines eigens citirten — Paragraphen.
Die linke Seite einer zu beweisenden Formel werden wir häufig mit L,
die rechte mit R bezeichnen um die sonst oft nötig fallende Wiederholung
der umständlichen Ausdrücke zu ersparen, welche hüben und drüben stehn
mögen.
Wir haben zunächst nur mit dem Beweise von Formeln zu thun,
welche die Form einer Subsumtion oder aber einer Gleichung haben,
während Ungleichungen und Unsubsumtionen vorerst nicht in Betracht
kommen.
Die Formeln sind entweder „primäre“, d. h. solche Propositionen
L ⋹ R resp. L = R, deren beide Seiten (binäre) Relative vorstellen,
oder sie sind „sekundäre“ (in Boole’scher Terminologie), indem ihre
beiden Seiten L und R sich als Aussagen darstellen. Letztre sind
alsdann aus primären Propositionen der vorhin beschriebenen Art ver-
mittelst der 3 Spezies des Aussagenkalkuls aufgebaut.
Der Beweis einer primären Formel und Proposition genannter Art
(also einer Subsumtion oder Gleichung nicht aber einer Ungleichung etc.)
wird im Hinblick auf die Festsetzungen (14) nebst Korollar und (1)
zu leisten sein, indem man allgemein — für jedes ij — zeigt, dass
zwischen Li j und Ri j ebendie Beziehung der Einordnung resp. Gleich-
heit besteht, welche der zu beweisende Satz, die Formel zwischen L
und R behauptet.
Da Li j und Ri j als Relativkoeffizienten Aussagen repräsentiren, so
können bei diesem Nachweise und den dazu erforderlichen Schlüssen
die Gesetze und Schemata des Aussagenkalkuls frei oder nach Herzens-
lust angewendet werden, weil diese durch unsre Festsetzungen bereits
gesichert worden.
Auf solchem Wege lässt jede primäre und mittelbar auch die
Thesis jeder sekundären Formel (aus dem angedeuteten Propositionen-
kreise) sich, wie wir sagen wollen „direkt“ „unmittelbar“ (immediately)
oder „aus der Koeffizientenevidenz“ beweisen. Und falls man die un-
[102]Dritte Vorlesung.
mittelbaren Beweise vorzieht, ist die Reihenfolge, in der man die
Beweise durchnimmt, gleichgültig.
Falls jedoch eine Formel sich ohne Zurückgehen auf die Relativ-
koeffizienten aus andern auf diesem Wege schon bewiesenen Formeln
und Sätzen ableiten lässt, so werden wir solch „mittelbaren“ (mediate)
Beweis*) fast immer vorziehen — uns bestrebend, die Technik der
Algebra der Relative selbst zur Entwickelung zu bringen und zur Gel-
tung, zu ihrem Rechte kommen zu lassen. In solchen Fällen ver-
bleibt die Führung des „unmittelbaren“ Beweises dem Leser als eine
jederzeit empfehlenswerte Übungsaufgabe.
Beweis von 1) des § 6. Prämisse, Hypothesis (der sekundären
Formel) ist L = (a ⋹ b)(c ⋹ d). Nach (14) haben wir:
(a ⋹ b) = Πi j(ai j ⋹ bi j) ⋹ (ai j ⋹ bi j), ebenso (c ⋹ d) ⋹ (ci j ⋹ di j),
woraus nach bekannten Schemata des Aussagenkalkuls (für jedes ij) folgt:
ai jci j⋹bi jdi j und ai j + ci j ⋹ bi j + di j,
oder wegen (10):
(ac)i j ⋹ (bd)i j und (a + c)i j ⋹ (b + d)i j.
Denkt man sich vor diese in Klammer { } zu stellenden Konklu-
sionen das Zeichen Πi j gesetzt und wendet das Schema (14) rückwärts
an, so erscheinen die beiden ersten Teil-Behauptungen: ac ⋹ bd und
a + c ⋹ b + d der Behauptung, Thesis R von 1) erwiesen.
Ganz ebenso haben wir aber**) nach (14) auch:
(a ⋹ b) = Πi h(ai h ⋹ bi h) ⋹ (ai h ⋹ bi h)
und
(c ⋹ d) = Πh j(ch j ⋹ dh j) ⋹ (ch j ⋹ dh j),
woraus im Vereine zu schliessen ist:
ai hch j⋹bi hdh j nebst ai h + ch j ⋹ bi h + dh j
nicht nur, sondern auch:
Σhai hch j⋹Σhbi hdh j nebst Πh(ai h + ch j) ⋹ Πh(bi h + dh j),
das heisst wegen (12):
(a ; c)i j ⋹ (b ; d)i j, (a ɟ c)i j ⋹ (b ɟ d)i j.
[103]§ 7. Beweis des Distributionsgesetzes.
Diese Folgerungen sind wiederum allgemein, für irgend ein Suffix ij
gezogen. Man kann sie auch für jedes Suffix ij in Anspruch nehmen,
was durch Voranschreiben des Zeichens Πi j vor diese alsdann in { } zu
setzenden Konklusionen anzudeuten wäre. Alsdann ist im Hinblick auf
(14) gerechtfertigt, dass
a ; c ⋹ b ; d, a ɟ c ⋹ b ɟ d
ist, und haben wir somit die Behauptung von 1):
R = (ac ⋹ bd)(a + c ⋹ b + d)(a ; c ⋹ b ; d)(a ɟ c ⋹ b ɟ d)
mit allen ihren Teil-Behauptungen erwiesen, q. e. d.
Von den Beweisen der schon dem identischen Kalkul angehörigen
Sätze wollen wir als vornehmstes Paradigma jetzt den
Beweis des Distributionsgesetzes a(b + c) = ab + ac — siehe unter
2) des § 6 — geben. Nach den beiden Festsetzungen (10) ist einerseits
{a(b + c)}i j = ai j(b + c)i j = ai j(bi j + ci j)
und andrerseits:
(ab + ac)i j = (ab)i j + (ac)i j = ai jbi j + ai jci j.
Für Relativkoeffizienten, die — wie Aussagen — nur der beiden
Werte 1 und 0 fähig sind, steht aber die Gültigkeit des Distributions-
gesetzes kraft des Abacus längst fest, d. h. wir haben:
ai j(bi j + ci j) = ai jbi j + ai jci j,
und somit ist auch erkannt dass:
{a(b + c)}i j = (ab + ac)i j
für ein beliebiges Suffix ij ist. Da diese Konklusion für jedes Suffix ij
in Anspruch genommen werden darf, was auch durch Umhüllen,
Hineinsetzen ihrer Aussage zwischen die Zeichen Πi j[, und], aus-
gedrückt werden könnte, so folgt nunmehr nach dem Korollar zu
(14), dass
a(b + c) = ab + ac
sein muss, was zu beweisen gewesen.
Wenn hiernach nicht blos die erste Subsumtion desselben, sondern
sogleich das volle Distributionsgesetz sich hat beweisen lassen, so wird der
einsichtsvolle Leser doch sofort erkennen, dass dies unserm früher (Bd. 1)
vermittelst des „Gruppenkalkuls“ geführten „Beweise seiner Unbeweisbar-
keit“ keinen Eintrag thut. Die formalen Grundlagen, aus welchen der
Beweis zu führen war, sind eben hier und dort (ganz) andere gewesen.
Was die formalen Grundlagen des Bd. 1 betrifft, denen nur unsre
Festsetzung (1) auch als Def. (1) der Gleichheit angehörte, so mussten
[104]Dritte Vorlesung.
wir dort neben zwei „Prinzipien“ I und II auch noch zu einem „Prinzip“ III
unsre Zuflucht nehmen, welches als ein partikularer Fall in dem vollen
Distributionsgesetze enthalten war. Von diesem letzteren Prinzip ist zunächst
zu betonen, dass es mit Vorstehendem nun ebenfalls aus den Festsetzungen
des § 3 „bewiesen“ ist.
Nimmt man jetzt noch die nach dem Abacus identisch geltenden For-
meln oder Schemata des Aussagenkalkuls:
,
| 0i j ⋹ ai j | ai j⋹ 1i j, |
| (ci j ⋹ ai jbi j) = (ci j ⋹ ai j)(ci j ⋹ bi j) | (ai j + bi j ⋹ ci j) = (ai j ⋹ ci j)(bi j ⋹ ci j) |
| 1i j ⋹ ai j + āi j | ai jāi j⋹ 0i j |
— bei deren zweitem und letztem Paare noch Festsetzung (6) mit anzu-
rufen war — für jedes Suffix ij in Anspruch, indem man bei den drei
sekundären von ihnen aussagenrechnerisch die verschiedenen Individuali-
sirungen in denen sich die Formel für alle Suffixe verkörpert, überschiebend
multiplizirt, so erhält man kraft Festsetzung (14) dieselben Schemata oder
Formeln als für die binären Relative a, b, c selbst gültige — wir brauchen
sie so nicht herzusetzen, weil sie sich aus den vorstehenden Schemata leicht
ablesen lassen, indem man die Suffixe durchgängig weglässt.
Damit sind dann auch die „Prinzipien“ I und II des Bd. 1 nebst den
dortigen Definitionen (2), (3) und (6) — kurz: die gesamten formalen Grund-
lagen, aus welchen wir seinerzeit den identischen Kalkul entwickelten, streng
deduktiv ableiteten, nunmehr aus unsern Festsetzungen des § 3 „bewiesen“.
Fortan dürfen wir also auch den identischen Kalkul selbst, mit einem jeden
seiner Sätze, für unsre binären Relative legitim in Anspruch nehmen.
Ohne mich der geringsten Lücke schuldig zu machen, kann ich darum
den Beweis jedes einzelnen Satzes, den wir aus dem identischen Kalkul
hier benötigen werden, getrost dem Leser überlassen. Nur darauf muss
ich hervorhebend hinweisen, dass für jeden Satz in der That auch solch
ein selbständiger unmittelbarer Beweis leicht zu führen ist, welcher indessen
ganz anders aussieht, sich so sehr verschieden gestaltet von den in Bd. 1
für denselben Satz gelieferten Beweisen. Die letzteren werden hier als
„mittelbare“ zu bezeichnen sein.
Nachdem wir so den „Anschluss“ unsrer Theorie an die der vorher-
gehenden Bände gewonnen haben, wenden wir uns blos noch dem Beweise
derjenigen Formeln zu, die auf die relativen Spezies mit Bezug haben oder
der zweiten Hauptstufe angehören.
Zu dem Quadrupel der Formeln 4) des § 6 gebe ich erstmals alle
vier verwandten Beweise. Sie lauten:
{a ; (b + c)}i j = Σhai h(b + c)h j = Σhai h(bh j + ch j) = Σh(ai hbh j + ai hch j) =
= Σhai hbh j + Σhai hch j = (a ; b)i j + (a ; c)i j = (a ; b + a ; c)i j
und zwar — den vorstehenden Gleichheitszeichen der Reihe nach ent-
sprechend — nach (12), (10), dem Distributionsgesetz für Koeffizienten,
wegen der distributiven Kraft des Summenzeichens (die aus der Umstell-
[105]§ 7. Beweis der Grundgesetze.
barkeit der Glieder einer Aussagensumme bei kolonnenweisem Summiren
der in Zeilen gesetzten Glieder hervorgeht) und wiederum nach (12) und
(10) in rückwärtiger Anwendung dieser (oben vorwärts angewendeten) Fest-
setzungen, q. e. d.
Analog hat man:
{(a + b) ; c}i j = Σh(a + b)i hch j = Σh(ai h + bi h)ch j = Σh(ai hch j + bi hch j),
(a ; c + b ; c)i j = (a ; c)i j + (b ; c)i j = Σhai hch j + Σhbi hch j;
aber die rechten Seiten sind gleich, und folglich auch die linken, q. e. d.
Ferner:
(a ɟ bc)i j = Πh{ai h + (bc)h j} = Πh(ai h + bh jch j) = Πh(ai h + bh j)(ai h + ch j),
{(a ɟ b)(a ɟ c)}i j = (a ɟ b)i j(a ɟ c)i j = Πh(ai h + bh j) · Πh(ai h + ch j),
wo wieder die beiden Ausdrücke rechts und folglich auch die links über-
einstimmen, q. e. d. Endlich:
(ab ɟ c)i j = Πh{(ab)i h + ch j} = Πh(ai hbi h + ch j) = Πh(ai h + ch j)(bi h + ch j) =
= Πh(ai h + ch j) · Πh(bi h + ch j) = (a ɟ c)i j(b ɟ c)i j = {(a ɟ c)(b ɟ c)}i j,
q. e. d.
Beweis zu 5) des § 6. Erste Formel.
Es ist
Li j = (a ; bc)i j = Σhai h(bc)h j = Σhai hbh jch j = Σhai hbh j · ai hch j,
Ri j = (a ; b · a ; c)i j = (a ; b)i j(a ; c)i j = Σhai hbh j · Σkai kck j.
Offenbar ist nun Li j ⋹ Ri j, weil unter den Gliedern des expandirten
Produktes der beiden letzten Summen die Glieder der darüberstehenden
Summe sämtlich enthalten sind — nämlich als die Partialprodukte aus
deren gleichstelligen Gliedern, jedoch neben noch vielen andern Gliedern,
womit die Subsumtion erwiesen ist — q. e. d.
Zur zweiten Formel hätten wir:
Li j = (a ɟ b + a ɟ c)i j = (a ɟ b)i j + (a ɟ c)i j = Πh(ai h + bh j) + Πk(ai k + ck j) =
= Πh k(ai h + bh j + ai k + ck j),
letztres nach dem dualen Gegenstück des Distributionsgesetzes. Dazu:
Ri j = {a ɟ (b + c)}i j = Πh{ai h + (b + c)h j} = Πh(ai h + bh j + ch j) =
= Πh(ai h + bh j + ai h + ch j)
unter Anwendung des Tautologiegesetzes. Die Vergleichung beider Ergeb-
nisse zeigt, dass alle Faktoren von Ri j sich unter denen von Li j vorfinden,
wo sie bei k = h zutage treten. Nach dem Aussagenschema ab ⋹ a ist
nun das faktorenreichere Produkt im andern enthalten, d. h. Li j ⋹ Ri j, q. e. d.
Übrigens bedarf man zum Beweise dieses Satzes der Berufung auf
die Koeffizientenevidenz gar nicht. Wegen bc ⋹ b hat man vielmehr
nach 1) des § 6: a ; bc ⋹ a ; b, und wegen bc ⋹ c ähnlich: a ; bc ⋹ a ; c,
[106]Dritte Vorlesung.
welche beiden Ergebnisse zusammengefasst unsern Satz a ; bc ⋹ a ; b · a ; c
liefern. Etc. q. e. d.
Beweis zu 6) des § 6. Erste Formel. Es ist:
Li j = {a ; (b ; c)}i j = Σhai h(b ; c)h j = Σhai hΣkbh kck j = Σh kai hbh kck j,
Ri j = {(a ; b) ; c}i j = Σk(a ; b)i kck j = Σk(Σhai hbh k)ck j = Σk hai hbh kck j.
Weil nun Σh k = Σk h, so ist also Li j = Ri j, q. e. d.
Zweite Formel:
Li j = {a ɟ (b ɟ c)}i j = Πh{ai h + (b ɟ c)h j} = Πh{ai h + Πk(bh k + ck j)} =
= Πh k(ai h + bh k + ck j),
Ri j = {(a ɟ b) ɟ c}i j = Πk{(a ɟ b)i kck j} = Πk{Πh(ai h + bh k) + ck j} =
= Πk h(ai h + bh k + ck j).
Weil aber Πk h = Πh k, so ist also Li j = Ri j, q. e. d.
Beweis zu 7) des § 6. Erste Formel. Es ist:
Li j = {a ; (b ɟ c)}i j = Σhai h(b ɟ c)h j = Σhai hΠk(bh k + ck j) = ΣhΠkai h(bh k + ck j),
Ri j = (a ; b ɟ c)i j = Πk{(a ; b)i k + ck j} = Πk{Σhai hbh k + ck j} = ΠkΣh(ai hbh k + ck j).
Dass man im zweitletzten Ausdrucke der oberen Zeile das Zeichen Πk
vor den bezüglich dessen Zeigers konstanten Faktor ai h schieben konnte,
ebenso dass im zweitletzten Ausdruck der unteren Zeile das Zeichen Σh
erstreckt werden konnte über alles folgende mit Einschluss des bezüg-
lich h konstanten Termes ck j, beruht auf den Tautologiegesetzen (des
Aussagenkalkuls).
Bei Li j und Ri j stimmen nun die allgemeinen Terme hinter den
Σ- und Π-zeichen nicht überein, und ausserdem ist die Ordnung der
Σ, Π in beiden Ergebnissen die entgegengesetzte.
Von dem allgemeinen Term bei L ist aber leicht zu zeigen, dass
er eingeordnet ist demjenigen bei R, indem:
ai h(bh k + ck j) = ai hbh k + ai hck j ⋹ ai hbh k + ck j wegen ai hck j ⋹ ck j
sein muss. Es muss hienach jedenfalls sein:
Li j⋹ΣhΠk(ai hbh k + ck j),
wo nun rechts der allgemeine Term mit demjenigen bei Ri j sich deckt
und der Unterschied nur noch in der Reihenfolge der Σ, Π besteht.
Nach jenem (minder geläufigen) Schema: ΣhΠk ⋹ ΠkΣh des Aus-
sagenkalkuls, welches wir weiter unten S. 112 gesondert rechtfertigen,
wird nun a fortiori erkannt sein, dass Li j ⋹ Ri j, q. e. d.
[107]§ 7. Die Beweise zu den Gesetzen.
Ebenso haben wir zur zweiten Formel 7):
Li j = {(a ɟ b) ; c}i j = ΣkΠh(ai h + bh k)ck j ⋹ ΣkΠh(ai h + bh kck j),
Ri j = (a ɟ b ; c)i j = ΠhΣk(ai h + bh kck j),
also nach demselben Schema Li j ⋹ Ri j, q. e. d.
Behufs Beweises der drei Formeln 8) des § 6 S. 83 müssen wir
uns auf die Festsetzungen (11) und (13) S. 29 berufen. Erste Formel.
Macht man der Deutlichkeit zuliebe ausgiebigen Gebrauch von
Klammern, so bedeutet:
ā̄ = (ā)͞,
somit
ā̄i j = (ā̄)i j = [(ā)͞]i j.
Dies ist aber nach (11):
.
Dass nun bei Koeffizienten oder Aussagen die doppelte Verneinung
sich aufhebt, darauf dürfen wir uns schon längst berufen; es ist also
(ai j)͞͞ = ai j
und damit ist auch gezeigt, dass ā̄i j = ai j, das heisst ā̄ = a ist, in
Anbetracht dass die Gleichheit der Relative auf die Übereinstimmung
ihres allgemeinen Koeffizienten hinausläuft — q. e. d.
Bei der zweiten Formel 8) bedeutet:
ă̄ = (ă)͞ und ā̆ = (ā)͝
Nach (11) und (13) wird aber:
ă̄i j = [(ă)͞]i j = {(ă)i j}͞ = {aj i}͞ = (ā)j i = āj i und ā̆i j = [(ā)͝]i j = (ā)j i = āj i
(wo der letzte Ausdruck nur eine Namensabkürzung des vorletzten ist),
somit allgemein ă̄i j = ā̆i j und damit auch ă̄ = ā̆, wie zu beweisen war.
Die dritte Formel 8) betreffend ist zu bedenken, dass
ă̆ = (ă)͝
bedeutet, somit:
ă̆i j = [(ă)͝]i j = (ă)j i = ai j
nach (13) sein muss, indem sich durch die zweimal hintereinander voll-
zogene Vertauschung der beiden Indizes im Suffixe deren ursprüngliche
Ordnung wiederherstellt — q. e. d.
Wer das Bedürfniss empfindet, sich das Verständniss noch mehr zu
erleichtern, der möge hier einfachere Namen, wie b für ā und c für ă,
ad hoc — für den Augenblick — einführen.
[108]Dritte Vorlesung.
Beweise von 9) des § 6:
,
nach den Festsetzungen und De Morgan’s für Aussagen und Koeffizienten
bereits sicher gestellten Theoremen.
Beweise der Formeln 10) des § 6 — ebenso:
,
.
Beweise von 11) des § 6 — S. 85:
(ab͝)i j = (ab)j i = aj ibj i = bj iaj i = b̆i jăi j = (b̆ă)i j,
(a + b͝)i j = (a + b)j i = aj i + bj i = bj i + aj i = b̆i j + ăi j = (b̆ + ă)i j.
Beweise von 12) des § 6:
(a ; b͝)i j = (a ; b)j i = Σhaj hbh i = Σhbh iaj h = Σhb̆i hăh j = (b̆ ; ă)i j,
(a ɟ b͝)i j = (a ɟ b)j i = Πh(aj h + bh i) = Πh(bh i + aj h) = Πh(b̆i h + ăh j) = (b̆ ɟ ă)i j.
Behufs Beweises der Formeln 13) des § 6 — S. 87 — ist un-
mittelbar nur zu zeigen dass:
(a ⋹ b) = (b̄ ⋹ ā) sowie (a ⋹ b) = (ă ⋹ b̆)
ist. Ersteres folgt, weil wir die Kontraposition mit Aussagen- oder
Koeffizientensubsumtionen vorzunehmen bereits berechtigt sind, im Hin-
blick auf (14) leicht so:
(a ⋹ b) = Πi j(ai j ⋹ bi j) = Πi j[(bi j)͞ ⋹ (ai j)͞] = Πi j(b̄i j ⋹ āi j) = (b̄ ⋹ ā).
Letzteres, weil Vertauschung der Produktzeiger gestattet ist, so:
(a ⋹ b) = Πi j(ai j ⋹ bi j) = Πj i(ai j ⋹ bi j) = Πi j(aj i ⋹ bj i) =
= Πi j(ăi j ⋹ b̆i j) = (ă ⋹ b̆).
Aus den beiden hiermit bewiesenen Sätzen folgt nun die letzte oder
dritte Formel 13):
(a ⋹ b) = (b̄̆ ⋹ ā̆)
bequemer mittelbar durch deren „kombinirte“ Anwendung — das soll
hier heissen: durch deren successive Anwendung in irgend einer Folge.
Nachdem mit diesen Sätzen nunmehr die Prinzipien des Dualismus
und der Konjugation, die wir im vorigen Paragraphen auseinander-
gesetzt haben, vollends erhärtet sind, werden wir künftig von jedem
Quadrupel „verwandter“ Formeln nur mehr eine einzige — zumeist die
[109]§ 7. Ausgerechnete Koeffizienten von Relativfunktionen.
erste — beweisen (auf deren linke und rechte Seite dann also die
Symbole L und R bezugnehmen sollen) — es sei denn, dass bei dem
Beweise ganz neue Schemata des Aussagenkalkuls in Betracht kämen,
die wir insgesamt sichtbar zu machen wünschen. Ebenso werden wir
auch bei verwickelteren Untersuchungen von jeder Tetrade von „ver-
wandten Problemen“ immer nur eines wirklich zu lösen brauchen, das
wir den Repräsentanten des Quadrupels oder „Gespannes“ nennen mögen.
Zur Sicherung einer Priorität der Entdeckung eines Sätzequadrupels
würde auch schon die Mitteilung eines einzigen von den vier Sätzen ge-
nügen und die Aufführung der übrigen als ein Luxus, eine Raumverschwen-
dung erscheinen. Die Drucklegung aller viere, wie sie hier meistens doch
verwirklicht wird, rechtfertigt sich aber aus den Bedürfnissen der Anwen-
dung der Sätze, des Nachschlagens, bei den Verweisungen auf dieselben, etc.
In Fällen des Zweifels, ob Anwendung aller schon hier erfolgen wird, thun
wir auch lieber etwas zu viel als wie zu wenig.
Und ferner werden wir fortan den allgemeinen Koeffizienten eines
(wenn auch noch so verwickelten) vermittelst der 6 Spezies aus lauter
Relativen zusammengesetzten Ausdruckes zumeist fertig „entwickelt“ oder
„ausgerechnet“ hinsetzen ohne so, wie es im Vorstehenden noch vor-
bildlich geschah, die Schritte einzeln darzulegen, welche zu dessen Her-
stellung gemäss den Vorschriften (10) bis (13) auszuführen waren.
Der allgemeine Koeffizient eines Ausdrucks wäre zur Not schon
ausgerechnet zu nennen, wenn er als eine „Aussagenfunktion“ („Funktion“
im Sinne des Aussagenkalkuls) dargestellt ist von den Koeffizienten
der „einfachen“ Symbole (cf. S. 85) die (als Elemente oder Kompo-
nenten im weiteren Sinne, als Argumente, Operationsglieder, Terme)
in den Ausdruck eingehen, das heisst also: wenn er aus letzteren nur
durch die drei identischen Spezies aufgebaut ist — während im Aus-
drucke selbst ja alle 6 Spezies zur Verwendung kommen mochten.
Da aber die beiden nicht knüpfenden Spezies schon im Ausdrucke
selbst sich stets „ausführen“ liessen, so werden wir an den „ausgerech-
neten“ Koeffizienten die fernere Anforderung stellen dürfen, dass er
blos mittelst identischer Knüpfungen (der Multiplikation und Addition)
aus den Koeffizienten seiner „einfachen“ Terme sich zusammensetze.
Und wo Moduln in Betracht kommen werden, behalten wir uns vor,
diese Anforderungen noch weiter zu steigern.
Die Kunst, den allgemeinen Koeffizienten eines zusammengesetzten
Relativs „auszurechnen“ muss der Studirende sich aneignen. Man ge-
langt bei einiger Übung bald dahin, denselben schon mit dem ersten
Ansatze fertig hinzustellen, indem man zugleich — wozu noch nähere
Anleitung zu geben sein wird — die sämtlichen Σ und Π-zeichen mit
[110]Dritte Vorlesung.
den zugehörigen Zeigern in der gehörigen Reihenfolge nach links
vor den verbleibenden (von allen Σ und Π befreiten) Koeffizientenaus-
druck schiebt.
Die entgegengesetzte Kunst, die umgekehrte Aufgabe: eine Aussagen-
funktion von Koeffizienten „einfacher“ Relativsymbole als den allgemeinen
Koeffizienten eines aus letztern Relativen zusammengesetzten Ausdruckes
oder Relativs darzustellen, ist — sofern lösbar — im Allgemeinen etwas
schwieriger zu lösen resp. zu erlernen.
Um nun auch noch von 14) des § 6 die erste Formel zu bewei-
sen, bemerke man, dass:
Li j = (ab)i j = ai jbi j, Ri j = (a ; c + b ; c̄)i j = Σh(ai hch j + bi hc̄h j).
Letztre Summe enthält den beim Werte h = j des Zeigers sich
ergebenden Term:
ai jcj j + bi jc̄j j
und dass Li j schon diesem eingeordnet ist, um so mehr also der ganzen
Summe Ri j, lässt sich nachweisen aus der dem identischen Kalkul an-
gehörigen (somit nicht blos für Aussagen, sondern sogar für Klassen
gültigen) Formel:
ab⋹ab + ac + bc̄ = (a + ab)c + (b + ab)c̄ = ac + bc̄
wenn man darin dem a und b durchweg das Suffix ij, dem c und c̄
das Suffix jj zuteilt, q. e. d.
Beweis von 15) des § 6, erste Formel. Es ist
Li j = {a ; b · (ā ɟ c)}i j = ΣhΠkai hbh j(āi k + ck j),
Ri j = (a ; bc)i j = Σhai hbh jch j.
Das Produkt Πk in Li j enthält den bei k = h sich ergebenden
Faktor:
ai hbh j(āi h + ch j) = ai hbh jch j.
Dasselbe ist demnach, weil zu letzterm noch mehr Faktoren hin-
zutreten — nach dem Schema ab ⋹ a des Aussagenkalkuls — ein-
geordnet diesem Faktor, womit erkannt ist, dass das allgemeine Glied
der Σh welche Li j vorstellt, eingeordnet ist dem allgemeinen Gliede
der Σh welche Ri j vorstellt. Diese Beziehung überträgt sich von den
allgemeinen Gliedern auf die Summen derselben, d. h. es ist Li j ⋹ Ri j,
q. e. d.
Da wir fortan äusserst viel werden zu thun haben mit Summen
und Produkten, in symbolischer Abkürzung dargestellt vermittest der
Σ und Π-zeichen, wobei der allgemeine Term ein Aussagensymbol ist,
das einen doppelten Index führt, so verlohnt es, auf die wichtigsten
[111]§ 7. Zu den Hülfsschemata des Aussagenkalkuls.
Gesichtspunkte nochmals zurückzukommen, nach denen hiebei mit den
Zeichen Σ, Π zu operiren ist, obwol sich das meiste schon im § 3,
aus Bd. 2 rekapitulirt und durch weitre Hülfssätze ergänzt, findet.
Hierbei wollen wir (was nicht unumgänglich und vergl. S. 38
streng genommen zu vermeiden wäre) — aus didaktischen Gründen —
auch auf die gewöhnliche Schreibung des Π und Σ als eines „expli-
ziten“ vieltermigen Produkts oder Aggregates (ohne Π und Σ-zeichen),
vorwiegend Rücksicht nehmen.
Nennen wir ah k gedachten allgemeinen Term! Lässt man in ihm
die laufenden Zeiger (Summations- oder Produktationsvariablen) h und k
je eine aparte Reihe, eventuell Sequenz, von Werten durchlaufen und
schreibt die Werte des gedachten Terms geordnet hin, so erhält man
ein jetzt nicht notwendig quadratisches, vielmehr mit Sicherheit nur
rechteckiges Schema, eine Matrix, und zwar:
a11, a12, a13, a14, …
a21, a22, a23, a24, …
a31, a32, a33, a34, …
. . . . . . . .
falls wir etwa hier jene Wertreihen durch Ziffern repräsentiren.
Dass nun hierbei sowohl Summenzeichen unter sich als auch Pro-
duktzeichen unter sich beliebig umgestellt werden dürfen, und dass ihrer
mehrere in ein einziges derselben Art zusammengezogen, resp. aus
letzterem (wieder) abgesondert werden mögen, dies sprechen für den
einfachsten Fall (den wo nur zwei Zeichen in Betracht kommen) die
Schemata aus:
1)
.
Das ist aber in der That durch den kommutativen und assozia-
tiven Charakter der identischen Multiplikation resp. Addition garantirt.
Für die selbständig definirten Aussagen Π und Σ folgt es ohne
weitres nach dem „dictum de omni, et“ — möchten wir hinzufügen —
„de aliquo“ oder „ullo“.
Was von jedem Paare h, k gilt, das gilt bei jedem h für jedes k
und gilt auch bei jedem k für jedes h — und umgekehrt. Desgleichen:
Was für ein gewisses Paar h, k gilt, das gilt auch bei einem ge-
wissen h für ein gewisses k, und bei einem gewissen k für ein ge-
wissen h, sowie umgekehrt. [Nämlich: was bei einem gewissen h für
gewisses k gilt, das gilt auch für ein gewisses Paar h, k. Etc.]
Lassen wir z. B. h die Werte von 1 bis n, k die von 1 bis m durch-
[112]Dritte Vorlesung.
laufen, so stellt das erste der drei vorstehenden „Doppel“-Produkte vor:
das Ergebniss einer multiplikativen Verknüpfung, bei welcher zuerst die
Elemente einer jeden Zeile unsrer Matrix (bis zum mten einschliesslich) zu
einem Teilprodukte vereinigt, hernach diese Produkte aus den n ersten
Zeilen miteinander multiplizirt werden, wogegen das zweite Doppelprodukt
bedeutet: das Knüpfungsergebniss, wenn zuerst die Elemente einer jeden
Kolonne (bis inclusive zum nten) zu einem Teilprodukte vereinigt, sodann
diese Produkte aus den m ersten Kolonnen miteinander multiplizirt werden.
Das erste Doppelprodukt also fordert „zeilenweises“, das zweite „kolonnen-
weises“ Multipliziren.
Dass dies so und nicht umgekehrt der Fall ist, liegt daran, dass die
Π oder Σ-zeichen jeweils in der entgegengesetzten Ordnung „evaluirt“, aus-
gewertet (in die ausführliche Schreibung umgedeutet) werden müssen, als
die ist, in der sie dem von links nach rechts lesenden Auge sich dar-
bieten. Das zweite oder innere Zeichen muss allemal zuerst interpretirt
werden; denn der mit ihm gebildete Ausdruck bildet den allgemeinen Term
zu dem vorhergehenden, ersten oder äusseren Zeichen, und (nach dem
Grundsatze: Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn zuvor)
muss man diesen Term erst haben, bevor man ihn produktiren oder sum-
miren kann.
So ist in der That:
Etc. Die Umstellung der beiden Π-zeichen bewirkt also weiter nichts als
eine Vertauschung von Zeilen und Kolonnen (Horizontal- und Vertikal-
reihen) in unsrer Matrix.
In dem dritten Produkte 1), welches wegen der unter das Π geschrie-
benen beiden laufenden Buchstaben h, k erst recht ein Doppelprodukt zu
nennen ist (obwol man nur ein Π-zeichen in ihm erblickt) darf man
diesen Buchstaben die ihnen bezüglich zukommenden Werte in beliebiger
Zusammenstellung und Reihenfolge beigelegt denken, so jedoch, dass aus-
schliesslich jeder von den vorgeschriebenen Werten des h mit jedem von
den gegebenen Werten des k (mindestens) einmal kombinirt wird (Wieder-
holungen sind als überflüssig im allgemeinen zu vermeiden, schaden jedoch
der Tautologiegesetze halber — im identischen Kalkul wenigstens — nichts);
es hat also — kann man sagen — das Indizespaar h, k ein bestimmtes
System von Wertepaaren zu durchlaufen.
Von den Summen gilt mutatis mutandis dasselbe, was wir soeben bei
den Produkten zur Sprache brachten.
Was nun aber die Verbindung von Summen- mit Produktenzeichen
betrifft, so ist höchst bemerkenswert, dass hier nur die beiden im Grunde
auf einen hinauslaufenden Sätze gelten:
2)
— vergl. ο) des § 3 — deren zweiter aus dem ersten hervorgeht,
indem man die Namen der beiden Variabeln h und k mit einander
[113]§ 7. Zu den Hülfsschemata des Aussagenkalkuls.
vertauscht, nachdem man den Namen ah k durch den ak h ersetzt hatte.
(Peirce8 p. 197.)
Es genügt demnach, die erste von diesen Formeln zu beweisen.
(Dieselbe gilt schon im identischen Kalkul, was auch immer für
Klassen die Symbole ah k vorstellen mögen.)
Interpretirt man beide Seiten dieser Subsumtion, so stellt sich
dieselbe dar als:
a11a12a13a14 ‥ + a21a22a23a24 ‥ + a31a32a33a34 ‥ + … ⋹
⋹ (a11 + a21 + a31 ‥) (a12 + a22 + a32 ‥) (a13 + a23 + a33 ‥)(a14 + a24 + a34 ‥) …
und versteht sich nach Th. 6+) des Bd. 1 daraus von selbst: weil die
Glieder des Subjektes links sämtlich unter denen der ausmultiplizirten
Summen rechterhand im Prädikate vorkommen werden, und zwar als
die Partialprodukte aus deren gleichstelligen Gliedern — allerdings aber
neben noch sehr viel anderweiten Gliedern, weshalb im Allgemeinen
Unterordnung und nicht Gleichheit stattfinden wird.
Noch etwas einfacher, vielleicht, kann man den Satz so darstellen:
aa'a'' ‥ + bb'b'' ‥ + … ⋹ (a + b + …)(a' + b' + …)(a'' + b'' + …) ‥
Derselbe mit  statt ⋹ würde auch für positive Zahlen bezüglich
arithmetischer Produkte und Summen gelten.
Man merkt sich den Satz am besten durch den Kontrast: während für
sich Π ⋹ Σ ist, gilt sozusagen verkehrt: ΣΠ ⋹ ΠΣ. —
Zwei besonders wichtige Fälle verdienen aber noch Hervorhebung,
in welchen die Subsumtionen in unserm Satze in Gleichungen über-
gehen, und auf deren einen schon Peirce aufmerksam gemacht. Es
sind das die Fälle, in welchen der allgemeine Term ah k (additiv oder
multiplikativ) zerfällt in zwei Terme, welche die Indizes h und k ein-
zeln — somit getrennt, voneinander isolirt — tragen; die Fälle
ah k = ahbk und ah k = ah + bk.
Hier gelten die Sätze:
3)
das ist ausführlich hingeschrieben:
a1b1a1b2a1b3 ‥ + a2b1a2b2a2b3 ‥ + … =
= (a1b1 + a2b1 + a3b1 + …)(a1b2 + a2b2 + a3b2 + …) ‥ =
= (a1 + a2 + …)b1b2b3 …,
Schröder, Algebra der Relative. 8
[114]Dritte Vorlesung.
(a1 + b1)(a1 + b2)(a1 + b3) ‥ + (a2 + b1)(a2 + b2)(a2 + b3) ‥ + … =
= (a1 + b1 + a2 + b1 + …)(a1 + b2 + a2 + b2 + …)(a1 + b3 + a2 + b3 + …) ‥ =
= a1 + a2 + … + b1b2b3 ‥,
wie ersichtlich.
Der Beweis kann aber auch ganz in Summen- und Produktzeichen
geführt werden auf Grund der Tautologiegesetze und des Distributions-
gesetzes nebst dualem Gegenstück, wie folgt: Wir haben:
weil sich konstante Faktoren vorschieben lassen. Ebenso:
,
q. e d. Das andre dual entsprechend.
Hier bietet sich als ein interessantes Problem die Frage dar: welches
ist die allgemeinste Funktion identischen Kalkuls:
ah k = f(ah, bk)
derart, dass die Subsumtionen 2) als Gleichungen bestehen? Dieselbe muss
Produkt und Summe unter sich begreifen.
Unter denselben Annahmen bezüglich ah k verdient auch noch
Beachtung, dass die vorhergehenden Formeln 1) der Zusätze fähig sind:
4)
die sich der Leser leicht aus den Tautologiegesetzen (erster und vierter)
resp. aus der Multiplikationsregel für Polynome (zweiter) und deren
dualem Gegenstück (dritter) beweisen wird.
Von diesen Formeln gestattet aber die erste und die letzte noch
eine weitere Vereinfachung sobald h und k die nämliche Erstreckung
haben: dann lässt sich auch der eine der beiden Zeigerbuchstaben —
gleichviel welcher — mitsamt dem zugehörigen Σ oder Π-zeichen noch
obendrein ersparen, indem wir haben:
5)
— in der That z. B. rechts vom Striche:
.
Unter derselben Voraussetzung gilt dagegen zu 3) blos als Ein-
ordnung:
[115]§ 7. Elementare Sätze über Π, Σ von Relativen bewiesen.
6)
nämlich in extenso z. B.:
a1a2a3 … (b1 + b2 + b3 + …) ⋹ a1b1 + a2b2 + a3b3 + …
(a1 + b1)(a2 + b2)(a3 + b3) … ⋹ a1 + a2 + a3 + … + b1b2b3 …
wie unschwer zu sehen (Peirce9c p. 202). —
Ebenso müssten die Schemata 1) bis 6) sämtlich ihre Gültigkeit
behalten, wenn unter dem allgemeinen Terme ah k statt eines Relativ-
koeffizienten oder einer Aussage, vielmehr ein System (Gebiet) oder eine
Klasse, ja selbst ein Relativ verstanden würde.
Mit dem in dieser Vorlesung gesicherten Erkenntnisskapital von
Sätzen lässt sich, wie wir sehen werden, schon ziemlich viel in der
Theorie erreichen. —
Sollten die Variabeln h, k anstatt der Ziffern 1, 2, 3, … irgend
welche Buchstabenwerte A, B, C, … zu durchlaufen haben, so ändert
das nichts an der Gültigkeit der Sätze und der Triftigkeit der für sie
gegebenen Beweise.
Was schliesslich den Beweis für die noch eine Weile entbehr-
lichen Sätze 17) bis 31) des § 6 betrifft, welche von den Π und Σ
binärer Relative handeln, so wollen wir nur ein paar Paradigmata als
Vorbilder bringen, wonach der vorgerücktere Leser, wenn die Sätze
endlich zur Verwendung kommen, sich deren etwa noch ausständige
Beweise leicht selbst konstruiren wird.
Zunächst ist zu erinnern, dass wie immer der Erstreckungsbereich
gegeben sein mag, nach Festsetzung (15) die Ausdrücke
Πa und Σa
als binäre Relative definirt zu denken sind durch die für jedes ij ihre
Koeffizienten erklärenden Ansätze:
(15)
| (Πa)i j = Πai j | (Σa)i j = Σai j. |
Da nun nach dem Aussagenschema α) des § 3: Πai j ⋹ ai j ist, so
folgt auch allgemein (Πa)i j ⋹ ai j und haben wir im Hinblick auf (14)
damit den Beweis von 18) Πa ⋹ a.
Ebenso geben die Überlegungen:
,
8*
[116]Dritte Vorlesung.
— unter Berufung auf (11) vorwärts, (15) links, γ) des § 3, (11) rück-
wärts und (15) rechts, resp. auf (13) vorwärts, (15) links, (13) rück-
wärts und (15) links — den Beweis zu 19) und 20) des § 6 (links vom
Mittelstriche).
Beweis zu 21). Nach (14), 1) des § 7, ζ) des § 3, 1) des § 7,
δ) des § 3, (15) und (14) ist:
.
Beweis zu 29) erste Formel:
,
nach (12), (15), λ) des § 3, 1) des § 7, (12) und (15).
Beweis zu 30) erste Formel:
nach (12), (15), ν) des § 3, ο) des § 3, (12) und (15).
Diese Beispiele von Beweisführung werden ohne Zweifel mehr als
ausreichend sein.
[[117]]
Vierte Vorlesung.
Einfachste Sätze von speziellerem Charakter in der Algebra der
binären Relative. Modulknüpfungen.
§ 8. Noch einige weitre Grundformeln. Die reduziblen primären
Modulknüpfungen. Der Abacus vervollständigt. Produktdarstellung
der Relative.
Als spezielle Relative traten in unsrer Algebra die vier Moduln
1, 0, 1', 0' in erster Linie hervor.
An Formeln und Sätzen, in welche neben allgemeinen binären
Relativen auch Relative von spezieller Natur — wie Moduln — ein-
gehen, ist unsre Disziplin ganz unvergleichlich viel reicher, wie an nur
Buchstaben führenden Gesetzen.
Man kann kaum irgend eine Untersuchung anstellen ohne jener eine
Menge zu entdecken, und es hält schwer auch nur die wichtigsten der-
selben in der Theorie einigermassen unterzubringen. Bei Versuchen, die
schwierigen Aufgaben zur Lösung zu bringen, welche die Theorie stellen
wird, ist man jedoch (wie bereits erwähnt) gelegentlich froh um eine jede
Formel die es gelungen ist sicher zu stellen. Trotz ihrer ungeheuren Fülle
müssen wir darum eine gewisse Vollständigkeit der Formelaufstellungen
zu erreichen wenigstens bestrebt sein.
Vorangestellt seien die schon dem identischen Kalkul angehörigen
Sätze:
1)
| 1 ⋹ a + ā | aā⋹ 0 |
mit welchen zugleich auch gegeben ist:
| 1 ⋹ ă + ā̆ | ăā̆⋹ 0 |
— was jedoch keinen neuen Satz vorstellt, sondern weiter nichts als
die Anwendung des vorigen auf das Relativ ă (statt a) ist.
Zu diesen altbekannten Sätzen treten nun für die relativen Moduln
— in entfernter Analogie — noch auf der ersten Hauptstufe diese
beiden hinzu:
2)
| 1' ⋹ a + ā̆ | aā̆⋹ 0' |
[118]Vierte Vorlesung.
womit begreiflich auch
| 1' ⋹ ā + ă | āă⋹ 0' |
gegeben ist.
Die beiden untereinanderstehenden Formen des Satzes 2) lassen
nebenbei sich auch zusammenfassen zu:
| 1' ⋹ (a + ā̆)(ā + ă) | aā̆ + āă ⋹ 0', |
oder:
Korollar zu 2):
| 1' ⋹ aă + āā̆ | (a + ă)(ā + ā̆) ⋹ 0'. |
Merkwürdiger Weise aber besitzen die Sätze 1) auf der zweiten
Hauptstufe auch folgende strikte Analoga, welche schon Peirce entdeckte:
3)
| 1' ⋹ a ɟ ā̆ | a ; ā̆ ⋹ 0' |
— womit zugleich auch gegeben ist:
| 1' ⋹ ā̆ ɟ a | ā̆ ; a ⋹ 0' |
| 1' ⋹ ā ɟ ă | ā ; ă ⋹ 0' |
| 1' ⋹ ă ɟ ā | ă ; ā ⋹ 0' |
wie man durch Vertauschung von a mit einem seiner drei verwandten
Relative, welche der Allgemeingültigkeit von 3) halber gestattet sein
muss, unschwer erkennt.
Bei Beachtung aller erwähnten nähern und fernern Analogien
werden die Formeln insgesamt leicht zu behalten sein.
Natürlich kann man auch die verschiednen Formen des Satzes 3)
zusammenfassen zu dem Theorme:
Korollar zu 3):
| 1' ⋹ (a ɟ ā̆)(ā̆ ɟ a)(ā ɟ ă)(ă ɟ ā) | a ; ā̆ + ā̆ ; a + ā ; ă + ă ; ā ⋹ 0' |
worin von den Termen (Faktoren, Summanden) irgendwelche unter-
drückbar. Auch wäre hievon mit den beiden Formen von Satz 2)
noch weitere Zusammenfassung thunlich.
Behufs Beweises von 2) ist blos die Gültigkeit der Koeffizienten-
subsumtionen:
| 1'i j ⋹ ai j + āj i | ai jāj i⋹ 0'i j |
allgemein — für jedes Suffix ij darzuthun.
Ist nun i ≠ j, so ist in der ersten Subsumtion das Subjekt = 0,
in der zweiten das Prädikat = 1, mithin dieselbe allemal ohnehin
erfüllt.
Ist dagegen i = j, so kommen unsre Behauptungen auf diese hinaus:
| 1'i i = 1 ⋹ ai i + āi i | ai iāi i⋹ 0 = 0'i i, |
[119]§ 8. Noch einige Grundformeln.
welche nach den den Sätzen 1) entsprechenden Schemata des Aus-
sagenkalkuls gelten müssen, q. e. d.
Behufs Beweises von 3) ist blos erforderlich, dass man sich von
der Gültigkeit der Koeffizientensubsumtionen:
| 1'i j ⋹ Πh(ai h + āj h) | Σhai hāj h⋹ 0'i j |
für jedes Suffix ij überzeuge. Hierbei sind wieder die Fälle i = j und
i ≠ j zu unterscheiden.
Im ersten Falle ist 1'i j = 1'i i = 1 und 0'i j = 0'i i = 0 und haben
wir in der That:
| 1 = Πh(ai h + āi h) | Σhai hāi h = 0, |
weil jeder Faktor des Produkts = 1 und jedes Glied der Summe = 0 ist.
Im zweiten Falle ist 1'i j = 0 und 0'i j = 1 und müssen die Sub-
sumtionen als solche die das Subjekt 0 oder das Prädikat 1 haben,
ohnehin gelten — q. e. d.
Wegen des Dualismus zwischen den beiden Formeln 2), 3) war eigent-
lich nur je die eine derselben zu beweisen nötig.
Während nun aber mit Rücksicht auf die Schemata identischen
Kalkuls:
4)
| (1 ⋹ a) = (1 = a) | (a ⋹ 0) = (a = 0) |
die beiden Subsumtionen 1) auch als Gleichungen angesetzt werden
dürfen, wird zu merken sein, dass bei den Subsumtionen 2) und 3)
solches nicht der Fall ist — weil eben die Schemata 4) kein Analogon
auf der zweiten Hauptstufe besitzen.
Ebensowenig gibt es auch zu diesen Sätzen des identischen Kalkuls:
5)
| (1 = ab) = (1 = a)(1 = b) | (a + b = 0) = (a = 0)(b = 0) |
ein Analogon bei den relativen Operationen, wogegen wir zu den hoch-
wichtigen und schon bekannten Sätzen:
6) (1 ⋹ ā + b) = (a ⋹ b) = (ab̄ ⋹ 0)
entsprechende auf der höhern Hauptstufe noch am Schlusse dieses
Paragraphen kennen lernen werden. Endlich zu diesen Formeln:
7)
dürfte es Analoga auf der höhern Stufe schwerlich geben.
Die aufgeworfene Frage nach etwaigen Analogieen der Sätze erster
Hauptstufe auf der zweiten mag eventuell als Anregung zu weitern For-
schungen dienen. Es war uns dabei weniger um deren endgültige Beant-
wortung zu thun als vielmehr darum, die Sätze 1) bis 7), die noch zu
[120]Vierte Vorlesung.
den Grundformeln der Theorie zu zählen sind, an gegenwärtiger Stelle, wo
sie hingehören, wenigstens einmal aufgezählt zu haben, sodann das Behalten
neu hinzukommender Sätze zu erleichtern.
Wer die Sätze, soweit sie der ersten Hauptstufe, dem identischen
Kalkul angehören, in Zusammenhang mit der früheren Gestaltung von dessen
Theorie gebracht sehen will, wird keine Schwierigkeit finden, die vor-
maligen Chiffren dieser Sätze aus unsrer in Bd. 2, S. 28 ‥ 34 gegebnen
Übersicht derselben beizubringen.
Ungemein wichtig sind nun noch die Sätze, welche die Ergebnisse
der Verknüpfung eines allgemeinen Relativs a mit Moduln vermittelst der
vier knüpfenden unter den sechs Spezies betreffen. Ich will solche
kurz als „Modulknüpfungen“ bezeichnen.
Ein Relativ a kann successive mit eventuell verschiedenen Moduln
verknüpft werden, und je nach der Zahl der Knüpfungen unterscheiden
wir primäre, sekundäre, tertiäre, quartäre, quintäre etc. Modulknüpfungen
von a.
Durch eine von den 4 knüpfenden Spezies mit einem von den
4 Moduln in einer der beiden möglichen Reihenfolgen a verknüpfend
erhalten wir 4 × 4 × 2 = 32 primäre Modulknüpfungen von a, und
zwar 16 identische und 16 relative je nachdem die knüpfende Spezies
der ersten oder der zweiten Hauptstufe angehört.
Ein Teil — gerade die Hälfte — von diesen 32 primären Modul-
knüpfungen ist „reduzibel“, vereinfacht sich nämlich sei es zu a selbst,
sei es zu einem Modulwerte.
Die übrigen von den Modulknüpfungen des a sind „irreduzibel“ zu
nennen und stellen eigenartige Relative vor, die zu a in gewissen Be-
ziehungen stehen oder aus a in bestimmt gesetzmässiger Weise sich
ableiten.
Über jene, die 16 reduzibeln primären Modulknüpfungen, geben die
Formeln Aufschluss und Übersicht — für die erste Hauptstufe:
8)
| 0 · a = 0 = a · 0 | 1 + a = 1 = a + 1 |
9)
| a · 1 = a = 1 · a | a + 0 = a = 0 + a |
und analog für die zweite Hauptstufe:
10)
| 0 ; a = 0 = a ; 0 | 1 ɟ a = 1 = a ɟ 1 |
11)
| a ; 1' = a = 1' ; a | a ɟ 0' = a = 0' ɟ a. |
Den irreduziblen werden wir einen besondern Abschnitt widmen.
Von vorstehenden Formeln, deren acht erste 8), 9) schon aus
dem identischen Kalkul bekannt sind, rechtfertigen es die 9) und 11),
zu nennen:
[121]§ 8. Die reduziblen primären Modulknüpfungen.
| 1 den Modul der identischen Multi- plikation | 0 den Modul der identischen Ad- dition |
| 1' den Modul der relativen Multi- plikation | 0' den Modul der relativen Ad- dition |
insofern in jedem Falle die angeführte Operation mit dem zugehörigen
Modul nichts ändert. Dies ist gewiss leicht zu merken und man muss
es sich fest einprägen.
Wenn man sich jetzt noch hinzu merkt, dass auch ein relatives
Produkt verschwindet, sobald ein Faktor desselben 0 ist, und auch eine
relative Summe gleich 1 wird, sobald ein Term diesen Wert annimmt, so
wird man — was unerlässlich — die vorstehenden Sätze bald fest
inne haben.
Der Zusammenziehung zuliebe haben wir in 8) bis 11) die konjugirten
Gleichungen neben statt untereinander geschrieben.
An Beweisen ist zu liefern zu 10):
(0 ; a)i j = Σh0i hah j = Σh0 ah j = Σh0 = 0 = 0i j.
Zu 11):
(a ; 1')i j = Σhai h1'h j = ah j, (a ɟ 0')i j = Πh(ai h + 0'h j) = ai j,
(1' ; a)i j = Σh1'i hah j = ai j, (0' ɟ a)i j = Πh(0'i h + ah j) = ai j.
Der letzte Beweis legt uns eine sehr wichtige allgemeine Bemer-
kung nahe.
Man merke, dass eine Summe
12×) Σh1'h kf(h) = f(k) = Σhf(h)1'k h
in deren allgemeinem Gliede ein Koeffizient des Moduls 1' als (veränder-
licher) Faktor auftritt, sich immer nach dem vorstehenden Schema
reduzirt zu einem einzigen ihrer Glieder nämlich demjenigen, welches
man erhält, indem man im allgemeinen Gliede die Summationsvariable
ersetzt durch den Ko-Index, andern Zeiger, welcher mit ihr zusammen
das Suffix von 1' ausmacht.
Dualentsprechend reduzirt sich auch ein Produkt, in dessen allgemeinem
Faktor ein Koeffizient von 0' als variabler Summand enthalten ist, nach
dem Schema:
12+) Πh{0'h k + f(h)} = f(k) = Πh{f(h) + 0'k h}
zu einem einzigen und zwar demjenigen seiner Faktoren, in welchem die
Produktationsvariable ihren Mitzeiger im Suffix von 0' zum Werte hat.
Der Beweis dieser Bemerkungen liegt darin, dass nach (7):
[122]Vierte Vorlesung.
ist. Es verschwinden mithin alle Glieder unsrer Summe ausser dem-
jenigen in welchem h = k ist. Ebenso werden alle Faktoren unsres
Produktes gleich 1, kommen mithin nicht zur Geltung oder sind zu
unterdrücken, ausser demjenigen, wo h den Wert k annimmt. Solche
Faktoren eines Produktes, welche notwendig den Wert 1 haben, werden
wir häufig nichtssagende, belanglose, unwirksame oder ineffektive nennen
im Gegensatz zu den andern als den wirksamen oder effektiven Faktoren.
Es ist hier der Ort, die einfachsten Formeln der Algebra der Re-
lative anzureihen — welche die Ergebnisse der 6 Spezies an Moduln
betreffen.
Inbezug auf diese Operationen bilden die vier Moduln
1, 0, 1', 0'
eine „Gruppe“.
Zunächst ist
13)
Es lassen hiernach die beiden nichtknüpfenden Spezies der Negation
und Konversion an jedem Modul sich sofort „ausführen“; sie müssen in
jedem hinreichend reduzirten Ausdrucke, sofern sie sich auf Moduln
miterstrecken, an diesen ausgeführt sein und bleiben fürderhin ausser
Betracht.
Man merke besonders: dass die Konversion jeden Modul ungeändert
lässt, die Negation einen Modul in sein duales Gegenstück verwandelt.
Was die vier knüpfenden Spezies anbelangt, so haben wir zu
unterscheiden: identische und relative Knüpfungen zwischen den ab-
soluten desgleichen zwischen den relativen Moduln unter sich und
wechselseitig (miteinander) — wir erhalten also ziemlich viele Formeln.
Zunächst überträgt sich der „Abacus“ wie er mit Festsetzung (3)
in § 3 für Relativ-Koeffizienten oder -Aussagen 1, 0 ausgemacht wurde
als genau der gleiche auch auf die Relative oder absoluten Moduln 1, 0
in deren identischen Knüpfungen:
14)
Ebendarum, überhaupt wegen Fortbestehens von (2), (3), (4), ist es
unverfänglich als Namen für die absoluten Moduln die „Wahrheits-
werte“ der Aussagen zu verwenden. Und diesen Formeln wiederum
entspricht bei den relativen Knüpfungen aber absoluten Moduln genau:
[123]§ 8. Der Abacus vervollständigt.
15)
Beide Formelgruppen sind als partikulare Fälle schon in 8), 9), 10)
enthalten und mit diesen Sätzen zugleich zu behalten.
Die identischen Knüpfungen zwischen absoluten und relativen
Moduln erledigen sich durch die ganz bekannten und geläufigen Ansätze:
16)
welche ebenso mit 8), 9) schon gegeben sind.
Die identischen Knüpfungen zwischen den relativen Moduln durch:
17)
wovon die Formeln der ersten Zeile aus den Tautologiegesetzen sich
verstehen, die der zweiten Zeile aus den in 13) mitenthaltenen Sätzen
zu merken sein werden, wonach: gleichwie die beiden absoluten, so auch
die beiden relativen Moduln Negate von einander sind, mithin disjunkt
sein und einander zur Gesamtheit, dem Totum 1 ergänzen müssen.
Weiter die relativen Knüpfungen zwischen absoluten und relativen
Moduln erledigen sich durch:
18)
von welchen Formeln die der ersten Zeile schon mit 9) und 10) ge-
geben und damit zu merken sind. Die der zweiten Zeile, hälftig aus 11),
werden sich mit einer spätern Bemerkung über die Bedeutung der
Modulknüpfungen 1 ; a, a ; 1, 0 ɟ a, a ɟ 0 von selbst einprägen, wofern
man nur beachtet, dass die beiden relativen Moduln 1' und 0' lauter be-
setzte Zeilen aber keine Vollzeilen — und analog Kolonnen — haben.
Es bleiben hienach nur noch die relativen Knüpfungen zwischen
den relativen Moduln zu studiren. Für diese gelten die Formeln:
19)
wovon sich die der beiden letzten Zeilen aus 11) verstehen, die der
ersten Zeile aber besonders zu merken sind mit dem Zusatze — auf
welchen cf. S. 5 der Stern hinweisen soll — dass zu ihrer Geltung
erforderlich ist, dass der Denkbereich 11mehr als zwei Elemente enthalte.
[124]Vierte Vorlesung.
Das System der Formeln 13) bis 19) nennen wir den
„Abacus“ der binären Relative.
Derselbe erscheint zugleich als eine Erweiterung, die Vervollständigung,
des schon in § 3 für die Koeffizientenwerte 1 und 0 aufgestellten
„Abacus“.
An Beweisen ist für die Sätze des Abacus nur mehr ganz weniges
beizubringen.
Zu 13) hat man blos zu bemerken, dass wegen der allgemein für jedes
Suffix ij getroffenen Festsetzungen (6) und (7) des § 3 — S. 25 — auch
gelten muss 1j i = 1 = 1i j, 0j i = 0 = 0i j,
1'j i = (j = i) = (i = j) = 1'i j, 0'j i = (j ≠ i) = (i ≠ j) = 0'i j,
wonach denn in der That die Konverse der Moduln diese selbst sind.
Dass die Negation des einen relativen Moduls der andre ist, wird
aus (7) unmittelbar ersichtlich, und haben wir auch zur zweiten Zeile
von 17):
| 0'i j1'i j = (i ≠ j)(i = j) = 0 = 0i j | 1'i j + 0'i j = (i = j) + (i ≠ j) = 1 = 1i j. |
Die zweite Zeile von 18) beweist sich mit:
(1 ; 0')i j = Σh1i h0'h j = Σh0'h j = 1, (1' ; 1)i j = Σh1'i h1h j = Σh1'i h = 1'i i = 1
— also = 1i j — wo zu ersterm zu bemerken ist, dass, weil der Denk-
bereich 11 mindestens zwei Elemente enthält, in der Σh der Zeiger h auch
mindestens einen von j verschiedenen Wert durchlaufen wird, für welchen
somit 0'h j = 1 sein muss.
Endlich haben wir behufs Beweises der ersten Zeile von 19) den Ansatz:
| (0' ; 0')i j = Σh0'i h0'h j = 1 = 1i j | (1' ɟ 1')i j = Πh(1'i h + 1'h j) = 0 = 0i j |
zu dessen Rechtfertigung bemerkt werden muss:
(Links). Ist i ≠ j und gibt es ein von i und j verschiedenes h, so
wird für jedes solche 0'i h0'h j = 1 · 1 = 1 sein. Diese Voraussetzung trifft
aber nur dann sicher zu, wenn der Denkbereich 11mindestens drei Ele-
mente enthält. Bei i = j würde schon die Annahme h ≠ i genügen um den
Term 0'i h0'h i = 1 werden zu lassen.
Ebenso (rechts) wird bei der gleichen Annahme mindestens ein Faktor
1'i h + 1'h j des Produktes = 0 und verschwindet auch dieses.
Unter jener Voraussetzung, auf welche der Stern hinweisen soll, haben
wir also — mag i gleich oder ungleich j sein — für beide Fälle
(0' ; 0')i j = 1, etc. und sind die obersten Formeln 19) bewiesen.
Enthält dagegen der Denkbereich 11blos zwei Elemente, so ist zwar
noch — wie vorhin bemerkt — (0' ; 0')i i = 1, dagegen für i ≠ j (0' ; 0')i j = 0,
weil in 0'i h0'h j der Zeiger h nur die beiden Werte i und j durchlaufen kann,
für deren jeden einer der beiden Faktoren verschwindet. Hier wird dann
(0' ; 0')i j = 1'i j. Mithin gälte:
0' ; 0' = 1', 1' ɟ 1' = 0'
beim Denkbereich aus gerade zwei Elementen.
[125]§ 8. Verschiedenheit der Moduln.
Im „Ausnahmefall“ endlich, wo der Denkbereich auf ein einziges Ele-
ment zusammenschrumpfte, hätten wir ohnehin keine Möglichkeit, relative
Moduln von den absoluten zu unterscheiden; hier wäre überhaupt:
1' = 1, 0' = 0
also auch: 0' ; 0' = 0 und 1' ɟ 1' = 1 — gerade umgekehrt wie in 19).
Bei völlig leerem Denkbereiche hätten wir auch noch 1 = 0 und wäre
„alles egal“; buchstäblich gälte: „es ist alles nichts“.
Dass sobald der Denkbereich mehr als ein Element umfasst, die
vier Moduln von einander verschieden sein müssen, erhellt bereits aus
dem Anblick ihrer Matrizes. Dasselbe kann natürlich auch leicht ganz
strenge — formal aus den Festsetzungen — bewiesen werden. Denn
aus dem Korollar zu Festsetzung (14) folgt durch Kontraposition:
(a ≠ b) = Σi j(ai j ≠ bi j),
wonach es behufs Nachweises der Ungleichheit zweier Relative erforder-
lich und hinreichend ist, ihre Nichtübereinstimmung an einer einzigen
Matrixstelle darzuthun, d. h. für ein einziges Suffix ij zu zeigen, dass
der Koeffizient des einen Relativs gleich 1 während der des andern
gleich 0 ist. Dies aber gelingt sofort für irgend zweie von den vier
Moduln unter der angegebnen Voraussetzung.
Kraft des Abacus können wir nun sagen, dass in dem „(hin-
reichend) reduzirten“ Ausdrucke eines Relativs Moduln nicht mehr mit-
einander verknüpft vorkommen können.
Käme z. B. irgendwo der Ausdruck a ; 1 ; 0' vor, so müsste derselbe
sofort zu a ; (1 ; 0') = a ; 1 reduzirt werden.
Moduln können zwar immer noch äusserlich als successive Terme in
Ausdrücken auftreten — aber nur, wenn sie durch eine Klammer getrennt
oder getrennt zu denken sind.
So würde sich a ; 0' ɟ 0 nicht reduziren lassen, weil es = (a ; 0') ɟ 0
nach unsern Konventionen über Klammern bedeutet.
Dagegen dürfte a ; (1 ɟ 0') nicht vorkommen, sondern müsste zu a ; 1
reduzirt sein. Ebenso a ; (0' ɟ 0) zu a ; 0, das ist vollends zu 0. Etc.
Nach dem längst bekannten Theoreme 6) lässt sich im identischen
Kalkul jede Subsumtion a ⋹ b nach Belieben bringen auf den absoluten
Modul 1 als Subjekt, oder auf den 0 als Prädikat. Peirce9 p. 194 hat
sich nun die Frage vorgelegt, ob Ähnliches auch bezüglich der rela-
tiven Moduln 1' resp. 0' zutrifft, und erkannt, dass dieselbe merkwür-
diger Weise zu bejahen ist. Mit der Angabe und dem Beweise der
hierauf bezüglichen Sätze wollen wir den gegenwärtigen Paragraph
zum Ende führen.
[126]Vierte Vorlesung.
Es gelten auch die folgenden Aussagenäquivalenzen:
20)
aufgrund deren, wie man sieht, die Mannigfaltigkeit der verfügbaren
Schreibweisen oder Darstellungsmöglichkeiten einer Subsumtion, die
schon im identischen Kalkul eine grosse gewesen, für unsre Disziplin
noch ausserordentlich viel grösser wird, ja fast in’s Ungeheuerliche
anwächst.
Beweis von 20). Gilt a ⋹ b, so können wir nach Satz 1) des § 6
— zum Beispiel: beiderseits ā̆ relativ voraddiren und erhalten: ā̆ ɟ a ⋹ ā̆ ɟ b.
Nach 3) ist aber 1' ⋹ ā̆ ɟ a und somit folgt a fortiori: 1' ⋹ ā̆ ɟ b, d. h.
es ist der Satz erwiesen:
(a ⋹ b) ⋹ (1' ⋹ ā̆ ɟ b).
Um auch die umgekehrte Subsumtion zu erweisen, erheben wir die
rechte Seite zur Voraussetzung und multipliziren beiderseits mit a relativ
vor; dadurch entsteht: a ; 1' ⋹ a ; (ā̆ ɟ b), wo die linke Seite sich nach 11)
zu a reduzirt. Die rechte Seite ist aber nach Satz 7) des § 6:
a ; (ā̆ ɟ b) ⋹ a ; ā̆ ɟ b ⋹ 0' ɟ b = b
wegen 3), sowie 1) des § 6, und 11); mithin ist a ⋹ b erwiesen, q. e. d.
Die Formeln des Gespannes:
21)
deren erste wir mit der letzten Beweiszeile erwiesen haben, sind auch
an sich bemerkenswert und würden sich den Sätzen des § 6 anreihen.
Nachdem nun die erste von den Äquivalenzen 20) bewiesen ist, er-
geben sich die drei übrigen Formen der Aussage links von der Zeilenmitte
leicht, indem man den in jener enthaltenen Satz anwendet auf die drei
andern Subsumtionen, mit denen nach 13) des § 6, S. 87 die vorgelegte
a ⋹ b äquivalent ist — wonach denn in der That auch:
(b̄ ⋹ ā) = (1' ⋹ b̆ ɟ ā), (ă ⋹ b̆) = (1' ⋹ ā ɟ b̆), (b̄̆ ⋹ ā̆) = (1' ⋹ b ɟ ā̆)
wird sein müssen.
Aus den linksseitigen vier Formen der als äquivalent mit a ⋹ b hin-
gestellten acht Subsumtionen (20) fliessen endlich die vier rechtseitigen
(als die jenen dual entsprechenden) durch Kontraposition, sodass sie nun-
mehr alle bewiesen sind.
Nimmt man b = a in 20) an, indem man demgemäss b durch a er-
setzt, so kommt man, weil a ⋹ a selbstverständlich gilt, auf die Sätze 3)
[127]§ 8. Einfachste Sätze von speziellerem Charakter.
zurück, von welchen also gesagt werden kann, dass sie in denen 20) als
besondre Fälle mit enthalten seien.
Umgekehrt werden wir die Sätze 20) als partikulare Anwendungen
eines noch allgemeinern Satzes, des von mir sogenannten ersten Inversions-
theoremes, in § 16 erkennen.
Vertauscht man in 20) a mit ā̆, oder b mit b unter Berücksich-
tigung auch von 13) des § 6, sowie von 6), so ergeben sich noch
folgende Formen der bisherigen, Äquivalenz von Subsumtionen statui-
renden Sätze:
22) ,
in welchen sie zur Anwendung, nämlich als Schemata für die Um-
formung von Subsumtionen bequem hergerichtet erscheinen. Peirce l. c.:
Ist hienach das Prädikat zum Subjekte 1' eine relative Summe, so
werden wir (deren) beide Terme sowol umstellen als auch zusammen
konvertiren dürfen, mithin unter vier Schreibweisen zum Ausdruck jener
Thatsache die Wahl haben. Ebenso, wenn zum Prädikate 0' das Sub-
jekt ein relatives Produkt ist.
Liegt dagegen der umgekehrte Fall vor (d. h. ist zum Subjekte 1'
das Prädikat ein relatives Produkt, etc.), so sind wir blos berechtigt,
den Ausdruck zu konvertiren — nicht aber, auch die Terme umzu-
stellen — und verfügen wir blos über zwei Schreibweisen, indem:
| (1' ⋹ a ; b) = (1' ⋹ b̆ ; ă) | (a ɟ b ⋹ 0') = (b̆ ɟ ă ⋹ 0'). |
Nachdem im gegenwärtigen Paragraphen mit 13) die Operationen
der Negation und Konversion auch an den Moduln zu vollziehen gelehrt
worden, haben die in § 6 über die Prozesse des Dualisirens und Kon-
jugirens gemachten Angaben ihre Ergänzung dahin gefunden, dass man
diese Prozesse praktisch nun auch an solchen Formeln, die neben all-
gemeinen Buchstabenrelativen auch Moduln führen, vollständig aus-
führen kann.
Wenn nun mit jeder allgemeinen Formel zugleich auch deren kon-
jugirte, sowie deren duale nebst der konjugirtdualen, mithin ein Vier-
[128]Vierte Vorlesung.
gespann von Formeln, Geltung beansprucht, so wird die Frage unab-
weislich, welche andern Formeln denn vor allem die fundamentalen
Festsetzungen des § 3 so noch nach sich ziehen? M. a. W. es drängt
sich der Gedanke auf, die Prinzipien des Dualismus und der Kon-
jugation (nachdem sie eben ihre volle Gebrauchsfähigkeit erlangten)
zunächst auf jene fundamentalen Formeln anzuwenden, und damit sozu-
sagen noch eine Fortsetzung, Ergänzung zum § 3 zu gewinnen.
Lassen wir zu dem Ende jene Festsetzungen Revue passiren, so
wird das Ergebniss sein: dass die Konjugation nichts Neues liefert, wohl
aber — bei den Festsetzungen (5) bis (13) — das Prinzip des Dualismus.
Wegen 0̆ = 0, 1̆ = 1 lässt die Konversion zugleich mit deren
Wahrheitswerte auch jede Aussage ungeändert.
Darnach kann der Abacus (2) bis (4) durch Konjugation nur in sich
selbst übergehen, desgleichen die (im Boole’schen Sinne) sekundären Aus-
sagenformeln (1) und (14). Die letzteren sind ausserdem zu sich selbst
(„gebiets“-)dual und der Abacus trägt bereits den Dualismus in sich zur
Schau.
Es können daher nur mehr die Festsetzungen (5) bis (13) in Betracht
kommen, für welche (5) das Prototyp bildet.
Diese Formel (5) a = Σi jai j(i : j) ginge nun durch beiderseitiges Kon-
vertiren über in: ă = Σi jai j(j : i), indem nach dem Gesagten das Konverse
von ai j nicht aj i sondern ai j selbst ist. Ersetzte man in dem Ergebnisse
dann a durch ă, so entstünde a = Σi jaj i(j : i) = Σj iaj i(j : i). D. h. man
erhält durch Konjugation die ursprüngliche Formel wieder, mit dem ein-
zigen Unterschiede, dass die beiden laufenden Zeiger blos ihre Namen aus-
getauscht haben.
[Streng genommen war hiezu eine Bemerkung vonnöten: Wir sind zwar
verbal schon in § 2 übereingekommen j : i das „zu i : j konverse“ Elemente-
paar zu nennen; dass aber dieser Begriff aufgrund der später gegebnen
Definition der „Konversion“ zusammenfällt mit deren Ergebnisse i : j͝ musste
erst bewiesen werden. Der Beweis, durch den erst jene verbale Ausdrucks-
weise ihre Rechtfertigung nachträglich findet, ist äusserst leicht zu er-
bringen und sei — da die ganze Betrachtung einen nebensächlichen Cha-
rakter hat — hier dem Leser überlassen. Wir werden systematisch den-
selben erst in § 24 liefern.]
Konjugation also lieferte uns nichts Neues. Anders das Dualisiren.
Kontraposition, beiderseitiges Negiren der Formel
ā = Σi jāi j(i : j)
gibt als das duale Gegenstück zu 5) die für jedes Relativ a gültige
Darstellung:
23) a = Πi j(ai j + i : j͞).
Um zunächst den Schluss ganz überzeugend zu finden, mag man be-
denken, dass in der vorhergehenden, der für ā in Anspruch genommenen
[129]§ 8. Produktdarstellung der Relative.
Formel (5) alle Koeffizienten āi j den Wahrheitswert 0 oder 1 haben. Wegen
völligen Zusammenfallens der Knüpfungsgesetze muss es aber erlaubt sein,
diese Wahrheitswerte 0 und 1 auch als Relative, nämlich als die absoluten
Moduln anzusehen. Bei dieser letztern Auffassung wird die Gleichung in
der That absolut das nämliche besagen und dieselbe Determination für ā
geben, wie bei der vorhergehenden Koeffizientendeutung. Dann aber haben
wir rechts eine Summe Σi j von identischen Produkten aus binären Rela-
tiven: āi j (= Modul 0 oder aber 1) das eine, und i : j das andre. Und
dieses Aggregat von Relativen kann nach den(selben) Regeln negirt werden,
welche für solche bereits gesichert sind — wodurch nun eben 23) entsteht.
Sehen wir uns jetzt die Darstellung näher an.
Sooft (d. h. für jedes ij wofür) ai j = 1 ist, wird auch der zu-
gehörige Faktor des Πi j gleich 1 mithin belanglos, unterdrückbar, un-
wirksam.
Sooft dagegen ai j = 0 ist, erscheint (weiter nichts wie) i : j͞ selbst
als Faktor unsres Produktes angesetzt.
Gleichwie das binäre Relativ a die identische Summe ist der in
ihm enthaltenen, vorhandenen Elementepaare, so ist es also auch das
identische Produkt der Negate von sämtlichen Elementepaaren die in ihm
fehlen oder unvertreten sind!
Dergleichen Negate von individuellen (binären) Relativen nennt
Peirce (bekanntlich) „simples“.
Das Relativ ist die Summe seiner „Individuen (im Denkbereiche 12)“
und das Produkt der Negate seiner „Nichtindividuen“ (seiner Simpla).
Jene, die Elementepaare, mit Peirce die „Aggreganten“ von a zu
nennen ist angängig, diese, die Simpla, dagegen als die „Komponenten“
von a zu bezeichnen schafft einen Doppelsinn im Hinblick auf die „Kompo-
sition“ als relative Multiplikation der Relative. Ich würde — wie dort
den Ausdruck „Konstituenten“ — so hier den „Produzenten“ (Poretzki’s)
vorziehn.
Dual ergänzt hätte also unsre Festsetzung (5) zu lauten:
24) Σi jai j(i : j) = a = Πi j(ai j + i : j͞),
indessen kann doch nur die eine Hälfte dieser Formel als „Festsetzung“
gelten; die andre ist dann eine Konsequenz — aus den wirklichen Fest-
setzungen.
Wegen des Korollars zu Festsetzung (14) ist die („additive“) Dar-
stellung eines binären Relativs als Summe von Elementepaaren nur auf
eine Weise möglich, und ebendies muss auch von seiner („multiplika-
tiven“) Darstellung als Produkt von Simplen gelten — die ja durch
Kontraposition aus jener folgte.
Wenn nun so der einen Darstellung der Relative, die wir als die
Schröder, Algebra der Relative. 9
[130]Vierte Vorlesung.
fundamentale zugrunde gelegt, noch eine zweite völlig gleichberechtigt
gegenübersteht, so wollen wir uns doch mit dieser theoretischen Ein-
sicht begnügen und von der letztern thunlichst keinen Gebrauch
machen. Wir werden auch sehr wohl imstande sein, alle Schlüsse
nur auf die erstere zu bauen. Und unsre Disziplin ist ohnehin schon
vielförmig genug.
Ich will darum auch hier darauf verzichten, unter dem Gesichts-
punkt dieser zweiten Darstellungsweise auch die mit Festsetzung (6)
bis (9) definirten speziellern Relative, sowie die mit (10) bis (13) er-
klärten Erzeugnisse unsrer 6 Spezies noch weiter zu verfolgen. —
§ 9. Die 12 irreduzibeln primären Modulknüpfungen und die
64 Diagonalabwandlungen eines allgemeinen Relativs.
Nicht vertreten in den Formeln 8) bis 11) des vorigen Paragraphen
sind folgende 16 Modulknüpfungen:
1)
2)
von denen wir wieder die konjugirten neben- statt untereinander
geschrieben haben. Diese sind die irreduziblen unter den primären
Knüpfungen. Im Allgemeinen fallen sie weder mit einem der Moduln
noch mit dem Relativ a selber oder einem von dessen Verwandten
zusammen*).
Die ersten 8 derselben, welche auf nur vier im Allgemeinen ver-
schiedene hinauskommen, sind identische Knüpfungen, gehören der ersten
Hauptstufe an — doch gehn in sie nur relative Moduln ein. Die
letzten 8 sind relative Knüpfungen. Den Gruppen 1) und 2) entspre-
chend haben wir also nur 4 + 8 = 12 sage zwölf verschiedene Rela-
tive als irreduzible primäre Modulknüpfungen eines gegebnen Rela-
tivs a zu studiren. Vertrautheit mit diesen ist für unsre Disziplin
fundamental.
Wir betrachten zuerst die vier Knüpfungen 1).
Das Relativ 1'a hebt aus dem Relativ a dessen individuelle Selbst-
[131]§ 9. Die irreduziblen primären Modulknüpfungen.
relative sämtlich hervor, schneidet sie gleichsam aus ihm heraus, und
vereinigt ausschliesslich sie zu einem neuen Relative.
Das duale Gegenstück hiezu, 0' + a, vereinigt die individuellen Selbst-
relative von a mit allen erdenklichen individuellen Aliorelativen.
Das Relativ 0'a vereinigt in sich alle individuellen Aliorelative von a
und nur diese.
Das duale Gegenstück hiezu 1' + a fasst diese individuellen Alio-
relative von a mit allen erdenklichen Selbstrelativen zusammen (zu einem
neuen Relative).
Die Subsumtionen, welche über diese Relative ausgesagt werden können,
sind die aus dem identischen Kalkul selbstverständlichen. Es ist natürlich.
1'a ⋹ a ⋹ 0' + a und auch 1'a ⋹ 1', 0' ⋹ 0' + a,
und so weiter.
Der allgemeine Koeffizient ist für ein jedes dieser Relative 1) leicht
anzugeben. Es wird z. B. nach den einschlägigen Festsetzungen (7) und
(10) des § 3:
(1'a)i j = 0 für i ≠ j, dagegen (1'a)i i = ai i,
(0'a)i j = ai j für i ≠ j, und (0'a)i i = 0.
Die Formel:
3) a = 1'a + 0'a
gibt die Zerfällung jedes Relativs in seine individuellen Selbst- und
Aliorelative.
Dieselbe folgt mit Leichtigkeit aus der in 16) des Abacus enthal-
tenen Gleichung 1' + 0' = 1.
In seiner älteren Schrift2 hebt Peirce hervor die Analogie von 1'a
mit dem „Skalar-“, und von 0'a mit dem „Vektor“-Teil von Quaternionen,
dieselben — worauf er nicht mehr zurückkommt — mit Sa und Va zu
bezeichnen vorschlagend.
Auf das Vorhandensein oder Fehlen in a der einen oder andern
Art von individuellen Relativen oder Elementepaaren kann man eine
Einteilung der Relative gründen, welche auch dazu führt, den Begriff
des „Selbst“- und „Aliorelativs“ von den individuellen auf beliebige
oder allgemeine binäre Relative auszudehnen. Überhaupt drängen sich
hier vier begriffliche Unterscheidungen auf.
Ich will zunächst die Peirce’sche Nomenklatur, der ich mich
anschliesse, übersichtlich einführen.
Wir definiren:
9*
[132]Vierte Vorlesung.
Missachtet man die Anforderungen des Dualismus, so könnte man,
nachdem die Definition der ersten Zeile adoptirt ist, sich versucht fühlen,
die Benennungen für „Selbstrelativ“ und „Konkurrent“ auszutauschen. Ich
habe mich erst nach Überwindung dieses Befremdlichen mit Peirce’s
Terminologie zu befreunden vermocht, dieselbe jedoch bald als die zweck-
mässigste und eleganteste erkennen müssen.
Von diesen vier Paaren von Ansätzen sind nur die des ersten und
dritten Paares selbständige Festsetzungen, die beiden andern Paare
dann durch Kontraposition von selbst gegeben.
Die untereinander stehenden Begriffe jeden Paares schliessen sich
gegenseitig aus und teilen alle binären Relative zwischen sich.
Es wird also „Aliorelativ“ ein Relativ zu nennen sein, welches
kein Elementepaar der Form i : i enthält, dagegen „Selbstrelativ“ ein
solches, dem Elementepaare von dieser Form i : i (daneben vielleicht
auch noch andre der Form i : j, wo j ≠ i) angehören.
Ein Relativ, dem kein Elementepaar der Form i : j (wo j ≠ i)
angehört, heisst ein „Konkurrent“; ein solcher besteht also höchstens
aus Elementepaaren der Form i : i (sofern er nämlich nicht 0 ist), und
ein Relativ, dem Elementepaare der Form i : j (wo j ≠ i) angehören,
heisst „Opponent“.
[Die beiden Formen hätten wir auch kürzer als die von A : A und
A : B bezeichnen können].
„Konkurrenten“ — bemerkt Peirce2 p. 52 — drücken eine blosse
Übereinstimmung zwischen Objekten aus (a mere agreement among things),
wie z. B. „Mensch, welcher … ist“ („man, that is-“); demnach also drücken
„Opponenten“ einen Gegensatz (opposition) aus (set one thing over against
another, ἀντιϰεῖσϑαι).
Dass ein Elementepaar der Form A : A nun wirklich als ein Selbst-
relativ, eines der Form A : B als Aliorelativ anzuerkennen ist, ist ersicht-
lich. Jenes ist zugleich auch Konkurrent, dieses auch Opponent. —
Was die Moduln betrifft, so ist:
- 0 zugleich Aliorelativ und Konkurrent
- 1 Aliorelativnegat und Konkurrentnegat
- 0' Aliorelativ und Konkurrentnegat
- 1' Aliorelativnegat und Konkurrent,
[133]§ 9. Selbst- und Aliorelative, Konkurrenten, Opponenten.
und zwar gibt es allemal nur ein einziges Relativ (nämlich der angegebne
Modul), welches die beiden Charaktere in sich vereinigt — wie leicht zu
zeigen.
Im übrigen — bei Ausschluss je eines gewissen von den beiden Mo-
duln 0 und 1 — bestehn zwischen den 8 verschiedenen Klassen folgende
Beziehungen:
Jedes Aliorelativ sowie jedes Konkurrentennegat ist zugleich Opponent
und Selbstrelativnegat.
Jeder Konkurrent sowie jedes Aliorelativnegat ist zugleich Selbst-
relativ und Negat eines Opponenten.
Dies beruht auf den folgenden Aussagensubsumtionen:
(a ⋹ 0')(a ≠ 0) + (0' ⋹ a)(a ≠ 1) ⋹ (a ⋹ 1')(1' ⋹ a)
(a ⋹ 1')(a ≠ 0) + (1' ⋹ a)(a ≠ 1) ⋹ (a ⋹ 0')(0' ⋹ a)
die mit ihren Teilvoraussetzungen und Teilbehauptungen der Leser sich
zur Übung leicht selber beweisen wird.
Nebenbei bemerke man: 1' ist die „Gemeinheit“ (Π, der least common
part) aller Aliorelativnegate und das Universum (Σ) aller Konkurrenten,
0' ist das Universum aller Aliorelative und die Gemeinheit aller Kon-
kurrentnegate.
Ebenso wie a selbst kann man aber auch dessen Verwandte ā, ă, ā̆
mit den Moduln verknüpfen. Um dem Studirenden eine Ahnung von
dem ungeheuren Reichtum unsrer Disziplin zu verschaffen, will ich
hier überhaupt — im Anschluss an die Besprechung von 1) — die
Frage erledigen, wievielerlei und welche Relative sich aus einem ge-
gebnen Relativ a nebst dem Modul 1' ableiten lassen durch die Opera-
tionen der Negation und Konversion in Verbindung mit den beiden
identischen Knüpfungen. Wir wollen also die genannten zwei Relative
in Hinsicht der genannten vier Spezies zu einer „Gruppe“ ergänzen.
Der Ausschluss der beiden relativen Knüpfungen motivirt sich aus
der Erwägung, dass bei deren Zulassung die Menge der fraglichen Relative
— wie schon aus der Reihe a ; a, a ; a ; a, a ; a ; a ; a, … zu ersehen ist —
eine unbegrenzte werden müsste.
Mit 1' wird als dessen Negation auch 0' zugelassen sein, und brauchte
also neben 1' nicht extra gegeben zu werden. Ebensowenig die beiden
absoluten Moduln, sintemal 1 = a + ā, 0 = aā ohnehin aus a ableit-
bar sind.
Dagegen ist es nicht möglich mittelst genannter 4 Spezies einen re-
lativen Modul aus a abzuleiten, zu dessen Bestimmung ja seine Stellung
als Subjekt resp. Prädikat in 2) des § 8 jedenfalls nicht ausreichend wäre.
Zunächst liefern die vier verwandten Relative
4) a, ā, ă, ā̆,
durch identische Multiplikation und Addition verknüpft, uns die 8 redu-
zibeln Knüpfungen:
[134]Vierte Vorlesung.
aā = āa = ăā̆ = ā̆ă = 0, a + ā = ā + a = ă + ā̆ = ā̆ + ă = 1,
dazu 16 nämlich achterlei irreduzible Ausdrücke.
Die 8 kraft der Tautologiegesetze reduzibeln Knüpfungen aa = a,
āā = ā, etc. a + a = a, etc. haben wir nicht mitgerechnet, ansonst wir auch
16 reduzible und zusammen 2 × 4 × 4 = 32 Knüpfungen hätten. Mit Rück-
sicht auf jene aber sieht man leicht auch a priori, dass die Zahl der Er-
gebnisse einmaliger Knüpfung zwischen den 4 Verwandten 2 × 4 × 3 = 24
sein muss. Man könnte auch hiervon nur die Hälfte rechnen, wenn man
ebenso (wie die Tautologie-) auch die Kommutationsgesetze berücksich-
tigen wollte.
Jene achterlei irreduziblen Knüpfungen sind:
5)
6)
Aus ihnen sind noch die beiden irreduziblen Ausdrücke ableitbar:
7)
| 1' ⋹ aă + āā̆ = (a + ā̆)(ā + ă) | aā̆ + āă = (a + ă)(ā + ā̆) ⋹ 0' |
und überzeugt man sich unschwer, dass zusammen mit den 2 Moduln 0, 1
die 4 verwandten Relative 4) nebst den 8 abgeleiteten 5), 6) und den
2 letzten 7) eine „Gruppe“ in Hinsicht unsrer vier Spezies bilden — eine
Gruppe, die also 16 im Allgemeinen unter sich verschiedene Relative
umfasst.
Werden alle diese jetzt auch noch mit den beiden relativen Moduln
1', 0' nach dem Vorbild von 1) identisch verknüpft, so treten als eventuell
neue Relative erstlich hinzu die 12erlei Ausdrücke:
8)
9)
welche die verschiednen irreduziblen primären identischen Modulknüpfungen
des Verwandtenquadrupels 4) von a vorstellen, sodann die 14erlei Aus-
drücke aus den Modulknüpfungen der zusammengesetzten Relative 5) bis 7):
10)
11)
[135]§ 9. Gruppe identischer Modulknüpfungen des Verwandtenquadrupels.
12)
13)
endlich die 20erlei Ausdrücke, welche noch durch identische Knüpfungen
zwischen den bisherigen erhältlich sind:
14)
15)
16)
17)
Nehmen wir hierzu noch die 2 Moduln 1' und 0' selbst, so ist mit
den aufgezählten (2 + 14) + 12 + 14 + 20 + 2 = 64 Relativen die gesuchte
Gruppe abgeschlossen.
Rechnet man zum selben „Typus“ immer diejenigen Ausdrücke welche
durch blosse Buchstabenvertauschung — also hier: durch Vertauschungen
zwischen den vier verwandten Relativen 4) — in einander übergeführt
werden können, so müsste man allerdings die vier Moduln auch zu vier
verschiedenen Typen rechnen und ebenso im Allgemeinen die vier resp.
zwei Ausdrücke, welche jeweils (nach den Prinzipien des Dualismus und
der Konjugation) eine Tetrade resp. Dyade, ein Gespann ausmachen. Es
interessirt uns aber weniger die Typenzahl der Ausdrücke selber als viel-
mehr vorwiegend die Typenzahl ihrer Gespanne. Da zerfallen denn die
beiden Modulnpaare auch nur in zwei Typen — den beiden Hauptstufen
entsprechend.
Im übrigen sind die Typen der Ausdrucksgespanne durch unsre Chiff-
rirung kenntlich gemacht, sodass wir insgesamt 2 + 14 = 16 Gespann-Typen
unsrer 64 Relative vorfinden und zu unterscheiden haben.
Dass die 64 Relative sämtlich von einander verschieden sein können,
lässt sich schon durch das einfache Beispiel nachweisen:
.
Wir empfehlen dem Studirenden als eine leichte und erspriessliche
Übung in vorstehender Weise auch noch die 60 (oder von den Moduln
abgesehen 56) übrigen Relative durch ihre Matrix mittelst Augen und
Leerstellen sich darzustellen und sich zu überzeugen, dass wirklich keine
zwei von allen 64 einander gleich ausfallen. Verfügt man über karrirtes
Papier, so brauchen blos die Augen eingetragen, die Leerstellen nicht mar-
kirt zu werden.
Dass freilich die Gruppe unsrer 64 Relative vollständig, ist nicht so
bequem erweisbar und müssen wir, nachdem die Methoden zu solchem Nach-
[136]Vierte Vorlesung.
weise in Anhang 6 des Bd. 1 auseinandergesetzt sind, denselben zu führen
dem Leser überlassen.
Was die Sätze betrifft, die im Vorstehenden mitenthalten sind, so
erscheinen die in 6) nebenher mit angeführten Subsumtionen als einerlei
mit den Sätzen 2) des § 8. Aus ihnen ergibt sich durch überschiebendes
Multipliziren derer rechts vom Mittelstriche alsbald die Subsumtion links
in 7) und dual entsprechend die rechts — vergleiche auch das Korollar
zu 2) des § 8.
Ausserdem dürfte der in 8) mitenthaltene Satz am bemerkenswer-
testen sein:
| 1'a = 1'ă | 0' + a = 0' + ă |
dessen Beweis gegeben ist durch die Bemerkung, dass die Gleichung
1'i jai j = 1'i jaj i für i ≠ j auf 0 = 0, für i = j aber auf ai i = ai i hinausläuft.
Im übrigen erheischt es schon einiges analytische Geschick in der
Handhabung des identischen Kalkuls, unter Verwertung der Sätze 2) des
§ 8 und ihrer Korollare in 7) des gegenwärtigen, nachzuweisen, dass irgend
ein durch die genannten 4 Spezies aus den Verwandten von a und Moduln
gebildeter Ausdruck notwendig auf eines der 64 Relative der Gruppe
hinausläuft — und damit den Ausdruck jeweils auf seine typische oder
einfachste Form zu bringen. Auf den ersten Blick nämlich scheinen sich
noch viel mehr als die angeführten 64 Ausdrücke bilden zu lassen.
Beispielsweise wird man leicht erkennen, dass die folgenden Ausdrücke
mit Fug und Recht in unsrer Zusammenstellung ausgelassen sind (unge-
achtet ihres anscheinend analogen Baues mit andern darin angeführten),
weil sie sich eben reduziren:
| 1'aā̆ = 0, 1'(a + ā̆) = 1' | 0' + a + ā̆ = 1, 0' + aā̆ = 0' |
| 1'āă = 0, 1'(ā + ă) = 1' | 0' + ā + ă = 1, 0' + āă = 0' |
| 1'(aă + āā̆) = 1' | 0' + aā̆ + āă = 0' |
| 1'(aā̆ + āă) = 1' | 0' + aă + āā̆ = 1 |
und so weiter. Hätte man beispielsweise den Ausdruck 1'(ā + ā̆) + aā̆ + āă,
so wäre, indem man den Faktor von 1' in ā + aā̆ umformt, die Unter-
drückbarkeit des Termes 1'ā̆ in unserm Ausdruck nachzuweisen und dürfte
solche nicht übersehen werden. Dergleichen Vereinfachungen sind beim
Nachweis der Vollständigkeit der Gruppe in grosser Menge auszuführen.
Quintessenz der vorstehenden Untersuchung ist also: dass sich
schon bei Ausschluss der beiden relativen Knüpfungen aus einem ge-
gebnen binären Relativ a nicht weniger als — es selbst und die vier
Moduln eingerechnet — sechzig vier Relative ableiten lassen.
Die Entstehungsweise eines jeden dieser Relative aus dem ursprüng-
lichen a wird — eine empfehlenswerte Übung — der Leser sich un-
schwer mit Worten beschreiben. Es müssen in jedem Falle von den
[137]§ 9. Cyklus zweiter Ordnung.
Elementepaaren — oder besser Matrix-Augen — des a gewisse her-
vorgehoben (ausgeschnitten oder beibehalten), andre vielleicht unter-
drückt werden, es müssen eventuell sei es auf, sei es ausserhalb der
Hauptdiagonale die fehlenden ergänzt, oder auch die Konversen zu den
daselbst fehlenden oder vorhandenen Augen hinzugefügt oder aber aus-
gemerzt werden.
Die Beschreibung wird in vielen Fällen erleichtert und verein-
facht, wenn man sich des folgenden Ausdrucks bedient, den wir, mit
einem modifizirenden Epitheton versehen, aus der mathematischen
„Substitutionentheorie“ herübernehmen müssen und hiermit einführen.
Ein Relativ von der Form:
i : j + j : i wo i ≠ j
soll eine nackte Transposition (oder ein „Cyklus zweiter Ordnung“)
heissen.
Die Matrix desselben besteht also aus gerade zwei Augen, welche
symmetrisch zur Hauptdiagonale und seitlich von derselben stehen.
Ein solches Relativ entsteht, indem man zu irgend einem individuellen
Aliorelativ das konverse desselben hinzufügt.
Von der „Transposition“ schlechtweg (im Sinne der Substitutionen-
theorie), muss wie wir sehn werden, die „nackte Transposition“ wohl unter-
schieden werden. Jene hat — beiläufig bemerkt — viel mehr Augen,
trägt nämlich Augen auch noch an all den Stellen der Hauptdiagonale,
welche nicht in der Flucht von i oder j liegen.
Darnach wird man beispielsweise sagen können:
Das Relativ aă besteht aus den individuellen Selbstrelativen von
a in Verbindung mit allen nackten Transpositionen, welche a enthält.
Das Relativ a + ă dagegen aus den vorgenannten Elementepaaren
nebst all den nackten Transpositionen, zu welchen sich die „nur ein-
seitig vorhandenen“ individuellen Aliorelative von a ergänzen lassen.
Ein Elementepaar, Auge, ist in a „nur einseitig vorhanden“ zu
nennen, wenn (es zwar vorhanden ist aber) das zu ihm konverse fehlt.
Weil ein Selbstrelativ das konverse von sich selber ist, kann solcher
Fall nur bei individuellen Aliorelativen eintreten.
Es ist doch wohl wünschenswert, und das Bedürfniss wird mit
dem Fortschreiten unsrer Disziplin immer stärker hervortreten, dass
zur Behandlung der einschlägigen Materie und zur Beschreibung der
dabei in Frage kommenden Verhältnisse eine geeignete präzise und
knappe Terminologie ausgebildet werde und allgemein in Übung komme.
Die vorstehenden Vorschläge scheinen noch nicht allen Anforderungen
[138]Vierte Vorlesung.
zu genügen. Ich will mir daher gestatten, noch einige weitere Aus-
drucksmöglichkeiten der Erwägung des Lesers zu unterbreiten.
Wie von Symmetrie (inbezug auf die Hauptdiagonale) kann man
auch von Spiegelung, Spiegelbildern reden, wobei immer zu unterstellen
sein wird, dass die Hauptdiagonale als spiegelnde Linie gedacht wird.
Die Operationen der oben betrachteten Gruppe gestatten, aus
einem irgendwie gegebnen Relativ a abzuleiten 64 eventuell andre
Relative, und diese wollen wir insgesamt — im Gegensatz zu später
zu studirenden Zeilen- oder Kolonnenabwandlungen — als die „diagonal
flektirten“ Relative zu a bezeichnen, jene Operationen auch die „diago-
nalen“ (oder „spiegelnden“) Abwandlungen (Flexionen) des Relativs a
nennen.
Zwei Stellen der Matrix eines Relativs a, die in der Tafel 12 von
zu einander konversen Elementepaaren, genauer individuellen Alio-
relativen i : j und j : i, eingenommen, okkupirt werden, sollen symme-
trisch gelegene Stellen heissen; sie bilden ein „symmetrisches Stellen-
paar“, bestehend aus einer Stelle und ihrem Spiegelbilde.
Sind sie bei a alle beide mit Augen besetzt, so mögen wir, einem
Vorgang der Botanik folgend, diese Augen „parige“ nennen; dieselben
bilden dann ein „symmetrisches Augenpaar“, bestehend aus einem Auge
und seinem Spiegelbilde.
Ebenso, wenn ein symmetrisches Stellenpaar in a unbesetzt ist,
nennen wir die Leerstellen desselben parige.
Wenn dagegen in einem symmetrischen Stellenpaar blos die eine
Stelle bei a ein Auge trägt, während die andre unbesetzt ist, so soll
dies Auge ein „unpariges“ heissen; mit demselben Rechte ist dann also
auch die Leerstelle eine unparige zu nennen.
Die Operationen der diagonalen Gruppe gestatten uns nun bei
einem Relativ a ganz unabhängig von einander die folgenden 12 = 2 × 6
Prozesse einzeln auszuführen (oder zu unterlassen):
Die auf der Diagonale stehenden Augen, desgleichen Leerstellen,
die (seitlich derselben stehenden) parigen Augen, desgleichen Leer-
stellen, sowie die unparigen Augen, desgleichen Leerstellen aus a
hervorzuheben oder aber zu tilgen — wobei das „Tilgen von Leer-
stellen“ als ein Besetzen derselben mit je einem Auge zu verstehen ist.
Im folgenden Schema ist zur Anschauung gebracht, in welcher
Weise bei a eine Stelle auf der Hauptdiagonale, sowie ein symmetri-
sches Stellenpaar überhaupt besetzt (oder unbesetzt) sein kann, und
wie alsdann bei den mit a verwandten Relativen ebendiese Stellen be-
setzt sein müssen.
[139]§ 9. Diagonalabwandlungen irgend eines Relativs.
Es kommen bei a sechs Möglichkeiten in Betracht, von denen die
zwei mittleren der Art nach nicht verschieden sind, und zwar zeigt
0) ein Auge, 4) eine Leerstelle auf der Diagonale, 1) zeigt parige
Augen also ein symmetrisches Augenpaar, 3) parige Leerstellen, 2) zeigt
mit den zwei Besetzungsmöglichkeiten ein unpariges Auge.
Wir erhalten hierzu leicht die folgenden sechs Schemata:
und kann man darnach z. B. sagen:
Das Relativ aă hebt aus a dessen parige nebst den auf der Dia-
gonale stehenden Augen hervor; das aā̆ blos dessen unparige Augen.
Das Relativ aā̆ + āă gibt die unparig besetzten Stellenpaare von a
als vollbesetzte, indem es die übrigen Augen von a abwirft.
Und dergleichen mehr.
a + ă dagegen ergänzt die unparigen Augen von a zu parigen, indem
es alle übrigen Augen von a ungeändert beibehält. Und so weiter.
Man wird nunmehr keine Schwierigkeit finden, irgend eine von den
64 diagonalen Abwandlungen nach ihrer Wirkung kurz und treffend
zu beschreiben. —
[140]Vierte Vorlesung.
Von noch fundamentalerer Wichtigkeit — wo möglich — als wie
die identischen 1) sind die relativen irreduziblen Modulknüpfungen 2)
zu deren Betrachtung wir uns jetzt wenden.
In diejenigen der ersten Zeile von 2) gehn die absoluten, in die
der zweiten Zeile die relativen Moduln ein. Wir stellen zuerst für
jene den allgemeinen Koeffizienten auf. Es wird nach den einschlä-
gigen Festsetzungen:
18) .
Hiernach ist für ein bestimmt festgehaltenes i das (a ; 1)i j gleich
1 für jedes j, wenn es auch nur für einen einzigen Werth von j gleich 1
ist — andernfalles gleich 0; das heisst das Relativ a ; 1 kann nur
aus ganz voll besetzten und gänzlich leeren Zeilen bestehen, ebenso
das a ɟ 0.
Dagegen können die Relative 1 ; a und 0 ɟ a nur bestehen aus
vollen und leeren Kolonnen; denn ist bei bestimmt festgehaltenem j
das (1 ; a)i j gleich 1 (resp. 0) für irgend ein i, so ist es auch gleich 1
(resp. 0) für jedes i, d. h. an allen den Stellen, die in der durch j be-
stimmten Vertikalflucht liegen.
Eine Reihe (der Matrix), deren jede Stelle mit einem Auge besetzt
ist, nennen wir eine Vollreihe.
Trägt dagegen keine Stelle der Reihe ein Auge, enthält die Reihe
lauter Leerstellen, so nennen wir sie eine Leerreihe.
Eine Reihe, von der mindestens eine Stelle mit einem Auge besetzt
ist, welche also überhaupt Auge(n) trägt — einerlei ob eines, mehrere
oder auch lauter Augen — heisse eine besetzte*)Reihe.
Eine Reihe dagegen, von der mindestens eine Stelle unbesetzt ist,
heisse eine lückenhafte, lückige oder Lückreihe.
Dies ist der Anfang einer Terminologie, welche wir, um in unsrer
Theorie eine präzise und knappe Ausdrucksweise zu ermöglichen, noch
weiter auszubilden haben werden. Es müssen hienach
einerseits: Vollreihe und Lückreihe
andrerseits: Leerreihe und besetzte Reihe
[141]§ 9. Irreduzible relative Knüpfungen mit absoluten Moduln.
kontradiktorische Gegensätze sein. Dagegen sind Vollreihe und Leer-
reihe blos konträre Gegensätze. Die Vollreihe gehört zu den besetzten
Reihen, und die Leerreihe ordnet sich den Lückreihen ein, ist auch
eine „Lückreihe“ zu nennen, obwol bei ihr der Begriff der Lücke aus-
artet in etwas die ganze Breite einnehmendes, dem das Substrat, wel-
ches die „Lücke“ einfassen sollte, fehlt.
Es war also erkannt: dass die Relative a ; 1 und a ɟ 0 blos aus
Voll- und Leerzeilen, die 1 ; a und 0 ɟ a blos aus Voll- und Leer-
kolonnen bestehen können.
Welche Zeilen — müssen wir nun weiter fragen — werden aber
Vollzeilen und welche Leerzeilen von a ; 1 sein?
Die Antwort ergibt sich aus der Diskussion des Ausdruckes
Σhai h = ai A + ai B + ai C + …
welcher den allgemeinen Koeffizienten (a ; 1)i j darstellt.
Diese Summe wird nur dann verschwinden, wenn alle Glieder
derselben = 0 sind. Sobald dagegen auch nur eines der Glieder
gleich 1 ist, m. a. W. sobald mindestens eines der ai h die sich bei
festgehaltnem i und seine Bedeutung wechselndem h ergeben, nicht
= 0 (mithin = 1) ist, wird auch unsre Summe den Wert 1 erhalten.
Es muss also a ; 1 eine Vollzeile überall da (für alle jene i) auf-
weisen, wo a eine (irgendwie) besetzte Zeile besitzt, und eine Leerzeile
nur da, wo auch a eine Leerzeile hat.
Andrerseits wird
Πhai h = ai Aai Bai C …
gleich 1 nur dann sein können, wenn sämtliche ai h gleich 1 sind, da-
gegen verschwinden, sobald auch nur einer der Faktoren ai h ver-
schwindet. Diese Faktoren sind die Koeffizienten der mit i markirten
Zeile („iten Zeile“) von a.
Sonach ist (a ɟ 0)i j = 1, hat das Relativ a ɟ 0 eine Vollzeile nur
da, wo auch a eine Vollzeile besitzt, und jeder Lückzeile von a ent-
spricht eine Leerzeile von a ɟ 0.
Führt man ebenso die Diskussion für die beiden andern Relative,
so gelangt man zu folgenden fundamentalen Sätzen (welche leicht zu
merken):
Das Relativ a ; 1 wird erhalten, indem man alle (irgendwie) besetzten
Zeilen von a in Vollzeilen verwandelt und die Leerzeilen von a als eben-
solche beibehält.
Um das Relativ a ɟ 0 zu bilden, behalte man die Vollzeilen von a
[142]Vierte Vorlesung.
ausschliesslich bei — indem man alle übrigen Zeilen von a „abwirft“,
d. h. alle Lückzeilen von a in Leerzeilen verwandelt.
Bei solcher „Verwandlung“ in Leerzeilen bleiben natürlich die etwa
schon vorhandenen Leerzeilen ungeändert; auch heisst „Leerzeilen“ (mit-
nebst noch andern) „abwerfen“ dasselbe wie: „sie beibehalten“.
Um das Relativ 1 ; a zu bilden, verwandle man alle besetzten Ko-
lonnen von a in Vollkolonnen und behalte dessen Leerkolonnen bei.
Das Relativ 0 ɟ a wird erhalten, indem man die Vollkolonnen von a
ausschliesslich beibehält, die übrigen Kolonnen abwirft, d. h. dessen Lück-
kolonnen in Leerkolonnen verwandelt
Für die Relative der zweiten Zeile von 2) sind die allgemeinen
Koeffizienten:
19)
Lässt man in der That — im letzten Produkt z. B. — den laufenden
Zeiger (die Produktationsvariable) h den Wert i annehmen, so erweist sich
der zugehörige Produktfaktor 1'i i + ai j = 1 + ai j = 1 als belanglos, ineffektiv,
wogegen in jedem Falle h ≠ i derselbe sich zu 1'i h + ah j = 0 + ah j = ah j
zusammenzieht. Etc.
Bei der Diskussion der Möglichkeiten, unter denen diese Koeffi-
zienten = 1 oder = 0 werden, ergibt sich nun die Nötigung, noch
weitre Unterscheidungen hinsichtlich der Reihen eines Relativs zu
machen, entsprechend den arithmetischen Unterscheidungen zwischen
Einzahl und Mehrzahl, den sprachlichen zwischen Singular und Plural:
Trägt eine Reihe, die sonst lauter Leerstellen hat, gerade nur ein
Auge, so soll sie eine einbesetzte Reihe heissen; trägt sie mehr als ein
Auge, so heisse sie eine mehrbesetzte Reihe.
Hiernach zerfallen also die besetzten Reihen in einbesetzte und
mehrbesetzte, und die Vollreihen gehören zu den letztern.
Ich hatte zuerst die Audsrücke „einfach besetzte“ und „mehrfach be-
setzte Reihe“ bei meinen Vorträgen im Mathematischen Kränzchen Karls-
ruhe’s gebraucht, wurde jedoch von Kollegen auf deren Missverständlichkeit
aufmerksam gemacht. Obwohl ich diese letztern Ausdrücke noch jetzt für
die buchstäblich zutreffendsten halte, weil es sich hier wirklich um Be-
setzung von einem oder mehrern „Fächern“ (Stellen) handelt — wogegen,
wenn von einem „mehrfachen Punkte“ einer „mehrfachen Wurzel“ einer
Gleichung und dergleichen gesprochen wird, das Wort „mehrfach“ bereits
metaphorisch — im übertragenen Sinne — steht für das genauere „mehr-
[143]§ 9. Irreduzible relative Knüpfungen mit relativen Moduln.
wiegend, mehrwichtig“, und trotzdem auch eine derartige Deutung in unsrer
Theorie kaum zulässig erscheinen dürfte, weil eine Stelle doch immer nur
als besetzt (und dann als „einfach besetzt“) oder als unbesetzt gedacht
werden kann — trotzalledem bequeme ich mich gerne dem Verbesserungs-
vorschlage an, nicht nur weil die erwähnte übertragene Bedeutung des
„mehrfach“ so wichtig für die Mathematik geworden und so verbreitet ist,
dass sie die buchstäbliche Bedeutung fast verdrängt zu haben scheint, sondern
vor allem auch wegen der grössern Kürze der dafür adoptirten Benennungen.
Eine Reihe, die gerade eine Leerstelle hat, sonst aber lauter Augen
trägt, soll ebenso eine einlückige oder Einlück-Reihe genannt werden.
Weist eine Reihe mehr als eine Leerstelle auf, so heisse sie eine
Mehrlückreihe. Es zerfallen also auch die Lückreihen in einlückige
und mehrlückige, und die Leerreihen gehören zu den letztern.
Eine Reihe kann auch mehrbesetzt und mehrlückig zugleich sein.
Sobald der Denkbereich mehr wie zwei Elemente umfasst, werden aber
die Einlückreihen zu den mehrbesetzten zählen und die einbesetzten
Reihen auch mehrlückige sein müssen.
Unter Benützung dieser Terminologie können wir nun die Ergeb-
nisse der Koeffizientendiskussion kurz dahin statuiren:
Das Relativ a ; 0' wird aus a erhalten, indem man alle mehrbesetzten
Zeilen von a in Vollzeilen verwandelt, alle einbesetzten Zeilen von a in
deren Negation (somit in Einlückzeilen) verkehrt und dessen Leerzeilen
beibehält.
Um das Relativ 0' ; a aus a abzuleiten, verwandle man alle mehr-
besetzten Kolonnen von a in Vollkolonnen, die einbesetzten Kolonnen in
deren Negation (mithin in Einlückkolonnen) und behalte die Leerkolonnen
von a unverändert bei.
Es bleiben bei dem Prozesse auch hier die Vollkolonnen, oben die
Vollzeilen von a unverändert.
Um a ɟ 1' zu bilden, behalte man die Vollzeilen von a unverändert
bei, verwandle dessen Einlückzeilen in ihre Negation (also in einbesetzte
Zeilen) und werfe die Mehrlückzeilen ab.
Das Relativ 1' ɟ a wird erhalten, indem man die Vollkolonnen von a
beibehält, dessen Einlückkolonnen in ihre Negation (also in einbesetzte
Kolonnen) verkehrt und alle Mehrlückkolonnen von a abwirft.
Hierbei werden auch die Leerkolonnen von a — gleichwie vorhin
dessen Leerzeilen — ungeändert bleiben.
Auch diese Resultate sind zu merken, und werden wir zur Erleich-
terung dessen in § 15 noch weitre Unterstützung beibringen.
Um sich aufgrund von 19) von der Richtigkeit vorstehender hoch-
wichtigen Angaben zu überzeugen, hat man — ich will es blos für
[144]Vierte Vorlesung.
die erste und für die letzte (vierte) Angabe durchsprechen — folgendes
zu bedenken.
Es war
(a ; 0')i j = ai A + ai B + ai C + … (ohne ai j).
Für ein bestimmtes i, d. h. in einer bestimmten Zeile, ist dies
gleich 1 bei jedem j, sobald mindestens zwei von den ai h gleich 1 sind.
Denn ist dann auch ai j vielleicht eines von diesen beiden, so wird
wenigstens noch das andre als Glied der Summe rechts (ausserhalb
und vor der letzten Klammer) auftreten.
a ; 0' muss also eine Vollzeile haben überall da, wo a eine mehr-
besetzte Zeile hat.
Ist dagegen die ite Zeile von a eine einbesetzte, gibt es also gerade
ein j(= k), für welches ai j gleich 1 wird, sodass wir haben ai k = 1,
während alle übrigen ai h gleich 0 sind, so wird unsre Summe den
Term ai k der 1 ist aufweisen, somit selbst = 1 sein, für jedes von k
verschiedene j. Und nur für j = k, wo das in der Klammer erwähnte,
in der Summe fehlende ai j das einzige nicht verschwindende ai h ist,
werden alle Glieder unsrer Summe und diese selbst = 0 sein.
Der einbesetzten Zeile von a entspricht hienach eine Einlückzeile
des a ; 0', welche erhalten wird, indem man das einzige Auge der Zeile
von a in eine Leerstelle, alle Leerstellen dieser Zeile aber in Augen
verwandelt.
Ist die mit i markirte Zeile von a eine Leerzeile, so sind alle ai h
gleich 0, und — einerlei welches von diesen in unsrer Summe fehlt —
wird die Summe stets = 0 sein; dann hat also auch a ; 0' eine Leerzeile.
Ähnlich war
(1' ɟ a)i j = aA jaB jaC j … (ohne ai j).
Dies Produkt ist bei bestimmtem j gleich 0 für jedes i, sobald min-
destens zweie der ah j gleich 0 sind, d. h. also: wenn a eine Mehrlück-
kolonne bei j aufweist, erhält 1' ɟ a eine Leerkolonne.
Das Produkt ist gleich 1 bei jedem i, falls alle ah j gleich 1 sind, d. h.
also: wenn die jte Kolonne von a eine Vollkolonne war, erhält auch 1' ɟ a
eine solche.
Blos wenn a bei j eine Einlückkolonne besitzt, mithin blos ein be-
stimmtes (es heisse ak j) von allen ah j verschwindet, während alle übrigen
ah j gleich 1 sind, kommt es darauf an, ob jenes allein verschwindende ak j
eben das als Faktor in unserm Produkte einzig fehlende ai j ist oder nicht.
Im letztern Falle ist das Produkt = 1, in allen andern Fällen = 0. D. h.
der Einlückkolonne von a entspricht bei 1' ɟ a eine einbesetzte Kolonne, die
gerade nur an der Stelle der einen Lücke von jener ein Auge trägt, sonst
völlig leer ist, und die wir daher als die Negation jener Einlückkolonne
am bequemsten charakterisiren. —
[145]§ 9. Irreduzible primäre Modulknüpfungen.
Ebenso wie a selbst können auch die mit a verwandten Relative
ā, ă, ā̆ nach den Schemata 2) mit den Moduln relativ verknüpft
werden. Die Knüpfungsergebnisse sind im Allgemeinen sowol unter
sich als von den bisherigen durchweg verschieden. Und es ist eine
namentlich bei dem Negat ā verlohnende Übung für den Anfänger,
sich die Entstehungsweise von dessen irreduzibeln Modulknüpfungen
aus a selber zum Bewusstsein zu bringen und mit Worten zu formuliren.
Dass übrigens die aus den Verwandtenknüpfungen hinzutretenden
Relative nichts andres sein werden als Negate, Konverse und Strich-
konverse von den bisher besprochenen Modulknüpfungen, geht aus der
Anwendung der Sätze 9) bis 12) des § 6 auf die Fälle wo a oder
aber b einen Modul vorstellt, in Verbindung mit 13) des Abacus in
§ 8 hervor — wonach wir haben:
20)
21)
Hiermit ist nun auch Dasjenige erhärtet, was wir inbezug auf das
Dualisiren und Konvertiren für den Fall des Auftretens von Moduln als
Termen in § 6 vorgreifend angemerkt haben (S. 89 u. 92).
Von den zahlreichen Sätzen über unsre irreduzibeln Modul-
knüpfungen seien hiernächst nur diese noch angeführt:
22)
wo die der zweiten Zeile durch Kontraposition aus denen der ersten
folgen. Ersetzte man auf der einen Seite vom Mittelstrich das a
durch ā, so könnte auch der Mittelstrich in ein Gleichheitszeichen ver-
wandelt werden.
Beweis. Ist jedes ai j = 0, so ist auch Σhai h = 0 und jedes (a ; 1)i j = 0,
also (a = 0) ⋹ (a ; 1 = 0).
Ist umgekehrt jedes (a ; 1)i j = 0, so muss nach 5) des § 8 zugleich
mit der Summe Σhai h auch jeder Term ai h verschwinden, d. h. es muss
auch jedes ai j gleich 0 sein, womit erkannt ist, dass auch (a ; 1 = 0) ⋹ (a = 0),
q. e. d.
Ebendies leuchtet aus der geometrischen Evidenz ohne weitres ein:
soll ein Relativ a ≠ 0 sein, so wird seine Matrix mindestens ein Auge
haben; dann hat aber a auch wenigstens eine besetzte Zeile sowol als
Kolonne, und a ; 1 mindestens eine Vollzeile, 1 ; a eine Vollkolonne, etc.
Soll das aus den Vollzeilen von a gebildete Relativ a ɟ 0 gleich 1
Schröder, Algebra der Relative. 10
[146]Vierte Vorlesung.
sein, so kann a nur lauter Vollzeilen haben und muss selber gleich 1
sein. Etc.
Mit Rücksicht auf diese ihre Selbstverständlichkeit werden die Sätze 22)
auch leicht zu merken sein.
§ 10. Erste 6 „ausgezeichnete“ Relative.
Sekundäre und höhere Modulknüpfungen eines allgemeinen Relativs a
werden wir noch systematisch in’s Auge fassen. Von jenen, den sekun-
dären und zwar relativen Knüpfungen, nehmen wir hier aber eine kleine
schon von Peirce entdeckte Gruppe voraus, weil dieselbe sich von bestim-
mendem Einfluss erweist auf die Gestaltung der beiden Hauptprobleme (der
Elimination und Auflösung) in unsrer Algebra, von der es ratsam ist mög-
lichst bald Kenntniss zu erlangen.
„Ausgezeichnet“ nenne ich solche Modulknüpfungen eines allge-
meinen binären Relativs a, welche sich zwar nicht reduziren, vielmehr
jederzeit von der Natur oder Annahme, Wahl, Bestimmung des a ab-
hängig erweisen, welche indessen die merkwürdige Eigenschaft besitzen
lediglich die beiden Werte 1 und 0 annehmen zu können — geradeso als
ob sie selber Aussagen wären! nur mit dem Unterschiede natürlich,
dass 1 und 0 hier nicht als Aussagen, sondern als binäre Relative (die
absoluten Moduln) zu deuten sein werden.
Von solcher Art sind von den sekundären Modulknüpfungen (nur)
folgende sechse, die zwei Gespanne bilden, ein dyadisches und ein
tetradisches:
1)
| 1 ; a ; 1 | 0 ɟ a ɟ 0 |
2)
Der allgemeine Koeffizient zum Suffix ij ist hiefür nach den Fest-
setzungen:
3)
| (1 ; a ; 1)i j = Σh kah k | (0 ɟ a ɟ 0)i j = Πh kah k |
4)
augenscheinlich unabhängig sowol von i als von j. Der Wert 1 oder 0,
welcher einem solchen Koeffizienten für ein Wertepaar ij zukommt,
wird demselben sonach für jedes Suffixum zukommen, und ist das zu-
gehörige Relativ im ersten Falle gleich 1, im zweiten gleich 0, d. h.
das Relativ ist, wie behauptet, ein „ausgezeichnetes“.
Die an den Koeffizientenausdruck zu knüpfende Diskussion nun,
wann das Relativ den einen und wann den andern Wert annimmt,
liefert leicht die folgenden höchst merkwürdigen Ergebnisse, deren
[147]§ 10. Die ersten 6 ausgezeichneten Relative.
Übersicht wir auch sogleich diejenigen einverleiben, die sich durch
Kontraposition daraus ergeben und die ausgezeichneten Modulknüpfungen
des Negates ā betreffen:
5)
| (1 ; a ; 1 = 1) = (a ≠ 0) = (0 ɟ ā ɟ 0 = 0) | (0 ɟ a ɟ 0 = 0) = (a ≠ 1) = (1 ; ā ; 1 = 1) |
| (1 ; a ; 1 = 0) = (a = 0) = (0 ɟ ā ɟ 0 = 1) | (0 ɟ a ɟ 0 = 1) = (a = 1) = (1 ; ā ; 1 = 0) |
6)
.
Zu 5) haben wir die schon am Schlusse des vorigen Paragraphen
unter 22) aufgeführten äquivalenten Formen der Aussagen nicht wieder
hinzugefügt.
Stellt für den Augenblick r irgend ein „ausgezeichnetes“ Relativ
vor, so ist nach dem Begriffe desselben:
(r = 1) + (r = 0) = 1, (r = 1)(r = 0) = 0,
somit
7) (r = 1) = (r ≠ 0), (r = 0) = (r ≠ 1).
Bedenkt man dies, so kann der Beweis der Sätze 5), 6) schon
ohne Zuhülfenahme der Koeffizientenevidenz aus 22) des § 9 mittelbar
geführt werden wie folgt.
Es ist (1 ; a ; 1 = 1) = (1 ; a ; 1 ≠ 0) = (a ; 1 ≠ 0) = (a ≠ 0),
{1 ; (a ɟ 0) = 1} = {1 ; (a ɟ 0) ≠ 0} = (a ɟ 0 ≠ 0),
was unmittelbar besagt, dass a Vollzeilen habe, indem die Gesamtheit
der letztern eben das Relativ a ɟ 0 ausmacht — q. e. d.
Sehr zu empfehlen ist aber, dass der Studirende die gleichen Über-
zeugungen auch aus der Diskussion der Koeffizientenausdrücke 3), 4) schöpfe
und dieselben mit der geometrischen Evidenz kontrolire. Z. B.
Es stellt (1 ; a ; 1)i j die Summe der sämtlichen Koeffizienten des Rela-
tivs a vor. Diese ist dann und nur dann = 0, wenn alle Koeffizienten
von a gleich 0 sind, d. h. wenn a = 0 ist. Sobald dagegen auch nur
einer von diesen Koeffizienten von 0 verschieden, = 1 ist, wird auch unsre
Summe = 1 werden; geometrisch: sobald a auch nur ein Auge besitzt,
10*
[148]Vierte Vorlesung.
verwandelt die Operation 1 ; a die Kolonne in welcher gedachtes Auge sich
befindet, in eine Vollkolonne; dadurch sind im Relative 1 ; a sämtliche
Zeilen zu besetzten Zeilen geworden, indem eine jede von ihnen mindestens
in der vorerwähnten Kolonne ein Auge aufweist. Die Operation (1 ; a) ; 1
verwandelt nunmehr die besetzten Zeilen des Relativs 1 ; a — mithin sämt-
liche Zeilen — in Vollzeilen, wodurch notwendig 1 herauskommt.
Den Rest überlassen wir dem Leser.
Die 6 ausgezeichneten Modulknüpfungen von ā erscheinen in 5)
und 6) bereits untergebracht.
Da die Operation der Negation, auf die Werte 1 und 0 angewendet,
nur ebendiese vertauscht, die Konversion sie ungeändert lässt, so muss
auch Negat und Konverses von einem ausgezeichneten Relative wiederum
ein ausgezeichnetes Relativ sein — und zwar ist gemäss 13) des § 8:
8) r = r̆.
In der That folgt aus 7) noch weiter hinzu:
(r̄ = 0) = (r̄ ≠ 1), (r̄ = 1) = (r̄ ≠ 0)
(r̆ = 1) = (r̆ ≠ 0), (r̆ = 0) = (r̆ ≠ 1).
Durch die genannten beiden Operationen gewinnt man die aus-
gezeichneten Modulknüpfungen der Verwandten von a hinzu. Diese
können aber in ihrer Gesamtheit nur mit denen von a selber zusammen-
fallen — wie wir bezüglich des ā bereits gesehen haben. Bezüglich
des ă statuiren es die Formeln:
9)
| 1 ; a ; 1 = 1 ; ă ; 1 | 0 ɟ ă ɟ 0 = 0 ɟ a ɟ 0 |
10)
die sich mit Rücksicht auf 8) leicht aus 21) des § 9 ergeben.
Für später ist auch noch diese Bemerkung von Nutzen. Für a = 0
nehmen alle sechs ausgezeichneten Relative 1), 2) nach dem Abacus
den Wert 0, für a = 1 nehmen sie den Wert 1 an. Ersetzt man
also in irgend einem der 6 Relative 1), 2) das a durch ein ausgezeich-
netes Relativ, z. B. durch eines von diesen 6 Relativen selber, so erhält
man unfehlbar dieses wieder, oder: Jedes der sechs ausgezeichneten Rela-
tive, genommen von einem ausgezeichneten Relative, erzeugt nur das letz-
tere wieder, lässt ebendieses unverändert. Z. B. es reduzirt sich:
1 ; 1 ; a ; 1 ; 1 = 1 ; a ; 1, 0 ɟ 0 ɟ a ɟ 0 ɟ 0 = 0 ɟ a ɟ 0,
0 ɟ 1 ; a ; 1 ɟ 0 = 1 ; a ; 1, 1 ; (0 ɟ a ɟ 0) ; 1 = 0 ɟ a ɟ 0,
0 ɟ 1 ; (0 ɟ a ɟ 0) = 0 ɟ a ɟ 0, 0 ɟ (1 ; a ɟ 0) ; 1 = 1 ; a ɟ 0, etc.
Es liegt die Frage nahe, ob alle „ausgezeichneten“ Relative aus Modul-
knüpfungen von der Form eines der sechs Peirce’schen sein müssen? Obwol
[149]§ 10. Über ausgezeichnete Relative.
dies für deren grosse Mehrzahl zutrifft, werden doch unsre Forschungen
über höhere Modulknüpfungen (in einer späteren Vorlesung) diese Frage
verneinend entscheiden, und will ich vorgreifend erwähnen, dass auch diese
vier tertiären Modulknüpfungen:
| 0 ɟ 0' ; (a ɟ 0) | 1 ; (1' ɟ a ; 1) |
| (0 ɟ a) ; 0' ɟ 0 | (1 ; a ɟ 1') ; 1 |
sich als „ausgezeichnete“ Relative erweisen, welche ich demnach berechtigt
bin als die meinigen zu bezeichnen.
Ein ausgezeichnetes Relativ r muss nach Festsetzung (6) des § 3
mit jedem seiner Koeffizienten übereinstimmen, sonach gilt also auch:
Ein ausgezeichnetes Relativ ist gleich seinem allgemeinen Koeffizienten:
11) rh k = r.
Umgekehrt steht auch nichts im Wege die Koeffizienten ai j eines
beliebigen Relativs a so anzusehen und bei allen Rechnungen geradeso
zu behandeln als ob sie ebenfalls binäre Relative, nämlich unbestimmte
ausgezeichnete Relative wären. Bei solcher Auffassung bewegen wir
uns dann mit unsern Überlegungen durchaus im Denkbereiche 12, zu
dem die beiden Wahrheitswerte 1 und 0 selbst als die absoluten Moduln
gehören. Und dabei hätte uns einfach:
12) (ai j)h k = ai j
zu gelten. Nur inbezug auf die Konversion dürfte ein Umstand, der
zur Vorsicht mahnt, nicht übersehen werden. Während mit Fest-
setzung (13) des § 3 das Symbol ăi j, als gleichbedeutend mit (ă)i j,
gleich aj i erklärt ist, kann die Operation der Konversion an dem [als
binäres (ausgezeichnetes) Relativ betrachteten] Koeffizienten (r =)ai j
nach 8) nichts ändern, d. h. es ist:
13) (ai j)͝ = ai j
— weil eben 1̆ = 1 und 0̆ = 0 zu gelten hat. Sonach muss (ai j)͝ von
(ă)i j im Allgemeinen unterschieden werden. Diese Auffassungen werden
am Schlusse des § 25 noch weiter entwickelt und gefestigt.
[[150]]
Fünfte Vorlesung.
Das Auflösungsproblem in der Algebra der binären Relative.
§ 11. Gesamtaussage der Data eines Problems und allgemeinste
Aufgabe.
Das Bemerkenswerteste unter den Ergebnissen des vorigen Para-
graphen dürfte die in den Formeln 5) desselben sich offenbarende
Thatsache sein, dass in unsrer Algebra jede Ungleichung mit der rechten
Seite 0 oder 1 sich umformen lässt in eine Gleichung (von ähnlichem
Charakter).
Die Schemata hiefür wollen wir nochmals hersetzen, aber nicht
die dual entsprechenden nebeneinander, sondern diejenigen obenan, die
man befolgen muss, wenn man die rechte Seite 0 bevorzugt; darunter
setzen wir die Schemata, die zu befolgen sind, falls man vorziehen
sollte mit Gleichungen der rechten (besser eigentlich linken) Seite 1
zu operiren:
1)
Diese Thatsache ist von grosser Tragweite und begründet einen
Vorzug der Algebra der Relative vor dem identischen Kalkul, in wel-
chem, wie wir früher gesehen haben (Bd. 2, S. 91 sq. und 180 sq.), Un-
gleichungen niemals in die Form von Gleichungen umgesetzt werden
können und die Scheidung der Urteilsformen in „partikulare“ und
„universale“ eine endgültige ist.
Wie wir Bd. 2 in § 40 nachgewiesen haben, ist die allgemeinste
Aussage als eine im Boole’schen Sinne „sekundäre“ aussagenrechne-
risch aus lauter „primären“ Propositionen aufgebaut.
Eine primäre Proposition hat entweder die Form einer Subsumtion
oder einer Gleichung — was auf dasselbe hinauskommt, indem die eine
Form stets in die andre umgesetzt werden kann — oder aber der
Negation einer solchen, das ist einer Unsubsumtion oder einer Unglei-
chung — welche wiederum in einander umsetzbar.
[151]§ 11. Alle Data in eine Gleichung zusammenziehbar.
Im identischen Kalkul waren die Gleichungen resp. Ungleichungen
anzusehen als statuirt zwischen Klassen oder Gebieten (Systemen) — hier:
in unsrer Algebra, sind sie statuirt zu denken zwischen (binären) Relativen.
Gleichwie jede Gleichung (und Subsumtion), kann nun aber —
schon im identischen Kalkul — auch jede Ungleichung (und Unsub-
sumtion) einerseits auf 0 oder 1 gebracht werden, und da letztere
Propositionen nach solcher Vorbereitung gemäss 1) ebenfalls in Glei-
chungen umschreibbar sind, so ist klar dass in unsrer Algebra ohne
jede Einschränkung Ungleichungen und Unsubsumtionen überhaupt in
Gleichungen umgesetzt werden können.
Unbeschadet der Allgemeinheit können wir hier hinfort annehmen,
dass die Gesamtaussage der Data eines Problems sich aussagenrech-
nerisch aus lauter (primären) Gleichungen aufbaue.
Nachdem die Negationen, die in einer Aussagenfunktion vor-
geschrieben sein mögen, „ausgeführt“ (und die etwa dadurch einge-
führten Ungleichungen auch ihrerseits in Gleichungen umgesetzt) sind,
können nur noch (identische) Produkte und Summen solcher Gleichungen
in Betracht kommen.
Im identischen Kalkul konnten zwar jene zu einer einzigen Gleichung
vereinigt, diese aber nicht weiter zusammengezogen werden (ausgenommen
natürlich da, wo alle vorkommenden Buchstaben „Aussagen“ vorstellten,
also auf den Wertbereich 0, 1 beschränkt waren).
Einen weitern Vorzug unsrer Algebra begründet nun der Um-
stand: dass hier nicht blos Produkte, sondern auch Summen also Alter-
nativen von Gleichungen sich jeweils in eine einzige Gleichung zusammen-
ziehen lassen — ebenso nicht blos Summen, sondern auch Produkte von
Ungleichungen (auch dann, wenn ihre Polynome oder beiden Seiten
beliebige Relative vorstellen). Dies beruht nächst den vorstehenden
oder überhaupt den Formeln 5) des § 10 und den längst bekannten:
2)
noch auf folgenden Sätzen:
3)
| 0 ɟ a ɟ 0 + 0 ɟ b ɟ 0 = 0 ɟ a ɟ 0 ɟ b ɟ 0 | 1 ; a ; 1 · 1 ; b ; 1 = 1 ; a ; 1 ; b ; 1 |
4)
| (0 ɟ a ɟ 0)(0 ɟ b ɟ 0) = 0 ɟ ab ɟ 0 | 1 ; a ; 1 + 1 ; b ; 1 = 1 ; (a + b) ; 1 |
welche insgesamt von zweien leicht auf beliebig viele Terme auszu-
dehnen und sofort dergestalt ausgedehnt zu denken sind.
Nach 3) müssen wegen der Kommutativität identischer Knüpfungen
die zwischen lauter relative Summanden 0 sowie die zwischen lauter rela-
tive Faktoren 1 eingestreuten Terme jeweils permutabel, muss deren Reihen-
folge belanglos sein.
[152]Fünfte Vorlesung.
Was zunächst den Beweis dieser Sätze betrifft, so sind die Formeln 3)
weiter nichts als die Anwendung eines allgemeinern Satzes, welcher lautet:
5)
| a ; 1 · 1 ; b = a ; 1 ; b | a ɟ 0 + 0 ɟ b = a ɟ 0 ɟ b. |
Beweis der erstern Formel direkt:
Li j = (a ; 1)i j(1 ; b)i j = Σhai h · Σkbk j = Σh kai hbk j = Ri j,
q. e. d. Wegen der Assoziativität der relativen Knüpfungen ist nunmehr
1 ; a ; 1 · 1 ; b ; 1 = (1 ; a) ; 1 · 1 ; (b ; 1) = (1 ; a) ; 1 ; (b ; 1) = 1 ; a ; 1 ; b ; 1
und damit auch 3) gewonnen, q. e. d.
Die Sätze 4), bereits von Peirce gegeben, sind am bequemsten
mittelbar aus 4) des § 6 zu beweisen, z. B. der rechts vom Mittel-
striche wie folgt:
L = (1 ; a) ; 1 + (1 ; b) ; 1 = (1 ; a + 1 ; b) ; 1 = {1 ; (a + b)} ; 1 = R.
Nach diesen Sätzen 1) bis 4) erhalten wir nun zu obigem Zwecke
der Zusammenziehung von Gleichungen (desgleichen Ungleichungen)
unschwer die folgenden Schemata.
6)
7)
8)
9) .
[153]§ 11. Gesamtaussage der Data jedweden Problems.
Zur Begründung dieser Schemata ist bei 6) und 7) — welch letz-
teres durch Kontraposition aus 6) hervorgeht — keine weitre Bemerkung
vonnöten.
Das Schema 8) wird man am bequemsten durch Kontraposition aus
9) ableiten, und um letzteres zu rechtfertigen, hat man z. B. links vom
Mittelstriche:
L = (0 ɟ ā ɟ 0 = 0)(0 ɟ b̄ ɟ 0 = 0) ‥ = (0 ɟ ā ɟ 0 + 0 ɟ b̄ ɟ 0 + ‥ = 0) = R
nach 1), 6) und 3), q. e. d.
Wenn nun also in der Aussagenfunktion, welche die Gesamtaus-
sage der Data eines Problemes vorstellt, gemäss dem Schema 8) alle
Alternativen oder Summen von Gleichungen — mittelst Zusammen-
ziehung in eine einzige Gleichung — sich beseitigen liessen, so können
wir schliesslich nur mehr ein Produkt, das ist ein „System“ von koexi-
stirenden oder simultanen Gleichungen vor uns haben.
Ein solches aber zieht sich nach längst bekannten Boole’schen
Sätzen — vgl. 6) — vollends zusammen in, ist ersetzbar durch eine
einzige Gleichung, die wir die vereinigte Gleichung des Systems genannt
haben.
Damit ist der wichtige Satz gewonnen: In der Algebra der bi-
nären Relative lässt jeder Komplex von Aussagen — so namentlich also
auch die Gesamtheit der Data irgend eines Problems — sich zusam-
menziehn in eine einzige Gleichung, in welcher neben oder ausser ihrem
einen Gleichheitszeichen andre Zeichen von „Umfangsbeziehungen“
(wie =, ⋹, ≠ etc.) nicht mehr vorkommen. Auch die „sekundären“
Aussagen (im Boole’schen Sinne) sind hier reduzirbar auf eine „primäre“.
Die Gleichung kann nach Belieben mit der rechten Seite 0 oder 1
angesetzt werden, und wird ihr „Polynom“ alsdann sein: eine „Funk-
tion im Sinne unsrer Algebra der Relative“ von all den Relativen, auf
die sich die Teilaussagen bezogen, das heisst: ein Ausdruck, welcher
aus ebendiesen Relativen und eventuell auch noch den Moduln unsrer
Theorie lediglich vermittelst der sechs Spezies derselben aufgebaut erscheint.
Ist die Gleichung nicht auf 0 oder 1 gebracht, so gilt das nämliche
von ihren beiden Seiten: jede von diesen muss eine „Funktion“ sein im
genannten Sinne von den vorkommenden Argumenten.
Gedachte „Funktion“ ist selbst ein binäres Relativ und mag für
den Augenblick f genannt werden. Dann stellt sich also eine Glei-
chung von der Form
f = 0
dar als die Einkleidung der Data des allgemeinsten in unsrer Theorie
erdenklichen Problemes.
Ich werde diese als die „vereinigte Gleichung“ oder „Gesamtaus-
[154]Fünfte Vorlesung.
sage der Data“ auch hier bezeichnen und wie in Bd. 1 bei den allge-
meinen Betrachtungen, zu denen wir nachher überzugehen haben, den
Ansatz mit der rechten Seite 0 bevorzugen. Wenn man will, kann
die Gleichung jeden Augenblick auch als eine Subsumtion mit dem
Prädikate 0:
f⋹ 0
hingestellt werden.
Des dem Gesagten dual Entsprechenden, dass man mit f̄ = 1
oder 1 ⋹ f̄ alles auch auf das Subjekt 1 hinausspielen könne, thun
wir künftighin als einer selbstverständlich mitgegebnen Sache zumeist
nicht mehr Erwähnung.
Das Polynom f unsrer vereinigten Gleichung kann aus lauter be-
reits (anderweitig) völlig bestimmten, etwa spezifizirt von vornherein
gegebenen oder kurzweg „bekannten“ Relativen — zu derengleichen auch
die vier Moduln unsrer Theorie zu zählen sind — aufgebaut sein, oder
es kann auch unbestimmte (oder Buchstaben-) Relative als Terme
(Operationsglieder, Argumente) enthalten.
Im ersten Falle ist die Gleichung f = 0 einfach entweder wahr
(richtig) oder unwahr (falsch). Dann kann man nämlich das Relativ f
— wegen der eindeutigen Ausführbarkeit sämtlicher in seinem Aus-
druck vorgeschriebenen Operationen — wirklich „ausrechnen“ (indem
man alle seine Koeffizienten, womöglich mit einem Schlage seinen
allgemeinen Koeffizienten, ermittelt).
Stellt sich als Wert von f (mithin von jedem seiner Koeffizienten)
in der That 0 heraus, dann war die Gleichung f = 0 richtig indem
sie auf
0 = 0
hinausläuft; dieselbe vorauszusetzen oder zu behaupten bleibt dann
zulässig, wenn auch die Voraussetzung eine inhaltsleere oder nichts-
sagende (selbstverständliche) genannt werden mag (ihre Selbstverständ-
lichkeit oder Gültigkeit nachzuweisen kann indess recht mühsam sein).
Erweist sich dagegen der Wert von f als von 0 verschieden (in-
dem sich mindestens ein Koeffizient von f als = 1 herausstellt), so
war die Gleichung f = 0 falsch und bleibt sie als Annahme wie als
Behauptung unzulässig. Als Annahme oder Voraussetzung kann sie
höchstens provisorisch zugelassen werden zu dem Zwecke, um durch
etwa aus ihr zu ziehende absurde Folgerungen „apagogisch“ gerade
ihre endgültige Verwerflichkeit nachzuweisen.
Wir mögen die Gleichung f = 0 dann auch selbst eine „absurde“
[155]§ 11. Allgemeinste Aufgabe.
oder widersinnige nennen, und als das Urbild, ja den Repräsentanten
aller absurden Gleichungen das aus dem identischen Kalkul bekannte
Schema
1 = 0
auch für unsre umfassendere Disziplin (der Theorie der Relative) bei-
behalten.
Letzteres trifft in der That in einem dreifachen Sinne zu. Mit der
Behauptung f = 0 ist erstlich 1 = 0 gefordert für die erwähnten von 0
verschiedenen Koeffizienten des f. Zweitens indem sich bei der „Ausrech-
nung“ f ≠ 0 herausstellte, ist die Geltung von (f ≠ 0) = 1 und damit die
von (f = 0) = 0 gesichert. Die Behauptung f = 0, d. h. also (f = 0) = 1
müsste somit zu dem Widerspruche 1 = 0 (als Aussagenäquivalenz ver-
standen) führen.
Endlich aber drittens kann, falls f ≠ 0 ist, aus der Gleichung f = 0
sofort auch die Gleichung 1 = 0, gedeutet als solche zwischen binären Re-
lativen, nämlich als Gleichsetzung der absoluten Moduln 1 und 0, mit
Leichtigkeit abgeleitet werden und zwar indem man beiderseits mit 1 re-
lativ vor- und nachmultiplizirt, also aus f = 0 auf 1 ; f ; 1 = 1 ; 0 ; 1 —
das gibt nach 1) dann eben: 1 = 0 — schliesst.
Um z. B. sei es aus der Behauptung 1' = 0, sei es aus der 0' = 0
auf die Form 1 = 0 zu kommen, genügt es schon, mit 1 beiderseits re-
lativ nachzumultipliziren. Es kann somit 1' = 0 oder 0' = 0 in 1 = 0
transformirt werden, gleichwie auch umgekehrt wegen 1 = 1' + 0' mit
1 = 0 auch 1' = 0 und 0' = 0 gegeben wäre. Die Gleichungen 1' = 0
(z. B.) und 1 = 0 sind damit als äquivalent erwiesen und wird jene ebenso
wie diese „absurd“ zu nennen sein.
Ein Problem (sei es der Auflösung, sei es der Elimination) kann
uns in dem bis jetzt betrachteten „ersten“ Falle nicht erwachsen.
Anders im „zweiten“ Falle, dem, wo unbestimmte Relative in dem
Ausdrucke des Polynoms f der Gleichung f = 0 vorkommen.
Durch den blossen Ansatz der Gleichung, indem man ebendiese
„f = 0“ auch nur ausspricht oder hinstellt, sei es als eine (bedingte
oder unbedingte) Behauptung, sei es um sie zur Voraussetzung einer
Untersuchung zu erheben, mutet man dem Leser zu und verpflichtet
sich selbst: unter den Buchstaben, welche als Namen von unbestimmten
Relativen in der Gleichung vorkommen, sich ein solches System von
Werten zu denken oder vorzustellen, für welches die Gleichung wahr
ist. Jedes System von spezifizirten Relativen, welches für jene unbe-
stimmten Relativsymbole in die Gleichung eingesetzt derselben „ge-
nügt“, sie „erfüllt“, d. h. eben wahr macht, heisst bekanntlich ein
System von „Wurzeln“ der Gleichung, und sofern es sich um die Ent-
deckung eines Systems von Wurzeln handelt, werden jene unbestimmten
[156]Fünfte Vorlesung.
Relative auch „Unbekannte“ genannt, als „die Unbekannten“ bezeichnet.
Die Ermittelung eines Systems von Wurzeln heisst „eine Auflösung“
der Gleichung, und die Ermittelung (zuweilen auch blos die Angabe)
aller möglichen Systeme von Wurzeln derselben wird die allgemeine
(oder vollständige Auf-) Lösung der Gleichung zu nennen sein.
Also: mit der Gleichung ist von selbst schon die Anforderung
aufgestellt und die Verpflichtung erwachsen, dieselbe nach den in ihr
vorkommenden unbestimmten Relativen als „Unbekannten“ „aufzulösen“;
die Gleichung involvirt, statuirt uns ein Problem.
Hierbei können zwei extreme oder Grenz-Fälle vorkommen:
Einerseits der Fall, wo es gar kein System von Wurzeln gibt. In
diesem Falle ist durch die Gleichung eine Anforderung gestellt, welche
unmöglich zu erfüllen ist, die Aufgabe bleibt unlösbar und die Glei-
chung unzulässig (ihre „Wurzeln“ — falls man noch von solchen
sprechen will hier, wo es gar keine gibt, während sie allerdings doch
bereits in Gestalt von x, ‥ Namen besitzen, sozusagen voreilig erhalten
haben — wären im Gebiet der Relative „undeutig“, d. i. eben deu-
tungsunfähig, zu nennen). Wir sagen in solchem Falle: „die Resul-
tante der Elimination“ sämtlicher Unbekannten aus der Gleichung,
oder auch irgendwelcher von ihnen, sei die „absurde“ 0, nämlich die
Gleichung 1 = 0, und wir dürfen auch die Gleichung f = 0 selber
„absurd“ nennen, desgleichen sie als eine „Inkonsistenz“ (im weiteren
Sinne des Worts) bezeichnen.
Andrerseits kann der Fall vorkommen, wo jedes System von
(ebensoviel) Relativen (als wieviel Unbekannte vorhanden sind) auch
ein System von Wurzeln ist, nämlich die Gleichung f = 0 erfüllt. In
diesem Falle nennen wir die Gleichung eine „allgemeingültige“, „ana-
lytische“, „selbstverständliche“, auch eine „Identität“, oder eine Formel
[— in jedem andern Fall dagegen eine „synthetische“], ihre Wurzeln
bleiben unbestimmt, resp. willkürlich, beliebig, arbiträr. Auch sagen
wir: die „Resultante“ der Elimination sämtlicher Unbekannten (oder
auch irgend welcher von ihnen) aus der Gleichung sei 1, sive 0 = 0,
oder auch: die Gleichung f = 0 liefere „keine Resultante“. Und von
der Gleichung f = 0 selber sagen wir, sie sei „nichtssagend“, laufe auf
ebendiese Behauptung 0 = 0 hinaus; sie liefert dann in der That keine
Bestimmung, gewährt keinerlei Information über die in ihr vorkom-
menden unbestimmten Relative.
Für die beiden hiernach auf die Resultante 1 = 0 resp. 0 = 0
führenden Grenzfälle kann man sagen, dass bei jeder Elimination sämt-
liche Unbekannte „aus der Gleichung f = 0 herausfielen“.
[157]§ 11. Das Auflösungsproblem in der Theorie der Relative.
Auch in diesen beiden Grenzfällen, welche es (ungeachtet des Epi-
thetons der Selbstverständlichkeit beim einen) oft gar nicht leicht ist
als solche zu erkennen und nachzuweisen, liegt noch kein wirkliches
Auflösungsproblem vor.
Dagegen tritt ein solches in jedem andern Falle in Kraft, und mit
seinesgleichen wollen wir uns nunmehr eingehend beschäftigen.
Darnach ist den fernern Betrachtungen jetzt die Voraussetzung
zugrunde zu legen: es gebe im Bereich der binären Relative zwar min-
destens ein System (eventuell auch viele Systeme) von Werten, welche
unter den in der Gleichung vorkommenden „Unbekannten“ x, y, z, ‥,
a, b, … bezüglich verstanden, die Gleichung wahr machen, aber die
Werte dieser Buchstaben dürfen, wofern die Gleichung erfüllt sein soll,
doch auch nicht allesamt ganz nach Belieben angenommen werden —
m. a. W. die Gleichung sei weder absurd, noch eine Formel, indem sie
vielmehr eine wirkliche Beziehung, „Relation“, zwischen den sämtlichen
Unbekannten statuirt resp. zu erfüllen fordert.
„Relation zwischen -“ hier im weitesten Sinne verstanden. Die Re-
lation kann auch „zerfallen“ in zumeist wol einfachere und schliesslich
nicht mehr zerfallende Relationen (Relationen im engeren Sinne) zwischen
denjenigen Unbekannten blos, welche dann noch in sie eingehen. Geht
aber in eine solche „Relation“ nur mehr eine Unbekannte ein — wie z. B.
wenn sich x ⋹ 0' ergeben hätte —, so erscheint allerdings der Ausdruck
„Relation zwischen x, y, z, ‥“ deplacirt und wäre durch den Ausdruck
„Relation für x“ ersetzt zu denken. Die damit statuirte Beziehung wäre
dann eben eine uninäre. Es wäre aber wol zu umständlich, wollten wir
allgemein immerfort von „Relationen zwischen den und eventuell für die
Unbekannten“ reden. Obendrein erscheint die Distinktion für unsre Theorie
unwesentlich, weil sich in ihr gerade mittelst der Gesamtaussage die Aus-
artungsfälle wenigstens äusserlich dem allgemeinen Falle einordnen, näm-
lich auch die Systeme und Alternativen von „zerfallenden“ Relationen sich
formal als eine Relation zwischen sämtlichen Unbekannten darstellen lassen.
Heben wir alsdann unter den Unbekannten irgend eine — x möge
sie heissen — hervor, so kann in Hinsicht der übrigen Unbekannten
y, z, ‥ a, b, … nur einer von diesen zwei Fällen vorliegen:
Entweder diese letzteren können samt und sonders nach Belieben
angenommen werden, indem es zu jedem System von Werten, welches
denselben beigelegt werden mag, einen Wert oder Werte von x gibt,
welche mit ihm zusammen ein „System von Wurzeln“ der Gleichung
f = 0 bilden. Oder solches trifft nicht zu.
Im ersten (Unter-)Falle sagen wir, die Elimination der Unbekannten x
aus der Gleichung f = 0 liefere „keine“ Resultante, oder „die Resul-
tante dieser Elimination“ sei die Gleichung 0 = 0, aus der Gleichung
[158]Fünfte Vorlesung.
seien mit x zugleich die sämtlichen Unbekannten „herausgefallen“ und
zwischen jenen übrigen Unbekannten bestehe keinerlei Relation, die-
selben seien unbeschränkt allgemeine Relative („Parameter“). In der
That mögen wir dann diesen letztern ein willkürliches Wertsystem
beilegen und wird es nur noch darauf ankommen die zugehörigen
Werte von x zu ermitteln, welche mit ihm zusammen ein System von
Wurzeln bilden, m. a. W. die Unbekannte x durch die übrigen Un-
bekannten auszudrücken. Soferne solcher Fall sich als zutreffend hat
nachweisen lassen liegt alsdann ein „reines“ Auflösungsproblem vor,
und zwar dasjenige der Auflösung der Gleichung f = 0 nach der einen
Unbekannten x; dann ist diese Gleichung als eine „unbedingt auflös-
bare“ erkannt und mögen wir alsbald zu ihrer Auflösung schreiten.
Im zweiten (Unter-)Falle gibt es gewisse Wertsysteme (mindestens
eines), welche den Unbekannten y, z, ‥, a, b, … nicht beigelegt
werden dürfen weil es zu denselben keinen Wert von x gibt, mit dem
zusammen sie ein System von Wurzeln vorstellen würden. Jede Aus-
sage, die wahrheitsgemäss ein Wertsystem von y, z, ‥, a, b, … als
unzulässig hinstellt, „ausschliesst“, lässt sich alsdann als eine „Relation“
zwischen diesen übrigen Unbekannten ansehen, wenn man will auch
wieder in Form einer Gleichung darstellen, und darf dieselbe, weil sie
durch die Gleichung f = 0 bedingt wird (zur Erfüllung ebendieser
unerlässlich ist), in ihr aber der Name der Unbekannten x nicht vor-
kommt, als „eine Resultante der Elimination von x aus der Gleichung
f = 0“ bezeichnet werden.
Die vereinigte Gleichung, Gesamtaussage aller Resultanten (der
Elimination von x aus f = 0) aber muss nicht nur eine notwendige
sondern auch hinreichende Bedingung sein für die Auflösbarkeit der
Gleichung f = 0 nach der Unbekannten x; wir nennen sie „die“ voll-
ständige oder „volle Resultante“ gedachter Elimination. Dieselbe
schliesst alle unzulässigen Wertsysteme der übrigen Unbekannten
y, z, ‥, a, b, … aus. Jedes ihr genügende Wertsystem dieser Un-
bekannten ist ein „zulässiges“, welches mit gewissen Werten von x
zusammen ein System von Wurzeln der Gleichung f = 0 liefert, und
sie kann auch charakterisirt werden als eine solche Relation zwischen
den Unbekannten ohne x, welche von der Gleichung f = 0 bedingt
wird und deren Erfülltsein die Auflösbarkeit „nach x“ der Gleichung
f = 0 garantirt, d. h. uns die Existenz von mindestens einem dieser
Gleichung genügenden Wurzelwerte x verbürgt; sie statuirt die „Valenz-
bedingung“ für x.
Da wir uns die Auflösung der Gleichung f = 0 nach der Un-
[159]§ 11. Jedes Auflösungs- mit einem Eliminationsproblem verquickt.
bekannten x natürlich blos vornehmen können für solche Fälle, wo die
Gleichung auflösbar ist, wo es Werte von x geben kann, die ihr ge-
nügen, so muss ihrer Auflösung nach x diesmal voraufgehen: die Er-
mittelung und die Erfüllung ihrer (vollen) Resultante (der Elimination
von x).
Jene ist als ein Eliminationsproblem zu bezeichnen.
Diese, die Aufgabe erst einmal unsre Resultante zu erfüllen, stellt
sich wiederum als ein Auflösungsproblem dar, bei welchem es sich
aber um (allermindestens) eine Unbekannte (x) weniger handelt. Es hat
sich unser ursprüngliches Auflösungsproblem verschoben und ist an
seine Stelle zunächst ein einfacheres getreten. Für letzteres treten die-
selben Grundsätze in Kraft, die wir für das ursprüngliche Problem
aufgestellt haben und noch aufstellen werden.
Man wird der Resultante etwa durch geeignete Bestimmung irgend
einer von den noch in ihr verbliebenen (bei der Elimination des x aus
f = 0 nicht mit x zugleich herausgefallenen) Unbekannten zu genügen
suchen, indem man strebt, sie als Funktion der andern darzustellen. Dabei
kann sich jedoch abermals eine Resultante ihrer Elimination ergeben, welche
dann erst ebenso weiter zu behandeln sein wird. Etc.
Das Ergebniss, zu welchem wir in dem betrachteten zweiten
Unterfalle gelangt sind, lässt sich nun folgendermassen formuliren und
zugleich auch auf den ersten Unterfall sowie auf die beiden vorher
betrachteten Grenzfälle mitausdehnen, mithin als ein ganz allgemein
zutreffendes hinstellen:
In der Algebra der Relative ist (gleichwie schon im identischen
Kalkul) jedes Auflösungsproblem untrennbar verbunden mit einem Eli-
minationsprobleme; die Auflösung einer Gleichung nach einer (oder auch
einem System von) Unbekannten kann vernünftigerweise nicht in An-
griff genommen werden bevor die volle Resultante der Elimination
ebendieser Unbekannten ermittelt und ihrerseits nach allen übrigen
(resp. den noch in ihr vorkommenden) Unbekannten aufgelöst ist; sie
erheischt zunächst den Vollzug jener Elimination als eine vorgängige
oder präliminare Aufgabe.
Unter diese letztere subsumiren sich in der That auch unsre Ergeb-
nisse bei den übrigen Fällen, insofern der Nachweis für das Fehlen
einer Resultante sich auch hinstellen liess und von uns hingestellt
wurde als die Herleitung einer Resultante 0 = 0 (d. h. die Erbringung
des Beweises, dass „die Resultante“ blos auf 0 = 0 hinausläuft), und
ferner der Nachweis für die Unmöglichkeit der Auflösung, oder die
Absurdität der Gleichung f = 0, auch angesehen werden mochte als
ein Nachweis, dass die Resultante auf 1 = 0 hinausläuft.
[160]Fünfte Vorlesung.
Auch die vorerwähnten schon als zuweilen schwierige gekennzeichneten
Probleme werden sich demnach unter dem Titel des Eliminationsproblemes
mit zu erledigen haben.
Setzen wir vorderhand die Menge der in der Gleichung f = 0 vor-
kommenden unbestimmten Relative oder „Unbekannten“ als eine be-
grenzte (ihre Anzahl als eine „endliche“) voraus, so verbleiben uns diese
beiden Hauptaufgaben:
Erstens aus einer Gleichung eine Unbekannte zu eliminiren.
Zweitens sofern „die“ Resultante ihrer Elimination erfüllt ist, eine
Unbekannte aus der Gleichung „zu berechnen“, d. h. die Gleichung all-
gemein nach ihr aufzulösen.
Gesetzt diese beiden Probleme der Elimination von einer und der
Auflösung nach einer Unbekannten vermöchten wir in jedem Falle zu
bewältigen, so werden wir auch jeder Forderung f = 0, die nicht absurd
ist, allgemein zu genügen imstande sein:
Man eliminire in beliebiger Folge eine Unbekannte nach der
andern bis sie alle „herausgefallen“ sind und man zur Resultante 0 = 0
gelangt ist. Dies wird spätestens bei der Elimination der letzten Un-
bekannten eintreten.
Mit der Elimination von einer bestimmten Unbekannten können näm-
lich auch noch verschiedene andre Unbekannte (die man vielleicht gar nicht
zu eliminiren beabsichtigte) zugleich herausfallen — wie wir es bereits in
den beiden „Grenzfällen“ wahrnehmen konnten, wo sie ja sämtlich heraus-
fielen. „Die“ Resultante der Elimination eines x „führt“, „enthält“ als
Term, Operationsglied oder Argument, zuverlässig diesen Eliminanden nicht;
es können aber auch noch irgend welche andre von den Unbekannten in
ihr unvertreten sein oder fehlen, welche in der zum Ausgangspunkt der
Elimination genommenen Gleichung vertreten waren.
Man erhält dadurch eine Reihe von Resultanten, deren jede sicher
eine oder vielleicht mehrere Unbekannte weniger als ihre Vorgängerin
enthält. Die ursprüngliche Gleichung f = 0 selber mag dabei als
„nullte Resultante“ bezeichnet werden, während wie gesagt die Identität
0 = 0 als deren „letzte“ hinzustellen ist.
Das Erfülltsein irgend einer R' von diesen Resultanten ist not-
wendige und hinreichende Bedingung dafür, dass ihre unmittelbare
Vorgängerin R auflösbar sei nach irgend einer von den Unbekannten,
die bei der Elimination aus ihr herausgefallen sind, welche also in R'
nicht mehr, wohl aber noch in R vorkommen. Während die übrigen
von diesen „überschüssigen“ Unbekannten beliebig angenommen werden
können, braucht man behufs Erfüllung von R, sobald R' erfüllt ist,
immer nur nach einer von jenen die R aufzulösen, m. a. W. eine von
diesen überschüssigen Unbekannten durch die andern (und die bereits
[161]§ 12. Zum allgemeinsten Auflösungsprobleme.
aus R' bestimmten) Unbekannten auszudrücken, welche erstern ihrer-
seits dann unbestimmt bleiben werden.
Daraus ergibt sich die Vorschrift, den Resultanten fortschreitend
zu genügen in der umgekehrten Reihenfolge von derjenigen in welcher
sie durch die successiven Eliminationen gewonnen worden sind.
Man genüge also zuerst der vorletzten Resultante mittelst Auf-
lösung derselben nach irgend einer von den in ihr verbliebenen Un-
bekannten, indem man wie gesagt die übrigen von diesen, und die
etwa sonst noch aus ihrer Vorgängerin herausgefallenen Unbekannten
unbestimmt lässt; sie muss unbedingt auflösbar sein, weil die letzte
Resultante 0 = 0 ja sicher erfüllt ist. Man setze das so gewonnene
System von Wurzelwerten für die in Betracht gekommenen Unbekannten
in alle vorhergehenden Resultanten (mithin bis einschliesslich zur
Gleichung f = 0) ein, um alsdann ebenso mit der nächstvorhergehenden
Resultante zu verfahren und so weiter, bis man die Gleichung f = 0
selber nach der zuerst eliminirten Unbekannten aufgelöst hat. —
Durch die vorstehenden Betrachtungen erscheint es gerechtfertigt,
dass wir uns im folgenden immer nur mit den anscheinend so sehr
viel spezielleren Problemen der Elimination und Auflösung beschäf-
tigen bei denen sich alles nur um ein Relativ als Eliminanden oder
Unbekannte dreht.
Zum Schlusse noch ein paar Bemerkungen.
Beispiele wird die Theorie genugsam bringen.
Es möge entschuldigt werden, dass wir vorstehend einige Betrachtungen
dem Wesen nach wiederholten, die wir analog schon in Bd. 1, § 22 für den
identischen Kalkul mit seiner soviel geringeren Tragweite angestellt resp.
nur gestreift haben.
Man sieht, dass zwischen den als allgemeine „gegeben“ zu denkenden
und den gesuchten Relativen kein prinzipieller Unterschied besteht. Auch
jene, die „Parameter“ (z. B. Polynomkoeffizienten a, b, c …, etc.) des
Problems, sofern sie nicht etwa „spezifizirt“ (d. h. als spezielle Relative)
gegeben sind, müssen von vornherein als „Unbekannte“ betrachtet und ganz
ebenso wie diese x, y, … behandelt werden.
Woran es liegt, dass in dieser Hinsicht unsre Disziplin in einem Gegen-
satz zur arithmetischen Analysis steht, wird sich der denkende Leser leicht
klar zu machen vermögen.
§ 12. Allgemeine und rigorose Lösungen.
Es möge
1) F(x) = 0
eine nach einer Unbekannten x aufzulösende Gleichung sein, welche
„auf lösbar“ ist, d. h. also mindestens eine Wurzel x besitzt.
Schröder, Algebra der Relative. 11
[162]Fünfte Vorlesung.
Kommen ausser x noch andre unbestimmte Relative in der Gleichung
vor, und involvirt die Gleichung eine Relation zwischen den letztern (welche
als „die Resultante“ der Elimination von x aus ihr zu bezeichnen wäre),
so stellen wir uns etwa vor, dass diese Relation durch geeignete Bestim-
mung jener übrigen Buchstabenrelative erfüllt worden sei und ebendadurch
unsre Gleichung zu einer auflösbaren gemacht ist. Die Gleichung 1) soll
also als eine unbedingt auflösbare gedacht werden; ihre Auflösbarkeit nach x
darf nicht mehr an die Bedingung des Erfülltseins einer (von x freien)
Resultante geknüpft sein, oder: die Elimination von x aus ihr darf keine
Resultante mehr liefern.
Unter der „vollständigen“ Auflösung nach x der Gleichung 1) ver-
stehen wir (S. 156) die Angabe aller Relative, welche, für x eingesetzt,
die Gleichung kraft der Gesetze der relativen Algebra erfüllen, geson-
dert von allen Relativen, die sie nicht erfüllen.
Jene Relative — das sind die „Wurzeln“ der Gleichung — kann
man theoretisch sowol als praktisch stets in einen einheitlichen Aus-
druck zusammenfassen, welcher sie alle und nur sie unter sich begreift
und darum „die allgemeine Wurzel (oder Lösung)“ der Gleichung zu
nennen sein wird.
Über diese letztere beabsichtigen wir nunmehr, ein paar funda-
mentale Sätze aufzustellen und zu begründen, welche unsrer ganzen
Disziplin zum einen Teile ihren eigentümlichen Charakter aufprägen.
Ich behaupte erstens: Die allgemeine Wurzel der Gleichung 1)
lässt sich stets in der Form angeben:
2) x = f(u),
worin u ein unbestimmtes Relativ vorstellt, welches als willkürlich oder
arbiträr zu bezeichnen ist soferne über die Unbekannte x keine andern
Bestimmungen vorliegen als die, dass sie die Gleichung 1) zu erfüllen
habe, worin ferner f eine gewisse „Funktion im Sinne der Algebra der
binären Relative“ bedeutet.
Diese Funktion f ist — sei es gleich von vornherein gesagt — durch
die gegebene F, welche das Polynom der aufzulösenden Gleichung bildet,
mehr oder weniger bestimmt, genauer gesagt: im Allgemeinen „nicht völlig“
oder „nur unvollkommen“ bestimmt, so zwar, dass man bei unbegrenztem
Denkbereiche in der Regel noch unter unendlich vielen Funktionen f die
Wahl hat, welche nicht etwa blos „formell“ nach der äusserlichen Gestal-
tung ihres Ausdrucks verschieden erscheinen, sondern „wesentlich“ ver-
schieden sind insoferne sie oft für den gleichen Wert von u ganz verschie-
dene Wurzeln x der Gleichung 1) „liefern“, d. h. mit ihrem Funktionswerte
darstellen. Man wird also noch in vielerlei Sinne von einem Ausdrucke für
die allgemeine Wurzel — oder von „der“ allgemeinen Lösung — der
Gleichung 1) sprechen können, und erst die Gesamtheit aller Bedeutungen
von f(u), diese Funktion gebildet, berechnet gedacht für alle erdenklichen
[163]§ 12. Allgemeine Form der allgemeinen Lösung.
Werte von u, wird in allen diesen Fällen die nämliche sein, sich nämlich
decken mit der Klasse aller, dem Inbegriff sämtlicher Wurzeln x, welehe
die Gleichung 1) zulässt.
Ich behaupte zweitens: dass jede allgemeine Lösung f(u) der Glei-
chung 1) ausreichend charakterisirt ist durch die Aussagenäquivalenz:
3) ,
worin die Summe rechts sich zu erstrecken hat über alle erdenklichen
Relative u innerhalb 12.
Und drittens behaupte ich: dass man einer Funktion f, welche
gemäss 3) [und zum Überfluss auch 2)] „eine allgemeine Lösung“ — d. h.
ausschliesslich sämtliche Wurzeln — der Gleichung 1) darzustellen fähig
und bestimmt ist, auch noch gewisse andre Anforderungen auferlegen
kann, die ich als „adventive“ bezeichnen werde, weil sie keineswegs
schon im Begriffe der allgemeinen Lösung liegen. Namentlich aber:
dass man theoretisch sowol als praktisch die allgemeine Lösung f stets in
einer solchen Form aufstellen könne, dass sie die nachstehende „(erste)
Adventivforderung“ erfüllt:
4) {F(x) = 0} = {f(x) = x},
die sich in praktischer Hinsicht vorzugsweise empfiehlt, ja als eine
eminent zweckmässige aufdrängt.
Die Begründung dieser Behauptungen wollen wir damit beginnen
zu zeigen, dass die Äquivalenz 3) den Begriff von f(u) als der allge-
meinen Wurzel der Gleichung 1) ausdrückt.
Soll ein Ausdruck 2) diese allgemeine Wurzel darstellen, so muss
er in der That zwei Eigenschaften besitzen.
Erstens muss er für jeden Wert von u eine richtige Wurzel x
unsrer Gleichung F(x) = 0 liefern, sodass also identisch:
5) F{f(u)} = 0
ist, m. a. W. diese Gleichung für ein beliebig gelassenes Relativ u als
eine allgemeine Formel gilt. Das heisst auch: unser Ausdruck 2) darf
nur Wurzeln unsrer Gleichung 1) liefern.
Den Nachweis, dass solches bei einer bestimmten Funktion f(u)
zutrifft, nennen wir „die Probe 1“ dafür, dass ebendiese Funktion die
allgemeine Lösung der Gleichung 1) darstelle.
Vollständiger als durch 5) wird diese Forderung regelrecht durch
den Ansatz auszudrücken sein
6) ,
11*
[164]Fünfte Vorlesung.
was in der That besagt: für jedes u muss, wenn der Wert von f(u)
mit x bezeichnet wird, F(x) = 0 sein.
Wird in 6) für x durchweg der Name f(u) gebraucht, den die Vor-
aussetzung, Hypothesis, der Bedingungssatz der in [ ] stehenden Aussagen-
subsumtion dafür einführt, so erfüllt sich jene als eine Identität, erhält
mithin den Aussagenwert {f(u) = f(u)} = 1. Nach dem „spezifischen Prinzip“
des Aussagenkalkuls (1 ⋹ A) = A, wie wir es in Bd. 2 genannt haben,
wird damit die Behauptung, Thesis, der Folgesatz ebendieser Aussagen-
subsumtion zu einer schlechthin gültigen, d. h. die Formel 6) zieht sich
zusammen in:
7) ,
was nichts andres ist als die ausdrucksvoller geschriebene Formel 3) —
diese nämlich in Verbindung mit dem ihr oben beigefügten verbalen Zu-
satze zum Ausdruck gebracht.
Umgekehrt folgt aus 7), indem man für f(u) den Namen x einführt,
auch wiederum 6), sodass diese beiden Aussagen 6) und 7) [d. h. auch 5)
als allgemeingültige Formel verstanden] als äquivalent und äquipollent zu
erachten sind.
Weil nun aber in 6) das Prädikat der Aussagensubsumtion in
der eckigen Klammer [] unabhängig von, konstant in Hinsicht der
Produktationsvariabeln u ist, so lässt sich nach bekanntem Satze [näm-
lich gemäss Th. 3+) des Bd. 1] diese 6) äquipollent umschreiben in:
8) .
Ist diese Forderung allein erfüllt, ohne die sogleich zu erwähnende
folgende, so werden wir sagen: x = f(u) stelle eine „partikulare“ Lösung
der Gleichung F(x) = 0 vor, auch dann, wenn diese Lösung noch von
grosser Allgemeinheit ist und vielleicht unendlich viel verschiedene Wur-
zeln liefert.
Zweitens aber muss unser Ausdruck f(u) auch imstande sein, jede
Wurzel x unsrer Gleichung 1) zu liefern, d. h. wenn x irgendwie ein
gegebenes Relativ vorstellt, derart jedoch, dass es die Gleichung F(x) = 0
erfüllt, so muss es auch ein Relativ u geben, für welches unser f(u)
gerade gleich diesem x wird.
Diese Forderung drückt regelrecht der Ansatz aus:
9) .
Den Nachweis bei einer bestimmten Funktion f(u), dass sie diese
Forderung 9) erfülle, nennen wir „die Probe 2“ dafür, dass dieses f(u)
die allgemeine Lösung der Gleichung 1) vorstelle.
Die beiden Forderungen 8) und 9) besagend, dass der Ausdruck
f(u) nur Wurzeln aber auch jede Wurzel der Gleichung 1) „liefere“
[165]§ 12. Beweis für’s Auftreten des unbestimmten Parameters.
oder unter sich begreife, sind nun aber notwendige und hinreichende
Bedingung dafür, dass man f(u) die allgemeine Lösung der Gleichung 1)
zu nennen berechtigt sei, sie charakterisiren ein f(u) als „die all-
gemeine Wurzel“ von 1).
Diese beiden Aussagensubsumtionen 8), 9) ziehen sich jedoch als
vor- und rückwärtige äquipollent zusammen zu der Aussagengleichung 3),
welche hienach, wie (unter „zweitens“) behauptet worden, weiter nichts
als wie den Begriff von 2) als der „allgemeinen Lösung“ von 1) for-
mulirt, q. e. d.
Um in der Begründung unsrer Behauptungen fortzufahren, so be-
steht deren Hauptstück nunmehr in folgendem:
Wir setzten die Gleichung 1) als auflösbar voraus; demnach hat
sie mindestens eine Wurzel. Eine solche sei das Relativ a, so wird
also — nicht blos als eine erst noch zu erfüllende Vorschrift, sondern
von vornherein wirklich —
10) F(a) = 0
sein — wogegen für ein auf’s Gerathewohl angenommenes x im All-
gemeinen F(x) ≠ 0 sein wird, und die Gleichung F(x) = 0 nicht als
erfüllt, sondern als „eine Vorschrift“ anzusehen ist, welche erst durch
geeignete Bestimmung des x erfüllt werden müsste.
Bildet man nun den Ausdruck
11) f(u) = a · 1 ; F(u) ; 1 + u · {0 ɟ F̅(u)̅ ɟ 0},
so muss in der That:
x = f(u)
eine der Anforderung 3) genügende Form der allgemeinen Lösung
von 1) sein.
Beweis. In Anbetracht, dass nach 1) des § 11 das Relativ
und dass umgekehrt das Relativ
,
sieht man sofort, dass
f(u) = a · 1 + u · 0 = a wird, sobald u keine Wurzel der Gleichung
F(x) = 0 ist,
dass dagegen
f(u) = a · 0 + u · 1 = u selbst wird, sobald u der Gleichung F(u) = 0
genügt, mithin als eine Wurzel x derselben angenommen wird.
[166]Fünfte Vorlesung.
Insbesondre für die Annahme u = a decken sich beide Ergebnisse.
Nimmt man das Relativ u aufs Gerathewohl an, so ist es ent-
weder keine Wurzel der Gleichung 1) oder es ist eine solche: u = x.
In beiden Fällen — haben wir soeben gesehen — liefert f(u) eine
Wurzel, und zwar im erstern immer die schon bekannte, laut Voraus-
setzung existirende Wurzel a, im letztern aber die glücklich erratene
Wurzel x. Jedenfalls also liefert der obige Ausdruck f(u) blos Wur-
zeln der Gleichung F(x) = 0, und er liefert alle Wurzeln dieser
Gleichung, weil er irgend eine gewünschte x von diesen Wurzeln schon
bei der Annahme u = x reproduzirt.
Unser f(u) genügt mithin nicht nur den Anforderungen, die im
Begriff der allgemeinen Wurzel von 1) liegen, sondern obendrein auch
noch der ersten Adventivforderung 4) — vergl. S. 171.
Drücken wir — behufs Erleichterung des Druckes — die Negation
von F(u), bequemer wie durch F̅(u)̅, durch F̄(u) aus, so haben wir
nach alledem das Theorem:
12)
— welchem noch, als einem für jedes a gültigen, das Symbol voran-
gestellt werden dürfte.
Zur Erläuterung diene: Ist a keine Wurzel, mithin {F(a) = 0} = 0,
so ist 12) als eine Aussagensubsumtion von der Form 0 ⋹ R selbstver-
ständlich gültig, wennschon nichtssagend. Die Voraussetzung, dass die
Gleichung F(x) = 0 auflösbar sei, kann aber in der Form ausgedrückt werden:
und garantirt uns, dass es gewisse a gebe, für welche die Prämisse unsres
Theorems {F(a) = 0} erfüllt, = 1 ist. Für jedes solche a muss dann
auch wegen (1 ⋹ R) = (R = 1) = R die rechte Seite R des Theorems 12)
Geltung haben, und diese drückt gemäss dem Schema 3) regelrecht aus,
dass der oben für f(u) angegebene Ausdruck 11) die allgemeine Wurzel
sei, was ja vorhin nachgewiesen worden.
Anmerkungsweise sei noch gesagt, dass die mit 11) gefundene und
in 12) angegebene allgemeine Lösung x = f(u) nach den Prinzipien
des Dualismus (aus Kontraposition) sich selbst entspricht.
Der dual entsprechend gebildete Ausdruck zu unserm x = f(u) aus 11)
wäre nämlich:
x = (a + 0 ɟ F̄ ɟ 0)(u + 1 ; F ; 1),
was durch Ausmultipliziren auf x = au + f(u) hinausläuft, und wo nun,
weil f(u) entweder = a oder = u ist, der Term au allemal absorbirt wird,
sich also nur x = f(u) wiedererzeugt.
[167]§ 12. Rigorose Lösungen.
Jene Lösung ist demnach — nachdem a unter den bekannten
Wurzeln oder partikularen Lösungen von 1) einmal ausgewählt ist —
auch der Form nach eine vollkommen bestimmte. Nur von der Wahl
des a bleibt ihr Ausdruck abhängig.
Wir nennen sie aus bald zutage tretenden Gründen die (zur
Wurzel a gehörige) „rigorose Lösung“ der Gleichung F(x) = 0.
Die „rigorose“ ist eine von den Formen der „allgemeinen“ Lösung.
Durch den mit ihrer Aufstellung geleisteten Nachweis ihrer Existenz
haben wir jetzt auch die noch ausständig gewesene Begründung dessen
geliefert, was wir unter „erstens“ und „drittens“ behauptet haben —
wenigstens soweit prätendirt worden: dass es „theoretisch“ möglich sei,
die allgemeine Wurzel x von 1) stets in der Form 2) darzustellen in
welcher u arbiträr ist und f auch die Adventivforderung 4) erfüllt.
Aber noch mehr als das. Nicht nur theoretisch dürfen wir von
der Existenz einer allgemeinen Lösung solchen Charakters überzeugt
sein, sondern wir vermögen auch praktisch — als eine „rigorose“
Lösung wenigstens — sie immer aufzustellen. Das Problem der voll-
ständigen Auflösung einer auflösbaren Gleichung 1) nach einer Un-
bekannten ist nämlich durch das bisherige zurückgeführt auf die Ent-
deckung einer einzigen Partikularlösung, oder ganz speziellen Wurzel a,
ebendieser Gleichung.
Und eine solche wird sich immer entdecken lassen — so nament-
lich bei allen Problemen mit denen sich unsre Theorie zu beschäftigen
hat. Den Nachweis für diese auf das „Praktische“ bezügliche Behaup-
tung allgemein zu erbringen, darauf muss ich freilich hier verzichten.
Doch mögen wenigstens einige Fingerzeige darüber im Kontext folgen.
Nicht selten genügt es schon, die vier Moduln als problematische
Lösungen oder fragliche Wurzeln für x probeweise in F(x) einzusetzen,
um einen oder mehrere derselben als wirkliche Lösung, Wurzel zu erkennen.
Wenn es sich z. B. um die Auflösung nach x der Gleichung x ; x = x han-
delte, so verfügten wir augenblicklich über 0, 1 und 1' als von vornherein
bekannte Partikularlösungen.
Ebenso ist 1' a priori bekannt als Wurzel derjenigen Gleichung, welche
ein Relativ x als eine gegenseitig eindeutige Abbildung zu definiren haben wird.
In andern Fällen bieten sich vorkommende Parameterwerte oder ge-
wisse einfach gestaltete Funktionsausdrücke aus solchen gebildet leicht als
Partikularlösungen dar. So, wenn wir die Gleichung a ; x = x ; a aufzulösen
hätten, verfügten wir sofort ausser 0 und 1' auch über die Partikular-
lösung x = a.
Die zumeist, vorgängig der Auflösung nach x, von den übrigen Un-
bekannten allgemein zu erfüllende Resultante (der Elimination des x) ver-
schafft diesen Bemerkungen eine noch grössere Tragweite.
[168]Fünfte Vorlesung.
Handelt es sich z. B. um die Auflösung der Gleichung x ; b = a, so
wird (siehe übernächste Vorlesung) die Resultante fordern, dass a selber
von der Form c ; b sei und damit wird von vornherein eine Partikular-
lösung x = c(= a ɟ b̄̆) bekannt sein. Und dergleichen mehr.
So sehr wir demnach über unsre Errungenschaft der so allgemein
ermittelten allgemeinen Lösung 12) erfreut sein könnten, so wird doch
die Freude sehr herabgestimmt, ja wir werden kleinlaut, wenn wir uns
diese Errungenschaft näher ansehen, indem wir uns über die Natur
solch „rigoroser“ Lösung genauer unterrichten.
Dieselbe gewährt nicht etwa für eine Reihe von auf’s Gerathewohl
angenommenen Werten ihres unbestimmten Argumentes u uns alsbald
eine Fülle von erwünschten Partikularlösungen oder Wurzeln, sondern,
sofern wir nicht geradezu das Glück haben, als angenommenen Wert
von u eine Wurzel der Gleichung 1) selbst zu treffen, verweist sie
uns nur immer wieder auf die schon längst bekannte und darum un-
interessante — um nicht zu sagen „langweilige“ — Wurzel a. Mit
Hülfe des Ausdruckes 11) der rigorosen Lösung die sämtlichen Wur-
zeln der Gleichung 1) entdecken zu wollen das liefe geradezu darauf
hinaus, bei allen erdenklichen Relativen u durchzuprobiren, ob sie diese
Gleichung wol erfüllen!
Die „rigorose Lösung“ ist demnach noch keine befriedigende Form
der allgemeinen Lösung; sie löst die Aufgabe nur zur Not — à la
rigueur — und ist dies der Grund, weshalb ich ihr den angeführten
Namen beigelegt habe, in Anbetracht, dass es nötig fiel, sie von andern
vorteilhafteren Formen der allgemeinen Lösung unterscheidend zu
benennen.
Immerhin gab ihre Aufstellung einen Fingerzeig, in welcher Form
überhaupt wir auf die allgemeine Lösung einer Gleichung zu fahnden
haben werden, lehrte sie uns vor allem, dass die vollständige Lösung
der Gleichung 1) F(x) = 0 existirt in der Form 2) x = f(u). Und
sie bleibt eine letzte Zuflucht auf die man zurückgreifen kann so oft
es nicht gelingt, eine „bessere“ Form der allgemeinen Wurzel für eine
gegebene Gleichung zu finden, in allen den Fällen, wo man dennoch
eines Ausdruckes für diese Wurzel zur Fortsetzung der Untersuchungen
benötigt.
Der Begriff dessen, was nun aber „eine befriedigende“ und was
eventuell „die beste“ Form der allgemeinen Lösung zu nennen wäre,
dürfte nicht leicht festzustellen sein und wird sich voraussichtlich erst
allmälig aus der Praxis unsrer Wissenschaft selbst heraus entwickeln.
Immerhin können wir wenigstens die stets an die allgemeine
[169]§ 12. Hinzutretende Anforderungen an eine allgemeine Lösung.
Lösung zu stellende „erste Adventivanforderung“ jetzt schon und all-
gemein rechtfertigen oder motiviren.
In Analogie zu einer schon in der arithmetischen Analysis vor-
handenen Übung kann das „unbestimmte Argument“ u der allgemeinen
Lösung f(u) in 2) wol auch deren (unabhängiger) „Parameter“ ge-
nannt werden.
Damit scheint allerdings ein gewisser Doppelsinn geschaffen und ist
der Begriff und Ausdruck nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen in
dem S. 158 erläuterten Sinne, in welchem wir von den „Parametern“ der
Gleichung 1) F(x) = 0 oder des Polynoms F(x) derselben sprachen. Als
gemeinsames Merkmal beider Arten von Parametern kann — zur Recht-
fertigung — allerdings deren durch nichts eingeschränkte Willkürlichkeit
hingestellt werden.
Betont wurde bereits, dass u als arbiträres Relativ nur anzusehen ist
sofern die Unbekannte x lediglich durch die Forderung bestimmt ist, dass
sie die Gleichung F(x) = 0 erfülle, dass aber natürlich, sollten über x
noch anderweite Angaben vorliegen oder sollte x gar völlig bestimmt, ge-
geben sein, die vorhin noch vollkommene Unbestimmtheit des Parameters u
alsbald gewissen Einschränkungen unterliegen wird und derselbe sich sogar
als vollkommen bestimmt im Einzelfalle erweisen kann, es z. B. vorkommen
mag, dass u = 0 genommen werden muss, um eine Wurzel x = 0 zu liefern
— wie dies schon unsre Erfahrungen im identischen Kalkul lehrten und
manchfache Beispiele zeigen. Da wir uns jedoch mit der Auflösung einer
Gleichung nach einer Unbekannten zu beschäftigen haben und nicht nach
einer Bekannten, so verschlägt es nichts, wenn wir den Parameter u im
Allgemeinen und ungeachtet der zuletzt angedeuteten Möglichkeit als einen
unbestimmten Parameter, und ebensowenig, wenn wir ihn als einen willkür-
lichen — als „den arbiträren Parameter“ der Lösung — hinstellen.
Obzwar die theoretischen Anforderungen an f(u), die im Begriff
der Allgemeinen Lösung liegen, mit 3) erschöpft sind, so ist nun aber
inbezug auf diesen Parameter u noch eine Anforderung — 4) — an
die allgemeine Lösung zu stellen praktisch geboten.
Wie sollen wir nämlich dasjenige u oder ein solches u erfahren,
welches uns eine bestimmte, etwa schon bekannte, eine gegebene oder
gewünschte Wurzel x liefert?
Systematisch wäre ein solches u ja durch Auflösung der Gleichung 2):
f(u) = x
nach der Unbekannten u zu gewinnen. Indessen dürfte dieses Auf-
lösungsproblem sich nicht selten als ein noch viel schwierigeres dar-
stellen, als dasjenige 1) gewesen, dessen Lösung uns die Gleichung 2)
ausdrückte.
Es ist ein berechtigtes Desideratum, zu jedem vorbekannten x, das
die Gleichung F(x) = 0 erfüllt, sogleich ein u — zum wenigsten —
[170]Fünfte Vorlesung.
zu wissen, welches in f(u) eingesetzt gerade jenes x liefert. Und
diesem Verlangen kann nicht einfacher und besser — auch mnemo-
nischer — allgemein genügt werden, als wenn die allgemeine Lösung
so eingerichtet wird, dass sie für u = x selber jenes x liefert!
Diese Anforderung an die allgemeine Lösung zu stellen recht-
fertigt sich noch unter einem zweiten und einem dritten Gesichtspunkte.
Ein zweiter ist der der Kontrole oder Probe für die Richtigkeit
einer gefundenen Lösung (oder auch nur Wurzel) der Gleichung 1).
Die „allgemeine Lösung“ soll diese Kontrole auch für jeden speziellen
oder Partikularwert der allgemeinen Wurzel selbst übernehmen; sie
soll die Probe der Einsetzung des als x = f(u) gefundenen x in das
Polynom F(x) der aufzulösenden Gleichung ersparen, gewisse Garantieen
für dessen Richtigkeit schon in sich selbst bieten und zur Schau tragen:
Um verschiedene oder gar alle Wurzeln von 1) zu gewinnen, haben
wir in dem Ausdruck f(u) andre und andre, prinzipiell alle erdenk-
lichen Relative für den unbestimmten Parameter u einzusetzen resp.
eingesetzt zu denken. Ohne dem Begriff 3) der allgemeinen Lösung
von 1) zu widersprechen kann nun f(u) so beschaffen sein, dass wenn
man für u eine Wurzel x1 selbst einsetzt, irgend eine andre Wurzel
x2 = f(x1) herauskommt, und falls man x2 einsetzt wieder eine andre
Wurzel x3 = f(x2) und so weiter. Ob ein für u genommener Wert
nicht vielleicht selbst eine Wurzel der Gleichung F(x) = 0 schon ist,
kann man bei solcher Sachlage nicht merken ohne mit ihm direkt
die Probe zu machen: seiner Einsetzung in das Polynom F(x) unsrer
Gleichung 1) behufs Nachsehens, ob dasselbe für ihn verschwinde. Ein
Hauptzweck der allgemeinen Lösung, uns diese Probe einfürallemal zu
ersparen, wird damit hinfällig. Dann könnten wir beinah ebensogut
auf die allgemeine Lösung verzichten und uns begnügen, die Relative
blos empirisch in zwei Klassen zu sondern, indem wir sie sämtlich
einzeln durchgehen: in solche u für welche F(u) ≠ 0 sich erweist,
und in solche u, die dann x zu nennen, für welche sich F(u) = 0
herausstellt.
Ein Gleichniss macht die Sache am deutlichsten. Wenig würde
die Beförderung auf der Eisenbahn uns frommen, wenn der Zug die
wünschenswerten Aussteigestellen ohne anzuhalten durchführe, oder
wenn auf der Fahrt die Stationen sich durch nichts uns verrieten.
Haben wir eine Wurzel x, die vielleicht von besonderem Interesse
für uns ist, richtig vermutet oder erraten, sie vielleicht durch Über-
legungen von noch zweifelhafter Bündigkeit gewonnen, so muss die
allgemeine Lösung uns kund geben, dass dies eine richtige Wurzel ist;
[171]§ 12. Die (erste) Adventivforderung motivirt.
wir sind alsdann bei der gewünschten Endstation angelangt, und dass
wir uns schon da befinden, muss uns kund werden; der Zug darf nicht
weiter fahren zu einer andern Wurzel.
Zu den in ihrem Begriff liegenden primären oder Minimal-Anforde-
rungen der allgemeinen Lösung tritt also als eine sekundäre oder
Adventiv-Anforderung aus den erwähnten beiden Gründen noch die
hinzu, dass die allgemeine Lösung uns jede glücklich vermutete Wurzel
als solche dadurch verrate, dass ihr Ausdruck bei deren Einsetzung
für das u in f(u) uns diese Wurzel selbst wiedergibt, sie reproduzirt.
Das heisst: f(u) muss so beschaffen sein, wenn anders es eine
befriedigende allgemeine Lösung soll heissen dürfen, dass
13) {F(x) = 0} ⋹ {f(x) = x}.
Und da die umgekehrte Aussagensubsumtion — nach 3) für u = x in
Anspruch genommen — schon ohnehin gilt, so mögen wir dieser Sub-
sumtion auch die Form geben der Gleichung 4).
Diese zusätzliche oder adventive Anforderung 4) an die allgemeine
Lösung genügt ihrerseits, wenn für eine gewisse Funktion f erfüllt,
noch nicht, um diese Funktion als zur Darstellung der allgemeinen
Lösung von 1) geeignet zu legitimiren; vielmehr garantirt sie blos,
dass die Funktion f(u) alle Wurzeln x umfasse, es offen lassend, ob
sie nicht auch noch andre als wie Wurzelwerte anzunehmen oder zu
liefern fähig wäre; sie verbürgt uns blos, dass „die Probe 2“ stimmen muss.
Andrerseits sahen wir auch, dass 4) keineswegs logische Folge
von 3) ist — wie zum. Überfluss weiter unten streng bewiesen wird.
Zur Charakterisirung einer „nicht vorweg unbefriedigenden“ all-
gemeinen Lösung müssten wir also eigentlich das Produkt der Aus-
sagen 3) und 4) oder auch deren Vereinigung zur Doppelgleichung
14)
jeweils hinschreiben.
Bei allen Lösungen von speziellen Problemen, die wir künftig auf-
stellen, werden wir Sorge tragen, dass jene Adventivforderung mit-
erfüllt ist, und unsre Angaben von Lösungen werden allemal (wonicht
anders bemerkt) deren Erfüllung thatsächlich leisten und sie zu erfüllen
beanspruchen. Es wäre aber zu umständlich, diesem Umstande mittelst
ausdrücklicher Beifügung des Ansatzes f(x) = x — zumal, wo f(u)
einen verwickelten Ausdruck besitzt — jeweils Rechnung zu tragen,
und so werden wir uns mit der Angabe der Lösungen in Gestalt von 3)
begnügen. Man merkt sich leicht hinzu: dass u = x immer einen zu-
lässigen Wert des u bildet, fähig die Wurzel x zu liefern.
[172]Fünfte Vorlesung.
Dem Anfänger erscheint es vielleicht als befremdend, dass ungeachtet
der Äquivalenz der beiden Aussagen und f(x) = x, wie sie
14) konstatirt, die erste zur Charakterisirung des f(u) als der allgemeinen
Wurzel von 1) hinreicht, die letztere nicht. Für das gedachte f, welches
der Forderung 3) mitsamt der adventiven 4) genügt, treffen in der That
beide Aussagen immer gleichzeitig zu, sobald x eine Wurzel der Glei-
chung 1) ist, und sie treffen alle beide nicht zu falls x ein andres Re-
lativ (keine Wurzel) vorstellt. Sie sind äquivalent. Darum sind sie aber
noch nicht äquipollent. Die Sätze, dass 2 × 2 = 4 ist und dass Materie
unzerstörbar sei, sind ebenfalls äquivalent. Darum kann aber der erstere
doch nicht zur Charakterisirung, Definition der Materie mitverwendet werden,
obwol vielleicht der zweite.
Dass der adventiven Forderung 4) neben 3) immer genügt werden
kann durch Aufstellung einer geeigneten Funktion f(u) haben wir an
der „rigorosen“ Lösung gesehen.
Es wird aber der Forderung 3) — ja beiden Forderungen zu-
gleich — sich noch in unbegrenzt mannigfaltiger Weise genügen lassen.
Und dieser Umstand lässt als einen dritten Gesichtspunkt, welcher
die Zuziehung der adventiven Forderung motivirt, den hervortreten:
dass wir darauf ausgehen müssen unser Problem zu einem bestimm-
teren zu gestalten, den Begriff „einer“ allgemeinen Lösung so zu prä-
zisiren, dass für ein bestimmtes Problem gesprochen werden könne von
„der“ allgemeinen Lösung desselben, von „seiner“ Lösung schlechtweg
in einem feststehenden Sinne.
Schon im identischen Kalkul sind Funktionen angebbar, die aller
Werte fähig sind. Z. B. cu + c̄ū ist eine solche, irgendwie gelegen
zwischen cc̄ = 0 und c + c̄ = 1 — vergl. Bd. 1, S. 427. Und lassen
wir c unbestimmt, so haben wir deren eine unbegrenzte Menge.
Umsomehr wird zuzugeben sein, dass es auch in der Algebra der
Relative Funktionen gebe, die, wenn mit φ(u) bezeichnet, je nach dem
Werte den man u beilegt fähig sind, den Wert jedes gewünschten
Relativs zwischen 0 und 1 (inclusive) anzunehmen. Funktionen φ(u)
von dieser Eigenschaft gibt es in der That in unendlicher Fülle:
φ(u) = ū oder ŭ oder ū̆ sind weitere (die einfachsten) Beispiele von
solchen …
Ist φ(u) dergestalt aller Werte fähig („unbeschränkt variabel“)
und zwar x = f(u) eine allgemeine Lösung von 1) im früheren, zu-
nächst noch „weiteren“, blos durch 3) limitirten Sinne, so wird offen-
bar auch
15) x = f{φ(u)}
wieder „eine allgemeine Lösung“ in diesem weitern Sinne sein.
[173]§ 12. Unbestimmtheit der Form allgemeiner Lösungen.
Denn wenn ein bestimmter Wert v von u eine bestimmte Wurzel x
mit x = f(u) lieferte, so wird f{φ(u)} ebendiese Wurzel x liefern, sobald
man u so annimmt, dass φ(u) = v ist — was eben nach der über φ ge-
machten Voraussetzung allemal möglich ist; und dass jedes u mit 15) eine
richtige Wurzel liefere versteht sich daraus von selbst, weil jedes w mit
f(w) solches thut. —
So gut wie f(u) selbst stellen also beispielsweise auch
f(bu + b̄ū), f(ū), f(ŭ), f(ū̆), f(cu + c̄ū), f(dŭ + d̄ū̆),
und so weiter richtig die allgemeine Wurzel von 1) dar. —
Genügte etwa f(u) obendrein der Adventivbedingung 4), so wird f(ū),
wenn mit F(u) bezeichnet, derselben aber nicht genügen, vielmehr nicht
F(x) = x sondern sicher nur F(x̄) = x sein — analog blos F(x̆) = x
falls wir F(u) als f(ŭ) deuteten, etc. Dergleichen Überlegungen, wenn
vollends exemplifizirt durch spezielle Funktionen f, verhelfen leicht zu dem
(oben angekündigten) strengen Beweise, dass 4) nicht aus 3) folgen könne,
indem wir darnach imstande sind Funktionen f anzugeben, die die For-
derung 3) ohne 4) erfüllen. —
Schon aus dem ersten der obigen Beispiele, nämlich mit dem Aus-
drucke f(bu + b̄ū), erhält man bei unbegrenztem Denkbereiche mittelst
Variirens von b unendlich viele Funktionen f(u) als richtige, dem Be-
griffe 3) entsprechende allgemeine Wurzeln von 1).
Hiemit ist nachgewiesen, dass es im Allgemeinen unbegrenzt viele
Funktionen f(u) gibt, welche gemäss 3) die allgemeine Wurzel x
von 1) darstellen können.
