[][[I]][[II]]
Der Herzog Franz von Este.
[[III]]
UND SEIN JAHRHUNDERT.
VERLAG VON MAX COHEN \& SOHN (FR. COHEN)
1888.
[[IV]]
Das Recht der Uebersetzung in fremde Sprachen behalten sich
Verfasser und Verleger vor.
[[V]]
Die Widmung dieses Buchs an KAISER FRIEDRICH,
welche an der Spitze des ersten Bandes steht, war von dem
hochseligen Monarchen noch in Schloss Friedrichskron huldvoll
angenommen worden. Jener Theil war damals bereit zur Ueber-
reichung.
Der erste Wunsch der Widmung reichte indess mehrere
Jahre zurück, in die Zeit der spanischen Reise des damaligen
Kronprinzen. Der Verfasser erhielt von einem Bekannten in Madrid
Mittheilungen welche geeignet waren, einen solchen Gedanken
nahezulegen. Danach hatten die Gemälde des Velazquez im
Museum des Prado den hohen Gast König Alfonso XII mehr
als alle andern Meisterwerke der weltberühmten Galerie ge-
gefesselt, er hatte Bemerkungen über die Hauptwerke nieder-
geschrieben und auch für eine damals in Aussicht stehende Ver-
öffentlichung über den spanischen Maler sich interessirt. Der
inzwischen verstorbene Schriftsteller, welcher diese, übrigens von
der vorliegenden im Plan sehr verschiedene Arbeit vorbereitete,
schrieb mir am 3. December 1883: „Ich hatte gestern die Ehre
von König D. Alfonso dem Prinzen vorgestellt zu werden, der sich
lange mit mir über unser Pradomuseum unterhielt. Der Prinz ist
ganz entzückt von Velazquez, der ihm ausserordentlich gefallen hat,
er hat sich Aufzeichnungen über einige seiner Werke gemacht.“ *)
Durch eine seltsame Fügung ist es gekommen, dass der
Name des edlen Fürsten und warmen Freundes der Kunst ein
Buch ziert, das er nicht mehr gesehen hat.
INHALTS-VERZEICHNISS
DES
ZWEITEN BANDES.
- Fünftes Buch.
Die Bildnisse der mittlern Zeit.
(1631—1649.)
Die Porträtkunst des Malers 3. — Frauenbildnisse 18. — Die Sibylle 23. —
Die Dame mit dem Fächer 24. — Juana de Miranda 27. — Herzogin
von Chevreuse 30. — Isabella von Bourbon 32. — Das Töchterchen
des Malers 38. — Quevedo 42. — Montañes 49. — Borja 54. —
Franz von Este 62. — Der Admiral Pulido 69. — Der Graf von Bena-
vente 77. — Castel Rodrigo 78. — Zweifelhafte und falsche Bildnisse 81.
— Die grossen Reiterbildnisse 87. — Philipp IV 89. — Des Prinzen 107.
— Des Ministers 110. — Philipp III und Margaretha 116. — Olivares’
Ende 118. — Der Prinz Balthasar Carlos 131. — Städteansichten:
Saragossa 142. — Castell von Pamplona 145. — Gruppen aus der Hof-
gesellschaft 147. - Sechstes Buch.
Die zweite Romfahrt.
(1649—1651.)
Veranlassung der Reise 153. — In Venedig; Gemäldehandel 158. —
In Neapel: Ribera 161. — Rom im Jahre 1650 165. — Beziehungen
zu Roms Künstlern 168. — Juan de Pareja der Sclave 178. — Pabst
Innocenz X 180. — Abgüsse von Antiken 193. — Metelli und Co-
lonna 197. - Siebentes Buch.
Das letzte Jahrzehnt.
(1651—1660.)
Das Amt des Schlossmarschalls 214. — Neuordnung des Gemälde-
schatzes 224. — Wird Ritter von S. Jago 230. — Das Pantheon des
Escorial 235. — Die Gemälde der Sacristei 237. — Die Memoria 244.
— Schüler; Mazo und Pareja 261. — Der dritte Stil 272. — Die
Königin Maria Anna 285. — Die Infantin Maria Theresa 296. — Die
Infantin Margaretha 301. — Philipp Prosper 307. — Die Meninas oder
die Familie Philipp IV 311. — Das Familienbild des Malers 320. —
Bildnisse des Künstlers 323. — Die Spinnerinnen 326. — Die lustigen
Personen 334. — Hofnarren 343. — Zwerge 353. — Aesop und
Menipp 357. — Mars 363. — Mercur und Argos 367. — Die Venus 368.
— Die Krönung der Maria 373. — Die Einsiedler 377. — Die Reise
nach den Pyrenäen 381. — Tod 387. — Carl II und Carreño 391. —
Ende 393. - Anhang.
Mittheilungen aus Briefen italienischer Gesandten am Hof zu Madrid 395.
— Auszüge aus Briefen des Cardinal-Infanten Ferdinand an Phi-
lipp IV 401.
[[IX]]
Verzeichniss der Illustrationen
des zweiten Bandes.
- 22. Der Herzog Franz von Modena, nach einer Zeichnung von
Muzzioli in Holz geschnitten von R. Brend’amour. Titelbild. - 23. Die Sibylle 3
- 24. Die Dame mit dem Fächer 24
- 25. Doña Juana de Miranda 25
- 26. Isabella von Bourbon 33
- 27. Des Malers Töchterchen (?) 40
- 28. Francisco de Quevedo 44
- 29. Der Bildhauer Montañes 52
- 30. Der Cardinal Borja 57
- 31. Der Marques von Castel Rodrigo 80
- 32. Philipp IV zu Ross 87
- 33. Philipp IV im Jahre 1644 100
- 34. Der Prinz Balthasar zu Pferde 108
- 35. Reiterbildniss des Olivares 112
- 36. Scene aus der Reitschule 132
- 37. Gruppen von Cavalieren 148
- 38. Juan de Pareja 179
- 39. Innocenz X 181
- 40. Die Infantin Margarita 272
- 41. Die Königin Maria Anna 289
- 42. Die Infantin Maria Teresa 297
- 43. Die Familie Philipp IV oder die Meninas 312
- 44. Die Spinnerinnen 329
- 45. Der Bufon D. Juan de Austria 336
- 46. Pablillos de Valladolid 337
- 47. Sebastian de Morra 340
- 48. Der Zwerg El Primo 341
[X]
- 49. Menippus 344
- 50. Aesop 345
- 51. Mars 365
- 52. Die Venus mit dem Spiegel 369
- 53. Die Krönung der Maria 376
- 54. Die Einsiedler Paulus und Antonius 377
[[1]]
FÜNFTES BUCH.
DIE BILDNISSE DER MITTLERN ZEIT.
(1631—1649.)
Die Porträtkunst des Meisters — Frauenbildnisse — Berühmtheiten und
Dunkelmänner — Die grossen Reiterbildnisse — Olivares’ Ende —
Der Prinz Balthasar Carlos.
II. 1
[[2]][[3]]
Die Sibylle.
Die Bildnisskunst des Meisters.
Der Bildnissmaler wird geboren, sagte der alte Pacheco. Ve-
lazquez’ kühles und doch feinfühliges Wesen, sein einfacher, red-
licher, wahrhaftiger Charakter, wies ihn auf dieses Fach, das,
mehr nach dem beobachtenden, nachahmenden Pol der Kunst,
als nach dem schaffenden gravitirt; störende Einmischungen
der Phantasie, dieses oft zu stark brechenden Mediums, hatte er
nicht zu besorgen. Hätte er die Philosophie der Schule ge-
lernt, er würde sich zum Nominalismus bekannt haben. Ihm
fehlte das Organ für das Allgemeine, und folglich das Bedürf-
niss ihm Gestalt zu geben; den Menschen, diesen höchsten Gegen-
stand der bildenden Kunst, kannte er nur als Einzelwesen, das
Individuum war ihm die „erste Substanz“.
Wie er zum Bildnissmaler geboren war, so hat er sich
auch selbst dazu erzogen. Längst ehe er ahnte, dass er Maler
des Königs werden würde und fast nur als Bildnissmaler auf
die Nachwelt kommen, als er noch in Sevilla Kirchenbilder und
[4]Fünftes Buch.
Sittenbilder machte, hatte er sich eine Methode erfunden, durch
welche er Treffsicherheit und den nationalen Stil des Portraits ge-
wann. Der Kreis junger Maler, in dem er die tonangebende
Persönlichkeit gewesen sein mag, glaubte, wie einst in ihrer
Weise die Meister von Florenz und Brügge, dass das keine
gute Malerei sei, was man ohne engen Anschluss ans Modell
mache, während nicht so sehr viel darauf ankomme, welche
Modelle man wähle, wenn nur der — poetischen, legendarischen
— Gestalt der Stempel der Natur, der kräftige Geschmack der
Individualität gegeben werde.
Wie man auch über die Folgen der Obliegenheiten und Zer-
streuungen am Hofe denken mag, einen enormen Vortheil hatte
er als Kammermaler: er malte Leute, bei denen er zu Hause war.
Denn sind nicht die besten, die weltberühmten Arbeiten der
grossen Porträtisten Bildnisse von Personen, welche sie durch
Dauer oder Enge des Verkehrs auszukennen Gelegenheit hatten?
Bien comprendre son homme est la première qualité du portraitiste,
sagte Burger; und die menschliche Physiognomie ist ein Buch,
dessen Sinn man nicht in einigen Sitzungen kennen lernt. Das
wusste selbst Raphael Mengs. Als der Churfürst ihm wegen
seines Bildnisses des Sängers Annibali (Brera) eine Artigkeit
sagte, entfuhren ihm die Worte: Ja, Sire, der Freund ist darin,
etwas das Könige nicht kennen.
Seine Tugend der Wahrhaftigkeit hat auch am Hof nicht
Schaden gelitten. Nicht Schmeicheln hat er dort gelernt; eher
scheint er etwas von der trocknen Skepsis und Kälte des Hof-
manns angenommen zu haben. Kein Gesandter der in chiffrirten
Depeschen seinem Souverän über Personen Rapport abstattet,
kein St. Simon der das ungeschminkte Bild seiner Umgebung für
Leser nach seinem Tode in der Kassette verwahrt, würde offener,
rücksichtsloser sein können. Nicht viele Fürsten und Höfe wür-
den selbst heute einen solchen Darsteller vertragen. In diesem
Realismus, nicht anders erscheinen zu wollen als man ist, war
auch der Hof der Verfallzeit echt- und altspanisch.
Das aber ist richtig, dass in Folge jenes Entschlusses, Sevilla
mit Madrid zu vertauschen, eine etwas melancholische Gesell-
schaft sein Loos geworden ist. Halb Byzanz, halb Bohème; das
Bild einer Nation, die in ihrer äussern Erscheinung noch wie in
den grossen Tagen der Vorzeit, durch politische Irrthümer und
verhängnissvolle Vorurtheile von ihrer weltbeherrschenden Höhe
herabsinkt; die letzten matten Sprossen einer dem Erlöschen
[5]Die Bildnisskunst des Meisters.
nahen Dynastie. Aber schon seit Heinrich VIII und Peter Aretino
(bemerkt derselbe Schriftsteller) sind die schönsten Porträts
nicht die der schönsten Figuren gewesen 1).
Trotzdem nun aber ist es Thatsache, dass er die Nähe der
hierin weit begünstigteren Porträtisten andrer Länder nicht zu
scheuen braucht. Ja noch mehr, diese verlieren etwas neben
ihm. Die Wahl seiner Originale, die meist keine Wahl war,
mag uns befremden; aber für ihn scheint es gleichgültig, was er
in die Hand nimmt. Dem scheinbar Undankbarsten ist er sicher,
ein dauerndes Interesse zu geben, das Andre mit ihren weit
liebenswürdigern Modellen und bestechendern Darstellungsmitteln
nicht erringen können. Wenige giebt es, welche die Unter-
stützung durch das Stoffliche, die Ideenassociation so wenig
benöthigen, obwol er soviel Gedankenverbindungen anregt.
Was war sein Geheimniss?
Er machte grosse Ansprüche an sein Fach. Wenn er ein-
mal gesagt hat, er kenne Niemanden, der einen Kopf gut zu
malen verstünde, so meinte er wohl: Nicht bloss die Kunst in
ihrem ganzen Umfang könne in einem Porträt gezeigt werden,
auch die Kunst eines grossen Malers sei dazu nöthig. Wie
Ingres das Porträt den Prüfstein des Malers nannte.
Seine Bildnisse sind oft nach Eindruck und Ausdruck ge-
schildert worden, aber eine Analyse von Künstlerhand ist noch
nicht geschrieben. Das Schweigen der Berufenen mag meiner
Laienkühnheit als Entschuldigung dienen, wenn ich versuche,
meine Bemerkungen verwebt mit fremden zusammenzustellen.
Am nächsten stehen sie gewiss den venezianischen, und wie
schon berührt worden ist, vielleicht noch näher als Tizian dem
Tintoretto. Ueberhaupt schliessen sie sich in einer Beziehung
mehr denen des vorigen Jahrhunderts an, als den nach Bewe-
gung und Affect trachtenden zeitgenössischen. Mit den Vene-
zianern gehört Velazquez zu den Koryphäen des grossen Stils,
der auf dem grossen Zug der Linien beruht, in Gestalt wie Ant-
litz, auf der breiten Anlage der Flächen, auf der Einheit des
Motivs und der strengen Unterordnung der Einzelheiten. — Seine
von hohem Augenpunkt aufgenommenen Figuren sind schon als
Silhouette charakteristisch und wiedererkennbar. Er hat immer die
ganze Figur, stehend, im Auge gehabt, auch wo er bloss Halb-
figuren oder Büsten malte. Die Rathschläge Palomino’s in dieser
[6]Fünftes Buch.
Beziehung sind gewiss in seinem Sinn (Museo II, 65 ff.). Wenn
ihm also seine Personen oft lang und wiederholt gesessen haben
mögen, so hatte er doch vorher eine Zeichnung von dem stehen-
den Modell genommen, um dessen Gesammteindruck (aire) festzu-
halten, und diesem hat er alles spätere angepasst.
Er brachte zum Porträt die feste Zeichnung und die feine
Modellirung, das Verständniss der Formen und die Bildung des
Geschmacks mit, welche er der strengen Schule und dem an
Anregungen reichen Hause Pacheco’s verdankte. Was er nicht
der Schule verdankte, und woran man seine Originale noch
sicherer als am Strich erkennen kann, ist die Wahrheit des
farbigen Scheins, die Wahrheit der Oberfläche: in jener Durch-
sichtigkeit der Haut und der auf ihr beruhenden Frische des
pulsirenden Lebens, in dem reflektirten Schimmer der Epidermis,
in dem grauen Ton endlich, dessen Rolle Niemand wie er be-
griffen hat. Diess ist der Punkt, wo er von dem Coloristengefühl
der Venezianer am meisten abweicht.
Wer auch nur ein bedeutendes Porträt dieses Meisters ge-
sehen hat, der wird zwei Eindrücke nicht vergessen: den Geist
des Pinselstrichs, und die unbedingte, überzeugende Wahr-
heit, — die man freilich nicht beweisen, nur intuitiv erkennen,
doch bisweilen durch Vergleiche wahrscheinlich machen kann.
Velazquez war vielleicht der erste Charakteristiker unter
den Neuern, eine Eigenschaft, die nicht so häufig ist als man
denkt. Oft haust in Bildnissen berühmter Maler ein den Urbil-
dern fremder Geist, z. B. der des Künstlers; solche sind wie
Schauspieler, die nur sich selbst spielen. Aus Furcht vielleicht,
dass etwas von diesem fremden Geist in ihren Mann hineinfahren
möchte, haben andere sich darauf beschieden, nur einen male-
rischen Schein der Maske aufzufangen, und geglaubt, sie brauchten
nichts weiter dahinter zu zeigen. Unser Maler dringt zugleich
in’s Innerste des Charakters; man könnte danach, wie man von
den Porträts des Apelles sagte, das Horoskop der Person stellen;
er malt den tonus der Nerven, die „Mischung der Säfte“, die
Dosis von Eisen und Galle im Blut, das Quantum von Weisheit
und Narrheit im Verstand 1).
Keiner ist unvortheilhaften Formen weniger aus dem Weg
[7]Die Bildnisskunst des Meisters.
gegangen, hat mit einem gewissen Trotz unterlassen sie zu mil-
dern oder in Schatten zu stellen. Er scheint zu glauben, dass
man Jedermann, ohne Ab- und Zuthun, eine malerische Darstel-
lung abgewinnen könne; dass es kein Wesen gebe das, an seinen
Platz gestellt, in passender Ansicht und Beleuchtung, nicht so
erscheine, dass man es nicht anders haben möchte.
So hat er es auch (hierin ein Antipode des van Dyck) gewöhn-
lich unterlassen, seine Figuren durch malerische Attitüden interes-
sant zu machen, oder durch eine Situation zu beleben; er ist so
begnügsam ihnen nur die Positur der Ueberlieferung und der
Etikette zu geben, und diese ist zuweilen steif und hochfahrend.
Wen ich male, dachte er vielleicht, der muss im Stande sein,
zu interessiren, nicht weil er etwas interessantes thut, oder ein
interessantes Gesicht macht, sondern weil seine Person interessant
ist. Statt seine Menschen so aufzufangen, wie die Erregung der
Gesellschaft, der Wunsch zu gefallen sie belebt, lässt er sie so
zu sagen auf ihr einsames Selbst zurücksinken, wo jene günstige
Spannung, jenes Arrangement der Züge verschwindet. Sie schei-
nen sich um kein fremdes Auge zu kümmern, auch das des
Malers nicht, welches auf ihnen ruht. Wenn sie dennoch so leben-
dig sind, so ist das ein neuer Beweis, dass Lebendigkeit und
Affekt verschiedene Dinge sind 1).
Doch nein, es ist ein Ausdruck darin, der freilich beinahe Ab-
lehnung des Ausdrucks ist: ein kaltes, gebieterisches Wesen. Sie
stehn fast immer seitlich gekehrt, in Dreiviertelansicht, den Maler
mit zurückgewandtem Blick fixirend, und deshalb auch dem Be-
trachter überallhin folgend. Ein solcher Seitenblick macht den
Eindruck des Stolzes, wo nicht der Verachtung.
Aber sollte nicht gerade hierin ein Theil des Geheimnisses
seiner Wirkung liegen?
Die Eitelkeit, für die Geselligkeit nützlich, ja unentbehrlich,
wirkt in Leben und Kunst nicht so günstig. Da sie das Urtheil
anderer zur Stütze ihres Selbstgefühls bedarf, so erweckt sie
Zweifel und Geringschätzung, wenigstens am Mann. Sie denkt
an andere und sieht sich wie sie diesen gern erscheinen möchte;
dem Stolz liegt nichts daran wie er erscheint, er ist sich selbst
genug wie er ist, „er bewirbt sich nicht viel um den Beifall ande-
rer“, wie Kant von den Spaniern sagte, denen er „Hochmuth“ zu-
schrieb. Er braucht es auch nicht; denn der nur sein, nicht
[8]Fünftes Buch.
scheinen will, wofern er nicht gewinnt, imponirt, indem er An-
erkennung nicht erbittet, sondern nimmt; man muss ihn als
Ganzes acceptiren, mit Lichtern und Schatten. Die starke In-
nervation des Willens stimmt alles zusammen, Fehler erscheinen
nicht als Fehler, sie scheinen, wie Shakespeare sagt, „der Frei-
heit Flecken“. Ihr Selbstgefühl scheint Ueberlegenheit und regt
das Organ der Achtung an, wenigstens im harmlosen Spiegel-
bild der Kunst, welches Niemanden den Raum streitig macht.
Daher mag es kommen, so scheint mir, dass uns Velazquez
so bestrickt, wenn er „der Zeit den Spiegel vorhält“, also dass
wir um seinetwillen fragen: Wer war Philipp, wer war Borja;
wie man um Tacitus willen sich noch immer für die wahn-
witzigen Cäsaren interessirt. Es ist nicht bloss die realistische
oder photographische Wahrheit, die Chronistentreue: man sehe,
was aus derselben Person unter andern, ebenso nüchternen,
aber weniger vornehmen Händen geworden ist. Hat er doch
selbst seinen Buffonen Würde gegeben, man hat sie, irregeführt
durch einen Namen, später für Feldherrn und Seeräuber gehalten.
Diese Posen (compostura) gemischt aus Stolz und Verstellung,
dieser sosiego, den die Italiener intonatura nannten, und durch
den sich jene Nation allen Nichtspaniern damals so wider-
wärtig machte, wirkt, wie vieles an sich abstossende, in der Kunst
anders als im Leben.
Die Bemerkung dürfte hier wol am Platze sein, dass man
sehr irren würde, wollte man sich die Spanier von dazumal auch
unter sich und im vertrauten Kreise mit diesen Mienen vor-
stellen. Schon Mynheer van Sommelsdyck machte die Bemerkung,
dass sie nur in der Menge, auf der Promenade, im Theater, so
äusserst gemessen, gravitätisch und verschlossen aussähen. Da
verwandeln sie sich, sagt Camillo Guidi, in Götter, und man
kann froh sein, wenige und dunkle Orakelsprüche aus ihnen her-
auszubekommen. Im vertraulichen Verkehr erschienen sie nicht
mehr dieselben Menschen, gradeso umgänglich, geschwätzig,
munter, leichtfertig, ausgelassen wie andre 1). Neuerdings hat
man behauptet, dass dieser sosiego erst seit ihrer Eroberer- und
Herrscherrolle in Italien und den Niederlanden aufgekommen
sei 2). —
[9]Die Bildnisskunst des Meisters.
Diess ist der augenfälligste, Jedermann zugängliche Zug in
seinen Porträts. Von malerisch-technischen Faktoren ihrer
Wirkung ist der wichtigste das Helldunkel. Hier sind die Wand-
lungen der Manier dieses sonst sich selbst so gleichen, äussern
Einflüssen so wenig zugänglichen Malers am deutlichsten. Einst
hatte er, im Eifer der Jugend und im Ueberdruss gegen die
herrschende Art, bei der alles aus zweiter Hand war, die ganze
Kunst auf einen Punkt gestellt: mit dem Modell vor Augen in
einseitigem Licht mit reinen, scharfabgegrenzten Schatten zu
malen. Die plastische Wirkung wurde noch verstärkt durch den
leeren, neutralen Grund. Er und die gleichstrebenden Genossen
wurden dabei weniger von einer pessimistischen Liebe zum Fin-
stern geleitet, als von der Abneigung gegen das Flache, Kraftlose,
Zerstreute. Er bemerkte aber sehr bald, dass jene plastische
Wirkung oft mit einem Zuviel von Quantität des Dunkels er-
zielt sei, dass man mit kleinsten Theilen dasselbe erreichen könne.
Blosse Punkte und Linien, von dünnem, warmem, durchsichtigem
Braun, im Gesicht verstreut, genügten dem Kopf Flachheit zu
nehmen, ein dunkler, ein Lichtfleck hinter der Figur, sie vom
Grund abzulösen.
Von diesem Gesichtspunkt aus behandelt er das Ohr. Die
an der hellen, dem Betrachter zugewandten Seite befindliche
Ohrmuschel ist sorgfältig und nachdrücklich modellirt, ja
individualisirt, wahrscheinlich weil sie zur Plasticität des Ge-
sammteindrucks beiträgt. Dagegen sind die Hände oft stief-
mütterlich behandelt. (I. 202 f.)
Als er dieser Manier die Wirkungen abgewonnen hatte,
deren sie fähig war, kam sein malerisches Gefühl zum Wort, er
sah, wie viele Elemente des Pittoresken hier doch übersehen
waren. Gemälde sollen plastisch sein durch den Schein körper-
licher Rundung und Tiefe, nicht plastisch in dem Sinn, dass
ihre Gestalten hart und steinern erscheinen und im Leeren stehn.
Sie sollten nur Glieder eines Ganzen von Licht und Luft sein.
Es waren die Bildnisse, welche in einen Schauplatz der freien
Luft versetzt werden mussten, durch die er auf sein neues System
der Beleuchtung kam. Diess führt auf ein Element, dessen
Studium für den Porträtisten von besonderem Interesse ist: die
Hintergründe.
Velazquez hat alle möglichen Hintergründe, von den einfach-
sten an: dem Nichts einer fast schwarzen oder hellen Fläche, bis zu
reich ausgestatteten Innenräumen und Landschaftsaussicht. In den
[10]Fünftes Buch.
frühen Bildnissen deutet manchmal nur ein kahler Sessel oder Tisch
an, dass die Gestalt in einem Zimmer steht: oder ein kurzer schrä-
ger Schlagschatten der Beine, dass sie nicht in der Luft schwebt.
Die leere Fläche zerfällt meist diagonal in eine dunklere und
hellere Hälfte, die in contrastirendem Verhältniss steht zur Be-
leuchtung des Kopfs. Oder ein schwerer, carmoisinrother Vor-
hang senkt sich herab, wieder in der Diagonale; zuweilen den
Grund des Kopfs hergebend; aber auch waagerecht überhangend
und seitlich herabfallend, eine drei- oder viereckige dunkle Fläche
einschliessend als Folie für die Figur. Eine vornehme Nach-
lässigkeit verräth sich zuweilen in dem Fehlen gefälliger Linien,
den nichtssagenden Motiven und Figuren dieser Einrahmun-
gen. Auch öffnet sich wol ein Zimmer nach hinten. Selten
gewährt eine breite Balkonthür den Blick in’s Freie; ein wunder-
licher spitzer Zipfel hängt in den Himmel hinein.
Von diesem System des Einfachsten, Mindesten conven-
tioneller Umgebung musste er bei den Jäger- und Reiterbildnissen
abgehn. Diese haben ihn zum Landschaftsmaler gemacht. Etwa
ein Dutzend solcher Porträts sind vorhanden, Wiederholungen
abgerechnet; dazu kommen noch die verwandten Umgebungen
in den Trinkern und in der Einsiedlerscene. Auf diese Scenerien
gründet sich hauptsächlich des Meisters Ruf als Landschafter,
obwol sie ganz für die Zwecke der Figur erfunden, und gewisse
Grundzüge ihnen allen gemeinsam sind.
Die Maler jenes Jahrhunderts pflegten in solchen Fällen die
Landschaft gegen die Figur zur blossen Folie herabzudrücken,
ja zu opfern. Sie führten letztere aus dem Dunkel ans Licht
heraus und konstruirten eine Lichtvertheilung ad hoc, das Por-
trät im Atelierlicht, die Landschaft ein Dämmerungs- oder Nacht-
stück, — das man kaum beachtet. Velazquez fragt sich, ob man
die Concentrirung und Einheit des Interesses an der Gestalt nicht
mit dem eigenen Werth, der Schönheit, vor allem der Klarheit
des landschaftlichen Grundes verbinden könne. Diese Frage
kam ihm gleichzeitig mit dem Streben sich von den Schatten
unabhängig zu machen. Er substituirt den Gegensätzen der Be-
leuchtung die der Farbe, er löst die Funktion von Hell und Dunkel
ab durch den Gegensatz von Kalt und Warm. Hierdurch rettete
er die Einheit, welche ältern Malern bei ihren reichen Tages-
landschaften oft verloren ging: die Natur stand bei ihnen nur in
lockerer Beziehung zur Gestalt, besonders da der Mittelgrund
fehlte; letztere erschien wie ein Gemälde für sich, hingesetzt
vor ein zweites Gemälde.
[11]Die Bildnisskunst des Meisters.
Er setzte diese Hintergründe dann in ein durchdachtes
System harmonischer und kontrastirender Beziehungen zur Figur,
obwol er seine Absichten so gut verbarg, dass man jene oft für
einfache Veduten gehalten hat. Ihre Merkmale sind der reine
Naturcharakter und das Tageslicht.
Die Landschaften sind wilde Natur: meist ohne jede Staffage
von lebenden Wesen, Bauten, Culturanlagen. Nur ausnahms-
weise, auf besondern Wunsch hat er einmal eine kriegerische
Aktion in den Hintergrund verlegt. In einem ältern Reiterbild,
das er umarbeiten sollte, hat er einen Kunstgarten getilgt und
mit einer Wildniss übermalt.
Einem Castilier, dem Maler eines Hofs, dessen Reisen haupt-
sächlich die Jagdreviere zum Ziel hatten, lagen Gebirgsumge-
bungen fast so nahe wie dem Schweizer etwa. Die Motive sind
der Guadarramakette entnommen, mit hohem Standort, wie er
bei niederländischen Gebirgsmalern üblich war; die Bergriesen
würden sonst beengend, beklemmend gewesen sein.
Er sucht einen beherrschenden Blick über den grossen
Wellenschlag der Thäler und Höhen. Reiter und Jäger stehen
auf der Terrasse einer Anhöhe, von der man in eine weite Thal-
mulde hinab und nach einem fernen Hochgebirgskamm hinüber-
sieht. Der Vordergrund setzt sich nach der Tiefe fort in mehreren
parallelen Profilen eines ziemlich steilen Abhangs. Im Mittel-
grund ragt etwa ein spärlich mit Unterholz bedeckter Hügel
hervor. Der Gegensatz der folgenden duftigen Tiefe mit dem
dahinter aufsteigenden, blauen, einmal schneeglänzenden Grat
des Hochgebirgs ist gross empfunden. Die Linie der Kette
sinkt von einem höchsten Punkt an der Seite nach dem Hinter-
grund zu allmählich herab. Also wieder Diagonalen, nah und
fern abwärts strebende Linien, welche die Axe der Figur, die
Bewegungslinie des Rosses durchkreuzen.
Die Aehnlichkeit mit Tizianschen Alpenscenen wird Nie-
manden entgehn; nur sind dessen Dolomiten in weitere Ferne
gerückt; ihr blauer Ton ist tiefer und schwerer, die Wolken mit
ihren festen Umrissen und weissen Lichtern körperhafter, und
stets wird der kalte Luftton von einigen warmen, gelb-rothen
Abendlichtern durchschnitten. Die Contour der spanischen
Sierren ist auch grösser, einfacher, vornehmer als in jenen ruinen-
haften Gebilden der Ostalpen.
Der spanische Maler gewann auf diese Weise, ungeachtet
seiner viel abgeschlosseneren Bergscenerie einen grössern Raum-
[12]Fünftes Buch.
eindruck, als andere mit weiten Niederungen. In Rubens’ Bildnis-
sen, wo der Augenpunkt wenig über dem Horizont liegt, stellen sich
die Fernen manchmal wie schmale übereinandergelegte Streifen
dar. Indessen sind die niederländischen Landschaften, mit ihrer
feuchten, mehr lichtbrechenden Atmosphäre duftiger, lichtge-
tränkter, poetischer, verglichen mit jenem erbarmungslos klaren
und kalten Blau spanischer Tafelländer.
Der wichtigste Punkt ist das System der Beleuchtung. An
die Stelle der bisher allgemein üblichen Nachmittags- und
Abendbeleuchtung setzte er das Morgenlicht. In seinen herr-
lichsten Reiterbildnissen zerfällt das Gemälde in zwei grosse Mas-
sen, die Figur und ihr Standort in warmem, gelbem, blassrothem
und bräunlichem, die Landschaft in kaltem blauem Ton, beide sich
gegenseitig steigernd. In diesem satten, cyanblauen Luftton
berührt sich Velazquez mit den ältern flandrischen Landschaftern.
Carducho, der seine Dialoge an die Ufer des Mansanares verlegt,
vergleicht die Gegend mit den Tafeln des Paul Bril 1).
Auf diese Weise vermochte der Maler bei allverbreitetem
gleichmässigem Tageslicht doch seine Figuren mit gutem
Erfolg, mit voller Körperlichkeit vom Grund zu lösen. Eine
Lokalfarbe wie das Kastanienbraun eines Pferdes bleibt auch
in vollem Tageslicht hinreichend stark, um die Gestalt der
Ferne mit allem Nachdruck entgegenzusetzen. Niemals hat er
aber die Wahrheit der Lokalfarbe solchen Zwecken geopfert,
etwa indem er, wie van Dyck, dem Gesicht einen warm-
bräunlichen Ton gab. Philipp IV blondes, weissliches, in’s bläu-
liche schimmerndes Profil steht auf dem blauen Firmament. Es
wäre ein leichtes gewesen, die Masse des Vordergrunds durch
tiefe Abschattung mit dem Hintergrund zu contrastiren: er thut das
Gegentheil. Fast immer steht hinter dem Reiter am Rand der
Bildfläche ein Baum, vergleichbar der Säule in den Innenansichten.
Aber es ist nicht die dunkle, zurückschiebende Masse der conven-
tionellen Landschaftsmaler; sein Werth ist dem des Hintergrunds
gleich: es ist ein dünner Stamm, mit sparsamem Geäst, von stau-
bigem, silbrigen Laub umkränzt. Er hatte lange vor Constable
die Entdeckung gemacht, dass es den berühmten braunen Baum
in der Natur nicht gebe 2). Die erdfarbige Fläche des Vorder-
[13]Die Bildnisskunst des Meisters.
abhangs wird noch durch einen breiten mittlern, weisslichen
Streifen, wie ein Sandhügel, unterbrochen 1).
Beide im Ton entgegengesetzte, im Werth gleiche Massen
werden auf verschiedene Art in Verbindung gebracht; die Lich-
ter auf Antlitz, Kragen, Pferdekopf, finden ein Echo in den
Lichtern der Wolken, Bergspitzen.
Ueber die bewegten, streitenden Linien tritt als obwalten-
des Element unbedingter Ruhe: der hohe Himmel mit seinen
horizontalen Wolkenschichten.
Das hier beschriebene System ist jedoch bei ihm keineswegs
Manier geworden. Wo das Thier z. B. ein Schimmel war, jener
Farbenkontrast also nicht durchzuführen, hat er den blauen
Grund aufgegeben, und Einheit des Tons gewagt: Ferne und
Himmel in weissliches Licht getaucht. Man kann diess gut sehn
an den beiden in der Zeichnung ganz übereinstimmenden Reiter-
bildern des Olivares, im Prado und in München, wo die Land-
schaft nach der Farbe des Pferdes verschieden gestimmt ist.