Dieser Unbestimmtheit des Begriffes der allgemeinen Lösung von 1)
wird durch die Adventivforderung 4) schon einigermassen gesteuert
— durch welche in der That die oben als Beispiele angeführten Lösungen,
im Allgemeinen wenigstens, sämtlich ausgeschlossen werden. Jene bleiben
zwar richtige, sind aber unpraktische wonicht fast unbrauchbare Formen
einer allgemeinen Lösung, und demgemäss zu verwerfen.
Dass auch diese Forderung 4), wenn der im Begriffe liegenden 3)
adjungirt, noch nicht hinreicht um eine Funktion f(u) als die allge-
meine Wurzel von 1) vollkommen zu bestimmen, dass es vielmehr
noch viele die Bedingungen 3) und 4) zugleich erfüllende und doch
wesentlich verschiedene Funktionen f(u) geben kann, dies wird sich
in der Theorie an speziellen Auflösungsproblemen zur Genüge offen-
baren. —
Für die Anwendungen der Formel 12) behufs Aufstellung der
rigorosen Lösungen zu speziellen Problemen ist es nützlich einfür-
allemal zu beachten, dass deren Ausdruck sich ungemein vereinfacht
in den Fällen wo etwa a = 0 oder a = 1 eine Wurzel der aufzu-
lösenden Gleichung F(x) = 0 sein sollte.
[174]Fünfte Vorlesung.
Wir erhalten leicht die beiden Unterfälle des dortigen allgemeinen
Satzes:
16)
17) .
Soviel über das Auflösungsproblem im Allgemeinen.
Das mit jedem solchen unweigerlich verbundene Eliminationspro-
blem gipfelte in der Forderung aus jeder Gleichung 1) oder Subsumtion
F(x) ⋹ 0 ein Relativ x zu eliminiren. Kann man irgendein, jedes
gewünschte Relativ eliminiren, so vermag man auch deren mehrere in
irgend welcher Folge und damit auch irgend ein System von Rela-
tiven — dem Effekt nach simultan — zu eliminiren (so wenigstens
gewiss bei endlich begrenzter Anzahl von Eliminanden).
Ändern wir die Bezeichnungen ein wenig ab, so kommt es also
darauf an: aus irgend einer Gleichung
f(u) = 0
ein Relativ u eliminiren zu lernen.
Zweckmässig mag es erscheinen, dies Problem in der blos formell
etwas allgemeineren Fassung in Angriff zu nehmen, dass man sogleich
die Resultante der Elimination eines u zu bilden fordert aus einer
Gleichung von der Form
f(u) = x.
Denn wie sich einerseits die letztere ja leicht auf das Prädikat 0
bringen liesse, so ist andrerseits klar, dass sobald wir bei ihr (für ein
irgendwie gegeben gedachtes x) die Resultante der Elimination von u
in Gestalt einer Subsumtion
F(x) ⋹ 0
ermittelt haben, dann auch in Gestalt von
F(0) ⋹ 0
die Resultante des vorhergehenden (der Form nach etwas spezielleren)
Eliminationsproblems gefunden sein wird.
In dieser weiteren Fassung erscheint aber unser Eliminations-
problem als die unmittelbare Umkehrung, Inversion eines reinen Auf-
lösungsproblems, und erlangen wir durch sie den Vorteil, zu sehen,
dass mit jedem reinen Auflösungsprobleme zugleich auch ein gewisses
Eliminationsproblem seine Lösung findet, und vice versa.
Bei jenem kam es darauf an, von der Gleichung F(x) = 0 zu
[175]§ 12. Eliminationsproblem als Umkehrung des Auflösungsproblems.
ihrer allgemeinen Lösung x = f(u) fortzuschreiten; bei diesem aber
wird nun verlangt den umgekehrten Weg zurückzulegen.
Ist mit 3) die Lösung von 1) gefunden, so stellt uns auch die
— aus 8) a fortiori folgende — Subsumtion:
18) {f(u) = x} ⋹ {F(x) = 0}
die Lösung vor des Problemes der Elimination von u aus der link-
seitigen Gleichung, nämlich aus 2); und zwar ist die rechte Seite, d. i.
die Gleichung 1) — wegen 9) — auch die volle Resultante.
Dass beim Auflösungsprobleme — wie bereits erhärtet — so viele
wesentlich verschiedene Formen der allgemeinen Wurzel existiren, wird
uns nun nicht mehr Wunder nehmen, denn dieser Umstand stellt sich
jetzt dar als ein Ausfluss der von vornherein plausibeln Thatsache,
dass sehr verschiedene Ausgangsgleichungen doch die nämliche Resul-
tante liefern können, wie bekanntlich zuweilen ganz verschiedene Prä-
missen doch dieselbe Konklusion liefern.
Die letztere zu gewinnen ist das Ziel des Eliminationsproblemes. Und
umgekehrt könnte man die Ermittelung aller allgemeinen Lösungen zu
einer gegebenen Gleichung 1) [als der Gesamtaussage eines Propositionen-
systems] hinstellen als die Beantwortung der Frage: welche Prämissen eine
gegebene Konklusion liefern („what premises yield a given conclusion“)?
Dass die Beantwortung dieser letztern Frage kaum minder wichtig sei
als die Lösung der erstern Aufgabe, also die Beantwortung der Frage,
welche Konklusion aus gegebnen Prämissen folgt, dies hat schon Peirce8
p. 196 betont — ohne indessen dem Auflösungsprobleme als solchem irgend
eine Behandlung zuteil werden zu lassen. —
Wir hatten bei den Betrachtungen dieses Paragraphen eingangs
vorausgesetzt (was theoretisch immer hinzubringen gewesen), dass die
aufzulösende Gleichung F(x) = 0, wenn überhaupt, so bedingungslos
auflösbar sei, mithin durch Elimination von x keine „Resultante“ lie-
fere. Praktisch liegt zumeist der gegenteilige Fall vor. Und wenn
wir nun für jenen Fall das allgemeine Schema gefunden haben, nach
welchem die Lösung immer anzusetzen ist, so müssen wir doch auch
diesen Fall noch erledigen. Wir müssen die Aufmerksamkeit des
Lesers noch für die Frage in Anspruch nehmen: wie unser Schema
dann zu modifiziren sein wird, wenn die aufzulösende Gleichung 1)
eine (von x freie) Resultante R = 0 liefert?
Unter R haben wir uns dabei irgend eine Funktion φ(b, c, …, y, z, …)
von als gegeben zu denkenden Parametern, wie Polynomkoeffizienten
z. B., eventuell auch von noch andern Unbekannten, vorzustellen.
[176]Fünfte Vorlesung.
Die Antwort auf die Frage ist einfach dahin zu geben: dass als-
dann die Resultante als ein Aussagenfaktor der rechterhand beizu-
fügen oder vorzusetzen ist, sodass das allgemeine Schema für die Auf-
lösung lautet:
19) .
In der That ist die Resultante von den in 1) noch ausser x vor-
kommenden unbestimmten Relativen entweder nicht erfüllt, oder sie
ist erfüllt.
Im ersten Falle haben wir (R = 0) = 0, und die rechte Seite
unsres Schema’s wird den Wahrheitswert 0 haben. Alsdann ist aber
auch die Gleichung links nicht auflösbar, ist {F(x) = 0} = 0, oder
die Gleichung F(x) = 0 für jede Bedeutung, die man dem x beilegen
mag, absurd. Unser Schema bewährt sich alsdann als die Aussagen-
äquivalenz 0 = 0.
Im zweiten Falle haben wir (R = 0) = 1. Dann ist die Voraus-
setzung erfüllt, unter welcher wir das Schema 3) gerechtfertigt haben,
dass nämlich die Gleichung 1) schlechthin auflösbar sei. In ebendieses
Schema 3) geht alsdann aber auch unser Schema 19) über. Somit
bewahrheitet es sich für alle Fälle.
Nennt man zur Abkürzung:
so steht nach dem Frühern bereits fest, dass:
Α ⋹ Β und Β ⋹ (Α = Γ),
und ist es aussagenrechnerisch ein Leichtes, als mit diesem Subsumtionen-
paar äquivalent die Gleichung nachzuweisen:
Α = ΒΓ.
Zum Schlusse noch ein Wort über die Methoden zur Lösung
beider Probleme.
Diese Probleme die an die Gleichung 1) sich anknüpfen vermögen
wir ja als die analogen Probleme für die Koeffizienten der Unbekannten
resp. des Eliminanden x darzustellen, indem wir in der für jedes Suffix ij
zu erfüllenden Forderung:
20) {F(x)}i j = 0
die linke Seite regelrecht gemäss den Festsetzungen des § 3 ausrech-
nen, expandiren oder entwickeln. Zunächst kommt es dann nur darauf
an, den allgemeinen Koeffizienten xh k — besser gesagt: die sämt-
lichen xh k — als Unbekannte aus der Gleichung zu berechnen, resp.
[177]§ 12. Über Methoden zur Lösung.
sie zu eliminiren, und stellt das Problem sich dar als ein solches des
reinen Aussagenkalkuls. Schon im identischen, um so mehr für diesen
Kalkul wurden die Methoden der Auflösung und der Elimination zu
einer gewissen Stufe der Vollkommenheit gebracht; sie wurden in ex-
tenso entwickelt und zu befriedigend zu handhabenden ausgebildet.
Es wäre gleichwohl eine Täuschung daraufhin zu wähnen, dass
man nun also in unsrer Disziplin jedes Problem zu lösen vermöchte
— und zwar aus dem Grunde weil … bislang immer nur bestimmte
und begrenzte Mengen von Unbekannten resp. Eliminanden in’s Auge
gefasst worden und weil in der That nur zur Berechnung sowie Eli-
mination einer solchen jene Methoden zureichend oder leidlich aus-
gebildet erscheinen!
Bei dem in der Regel als unbegrenzt vorauszusetzenden Denk-
bereiche aber werden wir es hier fast immer mit unendlichen oder
wenigstens unbestimmten Mengen von Unbekannten und Eliminanden
zu thun haben, und selbst wenn der Denkbereich 11 nur aus wenigen
— sagen wir einmal: drei oder mehr — Elementen als Individuen
besteht, erweisen sich die nach jenen bekannten Methoden auszufüh-
renden Rechnungen bei der im Quadrate vergrösserten Zahl der Un-
bekannten als praktisch kaum mehr durchführbare.
Endlich aber, selbst wenn für die Koeffizienten die Aufgabe ge-
löst sein sollte, ist der Rückschluss von da auf die Relative selbst,
nach denen resp. deren Relation gefragt worden, kein so ganz einfach
zu vollziehender.
So leicht es ist, sich die Herrschaft über die Grundlagen unsrer
Disziplin anzueignen, müssen doch ihre beiden Fundamentalprobleme
als schwierige bezeichnet werden. Es fehlt bislang an einer Methode,
dieselben allgemein zu lösen.
Für eine Gruppe von 512 Problemen geben wir solche in der näch-
sten Vorlesung. Elimination betreffend liegt (§ 28) blos eine Studie von
Peirce vor in der sich etwas wie eine „Methode“ von noch einiger All-
gemeinheit der Anwendung kund gibt, und Auflösung betreffend thut eine
Ausdehnung meines Verfahrens bei den „symmetrisch allgemeinen Lösungen“
(Bd. 1, S. 498, 503 und Bd. 2, § 51) bei gewissen Klassen von Aufgaben
gute Dienste — wie sogleich zu sehen sein wird.
Im übrigen sind wir bei den zahlreichen Problemen unsrer Theorie
auf die Vertiefung in deren spezielle Natur, besondre Kunstgriffe und
Glückeszufälle angewiesen. Bei andern kann die Lösung vielleicht erst
von der vereinten Arbeit vieler Forscher für eine fernere Zukunft erhofft
werden.
Unter solchen Umständen erscheint es von Wert, gewisse noch sehr
umfassende Klassen von Problemen zu kennen, in welchen sich die Auf-
Schröder, Algebra der Relative. 12
[178]Fünfte Vorlesung.
lösung nach einheitlichem Schema bewerkstelligen lässt, und will ich darum
ein Paar von solchen noch namhaft machen.
§ 13. Fortsetzung. Iterationen. Grenzwerte und Konvergenz.
Potenz.
Von ziemlicher Allgemeinheit sind die beiden Klassen von Auf-
lösungsproblemen, wo die nach x aufzulösende Proposition sich äqui-
valent darstellen lässt in der einen oder andern der beiden Formen:
x⋹φ(x), ψ(x) ⋹x.
Es sind die Fälle, wo das Polynom F(x) unsrer Gleichung F(x) ⋹ 0
den Faktor x, oder x̄, aufweist — dessen Kofaktor, resp. der selber, als-
dann negirt auf die andre Seite geworfen werden kann (als Addend zur 0).
Eine „befriedigende“ allgemeine Lösung des Problems lässt in
diesen beiden Fällen sich immer angeben in Gestalt der unbegrenzt oft
iterirten Funktion eines arbiträren Relativs u, nämlich als x = f∞(u),
wo f(u) einen gewissen Ausdruck vorstellt. Und zwar gelten die beiden
Theoreme:
1)
bedeutet.
Die Erläuterung und Begründung dieser beiden Sätze veranlasst
uns noch zu mehrern wichtigen Bemerkungen.
Zuvörderst werden für eine irgendwie gegebene Funktion f(u)
(Relativfunktion oder „Funktion“ im bisherigen Sinne der Algebra der
binären Relative verstanden) die „Iterationen“ fr(u) zu definiren sein —
zunächst für alle „Exponenten“ r, die (endliche) natürliche Zahlen sind.
Diese Definition hat in der üblichen Weise „durch Induktion“
zu erfolgen, indem man nämlich ausmacht, dass:
2)
bedeuten solle — wozu nur zu bemerken ist, dass die als „Exponenten“
0, 1, 2, ‥ r, r + 1, … auftretenden Symbole in unsrer Theorie niemals
als Relative, sondern immer nur als natürliche Zahlen aufgefasst wer-
den müssen.
Nun ist ja allerdings einer der vornehmsten Zwecke unsrer Theorie
der: die logische Grundlage der Zahlenlehre zu liefern, sozusagen dem
Anzahlbegriffe auf den Grund zu kommen, namentlich auch die sogenannte
„Definition durch Induktion“ als eine Definition zu rechtfertigen, ihre Wirk-
[179]§ 13. Iteration von Funktionen.
samkeit als eine das zu definirende Objekt wirklich bestimmende darzuthun,
desgleichen den Schluss der vollständigen Induktion als einen berechtigten
zu beweisen, und dergleichen mehr. Beim unmittelbaren Verfolgen dieser
Ziele werden wir darum von alledem nichts voraussetzen dürfen und dessen
auch in den besondern Abschnitten unsres Buches, die genannten Zielen
gewidmet sind, eingedenk sein.
Dies hindert aber nicht, dass wir einstweilen, in andern von jenen
Zielen entlegenen Kapiteln desselben — wenn man will: etwas vorgrei-
fend — ganz ungenirt vom Zahlbegriffe sowol, als von den genannten
induktorischen Definitions- und Schlussarten Gebrauch machen — in glei-
cher Weise, wie es auch in den vorhergehenden Bänden schon öfters ge-
legentlich geschah und auch sonst in der ganzen mathematischen und
wissenschaftlichen Welt längst üblich ist. Um so mehr werden wir so
zuwerke gehn dürfen, als ja die Berechtigung dazu gerade in unserm
Buche geeigneten Ortes sich nachgewiesen findet in einer Weise, genügend
den strengsten Anforderungen, die vom logischen Standpunkte aus zu
stellen.
Freilich dokumentirt sich in solchem Vorgreifen eine gewisse Unvoll-
kommenheit unsres Lehrgangs, der das Euklid’sche Ideal eines absolut
streng stufenmässigen Aufbaues noch nicht verwirklicht — wie es klassisch
z. B. Herrn Dedekind’s Schrift in ihrer Art thut.
Allein die eigentümliche — ich möchte sagen: harte — Schönheit
solchen streng stufenmässigen Aufbaues wird bekanntlich auch durch ge-
wisse Nachteile erkauft die namentlich auf dem didaktischen oder pädago-
gischen Felde zutage treten; sie scheint nur auf Kosten der Übersicht des
Ganzen und des gebührenden Hervortretens von allgemeineren Gesichts-
punkten zu verwirklichen. Ich glaube demnach einen gewissen Mittelweg
einhalten zu sollen, und mir einen Leser vorstellen zu dürfen, der einiger-
massen eklektisch, mit Auswahl (und gelegentlichem Überschlagen), zu
lesen versteht (um auf Einzelnes später wieder zurückzukommen), einen
Leser, der es auch über sich vermag, bei Untersuchungen die zu gewissen
fundamentalen Erkenntnisszwecken geführt werden, wieder einige Stufen
herabzusteigen und von dem vielleicht anderwärts schon gewonnenen Er-
kenntnisskapital zeitweilig ein Bestimmtes ungenutzt zu lassen, ja zu
ignoriren.
Und so wollen wir denn hier „kurzen Prozess machen“, und die Itera-
tionen der Funktion f(u) für alle Iterationsexponenten anerkennen als
„definirt“ durch die „Rekursion“ in 2), welche Sinn und Bedeutung von
fr + 1(u) festlegt, sobald dieselben für fr(u) feststehn — nachdem mit 2)
auch f1(u), als f(u), oder wenn man will schon f0(u), als u, seine Er-
klärung gefunden hat.
Desgleichen wollen wir hier — worauf an anderm Orte ebenfalls zu-
rückzukommen sein wird — als evidentermaassen aus der Definition folgend
die Sätze gelten lassen:
3) fr + 1(u) = fr{f(u)}
sowie überhaupt:
4) fm{fn(u)} = fm + n(u) = fn{fm(u)}
12*
[180]Fünfte Vorlesung.
— und wenn man will noch obendrein:
5) (fm)n(u) = fm × n(u) = (fn)m(u)
— wie sie in der That Demjenigen, der den Zahlbegriff schon hat, auch
unmittelbar einleuchten werden, indem z. B. bei 4) die drei als gleich
hingestellten Ausdrücke übereinstimmend weiter nichts bedeuten, als die
von u m + n mal hintereinander genommene Funktion f — u. s. w.
Dies vorausgesetzt ist ferner „die unbegrenzte Iteration“ f∞(u) zu
definiren, sofern der Name fähig ist einer Erklärung, die auf den Be-
griff von fλ(u) sich gründet und aus dem Verhalten dieses Relativs
für alle und namentlich für unbegrenzt wachsende Iterationsexponenten λ
motivirbar ist. Die Bedingung für letzteres wird die Konvergenz-
bedingung für fλ(u), scilicet bei unbegrenzt wachsendem λ, zu nennen sein.
Ist überhaupt für die unbegrenzte Reihe von natürlichen Zahlen
λ = 0, 1, 2, 3, … der Wert eines Relativs uλ bestimmt, z. B. für be-
liebig viele Relative der „Reihe“
u0, u1, u2, u3, …
aktuell gegeben, für den Rest durch ein Gesetz oder Prinzip begrifflich
festgesetzt, so werden wir bei (als natürliche Zahl) unbegrenzt wach-
sendem Zeiger λ zwar im Allgemeinen zu sagen haben, uλ „divergire“
und das Symbol u∞ habe keinen Sinn, doch wird es auch eine Klasse
von Fällen geben, wo man sagen kann, das allgemeine Glied uλ unsrer
Reihe „konvergire“, indem es einem bestimmten, festen, alsdann mit u∞
zu bezeichnenden Relativ als „Grenze“ „zustrebt“.
Letzteres ist der Fall, dann und nur dann, wenn für jede durch
ein Suffix ij markirte Stelle der Tafel 12 — oder m. a. W. der Matrix
von uλ — ein Zahlwert n angebbar ist oder existirt derart, dass in uλ
die Stelle entweder für jedes λ \> n ein Auge trägt, besetzt ist, oder aber
für jedes λ \> n leer, unbesetzt bleibt.
Eine Stelle ij der Matrix des mit λ veränderlichen Relativs uλ
soll eine endgültig, „definitiv“ besetzte Stelle dieses variabeln Relativs
heissen, wenn es solchen Wert n von λ gibt, dass für alle λ welche
\> n sind die Stelle in uλ sich als besetzt erweist; sie soll eine end-
gültig unbesetzte oder definitive Leerstelle heissen, falls es eine solche
Zahl n gibt, dass für alle λ \> n die Stelle in uλ unbesetzt bleibt.
Unter Benutzung dieser Ausdrucksweisen können wir kürzer sagen:
uλ soll bei wachsendem λ konvergent genannt werden, wenn für
jede Stelle seiner Matrix entschieden oder entscheidbar ist, ob sie de-
finitiv zur besetzten oder definitiv zur Leer-Stelle werde.
Unter dem Grenzwert (limes) von uλ (für lim. λ = ∞) verstehen
[181]§ 13. Grenzwerte und Konvergenz.
wir alsdann dasjenige Relativ, welches an den „definitiv besetzten“
Stellen von uλ Augen trägt, die „definitiv unbesetzten“ Stellen von uλ
aber zu Leerstellen hat. Und diesen Grenzwert werden wir kurz mit
u∞ bezeichnen.
Im Allgemeinen wird es aber Stellen ij geben, die weder zu den
definitiv besetzten noch zu den definitiv unbesetzten Stellen des von λ
abhängigen uλ gehören, bei welchen es vielmehr zu jedem noch so
grossen Zeiger n stets Zahlwerte m \> n gibt derart, dass wenn in un
die Stelle besetzt war, sie in um wieder unbesetzt erscheint, und um-
gekehrt.
Solche in uλ bei wachsendem λ schwankend (wenn auch nicht not-
wendig in regelmässigem Wechsel) bald besetzte, bald auch einmal
wieder unbesetzte Stellen mögen „oszillatorisch besetzte“ (und ebenso
unbesetzte) oder (endgültig) oszillatorische*) Stellen von uλ heissen.
Ist auch nur eine solche Stelle oder sind ihrer gar mehrere vor-
handen, so lässt sich mit dem Zeichen u∞ kein bestimmter Begriff (als
eines Relativs) verbinden, weil hier jeglicher Beweggrund fehlt der
dafür den Ausschlag zu geben vermöchte, ob solche Stelle darin als
besetzte oder als unbesetzte figuriren solle.
Das Symbol u∞ bleibt alsdann sinnlos, und uλ divergirt. Diver-
genz kann in unsrer Disziplin immer nur „oszillatorisch“ stattfinden.
Ungeachtet solcher Sinnlosigkeit dieses Symbols kann man doch —
worauf ich indessen zur Zeit kein grosses Gewicht lege — mit Subsum-
tionen, in welchen dasselbe als Subjekt oder als Prädikat auftritt, einen
ganz bestimmten Sinn verbinden. Man mag nämlich schreiben:
a⋹u∞⋹b
um damit auszudrücken, dass
a Augen hat nur oder höchstens an solchen Stellen, die zu den de-
finitiv besetzten irgend eines uλ von hinreichend grossem Zeiger λ gehören,
wogegen also a alle die bei den uλ immerfort oszillatorisch besetzten und
die definitiv unbesetzten Stellen zu Leerstellen haben muss,
desgleichen, dass b Leerstellen hat nur oder höchstens an solchen
Stellen, die zu den definitiv unbesetzten eines hinreichend hohen uλ ge-
hören, wogegen also b alle die bei den uλ definitiv besetzten, sowie auch
die immerfort oszillatorisch besetzten Stellen der uλ, zum mindesten, mit
Augen besetzt zeigen muss.
In solchem Falle wird es auch einen umfassendsten oder Maximal-
wert des a, der noch der Forderung a ⋹ u∞ genügt (eventuell freilich = 0
sein mag) geben, den man als die „untere Grenze“ (limes inferior) dieses
[182]Fünfte Vorlesung.
nicht völlig bestimmbaren Relativsymbols u∞ bezeichnen kann; desgleichen
einen mindest umfassenden oder Minimalwert des b, welcher noch der
Forderung u∞ ⋹ b genügt (der eventuell freilich = 1 sein kann) und
demnach die „obere Grenze“ (limes superior) für u∞ heisse.
Und man wird nicht selten sagen können, dass uλ von einem hin-
reichend grossen λ ab beständig zwischen diesen beiden Grenzen schwanke,
nur „Zwischenwerte“ zwischen denselben durchlaufend oder annehmend.
[Mit dem letztern Zusatze indessen, obwohl er häufig zutreffen wird
— insbesondre stets bei endlicher Elementezahl des Denkbereiches mithin
auch endlicher Stellenzahl der Matrix — dürfte für manche Fälle doch
zuviel gesagt sein.
Gibt es z. B. für jede „definitiv besetzte“ Stelle ij eine Zahl n, nach
deren Überschreitung durch λ die Stelle nicht mehr als eine Leerstelle
in uλ auftreten wird, so gibt es allerdings auch für jede endliche Menge
von solchen Stellen ij eine Zahl — in Gestalt des grössten der den Stellen
der Menge einzeln zugeordneten Werten — von der Eigenschaft, dass,
nachdem λ sie überschritten hat, alle genannten Stellen ihre endgültige
Besetzung gefunden haben müssen und nie mehr in uλ zu Leerstellen
werden können. Allein wenn die Menge der in Betracht zu ziehenden
Stellen unbegrenzt zunimmt, bleibt es fraglich und künftigen subtilern
Untersuchungen vorbehalten zu entscheiden, ob nicht dieser grösste unter
allen (kleinsten) Werten n (die zu jeder Stelle gehören) dann in der
Zahlenreihe immer weiter hinausrückt und die Reihe der Werte n, als eine
selbst unbegrenzt wachsende, keinen Wert als grössten einschliesst. Dann
würde zwar für jede einzelne Stelle eine Zahl λ = n angebbar, von der ab
die Stelle in uλ ihre endgültige Besetzung gefunden hat, für die Gesamt-
heit aller definitiv zu besetzenden Stellen aber gleichwohl nicht. Etc.]
Von der Frage der Konvergenz oder Divergenz des allgemeinen
Gliedes (Terms) uλ unsrer Reihe ist wohl zu unterscheiden die Frage
nach Konvergenz oder Divergenz der Reihe selber, wenn deren Terme
durch eine knüpfende Operation (z. B. Spezies) verbunden gedacht
werden. Werden die Terme der Reihe durch eine identische Spezies
mit einander verknüpft, so erhalten wir ein „unendliches Produkt“ oder
eine „unendliche Summe“ schlechtweg (oder „Reihe“ im engern Sinne).
Dann ist das Knüpfungsergebniss aus den λ + 1 ersten
6)
| Uλ = u0u1u2 … uλ | Uλ = u0 + u1 + u2 + … + uλ |
d. i. „der produktatorische Faktor“ resp. das sogenannte „summatorische
Glied“ der Reihe derjenige allgemeine Term, um dessen Konvergenz
es sich im letztern Falle handelt.
Hier gilt der bemerkenswerte Doppelsatz: Jedes identische unend-
liche Produkt und jede identische unendliche Summe ist konvergent. Und
zwar selbst dann, wenn auch der allgemeine Term uλ divergiren sollte:
wir haben in unsrer Disziplin konvergente Produkte aus divergenten
[183]§ 13. Unendliche Summen und Produkte.
Faktoren und konvergente Summen (Reihen) mit divergenten Gliedern
— dergleichen in der arithmetischen Analysis für Paradoxieen zu er-
klären wären! Allemal hat
7)
| U∞ = u0u1u2u3 … | U∞ = u0 + u1 + u2 + u3 + … (in infinitum) |
unbedingt einen Sinn und völlig bestimmten Wert im Gebiet der
binären Relative.
Dies ist verhältnissmässig leicht hier einzusehen. Es beruht darauf,
dass in dem Uλ links jede Leerstelle definitiv eine solche bleibt, wie viele
Faktoren uλ bei wachsendem λ auch noch zum Produkt der bisherigen
hinzutreten mögen, bei dem Uλ rechts aber jede besetzte Stelle ihr Auge
permanent, untilgbar beibehalten muss, wie viele Glieder uλ zur Summe
der bereits vereinigten auch noch hinzutreten mögen. Genauer gesagt: weil
definirt ist — für jede Auswahl, z. B. Reihe, von Werten u als Erstreckung
des Π, der Σ — so wird es für eine bestimmte Stelle ij nur zwei Mög-
lichkeiten geben und zwar:
Links: entweder gibt es eine Zahl n für welche uλ bei ij eine Leer-
stelle hat, (un)i j = 0 ist, oder nicht. Im erstern Falle hat auch Uλ für
jedes λ \> n bei ij eine Leerstelle und wird diese zur definitiv unbesetzten.
Im letztern Falle muss nach λ jedes (uλ)i j gleich 1 sein und bleibt die
Stelle eine definitiv besetzte.
Rechts: entweder gibt es ein n für welches uλ bei ij ein Auge trägt,
(un)i j = 1 ist, oder solches trifft nicht zu. Im erstern Falle hat auch Uλ
für jedes λ \> n an der Stelle ij ein Auge und diese wird zur definitiv
besetzten. Im letztern Falle sind nach λ alle (uλ)i j gleich 0 und bleibt
die Stelle endgültig leer.
Zu links wie rechts (vom Mittelstriche) erweisen also sämtliche Stellen
der Matrix von Uλ sich als entweder definitiv besetzte oder definitiv un-
besetzte und kann es ein Drittes, kann es oszillatorische Stellen überhaupt
nicht geben — q. e. d.
Dass bei vorstehender Überlegung das numerische Moment der Zahlen-
zeiger nur eine nebensächliche Rolle spielt, wird der einsichtsvolle Leser
sogleich übersehen.
Die Überlegungen bleiben auch stichhaltig, falls etwa in Πλuλ der
Zeiger λ ein „Kontinuum“ von Zahlenwerten zu durchlaufen hätte.
Satz und Beweis gelten wesentlich auch für und , wie immer
der Erstreckungsbereich beschaffen sein möge.
Denn was z. B. das Πu betrifft, so muss es zu irgend einem Suffix ij
im Erstreckungsbereiche entweder ein u geben, für welches ui j = 0 ist,
oder nicht. Im erstern Falle hat Πu bei ij definitiv eine Leerstelle, im
letztern, wo also „nach u alle“ ui j = 1 sind, wird Πu bei ij eine definitiv
besetzte Stelle haben, und ein Drittes (eine oszillatorisch besetzte Stelle)
bleibt undenkbar.
Etc. (d. h. analog für ).
[184]Fünfte Vorlesung.
Für relative unendliche Produkte und Summen gilt ein ähnlicher
Satz in gleicher Allgemeinheit nicht. Man thut dies leicht durch Bei-
spiele dar, z. B. beim relativen Produkt schon für den Fall durchweg
gleicher Faktoren.
Ein relatives Produkt von lauter gleichen Faktoren nennen wir
„Potenz“.
Wir definiren, wenn λ eine natürliche Zahl vorstellt, die Potenz (u;)λ
sive (; u)λ, einfacher: uλ (u hoch λ), entweder „durch Induktion“ („rekurri-
rend“) mittelst der Festsetzung:
8) u1 = u, u2 = u ; u, …, uλ + 1 = uλ ; u,
oder auch „independent“ als:
9) .
Es folgen die bekannten Sätze wie für die Potenzen der Arithmetik:
10) uλ + 1 = u ; uλ, uϰ ; uλ = uϰ + λ = uλ ; uϰ, (uϰ)λ = uϰ × λ = (uλ)ϰ.
Durch ein zugefügtes Adjektiv die „Potenz“ als eine „relative“ zu
charakterisiren ist überflüssig, weil durch das Tautologiegesetz uu = u jeder
Möglichkeit vorgebeugt, es vorweg ausgeschlossen, präkludirt ist, die „Potenz“
als ein identisches Produkt (aus gleichen Faktoren) misszuverstehen.
Auch hier spielen mit den Exponenten wieder Zahlen vorzeitig eine
Rolle. Wen das genirt der möge uλ nur wie einen „stenographischen
Schlüssel“, ein konventionelles Zeichen zur Vereinfachung der Schrift, be-
quemlichkeitshalber dulden.
Das duale Gegenstück zur Potenz ist die relative Summe aus lauter
gleichen Summanden:
11) .
Ich will sie „iterirte“ oder „iterative Summe“ gelegentlich nennen.
Wollte man die Analogie mit den arithmetischen Gebilden in der Be-
zeichnung noch weiter treiben, so hätte an Stelle der vorstehend dafür
eingeführten Abkürzung — die mit der Schreibung (u;)λ für uλ parallel
geht — eine andre gewählt werden müssen, bei der der Iterations-
exponent λ wie ein „Multiplikator“ hinter das u zu treten hätte. Wir
würden dann aber dreierlei — und die arithmetische eingerechnet —
viererlei Multiplikationen und ebensoviele Malzeichen zu unterscheiden
bekommen, was entschieden zu viel ist (“Aller guten Dinge sind drei“).
Die dualen Gegenstücke zu den obigen Potenzgesetzen mag der
Leser nun selbst sich zu Papier oder zum Bewusstsein bringen.
Also es ist behauptet: schon die Potenz uλ divergirt im Allgemeinen.
Dies zeigt schon ein so einfaches Beispiel, wie beim Denkbereich 1 ⅓
von nur drei Elementen die Annahme:
[185]§ 13. Potenzen.
gehört und nun u ; u, = u2 = ū, u2 ; u, = u3 = u sich herausstellt; es oszil-
lirt, schwankt daher hier regelmässig uλ ohne Ende fort vom einen zum
andern der beiden Werte u und ū, indem
u2ϰ = ū, u2ϰ + 1 = u
ist, und uλ ist divergent, das Symbol u∞ hier sinnlos.
Man könnte freilich diesem sinnlosen Namen einen ganz beliebig zu
wählenden Sinn willkürlich unterlegen. Wie man diese Wahl aber auch
treffen möge, für die sich rationelle Beweggründe nicht auffinden lassen,
so wird die Einführung solchen Namens nicht nur keinen Vorteil gewähren
sondern geradezu schaden; dieser Name wird in kein rationelles Bezeich-
nungsystem passen, insbesondre nicht in das in diesem Buche geschaffene,
ja er wird die Gesetzmässigkeiten jedes solchen stören, wonicht über den
Haufen werfen, wird künstlich Hindernisse bereiten und zur Quelle von
Verlegenheiten werden, indem er zu lästiger Berücksichtigung von allerhand
Ausnahmen nötigen wird, die ohne ihn gar nicht erwachsen konnten, gar
nicht vorhanden waren. Sinnlose Namen, die eine Disziplin hervorbringt,
sind gleichsam Neben- oder Abfallprodukte einer bestimmten (Bezeichnungs-)
Industrie. Zuweilen stellen diese ein wertvolles Rohmaterial vor, das es
in einer andern Industrie zu verarbeiten gelingt und das damit im gesamten
Haushalt der Wissenschaft eine unschätzbare Verwendung findet — so die
im Gebiet der natürlichen Zahlen sinnlosen Namen der negativen Zahlen,
so der als Maasszahl unbrauchbare (im reellen Zahlengebiet sinnlose) Name
, etc. auf dem erweiterten Zahlengebiete.
Nicht immer aber liegen die Umstände so günstig, vielmehr muss
manches Abwasser auch einfach fortgeschüttet werden.
Nunmehr ist etwa
eine nahe liegende Exemplifikation für eine konvergente Reihe mit diver-
gentem Allgemeingliede. Dieselbe hat für unser obiges u die Summe
u + ū = 1.
Für die Konvergenz der Potenz uλ eines Relativs u — bei ohne Ende
wachsendem Exponenten λ — sind die notwendigen und hinreichenden Be-
dingungen noch nicht bekannt. Doch lassen sich einige Umstände als dazu
hinreichende Bedingungen nachweisen.
So muss xλ mit λ = ∞ konvergiren sowol wenn x die Eigenschaft
hat, dass x ; x ⋹ x ist, als auch wenn es der Eigenschaft x ⋹ x ; x teilhaftig
ist. Im ersteren Falle ist leicht zu folgern, dass xλ + 1 ⋹ xλ, im letzteren,
dass xλ ⋹ xλ + 1 für jedes (noch so grosse) λ sein muss. In jenem werden
sich also bei fortgesetztem relativen Multipliziren mit x die Leerstellen als
endgültige konserviren, indem, wo xλ eine Leerstelle hat, auch xλ + ϰ eine
solche aufweisen muss; die Potenz konvergirt alsdann „abnehmend“ gegen
[186]Fünfte Vorlesung.
eine feste Grenze. In diesem gilt ein gleiches für die Augen und konver-
girt die Potenz „zunehmend“ gegen eine Grenze.
Ist insbesondre x von der Form 1' + a, so ist x ; x = 1' + a + a ; a,
mithin in der That x ⋹ x ; x und folglich hat das Symbol (1' + a)∞ für jede
Bedeutung von a einen Sinn.
Ebenso, wenn die Basis x einer Potenz xλ von der Form a ; ă (mithin,
ă für a gesagt, zugleich auch von der Form ă ; a) ist, muss diese Potenz
konvergiren — und zwar aufgrund des Satzes:
| a ; ă ⋹ a ; ă ; a ; ă | a ɟ ă ɟ a ɟ ă ⋹ a ɟ ă |
den wir später als speziellen Fall (für b = ă) eines allgemeineren Satzes
— 21) des § 18 — erkennen werden, und einstweilen durch die Koeffizienten-
evidenz mittelst des Hinweises darauf beweisen mögen, dass die Glieder
von Li j = Σhai haj h sich unter denen von Ri j = Σh k lai hak hak laj l bei k = i,
l = h sämtlich vorfinden.
Nach diesen Zwischenbetrachtungen kehren wir zur Iteration der
Funktionen und damit zu unserm Theorem 1) zurück.
Es gibt Fälle, wo „die rfache (rte) Iteration einer Funktion f(u)“,
nämlich fr(u) für lim r = ∞ konvergirt, und zwar „allgemein“ für jedes
Argument u.
Dies vermag schon ein Beispiel aus dem identischen Kalkul zu er-
härten, wie etwa die Annahme
f(u) = au + b, wofür f2(u) = a(au + b) + b = au + b,
also f2(u) = f(u), und folglich auch
f3(u) = f{f2(u)} = f{f(u)} = f2(u) = f(u),
allgemein: fr(u) = f(u) und somit f∞(u) = f(u) wird.
Eine Funktion f von der Eigenschaft, dass allgemein, für jedes
Argument, schon ihre zweite Iteration der ersten (oder der Funktion
selber) gleich ist, mag „invariant“ genannt werden. Alle Iterationen
einer solchen Funktion, von der nullten ab, sind dann, wie leicht zu
sehn, ihr selber gleich: jede invariante Funktion bleibt beim Iteriren un-
geändert, und auch die unbegrenzt oft iterirte Funktion ist dann keine
andre als sie selber.
u selbst ist ebenfalls eine invariante Funktion von u.
Im Allgemeinen aber, bei einer irgendwie gegebnen Funktion f(u),
muss man darauf gefasst sein, dass die rte Iteration derselben mit
wachsendem r divergire.
Auch dieses vermag bereits der identische Kalkul zu erhärten.
Die allgemeinste Funktion von u welche mit den Spezies dieser Diszplin
gebildet werden kann ist bekanntlich:
f(u) = au + bū. Dafür wird f{f(u)} = a(au + bū) + b(āu + b̄ū)
also f2(u) = (a + b)u + abū = (a + b)u + ab.
[187]§ 13. Invarianz einer Funktion.
Dies ist im Allgemeinen von f(u) verschieden — wie leicht z. B.
die Annahme b = ā zeigt, wo für f(u) = au + āū nun f2(u) = u = f0(u)
wird, etc.
Dagegen wird im obigen allgemeinen Falle wieder: f3(u) = f(u),
f4(u) = f2(u), etc., allgemein:
f2ϰ + 1(u) = f(u), f2ϰ + 2(u) = f2(u),
mithin ist fr(u) divergent und f∞(u) sinnlos, ausgenommen in dem
oben angeführten Sonderfalle, wo schon f2(u) = f(u) und diese Funk-
tion invariant ist.
Gibt es ein Zahlenpaar m, n derart, dass bei einer bestimmten
Funktion f(u) für jedes u ist:
fm + n(u) = fm(u),
so nennen wir die Funktion eine „periodisch (oder oszillirend) iterirende
mit einer Iterationsperiode n“, oder schlechtweg „mit der Iterations-
periode n“, falls n zugleich die kleinste Zahl von der genannten Eigen-
schaft sein sollte (die in ein solches Zahlenpaar m, n eingeht).
Darnach subsumirt sich der Begriff einer invarianten Funktion unter
denjenigen einer periodisch iterirenden Funktion von der Periode 1.
Während die Iterationen einer solchen konvergent sind, wird da-
gegen jede periodisch iterirende Funktion, deren Periode n \> 1 ist, eine
divergent iterirende sein müssen.
Kürzehalber mag dies nur ein Beispiel erläutern. Sei etwa allgemein
— wenn wir das stets hinzuzudenkende Argument (u) unterdrücken —
f8 = f5, so wird auch f9 = f6, f10 = f7, f11 = f5, f12 = f6, f13 = f7, f14 = f5,
u. s. w. Die Iterationen von f, deren Periode gleich 3 ist, werden also
ewig fort von einem der drei (als verschieden vorauszusetzen gewesenen)
Werte f5, f6, f7 zum andern im Ring herum (vom letzten wieder zum
ersten) oszilliren und f∞ ist keiner bestimmten Deutung fähig.
Solches gilt auch, wenn etwa m = 0, also fn(u) = u selbst sein sollte;
hier wiederholen sich dann beim unbegrenzt fortgesetzten Iteriren in ste-
tiger Folge die Werte f0, f, f2, f3, …, fn — 1, [f0 (oder u), f, etc.].
Für die allgemeine Funktion im identischen Kalkul hat sich oben gezeigt,
dass sie, sofern sie nicht invariant ist, eine periodisch iterirende mit der
Periode 2 sein muss.
Dass auch die relativen Operationen zur Bildung von Funktionen mit
divergenten Iterationen führen können (und im Allgemeinen führen werden)
zeigt schon das Beispiel f(u) = a ; u, in welchem fr(u) = ar ; u, gleichwie
die Potenz ar selbst, im Allgemeinen oszilliren wird.
Für die beiden in unserm Theorem 1) angegebnen Bedeutungen
von f(u) haben wir nun:
12)
| fr + 1(u) = fr(u)φ{fr(u)} | fr + 1(u) = fr(u) + ψ{fr(u)}. |
Beim successiven Berechnen der Iterationen von f tritt also zu dem
schon vorhandnen Ausdrucke von fr(u) immer nur ein Faktor: „φ von
allem Bisherigen“, resp. ein Summand: „ψ von allem Bisherigen“ hinzu
und ist das Bildungsgesetz der iterirten Funktionen leicht zu über-
schauen, wennschon die Ausdrücke für dieselben bei wachsendem Ex-
ponenten rasch immer verwickelter werden. Wir haben z. B. links:
f(u) = uφ(u), f2(u) = uφ(u)φ{uφ(u)},
f3(u) = uφ(u)φ{uφ(u)}φ[uφ(u)φ{uφ(u)}], …
und rechts:
f(u) = u + ψ(u), f2(u) = u + ψ(u) + ψ{u + ψ(u)},
f3(u) = u + ψ(u) + ψ{u + ψ(u)} + ψ[u + ψ(u) + ψ{u + ψ(u)}] ….
Obschon die Namen für „das Bisherige“ immer länger werden,
steigern sich indessen keineswegs auch die Berechnungsschwierigkeiten
oder Mühen. Die Bildung von fr + 1(u) zu schon gewonnenem fr(u)
bleibt ebensoleicht und erfordert wesentlich nicht mehr Arbeit, wie die
Berechnung der Funktion φ resp. ψ selbst für ein irgendwie gegebnes
Argument.
Die unbegrenzt fortgesetzten Iterationen der Funktion f(u) präsen-
tiren sich also hier in der Form eines identischen unendlichen Pro-
duktes, resp. einer identischen unendlichen Summenreihe, und folglich
sind sie (nach oben bewiesenem allgemeinern Satze) konvergent; es hat
f∞(u) einen ganz bestimmten Wert.
Die „Probe 1“ für unser Th. 1) verlangt zu zeigen, dass dieses
eine Wurzel der aufzulösenden Subsumtion angibt, wie immer der
Wert des arbiträren Parameters u auch gewählt sein mochte.
Die „Probe 2“ verlangt zu zeigen, dass wenn von vornherein
| x⋹φ(x) | ψ(x) ⋹x |
ist, dann auch f∞(x) = x selbst sein müsse.
Letzteres ist leicht, in Anbetracht, dass die Voraussetzungen sich
auch äquivalent umschreiben lassen in:
| x = xφ(x) | x + ψ(x) = x |
mithin in: f(x) = x.
[Diese Wahrnehmung hat auch zur Entdeckung des iterirt die Lösung
liefernden f(u) naheliegend geführt.]
Ist aber für irgend eine Funktion f(u) und einen bestimmten Argu-
mentwert x von u wie vorstehend f(x) = x, so muss auch sein
f2(x) = f{f(x)} = f(x) = x, etc.,
[189]§ 13. Konvergente Iterationen.
allgemein: fr(x) = x und f∞(x) = x. Es hat nämlich wegen {fr(x)}i j = xi j
nicht nur von einem bestimmten Werte des r an, sondern überhaupt, der
linkseitige Koeffizient den Wert des rechtseitigen, somit trägt fr(x) die
Augen des x als definitive Besetzung seiner Matrixstellen und hat die Leer-
stellen des x zu definitiv unbesetzten Stellen. Hiedurch eben war aber das
Relativ f∞(x) zu bestimmen, sodass von letzterem das nämliche gilt.
Mithin stimmt die Probe 2 und erscheint es sichergestellt, dass
unsre Lösung 1) sämtliche Wurzeln des betreffenden Problemes liefert.
Nicht ganz so einfach ist jedoch Ersteres, nämlich die „Probe 1“
oder der Nachweis zu leisten, dass unsre Lösung 1) auch (für jedes u)
immer nur Wurzeln des Problemes liefere.
Gibt man freilich den jedem Mathematiker schon geläufigen Satz
zu, dass wenn f∞(u) einen Sinn hat, nämlich fr(u) bei unbegrenzt wach-
sendem r konvergirt, dann f∞ + 1(u), aufgefasst als f{f∞(u)}, = f∞(u)
selbst sein müsse, so ist der Beweis leicht zu führen, indem wir haben:
f∞(u) = f{f∞(u)} = f∞(u)φ{f∞(u)} ⋹ φ{f∞(u)}, somit f∞(u) ⋹ φ{f∞(u)} |
| ψ{f∞(u)} ⋹ f∞(u) + ψ{f∞(u)} = f{f∞(u)} = f∞(u), somit ψ{f∞(u)} ⋹ f∞(u),
womit also für x = f∞(u) in der That die Probe 1 stimmt, nämlich
für jedes u sich x ⋹ φ(x) resp. ψ(x) ⋹ x erweist.
Allein jener „Satz“ selbst ist für unsre Disziplin nicht so ganz
einfach zu erhärten. Bevor ich ihn in seiner Allgemeinheit bespreche,
will ich auf den vorliegenden Anwendungsfall mich beschränkend —
z. B. links vom Mittelstriche — sagen:
Nach linkseitigem Schema 12), für unbegrenzt wachsende Itera-
tionsexponenten r in Anspruch genommen, hat f∞(u) zum Faktor:
φ{fr(u)} für jedes noch so grosse r gebildet, mithin hat es auch
φ{f∞(u)} selbst zum Faktor und muss diesem eingeordnet sein. M. a. W.
bei der Bildung des unbegrenzten Produktes, als welches wir f∞(u) zu
gewinnen hatten, tritt zu der Folge der schon angesetzten Faktoren
ohne Ende fort immer φ von allem Bisherigen als weitrer Faktor
hinzu; unter „allem Bisherigen“ figurirt („schliesslich“?) auch das Ganze
f∞(u) selbst — q. e. d.(?).
Diese Überlegung ist jedenfalls unanfechtbar, sobald unser Denk-
bereich ein endlich begrenzter sein sollte. Denn alsdann ist auch die
Menge der überhaupt denkbaren Relative eine endlich begrenzte; es
können die Faktoren unsrer Faktorenfolge nicht ohne Ende fort ver-
schieden ausfallen und muss schliesslich das Produkt konstant werden,
nämlich sich beim Hinzutritt der weitern Faktoren tautologisch wieder-
erzeugen. In diesem f∞(u) kommt dann φ{f∞(u)} als Faktor wirk-
lich vor.
[190]Fünfte Vorlesung.
Das Schema 1) nach welchem wir befriedigende allgemeine Lösungen
für zahlreiche Einzelprobleme konstruiren werden, ist demnach als
korrektes Schema der Auflösung allermindestens für jeden endlichen
Denkbereich gerechtfertigt — und damit ist schon viel gewonnen!
Ich erhalte dasselbe jedoch ganz allgemein aufrecht — auch für
die unbegrenzten Denkbereiche, obwohl ich gestehen muss, dass mich
Dasjenige was ich an dieser Stelle zur Begründung dafür vorbringen
kann, noch nicht vollkommen befriedigt. Wer das Bedenken teilt,
braucht den speziellern auf das Schema späterhin gegründeten Problem-
lösungen bis auf weiteres blos mit der angegebenen Beschränkung
Vertrauen zu schenken.
Doch will ich nicht versäumen, schon hier den Kernpunkt der
Frage thunlichst klar zu legen, und zu dem Ende dem Leser die Be-
trachtungen des folgenden Kontextes nahe legen.
Es liess sich u∞ als ur überhaupt nur erklären, falls für jedes
Suffix ij ein Zahlwert n angebbar ist oder existirt, derart, dass (ur)i j von
r = n an mit wachsendem r konstant bleibt, mithin den Wert (un)i j = 0
oder aber 1 „endgültig“ beibehält für jedes r \> n.
Darnach ist evident, dass
13)
sein muss, indem das oben Gesagte, was bei ur von r = n an zutrifft, bei
ur + 1 von r = n - 1 an zutreffen wird und umgekehrt.
Zweifellos gilt darum auch:
14) .
Nach dem Prinzipe, gemäss welchem, wie eingangs gesagt, für einen
allfällig existirenden Grenzwert von ur der Name u∞ eingeführt worden,
nach demselben Prinzipe hätten wir nun auch als Namen für den zweiten
Ausdruck der vorstehenden Zeile 14) diesen: f{f∞(u)}, und darnach schiene
unser Satz erwiesen. Als Gleichheitsbehauptung zwischen f∞(u) und f∞ + 1(u)
ist dies auch thatsächlich der Fall, wobei das letztre Symbol durch den
ersten oder zweiten Ausdruck 14) erklärt zu denken ist. Dagegen ist zu
sagen, dass auf letztern Ausdruck jenes Prinzip unsrer Namengebung nicht
anwendbar ist, indem es durch Einführung eines Doppelsinnes hier verfäng-
lich wird. Nachdem f∞(u) nämlich als existirend erkannt und erklärt
worden, steht auch die Bedeutung von f{f∞(u)} als die des Wertes von
f(x) für x = f∞(u) schon fest, ist dieser Name bereits vergeben und nicht
mehr verfügbar um andrerseits auch den f{fr(u)} ohne weitres damit
zu taufen.
Vielmehr würde durch die Identifizirung beider implicite von einem
ausdrücklich zu statuirenden und erst zu erweisenden Satze Gebrauch
gemacht:
[191]§ 13. Unbegrenzte Iterationen.
15) ,
der nebenbei sich als Sonderfall eines allgemeineren Satzes darstellt:
16) .
An der Gültigkeit dieses Satzes 16) zu zweifeln ist schon durch das
Präzedenz der arithmetischen Analysis nahe gelegt, wo derselbe dann wenn
die Funktion f(x) bei x = u∞ „unstetig“ ist, bekanntlich nicht gilt, viel-
mehr der „Grenzwert“ der Funktion von ihrem „Endwert“ (oder „Wert“
schlechtweg) verschieden ist.
Um sogleich den Satz 16) — als den allgemeineren — für unsre
Disziplin mit ihrer Beschränkung des Begriffs von f(u) auf einen durch die
sechs Spezies aus u und andern (von u unabhängigen) Relativen abgelei-
teten Ausdruck zu beweisen kann man versuchen, die Gültigkeit desselben
zunächst für jene Elementaroperationen mittelst deren f(u) sich aufbaut,
darzuthun in Gestalt der Sätze:
17)
18)
worin auch als existirend, vr gleichwie ur als konvergent voraus-
zusetzen ist, und falls z. B. vr = a eine Konstante bezüglich r vorstellen
sollte, auch v∞ = a zu denken wäre.
Von diesen Sätzen gelingt es sehr leicht die vier ersten zu beweisen.
Z. B. diese Überlegung beweist den ersten von ihnen: Ist für irgend ein ij
und jedes r \> n der Koeffizient (ur)i j endgültig = 0 oder 1, so ist auch
ebendafür (ur̅)i j endgültig = 1 oder 0. Ebenso leuchten auch bei endlichem
Denkbereiche die beiden letzten Sätze ein; dann wird es nämlich ein r
geben — das grösste unter den n, die den (ur)i h und (vr)h j einzeln ent-
sprechen — von welchem an, in der Σh des Produktes beider, diese Terme
ihre endgültigen von r unabhängigen Werte erlangt haben, und dann wird
das gleiche auch mit der Summe, d. h. mit (ur ; vr)i j, der Fall sein. Und
ebenso wie die endgültigen Werte der (ur ; vr)i j sich aus den Koeffizienten
(ur)i h und (vr)h j zusammensetzen, ebenso muss sich auch (u∞ ; v∞)i j aus den
Koeffizienten von u∞ und v∞ zusammensetzen, weil diese eben als jene er-
klärt worden.
Dagegen stösst bei unbegrenztem Denkbereiche der Beweisversuch
[sofern Satz 18) dann überhaupt noch gilt!] auf Schwierigkeiten, die wir
im Kontext der S. 182 in der eckigen Klammer schon angedeutet haben.
Hievon abgesehn würde von den Teilsätzen 17), 18) über die beim
Aufbau von f(u) verwendeten Operationen die Behauptung sich offenbar
leicht auf den aus ihnen aufgebauten Ausdruck f(u) selbst übertragen und
wäre damit auch unser Satz 18) erwiesen.
[192]Fünfte Vorlesung.
§ 14. Beispiele einfachster Art.
Zur Illustration der allgemeinen Ergebnisse des vorvorigen Para-
graphen wollen wir nun einmal die sämtlichen Propositionen auflösen,
welche aus den Forderungen x ≠ 1 und x ≠ 0 nebst deren Verneinungen
aufgebaut werden können.
Die letzteren x = 1 und x = 0 stellen schon ihre eignen Lösungen vor.
In Anbetracht, dass Inkonsistenzen sind:
(x = 1)(x ≠ 1) = (x = 0)(x ≠ 0) = (x = 1)(x = 0) = 0,
dass ferner als allgemeine Formel gilt:
(x = 1) + (x ≠ 1) = (x = 0) + (x ≠ 0) = 1,
endlich dass sich reduzirt:
| (x = 1)(x ≠ 0) = (x = 1) | (x = 1) + (x ≠ 0) = (x ≠ 0) |
| (x ≠ 1)(x = 0) = (x = 0) | (x ≠ 1) + (x = 0) = (x ≠ 1), |
sieht man leicht, dass nur die folgenden vier Probleme in Betracht kommen
können: den Forderungen
x ≠ 1, x ≠ 0, (x ≠ 1)(x ≠ 0), (x = 1) + (x = 0)
je für sich zu genügen.
Aufgabe 1 und 2. Die Ungleichung aufzulösen:
| x ≠ 1 | x ≠ 0, |
d. h. vermittelst eines arbiträren Relativs u das allgemeinste Relativ x
zu konstruiren, welches nicht = 1 resp. nicht = 0 ist.
Auflösung. Unsre Ungleichung ist bekanntlich äquivalent der
Gleichung:
| 0 ɟ x ɟ 0 = 0 | 1 ; x ; 1 = 1. |
Für die Koeffizienten des gesuchten x muss also nach 3) des § 10 gelten:
| Πh kxh k = 0 | Σh kxh k = 1. |
Diese Gleichung vermögen wir aber — links nach Bd. 1, S. 501 sowie Bd. 2,
§ 51, Aufg. 16 — symmetrisch allgemein zu lösen und zwar vermöge des Ansatzes:
| xi j = ui jΣh kūh k | xi j = ui j + Πh kūh k. |
Darnach ist gefunden:
| x = u · 1 ; ū ; 1 | x = u + 0 ɟ ū ɟ 0 |
und drückt unser Ergebniss der Satz aus:
1)
.
In der That ist:
Aufgabe 3. Die Proposition aufzulösen:
2) (x ≠ 1)(x ≠ 0),
d. h. den Ausdruck für das allgemeinste Relativ zu finden, welches eo
ipso weder null noch eins ist (ausserdem aber jedes Wertes fähig).
Auflösung. Auf 0 oder 1 rechterhand gebracht stellt sich unsre
Proposition bezüglich dar als die vereinigte Gleichung:
| 0 ɟ x̄ ɟ 0 + 0 ɟ x ɟ 0 = 0 | 1 ; x̄ ; 1 · 1 ; x ; 1 = 1 |
und fordert für die Koeffizienten, dass
3)
| Πh kxh k + Πh kx̄h k = 0 | Σh kxh k · Σh kx̄h k = 1 |
gemacht werde.
[Nebenbei gesagt könnte die vereinigte Gleichung auch in die ein-
fachere Gestalt zusammengezogen werden:
| 0 ɟ x̄ ɟ 0 ɟ x ɟ 0 = 0 | 1 ; x̄ ; 1 ; x ; 1 = 1 |
oder auch x und x̄ vertauscht. Denn letztere Relation gibt für die Koeffi-
zienten die Forderung:
| Πh k l m(x̄h k + xl m) = Πh kx̄h k + Πl mxl m = 0 | Σh k l mx̄h kxl m = Σh kx̄h k · Σl mxl m = 1, |
in deren Übereinstimmung mit der obigen der „Beweis ad hoc“ für die
behauptete Vereinfachungsmöglichkeit zu erblicken ist. Man könnte dafür
auch das allgemeinere Schema 5) des § 11 anziehen.]
Die Forderung — links z. B. — zerfällt nun in die beiden: Πi jxi j = 0
und Πi jx̄i j = 0, deren jede für sich allein wir nach den Schemata in der
vorigen Aufgabe symmetrisch allgemein aufzulösen vermögen. Versucht
man jedoch die arbiträren Parameter uh k der einen Lösung so zu bestimmen,
dass sie auch der andern Forderung genügen, so gelangt man allemal für
diese Unbekannten uh k zu Gleichungen von genau derselben Form wie die
von den xh k zu erfüllen gewesenen Gleichungen 3); man bewegt sich also
in einem Zirkel.
Die Lösung des zusammengesetzten Problemes zeigt sich hier durch
die vorgängige Lösung seiner (beiden) Teilprobleme in keiner Weise ge-
fördert — eine Wahrnehmung, die in unsrer Disziplin sehr häufig (obzwar
nicht immer) zu machen ist! Jene dürfte dann am besten a priori, ganz
unabhängig von den Teilproblemen, in Angriff genommen werden.
Es kommt wesentlich darauf an, die Gleichung links in 3) nach den
unbekannten Koeffizienten xh k „symmetrisch allgemein“ aufzulösen. Die
Forderung der Symmetrie ist darin begründet oder läuft darauf hinaus,
dass eben ein einheitlicher Ausdruck für jedes unbekannte xi j gefunden
werden muss, der sich dann allgemein als Koeffizient des unbekannten Re-
lativs x darstellen lasse; m. a. W. es muss der allgemeine Wurzelwert
für xi j aus dem für xh k durch Vertauschung von h mit i und k mit j
hervorgehn.
Für Klassen xi j war zwar schon die symmetrisch allgemeine Lösung
der Gleichung
x1x2x3 + x̄1x̄2x̄3 = 0
Schröder, Algebra der Relative. 13
[194]Fünfte Vorlesung.
nach Bd. 1, S. 699 unmöglich (in ebensoviel Parametern, wie Unbekannten,
zum mindesten, wenn nicht überhaupt).
Für auf den Wertbereich 0, 1 beschränkte Koeffizienten (resp. Aus-
sagen) xi j kann sie gleichwol möglich sein und ist sie möglich wenigstens
für jede Quadratzahl von Unbekannten. Denn sie wird für solche durch
die nachher gegebene allgemeine Lösung unsrer Aufgabe 2 implizite ge-
leistet.
Die Lösung gelingt, wenn wir auch noch die beiden relativen Moduln
0' und 1' herbeiziehen, welche beide ja ≠ 0 und ≠ 1 sind.
Beachtet man nun, dass das Relativ
,
so sieht man dass der Ausdruck
sein muss, und konstruirt man leicht in Gestalt von
4)
das gesuchte allgemeinste Relativ, welches weder 0 noch 1 ist.
Wir haben nämlich in der That
f(1) = 1' ≠ 0 und 1, desgleichen f(0) = 0' ≠ 0 und 1,
in jedem andern Falle aber, d. h. in jedem Falle wo u ungleich 0 und 1
ist, f(u) = u selbst. Der Ausdruck f(u) umfasst also von vornherein jedes
irgendwie von 0 und 1 verschieden gegebene Relativ, und nur solche
Relative, q. e. d.
Für f(u) könnte auch der dazu duale Ausdruck genommen werden.
Schon die blosse Negation des obigen Ausdruckes 4) von f(u) würde
(gleich x gesetzt) zwar dem Begriff der allgemeinen Lösung von 2) ent-
sprechen, aber nicht die Adventivforderung erfüllen. Ausserdem leuchtet
im Hinblick auf die Begründung ein, dass die Faktoren 1' und 0' in 4)
auch durch irgendwelche spezifizirte, nur eben von 0 und 1 verschieden
gewählte Relative ersetzt werden dürften; insbesondre kann man dieselben
auch vertauschen, oder auch: diese beiden relativen Moduln durch blos
einen von ihnen vertreten lassen — z. B. 0' durch 1' ersetzen — immer
wird man so zwar wesentlich verschiedene aber gleichberechtigte und
gleichermassen brauchbare Formen der allgemeinen Lösung erhalten, deren
Vielgestaltigkeit ersichtlich ist.
[195]§ 14. Einfachste Beispiele von Lösungen.
Aufgabe 4. Die Proposition aufzulösen:
5) (x = 1) + (x = 0),
d. h. das allgemeinste Relativ aufzustellen, welches entweder = 1
oder = 0 ist.
Auflösung. Die vereinigte Gleichung, rechts auf 0 oder 1 gebracht,
ist bezüglich:
| 1 ; x̄ ; 1 ; x ; 1 = 0 | 0 ɟ x̄ ɟ 0 ɟ x ɟ 0 = 1 |
— gerade umgekehrt, wie über 3).
Als allgemeine Wurzel vermögen wir sofort anzugeben: x = f(u), wo
f(u) irgend ein „ausgezeichnetes“ Relativ in u vorstellt. Solcher gibt es
wol unendlich viele. Indem wir aber die uns zunächst bekannten sechs
Peirce’schen benutzen, mit denen sich obendrein die Adventivforderung als
erfüllt erweist, mögen wir den Satz notiren:
6) .
In jedem der sechs Fälle erhalten wir für u = 1 auch x = 1 und für
u = 0 auch x = 0; dagegen für (u ≠ 1)(u ≠ 0) wird x zwar ebenfalls
entweder = 1 oder = 0, jedoch unter ganz andern Bedingungen bei einem
jeden der sechs Ausdrücke — wie solche in § 10 nachgesehen werden können.
Auch die Annahmen
x = f(u) = 1 ; u ; 1 ; ū ; 1 resp. 0 ɟ u ɟ 0 ɟ ū ɟ 0
z. B. würden zwar dem Begriffe der allgemeinen Wurzel von 5) noch ent-
sprechen, aber nicht mehr der Adventivanforderung genügen, indem der
erstere Ausdruck nicht nur für u = 0 sondern auch für u = 1 gleich 0
wird, der letztere in beiden Fällen gleich 1, sonach mit ihm die Wurzel 0
sich nicht reproduzirt. Für u ≠ 0 und 1 wird dann umgekehrt der erstere
= 1, der letztere = 0.
Zur Vergleichung wollen wir für die vier hiermit eigenartig ge-
lösten Aufgaben auch noch „rigorose“ Lösungen in’s Auge fassen.
Zu dem Ende haben wir die Schemata 12), 16) und 17) des § 12 —
S. 166, 174 — anzuwenden, wobei die dem F(u) jeweils beizulegende Be-
deutung aus der von uns angegebnen vereinigten Nullgleichung der Auf-
gabe ersichtlich ist.
Die rigorose Lösung wird hienach völlig bestimmt sein durch den
Hinweis auf eine partikulare Lösung a des Problemes, welche, als a priori
erkannt, ihr zugrunde zu legen wäre. Als solche bietet sich eventuell
0 oder 1, eventuell ein relativer Modul als die zweckmässigste dar, um
einen möglichst einfachen Ausdruck der allgemeinen Lösung zu erzielen.
Für die linkseitige Aufgabe 1, also die Ungleichung x ≠ 1 ist x = a = 0
die zweckmässigste Partikularlösung. Wir erhalten dann nach dem Schema 16)
13*
[196]Fünfte Vorlesung.
des § 12 die rigorose Lösung zunächst in der Form: x = u{0 ɟ 1 ; ū ; 1 ɟ 0},
was sich aber nach der Bemerkung am Schlusse des § 10 zu x = u · 1 ; ū ; 1,
d. h. zu 1) selber vereinfacht. Also:
Für die beiden Aufgaben 1, 2 ist die gefundene Lösung 1) zugleich
rigorose Lösung. Hier liegt ein Grenzfall vor, wo die rigorose Lösung
ausnahmsweise auch das Epitheton einer befriedigenden allgemeinen
Lösung verdient und es keinen Sinn hätte nach einer andern zu fahnden
— wie man leicht sieht aus dem Grunde, weil es hier eben nur ein
Relativ (1 resp. 0) gibt, welches der Forderung der Aufgabe nicht genügt.
Zu Aufgabe 3, wo (x ≠ 1)(x ≠ 0) sein soll, können wir a nach
Belieben = 1' oder = 0' nehmen. Wir erhalten, indem wir das F(u)
dem F(x) links vom Mittelstriche nachgebildet nehmen, als rigorose
Lösung gemäss Schema 12) des § 12 nach leichtester Reduktion:
7) ,
worin sich auch 0' für 1' setzen lässt.
Auch mit dieser Form 7) der rigorosen Lösung kommt die —
formell nur etwas allgemeinere — Lösungsform 4) zur Deckung, falls
man in letztrer, 1' beibehaltend, auch 0' durch 1' ersetzt. Mit Rücksicht
auf 3) des § 11 kann man nämlich bemerken, dass sich wegen u · 1 ; u ; 1 = u
auch in 7) der letzte Term noch in u · 1 ; ū ; 1 vereinfachen lässt, sodass
wir als wol konzisesten Ausdruck unsrer Lösung haben:
8) .
Zu Aufgabe 4, (x = 0) + (x = 1), haben wir x = a = 0 als die
eine, und x = a = 1 als die andre verfügbare Partikularlösung, und
erhalten demnach gemäss Schema 16) resp. 17) des § 12 die beiden
ebenbürtigen Formen der rigorosen Lösung:
9) ,
welche ebensogute Dienste als wie die Lösungen 6) zu leisten ver-
mögen und als die Lösungen „katexochen“ der Aufgabe zu bezeichnen
wären.
Auch in diesen Fällen tritt das „Unbefriedigende“, welches sonst
den rigorosen Lösungen anhaftet, noch nicht zutage.
Als eine interessante Gruppe von 12 Aufgaben schliesst sich den
vorhin gelösten das Problem an: das allgemeinste Relativ x zu be-
stimmen, für welches ein gegebenes von den sechs ausgezeichneten
Relativen verschwindet, resp. den Wert 1 annimmt.
[197]§ 14. Beispiele zum Auflösungsprobleme.
Die Lösungen für diese zwölf Aufgaben sind in folgender Zusammen-
stellung angegeben:
10)
| (0 ɟ x ɟ 0 = 1) = (x = 1) | (1 ; x ; 1 = 0) = (x = 0) |
11)
12)
13)
.
Hievon ist 10) bereits mit 5) des § 10 gegeben, und 12) fällt mit
der Lösung 1) unsrer obigen Aufgabe 1 zusammen.
Die Lösungen 11) werden systematisch von uns erst abgeleitet in § 16
unter 14) als „Aufg. 9“ und 21) als „Aufg. 17“, und sind hier vorgreifend
angeführt; doch bietet ihre schon hier unschwer zu bewältigende Verifikation
vermittelst beider Proben eine gute Übung für Anfänger.
Diese Lösungen 11) sind wesentlich verschieden von den „rigorosen“
Lösungen derselben Aufgaben, wie sie sich im Hinblick auf die partikulare
Lösung x = 1 resp. 0 nach den Schemata 16) und 17) des § 12 mit Leichtig-
tigkeit ergeben, und sie sind weit befriedigender als diese letztern. Für
das Problem rechts oben in 11) würde man z. B. als die rigorose Lösung
x = u(0 ɟ ū ; 1) — anstatt ū ; 1 · u — erhalten. Etc.
Dagegen gewinnt man die Lösungen 13) am bequemsten aufgrund der
ersichtlichen Partikularlösung oder speziellen Wurzel x = 0 resp. 1 gerade
als die rigorose Lösung der betreffenden Aufgabe — nach soeben genannten
Schemata. Man scheint sich hier wohl oder übel mit der rigorosen Lösung
zufrieden geben zu müssen.
Während 11) uns in den Stand setzt, das allgemeinste Relativ
anzugeben, welches lauter besetzte Zeile(n) (d. i. keine Leerzeile) resp.
keine Vollzeile hat, vermögen wir nach 13) auch das allgemeinste Re-
lativ anzugeben, welches unbesetzte (oder Leer-)Zeile(n) hat, resp. welches
Vollzeile(n) besitzt — und ähnlich für Kolonnen.
Jenes erste erhalten wir aus u, indem wir die etwaigen Leerzeilen
des u, in Vollzeilen verwandelt, ihm zufügen. Um dagegen dieses (dritt-
genannte) Relativ aus einem u von lauter besetzten Zeilen zu erhalten,
müsste man deren irgendwelche abwerfen, und da kein Grund erfindlich ist,
der allgemein den Ausschlag dafür geben könnte, welche Zeilen in dieser
Hinsicht vor den andern zu bevorzugen wären, so verlangt es die Formel
alsdann gleichmässig für alle Zeilen und verweist so auf die völlig be-
[198]Fünfte Vorlesung.
stimmte Partikularlösung 0 zurück — womit sich der oben bemerkte auf-
fallende Gegensatz wohl einigermassen erklärt.
In methodologischer Hinsicht verdient es vielleicht Beachtung, dass
die Lösungen 13) sich aufgrund derer 11) auch systematisch finden lassen
ohne dass man in einen Zirkel gerät.
Um dies zu zeigen, muss ich freilich noch weiter vorgreifen.
Soll etwa 1 ; x ɟ 0 = 0 oder y ɟ 0 = 0 sein, so muss man nach dem
Schema von 11) oben rechts haben: y, das ist 1 ; x = v̄ ; 1 · v.
Der Adventivforderung gemäss wird dabei v dem y als wesentlicher
Parameter zugeordnet sein, und da y = 1 ; x bedeuten sollte, so wird der-
selben Adventivforderung zuliebe auch v durch 1 ; u zu ersetzen sein, damit
schliesslich u dem x als wesentlicher willkürlicher Parameter entspreche.
In § 19 werden wir aber lernen, eine Gleichung von der Form 1 ; x = a
in der Gestalt: x = a(u + 0 ɟ u;̄) aufzulösen und zugleich sehn, dass dabei
als Resultante: a = 1 ; a zutreffen muss.
Mit dem oben motivirten Werte v = 1 ; u, also v̄ = 0 ɟ ū wird nun unser
a = (0 ɟ ū) ; 1 · 1 ; u = (0 ɟ ū) ; 1 ; u und zeigt sich die Forderung der Resul-
tante als 1 ; a = 1 ; (0 ɟ ū) ; 1 ; u = (0 ɟ ū) ; 1 ; u = a von selbst erfüllt. Dar-
nach haben wir sofort:
x = (u + 0 ɟ ū) · (0 ɟ ū) ; 1 · 1 ; u = u · (0 ɟ ū) ; 1,
weil u · 1 ; u = u und (0 ɟ ū) · 1 ; u = 0 ist — d. h. es ist die dritte von den
Lösungen 13) gewonnen. Auf diesem Wege hatte ich sie erstmals gefunden.
Dass jedes System von universalen Propositionen (also blos Glei-
chungen und Subsumtionen) sich, sofern es lösbar (d. h. nicht absurd)
ist, in der Form x = f(u) auflösen lasse, dies hatte sich schon im
identischen Kalkul herausgestellt und war das Fortbestehen dieser That-
sache auch in der Algebra der Relative wol weniger überraschend.
In § 12 haben wir aber gezeigt, dass hier ein Gleiches auch für
Systeme mit partikularen Propositionen (Ungleichungen oder Unsub-
sumtionen) gelten muss — und nicht blos für Systeme mit simultanen
sondern auch für solche mit alternativen Forderungen.
Die obigen Beispiele habe ich darum mit Vorliebe aus dem letz-
teren, dem ganz neu hinzugekommenen Anwendungsgebiete gewählt.
Dies um so mehr, als wir demnächst unsre Aufmerksamkeit für längere
Zeit wieder vorwiegend den Problemen von universalem Charakter zu-
zuwenden haben werden.
Ebendarum seien nun auch noch folgende Probleme mit ihren
Lösungen hiernächst angeführt:
14) ,
15) .
[199]§ 14. Beispiele von Lösungen.
16) ,
wozu noch x̄ = 1 ; (pu + qū) ; 1 · ū + (p̄ + q){0 ɟ (p̄u + q̄ū) ɟ 0} gehört und
zu bemerken ist, dass der Faktor pq̄ auch durch p + q̄ (sowie durch p
oder q̄ allein) ersetzbar wäre.
Die Verifikation von 14) und 15) dem Leser überlassend, beweisen
wir 16) wie folgt.
Entweder ist pu + qū ≠ 0, also p̄u + q̄ū ≠ 1 und 1 ; (pu + qū) ; 1 = 1,
0 ɟ (p̄u + q̄ū) ɟ 0 = 0; dann wird x = u, mithin px + qx̄ ≠ 0 und stimmen
beide Proben.
Oder es ist pu + qū = 0 (was auch pq = 0 involvirt); alsdann wird
1 ; (pu + qū) ; 1 = 0, 0 ɟ (p̄u + q̄ū) ɟ 0 = 1,
x = pq̄, x̄ = p̄ + q,
px = pq̄ = pq̄ + pq = p, qx̄ = q, px + qx̄ = p + q ≠ 0,
und stimmt abermals die Probe 1, während die Probe 2 gar nicht in Frage
kommen kann, q. e. d.
NB. Dass bei dem regelrecht gebildeten x̄ das Glied ū(p̄ + q) unter-
drückbar war beruhte auf dem Satze Bd. 1, S. 376:
ra + ab + br̄ = ra + br̄,
wobei r das ausgezeichnete Relativ im ersten Gliede von x oder x̄ vertrat.
Hervorhebung verdient der Unterfall von 16) (āx + ax̄ ≠ 0), in
welchem die Resultante p + q ≠ 0 der Elimination des x im allgemeinern
Probleme — als in der Gestalt ā + a = 1 ≠ 0 von selbst erfüllt —
entfällt. Wir haben also:
17)
und wird hier in der That x = u sobald u ≠ a, dagegen x = ā sobald
u = a angenommen ist; unbedingt also wird stets x ≠ a.
Als eine Nutzanwendung der Formel 14) wollen wir auch noch
das allgemeinste Relativ angeben, welches bezüglich Selbst- resp. Alio-
relativ, Konkurrent oder Opponent ist — vergl. (α) bis (δ) des § 9,
S. 131 sq. Während darnach
18)
ohne weitres einleuchtet, ist Berufung (für p = 1', 0') auf 14) erforder-
lich, um in Gestalt von
19)
auch die beiden letzten Relative zu gewinnen.
[200]Fünfte Vorlesung.
Ebendamit wird in vorstehender Ordnung bezüglich auch
1' + u, 0' + u, u · 1 ; 1'ū ; 1, u · 1 ; 0'ū ; 1
als allgemeinste Darstellung eines Relativs von der Kategorie des
Negates von einem der vier vorigen ermittelt sein.
Wir haben nun also auch die allgemeinste Ungleichung, welche
der identische Kalkul kennt, in der Form x = f(u) aufgelöst. In be-
deutend erweiterter Gestalt werden wir das Problem später wieder
aufnehmen.
Zum Schlusse noch eine Bemerkung (Miscelle). Gelegentlich vergeb-
licher Versuche, die Aufgabe 3 heuristisch, mittelst systematischer Er-
füllung der Koeffizientenforderung 3), zu lösen, bin ich auf eine beachtens-
werte Funktion geführt worden:
Wird:
20) f(u) = u · 1 ; ū ; 1 + ū(0 ɟ ū ɟ 0)
gesetzt, so stellt sich heraus dass
f(1) = 0, f(0) = 1, jedoch ausserdem stets f(u) = u
ist. Das Relativ f(u) ist hienach insofern ein merkwürdiges Relativ,
als es — alles Andre ungeändert lassend — blos die Werte 0 und 1 in
einander verkehrt!
[[201]]
Sechste Vorlesung.
Die Parallelreihentransformationen und -Probleme.
§ 15. Die 256 Zeilenabwandlungen eines allgemeinen Relativs.
Ebensoviele Kolonnenabwandlungen. Einschlägige Sätze.
Wir haben in § 9 begonnen uns mit den sich nicht reduzirenden
Modulknüpfungen der Relative zu beschäftigen. Wie schon die Er-
forschung eines kleinen Teilgebietes dortselbst ahnen liess, wird es gar
keine leichte Sache sein, einen Überblick über die Mannigfaltigkeit alles
dessen zu gewinnen, was sich mittelst solcher Modulknüpfungen überhaupt
leisten, hinbringen lässt, all der Veränderungen die damit an gegebenen
Relativen bewirkt werden können sowie der Probleme die dadurch der
Lösung zugänglich werden. Und doch muss, wer Schlachten schlagen will,
sich einen Überblick über die ihm zugebote stehenden Mittel und Heeres-
massen verschaffen.
Um uns nach und nach zum Bewusstsein zu bringen, was auch
nur mit Hülfe der acht relativen von den primären irreduziblen Modul-
knüpfungen sich alles erreichen lässt, d. h. welche etwa gewünschten
oder verlangten Relative sich damit aus einem irgendwie gegebnen
Relativ a ableiten lassen, studiren wir das Relativ zunächst blos hin-
sichtlich seiner Zeilen.
Dann kommen von den 8 Knüpfungen 2) des § 9 blos die viere
in Betracht in denen das Argument dem Modul vorangeht:
| a ; 1 | a ɟ 0 |
| a ; 0' | a ɟ 1', |
weil die vier andern immer Umwandlungen an den Kolonnen von a
bewirkten. Wir unterscheiden jene von diesen als die „Zeilen-“ gegen-
über den „Kolonnen-Knüpfungen“.
Die vier Knüpfungen veranlassten uns fünferlei Arten von Zeilen
in a zu unterscheiden und sie gestatten uns im Allgemeinen, aus a
solche gesondert hervorzuheben und sie auch unabhängig von einander
gewissen noch genauer zu statuirenden Umwandlungen zu unterwerfen.
[202]Sechste Vorlesung.
Diese Arten sind:
erstens die Vollzeilen, zweitens die einlückigen Zeilen, drittens die
mehrlückigen aber auch mehrbesetzten Zeilen, viertens die einbesetzten (d. i.
nur ein Auge als sogenannten „Reiter“ tragenden) Zeilen und fünftens
die Leerzeilen —
— entsprechend den Unterscheidungen von Nullzahl, Einzahl und Mehr-
zahl als fehlend oder vorhanden.
Dabei müssen wir freilich annehmen, dass der Denkbereich 11 hin-
reichend viele — mindestens vier — Elemente umspanne, damit die
angeführten Zeilenkategorieen sämtlich möglich sind und einander
gegenseitig ausschliessen.
Ich will diese fünf Zeilenkategorien durch eine Figur, oder besser
ein Schema, veranschaulichen und zwar die mittlere Kategorie doppelt
in Gestalt ihrer beiden möglichen Extreme: wo die Anzahl der vor-
handnen Lücken resp. der Augen blos 2 beträgt.
Zeilenschema.
Die kräftig ausgezognen Linien repräsentiren hier überall dichte Augen-
reihen, die hohlen Ringe Punktlücken, die fetten Punkte Augen und die
feinst punktirten Linien überall dichte Leerstellen entlang der Zeile.
Um sich die geometrische Evidenz zu sichern, mag der Leser nun zu
einem etwa durch das Zeilenschema dargestellt gedachten Relative a sich
irgendwelche abgeleitete Relative, wie beispielsweise a ; 1, ā ɟ 0, ā ; 0' · ā,
a ; 1 · (ā ɟ 1' + ā) etc. in der gleichen Schematisirung hinzeichnen. Es wird
z. B. ā ɟ 0 als unterste eine Vollzeile und darüber lauter Leerzeilen haben.
Doch wird man solches Verfahren bald als zu mühsam und umständ-
lich empfinden. Wie wenig man auch die geometrische Evidenz, die An-
schauung von der Beschaffenheit der abgeleiteten Relative (im Vergleiche
mit dem ursprünglichen a) missen möchte, wird solche Anschaulichkeit auf
diesem Wege doch wol zu teuer erkauft erscheinen.
Um den Vorteil der Anschaulichkeit mit dem der knappsten Dar-
stellung, mit analytischer Kürze, zu verbinden, wollen wir das Relativ a
„schematisch“ in folgender Weise darstellen:
1) a = 1αβγ0.
[203]§ 15. Schematische Darstellung der Zeilenkategorien.
Hierin soll bedeuten: 1 das System aller Vollzeilen, α das System der
Einlückzeilen, β das System der mehrlückigen mehrbesetzten Zeilen,
γ das System der einbesetzten Zeilen und 0 das System der Leerzeilen
von a — so, wie wir es auch schon in die Figur des Schemas ein-
getragen haben.
In Wirklichkeit stehen die Zeilen dieser fünferlei Systeme nicht neben-,
sondern untereinander. Es stehen auch die Zeilen eines bestimmten Systems
nicht notwendig beisammen, sondern finden sich irgendwie zwischen die
Zeilen der übrigen Systeme eingeschaltet, sodass also von einer bestimmten
Reihenfolge zwischen den fünferlei Systemen „innerhalb a“ ganz und gar
nicht gesprochen werden kann. Demungeachtet empfiehlt es sich, weil die
zu studirenden Umwandlungen allemal sämtliche Zeilen einer Kategorie
gleichmässig betreffen, dieselben jeweils im Geiste zu einem Systeme zu-
sammenzufassen, und ferner auch, die fünf Systeme bei dem ursprünglichen
Relativ a jeweils in der oben festgesetzten Reihenfolge durchzugehen.
Wir wollen die Repräsentanten der 5 Zeilenkategorien 1, α, β, γ, 0
geradezu als die (symbolischen) „Ziffern“ der zeilenschematischen Dar-
stellung von a — kurz als die (Zeilen-)Ziffern von a — hinstellen. Es
werden dann grössere Klassen von Problemen in elegantem fünfziffrigen
Rechnen sich lösen lassen.
Von den 5 Zeilenkategorien können in dem Relativ a von vorn-
herein irgendwelche, nur nicht alle, unvertreten sein. Das a braucht
z. B. nicht gerade Leerzeilen zu besitzen. In solchen Fällen kann man,
damit die Stelle der übrigen Ziffern gewahrt bleibe, die Ziffer der
fehlenden Kategorie durch einen Horizontalstrich im Schema 1) er-
setzen, für unser Beispiel also
a = 1αβγ-
schreiben. Und darnach würde z. B. auch sein:
1 = 1----, 0 = ----0, dagegen ---γ-
ein Relativ vorstellen, welches lediglich aus Zeilenreitern (einbesetzten
Zeilen) zusammengesetzt ist (und späterhin als „Argument von-“ zu
bezeichnen sein würde).
Indessen für gewisse Untersuchungen werden wir gar nicht nötig
haben, das Unvertretensein von Elementegruppen ausdrücklich zu mar-
kiren oder von demselben überhaupt Notiz zu nehmen.
Behufs Studiums der Zeilentransformationen mögen wir jede Zeilen-
kategorie resp. „Ziffer“ als blos eventuell vertreten ansehen.
Denn wenn z. B. eine Operation vorschreibt, das Relativ a dadurch
zu transformiren, dass man die Vollzeilen desselben abwirft, d. h. die-
selben in Leerzeilen verwandelt, so wird diese Operation in dem Falle,
wo a gar keine Vollzeilen besitzt, dasselbe einfach ungeändert lassen.
[204]Sechste Vorlesung.
Im entgegengesetzten Falle aber wird sie das Relativ a ändern, nämlich
dasselbe in
0αβγ0
verwandeln. Und wenn wir nun diesen Ausdruck als das Ergebniss der
Operation ganz allgemein hinstellen, so ist dies unbedenklich, nämlich eben-
dadurch keineswegs ausgeschlossen, dass dieses Resultat für besondre Werte
von a mit a selbst an Wert übereinstimme. Dass solche Übereinstimmung
wirklich eintreten muss, sobald — vorstehend sowie in 1) — die erste Ziffer
durch einen Horizontalstrich ersetzt wird (damit das Unvertretensein der
ersten Zeilenkategorie zum Ausdruck gebracht werde), ist vielmehr auch der
vorstehenden Darstellung des Transformationsergebnisses augenblicklich an-
zusehen.
Die Umwandlungen, die wir lernen müssen mit unsern fünferlei
Kategorieen von Zeilen ganz nach Wunsch auszuführen, bestehen darin,
dass wir sie entweder einzeln oder in irgendwelchen Kombinationen
aus a hervorheben (dieselben ausschliesslich beibehaltend) oder sie in
ihm löschen (abwerfen), dass wir ferner auf Verlangen sie verwandeln
können in ihre Negationen, oder auch in Vollzeilen sowie in Leerzeilen
(welches letztere mit dem schon erwähnten Abwerfen natürlich zu-
sammenfällt).
Die Verwandlung der Zeilen einer bestimmten Kategorie in lauter
Vollzeilen drücken wir dadurch aus, dass wir im Schema 1) eine 1 an
die Stelle der betreffenden Ziffer setzen; ihre Verwandlung in Leer-
zeilen dadurch, dass wir eine 0 für die Ziffer einspringen lassen. Die
Verwandlung der Zeilen einer Kategorie in „ihre Negationen“ (somit
die Umwandlung von den Leerstellen derselben in Augen und von den
ursprünglichen Augen derselben in Leerstellen), diese deuten wir da-
durch an, dass wir im Schema 1) über die Ziffer der Kategorie einen
Negationsstrich setzen — wobei jedoch 1̄ sogleich in 0, 0̄ in 1 um-
zusetzen sein wird.
Es ist leicht zu sehen, dass die Anzahl der so aus a erhältlichen
Relative (bei Einrechnung der beiden 1 und 0) 256 beträgt, nämlich
= 2 × 4 × 4 × 4 × 2 = 28 sein muss — entsprechend den folgenden
Möglichkeiten wie die Stelle jeder Ziffer besetzt werden kann:
| 1 | 1 | 1 | ||
| 1 | α | β | γ | 0 |
| 0 | ᾱ | β̄ | γ̄ | 1. |
| 0 | 0 | 0 |
Es handelt sich nun für uns darum, ein jedes dieser 28 = 256
aus einem gegebnen a durch blosse „Zeilenflexion“ ableitbaren Relative
vermittelst der Moduln und unsrer 6 Spezies durch a auch ausdrücken
[205]§ 15. Die Parallelreihentransformationen.
zu lernen, sowie umgekehrt für einen jeden dieser Ausdrücke — die
man etwa als die „Zeilenrelative von a“ kurz kennzeichnen könnte —
augenblicklich ermitteln zu lernen, durch welche Abwandlungen seine
Zeilen aus denen von a hervorgehn.
Bei so grosser Zahl von Problemen ist es beinah unthunlich, die
Formeln welche sie einzeln lösen thatsächlich hinzuschreiben, und
werden wir uns mit einer Methode vertraut zu machen haben, nach
welcher eine jede von den Forderungen sich erfüllen lässt.
Schematisch ist natürlich:
2) 1 = 11111, 0 = 00000,
d. h. wenn man die Zeilen aller fünf Kategorieen in Vollzeilen ver-
wandelt, erhält man den Modul 1, falls man sie abwirft (in Leerzeilen
verwandelt) den Modul 0. Mit Letzterem ist von vornherein die Iso-
lirung der fünften Zeilenkategorie in a gewährleistet. Die Ableitung
aus a von 1 = a + ā und 0 = aā ist längst bekannt.
Wir wenden nunmehr die schematische Darstellung an, um die
Ergebnisse der zweiten Hälfte des § 9, soweit sie Zeilenprobleme be-
treffen, übersichtlichst zu rekapituliren.
Für unser durch 1) schematisirtes
a = 1αβγ0
stellen sich die vier relativen (primären irreduziblen) Modul-Zeilen-
knüpfungen wie folgt schematisch dar:
3) a ; 1 = 11110, a ɟ 0 = 10000, a ; 0' = 111γ̄0, a ɟ 1' = 1ᾱ000
— was man sich in dieser Form schliesslich leichter einprägen wird
als wie die umständliche Beschreibung mit Worten, wie sie in § 9
S. 141 ‥ 143 gegeben.
In Gestalt von a ɟ 0 vermögen wir also bereits auch die Vollzeilen
aus a hervorzuheben, die Lückzeilen abwerfend jene zu isoliren.
Dieselben Modulknüpfungen auf das Relativ
4) ā = 0ᾱβ̄γ̄1
angewendet, lassen uns verfügen über die Relative:
5) ā ; 1 = 01111, ā ɟ 0 = 00001, ā ; 0' = 0α111, ā ɟ 1' = 000γ1.
Um dieses im Hinblick auf die Konstitution 4) des Negates ā nach
den vorhergehenden vier fundamentalen Schemata 3) mechanisch zu
gewinnen, braucht man blos zu beachten und sich einfürallemal zu
merken: dass β und β̄ von derselben Kategorie sind, dass dagegen α von
der Kategorie von γ̄ und γ von der Kategorie des ᾱ sein muss.
[206]Sechste Vorlesung.
Verwandelt also z. B. der relative Multiplikator (Nachfaktor) 0' die
Kategorie γ (von a) in γ̄, so muss ebendieser auch die Kategorie ᾱ von ā
in α verwandeln, während er β̄ und γ̄ bei ā, geradeso wie β und α bei a,
in 1 umsetzt. Etc.
Wir erledigen nun zuerst die Vor-Aufgabe, diese 12 primären
Zeilenrelative — als da sind: die 4 übersichtlich wie folgt zusammen-
gestellten 1), 2), 4):
1 = 11111, a = 1αβγ0
0 = 00000, ā = 0ᾱβ̄γ̄1
nebst den 8 noch einmal untereinander hingesetzt zu denkenden 3)
und 5) — diese 12 Relative zu einer „Gruppe“ in Hinsicht der drei
identischen Spezies zu ergänzen.
Die Lösung dieser Aufgabe wird für den Forscher ein gewisses Interesse
bieten, wenngleich sie zur Erreichung unsres oben gekennzeichneten Zieles
nicht unerlässlich ist. Dieselbe möge daher hier im Kontext summarisch
erfolgen.
Wir gehen mit den 12 Relativen zuerst intermultiplizirend vor, er-
gänzen jedoch neu hinzutretende Gebilde allemal sogleich dual.
Zuweilen ergeben sich für ein dabei neu hinzutretendes Relativ mehrere
gleich einfache „einfachste“ Ausdrücke. Es tritt hinzu:
6)
Dies — bis jetzt zusammen 32 — ist der Gewinn aus den zwölfen.
Jetzt müssen noch die 20 hinzugekommenen Relative mit den zwölfen,
dann unter sich, zusammengehalten werden. Damit erhalten wir noch weiter:
7)
[207]§ 15. Gruppe hinsichtlich der identischen Spezies.
Total: 64 Relative, womit die „Gruppe“ abschliesst.
[208]Sechste Vorlesung.
Was die drei mittleren Stellen betrifft, so kommen ausschliesslich vor
die 16 Triaden:
| 111 | 000 | α11 | ᾱ00 |
| αβγ | ᾱβ̄γ̄ | 00γ | 11γ̄ |
| αβ0 | ᾱβ̄1 | α1γ̄ | ᾱ0γ |
| 1βγ | 0β̄γ̄ | 1β0 | 0β̄1 |
von welchen unschwer nachzusehen, dass sie in Hinsicht der drei identischen
Spezies eine Gruppe bilden. Diese aber kommen vor mit auf jede mög-
liche Weise vorangestellter und hintangehängter 1 oder 0.
Wie ein Blick auf die Ergebnisse des Kontextes zeigt — cf. drittes
Zeilenpaar links sub 6) — ist nun auch die Isolirung der Zeilen-
kategorie γ aus a (sowie der ᾱ aus ā) gelungen. Dazu hat sich offen-
bart, dass hingegen die Isolirung der Kategorieen α sowie β (oder von
deren Negaten) vermittelst identischer Knüpfungen zwischen unsern
zwölf primären Zeilenrelativen nicht bewirkt werden kann. Um sie,
die allein noch aussteht, ebenfalls zu erreichen, wird es unumgänglich
sein, auch die sekundären irreduziblen relativen Modulknüpfungen von a
mit heranzuziehen.
Bevor dies geschieht, soll aber den zahlreichen Sätzen, welche
schon unsre primären Relative und deren identische Verknüpfungen
beherrschen, einige Beachtung geschenkt werden.
Viele von diesen Sätzen haben bereits sub 6) und 7) des Kontextes
sich uns aufgedrängt als solche, welche Gleichheit allgemein statuiren
zwischen den dort einander gleich gesetzten Ausdrücken, die sich in „eben-
bürtigen“, vollkommen oder nahe gleich einfachen Ausdrucksformen uns
darboten.
An sie werden hernach noch weitre auch auf sekundäre und höhere
Modulknüpfungen (mit) bezügliche Sätze sich anreihen.
In ihrer Gesamtheit sind diese Sätze äusserst zahlreich und ihre
vollständige Aufzählung unthunlich. Nach Vollständigkeit der letztern
zu streben wäre aber auch ebenso zwecklos, wie wenn jemand — nach-
dem das arithmetische Einmaleins nebst Adam Riese’s Multiplikations-
regel bekannt ist — nun alle erdenklichen Produkte von natürlichen
Zahlen einzeln ausgerechnet vorführen wollte.
In der That wird jeder von unsern Sätzen durch (noch bequemeres!)
fünfziffriges Rechnen nach folgenden Regeln auf das leichteste zu ge-
winnen und zu verifiziren oder zu beweisen sein:
(Identische) Multiplikation und Addition von zwei oder
mehreren schematisch dargestellten (wohlgemerkt aber immer nur aus
[209]§ 15. Zeilenschematisches fünfziffriges Rechnen.
dem nämlichen Relativ a abgeleiteten) Zeilenrelativen wird einfach voll-
zogen, indem man „überschiebend“ deren gleichstellige Ziffern ebenso
verknüpft, wobei, wenn δ irgend eine von den fünf Ziffern vorstellt,
bekanntermassen gilt:
0 · δ = 0, 1 + δ = 1, 1 · δ = δ, 0 + δ = δ, δ · δ̄ = 0, δ + δ̄ = 1,
δ · δ = δ, δ + δ = δ.
Hiezu kommt dann die schon S. 204 angeführte Regel für die Ope-
ration des Negirens, welches zifferweise auszuführen ist.
Und was endlich die (etwaigen sekundären oder höhern) relativen
Zeilenoperationen betrifft, so wird für solche wiederum das Schema 3)
maassgebend sein.
Eingeordnet wird ein solches Zeilenrelativ einem andern stets und
nur dann sein, wenn im gleichen Sinne Einordnung zwischen den
gleichstelligen Ziffern der beiden durchgängig besteht, wobei 0 ⋹ δ,
δ ⋹ δ und δ ⋹ 1 maassgebend ist. Und gleich sind zwei solche Zeilen-
relative immer und nur dann, wenn sie in den gleichstelligen Ziffern
durchaus übereinstimmen.
Als Beispiele mag der Leser die Äquivalenzen sub 6) und 7) nach-
rechnen. Weitre, auch detaillirte, Rechnungsbeispiele folgen noch.
Wir können darnach jeden nur Zeilenoperationen betreffenden Satz
künftighin als bekannt voraussetzen, eine jede, nur solche oder nur
Kolonnenoperationen involvirende Formel — mag sie besonders registrirt
worden sein oder nicht — ohne jegliche Erläuterung anziehen (citiren).
Gleichwie jedoch — um im obigen Bilde aus der Arithmetik zu
bleiben — neben dem Einmaleins und der allgemeinen Multiplikations-
regel, doch noch gewisse Sätze (wie für die Multiplikation einer Zahl
mit 0, 1, 10, 100, ‥, 11 oder 25 etc.) besonders vom Rechner an-
geeignet werden müssen, so verdienen auch hier gewisse von den mit
obigen Regeln implicite schon gegebenen Sätzen besonders hervor-
gehoben zu werden. Ohne, wie gesagt, erschöpfend zu sein, hoffen wir
doch die einfachsten und wichtigsten derselben zu treffen — viele, die
sozusagen alle Augenblicke in Betracht kommen.
Bei der Vorlegung einer ungezwungenen Auswahl von derartigen
Formeln wollen wir indess die Gespanne jeweils vollständig angeben,
also auch die Kolonnenoperationen mit einbeziehen, da solche ebensooft
Berücksichtigung heischen.
Zwischen a und seinen irreduziblen 8 primären relativen Modul-
knüpfungen gelten folgende Einordnungen:
Schröder, Algebra der Relative. 14
[210]Sechste Vorlesung.
8)
Nach den Theoremen
liefert aber jede Subsumtion uns auch zwei Paar Gleichungen — so die
obigen hier diese:
9)
— desgleichen a und ā vertauscht; dazu:
10)
11)
— Formeln, welche in succum et sanguinem des Studirenden übergehen
müssen.
Weiter gelten auch noch die Einordnungen zwischen den primären
relativen Modulknüpfungen selber:
12)
und damit ist wiederum eine Menge von Gleichungen gegeben, von denen
im Bedarfsfalle ungenirt Gebrauch zu machen ist, ohne dass sie allesamt
chiffrirt und registrirt zu sein brauchten. Wir heben hervor:
0 = (a ɟ 0)(ā ɟ 0) = (a ɟ 0) · ā ; 0' = (a ɟ 0)(ā ɟ 1') = (a ɟ 1')(ā ɟ 1') |
| 1 = a ; 1 + ā ; 1 = a ; 1 + ā ɟ 1' = a ; 1 + ā ; 0' = a ; 0' + ā ; 0'.
Sehr bemerkenswert sind weiterhin die Sätze:
13)
14)
15)
welche in 6) und 7) schon mit vorgekommen. Man kann z. B. den oberen
Satz 13) rechts auch so beweisen: a ; 1 = a ; (1' + 0') = a ; 1' + a ; 0' = a + a ; 0',
und dergleichen mehr. In allen bisherigen finden sich die primären Modul-
knüpfungen höchstens durch identische Operationen verknüpft.
Gehen wir jetzt aber zu den Sätzen höherer Stufe über, nämlich zu
solchen, worin Ergebnisse der eben charakterisirten Art selbst wieder in
[211]§ 15. Parallelreihensätze.
relative Modulknüpfungen eingehen, so sind in erster Linie anzuführen die
beiden Formelgespanne:
16)
17)
indem dieselben diejenigen von den sekundären relativen Modulknüpfungen
aufweisen, welche sich kraft der vorstehenden besondern Sätze und nicht
schon kraft des Abacus (auf den ersten Blick) reduziren.
Irreduzibel sind dagegen von den sekundären relativen Modul-
knüpfungen, welche sich lediglich als Zeilen- resp. Parallelreihen-relative
darstellen, die beiden folgenden Quadrupel, die wir mit ihren nach den
Schemata 3) und 5) ziffermässig ausgerechneten Werten angeben:
18)
19)
Von diesen werden wir wenigstens die der tiefern Stufe 18) zur Iso-
lirung der noch ausständigen Ziffern α und β heranzuziehen haben, und
werden ebendiese in Verbindung mit den primären Modulknüpfungen
sich sogar als ausreichend erweisen um alle 256 Zeilenrelative ver-
mittelst blos identischer Operationen darzustellen.
In der That lassen zunächst die irreduziblen Knüpfungen 19) durch
die 18) in doppelter Weise sich ausdrücken wie folgt:
20)
etc. — dasselbe auch rückwärts gelesen, desgl. a und ā vertauscht.
Als Paradigma der Ausrechnung von Zeilenrelativen wollen wir die
Verifikation der beiden linkseitigen Formeln L = M = R hersetzen:
a = 1αβγ0, a ɟ 1' = 1ᾱ000, L = (a ɟ 1') ; 0' = 1α000, (a ɟ 1') ; 1 = 11000,
ā = 0ᾱβ̄γ̄1, ā ; 0' = 0α111, ā ; 0' + a = 0α111 + 1αβγ0 = 1α111,
M = 11000 · 1α111 = 1α000, (a ɟ 1') ; 1 · ā ; 0' = 0α000, a ɟ 0 = 10000,
R = 10000 + 0α000 = 1α000, q. e. d.
Dass unter den Zeilenrelativen höhere irreduzible relative Modul-
knüpfungen als die sekundären 18) und 19) überhaupt nicht vorkommen,
könnte — sofern es nicht aus dem weiter folgenden ohnehin und
leichter hervorgeht — auch gerechtfertigt werden aufgrund der beiden
14*
[212]Sechste Vorlesung.
folgenden Sätze, welche jedenfalls verdienen unter den auf Zeilen-
relative bezüglichen mitangeführt zu werden:
21)
22)
Dieselben sind äusserst leicht nachzurechnen.
Die höheren irreduziblen relativen Modulknüpfungen werden dem-
nach das a nicht „am Rande“, als ersten oder letzten Term, aufweisen
können, folglich sowol Zeilen- als Kolonnenoperationen involviren.
Inbezug auf Beweismethoden gestatte ich mir hier eine Bemerkung
anzuknüpfen auf die noch einigemal zurückzukommen sein wird.
Natürlich kann der Beweis aller unsrer Formeln auch mittelst
Zurückführung auf die „Koeffizientenevidenz“ geleistet werden. Jede
Formel liefert uns — falls sie etwa eine Gleichung L = R ist, in
Gestalt von Li j = Ri j — ein richtiges Schema des Aussagenkalkuls,
dessen Richtigkeit auch rein analytisch nachweisbar sein muss. Diesen
Nachweis zu erbringen ist aber oft eine nicht zu unterschätzende
Kunst. Dies möge zunächst durch ein paar Beispiele illustrirt werden.
Zu dem Ende wollen wir einmal die erste Formel 21) auf solchem
Wege beweisen.
Es wird die Richtigkeit des Schemas:
Li j = ΠhΣkΠl(ai l + 1'l k)0'k h = Πhai h = Ri j
darzuthun sein. Diese ist aber auf den ersten Blick selbst für den Ge-
übten keineswegs ersichtlich. Man kann verbal überlegen:
Im Πl muss l ≠ k und in der Σk muss k ≠ h sein. Folglich ist der
Wert h für l effektiv zulässig; denn für l = h wird bei jedem k ≠ h der
Forderung l ≠ k schon von selbst genügt sein. D. h. in jedem Glied der
Σk tritt der Faktor ai h auf und lässt sich vorziehen bis er dicht hinter
dem Πh von Li j steht.
Ist nun bei gegebnem i auch nur eines der ai h gleich 0, so kommt
die Gleichung auf 0 = 0 hinaus, weil beiderseits mindestens ein verschwin-
dender Faktor ai h in dem Πh auftritt, und ist ihre Richtigkeit erwiesen. Die-
selbe bleibt demnach nur mehr für den Fall darzuthun, wo alle ai h = 1
sind. Wenigstens unter dieser Voraussetzung muss dann gezeigt werden,
dass der Faktor, den das in Li j = Πhai h · etc. vorgezogene ai h erhält, für
jedes h gleich 1 ist. Dieser Faktor „etc.“ wird rigoros den Ausdruck haben:
Σk0'k hΠl(ai l + 1'l k + 1'l h) = 1,
weil in dem Πl neben ai k nach Vorziehung von ai h auch dieser Faktor
fehlen muss; da jedoch tautologische Wiederholung desselben erlaubt ist,
[213]§ 15. Über Beweismethoden zu Parallelreihensätzen.
könnten wir auch den letzten Summanden 1'l h hier unterdrücken. Gleich-
viel ob mit Ein- oder Ausschluss von eventuell auch ai h ist nun aber das
Πl von allen ai l ohne ai k gewiss = 1, weil diese Faktoren eben laut Vor-
aussetzung sämtlich selbst = 1 sind. Es verbleibt demnach nur Σk0'h k = 1
zu erkennen, was daraus erhellt, dass diese Summe mindestens einen Term
0'h k = 1, wo k ≠ h ist, umfasst, q. e. d.
Man sieht zugleich, dass unser Satz 21) keines Sterns bedarf, d. h. zu
seiner Giltigkeit nicht erfordert, dass der Denkbereich 11 mehr als zwei
(mindestens drei) Elemente umfasse.
Will man an Stelle der obigen verbalen Überlegung rein rechnerisch
zuwerke gehen, so ist das Vorziehen des ai h durch folgende Transformationen
zu bewirken:
Πl(ai l + 1'l k) = Πl(ai l + 1'l k + 0) = Πl(ai l + 1'l k + 0'l h1'l h) =
= Πl(ai l + 1'l k + 0'l h)Πl(ai l + 1'l k + 1'l h) = (ai h + 1'h k)Πl(ai l + 1'l k + 1'l h),
weil in dem ersten Πl des zerfällten Produktes ausser dem verbliebenen
Faktor ai h + 1'h k alle übrigen wegen des Summanden 0'l h = 1 unwirksam
sind. Wird das Ergebniss nun mit 0'h k multiplizirt, so verschwindet der
von 1'h k herrührende Term und haben wir voraussetzungslos:
Li j = Πhai hΣk0'h kΠl(ai l + 1'l k + 1'l h),
an welchen Ausdruck nun die übrigen Bemerkungen wesentlich wie oben
anzuknüpfen sind, indem man die Möglichkeiten der Fälle gemäss des Schemas
1 = Σh(ai h = 0) + Πh(ai h = 1)
zerlegt.
Als ein weitres Paradigma wollen wir das bemerkenswerte Ge-
spann von Sätzen anführen:
23)
welches in fünfziffrigem Rechnen auf das leichteste zu verifiziren ist,
und wollen für die erste Formel desselben auch die Koeffizienten-
evidenz herbeiführen.
Hier ist zu zeigen, dass
Li j = Σhai hΠk(āi k + 1'k h)0'h j + ΠkΣhai h0'h k = Σhai h0'h j = Ri j
sein muss. Dies scheint nur so geschehen zu können, dass man drei
Hauptfälle unterscheidet.
Erstens: bei i habe a eine Leerzeile. Dann ist
Σhai h = 0 oder Πh(ai h = 0)
und kommt die Behauptung auf 0 = 0 hinaus, ist also richtig.
Zweitens: bei i habe a eine einbesetzte Zeile, und zwar sei ai m = 1
aber Σhai h0'h m = 0. Dann kommt für j = m die Gleichung abermals auf
0 = 0 hinaus, indem in Li j das allgemeine Glied der Σh mit dem ver-
schwindenden Faktor ai h0'h m behaftet ist, das zweite Πk aber die verschwin-
[214]Sechste Vorlesung.
dende Summe (bei k = m) zum Faktor aufweist. Dagegen für j ≠ m kommt
die Behauptung auf 1 + 0 = 1 hinaus.
Letzteres ist so zu sehen: Ri j wird = 1, weil 0'm j = 1 ist und somit
der Term ai m = 1 als Summand auftritt. In Li j wird das zweite Glied
= 0, indem das Πk bei k = m den verschwindenden Faktor Σhai h0'h m auf-
weist. In der ersten Summe verschwinden (wegen des bei h ≠ m ver-
schwindenden Faktors ai h) alle Glieder bis auf das dem h = m entsprechende,
welches sich als ai m0'm jΠk(āi k + 1'k m) = ai m = 1 erweist, indem hierin das Πk
die Negation der laut Voraussetzung verschwindenden Summe Σkai k0'k m ist.
Drittens: bei i habe a eine mehrbesetzte Zeile, indem, m ≠ n gedacht,
mindestens sowol ai m = 1 als ai n = 1 ist. In diesem Falle ist Σhai h0'h k = 1
für jedes k, indem diese Summe (als Summe von allen ai h mit Ausnahme
des ai k) von den beiden Gliedern ai m und ai n doch mindestens eines ent-
hält. Die Negation dieser Summe, worin auch h und k vertauscht werden
durften, mithin das Πk(āi k + 1'k h), ist also = 0 und kommt die Gleichung
auf 0 + 1 = 1 hinaus.
Sie bewahrheitet sich mithin in allen Fällen, q. e. d. Hier gestaltet
sich die zeilenschematische Verifikation einfach wie folgt:
a = 1αβγ0, ā = 0ᾱβ̄γ̄1, ā ɟ 1' = 000γ1, (ā ɟ 1')a = 0000γ0,
(ā ɟ 1')a ; 0' = 000γ̄0, a ; 0' = 111γ̄0, a ; 0' ɟ 0 = 11100, L = 111γ̄0 = R,
und sticht dagegen augenscheinlich der vorhergehende Beweis durch seine
Umständlichkeit — wonicht seine Schwierigkeiten — sehr unvorteilhaft ab.
Wenn nun doch die Herbeiführung der Koeffizientenevidenz zur
Unterscheidung verschiedener Zeilenkategorieen uns nötigt, so werden
wir diese Unterscheidung und die auf sie zu gründenden Schlüsse am
besten sogleich in ihrer konzisesten Gestalt, nämlich in Form der
fünfziffrig schematischen Darstellung und Rechnung, vollziehen! Letzteres
Verfahren ist nicht nur als ein vollwichtiges Äquivalent der in §§ 4
und 7 noch anders charakterisirten streng analytischen Methode anzu-
erkennen, sondern auch wol als eine Vereinfachung oder erhebliche
Erleichterung derselben zu begrüssen.
Nur leider ist solches Verfahren bei weitem nicht überall anwendbar,
weil eben die grosse Mehrzahl der Probleme keine reinen Parallelreihen-
probleme sind.
Bei den Kolonnenproblemen ist die Darstellung und Rechnung
genau die gleiche wie bei den Zeilenproblemen die ihnen dual ent-
sprechen. Eventuell wird man sich nur durch ein nach Art eines
musikalischen Notenschlüssels erstmals vorgeschriebenes z oder k —
etwa in Gestalt des Ansatzes:
a = z1αβγ0 resp. a = k1αβγ0
zum Bewusstsein zu bringen haben, ob die „Ziffern“ auf Zeilen- oder
ob sie auf Kolonnenkategorieen hinweisen sollen.
[215]§ 15. Parallelreihensätze.
Ein (gar nicht leicht zu verwirklichender) Fortschritt der Theorie
dürfte vielleicht dahin zu erhoffen sein, dass unsre parallelreihenschema-
tische Darstellung zunächst auch auf solche Modulknüpfungen eines Relativs
ausgedehnt wird, wo Zeilenoperationen vermischt mit Kolonnenoperationen
auftreten.
Bezüglich der Koeffizientenevidenz ist immerhin noch zu sagen,
dass dieselbe bei allen (unsern) Parallelreihensätzen herbeizuführen als
eine Fülle von Übungsaufgaben dem Anfänger sehr empfohlen werden
kann. Die dabei zu erlangende Gewandtheit und Ausbildung des
Scharfsinnes wird dann auch solchen Untersuchungen zugute kommen,
bei welchen uns Erleichterungen wie die des fünfziffrig schematischen
Rechnens nicht mehr zugebote stehen und wir auf jene allein an-
gewiesen sind. Nicht selten auch fördert das Zurückgehen auf die
Koeffizienten interessante Schemata des Aussagenkalkuls wonicht schon
des Klassenkalkuls zutage — auf derengleichen wir noch einigemal
hinweisen werden.
Um nun noch ein wenig weiter mit den „Parallelreihensätzen“ fort-
zufahren, so ist zunächst hervorzuheben, dass zwischen den (irredu-
ziblen) primären und den oben hinzugetretenen sekundären Modul-
knüpfungen 18), 19) folgende Einordnungen bestehen:
24) a ɟ 0 ⋹ (a ɟ 1') ; 0' ⋹ (a ɟ 1') ; 1 ⋹ a ; 0' ɟ 0 ⋹ a ; 0' ɟ 1' ⋹ a ; 1,
wovon die mittlere und die beiden äussersten bemerkenswerte Sätze
vorstellen — jene einen zu sich selbst dualen.
Die Einordnungen a ɟ 1' ⋹ (a ɟ 1') ; 1 | a ; 0' ɟ 0 ⋹ a ; 0', etc. bedurften
als schon aus 8) sich verstehende keiner besondern Erwähnung. Ähnliches
gilt bezüglich 9) von den Gleichungen:
| (a ɟ 1')(ā ; 0' ɟ 0) = 0 | a ; 0' + (ā ɟ 1') ; 1 = 1, etc. |
Wenn sie auch zum Teil nicht minder leicht auf frühere Sätze schon
zurückführbar sind, so mögen doch als bemerkenswert und gelegentlich
von Nutzen noch angeführt werden die Sätze:
25)
26)
27)
28)
29)
Blos als Kuriosum sei der Satz auch angeführt:
| (ā ɟ 1')a ⋹ (a ; 0' + ā) ɟ 1' | (ā ɟ 1')a ; 0' ⋹ a ; 0' + ā |
etc., weil er ausspricht, dass für b = (ā ɟ 1')a gleichzeitig gilt:
| b⋹b̄ ɟ 1' | b ; 0' ⋹ b̄. |
Dem Prädikat der ersten Subsumtion ist hier ā ɟ 1' selbst, ebenso das Sub-
jekt der zweiten Subsumtion bereits dem ersten Term seines Prädikates,
nämlich dem a ; 0' allein schon — leichterweislichermaassen — notwendig
eingeordnet, cf. 5) des § 6.
Auch den Satz:
(a ɟ 1')ā ; 0' ⋹ a ⋹ (a ; 0' + ā) ɟ 1'
etc. werden wir als speziellen Fall (für b = ā) eines allgemeineren Satzes
späterhin erkennen; der gegenwärtige aber ist ziffermässig leicht zu verifiziren.
30)
Dass nun auch
| a ; 0' · a ⋹ a ; 0' ɟ 0 | (a ɟ 1') ; 1 ⋹ a ɟ 1' + a |
etc. gilt, erscheint als ein blosses Korollar hierzu aufgrund von 8).
31)
32)
33)
34)
und dergleichen mehr.
Das Bisherige mag genügen, dem Leser eine Ahnung von der
grossen Mannigfaltigkeit schon der blos auf Parallelreihen bezüglichen
Sätze zu verschaffen, welche unsrer Theorie eigentümlich sind und die
wir nunmehr mit dem fünfziffrigen Rechnen beherrschen. So gross
diese ist, so ist aber doch noch grösser die Mannigfaltigkeit der Arten
auf welche diese Sätze noch ausserdem bewiesen und auf einander
zurückgeführt werden können. In dieser Hinsicht legt mir der ohnehin
zu sehr anwachsende Umfang meines Buches Zurückhaltung auf.
Als besonders beachtenswert mögen nur die Schemata des identischen
Kalkuls noch hervorgehoben sein, auf welchen die Koeffizientenevidenz bei
den Formeln 29) und 30) beruht. Bei diesen kommt für die erste Zeile
in Betracht, dass:
[217]§ 15. Zugrunde liegende Aussagenschemata.
35)
| Σh kai hai k0'h k = ΠkΣhai h0'h k | Πh k(ai h + ai k + 1'h k) = ΣkΠh(ai h + 1'h k) |
sein muss, wo auch ersetzbar ist
| die Doppelsumme durch | das Doppelprodukt durch |
| Σhai hΣk0'h kai k | Πh{ai h + Πk(ai k + 1'h k)}. |
Unterdrückt man den durchweg konstanten Index i und sagt für
aA, aB, aC, ‥ kürzer a, b, c, ‥, so stellen sich die Gleichungen 35) —
rückwärts durchgegangen — einfach als die Schemata dar:
35)a,
die man unschwer durch Ausmultipliziren unter Berücksichtigung des Ab-
sorptionsgesetzes beweist.
Bei jenen haben wir (nach Vertauschung von a mit ā) ebenso:
36)
wobei die rechte Seite sich nochmals kraft 35) umformen liesse. Hier
liegen ähnlich die Schemata zum Grunde:
36)a.
Wahrscheinlich lassen sich Kunstgriffe finden, durch welche die Identi-
täten 35) und 36) auch ohne Ausdeutung [Ausführung, Evaluation(?)] der
Σ und ΠZeichen rechnerisch bewiesen werden können.
Die 35) lassen erkennen, wie mit Hülfe der Relativkoeffizienten unsrer
beiden Moduln 1' und 0' hinfort kombinatorische Aggregate (resp. Produkte)
— so insbesondre die Klasse der Kombinationen ohne Wiederholungen zu
je zweien einer gegebenen (obzwar vielleicht unbegrenzten) Reihe von Ele-
menten — sich aufs konziseste in Gestalt von identischen Summen (resp.
Produkten) darstellen lassen.
Nach diesem auch methodologisch instruktiv gewesnen Exkurs
über die Parallelreihensätze kehren wir wieder zurück zu unserm Haupt-
[218]Sechste Vorlesung.
problem des Paragraphen, welches forderte: die 256 Zeilenrelative von a
vermittelst dessen relativer Modulknüpfungen und der identischen 3 Spezies
durch a selbst ausdrücken zu lehren.
Zu dem Ende blieben von den Ziffern des a und ā noch die viere
α, β, β̄, γ̄ zu isoliren, was nunmehr durch Mitbenutzung der sekun-
dären Modulknüpfungen 18) [lieber als 19)] auf das leichteste gelingt.
Und zwar ist für
a = 1αβγ0, ā = 0ᾱβ̄γ̄1
die Zusammenstellung sämtlicher Isolationsergebnisse:
37) .
Aus diesen acht Relativen lassen sich offenbar alle 256 Relative
der Zeilengruppe durch blosse Addition zusammensetzen, womit die Auf-
gabe theoretisch gelöst ist.
Zunächst kann man nämlich auch durch Addition des 2ten und
8ten, 3ten und 7ten, 4ten und 6ten dieser Relative 37) an jede einzelne der
drei Mittelstellen einen Einser bringen, indem:
01000 = (a ɟ 1') ; 1 · ā ; 0' + (a ɟ 1')ā,
00100 = (ā ; 0' ɟ 0) · a ; 0' · a + (a ; 0' ɟ 0) · ā ; 0' · ā,
00010 = (ā ɟ 1')a + (ā ɟ 1') ; 1 · a ; 0'
sein muss. Hiefür stehn freilich noch die übersichtlicheren Ausdrücke
zur Verfügung, deren Übereinstimmung mit den vorstehenden be-
merkenswerte Sätze liefert:
38)
Ähnlich ist unsre zeilenschematische Darstellung überhaupt eine fast
unerschöpfliche Fundgrube von Sätzen. Bemerkt sei z. B. noch, dass die
Isolirung von α und β auch sozusagen „voller“ [als in 37) geschehen] be-
wirkt werden kann in der Gestalt:
0α000 = (a ɟ 1') ; 1 · ā ; 0' · a ; 0' · ā ; 1 · a ; 1 · a
00β00 = (a ; 0' ɟ 0)(ā ; 0' ɟ 0) · a ; 0' · ā ; 0' · a ; 1 · ā ; 1 · a
— analog, a mit ā vertauscht, für γ̄ und β̄. Hieraus ist es eventuell nütz-
lich zu ersehen, welche Faktoren der konzisesten Darstellung 37) noch
[219]§ 15. Zur Darstellung der 256 Zeilenrelative.
zugefügt werden dürfen, mehr aber noch: welche Mitfaktoren, wenn sie
daneben auftreten, ebendort unterdrückbar sind.
Nunmehr können wir also jedes Zeilenrelativ darstellen. Z. B. wird
0ᾱ1γ1 = 0ᾱ000 + 00100 + 000γ0 + 00001
zu erhalten sein als die Summe der Ausdrücke, welche sich für die
vier Relative rechterhand in 37) und 38) einzeln angegeben finden.
Der solchergestalt durch Vereinigung gewonnene Ausdruck für ein
Zeilenrelativ ist aber — wie schon das Beispiel 38) zeigte — zumeist
nicht der konziseste, dessen das Relativ fähig ist. Statt seiner geben
wir, wo nur immer uns ein einfacherer Ausdruck zugebote steht, natür-
lich diesen letztern an. Und es bleibt ein Tummelplatz noch un-
gelöster Aufgaben: für jedes Zeilenrelativ dessen knappsten Ausdruck
(eventuell die gleich einfachen konzisesten Ausdrücke desselben) zu
finden mit der Minimalzahl der Terme (als da sind Buchstaben a, ā
oder Modulzeichen) aus denen sein Name aufgebaut, mit Hülfe deren
es hinsichtlich der Art und Weise, wie es aus a hervorgeht, „beschrieben“
werden kann.
Wir wollen nun diejenigen von den 256 Zeilenrelativen wirklich
aufstellen, die man als die ausschliesslich hervorhebenden (oder ab-
werfenden) bezeichnen könnte — inbezug auf das beliebig gegebene
Relativ a. Da von einem „Abwerfen“ der (fünften) Ziffer 0 nicht die
Rede sein kann, so gibt es deren 24 = 16 = 1 + 4 + 6 + 4 + 1 je nach-
dem keine, eine, 2, 3 und 4 von den ersten Ziffern abgeworfen werden,
nämlich:
| 1αβγ0 | 1α000 | 10000 |
| 1αβ00 | 10β00 | 0α000 |
| 1α0γ0 | 100γ0 | 00β00 |
| 10βγ0 | 0αβ00 | 000γ0 |
| 0αβγ0 | 0α0γ0 | 00000. |
| 00βγ0 |
Lexikalisch geordnet stellen sich diese Relative wie folgt wol am
einfachsten dar:
39)
1αβγ0 = a, 1αβ00 = a ; 0' · a, 1α0γ0 = (a ɟ 1' + ā ɟ 1') ; 1 · a,
1α000 = (a ɟ 1') ; 1 · a = (a ɟ 1') ; 0', 10βγ0 = (ā ; 0' ɟ 0 + a ɟ 1')a = a ɟ 0 + (ā ; 0' ɟ 0)a,
10β00 = {a ɟ 0 + (ā ; 0' ɟ 0) · a ; 0'}a = a ɟ 0 + (a ; 0' · ā ; 0' ɟ 0)a,
100γ0 = (a ɟ 1' + ā ɟ 1')a = (a ɟ 0 + ā ɟ 1')a = a ɟ 0 + (ā ɟ 1')a,
[220]Sechste Vorlesung.
10000 = a ɟ 0, 0αβγ0 = ā ; 0' · a = ā ; 1 · a,
0αβ00 = ā ; 0' · a ; 0' · a = ā ; 1 · a ; 0' · a, 0α0γ0 = ā ; 1 · a · (a ɟ 1' + ā ɟ 1') ; 1,
0α000 = (a ɟ 1') ; 1 · ā ; 0' = (a ɟ 1')ā ; 0', 00βγ0 = (ā ; 0' ɟ 0)a,
00β00 = (a ; 0' · ā ; 0' ɟ 0)a, 000γ0 = (ā ɟ 1')a, 00000 = 0.
Darnach sind auch zu ā die hervorhebenden Relative unschwer
hinzuschreiben.
Ferner wollen wir noch die schematisch blos aus Einsern und
Nullen bestehenden 25 = 32 Relative für den Gebrauch zurechtstellen:
40) .
Zöge man vor, das Problem der 256 Zeilenrelative durch (iden-
tische) Multiplikation, anstatt durch Addition, zu lösen, wofür ja Gründe
vorliegen können, so müsste man neben 1 = 11111, 0 = 00000,
a = 1αβγ0, ā = 0ᾱβ̄γ̄1 anstatt derjenigen 37) folgende acht Relative
zugrunde legen:
41)
wozu etwa noch — entsprechend 38) — die Ausdrücke für die drei
Relative 10111, 11011, 11101 aus 40) heranzuziehen wären.
[221]§ 15. Parallelreihenwandlung in niedersten Denkbereichen.
Die Gleichsetzung der beiden Ausdrücke für jedes auf die eine
und auf die andre Weise — als Summe und als Produkt — dar-
gestellte Zeilenrelativ fördert viele Parallelreihensätze zutage.
Unschwer sind die Untersuchungsergebnisse dieses Paragraphen
für den Fall zu modifiziren, wo der Denkbereich 11 blos drei, sowie
für den, wo er blos zwei Elemente umfasst.
Im Denkbereiche 1 ⅓ aus drei Elementen kommt die mittlere Zeilen-
kategorie β in Wegfall; als Zeilenschema von a verbleibt:
a = 1αγ0.
Es fallen allemal die vier Relative in eines zusammen, deren bisherige
Zeilenschemata sich blos durch die Besetzungsweise der mittleren oder
dritten Ziffernstelle (mit β, β̄, 1 oder 0) unterschied. Mithin schrumpft
a priori die Anzahl der noch zu unterscheidenden Zeilenrelative von a auf
höchstens ihren vierten Teil, das ist auf 64 zusammen. Und es behalten
alle bisherigen Sätze volle Geltung — genau so als ob in dem allgemeinen
Relativ a = 1αβγ0 die Kategorie β als unvertreten durch den Horizontal-
strich zu ersetzen gewesen wäre, wo wir a = 1α - γ0 gehabt haben würden.
Zu diesen Sätzen kommen blos, kraft der vorhergehenden Bemerkung, noch
zahlreiche weitre Äquivalenzen hinzu.
Alle diese wird der Leser sich im Bedarfsfalle mit Leichtigkeit zu-
sammensuchen. Bemerkt zu werden verdient, dass die 64 Zeilenrelative
hier schon mit denen 1) bis 7) vollständig gegeben sind. Das unter 7)
S. 208 gegebene Tableau schrumpft hier zusammen zu:
| 11 | 00 | α1 | ᾱ0 |
| αγ | ᾱγ̄ | 0γ | 1γ̄ |
| α0 | ᾱ1 | αγ̄ | ᾱγ |
| 1γ | 0γ̄ | 10 | 01. |
Hier wird man also zur Darstellung aller Zeilenrelative gar keiner sekun-
dären Modulknüpfungen 18) oder 19) bedürfen, vielmehr schon mit den
primären auskommen. Und zwar drücken jene sich durch diese beispiels-
weise — vergl. 7) und 6) — wie folgt aus:
(a ɟ 1') ; 1 = a ; 0' · (a ɟ 1' + a) = a ɟ 1' + a ; 0' · a = a ; 0' ɟ 0,
(a ɟ 1') ; 0' = a ; 0' · a, a ; 0' ɟ 1' = a ɟ 1' + a.
Weil nun aber blos drei Zeilen vorhanden sind, so werden niemals alle
vier Zeilenkategorieen gleichzeitig vertreten sein können; mindestens eine
von ihnen muss in a unvertreten sein, und wir haben die vier Fälle zu
unterscheiden:
a = 1αγ-, a = 1α - 0, a = 1 - γ0, a = -αγ0,
[222]Sechste Vorlesung.
in deren erstem und letztem die Anzahl der möglicherweise noch verschiednen
Zeilenabwandlungen sich leicht als 32 erweist, während sie sich in den
beiden mittleren Fällen sogar nur als 16 herausstellt. Die oben erkannte
Maximalanzahl der Zeilenrelative von a kann also faktisch höchstens hälftig
erreicht werden und reduzirt sich eventuell noch weiter. Dem Anfänger
eröffnet sich hier ein kleines Untersuchungsfeld.
Noch anders liegt die Sache beim Denkbereiche 1 ½ von zwei Elementen.
Hier verlieren manche von unsern allgemeinen Sätzen ihre Geltung; es treten
Ausnahmen ein — allerdings nur da vielleicht, wo relative Moduln in die
Knüpfungen eingehn. Nicht nur kommt hier ebenfalls die Kategorie β in
Wegfall, sondern es fallen auch die beiden Kategorieen α und γ in eine
zusammen; es ist: α = γ, weil die einbesetzten Zeilen hier auch einlückige
sein müssen.
Behalten wir α als Namen für diese koinzidirenden Kategorieen bei,
so werden wir als allgemeines Zeilenschema haben:
a = 1α0,
und kann die Anzahl der Zeilenabwandlungen 16 jedenfalls nicht über-
steigen — das um so weniger, als es jetzt überhaupt nur 16 Relative gibt.
Wie sonst ist:
a ; 1 = 110, a ɟ 0 = 100, ā = 0ᾱ1, ā ; 1 = 011, ā ɟ 0 = 001.
Für a ; 0' und a ɟ 1' dagegen würde das Schema 3) S. 205 nicht aufrecht zu
erhalten sein, indem es sowol 110 wie 1ᾱ0, resp. 1ᾱ0 wie 100 wider-
sprechend ergäbe, jenachdem die mittlere Ziffer von a angesehen wird als
Repräsentant der frühern Kategorie α, oder der γ.
In Wirklichkeit gilt bei a ; 0' das letztere, bei a ɟ 1' das erstere, mit-
hin bei beiden Modulknüpfungen übereinstimmend das nämliche. Doch
muss man, um dies zu eruiren, auf die ursprüngliche Koeffizientenbedeutung
für die Modulknüpfungen a ; 0' und a ɟ 1' zurückgehn.
Halten wir das, eine bestimmte von den beiden Zeilen markirende i
fest, und denken uns den Kategorieen 1, α oder 0 entsprechend die beiden
ai h (für h = i und h ≠ i) gegeben, so bleibt uns für jedes der beiden j
zu ermitteln:
(a ; 0')i j = Σhai h0'h j = ai A0'A j + ai B0'B j |
| (a ɟ 1')i j = Πh(ai h + 1'h j) = (ai A + 1'A j)(ai B + 1'B j).
Von den beiden Modulkoeffizienten wird sicher der eine = 0, der andre
= 1 sein, weil j entweder A oder B bedeuten muss. Sind daher nach h
beide ai h gleich 1, so werden auch unsre Modulknüpfungskoeffizienten sicher
gleich 1, sind jene beiden gleich 0, so werden es auch diese. Den Voll-
und Leerzeilen von a entsprechen also wieder Voll- resp. Leerzeilen bei
a ; 0' und a ɟ 1'.
Gehört dagegen die ite Zeile von a der Kategorie α an, so muss von
den nach h beiden ai h das eine = 1, das andre = 0 sein.
Nennen wir dann j den von i verschiednen Index, so wird in Betracht
kommen:
[223]§ 16. Inverse Parallelreihenprobleme.
| (a ; 0')i i = ai i0'i i + ai j0'j i = ai j | (a ɟ 1')i i = (ai i + 1'i i)(ai j + 1'j i) = ai j, |
| (a ; 0')i j = ai i0'i j + ai j0'j j = ai i | (a ɟ 1')i j = (ai i + 1'i j)(ai j + 1'j j) = ai i. |
Auch konnten diese Schemata schon zur Verifikation der vorher-
gehenden Ergebnisse verwendet werden.
Ist nun ai i = 1, somit ai j = 0, so folgt:
(a ; 0')i i = 0 = (a ɟ 1')i i, (a ; 0')i j = 1 = (a ɟ 1')i j.
Ist dagegen ai i = 0, somit ai j = 1, so folgt:
(a ; 0')i i = 1 = (a ɟ 1')i i, (a ; 0')i j = 0 = (a ɟ 1')i j.
Das heisst: in beiden Fällen verkehrt sich die Zeile α von a bei den rela-
tiven Knüpfungen mit den relativen Moduln in ᾱ; und es gilt in unserm
Denkbereiche 1 \frac{2}{2}:
a ; 0' = a ɟ 1' = 1ᾱ0.
Die erstere Gleichung hat begreiflich eine gewaltige Reduktion aller
Formeln zur Folge.
Wieder aber muss, weil überhaupt nur zwei Zeilen vorhanden sind,
von den drei Zeilenkategorieen mindestens eine unvertreten sein in jedem
Relative a. Oder man hat die drei Fälle:
a = 1α-, a = 1 - 0, a = -α0,
deren mittlerer nur 4, deren beide äusseren blos 8 Zeilenflexionen zulassen.
§ 16. Die inversen Zeilen- oder Kolonnenprobleme.
Die im vorigen Paragraph gelösten mögen füglich „direkte“ Parallel-
reihenprobleme genannt werden. Sie liefen auf zweierlei hinaus: Ein-
mal, jedes einer „Parallelreihengruppe“ von a angehörige Relativ,
mittelst der fünfziffrig schematischen Ausrechnung desselben, nach seiner
Entstehung aus a auf die konziseste und durchsichtigste Weise be-
schreiben zu lernen — wenn wir zur „Zeilen-(resp. Kolonnen-)gruppe“
von a alle diejenigen Relative zählen, welche aus a abgeleitet sind
lediglich mittelst der drei identischen Spezies in Verbindung mit solchen
relativen Modulknüpfungen, die eingangs des § 15 als blosse „Zeilen-
(resp. Kolonnen-)operationen“ charakterisirt wurden. Sodann auch um-
gekehrt: jedes in schematisch fünfziffriger Darstellung gegebne Relativ
vermittelst der ersten sechs Spezies unsrer Theorie (wobei von den
relativen nur solche der vorhin charakterisirten Art zu verwenden
sind) ausdrücken zu lernen durch a.
Diesen „direkten“ Parallelreihenproblemen stehen nun noch andre
gegenüber, die als die „inversen“ bezeichnet zu werden verdienen. Letz-
tere sind — der fünften Vorlesung gemäss — teils Auflösungs- teils
Eliminationsaufgaben.
[224]Sechste Vorlesung.
Das allgemeinste zu den „Parallelreihenproblemen“ gehörige Auf-
lösungsproblem besteht darin, eine Gleichung
1) F(x) = 0
aufzulösen, deren Polynom F(x) eine Parallelreihen-(z. B. Zeilen-)
Abwandlung von x ist, d. h. zu dessen Zeilen- oder Kolonnengruppe
gehört.
Formell noch etwas allgemeiner wäre das Problem der Auflösung sei
es einer Subsumtion sei es einer Gleichung:
2) φ(x) ⋹ψ(x) resp. φ(x) = ψ(x),
worin beide Seiten der Zeilengruppe*) von x angehören. Für solche prak-
tisch immerhin wichtige Fälle sei der Rat eingeschaltet, sie auf die vorige
Form zurückzuführen gemäss den Schemata:
φ(x)ψ(x)͞ = 0 resp. φ(x)ψ(x)͞ + φ(x)͞ψ(x) = 0,
indem man — x = 1αβγ0 gesetzt — erst zeilenschematisch ihre beiden
Seiten φ(x) und ψ(x) selbst ausrechnet und deren so gewonnene Dar-
stellungen nach Bedarf negirt, nicht aber in Gestalt von φ̄(x), ψ̄(x) die
Negation schon an den analytischen Funktionsausdrücken ausführt. Die
Zurückführung der Aufgaben 2) auf die speziellere Form 1) vollzieht sich
alsdann mit solcher Leichtigkeit, dass es nicht verlohnt, das für diese 1)
vorzutragende Auflösungsverfahren auch auf die Aufgaben 2) ausdrücklich
auszudehnen, für welche es sich in der That unschwer modifiziren aber
doch nicht ohne Umständlichkeiten schildern lassen würde.
Wie sich zeigen wird liefert die Elimination von x aus 1), sofern
diese Gleichung nicht absurd ist, allemal keine Resultante und ist die
Gleichung immer auflösbar. Aus diesem Grunde kann hier das Auf-
lösungsproblem unabhängig von und vor dem Eliminationsprobleme er-
ledigt werden.
Und soll bei den Zeilenproblemen überhaupt von einer Elimina-
tionsaufgabe die Rede sein, so müssen wir diese in der ihr im § 12,
S. 174 gegebenen weiteren Fassung formuliren als die Aufgabe: aus
einer Gleichung
3) f(u) = x,
in welcher x gegeben ist und f(u) eine blosse Zeilenabwandlung von u
vorstellt, das unbestimmte Relativ u zu eliminiren.
Von diesen beiden inversen Problemen wollen wir nunmehr das
Auflösungsproblem 1) in Angriff nehmen. Zu einem leichten und
eleganten Verfahren, dasselbe systematisch zu lösen, gelangen wir,
[225]§ 16. Inverse Parallelreihenprobleme.
indem wir die Lösung einer grösseren Anzahl (32) von vorgängigen
Aufgaben vorausschicken, von denen aber nur eine Minderzahl (näm-
lich 7) als etwas schwierigere hervortreten.
Die (wie man sehn wird: 32) fundamentalen Aufgaben charak-
terisiren sich wie folgt:
Durch ein arbiträres Relativ u jedes solche Relativ darzustellen,
in welchem von den fünf Zeilenkategorien (Ziffern)
1αβγ0
irgendwelche unvertreten sind.
Dass mit diesen Aufgaben unser Problem 1) gelöst sein wird, ist
leicht so zu sehen.
Allgemein kann man x zeilenschematisch als x = 1αβγ0 ansetzen
und dann das zugehörige (der „Zeilengruppe“ von x laut Voraussetzung
angehörende) Polynom F(x) der aufzulösenden Gleichung 1) mit Leich-
tigkeit fünfziffrig ausrechnen.
Man erhält auch für dieses einen zeilenschematischen Ausdruck
von der Form 1αβγ0, in welchem jedoch — je nach der Natur der
gegebenen Funktion F — einzeln und unabhängig von den übrigen
Ziffern eine jede von den vorstehenden Ziffern auch durch 0 oder 1,
ausserdem von den drei mittleren Ziffern eine jede auch durch ihre
Negation vertreten sein kann. Die Gleichung 1) verlangt nun, dass
jede Zeilenkategorie des x, deren Ziffer bei der Ausrechnung des F(x)
sich nicht ohnehin in eine 0 verwandelt, in x unvertreten sei, was auch
umgekehrt zu ihrer Erfüllung genügt; sie fordert nämlich, dass F(x)
lauter Leerzeilen aufweise.
Darnach wird also x einfach gleich einem solchen f(u) zu setzen
sein, welches die betreffende von den 32 Hülfsaufgaben löst.
In dem Falle wo sich F(x) = 11111 herausstellt, und nur in diesem,
wird daher die Gleichung 1) absurd sein, keine Wurzel zulassen und bleibt
die Aufgabe unmöglich.
Falls dagegen F(x) = 00000 sich ergibt, bleibt x = u vollkommen
unbestimmt oder willkürlich.
In jedem andern Falle gibt es spezifische Ausdrücke für die allgemeine
Wurzel, die durch die Lösung einer bestimmten von den 32 — 2 = 30 ver-
bleibenden Hülfsaufgaben dargeboten werden.
Das Unvertretensein einer Zeilenkategorie deuten wir durch einen
an die Stelle ihrer Ziffer gesetzten Horizontalstrich an. Dann gibt es
in der That 25 = 1 + 5 + 10 + 10 + 5 + 1 = 32 Probleme, jenachdem
kein, 1, 2, 3, 4, 5 Striche in das Zeilenschema eintreten.
Was zunächst die drei mittleren Kategorieen betrifft, so haben wir
die 23 = 1 + 3 + 3 + 1 = 8 Möglichkeiten:
Schröder, Algebra der Relative. 15
[226]Sechste Vorlesung.
| ?αβγ? ?αβ-? ?α-γ? | bei denen wir die Besetzung der beiden äussersten Kategorieen durch ein Fragezeichen angedeutet, unentschieden gelassen haben. |
| ?-βγ? ?α--? | Aus diesen 8 gehen — in 4 Oktaden — die 32 Möglich- keiten hervor, indem wir: |
| ?-β-? ?--γ? | erstens das erste Fragezeichen durch 1, das letzte durch 0 ersetzen, |
| ?---? | zweitens das erste durch 1, das letzte durch den Strich, drittens das erste durch Strich, das letzte durch 0, viertens beide Fragezeichen durch den Horizontalstrich ersetzen. |
Von der ersten Oktade fällt jedoch die erste Möglichkeit fort, weil es
keine Bestimmung des gesuchten Relativs
(„Aufgabe 1“) 1αβγ0
involvirt, von demselben zu verlangen, dass in ihm alle fünf Kategorieen
eventuell vertreten seien, keine ausgeschlossen. M. a. W. als Lösung wäre
zu notiren:
4) .
Desgleichen kommt von der letzten Oktade die letzte Möglichkeit in
Wegfall, weil es absurd ist, ein Relativ
(„Aufgabe 32“) -----
konstruiren zu wollen, welches weder besetzte noch Leerzeilen (d. h. über-
haupt keine Zeilen) habe, worin m. a. W. jede Zeilenkategorie ausgeschlossen.
Die Stelle der Lösung vertritt bei dieser Aufgabe der Ansatz:
5) .
Es bleiben also nur 30 wirkliche Probleme. Von diesen ist auch aus
der zweiten und dritten Oktade eines, das letzte, sofort abgethan durch die
Bemerkung, dass:
6) („Aufg. 16“)(x = 1----) = (x = 1) | (x = ----0) = (x = 0)(„Aufg. 24“)
ist. Dies sind die beiden einzigen von den 32 Aufgaben, wo sich die Un-
bekannte als völlig bestimmt erweist.
Es bleiben also nur 28 Probleme, nämlich von der ersten Oktade die
7 letzten, von den drei übrigen Oktaden je die 7 ersten.
Von diesen 28 lassen sich die 3 × 7 = 21 Aufgaben, wo im schema-
tischen Ausdruck des gesuchten x die Ziffer 1 und 0, oder wenigstens eine
von diesen beiden Ziffern vorkommt — das sind also die Aufgaben aus
den drei ersten Oktaden — ohne weitres lösen (und zwar im Allgemeinen
auf mehrere „wesentlich verschiedene“ Arten) — sodass nur die 7 ersten
Aufgaben der vierten Oktade als etwas schwierigere Probleme verbleiben.
Jenes genauer wie folgt.
[227]§ 16. Auflösungsprobleme der Parellelreihengruppe.
Um irgend eine Aufgabe der ersten Oktade (x = 1???0) zu lösen
— so, dass die allgemeine Wurzel auch der Adventivforderung genügt —
ersetze man in dem für x geforderten Zeilenschema jeden Horizontal-
strich durch 1 oder durch 0 auf jede mögliche Weise. Jedes so ge-
wonnene Zeilenschema (ihre Anzahl wird gleich 2 hoch der Anzahl
jener Horizontalstriche sein) lässt sich nach § 15 (wenn dort u für a
gesagt wird) durch u = 1αβγ0 ausdrücken und liefert sein Ausdruck
f(u), gleich x gesetzt, eine richtige und befriedigende allgemeine Lösung
(Wurzel) der Aufgabe.
Für jedes u ist nämlich klar, dass x = f(u) eine richtige Lösung sein
muss, indem die in u vielleicht vorhandnen, in x aber stets unvertreten
geforderten Zeilenkategorieen in der That in f(u) fehlen werden, sintemal
sie sämtlich hier sei es in volle sei es auch in leere Zeilen verwandelt
wurden und so blos die Menge der ohnehin vielleicht vorhandnen Voll-
und Leerzeilen des u vermehren — während die übrigen Zeilenkategorieen
des u sich in f(u) unverändert wiederfinden. Also jedes f(u) ist eine
Wurzel. Dies f(u) liefert aber auch jede mögliche Wurzel x, indem es
sein Argument u wiedererzeugt sobald in u( = x) die unvertreten gewünschten
Zeilenkategorieen von vornherein fehlten — und diese brauchten ja in der
That in u nur eventuell vertreten zu sein, sie durften auch von vornherein
darin fehlen.
Um irgend eine Aufgabe der zweiten Oktade (x = 1???-) zu
lösen, verwandle man jeden Horizontalstrich des für x verlangten
Schemas in die Ziffer 1,
Um irgend eine Aufgabe der dritten Oktade (x = -???0) zu
lösen, dagegen in 0,
und verwerte das so gewonnene Zeilenschema in gleicher Weise, wie
bei der ersten Oktade geschildert.
Die Begründung ist hierbei die analoge. Im Einzelnen werden wir haben:
7)
— wie aus den Ansätzen x = 1αβ10 resp. 1αβ00 nach dem angegebnen
Verfahren zu erhalten.
Ohne Rücksicht auf die Adventivforderung würden auch noch die An-
sätze x = 1αβ̄10, 1αβ̄00, 11βγ̄0, 10βγ̄0, 11β̄γ̄0, 10β̄γ̄0 analog ver-
wertbar sein und richtige aber nicht befriedigende Ausdrücke f(u) für die
allgemeine Wurzel x liefern. Auf solche Lösungsmöglichkeiten wollen wir
künftig kaum je noch einen Seitenblick werfen.
8)
wie aus x = 1α1γ0 resp. 1α0γ0 erhältlich.
9)
aus x = 11βγ0 resp. 10βγ0.
15*
[228]Sechste Vorlesung.
10)
aus x = 1α110, resp. 1α100, 1α010, 1α000.
11)
aus x = 11β10 resp. 11β00, 10β10, 10β00.
12)
aus x = 111γ0, 110γ0, 101γ0, 100γ0.
13)
aus x = 1???0 für ??? = 111 resp. 110, 101, 100, 011, 010, 001, 000.
Vergl. 40) des § 15. Von diesen acht verschiednen Darstellungen des
allgemeinsten Relativs, welches nur aus vollen oder auch leeren Zeilen besteht,
mögen wir ihrer Einfachheit halber künftig die erste als die Lösung
katexochen benutzen (ebenbürtig mit ihr wäre auch die letzte).
Ohne Rücksicht auf die Adventivforderung würden sich sogar alle
Formeln 40) des § 15 ohne die erste und letzte derselben — mithin
ihrer 30 — zur Darstellung solchen Relativs verwenden lassen.
Hiermit ist die erste Oktade unsrer Aufgaben erledigt, welche sich
hinsichtlich ihrer Lösungen als die vielförmigste erweist.
Zweite Oktade.
14)
aus x = 1αβγ1 — gibt das allgemeinste Relativ mit lauter besetzten Zeilen,
m. a. W. ohne Leerzeilen.
[229]§ 16. Auflösungsprobleme der Zeilengruppe.
15)
aus x = 1αβ11 — gibt das allgemeinste Relativ mit lauter mehrbesetzten Zeilen.
16)
aus x = 1α1γ1.
17)
aus x = 11βγ1.
18)
aus x = 1α111 — gibt das allgemeinste Relativ ohne Mehrlückzeilen.
19)
aus x = 11β11.
20)
aus x = 111γ1.
Dritte Oktade — vergleiche demnächst 39) des § 15.
21)
aus x = 0αβγ0 — gibt das allgemeinste Relativ mit lauter Lückzeilen, m. a. W.
ohne Vollzeilen.
22)
aus x = 0αβ00.
23)
aus x = 0α0γ0.
24)
aus x = 00βγ0 — gibt das allgemeinste Relativ mit lauter Mehrlückzeilen.
25)
aus x = 0α000.
26)
aus x = 00β00.
27)
aus x = 000γ0 — gibt das allgemeinste Relativ ohne mehrbesetzte (d. i. mit
höchstens einbesetzten) Zeilen.
Die vorstehende Aufzählung der Lösungsformen für die Aufgaben
unsrer drei ersten Oktaden ist zwar in Hinsicht auf die angewendete
Methode als eine vollständige zu bezeichnen. Dagegen macht sie auf Voll-
ständigkeit überhaupt natürlich keinen Anspruch.
[230]Sechste Vorlesung.
Weitre Lösungsformen würden sich schon ergeben, wenn man die
Zeilenkategorie β durch β̄ vertreten liesse, desgleichen da wo γ fehlt, die
α durch γ̄, und eventuell wo α fehlt, die γ durch ᾱ, sodann wie bisher
verführe; nur müsste dabei der Erfüllung der Adventivforderung noch be-
sonders Rechnung getragen werden.
Ferner würden sich aber noch ganz neue Lösungsformen ergeben, wenn
man die in dem arbiträren u eventuell vorhandenen in x unvertreten ge-
wünschten Zeilenkategorien — anstatt sie wie bisher zu den Kategorieen
der Ziffern 1 oder 0 mittelst geeigneter Umwandlung zu schlagen — viel-
mehr zu den in x durch Ziffern α, β oder γ vertretenen Zeilenkategorien
schlüge. Auch dieses lässt sich verwirklichen auf eine Weise, die wir
nun genötigt sind bei der vierten Oktade darzulegen, weil wir dort
zu dieser Methode unsre Zuflucht nehmen müssen, indem ein andres Ver-
fahren gar nicht zugebote steht. So könnten auch für die bisherigen Auf-
gaben noch Lösungsformen aufgestellt werden, wo der Ausdruck für die
allgemeine Wurzel gar kein „reines Zeilenrelativ“ mehr ist — siehe dem-
nächst.
Vierte Oktade.
Die Lösung der nunmehr noch verbleibenden sieben schwierigern
Aufgaben letzter Oktade lässt sich nicht, wie die bisherigen, durch ein
„reines Zeilenrelativ“ darstellen, d. h. durch einen Ausdruck, welcher
lediglich „Zeilenoperationen“ an u auszuführen vorschreibt — zu denen
wir ja nächst den „Zeilen-(Modul-)knüpfungen“ des § 15 blos die 3 iden-
tischen Spezies zählten. Vielmehr wird zum Aufbau gedachter Lösungen
auch noch identische Multiplikation mit 1' oder 0' heranzuziehen sein,
und bei einer von den 7 Aufgaben, der „Aufgabe 30“, sogar dies nicht
ausreichen.
Während die beiden absoluten Moduln, als durch die „Zeilenoperationen“
a + ā = 1, aā = 0
aus diesem ableitbare, zur „Zeilengruppe“ jedes Relativs a eo ipso gehören,
ist dies nämlich mit den beiden relativen Moduln nicht der Fall: 1' und 0'
selbst lassen sich aus a nicht durch blosse Zeilenoperationen ableiten. Denn
erstens gelten die Analoga zu vorstehenden Ableitungen:
1' ⋹ a + ā̆, aā̆ ⋹ 0'
bekanntlich nicht als Gleichungen sondern blos als Subsumtionen, und
zweitens gehört die dabei mitverwendete Operation der Konversion, welche
ja vielmehr Zeilen- und Kolonnenknüpfungen in einander verkehrt, nicht
zu den „Zeilenoperationen“. Wer die Behauptung nicht zugeben wollte,
wäre verpflichtet — was eben niemand vermag — das Gegenteilige zu
leisten und sie damit zu widerlegen. 1' und 0' finden sich im Allgemeinen
nicht unter den 256 Relativen der Zeilengruppe von a.
In Gestalt des Moduls 1' aber verfügen wir über ein spezielles
Relativ welches lediglich aus einbesetzten Zeilen (der Kategorie γ) be-
[231]§ 16. Auflösungsprobleme der Zeilengruppe.
steht, und in Gestalt von 0' vermögen wir ein solches anzugeben, das
nur einlückige Zeilen (von der Kategorie α) enthält. Bringen wir irgend
eine Vollzeile zum Schnitt mit 1', so erhalten wir eine einbesetzte
Zeile — die nämlich ihr einziges Auge als Zeilenreiter auf der Haupt-
diagonale trägt. Und bringen wir eine Vollzeile zum Schnitte mit 0',
so verwandelt sie sich in eine einlückige Zeile — mit der Lücke auf
der Hauptdiagonale.
Umfasst der Denkbereich 11 blos 2 Elemente, so schliessen diese beiden
Kategorieen einander nicht aus, vielmehr wird die durch den Schnitt er-
haltene Zeile eine einbesetzte und einlückige zugleich sein.
Umfasst (dagegen) — unter der Herrschaft des Sternes *, die wir
für das folgende zur Voraussetzung erheben — der Denkbereich 11
mehr als 2 Elemente, so werden die einbesetzten Zeilen von 1' zugleich
mehrlückige, die Zeilen von 0' auch mehrbesetzte einlückige Zeilen sein,
und ebenso bezüglich die erwähnten Schnittzeilen. Dieselben werden
alsdann in disjunkte Zeilenkategorien fallen.
Auf obigen Wahrnehmungen beruht es nun, dass von unsern 7
noch ausstehenden Aufgaben sich sechse sofort lösen lassen, und wollen
wir, anstatt die zum Ziel führende Methode noch abstrakt voraus zu
charakterisiren, ungesäumt in’s Detail eintreten.
28) wo f(u) = ū ; 1 · u + 1'(u ɟ 0 + ū ɟ 0)
genommen werden kann, darin das 1' aber auch durch 0' ersetzt werden
dürfte. Ebenso, etwas symmetrischer, könnte man nehmen:
28)af(u) = ū ; 1 · u + 0'(u ɟ 0) + (ū ɟ 0)1'
wozu zu merken wäre, dass man die beiden relativen Moduln auch
durch irgend einen von ihnen ersetzen, jeden in den andern verwandeln,
z. B. auch sie vertauschen darf.
Herleitung und Begründung. Es ist das allgemeinste Relativ zu kon-
struiren, welches nur besetzte Lückzeilen hat, der Vollzeilen sowol als der
Leerzeilen entbehrt Wir bilden
x = 0αβγ0 + 10001 · 1' oder auch 0', wonicht:
x = 0αβγ0 + 10000 · 0' + 00001 · 1'.
Im letzteren Ausdruck werden die etwaigen Vollzeilen des Relativs
u = 1αβγ0 in einlückige mehrbesetzte, dessen etwaige Leerzeilen in ein-
besetzte mehrlückige verwandelt, dessen besetzte Lückzeilen aber in Gestalt
der Ziffern αβγ von ū ; 1 · u = 0αβγ0 beibehalten erscheinen.
29) wo f(u) = ū ; 1 · u ; 0' · u + 0' {u ɟ 0 + (ū ɟ 1') ; 1}.
[232]Sechste Vorlesung.
Entstehung aus:
x = 0αβ00 + 10011 · 0'
— in Anbetracht, dass hier das allgemeinste Relativ zu bilden ist, welches
nur mehrbesetzte Lückzeilen hat. Der einzig gangbare Weg hiezu wird der
sein, dass wir von einem beliebigen Relativ u = 1αβγ0 die Zeilenkategorien
αβ beibehalten, die übrigen in solche von der Kategorie α (vermittelst
ihres Schnittes mit 0', nachdem sie in Vollzeilen verwandelt worden) um-
wandeln — sintemal uns eben eine Verwandlungsmöglichkeit derselben oder
eines Teils derselben in solche der Kategorie β nicht zugebote steht (vergl.
„Aufg. 30“).
,
30) wo f(u) = ū ; 1 · u · (u ɟ 1' + ū ɟ 1') ; 1 + {(u ; 0' + ū)(ū ; 0' + u) ɟ 0} · 1' oder 0',
und für das zweite Glied von f(u) auch genommen werden könnte:
(u ɟ 0) · 0' + (u ; 0' · ū ; 0' ɟ 0) · (0' oder 1') + (ū ɟ 0) · 1'
— desgleichen 1' und 0' vertauscht.
Es ist ein Relativ zu bilden in welchem blos einlückige nebst ein-
besetzten Zeilen vorkommen können. Wir heben aus einem beliebigen
Relativ u in Gestalt von 0α0γ0 hervor dessen einlückige und einbesetzte
Zeilen und fügen dem hinzu das mit sei es 0' sei es 1' (oder auch zum
einen Zeilenbestande mit 0' zum andern mit 1') multiplizirte Relativ
10101 = 10000 + 00100 + 00001. Da letztres Relativ nur aus Vollzeilen
und Leerzeilen besteht, und jene (die den Leerzeilen von 0α0γ0 ent-
sprechen) durch die Multiplikation mit 0' in einlückige, durch die mit 1'
in einbesetzte umgewandelt werden, während diese (die Leerzeilen) dabei
ungeändert und bei der Addition ohne Einfluss bleiben, so wird auf diese
Weise sicher unser Ziel verwirklicht — und zwar, wie leicht zu sehen, auf
die allgemeinste Weise. Denn, soll ein irgendwie als -α-γ- gegebenes x
erhalten werden, so braucht man nur u gleich diesem selbst zu nehmen;
dann wird es mit dem ersten Glied von f(u) sich nämlich wiedererzeugen,
während das zweite Glied als verschwindend ohne Einfluss bleibt, indem
sowol in 0α0γ0 die mit der Ziffer 0 markirten Leerzeilen, als auch in
10101 die mit Ziffern 1 markirten Vollzeilen alsdann fehlen werden, sinte-
mal sie ja den mit Horizontalstrich markirten in u = -α-γ- unvertreten
gewesnen Zeilenkategorien zu entsprechen hatten.
31) wo f(u) = (ū ; 0' ɟ 0)u + 1' {ū ɟ 0 + (u ɟ 1') ; 1}.
Es ist das Relativ anzugeben, welches nur mehrlückig besetzte Zeilen
(besetzte Mehrlückzeilen) enthält. Dasselbe entsteht aus
x = 00βγ0 + 11001 · 1'.
wo f(u) = (u ɟ 1') ; 1 · ū ; 0' + 0'(u ɟ 0 + ū ; 0' ɟ 0) =
32) = (u ɟ 1') ū ; 0' + {(ū ; 0' + u) ɟ 0} 0'
[233]§ 16. Auflösungsprobleme der Zeilengruppe.
das allgemeinste Relativ angibt, welches in der That nur einlückige
Zeilen besitzt. Dasselbe entsteht aus x = 0α000 + 10111 · 0'.
Bemerkenswert ist aber hier, dass man noch eine zweite, in Hinsicht
auf u und ū symmetrische, dafür aber etwas kompendiösere Form der all-
gemeinen Lösung aufstellen kann, welche von der obigen „wesentlich“ ver-
schieden ist, doch ebenfalls der Adventivforderung genügt. Da nämlich γ̄
zur selben Kategorie gehört wie α, so wird die Aufgabe
x = -α-γ̄-
mit der hier zu lösenden zusammenfallen. Aus
x = 0α0γ̄0 + 10101 · 0'
wird man daher in Gestalt von
32)af(u) = {u ɟ 1')ū + (ū ɟ 1')u} ; 0' + {(ū ; 0' + u)(u ; 0' + ū) ɟ 0} 0'
eine ebenfalls befriedigende Lösung erhalten, welche für u = -α--- eben-
dieses wiedererzeugt. Vergl. noch „Aufgabe 31“.
fordert, ein Relativ als f(u) auf die allgemeinste Weise so zu be-
stimmen, dass es lediglich mehrlückig mehrbesetzte Zeilen enthält.
Vermöchten wir auch nur ein spezielles Relativ b von dieser Be-
schaffenheit anzugeben, so wäre leicht aus
x = 00β00 + 11011 · b
in Gestalt von
33) f(u) = (u ; 0' · ū ; 0' ɟ 0)u + (u ɟ 1' + ū ɟ 1') ; 1 · b
die gesuchte Lösung zu gewinnen.
Damit mehrlückig mehrbesetzte Zeilen β überhaupt existiren können,
muss ja der Denkbereich 11 mindestens vier Elemente umfassen. Und
für jeden solchen Denkbereich wird es freilich ein Leichtes sein, eine
Matrix hinzuschreiben, welche, weil sie den Anforderungen der Auf-
gabe genügt, b genannt und als solches verwendet werden dürfte. Man
setze z. B. in jeder Zeile zwei (und nur zwei) Augen an, vielleicht eines
auf der Hauptdiagonale und eines ausserhalb, etwa oberhalb derselben!
Allein zu vermissen bleibt ein analytischer Ausdruck für solches
Relativ b. Unter den 256 Relativen der Zeilengruppe eines allgemeinen
oder unbestimmten Relativs u ist ein Relativ b der verlangten Art
jedenfalls nicht zu finden, und auch wenn man u als einen der vier
Moduln spezialisirt, wird es sich nicht ergeben. Die vier Moduln aber
sind die einzigen speziellen Relative, auf welche wir in der allgemeinen
Theorie der binären Relative uns rechnerisch zu berufen vermögen.
[234]Sechste Vorlesung.
Um auch die vorliegende sowie die noch von ihr abhängigen Auf-
gaben analytisch vollends zur Lösung zu bringen wird sonach sich wol
kein andrer Weg einschlagen lassen, als dass man ein gewisses „Prinzip“
(Relativ) r einführt, durch welches alle Elemente des Denkbereichs 11
in eine bestimmte Ordnung oder Reihenfolge gebracht werden — so
wie es etwa für die ganzen Zahlen (und mittelbar dann auch für die
reellen Zahlen überhaupt) das Relativ thut
r = „“ = „um eins grösser als-“.
Dazu würde alsdann blos b als „gleich oder um eins grösser als“:
b = „“ = 1' + r
anzunehmen sein. Etc.
Da man sich in jedem Zweig und für jede Anwendung der Theorie
auf irgend eine Weise wird helfen können, so nehmen wir auch diese
Aufgabe 30 vorderhand als gelöst an.
wo f(u) = (ū ɟ 1')u + 1'(u ; 0' ɟ 0 + ū ɟ 0) =
34) = (ū ɟ 1')u + 1'{(u ; 0' + ū) ɟ 0}
das allgemeinste Relativ vorstellt, welches lauter einbesetzte Zeilen hat.
Daneben kann man auch etwas umständlicher, aber symmetrisch bezüg-
lich u und ū nehmen:
34)af(u) = (ū ɟ 1')u + (u ɟ 1')ū + 1'{(u ; 0' + ū)(ū ; 0' + u) ɟ 0}
— mit im Allgemeinen vom vorigen abweichendem Werte, welcher
aber für u = ---γ- mit jenem und u selbst zusammenfällt, sodass auch
der letzte Ausdruck der Adventivforderung genügt.
Jenes entsteht aus x = 000γ0 + 11101 · 1', dieses aus x = 0α0γ0 +
+ 10101 · 1' und stellt eigentlich die Lösung der Aufgabe:
x = -ᾱ-γ-
vor, welche indess, weil ᾱ zur Kategorie von γ gehört, mit der obigen
zusammenfällt.
Das vorstehende Relativ x werden wir in § 30 kennen lernen als
das allgemeine Relativ, welches dem Begriffe „Argument von-“ oder
„Objekt von-“ entspricht. Er ist das Konverse des Begriffes „Funktion
von-“ oder „Bild von-“ mit welchem wir noch vielfach zu thun haben
werden — wobei mit dem kurzen „Bild von-“ auf eine (wenn auch
nicht umkehrbar) eindeutige Zuordnung oder Abbildung hingewiesen
wird. Das allgemeine Relativ „Funktion von-“ wird somit leicht hin-
[235]§ 16. Die Auflösungsprobleme der Parallelreihengruppe.
zuschreiben sein als der zu unserm x konjugirte Ausdruck, m. a. W.
als das dem analogen Kolonnenprobleme entsprechende Ergebniss.
Die Lösungen der Aufgaben 31 und 29 lassen sich übrigens auch
durch Negation auf einander zurückführen. Die Negation des allgemeinen
blos einlückigzeiligen Relativs muss ja das allgemeine blos einbesetztzeilige
Relativ sein, und umgekehrt. Damit jedoch die Adventivforderung gewahrt
bleibe, ist mit dem Vollzug der Negation an f(u) zugleich zu verbinden
die Ersetzung von u durch ū, m. a. W. das f̄(ū) der einen Aufgabe ist
jedesmal das f(u) der andern.
Auf diesem Wege ergeben sich aber von den erwarteten in formaler
Hinsicht total verschiedene Ausdrücke — ein in die Augen fallender Beleg
für die Vielförmigkeit unsrer Disziplin — und es ist wieder als eine gute
Übung für Anfänger empfehlenswert, sich von der gleichwol bestehenden
Identität der Ergebnisse zu überzeugen, wobei das fünfziffrige Rechnen die
besten Dienste leistet.
Durch das gleiche Verfahren muss (weil β̄ zur selben Kategorie wie β
gehört) die Lösung der Aufgabe 30 wieder in sich selbst übergehen (und
sie thut es). Ebenso müssen die Aufgaben 26 und 28 miteinander, die 27
sowie die 25 mit sich selbst zusammenhängen — von den früheren Auf-
gaben zu geschweigen.
Am Ende unsrer Serie von Aufgaben angelangt wollen wir noch-
mals zusammenfassen, wie nunmehr jedes Auflösungsproblem der Zeilen-
sorte rein mechanisch auf jene 32 vorstehend gelösten zurückzuführen
ist. Nachdem für
x = 1αβγ0
auch F(x) zeilenschematisch ausgerechnet ist, wird dieses sich als
eines der 256 Relative der Zeilengruppe darstellen; sein Wert wird aus
gewissen von den acht Ziffern 1, α, β, γ, 0, ᾱ, β̄, γ̄ in bestimmter
Weise fünfziffrig zusammengesetzt erscheinen.
Man hebe nun aus vorstehendem Schema von x diejenigen Ziffern
hervor, an deren Stelle im ausgerechneten Werte von F(x) Nullen stehen,
indem man die übrigen Ziffern von x je durch einen Horizontalstrich er-
setzt. So erhält man ein Schema, bestehend aus fünf teils Strichen
teils (unnegirten!) Ziffern, welches, wieder gleich x gesetzt, die Auf-
gabe löst, nämlich ihre Lösung auf eines (das gleichlautende) von den
32 zuletzt erledigten Problemen zurückführt. —
Es gibt nach Obigem zwar 256 verschiedene Auflösungsprobleme
(in Zeilenoperationen). Die allgemeinen Lösungen derselben lassen
sich jedoch — die Nichtlösung der absurden Aufgaben eingerechnet —
durch nur 32 Ansätze darstellen. Dies rührt daher, weil alle diejenigen
Gleichungen die nämliche Lösung haben müssen, deren fünfziffrig aus-
[236]Sechste Vorlesung.
gerechnete Polynome in den Nullziffern übereinstimmen — wie ver-
schieden auch in ihnen die übrigen Ziffernstellen besetzt sein mögen.
Nach diesen Erörterungen halten wir selbst ein Beispiel für überflüssig.
Um demnächst auch das Eliminationsproblem — insoweit dabei
nur Zeilenrelative in Betracht kommen — lösen zu können, müssen
wir noch für jede der fünf Zeilenkategorien die Bedingung dafür auf-
stellen, dass sie in einem Relativ
a = 1αβγ0
unvertreten sei oder fehle.
Diese Bedingung ergibt sich — bezüglich der Reihe nach für eine
jede der 5 Kategorien — sofort aus dem Ansatze:
10000 = 0, 01000 = 0, 00100 = 0, 00010 = 0, 00001 = 0,
während für die drei mittleren Kategorien auch die Ansätze:
0α000 = 0, 00β00 = 0, 000γ0 = 0
benutzt werden können.
Darnach erhalten wir, mit einigen Varianten äquivalenter Schrei-
bung die wir darunter setzen, respective:
a ɟ 0 = 0, (a ɟ 1')ā = 0, a ; 0' · ā ; 0' ɟ 0 = 0, (ā ɟ 1') a = 0, ā ɟ 0 = 0
a ɟ 1' ⋹ a, a ; 0' ɟ 0 ⋹ (a ɟ 1') ; 1, a ⋹ a ; 0', 1 = a ; 1
a ; 0' · a ⋹ (a ɟ 1') ; 1
wobei wir für den mittleren Fall noch die Schreibung
[(a ; 0' ɟ 0)(a ɟ 1' + a) = ](a ; 0' ɟ 0)a ⋹ (a ɟ 1') ; 1
als weniger einfach unterdrückt haben.
Nebenbei kamen hier in Betracht oder stellen sich heraus die
Sätze [deren erster als 22) des § 9 bereits vorgekommen]:
35)
| (a ; 1 = 0) = (a = 0) = (1 ; a = 0) | (a ɟ 0 = 1) = (a = 1) = (0 ɟ a = 1) |
36)
| (a ; 0' = 0) = (a = 0) = (0' ; a = 0) | (a ɟ 1' = 1) = (a = 1) = (1' ɟ a = 1) |
37)
denen noch eine grosse Menge solcher von ähnlicher Natur zugesellt
werden könnte, und von welchen besonders die beiden ersten sehr
wichtig sind.
Übersichtlichst kann man die Ergebnisse unsrer Untersuchung
durch die Formeln zusammenfassen (in hufeisen- oder U-förmiger An-
ordnung):
[237]§ 16. Die Eliminationsprobleme der Parallelreihengruppe.
38)
Die Aufgaben 17, 4, 3, 2, 9, deren Lösung ja die Adventivforderung
erfüllt, geben einen Fingerzeig, wie die gesuchten Bedingungen wenn man
will auch angeschrieben werden könnten in Gestalt von Gleichungen, deren
rechte Seite a selbst ist.
In der That sind den die gleiche Stellung einnehmenden von den vor-
stehenden Bedingungen bezüglich äquivalent:
| (ā ; 0' · a = a), = (ā ; 1 · a = a) | (ā ɟ 1' + a = a), = (ā ɟ 0 + a = a) |
| (a ɟ 1' + a = a) = {a ɟ 0 + (ā ; 0' ɟ 0)a = a} | (a ; 0' · a = a) = {(ā ɟ 1')a ; 1 + a = a} |
| (a ; 0' · ā ; 0' ɟ 0 + a = a) = {(a ɟ 1' + ā ɟ 1') ; 1 · a = a}. |
Das Eliminationsproblem, welches nach S. 224 zu formuliren war
als das Problem der Elimination eines Relativs u aus einer Gleichung
von der Gestalt 3):
f(u) = x
erledigt sich nun für alle unsre 256 Zeilenprobleme in folgender Weise
vermittelst bequemen fünfziffrig schematischen Rechnens.
Man setze u als ein allgemeines Relativ, in welchem jede Kategorie
von Zeilen eventuell vertreten ist, in der Gestalt an:
u = 1αβγ0
und rechne das zugehörige f(u) fünfziffrig aus. Man erhält als Wert von
f(u) ein aus gewissen von den 8 Ziffern 1, α, β, γ, 0, ᾱ, β̄, γ̄ in be-
stimmter Weise fünfziffrig zusammengesetztes Schema.
Erscheinen in letzterem — wenn auch vielleicht an andrer Stelle (als
wie in u) — wiederum alle fünf Kategorien vertreten mit Rücksicht darauf,
dass ᾱ zur selben Kategorie gehört wie γ, γ̄ zur selben wie α, und β̄ zur
nämlichen wie β, so ist auch der Wert von x = f(u) ein völlig unbestimmt
allgemeiner, kann (und wird bei geeigneter Wahl des u) jedes verlangte
Relativ vorstellen. Alsdann braucht x überhaupt keiner Relation zu ge-
nügen, m. a. W. es gibt dann keine Resultante, oder wenn man doch von
einer solchen sprechen will, so ist als solche hinzustellen die Gleichung
0 = 0. Liegt dieser Fall nicht vor, so werden in dem Schema von f(u)
gewisse Kategorien, es wird deren mindestens eine unvertreten sein, und
dann existirt auch eine Resultante.
Behufs deren Gewinnung stelle man für x ein neues Schema auf, indem
man die in f(u) vertretnen Kategorien in die maassgebende Reihenfolge
bringt und die unvertretnen mit einem Horizontalstriche markirt:
Man ziehe also sämtliche Einser aus dem Schema von f(u), falls deren
vorhanden waren, in einen einzigen Einser zusammen (nehme falls nur
einer vorkam ebendiesen) und setze ihn in dem für x zu bildenden Schema
[238]Sechste Vorlesung.
an die erste Stelle — falls keiner vorkam, hier einen Horizontalstrich an-
bringend. Ebenso vereinige man alle etwa vorkommenden Nullen zu einer
einzigen 0, welche an die letzte oder fünfte Stelle des Schema’s für x zu
setzen. Ein etwaiges β̄ an der dritten Stelle verwandle man ebenda in β,
und ein allenfalls vorkommendes γ̄ an der vierten Stelle schreibe man in
ein α verwandelt an die zweite Stelle, ebenso ein ᾱ von der zweiten als γ
an die vierte Stelle. Kommt im Schema von f(u) ein ᾱ an der zweiten
neben γ an der vierten Stelle vor, so notire man blos letztres an vierter
Stelle und markire die zweite Stelle durch einen Horizontalstrich; die
Kategorie der einlückigen Zeilen α ist dann in x jedenfalls unvertreten, und
die anscheinend doppelt (durch ᾱ und γ) vertretene Kategorie der einfach
besetzten Zeilen von f(u) ist dann, weil die Vertretung von α in u doch
auch blos eine eventuelle gewesen, nur einfach (simply) irgendwie ver-
treten — wie denn eine analoge Bemerkung inbezug auf die eventuell durch
mehrere Einser resp. Nullen vertretenen Voll- resp. Leerzeilen von x zu
machen wäre. Ebenso, falls neben α auch γ̄ in f(u) zu erblicken sein sollte,
notire man für x blos α an der zweiten Stelle und versehe die vierte mit
einem Horizontalstrich.
Auf diese Weise ergibt sich auch für x ein geordnetes Schema, welches
in der typischen Form
x = 1αβγ0
die in x eventuell vertretenen Zeilenkategorien aufzeigt, bei welchem aber
gewisse von den fünf Ziffern nicht angeführt, sondern durch einen Hori-
zontalstrich ersetzt sein werden, weil die denselben entsprechenden Zeilen-
kategorien kraft der Relation x = f(u) in x notwendig fehlen.
Nun haben wir oben hinsichtlich einer jeden der fünf Kategorien die
Bedingung dafür aufgestellt, dass dieselbe in einem Relativ a unvertreten
sei oder fehle.
Hebt man aus diesen fünf Bedingungen 38) für a diejenigen hervor,
welche das Fehlen einer Kategorie ausdrücken, die in dem vorstehenden
Schema des x durch einen Horizontalstrich vertreten ist, sagt in ihnen x
für a und bildet ihre vereinigte Gleichung, so ist ebendiese
F(x) = 0
die gesuchte Resultante der Elimination des u aus der Gleichung f(u) = x.
Und zwar ist sie nicht etwa blos, weil notwendig erfüllt, „eine“ gültige
Resultante, sondern zuverlässig „die“ vollständige Resultante, weil in jedem
Falle leicht zu sehen und anzugeben (aber nur umständlich allgemein zu
beschreiben) ist, wie man die Zeilen des u hätte annehmen können, um
irgend einen gewünschten von den überhaupt zulässigen Werten des x als
den Wert von f(u) zu erhalten. [Zu dem Ende braucht man von den
allfällig in eine mehrfach vertretene Kategorie des x übergehenden Kate-
gorien von Zeilen des u immer nur eine einzige in freier Wahl beizu-
behalten — die andern von ihnen in u als unvertreten voraussetzend —
und diese eine so anzunehmen, dass sie bei der Verwandlung, die ihr die
Bildung von f(u) auferlegt, gerade die gewünschte Zeilenkategorie des x
liefert].
[239]§ 16. Eliminationsprobleme der Zeilengruppe.
Exempel 1 zur Elimination. Aus
x = (ū ɟ 1') ; 1 + u
sei u zu eliminiren.
Auflösung. Setze u = 1αβγ0, so wird:
ū = 0ᾱβ̄γ̄1, ū ɟ 1' = 000γ1, (ū ɟ 1') ; 1 = 00011, und x = 1αβ11.
Sonach ist x beliebig von der Form:
x = 1αβ--
entbehrt nämlich der einbesetzten und der Leerzeilen. Umgekehrt kann x
jedes Relativ mit mehrbesetzten Zeilen bei geeigneter Annahme von u
vorstellen.
Die gesuchte Resultante ergibt sich darnach aus dem Produkt der
zwei obersten Aussagen rechts vom Striche in 38) in der Gestalt:
(x ; 1 = 1)(x ⋹ x ; 0') oder x̄ ɟ 0 + (x̄ ɟ 1')x = 0,
wo die beiden Faktorenaussagen auch als Einzelresultanten zu etwaigen
Schlussfolgerungen verwendet werden können. Ihre Zusammenfassung reprä-
sentirt die volle Resultante, und ist am raschesten zu gewinnen aus dem
Ansatze 00011 = 0 mittelst 40) des § 15 in der Gestalt (x̄ ɟ 1') ; 1 = 0,
was sich noch wegen 35) vereinfacht zu x̄ ɟ 1' = 0 oder:
x ; 0' = 1.
Von dieser Gleichung stellt der gegebene Ausdruck für x die allgemeine
Wurzel vor, die auch durch u + (ū ɟ 1') ; 0' darstellbar — vergl. auch
Aufg. 10 sowie das zweite und dritte Inversionstheorem in § 18, 19.
Exempel 2. Um zu zeigen, mit welcher Leichtigkeit auch die an-
scheinend verwickeltsten Aufgaben der vorliegenden Art sich nunmehr lösen
lassen, wollen wir auch noch die Aufgabe behandeln, u zu eliminiren aus
der Gleichung:
x = ū ɟ 0 + (u ɟ 1') ; 1 · ū ; 0' + (u ɟ 1')ū + (ū ɟ 1')u + (u ; 0' · ū ; 0' ɟ 0)ū
desgleichen (resp. oder auch) aus dieser:
x = ū ɟ 0 + (u ɟ 1') ; 1 · u ; 1 · ū ; 1 + (ū ɟ 1')u + (u ; 0' ɟ 0) · ū ; 0' · ū.
Auflösung. Für u = 1αβγ0 haben wir zu summiren
.
[240]Sechste Vorlesung.
Sonach ist x von der Form:
x = 1-βγ0
ein allgemeines Relativ, welches lediglich der Forderung unterliegt, keine
einlückigen Zeilen zu besitzen.
Die Bedingung hiefür ist zu entnehmen aus der zweiten Formel links
in 38) und lautet:
x ɟ 1' ⋹ x,
und als äquivalente, aber minder einfache Formen dieser Resultante liessen
sich anführen:
x ɟ 1' ⋹ x ɟ 0, (x ɟ 1') ; 1 ⋹ x, (x ɟ 1') ; 1 = x ɟ 1',
(x ɟ 1') ; 1 ⋹ x ɟ 0 + x̄ ɟ 0, etc.
Die allgemeine Wurzel der Resultante bei Aufrechterhaltung der Ad-
ventivforderung ist nachzusehen in „Aufgabe 4“.
[[241]]
Siebente Vorlesung.
Die elementaren Inversionsprobleme.
§ 17. Erste 4 Inversionsprobleme und -Theoreme.
Eine jede Aufgabe lässt sich auch „umkehren“, invertiren — gewöhn-
lich sogar in mehrfacher Weise, und sie wird dadurch zum Ausgangspunkt
für noch weitre Aufgaben. Die ursprüngliche Aufgabe verlangt, dass man
von Gegebenem ausgehend ein Gewünschtes, Gefordertes verwirkliche, aus
irgendwelchem Bekannten ein Unbekanntes, Gesuchtes herleite. Sie wird
umgekehrt, indem man dieses letztere nun als gegeben ansieht und dafür
etwas von jenem (vorhin Gegebenen) nun als gesucht hinstellt.
Was man haben und was man wünschen wird, lässt sich nicht für alle
Fälle voraussehen. Ist eine Operation ersonnen um für den Fall, dass
man dies habe und jenes wünsche, das Bedürfniss zu decken, so kann die
Sache doch auch umgekehrt liegen, und sich ein inverses Problem von
dem durch die Operation gelösten aufdrängen.
Und thatsächlich kommen solche Konjunkturen vor. Darauf beruht
der Nutzen der Probleme, deren Grundgedanke in der Umkehrung schon
gelöster Aufgaben wurzelt.
Aber auch abgesehen von allen Fragen des Nutzens beanspruchen die
Inversionsprobleme ein hohes theoretisches Interesse — ganz mit demselben
Rechte, wie die Wissenschaft überhaupt. Zu allen möglichen Prämissen
die Konklusionen sozusagen „auf Lager“ zu halten — oder wenigstens die
Methoden, um schnellstens zu diesen zu gelangen — erscheint mir als eins
der vornehmsten, wonicht als das letzte Ziel der Mathematik und Logik
überhaupt, und ich kann daher einer Äusserung des Herrn Perice nicht
zustimmen, die 9c p. 193 den Wert der inversen Operationen herabzusetzen
scheint, indem sie dieselben als fast immer nutzlos hinstellt, wofern sich
nicht eine direkte Operation mit einer „inversen Quantität“ für sie substi-
tuiren lasse — einem bedeutungsvollen Ausspruch, auf den wir S. 261
noch näher eingehn werden.
Von den Inversionsproblemen stehn im Vordergrund die „elementaren“,
welche die Umkehrung von einer der sechs Grundoperationen oder Spezies
zum Gegenstande haben.
Ist x̄ = a oder aber x̆ = a gegeben, so hat man augenblicklich x = ā
resp. x = ă. Die nicht knüpfenden beiden Spezies lösen daher die inversen
Aufgaben ihrerselbst, und ihre Umkehrungen sind gleichwie sie selber
Schröder, Algebra der Relative. 16
[242]Siebente Vorlesung.
eindeutige Operationen. [Die direkten Aufgaben bestanden hier darin,
wenn x = a gegeben war, das Negat x̄( = ā) und das Konverse x̆( = ă)
zu bilden und wurden durch die Festsetzungen (11) und (13) gelöst].
Mit dieser Bemerkung sind die Inversionsprobleme für die Spezies der
Negation und Konversion erledigt.
Was ferner die beiden identischen von den vier knüpfenden Spezies
betrifft, so haben wir uns in Bd. 1 so gründlich mit denselben beschäftigt,
dass wir auch diese als abgethan hinstellen dürfen; das Interesse für die-
selben ging schliesslich auf in dem allgemeineren Interesse an der Auf-
lösung von Gleichungen überhaupt — im identischen Kalkul.
Und so gipfelt nun unser nächstes Interesse in den Problemen, welche
aus der Umkehrung der beiden relativen Knüpfungen entspringen. Ein
solches würde beispielsweise die Auflösung nach der Unbekannten x der
Gleichung x ; b = a sein.
Weil aber die Gleichung äquivalent ist einem Paare von Subsumtionen,
welche als vor- und rückwärts genommene simultan erfüllt werden müssen
— wie denn die angeführte Gleichung zerfällt in x ; b ⋹ a und a ⋹ x ; b —
so haben wir dem gedachten Inversionsprobleme zwei einfachere vorauf-
gehen zu lassen, welche auf die Auflösung nach x je einer von diesen
Teilsubsumtionen der Gleichung hinauslaufen.
Wir haben demgemäss nicht vier sondern zwölf elementare Inversions-
probleme zu lösen — drei Quadrupel, die wir als erste, zweite und dritte
Inversionsprobleme bezeichnen wollen.
Das „erste Inversionsproblem“ verlangt die Auflösung nach dem
unbekannten Relativ x je einer der vier Subsumtionen:
1)
Die Lösung wird — wie zu sehn in leichtester Weise — vermittelt
durch eine Gruppe von Sätzen, welche ich „die ersten Inversions-
theoreme“ nenne und die im Hinblick auf ihre Symmetrie und die
cyklische Vertauschbarkeit der drei in ihnen vorkommenden Buchstaben
ganz leicht zu behalten sind. Diese Theoreme statuiren die Äquivalenz
der nachfolgend einander gleichgesetzten Subsumtionen:
2) .
Mit diesen Formeln sind allerdings die Theoreme zweimal ausgesprochen,
indem die zwei letzten Zeilen — jedoch in einer vollkommen gleich-
berechtigten Form — blos wiederholen, was schon die beiden ersten Zeilen
[243]§ 17. Erste 4 Inversionstheoreme.
besagten. Man erkennt dies, indem man dort die drei Buchstaben durch
ihre Strichkonverse ersetzt und ausserdem b mit c vertauscht — wodurch
in der That das eine Zeilenpaar aus dem andern hervorgehn wird.
Von dem hienach allein zu rechtfertigenden ersten Zeilenpaare geht
die eine Zeile aus der andern durch Konvertiren hervor. Daher bleibt
nur die erste Zeile zu begründen.
Von den sechs Subsumtionen der ersten Zeile gehen die drei letzten
durch konvertirende Kontraposition aus den drei ersten hervor und ist
deshalb blos die Äquivalenz dieser dreie darzuthun.
Letztere ist bereits garantirt durch die Äquivalenz der beiden ersten
Subsumtionen.
Denn wenn mit dem Beweisder ersten Gleichung 2) der Satz ge-
wonnen ist, dass in einer Subsumtion von der Form der ersten die drei
Buchstaben im Ringe herum vertauscht werden dürfen, so ist man berech-
tigt diesen Satz auch wiederholt anzuwenden, und man wird die dritte Sub-
sumtion auf demselben Wege aus der zweiten erhalten wie diese aus der
ersten. Dasselbe Verfahren nochmals auf die dritte Subsumtion angewendet
liefert dann nichts neues mehr, sondern führt blos wieder auf die erste
Subsumtion zurück.
Um aber jenen (einzigen) Beweis zu führen, ist nur zu zeigen dass
Πi j(Σhbi hch j⋹āj i) = Πi j(Σhci hah j⋹b̄j i),
d. h.
Πi j(Σhaj ibi hch j = 0) = Πi j(Σhbj ici hah j = 0),
Πi j h(aj ibi hch j = 0) = Πi j h(ah jbj ici h = 0)
oder auch — wenn man will:
(Σi j haj ibi hch j = 0) = (Σi j hah jbj ici h = 0)
sein muss. Und dies ist evident, weil hier die eine Seite aus der andern
hervorgeht durch cyklische Vertauschung der laufenden Zeiger i, j, h, deren
Benennung ohnehin gleichgültig ist — mit Rücksicht auf Σj h i = Σi j h — q. e. d.
Zu Zwecken der Anwendung dürften übrigens die minder symme-
trischen Ausdrucksformen unsres Satzes häufig bequemer sein:
3)
Bedenkt man noch, dass eine jede von den zwölf einander äqui-
valenten Subsumtionen in 2) oder 3) auch auf das Subjekt 1 oder
auf das Prädikat 0 gebracht werden kann, und ferner, dass sie nach
den Theoremen von Robert Grassmann auf zwei Arten in eine
Gleichung umgesetzt werden mag — indem z. B.
16*
[244]Siebente Vorlesung.
(a ; b ⋹ c) = (1 ⋹ ā ɟ b̄ + c) = (a ; b · c̄ ⋹ 0) = (a ; b · c = a ; b) = (a ; b + c = c)
sein wird — so sieht man, dass wir für jede derartige Subsumtion
augenblicklich über 12 + 24 + 24 = 60 Ausdrucksformen verfügen und
erkennt man wie ungeheuer vielgestaltig (highly multiform) unsre Disziplin
ist. Ist das ein Vorteil? Jedenfalls ist es eine Thatsache mit der wir
uns abzufinden und vertraut zu machen haben!
Von den in 3) enthaltenen Sätzen ist es noch besonders ratsam
sich als vorbildlich denjenigen einzuprägen welcher durch die Äqui-
valenz der ersten und vierten Subsumtion ausgedrückt wird:
(a ; b ⋹ c) = (a ⋹ c ɟ b̄̆).
Nach diesem Satze nämlich rechtfertigt sich die erste von den folgen-
den vier Formeln:
4)
welche unser erstes Inversionsproblem schon im Prinzipe lösen, indem
sie lehren, die Unbekannte x sei es als Subjekt sei es als Prädikat zu
isoliren.
Hiernach kann in einer Subsumtion ein relativer Faktor der einen
Seite „nach dem Striche“ (aber nicht „gegen den Strich“!) transponirt,
d. h. auf die andre Seite der Subsumtion geschafft werden als relativer
Summand, indem man ihn zugleich in sein Strichkonverses verwandelt,
und zwar: ein zweiter oder Nachfaktor kommt hinüber als zweiter
oder Nachsummand, ein erster oder Vorfaktor auch als Vorsummand.
Umgekehrt ist das Hinüberschaffen eines relativen Summanden —
wieder unter Umkehrung seiner beiden Qualitäten — nur gegen den
Strich (oder den mit den Haaren eines zu streichelnden Tieres ver-
glichenen Bogen des Subsumtionszeichens) erlaubt.
Bedenkt man jetzt, dass nach bekannten Auflösungsschemata des
identischen Kalkuls ist, etc., so haben wir in Ge-
stalt der Formeln:
5)
in aller Form die allgemeinen Lösungen unsrer ersten Inver-
sionsprobleme 1) gewonnen.
Macht man mit den gefundnen Ausdrücken der „allgemeinen
Wurzel“ x die Probe, und sagt c für u, so gelangt man zu den Formeln:
[245]§ 17. Die ersten Inversionsprobleme.
6)
deren Allgemeingültigkeit auch leicht unmittelbar aus der Koeffizienten-
evidenz zu erweisen ist.
Für die erste z. B. hat man zu zeigen, dass für jedes ij:
ΣkΠh(ai h + b̄k h)ci kbk j ⋹ ai j
sein muss. Nun enthält das Πh, welches das allgemeine Glied der Σk ist,
bei h = j den Faktor: ai jci kbk j. Folglich lässt sich in der That linker-
hand der Faktor ai j vorziehen und ist die linke Seite eingeordnet diesem, q. e. d.
Von diesen Formeln wollen wir noch die speziellen Fälle für
c = 1 resp. 0 hervorheben:
7) aus welchen ihrerseits auch wieder die allgemeinern 6) a fortiori nach
1) des § 6 folgen, sintemal (a ɟ b̄̆)c ⋹ a ɟ b̄̆, also auch
(a ɟ b̄̆)c ; a ⋹ (a ɟ b̄̆) ; a, etc.
Für diese Formeln 7) aber, als 21) des § 8, S. 126, hatten wir bereits
selbständigen Beweis gegeben.
Dass die Aufgaben 1) keine Resultante der Elimination des x
bedingen können, erhellt aus dem Umstande, dass denen links durch
x = 0, rechts durch x = 1, in allen Fällen genügt werden kann, wie
immer auch a und b gegeben sein mögen.
Bei Benutzung dieser Partikularlösungen kann man leicht nach § 12
auch die rigorose Lösung unsrer ersten Inversionsprobleme hinschreiben,
und stellt sich dieselbe folgendermaassen dar:
8)
was wir zur Vergleichung — wenn nicht blos als Kuriosum — einmal
angeführt haben wollen.
Die oben ausgeführte „Probe“ der Lösungen 5) war diejenige, die
wir als die „Probe 1“ zu bezeichnen pflegen; sie lieferte uns beim
ersten Problem die Überzeugung, dass {x = u(a ɟ b̄̆)} ⋹ (x ; b ⋹ a)
sein muss, worin, da dies für jedes u gilt, der linken Seite auch ein
Summenzeichen nach u vorgesetzt werden mag.
[246]Siebente Vorlesung.
Die „Probe 2“ hat nun zu erhärten, dass auch umgekehrt
sein muss, d. h. dass es einen Wert von u gibt für welchen die Aus-
sage hinter dem Σ erfüllt, = 1 ist, sobald von x die Voraussetzung
links erfüllt wird.
Ein solcher Wert von u ist aber in der That dieses x selber.
Denn gilt x ; b ⋹ a, so auch nach 4) x ⋹ a ɟ b̄̆, mithin x = x(a ɟ b̄̆), q. e. d.
Zur Übung möge der Leser die Formeln des Viergespanns:
| (a ; b̆)(a ; b ɟ b̄̆) ; b ⋹ a ; b | a ɟ b ⋹ {a ɟ b̆ + (a ɟ b) ; b̄̆} ɟ b |
etc. aus 6) beweisen.
Nimmt man in 2) oder 3) einen der relativen Faktoren gleich 1' an,
so ergeben sich auch die Peirce’schen Sätze 20) vom Schlusse des § 8
als besondre Fälle unsres ersten Inversionstheoremes wieder.
Auf b = a angewendet gibt uns 7): (a ɟ ā̆) ; a ⋹ a. Nach 3) des
§ 8 ist aber 1' ⋹ a ɟ ā̆, woraus folgt: 1' ; a ⋹ (a ɟ ā̆) ; a oder a ⋹ (a ɟ ā̆) ; a,
d. h. es gilt auch die umgekehrte Subsumtion der vorigen oder wir
haben die Gleichung bewiesen, deren Gespann einen wichtigen Satz
vorstellt:
9)
und in etwas an die arithmetischen Sätze a + a - a = a = a - a + a
erinnert. —
Von dem Satze 5), der unser Problem gelöst, kommen besonders
häufig zur Anwendung die Sonderfälle:
10)
11) .
[247]§ 18. Die zweiten Inversionsprobleme.
§ 18. Die 4 zweiten Inversionsprobleme nebst zugehörigen
Theoremen.
Diese Probleme fordern die vollständige Auflösung nach x der
Subsumtionen:
1)
— eine jede einzeln genommen.
Eine jede von diesen Subsumtionen involvirt zunächst eine Rela-
tion zwischen a und b, ansonst sie unmöglich bestehen kann. Diese
Relation lautet bezüglich:
2)
und kann als die Resultante der Elimination des x, sowie auch als die
Valenzbedingung für x bezeichnet werden, sintemal es nur, soferne sie
von a und b erfüllt ist, ein x geben kann, welches die Subsumtion 1)
befriedigt, dann aber auch immer solche x geben wird, die ihr genügen.
Begründung. Die Resultante lässt sich am raschesten gewinnen,
indem man an der selbstverständlichen Subsumtion
| x⋹ 1 | 0 ⋹ x |
beiderseits mit b relativ (nach- resp. vor-) multiplizirt, beziehungsweise
addirt, z. B. für die erste Aufgabe schliesst: x ; b ⋹ 1 ; b, woraus in Ver-
bindung mit der Prämisse 1) a fortiori die angegebne Resultante 2) folgt.
Auf diese Weise erhellt sogleich die Unerlässlichkeit der Resultante.
Dass sie aber auch hinreichende Bedingung für die Erfüllbarkeit der
Forderung 1) oder Existenz eines dieser genügenden x ist, geht daraus
hervor, dass, sobald sie erfüllt ist, sich sofort
| x = 1 | x = 0 |
als eine zulässige (Partikular-)Lösung darbietet und zwar als die
| Maximal- | Minimal- |
Lösung des Problemes.
Da die Resultante äquivalent ist mit
3)
so brauchen wir uns nur mehr mit der Auflösung nach x der Sub-
sumtion zu beschäftigen:
4)
[248]Siebente Vorlesung.
in welcher a und b ganz unbedingt willkürlich gegeben zu denkende
Relative, m. a. W. unbeschränkt allgemein sind — eine Resultante also
nicht mehr vorliegen kann.
Die allgemeine Lösung dieses Problems, das schon erheblich
schwieriger ist als das des vorigen Paragraphen, vermag ich sogleich
in vier wesentlich verschiedenen Formen anzugeben, deren erste die
„rigorose Lösung“ ist, wie sie bei Benutzung der im vorigen Kontext an-
gegebnen Partikularlösung nach 16), 17) S. 174 und leichter Reduktion sich
darbietet. Diese lautet für das erste unsrer Probleme a · 1 ; b · (x̄ ɟ b̄) = 0
ursprünglich: x = u + 1 ; a(1 ; b)(ū ɟ b̄) ; 1.
Nun gilt aber das Gespann der Sätze:
5)
dessen erster sich beweist mit
Li j = ΣkΣhai hbi kck j = Σhai h · Σkbi kck j = Ri j.
Nach dem dritten dieser Sätze können wir also im zweiten Gliede
unsres x den Faktor 1 ; b heraussetzend für 1 ; a(1 ; b)(ū ɟ b̄) schreiben
1 ; a(ū ɟ b̄) · 1 ; b welches identische Produkt dann noch mit 1 relativ
nachzumultipliziren bleibt. Dabei lässt sich wiederum anwenden das
erste Schema des folgenden Sätzegespannes:
6)
welches sich leicht beweist mit:
Li j = Σhai hΣkbk h = Σh kai hb̆h k = Ri j.
Und so gelangen wir zu der folgenden Form der rigorosen Lösung
unsrer Probleme 4):
7)
— welche Gleichungen, in eckige Klammern hinter ein Zeichen ge-
schrieben, den ebenfalls eingeklammerten Gleichungen 4) bezüglich
äquivalent gesetzt zu denken sein werden.
Merkwürdigerweise gehen nun die drei andern Formen der all-
gemeinen Lösung unsres Problems aus dieser rigorosen hervor, indem
man von den beiden als Terme in sie eingehenden Moduln 1 resp. 0
den einen oder den andern oder beide unterdrückt. Von diesen Formen
wird die letztgenannte die beste sein als diejenige, welche sich am
[249]§ 18. Zweite Inversionsprobleme.
weitesten von der rigorosen Lösung entfernt und dem nicht schon
glücklich mit u erratenen x weder Vollzeilen noch Vollkolonnen zu
haben auferlegt. Diese wollen wir darum auch nachher als die all-
gemeine Lösung katexochen mit voller Ausführlichkeit hinschreiben.
Wir haben also als richtige (auch der Adventivforderung ge-
nügende) allgemeine Lösungen der Probleme 4) sowol:
8)
als auch:
9)
und endlich — in vollständiger Schreibung:
10)
— so für die unabhängig beliebigen Parameter a, b. Für die durch
das Problem 1) noch in Abhängigkeit gesetzten Parameter a, b hin-
gegen muss mit der Angabe der allgemeinen Wurzel x auch diejenige
der Resultante verbunden werden, indem man schreibt:
11)
— eine Fassung, in der die allgemeine Lösung des zweiten In-
versionsproblemes ebenfalls zur Verfügung gestellt sein soll, da zu
Zwecken der Anwendung zuweilen 11) der Fassung 10) noch vor-
zuziehen sein wird.
Sagt man endlich in 11) oben links a ; b für a, so wird die Re-
sultante von selbst erfüllt, und erhält man das Formelgespann:
12)
Die vier Lösungsformen 7), 8), 9), 10) liefern natürlich, sobald man
u gleich einer Wurzel x der Aufgabe annimmt, übereinstimmend diese selber.
[250]Siebente Vorlesung.
Sobald man aber das unbestimmte oder willkürliche u so annimmt, dass
es für x eingesetzt der Aufgabe nicht selbst schon genügt, liefern zwar
die entsprechenden Formeln der vier Chiffren stets unfehlbar richtige aber
im Allgemeinen von einander verschiedene Wurzeln.
Dies lässt sich schon durch einfache Beispiele erhärten, wie etwa für
das erste Problem durch die Annahmen:
.
Die Formen sind daher, obwol sie alle die Qualifikation als eine
„allgemeine Lösung“ der Aufgabe verdienen, nicht blos formell oder äusser-
lich, sondern wesentlich verschieden zu nennen.
Ich habe mich nunmehr über Herleitung und Beweis der Formeln
8), 9), 10) auszusprechen.
Der Beweisder ersten Formel 10) zerfällt in zwei „Proben“.
Probe 1 läuft daraus hinaus, dass wir den angeblichen Wurzelwert
von x in die aufzulösende Proposition einsetzen und uns überzeugen, dass
dieselbe durch ihn allgemein, für ein beliebiges u, erfüllt wird. Zu dem
Ende ist also zu zeigen, dass:
a · 1 ; b ⋹ u ; b + a(ū ɟ b̄) ; b̆ ; b,
d. h. in den Koeffizienten, dass Lj j ⋹ Ri j, nämlich
ai jΣhbh j⋹Σlui lbl j + Σh kΠlai k(ūi l + b̄l k)bh kbh j
allgemein sein muss. Letzteres gelingt durch den Nachweis, dass die linke
Seite selbst als Glied der Summe rechterhand figurirt.
Hebt man in der That aus der Σh k bei Ri j den für k = j sich er-
gebenden Term hervor und fügt denselben tautologisch hinzu, so entsteht:
Ri j = Σlui lbl j + ai jΠl(ūi l + b̄l j)Σhbh j + Σh kΠl · etc.
= Σlui lbl j + ai jΣhbh j + Σh kΠl · etc. = Li j + etc.
weil beim mittleren Terme der Faktor Πl(ūi l + b̄l j) als Negation des vor-
hergehenden Termes unterdrückbar war. Somit ist in der That Li j ⋹ Ri j,
q. e. d.
Für die Formeln [7)], 8) und 9) braucht nun die „Probe 1“ nicht
mehr gemacht zu werden. Dass sie auch für diese stimmt, folgt nämlich
a fortiori aus dem soeben Erwiesenen.
Denn nennen wir für die erste Aufgabe des Gespannes 10) den zweiten
Term a(ū ɟ b̄) ; b̆ der Wurzel x zur Abkürzung v, so wurde soeben erkannt,
dass a · 1 ; b ⋹ u ; b + v ; b.
Bei 8) ist aber x = u + v ; 1 und bei 9) x = u + 1 ; v [bei 7) x = u + 1 ; v ; 1].
Wegen v ⋹ v ; 1 ist gewiss u ; b + v ; b ⋹ u ; b + v ; 1 ; b, und falls hiervon
der linken Seite das a · 1 ; b als eingeordnet nachgewiesen ist, so muss es
um so mehr auch der rechten Seite eingeordnet sein. Ähnlich ist aber
auch v ⋹ 1 ; v, u. s. w. — q. e. d.
Natürlich lassen sich auch diese Einordnungen direkt in den Koeffi-
[251]§ 18. Zweite Inversionstheoreme.
zienten nachweisen, was eine empfehlenswerte Übungsaufgabe für Anfänger
bildet.
Sagt man c für u, so erscheint durch unsre Probe 1 auch aus 10)
gerechtfertigt das Gespann von Sätzen:
13)
deren oberste man übrigens auch in der Gestalt hätte ansetzen können:
| a · 1 ; b ⋹ {c + a(c̄ ɟ b̄) ; b̆} ; b | c{(a + c̄ ; b̄) ɟ b̆} ɟ b ⋹ a + 0 ɟ b. |
Sagt man in 13) oben links wieder a ; b für a, wo dann wegen
a ; b ⋹ 1 ; b das Subjekt sich zu a ; b · 1 ; b = a ; b vereinfacht, so ent-
steht noch diese zu Verweisungen bequeme Form des Formelgespannes:
14)
Bemerkenswert ist, dass für den Sonderfall a = 1 resp. 0 die Sub-
sumtionszeichen in diesen Formeln in Gleichheitszeichen übergehen,
weil — wie aus deren letzter Gestalt, wegen d ; b ⋹ 1 ; b, etc. zu sehn
ist — die rückwärtigen Subsumtionen alsdann ohnehin gelten. Sagt
man schliesslich a für c, so gelangt man zu dem Gespann von Gleichungen:
15)
wovon z. B. den beiden untersten auch die Gestalt gegeben werden kann:
| a ; {b + ă ; (ā ɟ b̄)} = a ; 1 | a ɟ b (ă ɟ ā ; b̄) = a ɟ 0. |
Alle diese allgemeinen Sätze enthalten natürlich grosse Mengen von
spezielleren unter sich, von denen man besonders beachtenswerte da-
durch erhalten wird, dass man einzelne von den Buchstaben a, b, c mit
einem der Moduln identifizirt. Z. B.:
| a ; {ă ; (ā ɟ 1') + 0'} = a ; 1 | a ɟ (ă ɟ ā ; 0') 1' = a ɟ 0. |
Probe 2 läuft hinaus auf den Nachweis des Erfülltseins der Adventiv-
anforderung: dass nämlich ein den Bedingungen der Aufgabe genügendes x
aus dem allgemeinen Ausdrucke der Wurzel durch die Annahme u = x
selber hervorgehe. Dieser Probe muss vorausgeschickt werden ein kleiner
Hülfs-
Satz. Allgemein gilt:
16)
Beweis der ersten Formel. Es ist Li j = Σhai hΠkb̄h k · bh j = 0,
indem jedes Glied der Σh aus dem Grunde verschwindet, weil das Πk
bei k = j den Faktor b̄h j aufweist, der sich mit dem darauffolgenden
bh j aufhebt.
Insbesondre hat man für a = 1 resp. 0, wenn hernach a statt b
geschrieben wird:
17)
aus welchen letztern Formeln auch schon die vorigen a fortiori folgen,
sodass man nur diese 17) aus den Koeffizienten hätte zu beweisen
brauchen.
Denn wenn z. B. erkannt ist, dass (0 ɟ b̄̆) ; b ⋹ 0 ist, so muss
wegen a(0 ɟ b̄̆) ⋹ 0 ɟ b̄̆ umsomehr auch a(0 ɟ b̄̆) ; b ⋹ 0 sein.
Dies vorausgesetzt ist nun leicht zu zeigen, dass, wenn durch ein x
die Forderung
a · 1 ; b ⋹ x ; b
erfüllt ist, dann auch
x = x + a(x̄ ɟ b̄) ; b̆
sein muss. Die Voraussetzung lässt sich nämlich schreiben:
a · 1 ; b · (x̄ ɟ b̄) ⋹ 0 oder a(x̄ ɟ b̄) ⋹ 0 ɟ b̄,
woraus durch beiderseitiges relatives Nachmultipliziren mit b̆ hervorgeht:
a(x̄ ɟ b̄) ; b̆ ⋹ (0 ɟ b̄) ; b̆ ⋹ 0
— letztres nach dem ersten Schema 17) auf b̆ statt a angewendet. Damit
kommt dann offenbar die Behauptung auf x = x + 0 hinaus, q. e. d.
Ebenso trifft dann aber auch zu:
x = x + 0 ; 1, x = x + 1 ; 0, [x = x + 1 ; 0 ; 1]
und stimmt hienach die Probe 2 auch bei den übrigen Lösungen 8), 9)
[und 7)], q. e. d.
Da die soeben in Probe 2 gerechtfertigte „Behauptung“ auch einfacher
als Subsumtion, Einordnung ihres letzten Gliedes unter x, geschrieben
werden kann, so ist durch das Bisherige erwiesen, dass:
(a · 1 ; b ⋹ x ; b) ⋹ {a(x̄ ɟ b̄) ; b̆ ⋹ x}
worin rechts das Prädikat auch durch 0 ersetzbar.
Bemerkenswert ist, dass diese Aussagensubsumtion auch umgekehrt
gilt, mithin als Gleichung.
Wir haben überhaupt die Äquivalenzen:
[253]§ 18. Zweite Inversionstheoreme.
18)
— worin obendrein links vom Mittelstriche dem Subjekte rechterhand
auch ein relativer Faktor 1 vor- oder nachgesetzt werden dürfte, rechts
vom Mittelstriche dem Prädikate rechterhand ein relativer Summand 0.
[Darnach konnten die Lösungen 10) auch aufgrund des Satzes 1) des
§ 13 entdeckt werden.]
Beweis. Gilt a(x̄ ɟ b̄) ; b̆ ⋹ x, so folgt nach dem ersten Inversions-
theoreme:
a(x̄ ɟ b̄) ⋹ x ɟ b̄, a(x̄ ɟ b̄) ⋹ (x ɟ b̄)(x̄ ɟ b̄) = xx̄ ɟ b̄ = 0 ɟ b̄,
also a · 1 ; b · (x̄ ɟ b̄) ⋹ 0, a · 1 ; b ⋹ x ; b, q. e. d.
Ist nun z. B. v ; 1 ⋹ x, so folgt ebenso nach dem citirten Satze:
v ⋹ x ɟ 0 ⋹ x, also v ⋹ x, etc. wie soeben.
Die oben bei „Probe 2“ gemachte Überlegung, aus welcher her-
vorgeht, dass ein der ersten Aufgabe genügendes x jedenfalls (für
u = x) in der Form existirt:
x = u + a(ū ɟ b̄) ; b̆
und der Gedanke nahe liegt, mit diesem Ausdrucke nun auch für ein
beliebiges u die Probe 1 zu machen, welche alsdann, wie oben gezeigt,
die Vermutung bestätigen wird, dass vorstehender Ausdruck die all-
gemeine Wurzel vorstelle — diese Überlegung kann man wol als die
ungezwungenste Herleitung unsrer Resultate 10) hinstellen.
Allerdings kommt dabei etwas ein glückliches Erraten zur Wirkung,
und erscheint es sonderbar, dass folgendes Räsonnement, welches man mit
gleichem Recht anstellen könnte, ja was noch näher liegt, nicht zum Ziele
führt.
Es ist ja auch schon für die Wurzel x:
a · 1 ; b · (x̄ ɟ b̄) = 0.
Also muss mit
x = u + a · 1 ; b · (ū ɟ b̄)
gewiss die Probe 2 stimmen: auch dieser Ausdruck umfasst alle Wurzeln
und gibt uns für u = x jede Wurzel x richtig wieder. Aber es stimmt
die Probe 1 nicht. Der Ausdruck gibt nicht ausschliesslich Wurzeln. In
der That ist im Allgemeinen nicht
a · 1 ; b ⋹ u ; b + a(1 ; b)(ū ɟ b̄) ; b,
wie schon die Annahme u = 0 erkennen lässt, wo a · 1 ; b ⋹ a(1 ; b) ; b
gelten müsste, was für b = 0' das offenbar unrichtige a ⋹ a ; 0' ergäbe.
[254]Siebente Vorlesung.
Ich habe zuerst die Formeln 10) durch eine sehr viel mühsamere
Untersuchung gewonnen, indem ich der Koeffizientenforderung (der ersten
Aufgabe) mittelst arbiträrer Parameter ui j „symmetrisch allgemein“ zu ge-
nügen suchte. Von dieser Forderung:
ai jΣhbh j⋹Σhxi hbh j
muss ja in der That der allgemeine Koeffizient von x:
xi h = ui h + ΣkΠlai k(ūi l + b̄l k)bh k
die „symmetrisch allgemeine Lösung“ nach dem unbegrenzten System der
Unbekannten xi h vorstellen.
Da es jedoch auch bei diesem Verfahren nicht ganz ohne glückliches
Raten abging, will ich den Leser mit dieser meiner Herleitung verschonen
und mich mit dem Verweise auf die oben angedeutete Herleitung begnügen.
Zum Schlusse seien noch ein paar Partikularlösungen und Unter-
fälle des Problems hervorgehoben.
Als Partikularlösungen, von immerhin noch grosser Allgemeinheit,
unsrer zweiten Inversionsprobleme 4) verdienen besondre Beachtung:
19)
Namentlich also (für w = 0 resp. 1) genügt x = a ; b̆ immer der
ersten Aufgabe 4) sofern sie lösbar, also der Forderung a ⋹ x ; b.
In der That gilt der Satz:
20)
Beweis des ersten: Li j = ai jΣhbh j, Ri j = Σh kai hbk hbk j. Letz-
tere Summe enthält (für h = j) die Terme ai jΣkbk j = Li j, q. e. d.
Dass hernach auch der allgemeinere Ausdruck 19) der Forderung
unsres Problems genügt, folgt leicht a fortiori.
Schreibt man in 20) — es ist immer zunächst die erste Formel
des Gespannes gemeint — a ; b für a, so erhält man wegen a ; b ⋹ 1 ; b,
mithin auch a ; b · 1 ; b = a ; b, das Formelgespann:
21)
Und nimmt man in 20) a = 1 an, so kommt: 1 ; b ⋹ 1 ; b̆ ; b. Da
aber wegen 1 ; b̆ ⋹ 1 die umgekehrte Subsumtion ohnehin gilt, so muss
vorstehende die Kraft einer Gleichung haben und gewinnen wir, a für b
sagend, den Satz:
[255]§ 18. Zu den zweiten Inversionstheoremen.
22)
dessen direkte Rechtfertigung mittelst der Koeffizientenevidenz als eine
der leichtesten Übungen für Anfänger zu empfehlen ist.
Die Vereinfachungen von 10) für den Fall a = 1 resp. 0 sind leicht
hinzuschreiben.
Für die Annahme b = 1 resp. 0 aber erhält man zuerst (beim
ersten Probleme):
23) ,
wo die letzte Transformation sich gründet auf das erste Schema des
Satzes:
24)
dessen Beweis mit:
Li j = ΣhΠkai kbi hch j = Πkai k · Σhbi hch j = Ri j
gegeben ist.
Bemerkenswert aber ist, dass diese Lösung 23) durch eine nicht
blos formell einfachere, sondern wesentlich davon verschiedene und
bessere ersetzt werden kann, nämlich die erste des folgenden Gespannes:
25)
was zu beweisen ist wie folgt:
Probe 1 bestätigt dass:
a⋹u ; 1 + a(ū ɟ 0) ; 1 = u ; 1 + a ; 1 · (ū ɟ 0) = u ; 1 + a ; 1
— vergl. 24) — ist, weil schon a ⋹ a ; 1.
Probe 2 zeigt dass für a ⋹ x ; 1 mithin a(x̄ ɟ 0) = 0 auch x = x + a(x̄ ɟ 0) = x + 0
in der That ist.
Auch beim allgemeinen Probleme a · 1 ; b ⋹ x ; b erhält man (wie
ich zuletzt noch fand) eine richtige allgemeine Lösung, indem man in
10) den letzten Term b̆ durch 1 ersetzt; nämlich noch obendrein ist:
26)
wie der Studirende sich nun leicht beweisen wird.
[256]Siebente Vorlesung.
Diese Lösungsform ist aber, obzwar im Ausdruck noch einfacher
als wie die frühere 10) erscheinend, doch nicht so gut als sie, sintemal
sie, bei einem nicht schon als Wurzel glücklich erratenen u, dem x des
ersten Problemes wiederum die Spezialität auferlegt, Vollzeilen zu
haben, andere Wurzeln also, als wie solche die auch Vollzeilen besitzen,
mit ihr nicht anders als durch Erraten derselben gefunden werden
können.
Die Sätze 10 oder 11 oder 12), 13 oder 14) und 18) sollen künftig-
hin als „die zweiten Inversionstheoreme“ citirt werden; auch bei
26) wäre solches zulässig.
Im nächsten Paragraphen werden wir noch eine „Erweiterung des
zweiten Inversionsproblemes“ behandeln und zugehörige Sätze begründen,
die für die Lösung des dritten Inversionsproblems und seiner nächst-
liegenden Erweiterungen wesentlich sind.
§ 19. Die 4 dritten Inversionsprobleme.
Wir haben uns nun zu beschäftigen mit der vollständigen Auf-
lösung nach x einer jeden von den Gleichungen:
1)
Diese Aufgabe ist schwieriger als die beiden schon gelösten
Probleme, führt aber zu wichtigen Sätzen und eröffnet interessante
Ausblicke.
Da die Gleichung jene Subsumtionen 1) der beiden vorigen Para-
graphen als ihre Teilsubsumtionen involvirt, von welchen die letztere
eine Resultante nach sich zog, so müssen wir auch diesmal auf eine
solche gefasst sein; es drängt sich die Vor-Aufgabe uns auf: die
vollständige Resultante der Elimination des x aus 1) zu ermitteln und
ihr durch geeignete Bestimmung von a und b zu genügen.
Diese Resultante lautet:
2)
worin die Subsumtionszeichen auch in Gleichheitszeichen verwandelbar
sind, da nach 7) des § 17 die rückwärtigen Subsumtionen ohnehin
gelten.
Herleitung und Beweis — für die erste Aufgabe. Wir haben
x ; b ⋹ a zu erfüllen, was nach § 17 äquivalent ist mit x ⋹ a ɟ b̄̆ und die
Folgerung zulässt: x ; b ⋹ (a ɟ b̄̆) ; b. Andrerseits sollte aber auch a ⋹ x ; b
[257]§ 19. Die 4 dritten Inversionsprobleme.
werden, woraus im Hinblick auf das letzte Ergebniss die angegebene Re-
sultante a fortiori folgt. Dass sie, oder die mit ihr äquivalente Gleichung
20) a = (a ɟ b̄̆) ; b
die volle Resultante ist, geht daraus hervor, dass, sobald sie erfüllt ist,
sich in Gestalt von x = a ɟ b̄̆ eine Wurzel der Gleichung x ; b = a an-
geben lässt.
Insbesondre involvirt diese Resultante 2) auch jene Unterresultante
a ⋹ 1 ; b des zweiten Inversionsproblemes, welche in der That aus
(a ɟ b̄̆) ; b ⋹ 1 ; b und 2) a fortiori folgt.
Es gibt noch ein eleganteres Verfahren, als das vorstehende, die Re-
sultante 2) aus 1) zu gewinnen.
Diesem liegt zugrunde ein fundamentaler
Satz. Allgemein gilt das Gespann von Formeln:
3)
Beweis 1 der ersten (direkt). Es ist zu zeigen, dass Li j = Ri j, d. h.
ΣhΠk(Σlai lbl k + b̄h k)bh j = Σhai hbh j
für jedes i j sein muss. Wir zeigen zuerst, dass Ri j ⋹ Li j, hernach das
Umgekehrte.
Das Aggregat in der Klammer links enthält (bei l = h) jedenfalls
auch den Term:
ai hbh k + b̄h k = ai h + b̄h k,
daher kann man den Term ai h vorziehend (wenn man will unter tauto-
logischer Wiederholung desselben) schreiben:
Li j = ΣhΠk(ai h + etc.)bh j = Σh(ai h + Πk · etc.)bh j
was augenscheinlich als Summanden auch die rechte Seite Ri j einschliesst.
[NB. das „etc.“ hätte rigoros den Ausdruck:
Σl0'l hai lbl k + b̄h k,
worin jedoch wegen Zulässigkeit von Tautologien der Faktor 0'l h auch
unterdrückbar.]
Für das Umgekehrte oder Li j ⋹ Ri j ist etwa zu zeigen, dass Li jR̄i j = 0, d. h.
ΣhΠkΣl(ai lbl k + b̄h k)bh jΠm(āi m + b̄m j) = 0
sein muss. Hierin kann man das Zeichen Πm auch bis dicht vor das Σl
nach links vorschieben — vergl. 3) S. 113.
[Auch könnten wir dann m mit k identifizirend die beiden Produkt-
zeichen in ein einziges Πk zusammenziehen; doch ist dies hier nicht vor-
teilhaft.] Alsdann ist zu zeigen, dass für irgendwie gegebene i, j, h min-
destens ein Faktor unsres als allgemeines Glied der Σh auftretenden Doppel-
produktes gleich 0 wird, und da jeder solche Faktor eine Σl ist, so muss
Schröder, Algebra der Relative. 17
[258]Siebente Vorlesung.
dabei jedes Glied dieser Summe verschwinden. D. h. es ist zu zeigen, dass
es ein Wertepaar k, m gibt, für welches bei jedem l:
(ai lbl k + b̄h k)bh j(āi m + b̄m j) = 0
ist. Dies ist in der That bei k = j, m = l der Fall, indem:
(ai lbl j + b̄h j)bh j(āi l + b̄l j) = 0
identisch ist, q. e. d.
Die hiermit bewiesenen Formeln, welche entfernt an die bekannten
Schemata (a - b) + b = a und (a + b) - b = a der Arithmetik an-
klingen, statuiren: dass die beiden relativen Knüpfungen, als Vor- resp.
Nachknüpfungen, mit einem Relativ und dessen Strichkonverse in irgend
einer Ordnung hintereinander ausgeführt einander aufheben — aber nur
dann wenn der Operand selbst aus der zuletzt ausgeführten Knüpfung
hervorgegangen ist. Es sind hier also drei successive Knüpfungen er-
forderlich, damit zwei (successive) von ihnen sich kompensiren. Dies
ist leicht zu merken.
Schreibt man im ersten Schema 3) x für a, und setzt beiderseits den
Wert a für x ; b aus 1) ein, so gelangt man schnellstens zur Resultante 2).
Entdeckt habe ich die Sätze 3) indem ich umgekehrt verfuhr, näm-
lich den Wert von a aus 1) in die schon gerechtfertigte Resultante 2) ein-
trug. Dadurch ergeben sich sofort die Formeln 3) — nur (die obersten) in
den Buchstaben x und b statt a und b. Es können aber auch x und b
als völlig allgemeine Relative angesehen werden, denn wie immer sie auch
gegeben sein mögen, so kann man doch jedenfalls x ; b = a nennen. Dieses
Verfahren stellt sich also dar als ein vollgültiger, zugleich heuristischer
und jedenfalls — wenn er auch ein „mittelbarer“ zu nennen ist — als der
müheloseste Beweis der Formeln 3) — „Beweis 2“.
Um nunmehr die Resultante 2) zu erfüllen empfiehlt es sich, b will-
kürlich zu lassen und derselben durch geeignete Bestimmung von a zu
genügen. Dass durch Elimination von a keine Relation für b resul-
tiren kann, folgt daraus, dass bei jedem b der Wert a = 0 resp. 1 der
Forderung 2) genügt.
Die Bestimmung von a führt zu — oder beruht auf — dem Satze:
4)
wo die Subsumtionen auch als Gleichungen angesetzt werden dürften. Dieser
Satz gibt die allgemeine Wurzel x der Subsumtion oder Gleichung linker-
hand zwar richtig an, ausnahmsweise jedoch nicht so, dass auch die Ad-
ventivforderung erfüllt wäre.
Die Probe 1 bewährt sich hier sofort auf Grund von 3). Die Probe 2
jedoch ist zu leisten, indem man — nicht wie sonst immer u = x, sondern
[259]§ 19. Resultanten der Inversionsprobleme erfüllt.
jetzt: u = x ɟ ā̆ nimmt (beim ersten Probleme). Wollte man (bei diesem)
auch die Adventivforderung erfüllt haben, so müsste man x = (u ɟ ā̆) ; a als
den Ausdruck für die allgemeine Wurzel hinstellen. D. h. es wäre mit
Rücksicht auf die Adventivforderung an Stelle des Theorems 4) zu notiren
gewesen:
40)
was aber minder einfach als 4) ist.
Ich will demnächst blos für das erste unsrer Probleme 1) die
weitre Entwickelung besprechen. Also: nach dem in 4) Statuirten,
oder auch unmittelbar aus dem Anblick der Resultante 2), geht
hervor, dass, wofern die Gleichung x ; b = a auflösbar sein soll, a not-
wendig von der Form sein muss:
5) a = c ; b,
indem unter c mindestens das Relativ a ɟ b̄̆ verstanden werden kann.
Aber auch wenn c neben b ganz willkürlich gegeben ist, erfüllt der
Ausdruck 5) von a die Resultante 2) kraft 3) und erfüllt sie auf die
allgemeinste Weise. Die Annahme 5) für a, d. h. die Annahme dass
es ein c gebe, derart, dass a = c ; b ist, ist notwendige und hinreichende
Bedingung für das Erfülltsein der Resultante 2) und für die Existenz
einer Wurzel x der Gleichung x ; b = a.
Wir können darnach unser Problem mit zweierlei Unterstellungen
weiter behandeln.
Entweder (erste Unterstellung) wir beschäftigen uns nur mehr mit
der Auflösung einer Gleichung
6) x ; b = c ; b
in welcher wir die Parameter b und c als vollkommen willkürlich ge-
gebene, von einander unabhängige oder unbeschränkt allgemeine Relative
ansehen.
Oder (zweite Unterstellung) wir suchen die Gleichung 1)
x ; b = a
nach x zu lösen, wo von a die Resultante 2)
a = (a ɟ b̄̆) ; b
erfüllt gedacht wird. Dann kann man ebenfalls die Gleichungen 5)
und 6) zugrunde legen, indem unter c der Wert verstanden wird:
7) c = a ɟ b̄̆.
17*
[260]Siebente Vorlesung.
Dieses — ich nenne es das „bedingte“ c — ist aber dann nicht
neben b beliebig, sondern geht mit letzterm eine Relation ein, welche
lautet:
8) c = c ; b ɟ b̄̆
und erhalten wird, indem man den Wert 5) von a in 7) einträgt.
Ergebniss der Betrachtungen ist also:
Die Auflösung der Gleichung 1) x ; b = a lässt sich wann man
will zurückführen auf die einer Gleichung 6) x ; b = c ; b, in welcher
zwischen b und c die Relation 8) besteht.
Die allgemeine Lösung dieser und einer Hülfsaufgabe, auf die sie
leicht zurückzuführen, hat mich über ein Jahr lang vexirt. Zwar gelang
es mir nach und nach für zahlreiche Partikularfälle des Problems die all-
gemeine Lösung zu gewinnen, doch führte jeder erdenkliche Versuch, auch
für das allgemeine Problem aufgrund der beiden ersten Inversionstheoreme
die allgemeine Wurzel zu finden, in einen circulus vitiosus.
Ich will mich, durch eine Bemerkung von Peirce veranlasst, zuerst
über die Wünschbarkeit solch allgemeiner Lösung aussprechen.
Bei dem allgemeinen Probleme, das wir nun auch in der Form
x ; b = a ; b ansetzen mögen, wo a und b unabhängig beliebig gegeben zu
denken, vermögen wir an Partikularlösungen zunächst dreie anzugeben:
Erstens: x = a, zweitens: x = a ; b ɟ b̄̆. Diese beiden verstehen sich —
die letztere aus 3) — von selbst. Drittens aber — was ich früh durch
Zufall entdeckte: x = a · a ; b ; b̆.
Dies beruht auf dem Satze:
9)
Beweis (des ersten). Es ist Li j = Σhai hΣk lai kbk lbh lbh j, was mit
k = h, l = j die Glieder Ri j = Σhai hbh j liefert, sodass Ri j ⋹ Li j also R ⋹ L
feststeht. Umgekehrt versteht sich L ⋹ R schon daraus, weil a(a ; b ; b̆) ⋹ a
sein muss, q. e. d.
Besässen wir nun die allgemeine Wurzel x des Problems x ; b = a ; b
in geschlossener Form oder überhaupt, so würden wir imstande sein, ebenso
alle möglichen Relative anzugeben, welche mit b relativ nachmultiplizirt a
liefern, und verfügten wir damit sofort über eine unbegrenzte Fülle von
Sätzen, wie 3) und 9). Und solches wäre doch schon zur Kompletirung
des Formalismus unsrer Disziplin dringend zu wünschen!
Ich vermag daher Herrn Peirce kaum beizustimmen, wenn er 9c
p. 193 sozusagen abfällig von den „inversen Operationen“ spricht. Die
allgemeine Wurzel unsres dritten Inversionsproblemes, als Knüpfungsergebniss
zwischen a und b (Funktion von a und b — neben u) aufgefasst, würde
uns eben die (eine) „inverse Operation“ zur relativen Multiplikation dar-
stellen (die man auch relative Teilung nennen könnte, die andre als relative
Messung davon unterscheidend, und beide als die relativen Divisionen be-
zeichnend).
[261]§ 19. Über den Wert von Inversionsproblemen.
Die Äusserung des genialen Meisters ist zu merkwürdig als dass sie
nicht wörtlich hier angeführt werden sollte — es mag ja auch ein Korn
von Wahrheit daran sein: „The student must at the outset disabuse himself
of the notion that the chief instruments of algebra are the inverse opera-
tions. When an inverse operation is identical with a direct operation with
an inverse quantity (as subtraction is the addition of the negative, and as
division is multiplication by the reciprocal), it is useful; otherwise it is
almost always useless. In ordinary algebra, we speak of the »principal
value« of the logarithm, etc., which is a direct operation substituted for
an indefinitely ambiguous inverse operation.“
Ich entgegne: Würden wir denn überhaupt auf den Hauptwert des
Logarithmus gekommen sein, wenn wir nicht die Umkehrungen der Poten-
zirungsaufgabe studirt hätten? (Vielleicht doch, aber erst in der Integral-
rechnung!) Und hat nicht das so fundamentale Problem der Auflösung
von algebraischen Gleichungen weiter nichts zum Vorwurfe, als die Um-
kehrung, Inversion der (allerdings sehr zusammengesetzten) „Operation“,
als welche die Bildung, Herstellung einer „ganzen“ Funktion sich darstellt?
Überdies scheint die Äusserung innerlich im Widerspruche zu stehn
mit einer andern implicite das Auflösungsproblem betreffenden und sehr
entschiedenen Stellungnahme desselben Autors — vergl. § 12, S. 175. Darin
nun dürfte Herr Peirce völlig Recht haben — und vielleicht zielte er
hauptsächlich darauf ab: dass es sich schwerlich empfiehlt, die Bildung
solch vieldeutigen Ausdrucks, wie unsres f(a, b, u), etwa als Knüpfungs-
ergebniss mit zu bezeichnen und die Knüpfung den elementaren Spezies
zuzugesellen. Wol aber muss ihre Beschaffenheit ermittelt und studirt
werden. —
Demnach will ich nun den Plan verfolgen: zuerst die allgemeine
Lösung unsres allgemeinen Problems x ; b = a, sowie solcher Aufgaben, die
damit auf’s nächste zusammenhängen, schlechthin zu offenbaren; sodann
unter Aufstellung und Beweis der benötigten Sätze die „geoffenbarten“
Lösungen auf kürzestem Wege zu verifiziren. Alsdann werden wir Musse
haben auch auf die Heuristik, Herleitung der Lösungen einzugehen und
den vexatorischen Charakter unsres Problems zu besprechen — Dinge,
worüber orientirt zu sein für eine (erst noch zu schaffende!) Methodik
unsrer Disziplin wol lehrreich sein muss.
Endlich mögen wir dann noch auf gewisse partikulare (und eventuell
selbständig lösbare) Fälle des Problems hierselbst, auf andre später (in
§ 29) spezieller eingehen.
Es war nach x die Gleichung aufzulösen: x ; b = a, wo a = c ; b
und c = a ɟ b̄̆, also a = (a ɟ b̄̆) ; b.
Die Gleichung zerfällt in die beiden Subsumtionen:
x ; b ⋹ a und a ⋹ x ; b.
Von diesen ist nach dem ersten Inversionstheoreme 4) des § 17
die erstere äquivalent mit
x⋹a ɟ b̄̆, das heisst mit: x ⋹ c.
[262]Siebente Vorlesung.
Ihr kann in allgemeinster Weise auf das leichteste genügt werden
durch den Ansatz: x = cu, wo u noch unbestimmt ist (zudem auch
durch x selbst ersetzt werden dürfte), und bleibt dann noch der
zweiten Subsumtion in Gestalt der Forderung a ⋹ cu ; b durch geeig-
nete Bestimmung von u zu genügen.
Wir gelangen somit zu der Hülfsaufgabe: eine Subsumtion der Form
10) a⋹cx ; b
nach x allgemein aufzulösen. Diese Aufgabe erscheint als eine Er-
weiterung des zweiten Inversionsproblems, in welches sie ja durch die
Annahme c = 1 ersichtlich übergeht.
Auf das letztre bereits gelöste Problem ist ihre Lösung überraschender-
weise nicht zurückführbar. Dem Mathematiker wäre es geläufig zu sagen:
man brauche blos cx = y zu setzen, aus der Forderung a ⋹ y ; b gemäss
vorhandenem Schema, 11) des § 18, erst auf die allgemeinste Weise y zu
bestimmen, hernach — was nach den Regeln des identischen Kalkuls ein
Kinderspiel — die Gleichung cx = y nach x aufzulösen. Dies scheitert
aber daran, dass in unsrer Disziplin ebendiese Gleichung cx = y eine Re-
sultante der Elimination des x involvirt, nämlich die Bedingung: y ⋹ c in
sich schliesst. Zufolge dieser ist der Parameter u (oder v) im Ausdruck
der allgemeinen Wurzel y jener Subsumtion a ⋹ y ; b nicht mehr willkür-
lich, sondern muss er eine gewisse Relation — die genannte: y ⋹ c —
erfüllen, und diese Forderung erweist sich auf den ersten Blick als erheb-
lich verwickelter als wie die ursprüngliche Aufgabe. Der Versuch, ihr
selber oder nach und nach ihren Teilforderungen zu genügen, führt allemal
zu einem Zirkel. Es musste also eine selbständige Lösung des Problems
gefunden werden.
Die Lösung ist gegeben durch das Gespann (zum „erweiterten
zweiten“ Inversionsprobleme):
11)
wobei durch die unter den Term b̆ gesetzte 1 resp. 0 eine zweite sonst
völlig gleichlautende Lösungsform mitangeführt ist, in der nur jener
Term durch diese 1 etc. ersetzt zu denken. Diese „untere“ Lösungs-
form 11) ist jedoch die minder gute.
[263]§ 19. Erweiterte zweite Inversionsprobleme.
Beweis — zum ersten Satze 11). Aus xc ; b ⋹ c ; b folgt zunächst
die angegebne Resultante und erweist sich durch die Wurzel x = 1 als die
volle. Ferner stimmt die Probe 2, indem für a ⋹ xc ; b ja a{x̄ + c̄) ɟ b̄} = 0
wird. Sobald aber die Resultante a ⋹ c ; b erfüllt ist, hat man a = a · c ; b
und verlangt die Probe 1, dass
a · c ; b ⋹ uc ; b + [a{(ū + c̄) ɟ b̄} ; b̆]c ; b
als allgemein gültige Formel nachgewiesen werde — desgleichen für das
durch 1 ersetzte b̆.
Nennt man uc ; b = d, so ist sogar
a · c ; b ⋹ d + (ad̄ ; b̆)c ; b ⋹ d + (ad̄ ; 1)c ; b
als bedingungslos für alle a, b, c, d gültig nachweisbar.
Für den letzten Teil könnte durch überschiebendes Multipliziren von
c ; b ⋹ c ; b mit ad̄ ⋹ ad̄ ; 1 mit Rücksicht auf 5) des § 18 der Beweis
selbständig geleistet werden. Derselbe wird jedoch durch den der vorher-
gehenden Subsumtion überflüssig gemacht.
Für diese kann zwar mittelst
Li j = ai jΣhci hbh j, Ri j = di j + Σh kai kd̄i kbh kci hbh j
die Koeffizientenevidenz schon leicht herbeigeführt werden, indem in Ri j
mit k = j auch die Glieder vorkommen: di j + ai jd̄i jΣhci hbh j = di j + Li j,
denen also Li j in der That eingeordnet ist, q. e. d. Doch lässt sich selbst
dieser einfache Beweis noch weiter vereinfachen mittelst Aufstellung eines
an sich interessanten Hülfssatzes:
a · c ; b ⋹ (a ; b̆)c ; b,
dessen Beweis sich mit ai jΣhci hbh j ⋹ Σh kai kbh kci hbh j aus der Bemerkung
erledigt, dass die Glieder linkerhand auch unter denen rechterhand, bei
k = j, sämtlich vorkommen.
Nach diesem Hülfssatze müssen wir nun, ad̄ für a sagend, eine Formel
haben, welche unmittelbar auf die oben zu beweisende hinausläuft.
Unsre Ausbeute an Sätzen bei vorstehenden Beweisen besteht —
wenn wir noch einige Buchstabenvertauschungen vornehmen, auch zu
Gespannen ergänzen — vor allem aus den Hülfssätzen“:
12)
deren konjugirte sich nicht nur vereinigen lassen würden, sondern
auch a fortiori enthalten erscheinen in der noch weiter gehenden Be-
hauptung:
13)
| a ; b · c ⋹ (c ; b̆)a ; b(ă ; c) | (c ɟ b̆ + a) ɟ (b + ă ɟ c) ⋹ a ɟ b + c |
[264]Siebente Vorlesung.
— deren Beweis (linkerhand) sich daraus ergibt, dass im allgemeinen
Koeffizienten: Σh k lci kbh kai hbh jal hcl j des Prädikates bei k = j, l = i sich
auch derjenige des Subjektes enthalten zeigt.
Natürlich kann man auch dem Prädikate immer wieder den Faktor c
beifügen und durch fortgesetzte Anwendung eines der linkseitigen
Schemata 12) und 13) immer komplizirtere „Einwickelungen“ erhalten,
die immer engere und engere relative Produkte liefern, welchen das
identische Produkt a ; b · c eingeordnet sein muss. —
Und ferner mag als eine Konsequenz von 12) das Gespann von
Sätzen notirt werden:
14)
durch welches, als das allgemeinere und dennoch einfachere, die Formel-
gespanne 13) und 14) des § 18 überflüssig gemacht werden.
Es war mir erst kurz vor Thorschluss, als der Beginn des Druckes
schon eingeleitet war, gelungen auch das erweiterte zweite Inversions-
problem 11), und die davon abhängigen Aufgaben, zur Lösung zu bringen,
sodass — schon der zahlreichen Verweisungen halber — nicht mehr allzu
radikal an der Anlage des Manuskripts geändert werden konnte. Der Leser
wolle es mit solchem Umstande entschuldigen, wenn zuweilen ein in dem
Buche aufgestellter Satz durch einen später folgenden allgemeineren über-
holt werden sollte.
Mittelst identischer Erfüllung der Resultante kann man nun die
Lösungen 11) des erweiterten zweiten Inversionsproblemes auch schreiben:
15)
Mit dieser Errungenschaft sind nun auch in geschlossener Form
die allgemeinen Lösungen gesichert nicht nur für das dritte Inversions-
problem, sondern auch für die zwei nächstliegenden Erweiterungen des-
selben, die sich ergeben, wenn man in den zwei Subsumtionen x ; b ⋹ a
und a ⋹ x ; b entweder den einen, oder den andern der beiden doppelt
vorkommenden Parameter a, b des Problemes einmal durch einen neuen
Wert c eines allgemeinen Relativs ersetzt.
Wir gelangen so zu den beiden Problemen 16) und 17), die ein
zu einer Doppelsubsumtion zusammenfliessendes Subsumtionsprodukt
nach x aufzulösen fordern, und für die ich nunmehr die Lösungen an-
geben und sogleich begründen will — wobei ich mich aber nur an
den ersten Repräsentanten des Gespannes halte.
16)
[265]§ 19. Erweiterte dritte Inversionsprobleme.
etc. Begründung und Herleitung. Die Resultante, welche aus der zweiten
Subsumtion, der: x ; b ⋹ c mit x ⋹ c ɟ b̄̆ und x ; b ⋹ (c ɟ b̄̆) ; b a
fortiori
folgt, erweist sich dadurch als die volle, dass, wenn sie erfüllt ist, sich
x = c ɟ b̄̆ als eine Wurzel zu erkennen gibt, indem sie die erste Subsumtion
kraft der Resultante selbst, die zweite kraft des Satzes 7) des § 17:
(c ɟ b̄̆) ; b ⋹ c erfüllt.
Wird nun c ɟ b̄̆ = d genannt, so folgt wie gesagt x ⋹ d oder x = dx
pariter aus der zweiten Subsumtion und bleibt allein noch der ersten als
der Forderung a ⋹ xd ; b zu genügen, d. h. wir finden uns auf die Lösung
des erweiterten zweiten Inversionsproblems verwiesen. Wir können dem-
nach gemäss Schema 11) — blos d oder c ɟ b̄̆ für c setzend — unmittelbar
hinschreiben was bewiesen werden sollte.
17)
etc. Begründung und Herleitung. Aus der ersten Subsumtion folgt äqui-
valent nach dem ersten Inversionstheorem: x ⋹ a ɟ b̄̆, also x ; c ⋹ (a ɟ b̄̆) ; c,
und damit a fortiori die angegebene Resultante. Ist diese erfüllt, so genügt
aber x = a ɟ b̄̆ den beiden Subsumtionen der Aufgabe und zwar der zweiten
kraft der Resultante selbst, der ersten kraft 7) des § 17. Die Resultante
ist mithin die volle.
Nennt man jetzt a ɟ b̄̆ = d, so gibt die erste Subsumtion äquivalent
den Schluss x ⋹ d oder x = xd, und bleibt darnach blos noch die zweite
als a ⋹ xd ; c zu erfüllen, was das erweiterte zweite Inversionsproblem ist
und durch 11) gelehrt wird, q. e. d.
Wird in 16) c = a, oder auch in 17) c = b gesetzt, so ergibt
sich (übereinstimmend) die gesuchte Lösung unsres dritten In-
versionsproblemes:
18) .
Erfüllt man noch die Resultante identisch, indem man a ; b für a
sagt beim ersten Probleme, so lautet das Gespann der die Lösung an-
gebenden Sätze:
[266]Siebente Vorlesung.
19) .
Um beim ersten Probleme für gegebne Relative a, b und ein beliebig
angenommenes u die Wurzel x zu „berechnen“, muss man hienach zuerst
(ā ɟ b̄) ; b̆ herstellen, dasselbe zu ū identisch addiren, zur Summe relativ b̄
(nach-)addiren, das Ergebniss mit a ; b zum Schnitt bringen, dies Resultat
mit b̆ (oder 1) relativ nachmultipliziren, das neue Ergebniss mit u in iden-
tischer Addition zusammenschlagen und die Summe mit a ; b ɟ b̄̆, dem Negate
des zuerst hergestellten Relativs, identisch multipliziren, schneiden.
Es ist förderlich, hiemit die beiden Proben zu machen. Behufs Probe 2
muss unter der Annahme, dass x ; b = a ; b sei, die Lösung sich für u = x
bewahrheiten. Wegen x ; b ⋹ a ; b, x ⋹ a ; b ɟ b̄̆ ist dann aber x · (ā ɟ b̄) ; b̆ = 0
und folglich x̄ + (ā ɟ b̄) ; b̆ = x̄. Wegen a ; b ⋹ x ; b ist ferner (a ; b)(x̄ ɟ b̄) = 0
und bleibt x = (a ; b ɟ b̄̆)x, was ersichtlich gilt.
Behufs Probe 1 sieht man — unter x den Ausdruck der allgemeinen
Wurzel mit beliebigem u verstanden — sofort dass x ; b ⋹ (a ; b ɟ b̄̆) ; b,
also x ; b ⋹ a ; b sein wird — nach 5) des § 6, weil a ; b ɟ b̄̆ ein Faktor
von x ist, und wegen 3). Um nachzuweisen, dass aber auch umgekehrt
a ; b ⋹ x ; b ist, bilde man unter Ausmultipliziren der viereckigen Klammer []
dieses x ; b und nenne das erste Glied davon (a ; b ɟ b̄̆) u ; b = c. Dann
lässt sich auch das andre Glied, in dem c̄ vorkommt, sehr viel einfacher
schreiben und entsteht:
x ; b = c + (a ; b ɟ b̄̆){(a ; b)c̄ ; b̆} ; b.
Dass diesem a ; b eingeordnet sei, deckt sich mit der Behauptung, dass
(a ; b)c̄ dem zweiten Gliede eingeordnet. Nennen wir aber dieses (a ; b)c̄ = d,
so ist d = (a ; b)d und zu zeigen dass d ⋹ (a ; b ɟ b̄̆)(d ; b̆) ; b sei, was
nach dem Schema 12) mit
(a ; b)d ⋹ (d ; b̆)a ; b wegen a ⋹ a ; b ɟ b̄̆
a fortiori folgt, q. e. d.
Es ist also unser x, oben, der allgemeinste Ausdruck welcher,
mit b relativ nachmultiplizirt, a ; b liefert. Drücken wir letzteres durch
eine Formel aus, indem wir noch c für u schreiben, so erhalten wir
das Gespann von Sätzen:
[267]§ 19. Die dritten Inversionstheoreme.
20) ,
welche die 3) und 9) als ganz partikulare Fälle unter sich begreifen
und die „allgemeinen dritten Inversionstheoreme“ genannt werden dürfen.
Es erfordert immerhin noch eine gewisse Kunst, die Sonderfälle
in ihrer einfachsten Gestalt aus dem allgemeinen Theorem 20) abzu-
leiten, welches ja linkerhand 13 Terme aufweist und wobei zur Ver-
einfachung der Teilausdrücke oder Ausdruckteile der linken Seite oft
keine allgemeinen Sätze zur Verfügung zu stehn scheinen.
Dies ist besonders hinsichtlich 9) der Fall, wo sich in der ersten
Gleichung bei der Annahme c = a · a ; b ; b̆ die linke Seite a priori zu c ; b
vereinfachen muss. Wir kommen hierauf in § 29 zurück.
Was die erste Gleichung 3) betrifft, so wolle der Studirende den
Nachweis versuchen, dass sich dieselbe aus (der ersten) 20) beispielsweise
durch eine jede der drei Annahmen c = a ; b ɟ b̄̆, c = 1, c = ā ɟ b̄ ɟ b̄̆ ergibt.
Bei solchem Nachweise müssen die aus a ; b ⋹ a ; b, a ⋹ a ; b ɟ b̄̆
fliessenden Formeln:
ā + a ; b ɟ b̄̆ = 1, a · (ā ɟ b̄) ; b̆ = 0, a(a ; b ɟ b̄̆) = a, ā + (ā ɟ b̄) ; b̆ = ā,
a + a ; b ɟ b̄̆ = a ; b ɟ b̄̆, ā · (ā ɟ b̄) ; b̆ = (ā ɟ b̄) ; b̆
gelegentlich zwecks Vereinfachung berücksichtigt werden.
Weiter zeigt die Annahme c = 0, sowie die c = a ; b ; b̆, dass all-
gemein auch x = (a ; b ɟ b̄̆) · a ; b ; b̆ eine partikulare Lösung oder Wurzel
der Gleichung x ; b = a ; b sein muss, oder dass die Formel gilt:
21) (a ; b ɟ b̄̆)(a ; b ; b̆) ; b = a ; b,
etc., u. a. m. Und ähnlich ist das Th. 20) wol überhaupt eine (noch nicht
genügend ausgeschöpfte) Fundgrube von schätzbaren Formeln, die gelegent-
lich doch mindestens zur Vereinfachung von Ausdrücken in unsrer schwie-
rigen Disziplin der relativen Algebra dienlich.
Von den Partikularfällen des dritten Inversionsproblems dürften
diejenigen von der häufigsten Anwendung sein, wo b einen der vier
Moduln zum Wert hat: b = 1, 0, 1' oder 0' ist.
[268]Siebente Vorlesung.
Es verlohnt, deren Lösungen besonders zusammenzustellen, und
zwar — entsprechend 18), 19) — in den zwei Formen: mit erst zu
erfüllender sowie mit identisch bereits erfüllter Resultante.
Solche Lösungen lassen sich auch selbständig gewinnen, wie ich
sie in der That so, lange vor denen des allgemeinern Problems, auf-
gestellt hatte. Die selbständige Herleitung weist nicht nur für die
Methodik unsrer Disziplin lehrreiche Momente auf, sondern sie führt
auch in dem letzten der vier Fälle, bei b = 0', zu einer neuen Lösungs-
form 26), die von der durch Partikularisiren (Einsetzen) aus 18), 19)
hervorgehenden verschieden ist und als die bessere bezeichnet werden
muss, schon weil sie sich aus nur 10 statt 12 Termen aufbaut.
Man findet nämlich als die allgemeine Wurzel der Gleichung
x ; 0' = a ; 0' aus 19) den Ausdruck:
22) x = (a ; 0' ɟ 1')[u + (a ; 0')({ū + (ā ɟ 1') ; 0'} ɟ 1') ; 0']
der allgemein anscheinend nicht weiter vereinfachbar.
Dass derselbe dennoch von dem in der ersten Zeile von 26) angegebnen
nicht wesentlich verschieden ist, wird sehr wahrscheinlich, wenn man be-
merkt, dass für u = 1, 0, a und ā die beiden Werte von x übereinstimmen
(wie zeilenrechnerisch zu erhärten), folglich auch sooft u überhaupt ein
Zeilenrelativ von a vorstellt. Ebenso, was minder leicht darzuthun, für
u = 1' und 0'. Im übrigen muss ich die Frage noch offen lassen.
Indem wir sonach für den letzten Fall nur die bessere Lösungs-
form anführen, so haben wir die 8 Formelgespanne:
23)
24)
[269]§ 19. Partikularfälle der dritten Inversionstheoreme.
25)
26)
— wovon die unchiffrirten, in denen x völlig unbestimmt bleibt resp.
völlig bestimmt, gleich a, sich erweist, wol keiner Diskussion be-
nötigen. Bis exklusive 25) ergeben sich die Formeln auch aus 18), 19)
für b = 1, 0, 1' mit Leichtigkeit.
Es wird demnach jetzt für das erste 23) resp. 24) und für das
letzte 25) resp. 26) der vier Unterprobleme die Lösung selbständig
abzuleiten sein.
Um bei 24) der Gleichung
x ; 1 = a ; 1
zu genügen, muss x so eingerichtet werden, dass alle Zeilen von x ; 1 mit
den entsprechenden von a ; 1 übereinstimmen. Diese wie jene erhält man
aber, indem man die besetzten Zeilen (von a resp. x) in Vollzeilen ver-
wandelt, die Leerzeilen beibehält. Um der Forderung zu genügen ist daher
unerlässlich und hinreichend, dass x einerseits die Leerzeilen von a eben-
falls zu Leerzeilen habe, und dass andrerseits den besetzten Zeilen von a
auch besetzte Zeilen von x entsprechen; natürlich dürfen die letzteren aber
bei x auch irgendwie anders als wie bei a besetzt sein.
Dies lässt sich nun leicht erwirken, indem man das Relativ a ; 1 (dem
die Leerzeilen von a wie gesagt als Leerzeilen angehören, die besetzten
Zeilen von a als Vollzeilen) identisch multiplizirt mit irgend einem Rela-
tive y welches nur keine Leerzeile besitzt (mithin das Konverse einer „nie
undeutigen Abbildung“ vorstellt), für welches also
y ; 1 = 1 oder 1 ⋹ y ; 1
ist. Als Ausdruck eines solchen hatten wir aber in 14) des § 16 gefunden:
y = ū ɟ 0 + u für ein willkürliches u, vergl auch 25) § 18. Folglich muss
x = a ; 1 · (ū ɟ 0 + u)
die gesuchte allgemeine Wurzel sein, q. e. d.
[270]Siebente Vorlesung.
Ungeachtet der Evidenz dieser Herleitung führen wir beide Proben
aus. Probe 1: Es ist
(a ; 1)(ū ɟ 0 + u) ; 1 = a ; 1 · (ū ɟ 0 + u) ; 1 = a ; 1 · {(ū ɟ 0) ; 1 + u ; 1} =
= a ; 1 · (ū ɟ 0 + u ; 1) = a ; 1 · 1 = a ; 1, q. e. d.
Probe 2. Ist x ; 1 = a ; 1, so muss x = a ; 1 · (x̄ ɟ 0 + x) als richtig
nachgewiesen werden, d. h.
x = x ; 1 · (x̄ ɟ 0 + x) = x ; 1 · x, was durch x ⋹ x ; 1
garantirt erscheint, q. e. d.
Hiernach — aus 24) — versteht sich auch 23) von selbst, zumal
über die Resultante kein Wort mehr zu verlieren ist.
Um bei 26) der Gleichung
x ; 0' = a ; 0'
zu genügen, könnte man die zur Lösung führende Diskussion auch bequem
an die von den Koeffizienten zu erfüllende Forderung anknüpfen, wonach
etwa für eine bestimmte, mit i markirte Zeile bewirkt werden muss, dass
für jedes j werde
Σhxi h0'h j = Σhai h0'h j, d. h. xi A + xi B + ‥ (ohne xi j) = ai A + ai B + ‥ (ohne ai j).
Indessen, wenn man bedenkt, dass um a ; 0' zu bilden man die mehr-
besetzten Zeilen von a in Vollzeilen, die einbesetzten Zeilen von a in ihre
Negation (also in einlückige Zeilen) zu verwandeln und die Leerzeilen
von a zu belassen hat — analog bei x um x ; 0' zu bilden — so kann
man auch ohne weiteres an den Relativen selbst einsehen, dass entsprechen
müssen:
den Leerzeilen von a auch Leerzeilen bei x,
den mehrbesetzten Zeilen von a auch mehrzählig (aber vielleicht
irgendwie anders) besetzte Zeilen von x,
den einbesetzten Zeilen von a dagegen auch genau in gleicher Weise,
kongruent damit, einaugig besetzte Zeilen von x
— sowie dass diese Bedingungen auch hinreichende sein werden.
Darnach muss x sich additiv aus zwei Teilen zusammensetzen (welche
unter a ; 1 enthalten sein werden), nämlich aus dem mit a selbst multipli-
zirten Relativ ā ɟ 1', d. h. zum einen Teile aus dem (ā ɟ 1)a, welches be-
kanntlich (§ 15) die einbesetzten Zeilen von a aus diesem Relative aus-
schliesslich hervorhebt. Und zum andern Teile aus dem Relative a ; 0' ɟ 0
welches blos die mehrbesetzten Zeilen von a in Vollzeilen verwandelt, dieses
aber multiplizirt mit irgend einem (dem allgemeinsten) Relative y, welches
nur mehrbesetzte Zeilen aufweist.
Ein solches ergibt sich nach den ersten und zweiten Inversions-
theoremen systematisch als die Auflösung der Subsumtion:
27)
— oder auch, weil das Problem ein reines „Zeilenproblem“ ist, nach den
Methoden des § 16 — vergl. 15) S. 229.
[271]§ 19. Herleitung und Verifikation ihrer Lösungen.
Damit ist dann die erste Formel von 26) gefunden.
Auch mit dieser seien die beiden Proben gemacht. Probe 1 kann
in zwei Teile zerlegt werden.
Einmal ist zu zeigen, dass bei beliebigem u:
28) (a ; 0' ɟ 0){u + (ū ɟ 1') ; 1} ; 0' = a ; 0' ɟ 0
ist, sodann aber, dass auch:
29) (ā ɟ 1')a ; 0' + a ; 0' ɟ 0 = a ; 0'.
Alsdann wird in der That — unter x den fraglichen Ausdruck der Wurzel
verstanden — x ; 0' = a ; 0' erwiesen sein.
Jenes — der Beweis von 28) — kommt nach dem ersten Schema 25)
des § 18 wegen 1 ; 0' = 1 auf u ; 0' + (ū ɟ 1') ; 1 = 1 d. h. auf den Satz 9)
des § 15: v + v̄ ; 1 = 1 hinaus.
Dieses — der Beweis von 29) — würde unmittelbar in den Koeffizienten
nur umständlich zu leisten sein; die Formel ist aber als ein „reines Zeilen-
theorem“ in fünfziffrigem Rechnen ganz leicht zu verifiziren. Sie ist Re-
präsentant eines beachtenswerten Viergespanns von Sätzen.
Am bequemsten ist überhaupt der Nachweis für die Richtigkeit der
gefundnen Lösung 26) oder die Probe 1 ganz in der „schematischen“ Dar-
stellung der Zeilenrelative zu leisten wie folgt.
Sei a = 1αβγ0, so ist a ; 0' = 111γ̄0 und zu zeigen, dass für ein
ganz beliebiges u = 1'α'β'γ'0' auch — unter x die angebliche Wurzel ver-
standen — x ; 0' = a ; 0' sein muss. Die Ziffern von u mussten hier durch
Accente von denen des a unterschieden werden, weil sie (trotz der bei den
Voll- oder Leerzeilen sicher gleichartigen Besetzung) ganz andre Zeilen-
komplexe repräsentiren mögen.
Wir haben nun:
ā = 0ᾱβ̄γ̄1, ā ɟ 1' = 000γ1, (ā ɟ 1')a = 000γ0, a ; 0' ɟ 0 = 11100,
ū = 0'α'̄β'̄γ'̄1', ū ɟ 0' = 0'0'0'γ'1', (ū ɟ 1') ; 1 = 0'0'0'1'1',
y = u + (ū ɟ 0') ; 1 = 1'α'β'1'1', z = (a ; 0' ɟ 0)y = 1''α''β''00.
Die drei ersten Ziffern von y mussten hier in z mit noch einem weitern
Accente versehen werden, um darauf hinzuweisen, dass nicht der volle Be-
stand der Zeilenkategorien 1', α', β' von y für z erhalten bleibt, sondern
nur soviel davon als unter die mehrbesetzten Zeilen 1αβ von a, d. h. in
die 111 des a ; 0' ɟ 0 hineinfällt; diese aber konserviren sich als mehr-
besetzte Zeilen für z sämtlich, weil y nur mehrbesetzte Zeilen hat. Nun
ist also x = (ā ɟ 1')a + z = 1''α''β''γ0, wo die drei ersten Ziffern, wenn
sie auch nicht Zeilenkomplexe repräsentiren, welche denen 1αβ von a
einzeln entsprechen, doch zusammen dasselbe Zeilensystem erfüllen, wie
diese. Es folgt sodann: x ; 0' = 1''1''1''γ̄0 = 111γ̄0 mit Rücksicht auf das
soeben Gesagte, mithin x ; 0' = a ; 0' wie zu zeigen gewesen.
Die Probe 2 besteht in dem Nachweise, dass die gefundene Lösung 26)
jede Wurzel x der Gleichung x ; 0' = a ; 0' zu liefern fähig ist, und zwar,
dass sie eine bestimmte x bei der Annahme u = x selber liefert. Aufgrund
der von x als erfüllt vorausgesetzten Gleichung ist also zu zeigen, dass
[272]Siebente Vorlesung.
x = (ā ɟ 1')a + (a ; 0' ɟ 0){(x̄ ɟ 1') ; 1 + x} = (x̄ ɟ 1')a + (x ; 0' ɟ 0){(x̄ ɟ 1') ; 1 + x}
das heisst:
x = (x̄ ɟ 1')a + (x ; 0' ɟ 0)x
sein muss. Dies geht am bequemsten schematisch.
Sollte für a = 1αβγ0 überhaupt x ; 0' = a ; 0' sein, so musste x die
Form haben: x = 1'α'β'γ0, wo die Zeilenkategorien γ, 0 von x mit denen
γ, 0 von a bezüglich identisch sind, dagegen von den Zeilenkategorien 1'α'β'
des x nur erforderlich ist, dass sie zusammen dieselben Zeilen erfüllen wie
die 1αβ von a. Nun wird:
x ; 0' ɟ 0 = 1'1'1'00 = 11100, x̄ ɟ 1' = 000γ1 = 0'0'0'γ1
also in der That:
(x̄ ɟ 1')a + (x ; 0' ɟ 0)x = 0'0'0'γ0 + 1'α'β'00 = 1'α'β'γ0 = x, q. e. d.
Stellt x = f(u) die allgemeine Wurzel vor, so haben wir also sicher auch
die Adventivforderung erfüllt: (x ; 0' = a ; 0') = {f(x) = x}.
Nunmehr ist noch die erste Gleichung 25) zu rechtfertigen. Man
erhält die in ihr angeführte Resultante nach dem allgemeinen Schema 2).
Mit Rücksicht auf diese lässt sich die aufzulösende Gleichung schreiben:
x ; 0' = (a ɟ 1') ; 0', woraus erhellt, dass man den Ausdruck für die all-
gemeine Wurzel bekommen wird, indem man in dem der ersten Gleichung 26)
das a durch a ɟ 1' ersetzt. So ergibt sich zunächst:
x = (ā ; 0' ɟ 1')(a ɟ 1') + {(a ɟ 1') ; 0' ɟ 0}y,
wenn wir für den letzten nur u enthaltenden Faktor die Abkürzung y wie
in 27) benutzen.
Nun ist in fünfziffrigem Zeilenschema leicht nachzurechnen, dass für
jedes a als Formeln gelten:
(ā ; 0' ɟ 1')(a ɟ 1') = (a ɟ 1')ā, (a ɟ 1') ; 0' ɟ 0 = a ɟ 0,
wovon wir letzteres schon unter 21) des § 15 gebucht haben. Folglich
entsteht:
x = (a ɟ 1')ā + (a ɟ 0)y
wie in 25) angegeben. —
Eine Formel für die allgemeine Wurzel x der Gleichung x ; b = a ; b,
welche wenigstens für b = 1, 0, 1', 0' gültig unsre einschlägigen Ergebnisse
24) bis 26) empirisch zusammenfasst, würde sein:
x = (ā ɟ b̄) ; b̆ ; b · a + (a ; b ɟ b̄̆ ɟ b̄){(ū ɟ b̄) ; b̆ ; b + u}
— wie im letzten Falle aufgrund des zeilenrechnerisch zu erhärtenden
(ā ɟ 1') ; 1 · a = (ā ɟ 1')a zu sehn ist. Allgemein aber bewahrheitet sich
diese Formel keineswegs!
Letztres erkennt man am schnellsten etwa so, dass andernfalles auch
für u = 1 sicher sein müsste: (a ; b ɟ b̄̆ ɟ b̄) ; b ⋹ a ; b, das heisst:
a ; b ɟ b̄̆ ɟ b̄ ⋹ a ; b ɟ b̄̆,
ganz allgemein.
[273]§ 19. Heuristik des erweiterten zweiten Inversionsproblems.
Nimmt man aber und b = ā an, so lässt sich letztres
widerlegen, indem als Subjekt: , als Prädikat: erscheint. —
Obwol es nach alledem nicht ausgeschlossen erscheint, dass auch für
das allgemeine dritte Inversionsproblem noch bessere Lösungsformen als
die von uns gegebne allgemeine Lösung möglich sind — vielleicht auch
nur für umfassendere Klassen von Partikularfällen desselben — dürfte es
nicht ganz leicht sein, solchen auf die Spur zu kommen.
Wie wir sahen lief die Lösung des dritten Inversionsproblems
(und von dessen Erweiterungen) hinaus auf das „erweiterte zweite“.
Ich glaube nun schuldig zu sein anzugeben auf welche Weise mir
die Lösung 11) des letzteren zu finden gelang, da eine blos kund-
gegebene und verifizirte Lösung das Erkenntnisstreben sicherlich nicht
befriedigt:
Obwol ein günstiger Zufall mitwirkte, ist in meiner Herleitung doch
vielleicht ein Stück Methode zu erblicken woraus sich etwas lernen lässt.
Während die Resultante a ⋹ c ; b als erfüllt vorausgesetzt wird, sollte
der Forderung a ⋹ xc ; b durch geeignete Bestimmung von x auf die all-
gemeinste Weise genügt werden. Für
1 ⋹ (Πi)Πj(āi j + Σlci lbl j)
ist also die Subsumtion
1 ⋹ (Πi)Πj(āi j + Σlxi lci lbl j)
nach den Unbekannten xi l symmetrisch allgemein aufzulösen. Da diese
durchweg nur mit demselben ersten Index i vorkommen, braucht man die
Aufgabe nur für ein bestimmtes i zu lösen und das Resultat hernach all-
gemein (für jedes i) in Anspruch zu nehmen; m. a. W. man kann vor-
stehend das Πi unterdrücken (worauf wir sogleich durch dessen Einklam-
merung hinweisen wollten) und die ganze Untersuchung als eine nach i
allgemeine — unter der Herrschaft dieses Zeichens, „sub Πi“ — führen.
Für jedes j, wofür āi j = 1 also ai j = 0 ist, haben wir einen ineffek-
tiven Faktor des Πj, wird unsre Forderung nichtssagend und liefert sie
keine Bestimmung.
Für jedes j dagegen, wo āi j = 0 also ai j = 1 ist, wird laut Voraus-
setzung Σlci lbl j = 1 sein und soll auch Σlxi lci lbl j = 1 werden. Das heisst:
dann ist nach den xi l die Gleichung aufzulösen:
Σlxi lci lbl j = Σlci lbl j.
Dies geschieht nach dem unter Aufgabe 20 in § 51 des Bd. 2 her-
vorgehobnen partikularen Falle mittelst des Ansatzes:
xi l = ui l + Πk(ūi k + c̄i k + b̄k j)Σhci hbh j, was = Uj
zur Abkürzung ad hoc genannt werde. Hienach muss für jedes j, wofür
ai j = 1 ist, sein: xi l = Uj allgemein für alle i und l, oder also es muss
werden:
sub ΠiΠl) 1 ⋹ Πj{āi j + ai j(xi l = Uj)}.
Schröder, Algebra der Relative. 18
[274]Siebente Vorlesung.
Letztres schreibt sich leicht um in:
Σj(xi lai jŪj + x̄i lai jUj) = 0
und gibt nach bekannten Auflösungsmethoden des identischen Kalkuls:
sub ΠiΠlΠj) ai jUj⋹xi l⋹āi j + Uj,
oder sub ΠiΠl) Σjai jUj⋹xi l⋹Πj(āi j + Uj).
Dies involvirt die Resultante:
Σjai jUj⋹Πj(āi j + Uj)
und würde darnach, sobald diese erfüllt ist, sich leicht berechnen:
xi l = Σjai jUj + ui lΠj(āi j + Uj).
Sucht man nun vorab der Resultante durch geeignete Bestimmung
der ui l zu genügen, so verwickelt das in viel schwierigere Aufgaben oder
Zirkel und bleibt alles vergebens.
Evaluirt man dagegen, unbekümmert um die Resultante, das Subjekt
und Prädikat unsres xi l, so findet man mit einiger Rechnung:
Σjai jUj = [u · a ; 1 + a(c ; b){(ū + c̄) ɟ b̄} ; 1]i l,
Πj(āi j + Uj) = (u + [ā + {(ū + c̄) ɟ b̄}(c ; b)] ɟ 0)i l,
wonach sich durch Einsetzung in die letzte Formel mittelst Durchgangs
durch den allgemeinen Koeffizienten xi l ergibt:
x = u + a(c ; b){(ū + c̄) ɟ b̄} ; 1
— worin a(c ; b) auch einfacher durch a ersetzbar. Dies ist aber die
„untere“ Lösung 11), und muss es als glücklicher Zufall gepriesen werden,
dass mit der so gefundenen die Probe 1 stimmt. Die Ersetzbarkeit der 1
durch b̆ liess mich schliesslich die Analogie mit dem beim spezielleren
Probleme schon in § 18 Erkannten vermuten — welche Analogie auch
schon bequemer zur Entdeckung (mittelst Ratens) der Lösung mich hätte
führen können, wenn ich nicht so systematisch zuwerke gegangen wäre.
Zum Schlusse will ich mich der Methodik zuliebe über den „vexa-
torischen Charakter“ unsres dritten Inversionsproblems noch weiterhin
äussern.
Wir hatten das Problem x ; b = a, wo a = c ; b und c = a ɟ b̄̆, zurück-
geführt auf die Erfüllung der beiden Subsumtionen:
30) x⋹c und c ; b ⋹ x ; b,
und es schliesslich zur Lösung gebracht, indem wir zuerst die erste, so-
dann die zweite Forderung erfüllten. Man kann es auch mit der um-
gekehrten Reihenfolge versuchen.
Der zweiten Forderung genügt nach 10) des § 18 auf die allgemeinste
Weise identisch: x = u + (c ; b)(ū ɟ b̄) ; b̆.
[275]§ 19. Vexatorischer Charakter des dritten Inversionsproblems.
Soll dies auch der ersten Forderung genügen, so muss sein
Letztre Forderung erfüllt: u = v + (c ; b · c̄ ; b)(v̄ ɟ b̄) ; b̆.
Soll dies aber dem Rückstand aus der ersten Forderung genügen,
so muss
sein. Letztres thut wieder: v = w + (c ; b · c̄ ; b)(w̄ ɟ b̄) ; b̆.
Soll dies aber auch dem Reste (v ⋹ c) aus der ersten Forderung ge-
nügen, so muss
sein und so fort in infinitum. Nennt man
31) (c ; b · c̄ ; b)(ȳ ɟ b̄) ; b̆ = f(y) und y + f(y) = F(y),
so hatten wir gefunden: u = F(v), v = F(w), … in inf., und wenn wir
rückwärts einsetzend das letzte**) unbestimmte Relativ ω nennen, so ist ge-
funden, dass jedenfalls
u = F∞(ω)
sein muss, woferne die successiven Residuen der ersten Forderung erfüllt
sein sollen. Die so erfüllten erschöpfen aber die erste Forderung noch
nicht und bleibt davon immer noch diese ω ⋹ c rückständig, welcher „end-
lich“ durch den Ansatz ω = uc zu genügen ist — für ein neues u.
Hiernach schiene denn
32) x = F∞(uc) + (c ; b){F∞(uc)͞ ɟ b̄} ; b̆
die gesuchte Lösung zu sein.
Die unbegrenzten Iterationen der Funktion F, welche in diesem Aus-
druck vorkommen, sind im Hinblick auf die Form 31) (zweite Gleichung)
dieser Funktion nach den Ergebnissen des § 13, S. 182 sicher konvergent.
Der Ausdruck 32) muss auch alle überhaupt möglichen Lösungen
unsres Problems 30) umfassen, und in der That stimmt mit ihm die
Probe 2.
18*
[276]Siebente Vorlesung.
Stellt nämlich x irgend eine Wurzel der Aufgabe vor, für die also
die Voraussetzungen 30) von vornherein zutreffen, und nimmt man u = x,
so bewahrheitet sich die Gleichung 32) wie folgt.
Wegen 30) ist: uc = xc = x und (c ; b)(x̄ ɟ b̄) = 0, also
f(uc) = f(x) = 0 ; b̆ = 0 und F(uc) = F(x) = x
selbst, mithin auch nach § 13, S. 188sq.: F∞(uc) = F∞(x) = x. Damit
verschwindet das letzte Glied in 32) und läuft diese Gleichung auf die
Identität x = x hinaus, q. e. d.
Ist so die „fragliche“ Lösung 32) einerseits in der That ohne Zweifel
vollständig, so ist sie andrerseits — wie wir demnächst genauer nachweisen
— doch nicht ausschliesslich, d. h. sie liefert im Allgemeinen nicht un-
bedingt, nicht für jedes u, eine richtige Wurzel. M. a. W. die Formel 32)
ist nicht die gesuchte allgemeine Lösung.
Dieser Umstand ist im Hinblick auf den Gedankengang, der zu der
Formel führte — bei dem man doch wähnen mochte, sämtliche Anforde-
rungen, die das Problem stellt, erfüllt zu haben! — sehr überraschend.
Derselbe kann nicht verfehlen, zu lehrreichen Untersuchungen (die ich mir
hiernächst versagen muss) noch Anlass zu geben, und mahnt solche Er-
fahrung jedenfalls in unsrer Disziplin zu grosser Behutsamkeit und Vorsicht.
Die Thatsache dokumentirt sich zunächst darin, dass es auf keine
Weise gelingen will, mit der fraglichen Lösung auch die „Probe 1“ zu
machen: zu zeigen, dass der Ausdruck 32) für x gesetzt nun die Forde-
rung x ; b = c ; b bei beliebigem u erfülle. Vielmehr stellt sich bei solchem
Versuche heraus, dass u selbst noch eine Relation erfüllen muss, die un-
endlich viel komplizirter scheint, als es die aufzulösende Gleichung für x
gewesen.
Um durch Exemplifikation zu erhärten, dass die Gleichung 32) Gefahr
läuft, auch „falsche“ Wurzeln, d. h. noch andre Werte, als wie Wurzeln
unsres Problems zu liefern, genügt es bereits, dieselbe für b = 0' in An-
spruch zu nehmen.
Zwar für b = 1, 0, 1' zeigt sich leicht, dass f(y) = 0, F(y) = y = F∞(y)
wird, die Entwickelung sofort abbricht und in Übereinstimmung mit 23)sqq.
die richtige Lösung liefert — im ersten Falle, zu x ; 1 = a, allerdings in
der neuen Form: x = a{u + (ā + ū) ɟ 0}, die man aber als eine von der
23) nur unwesentlich verschiedene mit Rücksicht auf die Resultante a = a ; 1
unschwer auf jene zurückführt.
Dagegen für b = 0' bricht die Entwickelung nicht sofort und im All-
gemeinen nicht ab. Hier muss zuvörderst, soll x ; 0' = a = 1αβγ0 auf-
lösbar sein, a = (a ɟ 1') ; 0' = 1α000 sein, d. h. a von vornherein der Zeilen-
kategorien β und γ entraten. Es wird c = a ɟ 1' = 1ᾱ000 und
c ; b · c̄ ; b = 0α000
im Allgemeinen ≠ 0. Nennt man
uc = y, c ; 0' · c̄ ; 0' = d, d(ȳ ɟ 1') ; 0' = f(y), F(y) = y + f(y) = z, F∞(y) = ω,
so ist x = ω + (c ; 0')(ω̄ ɟ 1') ; 0' zu berechnen.
[277]§ 19. Zur Heuristik der Inversionsprobleme.
Mit den Annahmen , findet man — nach
leichter Herstellung der Schemata zu elf Zwischenwerten —
Abbrechen thut die unendliche Entwickelung in 32) zum mindesten
immer dann, wenn in 31) f(y) = 0 wird, wo wir haben f(y) = y = f∞(y),
und folglich aus 32) erhalten:
x = uc + (c ; b){(ū + c̄) ɟ b̄} ; b̆.
Wie, wegen c = a ɟ b̄̆ und c ; b = a, Vergleichung mit 18) zeigt, würde
dies erst dann die richtige allgemeine Lösung von x ; b = a (auch für den
Fall des Nichtabbrechens) darstellen, wenn rechts der Faktor c als gemein-
samer Faktor vorträte.
Eine hinreichende Bedingung für das Abbrechen ist das Verschwinden
von d = c ; b · c̄ ; b.
[Sagt man a ; b für a, um unabhängig beliebige Parameter a, b zu
haben, so wird d = a ; b · (ā ɟ b̄) ; b̆ ; b, und bringt man die Forderung d = 0
leicht auf die Form:
a ; b ; b̆ ; b ⋹ a ; b,
welche Subsumtion mit Rücksicht auf 21) des § 18 die Kraft einer Gleichung
besitzt. Sie ist z. B. erfüllt, wenn b ; b̆ = 1', oder aber b̆ ; b = 1', des-
gleichen wenn a = a ; 1 System ist.]
Die vorstehenden Untersuchungen haben uns über die inversen
Operationen der beiden relativ knüpfenden Spezies (d. i. wenn man
will die „relativen Divisionen“ und „Subtraktionen“) einigermaassen
orientirt, auch in den Charakter unsrer Disziplin manchen Einblick
gewährt.
Als eine Moral derselben, die sich uns noch öfter aufdrängen
wird, ist zu verzeichnen, dass — im Kontraste zur arithmetischen
Analysis — mit der Lösung aller Teilaufgaben oder Unterprobleme
einer zusammengesetzten Aufgabe die Lösung der letzteren in unsrer
Disziplin noch keineswegs gewährleistet ist. So wäre es auch sehr
voreilig, zu glauben, dass man nunmehr auch für jede „reine“
Subsumtion oder Gleichung d. h. für jede Aufgabe, in der der Name
der Unbekannten blos einmal figurirt, die allgemeine Wurzel müsse
hinschreiben können (indem man durch von aussen nach innen fort-
schreitende Ablösung aller andern mit x verknüpften Terme diese Un-
bekannte allmälig isolirte).
Sogar das so einfache Auflösungsproblem x ; b = a selbst ist wol
noch nicht genügend erforscht. Eine Menge Fragen drängen sich noch
auf, wie z. B. (dessen „Determination“ betreffend) die: wann die Wurzel
[278]Siebente Vorlesung.
eindeutig bestimmt, also x konstant, unabhängig von u, sein werde?,
u. a. m. Wir werden deshalb noch ein paarmal auf das Problem
zurückzukommen haben. —
§ 20. Vorübergehend „Transoperationen“ genannte Knüpfungen
und deren Inversionsprobleme. Quaderrelative.
Eine wichtige aber schwere Frage ist die nach der Vollständigkeit
unsrer Algebra der binären Relative, nämlich die Frage: ob diese Disziplin
mit ihren sechs Spezies für alle Zwecke der reinen und angewandten Theorie
(insbesondre auch der Logik binärer Relativbegriffe) notwendig ausreicht?
Wir hoffen dieser Frage später noch näher zu treten, uns hier be-
gnügend, mit einer kleinen Episode zu derselben zunächst einmal blos ein
Scherflein beizusteuern.
Beim ersten Blick auf die Definitionen (12) S. 29 der beiden
relativen Knüpfungen vermittelst des allgemeinen Koeffizienten ihres
Erzeugnisses nimmt man wahr, dass sich durch blosse Vertauschung
der Zeichen Σ und Π in ihnen zwei neue und eigenartige Knüpfungs-
weisen ergeben müssen. Hätte man nicht vielleicht nötig gehabt, auch
diese beiden — sagen wir (vorübergehend): als zwei „Transoperationen“
— nämlich als eine
| „Transmultiplikation | „Transaddition“*) |
zu definiren mittelst der Festsetzung:
1)
| (a ⌢ b)i j = Πhai hbh j | (a ⌣ b)i j = Σh(ai h + bh j) |
und somit noch die Ausdrücke:
| a ⌢ b sprich a „ab“ b | a ⌣ b sprich a „auf“ b |
unsrer Theorie als Erzeugniss zweier weitern „Spezies“ einzuverleiben?
Diese spezielle Frage wenigstens ist zu verneinen.
Nach bekannten Festsetzungen und Schemata des Aussagenkalkuls
kann man nämlich zerlegen und wieder vereinigen:
| (a ⌢ b)i j = Πhai hΠhbh j = | (a ⌣ b)i j = Σhai h + Σhbh j = |
| = Πh(ai h + 0h j)Πh(0i h + bh j) = | = Σhai h1h j + Σh1i hbh j = |
| = (a ɟ 0)i j(0 ɟ b)i j = | = (a ; 1)i j + (1 ; b)i j = |
| = {a ɟ 0)(0 ɟ b)}i j | = (a ; 1 + 1 ; b)i j |
woraus hervorgeht, dass die Relative
2)
| a ⌢ b = (a ɟ 0)(0 ɟ b) | a ⌣ b = a ; 1 + 1 ; b |
als durch die bisherigen 6 Spezies schon hinreichend einfach ausdrück-
[279]§ 20. Vorübergehend Transoperationen genannte Knüpfungen.
bare, zu ihrer Darstellung aparte Knüpfungszeichen in der That nicht
erfordern. Vielmehr ist ad notam zu nehmen, dass:
3)
| Πhai hbh j = {(a ɟ 0)(0 ɟ b)}i j | Σh(ai h + bh j) = (a ; 1 + 1 ; b)i j. |
Wir wollen gleichwol die obigen Knüpfungszeichen (dieselben nebenbei,
mit denen Peano die identischen Knüpfungen darstellt) noch eine kurze
Weile provisorisch beibehalten, weil sich mit ihnen gewisse Eigenschaften
unsrer Trans-Knüpfungen besonders übersichtlich ausdrücken lassen. Man
wolle übrigens absehen von der zufälligen Übereinstimmung oder Ähnlich-
keit des Transadditionszeichens ⌣ mit dem als Hyphen (Bindestrich) über-
gesetzten Konversionszeichen: um diesen unbeabsichtigten Einklang zu ver-
meiden hätten wir statt der runden etwa spitze Zeichen ⋀, ⋁ wählen können;
indessen sind die andern schön vorrätig gewesen.
Es gelten natürlich die Analoga zu De Morgan’s Theoremen:
| a ⌢ b͞ = ā ⌣ b̄ | a ⌣ b͞ = ā ⌢ b̄ |
sodass sich mittelst der Negation die eine Transoperation auch auf
die andre zurückführen liesse.
Zudem sind die beiden Trans-Knüpfungen aber auch assoziativ.
Es ist
| a ⌢ (b ⌢ c) = (a ⌢ b) ⌢ c = a ⌢ b ⌢ c | a ⌣ (b ⌣ c) = (a ⌣ b) ⌣ c = a ⌣ b ⌣ c |
indem die beiderseitigen Koeffizienten übereinstimmend hinauslaufen auf:
| Πh kai hbh kck j | Σh k(ai h + bh k + ck j). |
Dies gibt in unsre gewöhnliche Zeichensprache übertragen die be-
merkenswerten Formeln:
4)
welche auch leicht mittelbar zu rechtfertigen — z. B. rechts vom
Mittelstriche durch relatives Ausmultipliziren mit Rücksicht auf 1 ; 1 = 1.
Ähnlich haben wir als das Knüpfungsergebniss von vier in be-
stimmter Ordnung genommenen Relativen:
a ⌢ b ⌢ c ⌢ d = (a ɟ 0)(0 ɟ b ɟ 0)(0 ɟ c ɟ 0)(0 ɟ d)|
|a ⌣ b ⌣ c ⌣ d = a ; 1 + 1 ; b ; 1 + 1 ; c ; 1 + 1 ; d
woraus nun das allgemeine Bildungsgesetz auch für beliebig viele Terme
einleuchtet.
Bei mehrern Termen sind die Ergebnisse der Transoperationen
symmetrisch (oder „kommutativ“) inbezug auf alle zwischenliegenden,
intermediären oder eingeschlossenen Terme und nur die beiden äussersten,
extremen oder Rand-Terme gehn auf eigne Weise in sie ein.
Im Gegensatz zu den identischen und den relativen haben die
beiden Transoperationen keine Moduln.
[280]Siebente Vorlesung.
Z. B. es ist ein Relativ x derart, dass für ein beliebiges oder all-
gemeines a stets x ⌣ a = a wäre, nicht möglich. Denn für dieses müsste
Σh(xi h + ah j) = ai j sein, sonach bei ai j = 0 müsste sowol xi h = 0 als
ah j = 0 für jedes h sein, welch letzteres einen Widerspruch mit der für
h ≠ i zuzulassenden Möglichkeit eines ah j ≠ 0 vorstellt.
Was aber die Transknüpfungen zwischen einem allgemeinen Relativ a
und einem der vier sonstigen Moduln betrifft, so überzeugt man sich leicht
aus dem Abacus, dass
0 = 0 ⌢ a = a ⌢ 0 = 0' ⌢ a = a ⌢ 0' = 1' ⌢ a = a ⌢ 1'|
|1 = 1 ⌣ a = a ⌣ 1 = 1' ⌣ a = a ⌣ 1' = 0' ⌣ a = a ⌣ 0',
| 1 ⌢ a = 0 ɟ a | 0 ⌣ a = 1 ; a |
| a ⌢ 1 = a ɟ 0 | a ⌣ 0 = a ; 1 |
ist. Die fraglichen Modulknüpfungen sind also zumeist reduzibel und
kommen, soweit sie es nicht sind, auf schon anderweitig diskutirte relative
Knüpfungen hinaus.
So viel über den Formalismus, die formalen Gesetze unsrer Trans-
operationen — von dessen Erledigung ab wir auch von den proviso-
rischen Knüpfungszeichen keinen Gebrauch mehr machen wollen.
Leicht zu durchschauen ist die Konstitution, Struktur oder Bildungs-
weise der beiden Relative (a ɟ 0)(0 ɟ b) und a ; 1 + 1 ; b die unsre Be-
achtung auf sich gezogen haben.
Das erstre Relativ ist der Schnitt der Vollzeilen von a mit den Voll-
kolonnen von b, hat Augen nur an den Gitterpunkten der Matrix, wo
jene mit diesen zusammentreffen. Keine zwei „zu einander schief
stehende“ (d. h. weder in derselben Horizontal- noch in derselben
Vertikalflucht liegende) Augen können dem Relative c = (a ɟ 0)(0 ɟ b)
angehören, ohne dass ihm auch die beiden andern Augen angehörten,
welche mit jenen zusammen die Ecken eines Reihenrechtecks bilden,
m. a. W. es ist für alle i, j, h, k:
(ci j = 1)(ch k = 1) = (ci k = 1)(ch j = 1)
oder die Augen unsres Relativs c stehen durchgängig sozusagen „in
Quadern“.
Beweis. Ist Πlai lbl j = 1 und Πlah lbl k = 1, so muss auch Πlai lbl k = 1
und Πlah lbl j = 1 sein, weil die vorkommenden vier Reihen von Koeffi-
zienten der a, b sämtlich selber = 1 sein werden.
Bei dem zweiten Relativ d = a ; 1 + 1 ; b verhält es sich geradeso
mit den Leerstellen oder Lücken, stehn ebendiese in Quadern und ist:
(di j = 0)(dh k = 0) = (di k = 0)(dh j = 0).
[281]§ 20. Die Quaderrelative.
Die Matrix von d setzt sich zusammen aus einem System von Voll-
zeilen verbunden mit einem System von Vollkolonnen, und zwar entspringen
die Vollzeilen von d aus den besetzten Zeilen von a, die Vollkolonnen
von d aus den besetzten Kolonnen von b.
Es lässt sich zeigen, dass die vorstehend betonten Eigenschaften:
5)
| Πi j h k(ci jch k = ci kch j) | Πi j h k(d̄i jd̄h k = d̄i kd̄h j) oder: |
| Πi j h k(di j + dh k = di k + dh j) |
charakteristisch für Relative von der Entstehungsweise unsres c und d sind.
Dies braucht blos für b gezeigt zu werden, weil d sich offenbar als
Negat eines für ā, b̄ gebildeten c ansehen lässt.
Gilt nun also für ein irgendwie gegebnes Relativ c stets: ci jch k = ci kch j,
so muss gezeigt werden, dass c sich als (a ɟ 0)(0 ɟ b) für ein gewisses Paar
von Relativen a und b darstellen lässt.
Dies gelingt mit der Annahme
a = c ; 1, b = 1 ; c,
wo dann nach 16) des § 15:
a ɟ 0 = c ; 1 ɟ 0 = c ; 1, 0 ɟ b = 0 ɟ 1 ; c = 1 ; c,
somit
(a ɟ 0)(0 ɟ b) = c ; 1 ; c,
{(a ɟ 0)(0 ɟ b)}i j = Σh kci hck j laut Hypothesis = Σh kci jch k = ci jΣh kch k = ci j
sein muss, indem unter den Gliedern der Σh k sich auch ci j selbst befindet.
Somit ist in der That für die genannten Werte von a und b bewiesen, dass
c = (a ɟ 0)(0 ɟ b).
Wir wollen demgemäss die provisorisch als Erzeugniss von
„Transoperationen“ eingeführten Relative von den Sorten c und d hin-
fort als Quaderrelative bezeichnen.
Und zwar soll ein Relativ von der Form c = (a ɟ 0)(0 ɟ b) ein
Augenquaderrelativ heissen [genauer: das Augenquaderrelativ zu a und b,
während das Augenquaderrelativ „zu a und a“, nämlich (a ɟ 0)(0 ɟ a),
kürzer blos das Augenquaderrelativ „zu a“ genannt werde].
Desgleichen soll ein Relativ von der Form d = a ; 1 + 1 ; b ein
Lückenquaderrelativ heissen (genauer: etc.).
Unter einem Stellenquader verstehn wir dabei ein System von vier
solchen Stellen, welche die Ecken eines Reihenrechtecks bilden, in
denen also irgend zwei Zeilen mit irgend zwei Kolonnen zusammen-
treffen.
Grenzfälle des Augenquaderrelativs sind: 0 selbst, ferner ein Relativ,
welches blos ein Auge und sonst lauter Leerstellen hat (Einauge), weiter
ein solches, das zwei oder mehr in einer (sei es Horizontal- sei es Vertikal-)
Flucht stehende Augen und sonst lauter Leerstellen hat. In diesen Aus-
[282]Siebente Vorlesung.
artungsfällen sind noch keine eigentlichen Augenquader in dem Relativ zu
erblicken.
Analog mit 1, etc. für die Lücken beim Lückenquaderrelativ.
Es scheinen diese Relative qua Quaderrelative schon die Aufmerksam-
keit von Peirce2 p. 52 auf sich gezogen zu haben, ohne dass er jedoch
Ausdrücke für dieselben gegeben und Sätze über sie publizirt hätte. Er
spricht einmal von Blöcken oder „collections of squares“.
Durch den unter 5) gegebnen Beweis sind folgende Wahrneh-
mungen nahe gelegt.
Jedes Augenquaderrelativ c lässt sich auch in der Form u ; 1 ; v
und sogar in der noch spezielleren w ; 1 ; w, nämlich als c ; 1 ; c selbst,
darstellen, und umgekehrt muss jedes Relativ von einer dieser Formen
ein Augenquaderrelativ sein und sich auch auf die andern Formen
bringen lassen.
Jedes Lückenquaderrelativ d lässt sich in der Form u ɟ 0 ɟ v, ja
sogar, als d ɟ 0 ɟ d selbst, in der Form w ɟ 0 ɟ w darstellen, und um-
gekehrt muss jedes Relativ von einer dieser Formen ein Lückenquader-
relativ sein, etc. — Zunächst gilt in der That:
6)
Dies leuchtet links wie folgt ein.
Nehmen wir von vornherein c = (a ɟ 0)(0 ɟ b) an, so gilt für c nach
dem über 5) gegebnen Beweise die Charakteristik 5), und ist aus dieser
in dem unter 5) gegebnen Beweise — durch Komparation der zwei letzten
isolirt gestellten Gleichungen — der Schluss zu ziehen: c ; 1 ; c = c — q. e. d.
Dual entsprechend ist für d = a ; 1 + 1 ; b auch d ɟ 0 ɟ d = d.
Ferner aber muss auch sein — nach 16) des § 15 und 5) des § 11:
7)
| (a ɟ 0)(0 ɟ b) = (a ɟ 0) ; 1 ; (0 ɟ b) | a ; 1 + 1 ; b = a ; 1 ɟ 0 ɟ 1 ; b |
woraus die Werte erkennbar sind:
| u = a ɟ 0, v = 0 ɟ b | u = a ; 1, v = 1 ; b |
die man blos den Symbolen u, v im obigen Texte unterzulegen braucht.
Endlich dürfte noch Beachtung verdienen, dass nach 24) des § 18
man für die linke Seite der linkseitgen Gleichung 6) auch die Darstellung
erhält: (a ɟ 0)(0 ɟ b) · (0 ɟ b) ; 1 ; (a ɟ 0), womit diese Gleichung auf die Sub-
sumtion hinausläuft: (a ɟ 0)(0 ɟ b) ⋹ (0 ɟ b) ; 1 ; (a ɟ 0), die sich aus
0 ɟ b ⋹ (0 ɟ b) ; 1 und a ɟ 0 ⋹ 1 ; (a ɟ 0)
von selbst versteht — sodass hiemit ein zweiter Beweis für 6) gegeben ist.
Umgekehrt ist nach 5) des § 11 und 16) des § 15:
8)
| a ; 1 ; b = (a ; 1 ɟ 0)(0 ɟ 1 ; b) | a ɟ 0 ɟ b = (a ɟ 0 ; 1 + 1 ; (0 ɟ b) |
wonach denn ein Relativ der Form a ; 1 ; b zu bezeichnen ist als das
[283]§ 20. Sätze von Quaderrelativen.
Augenquaderrelativ zu a ; 1 und 1 ; b, ein solches der Form a ɟ 0 ɟ b als
das Lückenquaderrelativ zu a ɟ 0 und 0 ɟ b.
Wird für den Augenblick das Relativ rechterhand (somit auch das
linkerhand) in Gleichung 8) mit c resp. d bezeichnet, so gilt nach 6)
c = c ; 1 ; c, d = d ɟ 0 ɟ d, und somit haben wir auch noch den Satz:
9)
| a ; 1 ; b ; 1 ; a ; 1 ; b = a ; 1 ; b | a ɟ 0 ɟ b ɟ 0 ɟ a ɟ 0 ɟ b = a ɟ 0 ɟ b |
aus welchem zu ersehen ist in welcher Weise ein Ausdruck der Form
a ; 1 ; b gebracht werden kann auf die speziellere Form c ; 1 ; c, indem
er nämlich sich darstellen lässt als (a ; 1 ; b) ; 1 ; (a ; 1 ; b), etc.
Auch über das Quaderrelativ (der einen oder andern Art) zu zwei
(verschiednen oder auch identischen) Quaderrelativen (sei es derselben,
sei es der entgegengesetzten Art) lassen sich noch (nicht uninteres-
sante) Sätze aufstellen, die wir dem Studirenden überweisen.
Als beachtenswert dürfte schliesslich zu erwähnen sein, dass
zwischen den Ergebnissen unsrer Transoperationen und denen der
übrigen knüpfenden Spezies folgende Einordnungen bestehen:
10)
deren letzte als das Analogon zur ersten bei den Transoperationen
erscheint. Für die relativen knüpfenden Spezies gibt es solche Analoga
(zu der obigen Subsumtion zwischen den identischen Knüpfungsergeb-
nissen) nicht.
Von diesen Sätzen folgen die der zweiten und dann auch die der
letzten Zeile a fortiori aus den bekannten 8) des § 15 etc. Die der dritten
Zeile sind leicht aus den Koeffizienten zu rechtfertigen, weil das Produkt
im Faktor, das Glied in der Summe enthalten ist.
Die der vorletzten Zeile fliessen a fortiori aus
a ɟ 0 ⋹ a ɟ b, a ; b ⋹ a ; 1, etc.
Es ist also das „Transprodukt“ zweier Relative eingeordnet den
Ergebnissen aller vier knüpfenden „Spezies“ und von letztern jedes
wiederum eingeordnet der „Transsumme“ ebendieser Relative. —
Nunmehr wollen wir auch für die Transoperationen die zwölf
elementaren Inversionsprobleme lösen, was besonders bei dem dritten
Quadrupel einiges theoretisches Interesse darbietet.
Nach den Aussagenschemata 6) des § 8 müssen wir haben:
[284]Siebente Vorlesung.
11)
Nach den Ergebnissen 25) des § 18 lassen sich daher die Lösungen für
das erste Quadrupel unsrer Inversionsprobleme unmittelbar hinschreiben als:
12) .
Nach bekannten Schemata — den letzten 3) des § 6 — ist ferner:
13)
| {a ⋹ (x ɟ 0)(0 ɟ b)} = (a ⋹ 0 ɟ b)(a ⋹ x ɟ 0) | (x ; 1 + 1 ; b ⋹ a) = (1 ; b ⋹ a)(x ; 1 ⋹ a) |
| {a ⋹ (b ɟ 0)(0 ɟ x)} = (a ⋹ b ɟ 0)(a ⋹ 0 ɟ x) | (b ; 1 + 1 ; x ⋹ a) = (b ; 1 ⋹ a)(1 ; x ⋹ a) |
worin der erste Aussagenfaktor jeweils die Resultante der Elimination
von x aus der Proposition linkerhand (somit auch die Valenzbedingung
für x) vorstellt. Ersetzt man den zweiten Aussagenfaktor rechts durch
seine schon mittelst 10) des § 17 gegebne Auflösung nach x, so hat man
auch die Lösungen für das zweite Quadrupel unsrer Inversionsprobleme,
welche wirklich hinzuschreiben wir dem Leser überlassen.
Somit bleibt nur noch zu erledigen das dritte Gespann unsrer
Inversionsprobleme, welches die Auflösung nach x der Gleichung fordert,
die in den folgenden Aussagenäquivalenzen als linke Seite auftritt und
für die wir sogleich in Gestalt des ersten Aussagenfaktors der rechten
Seite die Resultante der Elimination des x und in Gestalt des zweiten
Aussagenfaktors rechterhand die allgemeine Wurzel oder Auflösung
nach x angeben wollen:
14) .
Auch diese Probleme lassen sich hienach elegant in geschlossener
Form lösen.
Die Herleitung und Detail-Nachweise wollen wir etwa für die erste
Gleichung rechts vom Mittelstriche erbringen.
Die Gleichung zerfällt in zwei Teilsubsumtionen, deren Lösung und
[285]§ 20. Die Inversionsprobleme der Transoperationen.
eventuell Resultante wir einzeln bereits anzugeben vermögen. Die eine ist
die obere rechts vom Mittelstriche in 11). Die andre liefert konform 13):
.
Vergleicht man beide Wurzelausdrücke, so erhellt, dass man nur noch der
Gleichung
15) u + a(ū ɟ 0)(0 ɟ b̄) = v(a ɟ 0)
durch geeignete denkbar allgemeinste Bestimmung von u und v zu genügen
habe. Ebendies erscheint jedoch als eine nicht ganz leichte Aufgabe. Wir
nehmen dieselbe nachher in Angriff. Zuvor jedoch wollen wir die Angaben
von 14) auf kürzestem Wege verifiziren.
Dabei ist zuerst die Resultante herzuleiten, sodann als die volle nach-
zuweisen; endlich sind für die Lösung die beiden Proben zu machen.
Vom zweiten Teilproblem her ist klar dass 1 ; b ⋹ a jedenfalls „eine“
Resultante sein muss. Wegen 1 ; b ⋹ a ɟ 0 + 1 ; b ist diese in der That
durch die oben angegebene mitverbürgt, jedoch ohne sie ihrerseits zu be-
dingen; sie ist blos eine Unter-Resultante dieser angegebnen, die wir als
die volle nachweisen werden.
a⋹x ; 1 + 1 ; b gibt a(0 ɟ b̄) ⋹ x ; 1, und x ; 1 ⋹ a ist nach dem ersten
Inversionstheorem äquivalent mit x ⋹ a ɟ 0, was die Folgerung gestattet:
x ; 1 ⋹ (a ɟ 0) ; 1. Aber nach 16) des § 15 ist (a ɟ 0) ; 1 = a ɟ 0. Also
haben wir auch x ; 1 ⋹ a ɟ 0 und damit a fortiori: a(0 ɟ b̄) ⋹ a ɟ 0, d. h.
16) a⋹a ɟ 0 + 1 ; b.
Damit ist die behauptete Resultante gewonnen — in Anbetracht dass wegen
der Partialresultante 1 ; b ⋹ a, in Verbindung mit der Formel a ɟ 0 ⋹ a,
die umgekehrte Subsumtion ohnehin gelten, das Subsumtionszeichen also
hier die Kraft des Gleichheitszeichens erlangen muss. Die obige Subsum-
tion aber kann nicht selbst als die volle, sondern blos als eine (die) zweite
Unter-Resultante hingestellt werden, welche erst mit der ersten verbunden
(multiplizirt) oder zu der Gleichung a = a ɟ 0 + 1 ; b zusammengezogen die
volle Resultante liefert.
Dass letztere vollständig, geht nun leicht daraus hervor, dass, sobald
sie erfüllt ist, immer in Gestalt von x = a ɟ 0 eine Wurzel der aufzulösen-
den Gleichung angebbar sein wird.
Probe 1 für die Wurzel. Nach Schema 24) des § 18 wird:
x ; 1 + 1 ; b = (a ɟ 0) · {u ; 1 + (ū ɟ 0) · (0 ɟ b̄) ; 1} + 1 ; b =
= (a ɟ 0){u ; 1 + (0 ɟ b̄) ; 1}(0 ɟ b̄) + 1 ; b = (a ɟ 0)(0 ɟ b̄) + 1 ; b =
= a ɟ 0 + 1 ; b = a,
q. e. d. Denn wegen 0 ɟ b̄ ⋹ (0 ɟ b̄) ; 1 muss (0 ɟ b̄) ; 1 · (0 ɟ b̄) = 0 ɟ b̄ sein,
wonach denn das zweite Glied in { } durch 1 ersetzbar.
Probe 2. Ist x ; 1 + 1 ; b = a und a = a ɟ 0 + 1 ; b, so muss auch sein:
x = (a ɟ 0){x + (x̄ ɟ 0)(0 ɟ b̄)}. Denn durch Kontraposition der ersten
Voraussetzung folgt: (x̄ ɟ 0)(0 ɟ b̄) = ā und gilt bekanntlich — vergl. 9)
[286]Siebente Vorlesung.
des § 15 — (a ɟ 0)ā = 0, also bleibt nur noch x = (a ɟ 0)x oder x ⋹ a ɟ 0
zu erweisen, was wir schon vorhin aus x ; 1 ⋹ a gefolgert haben — q. e. d.
Die systematische Herleitung des Ergebnisses in 14) aber bietet
folgende Momente.
Man kann aus 15) von den beiden Unbekannten u und v die eine
eliminiren und die andre zu bestimmen suchen.
Zur Elimination von v genügen schon die Regeln des identischen Kal-
kuls, und ergibt sich für u die Bedingung:
u + a(ū ɟ 0)(0 ɟ b̄) ⋹ a ɟ 0
welche schneller aus x ; 1 ⋹ a oder x ⋹ a ɟ 0 zu erlangen, da die linke
Seite den der einen Teilsubsumtion der aufzulösenden Gleichung genügenden
Wert von x darstellt, welcher nun blos noch der andern Teilsubsumtion
zu genügen hat.
Aus analoger Erwägung ergäbe sich im Hinblick auf 11) als Resul-
tante der Elimination von u:
a(0 ɟ b̄) ⋹ v(a ɟ 0) ; 1 = (a ɟ 0) · v ; 1.
Beide Resultanten zerfallen. Jene in
u⋹a ɟ 0 und a(ū ɟ 0)(0 ɟ b̄) ⋹ a ɟ 0
oder ū ɟ 0 ⋹ a ɟ 0 + ā + 1 ; b.
Diese in a(0 ɟ b̄) ⋹ a ɟ 0 und a(0 ɟ b̄) ⋹ v ; 1.
Was jene betrifft, so ist merkwürdig, dass man zu einem Zirkel ge-
führt wird, sobald man u zuerst ihrer zweiten Teilforderung entsprechend
bestimmt — was nach den zweiten Inversionsproblemen keine Schwierig-
keit bereitet. Dagegen führt der umgekehrte Gang zum Ziele: indem man
mittelst u = w(a ɟ 0) die erste Teilforderung auf die allgemeinste Weise
erfüllt, ergibt sich für w aus der zweiten:
(w̄ + ā ; 1) ɟ 0 = w̄ ɟ 0 + ā ; 1 ⋹ a ɟ 0 + ā + 1 ; b — vergl. 24) des § 18 —
und dies zerfällt in ā ; 1 ⋹ a ɟ 0 + ā + 1 ; b, was zur Resultante der Eli-
mination von x einen Beitrag, der kein andrer als 16) ist, liefert, und in
w̄ ɟ 0 ⋹ a ɟ 0 + ā + 1 ; b, welcher Forderung durch geeignete Bestimmung
von w nun noch leicht zu genügen ist. Man findet durch Rückwärts-
einsetzung den in 14) angegebenen Wurzelwert, wenn die zuletzt ver-
bleibende Unbestimmte schliesslich (unter Aufgebung vorgängiger Be-
nennungen) wieder u genannt wird.
Was diese, die Resultante nach u, die nur noch v enthält, betrifft,
so ist deren erste Teilforderung schon selber jener Beitrag 16) zur Resul-
tante nach x, und führt die Auflösung nach v der zweiten Teilforderung
noch rascher zu dem gewünschten Ergebnisse — indem man den Ausdruck
von v gemäss 25) des § 18 gebildet in denjenigen der Wurzel x einträgt
und die kleine Reduktion von (a ɟ 0)a in a ɟ 0 vornimmt.
Auf zwei Wegen liess sich also die gesuchte Lösung des Problems
aus denen früherer Probleme systematisch herleiten.
[287]§ 20. Zum Inversionsproblem der Transoperationen.
Es bleibt nun noch die Frage zu erledigen: auf welche Weise
der Relation zwischen a und b, als welche die Resultante nach x bei
unserm Probleme sich darstellt, auf die allgemeinste Weise zu genügen
ist, m. a. W. es bleibt diese Resultante noch nach den Unbekannten a
und b aufzulösen.
Ich will nicht nur die Begründungen, sondern auch die Ergeb-
nisse blos für die Gleichung
17) a = a ɟ 0 + 1 ; b
als den Repräsentanten der vier Probleme angeben.
Diese Gleichung liefert als eine Relation für a selbst eine Resul-
tante durch Elimination von b. Zwar durch Elimination des Terms
„1 ; b“ findet man weiter nichts als die Forderung a ɟ 0 ⋹ a, die als
identisch erfüllte auf 0 = 0 hinausläuft. Anders bei Elimination von b.*)
Die Resultante lautet:
18) a⋹a ɟ 0 ɟ a
worin das Subsumtionszeichen, da die umgekehrte Einordnung ohnehin
stattfindet, auch in ein Gleichheitszeichen verwandelt werden darf.
Sie ergibt sich wie folgt. Wie schon erkannt, ist die Gleichung 17)
äquivalent dem Produkt der beiden Subsumtionen:
(a ⋹ a ɟ 0 + 1 ; b)(1 ; b ⋹ a).
Die erstre von diesen gibt: 0 ɟ b̄ ⋹ a ɟ 0 + ā, die letztere:
b⋹ 0 ɟ a, 1 ; ā ⋹ b̄, 0 ɟ 1 ; ā = 1 ; ā ⋹ 0 ɟ b̄.
Aus beiden Ergebnissen folgt a fortiori:
1 ; ā ⋹ a ɟ 0 + ā oder a ⋹ a ɟ 0 + 0 ɟ a = a ɟ 0 ɟ a, q. e. d.
[288]Siebente Vorlesung.
Dass unsre Resultante 18) die volle ist, geht daraus hervor, dass
man, sobald sie erfüllt ist, der Forderung 17) immer durch b = 0 ɟ a ge-
nügen kann, wie mit Rücksicht auf 1 ; (0 ɟ a) = 0 ɟ a leicht zu sehn ist —
q. e. d.
Man kann nun zuerst die allgemeinste Wurzel a der Gleichung 18)
aufsuchen und darnach aus der Doppelsubsumtion:
19) ā ; 1 · a ⋹ 1 ; b ⋹ a
das b berechnen. Ersteres zu leisten lehrt ein bemerkenswerter
Satz
20)
worin auf der linken Seite der Aussagenäquivalenzen auch ⋹ für =
schreibbar.
Beweis. Bei beliebigem u stimmt die Probe 1. Für x = u ; 1 ; u
wird nämlich nach 9):
x ; 1 ; x = u ; 1 ; u ; 1 ; u ; 1 ; u = u ; 1 ; u = x, q. e. d.
Man kann jedoch hier auch so schliessen: Nach 5) des § 11 ist
x ; 1 ; x = u ; 1 ; u ; 1 · 1 ; u ; 1 ; u. Nun gilt ferner der
Satz
21)
Der erste dieses Gespannes beweist sich wie folgt. Es ist:
Li j = Σh k lai hak l = Σhai h · Σk lak l = Σhai h = Ri j
weil Σhai h ⋹ Σk lak l = ΣkΣhak h sein muss, indem die rechte Seite bei k = i
die linke als Summanden aufweist — q. e. d.
Man kann den Beweis hier auch mittelbar führen. Die zu be-
weisende Formel ist richtig (indem sie auf 0 = 0 hinausläuft) für a = 0.
Also bleibt sie nur noch für a ≠ 0 zu beweisen. Nun ist nach vorhin
citirtem Schema: L = a ; 1 · 1 ; a ; 1 = R · 1 ; a ; 1. Aber für a ≠ 0 ist
1 ; a ; 1 = 1, somit in der That L = R, q. e. d.
Nach den linkseitigen Schemata 21) erhalten wir also oben:
x ; 1 ; x = u ; 1 · 1 ; u = u ; 1 ; u mithin = x, q. e. d.
— d. h. es stimmte für den Satz 20) die Probe 1.
Dass auch die Probe 2 stimmt, nämlich dass die Formel x = u ; 1 ; u
für ein derart gegebenes x dass x ; 1 ; x = x ist, ebendieses bei der An-
nahme u = x liefert, ist augenscheinlich.
Nach alledem werden wir nun also der Forderung der Resultante 17)
in unabhängigen Parametern α, β auf die allgemeinste Weise genügen
können, indem wir setzen:
[289]§ 20. Zum Inversionsproblem der Transoperationen.
22)
wo sich die erste Formel 22) nach dem zweiten Schema 20) ergibt, indem
man α für u sagt. Die zweite 22) geht aus der folgenden dritten hervor,
indem nach 21) leicht zu zeigen, dass 0 ɟ a = 0 ɟ α, ā ; 1 = ᾱ ; 1 wird.
Diese dritte aber ergibt sich systematisch, indem man erst der zweiten
Subsumtion 19) mittelst b ⋹ 0 ɟ a oder b = β(0 ɟ a) genügt, und den Wert
in die erste einträgt. Diese wird: ā ; 1 · a ⋹ 1 ; β(0 ɟ a) = 1 ; β · (0 ɟ a) und
zerfällt in ā ; 1 · a ⋹ 0 ɟ a, was auf 18) hinauskommt, und in ā ; 1 · a ⋹ 1 ; β,
welcher letztern Forderung nach dem Schema 25) des § 18 durch ge-
eignete Bestimmung von β zu genügen ist. Die Lösung wird:
β = u + ā ; 1 · a · (0 ɟ ū), womit b = (0 ɟ a)u + (0 ɟ a) · ā ; 1 · a · (0 ɟ ū)
gewonnen ist, was sich noch wegen (0 ɟ a)a = 0 ɟ a vereinfacht. Sagt
man schliesslich β für die definitiv verbleibende Unbestimmte u des Er-
gebnisses, so hat man die dritte Formel 22) gefunden.
Es ist eine gute Übung für Anfänger auch die Proben 1 und 2 mit
dem Ergebnisse 22) zu machen, also erstens zu zeigen, dass die Resul-
tante 17) für beliebige α und β durch das System der Ausdrücke 22) er-
füllt wird, und zweitens nachzuweisen, dass man ein gegebenes der Resul-
tante 17) genügendes Wertepaar a, b mittelst der Annahme α = a, β = b
aus 22) richtig erhält.
Jenes führt durch Einsetzung nach einigen Umformungen unter An-
wendung bereits bekannter Sätze zu der Formel:
α ɟ 0 ɟ α = α ɟ 0 + (0 ɟ α) · 1 ; β + (0 ɟ α) · 1 ; ᾱ ; 1,
welche sowol für α = 1 als für α ≠ 1 mit einiger Kunst zu recht-
fertigen ist.
Dieses führt auf die aus der Voraussetzung 17) zu verifizirende Relation:
(0 ɟ a){b + ā ; 1 · (0 ɟ b̄)} = b oder (0 ɟ a) · ā ; 1 · b̄(0 ɟ b̄) + b · 1 ; ā = 0
wo in der That der erste Term wegen ā ; 1 · (0 ɟ b̄) = ā und ā(0 ɟ a) = 0,
der letzte wegen (1 ; b ⋹ a) = (b ⋹ 0 ɟ a) = (1 ; ā ⋹ b̄) verschwindet.
Wir haben oben die Resultante der Elimination von b aus der
Gleichung 17) abgeleitet. Man kann aber endlich auch die Frage auf-
werfen nach der Resultante der Elimination von a aus dieser Gleichung
17) — als einer Relation für b. Die Antwort lautet: eine solche gibt
es nicht. Das Relativ b kann beliebig angenommen werden, und es
lässt sich allemal ein a bestimmen, welches dann die Gleichung 17)
erfüllt.
Zu dem Ende braucht man in der That nur in dem Ausdrucke 22)
a = α ɟ 0 ɟ α zu nehmen:
α = 1 ; b.
Damit wird auch 0 ɟ α = 1 ; b und a = 1 ; b ɟ 1 ; b = 1 ; b, welch letz-
terer Vereinfachung zugrunde liegt der
Schröder, Algebra der Relative. 19
[290]Siebente Vorlesung.
Satz, der ein interessantes Gegenstück zu dem 21) bildet und
allgemein für jedes Relativ a gilt:
23)
Behufs Beweises der ersten Formel dieses Gespannes kann man
mittelbar zuwerke gehn und nach dem Satze 22) des § 18 ansetzen:
(a ɟ 0) ; (a ɟ 0) = (a ɟ 0)1 ; (a ɟ 0) = (a ɟ 0) · 1 ; (a ɟ 0) = a ɟ 0,
letztres in Anbetracht, dass der erste Faktor des vorhergehenden iden-
tischen Produktes dem zweiten eingeordnet ist, q. e. d. Auch direkt in
den Koeffizienten ist der Beweis nicht schwer zu führen und sei dem An-
fänger als Übungsaufgabe empfohlen.
Nachdem wir nun für unser früheres a oben a = 1 ; b gefunden hatten,
ergibt sich auch a ɟ 0 + 1 ; b = 1 ; b ɟ 0 + 1 ; b = 1 ; b, weil der erste Term
der identischen Summe schon in dem zweiten enthalten ist, und damit ist
erwiesen a ɟ 0 + 1 ; b = a, was zu zeigen gewesen.
Anmerkung. Soferne überhaupt a ≠ 1 ist, lässt sich geometrisch
leicht einsehen, dass
1 ; b = 0 ɟ a
sein muss (mithin auch 1 ; b = 0 ɟ α), indem a sich nur aus Vollzeilen und
Vollkolonnen additiv zusammensetzt. Analytisch ist Vorstehendes wie folgt
zu zeigen.
Wir hatten oben S. 287 schon erkannt, dass b ⋹ 0 ɟ a, mithin auch
1 ; b ⋹ 0 ɟ a sein muss. Weiter folgt aber nach dem Satze 24) des § 18
rechts:
0 ɟ a ⋹ 0 ɟ (a ɟ 0 + 1 ; b) = 0 ɟ a ɟ 0 + 1 ; b.
Ist also a ≠ 1, somit auch 0 ɟ a ≠ 1, so haben wir 0 ɟ a ɟ 0 = 0, mithin
0 ɟ a ⋹ 1 ; b, womit die behauptete Gleichheit als vor- und rückwärtige
Subsumtion erwiesen ist.
Andernfalles haben wir a = 1, 0 ɟ a = 1, 0 ɟ a ɟ 0 = 1 und ergibt
sich für 1 ; b keinerlei Bestimmung.
Hiermit dürfte denn unser Problem gründlich erledigt sein.
Zum Schlusse mag noch der Satz hier eine Stelle finden:
24)
| (a ɟ 0) ; (0 ɟ b) = (a ɟ 0)(0 ɟ b) | a ; 1 ɟ 1 ; b = a ; 1 + 1 ; b, |
nach welchem in dem Ausdrucke jedes Quaderrelativs die identische
Knüpfung auch durch die gleichnamige relative ersetzbar wäre.
Der Beweis kann mittelbar aus 24) des § 18 geleistet werden, wo-
nach sich zunächst ergibt: (a ɟ 0)1 ; (0 ɟ b) = (a ɟ 0) · 1 ; (0 ɟ b), was wegen
16) des § 15 mit der rechten Seite der ersten Formel 24) übereinstimmt.
Auch ist die Herbeiführung der Koeffizientenevidenz nicht uninteressant,
z. B. rechterhand:
Li j = Πh(Σkai k1k h + Σl1h lbl j) = Πh(Σkai k + Σlbl j) = Σkai k + Σlbl j = Ri j
q. e. d.
[291]§ 20. Noch Einiges von Quaderrelativen.
Die einfachste Form, welche sich der Charakteristik eines Quader-
relativs geben lässt, ist wol diese:
25)
| x ; 1 ; x = x | x ɟ 0 ɟ x = x. |
Ein Relativ x ist immer dann und nur dann ein Augenquader-
relativ, wenn es der Relation links in 25) genügt, ein Lückenquader-
relativ, wenn es die Forderung rechts erfüllt.
Beweis (nochmals in andrer Weise). Denn ist x = (a ɟ 0)(0 ɟ b),
so haben wir im Hinblick auf 5) des § 11 sowie 24) des § 18:
x ; 1 ; x = (a ɟ 0)(0 ɟ b) ; 1 · 1 ; (a ɟ 0)(0 ɟ b) = (a ɟ 0)(0 ɟ b) · (0 ɟ b) ; 1 · 1 ; (a ɟ 0),
wo wegen a ɟ 0 ⋹ 1 ; (a ɟ 0), etc. die beiden letzten Faktoren unterdrückbar
sind, mithin x ; 1 ; x = x. Und umgekehrt lässt sich jedes solche x als
(x ; 1 ɟ 0)(0 ɟ 1 ; x) darstellen, q. e. d.
Begreiflich ist das Konverse eines Quaderrelativs wiederum ein
solches der nämlichen, das Negat aber ein solches der entgegen-
gesetzten Art.
Die Formen, in welchen ein Quaderrelativ dargestellt werden kann,
sind hienach sehr mannigfaltig. Ein Augenquaderrelativ z. B. kann in
folgenden 8 Gestalten als identisches sowol wie als relatives Produkt
angesetzt werden:
(a ɟ 0)(0 ɟ b) = (a ɟ 0) ; (0 ɟ b), a ; 1 · 1 ; b = a ; 1 ; b,
a ; 1 · (0 ɟ b) = a ; (0 ɟ b), (a ɟ 0) · 1 ; b = (a ɟ 0) ; b
und können in diesen noch unbeschadet der Allgemeinheit a und b
durch ein und dasselbe Relativsymbol c ersetzt werden. Ebenso ein
Lückenquaderrelativ mit:
a ; 1 + 1 ; b = a ; 1 ɟ 1 ; b, a ɟ 0 + 0 ɟ b = a ɟ 0 ɟ b,
a ; 1 + 0 ɟ b = a ; 1 ɟ b, a ɟ 0 + 1 ; b = a ɟ 1 ; b.
Will man Sätze über solche Relative statuiren, so wird man, um
die Formeln nicht unnötig zu vervielfältigen, gut thun, eine von diesen
Formen als typische zu bevorzugen und scheinen sich hiezu die beiden:
a ; 1 ; b und a ɟ 0 ɟ b
durch ihre Einfachheit am besten zu eignen.
Es gelten über die Einordnung zwischen Quaderrelativen und
Moduln, desgleichen zwischen jenen unter sich, eine Reihe von be-
merkenswerten Sätzen. Und zwar zunächst:
26)
| (a ; 1 ; b = 0) = (a = 0) + (b = 0) | (1 = a ɟ 0 ɟ b) = (1 = a) + (1 = b), |
27)
19*
[292]Siebente Vorlesung.
28)
29)
Beweise (links). Zu 26). Soll Li j = Σhai h · Σkbk j = 0 sein, so muss,
weil dies ein Aussagenprodukt ist, dessen Faktoren dem Wertbereich 0, 1
angehören, entweder der erste Faktor, d. h. jedes ai h, oder der zweite
Faktor, d. h. jedes bk j gleich 0 sein.
Zu 27). Soll stets 1'i j oder auch 0'i j ⋹ Σhai hΣkbk j sein, so muss für
jedes i, j sein Σhai h = 1 und Σkbk j = 1, da man zu jedem j ein i angeben
kann, welches ihm gleich, sowie auch ein solches, welches ihm ungleich
ist, wo dann immer das betreffende Subjekt gleich 1 sein wird. Etc. Die
bisherigen Sätze besitzen auch einen hohen Grad von geometrischer Evidenz.
Man kann übrigens auch schliessen: 0' ⋹ a ; 1 · 1 ; b, 0' ⋹ a ; 1, 0' ; 1 ⋹ a ; 1 ; 1,
also 1 ⋹ a ; 1, etc., q. e. d.
Zu dem sehr merkwürdigen Satze 28) links lautet der Beweis:
L = Πi j(Σh kai hbk j ⋹ 0'i j) = Πi(Σh kai hbk i = 0),
sintemal die Forderung für j ≠ i nichtssagend ist. Also:
L = Πi h k(ai hbk i = 0) = Πh k(Σibk iai h = 0) = Πk h{(b ; a)k h = 0} = R,
desgleichen L = Πh i(ai hΣkbk i = 0) = Πh i{(ă · 1 ; b)h i = 0}, etc. q. e. d.
Zu 29) ist
L = Πi j(Σh kai hbk j ⋹ 1'i j) = Σi j h k(ai h0'i jbk j = 0) = Πk h(Σj ibk j0'j iai h = 0) =
= Πk h{(b ; 0' ; a)k h = 0} = R, etc. q. e. d.
Statt auf die Koeffizienten zurückzugehn, kann man jedoch auch
mittelbar schliessen und hat nach dem ersten Inversionstheoreme die Reihe
von äquivalenten Transformationen — zu 28): a ; (1 ; b) ⋹ 0',
a ⋹ 0' ɟ (b̄̆ ɟ 0) = b̄̆ ɟ 0, a ; 1 ⋹ b̄̆, a ; 1 · b̆ = 0, b̆ ⋹ ā ɟ 0, ă ; b̆ ⋹ 0,
b ; a = 0, was auch schon aus a ⋹ b̄̆ ɟ 0 direkt erhältlich. Ebenso zu 29):
a ⋹ 1' ɟ b̄̆ ɟ 0, d. h. sowol b ; 0' ; a ⋹ 0 als 0' ; a ; 1 ⋹ b̄̆, 0' ; a ; 1 · b̆ = 0. Etc.
Schaltete man die spätern Schemata 9) des § 27 schon hier ein, so könnte
man auch etwas umständlicher so schliessen: a ; 1 · 1 ; b ⋹ 1', a ; 1 ⋹ 1' + 0 ɟ b̄,
a ⋹ (1' + 0 ɟ b̄) ɟ 0 = 1' ɟ (0 + b̄̆ ɟ 0) = 1' ɟ b̄̆ ɟ 0. Etc. q. e. d.
Die Sätze über Einordnung zwischen Quaderrelativen unter sich
(sowie also auch mit Systemen und Systemkonversen) verschieben wir
besser auf eine andre Gelegenheit.
[[293]]
Achte Vorlesung.
Die einfachsten Auflösungsprobleme der Theorie.
§ 21. Die Probleme, welche in zwei Buchstaben möglich sind. Erste
Stufe der Probleme in drei Buchstaben. Das allgemeinste Problem
von universaler Natur auf dieser Stufe. Solvirender Faktor.
Haben wir in der vorigen Vorlesung schon die bemerkenswerten
Auflösungsprobleme behandelt, welche aus der Umkehrung (Inversion)
der beiden relativen Knüpfungen entspringen, so wollen wir jetzt die
„einfachsten“ Auflösungsprobleme unsrer Theorie (der binären Relative)
überhaupt systematisch aufsuchen und soweit es in unsern Kräften
steht zur Lösung bringen. Unter diesen werden sich bereits jene
Probleme, welche uns zu Herrn Dedekind’s „Theorie der Ketten“ —
und damit zu theoretisch wie praktisch hochwichtigen Anwendungen —
führen, mit vorfinden.
Wie wir in § 11 gesehen haben, läuft jedes Auflösungsproblem
hinaus auf die Ermittelung eines unbekannten Relativs x, welchem die
Auflage gemacht, von welchem verlangt ist, dass es eine gegebene
Proposition (Subsumtion, oder, wenn man will: Gleichung) erfülle. Und
dem eigentlichen Auflösungsgeschäfte hat im Allgemeinen die Elimi-
nation dieser Unbekannten x und die Erfüllung der eventuell sich er-
gebenden Resultante voraufzugehen.
Neben der Unbekannten x mögen (oder mögen auch nicht) irgend-
welche andre Relative in die aufzulösende Proposition als Operations-
glieder oder Terme eingehen.
Diese letztern können sämtlich oder zum Teile Moduln sein, oder
überhaupt bestimmte, speziell gegebene Relative. Dieselben können aber
auch unbestimmte oder allgemeine Relative a, b, c, … sein, welchen
— soweit es die Resultante zulässt — ein von Hause aus beliebig zu
gebender Wert beigelegt zu denken ist, und werden sie in solchem
Falle „die Parameter“ des Problems genannt.
Der Fall, wo alle neben x in der aufzulösenden Proposition vor-
kommenden Relative solch allgemeine Buchstaben-Parameter sind, be-
[294]Achte Vorlesung.
greift aber die Fälle mit unter sich, wo etwa einzelne von diesen
Parametern in einen Modul degeneriren oder einen speziellen Wert
annehmen, und deshalb werden wir die grösste Allgemeinheit der
Untersuchungen erzielen, wenn wir fordern, dass in der aufzulösenden
Proposition von vornherein nur Buchstaben (also keine Moduln!) als
Terme vorkommen. Diese Forderung aufzustellen ist in der That dem
Geiste der analytischen Methode (Analysis) gemäss, welche strebt das
Allgemeine thunlichst vor dem Speziellen, somit die ungeheure Mannig
faltigkeit des Letztern mit einem Schlage zu erledigen.
Bei den solchergestalt möglichst allgemein gefassten Propositionen
wird es nun nahe liegen, verschiedene Grade der Komplikation oder
Verwickeltheit zu unterscheiden je nach der Anzahl der Buchstaben,
die, um sie zu statuiren, verwendet oder geschrieben werden müssen
(indem man also auch bei wiederholtem Auftreten eines gleichen Buch-
stabens diesen mehrfach zählt). Wird ja doch zugleich mit der Menge
dieser Buchstaben auch die Anzahl der knüpfenden Operationen im
Allgemeinen wachsen, welche als mit Parametern und Unbekannten aus-
zuführende in der Proposition vorgeschrieben erscheinen! Verdient
demnach jene Anzahl — sozusagen als die natürliche Grundlage — das
vorwiegende Einteilungsprinzip abzugeben für eine Klassifikation der
Propositionen überhaupt nach ihrer Komplikation, so werden nunmehr
hinsichtlich der Einfachheit der Probleme, welche die Auflösung dieser
Propositionen nach einer Unbekannten x fordern, weitre Unterschei-
dungen und Abteilungen zu machen sein je nach der Anzahl der Male,
wie oft der Name dieser Unbekannten x (ohne oder auch mit Negations-
strich oder Konversionsringel) in die aufzulösende Proposition eingeht.
Mit diesen Bemerkungen ist, wenn wir in der Theorie vom Ein-
fachern zum Verwickelteren fortschreiten wollen, der Plan für unser
Zuwerkegehen im Grossen und Ganzen gegeben.
Da die Proposition zwei (durch ⋹, = oder ≠ etc. verbundene)
„Seiten“ hat, deren jede zu ihrer Vertretung mindestens einen Buch-
staben erfordert, so wird die Klasse der „einfachsten“ Propositionen
aus denen bestehen, in welchen blos zwei Buchstaben vorkommen, in
die sie nämlich als deren beide Seiten eingehen.
Die Klasse der nächstkomplizirtern Propositionen wird diejenigen
umfassen, in welche drei Buchstaben eingehen, und zwar einer isolirt
als die eine Seite der Proposition, die beiden andern als Terme zu
einem Ausdrucke verknüpft, der die andre Seite derselben vorstellt.
Bei vier Buchstaben sind schon die beiden Fälle zu unterscheiden, wo
entweder deren einer isolirt die eine Seite der Proposition bildet und die
[295]§ 21. Die einfachsten Auflösungsprobleme.
drei andern (durch zwei successive Operationen verknüpft) die andre Seite
zusammensetzen, oder aber wo auf jeder Seite zweie von den vieren in
eine eigenartige Knüpfung eingehen.
Auch kann man ein System von zwei Propositionen zwischen je nur
zweien von den vier Buchstaben als „von gleicher Einfachheit“ mit einer
alle viere enthaltenden Proposition hinstellen oder gelten lassen — so
wenigstens, sofern es sich um Subsumtionen handelt.
In Anbetracht überhaupt, dass jede Gleichung ja einem System von
zwei simultanen Subsumtionen äquivalent ist, werden sich, je nachdem als
aufzulösende Proposition eine Subsumtion oder eine Gleichung vorliegt, noch
weitre Abstufungen der Komplikation ergeben. Die Auflösung einer Sub-
sumtion wird auch bei gleicher Buchstabenzahl und Übereinstimmung der
beiderseitigen Ausdrücke als die „einfachere“ Aufgabe zu bezeichnen sein,
gegenüber der Auflösung der Gleichung. Und thatsächlich ist auch die
letztere fast allemal schwieriger aufzulösen.
Wir beschränken uns nun hiernächst auf die im Haupttext genannten
beiden einfachsten Klassen von Propositionen.
An die damit angebahnte Aufzählung der einfachsten Auflösungs-
probleme müsste sich meines Erachtens auch die rationelle Klassifikation
der Relative selbst anlehnen.
Eine solche ist von wie mir scheint engeren Gesichtspunkten aus
schon von verschiednen Seiten (Peirce2, 5, p. 51, 47, De Amicis1, Vailati1)
versucht worden. Als wichtigste Klassen von eigenartigen Relativen, welche
auch eine Belehnung mit besonderen Namen in erster Linie verdienen,
möchten aber wol diejenigen zu bezeichnen sein, welche — wenn mit x
bezeichnet — durch eine Proposition von einfachster Gestalt charakterisirt
zu werden vermögen. Die Vermutung wird in der Folge vielfache Be-
stätigung finden — namentlich wenn man noch für etwaige Parameter
gewisse Moduln eintreten lässt.
Eine Proposition, in welcher gar keine Unbekannte vorkommt,
kann nicht im eigentlichen Sinne zur Bestimmung einer solchen x
dienen. Derartige Propositionen sind entweder wahr oder falsch und
haben darnach den Aussagenwert 1 oder 0. Im ersten Falle lassen
sie x gleich u vollkommen unbestimmt oder willkürlich*); im letztern
Falle bleibt es unmöglich, x so zu bestimmen oder anzunehmen, dass
die Proposition erfüllt werde. Dies kann bezüglich durch die Formeln
ausgedrückt werden:
1)
.
[296]Achte Vorlesung.
Mit 1 äquivalent ist aber jede „analytische“ Proposition, jede Formel,
wie z. B. die x ⋹ x. Als Auflösung der letztern nach der Unbekannten x
würde also ebenfalls der Ausdruck hinzustellen sein, wofür wir
aber — im Hinblick auf 1) — den kürzeren Namen 1 selbst künftighin
beibehalten wollen.
Ebenso ist mit 0 äquivalent jede absurde oder unauflösbare Pro-
position, wie z. B. die x̄ = x. Bei der Zusammenstellung der Auflösungs-
ergebnisse oder allgemeinen Wurzeln möge das Aussagensymbol 0 selbst
auf das Nichtvorhandensein, die Unmöglichkeit einer Wurzel hinweisen.
Wir studiren also nur mehr Propositionen, in welchen der Name x
der Unbekannten mindestens einmal vorkommt, und wenden uns zuerst
zur einfachsten Klasse, nämlich zu den
Auflösungsproblemen mit zwei Symbolen.
Das eine dieser Symbole ist die Unbekannte x, somit sind zwei
Abteilungen zu unterscheiden, je nachdem das andre Symbol ein Para-
meter a, oder aber ebenfalls die Unbekannte x oder eine von deren
Verwandten ist.
Mit 2), 3) chiffrirt stellen wir hiernächst die Probleme der erstern,
und mit 4) ‥ 7) chiffrirt die der letztern Abteilung samt den zugehörigen
Lösungen übersichtlichst und vollständig zusammen.
Zufolge Zusammenfallens, logischer Äquivalenz, von einzelnen auf den
ersten Blick oder formell verschiedenen von diesen Auflösungsproblemen
lassen sich deren nur 12 + 7 = 19 zählen.
2)
,
3)
4)
5) ,
[297]§ 21. Die Probleme, welche in 2 Buchstaben möglich sind.
6)
,
7) (x̄̆ = x) = 0 = (x̄ = x̆).
Was Herleitung und Beweis dieser Angaben betrifft, so gehen zu-
nächst die einander äquivalent gesetzten (von u noch freien) Subsumtionen
resp. Gleichungen aus einander hervor durch beiderseitiges Negiren (Kontra-
position) oder Konvertiren — bei 5) auch mit Rücksicht auf die Definition
der Gleichheit. Nur bei der dritten Zeile von 4) ist eine andre, aus dem
identischen Kalkul bekannte Transformation mit der aufzulösenden Sub-
sumtion vorzunehmen.
Aus der abgeleiteten Form, sofern sie nicht selbst schon die Lösung
vorstellt, geht diese bei 1) bis 4) nach bekannten Sätzen derselben Disziplin
hervor — vergl. Bd. 2, S. 33, Th. 43) — sodass diese keines weitern Kom-
mentars bedürfen. Erläuterungsbedürftig sind nur noch die Sätze 5) bis 7).
Eine jede von den Propositionen der ersten Zeile von 5) charak-
terisirt x als ein „symmetrisches“ Relativ — nämlich als symmetrisch
inbezug auf die Hauptdiagonale. Am besten wird man die Gleichung
x̆ = x zu dieser Charakterisirung verwenden. Das fundamentum rela-
tionis bei einem solchen Relative x wird eine wechsel- oder gegenseitige
Beziehung (a mutual relation) zu nennen sein, wofern man nicht vor-
zieht auch sie eine „symmetrische“ zu nennen. De Morgan will solche
Relative „umkehrbare“ oder „konvertible“ genannt wissen.*) Beispiele
sind unbedingt: „gleich“, sowie „ungleich mit-“, „Freund von-“, „Ehe-
gespons von-“. Das Korrelat ist hier dasselbe x vom Relate, wie
dieses vom Korrelate. Im Gegensatz, Kontrast zu dieser wichtigen
Klasse von Relationen stehen die „eventuell unsymmetrischen“, wie bei
[298]Achte Vorlesung.
„kleiner als-“, „Diener von-“ „Vater“, „Bruder von-“ (eventuell einer
Schwester). In der zweiten Zeile von 5) ist nun jedes symmetrische
Relativ x durch ein unbestimmtes Relativ u ausgedrückt und zwar auf
zwei wesentlich verschiedene Arten, die — ebenso wie die Lösungen
von 6) — leicht zu erraten gewesen.
Der Beweis besteht in den beiden Proben. Bei 5) thut Probe 1)
dar, dass für ein beliebiges u, wenn x = uŭ ist, auch x̆ = ŭu, mithin
x̆ = x sein muss etc. Probe 2 zeigt, dass, wenn x̆ = x ist, auch x = xx̆
sein wird. Etc.
Zu 6) links hat man als Probe 1: Wenn x = uū̆, so ist x̄̆ = ū̆ + u,
mithin x ⋹ x̄̆.
Probe 2. Umgekehrt, wenn x ⋹ x̄̆ ist, so hat man xx̆ = 0, sonach
x = x · 1 = x(x̆ + x̄̆) = 0 + xx̄̆ = xx̄̆, man erhält also x selbst aus der all-
gemeinen Lösung durch die Annahme u = x. Etc. q. e. d.
Die linkseitige Proposition 6) ist äquivalent mit xx̆ = 0 und
charakterisirt x als ein „unpariges Relativ“, d. h. als ein solches,
welches nur unparige Augen (vergl. S. 138 sq.) besitzt, mithin auch keine
individuellen Selbstrelative unter sich begreift d. h. die Hauptdiagonale
unbesetzt hat; vielmehr ist dieses x = xx̄̆ ⋹ 0' und gehört x zu den
Aliorelativen.
Die rechtseitige Proposition 6) dagegen ist äquivalent mit 1 = x + x̆
und charakterisirt x als ein Relativ mit niemals andern als unparigen
Leerstellen, welches also auch, indem 1' ⋹ x + x̄̆ = x sein muss, als
Aliorelativnegat sämtliche individuellen Selbstrelative umfasst (cf. S. 132).
Hiernach bleibt nur noch 7) zu erweisen, d. h. zu zeigen, dass es un-
möglich ist, die Forderung x̄̆ = x zu erfüllen, oder dass die beiden Forde-
rungen x̄̆ ⋹ x und x ⋹ x̄̆, denen wir in 6) einzeln zu genügen gelehrt
haben, mit einander unverträglich sind.
Die Gleichung auf das Prädikat 0 gebracht verlangt nun in der That,
dass xx̆ + x̄x̄̆ ⋹ 0 werde. Nach dem Korollar zu 2) des § 8 ist aber 1' ⋹
dem Subjekte dieser Subsumtion; es würde hienach a fortiori 1' ⋹ 0 sein
müssen, was absurd ist.
Auch geometrisch ist es leicht, den Grund der Unmöglichkeit einzu-
sehen. Zwar seitlich von der Hauptdiagonale lässt sich dem, was die
Gleichung fordert, genügen. Man kann z. B. die Stellen auf der einen
Seite — sagen wir oberhalb — der Hauptdiagonale einzeln ganz nach
Willkür mit Augen besetzen oder unbesetzt lassen, wofern man als-
dann nur unterhalb der Hauptdiagonale als Spiegelbild eines Auges eine
Leerstelle, als Spiegelbild einer Leerstelle ein Auge anbringt. Für j ≠ i
wird auf diese Weise allgemein x̄j i = xi j oder xj i = x̄i j werden. Dagegen
bei j = i, das ist auf der Hauptdiagonale selbst, müsste x̄i i = xi i werden,
jede Stelle zu gleicher Zeit Leerstelle sein und ein Auge tragen, was sich
[299]§ 21. Erste Stufe der Probleme in 3 Buchstaben.
widerspricht; die Hauptdiagonale kann auf keine Weise der Forderung
entsprechend besetzt werden — q. e. d.
Bei der obigen Zusammenstellung der allereinfachsten Probleme sind
wir insofern pedantisch vollständig gewesen, als wir auch diejenigen mit-
aufgeführt haben, welche durch Vertauschung der Unbekannten x mit einem
ihrer verwandten Relative x̄, x̆, x̄̆ aus schon angeführten hervorgehen.
In Hinkunft werden wir solches nicht mehr thun: es überheben uns dessen
die Formeln 3) wonach, sobald eines der drei letztern ermittelt ist, auch x
gefunden sein wird.
Wir wenden uns hienach zu den Auflösungsproblemen, welche in
Subsumtionen- oder Gleichungsform mit Aufwand von drei Buchstaben
gestellt werden können.
Diese zerfallen in zwei Stufen, je nachdem die knüpfende Operation
auf der zwei Buchstaben aufweisenden Seite eine identische oder eine
relative ist.
Diese Knüpfung möge zuerst eine identische sein — sei es Multi-
plikation sei es Addition.
Die Aufgaben sind dann — bis auf eine 14) — sämtlich leicht
oder ziemlich leicht zu lösen.
Sie zerfallen in drei Hauptabteilungen, je nachdem x nur einmal
neben zwei Parametern a, b, oder x zweimal neben einem Parameter a,
oder x dreimal und kein Parameter in der aufzulösenden Proposition
vorkommt.
Erste Hauptabteilung.
Würde x (immer sei es ohne, sei es mit Negationsstrich oder Kon-
versionsringel gedacht) auf der einen Seite isolirt stehn, so hätten wir auf
der andern Seite die zwei Parameter a, b vermittelst einer identischen
Operation zu einem einzigen Parameter c verknüpft. Die Aufgabe müsste
dann auf eine der schon erledigten 2), 3) hinauslaufen, mit dem einzigen
Unterschiede, dass der Parameter c, statt beliebig gegeben, als ein in be-
stimmter Weise aus a und b zusammengesetzter zu denken wäre.
Daher kommen nur die Aufgaben in Betracht, bei denen x als das
eine Operationsglied in die Knüpfung eingeht, die Parameter a, b sich auf
die beiden Seiten der aufzulösenden Proposition verteilen. Wegen der
Kommutativität der knüpfenden Operation braucht man nicht zu unter-
scheiden, ob das unbekannte Operationsglied erstes oder zweites ist, und
durch Vertauschung von x mit einem seiner verwandten Relative kann man
immer bewirken, dass als dasselbe x selbst (nicht aber x̄, x̆ oder x̄̆) erscheint.
Es können daher in dieser Abteilung nur die folgenden 6 Aufgaben
vorliegen, deren Lösung der identische Kalkul ohne weitres liefert, und die
wir nur der Vollständigkeit zuliebe sowie behufs etwaiger Vergleichung
mit der höheren Stufe angeführt haben wollen:
[300]Achte Vorlesung.
8) .
Zweite Hauptabteilung.
Dieselbe zerfällt in zwei (Unter-)Abteilungen, je nachdem von den zwei
vorkommenden Buchstaben x der eine links, der andre rechts in der auf-
zulösenden Proposition vorkommt, m. a. W. der eine isolirt, der andre mit
dem Parameter verknüpft sich findet, oder aber alle beide x auf der näm-
lichen Seite (in die Knüpfung eingehend) stehen, während die andre Seite
den Parameter isolirt aufweist.
Durch Vertauschung von x mit einem seiner verwandten Relative kann
bewirkt werden, dass der eine von den zwei vorkommenden Buchstaben x
— eventuell der isolirt stehende — weder Negationsstrich noch Kon-
versionsringel trägt.
Die Aufgaben der ersten Abteilung mitsamt ihren Lösungen voll-
ständig zusammengestellt sind dann die folgenden:
9)
10)
11)
12)
13)
[301]§ 21. Erste Stufe der Probleme in 3 Buchstaben.
- 14)
- wo g eine gewisse Wurzel der Gleichung 0'ḡ̆ = 0'g, nämlich
- ein spezielles (weiter unten beschriebenes) Relativ von den
- Eigenschaften gğ = 0 und g + ğ = 0' vorstellt.
Für diejenigen von diesen Aufgaben, welche hienach auf zuvor schon
mit ihren Lösungen angegebene zurückkommen, wurden letztere nicht noch-
mals ausdrücklich hingesetzt; so ist z. B. in der zweiten Zeile von 9) die
Lösung zu (x ⋹ a) bereits in 2) oben angegeben. Bei schwierigern derart
auf frühere sich reduzirenden Aufgaben wird künftig Rückverweisung er-
folgen.
Die Formeln 9), ebenso nachher die 15) und 22) ergeben sich schon
aus dem identischen Kalkul. Die Rechtfertigung der übrigen versparen wir
auf den Schluss der Zusammenstellung.
Die Aufgaben der zweiten Abteilung sind mit ihren Lösungen
zusammengestellt — wie leicht zu sehen, vollständig — diese:
15)
16)
| (xx̆ ⋹ a) = (x ⋹ a + x̄̆) | (a ⋹ x + x̆) = (ax̄̆ ⋹ x), cf. 12) |
17)
18)
19)
| (xx̄̆ ⋹ a) = (x ⋹ a + x̆) | (a ⋹ x + x̄̆) = (ax̆ ⋹ x), cf. 10) |
20)
[302]Achte Vorlesung.
21) .
Bei 18), 20) und 21), wo der Parameter a eine Relation als Resul-
tante zu erfüllen hatte, wurde mittelst identischer Erfüllung ebendieser das
Problem auch in ein solches mit beliebigem Parameter umgesetzt und als
solches mitsamt seiner Lösung beigefügt. Die beiden letztern Aufgaben-
paare zogen sich ebenhiedurch je in eine gemeinsame Aufgabe zusammen.
Dritte Hauptabteilung.
Durch Vertauschung des unbekannten Relativs x mit einem seiner
Verwandten lässt sich immer hinbringen, dass der isolirt stehende von
den drei in die Proposition eingehenden Buchstaben x weder Negations-
strich noch Konversionsringel trägt. Es bleiben dann die Aufgaben:
22)
23)
24)
25)
26)
27)
Mittel und Wege anzugeben, wie die aufgezählten Ergebnisse sich ent-
decken liessen, würde zuviel Druckraum beanspruchen. Als für das weiter
Folgende wesentlich müssen nur die Angaben zu 10), 12) und 14) bewiesen
werden, denn schon mit Hülfe dieser einfacheren Vor-aufgaben wird sich
nachher die Lösung eines viel allgemeineren Problems gewinnen lassen
[303]§ 21. Erste Stufe der Probleme in 3 Buchstaben.
aus welchem die Lösungen aller (übrigen) Aufgaben 1) bis 27) dann als
partikulare Fälle hervorgehen. Für die letzte Aufgabengruppe 22) bis 27)
allerdings wird dieser Weg sich nicht empfehlen, vielmehr ist hiezu blos
zu sagen, dass der Nachweis der daselbst angegebnen Aussagenäquivalenzen
oder die Zurückführung der als äquivalent behaupteten Aussagen auf
einander eine leichte Übungsaufgabe für Anfänger bildet.
Ich gebe daher jetzt den Beweis, zunächst zu 10) und 12), wobei
ich mich mit der Verifikation der Lösungsformen für die Probleme linker-
hand vermittelst der beiden Proben begnüge.
Zur ersten Lösungsform x = u + aŭ von 10) hat man als Probe 1:
x̆ = ŭ + ău, also ax̆ = aŭ + aău ⋹ aŭ + u = x, und als Probe 2:
(ax̆ ⋹ x) ⋹, sogar = (x = x + ax̆).
Zur zweiten Lösungsform x = u(ā̆ + ŭ) von 10) ist Probe 1 mit
x̆ = ŭ(ā + u), ax̆ = auŭ ⋹ uŭ ⋹ x geleistet und Probe 2 mit
(ax̆ ⋹ x) = (x̆ ⋹ ā + x) = (x ⋹ ā̆ + x̆) = {x = x(ā̆ + x̆)}.
Zu 12), mit nur einer Lösungsform x = u + (a + ă)ū̆, folgt
x̄̆ = ū̆(āā̆ + u), ax̄̆ = auū̆ ⋹ u ⋹ x,
womit denn Probe 1 stimmt. Ist aber ax̄̆ ⋹ x, so muss auch x = x + (a + ă)x̄̆
sein und stimmt die Probe 2. Denn es fallen die nachstehenden Probleme
zusammen:
(ax̄̆ ⋹ x) = {(a + ă)x̄̆ ⋹ x}, und auch = (ăx̄̆ ⋹ x),
indem beide Seitenaussagen äquivalent sind mit
(a ⋹ x + x̆) = (ă ⋹ x + x̆) = (a + ă ⋹ x + x̆).
Wie im Probleme, so können demnach auch in der Lösung die drei
Symbole a, ă und a + ă einander vertreten und hätte man formell ein-
facher schon
x = u + aū̆
als die Lösung hinstellen können, womit die Probe 1 als
ax̄̆ = aā̆ū̆ + auū̆ ⋹ aū̆ + u = x
ebenfalls stimmte. —
Analog nun die übrigen Lösungen zu verifiziren, die etwaigen Resul-
tanten zu gewinnen und die angeführten Problemäquivalenzen nachzu-
weisen — wie z. B. bei 11) wo
(x ⋹ ax̆) = (x ⋹ a)(x ⋹ x̆) = (x̆ = x)(x ⋹ aă), cf. 5),
zunächst zerfällt, u. s. w. — sei als eine nicht zu verachtende Übung, bis
auf 14), dem Leser überlassen. Schwieriger würde die Zumutung der Ent-
deckung der Lösungen sein, wie sie mir vor Inangriffnahme des allgemeinern
Problems einzeln obgelegen.
[Als bemerkenswert verdient vielleicht einmal angeführt zu werden,
was eine Art Korollar zu 27) bildet, dass allgemein:
| āăā̆ = 0 | 1 = ā + ă + ā̆ |
[304]Achte Vorlesung.
ist, mithin das Produkt der drei andern mit einem gegebnen Relativ ver-
wandten Relative stets 0, deren Summe gleich 1 ist. Dies ist jedoch nicht
zu verwundern, sintemal sich unter den dreien stets zweie finden, die
Negate von einander sind.
Im Ganzen lieferte uns auf der vorliegenden untersten Stufe die dritte
Hauptabteilung — wie man sieht — keine wesentlich neuen Probleme.]
Wir haben uns demnach nur mehr noch mit der Lösung der
Aufgabe 14) zu beschäftigen, d. h. mit der Auflösung der Gleichung
ax̄̆ = x. Diese erscheint als die schwierigste von den bisherigen
Aufgaben.
Bringt man die Gleichung rechts auf 0, indem man für ā + x̆ schreibt
ā + ax̆, so entsteht:
āx + a(xx̆ + x̄x̄̆) = 0,
und dies zerfällt in x ⋹ a und a ⋹ xx̄̆ + x̄x̆. Letzteres liefert nach 7)
des § 9 die Resultante: a ⋹ 0'. Dass diese bis jetzt erst als unerlässlich
nachgewiesene Resultante auch ausreichend, dass sie die volle Resultante
ist, wird sich erst am Schlusse der Untersuchung ergeben. Wir setzen sie
nunmehr als erfüllt voraus, d. h. wir nehmen an, a sei Aliorelativ, habe
die Diagonale unbesetzt, es sei a = 0'a.
Um die Aufgabe zu lösen, scheint es das nächstliegende: dass man
die aufzulösende Gleichung in ihre beiden Teilsubsumtionen ax̄̆ ⋹ x und
x ⋹ ax̄̆ zerfälle und für diese die mit 12) und 13) gegebnen allgemeinen
Lösungen benutze. Der Versuch, die Lösung der einen Teilaufgabe auch
der andern genügend zu machen, führt aber allemal in einen Zirkel.
Wir wollen gleichwol diesen Weg ein Stück weit gehen, genügen also
der zweiten Teilsubsumtion gemäss 13) auf die allgemeinste Weise, indem
wir setzen:
x = avv̄̆ womit x̄̆ = ā̆ + v + v̄̆
wird. Dann fordert die erste Teilsubsumtion, dass
aā̆ + av + av̄̆ ⋹ avv̄̆
werde, und zerfällt diese Forderung in die vier Subsumtionen:
aā̆⋹v, aā̆⋹v̄̆, av⋹v̄̆, av̄̆⋹v,
deren beide erste zu aā̆ ⋹ v ⋹ a + ā̆ zusammenfliessen und durch
v = aā̆ + w(a + ā̆), v̄ = āă + w̄(ā + ă),
v̆ = āă + w̆(ā + ă), v̄̆ = aā̆ + w̄̆(a + ā̆)
auf die allgemeinste Weise befriedigt werden. Die hiermit sich ergebenden
Werte von
vv̆ = ww̆(aă + āā̆), v̄v̄̆ = w̄w̄̆(aă + āā̆)
[305]§ 21. Erste Stufe der Probleme in 3 Buchstaben.
in die Zusammenfassung a(vv̆ + v̄v̄̆) = 0 der beiden letzten Subsumtionen
eingesetzt, liefern:
aă(ww̆ + w̄w̄̆) = 0
als einzig noch von w zu erfüllende Bedingung — wobei wegen a ⋹ 0'
also a = 0'a der linken Seite vorn auch der Faktor 0' beigefügt werden
dürfte, sodass diese Bedingung äquivalent erscheint mit der Gleichung:
28) 0'aăw̄̆ = 0'aăw.
Wir suchen dieser Forderung zuerst für den Fall a = 1 auf die all-
gemeinste Weise zu genügen, mithin die allgemeine Wurzel ω der Gleichung
29) 0'ω̄̆ = 0'ω oder 0'(ωω̆ + ω̄ω̄̆) = 0
zu finden.
Genügt ein ω, so auch 1'u + ω. Darum bleibt der Selbstteil von ω
als 1'u unbestimmt und nur noch dessen Alioteil zu ermitteln.
Es ist leicht eine befriedigende allgemeine Lösung dieser Gleichung
aufzustellen, sobald man auch nur über eine Partikularlösung, oder spezielle
Wurzel derselben verfügt — ohnedies aber wol unmöglich, nicht nur weil
alle andern Wege sich als Zirkelgänge erweisen (wie z. B. auch der Ver-
such einer symmetrisch allgemeinen Auflösung der Koeffizientenanforderung),
sondern auch weil a priori ersichtlich ist, dass man von einem arbiträr
bleibenden Relativ u ausgehend und immer nur mit diesem operirend nie-
mals dahin gelangen kann, von den beiden Stellen jedes symmetrischen
Stellenpaares die eine vor der andern behufs unpariger Besetzung (auf die
es hier ankommen wird) bevorzugt erscheinen zu lassen.
Wir konstruiren demnach zuerst ein spezielles Relativ g in der Weise,
dass wir dessen Diagonalreihe leer lassend von jedem symmetrischen Stellen-
paare die eine Stelle, gleichviel welche, mit einem Auge besetzen, die
andre sodann aber definitiv unbesetzt lassen.
Um die Vorstellung zu fixiren (doch wird dies nicht wesentlich sein)
mag man etwa alle Stellen unterhalb der Hauptdiagonale voll mit Augen
besetzen, die oberhalb derselben (gleichwie sie selber) leer lassen. In diesem
Falle wird für den Denkbereich der reellen Zahlen z. B. unser Relativ g
als \>, „grösser als“ zu deuten sein, und einer ähnlichen Deutung wird es
allemal fähig sein, sobald nur überhaupt ein Prinzip angebbar ist, nach
welchem alle Elemente des ersten Denkbereiches eine bestimmte Rang-
ordnung oder Reihenfolge erhalten. [Auch für die Punkte x, y einer
Koordinatenebene, oder für die komplexen Zahlen , desgleichen
für die Punkte x, y, z des Raumes, etc., ist bekanntlich solche Ordnung
möglich, indem man zuerst nach der Grösse der Abscisse x, resp. des reellen
Teiles, sodann (bei übereinstimmenden x) nach der Grösse von y, d. i. der
Ordinate oder des reellen Faktors im imaginären Teile, eventuell endlich
nach der Grösse der Applikate z ordnet. U. s. w.]
Wir haben darnach als Versinnlichung von g und seinen Verwandten
die Fig. 21 (S. 306), worin die Linien, soweit sie ausgezogen, auch voll-
besetzt zu denken sind.
In jedem Falle aber, auch wenn man sich bei Befolgung der obigen
Vorschrift anders entscheiden sollte, ist:
Schröder, Algebra der Relative. 20
[306]Achte Vorlesung.
30)
Um sich das Verständniss des nun Folgenden zu erleichtern wird der
Leser gut thun, die schematischen Figuren Fig. 19 und 20 des § 9 im
Auge zu behalten und die dortigen Ausführungen S. 138 sq. zu beachten.
Um jetzt die allgemeine Wurzel ω der Gleichung 29) zu konstruiren,
d. h. jedes Relativ zu bilden, welches alle symmetrischen Stellenpaare unparig
besetzt zeigt, gehen wir von einem arbiträren Relativ u aus, und heben aus
diesem in Gestalt von uū̆ die vielleicht ohnehin schon vorhandnen un-
parigen Augen hervor. Die parig besetzten nebst den parig unbesetzten
Stellen von u aber, mit Augen bedeckt, fasst vollzählig und ausschliesslich
in sich zusammen das Relativ 0'(uŭ + ūū̆) — (wogegen die Negation des uū̆
ausser den Stellen der Diagonale auch noch die unparigen Leerstellen
von u mit Augen besetzt aufweisen würde, was uns nicht dienlich wäre).
Multiplizirt man dieses mit g, so werden die bei u parigen Stellen in
unparige verwandelt, nämlich von allen parigen Augen des genannten
Relativs, von jedem symmetrischen Augenpaare, blos die eine Hälfte her-
vorgehoben, die andre weggelassen.
Das Produkt: 0'(uŭ + ūū̆)g, = (uŭ + ūū̆)g, weil 0'g = g, mit jenem
erstern Relativ uū̆ additiv vereinigt zeigt dann notwendig alle symme-
trischen Stellenpaare unparig besetzt, es stellt also eine Lösung vor:
ω = uū̆ + (uŭ + ūū̆)g + 1'u.
Nimmt man noch aus dem ersten Glied den Teil uū̆g in das zweite
Glied tautologisch herein, so vereinfacht sich das Ergebniss zu
[307]§ 21. Erste Stufe der Probleme in 3 Buchstaben.
ω = 1'u + uū̆ + (u + ū̆)g, ω̄ = ūŭ + (ū + 0'ŭ)ḡ,
ω̆ = 1'u + ūŭ + (ū + ŭ)ğ, ω̄̆ = uū̆ + (u + 0'ū̆)ḡ̆.
Und damit wird:
ωω̆ = 1'u + (uŭ + ūū̆)gğ, ω̄ω̄̆ = 0'(uŭ + ūū̆)ḡḡ̆,
also wegen 30) in der That 0'(ωω̆ + ω̄ω̄̆) = 0, d. h. die Probe 1 stimmt
mit unsrer Lösung.
Noch schneller konnte man sie in der Form 0'ω̄̆ = 0'ω aus 0'ḡ̆ = 0'g
bewahrheiten.
Es stimmt aber auch die Probe 2: unser Resultat ist fähig jede ge-
wünschte Lösung zu liefern. Denn ist u von vornherein eine solche, mithin
jedenfalls 0'u = 0'ū̆, so haben wir auch
0'u = 0'ū̆ = 0'uū̆ = uū̆,
also 1'u + uū̆ = 1'u + 0'u = u und muss ω = u selbst werden, indem dessen
letztes Glied (u + ū̆)g = (0'u + 0'ū̆)g = 0'ug im ersten u dann eingeht,
von ihm absorbirt wird.
Somit ist etablirt der Satz:
31) ,
wo g wie über 30) definirt ist, d. h. (irgend) eine spezielle Wurzel der
Gleichung linkerhand vorstellt — und die Aufgabe 29) ist gelöst.
Um nun von hier zur vollständigen Lösung der allgemeinern Auf-
gabe 28) zu gelangen:
0'aă(ww̆ + w̄w̄̆) = 0,
bemerken wir, dass (vergl. § 9) der erste Faktor 0'aă aus dem unter 0'
enthaltenen, sonst irgendwie gegebnen Relativ a lediglich dessen parige
Augen hervorhebt. Auf diese müssen nun — so soll w bestimmt werden —
sowol bei ww̆ als bei w̄w̄̆ lauter Leerstellen fallen. Im Hinblick auf die
Schemata Fig. 20 des § 9, wenn wir uns diese für ein Relativ w statt a
aufgestellt denken, gibt dies zwei Bedingungen.
Um der erstern Forderung zu entsprechen, müssen auf die Stellen der
parigen Augen von a bei w fallen: entweder unparig besetzte oder Leer-
stellen, d. i. Stellen von den Kategorieen 2) oder 3) der ersten Fig. 19.
Um aber der zweiten Forderung zu entsprechen, müssen ebenhierauf
bei w fallen: entweder parig besetzte oder unparig besetzte Stellen, d. i.
solche von den Kategorieen 1) oder 2) genannter Figur.
Folglich müssen, um beiden Forderungen zugleich zu entsprechen,
bei w ebendahin fallen: Stellen der Kategorie 2) jener Figur, das ist: un-
parig besetzte Stellen.
Wir werden sonach die allgemeinste Wurzel w der Gleichung 28) er-
halten indem wir, sie aus zwei Teilen zusammensetzend, erstens aă multi-
pliziren mit dem allgemeinsten Relativ ω mit lauter unparig besetzten
Stellen, zweitens hinzufügen das Negat ā + ā̆ von aă, multiplizirt mit
einem beliebigen Relativ u, sodass gefunden ist:
20*
[308]Achte Vorlesung.
w = aăω + (ā + ā̆)u, w̄ = aăω̄ + (ā + ā̆)ū
w̆ = aăω̆ + (ā + ā̆)ŭ, w̄̆ = aăω̄̆ + (ā + ā̆)ū̆.
[Der Ausdruck von w̄ ergibt sich am schnellsten nach „meinem“
Theorem des identischen Kalkuls aufgrund der Bemerkung, dass w nach
dem Argument aă „entwickelt“ erscheint, also blos die Koeffizienten der
beiden Konstituenten negirt zu werden brauchen. Andernfalls hätte man
einige Rechnung und müsste, was übrigens keine Schwierigkeit bietet, am
Schlusse das Eingehen, Absorbirtwerden des Gliedes ω̄ū nachweisen.]
In die Ergebnisse könnten wir nun den Ausdruck aus 31) für ω ein-
setzen. Dabei verschlägt es nichts, dasselbe Relativ als u zu verwenden,
welches bereits im zweiten Gliede von w vorkommt.
[Man würde durch die Wahl zweier verschieden zu bezeichnender, un-
abhängig beliebiger Relative u und u' für das u ausserhalb und für das
innerhalb des Ausdrucks von ω doch kein allgemeineres Ergebniss für w
erhalten, als wenn man beide u identifizirt, aus dem Grunde weil die
beiden Glieder von w einander gegenseitig ausschliessen, mithin auch bei
übereinstimmender Wahl des u der aus diesem zum ersten Glied von w
beigesteuerte Komplex von Stellenpaaren unabhängig beliebig bleibt von
dem unter das zweite Glied fallenden Teile von u.]
In der That stimmt, da der Term 1'u wegen 1' ⋹ ā (siehe unten) ein-
gehn wird, mit
w = aă{uū̆ + (u + ū̆)g} + (ā + ā̆)u, w̄̆ = aă{uū̆ + (u + ū̆)ḡ̆} + (ā + ā̆)ū̆
nicht nur die Probe 1: 0'aăw̄̆ = 0'aăw ersichtlich wegen 0'ḡ̆ = 0'g, son-
dern auch die Probe 2. Letzteres insofern als, wenn bei a = 0'a das
Relativ u selbst schon Wurzel der Gleichung aăū̆ = aău ist, ebendiese als
w = u sich wiedererzeugt. Dann wird nämlich auch aău = aăuū̆; es geht
der mit dem Faktor g behaftete Term von w im vorhergehenden Gliede
ein und wird: w = aău + (ā + ā̆)u = u, q. e. d.
Als Verallgemeinerung von 31) können wir somit den Satz notiren:
32) .
Die zugefügte Resultante folgt nämlich mit aăww̄̆(⋹ ww̄̆) ⋹ 0' und
aăw̄w̆(⋹ w̄w̆) ⋹ 0' durch Überaddiren zur Prämisse aă(ww̆ + w̄w̄̆) ⋹ 0
zunächst in der Gestalt aă · 1 oder aă ⋹ 0', woraus durch Überaddiren
mit aā̆ ⋹ 0' endlich zu schliessen ist: a · 1 oder a ⋹ 0'.
Mit den gefundnen Werten von w, w̄̆ wird S. 304:
v = ā̆(a + u) + aω, v̄̆ = ā̆(a + ū̆) + aω̄̆, av = a(ā̆ + ω), av̄̆ = a(ā̆ + ω̄̆),
x = av · av̄̆ = a(ā̆ + ωω̄̆) = a{ā̆ + uū̆ + (u + 0'ū̆)gḡ̆ + 1'uḡ̆} =
= a(ā̆ + ω) = a{ā̆ + uū̆ + (u + ū̆)g},
sintemal gḡ̆ = 0'gḡ̆ = 0'g = g sein muss (gleichwie das Analoge in ω gilt)
und 1'ḡ̆ = 1', das Glied 1'u aber sich mit dem Faktor a, = 0'a, zerstört.
Damit ist die angegebne Lösung des linkseitigen Problems in 14)
gewonnen.
[309]§ 21. Erste Stufe der Probleme in 3 Buchstaben.
Machen wir mit ihr auch noch die beiden Proben. Man erhält
x̄̆ = ā̆ + a{uū̆ + (u + ū̆)ḡ̆}, ax̄̆ = a{ā̆ + uū̆ + (u + ū̆)ḡ̆},
was sich von x selbst nur durch das Auftreten des Faktors ḡ̆ statt g unter-
scheidet. Unter der Herrschaft des Faktors 0', der dem a anhaftet, ist
aber die Ersetzung von ḡ̆ durch g gestattet — vergl. 30) — und somit
ist ax̄̆ = x und stimmt die Probe 1.
Sollte ferner von vornherein aū̆ = u schon sein (was nur bei a ⋹ 0'
möglich), so reduzirt sich x zu x = aā̆ + au + aug = a(ā̆ + u) = aā̆ + u,
sintemal wegen u ⋹ a auch au = u sein wird. Endlich folgt aber ā ⋹ ū,
ā̆ ⋹ ū̆, aā̆ ⋹ aū̆ = u, wonach der erste Term im letzten Ausdruck des x
vom zweiten absorbirt wird, und wir erhalten: x = u. Das heisst: es
stimmt auch die Probe 2.
Die Lösung des zweiten Problems 14) betreffend ist zu bemerken,
dass das Relativ g sich selber nicht dual entspricht. Demselben würde
vielmehr ein Relativ γ dual entsprechen, das durch die Forderungen:
γ + γ̆ = 1, γγ̆ = 1'
definirt ist. Man sieht leicht, dass:
γ = 1' + g
genommen werden kann. Indem man die Lösung des ersten Problems 14),
behufs Gewinnung von der des zweiten, dual umschreibt, wird also g durch
1' + g zu ersetzen sein. Hier wird dann aber der Term 1' zu unterdrücken
sein, weil man dem zweiten Gliede unsrer Lösung den Faktor ā zufügen
kann und wegen 1' ⋹ a auch ā ⋹ 0', ā = 0'ā sein muss, der Term 1'
hier also mit dem Faktor 0' zusammentrifft, der ihn aufhebt.
Wer diese Überlegung scheut, dem bleibt nichts übrig, als auch mit
der angegebnen Lösung des zweiten Problems 14) direkt die beiden Proben
zu machen. Zu Probe 1 erhalten wir: x̄̆ = ā̆{a + uū̆ + (u + ū̆)ḡ̆} also
a + x̄̆ = a + ā̆{uū̆ + (u + ū̆)ḡ̆},
wo wieder ḡ̆ als unter der Herrschaft des Faktors ā = ā0' stehend durch
0'ḡ̆ = 0'g = g ersetzbar ist, sodass in der That a + x̄̆ = x sich herausstellt.
Zu Probe 2 sei a + ū̆ = u. Dann können wir wegen des in 14) bei x
vorhandnen Gliedes a in den übrigen Gliedern das ū̆ auch durch a + ū̆
somit u ersetzen, womit sich x zu x = a + ā̆(u + ug) = a + ā̆u reduzirt.
Wegen a ⋹ u ist aber a = au, somit x = (a + ā̆)u. Ebendeshalb ist auch
ū̆ ⋹ ā̆, a + ū̆ ⋹ a + ā̆, u ⋹ a + ā̆, (a + ā̆)u = u, somit x = u, q. e. d.
Anhangsweise wollen wir sogleich noch das Problem behandeln:
die allgemeinste Relation von universalem Charakter, welche im iden-
tischen Kalkul zwischen den Verwandten von x konzipirt werden kann,
nach diesem unbekannten Relativ aufzulösen. Damit wird sich auch
jedes System von Gleichungen und Subsumtionen erledigen, in denen die
[310]Achte Vorlesung.
Verwandten des x blos identische Knüpfungen eingehen — bei Ausschluss
aber von Ungleichungen.
Gedachte Relation — als die vereinigte Gleichung solchen Systems —
hat die Form f(x, x̆) = 0, wenn f eine Funktion identischen Kalkuls
vorstellt. „Entwickelt“ muss sie sich darstellen in der Form:
33) axx̆ + bxx̄̆ + cx̄x̆ + dx̄x̄̆ = 0,
worin die Parameter a, b, c, d gegebne von x unabhängige binäre
Relative vorstellen. Diese können aber nicht ad libitum gegeben sein;
vielmehr involvirt die Gleichung schon nach dem identischen Kalkul
die Relation abcd = 0 als Resultante der Elimination von x und x̆,
welche die volle Resultante, die einzige zwischen den Parametern ge-
forderte Relation sein würde, wenn diese beiden Unbekannten von
einander unabhängig wären, kurz: wenn es y statt x̆ hiesse. Bei der
Abhängigkeit y = x̆ hingegen involvirt die Gleichung noch viel mehr
Beziehungen zwischen den Parametern, und stehen wir zunächst vor
einem Elimminationsprobleme.
Zieht man die konvertirte Gleichung mit der ursprünglichen zu-
sammen, so kommt:
(a + ă)xx̆ + (b + c̆)xx̄̆ + (b̆ + c)x̄x̆ + (d + d̆)x̄x̄̆ = 0,
und folgt als Resultante mindestens schon:
34) (a + ă)(b + c̆)(b̆ + c)(d + d̆) = 0.
Ausmultipliziren liefert 16 Glieder, für die das Verschwinden gefordert
ist. Für die eine Hälfte von diesen aber folgt das Verschwinden bereits
durch Konversion von selbst aus dem der andern, sodass wir wesentlich
nur 8 partielle Resultanten haben, als deren Zusammenfassung z. B.:
a(b + c̆)(b̆ + c)(d + d̆) = 0, oder besser noch: (a + ă)(b + c)(d + d̆) = 0
hingestellt werden kann.
Für die obigen 4 Koeffizienten wollen wir Abkürzungen einführen:
α = a + ă, β = b + c̆, γ = b̆ + c, δ = d + d̆.
Dann ist identisch:
ᾰ = α, δ̆ = δ,
zugleich ist aber auch γ = β̆, β = γ̆, sodass von den beiden Namen
β, γ einer, sagen wir γ, entbehrlich ist.
Die zu erfüllende Gleichung heisst jetzt:
35) αxx̆ + βxx̄̆ + β̆x̄x̆ + δx̄x̄̆ = 0,
und die bisherige Resultante lautet:
36) αββ̆δ = 0.
[311]§ 21. Das allgemeinste Problem universaler Natur auf dieser Stufe.
Da das Verschwinden des dritten Gliedes durch Konversion aus
dem des zweiten folgt und vice versa, so kann von diesen beiden Glie-
dern irgend eines weggelassen werden: wir haben wesentlich nur drei
Glieder zum Verschwinden zu bringen. Der Symmetrie zuliebe wollen
wir gleichwol alle vier Glieder beibehalten.
Eine weitre partielle Resultante ergibt sich durch folgende Über-
legung.
Werden in den vier Verwandten zu x die individuellen Selbst-
relative von den Aliorelativen gesondert, so hat man:
x = 1'x + 0'x, x̄ = 1'x̄ + 0'x̄, x̆ = 1'x + 0'x̆, x̄̆ = 1'x̄ + 0'x̄̆,
sintemal bekanntlich allgemein — 8) des § 9 — 1'ă = 1'a ist. Damit
wird:
xx̆ = 1'x + 0'xx̆, xx̄̆ = 0'xx̄̆, x̄x̆ = 0'x̄x̆, x̄x̄̆ = 1'x̄ + 0'x̄x̄̆.
Inbezug auf den Selbstteil (selfpart, Skalar) der unbekannten Ver-
wandten wird also lediglich gefordert sein, dass
α1'x + δ1'x̄ = 0
werde, was die Resultante bedingt:
37) αδ1' = 0 oder αδ⋹ 0'
und wonach, falls letztre erfüllt ist, der Selbstteil von x schon vorweg
ermittelt werden könnte.
Der Rest der dem x auferlegten Forderung bezieht sich darnach nur
mehr auf den Alioteil (Vektor) der unbekannten Relative, und die auf-
tretenden Koeffizienten besitzen darin sämtlich den Faktor 0', oder es kann
ihnen dieser jederzeit zugefügt werden.
Vereinigung der beiden Resultanten gibt:
38) αδ(1' + ββ̆) = 0, falls α = ᾰ, δ = δ̆,
oder
39) (a + ă){1' + (b + c̆)(b̆ + c)}(d + d̆) = 0,
was sich als die volle Resultante zu 33) erweisen wird.
Wie leicht zu sehen, kann jene auch äquivalent schon in der Form
αδ(ββ̆ + 1'β̄β̄̆) = 0 oder αββ̆δ + 1'αβ̄β̄̆δ = 0
angeschrieben werden. Denn dem ersten Glied 1' in 38) lässt sich die
Negation (β̄ + β̄̆) des zweiten Gliedes als Faktor beifügen; da aber dieser
= ββ̄̆ + β̄β̄̆ + β̄β̆ und hievon das erste und dritte Glied ⋹ 0' ist, so
kommen von den durch Ausmultipliziren mit 1' entstehenden drei Gliedern
zweie in Wegfall. Etc.
Die Vollständigkeit unsrer Resultante liesse sich wol auf mehrern
Wegen darthun, deren andre jedoch durch den ohnehin von uns zu gehenden
[312]Achte Vorlesung.
entbehrlich gemacht werden. Auf unserm Wege nämlich erledigt sich die
Frage von selbst, indem es uns, die bisherige Resultante als erfüllt voraus-
setzend, eben gelingen wird, eine allgemeine Lösung (Wurzel) der Aufgabe
zu gewinnen, mit welcher alsdann unbedingt die beiden Proben stimmen.
Wie der Forderung unsrer Resultante durch symmetrisch allgemeine
Auflösung derselben nach den Koeffizienten a, b, c, d zu genügen sei, dies
zu eruiren wollen wir uns für den Schluss der Untersuchung aufsparen
und zunächst einfach diese Resultante als erfüllt annehmen.
Nach x̆ resp. x geordnet ist nun unsre Gleichung 35):
(αx + β̆x̄)x̆ + (βx + δx̄)x̄̆ = 0 = (αx̆ + βx̄̆)x + (β̆x̆ + δx̄̆)x̄
und liefert durch Elimination der evident gemachten („prominenten“) Un-
bekannten ohne Rücksicht auf die Abhängigkeit zwischen beiden:
αβx + β̆δx̄ = 0 resp. αβ̆x̆ + βδx̄̆ = 0
— zwei Gleichungen, deren eine schon durch Konversion mit der andern
zugleich gewährleistet erscheint, sodass wir nur die eine, z. B. erste, von
ihnen zu erfüllen haben. Dies geschieht — da laut Voraussetzung die
zugehörige Resultante bereits erfüllt ist — auf die allgemeinste Weise
durch den Ansatz:
40)
worin die mit einer augenscheinlich überflüssigen Klammer umgebenen ein-
fachen Symbole hierdurch gekennzeichnet sein sollen als solche Terme
(Faktoren), welche auch unterdrückt werden dürften.
Hiermit geht unsre Gleichung 35) für x gliedweise entsprechend
über in diese für y:
41) αβ̄β̄̆yy̆ + ᾱβδ̄yȳ̆ + ᾱβ̆δ̄ȳy̆ + β̄β̄̆δȳȳ̆ = 0.
[Um bequem zu rechnen, multiplizire man αx mit αx̆, βx mit βx̄̆, etc.;
auch unterlasse man nicht, die Resultante zu berücksichtigen, kraft welcher
sich z. B. αxx̆ = αβ̄β̄̆yy̆ + αββ̆δȳȳ̆ zum ersten Gliede reduzirt, u. s. w.]
Die beiden mittleren Koeffizienten in dieser Gleichung schliessen
bereits die Randkoeffizienten aus. Auch letztere zerfällen wir, sie nach
den α, δ vollends entwickelnd, in disjunkte Teile, und erhalten:
42)
Indem wir nun die Unbekannte x successive in den unbestimmten
Parametern: y (was bereits geschehn), z, w, v, u ausdrücken, bringen
wir eines von den Gliedern oder Gliederpaaren unsres Gleichungs-
polynoms nach dem andern zum Verschwinden.
[313]§ 21. Allgemeines Problem von universaler Natur.
Bevor wir den Gang dieser Rechnungen näber darlegen sei erinnert,
dass bei denselben die Resultante nicht ausser Acht gelassen werden darf.
Der nachrechnende Leser findet sonst zuweilen Koeffizienten, die mit den
von mir angegebenen, einfacheren, zuerst nicht übereinzustimmen scheinen.
Zudem wird häufig von dem Satze a + b = a + āb [Th. 33+) Zusatz,
in Bd. 1, S. 308] vor- oder rückwärts Gebrauch zu machen sein, wonach
z. B. ᾱβ̄̆ + (α + β̆)β sich sofort zu ᾱβ̄̆ + β vereinfacht.
Wegen αββ̆δ = 0 wird aber auch beispielsweise sein:
und dergleichen mehr — wie nach geeigneter eventuell mehrmaliger An-
wendung genannten Satzes, erforderlichenfalles durch Addiren von (0 =)αββ̆δ,
leicht zu sehen ist.
Zuerst bewirken wir, dass die beiden mittleren Glieder unsres
Polynoms 35) in x, das ist die beiden unsrer letzten Zeile bei 42) in y,
verschwinden, was sie a tempo thun werden, da eines blos das Kon-
verse vom andern ist.
Zu dem Ende ist blos nach dem — etwa ersten — Schema 10) auf-
zulösen die Subsumtion
ᾱβ̆δ̄y̆⋹y.
Wir finden:
y = z + ᾱβ̆δ̄z̆, ȳ = z̄(α + β̄̆ + δ + z̄̆),
oder besser entwickelt:
| y = zz̆ + zz̄̆ + ᾱβ̆δ̄z̄z̆ + 0z̄z̄̆ | yy̆ = zz̆ + ᾱβδ̄zz̄̆ + ᾱβ̆δ̄z̄z̆ + 0z̄z̄̆ |
| ȳ = 0zz̆ + 0zz̄̆ + (α + β̄̆ + δ)z̄z̆ + z̄z̄̆ | yȳ̆ = 0zz̆ + (α + β̄ + δ)zz̄̆ + 0z̄z̆ + 0z̄z̄̆ |
| y̆ = zz̆ + ᾱβδ̄zz̄̆ + z̄z̆ + 0z̄z̄̆ | ȳy̆ = 0zz̆ + 0zz̄̆ + (α + β̄̆ + δ)z̄z̆ + 0z̄z̄̆ |
| ȳ̆ = 0zz̆ + (α + β̄ + δ)zz̄̆ + 0z̄z̆ + z̄z̄̆ | ȳȳ̆ = 0zz̆ + 0zz̄̆ + 0z̄z̆ + z̄z̄̆. |
Und es bleibt zu erfüllen:
43) 0 = αβ̄β̄̆δ̄zz̆ + αβ̄β̄̆δ(zz̆ + z̄z̄̆) + ᾱβ̄β̄̆δz̄z̄̆,
wonach dann sein wird:
x = (ᾱ + β̄)zz̆ + (ᾱ + β̄)zz̄̆ + (ᾱ + δ)β̆z̄z̆ + β̆δz̄z̄̆,
x̄ = αβzz̆ + αβzz̄̆ + (αδ̄ + β̄̆)z̄z̆ + (β̄̆ + δ̄)z̄z̄̆,
x̆ = (ᾱ + β̄̆)zz̆ + (ᾱ + δ)βzz̄̆ + (ᾱ + β̄̆)z̄z̆ + βδz̄z̄̆,
x̄̆ = αβ̆zz̆ + (αδ̄ + β̄)zz̄̆ + αβ̆z̄z̆ + (β̄ + δ̄)z̄z̄̆.
[314]Achte Vorlesung.
Nun bringen wir zuerst das letzte Glied von 43) zum Verschwinden,
indem wir z so bestimmen gemäss dem linkseitigen Schema 12), dass:
ᾱβ̄β̄̆δz̄̆⋹z.
[Das a des Schema’s ist hier schon = ă = a + ă.] Dies gibt:
z = w + ᾱβ̄βδ̄w̄̆, z̄ = w̄(α + β + β̆ + δ̄ + w̆),
besser also:
.
Bleibt zu erfüllen:
44) 0 = αβ̄β̄̆δ̄ww̆ + αβ̄β̄̆δ(ww̆ + w̄w̄̆).
Wir bestimmen hiernächst w so, dass hievon das erste Glied ver-
schwindet, also
w⋹ᾱ + β + β̆ + δ + w̄̆
wird. Dies gelingt nach dem rechtseitigen Schema 12) und entsteht:
w = v(ᾱ + β + β̆ + δ + v̄̆), w̄ = v̄ + αβ̄β̄̆δ̄v̆,
oder bequemer:
.
Damit wird nun:
[315]§ 21. Allgemeines Problem von universaler Natur.
.
[Und:
].
Endlich:
.
Hiermit wird jetzt:
und bleibt cf. 37) in der That nur noch zu erfüllen der Kern unsrer Gl. 42):
45) 0'αβ̄β̄̆δ(vv̆ + v̄v̄̆) = 0.
[316]Achte Vorlesung.
Dies hat zu geschehn nach dem Schema 32) und wird:
.
Damit erhalten wir endlich:
46)
wobei wegen 30) schon die ersten Glieder von xx̆ und x̄x̄̆ eigentlich weg-
fallen, sintemal auch der Koeffizient αβ̄β̄̆δ als implicite mit dem Faktor 0'
behaftet angesehen werden kann.
Darnach wird in der That:
αxx̆ = 0, βxx̄̆ = 0, β̆x̄x̆ = 0, δx̄x̄̆ = 0,
[317]§ 21. Allgemeines Problem von universaler Natur.
und stimmt die Probe 1 bei beliebigem u. Es stimmt aber auch die
Probe 2. Genügt nämlich x der Forderung 35), so bewahrheitet sich die
obige Lösung 46) für u = x, und zwar geht sie bei Fortlassung der Glieder
die von vornherein verschwindende Faktoren haben, über in:
x = (ᾱ + αβ̄β̆)xx̆ + (ᾱβ + β̄)xx̄̆ = ᾱxx̆ + β̄xx̄̆,
was durch Überaddiren von 0 = αxx̆ + βxx̄̆ übergeht in
x = xx̆ + xx̄̆ = x(x̆ + x̄̆) = x · 1 = x, q. e. d.
Man kann indess auch völlig nach den u ordnen und hat:
47)
wo wieder bei xx̆ und x̄x̄̆ die mit den g behafteten Terme herausfallen.
Es gibt noch (mindestens) eine hievon wesentlich verschiedene,
aber ebenbürtige Lösung der Aufgabe, bei welcher die Randglieder
mit den vorstehenden übereinstimmen [gleichwie auch in der vorher-
gehenden Schreibung 46) die in aparte Zeilen gesetzten Anfangsterme
ungeändert bleiben], wogegen die beiden mittleren Glieder durch fol-
gende zu ersetzen sind:
48) .
Wegen
[318]Achte Vorlesung.
kann man nämlich unabhängig von dem Folgenden, oder der Eleganz zu-
liebe abhängig davon — nach Belieben — g mit ğ, gleichwie g mit ḡ
vertauschen.
Überhaupt aber geht die aufzulösende Gleichung durch folgende drei
Systeme von Vertauschungen nur in sich selbst über:
49)
wo die Vertauschungen der zweiten Zeile lediglich der Adventivforderung
resp. Eleganz zuliebe (damit g, und nicht ḡ, im Ausdrucke von x figurire)
mitausgeführt seien.
Ebendiese Systeme von Vertauschungen sind darum auch bei der
Lösung unsrer Gleichung gestattet. Das erste Vertauschungssystem führt
das System der Lösungen nur in sich selbst über, resp. lässt es unver-
ändert. Dagegen fliesst durch das zweite (und übereinstimmend auch durch
das dritte) System von Vertauschungen die neue Lösung 48) aus der zuerst
gefundenen 47).
Auf ebendiese zweite Lösung würde man auch heuristisch gekommen
sein, wenn man bei der Herleitung der Ergebnisse seinerzeit, um y durch
z auszudrücken, anstatt des ersten Schema’s 10) das zweite benutzt hätte,
wonach zu setzen gewesen wäre:
y = z(α + β̄ + δ + z̆), ȳ = z̄ + ᾱβδ̄z̄̆.
Aus den vorstehend angegebenen zwei Formen oder Schemata der
Lösung des allgemeinen Problems 33) lassen sich nachträglich als parti-
kulare Fälle die Lösungen der sämtlichen Elementarprobleme 10) bis 21)
mit Leichtigkeit (wieder) ableiten. Und zwar überall, wo sich dort nur
eine Form der Lösung angegeben findet, führen beide Schemata überein-
stimmend zu ebendieser. Wo sich dagegen dort zwei Lösungsformen hinter-
einander angegeben finden, fliesst die erste Form aus unserm ersten 47),
die zweite aus dem letzten Schema 48). Eine Ausnahme hiezu bildet
jedoch das Problem 13), wo auffallenderweise unsre beiden Schemata nur
die erste Lösungsform übereinstimmend liefern, wogegen die zweite sich selb-
ständig primo impetu ergab und ganz leicht direkt zu beweisen ist. Dies
lässt allerdings vermuten, dass es auch allgemein noch andre Lösungsformen
gibt, auf die vielleicht Benutzung der andern Lösungsform von 13) auf
S. 304 hinführen wird. —
Als eine ausserhalb dieses Rahmens liegende Partikularisirung unsres
allgemeinen Problems wollen wir endlich noch das folgende Unterproblem
samt seiner Lösung hervorheben:
50) .
Dasselbe scheint zwar auf den ersten Blick ein Gegenstück zu bilden
zu jenem Hülfsprobleme 32), welches wir der Lösung der Aufgabe 14)
vorausschicken mussten, erweist sich aber, wie ein Blick auf die Lösungen
beider zeigt, als doch von wesentlich anderem Charakter. —
[319]§ 21. Solvirender Faktor.
Der Versuch, der Resultante 39) durch symmetrische Bestimmung
der vier Koeffizienten a, b, c, d in ebensovielen unbestimmten Para-
metern allgemein Genüge zu leisten, führt zu einem eleganten Theo-
reme, welches wir vorweg statuiren wollen:
Die Gleichung 33)
axx̆ + bxx̄̆ + cx̄x̆ + dx̄x̄̆ = 0
ist im Allgemeinen absurd, kann keine Wurzel x haben, sie wird erst
durch Multiplikation mit
51) M = āā̆ + 0'(b̄c̄̆ + b̄̆c̄) + d̄d̄̆
zu einer nach x lösbaren, deren Bestehen möglich ist; und sie war es
von vornherein stets dann und nur dann, wenn
52) a + b + c + d ⋹ M
ist, d. h. wenn Multiplikation mit M die sämtlichen Koeffizienten der
Gleichung ungeändert lässt.
Dieses M könnte füglich — in Analogie zum „integrirenden Faktor“
bei Differentialgleichungen — als ein „solvirender (oder resolvirender)
Faktor“ der Gleichung bezeichnet werden.
Um zunächst den letzten Teil der Behauptung unsres Theorems (vom
; ab) zu beweisen, braucht man sich blos zu überzeugen, dass obige Sub-
sumtion vom Prädikate M mit unsrer Resultante 39) äquivalent ist. Zu
dem Ende wird man die Subsumtion rechts auf 0 bringen. Man erhält:
53) (a + b + c + d)(a + ă){1' + (b + c̆)(b̆ + c)}(d + d̆) = 0,
eine Gleichung, welche einerseits offenbar von der Resultante bedingt wird,
wie sie andrerseits auch diese nach sich zieht.
Denn da (a + b + c + d)a = a ist, hat sie jedenfalls beim Ausmulti-
pliziren linkerhand den Teil der Resultante:
a{1' + (b + c̆)(b̆ + c)}(d + d̆) = 0
zur Folge, woraus der noch ausstehende Teil dieser: ă mal idem = 0 durch
Konvertiren hervorgeht, also damit zugleich gewährleistet erscheint.
Um den ersten Teil unsres Theorems zu beweisen, wollen wir
demselben eine etwas andre Fassung geben, in welcher er unmittelbar
die symmetrisch allgemeine Lösung (nach den Unbekannten a, b, c, d)
der Resultante angibt.
Zu dem Ende empfiehlt es sich, einen kleinen Bezeichnungswechsel
vorzunehmen, nämlich die bisherigen Koeffizientenausdrücke α, β, δ
sich ad hoc durch irgend welche andre Namen, wie etwa A, B, D,
ersetzt zu denken: um so die Buchstaben α, β, γ, δ frei zu bekommen
zur Bezeichnung der willkürlichen Parameter, welche unsern Un-
bekannten a, b, c, d zu entsprechen haben.
[320]Achte Vorlesung.
Jener Teil unsres Theorems stellt sich dann so dar. Wird für
beliebige α, β, γ, δ
54) ᾱᾱ̆ + 0'(β̄γ̄̆ + β̄̆γ̄) + δ̄δ̄̆ = μ
genannt, so ist
55) a = αμ, b = βμ, c = γμ, d = δμ
die Lösung, das allgemeinste System von Wurzeln a, b, c, d unsrer
Resultante 39).
Beweis. Probe 1 besteht darin, zu zeigen, dass bei Einsetzung vor-
stehender Werte von a, b, c, d (nebst μ) in die Resultante 39) dieselbe
identisch in α, β, γ, δ — als eine allgemeine Formel — erfüllt ist.
Da augenscheinlich μ̆ = μ ist, erhalten wir — zunächst noch unter
Beibehaltung des μ:
(αμ + ᾰμ){1' + (βμ + γ̆μ)(β̆μ + γμ)}(δμ + δ̆μ) = 0,
oder
μ · (α + ᾰ){1' + (β + γ̆)(β̆ + γ)}(δ + δ̆) = 0,
was augenscheinlich richtig, indem die linke Seite nichts andres als μμ̄ ist.
Probe 2 verlangt zu zeigen, dass unsre Lösung auch jedes System von
Wurzeln der Resultante zu liefern fähig ist. Sei also a, b, c, d irgend
ein System von Werten, welches die Resultante erfüllt. Alsdann braucht
man, um ebendieses zu erhalten, blos α = a, β = b, γ = c und δ = d
anzunehmen. Dadurch wird μ in M übergehen, und dass aus der erfüllten
Resultante folgt:
a⋹M, b⋹M, c⋹M, d⋹M,
somit in der That a = aM, b = bM, c = cM, d = dM wird, haben wir
oben schon gezeigt. Somit stimmt auch die Probe 2, oder es ist auch die
„Adventivforderung“ von unsern Lösungen erfüllt. —
Ich hatte das Theorem systematisch gefunden, indem ich unter Be-
nutzung der benötigten von den in Bd. 1 und 2 erledigten Problemen „sym-
metrisch allgemeiner Lösungen“ zuerst die allgemeinsten Wurzeln A, B, D
der Gleichung
A(1' + B)D = 0
bestimmte, sodann den Forderungen A = Ă, D = D̆ Genüge leistete, end-
lich die Gleichungen
a + ă = A, b + c̆ = B, d + d̆ = D
nach den Unbekannten linkerhand auflöste.
Doch dürfte es zu weitläufig sein, diesen Gang mit allen seinen Sta-
dien hier detaillirt vorzulegen.
Bemerkt mag nur noch werden, dass man die Ausdrücke der beiden
Randkoeffizienten — wenn auch: auf Kosten der Symmetrie hinsichtlich
aller vier Koeffizienten — durch wesentlich einfachere ersetzen, nämlich als
das allgemeinste System der Wurzeln auch dieses hinstellen könnte:
[321]§ 22. Zweite Stufe der Probleme in 3 Buchstaben.
a = α(0' + δ̄δ̄̆), b = β(ᾱᾱ̆ + δ̄δ̄̆ + β̄̆γ̄), c = γ(ᾱᾱ̆ + δ̄δ̄̆ + β̄γ̄̆), d = δ(0' + ᾱᾱ̆)
und dass es ferner bei b und c gestattet sein würde innerhalb der Klammer
das Glied 1' hinzuzufügen — wofür der Nachweis dem Leser überlassen sei.
§ 22. Zweite Stufe der Auflösungsprobleme in drei Buchstaben.
Kettenproblem, Transitivität und anderes.
Die in einer Proposition zwischen drei Buchstaben auf der einen
Seite vorkommende Knüpfung sei jetzt eine relative.
Wir haben dann dieselben Haupt- und Unter-Abteilungen der
möglichen Auflösungsprobleme wie im vorigen Paragraphen; nur sind
die wirklich zu lösenden Aufgaben jetzt zahlreicher, weil einerseits die
Knüpfungen nicht mehr kommutativ sind, also Vor- und Nach-Multi-
pliziren resp. -Addiren unterschieden werden müssen, und andrerseits
auch die Tautologiegesetze, sowie die Formeln xx̄ = 0, x + x̄ = 1 zur
Reduktion der Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen.
Sollen namentlich zwei Buchstaben x in eine Knüpfung eingehen, so
werden wir durch ein Semikolon oder aber das Pluszeichen verknüpft zu
denken haben die beiden Werte eines jeden der 16 Paare:
0)
während bei identischer Knüpfung von diesen Paaren sogleich die vier der
Hauptdiagonale samt den sechs darüber stehenden in Wegfall kamen.
Ausserdem aber sind die entsprechenden Aufgaben jetzt ungleich
schwieriger zu lösende, sodass wir vorerst die Fälle, wo die aufzu-
lösende Proposition eine Gleichung ist, beiseite lassen und uns nur
mehr mit der Auflösung der (vor- oder rückwärtigen) Subsumtionen
beschäftigen wollen.