Wo eine gemächliche Gangart des Pferds, wie sie bei Da-
menbildern beliebt wurde, zu contrastirenden Diagonalen keinen
Anlass gab, werden auch die Formen der Landschaft verändert.
Ein gewelltes Plateau, durch das eine Schlucht mit Bach eine
gewundene Furche zieht, den Weg der Reiterin beschreibend;
der Vordergrund mit dem Mittelgrund verschmelzend, der Hin-
tergrund versinkend.
Die Reiterbilder verdanken dieser Umgebung nicht zum
kleinsten Theil ihre Wirkung. Sie begleitet die Figur wie die
Musik ein lebendes Bild; denkt man sie weg, so erscheint
ihr eignes Leben vermindert, das Poem in Prosa umgeschrieben.
Diese ewiglebendige, unveränderliche Natur, der Hauch dieser
Thäler, der uns noch grade so entgegenströmt wie jenen Längst-
verstorbenen, scheint auch ihnen von seinem Leben mitzutheilen.
Der Blick in die Ferne, Melancholikern so wolthätig, passt für
diese düstern Figuren eines verfallenden Geschlechts, contrastirt
mit der Enge ihres Geistes und Gesichtskreises. —
In Palomino’s Biographie (S. 333 f.) steht unter Beschrei-
bungen von Bildnissen der vierziger Jahre eine räthselhafte Notiz
über ein scheinbar verschollenes Reiterbild Philipp IV, wie andere
[14]Fünftes Buch.
in voller Rüstung, mit Namen, Altersangabe und der Jahres-
zahl 1625 1). Der Maler habe das „Studium“ ausgestellt und
ein Blatt Papier darauf gemalt, auf das er nach Anhörung
und Berücksichtigung der Urtheile seine Firma setzen wollte.
Solche weisse Blätter finden sich nicht bloss auf mehreren Rei-
terbildern. Diessmal nun hatte man in der That das Pferd
als „gegen die Regeln der Kunst“ getadelt, aber die Urtheile
waren so beschaffen, dass es nicht möglich war sie zu vereini-
gen. Der Maler kassirte nun verdriesslich die getadelten Theile
durch Uebermalung (borró), verzichtete aber auf eine verbesserte
Ausführung, und setzte hinter seinen Namen statt pinxit: expinxit.
Didacus Velazquius, Pictor Regis, expinxit. Sein Biograph findet
dabei, in einer breiten Auslassung, zweierlei bemerkenswerth: die
Bescheidenheit des Künstlers, der sein Werk auf Laienurtheil hin
korrigirt; und die den Kritikern gegebene Lehre: dass ihre
Urtheile unausführbar, also praktisch werthlos, und von höch-
stens negativem Werth seien, wie die politischer Kannegiesser.
Das auffallende bei dieser Geschichte ist die Jahreszahl
1625. Denn Velazquez hatte ja eben erst jenes grosse, viel ge-
priesene und besungene Reiterbildniss vollendet. Philipp IV war
am 30. August 1623 dazu gekommen, ihm zum erstenmale zu
sitzen; die Folge war die Uebersiedlung nach Madrid und am
31. Oktober die Bestallung. Erst dann (despues de esto nach dem
genauen Bericht des Pacheco, eines Augenzeugen) führte er das
Reiterbildniss aus, das also wohl nicht vor dem Jahre 1624
fertig geworden sein kann. Wie sollte er unmittelbar darauf
ein zweites unternommen haben?
Es ist klar, dass Palomino eine dergestalt übermalte Lein-
wand sah; die Geschichte aber hat er sich wohl zurechtgelegt.
Vielleicht war sein estudio nichts andres als jenes erste Reiter-
bildniss des Jünglingkönigs. Diess war die Vermuthung Villa-
amil’s. Nach dem Inventar Carl II (1686) stand letzteres in der
Wohnung des Schlossmarschalls im Schatzhaus, ohne Rahmen,
also bei Seite gestellt und vielleicht gar verworfen.
Wahrscheinlich war er in der Folge mit seinem Erstling
selbst nicht mehr zufrieden und hatte jene Correkturen vorge-
[15]Die Bildnisskunst des Meisters.
nommen, um durch ein thatsächliches Zeugniss verbesserten
Urtheils Tadlern den Mund zu stopfen.
Diese Notiz führt auf eine allgemeine, merkwürdige Beob-
achtung. Jedermann der sich Zeit nimmt die Velazquez in der
Pradogallerie auf ihren Zustand anzusehn, wird bemerken, dass es
wenige giebt, in denen nicht bedeutende pentimenti vorkommen,
die meist, in Folge der ungenügenden Zudeckung, deutlich und
zuweilen störend erkennbar sind. Und ferner, dass fast in allen
Bildern mehr oder weniger bedeutende Streifen an den beiden
Seiten und oben angestückt sind.
Diese Anstückungen können nicht etwa zur Heilung von
Beschädigungen (durch Brand) gemacht sein, denn warum sollten
diese grade die Gemälde des Velazquez betroffen haben, und
immer nur an jenen drei Rändern? Auch nicht in Folge ver-
änderter Aufstellung: denn welcher Künstler oder Besitzer
würde deshalb seine Gemälde durch solche leere Füllstücke ver-
unstalten? Die pentimenti anlangend, so soll ja freilich „der
Maler der nach dem Vollkommenen strebt, ein grosser Chirurg
sein, nicht furchtsam zum Schneiden“ 1); aber ist es denkbar,
dass ein so sichrer Zeichner in grossen, vorher wolüberlegten
Gemälden während der Ausführung geschwankt habe? Wie sollte
er oder sein Auftraggeber solche Fehler nicht gleich bei der
Skizzirung bemerkt haben? In der That führen innere Gründe
verschiedener Art auf die Vermuthung, dass die meisten dieser
Veränderungen nach der Vollendung des Bildes vorgenommen
worden sind. Sie waren also bestimmt, letzteres mit dem ver-
änderten Geschmack in Einklang zu bringen. Ohne Berück-
sichtigung dieser Thatsache würde man bei der Datirung der
Gemälde oft nicht aus und ein wissen.
Ein Maler, der seine Werke sozusagen im eigenen Hause
hat, wo sie aber zugleich den in die Augen fallenden Schmuck
von Wohn- und Staatszimmern bilden und sogar lebende Be-
wohner eben dieser Räume darstellen, ein solcher Maler be-
findet sich gegenüber den Dokumenten seiner Vergangenheit in
einer ganz andern Lage, als die Meisten, welche ja ihre ver-
kauften Bilder nicht wiedersehn. Dem wahren Künstler müssen
seine Sachen, wie Leonardo schon bemerkt hat, oft zur Qual
[16]Fünftes Buch.
werden. Jemand hat gesagt, die besten Gemälde seien nur ge-
schickt verbesserte Fehler 1). Selbst Rubens, als er zuerst nach
Madrid kam, hatte seine Epiphanie, ein Jugendwerk, umgearbei-
tet. Von Tizian ist bekannt, dass er Gemälde die er bei sich
behielt, wiederholt überging.
In unserm Fall nun lassen sich, aus den Wandlungen des
Stils des Meisters, die Gesichtspunkte jener Veränderungen zum
Theil nachweisen. Velazquez suchte fortwährend den Raum
nach der Tiefe und den Seiten hin zu erweitern und aufzuhellen.
In den ältesten Gemälden (dem Wasserträger, dem Bacchus) ist
die Gruppe wie eingepackt im Rahmen; der Scheitel der Porträt-
figuren reicht bis nahe an den oberen Rand; in einigen der
letzten reichen die Figuren nicht bis zur Mitte der Leinwand 2).
Dort ist der Himmel ein stählernes Blau ohne rechte Fernwirkung
(Vulcan), später wiederholt er die Lichter der Figur in der Land-
schaft; in den Meisterwerken bringt er eine Lichtpartie von
höchstem Helligkeitsgrad im Grund an. Die Figuren bekommen
mehr Raum zwischen sich, was Palomino mit den Pausen in der
Musik vergleicht; man nannte diese Circulation der Luft innerhalb
der Gruppen respiracion.
Diese Umarbeitungen fehlen in wenigen Gemälden ganz;
ich will nur einige der merkwürdigsten zusammenstellen, anfan-
gend mit der auffälligsten, schon sonst bemerkten.
Jedermann musste sehn, dass der jugendliche Kopf des
Königs (1071) im harten Stil der zwanziger Jahre auf einer Büste
sitzt, deren Panzer und Schärpe in der freisten lockern Art der
spätern Zeit zugemalt ist. Warum sollte dieser Kopf eine blosse
Studie für das grosse Bild gewesen sein, die ihm erst so spät
eingefallen wäre, zur Herstellung eines galeriefähigen Bildnisses
zu benutzen?
Auf den eigenthümlichen Zustand der drei Jägerbilder machte
ich schon aufmerksam (I. 389 f.). Obwol nach dem Alter der Per-
[17]Die Bildnisskunst des Meisters.
sonen auseinanderliegend, scheinen sie in einem Zug gemalt. Die
landschaftliche Umgebung ist in allen dreien gleichartig behan-
delt und wol nach dem vierten Jahrzehnt; am freisten in dem
zuerst aufgenommenen Ferdinand.
In dem Bildniss des Zwergs El primo ist der Kopf sehr
früh und die Scripturen und Bände am Boden ganz in der fleis-
sigen bodegones-Manier; der alte Hintergrund dagegen, der wol
gar einen Innenraum vorstellte, ist kassirt und eine Bergland-
schaft darüber gelegt.
Viel zu denken geben die grossen Reiterbilder. In denen
Philipp III und der Margaretha liegt ein Beispiel von fremder
Hand gemalter, viel älterer Darstellungen vor, die Velazquez, um
sie den Ansprüchen der Gegenwart gemäss salonfähig zu machen,
in Umgebung und Rossen übermalt hat, Theile der letzteren
sogar mehr als einmal.
Während das Reiterbild des Prinzen in herrlich genialer
Einheit des Gusses und unberührt vor uns steht, während das
des Olivares (das ja nicht in den Palast kam) nur eine gleich-
zeitige Veränderung in dem skizzirten Mittelgrund aufweist: so
sind die des regierenden Königspaars vielfach überarbeitet.
Alter der dargestellten Personen und malerische Behandlung
passen nicht zusammen. Das so zarte, helle und doch bestimmte
Köpfchen der Tochter Heinrich IV ist sehr jugendlich; die Dra-
perie zeigt Schülerhand. Der Kopf ihres Gemahls gehört in die
Mitte der Dreissig. Pferd und Landschaft dürften später erneuert
sein. Es sind auch hier rechts und links breite Leinwandstreifen
angesetzt, die Pinselstriche aber gehen in ununterbrochenen Zü-
gen über den alten und neuen Theil, nur dass ihr Eindruck dort
in Folge des Durchwirkens der früheren Malerei verändert wird.
Der Farbenteig ist gegen die Gewohnheit des Meisters so ver-
schwenderisch aufgetragen, um das alte zuzudecken. Diess ist
dennoch, nicht blos in den Beinen der Pferde, sondern auch in
der Figur des Reiters noch erkennbar. Unter dem Blau des
Himmels sieht man noch die in Schulterhöhe flatternde rothe
Schärpe (wie bei Philipp III), den alten Federbusch.
Solche Anstückungen sind auffallend auch in den „We-
berinnen“, dagegen ist die Behauptung, dass der Kopf der In-
fantin (Prado Nr. 1084) älter sei als das übrige, falsch, und nur
aus der unrichtigen Benennung gefolgert.
II. 2
[18]Fünftes Buch.
Frauenbildnisse.
Dass man kaum in einem Lande kaukasischer Rasse so
viele schöne Frauen treffe als in Spanien, ist oft von Reisenden
versichert worden. Sie mögen wol Recht haben; aber in den
Werken der früheren Malerschulen des Landes ist diese ethno-
graphische Thatsache weniger augenfällig. Also umgekehrt wie
in Italien.
Die Schönheit der Spanierinnen darf man nicht mit der-
jenigen der Römerinnen vergleichen, nicht nach plastischem For-
menmaasstab beurtheilen. Ihnen fehlt die Grösse, welche Ari-
stoteles zur Schönheit unerlässlich hielt, „die zur Bildhauerei ge-
schaffenen Gewächse“, wie Winckelmann sagte. Statt dieser
hohen Schönheit verlieh ihnen die Natur Reize, die noch allge-
meiner, unmittelbarer, lebhafter wirken: sie liegen in Farbe und
Farbencontrast, in der feinen Beweglichkeit der Züge und des
Körpers. „Was wären die Schönen Toledo’s, ruft Tirso, wenn
sie die Grazie nicht besässen!“ 1) (donaire, worin auch die der
Zunge eingeschlossen ist). Die echte Spanierin erscheint neben
andern ihres Geschlechts wie ein Instrument von mehr Seiten,
und leichter vibrirenden. Ein andermal schien es demselben
Dichter, Schönheit liege ganz im „zarten Geblüt“ 2). Calderon
sagt ausdrücklich, „der Kontrast der Farbe (la oposicion) sei ein
Theil der Schönheit“ 3).
Solche Dinge zu malen ist nur hochbegünstigten Zeitaltern
gegeben, wo die Künste der Farbe und des Helldunkels, das
Organ für die unmerklichen und vorübergehenden Bewegungen
von Zügen und Gestalt, welche dem stumpfen Auge entgehen,
gereift ist. Wer sich nun erinnert wie spät die spanische Malerei
zu dieser Verfeinerung gelangt ist, wird begreifen, warum ihre
[19]Frauenbildnisse.
Dichter, mitunter so freigebig im Preis der illusorischen Kraft
schöner Frauenbildnisse, in Erfindung romantischer Geschichten
der Verliebung durch Bildnisse 1), sich auch oft skeptisch äussern.
Die Mischung von Weiss und Roth, Jasmin und Nelke im Gesicht
kann kein Pinsel wiedergeben, behauptet Tirso de Molina 2).
In seiner poetischen Bilderdialektik sagt Calderon:
Diese Verse stehen in einer seiner erschütterndsten Tragödien,
wo er jenen Maler einführt, der sein Glück, ein schönes Weib
errungen zu haben, wie der alternde Rubens, geniesst und durch-
lebt, indem er ihr Bild malt. Als er sie verliert, wird er zum
„Maler seiner Schmach“, zuerst indem er fortfährt sie darzu-
stellen, als Dejanira, zuletzt, in grausiger Peripetie, indem er die
einst angebetete Gestalt mit ihrem Blute malt. In diesem Stück
bekennt der Dichter, dass es unmöglich sei, Schönheit (die er
hier in den Verhältnissen des Gesichts findet), so vollkommen
auszudenken, wie sie ein schönes Weib besitze. Und darum sei
die Phantasie kein guter Führer des Pinsels 3). Jedermann er-
innert sich hier des ganz anders lautenden Geständnisses Raphaels
im Briefe an Balthasar Castiglione. Der Dichter sagt in einem
andern Stücke auch: In Schönheit hat die Natur mehr vollbracht;
deshalb hat auch die Kunst eine schwerere Aufgabe; Hässlichkeit
dagegen ist leicht, sie prägt sich durch besondere Zeichen und
durch viele Zeichen dem Gedächtnisse ein 4).
Auf den Retablos des fünfzehnten und beginnenden sechs-
zehnten Jahrhunderts findet ein aufmerksames Auge wol zuweilen
charakteristische Frauengesichter der Landschaft, wo sie ent-
[20]Fünftes Buch.
standen; man erkennt sie noch heute wieder unter dem Bauern-
stand, diesem Conservatorium unverfälschter Nationaltypen. Aber
ihre Lösung aus der noch spröden Schale befangener Darstellung
ist im klassischen Jahrhundert unterblieben. Die Vornehmheit
des italienisirenden Geschmacks der Vargas, Cespedes, Juanes,
Becerra u. a. gestattete nur den „allgemeinen Formen“ Bürger-
recht; jede Erinnerung an Volksthümliches, Lokales, galt künst-
lerisch für vulgär, kirchlich für profan. Pacheco spricht mit
ironischer Anerkennung von den natürlichen Reizen des anda-
lusischen Landmädchens (B. I, 96 f) und erhebt den Zauber der
Damen mit Goldhaaren und Saphiraugen; nicht in den reichen
Schachten des Volks fand man das Gold der Schönheit, sondern
in den fremden klassischen Meistern. Montañes, des letzten
Idealisten Sevilla’s, edle heilige Frauenstatuen sind sogar von der
Antike berührt; aber seine Kunst ist zum Individuellen nicht her-
abgestiegen. Bis tief in das siebzehnte Jahrhundert blieb nationale
Frauenschönheit Malern und Bildhauern meist verschlossen.
Erst der Naturalismus hat es wieder gewagt, echte Spanierin-
nen auf die Leinwand zu bringen, anfangs mit unsicherem Ge-
schmack. Des Greco toledanische Frauen- und Kinderköpfe von un-
beschreiblichem melancholischem Zauber haben die Laien entzückt,
aber sie fanden keine Nachahmer. Zurbaran’s wunderliche, halb
modisch, halb phantastisch aufgeputzte Santas mit ihren klein-
lichen Köpfchen von harten Linien und spitzen Zügen, sind nach
Modellen der niedrigen, schwarzäugigen Volksklasse wörtlich
übertragen. Alonso Cano fand nur gelegentlich echte Schön-
heit; aber sein Schüler Fray Atanasio, genannt Bocanegra, hat
sich ein südspanisches Ideal ersonnen, von feinem Oval, gross-
äugig, kindlich-rein, träumerisch. Jeder weiss, dass es Murillo
vorbehalten war, die eigenthümlichen Reize der spanischen Rasse
und ihre Bestimmung für die höchsten Aufgaben der national-
kirchlichen Kunst zu entdecken. Seine Gemälde sind voll von
Bildnisselementen; die Madonna des Palastes Corsini, die heil.
Justa und Rufina in Sutherland House und im Museum zu Se-
villa zeigen seine Modelle am unverfälschtesten. Aber so ein
grosser Porträtmaler er sein konnte, wie das Bildniss des D. Ju-
stino Neve in Bowood beweist, von Frauenporträts kennen wir
seltsamer Weise nur jene leichtfertig verlockende Bewohnerin
der Triana in Heytesbury House.
Jetzt nun, sollte man denken, war das Zeitalter der Frauen-
bildnisse gekommen. Aber es fehlte den Malern Freiheit in
[21]Frauenbildnisse.
Darstellung der Schönheit. Die Eifersucht gehörte mit zur
orientalischen Ausstattung spanischen Wesens. Wer sich in ihre
wunderliche Psychologie und Pathologie der Eifersucht (celos)
hineinstudirt hat, begreift, dass ein Kunstwerk, welches seinem
Gegenstande doch einen gewissen Allgemeinbesitz verleiht, dort
anstössig sein musste. Nathanael Hawthorne sagt von der kö-
niglichen Schönheit seiner Zenobia: „Das Bild ihrer Form und
ihres Gesichts hätte über die ganze Erde verbreitet werden
müssen. Es war ein Unrecht gegen die übrige Menschheit, sie
als Schauspiel für nur Wenige zurückzuhalten … Sie hätte es
für ihre Pflicht achten müssen, unaufhörlich Malern und Bild-
hauern zu sitzen.“ … Aber wie schwer mochte ein Spanier aus
Calderons Zeit einem Wesen, das Niemand mit gleichgiltigen
Augen ansehen konnte, dem Maler zu sitzen erlauben! Eine Reiz-
barkeit, wie sie in seinen und Tirso’s Komödien geschildert wird,
die jeder Ueberlegung so unzugänglich ist, dass sie Huldigungen
zum Verbrechen des an ihnen ganz unschuldigen Gegenstands
macht und an diesem rächt, hätte sie Darstellungen ertragen
können, wie sie Tizian von Fürstinnen seiner Zeit wagen durfte?
Freilich war die Ehre dort von zarterer Konstitution. Schönheiten,
selbst von Stande, waren in Madrid steten Verfolgungen ausge-
setzt, und man hielt die Macht des Goldes für unwiderstehlich 1).
Die Frauen von Stande lebten in einer halb klösterlichen, halb
orientalischen Zurückgezogenheit 2), weder auf Promenaden noch
Corsos zeigten sie sich öffentlich, wie in Italien. Der Verkehr
ausser dem Hause beschränkte sich auf Besuche in Sänften, be-
sonders in reichen Nonnenklöstern; selbst die Messe pflegte man
zu Hause zu hören.
Da man jedoch in den Hofkreisen die europäischen Sitten
mitmachte, so wurden die Bildnisse wenigstens mit starken Vor-
richtungen der Abwehr ausgerüstet. Ihre Originale scheinen
den liebenswürdigen Schwächen des Geschlechts unzugänglich.
Jene Eigenschaften, welche nach den Dichtern wenigstens die
eine Hälfte weiblichen Reizes ausmachten, die Anmut Tirso’s,
[22]Fünftes Buch.
das mirar tan suave Lope’s, sie wurden streng verbannt, und der
Ausdruck der Würde, des kalten Stolzes, war Gesetz.
So darf es nicht Wunder nehmen, wenn es in spanischen
Gemäldesammlungen so wenig erträgliche Frauenbildnisse giebt,
und besonders jene Klasse, die man „Schönheiten“ nannte, fast
gar nicht vorkommt. Palomino erwähnt die in Frankreich,
Deutschland, Italien (heute hätte er England an erster Stelle
nennen müssen) bestehende Sitte, grosse und kleine Bildnisse
vornehmer Damen (madamas sobresalientes en calidad y hermosura)
„ohne Prüderie und Geheimniss aufzustellen“; aber, fügt er hinzu,
bei uns ist der Ehrenpunkt peinlicher“ 1). So schrieb er noch
unter den Bourbonen (1723). Nur zur Zeit Philipp II, als der
Geist der Renaissance auch dort am mächtigsten war, wurden
wohl schöne Hofdamen gemalt für die Bildnissgalerie des Pardo,
aber sie sind von der Hand Anton Mors. Sonst bezog man die
„Schönen“ etwa aus Venedig, man sieht im Museum noch eine
mehrmals wiederholte Courtisane von der Hand Tintoretto’s.
Sandte Tizian selbst jenes Exemplar seiner hübschen Lavinia,
spanischem Geschmack angepasst, als Herodias mit dem Kopf
des Täufers?
Auch am Hofe Philipp IV, wo man sonst an manchem Vor-
urtheil lockerte, hat der erste Maler des Königs nicht oft Damen
zu malen gehabt. Haben wir Grund, es zu bedauern? Die
Ansicht ist verbreitet, dass Velazquez vorzugsweise ein Männer-
maler gewesen sei 2). Ein Charakteristiker von dieser Stärke,
sagt man, könne für Frauenschönheit keinen Beruf gehabt haben,
Aber wie oft, auch in ästhetischen Fragen, hat man die Notwen-
digkeit des Faktums früher bewiesen als dessen Richtigkeit.
Man vergass, dass seine Bildnisse kleiner Mädchen unerreicht
sind, der Infantin Margaretha, ihrer Fräulein, seines Töchterchens,
und bei Malern, Kennern und Laien ungetheilte Bewunderung
finden. Und solche sind mindestens nicht leichter als Frauen-
bilder.
Jenes Vorurtheil erhält eine scheinbare Bestätigung durch
den Befund seiner Werke. Im Madrider Museum kommt nur
eine echte Spanierin vor. Die Zahl der königlichen Damen ist
zwar gross, aber es sind Wiederholungen sehr weniger Aufnah-
[23]Frauenbildnisse.
men, und sie gehören einer fremdländischen Rasse an. Meist
können sie weder durch Schönheit noch durch Anmuth oder gei-
stige Bedeutung Interesse erwecken.
Bei der ersten Königin, Isabella von Bourbon, der vereh-
rungswürdigsten unter allen Frauen dieser Zeit, scheint dem
Maler die Freiheit des Studiums gefehlt zu haben, sie sass nur
mit Widerstreben; die zweite, sehr unbedeutende Marianne von
Oesterreich wird mit jedem Jahre abstossender. Zu jener grund-
sätzlichen Vermeidung jedes Scheins von Liebenswürdigkeit ge-
sellt sich eine, die Formen unterdrückende Modetracht, die leider
gerade damals alles bisher Dagewesene in ungeheuerlicher Ent-
stellung der menschlichen Gestalt überflügelte 1). Da nun des
Malers Wahrheitsliebe dies Alles keineswegs milderte, ja mit
einer mehr dem Culturhistoriker als dem Künstler wünschens-
werthen Bestimmtheit betonte, so kann freilich seine Damengalerie
kaum Enthusiasten finden. Aber sollte er in der Art der Mig-
nard und Lely die Natur nach einer Modeformel verbessern?
Und war solchen Modellen und so starrer Etikette gegenüber
nicht jede Kunst machtlos? Auch ein Schönheitsmaler, wie Mengs,
hat unter seinen Porträts den hässlichsten Frauenkopf, der je eine
Krone getragen, die Kurfürstin Maria Josepha. Würde Velaz-
quez sich nicht bessern Vorbildern gegenüber in anderem Lichte
gezeigt haben? Ich glaube, man kann diese Frage bejahen, wenn
man die Thatsachen nicht zählt, sondern wägt, d. h. die wenigen
Bildnisse echter Spanierinnen die von ihm bis jetzt bekannt sind
— es sind nur drei — aufmerksam betrachtet.
Leider sind alle drei Unbekannte! Sie sind und bleiben
Räthsel; nur dass die ungelösten Räthsel der Kunst doch auch
wieder sonnenklar sind und keiner Auflösung bedürfen.
Jene einzige spanische Dame der Madrider Galerie (Nr. 1089,
0,92 × 0,39) und die frühste von den Dreien ist die Sibylle.
Sie taucht zuerst in dem Inventar von San Ildefonso aus Carl III
Zeit (1774) auf, als die Dame, welche eine Tafel vor sich hält 2).
Dass sie die Frau des Malers vorstellt, ist möglich, aber noch
durch nichts wahrscheinlich gemacht, denn Aehnlichkeit mit einer
der Frauen im Wiener Familienbild ist kaum vorhanden.
[24]Fünftes Buch.
Das Bildniss ist auffallend durch die nur diess einzige Mal
vom Maler gewählte, mehr plastische als malerische Profilansicht.
Die Linien dieses Profils sind weniger schön als interessant,
mehr charaktervoll als gefällig, jedenfalls rein spanisch. Die klare,
freie, gerade Stirn (frente desembarazada, wie sie Tirso verlangt
in Amar por señas) und wie sie auch bei allen folgenden Porträts
begegnet), das still in die Ferne blickende, tiefliegende, grosse
Auge gibt diesem Antlitz die Weihe der Intelligenz. Der Zug
Die Dame mit dem Fächer.
des Ernstes wird ver-
mehrt durch den
Schatten über Stirn
und Auge, denn das
Licht kommt von hin-
ten. Ist es der Blick
der Künstlerin oder
der Seherin? Die
Tafel müsste darauf
Antwort geben; sie
ist leer. Das graue
Kleid, der gelbe
Mantel, hat eine fast
ideale Einfachheit.
Es scheint also, sie
wollte sich in irgend
einer poetischen Rol-
le dargestellt sehen,
vielleicht nach dem
Muster eines ihr be-
kannten klassischen
Werks; wie Dome-
nichino in Figuren
und Halbfiguren seine
schöne Marizzebill als heilige Cäcilie oder Cumæa malte. Nur
wüssten wir kaum eine Darstellung der Sibylle von dem stren-
gen, sculpturalen Wesen unsrer Spanierin. Sie scheint in der
Mitte der zwanzig, an der Grenze des Alters der Reize nach Lope:
Bei dieser Einfachheit ist besondere Aufmerksamkeit auf
die Haare verwandt. Sie scheinen allerdings eine Künstlerin zu
verrathen; aber welche Spanierin ist hierin nicht Künstlerin?
[25]Frauenbildnisse.
Die reichen, gekräuselten, schwarzen Haare thürmen sich über
der Stirn auf, wie ein natürliches Diadem, und bedecken einen
Theil der Wange. Hinten werden sie durch ein netzartig ge-
flochtenes gelbes Band zusammengehalten, von dem ein breites
grünes Ende über den Rücken fällt. Der feine Hals ist ein-
gefasst von einem Perlenband und einer schmalen Krause.
Das Bild ist mit schlichter, dünner Farbe leicht und breit
gemalt, der Grund gelblich-grau. Zu dem Charakter der Zurück-
haltung dieser edlen,
vom Betrachter und
vom Licht abge-
wandten Figur passt
der graue Ton und
auch die Profilan-
sicht, welche bei Ma-
lern nicht für genü-
gend zur Porträt-
ähnlichkeit gilt. —
Auf die dämmer-
hafte „Sibylle“ mit
dem Blick in die
Ferne folgt eine Ge-
stalt, die sich in
fast beunruhigender
Weise dem Betrach-
ter zukehrt. Die
„Dame mit dem Fä-
cher“ lässt sich aus
der Galerie Aguado
Doña Juana de Miranda. (?)
(in der sie recht unglücklich in Stahl gestochen wurde) auf die
Sammlung Lucien Bonaparte (1816, £ 31) zurückverfolgen; Lord
Hertford erwarb sie für 12,750 Francs, sie ziert die Galerie von
Sir R. Wallace. (36½″ × 27″.)
„Es giebt kein Gemälde, welches besser Spanien und zugleich
Velazquez verträte“, sagte W. Burger, der es auf der Manchester
Ausstellung sah.
Junonische Augen, feines Stumpfnäschen, warmes blühendes
Incarnat, ein wolgebildeter kirchrother Mund, ein langer voller
Hals mit Halsband von dunkeln Kügelchen, der indess mit der
Brust einen allzu stumpfen Winkel macht:
[26]Fünftes Buch.
candida, gruesa, torncada(Tirso, a. a. O.).’
Aus der etwas harten Stirn die Haare zurückgestrichen, dann
aber in braunen weichen Locken in die Wangen hineinragend:
so steht sie rechts auf der Bildfläche, den Blick nach links
gewandt, und mit zierlichem Griff den Saum der schwarzen
Spitzenmantille in der Höhe des Busens fassend. Dieser
manto war eines der gefürchtetsten Garderobestücke der Damen
von Madrid, oft verwünscht von Gatten und Vätern, ja getroffen
von der Censur einer königlichen „Pragmatik“ (1639). Mit einem
Zug dieser kleinen Finger konnten sie sich vermummen; oder sehr
kokett bloss das eine Auge zeigen, oder aber wie hier von
seinem ernsten Schwarz den schönsten Busen einrahmen lassen,
Dank dem tiefausgeschnittenen olivenbraunen Kleid.
Ausser den durchweg dunklen oder stumpfen Contrast-
farben des Anzugs, dient der schmale gekräuselte Saum des
Hemds (nach tizianschem Recept), den südländischen Ton der
Haut noch wärmer zu stimmen, dessen Frische durch selten
reichliches Impasto gesichert wird.
Die Hände stecken in weiten, hellgrauen Lederhandschuhen,
an die sich Spitzenmanschetten schliessen. Sonst nichts von
Kleinodien. Die Rechte hält den breit entfalteten Fächer, dem
Betrachter wie eine vielsagende Hieroglyphe zugekehrt. Am
linken Arm hängt in weitläufigen Windungen der Rosenkranz,
mit seiner bläulichen Schleife. Also die drei stummen Instrumente
auf welchen Jede dort Virtuosin ist, Mantille und Fächer in
Aktion, der Rosenkranz als Deckung. Es ist ein Feldzugs-
kostüm. Der Blick der braunen Augen ist stolz, fast hart, ein
strategischer Blick, der unter der Maske der Kälte Ungeduld
und Leidenschaft verbirgt; er bedeutet eine Frage, wenn nicht
ein Ultimatum. Ein entschlossenes Wort ist hier am Platz; ist
der Augenblick versäumt, sie wird es dir nie verzeihen.
Wer ist sie und woher kommt sie? Wahrscheinlich aus der
Messe, in der Vitoria, der paroquia de las damas, wie sie Tirso
nennt; von da ist nur ein Schritt nach der Calle mayor;
á varas, medida y peso(Tirso, La celosa de sí misma).’
Sie passte auch unter die Pappelalleen des Prado. Aber der
Maler hat nichts angedeutet; er hat ihr nur den leeren grün-
lichgrauen Hintergrund gegeben. Ist es eine jener Circen, für
[27]Frauenbildnisse.
welche die Edelleute des Hofs sich zu Grunde richteten? Oder der
Toledanerinnen der Komödie, welche beim Empfang des Weih-
wassers Blicke versandten, die verlobte Cavaliere am Vorabend
der Hochzeit ungetreu machten? Ein Labyrinth von Kälte und
Feuer, Bigotterie und Weltsinn, Stolz und Buhlerei!
Von unsrer Unbekannten giebt es noch ein anderes Bild-
niss, welches neben diesem mehr als Repräsentations-, weniger
als Situationsbild erscheint. Es befindet sich in Chiswick House,
dem Landsitz des Herzogs von Devonshire, schon seit der Mitte
des vorigen Jahrhunderts. (28″ × 18½″.)
Der Hauptunterschied liegt in der Tracht. Sie ist reicher,
kostbarer in den Stoffen, besonders Spitzen, heiterer in der Farbe,
aber zurückhaltender, vornehmer. Die schlichte, schwarze hat sie
mit einer reichen Spitzenmantilla vertauscht, deren blumenförmig
ausgeschnittener Saum tiefer ins Gesicht einschneidet; Perlen-
halsband, Kleid von citronengelber Seide mit schwarzen Spitzen-
volants an Unterrock und Aermeln. Dagegen hat sie die Brust
bedeckt mit einem weissen Spitzenkragen, und die Hand hält statt
des beredten Fächers ein nichtssagendes Taschentuch. Dafür
hat sie die grossen Handschuhe vergessen; aber ihre Hände
sind keine „fünf blättrige Lilien“ 1); sie dürften kaum für das ver-
lorene Ersatz gewähren. Obwol nur skizzirt, sind sie etwas
stark, was bei einer Spanierin von Stand viel heissen will. „An
Füssen und Händen erkennt man den Teufel und die Zofen“:
¿Que se conocen, no reparas,
por los piés y por las manos,
los diablos y las criadas?