Die erste Hauptabteilung der Probleme — denen 8) des § 21 ent-
sprechend — wird gebildet von den acht (resp. — bei Mitberücksich-
tigung auch von Gleichungen — zwölf) elementaren Inversionsproblemen,
denen wir bereits eine eigene (die siebente) Vorlesung gewidmet haben,
und welche sonach unter den „einfachsten“ Auflösungsproblemen hier
systematisch sich einreihen. Diese Probleme gruppirten sich in zwei
(resp. drei) Gespanne und dürfen hier als erledigt gelten.
Wenn wir ferner von jedem Gespanne oder Quadrupel von Pro-
blemen blos einen Repräsentanten anführen, so umfasst die zweite
Schröder, Algebra der Relative. 21
[322]Achte Vorlesung.
Hauptabteilung der Probleme mit ihrer vorläufig ersten Abteilung —
denen 9) bis 14) des § 21 entsprechend — die acht Gespanne, deren
typische Vertreter die vier Subsumtionen:
1) x ; a ⋹ x, x̄ ; a ⋹ x, x̆ ; a ⋹ x, x̄̆ ; a ⋹ x
nebst den dazu rückwärtigen sind:
2) x⋹x ; a, x ⋹ x̄ ; a, x ⋹ x̆ ; a, x ⋹ x̄̆ ; a.
Mit ihrer vorläufig zweiten Abteilung sollte sie — den Problemen 15)
bis 21) des § 21 entsprechend — die acht Gespanne umfassen, welche
die vier Subsumtionen:
3) x ; x ⋹ a, x ; x̄ ⋹ a, x ; x̆ ⋹ a, x ; x̄̆ ⋹ a
samt den dazu rückwärtigen:
4) a⋹x ; x, a ⋹ x ; x̄, a ⋹ x ; x̆, a ⋹ x ; x̄̆
vertreten.
Bei Citaten unterscheiden wir die vier Probleme einer jeden Zeile
1) bis 4) durch ein an ihrer Chiffre angebrachtes Suffixum 1 bis 4.
Von den angeführten vier Zeilen kommt nun aber die dritte in
Wegfall, indem deren Subsumtionen nach dem ersten Inversions-
theoreme bezüglich äquivalent sind mit:
x⋹a ɟ x̄̆, x ⋹ a ɟ x̆, x ⋹ a ɟ x̄, x ⋹ a ɟ x,
sonach augenscheinlich, in umgekehrter Reihenfolge genommen, den
Gespannen der ersten Zeile bereits angehören. Die Probleme der ersten
und dritten Zeile sind also wesentlich dieselben; es ist als Gesamtheit
1) = 3) und verbleiben, was die aufzulösenden Subsumtionen anlangt,
statt 16 nur mehr 12 Quadrupel von Problemen in unsrer zweiten
Hauptabteilung, den Zeilen 1), 2) und 4) entsprechend — welche wol
am besten demgemäss nun auch in drei Abteilungen geschieden werden.
Unter diesen finden sich gleich zu Anfang die hochbedeutsamen Pro-
bleme, welche uns später zum Vorwurf, Thema der Dedekind’schen Ketten-
theorie dienen.
Was Gleichungen anbelangt, würden sich den genannten in zwei
weitern Abteilungen die acht Gespanne anreihen, deren Repräsentanten
man erhält, indem man in 1) oder 2) und 3) oder 4) die Subsumtions-
zeichen durch Gleichheitszeichen ersetzt — Probleme, die (bei Glei-
chungen) sich als wesentlich verschiedene herausstellen.
Sonach umfasst die zweite Hauptabteilung 4 × 3 + 4 × 2 = 20
Quadrupel von Problemen — und ohne die Gleichungen zwölfe.
[323]§ 22. Zweite Stufe der Probleme in 3 Buchstaben.
Was die Probleme der dritten Hauptabteilung betrifft, so erhalten
wir die Repräsentanten von deren Gespannen jedenfalls vollständig,
wiewol überzählig, wenn wir die 16 Paare 0), je mit eingeschaltetem
Semikolon, ⋹ x setzen, ferner diese Subsumtionen auch rückwärtig
ansetzen, endlich die ersten 16 Subsumtionszeichen auch in Gleichheits-
zeichen verwandeln. Von diesen 16 × 3 = 48 Repräsentanten sind
aber die 6 × 3 = 18 wegzulassen, welche von den 6 Paaren unterhalb
der Hauptdiagonale in 0) herrühren; denn diese gehören schon bezüg-
lich zu den Gespannen der ihnen symmetrisch oberhalb der Haupt-
diagonale gegenüberstehenden Repräsentanten. Oder umgekehrt.
In der That geht z. B. der Ansatz x ; x̄ ⋹ x aus dem x̄ ; x ⋹ x hervor,
indem man x durch x̆ durchweg ersetzt und beiderseits konvertirt. Etc.
Es verbleiben also höchstens 10 × 3 = 30 Repräsentanten.
Schreiben wir von diesen die ersten zehne, nämlich die „vorwär-
tigen“ Subsumtionen hin, so erhalten wir aus der Hauptdiagonale zu-
nächst die vier Repräsentanten:
und von oberhalb derselben die sechse:
.
Dieselben Subsumtionen wären nun auch rückwärtig, sowie als
Gleichungen anzusetzen.
Während sich aber diese von uns nicht hingeschriebenen 20 Pro-
positionen als die Repräsentanten von ebensovielen wesentlich verschie-
denen und selbständig zu lösenden Problemen erweisen werden, redu-
ziren sich die vorstehend hingeschriebenen 10 Propositionen — die wir
uns mit den Zahlen 1 bis 10 numerirt denken wollen — bedeutend,
nämlich auf nur fünf Aufgaben. Die Abteilung umfasst also 25 Pro-
bleme (an Subsumtionen 15).
Um dies einzusehen, formen wir unsre zehn Subsumtionen um, indem
wir gemäss dem ersten Inversionstheoreme einmal den zweiten und ebenso
den ersten relativen Faktor transponiren, d. i. auf die andre Seite schaffen.
Durch Vertauschung von x mit einem seiner Verwandten bewirken wir
hierauf, dass der bei diesem Transponiren frei werdende (sich isolirende)
Term x selbst wird, und stellen darunter diejenige von den Subsumtionen
1 bis 10 mitsamt ihrer Nummer, zu deren Gespann gehörig sich die er-
haltene Umformung erweist.
Auf diese Weise erhalten wir für die vier ersten Subsumtionen das
Tableau:
21*
[324]Achte Vorlesung.
und für die sechs letzten dieses:
.
Hieraus ist ersichtlich, dass nach den Prinzipien des Dualismus und
der Konjugation, eventuell auch mittelst Vertauschung von x mit einem
seiner drei verwandten Relative, aufeinander zurückführbar sind die Ge-
spanne von
1 und 7, 2 und 9, 3 und 10, 5 und 6 und 8,
wogegen blos dasjenige von 4 unabhängig bleibt von den übrigen.
Die mehrerwähnte Vielförmigkeit unsrer Disziplin erweist sich hier
von Vorteil, insofern sie uns gestattet oft mehrere Probleme mit einem
Schlage zu lösen.
Was die (ja zahlreicheren) Subsumtionenprobleme unter den vor-
stehend aufgezählten Aufgaben betrifft, so gelang es mir, dieselben
sämtlich zu lösen bis auf zweie, welche der zweiten Hauptabteilung
angehören.
Ich will sie mitsamt ihren oft in mehrern Formen möglichen
Lösungen nunmehr im Überblick angeben und letztere abteilungsweise
begründen.
Zweite Hauptabteilung, bestehend aus 12 Gespannen von Sub-
sumtionenproblemen — in drei (Unter-)Abteilungen — und 8 Ge-
spannen von Gleichungsproblemen — in zwei Abteilungen.
[325]§ 22. Die Kettenprobleme.
Die zwölferlei Subsumtionenprobleme.
Erste Unterabteilung — aus 1) und 3) entspringend.
Erstes Gespann — zum „Kettenprobleme“:
5) ,
wo bezüglich
5')
bedeutet. Die unbegrenzten Iterationen dieser 8 Funktionen sind hier
aber einer bemerkenswert übersichtlichen Darstellung fähig, nämlich
die ersten jedes Paares dieser:
5'')
— somit die zweiten: nachdem ā̆ für a gesetzt ist, links und rechts
vom Mittelstriche vertauscht. Der Art nach ist 5) blos ein konjugirtes
Zweigespann, weil schon solche Parametervertauschung die dualen
Probleme in einander überführt. Führt man demnach zwei Abkür-
zungen ein, indem man definirt als
die „a-Kette“ oder „Kette von a“: das „a-Gekett“ oder „Gekett*)von a“:
6)
so stellen sich unsre Lösungen konzisest wie folgt dar:
[326]Achte Vorlesung.
5''')
Anlässlich von 6) wollen wir auch noch für das Knüpfungsergebniss
aller dortigen Terme ohne den Anfangsterm sogleich eine weitre Ab-
kürzung einführen, wofür die Benennungen (linkerhand wenigstens) sich
in der nächsten Vorlesung rechtfertigen. Wir definiren ein Relativ
a00 als a-Bildkette, oder Kettenbild von a:
7)
wo dann sein wird:
8)
| a0 = 1' + a00, a00 ⋹ a0 | a1 = 0'a11, a1 ⋹ a11, |
sowie auch — unter ā0 stets (ā)0 verstanden, etc. vergl. § 5 S. 71:
9)
Die damit eingeführten Begriffe besitzen noch viele bemerkenswerte
Eigenschaften.
Die Ausführlichkeit, mit der wir in der nächsten Vorlesung auf alles
eingehn was mit dem Probleme 5) zusammenhängt, wird es rechtfertigen,
wenn wir dasselbe hiernächst blos summarisch, „über Pausch und Bogen“
— gleich den übrigen — behandeln.
Zweites Gespann:
10)
[327]§ 22. Erste Sektion der 12 erlei nächsten Subsumtionenprobleme.
10) .
Drittes Gespann.
11)
,
11')
Auch für diese 8 Funktionen sind die Iterationen von sehr über-
sichtlichem Bildungsgesetze, nämlich für die erste jedes Paares stellen
sich die f∞(u) dar als:
11'')
,
wie sie sich für die erste Zeile z. B. aus der unschwer direkt zu etabli-
renden Rekursion
| f3(u) = ă ; f(u) ; a + f(u) | f3(u) = {ă ɟ f(u) ɟ a}f(u) |
leicht rechtfertigt.
Wie uns selbstverständlich a1 = a und (a ɟ)1 oder (ɟ a)1 = a be-
deutet, so empfiehlt sich (hier), a0 = 1' und (a ɟ)0 = (ɟ a)0 = 0' zu
definiren.
Für die zweite Funktion jedes Paares erhält man die analoge
Darstellung aus 11''), nachdem man a durch ā ersetzt hat, mittelst
geeigneter Umstellung, d. i. Vertauschung der „über’s Kreuz“ stehenden
Angaben.
[328]Achte Vorlesung.
Viertes Gespann.
12) .
Zum letzten Probleme: x ; x ⋹ a oder x2 ⋹ a sei eine Anmerkung
gestattet — schon weil sich an dasselbe gewisse Distinktionen bei
Relativen, und nicht unwichtige Begriffe, knüpfen.
Wie bei allen Problemen, die einen Parameter a enthalten, die Fälle
besondre Beachtung verdienen, wo derselbe einen Modulwert annimmt, so
auch hier.
Für a = 1 wird x = u vollkommen willkürlich, wie vorauszusehen
gewesen.
Für a = 0' ergibt sich x = ū̆u ⋹ 0' als allgemeine Lösung der For-
derung x ; x ⋹ 0'.
Für a = 1' oder auch 0 ergibt sich keine Vereinfachung des Aus-
drucks für die Wurzel x.
Gleichwol verdient der Fall a = 0, in welchem die aufzulösende Sub-
sumtion in eine Gleichung
x ; x oder x2 = 0
übergeht, besondre Beachtung:
Gibt es überhaupt eine natürliche Zahl n derart, dass
xn = 0
ist, so soll nach Peirce’s2 p. 53 treffendem Vorschlage x ein exhaus-
tibles oder erschöpfbares Relativ heissen. Die Relative zerfallen also
in erschöpfbare und unerschöpfliche. Ein inexhaustibles Relativ ist ein
solches, von dem keine Potenz verschwindet.
Ist n = 2, so will Peirce ibidem das Relativ x ein nicht-repeti-
rendes (nicht wiederholendes, „non-repeating“) nennen, wogegen Relative,
deren relatives Produkt in sich selbst („Quadrat“) nicht verschwindet,
„wiederholende“ (repeating) zu nennen wären. Ich möchte für jenes
den Ausdruck: „exhaustes“ oder „erschöpftes Relativ“ vorziehen.
Ein erschöpftes Relativ ist zum Beispiel „Gattin von-“: es gibt
keine Gattin von der Gattin (von jemand). Ein solches Relativ kann
sozusagen nicht von sich selbst genommen werden; ein erschöpfbares
[329]§ 22. Erschöpfbare und erschöpfte Relative.
aber nicht öfter als eine bestimmte Anzahl mal. Ein erschöpfbares
Relativ wäre z. B. „Vorgesetzter (praepositus) von-“, „Sklave von-“
(manche Negersklaven halten sich selbst noch Sklaven), „Untergebener
von-“. Man muss ja schliesslich zu einem obersten Vorgesetzten, der
einen solchen seinerseits nicht mehr hat, gelangen. Etc. Ein uner-
schöpfliches Relativ wäre „Ehegespons von-“ (consort) schon bei mono-
gamischen Institutionen.
Wie durch Konversion zu sehen, muss das Konverse eines er-
schöpfbaren resp. erschöpften Relativs auch wieder ein solches sein.
Mit Obigem ist nun gefunden, dass das allgemeinste erschöpfte Relativ
in den drei Formen angebbar ist:
13) .
Es wäre dem Studirenden anzuraten, dass er für einen eng begrenzten
Denkbereich mittelst „Ausrechnung“, Evaluation des x für verschiedene
aufs Geratewol angenommene Werte von u sich überzeuge, wie eine jede
von diesen Formeln sofort zur Kenntniss einer Menge von Relativen führt,
deren Quadrat verschwindet. Damit nicht durchweg die schon bekannte
Wurzel x = 0 herauskomme, braucht u blos Leerreihen zu haben (ohne
doch selbst zu verschwinden).
Ebenso wie bei n = 2 lässt sich aber auch für jedes andre bestimmte n
die allgemeine Wurzel der Gleichung xn = 0 mit dem ersten Anlauf in
verschiednen Formen aufstellen. Und ein Gleiches gilt schon für die noch
allgemeinere Subsumtion:
xn⋹a.
Es wird genügen, dies noch für n = 3 darzulegen.
Je nachdem wir in x ; x ; x ⋹ a den ersten, zweiten oder dritten rela-
tiven Faktor mittelst Transponirens der übrigen Faktoren gemäss dem
ersten Inversionstheoreme isoliren, erhalten wir:
(x3 ⋹ a) = (x ⋹ a ɟ x̄̆ ɟ x̄̆) = (x ⋹ x̄̆ ɟ a ɟ x̄̆) = (x ⋹ x̄̆ ɟ x̄̆ ɟ a) =
= {x = x(x̄̆ ɟ x̄̆ ɟ a)(x̄̆ ɟ a ɟ x̄̆)(a ɟ x̄̆ ɟ x̄̆)}
— wo im letzten Ausdrucke von den drei letzten Faktoren auch irgend
einer oder zweie unterdrückbar.
Demnach ist die allgemeine Lösung gegeben durch:
14)
— mit dem gleichen Zusatze.
Denn nach dem Vorhergehenden stimmt hiermit augenscheinlich die
Probe 2. Dass aber auch die Probe 1 stimmt, erkennt man so.
Wird unter x der ihm gleichgesetzte Ausdruck verstanden, der aus
vier resp. mindestens zwei Faktoren besteht, unter denen sich aber der
Faktor u befindet, so ist nach 5) des § 6: x ; x ; x ⋹ α ; β ; γ, wenn α
[330]Achte Vorlesung.
gleichwie β und γ einen Faktor von x — nach Belieben unter den vieren
ausgewählt — bedeutet. Man kann nun z. B. die Auswahl treffen:
α ; β ; γ = u ; (ū̆ ɟ a ɟ u) ; u ⋹ u ; u ɟ a ɟ u ; ū̆ ⋹ 0' ɟ a ɟ 0' = a
gemäss 7) des § 6, 3) und 11) des § 8. Und ebenso kann man wählen:
α ; β ; γ = u ; u ; (ū̆ ɟ ū̆ ɟ a) ⋹ u ; (u ; u ; ɟ ū̆ ɟ a) ⋹ u ; (0' ɟ ū̆ ɟ a) =
= u ; (ū̆ ɟ a) ⋹ u ; ū̆ ɟ a ⋹ 0' ɟ a = a, q. e. d.
Die Ausdehnung auf höhere Exponenten unterliegt nicht der geringsten
Schwierigkeit und ist nach Bildungsgesetz und Beweis von 14) nur quanti-
tativ verschieden.
Zweite Unterabteilung — aus 2) entspringend.
Erstes Gespann:
15) .
Falls a = 1, 0, 1', 0' ein Modul ist, lässt sich die Lösung in ge-
schlossner Form angeben und ist z. B.:
15') .
Diese Formel ist blos eine empirische Zusammenfassung der vier
Formeln, die sich für die genannten Fälle wiederum aus ihr ergeben, und
die leicht einzeln zu entdecken und zu verifiziren waren.
Zweites Gespann:
16)
.
Drittes Gespann:
17) .
Viertes Gespann:
18)
.
[331]§ 22. Zweite Sektion der nächsten 12 erlei Subsumtionsprobleme.
Bevor wir zur dritten Unterabteilung — die aus 4) entspringt,
und deren Probleme von schwierigerer Art sind — übergehn, wollen
wir über Herleitung und
Begründung
des Bisherigen das Nötige sagen.
Wo verschiedene Formen der Problemstellung einander äquivalent ge-
setzt sind, wird der Leser diese leicht — durch Transponiren des einen
oder andern Terms, eventuell in Verbindung mit beiderseitigem Konvertiren
oder auch Kontraposition — auf einander zurückführen.
Für die Probleme, in denen x isolirt als Subjekt steht, ist stets x = 0,
für die, wo es als Prädikat steht, ist x = 1 als eine partikulare Lösung
angebbar, und deshalb kann keines der bisherigen Probleme eine Resul-
tante involviren.
Die Herleitung oder Entdeckung sämtlicher angegebnen Lösungen ist
durch mein Theorem 1) des § 13 nahe gelegt, ja gegeben, weil x bald als
Subjekt, bald als Prädikat, zuweilen auch (in den verschiednen Formen
einunddesselben Problems) in beiden Eigenschaften von vornherein isolirt
oder isolirbar erscheint, was dann auch zu verschiednen Lösungsformen führte.
Wir brauchen darnach die Probe 2 überhaupt nicht mehr zu machen,
und die Probe 1 vorweg da nicht, wo die Lösung ausdrücklich als ein f∞(u)
sich angegeben findet.
Immerhin wollen wir diese Probe 1, sintemal ein Luxus auch nicht
vom Übel, hier wenigstens für die zweite Aufgabe links in 5), das ist das
„Kettenproblem“katexochen: a ; x ⋹ x, mit beiden Lösungsformen desselben
erhärten.
Die erste Lösungsform desselben lautet:
x = a0 ; u = (1' + a + a2 + a3 + …) ; u = u + a ; u + a ; a ; u + a ; a ; a ; u + …
— sintemal 1' ; u = u ist — und ist zu zeigen, dass a ; x ⋹ x sein müsse
bei ganz beliebigem u. In der That wird
a ; x = a ; a0 ; u = a ; u + a ; a ; u + a ; a ; a ; u + …
sich als die Summe der Glieder unsrer x-Reihe vom Anfangsgliede ab
darstellen.
Statt dieses Nachweises konnte man sich auch einfacher schon mit
dem des (in nächster Vorlesung noch eingehend ventilirten) Satzes: a ; a0 ⋹ a0
begnügen, aus welchem die Behauptung der Probe 1 mittelst beiderseitig
relativen Nachmultiplizirens mit u hervorgeht.
Die zweite Lösungsform des Kettenproblems lautet:
x = ā̆1 ɟ u = 0'ā̆(ā̆ ɟ ā̆)(ā̆ ɟ ā̆ ɟ ā̆) … ɟ u = u(ā̆ ɟ u)(ā̆ ɟ ā̆ ɟ u)(ā̆ ɟ ā̆ ɟ ā̆ ɟ u) …
— sintemal 0' ɟ u = u ist. Um zu sehn, dass a ; x ⋹ x sein muss, be-
merken wir, dass in der That
a ; x = a ; u (ā̆ ɟ u)(ā̆ ɟ ā̆ ɟ u) … ⋹ (a ; u){a ; (ā̆ ɟ u)}[a ; (ā̆ ɟ ā̆ ɟ u)] … ⋹
⋹ (a ; ā̆ ɟ u)(a ; ā̆ ɟ ā̆ ɟ u) … ⋹ (0' ɟ u)(0' ɟ ā̆ ɟ u)(0' ɟ ā̆ ɟ ā̆ ɟ u) … =
= u (ā̆ ɟ u)(ā̆ ɟ ā̆ ɟ u) … = x
[332]Achte Vorlesung.
nach 5) des § 6, dem Satze ab ⋹ b nebst 7) [und 25)] des § 6, endlich
11) des § 8, sich bewahrheitet. Auch dieser Nachweis konnte auf den von
a ; ā̆1 ⋹ ā̆1 reduzirt werden. —
Es kann darum auf obiges Problem und seine Lösung das Bedenken
oder der Vorbehalt keine Anwendung finden, den ich zu dem Th. 1 des
§ 13 für den Fall eines unbegrenzten Denkbereichs S. 189 sq. ausgesprochen
habe. —
Nun erweist sich aber die Funktion f(u), deren unbegrenzte Itera-
tionen uns die Lösung nach 1) ausdrücken sollten, bei gerade der Hälfte
sämtlicher bisherigen Probleme als invariant. In diesen Fällen, wo
f2(u) = f(u) = f∞(u)
ist, wird die Lösung, statt durch x = f∞(u), einfacher schon durch x = f(u)
darzustellen sein; die Lösung wird dann in geschlossener Form erhalten.
Umgekehrt, wenn x = f(u) selbst schon die allgemeine Wurzel ist,
so muss der stets von unsern Lösungen erfüllten Adventivforderung gemäss,
d. h. weil Probe 2: f(x) = x schon stimmt, auch f{f(u)} = f(u) für jedes u
sein, m. a. W. ist dann f(u) als invariant erwiesen.
Wir brauchen also blos und müssen noch für alle in geschlossner Form
angegebnen Lösungen die Probe 1 nachliefern.
Dies thun wir, nachdem es vorhin bei 5) bereits geleistet ist, je für
das erste Problem jeden Gespannes mit seinen sämtlichen Lösungsformen.
Probe 1
zu 10) oder 12). Für x = ū ; a + u wird x̄ = (u ɟ ā)ū, somit
x̄ ; a = (u ɟ ā)ū ; a ⋹ ū ; a ⋹ x, q. e. d.
Die andern Lösungsformen verstehn sich hier aus der Äquivalenz der
Probleme nach dem Schema der vorstehenden.
Zu 12) oder 14). Für x = ū̆ ; a + u + a ; ū̆ wird:
x̄̆ ; a = (u ɟ ā̆)ū̆(ā̆ ɟ u) ; a ⋹ ū̆ ; a ⋹ x, q. e. d.
Man kann (als Variante) auch schliessen:
x̄̆ ; a ⋹ (u ɟ ā̆) ; a ⋹ u ɟ ā̆ ; a ⋹ u ɟ 0' = u ⋹ x. Etc.
Zu 16) oder 22). x = ū ; a · u gibt x̄ = u ɟ ā + ū,
x̄ ; a = (u ɟ ā) ; a + ū ; a, und da ū ; a · u ⋹ ū ; a
ist, so folgt a fortiori x ⋹ x̄ ; a, q. e. d.
Zu 18) oder 24). x = ū̆ ; a · u gibt x̄̆ = ū̆ + ā̆ ɟ u, also
x̄̆ ; a = ū̆ ; a + (ā̆ ɟ u) ; a und x ⋹ x̄̆ ; a, q. e. d.
Dritte Unterabteilung — aus 4) entspringend.
Die grössere Schwierigkeit der Probleme von dieser rührt daher,
dass kein Theorem bekannt ist, welches gestattete, wenn ein relatives
Produkt als Prädikat steht (resp. eine relative Summe als Subjekt), den
[333]§ 22. Dritte Sektion der nächsten 12 erlei Subsumtionsprobleme.
einen Term desselben (derselben) durch Hinüberschaffen des andern zu
isoliren.
Darum auch verhelfen uns die Theoreme 1) des § 13 diesmal nicht
zur Lösung. Es gelang mir gleichwol für die eine Hälfte der Probleme
befriedigende allgemeine Lösungen — in mehreren Formen — zu ent-
decken, und will ich zuerst diese vortragen und begründen.
Erstes Gespann — blos dyadisch, sive (duales) Zweigespann:
19) .
Drittes Gespann:
20) .
Zur Entdeckung dieser Lösungen verhalf der Anblick der rigorosen
Lösungen, welche — bei den Problemen 41) und 43) — sich aufgrund
der partikularen Wurzel x = 1 gemäss 17) des § 12 systematisch ergeben,
in Verbindung mit einem ähnlichen Raten, wie es sich schon beim zweiten
Inversionsprobleme in § 18, S. 248 als erfolgreich bewährte. Jene lauten:
,
.
Behufs Beweises der zu diesen Problemen in 19) und 20) ange-
gebenen befriedigenden Lösungen ist nun blos die Probe 1 zu machen.
Denn wegen a(x̄ ɟ x̄) = 0 resp. a(x̄ ɟ x̄̆) = 0 stimmt für u = x schon augen-
scheinlich die Probe 2.
Probe 1 zu 41). Mit der ersten Lösungsform
x = ab̄ ; 1 + u, wo u ; u = b
zur Abkürzung genannt ist, erhalten wir:
x ; x = ab̄ ; 1 ; ab̄ ; 1 + ab̄ ; 1 ; u + u ; ab̄ ; 1 + u ; u = ab̄ ; 1 + b + etc.
[334]Achte Vorlesung.
Allgemein gilt nun schon a ⋹ ab̄ ; 1 + b, nämlich ab̄ ⋹ ab̄ ; 1 nach 8)
des § 15, umsomehr also a ⋹ x ; x, q. e. d. Analog (konjugirt dazu) ist die
Probe für die zweite Lösungsform zu leisten; und für die dritte
x = ab̄ ; 1 + u + 1 ; ab̄
ist sie mit vorstehendem ebenfalls geleistet, weil x ; x für sie gebildet die-
selben Glieder wie vorhin und nur noch einige mehr enthalten muss.
Probe 1 zu 43). Wird u ; ŭ = b genannt, und a + ă = α, so ist b = b̆
und α = ᾰ. Mit x = αb̄ ; 1 + u wird also x̆ = ŭ + 1 ; αb̄ und
x ; x̆ = αb̄ ; 1 ; αb̄ + u ; ŭ + u ; 1 ; αb̄ + αb̄ ; 1 ; ŭ = αb̄ ; 1 · 1 ; αb̄ + b + etc.
Nun gilt allgemein αb̄ ⋹ αb̄ ; 1 · 1 ; αb̄, somit α ⋹ αb̄̆ ; 1 · 1 ; αb̄ + b, d. h. es
ist a + ă schon der Summe der beiden ersten Glieder des x ; x̆ eingeordnet,
q. e. d.
Die Probleme der beiden übrigen Gespanne involviren Resultanten,
und zwar sind die vollen Resultanten zum
Vierten Gespanne gegeben mit:
21)
Während dieselben kraft 3) des § 8 folgen, ist der Beweis für ihre
Vollständigkeit darin zu erblicken, dass, sobald die Resultante erfüllt ist,
sich x = 0' sowol als x = 1' als eine partikulare Wurzel bewährt. Mit
deren Hülfe sind wir demnach auch imstande, wenigstens die rigorose
Lösung für jedes der vorstehenden Probleme nach 12) des § 12 hinzu-
schreiben, z. B.
,
worin auch hinter Σ sich 1' für 0' setzen lässt.
Zweites Gespann:
22)
Hier folgt je eine unbekannte Resultante und steht auch die Lösung
in jeglicher Form noch aus.
Die Aufgabe, aus a ⋹ x ; x̄ das x zu eliminiren, gehört zu den ein-
fachsten unter den schwierigen und zu den schwierigsten unter den ein-
fachen Eliminationsproblemen.
Dass eine Resultante folgt, m. a. W. dass unser Problem nicht be-
dingungslos (für a) durch ein x erfüllbar ist, zeigt sich schon auf den
niedersten Denkbereichen. Bildet man für jedes der 16 Relative, welche
in 1 ½ existiren und somit daselbst als Wert von x aufgefasst werden
könnten, das relative Produkt x ; x̄, so erhält man nur 8 verschiedene Er-
[335]§ 22. Die schwierigern Aufgaben. Sektionen der nächsten Gleichungsprobleme.
gebnisse und kann man, soll die Aufgabe nicht absurd werden, auch dem
a nur gewisse zehn von allen 16 Relativwerten beilegen.
Bezeichnet man, statt mit A, B, C, …, die Elemente eines eng be-
grenzten Denkbereiches mit den kleinen Suffixziffern 1, 2, 3, …, so kann ja
für den Denkbereich 1 ½ die Elimination der vier Koeffizienten von x aus
den vier Koeffizientenbedingungen, auf welche die Forderung a ⋹ x ; x̄ hinaus-
läuft, nach längst bekannten Methoden wirklich ausgeführt werden, und
ergibt sich:
a11a22 + (a11 + a22)a12a21 = 0
als die volle Resultante. Für den Denkbereich 1 ⅓ die neun Eliminanden xi j
aus den neun Bedingungen ai j ⋹ Σhxi hx̄h j auszumerzen, erheischt schon so
langwierige Rechnungen, dass dieselben ohne eine „Eliminationsmaschine“
kaum noch durchführbar erscheinen.
Allgemein kann man setzen:
23) x = 1'x + 0'y, x̄ = 1'x̄ + 0'ȳ,
wo zwar y = x gedacht werden dürfte, jedoch auch nichts hindert, y ganz
unabhängig von x angenommen zu denken, weil die beiden Glieder doch
ohnehin disjunkt ausfallen werden.
Da nun 1'x ; 1'x̄ = 0, weil ⋹ 1' ; x̄ · x ; 1' = xx̄ = 0 sein muss, so wird
x ; x̄ = 1'x ; 0'ȳ + 0'y ; 1'x̄ + 0'y ; 0'ȳ.
Nun gelten die leicht erweislichen Sätze:
24)
deren duales Entsprechen einleuchtet, wenn man beachtet, dass:
25)
— wozu gelegentlich noch 1'a = 1'ă zu berücksichtigen ist — cf. 8)
des § 9. Aufgrund dieser Formeln können in Theorie und Praxis die
zu Relativen der Form 1'a ; 1 sowie 1 ; a1' dual entsprechenden Relativ-
formen (0' + a) ɟ 0 und 0 ɟ (a + 0') ganz und gar vermieden, nämlich
überall durch jene als die einfacher zu schreibenden ersetzt werden.
Darnach lautet unsre Forderung:
26) a⋹ 1'x ; 1 · 0'ȳ + 0'y · 1 ; x̄1' + 0'y ; 0'ȳ,
und gelang es mir, aus dieser wenigstens x zu eliminiren. Die (volle)
Resultante lautet:
27)
und wird nur mehr aus dieser (noch weiter vereinfachungsfähigen) y vollends
zu eliminiren sein.
[336]Achte Vorlesung.
Man ersieht aus diesen blos skizzirten Angaben wenigstens, dass Wege
offen stehen, der Lösung unsres schwierigen Problemes nach und nach
immer näher zu kommen.
Für a ⋹ 0' ist die unbekannte Resultante jedenfalls erfüllt, weil dann
in Gestalt von x = 0' eine Wurzel angebbar ist, für welche x ; x̄ selbst
gleich 0' wird.
Indem man das Problem ansetzt in der Gestalt:
a · b ; b̄ ⋹ x ; x̄,
wo dann x = b eine partikulare Wurzel sein muss, kann man (auch ohne
dass die Resultante zum vorhergehenden Ansatze ermittelt wäre) doch alle
lösbaren Probleme derart angeben, für diese auch die rigorose Lösung un-
schwer aufstellen.
Es erübrigt nun, noch ein Wort zu sagen über die Gleichungs-
probleme unsrer zweiten Hauptabteilung, welche sich in zwei weitre
Abteilungen gliedern. Von den vier — tetradischen — Gespannen der
Vierten Unterabteilung:
28)
involvirt das erste und dritte (weil links für x = 0 erfüllt) keine Re-
sultante, wol aber das zweite und vierte — mit jedem einzelnen seiner
Probleme. Von der
Fünften Unterabteilung endlich, bestehend aus dem einen
dyadischen und den drei tetradischen Gespannen:
29)
involvirt jede Aufgabe eine Resultante. Diese schon ist aber gar
nicht leicht zu ermitteln.
Was z. B. das Problem der Elimination von x aus der Gleichung
x ; x = a betrifft, welches ebenfalls zu den sehr schwierigen zu zählen, so
kann man etwa der Aufgabe von vornherein die etwas allgemeinere Fassung
geben:
ab⋹x ; x ⋹ a + b.
Wegen a = 1'a + 0'a wird man aufgrund des leicht erweislichen Satzes:
30)
| 1'a ; 1'a = 1'a | (0' + a) ɟ (0' + a) = 0' + a, |
[337]§ 22. Dritte Hauptabteilung. Transitivität.
sowie wegen 24) die bemerkenswerte Darstellung haben:
31) a2 = a ; a = 1'a + (1'a ; 1 + 1 ; 1'a)0'a + 0'a ; 0'a,
und nach diesem Schema kann, wenn x = 1'y + 0'z gesetzt wird, die Auf-
gabe geschrieben werden:
ab⋹ 1'y + (1'y ; 1 + 1 ; 1'y)0'z + 0'z ; 0'z ⋹ a + b.
Es gelingt nun wieder, hieraus wenigstens y zu eliminiren. Die Re-
sultante, wenn zur Abkürzung a + b + 1' + z̄ = c genannt wird, lautet:
ab⋹ (c ɟ 0)(0 ɟ c) + {(c ɟ 0) · (0 ɟ c) ; 1 + 1 ; (c ɟ 0) · (0 ɟ c)}0'z + 0'z ; 0'z.
Dritte Hauptabteilung.
Subsumtionenprobleme. Erste Abteilung. Wir beginnen mit der
Aufgabe. Nach x aufzulösen die Subsumtion:
x ; x ⋹ x.
Diese charakterisirt x als ein einer höchst wichtigen Klasse an-
gehöriges, nämlich als ein „transitives“ Relativ — vergl. S. 46.
Wir fassen den Begriff hiermit etwas weiter als De Morgan, in dessen
Sinne ein transitives Relativ vielmehr zu charakterisiren wäre mittelst
(x ; x ⋹ x)(x ; x ≠ 0).
Wegen 0 ⋹ x ist nämlich die obige Subsumtion auch sicher dann er-
füllt, wenn x ; x ⋹ 0 ist, d. h. zu den transitiven Relativen in unserm (wei-
teren) Sinne gehören eo ipso als eine Unterabteilung derselben auch die
oben S. 328 sq. besprochenen „erschöpften“ Relative — und diese letztern will
De Morgan von den transitiven Relativen ausgeschlossen wissen.
Zu den transitiven Relationen gehören die allerwichtigsten der von
uns in Bd. 1 und 2 studirten Beziehungen: der Subsumtion (Einord-
nung), Identität (oder Gleichheit) sowie der Unterordnung; „eingeordnet“
oder „enthalten in“, „gleich mit“, auch „≦“, „\<“ und „\> als-“ sind
transitive Relative: Gleiches mit Gleichem ist Gleiches. Etc.
Nicht-transitiv (intransitiv) dagegen ist z. B. das Relativ „≠“, „un-
gleich mit-“, „verschieden von-“ oder „ein andres als“; denn „ungleich
etwas Ungleichem“ wird auch das Gleiche sein, „etwas andres wie
etwas andres als-“ kann auch „dasselbe“ (das nämliche) genannt werden
und wird solches also nicht notwendig wieder „etwas andres als (das
gedachte Korrelat)“ bedeuten müssen. Auch der Freund von einem
deiner Freunde braucht nicht dein Freund zu sein, selbst wenn Freund-
schaft immer gegenseitig.
Wie not es thut, dass eine fest begründete Lehre der Relative (rela-
tion-lore) errichtet sei, thun schon die fundamentalen Irrtümer dar, denen
man in so vielen, dies Gebiet streifenden Abhandlungen begegnet. Selbst
in einer so angesehenen philosophischen Zeitschrift wie die Revue philo-
Schröder, Algebra der Relative. 22
[338]Achte Vorlesung.
sophique konnte von Monsieur George Mouret (August und September
1891) ein Axiom aufgestellt werden, welches darauf hinausläuft, jede sym-
metrische Relation für transitiv zu erklären. Vergleiche die ausgezeichnete
Klarstellung solchen Irrtums durch Mr. Francis C. Russell in The Monist,
Vol. 3, p. 272 ‥ 285.
In seiner Entgegnung, Monist Vol. 4, p. 282 ‥ 294, stellt zwar
Herr Mouret die irrige Auffassung seines Rezensenten Russel, wonach das
fragliche Axiom Mr. Herbert Spencer zuzuschreiben sei, dahin richtig,
dass wir ihm selber (Herrn Mouret) dieses „Axiom“ zu verdanken(?) haben,
erhält dasselbe jedoch trotz alledem in seinem Wortlaut: „Two things which
have the same symmetric relation to a third thing, have between them
that same relation“ aufrecht! Die prätendirte Rechtfertigung des letztern
erscheint mir als ein Muster von Sophistik und Verdunkelung durch Phrasen.
Die allgemeine Wurzel der Subsumtion x ; x ⋹ x, mithin das all-
gemeinste transitive Relativ x vermögen wir in mehrern verschiedenen
Formen anzugeben.
Da von den vier Moduln nur der 0' der Forderung nicht genügt, so
wären, je nachdem 1, 0 oder 1' als die bekannte Partikularlösung benutzt
wird, von vornherein sogleich drei Formen einer „rigorosen“ Lösung an-
gebbar, von denen die beiden ersten sich wie folgt darstellen:
.
Abgesehn von (solchen) rigorosen somit unbefriedigenden Formen
der allgemeinen Lösung vermögen wir letztere in befriedigender Weise
aufzustellen: auf drei Arten in geschlossener Form, und auf (mindestens)
eine Art in offener oder ungeschlossener, d. h. in Gestalt einer un-
bedingt konvergenten unendlichen Entwickelung.
Jene drei geschlossenen Formen der allgemeinen Wurzel ergeben
sich leicht primo impetu, nämlich aufgrund des Gedankenganges, den
ich Bd. 1, S. 498 und 503 als den ersten Schritt einer (noch weiter
auszubildenden) Methode der symmetrisch allgemeinen Lösungen be-
zeichnet habe. Die Lösungen sind:
32) .
Man erhält nämlich durch Transponiren des ersten oder zweiten rela-
tiven Faktors aufgrund des ersten Inversionstheoremes die Äquivalenzen:
(x ; x ⋹ x) = (x ⋹ x̄̆ ɟ x) = (x ⋹ x ɟ x̄̆) = {x ⋹ (x̄̆ ɟ x)(x ɟ x̄̆)} =
= {x = (x̄̆ ɟ x)x} = {x = x(x ɟ x̄̆)} = {x = (x̄̆ ɟ x)x(x ɟ x̄̆)},
aufgrund von deren Umschreibung in der letzten Zeile sogleich die Probe 2
mit den drei angegebnen allgemeinen Lösungen stimmt. Zugleich damit
[339]§ 22. Die transitiven Relative.
ist erkannt, dass wenigstens für gewisse u (nämlich für u = x) die Un-
bekannte in jenen drei Formen angebbar sein müsse, die man erhält, wenn
man in den primären Gleichungen unsrer letzten Zeile rechterhand x durch
ein unbestimmtes Relativ u ersetzt.
Nun stimmt aber, selbst bei beliebigem u, wie sich herausstellt, mit
ebendiesen Ausdrücken auch die Probe 1 — wonach sie eben die all-
gemeine Wurzel vorstellen werden.
Dies beruht auf einem Satze, oder eigentlich auf drei Sätzen, die
man durch die eine Formel darstellen kann:
33) (ā̆ ɟ a)a(a ɟ ā̆) ; (ā̆ ɟ a)a(a ɟ ā̆) ⋹ (ā̆ ɟ a)a(a ɟ ā̆)
mit dem Zufügen, dass in dem dreimal vorkommenden identischen Produkte
auch der erste oder aber der letzte Faktor durchweg unterdrückbar.
Um zunächst diese Formel zu beweisen, nennen wir L die linke Seite
derselben, und haben zu zeigen, dass sowol
L⋹ā̆ ɟ a als L ⋹ a und L ⋹ a ɟ ā̆
ist. Direkt, aufgrund der Koeffizientenevidenz wäre dies nur umständlich
zu bewerkstelligen. (Empfehlenswerte Übung). Mittelbar gelingt es dagegen
leicht wie folgt.
Nach dem fundamentalen Satze 5) des § 6 können wir, sooft ein rela-
tives Produkt von der Form abc …; αβγ … vorliegt, irgend einen der
identischen Faktoren vor und irgend einen hinter dem Semikolon ausheben,
und werden, sie in dieser Folge zu einem relativen Produkt vereinigend,
ein Relativ erhalten, welchem das gegebne relative Produkt eingeordnet
sein muss. Hienach muss z. B. sein:
L⋹ (a ɟ ā̆) ; a, was nach 9) des § 17 gleich a ist, also: L ⋹ a.
Ebenso muss sein:
L⋹ (ā̆ ɟ a) ; (ā̆ ɟ a) ⋹ ā̆ ɟ a ; ā̆ ɟ a ⋹ ā̆ ɟ 0' ɟ a = ā̆ ɟ a
im Hinblick auf 7) des § 6 und 3) und 11) des § 8, endlich:
L⋹ (a ɟ ā̆) ; (a ɟ ā̆) ⋹ a ɟ ā̆ ; a ɟ ā̆ ⋹ a ɟ 0' ɟ ā̆ = a ɟ ā̆,
wie zu zeigen gewesen.
Vielleicht noch eleganter (oder mnemonischer) mag mit regel-
mässigem Wechsel zwischen u und ū̆ die hiermit gerechtfertigte Lösung
so geschrieben werden:
34)
mit dem Zusatze: dass auch der erste oder letzte von den drei iden-
tischen Faktoren unterdrückbar.
In Gestalt einer unendlichen Entwickelung lässt sich daneben die
allgemeine Lösung unsrer Subsumtion wie folgt darstellen:
22*
[340]Achte Vorlesung.
35) .
Um dies zu entdecken, bemerke man zuerst, dass auch:
(x ; x ⋹ x) = (x = x + x ; x)
ist. Auf demselben Grundgedanken, welcher vorhin Erfolg gewährte, fussend
kann man hiernach dessen gewiss sein, dass die Unbekannte in der Form
x = u + u ; u angebbar sein muss, mit welcher ja die Probe 2 schon stimmt.
Wirft man hierauf die Frage auf, ob dieser Ausdruck auch für ein be-
liebiges u eine Wurzel darstelle, so bestätigt sich indessen diese Vermutung
nicht, indem
(u + u2) ; (u + u2) = u ; u + u2 ; u + u ; u2 + u2 ; u2 =
= u2 + u3 + u4
nicht ⋹ u + u2 allgemein sein kann; Probe 1 stimmt mithin nicht.
Wohl aber thut sie dies, wenn wir noch etwas weiter gegangen sein
werden.
Setzt man in der mit der Aufgabe äquivalenten Gleichung x = x + x ; x
etwa für das letzte x fortgesetzt seinen Wert aus der Gleichung selbst ein,
so gelangt man zu der — unschwer durch Schluss von n auf n + 1 strenge
zu rechtfertigenden — Darstellung:
x = x + x2 + x3 + … + xn,
welche auch für ein ohne Ende wachsendes n in Anspruch genommen
werden kann und uns liefert:
x = x + x ; x + x ; x ; x + … = x + x2 + x3 + x4 + … = x00.
Zufolge dessen stimmt mit dem Ausdrucke
x = u00 = u + u2 + u3 + … in infinitum
jedenfalls auch die Probe 2. Mit ebendiesem stimmt nun aber auch die
Probe 1, indem bei ganz beliebigem u nach 4) des § 6:
x ; x = (u + u2 + u3 + …) ; (u + u2 + u3 + …) = u2 + u3 + u4 + …
somit ⋹u + u2 + u3 + u4 + … = x
sein muss, und jedenfalls als allgemeine Formel gilt:
36)
| a00 ; a00 ⋹ a00 | a11⋹a11 ɟ a11. |
Anstatt mit den vorstehenden Überlegungen — was ich für nützlich
hielt — den früheren Gedankengang im Einzelnen zu illustriren, hätten
wir uns auch einfach auf das Th. 1) des § 13 bezüglich sämtlicher Lösungs-
formen berufen können.
Nach alledem sind für das
Erste Gespann die Ergebnisse gerechtfertigt:
[341]§ 22. Erste Sektion der Subsumtionsprobleme dritter Hauptabteilung.
37) ,
wo von dem dreitermigen (trinomischen) Ausdruck für x auch der
erste oder letzte Term unterdrückbar.
Dreie von den Moduln: 0, 1 und 1' sind Wurzeln des ersten Problemes.
Diesem wollen wir nun ohne viel Umstände auch die übrigen Ge-
spanne mit ihren Lösungen anreihen.
Zweites Gespann (der Modul 1 blos genügt linkerhand):
38) ,
wo von den 3 letzten Termen des viertermigen x irgend zweie, des-
gleichen einer, unterdrückbar.
Drittes Gespann (0, 1 und 1' genügen links):
39)
und von den drei Termen des dreitermigen f(u) der erste oder dritte
unterdrückbar.
Viertes Gespann (Modul 1 genügt linkerhand):
40)
.
[342]Achte Vorlesung.
Fünftes Gespann (0, 1 und 0' genügen links):
41)
Durch Transponiren, Konvertiren und Kontraposition ergeben sich
zu den drei angegebenen noch neun weitre Subsumtionen je als äqui-
valente Formen des Problems, und lassen für das erste Problem z. B.
diese zwölf Subsumtionen sich zusammenfassen zu:
42)
Von den Iterationen jedes Tripels von Funktionen f(u) scheinen jeweils
die der dritten des übersichtlichen Ausdrucks teilhaftig zu sein. Z. B. für
f(u) = u(ŭ ɟ u) wird:
f∞(u) = u(ŭ ɟ u)(ŭ ɟ ŭ ɟ u)(ŭ ɟ ŭ ɟ ŭ ɟ u) …
· (ŭ ɟ u ɟ u)(ŭ ɟ ŭ ɟ u ɟ u) …
· (ŭ ɟ u ɟ ŭ ɟ u) …
· (ŭ ɟ u ɟ u ɟ u) …
…
wo die 2n Faktoren einer Kolonne aus denen der vorhergehenden erhalten
werden, indem man ŭ ɟ vor, desgleichen ɟ u hinter dieselben schreibt, sodass
also zwischen dem ersten ŭ ɟ und dem letzten ɟ u alle Variationen der
[343]§ 22. Zweite Sektion der Subsumtionsprobleme dritter Hauptabteilung.
n — 2 kombinatorischen Elemente ŭ und u (je durch ɟ verbunden) ent-
halten sind.
Beispiele, wie zeigen, dass f(u) nicht invariant ist.
Begründungen sind nur für die Fälle der Invarianz von f(u)
mittelst Probe 1 nachzuliefern, und für 37) bereits gegeben.
Probe 1 zu 38) — erstes Problem. x = u + ū ; ū gibt x̄ = ū(u ɟ u),
somit x̄ ; x̄ ⋹ ū ; ū ⋹ x, q. e. d. Ebenso
x = u + ū̆ ; ū + ū ; ū + ū ; ū̆ gibt x̄ = ū(ŭ ɟ u)(u ɟ u)(u ɟ ŭ), also x̄ ; x̄ ⋹ ū ; ū ⋹ x,
q. e. d. Weiter x = u + ū̆ ; ū gibt x̄ = ū(ŭ ɟ u) und
x̄ ; x̄ ⋹ ū ; (ŭ ɟ u) ⋹ ū ; ŭ ɟ u ⋹ 0' ɟ u = u ⋹ x, q. e. d. Etc.
Um (x̄ ; x̄ ⋹ x) = (x̄̆ ; x̄ ⋹ x) nachzuweisen, transponire man den zweiten
Term von links nach rechts: x̄ ⋹ x ɟ x̆, darin den ersten von rechts nach
links: x̄̆ ; x̄ ⋹ x̆, und konvertire: x̄̆ ; x̄ ⋹ x, und vice versa. Etc.
Probe 1 zu 40) oder 4. x = u + ū̆ ; ū̆ gibt x̄̆ = ū̆(u ɟ u), also
x̄̆ ; x̄̆ ⋹ ū̆ ; ū̆ ⋹ x, q. e. d.
Zweite Abteilung.
Wenn die S. 323 mit den Chiffren 1 bis 10 (ohne Halbklammer) mar-
kirten Subsumtionen, welche wir in der ersten Abteilung als vorwärts ge-
lesene erledigt haben, rückwärtig angesetzt zu denken sind, so wollen wir
diesen Chiffren einen rückwärts geneigten Accent (accent grave) geben.
Erstes Gespann (alle vier Moduln genügen):
43) .
Bemerkenswerte Partikularlösungen links sind x = 1'u und x = uu2u3u4 ….
Zweites Gespann (0 und 1' genügen links):
44)
.
Drittes Gespann (alle vier Moduln genügen):
45) .
Viertes Gespann (0 und 1' genügen links):
46)
.
Fünftes Gespann (0 und 0' genügen links):
47) .
Sechstes Gespann (alle vier Moduln genügen):
48) .
[344]Achte Vorlesung.
Siebentes Gespann (0 und 0' genügen links):
49) .
Diese Probleme also charakterisiren x als Alio- resp. Selbstrelativ.
Achtes Gespann (0 und 0' genügen links):
50) .
Hier also wird x ⋹ 0' | 1' ⋹ x sein — jedoch ohne dass die Er-
füllung dieser Forderung ausreichte um x zu einer Wurzel des Pro-
blems zu stempeln.
Neuntes Gespann (0 und 1' genügen links):
51)
.
Zehntes Gespann (0 und 0' genügen linkerhand):
52) .
Begründung für die behaupteten Invarianzen.
Probe 1 zu 44) 2`. Mit x = u · ū ; ū wird x̄ = ū + u ɟ u, also
x̄ ; x̄ = ū ; ū + ū ; (u ɟ u) + (u ɟ u) ; ū + (u ɟ u) ; (u ɟ u)
und x⋹ū ; ū ⋹ x̄ ; x̄, q. e. d.
Zu 46) 4`. x = u · ū̆ ; ū̆ gibt x̄̆ = ū̆ + u ; u, also x̄̆ ; x̄̆ = ū̆ ; ū̆ + etc.
und x ⋹ ū̆ ; ū̆ ⋹ x̄̆ ; x̄̆, q. e. d.
Zu 49) 7`. Dass x ⋹ 0' sein muss, folgt aus 3) des § 8. Mit x = 0'u
haben wir aber x̄̆ = 1' + ū̆, somit:
x̄̆ ; x = 0'u + ū̆ ; 0'u, somit x = 0'u ⋹ x̄̆ ; x, q. e. d.
Analog x ⋹ x ; x̄̆. Die Äquivalenz der beiden Probleme lässt sich hier
nicht mittelst Transponirens von Termen (etc.) nachweisen, wofür uns ja
kein allgemeiner Satz zur Verfügung stünde, sondern sie folgt a posteriori
aus der Koinzidenz ihrer allgemeinen Lösung!
[345]§ 22. Gleichungsprobleme der dritten Hauptabteilung.
Zu 51) 9. Mit x = u · ū̆ ; ū wird x̄ = ū + ŭ ɟ u, x̄̆ = ū̆ + ŭ ɟ u,
somit x̄̆ ; x̄ = ū̆ ; ū + etc., also x ⋹ ū̆ ; ū ⋹ x̄̆ ; x̄, q. e. d.
Gleichungenprobleme. Dritte Abteilung aus 4 + 6 = 10 Ge-
spannen bestehend und sich darnach wenn man will noch in zwei
Unterabteilungen gliedernd. Sie umfasst die vier dyadischen:
53)
und die sechs tetradischen Gespanne:
54)
deren Probleme wol sämtlich nicht leicht zu lösen sind. Hier, wie am
Ende der vorigen Hauptabteilung, öffnet sich dem Forscher ein reiches
Feld von Aufgaben.
Von der Gleichung x ; x = x bot sich im § 4 das Relativ „Teiler von-“
als eine bemerkenswerte Wurzel dar. Dasselbe zeigt zugleich, dass die
Bemerkung des Herrn Charles S. Peirce2 p. 52 nicht umkehrbar ist,
wonach Relative diese Eigenschaft haben, sobald ihre Augen resp. Elemente-
paare sich in (? von der Hauptdiagonale halbirte) Quadrate (mit horizontalen
und vertikalen Seiten) gruppiren „like this:
A : A, A : B, A : C
B : A, B : B, B : C
C : A, C : B, C : C“.
Ein x, welches inbezug auf eine Knüpfung die Eigenschaft x2 = x
hat, nennt des Genannten Vater Benjamin Peirce einen „idempotent“.
Ch. S. Peirce will solche Relative ibidem „kopulative“ genannt wissen —
sodass ein kopulatives Relativ, mit sich selbst (relativ) multiplizirt, sich
wiedererzeugt.
Wie schon aus diesem und den verschiedentlich eingestreuten Anläufen
ersichtlich ist, geben die Probleme dieser Vorlesung, insofern sie mit ihrer
Forderung ein Relativ zu charakterisiren vermögen, die einfachsten Ein-
teilungsgründe ab zu einer (rationellen) Klassifikation der Relative. Doch
wollen wir auf dieses Thema erst näher eingehn, nachdem wir in der
Theorie noch weiter fortgeschritten sein werden. —
[[346]]
Neunte Vorlesung.
Die Theorie der Ketten.
§ 23. Dedekind’s Kettentheorie und der Schluss der vollständigen
Induktion. Vereinfachung jener.
Schon lange fragt sich wol der Leser, was denn mit dem so aus-
gedehnten Kapital unsrer Theorie überhaupt sich Wertvolles leisten lassen
werde? (Wenn ich sage „unsre Theorie“, so meine ich die in diesem Buche
vorgetragne Theorie, deren Anfänge auf A. de Morgan zurückgehen und
welche vor allem Herrn Charles S. Peirce zuzuschreiben ist; diesen Autoren
mich zuzugesellen, dazu berechtigt mich wol der Umstand, dass es mir
doch auch zufiel, so Manches an dieser Theorie erst auszugestalten).
Geduld! Das Instrument ist noch in zu unfertigem Zustande. Je mehr
sein Ausbau fortschreitet und in je weiteren Kreisen seine Anwendungen
Platz greifen, um so mächtiger wird es sich erst erweisen.
Um indessen nicht allzuspät eine Probe seiner Leistungsfähigkeit zu
geben, will ich nunmehr an die Aufgabe herantreten, die R. Dedekind’sche
„Theorie der Ketten“ in das Lehrgebäude unsrer Disziplin einzugliedern.
Der Gewinn, der dieser Theorie dabei erwachsen wird und den ich hoffe
deutlich hervortreten zu lassen, wird geeignet sein, den Wert unsrer
Disziplin erstmals zu dokumentiren.
Die „Kettentheorie“ ist nur ein Teil, obzwar ein fundamentaler, der
epochemachenden Arbeit Dedekind’s „Was sind und was sollen die Zahlen?“
— welche vollends, auch mit ihren andern wesentlichsten Teilen, dem Ge-
bäude der allgemeinen Logik einzufügen mir als eines der vornehmsten
Ziele bei meiner Arbeit vorschwebt.
Ich muss deshalb mit einer Besprechung dieser Schrift beginnen und
werde wiederholt auf dieselbe zurückzukommen haben. Dabei will ich die
167 Sätze und (Begriffs-)Erklärungen Dedekind’s kurz mit D 1 bis 167
citiren, die etwa anzuführenden eignen Worte dieses Autors mit Anführungs-
zeichen » « kenntlich machen, mir jedoch vorbehalten, Einzelnes durch
kursiven Druck eigenmächtig hervorzuheben.
Ungeachtet der Anerkennung seitens der mathematischen Welt, welche
unter anderm darin zu erblicken ist, dass die Auflage dieser Schrift als-
bald vergriffen gewesen und inzwischen ein unveränderter Neudruck er-
folgte, ist dieselbe doch vonseiten vereinzelter Mathematiker sowol nach
ihrer Tendenz als nach ihrem Verdienste noch gründlich verkannt worden
— am unverhohlensten in der ablehnenden Rezension des bekannten Heraus-
[347]§ 23. Einleitung in Dedekind’s Theorie der Ketten.
gebers einer mathematischen Zeitschrift, Herrn R. Hoppe, der in Dede-
kind’s Schrift wesentlich nur eine „geistige Gymnastik“ erblickt, und dem
„was der Verfasser mit dem Ganzen hat erreichen wollen“ „durchaus
dunkel“ geblieben.
Desgleichen sind die Errungenschaften, die wir darin Herrn Dede-
kind verdanken, von philosophischer oder zur Philosophie sich bekennender
Seite (Frege5, Husserl3) wol bei weitem noch nicht ausreichend berück-
sichtigt und gewürdigt worden. Es wird dem Verf. deshalb zur Genug-
thuung gereichen, jene soviel an ihm ist in das rechte Licht stellen zu
dürfen.
Um die Tendenz der Arbeit des Herrn Dedekind zu kennzeichnen,
geben wir zunächst ihm selbst das Wort.
»Was beweisbar ist, soll in der Wissenschaft nicht ohne Beweis
geglaubt werden. So einleuchtend diese Forderung erscheint, so ist
sie doch, wie ich glaube, selbst bei der Begründung der einfachsten
Wissenschaft, nämlich desjenigen Teiles der Logik, welcher die Lehre
von den Zahlen behandelt, auch nach den neuesten Darstellungen*)
noch keineswegs als erfüllt anzusehen. Indem ich die Arithmetik
(Algebra, Analysis) nur einen Teil der Logik nenne, spreche ich schon
aus, dass ich den Zahlbegriff für gänzlich unabhängig von den Vor-
stellungen oder Anschauungen des Raumes und der Zeit, dass ich ihn
vielmehr für einen unmittelbaren Ausfluss der reinen Denkgesetze
halte. Meine Hauptantwort auf die im Titel dieser Schrift gestellte
Frage lautet: die Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen
Geistes, sie dienen als ein Mittel, um die Verschiedenheit der Dinge
leichter und schärfer aufzufassen. Durch den rein logischen Aufbau
der Zahlen-Wissenschaft und durch das in ihr gewonnene stetige Zahlen-
Reich sind wir erst in den Stand gesetzt, unsre Vorstellungen von
Raum und Zeit genau zu untersuchen, indem wir dieselben auf dieses
in unserm Geiste geschaffene Zahlen-Reich beziehen.**)Verfolgt man
genau, was wir beim Zählen der Menge oder Anzahl von Dingen thun,
so wird man auf die Betrachtung der Fähigkeit des Geistes geführt,
[348]Neunte Vorlesung.
Dinge auf Dinge zu beziehen, einem Dinge ein Ding entsprechen zu
lassen, oder ein Ding durch ein Ding abzubilden, ohne welche Fähigkeit
überhaupt kein Denken möglich ist. Auf dieser einzigen, auch sonst
ganz unentbehrlichen Grundlage muss nach meiner Ansicht, wie ich
auch schon bei einer Ankündigung der vorliegenden Schrift aus-
gesprochen habe*), die gesamte Wissenschaft der Zahlen errichtet
werden.«
Nach einer kurzen Vorgeschichte seiner Abhandlung hebt Herr
Dedekind als Hauptpunkte aus derselben hervor: die scharfe Unter-
scheidung des Endlichen vom Unendlichen (D 64), den Begriff der „An-
zahl“ von Dingen (D 161), den Nachweis, dass die unter dem Namen
der vollständigen Induktion (oder des Schlusses von n auf n + 1) be-
kannte Beweisart wirklich beweiskräftig (D 59, 60, 80), und dass auch
die Definition durch Induktion (oder Rekursion) bestimmt und wider-
spruchsfrei ist (D 126).
»Diese Schrift kann Jeder verstehen, welcher Das besitzt, was man
den gesunden Menschenverstand nennt; philosophische oder mathematische
Schulkenntnisse sind dazu nicht im Geringsten erforderlich. Aber ich weiss
sehr wohl, dass gar mancher in den schattenhaften Gestalten, die ich ihm
vorführe, seine Zahlen, die ihn als treue und vertraute Freunde durch das
ganze Leben begleitet haben, kaum wiedererkennen mag; er wird durch
die lange, der Beschaffenheit unsres Treppen-Verstandes entsprechende Reihe
von einfachen Schlüssen, durch die nüchterne Zergliederung der Gedanken-
reihen, auf denen die Gesetze der Zahlen beruhen, abgeschreckt und un-
geduldig darüber werden, Beweise für Wahrheiten verfolgen zu sollen, die
ihm nach seiner vermeintlichen inneren Anschauung von vornherein ein-
leuchtend und gewiss erscheinen. Ich erblicke dagegen gerade in der Mög-
lichkeit, solche Wahrheiten auf andere, einfachere zurückzuführen, mag die
Reihe der Schlüsse noch so lang und scheinbar künstlich sein, einen über-
zeugenden Beweis dafür, dass ihr Besitz oder der Glaube an sie niemals
unmittelbar durch innere Anschauung gegeben, sondern immer nur durch
eine mehr oder weniger vollständige Wiederholung der einzelnen Schlüsse
erworben ist. Ich möchte diese, der Schnelligkeit ihrer Ausführung wegen
schwer zu verfolgende Denkthätigkeit mit derjenigen vergleichen, welche
ein vollkommen geübter Leser beim Lesen verrichtet; auch dieses Lesen
bleibt immer eine mehr oder weniger vollständige Wiederholung der ein-
zelnen Schritte, welche der Anfänger bei dem mühseligen Buchstabiren
auszuführen hat; ein sehr kleiner Teil derselben, und deshalb eine sehr
kleine Arbeit oder Anstrengung des Geistes reicht aber für den geübten
Leser schon aus, um das richtige, wahre Wort zu erkennen, freilich nur
mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit; denn bekanntlich begegnet es auch
dem geübtesten Korrektor von Zeit zu Zeit, einen Druckfehler stehen zu
[349]§ 23. Einleitung in die Kettentheorie.
lassen, d. h. falsch zu lesen, was unmöglich wäre, wenn die zum Buch-
stabiren gehörige Gedankenkette vollständig wiederholt würde. So sind
wir auch schon von unsrer Geburt an beständig und in immer steigendem
Maasse veranlasst, Dinge auf Dinge zu beziehen und damit diejenige Fähig-
keit des Geistes zu üben, auf welcher auch die Schöpfung der Zahlen
beruht; durch diese schon in unsre ersten Lebensjahre fallende unablässige,
wenn auch absichtslose Übung und die damit verbundene Bildung von Ur-
teilen und Schlussreihen erwerben wir uns auch einen Schatz von eigent-
lich arithmetischen Wahrheiten, auf welche später unsre ersten Lehrer sich
wie auf etwas Einfaches, Selbstverständliches, in der inneren Anschauung
Gegebenes berufen, und so kommt es, dass manche, eigentlich sehr zusammen-
gesetzte Begriffe (wie z. B. der der Anzahl von Dingen) fälschlich für ein-
fach gelten. In diesem Sinne … mögen die folgenden Blätter als ein
Versuch, die Wissenschaft der Zahlen auf einheitlicher Grundlage zu er-
richten, wohlwollende Aufnahme finden, und mögen sie andere Mathematiker
dazu anregen, die langen Reihen von Schlüssen auf ein bescheideneres, an-
genehmeres Maass zurückzuführen.
Dem Zwecke dieser Schrift gemäss beschränke ich mich auf die Be-
trachtung der Reihe der sogenannten natürlichen Zahlen.«
So viel zunächst aus dem Vorworte des genannten Autors. Von den
„beweisbaren“, zumeist jedoch ohne Beweis geglaubten Sätzen möchte ich
von vornherein wenigstens ein paar hervorheben; dazu zählen in der That
Sätze wie diese: dass es in jeder endlichen Menge von Zahlen eine grösste
und eine kleinste Zahl gibt (D 114); dass, wenn ein Teil eines Systems
unendlich ist, das ganze System unendlich sein muss (D 68) — und der-
gleichen mehr.
Es ist also die Ausfüllung einer grossen und bedeutungsschweren
Lücke, welche sich bislang in allen Darstellungen, in allen Lehr- und Hand-
büchern der Arithmetik und Algebra (auch das des Verfassers1 nicht aus-
genommen) findet — die sich Herr Dedekind mit Erfolg hat angelegen
sein lassen! Die Lücke klaffte gerade da, wo die Wissenschaft der Arith-
metik entspringen sollte aus der allgemeinen Logik, wo sie in dieser wur-
zelnd ihren Ursprung nehmen sollte, um von da sich immer weiter von
ihr abzuzweigen. Zu vermissen war — und ist, genauer gesagt, teil-
weise noch — der Anschluss jener Disziplin der Arithmetik an die Algebra
der Relative, die ja ihrerseits die Lehre von der eindeutigen Zuordnung
oder Abbildung als einen partikularen oder Sonder-Zweig ganz unter sich
begreift.
Wenn ich mir übrigens vergegenwärtige, wie weit einerseits die Ent-
wickelung der rechnerischen Logik schon vorgeschritten sein musste, damit
es überhaupt möglich wurde, die vermisste Verbindung wirklich glatt her-
zustellen, und wie grossen Scharfsinn andrerseits mit Dedekind die Aus-
füllung jener Lücke benötigt (ich liefre hiernächst sozusagen nur den Kitt
hinzu), so kann ich aus dem frühern Vorhandensein solcher Lücke weder
mir noch andern Darstellern der Arithmetik einen Vorwurf machen; da-
gegen muss der Leistung, welche das fehlende Verbindungsglied schuf, um
so grössere Bewunderung gezollt werden.
Endziel der Arbeit ist: zu einer streng logischen Definition des rela-
[350]Neunte Vorlesung.
tiven Begriffes „Anzahl von-“ zu gelangen, aus welcher sich alle auf diesen
Begriff bezüglichen Sätze rein deduktiv werden ableiten lassen.
Dass damit auch dem endlosen Streite gleichwie dem Philosophastern
über das Wesen der Zahl der Nährboden endgültig entzogen sein wird,
dürfte nebenbei als ein nicht zu unterschätzender „Nutzen“ dieser Arbeit
Erwähnung verdienen. Da indessen der Begriff der Anzahl nur auf end-
liche Mengen (von „Einheiten“) sich anwendbar zeigt, ist zur Verwirk-
lichung unsres Zieles die vorgängige Feststellung des Endlichkeitsbegriffes
ohnehin unerlässlich. Schon dieser ist kein sehr einfacher.
Wie wahr aber die frappante Bemerkung Dedekind’s ist, dass der
Anzahlbegriff fälschlich für einfach gelte, das wird sich auch in unserm
Buche greifbar herausstellen.
Als eine besondre Feinheit der Dedekind’schen Schrift sei noch her-
vorgehoben, dass in ihr die Ordinalzahlen eingeführt werden vor den Car-
dinalzahlen, und zwar sehr viel früher als diese.
Dies entspricht nebenbei auch dem historischen Entwickelungsgange
auf einer Reihe von Grössengebieten, in welche wir den Quantitätsbegriff
allmälig einführen und da beherrschen gelernt haben.
Wie es z. B. in der Physik bei dem Begriff der Härte einer Substanz
noch heute der Fall ist (vergleiche die Moser’sche Härteskala) — bei
dem Begriff der Temperatur aber erst seit Einführung des absoluten Null-
punktes nicht mehr — und in der Physiologie bei der Schätzung der
Intensitäten oder Grade von gleichartigen Sinneseindrücken, auf wirtschaft-
lichem Gebiete bei so manchen Wertermittelungen und in der Ästhetik
sogar wol noch bei allen Vergleichungsakten — vermögen wir die unter
einen Begriff fallenden Objekte oft in eine gewisse Ordnung, Rang-, Stufen-
oder Grössenfolge zu bringen ohne dass wir vermöchten sie auch in ab-
solutem Maasse zu messen, lange bevor es uns gelingt sie darzustellen als
gleichwertig einer „Anzahl“ von Maasseinheiten. Als „vergleichbare“ sind
sie noch lange nicht „messbare“ Grössen — „Grössen“ im vollsten Sinne
des Wortes. Bei zwei gegebnen festen Substanzen z. B. ist es ja in jedem
Falle entscheidbar, welche von ihnen verdient die „härtere“ genannt zu
werden, und gleichwol vermögen wir mit der Forderung der doppelten
Härte, des „Zweimalsohartseins“, (noch) keinen Begriff zu verbinden. Etc.
Ebenso nun steht auch in der That der Ordinalzahl als dem ursprüng-
lichen und einfacheren Begriffe derjenige der Cardinalzahl als der abgeleitete
und minder einfache gegenüber.
So viel über die Dedekind’sche Schrift im Allgemeinen.
Indem ich nun vom Standpunkte unsrer Theorie in eine Revision der-
selben eintrete, muss ich drei — wenn auch räumlich nicht durchaus zu-
sammenhängende — Teile der Schrift unterscheiden und bei der Besprechung
scharf auseinanderhalten.
Der „erste Teil“ besteht aus Dedekind’s § 1, welcher mit „Systeme
von Elementen“ überschrieben ist und die, sei es Erklärungen, sei es Sätze,
D 1 bis D 20 umfasst.
Derselbe ist wesentlich nur eine Darstellung der elementarsten (für den
Autor unentbehrlichen) Begriffserklärungen und Sätze des identischen Kal-
kuls als eines Kalkuls mit („Klassen“ oder) „Gebieten“, für welches letztre
[351]§ 23. Einleitung in die Kettentheorie.
Wort — das ich in meinem Bd. 1 vorwiegend verwendete — bei Dede-
kind eben das Wort „Systeme“ einspringt, dem ich in gegenwärtigem Bd. 3
ebenfalls den Vorzug gebe.
Die Erklärungen führen ein: das „System“ von „Elementen“ (unsern
„Individuen“ des ersten Denkbereichs), ferner die Beziehungen der Einord-
nung oder des Enthaltenseins des „Teils“ im „Ganzen“, sowie der Gleich-
heit, und der Unterordnung des „echten“ Teils unter das Ganze, endlich
das identische Produkt (bei Dedekind „Gemeinheit“ genannt) und die
identische Summe von zwei oder mehrern Systemen (welche letztre Dede-
kind als das aus ihnen „zusammengesetzte“ System bezeichnet). c heisst
„Gemeinteil“ von a und b, wenn c ⋹ a und c ⋹ b ist; ebenso heisst i „ge-
meinsames“ Element von a und b, falls i ⋹ a und i ⋹ b (D 17).
Die Sätze sind die allbekannten oder ganz nahe liegende Korollare von
solchen, welche wir hier nicht blos für (D’s) „Systeme“, sondern auch für
binäre Relative überhaupt in Anspruch zu nehmen bereits berechtigt sind.
Dieser erste Teil kommt hienach — für uns — in Wegfall, indem
wir, statt seine Sätze anziehen zu müssen, mit den allergeläufigsten Er-
rungenschaften des identischen Kalkuls auskommen werden. In diesem
Wegfall des gedachten Teiles (mit seinen 20 Sätzen), der durch sein Auf-
gehen in einer ohnehin vorhandenen nichts weniger als trocknen, vielmehr
an Anwendungen reichen Disziplin vorbereitet ist, dürfte vielleicht schon
eine kleine „Abkürzung“ der fast ermüdend langen Schlussreihen von Dede-
kind — wenigstens als solcher — zu erblicken sein. Sonst freilich kann
nicht gesagt werden, dass an dieser Stelle durch meinen voluminösen Bd. 1
gerade eine Abkürzung jener bewirkt werde.
Erwähnt sei noch, dass das in unserm Bd. 1 als „Prinzip II“ an-
geführte Schema des Subsumtionsschlusses in D 7 als „Satz“ mit einem
„Beweise“ gegeben wird. Im Sinne des Autors, der sich durchweg des
„Argumentirens auf die Individuen (Elemente)“ bedient, kann man dies
gelten lassen — während wir ebenso berechtigt waren l. c. das Schema
von unserm dortigen Ausgangspunkte aus als unbeweisbar hinzustellen.
Begreiflich muss sich durch gedachten ersten Teil ein (wirklicher)
Dualismus ziehen. Wol zufolge des eben gekennzeichneten Umstandes
(dass fortwährend auf Individuen argumentirend vorgegangen wird) kommt
derselbe aber nicht ganz rein zum Ausdruck und fehlt z. B. als ein aus-
drücklich statuirter der dual entsprechende Satz zu D 9. Im übrigen
dokumentirt sich auch bei Dedekind der Dualismus wenigstens darin, dass
dual entsprechende Sätze jeweils als Nachbarn unmittelbar aufeinander
folgen. Ich werde, wo mir in späteren Teilen Gelegenheit dazu wird, den
Dualismus, wie bisher stets, durch Gegenüberstellung der entsprechenden
Sätze oder Formeln noch schärfer hervorheben.
Über die Frage, ob nicht das schlechtweg als Gedanken-Ding hin-
gestellte „Element“ bei Dedekind doch etwas zu weit gefasst und einer
begrifflichen Einschränkung bedürftig wäre, behalte ich mir für eine spä-
tere Gelegenheit noch eine Äusserung vor.
Der „zweite Teil“ besteht aus D 22 bis incl. D 24 des mit „Ab-
bildung eines Systems“ überschriebenen D § 2, dazu dem ganzen Inhalte —
[352]Neunte Vorlesung.
D 36 ‥ D 63 — des „Abbildung eines Systems in sich selbst“ betitelten
D § 4.
Derselbe gipfelt in der Statuirung und dem Beweise des Satzes D 59, 60,
welcher „die wissenschaftliche Grundlage des Schlusses der vollständigen In-
duktion“ bildet. Dieser die „Theorie der Ketten“ enthaltende Teil ist es,
der uns demnächst allein beschäftigen wird.
Den „dritten Teil“ bildet der ganze Rest der Schrift, nämlich D 21
nebst D 25 des D § 2, der D § 3 mit D 26 ‥ 35, endlich D § 5 ‥ 14
mit D 64 ‥ 167. Ungeachtet der hohen Wichtigkeit und des fundamen-
talen Charakters, welche schon dem zweiten Teile eignen, ist dieser dritte
Teil ja als der allerwichtigste zu bezeichnen und in ihm der Schwerpunkt
und Hauptinhalt der ganzen Arbeit zu erblicken. Wir werden jedoch an
denselben viel später erst herantreten, auch nicht nach seinem ganzen Um-
fange ihn zu inkorporiren haben. Der Teil beginnt da und umfasst alle
die Sätze, wo die für Dedekind’s „Abbildung“ geforderte Eindeutigkeit als
eine wesentliche Voraussetzung der Untersuchungen eintritt, m. a. W. sich
für die Geltung der Sätze wirklich unentbehrlich zeigt.
Als ganz besonders merkwürdig müssen wir nämlich nunmehr konsta-
tiren, dass der gesamte „zweite Teil“ von Dedekind’s Arbeit, den ich eben
mit Rücksicht hierauf als solchen abgegrenzt habe, von jener (ihm auf-
erlegten) Voraussetzung unabhängig ist.
Die Sätze, welche dieser zweite Teil in sich schliesst, gelten nicht nur
bezüglich der von Dedekind, gleichwie auch in unsrer Theorie, als „Systeme“
bezeichneten Relative, sondern sie gelten schon von den Relativen überhaupt;
sie gelten nicht blos für die im Sinne Dedekind’s als „eindeutige“ Zu-
ordnung aufgefasste „Abbildung“, sondern sie bleiben auch dem Wort-
laut nach vollgültig bestehn, wenn man das Wort „Abbildung“ in dem
weitesten Sinne gebraucht, dessen es fähig scheint, nämlich darunter ver-
steht: eine gelegentlich auch „mehrdeutige“, nicht minder, wie eventuell auch
unterbleibende (versagende, „undeutige“) Zuordnung — in welchem Falle
das Wort synonym ist mit dem allgemeinen Begriff des (binären) Relatives.
Dem „zweiten Teile“ von Dedekind’s Schrift kommt also ein viel
weiterer Geltungsbereich, eine grössere Tragweite zu, als ihm der Autor selber
zugeschrieben; und darin, dass diese Thatsache klar hervortreten wird,
dürfte immerhin schon ein Gewinn zu erblicken sein, welcher Dedekind’s
Kettentheorie aus ihrer Eingliederung in die Algebra der Relative er-
wachsen muss.
Sogar Dedekind’s Beweise zu seinen einschlägigen Sätzen können zu-
meist und jedenfalls in den Hauptzügen beibehalten werden; sie sind nur
ab und zu — weil jedes Argumentiren auf die „Elemente“ zu unterbleiben
hat (als womit ein Satz blos für „Systeme“ bewiesen würde) — ein wenig
zu modifiziren.
Was das Verhältniss der hier zur Anwendung kommenden Termino-
logie zu der Dedekind’schen betrifft, so suche ich zwar an letztere mich
möglichst nahe anzuschliessen. Ich werde demgemäss den D’schen Aus-
druck „Bild von-“ (inbezug auf ein gegebenes Zuordnungsprinzip a, welches
bei Dedekind zumeist unerwähnt bleibt) im Texte beibehalten, obgleich
[353]§ 23. Einleitung in die Kettentheorie.
wir demselben die oben beschriebene erweiterte Bedeutung unterzulegen
haben.
Gleichwol werden einige kleine Abweichungen unvermeidlich sein. Wir
werden in den Formeln niemals das Abbildungsprinzip unerwähnt lassen,
dürfen im Texte seltener es totschweigen, und so müssen wir hier für
Dedekind’s
b' = „das Bild von b“ sagen: a ; b = „das a-Bild von b“,
was uns gleichbedeutend sein wird mit „(ein) a von b“, wo a, wie b, ein
beliebig gewähltes binäres Relativ vorstellt.
Analog haben wir für Dedekind’s
b0 = „die Kette von b“ zu sagen: a0 ; b = „die a-Kette von b“.
Unter a0 = „die a-Kette“ oder „die Kette von a“ verstehen wir sonach
etwas wesentlich anderes als was Dedekind darunter verstehen müsste,
nämlich ein gewisses (aus a ableitbares) Relativ, welches in Dedekind’s
Kettentheorie gar nicht ausdrücklich vorkommt — ähnlich unter b0. Und
demgemäss ist auch für uns zu übersetzen Dedekind’s
b0' = „die Bildkette von b“ mit: a00 ; b = „die a-Bildkette von b“,
wobei a00 = „die a-Bildkette“ — für uns = „die Bildkette von a“ —
wiederum eine selbständige Bedeutung als eines gewissen aus a allein ab-
leitbaren Relatives hat.
Der Leser verfügt hiermit über den Schlüssel zur Übersetzung der
einen Darstellung der Kettentheorie in die andre.
Wie zu sehn, ist unsre Bezeichnungsweise die ausdrucksvollere. Der-
gleichen ist gewöhnlich nur mit dem Opfer einer grösseren Weitläufigkeit
zu erkaufen — wie sie nicht selten auch in Pedanterie ausartet. Das Ver-
fahren hat jedoch auch manchmal sein Gutes, und speziell hier wird zu
sehen sein, wie das kleine Opfer, welches wir durch die grössere Ausführ-
lichkeit in unsrem Bezeichnungssysteme bringen, durch andre Vorteile reich-
lich aufgewogen ist, und wie trotz allem unsre Darstellung der Ketten-
theorie an Übersichtlichkeit keiner andern — auch derjenigen eines Meisters
der Präzision und Knappheit, wie es ihr Urheber ist, nicht — nach-
stehn wird.
Nach diesen Vorbemerkungen, die mir durch die in der Literatur zu
wünschende Stetigkeit des Überganges von einer Entwickelungsphase einer
Theorie zur andern geboten schienen, könnten wir in medias res eintreten,
wenn ich nicht glaubte, noch eines Umstandes im Voraus gedenken zu sollen.
Während, wie erwähnt, durch den „ersten Teil“ von Dedekind’s
Schrift sich ein wirklicher Dualismus zieht, tritt in dem zweiten Teile eben-
falls ein Dualismus hervor, den ich aber nur als einen
Pseudo- oder Scheindualismus bezeichnen könnte. Derselbe offenbart
sich darin, dass die auf Bilder oder Ketten von Summen und von Pro-
dukten bezüglichen Sätze paarweise mit analogem Wortlaut auftreten und
bei D sich unmittelbar folgen. Während aber der eine Satz solchen Paares
eine Gleichheit statuirt, vermag auffallenderweise der andre nur einseitig
Schröder, Algebra der Relative. 23
[354]Neunte Vorlesung.
eine Einordnung zu konstatiren, die erst dann in Gleichheit übergeht, wenn
die von Dedekind betrachtete eindeutige Abbildung als eine auch um-
kehrbar oder gegenseitig eindeutige vorausgesetzt wird. Ich werde solche
einander „pseudodual entsprechende“ Sätze durch doppelten Mittelstrich ge-
trennt einander gegenüberstellen.
Die Aufhellung dieses Scheindualismus möchte ich — wenn es sich
dabei auch nur um ästhetische Anforderungen des Intellekts handelt (der
sich durch die erwähnte frappante Thatsache unmöglich befriedigt fühlen
kann) — als einen weitern Gewinn verzeichnen, der für die Kettentheorie
aus unsrer Revision herausspringt.
Daneben wird dann endlich auch der wirkliche Dualismus zu seinem
Rechte kommen, der uns, in Verbindung mit dem Konjugationsprinzipe,
die Fülle der durch Dedekind’s Leistung erschlossenen Erkenntnisse mit
einem Schlage vervierfacht.
Ich beginne damit, zunächst blos in der Zeichensprache unsrer
Algebra einen Überblick zu geben über sämtliche Definitionen und Sätze
aus welchen sich Dedekind’s Kettentheorie aufbaut, und zwar in der
für sie maassgebenden Reihenfolge — ohne Kommentar.
Nur der letzte D 63 von diesen Sätzen bleibe vorerst ausser Betracht,
da ihn Dedekind blos anhangsweise, beiläufig, anführt ohne einen Beweis
dafür zu geben, auch jemals Anwendung davon zu machen.
Die Buchstaben des kleinen lateinischen Alphabets bedeuten irgend-
welche binäre Relative und es dürfen die Formeln sämtlich allgemeine
Geltung in deren Algebra beanspruchen. Ich bringe dieselben nach
Opportunitätsrücksichten in Gruppen.
- 10)
- 20)
- 30)
- 40)
- 50)
Den Satz D 51 gibt Dedekind nur als vorwärtige Subsumtion.
Die vorstehenden dreissig chiffrirten Sätze bilden mit ihrer Be-
gründung den Inhalt von Dedekind’s Theorie der Ketten.
In dieser werden wir uns gründlich zu orientiren haben, und so
wollen wir denn die Sätze zunächst einmal sozusagen gemütlich be-
sprechen.
Wenn auch einzelne von diesen Sätzen gelegentlich später noch
anderweitige Anwendung finden mögen, so ist der „Hauptzweck“ ihrer
Aufstellung und für uns hier der einzige Zweck ihrer Zusammenstellung,
den wir nicht aus dem Auge verlieren dürfen, der: einen Beweis des
Satzes der vollständigen InduktionD 59 vorzubereiten und zu ermög-
lichen, welcher keinen Zirkelschluss enthält, bei dem also unterweges
niemals vom Schlussverfahren der vollständigen Induktion selbst —
noch weniger von einer „Definition durch Induktion“ — Gebrauch ge-
macht worden sein darf!
Es ist das Verdienst des Herrn Dedekind, das unter dem Namen
des „Schlusses von n auf n + 1“ bekannte und weitverbreitete Beweis-
verfahren erstmals seines arithmetischen Beiwerks entkleidet, den logischen
Kern desselben herausgeschält und so den „Satz der vollständigen Induktion“
als einen Satz der allgemeinen Logik formulirt zu haben, der sich unab-
23*
[356]Neunte Vorlesung.
hängig vom Zahlbegriffe und selbst vor Einführung der Zahlenreihe dar-
stellen und einsehen lässt.
Nicht minder aber darf Herr Dedekind auch das Verdienst bean-
spruchen, diesen Satz dann auch korrekt, auf den (oben betonten) An-
forderungen der Strenge in der That genügende Art, erstmals bewiesen zu
haben — und zwar in einer überaus kunstvollen Weise.
Es dürfte dieser Beweis seinen Wert nicht verlieren, selbst wenn es
uns hernach gelingen wird, solchen Beweis wesentlich vereinfacht zu liefern.
Der Satz schreibt sich, wie man sieht, mittelst Aufwandes von
nur neun Buchstaben.*) Ausser den Zeichen, welche schon geläufig
sind aus der allgemeinen Theorie der Relative, kommt darin blos ein
apartes Zeichen vor: a0, und zwar durchweg in der Verbindung: a0 ; b
— ein Zeichen, welches einem besondern Zweig jener Disziplin, näm-
lich der „Kettentheorie“ eigentümlich ist.
Der Etablirung des Satzes D 59 wird daher eine Definition von
sei es a0, sei es sogleich a0 ; b, voraufzugehen haben, und diese Definition
— von Dedekind mit D 44 (oder auch in Gestalt von D 48) geliefert —
wird das punctum saliens, den Ausgangspunkt der ganzen Theorie vor-
stellen. Von ihrer Wahl wird die Gestaltung der Kettentheorie
wesentlich abhängen.
Ehe ich auf die bei dieser Definition zu überkommenden Schwierig-
keiten eingehe, welche lediglich durch die Rücksichtnahme auf unsern
„Hauptzweck“ bedingt sein werden, will ich einige Bemerkungen ein-
flechten, die — sozusagen rein äusserlich — auf eine Verringerung (um
mehr als die Hälfte) des noch fernerhin in Betracht zu ziehenden
Systems von Sätzen abzielen:
Mit der Erklärung D 36 wird eine Redensart eingeführt, von der
Dedekind in der Kettentheorie selbst gar keinen Gebrauch macht, obzwar
sie in den späteren Teilen seiner Schrift ausgiebig verwendet wird.
Es dürfte ohnehin in Frage zu ziehen sein, ob diese Redensart, wenn
unter b nicht notwendig ein „System“, sondern ein Relativ überhaupt,
ebenso unter a nicht blos eine „eindeutige Abbildung“, sondern ein all-
gemeines Relativ verstanden wird, noch als hinreichend zutreffend beizu-
behalten wäre — ob man nicht vielleicht besser thäte zu sagen: „a be-
zieht b in sich ein“, oder „bildet es in sich ein“ (statt „ab“), und
dergleichen.
Jedenfalls können auch wir uns der Anwendung solcher Redensart
enthalten und die Def. D 36 für das Folgende ignoriren.
Wenn wir ebenso die unter D 60 zu gebende Erläuterung vorerst
zurückstellen, so verbleiben uns von den 30 noch 28 Sätze.
[357]§ 23. Zu Dedekind’s Kettentheorie.
Von den verbleibenden Sätzen scheinen für uns sogleich die achte
in Wegfall zu kommen, die ich durch ein Ringelchen gekennzeichnet
habe: D 22, 23, 24, 38, 39, 54, 61, 62.
Dieselben verstehen sich nämlich aus den allgemeinen Sätzen
unsrer Algebra 1), 4) und 5) des § 6 geradezu von selbst, beziehungs-
weise sie fallen mit diesen drei Peirce’schen Sätzen entweder völlig
zusammen oder sind blos Sonderfälle, partikulare Anwendungen der-
selben — die von D 54 an jedoch aufgrund der Unterstellung, dass a0
seine Erklärung als ein binäres Relativ finde oder gefunden habe. So-
lange diese Unterstellung blos inbezug auf „a0 ; b“ zutrifft, werden wir
allerdings die drei letzten von den acht angeführten Sätzen zunächst
noch beizubehalten haben! Jedenfalls aber verdienen die fünf ersten
derselben überhaupt nicht als besondre Sätze chiffrirt und angeführt
zu werden.
Es sei denn zu dem Zwecke, um sich dieselben in verbaler Fassung
vertraut zu machen — unter Einübung der Redensarten „a-Bild von-“,
„Kette inbezug auf a“ (D 37) und „a-Kette von-“. In dieser Absicht
möge hier notifizirt werden:
- D 22. Ist b enthalten in c, so ist auch das a-Bild von b enthalten im
a-Bild von c, oder:
Das Bild eines Teils ist ein Teil vom Bilde des Ganzen. - D 23. Das a-Bild einer Summe ist einerlei mit der Summe der a-Bilder
von deren Gliedern. - D 24. Das a-Bild eines Produktes ist enthalten in dem Produkte (ist „Ge-
meinteil“) der a-Bilder von dessen Faktoren — Summe und Produkt
natürlich immer als identische verstanden. - D 38. Der Denkbereich 12ist Kette inbezug auf jedes Relativ (a — in ihm
selber).
Der schon anderweitig bekannte Satz a ; 1 ⋹ 1 kann auch nach 1)
des § 6 in Gestalt von a ; 1 ⋹ 1 ; 1 gemäss dem Abacus aus a ⋹ 1 ge-
folgert werden.
- D 39. Das a-Bild einer Kette inbezug auf a ist eine Kette inbezug auf a.
Dies leuchtet ein, wenn man die Konklusion in der Gestalt a ; (a ; b) ⋹ a ; b
aus der Prämisse zieht und sie in ebendieser mit dem Schema D 37
vergleicht.
- [D 54. Die a-Kette eines Teiles ist Teil der a-Kette vom Ganzen. — Wird
ausfallen.] - D 61. Die a-Kette einer Summe ist einerlei mit der Summe der a-Ketten
ihrer Glieder. - D 62. Die a-Kette eines Produkts ist Gemeinteil der a-Ketten seiner Faktoren.
Unter demselben Gesichtspunkt erscheint aber auch D 56 als eine
doch allzunahe liegende Folgerung aus D 53, als dass dieselbe ver-
dienen könnte als ein besondrer Satz registrirt zu werden. Und Ähn-
[358]Neunte Vorlesung.
liches gilt von dem (vorhin in andrer Hinsicht erwähnten) D 54,
welches mit D 52 und 53 schon a fortiori gegeben erscheint. Ich
möchte deshalb den Leser bitten, sooft im Nachfolgenden von dem
Formelkomplex der Kettentheorie gesprochen wird, sich die drei Zeilen
der Gruppe 40), welche fünf Sätze D 52 ‥ D 56 anführt, ausgemerzt und
durch die zwei Zeilen der folgenden Gruppe ersetzt denken zu wollen:
60)
— welche ihrerseits nur drei Sätze enthält, indem von den drei Aus-
sagensubsumtionen der ersten Zeile blos die zwei ersten bewiesen zu
werden brauchen.
Ganz ebenso endlich wäre D 49 als blosses Korollar zu D 45 zu
unterdrücken.
Das ist freilich nur eine Kleinigkeit, die aber doch etwas beitragen
wird, die Schönheit der Theorie zu erhöhen, bei der die übergrosse Menge
so kleiner Sätze fast verwirrend wirkt.
Sodann will ich dem „Schein-Dualismus“ kurz zuleibe gehen, von
dem ich in der Einleitung gesprochen.
Derselbe macht sich bei sechs Sätzen — zunächst bei den Formeln der
zweiten und denen der letzten Zeile unsrer Zusammenstellung — bemerk-
lich, sobald dieselben nur in der Dedekind’schen (oder in einer ihr an-
gepassten) Bezeichnung vorgeführt werden. Sind in der That die Formeln
wie folgt geschrieben:
| D 23. (b + c + …)' = b' + c' + … | D 24. (bc …)' ⋹ b' c' … |
| D 61. (b + c + …)0 = b0 + c0 + … | D 62. (bc …)0 ⋹ b0c0 …, |
so scheinen die nebeneinanderstehenden geradezu einander dual entsprechen
zu müssen (mit Bezug auf den unwillkürlich, aber eben unberechtigterweise
festgehaltenen „Bild-“ resp. „Ketten-“Begriff, den der Accent resp. das
Suffixum 0 bei Dedekind repräsentirt). Mit solch dualem Entsprechen
bleibt jedoch unvereinbar: die Verschiedenheit der Beziehungszeichen, welche
links als Gleichheits-, rechts als Einordnungszeichen sich darstellen. Die
— wenn ich so sagen darf — „Paradoxie“ dieses Pseudodualismus rührt
nur von der „unzulänglichen“ Bezeichnung her, und hellt sich auf, sobald
man die Sätze — so wie es in 10 und 50) von uns geschehen — hin-
reichend „ausdrucksvoll“ darstellt. Da erkennt man denn sofort — was
dem Accent z. B. nicht anzusehen gewesen — dass der Begriff „a-Bild
von-“ imgleichen wie der „a-Kette von-“ sich selber keineswegs dual ent-
spricht, und dass die einander (als „pseudoduale“) gegenübergestellten Sätze
in der That aus ganz verschiedenen Formelgespannen der allgemeinen Theorie
entstammen, die links nämlich dem Gespanne 4), die rechts dem Gespanne 5)
des § 6, in welchem letztern statt der Gleichheitszeichen nur Subsumtions-
zeichen obwalten konnten.
[359]§ 23. Pseudodualismus in Dedekind’s Kettentheorie.
Ähnlich dürfen auch die Sätze D 42 und 43 nur scheindual genannt
werden, obwol in beiden gleichermassen ein Subsumtionszeichen steht. —
Wollen wir nun also die Kettentheorie unter engstem Anschluss
an Dedekind uns möglichst einfach zurechtlegen, dieselbe in den Rahmen
unsrer allgemeineren Disziplin einpassend, so wird von der ganzen
Gruppe 10) nur die Definition jener Redensart D 37 beizubehalten oder
in Erinnerung zu bringen sein, die wir ja übrigens schon nebenher in
§ 22 sub 5) in unsere Disziplin aufgenommen haben.
Sodann werden wir jetzt einfürallemal zu erledigen haben die
vier Sätze der Gruppe 20), welche dem „punctum saliens“ D 44 noch
vorangehen.
Von diesen möchte ich die Sätze D 42 und 43 lieber vorannehmen —
als die elementareren und weil sie von allgemeinerem Interesse sind, wo-
gegen die D 40 und 41 mehr nur als Hülfssätze zu später benötigten
Beweisführungen ihre Berechtigung zu haben scheinen, sodann auch, weil
letztere ebendadurch unmittelbaren Anschluss gewinnen an die mit D 44
beginnenden Betrachtungen, deren Zwecke sie zu fördern bestimmt sind,
und mit denen sie Zugehörigkeit verraten.
D 42 und 43 statuiren: Die Summe resp. das Produkt von Ketten
inbezug auf ein Relativ a ist eine Kette inbezug auf ebendieses.
Um ihre Formeln in 20) zu beweisen, braucht man blos die Prämissen
überschiebend durch Addition resp. Multiplikation zu verknüpfen, wodurch
sich ergibt:
a ; b + a ; c + … ⋹ b + c + … resp. a ; b · a ; c … ⋹ b · c …
und dann das Schema 4) resp. 5) des § 6:
a ; b + a ; c + … = a ; (b + c + …) resp. a ; bc … ⋹ a ; b · a ; c …
in Anwendung zu bringen. Die Konklusion zum Satze links wird alsdann
pariter (d. i. als äquivalente Transformation), die zum Satze rechts aber
a fortiori gewonnen.
Die beiden Sätze würden sich vereinigen und zugleich ausdehnen lassen
zu dem allgemeinern: Das Ergebniss irgendwelcher Knüpfungen (mittelst iden-
tischer Operationen) von irgendwelchen Ketten inbezug auf einunddasselbe Re-
lativ a ist wieder eine Kette inbezug auf ebendieses.
Sind z. B. b, c, d, e, f Ketten bezüglich a, so ist bc + def sowie (b + cd)e + f,
etc. wieder eine solche. Der Satz gälte sogar ohne die Worte in Klammer.
D 40: (a ; c ⋹ c)(b ⋹ c) ⋹ (a ; b ⋹ c)
besagt: Das Bild eines Kettenteiles ist Teil dieser Kette, genauer: das
a-Bild a ; b des Teils b einer Kette c inbezug auf a ist enthalten in
dieser Kette c.
Der Beweis ergibt sich, indem man aus der zweiten der beiden Teil-
prämissen, in welche die gegebene Prämisse wie vorstehend angegeben zer-
fällt, mittelst beiderseitigen relativen Vormultiplizirens mit a gemäss 1)
[360]Neunte Vorlesung.
des § 6 den Schluss zieht: a ; b ⋹ a ; c, und diesen mit der ersten Teil-
prämisse behufs Anwendung des Subsumtionsschlusses zusammenhält.
D 41.
— wie der Satz nach Zerfällung der beiderseitigen Aussagen lautet,
besagt:
Ist das a-Bild von b Teil einer Kette c inbezug auf a, so gibt es
eine Kette u (Kette inbezug auf a) derart, dass sie b in sich enthält und
ihr a-Bild in c enthalten ist, m. a. W. von der b ein Teil ist und deren
a-Bild Teil von c ist.
Der Beweis (etwa beginnend mit: „Denn es ist …“) kann auch als
Fortsetzung des Satzes ausgesprochen werden: „Und zwar ist“ u = b + c
eine solche Kette. Dieselbe erfüllt nämlich in der That die drei Forde-
rungen der vorstehend zerlegten Behauptung, und zwar die dritte kraft
der in 20) noch unzerlegten Prämisse, die zweite identisch wegen b ⋹ b + c
und die erste a fortiori mit Rücksicht auf die dritte nebst c ⋹ b + c.
Die 4 hiermit erledigten Sätze könnten noch zur „Einleitung“ der
Kettentheorie gerechnet werden, die nun erst recht — mit dem punc-
tum saliens D 44 — beginnt, und wenn man will schon mit D 59 ab-
schliesst. In dieser werden uns nach dem Vorbemerkten 14 (zu 15 —
falls man etwa die Zusatzdefinition zum Satze D 57 gesondert zählt)
— sage vierzehn — Erklärungen oder Sätze (noch keine halbe Druck-
seite!) zu studiren bleiben.
Diese Reihe von Sätzen aber werden wir jetzt von zwei ganz ver-
schiedenen Standpunkten aus durchgehen und einsehen — man kann
beinah vollkommen zutreffend sagen: in den zwei entgegengesetzten
Richtungen hin und her, oder „vorwärts“ und „rückwärts“.
Der „Rückweg“ („Herweg“) ist bei weitem kürzer, dazu bequemer
und leichter, zumal er auch nicht ganz zu Ende gegangen zu werden
braucht und sogar die schon als „Einleitung“ erledigte Gruppe 20) von
Sätzen für ihn entbehrlich bleibt. Diesen Weg zuerst zu gehn er-
scheint aus didaktischen Gründen geboten.
Dagegen erweist nur der „Hinweg“ („? Vorweg“), d. h. der „vor-
wärts“ zurückzulegende Weg, sich als mit unserm „Hauptzwecke“ der
Kettentheorie vereinbar!
Jenen Rückweg zu gehn empfiehlt nachträglich auch Herr Dedekind
selbst seinem Leser — p. 40 unter D 131.
Dabei würde von dem Ergebnisse D 58 auszugehen sein, welches sich
mit Rücksicht auf die unmittelbar vorhergehende Definition D 57 auch in
der Gestalt schreiben lässt:
a0 ; b = b + a ; a0 ; b
[361]§ 23. Die Kettentheorie im leichtern Rückweg durchgegangen.
und nun, indem man rechterhand immerfort den Wert der linken Seite aus
der Gleichung selbst einträgt, zu der „unendlichen“ (unbegrenzten) Ent-
wickelung führt:
0)
wodurch es nahe gelegt erscheint, das in Klammer stehende Relativ selbst
als a0 zu definiren.
Wir werden diesen Gang noch nicht unwesentlich vereinfachen, indem
wir, statt von der Betrachtung des a0 ; b auszugehen, lieber sogleich a0
selbst (nebst a00) einführen.
Der Rückweg.
Handelt es sich lediglich darum, die Formel D 59 als einen all-
gemeinen Satz in der Theorie der binären Relative zu beweisen, indem
man die Bedeutung ebendesselben als des „Satzes der vollständigen In-
duktion“ ignorirt, und demgemäss sich nicht scheut, da wo etwa unend-
liche Entwickelungen vorkommen, das Bildungsgesetz derselben ver
mittelst des „Schlusses der vollständigen Induktion“ festzustellen —
mithin ganz so zuwerke zu gehen, wie wir es in den frühern Vor-
lesungen, da wo eine Lösung nicht in geschlossener Form zu geben
war, immer thaten (und auch künftig, obzwar dann mit fester begrün-
detem Rechte, wieder thun werden) — so führt uns folgender modus
procedendi zum Ziele.
Wir lassen aus Dedekind’s Kettentheorie die schwerkalibrigen
Sätze D 44 und 48 ganz beiseite (auch sie vom gegenwärtigen Aus-
gangspunkte aus zu gewinnen, sei in die Studien des nächsten Para-
graphen verwiesen) und definiren die „a-Bildkette“ a00 und die „a-Kette“ a0
oder „Kette eines beliebigen Relativs a“ wie links vom Striche folgt:
1)
| a00 = a + a ; a + a ; a ; a + … | a11 = a(a ɟ a)(a ɟ a ɟ a) … |
2)
| a0 = 1' + a00 | a1 = 0'a11. |
Nun ist natürlich:
3)
| 1' ⋹ a0 | a1⋹ 0' |
4)
| a⋹a00⋹a0 | a1⋹a11⋹a |
und ferner gilt:
5)
| a ; a00 = a00 ; a00 = a00 ; a ⋹ a00 | a11⋹a ɟ a11 = a11 ɟ a11 = a11 ɟ a |
6)
| a ; a0 = a00 = a0 ; a ⋹ a0 | a1⋹a ɟ a1 = a11 = a1 ɟ a |
7)
| a0 ; a0 = a0 | a1 ɟ a1 = a1 |
wie durch Einsetzen der als Bedeutung von a00 und a0 hingestellten
Reihen und relatives Ausmultipliziren mit Leichtigkeit zu sehen.
[362]Neunte Vorlesung.
Man hat z. B.
a ; a00 = a ; (a + a ; a + a ; a ; a + …) = a ; a + a ; a ; a + a ; a ; a ; a + …
a00 ; a00 = (a + a ; a + a ; a ; a + …) ; (a + a ; a + a ; a ; a + …) =
= a ; a + a ; a ; a + a ; a ; a ; a + …,
welche Glieder hier allerdings zunehmend in tautologischer Wiederholung
erhalten werden, sintemal man jedes Glied der einen Reihe im Geiste zu
verknüpfen hat mit jedem Gliede der andern. Beidemal kommt mithin die
Summe der zu a00 zusammengefassten Glieder vom ersten Gliede ab heraus
(die man vielleicht auch a000 nennen könnte — und so fort).
Bei 6) hat man ebenso:
a ; a0 = a ; (1' + a + a ; a + …) = a + a ; a + a ; a ; a + … = a00,
sintemal a ; 1' = a ist.
Zum Beweise von 7) braucht man nun die analoge Überlegung nicht
nochmals zu machen, sondern kann den Satz auf den 5) zurückführen ohne
nochmals mit unendlichen Reihen zu operiren — wie folgt:
a0 ; a0 = (1' + a00) ; (1' + a00) = 1' ; 1' + a00 ; 1' + 1' ; a00 + a00 ; a00 =
= 1' + a00 + a00 ; a00 = 1' + a00 = a0,
sintemal das dritte Glied der letzten Zeile wegen der mit 5) erwiesenen
Subsumtion a00 ; a00 ⋹ a00 vom vorhergehenden absorbirt wird.
Man wolle übrigens a00 nicht etwa fälschlich auffassen als „Kette
von a0“, das ist (a0)0. Solchen Missverständnissen beugen beiläufig die
Sätze vor:
8)
Es ist also die „Kette der Kette von a“ nichts andres als die „Kette
von a“. Ebendarum wäre es thöricht, jene mit dem doppelten Suffix 00
darstellen zu wollen, und wird letzteres für andre Bezeichnungszwecke ver-
fügbar. — Die Sätze 8) wird sich der Leser leicht aus 7) und 5) recht-
fertigen, z. B. es muss
(a0)0 = 1' + a0 + a0 ; a0 + a0 ; a0 ; a0 + … = 1' + (1' + a00) + a0 + a0 + … = a0
sein. Etc. Die Operationen des Kette- oder Bildkettenehmens können an
einer Bildkette oder Kette immer sogleich ausgeführt werden.
Zum Beweise von D 59 bedürfen wir nun blos der drei Sätze
D 45, D 55 und D 47.
D 45 besagt: jedes Relativ b ist Teil der a-Kette von ihm selber,
und versteht sich als der Satz:
9)
[363]§ 23. Die Kettentheorie auf dem Rückweg durchgegangen.
aus 3) sozusagen von selber; durch beiderseitiges relatives Multipliziren
mit b folgt ja:
1' ; b ⋹ a0 ; b also b ⋹ a0 ; b, q. e. d.
Ebenso haben wir mit Rücksicht auf 6) und 4):
(b ⋹ a0 ; c) ⋹ (a ; b ⋹ a ; a0 ; c = a00 ; c ⋹ a0 ; c)
und damit D 55 bewiesen, oder den Satz:
10)
d. h. das a-Bild eines Teils b der a-Kette von c ist ebenfalls Teil von
dieser.
Endlich der Satz D 47 gehört dem Gespanne an:
11)
und zerfällt dessen Prämisse in:
(a ; c ⋹ c)(b ⋹ c).
Derselbe besagt deshalb: Ist b Teil einer Kette c inbezug auf a,
so ist auch die a-Kette von b Teil dieser Kette c. Behufs Beweises ziehn
wir aus der zweiten Prämisse, in stetem Hinblick auf die erste, die un-
begrenzte Reihe von Schlüssen:
| b⋹c, a ; b ⋹ a ; c, also a ; b ⋹ c*), a ; a ; b ⋹ a ; c, „ a ; a ; b ⋹ c, a ; a ; a ; b ⋹ a ; c, „ a ; a ; a ; b ⋹ c, und so weiter . . . . . . . . . . . . . | Überschiebendes Addiren der linker- hand stehenden Folgerungen lie- fert dann — mit Rücksicht auf b = 1' ; b — die Konklusion: a0 ; b ⋹ c. |
Man sieht, dass bei diesem „und so weiter“ der „Schluss von n auf
n + 1“ gemacht worden und in der That unentbehrlich ist.
Um ihn auf das schärfste als solchen hervortreten zu lassen, brauchen
wir blos — was für n = 1 und 2 schon zutrifft — für ein bestimmtes n
als erwiesen anzunehmen, dass aufgrund der Voraussetzungen unsres Satzes
bereits an ; b ⋹ c erwiesen sei, und darnach mittelst der Schlüsse:
a ; an ; b ⋹ a ; c ⋹ c
darzuthun, dass alsdann auch an + 1 ; b ⋹ c gelten muss. Daraufhin ist nun
die Folgerung an ; b ⋹ c als eine für jede Zahl n gültige hinzustellen,
indem, wenn sie für eine bestimmte Zahl gilt, sie immer auch für die
nächst höhere gelten muss, und sie für n = 1 ja gilt (folglich auch für
[364]Neunte Vorlesung.
n = 2, zufolgedessen wieder für n = 3 und so fort in infinitum). Auf
diesen Teilschlüssen aber beruhte der obige Beweis. —
Beiläufig kann man denselben auch für den ganzen Satz auf einmal
führen in Gestalt einer unbegrenzten Serie von äquivalenten Aussagen-
transformationen.
Zu dem Ende schreiben wir das Schema des D 40 „voller“ an in der
Gestalt:
12) (b + a ; c ⋹ c) = {b + a ; (b + c) ⋹ c} = (b + a ; b + a ; c ⋹ c),
indem wir die Hypothesis des Satzes in der Thesis nochmals miterwähnen,
die Voraussetzung bei der Behauptung wiederholend, sie zu dieser schlagen
und mit ihr vereinigen — was nach dem principium identitatis des Aus-
sagenkalkuls gestattet ist. Weil dann der Schluss von der Voraussetzung
auf die Behauptung auch rückwärts zulässig, indem diese ja jene mit in
sich schliesst, so geht hierbei die Aussagensubsumtion in eine Aussagen-
äquivalenz oder Gleichung über.
Diese Bemerkung, aufgrund deren auch offenbar
13) (a ; c + b ⋹ c) ⋹ {a ; (b + c) ⋹ c}
sein muss, schlägt nebenbei eine Brücke von D 40 zu D 41, dessen Thesis
hiernach auch eine Konklusion sein muss zur Hypothesis von D 40.
Bemerkt man nun, dass die dritte Aussage 12) von derselben Form
ist wie die erste und sich von ihr blos dadurch unterscheidet, dass das
Glied b dort hier vertreten ist durch b + a ; b, so offenbart sich, dass uns
der Satz 12) ein Recht gibt, so lange fortgesetzt als wir mögen seine Aus-
sage äquivalent umzuschreiben dadurch, dass wir b durch b + a ; b ersetzen.
Nun ist blos noch die „Wahrnehmung“ erforderlich, dass der Effekt
solcher Ersetzung, wenn sie durchweg mit b vorgenommen wird, ganz der-
selbe ist, wie wenn sie blos an dem letzten b vollzogen wird, und so werden
wir leicht als mit den Aussagen 12) äquivalent die folgenden hinzu-
gewinnen:
= (b + a ; b + a2 ; b + a ; c ⋹ c) = (b + a ; b + a2 ; b + a3 ; b + a ; c ⋹ c) = …,
welche bei der erlaubten Unterdrückung des Gliedes a ; c — d. h. bei Ver-
schweigung des Aussagenfaktors (a ; c ⋹ c) — uns die Konklusionen vor-
stellen, die auf eine unbegrenzte Gliedermenge ausgedehnt unsern Satz D 47
ausmachen.
Jene „Wahrnehmung“ allgemein zu begründen genügt der Nachweis,
dass, wenn etwa
(1' + a + a2 + a3 + … + an) ; b = fn(b)
genannt wird,
fn(b + a ; b) = fn + 1(b)
sein muss — wo dann schliesslich f∞(b) = a0 ; b ist. Dieser Nachweis unter-
liegt aber in der That keiner Schwierigkeit.
Indem f1(b) = f(b) = b + a ; b = (1' + a) ; b hier bedeutete und ohnehin
(1' + a)n ; (1' + a) = (1' + a)n + 1 sein muss — vergl. die in § 13 unter 8)
gegebene „induktorische“ oder „rekurrente“ Definition der Potenz — kann
[365]§ 23. Satz der vollständigen Induktion, und sein Beweis.
man den zu liefernden Nachweis auch dahin vereinfachen, dass man blos
durch den Schluss von n auf n + 1 zeigt, dass
14) (1' + a)n = 1' + a + a2 + a3 + a4 + … + an
sein muss: Gilt dies für ein bestimmtes n, so erhält man nämlich, beide
Seiten mit 1' + a relativ nach- und rechts dabei ausmultiplizirend:
(1' + a)n + 1 = 1' + a + … + an + an + 1
unter tautologischer Wiederholung aller Glieder zwischen dem ersten und
letzten.
Damit wird auch
15) a0 = (1' + a)∞
gewonnen sein. —
Soferne also der Schluss der vollständigen Induktion seine Be-
rechtigung erst aus dem Satze D 59 schöpft, der seinerseits nur auf-
grund von D 47 zu beweisen sein wird, enthält der Beweis von D 59
(zu dem wir nachher schreiten) noch einen Zirkel und hat blos den
Wert, die Überzeugung zu gewähren: dass, wenn jener Induktionsschluss
in dem einen hier vorliegenden Falle — bei D 47 wenigstens — mate-
riell berechtigt gewesen, er dann auch formale oder allgemeine Geltung,
für jeden Fall seiner Anwendung, wird beanspruchen dürfen.
Vor allem seien jetzt nebenher auch die übrigen Sätze unsres Über-
blicks von unserm Standpunkt aus erledigt. D 46 — einfacher als a00 ; b ⋹ a0 ; b
zu schreiben — versteht sich aus 4); ebenso D 49 als a ; b ⋹ a00 ; b, und
D 50; D 57 aus 6), D 58 aus 2).
D 52 versteht sich mittelst der Überlegung: (b ⋹ c) ⋹ (a0 ; b ⋹ a0 ; c)
wegen D 45 oder 9) a fortiori, und darnach auch D 53 mittelst
(b ⋹ a0 ; c) ⋹ (a0 ; b ⋹ a0 ; a0 ; c = a0 ; c) aus 7).
Bleibt nur mehr die Gleichung D 51 als Subsumtion vor- und rück-
wärts zu beweisen.
Wegen (b ⋹ b) = 1 ist:
(a ; b ⋹ b) = (a ; b ⋹ b)(b ⋹ b) = (a ; b + b ⋹ b) ⋹ (a0 ; b ⋹ b)
— nach D 47, für c = b in Anspruch genommen — falls man nicht etwa
ganz ähnliche Schlüsse wie dort wiederholen will. Da nun nach D 45
oder 9) die umgekehrte Subsumtion ohnehin gilt, so ist die in D 51 rechts
behauptete Gleichung aus der Prämisse links erwiesen.
Umgekehrt folgt diese aus jener, indem dann wegen D 50 oder 4):
a ; b ⋹ a0 ; b ⋹ b wird sein müssen.
So leicht war der Herweg zu gehen — bei dem schon die Schlüsse
dieses Kontextes einen Luxus bildeten!
Der Satz der vollständigen InduktionD 59 gehört dem Gespanne an:
16)
Sein Beweis ist in Anbetracht, dass seine Prämisse zerfällt in
I. a ; (a0 ; b)c ⋹ c und II. b ⋹ c,
wie folgt zu leisten. Es ist: b ⋹ a0 ; b nach D 45 oder 9), und
dies mit II vereinigt gibt den Schluss:
III. b ⋹ (a0 ; b)c.
Andrerseits ist:
IV. (a0 ; b)c ⋹ a0 ; b, woraus nach D 55 oder 10) — für b statt c
und (a0 ; b)c statt b in Anspruch genommen — folgt:
a ; (a0 ; b)c ⋹ a0 ; b, und dies mit der Prämisse I vereinigt gibt:
V. a ; (a0 ; b)c ⋹ (a0 ; b)c. Die Vereinigung von III und V lautet:
a ; (a0 ; b)c + b ⋹ (a0 ; b)c.
Dies fällt nun unter das Schema der Prämisse von D 47 oder 11)
— worin nur c vertreten erscheint durch den zusammengesetzteren
Ausdruck (a0 ; b)c — gestattet somit nach dem Vorbild jenes Satzes
den Schluss:
a0 ; b ⋹ (a0 ; b)c,
und da die umgekehrte Subsumtion — IV — ohnehin gilt, so ist die
Gleichung gewonnen:
VI. a0 ; b = (a0 ; b)c,
aus welcher wegen (a0 ; b)c ⋹ c zugleich die Konklusion fliesst:
a0 ; b ⋹ c,
welche zu beweisen gewesen.
Woferne nur die formalen Grundlagen 9, 10, 11) dieses Beweises
späterhin auf einem zirkel- resp. einwandsfreien Wege gewonnen werden,
wird auch der vorstehende Beweis vollkräftig und braucht nicht wieder-
holt zu werden.
Versucht man etwa den Satz 16) kunstlos mittelst Einsetzung der
Reihe für a0 zu verifiziren, so hat man die Prämissen:
b ⋹ c, a ; bc ⋹ c, a ; (a ; b)c ⋹ c, a ; (a2 ; b)c ⋹ c, a ; (a3 ; b)c ⋹ c, …
und muss suchen die Konklusionen zu gewinnen:
b⋹c, a ; b ⋹ c, a2 ; b ⋹ c, a3 ; b ⋹ c, ….
Nun ist zwar a ; bc ⋹ a ; b (sei es wegen bc ⋹ b, sei es wegen
a ; bc ⋹ a ; b · a ; c ⋹ a ; b). Und ebenso ist a ; (a ; b)c ⋹ a ; (a ; b) = a2 ; b,
und so weiter. Die Konklusionen würden sonach leicht zu ziehen sein,
wenn diese Subsumtionen im entgegengesetzten Sinne, wenn sie als die um-
gekehrten, rückwärts Geltung hätten. Da solches keineswegs ersichtlich, so
scheitert obiger Versuch und wird man inne, dass ein einfacherer Beweis
als der eben vorgetragne — trotz so verschiednen Aussehens — wesent-
lich Dedekind’sche, schwerlich geliefert werden kann.
[367]§ 23. Der Satz der vollständigen Induktion.
Man kann den Satz D 59 — ihn zunächst lediglich als ein Theorem
über binäre Relative in’s Auge fassend — auch in Worte kleiden
wie folgt:
Um zu beweisen, dass die a-Kette eines Relativs b ganz in einem
dritten Relativ c enthalten ist, braucht man blos zweierlei darzuthun,
nämlich genügt es zu zeigen:
erstens, dass b selber in c enthalten ist,
zweitens, dass von jedem der a-Kette von b angehörigen Elemente-
paar, welches in c enthalten ist, auch das a-Bild in c enthalten sein muss.
M. a. W. a0 ; b muss Teil von c sein, sobald b Teil von c und auch
das a-Bild jedes gemeinsamen Elementepaars von a0 ; b und c Teil
von c ist.
[Das a-Bild der Summe aller im identischen Produkte (a0 ; b)c ent-
haltnen Elementepaare, welche letztern ebendieses Relativ additiv zusammen-
setzen — mithin a ; (a0 ; b)c — ist ja einerlei mit der Summe der a-Bilder
von allen diesen Elementepaaren.]
Soferne b und c uns späterhin „Systeme“ vorstellen, wird man im
vorigen Texte das Wort „Elementepaar“ auch durch „Element“ zu er-
setzen berechtigt sein.
Nunmehr wollen wir an Stelle von D 60 versuchen, dem Leser
in Kürze einleuchtend zu machen, wieso der SatzD 59 oder 16) in der
That »die wissenschaftliche Grundlage für die unter dem Namen der voll-
ständigen Induktion (des Schlusses von n auf n + 1) bekannte Beweisart«
bildet.
Hiezu ist blos erforderlich, dem Denkbereich 1 und den Buch-
stabenrelativen a, b, c in dem Satze die folgenden Bedeutungen bei-
zulegen.
Der Denkbereich 11 bestehe aus den Individuen 1̇, 2, 3, 4, … der
unbegrenzten Zahlenreihe, deren erstes, oder die Zahl Eins, wir ad hoc
durch den Tupfen in Gestalt von 1̇ von dem Modul 1 unsrer Theorie
unterscheiden.
Im Denkbereiche 12 oder 1 wird ein jedes Element dieser Zahlenreihe
sich als ein Relativ darstellen, welches die jenem entsprechende Zeile zur
Vollzeile und alle übrigen Zeilen zu Leerzeilen hat, und jedes System von
Zahlen wird als das Relativ erscheinen, dessen Matrix die seinen Elementen
entsprechenden Zeilen zu Vollzeilen, die übrigen zu Leerzeilen hat. Dies
sei zunächst in Erinnerung gebracht, obwol es im Folgenden gerade keine
wesentliche Rolle spielt.
Die Zahlenreihe ist als eine wohlgeordnete eingeführt zu denken
vermittelst eines Zuordnungs- oder Abbildungsprinzips, welches von einer
jeden zur nächstfolgenden hinüberleitet und damit alle Zahlen mittelbar
[368]Neunte Vorlesung.
aus der ersten von ihnen als der „Grundzahl“ 1̇ der Zahlenreihe ent-
stehen lässt. Dies Abbildungsprinzip ist das Relativ:
a = „um 1̇ grösser als-“.
Die auf 1̇ folgenden Zahlen sind also m. a. W. wie folgt definirt
zu denken: die „Zahl“ zwei als „um 1̇ grösser als 1̇“, das ist:
2 = 1̇ + 1̇, und ebenso 3 = 2 + 1̇, 4 = 3 + 1̇, …
— wo die Pluszeichen als arithmetische aufzufassen — oder in der
Bezeichnungsweise unsrer Disziplin: 2 = a ; 1̇, 3 = a ; 2, 4 = a ; 3, …
d. h. jede Zahl ist definirt als das „a-Bild“ ihres Vorgängers — aus-
genommen die Grundzahl 1̇ selbst, welche bei der Beschränkung, die
wir oben dem Denkbereiche auferlegten, keinen Vorgänger besitzt.
Die Matrix dieses binären Relativs a ist beiläufig gesagt so beschaffen:
sie hat die erste Zeile zur Leerzeile, in jeder folgenden Zeile aber ein (und
nur ein) Auge, und zwar an derjenigen Stelle, welche der links von (sive
unterhalb) der Hauptdiagonale dieser am nächsten stehende Gitterpunkt ist.
Die ganze Zahlenreihe, oder das Zahlensystem (schlechtweg), als
der Inbegriff, die Gesamtheit oder identische (aber nicht arithmetische!)
Summe aller Zahlenindividuen, stellt sich hiernach dar als die a-Kette
der Grundzahl 1̇. M. a. W. es ist der Modul:
1 = a0 ; 1̇.
Überhaupt ist die a-Kette von irgend einer Zahl weiter nichts als
die Gesamtheit der Zahlen, welche sich von ihr an (mithin sie selber
eingerechnet) in der Zahlenreihe finden:
a0 ; i = i + (i + 1̇) + (i + 2) + (i + 3) + …
— wogegen die „a-Bildkette“ solcher Zahl i:
a00 ; i = (i + 1̇) + (i + 2) + (i + 3) + …
der Inbegriff der Zahlen von ihr ab (mit Ausschluss ihrerselbst) sein
würde.
Dies vorausgesetzt bedeute jetzt das Relativ b etwa das Element 1̇
selbst, sei also:
b = 1̇.
Diese Deutung genügt zunächst für die speziellste Anwendungsweise
des Induktionsschlusses, welche darauf abzielt die Überzeugung herbeizu-
führen, dass, wenn ein Satz für die Zahl 1̇ gilt, und wenn, sooft er für eine
Zahl n gilt, er auch für die nächst höhere Zahl n + 1̇ oder a ; n gelten
muss, er dann schlechtweg für alle Zahlen gelten müsse. Für eine formell
etwas allgemeinere Anwendungsweise des Induktionsschlusses kann jedoch b
auch eine höhere Zahl als 1̇ vorstellen, überhaupt sogar irgend ein (end-
liches oder unendliches) „System“ von Zahlen bedeuten, z. B. ein solches,
welches aus gewissen Zahlen — von m einschliesslich, eventuell bis incl. r —
[369]§ 23. Zum Satz der vollständigen Induktion.
irgendwie (auch eventuell mit Auslassungen) zusammengesetzt ist. Solchen
Fall werden wir nachher ebenfalls berücksichtigen.
Dann stellt uns also a0 ; b wiederum die ganze Zahlenreihe vor.
Endlich bedeute nun das Relativ c die Gesamtheit, das „System“
der Zahlen, die eine bestimmte Eigenschaft E besitzen, m. a. W. für
die ein bestimmter Satz S, in welchem von einer unbestimmten Zahl n
die Rede ist, gilt.
Um nachzuweisen, dass der Satz S für alle Zahlen gelte, dass
nämlich a0 ; b ⋹ c sei, genügt es dann nach D 59, zu zeigen:
erstens dass der Satz für die Zahl b = 1̇ gilt, dass also b ⋹ c sei,
zweitens dass auch für das Bild a von jeder Zahl (n) für die unser
Satz S gilt — welche Zahlen eben in dem Ausdrucke (a0) ; b)c zu-
sammengefasst erscheinen — dieser Satz gelten müsse, d. h. also, dass
auch a ; (a0 ; b)c ⋹ c sein müsse. Gemeinhin zu reden wird damit zu
zeigen gewesen sein, dass, sobald der Satz für eine bestimmte Zahl n
gilt, er auch für die nächst höhere Zahl n + 1̇ gelten müsse.
Stellt uns dagegen — noch allgemeiner — b eine bestimmte Zahl m
vor, oder auch irgend ein System von Zahlen, welches als die niederste
die Zahl m in sich schliesst, so wird a0 ; b die Gesamtheit der Zahlen
von m an vorstellen.
Um zu beweisen, dass ein Satz S für alle Zahlen dieser Reihe m,
m + 1̇, m + 2, … in infinitum gelte, muss es dann genügen, „erstens“
zu zeigen, dass er für die Zahlen des Systems b gelte, ja ist es blos
erforderlich, seine Geltung für die Zahl (b =)m selbst darzuthun, und
„zweitens“ etc. (Wortlaut wie vorhin). [Für die Zahlen unterhalb m
braucht der Satz dann überhaupt nicht zu gelten.]
Hiermit dürfte denn die als D 60 von Herrn Dedekind gegebne
Erläuterung über die Bedeutung und Tragweite des Satzes D 59 bei-
gebracht sein. Rekapituliren wir nochmals thunlichst mit den Worten
des genannten Autors: D 60. Um zu beweisen, dass alle Elemente der
Kette a0 ; b eine gewisse Eigenschaft E besitzen, genügt es zu zeigen,
erstens dass alle Elemente von b die Eigenschaft E besitzen,
zweitens dass dem Bilde a ; n jedes solchen Elements n „von a0 ; b“,
welches die EigenschaftEbesitzt, dieselbe Eigenschaft zukommt.
Unter c brauchte man hiebei blos das System aller Elemente,
welche diese Eigenschaft E besitzen, zu verstehen, um D 60 als die
verbale Übersetzung der Formel D 59 zu erkennen.
Hiezu jedoch dürfte noch eine Bemerkung nicht überflüssig er-
scheinen, welche durch die Vergleichung von D 59 mit D 47 nahe
gelegt wird.
Schröder, Algebra der Relative. 24
[370]Neunte Vorlesung.
Liessen wir im vorstehenden Texte die Bestimmung „von a0 ; b“
weg, so hätten wir die verbale Übertragung und Nutzanwendung von
D 47 vor uns. Auch diese Formel kann in der That schon dazu ver-
wendet werden, um eine Behauptung, Thesis a0 ; b ⋹ c rechtskräftig zu
begründen und zwar aufgrund der beiden Nachweise, dass erstens
b ⋹ c und zweitens a ; c ⋹ c sei.
Diese zweite Teilforderung der Hypothesis ist aber — wegen
(a0 ; b)c ⋹ c — bei D 47 eine weiter gehende, als bei D 59. Bei Weg-
lassung jener Bestimmung wird behufs Etablirung der Thesis mehr,
als unbedingt nötig ist, zu leisten verlangt; das Theorem D 59 begnügt
sich dem D 47 gegenüber mit formell geringeren Voraussetzungen, die
man als erfüllte noch wird nachzuweisen haben. Und wenn demnach
in manchen Fällen vielleicht auch schon das Theorem D 47 zur Er-
reichung des Zieles ausreicht, so wird man doch im Allgemeinen nur
das Theorem D 59 als den logischen Kern des Schlusses der vollstän-
digen Induktion hinstellen können.
Der „Hinweg“.
Hier muss ich zuvörderst den Leser bitten, den Namen „a0 ; b“ als ein
einfaches oder unpräjudizirliches, nichtssagenwollendes Zeichen für ein von
a und b abhängig zu definirendes Relativ — wie meinetwegen x oder
höchstens φ(a, b) — gelten lassen und ansehen zu wollen, von der Art
also, wie jener Name sich zusammengesetzt zeigt, vorläufig ganz abzusehen!
Dass man berechtigt ist, gedachtes x als ein relatives Produkt in b, als
ein gewisses Relativ a0 genommen von b hinzustellen und zu bezeichnen,
die Funktion φ(a, b) speziell in der Form a0 ; b anzusetzen, wird sich erst
ganz am Schlusse der Untersuchung herausstellen — in der Weise, wie
wir es bereits unter 0) S. 361 geschildert haben. Solches aber von vorn-
herein zu thun, müsste bei unserm Gange beanstandet und als durch nichts
gerechtfertigt abgelehnt werden.
D 44 definirt die „a-Kette von b“ als ein von a und b abhängiges
— wie gesagt vorgreifend — mit „a0 ; b“ bezeichnetes binäres Relativ,
und zwar als das identische Produkt Π nach u aller derjenigen Rela-
tive u des Denkbereiches 12, welche die in 30) unter das (erste) Π-zeichen
gesetzte „Erstreckungsbedingung“ a ; u + b ⋹ u erfüllen. Da diese Be-
dingung in die beiden
a ; u ⋹ u und b ⋹ u
zerfällt, wovon die erstre fordert, dass u „Kette“ sei inbezug auf a,
die letztre aber, dass u auch b als einen Teil seinerselbst in sich
schliesse, so kann man die Definition mit Worten so ausdrücken:
Unter der a-Kette von b soll verstanden werden das identische Pro-
dukt (die „Gemeinheit“) aller der Ketten inbezug auf a, von welchen b
Teil ist.
[371]§ 23. Hinweg durch Dedekind’s Kettentheorie.
Dass solches „Produkt“ wirklich existirt, nämlich nicht etwa, als
jeglichen Faktors entbehrend, in einen sinnlosen Namen ausarten kann, geht
schon daraus hervor, dass es allermindestens den Faktor 1 aufweisen wird,
weil u = 1 stets die Erstreckungsbedingung erfüllt.
»Es gelten nun für diesen sehr wichtigen Begriff die folgenden Sätze«
D 45. Es ist b ⋹ a0 ; b. [In Worte bei 9) gefasst.]
Beweis. Weil, nach dem zweiten Teile der Erstreckungsbedingung,
b in jedem Faktor u des Produktes Πu enthalten — „Gemeinteil“ dieser
Faktoren — ist, so muss es auch in dem Produkte derselben enthalten sein.
Als das bei diesem Schlusse zur Anwendung kommende Schema des
identischen Kalkuls würde anzuziehen sein:
— vergl. (3×) des Bd. 1, für unbegrenzt viele Faktoren in Anspruch ge-
nommen, hier in ε) S. 39 gebucht.
D 46. Es ist a ; (a0 ; b) ⋹ a0 ; b. Die „a-Kette“ von irgend einem
Relativ ist eine „Kette inbezug auf a“.
Beweis. Denn nach dem ersten Teil der Erstreckungsbedingung
unsres Πu ist jeder Faktor u dieses Produkts eine „Kette inbezug auf a“,
und folglich — gemäss D 43 — auch das Produkt Πu ebendieser.
D 47. (a ; c ⋹ c)(b ⋹ c) ⋹ (a0 ; b ⋹ c).
[Betreffs der verbalen Fassung vergleiche 11).]
Beweis. Denn nach den Voraussetzungen des Satzes ist c ein die
Erstreckungsbedingung erfüllender Wert des u. Derselbe figurirt deshalb
unter den Faktoren unsres Πu, und da ein identisches Produkt seinem
Faktor eingeordnet sein muss, so haben wir Πu ⋹ c und erscheint die
Konklusion gerechtfertigt.
D 48 ist bei Dedekind nicht als „Satz“ hingestellt, sondern — ab-
gesehn von den blos äusserlichen Abweichungen in der Bezeichnung —
lautet das darüber Gesagte wörtlich:
»D 48. Bemerkung. Man überzeugt sich leicht, dass der in D 44
erklärte Begriff der a-Kette von b durch die vorstehenden SätzeD 45, 46, 47
vollständig charakterisirt ist.«
Die „Bemerkung“ ist also ein Luxus der Theorie, indem sie uns nur
beiläufig mit einer neuen, nicht uninteressanten Manier, die Definition D 44
von a0 ; b zu formuliren, bekannt macht, und kann dieselbe aus unserm
Lehrgange auch weggelassen werden. Wir haben dieselbe in die Zeichen-
sprache eingekleidet und wollen sie in dieser Gestalt als mit D 44 äqui-
valent gleichwol rechtfertigen.
Zu dem Ende wollen wir der Druckersparniss halber für den oft vor-
kommenden Ausdruck
schreiben — die Erstreckungsbedingung a ; u + b ⋹ u also blos durch ein
NB (Notabene) andeutend und unter schlechtweg, wie immer, ein Produkt
24*
[372]Neunte Vorlesung.
verstehend, welches die volle Erstreckung über alle erdenklichen Relative u
besitzt.
Ferner soll die in D 48 vorkommende Subsumtion NB ⋹ (x ⋹ u) oder
{(a ; u + b ⋹ u) ⋹ (x ⋹ u)} = S
zur Abkürzung genannt werden.
Schreiben wir uns alsdann, den Namen x für a0 ; b einführend, die
Def. D 44 in der Gestalt an:
,
so zeigt die Vergleichung mit D 48, dass es uns obliegen wird, die fol-
gende Aussagenäquivalenz zu rechtfertigen:
deren linke Seite L, die rechte R heissen möge, und die sich auch sogleich
ergibt, wenn man den Wert von a0 ; b aus D 44 in D 48 einträgt.
Es ist also L = R, oder L ⋹ R und R ⋹ L zu zeigen.
Nach der Definition der Gleichheit ist nun:
,
und nach bekanntem, auf voriger Seite unter D 45 schon angezogenem
Aussagenschema kann man schreiben:
,
indem man nämlich erlaubtermaassen die Erstreckungsbedingung
NB, = (a ; u + b ⋹ u),
als eine von u zu erfüllende Voraussetzung hinter (anstatt unterhalb) dem
Π-zeichen anmerkt, was eben angängig, sobald als Faktor hinter dem Π
nicht ein Relativ, sondern eine Aussage steht.
Es ist also erkannt, dass
.
Als Folgerung aus R (D 44) hatten wir aber bereits die Sätze D 45:
b ⋹ x und D 46: a ; x ⋹ x bewiesen, welche zusammengezogen die in
R⋹ (a ; x + b ⋹ x)
notirte Konklusion liefern. Zusammenziehung dieser mit der darüber-
stehenden Aussagensubsumtion gibt: R ⋹ L (womit das Theorem D 48 als
Subsumtion von rechts nach links aus D 44 abgeleitet erscheint).
Andrerseits ist aber auch konform mit D 47:
,
welches man aber jetzt nicht als Konsequenz aus D 44, sondern als daraus
ersichtlich hinzustellen hat, dass laut der Prämisse links x als ein die Er-
streckungsbedingung „NB“ erfüllender Wert des u ein effektiver Faktor
[373]§ 23. Hinweg durch Dedekind’s Kettentheorie.
dieses Πu sein muss, weshalb ihm dieses eingeordnet. Letztre Subsumtion
nun, mit oben gefundenem
übermultiplizirt, liefert dazu noch die Konklusion: L ⋹ R, womit im Ganzen
L = R bewiesen ist.
D 49. a ; b ⋹ a ; (a0 ; b) versteht sich durch beiderseitiges relatives
Vormultipliziren mit a aus D 45 und sollte als ein so unmittelbares Korollar
hiezu — wie schon gesagt — gar nicht registrirt sein — so wenig man
z. B. in der Geometrie den Satz c2n = (a2 + b2)n — um nicht zu sagen
nc2 = na2 + nb2 — neben dem Pythagoreischen aufführen wird.
D 50. a ; b ⋹ a0 ; b. Das a-Bild von b ist Teil der a-Kette von b.
Beweis a fortiori aus dem (hier erstmals zu erwähnenden) Korollar
a ; b ⋹ a ; a0 ; b (D 49) zu D 45 in Verbindung mit D 46.
D 51. (a ; b ⋹ b) = (a0 ; b = b). Ist b Kette inbezug auf a, so ist
auch b die a-Kette von sich selber, und umgekehrt.
Beweis. D 47 gibt (a ; b + b ⋹ b), = (a ; b ⋹ b), ⋹ (a0 ; b ⋹ b), was
mit D 45 zur Gleichung a0 ; b = b verschmilzt. Die Umkehrung folgt aus
D 50. Man entschuldige diese Wiederholung aus dem „Herwege“.
D 52, 53 … (b ⋹ c) ⋹ (b ⋹ a0 ; c) ⋹ (a0 ; b ⋹ a0 ; c). Der Teil
gleichwie seine a-Kette ist auch in der a-Kette des Ganzen enthalten.
Beweis. Nach D 45 ist c ⋹ a0 ; c, mithin folgt aus b ⋹ c a fortiori
auch b ⋹ a0 ; c.
Sei nun b ⋹ a0 ; c (wenn auch vielleicht nicht b ⋹ c), so kann dies mit
dem nach D 46 geltenden a ; (a0 ; c) ⋹ a0 ; c zusammengezogen werden zu:
a ; (a0 ; c) + b ⋹ a0 ; c und liefert nach D 47 (a0 ; c für c gesagt) die Folge-
rung a0 ; b ⋹ a0 ; c, q. e. d.
D 55. (b ⋹ a0 ; c) ⋹ (a ; b ⋹ a0 ; c). [Wortlaut siehe unter 10).]
Hiefür gibt Dedekind zwei Beweise an.
Beweis 1. Nach D 53 haben wir aus der Prämisse bereits gefolgert:
a0 ; b ⋹ a0 ; c, und dies mit D 50 zusammengehalten liefert a fortiori die
Konklusion.
Beweis 2. Aus der Prämisse folgt a ; b ⋹ a ; a0 ; c, letztres aber ist
⋹ a0 ; c nach D 46. Oder, nur etwas anders gewendet: Laut Prämisse und
D 46 haben wir: a ; (a0 ; c) + b ⋹ a0 ; c, woraus die Konklusion auch nach
D 40 fliesst.
Wollte man die Zahl der kleinen Sätze noch vermehren, so könnte
man als Zusatz zu D 55 den aus letzterm und D 52 a fortiori folgenden
Satz anfügen:
(b ⋹ c) ⋹ (a ; b ⋹ a0 ; c).
An dieser Stelle kann jetzt schon der aus S. 366 zu wiederholende
Beweis des Satzes D 59 geliefert werden — wenngleich die Bedeutung
des letzteren als Grundlage des Satzes der vollständigen Induktion erst
etwas später verständlich wird. Der Satz ist damit erstmals strenge,
[374]Neunte Vorlesung.
nämlich ohne den oben gerügten Zirkel, bewiesen und dürfte fortan
überall angewendet werden.
Inzwischen müssen wir unsern „Hinweg“ noch vollends zu Ende
gehen.
D 57. Satz und Erklärung. Es ist:
a ; (a0 ; b) = a0 ; (a ; b),
d. h. das a-Bild der a-Kette von einem Relativ b ist zugleich die a-Kette
vom a-Bilde dieses Relativs b.
Man kann daher solches Relativ kurz durch
a00 ; b
(mit demselben Vorbehalt wie S. 370 — vorgreifend!) bezeichnen und
nach Belieben das a-Kettenbild oder die a-Bildkette von b nennen.
Beweis. Auf a ; b statt b angewendet sind D 45 und D 46 leicht
einzeln hinzuschreiben, lassen sich aber sogleich zusammenfassen zu:
a ; {b + a0 ; (a ; b)} ⋹ a0 ; (a ; b).
Diese Folgerung hat nun die Form der Prämisse von D 41, worin
nur c durch den Ausdruck rechterhand vertreten erscheint. Nach diesem
Satze gibt es nun ein u — nebenbei gesagt wäre der Ausdruck in der
geschweiften Klammer linkerhand ein solches —, welches die nachstehend
hinter dem Summenzeichen angegebnen Eigenschaften besitzt — oder, um
ganz aussagenrechnerisch vorzugehen, es gilt die Konklusion:
— wie man durch die ersichtlichen Folgerungen aus dem ersten Aussagen-
faktor, sodann durch den Subsumtionsschluss successive ersieht [und nach
dem Tautologiegesetze der Aussagenaddition ist das Summenzeichen unter-
drückbar gewesen, sobald der allgemeine Summand konstant in Hinsicht
der Summationsvariabeln u wurde — wodurch der Eindruck entsteht, als
ob man beim Folgern die Summe ⋹ ihrem Gliede verkehrterweise gesetzt
hätte!]. Mithin ist die zuletzt gefolgerte Subsumtion bewiesen.
Andrerseits gibt D 46, mit a beiderseits relativ vormultiplizirt eine
Folgerung, welche mit D 50 vereinigt lautet:
a ; {a ; (a0 ; b)} + a ; b ⋹ a ; (a0 ; b)
und wiederum die Form der Prämisse von D 47 zeigt, indem nur das dor-
tige b hier durch a ; b, das c durch die rechte Seite vertreten erscheint.
Nach dem Schema der Konklusion jenes Satzes muss also sein:
a0 ; (a ; b) ⋹ a ; (a0 ; b),
[375]§ 23. Hinweg durch Dedekind’s Kettentheorie.
was die umgekehrte Subsumtion der vorhin bewiesenen ist. Damit ist also
nunmehr die Gleichung gerechtfertigt, welche uns zu beweisen oblag.
D 58. a0 ; b = b + a00 ; b,
d. h. die a-Kette eines Relativs b setzt sich zusammen aus diesem Relativ
selbst und seiner a-Bildkette.
Beweis. Die fortan einfacher als a00 ; b ⋹ a ; b zu schreibende Sub-
sumtion D 46 zieht sich mit der D 45 zusammen zu:
b + a00 ; b ⋹ a0 ; b.
Sonach bleibt nur noch die rückwärtige Subsumtion darzuthun. Zu
dem Ende mögen wir die vorletzte Subsumtion des vorhin bei D 57 ge-
gebnen Beweises jetzt kürzer schreiben als:
a ; (a00 ; b + b) ⋹ a00 ; b, was seinerseits ⋹ a00 ; b + b,
und mögen sie mit der selbstverständlichen b ⋹ a00 ; b + b zusammenziehen zu:
a ; (a00 ; b + b) + b ⋹ a00 ; b + b,
was nach dem Schema des D 47, worin nur c durch die rechte Seite ver-
treten erscheint, die Konklusion liefert:
a0 ; b ⋹ a00 ; b + b,
deren Nachweis allein noch zu erbringen gewesen, q. e. d.
Aufgrund dieses Satzes D 58 könnte jetzt, wie S. 361 unter 0)
gezeigt, die Zusammensetzungsweise der Namen a0 ; b und a00 ; b nach-
träglich gerechtfertigt, es könnten a0 und a00 selbst als Relative er-
klärt werden — freilich in Gestalt von unendlichen Reihen, deren Bil-
dungsgesetz nur mittelst Schlusses von n auf n + 1 gerechtfertigt werden
kann, welcher Schluss ja aber nun das volle Bürgerrecht in unsrer
Disziplin erlangt hat. Damit hätte unser „Hinweg“ im Wesentlichen
sein Ende erreicht.
Interessant ist es aber noch, zu sehen, wie sich auch bevor man noch
das mit dem Namen „a0 ; b“ provisorisch (oder vorgreifend) bezeichnete
Relativ als ein relatives Produkt aus a0 in b erkannt und nachgewiesen
hat, die beiden Sätze D 61 und 62 nach Dedekind doch aus dessen
Theorie beweisen lassen.
Zu D 61. a0 ; (b + c + …) = a0 ; b + a0 ; c + … hat man:
a ; (a0 ; b + a0 ; c + …) + (b + c + …) ⋹ a0 ; b + a0 ; c + …
— als Zusammenfassung der in D 46 und 45 enthaltenen auf b, c, …
(statt b) angewandten Einzelsätze, wobei sich für die Einordnung des ersten
Gliedes linkerhand auch D 42 anziehen lässt. Und nach dem Schema von
D 47 folgt daraus der Schluss:
a0 ; (b + c + …) ⋹ a0 ; b + a0 ; c + ….
Andrerseits ist wegen b ⋹ b + c + …, c ⋹ b + c + …, … gemäss
dem in D 52, 53 a fortiori mitenthaltnen Schema D 54:
[376]Neunte Vorlesung.
a0 ; b ⋹ a0 ; (b + c + …), a0 ; c ⋹ a0 ; (b + c + …), …
was sich zusammenzieht zu:
a0 ; b + a0 ; c + … ⋹ a0 ; (b + c + …)
— womit denn die im Theorem behauptete Gleichung als Subsumtion vor-
und rückwärts bewiesen ist.
Zu D 62. a0 ; (bc …) ⋹ a0 ; b · a0 ; c … ist:
a ; (a0 ; b · a0 ; c …) ⋹ a ; (a0 ; b) · a ; (a0 ; c) … ⋹ a0 ; b · a0 ; c …,
wo die letzte Subsumtion sich durch überschiebendes Multipliziren der in
D 46 enthaltnen Sätze rechtfertigt, der Zwischenschluss aber auch durch
Berufung auf D 43 (wonach das Produkt von Ketten eine Kette sein muss)
ersetzbar wäre. Andrerseits folgt durch überschiebendes Multipliziren der
mit D 45 gegebnen Sätze:
b⋹a0 ; b, c ⋹ a0 ; c, … dass bc … ⋹ a0 ; b · a0 ; c …
sein muss. Dies mit dem vorigen vereinigt gibt:
a ; (a0 ; b · a0 ; c …) + bc … ⋹ a0 ; b · a0 ; c …,
woraus die Behauptung unmittelbar nach dem Schema von D 47 fliesst,
q. e. d.
Wir sind am Ziele, und wollen uns nun über dieses und den
zurückgelegten Weg noch des weitern unterhalten.
Die Art wie die fatale Klippe des Zirkels beim Beweis des Satzes
der vollständigen Induktion vorstehend umgangen erscheint, hat un-
verkennbar etwas Grossartiges.
Der entfaltete Scharfsinn, die Sorgfalt und der den Erfolg anbahnende
geniale Blick dürften um so bewundernswerter sein, als der Urheber dieser
Theorie keine Kenntniss oder auch nur Ahnung von der Existenz unsrer
aus allgemeinrer Grundlage hervorwachsenden Disziplin besass, die — bis-
lang teils in schwer zugänglichen amerikanischen Schriften, teils in noch
schwerer verständlichen, ungenügend erläuterten Noten der jenseitigen Lite-
ratur zerstreut — sehr wohl der Beachtung, die sie eigentlich verdient,
diesseits entgehen konnte — zu geschweigen von De Morgan’s Anläufen,
denen unbeschadet ihres bahnbrechenden Pionir-Verdienstes kaum ein Ge-
brauchswert zukommt.
Gleichwohl erscheint der Wunsch gerechtfertigt: dasselbe Ziel auf
minder kunstvolle Weise und auf kürzerm Weg zu erreichen. Vor
allem drängt sich die Frage auf, ob es denn unerlässlich ist, die Ketten-
theorie mit D 44 auf die Definition eines so zusammengesetzten Re-
lativs wie a0 ; b zu gründen? Einfacher scheint es doch, eine Definition
von a0 selbst zugrunde zu legen, und diesem gegenüber müsste jenes
wol ein Umweg genannt werden.
Wenn es uns in der That alsbald gelingen wird, die Kettentheorie
in diesem Sinne recht erheblich zu vereinfachen, so muss ich der Frage
[377]§ 23. Übergangsbetrachtung zur vereinfachten Kettentheorie.
begegnen, weshalb ich dann den Leser erst den weiten Weg geführt
und nicht sogleich mit meiner vereinfachten Darstellung hervor-
getreten? Das geschah aus mehrern Gründen.
Gegen einen Vorwurf glaube ich indess in jedem Falle — mögen die
Gründe Billigung finden oder nicht — gedeckt zu sein dadurch, dass ja
diejenigen Studirenden, denen das historische Werden dieser Theorie gleich-
gültig sein sollte und die so rasch als möglich nur das Unentbehrliche —
in einfachster Gestalt — absolviren möchten, sich durch die dem Para-
graphen gegebne Überschrift dahin avertirt finden werden, dass hier der
Anfang überblättert und dem die Vereinfachung verheissenden Schlusse
desselben zugeeilt werden kann.
Vor allem wünschte ich Dedekind’s Theorie selbst erst einmal
als solche in einer mir zusagenden Symbolik — und in ihrer vollen,
die von Dedekind in Anspruch genommene weit überragenden All-
gemeinheit — dargestellt und fixirt zu sehen. Dabei sollten einerseits
die Vorzüge unsres so viel ausdrucksvolleren und weiter tragenden Be-
zeichnungsystems recht in die Augen springen, von dem allein ich
überzeugt bin, dass es sich die Herrschaft auf dem wissenschaftlichen
Weltmarkte erringen und diese dauernd behaupten wird. Andrerseits
sollte die Schönheit ebenjener Theorie besser hervortreten, als es mir
bei der Symbolik ihres Urhebers möglich erscheint.
Auch denjenigen Lesern gegenüber, welche etwa sich nur in dieses
Buch einlesen ohne daneben auch Dedekind’s Schrift zu studiren, wollte
ich der Dedekind’schen Leistung zu ihrem Rechte verhelfen und sie ihnen
mit zugänglich machen: es muss ersichtlich sein, wie viel durch sie meiner
Vereinfachung der Theorie schon vorgearbeitet ist. Desgleichen sollte den
Mathematikern — und diese sind zahlreich — welche sich mehr oder
weniger vollständig durch die Dedekind’sche Schrift „hindurchgewunden“
haben, im Vorstehenden eine Art von „Interlinearübersetzung“ eines wich-
tigen Abschnitts derselben an die Hand gegeben werden, vermöge deren
sie rasch mit der ihnen ungewohnten, gleichsam fremdsprachigen Symbolik
der Peirce’schen Disziplin Vertrautheit erwerben können. Nebenbei wollte
ich auch einige Kritik üben und Material zusammentragen, aus welchem
die Hinfälligkeit der Ausstellungen in Hoppe’s Kritik ersichtlich werden muss.
Endlich aber bestimmt mich diese Erwägung. Wird auch bald
eine einfache Kettentheorie — gleichviel ob die unten von mir vor-
getragne, oder eine andre — die Dedekind’sche wol endgültig ver-
drängen, so bleibt an dieser doch Vieles von mehr als blos historischem
Werte. So vor allem, was die Hauptsache: Formulirung und Beweis
von D 59 (u. 60), wie sie unter 16) S. 366 dargestellt sind, werden
unverändert bestehen bleiben. Für jene, die „Formulirung“ des Satzes
der Induktion, ist eine weitre Vereinfachung gar nicht mehr denkbar,
und dieser, der — solchergestalt abgegrenzte — „Beweis“, lässt eine
[378]Neunte Vorlesung.
Steigerung der Einfachheit, die er bereits besitzt, weder geboten noch
realisirbar erscheinen. Die „Hauptsache“ also bleibt von der Verein-
fachung unberührt, und letztre kann sich nur in der Abkürzung des
langen und mühsamen Weges bethätigen, der von den grundlegenden
Definitionen bei Dedekind führte zur Sicherstellung der drei Hülfs-
sätze D 45, 47 und 55, auf denen der Beweis von D 59 beruht, und
der von da noch bis ans Ende der Theorie zurückzulegen blieb.
Und wenn wir allerdings mit wenigern und mit viel einfachern
Sätzen auskommen, wenn wir mit Sätzen, die — statt 2 oder 3 —
meist nur 1 oder 2 Relative betreffen, nun rascher und leichter zum
Ziele gelangen werden, so behält Dedekind’s Theorie dafür den Vor-
zug, mit zumeist allgemeineren Sätzen operirt und solche aufgestellt zu
haben — Sätze, die, wenn sie auch für unser gegenwärtiges Ziel ent-
behrlich gemacht sein werden, dafür vielleicht andern Zwecken sich
noch dienstbar erweisen mögen. Diese freilich würden jederzeit auch
uns, falls uns Veranlassung würde sie herbeizuziehn, rasch und leicht
zugänglich sein.
Als ein bleibender Gewinn aus Dedekind’s Theorie ist nament-
lich hervorzuheben, dass uns durch sie in D 44 eine Gruppe von Sätzen
erschlossen und im Hinblick auf die Prinzipien des Dualismus und der
Konjugation mit einem Schlage gesichert ist, die — schon einzeln gar
nicht leicht einleuchtend zu finden — durch ihr Zusammenbestehen
vollends merkwürdig erscheinen. Ich meine die folgenden Sätze, denen
ich noch ein paar ohnehin ersichtliche, aber zu der Gruppe gehörende
vorangestellt habe:
17)
| NB1 = (a ; u ⋹ u) | NB2 = (b ⋹ u) | NB1 = (u ⋹ a ɟ u) | NB2 = (u ⋹ b) |
| vel*) (u ; a ⋹ u) | vel (u ⋹ u ɟ a) | ||
| vel(a ; u + u ; a ⋹ u) | vel{u ⋹ (a ɟ u)(u ɟ a)} |
18)
[379]§ 23. Vereinfachung der Kettentheorie.
19)
| NB5 = (1' + a ; u ⋹ u) | NB5 = {u ⋹ 0'(a ɟ u)} |
| vel (u ; a + 1' ⋹ u) | vel {u ⋹ (u ɟ a)0'} |
| vel (a ; u + 1' + u ; a ⋹ u) | vel {u ⋹ (a ɟ u)0'(u ɟ a)} |
20)
| NB6 = (a ; u + a ⋹ u) | NB6 = {u ⋹ (a ɟ u)a} |
| vel (a + u ; a ⋹ u) | vel {u ⋹ a(u ɟ a)} |
| vel (a ; u + a + u ; a ⋹ u) | vel {u ⋹ (a ɟ u)a(u ɟ a)}. |
Von diesen Formeln sind alle übrigen blos Sonderfälle von 18),
das ist vom Gespann zu D 44.
Vereinfachte Kettentheorie.
Als Definition der „a-Kette“, a0, oder der Kette eines Rela-
tivs a gelte:
21) ,
wo die Erstreckungsbedingung „NB“ des Produktes laute:
22) NB, = (1' + a ; u ⋹ u).
Die „Kette von a“ ist damit erklärt als das identische Produkt —
oder um es anschaulicher zu sagen: als das umfassendste oder maximale,
„grösste“*) gemeinsame Gebiet, der grösste Gemeinteil — aller der Rela-
tive x, welche die Forderung 1' + a ; x ⋹ x erfüllen; das ist also derjenige
Gemeinteil, welcher jeden Gemeinteil der sämtlichen genannten Relative in
sich begreift, aus allen diesen sich additiv zusammensetzen wird. —
In der Hereinziehung des Gliedes 1' zur Erstreckungsbedingung scheint
eine gewisse Willkür zu liegen. Das Befremden über diese mag etwas
gemildert werden durch die Bemerkung, dass neben 0 sich 1' unter den
Moduln dadurch auszeichnet, dass inbezug auf ihn ein jedes Relativ eine
Kette sein muss. Darnach wird es nicht so unerhört erscheinen, dass man
nach denjenigen Ketten inbezug auf a frage, die als Aliorelativnegate jenen
Modul 1' in sich schliessen — um alsdann deren Produkt zu bilden.
Da die Erstreckungsbedingung zerfällt in
22)α1' ⋹ u, und 22)β a ; u ⋹ u,
so sind die Schemata anwendbar:
Π(1' ⋹u) = (1' ⋹Πu), a ; Πu ⋹ Π(a ; u) ⋹ Πu,
wovon die letzte Subsumtion nicht als allgemeine Formel gilt, sondern
blos mit Rücksicht auf den zweiten Teil 22)β der Erstreckungs-
[380]Neunte Vorlesung.
bedingung gelten muss, aus dem sie durch beiderseitiges Produktiren
folgte. Damit ist aber gefunden:
23)α1' ⋹ a0 und 23)β a ; a0 ⋹ a0,
was auch zusammenziehbar zu
23) 1' + a ; a0 ⋹ a0.
Die beiden Teile von 23) erscheinen als die vereinfachten D 45 und 46,
beziehungsweise als deren Unterfälle für b = 1'.
Aus 23)α folgt sogleich: 1' ; b ⋹ a0 ; b, also
9)†b⋹a0 ; b,
womit der Satz D 45 bewiesen ist, der nebenbei auch die Sätzchen:
a⋹a0 ; a und a0 ⋹ a0 ; a0
unter sich begreift.
Und ferner folgt im Hinblick auf 23)β:
(b ⋹ a0 ; c) ⋹ (a ; b ⋹ a ; a0 ; c ⋹ a0 ; c), womit
10)†(b ⋹ a0 ; c) ⋹ (a ; b ⋹ a0 ; c),
mithin der Satz D 55 gewonnen ist. Von den drei zum Beweise von
D 59 unentbehrlichen Sätzen verfügen wir also schon über zweie.
Ebensoleicht würden sich auch noch einige andre Sätze gewinnen
lassen, die teils selbst der Dedekind’schen Kettentheorie angehören, teils
die entsprechenden Vereinfachungen von Sätzen dieser sind, deren wir aber
hier zu entraten vermögen.
So folgt aus 23)α auch b ; 1' ⋹ b ; a0, oder der Satzb ⋹ b ; a0, welcher
auch a ⋹ a ; a0 und im Hinblick auf 23)β dann a ⋹ a0 a fortiori invol-
virt — letztre beiden die Vereinfachungen zu D 49 und 50.
Namentlich ist noch mit folgenden beiden Varianten der Überlegung:
(b ⋹ c) = (1' ⋹ a0)(b ⋹ c) ⋹ (1' ; b ⋹ a0 ; c) = (b ⋹ a0 ; c)
(b ⋹ c) ⋹ (a0 ; b ⋹ a0 ; c) = (b ⋹ a0 ; b)(a0 ; b ⋹ a0 ; c) ⋹ (b ⋹ a0 ; c)
der SatzD 52: (b ⋹ c) ⋹ (b ⋹ a0 ; c) aus 23)α oder D 45 leicht erweisbar.
Allein wenn wir bisher in Parallelismus zur Dedekind’schen Theorie
auf das Leichteste vordringen konnten mit Überlegungen, die imgrunde
nur darauf hinausliefen, die Überlegungen dieses Autors für einen ein-
fachern Sonderfall zu wiederholen (indem allerdings auch nur für diesen
sie ausgeführt werden müssen), so findet dies Verfahren nunmehr eine
Grenze. Bei D 47, 51, 53 versagen uns Dedekind’s Beweise, weil sie
wesentlich auf der allgemeinern (und komplizirtern) von diesem Autor zu-
grunde gelegten Definition D 44 beruhen, und wenn wir etwa zum Beweise
der entsprechenden Vereinfachungen dieser Sätze mit Parallelüberlegungen
zu den Dedekind’schen auszukommen versuchen, so gelangen wir ledig-
lich zu einem Zirkel zwischen den genannten drei Sätzen, aus deren jedem
[381]§ 23. Hülfssatz zur Vereinfachung der Kettentheorie.
in der That auch leicht die beiden andern ableitbar wären. Um hier nun
weiter zu kommen, bedarf es eines ganz neuen Gedankens.
Für den noch ausstehenden Beweis des dritten und letzten der
unentbehrlichen Sätze, D 47, muss ich die Kettentheorie um einen
Hülfssatz bereichern. Dieser lautet:
24)
— in Worten: Wenn b Kette ist inbezug auf a, so ist auch b ɟ b̄̆ Kette
inbezug auf a, und umgekehrt.
Beweis. Sei a ; b ⋹ b. Weil nach 9) des § 17: b = (b ɟ b̄̆) ; b ist,
haben wir dann:
a ; b = a ; (b ɟ b̄̆) ; b ⋹ b,
und aus der letzten Subsumtion folgt durch Transponiren des letzten
relativen Faktors — b — nach dem ersten Inversionstheoreme 4) des
§ 17 in der That:
a ; (b ɟ b̄̆) ⋹ b ɟ b̄̆.
Umgekehrt kann letztre Subsumtion äquivalent in die vorher-
gehende und diese in die erste umgeschrieben werden, d. h. die Schluss-
reihe ist ohne weitres umkehrbar, q. e. d.
Daraufhin kann man nunmehr — in Analogie zu D 41 — noch
einen weitern Hülfssatz aufstellen; doch ist es nicht gerade unerläss-
lich, ihn als solchen formulirt zu haben oder gar zu memoriren;
vielmehr würde es genügen, seinen Beweis mit demjenigen des fol-
genden Hauptsatzes (D 51) zu verschmelzen. Er lautet:
25) ,
in Worten: Wenn b Kette ist inbezug auf a, so gibt es eine Kette u
inbezug auf a, die alle individuellen Selbstrelative in sich schliesst und
inbezug auf welche b eine Kette ist. Und zwar ist:
(Beweis) u = b ɟ b̄̆ eine solche Kette.
Denn diese erfüllt erstlich wegen 3) des § 8, nämlich 1' ⋹ b ɟ b̄̆
die Forderung 1' ⋹ u, zweitens nach dem vorigen Hülfssatze 24) auch
die Forderung a ; u ⋹ u, und drittens nach 9) des § 17 auch diese:
u ; b ⋹ b, indem ja zwischen (b ɟ b̄̆) ; b und b sogar Gleichheit besteht.
Dementsprechend konnte auch in 25) das letzte Einordnungszeichen als
ein Gleichheitszeichen angesetzt werden.
Man kann dem Satze 25) noch eine hübschere Gestalt geben. Der
Forderung 1' ⋹ u wird nämlich mittelst des Ansatzes u = 1' + v auf die
allgemeinste Weise genügt, und entsteht:
[382]Neunte Vorlesung.
,
indem bei der letzten Teilforderung der Term 1' ; b oder b, als schon
selbstverständlich im Prädikat b enthalten, wegfiel. Der Bedingung v ; b ⋹ b
oder v ⋹ b ɟ b̄̆ ist nun wiederum auf die allgemeinste Weise mittelst
v = (b ɟ b̄̆)w zu genügen, wonach bleibt:
26) .
Das heisst: falls b Kette, so gibt es auch ein Relativ w derart, dass
auch 1' + (b ɟ b̄̆)w Kette ist — inbezug auf a. Ein solches ist in der That
w = b ɟ b̄̆, wofür 1' + (b ɟ b̄̆)w = b ɟ b̄̆ ebenfalls wird und wir auf 24) zu-
rückkommen.
Nun führt unser Weg über D 51 nach D 47. Um den Satz
D 51 oder
27)
zu beweisen ist es wesentlich, aus der Voraussetzung a ; b ⋹ b die
Folgerung a0 ; b ⋹ b zu ziehen, wo bedeutet, erstreckt über
die Werte von u, die der Bedingung „NB“ genügen. Nun ist gewiss:
und zwar welches der Erstreckungsbedingung genügende Relativ unter
dem letzten u auch immer verstanden werden möge. Dies aufgrund
des Satzes 5) des § 6 und weil das Produkt eingeordnet sein muss
einem jeden von seinen Faktoren.
Nun ist beim vorigen Hülfssatz — unter 25) — gezeigt, dass
unter diesen Faktoren sich wenigstens einer befindet, welcher Teil ist
von b, dass es nämlich ein der NB genügendes u gibt — in Gestalt
von b ɟ b̄̆ — für welches u ; b ⋹ b ist, und sonach muss also in der
That auch a0 ; b ⋹ b a fortiori sein.
Diese Subsumtion kann dann sofort mit D 45 oder 9) zur Gleichung
a0 ; b = b zusammengezogen werden, womit die Aussagensubsumtion
(a ; b ⋹ b) ⋹ (a0 ; b = b)
gerechtfertigt ist. Behufs Rechtfertigung der umgekehrten Aussagensub-
sumtion — die für unsern Hauptzweck nebensächlich ist und sogar schon
mit der abgeschwächten Prämisse als
(a0 ; b ⋹ b) ⋹ (a ; b ⋹ b)
gelten muss — braucht man sich blos auf das im Kontext S. 380 schon
gerechtfertigte a ⋹ a0, ergo a ; b ⋹ a0 ; b, zu berufen.
[383]§ 23. Vereinfachte Kettentheorie.
Der Beweis von D 47 oder
11)†(a ; c + b ⋹ c) ⋹ (a0 ; b ⋹ c)
ist nun endlich ganz leicht so zu leisten:
(a ; c + b ⋹ c) = (b ⋹ c)(a ; c ⋹ c) ⋹ (a0 ; b ⋹ a0 ; c)(a0 ; c ⋹ c) ⋹ (a0 ; b ⋹ c)
— aufgrund von 27) oder D 51.
Somit sind jetzt alle Vorbedingungen des zirkelfreinen Beweises
von D 59, 60 gewonnen.
Es erübrigt jetzt nur noch die Vereinfachung zu D 58, oder den
Satz zu gewinnen:
28) a0 = 1' + a ; a0
— eine Rekursion, aus welcher ja die Potenzreihe für a0 leicht ab-
leitbar ist.
Dies gelingt unschwer wie folgt. Nach 23) haben wir:
1' + a ; a0 ⋹ a0 = Πu ⋹ u, somit
1' + a ; a0 ⋹ u
für jedes der NB genügende u. Mithin ist u jedenfalls von der Form:
u = 1' + a ; a0 + v,
und erhalten wir durch Einsetzung in 22) für v die Erstreckungsbedingung:
1' + a + a ; a ; a0 + a ; v ⋹ 1' + a ; a0 + v,
welche sich jedoch sofort vereinfacht zu
NB0 =) a ; v ⋹ 1' + a ; a0 + v,
indem die drei ersten Glieder des Subjektes als schon bekanntermaassen
im Prädikate enthaltene unterdrückbar sind; es folgt ja a ⋹ a ; a0 sofort
(als a ; 1' ⋹ a ; a0) aus 23)α und a ; a ; a0 = a ; (a ; a0) ⋹ a ; a0 aus 21)β.
Darnach ist gefunden:
,
sintemal v = 0 der NB0 genügt, somit Πv = 0 ist, q. e. d.
Zum Überfluss wollen wir — ohne Benutzung der Potenzreihe
für a0 — auch noch die beiden Sätze beweisen:
7)†a0 ; a0 = a und 6)†a ; a0 = a0 ; a (was = a00 zu definiren).
Der erstre 7) ergibt sich als Konklusion aus 23)β nach dem
Schema von 27) oder D 51, dieses für b = a0 in Anspruch genommen.
Er ist sozusagen der Kern des Satzes D 53: (b ⋹ a0 ; c) ⋹ (a0 ; b ⋹ a0 ; c),
[384]Neunte Vorlesung.
aus welchem er für b = a0, c = 1' hervorginge, wo dann, weil die
Prämisse gilt, auch die Konklusion gelten muss. Umgekehrt folgt aus
ihm leicht D 53 mit: (b ⋹ a0 ; c) ⋹ (a0 ; b ⋹ a0 ; a0 ; c = a0 ; c).
Behufs Beweises des letztern 6) verfügen wir bereits über: a ; a0 ⋹ a0
und a0 ; a ⋹ a0.
[Jenes war 23)β und dieses folgt etwa für b = a0 wegen 7) aus dem
zweiten Satze links in 27) rückwärts.]
Darnach haben wir auch
a ; (a ; a0) ⋹ a ; a0, (a0 ; a) ; a ⋹ a0 ; a.
Nach den Schemata links in 27) schreibt nun dies sich äquivalent um in:
a0 ; (a ; a0) = a ; a0, (a0 ; a) ; a0 = a0 ; a,
wonach wegen der Übereinstimmung der linkseitigen Ausdrücke (mit-
einander und mit a0 ; a ; a0) auch die rechten Seiten einander gleich sein
müssen, q. e. d.
Hiermit ist nun auch der Satz:
5)†a00 ; a00 ⋹ a00,
den ich als den Angelpunkt der ganzen Kettentheorie bezeichnen möchte,
ohne Benutzung von Reihenentwicklungen beweisbar wie folgt:
a00 ; a00 = a ; a0 ; a0 ; a = a ; a0 ; a ⋹ a0 ; a = a00.
Wer endlich Gewicht darauf legt, von unserm einfachern Ausgangs-
punkte 21) aus auch noch die allgemeinere Erklärung D 44 nun als Theorem
zu gewinnen, wird am besten den unter 11) des § 24 folgenden Überlegungen
sich zuwenden, d. h. er braucht blos die von uns für die Proposition
a ; x + b ⋹ x gegebne allgemeine Lösung als solche zu verifiziren (was
wiederum ohne Reihenbenutzung aufgrund schon etablirter Sätze angängig
— siehe dort) und von ihr das Produkt Π zu nehmen.
Von jetzt an aber mögen die aus 28) fliessenden Reihenentwickelungen:
29) a0 = 1' + a + a2 + a3 + …, a00 = a + a2 + a3 + …
flott benutzt werden.
Es mögen schliesslich die Begriffe der a-Kette und der a-Bildkette
von b noch durch ein paar Figuren veranschaulicht werden.
Schon im Hinblick auf Bemerkungen, wie die von Hoppe1 p. 30:
„Im Gegenteil würde man die*) gegebnen leeren Rahmen, um doch etwas
dabei zu denken, kaum anders auszufüllen wissen als durch die bekannten
Zahlen“ dürfe solches nicht ganz überflüssig erscheinen.
Ich hatte aber diese Figuren 22 und 23 schon anfertigen lassen, als
ich mich noch der Dedekind’schen Bezeichnungsweisen bediente, und muss
demgemäss bitten, die Buchstaben darin etwas abgeändert zu denken, näm-
lich die kleinen a, a', b, b', c, c' durch gleichnamige grosse: A, A', B, B',
C, C' ersetzt zu erachten, für die Zeichen A, A', A'', A''' und B der
[385]§ 23. Kette und Bildkette an Beispielen veranschaulicht.
Figuren aber b, b', b'', b''' und c zu nehmen, damit der Buchstabe a für
das als Abbildungsprinzip zu wählende Relativ frei bleibe.
Die Accente werden dabei nach dem Schema
b' = a ; b, b'' = a ; b' = a ; a ; b = a2 ; b, b''' = a ; b'' = a3 ; b,
als Abkürzungen aufzufassen sein, die behufs Vereinfachung der in die
Figur zu machenden Einträge ad hoc gewählt sind.
Es dürfte keinen Anstoss erregen, vielmehr noch obendrein instruktiv
sein, dass wir ferner einer andern Methode geometrischer Veranschaulichung
als der im § 4 geschilderten uns bedienen.
Als ersten Denkbereich 11 fassen wir diesmal die Gesamtheit der Punkte
eines Kreissektors in’s Auge, oder auch des zugehörigen Winkelraumes,
wenn man will auch die der Punkte der ganzen Ebene.
Irgend eine Figur in dieser, z. B. ein schraffirtes Flächenstück, wird
uns dann also ein „System“ vorstellen, und jeder Punkt ein „Element“
solchen Systems (und nicht, wie in § 4, ein Elementepaar!).
Als „Relativ“ a, bezüglich dessen Kettenbildung illustrirt werde, wähle
ich eine „eindeutige Zuordnung“, eine wirkliche „Abbildung“ aus dem unsrer
Theorie gegenüber beschränkteren Ideenkreise der Dedekind’schen Schrift
— mit Absicht, gerade um zu zeigen, dass schon diese ein weit über das
Zahlensystem hinausragendes Substrat besitzt.
Diese Abbildung ist bei den drei in Fig. 22 zu erblickenden Sektoren
eine auch eindeutig umkehrbare, somit in D’s Terminologie „ähnliche“
(oder „deutliche“) — bei dem nach links gehenden Sektor aber eine andere,
als bei den zwei nach rechts gehenden Sektoren.
Bei letztern gilt als a-Bild eines (ein Element repräsentirenden) Punktes A
der Punkt A' = a ; A, welcher halb so wiet vom Kreiszentrum entfernt auf
dem Fahrstrahl von A liegt, bei ersterm aber der in der doppelten Ent-
fernung auf dem gleichen Fahrstrahl gelegene Punkt.
Als System b (in der Figur: A) ist nun das in den Sektor fallende
Stück eines konzentrischen Kreisringes genommen, und erblickt man bei
dem nach rechts oben gehenden Sektor in der unbegrenzten Folge der nach
dem Mittelpunkt zu sich immerfort verjüngenden schraffirten „Vierecke“
Schröder, algebra der Relative. 25
[386]Neunte Vorlesung.
die a-Kette a0 ; b solchen Systemes b, zugleich auch vom äussersten Viereck b
ab nach innen fortschreitend die a-Bildkette a00 ; b desselben. Die Dimen-
sionen des b sind hier so gewählt, dass jedes der Objekte mit seinem Bilde
disjunkt erscheint.
Bei dem nach rechts unten gehenden Sektor ist b so gewählt, dass
das Bild sich unmittelbar an das Objekt anschliesst. Die a-Kette von b
ist hier der ganze schraffirte Sektor, und seine radial gemessen innere
Hälfte muss die a-Bildkette von b (gleichwie dessen Kettenbild) veranschau-
lichen. Bei Übergreifen eines Objektes über sein Bild würde der Erfolg
ein ähnlicher sein.
Bei dem nach links gehenden Sektor oder Winkelraum ist a0 ; b der
Inbegriff der nach aussen unbegrenzten Folge von sich fortgesetzt ver-
grössernden schraffirten Vierecken, und a00 ; b ebendiese jedoch ohne das
innerste derselben — wobei es belanglos bleibt, dass hier Divergenz bei
der Reihe der Maasszahlen dieser schraffirten F;ächen vorliegen würde.
In Fig. 23 ist eine zwar ein-
deutige aber nicht eindeutig
umkehrbare Zuordnung als Ab-
bildungsprinzip a gewählt.
Als Denkbereich 11 (oder
Dedekind’s System) erblickt
man hier das Punktsystem
eines Kreisausschnittes, der aus
zwei Sechstelkreisen oder Sex-
tanten I und II und einem
halben solchen III zusammen-
gesetzt ist.
Als Abbildungsprinzip a gelte
folgendes.
Bild eines Punktes A (a der Fig.) in I sei allemal der Punkt A' = a ; A
(a' der Fig.), auf welchen A zu liegen kommt, wenn man den Sextanten I
(ohne umzuklappen) einfach über die „Rutschkante“ MR hinüberschiebt,
bis er mit II sich deckt.
Bild eines Punktes C (c der Fig.) in III sei der Punkt C' = a ; C
(c' der Fig.), auf welchen C zu liegen kommt, wenn man die Sextanten-
hälfte III über die „Falzkante“ MF umklappt, bis sie mit der benachbarten
Hälfte von II sich deckt.
Das Bild B' = a ; B eines Punktes B in II (resp. b' von b der Fig.)
dagegen werde ähnlich wie oben bestimmt als derjenige Punkt, welcher in
der halben Entfernung vom Mittelpunkte auf demselben Strahle mit B
gelegen ist.
Alsdann ist einleuchtend, dass wir mit einer Abbildung des ganzen
Denkbereichs oder Systems 11in sich selbst zu thun haben.
In Fig. 23 findet sich alsdann durch Schraffur versinnlicht die a-Kette
a0 ; (b + c) des Systems b + c der Punkte, welche die Fläche der beiden
Kreise b und c (A und B der Fig.) ausfüllen, und empfehlen wir dem
Leser, die Bilder der vier Segmente, in welche die erwähnten „Kanten“
MF, MR die Flächen dieser Kreise zerlegen, und darnach wiederum deren
[387]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
Bilder, etc. mit der Anschauung aufzusuchen und zu verfolgen. Leicht
wird man auch, indem man sich in die Flächen b oder c (A, B der Fig.)
oder in deren Bilder resp. Ketten oder Bildketten ein irgendwie begrenztes
Punktgebiet im Geiste einzeichnet, daran die Gültigkeit noch andrer von
den Sätzen, wie D 45 ‥ D 56, mit der Anschauung zu kontroliren vermögen.
§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
Durch die Einführung des Begriffs der „Kette inbezug auf ein
Relativ“ mittelst D 37 sind folgende zwei Aufgaben nahe gelegt.
Aufgabe 1. Das allgemeinste Relativ zu bestimmen, inbezug auf
welches ein gegebnes b eine Kette ist, d. h. die Subsumtion aufzulösen:
x ; b ⋹ b.
Diese Aufgabe ist nur ein Spezialfall der in § 17 durch das erste
Inversionstheorem gelösten. Als Lösung hat man darnach augenblicklich:
x ⋹ b ɟ b̄̆ oder x = u(b ɟ b̄̆) für ein unbestimmtes oder arbiträres u, d. h.
es mag der Satz notirt werden:
1) .
Partikulare Wurzeln sind x = 0 sowie x = 1', also: inbezug auf die
Moduln 0 und 1' ist jedes Relativ Kette.
Aufgabe 2. Das allgemeinste Relativ zu bestimmen, welches inbezug
auf ein gegebnes a eine Kette ist, d. h. nach x die Subsumtion aufzulösen:
a ; x ⋹ x.
Die Lösung dieser Aufgabe haben wir bereits in 5) des § 22 S. 325
gegeben und als die allgemeine Wurzel zwei Ausdrücke gefunden: x = a0 ; u
und x = ā̆1 ɟ u, welche leicht als wesentlich verschieden zu erkennen sind,
nämlich ob sie zwar für u gleich einer Wurzel x mit dieser selbst und
miteinander zusammenfallen, doch sonst, bei beliebigem u, verschiedene
Wurzelwerte darstellen können. Denn andernfalles müsste auch für u = 1'
bei beliebigem a gelten:
a0 ; 1' = a0 = 1' + a + a2 + a3 + … = ā̆1 ɟ 1' = 1'(ā̆ ɟ 1')(ā̆ ɟ ā̆ ɟ 1') …,
was offenbar falsch, da das bestimmungslose a nicht ⋹ 1' zu sein braucht.
Sofern es gestattet ist, aus jenem Gespanne 5) § 22 das für uns Wich-
tigste hier wiederholend hervorzuheben, notiren wir den Satz:
2) .
Diese Aufgabe gab wol den natürlichsten Anlass zur Einführung des
Begriffes a0 der a-Kette, sowie des a-Geketts: die Unbekannte muss die
a-Kette von irgendwelchem Relative u sein — desgleichen das a-strich-
konvers-Gekett piu einem solchen unbestimmten Relative.
Als partikulare Wurzeln sind aus der Gruppe der Moduln bei be-
liebigem a nur x = 0 und x = 1 angebbar, d. h. es ist (konform mit D 38)
zu sagen, dass der ganz leere, sowie der volle (ganze) Denkbereich inbezug
25*
[388]Neunte Vorlesung.
auf jedes Relativ eine Kette ist, ein jedes ihn nur „in sich selbst ab-
bilden“ kann.
Bei der Wahl von u = a0 resp. a erhalten wir ausserdem aus der
ersten Lösungsform x = a0 sowie x = a00 als partikulare Wurzeln, der-
gleichen sich noch unbegrenzt viele weitre als x = a000, etc. allgemein an-
geben liessen — falls wir mit diesem Symbol die Summe der Reihe 6)
S. 325 für a0 ohne die zwei ersten Glieder bezeichneten, etc. Etc. dual
entsprechend.
Die a-Kette oder Kette von a, desgleichen die a-Bildkette ist demnach
auch immer „Kette inbezug auf a“. Etc.
Mit beiden Lösungsformen 2) haben wir bereits S. 331 die zwei Proben
gemacht; mit der ersten lief die Probe 1 hinaus auf den Satz a ; a0 ⋹ a,
dessen Gespann auch schon in 6) S. 361 gebucht ist. Mit der zweiten
Lösungsform wurde zwar auch auf S. 331 unten schon die Probe 1 ge-
macht; dagegen ist noch nicht als Satz gebucht die Thatsache, dass auch
sie stimmt — und verdient es noch zu werden. Sagt man b für das dor-
tige u, so ist daselbst der Satz erwiesen:
3)
und insbesondre für b = 0', etc.:
4)
Um die dual entsprechenden Formeln auseinander abzuleiten muss man
kontraponiren, wie sonst die Buchstaben durch ihre Negate, zugleich aber
a durch ă (etc.) ersetzen. —
Wie die Spezies der Negation an einem Symbol der Form a0, a00,
a1, a11, etc. auszuführen ist, haben wir bereits in 9) S. 326 statuirt. Da-
gegen wird es für das Folgende nützlich sein, auch noch die Wirkung der
Konversion an einem Symbole dieser Reihe vorweg zu erledigen.
Zu dem Ende ist blos zu beachten, dass nach den Regeln des Kon-
vertirens S. 85 und im Hinblick auf den Bau 7) S. 326 von a0, etc.
sein muss:
5)
Die Reihenfolge der beiden Operationen des Konvertirens und des Kette-
(resp. Bildkette, Gekett, etc.)Nehmens von einem Relative muss somit
gleichgültig sein: das Konverse von der Kette ist die Kette vom Konversen,
etc. — wogegen, wie wir bei 9) S. 326 gesehen haben, solches bei den
Operationen des Negirens und der Ketten(etc.)bildung nicht der Fall ist.
Soll vielmehr einer Kette a0 das Strich- oder Strichkonverszeichen über-
gesetzt werden, und man will diese letztern Operationen an der Kette aus-
führen, d. h. das Zeichen dem Buchstaben a selbst zuteilen, so müssen zu-
gleich die Suffixe 0 und 1, resp. 00 und 11 ausgetauscht werden! Man wird
[389]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
deshalb auch ā0, ā̆11 als astrichnull, astrichkonvers einseins (und nicht als
anullstrich, etc.) zu lesen haben.
Nach dem ersten Inversionstheoreme kann nun übrigens von den vier
relativen Termen in 3) jeder transponirt werden. Es entstehen dadurch
die Formelgespanne — wofern wir die konjugirten unerwähnt lassen:
3a)
| ā̆1 ɟ b ⋹ ā̆ ɟ ā̆1 ɟ b | a ; a0 ; b ⋹ a0 ; b |
3b)
| a⋹ā̆1 ɟ b ɟ b̄̆ ; a0 | a0 ; b ; (b̄̆ ɟ ā̆1) ⋹ ā̆ |
3c)
| a0 ; a ; (ā̆1 ɟ b) ⋹ b | b⋹ā̆1 ɟ ā̆ ɟ a0 ; b |
3d)
| a ; (ā̆1 ɟ b) ; b̄̆ ⋹ ā̆1 | a0⋹ā̆ ɟ a0 ; b ɟ b̄̆ |
— worin, da sie wie 3a) rechts aus a ; a0 ⋹ a0 teilweise auch schon be-
kannt sind, ein direktester Beweis der Formeln zu erblicken ist.
Ersetzt man noch in 3c) das a0 ; a durch a ; a0 (wonicht a00) und
transponirt abermals (das a), so kommt hinzu:
a0 ; (ā̆1 ɟ b) ⋹ ā̆ ɟ b oder ā̆0 ; (a1 ɟ b) ⋹ a ɟ b | a ; b ⋹ ā̆1 ɟ a0 ; b
und andres mehr.
Nunmehr treten wir noch in etliche freie Forschungen ein. Die
Ergebnisse der Untersuchung nach den Prinzipien des Dualismus und
der Konjugation zu „Gespannen“ zu ergänzen, sei zumeist dem Leser
überlassen.
Nachdem mit den Suffixen 0, 00, 1, 11 äusserst konzise Namen her-
stellbar gemacht und eingeführt sind für Ausdrücke, die allerdings die
Form von unendlichen Entwickelungen aufweisen, als solche jedoch
das allereinfachste und durchsichtigste Bildungsgesetz zeigen, wollen
wir kürzehalber übereinkommen, von der Lösung einer Aufgabe zu
sagen, dass sie sich „in halbgeschlossener Form“ (genauer vielleicht,
statt semi-, quasi-geschlossen) präsentire, sobald sich ihr Ausdruck
mittelst endlicher Menge von Operationen der 6 Spezies und solcher
Suffixerteilungen aufbaut. Unsre der Kürze halber als „halbgeschlossen“
bezeichnete Formen sind also wesentlich solche, die im Operations-
kreis der 6 Spezies zwar als unendliche Entwickelungen sich präsen-
tiren, dagegen nach Adjungirung des Begriffs der a-Kette sich als ge-
schlossene Formen darstellen.
Wir schreiten zunächst dazu, die letzte Aufgabe zu verallgemeinern.
Augabe 3. Nach x die Subsumtion aufzulösen:
6) a ; x + b ⋹ x.
Diese spielt ja obendrein in verschiednen der Dedekind’schen Sätze
— D 40, 41, 44, 47, 48 — eine so hervorragende Rolle, dass schon da-
durch die Aufgabe nahe gelegt erscheint. Ihre Lösung kann auf mehreren
Wegen erfolgen, die wir sämtlich aus-gehen wollen, sintemal sie zu inter-
essanten Ergebnissen führen und ihre Vergleichung methodologisch lehrreich
erscheint. Dieselben führen uns zu folgenden vier getrennt zu chiffrirenden
[390]Neunte Vorlesung.
Formen der Lösung.
7)
8)
9)
10) ,
deren erste „die beste“ zu nennen.
Zur Herleitung. Da x = 1 der Forderung der Aufgabe genügt, so
haben wir keine Resultante.
In Anbetracht, dass in 3) rechts x als Prädikat bereits isolirt er-
scheint, kann man eine erste Lösungsform augenblicklich nach dem Satz 1)
des § 13 hinschreiben in der Gestalt:
.
Mit diesem f(u) = b + (1' + a) ; u beweist man aber leicht durch Schluss
von r auf r + 1 das Bildungsgesetz der iterirten Funktion:
fr(u) = (1' + a)r ; u + (1' + a)r — 1 ; b = (1' + a)r — 1 ; f(u)
in Anbetracht, dass (1' + a)r — 1 ⋹ (1' + a)r = (1' + a) ; (1' + a)r — 1 sein muss.
Damit ist dann
f∞(u) = (1' + a)∞ ; u + (1' + a)∞ ; b = a0 ; b + a0 ; u = a0 ; (b + u)
gefunden, d. h. es ist die Lösungsform 7) heuristisch gewonnen. Es wird
uns nachher auch noch ein andrer Weg zu ebendieser führen.
Zum Überfluss soll sie auch direkt verifizirt werden. Dass die Probe 1
stimmt, beruht lediglich auf den Sätzen 1' ⋹ a0 und a ; a0 ⋹ a0.
Die Probe 2 fällt zusammen mit dem Nachweis des Satzes:
11) (a ; x + b ⋹ x) = {x = a0 ; (b + x)} = {a0 ; (b + x) ⋹ x},
dessen letzter Teil sich daraus versteht, dass die letzte Subsumtion rück-
wärtig (wegen D 45) ohnehin gilt, wogegen vom ersten Teile die vor-
wärtige Aussagensubsumtion darnach aus 13) des § 23 (resp. aus D 40)
gerechtfertigt werden kann, indem
(a ; x + b ⋹ x) ⋹ {a ; (b + x) ⋹ x} ⋹ {a ; (b + x) ⋹ b + x} = {a0 ; (b + x) = b + x = x}
nach D 51 und wegen b ⋹ x sein muss, die rückwärtige durch Probe 1
(diese für u = x in Anspruch genommen) bereits sich erwiesen findet, q. e. d.
Die hiermit gerechtfertigte Lösung 7) setzt uns in den Stand, nun
auf die eleganteste Weise für den rückwärtigen Gang der Unter-
suchung im § 23 den noch ausstehenden letzten Schritt zu vollziehen,
nämlich zur Dedekind’schen Definition D 44 der a-Kette von b heu-
ristisch zu gelangen. Es folgt:
,
[391]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
indem offenbar sein muss, als den Faktor a0 ; 0 (= 0) auf-
weisend.
Damit sind wir nun erst den im § 23 so genannten „Rückweg“
völlig zu Ende gegangen.
Sehn wir vorgreifend auch die drei andern Lösungsformen 8, 9, 10)
als schon erwiesen an und wenden, um es sogleich abzumachen, auch auf
sie den eben neu gerechtfertigten Satz D 44 an, so wird das zum Teil
recht lehrreich, und findet der Satz auch dadurch seine Bestätigung.
Anwendung von D 44 auf Lösungsform 8) liefert das neue Ergebniss:
12)
dessen drei letzte Thesen als Sonderfälle mit den Annahmen b = a, 1', a0
aus der ersten fliessen.
Diese ist von ziemlich verwickelter Natur, und werden wir erst im
§ 29 in den Stand gelangen, sie auch ohne Vermittelung von D 44 direkt
zu beweisen. Um nicht nochmals darauf zurückkommen zu müssen, sei
wiederum vorgreifend bemerkt, dass in der That nach Auswertung des Π
gemäss dem zweiten Schema 110) des § 29 der erste Satz 13) sich in der
Form bewahrheiten wird:
a0 ; b = (a0 ɟ ā̆1)(a0 ; ă0) ; b,
indem man nur das a, b, c, d, e jenes Schema’s durch resp. ă0, 1, a0 ; ă0,
ā1, b zu ersetzen hat. Dass aber dieses richtig, sieht man so. Nach einer
gleich nachher begründeten Formel 14) wird der erste relative Faktor rechts
sich zu a0(a0 ; ă0) vereinfachen, und da wegen 1' ⋹ ă0 auch a0 = a0 ; 1' ⋹ a0 ; ă0
ist, so muss derselbe in der That a0 selbst sein. —
Zur Lösungsform 9) wird:
,
weil der für u = 0 sich ergebende Faktor des Π in allen andern enthalten
ist. Wogegen die Lösungsform 10) den Satz D 44 nur einfach bestätigt:
indem das Π des letzten Gliedes von x, als den auch einmal Nullwert an-
nehmenden Faktor u enthaltend, verschwinden muss. Nach jenem Resultat
jedoch wird das Gespann gelten müssen:
13)
mithin auch: ā̆1 ɟ b = a0 ; (ā̆1 ɟ b) = a0 ; ā̆1 ɟ b.
Der dritte Ausdruck folgt aus dem zweiten so hinzu, dass man die
erste Gleichung für b = 1' in Anspruch nimmt, wo sie zusammen mit der
konjugirten liefert:
14)
Ich will noch Anleitung geben, wie man die erstmals so gewonnenen
Sätze auch direkt beweisen kann, speziell die erste Gleichung 13).
Hievon kommt die vorwärtige Subsumtion a0 ; b ⋹ ā̆1 ɟ a0 ; b nach dem
ersten Inversionstheoreme auf a0 ; a0 ; b ⋹ a0 ; b somit a0 ; a0 ⋹ (sogar =) a0
hinaus. Die rückwärtige versteht sich mit ā̆1 ⋹ 0' — cf. 3) S. 361 — aus
ā̆1 ɟ a0 ; b ⋹ 0' ɟ a0 ; b = a0 ; b, q. e. d. Auch so:
Schreibt man nach dem S. 331, Z. 6 v. u. gegebnen Vorbild die rechte
Seite der fraglichen Gleichung 13) ausführlich hin, so lautet die Gleichung:
a0 ; b = a0 ; b · (ā̆ ɟ a0 ; b)(ā̆ ɟ ā̆ ɟ a0 ; b) …, läuft also hinaus auf die Einord-
nung der linken Seite unter das Produkt der Faktoren rechterhand vom
ersten ab. Dass dann in der That unser Subjekt jedem von diesen Fak-
toren eingeordnet sein muss, folgt wegen a ; a0 ⋹ a0 nach dem ersten In-
versionstheoreme, indem z. B. die Einordnung a0 ; b ⋹ ā̆ ɟ ā̆ ɟ a0 ; b äquivalent
ist mit: a ; a ; a0 ; b ⋹ a0 ; b. Etc.
Zum Überfluss kann man zeigen, dass jedes Glied aλ ; b des Subjektes
a0 ; b in jedem Faktor (ā̆ ɟ)ϰ ɟ a0 ; b des Prädikates enthalten ist, indem in
letzterem steckt: (ā̆ ɟ)ϰ ɟ aϰ + λ ; b und die Einordnung aλ ; b ⋹ (ā̆ ɟ)ϰ ɟ aϰ + λ ; b
nach dem ersten Inversionstheorem äquivalent ist mit der als Gleichung
selbstverständlich geltenden aϰ ; aλ ; b ⋹ aϰ + λ ; b. —
Treten wir nach dieser Digression jetzt wieder an die systematische
Auflösung unsrer Subsumtion 6) heran.
Als Subjekt lässt sich x in ihr nicht isoliren in Anbetracht, dass die
Subsumtion 6) zerfällt in:
15) a ; x ⋹ x und b ⋹ x.
Wenn dann auch aus der ersten Teilsubsumtion allerdings x als Sub-
jekt isolirt werden kann zu: x ⋹ ā̆1 ɟ x, so ist das doch nur ein abge-
schwächter Schluss und würden wir als äquivalente Transformation von 6)
vielmehr eine Doppelsubsumtion behalten: b ⋹ x ⋹ ā̆1 ɟ x. Der Satz 1) des
§ 13 liefert uns folglich keine zweite Lösung.
Zwecks Entdeckung von Lösungen scheint es vielmehr naturgemäss
geboten, dass wir den beiden Teilsubsumtionen 15) nacheinander zu ge-
nügen suchen. Je nach der Reihenfolge, für die man sich dabei entscheidet,
gestaltet sich dies aber verschieden.
Erstes (eigentlich schon zweites) Lösungsverfahren. Wir erfüllen
zuerst die erste Forderung 15). Nach 2) ist dies bereits auf zwei Arten
möglich.
Einmal wird jener Fordrung auf die allgemeinste Weise genügt durch
den Ansatz: x = a0 ; v für ein unbestimmtes v. Letztres wird jedoch in
seiner Unbestimmtheit noch weiter eingeschränkt durch die Forderung, dass
unser x auch der zweiten Subsumtion 15) genüge, d. h. dass b ⋹ a0 ; v
werde. Hieraus fliesst zunächst b ⋹ a0 ; 1 als Resultante nach v. Diese
ist aber von selbst erfüllt, indem der Satz gilt:
16)
| a0 ; 1 = 1 = 1 ; a0 | a1 ɟ 0 = 0 = 0 ɟ a1, |
wie sich links daraus versteht, dass 1' ⋹ a0 also 1' ; 1 = 1 ⋹ a0 ; 1 sein muss.
In der That kann (somit) eine a-Kette weder Leerzeilen noch Leerkolonnen
haben, ein Gekett aber keine Vollreihen.
[393]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
Darnach bestimmt sich denn v ohne weitres nach dem zweiten In-
versionstheoreme 11) S. 249 zu
v = u + ă0 ; (ā1 ɟ ū)b
mit Rücksicht auf 9) S. 326 und 5). Durch Einsetzung ist hernach die
zweite Lösungsform 8) gewonnen.
Nach der zweiten Art wird der ersten Subsumtion 15) auch auf die
allgemeinste Weise zu genügen sein mittelst des Ansatzes: x = ā̆1 ɟ w.
Soll dieses x nun auch die zweite erfüllen, so müssen wir w aus b ⋹ ā̆1 ɟ w
berechnen. Dies gelingt sofort nach dem ersten Inversionstheoreme, welches
uns a0 ; b ⋹ w, also w = a0 ; b + u liefert. Damit ist die dritte Lösungs-
form 9) gefunden.
Es ist instruktiv, auch mit dieser die beiden Proben zu machen.
Probe 1 erfordert zu zeigen, dass für w = a0 ; b + u sowol a ; (ā̆ ɟ w) ⋹ ā̆1 ɟ w
— was wir bereits S. 331 unten für jedes w gethan — als auch, dass
b ⋹ ā̆1 ɟ w = ā̆1 ɟ (a0 ; b + u) sein muss. Letzteres geht auf zwei Arten:
erstens kommt die Subsumtion nach dem ersten Inversionstheoreme äqui-
valent hinaus auf die evidente a0 ; b ⋹ a0 ; b + u, und zweitens folgt die-
selbe a fortiori, falls sie für u = 0 zutrifft. Dass aber
b⋹ā̆1 ɟ a0 ; b = a0 ; b · (ā̆ ɟ a0 ; b)(ā̆ ɟ ā̆ ɟ a0 ; b) …
kann auch gezeigt werden, indem man darthut, dass b in jedem Faktor der
rechten Seite enthalten sein muss. Dies folgt wieder durch Umwandlung
der bezüglichen Subsumtionen nach dem ersten Inversionstheorem in diese
aus dem Bau von a0 ; b selbstverständlichen:
b⋹a0 ; b, a ; b ⋹ a0 ; b, a ; a ; b ⋹ a0 ; b, …
kann aber endlich auch ohne dies Theorem auf eine Weise dargethan
werden, die ich beispielsweise für den dritten Faktor darlegen will. Wegen
1' ⋹ ā̆ + a ist auch b = 1' ; b ⋹ (ā̆ ɟ a) ; b ⋹ ā̆ ɟ a ; b und
ā̆ ɟ a ; b = ā̆ ɟ 1' ; a ; b ⋹ ā̆ ɟ (ā̆ ɟ a) ; a ; b ⋹ ā̆ ɟ ā̆ ɟ a ; a ; b.
Es ist also b ⋹ ā̆ ɟ ā̆ ɟ a2 ; b erwiesen, und weil nun a2 ; b ⋹ a0 ; b, so folgt
a fortiori: b ⋹ ā̆ ɟ ā̆ ɟ a0 ; b wie behauptet.
Probe 2, d. h. der (als Äquivalenz gültige) Satz:
(a ; x + b ⋹ x) ⋹ {x = ā̆1 ɟ (a0 ; b + x)}
folgt so. Mit der Prämisse a ; x ⋹ x ist nach D 51 auch gegeben: a0 ; x = x.
Mit b ⋹ x sonach a0 ; b ⋹ a0 ; x folgt also auch a0 ; b ⋹ x oder a0 ; b + x = x.
Dass aber mit a ; x ⋹ x auch x = ā̆1 ɟ x sei, geht als vorwärtige Sub-
sumtion nach dem ersten Inversionstheoreme hervor und versteht sich als
rückwärtige daraus von selbst, dass ā̆1 ɟ x = x(ā̆ ɟ x)(ā̆ ɟ ā̆ ɟ x) … den Faktor x
aufweist, resp. dass ā̆1 ɟ x ⋹ x als duales Gegenstück zum Satze D 45:
x ⋹ a0 ; x gelten muss, nämlich kraft 3) S. 361 aus ā̆1 ⋹ 0' mit ā̆1 ɟ x ⋹ 0' ɟ x = x
folgt.
Damit ist auch der Leistung der beiden Proben bei der vierten, erst
noch abzuleitenden Lösungsform 10) dermaassen vorgearbeitet, dass dieselbe
dem Leser wird überlassen werden können.
[394]Neunte Vorlesung.
Zweites Lösungsverfahren. Anstatt der ersten kann man jedoch
auch der zweiten Subsumtion 4) zuerst zu genügen suchen.
Dies geschieht, indem man setzt:
x = x1, = b + u1,
unter u1 hier ad hoc nicht das u-Gekett, sondern blos ein unbestimmtes
Relativ verstanden.
Dann wird von u1 noch die erste Subsumtion zu erfüllen sein, näm-
lich die Forderung:
a ; b + a ; u1 ⋹ b + u1.
Diese zerfällt aber in die beiden Teilforderungen:
a ; b ⋹ b + u1 oder b̄ · a ; b ⋹ u1 und a ; u1 ⋹ b + u1.
Der erstern ist auf die allgemeinste Weise zu genügen durch:
u1 = b̄ · a ; b + u2
und damit wird:
x = x2, = b + b̄ · a ; b + u2 = b + a ; b + u2.
Setzt man zur Abkürzung:
17) f(y) = b + a ; y
und definirt die Iterationen dieser Funktion wie üblich rekurrirend durch:
f0(y) = y, f1(y) = f(y), fr + 1(y) = f{fr(y)} = b + a ; fr(y),
so müssen wir uns zur Vereinfachung des Folgenden zunächst überzeugen,
dass für fr + 1(y) beim Argumente y = b neben der vorigen auch diese Dar-
stellung zutrifft:
fr + 1(b) = fr(b) + a ; fr(b).
Dies zu beweisen gelingt unschwer so: die Doppelsubsumtion:
b⋹fr — 1(b) ⋹fr(b)
ist für r = 1 augenscheinlich richtig. Gilt sie aber für ein bestimmtes r,
so folgt weiter:
b⋹b + a ; fr — 1(b) ⋹ b + a ; fr(b)
das heisst:
b⋹fr(b) ⋹fr + 1(b),
d. h. sie gilt dann auch für r + 1 und somit allgemein. Nunmehr muss
nach R. Grassmann’s Theoreme 20+) des Bd. 1, oder vorletzte Zeile von 3)
unsres § 6 S. 79 sein:
fr(b) + a ; fr(b) = fr(b) + b + a ; fr(b) = fr(b) + fr + 1(b) = fr + 1(b),
wie zu zeigen gewesen.
Nach dieser Vorbereitung lässt sich darthun, dass, wenn für ein be-
stimmtes r gefunden ist, dass die allgemeine Wurzel x der aufzulösenden
Subsumtion 3) in der Form existirt:
18) x = xr, = fr — 1(b) + ur,
[395]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
wo ur noch weiterer Bestimmung harrt — und dies war ja für r = 1 und 2
der Fall — alsdann das Entsprechende auch für den nächst höheren Wert
von r folgt.
Da nämlich wegen b ⋹ fr — 1(b) die Forderung b ⋹ xr bereits erfüllt
ist, so wird nur noch zu erfüllen sein:
a ; xr ⋹ xr,
und dies zerfällt bei Einsetzung von xr in zwei Forderungen, deren erste
lautet:
a ; fr — 1(b) ⋹ fr — 1(b) + ur oder fr — 1(b)͞ · a ; fr — 1(b) ⋹ ur.
Der aber ist vermittelst des Ansatzes:
ur = fr — 1(b)͞ · a ; fr — 1(b) + ur + 1
auf die allgemeinste Weise Genüge zu leisten und damit wird:
x = fr — 1(b) + a ; fr — 1(b) + ur + 1,
indem nach Th. 33+) Zusatz des Bd. 1 die Negation des ersten Gliedes als
Faktor beim zweiten Gliede unterdrückt werden durfte.
Nach dem Obigen läuft dies nun hinaus auf:
x = xr + 1 = fr(b) + ur + 1,
q. e. d.
Die Formel 18) ist sonach für jede noch so grosse Zahl r als gültig
erwiesen, und mögen wir in ihr r auch unendlich anwachsen lassen. Dann
ist gefunden:
19) x = f∞(b) + v,
wo das Relativ v, mit dessen Namen wir den von u∞ abkürzten, immer
noch einer weitern Bestimmung harrt, die wir erst weiter unten statuiren
und zu erfüllen suchen.
Es besitzen aber die Iterationen der Funktion f(y) einen äusserst über-
sichtlichen Bau und ist sowol independent einleuchtend als rekurrirend
leicht beweisbar, dass wir haben:
,
insbesondre: f(b) = (1' + a) ; b, fr(b) = (1' + a)r ; b, und endlich
20) f∞(b) = (1' + a)∞ ; b = a0 ; b.
Anmerkung. Hätte man sich enthalten, die Ausdrücke für die xr
so wie es oben geschah jeweils durch Anwendung jenes Th. 33+) Zusatz:
a + āb = a + b zu reduziren, so würde man zu einem sehr viel komplizir-
teren Ausdruck für xr gelangt sein, von dem es aber bemerkt zu werden ver-
dient, dass er sich eben zu dem obigen einfachern Ergebnisse 18) reduziren
lässt. Darum sei auch ihm noch einige Beachtung geschenkt. Nennen wir:
F(y) = ȳ · a ; y
[396]Neunte Vorlesung.
und definiren die Iterationen auch dieser Funktion in der üblichen Weise,
so ergibt sich für xr die folgende Darstellung:
x = xr = F0(b) + F1(b) + F2(b) + … + Fr — 1(b) + ur,
von der wir uns begnügen wollen nachzuweisen, dass sie mit der vorigen
zusammenfällt, indem sich die Summe rechterhand reduzirt nach dem Schema:
Fr — 1(b) =, F0(b) + F1(b) + F2(b) + F3(b) + … + Fr — 1(b) = fr — 1(b).
Letzteres ist in der That zunächst evident für r = 1 sowie 2 und kann
von da durch Schluss von r auf r + 1 bewiesen werden.
Zu dem Ende beachte man, dass laut vorstehender Definition von Fr(b)
allgemein sein muss:
Fr(b) = Fr — 1(b) + Fr(b) = Fr — 1(b) + Fr — 1(b)͞ · a ; Fr — 1(b) =
= Fr — 1(b) + a ; Fr — 1(b),
weil nämlich der zuletzt unterdrückte Faktor gerade die Negation des
letzten Summanden im vorhergehenden Gliede und darum nach dem Satze
a + āb = a + b unterdrückbar war.
Wendet man diese Rekursion auch auf die vorhergehenden Werte
r — 1, r — 2, … 2, 1 von r an und setzt rechterhand rückwärts ein, so
ergibt sich leicht, weil ja F0(b) = F0(b) = b ist:
Fr(b) = F0(b) + a ; {F0(b) + F1(b) + … + Fr — 1(b)} = b + a ; Fr — 1(b).
Wenn nun oben die zu beweisende Reduktionsformel für ein be-
stimmtes r gültig ist, so wird aus ihr folgen, dass:
Fr(b) = b + a ; fr — 1(b) = fr(b)
sein, d. h. dass sie auch für r + 1 gelten muss — womit sie denn in der
That durch den Schluss der vollständigen Induktion bewiesen erscheint.
Unser Ergebniss war, dass
21a) x = a0 ; b + v
sein muss, wobei wegen b ⋹ a0 ; b nunmehr a fortiori auch b ⋹ x sein
wird, mithin die zweite Subsumtion 15) erfüllt ist, aber die erste a ; x ⋹ x
noch zu erfüllen bleibt.
Diese zerfällt in a ; a0 ; b = a00 ; b ⋹ a0 ; b + v, was wegen a00 ⋹ a0
schon bei v = 0 mithin umsomehr bei beliebigem v identisch erfüllt ist,
und in:
21b) a ; v ⋹ a0 ; b + v,
welcher Bedingung wir noch fernerhin durch geeignete Bestimmung von v
zu genügen haben werden.
Noch bevor letzteres ausgeführt ist, können wir aber wiederum, auch
von dem hier gewonnenen Standpunkte, den Dedekind’schen Ausdruck
D 44 für die a-Kette von b (für den rückwärtigen Gang der Untersuchung
im § 23) beweisen wie folgt.
[397]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
Es ist mit dem Vorstehenden erwiesen, dass
21) .
Darnach muss also sein:
,
sintemal zu den Relativen, welche die Erstreckungsbedingung von v er-
füllen, augenscheinlich auch der Wert 0 gehört, wonach also das Πv = 0
sein muss, q. e. d. —
Inzwischen sind wir aber mit unsrer zweiten Lösungsart der Auf-
gabe 3 noch nicht zu Ende gekommen. Dieselbe ist vielmehr erst blos
zurückgeführt auf die Auflösung einer Hülfsaufgabe, nämlich der nach der
Unbekannten v der Subsumtion 21b). Statt dieser nehmen wir lieber so-
gleich vor die allgemeinere
Aufgabe 4. Nach x die Subsumtion aufzulösen:
22) a ; x ⋹ b + x.
Da x = 0 der Forderung genügt, so haben wir keine Resultante.
Weil sich in äquivalenter Transformation von 22) sowol als Prädikat
wie als Subjekt x isoliren lässt zu:
23a) b̄ · a ; x ⋹ x, x ⋹ ā̆ ɟ (b + x),
so verfügen wir nach meinem Theorem 1) des § 13 sofort über die zwei
Lösungsformen:
23) ,
mithin für φ(u) = b̄ · a ; u, ψ(u) = ā̆ ɟ (b + u) auch
x = f∞(u) = u + φ(u) + φ2(u) + … resp. uψ(u)ψ2(u) …
sein wird.
Das Bildungsgesetz der iterirten Funktionen φ und ψ ist dabei ein
leidlich durchsichtiges; auch zeigt man leicht, dass φr inbezug auf Summen,
ψr inbezug auf Produkte distributiv ist, nämlich:
φr(u + v) = φr(u) + φr(v), ψr(uv) = ψr(u)ψr(v)
allgemein sein muss. Darnach wird dann z. B.:
φ(x) = φ{u + φ(u) + φ2(u) + …} = φ(u) + φ2(u) + φ3(u) + …
⋹ u + φ(u) + φ2(u) + φ3(u) + … = x
und stimmt die Probe 1 sofort. Etc.
Invariant sind die beiden Funktionen f im allgemeinen nicht, indem
weder
a ; u + a ; b̄(a ; u) ⋹ b + u + b̄ · a ; u noch a ; u{ā̆ ɟ (b + u)} ⋹ b + u{ā̆ ɟ (b + u)},
24) d. h. a ; b̄(a ; u) ⋹ b + u + a ; u resp. „ „ „ ⋹ b + ā̆ ɟ (b + u)
[398]Neunte Vorlesung.
zu gelten braucht. Was nämlich die zweite Subsumtion betrifft, deren
Prädikat in (b + u) mal dem zuletzt angegebnen zerfällt, so lässt sich aller-
dings zeigen, dass ihr Subjekt
L⋹a ; u · a ; {ā̆ ɟ (b + u)} ⋹ a ; ā̆ ɟ (b + u) ⋹ 0' ɟ (b + u) = b + u
ist, weshalb dieser Faktor beim Prädikate unterdrückbar war.
Immerhin gibt es ausgedehnte Klassen von Fällen, worin die Be-
ziehungen 24) zutreffen und dann statt 23) der Ausdruck x = f(u) selbst
die Wurzel vorstellt, dazu auch andre, wo wenigstens in halbgeschlossener
Form eine Lösung möglich.
Ein bemerkenswertester Fall jener Art liegt vor, wenn in unserm
Probleme 23) a Kette, somit durch a0 vertreten ist.
Die linke Seite L = a0 ; b̄(a0 ; u) der ersten Subsumtion 24) ist dann
nämlich ⋹ a0 ; a0 ; u = a0 ; u, somit L ⋹ R, und die L der zweiten Sub-
sumtion 24) ist ⋹ a0 ; {ā̆1 ɟ (b + u)} ⋹ a0 ; ā̆1 ɟ (b + u) = ā̆1 ɟ (b + u) nach 14)
rechts, somit auch hier L ⋹ R. Sonach müssen wir haben:
25) ,
— womit zum Überfluss auch beide Proben zu leisten nach Bisherigem
ein Leichtes ist.
Auf dieses Schema lassen sich auch noch andre Partikularfälle der
Aufgabe 4 zurückführen, darunter zum Glück gerade derjenige, der für die
völlige Lösung unsrer Aufg. 3 (im zweiten Lösungsverfahren) unentbehr-
lich gewesen.
Es gilt nämlich der Satz:
26) (a ; x ⋹ x + b) ⋹ (a ; x ⋹ x + a0 ; b) = (a0 ; x ⋹ x + a0 ; b),
dessen erster Teil sich aus D 45 (b ⋹ a0 ; b) a fortiori versteht. Die so als
Konklusion gewonnene zweite Subsumtion kann man von da weiter schliessend
mit der selbstverständlichen a ; a0 ; b ⋹ a0 ; b ⋹ x + a0 ; b zusammenziehen zu:
a ; (x + a0 ; b) ⋹ x + a0 ; b,
was sich nach D 51 äquivalent umschreibt in
a0 ; (x + a0 ; b) = x + a0 ; b
oder wegen a0 ; a0 = a0 in a0 ; x + a0 ; b = x + a0 ; b und die Folgerung in-
volvirt: a0 ; x ⋹ x + a0 ; b, womit die dritte Subsumtion 26) gewonnen ist.
Aus dieser fliesst aber auch umgekehrt wegen a ; x ⋹ a0 ; x a fortiori die
zweite, sodass die beiden als äquivalent erkannt sind, q. e. d.
Die Einordnung der ersten Subsumtion 26) unter die dritte kann als
eine Ausdehnung von Dedekind’s Satz D 51 hingestellt werden, in den
sie für b = 0 (dann b für x gesagt) übergeht. Natürlich konnte man
diesen Satz auch leicht mittelst überschiebenden Addirens einer unbegrenzten
Reihe von Folgerungen aus der ersten Subsumtion 26): 1' ; x ⋹ x + b,
a ; x ⋹ x + b, a ; a ; x ⋹ a ; x + a ; b ⋹ x + b + a ; b, etc. gewinnen.
Durch den zweiten Teil von 26) erscheint aber das mittlere Problem
dieser Zeile auf das Schema 25) zurückgeführt und können wir darnach
sogleich auch die Aufgabe mit zwei Lösungsformen hinschreiben:
[399]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
27) .
Nimmt man dies für v statt x in Anspruch und setzt dessen der
letzten Subsumtion in 21) auf allgemeinste Weise genügenden Wert in die
vorletzte ein, so ergeben sich zwei Lösungsformen unsrer Aufgabe 3, und
zwar kommt man mit der ersten Lösungsform 27) durch die kleine Reduktion:
a0 ; b + u + (ā1 ɟ b̄) · a0 ; u = u + a0 ; b + a0 ; u = a0 ; (b + u) — weil u ⋹ a0 ; u,
auf die schon früher gefundene Lösungsform 7) zurück. Mit der zweiten
Lösungsform 27) aber ergibt sich unmittelbar die letzte Lösungsform 10),
die wir noch heuristisch abzuleiten schuldig gewesen. —
Den Aufgaben 27) reiht sich ferner noch an:
28) ,
indem die erste Äquivalenz wieder die Aufgabe auf das Schema 25) zu-
rückführt. Um sie, die als rückwärtige Aussagensubsumtion evident ist,
auch als vorwärtige einzusehen, hat man gemäss 26) nur den Satz zu
beachten:
29)
der sich nach bekannten Sätzen aus 16) versteht.
Bei den zweiten Lösungsformen 28) ist sodann blos noch eine Re-
duktion vonnöten mit Berücksichtigung der Sätze 5 und 24) des § 18 und
von 9) S. 362. — Sobald also b „Systemkonvers“ ist (cf. § 27), vermögen
wir die Aufgabe 4 wenigstens in halbgeschlossner Form zu lösen.
Bemerkenswert ist, dass bei diesen 28) gleichwie bei den Aufgaben 27)
die Funktion f(u) der allgemeinen Lösungen 23) gleichwol nicht invariant
ist (es müsste ja sonst auch a ; u an Stelle von a0 ; u im ersten Wurzel-
ausdruck stehen und ā̆ ɟ etc. an Stelle von ā̆1 ɟ etc. im zweiten!).
Ähnlich wie in diesen beiden Partikularfällen derselben auch für die
allgemeine Aufgabe 4 eine Lösung in halbgeschlossener Form zu ermitteln,
ist mir nicht gelungen.
[Ich hatte, nebenbei bemerkt, je die ersten Resultate 25, 27, 28) auf
einem ganz andern und viel mühsameren Wege gefunden, indem ich näm-
lich der Koeffizientenbedingung bei der allgemeinen Aufgabe 4 symmetrisch
allgemein zu genügen suchte; auch dies Verfahren — weil vielleicht noch
nicht hinlänglich vervollkommnet — liefert(e) nur die partikularen Er-
gebnisse.]
Zum vorstehenden Problemcyklus scheint auch noch zu gehören die
[400]Neunte Vorlesung.
Aufgabe 5. Nach x die Subsumtion aufzulösen:
30) a ; x ⋹ bx.
Auch hier ist keine Resultante, und zerfällt wie bei Aufg. 3 die Sub-
sumtion in zweie:
31) a ; x ⋹ b und a ; x ⋹ x,
deren erstrer für sich man nach dem ersten Inversionstheorem, der zweiten auf
zwei Arten gemäss Aufg. 2 genügen kann. Je nach der Reihenfolge in der
man die Forderungen 31) successive erfüllt, wird man also zwei verschiedne
Lösungsverfahren haben. Und noch mehr: denn es ist auch in 30) mit
x ⋹ ā̆ ɟ bx = (ā̆ ɟ b)(ā̆ ɟ x) die Unbekannte sofort als Prädikat isolirbar,
wonach mein Satz 1) des § 13 sich anwenden lässt.
Alle diese Wege auszugehen will ich diesmal teilweise dem Studirenden
überlassen und mich mit der Angabe der folgenden Lösungsformen begnügen:
32) ,
für welche die beiden Proben auch unschwer zu leisten sind.
Damit gelangt unser Aufgabencyklus zu einem gewissen Ab-
schlusse. Als nächste Verallgemeinerungen des Kettenproblemes a ; x ⋹ x
bieten nämlich auf den ersten Blick sich folgende vier Probleme dar:
Nach x (womöglich doch in halbgeschlossner Form) aufzulösen die
Subsumtion:
33) .
Von diesen vier Problemen sind aber die beiden mittleren der Art
nach nicht verschieden, weil von ihnen das eine, b̄ für b gesetzt, mit
dem andern zusammenfällt. Sonach repräsentiren uns die vier Sub-
sumtionen blos drei Probleme, die mit den Aufgaben 3, 4 und 5 be-
handelt worden, und von denen die beiden äussersten als
(a ; x ⋹ x)(b ⋹ x) resp. (a ; x ⋹ b)(a ; x ⋹ x)
zerfallen, keines aber eine Resultante involvirt. Von diesen Problemen
also würden nun die Lösungen erreicht sein. Zugleich erscheint das
identische Produkt — Dedekind’s „Gemeinheit“ — ihrer sämt-
lichen Wurzeln ermittelt, und dual entsprechend auch deren identische
Summe , sofern deren Wert nicht ohnehin ersichtlich.
In der That ist nämlich
34)
[401]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
— welch letztres Ergebniss leicht aus 32) zu folgern ist, indem die ,
erstreckt über alle Wurzeln x der vierten Subsumtion 33), gleich
und die mit der „absoluten Erstreckung“ (über den ganzen Denkbereich 12)
versehen zu denkende gleich 1 sein wird. Der andre Ausdruck fliesst
ähnlich aus der letzten Lösungsform von 32).
Jedenfalls lassen unsre Nebenstudien doch schon erkennen, wie
auch komplizirtere und mehrere Parameter aufweisende Probleme unsrer
Disziplin allmälig in stufenweisem Fortschritte zu eleganter Lösung
gebracht werden können.
Wie schon aus dem Anblick der Gespanne 5) bis 5''') des § 22 er-
hellt, müssen zu den aufgestellten Sätzen nicht nur die dual und konjugirt
verwandten gelten, welche uns die Lösungen der zum Gespann des Ketten-
problemes gehörigen verwandten Probleme mit darstellen, sondern es muss
auch für das Kettenproblem selbst gestattet sein, indem man nur a durch
ā̆ ersetzt, die zu den gegebnen dual entsprechenden Formeln aufzustellen —
eine Bemerkung, durch welche die Fülle der bisherigen Ergebnisse noch-
mals verdoppelt wird. Ob diese Bemerkung schon weit genug in ihre
Konsequenzen verfolgt, der Umstand genügend ausgebeutet wurde, muss
ich noch dahingestellt sein lassen.
Wenn nun die an die Probleme 29) sich knüpfenden Unter-
suchungen als so belangreiche sich erwiesen haben, so drängt sich die
Vermutung auf, es möchte Ähnliches auch zutreffen hinsichtlich der
Probleme, welche durch die rückwärtigen Subsumtionen zu denen 33)
statuirt werden:
35)
| x + b ⋹ a ; x, | x⋹a ; x · b | |
| oder (x ⋹ a ; x)(b ⋹ a ; x) | oder (x ⋹ a ; x)(x ⋹ b), |
die ebenfalls nur drei Probleme repräsentiren und als nächstliegende
Verallgemeinerungen des „rückwärtigen Kettenproblems“ x ⋹ a ; x er-
scheinen. Das erste von diesen 35) involvirt hier eine Resultante
b ⋹ a ; 1, die übrigen, weil x = 0 genügt, wiederum keine.
Bei Festhaltung derselben Reihenfolge wie in 33) würden es die beiden
äussersten Subsumtionen gewesen sein, die rückwärtig in ein Problem zu-
sammenfallen, die beiden mittleren, welche, diesmal grundverschiedene Pro-
bleme darstellend, zerfallen. Wir haben darum in 35) die Reihenfolge
umgestülpt.
Welche Werte haben nun die Πx und Σx erstreckt über alle Wurzeln
einer dieser Subsumtionen?
Ich habe diese Probleme noch nicht allzuweit verfolgt und em-
pfehle sie Forschern zur Bethätigung.
Dass sie mit dem Kettenprobleme zusammenhängen werden, zeigt
Schröder, Algebra der Relative. 26
[402]Neunte Vorlesung.
sich schon darin, dass, wenn ein x der Forderung x ⋹ a ; x genügt,
auch a0 ; x derselben leichterweislichermaassen genügen und zwar die
Subsumtion als Gleichung erfüllen muss, sodass
36) (x ⋹ a ; x) ⋹ (a0 ; x = a ; a0 ; x) = (x ⋹ a ; a0 ; x).
Zum Schlusse noch ein Wort
Zu D 63. Dieser ohne Beweis gegebene „Satz“ des Herrn Dedekind
enthält mehrere Behauptungen, bei deren einigen auch von „echten“ Teilen
die Rede ist, und wir also zu deren Wiedergabe das Unterordnungs-
zeichen ⊂ gebrauchen müssten. Man kann jedoch unbeschadet der Richtig-
keit das letztere auch durch ⋹ ersetzen und sich begnügen die ent-
sprechenden Behauptungen blos für „Teile“ schlechtweg zu beweisen, was
wir zunächst thun wollen. Dann gelten die ersten derselben nicht blos
für eindeutige Abbildungen und Systeme, sondern wiederum für beliebige
Relative.
Die erste Behauptung des Satzes (noch unmodifizirbedürftig) lautet:
(a ; c ⋹ b ⋹ c) ⋹ (a ; b ⋹ b)
37) oder (a ; c ⋹ b)(b ⋹ c) ⋹ (a ; b ⋹ b),
besagend, dass jeder Teil b einer Kette c (bezüglich a) welcher das a-Bild
derselben enthält, selbst Kette (bezüglich a) sein muss — sintemal ja auch
a ; c ⋹ c gilt, also c Kette sein wird.
Dies folgt mittelst a ; b ⋹ a ; c (aus der zweiten Prämisse: b ⋹ c) wegen
der ersten a ; c ⋹ b a fortiori mit grösster Leichtigkeit.
Weniger naheliegend ist der Beweis der folgenden Behauptungen
Dedekind’s.
Eine zweite besagt, dass unter den obigen Voraussetzungen:
38) a0 ; b̄c ⋹ c
sein müsse. [Genauer, falls sogar b ⊂ c, dass a0 ; b̄c ⊂ c sei; das b̄c ist
Dedekind’s U.]
Wir bringen uns zum Bewusstsein, dass wir über folgende Propositionen
verfügen:
(a ; c ⋹ c)(a ; c ⋹ b)(b ⋹ c)(a ; b ⋹ b)(a0 ; b = b)(a0 ; c = c),
deren letzte beiden nach D 51 aus vorhergehenden fliessen. Nun ist:
a0 ; c = a0 ; (b + b̄)c = a0 ; bc + a0 ; b̄c, mithin
a0 ; b̄c ⋹ a0 ; c, welches = c,
und damit die zweite Behauptung erwiesen.
Eine dritte Behauptung ist blosse Wiederholung der zweiten. Wenn
nämlich hier zur Abkürzung
a0 ; b̄c = d
genannt wird, so lautet sie: c = d + cd̄ (indem cd̄ zusammenfällt mit Dede-
kind’s V). Dies heisst aber einfacher: c = d + c und läuft auf d ⋹ c
hinaus, was die zweite Behauptung ausmachte.
[403]§ 24. Nebenstudien zur Kettentheorie.
[Eine vierte Behauptung sagt, es sei
b = a ; d + cd̄
und eine fünfte (die letzte) fügt hinzu, dass, falls obendrein b = a ; c ist,
auch sein müsse
cd̄⋹a ; cd̄.
Diese beiden Behauptungen gelten jedenfalls nicht mit der gleichen
Allgemeinheit wie die übrigen schon für beliebige binäre Relative. Sie
wären vom „zweiten Teile“ der Dedekind’schen Schrift — nach meiner
Abgrenzung desselben — eigentlich auszuschliessen gewesen. Und es ist
hier nicht der Ort, ihre Geltung für eindeutige Abbildungen a und Systeme
b, c zu prüfen.] —
Zu allerletzt — die Wissenschaft ist ja unendlich! — noch etwas
Neues:
Für die Ketten gelten auch die Sätze:
39)
welche äusserst leicht aus ihrem Bildungsgesetze zu beweisen sind —
vergl. 6) des § 22 S. 325. Ist a ⋹ 1', so auch a ; a ⋹ 1' ; 1' = 1', etc. Dazu:
40)
Die Kette von a ist mithin einerlei mit der Kette von 0'a, d. i. des
Alioteils von a.
Beweis auf verschiedne Arten möglich; am einfachsten aufgrund
von 15) S. 365 mit
a0 = (1' + a)∞ = (1' + 0'a)∞ = (0'a)0.
Mit den gelösten Auflösungsproblemen haben natürlich — im Ein-
klang mit S. 174 sq. — auch einige Eliminationsprobleme ihre Lösung
gefunden. Namentlich muss in den folgenden Aussagensubsumtionen:
41) (x00 = a) ⋹ (a ; a ⋹ a) = (a00 = a),
42) (x0 = a) ⋹ (a0 = a), (a = 1' + y)(y ; y ⋹ y) ⋹ (a0 = a)
die rechte Seite uns die volle Resultante der Elimination von x resp. y
aus der linken vorstellen.
Beweis auch direkt leicht zu führen:
Da nach 5) S. 361: x00 ; x00 ⋹ x00, so folgt durch Einsetzung aus der
Prämisse von 41) zunächst die Behauptung a ; a ⋹ a als „eine“ Resultante.
Diese ist nach D 51 äquivalent mit der a0 ; a = a, d. h. mit der letzten
Gleichung in 41), und letztre lässt erkennen, dass, wenn sie erfüllt, auch
x = a eine Wurzel der Gleichung x00 = a sein wird, dass unsre Resultante
mithin die volle gewesen.
Hienach deckt sich überhaupt der Begriff einer Bildkette mit dem
eines transitiven Relativs.
26*
[404]Neunte Vorlesung.
Ebenso folgt zur Prämisse der ersten Subsumtion 42) die Resultante
zunächst als Konklusion aus (x0)0 = x0 kraft 8) S. 362, und gibt sich auf
den ersten Blick als die volle zu erkennen, weil dann x = a genügt. Die
zweite Subsumtion 42) betreffend mag man deren zweite Prämisse nach
dem Schema 41) äquivalent in y00 = y umschreiben, was sich benutzen
lässt, um die erste zu a = 1' + y00 = y0 zu reduziren. Etc. q. e. d.
Zur Darstellung aller transitiven Relative verfügen wir in Gestalt
von 34) S. 339 auch über geschlossene Ausdrücke, und frägt es sich
inwieweit letztere zur Berechnung von Bildketten sich verwerten lassen.
Zwar um die Bildkette a00 zu einem gegebnen Relativ a zu ermitteln,
scheint solches bis jetzt nicht möglich zu sein.
Handelt es sich jedoch etwa nur darum, aus den binären Relativen
alle diejenigen hervorzuheben, welche überhaupt Bildketten resp. Ketten
sind, so würden sich dieselben gemäss der in Form unendlicher Ent-
wicklung bekannten Darstellung:
u00 = u + u2 + u3 + …, u0 = 1' + u00
nur äusserst mühsam für andre und andre u berechnen, herstellen
lassen. Ein Leichtes wird dies aber, wenn man für u00 den nach citirtem
Schema gebildeten Ausdruck v(v̄̆ ɟ v) nimmt und diesen, der ja ge-
schlossene Form hat, für andre und andre v evaluirt.
[[405]]
Zehnte Vorlesung.
Individuen im ersten und im zweiten Denkbereich. Die Theorie der
uninären Relative.
§ 25. Das Element als Einzeiler und der Einkolonner. Charakteristik
und Knüpfungsgesetze beider.
Die Buchstaben derjenigen Gruppe i, j, h, k, l, …, welche wir
in unsrer Theorie für die Verwendung als Indizes reservirt hatten,
wurden schon im § 3 vermöge einer fundamentalen Festsetzung 8)
auch zu binären Relativen gestempelt, und zwar lautete — für i als
Repräsentanten irgend eines Index gesagt — die Festsetzung:
1) ih k = 1'i h,
welche als eine für alle i, h, k gültige verstanden werden sollte.
Es wird hienach ih k = ih j = ih l = … vom zweiten Suffixe unabhängig
sein; oder wenn das Relativ i an einer Stelle einer bestimmten Zeile ein
Auge besitzt (indem ein gewisses ih k = 1 ist), so muss es an jeder Stelle
ebendieser Zeile ein Auge, diese Zeile somit zur Vollzeile haben (indem
dann auch für jedes, von k eventuell verschiedne l wird ih l = 1 sein müssen).
Und wenn das Relativ i eine Stelle einer bestimmten Zeile zur Leerstelle
hat, so hat es jede Stelle ebendieser Zeile zur Leerstelle, die ganze Zeile
zur Leerzeile (indem für ein ih k = 0 auch jedes ih l = 0 sein muss).
Das Relativ i kann also nur aus Voll- und Leerzeilen bestehen.
Nun ist 1'i h = 1 ausschliesslich für h = i, dagegen 1'i h = 0 für jedes
h ≠ i.
Sonach hat i nur eine und zwar die ite Zeile zur Vollzeile und
alle übrigen Zeilen zu Leerzeilen. Das Relativ i ist ein „sonst leerer
Einvollzeiler“, was wir kurz einen Einzeiler nennen.
Ebenso ist ĭ ein sonst leerer Einvollkolonner oder kurz ein Ein-
kolonner, hat nämlich die ite Kolonne zur vollen, alle übrigen zu Leer-
kolonnen.
Mit dem Studium der Eigenschaften dieser hochwichtigen Relative,
der Einzeiler und Einkolonner, wollen wir uns hiernächst beschäftigen.
Als eine Frucht dieses Studiums wird namentlich die Erkenntniss zu
gewinnen sein, dass man berechtigt ist, den Einzeiler i auch als (das)
[406]Zehnte Vorlesung.
Element (i) des ersten Denkbereiches in der Theorie der Relative hin-
zustellen.
Verwandte (von i) sind die Relative i, ī, ĭ und ī̆.
Was zunächst die Modulknüpfungen dieser Relative betrifft, so
bieten die identischen nur ein geringeres Interesse; auch wird inbezug
auf sie der Leser sich leicht selbst — schon aus der geometrischen
Evidenz — orientiren.
Dagegen haben die relativen Modulknüpfungen die bemerkenswerte
Eigenschaft, dass inbezug auf sie die vier Verwandten mit den Moduln
zusammen eine „Gruppe“ bilden, derart dass aus den vier gedachten
Relativen durch irgendwelche (auch successive) relative Modulknüpfungen
immer nur 1 oder 0 oder eines der vier Relative selbst hervor-
gehen kann.
Dies erhellt sogleich aus dem Anblick der primären von diesen
relativen Modulknüpfungen, welche sich in vollständiger Zusammen-
stellung darstellen wie folgt:
2)
3)
4)
| ĭ ; 1 = 1 | ĭ ɟ 0 = 0 | ī̆ ; 1 = 1 | ī̆ ɟ 0 = 0 |
| 1 ; ĭ = ĭ | 0 ɟ ĭ = ĭ | 1 ; ī̆ = ī̆ | 0 ɟ ī̆ = ī̆ |
| ĭ ; 0' = ī̆ | *ĭ ɟ 1' = 0 | *ī̆ ; 0' = 1 | ī̆ ɟ 1' = ĭ |
| 0' ; ĭ = ĭ | 1' ɟ ĭ = ĭ | 0 ; ī̆ = ī̆ | 1' ɟ ī̆ = ī̆ |
und wovon die zweite (untere) Hälfte aus der ersten durch beider-
seitiges Konvertiren hervorgeht, die rechte Hälfte aus der linken durch
beiderseitiges Negiren (Kontraposition). Die 8 Formeln des ersten
Viertels oder Quadranten aber sind so leicht zu rechtfertigen — sei
es aus 1) eventuell unter Anwendung der Schemata 12) des § 8, sei
es auch durch zeilen- oder kolonnenschematisches Rechnen — dass wir
glauben kaum länger dabei verweilen zu sollen.
Die letztre Beweismanier in der That dem Leser überlassend, wollen
wir doch (bei der grossen Wichtigkeit der Sätze) nach jener erstern
wenigstens die Rechtfertigung durch Koeffizientenevidenz hier geben:
[407]§ 25. Das Element und seine Modulknüpfungen.
Zu 2).
Zu 3).
Von den bisherigen (jenen 8) Formeln ist — wie leicht zu sehn —
noch keine fähig, das Relativ i etwa als einen Einzeiler zu charakteri-
siren. Will man letzteres erreichen, so muss man auch höhere Modul-
knüpfungen von i in’s Auge fassen, und zwar wird am einfachsten
schon mit Hülfe von sekundären sich unser Ziel verwirklichen lassen.
Jede höhere Modulknüpfung von i (oder einem seiner Verwandten)
lässt sich natürlich mittelst successiver Anwendung von Formeln der
obigen Tafel nun mit Leichtigkeit ausrechnen.
Dem Leser, welcher etwa heuristisch vorgehn will, empfehlen wir, dies
mit den 32 sekundären Knüpfungen — wie sie sich für ein allgemeines
Relativ in einer spätern Vorlesung zusammengestellt finden — wirklich
zu thun.
Diejenigen Formeln, welche eine Reduktion der Knüpfung zu 0 oder 1
statuiren, wie 0' ; (1' ɟ i) = 0 oder 1 ; (i ɟ 0) = 1, sind natürlich unfähig
i als einen Einzeiler zu charakterisiren, schon aus dem Grunde weil sie
auch für i = 0, oder aber für i = 1, erfüllt sein würden. Solches kann
daher höchstens durch Formeln, die rechterhand ī selbst, oder auch i zeigen,
geleistet werden. Doch thun es von diesen nicht alle. Einige vielmehr, wie
(i ɟ 1') ; 1 = i, i ; 0' ɟ 0 = i, (i ɟ 1') ; 0' = i, i ; 0' ɟ 1' = i, 1' ɟ 0' ; i = i
sind auch für i = 0 schon erfüllt, könnten also höchstens dienen (was
obendrein nicht zutrifft), i als „Einzeiler oder Leerzeiler (0)“ charakteri-
siren zu helfen. Eine andre von den Formeln: 0' ; i ; 0' = ī ist, ausser
durch i, augenscheinlich auch durch ĭ erfüllt. Und so verbleiben in der
That als (möglicherweise) charakteristisch nur die nachher angeführten
Formeln 6).
Der Umstand, dass sich 1 ; i ; 1 = 1 herausstellt, kann im Hinblick
auf § 10 nebenbei als Beweis dafür hingestellt werden, dass
5) i ≠ 0
sein muss. Und ferner gelangt man durch die Prüfung der sekundären
Knüpfungen zu dem bemerkenswerten
[408]Zehnte Vorlesung.
Satze, dass die Charakteristik des Einzeilers in folgenden sechs
äquivalenten Formen — wol auf die einfachste Weise — kann aus-
gesprochen werden:
6)
von denen die drei in einer Zeile aus denen der andern durch Kontra-
position hervorgehen, und die natürlich auch noch mittelst Konver-
tirens vervielfältigt werden könnten.
Behauptet ist also, dass, wenn ein Relativ x beispielsweise die
Gleichung erfüllt: 0' ; x ; 1 = x̄, dasselbe notwendig ein Einzeiler sein
müsse — und ähnlich bei den andern Formen. Und ferner ist — auch
für ein nicht näher bekanntes Relativ x — die Äquivalenz der drei
nachstehend einander gleichgesetzten Aussagen:
7) (1' ɟ x̄ ; 1 = x) = (1' ɟ x̄ ɟ 0 = x) = {(1' ɟ x̄) ; 1 = x}
als eine allgemein und denknotwendig bestehende behauptet.
Diese Äquivalenz wollen wir zuerst beweisen.
Die Gleichheit der ersten und zweiten, sowie die der zweiten und
dritten Aussage als vor- und rückwärtige Subsumtion darzuthun würde
vier Nachweise erheischen. Von diesen können wir einen sparen. Zeigen
wir nämlich, dass aus der ersten Gleichung oder Aussage die zweite, aus
dieser die dritte und aus der dritten wieder die erste folgt, so werden —
entweder direkt oder mittelst Subsumtionsschlusses — aus jeder von den
drei Gleichungen die beiden andern folgen und alle drei in der That äqui-
valent sein müssen.
Indem wir also die erste Gleichung zur Voraussetzung erheben, werden
wir schliessen können:
Sei 1' ɟ x̄ ; 1 = x, so ist 0' ; (x ɟ 0) = x̄, und folgt: 0' ; (x ɟ 0) ; 1 = x̄ ; 1,
da (x ɟ 0) ; 1 = x ɟ 0 ist, also: 0' ; (x ɟ 0) = x̄ ; 1, was kontraponirt:
1' ɟ x̄ ; 1 = x ɟ 0, also x = x ɟ 0.
In die Hypothesis x̄ eingesetzt gibt: 1' ɟ 0' ; (x ɟ 0) ; 1 = x, was sich
wie vorhin vereinfacht zu: 1' ɟ 0' ; (x ɟ 0) = x.
Aber nach der zweiten Gleichung ist:
1' ɟ x̄ ɟ 0 = 1' ɟ 0' ; (x ɟ 0) ɟ 0,
worein das vorige Ergebniss eingesetzt: 1' ɟ x̄ ɟ 0 = x ɟ 0, was wegen des
ersten Ergebnisses wird: 1' ɟ x̄ ɟ 0 = x.
Somit ist also die zweite Gleichung aus der ersten abgeleitet. Nun
gelte blos diese, d. h. es
Sei 1' ɟ x̄ ɟ 0 = x, also 0' ; x ; 1 = x̄, so folgt:
(1' ɟ x̄ ɟ 0) ; 1 = x ; 1, 1' ɟ x̄ ɟ 0 = x ; 1 — weil (a ɟ 0) ; 1 = a ɟ 0 ist,
somit x ; 1 = x, x̄ ɟ 0 = x̄, 1' ɟ x̄ ɟ 0 = 1' ɟ x̄,
[409]§ 25. Charakteristik des Elementes.
1' ɟ x̄ = x, (1' ɟ x̄) ; 1 = x ; 1, also (1' ɟ x̄) ; 1 = x,
— womit die dritte Gleichung aus der zweiten abgeleitet ist.
Sei endlich: (1' ɟ x̄) ; 1 = x, also 0' ; x ɟ 0 = x̄, so folgt:
(0' ; x ɟ 0) ; 1 = x̄ ; 1, 0' ; x ɟ 0 = x̄ ; 1, x̄ ; 1 = x̄, 1' ɟ x̄ ; 1 = 1' ɟ x̄.
Aber laut Hyp. ist einerseits:
0' ; (1' ɟ x̄) ; 1 ɟ 0 = x̄, also 0' ; (1' ɟ x̄) ; 1 = x̄,
andrerseits 0' ; (1' ɟ x̄) ; 1 = 0' ; x, somit 0' ; x = x̄,
1' ɟ x̄ = x, mithin oben 1' ɟ x̄ ; 1 = x,
— womit auch die erste Gleichung aus der dritten abgeleitet ist, q. e. d.
Zur Übung wolle der Leser die Sätze auch in der umgekehrten Ring-
folge auseinander ableiten.
Nebenher sei hier konstatirt — was wir teilweise schon unter-
weges sahen — dass die Gesetze 2), 3) aller Modulknüpfungen von
x = i auch aus unsrer Charakteristik 7) rein analytisch-rechnerisch
folgen.
Und zwar die der ersten Zeilen x ; 1 = x = x ɟ 0, x ; 0' = x = x ɟ 1'
schon nach dem Abacus bei Benutzung einer geeigneten (der zweiten oder
dritten) von den drei als äquivalent nachgewiesnen Formen.
Um 1 ; x = 1 zu gewinnen verhilft die Überlegung:
1 ; x = 1 ; x ; 1 = 1' ; x ; 1 + 0' ; x ; 1 = x ; 1 + x̄ = x + x̄ = 1, weil 0' ; x ; 1 = x̄
nach einer von den drei Charakteristikformen. Damit ist dann auch die
Konsequenz 5) oder 1 ; x ; 1 = 1 also x ≠ 0 gezogen.
Weiter ist sodann: 0 ɟ x = 0 ɟ 1' ɟ x̄ ɟ 0 = 0 ɟ x̄ ɟ 0 = 0,
0' ; x = 0' ; (x ɟ 0) = x̄, 1' ɟ x = 1' ɟ 1' ɟ x̄ ; 1 = 0 ɟ x̄ ; 1 = 0 ɟ x̄ = 0
gefunden.
Nunmehr braucht blos noch von einer der drei Gleichungen 7),
z. B. von der ersten, gezeigt zu werden, dass, wie sie einerseits mittelst
2) und 3) als für x = i gültig aus 1) floss, sie andrerseits generell
auch 1) bedingt, nämlich dass sie ausreicht, x zum Einzeiler zu stem-
peln, also dass das ihr genügende Relativ x notwendig ein solcher —
irgend ein Einzeiler, mag man ihn i oder anders (j, h, …) nennen —
sein muss. M. a. W. nachdem erkannt ist, dass der Gleichung
1' ɟ x̄ ; 1 = x jeder Einzeiler genügt, muss auch noch gezeigt werden,
dass ihr nur Einzeiler genügen können.
Dies gelingt unschwer wie folgt. Es ist
xi j = Πh(1'i h + Σkx̄h k)
augenscheinlich vom zweiten Suffixe j unabhängig, somit xi j = xi l für
jedes l, und folgt wie oben unter 1), dass das Relativ x nur aus Voll-
und Leerzeilen bestehen kann. Hätte es nun keine Vollzeile, so müsste es
[410]Zehnte Vorlesung.
lauter Leerzeilen haben und x = 0 sein. Dieser Wert genügt aber der
fraglichen Charakteristik nicht, verwandelt sie vielmehr in die absurde
Gleichung 1 = 0. Folglich muss x mindestens eine Vollzeile haben. Sei
durch i solche markirt, mithin xi k = 1 für jedes k, so ist leicht zu zeigen,
dass x keine zweite Vollzeile haben kann, vielmehr alle übrigen Zeilen
von x ausser der iten dann Leerzeilen sein müssen.
Denn markirt l ≠ i irgend eine andre Zeile, so werden wir haben:
xl j = Πh(1'l h + Σkx̄h k)
— worin nur der dem Werte h = l entsprechende Faktor des Produktes Π
wegen 1'l l = 1 ineffektiv ist, für jedes h ≠ l dagegen ein nicht zu vernach-
lässigender Faktor hervorspringt. Ein solches h ≠ l ist aber (wegen i ≠ l)
unfehlbar der Wert h = i. D. h. unser xl j repräsentirendes Produkt hat
jedenfalls zum Faktor
1'l i + Σkx̄i k, welches = 0,
weil 1'l i = 0 für l ≠ i und jedes x̄i k = 0 sein muss, als Negation des oben
= 1 statuirten xi k. Mithin verschwindet auch das ganze Produkt und
haben wir bei beliebigem j neben xi j = 1 auch xl j = 0 für jedes l ≠ i;
d. h. x ist (= i) ein Einzeiler, wie behauptet worden.
Man kann den Satz auch durch die Formel darstellen:
8) (1' ɟ x̄ ; 1 = x) = Σi(x = i),
und wird er auch in dieser Fassung als rückwärtige Aussagensubsumtion
durch das Frühere, als vorwärtige durch die Überlegung des letzten
Kontextes für bewiesen zu erachten sein. Selbstverständlich kann in
jedem Falle nur ein Glied der Alternative rechterhand den Wahrheits-
wert 1 haben.
Will man x = i als einen Einzeiler, anstatt durch eine der etwas
komplizirten Gleichungen 7), lieber durch zwei zusammenbestehende
einfachere Gleichungen charakterisiren, so braucht man nur von den
2 + 4 = 6 folgenden eine links vom Striche zu nehmen und mit irgend
einer rechts davon zu verbinden:
| x ; 1 = x | |
| 1' ɟ x̄ = x | x ɟ 0 = x |
| 0' ; x = x̄ | x̄ ; 1 = x̄ |
| x̄ ɟ 0 = x̄. |
Denn durch Einsetzung des Wertes von x oder x̄ aus der einen
in die andre Gleichung ergibt sich allemal eine der Gleichungsformen 6)
— x für i gesagt — und ferner sind die vorstehenden für x = i erfüllt.
Beispielsweise charakterisirt also auch die Doppelgleichung: 1' ɟ x̄ =
= x = x ; 1, ebenso die Gleichung x · 0' ; x = 0 nebst der Subsumtion
x ; 1 + 1' ɟ x̄ ⋹ x, etc. das x als einen Einzeiler. —
[411]§ 25. Knüpfungen zwischen den Elementverwandten.
Als von Interesse sei noch angeführt, dass auch unter den tertiären
irreduziblen relativen Modulknüpfungen eines allgemeinen Relativs a sich
eine findet, welche, sofern sie nicht 0 oder 1 wird, nur einen Einzeiler vor-
stellen kann. Diese ist: 1' ɟ 0' ; (a ɟ 0). Es wird also die Gleichung
9) 1' ɟ 0' ; (x ɟ 0) = x
stipuliren, dass x entweder 0 oder 1 oder ein Einzeiler i sein müsse. Dass
sie in der That für diese drei Werte erfüllt wird, indem auch:
1' ɟ 0' ; (i ɟ 0) = i, 0' ; (1' ɟ ī ; 1) = ī,
ist leicht nachzusehen. Für das Umgekehrte, dass jedes der Gleichung 9)
genügende von 0 und 1 verschiedene x ein Einzeiler sein müsse, sich den
Beweis zu konstruiren sei einstweilen dem Leser überlassen. — Noch eine
Bemerkung hiezu: In § 14 hatten wir in Gestalt des Ausdrucks:
f(u) = u · 1 ; ū ; 1 + ū(0 ɟ ū ɟ 0)
eine Funktion konstruirt, welche immer gleich u selbst ist, ausgenommen
für u = 0 oder 1, wo sie diese beiden Werte vertauscht, sodass also
f(0) = 1, f(1) = 0 und sonst immer f(u) = u ist. Nimmt man
u = 1' ɟ 0' ; (x ɟ 0) und v = 1' ɟ x̄ ɟ 0 oder 1' ɟ x̄ ; 1 oder (1' ɟ x̄) ; 1,
so wird die Gleichung f(u) = x nur noch für x = i erfüllt sein, aber nicht
mehr für x = 0 oder 1, wofür sie vielmehr in 1 = 0 resp. 0 = 1 über-
ginge. Sie wird demnach ebenfalls x als Einzeiler charakterisiren. Ferner
wird für jeden Einzeiler x = i natürlich f(u) = v = u = f(v) sein müssen.
Eine Charakteristik des Einzeilers würde sich also auch mit Hülfe des
genannten tertiären Relativs gewinnen lassen, falls dieses Ziel nicht schon
einfacher durch die sekundären Relative erreicht worden wäre.
Mit der im Bd. 2 für den identischen Kalkul aufgestellten Individuums-
definition werden wir die gegenwärtige Charakteristik des Einzeilers, als
die Definition des „Elementes“ oder „Individuums im ersten Denkbereiche“
für die Algebra der Relative, weiter unten (§ 27) in Zusammenhang
bringen. In der grössern Einfachheit der letztern gegenüber jener doku-
mentirt sich indess schon ein Vorzug unsrer so viel weiteren Disziplin.
Nachdem die Modulknüpfungen des Einzeilers und seiner Ver-
wandten erledigt sind, studiren wir jetzt die relativen Knüpfungen
zwischen je zwei Relativen dieser Verwandtschaftsgruppe. Dieses Stu-
dium wird überaus wichtige Aufschlüsse liefern. Die 32 Knüpfungen
zerfallen in drei oder auch vier Gruppen.
Die 16 der ersten Gruppe reduziren sich zu einem Relativ des
Verwandtschaftsquadrupels selber gemäss den Schemata:
10)
In Worten: Ein Einzeiler von einem Einzeiler ist immer der erste
Einzeiler und ein Einkolonner von einem Einkolonner ist immer der letzte
Einkolonner — statt eines Terms aber kann hiebei auch auch dessen
Negation durchweg eintreten.
Den Beweis durch Herbeiführung der Koeffizientenevidenz zu leisten
ist leicht. Will man diese umgehen, so kann man auch schliessen:
i ; j = (i ; 1) ; j = i ; 1 ; j = i ; 1 · 1 ; j = i · 1 = i
— gemäss 2), und 5) des § 11. Ganz ebenso ist i ; j̄ = i, ī ; j̄ = ī, ī ; j = ī
zu beweisen, woraus dann die übrigen Formeln der ersten Zeile von 10)
durch die Kontraposition folgen, und aus dieser die zweite Zeile durch
Konvertiren hervorgeht.
Bei den 8 Knüpfungen der zweiten Gruppe stellt sich das Ergebnis
der relativen Knüpfung als einerlei heraus mit dem der gleichnamigen
identischen Knüpfung:
11)
12)
13)
Beweis. i ; j̆ = i ; (1 ; j̆) = i ; 1 ; j̆ = i ; 1 · 1 ; j̆ = i · j̆, u. s. w.
Der Einzeiler von einem Einkolonner ist also der Schnitt beider,
d. h. ist immer ein individuelles binäres Relativ, und zwar dasjenige,
welches an der Schnittstelle der beiden Vollreihen in der Tafel 12 steht.
Hier sei auf eine Attrape aufmerksam gemacht. Angesichts des vor-
stehenden Satzes wird der Anfänger auf die Frage, was nun der Ein-
kolonner von einem Einzeiler sein werde? leichtlich hereinfallen, meinend,
dass dies sich analog verhalten werde. Solches ist nun aber durchaus nicht
der Fall und braucht es nicht zu sein, weil das Konverse von i ; j̆ wieder
von derselben Form, nämlich j ; ĭ, keineswegs jedoch ĭ ; j noch auch j̆ ; i sein
wird — gleichwie überhaupt bei a ; b̆ (sowie bei ă ; b) die Konversion nie-
mals aus dieser Form herausführen kann! Die Antwort auf die aufgeworfne
Frage wird vielmehr ganz anders ausfallen und durch den ersten der
folgenden Sätze selbständig gegeben.
Die Formeln rechts vom Mittelstriche in 11) bis 13) müssten als
dual den linkseitigen entsprechende eigentlich in der umgekehrten
Reihenfolge, von unten nach oben, hingesetzt sein; doch glaubten wir
durch die gewählte Stellung die Übersicht und das Behalten der Sätze
zu erleichtern.
Die 8 noch übrigen Knüpfungen bilden eigentlich zusammen eine
dritte Hauptgruppe, die sich aber in zwei Untergruppen gliedert.
[413]§ 25. Knüpfungen zwischen Elementverwandten.
Die dritte Gruppe umfasst sechs von den 8 Knüpfungen, nämlich
diejenigen, welche lediglich der Werte 0 und 1 fähig sind, von denen
sie den einen oder andern annehmen, je nachdem i gleich oder un-
gleich j ist, — Knüpfungen also, deren Ergebnisse als „ausgezeichnete“
Relative bezeichnet werden könnten. Sie sind:
14)
Endlich die vierte Gruppe enthält die beiden noch übrigen
Knüpfungen, und diese sind absolut bestimmt, nämlich:
15)*
| ī̆ ; j̄ = 1 | ĭ ɟ j = 0, |
wobei der Stern wie früher darauf hinweist, dass für die Geltung der
Formeln die Voraussetzung wesentlich ist, dass der Denkbereich 11
mindestens drei Elemente enthalte.
Hienach ist der Einkolonner von einem Einzeiler gleich 1 falls sich
beider Vollreihen auf der Hauptdiagonale schneiden, dagegen gleich 0 in
jedem andern Falle.
Umgekehrt, falls für den einen relativen Faktor dessen Negat
eintritt.
Gleich 1 aber ist das Einkolonnernegat vom Einzeilernegate.
Die Relative in 14) verhalten sich wie die Aussagen i = j resp.
i ≠ j, und können auch in die Formen gesetzt werden — die wir nur
für die vorkommenden relativen Produkte angeben wollen:
14a)
und analog ist endlich:
15a)*
| ī̆ ; j̄ = 1 ; īj̄ = 1 | 0 ɟ (i + j) = 0, |
wobei die Konvertirung noch weitre äquivalente Formen liefert, wie
14b)
15b)*
| ī̆j̄̆ ; 1 = 1 | (ĭ + j̆) ɟ 0 = 0. |
Während die beiden letzten Formeln wegen 1'i j = 1'j i oder (i = j) =
= (ĭ = j̆) — wie schon (a = b) = (ă = b̆) — aus den vorhergehenden
beiden folgen, bleiben von diesen die auf die relativen Produkte bezüg-
lichen Angaben noch zu beweisen, aus denen die übrigen durch
Kontraposition folgen. Dies wäre aus der Koeffizientenevidenz zu
[414]Zehnte Vorlesung.
leisten ein Leichtes, kann jedoch in allen vier Fällen — eleganter —
auch mittelbar geleistet werden nach dem Vorbilde:
ĭ ; j = (1 ; ĭ) ; j = 1 ; ĭ ; j = 1 ; (i ; 1)j = 1 ; ij,
wobei von dem Satze 6) des § 18 — vergleiche auch 21) der Formel-
sammlung des übernächsten Paragraphen — Gebrauch gemacht wurde.
Nunmehr ist also blos noch die Äquivalenz der Relative mit den Aus-
sagen zu erhärten.
Auf den ersten Blick ist klar, dass für j = i auch sein muss:
1 ; ij = 1 ; i = 1, 1 ; ij̄ = 1 ; iī = 1 ; 0 = 0 = 1 ; īj.
Und dass für j ≠ i umgekehrt:
1 ; ij = 0, 1 ; ij̄ = 1 = 1 ; īj
sein muss, beruht auf dem Hülfssatze:
16) (i ≠ j) = (ij = 0) = (ij̄ = i) = (īj = j) = (i ⋹ j̄) = (j ⋹ ī) =
= (ī + j̄ = 1) = (ī + j = ī) = (i + j̄ = j̄),
dessen sämtliche Formen aus der ersten Äquivalenz schon durch identische
Umformungen sich ergeben.
Zum Beweise jener haben wir vorwärts:
(ij)h k = ih kjh k = 1'i h1'j h = 0,
weil nach der Voraussetzung i ≠ j das h nicht mit i sowol als j zusammen-
fallen kann, folglich von den beiden 1'-Koeffizienten, deren Produkt in Be-
tracht kommt, mindestens einer verschwindet. Dass umgekehrt aus ij = 0
auch rückwärts i ≠ j folgt, ergibt sich indirekt, weil die gegenteilige An-
nahme zu dem Widerspruch i = 0 mit 5) führen würde. —
Nunmehr kann auch für 1 ; ij = 1 nur j = i sein, wie leicht apago-
gisch zu zeigen, weil für j ≠ i bewiesen erscheint, dass 1 ; ij = 1 ; 0 = 0
sein muss.
Endlich dass stets 1 ; īj̄ = 1 sein muss, folgt für j = i schon als 1 ; ī = 1
nach 2), überhaupt aber aus der Koeffizienteneviden wegen:
(1 ; īj̄)h k = Σlīl kj̄l k = Σl0'i l0'j l = 1*,
sobald der Denkbereich mindestens drei Elemente enthält, weil es dann
auch ein von i und j verschiedenes l geben wird, für welches der zugehörige
Summand der Σl gleich 1 ist.
Hiemit sind denn also sämtliche Formeln 14) und 15) bewiesen.
Zugleich sind mit 14, 15a \& b) für eine Anzahl der identischen Knüpfungs-
ergebnisse zwischen i, j und deren Verwandten die primären relativen
Knüpfungen mit den absoluten Moduln ermittelt — wozu die übrigen,
nebenbei gesagt, weiter unten ihre Erledigung finden.
Bisher haben wir i lediglich als den „Einzeiler“ in’s Auge gefasst,
und von ihm und seinen Verwandten die relativen Knüpfungen studirt
mit den Moduln sowol als mit ihres(jener)gleichen.
[415]§ 25. Wichtige Sätze über Elemente.
Nunmehr sind wir auch in der Lage diejenigen Sätze zu begründen,
auf welchen es beruht, dass solch ein „Einzeiler“ in unsrer Theorie der
binären Relative gedeutet werden kann als „Element“ i des ersten
Denkbereiches, dass er jederzeit hingestellt werden darf als der Re-
präsentant dieses Elementes.
Um als zulässig zu erscheinen, muss solche Deutung des Einzeilers
sich in allen Stücken als mit der „rhetorischen Evidenz“ (cf. § 4) ver-
einbar, im Einklange erweisen — wozu ein Mehreres gehört.
Zuvörderst müssen gleichwie die Elemente, so auch die Einzeiler
sämtlich vom Nichts verschieden, verschiedene auch unter sich disjunkt
sein. Dies ist in der That für die Einzeiler bereits mit 5) und 16)
erwiesen.
Weiter aber müssen die drei Möglichkeiten, über welche unsre
Theorie Verfügung gewann, um auszudrücken, dass i ein a von j sei,
sich für die Einzeiler i, j als äquivalent erweisen zu lassen. Die drei
Möglichkeiten rekapitulirt und ihre Äquivalenz statuirt der (funda-
mentale) Satz:
17) (ai j = 1), = ai j = (i ⋹ a ; j) = (i : j ⋹ a).
Über die erste von diesen drei Gleichungen als eine ja schon
durch den Aussagenkalkul gegebene brauchen wir kein Wort zu ver-
lieren. Die zweite beweist sich wie folgt. Es ist:
(i ⋹ a ; j) = Πh k(ih k ⋹ Σlah ljl k) = Πh k(1'i h ⋹ Σlah l1'j l) =
= Πh(1'i h ⋹ ah j) = (1'i i ⋹ ai j) = (1 ⋹ ai j) = ai j.
Dem Beweise der dritten Äquivalenz wollen wir einen wichtigen
Satz voranschicken:
18) i : j = i ; j̆ = ij̆.
Beweis. Nach der fundamentalen Festsetzung 9) des § 3 ist:
(i : j)h k = 1'i h1'j k und dies = ih kjk h = (ij̆)h k. Somit ist i : j = ij̆ be-
wiesen, und dass das identische Produkt von i und j̆ mit dem relativen
i ; j̆ übereinstimmt sahen wir bereits mit Satz 11) ein.
Nach diesem merkwürdigen Satze lässt sich das individuelle binäre
Relativ i : j auch mittelst der 6 Spezies unsrer Theorie durch i und j
ausdrücken; es wird der Doppelpunkt als apartes Knüpfungszeichen —
nachträglich — entbehrlich, nämlich in der That entbehrlich gemacht
schon durch die beiden Spezies: der Konversion und der sei es relativen,
sei es identischen Multiplikation.
Um 18) zu einem Gespann zu ergänzen, müsste noch hinter einem
Mittelstriche angefügt werden: i̅ :̅ j̅ = ī ɟ j̄̆ = ī + j̄̆.
[416]Zehnte Vorlesung.
Als Beweis der letzten Äquivalenz 17) haben wir nun ähnlich:
(i : j ⋹ a) = Πh k(1'i h1'k j ⋹ ah k) = (1'i i1'j j ⋹ ai j) = (1 ⋹ ai j) = ai j,
indem wieder diejenigen Faktorenaussagen des Πh k, welche sich bei
h ≠ i oder k ≠ j ergeben, als auf (0 ⋹ ah k), = 1 hinauslaufende unter-
drückt werden durften — q. e. d.
Ferner wird nun die rhetorische Evidenz gebieterisch erheischen,
dass auch folgender Satz für die Einzeiler i und j erweisbar sei:
19) (i ⋹ a ; j) = (j ⋹ ă ; i).
Sooft nämlich i ein Liebender (a, = amans) ist von j, muss j ein
Geliebter (ă, = amatus, -a, -um) sein von i, und umgekehrt.
Beweis. Denn die behauptete Gleichung kommt nach dem Satze 17)
auf die laut fundamentaler Festsetzung geltende Identität hinaus:
ai j = ăj i.
Bei diesen Nachweisen hinsichtlich des Einklangs unsrer Theorie
mit der rhetorischen Evidenz in der (ohnehin nirgends systematisch
nennenswert entwickelten) verbalen Logik relativer Begriffe wollen wir
uns vorläufig beruhigen, und an dieser Stelle nicht die Frage zum
Austrag bringen, ob die bereits gegebnen Nachweise auch schon ge-
nügen, jene Übereinstimmung als eine durchgängig bestehende zu be-
gründen oder wenigstens die Interpretation des „Einzeilers“ als eines
„Elements“ des ersten Denkbereichs vollends zu rechtfertigen, die funda-
mentale Festsetzung 8) des § 3 aus den Bedürfnissen der Logik selbst
zu motiviren. Wir werden fortan, wie früher schon, die beiden Namen
„Einzeiler“ und „Element“ als synonyme gebrauchen. Wir haben noch
zu viel zu thun mit der Durchführung von Untersuchungen und der
Beantwortung von Fragen, die sich als solche der reinen Algebra (der
Relative) an unsre letzten Betrachtungen knüpfen.
Das Theorem 19), welches, zu einem Gespann ergänzt, lautet:
19)
hebt einen Sonderfall des zweiten Inversionstheorems hervor, in dem es
— ausnahmsweise — möglich ist, einen relativen Faktor auch aus dem
Prädikate einer Subsumtion zu isoliren, so, wie es uns das erste In-
versionstheorem aus dem Subjekte stets gestattet. Dieser Fall liegt
hinsichtlich des zweiten relativen Faktors sicher vor, wenn derselbe
sowie auch das Subjekt der Subsumtion ein Element ist; beim ersten
[417]§ 25. Sätze über Elemente.
relativen Faktor liegt er vor, wenn dieser sowie das Subjekt ein Ele-
mentkonvers ist.
Die Frage, inwiefern diese Wahrnehmung sich verallgemeinern lässt,
ist eine wichtige und wird uns nochmals beschäftigen.
Bei der ofterwähnten Vielförmigkeit unsrer Disziplin erscheint es fast
unthunlich, die Sätze jeweils in allen ihren gleichberechtigten, äquivalenten
und gleich einfachen Formen aufzuführen. Und doch kann gelegentlich
irgend eine dieser Formen belangreich werden!
So sind — wenn wir es diesmal noch versuchen — im Hinblick auf
den mit unter 22) gegebenen Satz a ; i = a ɟ ī, den man (mit seinen Ver-
wandten) eben auswendig behalten muss(!) — auch folgendes noch die
mit ihm gleichberechtigten Formen unsres Satzes 19):
20)
.
Zu 17) die verwandten Formen aufzustellen überlassen wir dem Leser. —
Um in unsrer Theorie keine Lücke zu lassen, müssen wir auch die
den Sätzen 6) und 7) des § 2 zugrunde liegenden Behauptungen irgendwo
beweisen. Dies ist an gegenwärtiger Stelle ein Leichtes.
Um jenen Satz 7) i : j ≠ 0 zu beweisen, hat man blos nachzusehn,
dass 1 ; (i : j) ; 1 = 1 ; i ; j̆ ; 1 = 1 ; 1 = 1 ist.
Und um — was jenem Satze 6) zugrunde liegt — die Verschieden-
heit von i : j und j : i bei der Annahme i ≠ j darzuthun, braucht man blos
zu zeigen, dass ij̆ und ĭj in wenigstens einem Koeffizienten nicht überein-
stimmen. Nun ist der allgemeine Koeffizient des einen (ij̆)h k = ih kjk h = 1'i h1'j k
gleich 1 für h = i und k = j, gleich 0 aber in jedem andern Falle; der
des andern ist (ĭj)h k = ik hjh k = 1'i k1'j h gleich 1 für h = j und k = i, andern-
falles gleich 0. Also gibt es zwei Suffixe (ij und ji), wo die beiden
Koeffizienten verschieden, der eine nämlich 1 und der andre 0 ist, q. e. d.
Die Formeln und Sätze über die relativen Knüpfungen zwischen
einem Einzeiler i oder einem Einkolonner ĭ oder deren Negaten und
einem allgemeinen Relativ a brauchen nicht besonders aufgestellt und
begründet zu werden, weil sie sich sogleich als spezielle Fälle ergeben
aus den allgemeineren Formeln für die Knüpfung eines Systems über-
Schröder, Algebra der Relative. 27
[418]Zehnte Vorlesung.
haupt, oder von dessen Verwandten, mit solchem allgemeinen Relative,
wie sie im nächsten Paragraphen abgehandelt werden — cf. 42 \& 43)
des § 22.
Zur Bequemlichkeit des Studirenden stellen wir sie indessen vor-
weg hier zusammen. Sie lauten:
21)
22)
23)
Ihre Rechtfertigung durch die Koeffizientenevidenz bildet übrigens
nur eine leichte Übung. Für die letzten Knüpfungen 23) gibt es zudem
auch die komplizirtern Darstellungen:
24)
deren Beweis ebenfalls als Übung empfohlen sei.
Zum Beweise der ersten Formel jedes der Gespanne 21) bis 23) be-
darf es übrigens des Rekurses auf die Koeffizientenevidenz nicht; vielmehr
genügt dazu, wegen i = i ; 1, ī = ī ; 1, der Hinweis auf das Theorem 5)
des § 11, = 16) des § 27, sowie (für b = ĭ oder ī̆) auf das 6) des § 18,
= 21) des § 27. Darnach wird nur noch die Formel unter 22) a ; i = a ɟ ī
unmittelbar zu beweisen bleiben, und beruht deren Koeffizientenevidenz
(a ; i)h k = (a ɟ i)h k auf dem Satze 12) des § 8, wonach:
Σlah l1'i l = ah i = Πl(ah l + 0'i l)
in der That sein muss; q. e. d.
Hiezu scheint behufs Aussöhnung der „rhetorischen Evidenz“ wenig-
stens eine Bemerkung nötig. Dass wie in 22) angegeben:
a ; i = a ɟ ī,
erscheint ohne weitres vor- und rückwärts einleuchtend. Stellt nämlich i
eine bestimmte Person vor, so ist ein Liebender von i gewiss auch ein
Liebender von allen ausser den nicht-i, und umgekehrt.
Man könnte nun wähnen, es müsse auch geradeso a ; ī = a ɟ i sein;
bei genauerem Zusehen stellt sich dies jedoch als ein Irrtum heraus. Es
gilt blos der Satz:
[419]§ 25. Knüpfungen zwischen Element und beliebigem Relativ.
25)
d. h. ein Liebender von allen ausser i ist gewiss auch ein Liebender von
nicht-i’s. Dagegen braucht das Umgekehrte keineswegs zuzutreffen: ein
Liebender von nicht-i’s braucht nur einige aber nicht alle Personen ausser i
zu lieben.
Koeffizientenvergleichung für das Suffix hk lehrt auch in der That,
dass nur mit ⋹ aber nicht mit = zu gelten braucht:
Πl(ah l + 1'i l) ⋹ Σlah l0'i l,
d. h.
ah Aah B … (ohne ah i) ⋹ ah A + ah B + … (ohne ah i).
Zu den Konsequenzen der Formeln 21) bis 23) — die vielleicht
noch lange nicht erschöpfend gezogen sind — gehört unter anderm
das bemerkenswerte Sätzegespann:
26)
dessen ersten man auch ohne Zuhülfenahme der Koeffizientenevidenz
mit (a ɟ ī)(b ɟ ī) = ab ɟ ī gemäss 22) und 4) des § 6 beweisen kann.
Stellte i nicht ein Element, sondern irgend ein andres Relativ vor,
so würde sich blos die Einordnung ab ; i ⋹ a ; i · b ; i behaupten lassen.
Natürlich kann man den Satz 26) auch von zweien auf beliebig
und unbegrenzt viele identische Faktoren (resp. Terme) ausdehnen,
und muss — falls die Zeichen Π, Σ sich auf ein allgemeines oder
irgendwie variables Relativ a beziehen — auch gelten:
Πa ; i = (Πa) ; i, Πĭ ; a = ĭ ; Πa, Σ(a ɟ ī) = Σa ɟ ī, Σ(ī̆ ɟ a) = ī̆ ɟ Σa.
Ebenso ist beachtenswert, dass der Satz gelten muss:
27)
— während, wenn i ein beliebiges Relativ vorstellte, sich blos
(a ɟ b) ; i ⋹ a ɟ b ; i
behaupten lassen würde. Dies zu berücksichtigen ist besonders behufs
Ausführung von Summationen und Produktermittelungen wichtig.
Der Beweis ergibt sich nach 22) aufgrund der Assoziativität der
relativen Addition mit:
a ɟ b ; i = a ɟ (b ɟ ī) = (a ɟ b) ɟ ī = (a ɟ b) ; i.
Keineswegs dagegen dürfte auch a ; (b ɟ i) gleich a ; b ɟ i gesetzt
werden — eine Verwechselung, vor der man sich hüten muss. Viel-
27*
[420]Zehnte Vorlesung.
mehr ist, wie wir in § 29 sehen werden, das erstre = a ; (b ɟ 1') ; i, das
letztere = (a ; b ɟ 1') ; i — davon verschieden.
Nach 23) muss das Relativ a ɟ i aus lauter Voll- und Leerzeilen,
nämlich aus jenen von ĭ + a bestehen. Zu denselben müssen erstens
die Vollzeilen von a selbst, das ist a ɟ 0, gehören, zweitens aber
müssen dazu Vollzeilen beisteuern: diejenigen Einlückzeilen von a, deren
Lücke gerade auf die Kolonne ĭ zu liegen kommt, mithin durch das in
sie hineinfallende Auge von ĭ zur Vollzeile ergänzt wird. Bringt man
dies in Formeln, so kann man sich von der geometrischen Evidenz
ausgehend (auf einigen Umwegen) zur Entdeckung des folgenden Ge-
spanns von Sätzen führen lassen:
28)
deren erste Zeile man auch zu der Skala ergänzen könnte:
a ɟ 0 ⋹ a ɟ i ⋹ (a ɟ 1') ; 1 ⋹ a ; 0' ɟ 0 ⋹ a ; ī ⋹ a ; 1
etc. Statt obigen Entdeckungsweg genauer darzulegen, ziehe ich vor, die
erste Formel 28) hier einfach durch die Koeffizientenevidenz zu beweisen:
Es ist Lh k = (a ; 0' ɟ 0)h k = ΠmΣlah l0'l m und
Rh k = (a ; ī)h k = Σlah līl k = Σlah l0'i l,
welch letzteres in Lh k bei m = i als Faktor auftritt, sodass Lh k ⋹ Rh k, q. e. d.
Gelegentlich von Nutzen ist auch noch das folgende Doppel-
gespann von Sätzen:
29)
deren erster auch als a ; i · ĭ ⋹ a, (etc.) hätte gebucht werden können.
Der Beweis desselben mittelst der Koeffizientenevidenz, wobei
Lh k = Σlah lil k · ik h = 1'i kΣlah l1'i l = 1'i kah i,
beruht auf der bemerkenswerten Gleichung: 1'i kah i = 1'i kah k(= Rh k), welche
für k ≠ i in 0 = 0, für k = i in ah i = ah k übergeht.
Die nächste Gleichung des linkseitigen Quadrupels folgt dann gemäss
22), etc. und die erste Gleichung des rechtseitigen Quadrupels mittelst
identischer Rechnung als a ; i · ĭ + ī̆ = aĭ + ī̆, etc.
Ein gleiches gilt von den beiden Sätzegespannen:
30)
[421]§ 25. Knüpfungsgesetze für Elemente.
31)
.
Behufs Beweises des ersten haben wir
Lh k = Σlah līl k · ik h = 1'i kΣlah l0'i l und Rh k = 1'i kΣlah l0'l k, mithin Lh k = Rh k;
denn für k ≠ i kommt diese Gleichung auf 0 = 0, für k = i aber auf die
Identität Σlah l0'i l = Σlah l0'l i hinaus, q. e. d. —
Der erste Satz 31) des zweiten Gespannes beweist sich schon ohne
Zuhülfenahme der Koeffizientenevidenz vor- oder rückwärts so:
0'a ; i = 0'a ɟ ī = (0' ɟ ī)(a ɟ ī) = (a ɟ ī)ī = a ; i · ī,
mit derselben so:
(a ; i · ī)h k = Σlah lil kīh k = Σlah l1'i l0'i h = ah i0'h i =
= Σl(0'a)h l1'i l = Σl(0'a)h lil k = (0'a ; i)h k.
Man bemerkt schon im Hinblick auf die vorige (mittelbare) Her-
leitung, dass dieser Satz 31), als zu nahe liegend, kaum noch registrirt zu
werden verdiente. Und so wollen wir auch inbezug auf eine Reihe noch
anführbarer ähnlicher Sätze — wie a ; i · i = 1'a ; i, was mit a ; i · 1' ; i nach
26) folgt, etc. — hier nicht nach Vollständigkeit streben.
Hierher gehören auch noch die ganz leicht erweislichen Sätzchen:
| aī̆⋹a ; ī | a ɟ i ⋹ a + ĭ |
| īa⋹ī̆ ; a | ĭ ɟ a ⋹ i + a |
oder
| a⋹a ; ī + ĭ | (a ɟ i)ī̆ ⋹ a |
| a⋹i + ī̆ ; a | ī(ĭ ɟ a) ⋹ a |
und andre mehr.
Von sehr häufiger Anwendung werden endlich auch diese beiden
Gruppen von Sätzen sein:
32)
33)
Hievon verstehen sich die Gleichsetzungen der ersten Zeile in beiden
Chiffren wegen ĭ = 1 ; ĭ, i = i ; 1 etc. zwar aus einem allgemeineren Satze,
welchen wir unter 9) im § 27 der Theorie einfügen werden; da man be-
hufs Übergangs zur zweiten Zeile doch ohnehin an die Koeffizientenevidenz
appelliren muss, mögen sie hiernächst durch diese sogleich mit gerecht-
fertigt werden. Man hat zu 32) linkerhand:
Lh k = Σlil hah lil kbl k = Σlah l1'i lbl k = ah ibi k
und Rh k = Σlah lil k · Σmim hbm k = Σlah l1'i l · Σm1'i mbm k = ah ibi k,
[422]Zehnte Vorlesung.
q. e. d. Zu 33) jedoch: Lh k = Σlīl hah līl kbl k = Σlah l0'i lbl k, was nur ⋹ ist
dem Rh k = Σlah līl k · Σmīm hbm k = Σlah l0'i lΣm0'i mbm k.
Wenn ein i oder ī als identischer Faktor beim Vorfaktor eines
relativen Produktes auftritt, desgleichen wenn ein ĭ oder ī̆ in einen
relativen Nachfaktor multiplizirt erscheint, so kann man jedes nach 5)
des § 18, = 7) des § 27, bekanntlich als identischen Faktor absondern,
indem
ai ; b = i · a ; b, a ; ĭb = a ; b · ĭ, aī ; b = ī · a ; b, a ; ī̆b = a ; b · ī̆
sein muss; und ähnlich ist, für diese Elementverwandten als identische
Summanden in den Termen einer relativen Summe, zu konstatiren dass:
(a + i) ɟ b = i + a ɟ b, a ɟ (ĭ + b) = a ɟ b + ĭ,
(a + ī) ɟ b = ī + a ɟ b, a ɟ (ī̆ + b) = a ɟ b + ī̆.
Wenn dagegen umgekehrt ein i oder ī als gleichnamiger identischer
Term beim zweiten Operationsgliede, desgleichen wenn ein ĭ oder ī̆
beim ersten Operationsgliede eines relativen Knüpfungsergebnisses auf-
tritt, so konvenirt es nicht selten, dieselben konvertirt zum andern
Operationsgliede zu schlagen, und verbürgen uns die Formeln 32)
und 33) mit ihrer ersten Zeile die Berechtigung zu diesem Verfahren.
Und der Satz 32) lehrt noch ausserdem (mit seiner folgenden
Zeile), dass man solchen Ausdruck a ; ib resp. (a + ĭ) ɟ b, etc. in ein
identisches Knüpfungsergebniss äquivalent aufzubrechen vermag, was
bei den Ausdrücken a ; īb, etc. in 33) nicht der Fall ist.
Hieraus werden wir — in § 29 — noch wichtige Folgerungen ziehen.
Als eine eminent wichtige Konsequenz unsrer Studien über das
„Element“ (als binäres Relativ) und seine Knüpfungen stellen wir
schliesslich eine Gruppe von Sätzen zusammen, die man als die
Sätze über den Wechsel (die Vertauschung, Abänderung) der Suffixe
bezeichnen könnte.
Gehörte zu diesen in erster Linie der Satz
aj i = ăi j,
der sich schon unter den fundamentalen Festsetzungen vorfindet, und
konnte demselben aus Anlass gelegentlicher Sätze 24, 25) des § 22
das Sätzepaar:
34) ai i = (1'a ; 1)i j, aj j = (1 ; a1')i j
als ein aus der Koeffizientenevidenz leicht zu rechtfertigendes vielleicht
schon früher angereiht werden, so tritt nunmehr auch noch das Sätze-
paar hinzu:
[423]§ 25. Relativkoeffizienten als ausgezeichnete Relative.
35) ai k = (ĭ ; a)h k, ah j = (a ; j)h k
und als der umfassendste Satz der ganzen Gruppe:
36) ai j = (ĭ ; a ; j)h k.
Beweis des letztern:
(ĭ ; a ; j)h k = Σl mil hal mjm k = Σl m1'i lal m1'j m = ai j,
q. e. d. Und ähnlich für die vorhergehenden Sätze. Der zahlreichen
Varianten ihrer Ausdrucksform, deren die Sätze, wegen 1'a ; 1 = (0' + a) ɟ 0,
und a ; j = a ɟ j̄, etc. noch fähig sind, sei nur ganz beiläufig hiermit Er-
wähnung gethan.
Der letzte Satz setzt uns nun bei jedem Relativkoeffizienten in den
Stand, irgend ein gegebenes Suffix ij in irgend ein gewünschtes hk zu
verwandeln.
Aber noch mehr als das.
Weil nämlich das Relativ ĭ ; a ; j = 1 ; ĭ ; a ; j ; 1 „ein ausgezeich-
netes“ und als solches lediglich der Werte 0 und 1 fähig ist, so wird
es seinem allgemeinen Koeffizienten (zu beliebigem Suffixe hk) gleich
sein, und kann man auch schreiben:
37) ai j = ĭ ; a ; j,
d. h. jeder Relativkoeffizient lässt sich selber als ein binäres Relativ
ansehen und darstellen.
Speziell wird — vergl. 3), 4):
38)
Im vorgeschrittensten der Peirce’schen Bezeichnungssysteme, als
welches ich dasjenige in 9c hinstellen muss, würde die Gleichung 37) nur
für den Fall ai j = 0 zutreffen, im andern Falle dagegen als linke Seite 1,
als rechte ∞ auftreten. Es würde unsre Theorie dadurch zwecklos einer
Einfachheit, Symmetrie und Schönheit beraubt, und scheint mir dies der
unabweislichste von allen Gründen, welche mich bestimmten, die Peirce’sche
∞ zu verwerfen und für sie der Boole’schen 1 den Vorzug zu geben.
Mit dieser Modifikation, die doch wol nicht so unwesentlich sein dürfte,
sowie mit der Einführung der Zeichen 1', 0', des; und der Gestaltung des
ɟ Zeichens, wage ich zu hoffen, „die letzte Hand“, den coup d’épingle oder
finishing touch an die Vervollkommnung des fundamentalen Bezeichnungs-
systems der relativen Logik haben legen zu dürfen — das von den rudi-
mentären „spiculae“ De Morgan’s an einen so weiten und schweren Weg
bis hier zurückzulegen hatte!
Wird hiermit zusammengehalten, dass nach unserm Satze 18) auch
der Doppelpunkt entbehrlich geworden, die Elementepaare i ; j nämlich
[424]Zehnte Vorlesung.
auch als identische sowol wie relative Produkte von i und j̆ darstellbar
nachgewiesen sind, so erhellt, dass in unsrer Disziplin wesentlich keine
andern Symbole und Operationen als wie: binäre Relative und die
sechs Spezies (inclusive Π- und Σ-bildung) vorkommen. Die Disziplin
würde sich rein als eine solche darstellen lassen, die sich blos auf
diesem Gebiete und in diesem Operationskreise bewegt.
§ 26. Das Einauge, dessen Charakteristik und Knüpfungen.
Das „Elementepaar“ oder „individuelle binäre Relativ“ i ; j entspricht
dem „Punkt“ in der Geometrie der Ebene und könnte auch schlecht-
weg als ein solcher, als „Individuum des zweiten Denkbereichs“ be-
zeichnet werden. Die Matrix dieses Relativs besitzt nämlich stets und
nur ein Auge, und zwar an der Schnittstelle der iten Zeile mit der
jten Kolonne — oder, wie wir jetzt auch sagen dürfen: mit der „Ko-
lonne j̆“. Darum nennen wir solches Relativ auch ein „Einauge“. Es
möge i ; j vorerst z heissen.
Wir wollen uns nunmehr mit der Charakteristik und den funda-
mentalen Eigenschaften des Einauges beschäftigen.
Die Charakteristik des binären individuellen Relativs, Elementepaars,
Punktes oder Einauges muss sich ergeben, indem man aus den drei
Gleichungen:
1)
die beiden Symbole i und j (welches, wenn man will, nur als j̆ vor-
kommt) regelrecht eliminirt. Leider aber haben wir dafür noch keine
bequeme Regel von allgemeiner Anwendbarkeit. Für i etwa x und y
für j̆ sagend mag man auch schreiben:
2) z = xy, 1' ɟ x̄ ; 1 = x, 1 ; ȳ ɟ 1' = y,
woraus x und y zu eliminiren.
Ich gewinne die gesuchte Resultante, indem ich aus diesen drei
Gleichungen durch besondre Kunstgriffe eine Reihe von Schlüssen —
z betreffend — ziehe, hernach zeige, dass die Vereinigung dieser Kon-
klusionen oder partiellen Resultanten die volle Resultante ausmacht.
Zur Aufstellung partieller Resultanten, für die dann nur noch die
rechnerische Begründung beizubringen ist, wird man leicht heuristisch durch
die geometrische Evidenz geführt.
Zur Resultante gehört jedenfalls, dass z ; 1 · 1 ; z oder z ; 1 ; z = z ist,
und ferner dass z ⋹ (z̄ ɟ 1')(1' ɟ z̄) sein muss — letztres, weil das Einauge
[425]§ 26. Das Einauge. Ermittelung seiner Charakteristik.
als eine „nie mehrdeutige Abbildung“ (cf. § 30), und zugleich als das kon-
verse einer solchen auch, erscheint. Endlich muss z ≠ 0 sein.
Jenes zunächst lässt sich so ableiten:
Aus der zweiten und dritten Prämisse dürfen wir die früher ge-
zognen Folgerungen benutzen:
x ; 1 = x, 1 ; y = y.
Nun ist: z ; 1 = xy ; 1 ⋹ x ; 1 · y ; 1 = y ; 1 · x
1 ; z = 1 ; xy ⋹ 1 ; x · 1 ; y = y · 1 ; x,
woraus: z ; 1 · 1 ; z ⋹ y ; 1 · xy · 1 ; x = xy = z,
also z ; 1 ; z ⋹ z
folgt, und da die umgekehrte Subsumtion als allgemeine Formel gilt
— vergl. 5) des § 11 und 8) des § 15, so muss in der That gelten:
3) z ; 1 ; z = z
als „eine“ (und zwar eine partielle) Resultante.
Um eine (die im Kontext genannte) zweite zu gewinnen, bemerken
wir, dass nach bekanntem Satze 5) des § 6 allgemein gilt:
x̄ ɟ 1' + ȳ ɟ 1' ⋹ (x̄ + ȳ) ɟ 1', 1' ɟ x̄ + 1' ɟ ȳ ⋹ 1' ɟ (x̄ + ȳ).
Aber für x, y hatten wir einzeln schon die Konklusionen gewonnen
— vergl. 3), 4) des § 25:
x̄ ɟ 1' = x̄, ȳ ɟ 1' = y, 1' ɟ x̄ = x, 1' ɟ ȳ = ȳ
und zudem ist: x̄ + ȳ = z̄, also:
x̄ + y ⋹ z̄ ɟ 1', x + ȳ ⋹ 1' ɟ z̄,
woraus durch überschiebendes Multipliziren:
xy + x̄ȳ ⋹ (z̄ ɟ 1')(1' ɟ z̄) oder z + x̄ȳ ⋹ (z̄ ɟ 1')(1' ɟ z̄),
mithin a fortiori folgt:
4) z⋹ (z̄ ɟ 1')(1' ɟ z̄),
was die zweite partielle Resultante ist.
Die bisherigen beiden sind auch für z = 0 erfüllt und können
darum vereinigt noch nicht die volle Resultante geben, vielmehr wird
als dritte partielle Resultante noch die Bedingung
5) z ≠ 0 oder 1 ; z ; 1 = 1 oder 0 ɟ z̄ ɟ 0 = 0
hinzuzutreten haben, welche aus den Prämissen 2) rechnerisch auch
wie folgt sich ableiten lässt.
Wegen y = 1 ; y ist 1 ; z = 1 ; xy = 1 ; x(1 ; y) = 1 ; x · 1 ; y nach 5)
des § 18, somit 1 ; z = y · 1 ; x und 1 ; z ; 1 = y(1 ; x) ; 1 = y ; x̆ ; 1 nach
6) des § 18.
[426]Zehnte Vorlesung.
Aber gemäss 3), 4) des § 25 sind aus den beiden letzten Prä-
missen auch schon die Konklusionen verfügbar: x̆ ; 1 = 1 und y ; 1 = 1,
womit denn in der That 1 ; z ; 1 = 1 gewonnen ist.
Bedeutend einfacher wird freilich der Beweis dieser dritten Resultante,
falls man die erste Prämisse in der Gestalt
z = x ; y
zugrunde legt. Hier folgt — wie auf S. 417 — sogleich:
1 ; z ; 1 = 1 ; x ; y ; 1 = 1 ; 1 = 1 wegen 1 ; x = 1 = y ; 1.
Und auch die beiden andern Einzelresultanten beweisen sich unschwer so:
z ; 1 ; z = z ; 1 ; 1 ; z = x ; y ; 1 ; 1 ; x ; y = x ; 1 ; 1 ; y = x ; y = z,
wegen y ; 1 = 1 = 1 ; x und x ; 1 = x, 1 ; y = y. Endlich:
(z̄ ɟ 1')(1' ɟ z̄) = (x̄ ɟ ȳ ɟ 1')(1' ɟ x̄ ɟ ȳ) = (x̄ ɟ y)(x ɟ ȳ) = (x̄ ; 1 ɟ 1 ; ȳ)(x ; 1 ɟ 1 ; ȳ) =
= (x̄ ; 1 + 1 ; y)(x ; 1 + 1 ; ȳ) = (x̄ + y)(x + ȳ) = xy + x̄ȳ = x ; 1 · 1 ; y + x̄ ; 1 · 1 ; ȳ =
= x ; 1 ; y + x̄ ; 1 ; ȳ = x ; 1 ; 1 ; y + x̄ ; 1 ; 1 ; ȳ = x ; y + x̄ ; ȳ = z + x̄ ; ȳ,
womit die Einordnung von z unter die linke Seite bewiesen ist. Es kamen
hierbei ausser vorerwähnten nur die Gleichungen x̄ ; 1 = x̄, 1 ; ȳ = ȳ aus
3), 4) des § 25 und das Theorem 24) des § 20 in Anwendung.
Die Herleitung der drei Einzelresultanten bei Zugrundelegung andrer
Formen der Charakteristik von i resp. x bietet hübsche Übungsaufgaben
für Anfänger.
Die vereinigte Gleichung der drei gefundnen Einzelresultanten ist:
6) z̄ · z ; 1 ; z + z(z ; 0' + 0' ; z) + 0 ɟ z̄ ɟ 0 = 0.
Dass diese aber in der That die volle Resultante ist, lässt sich wie
folgt beweisen.
Wegen des mittleren Terms ist das Relativ z = (z̄ ɟ 1')z(1' ɟ z̄)
jedenfalls eine „auch umgekehrt niemals mehrdeutige Abbildung“, d. h.
die Augen seiner Matrix sind lauter Kreuzreiter — vergleiche etwa
§ 30 — oder, um uns hier lediglich auf die bekannten Parallelreihen-
sätze zu berufen: wegen z ⋹ z̄ ɟ 1' und z ⋹ 1' ɟ z̄ hat z höchstens ein-
besetzte Zeilen sowol als Kolonnen (neben etwaigen Leerreihen). Wegen
des dritten Terms ist z ≠ 0 und enthält mindestens ein Auge; das
einäugige z erfüllt die Forderung 6). Sobald aber z mehr als einen
Kreuzreiter zu Augen hat, verschwindet der erste Term nicht mehr,
indem z ; 1 ; z alsdann von z notwendig verschieden wird, nämlich mehr
Augen als dieses enthält.
Irgend zwei (als Kreuzreiter) etwa vorhandene Augen des z steuern
nämlich zu dem Relative z ; 1 ; z = z ; 1 · 1 ; z auch die beiden Augen
bei, welche die beiden andern Ecken des von jenen beiden bestimmten
Reihenrechtecks (oder der zugehörigen Gittermasche) sind und die
[427]§ 26. Charakteristik des Einauges.
wir in beistehender Figur durch hohle Ringe markirt haben. Diese
konnten jedenfalls dem z nicht angehören, weil dasselbe sonst mehr-
besetzte Reihen hätte. Es greift dann also in der That z ; 1 ; z über z
hinaus. Somit kann ein Relativ z, welches die Forderung 6) erfüllt,
auch nicht mehr als ein Auge haben; es muss Ein-
auge sein, q. e. d. [Der vorstehenden Überlegung
würde sich auch leicht eine mehr analytische, rech-
nerisch zuwerkegehende Fassung geben lassen.]
Es ist also 6) die gesuchte Charakteristik des
Einauges. Dieselbe lässt sich noch auf elegantere Formen bringen.
Nach 5) des § 11 und 14) des § 15 kann umgeformt werden:
z̄ · z ; 1 ; z = z̄ · z ; 1 · 1 ; z = z ; 1 · z̄ · z̄ · 1 ; z = z ; 0' · z̄ · z̄ · 0' ; z = z ; 0' · z̄ · 0' ; z.
Setzt man dies ein, so kann ferner nach dem Schema:
abz̄ + (a + b)z = ab + (a + b)z
der Faktor z̄ im ersten Term auch unterdrückt werden und entsteht:
7) z ; 0' · 0' ; z + z(z ; 0' + 0' ; z) + 0 ɟ z̄ ɟ 0 = 0.
Die beiden ersten Terme sind aber einerlei mit
z ; 0' · (z + 0' ; z) + (z ; 0' + z) · 0' ; z
und reduzirt sich dies nach 13) des § 15 so, dass wir erhalten:
8) 0 ɟ z̄ ɟ 0 + z ; 1 · 0' ; z + z ; 0' · 1 ; z = 0,
was mit Aufwand von nur zwölf Termen unsre Charakteristik dar-
stellt; dieselbe kann hienach aber auch mit nur zehn Termen gegeben
werden in einer der beiden Formen:
9)
Immer noch ist dies aber nicht die einfachste Gestalt unsrer Re-
sultante oder Charakteristik des Einauges. Dieselbe kann vielmehr auch
mit Aufwand von nur sieben Termen gegeben werden in — gleichviel
welcher der vier Formen:
10) 0' ; z ; 0' = (z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄), 1' ɟ z̄ ɟ 1' = z ; 1 + 1 ; z,
11) 0' ; z ; 0' = (z̄ ɟ 0) ; (0 ɟ z̄), 1' ɟ z̄ ɟ 1' = z ; 1 ɟ 1 ; z,
deren Äquivalenz unter sich durch Kontraposition und aus 24) des § 20
erhellt. Zu diesen werden wir nachher beim Studium der Modul-
knüpfungen von z heuristisch gelangen und dort auch ihre Äquivalenz
mit 6) bis 9) analytisch beweisen. Die vier Formen 10), 11) können
wesentlich als eine Ausdrucksform unsrer Charakteristik bezeichnet
werden.
[428]Zehnte Vorlesung.
Wir haben nun inbezug auf das Elementepaar oder individuelle
binäre Relativ eine Reihe von Fragen zu erledigen, als da sind:
die Frage nach den Verwandten desselben,
die Frage nach seinen und deren relativen Modulknüpfungen (sinte-
mal die identischen jederzeit sich ohne weiteres durchschauen lassen),
sodann die Frage nach den identischen und relativen Knüpfungen zwischen
Elementepaaren oder ihren Verwandten, weiter die Frage nach den
Knüpfungen zwischen letztern und Elementen oder deren Verwandten,
endlich die Frage nach den Knüpfungen jener (d. i. des Elementepaares
nebst Verwandten) mit einem allgemeinen Relative.
Verwandte von i : j sind (nächst i : j selbst, was wir immer ein-
begreifen):
12) i : j͝ = j : i.
Beweis. i : j͝ = ij̆͝ = jĭ = j : i.
Das Konverse eines Elementepaars ist also so, wie es vorgreifend
schon in § 1 erklärt worden, immer wieder ein Elementepaar, und zwar
das ihm symmetrisch zur Hauptdiagonale gegenüber stehende, in das
es übergeht durch Vertauschung der Zeilen mit den Kolonnen. Es
fällt mit ihm selbst zusammen lediglich dann, wenn j = i ist, d. h.
falls i : j = i : i zu den Selbstrelativen gehörte.
Aufgrund obiger Bemerkung braucht beim Studium der Knüpfungen,
die Relative der Verwandtengruppe von i : j mit irgend welchen Rela-
tiven eingehen, nur i : j selbst und sein Negat berücksichtigt zu werden,
von seinem Konversen und Strichkonversen kann abgesehen werden,
was die Arbeit auf die Hälfte reduzirt.
Die übrigen Verwandten sind:
13) i : j͞ = ī + j̄̆, i : j͞͝ = ī̆ + j̄ = j : i͞.
Ein solches Relativ nennen wir einen „Einleersteller“ oder „Ein-
lücker“ demselben fehlt blos ein Auge, um zum „Allauge“ oder Modul 1
zu werden.
Zum Studium der Modulknüpfungen wollen wir für i : j wieder den
Namen z gebrauchen, sodass uns hiernächst:
14) z = i : j = i ; j̆ = ij̆, z̄ = i : j͞ = ī ɟ j̄̆ = ī + j̄̆
bedeutet. Die primären relativen Modulknüpfungen von z und z̄ gibt
alsdann die Tafel an:
15)
,
[429]§ 26. Modulknüpfungen des Einauges.
16)
,
deren Formeln durch die Koeffizientenevidenz im Hinblick auf
zh k = ih kjk h = 1'i h1'j k
äusserst leicht zu rechtfertigen wären.
Dieselben lassen sich jedoch auch unschwer mittelbar beweisen wie
folgt. Es ist:
z ; 1 = ij̆ ; 1 = (i ; 1)j̆ ; 1 = i ; 1 · j̆ ; 1 = i · 1 = i,
1 ; z = 1 ; i(1 ; j̆) = 1 ; i · 1 ; j̆ = 1 · j̆ = j̆
im Hinblick auf 5) des § 18, und 2) des § 25; ferner:
z ɟ 0 = ij̆ ɟ 0 = (i ɟ 0)(j̆ ɟ 0) = i · 0 = 0,
0 ɟ z = (0 ɟ i)(0 ɟ j̆) = 0 · j̆ = 0,
z ; 0' = ij̆ ; 0' = (i ; 1)j̆ ; 0' = i ; 1 · j̆ ; 0' = ij̄̆,
0' ; z = 0' ; i(1 ; j̆) = 0' ; i · 1 ; j̆ = īj̆
wegen 5) des § 18; endlich:
z ɟ 1' = ij̆ ɟ 1' = (i ɟ 1')(j̆ ɟ 1') = i · 0 = 0,
1' ɟ z = (1' ɟ i)(1' ɟ j̆) = 0 · j̆ = 0, , q. e. d.
Die, sofern sie sich nicht schon aus dem Abacus ergeben, nun un-
schwer ähnlich zu gewinnenden sekundären Modulknüpfungen von z und z̄
seien zur Bequemlichkeit des Studirenden hiernächst vollständig zusammen-
gestellt:
17)
[430]Zehnte Vorlesung.
.
Fügt man noch hinzu die an die überragende (achte) Zeile sich an-
spinnenden tertiären Knüpfungen:
18)
| 0' ; z ; 0' ɟ 0 = 0 | (1' ɟ z̄ ɟ 1') ; 1 = 1 |
| 0 ɟ 0' ; z ; 0' = 0 | 1 ; (1' ɟ z̄ ɟ 1') = 1 |
| 0' ; z ; 0' ɟ 1' = 0' ; z | (1' ɟ z̄ ɟ 1') ; 0' = 1' ɟ z̄ |
| 1' ɟ 0' ; z ; 0' = z ; 0' | 0' ; (1' ɟ z̄ ɟ 1') = z̄ ɟ 1', |
so können alle (wenn auch noch so hohen) relativen Modulknüpfungen
von z und z̄ nunmehr augenblicklich angegeben werden, indem man die-
selben von innen heraus unter ev. wiederholter Benutzung dieser Tafeln
successive reduzirt. Dieselben führen niemals aus dem Kreise der bisher
als rechte Seiten vorgekommnen vierzehn Symbole 0, 1, z, z̄, i, j̆, ī, j̄̆,
ij̄̆, īj̆, ī + j̆, i + j̄̆, īj̄̆, i + j̆ heraus. Insbesondre ist von quartären Modul-
knüpfungen beachtenswert, dass:
19) 1' ɟ 0' ; z ; 0' ɟ 1' = z, 0' ; (1' ɟ z̄ ɟ 1') ; 0' = z̄
gilt. Diese Formel vermag aber z nicht als Einauge zu charakterisiren,
weil sie schon für z = 0 sich erfüllt zeigt. Ebendies ist für z = 0 oder 1
auch mit der grossen Mehrzahl der übrigen Formeln der Fall, in denen
blos z, z̄ neben Moduln vorkommen. Und es könnten als möglicherweise
für das Einauge charakteristisch höchstens noch diese fünf von unsern
Formeln in Betracht kommen (die rechterhand sind nur Kontraposition der
linkseitigen):
20)
21)
(10)
| 0' ; z ; 0' = (z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄) | 1' ɟ z̄ ɟ 1' = z ; 1 + 1 ; z, |
welche — in 6 oder 7 Termen — ein gewisses Relativ charakterisiren.
Von diesen fünfen wäre aber die der ersten Zeile auch durch z = ī̆,
die der zweiten und dritten durch z = i, der vierten durch z = ĭ erfüllt,
somit zur Charakterisirung des Einauges nicht ausreichend.
[431]§ 26. Zur Charakteristik des Einauges.
Anders die Formel der fünften Zeile. Dass diese (10) hiezu ausreicht,
hat mich zuerst in geometrischer Evidenz das Studium der sieben Formen
gelehrt, welche unter den sekundären Modulknüpfungen eines allgemeinen
Relativs a das Relativ 0' ; a ; 0' annehmen kann, und deren Vergleichung
mit den zugehörigen Werten des Relativs (ā ɟ 0)(0 ɟ ā).
Dieselbe muss also mit 8) äquivalent sein, was analytisch nachzuweisen
nicht ganz leicht erscheint und nunmehr geschehen soll.
Wir leiten zuerst 8) aus 10) ab.
Wegen z ; 1 + 1 ; z ⋹ 1' ɟ z̄ ɟ 1' haben wir nach dem ersten Inversions-
theoreme:
(z ; 1 + 1 ; z) ; 0' ⋹ 1' ɟ z̄, 0' ; (z ; 1 + 1 ; z) ⋹ z̄ ɟ 1',
z ; 1 + 1 ; z ; 0' ⋹ 1' ɟ z̄, 0' ; z ; 1 + 1 ; z ⋹ z̄ ɟ 1',
somit a fortiori: z ; 1 ⋹ 1' ɟ z̄, 1 ; z ⋹ z̄ ɟ 1', oder z ; 1 · 0' ; z + z ; 0' · 1 ; z = 0,
womit ein Teil von 8) gewonnen ist und nur noch z ≠ 0 abzuleiten bleibt,
was aber schwieriger. [Da z ; 0' ⋹ z ; 1, so folgt nebenher auch sogleich
z ; 0' · 0' ; z = 0.]
Wegen a ɟ 0 = (a ɟ 1')a etc. — cf. 13) des § 15 — haben wir allgemein:
0 ɟ z̄ ɟ 0 = {(0 ɟ z̄) ɟ 0}{0 ɟ (z̄ ɟ 0)} = {z̄(1' ɟ z̄) ɟ 0}{0 ɟ (z̄ ɟ 1')z̄} =
= (z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄)(1' ɟ z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄ ɟ 1').
Andrerseits ist nach dem Abacus, 10) und 24) des § 18, hier:
1' ɟ z̄ ɟ 0 = 1' ɟ z̄ ɟ 1' ɟ 0 = (z ; 1 + 1 ; z) ɟ 0 = z ; 1 + 1 ; z ɟ 0,
also (z̄ ɟ 0)(1' ɟ z̄ ɟ 0) = (z̄ ɟ 0)(1 ; z ɟ 0), und ebenso zeigt man, dass:
(0 ɟ z̄)(0 ɟ z̄ ɟ 1') = (0 ɟ z̄)(0 ɟ z ; 1),
womit wir haben:
0 ɟ z̄ ɟ 0 = (z̄ ɟ 0)(0 ɟ z ; 1)(1 ; z ɟ 0)(0 ɟ z̄).
Wegen 0 ɟ z ; 1 ⋹ z ; 1, etc. ist aber das Produkt der beiden ersten Faktoren
rechts gleich 0, und ebenso das der beiden letzten, womit denn auch
0 ɟ z̄ ɟ 0 = 0 oder z ≠ 0
gewonnen ist, q. e. d.
Um umgekehrt 10) aus 8) abzuleiten, deduziren wird aus letzterm:
0' ; z ⋹ z̄ ɟ 0, z ; 0' ⋹ 0 ɟ z̄, somit: 0' ; z ; 0' ⋹ (z̄ ɟ 0) ; 0' = z̄ ɟ 0, desgleichen
⋹ 0' ; (0 ɟ z̄) = 0 ɟ z̄, also 0' ; z ; 0' ⋹ (z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄).
Andrerseits haben wir nach der allgemein für 0 ɟ z̄ ɟ 0, welches hier = 0
ist, oben gegebnen Umformung:
(z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄)(1' ɟ z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄ ɟ 1') ⋹ 0,
oder (z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄) ⋹ 0' ; z ; 1 + 1 ; z ; 0'.
Allgemein aber kann man umformen:
0' ; a ; 1 + 1 ; a ; 0' = 0' ; a ; (1' + 0') + (0' + 1') ; a ; 0' =
= 0' ; a + 0' ; a ; 0' + a ; 0',
[432]Zehnte Vorlesung.
und hienach wird a fortiori:
(z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄) ⋹ z + 0' ; z + 0' ; z ; 0' + z ; 0' + z =
⋹ 1 ; z + 0' ; z ; 0' + z ; 1
wegen 13) des § 15. Dies reduzirt sich zu:
(z̄ ɟ 0)(0 ɟ z̄) ⋹ 0' ; z ; 0',
indem die beiden äussersten Glieder negirt als Faktoren nach links ge-
schlagen mit den dortselbst bereits vorhandenen zusammenfallen. Hiemit
ist 10) als Subsumtion vor- und rückwärts aus 8) abgeleitet, q. e. d.
Die beiden sind also als äquivalent auch rechnerisch bewiesen.
Den unterweges bewiesnen Satz mit seinem dualen Gegenstück zu
einem Gespann ergänzt, wollen wir übrigens zu gelegentlicher Anwendung
ausdrücklich notiren:
22)
| 1 ; a ; 1 = a ; 1 + 1 ; a + 0' ; a ; 1 + 1 ; a ; 0' | 0 ɟ a ɟ 0 = (a ɟ 0)(0 ɟ a)(1' ɟ a ɟ 0)(0 ɟ a ɟ 1'). |
Derselbe ergibt sich linkerhand auch rasch, indem man den ersten
und letzten relativen Faktor 1 durch 1' + 0' ersetzt.
Nach alledem muss also die Gleichung 10)
1' ɟ z̄ ɟ 1' = z ; 1 + 1 ; z
als die — soweit bekannt — konziseste Definition des „Indivi-
duums im zweiten Denkbereiche“ angesehen werden.
Auf dieser fussend wollen wir nun die ganze Theorie des Individuums
streng wissenschaftlich aufbauen.
Es würde imposanter gewesen sein, wenn ich jene ohne weitre Moti-
virung an die Spitze derselben gestellt hätte; instruktiver schien mir’s, dem
Leser auch einen Einblick in das Werden, die Heuristik der Theorie zu
verschaffen.
Ein erstes Kunststück ist, die Gesetze der Modulknüpfungen 15) bis 21)
direkt aus der Gleichung 10) rechnerisch abzuleiten so, wie es schon mit
dieser 1 ; z ; 1 = 1 oben geschah. Dabei dürften wir überhaupt die bereits
mit Gleichung 8) deduzirten Ergebnisse benutzen. Das Kunststück ist
trotzdem nicht gerade leicht, und da seine Ausführung bei der grossen
Menge zu rechtfertigender Formeln einen erheblichen Druckaufwand er-
forderte, so will ich mich begnügen, die Aufgabe zur Selbstbethätigung
für Vorgerücktere zu empfehlen. Ihre Lösung mache ich für die nach-
stehende Theorie dadurch entbehrlich, dass ich von der Gleichung 10) aus
möglichst rasch zur Darstellung des z durch ij̆ eile, aus der sich ja oben
auf die leichteste Weise alle Modulknüpfungsformeln ergeben haben.
Ein erster Satz dieser Theorie lautet:
23) .
Diese Aussagenäquivalenz muss als Subsumtion vor- und rückwärts
bewiesen werden.
[433]§ 26. Das Einauge als Individuum im zweiten Denkbereich.
Die Gleichung 23) rückwärts als Subsumtion zu beweisen läuft
darauf hinaus, zu zeigen, dass die Charakteristik linkerhand (als Re-
sultante der Elimination von x, y) aus dem allgemeinen Glied der
Doppelsumme rechterhand folgt.
Dies ist auf dem Umwege über 6) ‥ 8) nach 10) implicite bereits
geschehen, soll aber nunmehr nochmals auf dem kürzesten Wege geleistet
werden.
Dabei dürfen wir die aus den Charakteristiken für x und y bereits
S. 408 sq. abgeleiteten Folgerungen
x ; 1 = x = x ɟ 0, 1 ; x = 1 = y ; 1,
1 ; y = y = 0 ɟ y,
etc. nebst deren Kontraposition benutzen. Nun ist für z = xy:
R = z ; 1 + 1 ; z = xy ; 1 + 1 ; xy, L = 1' ɟ z̄ ɟ 1' = 1' ɟ (x̄ + ȳ) ɟ 1'
und soll L = R bewiesen werden. Aber:
R = (x ; 1)y ; 1 + 1 ; x(1 ; y) = x ; 1 · y ; 1 + 1 ; x · 1 ; y = x · 1 + 1 · y = x + y
gemäss der linkseitigen Schemata 5) des § 18 für c = 1 in Anspruch ge-
nommen. Ebenso haben wir nach deren rechtseitigen für c = 1' in An-
spruch genommnen Schemata:
L = {1' ɟ (x̄ + 1 ; ȳ)} ɟ 1' = (1' ɟ x̄ + 1 ; ȳ) ɟ 1' = (1' ɟ x̄ ; 1 + 1 ; ȳ) ɟ 1' =
= (x + 1 ; ȳ) ɟ 1' = (x ; 1 + 1 ; ȳ) ɟ 1' = x ; 1 + 1 ; ȳ ɟ 1' = x + y,
q. e. d. Noch leichter könnte mit der Annahme z = x ; y gezeigt werden, dass:
R = x ; y ; 1 + 1 ; x ; y = x ; 1 + 1 ; y = x ; 1 ɟ 1 ; y = x ɟ y,
L = 1' ɟ x̄ ɟ ȳ ɟ 1' = 1' ɟ x̄ ; 1 ɟ 1 ; ȳ ɟ 1' = x ɟ y,
also L = R sein muss.
Um die Gleichung 23) vorwärts als Subsumtion zu beweisen, muss
gezeigt werden, dass, sobald z die Charakteristik links erfüllt, es min-
destens ein Wertepaar x, y gibt, welches die Aussage hinter der
Doppelsumme rechts wahr macht. Ein solches ist aber in der That
angebbar in Gestalt von:
x = z ; 1, y = 1 ; z.
Beweis. Denn hiefür wird erstens
z = z ; 1 · 1 ; z(= z ; 1 ; z) = z ; 1 ; 1 ; z,
also z = xy = x ; y erfüllt sein, was wir indirekt schon aus 10) abgeleitet
haben, auf wol kürzestem Weg aber so ableiten mögen:
z ; 1 · 1 ; z = z ; (1' + 0') · (0' + 1') ; z = (z + z ; 0')(0' ; z + z) = z + z ; 0' · 0' ; z = z + 0 = z,
indem das Verschwinden des letzten Gliedes bereits auf S. 431 aus 10)
gefolgert wurde.
Es bleibt also nur noch das Erfülltsein der beiden ersten Faktor-
Aussagen hinter den Σ in 23) zu beweisen. Wegen
Schröder, Algebra der Relative. 28
[434]Zehnte Vorlesung.
x̄ ; 1 = (z̄ ɟ 0) ; 1 = z̄ ɟ 0, 1 ; ȳ = 1 ; (0 ɟ z̄) = 0 ɟ z̄
laufen diese aber hinaus auf die Modulknüpfungssätze 21):
1' ɟ z̄ ɟ 0 = z ; 1, 0 ɟ z̄ ɟ 1' = 1 ; z,
welche — zum wenigsten also — bewiesen werden müssen.
Indem wir zu unsrer Charakteristik beiderseits 0 relativ (nach- oder
vor-)addirten, hatten wir aber bereits S. 431 die Ergebnisse gewonnen:
1' ɟ z̄ ɟ 0 = z ; 1 + 1 ; z ɟ 0, 0 ɟ z̄ ɟ 1' = 0 ɟ z ; 1 + 1 ; z.
Aus unsrer Charakteristik folgt jedoch a fortiori: z ; 1 ⋹ 1' ɟ z̄ ɟ 1', somit
nach dem ersten Inversionstheorem: z ⋹ 1' ɟ z̄ ɟ 1' ɟ 0 oder
z⋹ 1' ɟ z̄ ɟ 0, analog z ⋹ 0 ɟ z̄ ɟ 1'.
Darnach wird
1 ; z ɟ 0 ⋹ 1 ; (0 ɟ z̄ ɟ 1') ɟ 0 = 0 ɟ z̄ ɟ 1' ɟ 0 = 0 ɟ z̄ ɟ 0,
was als ⋹ 0 mit z ≠ 0 bereits S. 431 erwiesen ist.
Somit gelten also nebenher auch die Modulknüpfungssätze:
1 ; z ɟ 0 = 0, 0 ɟ z ; 1 = 0
und mit diesen bewahrheiten sich auch die vorigen, q. e. d.
Weil das genannte x nun also die Charakteristik des Elementes,
y die des Elementkonverses erfüllt, so dürfen wir jenes mit i, dieses
mit j bezeichnen, und haben die Darstellung z = ij̆ gewonnen.
Diese ist nebenbei gesagt nur auf eine Weise möglich, oder es kann
nicht mehr als ein Glied der Aussagendoppelsumme in 23) wahr sein.
Denn wenn noch auf eine zweite Weise z = hk̆ wäre, so müssten wir auch
z = zz = ij̆hk̆ haben, was nach 16) des § 25 wegen ih = 0 oder wegen
j̆k̆ = 0, im Widerspruch zu z ≠ 0, verschwinden müsste, sobald das zweite
Elementepaar nicht durchaus mit dem ersten zusammenfiele.
Als nächsten Satz der Theorie stellen wir nun diesen auf:
24) ,
wonach unsre Charakteristik äquivalent ist der Individuumsdefinition, wie
sie der identische Kalkul (Bd. 2, S. 325) formulirt.
Auch diese Äquivalenz muss als Subsumtion vor- und rückwärts
bewiesen werden.
Vorwärts haben wir bereits die Folgerung z ≠ 0 aus der Charak-
teristik gezogen, bleibt also nur noch darzuthun, dass ein individuelles
Relativ z jedem binären Relativ u gegenüber entweder ganz in ihm selbst
oder ganz in seinem Negat enthalten ist.
Nun gibt die Alternative der Gleichungen
(zū = 0) + (zu = 0)
[435]§ 26. Zusammenhang mit der Individuumsdefinition identischen Kalkuls.
nach den Methoden des § 11 zusammengezogen die vereinigte Gleichung:
1 ; zū ; 1 ; zu ; 1 = 0 oder zū ; 1 ; zu = 0,
welche also nur mehr zu beweisen ist.
Dabei kann z = ij̆ eingesetzt werden.
Nennen wir Z den fraglichen Ausdruck, so ist:
Z = zū ; 1 · 1 ; zu = (i ; 1)j̆ū ; 1 · 1 ; i(1 ; j̆)u = i ; 1 · j̆ū ; 1 · 1 ; j̆ · 1 ; iu =
= ij̆ · ū(1 ; j̆) ; 1 · 1 ; (i ; 1)u = ij̆ · ū ; j ; 1 · 1 ; ĭ ; u = ij̆ · ū ; j · ĭ ; u
— gemäss 6) des § 18, zu vorletzt. Dass dieser Ausdruck nun verschwindet
ist einerseits daraus ersichtlich, dass nach 29) des § 25:
Z = ū ; j · j̆ · i · ĭ ; u = ūj̆ · iu ⋹ uū = 0
wird; andrerseits ist es auch durch die Koeffizientenevidenz nachweisbar,
indem:
Zh k = ih kjk hΣlūh ljl k · Σmim hum k =
= 1'i h1'j kΣlūh l1'j l · Σm1'i mum k = 1'i h1'j kūh jui k,
wo das Produkt der beiden ersten Faktoren nur für h = i und j = k nicht
verschwinden wird, dafür aber das Produkt der beiden letzten Faktoren als
ūi j · ui j verschwindet, q. e. d.
Man hätte den Beweis auch ohne die vorhergehende Reduktion des
Ausdrucks mit Z = ij̆ū ; 1 ; ij̆u in Gestalt von
Zh k = Σl mih ljl hūh l1l mim kjk mum k =
= Σl m1'i h1'j lūh l1'm1'j kum k = ūi jui j = 0
noch rascher führen können.
Rückwärts ist zu zeigen, dass ein nicht verschwindendes binäres
Relativ z, welches die Eigenschaft besitzt, jedem binären Relativ u
gegenüber entweder in diesem oder in ū enthalten zu sein, notwendig
ein Elementepaar i : j sein muss, nämlich die Charakteristik 10) eben-
dieses erfüllt.
Dies kann ja ganz leicht durch folgende Überlegung geschehen.
Jedes binäre Relativ ist laut Definition eine Summe von Elemente-
paaren, und seine Matrix besteht dementsprechend aus Augen und
Leerstellen.
Nun muss die Matrix des der rechten Seite von 24) genügenden z
mindestens ein Auge haben, weil z = 0 ausgeschlossen ist. Sei i : j
das einem solchen Auge entsprechende Elementepaar, so kann z kein
zweites Elementepaar h : k enthalten, m. a. W. die Matrix von z kann
(auch) nicht mehr als ein Auge haben. Denn im gegenteiligen Falle
würden Relative u existiren und angebbar sein von der Eigenschaft,
dass z nachweislich weder in ihnen noch in ihrem Negate enthalten
28*
[436]Zehnte Vorlesung.
sein kann. Ein solches Relativ u müsste nämlich dann das Einauge
sein, als welches sich das eine (oder andre) der beiden genannten Ele-
mentepaare präsentirt. Das Einauge u = i : j kann, als h : k aus-
schliessend*), auch nicht z enthalten, dessen Teil ja laut Assumtion
sowol h : k als i : j ist. Ebensowenig kann aber auch die Negation
ū = i : j͞ unser z als Teil enthalten, obwol es h : k einschliessen wird,
weil es den Teil i : j von z ausschliesst.
Damit ist gezeigt, dass jedes durch die rechte Seite von 24) cha-
rakterisirte binäre Relativ z gerade ein Auge haben muss, und folglich
auch erfüllen muss die schon bekannte „Charakteristik des Einauges“,
wie sie linkerhand in 24) sich angegeben findet.
Die Individuumscharakteristiken, entnommen einerseits dem iden-
tischen Kalkul als niederer Stufe und andrerseits der Theorie der rela-
tiven Modulknüpfungen als höherer Stufe der Algebra der Relative,
müssen darnach einander äquivalent sein, q. e. d.
Allein so bündig dieser vorstehende Beweis auch ist, so vermag
ich mich doch in methodologischer Hinsicht mit demselben noch nicht
ganz zufrieden zu geben. Als Desideratum schwebt mir noch die For-
derung vor, die linke Seite von 24) auch rein analytisch, rechnerisch,
aus der rechten abzuleiten, ungefähr wie dies umgekehrt bereits (so
ziemlich) geleistet wurde.
Ich bin in dieser Richtung wenigstens bis zu einem bestimmten Punkte
vorgedrungen, und bietet mein Weg einige interessante Momente, weshalb
die Betrachtungen in Kürze dargelegt seien.
Für jedes u ist entweder z ⋹ u oder z ⋹ ū, aber niemals beides, weil
(z ⋹ u)(z ⋹ ū) = (z ⋹ uū) = (z ⋹ 0) = (z = 0)
in Widerspruch mit der Stipulation z ≠ 0 treten würde.
Darnach ist entweder
z⋹z̄ ɟ 1' oder aber z ⋹ z ; 0'.
Um nachzuweisen, dass von diesen beiden Alternativen notwendig die erstere
statt hat, kann man versuchen, die letztere ad absurdum zu führen.
Nehmen wir zu dem Ende an, es sei z ⋹ z ; 0', so muss also zeilen-
schematisch sein 1αβγ0 ⋹ 111γ̄0, d. h. es muss die Zeilenkategorie γ ent-
fallen und z = z ; 0' · z = 1αβ-0 ohne einbesetzte Zeilen sein.
Weiter muss von vornherein entweder z ⋹ 1' oder z ⋹ 0' sein, von
welchen beiden Möglichkeiten die erstere sich refutiren lässt.
Entweder nämlich haben wir
z⋹z ɟ 0 (und damit z = z ɟ 0 = 1---0) oder
z ⋹ z̄ ; 1 [und damit (z ɟ 0)z = 0, z ɟ 0 = 0, z = z̄ ; 1 · z ; 0' · z = -αβ-0].
[437]§ 26. Zusammenhang mit der Individuumsdef. im identischen Kalkul.
Im „oberen“ Falle müsste für beide darüber erwähnten Möglichkeiten
z ɟ 0 = 0 und damit z = 0 sein, was unzulässig. Man hat nämlich als geo-
metrisch unmittelbar evident die beiden Sätzchen:
25) (z ɟ 0 ⋹ 1') = (z ɟ 0 = 0) = (z ɟ 0 ⋹ 0').
Der Studirende klappe hier das Buch zu, und versuche, dieselben auch
analytisch zu beweisen.
Es geht so: Für das erste Sätzchen schliesst man: z ɟ 0 ɟ 1' ⋹ 1' ɟ 1',
also z ɟ 0 ⋹ 0, q. e. d. (die Umkehrung nämlich ist selbstverständlich).
Für das zweite Sätzchen schliesse man: z ɟ 0 ɟ 1' ⋹ 0' ɟ 1', also z ɟ 0 ⋹ 1',
wonach dasselbe auf das erste zurückkommt — wofern man nicht lieber
das Ergebniss mit der Hypothesis kombiniren will zu z ɟ 0 ⋹ 0' · 1' = 0,
q. e. d.
Ergo muss der „untere“ Fall statthaben. Wegen z = z̄ ; 1 · z ; 0' · z
folgt dann bei der ersten Möglichkeit mit z ⋹ 1' a fortiori auch z ; 0' · z ⋹ 1'
und kann man sich weiter auf das Sätzchen berufen:
26) (z ; 0' · z ⋹ 1') = (z ; 0' · z = 0),
welches geometrisch wiederum einleuchtet und womit wir dann wieder bei
der zu verwerfenden Konklusion z = 0 angelangt sind. Analytisch ist der
Beweis des Sätzchens etwas schwieriger. Man schliesse: (z ; 0')z ; 0' ⋹ 1' ; 0',
also z ; 0' ɟ 0 ⋹ 0', was mit der Prämisse übermultiplizirt wegen
z ; 0' ɟ 0 ⋹ z ; 0' gibt: (z ; 0' ɟ 0)z ⋹ 0' · 1' = 0 oder z ; 0' · z = 0, q. e. d.
Somit bleibt nur die zweite Möglichkeit im unteren Falle übrig:
z = -αβ-0 = z̄ ; 1 · z ; 0' · z ⋹ 0', während z ɟ 0 = 0
auch hier sein muss.
Dieses z ist nun entweder
⋹u = -αβ̄-0 somit z = -α--0, oder
⋹ ū = -ᾱβ-1 somit z = --β-0,
d. h. entweder hat z nur einlückige mehrbesetzte oder nur mehrlückig
mehrbesetzte Zeilen neben Leerzeilen.
Sofern es nicht gelingen sollte, auch diese beiden Möglichkeiten gleich
den vorhergehenden vollends ad absurdum rechnerisch zu führen, kann man
immer auf irgend zwei Augen einer mehrbesetzten Zeile des Räsonnement
des vorhergehenden Haupttextes im Notfalle anwenden, um zu dem Schlusse
zu gelangen, dass nur z ⋹ z̄ ɟ 1' und konjugirt dazu auch z ⋹ 1' ɟ z̄ be-
stehen kann, womit dann von den drei Gliedern der Form 6) unsrer Cha-
rakteristik das Verschwinden der beiden letzten gesichert ist — das des
letzten Gliedes ist es nämlich ohnehin vermöge z ≠ 0. Dann bliebe noch
das Verschwinden des ersten Terms zu rechtfertigen. — Oder auch, um
von der Form 10) das Verschwinden aller drei Terme zu sichern (von
denen das des dritten nach dem Konjugationsprinzip mit dem des zweiten
sich erledigt), so müsste gezeigt werden, dass nicht nur, wie oben, z ⋹ z̄ ɟ 1',
sondern dass sogar 1 ; z ⋹ z̄ ɟ 1', d. h. z ⋹ 0 ɟ z̄ ɟ 1' sein muss. Es müsste
[438]Zehnte Vorlesung.
mithin blos die Annahme z ⋹ 1 ; z ; 0' rechnerisch ad absurdum geführt
werden.
Das Theorem 24) erfährt späterhin noch eine eigentümliche Beleuch-
tung, einerseits wenn bei der Erweiterung des zweiten Denkbereiches 12
zu dem der dritten Ordnung 13 das Elementepaar i : j noch weiter (in
Punkte) eingeteilt wird, indem uns der Punkt der Matrixebene nicht blos
als Träger sondern als Repräsentant einer in ihm normal zu dieser stehenden
Geraden („Applikate“) gelten kann, die dann selber noch unendlich viele
Punkte enthalten mag; andrerseits wenn wir eine Zurückdeutung in den
ersten Denkbereich 11 vornehmend — schon im nächsten Paragraphen —
die Charakteristik des „Elementes“ ebenfalls mit der Individuumsdefinition
des identischen Kalkuls in Zusammenhang bringen werden.
Die Äquivalenz 24), wenn in ihr das allemal mit der vollen Er-
streckung über alle Relative u des betreffenden Denkbereiches genommen
wird, versagt für die höheren Denkbereiche. Die Charakteristik 10) ver-
mag nur das Individuum des zweiten, die 7) des § 25 nur das des ersten
Denkbereiches (für den zweiten) zu definiren. Die Definitionsform des
identischen Kalkuls dagegen definirt in übereinstimmender Fassung für
jeden Denkbereich gerade diejenige Art von Relativen, welche in ihm als
„Individuen“ zu gelten haben. —
Wenden wir uns jetzt programmgemäss zu den identischen Knüpfungen
zwischen Elementepaaren oder deren Verwandten, so genügt es, die
beiden folgenden Sätze zu etabliren:
27) (i ≠ h) + (j ≠ k) = {(i : j)(h : k) = 0},
28) (i = h)(j = k) = {(i : j)(h : k) = i : j = h : k} = {(i : j)(h : k) ≠ 0},
was nichts anderes besagt, als: Alle Elementepaare sind unter sich
disjunkt.
Das identische Produkt zweier Elementepaare verschwindet, sobald
dieselben nicht in den Antezedenten (Relaten) sowol als in den Konse-
quenten (Korrelaten) übereinstimmen, d. h. völlig einerlei sind.
Natürlich aber ist nach dem Tautologiegesetze das Produkt zweier
Elementepaare gleich dem einen und auch gleich dem andern, sobald
dieselben identisch sind.
Beweise. Ist h = i und k = j, so ist auch
h : k = hk̆ = ij̆ = i : j, (i : j)(h : k) = ij̆ij̆ = ij̆ = i : j,
etc. dem eben Gesagten entsprechend. Somit ist der erste Teil von 28)
als vorwärtige Aussagensubsumtion erwiesen.
Ist i ≠ h oder j ≠ k, so muss (i : j)(h : k) = ij̆hk̆ = 0 sein, weil dann
entweder ih oder j̆k̆, nämlich jk nach 16) des § 25 gleich 0 ist. Somit
ist auch die Aussagenäquivalenz 27) als vorwärtige Subsumtion bewiesen.
Die linke Seite von 27) ist die Negation derer von 28). Würde
[439]§ 26. Identische Knüpfungen zwischen Elementepaaren.
nun aus der Behauptung der vorhin erwiesenen Aussagensubsumtion 28)
nicht auch umgekehrt deren Voraussetzung folgen, so müsste die Negation
von dieser, mithin die Hypothesis von 27) gelten. Dann hätten wir aber
(i : j)(h : k) = 0 im Widerspruch zu der Annahme, dass dies Produkt
= i : j (= z) somit ≠ 0 sei. Ebenso zeigt man apagogisch auch die rück-
wärtige Geltung der für 27) bereits bewiesnen Aussagensubsumtion.
Der letzte Teil des Satzes 28) ergibt sich durch Vergleichung seines
ersten Teils mit der Kontraposition von 27).
Als einen partikularen Fall von 27) haben wir insbesondre für k ≠ j:
29) (i : j)(i : k) = 0
und gibt derselbe Veranlassung zu einer sehr wichtigen Bemerkung.
Derselbe thut nämlich meines Erachtens unwiderleglich dar, dass
es für die Widerspruchsfreiheit, Konsistenz unsrer Theorie ganz un-
erlässlich ist, die Denkbereiche der verschiednen Ordnungen — wie
von mir betont — scharf von einander zu unterscheiden. Dies etwa
in folgender Weise.
Es seien die Elementepaare i : j und i : k — alle beide — Glieder
eines Relativs a = amans = „Liebender von-“. Wenn dann nach
Peirce2 p. 12 sq., 5 p. 44, 6 p. 5 sq. (konnotativ) i : j den i „als Lieben-
den von j“, ebenso i : k den i „als Liebenden von k“ bedeutet, mithin
beide Elementepaare das Relat, den i, bezeichnen, so muss notwendig
im Widerspruch zu 29) das identische Produkt:
29̅) (i : j)(i : k) = i
selbst sein; und dieses ist es in der That, sobald man vor der Multi-
plikation der Elementepaare an ihnen den Prozess ausführt, den ich
ihre „Zurückdeutung“ in den Denkbereich 11 nannte — ein Prozess, der
(wie wir später sehen werden) die Wirkung hat zu verwandeln: das
Elementepaar i : j in (i : j) ; 1 = ij̆ ; 1 = i ; 1 · j̆ ; 1 = i · 1 = i und ebenso
das i : k in i.
Eine ähnliche Bemerkung würde sich auch an die Operation des Negi-
rens anknüpfen lassen, wo es einen grossen Unterschied macht, ob man
ein binäres Relativ a erst negirt, und dann (das Negat ā) in den Denk-
bereich 11 zurückdeutet (womit ā ; 1 entsteht), oder ob man umgekehrt a
erst zurückdeutet (was a ; 1 liefert) und dann negirt (womit a1 = ā ɟ 0
entsteht).
Solange Peirce’s Theorie fortgesetzt nur mit einem einzigen
völlig offenen Denkbereiche wirtschaftet(e), in welchen es jederzeit frei-
steht, die Objekte unsrer verschiednen Denkbereiche mit gleichem
Rechte einzubeziehen, kann dieselbe wie mir scheint von einem innern
Widerspruche, einer Inkonsistenz nicht wohl ganz freigesprochen
werden.
[440]Zehnte Vorlesung.
Dieser Umstand hat mir das Eindringen in das Verständniss von
Peirce’s herrlicher Schöpfung lange Zeit erschwert — um nicht zu sagen:
einer Barrière gleich, verlegt.
Wir gehn nun über zu den relativen Knüpfungen zwischen Ele-
mentepaaren und deren Verwandten, nämlich Negaten (da die Konverse
eben auch nur Elementepaare sind).
Hier ist von fundamentaler Bedeutung der Satz:
30)
Beweis leicht aus der Koeffizientenevidenz, eleganter nach 5) des
§ 18, aufgrund welches Satzes wir haben:
(i : h) ; (k : j) = ih̆ ; kj̆ = (i ; 1)h̆ ; k(1 ; j̆) = i ; 1 · h̆ ; k · 1 ; j̆ =
= ij̆ · h̆ ; k = i ; j̆ · h̆ ; k = (i : j) · h̆ ; k,
wo nun nach 14) des § 25 h̆ ; k gleich 0 ist für k ≠ h und gleich 1 für
k = h, q. e. d.
Was die übrigen Knüpfungen der fraglichen Kategorie betrifft, so
stellen wir dieselben — unter Wiederholung der soeben bewiesenen —
sogleich übersichtlichst in einer Tafel zusammen.
Auf diese lassen wir sodann dem S. 428 aufgestellten Programme
gemäss noch andre Tafeln folgen. Was die Herleitung oder Begründung
der in ihnen gegebnen Formeln betrifft, so verschiebe sie der Leser,
wofern er sich nicht an zahlreichen Einzelaufgaben üben will, bis zum
Schlusse der Aufzählung.
Die erste Tafel umfasst die Formeln:
32) . *
Darin ist der Aussagenterm j = h entweder 0 oder 1, und sind
darnach in Vorstehendem insbesondere enthalten die Sätze:
[441]§ 26. Relative Knüpfungen mit Elementepaaren.
33)
Die nächste Tafel erledigt die relativen Knüpfungen zwischen den
Verwandten eines Elementepaars und denen eines Elementes:
34)
35)
36)
37)
38)
39)
Sie umfasst — die Doppelform der nach der Zeilenmitte zu stehen-
den Ergebnisse bei 37) ungerechnet — 4 × 8 = 32 Formeln.
Als Sonderfälle von 34), 35) sind hervorzuheben:
40)
41)
| (i : j) ; j̄ = 0 = ī̆ ; (i : j) | ĭ ɟ i : j͞ = 1 = i : j͞ ɟ j. |
Aus den einseitigen Formeln von 36) geht ferner durch Buch-
stabenvertauschung und Komparation noch hervor:
42)
| i ; (h : j) = i : j = (i : h) ; j̆ | i : h͞ ɟ j̄̆ = i : j͞ = ī ɟ h : j͞. |
Die letzte Tafel von 8 Formeln endlich erledigt die relativen
Knüpfungen zwischen einem Elementepaar oder dessen Negate und einem
allgemeinen Relativ a, indem sie zeigt, wie dieselben zunächst zurück-
kommen auf die Knüpfungen von a mit einem Elementverwandten, in
letzter Instanz aber auf identische Operationen und relative Knüpfungen
blos mit den absoluten Moduln — was die äusserste Reduktion des
Knüpfungsergebnisses vorstellt, die man allgemein auszuführen vermag:
43) .
Behufs Beweises der hinzugekommnen Formeln 32) bis 43) dürfte
der Studirende, das Allgemeinere zuerst erledigend, die drei Tafeln besser
in der umgekehrten Reihenfolge durchnehmen. — Was die letzte 43) be-
trifft, so verstehen sich die Gleichungen der ersten Kolumne (links) aus
11) und 13) des § 25, nämlich weil i : j = ij̆, i̅ ̅:̅ ̅j̅ = ī + j̄̆ ist, teils in An-
betracht, dass i = i ; 1, j̆ = 1 ; j̆, ī = ī ; 1, j̄̆ = 1 ; j̄̆ nach 2) und 4) des
§ 25 gilt, aus dem Theorem 15) des § 18, welches der Leser als 7) des
§ 27 noch näher zurhand hat, teils ohne weiteres; und die übrigen Aus-
drucksformen des Ergebnisses sind davon blosse Umformungen gemäss 21)
bis 23) des § 25. — Indem man sodann in 43) für a spezieller h, oder
h : k, etc. setzt und die frühern Relationen nach Bedarf — eventuell die 43)
nochmals — berücksichtigt, wird man leicht zur Rechtfertigung der For-
meln auch der beiden vorhergehenden Tafeln gelangen, ohne jemals zur
Koeffizientenevidenz seine Zuflucht nehmen zu müssen, deren Herbeiführung
übrigens ebenfalls auf eine Schwierigkeit nirgends stossen würde.
Anzuführen ist noch, dass von den — nach den einen 43) leicht auf
andre 43) zurückzuführenden — Sätzen:
44)
die beiden rechts vom Striche sich in doppelter Ausfertigung (für ā sowol
als für a ausgesprochen) bereits von Peirce5 p. 53, in gänzlich andre
Symbolik verhüllt, gegeben finden.
[443]§ 27. Sätze über Knüpfung mit den absoluten Moduln.
Mit Rücksicht auf 29) des § 25 hat man aus 43) noch speziell:
45)
§ 27. Sätze über Knüpfung mit den absoluten Moduln. Systeme,
Klassen oder absolute Terme als binäre und als uninäre Relative.
Bevor wir in die Theorie der „Systeme“ eintreten, empfiehlt es sich
— grösstenteils unter Rekapitulation — die wichtigsten Sätze übersichtlich
zusammenzustellen, die Bezug nehmen auf die [in erster Instanz natürlich*)
relativen] Knüpfungen zwischen irgend welchen Relativen und den absoluten
Moduln 1 und 0 — unter Beiseitelassung aller Sätze, in welchen auch
relative Moduln vorkämen. Jenes sind also diejenigen Sätze, in deren
Formelausdruck neben allgemeinen Buchstabenrelativen (und eventuell deren
Verwandten) nur Ausdrücke von den 4 Formen:
0) a ; 1, 1 ; a, a ɟ 0, 0 ɟ a
figuriren — zwischen derengleichen nebst den Relativen aber noch iden-
tische sowohl als relative Knüpfungen in Betracht kommen mögen.
Schon zum öftern, so namentlich in der sechsten, siebenten und in
der gegenwärtigen Vorlesung, hat der Leser Gelegenheit gehabt, den Wert
von dergleichen Sätzen zu erproben — mochte ihr Formelausdruck auch
blos in einer unscheinbaren Subsumtion bestehen und mochte auch der
Ausdruck auf der einen Seite solcher Formel ziemlich willkürlich und
vielleicht in sehr spezieller Weise aus seinen Elementarsymbolen zusammen-
gesetzt erscheinen. Der Anwendungswert solcher Formeln zur Förderung
der Zwecke einer Untersuchung tritt nicht selten ganz unvermutet zutage
— so vor allem dann, wenn eben Sätze von allgemeinerm Charakter nicht
zur Verfügung stehen — und rechtfertigt es, dass die Formel nebst andern
ihresgleichen in eine Sammlung einregistrirt werde.
Ich hätte den bisherigen Lehrgang vielleicht mannigfach vereinfachen
können, wenn ich diese Sammlung vorangenommen hätte; doch liess ich
mich durch gute Gründe bestimmen, welche dafür sprachen erst das Be-
dürfniss nach solcher Sammlung fühlbar werden zu lassen. Teils auch
kompletirte sich die Sammlung erst nach Maassgabe der Fortentwickelung
des Werkes im Lauf der Drucklegung.
Die bisher gelegentlich gebrauchten und jeweils ad hoc aufgestellten
Sätze solcher Art finden sich jedenfalls zu zerstreut um einen Überblick
zu gestatten, und müssen sie darum hiernächst wiederholt werden, wo-
gegen sie nicht mehr bewiesen zu werden brauchen.
So seien denn zuerst die Formeln 8) ‥ 11) und 16) des § 15 — hier-
nächst als 1) bis 5) — in Erinnerung gebracht, obwol sie reine Parallel-
reihensätze sind. Dem letzten Gespanne, das sekundäre Modulknüpfungen
[444]Zehnte Vorlesung.
reduziren lehrt, stellen wir unter 6) zur Seite ein neues Gespann von
Formeln, die für die Reduktion von tertiären Modulknüpfungen maass-
gebend sind, aber nicht mehr zu den Parallelreihensätzen gehören.
Als 7) ‥ 10) reihen sich drei Paare von sehr wichtigen und all-
gemeinen Satzgespannen an, die sich auf irgend drei allgemeine Relative
beziehen und deren Sätze die Form von Gleichungen haben. An diese
schliesst sich noch ein gewissermassen nur mit sich selbst gepaarter Satz 11)
von ebenso allgemeinem Charakter, doch vielleicht minderem Werte.
Die Formeln 12) und 13) heben partikulare Fälle (für c = 1 resp. 0)
derer 7) und 8) hervor, und 14) ist dann eine naheliegende Erweiterung
von 12), sowie 15) ein selbstverständliches Gegenstück hierzu. Analog
mögliche Erweiterungen von 13), wie
{(a ɟ 0)b ; 1 · c ɟ 0}d ; 1 · e ɟ 0 … = (a ɟ 0) · b ; 1 · (c ɟ 0) · d 1 · (e ɟ 0) …,
haben wir, weil sie minder einfach aussehen, nicht mit einregistrirt.
Es folgen Formeln, die nur zwei allgemeine Relative — und bei 19),
20) nur ein solches — betreffen.
| 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) [445]§ 27. Formelsammlung. 13) 14) 15) 16) 17) 18) 19) 20) 21) 22) |
Von diesen Sätzen sind zudem bereits vorgekommen (somit auch schon
bewiesen) die
7), 8), 16), 18), 19), 20), 21)
als 5) des § 18, 24) § 18, 5) § 11, 24) § 20, 21) § 20, 23) § 20, 6) § 18.
Es folgt 17) als spezieller Fall für b = 1 resp. 0 aus 8), ebenso 22)
aus 10) für c = 1 resp. 0, und müssen also nur die 6) — vergl. übrigens
S. 148 — und 9) ‥ 11) hier noch bewiesen werden. Man hat:
Zu 6) Li j = ΠhΣkΠl(1i kak h + 0h l + 0l j) = ΠhΣkΠlak h = ΠhΣkak h =
= ΠhΣk(1i kak h + 0h j) = Ri j,
Zu 9) Li j = ΣhΣkai h1i kbk hch j = ΣhΣkai hb̆h k1k jch j = Ri j,
Zu 10) Li j = ΣhΠkai h(0i k + bk h)ch j = ΣhΠkai h(b̆h k + 0k j)ch j = Ri j,
Zu 11) Li j = ΣkΣhai hbh kci k1k j = ΣhΣkci kb̆k hai h1h j = Ri j.
[446]Zehnte Vorlesung.
Doch kann man, anstatt 10) solchergestalt unmittelbar zu beweisen, den
Satz auch, indem man 1 ; (b ɟ 0) für b ɟ 0 sagt, auf 9) zurückführen.
Als Ergänzungen zu 21) und 22) hätte man noch:
a(1 ; b) ɟ 0 = (a ɟ 0)(1 ; b ɟ 0), a(0 ɟ b) ɟ 0 = (a ɟ 0)(0 ɟ b ɟ 0), etc.,
doch wären diese Sätze, in denen rechts ein ausgezeichnetes Relativ als
Faktor hinzutritt, augenscheinlich von anderm Charakter und verdienen sie
nicht, mitregistrirt zu werden.
Die vorstehenden Sätze liefern unter anderm grösstenteils die
Regeln, nach welchen jeder Ausdruck von einer der vier Formen 0)
in a mit einem ebensolchen in b relativ geknüpft werden kann, und
ist es vielleicht nicht überflüssig, die 32 Knüpfungsergebnisse einmal
mit kombinatorischer Vollständigkeit zusammenzustellen:
23)
.
Dabei sind auch noch folgende etwas einfachere Darstellungen zulässig:
24)
| 1 ; a ; (b ɟ 0) = (0 ɟ 1 ; a · b̆) ; 1 = 1 ; (ă ; 1 · b ɟ 0) | 1 ; a ɟ b ; 1 = 1 ; (a + b̆) ɟ 0 = 0 ɟ (ă + b) ; 1 |
| (0 ɟ a) ; b ; 1 = (0 ɟ a · 1 ; b̆) ; 1 = 1 ; (ă · b ; 1 ɟ 0) | 1 ; a ɟ b ɟ 0 = 1 ; (a + 0 ɟ b̆) ɟ 0 = 0 ɟ (ă + b ɟ 0) ; 1 |
| (0 ɟ a) ; (b ɟ 0) = (0 ɟ ab̆) ; 1 = 1 ; (ăb ɟ 0) | 0 ɟ a ɟ b ; 1 = 1 ; (0 ɟ a + b̆) ɟ 0 = 0 ɟ (ă ɟ 0 + b) ; 1. |
[447]§ 27. Formelsammlung.
Man bemerkt, dass die 8 Knüpfungsergebnisse der 5, 7, 13 und 15ten Zeile
ausgezeichnete Relative sind, deshalb auch ihrem Konversen gleich.
Wesentlich neu sind nur die diese betreffenden Angaben in unsrer
Zusammenstellung — welche in allen andern Fällen lehrt, die relative
Knüpfung auf eine identische zurückzuführen, in jenen 8 genannten aber
solche Zurückführung doch wenigstens so weit als möglich treibt.
Mit Rücksicht auf den Abacus und 5) verstehen sich die 24 übrigen
Formeln 23) schon aus 16), 17) und 18) von selbst.
Z. B. es ist 1 ; a ɟ 1 ; b = 1 ; a ɟ 0 ɟ 1 ; b nach 5), und dies, nach 16)
rechts, = 1 ; a ɟ 0 + 0 ɟ 1 ; b = 1 ; a ɟ 0 + 1 ; b wiederum nach 5), q. e. d. Etc.
Die vorerwähnten achte lassen (links vom Mittelstriche) nach 5) sich
leicht auf die erste von ihnen zurückführen — indem z. B.
1 ; a ; (b ɟ 0) = 1 ; a ; (b ɟ 0) ; 1 sein wird, etc.
Es bleibt also nur diese erstere, d. i. die der 5ten Zeile von 23)
links — zu beweisen.
Dieses ist leicht unmittelbar durch die Koeffizientenevidenz zu leisten.
Nennt man L den ersten, R den zweiten der drei gleichgesetzten Aus-
drücke, von welchem der dritte nur das Konverse ist, so hat man:
Li j = Σh k l1i hah kbk l1l j = Σh k lah kbk l = ΣkΣh1i hah kΣl1i lb̆l k1k j = Ri j,
q. e. d. — Da wo rechterhand in 23) als Faktor oder Summand ein aus-
gezeichnetes Relativ erscheint — wie es bei der Hälfte der 24 Fälle zu-
trifft, in denen das Ergebniss nicht schon selbst ein solches war — ver-
einfacht sich natürlich das Endergebniss noch sehr, je nachdem jenes den
Wert 0 oder 1 aufweist.
Die vorstehenden Formeln sind als Schemata für das Rechnen in
unsrer relativen Algebra von ungemeiner Nützlichkeit.
Wir fahren mit der Sammlung fort:
25)
26)
27)
| 1 ; a ; 1 = 1 ; ă ; 1 | 0 ɟ a ɟ 0 = 0 ɟ ă ɟ 0 |
28)
| 1 ; a ; 1 ; b ; 1 = 1 ; b ; 1 ; a ; 1 | 0 ɟ a ɟ 0 ɟ b ɟ 0 = 0 ɟ b ɟ 0 ɟ a ɟ 0. |
Und so weiter für noch mehr Terme:
Nicht nur ist die Reihenfolge von Relativen, welche einzeln zwischen
lauter relative Faktoren 1 sich eingeschaltet finden, allemal gleichgültig*);
sondern es können auch irgend welche dieser Relative durch ihre Konverse
ersetzt werden, desgleichen ist es erlaubt, ein jedes dieser Relative, wie a,
zu ersetzen durch ein relatives Produkt von beliebig viel Faktoren, welche
abwechselnd es selbst und sein Konverses sind, wie
[448]Zehnte Vorlesung.
a ; ă, ă ; a, a ; ă ; a, ă ; a ; ă, a ; ă ; a ; ă, etc.,
sowie umgekehrt jedes solche Produkt zwischen den relativen Faktoren 1 in
das Relativ a selber zusammengezogen werden darf. Ein dual entsprechen-
der Satz gilt für Relative die sich zwischen lauter relative Summanden 0
eingestreut finden.
Beweis leicht aus den drei letzten Formelgespannen zu führen.
Die Formeln 25), 26), 27), 28) sind bezüglich als 20) des § 18,
22) § 18, 9) § 10 und (implicite) 3) des § 11 bereits vorgekommen und
bedürfen darum keines Beweises mehr.
Ihnen reihen wir die Formeln 29), 30) an, die als 16), 17) des § 18
vorkamen:
29)
Insbesondre:
30)
desgleichen a und ā̆ vertauscht. Korollar:
31)
Unter der nächsten Chiffre geben wir miscellenhaft einige Sätzchen,
die als Übung zu beweisen:
32)
| (a ɟ 0 + ā) ; 1 = 1 | a ; 1 · ā ɟ 0 = 0 |
| (ā̆ + 0 ɟ a) ; 1 = 1 | ā̆ · 1 ; a ɟ 0 = 0 |
| {a + (ā ɟ 0)b} ; 1 = (a + b) ; 1 | a(ā ; 1 + b) ɟ 0 = ab ɟ 0 |
| {a + (0 ɟ ā)b} ; 1 = a ; 1 + b ; (ā̆ ɟ 0) | a(1 ; ā + b) ɟ 0 = (a ɟ 0)(b ɟ ā̆ ; 1) |
etc. (d. h. die Gespanne sind noch konjugirt zu ergänzen).
a ; b · a ; b̄ ⋹ a ; 1, a ; b · ā ; b ⋹ 1 ; b
(a ; 1)b ; c(1 ; d) = a ; 1 · b ; c · 1 ; d = a ; 1 ; d · b ; c
1 ; (ă ; 1)b ; 1 = 1 ; a(1 ; b̆) ; 1 = 1 ; a ; b ; 1
a ɟ 0 ɟ a ⋹ a ⋹ a ; 1 ; a, (a ; 1 ⋹ ā) = (a = 0)
0 ɟ a ɟ 0 ⋹ a ⋹ 1 ; a ; 1, (ā ; 1 ⋹ a) = (a = 1)
| (ā ɟ b ⋹ a ; b) = (a ; 1 = 1) | (a ɟ b ⋹ ā ; b) = (a ɟ 0 = 0) |
| (a ɟ b̄ ⋹ a ; b) = (1 ; b = 1) | (a ɟ b ⋹ a ; b̄) = (0 ɟ b = 0). |
Von den Beweisen ist vielleicht der des Satzes in der zweiten Zeile
von 32) am wenigsten leicht zu finden: Man konvertire in ā̆ ; 1 + (0 ɟ a) ; 1
das zweite Glied, welches ja ein ausgezeichnetes Relativ ist, und kommt
für b = ă ɟ 0 auf den Satz 2): b̄ + 1 ; b = 1.
[449]§ 27. Formelsammlung. Systeme.
Das letzte Quadrupel von Sätzen, die man als Aussagensubsumtionen
vor- und rückwärts leicht beweisen wird, indem man die beiderseitigen
Aussagen etwa rechts auf 0 bringt, bildet den Kern von Peirce’s Be-
trachtungen in 5 auf p. 54, der sie dort mittelst Argumentirens auf die
Elementepaare oder deren Negate gewinnt. Der Studirende oder Histo-
riker, der sich einen Begriff zu bilden wünscht von den Schwierigkeiten,
die ich behufs Berücksichtigung der Vorarbeiten zu überwinden hatte,
wolle einmal versuchen, nach alledem und unter Benutzung des in § 29
von mir gegebnen „Schlüssels“ zu dieser Abhandlung von Peirce, die l. c.
von diesem Autor gegebne Deduktion zu verstehen.
Einmal aufmerksam gemacht sei auch im Haupttext auf diese
Gruppe von Formeln:
33)
34)
| a ; b ⋹ a ; 1 ; b | a ɟ 0 ɟ b ⋹ a ɟ b |
35)
| a ; 1 + a ; b = a ; 1, a ; b + 1 ; b = 1 ; b | (a ɟ 0)(a ɟ b) = a ɟ 0, (a ɟ b)(0 ɟ b) = 0 ɟ b |
36)
| a ; 1 · a ; b = a ; b = a ; b · 1 ; b | a ɟ 0 + a ɟ b = a ɟ b = a ɟ b + 0 ɟ b |
37)
deren Beweis so leicht ist — und zwar mittelbar, ohne Zuhülfenahme
der Koeffizientenevidenz, dass wir glauben, darüber keine Worte ver-
lieren zu sollen.
Wir fügen hinzu:
38)
wonach denn auch sein muss (Korollar):
| a ; b + a ɟ b̄ = a ; b + 0 ɟ b̄ | (a ɟ b) · a ; b̄ = (a ɟ b) · 1 ; b̄ |
| a ; b + ā ɟ b = a ; b + ā ɟ 0 | (a ɟ b) · ā ; b = (a ɟ b) · ā ; 1. |
Die erste der Formeln 38) ergibt sich durch Umstellen der Glieder
aus 1 ; b ⋹ a ; b + ā ; b.
Soviel über primäre Formeln (im Boole’schen Sinne). Was
sekundäre betrifft, so ist zunächst in Erinnerung zu rufen der als 22)
des § 9 sowie als 35) des § 15 bereits vorgekommne Satz:
39)
| (a ; 1 = 0) = (a = 0) = (1 ; a = 0) | (a ɟ 0 = 1) = (a = 1) = (0 ɟ a = 1), |
und diesem schliesst sich als ein neuer Satz der folgende an:
40)
Schröder, Algebra der Relative. 29
[450]Zehnte Vorlesung.
welcher für das Folgende fundamental ist und somit den Übergang
von unsrer Formelsammlung zur Theorie der Systeme bildet.
Behufs Beweises brauchen wir nur die Äquivalenz der Sub-
sumtionen
(a ; 1 ⋹ a) = (a ⋹ a ɟ 0)
darzuthun, sintemal die rückwärtigen ohnehin gelten. Sie besteht auf-
grund des ersten Inversionstheorems. Zudem ist in der That
(a ; 1 ⋹ a) = Πh k(Σlah l ⋹ ah k) = Πh(Σlah l ⋹ Πkah k),
(a ⋹ a ɟ 0) = Πh k(ah k ⋹ Πlah l) = Πh(Σkah k ⋹ Πlah l),
wobei offenbar die rechten Seiten nur in den Namen laufender Zeiger
differiren, q. e. d. Die übrigen Äquivalenzen unter 40) ergeben sich
aus der hiemit bewiesenen durch Kontraposition und Konjugation.
Die einander äquivalenten Gleichungen der ersten Zeile von 40)
sind nun die verschiednen Formen der Charakteristik des „Systems“.
Wir nennen jedes Relativ a ein System, wenn es die Forderung
a ; 1 ⋹ a oder also die a ; 1 = a erfüllt. 1 und 0 sind Systeme.
Da i ; 1 = i bekanntlich — vergl. 2) des § 25 — ist, so muss
jedes Element ein System sein und kann (siehe nachher) in der That
als ein „einelementiges System“ bezeichnet werden.
Die Gleichungen der zweiten Zeile von 40) charakterisiren ebenso
ein Relativ als Systemkonvers. Denn wenn ă für a darin gesagt wird,
so folgen sie (durch beiderseitiges Konvertiren) aus denen der ersten
Zeile, und umgekehrt.
Auch das Negat eines Systems ist ein System, das Negat eines
Systemkonverses wiederum Systemkonvers — wie aus der Symmetrie der
Formeln 40) hinsichtlich a und ā unmittelbar einleuchtet.
Ebenso muss Summe und Produkt zweier Systeme wieder ein System
sein, d. h. wir haben den Satz:
41) (a ; 1 = a)(c ; 1 = c) ⋹ {(a + c) ; 1 = a + c}(ac ; 1 = ac).
Behufs Beweises der ersten Behauptung braucht man nur die Prä-
missen mit Rücksicht auf 4) des § 6 überschiebend zu addiren; die zweite
Behauptung ergibt sich mit ac ; 1 ⋹ a ; 1 · c ; 1 = ac nach 5) des § 6 mit
Rücksicht auf die Geltung der umgekehrten Subsumtion.
Die vorstehenden Sätze lassen sich zusammenfassend verall-
gemeinern zu dem Theorem: Jede „Funktion im identischen Kalkul“
von lauter Systemen muss auch ein System sein.
Für die relativen Knüpfungen eines Systems (oder „absoluten
Terms“, siehe weiter unten) a = a ; 1 mit einem beliebigen Relativ b
gelten nun die Formeln:
[451]§ 27. Charakteristik und Knüpfungsgesetze für Systeme.
Sofern a ; 1 = a:
42)
43)
— desgleichen ā für a gesetzt.
Dieselben fliessen nach der Voraussetzung sofort aus 16) — oder 17),
cf. 40) — und 21) — oder 22) — letztres indem (1 ; ă)b ; 1 = b ; a ; 1
wegen 1 ; ă = ă, etc. die erste Formel 43) gibt.
Endlich für die relativen Knüpfungen von zwei Systemen (oder
„Klassen“, siehe weiter unten) a = a ; 1 und c = c ; 1 haben wir die
Sätze:
Sofern a ; 1 = a, c ; 1 = c:
44)
desgleichen ā für a oder c̄ für c, oder beides gesetzt.
45)
| a ; c̆ = ac̆ | a ɟ c̆ = a + c̆ |
46)
| ă ; c = c̆ ; a = 1 ; ac = ăc̆ ; 1 | ă ɟ c = c̆ ɟ a = 0 ɟ (a + c) = (ă + c̆) ɟ 0, |
desgleichen a oder c, oder beide, mit Negationsstrich versehen.
Diese Formeln fliessen leicht durch die Annahme b = c und even-
tuelle Vertauschung von a mit c aus denen 42) und 43). Dass bei 46)
1 ; ac seinem Konversen gleich sein muss, geht daraus hervor, dass nach
41) 1 ; ac = 1 ; ac ; 1 ein ausgezeichnetes Relativ sein muss. Demnach gilt:
Ein Systemkonvers von einem Systeme ist entweder 1 oder 0,
jenachdem beide Systeme etwas gemein haben oder nicht.
Ein System von einem Systemkonverse ist immer das (identische)
Produkt beider (also ein Augen-Quaderrelativ).
Für ein System von einem Systeme gilt nach 44), weil auch
1 ; c = 1 ; c ; 1 ein ausgezeichnetes Relativ ist:
Korollar
zu 44)
insbesondre muss also unbedingt sein:
a ; a = a = a ɟ a,
d. h. bei Systemen (und Systemkonversen) gilt auch für die relativen
Knüpfungen eine Art „Tautologiegesetz“.
Da i ≠ 0 ist, hat man jedenfalls auch a ; i = a, d. h. Ein System
von irgend einem Elemente ist jenes selber.
Ein Element von einem Systeme ist gedachtes Element selbst,
sobald das System kein leeres (d. h. ≠ 0 ist). Genauer:
Ein bestimmtes Element i von einem bestimmten Systeme a, das
29*
[452]Zehnte Vorlesung.
heisst i ; a, ist = i · 1 ; a ; 1, mithin i selbst, sobald a nicht 0 ist,
andernfalls 0.
Wir fragen: Fällt dieser Begriff zusammen mit dem: das Element i
des Systems a? Die Antwort lautet: nein! Letzteres (natürlich in der
suppositio nominalis betrachtet) ist ein konnotativer Name, gleichbedeutend
mit: das Element i, welches (nebenbei gesagt) dem System a angehört.
Der Relativsatz ist dabei ein prädikativer und nicht ein determinativer —
vergl. Bd. 1, S. 221 sq. Das bestimmte Element i ist als solches durch
diesen seinen Namen schon hinreichend, nämlich vollständig, gekennzeichnet.
Entweder gehört dasselbe dem System a an oder nicht. Im ersten Falle
ist (i ⋹ a) = 1, im letztern (i ⋹ a) = 0. Das Element i, welches dem a
angehört, das ist „i(i ⋹ a)“ wird also = i · 1 = i sein, wird einfach i vor-
stellen im erstern Falle, dagegen = 0 sein, nichts vorstellen im letztern
Falle; in diesem nenne ich den Namen für die Logik einen undeutigen oder
sinnlosen, mögen Psychologen oder die es zu sein glauben auch noch so
viel Empfindungsgehalt, Bedeutung und Sinn darin entdecken.
Diese Entscheidung fällt nun mit dem obigen Resultat nicht zusammen,
wonach ja i ; a = i zu gelten hat, sobald nur a ≠ 0 ist, unbekümmert
darum, ob i ⋹ a ist oder nicht.
Hiedurch werden wir auf einen Doppelsinn in der Wortsprache auf-
merksam: es sind zwei ganz verschiedene Partikeln „of“ in „element of a
system“ und in „lover of a benefactor“. Jene ist nicht die Übersetzung
des Zeichens (;) der relativen Multiplikation.
Die Präposition „von“, sofern sie einen genitivus partitivus oder
possessivus vertritt, erfüllt eine andre Bestimmung, funktionirt logisch
anders, als bei der Zusammensetzung von Relativen.
Fällt gar der Ausdruck: „ein System von Elementen“, so kann dieses
„von“ noch weniger für die Partikel der Komposition von Relativen aus-
gegeben werden, die wir in „Wohlthäter von einem Dienenden“ beispiels-
weise erblicken.
Dies nur ganz beiläufig. Noch nimmt uns ja die Algebra der Rela-
tive zu sehr gefangen.
Ein Elementkonvers von einem Elementkonvers endlich ist immer
das letztere Elementkonvers selbst, sofern das erstere nicht verschwindet;
im andern Falle ist es = 0.
Die dualen Sätze für die relativen Summen auszusprechen sei dem
Leser überlassen.
Den Sätzen über Systeme und deren Konverse sind von rechts-
wegen auch die Theoreme noch anzureihen, welche sich aufstellen
lassen über die Einordnung zwischen solchen und Moduln, sowie
zwischen jenen unter sich und — noch allgemeiner — über die Ein-
ordnung zwischen Quaderrelativen. Denn die Quaderrelative beider
Arten, d. i. sowol der Form a ; 1 ; b als der a ɟ 0 ɟ b, begreifen ja, wie
man für b oder a gleich 1 resp. 0 sofort erkennt, auch die Systeme
und Systemkonverse als Partikularfälle unter sich.
[453]§ 27. Einordnung zwischen Systemen und deren Konversen.
Die Einordnung zwischen Quaderrelativen und Moduln wurde schon
S. 291 sq. erledigt. Man kann als Sonderfälle für Systeme — in Er-
gänzung von 39) — auch noch notiren:
47)
— Formeln, deren konjugirte hinzuschreiben wir dem Leser überlassen,
und die auch äusserst leicht direkt zu beweisen sind.
Über Einordnung zwischen Relativen der vier Formen a ; 1, 1 ; a,
a ɟ 0, 0 ɟ a ergeben sich mir die Sätze:
49)
50)
wo die mittlere Subsumtion der ersten oder letzten gleichgesetzt zu
lesen. Nicht auf einfachere Ausdrucksformen zurückführbar scheint
das (zu sich selbst duale, also) konjugirte Zweigespann von Relationen
zu sein:
— es sei denn, dass man die erstre, z. B., in ab̄ ɟ 0 = 0 oder 1 = (ā + b) ; 1
umschreiben wollte.
Dagegen gilt das Viergespann, sowie die zugleich dualen und kon-
jugirten Zweigespanne von Formeln:
51)
52)
Der Beweis der behaupteten Äquivalenzen als vor- und rückwärtige
Aussagensubsumtionen ist durch beiderseitig relatives Multipliziren mit
1 etc. der Prämisse, ev. nach dem ersten Inversionstheoreme, und mit
Rücksicht auf die Eigenschaften der ausgezeichneten Relative durchweg
leicht zu führen. Z. B. bei der letzten 53) schliesse man aus der link-
seitigen Prämisse zunächst: 1 ; a ; 1 ⋹ 0 ɟ b ɟ 0, wonach denn entweder
1 ; a ; 1 = 0 oder 0 ɟ b ɟ 0 = 1 sein muss, etc.
[454]Zehnte Vorlesung.
Zu 52) schliesst man aus der ersten Subsumtion sowol 1 ; (a ɟ 0) ⋹ 1 ; b
als a ɟ 0 ⋹ 1 ; b ɟ 0, woraus nach 6) S. 147 folgt 1 ; b = 1 sobald a ɟ 0 ≠ 0,
und a ɟ 0 = 0 sobald 1 ; b ≠ 1. Etc.
Inbezug auf Einordnung zwischen Quaderrelativen von beiderlei
Art sind vier Möglichkeiten in’s Auge zu fassen, die sich zu drei Ge-
spannen vereinigen.
Fürs erste gilt als duales Zweigespann der Satz:
54) ,
worin auch (a = 0) + (b = 0) durch (a ɟ 0 ɟ b = 0) und (c = 1) + (d = 1)
durch (c ɟ 0 ɟ d = 1) ersetzbar wäre nach 26) S. 291.
Beweis. Es zerfällt L = (a ; 1 · 1 ; b ⋹ c ; 1)(a ; 1 · 1 ; b ⋹ 1 ; d). Der
erste Aussagenfaktor gibt a fortiori die Konklusion: (a ; 1)(1 ; b) ; 1 ⋹ c ; 1 ; 1
oder a ; 1 · 1 ; b ; 1 ⋹ c ; 1. Nun ist entweder b = 0 und alsdann diese Forde-
rung erfüllt, oder b ≠ 0, 1 ; b ; 1 = 1, wo sie auf a ⋹ c ; 1 nach 49)
hinausläuft — womit denn aus jenem: (a ⋹ c ; 1) + (b = 0) gefolgert ist;
der Rückschluss ist selbstverständlich, mithin unser erster Faktor äqui-
valent dieser Konklusion. Man kann jedoch auch sofort nach bekannten
Sätzen transformiren:
a ; 1 ⋹ c ; 1 + 0 ɟ b̄, a ⋹ (c ; 1 + 0 ɟ b̄) ɟ 0 = c ; 1 + 0 ɟ b̄ ɟ 0, etc.
Analog ist der zweite Aussagenfaktor von L zu behandeln — womit die
erste Zeile von 54) bewiesen ist. Die zweite erhält man daraus durch
Ausmultipliziren unter Weglassung eingehender Aussagenterme, q. e. d.
Sodann gilt der ein „Eingespann“ von Formeln bildende Satz:
55)
Derselbe beweist sich, indem man zunächst die Prämisse L zerfällt
in die vier Aussagen:
L = (a ɟ 0 ⋹ c ; 1)(a ɟ 0 ⋹ 1 ; d)(0 ɟ b ⋹ c ; 1)(0 ɟ b ⋹ 1 ; d),
sodann die beiden mittleren nach Schema 52) umschreibt in
{(a ɟ 0 = 0) + (1 ; d = 1)}{(0 ɟ b = 0) + (c ; 1 = 1)},
endlich alles ausmultiplizirt, mit Unterdrückung eingehender, d. h. durch
die übrigen von selbst bedingter (oder erfüllter) Aussagenfaktoren — so
z. B. wenn bereits c ; 1 = 1 sein muss, so braucht a ɟ 0 ⋹ c ; 1 als selbst-
verständlich nicht mehr notirt zu werden.
Nun fehlt nur mehr ein Satz über Subsumtionen der Form:
a ; 1 ; b ⋹ c ɟ 0 ɟ d
[455]§ 27. Einordnung zwischen Quaderrelativen.
— das wäre, rechts auf 0 gebracht, eine Relation a ; 1 ; b · c̄ ; 1 ; d̄ = 0.
Eine solche ist nicht zerfällbar und scheint sich überhaupt nicht in
Alternativen oder Systeme von einfachern Relationen auflösen zu lassen.
Dagegen lässt sie sich noch auf drei Arten in Relationen der näm-
lichen Form umschreiben. Letzteres aufgrund des Satzes:
56)
| a ; 1 ; b · c ; 1 ; d = a ; 1 ; d · c ; 1 ; b | a ɟ 0 ɟ b + c ɟ 0 ɟ d = a ɟ 0 ɟ d + c ɟ 0 ɟ b, |
der nach 16) aufgrund des Kommutationsgesetzes leicht zu erweisen
ist. Darnach begreift sich sogleich, dass
(a ; 1 ; b ⋹ c ɟ 0 ɟ d) = (a ; 1 ; d̄ ⋹ c ɟ 0 ɟ b̄) = (c̄ ; 1 ; b ⋹ ā ɟ 0 ɟ d)
und auch = (c̄ ; 1 ; d̄ ⋹ ā ɟ 0 ɟ b̄), welch letzteres aber, als aus Kontra-
position der Prämisse unmittelbar ersichtlich, nicht mit aufgeführt zu
werden braucht. —
Damit schliessen wir unsre auf Gewinnung einer Formelsammlung
gerichtete Aufstellung von Sätzen über Systeme vorläufig ab — ob-
zwar dieselbe zweifellos noch mancher Ergänzung bedarf, die sich eben
erst bei der Weiterentwicklung der Disziplin und bei ihren Anwen-
dungen auf die vielseitigsten Gebiete erkennen lassen und als wünschens-
wert aufdrängen wird.
Jedoch nicht ohne noch einen Ausblick auf eine nächste Gruppe von
Problemen zu eröffnen.
Die Quaderrelative bilden eine nächstübergeordnete Klasse von Rela-
tiven zu den Systemen und Systemkonversen. Wie schon S. 291 statuirt
wurde, führen auch die Spezies der Negation und Konversion nicht aus
dem Kreis der Quaderrelative heraus, und ferner ist leicht zu sehen, dass
identische Multiplikation von lauter Augenquaderrelativen immer wieder ein
solches liefern, desgleichen die Summe von Lückenquaderrelativen ein eben-
solches Relativ sein muss.
(Spezieller gilt: System plus oder mal System gleich System. Ebenso
Systemkonvers plus oder mal Systemkonvers gleich Systemkonvers. System
mal Systemkonvers gleich Augenquaderrelativ. System plus Systemkonvers
gleich Lückenquaderrelativ.)
Es ist z. B. a ; 1 ; b · c ; 1 ; d = a ; 1 · c ; 1 · 1 ; b · 1 ; d = System mal
Systemkonvers mithin Augenquaderrelativ, wie behauptet.
Aber schon die Summe zweier Augen-, das Produkt zweier Lücken-
quaderrelative, nicht minder wie Summe oder Produkt eines Augen- mit
einem Lückenquaderrelativ braucht kein Quaderrelativ mehr zu sein, wie
es leicht konstruirbare einfache Beispiele darthun. Von den Quaderrela-
tiven (oder Systemen und deren Konversen) aus wird man also schon durch
die identischen Knüpfungen zu einer noch allgemeineren Klasse von Rela-
tiven geführt, und verdiente es untersucht zu werden, mit welchem Relativ-
begriffe, als dem allgemeinsten so erhältlichen, die „Gruppe“ derselben ab-
schliesst. Dies sei Forschern empfohlen.
[456]Zehnte Vorlesung.
Was das Rechnen mit Systemen (und deren Konversen) in unsrer
Algebra betrifft, so ist dem Studirenden anzuraten, dass er sich von
der Nötigung, Formeln nachzuschlagen, baldigst zu emanzipiren suche
und darnach strebe, sich auf den Standpunkt des Bias, zu dem „Omnia
mea mecum porto“, emporzuringen. Es ist das nicht so schwer, als es
bei der fast übergrossen Menge der Formeln anfänglich aussieht, und
man wird bei einiger Praxis bald diejenigen unter denselben inne
werden, welche gleichsam den Angelpunkt der ganzen Technik bilden.
Noch häufig detaillirt von uns durchgeführte Rechnungen werden die
Aneignung dieser Kunst erleichtern.
Wichtig bleibt dabei, dass man jeden Ausdruck, der ein System
vorstellen muss, auch rasch als ein solches erkenne. Hierauf deutet
in der Regel schon ein relativer Endfaktor „; 1“ oder Endsummand
„ɟ 0“ beim ersten Blick hin, und zwar nicht nur wenn er ein freier,
sondern auch wenn er ein in freier relativer Knüpfung gebundener ist.
Nicht nur nämlich muss, wie selbstverständlich, jedes Relativ der Form
(a ɟ b) ; 1, a ; b ɟ 0 System sein, sondern auch ein jedes von der Form
a ɟ b ; 1 = a ɟ (b ; 1), a ; (b ɟ 0), wie sogleich zu sehen, indem man b ; 1
durch b ; 1 ɟ 0, b ɟ 0 durch (b ɟ 0) ; 1 ersetzt denkt.
Dagegen würden ungeachtet der terminalen 1 oder 0 natürlich
a ; b(c ; 1), a ɟ (b + c ; 1), a ; b(c ɟ 0) etc. kein System im allgemeinen vor-
stellen.
Die Endung auf 1 oder 0 kann jedoch auch durch das Symbol i
oder ī eines Elementes oder Elementnegates vertreten sein, ohne dass
der Ausdruck darum aufhörte ein System vorzustellen (sintemal eben
i = i ; 1 = i ɟ 0 etc.). Und inbezug auf Systemkonverse spielt ein An-
fangsterm 1 oder 0 sowie ĭ und ī̆ die analoge Rolle.
Bildet man für ein System a = a ; 1 den allgemeinen Relativkoeffi-
zienten zum Suffix ij, so bemerkt man dass derselbe
57) ai j = (a ; 1)i j = Σhai h unabhängig von j,
d. h. unabhängig von seinem zweiten Index ist. Es erscheint dadurch
nahe gelegt, den letztern, der durch jeden beliebigen Elementbuchstaben
vertreten werden kann, als belanglos zu unterdrücken, mithin fest-
zusetzen, dass
(58) ai j(= ai h = ai k = …) = ai
— für a = a ; 1 — gelten solle. [Der Tautologiegesetze halber wird
dann auch Σhai h = Πhai h gleich ai, wie überhaupt a ; 1 = a ɟ 0 sein
müssen.]
[457]§ 27. Von Systemen zu den uninären Relativen.
Diese Festsetzung schliesst sich den fundamentalen Konventionen
des § 3 an. Wird sie zugrunde gelegt, so gelten folgende Darstellungen:
59)
für jedes System a, d. h. für jedes Relativ a, das = a ; 1 ist.
Zur Begründung und Erläuterung von diesen ist Mehreres zu sagen.
Wir beweisen zunächst die erste von den Formeln, indem wir für
L = a und R = Σiaii die Übereinstimmung des allgemeinen Koeffizienten
zum Suffix hk nachweisen. Wir haben Lh k = ah k und wegen 57), (8)
des § 3, 12) des § 8 und (58):
Rh k = Σiaiih k = ΣiΣlai l1'i h = ΣlΣiai l1'i h = Σlah l = ah,
mithin nach (58) in der That Lh k = Rh k.
Dafür, dass hier sogleich (Σaii)h k = Σaiih k gesetzt worden, sind nur
die Festsetzungen (15) und (10) des § 3 — mit Rücksicht etwa auf die
Bemerkung am Schlusse des § 10 — anzuziehen gewesen.
Nach eben bewiesenem Schema der ersten Gleichung 59) muss nun,
weil, wenn a System ist auch ā System sein wird, auch gelten: ā = Σiāii
— wobei über die Bedeutung des Koeffizienten āi = (ā)i = Σhāi h kein
Zweifel obwalten kann. Nach der Bemerkung in [ ] unter 58) ist dies
jedoch auch = Πhāi h = Σhai h͞ und damit als ein Satz bewiesen:
60) āi = (ai)͞.
Hiernach aber geht aus unsrer Darstellung von ā durch Kontraposition
die zweite Darstellung, von a = Πi(ai + ī), im Gespanne 59) hervor, der
eine ähnliche für ā entsprechen wird.
Aus den hiemit gerechtfertigten beiden Doppelgleichungen der ersten
Zeile von 59) folgen sodann die der zweiten Zeile mittelst beiderseitigen
Konvertirens. Dabei wird nur zu beachten sein, dass, weil ai blos = 0
oder = 1 sein kann und diese in unsrer Theorie mit den Wahrheitswerten
identifizirten Moduln durch Konvertiren nicht geändert werden, auch
61) (ai)͝ = ai
bleibt — wovon aber ăi = (ă)i, wie nachher zu sehn, wohl unterschieden
werden muss.
Mit dem ersten Satze des Gespannes 59) ist nun bewiesen:
Jedes System ist darstellbar als eine Summe von Elementen (welche
natürlich derselben eingeordnet sein werden), es ist ein Inbegriff von
in ihm enthaltnen Elementen, desgleichen ist es darstellbar als iden-
tisches Produkt („Gemeinheit“) von Elementnegaten, den Negaten solcher
Elemente die nicht in ihm enthalten sind — und zwar, wie noch zu
sehn, von allen diesen.
[458]Zehnte Vorlesung.
Die Darstellung ist nur auf eine Weise möglich. Was nämlich die
erstere betrifft, so gilt für a = a ; 1 und b = b ; 1 der Satz:
62) (a = b) = Πi(ai = bi), ebenso (a ⋹ b) = Πi(ai ⋹ bi).
Denn wegen ai j = ai, bi j = bi haben wir im Hinblick auf (14) des
§ 3 und Korollar, S. 33 (ai j = bi j) = (ai = bi) auch für jedes j, etc. q. e. d.
Wären nun zwei Darstellungen a = Σiaii und a = Σibii zulässig, so
müsste, wegen a = a, für jedes i sein bi = ai, d. h. die beiden müssten
ganz und gar zusammenfallen; sie wären nicht zweierlei, sondern eins.
Wenn damit die Eindeutigkeit der additiven Darstellung von a er-
wiesen ist, so folgt die der multiplikativen durch Kontraposition. Denn
hätten wir zwei verschiedene multiplikative Darstellungen für a, so würden
sich durch beiderseitiges Negiren auch zwei verschiedene additive Dar-
stellungen für ā ergeben, was bereits für ein „System“ ā, so gut wie für a,
als unmöglich erwiesen ist, q. e. d.
Der allgemeine Systemkoeffizient ai hat die Bedeutung der Aussage:
i ist ein Element von a, d. h. wir haben (Peirce8 p. 197, 6p. 2)
63) (ai = 1), = ai = (i ⋹ a)
— als ein merkwürdiges Gegenstück zu 17) des § 25.
Um dies zu beweisen, braucht man sich blos die Bedeutung der
Subsumtion (i ⋹ a), als
Πh k(ih k ⋹ ah k) = ΠhΠk(1'i h ⋹ ah) = Πh(0'i h + ah = 1) = Πh(0'i h + ah) = ai
nach 12) des § 8, zu vergegenwärtigen. Wir können jetzt also sagen:
das System ist die Summe, der Inbegriff seiner Elemente.
Wird der Wert aus 63) in die erste Gleichung 59) eingesetzt, so er-
halten wir die Darstellung:
a = Σi(i ⋹ a)i,
welche wesentlich zusammenfällt mit derjenigen, die wir in Bd. 2 S. 345 ‥
348 in eigenartiger Betrachtungsweise aufstellten. Wäre ich damals schon
weit genug in das Verständniss von Peirce’s Theorie der Relative ein-
gedrungen gewesen, so würde ich nicht unterlassen haben, an dortiger
Stelle zu bemerken, dass diese Darstellung bereits in letzterer von andern
und bessern Gesichtspunkten aus gewonnen und zudem (bei ihrer geeignet
modifizirten Übertragung auf die höheren Denkbereiche) noch weit über-
holt worden.
Insbesondre ist nun auch der zweite Denkbereich 12, das ist der
absolute Modul 1, als binäres Relativ betrachtet, ein „System“, und
zwar gilt:
64) 1 = Σii, 0 = Πiī.
1 ist also (auch im zweiten Denkbereiche) das umfassendste, das Uni-
versum, Totum aller Systeme, nämlich die Summe sämtlicher „Elemente“
des ersten Denkbereiches.
[459]§ 27. Von Systemen zu den uninären Relativen.
Jenes folgt schon aus 1 ; 1 = 1. Um dieses, d. h. die erste Formel 64)
zu beweisen, ist
Lh k = Rh k, d. h. 1h k = 1 = Σiih k = Σi1'i h
zu zeigen, welches zutrifft, weil die Summe bei h = i das Glied 1'i i, = 1,
enthält. —
Ebenso ist wegen 0 ; 1 = 0 auch der Modul 0 „ein System“; er kann
das Nullsystem oder leere System genannt werden.
Nach 58) sind wir damit nun auch berechtigt, in unsrer ganzen Theorie
zu schreiben:
1i j = 1i, 0i j = 0i
und müssen allgemein haben:
65) 1i = 1, 0i = 0.
Auch die in unserm Buche stillschweigend sich vollziehende Ver-
drängung der Benennung von 1 und 0 als „identische Moduln“ durch den
Namen „absolute Moduln“ erscheint damit nachträglich gerechtfertigt.
Ist b = ă ein „Systemkonvers“, mithin b = 1 ; b, so kann man
analog zu 47) bemerken, dass der allgemeine Koeffizient dieses Relativs:
bi j = (1 ; b)i j = Σhbh j unabhängig von i
ist. Dadurch erschiene es von vornherein nahe gelegt, den ersten Index i
als belanglos zu unterdrücken und unser bi j, = bh j = bk j = …, kürzer
blos mit bj zu bezeichnen. Nachdem aber die Festsetzung (58) bereits
getroffen ist, nach welcher uns vielmehr bj = bj i = bj h = … mit der
Unterstellung b = b ; 1 wird zu bedeuten haben, erscheint solches nicht
mehr angängig: man kann ja dem einfachen Suffixe nicht ansehen, ob
es den Überrest des ersten oder den des zweiten Index aus einem
doppelten Suffixe als einzig verbleibenden Zeiger zu vertreten habe!
Überhaupt dürfen wir auch mit solchen „Unterstellungen“ nicht regellos
wechseln, sondern müssen, um eine reine „Theorie der Systeme“ zu erhalten,
die eine Unterstellung konsequent festhalten: dass uns die einfachen Buch-
staben jeweils Systeme vorstellen, somit für ein a, b, x, u die Annahmen
a = a ; 1, b = b ; 1, x = x ; 1, u = u ; 1 stillschweigend zugrunde gelegt
werden.
Trifft dies für jene zu, so muss es auch für die mit Negationsstrich
versehenen Buchstaben zutreffen, nach 40) auch ā = ā ; 1, etc. sein.
Aber für die mit Konversionsringel versehenen Buchstaben wird es
nicht zutreffen.
Eine inbezug auf Systeme allgemeine Formel wird daher niemals in
dem Sinne allgemein sein, dass man — gleichwie in den schlechthin all-
gemeinen Formeln — die Buchstaben auch durch ihre Konverse ersetzen
dürfte.
Mit der Unterstellung a = a ; 1 oder der Annahme, dass a System
sei, haben wir vielmehr im Einklang mit (58):
[460]Zehnte Vorlesung.
ăi j = (1 ; ă)i j = Σhăh j = Σhaj h = aj i = aj,
also ăi j = aj. Und wird hierin ă = b genannt, so entsteht mit der
Unterstellung b = 1 ; b, das ist, als für Systemkonverse b gültig:
66) bi j = bh j = bk j = … = b̆j.
Diese Abkürzung: in b̆j — im Gegensatz zu der wie gezeigt ver-
werflichen in bj — ist legitim, und sie erklärt den Sinn des Symbols
oder Koeffizienten b̆j für die Fälle, wo ihm eine Erklärung bislang
zuteil geworden, nämlich für die, wo b̆ ein System vorstellt.
Etabliren wir jetzt auch noch die Sätze:
67)
| (ab)i = aibi | (a + b)i = ai + bi |
68)
| (Πa)i = Σai | (Σa)i = Σai |
als geltend, sofern alle a und b Systeme vorstellen, immer a = a ; 1,
b = b ; 1 ist — welche Sätze in der That mit Rücksicht auf (58)
durch die Festsetzungen (10) und (15) des § 3 unmittelbar gewähr-
leistet erscheinen — so haben wir schon alles wesentliche Material
gewonnen, um eine sehr wichtige Bemerkung vorzubereiten.
Dieser wollen wir jedoch noch eine weitere lehrreiche Betrachtung
voraufgehn lassen.
Fundamental ist auch noch dieser Satz:
69) .
Derselbe ist vor- und rückwärts als eine Aussagensubsumtion zunächst
zu beweisen.
Vorwärts. Ist die linkseitige Aussage L erfüllt, so dürfen wir nach
§ 25 das dadurch als ein „Element“ charakterisirte Relativ x etwa i nennen.
Dann sind die Folgerungen i ≠ 0 und i ; 1 = i bereits längst aus dieser
Charakteristik gezogen und handelt es sich nur noch darum darzuthun,
dass für jedes System u sein müsse:
(i ⋹ u) + (i ⋹ ū) = 1.
Nach 63) läuft dies aber in der That hinaus auf die Selbstverständ-
lichkeit
ui + ūi = 1.
Rückwärts ist aus den Voraussetzungen R der rechten Seite von 69)
die Behauptung linkerhand oder die nach 8) des § 25 mit ihr äquivalente
Aussage:
Σi(x = i)
zu schliessen. Nun können wir in R unter den Relativen u auch die
Elemente i des ersten Denkbereiches hervorhebend verstehen, indem wir
[461]§ 27. Algebra der uninären Relative.
die auf andre Relative u bezüglichen Faktoraussagen von R unterdrücken
oder ungenutzt lassen. Darnach bleibt von R bestehen:
R' = (x ≠ 0)(x ; 1 = x)Πi{(x ⋹ i) + (x ⋹ ī)}
und dies genügt bereits, um L zu folgern.
Von der Alternative hinter Π können nämlich (wie früher schon er-
wähnt) niemals (d. i. für kein i) beide Gliederaussagen zugleich zutreffen,
weil sonst (x ⋹ i)(x ⋹ ī), = (x ⋹ iī = 0) im Widerspruch zu x ≠ 0 folgen
würde. Unfehlbar hat also jeweils das eine Glied der Alternative den
Wahrheitswert 1, das andre dann den (Unwahrheitswert) 0. Es kann aber
auch nicht durchweg das zweite Glied den Wahrheitswert 1 haben, weil
man mit der Annahme Πi(x ⋹ ī), = (x ⋹ Πiī) = (x ⋹ 0) wegen 64) auf
den nämlichen Widerspruch kommen würde. Folglich gibt es mindestens
ein Element i, für welches das erste Glied der Alternative erfüllt ist,
somit gilt:
(x ≠ 0)(x ; 1 = x)(x ⋹ i), was = (x = i)
nur mehr noch nachzuweisen bleibt.
Da ih k = 1'i h = 0 für h ≠ i und x ⋹ i ist, so muss auch jedes
xh k = 0 für h ≠ i sein und können höchstens die xi k gleich 1 werden.
Wegen x ; 1 = x sind aber nach k alle xi k einander gleich und = xi;
letzteres kann nicht 0 sein, weil sonst x = 0 folgte; also muss xi, das ist
nach k jedes xi k, gleich 1 = 1'i i = ii k sein; und da für h ≠ i auch schon
xh k = 1'i h = ih k erwiesen war, so ist allgemein xh k = ih k und x = i dar-
gethan, q. e. d. — Weil alle Elemente unsres ersten Denkbereichs ver-
schieden sind, so kann es natürlich nur eines dieser Elemente sein, welchem
x eingeordnet folglich gleich ist, und dieses ist dann in Erfüllung des
zweiten Glieds unsrer Alternative in dem Negate jedes andern Elementes
enthalten. —
Denkt man sich die linkseitige Aussage im Satze 69) durch das
Urteil ersetzt: „x ist ein Element“, und macht man die Unterstellung,
dass alle Buchstaben eo ipso Systeme vorstellen, d. h. beschränkt man
sich mit den Betrachtungen ganz und gar auf den Denkbereich der Systeme,
so werden in der rechten Seite von 69) die Aussagenfaktoren x ; 1 = x,
u ; 1 = u als selbstverständlich erfüllte unterdrückbar und lehrt jener Satz:
,
oder, wenn wir durch Bezeichnung des x mit dem Buchstaben i die
linke Seite zu einer selbstverständlichen machen, so resultirt die Be-
hauptung, dass
den Wahrheitswert 1 habe, oder gelte.
Aus der Übereinstimmung dieser Resultate mit der Individuums-
definition des Klassenkalkuls erhellt nun also, dass in dem, aus 11
[462]Zehnte Vorlesung.
schon ganz hervorgehenden, Denkbereich der Systeme das „Element“ die
Rolle des „Individuums“ spielt.
Die nunmehr genügend vorbereitete Bemerkung, um die es uns zu
thun war, zielt dahin ab, zu konstatiren: dass in der Algebra der
binären Relative die Theorie der „Systeme“ dasjenige unter sich be-
greift, was man
„die Theorie der uninären Relative“
zu nennen hätte, ja dass sie, bei geeigneter Beschränkung, mit dieser
geradezu zusammenfällt.
Der Begriff der letztern ist dadurch zu gewinnen, dass man im
ersten Denkbereiche so weit als thunlich analog vorgeht wie wir’s im
zweiten, mit § 3 beginnend, thaten.
Aufgrund von analogen Festsetzungen muss die gedachte Disziplin
auch analog und selbständig sich begründen und aufbauen lassen.
Nur die Festsetzungen: (7) als die relativen Moduln, (9) als das in-
dividuelle binäre Relativ, und (12), (13) als die relativen Operationen be-
treffend, werden ohne Analoga bleiben — sofern man nicht sagen will, dass
das Analogon von (8), welches das Element als uninäres Relativ zu defi-
niren haben wird, ohnehin zugleich das Analogon von (9) vorstelle; sie
werden jedenfalls beiseite zu lassen sein.
Bei solchem Verfahren nach der Analogie sind als die fundamen-
talen Festsetzungen der Algebra der uninären Relative folgende hinzu-
stellen.
Es sind von den Festsetzungen des § 3 die Definition (1) der
Gleichheit nebst dem Abacus (2) bis (4) beibehalten und wiederum
vorangestellt zu denken.
Als Denkbereich gilt der 11, = 1, bestehend aus den „Elementen“
A, B, C, D, …, deren irgendwelche durch die Buchstaben i, j, h, …
vorgestellt werden.
Analog zu (5) ist dann ein uninäres Relativ allgemein zu definiren
durch die aus 59) zu entnehmende Festsetzung:
a = Σiaii,
worin die Koeffizienten ai auf den Wertbereich 0, 1 zu verweisen sind.
Jedes Relativ ist darnach von vornherein eine Summe von Elementen.
Zur völligen Bestimmung eines Relativs genügt die Angabe von seinen
Koeffizienten oder von deren linearer Matrix (als einer Reihe von
Augenpunkten und Leerstellen).
Analog zu (6) wird darnach die 1 und die 0 als uninäres Relativ
definirt durch die Festsetzung aus 65) 1i = 1, 0i = 0.
Analog zu (8) und wenn man will auch (9) ist das Element i selbst
[463]§ 27. Systeme, Klassen, absolute Terme.
sodann als uninäres Relativ zu definiren mittelst der Angabe seiner Koeffi-
zienten:
70) ii = 1, ih = 0 für h ≠ i,
die wir noch nicht chiffrirt hatten, die aber mit (58) in der Anwendung
auf a = i als ih k = ih = 1'i h implicite schon gegeben war.
Analog zu (10) und (15) haben wir die Definitionen 67) und 68)
von Produkt und Summe resp. Π, Σ.
Analog zu (11) die Definition 60) des Negates ā.
Endlich analog zu (14) nebst Korollar in 62) die Definition der
Einordnung zwischen Relativen, etc.
Diese Grundlagen der Algebra der uninären Relative haben wir
also von der Algebra der binären aus beim Studium der „Systeme“
als „Sätze“ gewonnen.
Würden sie von vornherein als Konventionen hingestellt, so liessen
sich aus ihnen denknotwendig die Gesetze eines Kalkuls deduziren,
welcher drei Spezies kennt: Multiplikation, Addition und Negation.
Die Konversion kann in diesem Kalkul keine Stätte finden, weil sie
auf ein System oder uninäres Relativ angewendet zu einem Systemkonvers,
d. h. aus dem Denkbereiche der uninären Relative heraus, führt.
Aber auch was die knüpfenden unter den drei relativen Operationen
betrifft, so scheinen dieselben nach unserm Korollar zu 44) fast zur Be-
deutungslosigkeit (insignificance) herabzusinken, insofern sie, als nunmehr
blos zwischen Systemen anzuwendende, allemal nur das erste von diesen
ungehindert reproduziren, sofern sie es nicht in 0 resp. 1 verwandeln.
Jedenfalls können sie ebenfalls beiseite gelassen werden und sollen sie hier-
nächst unberücksichtigt bleiben.
Vielleicht gibt einmal die Frage ihrer doch immerhin möglichen Zu-
ziehung einem Forscher Anlass zu einer interessanten Studie.
Dieser Kalkul nun wird zweifellos kein andrer sein, als der „iden-
tische Kalkul“. Mit ihm fällt die „Algebra der uninären Relative“
somit wesentlich zusammen.
Die Elemente des Systems sind, wie gezeigt — in ihr — die
„Individuen“ desselben. Letztre erscheinen zum „Systeme“ kollektiv
zusammengefasst — wie die Teile zu einem Ganzen.
Wird, anstatt dessen, der Name des Systems als ein genereller ge-
fasst, so dass er sich auf dessen Individuen distributiv verteilt, nämlich
einem jeden derselben einzeln schon (aber ganz und ungeteilt) als ein
Prädikat zugesprochen wird, so nennen wir das System eine „Klasse“.