(Calderon, Fuego de Dios en el querer bien II.)’
Vielleicht hat diess Galabildniss als Experiment gedient,
dessen Lehren bei jenem Kampagnebild benutzt wurden. — Die
Leinwand scheint scharf beschnitten.
Eine zweifellose und zwar sehr elegante (bien prendida)
Dame stellt endlich das dritte Bildniss vor, welches kürzlich aus
der Dudley-Galerie in’s Berliner Museum übergegangen ist, das
nun zwei grosse Frauenbilder des Meisters besitzt. Das neue
[28]Fünftes Buch.
ist ohne Zweifel das anziehendere; keine Galerie wird sobald
hoffen dürfen, ihm ein gleichwerthiges an die Seite stellen zu
können.
Das Gemälde lässt sich nur bis auf die Sammlung des Se-
bastian Martinez in Cadiz zurückverfolgen, obwol es von A. Ponz
in deren Beschreibung (Viage XVIII, 20 ff.) nicht erwähnt wird.
Es kam aus der Salamanca-Galerie im Jahre 1867 für 98,000 Francs
an Lord Ward Dudley. (1,37 × 1,00.)
Auf hellgrauem Grunde tritt die Gestalt, fast in Form zweier
übereinandergestellter Kegel, sehr plastisch hervor. Stellung
und Geberden sind die konventionellen, aus den königlichen
Damenporträts bekannten; auch die Form des Reifrocks und
der Frisur ist dieselbe, sie reicht von dem dritten bis ins fünfte
Jahrzent des Jahrhunderts. Ihre Bewegung hat die Ungezwungen-
heit vornehmer Erziehung; doch glaubt man in der stolzen
Haltung, dem festen Griff an die Lehne des rothen Sessels und
im Ausdruck mehr Temperament zu erkennen als bei jenen. Der
lebhafte Blick der braunen Augen, das Spiel um den Mund hat
etwas munteres, triumphirendes, schalkhaftes 1), das von dem
kalten Ernst der Hoheiten und Majestäten abweicht. Welche
Dame aber müsste auch ein solcher Staat nicht guter Laune
machen!
Die Züge drücken Entschiedenheit des Charakters aus.
Hohe, gerade Stirn, grossgeschnittene Augenhöhlen, durch starke
Brauen und Schatten betont, tiefliegende nicht grosse, intelligente
Augen von derselben Farbe, eingezogene Nase mit starker, keck
hervortretender Spitze, ein schön geformter, langer, sehr be-
stimmter Mund, volles rundes Kinn. Ein Kopf von mehr breiten
Verhältnissen, welche durch den über der Stirn hochaufgethürmten,
rötlichblonden Schopf und das über Schläfen und Wangen quel-
lende Gelocke etwas ausgeglichen werden. Nur ein schwacher
Hauch röthet die Wangen. Dies echt spanische Gesicht entsprach
dortigen Schönheitsbegriffen wol mehr als unseren. Calderon,
der in der „Tochter der Luft“ sein Ideal ausgemalt hat, verlangt
zwar schwarze Augen, aber das Haar zwischen schwarz und
blond, und den Mund (corte del alma) gross.
[29]Frauenbildnisse.
Die herabhängende Linke hält den geschlossenen Fächer;
hier ist eine zuerst beabsichtigte Ausbiegung des Handgelenks
flüchtig zugedeckt worden, ohne das Glied aber weiter umzu-
modelliren; es erscheint etwas formlos.
Ihr Putz übertrifft an Kostbarkeit selbst mehrere fürstliche
Damenconterfeis, ohne jedoch auffallend zu sein: „reich, nicht
bunt“. Den obersten Platz nimmt eine Diamantrose ein, über
der rechten Schläfe ins Haar gesteckt; das Ohrgehänge besteht
aus drei grossen Perlen; Perlenhalsband. An die Stelle der
Tellerkrause oder lechuguilla, die übrigens hier als horizontales
Element zwischen den vielen aufsteigenden Linien gut wirken
würde, ist ein sehr bescheidener, flacher Kragen getreten, ein
Gegenstück der männlichen golilla. Sie trägt ein schwarzes, ge-
blümtes Sammetkleid; die Unterärmel und der hohe Kragen sind
von blauem, golddurchwirktem Stoff mit goldenen Sternen;
letzterer ausserdem mit Goldspitzen gesäumt.
Darüber legt sich eine lange schwere, aus rosettenartigen
Gliedern gebildete Goldkette, die einen stattlichen Schmuck von
Gagat (azabache) trägt. An dem Zeige- und kleinen Finger der
Linken und an der Rechten stecken drei Ringe mit grossen,
ebenfalls rosettenartig umkränzten Steinen.
Die Grundirung ist, wie meist, weiss, mit einem Stich ins
Bläuliche. Darauf ist das Ganze hergestellt in drei Noten, dem
hellen, sehr wahren Fleischton mit dünnem, durchsichtigem Braun
für die schmalen Schatten, Haare und Augen; dem Schwarz
(und Blau) des Kleides und dem hellgrauen Grund. Besonders
die braunen Schatten führen auf die dreissiger Jahre, sie finden
sich auch in dem Bildniss des Montañes und in dem Dresdener
Unbekannten (I, 396).
Auf der Rückseite der Leinwand, die aber jetzt auf eine
neue Leinwand gezogen ist, soll in alter Handschrift der Name
Joana de Miranda stehen. Diess ist der Name der Frau des
Malers. Nichts spricht dagegen, wenn nicht vielleicht das reiche
Kostüm. Sollte der Hofmaler, dessen Gehalt damals noch be-
scheiden war und mehr als unregelmässig ausgezahlt, auch durch
Nebenverdienst aus Honoraren für Private wenig aufgebessert
wurde, im Stande gewesen sein, der Tochter des Malers Pacheco
solche Perlenbänder und Goldketten zu verehren? Die gleiche
Benennung der Sibylle und der Frau im Vordergrunde des
Wiener Familienbildes (die auch die Tochter Francisca sein kann)
ist übrigens durch nichts erwiesen; Beide haben mit unserer
[30]Fünftes Buch.
Dame wenig Aehnlichkeit, und auch nicht untereinander. Der
Name Miranda kommt mehrfach am Hofe Philipp IV vor. Es
gab einen D. Antonio de Miranda, der Mitglied des obersten
Gerichtshofs war (Alcalde de casa y corte), einen D. Luis de
Miranda Enriquez, und endlich waren die Herzöge von Peñaranda
Grafen von Miranda.
Gewiss, Niemand wird diese Bildnisse sehen, ohne das Vor-
urtheil zu bedauern, welches Velazquez verhindert hat, mehr
Proben seiner Kunst in diesem Fach zu geben. Man kann aus
diesen wenigen wol schliessen, dass ihn vor gefeierten Damen-
malern der Höfe dieses und der folgenden Jahrhunderte eins
auszeichnete: die Abwesenheit jener Schablone, die wenn ein-
mal von der grossen Welt acceptirt, allem aufgedrückt wird,
unerbittlich, einförmig, unkünstlerisch wie die Mode.
„Täglich kommen hier Gäste an, schreibt am 31. August 1638
ein Jesuitenpater, und man giebt mehr für sie aus als für die
Armeen“ 1).
Zu ihnen gehörte die Herzogin von Chevreuse, welche die
Zeiten Richelieu’s und Mazarin’s mit ihren Intriguen erfüllte.
Von ihrer Aufnahme durch Velazquez ist die erste und einzige
Nachricht erst vor kurzem bekannt geworden.
Marie de Rohan, nach dem Ableben ihres ersten Gemahls,
des Herzogs von Luynes, vermählt mit Claude de Lorraine, Her-
zog von Chevreuse, war eine der reizendsten und geistreichsten
Frauen ihrer Zeit. Ihr Leben war eine ununterbrochene Kette
von Liebesromanen und Cabalen, — in die sie sich aus Liebe
verstrickte. Dem Cardinal, der sie hasste seit sie eine mehr als
zudringliche Huldigung abgewiesen hatte, war sie als Vertraute
der Königin Anna unbequem; er trieb sie von Hofe fort; Lud-
wig XIII hatte ein solches Grauen vor ihr, dass er sie in seinem
letzten Willen von dem allgemeinen Gnadenakt ausnahm. Sie
befand sich in Tours, als die Nachricht der Beschlagnahme von
Briefen der Königin sie in Schrecken setzte. Sie beschloss sich
nach Spanien zu retten (6. September 1637); der achtzigjährige
Erzbischof war ihr bei der Flucht behülflich. Sie verlor die
Reiseroute und irrte von Schloss zu Schloss, von Herberge zu
[31]Die Chevreuse.
Herberge, in Mannskleidern; sie soll die Somme durchschwommen
haben. Sie schrieb an den Vicekönig von Aragon, Marques de
los Velez, der sofort dem König berichtete. Eine Einladung an
den Hof folgte, nebst Vorzeichnung des Wegs, auf dem für fürst-
liche Aufnahme gesorgt war: zu Barbastro wohnte sie im Palast
des Bischofs, zu Saragossa in dem des Vicekönigs (10. Oktober).
Man war begierig, die Freundin der ältesten Schwester des
Königs, von der man seit zwanzig Jahren abgeschnitten war,
ausfragen zu können; noch mehr, die in Spanien kaum vorkom-
mende Species der politischen Dame sich anzusehen, und eine die
sich rühmen konnte, von Richelieu als Feindin behandelt zu
werden. Besonders Olivares war ungeduldig eine Person zu
begrüssen, mit der er sich in seiner tiefsten Empfindung be-
gegnete; um sich den ungestörten Genuss dieses Seelenaustausches
unter vier Augen zu verschaffen, eilte er ihr nach Barajas, zwei
Meilen von Madrid, entgegen. Cardinal Retz sagt, ihre Einfälle
seien gewesen wie Blitze, aber die gesetztesten Köpfe hätten
ihre Richtigkeit zugeben müssen. Wie mögen die tückischen
braunen Augen gefunkelt, der eingefallene Mund geschmunzelt
haben, als die 37jährige Französin mit bekannter Volubilität den
auf der langen Reise angesammelten Groll in einem Schauer von
Pfeilen losliess, dessen seltene und kurze Pausen Don Gaspar
mit eben so scharfzugespitzten, aber wuchtigeren Sentenzen in
dem starkgefärbten Stil, den er liebte, ausfüllte. Sie sagte her-
nach: „die Gegenwart überstrahle noch den Ruf eines so grossen
Ministers“. Am fünften December hielt sie, geleitet von den
zu ihrem Empfang abgesandten Hofdamen, einen förmlichen
Einzug. Seine Majestät konnte die Vorstellung einer Dame, von
der man gesagt hat, dass sie alle Fürsten, denen sie genaht, ver-
liebt zu machen verstanden, nicht erwarten: er erschien bei der
Vorüberfahrt in einem Fenster des Palasts von Buen Retiro.
Sie erhielt eine Wohnung im Palast Alba.
In der Audienz bei der Königin Elisabeth rühmte sie in
geflügelten Worten die Schönheit deren jüngerer Schwester,
Henriette von England, von der sie ein Bildniss mit sich führte,
welches Ihre Majestät sich ausbat. Sie hatte diese vorher um
das ihrige ersucht, um es der Schwester nach London (wohin sie
im Februar abreiste) mitzunehmen. Doña Isabel hatte es auch
gewährt.
Bei der ihr zu Ehren veranstalteten grossen Jagd im Pardo
fuhr sie an der Seite der Königin, mit der Prinzessin von Carignan.
[32]Fünftes Buch.
Vierzig Sauen hatten die Jäger eingestellt, auch Teiche befanden
sich innerhalb der Tücher, aus welchen das Wild von den Hun-
den geholt wurde. Drei Stunden dauerte dieses Schauspiel.
Im Januar malte sie Velazquez in französischer Tracht
und Haarputz 1). Weisse Haut und blondes Haar, Lebhaftigkeit
und Grazie, scharfer Verstand und Menschenkenntniss machte
diese excentrische Frau zu einem Typus der grossen französischen
Damen jener Zeit. Geschmeichelt wird sie das Bildniss wol nicht
gefunden haben. —
Auch eine Engländerin hat Velazquez gemalt; ihr Kopf befand
sich in seiner Palastwohnung nach seinem Tode 2). —
Wo mag das Bildniss der Doña Juana Eminente hinge-
kommen sein, das in der spanischen Louvregalerie war? (Nr. 298;
0,79 × 0,60). „Die Augen, sagt das Kunstblatt (1839, 166), dieser
reizenden Spanierin sehen nicht, sie sprechen; das Modell des
Kopfes ist bewundernswürdig schön; es ist ein herrliches Ange-
sicht mit verlockendem Munde, um den ein noch verlockenderes
Lächeln spielt.“
Und hat Palomino eines dieser Bildnisse gemeint, wo er von
einer Dame „von ungewöhnlicher Vollkommenheit“ spricht, die
er mit besonderm Glück gemalt habe und auf die D. Gabriel
Bocangel folgende Verse machte:
‘Llegaste los soberanos
Ojos de Lisi á imitar,
Tal, que pudiste engañar
Nuestros ojos, nuestras manos.
Ofendiste la belleza,
Silvio, á todas desigual,
Forque tu la diste igual,
Y no la naturaleza.’
((Museo III, 334).)
Isabella von Bourbon.
Von keiner der königlichen Damen aus der Zeit Phi-
lipp IV möchte man lieber ein gutes Bildniss haben, als von
seiner ersten Gemahlin, der Tochter Heinrich IV und der Maria
von Medici. Ihr edler und reiner Charakter, ihre Regenten-
[33]Isabella von Bourbon.
gaben und Regententugenden, die freilich nur spät und kurz zur
Geltung kamen, ihr Schicksal, erheben sie weit über die andern 1).
Isabella war zwei Jahre älter als ihr Gemahl, dem sie 1615
angetraut wurde; ihr eheliches Zusammenleben begann erst einige
Jahre später. Die anmuthige äussere Erscheinung der jungen
Königin weckte in ihrer Jugend romantische Leidenschaften,
später gewann sie durch ihr öffentliches Auftreten die Vereh-
rung der Nation. Dazwischen lagen lange Jahre der Dunkel-
heit, Vernachlässigung und Unterdrückung. Bekannt ist aus den
Memoiren der Madame d’Aulnoy
die verwegene Schwärmerei, welche
sie dem geistreichen und durch
seine satirischen Verse berechtigten
Grafen von Villamediana einflösste.
Er erschien bei einem Carousel
in einem mit neuen Realstücken
besetzten Anzug und mit der De-
vise Mis amores son reales; er stif-
tete in seinem eigenen Palast eine
Feuersbrunst an, um die Königin
in seinen Armen retten zu kön-
nen. Er hat diese Thorheiten mit
dem Leben bezahlt. Schon die
achtzehnjährige nannte der man-
Isabella von Bourbon.
tuaner Orator eine Fürstin von hohem Geist (d’ alti spiriti) 2),
und Bossuet in der Rede beim Tode ihrer Tochter Maria The-
resia bezeichnete sie als „die beste Königin und die am meisten
beklagte auf spanischem Thron“. Olivares, der ihren Einfluss
auf den König fürchtete, mit dem sie anfangs „in einem Wett-
streit von Liebe und Eifersucht gelebt“, hatte ihr nicht nur den
politischen Einfluss, sondern auch das Herz ihres Gatten gestoh-
len, dessen Sinnlichkeit er auf unwürdige Gegenstände ablenkte.
Ihr Unglück, an dem aber wohl der König selbst die Schuld trug,
war, dass alle ihre Kinder, vier Töchter, bis zum Jahre 1629 weg-
starben. Don Gaspar gab ihr seine bucklige Frau als Camarera
II. 3
[34]Fünftes Buch.
mayor; sie wurde ihre Gefangenwärterin und zugleich Kupplerin
für den Gemahl. Dieser Unhold übte einen solchen Druck auf
ihre Bewegungen und selbst Worte, dass sie ein Gegenstand
allgemeinen Mitleids wurde. Sie war unfreier als die geringste
ihrer Dienerinnen. Ihre Gefühle als Französin wurden in roher
Weise verletzt 1). Und doch nahm sie am Schicksal des Landes
den wärmsten Antheil, der nur verbittert wurde durch die Ge-
wissheit den Monarchen besser berathen zu können als sein
Minister.
So hatte sie lange Jahre mit viel Geduld und Selbstbeherr-
schung die Rücksichtslosigkeit (indiscretezza) der Gräfin ertragen,
als die Reise des Königs nach dem Kriegsschauplatz (1642) auf
einmal ihre Berufung zur Leitung der Regierung (gobernadora)
veranlasste. Ihr Auftreten in dieser schweren Zeit machte sie
bald zum Abgott aller Stände. Als man ein „Regiment der Prin-
zen“ in Madrid formte, besuchte sie selbst die Hauptwache;
sie theilte den lässigen Hauptleuten etwas mit von ihrem Feuer-
eifer, sie hielt Ansprachen an die Soldaten. Als einmal ein Kauf-
mann, der 10000 Dukaten Kriegsunterstützung erlegen sollte,
hingerissen von ihrer Gegenwart, 50000 zeichnete, und sie ihm
bewegt gedankt, gab ihr die Gräfin einen lauten Verweis, „so
gütiger Worte dürfe sie sich nicht gegen einen Vasallen bedie-
nen!“ Isabella antwortete: „Die Könige und Königinnen, meine
Vorfahren, haben diese Monarchie durch Courtoisie gegründet,
durch die Unhöflichkeiten, deren Ihr und Euer Gemahl sich be-
dienen, geht sie ihrem Verderben entgegen“. Männliche Begriffe
zeigte sie von fürstlichen Pflichten, als sie ihrem Sohne die Be-
gnadigung eines Mörders abschlug, der in dessen Dienst als
Kutscher stand. „Sohn, sagte sie, in allen Stücken wünsche ich
Euch zu Gefallen zu sein, aber in keinem Stück kann ich es mehr,
als indem ich sorge, dass Gerechtigkeit geübt wird. Und wenn
Ihr König sein werdet, darf Euch nichts höher stehen als Ge-
[35]Isabella von Bourbon.
rechtigkeit, das wird Euch und dem Reich Segen bringen.“ Sie
war es, welche den König endlich zur Entlassung des Unglücks-
ministers drängte.
„Die starke, die muthige, die gottesfürchtige Isabella, sagt
Bossuet, verdankte einen Theil ihres Ruhms dem Unglück Spa-
niens, dessen Heilung sie in jenem Eifer, in jenen Rathschlägen
fand, welche Grosse und Volk neu belebten, ja, wenn man es
sagen kann, selbst den König!“ Drei Tage nach dem Sturz des
Ministers, bei einem Besuch in den Descalzas, sagte Philipp zu
Sor Margarita: „Empfehlt Gott meinen Günstling (privado),
dass er ihm Erleuchtung schenke zur Regierung.“ — Wer ist es?
— „Meine privado ist die Königin.“
Aber die Anstrengungen hatten ihr eine entzündliche Krank-
heit zugezogen. Sie ahnte ihr Ende. Als der Prior des Escorial
sie zum Besuch der neuerdings erweiterten Gärten einlud, sagte
sie: Venirò ma non a vedere. Der König sandte ihr von Sara-
gossa einen Demantschmuck mit der Versicherung, „er achte ihre
Gesundheit und ihr Leben höher als seine Reiche.“ „Er solle
nicht kommen, liess sie ihm sagen, damit das katalonische Unter-
nehmen nicht gefährdet werde,“ und fügte hinzu: „Nun bin ich
der Liebe des Königs versichert; aber diesen Schmuck werde
ich nicht tragen; nur im Tod wird er mich wiedersehn.“ Wir
lesen am zweiten Oktober, dass die Aerzte nach einer stunden-
langen Berathung zum sechstenmale in der Verordnung eines
Aderlasses sich vereinigten! Sie starb am sechsten; der Vene-
zianer Sagredo schrieb von ihr: „Sie verband mit der höchsten
Staatsklugheit (prudenza) eine unsägliche Güte; sie liess ihre Tu-
genden leuchten durch Freundlichkeit und Wolwollen, die über die
herkömmliche Sitte spanischer Fürsten hinausgingen, und eine
herzliche Liebe in allen erweckten, die ihr nahetraten.“ 1)
Wahrlich, von allem was auf Philipps Rechnung steht, setzt
ihn nichts mehr herab, als die Stumpfheit, mit welcher er einen
solchen Schatz von Verstand und Herz vernachlässigte, und zu
einer Art stummer Einzelhaft verurtheilte.
Nur ein Bildniss giebt es von Isabella im Pradomuseum
und in Spanien, das Reiterporträt, welches schon im Salon von
Buen Retiro am Eingang als Pendant zu dem ihres Gemahls
hing. Hier sah es jene Französin im Jahre 1679, ihre Beschrei-
bung ist wol die früheste die es von einem Velazquez’schen Ge-
[36]Fünftes Buch.
mälde giebt. „Sie war dick, weiss und sehr angenehm: schöne
Augen, sanfter geistvoller Ausdruck“ 1). Nach den Zügen dürfte
sie in der Mitte der zwanzige stehen, Umgebung und Ross sind
viel später von Velazquez selbst übermalt worden. Aber nicht
nur der Stil sehr verschiedener Zeiten des Meisters, auch eine
fremde Hand springt unzweifelhaft in die Augen. Alles an der
Figur mit Ausnahme des Antlitzes, selbst die Hände, der Anzug,
die bis über die Mitte des Schienbeines des Pferds reichende
Schabracke, ist ohne Rücksicht auf Entfernung und freie Luft,
in der fleissig trocknen Art der früheren Hofporträtisten ausge-
führt. Der Schimmel hingegen, d. h. das allein unverdeckte
Vordertheil und die Füsse, ferner die ganze Landschaft wurde
mit breitem, fetten Pinsel und in sehr hellem Ton frühstens um
das Jahr 1640 neu darübergemalt. An der höher gerückten
linken Vorderhand des Schimmels ist ein pentimento bemerklich.
Ausser den breiten Leinwandstreifen an beiden Seiten ist in der
rechten Ecke ein viereckiges Stück angenäht, wo vielleicht eine
Inschrift gestanden hatte.
Das prächtige Thier, von Palomino einem Schwan ver-
glichen, mit bis aufs Knie herabfallender und die Linien des
Profils verschleiernder Mähne, geht im Schritt nach links, die
Reiterin wendet sich um. Ihre Züge haben mit dem bekannten
Kopf ihres Vaters keine Aehnlichkeit, sie artete mehr nach der
Mutter. Das Antlitz ist äusserst licht und zart gemalt, im
hellen Widerschein der breiten Tüllkrause. Die Hauptschönheit
sind die grossen braunen Augen, mit breitem Zwischenraum
und Nasenabgang. Die ziemlich hohe Stirn wird von den zu
einem feingekräuselten Schopf frisirten braunen Haaren frei-
gelassen. Hinten weht eine weisse Feder. Die Unterlippe ist etwas
breit, aber gut geformtt. Die unten anschwellenden Wangen
kommen schon auf einem grossen pariser Stich von L. Gaultier
vor, der sie als Prinzessin darstellt. Man sieht die Aermel einer
weissseidenen mit Silbersternen gestickten Jacke, ein eben sol-
cher, hoher Kragen ist über dem schweren, nussbraunen, gold-
gestickten Reitkleid befestigt, auf dem ihre Namenschiffre wieder-
holt ist. Es fällt bis zum Saum der Schabracke herab.
Weiss hat der Maler auch zum Grundton der Landschaft
[37]Isabella von Bourbon.
gewählt. Es ist eine hügelige, sparsam mit Gebüsch und Unter-
holz bedeckte Wildniss. Der Vordergrund ist durch keinen
Baum, keine Masse markirt. Rechts ein flacher Hügel, links
eine abwärts gehende Schlucht, die Aussicht nach einem Wasser
öffnend, daran ein Kirchlein mit Thurm von vier Spitzen, eine
Burg mit Warte, die nebelhaften Berge jenseits kaum von den
Wolken zu unterscheiden. —
Die grosse Mehrzahl ihrer Bildnisse ausserhalb Spaniens
sind Schulbilder, unter den Augen des Meisters nach dessen
Entwurf oder mit eigner, ziemlich lauer Betheiligung gearbeitet.
Viele scheinen während ihres Lebens an fremde Höfe geschenkt
worden zu sein. Das, welches am meisten auf Originalität An-
spruch machen kann, ist die kleine Wiederholung unsers Reiter-
bilds, welche ums Jahr 1874 im Magazin der Uffizien zum Vor-
schein kam; es stimmt mit jenem bis auf die sorgfältig behan-
delte Landschaft und die fremde Hand im Kostüm. Möglicher
Weise ist sie mit dem Reiterbild Philipp IV im Pitti ums Jahr 1638
nach Florenz geschickt worden. Die grosse Figur in Hampton-
court scheint ebenfalls mit der des Königs und in demselben
Jahre übersandt worden zu sein 1). Hier steht sie vor einem
mächtigen Säulenschaft; ein Hündchen bellt an ihr auf. Der
braune, wie verschossene Holzton ist unerfreulich, auch die Hände
ihrer nicht würdig. Ganz ähnlich ist das neuerdings hervorge-
zogene Kniestück in der kaiserlichen Galerie zu Wien; und ein
wie mir schien, besseres Exemplar in der Sammlung Henry
Huth’s, das aus der spanischen Galerie des Louvre (Nr. 249)
stammte und beim Verkauf 300 £ erzielte. Eine jugendliche
Halbfigur in gelbem Kleid mit dunklen Blumen erwarb Richard
Ford aus der Sammlung des Generals Meade (25″ × 19″). In
allen kehrt das Gesicht des Reiterbilds wieder, mehr oder weniger
gealtert, der Ausdruck ernst und klug; in der Linken hält sie
den zusammengefalteten Fächer, mit der Rechten fasst sie die
Stuhllehne: meist trägt sie ein silbergesticktes gestepptes
Kleid mit Schneppenleib, glockenartig sich ausbreitend und
[38]Fünftes Buch
und die Füsse verdeckend, Perlenhalsband mit mehr oder weniger
Schnüren. Die Farbe mager impastirt.
Abweichend und jünger erscheint sie in der Figur der
Galerie von Christiansborg in Kopenhagen. Die Züge sind noch
ohne die freudlose Langeweile; die Augen klug und munter;
der schwarze Anzug bringt den feinen Wuchs zur Geltung 1).
Ohne Zweifel werden alle diese Bildnisse der Königin nicht
gerecht. Wie sonderbar ist die stete Wiederkehr desselben
braunen Kleides. Wie heiter und reich erscheinen dagegen die
Trachten ihrer Landsmännin und Namensverwandten, Isabella
von Valois, der dritten Gemahlin Philipp II. Hatten die Grazien
am Hof jenes finstern Despoten leichter Zutritt zum cuarto
de la Reina als an diesem lebenslustigen?
Als die Herzogin von Chevreuse sich ihr Bildniss für die
Schwester in England ausbat, äusserte die Königin, sie liebe es
nicht sich porträtiren zu lassen 2). Ein Umstand, der vielleicht
die Einförmigkeit und Leblosigkeit dieser Bilder erklärt. War
der Maler verdriesslich, dieselbe Aufnahme so oft wiederholen
zu müssen? Woher aber ihre Abneigung? Die Auffassungsweise
des spanischen Kammermalers wich von dem französischen
Geschmack erheblich ab.
Die zwei kleinen Mädchen.
Gute Kindermaler sind sehr gezählt selbst unter den grossen
Künstlern. Die welche der consensus gentium als besonders
glücklich bezeichnet in kindlichen Formen und Bewegungen, in
kindlicher Anmuth, Tizian, Correggio, Murillo, sie gehörten alle
zu denen, welche das Genie der Farbe und des Lichts besassen.
Kindermaler müssen die Kunst gelernt haben, das unfassbare
zu fassen, zu verlernen verstehn, was sie mit soviel Studium ge-
lernt haben.
Seit dem Jahre 1638 besass Madrid eines der Vorbilder in
diesem Fach, das Kinderfest, jenes wundersame Idyll der jugend-
lichen Laune Tizians. Diess Gemälde war der Canon der römi-
schen Künstler gewesen, an dem ein Poussin und Fiammingo
[39]Die zwei kleinen Mädchen.
aus der Verbildung ihrer Zeit den Weg zu reiner Kindlichkeit
zurückzufinden suchten.
Ueberraschend ist, dass Velazquez der leichte, weiche, durch-
sichtige Pinsel des Kindermalers wie wenigen zu Gebote ge-
standen hat, dass er in der Kinderstube seine frischesten Lor-
beern gepflückt hat. Aber der strenge Charakteristiker war ja
auch der Maler der Luft und des Lichts.
Wol den wärmsten Beifall seiner Gönner hat er geerntet in
den Darstellungen des kleinen Prinzen Balthasar und dessen
spätgeborenen Schwesterchens. Die Schwärmerei der schwachen
Eltern und des Hofs, bezeugt durch zahllose Wiederholungen,
ist hier von der Nachwelt getheilt worden. Ihre Bildnisse wer-
den noch heute von Studirenden und Kopisten belagert, und die
allgemeine Stimme weiss von einem reizenden Blondinchen kaum
schmeichelhafteres zu sagen, als dass es wie eine Infantin des
Velazquez aussehe.
Allein diess waren Kinder teutonischen Stamms. Warum
haben wir nur ein Kind spanischer Race? „Die kleinen spanischen
Mädchen, sagt Mad. d’Aulnoy, sind weisser als Alabaster und so
vollkommen schön, dass man sie für Engel hält, freilich ändern
sie sich auffallend, geröstet von der Sonne, vergilbt von der
Luft.“
Die zwei Halbfiguren im Museum zu Madrid (Nr. 1087 und 88,
0,58 × 0,46) sehen sich so ähnlich, dass man sie auf jeden Fall
für Schwestern halten muss, — wenn sie nicht, wie fast gewiss,
eine und dieselbe Person vorstellen. Und da nun der Maler
zwei Töchter gehabt hat, die im Alter nur zwanzig Monate aus-
einanderlagen (1619 und 1621), so wäre es zu verwundern, wenn
die Namensucher diese zwei Kinder nicht für Francisca und
Ignacia erklärt hatten. Allein das Jahr 1626 will weder zu dem
Kostüm noch zu dem Stil passen. Was den letztern betrifft,
so hat ein Kritiker denen, die einen Blick thun wollen in das Ge-
heimniss der touche des Malers, gerathen, diese Bilder sich anzu-
sehn. Aber im Jahre 1626 war von dieser touche noch wenig
zu sehn.
Das besser gezeichnete und feiner gemalte von beiden,
also spätere, ist Nr. 1087. Das Kind fasst mit beiden Händen in
die Schürze voll Rosen. In ähnlicher Situation sieht man Damen
und Kinder in Parkansichten wandeln oder im Grase sitzen.
Ist es ein vornehmes Kind, das diese Rosen für sich erbeutet
hat, und bedeutet der beinahe wehmüthige, bittende Blick, dass
[40]Fünftes Buch.
es sie nicht hergeben will? Oder ist es ein Blumenmädchen, das
noch scheu seine Rosen feilzubieten vor eine Dame tritt? Grade
vor ihr stehend, sie voll und gross ansehend, ist das blühende
Kind selbst eine Rose. Rundes Gesicht, etwas kurzer Hals, hohe
Schultern; dicke braune Zöpfe fallen von den Schläfen auf sie
herab. Der Ton des Incarnats ist merklich wärmer und tiefer
Kind mit Rosen.
als bei allen königlichen
Kindern und Damen. Das
nussbraune Kleid mit
grauen geschlitzten Puff-
ärmeln ist durch Band-
zierraten von der Farbe
jener Blumen belebt: am
Hals ein Bogen von Bän-
dern, an der Schulter,
am Handgelenk, an den
Armen Schleifen.
Das zweite Bild (Nr.
1088) könnte für einen
ersten Versuch gelten, wo
durch die Unruhe des klei-
nen Geschöpfs und die
Eile des Malers einige
Verzeichnungen (in der
Stellung der Augen und
des Mundes) passirt sind. Es hält die Hände auseinander, die
Busenschleife ist weiss und roth. Wie dem auch sein mag auf
keinen Fall kann dies zweite Bild als Studie gelten, nach der
das erste gemacht wäre. Jener echt kindliche, nur so hinge-
hauchte Ausdruck, Spuren des Wachsthums führen darauf, dass
letzterem eine eigene, zweite Aufnahme zu Grunde liegt 1).
[41]Frauenbildnisse.
1)
[42]Fünftes Buch.
Berühmtheiten und Dunkelmänner.
Quevedo.
Ueber so manche theils dunkle, theils erlauchte Grössen
ragt einer um eines Kopfes Länge hervor ein Mann, für den
auch der moderne Spanier, der für Calderon z. B. nur eine pa-
triotische Verehrung aus der Ferne übrig hat, warm werden kann,
dessen Worte wie die eines Lebendigen klingen 1), Francisco de
Quevedo y Villegas. Es sollte scheinen, als sei im siebzehnten
Jahrhundert jene Stählung des Gehirns, welche den Staatsmann
und Feldherrn, den Denker und Entdecker macht, jenseits der
Pyrenäen abhanden gekommen. Quevedo, wie er gern sich
rühmte, ein Sohn der Berge (von Burgos, geb. 1580), ist eine
Instanz gegen diese Annahme. Er war vielleicht der erste Kopf
seines Zeitalters, obwol er mitten in den trüben Wirbeln des
Zeitstromes schwamm und von dessen Sittenverfall und Ge-
schmacklosigkeit nicht unberührt blieb. Im Herzen den alten
nationalen Idealen zugewandt, war sein Verstand doch ganz zu
Hause in der Wirklichkeit jeder Art und Rangordnung, seine
Phantasie oft „gebändigt vom Gemeinen“. Mit der einen Hand
streute er grosse, zuweilen noch nie gehörte Wahrheiten aus, mit
der andern malte er (mit einer Palette die Zola neidisch machen
könnte) die schmutzige Hefe der spanischen Gesellschaft, die
trüben Gährungen und wilden Stürme seines unbändigen Herzens.
Er hat sich selbst gezeichnet: „Ein Ehrenmann, zum Schlim-
men geboren; ein Edelmann, um ein Mensch zu werden von viel-
fältiger Kraft und ebensoviel Schwachheiten; von gutem Verstand
und schwachem Gedächtniss; kurz von Gesicht und Erfolg; dem
Teufel überantwortet, der Welt verpfändet, dem Fleisch ergeben;
offen von Auge und Gewissen; schwarz von Haaren und
[43]Quevedo.
Glück, mächtig an Stirn und Gedanken“ 1). Da er nun auch lahm
war, mit nach hinten gekrümmten Beinen (el diablo cojuelo
nannte man ihn), so haben wir ja eine Disposition zum Satiriker
wie man sie nur wünschen kann. In der herzlos zermalmenden
Bitterkeit seines Spotts wie in der Mächtigkeit seines Verstands
gleicht er Jonathan Swift; auch in dem Schiffbruch seines Lebens,
nur dass bei ihm das Unglück bloss von aussen kam. Der Dean
von St. Patrick’s verfehlte das Ziel seines Ehrgeizes, in Folge
einer ziemlich harmlosen Allegorie auf die drei Kirchenparteien,
welche die Gefühle der Königin Anna verletzte, Quevedo, dessen
gran tacaño mit grauenhaften Blasphemien gewürzt ist, hat nie
das Misstrauen der Inquisition ernstlich geweckt.
Sein Bild fehlt uns im Museum des Prado, unter der Ge-
sellschaft, auf die er einst sein scharfes, oft verletzendes Licht
ergoss, aber es existirt noch, echter als irgend eines der Dichter
seiner Zeit, in Farbe und in Thon. In der sorgfältigen Biogra-
phie von D. Aureliano Guerra y Orbe, die der ebenso meister-
haften Ausgabe seiner Werke in der Rivadeneira’schen Samm-
lung (Madrid, 3 Bände, 1859—77) vorausgeschickt ist, werden die
zahlreichen gestochenen Bildnisse kritisch besprochen und auf ein
kleines Medaillon in dem Titelkupfer des Parnaso español von
1648 als Quelle zurückgeführt, einem schwachen Stich von Juan de
Noort. Auf diesem Blatt, das nach dem Monogramm von Alonso
Cano gezeichnet, doch nicht erfunden ist 2), wird der Dichter von
Apollo in Gegenwart der neun Musen gekrönt, und in einer
Grotte liegt ein Satyr der jenes Medaillon, angeblich das authen-
tischte Bildniss des Dichters, vorzeigt.
Warum alle Stecher bis auf den berühmten Carmona dieses
dürftige, zwei Jahre nach des Mannes Tode gezeichnete, 34 Milli-
meter hohe Medaillon, mehr oder weniger frei kopirt haben
sollen, warum ihnen das von Palomino beschriebene Original-
gemälde des Velazquez, das bis in unser Jahrhundert in Spanien
[44]Fünftes Buch.
war, von Reisenden beschrieben wird und oftmals kopirt
worden ist, unbekannt geblieben sein müsse, ist nicht recht ver-
ständlich. Dieses Original liegt auch dem kleinen Medaillon zu
Grunde, und sein jetziger Aufenthalt, Apsley House in London,
ist kein Geheimniss 1). Neuerdings hat Jemand einen noch ältern
feinen Stich, von diesem ganz verschieden, nachzuweisen ge-
glaubt, der des Dich-
ters Epicteto y Pho-
cilides, Madrid 1635,
vorgesetzt ist, eben-
falls von Juan de
Noort 2). Allein die-
ser ist nichts andres
als das von Guerra
erwähnte Blatt der
Carderera’schen
Sammlung (jetzt in
der Nationalbiblio-
thek), das auch in die
Antwerpener Aus-
gabe (gestochen von
Clouwet) übergegan-
gen ist, und dessen
Treue fragwürdig ist.
Das von Palo-
mino (Museo III, 333)
beschriebene Bild-
niss von Velazquez
befand sich im vori-
gen Jahrhundert in
Quevedo.
der Sammlung des D. Francisco Bruna in Sevilla, wo es der
Engländer Twiss sah 3). Eine rohe Copie hängt in der National-
bibliothek zu Madrid, eine ähnliche Wiederholung, einst in der
Yriartegalerie, kam in die José Madrazo’s und ist bekannt aus
[45]Quevedo.
einer Lithographie Camaron’s. Die Stirn ist noch freier und höher
zugespitzt, der Schnurrbart zierlich gekräuselt und getheilt; es
soll nach Jemanden der es gesehen hat, ein noch elenderes Mach-
werk sein als die erstgenannte Kopie. Der kleine, Murillo zuge-
schriebene bebrillte Kopf in der Galerie La Caze (Nr. 28 Rund, 0,29
Durchmesser), übrigens ein recht gutes Bildchen, ist nicht Quevedo.
Die Kopfform ist ganz verschieden: kurze sehr zurückliegende
Stirn, mit starken Höckern über den Augen, vorspringende Adler-
nase. Auch in Pacheco’s Libro de retratos, (dessen Quevedo
in der 25. Silva des Parnass rühmend gedacht hat) befand sich
eine Zeichnung ohne Text Nr. 45, retrato sin nombre. —
Quevedo war ein Bewundrer des Malers, von ihm stammt
das frühste bekannte Zeugniss aus hervorragender Feder über
ihn, in der Silva „an den Pinsel“, im Parnass. Hier nennt er ihn
gleich nach den grossen Italienern. Er berührt schon alle die
Merkmale, welche Spätere in seiner Malerei gefunden haben:
Wahrheit, nicht bloss Aehnlichkeit; das Auseinandergehn und
die Rundung, die Weichheit des Fleisches (lo morbido), die Le-
bendigkeit; die Treffsicherheit gleich dem Spiegelbild, die tech-
nische Meisterschaft und die unverschmolzenen Striche:
diestro cuanto ingenioso,
ansí animar lo hermoso,
ansí dar á lo mórbido sentido
con las manchas distantes,
que son verdad en él, no semejantes,
si los afectos pinta;
y de la tabla leve
huye bulto la tinta, desmentido
de la mano el relieve.
Y si en copia aparente
retrata algun semblante, y ya viviente
no le puede dejar el colorido,
que tanto quedó parecido,
que se niega pintado al reflejo
te atribuye que imita en el espejo. (Obras III, 316.)’
Unser Original kann nicht gemalt sein nach seiner letzten
Gefangenschaft im unterirdischen Verliess von S. Marcos bei
Leon (1639—43), aus dem er als gebrochener Mann hervorkam;
es stammt aus der Zeit seiner Gunst, etwa als er Sekretär S. M.
[46]Fünftes Buch.
wurde (1632). Es ist ein kräftiges gedrungenes Gesicht von
reichlichen Haaren umwallt, ein wenig nach links gewandt; auf
ganz dunklem braunem Grunde, der sich über der rechten Schulter
etwas erhellt. Die Farbe ist ganz gleichmässig, kühl kupferig
mit drüber hinstreifenden Lichtern, ähnlich dem Ton in Äsop
und Menippus.
Quevedo hat uns in Versen eine sehr ausführliche humo-
ristische Beschreibung seines äussern Menschen als Spiegel des
innern geschenkt, die ganz mit unserm Bilde stimmt. Die Stirn
ist hoch, oben in der Mitte ist das stärkste und breiteste Licht
gesammelt, auch steigen von der Nasenwurzel breite schräge
Falten auf, zwei horizontale Narben fehlen nicht. Auf diese
breite klare Stirn war er stolz 1).
Die Augen stehn hier hinter den grossen runden Gläsern
einer Hornbrille, deren Einfassung einen Schatten aufs Gesicht
wirft. Denn dieser scharfsichtige Beobachter war seit seinen
Universitätsjahren in Alcalá, wo er als fünfzehnjähriger den
theologischen Grad erwarb, mit hochgradiger Kurzsichtigkeit
behaftet. Durch unersättliches Lesen (auch orientalischer Drucke)
hatte er seine Sehkraft geschwächt, denn er las beim Essen, im
Wagen, im Bett; er führte auf Reisen ein hundert sehr kleiner
Bändchen in einer Ledertasche mit sich. Er hatte den Appetit,
aber auch die Verdauungskraft des Polyhistors; sein gedrängter,
durch Anspielungen, durch unerwartete und ungewöhnliche Wen-
dungen dunkler Stil ist (wie der Hamann’s) der Stil des Lesers.
Bei ihm traf nicht zu, dass das Lesen die Denkkraft lähmt. Die
Brille war also in diesem Falle nicht wunderliche Eitelkeit 2).
Es sind grosse, runde, offene Augen 3), Lerma nennt sie in
einem Gedicht klar wie Crystall, er selbst „trübe zugleich und
heiter“ 4). Ohne die Brille unsicher, blöde, haben sie unter den
[47]Quevedo.
Gläsern, wie hier zu sehen ist, einen festen, kalten, stetigen,
durchdringenden Blick. Der Maler hat diesen Blick von dem ihm
sonst geläufigen vornehmen Seitenblick bloss repräsentirender
Persönlichkeiten wol unterschieden. Es ist nicht der Blick des
Dichters oder des Philosophen, mehr der des Politikers, des
Menschenkenners, vor dem der Schein zergeht und hinter Wor-
ten und Handlungen die Motive durchsichtig werden, ein verwir-
render Blick, mit einem Hauch von Verachtung, wie auch der Mund
Geringschätzung und Trotz ausdrückt 1). In Folge des Reflexes
der Brillengläser scheint er aus einem tiefern, dunklen Hinter-
grund hervorzudringen. Als sich sein Gönner und Geistesver-
wandter, Osuna, dessen rechte Hand er gewesen war bei der
Verwaltung Siciliens, um den Posten in Neapel bewarb, war
es Don Francisco, den er mit der nöthigen Kassa an den Hof
sandte (30000 Dukaten); er hat also die Grossen „in der Mensch-
heit trauriger Blösse“ vor sich gesehn.
Trotz dieses Beobachterblicks liegt in dem Ganzen des Ge-
sichts, der Kopfhaltung, etwas Schlagfertiges, etwas vom Mann
des Degens (der ihm die Stirnnarben verschaffte), des prompten
und witzigen Erwiderers. Die Gaben persönlichen Muths fehlten
ihm nicht, auch des moralischen. Damalige Leser mögen seine
in usum delphini reproducirten Verse römischer Satiriker und
so manche Sätze der Monarquía de Christo und des Lebens des
M. Brutus, zu welchen ihm Don Philipp und Don Gaspar gesessen,
nicht ohne Schrecken angeblickt haben. Obwol gelegentlich
Meister in unwiderstehlicher Schmeichelei und diplomatischer
Verschleierung bedenklicher Wahrheiten, Hofpoet, war doch das
„freie Wort“ bei ihm s. z. s. Temperamentseigenschaft 2); aber er
besass auch durch Erfahrung und ungeheures Wissen die Kom-
petenz, „die Wahrheit zu sagen“, die durch Rede- und Press-
freiheit augenscheinlich nicht ausgetheilt wird. Denn er hatte
nicht nur die Bänke des Kollegs, sondern die schwerere Schule
der Geschäfte durchgemacht. Dass ein solcher Mann bis zu
seinem sechzigsten Jahre am Hofe möglich war, beweist übrigens,
dass der Despotismus Philipp IV jedenfalls nicht kleinlich war.
[48]Fünftes Buch.
Schwarze Haare (bei bräunlichen (rojas) Brauen) wallen
breit, locker, tief um das Antlitz herab, über der Stirn sich
aufbäumend, die Ohren zudeckend. Graue Streifen haben sich
bereits eingeschlichen. Etwas durcheinander, wie ein vom Ge-
witter getroffenes Aehrenfeld. Dieser Kopf sitzt auf starken
Schultern und sehr hoher Brust 1). Die aufgetriebenen Nasen-
flügel lassen das Temperament zwischen den Zeilen lesen,
denn nicht zu läugnen ist, dass das ruhelose Feuer dieses Geistes
in dem Kopf des Gemäldes etwas latent ist, dass nur wer es
weiss, die Spuren der darüber hingegangenen Stürme der
Leidenschaft, die Gedankenarbeit, den Kampf auf Leben und Tod
in diesen scheinbar ausdruckslosen Flächen ahnen wird. Dazu
stimmt die Beleuchtung: von ferne sieht man einen nur theil-
weis aus dem Dunkel hervortauchenden Kopf, der erst ganz
neuerdings durch eine gelungene Restauration uns offenbar ge-
worden ist 2).
Mehr an die Oberfläche tritt dieser Charakter in der merk-
würdigen Terracottabüste der Nationalbibliothek. Sie hat den
Spaniern Kopfzerbrechen verursacht, wer damals von ihren Bild-
hauern einen solchen Kopf gemacht haben könnte. Jedermann
nennt Alonso Cano; aber seine plastischen Arbeiten haben keine
Spur von der Art dieses Werks. Und wenn Cano den Zügen
des Dichters so nahegetreten wäre, wie hätte er für jene Zeich-
nung das Bildniss eines andern zu Grund gelegt? Die Büste
soll im Palast gewesen und von Philipp V der Bibliothek ge-
schenkt sein. Warum sollte Philipp IV, der sich mit Buffonenbild-
nissen umgab, den Satiriker verbannt haben? Wäre er empfind-
lich gewesen wegen der bittern Wahrheiten, so war er Lieb-
haber genug, der Kunst wegen an diesem Thonbild Freude zu
haben. Meiner Ueberzeugung nach stammt es von einem Italiener,
und wurde wahrscheinlich von Quevedo aus Neapel mitge-
bracht. Es ist etwas darin von dem Geist der Köpfe Lorenzo
Bernini’s. Die freie italienische Auffassung erscheint uns hier
im Gegensatz zu der immer wo nicht ceremoniösen, doch ver-
schlossenen des Spaniers. Es ist das einzige Beispiel, wo Ve-
[49]Der Bildhauer Montañes.
lazquez in demselben Kopf im Nachtheil erscheint gegen einen
zeitgenössischen Collegen.
Hier ist der Mensch, mitten aus dem Leben herausgegriffen,
wie er redete und sich bewegte. Es ist dieselbe Kraft; die Fur-
chen und Einschnitte besonders um die Augen (die tiefer liegen),
um Nase und Mund, noch markirter, zerrissener, die Haare besser
geordnet und in sich verbreiterndem Gelock fallend, auch der
kurze Wulst legt sich über die linke Seite der Stirn, dieselben
Narben, die breite leicht gebogene Nase. Daran erkennt man
Quevedo, denn die Büste hat weder Namen noch Firma. Nur der
Ausdruck ist anders; er hat nicht die grade, feste, trotzige
Richtung; der Kopf ist nach der Schulter geneigt, der Blick
etwas seitlich, abwärts, unstet, wie in ferne Dinge verloren;
in der Ruhepause des Sitzens vor dem Modellirer ist er die
Beute seiner Gedanken. Nichts ist darin von Schwäche, Klein-
lichkeit, am wenigsten von Eitelkeit; aber heftige Leidenschaften
haben es durchwühlt und eine Spur von Ermattung zurück-
gelassen. Ein Mann, in dessen Leben nichts ist von Pro-
gramm, dessen Schriften Pamphlete, dessen Dichtungen Gele-
genheitsgedichte waren, der nur in Exil und Gefängniss lang-
athmige politische Homilien an einen biblischen oder klassi-
schen Text anspinnt; dessen Hauptwerk in der That „Träumen“
gleicht, ein lockerer Rosenkranz von Einfällen. Ein Mann, dessen
Seele unter allen Ereignissen und Leiden der Zeit bis auf den
Grund miterzittert, der nie in ruhiges Fahrwasser gekommen ist;
und als er es einmal versuchte und sich von seinen Gönnern —
glücklich — verheirathen liess, nur ein Jahr den Frieden kannte;
dessen Auge wol zum Ewigen hinaufreichte, aber wie der Schiffer
im Sturm seinen Stern zwischen Wolken erblickt, und den die
Strömung dann auch endlich am Felsen zerbrach.
Der Bildhauer Martinez Montañes.
Im Jahre 1636, als die Reiterstatue Philipp IV in Arbeit
war, ist auch ein plastisches Modell des Kopfes nach Florenz
gesandt worden, zu dessen Herstellung der damals schon bejahrte
Bildhauer Juan Martinez Montañes aus Sevilla nach Madrid be-
rufen wurde. Obwol in dem umfangreichen Briefwechsel, der
zwischen Florenz und Madrid über jenes grosse Werk geführt
wurde, von einem solchen Modell nichts erwähnt wird, auch von
II. 4
[50]Fünftes Buch.
dem Vorhandensein einer überlebensgrossen Büste Philipps in
Italien nie etwas verlautet ist, so ist die Thatsache doch ausser
allen Zweifel gestellt durch eine Bittschrift jenes Bildhauers an
das Handelsgericht beider Indien vom 19. September 1648, die
Cean Bermudez aus dessen Archiv mitgetheilt hat.
Darnach war Montañes durch ein Schreiben S. M. berufen
worden, „ein Bildniss ihrer Königlichen Person anzufertigen, das
dem Grossherzog von Florenz gesandt werden sollte, der es für
die Reiterstatue verlangt hatte. In Folge dessen habe er sein
Haus und seine Beschäftigung im Stich gelassen und mehr als
sieben Monate am Hofe zugebracht, auch seinen Auftrag erledigt,
und zwar so zur Zufriedenheit S. M., dass das Bildniss sofort
nach Florenz abgechickt wurde“ 1).
Der König, in dessen Kasse damals völlige Ebbe gewesen
sein muss, hatte ihm statt Honorars eine Anweisung (cédula) aus-
fertigen lassen an das Handelstribunal zu Sevilla, auf ein von
ihm zu wählendes Kauffarteischiff (nao de visita) der Flotte von
Tierrafirme, das für ihn in Amerika Handelsgeschäfte machen
sollte. Da aber lange keine Schiffe disponibel waren, so hatte
er mit seiner Forderung zwölf Jahre lang gewartet. Auch jetzt,
wo er alt, kinderreich und bedürftig war, klopfte er vergebens
an; er starb bald darauf; erst zehn Jahr später (1658) glückte
es der Witwe, die Anweisung an einen Kaufmann gegen einen
Silberbarren von tausend Escudos Wert zu veräussern. —
Die Berufung an den Hof war wahrscheinlich auf Vorschlag
des Velazquez geschehn, der den Künstler als junger Maler in
Sevilla gekannt hatte, und durch den Schwiegervater von seinen
Verhältnissen unterichtet, ihm gern Ehre und Verdienst ver-
schafft hätte.
Schon im Jahre 1877 ist mir bei dem bekannten Bildnisse
im Museum zu Madrid, Alonso Cano genannt, die Vermutung
gekommen, dass diess Montañes sein könne. Zweifel an der
alten Benennung (mit welcher der Kopf auch auf die Tausend
Pesetas-Billets gestochen ist) waren schon geäussert worden.
Der alte Cano sah ganz anders aus: ein hagerer Langkopf, zu-
rückweichende Stirn mit starken Höckern über den Augen, der
Blick matt und dabei gereizt, der Mund fein 2). Diese Züge
[51]Der Bildhauer Montañes.
stimmen ziemlich zu dem bekannten unsteten, heftigen und
streitsüchtigen Wesen des Mannes, unser Kopf dagegen lässt
auf einen sehr gesetzten Charakter schliessen. Ferner könnte
diess Bildniss eines Greises frühstens 1656 gemacht sein, als
Cano noch einmal von Granada nach Madrid kam, um die
Gnade des Königs in seinem Streit mit dem Kapitel der Ka-
thedrale anzurufen. Zu dieser Zeit stimmt aber die über-
lebensgrosse Büste nicht, welche der Bildhauer zu modelliren
im Begriff ist. Ihre Formen sind zwar nur mit wenigen Stri-
chen angedeutet, dennoch sind die charakteristischen Linien des
Kopfs Philipp IV und seiner Frisur im Alter von etwa dreissig
Jahren unverkennbar. Auch die lebhafte Wendung des Haupts,
welche ja die Reiterfigur Tacca’s von fast allen sonstigen Bild-
nissen dieses Königs unterscheidet, ist zu beachten.
Meine Vermuthung 1) wurde zur Gewissheit als ich kurz
darauf in der Akademie zu Sevilla das Porträt des Montañes
von Varela sah. Denn hier ist, bei allen Veränderungen welche
mehr als zwanzig Jahre in einem Gesicht anrichten, der unver-
änderliche Grundbau ganz derselbe. Nur sind die harten, ja häss-
lichen Formen durch das Alter gemildert worden. Merkwürdig
ist, dass die rechte Hand mit dem Modellirstift ganz ebenso
gestellt und gezeichnet ist, wie in unserm Bildniss. Die Linke
hält hier eine Statuette, oder vielmehr eine Skizze, wahrschein-
lich eines büssenden h. Hieronymus.
Hiernach dürfte man also ein Bildniss des gefeiertsten Mei-
sters der Estofadosculptur in Andalusien der Porträtgalerie des
Velazquez zufügen dürfen. Montañes, der schon 1607 ein Jesuskind
für den Sagrario der Kathedrale arbeitete, und sich 1648 viejo
nennt, muss damals ein hoher Fünfziger gewesen sein.
Man hat das Gemälde, wahrscheinlich um es mit dem Alter
Cano’s in Einklang zu bringen, in die letzten Jahre des Meisters
setzen wollen. Der unvollendete Zustand (retrato por acabar) giebt
ihm eine scheinbare Aehnlichkeit mit der sogenannten dritten
Manier. Die leicht eingeriebene Braununtermalung der schmalen
Schatten ist einfach stehn gelassen, auch in den gelb- und röth-
lichen Fleischtönen ist das Korn der Leinwand in die Augen fal-
lend. Dennoch sind diese Lichtflächen von so sonniger Helle,
2)
[52]Fünftes Buch.
die Plastik so unübertrefflich, dass man sagen kann: der Maler
stellte die weitere Ausführung ein, weil er seinen Zweck er-
reicht sah. Der alte Bildschnitzer modellirt mit der keck skizzirten
Hand die mit einem Minimum von Linien auf der Grundirung
angedeutete Büste; auf dieser Leinwand ist alles im Werden, und
in allen Stadien des Werdens, denn es giebt auch ausgeführte
Theile, z. B. der schwarze Anzug.
Jene Hand ist gewiss nach der Natur — mit farbenschwan-
Der Bildhauer Montañes.
gerem Pinsel — auf ein-
mal improvisirt. Vier Fin-
ger legen sich um das
Holz, der kleine Finger
dagegen steht frei ab, und
ist durch einen fetten ge-
schlängelten Lichtstreifen
ausgezeichnet. Obwol mit
Nichts gemacht, giebt es
wenig Hände die so spre-
chend sind wie diese. Sie
zittert von Leben. Sie
macht jetzt eine Pause.
Das forschende Auge
lernt die Formen der Na-
tur ab, memorirt gleich-
sam: diese modellirende
Thätigkeit des Gehirns
wird im nächsten Augen-
blick von dem Impuls der modellirenden Hand ausgelöst werden.
Die Linke legt er auf den Scheitel der Büste.
Der Kopf gehört zu einem in Castilien sehr häufig vor-
kommenden Typus; der Verfasser sah an einem der ersten Tage
seiner Ankunft in Madrid über einer Logenbrüstung des Theaters
Variedades seinen Doppelgänger. Breite, schön gewölbte, scharf
vorgedachte Stirn, dicke buschige nahezusammenrückende
Brauen, kleine etwas auseinanderstehende Augen überschattend;
zwischen starken Backenknochen ein breiter etwas gedrückter
Nasenrücken. Die grauen Haare (auch Schnurr- und Knebelbart
fast weiss) sind bereits sehr dünn, besonders auf der Stirn. Man
liest in diesen Zügen die Arbeit eines langen Lebens, dessen
Frucht noch in jenen zahlreichen Werken Sevilla’s und seiner
Provinz so vollständig beisammen ist. Werke die nun schon
[53]Der Bildhauer Montañes.
fast drei Jahrhunderte lang dem Volke Südspaniens seine Heiligen
vergegenwärtigt haben. Vertrauenerweckend, ja ehrwürdig ist
der Eindruck dieses Mannes. Der Kopf stimmt ganz zu dem
Eindruck seiner Statuen: weder ein beobachtender noch ein
phantasievoller Künstler, aber ein Ymaginero von edlem Ge-
schmack, Ehrfurcht vor der Ueberlieferung, gleichmässigem Fleiss
und echtspanischer Empfindung.
Der Künstler trägt einen weiten schwarzen Rock mit Leder-
gürtel und einen schwarzseidenen Mantel: ein Anzug in dem ein
Bildhauer kaum modelliren wird, es sei denn, dass er eine sehr
vornehme Person vor sich habe. —
Seit Tizian und seinen Landsleuten haben sich Bildhauer
(anders als die Maler) gern darstellen lassen mit Produkten ihrer
Kunst beschäftigt, Statuetten in der Hand, und umgeben von
Werken der Plastik. Auch Spanien besass ein gutes Vorbild
in dem Bildniss des Pompeo Leoni mit der Marmorbüste Phi-
lipp II und dem Meissel, von dem venezianischen Greco, — es
war 1879 im Landhause Sir W. Stirling’s bei Keir.
In der Ikonographie van Dycks ist diess Bildhauerporträt
vertreten durch Hubert van den Eynden und Adrian Colyns de
Nole. Der erste stützt den Elnbogen vornehm nachlässig auf das
Haupt eines Entschlafenen; der andre legt die Rechte auf den
Scheitel eines überlebensgrossen antiken Kopfs. Beide wie es
scheint in lebhaftem Gespräch begriffen. Diese Motive sind dann
oft wiederholt worden, nur verwandeln sich die Künstler immermehr
in Schauspieler1). Nicolaus Coustou von Rigaud stützt die eine
Hand auf den Meissel wie auf einen Kommandostab, er legt die
andre auf den Colossalkopf eines Caracalla, wie ein Löwen-
bändiger, triumphirend das von der Perrücke umwallte Haupt
zurückwendend. „Wie sich die eitle Aftergrösse bläht“, würde
Schiller gesagt haben; „packende Genialität“ findet der heutige
Kunstrhetor darin.
Bei allen diesen Bildhauerporträts fragt man: was sie eigent-
lich machen und wollen. Bei Velazquez weiss man es. Er stellt
[54]Fünftes Buch.
den Künstler in seiner eigensten Schaffensthätigkeit dar, ver-
senkt in sein Modell. Abgesehn von den Armen ist die Haltung
dieses Situationsbildnisses von den sonstigen handlungslosen
Porträts wenig verschieden.
Der Cardinal Borja.
Zu Anfang des Jahres 1636 kehrte ein spanischer Cardinal
nach 22jährigem Aufenthalt in Rom in die Hauptstadt zurück. Er
war, wie die Spanier immer, sehr ungern von der heiligen Stadt
— und seinen Hoffnungen dort — geschieden; aber der Empfang
der ihm am Hofe zu Theil wurde, war wol geeignet, die Bitter-
keit seines — soll man sagen Exils? — zu versüssen.
Gaspar Borja y Velasco, geboren zu Villalpando in Leon
am 13. April 1582, ein Sohn D. Francisco’s, Herzogs von Gan-
día, schon in seinem 29. Jahre (1611) auf Vorschlag des Königs
von Urban VIII zum Cardinal erhoben, gehörte einer Familie
an, welche der Kirche zwei Päbste, darunter den auf St. Peters
Stuhl unerreichten Alexander VI und einen Heiligen geschenkt
hat, den dritten General der Jesuiten. Die Herzöge von Gandía
stammten von dem zweiten Sohn Rodrigo Borjas, Don Juan.
Als im Jahre 1625 zur Feier der Kanonisation Francisco
Borja’s, dessen Abschied von der Welt so oft von spanischen
Malern dargestellt worden ist 1), die Ueberführung des Leibes in
das Professhaus zu Madrid stattfand, trugen (nach Khevenhiller’s
Erzählung) 46 Urenkel und Ururenkel aus vierzehn fürstlichen
Häusern seine Bahre und Fahne, und Abends wurde ein
Maskenrennen gehalten, dessen Theilnehmer fast alle in Bluts-
verwandt- und Schwägerschaft mit des Heiligen Descendenten
standen. Der Exminister und nunmehrige Kardinal Lerma, selbst
ein Ururenkel, hatte die Standarte getragen, auf welcher das
Familienwappen (der Ochse) und darüber der Name Jesus
gestickt war, mit dem Lemma: Ut portet nomen meum, „anzuzei-
gen, dass Gott seine Kirche allbereit ihrer zweien von diesem
Hause anvertraut“. Jedermann erinnerte sich hier der Prophe-
zeiung des hl. Vincenz Ferrer „Ter mugiet bos“. Nach einigen
[55]Der Cardinal Borja.
war die Weissagung durch diese Kanonisation nun erfüllt, wäh-
rend andere noch einen dritten Nachfolger Petri aus dem Hause
erwarteten.
Der damals in Rom als Protektor der Krone Spaniens
residirende Cardinal Gaspar soll sich der letzteren Auslegung
angeschlossen haben. Er war hochangesehn durch Rechtlichkeit
der Gesinnung, verehrt vom Volk und „Vater der Armen“
genannt wegen seiner grossartigen Wolthätigkeit; der Venezianer
Giustiniani rühmt ihm auch hervorragende Feinheit, Geschick-
lichkeit und Talent nach 1). Andere dachten gering von seiner
Begabung, und der Cardinal Zapata spottete über die Enthalt-
samkeit, welche er sich, im Hinblick auf jenes Ziel, wiewol ver-
geblich, aufzwinge 2). Der Charakterzug, der uns aus seinen
öffentlichen Handlungen hauptsächlich entgegentritt, war Energie
des Willens bis zur Schroffheit und zuweilen Kleinlichkeit — in
der Vertretung des Staatsinteresses und der Etikette; verbunden
mit unzweifelhaftem persönlichem Muth. Eigenschaften, die den
spanischen Staatsmännern jener Zeit allein noch geblieben zu
sein schienen, nachdem die Weisheit, das Feldherrngenie, der
Unternehmungsgeist und die organisatorische Begabung früherer
Tage abhanden gekommen waren.
In der Geschichte der Zeit erscheint sein Name zuerst im
Jahre 1620, als er mit der delikaten Aufgabe betraut wurde, den
Vicekönig Osuna von seinem Posten in Neapel zu entfernen.
Die Schwierigkeit lag darin, dass weder der Cardinal förmliche
Vollmacht und Verhaltungsregeln, noch der Herzog die kö-
nigliche Abberufung erhalten hatte. Charakteristisch für die
Zeit Philipp III, wo eine Adelsfamilie mit ihrem Anhang den
Staat mit Beschlag belegt hatte, ist diese Freiheit zu handeln,
die den höchsten Staatsbeamten in den wichtigsten Fragen ge-
lassen wurde.
Der Herzog von Osuna hatte als Vicekönig von Sicilien
und Neapel das Ansehen der spanischen Flotte im ganzen Mittel-
meer in die Höhe gebracht und die Erinnerung an den Tag von Le-
panto neubelebt. Aber er hatte sich durch Auflagen verhasst
gemacht, durch despotisch-formloses Gebahren den Adel ver-
feindet und durch ein skandalöses Leben seine Person so
[56]Fünftes Buch.
kompromittirt, dass ihn der Hof gegenüber der von Neapel aus er-
hobenen Anklage und der Feindschaft Venedigs nicht halten konnte.
Man beschloss ihn zu entfernen, aber auf möglichst schonende
Weise. Borja wurde damit beauftragt: er mochte zusehn, wie er
mit dem unberechenbaren und unbändigen Mann fertig werde.
Osuna, im Bewusstsein seines grossen Namens und seiner
Verdienste war überzeugt, dass er sich durch Entschiedenheit
des Auftretens der Halbheit des Cabinets in Madrid gegenüber
behaupten werde. Man traute ihm den tollkühnen Plan zu, sich
dort ein unabhängiges Fürstenthum zu gründen; allerdings hatte
er durch demagogische Praktiken und Persönlichkeiten schon
erreicht, dass der neapolitanische Pöbel im Frühjahr 1620 den
Toledo durchzog mit dem Geschrei: „Wir wollen keinen andern
Regenten, als Osuna“. Der Adel, Plünderung und Brand be-
sorgend, befestigte sich in seinen Palästen und mobilisirte die
Dienerschaft. Den Brief, in welchem ihm Borja seine Ankunft
meldete, zerriss er und rief: „Ich bin Don Pedro Giron, und
werde Jedermann zeigen was ich in Spanien kann“. Er hoffe
Borja in ein Schiff packen und nach seiner Diöcese Sevilla be-
fördern zu lassen.
Der Cardinal erinnerte sich, wie es einst Mendoza mit dem
Cardinal Granvella gemacht, er beschloss ihn zu überlisten und
mit der vollendeten Thatsache seines eigenen possesso zu über-
raschen und zu vernichten. Er kam nach Procida, verständigte sich
mit dem Kommandanten des Castel nuovo, D. Alvaro de Mendoza,
liess sich huldigen und fuhr am 3. Juni Abends heimlich in einer
Barke nach Nisida und von da zu Wagen ins Castell. Eine Stunde
vor Sonnenaufgang verkündigten die Kanonen der Castelle und
die Glocken der Kirchen die Gegenwart des neuen Vicekönigs.
Osuna, aus dem Schlaf geschreckt, eilte nach dem Castell um zu
hören, dass der Vicekönig drinnen sei. Es war ein jäher Sturz,
in einer Stunde sah er sich von allen verlassen 1).
Als Borja die ohne Blutvergiessen gelungene Lösung dieser
gefahrvollen Krisis nach Madrid berichtete, wagte er dem
Könige die Schuld derselben mit dürren Worten vorzuhalten.