Geschieht solches durchweg, bei allen in die Untersuchung als deren
Substrat einbezogenen Systemen, so wird unser Kalkul zum „Klassen-
kalkul“.
Systeme von Elementen und Klassen von Individuen sind (in der
gehörigen suppositio natürlich) „absolute Namen“ und können sonach
[464]Zehnte Vorlesung.
auch als „absolute Terme“ (ich übersetze so in Ermangelung eines
bessern Ausdrucks das englische „absolute terms“) hingestellt werden.
In 5 p. 48 gebraucht Peirce auch den Ausdruck: „terms of singular
reference“, während er daselbst „Systeme“ als „complete as to their
correlate“ umschreibt.
Bekannt ist nun aber, dass auch jeder relative Name als ein ab-
soluter gebraucht werden kann. Jeder relative Begriff gibt Veran-
lassung zur Bildung auch eines (zumeist beinah völlig gleichlautend
benamten) absoluten Begriffes. Von den Begriffen „Liebender von-“,
„Vater von-“, „Bild von-“ vermögen wir auch zu abstrahiren die Be-
griffe: „Liebender“, „Vater“, „Bild“ (überhaupt).
An diesen wichtigen Prozess oder Übergang knüpfen sich nun
noch einige fundamentale Überlegungen, und wollen wir diesen zunächst
analytisch beikommen, an sie von den Gesichtspunkten der Algebra
aus herantreten.
Ist a kein System sondern ein beliebiges binäres Relativ, so wissen
wir zwar was das Symbol ai j bedeutet, dagegen ist dem Symbole ai
bis jetzt noch keine Erklärung zuteil geworden. Wir können aber
versuchen, den Begriff von ai von den Systemen auf beliebige Relative
auszudehnen.
Dazu bieten sich zwei ursprünglich gleichberechtigte aber auf
Verschiedenes hinauslaufende Wege dar.
Wäre a System, so hätten wir kraft 58) im Hinblick auf 40):
(ai j =) (a ; 1)i j = ai = (a ɟ 0)i j.
In jedem Falle ist sowol (a ; 1)i j = Σhai h als auch (a ɟ 0)i j = Πhai h
vom zweiten Index im Suffixe, nämlich von j, unabhängig; aber wenn
a kein System ist, sind die beiden Ausdrücke von einander verschieden,
und müssen wir uns für den einen von ihnen als den zur Definition
von ai zu verwendenden entscheiden.
Wir thun dies für den ersten, sodass uns die Gleichung
(71) ai = (a ; 1)i j
bedingungslos gelten wird.
Damit gewinnt aber ai die Bedeutung der Aussage: „i ist ein a“,
wo a den zum relativen Begriff „a von-“ gehörigen absoluten Begriff
„a“ vorstellt.
Wir wollen dies und noch einiges dazu Gehörige an dem Para-
digma erläutern, wo a als binäres Relativ = amans, Liebender von-
bedeutet.
[465]§ 27. Relativkoeffizienten mit nur einem Index.
Mit dem absoluten Namen „Liebender“ ist ein jeder zu bezeichnen,
der überhaupt jemanden (irgendwen, oder irgendetwas) liebt (eventuell
auch blos eine Sache; doch vereinfacht es unsre Erörterungen, wenn
wir den Denkbereich 11 auf Personen beschränkt annehmen). Gibt es
nun eine Person h die von i geliebt wird, d. h. existirt ein Element h
derart dass i ⋹ a ; h oder ai h = 1 ist, so wird auch (a ; 1)i j = Σhai h = 1
und damit ai = 1 sein; und andernfalles haben wir ai = 0. Es ist
also ai gleich 1 oder gleich 0, jenachdem i ein „Liebender (schlecht-
weg)“ ist oder nicht, q. e. d. Ebenso heisst „Vater“ einer, der über-
haupt ein Kind gezeugt hat, und würde unser ai besagen: i ist Vater,
sobald uns das binäre Relativ a den Begriff „Vater von-“ reprä-
sentirte. Etc.
Mit (71) wird auch die Abkürzung gegeben sein:
72) Σhah j = (1 ; a)i j = (ă ; 1)j i = ăj.
Es gelten aber für den so erweiterten Begriff der Koeffizienten ai
nicht mehr alle die Sätze die für den engern im Denkbereiche 11 der
uninären Relative aufgestellt worden. Namentlich werden die Glei-
chungen 60, 67, 68) teilweise zu modifiziren sein zu den Subsumtionen:
73) (ai)͞ ⋹ āi oder (ā)i,
74)
| (ab)i ⋹ aibi | ai + bi = (a + b)i |
75)
| (Πa)i ⋹ Πai | Σai = (Σa)i, |
wie aus a ; 1͞ ⋹ ā ; 1, nämlich ā ɟ 0 ⋹ ā ; 1, sowie links ab ; 1 ⋹ a ; 1 · b ; 1,
(Πa) ; 1 ⋹ Π(a ; 1) sive Πa ; 1 mit Rücksicht auf 71) analytisch sofort
erhellt. Die Formeln rechts in 74, 75) bleiben als Gleichungen in
Kraft und entsprechen denen links nur mehr „pseudodual“; sie ver-
stehen sich als gültige aus a ; 1 + b ; 1 = (a + b) ; 1 und Σ(a ; 1) sive
Σa ; 1 = (Σa) ; 1. Dass sie in der That aus denen links nicht durch
Kontraposition ableitbar sind, oder umgekehrt, geht eben daraus hervor,
dass gemäss 73) auch (āi)͞ nicht = sondern blos ⋹ ai sein muss.
Bildet man Πhai h als das Negat von Σhāi h, etc. so ergeben sich
nach (71) auch noch für diese Π die Abkürzungen:
76) Πhai h = (a ɟ 0)i j = (āi)͞, Πhah j = (0 ɟ a)i j = (ā̆j)͞
— welche etwas unbequemen Symbole jedoch nach dem Gesagten
nicht weiter reduzirbar sind.
Die Formeln 59) gelten für die erweiterte, mit (71) zu einer all-
gemeingültigen erhobene Begriffserklärung der ai, welche somit von
der Einschränkung, dass a von vornherein als ein System gedacht
werden müsse, befreit ist, nicht. Es muss im allgemeinen unmöglich
Schröder, Algebra der Relative. 30
[466]Zehnte Vorlesung.
bleiben, ein binäres Relativ a durch die Systeme a ; 1, a ɟ 0, ā ; 1 und
ā ɟ 0 und deren Konverse auszudrücken, aus diesen allein schon es
abzuleiten!
Der Umstand, dass mit dieser Festsetzung (71) wenn nicht Aus-
nahmen geschaffen, so doch eine Nötigung zur Beobachtung besondrer
Vorsichten beim Rechnen eingeführt wird, würde es unter dem rech-
nerischen Gesichtspunkte fraglich erscheinen lassen, ob überhaupt es
in der Algebra sich empfehle, besagte Festsetzung zu treffen. Dem
steht indess gegenüber, dass die im gewöhnlichen Denken so häufig
vollzogene Umwandlung von relativen Begriffen in die absoluten uns
belehrt, dass für die Zwecke der Interpretation, und Anwendung unsrer
Algebra auf das verbale Denken, besagter Prozess doch nicht ohne
Wichtigkeit sein kann:
Gemäss (71) — indem man von ai j blos ai beibehält — den
zweiten Index jedes Relativkoeffizienten fallen zu lassen, somit bei a
vom Korrelate zu abstrahiren, und das ist imgrunde: das binäre Relativ a
in das System a ; 1 verwandeln, heisst nichts andres als wie: den rela-
tiven Begriff „a von-“ in den absoluten „a“ umzudeuten, von jenem auf
diesen schliessen — ein Prozess, den ich in der ersten Vorlesung als
eine Zurückdeutung des Relativs a aus dem zweiten in den ersten
Denkbereich bezeichnet habe.
Da durch ein gegebnes a ; 1 noch keineswegs a bestimmt erscheint,
so lässt sich beim Wiedervordeuten das ursprüngliche Relativ nicht
mehr zurückgewinnen — wie man denn von jemand, von dem blos
bekannt ist, dass er „Liebender“ ist, d. h. dass es Personen gibt, die
er liebt, damit allein noch nicht wissen wird, welche Personen es sind,
die er liebt.
Dazu, dass die linkseitige Formel 74) nicht als Gleichung gilt,
haben wir implizite schon S. 81 ein Beispiel erörtert (wobei blos
„jemand“ für den „Dienenden“ zu sagen). Es sei zum Schlusse auch
noch der Formel 73) eine exemplifizirende Betrachtung gewidmet.
Mit dem gleichen Rechte, wie bei der Exemplifikation unter (71)
haben wir als „Nichtliebenden“ alles, einen jeden zu bezeichnen, der
überhaupt irgendetwas, gewisse Personen nicht liebt. Ebendieser kann
sehr wohl (gewisse andre) Personen auch lieben; er kann zugleich
auch „Liebender“ sein. Die absoluten Begriffe Liebender und Nicht-
liebender schliessen sich also keineswegs aus, sind nicht disjunkt; sie
stehen nicht einmal in konträrem Gegensatz zu einander, geschweige
in kontradiktorischem. Wenn i nicht ein Liebender ist, so — be-
sagt 73) — ist i jedenfalls ein Nichtliebender, aber nicht umgekehrt!
[467]§ 27. Zurückdeutung in den ersten Denkbereich.
Die Begriffe „Nichtliebender“ und „was (wer) nicht ein Liebender ist“
fallen nicht zusammen, sind vielmehr wohl zu unterscheiden!
Den Begriff „Nichtliebender“ werden wir dargestellt erhalten, in-
dem wir das binäre Relativ ā = Nichtliebender von- in den Denk-
bereich 11 zurückdeuten, diesen relativen in den (zugehörigen) abso-
luten Begriff umwandeln — wodurch wir ā ; 1 erhalten.
Der Begriff: „was nicht ein Liebender ist“ entsteht durch Negation
aus dem absoluten Begriffe „Liebender“ = a ; 1 und hat also ā ɟ 0
zum Ausdrucke.
Wenn für jenen bei der Zurückdeutung der Name ā beibehalten
wird in 11, so wäre für diesen der Name a1 (mit dem in Bd. 1 und 2
verwendeten vertikalen Negationsstrich) am Platze. Es ist also
sub 11: ā = ā ; 1 von a1 = ā ɟ 0 verschieden.
Oder: die Reihenfolge der beiden Prozesse:
Negation und Zurückdeutung (oder Umdeutung des relativen in
den absoluten Begriff) ist — ebenso wie bei der Zurückdeutung und
der identischen Multiplikation — keineswegs belanglos.
Negirt man zuerst und deutet dann zurück, so bekommt man aus
a = amans den Begriff Nichtliebender (schlechtweg, d. i. von gewissen
Personen oder Dingen).
Deutet man erst zurück und negirt hernach, so gelangt man zu
dem Begriffe Nichtliebender von allen (ausser keinen, d. i. von allen
ohne Ausnahme).
Darnach würde (ai)͞ sich auch als (a1)i schreiben lassen.
[[468]]
Elfte Vorlesung.
Studien über Elimination, Produktir- und Summirungsaufgaben.
§ 28. Eine Studie gemäss Peirce über Elimination.
Solange wir — wie noch S. 177 betont — nicht verfügen über
eine allgemeine Methode um die Elimination eines Relativs x aus
einem irgendwie gegebnen Propositionensystem oder dessen vereinigter
Gleichung zu vollziehen, d. h. um deren volle Resultante nach x zu
gewinnen, so ist einstweilen jeder Gedanke von Wert*), aufgrund
dessen sich überhaupt aus „x-führenden“ Prämissen von bestimmten
Formen solche Konklusionen ziehen lassen, in denen der Eliminand x
nicht vorkommt; jede Quelle ist schätzbar, aus der Resultanten fliessen,
seien diese auch nicht immer die vollen. Handelt es sich ja doch in
der Logik darum, die Kunst des Schliessens zu fördern!
Unter diesem Gesichtspunkt nehmen wir nun hier in verein-
fachter Gestalt eine auf Bewerkstelligung von Eliminationen hinaus-
laufende Arbeit von Peirce aus 9cp. 195 ‥ 198 auf.
Die Veranlassung für Herrn Peirce zu gedachter Untersuchung ist
eine logisch zu interessante, als dass wir es unterlassen dürften, späterhin
auf dieselbe zurückzukommen; ihr Vorwurf ist nichts Geringeres als eine
eigentümliche Syllogistik, die eine verbindende Stellung zwischen Umfangs-
und Inhaltslogik einnimmt und weder der einen noch der andern von diesen
beiden ausschliesslich anzugehören scheint!
Vorderhand jedoch wollen wir uns begnügen, die Arbeit — was sie
sehr nötig hat — blos in rein rechnerischer Hinsicht zu revidiren.
Der Grundgedanke sei im voraus gekennzeichnet.
In § 8, S. 126 wurde schon ausgeführt, dass und wie jede Sub-
sumtion sich auch auf das Subjekt 1' (gleichwie, wenn man will, auf
[469]§ 28. Studien über Elimination.
das Prädikat 0') bringen lässt. Unbeschadet der Allgemeinheit können
wir also jede etwa als eine Prämisse gegebene Subsumtion von vorn-
herein als eine solche, deren Subjekt 1' ist, annehmen.
Wir wollen nun aus zwei Prämissensubsumtionen (derart), deren
jede das „Mittelglied“, den terminus medius x nur einmal enthält,
dieses eliminiren lernen.
Das gelingt, sobald in der einen Prämisse das Mittelglied un-
negirt, als x selbst, in der andern aber negirt, als x̄ vorkommt und
ausserdem diese Terme x und x̄ beide als letzte Operanden in den
Prädikaten gedachter Prämissensubsumtionen erscheinen (desgleichen
also auch, falls x sowol wie x̄ als erste Terme in diesen Prädikaten
figuriren sollten) — und zwar einerlei ob sie „freie“ Operationsglieder
sind, oder aber als mit noch andern, und zwar gegebnen Relativen
a, b, ‥ als sogenannten Parametern, verknüpfte von Klammern um-
schlossen sind — die Knüpfungen jedoch durchgängig als relative vor-
ausgesetzt.
Und zwar gelingt es durch geschickte Verwertung der beiden
Sätze 3) des § 8:
1' ⋹ x ɟ x̄̆, x ; x̄̆ ⋹ 0'
in Verbindung mit den Assoziations- 6) und den Grundgesetzen 7)
des § 6, welche lauteten:
a ; (b ɟ c) ⋹ a ; b ɟ c, (a ɟ b) ; c ⋹ a ɟ b ; c.
Der von Erfolg gekrönte Witz sei zunächst für den Fall freier
Operanden x und x̄ dargelegt.
Haben nämlich unsre Prämissen die Form:
1' ⋹ a ∘ x, 1' ⋹ b ☉ x̄,
wo für den Augenblick das Knüpfungszeichen ∘ uns nach Belieben
entweder den Strichpunkt (;) oder das Piuzeichen ɟ vertreten soll —
und ebenso, jedoch ganz unabhängig davon, auch das Zeichen ☉ —
so kann man, die zweite Prämisse konvertirend, dieselbe schreiben:
1' ⋹ x̄̆ ☉ b̆
und jetzt sie mit der ersten durch relatives Übermultipliziren ver-
knüpfen zu der Folgerung:
1' ⋹ (a ∘ x) ; (x̄̆ ☉ b̆).
Sind nun die Knüpfungen ∘ und ☉ von gleicher Art — beide
relative Multiplikationen, oder beide relative Additionen — so kann
man aufgrund des Assoziationsgesetzes der relativen Knüpfungen diese
Folgerung äquivalent umschreiben in:
[470]Elfte Vorlesung.
1' ⋹ a ∘ (x ; x̄̆) ☉ b̆,
sind jene aber von ungleicher Art, so kann man doch aufgrund der
angeführten Theoreme 7) des § 6 ebendiese Konklusion aus unsrer
letzten Folgerung ziehen. Da nun aber x ; x̄̆ ⋹ 0', so ergibt sich
a fortiori weiterhin der Schluss:
1' ⋹ a ∘ 0' ☉ b̆
und dieser ist „eine“ und zwar die von Peirce abgeleitete Resultante.
War x oder auch x̄ nicht freies, sondern von einer Klammer
innerhalb des Prädikates umschlossenes (oder umschlossen zu denken-
des) Operationsglied, so gelingt es dennoch mittelst vorgängiger An-
wendung der erwähnten Sätze 7) des § 6, die Terme x und x̄̆ in der
ersten und der konvertirten zweiten Prämisse erst einmal frei zu be-
kommen, darnach wie oben dieselben sozusagen zusammen zu bringen, und
so einen von x unabhängigen Schluss auf vorstehende Weise zu gewinnen
— wie dies nachher die Ausführung im Detail erkennen lassen wird.
Für die eine, die „erste“ Prämisse komme (wie sich noch genauer
motiviren liesse) nur eine von den vier Formen in Betracht:
1) 1' ⋹ a ɟ x, 1' ⋹ a ; x, 1' ⋹ a ɟ b ; x, 1' ⋹ a ; (b ɟ x),
für die andre oder „zweite“ Prämisse ebenso, nur x̄ statt x gesagt,
und die Parameter a, b durch eventuell andere b, c oder c, d ersetzt.
Da eine etwaige Vertauschung von x mit x̄ oder auch der ersten
Prämisse mit der zweiten den Charakter des Problems nicht ändert,
m. a. W. keine neue Art von Aufgaben liefert, so haben wir im ganzen
zu lösen die = 4 + 3 + 2 + 1 = 10 Aufgaben: x zu elimi-
niren aus
2)
Anstatt unsrer vier Formen 2) stellt Peirce l. c. deren sechs auf,
die aber doch — indem man etwa für ein blos aus Parametern zusammen-
gesetztes b ɟ c oder für ein b ; c kürzer a sagt — nur auf jene vier hinaus-
kommen. Infolgedessen sind von den 21 Untersuchungen dieses Autors
(„the various kinds of syllogism“) elfe blosse Wiederholung (in andern
Buchstaben) von bereits vertretenen. Nämlich unsrer Chiffre
entspricht Peirce’s
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 100)
Nr. 1, 4, 11, 2, 6, 13, 5, 15, 12, 3,
7, 9, 14, 8, 18, 20, 17,
10, 16, 21,
19.
[471]§ 28. Über Elimination.
Sodann nimmt Peirce — obzwar unbeschadet der Richtigkeit und
Tragweite seiner Resultate — keine Notiz davon, dass von seinen Prämissen
einzelne schon für sich allein eine Resultante nach sich ziehen, und end-
lich kümmert er sich nicht um die Frage der Vollständigkeit seiner Re-
sultanten. All diese Umstände lassen eine Revision der Arbeit, wie gesagt,
angezeigt erscheinen.
Zuvörderst ist zu beachten, dass von unsern vier Aussagen 2) die
drei letzten schon je einzeln eine Resultante bedingen. Diese, und
zwar die vollständigen Resultanten, gibt das Tableau:
3)
wo eben die Konklusion 0 = 0 wie üblich auf keine Resultante, das
Fehlen einer solchen hinweist.
Wegen x ⋹ 1, b ; x ⋹ b ; 1, b ɟ x ⋹ b ɟ 1 = 1 verstehen diese Resul-
tanten sich als Konklusionen von selbst. Dass sie aber die vollen Resul-
tanten sind, muss zunächst bewiesen werden; auch wird unsern Resultanten
noch eine bessere Form zu geben sein.
Dass die Proposition 1' ⋹ a ɟ x keine Resultante liefern kann, geht
daraus hervor, dass bei irgendwie gegebnem a der Wert x = 1 ihr immer
schon (als eine „Wurzel“) genügt. Ebenso ist bei der zweiten, dritten und
vierten Proposition ersichtlich, dass die von uns angegebne Resultante die
volle sein muss, weil jener, sobald diese erfüllt ist, eben die Wurzel x = 1
genügt.
Nun haben wir den Satz — vergl. 48) S. 453:
4)
dem wir nebenbei auch diesen sogleich zugesellen wollen:
5)
Beweis zu 4). Denn aus 1' ⋹ a ; 1 folgt auch 1' ; 1 ⋹ a ; 1 ; 1 oder
1 ⋹ a ; 1, also a ; 1 = 1, und umgekehrt, falls letzteres gilt, so ist auch
1' ⋹ a ; 1 — als äquivalent mit 1' ⋹ 1 — erfüllt.
Beweis zu 5) aus den Koeffizienten zu führen. Die Subsumtion
1'i j ⋹ Σhai h0'h j
ist bei j ≠ i nichtssagend, bei j = i dagegen äquivalent mit
1 ⋹ Σhai h0'h i = Σh(0'a)i h = (0'a ; 1)i j = 1i j,
q. e. d.
Die zweite und vierte unsrer Resultanten 3) statuirt also —
cf. 4) — einfach, dass das Relativ a keine Leerzeilen haben dürfe,
mithin von der Form a = ᾱ ɟ 0 + α sei — cf. 14) des § 16.
[472]Elfte Vorlesung.
Ebenso ist bezüglich der dritten Resultante 3) leicht zu recht-
fertigen, dass sein muss:
6) ,
wo die dritte Transformation sich aus dem ersten Inversionstheoreme
rechtfertigt, sonst aber nur Schemata des identischen Kalkuls an-
zuwenden waren. Darnach kann b beliebig angenommen werden, muss
aber a die Leerzeilen von b, in Vollkolonnen verkehrt, enthalten.
Ziehen wir nun unbekümmert um diese Einzelresultanten zunächst
in Peirce’scher Manier die von x freien Konklusionen, so haben wir
— immer unter Anwendung der oben citirten Sätze — folgende 10 Rech-
nungen. Es ist die Prämisse von
- 10) = (1' ⋹ a ɟ x)(1' ⋹ x̄̆ ɟ b̆) ⋹ {1' ⋹ (a ɟ x) ; (x̄̆ ɟ b̆) ⋹ (a ɟ x) ; x̄̆ ɟ b̆ ⋹
⋹ (a ɟ x ; x̄̆) ɟ b̆ ⋹ (a ɟ 0') ɟ b̆ = a ɟ b̆} also ⋹ (1' ⋹ a ɟ b̆). - 20) = (1' ⋹ a ɟ x)(1' ⋹ x̄̆ ; b̆) ⋹ {1' ⋹ (a ɟ x) ; x̄̆ ; b̆ ⋹ (a ɟ x ; x̄̆) ; b̆ ⋹
⋹ (a ɟ 0') ; b̆ = a ; b̆} also ⋹ (1' ⋹ a ; b̆).
Wir hätten hier auch schliessen können:
1' ⋹ a ɟ x ; x̄̆ ; b̆ ⋹ a ɟ 0' ; b̆, also 1' ⋹ a ɟ 0' ; b̆.
Aber diese Resultante ist eine unmittelbare Folgerung aus der vorigen,
weil a ; b̆ = (a ɟ 0') ; b̆ ⋹ a ɟ 0' ; b̆.
Dieselbe ist mithin minder umfassend oder wertvoll — und ähnlich
verfällt man auch bei den folgenden Rechnungen leicht in die Gefahr,
weniger zu schliessen als sich schliessen lässt.
- 30) = (1' ⋹ a ɟ x)(1' ⋹ x̄̆ ; c̆ ɟ b̆) ⋹ [1' ⋹ (a ɟ x) ; (x̄̆ ; c̆ ɟ b̆) ⋹ (a ɟ x) ; x̄̆ ; c̆ ɟ b̆ ⋹
⋹ (a ɟ x ; x̄̆) ; c̆ ɟ b̆ ⋹ (a ɟ 0') ; c̆ ɟ b̆] also ⋹ (1' ⋹ a ; c̆ ɟ b̆).
Wir hätten hier auch schliessen können:
1' ⋹ a ɟ x ; x̄̆ ; c̆ ɟ b̆ ⋹ a ɟ 0' ; c̆ ɟ b̆,
allein diese Resultante ist eine unmittelbare Folgerung aus der vorigen, weil:
a ; c̆ ɟ b̆ = a ; 1' ; c̆ ɟ b̆ = a ; (1' ɟ 0') ; c̆ ɟ b̆ ⋹ a ; 1' ɟ 0' ; c̆ ɟ b̆ = a ɟ 0' ; c̆ ɟ b̆
und hätte mithin geringere Tragweite.
- 40) = (1' ⋹ a ɟ x){1' ⋹ (x̄̆ ɟ c̆) ; b̆} ⋹ {1' ⋹ (a ɟ x) ; (x̄̆ ɟ c̆) ; b̆ ⋹
⋹ (a ɟ x ; x̄̆ ɟ c̆) ; b̆ ⋹ (a ɟ 0' ɟ c̆) ; b̆} also ⋹ {1' ⋹ (a ɟ c̆) ; b̆}.
[473]§ 28. Eine Studie gemäss Peirce über Elimination.
- 50) ebenso ⋹ (1' ⋹ a ; x ; x̄̆ ; b̆) also ⋹ (1' ⋹ a ; 0' ; b̆).
- 60) ⋹ [1' ⋹ a ; x ; (x̄̆ ; c̆ ɟ b̆) ⋹ a ; (x ; x̄̆ ; c̆ ɟ b̆)] also ⋹ {1' ⋹ a ; (0' ; c̆ ɟ b̆)}.
- 70) ⋹ {1' ⋹ a ; x ; (x̄̆ ɟ c̆) ; b̆ ⋹ a ; (x ; x̄̆ ɟ c̆) ; b̆ ⋹ a ; (0' ɟ c̆) ; b̆} also ⋹ (1' ⋹ a ; c̆ ; b̆).
- 80) ⋹ {1' ⋹ (a ɟ b ; x) ; (x̄̆ ; d̆ ɟ c̆) ⋹ (a ɟ b ; x ; x̄̆) ; d̆ ɟ c̆ oder anders
⋹a ɟ b ; (x ; x̄̆ ; d̆ ɟ c̆)} also ergibt sich sowol
1' ⋹ (a ɟ b ; 0') ; d̆ ɟ c̆ als auch 1' ⋹ a ɟ b ; (0' ; d̆ ɟ c̆)
und beide Resultanten sind ⋹ (1' ⋹ a ɟ b ; 0' ; d̆ ɟ c̆). - 90) ⋹ [1 ⋹ (a ɟ b ; x) ; (x̄̆ ɟ d̆) ; c̆ ⋹ {a ɟ b ; x ; (x̄̆ ɟ d̆)} ; c̆ ⋹
⋹ {a ɟ b ; (x ; x̄̆ ɟ d̆)} ; c̆ ⋹ {a ɟ b ; (0' ɟ d̆)} ; c̆] also ⋹ {1' ⋹ (a ɟ b ; d̆) ; c̆}. - 100) ⋹ {1' ⋹ a ; (b ɟ x) ; (x̄̆ ɟ d̆) ; c̆ ⋹ a ; (b ɟ x ; x̄̆ ɟ d̆) ; c̆ ⋹ a ; (b ɟ 0' ɟ d̆) ; c̆}
also ⋹ {1' ⋹ a ; (b ɟ d̆) ; c̆}.
Es verlohnt wol, unsre Ergebnisse mit den Data zu eignen (Eli-
minations-) Theoremen zusammenzustellen:
7) ,
wobei die zweite Form der Resultante mittelst einer Konversion aus
der ersten oben gefundnen hervorgeht.
Aus dem Anblick der zweiten und von 50) an beider Formen der
Resultante erhellt sogleich, dass diese Peirce’schen Resultanten durch-
weg auch diejenigen in sich schliessen, welche gemäss 3) aus den ge-
trennten Prämissen schon einzeln folgten. Es ist also bei Peirce
straflos geblieben, sachlich gerechtfertigt, von den letzteren keine
Notiz zu nehmen.
[474]Elfte Vorlesung.
Muss z. B. 1' ⋹ b ; ă sein, so folgt ja a fortiori auch 1' ⋹ b ; 1; und
hatten wir 1' ⋹ b ɟ c ; ă, so involvirt dies bereits 1' ⋹ b ɟ c ; 1, etc.
Sodann ist zu bemerken, dass bei den vier ersten Theoremen 7) die
Peirce’sche Resultante sogleich auch als die vollständige nachweisbar ist.
Sobald nämlich bei 10) bis 40) die angegebne Resultante erfüllt ist,
existirt auch sicher eine Wurzel der Aufgabe, und zwar in Gestalt von
x = ā̆, welches die eine Prämisse kraft der Formel 1' ⋹ a ɟ ā̆, die andre
eben kraft der Resultante erfüllt.
Von den übrigen Resultanten 50) ‥ 100) bleibt es vorerst fraglich,
ob sie die vollen sind, und glaube ich, dass die Entscheidung zum
Teil verneinend ausfallen wird. Dieselben würden so nur den Wert
von Schlüssen haben, deren Validität ausser Zweifel steht, die aber
nicht alles erschöpfen, was ohne Rücksicht auf x aus den Prämissen
folgt. Vermag man nun nicht Alles zu gewinnen, so muss man eben
mit Einigem sich schon begnügen.
Zu den oben verwerteten Sätzen 3) des § 8 über relative Knüpfungen
gelten analog für identische Knüpfungen eine Stufe tiefer die Sätze 2)
des § 8:
1' ⋹ a + ā̆, aā̆ ⋹ 0'.
Der Versuch, letztere ebenso zu verwerten, scheitert an dem Umstande,
dass man, nachdem die erste mit der konvertirten zweiten Prämisse durch
identische Multiplikation überschiebend verknüpft ist, nicht mehr über solche
Sätze verfügt, die eine Klammerverschiebung gestatten und es so ermög-
lichen würden, das x mit dem x̄̆ „zusammenzubringen“.
Desgleichen lässt uns die Methode im stich bei den entsprechenden
Aufgaben, wo nur der Negationsstrich über dem x (in der zweiten Prämisse)
entfällt — vergleiche S. 489 oben.
Abgesehen von der vorstehend dargelegten genialen Ausnutzung
derselben halte ich überhaupt die Idee, die Subsumtionen auf das
Subjekt 1' oder das Prädikat 0' (statt 1, 0) zu bringen, für nicht be-
sonders förderlich. Vielmehr scheint mir zunächst vor dieser eine
andre Schreibweise den Vorzug wegen ihrer grössern Durchsichtigkeit
zu verdienen.
Wie man nämlich für 1' ⋹ a ɟ b besser a + b̆ = 1 gemäss 22) des
§ 8 schreiben wird, so wird man auch bei 1' ⋹ a ; b gut thun einen
Satz zu berücksichtigen, der lautet wie folgt:
8) (1' ⋹ a ; b) = (ab̆ ; 1 = 1) = (1 ; ăb = 1) | (a ɟ b ⋹ 0') = {(a + b̆) ɟ 0 = 0} = {0 ɟ (ă + b) = 0}
und lehrt, dass 1' ⋹ a ; b lediglich besagt, dass das Relativ ab̆ keine
Leerzeilen habe — gemäss welchem also wegen 4) auch noch nebenher
gelten muss:
9) (1' ⋹ a ; b) = (1' ⋹ ab̆ ; 1) = (1' ⋹ 1 ; ăb) | (a ɟ b ⋹ 0') = {a + b̆) ɟ 0 ⋹ 0'} = {0 ɟ (ă + b) ⋹ 0'}.
[475]§ 28. Studie über Elimination.
Beweis von 8). Es ist: 1'i j = Σhai hbh j für j ≠ i als nichtssagend
erfüllt, für j = i dagegen äquivalent mit:
1'i i = 1 = 1i j = Σhai hbh i = Σh(ab̆)i h = (ab̆ ; 1)i j, q. e. d.
Nach den genannten Schemata wollen wir nun die Formeln 7)
sowol hinsichtlich der Prämissen als auch der Resultanten noch über-
sichtlicher darstellen. Bei jenen zunächst getrennt zu nehmenden wird
somit das Vorbild zu beachten sein:
(1' ⋹ a ɟ x) = (a + x̆ = 1), (1' ⋹ a ; x) = (ax̆ ; 1 = 1),
(1' ⋹ a ɟ b ; x) = (a + x̆ ; b̆ = 1), {1' ⋹ a ; (b ɟ x)} = {a(x̆ ɟ b̆) ; 1 = 1},
nach dessen Anwendung sie wieder vereinigt werden können. Sowol
x als x̄ wird dann nur noch mit dem Konversionsringel behaftet vor-
kommen, und wird man zur Vereinfachung der Schreibung x für x̆
sagen. Ersetzt man ebenso diejenigen von den Parametern, welche
darnach in den Prämissen noch geringelt auftreten*), durch ihre Kon-
verse, so stellen die Sätze 7) sich nunmehr wie folgt dar:
10) ,
wo die Vollständigkeit, wie gesagt, nur bei den vier ersten Resultanten
garantirt werden kann. Diese fliessen aus einem gemeinsamen Schema:
11) {(a + x)f(x̄) = 1} ⋹ {f(a) = 1}
welches gilt und die volle Resultante der Elimination von x aus der
Proposition linkerhand liefert, sobald in f(x̄) — populär zu reden —
wirklich „blos x̄ (ohne x selber) vorkommt“. Stellt nämlich — ge-
nauer gesagt — f(x̄) das Ergebniss vor von irgendwelchen Knüpfungen
(vermittelst der vier knüpfenden von den 6 Spezies) der beiden Rela-
tive x̄ und x̄̆ mit irgendwelchen von x unabhängigen Relativen, m. a. W. ist
[476]Elfte Vorlesung.
nur beim Aufbau der Funktion f ausgeschlossen, dass an deren Argu-
mente oder an den daraus abgeleiteten Ausdruckteilen (den dasselbe
wesentlich führenden, den davon abhängigen Termen) die Operation
einer Negation sich vorgeschrieben finde, so kann man wie folgt
schliessen.
Die Prämisse zerfällt in: 1 ⋹ a + x, was mit x̄ ⋹ a äquivalent
ist, und in 1 ⋹ f(x̄). Durch kombinirte Anwendung der Sätze 1)
und 13) [Konversion betreffend] des § 6 folgt aber aus x̄ ⋹ a — unter
den für f stipulirten Voraussetzungen — auch f(x̄) ⋹ f(a) und somit
erhalten wir a fortiori: 1 ⋹ f(a). Dies aber muss die volle Resultante
sein, weil, sobald sie erfüllt, in Gestalt von x = ā ein Relativ x als
existent nachweisbar ist, welches den Forderungen der Prämisse genügt.
Der Schluss würde unzulässig sein, wenn in f(x̄) auch x selber wesent-
lich vorkäme, weil wir dann nicht x ⋹ ā sondern ā ⋹ x durch Kontra-
position hätten, sonach inbezug auf die das f(x̄) zusammensetzenden „Unter-
funktionen“ oder Ausdruckteile wir nur über Subsumtionen verfügen würden,
welche x bald im Subjekte, bald auch im Prädikate aufweisen müssten,
sodass durch deren überschiebende Knüpfung kein Schluss der Einordnung
inbezug auf f(x̄) und f(a) — oder f(x̄, x) und f(a, ā) — erhältlich wäre.
Um auch für die übrigen Resultanten Peirce’s — ja blos für
deren erste 50) — die Frage ihrer Vollständigkeit zur Entscheidung
zu bringen, müssen wol einige Vor-Aufgaben gelöst werden, die zu
den Auflösungsproblemen mit mehrern Unbekannten gehören und auch
an sich nicht unwichtig sein dürften — weshalb wir gerne weiter
(als nötig) ausholen.
Aufgabe 110). Nach x und y symmetrisch allgemein die Sub-
sumtion aufzulösen:
12) x ; y ⋹ a.
Die Lösung, wie sie sich schon auf den ersten Anlauf ergibt, ist:
13) x = u(a ɟ v̄̆), y = (ū̆ ɟ a)v.
Und es stimmen damit beide Proben, die zweite wegen
x ⋹ a ɟ ȳ̆, x = x(a ɟ ȳ̆), y ⋹ x̄̆ ɟ a, y = (x̄̆ ɟ a)y für x = u, y = v
augenscheinlich, die erste wegen
x ; y ⋹ u ; (ū̆ ɟ a) ⋹ u ; ū̆ ɟ a ⋹ 0' ɟ a = a,
desgleichen wegen
x ; y ⋹ (a ɟ v̄̆) ; v ⋹ a.
Man könnte vorstehend gelöstes das „erste Inversionsproblem mit
zwei Unbekannten“ nennen.
[477]§ 28. Lösung einiger Hülfsaufgaben.
Auf das Gespann desselben sind auch die beiden Probleme:
x ; a ⋹ y resp. a ; y ⋹ x
mittelst Umformung in resp.:
x ; ȳ̆ ⋹ ā̆, x̄ ; y̆ ⋹ ā
auf das Leichteste zurückführbar.
Aufgabe 120). Nach x und y die Subsumtion aufzulösen:
14) a⋹x ; y,
d. i. das „zweite Inversionsproblem mit zwei Unbekannten“.
Eine befriedigende „symmetrisch allgemeine“ Lösung fand ich
gegeben durch:
15) .
Da unsre Proposition mit a(x̄ ɟ ȳ) = 0 zusammenfällt, so ist in der That
auf den ersten Blick ersichtlich, dass die Probe 2 stimmt, nämlich für ein
jedes Wurzelpaar x, y die beiden Gleichungen rechts für u = x, v = y
erfüllt sein werden. Dass auch die Probe 1 stimmt, ist so zu sehen.
Wenn zur Abkürzung u ; v = c, also ū ɟ v̄ = c̄ genannt wird, so haben wir:
x ; y = c + u ; 1 ; ac̄ + ac̄ ; 1 ; v + ac̄ ; 1 ; ac̄,
und der Nachweis, dass bei beliebigem u, v stets a ⋹ x ; y sein müsse,
läuft darauf hinaus zu zeigen, dass ac̄ ⋹ der Summe der drei letzten
Glieder in x ; y sei. Wird ac̄ = b genannt, so ist aber b in der That
schon ⋹ dem letzten dieser Glieder, indem b ⋹ b ; 1 ; b aus b ⋹ b ; 1 und
b ⋹ 1 ; b wegen b ; 1 · 1 ; b = b ; 1 ; b folgt, q. e. d.
Das hiermit gelöste Problem wird uns vorwiegend für den Fall a = 1'
von Interesse werden.
Welche von den drei Buchstabenrelativen a, x, y aber auch gegeben
sein mögen, so können wir jetzt immer die allgemeine Lösung vollständig
angeben.
Sind x und y (ad libitum) gegeben, so wird blos a = α · x ; y zu
nehmen sein, wo α beliebig. a und x, sowie a und y können nicht be-
liebig angenommen werden, sondern müssen der Resultante a ⋹ x ; 1 resp.
a ⋹ 1 ; y genügen, was bei gegebnem x resp. y durch a = x ; 1 · α resp.
a = α · 1 ; y geschieht, bei gegebnem a aber durch:
x = u + a(ū ɟ 0), y = v + a(0 ɟ v̄)
nach 25) des § 18. Hernach wird nach 10) des § 18 sein:
y = v + x̆ ; (x̄ ɟ v̄)a, resp. x = u + a(ū ɟ ȳ) ; y̆,
und nach einigen Umformungen lassen sich diese beiden Werte auch leid-
lich einfach durch u und v ausdrücken wie folgt:
y = v + ŭ ; a(ū ɟ v̄) + ă ; a(ū ɟ 0)(ā ɟ v̄), x = u + a(ū ɟ v̄) ; v̆ + a(0 ɟ v̄)(ū ɟ ā) ; ă.
Die Umformungen wollen wir für den letzteren in extenso darlegen.
Man hat:
[478]Elfte Vorlesung.
y̆ = v̆ + ă(v̄̆ ɟ 0), ȳ = v̄(ā + 1 ; v),
also nach 8) des § 27:
ū ɟ ȳ = (ū ɟ v̄){ū ɟ (ā + 1 ; v)} = (ū ɟ v̄)(ū ɟ ā + 1 ; v).
Dies in x eingesetzt gibt:
x = u + a(ū ɟ v̄)(ū ɟ ā + 1 ; v) ; v̆ + a(ū ɟ v̄)(ū ɟ ā + 1 ; v) ; ă(v̄̆ ɟ 0) =
= u + a(ū ɟ v̄ā) ; v̆ + a(ū ɟ v̄) ; v̆(v̆ ; 1) + a(0 ɟ v̄)(ū ɟ v̄)(ū ɟ ā + 1 ; v) ; ă
nach 9) und 10) des § 27. Hierin ist nun zu unterdrücken: im dritten
Gliede der Faktor v̆ ; 1 als v̆ in sich schliessend — darnach aber das ganze
zweite Glied, als wegen ū ɟ āv̄ ⋹ ū ɟ v̄ vom so vereinfachten dritten ab-
sorbirt — im vierten Gliede der Term 1 ; v weil in seine Negation multi-
plizirt, desgleichen der Faktor ū ɟ v̄ als den 0 ɟ v̄ enthaltend, und somit
bleibt für x das obige Ergebniss.
Aufgabe 130): Die Gleichung x ; y = a nach x und y symme-
trisch allgemein zu lösen — wäre als das „dritte Inversionsproblem
mit zwei Unbekannten“ zu bezeichnen. Ihre Lösung steht jedoch
noch aus.
Aufgabe 140). Nach x, y, z die Proposition
16) (a ⋹ y ; x)(b ⋹ z ; x̄)
symmetrisch allgemein aufzulösen.
Auflösung. Nach dem Schema 15) müssen wir für gewisse u, v, w
die untereinanderstehenden Gleichungen haben:
17) y = a(v̄ ɟ ū) ; 1 + v, z = b(w̄ ɟ u) ; 1 + w,
x = u + 1 ; a(v̄ ɟ ū), x̄ = ū + 1 ; b(w̄ ɟ u).
Zugleich aber muss die Negation des letzten Ausdrucks mit dem links
vorhergehenden übereinstimmen:
u + 1 ; a(v̄ ɟ ū) = u{0 ɟ (b̄ + w ; ū)}
sein. Diese Gleichung rechts auf 0 gebracht gibt:
u · 1 ; b(w̄ ɟ u) + ū · 1 ; a(v̄ ɟ ū) + 1 ; a(v̄ ɟ ū) · 1 ; b(w̄ ɟ u) = 0.
Aber aus uβ + ūα = 0 folgt ohnehin αβ = 0.
Mithin ist der letzte Term linkerhand unterdrückbar, und das Ver-
schwinden der beiden ersten Terme fordert:
1 ; a(v̄ ɟ ū) ⋹ u, 1 ; b(w̄ ɟ u) ⋹ ū
oder v̄ ɟ ū ⋹ ā + 0 ɟ u, w̄ ɟ u ⋹ b̄ + 0 ɟ ū.
Dies involvirt durch Elimination von v, w die Resultanten für u:
0 ɟ ū ⋹ ā + 0 ɟ u, 0 ɟ u ⋹ b̄ + 0 ɟ ū,
und sobald diese durch u erfüllt sind, werden sich v̄ und w̄, somit auch
[479]§ 28. Lösung einiger Vor-Aufgaben mit 2 Unbekannten.
v und w aus den beiden vorhergehenden Subsumtionen nach dem zweiten
Inversionstheoreme ermitteln lassen.
Wegen 0 ɟ u ⋹ 1 ; u reduziren sich unsre Resultanten zu
a⋹ 1 ; u, (0 ɟ u ⋹ b̄ oder) b ⋹ 1 ; ū,
und bildet die Auflösung dieses Subsumtionenpaares nach der Unbekannten u
eine Hülfsaufgabe der obigen. Dass dasselbe keine Bedingung für a und b
(als Resultante der Elimination von u aus beiden Subsumtionen) in sich
schliessen kann, geht daraus hervor, dass (ihnen) u ⋹ 1' oder 0' unbedingt
genügt.
Sind sie erfüllt, so wird
18) x = u
selbst sein müssen, sintemal oben die Nullgleichung für u die Einordnung
des zweiten Terms von x unter den ersten garantirt. Man kann daher
durchweg x für u schreiben und wird sich ferner nach 11) des § 18 ergeben:
v̄ = v̄{(ā + 0 ɟ x + v ; x) ɟ x̄̆}, w̄ = w̄{(b̄ + 0 ɟ x̄ + w ; x̄) ɟ x̆},
v = v + a(1 ; x̄)(v̄ ɟ x̄) ; x̆, w = w + b(1 ; x)(w̄ ɟ x) ; x̄̆,
was nach 9) des § 27 auch umschreibbar in:
19) w = v + a(v̄ ɟ x̄) ; (x̄̆ ; 1)x̆, w = w + b(w̄ ɟ x) ; (x̆ ; 1)x̄̆.
Sonach erübrigt blos noch die Lösung der Hülfsaufgabe:
Aufgabe 150) (a ⋹ 1 ; x)(b ⋹ 1 ; x̄), = (1 ; a ⋹ 1 ; x)(1 ; b ⋹ 1 ; x̄).
Von x ist damit einfach gefordert, dass es die besetzten Kolonnen
von a besetzt habe, während sein Negat auch die besetzten Kolonnen von b
besetzt haben soll. Dann müssen also die besetzten Kolonnen von b auch
Lückkolonnen von x sein. Wir teilen demnach alle vorhandenen Kolonnen
in vier Kategorieen:
1 = (0 ɟ ā)(0 ɟ b̄) + (0 ɟ ā) · 1 ; b + 1 ; a · (0 ɟ b̄) + 1 ; a · 1 ; b,
deren erste die bei a und b unbesetzten Kolonnen zu Vollkolonnen zu-
sammenfasst, die zweite ebenso die bei a unbesetzten aber bei b besetzten,
die dritte die bei a besetzten und bei b unbesetzten, die vierte die bei a
und b zugleich besetzten. Dann wird:
x = (0 ɟ ā)(0 ɟ b̄)u + (0 ɟ ā) · 1 ; b · u2 + 1 ; a · (0 ɟ b̄)u3 + 1 ; a · 1 ; b · u4
sein müssen, wo u willkürlich ist, u2, 3, 4 aber das allgemeinste Relativ vor-
stellt, welches lauter Lückkolonnen resp. lauter besetzte Kolonnen resp.
lauter besetze Lückkolonnen hat. Diese Relative sind aber in § 16 er-
mittelt, und zwar (ibidem Aufg. 17, 9, 25) ist:
u2 = u · 1 ; ū, u3 = u + 0 ɟ ū, u4 = u · 1 ; ū + (0 ɟ u)0' + (0 ɟ ū)1'.
Durch Einsetzung dieser Werte in x und Ausmultipliziren der identischen
Summen ergibt sich x als eine Summe von sieben Gliedern. Von diesen
liefert aber das erste und dritte Glied zusammen: (0 ɟ b̄)u, sowie das
zweite und fünfte Glied zusammen: 1 ; b · u · 1 ; ū, und schlägt man hiezu
aus dem vorigen Ergebnisse noch (0 ɟ b̄)u · 1 ; ū, so entsteht der Term
[480]Elfte Vorlesung.
u · 1 ; ū selbst. Ebenfalls aus jenem 1 ; a · (0 ɟ b̄)(0 ɟ u)0' zum sechsten
Gliede 1 ; a · 1 ; b · (0 ɟ u)0' schlagend zieht man dieses leicht zusammen zu
1 ; a · (0 ɟ u)0'. Endlich aus dem vierten Gliede 1 ; a · (0 ɟ b̄)(0 ɟ ū) diesen
mit 1' multiplizirten Teil zum siebenten Gliede 1 ; a · 1 ; b · (0 ɟ ū)1' schlagend
vereinfacht man letztres zu 1 ; a · (0 ɟ ū)1'. Damit ist die Lösung ge-
wonnen:
20)
{x = u · 1 ; ū + (0 ɟ b̄)u + 1 ; a · (0 ɟ b̄)(0 ɟ ū) + 1 ; a · (0 ɟ ū)1' + 1 ; a · (0 ɟ u)0'}
{x̄ = ū · 1 ; u + (0 ɟ ā)ū + 1 ; b · (0 ɟ ā)(0 ɟ u) + 1 ; b · (0 ɟ u)1' + 1 ; b · (0 ɟ ū)0'}.
Unter diese haben wir auch sogleich den Wert von x̄ gesetzt, welcher mit
dem von x verglichen erkennen lässt, dass unsre Lösung die in der Auf-
gabe liegenden Anforderungen der Symmetrie erfüllt, welche dahin zu
statuiren sind, dass die Lösung ungeändert bleiben muss, wenn man a, x, u
mit b, x̄, ū vertauscht.
Dieser Wert ergibt sich durch regelrechtes Negiren desjenigen von x,
wenn man das entstehende Produkt von Summen, unter jeweiliger Bedacht-
nahme auf thunlichste Vereinfachung nach bekannten Sätzen, ausmulti-
plizirt. Man erhält so jedoch den Wert von x̄ nicht sofort völlig in der
angegebnen Form, sondern statt des letzten Glieds unsres x̄ wird 1 ; b · ū0'
auftreten. Wegen ū = ū · 1 ; u + 0 ɟ ū — vergl. 4) des § 27 — kommt dies
aber auf das Angegebene hinaus, indem der vom ersten Glied des ū her-
rührende Term im ersten Glied des x̄ eingeht.
Analog konnte man bemerken, dass das letzte Glied unsres x in 13)
auch zu 1 ; a · u0' sich vereinfachen liesse, indem man zu demselben aus
dem ersten Gliede desselben auch 1 ; a · u · 1 ; ū · 0' hinzuschlagen kann.
Die Vereinfachungen wären aber nur solche des Namens und keineswegs
solche für die Ausrechnung des x oder x̄, nach der Vorschrift dieses Namens,
aus gegebnem u, weshalb wir sie in der Formel unberücksichtigt liessen.
Wir machen nun mit dieser Lösung unsrer Hülfsaufgabe die beiden
Proben.
Probe 1. Man findet nach bekannten Sätzen 12, 13) des § 27:
1 ; x = 1 ; u · 1 ; ū + (0 ɟ b̄){1 ; u + 1 ; a · (0 ɟ ū)} + 1 ; a · (0 ɟ ū + 0 ɟ u),
weil 1 ; 1' = 1 ; 0' = 1 ist. Hierin kommt 1 ; a multiplizirt vor in
1 ; u · 1 ; ū + 0 ɟ ū + 0 ɟ u = 1,
und stimmt somit: 1 ; a ⋹ 1 ; x. Symmetriehalber ist auch die Probe für
1 ; b ⋹ 1 ; x̄ bereits geleistet. Vereinfacht stellt sich dar:
1 ; x = 1 ; a + 1 ; u · (1 ; ū + 0 ɟ b̄), 1 ; x̄ = 1 ; b + 1 ; ū · (1 ; u + 0 ɟ ā).
Probe 2. Trifft die Assumtion links in 13) zu, so muss auch die
rechte Seite für u = x erfüllt sein. In der That ist dann 1 ; a · (0 ɟ x̄) = 0
und bleibt uns zu bewahrheiten, dass
x = x · 1 ; x̄ + (0 ɟ b̄)x + 1 ; a · (0 ɟ x)0' = x{1 ; x̄ + 0 ɟ b̄ + 1 ; a · 0'}
sei. Wegen 1 ; b ⋹ 1 ; x̄, 0 ɟ x ⋹ 0 ɟ b̄ kann man aber hierin 0 ɟ x + 0 ɟ b̄
[481]§ 28. Zu den Hülfsaufgaben.
für 0 ɟ b̄ einsetzen und erweist rechts sich x in 1 ; x̄ + 0 ɟ x + etc. = 1
multiplizirt, q. e. d.
Möglichst einfach geschrieben ist:
21)
Hiermit ist nun auch unser voriges Problem prinzipiell gelöst: es
wären nur mehr die Werte 20) oder 21) von x in die letzten Ausdrücke
19) für v, w, diese aber samt u = x in die Ausdrücke 17) von y und z
einzutragen.
Wegen u · 1 ; u = u erkennt man leicht dass:
x · 1 ; x̄ = u · 1 ; ū + 1 ; a · 1 ; b · {(0 ɟ ū)1' + (0 ɟ u)0'},
x̄ · 1 ; x = ū · 1 ; u + 1 ; a · 1 ; b · {(0 ɟ u)1' + (0 ɟ ū)0'},
wird, wonach auch das Konverse hievon, das in v, w vorkommt, leicht
hinzuschreiben.
Obwohl sich noch manche fernere Vereinfachung allgemein erzielen
lässt, wollen wir die Eintragung nicht ausführen, sintemal uns nur ein
Partikularfall des Problemes für unsre Studie interessiren wird, nämlich
der Fall: a = b = 1'.
Hier wird 1 ; a = 1, 0 ɟ ā = 0, desgleichen in b, sodann stellt sich
heraus:
22) x = u · 1 ; ū + (0 ɟ ū)1' + (0 ɟ u)0', x̄ = ū · 1 ; u + (0 ɟ u)1' + (0 ɟ ū)0',
worin die letzten Glieder auch durch u0' resp. ū0' ersetzbar, und x · 1 ; x̄ = x,
x̄ · 1 ; x = x̄, nach welchen konvertirten Gleichungen (x̄̆ ; 1)x̆ = x̆, etc. sich
vereinfacht: v = v + 1'(v̄ ɟ x̄) ; x̆, w = w + 1'(w̄ ɟ x) ; x̄̆. Ersetzen wir noch
die Buchstaben y, v, z, w durch a, α, b, β, so ist gefunden:
23)
· [a = 1'(ᾱ ɟ x̄){(0' + α ; x) ɟ x̄̆ ɟ x̄} ; 1 + 1'(ᾱ ɟ x̄) ; x̆ + α]
· [b = 1'(β̄ ɟ x){(0' + β ; x̄) ɟ x̆ ɟ x} ; 1 + 1'(β̄ ɟ x) ; x̄̆ + β]
worin α, β, u die den a, b, x zugeordneten unbestimmten Parameter vor-
stellen.
Diese Angabe enthält alle möglichen Lösungen a, b, x des Problemes 50)
unter 7) und nur solche, mithin gibt sie auch ausschliesslich alle Werte-
paare a, b, welche der (unbekannten) vollen Resultante der Elimination
des x genügen.
Im Hinblick auf 28) S. 231 sagt unser Ergebniss 22) aus, dass x
lauter besetzte Lückkolonnen haben muss, der Leer- und Vollkolonnen ent-
ratend.
Aufgabe 160). Die Peirce’sche Resultante zum Probleme 50)
sub 7):
24) (1' ⋹ a ; 0' ; b̆), = (1' ⋹ b ; 0' ; ă) = {(a ; 0')b ; 1 = 1} = {(b ; 0')a ; 1 = 1}
Schröder, Algebra der Relative. 31
[482]Elfte Vorlesung.
nach den Unbekannten a, b symmetrisch allgemein zu lösen. Die
Lösung nebst Verifikation folgt unter 27). Der Methodik zuliebe lege
ich auch die Herleitung dar.
Auflösung. Um der Forderung 1 ⋹z ; 1 zu genügen, hat man be-
kanntlich z = w + w̄ ɟ 0. Soll aber z = a ; 0' · b gedacht werden, so muss
der Adventivforderung zuliebe auch w = α ; 0' · β genommen werden; somit
entsteht:
a ; 0' · b = α ; 0' · β + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0 was = c
genannt werde. Nach Bd. 2, § 51, Aufg. 15 ist aber x = c + uv̄, y = c + ūv
die allgemeine Lösung der Forderung xy = c. Soll dies auf x = a ; 0',
y = b angewendet werden, so muss der Adventivforderung halber u durch
α ; 0', v durch β ersetzt werden, also kommt:
a ; 0' = α ; 0' + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0 = {α + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0} ; 0',
b = β + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0, sintemal e ɟ 0 = (e ɟ 0) ; 0' gilt — 17) § 15.
Nunmehr braucht nur noch der Forderung a ; 0' = d ; 0' allgemein genügt
zu werden, wo d = α + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0 bedeutet. Dies geschieht nach 26)
des § 19 durch:
a = (d ɟ 1')d̄ + (d ; 0' ɟ 0){(ᾱ ɟ 1') ; 1 + α},
wobei wir haben: d̄ = ᾱ · (α ; 0')β ; 1, und da nach 17) des § 15 e ; 1 ɟ 1' = e ; 1
gilt: d̄ ɟ 1' = (α ɟ 1') · (α ; 0')β ; 1, (d̄ ɟ 1')d = (ᾱ ɟ 1')α · (α ; 0')β ; 1,
sintemal e ; 1 · (ē ɟ 0) = 0 auf e = (α ; 0')β anwendbar; weiter:
d ; 0' = α ; 0' + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0, d ; 0' ɟ 0 = α ; 0' ɟ 0 + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0,
somit endlich:
a = (ᾱ ɟ 1')α · (α ; 0')β ; 1 + (α ; 0' ɟ 0)α + {(ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0}{(ᾱ ɟ 1') ; 1 + α}.
Werden die Glieder, die α zum Faktor haben, gesammelt, so kommt:
a = α{ᾱ ɟ 1' + α ; 0' ɟ 0 + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0} + {(ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0} · (ᾱ ɟ 1') ; 1,
indem das Negat eines Gliedes als Faktor eines andern unterdrückbar.
Fügt man ferner dem dritten Gliede in der ersten geschweiften Klammer
das Negat des vorhergehenden Gliedes als Faktor zu, so geht der davon
herrührende Term im letzten Gliede von a ein, und bleibt:
a = (α ; 0' ɟ 0 + ᾱ ɟ 1')α + {(ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0} · (ᾱ ɟ 1') ; 1.
Zeilenschematisch rechnend findet man aber leicht, dass allgemein ist
(α ; 0' ɟ 0 + ᾱ ɟ 1')α = α,
und darnach haben wir als die allgemeine Lösung unsres Problems:
25)
womit in der That die beiden Proben stimmen — bei Rücksicht darauf
dass allgemein
[483]§ 28. Zu den Hülfsaufgaben.
α ; 1 + ᾱ ɟ 1' = 1, und a fortiori α ; 1 + (ᾱ ɟ 1') ; 1 = 1
wie auch zeilenrechnerisch leicht zu zeigen.
Das Ergebniss lässt jedoch noch an Symmetrie zu wünschen.
Wegen 0'̆ = 0' gilt aber nach 11) des § 27 der Satz:
26)
| (a ; 0')b ; 1 = (b ; 0')a ; 1 | (a ɟ 1' + b) ɟ 0 = (b ɟ 1' + a) ɟ 0 |
und konjugirt dazu. Darnach lässt sich auch schreiben:
a = α + {(β̄ ɟ 1' + ᾱ) ɟ 0} · (ᾱ ɟ 1') ; 1
und würde die Symmetrie unsrer Lösung eine vollkommne sein, falls der
Faktor (ᾱ ɟ 1') ; 1 wegfiele. Dies legt die Vermutung nahe, dass schon
folgendes die Lösung darstelle:
27) a = α + (β̄ ɟ 1' + ᾱ) ɟ 0, b = β + (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0
— worin die zweiten Glieder denselben Wert repräsentiren und blos
in ihrer Ausdrucksform differiren.
Und dies bestätigen die beiden Proben. Nennt man zur Abkürzung
28) (α ; 0')β ; 1 = γ = (β ; 0')α ; 1,
so ist a = α + γ̄, b = β + γ̄ unsre Lösung. Denn für γ = 1 wird a = α,
b = β und stimmt somit die Probe 2. Weil ferner γ sowie γ̄ „System“
ist, haben wir γ̄ ; 0' = γ̄ ; 1 ; 0' = γ̄ ; 1 = γ̄
a ; 0' = α ; 0' + γ̄, a ; 0' · b = α ; 0' · β + γ̄,
(a ; 0')b ; 1 = (α ; 0')β ; 1 + γ̄ = γ + γ̄ = 1,
und stimmt also auch die Probe 1 für beliebige α, β, q. e. d.
Die beiden Lösungsformen für a sind gleichwohl wesentlich verschieden,
sintemal zu ihrer Übereinstimmung erforderlich (und hinreichend) wäre,
dass allgemein
(ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0 ⋹ α + (ᾱ ɟ 1') ; 1
gälte, was schon bei β̄ = 1 nicht zutrifft.
Wir hatten nun durch x der Forderung 50) sub 10) Genüge zu leisten,
welche bedingt:
1 ⋹ ax ; 1 ⋹ x ; 1, 1 ⋹ bx̄ ; 1 ⋹ x̄ ; 1,
d. h. a fortiori muss x ; 1 = 1 und x̄ ; 1 = 1 sein, oder unser x — nach
S. 475 das konverse desjenigen in 22) — kann weder Leerzeilen noch
Vollzeilen haben.
Weil γ̄ = etc. ɟ 0 System ist, so muss also sein
γ̄x ; 1 = γ̄ · x ; 1 = γ̄, ebenso γ̄x̄ ; 1 = γ̄,
und wenn wir die Abkürzung 28) beibehalten, so dreht sich die Frage
darum, ob es möglich ist mit den Werten 27) von a, b unsrer Forderung 50)
bei ganz beliebigen Werten von α, β allemal durch ein x zu genügen.
Diese Forderung hat aber nach dem Gesagten die Gestalt:
29) (αx ; 1 + γ̄ = 1)(βx̄ ; 1 + γ̄ = 1).
31*
[484]Elfte Vorlesung.
In Worten: jede Zeile der beiden linkseitigen Membra muss zur Voll-
zeile gemacht werden können. Aufgrund des Wertes:
30) γ̄ = (β̄ ɟ 1' + ᾱ) ɟ 0 = (ᾱ ɟ 1' + β̄) ɟ 0
lässt sich auch ohne Kenntnis der allgemeinen Lösung zu 29) zeigen, dass
dies in der That möglich ist.
Im allgemeinen wird γ̄ selbst schon gewisse Vollzeilen haben, und für
diese bleibt dann ihre Besetzung bei x resp. x̄ mit Augen und Leerstellen
in’s Belieben gestellt.
Zu jenen gehören wegen ᾱ ɟ 0 ⋹ γ̄ und β̄ ɟ 0 ⋹ γ̄ zunächst die Leer-
zeilen von sei es α sei es β. Sodann aber auch diejenigen Zeilen, wo ein
Zeilenreiter von α zusammenfällt mit einem Zeilenreiter von β, d. h. wo α und β
eine einbesetzte Zeile gemein haben. Denn da β̄ ɟ 1' nächst den Vollzeilen
von β̄ nur aus den einbesetzten Zeilen von β besteht, werden letztere (und
nur sie) mit den in ᾱ in ihr einlückiges Negat verkehrten kongruent ein-
besetzten Zeilen von α sich noch zu Vollzeilen ergänzen.
Nun hebt das Relativ (ᾱ ɟ 1')α aus α dessen einbesetzte Zeilen hervor
und ebenso das (β̄ ɟ 1')β die einbesetzten Zeilen aus β. Das Produkt der
beiden: (ᾱβ̄ ɟ 1')αβ gibt die dem α und β gemeinsamen einbesetzten Zeilen,
und ebendies, mit 1 relativ nachmultiplizirt, liefert die Vollzeilen, welche
demnach den Überschuss von γ̄ über die Summe aus ᾱ ɟ 0 und β̄ ɟ 0 allein
noch ausmachen können und um welche γ̄ diese Summe wirklich übertrifft,
weil solche Zeilen weder zu den Leerzeilen von α noch zu denen von β
gehören können.
Wesentlich aus der geometrischen Evidenz ist hiermit ein Satz ent-
deckt, der, wenn man noch a, b für ᾱ, β̄ sagt und sein konjugirtes Gegen-
stück voranstellt, lautet:
31)
etc., und aus welchem rechts die Symmetrie der linken Seiten bezüglich
a und b erhellt.
Zur Stelle wollen wir diesen Satz auch aus den Koeffizienten be-
weisen. Der links vom Mittelstriche läuft auf zwei Subsumtionen hinaus,
die bei Umstellung gewisser Terme sich darstellen als:
32) (a ; 0')b ; 1 · (āb̄ ɟ 1')ab ; 1 ⋹ 0,
33) a ; 1 · b ; 1 ⋹͇ (a ; 0')b ; 1 + (āb̄ ɟ 1')ab ; 1 = {a ; 0' + a(b̄ ɟ 1')}b ; 1.
Zum Beweis der erstern ist zu zeigen, dass
Σh k lai h0'h kbi kai lbi lΠm(āi mb̄i m + 1'm l) = 0
sein müsse, was in der That daraus einleuchtet, dass bei h ≠ k und m ≠ l
doch sicher entweder āi hb̄i h oder āi kb̄i k als effektiver Faktor des Πm auf-
tritt und am vorhergehenden Negate des einen von den beiden Termen,
nämlich an dem ai h oder an dem bi k, zerschellt.
[485]§ 28. Zu den Hülfsaufgaben. Entscheidung.
Die letztre Subsumtion erheischt den Nachweis dass:
Σh kai hbi k⋹Σh k {ai h0'h k + ai kΠm(b̄i m + 1'm k)}bi k.
Ersetzt man im letzten Teile den laufenden Zeiger k durch h, so lässt
sich die rechte Seite auch schreiben:
Σhai h{Σkbi k0'k h + Πm(b̄i m + 1'm h)bi h},
worin der Faktor Πm (‥) als Negat des vorhergehenden Gliedes unterdrück-
bar. Ersetzt man alsdann das verbleibende letzte Glied bi h durch das ihm
gleiche Σkbi k1'h k, so zieht sich wegen 0'h k + 1'h k = 1 die rechte Seite zu-
sammen zu Σhai hΣkbi k, das ist zur linken selber, woraus erhellt, dass die
zweite Subsumtion sogar als Gleichung gilt.
Man kann jedoch hier auch ohne die Koeffizientenbetrachtung zum
Ziele kommen, indem man ihre rechte Seite selbst kraft 26) umschreibt in:
a{b ; 0' + (b̄ ɟ 1')b} ; 1 = a(b ; 1) ; 1 = a ; 1 · b ; 1,
sintemal zunächst der Faktor b̄ ɟ 1' wegfällt, dann b ; 0' + b = b ; 1 in Betracht
kommt. —
Man könnte jedoch die rechte Seite von 33) auch umformen in:
(a ; 0' + a)(a ; 0' + b̄ ɟ 1')b ; 1 = a ; 1 · (a ; 0' + b̄ ɟ 1')b ; 1 = a ; 1 · {b ; 0' · a + (b̄ ɟ 1')b} ; 1,
wo nun die geschweifte Klammer zerlegbar in (b ; 0' + b){a + (b̄ ɟ 1')b},
darnach das Ganze wird = a ; 1 · b ; 1 · {a + (b̄ ɟ 1')b} ; 1 und endlich der dritte
Faktor im ersten eingeht.
Die übrigen, weder zu ᾱ ɟ 0 noch zu β̄ ɟ 0 als Vollzeilen gehörigen
Zeilen müssen nun bei α sowol als bei β besetzte Zeilen sein.
Sooft in einer solchen Zeile α ein Auge trägt, welches nicht mit einem
Auge von β zusammenfällt, genügt es aber, jenes zu x und irgend ein in
derselben Zeile stehendes Auge von β zu x̄ zu schlagen, d. h. bei x leer
zu lassen, um ebendiese Zeile sowol bei αx ; 1 als bei βx̄ ; 1 zur Vollzeile
zu machen. Ebenso, wenn α und β in einer Zeile mindestens zwei Augen
gemein haben, kann man das eine zu x das andre zu x̄ schlagen und wird
dieselbe Wirkung erzielen. Nur wenn α und β das Auge einer einbesetzten
Zeile gemein haben, würde solches unmöglich bleiben. Hier aber werden
wir durch den Umstand, dass alsdann, wie gezeigt, die Zeile in γ̄ als Voll-
zeile figurirt, der Auflage oder Nötigung dazu überhoben.
Wir sind damit zu dem Ergebnisse gelangt, dass bei unabhängigen
Parametern α, β das Problem 29) stets nach x auflösbar ist. Oder:
auch zu dem Probleme 50) sub 10) ist Peirce’s Resultante noch die
volle. Sie ist es also bei den fünf ersten der zehn sub 10) gelösten
Probleme.
Ähnlich eine Entscheidung auch für die übrigen fünf Probleme her-
beizuführen dürfte seine Schwierigkeiten haben, und sei Forschern zur Be-
thätigung empfohlen.
Peirce’s Grundgedanke, die Prämissen als Subsumtionen mit dem
Subjekte 1' angesetzt zu nehmen, erscheint mir — abgesehen von der
[486]Elfte Vorlesung.
von ihm beabsichtigten Anwendung (deren Berechtigung wir noch zu
prüfen haben werden) auf eine verbal-logische Syllogistik — kein be-
sonders glücklicher. Derselbe ist für sein Eliminationsverfahren keines-
wegs wesentlich und bewirkt nur, dass erstlich die Prämissen eine
speziellere (engere) Form erhalten als nötig, und zweitens, dass man
— ungeachtet meiner Reduktion von 22 auf 10 — doch immer noch
mehr Fälle zu unterscheiden bekommt als bei allgemeinrer Fassung
des einschlägigen Eliminationsproblemes.
Unter dem rechnerischen Gesichtspunkte empfiehlt es sich daher,
sich von jener Stipulation zu emanzipiren und statt des Subjektes 1'
sogleich beliebige Parameter a, b, c, … als Subjekte zuzulassen. Als-
dann kommen in der That nur Prämissen von dreierlei (statt viererlei)
Formen in Betracht, nämlich für die erste Prämisse:
34) a⋹x, a⋹b ; x, a ⋹ b ; (c ɟ x)
— desgleichen für die zweite Prämisse, wo nur x̄ statt x zu sagen
und statt der Parameter a, b, c neue Parameterwerte (eventuell b, c …)
d, e, f zu nehmen sind.
Eine Form a ⋹ b ɟ x, welche äquivalent b̄̆ ; a ⋹ x, käme in der That
auf a ⋹ x für ein durch b̄̆ ; a vertretnes Subjekt a hinaus, und kann daher
als aparte Prämissenform nicht in Betracht kommen. Ebensowenig wäre
a ⋹ b ɟ c ; x, als äquivalent b̄̆ ; a ⋹ c ; x, von unsrer zweiten Prämissenform
wesentlich verschieden.
Wir erhalten so nur 6 Probleme (von allgemeinerem Charakter)
statt der 10 früheren (die von speziellrer Natur gewesen). Die nach
Peirce’s Methode durch Konversion der einen Prämisse und über-
schiebendes relatives Multipliziren dieser konvertirten mit der andern
in solcher Folge, dass x und x̄̆ (oder x̄ und x̆) zusammenkommen
(= meet), zu gewinnenden Resultanten sind die nachfolgend angegebenen:
35) .
Rechts neben sie haben wir diejenigen Teilresultanten gestellt, welche
aus einer Prämisse schon einzeln folgen — die „Einzelresultanten“.
[487]§ 28. Peirce’s Grundgedanke etwas verallgemeinert.
Als Herleitung hat man z. B. bei der vorletzten Aufgabe:
c ; ă ⋹ d ; (e ɟ x̄) ; x̆ ; b̆ ⋹ d ; (e ɟ x̄ ; x̆) ; b̆ ⋹ d ; (e ɟ 0') ; b̆ = d ; e ; b̆,
und bei der letzten:
a ; d̆ ⋹ b ; (c ɟ x) ; (x̄̆ ɟ f̆) ; ĕ ⋹ b ; {(c ɟ x) ; x̄̆ ɟ f̆} ; ĕ ⋹ b ; {(c ɟ x ; x̄̆) ɟ f̆} ; ĕ ⋹
⋹ b ; {(c ɟ 0') ɟ f̆} ; ĕ = b ; (c ɟ f̆) ; ĕ,
doch kann man hier noch auf zwei andre Arten weiterschliessen und findet
dasselbe Ergebniss, z. B. sogleich mit ⋹ b ; (c ɟ x ; x̄̆ ɟ f̆) ; ĕ ⋹ b ; (c ɟ 0' ɟ f̆) ; ĕ = etc.
Dagegen würden
a ; d̆ ⋹ (b ; c ɟ f̆) ; ĕ oder ⋹ b ; (c ɟ f̆ ; ĕ) oder gar ⋹ b ; c ɟ f̆ ; ĕ
entschieden weniger sagende Teilresultanten der vorigen sein.
Das erste von den sechs Problemen fällt in den Umkreis, Rayon des
identischen Kalkuls. Um die verschiednen Formen seiner Resultante direkt
aufeinander zurückzuführen, schliesse man nach dem ersten Inversions-
theoreme:
(a ; b̆ ⋹ 0') = (a ⋹ 0' ɟ b̄ = b̄ = b̄ ɟ 0') = (b̆ ; a ⋹ 0'). Etc. cf. 22) des § 8 S. 127.
Während die Resultante beim ersten Problem (sonach) die volle
ist, begreifen die übrigen fünf nach Peirce’s Methode gewonnenen
Resultanten nicht einmal die „Einzelresultanten“ der Prämissen unter
sich und sind zweifellos nicht die vollen. Diese können wir leicht
auch beim zweiten und dritten Probleme angeben, wo sie vielmehr lauten:
36)
und sich nach Kontraposition der ersten Prämisse in x̄ ⋹ ā a fortiori
ergeben. Der Beweis ihrer Vollständigkeit liegt darin, dass, sobald sie
erfüllt, sich x = a als eine Lösung erweist.
Dass in der That die Peirce’sche Resultante aus unsrer vollen mit
folgt, ist beim dritten Probleme aus c ; (d ɟ ā) ⋹ c ; d ɟ ā nach 7) des § 6
unmittelbar ersichtlich, indem eben jene nach dem ersten Inversionstheorem
in b ⋹ c ; d ɟ ā umgeschrieben werden kann.
Der gleiche Nachweis führt beim zweiten Probleme zur Konstatirung
eines interessanten Satzes:
37)
in welchem man natürlich auch die untereinanderstehenden Subsumtionen
in eine einzige zusammenziehen könnte.
Beweis mittelbar aus a ; b ; b̄̆ ⋹ a ; 0' durch Hinüberwerfen des b̄̆,
oder auch mittelst des Schlusses: a ; b = a ; (0' ɟ b) ⋹ a ; 0' ɟ b.
Auch mittelst rhetorischer Evidenz:
[488]Elfte Vorlesung.
Ein Liebender (amans) von Wohlthätern (benefactors) ist nicht nur
(äquivalent) Liebender von »andern als: allen ausser Wohlthätern«, sondern
auch (subsumtion weise) „Liebender von Andern“ inbezug auf alle ausser
Wohlthätern; und letztres lässt sich offenbar nicht umkehren: Wer inbezug
auf alle ausser Wohlthätern, inbezug auf alle Nicht-Wohlthäter ein Liebender
ist von Andern, braucht darum noch nicht ein Liebender zu sein von
Wohlthätern.
Beim Beweise durch die Koeffizientenevidenz kommt man, rechts auf 0
bringend, nach Weglassung der vorangeschriebnen Σh und Σl auf die
Gleichung:
ai hbh jb̄l jΠk(āi k + 1'k l) = 0,
worin im Produkte Π der Faktor mit k = l unwirksam. Nun ist für h = l
das Verschwinden der linken Seite ersichtlich; für h ≠ l aber wird k = h
einen wirksamen Faktor āi h abgeben, der mit dem ersten zusammentreffend
0 liefert, q. e. d.
Bei n = 3, also im Denkbereiche 1 ⅓, hat man, wenn bei a das kon-
stante erste Suffix i, bei b das letzte j unterdrückt wird, z. B. die Ein-
ordnung:
a1b1 + a2b2 + a3b3 ⋹ (a2 + a3 + b1)(a1 + a3 + b2)(a1 + a2 + b3).
Bei dem vierten Probleme 35) haben wir für die Prämissen nach
unserm Theorem 18) des § 18 und durch Kontraposition die Äqui-
valenzen:
(a ⋹ b ; x) = {b̆ ; a(b̄ ɟ x̄) ⋹ x} = {x̄ ⋹ b̄̆ ɟ (ā + b ; x)},
(c ⋹ d ; x̄) = {d̆ ; c(d̄ ɟ x) ⋹ x̄} = {x ⋹ d̄̆ ɟ (c̄ + d ; x̄)}.
Setzt man in der letzten Form der einen für x resp. x̄ ohne Ende
fort das Prädikat aus der letzten Form der andern (sowie umgekehrt)
ein, so erhält man a fortiori die Konklusionen:
38)
und diese vereinigt dürften wol(?) die vollständige Resultante vor-
stellen, welche hienach zu komplizirt ist, um in geschlossner Form
gegeben werden zu können.
Wol in ähnlicher Weise müssten auch bei den folgenden Elimi-
nations-Problemen 35) die Peirce’schen Resultanten noch zur vollen
Resultante Ergänzung finden. Immerhin besitzt Peirce’s Eliminations-
verfahren das Verdienst, in geschlossener Form Schlüsse zu liefern,
welche, ohne eine Technik wie diejenige unsrer Disziplin, mit dem ge-
meinen Verstande nicht leicht jemand zu ziehen vermöchte!
Ich habe hiermit die Studie so weit geführt, als mir bei der Über-
last der sonstigen Themata unsrer Disziplin vergönnt gewesen.
[489]§ 28. Volle Resultante beim allgemeinsten Eliminationsprobleme.
Ersetzte man in der zweiten Prämisse der sechs Probleme 35) — die
erste ungeändert beibehaltend — das x̄ ebenfalls durch x, so würde schon
das System der „Einzelresultanten“ jeweils das volle Eliminationsergebniss
darstellen, indem hernach x = 1 eine Wurzel sein müsste. Die Probleme
verlören damit als Eliminationsprobleme ihr hauptsächlichstes Interesse.
Ich mache übrigens zuguterletzt (und im Laufe der Drucklegung)
die Entdeckung: dass in unsrer Algebra der Relative das Eliminations-
problem sich ganz allgemein lösen lässt. Und zwar ist zu irgend einer
Gleichung F(x) = 0 die volle Resultante der Elimination des x angeb-
bar in Gestalt der (augenscheinlich von x freien) Relation:
39)
— ein Sachverhalt, der sich erschöpfend ausdrücken lassen wird in
Form der Aussagenäquivalenz:
40) .
Diese kann als solche schon aus dem Schema 8) des § 11, S. 152
gerechtfertigt werden, wie sogleich erhellen wird. Jedoch lässt sich
alles auch ganz leicht unmittelbar einsehen wie folgt.
Gibt es ein x, für welches die Gleichung F(x) = 0 besteht, so ver-
schwindet in unserm bei 39) mindestens der (dem u = diesem x ent-
sprechende) Faktor 1 ; F(x) ; 1 und ist darum die Gleichung 39) als „eine
Resultante“ notwendig erfüllt. Aber auch umgekehrt: falls 39) gilt, so
muss, da jeder Faktor des als ein ausgezeichnetes Relativ blos der beiden
Werte 0 und 1 fähig ist, mindestens ein Faktor dieses Π gleich 0 sein,
und, wenn x der Wert eines solchen u genannt wird, wofür dies zutrifft,
so ist nach 5) des § 10, S. 147 dieses x auch eine Wurzel der Gleichung
F(x) = 0, die Gleichung mithin auflösbar. Das heisst: die Resultante 39)
muss die volle sein.
In diesem Falle läuft die Äquivalenz 40) auf 1 = 1 hinaus.
Gibt es kein x, welches die Gleichung F(x) = 0 erfüllt, so ist jedes
F(u) ≠ 0, sonach jeder Faktor des gleich 1 und also auch dieses selber
= 1. Alsdann tritt als Resultante 39) die absurde Gleichung 1 = 0 zu-
tage, comme de juste. Und umgekehrt, wenn als Resultante 1 = 0 aus
F(x) = 0 folgt, so kann diese Gleichung unmöglich eine Wurzel haben.
In diesem Falle bewahrheitet sich die Äquivalenz 40) ebenfalls, und
zwar als 0 = 0, q. e. d.
Die andre oben angedeutete Begründungsweise unsrer Äquivalenz 40)
beruht ersichtlich auf dem 43) der folgenden Schemata, zu denen sich
mit Rücksicht auf 3), 4) des § 11 die dortigen Sätze 6) bis 9) auch
noch zusammenziehn lassen:
[490]Elfte Vorlesung.
41)
| Π(a = 0) = {1 ; (Σa) ; 1 = 0} | Π(1 = a) = (1 = 0 ɟ Πa ɟ 0) |
42)
| Σ(a ≠ 0) = {1 = 1 ; (Σa) ; 1} | Σ(1 ≠ a) = (0 ɟ Πa ɟ 0 = 0) |
43)
| Σ(a = 0) = (1 ; Πa ; 1 = 0) | Σ(1 = a) = {1 = Σ(0 ɟ a ɟ 0)} |
44)
| Π(a ≠ 0) = (1 = 1 ; Πa ; 1) | Π(1 ≠ a) = {Σ(0 ɟ a ɟ 0) = 0} |
— worin a als ein variables Relativ zu denken ist, und die Π, Σ
irgendwelche, aber beiderseits die nämliche Erstreckung haben mögen.
„Eine“ richtige Resultante der Elimination des x aus F(x) = 0 ist
allemal auch schon die Gleichung:
45) .
Diese aber wird im allgemeinen keineswegs die volle sein. Denn da uns
F(u) nur irgend ein Relativ vorstellt, welches (auch) andre Werte als 0
und 1 anzunehmen fähig ist, so kann das ΠF(u) sehr wohl verschwinden
ohne dass überhaupt jemals ein Faktor desselben 0 würde.
Mit 40) oder 39) erscheint die vollständige Lösung des allgemeinen
Eliminationsproblems zurückgeführt auf die Auswertung einer Summe Σ,
resp. eines Produktes Π. Wie jene im Gegensatz zur Addition eine
Summation, Summiren genannt wird, so gestatte ich mir, diese im
Gegensatz zur Multiplikation als eine Produktation, ein Produktiren zu
bezeichnen; denn ein unterscheidender und kurzer Name dafür stellt
sich als unentbehrlich dar. Beide Aufgaben und Operationen sind
demnach von fundamentaler Bedeutung.
Ein einfaches Beispiel zu dem mit Schema 39) gegebnen Eliminir-
verfahren dürfte wol willkommen sein. Sei x zu eliminiren aus a ⋹ x ; b,
so muss die volle Resultante lauten:
.
Das Π zur Linken muss aber den Wert haben: 1 ; a(0 ɟ b̄) ; 1, denn dieser
dem Werte ū = 0 entsprechende Faktor ist in allen andern enthalten und
kommt bei u = 1 wirklich vor; er ist der minimale unter allen Faktoren.
Die gesuchte Resultante fordert also das Verschwinden besagten Faktors
und Produktwertes, was auf a(0 ɟ b̄) = 0 selbst hinausläuft und womit in
Übereinstimmung mit § 18 nunmehr „systematisch“ a ⋹ 1 ; b als die Re-
sultante gefunden ist.
Die Erstreckung der Σ, Π war vorstehend „die absolute“, näm-
lich über alle Relative u des Denkbereiches 12 — ein Fall jedoch,
auf welchen auch der einer beschränkten, irgendwie bedingten Er-
streckung jeweils leicht zurückzuführen sein wird — vergl. 35) des
§ 29. Der allgemeine Term der Π, Σ, in 39) von der (spezielleren)
Form eines ausgezeichneten Relativs, kann jedoch allgemeiner — und
wie z. B. in 45) — als eine beliebig gegebene Relativfunktion angesetzt
[491]§ 29. Über von Peirce so genannte Entwicklungsformeln.
werden. [Von dem S. 35 erläuterten Begriffe einer solchen Relativ-
funktion f(u) ist der Begriff eines Relativs, welches „Funktion“ ist,
wohl zu unterscheiden.] Fundamental ist also namentlich die Ermitte-
lung des Schnittes, der Gemeinheit Π von all den Relativwerten, die
ein Ausdruck f(u) anzunehmen vermag.
Durch diese Erwägungen erscheint es gerechtfertigt, wenn wir
nun im nächsten Paragraphen den Sätzen über die Π und Σ von
Relativen, sowie den Methoden zu ihrer Evaluation unsre Aufmerk-
samkeit zuwenden — Methoden, auf deren weitrer Ausgestaltung und
Vervollkommnung schliesslich die Zukunft unsrer Disziplin zu einem
Hauptteile beruhen wird.
§ 29. Über von Peirce so genannte „Entwickelungsformeln“: Sum-
mationen und Produktevaluationen. Zum Inversionsproblem.
In 9c p. 190 (desgl. 5 p. 55) bemerkt Peirce, es gebe in der rela-
tiven Algebra eine Anzahl von „curious development formulae“, wie:
1)
wo die Π und Σ als identische Produkte resp. Summen zu erstrecken
sind über alle Relative des Denkbereiches 12.
Es fehlt jegliche Andeutung über Entdeckungsweise, Beweis und et-
waige Verwendungsweise dieser ganz eigenartigen Formeln, derengleichen
— mit sehr entfernter Ähnlichkeit — uns bis jetzt nur in § 23 und 24
vorgekommen. Die Schemata werden sich als zur Auswertung von Summen Σ
und Produkten Π sehr nützliche erweisen.
Wir wollen uns zunächst mit dem Beweis der Formeln 1) be-
schäftigen, der nur für die erste derselben geleistet zu werden braucht.
Dabei wird von selbst ein Weg sich offenbaren, auf welchem die
Formeln auch entdeckt werden konnten. Durch naheliegende Um-
formungen ergibt sich:
und daraus, indem man beiderseits das Π nach u nimmt:
2) .
Und nebenbei mag man, d für u sagend, die Sätze notiren:
[492]Elfte Vorlesung.
3)
welche sich denen 14) und 15) des § 6 anreihen, übrigens (in u statt d)
auch schon aus 1) abgelesen werden können, indem das Produkt ein-
geordnet seinem Faktor, etc.
Durch 2) ist nun die erste Gleichung 1) bereits als vorwärtige
Subsumtion etc. erwiesen.
Um nun auch die umgekehrte Subsumtion zu beweisen, könnte man
folgenden Weg einschlagen, welcher wenigstens zu einem bedingten Beweise
der Formel 1) führt, daneben uns mit einem nicht uninteressanten Auf-
lösungsprobleme bekannt macht.
Da das Produkt in 1) einem jeden Faktor seinerselbst eingeordnet
ist, so wird die Einordnung desselben unter ab ; c, und damit unser Satz
sicher dann erwiesen sein, wenn es uns gelingt zu zeigen, dass es unter
den Faktoren des — sagen wir bei u = x — einen gibt, welcher selbst
⋹ ab ; c ist. Diesen entdecken wir durch Auflösung der Subsumtion:
a ; xc + b ; x̄c ⋹ ab ; c,
welche auch als Gleichung ansetzbar, da die rückwärtige nach 3) ohnehin
gilt. Die Subsumtion aber zerfällt in:
(a ; xc ⋹ ab ; c)(b ; x̄c ⋹ ab ; c), was = (xc ⋹ ā̆ ɟ ab ; c)(x̄c ⋹ b̄̆ ɟ ab ; c)
nach dem ersten Inversionstheorem ist. Sonach finden wir leicht als Re-
sultante und Lösung:
c · b̆ ; {(ā + b̄) ɟ c̄} ⋹ x ⋹ c̄ + ā̆ ɟ ab ; c
oder — getrennt — als Resultante:
c⋹ā̆ ɟ ab ; c + b̄̆ ɟ ab ; c
und als Lösung (für ein arbiträres v):
x = (c̄ + ā̆ ɟ ab ; c) v + c · b̆ ; {(ā + b̄) ɟ c̄} · v̄.
Die eben erwähnte Gleichung gehörte also zu den komplizirteren, die
wir doch in geschlossener Form zu lösen vermögen.
Nebenbei lässt die gleiche Überlegung sich auch an die Gleichung 2)
anknüpfen, indem man ganz analog x aus der Forderung
ab̄ ; xc + āb ; x̄c ⋹ ab ; c
bestimmt. Man findet nur die Resultante und Lösung in etwas kompli-
zirteren Formen, und müssen die Ergebnisse wesentlich mit den vorigen
übereinstimmen, die Grenzen namentlich, zwischen denen x einzuschliessen
ist, dieselben wie vorhin sein — wohlgemerkt aber nur sofern die Resul-
tante erfüllt ist, wogegen sie im Allgemeinen, bei beliebigen a, b, c, von
den vorigen differiren. Hierin sind wieder manche Sätze verborgen. —
Dass nun unsre Resultante nicht identisch erfüllt ist, zeigt sich, ab-
gesehen von der Vergeblichkeit jedes Versuchs, sie aus den Koeffizienten
[493]§ 29. Über von Peirce so genannte Entwicklungsformeln.
zu beweisen, am besten exemplificando. Für b = ā, c = 0' z. B. müsste
sich erweisen: 0' ⋹ ā̆ ɟ 0 + ă ɟ 0, wo für ă = 1αβγ0 das Prädikat 10001
mit beliebigen Leerzeilen ausgestattet ist und folglich das Subjekt 0' nicht
unter sich enthalten kann.
Unser Satz 1) ist hienach bis jetzt blos für den Fall, wo die Resul-
tante erfüllt ist, erwiesen.
Man könnte nun, weil es einen Wert x von u der gesuchten Art nicht
unbedingt gibt, versuchen ob sich nicht vielleicht zwei Werte x und y
von u finden lassen, so, dass bedingungslos:
(a ; xc + b ; x̄c)(a ; yc + b ; ȳc) ⋹ ab ; c
wird, und falls auch hiefür wieder eine Bedingung resultiren sollte, nach
drei Werten x, y, z von u fahnden, für welche das Produkt der ein-
schlägigen Faktoren ⋹ ab ; c wäre, und so fort. Doch dürfte ein weiteres
Vordringen auf diesem Wege immer schwieriger werden; auch erscheint es
fraglich, ob solchem Verfahren ein endlicher Erfolg zufallen würde — der:
den Satz 1) als bedingungslos gültigen bewiesen zu haben.
Bevor wir die Digression dieses Kontextes verlassen, sei noch darauf
aufmerksam gemacht, dass der Satz 3) für c = 1 — wenn zuletzt für d
dann c gesagt wird — in Gestalt von
ab ; 1 ⋹ a ; c + b ; c̄
eine Verstärkung, Steigerung unsres Satzes 14) des § 6 vorstellt: nicht
blos ab, sondern, was noch mehr besagt, sogar ab ; 1 ist der rechten Seite
eingeordnet.
Ebenso ist der Spezialfall für c = 1 resp. 0 des Satzes 1):
4)
besonders bemerkenswert.
Endlich sei als schätzenswerte Übung dem Anfänger empfohlen, auch
die Gleichung
a ; x + b ; x̄ = ab,
welche mit ihrer vorwärtigen Untersubsumtion äquivalent ist, in analoger
Weise aufzulösen. Man findet
b̆ ; (ā + b̄) ⋹ x ⋹ ā̆ ɟ ab,
und lässt die Resultante 1 = ā̆ ɟ ab + b̄̆ ɟ ab sich in vielen merkwürdigen
Formen schreiben, z. B. (scheinbar unsymmetrisch) als
1' ⋹ ā̆ ɟ ab ɟ ăb̆ ɟ b̄, sowie als a ; b̆ + b ; ă ⋹ ab ɟ ăb̆,
wo von den zwei Gliedern links auch eines unterdrückbar. Man zeige,
dass dann auch ab = ab ɟ 0 = ab ; 1, mithin ab „System“ sein muss.
Mit einem Schlage beweist sich unser Satz 1) aus 2) durch den
Nachweis, dass hier rechterhand das letzte Glied verschwindet. Wir
haben in der That die Sätze:
[494]Elfte Vorlesung.
1a)
deren ersten blos noch zu beweisen erübrigt.
Hiezu genügt der Nachweis, dass es unbedingt möglich ist, u so
anzugeben, dass eine irgendwie gewählte Matrix-Stelle des Relativs
R = ab̄ ; uc + āb ; ūc
zur Leerstelle wird. Gibt es für jede Stelle in R ein solches Relativ u,
für welches gerade diese als Leerstelle sich erweist, so werden in dem
auf alle Stellen in gewissen der Faktoren Leerstellen kommen und
das Produkt wird 0 sein. Nun ist für ein irgendwie angenommenes
aber dann bestimmt festgehaltenes Suffix ij:
.
Nimmt man das u so an (genauer gesagt: fasst man von allen
erdenklichen u, über welche das Π sich erstreckt, das durch die nach-
folgende Beschreibung charakterisirte in’s Auge), dass für alle h bei
gedachtem bestimmten ij
uh j = (āb)i h = āi hbi h also ūh j = (a + b̄)i h = ai h + b̄i h
ist — beispielsweise [man könnte auch die Summe links, das Produkt
rechts ansetzen] — so wird nun in der That, wie gewünscht, das
betreffende
Ri j = 0
sein. Und um diesen Effekt hervorzubringen war blos erforderlich,
die jte Kolonne von u so wie eben angegeben besetzt, die übrigen
Stellen von u irgendwie ausgefüllt (oder auch leer gelassen) zu denken.
Allgemein, nämlich für alle ij zugleich, lässt sich diese Wirkung
durch ein und dasselbe u nicht erzielen, weil ja die Besetzung seiner
Kolonnen, als eine von dem Zeilenindex i der a und b abhängige, gleich-
zeitig verschiedenen und im Allgemeinen nicht miteinander vereinbaren
Bestimmungen unterliegen würde.
In dem Produkte ist demnach mindestens einer der Faktoren
Ri j gleich 0 — bei einem andern ij der einem andern u entsprechende
— und folglich verschwindet dasselbe für jedes ij, wie behauptet.
Die Schlussweise sei noch durch ein Korollar bekräftigt und illustrirt.
Für b = ā erhalten wir insbesondre:
,
was etwa für c = 1, a = 1' gibt:
.
[495]§ 29. Schlüssel zu einer Abhandlung von Peirce.
Obwol nun z. B. für die Modulwerte von u der allgemeine Faktor
dieses Π nichts weniger als verschwindet, vielmehr in drei Fällen = 1,
im vierten noch = 0' wird, muss doch das Produkt verschwinden. Kolonnen-
schematisch haben wir nämlich für u = 1αβγ0 hier u + 0' ; ū = 1α111.
Der allgemeine Faktor unsres Π besteht also stets und ganz aus Voll-
kolonnen und einlückigen Kolonnen. Werden letztre auf jede erdenkliche
Weise angesetzt, so fällt auf jede Matrixstelle in mindestens einem Faktor
eine Lücke einer einlückigen Kolonnen und das Produkt verschwindet.
In der Reihe seiner Abhandlungen über die Algebra der Relative, die
sich immerhin über anderthalb Jahrzehnte erstrecken, hat Herr Peirce
2, 5, 6, 9c, 8 sein Bezeichnungssystem mehrmals mehr oder minder gründlich
gewechselt.
Dies lag in der Natur der Sache. Kam es doch darauf an, von den
noch so unvollkommnen Anfängen De Morgan’s sich erst emporzuringen
zu einer den Bedürfnissen des logischen Denkens vollkommen adäquaten
„Begriffsschrift“, die auch das weite Feld der relativen Begriffe beherrsche
— was nach und nach vollbracht zu haben ein unsterbliches, kaum hoch
genug zu preisendes Verdienst Peirce’s bleibt!
Was jedoch das Studium seiner Abhandlungen nicht unerheblich er-
schwert ist der Umstand, dass der Autor, bei solchem durch sein eignes
Fortschreiten bedingten Wechsel des Bezeichnungssystems jeweils das bis-
herige ältere nicht gebührend verabschiedet, dass er den Wechsel so gut
wie unvermittelt vollzieht — sodass es dem Leser, der das eine, etwa das
vollkommnere Bezeichnungssystem sich angeeignet, überlassen bleibt, sich
den „Schlüssel“ zum Verständnis des andern, aller vorhergehenden, selbst
zu suchen, was die Zumutung birgt, sozusagen in eine von ihrem Autor
(und ihm allein!) vor Jahren einmal gebrauchte, und zugunsten einer bessern
für immer aufgegebene, fremdsprachige Hieroglyphenschrift sich von vorne
einarbeiten zu müssen.
Um für den Leser meines Buchs die Abhandlung 5 von Peirce, soweit
sie unsre Relative betrifft, verständlich zu machen und ihm Vergleichungen
zu erleichtern, wenn nicht zu ermöglichen, will ich solchen Schlüssel hier
beibringen — wie ihn die Rückübersetzung (in unsre Zeichensprache) der
verbalen (auch nicht immer zweifellos univoken) Auslegung von Peirce’s
ältern dortigen Symbolen liefert (vergleiche spätere Studien über Inter-
pretation, nebst Einkleidungsübungen).
Statt zweier werden l. c. noch vier relativ knüpfende Spezies unter-
schieden, ihre Erzeugnisse, wie in Klammer folgt, bezeichnet und sie zu
benennen vorgeschlagen:
5) .
Von diesen vier Operationen — bemerkt Peirce l. c. — habe De
Morgan die drei ersten „studirt“, der vierten, und damit der völligen
Symmetrie seiner Aufstellungen, entratend.
[496]Elfte Vorlesung.
Zugunsten unsrer beiden a ; b und a ɟ b erzeugenden Spezies sind diese
Bezeichnungsarten samt den zugehörigen Benennungen mit Recht in 9c
fallen gelassen. In ihnen jedoch finden sich die Formeln 1) erstmals auf
5 p. 55 mitgeteilt, wobei begreiflich viele Wiederholungen unterlaufen,
nämlich, was für ein a, b, ‥ schon allgemein gesagt worden, für ein ā, ‥
nochmals statuirt wird — Wiederholungen, die blos in der älteren Be-
zeichnung nicht als solche zutage treten.
Ähnliches gilt inbezug auf die 5 p. 56 unter den Überschriften „Class 1“
bis „Class 4“ von Peirce gegebnen Formelkomplexe, auf die wir vielleicht
noch zurückkommen.
Übrigens lassen Peirce’s Sätze 1) sich sogleich verallgemeinern
zu den folgenden:
6) .
Beweis ähnlich wie oben. Es ist:
au ; b + cū ; d = (ac + ac̄)u ; (bd + bd̄) + (ac + āc)ū ; (bd + b̄d) =
= ac ; bd + R, wo R = acu ; bd̄ + ac̄u ; bd + ac̄u ; bd̄ +
+ acū ; b̄d + ācū ; bd + ācū ; b̄d
bedeutet, und — unter x das erste Π in 5) verstanden —
sein muss. Es bleibt also nur ΠR = 0 zu beweisen. Nun ist:
.
Hält man aber multiplikativ zusammen ein jedes der drei Produkte
acbd̄, ac̄bd, ac̄bd̄ mit jedem der dreie acb̄d, ācbd, ācb̄d,
so bemerkt man, dass allemal mindestens zwei Faktoren zusammentreffen,
die Negate von einander sind, und das verhält sich nicht anders, wenn
die beiden ersten Faktoren in jedem dieser sechs Produkte mit dem Suffix ih,
die beiden letzten mit dem hj behaftet sind. Es ist sonach für jedes h:
αhβh = 0.
Diese Gleichung ist aber die notwendige und hinreichende Bedingung dafür,
dass ui h sich der Forderung αhui h + βhūi h = 0 gemäss bestimmen lasse.
Für ein bestimmtes ij kann also der Forderung Ri j = 0 dadurch genügt
werden, dass nach h jedes ui h als Wurzel letztrer Gleichung angenommen
wird, und damit wird auch gleich 0 werden. Im
fällt mithin auf jede Stelle mindestens eine Niete und muss deshalb ΠR = 0
sein, q. e. d.
[497]§ 29. Die Produktir- und Summirprobleme.
Eine noch weiter gehende Ausdehnung des Satzes werden wir am
Schluss des Paragraphen anführen.
Die Peirce’schen Sätze 1) und unsre Erweiterung derselben bilden
den ersten Grundstock eines Kapitals von Sätzen und Methoden, welche
uns in den Stand setzen: in unsrer Disziplin Summationen Σ aus-
zuführen, sowie Produkte Π auszuwerten.
Bei vielen Untersuchungen ist es von Wert, das identische Pro-
dukt (die Gemeinheit) angeben zu können aller der Relative x, welche
eine bestimmte Bedingung erfüllen, z. B. Wurzeln einer gegebnen
Gleichung sind — wie solches schon in der neunten Vorlesung zutage
trat; desgleichen kann die Frage nach der identischen Summe von all
den Wurzeln belangreich sein. Darum schon verdient die — nicht
ganz leichte — Kunst des Summirens und der Produktermittelung
gepflegt und systematisch ausgebildet zu werden. Vollends trat die-
selbe am Schluss des § 28 als eine für die Probleme des Eliminirens,
und Schliessens überhaupt, ganz fundamentale zutage.
Als der Sache nach hierher gehörig, wenn auch nicht mehr unter
Peirce’s Publikationen fallend, will ich demgemäss nun eine Reihe
von (eignen) Untersuchungen vortragen, welche auf die Vermehrung
jenes Kapitals abzielen.
Es handelt sich jeweils um Summen Σ und Produkte Π, welche
die „absolute“ Erstreckung: über den ganzen Denkbereich, haben. Je
nachdem aber der laufende Zeiger ein Elementsymbol i oder j, etc.
und dessen Erstreckung der erste Denkbereich 11 ist, oder aber als
Summations- resp. Produktationsvariable ein binäres Relativ u von
beliebiger Art auftritt mit dem zweiten Denkbereiche 12 als Er-
streckung — je nachdem können wir Summations- und Produktermitte-
lungs-Aufgaben von zweierlei Stufe unterscheiden.
Während Peirce’s Sätze 1) schon der zweiten Stufe angehören,
wollen wir damit beginnen, den Aufgaben erster Stufe auch unsre
Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Zur Einleitung wird der Leser sich leichtlich diese Gruppe von
Sätzchen aus der Koeffizientenevidenz beweisen:
7)
| Σi = Σī = Σĭ = Σī̆ = 1 | Πi = Πī = Πĭ = Πī̆ = 0 |
8)
| Σiĭ = 1' = Π(i + ī̆) = Π(ī + ĭ) | Σiī̆ = Σīĭ = 0' = Π(ī + ī̆) |
9)
| * Σīī̆ = 1 | Π(i + ĭ) = 0, |
worin als laufender Zeiger immer i zu denken ist.
Behufs des Beweises braucht man sich nur für die Σ resp. das Π
Schröder, Algebra der Relative. 32
[498]Elfte Vorlesung.
den allgemeinen Koeffizienten zum Suffix hk anzusetzen und denselben zu
diskutiren. Z. B. bei 9) links wird solcher:
(Σiīī̆)h k = Σiīh kīk h = Σi0'i h0'i k.
Enthält nun der Denkbereich 11 mehr als zwei Elemente, so gibt es immer,
auch bei h ≠ k, ein i für welches, weil es von beiden Elementen h und k
verschieden ist, 0'i h0'i k = 1 ist, und wird die letzte Σi gleich 1, q. e. d.
Für den Denkbereich 1 ½ aus nur zwei Elementen würden die rechten
Seiten in den Gleichungen 9) durch 1' resp. 0' zu ersetzen sein.
Wird für den Augenblick J unterschiedslos zum Repräsentanten
eines der vier Elementverwandten i, ī, ĭ, ī̆ genommen, so kann man
sich die Formeln 7) abkürzen in:
| ΣJ = 1 | ΠJ = 0. |
Weil dann Πφ(i)J ⋹ ΠJ, etc., so ist klar, dass auch allgemeiner
wird sein müssen:
| Σ{φ(i) + J} = 1 | Πφ(i)J = 0. |
Von vornherein sind wir dadurch dessen überhoben, etwa Produkt-
formeln für Ausdrücke wie Πia ; i · i, Πiĭ · i ; b, und dergleichen auf-
zustellen oder zu buchen, weil solche auf den ersten Blick — als
gleich 0 — zu erkennen sind. Etc.
Sätze, wie
| Σi jij̆ = 1 | Πi j(ī + j̄̆) = 0, |
die sich auf Doppel- oder mehrfache Summen oder Produkte beziehen,
wollen wir vorerst als solche noch ausser Betracht lassen.
Mit Rücksicht auf 7) folgt nun aus 29) des § 25 der Satz:
10) .
Doch ist es natürlich auch leicht, z. B. mit
{Πi(a ; i + ī̆)}h k = Πi{(a ; i)h k + īk h} = Πi(ah i + 0'i k) = ah k
die Koeffizientenevidenz für irgend eine der Formeln herbeizuführen. End-
lich werden dieselben — z. B. in Gestalt von Σia ; i · ĭ ; 1' = a ; 1' — aus
einem nachher zu gebenden allgemeineren Satze 14) ableitbar sein.
Weiter vermögen wir die Σi und die Πi zu evaluiren für die
16 Knüpfungen zwischen einem allgemeinen Relativ a und einem Ver-
wandten des i, welche in den Formeln 21) bis 23) des § 25 ab-
gehandelt wurden.
Fragliche Ergebnisse bringen 32 Formeln zum Ausdruck, die
nebenher auch bemerkenswerte Darstellungen für Modulknüpfungen
[499]§ 29. Produkt- und Summenformeln erster Stufe.
des a liefern. Wenn hinsichtlich des laufenden Zeigers, als welcher i
zu denken, a als konstant vorausgesetzt wird, so gilt:
11)
12) ,
13)
Behufs Beweises von 11) beachte man — z. B. rechts vom Mittel-
striche — dass i ; a = i · 1 ; a nach 21) des § 25 ist, somit Πi ; a = 1 ; a · Πi,
was nach 7) verschwindet. Etc.
Bei 12) braucht auch nur 7), wonach
Σa ; i = a ; Σi = a ; 1, Π(a ɟ i) = a ɟ Πi = a ɟ 0
ist, und schliesslich a ; i = a ɟ ī aus 22) des § 25, berücksichtigt zu werden.
Einen Teil dieser Formeln wird man jedoch auch so, wie (wegen ĭ ; 1 = 1):
Σia ; i = Σia ; i · ĭ ; 1 = a ; 1, Πia ; i = Πi(a ; i + ĭ ; 0) = a ɟ 0,
aus einem folgenden allgemeinern Satze 14) ableiten können.
Demnach bedürfen von diesen Formeln nur die letzten 13) noch einer
Rechtfertigung, welche für die erste rechts durch den Hinweis erbracht
wird, dass Lh k = Πi(a ; ī)h k sich von Rh k — im Hinblick auf den zu 28)
des § 25 gegebenen Beweis — nur durch die Bezeichnung des laufenden
Produktzeigers (mit i statt m) unterscheidet.
Hervorragend einfach und wichtig ist, wie mir scheint, das folgende
Gespann von Sätzen:
14)
| a ; b = Σia ; i · ĭ ; b = Σi(a ɟ ī)(ī̆ ɟ b) = | a ɟ b = Πi(a ; i + ĭ ; b) = Πi(a ɟ ī + ī̆ ɟ b) = |
| = Σiĭa ; 1 ; bi = Σi{(ī̆ + a) ɟ 0}{0 ɟ (b + ī)} | = Πi{(ī̆ + a) ɟ 0 ɟ (b + ī)} = Πi(ĭa ; 1 + 1 ; bi), |
von welchen man gut thut den ersten links und rechts zu memoriren.
Dieselben lehren: ein relatives Produkt in eine identische Summe, eine
relative Summe in ein identisches Produkt aufzubrechen.
Der Beweis folgt am schnellsten kraft 32) des § 25, wonach
wir haben: Σia ; i · ĭ ; b = Σia ; ib = a ; bΣi = a ; b1 = a ; b wegen 7). Etc.
32*
[500]Elfte Vorlesung.
Die übrigen Formen des Satzes sind Umformungen des hiermit be-
wiesenen gemäss 22) des § 25 — und würden solcher sich offenbar
noch mehrere angeben lassen.
Als Gegenstück zu 14) haben wir auch noch:
15)
| Πia ; i · ĭ ; b = (a ɟ 0)(0 ɟ b) | Σi(a ; i + ĭ ; b) = a ; 1 + 1 ; b |
kraft 12), indem auch linkerhand Πia ; i · ĭ ; b = Πia ; i · Πiĭ ; b sein
muss, etc.
Während wir nun also hiernach auch das
15a)
| Πiaĭ ; b = Πia ; ib = (a ɟ 0)(0 ɟ b) | Σi{(a + ĭ) ɟ b} = Σi{a ɟ (i + b)} = a ; 1 + 1 ; b |
— vergl. 32) des § 25 — leicht zu evaluiren vermögen, ist solches
schon mit Πia ; īb, etc. keineswegs der Fall und wird man überhaupt
der grossen Mehrzahl der Summen- und Produktausdrücke noch ziem-
lich ratlos gegenüberstehn.
Darum erscheint es wünschenswert: erstlich einen möglichst voll-
ständigen Grundstock von einfachsten Summen- und Produktformeln
zur Verfügung zu haben, und zweitens Methoden kennen zu lernen,
um eine gegebene Summirungs- etc. Aufgabe thunlichst auf die in
jenem Grundstock gelösten einfachsten Aufgaben zurückzuführen.
In erstrer Hinsicht glauben wir mindestens noch folgende Ge-
spanne von Sätzen anführen, besprechen und begründen zu sollen.
Und zwar zunächst als Gegenstücke und Ergänzungen zu 10):
16)
17)
18)
19)*
wo ohne Stern für a ; 1 zu lesen wäre a ; 0' ; 0'. Etc.,
20)
In den 32 Formeln 10) und 16) bis 20) wird man die Σ und Π
vertreten finden von allen (binären identischen) Produkten und Summen,
die aus a ; i oder a ; ī, sowie aus a ɟ ī oder a ɟ i, und ĭ oder ī̆ selbst,
gebildet werden können, etc. — soferne wenigstens solche Π, Σ, welche
auf den ersten Blick sich auf 0 oder 1 reduziren, nicht mit berück-
sichtigt werden.
Formeln solcher Art aber, in deren allgemeinem Terme statt a ; i oder
a ; ī etwa a ; ĭ oder a ; ī̆ aufträte, etc., würden, weil letztres ja in a ; 1 · ĭ
resp. a ; 1 · ī̆ zerfällt, ohnehin leicht auf schon Bekanntes zurückzuführen
sein; sie stünden nicht auf gleicher Rangstufe mit den bisherigen und ver-
dienten nicht, gleich ihnen registrirt zu werden.
Von den angeführten Formeln erscheinen die 18) besonders merk-
würdig deshalb, weil sie gewisse relative Produkte wie a ; 0' als iden-
tische Produkte darzustellen lehren, während sonst das nur in Form
einer identischen Summe gelingt.
Behufs Begründung der Sätze ist bei 16) auf 30) des § 25 und
auf 7) zu verweisen.
Die 17) gehn als Partikularfälle aus unserm Th. 14) hervor, indem
z. B. rechts Πi(a ; i + ĭ) = Πi(a ; i + ĭ ; 1') = a ɟ 1' sein muss.
Bei 18) transformire man identisch rechnend: a ; ī + ī̆ = a ; ī · ĭ + ī̆ =
= a ; 0' · ĭ + ī̆ = a ; 0' + ī̆ gemäss 30) des § 25, wo dann Πi(a ; 0' + ī̆) =
= a ; 0' + Πiī̆ = a ; 0' + 0 nach 7) sein muss.
Bei 19) und 20) rekurrire man auf die Koeffizientenevidenz, wonach
links resp. ist:
Lh k = Σi(a ; ī)h kī̆h k = ΣiΣlah līl kīk h = Σlah lΣi0'l i0'i k = (a ; 0' ; 0')h k,
Lh k = ΣiΠl(ah l + il k)īk h = ΣiΠl(ah l + 1'l i)0'i k = Rh, q. e. d.
Als Gegenstücke und Ergänzungen zu den Formeln 14), 15) sind
ebenso anzuführen die Sätze, welche auch als Verallgemeinerungen
der obigen 16) bis 20) angesehen werden können:
21)
| Σi(a ɟ i)(ĭ ɟ b) = (a ɟ 1') ; (1' ɟ b) | Πi(a ; ī + ī̆ ; b) = a ; 0' ɟ 0' ; b, |
22)
| Σi(a ɟ i)(ī̆ ɟ b) = Σi(a ɟ i) · ĭ ; b = (a ɟ 1') ; b | Πi(a ; ī + ĭ ; b) = Πi(a ; ī + ī̆ ɟ b) = a ; 0' ɟ b |
| Σi(a ɟ ī)(ĭ ɟ b) = Σia ; i · (ĭ ɟ b) = a ; (1' ɟ b) | Πi(a ; i + ī̆ ; b) = Πi(a ɟ ī + ī̆ ; b) = a ɟ 0' ; b, |
23)
24)*
| Σia ; ī · ī̆ ; b = a ; 1 ; b | Πi(a ɟ i + ĭ ɟ b) = a ɟ 0 ɟ b. |
Die Πi der allgemeinen Terme links und die Σi derer rechts
wären, weil zerfallend, schon nach 11) bis 13) leicht anzugeben.
Beweise. Nach 3) und 4) des § 25 kann
i = 1' ɟ ī, ĭ = ī̆ ɟ 1', ī = 0' ; i, ī̆ = ĭ ; 0'
gesetzt werden, wonach denn auch sich umschreiben lässt:
25)
(sowie ohnehin a ɟ ī = a ; i, ī̆ ɟ b = ĭ ; b) in Ergänzung zu 23) des § 25 S. 418.
Daraufhin fallen alle Formeln 21) bis 24) unter das Schema (der
ersten Gleichung links und rechts) in unserm Theorem 14).
Man ersieht aus 25) in Verbindung mit 21) und 22) des § 25, dass
bei Knüpfungen von Relativen mit Elementverwandten (selbst) die relative
Addition immer entbehrlich gemacht, nämlich auf eine relative Multipli-
kation (auch ohne Kontraposition) hinausgespielt werden kann, wo sie nicht
ohnehin auf identische Addition hinauskommt. Wesentlich braucht man
blos mit Ausdrücken der beiden Formen a ; i und ĭ ; b ordentlich rechnen
zu lernen.
Sehr häufig treten — bei Untersuchungen — auch Summationen
und Produkte (nach i) auf von Termen, die aus Relativen der Sorte
a ; i, a ; ī, a ɟ i, etc. und dazu i oder ī (statt ĭ, ī̆) mittelst identischer
Knüpfung zusammengesetzt sind. Die Werte solcher geben vollständig
die Formelgespanne an:
26)
27)
28)
29)
Begründung. In 26) ist blos Σa ; i · i = Σa ; i · 1' ; i = Σa1' ; i =
= 1'a ; Σi = 1'a ; 1 zu bedenken.
[503]§ 29. Produkt- und Summenformeln erster Stufe.
Dagegen fasst 27) wesentlich dreierlei Gespanne zusammen, deren
erstes sich links, die beiden andern rechts von dem die Seitenmitte ein-
nehmenden Ausdruck finden.
Jenes beweist sich mit Σa ; i · ī = Σ0'a ; i = 0'a ; Σi = 0'a ; 1 aus 31)
des § 25. Von diesen findet sich:
Σa ; i · i = Σa ; 0' ; i · i = 1'(a ; 0') ; 1, Σ(a ɟ i)i = Σ(a ɟ 1') ; i · i = 1'(a ɟ 1') ; 1
nach 25) und 26) zunächst auf die rechts angegebnen Werte zurück-
geführt. Diese aber kommen sodann auf diejenigen in 27) zurück auf-
grund des Satzes:
30)
— woraus wegen 1'b = 1'b̆ sogleich mit folgt:
1'(0' ; a) ; 1 = 0'ă ; 1, etc. —
und dessen Beweis aus der Koeffizientenevidenz sehr leicht zu liefern ist.
Nach 25) kommt jetzt auch zu 29) die Ermittelung von Σ(a ɟ i)ī =
= Σ(a ɟ 1') ; i · ī auf den ersten Satz von 27) zurück.
Zur Rechtfertigung von 28) aber haben wir ähnlich: Σa ; ī · ī =
= Σa ; 0' ; i · ī = 0'(a ; 0') ; 1, was sich aber noch vereinfacht aufgrund des
Satzes:
31)
zu dessen Beweis die Koeffizientenevidenz anzurufen ist mit:
Li j = Σh k0'i hai k0'k h = Σkai kΣh0'i h0'h k = Ri j.
Anstatt noch mehr der Formeln aufzustellen, wollen wir jetzt an
einer Reihe von kleinen Aufgaben zu zeigen suchen, auf welche Weise
mittelst der bisherigen Sätze schon zahlreiche und in mannigfacher
Art gegebene Produkte oder Summen ermittelt werden können. Wir
halten uns dabei vorwiegend an Produkte und verzichten auf die Voll-
ständigkeit der Gespanne. Aus unsrer Behandlung der Beispiele schon
hier — und noch mehr im nächstfolgenden Abschnitte — wird der
Leser wenigstens ein Stück Methode zu abstrahiren imstande sein.
Aufgabe 1. Gesucht sei x = Πi(a ; ĭ + ī̆ ; b).
Wir haben: x = Πi(a ; 1 · ĭ + ī̆ ; b) = Πi(a ; 1 + ī̆ ; b)(ĭ + ī̆ ; b) =
= (a ; 1 + Πiī̆ ; b)Πi(ĭ + ĭ ; 0' ; b) = (a ; 1 + 0 ɟ 0' ; b)Πiĭ ; (1' + 0' ; b) nach
13), mithin endlich: x = (a ; 1 + 0 ɟ 0' ; b){0 ɟ (1' + 0' ; b)}.
Aufgabe 2. Gesucht x = Πi(a ; ĭ + ī ; b).
Lösung. x = Πi(a ; 1 · ĭ + ī · 1 ; b) = (a ; 1 + 1 ; b)(a ; 1 + Πiī)(Πiĭ + 1 ; b)Πi(ĭ + ī) =
= a ; 1 · 1 ; b · Πi(0' ; i + ĭ ; 1') = a ; 1 ; b · (0' ɟ 1'), also x = 1' · a ; 1 ; b.
[504]Elfte Vorlesung.
Aufgabe 3. x = Πi(a ; i + i ; b) = Πi(a ɟ ī + i ; b).
x = Πi(a ; i + i · 1 ; b) = (Πia ; i + 1 ; b)Πi(a ; i + i) = (a ɟ 0 + 1 ; b)Πi(a + 1') ; i =
= (a ɟ 0 + 1 ; b){(a + 1') ɟ 0} = a(a + 1') ɟ 0 + {(a + 1') ɟ 0} · 1 ; b, also
x = a ɟ 0 + {(a + 1') ɟ 0} ; b.
Insbesondre wenn a = 0' genommen, darnach a für b gesagt wird,
ergibt sich die zweite Formel links des folgenden Gespannes:
32)
welches ein interessantes Gegenstück zu 18) insofern bildet, als es zeigt,
wie auch das relative Produkt a ; 1, etc. als ein Πi (statt wie sonst Σi)
dargestellt werden kann. Die Formeln sind übrigens leicht auch direkt
einzusehn.
Aufgabe 4. Gesucht x = Πi(a ɟ i + i ; b).
Mit Rücksicht auf 25) fällt dies als x = Πi{(a ɟ 1') ; i + i ; b} unter
die vorhin gelöste Aufgabe, und muss demnach sein:
x = a ɟ 0 + {(a ɟ 1' + 1') ɟ 0} · 1 ; b.
Man kann jedoch auch mittelst Durchganges durch ein Doppelprodukt
wie folgt x ermitteln. Kraft 14) ist
x = Πi{Πj(a ; j + j̆ ; i) + i ; b} = Πi j(a ; j + j̆ ; i + i ; b) = Πj{a ; j + Πi(j̆ ; i + i ; b)}.
Nun ist nach dem Schema der vorigen Aufgabe:
Πi(j̆ ; i + i ; b) = j̆ ɟ 0 + {(j̆ + 1') ɟ 0} · 1 ; b = 0 + (1' ɟ j) · 1 ; b = 0*
nach 3) des § 25, und folglich *x = Πja ; j = a ɟ 0.
Dies stimmt mit dem vorhin gefundnen Resultat erst überein bei Be-
rücksichtigung des Satzes aus 31): *(a ɟ 1' + 1') ɟ 0 = a ɟ 0, welcher auch
geometrisch daraus erhellt, dass bei a = z1αβγ0 das a ɟ 1' = 1ᾱ000 nur
aus den Vollzeilen von a und einbesetzten Zeilen besteht, deren Auge einer
Lücke der Einlückzeilen von a entspricht. Durch Hinzutritt je eines
weitern Auges auf der Hauptdiagonale (aus + 1') können letztere Zeilen
doch niemals zu Vollzeilen werden, sobald der Denkbereich 11 mehr als
zwei Elemente umfasst. Dann also fallen die Vollzeilen des Relativs
a ɟ 1' + 1' durchaus mit den Vollzeilen von a zusammen. Analytisch ist
ja der Satz dual wie der erste 31) zu beweisen und implicite bereits be-
wiesen.
Aufgabe 5. Gesucht x = Πi(a ɟ ī + ī ; b) = Πi(a ; i + ī ; b).
x = Πi(a ; i + i · 1 ; b) = (Πia ; i + 1 ; b)Πi(a ; i + ī) = (a ɟ 0 + 1 ; b)Πi(a + 0') ; i,
also: x = (a ɟ 0 + 1 ; b){(a + 0') ɟ 0} = a ɟ 0 + 1'a ; 1 · 1 ; b = a ɟ 0 + 1'a ; 1 ; b.
Aufgabe 6. Gesucht x = Πi(a ɟ i + ī ; b) = Πi{(a ɟ 1') ; i + ī ; b}.
Hier ist nach dem Schema der vorigen Aufgabe sogleich angebbar:
x = a ɟ 0 + 1'(a ɟ 1') ; 1 ; b.
[505]§ 29. Zurückführung bedingter Π, Σ auf solche von absoluter Erstreckung.
Man kann aber auch durch das Doppelprodukt hindurchgehn:
x = ΠiΠj(a ; j + j̆ ; i + ī ; a) = Πj(a ; j + j̆ ɟ 0 + 1'j̆ ; 1 ; b) =
= Πj(a ; j + 1' ; j ; b) = Πj(a ; j + j ; b) = a ɟ 0 + {(a + 1') ɟ 0} ; b
nach Aufg. 5 und 3. Die Übereinstimmung beider Ergebnisse besteht auf-
grund des zweiten Satzes 30. Die Π in Aufg. 6 und 3 sind gleich!
Aufgabe 7. Gesucht x = Πi(i ; a + ī ; b).
x = Πi(i ; a + ī · 1 ; b) = (Πii ; a + 1 ; b)Πi(i ; a + ī) = (0 + 1 ; b)Πi(0' ; i + i ; a),
also nach Aufg. 3: x = 1 ; a · 1 ; b.
Etc. So zahlreich die Aufgaben sind, die sich in solcher Weise lösen
lassen, so können wir doch beispielsweise schon das Πia ; īb mit den bis-
herigen Mitteln noch nicht entdecken. —
Wenden wir jetzt unsre Aufmerksamkeit auch den Summirungs-
resp. Produktirungsaufgaben der zweiten Stufe zu.
Ein wichtiges Problem von allgemeinem Charakter ist: die „Ge-
meinheit“ Π sowie den (gemeinschaftlichen oder gesamten) „Bereich“
Σ aller der binären Relative x zu ermitteln, welche eine gegebne Be-
dingung — etwa Gleichung F(x) = 0 — als deren „Wurzeln“ erfüllen.
Es scheint nahe gelegt, diese beiden Unbekannten (als Produkt und
Summe) mit P und S zu bezeichnen. Doch ist das Produkt gerade Sub-
jekt, die Summe Prädikat zu einer jeden von den Wurzeln, sodass diese
Bezeichnung irre führen könnte. Ich will deshalb P und Q sagen.
Indem er die Erstreckungsbedingung unterhalb des Π, Σ-zeichens
anmerkte, würde der Mathematiker zu schreiben geneigt sein:
,
{F(x) = 0} {F(x) = 0}.
Unsre Disziplin aber geniesst den Vorzug, dass in ihr die Erstreckungs-
bedingung dem Π, Σ-Ausdruck selbst einverleibt werden kann. Auf welche
Weise, das soll sogleich für eine naheliegende Erweiterung des Problemes
gesagt werden.
Die Aufgabe lässt sich noch wesentlich verallgemeinern dadurch,
dass anstatt der Wurzeln x selber eine irgendwie gegebne Funktion
Φ(x) derselben zu produktiren resp. zu summiren verlangt wird. Ge-
sucht also möge nun sein:
,
{F(x) = 0} {F(x) = 0}.
Wir geben den Π, Σ die absolute Erstreckung — über alle er-
denklichen Relative x des zweiten Denkbereiches. Alsdann kommt es
blos darauf an, den allgemeinen Term allemal dann zu einem ineffek-
tiven zu machen, wenn x die Erstreckungsbedingung F(x) = 0 nicht
[506]Elfte Vorlesung.
erfüllt, d. h. es ist dafür Sorge zu tragen, dass in jedem solchen Falle
der allgemeine Term des Π, Σ belanglos, nämlich sofern er Produkt-
faktor ist, gleich 1, sofern er Summand ist, gleich 0 werde. Wogegen
für jedes x, welches die Erstreckungsbedingung erfüllt, als Term wirk-
lich Φ(x) in Ansatz, Erscheinung oder Wirkung zu treten hat.
Dies wird erreicht, indem man schreibt:
33) .
Je nachdem x Wurzel ist oder nicht, wird in der That in Q die
Faktoraussage F(x) = 0 den Wahrheitswert 1 oder 0 haben, um-
gekehrt aber die als Summand in P auftretende Negation derselben
gleich 0 oder 1 sein, etc.
Sofern nun das Polynom F(x) unsrer Bedingungsgleichung von vorn-
herein als ein Aussagensymbol, etwa eine Koeffizientenfunktion oder auch
als ein „ausgezeichnetes“ Relativ lediglich der Werte 0 und 1 fähig sein
sollte, könnten wir Obiges vereinfachen zu
.
In diesem Falle hätten wir nämlich (F ≠ 0) = (F = 1) = F und (F = 0) =
= (F̄ = 1) = F̄. In jedem andern Falle dagegen wäre dergleichen ein
gröblicher Fehler.
Allgemein kann nun, in 33), der Aussagenterm nach den Schemata
des § 11 durch ein binäres und zwar ein ausgezeichnetes Relativ er-
setzt werden, welches mit ihm zugleich den Wert 0 oder 1 annimmt,
und zwar ist:
F(x) = 0͞ = {F(x) ≠ 0} = 1 ; F(x) ; 1, {F(x) = 0} = 0 ɟ F̄(x) ɟ 0,
wonach denn
34)
sich ergibt. Hierin könnte denn auch u für x geschrieben werden.
In dem Unterfalle des Problems, welcher zuerst unser Interesse
auf sich zog, haben wir insbesondre:
35) .
Vermöchten wir nun für eine irgendwie gegebene Funktion von u
das nach u mit der absoluten Erstreckung (über alle binären Relative)
genommene Π resp. Σ zu evaluiren, so wären wir nach diesen Schemata
34), 35) in der Lage, das fragliche P und Q zu ermitteln — sogar
ohne die Wurzeln x [der Bedingungsgleichung F(x) = 0] selbst zu
kennen oder eruirt zu haben!
[507]§ 29. Gegebne Erstreckung auf die absolute zurückgeführt.
Kennt man aber in Gestalt von
x = f(u)
bereits die allgemeine Wurzel oder Lösung jener Bedingungsgleichung,
so befindet man sich der Lösung unsres Problems gegenüber in einer
noch günstigern Lage und hat sofort und einfacher:
36)
sowie im Unterfalle 35) unsres Problemes:
37) .
Nach dem Begriffe der allgemeinen Lösung gilt ja dann in der That
für jedes u:
F{f(u)} = 0, F̄{f(u)} = 1.
Mögen wir indess den einen oder den andern Weg einschlagen,
so ist die Kunst erforderlich und hinreichend: von einer irgendwie ge-
gebnen Relativfunktion Ψ(u) das nach u mit der absoluten Erstreckung
genommene Π und Σ eruiren zu können.
Eine Methode, dieses wichtige Problem in seiner vollen und un-
begrenzten Allgemeinheit zu lösen, ist nicht bekannt.*) Vielmehr ist
die Entdeckung solcher Methode ein Ideal der Theorie, dessen völlige
Verwirklichung derselben vielleicht niemals erreichbar ist und dem es
uns wol nur vergönnt sein wird in stufenweisem unbegrenztem Fort-
schreiten uns mehr und mehr zu nähern.
Fürs erste können wir uns demnach hier nur ein bestimmtes Ziel
setzen und behufs dessen Erreichung ein Stück Methode auszubilden
suchen.
Ein praktisches Ziel derart — und in der That vom syste-
matischen Gesichtspunkt das nächstliegende — bildet die Ermittelung
des Π und der Σ von allen Wurzeln eines unsrer drei elementaren
Inversionsprobleme.
Von diesen scheidet jedoch — als sofort zu erledigen — das
erste Inversionsproblem aus.
Weil nämlich x = u(a ɟ b̄̆) die allgemeine Wurzel der Subsumtion
x ; b ⋹ a ist, und selbstverständlich
sein muss, sintemal u = 0 und u = 1 selbst unter den Werten, über die u
sich erstreckt, figurirt, so muss auch
[508]Elfte Vorlesung.
sein, und müssen wir haben:
quod erat inveniendum.
Sooft überhaupt zu den Wurzeln x der gegebenen Bedingung die 0
gehört, wird das Πx gleich 0, und sobald zu ihnen die 1 gehört, wird die
Σx gleich 1 sein und weiter kein Interesse hier beanspruchen.
Beispielsweise versteht sich so auch
auf den ersten Blick von selbst.
Es bleibt demnach unsre Aufgabe nur mehr für das (erweiterte)
zweite und für das dritte Inversionsproblem zu lösen, und hier wird
es — wenn wir uns bei jedem Gespanne immer nur an einen Reprä-
sentanten desselben halten — wesentlich darauf ankommen, dass wir
ein Produkt von der Form:
38)
auszuwerten lernen.
Dieses nur allmälig zu realisirende Ziel vor Augen nehmen wir
eine Reihe von Vor-aufgaben in Angriff.
Aufgabe 8. Gesucht .
Nach Peirce’s Satze 1) oder 4) ist hier sogleich angebbar:
sich schreiben lässt. Wegen 1 ; i 1' = ĭ ; 1' = ĭ wird insbesondre:
.
Als Korollar zu der Aufgabe ist nun auch gefunden:
,
indem der allgemeine Faktor zerlegbar ist in (u + a)(u + ū ; b), somit auch
das Π sich spaltet in dasjenige des ersten Faktors:
Π(u + a) = a + Πu = a + 0 = a
und das Π des zweiten, welches unter das obige Schema fällt.
Aufgabe 9. Gesucht .
Nach 14) lässt sich ū ɟ b als ein Produkt (nach i) darstellen, womit
wir sozusagen gewonnenes Spiel haben. Man kann nämlich darnach schliessen:
nach 4), und weiter: x = Πi(ĭ ; a + ĭ ; b) = Πiĭ ; (a + b).
[509]§ 29. Produkte und Summen zweiter Stufe.
Nach der letzten Formel 12) ist damit gefunden:
x = 0 ɟ (a + b)
— was merkwürdigerweise symmetrisch ist inbezug auf a und b.
Nimmt man a = 1' an und sagt dann a für b, so ist insbesondre
gefunden:
.
[Nähme man dagegen, u und ū vertauschend, b = 0' an, so würde man
das Resultat der Aufgabe 8 in etwas andrer Gestalt, als 0 ɟ (a + 0') wieder
erhalten.]
Als Korollar zum vorstehenden Ergebnisse kennen wir nun auch:
,
was ähnlich wie oben daraus abzuleiten.
Ganz nach derselben Methode lässt sich auch lösen die, eine Erweite-
rung der vorigen vorstellende
Aufgabe 10. Gesucht .
= Πi(b ; i + ĭ ; c + 1 ; ai) = Πi{b ; i + ĭ ; (c + a)} = b ɟ (a + c)
nach 14), 4) und 14). Insbesondre ist damit gefunden:
.
Wie in 1) durch eine Σ nach u, so können wir also jetzt a ɟ (b + c)
— der Form nach allerdings unsymmetrisch — auch durch ein Π nach u
darstellen.
Aufgabe 11. Gesucht .
Dies Problem nach Art der beiden vorigen zur Lösung zu bringen,
gelingt nicht, da wir das relative Produkt im zweiten Glied des allgemeinen
Faktors nicht als ein Πi, sondern nur als eine Σi gemäss 14) darzustellen
vermögen, ein Σ aber von hinter einem Π nicht vor dasselbe darf ge-
schoben werden. Im Falle b = 0' jedoch könnte man sich auf 18) berufen.
Darnach muss in der That — um nur den einfachsten Fall zu erledigen —
sein:
gemäss 7) und Aufg. 8 — was wir übrigens auch schon S. 494 aus Peirce’s
Formel 1) eingesehen haben. Nun ist aū ; b0' ⋹ ū ; 0', mithin auch
.
Zerlegt man jetzt (bei x) b = 0'b + 1'b und berücksichtigt dass nach 24)
des § 22 ist aū ; b1' = aū · 1 ; b1', so zerfällt
u + aū ; b = u + aū ; b0' + a · 1 ; b1',
[510]Elfte Vorlesung.
indem der Faktor ū beim letzten Gliede gegen das erste unterdrückt werden
durfte. Wir erhalten folglich:
x = a ; 1'b,
indem das noch rechterhand hinzutretende nach dem vorhergehenden
Ergebnisse verschwindet. Insbesondre ist:
. —
Beachtung verdient, dass ungeachtet der durch die Klammerstellung be-
dingten Verschiedenheit der vorliegenden Aufgabe mit dem Korollar zu
Aufg. 8 das Endergebniss bei beiden das nämliche ist.
Man kann auch den gefundenen Wert sogleich als eine untere Grenze
für x erkennen, indem
nach Peirce’s Th. 1), wegen au ⋹ u aber y ⋹ x sein muss.
Dieselbe untere Grenze kann man auch mittelst:
daraus gewinnen, dass nach dem Aussagenschema o) S. 41 sein muss:
. Da nun Πuh k = 0 und, wie wir unter der nächsten Auf-
gabe zeigen,
Π(uh k + ūh l) = 1'k l ist, so folgt: Σlah lbl k1'l k = (a ; 1'b)h k ⋹ xh k.
[Der untern liesse auch eine obere Grenze für x sich zugesellen aus der
Überlegung, dass aū ; b ⋹ a ; b · ū ; b, wonach sich ergibt: x ⋹ a ; b · 1 ; b1' =
= a ; b ; 1'b, und nebenbei der Satz gelten muss: a ; 1'b ⋹ a ; b ; 1'b, der
unschwer auch direkt erweislich. Indessen haben wir ja bereits die untere
Grenze als den exakten Wert erkannt.]
Aufgabe 12. Gesucht .
Diese ist von schwierigerer Art. Ohne weitres gelingt ihre Lösung
nur für gewisse partikulare Fälle, wie
deren Ergebniss man nach dem Bisherigen leicht daraus gewinnt: weil das
zweite Glied des allgemeinen Faktors hier zerfällt — in (ū ɟ 0) · 1 ; b resp.
(ū ɟ a) · 1 ; b1' — wonach denn auch der allgemeine Faktor selbst, und
dessen Π zerfällbar. Das letzte Ergebniss entsteht durch multiplikative
Vereinigung von 0 ɟ (a + 1') mit 1 ; b1', welches = 0 ɟ (b + 0').
Ein wichtiger Partikularfall ferner, wo die Lösung noch leicht gelingt,
ist der Fall b = i.
Nennen wir nämlich:
,
und behandeln zunächst diese Unteraufgabe, so werden wir haben:
.
[511]§ 29. Produkte und Summen zweiter Stufe.
Dass in der That:
ist, erhellt daraus, dass für l = k dies Π gleich 1, für l ≠ k aber gleich
0 sein muss, letzteres, weil dann unter den (d. h. unter allen erdenklichen)
u sich auch solche finden, für welche uh k = 0 und zugleich uh l = 1 also
auch ūh l = 0 ist, mithin ein Faktor des Π verschwindet. Mit Obigem also
ist gefunden:
y = ĭ ; (ă ɟ 1').
Im allgemeinen Falle lassen sich (wieder) zwei Grenzen finden, zwischen
welchen das unbekannte (jedoch völlig bestimmte) Relativ x jedenfalls liegt.
Diese Grenzen vorweg zu ermitteln, ist aus zwei Gründen verlohnend.
Einmal liefern sie uns — gleichwie die vorausgeschickten Partikularfälle —
eine schätzbare Kontrole für den nachher mittelst ganz neuer Methode zu
gewinnenden exakten Wert des x. Sodann auch werden wir hierbei durch
einen Zufall geführt zur Entdeckung merkwürdiger Sätze.
Nach 14) haben wir: und da, nach dem
Aussagenschema ο) S. 41, ΣΠ ⋹ ΠΣ ist, so muss sein:
— vergleiche 26) des § 25, also nach 12): 1 ; (ă ɟ 1')b ⋹ x, was die frag-
liche untere Grenze kund gibt.
Um eine obere Grenze zu finden, schreiben wir ebenfalls nach 14):
. Hierin ist es nun nicht gestattet, die
geschweifte Klammer zu ignoriren. Ihre Unterdrückung läuft vielmehr auf
eine Verschiebung derselben hinaus und muss Übergeordnetes liefern nach
dem Schema {Πa} ; b ⋹ Πa ; b, welches = Π{a ; b} bedeutet. Folglich ist:
— cf. Aufg. 8. Aber wegen i ; b = i · 1 ; b und 1 ; i1' = ĭ ; 1' = ĭ lässt sich
das erste Glied umwandeln in ĭ · 1 ; b und entsteht:
x⋹Πiĭ ; (1' + a ; b) · (1 ; b + Πiĭ ; a ; b) = {0 ɟ (1' + a ; b)}(1 ; b + 0 ɟ a ; b) =
= 0 ɟ a ; b + {0 ɟ (a ; b + 1')} · 1 ; b.
Hierin ist jedoch das erste Glied, als im zweiten enthalten, auch unter-
drückbar; denn wir haben sowol 0 ɟ a ; b ⋹ 0 ɟ (a ; b + 1'), als auch 0 ɟ a ; b ⋹
⋹ a ; b ⋹ 1 ; b. Es bleibt mithin das zweite Glied als die gesuchte obere
Grenze und ist im Ganzen sichergestellt, dass sein muss:
1 ; (ă ɟ 1')b ⋹ x ⋹ {0 ɟ (a ; b + 1')} · 1 ; b = 0 ɟ (a ; b + 1 ; b · 1').
Versuche, den exakten Wert unsres x zu ermitteln, müssen daran
scheitern, dass man beim letzten Ausdruck des x das Πi auf keine Weise
aus der geschweiften Klammer in äquivalenter Transformation heraus-
zubringen vermag, und ebensowenig imstande ist, beim erstern Ausdrucke
[512]Elfte Vorlesung.
für x, wie er oben behufs Ermittelung der unteren Grenze aufgestellt
worden, das Σi vor das zu schieben.
Etwas derartiges gelingt nur durch ein Verfahren, das eine gewisse
Kühnheit besitzt:
Die Methode besteht darin: auch mit unendlich (oder unbegrenzt)
vielfachen Produkten Π zu operiren, ja sogar mit einem solchen,
dessen Π-zeichen eventuell ein Kontinuum bilden würden (sofern man
es ausführlich hinschreiben wollte), indem etwa jedem Punkte der Ge-
raden ein Π nach einer eigens benannten Produktationsvariabeln zu ent-
sprechen hat! Auch auf derartige Produkte und Summen dürfen wir
unbedenklich die Schlussweisen übertragen und anwenden, die unsre
auf dem dictum de omni beruhenden Aussagenschemata gewährleisten.
Solches geschieht an dieser Stelle in der gesamten Mathematik wol
erstmals. Ich will deshalb den Studirenden heuristisch den Gang führen,
auf welchem sich die Methode mir aufdrängte.
Ich versuchte zunächst den Partikularfall y unsres Problems, wo die
Lösung gelang, dahin zu erweitern, dass ich — als nächste Unteraufgabe —
zu ermitteln suchte:
.
Wir haben:
.
Nun ist aber:
,
nämlich gleich 0 für (m ≠ k)(n ≠ k), weil dann unter andern ein Faktor
mit uh k = 0, uh m = 1, uh n = 1 vorkommen wird, und gleich 1 für
(m = k) + (n = k). Folglich:
zh k = ΠmΠn(1'k m + am i + 1'k n + an j) = Πm(1'k m + am i) + Πn(1'k n + an j) =
= (1' ɟ a)k i + (1' ɟ a)k j = {(1' ɟ a) ; i + (1' ɟ a) ; j}k h,
womit gefunden ist:
z = (ĭ + j̆) ; (ă ɟ 1').
Wenn nun die Lösung unsrer Aufgabe 12 unschwer gelang für den
Fall, wo b = i ein Element ist, sowol als auch für den, wo b = i + j ein
System von zwei Elementen vorstellt, so ist nicht abzusehen, warum sie
nicht auch für den Fall gelingen sollte, wo b = b ; 1 System überhaupt,
mithin eine Summe von irgendvielen Elementen ist, die eventuell als Punkte
auch kontinuirlich eine Strecke ausfüllen. Man bemerkt sogleich, dass die
Untersuchung lediglich quantitativ sich muss verallgemeinern lassen, und
in der That werden wir finden:
.
[513]§ 29. Verfahren um ein Σ vor ein Π zu rücken.
Zurückblickend auf zh k nimmt man wahr, dass unsre Schlüsse nicht durch-
führbar gewesen wären, wenn wir — was a priori angängig gewesen —
für den laufenden Zeiger n des letzten Π den nämlichen Buchstaben m
verwendet hätten, wie für den des vorhergehenden Π.
Wenn dagegen in einer aktuellen Summe alle Glieder Produkte Π
sind mit von einander unabhängigen eigens benamten Zeigern, so ist es
ohne weiteres gestattet, diese sämtlichen je mit ihrem Zeiger als Suffix
behafteten Π nach links voranzuschieben, und diese Wahrnehmung wird
sich auch für eine symbolisch mittelst Σ dargestellte Summe verwerten
lassen müssen.
Wir wollen nunmehr die vorstehende Formel links S. 512 unten (von
der die rechts nur ein Spezialfall ist) wirklich ableiten — indem wir das
gesuchte Π nach u etwa s nennen — weil uns dies Veranlassung geben
wird, unser Verfahren zu schematisiren.
Dabei ist es bequem, für das System b ; 1 = b die im § 27 gewonnene
Darstellung als b = Σi bii oder kürzer zu benützen, wobei man
sich nur gegenwärtig zu halten hat, dass die Summe nach i, bei deren
Σ der Zeiger nicht als Suffix angehängt ist, sondern wo er (ad hoc)
darunter geschrieben erscheint, nicht die volle, sondern eine irgendwie ge-
gebene (begrenzte oder unbegrenzte) Erstreckung aus dem Denkbereich 11
der Elemente haben soll. Für
.
Hiermit ist ohne einen neuen Gedanken nichts anzufangen, weil man
auf keine Weise das Πm vor die und damit vor das zu bringen ver-
mag. Der den Erfolg herbeiführende (bereits angedeutete) Gedanke aber
ist der, den wir nun im Haupttext allgemein formuliren und mit seinem
dualen Gegenstück konfrontiren wollen — ohne übrigens mit Worten zu-
meist das letztere mit zu berücksichtigen.
Hat man eine Σi von einem Πm eines allgemeinen Terms f(i, m)
und man wünscht aus irgend einem Grunde in äquivalenter Umformung
das Σ hinter das Π zu schieben, so ist dies ohne weitres nicht angängig.
Wegen ΣΠ ⋹ ΠΣ ginge solches vielmehr ja nur in dem Ver-
fahren des Ziehens von abgeschwächten Schlüssen an — sofern man
eben mit solchen sich begnügen mag. Andernfalles jedoch hindert
nichts: in jedem andern Gliede der Σi den laufenden Zeiger des Πm
anders zu bezeichnen, das ist: alle diese Zeiger als mι (m mit dem
Suffixe Iota) „zu differenziiren“ — wobei nur zu unterstellen ist, dass ι
„parallel“ mit i sich ändert.
Es erscheint nahegelegt, für ι den Buchstaben i selbst zum Suffixe
für m zu nehmen. Abgesehen davon, dass mi bereits eine schon ander-
weitig feststehende Bedeutung als Relativkoeffizient des Elementes m in
§ 27 gewonnen hat, wäre aber solches doch nicht angängig. Wie bald zu
Schröder, Algebra der Relative. 33
[514]Elfte Vorlesung.
sehen, darf — wofern die Operationen Erfolg haben sollen — für ι über-
haupt nicht ein den Namen i enthaltendes Symbol — wie φ(i) — ge-
wählt werden!
Dies wird den Vorteil bringen, dass wir alsdann jedes einzelne
nach einem bestimmten mι zu nehmende Π voranschieben dürfen vor
unser Σ. Es wird sich das wichtige Schema rechtfertigen lassen:
39) ,
durch welches der Erfolg erzielt ist, alle Π vor das Σ gebracht zu
haben.
Der Bequemlichkeit des Druckes zuliebe haben wir hier die Zeiger i
und m so angesetzt, als ob sie als Elemente die volle Erstreckung über
11 hätten. Dies ist ja gewiss zulässig. Indessen ist es für die Geltung
unsres Schemas keineswegs erforderlich. Vielmehr dürften i und m auch
irgendwie gegebene Erstreckungen im Denkbereiche 11 haben — die Er-
streckung von m natürlich von vornherein als unabhängig von i, für jedes
i die gleiche, vorausgesetzt, und auch auf jedes mι übertragen, d. h. einem
jeden von diesen wiederum zugeschrieben (eine Beschränkung, von welcher
sogar der letzte Teil eines jeden der beiden Doppelschemata unabhängig
ist). M. a. W. wir dürften auch für Σi oder für Πm etc. schreiben.
Ja unser Schema bliebe auch in Kraft, wenn die beiden Zeiger, oder
einer von ihnen, gar keine Elementbuchstaben wären, sondern als ein u
oder v ihre Erstreckung im Denkbereiche 12 hätten. Doch wollen wir auf
letztre Möglichkeiten an dieser Stelle nicht näher eingehn.
Der letzte Teil unsrer Schemata bedarf noch der Erläuterung,
muss vor seiner Begründung erst verstehen gelernt werden.
Wenn ι (parallel mit i) etwa eine Wertenreihe 1, 2, 3, … zu
durchlaufen hätte, so würde sich die Bedeutung des rätselhaften Ope-
rators vor dem letzten Σi in 39) dadurch erklären lassen, dass man
diesen in der gewöhnlichen Schreibung ausführlich, explizirt hinsetzte
— unter Nichterwähnung des allgemeinen Terms oder Faktors näm-
lich, in Gestalt von:
ihn als das Produktationssymbol für ein (eventuell unbegrenzt) „viel-
faches Produkt“ definirte. Und ebenso wäre
weiter nichts als wie das Summationssymbol zur Andeutung einer
„mehrfachen Summe“.
Da letztere unzweifelhaft dem mehrfachen Produkte dual entspricht,
so sieht man zunächst, dass in der neuen Symbolik (die zur Abkürzung
[515]§ 29. Methode der differenziellen Parallelbezeichnung.
schon hier fast unentbehrlich sich zeigt) das Πι ausnahmsweise nicht in Σι
dual darf umgeschrieben werden, sondern als Πι verharrend auch in das
duale Gegenstück des Schemas eingehen muss.
Ob die Theorie jemals auch von Symbolen, wie ,
wird Gebrauch zu machen haben, durch welche von den Π resp. Σ nach
mι nur gewisse, irgendwelche, aber mindestens eines, gesetzt würden, muss
ich dahingestellt sein lassen.
Von den gegebnen Darstellungen oder Ausdrucksweisen sind die letzten
rechts minder gut, vielleicht irreführend, aus dem Grunde, weil ja das
zusammengesetzte Suffix m1m2m3 … eines Π oder Σ nicht ein wirkliches
Produkt sein soll (weder ein identisches noch ein relatives), sondern kon-
ventionell steht für die „Reihe“ m1, m2, m3 … (cf. S. 24).
Freilich weist auch unser Πι ebensowenig auf ein wirkliches Produkt
hin, sondern nur auf eine Succession von Zeichen (der dahinter in Klammer
gesetzten Art), die eventuell auch ein Kontinuum werden mag.
Wenn (nämlich, resp.) nun aber das ι parallel mit i ein Konti-
nuum von Werten zu durchlaufen hat, wie etwa die sämtlichen Punkte
einer Strecke, so kann man die Bedeutung des nicht mehr
explizirt hinschreiben. Die Arithmetik gewährt freilich das Mittel,
indem sie jene Punkte den reellen Zahlen eines Intervalles zuordnet,
sie allesamt und unterscheidend, zu benennen! Seien etwa mι die jenen
Punkten ι entsprechenden Zahlen.
Alsdann kann man aber zur Erklärung unsres Symboles doch nur
sagen: dasselbe schreibe vor, dass für jeden Punkt ι der Strecke ein
gesetzt gedacht werden solle.
Die Reihenfolge in der solche Π nach verschiednen Zeigern genommen
werden (wenn man überhaupt, was oft gar nicht nötig, dieselben in eine
bestimmte Folge gebracht denken will), ist bekanntlich ohnehin belanglos.
Denn — nach dem hinreichend weit gefassten dictum de omni: was bei
jedem m für jedes n gilt, muss denknotwendig auch bei jedem n für jedes m
gelten, etc.
Zur Begründung unsres Schemas 39) linkerhand wollen wir uns
aus didaktischen Gründen zuerst wieder an den Fall einer diskreten
Wertenreihe der i und ι halten, indem wir zu den Werten A, B, C, …
oder auch i1, i2, i3, … von i bezüglich den Namen m1, m2, m3, …
für den laufenden Zeiger m des Πm wählen. Alsdann ist die linke
Seite unsres Schemas linkerhand:
.
Zur Rechtfertigung ist blos zu bemerken, dass die Gesamtheit der
Glieder von L, welche dem Π nach einem bestimmten mλ vorangehen oder
folgen, diesen Zeiger mλ gar nicht enthält und als Konstante hinsichtlich
desselben mit a oder b ad hoc bezeichnet werden kann. Alsdann ist zur
33*
[516]Elfte Vorlesung.
Transformation von L in R blos erforderlich, für jedes einzelne der diffe-
renziirten (d. i. verschieden benannten) m das Schema anzuwenden:
a + Πmf(m) + b = Πm{a + f(m) + b},
wonach das Πm auch über den vorangehenden oder nachfolgenden kon-
stanten Addenden miterstreckt werden darf. Ebendieses Schema — vergl.
26) S. 100 — war aber aus dem Aussagenschema λ) S. 40 leicht zu recht-
fertigen.
Ähnlich hätte man für das Schema 39) rechterhand:
. —
Das hier Gesagte soll nun aber nicht blos — etwa durch Schluss der
vollständigen Induktion — für eine beliebige diskrete Wertenreihe
der i und ι gerechtfertigt und statuirt sein (für die wir es vorstehend
sozusagen nur illustrirt haben), sondern es soll nach dem dictum de
omni für alle i, ι schlechthin in Anspruch genommen werden.
Wenn nunmehr die i, ι auch ein Kontinuum von Werten etwa
sollten zu durchlaufen haben, so wird man sich doch für einen jeden
iλ, λ ihrer Werte darauf berufen dürfen, wie aus β) S. 37 beweisbar
gewesen, dass nach 18) S. 98 jeder Term einer „Σ“ auch darstellbar
ist als wirkliches Glied einer (binären) „Summe“ (im engsten Sinne),
deren andres Glied alsdann, als unabhängig von dem in jenem Term
auftretenden m mit a bezeichnet, dem Schema Πmf(m) + a = Πm{f(m) + a}
unterworfen sein muss. Etc. q. e. d.
Schliesslich sieht man, dass unser Schema falsch und illusorisch
würde, wollte man den Zeigernamen mι durch mi, oder überhaupt ein
φ(i), ersetzen. Denn in seinem letzten Teile würde alsdann Σif(i, mi)
als allgemeiner Faktor der Π auftreten, und dieses müsste einen von i
gänzlich unabhängigen Wert aufweisen, sintemal der Buchstabe i darin
blos als Stellvertreter funktionirt für die ihm aus dem Erstreckungs-
bereich des i beizulegenden Werte. Es könnte darnach auch mi als
solches in seinem ausgewerteten Ausdrucke nicht mehr vorkommen.
(Analog wie ein bestimmtes Integral unabhängig ist von seiner Inte-
grationsvariablen!) Darnach käme der dem Term vorangehende Operator
ganz in Wegfall, gemäss dem Tautologiegesetze Πa = a,
und unser Schema müsste sich noch ausserordentlich vereinfachen!
Dass solche Vereinfachung im Allgemeinen nicht zulässig, würde sich
exemplificando darthun lassen.
In Nutzanwendung unsres Schemas auf unsre Unteraufgabe erhalten
wir nun:
[517]§ 29. Anwendung zur Lösung einer Produktiraufgabe.
.
Wieder ist jedoch leicht unmittelbar zu sehen, dass
40)
sein muss, was für den Fall, dass auch nur eines der mι gleich k ist, in
Gestalt der Gleichung 1 = 1 ohne weitres einleuchtet, für den Fall da-
gegen, dass sämtliche mι der Summe nach i ungleich k sind, in Gestalt
der Gleichung 0 = 0 daraus zu erkennen ist, dass alsdann unter den zu-
lässigen Werten des u auch ein solcher sein wird, für welchen sowol
uh k = 0 als auch nach i (und dem parallel damit sich ändernden ι) jedes
, d. h. jedes zugleich ist, mithin ein Faktor des ver-
schwindet.
Darnach entsteht:
,
indem wir unser Schema 39) auch wieder rückwärts anwenden durften. D. h.
— womit in Übereinstimmung mit der obigen Angabe s = 1 ; b̆ ; (ă ɟ 1')
gefunden ist.
Nachdem jetzt die Methode zur Lösung kund geworden, wollen wir
anstatt der speziellen Aufgabe 12 lieber sogleich die allgemeinere Aufgabe
in Angriff nehmen und lösen, welche wir über Aufg. 8 charakterisirt haben.
Vorausbemerkt sei jedoch zur Stelle, dass durch Spezialisiren des Er-
gebnisses dieser allgemeineren Untersuchung sich die Lösung unsrer Aufg. 12
unschwer ergeben wird als:
x = 1 : (ă ɟ 1')b.
D. h. die S. 511 für x ermittelte untere Grenze stellt im vorliegenden
Falle den exakten Wert dieser Unbekannten vor. Damit stimmt denn be-
greiflicherweise die durch die Vorausbestimmung jener Grenzen gegebne
Kontrole für unser Ergebniss.
Ebendieses gibt auch für die schon zum voraus erledigten partikularen
Fälle des Problemes deren Resultate richtig wieder. So ohne weiteres für
a = 0. Steht dagegen b1' für b, so muss eingesehen werden, dass:
1 ; (ă ɟ 1')b1' = 0 ɟ (a0' + b1')
ist. Zu dem Ende kann man nach einem (ich greife ein wenig vor) dem-
nächst statuirten Satze 47), 46) die linke Seite zerlegen in 1 ; (ă ɟ 1')1' =
= 1 ; (1' ɟ a)1' = 0 ɟ (a + 1') und 1 ; b1' = 0 ɟ (b + 0'), so wird sich das
Produkt dieser beiden Ausdrücke 0 ɟ (a + 1')(b + 0') als die rechte Seite
darstellen, q. e. d.
[518]Elfte Vorlesung.
Wenn endlich b ; 1 für b steht, so hat man sofort: 1 ; (ă ɟ 1')(b ; 1) =
= 1 ; b̆ ; (ă ɟ 1), q. e. d. —
Zuweilen gelangt man auch, indem man einen Fehler macht, zu inter-
essanten Sätzen! Ich hatte bei der weiter unten gegebnen Ableitung des x
durch ungenaue Reminiszenz der Sätze 27) des § 26 mich verleiten lassen
(ĭ ɟ a) ; b fälschlich umzuwandeln in ĭ ɟ a ; b und war dadurch zu dem Werte
0 ɟ (a ; b + 1') für x gelangt, mit welchem von den vier vorstehenden Kon-
trolen, mit Ausnahme der letzten, alle stimmten. Merkwürdigerweise nament-
lich liegt dieses fehlerhafte Resultat ebenfalls richtig zwischen den vor-
ermittelten beiden Grenzen, und indem man dieses kontrolirt, gewinnt man
sehr bemerkenswerte Sätze.
Wir müssen in der That haben:
1 ; (ă ɟ 1')b ⋹ 0 ɟ (a ; b + 1') ⋹ 0 ɟ (a ; b + 1' · 1 ; b).
Da der Major bereits in {0 ɟ (a ; b + 1')}{0 ɟ (a ; b + 1 ; b)} = x · (0 ɟ 1 ; b) =
= x · 1 ; b zerlegt worden, so ist aus x ⋹ x · 1 ; b nur noch x ⋹ 1 ; b dar-
zuthun, was mit: 0 ɟ (a ; b + 1') ⋹ 0 ɟ (1 ; b + 1') = 0 ɟ 1' + 1 ; b = 1 ; b folgt.
Wertvoller ist, was der Minor, die erste Teilsubsumtion unsrer Doppel-
subsumtion lehrt. Diese kann nach dem ersten Inversionstheoreme äqui-
valent umgeschrieben werden in 1 ; 1 ; (ă ɟ 1')b ⋹ a ; b + 1', oder also in den
ersten Satz des folgenden Gespannes:
41)
dessen konjugirte Sätze, mit einander und schon anderweitig Bekanntem
vereinigt, uns gestatten, das relative Produkt und die relative Summe
zwischen folgende Grenzen einzuschliessen:
42)
Behufs Beweises aus der Koeffizientenevidenz des ersten Satzes 41)
haben wir, die rechte Seite auf 0 bringend, zu zeigen dass:
0' · 1 ; (ă ɟ 1')b · (ā ɟ b̄) = 0, also 0'i jΣhΠk(ak h + 1'k j)bh jΠl(āi l + b̄l j) = 0
ist, oder also ΣhΠk l0'i j(ak h + 1'k j)(āi l + b̄l j)bh j = 0.
Da j ≠ i, k ≠ j in den effektiven Gliedern und Faktoren sein muss,
so ist jedenfalls der Wert k = i vertreten und wird für jedes h ein Faktor
des Πk l bei k = i, l = h als 0'i j(ai h + 1'i j)(āi h + b̄h j)bh j gleich 0, mithin
verschwindet jedes Glied der Σh, q. e. d.
A fortiori ist natürlich auch:
0'{a(1' ɟ b̆) + (ă ɟ 1')b} ⋹ a ; b, also z. B. 0'(ă ɟ 1')b(ā ɟ b̄) = 0
womit gewisse identische Produkte nachgewiesen sind als solche,
die allermindestens enthalten sein müssen im relativen Produkte. Etc.
[519]§ 29. Anwendung zur Lösung einer Produktiraufgabe.
Aufgabe 13. Gesucht , wie in 38) S. 508.
Sie begreift die vorhergehenden Aufgaben 8 bis 12 als Sonderfälle unter
sich — die 9 und 10 allerdings nicht voll, sondern nur mit deren hervor-
gehobnem Unterfalle. Wir haben — demnächst kraft 39):
und frägt sich zunächst, welchen Wert dieses letzte besitzt. Hierbei ist
zu beachten, dass die mι nicht konstant bezüglich i sind, sondern in der
Σi parallel mit i von Glied zu Glied wechseln.
Sofern nach ι alle mι ungleich k sind, wird uh k = 0 neben nach ι
allen vorkommen und unser verschwinden.
Sind jedoch nach ι einige mι gleich k, so wird in den zugehörigen
Gliedern der letzten Σi der Faktor gegen den Summanden uh k
fortfallen und als unveräusserlicher Bestandteil des allgemeinen
Faktors in unserm auftreten, auf diesen aber auch das ganze sich
reduziren, weil neben uh k = 0 auch die übrigen (in denen mι von k
verschieden) = 0 vorkommen werden — sintemal ja für u alle erdenk-
lichen Werte aus 12 gesetzt werden sollen. Also muss sein:
43) ,
was auch für den vorhergehenden Fall den richtigen Wert 0 wiedergibt.
Die Summe rechterhand dürfte selbstverständlich nicht nach dem Schema 12)
der S. 121 zu einem einzigen Gliede reduzirt werden, weil in ihr mι nicht
bezüglich i konstant ist, sondern seine Bedeutung parallel mit i wechselt;
diese Summe kann vielmehr der effektiven Glieder beliebig viele haben.
Damit wird:
,
wenn wir unser (oben vorwärts angewendetes) Schema 39) nun wieder
rückwärts anwenden.
Nun kann man cm i = c̆i m = (i ; c̆)h m = (c ; i)m k nach Belieben schreiben,
den Term auch tautologisch verdoppelt ansetzen und für den einen die
vorletzte, für den andern die letzte Form wählen. Je nachdem ergibt sich:
Πm(bh m + cm i + 1'm k) = {(b + ĭ ; c̆) ɟ 1'}h k = {b ɟ (c ; i + 1')}h k = {(b + ĭ ; c̆) ɟ (c ; i + 1')}h k,
und da auch noch ah i = (a ; i)h k, di k = (ĭ ; d)h k, so wird:
xh k = Σi[a ; i · {(b + ĭ ; c̆) ɟ (c ; i + 1')} · ĭ ; d]h k
oder also:
x = Σia ; i · {(b + ĭ ; c̆) ɟ (c ; i + 1')} · ĭ ; d,
wo von den beiden Termen ĭ ; c̆ und c ; i auch nach Belieben der eine oder
[520]Elfte Vorlesung.
der andre (aber nicht beide) unterdrückbar. Man mag etwa als das Ein-
fachere für unser Ergebniss schreiben:
44) x = Σia ; i · {b ɟ (c ; i + 1')} · ĭ ; d.
Damit ist x zwar noch nicht völlig in geschlossener Form dargestellt,
aber doch das Π nach u von der zweiten auf eine Σ nach i der ersten
Stufe oder Ordnung reduzirt.
Dieser letzteren jedoch lässt sich sogleich auch die noch einfachere
Form geben:
45) x = Σii · a{b ɟ (c + i)} ; d
— worin wiederum der Summand i auch von c abgetrennt und als Sum-
mand ĭ zu b geschlagen werden dürfte.
Dies lässt sich einerseits leicht verifiziren, indem man auch für letztres x
den allgemeinen Koeffizienten xh k aufstellt; als solcher stellt sich in der
That — nur l für i gesagt — sogleich der vorletzte Ausdruck von xh k
heraus.
Andrerseits kann man auch den letzten Ausdruck 45) des x aus dem
vorhergehenden 44) systematisch ableiten — mittelst Durchgangs durch
eine Doppelsumme. Zu dem Ende schreiben wir in 44) den mittleren Faktor
als (b + ĭ ; c̆) ɟ 1' in der Form e ɟ 1' an und wählen von den vier Dar-
stellungen über die wir nach 14) oder 17), 16) oder 22), und 18) für
e ɟ 1' verfügen:
e ɟ 1' = Πj(e ; j + j̆) = Πj(e ɟ j̄ + j̆) = Πj(e ɟ j + j̄̆) = Σj(e ɟ j)j̆
die letzte, weil alsdann die beiden Summationszeichen unmittelbar ver-
tauscht werden dürfen.
Dann wird aber: (b + ĭ ; c̆) ɟ j = b ɟ (c ; i + j) = b ɟ (c + j) ; i = {b ɟ (c + j)} ; i
wegen j = j ; i, etc. sein, und wir erhalten:
x = Σjj̆ · Σia ; i · {b ɟ (c + j)} ; i · ĭ ; d =
= Σjj̆ · Σia{b ɟ (c + j)} ; i · ĭ ; d = Σjj̆ · a{b ɟ (c + j)} ; d,
was abgesehen von der Bezeichnung der Summationsvariabeln die Dar-
stellung 45) von x ist.
[Zu berücksichtigen waren vorstehend die Sätze (wegen i = i ; 1) 10)
des § 27, 10), sodann 27) und 26) des § 25, zuletzt 14).]
Der Kontrolen für unser Ergebniss sind nun viele.
Vor allem wollen wir die schon kontrolirte Lösung der Aufgabe 12
aus ihm ableiten. Zu dem Ende ist in 45) a = 1, b = 0 zu nehmen,
hernach a und b für c und d zu schreiben. So entsteht zunächst:
x = Σiĭ · {0 ɟ (a + i)} ; b = Σiĭ · (ĭ ɟ a) ; b = Σiĭ · ĭ ; (1' ɟ a) ; b,
vergleiche 32) des § 25, nebst 25). Also nach 26):
x = 1 ; {(1' ɟ a) ; b}1' = 1 ; 1'{b̆ ; (ă ɟ 1')},
weil 1'c = 1'c̆. Nun gilt der bemerkenswerte Satz:
[521]§ 29. Lösung einer Produktiraufgabe.
46)
dessen (hier benötigte) zweite Formel links sich aus der Koeffizienten-
evidenz beweist mittelst:
Li j = Σl1i lΣhal hbh j1'l j = Σhaj hbh j = Σh1ih(ăb)h = Ri j.
Dieser Satz gehört einer Gruppe von Sätzen an, die sich auf
Relative der Form 1'a ; 1, etc. beziehen und von denen wir einige be-
reits unter 24), 25) des § 22 kennen gelernt haben (S. 335), einen
Sonderfall in Gestalt von 30). Dazu gehört auch noch — als aus
ai ibi i = (ab)i i einleuchtend:
47)
was auch sofort auf mehr als zwei Terme ausdehnbar.
Nach 46) ist denn nun als Lösung der Aufg. 12: x = 1 ; (ă ɟ 1')b,
wie oben S. 517 angegeben, gefunden.
Und damit hätten wir denn schon einige Kontrolen des in der Gleich-
setzung der Werte von x aus 38), 44) und 45) bestehenden Hauptresul-
tates unsrer Untersuchung:
48) .
Als fernere Kontrolen seien dem Studirenden überwiesen: die Her-
leitung der übrigen Produktwerte, welche in Aufg. 8 bis 11 unter das
Schema unsrer Aufg. 13 fallen, aus diesem die letztre lösenden Ergebnisse.
Für d = 1' gelangt man dabei zu einem Satze:
49) Σi{b ɟ (c ; i + 1')}ĭ = b ɟ (c + 1'),
der aus der Koeffizientenevidenz erweislich.
Weiter, nachdem ein Resultat der Form Πv = Σw gefunden ist, so
muss wegen w ⋹ Σw ⋹ Πv ⋹ v sich w ⋹ v bewahrheiten. In unserm
Falle lassen in der That die beiden Subsumtionen:
49a) a ; i · {b ɟ (c ; i + 1')} · ĭ ; d sowie ĭ · a{b ɟ (c + i)} ; d ⋹ u + a{(ū + b) ɟ c} ; d
als für jedes Element i und jedes binäre Relativ u bei irgendwelchen
a, b, c, d gültige sich aus der Koeffizientenevidenz rechtfertigen. Dazu
empfiehlt es sich, das Glied u als Faktor ū nach links zu werfen und e
für ū zu schreiben. Dass alsdann (vergl. xh k S. 519):
ah iΠm(bh m + cm i + 1'm k)di keh k ⋹ Σlah lΠm(eh m + bh m + cm l)dl k
ist, sieht man so. Rechts kommt bei l = i das Glied vor:
ah iΠm(eh m + bh m + cm i)di k,
welchem bereits die linke Seite als eingeordnet nachweisbar, indem für
[522]Elfte Vorlesung.
alle m ≠ k schon jeder Faktor des Πm links ⋹ dem entsprechenden in
diesem Gliede rechts: bh m + cm i ⋹ eh m + bh m + cm i, für m = k aber wenigstens
1 · eh k ⋹ eh k + bh k + ck i ist, q. e. d.
Endlich würden sich auch für unser x in 38) auf verschiedne Weise
wieder Grenzen ermitteln und mit diesen der gefundne exakte Wert des x
sich kontroliren lassen. Dass alle Kontrolen stimmen, wird das Zutrauen
in unser Schema 39) festigen.
Der Sonderfall b = 0 wird für die von uns beabsichtigten Anwen-
dungen der Formel 48) besonders wichtig und zeichnet sich dadurch aus,
dass in ihm die Summationen nach i sich (in geschlossner Form) „aus-
führen“ lassen. Zunächst entsteht bei Vornahme noch eines kleinen Buch-
stabenwechsels:
,
welcher gesuchte Wert y heisse. Nun wird:
0 ɟ (b ; i + 1') = ĭ ; b̆ ɟ 1' = ĭ ; (b̆ ɟ 1'), 0 ɟ (b + i) = ĭ ɟ b = ĭ ; (1' ɟ b)
— vergl. 27) des § 25, und 25). Darnach kommt resp.
y = Σia ; i · ĭ ; (b̆ ɟ 1')c = Σiĭ · a{ĭ ; (1' ɟ b)} ; c = Σia ; {(b̆ ɟ 1') ; i}c · ĭ
— erstres wegen 26) des § 25. Der Wert der ersten Summe lässt sich
sogleich nach meinem Satze 14) ausgerechnet hinschreiben als a ; (b̆ ɟ 1')c.
Und für den (zweiten oder) dritten Summenausdruck das Summations-
problem sogleich verallgemeinernd haben wir überdies den Satz:
49b) Σia ; (b ; i)c · ĭ = a ; bc,
der mit
Lh k = Σi l mah lbl mim kcl kik h = Σi l mah lbl m1'i mcl k1'i k = Σlah lbl kcl k = Rh k
sich auch unmittelbar beweist.
Nach seinem Schema ergibt sich der gleiche Ausdruck für y wie
vorhin, sodass doppelt gefunden ist:
50)
Wir schreiten nunmehr zur Nutzanwendung auf unsre Inversionsprobleme;
sie wird uns beim zweiten ein sehr wichtiges Ergebniss liefern.
Aufgabe 14. Gesucht sei
51) .
Daraus geht dann, indem man nur ac ; b für a setzt, mit Leichtigkeit auch
der Wert des Produktes
hervor, indem in der That dadurch a · c ; b in ac ; b · c ; b = ac ; b verwandelt
wird — wogegen y aus dem letzten Produkte abzuleiten nur bedingungs-
weise möglich sein würde. Wir nehmen daher die Aufgabe besser in ihrer
obigen Form in Angriff.
[523]§ 29. Diskussion des Π der Wurzeln des Inversionsproblems.
Auflösung. Als allgemeine Lösung der Subsumtion a · c ; b ⋹ xc ; b
haben wir nach 11) des § 19:
x = u + a(c ; b){(ū + c̄) ɟ b̄} ; b̆,
worin das b̆ auch durch 1 ersetzbar. Hiervon das Π nach u genommen
gibt — mit Rücksicht auf die letzte Bemerkung — nach den Schemata 48):
51a)
sintemal ĭ ; 1 = 1 ist.
Hervorragendes Interesse bietet uns der Fall c = 1, wo wir für die
allgemeine Wurzel x der Subsumtion des zweiten Inversionsproblems
a · 1 ; b ⋹ x ; b nach den Ergebnissen des § 18 [unter Meidung der dem
Fehlerverzeichniss verfallenen Formel 26)] die Ausdrucksformen haben:
52)
deren drei erste nach Schema 27) des § 25 auf je eine der zwei letzten
(und somit zum Teil auch aufeinander) zurückführbar sind.
Demgemäss ergeben sich nun auch für die Gemeinheit y jener Wurzeln
nach 5) die Ausdrücke:
53)
bezüglich deren Ähnliches zu bemerken wäre. Die Gleichheit der beiden
letzten von diesen beruht auf dem Satze 15) S. 210, wonach wir, b̆ mit b
vertauschend, haben: a ; (b̄ ɟ 1')(b ; 1) = a ; (b̄ ɟ 1')b, weil eben (b̄ ɟ 1') · b ; 1 =
= (b̄ ɟ 1')b. Für Letztres, was zeilenrechnerisch leicht zu erweisen, kann
man auch den Beweis per Koeffizientenevidenz geben mit:
Li j = Πk(b̄i k + 1'k j)Σlbi l, Ri j = Πk(b̄i k + 1'k j)bi j.
Da im Πk nun k ≠ j sein muss, so gibt bei l ≠ j uns k = l einen effek-
tiven Faktor, wobei in Li j sich b̄i l mit bi l vernichtet, und bleibt sonach
von der Σl in jenem nur das Glied mit l = j stehen, worauf Li j mit Ri j
übereinstimmt, q. e. d.
Unser Ergebniss ist also, dass:
54) .
Da dieses Πx jedem der x eingeordnet sein muss, so wird sich
nun auch der Satz zu bewahrheiten haben:
55)
Beweis. Aus der Prämisse links folgt:
a(1 ; b) ; (b̄̆ ɟ 1') ⋹ x ; b ; (b̄̆ ɟ 1'), aber x ; b ; (b̄̆ ɟ 1') ⋹ x,
sintemal letzteres nach dem ersten Inversionstheoreme hinauskommt auf:
x ; b ⋹ x ɟ b ; 0', worin ein Zwillingssatz unsres Theorems 37) in § 28 zu
erblicken ist. Damit wird denn gemäss 51) die Behauptung a fortiori er-
wiesen sein. Jener lautet:
56)
und wird in der Fassung a ; b ; (b̄̆ ɟ 1') ⋹ a mit 58) weiter unten bewiesen
sein. Man kann ihn, mit dem vorigen zusammengefasst, sich etwa ein-
prägen in der Gestalt:
| a ; b ⋹ 0' ; a ; 0' ɟ 0' ; b ; 0' | (1' ɟ a ɟ 1') ; (1' ɟ b ɟ 1') ⋹ a ɟ b, |
wobei von den Zeichen 0' resp. 1' irgendwelche bis auf eines, was übrig
bleiben muss, unterdrückbar bleiben. —
Da weiter 52) die allgemeine Wurzel unsrer Subsumtion a · 1 ; b ⋹ x ; b
gewesen, so wird auch dieser das Π derselben, y = Πx, eingeordnet sich
zeigen müssen.
Dies gibt, wenn man das Glied u von rechts als Faktor ū nach links
wirft und dann c für ū sagt, den Satz:
57)
| a ; (b̄̆ ɟ 1')b̆ · c ⋹ a(c ɟ b̄) ; b̆ | etc. |
— womit die linke Seite dann auch a fortiori ⋹ a(c ɟ b̄) ; 1 sein wird.
Wir beweisen diesen, rechts auf 0 bringend, auch aus der Koeffizienten-
evidenz, als:
a ; (b̄̆ ɟ 1')b̆ · c{(ā + c̄ ; b) ɟ b̄̆} = 0.
Zu zeigen ist also, dass:
Σhai hΠk(b̄k h + 1'k j)bj hci jΠl(āi l + Σmc̄i mbm l + b̄j l) = 0
sein müsse, d. h. dass das allgemeine Glied dieser Σh verschwindet. Dieses
hat in der That einen verschwindenden Faktor, als welcher bei l = h her-
vortritt:
.
Denn es kommen zunächst die unterwellten Terme in Wegfall. Von der
Σm sodann wird das Glied, in welchem m = j ist, durch den Faktor ci j
zerstört. Die Glieder aber, wo m ≠ j ist, finden in dem nachfolgenden Π,
worie k ≠ j postulirt ist, mit k = m einen effektiven Faktor b̄m h vor, an
dem sie zerschellen, q. e. d.
Hienach werden denn alle Kontrolen unsres Ergebnisses 57) gestimmt
haben.
Sagt man jetzt a ; b für a, so wird sich zu den zwei für y in ge-
schlossener Form gefundenen Ausdrücken noch ein dritter angeben lassen
— der als ein identisches Produkt jenen für gewöhnlich vorzuziehen ist —
und zwar aufgrund des Satzes:
[525]§ 29. Diskussion des Π der Wurzeln des Inversionsproblems.
58) .
Beweis. Schreibt man die erste Zeile als L = M = R, so ist L = M
bereits mit der letzten Gleichung 53) gegeben; denn indem man dort a ; b
für a schreibt, wird sich der Faktor b̆ ; 1 des nunmehr dritten relativen
Faktors konvertirt als 1 ; b zum zweiten b schlagen lassen und in diesem
eingehen. Bleibt also noch M = R zu beweisen, wo
Mi j = Σh kai hbh kΠl(b̄l k + 1'l j), Ri j = ai jΣkΠl(b̄l k + 1'l j)bj k.
In Mi j verschwindet aber in der That jedes Glied der Σh worin h ≠ j
ist, weil dann in ihm bh k mit einem effektiven Faktor b̄h k des Πl zu-
sammentrifft, q. e. d.
Sonach erhalten wir an Stelle von 54) und 55):
59) ,
60)
Seiner Wichtigkeit halber wollen wir auch diesen letztern Satz noch-
mals — selbständig — beweisen.
Aus der Prämisse folgt:
a⋹x ; b ɟ b̄̆, also a · 1 ; (b̄̆ ɟ 1')b̆ ⋹ (x ; b ɟ b̄̆) · 1 ; (b̄̆ ɟ 1')b̆
und wird die Behauptung a fortiori erwiesen sein, sofern sich zeigen lässt,
dass dieses Prädikat selber ⋹ x sein muss. Nach 58), ferner 3) des § 19,
und wieder 58) haben wir in der That:
x̄ · (x ; b ɟ b̄̆) · 1 ; (b̄̆ ɟ 1')b̆ = x̄ · (x ; b ɟ b̄̆) ; b ; (b̄̆ ɟ 1') = x̄ · x ; b ; (b̄̆ ɟ 1') =
= x̄ · x · 1 ; (b̄̆ ɟ 1')b̆ ⋹ x̄x = 0.
Sehr wichtig ist nun aber die Bemerkung, dass der durch 60)
[oder 55)] verbürgte Schluss von der Voraussetzung oder linken Seite
der Aussagensubsumtionen auf die Behauptung oder rechte Seite der-
selben, nicht umkehrbar ist. M. a. W. Die Gemeinheit Π aller Wurzeln x
der Subsumtion a ; b ⋹ x ; b ist selbst im Allgemeinen keine Wurzel
derselben!
Die Aussagensubsumtionen 55), 60) haben also nicht die Kraft
von Gleichungen, oder: Durch äquivalente Transformation kann ein
relativer Faktor des Prädikats einer Subsumtion nicht isolirt werden
(sei es als Subjekt sei es) als Prädikat, sondern solches ist nur mittelst
Schlusses a fortiori (d. i. im abgeschwächten, besser: in abschwächendem
[526]Elfte Vorlesung.
Schliessen) möglich — im Gegensatz zum Falle des relativen Faktors
im Subjekte, wofür wir die so einfachen ersten Inversionstheoreme
hatten. Die — im Vergleich damit fühlt man sich versucht zu sagen:
„vertrakte“ — Gestalt, in der sich uns die zweiten Inversionstheoreme
boten, und aus der im Anwendungsfalle so viele Schwierigkeiten bei
den Untersuchungen erwachsen, ist hienach wol eine unumstössliche, mit
der man endgültig zu rechnen haben wird; sie erscheint im All-
gemeinen nicht durch eine einfachere oder handlichere Form ersetzbar.
Am schnellsten leuchtet das vorstehend Gesagte bei der Exemplifi-
kation auf b = 1 ein, wo sich andernfalles die Relation a ; 1 ⋹ x ; 1 als
mit der gar nichts sagenden Subsumtion 0 ⋹ x äquivalent erweisen müsste.
Soll — allgemein in a, b, x — der erste unsrer Schlüsse umkehrbar
sein, soll also (wie im Falle b = i) ein einfaches zweites Inversionstheorem
existiren, so ist die hinreichende (und notwendige) Bedingung dafür diese,
dass von a und b die Relation erfüllt sei (welche leicht als solche nach-
zuweisen):
61)
Trifft diese zu, so werden die genannten Formeln 55), 60) als Gleichungen,
Aussagenäquivalenzen gelten — und umgekehrt (weil man dann für x
selbst auch dessen Subjekt nehmen kann).
Aber auch die letzte Subsumtion 61) wird die Kraft einer Gleichung
besitzen, indem die Geltung der umgekehrten Subsumtion:
62) a ; b ; (b̄̆ ɟ 1') ; b ⋹ a ; b oder a ⋹ a ; b ɟ b̄̆ ɟ b ; 0' ɟ b̄̆
als einer Formel wie folgt erweislich.
Wegen a ; b ⋹ a ; b ist bekanntlich a ⋹ a ; b ɟ b̄̆, aber a ; b = (a ; b ɟ b̄̆) ; b ⋹
⋹ (a ; b ɟ b̄̆) ɟ b ; 0' nach 56), woraus durch beiderseitig relatives Nachaddiren
von b̄̆ nach Vorbemerktem a fortiori die Behauptung folgt.
Die erste Subsumtion 61) freilich gilt rückwärts nicht, wie schon die
Annahme b = 1 zeigt.
Vergleicht man die letzte Subsumtion in 61) mit der darüberstehen-
den, welche sich auch in die Form a ; b ⋹ a ; {b (1' ɟ b̄) ; 1}b setzten lässt,
während beide die Kraft von Gleichungen haben, so drängt sich die Be-
stätigung findende Vermutung auf, dass — a für b gesagt — der Satz
gelten möchte:
63)
Beweis. Li j = Σh lΠkai h(āk h + 1'k l)ai j, Ri j = ΣhΠkai h(1'
i k + āk h) ai j ·
Multiplizirt man in Li j das allgemeine Glied der Σh l mit (1'i l + 0'i l) das
= 1 ist — was auf die Unterscheidung der Fälle l = i und l ≠ i bei
deren Gliedern hinauskommt, so ergibt sich:
Li j = Ri j + Σh lΠk0'lai h(āk h + 1'l)al j.
[527]§ 29. Diskussion des Π der Wurzeln des Inversionsproblems.
Wegen l ≠ i und k ≠ l gibt aber k = i einen effektiven Faktor des Πh,
als welcher āi h mit dem vorhandenen ai h zusammentrifft. Es verschwinden
also für jedes h alle Glieder der Σl bei denen l ≠ i ist, und damit die
letzte Doppelsumme, d. h. es ist L = R, q. e. d.
Es kann an dieser Stelle nicht unsre Aufgabe sein zu untersuchen,
wie der Forderung 61) durch a und b auf die allgemeinste Weise zu ge-
nügen sei.
Aufgabe 15. Gesucht das Π und die Σ von allen Wurzeln x der
Gleichung x ; b = a ; b des dritten Inversionsproblemes.
Nach 19) des § 19 war dessen allgemeine Wurzel gegeben durch
64)
bedeutete, und sonach c ; b = a ; b sein musste.
Da , so hat man sofort:
65) .
Und da der Ausdruck 64) von x unter das Schema 38) fällt, so
werden wir, indem wir das Πx = y nennen, nach 44) und 45) auch so-
gleich haben:
66) ,
welche Summationen vorerst im Allgemeinen nicht weiter ausführbar er-
scheinen. —
Indem wir von diesen schwierigern Problemen wieder eine Stufe herab-
steigen, so sei auch noch als
Aufgabe 16. Gesucht Π und Σ nach u der allgemeinsten Funktion
identischen Kalkuls von u und ŭ, das ist also des allgemeinsten Aus-
druckes, welcher sich durch die vier von unsern 6 Spezies, als da sind:
die drei identischen Spezies und die Konversion, aus u ableiten lässt.
Dieser Ausdruck x kann bekanntlich in den beiden Formen angesetzt werden:
67) x = auŭ + buū̆ + cuŭ + dūū̆ = (a + ū + ū̆)(b + ū + ŭ)(c + u + ū̆)(d + u + ŭ),
deren zweite sich aus der ersten durch doppeltes Negiren ergibt. Die
erstre ist zur Ermittlung der Σ, die letztre zu der des Π geeignet. Nun
gilt der Satz:
68)
Die Formeln der ersten Zeile leuchten daraus ein, dass u = 1 und
u = 0 selbst als Werte von u im Erstreckungsbereiche vorkommen. Die
der zweiten Zeile leuchten zunächst nur als die Subsumtionen Σ ⋹ 0',
1' ⋹ Π aus 2) des § 8 ein. Dass aber bei der Σuū̆ auch jede Augen-
[528]Elfte Vorlesung.
Stelle von 0' ein Auge trägt, erhellt im Hinblick auf S. 139 daraus, dass
unter den Werten von u auch solche figuriren, welche die gedachte Stelle
unparig besetzt zeigen, wo sie dann auch in uū̆ ein Auge haben wird.
Etc. q. e. d.
Hienach ist denn sogleich:
69) .
Untersuchung 17. Als in methodologischer Hinsicht von Interesse
mag eine Nutzanwendung der Sätze 14) hier noch vorgetragen werden,
die ich von denselben behufs Lösung des dritten Inversionsproblemes zu
machen suchte zu einer Zeit, als mir dessen in § 19 gegebne definitive
Lösung noch verschlossen war. Obwol diese Anwendung nicht den
beabsichtigten Erfolg herbeiführte, erschloss sie doch den Einblick in
eine merkwürdige Umformung der Problemstellung und ist vielleicht
auch, nachdem das Problem schon anderweitig gelöst worden, selbst
in objektiver Hinsicht nicht ohne Wert.
Das allgemeine dritte Inversionsproblem des § 19, nämlich die Auf-
lösung der Gleichung x ; b = a ; b, lässt sich nach 14) nun auch in der Form
in Angriff nehmen:
70) Σix ; i · ĭ ; b = Σia ; i · ĭ ; b,
und liegt es nahe, diese Gleichung zunächst nach den x ; i als Unbekannten
aufzulösen.
Diese Aufgabe fällt unter das Schema der in Bd. 2, § 51 unter Aufg. 20
symmetrisch allgemein gelösten. Nach diesem Schema ergibt sich unschwer:
71)
— worin der Faktor ĭ ; b̄ zunächst als ī̆ ɟ b̄ auftrat.
Mit diesem Resultat stimmt bei beliebigem u auch die Probe 1 —
wobei nur zu berücksichtigen, dass Σiĭ ; b = 1 ; b und a ; b · 1 ; b = a ; b,
sowie dass nach 26) des § 25: ĭ ; b · ĭ ; b̄ = ĭ ; bb̄ = ĭ ; 0 = 0 ist, wonach
sich denn die linke Seite von 70) gleich a ; b · (ū ɟ b̄ + u ; b) = a ; b · 1
herausstellt, q. e. d.
Nennen wir nun die rechte Seite in 71) kurz c, so bleibt nach x nur
mehr die Gleichung aufzulösen:
72) x ; i = c.
Diese zerfällt in
x ; i ⋹ c und c ⋹ x ; i = x ɟ ī
mit Rücksicht auf 22) des § 25, und es lassen sich beide Teilsubsumtionen
nach dem ersten Inversionstheorem äquivalent transformiren wie folgt:
(c ⋹ x ɟ ī) = (c ; ĭ ⋹ x), (x ; i ⋹ c) = (x ⋹ c ɟ ī̆),
[529]§ 29. Zum dritten Inversionsprobleme.
wonach denn die Doppelsubsumtion
73) c ; ĭ ⋹ x ⋹ c ɟ ī̆
die gesuchte Auflösung darstellen wird, mithin der Gleichung 72) äqui-
valent sein muss.
Diese Äquivalenz mittelst vorgesetzten Πi für alle i in Anspruch ge-
nommen gibt:
74) Πi(x ; i = c) = {Σic ; ĭ ⋹ x ⋹ Πi(c ɟ ī̆)} = (Lu ⋹ x ⋹ Ru).
Wäre c konstant inbezug auf i, so würde Lu = Σic ; ĭ sich gleich c ; 1,
und Ru = Πi(c ɟ ī̆) sich gleich c ɟ 0 ergeben. Obgleich nun aber c als
Funktion von i gegeben ist und als solche ausdrucksvoller mit ci hätte
bezeichnet werden sollen, so lassen sich Lu und Ru, nämlich Subjekt und
Prädikat von x, doch in konziser Form evaluiren, indem man für Lu die
erste, für Ru die zweite Form von c aus 71) bequemer benutzt. Man findet
unter Anwendung bekannter Sätze:
75) .
Mit diesen Werten muss also sein:
76) ,
und gelingt es, hiermit die beiden Proben zu leisten.
Probe 1 fordert zu zeigen, dass, sobald es ein u gibt, derart, dass die
Doppelsubsumtion rechts in 76) besteht, dann x ; b = a ; b ist.
Aus der Annahme folgt aber
Lu ; b ⋹ x ; b ⋹ Ru ; b
und wird der Nachweis geliefert sein, sobald es gelungen ist zu zeigen, dass
a ; b ⋹ Lu ; b, Ru ; b ⋹ a ; b
für jedes u ist, indem alsdann a fortiori
a ; b ⋹ x ; b ⋹ a ; b, d. h. x ; b = a ; b
geschlossen werden kann. Hiezu nun sind, obzwar es einige Rechnung er-
fordert, die schon bekannten Sätze ausreichend und stellt sich dabei, sowie
auch nachher bei der andern Probe, heraus, dass in Lu der unterwellte
Term 1 ; b̄̆ auch unterdrückbar ist unbeschadet der Allgemeingültigkeit und
des erschöpfenden Charakters der Lösung.
Probe 2 verlangt, als vorwärtige Subsumtion die Äquivalenz zu beweisen:
(x ; b = a ; b) = {(x̄ ɟ b̄)(a ; b) ; 1 + x(a ; b ; 1 + 1 ; b̄̆) ⋹ x ⋹ (x̄ ɟ b̄)(a ; b) ɟ 0 + x(a ; b ɟ b̄̆)},
welche als rückwärtige soeben durch die Probe 1 implicite erwiesen worden.
Aus der Hypothesis folgt aber in der That: (x̄ ɟ b̄)(a ; b) = 0, und somit
reduzirt sich die Behauptung zu der Doppelsubsumtion:
,
Schröder, Algebra der Relative. 34
[530]Elfte Vorlesung.
deren erster Teil (auch ohne das unterwellte Glied) selbstverständlich ist,
während der zweite auf x ⋹ a ; b ɟ b̄̆, das ist x ; b ⋹ a ; b hinausläuft, q. e. d.
Trotz alledem wäre es voreilig, unser Inversionsproblem mit 75, 76)
gelöst zu wähnen. Die damit gewonnene Lösungsform lässt nämlich das u
nicht unbestimmt oder willkürlich, sondern involvirt für dasselbe in Gestalt
der Resultante:
77) Lu⋹Ru
eine Relation, Bedingung oder Bestimmung. Alle Versuche, dieser Forde-
rung, oder auch successive den Teilforderungen in welche sie leicht zer-
fällt, vermittelst allgemeinster Bestimmung von u zu genügen, führen in
fatale Zirkel, und in ähnliche Schwierigkeiten wird man auch verwickelt,
wenn man etwa sucht, die Resultante
c = c ɟ 0 = c ; 1 = c ; i
der Elimination von x aus 72) zu erfüllen, welche u so zu bestimmen
fordert, dass die rechte Seite c in 71) „System“ sei.
Die Betrachtungen haben uns also der — glücklicherweise in § 19
ja schon anderweitig ermittelten — Lösung unsres Problemes nicht näher
gebracht. Dieselben wenigstens in ihren Hauptzügen dargelegt zu haben,
schien mir gleichwohl aus schon angeführten Gründen nicht überflüssig.
Zudem schöpfen wir aus dem Exkurse Veranlassung, nochmals
auf jenes dritte Inversionsproblem x ; b = a zurückzukommen, inbezug
auf welches ja, wie wir bereits in § 19 angedeutet, noch Manches zu
erledigen bleibt.
Aufgabe 18. Zunächst sollte auf gewisse Partikularfälle des
Problems (nicht zu verwechseln mit Partikularlösungen desselben) noch
näher eingegangen werden. Dergleichen Partikularfälle, die besonderes
Interesse beanspruchen, sind ausser den 4 bereits erledigten, wo b
gleich einem der Moduln, die 8, wo b Elementepaar, Element, System
oder ein Verwandtes von einem dieser ist, d. h. wo bezüglich b = i : j,
i : j͞, i, ī, ĭ, ī̆, b ; 1, 1 ; b. [Diesen werden sich späterhin mindestens
noch die 6 Annahmen, wo b Funktion, Argument, oder Substitution,
resp. deren Negat ist, zugesellen.]
In diesen Fällen ist schon, wenn das Problem als ein nur be-
dingungsweise lösbares in der Form x ; b = a angesetzt wird, die Dis-
kussion der Resultante zuweilen lehrreich, und möge solches gelegent-
lich mit einem Seitenblick gestreift werden.
Setzen wir dagegen unser Problem als ein unbedingt lösbares in
der Gestalt x ; b = a ; b an, so war die Lösung gegeben durch 64),
und wird es nicht immer ganz leicht sein, die Vereinfachungen wahr-
zunehmen, die sich in den Partikularfällen ergeben. Zudem bietet
lehrreiche Momente die Vergleichung des Ergebnisses mit solchen
[531]§ 29. Partikularfälle des dritten Inversionsproblems.
Lösungen, die sich selbständig für ebendiese Partikularfälle finden
liessen und nicht immer mit den durch die Partikularisirung ge-
wonnenen wesentlich übereinstimmen.
Erstens. Sei b System, oder besser gesagt: es stehe b ; 1 (bei wiederum
beliebig anzunehmendem b) an Stelle von b, mithin b̄ ɟ 0 für b̄, 1 ; b̆ für b̆,
0 ɟ b̄̆ für b̄̆. So wird:
c = a ; b ; 1 ɟ 0 ɟ b̄̆ = a ; b ; 1 + 0 ɟ b̄̆, c̄ = (ā ɟ b̄ ɟ 0) · 1 ; b̆,
ū + c̄ = (ū + ā ɟ b̄ ɟ 0)(ū + 1 ; b̆), woran nun mit ɟ b̄ ɟ 0 zu operiren ist. Der
zweite Faktor wird alsdann
(ū + 1 ; b̆) ɟ b̄ ɟ 0 = ū ɟ (b̄ ɟ 0 + b ; 1) = ū ɟ 1 = 1, cf. 10) des § 27,
das Ganze mithin gleich dem ersten Faktor, d. h. das (ū + c̄) ɟ b̄ des Schema’s 64)
wird = ū ɟ b̄ ɟ 0 + ā ɟ b̄ ɟ 0, und (a ; b){(ū + c̄) ɟ b̄} wird a ; b ; 1 · (ū ɟ b̄ ɟ 0).
Dies ist mit dem frühern b̆, also 1 ; b̆, wonicht mit 1, relativ nachzumulti-
pliziren, wodurch entsteht: (ū ɟ b̄ ɟ 0) · a ; b ; 1 ; b̆, worin jedoch der Faktor 1 ; b̆
auch durch 1 ; 1, = 1, ersetzbar, mithin unterdrückbar. Darnach ergibt sich
leicht:
78)
als die allgemeine Wurzel der Gleichung x ; b ; 1 = a ; b ; 1. Bei Unterdrückung
des als unterdrückbar erwiesenen unterwellten Faktors stimmt dies Ergebniss
völlig überein mit dem, welches ich lange vor 22) selbständig gefunden hatte,
indem ich die Koeffizientenforderung:
Πi {Σhxi h(b ; 1)h = Σhai h(b ; 1)h}
nach dem Schema von Bd. 2, § 51, Aufg. 21 systematisch auflöste.
Für das etwa durch die Fortlassung des unterwellten Terms vereinfachte
Ergebniss gelingt es unschwer auch die beiden Proben zu leisten, wobei zu
Probe 1 nur zu beachten ist, dass a ; b ; 1 · 1 ; b ; 1 = a ; b ; 1, sowie nach 10)
des § 27: u(0 ɟ b̄̆) ; b ; 1 = u ; (b̄ ɟ 0)(b ; 1) = u ; 0 = 0 ist, und sich dann
x ; b ; 1 gleich a ; b ; 1 mal ū ɟ b̄ ɟ 0 + u ; b ; 1, welches = 1 ist, ergibt. Probe 2
betreffend ist zu zeigen, dass, sooft x ; b ; 1 = a ; b ; 1 ist, die Gleichung 78) für
u = x zutrifft. Darin verschwindet aber rechts das erste Glied wegen a ; b ; 1 ⋹
⋹ x ; b ; 1, und bleibt blos x ⋹ a ; b ; 1 + 0 ɟ b̄̆ zu zeigen, was aus x ; b ; 1 ⋹ a ; b ; 1
zunächst in der Gestalt x ⋹ a ; b ; 1 ɟ 0 ɟ b̄̆ nach dem ersten Inversionstheoreme
durch Hinüberwerfen des relativen Faktors b ; 1 in der That folgt, q. e. d.
Speziell b durch i ersetzend erhalten wir nun auch die Lösung:
x = (ū ɟ ī) · a ; i + a ; i · u + u(0 ɟ ī̆) und haben noch etwas vereinfachend
im Hinblick auf 29) S. 420 etc. den Satz:
79)
und ähnlich auch:
80) .
34*
[532]Elfte Vorlesung.
Zweitens. Sei b Systemkonvers, oder stehe 1 ; b für b, 0 ɟ b̄ für b̄,
b̆ ; 1 für b̆, b̄̆ ɟ 0 für b̄̆. So wird
c = a ; 1 ; b ɟ b̄̆ ɟ 0 = (a ; 1 ɟ b̄̆)(1 ; b ɟ b̄̆) ɟ 0 = (a ; 1 + 0 ɟ b̄̆) ɟ 0 =
= a ; 1 + 0 ɟ b̄̆ ɟ 0 = a ; 1 + 0 ɟ b̄ ɟ 0, c̄ = (ā ɟ 0) · 1 ; b ; 1,
jenes in Anbetracht, dass 1 ; b ɟ b̄̆ = 1 ist.
(ū + c̄) ɟ b̄ wird = ū ɟ 0 + (ā ɟ 0) · 1 ; b ; 1 + 0 ɟ b̄, und dies, mit a ; b, das
heisst a ; 1 · 1 ; b multiplizirt, gibt a ; 1 ; b · (ū ɟ 0). Und dies von(;) b̆, also b̆ ; 1,
genommen gibt (ebenso, wie von 1 genommen): (ū ɟ 0) · a ; 1 · 1 ; b ; 1. Dar-
nach erhalten wir:
81) x = (a ; 1 + 0 ɟ b̄ ɟ 0)u + a ; 1 ; b ; 1 · (ū ɟ 0)
als die allgemeine Wurzel der Gleichung x ; 1 ; b = a ; 1 ; b. Auch mit ihr
stimmen leicht die beiden Proben.
Jenachdem b verschwindet oder nicht, vereinfacht sich deren Ausdruck
jedoch ungemein, und zwar zu:
82) .
Das Ergebniss stimmt nicht überein mit einem schon früher als Lösung
zu x ; 1 · 1 ; b = a ; 1 · 1 ; b von mir selbständig gefundenen:
83) x = (0 ɟ b̄ ɟ 0) u + u · a ; 1 + a ; 1 · 1 ; b · (ū ɟ 0) = (a ; 1 + 0 ɟ b̄ ɟ 0)u + a ; 1 ; b · (ū ɟ 0),
welches sich vielmehr vereinfacht zu:
84) ,
und ist die Vergleichung beider Lösungsformen sehr lehrreich.
Für den Fall b ≠ 0 erscheint in 82) die allgemeine Wurzel x als un-
abhängig von b, und zwar ist sie in der That keine andre als die aus 24) des
§ 19 uns schon bekannte Lösung der Gleichung x ; 1 = a ; 1, welche dem-
nach (für b ≠ 0) mit der Gleichung x ; 1 ; b = a ; 1 ; b äquivalent sein muss.
Wie diese in der That stets aus jener folgt, so ist der umgekehrte Schluss
— nur für b ≠ 0 — wie folgt zu ziehen. Aus x ; 1 ; b = a ; 1 ; b folgt
x ; 1 ; b ; 1 = a ; 1 ; b ; 1 oder x ; 1 · 1 ; b ; 1 = a ; 1 · 1 ; b ; 1, was für b ≠ 0 mit-
hin 1 ; b ; 1 = 1 auf x ; 1 = a ; 1 hinauskommt, q. e. d.
Trotz ihres in 84) minder einfachen Ausdrucks erscheint die selbständig
gefundene Lösung als die bessere gegenüber 82) unter dem Gesichtspunkt,
dass weniger Augen (und keine Vollzeilen) zu dem willkürlich angenommenen u
bei der Ausrechnung des x hinzugefügt werden müssen, mithin die sozusagen
an dem u, um es in eine Wurzel zu verwandeln, anzubringende „Korrektur“
geringfügiger ist.
Zudem lernen wir aber, dass auch umgekehrt für die allgemeine Wurzel
der Gleichung x ; 1 = a ; 1 der zweite Ausdruck 84) angesetzt werden konnte.
In ihm wird dann b die Rolle eines unwesentlichen Parameters spielen, welcher
nur insofern nicht willkürlich ist, als sein Verschwinden ausgeschlossen sein
[533]§ 29. Partikularfälle des dritten Inversionsproblems.
muss. Ersetzt man aber b durch die allgemeinste Wurzel v + 0 ɟ v̄ ɟ 0 der
Gleichung b ≠ 0, so wird 1 ; b = 1 ; v + 0 ɟ v̄ ɟ 0 und entsteht als eine zu-
lässige Lösungsform der Gleichung x ; 1 = a ; 1 auch diese:
85) ,
worin v als „unwesentlicher Parameter“ schlechthin beliebig bleibt. In die
zweite 82) geht diese Formel nur bei der Annahme v = 0 über, und andern-
falls deckt sie sich mit der zweiten 84) — wobei nur v für b steht. Solche
Lösungsform kann in gewissem Sinne „vollkommner“ als die 24) des § 19
genannt werden, indem sie nur den Leerzeilen von u, welche bei a besetzt
sind, anstatt sie sofort in Vollzeilen zu verwandeln, irgend welche Augen (in
jedem Falle mindestens ein Auge) zuteilt, was ja genügt, um sie auch bei x
in besetzte Zeilen zu verwandeln. Man kann z. B. auch v durch irgend ein ĭ
ersetzen, womit dann in jeder unter a ; 1 fallenden Leerzeile des u gerade nur
ein Auge angebracht wird, alle so zugefügten Augen aber in einer Vertikal-
flucht liegen werden.
Die betrachteten Lösungsformen 81) bis 85) stellen uns hienach zu-
gleich auch schon die allgemeine Wurzel der Gleichungen
x ; ĭ = a ; ĭ sowie x ; ī̆ = a ; ī̆
dar; doch kann man solche nach dem zuletzt Gesagten auch spezifizirter
schreiben als:
86)
87)
oder auch rechterhand ĭ und ī̆ vertauscht.
Die Betrachtung eröffnete uns also den Ausblick in mögliche Vervoll-
kommnungen unsrer Lösungsformen der Aufgaben — sozusagen innerlichen
Charakters, indem sie freilich äusserlich sich nicht als solche darstellen, näm-
lich nur auf Kosten der Einfachheit des Ausdrucks der Wurzeln zu erzielen
sein werden.
Drittens. Sei b = i : j = ij̆ = i ; j̆ Elementepaar, Einauge, also
b̄ = ī + j̄̆ = ī ɟ j̄̆, b̆ = jĭ = j ; ĭ, b̄̆ = j̄ + ī̆ = j̄ ɟ ī̆.
So wird: a ; b = a ; i · j̆ und c = (a ; i ɟ j̄ ɟ ī̆)(j̆ ɟ j̄ ɟ ī̆).
Wegen j̄ ; 1 ⋹ j̄ ist aber 1 ⋹ j̆ ɟ j̄, mithin der zweite Faktor von c gleich
1 ɟ ī̆ = 1. Bleibt:
c = a ; i ɟ 0 ɟ j ɟ 0 ɟ ī̆ = a ; i + ī̆, c̄ = ā ; i · ĭ — cf. 2) des § 25,
da 0 ɟ j = 0. Nach 29) des § 25 aber diehn sich diese Ergebnisse noch zu-
sammen in:
c = a + ī̆, c̄ = āĭ.
Damit wird:
(ū + c̄) ɟ b̄ = (ū + ā)(ū + ĭ) ɟ ī ɟ 0 ɟ j̄̆ = {(ū + ā) ɟ ī} {(ū + ĭ) ɟ ī} + j̄̆ = (ū + ā) ; i + j̄̆,
sintemal (ū + ĭ) ɟ ī = ū ɟ (i + ī) = ū ɟ 1 = 1 nach 32) des § 25 ist. Wir er-
halten also:
[534]Elfte Vorlesung.
(d = )(a ; b){(ū + c̄) ɟ b̄} = a ; i · (ū + ā) ; i · j̆ = a ; i · ū ; i · j̆ = aū ; i · j̆,
sintemal nach 26) des § 25: a ; i · ā ; i = aā ; i = 0 ; i = 0. Das Ergebniss
d = aū ; i · j̆ ist nun mit b̆ (oder auch mit 1) relativ nachzumultipliziren. Es
wird: d ; b̆ = aū ; i · j̆ ; j ; ĭ = aū ; i · ĭ = aūĭ, da j̆ ; j = 1 ; jj = 1 ; j = 1 ist
(dagegen d ; 1 = aū ; i selbst, weil j̆ ; 1 = 1). Jenes führt zu der Lösung:
x = (a + ī̆)[u + aūĭ] = (a + ī̆)(aĭ + u) = ĭa + au + uī̆ = aĭ + uī̆,
womit der Satz gefunden ist:
88) .
(Dieses, d. h. Benutzung des d ; 1, würde zu einer minder einfachen und von
der vorstehenden wesentlich verschiedenen Lösungsform führen, bei welcher
rechts in x noch das Glied aū ; i · ī̆ hinzuträte.)
Weit bequemer, als wie soeben durch Partikularisiren aus der Lösung
des allgemeinen Inversionsproblemes, lässt sich das so einfache Ergebniss 88)
gewinnen, indem man die Gleichung x ; i · j̆ = a ; i · j̆ selbständig auflöst —
und zwar wie folgt:
Die beiden in der Gleichung enthaltnen Subsumtionen geben äquivalent
die Doppelsubsumtion:
a ; i · j̆ ⋹ x ; i ⋹ a ; i + j̄̆,
aus deren zweiter Teilsubsumtion sofort x als Subjekt, aus deren erster aber
nach Ersetzung des x ; i durch x ɟ ī auch x als Prädikat isolirt werden kann
— beides nach dem ersten Inversionstheoreme. So entsteht:
(a ; i) j̆ ; ĭ ⋹ x ⋹ (a ; i + j̄̆) ɟ ī̆,
wo das Subjekt sich vereinfacht zu a ; i · ĭ · j̆ ; 1 = aĭ, das Prädikat zu
a ; i + j̄̆ ɟ 0 ɟ ī̆ = a ; i + ī̆ = a + ī̆ und x = aĭ + u(a + ī̆)
gefunden ist im Einklang mit 88).
Es stimmt hiemit die Probe 1, indem:
x ; i = aĭ ; i + uī̆ ; i = a ; ii + u ; īi = a ; i
wird, und dass auch die Probe 2 stimme, ist mit der eben gegebenen selb-
ständigen Herleitung implicite gezeigt.
In der Gestalt x ; (i : j) = a angesetzt, bedingt unser Problem eine Re-
sultante, die einiger Beachtung wert ist. Systematisch, nach dem Schema 2)
des § 19 gebildet lautet sie:
a ⋹ (a ɟ j : i͞) ; (i : j) = (a ɟ j̄ ɟ ī̆) ; i ; j̆ = (a ; j ɟ 0 ɟ ī̆) ; i ; 1 ; j̆ =
= (a ; j + ī̆) ; i · j̆ = (a ; j ; 1 ; i + 1 ; īi)j̆ = a ; j · j̆, also a = a ; (j : j),
oder nach 29) des § 25: a = aj̆, a ⋹ j̆.
Als eine Konklusion kann man diese einfache Resultante freilich auch
sofort aus der Schreibung x ; i · j̆ = a des Problems gewinnen.
[535]§ 29. Partikularfälle des dritten Inversionsproblems.
Viertens. Sei b = i : j͞ = ī + j̄̆ = ī ɟ j̄̆ Negat eines Elementepaares,
Einaugennegat oder „Einlücker“, mithin b̄ = ij̆ = ij̆, b̆ = j̄ + ī̆ = j̄ ɟ ī̆,
b̄̆ = jĭ = j ; ĭ. So wird: a ; b = a ; ī + a ; 1 · j̄̆ = a ; 1 · (a ; ī + j̄̆),
c = (a ; 1 ɟ j)(a ; 1 ɟ ĭ){(a ; ī + j̄̆) ɟ jĭ} = (a ; 1 + 0 ɟ j)(a ; 1 + ĭ)(a ; ī + j̄̆ ɟ jĭ) =
= a ; 1 · (a ; ī + ĭ) = a ; ī + a ; 1 · ĭ = a ; (ī + ĭ), da j̄̆ ɟ j = 0 ɟ (j + j̄) = 1, j̄̆ ɟ ĭ =
= j̄̆ ɟ 0 ɟ ĭ = 0 ɟ ĭ = ĭ, also: c̄ = ā ɟ iī̆, ū + c̄ = (ū + ā ɟ i)(ū + ā ɟ ī̆),
(ū + c̄) ɟ b̄ = {(ū + ā ɟ i) ɟ i}{(ū + ā ɟ i) ɟ j̆}{(ū + ā ɟ ī̆) ɟ i}{(ū + ā ɟ ī̆) ɟ j̆} =
= (ā ɟ i + ū ɟ i)(ā ɟ i + ū ɟ 0 + j̆){(ū + ā ɟ 0 + ī̆) ɟ i}{(ū + ā ɟ 0 + ī̆) ɟ 0 + j̆} =
= {ā ɟ i + (ū ɟ i)(ū ɟ 0 + j̆)}{ā ɟ 0 + (ū + ī̆) ɟ i}{ā ɟ 0 + (ū + ī̆) ɟ 0 + j̆},
wobei der mittlere Faktor wegen des Gliedes ū ɟ (ī + i) = ū ɟ 1 = 1 weg-
fällt. Also wird:
(ū + c̄) ɟ b̄ = {ā ɟ i + ū ɟ 0 + (ū ɟ i)j̆}(ā ɟ 0 + ū ɟ ī + j̆) =
= ā ɟ 0 + (ā ɟ i)(ū ; i + j̆) + ū ɟ 0 + (ū ɟ i)j̆,
d = (a ; b){(ū + c̄) ɟ b̄} = a ; ī · {ū ɟ 0 + (ū ɟ i)j̆} + a ; 1 · {(ā ɟ i) · ū ; i + ū ɟ 0}j̄̆,
wovon der erste Term a ; ī · (ū ɟ 0), mit j̆ + j̄̆ multiplizirt, zum einen Teile im
nächsten, zum andern im letzten Terme eingeht, mithin bleibt:
d = a ; ī · (ū ɟ i)j̆ + a ; 1 · (ā ɟ i + ū ɟ 0) · ū ; i · j̄̆,
indem das ū ; i = ū ɟ ī dem ihm eingeordneten ū ɟ 0 als Faktor zugesetzt
werden darf.
Nunmehr ist — wollen wir alle uns zugänglichen Lösungsformen finden —
sowol d ; b̆ als d ; 1 zu bilden. Letzteres gestaltet sich einfacher:
d ; 1 = a ; ī · (ū ɟ i) + a ; 1 · (ā ɟ i + ū ɟ 0) · ū ; i,
sintemal diese Faktoren — als durchweg „Systeme“ — vortreten, hernach
j̆ ; 1 sowie j̄̆ ; 1 = 1 ist. Bei ersterem erhalten wir:
d ; b̆ = d ; j̄ + d ; ī̆ = α · j̆ ; j̄ + β · j̄̆ ; j̄ + d ; 1 · ī̆,
wenn α das erste, β das zweite der beiden Glieder des d ; 1 für den Augen-
blick genannt wird. Nun ist aber j̆ ; j̄ = 1 ; jj̄ = 0 und j̄̆ ; j̄ = 1 ; j̄j̄ = 1,
sonach entsteht:
d ; b̆ = β + (α + β)ī̆ = αī̆ + β = a ; ī · (ū ɟ i)ī̆ + a ; 1 · (ā ɟ i + ū ɟ 0) · ū ; i.
Da nunmehr zu setzen ist, so erhalten wir als erste
Lösungsform:
x = (a ; ī + a ; 1 · ĭ){u + a ; ī · (ū ɟ i)ī̆ + a ; 1 · (ā ɟ i + ū ɟ 0) · ū ; i},
woraus die zweite durch Unterdrückung des Faktors ī̆ hervorgeht. Man kann
hier sogleich den Faktor a ; 1 ganz und gar vorziehen (der ja auch bei a ; ī
anbringbar ist). Multiplizirt man im übrigen mit a ; ī + ĭ oder besser
[536]Elfte Vorlesung.
a ; ī + (ā ɟ i)ĭ in die folgende Klammer, des Inhaltes:
u + a ; ī · (ū ɟ i)ī̆ + (ā ɟ i) · ū ; i + a ; ī · (ū ɟ 0),
hinein, und berücksichtigt, dass nach 29) des § 25: ū ; i · ĭ = ūĭ ist, so er-
hält man nach einer Zusammenziehung von u + ū, und Wiederausmultipli-
ziren mit a ; 1:
89) x = a ; 1 · (ā ɟ i)ĭ + a ; ī · {u + ū ɟ 0 + (ū ɟ i)ī̆}
als erste Lösungsform, welche sich in der zweiten Form noch vereinfacht zu
der in dem Satze dargestellten:
90) .
Mit letztrer 35) stimmt ganz glatt die Probe 1, gelingt nämlich der
Nachweis, dass
91) x ; ī + x ; 1 · j̄̆ = a ; ī + a ; 1 · j̄̆
bei beliebigem u sein wird. Man braucht nämlich nur immer die Faktoren,
welche „Systeme“ sind, wie a ; 1, a ; ī, ā ɟ i, ū ɟ i, voranzustellen, dann (hinter
einem Punkt) zu berücksichtigen, dass ĭ ; ī = 0, 1 ; ī = 1, ĭ ; 1 = 1, so wird
die linke Seite:
= a ; ī · (ū ɟ i + u ; ī) + a ; 1 · {ā ɟ i + a ; ī · (ū ɟ i + u ; 1)}j̄̆,
und dass nun ū ɟ i + u ; 1 = 1 sein müsse, geht daraus hervor, das u ; 1 auch
u ; ī als Glied (neben u ; i) umfasst, etc. Ähnlich stimmt Probe 1 mit der
Lösungsform 89).
Beide Lösungsformen sind indessen als wesentlich verschiedene leicht
nachzuweisen.
Weniger mühevoll, als durch das Partikularisiren aus dem allgemeinen
Schema 64) der Lösung des dritten Inversionsproblems, ist die Lösung unsrer
Aufgabe wiederum selbständig zu gewinnen. Wir geben hiernächst auch eine
selbständige Auflösung schon darum, weil aus ihr die Relationen zu lernen
sein werden, aufgrund von welchen für unsre Ergebnisse 89), 90) die Probe 2
zu leisten sein wird.
Die aufzulösende Gleichung 91) zerfällt äquivalent in die vier Subsum-
tionen α), die sich bezüglich zu den danebengesetzten β) vereinfachen:
α1)
| x ; ī ⋹ a ; ī + a ; 1 · j̄̆, α2)x ; 1 · j̄̆ ⋹ a ; ī + a ; 1 · j̄̆ | β1)x⋹a ; ī + ĭ, β2)x ⋹ a ; 1 |
α3)
| a ; ī ⋹ x ; ī + x ; 1 · j̄̆, α4)a ; 1 · j̄̆ ⋹ x ; ī + x ; 1 · j̄̆ | β3) a⋹x ; ī + ĭ, β4) a ⋹ x ; 1. |
Aus α1 folgt nämlich pariter nach dem ersten Inversionstheoreme:
x⋹ (a ; ī + a ; 1 · j̄̆) ɟ ĭ = a ; ī + a ; 1 · (j̄̆ ɟ 0) + 0 ɟ ĭ = a ; ī + ĭ
und aus α2) zunächst mit identischem Rechnen:
x ; 1 ⋹ a ; ī + a ; 1 · j̄̆ + j̆ = a ; ī + a ; 1 + j̆ = a ; 1 + j̆,
hernach ebenso: x ⋹ (a ; 1 + j̆) ɟ 0 = a ; 1 + j̆ ɟ 0 = a ; 1 — während in der
zweiten Zeile nur a und x die Rollen tauschen.
[537]§ 29. Partikularfälle des dritten Inversionsproblems.
Die Gleichung 91) ist daher äquivalent dem Produkt der vier Subsum-
tionen β). Von diesen ziehn β2) und β4) sich in die Gleichung x ; 1 = a ; 1
zusammen, und kann denselben auf die allgemeinste Weise genügt werden
durch den Ansatz: γ) x = a ; 1 · {v + (v̄ ɟ 0)ĭ}.
Die Beifügung des Faktors ĭ ist ein durch die Betrachtungen unter
„Zweitens“ als zulässig gerechtfertigter Kunstgriff, durch den sich das weitre
sehr vereinfacht. Soll nämlich dieses x nun auch die Fordrung β1) erfüllen,
so braucht nur mehr a ; 1 · v ⋹ a ; ī + ĭ gemacht zu werden, indem sich das
andre Glied in γ) als ohnehin in ĭ enthalten erweist. Jenes aber leistet der
Ansatz:
v = w(a ; ī + ĭ + ā ɟ 0), womit v̄ = w̄ + (ā ɟ i)ī̆ · a ; 1,
v̄ ɟ 0 = {w̄ + a ; 1 · (ā ɟ i)}(w̄ + ī̆) ɟ 0 = {a ; 1 · (ā ɟ i) + w̄ ɟ 0}(w̄ ɟ ī) =
= a ; 1 · (ā ɟ i) · w̄ ; i + w̄ ɟ 0 und
x = a ; 1 · {(a ; ī + ĭ)w + (ā ɟ i)w̄ĭ + (w̄ ɟ 0)ĭ} =
= a ; 1 · (ā ɟ i)ĭ + a ; 1 · (w̄ ɟ 0)ĭ + a ; ī · w,
d. h. weil a ; 1 in a ; 1 · (ā ɟ i) + a ; ī zerlegbar:
δ) x = a ; 1 · (ā ɟ i)ĭ + a ; ī · {w + (w ɟ 0)ĭ}.
Da hiemit x ; ī = a ; ī · w ; ī wird und nur mehr noch die Fordrung β3) aī̆ ⋹ x ; ī
zu erfüllen bleibt, so ist nun aus aī̆ ⋹ w ; ī noch das w zu bestimmen, wozu
das zweite Inversionstheorem verhilft.
[Dass die andre Teilforderung von β3), nämlich aī̆ ⋹ a ; ī oder a ⋹ a ; ī + ĭ
identisch erfüllt sein, als Formel gelten muss, wurde bereits S. 421 über 32)
des § 25 gebucht.]
Nach 10) des § 18 oder auch 8) des § 18 muss man haben:
und damit ergibt sich aus δ) im „unteren“ Falle (wo ī̆ durch 1 ersetzt ist)
nach geringer Reduktion die Lösung 90), im oberen Falle jedoch eine neue
Lösungsform, die sich von 89) durch den Wegfall des Gliedes ū ɟ 0 unter-
scheidet:
92) x = a ; 1 · (ā ɟ i)ĭ + a ; ī · {u + (ū ɟ i)ī̆}.
Behufs Probe 2 für alle drei Lösungsformen 89, 90, 92) ist nun zu
zeigen, dass unter der Voraussetzung 91) sein muss:
93) ,
wobei jeder unterwellte Term auch wegfallen dürfe. Dabei dürfen wir jedoch
die unter β) bereits aus 91) gezognen Konklusionen:
ε) a ; 1 = x ; 1 und a(x̄ ɟ i)ī̆ + x(ā ɟ i)ī̆ = 0
[538]Elfte Vorlesung.
benutzen. Nach erstrer ist zunächst a ; ī · (x̄ ɟ 0) ⋹ a ; 1 · (x̄ ɟ 0) = 0 und
fällt das letzte unterwellte Glied heraus.
Ersetzt man ferner in 93) das a ; 1 durch x ; 1 = x + x ; 1 und fügt zu
dem aus x entspringenden Gliede den letzten Summanden sub ε) hinzu, so
entsteht (ā ɟ i)x, welches sich mit dem folgenden Terme a ; ī · x von 93) zu
x selbst zusammenzieht, sodass nur noch zu zeigen bleibt, dass
sei, was das Verschwinden der beiden letzten Glieder bedingt.
Nun folgt aus β1) a fortiori: x ; ī ⋹ a ; ī ; ī + ĭ ; ī = a ; ī und ebenso
aus β3): a ; ī ⋹ x ; ī, d. h 91) bedingt auch dass
ζ) x ; ī = a ; ī, x̄ ɟ i = ā ɟ i
sei — eine Bemerkung aufgrund von welcher die selbständige Herleitung
unsrer Lösung auch hätte unter Benutzung von 80) variirt und vielleicht
noch vereinfacht werden können (was wir zugunsten des systematischern Vor-
gehens unterliessen). Darnach ist das Verschwinden des letzten Gliedes von x
mit und ohne den unterwellten Faktor ersichtlich. Das vorletzte Glied kann
man schreiben:
x̄(x ; ī + x ; i)(ā ɟ i)ĭ = x̄(a ; ī + x ; i)(ā ɟ i)ĭ = x̄ · x ; i · ĭ(ā ɟ i) = x̄xĭ(ā ɟ i),
woraus auch dessen Verschwinden ersichtlich, q. e. d.
Aufgabe 19. Es möge jetzt auch noch die S. 268 aufgetauchte
Frage zur Entscheidung gebracht werden, ob die ebenda unter 22) ge-
gebene allgemeine Lösung der Gleichung x ; 0' = a ; 0' mit derjenigen
in der ersten Zeile von 26) auf S. 269 wesentlich zusammenfällt? Die
Frage ist zu bejahen.
Dabei wird man auf Sätze geführt, die von einigem Interesse sind.
Zuvörderst bemerke man, dass sich mittelst Einsetzung von a ɟ 0 = (a ɟ 1')a
schon die Lösung 25) S. 269 zu x ; 0' = a noch vereinfachen lässt zu:
94) x = (a ɟ 1'){ā + u + (ū ɟ 1') ; 1},
wonach sie sich nur mehr aus 7 statt 9 Termen aufbaut und an Durchsichtig-
keit wol nichts mehr zu wünschen lässt. Statt des (letzten) relativen Faktors 1
könnte auch 0' geschrieben werden — vergl. 15) S. 229.
Ebenso kann man den Ausdruck von x in 26) S. 269 dem genannten in
22) l. c. zunächst näher bringen, indem man einsetzt:
a ; 0' ɟ 0 = (a ; 0' ɟ 1') · a ; 0', (ā ɟ 1')a = (a ; 0' ɟ 1')(ā ɟ 1').
Darnach lässt sich auch in 26) l. c. der Faktor a ; 0' ɟ 1' vorziehn, und ent-
steht:
95) x = (a ; 0' ɟ 1'){ā ɟ 1' + u + (ū ɟ 1') ; 0'}
als ein vereinfachter Ausdruck für die allgemeine Wurzel der Gleichung
x ; 0' = a ; 0', der sich nur mehr aus 9 statt 10 Termen aufbaut.
Zudem ist der Vorteil erreicht, dass nun in den beiden als zusammen-
fallende nachzuweisenden Ausdrücken von x das a blos noch in der Ver-
[539]§ 29. Zum dritten Inversionsproblem.
bindung a ; 0' = c, ā ɟ 1' = c̄ vorkommt. Sagt man wiederum a für dieses c
und b für u, so wird sich in der That schon als eine allgemeingültige Formel
beweisen lassen, dass unbedingt:
96) (a ɟ 1')[b + ā{(b̄ + ā ; 0') ɟ 1'} ; 0'] = (a ɟ 1'){ā + b + (b̄ ɟ 1') ; 0'}.
Beweis. Die beiden Teilsubsumtionen dieser Gleichung L = R zer-
fallen selbst wieder, weil ihr Prädikat ein Produkt ist, und sind hievon die
Teilforderungen L ⋹ a ɟ 1' und R ⋹ a ɟ 1' schon augenscheinlich erfüllt.
Bleibt also nur noch zu zeigen, dass:
R⋹b + a{(b̄ + ā ; 0') ɟ 1'} ; 0' und L ⋹ ā + b + (b̄ ɟ 1') ; 0',
d. h. b̄R und ab̄L bezüglich ⋹ dem letzten Gliede rechts. Das letztre rechts
vollends auf 0 gebracht läuft auf
ab̄(b ; 0' ɟ 1')(a ɟ 1') · a{(b̄ + ā ; 0') ɟ 1'} ; 0' = 0
hinaus, wobei noch der Faktor b̄ sich als irrelevant erweist. Ersetzt man
(a ɟ 1')a durch a ɟ 0, so kann man zunächst den aufgrund von 24) S. 255
und (a ɟ 0)a = a ɟ 0 leicht erweislichen Satz anwenden:
97) (a ɟ 0) · ab ; c = (a ɟ 0) · b ; c.
Darnach bleibt noch zu zeigen, dass
(a ɟ 0)(b ; 0' ɟ 1') · {(ā ; 0' + b̄) ɟ 1'} ; 0' = 0.
Auch ohne genannten Satz würde aus letzterem die Behauptung schon a for-
tiori folgen.
Hierin lässt sich nun ferner der Term ā ; 0' unterdrücken, wonach der
letzte Faktor als das Negat des vorletzten erscheint und die Behauptung ein-
leuchtet.
Jenes folgt daraus, dass überhaupt sein muss:
98) (a ɟ 0) · {(ā ; b + c) ɟ d} ; e = (a ɟ 0) · (c ɟ d) ; e.
Denn multiplizirt man mit (a ɟ 0)i j nämlich Πhai h in die
ΣkΠl(Σmāi mbm l + ci l + dl k)ek j
hinein, so wird wegen Zusammentreffens jedes āi m mit einem Faktor ai m des
Πh die ganze Σm getilgt.
Die Subsumtion für ab̄L ist hienach erfüllt, und bleibt noch die für b̄R
nachzuweisen:
b̄R = (a ɟ 1')āb̄ + (a ɟ 1')b̄ · (b̄ ɟ 1') ; 0' ⋹ a{(b̄ + ā ; 0') ɟ 1'} ; 0',
welche wegen des additiv zusammengesetzten Subjektes in zwei Teile zerfällt.
Der letzte leuchtet auch ohne den Faktor b̄ nach Umstellung der zwei letzten
Terme und Ausmultipliziren des a ɟ 1' mit dem Negat der rechten Seite als
a · b(a ɟ 1') ; 0' ɟ 1' ⋹ b ; 0' ɟ 1'
daraus ein, dass der relative Vorsummand links bereits ⋹ dem b ; 0' rechts
erscheint. Denn unterdrückt man identische Faktoren, so muss man allemal
Übergeordnetes erhalten.
Der andre Teil, rechts auf 0 gebracht, fordert ähnlich:
āb̄{a · b(a ɟ 1') ; 0' ɟ 1'} = 0,
[540]Elfte Vorlesung.
worin der Faktor a wie sich zeigt auch weggelassen werden kann, und dies
führt b, a für ā, b̄ gesagt zu einem tiefer liegenden Satze:
99)
| ab⋹ {(a + b ; 0') ɟ 1'} ; 0' | a(b ɟ 1') ; 0' ɟ 1' ⋹ a + b |
etc., zu dessen Beweis die Koeffizientenevidenz angerufen werden muss, sinte-
mal weder a ⋹ (a ɟ 1') ; 0' noch b ⋹ (b ; 0' ɟ 1') ; 0' = b ; 0' für sich gilt.
Sagen wir für die erste Subsumtion S ⋹ P, so ist Si j = ai jbi j ⋹ Pi j zu
zeigen, wo
Pi j = Σh0'h jΠk(ai k + Σlbi l0'l k + 1'k h).
Um es ganz analytisch zu machen, fügen wir zum allgemeinen Faktor
des Πk den Term 0'k j1'k j hinzu, welcher ja = 0 ist, und zerlegen gemäss dem
Schema a + bc = (a + b)(a + c), das Πk des ersten Faktors sogleich gemäss 12+)
S. 121 evaluirend: so kommt:
Pi j = Σh0'h j(ai j + Σlbi l0'l j)Πk(ai k + Σlbi l0'l k + 1'k h + 1'k j).
Multipliziren wir ferner das allgemeine Glied der letzten Σl mit 1'l j + 0'l j,
welches ja = 1 ist, und evaluiren die vom ersten Terme herrührende Σl ge-
mäss 12×) S. 121, so tritt der Summand bi j · 0'j k auf, der sich wegen des
folgenden 1'k j zu bi j vereinfacht, und lässt sich dieses Glied als ein von k un-
abhängiges vor das Πk schieben. Es entsteht:
Pi j = Σh0'h j(ai j + Σlbi l0'l j){bi j + Πk(ai k + Σlbi l0'l k0'l j + 1'k h + 1'k j)}.
Durch Ausmultipliziren lassen sich hieraus leicht die Glieder herausheben:
ai jbi jΣh0'h j = (ab)i j · 1 = Si j, womit die Einordnung und damit alles Bis-
herige bewiesen ist.
In 99) dürfte links zum Subjekte natürlich auch noch b ; 0' als Glied
hinzugefügt werden. —
Noch besser als die — auf S. 272 unten — angegebene Formel für x
würde diese:
x = (a ; b ɟ b̄̆)[(ā ɟ b̄) ; b̆ ; b + u + (ū ɟ b̄) ; b̆]
empirisch die Resultate zusammenfassen, welche sich für b = einem der vier
Modulwerte auf S. 268 sq. für die allgemeine Wurzel von x ; b = a ; b ergeben
haben. Bei beliebigem b gelingt es mir jedoch nicht, die Lösungen S. 266
des dritten Inversionsproblems noch ähnlich zu vereinfachen.
Studie 20. Auch inbezug auf Partikularlösungen des allgemeinen
(dritten) Inversionsproblems kann ich zu dem in § 19 erreichten Stand-
punkt noch Einiges hinzufügen.
Um nachzuweisen, dass die Einsetzung von u = a · a ; b ; b̆ in die all-
gemeine Lösung 64) unsres Problems auch x = u liefern muss, mithin dieses u
eine partikulare Lösung, Wurzel vorstellt, war die folgende fast monströs er-
scheinende Gleichung als eine allgemein gültige Formel zu beweisen:
.
In dieser kommt zunächst nach einer S. 267 erwähnten aus a ; b ⋹ a ; b dort
gefolgerten Formel ā + (ā ɟ b̄) ; b̆ = ā das unterwellte Glied in Wegfall. Weil
sodann nach 9) des § 19 a(a ; b ; b̆) ; b = a ; b ist, so haben wir
[541]§ 29. Partikularlösungen. Determination.
(ā + ā ɟ b̄ ɟ b̄̆) ɟ b̄ = ā ɟ b̄,
und damit wird das zweite Glied in der eckigen Klammer gleich
(a ; b)(ā ɟ b̄) ; b̆ = 0 ; b̆ = 0,
bleibt also nur zu zeigen, dass
(a ; b ɟ b̄̆)a · a ; b ; b̆ = a · a ; b ; b̆ oder a · a ; b ; b̆ ⋹ a ; b ɟ b̄̆
sei. Dies aber folgt mit a(a ; b ; b̆) ; b ⋹ a ; b aus 5) des § 6, q. e. d.
Freilich zeigt sich hier der sonderbare und in unsrer Disziplin er-
schwerend wirkende Umstand, dass das als Partikularfall des allgemeinen
dritten Inversionstheorems auf diesem Wege zu entdecken gewesene Theorem 9)
des § 19 dabei unterwegs schon benutzt werden musste, sodass wir seiner
selbständigen Entdeckung und Rechtfertigung (wie sie früher gegeben ist)
wol nicht entraten könnten!
Im Anschluss hieran sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass auch
x = a · a ; b ; 1 eine partikulare Lösung vorstellt, sodass wir als Gegenstück
zu dem citirten auch noch dieses Formelgespann haben:
100)
Man hat nämlich sogleich:
a(a ; b ; 1) ; b = a ; b ; 1 · a ; b = a ; b, q. e. d.
Beide Formelgespanne kann man in den allgemeineren Satz zusammen-
fassen, dass auch x = a · a ; b ; (b̆ + w) eine Klasse von Partikularlösungen des
Problems x ; b = a ; b bei beliebigem w vorstellt, etc., eine Klasse von schon
ziemlicher Allgemeinheit und doch einfachem Ausdruck der Wurzeln.
Aufgabe 21. Was endlich die „Determination“ unsres allgemeinen
Problems 64) betrifft, so sei auch zu dieser ein Beitrag geleistet:
Die vornehmsten Fragen sind: Wann (d. h. unter welchen Bedingungen
für a und b) bleibt das durch die Fordrung x ; b = a ; b bestimmte x voll-
kommen beliebig? Und wann ist x durch diese Fordrung vollkommen bestimmt?
Die erste Frage ist leicht dahin zu beantworten: dass b gleich 0 sein
muss, wenn x = u ganz unbestimmt sein soll. Denn wenn für jedes u sein
soll u ; b = a ; b, so muss — wie die Annahme u = 0 zeigt — a ; b = 0 sein,
dann also u ; b = 0 für jedes u, mithin auch 1 ; b = 0 oder b = 0, q. e. d.
Für die Bejahung der zweiten Frage erkannten wir zwar b = 1', wo
x = a sein muss, als eine hinreichende Bedingung, doch ist dieselbe keines-
wegs notwendig. Um die notwendige und hinreichende Bedingung dafür zu
finden, dass es nur eine Wurzel der Gleichung x ; b = a ; b gebe, oder: dass
die Lösung 64) inbezug auf u konstant sei, müssen wir etwas weiter aus-
holen.
Die ausreichende sive zulängliche und notwendige sive unerläss-
liche Bedingung dafür, dass eine Funktion f(u) eines (beschränkt oder
[542]Elfte Vorlesung.
unbeschränkt) variabeln Relativs u inbezug auf dasselbe konstant
sei, ist:
101)
(wobei im erstern in der Klammer erwähnten Falle die Σ und Π nur
über den Variabilitätsbereich von u zu erstrecken sind, im zweiten
— hiernächst vorliegenden — Falle aber die absolute Erstreckung haben).
Denn ist f(u) = e für alle u von gleichem Werte, so gilt wegen
und gewiss die obige Gleichung. Umgekehrt, wenn diese gilt, so
kann man den übereinstimmenden Wert ihrer beiderseitigen Ausdrücke e
nennen (und wird solcher, da u in jenen nur als laufender Zeiger auftritt,
unabhängig von u sein). Wegen f(u) ⋹ Σf(u) und Πf(u) ⋹ f(u) hat man
sodann für jedes u auch f(u) ⋹ e und e ⋹ f(u), mithin f(u) = e, wie zu
zeigen war. —
Unter Anwendung dieses Schema’s 101) findet man nun durch Ver-
gleichung von 65) mit 66): c = cΣi ‥, oder c ⋹ Σi ‥, d. h.
102) c⋹Σiĭ · (c ; b){c̄ ɟ (b̄ + i)} ; 1
als die gesuchte notwendige und hinreichende Bedingung dafür, dass die
Wurzel x der Gleichung x ; b = a ; b durch ebendiese vollkommen bestimmt
(= a) sei.
Kraft dieser Forderung wird sogar das als a ; b ɟ b̄̆ definirte c gleich a
selbst sein müssen, wie — wol ungleich leichter als aus ihr selbst — aus
der Bemerkung hervorgeht, dass, weil c und a stets Wurzeln sind, auch diese
zusammenfallen müssen.
Es müssen überhaupt die allgemein bekannten Partikularlösungen der
Gleichung zusammenfallen, was uns — cf. S. 260 — c = a = a · a ; b ; b̆ =
= c · a ; b ; b̆ liefert und auf die Doppelsubsumtion hinausläuft:
103) a ; b ɟ b̄̆ ⋹ a ⋹ a ; b ; b̆,
deren erster Teil die Kraft einer Gleichung hat.
Beim Überspringen (Ignoriren) des mittleren Terms folgt
(a ; b ɟ b̄̆)(ā ɟ b̄ ɟ b̄̆) = (a ; b)(ā ɟ b̄) ɟ b̄̆ = 0 ɟ b̄̆ ⋹ 0,
was konvertirt b̄ ɟ 0 = 0, somit als eine Resultante für b liefert:
104) b ; 1 = 1
und lehrt, dass b keine Leerzeilen haben darf. Auch dieses Ergebniss durch
Elimination von a aus 102) direkt zu gewinnen, dürfte seine Schwierigkeiten
haben.
In 102) darf nach alledem auch a für c geschrieben [werden]. Thut man
dies, nachdem man sämtliche vier Schreibweisen aus 66) berücksichtigt, und
bringt rechts auf 0, so entsteht ebenfalls in vier Formen:
105)
[543]§ 29. Determination des dritten Inversionsproblems.
— worin nämlich der unterwellte Term auch unterdrückbar — als Ausdruck
der gesuchten Bedingung. Dieser kann aber jetzt nicht mehr für sich, sondern
erst in Verbindung mit der ersten Subsumtion 103), welche uns c = a ver-
bürgte, „hinreichend“ genannt werden. Die hinreichende oder volle Bedingung
drückte 105) allein noch aus, falls man c für a restituirte und dann für c
seinen Wert a ; b ɟ b̄̆ einsetzte. In den Koeffizienten stellt sich die letzte Forde-
rung 105) einfachst dar als:
1050) ah kΠm{(ā ɟ b̄)h m + Σlah l0'k lbl m} = 0.
Aus 105) können manche Folgerungen gezogen werden. Die Forderung
muss nämlich a fortiori bestehen, wenn man hinter dem Πi irgendwelche
Glieder unterdrückt, ev. auch Faktoren zufügt.
So muss z. B. gelten: aΠi{(ā ɟ b̄) ; i + ĭ ; b̄̆} = 0, d. h. nach 14)
a(ā ɟ b̄ ɟ b̄̆) = 0 oder a ⋹ a ; b ; b̆
in Bestätigung der zweiten Subsumtion 103). Ebenso folgt dies aus der
letzten Form von 105) sofort, imgleichen wie: a(ā ɟ b̄ ɟ 0) = 0 oder a ⋹ a ; b ; 1,
was sich durch 104) bestätigt. Etc.
Ferner muss sein aΠi(ī̆ + a ; īb ɟ 0) = 0. Nach 7) des § 6 ist aber a ; (īb ɟ 0) ⋹
⋹ a ; īb ɟ 0 und hier das Subjekt gleich a ; (ī ɟ 0)(b ɟ 0) = a ; ī(b ɟ 0) = a(0 ɟ b̆) ; ī,
folglich a fortiori aΠi{a(0 ɟ b̆) ; ī + ī̆} = 0, was nach 18) gibt: a · a(0 ɟ b̆) ; 0'
oder
106) a · a ; 0'(b ɟ 0) = 0
als eine fernere notwendige Bedingung.
Nun kann man zwar der ersten Subsumtion 103) für sich auf die all-
gemeinste Weise genügen durch den Ansatz: a = α ; b ɟ b̄̆, wie schon in 40)
des § 19) gezeigt; der zweiten für sich durch den Ansatz a = α · α ; b ; b̆.
Beiden Forderungen 103) zugleich, die auch 104) involvirten, lässt sich, wie
ich durch eine mühsamere Untersuchung fand, auf allgemeinste Weise in un-
abhängigen Parametern α, β genügen durch die unschwer zu verifizirenden
Ansätze:
107) a = α ; (β̄ ɟ 0) + α ; β ɟ 0 + (α ; β ɟ β̄̆) · 1 ; β̆, b = β̄ ɟ 0 + β,
und so könnte man vielleicht noch fortfahren, durch weitre Bestimmung der
Parameter auch fernern Teilforderungen oder Unter-Bedingungen des Problemes
— wie 106) — nach und nach Genüge zu leisten.
Allein solange man nicht die Produkte Πi in 105) in geschlossener
Form auszuwerten vermag, indem man dieselben äquivalent in Funktionen
von a und b transformirt, die sich lediglich vermittelst der 6 Spezies aus
diesen Argumenten und vielleicht den Moduln aufbauen, ist wenig Aussicht
vorhanden, dass man auf diesem Wege zur völligen Lösung dieser unsrer
schwierigen „Determinationsaufgabe“ (zum dritten Inversionsprobleme) ge-
langen wird.
Es muss deshalb das Problem hier stehn gelassen werden.
Versuchte Auswertung jener Πi ferner dürfte kaum Erfolg versprechen,
solange sie nicht bei soviel einfacheren Produkten wie:
[544]Elfte Vorlesung.
108) x = Πia ; īb = Πiaī̆ ; b
gelungen ist. Über dies letztre Problem erster Stufe, mit dem wir wieder zu
dem Hauptthema unsres Paragraphen zurückkehren, und das — schon für
b = 0' — noch nicht gelöst werden konnte, liesse zwar sich bereits viel Inter-
essantes sagen; doch müssen wir uns bescheiden, und sei dasselbe als nächst-
einfaches unter den bislang ungelösten Problemen zu weitern Forschungen
empfohlen.
Bei der Wichtigkeit, ja der für den Vollzug von Eliminationen, für
das Schliessen überhaupt, ganz fundamentalen Bedeutung, welche indess
das Summirungs- resp. Produktirproblem zweiter Stufe am Ende des
§ 28 gewann, seien zum Schlusse nunmehr diesem noch einige Betrach-
tungen gewidmet. Es wird sich in (praktisch unerheblicher) Modifi-
kation des S. 468 Gesagten zeigen, dass unsre Algebra allerdings auch
über Methoden zur Lösung dieses Problemes verfügt, welche theoretisch
von allgemeiner Anwendbarkeit sind, deren versuchte Anwendung jedoch
praktisch zumeist in anscheinend unüberwindliche technische Schwierig-
keiten oder rechnerische Komplikationen verwickelt.
Wenn die Erstreckung der Π, Σ die absolute (über den ganzen
Denkbereich 12) ist, so kann als selbstverständlich gelten, dass
109)
und ähnlich für Σ — wonach denn auch die Produktationsvariable
durch jedes ihrer verwandten Relative ersetzbar wäre. Denn nimmt u
jeden Wert an, so auch ū, ŭ etc.
Wenn ferner im Ausdrucke von f(u) nach gehöriger Reduktion
desselben als namentlich Ausführung aller Negationen an zusammen-
gesetzten Ausdruckteilen (neben irgendwelchen Parameterrelativen sive
Konstanten hinsichtlich u) blos u und ŭ vorkommt, nicht aber ū und ū̆
(oder umgekehrt), so ist von vornherein
bekannt, was auch einfacher schon darstellbar ist durch
110) .
Dann haben wir nämlich f(0) als minimalen und in allen übrigen ent-
haltenen Faktor in unserm Π, wofür der Nachweis durch kombinirte An-
wendung von den Sätzen u0 ⋹ uv, u + 0 ⋹ u + v, u ; 0 ⋹ u ; v, u ɟ 0 ⋹ u ɟ v
und von deren konjugirten, mithin wesentlich des Theorems 1) des § 6 mit
Rücksicht auf 0 ⋹ v, auch detaillirter noch geliefert werden könnte. So hat
man beispielsweise sogleich
.
[545]§ 29. Sichtbarmachen von Termen behufs Produktevaluation.
Das dual Entsprechende für die Σ zu statuiren überlassen wir
zumeist dem Leser.
Als Problem kann daher nur die Ermittelung solcher Π, Σ ein
Interesse bieten, bei denen im allgemeinen Term f(u) neben u oder ŭ
auch ū oder ū̆ wesentlich vorkommt.
Aufgaben dieser Art haben wir in 1) und 6) gelöst. Dieselben
lassen sich durch nachher zur Kenntniss zu nehmende Methoden noch-
mals verallgemeinern zu dem Satze
111) ,
worin die Summen nach ϰ und λ sich über irgendwelche Reihen oder
Gebiete von Suffixwerten, wie 1, 2, 3, … erstrecken.
Allgemeinern Erörterungen über die Methode wollen wir noch ein
paar konkrete Beispiele vorausschicken, die nach Herleitung und Re-
sultat von Interesse.
Aufgabe 22. Beim Anblick von 5) drängt sich als Gegenstück
die Frage auf nach dem Werte der nächstfolgenden Produkte Π, hinter
die wir aber sogleich die sie beantwortende Wertangabe setzen:
112)
— wobei das zweite Ergebniss sich auch durch Buchstabenvertauschung
mit Rücksicht auf 109) aus dem ersten ableiten lässt.
Behufs Herleitung und Beweises nennen wir x das gesuchte erste Π,
und U dessen allgemeinen Faktor, so ist:
Ui j = Σhai hbh jui h + Σkci kdk jūk j.
Diesen Ausdruck „entwickeln“ wir nun nach ui j, indem wir letztres
(und sein Negat) sozusagen „prominent machen“ oder „in Evidenz bringen“.
Zu dem Ende ist nämlich erforderlich und ausreichend, dass man die Glieder
oder Terme, in welchen u oder ū mit diesem bestimmten Suffixe ij behaftet
ist, überall wo sie sich finden können, hervor- oder heraustreten lasse.
Dies kann rein rechnerisch gemacht werden, in unserm Falle: indem
man das allgemeine Glied der Σh mit (1 =)(1'h j + 0'h j), das der Σk mit
(1 =)(1'k i + 0'k i) multiplizirt, dann zerlegt, und auf die ersten Teile das
Schema 12×) von S. 121 anwendet. So kommt in der That:
Ui j = ai jbj jui j + ci idi jūi j + Σh0'h jai hbh jui h + Σk0'i kci kdk jūk j,
wo nun also in den beiden letzten Summen nur von einander und von ui j
verschieden bezeigerte u-Koeffizienten vorkommen. Diese werden im
Schröder, Algebra der Relative. 35
[546]Elfte Vorlesung.
jedenfalls auch mit 0-Werten ui h = 0 (bei h ≠ j), ūk j = 0 (bei k ≠ i) ver-
sehen vorkommen, sodass nur die beiden ersten Glieder zum Wert von x
etwas beizusteuern vermögen. Der wirklich vorkommende minimale Wert,
der in allen Werten enthalten ist, von einer homogen linearen Funktion:
αu + βū, = αβ + αβ̄u + ᾱβū
muss aber das Produkt von deren Koeffizienten, also αβ sein, sintemal bei
der Annahme u = ᾱβ die beiden letzten Glieder in der That verschwinden.
Demnach enthält das für alle erdenklichen u gebildete Ui j allemal
zum mindesten das Glied ai jbj jci idi j und wird auch für gewisse Werte von u
nicht mehr als diesen Term umspannen, sodass
gefunden ist. Damit haben wir
xi j = (ad)i j(1'c ; 1)i j(1 ; b1')i j und x = ad · 1'c ; 1 ; b1', q. e. d.
Die Überlegung ist gewiss unanfechtbar; aber so günstig, dass sie
sich dermassen glatt und einfach abwickelt, liegen die Verhältnisse nur
selten.
Einen tiefern Einblick in die allgemein Erfolg verheissende Pro-
duktirmethode werden wir schon durch die heuristische Herleitung (des
ersten) der folgenden Resultate gewinnen.
Aufgabe 23. Zu entdecken, dass:
113)
— wonach also, bei Vertauschung von d mit d̆ im einen Ausdrucke,
die untereinander stehenden gleich ausfallen würden.
Herleitung. Indem wir wieder die erste Aufgabe als x = ΠU for-
muliren, werden wir haben:
und Ui j = Σlai lbl jui l + Σkci kek jΠl(ūi l + dl k).
Die Sache liegt hier wiederum einfach insofern, als die u durchweg nur
mit dem ersten Index i behaftet vorkommen.
Wir machen nun für irgend ein bestimmtes h hierin ui h prominent.
Wie zu dem Ende die Σl zu behandeln ist, haben wir im vorigen Kontext
geschildert (man multiplizire das allgemeine Glied mit 1'l h + 0'l h). Dual
entsprechend wird zum allgemeinen Faktor des Πl blos (0 =)0'l h1'l h zu
addiren, derselbe sodann nach dem dualen Gegenstück des Distributions-
gesetzes in (ūi l + dl k + 0'l h)(ūi l + dl k + 1'l h) zu zerfällen und von jedem
[547]§ 29. Verfahren der Exhaustion von Koeffizienten.
dieser beiden Faktoren das Πl einzeln zu nehmen sein, wo beim ersten
das Schema 12+) von S. 121 anwendbar wird. So kommt:
Ui j = ai hbh jui h + Σl0'l hai lbl jui l + Σkci kek j(ūi h + dh k)Πl(1'l h + ūi l + dl k).
Dies hat bereits die entwickelte (lineare) Form:
Ui j = αui h + βūi h + γ,
die man besser im nicht homogenen Zustande belässt. Bevor wir die
Werte von α, β, γ, die hieraus ersichtlich, ausdrücklich hinschreiben, wollen
wir aber eine etwas bequemere Symbolik einführen, die sich für alle der-
artigen Aufgaben zu empfehlen scheint.
Eine Summe der Form Σl0'l hφ(l) stellt nichts andres vor als wie die
Summe aller φ(l) ohne φ(h), und kann dies auch durch die Schreibung
vollständig ausgedrückt werden. Analog wird
die Summe nach l aller φ(l) ohne φ(h) und φ(k) ausdrücken, und so
weiter.
Dual entsprechend kann auch
u. s. w. geschrieben werden, indem die linkseitigen Ausdrücke nichts andres
vorstellen als das Produkt aller φ(l) ohne φ(h), resp. ohne φ(h) und
φ(k), etc.
Durch diese kleine Modifikation der in unsrer Disziplin legitimen Sym-
bolik wird der Vorteil erzielt, dass, wenn fortgesetzt immer mehr Glieder
aus der Summe, Faktoren aus dem Π weggelassen werden sollen, der
allgemeine Term der Σ und des Π stetsfort den nämlichen (einen immer
gleich einfachen) Ausdruck behält (während in der legitimen Darstellung
dieser immerfort an Schwülstigkeit zunehmen müsste); mithin kann auch
dieser allgemeine Term, als selbstverständlich der alte bleibend, unerwähnt
gelassen, er braucht nicht wiederholt zu werden.
Wenn schliesslich von der Σl alle ihre Glieder, von dem Πl alle seine
Faktoren derart ausgeschlossen sive in Wegfall gekommen sind, so wird
jene gleich 0 und dieses gleich 1 geworden sein.
Benutzen wir dies, so werden wir haben:
wo als allgemeiner Term der Σl nun ai lbl jui l, des Πl aber ūi l + dl k ge-
radeso wie im ersten Ausdrucke unsres Ui j zu denken ist. —
Wie immer nun auch die übrigen ui l (ohne ui h) gegeben sein mögen,
so lässt sich ui h so bestimmen, wählen, dass die obige lineare Funktion
desselben, Ui j, ihren Minimalwert annimmt. Dieser muss sein:
(α + γ)(β + γ), = γ + αβ
und wird hier nach geringfügiger Zusammenziehung:
.
35*
[548]Elfte Vorlesung.
Nunmehr machen wir in diesem γ + αβ ein weitres ui h' prominent,
wo h' ≠ h gedacht werden muss, weil h darin gar nicht mehr vorkommt.
Es wird:
,
und wieder ist der Minimalwert dieses Ausdrucks hinsichtlich der Variabeln
(sive als Funktion von) ui h':
.
Dies konnte auch ohne die Zwischenrechnung augenblicklich hingeschrieben
werden aufgrund der Wahrnehmung, dass γ + αβ bezüglich der ui l wieder
dieselbe Form zeigt wie Ui j — bis auf das Fehlen eines Terms (also bis
auf die Erstreckung) in den Σ und Π nach l, und bis auf den Umstand,
dass der dem Πl als Faktor vorangehende Parameter — oder Konstanten-
ausdruck — ci kek j in Ui j — in γ + αβ ein komplizirterer geworden (so
wie er dort zu erblicken ist).
Dieselbe Wahrnehmung trifft nun auch bei γ' + α'β' zu, wobei das
Bildungsgesetz bereits einleuchtet.
Denken wir uns diese Schlüsse unbegrenzt fortgesetzt bis alle Glieder
der Σl fortgefallen, zugleich damit alle Faktoren des Πl unwirksam, = 1,
geworden sind, so wird als xi j der letzte Ausdruck des Minimalwerts,
γ(∞) + α(∞)β(∞), gefunden sein:
xi j = Σkci kek jΠh(ai hbh j + dh k), =
= Σkci kΠh(ai h + dh k)Πh(d̆k h + bh j)ek j = {(a ɟ d)c ; (d̆ ɟ b)e}i j,
somit x = (a ɟ d)c ; (d̆ ɟ b)e, q. e. d.
Wie man sieht läuft das Verfahren auf eine „Grenzwertbestimmung“
hinaus, charakterisirt sich als eine Art von „Exhaustionsverfahren“: es
wurden die Σ und Π nach l sozusagen nach und nach „ausgeschöpft“
— imgrunde wie wenn beim zugehörigen Problem der Elimination von x
die unbegrenzte, eventuell ein Kontinuum bildende Doppelserie von dessen
Koeffizienten xh k mittelst fortschreitender Ausmerzung von einem dieser
nach dem andern eliminirt würde. Genau so haben wir in der That vor-
stehend eines der ui h nach dem andern ausser Betrachtung gesetzt, oder
„abgethan“, indem wir immer blos zurückbehielten, was dasselbe nicht
umhin kann von Ui j zu dem beizusteuern. M. a. W.: wir suchten den
Minimalwert vom Minimalwerte des Minimalwertes etc. von Ui j in Hin-
sicht eines der Argumente ui h (dieser Aussagenfunktion) nach dem andern
— unter, kurz gesagt, „Minimalwert“ einer Funktion φ „in Hinsicht eines
Argumentes u“ einen solchen Wert verstanden, der für ein gewisses u
wirklich von ihr angenommen wird, zugleich aber in allen Werten, deren
diese Funktion für irgendwelche u nur fähig ist, enthalten bleibt — und
zwar dies fortgesetzt bis einschliesslich zum letzten Argumente ui h sofern
es ein „letztes“ gibt, allgemeiner gesprochen also: bis solches in Hinsicht
jedes Argumentes ui h geschehen war. Alsdann war der resultirende Minimal-
[549]§ 29. Zur allgemeinen Produktauswertungsmethode.
wertausdruck von Ui j von sämtlichen Argumenten ui h, kürzer gesagt:
von u, unabhängig geworden und durfte das Zeichen vor dieser Kon-
stanten nach dem Tautologiegesetz unterdrückt werden.
Nebenbei gesagt geht für a = 1, b = 1' nach einer kleinen Buch-
stabenvertauschung unser erstes Resultat 113) auch über in: 50) — jene
Formel, die wir vordem auf kunstvollerem verschlungenen Wege, durch
Vermittelung unendlich vielfacher Π, nur zu finden vermocht hatten.
Ebenso begreift unser Resultat für d = 0' auch unser Theorem 6) unter
sich und erscheint als eines der allgemeinsten von den Π, die sich in
geschlossener Form bisher angeben liessen.
„Theoretisch“ ist nun das bei den letzten Aufgaben Erkannte
leicht zu verallgemeinern.
Soll mit der „absoluten Erstreckung“ ein ermittelt
werden, wo U = f(u) eine gegebne Relativfunktion ist, so suche man
den allgemeinen Koeffizienten.
Man wird zunächst keine Schwierigkeit finden, gemäss den Fest-
setzungen (10) bis (13) des § 3 den allgemeinen Faktor Uh k des
letztern Π explizite als eine „Aussagenfunktion“ darzustellen, welche
sich vermittelst der drei Spezies des Aussagenkalkuls nebst eventuell
Σ und Πzeichen in bestimmter Weise aufbaut aus den Koeffizienten
des Arguments u (und seines Negats ū) sowol als sämtlicher etwaigen
Parameter a, b, c, … des f(u).
Diese Aussagenfunktion kann in der Gestalt
Uh k = αui j + βūi j + γ
„entwickelt“ werden nach dem u-Koeffizienten mit irgend einem be-
stimmten Suffixe ij. Und zwar ist diese Entwickelung linear und
wenn man will auch homogen; doch ist der homogenen Form
(α + γ)ui j + (β + γ)ūi j
die noch nicht homogen gemachte aus bald ersichtlichem Grunde vor-
zuziehn. Die Polynomkoeffizienten α, β, γ sind zwar nicht unabhängig
von u (sie führen nämlich ev. die übrigen u-Koeffizienten), aber doch
sind sie unabhängig von ui j.
Um solchermasseen ui j „prominent zu machen“, es „in Evidenz zu
bringen“ — wobei vielleicht die Fälle i = oder ≠ j sowie i, j = oder
≠ h, k getrennt zu behandeln sind — braucht man blos zu beachten: sooft
ein erster Index l des u oder ū von einem Σl beherrscht ist, so kann man
den allgemeinen Term dieser Σ mit 1'i l + 0'i l (= 1) multipliziren — bei
einem zweiten Index dagegen thue man es mit 1'l j + 0'l j. Sind sie dagegen
von einem Πl beherrscht, so kann man 0'i l1'i l(= 0), resp. 0'l j1'l j zum all-
gemeinen Term addiren — beidemal gemäss dem Distributionsgesetze
a(b + c) = ab + ac, beziehungsweise a + bc = (a + b)(a + c) zerlegend. So
[550]Elfte Vorlesung.
zerfällt die Σ, das Π in eine Summe, ein Produkt von zwei solchen, und
werden auf den einen Teil die Schemata 12) von S. 121 anwendbar, wo-
durch man zuletzt ui j oder ūi j als expliziten Faktor, Summanden bekommt.
Im andern Teile erscheint durch den Faktor 0'i l resp. 0'l j, bezüglich durch
den Addenden 1'i l resp. 1'l j aus der verbleibenden Σl, bezüglich dem Πl,
ein zuvor darin effektiv vorhanden gewesner Term fortan unwirksam ge-
macht, ausgemerzt, herausgeschöpft oder exkludirt.
Nun tritt für ui j = ᾱβ der „Minimalwert“ unsres Uh k wirklich
ein, der in nach u allen Werten desselben enthalten sein muss, und
zwar ist derselbe
,
worin das Suffix ij, wenigstens, an u und ū nicht mehr auftreten wird.
Ist dann mn irgend ein neues Suffix, so kann man ebenso
Vh k = α'um n + β'ūm n + γ'
entwickeln, wovon als Faktor von xh k blos auftreten kann der in nach u
allen Vh k enthaltene und für ein gewisses um n wirklich vorkommende
Minimalwert
,
worin nun weder ij noch mn als Index von u oder ū mehr vorkommen
kann und in gewissen Σ, Π sogar zwei Terme exkludirt, ausgeschöpft
erscheinen werden. Und so weiter.
Es kommt nun blos darauf an, das Bildungsgesetz der Minimal-
werte fort und fort zu übersehen — so lange fort, bis aus den über-
haupt auf Indizes von u oder ū bezüglichen Σ und Π alle Terme ex-
kludirt, ausgeschöpft sein werden. Dies ist ja theoretisch möglich —
praktisch können die Komplikationen rasch unabsehbar werden. Die
völlig ausgeschöpften Σ verschwinden, werden = 0, die Π gleich 1
zu setzen sein.
Das Verfahren lässt analytischem Geschick noch weiten Spielraum:
man kann die u-Koeffizienten z. B. reihenweise (zeilen- oder kolonnenweise)
auszumerzen suchen, oder auch vorweg die ui i längs der Hauptdiagonale,
oder auch die zu einander konversen paarweise, etc.
Gelingt das, so ist xh k als eine „Aussagenfunktion“ ermittelt, in
der kein u-Koeffizient mehr vorkommt, vor der also das unterdrück-
bar ist und die sich lediglich aus Koeffizienten der Parameter a, b, c, …
des f(u) aufbaut.
Alsdann verbleibt nur noch die Aufgabe, diese Aussagenfunktion —
ich möchte sagen: zu „verdichten“, zu „condensiren“, d. h. sie darzustellen
als den Koeffizienten zum Suffix hk eines von h und k unabhängigen,
[551]§ 29. Rückschluss von den Koeffizienten auf die Relative.
aus a, b, c, … durch die 6 Spezies incl. Σ, Π aufgebauten Relatives,
einer „Relativfunktion“ X, und wird damit x = X gefunden sein.
Letzteres gelingt auch praktisch immer, zum wenigsten unter Bei-
hülfe von Summen und Produktformen erster Stufe, die sich blos über
den Denkbereich 11 der Elemente erstrecken — wie wir nachher bei
einer letzten Aufgabe noch zu zeigen gedenken.
Zumeist jedoch scheitert der Versuch praktisch an der vorher-
gehenden Auflage — und bleibt darum die Methode gewisslich noch
weitrer Ausgestaltung bedürftig.
Aufgabe 25. Gesucht sei
114)
wobei h nicht als Elementbuchstabe gelten soll — sodass unser Π acht
beliebige Relative als Parameter aufweist.
Man findet unschwer durch das Exhaustionsverfahren:
115) xi j = Σkei khk jΠl(bi lΣmai mcl mdm j + fi l + gl k)
und kommt es jetzt noch darauf an, den Ausdruck zu „verdichten“, d. h. auf-
grund dieser Koeffizientenbeziehung das Relativ x selbst durch die acht
Parameter auszudrücken. Dies gelingt, wenn wir schliesslich die laufenden
Zeiger k, l durch j, i ersetzen, in der Gestalt:
116) x = Σje{(b + f) ɟ g} ; j · j̆ ; h · Πi{a ; (c̆ ; i)d + f ; i + ĭ ; g ; j}
— ein Resultat, aus welchem sich die meisten unsrer frühern Ergebnisse,
z. B. für a = 1, d = 1' unter Buchstabenvertauschung das 113), als Sonder-
fälle in schätzbarer Kontrole richtig ableiten lassen.
Behufs Herleitung von 116) — woraus ein Stück Methode zu abs-
trahiren — formen wir um: cl m = c̆m l = (c̆ ; l)m j — vergl. S. 423 —
worauf sich die Σm in {a ; (c̆ ; l)d}i j verwandelt. Wir zerlegen ferner das
Πl in einesteils Πl(bi l + fi l + gl k) = {(b + f) ɟ g}i k was sich noch mit dem
Faktor ei k zu [e{(b + f) ɟ g}]i k zusammenziehen wird — was kürzehalber ri k
für den Augenblick heissen möge, und andernteils: Πl{a ; (c̆ ; l)d + f ; l + l̆ ; g ; k}i j.
Wird nun noch ri khk j äquivalent in (r ; k · k̆ ; h)i j umgeschrieben, so kann
man rechts in 115) das Suffix ij gänzlich heraussetzen, und es hernach in
Gemässheit der Festsetzung (14) Korollar, S. 33, sintemal die Gleichung 115)
unter der Herrschaft des Zeichens Πi j zu denken war, beiderseits weglassen.
So wird aus 115) das Resultat 116) gewonnen sein.
Durch geeignete Benutzung der Formeln 34) bis 36) des § 25 wird
sich solche „Verdichtung“, Zusammenziehung, jederzeit verwirklichen lassen.
Es ist also nur das Ausmerzungs-, oder Exhaustionsverfahren, worin
noch unbewältigte Schwierigkeiten zutage treten können.
Solche wird der Forscher alsbald gewahren, wenn er z. B. das
zu ermitteln versucht. —
[552]Elfte Vorlesung.
Wir lassen das Problem hier stehen, und bemerken nur noch,
dass dasselbe eine gewisse Analogie mit dem mathematischen Probleme
des „Rationalisirens“ einer algebraischen Gleichung, dem Beseitigen
sämtlicher in ihr vorkommenden Wurzeln, zeigt. Lässt sich auch jede
einzelne von diesen Wurzeln dadurch beseitigen, dass man sie auf einer
Seite der Gleichung isolirt und dann die Gleichung beiderseits mit
ihrem Wurzelexponenten potenzirt, so gelingt auf diesem Wege doch
nicht die Beseitigung sämtlicher Wurzeln, und sind dazu vielmehr noch
feinere Methoden nötig. Begreiflich ist dies bekanntlich daraus: weil
beim Beseitigen (auf genanntem Wege) von einer bestimmten Wurzel
die Zahl der übrigen zu beseitigen bleibenden Wurzeln sich mehrt.
Solches ist nun zwar hinsichtlich der Relativkoeffizienten beim Aus-
schöpfen, Eliminiren eines bestimmten von ihnen nicht der Fall, allein
es pflegt sich hier doch wenigstens die Komplikation in der die übrigen
Koeffizienten auftreten, jeweils zu erhöhen.
[[553]]
Zwölfte Vorlesung.
Theorie der Abbildung. Ihre 15 Arten. Eindeutigkeit bei Zuordnungen
und Gleichmächtigkeit von Systemen.
§ 30. Direkt sowie umgekehrt nie undeutige und nie mehrdeutige
Zuordnung. Funktion, Argument und Substitution (Permutation)
als Relative.
Im weitesten Sinne des Worts „Abbildung“ kann jedes binäre
Relativ a als eine Abbildung hingestellt werden, nämlich als eine
eventuell bald „undeutige“, bald „eindeutige“, bald auch „mehrdeutige“
Zuordnung (— Begriffe, die wir demnächst erst näher zu erläutern
haben). Wenn wir aber das Wort im engeren Sinne gebrauchen
wollen, so wird von einem Relativ a, damit es als eine „Abbildung“
bezeichnet werden dürfe, hinfort zu verlangen sein, dass sei es a selber,
sei es auch seine Umkehrung ă, mindestens eine der beiden Anforde-
rungen erfülle: niemals undeutig, und niemals mehrdeutig zu sein.
Zur Motivirung der fraglichen Unterscheidungen bringe man sich
folgendes zum Bewusstsein.
Jedes Relativ a genommen von einem Systeme b(= b ; 1) liefert wieder
ein System, sintemal dann a ; b = a ; (b ; 1) = (a ; b) ; 1 ersichtlich System
sein muss. Auch im weitesten Sinne des Worts „Bild“ gilt sonach:
Das a-Bild eines Systems ist stets ein System.
Da ein Element i = i ; 1 ebenfalls System ist, so muss also ebenso
auch gelten:
Das a-Bild eines Elementes muss allemal ein System sein: a ; i = (a ; i) ; 1.
Es kann sich nur fragen, ob dieses System ein leeres ist, „verschwindet“,
oder ob es blos aus einem oder gar aus mehrern Elementen besteht.
Im ersten der drei Fälle „versagt“ die Abbildung a für unser Element i,
ist a ; i(= 0) nichtsbedeutend, sinnlos und u überhaupt als Abbildung
„eventuell undeutig“ zu nennen; im zweiten ist sie „eventuell eindeutig“,
nämlich zum mindesten so bei Anwendung auf unser i; im dritten ist sie
„eventuell mehrdeutig“: es kann dann a ; i als Name einer Gattung ge-
braucht werden, der sich jedes Element dieses Systems a ; i einordnet —
sodass letztres System als „das a-Bild von i“ gegenübersteht (und wohl
zu unterscheiden sein wird von) seinen Elementen, deren jedes auch — mit
dem unbestimmten Artikel — „ein a-Bild von i“ genannt werden darf.
[554]Zwölfte Vorlesung.
Bedingung des Verschwindens für das a-Bild eines Elementes i ist:
α) (a ; i = 0), = (a ⋹ ī̆),
denn wir haben (a ; i ⋹ 0) = (a ⋹ 0 ɟ ī̆ = ī̆). Dafür also ist notwendig
und hinreichend, dass das Abbildungsprinzip a (als binäres Relativ) die
Kolonne ĭ zur Leerkolonne habe.
Damit a ; i nicht 0 sei, muss a in dieser Kolonne ĭ mindestens ein
Auge haben.
Zerlegt man a = uĭ + vī̆, so kommt:
a ; i = uĭ ; i + vī̆ ; i = u ; ii + v ; īi = u ; i + v ; 0 = u ; i
d. h. der in den Raum ī̆ hineinfallende Teil (der Matrix) von a ist ohne
Einfluss auf den Wert des a ; i. Es gilt m. a. W. (etwa u = v = a ge-
nommen) der Satz:
β) a ; i = aĭ ; i.
Jedem Auge hi des Relativs aĭ (das mithin a innerhalb der Kolonne ĭ
aufweisen mag) entspricht als zu a ; i gehörig, d. i. als Bestandteil dieses
Systems, ein apartes Element h, indem: hĭ ; i = h ; i = h ; 1 ; i = h ; 1 · 1 ; i = h · 1 = h.
D. h. es gilt der Satz:
γ) h ; i = hĭ ; i = h.
Also, populär gesprochen: soviel Augen das Relativ aĭ besitzt, soviel Elemente
(oder „a-Bilder von i“) wird „das a-Bild von i“, a ; i, unter sich begreifen.
In der Folge werden wir ausserordentlich viel zu thun haben mit
Subsumtionen von einer der beiden Formen:
i⋹a ; j und a ; j ⋹ i.
Darum sei auch folgendes noch aus § 25 in Erinnerung gebracht, resp. neu
konstatirt oder besonders hervorgehoben — und zwar weniger zugunsten des
gegenwärtigen als vielmehr des nächsten Paragraphen. Bis auf eine Be-
merkung unter v) wird der Studirende von den ferneren Betrachtungen
dieses Kontextes erst bei den Verweisungen im § 31 Kenntniss zu nehmen
haben und kann sie vorläufig überschlagen.
Die (für die Subsumtionen unsrer ersten Form) fundamentale Äquivalenz:
δ) (i ⋹ a ; j) = (j ⋹ ă ; i)
liess sich aufgrund der Sätze 22) S. 418: a ɟ ī = a ; i, (ī̆ ɟ a = ĭ ; a), die
als Gleichungen Geltung haben — durch deren Anwendung abwechselnd mit
dem ersten Inversionstheorem und dem Kontrapositionsverfahren — ja auch
leicht beweisen mittelst der äquivalenten Umformungen:
(i ⋹ a ; j) = (i ⋹ a ɟ j̄) = (ā̆ ; i ⋹ j̄) = (j ⋹ ă ɟ ī) = (j = ă ; i).
[555]§ 30. Propädeutisches über Abbildung von Elementen.
Für die umgekehrte Subsumtion, die unsrer zweiten Form, erhält man
zwar auch die Reihe von Äquivalenzen:
(a ; j ⋹ i) = (a ɟ j̄ ⋹ i) = (ī ⋹ ā ; j) = (ī ⋹ ā ɟ j̄) = (ă ; ī ⋹ j̄) = (j ⋹ ā̆ ɟ i)
wo die vierte und die letzte Aussage auch unmittelbar gewinnbar aus der
ersten.
Allein da gemäss 25) S. 419: a ɟ i ⋹ a ; ī, (ĭ ɟ a ⋹ ī̆ ; a) blos als Sub-
sumtion gilt, so lässt sich dies bei der vorletzten Aussage nicht zu äqui-
valenter Transformation benutzen, gibt vielmehr nur a fortiori die Kon-
klusion: ă ɟ i ⋹ j̄ oder j ⋹ ā̆ ; ī was sich eben wegen ā̆ ɟ i ⋹ ā̆ ; i aus der
letzten Aussage ohnehin mitversteht.
Ein Gegenstück zu δ) gilt daher für die umgekehrten Subsumtionen,
die unsrer zweiten Form, nicht. Vielmehr sieht man leicht, dass die Sub-
sumtionen:
ε) (a ; j ⋹ i) = (aj̆ ; 1 ⋹ i) = (aj̆ ⋹ i ɟ 0) = (aj̆ ⋹ i) und (ă ; i ⋹ j) = (aĭ ⋹ j)
differiren müssen, wie denn die Polynome aīj̆ und aĭj̄ der rechts auf 0
gebrachten sich unterscheiden.
Allerdings ist für sie mit dem unterwegs gefundnen Satze:
ζ) (a ; j ⋹ i) = (ă ; ī ⋹ j̄), woneben (a ; j̄ ⋹ i) = (ă ; ī ⋹ j)
noch gestellt werden könnte, eine Möglichkeit der Umstellung oder Isolirung
von Termen gewährleistet. Allein es führt solche Umformung aus dem Kreise
der uns vorzugsweise interessirenden obigen Subsumtionsformen heraus.
Zudem ist dieser Satz ζ) nur ein Sonderfall des für Systeme b = b ; 1,
c = c ; 1 bei beliebigem a geltenden Satzes:
η) (a ; b ⋹ c) = (ă ; c̄ ⋹ b̄) oder (a ; b̄ ⋹ c) = (ă ; c̄ ⋹ b),
der sich als eine bemerkenswerte Anwendung des ersten Inversionstheorems
erweist, insofern — vergl. S. 451 —
(a ; b̄ ⋹ c) = (a ⋹ c ɟ b̆ = c ɟ 0 ɟ b̆ = c ɟ 0 + 0 ɟ b̆ = c + b̆) =
= (ă ⋹ c̆ + b = b ɟ c̆) = (ă ; c̄ ⋹ b).
Innerhalb des Kreises der uns interessirenden Subsumtionsformen ist
dagegen für die Subsumtionen der zweiten Form noch folgender Satz von
Wichtigkeit:
θ) (a ; j ⋹ i) = (a ; j = 0) + (a ; j = i),
wonach die Subsumtion die Kraft einer Gleichung haben muss, sobald ihr
Subjekt nicht verschwindet, sobald es also ein a-Bild von j gibt.
Dieser Satz ist augenscheinlich nur ein Sonderfall des allgemeineren:
ι) (c ; 1 ⋹ i) = (c ; 1 = 0) + (c ; 1 = i),
wonach für jedes System c ; 1 = c gelten muss:
κ) (c ⋹ i) = (c = 0) + (c = i).
Um diese Aussagenäquivalenz, die sich als Subsumtion rückwärtig von
selbst versteht, als eine solche auch vorwärtig zu beweisen, erinnern wir
daran, dass nach S. 461 für jedes System c gelten muss
[556]Zwölfte Vorlesung.
λ) (i ⋹ c) + (i ⋹ c̄),
wo von den beiden Fällen der Alternative wegen i ≠ 0 der eine den andern
ausschliesst.
Ist nun, während gemäss κ) c ⋹ i ist, c ≠ 0, so würde die Annahme
i ⋹ c̄ mittelst c ⋹ i ⋹ c̄ zu der Konklusion c ⋹ c̄ oder c = 0 führen im
Widerspruche mit c ≠ 0, und folglich ist von λ) die zweite Alternative zu
verwerfen; es muss die erste gelten, zugleich mit c ⋹ i auch i ⋹ c d. h. c = i
sein, q. e. d. —
Wenn wir nun eine Subsumtion der ersten Art, δ), nach 17) und 36)
des § 25 sofort zusammenziehen konnten in einen Relativkoeffizienten sowol,
als auf Wunsch auch sie verwandeln konnten in ein ausgezeichnetes Relativ,
indem wir hatten:
μ) (i ⋹ a ; j) = ai j = ĭ ; a ; j,
so frägt sich noch: welches ausgezeichnete Relativ und welcher Koeffizient
denn mit der umgekehrten Subsumtion äquivalent sein wird?
Die Beantwortung aller derartigen Fragen kann auf die — wesent-
lich in 5) S. 147 schon vorgekommnen — Schemata gegründet werden:
ν)
nach denen die ausgezeichneten Relative geradezu die Rolle von Aussagen
übernehmen und auf sie ebenfalls das „spezifische Prinzip des Aussagen-
kalkuls“ (1 ⋹ α) = α ausgedehnt und anwendbar wird: Man hat sich, um
irgend ein ausgezeichnetes Relativ korrekt als eine Aussage zu deuten (d. i. um
es in dieser seiner Eigenschaft richtig zu verstehen), dasselbe jeweils als
Prädikat hinter das Subjekt 1 gesetzt zu denken — wenn man will auch: es
gleich 1 zu setzen. Dieses „1 ⋹“, welches jede Behauptung (Proposition)
beginnt, resp. das „= 1“ welches sie abschliesst, ist es im Allgemeinen ganz
unnötig, hinzuschreiben (Peirce9c p. 199), und wie bei den Aussagen, so
auch bei den ja auf denselben Wertbereich 0, 1 angewiesnen ausgezeich-
neten Relativen mag der Zusatz gespart, unterdrückt werden.
Ein für sich stehendes, ein nur eben einfach hingesetztes „ausgezeich-
netes Relativ“ kann jederzeit als eine Aussage angesehen werden, die wahr
oder erfüllt sein wird, sofern das Relativ den Wert 1 annimmt, nicht er-
füllt ist, sobald dasselbe verschwindet, während es bekanntlich ein tertium
non datur.
Die Vorteile solchen Verfahrens, das wir aus dem Theoretischen mehr
und mehr in’s Praktische zu übersetzen streben, werden bei der Einkleidung
von Bedingungen bald zutage treten. —
Nunmehr haben wir: (a ; j ⋹ i) = (a ⋹ i ɟ j̄̆ = i + j̄̆) = (1 ⋹ ā + i + j̄̆)
und deshalb gibt:
0 ɟ (ā + i + j̄̆) ɟ 0 = 0 ɟ (ā + i) ɟ j̄ = ĭ ɟ ā ɟ j̄ = ĭ ɟ ā ; j
die Antwort auf die oben gestellte Frage, die auch aus 1 ⋹ ā ɟ j̄ + i =
= ā ; j + i mit 0 ɟ (ā ; j + i) ɟ 0 = 0 ɟ (ā ; j + i), sintemal der Klammerausdruck
System ist, noch rascher ableitbar. Sodass gefunden ist:
[557]§ 30. Propädeutisches über Abbildung von Elementen.
ξ) (a ; j ⋹ i) = ĭ ɟ ā ; j = (ĭ ɟ ā) ; j
— letzteres mit Rücksicht auf 27) S. 419.
Als einen Relativkoeffizienten zum Suffix ij der Form bi j mit von i und j
unabhängigem b unser Ergebniss, d. i. die linkseitige Subsumtion darzustellen,
ist überdies möglich, und zwar in der Gestalt:
ο) (a ; j ⋹ i) = (1' ɟ ā)i j = ĭ ; (1' ɟ ā) ; j.
Dies ergibt sich zunächst kunstlos so:
(a ; j ⋹ i) = Πh k(Σlah ljl k ⋹ ih k) = Πh(Σlah l1'j l ⋹ 1'i h) =
= Πh(ah j ⋹ 1'i h) = Πh(1'i h + āh j) = (1' ɟ ā)i j.
Man kann es aber auch durch äquivalente Transformation aus ξ) ableiten
(sowie umgekehrt), indem:
ĭ ɟ ā ; j = ĭ ; 1' ɟ ā ; j = ĭ ; (1' ɟ ā) ; j kraft 27) des § 25.
Wir verfügen darnach über zwei Formen der linkseitigen Aussage ξ), ο),
welche uns gestatten, viele Forderungen auch in zweierlei Formen zu
statuiren, deren Äquivalenz miteinander zwar auch direkt nachweisbar doch
sonst wol nicht leicht zu entdecken wäre. Dasselbe gilt von der Gleichung:
π)
Formuliren wir ferner als einen Relativkoeffizienten, oder auch in Form
eines ausgezeichneten Relativs die Aussage: dass das a-Bild eines Elementes j
verschwinde. Hier gilt als ein Zusatz zu α):
- (a ; j = 0) = (ā̆ ɟ 0)j = (0 ɟ ā) ; j = j̆ ; (ā̆ ɟ 0),
- (a ; j ≠ 0) = (ă ; 1)j = 1 ; a ; j = j̆ ; ă ; 1.
Denn wie einerseits kunstlos:
(a ; j = 0) = Πh k(Σlah ljl k = Σlah l1'j l = 0) = Πh(ah j = 0) =
= (Σhah j = 0) = {(1 ; a)i j = 0} = {(ă ; 1)j = 0} = (ā̆ ɟ 0)j,
so ist andrerseits auch:
(a ; j ⋹ 0) = (a ⋹ 0 ɟ j̄̆ = j̄̆) = (1 ⋹ ā + j̄̆) = 0 ɟ (ā + j̄̆) ɟ 0 = 0 ɟ ā ɟ j̄ =
= 0 ɟ ā ; j = (0 ɟ ā) ; j,
desgleichen noch einfacher:
(a ; j ⋹ 0) = (1 ⋹ ā ɟ j̄ = ā ; j) = 0 ɟ ā ; j ɟ 0 = 0 ɟ ā ; j = (0 ɟ ā) ; j.
Mit Rücksicht auf ξ) oder ο) und π), ρ) kann jetzt auch der Satz θ)
direkt an den ausgezeichneten Relativen verifizirt werden — am besten in
der Gestalt:
ĭ ; (1' ɟ ā) ; j = ĭ ; (0 ɟ ā) ; j + ĭ ; a(1' ɟ ā) ; j,
sintemal 0 ɟ ā + a(1' ɟ ā) = 1' ɟ ā kolonnenrechnerisch (und anders) leicht
erweislich. —
[558]Zwölfte Vorlesung.
Ist a ein beliebiges Relativ, so sind beachtenswert die folgenden Formen
für die Forderung, dass ein Element i in a enthalten sei:
σ) (i ⋹ a) = (i ⋹ a ɟ 0) = (a ɟ 0)i = ĭ ; (a ɟ 0) = (0 ɟ ă) ; i = ĭ ; a ɟ 0 = 0 ɟ ă ; i.
Zum Beweis der ersten Äquivalenz ist blos zu bemerken, dass wie sie
rückwärts als Subsumtion aus a ɟ 0 ⋹ a a fortiori folgt, sie auch vorwärts
als i = i ɟ 0 ⋹ a ɟ 0 sich ergibt. Das Übrige versteht sich nach dem Bis-
herigen von selbst.
Sollte es demnach einmal wünschenswert erscheinen, die im § 31 über
Abbildung eines Systems a in ein System b aufgestellten Sätze auf beliebige
Relative a, b auszudehnen (was ich übrigens bezweifle), so brauchten blos
nachträglich a, b durch a ɟ 0, b ɟ 0 durchweg ersetzt zu werden (nicht aber
durch a ; 1, b ; 1) — siehe dortselbst.
Ist aber a = a ɟ 0 = a ; 1 von vornherein System, so erhalten wir für
σ einfacher:
τ) (i ⋹ a) = ai = ĭ ; a = ă ; i,
wo die rechte Seite schon ein ausgezeichnetes Relativ 1 ; ĭ ; a ; 1 sein wird. —
Drücken wir uns ferner aus: dass das a-Bild eines Elementes j in einem
gegebnen Systeme b(= b ; 1) enthalten sein solle. Das Ergebniss ist:
υ) (a ; j ⋹ b) = (ā̆ ɟ b)j = (b̆ ɟ ā) ; j = j̆ ; (ā̆ ɟ b).
Beweis. L = Πh k(Σlah ljl h = Σlah l1'j l ⋹ bh k) = Πh(ah j ⋹ bh) =
= Πh(āh j + bh j) = {0 ɟ (ā + b)}i j = (b̆ ɟ ā)i j = (ā̆ ɟ b)j i = (ā̆ ɟ b)j, sintemal
ā̆ ɟ b System, q. e. d.
Schliesslich verdiente wol auf jede Weise zum Ausdruck gebracht zu
werden, dass von den 7 Aussagen:
φ1)
irgend eine aus der andern folge (sofern sich solches nicht schon von selbst
versteht), desgleichen, dass irgend zweie, oder mehr, äquivalent sind. Wie
viele und welche Bedingungen derart können überhaupt aufgestellt werden?
Zur Beantwortung dieser Fragen wollen wir hier wenigstens das wesent-
liche Material zusammentragen.
Wir haben nach μ, ξ, ο):
φ2) .
Diese drei ersten von unsern 7 Forderungen sind die elementaren, aus
denen sich die andern durch Multiplikation zusammensetzen. Nach dem
Aussagenschema (α ⋹ β) = ᾱ + β liefert zunächst die Einordnung zwischen
je zweien dieser 3 elementaren Forderungen folgende Ausbeute:
wobei 1 ; a aus a + 0' ; a entstanden, etc.
[559]§ 30. Propädeutisches über Abbildung von Elementen.
Aus diesen 6 Bedingungen muss sich durch multiplikative Kombination
schon ein Hauptteil von allen erdenklichen Bedingungen fraglicher Kategorie
ergeben.
Da die Kombinationen zahlreich sind, zudem oft in mehrern Formen
auftreten, so wollen wir der Druckersparniss zuliebe die Suffixe ij weglassen
und ebenso das Ringelchen 0 an den Zahlen, das sie als blosse Chiffren
kennzeichnen sollte.
Wir haben dann folgende fünfzehn Kombinationen zu zweien unsrer
6 Elementarbedingungen φ):
φ3)
.
Unterweges kam auch einmal das Schema (1̄ + 2)(2̄ + 3) = 2̄1̄ + 1̄3 + 32 =
= 1̄2̄ + 23 zur Anwendung.
Obige 15 Bedingungen wären nun mit den sechsen φ), desgleichen, weil
φ4)
mit diesen dreien:
φ5)
sowie letztre unter sich noch weiter zu kombiniren.
[560]Zwölfte Vorlesung.
Die weitestgehende, alle andern mit umfassende Bedingung wird:
Da hienach schon gewisse drei von den sechs Bedingungen φ), vor-
oder rückwärts angesetzt, alle übrigen nach sich ziehen, so wird die Zahl
ihrer Kombinationen zu mehrern gar nicht mehr so erheblich werden. Die
sechs letzten Kombinationen φ3) zu zweien sind als eine dritte Bedingung
involvirend zugleich auch Kombinationen derselben zu dreien, z. B.
(1 ⋹ 2 ⋹ 3) = (1 ⋹ 2)(1 ⋹ 3)(2 ⋹ 3) = (1 + 2 ⋹ 3)(1 ⋹ 2) = (1 ⋹ 2 · 3)(2 ⋹ 3).
Und unschwer überzeugt man sich, dass zu den bisherigen 6 + 15 + 1 Kom-
binationen φ), φ3), φ6) als neue nur noch die 6 hinzutreten:
φ7)
bei deren Ausrechnung blos in Betracht kam, dass (ā ɟ 1') · a ; 1 = (ā ɟ 1')a, etc.
— vergl. 15), S. 210.
Die Gesamtzahl dieser Kombinationen (ungerechnet die eine zur nullten
Klasse) beträgt hienach 28.
Diese nunmehr noch mit den dreien φ5) und letztre unter sich zu kom-
biniren überlassen wir dem Leser. —
Formuliren wir auch: dass das a-Bild von i enthalten sei im a-Bild von j,
so werden wir bekommen:
χ) (a ; i ⋹ a ; j) = 0 ɟ (ā ; i + a ; j) = (ā̆ ɟ a)i j = ĭ ; (ā̆ ɟ a) ; j.
Denn L = Πh k(Σlah lil k ⋹ Σlah ljl k) = Πh(Σlah l1'i l ⋹ Σlah l1'j l) =
= Πh(ah i ⋹ ah j) = Πh(āh i + ah j) = (ā̆ ɟ a)i j.
Man kann aber auch überlegen:
L = (1 ⋹ ā ɟ ī + a ; j = ā ; i + a ; j) = 0 ɟ (ā ; i + a ; j)
nach υ) in Anbetracht dass die Summe in der letzten Klammer System ist
und deshalb das ɟ 0 hinter ihr unterdrückt werden konnte. Auch dies gibt
nun in der That nach 10) S. 414: L = ĭ ; ā̆ ɟ a ; j, was = ĭ ; (ā̆ ɟ a) ; j nach
27) S. 419 ist, q. e. d.
Demnach ist nun auch der Ausdruck für die Gleichheit der a-Bilder
von zwei Elementen dieser:
ψ) (a ; i = a ; j) = 0 ɟ (a ; i · a ; j + ā ; i · ā ; j) = {(ā̆ ɟ a)(ă ɟ ā)}i j = ĭ ; (ā̆ ɟ a)(ă ɟ ā) ; j,
wobei zu beachten war, dass nach 26) S. 419: a ; i · ā ; i = aā ; i = 0 ist,
und dass nach dem gleichen Satze das Relativ j̆ ; (ā̆ ɟ a) ; i, zu ĭ ; (ă ɟ ā) ; j
konvertirt, mit dem obigen χ) vereinigt werden kann zu dem letzten ψ).
[561]§ 30. Die vier Elementarbedingungen.
Nunmehr muss auch die Bedingung für die Verschiedenheit der a-Bilder
zweier Elemente sein:
ω) (a ; i ≠ a ; j) = 1 ; (a ; i · ā ; j + ā ; i · a ; j) = ĭ ; (ā̆ ; a + ă ; ā) ; j
— eine Forderung, die jedoch auch schon erfüllt ist, wenn eines derselben
ohne das andre verschwindet, d. h. wenn jenes gemeinhin zu reden gar kein
a-Bild hat. —
Hiermit haben wir uns auch für die schwierigeren Untersuchungen des
nächsten Paragraphen schon eine leidliche Vorbereitung gesichert. —
Nach dem eingangs Gesagten sollen für ein als eine „Abbildung“
zu qualifizirendes Relativ a vier Anforderungen in Betracht kommen,
nämlich einzeln oder in Verbindungen für den ganzen Denkbereich
maassgebend sein, die wir als Aussagen kurz wie folgt bezeichnen wollen:
- 0)
- A1 = (Die Abbildung a ist nie undeutig)
- A2 = („ „ a „ nie mehrdeutig)
- A3 = („ „ ă „ nie undeutig)
- A4 = („ „ ă „ nie mehrdeutig).
Mit diesen Redensarten verknüpfen wir folgenden Sinn.
A1 soll besagen: Der Ausdruck „a-Bild von k“ sei niemals sinnlos,
d. h. was für ein Element des Denkbereiches k auch immer vorstellen
möge, so soll es stets (mindestens) ein Element h geben, welches davon
ein a-Bild ist. In Zeichen:
1) A1 = ΠkΣh(h ⋹ a ; k).
A2 soll besagen, dass der Ausdruck „a-Bild von k“ „niemals mehr-
deutig“ sei, d. h. dass, wenn ihm überhaupt ein Element h als Bedeutung
zukommt, dies nicht mit noch andern Elementen ebenfalls der Fall sei,
dass er also niemals mehrere „Bedeutungen“ im Denkbereiche habe.
So wenigstens populär zu reden. In Anbetracht freilich, dass der Zahl-
begriff — sei es auch nur der der Mehrzahl — hier nicht wesentlich
soll vorausgesetzt werden, weil ja dieser Theorie die Mission zufällt,
denselben erst wissenschaftlich strenge zu begründen, müssen wir der
Forderung A2 eine formell etwas andre Fassung geben, nämlich: Ver-
schiedne Elemente dürfen nicht ein- und demselben Elemente als dessen
a-Bilder entsprechen, oder — um auch aus dem Wortlaute jegliche Plural-
form zu bannen: Sooft h ein a-Bild von k und l ungleich h ist, darf l
nicht (auch) ein a-Bild von k sein. In Zeichen:
2) A2 = Πh k l{(h ⋹ a ; k)(l ≠ h) ⋹ (l ⋹ a ; k)}.
Hienach wären, indem man nur ă für a setzt, auch A3 und A4 nun
leicht zu formuliren.
Schröder, Algebra der Relative. 36
[562]Zwölfte Vorlesung.
Übrigens lassen sich diese Forderungen A3 und A4 auch analog
wie A1, A2 in 1) und 2) charakterisiren und zwar ohne dass man den
Begriff des konversen Relativs zuhülfe zu nehmen bräuchte.
A3 nämlich fordert, dass es zu jedem Elemente h des Denkbereiches
mindestens ein Element k gebe, von welchem h ein a-Bild ist:
3) A3 = ΠhΣk(h ⋹ a ; k).
A4 fordert: Verschiednen Elementen darf nicht einunddasselbe Element
als deren a-Bild (genauer: als ein a-Bild derselben) entsprechen. Es
darf zu jedem Elemente k nie mehr als ein Element h geben, welches
von ihm ein a-Bild ist, oder: Sooft h ein a-Bild von k und l ungleich k
ist, darf h nicht auch ein a-Bild von l sein:
4) A4 = Πh k l{(h ⋹ a ; k)(l ≠ k) ⋹ (h ⋹ a ; l)}.
Sintemal nach δ) (h ⋹ a ; k) = (k ⋹ ă ; h), gleichwie durch Kontra-
position: (h ⋹ a ; l) = (l ⋹ ă ; h) sein muss, so sieht man leicht, dass in
der That durch Vertauschung von a mit ă — unter Auswechslung der
Zeigernamen h und k — A3 aus A1 und A4 aus A2 hervorgeht, sowie um-
gekehrt auch dieses in jenes ebendadurch übergeht.
Vor allem müssen nun unsre vier Forderungen 1) bis 4) auf hand-
lichere Formen gebracht werden. Dieselben lassen sich auf sehr ver-
schiedne Weise ansetzen in Gestalt einer einfachen Subsumtion oder
Gleichung, sowie auch sich darstellen je als ein ausgezeichnetes Relativ.
Und in der Äquivalenz der verschiednen Formen einer jeden von
diesen vier elementaren Abbildungscharakteristiken werden höchst be-
merkenswerte Sätze sich ausprägen. Wir geben zunächst den Über-
blick ihrer wichtigsten Ausdrucksformen:
5)
7)
6)
8)
— wobei natürlich die Subsumtionen mit dem Subjekte 1 oder Prädi-
kate 0 auch als Gleichungen lesbar.
Die den hier angeführten Äquivalenzen dual entsprechendenSätze
finden sich in der vorstehenden Tafel nicht angegeben, und empfehlen
wir dem Studirenden, sich dieselben selbst zu Papier zu bringen.
[563]§ 30. Direkt und umgekehrt nie un- und nie mehrdeutige Zuordnung.
Zunächst mögen diese verschiednen Ausdrucksformen, soweit sie
nicht durch Kontraposition oder Konversion auf den ersten Blick schon
aus einander hervorgehn, auf einander zurückgeführt werden. Dies
braucht blos bei A1 und A2 zu geschehen. Hernach wird dann blos
erforderlich sein, je eine von diesen Formen 5) aus 1), und 6) aus 2)
abzuleiten.
Die Formen 5) von A1 sind nun einander äquivalent aufgrund der
folgenden Überlegungen, bei denen man zur Koeffizientenevidenz keine Zu-
flucht zu nehmen braucht.
Weil 1 ; a ɟ 0 als ausgezeichnetes Relativ blos der Werte 1 und 0 fähig
und (1 ⋹ 1) = 1, (1 ⋹ 0) = 0 ist, so muss sein: 1 ; a ɟ 0 = (1 ⋹ 1 ; a ɟ 0).
Letztre Subsumtion kommt aber nach dem ersten Inversionstheoreme auf
1 ; 1 oder 1 ⋹ 1 ; a äquivalent hinaus, und da
1 ; a = (1' + 0') ; a = 1' ; a + 0' ; a = a + 0' ; a
ist, so lässt sich wiederum diese Subsumtion 1 ⋹ a + 0' ; a nach bekanntestem
Aussagenschema (α ⋹ β) = (1 ⋹ ᾱ + β) sofort umschreiben in ā ⋹ 0' ; a, was
kontraponirt auch 1' ɟ ā ⋹ a gibt. Darnach sind alle Formen 5) aufeinander
zurückgeführt bis auf die erste. Um diese aus 1 ⋹ 1 ; a zu gewinnen,
schreibe man letzteres als: 1 ⋹ (ă + ā̆) ; a = ă ; a + ā̆ ; a ⋹ ă ; a + 0' wegen
3) des § 8 und kann nun 1 ⋹ 0' + ă ; a unmittelbar in 1' ⋹ ă ; a wie vorhin
umsetzen, sodass (1 ⋹ 1 ; a) ⋹ (1' ⋹ ă ; a) erwiesen ist. Um auch die um-
gekehrte Aussagensubsumtion zu beweisen, braucht man blos zu schliessen:
(1' ⋹ ă ; a) ⋹ (1 ; 1' ⋹ 1 ; ă ; a) = (1 ⋹ 1 ; a) mit Rücksicht auf 26) des § 27,
q. e. d.
Von den Formen 6) für A2 sind die beiden ersten einander schon auf-
grund des ersten Inversionstheorems äquivalent; aus der zweiten Form folgt
durch Kontraposition die dritte und aus beiden die vierte und fünfte, indem
man die linke Seite auf 1 oder die rechte auf 0 bringt — womit denn die
Formen der ersten Zeile von 6) aufeinander zurückgeführt erscheinen.
Was die Formen der zweiten Zeile betrifft, so ist wieder das aus-
gezeichnete Relativ
1 ; (1' ɟ ā) ɟ 0 = {1 ⋹ 1 ; (1' ɟ ā) ɟ 0} und dies = {1 ⋹ 1 ; (1' ɟ ā)}
nach dem ersten Inversionstheorem, was kontraponirt nun auch 0 ɟ 0' ; a ⋹ 0
gibt — und womit die Formen der zweiten Zeile aufeinander zurückgeführt
erscheinen.
Nun ist kolonnenrechnerisch bekannt, vergl. 30) S. 216, dass 0 ɟ 0' ; a =
= 1 ; a(0' ; a). Mit 0 ɟ 0' ; a ⋹ 0 ist also auch 1 ; a(0' ; a) ⋹ 0 gegeben, was
auf a · 0' ; a ⋹ (0 ɟ 0 = ) 0 nach dem ersten Inversionstheorem hinausläuft.
Und aus letztrer Subsumtion hinwiederum folgt mit 1 ; a(0' ; a) ⋹ 1 ; 0 = 0
auch ihrerseits die vorige. Mit der hiermit dargethanen Aussagenäqui-
valenz aber:
(a · 0' ; a = 0) = (0 ɟ 0' ; a = 0)
ist nun auch von einer Form der ersten und einer Form der zweiten Zeile
von 6) gezeigt, dass sie aufeinander zurückkommen, q. e. d.
36*
[564]Zwölfte Vorlesung.
Anstatt sich zu Anfang auf das erste Inversionstheorem zu berufen,
konnte man indess auch besondre Kunstgriffe anwenden, z. B. schliessen:
Aus a ; ă ⋹ 1' auf a ; ă ɟ ā ⋹ 1' ɟ ā, und da nach 7) des § 6: a ; (ă ɟ ā) ⋹
⋹ a ; ă ɟ ā ist, auf a ; (ă ɟ ā) ⋹ 1' ɟ ā, sodann, da nach 3) des § 8: 1' ⋹ ă ɟ ā,
auf a ; 1' ⋹ 1' ɟ ā, womit die Konklusion a ⋹ 1' ɟ ā gewonnen ist. Um-
gekehrt folgt aus dieser auch wieder: a ; ă ⋹ (1' ɟ ā) ; ă ⋹ 1' ɟ ā ; ă ⋹ 1' ɟ 0' = 1'
also a ; ă ⋹ 1'.
Nach μ) vereinfacht sich 1) nun unmittelbar zu
A1 = ΠkΣhah k = Πk(Σh1i hah k + 0k j) = (1 ; a ɟ 0)i j = 1 ; a ɟ 0,
sintemal ein ausgezeichnetes Relativ seinem allgemeinen Koeffizienten
gleich ist.
Damit erscheinen die Theoreme 5) und 7) nun vollständig bewiesen.
Ebenso erhalten wir nach 2):
A2 = Πh k l(ah k0'l h ⋹ āl k) = Πk l(Σh0'l hah k ⋹ āl k) = (0' ; a ⋹ ā),
womit die dritte Ausdrucksform der ersten Zeile von 6) gewonnen ist
und nun auch die Theoreme 6) und 8) vollständig bewiesen erscheinen.
Natürlich konnte man jedoch auch auf irgend eine andre von
jenen Ausdrucksformen von den Koeffizienten aus hinsteuern, z. B. vom
ersten der vorstehenden Ausdrücke des A2 aus weiter schliessen:
A2 = Πh k l(āh k + 1'l h + āl k) = Πh k{āh k + Πl(1'h l + āl k)} = Πh k(ā + 1' ɟ ā)h k =
= 0 ɟ (ā + 1' ɟ ā) ɟ 0,
was sich aufgrund des kolonnenschematisch bekannten Satzes 30) S. 216:
0 ɟ (ā + 1' ɟ ā) = 1 ; (1' ɟ ā) vereinfacht zu dem in 6) angegebnen aus-
gezeichneten Relative 1 ; (1' ɟ ā) ɟ 0.
Überblicken wir nun die hiemit gerechtfertigten Ergebnisse 5)
bis 8), so drängt sich die Wahrnehmung auf, dass die dem Relativ a
auferlegte Bedingung bei A1 und A2 wesentlich eine Kolonnenanforde-
rung, bei A3 und A4 aber eine Zeilenanforderung im Sinne unsrer
sechsten Vorlesung ist.
Wird, sei es kolonnen- sei es zeilenschematisch, a durch 1αβγ0
dargestellt, so zeigt sich, dass unsre vier Bedingungen folgendes sti-
puliren:
- 9)
- A1 = (a = k1αβγ-) = (a hat keine Leerkolonne)
- A2 = (a = k---γ0) = (a hat keine mehrbesetzte Kolonne)
- A3 = (a = z1αβγ-) = (a hat keine Leerzeile)
- A4 = (a = z---γ0) = (a hat keine mehrbesetzte Zeile).
Soll in der That (kolonnenschematisch) für a = 1αβγ0 bei A1 sein
1 ⋹ 1 ; a, so bedingt die Forderung 11111 ⋹ 11110 augenscheinlich, dass
die durch die Ziffer 0 markirte Kategorie der Leerkolonnen in a fehle, mit-
hin a von der Form sei: a = 1αβγ-.
[565]§ 30. Zu den Grundlagen der Abbildungstheorie.
Ganz dasselbe bedingt aber auch die Fordrung 1' ɟ ā ⋹ a in der Ge-
stalt: 000γ1 ⋹ 1αβγ0. Und umgekehrt wird jedes solche a = 1αβγ- den
beiden Fordrungen gleichzeitig genügen, weshalb dieselben — nebenbei —
auch äquivalent sein mussten.
Ein Relativ a von der Eigenschaft A1 (dass also 1 ; a = 1) nennt
Peirce5 p. 49 — wie mir scheint ziemlich unglücklich — „unlimited as
to its correlate“, ein solches von der Eigenschaft A3 (dass a ; 1 = 1) aber
„unlimited as to its relate“, während er ibid. p. 48 unser „System“ (wo
a ; 1 = a) als „complete as to its correlate“, das Systemkonvers (wo 1 ; a = a)
als „complete as to its relate“ bezeichnet. —
Soll ebenso bei A2 sein: a = 1αβγ0 ⋹ 000γ1 = 1' ɟ ā, so müssen offen-
bar die Kolonnenkategorieen, welche die Ziffern 1, α und β repräsentiren,
in a fehlen, d. h. muss a von der Form sein: a = ---γ0. Und umgekehrt
wird auch jedes solche a die Forderung A2 erfüllen. A2 verlangt mithin
dass a nur aus einbesetzten und Leerkolonnen bestehe, m. a. W. dass sämt-
liche Augen seiner Matrix „Kolonnenreiter“ seien. Etc. q. e. d.
Doch muss auf einen Gegensatz noch aufmerksam gemacht werden,
der zwischen A1, A3 einerseits, und A2, A4 andrerseits, besteht hinsichtlich
der Anzahl der Arten, auf welche die Bedingung auf das Subjekt 1 (oder
auf das Prädikat 0) gebracht zu werden vermag. Ich will diesen Gegen-
satz bei A1 und A2 beleuchten. Er beruht darauf, dass dort, bei A1, einer,
hier, bei A2, aber drei Horizontalstriche in der schematischen Darstellung
des a auftreten, und zwar bei A1 auch nur an der Stelle einer Randziffer
die ohnehin blos mit 1 oder 0 besetzt sein kann.
Soll eine Subsumtion 11111 ⋹ xyzuv den Ausfall der drei ersten
Ziffern xyz, und nur dieser, bei dem aus a = 1αβγ0 irgendwie abgeleiteten
Kolonnenrelative rechterhand bedingen, so müssen u und v gleich 1 sein und
kann ferner x als Randziffer nur den Wert 0 vorstellen, dagegen könnte in
11111 ⋹ 0yz11 unbeschadet der beabsichtigten Wirkung die zweite und
dritte Ziffernstelle noch in folgender Weise wesentlich verschieden besetzt sein:
yz = 00, 0β, 0β̄, α0, αβ, αβ̄, ᾱ0, ᾱβ, ᾱβ̄,
und immer wird der Effekt derselbe sein: dass in a, damit die Subsumtion
bestehen könne, die drei ersten Ziffernkategorien fehlen müssen.
Die neun durch Einsetzung dieser yz in das rechtseitige Schema zu
gewinnenden Relative können leicht nach den Methoden des § 16 durch a
ausgedrückt werden, und liefern, als Prädikat zu 1 gesetzt, ebensoviele
„wesentlich verschiedene“ Ausdrucksformen von A2. Für das erste Relativ
haben wir 00011 = 1 ; (1' ɟ ā) und erhalten damit erneut den Beweis einer
Formel von 6). Eine andre würde aus dem letzten der neun Relative mit
0ᾱβ̄11 = ā + 1' ɟ ā sich unmittelbar ergeben. Etc. Die übrigen Formen
haben wir in 6) nicht mit aufgenommen.
Also: abgesehn von dem als Prädikat zum Subjekte 1 verwendbaren
ausgezeichneten Relative (welches ja nicht rein blos durch Parallelreihen-
operationen aus a hervorgeht), lässt sich A1 nur auf eine, A2 dagegen auf
neun Arten in die Form einer Subsumtion mit dem Subjekte 1 setzen.
Freilich könnte man auch noch schreiben:
A1 = (1 ⋹ a + 0' ; a) = {ā(1' ɟ ā) ⋹ 0},
[566]Zwölfte Vorlesung.
welche Ausdrucksformen unter die 5) nicht mit aufgenommen (er)scheinen.
Da jedoch identisch a + 0' ; a = 1 ; a, etc. ist, so sind diese Formen von
den aufgeführten 1 ⋹ 1 ; a, etc. durchaus nicht wesentlich verschieden, fallen
vielmehr mit ihnen eigentlich zusammen. —
Durch das Erfülltsein unsrer vier Bedingungen — einzeln oder in
irgendwelchen Verbindungen — charakterisirt sich jede Art von „Ab-
bildung“ — im engeren Sinne.
Nun lassen als syntaktische (sive kombinatorische) „Elemente“ die
vier Bedingungen sich auf
1 + 4 + 6 + 4 + 1 = 16
Arten zur 0ten, 1ten, 2ten, 3ten, 4ten Klasse ohne*) Wieder-
holungen kombiniren.
Die Kombination zur nullten Klasse, also die Abwesenheit jeg-
licher Bedingung lässt das Relativ u vollkommen unbestimmt, wonach
wir keinen Grund hätten, es als eine „Abbildung“ zu bezeichnen —
es sei denn, vielleicht: um das relative Produkt a ; b, d. i. „a von b“,
etwas anschaulicher als „das a-Bild von b“ zu lesen.
Es kann daher nur 15 Arten von Abbildung (im engeren Sinne)
geben.
Diese 15 Typen teils zu zweien einander, teils nur sich selber
konjugirt, gruppiren sich zu 9 Haupttypen wie folgt:
10) .
Will man (ebensoviele) einander gegenseitig ausschliessende Kate-
gorien erhalten, so muss man bei jeder Kombination das Nichterfüllt-
sein der nicht in sie eingehenden Bedingungen ausdrücklich verlangen,
die Negationen letztrer also noch als Faktoren zufügen. Andernfalles
wird jeder Typus denjenigen ihm vorhergehenden Typen eingeordnet
sein, desseen (sämtliche) Indizes in ihm vertreten erscheinen, der letzte
Typus also allen ohne Ausnahme.
[567]§ 30. Die 15 Arten von Abbildung.
Die Wirklichkeit von Abbildungen aller fünfzehn disjunkten Kate-
gorieen ist leicht durch Beispiele zu erweisen — allerdings nur bei
voraussetzungslosem resp. unbegrenztem Denkbereiche.
Hier können wir nämlich — auf karrirtem Papiere — mit der Be-
setzung der Zeilen (durch Augen) derjenigen der Kolonnen (eventuell solche
auch überspringend) beliebig vorauseilen, oder umgekehrt — wogegen bei
endlichem Denkbereiche zu berücksichtigen bleibt, dass die Anzahl der Zeilen
die gleiche sein muss, wie die Anzahl der Kolonnen.
Es sei vorgreifend bemerkt, dass bei begrenztem Denkbereiche infolge
Zusammenfallens der Haupttypen 50, 70 und 80 mit 90 unsre fünfzehn
Typen sich auf neune reduziren, die sich in die sechs Haupttypen 10, 20,
30, 40, 60 und 90 ordnen.
Nun gilt für alle 15 Typen der höchst bemerkenswerte
Satz. Abbildungen vom selben Typus setzen sich stets wieder zu
einer Abbildung von ebendiesem Typus zusammen.
Beweis. Ist nur für zwei Relative a und b gezeigt, dass, sooft sie
zum nämlichen Typus gehören, dies auch bei ihrem relativen Produkte
a ; b der Fall sein muss, so wird von da der Satz leicht auf beliebig
viele Komponenten auszudehnen sein.
Jenes ist nun aber zunächst leicht beweisbar für die beiden ersten
Typen. Für A1 müssen wir haben:
11) (1' ⋹ ă ; a)(1' ⋹ b̆ ; b) ⋹ (1' ⋹ a ; b͝ ; a ; b) = (1' ⋹ b̆ ; ă ; a ; b).
Denn mit Rücksicht auf die zweite und darnach auf die erste
Prämisse ist in der That: 1' ⋹ b̆ ; 1' ; b ⋹ b̆ ; (ă ; a) ; b = b̆ ; ă ; a ; b, q. e. d.
Für A2 ist:
12) (a ; ă ⋹ 1')(b ; b̆ ⋹ 1') ⋹ (a ; b ; a ; b͝ ⋹ 1') = (a ; b ; b̆ ; ă ⋹ 1').
Denn wir haben:
a ; (b ; b̆) ; ă ⋹ a ; 1' ; ă = a ; ă ⋹ 1', q. e. d.
Es ist eine lehrreiche Übung für Anfänger, auch mit irgend einer andern
von den Formen 5), 6) für A1 oder A2 die vorstehenden Beweise zu führen.
Nach dem Konjugationsprinzip ist der Satz nun auch für die
Typen A3 und A4 als erwiesen zu erachten; er gilt also für die vier
ersten Typen — zunächst einzeln genommen — und mögen wir dies
Resultat etwa so darstellen:
13)
indem wir die für ein Relativ a statuirte Bedingung 5) ausdrucksvoller
mit A1a symbolisch bezeichnen, etc.
Nunmehr ist aber auch klar, dass, wenn irgend eine Kombination
[568]Zwölfte Vorlesung.
der vier Bedingungen A von a sowol als von b erfüllt ist, ebendiese
auch durch a ; b erfüllt sein muss.
Denn mit der Kombination sind natürlich auch deren Komponenten
oder syntaktischen Elemente einzeln genommen gleichzeitig durch a und
durch b erfüllt, woraus ebenderen Erfülltsein einzeln auch für a ; b folgt.
Da dies aber für alle syntaktischen Elemente der Kombination nun gleich-
zeitig zutrifft, so ist auch diese Kombination von Bedingungen durch a ; b
erfüllt, q. e. d. Z. B. es muss sein:
A1aA2a · A1bA2b ⋹ A1a ; bA2a ; b,
sintemal wir die Faktoren der Prämisse auch in A1aA1b · A2aA2b umstellen
und die beiden ersten der obigen Schemata in überschiebender Multiplika-
tion anwenden können. Etc.
Hiermit sind auch die Sätze D 25 und D 31 von Dedekind’s Schrift
bis zu einem gewissen Grade erledigt, nämlich: obzwar unser Satz in einer
Richtung mehr noch als die beiden D’schen Sätze bietet, statuirt er diesen
gegenüber (wie in § 31 zu sehen) nach einer andern Richtung doch noch
zu wenig.
Was die Nomenklatur der Abbildungen unsrer 15 Typen betrifft,
so haben bis jetzt erst dreie — auf welche die Überschrift des Para-
graphen hinweist — eine besondre Benennung gefunden. Doch werden
sich auch die übrigen mittelst Zusammensetzung aus den durch 0)
nahe gelegten Ausdrucksweisen — eventuell unter Mitbenutzung der
(drei) vorgenannten — ziemlich kurz mit Worten charakterisiren lassen.
A1 charakterisirte die mindestens eindeutige — auch, wenn man
will, die nie versagende (nie versagte, nie undeutige) — Zuordnung,
A2 die höchstens eindeutige (nie mehrdeutige) Zuordnung.
Darnach kann A3 auch als eine umgekehrt mindestens eindeutige
(nie versagte) und A4 als umgekehrt höchstens eindeutige Zuordnung be-
zeichnet werden.
Ein Relativ aber vom Typus A1A2heisst „eindeutige Zuordnung“
(schlechtweg), heisst „Funktion“ (Funktion von-) oder auch „Bild von-“
im „engsten Sinne“ dieses Wortes.
Jenes motivirt sich augenscheinlich damit, dass, was mindestens ein-
deutig und höchstens eindeutig zugleich ist, „gerade“ eindeutig, sive ein-
deutig (schlechtweg) zu nennen sein wird.
Ein Relativ vom Typus A3A4 ist die umgekehrt eindeutige Zuord-
nung (das Konverse einer Funktion) und heisst dementsprechend „Argu-
ment“ (Argument von-), oder „Objekt von-“ in Analogie zur „Vorlage,
dem Modell, Vorwurf, Original oder Gegenstand der nach der Natur“
kopirt resp. abgebildet werden soll in den bildenden, den graphischen
und plastischen Künsten.
[569]§ 30. Funktion, Argument und Substitution als Relative.
Ein Relativ vom Typus A1A2A3A4 ist die „auch umgekehrt eindeutige
Zuordnung“ und heisst mit einem Worte eine „Substitution“.
Von hause aus war dies heute noch fast allgemein im Gebrauch
stehende Wort nicht ganz glücklich gewählt, schon weil es gegenüber
dem, was wir unter einer „Einsetzung“ verstehn und mit dem gleichen
Fremdwort zu bezeichnen pflegen, einen Doppelsinn schuf — zumal
auch in Gestalt des Worts „Permutation“ ein Name bereits zur Ver-
fügung stand, der den Begriff besser deckte. Neuerdings — vergl. z. B.
Heinrich Weber, Lehrbuch der Algebra, Bd. 1, Braunschweig 1895,
653 Seiten — scheint jenes ältere „Substitution“ begonnen zu haben
und im Begriff zu stehn durch „Permutation“ verdrängt zu werden.
Obwol auch mir das letztre schon sympathischer ist, werde ich doch
gerade da wo es sich um den Anschluss unsrer Theorie an die bekannte
Substitutionenlehre handelt, der zur Zeit verbreitetern Benennung noch den
Vorzug geben.
Abwägung der Vorzüge und des Unpassenden zwischen beiden betreffend,
wäre sachlich zu bemerken: Allerdings gibt es auch bei der gewöhnlichen
„Einsetzung“ immer einen Gesichtspunkt unter dem sie sich als eine math.
Substitution würde ansehn lassen. Allein dieser Gesichtspunkt (resp. das,
was man als die „Elemente“ des Denkbereichs hinstellen müsste) wäre ein
von Fall zu Falle wechselnder und verschieden von dem bei der Substitu-
tionentheorie ständig, für ein grösseres Untersuchungsfeld festzuhaltenden.
„Permutation“ — im absoluten Sinne verstanden als eine Knüpfung ge-
gebner Elementbuchstaben in einer bestimmten Anordnung oder Reihenfolge —
deckt den math. Substitutionbegriff auch nicht vollkommen. Vielmehr ver-
diente die math. Substitution eigentlich nur genannt zu werden eine „Per-
mutation in relativem Sinne“; sie ist die vorliegende Anordnung bezogen
auf, verglichen oder zusammengehalten mit einer festen, ursprünglichen
(einer „standard“-ordre) — wie der Anordnung der Buchstaben nach ihrer
alphabetischen Reihenfolge, oder der Indizes nach der Grösse ihrer Zahl-
werte. Auch in diesem Sinne das Wort „Permutation“ zu nehmen, er-
scheint jedoch wol als das minder Unzuträgliche.
Funktion, Argument und Substitution also sind die drei vor-
genannten Abbildungsweisen, welche eine Belegung mit (ebendiesen)
Namen schon längst in der Mathematik gefunden haben.
Und es muss gelten: Das Konverse einer Funktion ist ein Argu-
ment, sowie umgekehrt. Ferner: jede Substitution ist Funktion und Argu-
ment zugleich, sowie umgekehrt auch ein Relativ, das sowol Funktion
als Argument ist, eine Substitution wird sein müssen. Das Konverse
aber von einer Substitution ist wiederum eine Substitution.
Mit unserm Satze über 11) ist nun insbesondre auch als erwiesen
zu erachten:
Eine Funktion von einer Funktion (von irgend einem Argumente)
[570]Zwölfte Vorlesung.
ist immer wieder eine Funktion (von ebendiesem Argumente). Dieselbe
wird (auch) in der Mathematik die aus den beiden vorigen (in der an-
gegebnen Ordnung sive Reihenfolge) „zusammengesetzte“ Funktion genannt.
Ein Argument „von“ einem Argumente ist Argument.
Eine Substitution „von“ einer Substitution — überhaupt: das (rela-
tive) Produkt beliebig vieler Substitutionen — ist stets eine Substitution.
Diese letztern sind ja allbekannte Sätze. Um aber einleuchtend
zu machen, dass, oder inwiefern, die drei Begriffe von Funktion, Argu-
ment und Substitution, wie sie hier von uns formulirt und als binäre
Relative erklärt worden, wirklich zusammenfallen mit den gleichnamigen
jedem Mathematiker so vertrauten Begriffen, werden wir noch einige
Erwägungen beizubringen haben. Es hat der Mathematiker, um seine
gewohnten Anschauungsweisen mit den in unsrer Theorie der Relative
geforderten in Einklang zu bringen, ja zu versöhnen, anfangs gewisse
Schwierigkeiten zu überwinden, die ich nunmehr möglichst zu ebnen
trachten werde.
Zunächst: Eine „Substitution in der Mathematik“ schreibt vor, gewisse
Elemente zu versetzen, m. a. W. ein jedes von ihnen je durch ein bestimmtes
Element zu ersetzen. Die Elemente, deren Versetzung beim Studium und
der Anwendung solcher Substitutionen in Betracht kommen kann, mögen
irgendwelche sein und können durch Buchstaben A, B, C, … dargestellt
werden. Aus diesen haben wir uns dann den Denkbereich 11 bestehend zu
denken. Ohne das Geringste von der Allgemeinheit der Substitutionentheorie
preiszugeben, können wir jedoch auch annehmen, dass die zu versetzenden
Elemente immer Zahlen seien, z. B. reelle Zahlen. Denn nichts hindert,
diese Zahlen blos als Zeiger, Indices (Suffixe) eines Buchstabens aufzufassen
(resp. sie als solche ausdrücklich hinzustellen), dem es uns freistehn wird
je nach seinem Index jede wünschbare Bedeutung unterzulegen. Steht etwa
die Bedeutung eines c2 schon fest, so kann die von c3, c4, … noch nach
Belieben festgesetzt werden, und für jeden neuen Index ist über die Be-
deutung des mit ihm behafteten Buchstabens noch nichts präjudizirt, kann
über das, was darunter verstanden werden solle, von neuem noch frei ver-
fügt werden. Lassen wir dann ersparnisshalber den etwa einfürallemal
gewählten Buchstaben in unsern Elementenamen weg, so wird hingebracht
sein, dass — äusserlich betrachtet — unser Denkbereich 11 aus (den) reellen
Zahlen besteht, dass seine „Elemente“ immerfort lauter „Zahlen“ sind und
dennoch, was man nur immer wünschen mag, vorstellen, repräsentiren können.
Natürlich muss (oder kann) auch die Zahl Null, wie etwa ein Ele-
ment N, und die Zahl Eins so, wie ein Element E, diesem Denkbereiche
angehören oder einverleibt sein. Nur müssen beide dann, wenn man sich
für sie der Zahlzeichen bedienen will, durch den Tupfen als 0̇ und 1̇ ad
hoc von den Moduln 0, 1 unsrer Algebra unterschieden werden.
Dies alles bringt uns nun den Vorteil, dass wir bei den mathematischen
Substitutionen als deren Elemente dieselben Dinge vor uns haben werden,
[571]§ 30. Gemeinschaftlichkeit unsres Denkbereichs mit dem der Mathematik.
auf welche auch der Begriff der mathematischen Funktionen sich gründet:
die Substitutionen- und die Funktionenlehre werden sich fortan auf den
nämlichen Denkbereich, den Denkbereich der Zahlen beziehen.
Denn auch der Begriff der Funktion wird in der Mathematik blos inner-
halb des Zahlenreiches erklärt; wir haben es daselbst immer nur zu thun
mit Zahlen in ihrer Abhängigkeit von andern (als veränderlich gedachten)
Zahlen — den sogenannten „Argumenten“ der „Funktion“. Und die Anzahl
ihrer Argumente bildet den obersten Einteilungsgrund für die Funktionen
(deren man solche von 1, 2, 3, ‥ und mehr Argumenten zu unter-
scheiden hat).
Die Zahlen können ja irgendwelche, z. B. die „gemeinen komplexen“
Zahlen sein, und sie brauchen für die Triftigkeit dessen, was wir wesent-
lich zu sagen haben werden, durchaus nicht etwa als „reelle“ Zahlen vor-
ausgesetzt zu werden. Blos im Hinblick aber auf die leichtere geometrische
Veranschaulichung und um gewisse Weiterungen, Umständlichkeiten und
Weitläufigkeiten bei den Erörterungen zu sparen resp. zu umgehen, wollen
wir uns hier auf die Besprechung des Falles reeller Funktionen von reellen
Argumenten beschränken.
Unser Denkbereich 11 ist dann also das Gebiet der reellen Zahlen und
kann ein „linearer“ genannt werden, insofern sich die reellen Zahlen be-
kanntermassen den Punkten einer Geraden, der „Zahlenlinie“, gegenseitig
eindeutig zuordnen lassen, also dass die Punkte dieser Geraden durch jene
Zahlen gleichsam „numerirt“ werden und jeder Punkt dieser Linie oder
x-Axe als „Träger“ einer ganz bestimmten reellen Zahl erscheint.
Darnach muss denn weiter gesagt werden: dass es nur die mathe-
matischen Funktionen eines Argumentes sind, deren Begriff sich mit
dem Begriffe der hier als binäre Relative erklärten Funktionen deckt.
Mathematische Funktionen von zwei oder mehr Argumenten fallen
ebenso unter die Algebra der ternären oder Relative höherer Ordnung,
werden sich ganz analog als Relative in diesen Disziplinen darstellen
lassen, und wer von jenen Begriffen die Identität einmal richtig erfasst
hat, wird auch die Koinzidenz von diesen sofort intuitiv erkennen.
Es soll also nur mehr von einer mathematischen „Funktion von einem
Argumente“: y = f(x), die Rede sein. Dieselbe werde auch sogleich in
einem rechtwinkligen Koordinatensysteme (mit nach rechts gehender posi-
tiver x-Axe und nach unten gehender positiver y-Axe) in bekannter Weise
graphisch dargestellt gedacht durch die (durch „ihre“) sogenannte „Funktions-
kurve“.
Diese Figur lässt sich nach S. 53 als die Matrix eines durch sie
völlig bestimmten binären Relativs auffassen, welches a heissen möge.
Das Wort „Funktion“ (auch dann, wenn immer nur eine solche von
einem Argumente gemeint ist) wird in der Mathematik doch noch in mehr
oder minder weitem Sinne gebraucht. Dort wird auch von Funktionen ge-
sprochen, die überhaupt nur für ein gewisses Intervall von Werten des
Argumentes x als solche Erklärung gefunden haben oder „explizirt“ sind,
von Funktionen, die blos innerhalb gewisser Grenzen den eigentlichen
[572]Zwölfte Vorlesung.
Funktionscharakter haben; ja man spricht auch von mehrdeutigen, mehr-
wertigen Funktionen.
Eine fernre Einschränkung des über die Koinzidenz der beiden Funktions-
begriffe (des Funktionsbegriffes in der Mathematik mit demjenigen in der
Logik oder Algebra der Relative) Gesagten scheint nun doch darin zu liegen,
dass wir konstatiren müssen:
Es ist nur der mathematische Begriff der „Funktion“ in seiner
strengsten Fassung, dieselbe nämlich als eine durchaus eindeutige ver-
standen, der mit dem Begriff eines Relativs vom Typus A1A2 sich
decken wird.
Von unsrer Funktionskurve haben wir also noch vorauszusetzen, dass
dieselbe von jeder Ordinatenlinie (d. i. Parallelen zur y-Axe) in einem, und
nur in einem Punkte geschnitten wird, also dass zu jedem Argumentwerte,
zu jeder Abszisse x, wirklich immer eine Ordinate als Funktionswert „gehört“.
Die mit dieser Voraussetzung gegebne Einschränkung ist nur eine schein-
bare zu nennen insofern: als allerdings auch in ihrem weitesten Sinne ge-
nommen die mathematische Funktion (eines Argumentes) begrifflich zu-
sammenfallen wird mit einem (binären) Relative. Nur müssen wir in
solchem Falle dem letzteren in unsrer Theorie den Namen und die Bezeich-
nung als eine „Funktion“ (schlechtweg) versagen — indem wir hier den
Begriff mit absoluter Konsequenz in seinem strengen Sinne festhalten.
Geometrisch im Hinblick auf 9) formulirt sollte in unsrer Theorie
definirt sein:
als Funktion ein binäres Relativ, das lauter einbesetzte Kolonnen hat,
als Argument ein Relativ mit lauter einbesetzten Zeilen,
als Substitution ein Relativ von beiden Eigenschaften zugleich, das
also in jeder Kolonne sowol als wie in jeder Zeile ein (und nur ein)
Auge (als „Kreuzreiter“) aufweist.
Peirce sagt 5p. 49: Ein (totally unlimited*) Relativ, in welches
(d. i. in dessen Ausdruck als eine effektive Summe von Elementepaaren)
jeder Elementbuchstabe nur einmal als Relat und nur einmal als Kor-
relat eingeht, heisst Substitution. —
Ich wiederhole: Geometrisch ausgedrückt ist „Funktion“ jedes binäre
Relativ zu nennen, welches aus lauter einbesetzten Kolonnen besteht.
Die Matrix einer Funktion (d. i. die Funktionskurve) trägt in jeder
Kolonne (d. i. auf jeder Ordinatenlinie) ein und nur ein Auge. Ein in
seiner Kolonne vereinzelt (isolirt) stehendes Auge nannte ich einen
[573]§ 30. Was bei Deutung von Funktion u. Argument als Relative zu beachten.
„Kolonnenreiter“. Dabei können Leerzeilen sowol als mehrbesetzte Zeilen
(auch schon bei endlichem Denkbereiche) vorhanden sein.
Ein Grenzfall ist der, wo alle Kolonnenreiter auf der nämlichen
Zeile stehn, diese also eine Vollzeile und alle übrigen Zeilen dann not-
wendig Leerzeilen sind. In solchem Falle heisst die Funktion eine
Konstante und erkennen wir als solche — zunächst mit der geo-
metrischen Anschauung — das „Element“ des ersten Denkbereiches,
wie es als ein binäres Relativ im zweiten sich darstellte, d. i. unsern
wohlbekannten Einzeiler wieder. Jeder Einzeiler (Die Konstante) ist
eine Funktion.
Ebenso leuchtet nun ein, dass das oben mittelst der Funktions-
kurve als seiner Matrix definirte Relativ a in der That „Funktion“ in
unserm Sinne sein wird.
Um — die Funktionen betreffend — den Rubikon vollends über-
schritten zu haben, bleibt nunmehr blos noch ein sehr wichtiger Umstand
zu beachten:
Der Mathematiker ist gewohnt, sich die Argumentwerte x als
Punkte auf der Abszissenaxe, sive Zahlenlinie vorzustellen, das ist nun
wesentlich: als Elemente unsres ersten Denkbereiches 11; und er spricht
in diesem Sinne von gewissen Stellen, Intervallen etc. der Abszissenaxe
oder Zahlenlinie, um zu sagen, wie sich die Funktion daselbst, darin,
verhalte.
Für unsre Zwecke ist es aber zumeist erforderlich, dass man sich
aus jenem ersten in unsern zweiten Denkbereich 12 verfüge und mit
den Betrachtungen ganz im letzteren bewege.
Eine jede Zahl ist alsdann nicht mehr so, wie noch als Element
des ersten Denkbereiches, als ein Punkt auf der x-Axe aufzusuchen,
sondern sie ist als ein binäres Relativ im zweiten Denkbereiche, als
eine „konstante Funktion“ vermittelst ihrer Matrix oder Funktionskurve
dargestellt zu denken, welche bekanntlich die Parallele im Abstand x
zur y-Axe, d. i. unser Einzeiler sein wird. Man suche also den Zahlen-
ort des Argumentwerts x hinfort nicht auf der x- sondern vielmehr auf
der y-Axe auf und stelle sich die durch diesen Punkt der letztern be-
stimmte Horizontale vor.
Ebenso wird der Funktionswert an einer bestimmten Stelle x un-
mittelbar zu denken sein als die durch den zugehörigen Punkt der
Funktionskurve hindurchgehende horizontale Gerade.
Mit Schwierigkeiten ist diese Zumutung, die unsre Theorie an den
mathematisch gebildeten Studirenden stellt, keineswegs verknüpft. Wer
schon Übung darin besitzt, die Zahlen des (reellen) Zahlengebietes den
[574]Zwölfte Vorlesung.
Punkten einer Linie eineindeutig zuzuordnen, wird dies ebensoleicht
mit den Punkten der y-, wie mit denen der x-Axe zu thun vermögen
und wird sich in jedem Punkt der erstern die in ihm normal zur
y-Axe stehende Gerade hinzuzudenken, ihn durch letztre auch zu ersetzen
imstande sein. Aber immerhin ist es (noch) etwas Ungewohntes und
musste deshalb einmal besonders betont werden. Was früher ein
„Intervall“ der x-Axe genannt wurde, erscheint uns jetzt als ein breiter
Horizontalstreifen in der Koordinatenebene, etc.; jede Klasse von Werten
der unabhängigen Variabeln x ist ein binäres Relativ, ist ein
„System“.
Zugleich erhellt, dass die in der Mathematik bei den Funktionen
geläufigen Bezeichnungsweisen, wie y = f(x), nicht ohne weitres in
unsre Disziplin herübergenommen werden dürfen, sondern derselben in
etwas angepasst werden müssen.
Vor allem, und wesentlich müssen die Namen x und y für die
unabhängige und für die abhängige Variable hier ersetzt werden durch
allgemeine Elementbuchstaben, wie j und i, aus der S. 7 charakterisirten
Kategorie 3), sodass die Buchstaben x und y in unsrer Disziplin reser-
virt beiben für die allgemeinere Verwendungsweise: um nämlich (wie
schon oft zuvor) irgendwelche binäre Relative zu bezeichnen, die keine
Elemente zu sein brauchen! Um nicht Missverständnisse geradezu heraus-
zufordern, müssten wir also unbedingt für das „y = f(x)“ der Mathe-
matik hier schreiben oder geschrieben denken: i = f(j).
Weiter aber ist der Funktionsbuchstabe f als ein binäres Relativ
zu denken oder durch ein solches zu vertreten. Wenn wir für dieses,
welches oben geometrisch definirt worden, den Namen a vorschlugen,
so ist das ein purer Zufall, hervorgegangen daraus, dass wir eingangs
unter diesem Namen a eben die verschiedensten Abbildungsprinzipien
zu studiren begannen, darunter auch die den Typus A1A2 ausmachen-
den Funktionen.
Nichts hindert, für dies Relativ a und in identisch der nämlichen
Bedeutung den Funktionsbuchstaben f selbst zu verwenden — gleich-
wie auch umgekehrt zuweilen in der Mathematik ein a als Funktions-
buchstabe Verwendung findet, und für das f unsrer Betrachtungen von
vornherein hätte a gesagt sein können. Es muss unbedingt gestattet
sein: jeden Funktionsbuchstaben der Mathematik als ein Relativ zu deuten
oder von vornherein zu verstehen.
Endlich aber hat an die Stelle der Bezeichnung unsrer Funktion
mit f(j) resp. a(j) in der Mathematik hiernächst eine andere zu treten:
die das Argument umschliessende Klammer ist nämlich ersetzbar und zu
[575]§ 30. Was bei Deutung von Funktion u. Argument als Relative zu beachten.
vertreten durch das Semikolon, welches uns eine relative Multiplikation
andeutet.
Für y = f(x) resp. i = f(j) resp. i = a(j) werden wir mithin
schreiben dürfen und in unsrer Disziplin zu schreiben haben:
14) i = f ; j resp. i = a ; j.
Selbstverständlich soll hiermit nicht darauf hingewirkt werden: die in
der Mathematik so bewährten und in der ganzen kultivirten Welt adoptirten
Bezeichnungsweisen durch andere, durch die in 14) vorgeschlagenen und
für unsre Disziplin ja unentbehrlichen Bezeichnungsweisen zu verdrängen
oder definitiv zu ersetzen — so wenig ich mich vermesse ein Gebirge um-
blasen zu wollen! Der Bezeichnungswechsel wird vielmehr immer nur ad
hoc und überall da vorzunehmen sein, wo von demselben eine Unterstützung,
ein Gewinn an Erkenntniss, sei es für die Mathematik, die Zahlen- und
Funktionenlehre, sei es für die Logik (im engern Sinne) zu erwarten steht.
Solcher Gelegenheiten werden sich schon in diesem Bande (so bei der
weitern Überarbeitung der Dedekind’schen Schrift) nicht wenige darbieten
und sie dürften mit der Zeit nach beiden Seiten immer zahlreichere werden.
Wir haben uns bei den bisherigen Betrachtungen über Funktionen
— vornehmlich aus didaktischen Gründen — vielfach oder zumeist
von der geometrischen Evidenz leiten lassen. Es wird darum für
manches bereits Behauptete auch der analytische Beweis beizubringen,
weitres noch hinzuzufügen sein.
So vor allem dafür, dass, wenn a eine (durch A1A2 charakterisirte)
Funktion ist, uns a ; j stets ein Element vorstellen muss. [Dass die
Argumentwerte stets als Elemente vorgestellt werden müssen, ist bereits
als ausreichend begründet zu erachten.]
Dies ist nun aufgrund der mit A1A2 gegebnen Voraussetzung 1' ɟ ā = a
in der That leicht zu erhärten. Nennen wir nämlich:
a ; j = y, so ist ȳ = ā ɟ j̄ = ā ; j und ȳ ; 1 = ȳ, also wird
1' ɟ ȳ ; 1 = 1' ɟ ȳ = 1' ɟ ā ; j = (1' ɟ ā) ; j = a ; j = y
mit Rücksicht auf 27) S. 419 und die Voraussetzung. Damit ist gezeigt,
dass y die Charakteristik 7) S. 408 des Elementes: 1' ɟ ȳ ; 1 = y erfüllt,
wodurch wir die Berechtigung erlangen, den Namen y für a ; j durch einen
Elementbuchstaben i zu ersetzen, q. e. d.
War a „Funktion“, so musste, wie die Vergleichung von 5), 6)
mit 7), 8) erkennen lässt, ă als „Argument“ bezeichnet werden, denn
durch Vertauschung von a mit ă geht das eine Paar von Bedingungen
in das andere über — vergl. S. 562.
Kraft δ) wird nun namentlich noch hinzutreten der Satz:
Sub A1A2(i = a ; j) = (j = ă ; i)
d. h. Ist i Funktion von j, so ist j Argument von i. Und vielleicht
andres mehr.
[576]Zwölfte Vorlesung.
Bei beliebigen Relativen x, y würde ein solcher Satz inbezug auf
y = a ; x und x = ă ; y, wie man sogleich übersieht, keineswegs zu gelten
brauchen — woraus die Notwendigkeit unsrer Bemerkung S. 574 erhellt,
dass für die Funktions- und Argumentwerte Elementbuchstaben verwendet
werden müssen.
Von dem Begriff der Funktion als eines binären Relativs, d. i. vom
Funktionsbegriff in seiner Anwendung auf den (ersten) Denkbereich 11der
(Zahlen oder) Elemente, ist natürlich der Funktionsbegriff mit Beziehung
auf den (zweiten) Denkbereich 12 der binären Relative, d. i. der Begriff
der „Relativfunktion“ — wie er S. 35, 153 von uns erklärt worden —
wohl zu unterscheiden!
So, wie es bis jetzt für Funktionen und Argumente geschah,
wollen wir auch sofort darangehn inbezug auf die Substitutionen alles
für den Mathematiker Befremdliche wonicht Anstössige in unsern Auf-
stellungen S. 569 sq. zu beheben oder aus dem Wege zu räumen und
die Überzeugung von der wesentlichen Einheit des Substitutionsbegriffs
in den beiderlei Disziplinen zu festigen.
„Befremdliches“ ist auf den ersten Blick nicht wenig vorhanden: der
Mathematiker ist es gewohnt mit Substitutionen zu operiren als mit „Pro-
dukten“ von „Cyklen“; hier aber werden wir sie erhalten als „Summen“
von Elementepaaren, die sich in Cyklen ordnen lassen! Wie ist das zu
reimen? Eine Summe sind wir gewohnt im Aussagenkalkul als eine Alter-
native zu deuten, und dennoch wird auch unsre Substitution die gleichzeitige
Ersetzung gewisser Elemente durch andre, nämlich der Relate in den Ele-
mentepaaren durch ihre Korrelate fordern! Ein „identisches“ kann das
„Produkt“ der Cyklen, aus denen eine Substitution „besteht“, auch jeden-
falls nicht sein, da solche Cyklen niemals ein Auge gemein haben, somit
ihr identisches Produkt allemal verschwinden müsste. Und andres mehr:
Schon dass die Substitution (auch „Permutation“) von Hause aus einen
Prozess, Vorgang, eine Operation bedeutet oder vorschreibt, das Relativ
aber sich als fertiges Erzeugniss einer solchen, als ein Gebilde darstellt,
könnte das behauptete Zusammenfallen beider paradox erscheinen lassen.
Ich will zu dergleichen Fragen zunächst einmal „Stellung nehmen“, die
Beweise in aller Form zum Teil später erst erbringend. Vor allem ist zu
sagen:
Der relative Modul 1' ist — beispielsweise — eine Substitution (D 30).
Denn für a = 1' erweisen sich alle vier Bedingungen A in 5) bis 8)
auf den ersten Blick als erfüllt. Derselbe wird auch die identische Sub-
stitution*) genannt und stellt ein Abbildungsprinzip vor, bei welchem
jedes Element ausschliesslich Bild von sich selber (desgleichen auch sein
eignes Objekt) sein soll. Eine solche Abbildung, die somit alles un-
geändert lässt, pflegt auch die identische Abbildung genannt zu werden.
[577]§ 30. Was bei Deutung der Substitutionen als Relative zu beachten.
Das über die Einheit der beiden Substitutionsbegriffe (in Mathe-
matik und in unsrer Algebra) oben Gesagte ist, genauer noch, dahin
zu präzisiren:
Der mittelst A1A2A3A4 als Substitution erklärte Begriff deckt
sich für jeden „endlichen“ Denkbereich vollkommen mit demjenigen, welcher
in der mathematischen „Theorie der Substitutionen“ Geltung besitzt. Auch
bei unbegrenztem Denkbereiche begreift er diese „mathematischen Sub-
stitutionen“ als „Substitutionen von endlichem Grade“ vollständig unter
sich. Hier aber erscheint unser Begriff als ein weiterer wie der in der
Mathematik geläufige, insofern er neben jenen mathematischen Sub-
stitutionen (die immer nur mit diskreten Elementen zu thun haben)
auch noch „Substitutionen von unbegrenztem (oder unendlich hohem) Grad“
umfasst (deren Elemente sogar ein Kontinuum bilden mögen) — auf
derengleichen die Mathematik ihre Forschungen noch gar nicht aus-
gedehnt hat, es sei denn unter ganz entlegenem Titel — als Beiträge
zu einer Lehre von den eindeutig umkehrbaren Funktionen eines
Argumentes.
Es sind also bislang entlegene Untersuchungsgebiete, die unsre Di-
sziplin hier zu vereinigen und unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu
bringen die Kraft und das Verdienst hat.
Überhaupt wird sich die Theorie der binären Relative erkennen lassen
als die gemeinsame Wurzel, der Urquell, aus dem die Zahlen-, Funktionen-
und Substitutionenlehre naturgemäss entspringt — unbeschadet dessen, dass
wir historisch erst von letztern aus zu diesem ihrem Urquell vorzudringen
vermochten.
Zur Aufklärung sei nun weiter gesagt:
Das „Konverse einer Substitution“ — nach S. 569 notwendig
wiederum eine solche — wird einerlei sein mit dem, was die Mathe-
matik als „die reziproke Substitution“ hinstellt. Ihrer in dieser Di-
sziplin üblichen Bezeichnung mit s— 1 steht die unsrige mit s̆ gegenüber.
Unsre „relative Multiplikation“ ist die eigentliche „Multiplikation
der Substitutionen“ und es wird ein „Produkt von Substitutionen“
(schlechthin, im Sinne der Mathematik) hier immer als ein relatives
aufzufassen sein.
Die Bequemlichkeit, bei der identischen Substitution 1' den Apostroph
und bei jedem (relativen) Produkte von Substitutionen die verbindenden
Strichpunkte (Semikolons) wegzulassen, will ich natürlich der mathematischen
Substitutionentheorie (solang sie, wie bisher, die andern Operationen unsrer
Algebra ausser Betracht lässt) — wie schon S. 34 angedeutet — nicht
wehren. Eine spezielle Disziplin mag sich immerhin ihre eigne Symbolik,
ihre Kurzschrift schaffen. Die durch deren spezielle Bequemlichkeitsbedürf-
nisse motivirten Gepflogenheiten werden aber dann auch nicht beanspruchen
Schröder, Algebra der Relative. 37
[578]Zwölfte Vorlesung.
dürfen für eine so viel allgemeinere Disziplin, wie die unsrige, unbedingt
verbindlich zu bleiben. Eine solche Disziplin, die einer weiter tragenden
Symbolik und ausdrucksvollerer Bezeichnungen bedarf, muss auch ihrerseits
berechtigt bleiben sich diese nach ihren eignen höheren Gesichtspunkten
selbständig zu gestalten.
Als ein höchst bemerkenswerter wird noch in unsrer Disziplin der
Satz zu konstatiren sein: Jede Substitution ist zugleich die identische
Summe der elementefremden Cyklen, aus denen sie „besteht“, und das
relative Produkt der diesen zugehörigen Zirkularsubstitutionen.
Behufs Erläuterung müssen wir etwas weiter ausholen und zu-
nächst den Begriff des „Cyklus“ für unsre Disziplin allgemein festlegen.
Unter einem „Cyklus der ersten Ordnung“ verstehen wir ein Relativ
der Form A : A, mithin weiter nichts, als wie: ein individuelles Selbst-
relativ. (Für „Ordnung“ darf man hiernächst auch „Grad“ sagen.)
Ein „Cyklus der zweiten Ordnung“ oder eine „nackte Transposition“
wurde schon S. 137 als ein Relativ der Form A : B + B : A erklärt.
Unter einem „Cyklus der dritten Ordnung“ versteht man ein Relativ
der Form A : B + B : C + C : A.
Und so weiter. „Cyklus“ überhaupt soll ein Relativ, mithin eine
Summe von Elementepaaren genannt werden, in welche nur je einmal
als Relat und je einmal als Korrelat die Elemente eines ganz bestimmten
Systems so eingehen, dass das Gleiche (ebendies, was der kursive Druck
hervorhob) nicht schon mit einem echten Teilsystem des genannten der
Fall ist. Dies muss noch näher erläutert werden.
Die Mathematik hat bislang den Cyklusbegriff überhaupt nur erklärt
für ein „endliches“ System von Elementen. Derselbe wird hier erstmals so
gefasst, dass er auch auf unbegrenzte Elementereihen, auf unendliche Systeme,
anwendbar wird. Die Definition fiel etwas schwülstig aus. Um das zu
vermeiden, muss man propädeutisch erst einen allgemeinern Begriff definiren,
für den zwar ein vom Cyklusbegriffe unabhängiger Name fehlt, nämlich den
Begriff der „Cyklensumme“. (Diese wird ja, als eine eventuell eingliedrige,
auch den Cyklus selbst unter sich begreifen.) Man kann indess von der
Zusammensetzungsweise dieses Namens für den Augenblick absehen und
wolle denselben zunächst lediglich als ein Ganzes, als einen Hülfsnamen
gelten lassen.
„Cyklensumme“ (Cyklenaggregat oder -komplex) nennen wir eine Summe
von Elementepaaren in denen jedes „konstitutive“ — d. i. jedes darin vor-
kommende — Element gerade einmal als Relat und einmal als Korrelat
auftritt.
Darnach wird also jede Substitution eine „Cyklensumme“ sein, und
zwar eine solche, welche mit allen Elementen des Denkbereiches gebildet ist.
Aber nur mit letzterm Zusatze gilt auch das Umgekehrte: Eine aus allen
Elementen von 12 gebildete „Cyklensumme“ ist eine Substitution. Der Be-
[579]§ 30. Cyklen und Cyklensummen.
griff der Cyklensumme erweist sich als ein weiterer, umfassenderer, als wie
der Substitutionsbegriff.
„Cyklus“ nennen wir dann eine „irreduzible“ „Cyklensumme“, d. h.
eine solche, in welcher keine aus nur einem Teil der vorkommenden Ele-
mente sich aufbauende „Cyklensumme“ enthalten ist — eine solche also, die,
populär zu reden, nicht in einfachere Cyklensummen zerlegt, zerspalten
werden kann, aus der sich solche nicht hervorheben, absondern lassen.
Durch jedes Elementepaar i : j, das einer gegebnen „Cyklensumme“
angehört, ist nun ein „Cyklus“ bestimmt, und in einem solchen müssen
sich die Elementepaare stets, und nur auf eine Weise, so anordnen
lassen, dass das Korrelat eines jeden mit dem Relate des (eventuell
„im Ringe herum“) darauf folgenden übereinstimmt (so nämlich, dass,
falls es ein erstes und ein letztes Elementepaar gibt, das erste wiederum
als „auf das letzte folgend“ gilt).
Ist nämlich i : j ein Glied unsrer „Cyklensumme“ — worin also i als
das Relat und j als das Korrelat erscheint — so kann und muss es nach
deren Begriffe nur noch ein Elementepaar h : i und ein Elementepaar j : k
geben, worin i resp. j überhaupt vorkommt, und in allen andern Elemente-
paaren der Cyklensumme werden die Elemente verschieden von i sowol als
von j sein müssen. Das eine Elementepaar aber wird i als Korrelat, das
andre wird j als Relat aufweisen müssen, weil beide Elemente bezüglich
in der andern Eigenschaft bereits in i : j vorgekommen.
Jenes h : i nennen wir das dem i : j vorangehende, dieses j : k das dem-
selben folgende Elementepaar.
Wenn in zwei Elementepaaren das Korrelat des einen mit dem Relate
des andern übereinstimmt, werden wir sie hier „benachbart“ nennen. Demnach
sind sowol h : i und i : j als i : j und j : k benachbarte Elementepaare. Solche
können noch auf zwei Arten nebeneinandergestellt, zu wirklichen Nachbarn
gemacht werden. Geschieht das so (wie vorstehend), dass das Korrelat des
zuerst gelesenen mit dem Relate des zweiten übereinstimmt (nicht aber um-
gekehrt), so sagen wir ausserdem, dass sie „Anschluss an einander haben“.
Zwei Sonderfälle müssen jetzt erst besprochen werden.
Es konnte von vornherein j = i sein. Dann ist i : i unser Elemente-
paar, worin denn i bereits als Relat sowol wie als Korrelat vorkommt.
Es kann daher in den übrigen Elementepaaren i nicht weiter vorkommen.
Und leicht wäre es, auch aufgrund unsrer allgemeinen Cyklusdefinition
strenge zu beweisen, dass i : i schon selbst ein Cyklus ist. Diesen Cyklus
„erster Ordnung“ wird dann unsre „Cyklensumme“ enthalten, folglich, wenn
sie noch andre Elementepaare mitumfasst, jedenfalls kein Cyklus sein.
Man dürfte das Elementepaar i : i als das auf sich selber folgende und sich
selbst vorangehende bezeichnen — eine Erlaubniss von der jedoch kein
Gebrauch zu machen ist. Bei j ≠ i konnte ferner h = j, oder auch k = i
sein. Beidemal kommen wir auf den „Cyklus zweiter Ordnung“ i : j + j : i
als auf einen Teil unsrer Cyklensumme. In diesem kann jedes der beiden
Elementepaare als auf das andre folgend hingestellt werden.
37*
[580]Zwölfte Vorlesung.
Wir sahen, durch ein Elementepaar einer „Cyklensumme“ ist immer
das ihm vorangehende und das ihm nachfolgende Elementepaar unzweifel-
haft bestimmt — diejenigen beiden Elementepaare, die rückwärts resp. vor-
wärts Anschluss an dasselbe finden. Hebt man diese genannten und, even-
tuell unbegrenzt, fort und fort die Elementepaare hervor, die sich nach
beiden Seiten an die bisherigen „anschliessen“, so erhält man als Bestand-
teil unsrer Cyklensumme eine Summe von Elementepaaren, die ich, ohne
wiederum auf die Zusammensetzungsweise des Namens vorerst zu achten,
einen „geordneten Cyklus“ nennen will. Von jedem Elementepaar desselben
mögen wir sagen, dass es von i : j (oder irgend einem andern seiner Ele-
mentepaare) aus „erreichbar“ sei, m. a. W. dass es an i : j sich wenigstens
„mittelbar“ anschliesse.
Inbezug auf irgend ein Elementepaar m : n unsrer „Cyklensumme“
sind nun blos zwei Fälle denkbar: entweder es ist von i : j aus erreichbar
und gehört somit unserm „geordneten Cyklus“ selbst an, oder dies ist nicht
der Fall.
Im erstern Falle ist leicht zu zeigen, dass die Elemente m, n ausser-
halb jenes „geordneten Cyklus“ in unsrer Cyklensumme nicht mehr vor-
kommen können, im letztern, dass sie innerhalb dieses „geordneten Cyklus“
überhaupt nicht vorkommen können.
Denn da zu einem jeden Elementepaar des „geordneten Cyklus“ auch
das vorangehende und das nachfolgende demselben angehören muss, so
würde zugleich mit m : n auch ein p : m und ein n : q demselben angehören
und kann daher m sowie n sonst nicht mehr in unsrer „Cyklensumme“
vorkommen.
Gehört aber das m : n unsrer Cyklensumme dem aus i : j erreichbaren
„geordneten Cyklus“ nicht an, so kann innerhalb des letztern auch m nicht
etwa als Korrelat und n nicht mehr als Relat auftreten; denn einem Gliede
p : m in ihm müsste ein andres m : r mit r ≠ n nachfolgen, wo wir dann
m zweimal als Relat haben würden, was dem Begriff der „Cyklensumme“
widerspricht, etc.
Auf dieselbe Weise beweist sich der Satz: Ist eine „Cyklensumme“
echter Teil einer andern „Cyklensumme“, so kann ein in der erstern vor-
kommendes Element ausserhalb derselben weder als Relat noch als Korrelat
in der letztern vorkommen; vielmehr muss diese dann in zwei „elemente-
fremde“ „Cyklensummen“ zerfallen.
Denn nach ihrem Begriffe kommt jedes in der ersten Cyklensumme
auftretende Element schon als Relat sowol wie als Korrelat in ihr vor,
und kann daher nicht weiter mehr, auch ausserhalb nicht, vorkommen.
Und ein ausserhalb der ersten „Cyklensumme“, des Teiles, im Ganzen vor-
kommendes Element tritt innerhalb des Teiles überhaupt nicht auf und
muss deshalb sowol als Korrelat wie als Relat im Reste vorkommen.
Darum muss nun unser „geordneter Cyklus“ auch wirklich ein „Cyklus“
sein. Denn liesse sich aus ihm noch eine „Cyklensumme“ absondern, so
müsste auch der Rest wieder eine Cyklensumme sein, und die beiden wären
„elementefremde“, sodass kein in der einen (als Relat sowie Korrelat) auf-
tretendes Element auch in der andern vorkäme. Es fände dann zwischen
Elementepaaren der einen und solchen der andern „Cyklensumme“ niemals
[581]§ 30. Cyklen aus unbegrenzt vielen Elementen.
Anschluss statt, und diese wären von jenen aus nicht „erreichbar“ — ent-
gegen dem Begriffe unsres „geordneten Cyklus“.
Damit ist erkannt: Ein jedes Elementepaar einer „Cyklensumme“ be-
stimmt einen („geordnet“ denkbaren) Cyklus als die Summe derjenigen
Elementepaare, die von ihm aus erreichbar sind — was gegenseitig —
sodass derselbe Cyklus von jedem seiner Elementepaare bestimmt wird;
und es kommen die im Cyklus auftretenden (m. a. W. seine „konstitutiven“)
Elemente ausserhalb desselben nicht mehr in der „Cyklensumme“ vor.
Und ferner folgt daraus: Jede „Cyklensumme“ ist (wirklich) eine Summe
von lauter — „elementefremden“ — Cyklen, d. h. von solchen, deren niemals
zweie ein konstitutives Element gemeinsam haben — die vielmehr aus
durchweg verschiednen Elementen aufgebaut erscheinen.
Dasselbe gilt demnach auch von den Substitutionen (im Sinne unsrer
Disziplin) — mag auch der Denkbereich sogar ein „Kontinuum“ sein. So-
mit wäre denn für’s erste erwiesen, dass unsre Substitution eine identische
Summe ist von lauter elementefremden Cyklen. —
Ich bitte nicht zu übersehen: dass die ganze Betrachtung vom Absatz
auf S. 576 an blos durch das eingangs derselben erwähnte didaktische Motiv
der Aussöhnung mit dem Mathematiker veranlasst ist. Sie bleibt für die
Weiterentwicklung unsrer Theorie nach deren urwüchsigem Plane vorder-
hand nebensächlich und bildet nur eine Digression. Die Betrachtungen sind
eigentlich verfrüht und dürften systematisch jedenfalls nicht vor der Theorie
der einfach unendlichen Systeme und legitimirender Einführung der Ordinal-
zahlen zu bringen sein, an die wir erst in der zweiten Abteilung des Bandes
herantreten — vergleiche die Bemerkung auf S. 179 im Kontext. Man
könnte die gelieferten Beweise in der That noch mannigfach ergänzungs-
bedürftig nennen und sie vollständiger wünschen, z. B. einen förmlichen
Beweis für die (obzwar unmittelbar intuitive) Thatsache verlangen, dass,
wenn ein Elementepaar (der Cyklensumme) von einem andern aus „erreich-
bar“ ist, auch gewiss das Umgekehrte stattfindet, dass ferner die Beziehung
der „Erreichbarkeit von -…, resp. aus -…“ eine transitive sein muss, und
andres mehr. Auch müsste alles doch in der Zeichensprache unsrer Algebra
einmal rechnerisch formulirt werden. Etc.
Das Beispiel der nach links und rechts unbegrenzten Reihe der ganzen
Zahlen zeigt, dass es auch „unendliche“, sive „unbegrenzte“, oder, wenn man
so sagen will: „offene“ Cyklen gibt: ein solcher ist z. B. die Summe der
Elementepaare die aus je zwei benachbarten Zahlen dieser Reihe sich bilden
lassen:
… + (— 3) : (— 2) + (— 2) : (— 1̇) + (— 1̇) : 0̇ + 0̇ : 1̇ + 1̇ : 2 + 2 : 3 + 3 : 4 + …,
Und es erscheint die Ausdehnung des „Cyklus“begriffs auf ein „einfach un-
endliches“ System von konstitutiven Elementen als zweifellos zulässig und
sogleich auch anschaulich. Anders, wenn die konstitutiven Elemente des
Cyklus ein unendliches System „der zweiten Art“ bilden, eines, das nicht
„einfach unendlich“ ist. Von einem Cyklus aus einem Kontinuum von
Elementen habe ich keine Vorstellung, dergleichen ist noch völlig terra
incognita, und ich stehe selbst dem Begriffe noch etwas misstrauisch gegen-
über. Darüber wird erst von späteren Forschungen völlige Aufklärung zu
[582]Zwölfte Vorlesung.
erwarten sein. Um unsern didaktischen Zweck zu erreichen können wir
aber, weil auch die Mathematik dergleichen Cyklen noch gar nicht in den
Kreis ihrer Betrachtungen zog, von den darauf bezüglichen Fragen hier
noch absehen. Und bei ihrem selbständigen Vorgehen behufs Legung des
Grundes zu einer Substitutionenlehre bräuchte sich unsre Disziplin um die
mathematische Substitutionentheorie prinzipiell überhaupt nicht zu kümmern.
Wir fahren hienach in unsrer Digression fort.
Die Mathematik bezeichnet einen Cyklus, wie A : B + B : C + C : D + D : A
bekanntlich einfacher mit (A, B, C, D), oder auch (B, C, D, A),
(C, D, A, B), (D, A, B, C), sonach: indem sie die konstitutiven Elemente
desselben, mit irgend einem von ihnen beginnend, (durch Kommata ge-
trennt) in eine Klammer setzt in derjenigen Reihenfolge, in der sie im
„geordneten“ Cyklus (ein jedes zweimal: erst als Korrelat, dann als
Relat) gelesen werden.
Nennen wir den Cyklus, als binäres Relativ betrachtet, für den
Augenblick a, so braucht der allgemeine Koeffizient ai j nun blos ge-
deutet zu werden als die Aussage: „das Element i soll (in jedem Aus-
drucke, auf den man den Cyklus wirken lassen mag) durchweg ersetzt
werden durch das Element j“ — damit sich die Identität unsres Cyklus-
begriffs mit demjenigen der Mathematik offenbare. Denn die Er-
setzung wird nur dann wirklich zu vollziehen sein, wenn ai j = 1 ist,
d. h. wenn das mit dem Faktor ai j behaftete Elementepaar i : j ein
„effektives“ Glied der Summe a = Σi jai j(i : j), mithin unsres Cyklus, ist.
Was unsre „Cyklensumme“, nämlich Summe von „elementefremden“
Cyklen, betrifft, so gilt ein Gleiches: man erkennt, falls sie a genannt
wird, bei der angegebnen Deutung von ai j, ihre Identität mit dem
„Produkte“ ebendieser Cyklen in der Mathematik. Nach der Bemerkung
S. 48 zu 3) des § 4 wird nämlich unsre „Cyklensumme“, obzwar als
die identische Summe aus den effektiven Elementepaaren erscheinend,
nicht etwa alternative, sondern simultane (gleichzeitige) Ausführung der
vorgeschriebnen Ersetzungen oder Elementvertauschungen fordern. Es
muss selbst das Π nach ij der sämtlichen von 0 verschiednen ai j
gleich 1 sein.
Daraus erhellt denn auch schon die Identität unsres Substitutions-
begriffes mit dem der Mathematik — sofern ja unsre Substitution auch
eine „Cyklensumme“, die mathematische ein sogenanntes „Cyklen-
produkt“ ist. —
Wir haben jetzt noch zu reden von Zirkularsubstitutionen.
Ein Cyklus (sofern in ihm nicht schon sämtliche Elemente des
Denkbereiches vorkommen) ist noch keine „Substitution“.
(Ebensowenig die „Cyklensumme“ beim gleichen Vorbehalt.)
[583]§ 30. Zirkularsubstitutionen.
Er kann aber jederzeit leicht zu einer solchen ergänzt werden —
die alsdann die ihm zugehörige „Zirkularsubstitution“ zu nennen sein
wird, und zwar, indem man ihm additiv hinzufügt die Cyklen erster Ord-
nung oder individuellen Selbstrelative von all den Elementen des Denk-
bereichs, deren Versetzung er nicht fordert, die m. a. W. nicht (als „kon-
stitutive“ Elemente) in ihm vorkommen.
Die zu einem Cyklus erster Ordnung gehörige Zirkularsubstitution,
namentlich, ist allemal „die identische Substitution“ 1'.
Die zu einem Cyklus der zweiten Ordnung (also unsrer „nackten
Transposition“) gehörige Zirkularsubstitution heisst Transposition
(schlechtweg). Beide sind wohl zu unterscheiden.
Ist jene z. B. das aus nur zwei Augen bestehende Relativ
A : B + B : A, so wird diese das Relativ sein:
A : B + B : A + C : C + D : D + E : E + …
und eventuell unendlich viele Augen haben.
Jede Transposition (schlechtweg) ist eine Substitution, nämlich
eine „Cyklensumme“ in der die sämtlichen Elemente des Denkbereichs
vertreten erscheinen. Sie schreibt vor, zwei bestimmte Elemente mit
einander zu vertauschen und alle übrigen ungeändert zu lassen (d. i. „mit
sich selbst zu vertauschen“). Durch letztere stillschweigend gemachte
Unterstellung wandelt eigentlich die mathematische Substitutionentheorie
schon jeden Cyklus in eine (die zugehörige) Zirkularsubstitution um,
und sie braucht zwischen beiden kaum je einen Unterschied zu machen.
In diesem Betreff wird unsre Disziplin genötigt sein, strenger zu
unterscheiden.
Dass nun in der That — wie oben S. 578 behauptet — unsre
Substitution auch das relative Produkt ihrer elementefremden »Cyklen«
sein muss — wofern diese »Cyklen« — im Sinne der mathematischen
Substitutionentheorie — sämtlich als Substitutionen aufgefasst werden,
d. h. genauer gesagt: dass eine Substitution, definirt als Summe von
lauter elementefremden Cyklen in deren Gesamtheit jedoch alle Elemente
des Denkbereichs vertreten sind, einerlei sein muss mit dem relativen
Produkt der zugehörigen Zirkularsubstitutionen — dies lässt sich un-
schwer durch (relatives) Ausmultipliziren der letztern gemäss 4) des
§ 6 aufgrund von 30) und 31) S. 440 einsehn und beweisen wie folgt.
Stellt c einen (wirklichen, oder „nackten“) Cyklus vor, so ist c ; 1 das
System der Zeilen und 1 ; c das System der Kolonnen in welchen über-
haupt Augen dieses Cyklus stehen, m. a. W. c ; 1 ist das System der Relate,
1 ; c das Systemkonvers der Korrelate unsres Cyklus. Mithin wird der
Ausdruck
(c ; 1 + 1 ; c)1'
[584]Zwölfte Vorlesung.
diejenigen Augen der Hauptdiagonale angeben, die mit den Augen des c
in einer sei es horizontalen sei es vertikalen Flucht liegen. M. a. W. dieses
Relativ stellt vor: die Summe der individuellen Selbstrelative die aus den
konstitutiven Elementen unsres Cyklus gebildet sind. Und darum wird das
Relativ — es heisse zur Abkürzung 1'γ̄:
(c̄ ɟ 0)(0 ɟ c̄)1' = 1'γ̄
ausschliesslich bestehn aus den individuellen Selbstrelativen derjenigen Ele-
mente, die im Cyklus c nicht vorkommen — geometrisch gesprochen: aus
den Augen der Hauptdiagonale die mit keinem Auge des Cyklus in einer
Flucht liegen.
[Davon, dass allerdings nach dem Begriff des Cyklus daz System c̆ ; 1
von dessen Korrelaten einerlei sein muss mit dem Systeme c ; 1 von dessen
Relaten, d. h. dass c̆ ; 1 = c ; 1 ist, was nach sich zieht, dass auch
1'γ = 1'(c ; 1 + c̆ ; 1) = 1' · c ; 1 = 1' · c ; 1 · c̆ ; 1 = 1' · c ; 1 · 1 ; c = 1' · c ; 1 ; c,
sowie
1'γ̄ = 1'(c̄ ɟ 0)(c̄̆ ɟ 0) = 1'(c̄ ɟ 0) = 1'(c̄ ɟ 0 + 0 ɟ c̄) = 1'(c̄ ɟ 0 ɟ c̄)
— davon brauchen wir hiernächst keinen Gebrauch zu machen.] Folg-
lich wird
c + 1'(c̄ ɟ 0)(0 ɟ c̄) = c + 1'γ̄
die zum Cyklus c gehörige Zirkularsubstitution vorstellen. Stellt uns nun
s = c1 + c2 + c3 + …
irgend eine Substitution vor (bei deren Gliedern wir dieselben Bezeich-
nungsprinzipien wie vorstehend bethätigen), so wird zu zeigen sein, dass
p, = (c1 + 1'γ̄1) ; (c2 + 1'γ̄2) ; (c3 + 1'γ̄3) ; …
gleich s sein muss. Man stelle sich hierbei die relativen Faktoren jeweils
als die Summen ihrer effektiven Elementepaare vor. — Nun ist:
(c1 + 1'γ̄1) ; (c2 + 1'γ̄2) = c1 ; c2 + c1 ; 1'γ̄2 + 1'γ̄1 ; c2 + 1'γ̄1 ; 1'γ̄2 = c1 + c2 + 1'γ̄1γ̄2
ndem c1 ; c2 = 0, c1 ; 1'γ̄2 = c1, 1'γ̄1 ; c2 = c2, 1'γ̄1 ; 1'γ̄2 = 1'γ̄1γ̄2 sein muss.
Denn da c1 und c2 kein konstitutives Element gemein haben, so treffen
beim Ausmultipliziren dieser beider immer nur Elementepaare von c1 mit
solchen von c2 zusammen, die kein gemeinsames Element aufweisen und
folglich keinen Anschluss aneinander haben. Das relative Produkt solcher
Elementepaare muss aber allemal nach 30) S. 440 verschwinden (q. e. d.)
Das Relativ 1'γ̄2 ist lediglich aus individuellen Selbstrelativen zu-
sammengesetzt, und zwar aus allen denen, deren konstitutive Elemente in
c2 nicht vorkommen. Darunter jedenfalls finden sich sämtliche konstitutiven
Elemente von c1. Während für jedes h ≠ j nun (i : j) ; (h : h) = 0 ist, muss
(i : j) ; (j : j) = i : j sein. Beim relativen Ausmultipliziren der Summen von
Elementepaaren in c1 und 1'γ̄2 reproduziren sich also einfach die effektiven
Elementepaare von c1, (q. e. d.).
Weil für jedes h ≠ i auch (h : h) ; (i : j) = 0, dagegen (i : i) ; (i : j) = i : j
ist und in 1'γ̄1 sämtliche konstitutiven Elemente von c2 durch individuelle
[585]§ 30. Die Substitution als Cyklensumme und relatives Produkt.
Selbstrelative vertreten sein werden, weil sie zu den in c1 fehlenden ge-
hören, so sieht man ebenso, dass beim relativen Ausmultipliziren von 1'γ̄1
mit c2 sich lediglich c2 wiedererzeugen wird, (q. e. d.).
Beim Ausmultipliziren, endlich, der Summen aus individuellen Selbst-
relativen 1'γ̄1 mit 1'γ̄2 reproduziren sich nur diejenigen, welche diesen beiden
Relativen gemeinsam sind wegen (i : i) ; (i : i) = i : i, wogegen (i : i) ; (j : j)
für jedes j ≠ i verschwindet, (q. e. d.).
In derselben Weise ist nun zu zeigen, dass:
(c1 + c2 + 1'γ̄1γ̄2) ; (c3 + 1'γ̄3) = c1 + c2 + c3 + 1'γ̄1γ̄2γ̄3,
weil 1'γ̄1γ̄2 jedenfalls die konstitutiven Elemente von c3 und 1'γ̄3 die von c1
sowol als von c2 aufweist; denn die von c3 werden weder in c1 noch in c2
vorkommen. „Und so weiter“. Es ergibt sich für unser relatives Produkt:
p = s + 1'γ̄1γ̄2γ̄3 …
wo das letzte Glied ausschliesslich besteht aus den individuellen Selbst-
relativen von all den Elementen, die weder in c1, noch in c2, noch in c3, …
vorkommen, d. h. die in s nicht vorkommen. In s müssen aber nach dem
Substitutionsbegriffe alle Elemente des Denkbereiches vorkommen als kon-
stitutive Elemente (Relat und Korrelat) eines der Cyklen aus denen diese
Substitution besteht (sei das auch nur eines Cyklus erster Ordnung). Und
folglich ist 1'γ̄1γ̄2 … = 0, d. h. es bleibt p = s, wie behauptet worden.
Für diesen letzten Term erhalten wir überdies den Ausdruck:
1'(c̄1 ɟ 0)(0 ɟ c̄1)(c̄2 ɟ 0)(0 ɟ c̄2) … = 1'(c̄1c̄2 ‥ ɟ 0)(0 ɟ c̄1c̄2 …) = 1'(s̄ ɟ 0)(0 ɟ s̄)
und kann das Verschwinden desselben auch analytisch aus der Charakteristik
A1A2A3A4 der Substitution s gefolgert, nämlich schon aus A1 = (1 = 1 ; s)
oder A3 = (1 = s ; 1) in ersichtlicher Weise (mit s̄ ɟ 0 = 0, etc.) geschlossen
werden — q. e. d.
Da wo wir oben „U. s. w.“ sagten, konnte wohl der „Schluss von n
auf n + 1“ relative Faktoren in aller Form unschwer geleistet werden. Es
wird nur etwas umständlich, und wir unterliessen es um ein übermässiges
Anschwellen des Textes zu vermeiden. Damit wäre dann unser Satz in
aller Strenge bewiesen nicht nur — was für den gegenwärtigen Zweck
schon genügt — für alle „durchaus endlichen“ oder „mathematischen“ Sub-
stitutionen, sondern auch für solche die eventuell Cyklen aus „einfach un-
endlich vielen“ Elementen in ev. „einfach unendlicher“ Menge enthalten.
Es muss jedoch auch eine Form des Beweises geben, bei welcher aufgrund
der Wahrnehmung, dass bei durchweg elementefremden Cyklen c die Reihen-
folge relativer Faktoren der Form c + 1'γ̄ gleichgültig ist, vom Schluss der
vollständigen Induktion kein Gebrauch gemacht, vielmehr blos nach dem
dictum de omni auf die Wirkung jedes relativen Faktors dieser Art argu-
mentirt wird. Hierauf können wir an dieser Stelle nicht näher eingehn.
Schreibt man bei jeder Substitution s — die nach unsrer Defini-
tion ein Relativ Σi : j von gewisser Art ist — die sämtlichen Relate i
(etwa alphabetisch resp. numerisch geordnet) in eine obere Zeile und
die zugehörigen Korrelate aus den effektiven Gliedern darunter in eine
[586]Zwölfte Vorlesung.
zweite, die untere Zeile, so gelangt man zu der in der math. Sub-
stitutionentheorie ursprünglichst üblichen Darstellung s =
der Substitutionen — welche hier durch das Beispiel
(A, B, C)(D)(E, F) =
= = A : B + B : C + C : A + D : D + E : F + F : E
für den Denkbereich von sechs Elementen illustrirt werden möge.
Und man sieht sogleich beim relativen Ausmultipliziren solcher
Summen von Elementepaaren, dass dabei das Schema (i : h) ; (h : j) = i : j
unsrer Disziplin genau dem für die (eigentliche) Multiplikation der
math. Substitutionen bekannten Schema =
entspricht — nicht minder wie für s = dem s— 1 =
in unsrer Disziplin das zu s = Σi : j gehörige s̆ = Σj : i entsprechen
wird. Die eine Disziplin bedient sich in der That einer nur äusserlich
etwas andern Schreibmanier für die Substitutionen, als wie die andre.
Hiermit glauben wir, die beiden Substitutionsbegriffe aus Mathe-
matik und Logik miteinander ausgesöhnt sowie alles für den Mathe-
matiker befremdlich Gewesene in unsern Aufstellungen aufgehellt und
acceptabel gemacht zu haben. —
Die Sätze — wie namentlich die Behauptung: die Substitution (sive
Permutation) sei Funktion und Argument zugleich — lagen ja eigentlich
auf der Hand; doch sind sie bislang noch nirgends ausgesprochen gewesen.
Wir wollen jetzt der Bestimmung eines unbekannten und gesuchten
Relativs x durch die typischen Bedingungskombinationen 10) unsre
Aufmerksamkeit zuwenden. Indem also x für a gesagt wird, seien die
vier Elementarbedingungen wenigstens in einigen ihrer sozusagen klassi-
schen Formen nochmals hingesetzt:
15)
Darnach wird sein (Begründungen am Schluss der Tafel):
16)
— das ist Peirce’s „totally unlimited relative“.
[587]§ 30. Charakteristik der 15 Abbildungstypen.
17)
18)
19)
Diesem letztern Typ, A2A4, gehört — wie sich in § 31 zeigen
wird — Herrn Dedekind’s „ähnliche (oder deutliche) Abbildung“ jeder-
zeit an.
20)
21)
22)
— wo das Wort „eineindeutig“ eine in der Mathematik schon vielfach
gebräuchliche Abkürzung ist für „auch umgekehrt eindeutig“.
Begründung für die Angaben 16) bis 22) betreffend ist zu sagen,
dass sie aus 15) grösstenteils schon nach den Regeln des identischen Kalkuls
in einer ersichtlichen nicht mehr erläuterungsbedürftigen Weise folgen.
Nur bei der ersten Form einer jeden Chiffre, die sich als Subsumtion oder
Gleichung mit dem Subjekte 1 präsentirt, kamen ausserdem zum öftern die
Sätze 16) S. 445 und 29) S. 215 (links) in Betracht.
Ganz neu trat aber die letzte Ausdrucksform bei 17) für einen jeden
dieser beiden wichtigen Typen hinzu. Die Äquivalenz von dieser mit den
vorhergehenden Formen nach Sätzen unsrer Disziplin ohne Zufluchtnahme
zur Koeffizientenevidenz nachzuweisen, speziell so
{1 ⋹ 1 ; x(1' ɟ x̄)} = {1' ⋹ x̆ ; (1' ɟ x̄)}
zu beweisen, ist nicht ganz einfach, und würde die Aufgabe ohne jegliche
Anleitung vielleicht als eine harte Nuss erscheinen. Wir werden ihre heu-
ristische Lösung gelegentlich der Auffindung und des Beweises eines noch
[588]Zwölfte Vorlesung.
allgemeinern Satzes im § 31 (implicite mit) geben und begnügen uns zur
Stelle mit der Berufung auf einen durch die Koeffizientenevidenz zu er-
weisenden Hülfssatz:
23)
für dessen ersten Teil wir in der That haben:
R = Πi j (1'i j ⋹ Σhai hbh j) = Πi (1 ⋹ Σhai hbh i)
weil die für j ≠ i sich ergebenden Faktoraussagen des Π das Prädikat 0
aufweisen und als selbstverständliche unterdrückbar sind. Sonach kommt:
R = Πj i {1j i ⋹ Σh(ăb)h i = (1 ; ăb)j i} = L, q. e. d.
Bezüglich dieser bei 17) hinzugekommnen Ausdrucksformen sind wir
bei den nachfolgenden Kombinationen 20) bis 22) nicht mehr vollständig
gewesen, wie denn mit Rücksicht auf sie z. B. auch sich schreiben lassen
würde:
A1A2A3 = {1' ⋹ x ; x̆ · x̆ ; (1' ɟ x̄)}, A1A2A4 = {x̆ ; x ⋹ 1' ⋹ x̆ ; (1' ɟ x̄)},
A1A2A3A4 = {1' ⋹ (x̄ ɟ 1') ; x̆ · x̆ ; (1' ɟ x̄)}.
Überhaupt soll nicht behauptet sein, dass es ausser den aufgeführten für
unsre 15 Typen nicht vielleicht auch noch andre ganz bemerkenswert ein-
fache Ausdrucksformen gebe!
Hervorzuheben ist aber die Einfachheit von einigen der angeführten
Formen.
In Gestalt von 1' ɟ x̄ = x ist es hienach mit Aufwand von nur
drei Termen (Relativsymbolen, oder — den Modul eingerechnet —
Buchstaben) möglich, ein Relativ x als eine Funktion zu charakterisiren,
die Funktion ihrem Begriff und Wesen nach (implicite) zu definiren!
Für die Substitution ist ebendazu bei x ; x̆ = 1' = x̆ ; x nur ein
Aufwand von fünf Symbolen erforderlich — und für jeden „endlichen“
Denkbereich würde (nach einer schon S. 567 vorgreifend geäusserten
Bemerkung) schon eine dieser beiden Gleichungen allein wie x ; x̆ = 1',
mithin ein Aufwand von auch nur drei Lettern dazu ausreichen!
Dass irgend eine Disziplin mit noch geringern Mitteln solches
verwirkliche, ist kaum mehr denkbar.
Was nun die allgemeinen Wurzeln zu diesen 15 Propositionen an-
belangt, so können wir sogleich (und jedesmal in zwei wesentlich ver-
schiednen Formen) befriedigende allgemeine Lösungen für die acht ersten
derselben angeben. Und zwar ist:
24)
[589]§ 30. Allgemeine Wurzeln von Abbildungscharakteristiken.
25)
26)
27)
28) .
Beweis dieser Angaben betreffend, sind die ersten Lösungsformen
von 24) sowie die sämtlichen von 25) und 27) bereits mit unsern Parallel-
reihenuntersuchungen gegeben — vergleiche 14) (Aufg. 9) und 27) (Aufg. 23)
des § 15, sowie ibidem 34) (Aufg. 31).
Die zweite Form der Lösung von A3 in 24) folgt für a = 1' leicht
aus 15) des § 28 S. 477, indem man dort y mit x̆ somit v mit ŭ identi-
fizirt § durch Konjugation dann ebenso die zweite Form von A1.
Was 26) betrifft, so sieht man sogleich, dass die Summe der all-
gemeinen Wurzeln von A1 und A3 die allgemeine Wurzel von A1A3 sein
muss: die identische Summe eines Relativs ohne Leerkolonnen und eines
solchen ohne Leerzeilen muss immer ein Relativ sein, das weder Leerzeilen
noch Leerkolonnen besitzt, d. h. muss ein Relativ ohne Leerreihen sein; und
da mit jener Summe kraft 24) auch die „Probe 2“ stimmt, so stellt sie
jedes solche Relativ vor.
Ebenso endlich, was 28) betrifft, sieht man alsbald, dass das identische
Produkt der allgemeinen Wurzeln von A2 und A4 die allgemeine Wurzel
von A2A4 sein muss. Jedenfalls kann der Schnitt eines Relativs, welches
nur Kolonnenreiter zu Augen hat, mit einem solchen, welches nur Zeilen-
reiter zu Augen hat, blos ein Relativ sein, welches in seinen besetzten Reihen
nur „Kreuzreiter“ trägt (d. h. Augen die sowol in ihrer Zeile als in ihrer
Kolonne vereinzelt stehen) — jedoch sonst auch noch mit beliebigen Leer-
reihen begabt sein kann. Und da wieder mit jenem Produkte kraft 25)
die Probe 2 stimmt, so wird es fähig sein uns auch jede Wurzel zu liefern.
Der zweite Ausdruck der Lösung von 28) fügt den aus u hervorgehobnen
Kreuzreitern noch die Kreuzreiter von ū hinzu, die also den „Kreuzlücken“
von u entsprechen, mithin mit den vorigen in keiner Reihe kollidiren können,
und derengleichen es gar nicht gibt, soferne u selbst schon Wurzel von
A2A4 war.
Übrigens wäre mit den angegebnen Lösungen bei 26) und 28) auch
die Probe 1 in aller Form, rechnerisch, nicht allzu schwer zu machen; q. e. d.
[590]Zwölfte Vorlesung.
Die der ersten Lösungsform von 28), namentlich, beruht auf dem Satze:
(ū ɟ 1')u(1' ɟ ū) ; (ū̆ ɟ 1')ŭ(1' ɟ ū̆) ⋹ 1'
— desgleichen ŭ für u gesetzt. Nennen wir den ersten relativen Faktor x,
so ist in der That nach 5) des § 6 etc. x ; x̆ ⋹ u ; (ū̆ ɟ 1') ⋹ u ; ū̆ ɟ 1' ⋹
⋹ 0' ɟ 1' = 1', q. e. d. Und was die zweite Lösungsform anbelangt, so ist,
wenn wir noch (u ɟ 1')ū(1' ɟ u) = y nennen, auch (mit der vorigen Be-
deutung des x):
x ; y̆ ⋹ (1' ɟ ū) ; (ŭ ɟ 1') ⋹ 1' ɟ ū ; (ŭ ɟ 1') ⋹ 1' ɟ (ū ; ŭ ɟ 1') ⋹ 1' ɟ 0' ɟ 1' = 1' ɟ 1' = 0*,
falls der Denkbereich mehr als zwei Elemente enthält, d. h. dann gilt:
(ū ɟ 1')u(1' ɟ ū) ; (ŭ ɟ 1')ū̆(1' ɟ ŭ) = 0
und somit x ; y̆ ⋹ 1'. Ebenso — ŭ für u gesagt — x̆ ; y ⋹ 1', und nach
dem vorhergehenden Schema — ū für u gesagt — gilt auch y ; y̆ ⋹ 1',
sowie — ū̆ für u gesagt — y̆ ; y ⋹ 1', q. e. d.
Übrigens hat — im Gegensatz zu 25) und 27) — bei 28) die zweite
Lösungsform der ersten gegenüber nur geringern Mehrwert, da, wie geo-
metrisch leicht zu sehn ist, mit dem Vorkommen von Kreuzreitern sich
dasjenige von Kreuzlücken gar nicht verträgt — was auch analytisch zu
erhärten nicht ohne Interesse wäre.
Verweilen wir noch einen Augenblick bei dem in der ersten Zeile
von 27) in der eckigen Klammer gleich x gesetzten Ausdrucke in u,
der sich mit acht Termen aufbaut.
Derselbe umfasst, begreift unter sich alle erdenklichen „Funktionen“
(hier immer: eines Argumentes); er liefert, was immer für ein Wert
dem binären Relativ u beigelegt werden mag, uns nur eine Funktion
und vermag bei geeigneter Wahl des u jede gewünschte Funktion dar-
zustellen. Nämlich sooft das arbiträre Relativ u von vornherein als
eine „Funktion“ — gleichviel welche — angenommen wird, nimmt er
einfach den Wert u selbst an, liefert uns ebendiese. Wenn aber das
Relativ u keine Funktion ist, so konstruirt er uns eine solche, indem
er aus u alle diejenigen Augen beibehält, welche darin etwa schon, als
„Kolonnenreiter“, vereinzelt in ihrer Kolonne stehen, er hebt m. a. W.
alle einbesetzten Kolonnen aus u hervor, tilgt zunächst dessen übrige
Kolonnen und ersetzt sie durch lauter solche einbesetzte Kolonnen,
welche an ihrer Schnittstelle mit der Hauptdiagonale ein Auge (als
Kolonnenreiter) tragen. Hatte u gar keine einbesetzte Kolonne, so
wird x = 1' und präsentirt sich als jene spezielle Funktion, welche
mit ihrem Argumente zusammenfällt.
Das Argument der fraglichen „Funktion“ = „Funktion von-“ ist bei
diesen Betrachtungen offen gelassen worden und unbenannt geblieben.
Hätten wir in der mehr üblichen Weise mit y, statt mit x, die Funktion
[591]§ 30. Pasigraphischer Ausdruck des Funktionsbegriffs.
bezeichnet, das Argument dann x genannt, so würde y = x die Gleichung
der zuletzt erwähnten speziellen Funktion geworden sein.
Der besprochene Ausdruck in 27) kann, weil er sein Wesen als
eo ipso „(irgend) eine Funktion“ vorstellend in sich selbst zu erkennen
gibt, füglich als der pasigraphische Name des Funktionsbegriffes, als
das rationell zusammengesetzte, adäquate Zeichen für das Wort „Funktion
von-“ in einer nur über immer weitere Gebiete noch zu erstreckenden
allgemein wissenschaftlichen Begriffsschrift hingestellt werden:
Jeder Satz, der von allen Funktionen (eines Argumentes) gilt, muss
sich in ihm als eine reine Identität des Aussagenkalkuls nachrechnen, ver-
mittelst der Koeffizientenevidenz verifiziren lassen.
Mit dem Bisherigen sind bereits für fünfe 10, 20, 30, 40, 60 von
den neun Abbildungstypen 10) die allgemeinen Ausdrucksformen ge-
funden.
So erfolgreich vermögen wir aber leider nicht noch weiter fort-
zuschreiten. So fehlt uns namentlich noch der pasigraphische Name
für „Substitution“, der (als ein expliziter Ausdruck dieses Begriffes
durch ein arbiträres Relativ u) dem oben gegebnen für „Funktion“
entsprechen würde.
Wer etwa versucht, die Gleichung x ; x̆ = 1' zum Typ A2A3 von 50
nach x allgemein aufzulösen, wird schon der Schwierigkeiten der Aufgabe
inne werden. [Die allgemeine Wurzel dieser würde wenigstens für die
„endlichen“ Denkbereiche zugleich auch den Substitutionsbegriff darstellen.]
Die allgemeine Lösung der Substitutionscharakteristik 22) kann zwar
à la rigueur, als eine „rigorose“ angegeben werden in Gestalt von s, oder
x = u(0 ɟ F̅ ɟ 0) + 1' · 1 ; F ; 1, wo F = (u ; ŭ + ŭ ; u)0' + (ū ɟ ū̆)(ū̆ ɟ ū)1',
womit indessen nach schon S. 168 gegebnen Ausführungen nicht viel ge-
wonnen ist. Dieses x wird freilich = u, sobald u als eine Substitution
von vornherein angenommen, gebildet ist, und vermag daher x in der That
jede Substitution darzustellen. Für jedes andre u aber, das von vorn-
herein keine Substitution wäre, wird uns x = 1' immer wieder nur die
identische Substitution reproduziren.
Aus einem arbiträren Relativ u kann man ja allerdings in Gestalt von
v = (ū ɟ 1')u(1' ɟ ū)
zunächst einmal dessen „Kreuzreiter“ hervorheben, die als Augen schon
isolirt im Mittelpunkte ihres Reihenkreuzes stehen. Diesen Teil v von u
kann man als den ersten Grundstock zu einer noch vollends zu konstruiren-
den aus u abzuleitenden Substitution festhalten. Fügt man dann, um die
angefangne Substitution zu vollenden, noch weitre Augen hinzu, so muss
aber Sorge getragen werden, dass dieselben mit keinem der schon (in v)
vorhandnen Augen „kollidiren“, d. h. in eine Flucht zu liegen kommen, an-
sonst ja mehrbesetzte Reihen entstehen würden. Das Zeilensystem v ; 1
[592]Zwölfte Vorlesung.
und das Kolonnensystem(konvers) 1 ; v bildet die Gesamtheit derjenigen
Reihen, in denen bereits ein Auge steht. Dagegen geben die Vollzeilen
v̄ ɟ 0 das System der Zeilen, und die Vollkolonnen 0 ɟ v̄ das System(konvers)
der Kolonnen an, welche noch eines Auges entbehren.
Nahe liegt wiederum der Gedanke, um diese bis jetzt noch leeren
Reihen ebenfalls je mit einem Auge zu versehen: dasselbe jeweils an die
Stelle zu verlegen, wo diese Reihen die Hauptdiagonale schneiden.
In Gestalt von (v̄ ɟ 0)1'(0 ɟ v̄) bekommt man so in der That einen
zur Vervollständigung unsrer noch unfertigen Substitution ganz brauch-
baren Beitrag, nämlich einen Beitrag von Augen, die wiederum Kreuzreiter
sein und mit keinem der vorhandnen Augen kollidiren werden. Sind es
ja doch die Augen, in denen bisherige Leerzeilen mit bisherigen Leer-
kolonnen auf der Hauptdiagonale zusammentreffen!
Anders aber verhält es sich mit denjenigen Stellen der Hauptdiagonle,
wo eine Leerzeile von v mit einer besetzten Kolonne des v, oder um-
gekehrt, zusammentrifft. Die Augen von (v̄ ɟ 0)1' · 1 ; v und v ; 1 · 1'(0 ɟ v̄)
werden zur Ergänzung unsrer Substitution nicht verwendbar sein, weil sie
mit schon vorhandnen Augen des v kollidiren.
[Teilweise könnte man vielleicht die Konverse derjenigen Augen ver-
wenden, mit welchen jene kollidiren, eventuell aber, nämlich soferne da-
durch neue Kollisionen herbeigeführt werden, auch nicht.] Am besten wol
würde man statt ihrer diejenigen Augen (hinzufügend zu v) verwenden,
welche sich als dasjenige präsentiren, was ich für den Augenblick die
„ideale Diagonale“ zu v nennen möchte, nämlich die Augen, die auf der
Diagonale stehen würden, falls man aus der Tafel 12 die Zeilen des
Systems v ; 1 sowie die Kolonnen 1 ; v sämtlich ausmerzte und die übrigen
Zeilen sowie Kolonnen „aufschliessen“, d. h. zusammenrücken liesse. Diese
würden aber nur dann als bestimmt erscheinen, falls man ein Relativ a
zuhülfe nähme, nämlich als gegeben voraussetzte und zugrunde legte, durch
welches sämtliche Elemente des ursprünglichen Denkbereiches in eine be-
stimmte Ordnung oder Grössenfolge gebracht werden. Vielleicht gibt diese
Bemerkung eine Anregung, das Problem einmal noch weiter zu fördern. —
Für die Anwendungen und häufigen Gebrauch thut man gut, sich
gewisse Folgerungen aus den Charakteristiken unsrer vier Grundtypen
allgemein zurechtzulegen.
Es stelle x jeweils eine Abbildung vor, welche der links der Formel-
chiffre beigesetzten Kombination von A-Bedingungen genügt.
Dann haben wir für beliebige a, b sub
29) A1: (x ; b ⋹ a) ⋹ (b ⋹ x̆ ; a), (a ; x̆ ⋹ b) ⋹ (a ⋹ b ; x)
30) A3: (x̆ ; a ⋹ b) ⋹ (a ⋹ x ; b), (b ; x ⋹ a) ⋹ (b ⋹ a ; x̆)
31) A2: (b ⋹ x̆ ; a) ⋹ (x ; b ⋹ a), (a ⋹ b ; x) ⋹ (a ; x̆ ⋹ b)
32) A4: (a ⋹ x ; b) ⋹ (x̆ ; a ⋹ b), (b ⋹ a ; x̆) ⋹ (b ; x ⋹ a).
Die Beweise ergeben sich leicht im Hinblick auf die in 15) letzts
angegebne Form der Bedingungen A nach folgendem Vorbilde, welche-
[593]§ 30. Folgesätze für einige Abbildungstypen.
uns der Beweis für die erste und der für die letzte der vorstehenden
8 Behauptungen abgibt:
(x ; b ⋹ a) ⋹ (b = 1' ; b ⋹ x̆ ; x ; b ⋹ x̆ ; a),
(b ⋹ a ; x̆) ⋹ (b ; x ⋹ a ; x̆ ; x ⋹ a ; 1' = a).