Er ermahnte Philipp III sich um die Regierung seiner Reiche
in Zukunft besser zu bekümmern, sonst würden ähnliche und
schlimmere Verwickelungen nicht ausbleiben. Diese Keckheit
sowie die für den sonst so ruhmreichen Statthalter beschim-
[57]Der Cardinal Borja.
pfende Art seines Vorgehens bestimmte den Herzog von Uceda,
ihm alsbald einen Nachfolger zu geben. Nur sechs Monate hat
er regiert; zur Verschönerung der Stadt trug er bei durch den
Bau des Quai’s von Santa Lucia.
Noch mehr genannt wurde Borja’s Name in Folge der be-
rühmten Erklärung gegen die antispanische und antikaiserliche
Politik Urban VIII im Jahre 1632, ein Akt, in welchem der Con-
flikt zwischen diesem patriotisch gesinnten Kirchenfürsten und
Ferdinand II seine dramatische Spitze fand. Als der Pabst
es verweigerte, dem Kaiser Subsidien zu zahlen und die katho-
lischen Mächte zu dem an-
geblichen, von ihm aber
geleugneten Kampf für
die Religion zu ermahnen,
wurde in einer Versamm-
lung von Cardinälen der
spanischen Partei und des
kaiserlichen Botschafters
jene Protestation ausge-
arbeitet, die Borja als Pro-
tektor der Krone Spa-
niens und Haupt der Par-
tei im Consistorio vorle-
sen sollte. Sie schloss
mit den Worten, er pro-
testire im Auftrag Seiner
Majestät in schuldiger De-
muth und Ehrerbietung,
dass an jeder Schädigung,
die aus des Pabsts zau-
Der Cardinal Borja.
dernder Politik der katholischen Religion erwachsen sollte, nicht
ein frömmster und gehorsamster König die Schuld zu tragen habe,
sondern „Ew. Heiligkeit ist es, der selbige zugemessen werden
muss“. Bei der Vorlesung dieses Aktenstückes am 8. März war
es, wo Urban VIII dem Cardinal bei dem Worte Cunctatur,
Tace! zurief, ja ihn hinauswies, während die Nepoten Miene
machten, sich thätlich an ihm zu vergreifen.
Der Pabst hegte seitdem einen unversöhnlichen Groll gegen
Borja, dem er schnöden Undank vorwarf; nur der Charakter
als königlicher Botschafter schützte ihn vor seiner Rache. Das
Drängen des Nuntius in Madrid auf Abberufung war erfolglos:
[58]Fünftes Buch.
Spaniens Könige haben nie Rom einen Diener geopfert, der sich
dessen Hass durch Eifer für das Staatsinteresse zugezogen hatte 1).
So hat denn Borja noch drei Jahre lang in Rom mit spanischem
Phlegma dem Zorn Seiner Heiligkeit Stand gehalten, ist bitteren
Vorwürfen nie eine ruhige Antwort schuldig geblieben und hat
die Nepoten auf den Corso geschnitten. Urban VIII blieb nichts
übrig als den Knoten zu durchhauen; die Bulle Sancta Synodus
verordnete allen Bischöfen bei den höchsten kanonischen Strafen
in ihrer Diöcese zu residiren. Umsonst erklärte Borja, der bereits
Cardinalbischof von Albano war, auf Sevilla verzichten zu wollen.
Philipp IV sandte ihm seine Abberufung (1635), da er ihn in
seinem Dienste brauche.
Er wurde in Madrid mit Ehren überhäuft. Man sah ihn beim
Carneval von 1636 auf dem Balkon neben der Königin, ohne
den üblichen trennenden, die Unterhaltung hindernden Vorhang
dazwischen; bei der Jagd im Pardo mit der Chevreuse unter-
hielt sich der König mit ihm, ohne dass er von seinem Kutschen-
sitz aufstehn durfte. Der Name des reichen Cardinals stand aber
auch oben an bei den grossen Geldspenden für den Krieg, und
während der Abwesenheit des Königs in Aragon bildete er mit
drei Granden die Regentschaft (junta del Rey) unter Vorsitz
der Königin. Auch hier blieb er seinem Charakter treu: er riet
zu blutiger Strenge gegen die Katalonier. Aber während er
die Herzen der Hofdamen gewann, indem er ein ganzes Magazin
von Zuckerwerk, Bechern und dergleichen Galanterien austheilte,
so zeigte sich, dass er den richtigen Ton gegenüber den stolzen
Domherrn von Sevilla nicht finden konnte. Er kam in Streit
mit dem Kapitel über die Besetzung der Präbenden und über
die Titulatur Vuestra señoría, statt deren er nur Vuestra merced
zugestehn wollte. Die Herren Canonici verklagten ihn beim
Könige als hochmüthig und unerfahren, abhängig von seinem Beicht-
vater, einem unwissenden Mercenarier, und desshalb unfähig zur
Verwaltung seiner Diöcese. Ja bei Gelegenheit einer Diöcesan-
synode (Ordenacion) stürmten die Landpfarrer Nachts seinen
[59]Der Cardinal Borja.
Palast und zertrümmerten die Möbel seines Zimmers, während
er für gut hielt sich schlafend zu stellen.
Endlich, zum neuen Jahre 1643 erhob ihn Philipp IV zu
jener höchsten geistlichen Würde, die schon von seinem Gross-
vater einmal als königliche Anerkennung für den Widerstand
gegen die Curie im Staatsinteresse verliehen worden war. Der
neue Primas dankte durch ein Geschenk von 50000 Escudos baar,
die „sehr gelegen kamen“.
Da der Stuhl des h. Ildefonso nach spanischem Begriff zu-
nächst auf den Stuhl Petri folgt, so konnte er ihn als Trost für
seine gescheiterten Hoffnungen ansehn. Er hat ihn nur drei
Jahre lang inne gehabt; er starb am 28. December 1645 und
wurde bestattet in seiner Kathedrale. Zuvor war ihm noch der
Trost geworden, den Fall der Barberini zu erleben 1).
Das Gefühl der Eitelkeit irdischer Grösse scheint zuletzt
über ihn gekommen zu sein. Er setzte in seinem letzten Willen
12000 Dukaten aus für einen Altar mit Kaplanei vor dem Bilde
U. L. Fr. vom Stern, unter dem er begraben sein wollte. Aber
er hatte nicht den Ehrgeiz seiner Vorgänger Albornoz und Men-
doza, sich hier ein Denkmal gleich denen jener Kirchenhäupter
von anderem Schnitt zu stiften. Sein Grab ist nicht einmal durch
eine Inschrift bezeichnet. Nur ein goldnes Kreuz erglänzt auf
der schwarzen tumba in der letzten Nische auf der Epistelseite
der Kapelle S. Ildefonso, jenem achteckigen spätgothischen
Prachtbau, welcher die Mitte des Kapellenkranzes einnimmt.
Das Kapitel besass ein Bildniss von ihm, das er wahrschein-
lich bei seiner Einführung geschenkt hatte, bestimmt für die
grosse Folge der toledanischen Prälaten im Wintersaal der Ka-
thedrale. Jetzt aber beschloss man es über dem schmucklosen
Grabe aufzuhängen, und den Platz Borja’s in der Bildnissgalerie
durch ein anderes Gemälde auszufüllen. An jener Stelle befand
es sich bis zum Jahre 1808. Bei dem Ausbruch der Unabhängig-
keitskämpfe glaubte man es besser an einem verborgeneren Ort
bewahrt und versetzte es in ein Vorzimmer des Baubüreaus im
Souterrain (oficina de la obra y fábrica) 2). In Folge davon wird
diess auch den frühern Schriftstellern unbekannt gebliebene Werk
von keinem Biographen erwähnt.
[60]Fünftes Buch.
Eine völlig übereinstimmende Wiederholung befand sich im
Palast Borja zu Gandia. Dieser Stammsitz der erloschenen
Familie ist noch vorhanden und mit dem Titel an die Herzöge
von Osuna gekommen, die Nachkommen des Todfeindes unseres
Cardinals, welche diesen stattlichen Bau des 15. Jahrhunderts dem
traurigsten Verfall überlassen haben. Nur die Seo bewahrt
noch manche Erinnerungen an den einstigen Glanz des Hauses
und die Anhänglichkeit der Borja’s an ihre Heimat. Das
Bildniss haben Palomino und Cean Bermudez dort gesehn,
später ging es in des letztern Besitz über, nach einer hand-
schriftlichen Vermuthung V. Carderera’s. Von ihm kam es an
Salamanca, auf dessen erster Versteigerung von 1867 es das Stä-
delsche Institut zu Frankfurt a. M. für 27100 Francs erwarb.
Ein drittes Exemplar (wo er einen schwarzen Anzug trägt)
von flüchtigerer Arbeit, wol ein Atelierbild, ist in Kingston Lacy,
und soll einem Vorfahren des Mr. Bankes von einer Herzogin
von Gandia verehrt worden sein 1). —
Das Frankfurter Exemplar ist vertrauenerweckender als das
Toledaner. In letzterm ist der Ton des Gesichts frischer, röth-
licher, ohne die gelblichen Lichter, die Schatten sind grau
und sehr weich vertrieben; das Roth des mozzetta gesättigter.
Ungewöhnlich ist die dicke Grundirung (daher die Anfänge der
Abblätterung) und der ausgedehnte Gebrauch der Lasuren. —
Diess Bildniss vertritt eine Klasse die sonst im Werk un-
sers Malers nicht vorkommt: den spanischen Hierarchen.
Für die Zeitbestimmung haben wir die Wahl innerhalb des
Jahrzehnts 1636/45: der Cardinal kam in seinem 54. Lebensjahre
nach Spanien zurück. Nach seinem Aussehn würde man das
Bild möglichst gegen das Ende, nach dem Stil eher in den
Beginn dieses Jahrzehnts setzen mögen. Es ist ein magerer Greisen-
kopf von feinem Knochenbau; spärliche graue Haare an den Schlä-
fen, sehr dünner grauer Knebelbart, durch welchen Contour und
Schatten des Kinns durchscheint; breiter Mund: die Nasenspitze
geht tief herunter. Nur der feste durchdringende Blick der Augen
hat nichts greisenhaftes. Vielleicht erscheint der Cardinal älter
als er war, Dank den jahrelangen Aufregungen im Quirinal.
[61]Der Cardinal Borja.
Unser Kopf passt wol zu dem Spross dieses alten Hauses,
dem das Blut eines Pabstes und der ersten Grandenfamilien in
den Adern rollt; ein Typus von Stolz und Härte des hohen
Geistlichen, insonderheit des spanischen, durch keine Eigenschaf-
ten andrer Art gemildert: Furcht einflössend beinahe. Dieser stille
kalte durchbohrende Blick müsste zerdrückend wirken auf den
Angeklagten, das Wort der Vertheidigung in seiner Kehle er-
stickend. Vergegenwärtigt man sich andere Cardinalsköpfe, so
hat man doch den Eindruck, dass diess eigentlich kaum ein
Diplomat oder Hofmann oder Mäcen ist — er hat nichts von
der Finesse und Eleganz italienischer Cardinalstypen. Es ist ein
leidenschaftlicher Mensch, und Jedermann der mit den Character-
klassen des heiligen Kollegs vertraut ist, würde hier den Typus
der Zelanti erkennen.
Das Auge fällt sogleich auf die hohe faltenlose Fläche der
breiten, bleichen Stirn, deren steile Wölbung mit der dünnen, in
flachem Bogen eingezogenen, etwas herabhängenden Nase und
dem zusammengesunkenen Untergesicht auffallend kontrastirt.
Ihr kalter Glanz wird noch bemerklicher durch das hohe und
schmale rothe Barett und dessen scharfen Abschnitt. Unter dieser
Stirn blicken zwei tiefe, braune Augen, kalt und ruhig, lauernd
und gebieterisch hervor. Der zahnlose Mund mit den festge-
schlossenen Lippen drückt Entschlossenheit aus. Aus solchem
Mund kommen die Worte tonlos, langsam, schneidend. Man
hört ihn sagen, wie im Jahre 1640 in der Junta auf Anlass des
Aufstands in Catalonien: „Gleichwie ein Brand nur zu dämpfen
ist durch viel Wasser, also kann das Feuer des Treubruchs
und Aufruhrs nicht gelöscht werden als nur mit Strömen Blutes“ 1).
In den Aeusserlichkeiten hat der Cardinal höchste Einfachheit be-
liebt, selbst das Busenkreuz fehlt.
In der Malweise ist das Bildniss ein schönes Beispiel des
mittleren Stils. Plastik ist noch Hauptgesichtspunkt. Wenige
Köpfe sind so sorgfältig durchgearbeitet.
Auf gleichmässig dunkelbraunem, schwarz erscheinendem
Grund springt das bleiche Antlitz im kalten weissen Tageslicht
mit wunderbarer Lebendigkeit hervor. Das Relief ist haupt-
sächlich durch einige Stückchen dunkelbraunen Schattens der
hervortretenden Knochenprofile erreicht: des Augenbogens, der
[62]Fünftes Buch.
Backenknochen, der Nasenspitze. Sie heben das Licht mehr,
als dass sie es beschränken. Die Halbtöne der Schläfen, Wan-
gen haben einen Stich ins grünliche; um Wangen, Auge, Nasen-
spitze spielt ein leichter roter Anflug; die grösste Lichtfläche,
die Stirn, ist gelblich angehaucht. Der Charakter der zarten
Greisenhaut in diesen verschiedenen Tönen ist wohlgetroffen, und
alles ist mit sehr sparsamem Farbenkörper erreicht, der überall,
besonders in den Halbtönen das derbe Gewebe der Leinwand
erkennen lässt. Das Roth des Mäntelchens ist möglichst geopfert:
ein matter Purpurton erscheint bloss in den Falten und erbleicht
in den aufgetragenen Lichtern fast ganz. —
Im königlichen Palast zu Madrid wird das Fragment eines
wahrscheinlich durch Brand zerstörten Bildnisses aufbewahrt, das
offenbar einen Prälaten vorstellte. Es ist nur eine Hand, eine
weisse glatte Hand, von der bloss der Daumen ganz sichtbar ist;
das übrige bedeckt der Brief, auf dem man liest
Illmo Señor
Diego Velasqe
Die Hand liegt auf einer sich rundenden Stuhllehne, über
den Aermel fällt ein spitzenbesetztes Chorhemd. —
Der „heil. Carl Borromäus“ in einer luftigen Halle, in leb-
haften Verhandlungen mit vielen hohen Geistlichen, in Stafford
House, Velazquez beigelegt, ist ein geistreiches italienisches
Bildchen, das augenscheinlich nach Rom als Entstehungsort weist.
Der Herzog Franz von Este.
Ein Halbjahr nach der Herzogin von Chevreuse erschien
der junge Franz von Este, Herzog von Modena und Reggio,
dem ebenfalls die Gunst dem Hofmaler zu sitzen gewährt wurde.
Da diess wolerhaltene Bildniss eines der genau datirten ist,
so werden einige Worte über seine Reise und seine Persön-
lichkeit nicht unwillkommen sein.
Franz II (geb. 1610 † 1658) war der Sohn jenes Franz, der im
Jahre 1629 die Krone mit der Kapuze vertauschte. Spanien
und Frankreich bewarben sich um seine Allianz. Seine Staaten
lagen dem spanischen Gebiet so nahe, dass es längst Maxime
das Raths von Italien war, um jeden Preis die Verwendung
seiner Truppen in anderm Interesse zu verhüten. Die (freilich
mit spanischer Pünktlichkeit ausgezahlte) Pension der Este be-
[63]Der Herzog Franz von Este.
lief sich auf 15000 Dukaten. Dafür hatten sie allein in Italien
Richelieu kein Gehör gegeben und seit 1625 in den Kriegen der
Lombardei wichtige Dienste geleistet. Im mantuanischen Erb-
folgekrieg suchte der junge Herzog neutral zu bleiben. Als aber
Savoyen und Parma Castelnuovo besetzten, verständigte er sich
mit Leganes, stiess mit seinen 7000 Mann vor dieser Festung
zu dem spanischen Heer, schlug die Truppen von Parma, welche
er bis unter die Mauern der Hauptstadt verfolgte und nahm den
Platz.
Um diese Bande durch Titel, Aemter und persönliche Be-
ziehungen noch fester zu schlingen, suchte Olivares den Herzog
nach Madrid zu bekommen. Der Gesandte, der Graf und Dichter
Fulvio Testi 1) ging ganz auf seinen Plan ein. Testi war bei Phi-
lipp IV persona gratissima — der König interressirte sich sehr
für italienische Sprache, Literatur und Bühnenwesen. Einer
seiner Söhne war königlicher Page, ein anderer studirte in Sa-
lamanca.
Was man mit dem jungen Fürsten vorhabe, darüber liess
Don Gaspar nur geheimnissvolle, vielversprechende Andeutungen
hören. „Grosse Dinge sind im Werk; der Herzog ist der einzige
Fürst, den man verwenden kann . . . . Er ist jung und ehrgeizig,
und die Welt ist aus den Fugen.“ Testi wusste seinem Herzog
keine bessern Gründe zu geben als die des Spielers: Wer nicht
wagt, gewinnt nicht. Man wollte eben sich ihn erst in der Nähe
ansehn, das Maass seiner Fähigkeiten, seines Verstandes nehmen,
im Verkehr mit den Grossen des Hofs: in fractione panis.
Franz I ging mit grossem Widerstreben an diese Reise, gegen
den Wunsch seiner Räte. „Er wird nun bald kommen, schreibt
der Venezianer Giustiniani, um die Opfer seiner Sklaverei zu
feiern“: so fühlten die Italiener. Er selbst hoffte die spa-
nische Garnison in Correggio los zu werden und den Beistand
des Kaisers in seinem Streit mit der Curie wegen Ferrara zu
erlangen. Endlich, bei einer Audienz, brach Olivares plötzlich
den bisherigen Gegenstand ab und rief: Nun also, worin wollen wir
den Herrn Herzog verwenden? Testi war nicht blöde: das Vice-
königthum von Neapel. Er muss kein grosser Politiker gewesen
sein. Neapel konnte man keinem Italiener geben. Olivares
schien ein Commando in Piemont lieber, — oder das gegen
[64]Fünftes Buch.
Frankreich bestimmte catalonische Heer, oder Flandern, oder
Portugal, oder ein Flottenkommando. Ueberall hatte Testi Be-
denken und kam auf Neapel zurück; Olivares vertröstete: das
kommt dann später, als Ruheposten (Esto sará despues, por des-
canso). Man entschied sich für die Flotte.
Der erfahrene Minister und Freund spielt nun die Rolle
des Polonius. Zunächst soll er das strengste Incognito bewahren;
ja gegen Niemanden von einer Einladung sprechen, wo möglich
ohne Wissen des Hofs abreisen. Die Reise ist sein selbsteigner
Einfall. Keine unruhigen Köpfe (cervelli torbidi) mitbringen,
mit französischen Neigungen, Spötter, Lästermäuler; hier kann
ein einziges Wort des ersten besten Lakaien alle Interessen für
immer ruiniren. Keine französischen Moden und Frisuren; um-
gelegte Kragen (valonas caydas), zwei einfache Campagneanzüge,
in Genua zu beschaffen, für Madrid ein schwarzes Sammtkleid;
in Knöpfen (jene Diamantknöpfe!) ist etwas Aufwand erlaubt.
Zwei Castorhüte, da kann die berühmte Diamantschnur ange-
bracht werden. Rüsten Sie sich aber auf viele Geschenke —
Ketten, Juwelen, Geld; denn dagegen hilft das Incognito nichts.
Vor allem aber soll er für den König Gemälde mitbringen,
am liebsten des Correggio, von dem sie hier noch nichts haben.
„Das grösste Geschenk das Sie S. M. machen könnten, schreibt
Testi am 5. Februar 1638, wäre die Nacht der [Kapelle der]
Pratonieri in [S. Prospero zu] Reggio, oder die Altartafel von
S. Pietro Martire in Modena [die Madonna des h. Georg]. Denn
bei einer Gelegenheit wie diese würden weder die Patrone der
ersten noch die Frati der zweiten Ihnen Nein sagen können, wenn
auch freilich die Zustimmung der Gemeinden ins Mittel treten
müsste. . . . . Wollen Sie diese beiden nicht, so lassen Sie sich
vom Bischof von Reggio jenes Bildniss geben, das unbedingt
eines der schönsten Gemälde in Italien ist: es ist das Conterfei eines
Arztes, ich sage diess, damit Sie sich nicht täuschen lassen; der-
selbe besitzt eine Asunta von Paul Veronese, etwas besseres kann
man sich nicht vorstellen; und wenn E. H. es ihm für den König
von Spanien abverlangt, wie könnte er es Ihnen verweigern? . . . .
Aber es gehört dazu noch etwas zur Gesellschaft: ein Guercino
oder Guido oder Dossi oder Girolamo da Carpi, oder was weiss
ich. Das sind Sachen die man leicht mitnehmen kann, und ob-
wol ich mir vorstelle, dass E. H. sich derselben ungern beraubt,
da auch Sie so grosses Vergnügen finden an der Malerei, so
muss man doch Geduld haben und denken, dass sie Zins tragen
müssen in weit grösseren Dingen.“
[65]Der Herzog Franz von Este.
Hier scheint der Minister indess die Kunstliebe des Herzogs
nicht richtig taxirt zu haben. Nur für Olivares hat er ein Ge-
mälde mitgebracht. Er betrieb bereits die Erwerbung jener
Correggio’s für seine Sammlung: der Hofmaler Boulanger von
Troyes erschien im selben Jahre im Minoritenkloster zu Correggio
(man hatte diess Fürstenthum so eben bekommen), mit dem Plan
die Madonna des h. Franciscus gegen eine Kopie einzu-
tauschen. Zwei Jahre später liess er die „Nacht“ stehlen, 1649
eignete er sich die Madonna des h. Georg an. In demselben
Jahre war er in Venedig, Gemälde zu kaufen, „ohne dass er auf
den Preis sieht“, wie der mediceische Agent, Paolo del Sera,
dem Grossherzog schreibt; der glaubt, dass diessmal auch der
Rest (die Widmanschen Sachen) „ausgetrocknet werden müsse“ 1).
Der Herzog landete am 26. August in Barcelona. In Al-
calá empfing ihn der Marques de Torres, der ihm als erster Stall-
meister bestimmt war. Hier musste er elf Tage warten, weil man
sich über Punkte der Etikette nicht einigen konnte: Hoheit bean-
spruchte er, bloss Serenidad wollten die Granden gewähren. Am
23. September brach er nach der Hauptstadt auf, Olivares mit
den Herren des Hofs ritt ihm bis zum Bach Valnegral entgegen
und brachte ihn nach Buen Retiro, in die Ermita de la Mag-
dalena, wo er auch einen Marstall vorfand. In der Casa del
Tesoro wohnte damals die Prinzessin von Carignan. Der König
empfing ihn im Neuen Saal über dem Portal, vor einem grossen
Spiegel stehend, gelehnt an einen Sekretär von florentinischer
Mosaik. Don Francesco beugte das Knie, Philipp sagte: Como
venis, sobrino? levantaos. (Wie geht es, Neffe; steht auf!) und ver-
barg die Hand im Wams, als jener sie zu küssen suchte. Wenn
sie zusammen ausgingen, legte er die Hand an seinen rechten
Arm. Der Eindruck war allgemein sehr günstig. Man sagte,
„das ist ein Spanier“, weil er so schwarze Haare hatte (moreno).
„Er ist wirklich von schönem Aeussern, schreibt der toskanische
Minister, grossgewachsen, joviale Mienen, freundlich, lebhaft,
frank“. Die alte Herzogin von Olivares „betete ihn an“.
Nun drängte sich in wenigen Tagen alles zusammen, was
der Hof einem solchen Vetter zu zeigen hatte. Bei dem Ochsen-
fest auf der Plaza mayor erhielt er denselben bevorzugten Platz
wie der Prinz von Wales. Besonders bemerkt wurde als seltene
II. 5
[66]Fünftes Buch.
Gunst, dass ihn der König auf die grossen Jagden in Balsain
mitnahm. Weder der Prinz von Wales, noch Parma und Pfalz-
Neuburg hatten solche Einladungen bekommen. Der junge Mann
hatte besonders durch seinen Erfolg im Rohrspeerspiel und auf
der hohen Jagd die Achtung S. M. erworben. Vollends er-
oberte er sein Herz, als er über dessen eigenste Schöpfung,
die Torre de la parada, eine ungeheuchelte Bewunderung aus-
sprach. „Sie stehe dem Interessantesten gleich was er auf seiner
Reise in Italien und Europa kennen gelernt habe“ 1). Philipp
hat ihn selbst im Escorial herumgeführt und ins Pantheon mit
heruntergenommen.
Am S. Michaelstage holte er ihn im Wagen ab, machte
mit ihm eine Fahrt durch die Stadt und eröffnete ihm, dass er
sein Gevatter werden solle. Die Infantin Maria Theresia, die
künftige Königin von Frankreich, wurde an jenem Tage in der
Palastkapelle vom Cardinal Borja getauft, Mitpathin war die
Prinzessin von Carignan. Darauf erhielt er das Generalat der
Flotte des kantabrischen und atlantischen Meeres, „ein phanta-
stischer Titel“, der aber mit 14,000 Dukaten Rente verbunden
war. Endlich ward ein Kapitel des Ordens vom goldenen Vliess
berufen, und ihm zugleich mit dem Kronprinzen die höchste
Dekoration ertheilt, welche der Hof gewähren konnte. Hätte man
geahnt, dass er mit diesem goldnen Fell achtzehn Jahre später
in Paris umherstolziren werde!
Wir übergehen die wechselseitigen sehr kostbaren Ge-
schenke. Das Hauptpräsent, dessen Herstellung Zeit erforderte,
wurde erst am 17. November von Olivares dem Grafen Testi
persönlich übergeben, und durch den eigens deswegen abge-
schickten Casolari überbracht. Es war ein Diamantschmuck in
Form eines Kaiseradlers, 37 grosse Steine, die man in ganz
Madrid zusammengesucht hatte, auf 18000 Dukaten geschätzt;
das Halsband bestand aus kleinen, jeder 14 Dukaten werth. Auf
dem Rücken des Adlers war ein Miniaturbildchen des Königs
von Velazquez eingelassen, „so ähnlich und schön, dass es sicher
Staunen erregen wird“. Testi erfuhr von zuverlässiger Seite,
dass das Ganze dem König 33000 Dukaten gekostet hatte 2).
[67]Der Herzog Franz von Este.
„Der Herzog, erzählt Palomino (Museo III, 331), ehrte Diego
Velazquez sehr und rühmte seine seltenen Gaben; und als er ihn
sehr zu seiner Zufriedenheit porträtirt hatte, belohnte er ihn
freigebig, besonders mit einer reichen goldnen Kette [er hat
14000 Dukaten für solche Ketten ausgegeben], die Velazquez
zuweilen umlegte, wie es an festlichen Tagen im Palast üblich war.“
Dieses Bildniss war zur Zeit, als Marchese Campori sein
Buch über die estensischen Künstler schrieb, nicht bekannt; es
wird noch in einer in diesem Jahr zu Paris erschienenen Bio-
graphie des Malers als verschollen bezeichnet. Schon seit dem
Jahre 1843 befand sich aber ein unzweifelhaftes Original des Ve-
lazquez, welches den jungen Herzog vorstellt, in der Galerie von
Modena. Es war damals von dem Historienmaler und Galerie-
director Adeodato Malatesta mit andern Gemälden für 3000 Lire
von dem Grafen Paolo Cassoli Lorenzotti als van Dyck erwor-
ben worden. Man vermuthet, dass es ein Vorfahr, der Sekretär
des Herzogs Rocco Lorenzotti, diesem abgekauft habe.
Das Bildniss macht wirklich den Eindruck einer den
kurzen Ruhepausen des Festprogramms abgestohlenen Auf-
nahme. Manche würden es eine Skizze nennen; aber diese
Skizze ist auf den letzten Eindruck, namentlich in der Farbe
gearbeitet.
Der Kopf erscheint in der üblichen Wendung nach rechts, mit
dem Blick auf den Betrachter, über der Rüstung liegt die rothe
Schärpe. So vollkommen hat er sich dem Geschmack der Nation,
bei der er zu Gast war, anbequemt, dass man sein Bild ohne die
Daten für einen Spanier erklären würde. So aber verkündigt diese
stolze, etwas trotzige Miene, das reiche, lockere, hoch frisirte
schwarze Haar, das über die rechte Seite der Stirn wellenförmig
herabgleitet, der noch dünne aufwärtsgerichtete Schnurrbart,
die golilla, das goldene Vliess, den geschmeidigen, zum Schau-
spieler gebornen Italiener. Die Nasenspitze tritt keck hervor,
das Kinn weicht hinter die breite Unterlippe zurück. Der Kopf
hat etwas jugendlich-unbefangenes; der Eindruck ist für damalige
Vorstellungen nicht sehr hofmässig, eine geniale Nachlässigkeit
ist darin, eine absichtliche Einfachheit — sehr abweichend von
den spätern, im französischen Geschmack gemalten Bildnissen,
wo er kälter, blässer, feiner aussieht.
[68]Fünftes Buch.
Das Gesicht ist fast schattenlos gemalt; aber jetzt durch
Firniss stark verdüstert.
Dieses Denkmal seiner spanischen Verwandlung mag später
mit scheelen Augen angesehen worden sein: daher das Ver-
schwinden des Bilds aus dem Palast.
Ausser diesem Bildniss für den Herzog war aber noch ein
zweites für Philipp IV im Werk, und zwar zu Pferd. Der König
wollte ein Reiterbildniss, wahrscheinlich zum Andenken an
ihre gemeinschaftlichen Sports. Der Herzog hatte ihm ein Ge-
spann von acht herrlichen neapolitanischen Rappen zurückge-
lassen. In einem Briefe vom 21. November 1638 wird jenes
erwähnt, und man erfährt, dass der Herzog eine Kopie danach
wünscht, „aber von der Hand des Malers der das Original
macht“. Es ist nicht anzunehmen, dass ein Reiterbild für den
König einem andern als Velazquez aufgetragen worden sei;
der Kopf konnte ja nur eine Wiederholung seiner Aufnahme
sein. Man liest wirklich, dass der Kammermaler im Frühjahr 1639
an einem Bildniss des Herzogs arbeitete. „Velasco, schreibt
Testi am 12. März 1639, macht das Porträt E. H., welches be-
wundernswerth ausfallen wird. Auch er hat indess die Fehler
der grossen Künstler, nämlich dass er nie fertig wird, und nie
die Wahrheit sagt. Ich habe ihm als Abschlagszahlung 150 pezzi
da otto gegeben; vom Marchese Virgilio Malvezzi ist der Preis
auf hundert doble vereinbart worden. Er ist theuer, aber er
macht es gut, und wahrlich, ich stelle seine Bildnisse nicht unter
die irgend eines der gefeiertsten unter Alten und Neuen. Ich
will ihn antreiben“ 1). Bei dem bald darauf erfolgten Abfall Fran-
zens von Spanien hat man dieses Bild wol verschwinden lassen.
Im Jahre 1647 trat er offen zu Frankreich über und nahm den
Titel eines Generalissimus des Königs an. Das lebensgrosse
Reiterbildniss im Palast von Sassuolo ist in französischer Tracht,
[69]Der Admiral Adrian Pulido.
ebenso das in Litta’s Werk mitgetheilte, welches der Graf Va-
lentini in Modena besass 1).
Von spätern Beziehungen unsers Malers zu dem Hof der
Este soll bei seiner zweiten italienischen Reise noch die Rede
sein.
Der Admiral Adrian Pulido.
Wo aber sind die Gestalten jener Spanier, die durch Tapfer-
keit und Grausamkeit, durch Hochmuth und Genie für Missregier-
ung einst der Schrecken der Völker waren, deren Hass nun über sie
kam? — Es riecht im Werk des Velazquez weniger nach Pulver,
als man den Jahreszahlen nach erwarten sollte. Die brillantesten
Typen spanischer Generale und Gouverneure aus dieser Zeit, die
Leganés, Feria, Moncada, Bazan, Mirabel, Coloma, finden sich in
der Ikonographie van Dycks. Von den zahlreichen Figuren,
welche die kriegerischen Zeitläufte vorübergehend an die Ober-
fläche brachten, führte der Zufall nur wenige in das Atelier des
Hofmalers, und diese sind ziemlich obscure Personen, obwol einer
ein Grande ist.
Unstreitig das interessanteste Werk dieser Klasse ist das
Bildniss des Admirals Pulido, eins der äusserst seltenen Stücke,
die Velazquez bezeichnet und datirt hatte. Man ist dadurch in
den Stand gesetzt, über die Umstände seiner Entstehung Ver-
muthungen anzustellen. Das Jahr 1638 war so reich gewesen an
Erfolgen, dass das nachfolgende ganz mit deren Nachfeiern an-
gefüllt wurde, und unter den darauf bezüglichen Komödien in
Buen Retiro hiess eine: „Der Sieg von Fuenterrabia“.
Der Versuch des Cardinal Richelieu, durch Wegnahme
eines Grenzplatzes den Krieg auf spanisches Gebiet hinüberzu-
spielen, und zwar ins unbesiegte Baskenland, versetzte den Hof
und die Nation in unbeschreibliche Aufregung. Der Einfall, sagt
der Jesuit Joseph Moret 2), wirkte wie ein starker Donnerschlag
[70]Fünftes Buch.
auf einen tiefen Schläfer. Seit Carl V hatte kein feindliches
Heer von Belang den spanischen Boden betreten. „Im ganzen
Umkreis Spaniens hörte und sah man nichts als Lärm von Kriegs-
instrumenten, Rekruten einstellen, Compagnien formen, Auf-
sitzen, Märsche von einer Provinz zur andern, alles aber für die
Provinz Guipuzcoa. Die Stadt Madrid war in einen grossen
Werbe- und Waffenplatz verwandelt, täglich passirten glänzende,
wolausgerüstete Truppen, ausgehoben von Herren und Städten“ 1).