Bei den vorstehenden Beweisen sind wir schliessend vorgegangen,
indem wir suchten (durch Übermultipliziren der Prämisse) x und x̆ als
relative Faktoren zusammenzubringen in derjenigen Reihenfolge in der
sie in der Charakteristik 15) vorkommen, damit diese letztere so zur
Gewinnung von Schlussfolgerungen verwertbar wurde.
Stellen a und b Elemente h, k vor, so kann man, um ähnlich
schliessend vorzugehen, sich ausserdem auf den Satz 19) des § 25 oder δ)
stützen, welcher die Äquivalenz der beiden folgenden Subsumtionen
garantirt:
δ) (h ⋹ x ; k) = (k ⋹ x̆ ; h).
Ein analoger Satz existirt für die umgekehrten Subsumtionen wie
bei ε) gezeigt wurde nicht. So kommt es, dass nunmehr blos für die
beiden Typen A2 und A4 sich ein wichtiger Satz hinzuergibt — der
lautet
33) sub A2: (h ⋹ x ; k) = (h = x ; k) = (k ⋹ x̆ ; h)
34) sub A4: (k ⋹ x̆ ; h) = (k = x̆ ; h) = (h ⋹ x ; k).
Beweis. Zu A2 haben wir:
(h ⋹ x ; k) = (k ⋹ x̆ ; h) ⋹ (x ; k ⋹ x ; x̆ ; h ⋹ 1' ; h = h),
also (h ⋹ x ; k) ⋹ (x ; k ⋹ h), q. e. d. Und zu A4:
(h ⋹ x; k) ⋹ (x̆ ; h ⋹ x̆ ; x ; k ⋹ 1' ; k = k), somit:
(k ⋹ x̆ ; h) ⋹ (x̆ ; h ⋹ k), q. e. d.
— mit Rücksicht auf das Aussagenschema: (a ⋹ β) = (α = αβ) und die
Definition der Gleichheit.
Für die Kombinationen unsrer vier Typen folgt nun leicht durch
entsprechende Kombination der Sätze 29) bis 32) hinzu, dass gelten
wird sub
35) A1A2: (x ; b ⋹ a) = (b ⋹ x̆ ; a), (a ⋹ b ; x) = (a ; x̆ ⋹ b)
36) A3A4: (a ⋹ x ; b) = (x̆ ; a ⋹ b), (b ; x ⋹ a) = (b ⋹ a ; x̆)
37) A1A4: (a = x ; b) ⋹ (x̆ ; a = b), (a ; x̆ = b) ⋹ (a = b ; x),
38) A2A3: (x̆ ; a = b) ⋹ (a = x ; b), (a = b ; x) ⋹ (a ; x̆ = b).
Bei A1A3 und A2A4 gilt bezüglich a tempo die obere und die untere
Hälfte der Äquivalenzen 29) bis 32) und sind dieselben keiner Zu-
sammenziehung fähig.
Schröder, Algebra der Relative. 38
[594]Zwölfte Vorlesung.
Nur ist zu bemerken, dass aus 33) und 34) im Hinblick auf δ)
der Satz mitfolgt sub:
39) A2A4: (h ⋹ x ; k) = (h = x ; k) = (k = x̆ ; h) = (k ⋹
vorwärtig sintemal man zu jeder Prämisse linkerhand die Konklusion
aus 29) bis 32) als Aussagenfaktor hinzunotiren darf, wonach dann die
Def. (1) der Gleichheit anwendbar wird, rückwärtig als selbstverständ-
liche. Und zwar gelten diese Sätze nicht etwa nur für Systeme, sondern
schon für beliebige Relative a, b.
Die Wichtigkeit gerade des Typus A2A4 (für den Eintritt vom Stand-
punkte unsrer Theorie aus in die Dedekind’schen Forschungen) recht-
fertigt ein gelegentlich ausführlicheres Eingehen auf diesen. So sei denn
hier noch darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn in 2) und 4) x für a
gesagt wird, diese beiden Forderungen sich auch zusammenziehen zu
42) A2A4 = Πh k l[(h ⋹ x ; k) ⋹ {(l ≠ h) ⋹ (l ⋹ x ; k)}{(l ≠ k) ⋹ (h ⋹ x ; l)}]
und dass mit Rücksicht auf die obige aus der Charakteristik von A2A4
vorhin gerechtfertigte Formel 39) diese Forderung hinausläuft auf
wo der erste Faktor der Thesis sich aus der Hypothesis durch Elimination
(Einsetzung des Wertes) von h von selbst versteht, und ebenso der letzte
Faktor der Thesis — in der darunter stehenden Form — durch Elimi-
nation von k. Sonach ist es auch ein Leichtes, die Grundeigenschaften
einer Abbildung vom Typus A2A4 aus deren Charakteristik wieder rück-
wärts abzuleiten.
Zum Schluss noch einige Sätze über Substitutionen.
Bezeichnen wir eine Substitution, d. h. eine zum Typus 90 oder
A1A2A2A4 gehörige Abbildung demnächst mit s, so wird also sein:
43) s ; s̆ = 1' und s̆ ; s = 1'.
Da diese Charakteristik bei Vertauschung von s mit s̆ ungeändert
bleibt, nämlich blos die eine Gleichung in die andre, und umgekehrt,
übergeht, so haben wir den implicite schon S. 569 miterwähnten Satz:
Das Konvere s̆ einer Substitution s ist auch eine Substitution —
es ist die sogenannte reziproke Substitution von s, oder falls die Sub-
[595]§ 30. Folgesätze für Substitutionen.
stitution als eine umkehrbar eindeutige Funktion angesehen wird:
die „inverse“ Funktion derselben — wie sich sogleich aus 45) recht-
fertigen wird.
Mit Rücksicht hierauf brauchen manche Sätze nicht doppelt, für
s und s̆, sondern blos einfach, für s, ausgesprochen zu werden.
Wir haben dann ferner, als sämtlich leicht erweisbare, die Sätze:
44) (a ⋹ s ; b) = (s̆ ; a ⋹ b), (a ⋹ b ; s) = (a ; s̆ ⋹ b)
— die auch rückwärts mit vertauschtem s̆ und s (und eventuell a, b)
zu lesen. Dazu:
45) (a = s ; b) = (b = s̆ ; a), (a = b ; s) = (b = a ; s̆).
Beweis. (a⋹s ; b) ⋹ (s̆ ; a ⋹ s̆; s ; b = 1' ; b = b),
(s̆ ; a ⋹ b) ⋹ (a = 1' ; a = s ; s̆ ; a ⋹ s ; b),
Etc. Darnach ist
(a = s ; b) = (a ⋹ s ; b)(s ; b ⋹ a) = (s̆ ; a ⋹ b)(b ⋹ s̆ ; a) = (b = s̆ ; a) q. e. d.
Es ist leicht zu sehn, dass der zweite Satz, sofern er allgemein
gelten soll, s als eine Substitution charakterisirt, nämlich dass:
46) ,
etc. Denn wie wir seine linkseitige Aussage L schon aus der rechtseitigen
R soeben abgeleitet haben, so gelingt auch das Umgekehrte durch die auf
Einsetzung von b resp. a gegründete Überlegung:
.
Und ferner gilt der wichtige Satz — vergl. D 27:
47) (s ; a ⋹ s ; b) = (a ⋹ b) = (a ; s ⋹ b ; s).
Denn wie die erste von diesen Äquivalenzen als Subsumtion rück-
wärtig nach 1) des § 6 ohnehin gilt, so folgt sie auch vorwärtig mit
L⋹ (s̆ ; s ; a ⋹ s̆ ; s ; b) = (1' ; a ⋹ 1' ; b) = (a ⋹ b).
Als Korollar dazu müssen wir nun auch haben:
48)
und sind diese Sätze samt und sonders durchaus nicht etwa nur auf
„Systeme“ a, b beschränkt, sondern gelten für die a, b als beliebige
binäre Relative.
38*
[596]Zwölfte Vorlesung.
§ 31. Dedekind’s ähnliche Abbildung eines Systems in ein anderes.
Ähnliche oder gleichmächtige Systeme.
Wir haben im vorigen Paragraphen die verschiednen Arten von
Abbildung betrachtet sozusagen: im absoluten Sinne, nämlich: als durch
gewisse Eigenschaften durchgängig, für den ganzen Denkbereich 1,
charakterisirte. In diesem Sinne war z. B. eine gegenseitig eindeutige
Abbildung als eine „Substitution“ zu bezeichnen.
Für unsre vornehmsten Zwecke: der Formulirung des Gleich-
mächtigkeits-, Endlichkeits- und Anzahl-Begriffes, genügt aber solche
Betrachtungsweise nicht, sintemal sie dem Abbildungsprinzipe oder
Relativ x von vornherein Beschränkungen auferlegt, die dasselbe keines-
wegs zu erfüllen braucht, ja, bei den Anwendungen oft auch gar nicht
erfüllen kann, indem sie mit wesentlichen Voraussetzungen der Unter-
suchung in Konflikt geraten resp. von vornherein inkompatibel sein
werden.
So würden beispielsweise im Gebiet der natürlichen Zahlen durch die
Zuordnung der unter einander stehenden Elemente in:
(Bei x Objekt:) 2, 3, 4, 5, 6 (: Bild bei x̆)
(Bei x Bild:) 5, 6, 7, 8, 9 (: Objekt bei x̆)
die beiden Systeme von Zahlindividuen a = 2 bis 6, b = 5 bis 9 in ein-
ander gegenseitig eindeutig abgebildet zu nennen sein, ohne dass doch unser
Abbildungsprinzip x eine Substitution zu sein brauchte sei es im ganzen
Denkbereich der natürlichen Zahlen, sei es auch nur in dem auf die hier
in Betracht kommenden Elemente 2 bis 9 beschränkten Denkbereiche! In der
That brauchen nämlich schon im letzteren die Elemente 2, 3, 4 keine x-Bilder
zu sein, die 7, 8, 9 gar keine x-Bilder zu haben.
Dass aber eine Substitution im Denkbereich der positiven Ganzzahlen
die gegenseitig eindeutige Zuordnung:
(Objekt) 1̇, 2, 3, 4, 5, …
(x-Bild) 2, 3, 4, 5, 6, …
die für den Erweis der einfachen Unendlichkeit dieses Zahlensystemes
wesentlich ist, gar nicht zu leisten vermag, ist a priori ersichtlich: es muss,
da die Zahl 1̇ hierbei von keinem Objekte das x-Bild ist, das Relativ x
notwendig die erste Zeile zur Leerzeile haben und kann also nicht Sub-
stitution sein. Dies hat auch Herr Hoppe1 p. 31 richtig herausgefühlt,
jedoch daraus der Dedekind’schen Arbeit zu Unrecht den Vorwurf eines
innern Widerspruchs gemacht — sintemal in dieser die „ähnliche Ab-
bildung“ ja gar nicht als eine Substitution eingeführt worden!
Aus hiermit angedeuteten Gründen müssen wir die Abbildung,
zumal die (einseitig, sowie die) gegenseitig eindeutige, auch noch in
relativem Sinne studiren, nämlich als eine solche blos mit Bezug auf
[597]§ 31. Über Dedekind’s ähnliche Abbildung.
ein bestimmtes System a = a ɟ 0 = a ; 1 als Objekt und (eventuell auch)
ein bestimmtes System b = b ɟ 0 = b ; 1 als (dessen x-)Bild.
Bei der speziellen Annahme a = 1 und b = 1 geht diese relative
Betrachtungsweise in die frühere absolute über, und werden wir dem-
nach mit einer Verallgemeinerung, Ausdehnung der frühern Ergebnisse
(des § 30) zu thun bekommen — die vorausgenommen zu haben gleich-
wol didaktisch gerechtfertigt bleibt: durch ihre Einfachheit und Wichtig-
keit sowol, als wegen der erheblich grössern Leichtigkeit ihrer selb-
ständigen Herleitung etc.
Nimmt man blos b = 1, oder aber a = 1 an, so geht die relative
Betrachtungsweise über in eine wenigstens in Hinsicht des Bildes resp.
Objektes „absolute“, bleibt sie relativ nur in Hinsicht des Objektes
resp. Bildes.
Ich will die in Hinsicht von a sowol als b relativen Forderungen
später mit numerirten Buchstaben γ (oder δ, ‥) bezeichnen, um den Buch-
staben α ebenso verwenden zu können für blos auf a bezügliche, den β
für nur auf b bezügliche Bedingungen oder Forderungen — welche etwa
aus den gleichchiffrirten γ (resp. δ, ‥) auf die vorhin geschilderte Weise
hervorgehn.
Nun steuerten wir schon in der neunten vorlesung auf das in
hohem Maass erstrebenswerte Ziel los, das Wesentlichste aus Dede-
kind’s fundamentalen Untersuchungen1 unsrer Theorie einzupassen
(was sich als nicht ganz leicht erweist), und in der ersten Abteilung
dieses Bandes beabsichtigen wir nicht zum wenigsten: die Einfügung
noch weiterzuführen bis exclusive zu D 64, nämlich bis zu dem mit
„Das Endliche und das Unendliche“ überschriebnen D § 5 hin.
Diese Einverleibung ist ja — bis ebendahin — schon zum weit-
aus grössten Teile, und nicht ohne manchen Gewinn nach beiden Seiten
(insbesondre eine Verallgemeinerung und schliesslich auch Verein-
fachung der Kettentheorie) vollzogen. Um sie vollends durchzuführen,
bleibt nur mehr ein Dutzend von Erklärungen oder Sätzen zu erledigen.
Von den ersten Sätzen D 1 bis 63 der oft citirten Schrift hat in der
That blos das Dutzend D 21, und 25 bis 35, nicht in der Kettentheorie
schon Erledigung gefunden. Dieser Rest unsrer Aufgabe bietet aber
eine Reihe von unerwarteten und nicht zu unterschätzenden Schwierig-
keiten dar, die zu überkommen schon an sich nicht wenig lehrreich
und förderlich sein wird.
Indem ich demnächst solches darlege, wolle mir jedoch der Studirende
nicht unterstellen, dass ich (auch) damit eine Vereinfachung der Dede-
kind’schen Schlüsse und Betrachtungsweisen (soweit sie hierauf bezüg-
lich) zu geben vermeinte! Im Gegenteil: wir werden uns weidlich zu
[598]Zwölfte Vorlesung.
plagen haben, um aus den fundamentalen Festsetzungen unsrer Disziplin
in streng analytischer Deduktion Dinge zu beweisen und als denk-
notwendig mitgegebne zu erkennen oder auch nur bestätigt zu finden,
die dem schon mit dem Wesen (gegenseitig) eindeutiger Zuordnung
Vertrauten und in ihrer Anschauung Geübten von vornherein auf der
Hand zu liegen scheinen.
Wir werden hierin Herrn Dedekind vielleicht ganz ähnlich gegen-
überstehn, wie dieser selbst gegenübersteht denjenigen Mathematikern, die
sich begnügen, den Begriff der „Anzahl“ („Endlichkeit“ etc.) als etwas
schlechthin Gegebnes, ohnehin in allgemeinem Besitze (wie die Luft) Be-
findliches hinzunehmen, und die auch niemals das Bedürfniss empfunden
haben, den Schluss der vollständigen Induktion aus den Prinzipien irgend
einer Logik zu rechtfertigen!
Unser Ziel geht in der That noch über jenes Weiterschreiten in
Anlehnung an Dedekind hinaus. Wir wollen auch zu einer sozusagen
„pasigraphischen“ Formulirung in der Zeichensprache unsrer Algebra
jener fundamentalen Begriffe der „Ähnlichkeit“ oder „Gleichmächtig-
keit“ zweier Systeme (sowie der „Endlichkeit“, „einfachen Unendlich-
keit“, etc. eines solchen und — im ersten Falle — der „Anzahl“ seiner
Elemente!) gelangen.
Dedekind’s Begriff „ähnlicher Systeme“ D 32 deckt sich mit dem
Georg Cantor’schen von „Mannigfaltigkeiten“, die „von gleicher Mächtig-
keit“ sind. Nach Cantor sollten solche Mannigfaltigkeiten (vergl.
Borchardt’s Journal, Bd. 84, S. 242 sqq.) (sive Systeme) auch „äqui-
valent“ genannt werden — welchen Ausdruck zu gebrauchen wir für
unsre Disziplin aus naheliegenden Gründen wol ablehnen müssen. Diese
Gleichmächtigkeit oder Ähnlichkeit z. B. muss nun auf eine Relation
zwischen den Systemen a und b hinauslaufen, die sich mittelst der
Spezies unsrer Disziplin erschöpfend darstellen lässt. Ihre Ermitte-
lung wird demnächst auf eine Eliminationsaufgabe unsrer Algebra
zurückgeführt, und für die niedersten Denkbereiche wird diese auch
sogleich explicite gelöst.
Die hohe Wichtigkeit des Gleichmächtigkeitsbegriffs ist dem Mathe-
matiker vertraut. Es sei gestattet, auch hier auf einiges aufmerksam zu
machen, was er alles involvirt — und zwar populär zu reden.
Ähnliche sive gleichmächtige Systeme müssen entweder beide ver-
schwinden, oder alle beide von 0 verschieden sein. Entweder sind sie
beide endlich, oder sie sind beide unbegrenzt, und im erstern Falle müssen
beide Systeme aus gleichviel Elementen bestehen (sind sie „gleichzahlige“
Mengen von Einheiten, oder m. a. W. die Einheiten sind in beiden Mengen
„von gleicher Häufigkeit“ — ein Begriff, der dem Anzahlbegriffe voran-
geht). Im andern Falle sind entweder beide Systeme „einfach unendlich“,
[599]§ 31. G. Cantor’s gleichmächtige Systeme.
oder beide sind es nicht und bilden sodann Mannigfaltigkeiten der zweiten
Art im G. Cantor’schen Sinne. Als Beispiel für dieses letztre seien die
irrationalen Zahlen — auch schon die transcendent(irrational)en — oder
auch die Zahlen überhaupt, die Gesamtheit der Punkte einer Geraden, etc.
angeführt. Als eins der frappantesten Beispiele zu jenem erstern haben
Herrn Cantor’s Arbeiten bekanntlich die überraschende Thatsache zutage
gefördert: dass das System der rationalen Zahlen (ja sogar das der alge-
braischen Zahlen) von gleicher Mächtigkeit ist mit dem der positiven ganzen
Zahlen.
Wir haben es also zu thun mit einer Erweiterung des Begriffs der
Gleichzahligkeit von endlichen Mengen, durch den derselbe auch auf un-
begrenzte Systeme anwendbar wird und die zugleich für ihn selber pro-
pädeutisch ist — und werden dabei auf Betrachtungen hingeleitet, die nicht
verfehlen können, auch der „Mannigfaltigkeitslehre“ und den Theorien des
„aktual Unendlichen“ den Anschluss an die allgemeine Logik zu sichern
und sich in diesen einst noch fruchtbar zu erweisen.
Möge darum der Studirende frei von utilitarischen Rücksichten unsern
Ausführungen folgen und als einen Hauptzweck derselben den in’s Auge
fassen, dass es sich darum handelt, das Instrument unsrer Algebra zunächst
einmal ordentlich in die Gewalt zu bekommen, um auch auf subtilere Auf-
gaben es anwenden zu lernen.
Sehr viel wird ja schon gewonnen sein und der Descartes-
Leibniz’sche Pasigraphiegedanke wird um einen gewaltigen, vielleicht
um seinen bedeutungsvollsten und schwersten Schritt gefördert er-
scheinen, wenn es (in diesem Bande) nur überhaupt gelingt den Nach-
weis zu liefern: dass das mit unsern Festsetzungen (1) bis (15) ge-
schaffne Bezeichnungskapital (das ich in meiner Annalennote11 auf einer
halben — gar nicht sehr dicht bedruckten — Seite übersichtlichst zu-
sammengestellt habe) völlig ausreichend ist, um alle Erklärungen, Sätze
und Schlüsse aus dem Gedankenkreise der Dedekind’schen Schrift —
mithin die Grundbegriffe der gesamten arithmetischen Wissenschaft —
in konziseste Formeln einzukleiden und mit absoluter Konsequenz, exakt
und erschöpfend zur Darstellung zu bringen.
Indem wir, etwas abweichend vom Dedekind’schen Gange, die Be-
trachtung der nur einseitig eindeutigen Zuordnung von Elementen eines
Systems zu denen eines andern auf etwas später verschieben, beginnen wir
sogleich mit der gegenseitig eindeutigen Zuordnung zwischen den Elementen
zweier Systeme und dem Begriff der „ähnlichen“ Systeme D 26, 32 sowie,
daran anschliessend, mit der Etablirung der auf letztere bezüglichen Sätze.
Dabei werden wir jedoch mehrere Wege auszugehen haben. Für die
Ähnlichkeitsdefinition drängen sich uns verschiedene Fassungen auf, die auch
aufeinander zurückzuführen sein werden.
Notwendige und hinreichende Bedingung für die „Ähnlichkeit“
sive „Gleichmächtigkeit“ zweier Systeme
[600]Zwölfte Vorlesung.
0) a = a ɟ 0 = a ; 1, b = b ɟ 0 = b ; 1
ist (stets) die Existenz, die Möglichkeit einer „ähnlichen (sive deutlichen)
Abbildung“ x resp. x̆ dieser beiden Systeme aufeinander, d. i. einer
gegenseitig eindeutigen Zuordnung zwischen den sämtlichen Elementen
des einen und denen des andern Systems — was nun aber begrifflich
noch eingehender zu erläutern bleibt.
Man kann diese Anforderung zunächst „rigoros“ formuliren als eine
minimale, so nämlich, dass nicht mehr, als unbedingt erforderlich, verlangt
wird, m. a. W. dass der Sachverhalt lediglich als eine „interne Angelegen-
heit“ der Systeme a und b in’s Auge gefasst und über das externe Ver-
halten des Abbildungsprinzips x nichts stipulirt wird, es also gänzlich offen
gelassen wird, welche x-Bilder die Elemente von nicht-a oder ā noch
innerhalb oder ausserhalb b besitzen mögen, sowie von welchen Elementen
ausserhalb b (also von b̄) die Elemente sei es von a, sei es von ā auch
sonst noch x-Bilder sein mögen. Vollends: ob es in a Elemente gibt, die
keine x-Bilder von andern sind, sowie ob es in b Elemente gibt, von denen
kein x-Bild existirt, soll ebenfalls offen, gleichgültig bleiben.
Was verlangt wird, ist (dann) folgendes:
Zu jedem Element h von a soll es innerhalb b ein und nur ein
Element k geben, welches ein x-Bild desselben ist, und umgekehrt: zu
jedem Element k von b soll es innerhalb a ein und nur ein Element h
geben, von welchem jenes k ein x-Bild ist.
Bei der Formulirung werden wir indess das bestimmte Zahlwort
„ein (und nur ein)“ vermeiden müssen und die darauf zielende Forde-
rung zu ersetzen haben durch eine andere als die an ihrer Statt zu-
grund zu legende, welche wesentlich stipulirt, dass zu Andrem (sive
Verschiedenem) Andres (Verschiedenes) gehören solle.
Es liegt also wesentlich die Auflage vor:
Zu jedem h ⋹ a gibt es (ein) k ⋹ b und zu jedem k ⋹ b gibt es
(ein) h ⋹ a derart dass
k⋹x ; h (somit h ⋹ x̆ ; k)
ist, während zugleich die Doppelforderung erfüllt ist, die wir ad hoc
— um ihren Ausdruck nicht wiederholt anschreiben zu müssen —
mit Xk h bezeichnen wollen, dass nämlich
In Zeichen drückt sich dies so aus:
Dies vereinfacht sich nun für die Koeffizienten unsrer Relative zu
[601]§ 31. Weiteste Fassung der Ähnlichkeitsbedingung.
Πh(ah⋹Σkbkxk hXk h)Πk(bk⋹Σhahxk hXk h),
wo Xk h = Πm(am0'm h ⋹ x̄k m)Πn(bn0'n k ⋹ x̄n h). Oder also:
Πh{āh + Σkbk(xX)k h} Πk{b̄k + Σhah(xX)k h},
wobei Xk h = Πm(x̄k m + ām + 1'm h)Πn(x̄n h + b̄n + 1'n k) =
= [{x̄ ɟ (ā + 1')}{1' ɟ (b̄ + x̄)}]k h
nun in der That sich als Koeffizient zum Suffix kh eines von k und h
unabhängigen Relativs X nachträglich herausstellt, dessen Bedeutung
ersichtlich ist.
Führen wir demnach für xX die Abkürzung y ein, wo dann
sein wird:
2) y = {(ā̆ + x̄) ɟ 1'}x{1' ɟ (x̄ + b̄)} = {x̄ ɟ (ā + 1')}x{(1' + b̄̆) ɟ x̄},
so bleibt als Ausdruck unsrer Forderung:
Πh(āh + Σkbkyk h)Πk(b̄k + Σhahyk h), = Πk h{(ā̆ + 1 ; by)(b̄ + ăy ; 1)}k h
— wie man sieht, wenn man sich die laufenden Zeiger k, h der Σk
und Σh in l umgetauft denkt und stetsfort beachtet, dass bei System-
koeffizienten der zweite Index, bei Systemkonverskoeffizienten der erste
Index willkürlich — nach Konvenienz — angesetzt werden darf.
Letztres Π ist nun der allgemeine Koeffizient eines ausgezeich-
neten Relativs, das bekanntlich diesem selber gleich ist. Mithin ist
0 ɟ αβ ɟ 0 selbst, oder wenn man will
1 ⋹ 0 ɟ αβ ɟ 0, wo α = ā̆ + 1 ; by = ā̆ + b̆ ; y, β = b̄ + ăy ; 1 = b̄ + y ; a
der Ausdruck unsrer Forderung. Diese zerfällt jedoch in (0 ɟ α ɟ 0)(0 ɟ β ɟ 0),
was gleich (α ɟ 0)(0 ɟ β) sintemal hier α Systemkonvers und β System
ist. Zudem läuft sie auf αβ = 1 oder (1 ⋹ α)(1 ⋹ β) äquivalent
hinaus. Wir haben somit als Ausdruck derselben:
{1 ; (ā̆ + by) ɟ 0}{0 ɟ (b̄ + ăy) ; 1}, = {(ā̆ + 1 ; by) ɟ 0}{0 ɟ (b̄ + ăy ; 1)} =
= (b̆ ; y ɟ ā)(b̄̆ ɟ y ; a) =
3) (ā̆ ɟ y̆ ; b)(b̄̆ ɟ y ; a), = (a ⋹ y̆ ; b)(b ⋹ y ; a)
— wo zur Erlangung des vorletzten Faktors blos noch die Konversion
der in ă ⋹ b̆ ; y umgeschriebnen Bedingung 1 ⋹ α erforderlich gewesen,
links zu beachten war, dass ein ausgezeichnetes Relativ seinem Kon-
versen gleich ist.
Die Formeln 1) enthalten die Einkleidung, die 2) und 3) zu-
sammen die Lösung unsrer Aufgabe.
Drücken wir, dass ein System a „gleichmächtig“ sive „ähnlich“ sei
einem Systeme b — mit G. Cantor l. c. p. 249 — durch den An-
satz aus:
[602]Zwölfte Vorlesung.
a ∽ b,
so erhalten wir für die Definition der Ähnlichkeit oder Gleichmächtig-
keit eines Systems a mit einem System b die folgende „erste Fassung“:
(4) .
Dieser aber wird sich — mittelst Einführung von y statt x —
eine sehr viel bequemere Form geben lassen, und zwar in äquivalenter
Transformation — behaupten wir — die folgende „zweite Fassung“:
(5) ,
worin auch rechts das erste b und a durch b̆ resp. ă ersetzbar, und
— gleichwie schon in (4) — die beiden letzten Subsumtionen die Kraft
von Gleichungen haben müssen.
Dies ist wie folgt zu sehen. Aus der Gleichung 2) lässt sich zu-
nächst x eliminiren. Man schliesst:
y⋹ (ā̆ + x̄) ɟ 1', y ⋹ x, y ⋹ 1' ɟ (x̄ + b̄), oder
y ; 0' ⋹ ā̆ + x̄, ăx ⋹ ȳ ɟ 1', ăy ⋹ ăx, ergo ăy ⋹ ȳ ɟ 1', y̆ ; ăy ⋹ 1',
0' ; y ⋹ x̄ + b̄, xb ⋹ 1' ɟ ȳ, yb ⋹ xb, ergo yb ⋹ 1' ɟ ȳ, yb ; y̆ ⋹ 1'.
Weil aber a und b Systeme sind, so ist
y̆ ; ăy = y̆ ; y · ă, yb ; y̆ = b · y ; y̆
und fassen sich demnach die beiden Teilresultanten zusammen zu:
61) b · y ; y̆ + ă · y̆ ; y ⋹ 1'.
Aus dieser Resultante folgt mittelst Konversion sogleich hinzu,
dass auch b̆ · y ; y̆ sowie a · y̆ ; y ⋹ 1' sein muss, so dass man sie auch
„voller“ anschreiben könnte in der Form:
6) (b + b̆) · y ; y̆ + (a + ă) · y̆ ; y ⋹ 1',
ebensogut aber auch sie schon ausreichend vertreten kann durch den
Ansatz:
62) b · y ; y̆ + a · y̆ ; y ⋹ 1'.
Diese Resultante — wie man sieht, der erste Faktor rechts in 5) —
ist nun aber die volle. Denn ist sie durch ein y erfüllt, so gibt es
ein x, welches die Gleichung 2) wahr macht, und zwar in Gestalt von
x = y selbst. Dies ist so zu sehn. Aus der konvertirten 61)
b̆ · y ; y̆ + a · y̆ ; y ⋹ 1' folgt:
y̆ ; y ⋹ ā + 1', y ; y̆ ⋹ 1' + b̄̆, y ⋹ ȳ ɟ (ā + 1'), y ⋹ (1' + b̄̆) ɟ ȳ,
und somit
[603]§ 31. Zweite Fassung der Ähnlichkeitsbedingung.
7) y = {ȳ ɟ (ā + 1')}y{(1' + b̄̆) ɟ ȳ}
d. h. für x = y angesetzt, die Gleichung 2) in ihrer zweiten Form.
Die Gleichung 2) für ein arbiträres x angesetzt, muss demnach die
allgemeine Wurzel y der Subsumtion 6) vorstellen, wobei es obendrein
erlaubt sein muss: einzeln oder gleichzeitig, a durch ă sowie a + ă,
und b durch b̆ sowie b + b̆ zu ersetzen.
Verwenden wir, um die chiffrirten Propositionen nicht nochmals
in eckige Klammern wiederholt hineinschreiben zu müssen, für diese
selbst ihre Chiffren, so ist bis jetzt erwiesen:
dazu aber auch 6) = 7), wobei 6) = 61) = 62).
Gibt es nun ein x, welches die rechte Seite der Äquivalenz 4)
wahr macht, so gibt es auch ein y, nämlich das durch 2) dargestellte,
welches die rechte Seite der Äquivalenz 5) erfüllt, und umgekehrt:
gibt es ein der letztern Forderung genügendes y, so auch ein der
erstern genügendes x, und zwar mindestens schon in Gestalt von x
gleich y. Die Forderungen 4), 5) bedingen also einander gegenseitig
oder sind äquivalent.
Falls man will, kann man auch die eine rechnerisch geradezu in die
andre transformiren. Ersetzt man z. B. in 5) den ersten Aussagenfaktor
hinter dem , welcher die Subsumtion 6) ist, durch das ihm äquivalent
erwiesene 2), so kann man diese Σ nach x auf alles folgende beziehen;
macht man dann hinter dem für y durchweg von dem ihm in 2) gleich-
gesetzten Ausdrucke in x als dem ausdrucksvolleren Namen Gebrauch, so
wird der Aussagenfaktor 2), als eine Identität, gleich 1 und unterdrück-
bar, ebenso das vorangeschriebene als gegenstandslos hinfällig, sintemal
der dahinter stehende allgemeine Term konstant bezüglich y, nämlich frei
davon geworden, und man hat die Äquivalenz 4).
Um jetzt zu zeigen, dass in 5) die beiden letzten Subsumtionen
wie behauptet die Kraft von Gleichungen haben, müssen wir blos aus
b⋹y ; a und a ⋹ y̆ ; b
vermittelst 6) auch die beiden rückwärtigen Subsumtionen ableiten.
Nun folgt zwar sogleich:
y̆ ; b ⋹ y̆ ; y ; a, y ; a ⋹ y ; y̆ ; b.
Doch wird es ohne einen absonderlichen Kunstgriff nicht gelingen.
Zwar lässt sich nämlich in der erstern Subsumtion das Prädikat umgestalten
in: y̆ ; ăy ; 1 = (y̆ ; y)ă ; 1 — vergleiche über 61) — was nun kraft 61) sein
wird ⋹ 1' ; 1 = 1. Doch gelangt man so blos zu dem wertlosen Schlusse:
[604]Zwölfte Vorlesung.
b̆ ; y ⋹ 1! Um den beabsichtigten Erfolg zu haben, muss man sozusagen
eine Tautologie „begehen“ („verüben“), nämlich schreiben:
y̆ ; b ⋹ y̆ ; yă ; a = (y̆ ; y)ă ; a ⋹ 1' ; a = a, also y̆ ; b ⋹ a,
y ; a ⋹ y ; y̆b̆ ; b = (y ; y̆)b̆ ; b ⋹ 1' ; b = b, „ y ; a ⋹ b,
q. e. d. Wir haben also als Konsequenz zu 6) oder 2):
(b ⋹ y ; a) ⋹ (y̆ ; b ⋹ a), (a ⋹ y̆ ; b) ⋹ (y ; a ⋹ b)
und folglich auch (die Prämissen bei den Konklusionen wiederholend):
8) (b ⋹ y ; a)(a ⋹ y̆ ; b) = (b = y ; a)(a = y̆ ; b)
sintemal diese Äquivalenz als rückwärtige Subsumtion selbstverständlich.
Um dieses und noch einige fernere Ergebnisse richtig aufzufassen, darf
man folgendes nicht übersehen. Wegen 7) darf in (4) auch x mit y iden-
tifizirt werden; allein es muss dieses nicht geschehen. Thut man es, so
wird damit auch über das „externe“ Verhalten des Abbildungsprinzips x
einschränkend verfügt.
Für das lediglich den Forderungen 1) oder (4) unterworfene x sind
noch Bestimmungen wie diese zulässig:
9)
welche sich als die hier angegebnen — für a, b statt a, b̄ oder ā, b —
auch weiter unten formulirt finden werden.
Dergleichen für das Abbildungsprinzip y zu fordern wäre nun nicht
angängig, weil eine Forderung wie y ; a ⋹ b augenscheinlich in Widerspruch
mit der oben erwiesenen y ; a = b treten würde.
Bei y ist also über das externe Verhalten unsres Abbildungs-
prinzips schon in gewissem Sinne verfügt — jedoch blos in einer Weise,
von der man sicher sein darf, dass die Verfügung jederzeit getroffen
werden kann, was bei der engeren Fassung des Abbildungsprinzips als
einer „Substitution“, wie wir S. 596 im Kontext gesehen haben, nicht
zuträfe.
Im Gegensatz zu einer Stipulation der letzteren Art müssen uns
solche Einschränkungen des Abbildungsprinzips in Hinsicht seines ex-
ternen Verhaltens zu den ähnlichen Systemen a, b, welche die Garantie
ihrer Zulässigkeit in sich tragen, hier hochwillkommen sein, und
können sie uns ähnliche Vorteile sichern, wie bei Aufgaben der analy-
tischen Geometrie die Wahl eines passenden Koordinatensystems!
Natürlich darf jedoch (mit derartigen Verfügungen) über das interne
[605]§ 31. Dritte und vierte Fassung der Ahnlichkeitsbedingung.
Verhalten des Abbildungsprinzipes, d. h. über die Frage: zwischen
welchen Elementen von a und welchen Elementen von b die Zuordnung
bestehen solle, nichts präjudizirt werden, damit den Ergebnissen der
Untersuchung die volle Allgemeinheit der Anwendung gesichert bleibe.
In dieser Hinsicht dürfte es sich empfehlen — mit G. Cantor l. c.
p. 242 — die Bemerkung einzuschalten, dass, wenn zwischen den Elementen
allen von a und b eineindeutige Zuordnung überhaupt auf eine Art mög-
lich ist, dieselbe immer noch auf viele andre Weisen geschehen kann. Und
diese Frage bleibt ganz unabhängig von den „Fassungen“ in welchen wir
— mit Rücksicht auf das externe Verhalten des Abbildungsprinzips — die
(eine bestimmte) Zuordnungsweise formuliren mögen.
In diesem Sinne muss es nun sogleich als eine erhebliche Verein-
fachung unsrer Ähnlichkeitsbedingung begrüsst werden, dass sie sich
auch in der folgenden „dritten Fassung“ darstellen lässt:
(10) ,
welche die Existenz eines a in b abbildenden und schlechtweg, im
ganzen Denkbereiche, zum Typus A2A4 des § 30 gehörigen Relativs z
fordert, das auch umgekehrt (als z̆) unser b in a abbilde.
Beweis. Es muss (10) ⋹ (5) und (5) ⋹ (10) erhärtet werden. Gibt
es nun ein (10) erfüllendes z, so gibt es auch in Gestalt von y = z ein (5)
erfüllendes y, sintemal ja b · z ; z̆ ⋹ z; z̆, und ebenso mit z̆ ; z ⋹ 1' a fortiori
auch a · z̆ ; z ⋹ 1' gegeben ist. Mit (10) gilt also (5).
Umgekehrt: wenn es ein (5) erfüllendes y gibt, so gibt es auch in
Gestalt von
11) z = ăby, z̆ = ab̆y̆
ein (10) erfüllendes z. Denn einerseits ist geradezu
(b ⋹ y ; a) = (b ⋹ b · y ; a) = (b ⋹ ăby ; a) = (b ⋹ z ; a),
(a ⋹ y̆ ; b) = (a ⋹ a · y̆ ; b) = (a ⋹ ab̆y̆ ; b) = (a ⋹ z̆ ; b),
andrerseits haben wir:
(b · y ; y̆ + a · y̆ ; y ⋹ 1') ⋹ (bb̆ · y ; ay̆ + aă · y̆ ; by ⋹ 1') =
= (ăby ; ab̆y̆ + ab̆y̆ ; ăby ⋹ 1') = (z; z̆ + z̆ ; z ⋹ 1')
— jenes, weil ay̆ ⋹ y̆, b · y ; ay̆ ⋹ b · y ; y̆, etc., q. e. d.
Auf die Fassung (10) der Ähnlichkeitsbedingung kommt man auch
direkt, wenn man — über das externe Verhalten des Abbildungs-
prinzips x in 1) in etwas verfügend — bei der Formulirung der
dortigen Doppelforderung Xk h die beschränkenden Voraussetzungen
m ⋹ a und n ⋹ b fallen lässt (wogegen die h ⋹ a und k ⋹ b noch
bestehen bleiben), was denselben Effekt haben muss, als wenn man
[606]Zwölfte Vorlesung.
dort (bei Xk h) a = b = 1 genommen hätte. M. a. W.: wenn man die
Verschiedenheit der x-Bilder zu verschiednen der in Betracht kommen-
den Objekte, und der Objekte zu verschiednen der in Betracht kommen-
den x-Bilder, nicht blos für die Elemente von b resp. von a, sondern
für die Elemente des ganzen Denkbereiches von vornherein fordert.
An Stelle von 1) erhalten wir dann:
12)
und an Stelle von 2) weit einfacher:
13) y = (x̄ ɟ 1')x(1' ɟ x̄),
an Stelle von (4) also als „vierte Fassung“ der Ähnlichkeitsbedingung:
(14) ,
worin das x nun allerdings ein andres, beschränkteres Relativ sein
wird, als das x in den früheren Formeln, jedoch — in 12) bis 14)
das x auch durchweg mit unserm z identifizirt werden darf. Wir werden
die Formeln so (für z statt x angeschrieben gedacht) zuweilen citiren,
und ist namentlich zu beachten, dass gleichwie die Forderung 12)
— mit davor geschriebnem — sich in die rechte Seite der Ähn-
lichkeitsbedingung (14) oder (10) äquivalent hat umschreiben lassen,
so auch umgekehrt die folgerungen 12) (in z angeschrieben) mittelst
äquivalenter Transformation aus (10) hervorzugehen nicht verfehlen
können.
Zur Entdeckung des Zusammenhanges 11) zwischen y und z, und
damit zur Fassung (10), kann man endlich auch von (5) aus heuristisch
gelangen, indem man über y gewisse „externe“ Verfügungen trifft, nämlich
die „adventive“ forderung aufstellt: dass die ausserhalb a befindlichen
Elemente des Denkbereichs, die Elemente von ā, gar keine y-bilder haben,
sowie die ausserhalb b befindlichen oder Elemente von b̄ gar keine y-Bilder
sein sollen. Solches drücken die beiden Ansätze aus:
15) Πh{(h⋹ā) ⋹ (y ; h = 0)} = 0 ɟ ȳ ɟ a = (y ⋹ ă),
Πk{(k ⋹ b̄) ⋹ (ȳ ; k = 0)} = 0 ɟ ȳ̆ ɟ b = (y ⋹ b),
deren Begründung gemäss ϱ) S. 557 mit
Πh{āh⋹ (ȳ̆ ɟ 0)h} = Πh(a + ȳ̆ ɟ 0)h = 0 ɟ (a + ȳ̆ ɟ 0) = ă ɟ ȳ̆ ɟ 0,
etc. leicht zu geben ist.
Werden beide Anforderungen gleichzeitig gestellt, so folgt also
y⋹ăb oder y = ăby = z,
d. h. es kann das genannter Auflage unterworfene y als unser z bezeichnet
werden. Für dieses z gilt natürlich dann auch
[607]§ 31. Engste Fassung (Normalform) der Ähnlichkeitsbedingung.
16) z⋹ăb oder z = ăbz, und z ; ā = 0, z̆ ; b̄ = 0
— sintemal letztres nach dem ersten Inversionstheoreme auf z ⋹ 0 ɟ ă = ă,
z̆ ⋹ 0 ɟ b̆ = b̆, z ⋹ b hinausläuft. Noch einfacher kann aber mit z ⋹ ă,
ā̆z = 0 auch geschlossen werden z ; ā = ā̆z ; 1 = 0 ; 1 = 0, etc.
Diese Relationen 16) lassen zwar keineswegs schon aus der rechten
Seite von (10) sich ableiten Ein unsrer dritten Fassung (10) ge-
nügendes z braucht sie nicht zu erfüllen. Allein, wenn es ein ihr
genügendes z überhaupt gibt, so gibt es auch in Gestalt von ăbz ein
solches Relativ welches, wenn einfach z genannt, neben (10) die Re-
lation 16) noch obendrein erfüllt. Wir können daher diese Relation 16)
in die Ähnlichkeitsbedingung (10) als eine adventive Forderung noch
mit aufnehmen, und gelangen zur folgenden „fünften Fassung“ der
Ähnlichkeitsdefinition D 32:
(17) ,
in der durch die weitestgehenden, maximalen Anforderungen das Ab-
bildungsprinzip am meisten eingeschränkt, am engsten gefasst erscheint:
als ein solches, welches populär zu reden die Elemente von a und b,
und nur diese, einander (irgendwie gegenseitig eindeutig) zuordnet.
[Aus dieser Zuordnung müssen alle erdenklichen der gleichen Ein-
schränkung unterworfnen Zuordnungen zwischen den Elementen der
beiden Systeme durch blosse Permutation der Elemente des einen von
ihnen hervorgehn.]
Die Fassung (17) wollen wir die Normalform der Ähnlichkeitsdefini-
tion nennen. Man unterscheidet in ihr vier Teilbedingungen, deren erste
als die „Charakteristik“ des Abbildungsprinzips bezeichnet werden kann,
während die letzte eine „Adventivbedingung“ dazu vorstellt; die beiden
andern mögen die „Hauptbedingungen“ heissen.
Aus unsrer Normalform (17) erhellt zugleich: dass dem Begriff
der Ähnlichkeit zwischen zwei Systemen a, b keine „Relativität“ (im
Sinne Hoppe’s) zufolge der Bezugnahme auf einen bestimmten, näm-
lich den zugrunde gelegten Denkbereich anhaftet. Denn jedem Denk-
bereiche 11, in welchem die Ähnlichkeit von a und b auch immer
statuirt werden möge, müssen doch die Elemente von a und b selbst
zum allerwenigsten angehören, und dem zugehörigen 12 gehören also
auch die Systeme a, b sowie deren Konverse an. Da nun unser z in
(17) ganz und gar eingeordnet dem Augenquaderrelativ ăb ist, so wird
es, wenn in irgend einem, so auch in jedem solchen Denkbereiche 12 ein
Relativ z geben, das die Bedingungen (17) erfüllt.
Die Bevorzugung der Normalform — oder manchmal auch schon der
[608]Zwölfte Vorlesung.
Form (10) — erleichtert alle Beweisführungen für die Sätze, die wir jetzt
aufzustellen haben.
Als ein erstes Korollar zu (17) resp. (10) haben wir den Satz:
18) a ∽ a
d. h. Jedes System ist sich selber ähnlich, m. a. W. die Beziehung der
Ähnlichkeit gehört zu den selbstrelativischen.
Beweis aus (10) durch den Hinweis darauf, dass für b = a schon
die identische Abbildung z = 1' den Bedingungen der Ähnlichkeitsdefinition
genügt, q. e. d.
Behufs Beweises aus (17) muss die eben erwähnte schlechtweg (oder
im absoluten Sinne) „identische“ Abbildung ersetzt werden durch eine (in
relativem Sinne nämlich blos) „binnen a identische“ Abbildung z = a1' =
= ă1' = ăa1', und hat man nachzusehen, dass sowol a = ă1' ; a = a1' ; a =
= a · 1' ; a = aa = a, als auch ă1' ; a1' = a1' ; ă1' = a · 1' ; 1' · ă = a1'ă ⋹ 1'
identisch ist, während auch die Adventivforderung ăa1' ⋹ ăa sich augen-
scheinlich erfüllt.
Als zweites Korollar gilt der Satz:
19) (a ∽ b) = (b ∽ a)
d. h. die Ähnlichkeit ist eine symmetrische sive gegenseitige Beziehung.
Wenn a ähnlich b ist, so muss auch b ähnlich a sein und umgekehrt
Dieser Umstand gibt uns erst das Recht zu sagen: die Systeme a und b
seien „einander ähnlich“.
Zum Beweise genügt die Wahrnehmung, dass die rechte Seite von
(10) oder (17), und zwar zunächst das Aussagenprodukt, welches das all-
gemeine Glied der Summe nach z ebenda bildet, nur in sich selbst über-
geht, wenn man a mit b und zugleich z mit z̆ vertauscht. Der erste Aus-
sagenfaktor, der das Abbildungsprinzip z charakterisirt, geht durch letztere
Vertauschung nur in sich selbst über. Der zweite und dritte Aussagen-
faktor wechselt den Platz. Bei (17) geht die vierte zur Charakterisirung
des z hinzugekommne (adventive) Faktoraussage in die beiderseits konver-
tirte und damit äquivalente über.
Freilich verkehrt sich aber die Σ nach z in eine solche nach z̆. Dies
muss indessen irrelevant sein. Denn wenn es einen Wert, ein Relativ gibt,
welches irgend eine für z stipulirte Forderung erfüllt, so muss es auch
— in Gestalt von dessen Konversem — ein Relativ geben, welches eben-
diese für z̆ formulirt gedachte Forderung erfüllt. [Jede Bedingung für z
kann ja — indem man z = w̆, z̆ = w nennt — auch angesehen werden
als eine Bedingung (für w, mithin) für z̆.]
D 33. Satz. Die Ähnlichkeit ist auch eine transitive Beziehung,
m. a. W. Sind a, b ähnliche Systeme, so ist jedes mit b ähnliche System
auch mit a ähnlich:
20) (a ∽ b)(b ∽ c) ⋹ (a ∽ c),
Ähnliches mit Ähnlichem ist Ähnliches.
[609]§ 31. Sätze über ähnliche Systeme.
Beweis. Dass — im Hinblick auf (17):
sein müsse, folgt durch die Wahrnehmung, dass unter den linkseitigen
Voraussetzungen gewiss
z = y ; x, z̆ = x̆ ; y̆
den Forderungen rechterhand genügt, und zwar der ersten, wie implicite
schon im § 30 gezeigt ist, hier aber mit:
y ; x ; x̆ ; y̆ + x̆ ; y̆ ; y ; x ⋹ y ; 1' ; y̆ + x̆ ; 1' ; x = y ; y̆ + x̆ ; x ⋹ 1'
nochmals gezeigt werden mag; den beiden folgenden mit c = y ; x ; a und
a = x̆ ; y̆ ; c, wie durch Einsetzung, Elimination von b aus den Prämissen-
gleichungen ersichtlich; endlich der letzten, adventiven, mit y ; x ⋹ ăc, weil
aus y ⋹ c, x ⋹ ă folgt: y ; x ⋹ c ; ă = că, q. e. d.
Diese letzte Betrachtung, gleichwie die Mitanführung der drei adven-
tiven Forderungen, konnte bei Berufung auf (10) statt (17) auch (wenn
man will) gespart werden. —
Versucht man jedoch, den Transitivitätsbeweis auf eine der übrigen
Fassungen der Ähnlichkeitsdefinition zu gründen — einschliesslich einer
weiter unten gegebnen (39) — so stösst man auf grosse Schwierigkeiten.
Leicht zwar sind für das Abbildungsprinzip z, das als y ; x aus den
beiden in unsern Prämissen vorausgesetzten Abbildungsprinzipien sich zu-
sammensetzt, wiederum die beiden Forderungen als erfüllt nachzuweisen,
welche in solchem Falle die obigen Gleichungen oder Subsumtionen c ⋹ z ; a
und a ⋹ z̆ ; c vertreten. Dagegen gelingt solches zumeist nicht für den-
jenigen Teil der resultirenden Ähnlichkeitsbedingung, welcher als die
Charakteristik dieses zusammengesetzten Abbildungsprinzips erwartet werden
sollte und dann die Stelle „der Forderung A2A4 mitnebst der Adventiv-
forderung in unsrer Normalform der Ähnlichkeitsbedingung“ vertreten wird.
Dies kann nur daran liegen, dass das „externe Verhalten“ des z = y ; x
inbezug auf a und c nicht von derselben Art ist, wie das für x inbezug
auf a und b sowie das für y inbezug auf b und c vorausgesetzte — ein
Umstand, der wol verdiente in ferneren Forschungen noch eingehender
verfolgt und völlig aufgehellt zu werden. —
Der hier von uns zu 20) gegebne Beweis unterscheidet sich nicht un-
wesentlich von Dedekind’s Gedankengang bei seinem Beweise zu D 33
aufgrund des die Zusammensetzung zweier ähnlichen Abbildungen zu einer
dritten statuirenden Satzes D 31 — wo er auf die Elemente argumentirend
vorgeht. Auf diesen kommen wir, nachdem wir etwas weiter ausgeholt
haben werden, weiter unten S. 621 zurück.
Wir dürfen nun im Fall des Erfülltseins der Prämissen von 20)
auch die drei Systeme a, b, c einander ähnlich nennen. Und durch
eine Wiederholung der Schlüsse, wie sie inbezug auf Gleichungen ge-
läufig sind, für unsre Ähnlichsprechungen oder Ähnlichkeitsbehaup-
Schröder, Algebra der Relative. 39
[610]Zwölfte Vorlesung.
tungen gelangt man leicht zur Ausdehnung dieses Begriffes des „Ein-
anderähnlichseins“ von dreien auf eine beliebige Menge, eventuell auch
ein unbegrenztes System von „Systemen“ — als eines Begriffes, der
unabhängig ist von der Reihenfolge ihrer Aufzählung oder Namhaft-
machung.
D 34. Erklärung. Man kann daher alle Systeme in Klassen
einteilen, indem man in eine bestimmte Klasse alle und nur die Systeme
(a), b, c, … aufnimmt, welche einem bestimmten System a, dem Re-
präsentanten der Klasse, ähnlich sind; nach dem vorhergehenden Satze
D 33 ändert sich die Klasse nicht, wenn irgend ein andres ihr an-
gehöriges System b als Repräsentant gewählt wird.
D 35. Satz. Sind a, b ähnliche Systeme, so ist jedes Teilsystem
von a auch einem Teilsystem von b, jedes echte Teilsystem von a
einem echten Teilsystem von b ähnlich:
21) ,
22) .
Will man, dass a, b, c, d als Systeme zu denken seien, auch in
die Formeln aufnehmen, so braucht man nur deren Namen — mit
Ausnahme des d unter dem Σ — durch resp. a ; 1, b ; 1, c ; 1, d ; 1 zu
ersetzen.
Beweis des ersten Satzes. Zu den Voraussetzungen gehört:
,
wobei die — unterwellte — Adventivforderung auch unberücksichtigt bleiben
könnte und vorerst bleiben möge. Ist nun ferner c ⋹ a, so kann man
z ; c = d
nennen, dann folgt: z ; c ⋹ z ; a, also
d⋹b, b = d + b = d + d̄b.
Weiter kann man (was imgrunde überflüssig) mit z̆ ; d = z̆ ; z ; c ⋹ 1' ; c = c
auch leicht die Einordnung:
z̆ ; d ⋹ c
beweisen. Wichtiger, und nicht ganz so nahe liegend ist der Beweis der
umgekehrten Subsumtion, welche ja dann ohnehin die Kraft einer Gleichung
besitzen muss. Er gelingt (ohne Argumentiren auf Elemente) wie folgt.
Nach η) des § 30, S. 555 ist die in der obigen Gleichung mitgegebene
Subsumtion
z ; c ⋹ d äquivalent mit z̆ ; d̄ ⋹ c̄.
Darnach aber rechtfertigt sich der letzte von den nachstehenden
Schlüssen:
[611]§ 31. Sätze über ähnliche Systeme.
c⋹a = z̆ ; b = z̆ ; d + z̆ ; d̄b ⋹ z̆ ; d + z̆ ; d̄ ⋹ z̆ ; d + c̄
und mit c ⋹ z̆ ; d + c̄ ist denn in der That gerechtfertigt dass:
c⋹z̆ ; d.
In Zusammenstellung der gewonnenen Schlüsse haben wir also:
d⋹b und (z ; z̆ + z̆ ; z ⋹ 1')(c = z̆ ; d)(d = z ; c), d. h. c ∽ d,
q. e. d. Die in der normalen Ähnlichkeitsbedingung für c und d vorgesehene
Adventivforderung z ⋹ c̆d ist durch das bisherige z, welches a und b
„normal“ aufeinander abbildet, nicht erfüllt. Will man auch ihr genügen,
so braucht man blos c̆dz als ein neues z einzuführen. —
Dass für die mit z, z̆ ähnlich aufeinander abgebildeten gleichmächtigen
Systeme a und b mit
23) c⋹a und z ; c = d immer z̆ ; d = c und d ⋹ b
— sowie umgekehrt*) — gegeben ist, thut man vielleicht gut, sich als
Korollar des Satzes noch besonders zu merken. —
Bei dem zweiten Satze, 22), tritt einfach zur Hypothesis von 21) noch
die Annahme c ≠ a als ein Aussagenfaktor hinzu, und ebenso zur Thesis
hinter dem Summenzeichen noch die Behauptung d ≠ b.
Diese kann leicht apagogisch bewiesen werden. Wäre nämlich d = b,
so hätten wir mit z ; c = d nach Obigem auch c = z̆ ; b = a also c = a im
Widerspruch gegen die Annahme.
Auch die vorstehenden Beweise differiren wesentlich von denen Dede-
kind’s zu D 35 — auf die wir weiter unten S. 622 auch noch eingehen
wollen.
Mit dem Bisherigen jedoch erscheinen bereits die wichtigsten Sätze
dieses Autors über ähnliche Abbildung und ähnliche Systeme — diejenigen,
denen die andern blos zur Vorbereitung dienten — aus dem eingangs ab-
gegrenzten Teile seiner Schrift in unsre Disziplin aufgenommen und in
ihrem Geiste gerechtfertigt, legitimirt! Nichtsdestoweniger haben wir noch
eine ganze Reihe von Studien zu der Materie beizubringen.
Um bei jeder ähnlichen Abbildung „Argumentationen auf die Ele-
mente“ zu erleichtern oder für unsre Disziplin zu legitimiren, dürften
— in Ergänzung zu 42) des § 30 — die folgenden Betrachtungen von
Belang sein.
Unter den in (17) statuirten Voraussetzungen gilt:
24)
wo die Subsumtion der zweiten Zeile blos als äquivalente Form der
darüberstehenden in Erinnerung gebracht sein soll.
39*
[612]Zwölfte Vorlesung.
Wir wollen dies zunächst (auf eine Weise) für das untere oder Sub-
sumtionszeichen beweisen.
Sind h, k Elemente und ist k ⋹ z ; h, so muss erstens h ⋹ a sein.
Denn wäre h ⋹ a, so hätten wir h ⋹ ā und z ; h ⋹ z ; ā, was ⋹ 0 nach 16)
sein muss; wir kämen damit auf den Widerspruch k ⋹ 0, q. e. d.
Zweitens muss k ⋹ b sein; denn andernfalles gälte mit k ⋹ b̄ auch
z̆ ; k ⋹ z̆ ; b̄ = 0 und damit h ⋹ 0, was unmöglich — q. e. d. Endlich folgt
nicht minder:
z̆ ; k ⋹ z̆ ; z ; h ⋹ 1' ; h = h, wie z ; h ⋹ z ; z̆ ; k ⋹ 1' ; k = k, q. e. d.
Bei (17) müssen also Einordnungen wie
(k ⋹ z ; h), = (z ; h = k), (h ⋹ z̆ ; k), = (z̆ ; k = h)
allemal die Kraft von Gleichungen haben, Gleichungen wie die beiden in
(z ; h = k) = (z̆ ; k = h)
einander äquivalent sein.
Was aber die Einordnungen der umgekehrten Form z ; h ⋹ k betrifft,
so hatten wir nach ϑ) des § 30:
(z ; h ⋹ k) = (z ; h = 0) + (z ; h = k), ebenso (z̆ ; k ⋹ h) = (z̆ ; k = 0) + (z̆ ; k = h).
Soferne h nicht dem a resp. k nicht dem b angehört, kann alsdann nur
— und muss kraft 16) — die erste Alternative rechts eintreten. Um
hingegen den Schluss auf die zweite Alternative, d. i. die letzte Gleichung
ziehen zu können, werden wir sonach der Prämisse noch die Voraussetzung
h ⋹ a resp. k ⋹ b beizufügen haben. D. h.
Es ist weiter zu statuiren der Satz:
25) Πh k{(z ; h ⋹ k)(h ⋹ a) ⋹̿ (k ⋹ b)(k ⋹ z ; h)}{(z̆ ; k ⋹ h)(k ⋹ b) ⋹̿ (h ⋹ a)(h ⋹ z̆ ; k)}
— wobei die rückwärtigen Subsumtionen bereits mit der vorwärtigen 24)
a fortiori bewiesen erscheinen. Ebenso ist klar, dass mit 25) auch 24) als
rückwärtige Subsumtion, also Gleichung, mitbewiesen sein wird.
Der Beweis von 25) kann wiederum durch reductio ad absurdum
strenge geführt werden wie folgt — obwol er mich in methodologischer
Hinsicht so noch nicht ganz befriedigt:
Wäre bei h ⋹ a etwa z ; h = 0, so erhielten wir — weil nach 1)
für z gleichwie für x sein muss: (h ⋹ a) ⋹ Σk(k ⋹ b)(k ⋹ z ; h) — für das
die rechte Seite wahr machende k [welches von dem in 25) vorkommenden
unabhängig, vielleicht verschieden, zu denken] den Schluss k ⋹ z ; h ⋹ 0,
also k = 0 im Widerspruch mit dem bekannten Satze k ≠ 0, q. e. d.
Ebenso, wenn z̆ ; k = 0 und k ⋹ b sein sollte, so müsste ein h ⋹ a exi-
stiren, welches verschwände, was widersinnig, q. e. d.
Unter den Annahmen h ⋹ a und k ⋹ b, oder wenigstens einer
bestimmten von ihnen, muss daher Äquivalenz bestehen zwischen je
zweien, mithin sämtlichen von den sechs Propositionen der folgenden
Thesis:
[613]§ 31. Eigenschaften des ähnlich abbildenden Relativs.
26) .
Dies — 24) bis 26) — alles formulirt gibt eine Reihe von als
gültig (d. i. = 1) erkannten ausgezeichneten Relativen.
Indem wir dieselben aufstellen, und zusehn, wie sie sich auch
ohne Koeffizientenevidenz aus der Ähnlichkeitsdefinition ableiten lassen,
werden wir unser Erkenntnisskapital über die ähnliche Abbildung z
vermehren und zugleich die obigen paar apagogischen Beweise durch
bessere, direkte ersetzen.
24) als vorwärtige Subsumtion gibt nach ο) des § 30:
Πh k{z̄k h + ahbk(1' ɟ z̄)k h(1' ɟ z̄̆)h k} = Πh k{z̄ + ăb(z̄ ɟ 1')(1' ɟ z̄)}k h =
= 0 ɟ {idem} ɟ 0 = {z ⋹ ăb(z̄ ɟ 1')(1' ɟ z̄)}.
Im zweiten Glied der (zweiten oder dritten) geschweiften Klammer
kann man aber den Faktor z (als das Negat des ersten Gliedes) zufügen,
und da (z̄ ɟ 1')z(1' ɟ z̄) = z nach der Charakteristik von A2A4 in (17) ist
— vergl. die auch für x = y = z gültige Formel 13) — so läuft die Be-
hauptung auf 0 ɟ (z̄ + ăbz) ɟ 0, = 0 ɟ (z̄ + ăb) ɟ 0 = (z ⋹ ăb), d. i. auf die
Adventivbedingung hinaus. Auch in ihrer letzen obigen Form zerfällt sie
in die evidentermaassen gültigen Teilsubsumtionen
z⋹ă, z⋹b, z⋹z̄ ɟ 1', z = 1' ɟ z̄, q. e. d.
Die erste Behauptung 25) als Subsumtion formulirt sich gemäss ο)
§ 30 zu:
Πh k{(1' ɟ z̄)k hah ⋹ bkzk h} = Πh k{(0' ; z)k h + āh k + (bz)k h} =
= Πk h(0' ; z + ā̆ + bz)k h = 0 ɟ (ā̆ + bz + 0' ; z) ɟ 0 =
= {0 ɟ (ā̆ + b + 0' ; z) ɟ 0}{0 ɟ (ā̆ + z + 0' ; z) ɟ 0} = (b̆ ɟ 0' ; z ɟ ā)(1 ; z ɟ ā) =
= (ā̆ ɟ z̆ ; 0' ɟ b)(ā̆ ɟ z̆ ; 1) = (ăb̄ ⋹ 0' ; z)(ă ɟ 1; z) = (ab̄̆ ⋹ z̆ ; 0')(a ⋹ z̆ ; 1).
Ebenso, nur a mit b zugleich z mit z̆ vertauscht, die zweite Behaup-
tung 25) zu:
(b̄̆ ɟ z ; 0' ɟ a)(b̄̆ ɟ z ; 1) = (ā̆b ⋹ z ; 0')(b ⋹ z ; 1).
Von den vier Ergebnissen rechtfertigen sich nun die beiden folgenden
sogar als Gleichungen:
25α) a = z̆ ; 1, b = z ; 1
gemäss 16) leicht mit a = z̆ ; b = z̆ ; b + 0 = z̆ ; b + z̆ ; b̄ = z̆ ; (b + b̄) = z̆ ; 1,
b = z ; a = z ; a + z ; ā = z ; 1.
Die beiden andern können mit Rücksicht hierauf, weil z ; 0' ⋹ z ; 1 = b,
0' ; z ⋹ 1 ; z = ă, sogleich zu den Doppelsubsumtionen ergänzt werden
25β) ā̆b⋹z ; 0' ⋹ b, ăb̄ ⋹ 0' ; z ⋹ ă
und beweisen sich ihre ersten Teile in den Formen b ⋹ z ; 0' + ă, a ⋹ z̆ ; 0' + b̆
wie folgt:
[614]Zwölfte Vorlesung.
b = z ; 1 = z ; 0' + z ⋹ z ; 0' + 1 ; z = z ; 0' + ă,
a = z̆ ; 1 = z̆ ; 0' + z̆ ⋹ z̆ ; 0' + 1 ; z̆ = z̆ ; 0' + b̆,
q. e. d. Diese Beweise von 24), 25) müssen als befriedigende anerkannt
werden.
[Um möglichst versirt zu sein, formulire man diese Behauptungen
auch unter Benutzung des Schemas ξ) statt ο) des § 30). Man findet auf
Umwegen und unter Benutzung leicht erweislicher Hülfssätze, wie
Πi(ĭ ; a + ī̆ ; b) = 0 ɟ (a + 0' ; b), Πia ; i = a ɟ 0
dieselben ausgezeichneten Relative, wie oben.]
Was endlich 26) betrifft, so möge die Thesis der Aussagensubsumtion
hinter dem Πzeichen Zk h genannt werden. Dann soll gezeigt werden, dass:
Πh k(ahbk⋹Zk h), = Πh k(āh + b̄k + Zk h) = Πk h(ā̆ + b̄ + Z)k h =
= 0 ɟ (ā̆ + b̄ + Z) ɟ 0 = b̄̆ ɟ Z ɟ ā = (b ; 1 ; ă ⋹ Z) = (ăb ɟ Z).
Für Z können wir nun nach φ6) des § 30 das alle übrigen unter den
Chiffren φ) ebenda in sich zusammenfassende Relativ nehmen:
Z = z ; 0' · z̄ · 0' ; z + (z̄ ɟ 1')z(1' ɟ z̄) = z ; 1 ; z · {z̄ + (z̄ ɟ 1')(1' ɟ z̄)}.
Alsdann zerfällt die Behauptung ăb ⋹ Z in:
26α) ăb⋹z · 1, ăb ⋹ 1 ; z, ăb ⋹ z̄ ɟ 1' + z̄, ăb ⋹ z̄ + 1' ɟ z̄,
welche Teilforderungen man auch erhält, wenn man Z identifizirt mit den
ersten vier der 6 Relative φ) § 30 — immer z für das dortige a gesagt.
Durch deren zwei letzte kommt noch hinzu:
26β) ăb⋹z̄ ɟ 1' + 0' ; z, ăb ⋹ z ; 0' + 1' ɟ z̄,
und sollen alle 6 Relationen sofort aus den in der normalen Ähnlichkeits-
bedingung (17) über z enthaltnen Voraussetzungen direkt gerechtfertigt
werden.
Die beiden ersten 26α) verstehen sich wegen ăb ⋹ b und ⋹ ă aus 25α)
von selbst, die beiden letzten 26α) daraus, weil ihr Prädikat nach der
Charakteristik z ⋹ z̄ ɟ 1', etc. von z gleich 1 sich erweist. Endlich von den
beiden 26β) als ăb · z ; 0' ⋹ 0' ; z, ăb · 0' ; z ⋹ z ; 0' ist die erste wegen 25α)
äquivalent mit:
z ; 1 · 1 ; z · z ; 0' = z ; 0' · 1 ; z = z ; 0' · (z + 0' ; z) = z ; 0' · 0' ; z ⋹ 0' ; z
— weil auch z ; 0' · z = 0 gewesen; ebenso die zweite mit z ; 0' · 0' ; z ⋹ z ; 0' —
was ersichtlich, q. e. d.
Man kann auch so nachweisen, dass unser Z über 26α) die Eigen-
schaft hat dass Z ⋹ (z ; 0' + 1' ɟ z̄)(z̄ ɟ 1' + 0' ; z), also Z = Z mal der rechten
Seite ist: Wir müssen haben Z · (z̄ ɟ 1') · 0' ; z = 0, denn wegen Zusammen-
treffens von 1' ɟ z̄ mit 0' ; z fällt zunächst das zweite Glied von Z weg und
in der einen angegebnen Form des ersten trifft dann noch z ; 1 · z̄ = z ; 0' · z̄
mit z̄ ɟ 1' zusammen. Etc. q. e. d.
In seiner Erklärung D 26 der ähnlichen Abbildung von a (in b)
hat Dedekind das Wesen derselben, wodurch sie sich vor der blos
[615]§ 31. Fortsetzung — mit Dedekind’schen Sätzen.
eindeutigen Abbildung hervorthut, darein verlegt: dass verschiednen
Elementen von a stets verschiedne Bilder entsprechen sollen, folglich
— wie apagogisch einzusehn: die Gleichheit der Bilder zweier Elemente h, k
von a stets die Identität dieser Elemente nach sich zieht.
Indem wir auch dies formuliren, erhalten wir den Satz:
27) Πh k{(h + k ⋹ a)(z ; h = z ; k) ⋹ (h = k)},
also nach ψ) des § 30:
Πh k[ahak{(z̄̆ ɟ z)(z̆ ɟ z̄)}h k ⋹ 1'h k] = Πh k{āh k + āk h + (z̆ ; z̄ + z̄̆ ; z)h k + 1'h k} =
= 0 ɟ (ā + ā̆ + z̆ ; z̄ + z̄̆ ; z + 1') ɟ 0 = ā̆ ɟ (z̆ ; z̄ + z̄̆ ; z + 1') ɟ ā = (a ; 1 ; ă ⋹ z̆ ; z̄ + z̄̆ ; z + 1').
Es erscheint mithin:
27α) 0'aă ɟ z̆ ; z̄ + z̄̆ ; z
als die konziseste Einkleidung in die Zeichensprache unsrer Algebra
für die oben aufgestellte Forderung. Blos mit z ; h ⋹ z ; k als zweiter
Prämisse gilt sogar 27) — cf. χ) des § 30 — schon als
27β) 0'aă ⋹ z̆ ; z̄.
Diese Relation kann dann noch — wie weiter unten bei 31) zu finden —
mit der durch Konversion aus ihr hervorgehenden 0'aă ⋹ z̄̆ ; z ver-
einigt werden, und wie für a und z mit 27, ‥ 27β), so werden auch in
b und z̆ drei analoge Formeln gelten.
Da wir eine etwas andre Fassung der Ähnlichkeitsdefinition zu-
grunde gelegt haben, so müssen wir nun aus der unsrigen den Satz 27β)
beweisen, mit dem die zwei vorhergehenden a fortiori gegeben sind.
Dies geht sehr leicht wie folgt. Aus der Identität 0'aă ⋹ 0'a
geht durch Einsetzung rechterhand von a = z̆ ; 1 = z̆ ; (z̄ + z) aus 25α)
hervor:
0'aă ⋹ 0' · (z̆ ; z̄ + z̆ ; z),
wo nun wegen z̆ ; z ⋹ 1' das letzte Glied wegfällt, und im verbleiben-
den ersten rechts der Faktor 0' als selbstverständlich unterdrückbar
ist — q. e. d. Aufgrund von 27) aber können wir nun auch die Sätze
D 27 bis 30 in Dedekind’s Argumentation erledigen.
Unter c = c ; 1, d = d ; 1 Systeme verstanden, ist
28) D 27. (c + d ⋹ a)(z ; c ⋹ z ; d) ⋹ (c ⋹ d), (c + d ⋹ b)(z̆ ; c ⋹ z̆ ; d) ⋹ (c ⋹ d),
29) D 28. (c + d ⋹ a)(z ; c = z ; d) ⋹ (c = d), (c + d ⋹ b)(z̆ ; c = z̆ ; d) ⋹ (c = d)
für uns der Ausdruck der beiden erstgenannten.
Beweis zu 28). Denn wenn h ein Element von c also auch von a
ist, so ist z ; h ein Element von z ; c also auch von z ; d, mithin = z ; k,
wo k ein Element von d also auch von a ist. Da aber aus z ; h = z ; k
nach 27) immer h = k folgt, so ist jedes Element h von c auch Element
von d, wie zu beweisen war.
[616]Zwölfte Vorlesung.
Mit Rücksicht auf die Definition (1) der Gleichheit ist der nächste
Satz, D 28, sodann ein ganz nahe liegendes Korollar des vorhergehenden.
Die Voraussetzungen c + d ⋹ a, etc. dürfen hierbei nicht unterdrückt
werden, denn da die z-Bilder für alle ausserhalb a befindlichen Elemente
(wegen z ; ā = 0) verschwinden, so bräuchte in der That ein dem a nicht
angehöriger Teil von c durchaus nicht in d enthalten zu sein.
Anders beim nächsten Satze, weil da die z-Bilder der ausserhalb a
befindlichen Teilsysteme von c, d, cd, … ohnehin wegfallen:
30) D 29. z ; cd ‥ = z ; c · z ; d …, z̆ ; cd ‥ = z̆ ; c · z̆ ; d …
Diese Gleichungen verstehen sich als vorwärtige Subsumtionen nach 5)
des § 6 ohnehin.
Um sie als rückwärtige zu beweisen, kann man mit Dedekind
überlegen:
Jedes Element von z ; c · z ; d … ist jedenfalls in z ; a enthalten, also
das Bild k = z ; h eines in a enthaltnen Elements h. Da aber z ; h gemein-
sames Element von z ; c und z ; d, ‥, so muss nach 28) h gemeinsames
Element von c und d, ‥ sein. Mithin ist jedes Element k von z ; c · z ; d …
das z-Bild eines Elementes h von cd ‥, also Element von z ; cd ‥ — q. e. d.
Zweifellos würden sich für die drei letzten Sätze mit vorangeschriebnem
Π nach c, d, ‥ auch noch andre analytische Beweise, die, statt auf die
Elemente zu argumentiren, mehr rechnerisch zuwerke gingen, liefern lassen.
Mit 30) erscheint eine Bemerkung auf S. 354 oben gerechtfertigt.
Der Satz D 30 statuirt blos, dass die identische Abbildung eines
Systems a auch eine ähnliche Abbildung desselben sei — und ist für
uns nicht minder selbstverständlich.
In b hinein ist eine solche jedoch nur möglich soferne a ⋹ b ist.
Ist a ∽ b und das Abbildungsprinzip z durch die normalen Be-
dingungen (17) charakterisirt, so darf man überhaupt von jeder der
nachfolgend im Überblick zusammengestellten Relationen Gebrauch
machen:
31)
[617]§ 31. Relationen für die ähnlichen Systeme und ihre Abbildung.
.
Von diesen zur Bequemlichkeit des Studirenden hier zusammengestellten
Formeln sind die ersten lediglich aus Früherem resumirt, resp. aus der
Charakteristik und Adventivbedingung ersichtlich folgend — mit Rücksicht
auch auf 6), 8) des § 30. Die vom Striche ab werden dagegen erst in
einer weiter unten folgenden Untersuchung gewonnen. Die beiden letzten
Zeilen über dem Striche ergeben sich so.
Aus z ⋹ z̄ ɟ 1' folgt z ɟ 1' ⋹ z̄ ɟ 1' ɟ 1' = z̄ ɟ 0*, sofern der Denkbereich
aus mehr als zwei Elementen besteht. Ist aber zeilenschematisch z = 1αβγ0,
so läuft die Forderung z ɟ 1' ⋹ z̄ ɟ 0 als 1ᾱ000 ⋹ 00001 auf z ɟ 1' ⋹ 0
augenscheinlich hinaus. Und wegen z ɟ 0 ⋹ z ɟ 1' ist dann auch a fortiori
z ɟ 0 = 0. Wegen z ; z̆ ⋹ 1' folgt dann ebenso z ɟ z ; z̆ ⋹ z ɟ 1' = 0. Etc.
Noch haben wir mit einer — (die „explizite“ vorbehalten) letzten —
Fassung der Ähnlichkeitsdefinition Bekanntschaft zu machen:
Man kann die vier Bedingungen, aus denen sich die Forderung
der ähnlichen Abbildung von a in b zusammensetzt, auch einzeln for-
muliren (analog den A1 bis A4 des § 30) und sie dann erst nachträg-
lich zusammenfassen. Es bedeute:
- γ1 die Bedingung: Zu jedem Element h von a gibt es mindestens ein
Element k von b derart, dass k ⋹ x ; h, - γ2 = Zu jedem Element h von a gibt es höchstens ein Element k von b
so, dass k ⋹ x ; h, - γ3 = Zu jedem Element k von b gibt es mindestens ein Element h
von a so, dass k ⋹ x ; h, - γ4 = Zu jedem Element k von b gibt es höchstens ein Element h von a
derart, dass k ⋹ x ; h. So ist
[618]Zwölfte Vorlesung.
32)
Man findet dann (siehe Kontext weiter unten):
33)
Doch lassen sich für γ2 und γ4 alsbald auch noch die einfacheren
Ausdrucksformen gewinnen:
34)
oder auch:
35)
Begründung. Diese braucht nur für γ1 und γ2 selbständig gegeben
zu werden, weil aus den für diese beiden Bedingungen erlangten Aus-
drucksformen und Sätzen diejenigen für γ3 und γ4 durch die Vertauschung
von a, h, m, x mit resp. b, k, n, x̆ hervorgehn, wie ein Blick auf 32)
erkennen lässt, sobald man sich bei γ3 und γ4 die Aussagen k ⋹ x ; h und
k ⋹ x ; m in die damit äquivalenten h ⋹ x̆ ; k und m ⋹ x̆ ; k umgeschrieben
denkt.
Nach 32) haben wir nun in den Koeffizienten:
- γ1 = Πh(ah ⋹ Σkbkxk h) = Πh(āh + Σkbk hxk h) = Πi h{āh i + (1 ; bx)i h} =
= Πi h(ā̆ + 1 ; bx)i h = 0 ɟ (ā̆ + 1 ; bx) ɟ 0 = (ā̆ + 1 ; bx) ɟ 0 = b̆ ; x ɟ ā =
= ā̆ ɟ x̆ ; b = (1 ⋹ ā̆ ɟ x̆ ; b) = (a ; 1 ⋹ x̆ ; b) = (a ⋹ x̆ ; b), - γ2 = Πh k n(ahbkxk hbn0'n k ⋹ x̄n h) = Πh k{āh + b̄k + x̄k h + Πn(b̄n + 1'k n + x̄n h)} =
= Πh k[āh k + (b̄ + x̄)k h + {1' ɟ (b̄ + x̄)}k h] = Πk h{ā̆ + b̄ + x̄ + 1' ɟ (b̄ + x̄)}k h =
= 0 ɟ {ā̆ + b̄ + x̄ + 1' ɟ (b̄ + x̄)} ɟ 0 = b̄̆ ɟ {x̄ + 1' ɟ (b̄ + x̄)} ɟ ā =
= ā̆ ɟ {(x̄̆ + b̄̆) ɟ 1' + x̄̆} ɟ b̄ = (1 ⋹ idem) = {a ; 1 ; b̆ = ab̆ ⋹ (x̄̆ + b̄̆) ɟ 1' + x̄̆} =
= (x̆b̆ ; 0' · x̆b̆a = 0)
q. e. d. das heisst: es sind damit die Angaben 33) erwiesen.
[619]§ 31. Sechste Fassung der Ähnlichkeitsbedingung.
Um nun jene zwei von diesen auch noch auf die Formen 34), 35) zu
bringen, statuiren wir den Hülfssatz:
36)
Es soll darin a ein beliebiges Relativ, und b ; 1 nur irgend ein System
vorstellen, das also auch durch b ɟ 0 vertreten werden konnte.
Obwol für a = 1αβγ0 ist: a ; 0' · a = 1αβ00, dagegen a ; 0' ɟ 0 = 11100,
demnach die beiden Subjekte in 36) differiren, muss dieser Satz doch gelten,
und liesse er sich schon zeilenrechnerisch einsehn. Eleganter ist er als
L = R so zu beweisen. Wegen a ; 0' · a ⋹ a ; 0' ɟ 0 folgt L aus R, d. h.
gilt R ⋹ L a fortiori. Umgekehrt folgt aus L auch (a ; 0')a ; 1 ⋹ b ; 1,
was wegen (a ; 0')a ; 1 = a ; 0' ɟ 0, vergl. 30) des § 15, S. 216, in R über-
geht, d. h. es gilt auch L ⋹ R, q. e. d.
Nach diesem Schema 36) verwandelt sich nun z. B. γ4 aus 33), ge-
schrieben als xă ; 0' · xă ⋹ b̄(= b̄ ; 1), mit Leichtigkeit in xă ; 0' ɟ 0 ⋹ b̄,
d. h. in 34) — und konjugirt entsprechend γ2 aus 33) in 34), sowie um-
gekehrt, q. e. d. Von 34) aber ist 35) nur eine naheliegende Umformung
nach bekannten Sätzen über Systeme.
Sehr beachtenswert ist, dass, während als Relation zwischen den
Systemen a und b betrachtet, die Beziehungen γ1 und γ3transitive
sind, ein gleiches mit denen γ2 und γ4keineswegs der Fall ist.
Jenes ist mit den a fortiori gültigen Folgerungen:
(a ⋹ x̆ ; b)(b ⋹ y̆ ; c) ⋹ (a ⋹ x̆ ; y̆ ; c), = (a ⋹ z̆ ; c) für z = y ; x,
(b ⋹ x ; a)(c ⋹ y ; b) ⋹ (c ⋹ y ; x ; a), = (c ⋹ z ; a) „ „ „
sofort analytisch beweisbar, wie es denn auch ohne weitres einleuchtet,
dass, wenn zu jedem a (nach einer Vorschrift x) mindestens ein b ge-
hört, und zu jedem b (nach einer andern Vorschrift y) mindestens ein c
gehört, dann auch zu jedem a (nach beiden Vorschriften zusammen)
mindestens ein c gehören müsse.
Ersetzt man hierin das Wort „mindestens“ durchweg durch „höchstens“,
so findet vielleicht Mancher den Satz ganz ebenso einleuchtend. Dennoch
hat die rhetorische Evidenz hierbei nur irre geführt (es können nämlich
zu solchen a, zu denen — als „höchstens ein“ — kein b gehört, vielmehr
direkt doch beliebig viele c gehören!). Auch lässt sich zeigen, dass ein
Schluss von
(x ; 0'a ɟ 0 ⋹ b̄)(y ; 0'b ɟ 0 ⋹ c̄) auf z ; 0'a ɟ 0 ⋹ c̄
weder mit z = y ; x, noch mit sonst einem z, zwingend sein kann, indem
die fragliche Konklusion ja eine Resultante der Elimination von b aus den
Prämissen sein müsste. Eine solche ist aber gar nicht vorhanden, weil die
Prämissen sich für b = 0 als stets erfüllt erweisen. Die Konklusion müsste
sonach als eine Relation nichtssagend sein, m. a. W. für beliebige a, c
und z wie eine allgemeine Formel gelten, was leicht als absurd zu erkennen.
[620]Zwölfte Vorlesung.
Anders verhält sich die Sache für a = b = c = 1. Da gilt wirklich:
37) (x ; 0' ɟ 0 = 0)(y ; 0' ɟ 0 = 0) ⋹ (y ; x 0' ɟ 0 = 0)
— wie man durch zeilenrechnerischen Erweis der ersten von den Äquivalenzen:
38) (a ; 0' ɟ 0 = 0) = (a ⋹ ā ɟ 1') = (ă ; a ⋹ 1')
— oder auch durch ihre Ableitung aus 36) mit der Annahme b = 0 —
am bequemsten dann so, wie S. 567 gezeigt, sieht. Gehört in der That
nach einem ersten Prinzip zu jedem Element des Denkbereichs wiederum
höchstens ein Element aus diesem ganzen Denkbereiche, ebenso nach einem
zweiten Prinzip, so auch nach dem aus beiden zusammengesetzten Prinzipe.
Mit den Resultaten 32) bis 35) ist nun selbständig die folgende
neue Fassung der Ähnlichkeitsforderung für a und b gewonnen:
, d. h. die Systeme a und b werden ähnlich zu
nennen sein dann und nur dann, wenn es ein Abbildungsprinzip x
gibt, das inbezug auf sie die Forderungen γ1 bis γ4 alle viere gleich-
zeitig erfüllt. Wir haben also als die „sechste Fassung“:
(39) .
Hatten wir zuerst, bei 1), die Ähnlichkeitsforderung imgrunde so ge-
fasst: Zu jedem Element h von a soll es innerhalb b (mindestens) ein
Element k geben, welches „einzig ein x-Bild von ihm, und von ihm allein“
ist (und umgekehrt — nur „x̆-Bild“ gesagt), so leuchtet es zwar schon
dem gemeinen Verstande ein: dass es daneben ein zweites Element k' von b
nicht geben kann, welches „mehrzig“ (d. h. neben andern) ein x-Bild von
ihm (jenem h), oder auch von ihm und noch andern Elementen des a wäre.
Und man fühlt oder glaubt zu fühlen, dass die frühere Fassung mit der
diesmal formulirten doch wesentlich zusammenfallen muss, obwol letztre
die betreffende Forderung nicht als abhängige (von gewissen Voraussetzungen)
— in einem Relativsatze — sondern selbständig aufstellt. Allein mit
solcher Intuition dürfen wir uns hier nicht zufrieden geben, müssen viel-
mehr die Äquivalenz der letzten Fassung mit irgend einer der früheren
Fassungen auch analytisch nachweisen.
Dies gelingt mittelst Zurückführung von (39) auf (10) oder (17) wie
folgt. Wegen
xăb ; 0' = xb ; 0'a ⋹ x ; 0'a und xăb ⋹ b folgt mit (x ; 0'a ɟ 0)b = 0
a fortiori auch: (xăb ; 0' ɟ 0)xăb = 0, und ebenso mit (x̆ ; 0'b ɟ 0)a = 0
auch (x̆ab̆ ; 0' ɟ 0)x̆ab̆ = 0. Nennt man daher:
xăb = z,
so lehrt die letzte Forderung in (39) dass:
(z ; 0' ɟ 0)z = 0 und (z̆ ; 0' ɟ 0)z̆ = 0
ist. Nach 32) S. 216 ist aber allgemein (a ; 0' ɟ 0)a = a ; 0' · a, mithin
muss gelten
z ; 0' · z + z̆ ; 0' · z̆ = 0, was in z ; z̆ + z̆ ; z ⋹ 1'
[621]§ 31. Argumentiren auf die Elemente.
sich leichtlich umwandelt, indem z. B. aus dem Verschwinden des ersten
Gliedes folgt: z ⋹ z̄ ɟ 1', z̆ ; z ⋹ 1', etc. Dass ferner die beiden ersten
Forderungen in (39) für obigen Zusammenhang zwischen z und x ohne
weitres in die beiden letzten von (10) übergehen, haben wir schon S. 605
(wo nur unser jetziges x durch y vertreten war) gezeigt. Aus (39) folgt
also (10), d. h.: gibt es ein x, welches inbezug auf gegebne Systeme a
und b die Forderung (39) erfüllt, so gibt es auch ein z(= ăbx), welches
inbezug auf ebendiese Systeme die Forderung (10) ja sogar (17) erfüllt.
Umgekehrt: wenn irgend ein z der Bedingung (10) genügt, so muss
x = z selbst auch der Bedingung (39) genügen, was inbezug auf deren
beide ersten Forderungen ersichtlich ist, bezüglich der letzten aber sich
wie folgt zeigen lässt.
Wir haben z ; 0' · z = 0, also auch z ; 0' · z ⋹ b̄. Nach unserm Satze 36)
ist dies äquivalent mit
z ; 0' ɟ 0 ⋹ b̄ und hieraus folgt a fortiori:
z ; 0'a ɟ 0 ⋹ b̄, d. h. (z ; 0'a ɟ 0)b = 0.
Und ganz ebenso zeigt man, dass auch (z̆ ; 0'b ɟ 0)a = 0 sein muss, q. e. d.
Das der normalen Ähnlichkeitsbedingung (17) genügende Abbil-
dungsprinzip z erfüllt hienach jedenfalls auch die in irgend einer andern
unsrer Fassungen für das Abbildungsprinzip (x oder y) ausgesprochnen
Bedingungen — aber nicht umgekehrt. —
Wir sind jetzt in der Lage, auch die Dedekind’schen Beweise zu
D 31, 33, 35 mit ihrer Argumentation auf die Elemente aufnehmen zu
können.
Satz D 31, der für unsre Disziplin massgebenden Terminologie näher
angepasst, lautet:
Ist x eine ähnliche Abbildung von a in b und y eine ähnliche Ab-
bildung von b in c, so ist die aus x und y zusammengesetzte Abbildung
z = y ; x eine ebenfalls ähnliche Abbildung von a in c.
Beweis. Denn verschiednen Elementen h, h' von a entsprechen als
Elemente von b verschiedne Bilder k = x ; h, k' = x ; h' und diesen wieder
als Elemente von c verschiedne Bilder l = y ; k = y ; x ; h, l' = y ; k' = y ; x ; h',
also ist z = y ; x eine ähnliche Abbildung von a in c.
Ausserdem geht jedes Element l von c durch y̆ in ein Element y̆ ; l = k
von b, und dieses durch x̆ in ein Element x̆ ; y̆ ; l = x̆ ; k = h von a über,
sodass uns z̆ = x̆ ; y̆ zugleich eine ähnliche Abbildung von c in a vorstellt.
Verschiednen Elementen von c müssen ja dergestalt auch verschiedne Ele-
mente von b resp. a als Bilder entsprechen, ansonst die umgekehrten
Schlüsse zu einem Widerspruch führen müssten. —
Die Bündigkeit dieser Beweisführung beruht, wie man sieht, wesent-
lich auf der Berechtigung: die Beziehung zwischen Bildelement und Objekt-
element vermittelst des Abbildungsprinzips in Gestalt einer Gleichung an-
zusetzen — was wir analytisch unter 26) sichergestellt haben.
[622]Zwölfte Vorlesung.
Nun ist auch die in D 33 statuirte Transitivität der Ähnlichkeits-
beziehung zwischen den Systemen a, b, c offenbar. Denn wenn es eine
ähnliche Abbildung x von a in b und eine solche y von b in c gibt, so
gibt es nach D 31 auch in Gestalt von y ; x eine ähnliche Abbildung z von
a in c, q. e. d.
Etwas mehr Umstände macht uns der Beweis von D 35, S. 610.
Zu dem Ende mögen wir uns etwa die Ähnlichkeitsdefinition in der
Fassung aus 1) und (4) vergegenwärtigen:
40) (a ∽ b) =
,
wo für Zh k = Πm{(m ≠ h) ⋹ (k ≠ z ; m)}Πn{(n ≠ k) ⋹ (n ≠ z ; h)}
etwas bequemer wie bei 1) der in 12) für Zk h gegebne Ausdruck ge-
nommen werden mag, und wo die Ersetzung der Einordnungszeichen und
ihrer Negation bei den Thesen (sive Aussagensubsumtionsprädikaten, wie
k ⋹ z ; h) durch Gleichheitszeichen und deren Negation aus 26) bereits ge-
rechtfertigt erscheint.
Wenn nun gemäss der zur Voraussetzung erhobnen rechten Seite
von 40) z das System a ähnlich in das b abbildet, also b = z ; a, z̆ ; b = a
ist und c = c ; 1 ⋹ a ein Teilsystem von a vorstellt, so folgt auch z ; c ⋹ z ; a,
und falls z ; c = d genannt wird: d ⋹ b. Es wird nun zu zeigen sein, dass
dieses System d = z ; c ähnlich mit c sein*), mithin gelten muss:
Πh{(h⋹c) ⋹Σk(z ; h = k ⋹ d)Zk h}Πk{(k ⋹ d) ⋹ Σh(z̆ ; k = h ⋹ c)Zk h}.
Da nun mit h ⋹ c, resp. k ⋹ d, a fortiori auch h ⋹ a resp. k ⋹ b folgt,
so erscheinen in der That mit Einschluss von Zk h sämtliche Teilbehaup-
tungen unsrer Thesis mit 40) sogleich verbürgt bis auf diese beiden,
dass links k ⋹ d, rechts h ⋹ c sei.
[In dem Πh und dem Πk sind h und k durch verschiedne Voraussetzungen
eingeführt, haben also a priori verschiedne Bedeutungen und nichts mit-
einander zu schaffen. Wenn nun für das erstre h, welches ⋹ c ⋹ a, so-
gleich feststeht, dass es ein k ⋹ b gebe so, dass z ; h = k ist, so sind wir
doch nicht am Ziele, weil ja zu beweisen bleibt, dass dieses k sogar ⋹ d
sei. Etc.] Nun gilt: (k ⋹ d) + (k ⋹ d̄), (h ⋹ c) + (h ⋹ c̄), ebenso für das
schon dem System b erwiesnermaassen angehörige Element k:
(k ⋹ bd = d) + (k ⋹ bd),
und für das dem a angehörige h: (h ⋹ ac = c) + (h ⋹ ac̄), wobei jeweils
die beiden Möglichkeiten einander ausschliessen.
[623]§ 31. Die Ähnlichkeitsbedingung als Eliminationsresultante.
Wäre nun links k ⋹ d̄ wo d = z ; c, so folgte:
k⋹z̄ ɟ c̄ also z̆ ; k ⋹ c̄, und da mit z ; h = k also k ⋹ z ; h
auch h ⋹ z̆ ; k gilt, a fortiori: h ⋹ c̄ im Widerspruch mit der Voraus-
setzung h ⋹ c.
Wäre rechts h ⋹ c̄, so können wir nicht ebenso einfach weiter schliessen,
weil für c die Darstellung als z̆ ; d hier noch nicht verfügbar ist — es sei
denn, dass man sie erst so, wie S. 610 von uns geschehn, beweise — viel-
mehr wird, wenn wir beim Argumentiren auf die Elemente bleiben wollen,
nun so zum Ziel zu kommen sein.
Mit k ⋹ d = z ; c und z̆ ; k = h folgt: z̆ ; k ⋹ z̆ ; z ; c ⋹ 1' ; c = c
also h ⋹ c auch in direktem Beweise.
Ebenso wäre auch für die vorige Behauptung statt des apagogischen
ein direkter Beweis erbringlich — wofern wir dort wie hier von der
Charakteristik A2A4 oder z ; z̆ + z̆ ; z ⋹ 1' des Abbildungsprinzips Gebrauch
machen. Und dies scheint wenigstens im letzten Falle unumgänglich zu
sein. Q. e. d.
Die Bedingung für die Ähnlichkeit oder Gleichmächtigkeit zweier
Systeme a und b ist als eine Relation rein logischer Art zwischen
diesen anzusehn, zu deren adäquatem Ausdruck unsre Disziplin die
Mittel besitzt. Sie präsentirt sich als die Resultante der Elimination
des Abbildungsprinzips x, resp. y oder z, aus den Forderungen unsrer
Ähnlichkeitsdefinition in irgend einer ihrer Fassungen.
Solange die Elimination nicht wirklich vollzogen, die Σ oder Π,
mit Hülfe deren sich die Resultante ja nach allgemeinen Sätzen dar-
stellen lässt, nicht ausgewertet sind — kurz: solange der Name des
Abbildungsprinzips als eines unbestimmten binären Relativs noch im
Ausdruck dieser Resultante figurirt — mögen wir die Ähnlichkeits-
definition noch eine implizite nennen.
Um die Elimination vorzubereiten, wird man etwa die vereinigte Null-
gleichung sämtlicher Teilbedingungen unsrer Ähnlichkeitsforderung bilden:
f(z) = 0, wobei man jedoch unter mancherlei Ausdrücken für deren Po-
lynom f(z) noch die Wahl haben wird, selbst wenn man eine bestimmte
wie (10) oder (17) von unsern Fassungen zugrunde legt. Die Charakte-
ristik z ; z̆ + z̆ ; z ⋹ 1' setzt man am besten wol in der Form an
z ; 0' ɟ 0 + 0 ɟ 0' ; z = 0,
weil man dadurch den Vorteil erreicht, dass in jedem Gliede von f(z) der
Name des Eliminanden z blos einmal vorkommt. Man kann ferner die
beiden Hauptbedingungen in (10) etc. blos als Subsumtionen, oder aber
auch als Gleichungen berücksichtigen, wobei erstres insofern als das ein-
fachere erscheint als man (um zweie) weniger Glieder bei f(z) bekommt.
Auch die Adventivbedingung in (17) kann mitberücksichtigt oder unter-
[624]Zwölfte Vorlesung.
drückt werden. Als einfachster Ausdruck von f(z) dürfte sonach dieser
hinzustellen sein:
41) f(z) = z ; 0' ɟ 0 + 0 ɟ 0' ; z + a(z̄̆ ɟ b̄) + b(z̄ ɟ ā).
Hinzugefügt darf jedoch noch werden:
ā · z̆ ; b + b̄ · z ; a + (ā̆ + b̄)z, sowie 0' · z ; z̆ + 0' · z̆ ; z
und andres mehr. Dann ist:
42) .
Oder (a ∽ b) = (L = 0) wo , und U = 1 ; f(u) ; 1
was nach 41) unter Konversion des dritten Gliedes gibt:
U = 1 ; (u ; 0' ɟ 0) + (0 ɟ 0' ; u) ; 1 + (b̄̆ ɟ ū) ; a + b̆ ; (ū ɟ ā)
und wozu noch hinzugefügt werden dürfte:
+ b̆ ; u ; ā + b̄̆ ; u ; a + b̄̆ ; u ; 1 + 1 ; u ; ā
wovon offenbar die beiden ersten Terme in den zwei letzten eingehen.
Jedoch kann man jene auch mit den beiden letzten Gliedern von U nach
dem Korollar zu 38) S. 449 zusammenziehen zu
(b̄̆ ; u + 0 ɟ ū) ; a + b̆ ; (u ; ā + ū ɟ 0)
und sie dann erst eingehn lassen — sodass sich auch nehmen liesse:
U = 1 ; (u ; 0' ɟ 0) + (0 ɟ 0' ; u) ; 1 + b̆ ; (ū ɟ 0) + (0 ɟ ū) ; a + b̄̆ ; u ; 1 + 1 ; u ; ā,
und andres mehr.
Was nun die expliziten Ähnlichkeitsbedingungen betrifft, so lassen
erstlich gewisse (zwei) partielle oder Unterresultanten sich allgemein
sogleich angeben. Zudem sind wir imstande für die niedersten Denk-
bereiche, ja — theoretisch wenigstens — für jeden endlichen Denk-
bereich, die Ähnlichkeitsbedingung wirklich in geschlossner Form,
„explizite“, aufzustellen.
Zu dem Ende braucht man ja in der That nur die Bedingung
f(z) = 0 in den Koeffizienten als
Πi j[{f(z)}i j = 0] oder Σi j{f(z)}i j = 0
ausgerechnet hinzuschreiben und aus dieser vereinigten Nullgleichung,
in der die Summe über alle Suffixe ij unsres (endlichen) Denkbereichs
sich erstreckt, die Koeffizienten zh k des Abbildungsprinzips oder Eli-
minanden sämtlich (nötigenfalls successive) nach den bekannten Methoden
zu eliminiren.
Ich will diese explizite Ähnlichkeitsbedingung für die vier nie-
dersten Denkbereiche zunächst als solche angeben. Es ist:
[625]§ 31. Explizite Ähnlichkeitsbedingung für niedre Denkbereiche.
43) (a ∽ b) äquivalent mit
sub 1 \frac{1}{1} (1 ; a = 1 ; b) was hier mit (0 ɟ a = 0 ɟ b) zusammenfällt.
„ 1 ½) (1 ; a = 1 ; b)(0 ɟ a = 0 ɟ b)
„ 1 ⅓) (1 ; a = 1 ; b)(0 ɟ 0' ; a = 0 ɟ 0' ; b)(0 ɟ a = 0 ɟ b)
oder „ {1 ; (1' ɟ a) = 1 ; (1' ɟ b)} „
sub 1 ¼) (1 ; a = 1 ; b)(0 ɟ 0' ; a = 0 ɟ 0' ; b){1 ; (1' ɟ a) = 1 ; (1' ɟ b)}(0 ɟ a = 0 ɟ b).
Ich wage aber nicht „u. s. w.“ zu sagen, denn wie es weiter gehen
wird, ist noch in Dunkel gehüllt. Sub 1 ⅕ würde zu den vier vorstehen-
den Forderungen noch eine fünfte in der Mitte hinzu kommen, deren Auf-
findung sehr instruktiv zu sein verspricht. Obwol ein gangbarer Weg
dazu vorgezeichnet ist, dürfte die Frage doch einer Akademie als zu
stellende Preisaufgabe zu empfehlen sein; denn ohne ganz besondres Ge-
schick dürfte niemand mit der hier geforderten Elimination von 25 (mit
doppeltem Suffix behafteten) Unbekannten z11, z12, … z55 zustreiche kommen —
resp. von 20 solchen, sofern die Koeffizienten der individuellen Selbstrela-
tive von z (hier fünf an Zahl) sich auch bei voraussetzungslosem Denk-
bereiche noch allgemein eliminiren lassen würden.
Man kann sich die rasch und crescendo entsetzlich mühsam werden-
den Rechnungen bis hierher (bis inklusive 1 ¼) noch durch kolonnenschema-
tische Überlegungen ersparen — freilich nicht ohne an den gemeinen Ver-
stand, der „bis auf vier (oder wenigstens bis über eins) zählen kann“, zu
appelliren. Ich will dazu für den letzten Fall die volle Anleitung geben.
Als „gleichviel“ Elemente enthaltend bestehen die Systeme a und b
gleichzeitig aus entweder 0, 1, 2, 3 oder allen 4 Elementen, die jedoch
— die beiden äussersten Fälle ausgenommen — bei b (ganz) andre Ele-
mente als wie bei a sein können. Zugleich müssen ā und b̄ bezüglich
(alle) 4, 3, 2, 1, 0 Elemente enthalten.
Es würden sich die fünf Möglichkeiten, die bei a vorliegen können,
darstellen lassen durch die Ansätze: a = 0, a = i, a = i + j = h̅ +̅ k̅,
a = i + j + h = k̄, a = i + j + h + k = 1, mit der Unterstellung: dass die
Elementbuchstaben i, j, h, k durchweg verschiedne Elemente bedeuten sollen.
Hiefür wollen wir ad hoc kürzer schreiben: a = 0i = 0, a = 1i = i, a = 2i,
a = 3i, a = 4i = 1.
Jede dieser fünf Möglichkeiten inbezug auf das System a ist nun
charakterisirt durch ein andres Wertsystem der vier ausgezeichneten Relative
| 1 ; a, | 0 ɟ 0' ; a, | 1 ; (1' ɟ a), | 0 ɟ a, | |
| a = 0 durch | 0, | 0, | 0, | 0 |
| a = i „ | 1, | 0, | 0, | 0 |
| a = 2i „ | 1, | 1, | 0, | 0 |
| a = 3i „ | 1, | 1, | 1, | 0 |
| a = 4i „ | 1, | 1, | 1, | 1, |
nämlich bei
sintemal für a = k1αβγ0 ist: 1 ; a = 11110, 0 ɟ 0' ; a = 11100, 1; (1' ɟ a) =
= 11000, 0 ɟ a = 10000.
Schröder, Algebra der Relative. 40
[626]Zwölfte Vorlesung.
Besteht nun a aus einer Vollzeile, so ist jede Kolonne von a als eine
einbesetzte zur Kolonnenkategorie γ gehörig und wird im Relative 0 ɟ 0' ; a
abgeworfen, weshalb dieses alsdann verschwindet. Besteht aber a aus mehr
als einer Vollzeile, so gehört jede Kolonne dieses Systems (und alle Kolonnen
eines solchen müssen ja kongruent sein) als eine mehrbesetzte zu einer
der drei ersten Kolonuenkategorien 1, α, β, welche das Relativ 0 ɟ 0' ; a
in Vollkolonnen verwandelt, und muss letztres folglich = 1 sein.
Besteht a aus gerade zwei Vollzeilen, so hat es in unserm Denk-
bereiche 1 ¼ auch ebensoviele Leerzeilen; seine Kolonnen gehören dann zur
Kategorie β der mehrlückig mehrbesetzten, werden in 0 ɟ 0' ; a in Voll-
kolonnen verwandelt, dagegen in 1 ; (1' ɟ a) noch abgeworfen, gleichwie auch
in letzterem die einbesetzten Kolonnen des a abgeworfen wurden; also
während jenes = 1 ist, muss dieses verschwinden.
Besteht endlich a aus drei Vollzeilen (nebst also einer Leerzeile), so
gehören die Kolonnen des a als einlückige zur Kategorie α und werden
sie auch im Relative 1 ; (1' ɟ a) in Vollkolonnen verwandelt, dagegen in
0 ɟ a, welches nur die (blos bei a = 1 vorhandnen) Vollkolonnen von a
beibehält, noch abgeworfen — wie zunächst einzusehn gewesen. [Im letzten
Falle hätte man auch, statt neu denselben zu überlegen, auf das Relativ ā
die frühere Überlegung anwenden und ihr Ergebniss kontraponiren können.]
Es ist also unsre Tabelle gerechtfertigt.
Umgekehrt charakterisiren nun auch aufgrund von 43) sub 1 ¼ die
Wertsysteme obiger Tabelle als einer ebenso für b gültigen ihrerseits wieder
die Zusammensetzung oder Bildungsweise von b als 0, 1j, 2j, 3j, resp. 4j.
Und es leuchtet damit ein, dass in der That die vier Bedingungen zu-
sammengenommen den notwendigen und hinreichenden Ausdruck für die
Gleichzahligkeit der Elemente in a und b sub 1 ¼ ausmachen.
Die erste 1 ; a = 1 ; b dieser Bedingungen ist äquivalent mit
1 ; a ; 1 = 1 ; b ; 1 und läuft also hinaus auf
44) (a = 0) = (b = 0) somit (a ≠ 0) = (b ≠ 0)
d. h. sie fordert immer gleichzeitiges Verschwinden oder Nichtverschwinden
bei den ähnlichen Systemen a und b.
Die zweite Bedingung: 0 ɟ 0' ; a = 0 ɟ 0' ; b drückt für sich allein
aus, dass a und b immer nur gleichzeitig mehr als ein Element resp.
nicht mehr als ein Element enthalten dürfen (sofern sie ähnlich sein
sollen). In Verbindung mit der ersten Bedingung ist sie aber auch
der ausreichende Ausdruck für die Forderung, dass, sobald das System a
aus gerade einem Element besteht (sonach selbst Element ist), dann
auch b aus gerade einem Element bestehn (ebenfalls irgend ein Element
sein) muss, sowie umgekehrt.
Diese beiden Bedingungen nun gelten (offenbar) für jeden, auch
für den voraussetzungslosen Denkbereich, und werden wir sie nachher
auch noch analytisch aus unsrer Ähnlichkeitsdefinition (17) abzuleiten
haben.
[627]§ 31. Erste bei der Ähnlichkeit involvirte Partialresultante.
Anders die beiden letzten Bedingungen sub 1 ¼ in 43).
Die letzte 0 ɟ a = 0 ɟ b von diesen, äquivalent mit 0 ɟ a ɟ 0 = 0 ɟ b ɟ 0
läuft hinaus auf
(a = 1) = (b = 1), also auch (a ≠ 1) = (b ≠ 1)
und besagt, dass, wenn von zwei ähnlichen Systemen das eine die sämt-
lichen Elemente des Denkbereiches umfasst, dies auch beim andern der
Fall sein müsse, und wenn dort nicht, so auch hier nicht.
In Verbindung mit dieser letzten sagt die vorletzte Bedingung 1 ; (1' ɟ a) =
= 1 ; (1' ɟ b) oder 0 ɟ 0' ; ā = 0 ɟ 0' ; b̄ aus, dass ferner, wenn a sämtliche
Elemente des Denkbereiches bis auf eines enthält, dann auch b sämtliche
Elemente mit Ausnahme von irgend einem enthalten müsse, und andern-
falles nicht — sowie umgekehrt.
Diese beiden Bedingungen werden aber in der That nur für einen
„endlichen“ Denkbereich, und für jeden solchen, gültig sein. Sie können
für einen unbegrenzten Denkbereich unmöglich Geltung haben, weil von
solchem bekannt ist, dass er auch in echte Teile seinerselbst eineindeutig
oder ähnlich abgebildet werden kann (S. 596). Ebensowenig also werden
diese beiden „letzten“ Bedingungen für den voraussetzungslosen Denkbereich
Geltung beanspruchen dürfen; sie können durchaus nicht etwa zwingende
Konklusionen aus unsrer Ähnlichkeitsdefinition sein und lassen sich als
solche in der That auch nicht beweisen.
Allgemein hat man sich etwa in der Mitte der zu 1 ¼ gemachten An-
gabe 43) eine Cäsur, einen Einschnitt angebracht und in die Öffnung
Punkte „…“ hineingesetzt zu denken, welche bei den höhern Denkbereichen
durch immer mehr noch weiter einzuschaltende bislang noch unbekannte
Bedingungen ersetzt zu denken sind, während die beiden ersten Bedingungen
(als partielle Resultanten) für jeden Denkbereich bestehen und sich fort-
erhalten müssen.
Überspringen wir nun die Punkte …, so wird auch die vorletzte und
die letzte von den vier sub 1 ¼ angeführten Bedingungen in jedem begrenzten
Denkbereiche noch Geltung behalten und die Reihe der Partialresultanten
abschliessen.
Dagegen wird man sich vorzustellen haben, dass, wenn bei ev. un-
begrenztem Denkbereiche auf dem hier betretnen Wege die explizite Ähn-
lichkeitsdefinition mittelst Hinzufügung von immer weitren Bedingungen
(als Partialresultanten) zu den beiden ersten sub 1 ¼ in 43) angeführten
jemals ihre Ergänzung (zur vollen Resultante), deren sie noch bedarf, finden
sollte: alsdann die beiden „letzten“ Bedingungen von ebenda „niemals
kommen“ werden. —
Die erste Bedingung und Partialresultante:
45) (a ∽ b) ⋹ (1 ; a = 1 ; b) = (ă ; a = b̆ ; b) = etc.
— deren noch andere Formen wir bereits in den zwei ersten Zeilen
unter dem Strich in 31) S. 617 aufgeführt — statuirt, wie gesagt:
Ähnliche Systeme können nur gleichzeitig verschwinden, und müssen andern-
40*
[628]Zwölfte Vorlesung.
falles allesamt von 0 verschieden sein. Sie lässt sich leicht und auf ver-
schiedne Weisen aus unsrer Ähnlichkeitsdefinition folgern.
Man hat erstlich zu den beiden Hauptbedingungen von (17) a ⋹ z̆ ; b,
b ⋹ z ; a die Einzelresultanten (der Elimination von z): a ⋹ 1 ; b, b ⋹ 1 ; a.
Da aber nach 49) S. 453: (a ⋹ 1 ; b) = (1 ; a ⋹ 1 ; b) und ebenso (b ⋹ 1 ; a) =
= (1 ; b ⋹ 1 ; a), so gibt die Vereinigung dieser beiden eben die Gleichung
1 ; a = 1 ; b, q. e. d.
Es konnte aber auch a ⋹ 1 ; b in a = a · 1 ; b = a ; b umgeschrieben
werden, sodass
(a = a ; b)(b = b ; a)
eine andre Schreibweise derselben Resultante vorstellt. Jedoch gelten die
beiden Hauptbedingungen auch als Gleichungen: a = z̆ ; b, b = z ; a und
geben als solche die Einzelresultanten: a = (a ɟ b̄̆) ; b, b = (b ɟ ā̆) ; a
— cf. § 19. Da unser a ɟ b̄̆ = a ɟ 0 ɟ b̄̆ = a ɟ 0 + 0 ɟ b̄̆ = a + b̄̆, und
b̄̆ ; b = 1 ; b̄b = 0 ist, so leuchtet überdies die Identität dieser beiden letztern
mit den vorigen a = a ; b, etc. unmittelbar ein.
Konvertirt man die erstere Gleichung, so gelangt man mit ă = b̆ ; z,
b = z ; a durch Einsetzung zu dem Schlusse: b̆ ; b = b̆ ; z ; a = ă ; a, womit
ă ; a = b̆ ; b gewonnen ist.
[Denselben Schluss konnte man auch — anstatt in z — mit dem
Werte 13) von y ausführen, wobei dann das blos in der Verbindung
φ(x) = (x̄ ɟ 1')x(1' ɟ x̄) in der Ähnlichkeitsbedingung (14) vorkommende x
zugleich mit diesem φ(x)(= y) vollständig eliminirt erscheint. Dass aber,
wenn x blos als Baustein, Argument eines Ausdrucks φ(x) vorkommt, die
Resultante der Elimination von φ(x) noch lange nicht die Resultante von x,
sondern blos eine Unterresultante von dieser vorstellt, hatten wir schon
S. 287, Fussnote Gelegenheit zu betonen und finden wir hier bestätigt.
Denn die Bedingung ă ; a = b̆ ; b genügt bei weitem nicht, um die Ähn-
lichkeit von a und b zu verbürgen. Vielmehr ist dieselbe blos äquivalent
mit 44).]
In der That ist auch ă ; a = 1 ; aa = 1 ; a, mithin die Aussage ă ; a = b̆ ; b
von 1 ; a = 1 ; b nicht wesentlich verschieden.
Die in 31) mitangeführte Resultante ă ; 1 ; a = b̆ ; 1 ; b ergibt sich, in-
dem man die letzte mit der beiderseitig konvertirten übermultiplizirt, des-
gleichen auch indem man sie in der Form ă ; 1' ; a = b̆ ; 1' ; b zu der nach-
her zu rechtfertigenden ă ; 0' ; a = b̆ ; 0' ; b überschiebend addirt.
Als zweite Bedingung und Partialresultante war
46) (a ∽ b) ⋹ (0 ɟ 0' ; a = 0 ɟ 0' ; b) = (ă ; 0' ; a = b̆ ; 0 ; b) = etc.
mit noch viel anderen schon in 31) gegen Schluss mit aufgezählten
Ausdrucksformen zu notiren. Was sie stipulirt, haben wir bereits im
[629]§ 31. Zweite Partialresultante.
Kontext erörtert. Dieselbe — was uns jetzt noch obliegt — aus (17)
zu beweisen, fiel nicht ganz leicht
Ich werde drei Beweise geben, auch eines Fehlversuchs erwähnen der
lehrreich war, sofern er zahlreiche neue Ausdrucksformen und Relationen
offenbarte.
Zunächst beachte man, dass nach bekanntestem Satze über Systeme:
ă ; 0' ; a = 1 ; a(0' ; a) = 0 ɟ 0' ; a — letztres gemäss 30) S. 216 ist. Die
beiden in 46) angeführten Formen fallen also gänzlich zusammen, und mit
0' ; a = 0'ă ; 1 erhält man die Form hinzu: 1 ; 0'aă ; 1 = 1 ; 0'bb̆ ; 1. Es
würde sonach blos (0'aă = 0) = (0'bb̆ = 0) zu beweisen sein, was man
leicht auch auf die Formen der letzten Zeile 31) zurückführt. Da ferner
0' ; a sowie a · 0' ; a(= a0' ; a) System ist, so wird das ausgezeichnete Re-
lativ 0 ɟ 0' ; a nur dann nicht 0 sein, wenn 0' ; a = 1 ist, weshalb die Be-
hauptung auch auf (1 ⋹ 0' ; a) = (1 ⋹ 0' ; b) hinausläuft; und ferner wird
das ausgezeichnete Relativ 1 ; a(0' ; a) nur dann nicht 1 sein, wenn a(0' ; a) = 0
ist, weshalb dieselbe auch mit (a · 0' ; a = 0) = (b · 0' ; b = 0) äquivalent
sein muss. Damit erscheinen die unter 31) aufgeführten Formen, soweit z
nicht in ihnen vorkommt, nun aufeinander zurückgeführt. Wegen b = z ; a,
a = z̆ ; b, 0' ; z ⋹ z̄ und z̄ ; z̆ ⋹ 0', etc. kann man schliessen:
47)
Sintemal hier Anfangssubjekt und Endprädikat übereinstimmen, müssen alle
zwischenliegenden Termini diesem und unter sich gleich sein — womit
sich, wenn man noch z ; a = z ; 1 und z̆ ; b = z̆ ; 1 berücksichtigt, eine grosse
Reihe von andern in 31) angegebnen Ausdrucksformen mit hinzuergibt,
sobald unsre Behauptung 46) anderweitig gerechtfertigt sein wird. Diese
selbst ergibt sich auf diesem Wege nicht, es sei denn, dass es gelänge, die
Gleichheit zwischen irgend einem Ausdruck der einen und der andern Zeile
von 47) erst darzuthun — wie z. B. der Gleichung: 0 ɟ z̄ ; a = 0 ɟ 0' ; a.
Nun kann man zwar durch die Schlüsse:
z̄ ; a = z̄ ; z̆ ; b ⋹ 0' ; b, 0' ; b = 0' ; z ; a ⋹ z̄ ; a
unschwer beweisen dass:
48) z̄ ; a = 0' ; b und analog z̄̆ ; b = 0' ; a
sein muss. Allein damit liefe die letzte Behauptung doch nur auf eine
petitio principii hinaus.
Indessen wird mit 48) und dem Satze 46) auch der Rest seiner Aus-
drucksformen in 31) — bis auf die zwei ersten Formeln der viertletzten
Zeile — gesichert sein.
[Es käme nun also darauf an, etwa die Äquivalenz (1 ⋹ z̄ ; a) =
= (1 ⋹ 0' ; a) zu beweisen. Fehlversuche betreffend sei erwähnt, dass zwar
zu zeigen gelingt:
49) (1 ⋹ 0' ; a) = (z̄̆ ⋹ 0' ; a), (1 ⋹ z̄ ; a) ⋹ (z̆ ; 1 ⋹ 0' ; a) = (a ⋹ 0' ; a),
damit aber eine Annäherung zwischen den beiden Aussagen herbeizuführen
erst recht erschwert erscheint.
[630]Zwölfte Vorlesung.
Jenes so:
(1 ⋹ 0' ; a) = (1' ; 1 ⋹ 0' ; a ; 1) = (1' ⋹ 0' ; a ; 1 ɟ 0 = 0' ; a ; 1 = 0' ; a) =
= (1' ⋹ 0' ; a) = (1' ⋹ 0' ; a + 0 ɟ z) = (1' ⋹ 0' ; a ɟ 0 + 0 ɟ z) = (1' ⋹ 0' ; a ɟ 0 ɟ z) =
= (1' ⋹ 0' ; a ɟ z) = (1' ; z̄̆ ⋹ 0' ; a) = (z̄̆ ⋹ 0' ; a) weil 0 ɟ z = 0
— cf. 31) — und 0' ; a System ist. Dieses so:
(1 ⋹ z̄ ; a) = {1 ⋹ (z̄ ɟ 0') ; a ⋹ z̄ ɟ 0' ; a} ⋹ (1 ⋹ z̄ ɟ 0' ; a) = (z̆ ; 1 ⋹ 0' ; a).
Aufgrund von 48) gilt zwar für a ∽ b gewiss: (1 ⋹ 0' ; b) = (1 ⋹ z̄ ; a).
Zu sagen, dass, weil a ∽ a, für b = a nun auch sein müsse (1 ⋹ 0' ; a) =
= (1 ⋹ z̄ ; a), würde jedoch ein Fehlschluss sein, weil es zwar in der That
ein z̄ resp. z derart geben wird, dieses aber als a auf sich selbst voll-
gedeckt abbildend ein anderes — Z — sein wird als unser a in b (und
eventuell in a hinein) abbildendes z. Also auf diesen Wegen kommt man
nicht zum Ziele.]
Um erstmals in der Form (1 ⋹ 0' ; a) = (1 ⋹ 0' ; b) unsern Satz 46)
zu beweisen, wird es der Symmetrie halber genügen, blos zu zeigen, dass
(1 ⋹ 0' ; a) ⋹ (1 ⋹ 0' ; b), d. h. Πi(1 ⋹ Σl0'i lal) ⋹ Πi(1 ⋹ Σl0'i lbl).
Damit für jedes l die Σl0'i lal = aA + aB + … (ohne ai) gleich 1 sein könne,
muss nach l mehr als ein al gleich 1 sein. Denn wäre blos ein al
— sagen wir ai — gleich 1, so verschwände für dieses i die Summe; und
wäre gar kein al gleich 1, so müsste sie ja für jedes i verschwinden. Es
gibt also mindestens zwei Werte h und m, wo h ≠ m, von l, für welche
al = 1 ist, d. h. wir haben ah = 1 und am = 1 oder sowol h ⋹ a als
m ⋹ a mit h ≠ m.
Nach der ursprünglichen Fassung des Begriffs der ähnlichen Abbil-
dung z gibt es nun auch ein k ⋹ b und ein n ⋹ b derart, dass k = z ; h
und n = z ; m, und zwar muss wegen h ≠ m auch k ≠ n sein. Es sind
also nach l mindestens zwei bl nämlich bk und bn gleich 1 und ist damit
auch die Σl0'i lbl für jedes i gleich 1, q. e. d. Und vice versa.
Dieser Beweis, obzwar bindend, ist aber methodologisch nicht befrie-
digend, weil er auf dem Argumentiren auf Elemente und Unterscheidung
von Einzahl und Mehrzahl bei diesen beruht.
Analytisch gelingt der Beweis unsrer Behauptung 46) in der Gestalt:
(0'aă = 0) = (0'bb̆ = 0) zweitens wie folgt. Sei 0'aă = 0, so ist
0'bb̆ = 0' · z ; a · ă ; z̆ = 0' · z ; a ; ă ; z̆ = 0' · z ; aă ; z̆ = 0' · z ; (1'aă + 0'aă) ; z̆ =
= 0' · z ; 1'aă ; z̆ ⋹ 0' · z ; 1' ; z̆ = 0' · z ; z̆ ⋹ 0' · 1' = 0,
also auch 0'bb̆ = 0, q. e. d. Desgleichen umgekehrt.
Ein dritter Beweis soll direkt für die Form ă ; 0' ; a = b̆ ; 0' ; b ge-
geben werden. Wegen a = z̆ ; 1, b = z ; 1 ist ă ; 0' ; a = 1 ; z ; 0' ; z̆ ; 1,
b̆ ; 0' ; b = 1 ; z̆ ; 0' ; z ; 1, mithin die Gleichheit der beiden rechten Seiten
darzuthun, oder der erste von den vier Ausdrücken auch in den letzten
noch zu transformiren. Wir haben auch: ă ; 0' ; a = 1 ; 0'aă ; 1 = 1 ; 0'(z̆ ; 1 ; z) ; 1.
[631]§ 31. Zweite Partialresultante.
Zerlegen wir hier die mittlere 1 in 0' + 1', so muss wegen z̆ ; 1' ; z =
= z̆ ; z ⋹ 1' der letzte Teil wegfallen und kommt: ă ; 0' ; a = 1 ; 0'(z̆ ; 0' ; z) ; 1.
Aber mit 0' ; z ⋹ z̄ = z̄ ɟ 0' folgt auch z̆ ; 0' ; z ⋹ 0', also 0'(z̆ ; 0' ; z) =
= z̆ ; 0' ; z selbst. Somit bleibt ă ; 0' ; a = 1 ; z̆ ; 0' ; z ; 1 = b̆ ; 0' ; b, q. e. d.
Auch mit 0' ; z ⋹ z̄, ergo z̆ ; 0' ; z ⋹ z̆ ; z̄ ⋹ 0', etc. lässt sich die
unterwegs hierbei gebrauchte Relation
50) z ; 0' ; z̆ + z̆ ; 0' ; z ⋹ 0'
rechtfertigen, womit nun die Formeln 31) auch sämtlich bewiesen worden.
Um übrigens die Gleichung 1 ; z ; 0' ; z̆ ; 1 = 1 ; z̆ ; 0' ; z ; 1 unmittelbar
zu rechtfertigen, wozu der Beweis derselben als (vor- oder) rückwärtiger
Subsumtion, d. h. von z̆ ; 0' ; z ⋹ 1 ; z ; 0' ; z̆ ; 1 genügt, kann man auch die
Koeffizientenevidenz anrufen:
Σh kzh i0'h kzk j⋹Σh m n kzh m0'm nzk n.
Falls nun i ≠ j, so findet sich jedes Glied zh izk j (wo h ≠ k) der linken
Seite auch rechterhand vor, und zwar mit m = i, n = j, weil dann
0'm n = 0'i j = 1 sein wird. Falls dagegen j = i, so finden zwar die Glieder
der linken Seite zh izk i (wo k ≠ h) sich rechterhand nicht vor, allein die
Summe jener muss dann verschwinden: es muss Σh kzh i0'h kzk i = (z̆ ; 0' ; z)i i =
= (1' · z̆ ; 0' ; z)i j = 0 sein wegen 50). Q. e. d.
Das vorstehend über die „explizite“ Darstellung der fundamentalen
Ähnlichkeits- oder Gleichmächtigkeitsbedingung Vorgetragene ist übrigens
blos das, was sich mir sozusagen auf den ersten Anlauf ergab, und es
ist noch nicht die Hoffnung aufzugeben: dass sich bei tieferm Eingehen
auf das S. 624 charakterisirte Eliminationsproblem als solches — nach
den noch weiter auszugestaltenden Methoden am Schlusse des § 29 —
auch allgemein eine konzise Ausdrucksform für die explizite Bedingung
gewinnen lassen könnte.
Dies würde freilich ein grosser Triumph für unsre Disziplin sein:
noch ohne den Begriff der Zahl und Anzahl, vielmehr propädeutisch für
diese, den Begriff der Gleichzahligkeit (und, mehr noch: der Gleichmächtig-
keit) zweier Systeme auch explizite zu formuliren! Die Möglichkeit, solch
Ideal zu verwirklichen, scheint mir durch die schon realisirte implizite
Fassung dieses Begriffs bereits erwiesen. Denn wenn wir, unabhängig von
den übrigen, jeden einzelnen z-Koeffizienten eliminiren können, so müssen
sich doch auch sämtliche z-Koeffizienten eliminiren lassen! Es eröffnet sich
sogar die Aussicht: durch „Auflösung“ gedachter Ähnlichkeitsbedingung
nach den Unbekannten a und b jedes mögliche Paar von gleichmächtigen
Mannigfaltigkeiten durch zwei arbiträre Parameter u and v dereinst aus-
drücken zu lernen. —
Haben wir nun mit dem Bisherigen vom Standpunkt unsrer Theorie
alles das mit erledigt, was in der Dedekind’schen Schrift über „ähn-
[632]Zwölfte Vorlesung.
liche“ Systeme und über „ähnliche“ oder gegenseitig eindeutige Abbil-
dung gesagt ist, so wollen wir nun auch den Sätzen dieser Schrift
uns zuwenden, welche auf die eventuell nur einseitig eindeutige Ab-
bildung Bezug haben.
Diese gehen jenen in ihr voran, und sofern diese blos als Propädeutik
für jene (jene als der Endzweck von diesen) angesehen werden dürfen, er-
scheinen sie bei unsrer Anordnung als eigentlich entbehrlich gemacht.
D 21 gibt die »Erklärung« der »Abbildung« — oder, wie wir voll-
ständiger hier sagen müssen: der „eindeutigen Abbildung“ eines Systems
a = a ; 1 von Elementen h durch ein Relativ x.
Mutatis mutandis sei zuvörderst citirt:
Unter einer eindeutigen Abbildung x eines Systems a = a ; 1 wird ein
»Gesetz« (binäres Relativ) verstanden, nach welchem zu jedem bestimmten
Element h von a ein bestimmtes »Ding« (für uns wiederum „Element“ k
des Denkbereiches 1) gehört, welches das x-Bild von h heisst und mit
x ; h bezeichnet wird; wir sagen auch, dass (k =)x ; h dem Element h ent-
spricht, dass x ; h durch die Abbildung x aus h entsteht oder erzeugt wird,
dass h durch die Abbildung x in x ; h übergeht. Ist nun c(= c ; 1 ⋹ a)
irgend ein Teilsystem von a, so ist in der Abbildung x ; a wegen x ; c ⋹ x ; a
zugleich eine bestimmte »Abbildung« von c »enthalten«, welche »der Ein-
fachheit wegen« wol mit demselben Zeichen x bezeichnet werden darf, und
darin besteht, dass jedem Element i des Systems c dasselbe Bild x ; i ent-
spricht, welches i als Element von a besitzt; zugleich soll das System,
welches aus allen Bildern x ; i besteht, das x-Bild von c heissen und mit
x ; c bezeichnet werden, wodurch auch die Bedeutung von x ; a erklärt ist.
»Als ein Beispiel einer Abbildung eines Systems ist schon die Be-
legung seiner Elemente mit bestimmten Namen oder Zeichen anzusehen.
Die einfachste Abbildung eines Systems ist diejenige, durch welche jedes
seiner Elemente in sich selbst übergeht; sie soll die identische Abbildung
heissen.«
Wir wollen nun dasjenige, was vorstehend von der eindeutigen
Abbildung eines Systems a gefordert ist, in Formeln bringen, und
zwar, parallel dem über die ähnliche Abbildung Vorangegangnen, auf
mehrere Arten und wiederum relativ inbezug auf ein bestimmtes zweites
System b als den Rezipienten, Empfänger der x-Bilder von a.
Hierbei wird eine (eindeutige) Abbildung mittelst x „von a auf b“
nicht zu verwechseln sein mit einer solchen „von a in b hinein“. Bei
jener würde (auch umgekehrt) jedes Element von b ein x-Bild zu Ele-
menten von a sein müssen. Bei dieser braucht blos jedes Element
von a ein x-Bild innerhalb b zu haben, und ist es zunächst diese
letztre als die minder enge Forderung, die für uns von Interesse.
Als die minimale oder am weitesten gefasste Bedingung dafür,
dass x das System a in das System b hinein eindeutig abbilde, erscheint
diese:
[633]§ 31. Eventuell blos einseitig eindeutige Abbildung.
Zu jedem Element h von a soll es mindestens ein Element k
von b geben, welches dessen x-Bild ist, während zugleich die Forde-
rung Xk h erfüllt ist, dass ein jedes von k verschiedene Element n
von b nicht dessen x-Bild ist. M. a. W.: Es soll zu jedem Element h
von a innerhalb b ein und nur ein Element k, welches ⋹ x ; h ist,
geben.
Damit allein wird über das externe Verhalten von x zu a und b
in keiner Weise präjudizirt sein. — Obiges liefert nun:
51)
Πh(āh + Σkbkxk hXk h) wo Xk h = Πn(b̄n + 1'k n + x̄n h) = {1' ɟ (b̄ + x̄)}k h,
und wird xX = y genannt, so kommt:
Πh(āh + Σkbkyk h) = 0 ɟ (ā̆ + 1; by) ɟ 0 = b̆ ; y ɟ ā = ā̆ ɟ y̆ ; b = (a ⋹ y̆ ; b).
Unser Ergebniss ist somit:
52)
Als Resultante der Elimination von x muss gelten: a ⋹ 1 ; b,
d. h. es darf b nicht ohne a verschwinden. Diese wollen wir fortan als
erfüllt voraussetzen. Es wird sich zeigen, dass sie die volle Resul-
tante gewesen, d. h. dass es dann immer auch zu irgendwie gegebnen
a und b eine Abbildung x gibt, welche den Anforderungen genügt:
In ein nicht verschwindendes System b hinein kann jedes System a ein-
deutig abgebildet werden.
Aus der Gleichung für y lässt sich nun x eliminiren wie folgt:
y⋹ 1' ɟ (b̄ + x̄), y ⋹ x, 0' ; y ⋹ b̄ + x̄, b · 0' ; y ⋹ x̄ ⋹ ȳ,
also by · 0' ; y = 0. [Oder auch bx ⋹ 1' ɟ ȳ, aber by ⋹ bx, also a fortiori:]
by⋹ 1' ɟ ȳ, by ; y̆ ⋹ 1', b · y ; y̆ ⋹ 1',
und diese in zweierlei Formen gefundne Resultante ist die volle, denn
falls sie erfüllt, so genügt auch x = y der Gleichung für y.
Es kann daher auch 52) äquivalent ersetzt werden durch:
52α) (b · y ; y̆ ⋹ 1')(a ⋹ y̆ ; b) oder (by · 0' ; y = 0)(a ⋹ y̆ ; b).
Hieraus folgt aber mit: y ; a ⋹ b, nämlich: y ; a ⋹ y ; y̆ ; b = (y ; y̆)b̆ ; b ⋹
⋹ 1' ; b = b, sintemal sich durch Konversion auch b̆ · y ; y̆ ⋹ 1' ergibt.
Wir mögen daher unser Ergebniss auch „voller“ noch in der
Form notiren:
53) {(b + b̆) · y ; y̆ ⋹ 1'}(a ⋹ y̆ ; b)(y ; a ⋹ b).
[634]Zwölfte Vorlesung.
Bei der Annahme b = 1 verbleiben, als nur mehr relativ inbezug auf
das System a, die beiden Forderungen:
54) A2, = (y ; y̆ ⋹ 1') nebst a ⋹ y̆ ; 1,
welch erstre y als eine nie mehrdeutige Abbildung charakterisirt, während
letztre — als mit Πh{(h ⋹ a) ⋹ Σk(k ⋹ y ; h)}, = 1 ; y ɟ ā = ā̆ ɟ y̆ ; 1 äqui-
valent — garantirt: dass die Elemente von a wenigstens Bilder haben
oder wirklich abgebildet werden, es nämlich zu jedem h ⋹ a ein k gibt so,
dass h ⋹ y̆ ; k, k ⋹ y ; h ist. — Da y = x(1' ɟ x̄) die allgemeine Wurzel
von A2 ist, so kann natürlich, wie auch aus 52) für b = 1 ersichtlich,
54) auch vertreten werden durch:
54α) a⋹ (x̄̆ ɟ 1')x̆ ; 1 was in (ă ⋹ 1 ; x){ă ⋹ 1 ; (1' ɟ x̄)}
nach 29) S. 215 zerfällbar — welcher Satz nur ein Sonderfall des unten
gegebnen 60) ist. —
Nennen wir ăby = z, wo dann sein wird:
z⋹ăb, z ; ā = 0, z̆ ; b̄ = 0,
so wird ähnlich wie früher (vergl. S. 605):
(a ⋹ y̆ ; b) = (a ⋹ a · y̆ ; b) = (a ⋹ ab̆y̆ ; b) = (a ⋹ z̆ ; b),
(y ; a ⋹ b) ⋹ (b · y ; a ⋹ b) = (byă ; a ⋹ b) = (z ; a ⋹ b),
{(b + b̆) · y ; y̆ ⋹ 1'} ⋹ (bb̆ · y ; y̆ ⋹ 1') = (by ; b̆y̆ ⋹ 1') ⋹ (ăby ; ab̆y̆ ⋹ 1') = (z ; z̆ ⋹ 1')
und folgt:
55) (z ; z̆ ⋹ 1')(a ⋹͇ z̆ ; b)(z ; a ⋹ b)(z ⋹ ăb)
(z ; ā = 0)(z̆ ; b̄ = 0)
und dieses z, für y gesetzt, genügt a fortiori auch den vorigen Forde-
rungen 53, 54).
Dass die zweite Subsumtion in 55) auch als Gleichung gilt folgt
daraus, dass mit z̆ ⋹ a auch z̆ ; b ⋹ a ; b = a · 1 ; b, mithin z̆ ; b ⋹ a
gelten muss.
Wir wollen vorstehende 55) die „Normalbedingung für die ein-
deutige Abbildung mittelst z des Systems a in das b hinein“ nennen.
Zu ihr kann man auch noch auf folgenden wesentlich andern
Wegen und mit zum Teil neuen Ausdrucksformen gelangen.
Einmal, indem man von vornherein die zwei von den vier S. 617
formulirten Forderungen γ kombinirt:
56) γ1γ2 = {(x̆ ; 0'b ɟ 0)a = 0}(a ⋹ x̆ ; b).
Auch dieser Ansatz ist ein Ausdruck dafür, dass mittelst x das
System a in b hinein eindeutig abgebildet werde. Doch ist das externe
Verhalten des gegenwärtigen x inbezug auf a und b von dem der
früheren x, y, z in 51) bis 55) eventuell verschieden.
[635]§ 31. Normale und andre Fassungen eindeutiger Abbildung.
Nennt man indess auch hier ăbx = z, so gelangt man ebenfalls
zur Normalform 55).
Inbezug auf den letzten Faktor rechts und die Adventivforderung
ist dies wiederholt (so gerade vorhin in y statt x) gezeigt, und was
den ersten Faktor betrifft eigentlich auch schon, und zwar auf S. 620. —
Ferner kann man auch selbständig die Forderung aufstellen, dass
es zu jedem Element h von a ein Element k von b gebe derart, dass
das x-Bild von h gleich k sei. Damit wird das Vorhandensein von
noch andern Elementen k' des b, sei es als x-Bilder von h, sei es
auch als solchem x ; h blos eingeordnet, von selber ausgeschlossen,
weil in diesen Fällen (k' ⋹ k also) k' = k folgen müsste. Notwendige
und hinreichende Bedingung dafür, dass a durch x in b hinein ein-
deutig abgebildet werde, muss also auch sein:
57) Πh{(h⋹a) ⋹Σk(k⋹b)(x ; h = k)}.
Jenachdem wir nun für den Ausdruck des letzten Thesisfaktors das
Schema ο) oder das ξ) des § 30 benutzen, ergeben sich ganz ver-
schiedne Ausdrucksformen dieser Bedingung, die es verlohnt beide
aufzusuchen. Mit ersterem entsteht:
58) b̆ ; x(1' ɟ x̄) ɟ ā, = ā̆ ɟ (x̄̆ ɟ 1')x̆ ; b = {a ⋹ (x̄̆ ɟ 1')x̆ ; b} = (a ⋹ x̆ ; b){a ⋹ (x̄̆ ⋹ 1') ; b},
mit letztrem dagegen:
59) ā̆ ɟ 1'{(x̄̆ ɟ 1') ; xb} ; 1, = {1'a ⋹ (x̄̆ ɟ 1') ; xb}.
Dies ist zunächst herzuleiten, dann aufeinander zurückzuführen, was
nicht ganz leicht, aber lehrreich ist. Zu 58) haben wir:
Πh[āh + Σkbk{x(1' ɟ x̄)}k h] = Πh k{ā̆ + 1 ; bx(1' ɟ x̄)}k h = {ā̆ + b̆ ; x(1' ɟ x̄)} ɟ 0,
weil 0 ɟ vor einem Systemkonvers unterdrückbar. Damit ist die erste
Form gewonnen, welche sich konvertirt in die zweite, dann, als Prädikat
zu 1 gesetzt, nach dem ersten Inversionstheorem auch in die dritte um-
setzt. Die Äquivalenz dieser mit der letzten Subsumtion und vierten Form
aber beruht auf einem allgemeinenSatze:
60)
— demgegenüber ein analoger Satz für a(1' ɟ ā) ; b jedoch nicht gelten
muss. Er beweist sich mit:
Li j = ΣhΠk(āi k + 1'k h)ai hbh j, Ri j = ΣlΠk(āi k + 1'k l)bl jΣhai hbh j =
= Σh lΠk(āi k + 1'k l)ai hbh jbl j
in Anbetracht dass aus der letztern Doppelsumme alle die Glieder heraus-
fallen müssen, in denen l ≠ h ist, sintemal sie wegen k ≠ l dann āi h zum
effektiven Faktor des Π haben und dieser mit ai h zusammentrifft; und
wird nun l = h gesetzt, so fällt Ri j völlig mit Li j zusammen, q. e. d. Der
[636]Zwölfte Vorlesung.
Satz schliesst sich augenscheinlich gewissen in § 29, S. 525 sq. gegebnen
Sätzen an. —
Zu 59) haben wir zunächst:
Πh{āh + Σkbk · k̆ ; x ; h · (k̆ ɟ x̄ ; h)} = Πh{āh + Σkk̆ ; bx ; h · (k̆ ɟ x̄ ; h)},
weil nämlich bk = bk h = k̆ ; b ; h sowie bkxk h = (bx)k h etc.
Hiernach erwächst uns zunächst die Hülfsaufgabe: die Summation
im letzten Gliede auszuführen, d. i., etwas allgemeiner gefasst, eine Summe
von folgender Form:
z = Σiĭ ; a · (ĭ ɟ b)
bei beliebigen a, b in geschlossner Form auszuwerten. Behufs deren Lösung
bilden wir ihren allgemeinen Koeffizienten zum Suffix hk:
zh k = Σi(ĭ ; a)h k(ĭ ɟ b)h k = ΣiΣlil hal kΠm(im h + bm k) =
= Σi l1'i lal kΠm(1'i m + bm k) = Σiai k(1' ɟ b)i k = {1 ; a(1' ɟ b)}h k,
womit z gefunden ist. Es verdient somit der Satz notirt zu werden:
61)
Nach dem ersten dieser Schemata wird unsre Σk gleich
1 ; (bx ; h)(1' ɟ x̄ ; h) = h̆ ; b̆x̆ ; (1' ɟ x̄) ; h = h̆ ; (x̄̆ ɟ 1') ; xb ; h
— vergl. 9) des § 27, S. 444 und 27) des § 25, S. 419.
[Darnach darf insbesondre — für b = 1 — das Schema notirt werden:
62) Σk(x ; h = k) = h̆ ; (x̄̆ ɟ 1') ; x ; h = {(x̄̆ ɟ 1') ; x}h h.]
Unsre Bedingung wird hiermit:
Πh{ā + (x̄̆ ɟ 1') ; xb}h h = ā̆ ɟ 1'{(x̄̆ ɟ 1') ; xb} ; 1.
Denn wenn wir für den Augenblick den Inhalt der geschweiften
Klammer c nennen und das zweite Glied in derselben d, so ist erstlich:
Πhch h = Πh k(1'c ; 1)h k = 0 ɟ 1'c ; 1,
sintemal das ɟ 0 am Ende unterdrückbar. Dazu zerfällt 1'c ; 1 = 1'ā ; 1 + 1'd ; 1,
und da ā System ist, haben wir 1'ā ; 1 = ā · 1' ; 1 = ā, also entsteht
0 ɟ (ā + 1'd ; 1) = ā̆ ɟ 1'd ; 1, was zuvörderst zu zeigen gewesen.
Unsre Bedingung läuft demnach auf a ⋹ 1'd ; 1 hinaus. Nun ist
beachtenswert, dass solche Bedingung bei beliebigem d, falls a System ist,
äquivalent sein muss der einfacheren: 1'a ⋹ d, sintemal alsdann:
(1'a ⋹ d) = (a ; 1 ⋹ d + 0') = {a ⋹ (0' + d) ɟ 0 = 1'd ; 1}.
Es liesse sich demnach der Satz notiren:
63) (a ; 1 ⋹ 1'b ; 1) = (1' · a ; 1 ⋹ b)
und nach diesem erhalten wir endlich aus der zuletzt gefundenen auch die
zweite Form 59) unsrer Bedingung, q. e. d.
[637]§ 31. Zur eindeutigen Abbildung.
Um die beiden Formen 58), 59) direkt aufeinander zurückzuführen,
kann man sich erstlich an die ausgezeichneten Relative halten, zweitens
auch an die Subsumtionenform unsrer Bedingung.
In erstrer Hinsicht ist für beliebige a, b, c leicht aus der Koeffizienten-
evidenz der Satz zu beweisen, dass:
64) 1' · a ; cb = 1' · ac̆ ; b
— was ja einfach auf (c̆)i l = cl i hinauskommt. Darnach ist schon für
sich: 1' · (x̄̆ ɟ 1') ; xb = 1' · (x̄̆ ɟ 1')x̆ ; b, und da das letzte relative Produkt
wegen b = b ; 1 System ist, so wird, wenn dasselbe e genannt wird,
1'e ; 1 = e sein müssen, mithin sich ohne weitres das ausgezeichnete Re-
lativ 59) in das 58) verwandeln, q. e. d.
In letztrer Hinsicht ist der Satz zu etabliren:
65)
als gültig für beliebige Relative a, b. Von diesen Äquivalenzen bedarf
blos die erste eines Beweises, und zwar als vorwärtige Subsumtion, da sie
als rückwärtige sich von selbst versteht. Hier ist
L = (1'a ⋹ 1'b ; 1 ɟ 0) = (1'a ⋹ 1'b ; 1) als ⋹ (1'a ⋹ 1'b) = R
nachzuweisen. Dies gelingt mit
L = L(1'a ⋹ 1') = (1'a ⋹ 1'b ; 1 · 1' = 1'b ; 1' = 1'b) = R.
Um nun aus der ersten Subsumtion 58) — sage L — die letzte 59)
— sage R — und umgekehrt zu gewinnen, schliesse man unter Gebrauch
der obigen Abkürzungen d = (x̄̆ ɟ 1') ; xb und e = (x̄̆ ɟ 1')x̆ ; b wie folgt:
L = (a ⋹ e) ⋹ (1'a ; 1 ⋹ 1'e ; 1), wo nun nach 64) 1'e = 1'd sein muss,
also L ⋹ (1'a ; 1 ⋹ 1'd ; 1) = (1'a ⋹ 1'd) = (1'a ⋹ d) = R, q. e. d. Und
umgekehrt: R = (1'a ⋹ d) = (1'a ⋹ 1'd = 1'e) = (1'a ⋹ e) ⋹ (1'a ; 1 ⋹ e ; 1),
was, da a und e Systeme sind, einerlei ist mit (a ⋹ e) = L. Damit ist
denn L ⋹ R und R ⋹ L also L = R bewiesen, q. e. d.
Mit der so nachgewiesnen Äquivalenz der Subsumtionen in 58), 59)
ist auch — für a = b = 1 — die Zurückführung der beiden äussersten
Formen der Charakteristik von A1A2 in 17) des § 30, S. 587 gegeben
und damit eine heuristische Herleitung der letztern von diesen, den Ge-
dankengang darlegend, durch den ich sie gefunden hatte.
Nachdem somit diese immerhin instruktiven Herleitungsdetails erledigt
sind, sehen wir uns die Resultate näher an.
Der Ansatz 58) oder 59) ist ebenfalls ein Ausdruck für die For-
derung, dass durch x das System a eindeutig in b hinein abgebildet
werde. Dieses x braucht dabei ersichtlich nicht einmal eine Abbil-
dung im Sinne des § 30 zu sein, denn die Forderung deckt sich mit
der Charakteristik von keinem unsrer 15 Typen. Dieselbe ist aber
auch von allen vorhergehenden 51, 52, 53, 55) wesentlich verschieden,
was daraus zu begreifen ist, dass sie wiederum ein andres externes
Verhalten von x in Hinsicht des a und b gestattet.
[638]Zwölfte Vorlesung.
Nennt man jedoch x(1' ɟ x̄) = y, so kommt:
66) a⋹y̆ ; b, wo y = x(1' ɟ x̄) oder y ; y̆ ⋹ 1',
und gelangt man auch von hier durch den Ansatz ăby = z zu unsrer
Normalform 55) zurück.
Auch mit der Form 59) lässt sich zeigen, dass, wenn ein x die For-
derung erfüllt, dann auch z = ăbx dieselbe erfüllen muss, und umgekehrt
(wo das Umgekehrte für x = z sofort ersichtlich). Es ist also aufgrund
von 59) darzuthun, dass für unser z auch 1'a ⋹ (z̄̆ ɟ 1') ; zb(= R) sein müsse.
In der That ist R = {(ā + b̄̆ + x̄̆) ɟ 1'} ; ăbx = {ā + (b̄̆ + x̄̆) ɟ 1'} ; bx · ă.
Mithin zerfällt die Behauptung in 1'a ⋹ ă, was wegen 1'a = 1'ă ersicht-
lich, und in
,
was mit der Einordnung von 1'a schon unter den unterwellten Teil der
rechten Seite kraft 59) a fortiori gilt.
Nunmehr haben wir noch ein paar Sätze zu beweisen.
Dem Satze D 35 bei der ähnlichen entspricht für die blos ein-
deutige Abbildung der von Dedekind nicht besonders chiffrirte sondern
nebenher in D 21 mitaufgenommene
Satz. Wird ein System a durch x, resp. y oder z eindeutig in b
hinein abgebildet, so wird ebendadurch auch jedes Teilsystem c von a
eindeutig in b hinein abgebildet.
Beweis. Dies folgt (bei c = c ; 1) mit c ⋹ a aus a ⋹ y̆ ; b und
y ; a ⋹ b in 53) a fortiori als c ⋹ y̆ ; b und y ; c ⋹ y ; a ⋹ b, während die
dortige nur auf b bezügliche Charakteristik von y für das Teilsystem von
a dieselbe bleibt wie für a — q. e. d.
Ähnliches gilt auch für die „normal“ eindeutige Abbildung z von a
in b hinein bei 55), jedoch mit einer Ausnahme. Falls nämlich c ein
echtes Teilsystem von a, so wird z ; c̄ keineswegs = 0 sein, überhaupt die
Adventivforderung als z ⋹ c̆b, nämlich die Teilforderung z ⋹ c̆ derselben,
nicht gelten, und somit im Allgemeinen nicht zu gelten brauchen. Aus
z ⋹ ă und c̆ ⋹ ă ist ja solcher Schluss nicht ziehbar. Vielmehr zerfällt
z ; c̄ = z ; (ā + ac̄) = z ; ac̄ [was ≠ 0, weil jedes Element von a ein wirk-
liches Bild hat], sintemal c = ac, c̄ = ā + c̄ = ā + ac̄ und z ; ā = 0 war.
Eine inbezug auf ein System normal ähnliche Abbildung ist mithin
zwar eine ähnliche aber nicht eine normal ähnliche inbezug auf ein (echtes)
Teilsystem von jenem. Doch würde natürlich auch eine solche in Gestalt
von c̆z sich wieder aus ihr ableiten lassen.
Dedekind’s »Erklärung und Satz« D 25 betrifft die „Zusammen-
setzung“, Komposition zweier eindeutigen Abbildungen zu einer dritten
sowie das solche Kompositionen beherrschende Assoziationsgesetz.
Durch De Morgan-Peirce’s schon für die relative Multiplikation
von binären Relativen überhaupt erwiesenes Assoziationsgesetz 6) des § 6
[639]§ 31. Transitivität der eindeutigen Abbildung.
ist es überflüssig gemacht, dasselbe für den Sonderfall von Abbildungen
nochmals hervorzuheben. Auch bedarf die Komposition oder relative Multi-
plikation für uns keiner Erklärung mehr.
Bleibt somit für uns als Kern des Satzes die Behauptung der
Transitivität der eindeutigen Abbildung bestehen — was den Sätzen
D 31, 33 bei der ähnlichen Abbildung entspricht.
Sofern die „eindeutige Abbildung“ „im absoluten Sinne“ als eine auf
den ganzen Denkbereich bezügliche verstanden, das Wort also synonym mit
„Funktion“ genommen wird, ist auch diese Frage durch unsern all-
gemeinern Satz auf S. 567 bereits erledigt. Anders, wenn die eindeutige
Abbildung blos „relativ“ verstanden wird: als solche von einem bestimmten
System in ein andres hinein. Hier ist zu statuiren der
Satz. Wird ein System a durch ein Relativ x eindeutig ab-
gebildet in ein System b hinein und dieses durch y eindeutig in ein
System c hinein, so wird auch das System a durch das aus beiden
zusammengesetzte Relativ (z =)y ; x eindeutig in c hinein abgebildet.
Dies gilt in der That für die gemäss der Fassung 55) als „normal“
eindeutige charakterisirten Abbildungen x, y, z,
wo wir für z = y ; x in Formeln haben:
(x ; x̆ ⋹ 1')(a ⋹ x̆ ; b)(x ; a ⋹ b)(x ⋹ ăb)(y ; y̆ ⋹ 1')(b ⋹ y̆ ; c)(y ; b ⋹ c)(y ⋹ b̆c) ⋹
⋹ (z ; z̆ ⋹ 1')(a ⋹ z̆ ; c)(z ; a ⋹ c)(z ⋹ ăc)
und die drei ersten Teile der Behauptung mit
y ; x ; x̆ ; y̆ ⋹ 1', a ⋹ x̆ ; y̆ ; c, y ; x ; a ⋹ y ; b ⋹ c
wie bisher leicht erweislich erscheinen; aber auch die Adventivbedingung
betreffend mit x ⋹ ă, x ⋹ b, y ⋹ b̆, y ⋹ c sich schliessen lässt:
y ; x ⋹ y ; ă ⋹ c ; ă = că, also z ⋹ ă und z ⋹ c,
q. e. d. Der Satz gilt aber wiederum nicht für die in unsern andern, den
weiteren Fassungen als eindeutige definirten Abbildungen. Vielmehr ist
(auffallenderweise) zu seiner Geltung erforderlich, dass das externe Ver-
halten der Abbildungsprinzipien hinsichtlich a, b, c so, wie es eben bei
der normalen Fassung 55) geschah, eingeschränkt werde.
Indem man in 55) b = 1 nimmt, kann man diese Definition der
eindeutigen Abbildung auch als eine solche fassen, die blos relativ ist
inbezug auf das Objekt derselben [nicht aber auch, wie 55), inbezug
auf das Bild oder den Rezipienten von diesem], und zwar in Gestalt von:
67) (z ; z̆ ⋹ 1')(a ⋹ z̆ ; 1)(z ⋹ ă), = (z ; z̆ ⋹ 1')(z ⋹ ă = 1 ; z)
was die normale Form zu 54) ist.
Auch mit dieser Fassung wird man leicht den Satz beweisen:
Wird das System a durch x, dessen Bild x ; a durch y eindeutig ab-
gebildet, so wird auch a durch (z =)y ; x eindeutig abgebildet. D. h.
[640]Zwölfte Vorlesung.
(x ; x̆ ⋹ 1')(x ⋹ ă = 1 ; x)(y ; y̆ ⋹ 1')(y ⋹ ă ; x̆ = 1 ; y) ⋹ (z ; z̆ ⋹ 1')(z ⋹ ă = 1 ; z)
für z = y ; x. In der That folgt sowol mit x ⋹ ă, also x ; ā = 0 auch
y ; x ; ā = 0 also y ; x ⋹ ă, als auch mit den andern Voraussetzungen:
1 ; y ; x = ă ; x̆ ; x = 1 ; x ; x̆ ; x = 1 ; x̆ ; x = 1 ; x = ă nach 26) S. 447 —
q. e. d.
Sehr schön lässt sich der Beweis des letzten Satzes auch mittelst
Argumentation auf die Elemente im genauen Anschluss an Dede-
kind’s Räsonnement in unsrer Zeichensprache liefern, indem man die
Fassung 57) für b = 1 zugrund legt. Wir haben dann:
,
wo die unterwellten Aussagen blos Anmerkungen sein sollen, die auch
unterdrückbar wären, jedoch hingesetzt erkennen lassen, dass durch
die Thesis der ersten Prämisse (vor dem Πk) zugleich die Hypothesis
der zweiten (hinter dem Πk) als erfüllt verbürgt wird. Gemeinhin zu
reden:
Gibt es zu jedem Element h des Systems a ein (und nur† ein) Ele-
ment k (im Denkbereiche), welches dessen x-Bild ist (mithin wegen
x ; h ⋹ x ; a auch im x-Bilde von a enthalten sein wird), und gibt es zu
jedem Element k des Systems x ; a ein (und nur ein) Element l (im Denk-
bereiche), welches dessen y-Bild ist, so muss es auch zu jedem Element h
von a ein (und nur ein) Element l geben, welches das y-Bild von dessen
x-Bilde, d. h. dessen y ; x-Bild ist, q. e. d.
Gar nicht leicht dagegen scheint es, bei Zugrundelegung etwa der
Fassung 59) für b = 1, aus den Prämissen:
1'a ⋹ x̆ ; (1' ɟ x̄) und 1' · x ; a ⋹ y̆ ; (1' ɟ ȳ) auf 1'a ⋹ x̆ ; y̆ ; (1' ɟ ȳ ɟ x̄)
direkt zu schliessen. Die Aufgabe sei Forschern hiemit empfohlen, und
eine ähnliche Aufgabe wäre auch an die Fassung 58) für b = 1 zu knüpfen.
In letztrer Hinsicht ist zwar der eine Teil der Behauptung, nämlich:
(ă ⋹ 1 ; x)(ă ; x̆ ⋹ 1 ; y) ⋹ (ă ⋹ 1 ; y ; x)
unschwer so beweisbar: Aus der ersten Prämisse folgt ă = ă · 1 ; x, aus
der zweiten: ă ; x̆ ; x ⋹ 1 ; y ; x. Nach 20) S. 254 ist aber: ă · 1 ; x ⋹ ă ; x̆ ; x
— womit sich die Konklusion nun a fortiori ergibt. Den andern Teil der
Behauptung:
{ă ⋹ 1 ; (1' ɟ x̄)}{ă ; x̆ ⋹ 1 ; (1' ɟ ȳ)} ergo {ă ⋹ 1 ; (1' ɟ ȳ ɟ x̄)}
scheint es dagegen nicht leicht, vielleicht unmöglich, analytisch zu beweisen,
was ja erst dann ausführbar sein muss, wenn man links noch die Prämissen
aus der vorigen Behauptung hinzunimmt.
[641]§ 31. Allgemeinstes Relativ, welches a eindeutig abbildet.
Soll ein System a in ein System b hinein überhaupt eindeutig
abbildbar sein, so muss zwischen a und b eine gewisse Relation be-
stehn, die sich durch Elimination von x resp. y oder z aus der Fassung
unsrer relativen Abbildungsdefinition ergibt. Dieselbe lautet:
68) 1 ; a ⋹ 1 ; b
und besagt lediglich: dass b nicht ohne a verschwinden dürfe.
Enthält in der That b auch nur ein Element, so hindert nichts,
ebendieses als das Bild zu jedem Element von a hinzustellen.
Nehmen wir nun diese Relation als erfüllt an, so lässt sich auch
das allgemeinste Relativ x ermitteln, welches a eindeutig in b hinein
abbildet, und zwar eignet dazu sich am besten die Fassung 59), indem
sie in den Koeffizienten fordert:
ai i⋹ΣhΠkbh ixh i(1'i k + x̄k i)
— wobei wir die rechte Seite in b̆x̆ ; (1' ɟ x̄) konvertirt genommen
haben. Hierin figuriren nun als Unbekannte lediglich die Koeffizienten
der iten Kolonne von x.
Für jedes i, wo ai i = ai = 0, bleiben diese xh i = uh i vollkommen
bestimmungslos. Das Systemkonvers 1 ; ā1' erhält daher in x eine will-
kürliche Besetzung, oder es muss 1 ; ā1' · u ein integrirender Bestandteil
unsres gesuchten Relativs x sein.
Für solche i jedoch, wo ai i = ai = 1 ist, muss auch mindestens ein
Glied bh ixh ix̄A ix̄B i…(ohne x̄h i) der Σh gleich 1 und damit bh i = bh =
= 1, xh i = 1, xA i = xB i = ‥ (ohne xh i) ‥ = 0 sein. Gab es solche i, so
war 1 ; a = 1 und kraft 68) auch 1 ; b = 1, d. h. es gibt gewisse h, für
welche in der That bh i = bh = 1 ist, während für andre h dann auch
bh i = bh = 0 sein mag. Man braucht alsdann blos in dieser Kolonne ĭ dem x
ein Auge zu erteilen an irgend einer der Stellen wo sie von den Vollzeilen des
Systems b geschnitten wird, während alle übrigen Stellen dieser Kolonne bei x
Leerstellen bleiben müssen, sodass die Kolonne ĭ bei x eine einbesetzte wird.
Ungeachtet solcher Durchsichtigkeit des Baues von x scheint sich ein
allgemeiner, jede Wurzel der Proposition 59) darstellender Ausdruck für x
doch nur für den Fall b = 1 ohne erhebliche Weiterungen aufstellen zu
lassen. In diesem Falle nämlich müssen die Kolonnen des Systemkonverses
1 ; a1' bei x nur einfach irgendwie einbesetzte sein, d. h. wir haben
x = 1 ; ā1' · u + 1 ; a1' · f,
wenn f die allgemeinste „Funktion“, d. h. ein Relativ mit lauter ein-
besetzten Kolonnen vorstellt. Den (pasigraphischen) Ausdruck dieses f
haben wir in 27) S. 589 gegeben. Da jedoch a und ā Systeme sind, so
vereinfacht sich noch:
1 ; ā1' = ā̆, 1 ; a1' = ă,
indem z. B. 1 ; a1' = 1 ; ă1' = 1 ; (1 ; ă)1' = 1 ; 1' · 1 ; ă = 1 · ă, und somit ist
Schröder, Algebra der Relative. 41
[642]Zwölfte Vorlesung.
69) x = ā̆u + ă[u(1' ɟ ū) + {0 ɟ (ū + 0' ; u)}1'] =
= (ā̆ + 1' ɟ ū)u + a1'{0 ɟ (ū + 0' ; u)}
die allgemeine Wurzel der Bedingung
70) 1'a ⋹ x̆ ; (1' ɟ x̄) oder a ⋹ 1 ; x · 1 ; (1' ɟ x̄) für a = a ; 1.
Den Fall b ≠ 1 zu verfolgen sei Forschern empfohlen. —
Wie den Begriff der „eindeutigen“, so kann man auch den der
„identischen“ Abbildung — statt wie bisher als 1' „absolut“ — blos
„relativ“ fassen, nämlich unter Bezugnahme auf ein bestimmtes System a
als des Substrates (Objektes sowol als Bildes) der Abbildung im Denk-
bereiche.
Das System b als etwaigen Rezipienten des Bildes von a kann man
dabei aus dem Spiele lassen; denn ist a nicht ⋹ b, so ist die Aufgabe
unmöglich, und ist a ⋹ b, so erledigt sich die Sache von selber sobald
wir a nur überhaupt (in den Denkbereich 1 hinein) identisch abbilden.
Ein Relativ x wird inbezug auf ein System a = a ; 1 (dessen)
identische Abbildung zu nennen sein, wenn — nicht etwa nur im Ganzen
x ; a = a, sondern vielmehr wenn — jedem Element h von a als das
x-Bild desselben h selbst entspricht — mögen die Elemente von ā
dabei irgendwie, wenn überhaupt, abgebildet werden.
Diese Forderung formulirt sich zu
71) Πh{(h⋹a) ⋹ (x ; h = h)}, = Πh[āh + {x(1' ɟ x̄)}h h]
gemäss π) des § 30, wofür jedoch auch
Πh{ā + xh h(h̆ ɟ x̄ ; h)} genommen werden kann. Beide letzten Π zerfallen
in Πh(ā + x)h h = 0 ɟ (ā + 1'x ; 1) und
Πh(ā + 1' ɟ x̄)h h = 0 ɟ {ā + 1'(1' ɟ x̄) ; 1} resp. Πh(āh + h̆ ɟ x̄ ; h) = 0 ɟ (1' + x̄) ɟ ā,
was nach einem allgemeinen, unschwer zu findenden Schema:
72) Πi(ĭ ; a + ĭ ɟ b ; i) = 0 ɟ (1' + b) ɟ a
sich ergibt. Setzt man jeden Faktor nun also als Prädikat zum Sub-
jekte 1 an, so ergibt sich zum ersten: 1 ⋹ ā̆ ɟ 1'x ; 1, oder a ; 1 = a =
= 1'a ; 1 ⋹ 1'x ; 1, was nach 65) auf 1'a ⋹ x hinausläuft; zum zweiten:
1 ⋹ ā̆ ɟ 1'(1' ɟ x̄) ; 1 oder a = 1'a ; 1 ⋹ 1'(1' ɟ x̄) ; 1, d. h. ebenso 1'a ⋹ 1' ɟ x̄,
1'ă ⋹ 1' ɟ x̄, 0' ; x ⋹ 0' + ā̆, x ⋹ 1' ɟ (0' + ā̆) = 1' ɟ 0' + ā̆ = 1' + ā̆,
resp. (kürzer): 1 ⋹ (1' + x̄) ɟ ā, 1 ; ă = ă ⋹ 1' + x̄, ăx ⋹ 1', was auf
dasselbe hinausläuft. Beidemal haben wir also insgesamt:
73) 1'ă ⋹ x ⋹ 1' + ā̆,
woraus sich nach den Regeln des identischen Kalkuls berechnet:
x = 1'ă + u(1' + ā̆) oder:
74) x = 1'ă + uā̆
[643]§ 31. Identische Abbildung, relativ genommen.
als das allgemeinste Relativ, welches ein System a identisch abbildet, und
73) ist die Charakteristik eines solchen.
Man sieht auf den ersten Blick, dass (D 30) letztre durch x = 1' bei
jedem a identisch erfüllt ist.
Auch kann man die allgemeine Wurzel 74) derselben benutzen, um
nachzurechnen, dass unser x auch die Charakteristik der ähnlichen Ab-
bildung (für b = a) — wie sich a priori versteht — erfüllen muss.
Lehrreicherweise gelingt indessen letztres nur, wenn man die „erste“
Fassung 4) der Ähnlichkeitsdefinition, in der über das externe Verhalten
des Abbildungsprinzips x gar nichts präjudizirt ist, zugrunde legt, würde
dagegen mit den andern Fassungen — wie z. B. (10) — worin darüber
schon einigermaassen präjudizirt ist, (wie leicht zu sehn) durchaus nicht
gelingen.
Fügt man, um die „Normalform“ der relativ identischen Abbil-
dung von a zu erhalten, den bisherigen Bedingungen noch die Forde-
rung x ; ā = 0 oder x ⋹ ă (als eine adventive) hinzu, so muss uā̆ ⋹ ă,
also uā̆ ⋹ ăā̆ = 0 sein, und bleibt:
75) x = a1'
als Ausdruck für die völlig bestimmte Abbildung, welche blos a iden-
tisch abbildet. Dieselbe wird auch jedes echte Teilsystem identisch
(aber nicht „normal identisch“) abbilden. Auch genügt sie offenbar
der für b = a in Anspruch genommenen Ähnlichkeitsbedingung in
ihrer „normalen“ Fassung (17). —
Soweit die Einverleibung in unsre Disziplin der Erklärungen,
Sätze und Schlüsse von Dedekind’s Schrift bis zu dem S. 597 an-
gegebnen Punkte, d. h. bis zu D 64, uns als ein Ziel mit vorschwebte,
sind wir hiermit zu Ende, und man wird die Sätze:
in den für unsern Standpunkt erforderlichen Modifikationen auf-
genommen, dargestellt und erledigt finden.
Um jedoch eine Idee zu geben von der Mannigfaltigkeit der Be-
dingungen, die sich einer Abbildung x (im weitesten Sinn genommen)
auferlegen lassen, und um zugleich dem Studirenden ein umfassenderes
Übungsmaterial zur Verfügung zu stellen, sei es zur Einkleidung von
Bedingungen in die Form von affirmativen oder aber negirten Sub-
sumtionen sowie auch von ausgezeichneten Relativen, sei es zur Deutung,
Interpretation der letzteren, wollen wir hiernächst noch eine Reihe der
bemerkenswertesten Forderungen durchgehen und in der Zeichensprache
unsrer Disziplin formulirt aufstellen.
41*
[644]Zwölfte Vorlesung.
Da immer 0 ⋹ x ; a gilt, so ist es nichtssagend, zu verlangen,
dass „ein“ x-Bild von a verschwinde, und hat solches vielmehr nur
einen Sinn, wenn man es in Gestalt von x ; a = 0 von „dem“ x-Bilde
von a fordert.
Seien nun a = a ; 1 und b = b ; 1 Systeme, und bethätigen wir
bei der Chiffrirung der Forderungen die S. 597 im Kontext angegebnen
Bezeichnungsgrundsätze, so ist zunächst folgendes ein Überblick über
naheliegende Forderungsmöglichkeiten und deren Formulirung.
Das x-Bild jedes Elements von a verschwindet:
α1 = Πh{(h ⋹ a) ⋹ (x ; h = 0)} = 0 ɟ x̄ ɟ ā = (x ; a = 0) = (x ⋹ ā̆).
Es gibt Elemente von a, deren x-Bild nicht verschwindet:
ᾱ1 = Σh(h ⋹ a)(x ; h ≠ 0) = 1 ; x ; a = (x ; a ≠ 0) = (x ⋹ ā̆).
Das x-Bild keines Elements von a verschwindet:
α2 = Πh{(h ⋹ a) ⋹ (x ; h ≠ 0)} = 1 ; x ɟ ā = (a ⋹ x̆ ; 1).
Es gibt Elemente von a, deren x-Bild verschwindet:
ᾱ2 = Σh(h ⋹ a)(x ; h = 0) = (0 ɟ x̄) ; a = (a ⋹ x̆ ; 1).
Zu bemerken ist, dass die universalen Urteile α1 und α2 auch zutreffen für
a = 0, d. h. wenn es gar kein Element von a gibt. Dann gilt im Geiste
unsrer Algebra der Logik von „jedem“ Element von a bekanntlich alles
Erdenkliche: sowol dass es verschwindet, als auch dass es nicht ver-
schwindet. Alsdann ist α1 mit α2 (besagend: dass das x-Bild jedes Ele-
ments von a nicht verschwinde) verträglich.
Analog haben wir, a mit b, x mit x̆ (und h mit k) vertauschend:
β1 = Πk{(k ⋹ b) ⋹ (x̆ ; k = 0)} = 0 ɟ x̄̆ ɟ b̄ = (x̆ ; b = 0) = (x ⋹ b̄).
β̄1 = Σk(k ⋹ b)(x̆ ; k ≠ 0) = 1 ; x̆ ; b = (x̆ ; b ≠ 0) = (x ⋹ b̄).
β2 = Πk{(k ⋹ b) ⋹ (x̆ ; k ≠ 0)} = 1 ; x̆ ɟ b̄ = (b ⋹ x ; 1).
β̄2 = Σk(k ⋹ b)(x̆ ; k = 0) = (0 ɟ x̄̆) ; b = (b ⋹ x ; 1).
Man ziehe die Konklusionen (siehe hernach unter γ):
ᾱ2⋹ (1 = x̄ ; a), β̄2 ⋹ (1 = x̄̆ ; b). —
Die folgenden Bezeichnungen γ1 bis γ4 sind unabhängig von den S. 617 sqq.
schon vorgekommen.
Das x-Bild jedes Elements von a hat nichts mit b gemein =
= „ „ „ keines „ „ „ „ etwas „ „ „:
γ1 = Πh{(h ⋹ a) ⋹ (x ; h ⋹ b̄)} = b̄̆ ɟ x̄ ɟ ā = (x ; a ⋹ b̄) = (x ⋹ b̄ + ā̆) = (ăbx = 0) =
(= δ1) = Πk{(k ⋹ b) ⋹ (x̆ ; k ⋹ ā)} = ā̆ ɟ x̄̆ ɟ b̄ = (x̆ ; b ⋹ ā) = (x̆ ⋹ ā + b̄̆) = (ab̆x̆ = 0).
Es gibt Elemente in a, deren x-Bild etwas mit b gemein hat:
γ̄1 = Σh(h ⋹ a)(x ; h ⋹ b̄) = b̆ ; x ; a = (x ; a ⋹ b̄) = (x ⋹ b̄ + ā̆) = (ăbx ≠ 0) =
(= δ̄1) = Σk(k ⋹ b)(x̆ ; k ⋹ ā) = ă ; x̆ ; b = (x̆ ; b ⋹ ā) = (x̆ ⋹ ā + b̄̆) = (ab̆x̆ ≠ 0).
[645]§ 31. Einkleidung noch andrer möglichen Forderungen.
Das x-Bild jedes Elements von a hat etwas mit b gemein:
γ2 = Πh{(h ⋹ a) ⋹ (x ; h ⋹ b̄)} = b̆ ; x ɟ ā = (a ⋹ x̆ ; b).
Dies γ2 ist unser früheres γ1 von S. 617 sq.
Es gibt Elemente von a, deren x-Bild nichts mit b gemein hat:
γ̄2 = Σh(h ⋹ a)(x ; h ⋹ b̄) = (b̄̆ ɟ x̄) ; a = (a ⋹ x̆ ; b).
Analog x mit x̆ und a mit b vertauscht:
δ2 = Πk{(k ⋹ b) ⋹ (x̆ ; k ⋹ ā)} = ă ; x̆ ɟ b̄ = b̄̆ ɟ x ; a = (b ⋹ x ; a),
wo dies δ2 sich deckt mit dem γ3 von S. 617 sq.
δ̄2 = Σk(k ⋹ b)(x̆ ; k ⋹ ā) = (ā̆ ɟ x̄̆) ; b = b̆ ; (x̄ ɟ ā) = (b ⋹ x ; a).
Aus γ1 geht α1, aus γ2 unser α2 für b = 1 hervor, ebenso aus (δ1 =)γ1
unser β1, aus δ2 unser β2 für a = 1. In der gleichen Weise aus den noch
folgenden mit γ, δ chiffrirten Forderungen die entsprechenden α, β ab-
zuleiten und zu diskutiren, überlassen wir dem Leser.
Da (b̄̆ ɟ x̄) ; a ⋹ b̄̆ ɟ x̄ ; a, so haben wir nebenbei a fortiori die Kon-
klusionen:
γ̄2⋹ (b ⋹ x̄ ; a), ebenso: δ̄2 ⋹ (a ⋹ x̄̆ ; b).
Statt wie oben zu sagen: „das“ x-Bild des Elements h von a habe etwas
mit b gemein, kann man auch sagen: „ein“ x-Bild von h sei Teil von b,
oder: es gebe Elemente (h) in a, von denen „ein“ x-Bild in b enthalten ist.
Indem nämlich gemäss υ) S. 558 und 27) S. 419: (x ; h ⋹ b̄) = (b̄̆ ɟ x̄) ; h =
= b̄̆ ɟ x̄ ; h sein muss, werden wir — auch analytisch — haben:
(x ; h · b ≠ 0) = (x ; h ⋹ b̄) = b̆ ; x ɟ h̄ = b̆ ; x ; h =
= Σk(k ⋹ x ; h)(k ⋹ b) = Σkxk hbk = (x̆b̆ ; 1)h = (x̆ ; b)h.
Also zeigen sich in der That als mit den vorigen wesentlich übereinstim-
mende die Forderungen:
Es gibt kein Element in a, von dem ein Element des b ein x-Bild wäre:
Πh k{(k⋹b)(k⋹x ; h) ⋹ (h ⋹ a)} = γ1(= δ1).
Es gibt Elemente in a, von denen Elemente in b ein x-Bild sind:
Σh k(h⋹a)(k⋹b)(k⋹x ; h) = γ̄1(= δ̄1).
Von jedem Element in a ist ein x-Bild in b enthalten = Von jedem Ele-
ment in a ist das eine oder andre Element von b ein x-Bild:
Πh{(h⋹a) ⋹Σk(k⋹b)(k⋹x ; h)} = γ2.
Es gibt Elemente in a, von denen kein Element des b ein x-Bild ist =
Von gewissen Elementen in a ist kein Element in b ein x-Bild:
Σh(h⋹a)Πk{(k⋹b) ⋹ (k ⋹ x ; h)} = γ̄2.
Der Studirende wird es schon nicht ganz leicht finden, die für die
beiden letzten Formen behauptete Äquivalenz rechnerisch nachzuweisen.
[646]Zwölfte Vorlesung.
Als Gegenstücke zu den beiden letzten Forderungen drängen sich indess
bei ihrer gegenwärtigen Fassung sogleich noch auf:
Es gibt kein Element in a, wovon jedes Element in b ein x-Bild
wäre = Von jedem Element in a ist das eine oder andre Element von b
kein x-Bild:
γ3 = Πh[Πk{(k ⋹ b) ⋹ (k ⋹ x ; h)} ⋹ (h ⋹ a)] = b̆ ; x̄ ɟ ā = (a ⋹ x̄̆ ; b).
Es gibt Elemente in a, von denen jedes Element von b ein x-Bild ist =
Von gewissen Elementen in a ist jedes Element von b ein x-Bild:
γ̄3 = Σh(h ⋹ a)Πk{(k ⋹ b) ⋹ (k ⋹ x ; h)} = (b̄̆ ɟ x) ; a = (a ⋹ x̄̆ ; b).
Analog:
δ3 = Πk[Πh{(h ⋹ a) ⋹ (h ⋹ x̆ ; k)} ⋹ (k ⋹ b)] = b̄̆ ɟ x̄ ; a = (b ⋹ x̄ ; a).
δ̄3 = Σk(k ⋹ b)Πh{(h ⋹ a) ⋹ (h ⋹ x̆ ; k)} = b̆ ; (x ɟ ā) = (b ⋹ x̄ ; a).
Wohl hievon zu unterscheiden sind aber die Forderungen, welche sich
um die Existenz von solchen Elementen h des Systems a drehen, dass
(anstatt „ein“ — vielmehr) „das“ x-Bild von h in b enthalten ist. In
letztrer Hinsicht kann man in der That stipuliren:
Für kein Element von a ist das x-Bild Teil von b:
γ4 = Πh{(h ⋹ a) ⋹ (x ; h ⋹ b)} = b̄̆ ; x ɟ ā = (a ⋹ x̆ ; b̄).
Es gibt in a Elemente, deren x-Bild Teil von b ist:
γ̄4 = Σh(h ⋹ a)(x ; h ⋹ b) = (b̆ ɟ x̄) ; a = (a ⋹ x̆ ; b̄).
Das x-Bild jedes Elements von a ist Teil von b:
γ5 = Πh{(h ⋹ a) ⋹ (x ; h ⋹ b)} = b̆ ɟ x̄ ɟ ā = (x ; a ⋹ b) = (ăx ⋹ b).
Es gibt in a Elemente, deren x-Bild nicht Teil von b ist:
γ̄5 = Σh(h ⋹ a)(x ; h ⋹ b) = b̄̆ ; x ; a = (x ; a ⋹ b) = (ăx ⋹ b).
Analog:
δ4 = Πk{(k ⋹ b) ⋹ (x̆ ; k ⋹ a)} = b̄̆ ɟ x ; ā = (b ⋹ x ; ā).
δ̄4 = Σk(k ⋹ b)(x̆ ; k ⋹ a) = b̆ ; (x̄ ɟ a) = (b ⋹ x ; ā).
δ5 = Πk{(k ⋹ b) ⋹ (x̆ ; k ⋹ a)} = b̄̆ ɟ x̄ ɟ a = (x̆ ; b ⋹ a) = (bx ⋹ ă).
δ̄5 = Σk(k ⋹ b)(x̆ ; k ⋹ a) = b̆ ; x ; ā = (x̆ ; b ⋹ a) = (bx ⋹ ă).
Wird dagegen im Text zu den sechs Forderungen γ1 bis γ3 vom Striche
auf S. 645 ab für „ein x-Bild“ noch „das x-Bild“ gesagt, so ist gemäss π)
S. 557, wonach (k = x ; h) = {x(1' ɟ x̄)}k h gegenüber (k ⋹ x ; h) = xk h sein
muss, der Effekt blos der, dass man x durch x(1' ɟ x̄) zu ersetzen haben
wird. Z. B. also formulirt sich: Es gibt kein Element in a, von dem ein
Element von b das x-Bild wäre = Von jedem Element von a wird das
eine oder andre Element von b nicht das x-Bild sein, als:
Πh k{(k⋹b)(k = x ; h) ⋹ (h ⋹ a)} = b̄̆ ɟ (x̄ + 0' ; x) ɟ ā = (ăbx ⋹ 0' ; x). Etc.
Die Stipulationen aus dem vorstehenden sich verbal-logisch oder rhetorisch
[647]§ 31. Aufstellung von noch ferneren möglichen Forderungen.
motivirenden Gedankenkreise führen, wie man sieht, alle auf eines von den
sechs (zwei Gespanne bildenden) ausgezeichneten Relativen:
- a ɟ y ɟ b, a ; y ; b,
- (a ɟ y) ; b, a ; y ɟ b,
- a ɟ y ; b, a ; (y ɟ b),
worin a, b durch ein verwandtes der Systeme a, b vertreten und zwar
das erste ein Systemkonvers, das letzte ein System ist, und y ein (einfaches,
mit x verwandtes, oder auch ein zusammengesetztes, aus x sich irgendwie
ableitendes) Abbildungsprinzip vorstellt.
Wegen der Mannigfaltigkeit der angedeuteten Vertretungsmöglichkeiten
ist die Menge der Urteilsformen hier eine grosse und nicht leicht zu über-
sehende. Dieselben sechs Formen werden sich jedoch in der zweiten Ab-
teilung unsres Buches erweisen als die überaus einfache Grundlage einer
Lehre (Syllogistik) von den „doppelt universal- oder partikularen“ (ge-
nauer: den universal-universalen, den universal-partikularen, den partikular-
universalen und den partikular-partikularen) Urteilen — wodurch auf die
letzten Betrachtungen noch weitres Licht fällt.
Will man — was so oft verlangt wird — ein ausgezeichnetes Relativ,
welches ein relatives Produkt ist, in eine gewöhnliche Aussage umsetzen
wie z. B. das (a ɟ y) ; b, so steht für 1 ⋹ (a ɟ y) ; b kein Inversionstheorem
zum Herüberschaffen des b zur Verfügung. Wohl aber würde das bei
(a ɟ y) ; b ⋹ 0 der Fall sein, wo wir a ɟ y ⋹ 0 ɟ b̄̆ = b̄̆, also b̆ ⋹ ā ; ȳ
schliessen dürften. Unser ausgezeichnetes Relativ muss nun der Ver-
neinung dieser Aussage äquivalent sein, und wird also auf eine Unsub-
sumtion, hier b̆ ⋹ ā ; ȳ hinauslaufen. —
Propädeutisch für’s Folgende lege man sich zunächst zurecht, dass:
| Σk{(k⋹b) ⋹ (k ⋹ x ; h)} = {(x̆ + b̄̆) ; 1}h | Σk(k⋹b)(k⋹x ; h) = (x̆ ; b)h, |
| Πk „ „ „ = (x̆ ɟ b̄)h | Πk „ „ = (x̆b̆ ɟ 0)h. |
Alsdann wird es eine gute Übung sein, die folgenden unter analytischem
Gesichtspunkte sich darbietenden 16 Bedingungen (denen sich noch weitre
anschliessen werden) verbal zu formuliren, sie auf die angegebne Form
eines ausgezeichneten Relativs zu bringen, sowie sie auf ihre daneben ge-
stellte einfachste(?) Aussagenform zu reduziren, und überhaupt: sich in
ihre Bedeutung und Tragweite hineinzudenken:
Σh[(h ⋹ a) ⋹ Σk{(k ⋹ b) ⋹ (k ⋹ x ; h)}] = 1 ; (ā̆ + x + b̄) ; 1 = {(a = b = 1)(x = 0) = 0},
Σh „ Πk „ = 1 ; (ā + x̆ ɟ b̄) = {(a = 1)(1 = x̄̆ ; b) = 0},
Πh „ Σk „ = 1 ; (b̄ + x) ɟ ā = {ă(0 ɟ b) ⋹ 1 ; x} =
= {(b = 1) ⋹ (ă ⋹ 1 ; x)},
Πh „ Πk „ = b̄̆ ɟ x ɟ ā = (ăb ⋹ x).
[648]Zwölfte Vorlesung.
Σh(h ⋹ a)Σk{(k ⋹ b) ⋹ (k ⋹ x ; h)} = 1 ; (b̄ + x) ; a = {(a = 0) + (b = 1) ⋹ (x ⋹ ā̆)},
Σh „ Πk „ = (b̄̆ ɟ x) ; a = (a ⋹ x̄̆ ; b),
Πh „ Σk „ = {1 ; (b + x) ɟ 0}(0 ɟ a) = (a ≠ 0){(b = 0) ⋹ (1 = 1 ; x)},
Πh „ Πk „ = 0 ɟ a(x̆ ɟ b̄) = (a = 1)(b ⋹ x).
Σh{(h ⋹ a) ⋹ Σk(k ⋹ b)(k ⋹ x ; h)} = 1 ; (ā + x̆ ; b) = {(a = 1)(bx = 0) = 0},
Σh „ Πk „ = 1 ; (ā + x̆b̆ ɟ 0) = {(a = 1) ⋹ (b = 1 = x ; 1)},
Πh „ Σk „ = b̆ ; x ɟ ā = (a ⋹ x̆ ; b), (= γ2),
Πh „ Πk „ = 0 ɟ bx ɟ ā = (1 ; a ⋹ b)(ă ⋹ x).
Σh(h ⋹ a)Σk(k ⋹ b)(k ⋹ x ; h) = b̆ ; x ; a = (ăbx ≠ 0), (= γ̄1),
Σh „ Πk „ = (0 ɟ bx) ; a = {ă(0 ɟ b)(0 ɟ x) ≠ 0},
Πh „ Σk „ = 0 ɟ a(x̆ ; b) = (a = 1 = x̆ ; b),
Πh „ Πk „ = 0 ɟ ăbx ɟ 0 = (a = b = 1 = x).
Wenn man in den beiden ersten Quadrupeln anstatt der letzten sekundären
Subsumtion die umgekehrte, mithin: {(k ⋹ x ; h) ⋹ (k ⋹ b)} setzte, so
würde der Effekt blos der sein, dass sich x mit x̄ und b mit b̄ vertauschte.
Mit den vorstehenden zugleich sind also noch 8 weitre (zusammen 24)
Arten von Aussagen erledigt — ungerechnet deren Negationen, und die
sich mittelst Vertauschung von a, (h), x mit b, (k), x̆ ergebenden. Die
Wirkung einer Ersetzung der Subsumtion k ⋹ x ; h durch die Gleichung
k = x ; h haben wir oben S. 646 angegeben.
Eine grosse Mannigfaltigkeit von möglichen Bedingungen ergäbe sich
noch, wenn man darauf eingehen wollte, ob verschiednen Elementen in a
nie, manchmal, oder stets verschiedne Elemente in b als ein x-Bild der-
selben, resp. als deren x-Bild entsprechen — eventuell auch blos sofern
die Bilder von 0 verschieden sind. Doch wollen wir dieses reiche Feld
von Übungen im Einkleiden und Interpretiren von Forderungen, im äqui-
valenten Umformen derselben und im Ziehen von Folgerungen — dem ja
durch unsre Einleitung im § 30 auch schon vorgearbeitet ist — lieber
nicht mehr betreten.
Um nunmehr die ähnliche Abbildung eines Systems a(= a ; 1) in
sich selbst zu charakterisiren, wenden wir — zum Schlusse — die
Normalform (17) der Ähnlichkeitsbedingung auf ein dem a ähnliches
System b an, welches als ⋹ a gedacht wird.
Man könnte — unter u(= u ; 1) ein unbestimmtes System verstehend —
einfach b = u a in jene Formel eintragen, und müsste nur dem vorgeschrie-
benen dann noch ein beigesellen. Besser fügen wir aber die Forde-
rung b ⋹ a hinzu, und merzen den Namen b, indem wir ihn durch das
ihm gleiche z ; a durchweg ersetzen, vollständig aus.
[649]§ 31. Ähnliche Abbildung eines Systems in sich selbst.
So kommt:
76) ,
wo der unterwellte Faktor die adventive Forderung ausdrückt und als
solcher auch unterdrückbar wäre. Derselbe könnte jedoch auch noch
voller durch
(z ⋹ aă · z ; a)
ersetzt werden, sintemal mit z ⋹ z ; a und z ; a ⋹ a auch noch z ⋹ a
hinzufolgt.
Die hier implizite mit gegeben sein sollende Äquivalenz der all-
gemeinen Terme in den beiden wird als solche ebenfalls oft ge-
braucht werden.
Die Formel 76) nun wird den Ausgangspunkt für weitre wichtige
Betrachtungen in der zweiten Abteilung des Bandes bilden.
Daselbst werden wir sehen, wie einfach sich mit dem geringen
Bezeichnungskapital unsrer Disziplin wol die meisten zahlentheoretischen
sowie alle arithmetischen Grundbegriffe — einschliesslich des „Geordnet-
seins“, „Diskretseins“, „Dichtseins“ und der „Stetigkeit“ etc. einer
Menge — sozusagen pasigraphisch formuliren lassen, und wie die
Ziele des Folgerns und Schliessens durch solche Darstellung gefördert
werden.
druck „semelär“, welcher eigentlich der Reihe semel, bis, ter, ‥, der Stamm-
wörter unsrer Nomenklatur zu entnehmen wäre, zu befremdlich vorkommt. Das
der Reihe singuli, bini, terni, … angehörige Wort „singulär“ ist bereits mit allzu
viel Nebenbedeutungen im Gebrauche. Obwohl in „binär“ etc. die Endung -arius,
und nicht -narius, verwendet ist, und demnach „unär, multär“ vielleicht korrekter
als wie „uninär, multinär“ gebildet erschiene, glaube ich doch als Neubildungen
diesen letztern den Vorzug geben zu sollen.
plikation der Determinanten“ erinnern wird.
doppelsinnigen Gebrauchsweise, indem es bald für das englische „some“, bald für
das „any“ steht, welches letztre als = „irgend ein beliebiges“ hier ausgeschlossen
werden muss (da es vielmehr synonym mit „jedes“ wäre).
merkung nachzutragen, welche weiter unten folgt.
zeihe hier die kleine
Wiederholung des we-
sentlich bereits zu Fig. 9,
obzwar mit ganz an-
dern Worten, Gesagten.
Das Wesentliche wird
um so sicherer deutlich
werden.
Modulsymbole 0, 1, 0', 1' und endlich die Knüpfungszeichen; und ɟ dürfen hierbei
nicht umgedreht werden. Und die Π, Σ müssen den Ausdrucksteilen, vor welchen
sie standen, vorangestellt bleiben.
für den laufenden Zeiger (die Summations- oder Produktationsvariable) wählen.
Mit andern Worten: es dürfen die vorhin für jedes Suffix ij gezognen Folge-
rungen ai j ⋹ bi j, ci j ⋹ di j auch für Suffixe in Anspruch genommen werden, die
man etwa ih und hj zu nennen beliebt, die man irgendwie anders zu nennen
vorzieht.
Beziehungen der Einordnung, Subsumtionen, mit denen wir noch zu thun haben
werden.
gebraucht. Wir nehmen es hier blos als Gegensatz zu „unbesetzt“ — im Sinne
von „irgendwie besetzt“.
setzung, das Auge, schwankt (blinkt, szintillirt) zwischen Vorhandensein und
Nichtsein.
Recht von ihm wieder fallen gelassenen Sinne.
dokumentirt sich ein weitrer tiefwurzelnder Unterschied zwischen den Eliminations-
problemen in Arithmetik und Logik. [Ein Unterschied bestand schon in der
Unabhängigkeit des Problems von der Anzahl der Gleichungen hier, gegenüber
seiner Abhängigkeit dort.] Wenn in der arithmetischen Analysis ein Eliminand x
überall nur in der Verbindung φ(x) vorkommt, so ist im Allgemeinen die Elimi-
nation von x zugleich mit der von φ(x) geleistet; beide Eliminationen liefern die-
selbe Resultante, die erstere läuft einfach auf die letztere hinaus. Hier dagegen
kommt der Eliminand b lediglich in der Verbindung 1 ; b vor und dennoch führt
die Elimination von b und die von 1 ; b zu ganz verschiednen Resultanten! Woran
liegt dies nun? Bei genauerm Zusehn erkennt man wie dies davon kommt, dass
der Ausdruck 1 ; b nicht jedes beliebige Relativ, sondern nur Relative von einer
bestimmten Sorte vorzustellen fähig ist, m. a. W. davon: weil die [zur relativen
Multiplikation mit 1] inverse Operation nicht unbedingt ausführbar ist. Und dar-
nach erscheint natürlich die so frappante Thatsache doch als begreiflich.
noch anderweitige Bestimmungen vorliegen, soferne also — was uns bei den Auf-
lösungsproblemen immer vorschwebt — es sich um die Ermittelung einer Un-
bekannten, nicht aber eines schon bekannten Relativs handelt, eines Relativs
vielmehr, welches lediglich durch die vorgelegte Proposition beschränkt ge-
dacht wird.
werden kann.
Der scholastische Name für unser „symmetrisches“ Relativ ist „relativum
aequiparantiae“ als Gegensatz zum „relativum disquiparantiae“ — vergl. Peirce2
p. 52. So
Pschlacher in Petrus Hispanus: „Relativa aequiparantiae: quae sunt syno-
nyma cum suis correlativis … Relativa disquiparantiae: quae non sunt synonyma
cum suis correlativis.“
Ferner Ockham Quodlibetum 6 qu. 20:
„Quaedam sunt relationes aequiparantiae, quaedam disquiparantiae. Primae
sunt relationes similium nominum, secundae relationes dissimilium nominum.
Exemplum primi est quando idem nomen ponitur in recto et in obliquo, sicut
simile simili est simile … Exemplum secundi est quando unum nomen ponitur
in recto sed aliud in obliquo, sicut pater est filii pater et non oportet quod sit
patris pater.“
Wesentlich dieselben Definitionen können in vielen Logiken des späten
Mittelalters gefunden werden.
verdiene, und will möglicherweise passenderen Benennungsvorschlägen hiermit
nicht entgegenstehn.
auf die Abhandlungen von Kronecker und Helmholtz über den Zahlbegiff und
über Zählen und Messen in der Sammlung der an E. Zeller gerichteten philo-
sophischen Aufsätze, Leipzig 1887. »Das Erscheinen dieser Abhandlungen ist die
Veranlassung, welche mich bewogen hat, nun auch mit meiner, in manchen Be-
ziehungen ähnlichen, aber durch ihre Begründung doch wesentlich verschiedenen
Auffassung hervorzutreten, die ich mir seit vielen Jahren und ohne jede Beein-
flussung von irgendwelcher Seite gebildet habe.«
tionale Zahlen.
Lejeune Dirichlet1, dritte Aufl. 1879, § 163, Anm. auf pag. 470.
mag und jemals imstande sein wird zu leisten!
aber für jetzt nicht gerade als ein Satz formulirt zu sein.
„oder mit andern Worten“!
solche Relative anwendbar, die im Verhältniss des Ganzen zu seinem Teile stehen.
gerechtfertigt.
lassen dieses ja entweder ungeändert, oder verwandeln es sogleich in 0 oder aber 1.
wird doch das allgemeine Eliminationsverfahren zu finden. Denn die technischen
oder rechnerischen Schwierigkeiten, welche dessen Anwendung und Durchführung
entgegenstehn, pflegen ohne Vergleich erheblicher zu sein als diejenigen, die ver-
knüpft sind mit der Verwertung solcher Gedanken oder glücklichen Appercus wie
die sind, um die es sich hier handelt.
dikativer zulässig, nicht aber als ein determinativer erforderlich. So wenigstens,
wofern man die beiden Partikeln „nur“ des Textes als rhetorische Dreingabe auf-
fasst, resp. sie unterdrückt, oder besser noch, sie durch das Adverbium „gerade“
ersetzt.
hier dem absoluten Modul beigelegt haben. Cf. S. 34.
Schlüsse durchführen will — aus der Symmetrie der Prämissen hinsichtlich der
Relative b, d, z und a, c, z̆.
indem er p. 10 das System sogleich mit dem prädikativen Attribute als das „mit c
ähnliche System“ z ; c einführt. Es ist ja freilich, ebenso wie schon der ganze
SatzD 35, aus der Anschauung der gegenseitig eindeutigen Zuordnung ohne
weitres einleuchtend. Die Behauptung sollte gleichwol, als beweisbar, nicht ohne
Beweis gelassen werden, und dass sie eines solchen im Sinne unsrer Disziplin
bedarf, wird die Fortsetzung der Überlegung zeigen.
wäre sie es auch noch für ein zweites: k', so würde aus x ; h = k und x ; h = k'
ja k' = k folgen.
- Rechtsinhaber*in
- Kolimo+
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2025). Collection 3. Vorlesungen über die Algebra der Logik. Vorlesungen über die Algebra der Logik. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bpbx.0