Der Ausgang der Belagerung von Fuenterrabia, die von Land
und See her, durch Condé und den Erzbischof Sourdis von Bor-
deaux in Scene gesetzt worden war, schien kaum zweifelhaft. Die
Festung war unvorbereitet überfallen worden. Der Admiral von
Castilien musste erst einige hundert Mann hineinwerfen, um die
Besatzung vertheidigungsfähig zu machen. Schwere Schläge,
z. B. die Verbrennung ihrer Flotte, trafen die Spanier. Der Kom-
mandant Miguel Perez fiel auf der Mauer; durch Sprengung einer
Bastion wurde der Sturm an zwei Punkten ermöglicht. Aber
man liess den Belagerten Zeit sich in der Bresche zu verschan-
zen; und das Zerwürfniss zwischen Condé und dem Erzbischof
machte dem Admiral die Bahn frei für einen Angriff auf das
französische Lager, der eine völlige Auflösung bewirkte. Condé
selbst rettete sich watend nach einem Boote.
Dieser grosse Tag des 7. Septembers rief in Madrid uner-
messlichen Jubel hervor und wurde durch grosse, mit dem Besuch
des Herzogs von Modena zusammenfallende Feste gefeiert.
Besonders hatte sich ein Hauptmann in allen kritischen
Augenblicken hervorgethan: Don Adrian Pulido. Er war ein
Sohn von Madrid und man kann sich vorstellen, wie bei jenen
Festen aller Augen auf ihn gerichtet waren, als Spiegel kasti-
lischen Heldenthums. Als Miguel de Ubilla mit Nachrichten und
Entsatz vom Admiral von Castilien an den Gouverneur gesandt
wurde, schlossen sich ihm Pulido und Martin de Sepúlveda an,
die nach Auszeichnung trachteten; es gelang ihnen in der That
in die Festung einzudringen und das Vertrauen ihrer Insassen
aufzurichten. Bei dem Ausfall vom 8. August, wo der Comman-
dant fiel, wurde er verwundet. Als die „Bastei der Königin“
(1. September) in die Luft flog, vertheidigte er sechs Stunden
2)
[71]Der Admiral Adrian Pulido.
lang die Mauer. Und als am 4. eine zweite Bresche gelegt
wurde, stellte er in Eile Schanze und Laufgraben her. Endlich
bei dem letzten blutigen, viermaligen Sturm am 6. September
wurde er durch einen Musketenschuss am Kopf verwundet. Ist
nun dieser Hauptmann Don Adrian der spätere Admiral, wie ich
vermuthe, so lässt sich keine bessere Gelegenheit denken für
eine so hohe Beförderung des Mannes. Der König fand Ge-
schmack an der echtsoldatischen Figur, er schmückte ihn mit
dem Kreuz des S. Jago-Ordens; und sein Maler hat wohl selten
Jemanden mit solchem Vergnügen gemalt wie D. Adrian.
Diess wäre also wohl die Enstehungsgeschichte jenes
Bildnisses, von dem Palomino ausführlich Nachricht giebt. „Im
Jahre 1639 machte er das Bildniss des Don Adrian Pulido Pareja,
eines geborenen Madriders, Ritter des S. Jakobsordens, Admiral
der Flotte von Neuspanien, welcher um jene Zeit hier war in ver-
schiedenen Anliegen seines Amts bei S. M. Diess Bildniss ist
in Lebensgrösse und gehört zu den gefeiertesten die Velazquez
gemalt hat, deshalb setzte er auch seinen Namen darauf, was er
sonst selten that:
Didacus Velazquez fecit; Philip. IV. à cubiculo, eiusque Pictor,
anno 1639.
Dieses vorzügliche Bildniss gehört heute dem Herzog von
Arcos“1).
Eine solche Aufschrift, die indess auf ihre Echtheit zu prüfen
wäre, findet sich auf dem Porträt in Longford Castle, welches
von dem früheren Earl of Radnor in den zwanziger Jahren er-
worben sein soll. Sie steht an der linken Seite ziemlich hoch:
Did. Velasq3. Philip. IV a cubiculo
eiusq’ pictor 1639.
Der Name ist von späterer Hand darunter-
gesetzt.
Palomino erzählt, dass der König bei einem seiner Besuche
im Atelier, als er des Bildnisses an einem schwach beleuchteten
Platz ansichtig wurde, den Admiral in Person zu sehn glaubte
und die Leinwand anredete: Wie? du bist noch hier? Hatte ich
dich nicht bereits verabschiedet! Warum reisest du nicht? Dann
[72]Fünftes Buch.
als die Gestalt unbeweglich blieb, habe er sich zu Velazquez
gewandt mit den Worten: „Ich versichere Euch, dass ich mich
getäuscht hatte“.
Ich weiss nicht ob eine solche Täuschung möglich ist. Vasari
erzählt bekanntlich dasselbe von Tizian’s Bildniss Paul III mit
seinen beiden Nepoten, das viele, als es zum Trocknen in der
Sonne auf einer Terrasse gestanden, für lebendig gehalten und
ihm ihre Reverenz bezeigt hätten; er drückt sich aus als habe
er es selbst gesehen (Abbiamo visto ingannare molti occhi etc.
Vite XIII, 35). Die Worte des Königs klingen etwas nach Erfin-
dung. Vielleicht ist unsere Anekdote die Umbildung irgend eines
Bonmots, einer Umschreibung des damals oft gebrauchten Worts:
Verdad, no pintura. In der That ragt das Bildniss, was Kraft
und Leben betrifft, selbst unter Velazquez Werken hervor; er
hat hier seinen uns bekannten Mitteln eine ganz ungewöhnliche
Wirkung abgewonnen.
Er knüpft wieder an seine früheren Versuche an. Der helle,
gelbgraue, nach oben dunklere Grund, ohne Bezeichnung selbst
der Grenze zwischen Boden und Wand ist eigens für den schwar-
zen Sammt der Figur präparirt. Don Adrian steht etwas
nach links, den Blick dem Beschauer zugewandt. Die Beine
wieder nahe beisammen, die Füsse fast in rechtem Winkel. Die
Farbe ist freigebiger als gewöhnlich verwandt: der Illusion gün-
stig sind die sonst seltenen blendend weissen Stücke: der breite,
umgelegte Spitzenkragen, die geblümten Aermel, die Federn,
die Knieschleifen, das Wehrgehänge. Auch in der Stellung ist
nichts vom Hofmann: er hält sich schlicht und straff wie ein Kriegs-
mann der vor seinem General Front macht. Es ist ein breit-
schultriger stämmiger Mann, ähnlich der Murillo’schen Figur des
Andres de Andrade in der Northbrook Galerie. Man sieht ihm
an, dass er sich nicht bedenken wird, sein und andrer Leben
im Todesrachen einer Bresche zu wagen. Das gebräunte Ant-
litz, mit weissen Glanzlichtern, gehört zu einem nicht seltenen
kastilischen Typus, aber hier in einem besonders robusten,
stutzigen, grimmigen Exemplar. Die dicken, schwarzen, nahe-
zusammentretenden, stark gerunzelten, die Augen beschattenden
Brauen, die lothrechte Furche in der Mitte der Stirn, der in
die Höhe geknickte Schnurrbart, das Ganze umrahmt von einer
mächtigen schwarzen Mähne, die, seitlich gescheitelt, unbändig
emporwuchernd, den Trotzkopf bekrönt: so stand er auf den
Mauern von Fuenterrabia, so wird er auf dem Halbdeck seines
[73]Der Admiral Adrian Pulido.
Admiralschiffes stehn. Ein Mann der am Platz ist, wo es Wider-
stand bis zum äussersten gilt, der nöthigenfalls ruhig die Lunte
in die Pulverkammer tragen wird.
Beide Hände stecken in gelben Lederhandschuhen; in der
Rechten hält er den Admiralstab, in der Linken hängt der sehr
breite Filzhut, die untere Seite nach aussen gekehrt. Auf der
Brust trägt er das rothemaillirte Schildchen des Santiagoordens
und die rothe Schärpe mit Goldsaum.
Nach Palomino malte Velazquez diess Bild mit langstiligen
Pinseln und brochas (Borstenpinseln), um mit mehr Erfolg und
Bravour (valentia) zu arbeiten. Es erscheint auch sehr breit, doch
mehr feurig kräftig als leicht behandelt; Waagen findet sogar
„fleissige Ausführung“, W. Burger wird an Tizian erinnert.
Und diess Werk fällt in dasselbe Jahr wie jenes Krucifix.
Es sind zwei Pole seiner Kunst. Ein schönes Beispiel, wie der
echte Künstler für jeglichen Stoff und aus ihm dessen Form
schafft, und jeden Augenblick im Stand ist, sich von der Routine
der Hand frei zu machen. —
Eine übereinstimmende Figur befand sich schon 1818 in
Woburn Abbey, dem Landsitz des Herzogs von Bedford. Nur
trägt der Admiral hier statt des kleinen eliptischen Medaillons
ein grosses, rothes Ordenskreuz aufs Wams genäht. Eine fremde
Hand vermochte ich nicht darin zu entdecken; es kann wohl
eine gleichzeitige Wiederholung des Meisters sein. Doch nur
die Figur; denn die ganze Umgebung, welche ursprünglich wahr-
scheinlich ebenso leergelassen war, wie in dem ersten Exemplar,
ist mindestens 22 Jahre später, im Auftrag des damaligen Be-
sitzers ausgefüllt worden. Der Admiral steht hier vor einer
Wand, ein roter Vorhang hängt links bis zu Schulterhöhe her-
ab; der braune Fussboden ist in breiten polygonen Rissen zer-
sprungen; rechts öffnet sich der Blick auf die See, mit der Scene
einer Seeschlacht. Der Himmel, am Horizont blau, ist oben mit
schweren Wolken bedeckt. Alles diess verrät die Hand eines
geringen Malers, der auch links unten den Schild mit dem Namen1)
hingesetzt hat; an demselben Platz wie oft auf Bildnissen der
Zeit, z. B. dem des Capuchino español im Museum des Prado.
Wahrscheinlich geschah diess bei der Aufnahme des Gemäldes
[74]Fünftes Buch.
in eine grosse Porträtgalerie. Eine Sammlung von berühmten
Feldherrn besass der Marques de Leganés. Die Altamiras, in
deren Versteigerung (1833) ein Bildniss Pulido’s vorkommt, waren
die Erben seines Titels. Ist diess dasselbe, welches mit dem
Bild seiner Frau in dem Verkauf der Aston Hall Gemälde (1862)
erwähnt wird?
Der Graf von Benavente.
Das einzige Soldatenbildniss, welches das Museum von
Madrid besitzt, ist dasjenige des D. Antonio Alonso Pimentel,
neunten Grafen von Benavente (1,9 × 0,88). Er war der Sohn
und Titelerbe des als Vicekönig von Neapel rühmlich bekannten
D. Juan Alonso, der im Jahre 1621 als Präsident von Italien und
Obersthofmeister der Königin starb. Khevenhiller (Ann. Ferdin.
IX, 1495) nennt ihn „ein ansehnliches christliches Subjekt, und
der dem Könige viel Dienste geleistet, hat 14 Kinder, 14 Enkel
und 3 Urenkel im Leben verlassen“. Der alte Glanz des Namens
Pimentel wurde durch diese Söhne erneuert. Keine Familie hat
dem Könige soviel tapfere Officiere geliefert, und so reichlich
mit ihrem Blute gezahlt. In Calderon’s Belagerung von Breda
trifft unseres D. Antonio Bruder, Vicente, mit tausend Reitern
aus der Lombardei ein, und Spinola empfängt ihn mit den Worten
Triunfos soberanos tendreis con imitar vuestros hermanos.
Don Vicente antwortete ihm in sieben Oktaven, in denen er, der
jüngste, das Ende dreier älterer Brüder schildert. Don Garcia
bezahlte bei Bergen den Sieg mit seinem Leben, Don Alonso,
der 1606 unter Spinola mit einer Kompagnie diente, wurde 1617
als General der Cavallerie vor Vercelli durch eine Granate ge-
tödtet, Don Diego, General der Galeeren von Sicilien, zog nach
einer Seeschlacht mit den Holländern „als todter Sieger“ in
Neapel ein. Die beiden letzteren Brüder und D. Jerónimo, später
Marques de Bayona, hatten den Admiral Bazan 1605 auf dem
Türkenfeldzug begleitet. Und jetzt im katalonischen Krieg
(1642) hatte der Sohn unseres D. Antonio, Graf von Luna, dem
Heere des Königs eine Kompagnie von 800 Mann aus seines
Vaters Staaten zugeführt1).
Der Erbe der Grafschaft, der Velazquez zufiel, hat indess der
[75]Der Graf von Benavente.
Geschichte nichts von sich zu erzählen hinterlassen und kann
trotz seines erlauchten Namens zu der Reihe der Dunkelmänner
gezählt werden. Er residirte meist in seinem Stammhause zu
Valladolid und gab bei den Jesuiten glänzende Feste. Als die
ihrer Zeit in Spanien verehrte visionäre Nonne Suor Luisa
(dieselbe welche die Infantin Maria dem Prinzen von Wales
bei seinem Abschied zu besuchen ans Herz legte) aus ihrem Ort
Carrion vom heiligen Uffiz nach Valladolid versetzt wurde (sie
erwies sich als apokryph und verschwand in klösterlicher Ab-
geschlossenheit), erschien mit grossem Gefolge auch Don An-
tonio; er hielt eine Scheere, um ihr (wie einst San Ildefonso mit
dem Messer König Receswinths der hl. Leocadia) die Hälfte
ihres Schleiers abzuschneiden. Nach der Revolution von Portugal,
in jener kritischen Zeit, als die Kopflosigkeit des Conde Duque
verschuldete, dass die damals noch leichte Bewältigung des Auf-
stands durch die Sammlung der Streitkräfte auf Katalonien ver-
säumt wurde, und als die spanischen Generale Monterey und
Garay in Estremadura keine Lorbeern ernteten, ernannte ihn der
König zum Gouverneur der portugiesischen Grenze; aber schon
im folgenden Frühjahr (1642) wurde ihm dieser Posten zu seinem
grossen Verdruss wieder abgenommen1).
Das Bildniss unsers D. Antonio zeigt die gute Constitution,
der sich nach obiger Familienchronik das Geschlecht erfreut
haben muss. Es ist ein Jüngling von strammer Haltung bei
fünfzig Jahren und grauen Haaren. Hohe, breite, schön gewölbte
Stirn mit spitzem Schopf, starke schwarze Brauen, dazwischen ent-
springt mit breiter Wurzel eine kurze Entenschnabelnase, der
weisse Schnurrbart deckt eine ungewöhnlich lange Oberlippe.
Diess gesunde Gesicht ist in einem ganz hellen, weichen, warmen
Ton, pastos und verschmolzen gemalt, mit grünlich grauen Halb-
tönen. Der Eindruck der glänzenden mit Gold damascirten
Stahlrüstung ist mit breiten, wilden Pinselstrichen erreicht. Er
legt die Rechte auf den Helm, der (nebst dem Kommandostab)
auf dem Tisch mit carmoisinrother Decke steht, die rothe Schärpe
wiederspiegelnd. An der Halskette bemerkt man Türkise.
Der helle Kopf ruht auf einem tief dunkelrothen Sammt-
vorhang. Himmel und Erde rechts sind eine wüste, blau grün-
liche Fläche.
[76]Fünftes Buch.
Auch dieses Bildniss ist wie mehrere dieser Zeit venezianisch
angehaucht, und hat in späterer Zeit, als man den Hofkalender
Philipp IV und seine gentilhómbres de cámara vergessen hatte,
sogar für Tizian gegolten; so hiess es, als es im Besitz der
Isabel Farnese war und die Antecámara des Königs in S. Ilde-
fonso zierte.
Bildnisse Unbekannter.
Die Münchener Galerie besitzt zur Zeit nur ein, wie es
scheint, echtes Bildniss des Meisters, es ist der junge, noch bart-
lose Cavalier mit der linken am Degen, den rechten Arm in die
Seite gestemmt1). Ein edles Exemplar der Rasse; Langkopf mit
viereckiger kurzer, fast lothrechter Stirn, glühenden braunen
Augen, Adlernase, die der Schlagschatten noch zu verlängern
scheint, etwas vorstehende Unterlippe. Obwol der Pinsel nur
flüchtig den Contouren folgt, so ist doch die feste Intention
unverkennbar. Vielleicht das Bildniss eines Freundes, nicht weiter
ausgeführt als grade für den Eindruck hinreichte. Die erdig
braune Untermalung dient ohne weiteres für den leeren Hinter-
grund (der nach unten mit Grau leicht zugedeckt ist, so nach-
lässig, dass hier und da an der Contour offene Streifen geblieben
sind), für die Lederhandschuhe, für das eine Ende der golilla
und für die beschattete Seite des Gesichts. Von vielen ebenso
summarisch ausgeführten Werken der Zeit (und modernen wie mit
Tabaksbrühe gemalten) unterscheidet sich aber selbst diess un-
vollendete Bild durch den hellen, wahren Fleischton im Licht.
Der Zustand giebt wenig Anhaltspunkte für Zeitbestimmung;
vielleicht gehört es noch in die Zeit vor der ersten Romfahrt.
In Apsley House ist ausser Quevedo und dem Pabste noch
eine dritte Büste (Nr. 159), die früher für ein Selbstbildniss
galt, obwol der Bau des Kopfs ganz anders ist. Der Reiz dieses
blassen, vornehmen, etwas magern obwol jugendlichen Gesichts
liegt in der Einheit und Raschheit des Gusses und der geistreich
nachdrücklichen Behandlung von Licht und Schatten. Auf dunkel-
braunem Grund, an der abgewandten beschatteten Seite der
Figur etwas aufgehellt, tritt der Kopf sehr plastisch hervor.
Wenige Bildnisse sind mit so breiten, kaum nüancirten Licht-
und Schattenflächen modellirt; so ist z. B. die auf der ganz
[77]Bildnisse Unbekannter.
gleichfarbigen Wange stehende Linie des Nasenrückens durch
kein Hülfsmittel angedeutet, und doch ist keine Form un-
klar. Der Kontrast der Werthmassen, besonders aber die Unter-
drückung der Nüancen, verstärkt den Eindruck sonnigen Lichts,
der an Solimena’s Beleuchtungssystem erinnert. Ganz unge-
wöhnlich ist der auf Oberlicht beruhende Umfang der Schatten,
welche den grössten Theil der Augenhöhle füllen und auch das
hervortretende Jochbein stark betonen; dieselben werden aber
durch ein schwaches Reflexlicht vor Dumpfheit bewahrt.
Palomino nennt mehrere Bildnisse von Hofleuten, für deren
etwaige Wiedererkennung wir aber keinen Anhaltspunkt haben,
darunter zwei Maestros de Camara: das des D. Nicolas de Cardona
Lusigniano, und das „sehr gefeierte“ des Pereyra, Ritters des
Christusordens, „mit ungewöhnlicher Meisterschaft und Geschick-
lichkeit gemalt“. Ferner das des D. Fernando de Fonseca Ruiz
de Contreras, Marques de la Lapilla, Santiagoritters; und des
Beichtvaters der Königin, des Trinitariers Fray Simon Roxas,
† 1624, gemalt im Tode.
In der Dresdener Galerie (Nr. 698; 0,65½ × 0,56) ist das
Bildniss eines solchen Ordensritters. Ein ältlicher Herr von vor-
nehmem Wesen; die goldene Brustkette trug vielleicht das Schild-
chen, das rothe Kreuz ist mit wenigen breiten Strichen am Mantel
angedeutet. Die ergrauten, stark gelichteten Haare sprechen
von sorgenvollen Jahren, nach seiner jetzigen Wohlbeleibtheit
aber scheint er den Dienst im Feld mit dem bequemen Sitz in
irgend einem Consejo vertauscht zu haben.
Diess Brustbild ist interessant, weil es in seinem unfertigen
Zustand den Maler mitten in der Arbeit zeigt. Der Kopf ist
wieder auf hellem Grund mit leichtem Braun skizzirt, und dann
gleichmässig, selbst, so scheint es, den Schädel mit eingeschlossen,
mit einem mittlern Fleischton übergangen und die Ausführung
begonnen. Dann muss eine längere Unterbrechung stattgefun-
den haben. Die Haare sind von auffallend ungleicher Farbe,
selbst die beiden Flügel des Schnurrbarts; diess scheint von
zwei Ansätzen herzurühren, zwischen denen das Original mehr
ergraut war. Bei der Retouche wurde ein frischer heller Ton
übers Gesicht gelegt; die Aussparung von Haarbüscheln, Augen,
bigote ist deutlich zu sehen. Vielleicht ist es Zufall, dass hierbei
die Augen, besonders das rechte, glanzlose, ein krankhaftes, ent-
zündetes Aussehn bekommen haben. In jenes helle Incarnat
sollte wahrscheinlich die Modellirung mit grauen Halbtönen hinein
[78]Fünftes Buch.
gearbeitet werden. Diess ist unterblieben, deshalb bilden Stirn,
Wange, Schläfe, Hals eine etwas leere weichliche Fläche, die
allerdings Zweifel wecken könnte, aber nur, wenn das Bild als
fertig zu betrachten wäre.
Der Marques von Castel Rodrigo.
Hier mag ein räthselhaftes Bildniss seinen Platz finden,
welches bisher noch nirgends besprochen worden ist: die Figur
des Marques von Castel Rodrigo im Palast des Principe Pio di
Savoja zu Mailand. Es gilt dort, wie es scheint nach alter Ueber-
lieferung für ein Original des Meisters; und wenn die Signatur
am Arm des Sessels (Velazquez ft.) mehr als zweifelhaft ist, so
scheint die Gestalt des alten portugiesichen Edelmanns und die
Malerei des Antlitzes der beglaubigenden Unterschrift kaum zu
bedürfen. Wenigstens, als ich zum erstenmale im Oktober 1880
auf eine Mittheilung von Gustavo Frizzoni hin den Palast des
Borgo nuovo besuchte, leuchtete es mir sofort aus den übrigen
Ahnenbildern wie mit seinem Stempel bezeichnet entgegen; auch
Giovanni Morelli der grosse Gemäldekenner hält es für echt.
Der alte Herr, eine weder hoch noch mächtig gebaute Ge-
stalt, Kniestück, steht nach links gewandt, aber den Betrachter
forschend fixirend, in schwarzseidenem Rock und Mantel neben
einem ebenfalls schwarz ausgeschlagenen Sessel; auf der Lehne
ruht die Rechte, einen Brief haltend, die Linke, den Zeigefinger
ausgestreckt, liegt an der Degenkoppel. Im Nacken ist eine
Spur von Gebeugtheit des Alters. Die weissen Haare sind so
dünn dass die Schädelflächen rein hervortreten; die Farbe sehr
blass, die Brauen dunkel, Schnurr- und Knebelbart weiss.
Feinheit und Bestimmtheit der Modellirung, Durchsichtigkeit
der Charakteristik, bannendes Leben kann schwerlich mit ein-
facheren Mitteln ausgedrückt, mit weniger Farbe und Schatten
keiner Menschengestalt soviel körperlich-geistige Wirklichkeit
verliehen werden. Auf ganz hellem, leerem Grund (nur in der
Ecke links unten ein schwaches Schattendreieck) steht der
alte Staatsmann in schattenlosem Licht, das ehrwürdige Haupt
ruhend auf einer weissen Halskrause. Der Blick, durch den die
Persönlichkeit wie in einem Brennpunkt mit bekannter Magie
wirkt, nur durch kleine dunkle Punkte accentuirt, spricht von
einem langen Leben in den Staatsgeschäften, der Gewohnheit
des Befehlens und forschender Beobachtung der Menschen.
[79]Der Marques von Castel Rodrigo.
Kein so hell gehaltenes Porträt des Malers ist bekannt: aber
es wäre in seiner Art, das Ganze nach dem Weiss des Greisen-
haars zu stimmen. So ausdrucksvoll ist es, dass man sich nicht
enthalten kann, das Wesen des Mannes heraus zu lesen, und
Schreiber dieses hatte die Genugthuung, seine danach gedich-
tete Charakteristik später in dem Abschnitt der Relation des
Venezianers Girolamo Giustiniani von 1649 im Wesentlichen bestä-
tigt zu finden1). Es muss freilich sogleich hinzugefügt werden, dass
nicht alles in dem Gemälde die Hand des Velazquez bezeugt.
Der Grund, der Anzug, selbst die für den alten Mann zu kräftig
vollen und glatten Hände müssen übermalt oder hinzugemalt sein.
Nach dem Wappen in der rechten Ecke oben muss das
Bild schon vor alter Zeit für ein Bildniss des zweiten Marques
von Castel Rodrigo, Don Manuel de Moura gegolten haben; es
sind nämlich die Wappen der Familien de Moura und Corte
Real, des Namens der Mutter D. Manuels vereinigt. Auf ihn
weist auch das Schildchen des Christusordens, den ihm einst
Philipp IV gegeben, als er Olivares den Alcántaraorden ab-
trat (I. 214.).
Auch die Chronologie des Lebens beider, des Künstlers
und des Staatsmanns, böte die Möglichkeit, das Porträt wahr-
scheinlich und ziemlich bestimmt zu datiren. D. Manuel ist von
1631 bis 1648 mit auswärtigen Missionen betraut gewesen, und
in diesen siebzehn Jahren nicht mit dem Maler zusammenge-
troffen. Zuerst als Gesandter bei Urban VIII, seit 1644 als
Civilgouverneur von Flandern, von wo er Anfang 1648 nach
Madrid zurückkehrte. Nach dem hohen Alter kann er nicht vor
1631 gemalt sein; und da Velazquez im December 1648 nach
Italien gereist ist, von wo er im Sommer 1651 heimkehrte: so
bleibt für die Aufnahme nur das Jahr 1648, und die zweite
Hälfte von 1651; denn D. Manuel starb bereits am 28. Januar
1652. Er war mit ungewöhnlichen Auszeichnungen bei Hofe
empfangen worden; vor mehr als einem Vierteljahrhundert war
seine Erhebung zum Granden eine der ersten Regierungshand-
[80]Fünftes Buch.
lungen des Königs gewesen; seine Entfernung aus Spanien war
eine Intrigue des Olivares. Man müsste nur annehmen, dass der
Kammermaler bloss den Kopf ausführte, das übrige skizzirte,
und andern überliess, die Leinwand für den Salon des Familien-
palasts fertig zu stellen.
Das Gemälde hat mancherlei Schicksale durchgemacht. Der
Name, der in der Ecke gegenüber dem Wappen stand, ist zuge-
Der Marques von Castel Rodrigo.
deckt worden, man
entziffert nur noch
Castel Rodrigo, aber
nicht den Vornamen.
Auch Rubens hat Don
Manuel in jüngeren
Jahren gemalt und
von Pontius stechen
lassen; hier hat der
Kopf ein etwas an-
dres Ansehen be-
kommen durch die
lange und starke
Adlernase, statt der
fast gedrückten uns-
res Bildes. Andere
Züge, die Form des
Langkopfs, die Au-
gen stimmen dage-
gen überein. Auf-
fallend ist die Hals-
krause, welche seit
1623 am Hof von Madrid nicht mehr gebräuchlich war; sie könnte
auf die Vermuthung führen, dass das Bild im Ausland gemalt
sei. Nach alle dem heften sich noch mancherlei Fragen und
Zweifel an das Bild.
D. Manuel war der Sohn des Cristóbal de Moura († 1613),
des bekannten Ministers Philipp II, der von diesem selbst in die
hohe Politik eingeführt und zum ersten Vicekönig von Portugal
ernannt wurde. Sein Palast am Tajo mit den Thürmen und
Galerien gehörte zu den Sehenswürdigkeiten des alten Lissa-
bon1). Die Denkmäler der Familiengruft oder des Pantheons in
[81]Zweifelhafte und falsch benannte Bildnisse.
S. Benito hatte D. Manuel in Rom von Franz du Quesnoy ent-
werfen lassen1). Aber die Revolution von 1640 trennte ihn für
immer von Vaterland, Nation und Haus der Vorfahren. Diess
Schicksal verdüsterte seinen Lebensabend, er sehnte sich nach
Ruhe, und hatte schon 1646 den König um seine Zurückbe-
rufung gebeten.
Zweifelhafte und falsch benannte Bildnisse.
Wirklich streitige Bildnisse des Velazquez giebt es für Kenner
heute nur noch wenige. Die zweifelhaften Fälle betreffen meist Wieder-
holungen, wo ein schwer aufzuhellendes Mehr oder Weniger von An-
theil des Meisters die Frage verwickelt macht. Ihm ganz fremde
Sachen sind, meist im Ausland, oft bona fide auf seinen Namen getauft
worden zu einer Zeit, wo die Schätzung seiner Werke sich verbreitete,
aber nur Wenige Gelegenheit gehabt hatten, sich eine deutliche Vor-
stellung von seiner Malweise zu bilden. Eigentliche Fälschungen sind
mir kaum in zwei Fällen begegnet.
Man kann drei Klassen unterscheiden: gute Stücke in seiner Art,
die wol seiner würdig wären, wo aber entscheidende Merkmale fehlen
und widerstreitendes die Attribution entmuthigt;
Originale der Madrider Schule seiner und der nächst folgenden Zeit;
Endlich Bildnisse fremdländischer Schulen, wo sich die Benennung,
falls sie nicht ganz willkürlich ist, auf jene Uebereinstimmung gründete,
welche Gemeinsamkeit des Zeitgeschmacks in zahlreichen Punkten mit
sich führt. Die im folgenden angeführten Stücke sind alle sehenswerth
und mir aus eigener Anschauung bekannt; ich führe sie an nur um andern
faux frais zu ersparen. Wiederholungen, fremde Darstellungen der von
ihm gemalten Persönlichkeiten sind bei Gelegenheit der betreffenden
Originale zur Sprache gekommen.
I. Im Palast des Herzogs von Villahermosa zu Madrid ist das
Bildniss des D. Christóbal del Corral (Curtis 159) in ganzer Figur, in
der rechten Hand ein Brief, die andere auf die rothsammtene Tischdecke
gestützt. Auffassung und Ausdruck dieses Greisenkopfs mit strengem
aber altersmattem Blick sind dem Meister verwandt; die breiten aber
sehr mageren Striche im Licht und die schweren braunen Schatten passen
desto schlechter.
Ein Ordensritter, die Rechte das Ordensschildchen fassend, früher
Olivares genannt, und Diego Velazquez bezeichnet, wurde von Lord
Mahon 1845 dem Grafen Lecchi in Bergamo abgekauft und befindet
II. 6
[82]Fünftes Buch.
sich im Hause des jetzigen Earl of Stanhope zu London (Curtis 204).
Es ist ein Kopf von starkem gedrungenem Bau, die dichten Brauen
beschatten kleine Augen, der Ausdruck ist phlegmatischer Stolz. Die
quer über die Stirn gestrichenen, seitlich gescheitelten, sehr langen Haare
weisen auf die Mitte des Jahrhunderts. Die Haltung ist zu dunkel für
den Meister1).
Das Brustbild eines jungen Mannes von bräunlicher Gesichtsfarbe
und stark sinnlichen Zügen in der Pradogalerie (1104) ist zu hart und
roh für Velazquez, aber wol in seiner Umgebung im zweiten Viertel des
Jahrhunderts entstanden.
Ein anderes, der ernste gelbe Mann in der Halskrause (1103), scheint
mir dagegen mit Unrecht bezweifelt zu werden; es hat wenig von Zur-
baran, an den man gedacht hat, stimmt dagegen mit der in Sevilla ge-
malten Epiphanie (I, 147).
II. Von Bildnissen der gleichzeitigen Madrider Schule verdient
einen hervorragenden Platz das im Jahre 1849 für den Louvre (556)
angekaufte des D. Pedro Moscoso de Altamira. Nur durch die ent-
deckte Aufschrift ist es neuerdings als Werk des Angelo Nardi (I, 219)
erkannt worden, von dem sonst keine Bildnisse bekannt sind, könnte
also auch zur italienischen Schule gezählt werden. Eine sehr charak-
teristische Figur, Blick und Gebahren des vornehmen Priesters.
Eine fesselnde Gestalt ist der „Alcalde in Schwarz“, in der Samm-
lung von Sir John Neeld Bart., in Grittleton. Es ist ein Cavalier vom
Hofe Philipp IV, in der Art der früheren königlichen Bildnisse. Edle
Formen: schmale Stirn, lange Adlernase, feiner Mund, bigote und Knebel-
bart; ernst melancholischer Blick. Beide Hände gekreuzt, die Rechte
mit Depesche, die Linke mit Hut, steht er da wie der Ueberbringer
einer wichtigen Nachricht, in Erwartung vorgelassen zu werden. Der
Strich, der glühende Ton, die gelblichen Lichter, das Roth der Lippen
u. a. machen einen fremdartigen Eindruck.
Das Bildniss eines jungen Mannes mit langem schwarzen Haar und
golilla in Burleigh House ist eine kräftige aber rohe Arbeit. Noch
weniger kann das Bildniss eines Knaben mit grossem Hut daselbst in
Frage kommen.
Das Bildniss eines Ritters des portugiesischen (?) Santiagoordens
in Festanzug, aus der Suermondtgalerie nach Berlin gekommen (408 c),
ist von einem guten Meister kräftig und bestimmt gemalt. W. Burger
wollte es nach der Jahreszahl 1630 in die erste italienische Reise setzen.
[83]Zweifelhafte und falsch benannte Bildnisse.
Aber solche lange, lockige Haare wurden damals am spanischen Hofe
noch nicht getragen. Vielleicht ist es italienisch.
Andere Stücke gehören spätern Zeiten des Jahrhunderts an.
Roh und dekorativ gemalt ist das Bildniss eines Corregidors von
Madrid, des Santiagoritters D. Francisco de Ribas († 1660), ebenfalls
mit langen, schlichten, schwarzen Haaren. Auf der Akademieausstellung
von 1880 präsentirte sich dieser arme Ritter zum Schrecken der Ver-
ehrer des Malers als Velazquez (Nr. 244), obwol der Catalog schamhaft
hinzufügte The head only by V. Dieser in stumpfem fuchsigen Ton flau
gemalte Kopf war aber das Verwerflichste an dem Sir J. C. Robinson
gehörigen Bildniss.
Der von Ponz und Cean aufgeführte von Goya geätzte Alcalde
Ronquillo ist die im Prado Nr. 692 befindliche Figur des Buffonen Francisco
Bazan, genannt El pretendiente von J. Carreño. Ein anderer Alcalde Ron-
quillo (Curtis 193) welchen José Madrazo dem Maler Wilkie verkaufte
und der seitdem in englischen Versteigerungen herumwandert, ist mir
nicht bekannt.
III. Zahlreicher sind die Bildnisse aus fremden Schulen. Dahin
gehören einige sehr schöne Brustbilder hoher italienischer Cleriker. Den
ersten Platz verdient der Cardinal des Mainzer Museums, ein geist-
voller ältlicher Kopf, sehr plastisch durch scharf begrenzte sonnige Lichter
und warme Schatten. Grosse Augen voll Intelligenz und Leben, etwas nach
oben gerichtet, scheinen nachdenklich ins Unendliche zu sehen; vielleicht
leuchtet ihm am Himmel der Zukunft die Tiara entgegen. Wohl aus der
Zeit Urban VIII und eines Carlo Maratta oder Andrea Sacchi würdig.
Der Cardinal Dezio Azzolini im Berliner Museum (413), ein ebenso
charakter- und ausdrucksvolles, wie technisch meisterhaftes Bild, früher
Murillo, dann Velazquez genannt, ist von Theodor Lewin nach einem
Kupferstich des Alb. Clouwet als eine Arbeit des Malers Jacob Ferdinand
Voet erkannt worden, dessen Art der französischen Schule näher steht
als der niederländischen und italienischen. Seine Bildnisse sind
in römischen Galerien nicht selten.
Das Bildniss des Cardinal Giulio Rospigliosi in der Pinakothek
(1233) wurde zuerst von M. Unger (Kritische Forschungen 1865, S. 147)
für Maratta erklärt und steht jetzt so im Katalog. Ich nenne noch
Die Büste eines jungen wolgenährten Porporato mit Brief und Barett
in der Hand, bei E. A. Leatham, Esq. in London; und die des Prälaten
in Kingston Lacy, von feiner vornehmer Auffassung und in einer dem
Velazquez mehr als alle jene geistlichen Herren nahestehenden Malweise.
In dem skizzirten Kopf eines aufgebahrten todten Franciscaners in
der Breragalerie (390) mögen tausende von Besuchern die Art des in
[84]Fünftes Buch.
Italien seltenen Meisters angeschaut und bewundert haben. Die plastische
Sicherheit, mit der die starren Formen des Todes in der Verkürzung mit
breiten, dünnen Strichen fixirt sind, hätte Velazquez schwerlich über-
boten. Aber wer sich dort umgesehn hat, wird vielmehr die Manier
der Lombarden des siebzehnten Jahrhunderts wiedererkennen: brennend
rothe Grundirung, ungenügend deckende, wenn auch mit Geschick aufge-
legte Lichter und Fleischtöne. Eine Vergleichung mit dem Bildniss
Nr. 155 der Brera wird keinen Zweifel lassen, dass es eine Arbeit des
Mailänders Daniel Crespi († 1630) ist, „eines der grossen Italiener, nach
Lanzi, die man kaum ausserhalb ihrer Vaterstadt kennt“. Auch das
Bildniss mit der Sonnenblume (Nr. 440) hiess früher spanische Schule
und ist ebenfalls mailändisch.
Die Skizze eines bärtigen Greisenprofils im Prado (1115) befand
sich nach dem Katalog im vorigen Jahrhundert in San Ildefonso und
galt als Studie des Pietro Paolo Bonzi, genannt il Gobbo de’ Caracci.
Die mir bekannten, nicht seltenen, dem Velazquez zugeschriebenen
grossen Reiterbildnisse in Privatsammlungen gehören meist dem Nach-
trab des van Dyck an. Auch der Feldherr in ganzer Figur in Dorchester
House ist ein schöner Niederländer, sowie der elegante Cavalier in
Rossie Priory, ein nobler Kopf, dessen tiefes Schwarz in der Umgebung
soviel als möglich wiederholt ist.
Die Bildnisse in der Galerie zu Florenz (198 und 329), den Ritter in
der Pinakothek von Parma, den Maltheser bei Lord Lansdowne, den jungen
Mann in Grosvenorhouse, den in der Stockholmer Galerie nenne ich nur,
weil sie in berühmten Sammlungen noch immer unter dem Namen figuriren.
Das prächtige Bildniss eines polnischen Edelmanns in Pelzmütze
und weitem Pelzmantel im Hause des Duke of Abercorn in London,
stellt einen schönen vornehmen Mann von feurigem Wesen dar, breit und
flott gemalt, aber mit zart und hell gestimmten Farben. Den Hintergrund
bildet eine Meeresfläche mit Schiff, und der dunkelblaue Himmel. Dieses
bei Gelegenheit der Akademieausstellung von 1875 zu den besten
Velazquez in England gerechnete Bild möchte ich eher einem der gefeierten
englischen Porträtisten des vorigen Jahrhunderts zuschreiben.
Im Palast Dietrichstein, im Besitz der Gräfin Clam Gallas zu Wien,
befindet sich ein lebensgrosses Reiterbildniss hors ligne, welches nach
der Ueberlieferung (Urkundliches giebt es nicht) einen Herzog von In-
fantado darstellt, von Velazquez gemalt und von dem Cardinal Diet-
richstein aus Spanien mitgebracht sein soll. Ross und Reiter sind
in der Vorderansicht gemalt, von ebenso stupender Wirkung im Ganzen
wie meisterhaft sorgsamer Durchführung im Einzelnen. Der Reiter ist
ein junger Edelmann von etwa vierundzwanzig Jahren, ein hübsches,
[85]Zweifelhafte und falsch benannte Bildnisse.
volles, frisches Gesicht, aus dem Vornehmheit und Lebhaftigkeit
sprechen. Der rechte Arm mit dem Zaum ist erhoben, wie in dem
Reiterporträt des Francesco Maria Balbi im Palast Balbi-Senarega zu
Genua von van Dyck, der aber den Hut schwingt. Der überaus pracht-
volle kastanienbraune Andalusier, von der Rasse des königlichen Marstalls,
die öde Landschaft, endlich die Helle des Tageslichts geben dem Gemälde
eine stark spanische Physiognomie, und bringen den Namen Velazquez beim
ersten Davortreten auf die Zunge. Aber die nähere Betrachtung zeigt un-
zweifelhaft Rubens’ Technik, seine Behandlung der Landschaft und des Ge-
sichts in früher Zeit1). Auch der reiche Steinkragen passt nicht in die Zeit
Philipp IV. Der Herzog von Infantado war zur Zeit von Rubens erster Reise
schon ein alter Mann, und hatte seine einzige Erbtochter mit dem zwei-
ten Sohn des Herzogs von Lerma vermählt, D. Diego Gomez de Sandoval,
Graf von Saldaña. Dieser hat in Folge des Todes der Gemahlin und
seiner Wiederverheiratung den Titel Infantado nicht geerbt, wol aber
sein Sohn, der zu jener Zeit noch ein Kind war. Möglich wäre es, dass
Rubens ausser Lerma auch dessen Sohn zu Pferd gemalt hätte; nach
Baglioni genossen seine frühen Reiterbildnisse besondern Ruf (Vite, p. 303).
Der todte Roland, welcher aus der Sammlung Pourtalès als Velazquez
für 37000 Francs von der Nationalgalerie angekauft wurde, gilt in London
längst nicht mehr für ein Original des Meisters; die Malweise hat mit der
seinigen irgend welcher Jahre keine Aehnlichkeit. Jene Benennung aber lässt
sich mindestens bis ins zweite Jahrzehnt des Jahrhunderts zurück verfolgen.
Im Jahre 1820 erscheint er in der Versteigerung Duparc unter vielen
spanischen Gemälden, darunter sieben Murillos, und gilt als aus Spanien
gekommen. Nach andren Angaben stammt er sogar aus dem könig-
lichen Palast, aber die Inventare schweigen. Dagegen scheint ein
seltenes wenig bekanntes Schwarzkunstblatt aus dem vorigen Jahrhundert
auf seinen damaligen Aufenthalt ausserhalb Spaniens zu führen; leider
ist in meinem Exemplar, dem einzigen das mir zu Gesicht gekommen,
die Unterschrift abgeschnitten. In der Cremer’schen Sammlung zu
Brüssel war nach Curtis eine Kopie. In jenem Jahre soll es in Paris
„die Augen aller Kenner überrascht und lange festgehalten haben“; der
Generalsekretär des Museums Lavallée bedauerte es zur Zeit seines Ein-
flusses nicht für den Louvre erworben zu haben2).
[86]Fünftes Buch.
Der noch jugendliche Ritter liegt in einer Grabhöhle auf dem
Rücken am Boden, wie die Statue eines Verstorbenen auf dem Monument,
schräg nach dem Grunde zu, den Kopf vorn, in einer gleichmässigen,
meisterhaft durchgeführten Verkürzung. Die reichen braunen Locken
fallen auf den Boden. Er trägt einen Harnisch bis an die Lenden; von
da ab schwarze Beinkleider; weisse Strümpfe und schwarze Schuhe. Zur
Rechten die Felswand mit Steinplatten; neben dem Kopf zwei Todten-
schädel, und einer zu Füssen. Am Zweig des abgestorbenen Baums hängt
eine Lampe, deren erloschener Docht verglimmend qualmt. Links sieht
man in eine weite Tiefe mit fernen Bergen hinunter. Die Beleuchtung, bei
dem jetzigen Zustand des Bildes nicht sicher zu bestimmen, scheint
dämmerig. Die breite Rechte ruht auf der Brust, die Linke an der
Degenkoppel, der Degen selbst scheint unter dem Rücken zu liegen.
Ist er von den Seinigen so auf nacktem Stein unter freiem Himmel ge-
bettet worden, oder hat er sich selbst zum Sterben hingelegt? Von einer
Wunde ist keine Spur. Das Gesicht ist ein Porträt: sollte Jemand sich
in einer weltmüden Anwandlung so haben malen lassen? Die Idee wäre
spanisch.
Es ist mir nicht bekannt, ob inzwischen Jemanden gelungen ist, den
wahren Urheber dieses merkwürdigen und ergreifenden Bildes zu be-
stimmen. „In Spanien, heisst es in jenem Katalog, galt es für ein Bild
des Nichts menschlicher Grösse.“ So hat Valdes Leal, dessen ascetische
Stillleben sich auf diese Idee des Desengaño beziehen, in der Caridad
zu Sevilla einen Cavalier in ähnlicher Lage nebst einem Bischof im
Sarge gemalt im Zustand der Verwesung; aber seine mit anspielungs-
reichen Details vollgestopften Bilder, gemalte Traktätchen, sind weit ent-
fernt von dem einfach ernsten Stil in dem unser Bild empfunden ist.
Mir schien es eher auf die neapolitanische Schule hinzuweisen. Der
grünliche Ton der Lichter im Fleisch, das dünne Impasto, die breiten
Hände, selbst der Typus mit der Stülpnase lässt an den Cavalier Calabrese
denken; die diagonale Lage mit dem Haupt nach vorn, der alte schiefe
Baum, die Landschaft an Ribera; die düstre Idee des einsamen Ritters
an Salvator und seinen heiligen Wilhelm, der schweren Büssungen und
dem Tod selbst in voller Rüstung sich unterzog. Aber für Mattia Preti
scheint dieser Ritter zu straff und fein gezeichnet, für Spagnoletto zu
dünn gemalt, und in vieler Beziehung zu gut für Salvator Rosa.
[87]Die Reiterbildnisse.
Philipp IV.
Die Reiterbildnisse.
Den Pferden gebührt ohne Zweifel der erste Platz bei der
Betrachtung der grossen Reiterbilder. Velazquez, der schon in
seinen herrlichen Jagdhunden als unübertroffener Thiermaler sich
bewährt, war ein profunder Kenner des Baus und der Gangarten
des Pferds, besonders glücklich in der Physignomik unvergleichlich
schöner, lebenathmender Köpfe. Heutzutage wird die unmittel-
bare Wirkung dieser prachtvollen Geschöpfe etwas beeinträch-
tigt durch die fremdartige schwere Form: welchen Enthusiasmus
werden sie bei den Reitern jener Zeit erweckt haben! Er muss
schon in Sevilla Pferdestudien gemacht haben, denn er führte
sich in Madrid durch ein Reiterbild ein; er konnte gewiss die
berühmten Strophen auswendig, die uns sein Schwiegervater
erhalten hat, wo Pablo de Cespedes das andalusische Pferd be-
schreibt. Manche, heisst es da, die mit viel höhern Dingen sich
einen Namen machen konnten, hätten bloss auf die Zeichnung des
Pferds ihren Ruhm in Gegenwart und Zukunft gegründet1).
[88]Fünftes Buch.
Pferde dieser Gestalt wird man jetzt in Spanien wohl ver-
gebens suchen. Sie sind von den arabischen, auf die man die spa-
nische Rasse zurückführt, sehr verschieden, obwol sie aus den Gestü-
ten von Cordoba kamen. Vielleicht hatte man die südspanische
Zucht mit flandrischer gekreuzt, der schweren Harnische wegen.
Die venezianischen Gesandten unter Philipp II, Tiepolo, Badoer,
Morosini sind voll des Lobs dieser Andalusier, der razza del Rè.
Wie ein Blick auf das Grössenverhältniss von Reiter und Ross
lehrt, waren sie klein, aber von guten Verhältnissen und galten
in jenem Jahrhundert in Europa als Muster der Pferdeschönheit.
William Cavendish sagt von denen welche er besass, sie seien
Vorbilder für die Malerei gewesen, und gemacht, von Königen
öffentlich geritten zu werden1). Calderon nennt sie breit von
Hanken und Brust, von Hals und Kopf kurz, stark in Armen und
Beinen2). Aber sie waren von delicater Constitution; und da sie
sich so leicht erhitzten, bedurften sie schonender Wartung. Diese
adligen Pferde waren hochgeschätzt wegen ihrer Geschwindigkeit,
Klugheit und Gelehrigkeit, wegen ihres Muths in Gefahr und Ge-
fecht, in Krieg und Stierkampf. Badoer (Relation von 1575) nennt
sie die besten für die Schlacht, stets beherzt, durch Verwundung
und Anblick des Bluts noch feuriger und frisch bis zum Tod.
Auf ihnen beruhte der Ruf der Spanier in der hohen Schule.
Sie hatten ein gutes Gedächtniss und wurden mehr durch Worte
als Hülfen gelenkt, „sie erwarten, sagt Valentin Trichter, oft
nicht die Regierung und Führung der Füsse oder die Hülfe des
Schenkels, also dass es scheint, als wenn sie der Menschen Ge-
danken erriethen“3). Ihre Wolbeleibtheit in unsern Bildern erklärt
1)
[89]Das Reiterbildniss Philipp IV.
sich auch zum Theile daraus, dass ein Pferd, welches der König
einmal geritten, nicht mehr von Andern bestiegen werden
durfte; daher „die königlichen Rosse in Folge ihres Müssig-
gangs im Marstall vor Fett barsten“.
Das Reiterbildniss Philipp IV.
Als der Schöpfer von Buen Retiro dessen künstlerische
Ausstattung entwarf, war er auch auf ein Denkmal verfallen, für
welches in Spanien eine ausführende Kraft nicht zu finden war.
Wer jene Feldherrngallerie der Gegenwart im Salon betrachtete,
wo die welche während seiner Leitung der spanischen Politik
in der alten und neuen Welt Lorbeern gesammelt, in monumen-
talen Gemälden vereinigt waren, konnte die Frage aufwerfen, ob
der König selbst hier nicht durch etwas mehr als ein Reiter-
gemälde vertreten sein sollte. Der Ruhm der Spinola, Feria,
Gonzalo de Cordoba, war ja der seinige. Im Hinblick auf jene
Erfolge, bei der Zukunft auf Credit borgend, hatte Olivares seinem
Philipp, den die Dramatiker den „grössten König der Welt“
nannten, den Beinamen „des Grossen“ ertheilt1). Zu den Krie-
gen am Rhein und am Po, mit Holland und England kam nun
auch der Bruch mit Frankreich, wo ja der Hauptheerd des Wi-
derstands gegen die Pläne des Hauses war.
Für seinen Monarchen eine Statue zu schaffen, diese Auf-
gabe musste dem Minister bei jedem Blick aus dem Schloss auf
den darunter sich ausbreitenden Park, die Casa del Campo, aufs
Gewissen fallen. Hier ragte das überlebensgrosse Bild des Hoch-
seligen, ein Geschenk des Grossherzogs von Toscana, das den
Minister aber zugleich an seinen Vorgänger Lerma erinnerte,
auf dessen Ruin er seine privanza aufgebaut hatte. Ein ähn-
liches Werk und von demselben Pietro Tacca sollte nun am Ostende
Madrids in einen der Höfe von Buen Retiro zu stehen kommen.
Am 2. Mai 1634 schrieb Olivares aus Aranjuez an den floren-
tinischen Gesandten Serrano ein Billet, in welchem er seine Ab-
sicht aussprach, eine Bronzestatue S. M. (medalla, ó efigie á
caballo nannte er sie) von dem besten Künstler (oficial) dieses
Fachs in Florenz ausführen zu lassen. In Uebereinstimmung mit
Bildnissen von Pedro Pablo Rubens und nach dem Muster der
[90]Fünftes Buch.
Statue Philipp III, fügte er hinzu; das erste bezeichnet wahrschein-
lich die Gangart des Pferds, das zweite die Grösse. Die neue Bron-
zestatue sollte sich hiernach in einem Punkte von der herkömm-
lichen Bewegung der grossen Pferde aus der Schule Gian Bolog-
na’s wesentlich unterscheiden. Die Pferde der beiden Mediceer in
Florenz, Philipp III, Heinrich IV, waren im Schritt dargestellt;
Philipp IV, der erste Reiter Spaniens, sollte nach dem Vorbild
der besonders durch grosse Kupferstiche verbreiteten fürstlichen
Reiterbilder (z. B. Kaiser Rudolf II, von Egidius Sadeler und
Ferdinand II 1629) im Galopp oder in einer der schwierigen Gang-
arten des „Schulens über der Erde“ erscheinen. Eine ganz
neue, von der modernen Bildhauerei bisher noch nicht gewagte
Form der Reiterstatue sollte an ihm zuerst verwirklicht werden.
Das Pferd, wird wiederholt eingeschärft, soll „galoppiren oder
curbettiren“, aber um jeden Preis bloss auf den Hinterbeinen
ruhen.
Im Sommer 1635 war die Arbeit am Modell bereits in vollem
Zug; Pietro Tacca verlangte nun ein Bildniss des Königs, sowie
Zeichnungen des Anzugs und der Rüstung, um die Aehnlichkeit
herstellen zu können. Dieses Bildniss hatte Velazquez im Sep-
tember 1635 im Werk, Olivares verspricht es Serrano demnächst
zu übersenden. Als es aber in Florenz ankam, stellte sich heraus,
dass der Bildhauer den Hauptpunkt gar nicht verstanden hatte,
so nachlässig war man bei der Abfassung der ersten Instruktion
verfahren. In dem schon vollendeten Modell bewegte sich das
Pferd im Schritt. Die Arbeit musste von vorn angefangen wer-
den. Uebrigens hatte Tacca bereits vor Jahren eine Statue Carl
Emanuels von Savoyen in einer solchen Gangart unternommen,
aber nur in kleinem Maassstab ausgeführt. Zuletzt ward auf
Wunsch des Bildhauers (Ende des Jahrs 1638) auch noch ein
lebensgrosses Bildniss des Königs, als Vorbild für dessen Kopf, von
Velazquez hergestellt, das am 27. Januar 1640 abgeliefert wurde.
Diess zweite im Jahre 1639 gemalte Bildniss, nach Ponz
(Viage VI, 109) eine Halbfigur, ist bis jetzt nicht zu konstatiren
gewesen. Das erste im Jahre 1635 ausgeführte Reiterbildniss
dagegen, welches als Vorbild für das Ganze dienen sollte, kann,
wie ich jetzt glaube, doch das bekannte kleine Gemälde im Palast
Pitti sein. Wenn ich selbst früher1) diese Annahme bestritten habe,
[91]Das Reiterbildniss Philipp IV.
so war der Grund folgender. Das Gemälde ist eine genau über-
einstimmende, verkleinerte Wiederholung des grossen Reiter-
bildnisses in der Galerie zu Madrid. Nun aber hielt ich damals,
in leichtgläubigem Verlass auf die allgemeine Annahme spani-
scher Kunstscribenten, diess grosse Gemälde für jenes von Pa-
lomino beschriebene Porträt, welches Velazquez nach urkund-
lichen Zeugnissen fast zehn Jahre später, während des Feldzugs
von 1644 in Fraga aufgenommen hatte. Eigne Prüfung, die ich
auf Anlass dieses Buchs anstellte, hat mir die Unrichtigkeit dieser
Annahme zur Gewissheit gemacht. Ich habe mich überzeugt, dass
das von Palomino beschriebene Bildniss von Fraga nicht das
Reiterbild in Madrid sein kann; dass ersteres aber noch exi-
stirt, dass das grosse Reiterbild um 1635 entstanden sein muss,
und also, beziehungsweise die kleine Replik in Florenz der
Statue Tacca’s zum Vorbild gedient haben kann.
Nach der durch ein Document des Palastarchivs bestä-
tigten und vervollständigten Erzählung Palomino’s (Museo III, 333)
liess sich der König auf seiner Reise von Zaragoza nach dem
belagerten Lerida aufnehmen. Er war dargestellt in dem Gala-
putz (arreo de gala), den er später auch bei seinem Einzug in
Lerida trug.
Die Uebergabe dieser seit 1640 in den Händen der aufstän-
dischen Katalonier und dann der von ihnen ins Land gerufenen
Franzosen befindlichen wichtigen Festung, des Schlüssels von
Aragon, an den spanischen General Felipe de Silva fand am
31. Juli 1644 statt, der Einzug des Königs Sonntag den 7. August.
Dieser reiste seit 1642 alljährlich nach Zaragoza, um dem Kriegs-
schauplatz nahe zu sein, er hatte sich auch im Frühjahr jenes
Jahres mit dem Verstärkungen aus den Niederlanden zuführenden
Cantelmo zu dem Belagerungsheer begeben, und hierbei war es,
in dem vier Meilen diesseits Lerida gelegenen Fraga, wo Velaz-
quez S. M. im Juni in drei Sitzungen malte. Der König war dann
wieder nach Zaragoza zurückgekehrt, um sich erst nach der
Uebergabe der Stadt zum feierlichen Einzug wieder einzufinden.
Nun fand aber jener Einzug nach den gleichzeitigen Be-
richten nicht im Costüm unseres Bildes, d. h. in Rüstung statt,
sondern in rother Gala. Nach der in spanischer Sprache mitge-
theilten Beschreibung des Venezianers Niccolò Sagredo fuhr der
König bis zum Magdalenenthor, bestieg hier einen reichgeschirr-
ten neapolitanischen Kohlfuchs und hielt seinen Einzug nach dem
Ceremoniell der Könige von Aragon, unter dem Baldachin durch
[92]Fünftes Buch.
die Strassen der Stadt bis nach der auf dem steilen Hügel ge-
legenen Seo oder Kathedrale (jetzt in barbarischer Weise zur
Kaserne entweiht), ein Weg von einer viertel Meile Länge, zu
dem er zwei Stunden brauchte. Sein Anzug bestand in „einem
Koller von Gemsleder, reich gestickt mit Gold und Silber, mit
rother ebenso gestickter Schärpe und Federhut“1). Dass natür-
lich nicht das Lederkoller selbst gestickt war, sondern das Wams,
oder die ropilla, geht aus Palomino hervor, der ihn „bekleidet
mit carmoisinrothem Plüsch“ (felpa) bezeichnet. Es ist diess die
Tracht, welche er in der Kampagne des Jahres bei militärischen
Aufzügen anlegte2). Vor dem Abmarsch nach Lerida im April
hielt er in Saragossa eine Truppenschau, bei welcher er unter den
Salven der Geschütze die Front einer aus verschiedenen Nationa-
litäten bestehenden Armee von 9000 Fussgängern und 4000 Rei-
tern abritt, und elf Stunden zu Pferde sass. „Die Tracht S. M.
war soldatisch, rothes (encarnado) goldgesticktes Wams und Bein-
kleider, glattes Lederkoller, kurzer Kommandostab von glattem
Holz, weisser Hut mit rothen Federn“. Ist es denkbar, dass
Palomino, der hier unter dem lebhaften Eindruck des Bildnisses
schreibt3), einer Rüstung rothen Plüsch untergeschoben haben
sollte?
Das Bildniss von Fraga muss also ein andres Gemälde
sein; Palomino sagt mit keinem Wort, dass es ein Reiterbild war,
ebensowenig das Aktenstück im Archiv. Diess ist nur daraus
geschlossen worden, dass der König seinen Einzug allerdings zu
Ross hielt. Wie sollte der Biograph in seiner Beschreibung diesen
Hauptpunkt ausgelassen haben! Velazquez hatte ja den König
noch gar nicht einreiten sehn, denn er malte ihn zwei Monate
vor dem Einzug. Sollte man ihm in dem elenden Landstädt-
chen ein lebensgrosses Reiterbild zugemuthet haben, zumal
da das Gemälde nicht etwa bloss skizzirt werden sollte, son-
dern, wie ausdrücklich gesagt wird, von da nach Madrid ge-
schickt wurde (para embiarle á Madrid). Er hätte nicht die
Leinwand dazu gefunden. Nun aber besitzen wir ein Original
des Velazquez, welches mit der Beschreibung stimmt. Es ist
[93]Das Reiterbildniss Philipp IV.
ein Kniestück, das einzige Bildniss Philipps in rothem Galaanzug,
mit reich gesticktem Bandelier und Kommandostab. Diess schöne
Werk ist in zwei Exemplaren vorhanden, im Dulwich College,
und in englischem Privatbesitz. Der König erscheint hier genau
in dem Alter jenes Jahres, d. h. als Vierziger; die heitre Farben-
pracht und die malerische Ungezwungenheit der Stellung, welche
dieses Porträt vor allen andern auszeichnet (linda ayre y gracia)
passte zu einem Geschenk für die Königin. Doch betrachten wir
zunächst das grosse Reiterbild.
Diess stimmt nach Stil und Alter der Person ganz gut zu der
Zeit, in welcher das Vorbild für die Tacca’sche Statue hergestellt
wurde, 1635.
Man betrachte nur das Antlitz des Königs! Sind das Züge
und Haltung eines Vierzigers? In den uns vorliegenden Be-
schreibungen ist überall der Eindruck der Jugendlichkeit aus-
gesprochen. Stirling nennt ihn „in der Glut der Jugend und
Gesundheit“. Cean Bermudez, Viardot konnten es für das ver-
lorene Bildniss des zwanzigjährigen Jünglings halten. Das Alter
lässt sich aber auch durch positive Beweisgründe feststellen.
Die lange uns vorliegende Reihe von Bildnissen Philipp IV ge-
stattet die leisen Veränderungen der in ihren Grundzügen so
gleichförmigen Maske im Lauf von mehr als dreissig Jahren zu
verfolgen. Diese Wandlungen liegen theils in der zunehmenden
Korpulenz, theils in der Frisur. Der zwanzigjährige ist bartlos,
trägt die Haare kurz an den Schläfen in einer oder zwei
dünnen geschlängelten Locken, das Ohr ist frei. Bei Rubens
(1628) ist die Oberlippe von einem Flaumbärtchen eingerahmt.
In dem Stich von 16381), im Jägerbild, in den Figuren zu
Wien und in der Nationalgalerie, welche sich sämmtlich sehr
nahe stehen, ist der Schnurrbart bereits leicht in die Höhe ge-
dreht, und die Haare fallen in breiten, weichen, sanftgewellten
Massen, das Ohr zudeckend, bis in die Höhe des Mundes und
tiefer. In unserm Reiterbild bemerkt man noch das kurze Haar,
die freistehenden Löckchen des Jünglings, auch das Ohr ist
sichtbar, und der Schnurrbart ist erst ein dünnes sanftge-
krümmtes Komma, noch nicht der stilvolle bigote levantado. —
Diesen hätte der Maler gewiss nicht vernachlässigt wenn er
[94]Fünftes Buch.
schon dagewesen wäre. Er galt beim Volke fast als Wahr-
zeichen des nationalen Königs1).
Das Gemälde stimmt auch soviel man verlangen kann mit
der Statue Tacca’s, an der übrigens das Gesicht von dessen
Sohne in Madrid (1642) noch überarbeitet worden ist. Das
jugendlich-ritterliche Ansehn und Gebahren, die mit Gold damas-
cirte Rüstung, die flatternde Schärpe, die goldgestickten Beinklei-
der und Sattel, die lange Mähne des Pferdes. Nur der Hut fehlt.
Die Gangart des Pferdes ist in der Statue aus schwerverständ-
lichen Gründen verändert worden; während in dem Gemälde der
Schwerpunkt auf dem Hintertheil liegt, ist er von da weg nach
vorn geschoben, auch ist die Vorderhand mehr angezogen; doch
nicht so stark, auch steigt das Thier nicht so steil, wie es bei
der zu hohen Aufstellung der Statue erscheint. Endlich ist das
Pferd leichter und schlanker. —
Hiermit wird die gewöhnliche Annahme von vier Reiter-
bildnissen, die Velazquez von Philipp IV gemalt haben soll, hin-
fällig. Das Reiterbild von Fraga-Lerida hat nie existirt. Das
von Palomino (S. 334) erwähnte, auf welches er expinxit setzte,
war wahrscheinlich das alte von 1623.
Nach dieser etwas umständlichen Klärung der Zeitverhält-
nisse noch ein Blick auf das Bild selbst.
Wahrscheinlich um dem Bildhauer ein deutliches Muster
zu geben, ist die reine Seiten- oder Profilansicht gewählt. Das
Pferd, ein schwerer gestiefelter Rothfuchs mit durchgehender
Blässe und funkelnden Augen, hält sich, wie öfters, in korrekter
Pesade2). Die Erscheinung des Reiters ist beinahe hinreissend;
eleganter Spaltsitz, soldatisch-königlicher Anstand. Die Haltung
des Haupts, der aufgeregte Blick in die Ferne, der ausgestreckte
Arm mit dem Kommandostab — er könnte wol einen Reiterführer
in Aktion vorstellen. Das Gesicht ist auffallend lebendiger als
sonst. Mit den Schatten der düstern Gemächer des alten
Schlosses ist auch die Steifheit überlieferter Posituren und die
versteinerte Langweiligkeit der Züge verschwunden. Die häss-
[95]Das Reiterbildniss Philipp IV.
lichen Formen, mit denen das scharfe Relief der Zimmerbeleuch-
tung so unerbittlich war, sind kaum wiederzuerkennen. Das
Licht des freien Himmels erwies sich hier einmal als Schmeichler.
Man fühlt, dass der Hauch der klaren, dünnen, durchdringenden
Morgenluft castilischer Berge in seine Lunge einzieht und ein
helleres, flüssigeres Blut durch die Adern treibt. Das wunder-
bare Thier, mit dem er sich so vollkommen verstand, hat ihm
etwas von seinem Lebensüberfluss abgegeben. „Reiter und
Pferd, sagt Calderon von Philipp IV, schienen zu einem Wesen
geworden“. Spielend war er Herr des herrlichen Geschöpfs: „er
liess es tanzen nach dem Taktstock des Zaums, stets schien es
in der Luft zu schweben mit Sprüngen und Kurbetten1)“.
Die Landschaft, über deren Hügel, Schluchten, Ebenen der
Blick gleitet bis zum fernen Hochgebirge, mehrere Meilen weit,
ist jeder Spur von lebenden Wesen, ihres Wohnens und
Wirkens baar. Aber diese Einsamkeit ist keine melancholische.
Sie lädt ein in die Ferne zu schweifen, Geistergespräche zu füh-
ren, sie giebt dem Manne das Gefühl, dass dies Alles sein ist,
gehütet von jenen Bergriesen besser als von seinen Heeren.
Nie wol ist das kastilische Hochland, mit seinen klaren Lüften,
dem gesättigten, leicht ins Grüne spielenden Blau, seinem tiefen
Schweigen, dem lichten Gehölz, den grossen Urgebirgslinien
seiner Sierren so getreu und poetisch zugleich in Farben wieder
aufgelebt; auch auf einer Leinwand unsers Malers nicht. Dieser
Blick hat etwas Unermessliches. Denn da wenig bestimmte Ge-
genstände dem Auge Maasstäbe geben, so verliert es sich in
diesen azurnen Thalgründen wie in den Tiefen des pfadlosen
Oceans; alles nimmt etwas an von durchsichtigem Element.
Der Himmel klärt sich nach oben rechts auf, so dass der Rei-
ter ins Licht emporzustreben, in ihm aufzutauchen scheint. Woge-
gen jene die Bewegung begleitenden Gebirgslinien nach dieser Seite
abfallen.
Der Baum zur Linken, der andern eine willkommene Folie
für die Modellirung des Reiters geliefert hätte, ist nur ein
weisslicher Stamm, der zahlreiche Triebe ins Bild sendet, von
mattgrüner wie bestaubter Blattfarbe; ja der Silberton, der über
dem Ganzen liegt, ist hier am reichlichsten verwandt.
[96]Fünftes Buch.
Wie man sonst durchsichtigen Kleinodien eine Metallfassung
giebt, so steht hier eine in Metallglanz schimmernde Gestalt im
durchsichtigen Luftmeer. In jener wird alles Licht zurückge-
strahlt: das gleissende Gold, der spiegelnde Stahl, die Seide,
die jugendliche Wange, das feuchte Kastanienbraun des Rosses,
fast alles warme Strahlen. Aufdringliche Localfarben sind zurück-
gesetzt, der Federbusch ist weiss und braun, die Beinkleider
nussbraun, die rosa Schärpe in weisslichem Reflexlicht. In
der Landschaft wird alles Licht durchgelassen, aber nur in kalten
Strahlen. Hier zieht die Farbe das Auge hinein in die Tiefe des
Raums; dort dringt sie ihm aus der Bildfläche entgegen. Nur
das Antlitz mit seinem weisslich blonden Incarnat und kühlem
bläulichem Reflexlicht steht in keinem Kontrast zum Grund, es
ist unmittelbar auf den wolkigen Tageshimmel gesetzt.
Mengs sagt von diesem Gemälde: „Wenn Tizian dem Spanier
überlegen ist im Kolorit, so übertrifft ihn Velazquez im Verständniss
von Licht und Schatten, in der Luftperspective, welche Dinge noth-
wendig sind in diesem Stil (der Natur), weil durch sie die Vorstellung
der Wahrheit entsteht . . . . Höchst merkwürdig ist die leichte
und doch entschlossene Art, in der der Kopf des Königs gemalt
ist, in welchem die Haut wiederzustrahlen scheint“1). Die Land-
schaft nennt er mit dem höchsten Geschmack behandelt. —
Ist nun das kleine Bild im Pitti, das Vorbild der Statue
Tacca’s eine Wiederholung des grossen im Prado? oder umgekehrt:
gab die Statue die Veranlassung zur Anfertigung eines neuen
Reiterbildchens? Hat der Beifall, den dasselbe fand, den Wunsch
geweckt, es in Lebensgrösse ausgeführt zu sehn? Die Leichtigkeit,
Breite, Flüssigkeit der Malweise in jenem kann ebensogut das
Feuer des ersten Wurfs sein, wie die Sicherheit einer Selbst-
wiederholung in abgekürzter Form. Original ist es wol auf jeden
Fall; die Helle des Tons, die epigrammatische Kürze mit der
die Züge in wenigen Strichen fertig hingesetzt sind, das haben
wir nie an einer Kopie gesehn. Kopien sind natürlich oft begehrt
worden und werden noch alljährlich sehr nett in Madrid ange-
fertigt; sie sind oft für Originalskizzen ausgegeben, von Ken-
nern gerühmt und entsprechend bezahlt worden.
Die beste mir bekannte ist die in Hertford House (24″ × 24″)
[97]Das Reiterbildniss Philipp IV.
mit Olivares als Pendant. Sie ist in satten, dem Meister eigen-
thümlichen Farben, in dünnem Auftrag, und nach der Sicherheit
und Einfachheit der Mache, von sehr geübter Hand gemalt, doch
ist der Ton schwerer ohne den Schimmer und die Durchsichtig-
keit. Aehnlich aber flüchtiger ist das Exemplar in San Telmo
zu Sevilla, welches aus der Salamancagalerie stammt und ein Ge-
schenk der Königin Isabella II an ihre Schwester war (46″ × 39″).
Die übrigen sind weit geringer, in Farbe und Führung der Schule
fremd. Das Thomas Baring’sche (23″ × 17″), aus der Sammlung
des Dichters S. Rogers, jetzt bei Lord Northbrook, ist ein düsteres,
unruhiges Machwerk mit dicker Paste, wildem Strich und grellen
Glanzlichtern. Noch ungetreuer war das ehemals in Leigh Court
befindliche (18″ × 6″). Der König hat hier den drohenden Blick
eines Bramarbas, seine Physiognomie ist entstellt (z. B. die rund-
lich vordringende Nasenspitze), die Malerei flüchtig und doch
hart1). Das rohste Machwerk ist das in der Akademie zu Wien
(513), mit Braun und einem dunkelgrün gewordenen Blau von irgend
einem Faustmaler zusammengebraut.
Hier ist der Ort, das lebensgrosse Reiterbild in der Galerie
der Uffizien zu erwähnen, das von vermeintlichen Autoritäten,
und selbst noch von dem scharfsichtigen Mr. Curtis für das nach
Florenz geschickte Musterbild erklärt worden ist.
Der König erscheint hier umschwebt von allegorischen Flü-
gelwesen, einer blitzschleudernden Kriegsgöttin und einer Fides,
welche das Kreuz auf den Erdglobus pflanzt, ein Mohr eilt mit
dem Helm hinter ihm her. Da diess Rubens’sche, aus andern
Gemälden und Stichen bekannte Figuren sind (bei seiner Thron-
besteigung widmete ihm Lucas Vorsterman einen blitzschleudern-
den heil. Michael nach Rubens), so haben besser unterrichtete
Kenner das Gemälde für die Kopie eines Rubensschülers nach
Velazquez erklärt, andere für eine Arbeit Gaspar de Crayer’s,
von dem bekannt ist, dass er in Madrid war. Der Antwerpener
Maler ist dem Cardinalinfanten in dessen letzten Lebensjahren
nahegetreten; sein Bildniss von 1639 hatte bei Hof so gefallen,
dass der König einmal abgehn wollte von dem Vorsatz, nur Ve-
lazquez zu sitzen. Indess wird seine Autorschaft ausgeschlossen
durch das Alter des Königs, der mindestens hoch in den Vierzigen
II. 7
[98]Fünftes Buch.
steht. Crayer war auch wol zu stolz, um banale Rubens’sche
Decorationsfiguren zu kopiren1). Endlich, das kurz vorher von
ihm gemalte grosse Reiterbildniss des Infanten im Louvre weicht
durchaus ab von dem Bild der Uffizien, in Form wie Farbe.
Nach der Uebereinstimmung des letztern mit der Beschreibung
des von Rubens im Jahre 1628 zu Madrid gemalten, jetzt ver-
lornen Bildes im Palast-Inventar von 1636 scheint es eine spätere
dort angefertigte Kopie von diesem zu sein, nur dass der gealterte
Kopf des Königs, wahrscheinlich nach dem Leben, neugemalt
wurde. Der Stil ist der der Schule von Madrid, in der übrigens
Rubens viel studirt und kopirt wurde; am nächsten scheint es
Carreño zu stehn; Kopf und Figur des Reiters aber dürften dem
Meister selbst nicht fremd sein. Wie das räthselhafte Werk
nach Florenz kam, ist nicht bekannt, es befand sich schon im
siebzehnten Jahrhundert als Werk des Diego Velasco im Pitti.
Von dem Porträt Crayers findet sich in den Inventaren der
königlichen Schlösser keine Spur. Gleichwol ist es noch vor-
handen: es wurde wenige Jahre nach seiner Entstehung zum Ge-
schenk für einen fremden Hof bestimmt und befindet sich in der
Gallerie zu Stockholm (Nr. 762, 1,95 × 1,67). Der spanische Ge-
sandte Antonio Pimentel, der einen so hervorragenden Antheil
an der Konversion der Königin Christine gehabt hat, überbrachte
es im Jahre 1652 dieser Fürstin als Geschenk seines Monarchen.
Es befand sich früher in der grossen historischen Porträtgalerie
des Schlosses Gripsholm; der aufgeklebte Zettel stammt noch
daher2).
Es ist fein und sorgfältig gemalt und trägt ganz die Hand-
schrift Crayers. Dort gilt es für Velazquez oder dessen Schule3);
wer aber das Louvrebild im Gedächtniss hat, erkennt auf den
ersten Blick denselben Meister. Der bizarre Bau des Schimmels
[99]Das Bildniss von Fraga.
(mit grau gefleckten Beinen) zeigt eine von den Rossen, die Ve-
lazquez malte, ganz verschiedene Rasse. Der kleine dünne Kopf
mit Ramsnase, der lange breite Hals mit hochgewölbtem Kamm, die
starke Brust, die überaus hohen Beine, verrathen einen Stammver-
wandten des übrigens noch wunderlichern Gauls des Cardinalinfan-
ten. Nur die lange Mähne ist spanisch, sie ist in drei Strähnen mit
rothen Schleifen zusammengeknüpft.
Der König ist ein mittlerer Dreissiger, er erscheint feiner
aber unansehnlicher als sonst. Hier sieht man mit Erstaunen,
was Velazquez aus ihm zu machen gewusst hat, und welche
Energie des Stils seiner Hand innewohnte. Er hält sich stark
zurückgelehnt, die Beine gradeausgestreckt, die rechte Hand mit
dem Hut in die Seite gestemmt. Sein Anzug ist von schwarzer
Seide; er trägt das goldne Vliess; Zaum und Sattel roth mit
Goldstickerei; die enganliegenden Lederstiefel gehen bis ans
Knie. Der Reiter hebt sich gut ab auf der braunen Mauer eines
Thorwegs, der mit vieleckigen Steinen gepflastert ist; die Säule
weist auf ein Palastthor hin. Hinter ihm öffnet sich der hell-
blaue Himmel mit goldnem Gewölk.
Das Bildniss von Fraga.
Seit dem Ausbruch der Empörung in Katalonien (9. Juni 1640),
war der Wunsch laut geworden, der König möge sich nach dem
Kriegsschauplatz begeben, um den Operationen durch seine Ge-
genwart Nachdruck zu verleihen. Er selbst sehnte sich danach.
Seit der Schlacht von S. Quentin war kein spanischer König
mehr im Feld gewesen. Die Gefahr des zerfallenden Reichs,
der Spott, der ihn mit seinem Schwager Ludwig XIII oder gar
den Heldenfürsten des Zeitalters verglich, die Anspielungen der
Kanzel und der Bühne1), das stürmische Verlangen des Volks,
welches seine Abreise von Madrid für den letzten Rettungsanker
hielt: alle diese Hebel hatten endlich selbst seinem eigner Ent-
schliessung entwöhnten Willen die Oberhand verschafft über den
Dämon, der ahnte, dass diese Reise seinen Sturz bedeute. Unter
dem Jubel der dichtgedrängten, Victor schreienden, bis zum letzten
Augenblick ungläubigen Menge war er Sonnabend den 26. April
1642 in einem mit sechs Maulthieren bespannten Wagen und un-
[100]Fünftes Buch.
geheurem Gefolge von Buen Retiro abgefahren. Als er von den
Schaaren der meist alten kriegsgeübten Soldaten begrüsst wurde,
fühlte er, dass das doch eine andere Ausübung seines Amts sei, als
Bittschriften in die Hand zu nehmen, Miraremos zu sagen und
unter die Consulten zu setzen Yo el Rey. Er schrieb der Kö-
nigin, diess sei der glücklichste Augenblick seines Lebens.
Die Erwartungen wurden vorläufig getäuscht. Sein Vor-
mund war ihm gefolgt; er wusste ihn in Saragossa einzu-
Philipp IV (1644).
schliessen, und der
Kreislauf der Hof-
feste begann von
neuem, mit einem
„Abgrund von Ko-
sten“. Der König
bekümmerte sich
nicht um sein Heer,
während Lamotte in
Barcelona einzog und
der Ruf España se
pierde gehört wurde.
Als Perpignan fiel,
das mit Roussillon
für immer verloren
gegangen ist, weinte
er, zusammen mit Oli-
vares, der ihn bei der
Ueberbringung der
Hiobspost um Er-
laubniss bat, sich
zum Fenster heraus-
zustürzen. Als er
endlich wirklich
stürzte, versuchte der König sich aufzuraffen. „Nur in einem Stück,
sagte er im Staatsrath (Januar 1643), erkläre ich Euch, dass Ihr
mir nicht in den Weg tretet, darin nämlich, dass ich entschlossen
bin, ins Feld zu ziehen und der erste zu sein in den Gefahren,
mein Blut und Leben wagend für das Wohl meiner Vasallen,
um ihre alte Kraft wiederzuerwecken, die sehr gesunken ist in
den Ereignissen dieser Jahre1).“
[101]Das Bildniss von Fraga.
Auf dieser Reise nach Aragon begleitete ihn auch sein Maler.
Man hatte damals in den Campagnen gerne Künstler bei der
Hand, um Belagerungen und Schlachten zu skizziren. Die Feste
in Cuenca im Jahr 1642 malte Christoval Garcia; das Castell von
Pamplona Mazo. Im Jahre 1643 sandte er den Aragonesen Jusepe
Martinez nach dem wiedergewonnenen Monzon, um die Be-
lagerungswerke aufzunehmen. Diesem Manne verdanken wir
einige Notizen über Velazquez’ Beschäftigungen auf dieser Reise.
„Ein Cavalier aus Zaragoza bat ihn um ein Gemälde seiner zärt-
lich geliebten Tochter. Der Maler willigte ein und machte die
Arbeit mit Vergnügen, so dass ein vortreffliches Bild entstand,
mit einem Wort, es war seiner würdig. Nach Beendigung des
Kopfes (es war eine Halbfigur) nahm er es, um die Dame nicht
zu sehr zu bemühen, mit nach Hause, um es zu vollenden. Als
er es aber zurückbrachte, erklärte das Mädchen, sie werde es
um keinen Preis annehmen. Auf die Frage des Alten, warum?
meinte sie, es gefalle ihr zwar überhaupt (en todo) nicht, beson-
ders aber nicht, weil der Kragen, den sie bei der Sitzung trug,
mit feinsten flandrischen Spitzen (valona) besetzt gewesen sei.“ —
Martinez benutzte die Gelegenheit sich um den Titel eines pintor
del rey ad honorem zu bewerben, der ihm auch gewährt wurde,
und zwar auf die Empfehlung des Velazquez, der, wenn man
aus obigem Geschichtchen Schlüsse ziehen darf, wol ohne Ue-
bertreibung sagen könnte, dass Martinez dort zu Lande der
beste sei1).
Während der Reise von 1644 malte Velazquez in Fraga das
schon erwähnte Bildniss des Königs. Man hat ein Packet Rech-
nungen gefunden, aus der Jornada de Aragon, die sich hierauf
beziehen. Zuerst im Mai muss der Zimmermeister Pedro Colomo
eine Staffelei herrichten (für 6 Realen), und ein Fenster in das
fensterlose Gemach des Hofmalers einsetzen. Dieser aposento war,
wie sich die Akten ausdrücken, nicht viel mehr als ein Schlotmantel
(campana de chimeneo), ohne Fussboden und mit baufälligen Wän-
den, die gestützt werden mussten. Während der drei Sitzungen
wurde Schilfgras gelegt, und endlich (im Juli) eine Thür für
42 Realen gemacht, „denn man konnte nicht hineinkommen“. Die
Zeit verkürzte S. M. der Zwerg El primo, der ebenfalls aufge-
nommen wurde. Für beide, die Majestät und den Gevatter, wur-
den dann auch Kisten gemacht, um sie sofort nach Madrid zu
[102]Fünftes Buch.
expediren1). Philipp hatte die Tracht angelegt, in der er sich
seinem Heer als oberster Kriegsherr zu zeigen pflegte.
Der Figur merkt man es an, dass sie fern vom Alcazar ent-
standen ist. Sie ist freier als jene langen, schwarzen Depeschen-
empfänger, welche die Unerbittlichkeit, das Einerlei und die
Langeweile der Etikette symbolisiren. Viel trägt dazu bei die
Farbe: das Bild ist ganz Licht und Heiterkeit. Die Beine schei-
nen im Profil zu stehn, aber Oberkörper und Haupt wenden sich
nach Rechts, den weissen Kommandostab stemmt er gegen die
Hüfte, die Linke hält den Hut, während der Elnbogen sich an
die Degenkoppel lehnt; dieser Arm, der sonst herabhängt, ist
gebogen, so dass die Bewegung beider Arme sonderbarer
Weise parallel ist.
Die Linien des Gesichts des Neununddreissigjährigen sind
kräftiger als bisher, die Farbe frischer. Die von ihm sonst
unzertrennliche golilla, deren Erfindung er einst durch ein Fest
gefeiert, hat dem breiten fallenden Spitzenkragen Platz gemacht.
Die Hände sind weiss, im Einklang mit den weissen Aermeln,
dem hellsten Punkt im Ganzen: wolgepflegte, königliche Hände,
ohne Ringe, und keineswegs „verwaschen“, wie man, unbekannt
mit der Art des Malers, die Finger wenig durch Schatten zu
markiren, gemeint hat.
Er trägt eine hellrote reiche Jacke mit hängenden Aer-
meln, deren schmale Oeffnung das Lederkoller sehn lässt. Von
derselben Farbe und ebenfalls mit Silberstickereien bedeckt sind
Bandelier und Beinkleider. Das einzige Gold im Bild ist das
goldene Vliess. Alles übrige ist weiss: der Kragen, die Aer-
mel des Wams im „Perlton“, mit den Spitzenmanschetten, der
Spitzenbesatz an den Stiefeln, das silberne Degengefäss. Diess
Weiss auf Rot lässt bekanntlich das letztere heller erscheinen:
„Cameliarot“. Nur der Hut ist schwarz, was zum Anzug nicht
stimmt, und wol eine Freiheit des Malers ist, der hier Weiss
auf Weiss vermeiden wollte, und zu dem silberig roten Ganzen
eine dunkle Stelle als zurückschiebenden Kontrast bedurfte. Sonst
zeigt das Roth von Bandelier und Feder auf der rothen ropilla
die Sorglosigkeit des Malers in solchen Dingen.
Dazu kommt nun noch vollausgegossenes Tageslicht, das
sogar einen Schlagschatten des Schnurrbarts auf die Wange
wirft. Das erstaunliche Relief ist erzielt durch die leere, dunkle,
[103]Königliche Bildnisse von Originalität zweiter Ordnung.
graue Fläche des Grundes und die in Gesicht und Figur vertheil-
ten braunen Schattenpunkte und Linien, welche Kragen, Arm
und Hut markiren.
Begreiflich ist, wie grade dieses Bildniss, ausser dem Reiter-
bild wol das einzige, welches Liebhaber interessiren konnte,
als die Habsburger des 17. Jahrhunderts auch den Spaniern gleich-
gültig geworden waren, aus dem Palast verschwand. Palomino,
der unter Philipp V schrieb, hat es noch gesehn; aber schon vor
der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte es seinen Weg nach Paris
gefunden. Wahrscheinlich kam es aus Bouchardon’s Nachlass in
die Sammlung Tronchin, von da in die Hände des Agenten
des König Stanislaus, Desenfans, und dann in die Dulwich-
Galerie1). Es giebt noch ein zweites, völlig übereinstimmendes
Exemplar, das aus der Sammlung Sebastian Martinez in Cadiz
in die Galerie Salamanca überging, bei deren erster Versteige-
rung (1867) es 71,000 Francs erzielte. In die Ausstellung für die
Elsass-Lothringer (1874) war es von Mrs. Lyne Stephens ge-
schickt; jetzt befindet es sich auf deren Landsitz, Lynford Hall
in Norfolk; es ist nur eine sorgfältige alte Kopie.
Die Schönheit des Gemäldes, welches der gewöhnlichen Vor-
stellung von dem Meister wenig entsprach, ist zuerst bemerkt
worden von W. Burger, der in seiner Weise mit wenig Strichen
den Eindruck unübertrefflich wiedergab2).
Königliche Bildnisse von Originalität zweiter Ordnung
giebt es aus dieser Zeit mehrere, fast alle in ganzer Figur, mit der
Depesche in der Rechten, die Linke am Degen und sonst wie üblich.
Die folgenden sind ohne Zweifel dem Alter des Dargestellten gleichzeitig
und aus des Meisters Atelier hervorgegangen; aber die genaue Bestim-
mung seines Antheils an der Arbeit gehört zu den mühsameren Auf-
gaben der Kritik, und zu den undankbarsten, denn völlige Klarheit ist
doch nicht zu hoffen, und was liegt im Grund an einem Exemplar mehr
oder weniger dieser steifen Majestät? Aber sie stehen an weltberühmten
[104]Fünftes Buch.
Plätzen, und wo sonst als in einem Buche wie dieses werden die
Besucher Auskunft verlangen? Zu ihnen gehören die Philippe in Hamp-
toncourt, in der Nationalgalerie, in der Ermitage.
Sind es Kopien? Aber sie sehen Kopistenmanier sehr unähnlich.
Sind es Arbeiten der Schüler? — Vergebens sucht man ihre eigen-
thümliche Handschrift.
Sind es also Originale? — Zuviele Schwächen sind darin.
Der erste Eindruck ist eher günstig. Man fühlt sich vom Mei-
ster — und von der dargestellten Person berührt. Beim zweitenmal
nimmt man alles zurück, alles war Täuschung. Man sah das Bild aus
der Ferne, als Ganzes; nun bemerkt man das Einzelne. Man vergegen-
wärtigt sich ein echtes Bild: kein Gedanke! Man glaubt mit dem Stück
fertig zu sein. Aber nach einiger Zeit, wenn im Vorbeigehn ein Blick
die Leinwand streift, fühlt man sich wieder festgehalten, gezwungen
einzulenken.
Es waren meist Bilder zum Weggeben, Geschenke an fremde Poten-
taten. Sie wurden gemacht mit Benutzung von Originalen; dafür sprechen
gewisse abdruckartige Uebereinstimmungen; aber doch auch nach dem
Leben; der König kam ja oft täglich ins Atelier, und was von ihm selbst
verschenkt wurde, durfte aus keinen andern Händen kommen als des
Mannes, der das Monopol hatte ihn zu porträtiren. Letzterer entwarf
also die Umrisse — oder liess sie abzeichnen, gab an wie das einzelne
gearbeitet werden sollte, den Kopf durfte er keinem fremden Pinsel ganz
überlassen. Schliesslich gab er natürlich dem Ganzen die letzte Hand.
Diese Gehülfen aber hatten ihm gerade das abgesehen, was sonst das
Merkmal des Meisters ist: Freiheit, Leichtigkeit, Ungestüm der Touche,
und es fehlte ihnen gerade das was den Kopisten verräth: die mecha-
nischer Umständlichkeit. Umriss, Handschrift, selbst Ton zum Theil
konnten sie nachahmen, aber nicht die Sicherheit der Zeichnung, Hal-
tung und Modellirung: da zeigte sich ihre Inferiorität.
Daher jenes Sic et Non. Unser Blick fällt ja immer zuerst auf
das Antlitz und die Augen, darauf kam es auch den Besitzern an. Zu
dem Blick aber passte die Construction des übrigen.
1. Das auffallendste Beispiel ist das grosse Bildniss im Schlosse
Hamptoncourt (Nr. 82; 82″ × 40″), wo der König ähnlich wie in dem
Reiterbild costümirt ist. Es stammt aus dem Jahre 1638 und wurde
mitsammt dem Bildniss der Isabella von Bourbon als Geschenk an deren
Schwester, die Königin Henriette gesandt (S. 37). Tritt man zum
erstenmale vor die hohe Wand der düstern Second Presence Chamber,
man ruft: Velazquez! ja man glaubt ein Prachtstück vor sich zu haben.
Welches Leben pulsirt in diesem frischen Gesicht, welch ritterlicher
[105]Königliche Bildnisse von Originalität zweiter Ordnung.
Anstand, welch heitere Farbenfülle in dem verschiedenartigen Rot, dem
Purpur des Vorhanges, dem Pfirsichroth der seidenen Schärpe, in dem
Goldglanz des Panzers; welch flotter Pinsel. Aber die Freude ist nicht
von Dauer.
Der Blick fällt auf den erbarmungswürdigen Löwen (Schnock der
Schreiner) unter dem Tisch1), auf dem eine Königskrone nebst Helm
liegt, von etwas theatermässigem Aussehn. Nun bemerkt man auch
das fremdartig Lebhafte in der Farbe. Hat der Maler seine Skizze
also extra für den Geschmack der nordischen Barbaren herrichten
lassen? und hielt man Rubens’schen Farbenlärm (Waagen wurde an
Rubens erinnert) für englisch? Oder ist die Missethat in Britannien voll-
bracht worden? Schliesslich drücken wir ein Auge zu, und überlassen
uns dem, was Echtes in dieser Ruine noch durchschimmert. Betrachtet
man die Figur lange, so scheinen eine Menge Zusätze abzufallen und
die Phantasie erblickt den König auf dem bekannten leeren grauen Grund.
2. Im Jahre 1882 liess der Herzog von Hamilton, premier peer
von Schotland, seine Galerie unter Messrs. Christie und Manson’s Hammer
bringen, und die Nationalgalerie erstritt eine Figur Philipp IV, gegen
den Louvre und einen Amerikaner, für 6000 Guineen. Es war der höchste
Preis den bis dahin ein Velazquez erreicht hatte. Die Signatur trug zur
Erhöhung des Ansehens der Leinwand bei. Sie steht auf der Depesche
in groben Strichen, die Jahreszahl wäre nicht unmöglich: —
Señor:
Diego Velazqves
Pintor de V. Mgd.
1636
Die so stereotype Figur wirkt hier verschieden von früheren Auf-
nahmen. Die Beine, an die auswärtsgekrümmten des Cavalleristen er-
innernd, geben ihr etwas ungewöhnlich steifes. Eine schlaffe Gestalt, der
auch die Kleider breiter, loser um die Glieder hängen. Die dunkle
Jacke, Beinkleider, Mantelfutter sind mit silbergeblümten Stickereien
übersät, die Aermel des Wams von weisser geschlitzter Seide. Der graue
Hut mit weiss und schwarzen Federn liegt auf dem Tisch. Die Wirkung
ist ganz mit etwas dumpfem Braun und Weiss erreicht; der oberste
Theil der Figur steht vor einem Purpurvorhang.
Die Behandlung ist in hohem Grade flüchtig, jedoch nicht in der
Art des dritten Stils. Nur der Kopf eigentlich ist gemalt, ganz schatten-
[106]Fünftes Buch.
los (denn das Licht kommt, wie die Schlagschatten zeigen, von vorn)
in zart blonden Ton, doch von bestimmter Zeichnung; seidenweiches
goldblondes Haar; das Rund der Iris die einzige kräftige Note. Diese
blonde Gesichtsfarbe wird kontrastlich betont durch das silberschim-
mernde Costüm und das dunkle Rot des Grundes. Die Hände stecken
in Lederhandschuhen; man denkt an Quevedo’s grausame Spott-
rede, dass ein König, der sich von andern regieren lässt, nur ein Hand-
schuh ist.
Alles ausser dem Kopf ist rein impressionistisch gemacht, ohne
dass doch überall die richtige Impression erreicht ist. Allerdings, die
weissen Farbenklexe (als hätte er den Pinsel abgewischt), schablonen-
haft roh ausgestreut auf dem todten Braun, geben den Eindruck von
Silberbrokat mit erstaunlich naiven Mitteln. Wenn man das Bild früher
im Dämmerlicht des Hamiltonpalastes zwischen zwei Fenstern sah, so
machte es bloss dadurch einen vielverheissenden Effekt. Aber seit es
dem Licht der Nationalgalerie erschlossen ist, kann man nicht sagen,
dass mehr als dieser Schein darin war. Denn dieser „superbe“ Velaz-
quez hat weder Rundung noch Haltung, weder Modellirung noch Ver-
kürzung. Der Monarch scheint eher zu hängen als zu stehn. Umsonst
sind die Theile die sich abheben sollen mit dicken Druckern und
dunklen Farben umschrieben; es bleibt eine ausgestopfte zusammen-
genähte Puppe. Der Kopf scheint in das Rot des Vorhanges eher
einzusinken als davorzustehn. Darf man diese Arbeit dem wenn auch
sehr eiligen Meister zuschreiben? Den Kopf vielleicht; das übrige kaum.
Velazquez hat in den beglaubigten Figuren auch wo er das Gesicht nur
skizzirte, gerade die Draperie sehr sorgfältig durchgearbeitet, wie eine
Studie. Man wird keine ähnlich gemalte Figur im Pradomuseum auf-
zeigen können.
Dieses Impressionistische ist was heutzutage imponirt und die
Liebhaber warm macht, während man weit bessern [und] ganz echten
Stücken, wie denen in Dulwich und Dorchester House kühl und zweifelnd
gegenübersteht. Besonders in England besticht der Anklang an die
eignen Porträtisten. Burnet erzählt wie, als er einst mit William Simson
die Hamiltongalerie besuchte, beide vor dieser Leinwand gleichzeitig aus-
riefen: Raeburn! — Das Bild soll aus dem Palast zu Madrid von dem
General Desolle mitgenommen und durch ihn an den Kunsthändler
Woodburn gekommen sein. Mrs. Jamesson fand es sehr bewunderns-
würdig, in allen Stücken jedem Van Dyck ebenbürtig. „Obwohl die Züge
nicht angenehm sind, so ist doch unübertrefflich der Blick des Lebens,
der Glanz der Farbe, die Leichtigkeit und Zartheit der Pinselführung.“
(Companion to the private galleries of art in London. 1844.)
[107]Das Reiterbild des Prinzen.
3. Ein drittes mit weiterer Räumlichkeit ausgestattetes Bildniss
besitzt die Ermitage (419; 2,01 × 1,2), welches zusammen mit dem
Bildniss des Olivares (davon später) für 38,815 Gulden auf der Ver-
steigerung Wilhelms von Holland erstanden wurde. Ein feiner Beurtheiler,
der es 1839 im Haag sah, schrieb darüber: „Ich habe zu Brüssel in der
Bilderhalle des Prinzen von Oranien dieselben Porträts Philipp IV und
des Herzogs Olivares gesehen, welche neben den zwei schönsten Porträts
von van Dyck hingen, und ich gestehe unverholen, dass mich der reiche
und fein berechnende Pinsel des Rubens’schen Schülers weniger anzog,
als die freie und kräftige Manier des spanischen Malers; ich blieb wie an-
gewurzelt vor diesen beiden Figuren stehen, welche gleichsam von der Lein-
wand abgehoben schienen, und fragte mich im Stillen, welche Kunst es geko-
stet haben müsse, um die Täuschung in solchem Grade zu verbergen“1).
Die Figur steht hier mitten vor dem Tisch, der von dem breiten
Mantel fast verdeckt ist; hinter ihr der dunkelrote Vorhang; zur Rech-
ten ein grosses Balkonfenster. Balustrade, Ferne, Himmel sind in schmut-
zigem Hellgrau decorativ abgethan. Die an der Degenkoppel ruhende
Linke hält den Handschuh der Rechten, und diese mit Eleganz die
Depesche. Es war eine vornehme Hand, in der breiten Art des mitt-
leren Stils, sie ist stark mitgenommen. Waagen2) fand das Bild „in einem
feinen, das blonde Colorit jenes Herrn vortrefflich wiedergebenden Silber-
ton … breit und sicher hingeschrieben“.
Dass diess Stück für Velazquez etwas flau gearbeitet ist, fällt
auf, wenn man das bis in unbedeutende Einzelheiten übereinstimmende
Kniestück im Belvedere zu Wien (Nr. 611; 1,26 × 0,84) damit ver-
gleicht. Hier klingt noch die frühere, feste Zeichnung und Plastik nach,
mit den schmalen, dunklen Schatten. Aehnlich wie in der National-
galerie ist ein dunkles Rot auf dem Vorhang nur um den Kopf herum
angelegt, dessen weisslicher Teint dadurch die perlgraue Kontrastfarbe
bekommt. Der Eindruck ist männlicher, aufgeweckter als sonst.
Man sieht aus solchen Beispielen, dass seine Mittel, selbst theilweise
untergeordneten Händen überlassen, nicht versagten, ja weit durchge-
bildeteren Arbeiten grosser Kollegen nachtheilig wurden.
Das Reiterbild des Prinzen
hat von allen Werken dieser Klasse von jeher die meisten Freunde
gefunden, und mit Recht. Was nur an einer Schöpfung der Far-
benkunst entzücken kann: Leben und Bewegung, allwaltendes
[108]Fünftes Buch.
Licht und Oeffnung in die Ferne, Luft und Glanz, Massen und
Kontraste, Geist der Handschrift und spielende Beherrschung
der Technik, endlich Ungetrübtheit und Unberührtheit des Zu-
standes: alles ist hier beisammen. Der siebenjährige Prinz sitzt
auf seinem hellbraunen Pony, so fest und leicht wie sein Erzeuger,
der erste Reiter des Reichs, und den Kommandostab streckt er
über den Kopf des Pferdes vorwärts, wie es D. Juan de Austria
nicht correkter gethan haben kann. Es ist der anticipirte Reiter-
führer; sein kleines Ungethüm, meint Palomino, gelüstet nach der
Der Prinz Balthasar.
Schlacht, siegesge-
wiss unter seinem
Reiter! Die Rolle
war hier kaum mehr
Spielzeug als bei Va-
ter und Grossvater.
Diesen Stab im Ernst
zu schwenken, hat-
ten Spaniens Könige
längst verlernt. Das
aus dem Rahmen, in
der Diagonale her-
ausspringende Röss-
lein ist mehr ver-
kürzt als sonst. Der
Leib rundet sich in
der Verkürzung fast
zur Kugel, umflattert
von langer Mähne
und Schweif.
Die Tracht ist besonders reich: breiter Federhut (chambergo),
gestickter Kragen, das Dunkelgrün des Sammts, das Weiss der
Aermel, das Roth der Schärpe mit Goldstickerei verschiedener
Art übersät; lange anschliessende Lederstiefel. Durch den Con-
trast mit der Landschaft ist daraus von allen Reiterbildnissen
das schimmerndste, blendendste geworden, „ein Juwel von Ton
und Harmonie“ (Imbert). Es ist ein von bläulichen, weissglänzen-
den Wolken durchzogener, frischer Morgenhimmel im Frühling.
Der blaugrüne Luftton geht durch Himmel und Gebirge, ohne eine
trennende Note dazwischen. Thal und Berge sind kahl, nur im
Mittelgrund sieht hinter sandigem Absturz eine dünnbewaldete
Kuppe hervor. Aus den Tiefen steigt dünner Nebel auf, die
[109]Das Reiterbild des Prinzen.
Kämme aber umglänzt noch Schnee. Kein Baum bezeichnet den
Vordergrund.
Auf diesem kühlen satten Grund stehen Pferd und Reiter mit
ihrem braun, gelb, roth und dunkelgrünen Akkord. Der Gold-
glanz klingt wider in dem Silber von Wolken, Schnee und Nebel.
Wie ein Seidengewebe von Metallfäden durchwirkt; wie ein
Concert von Guitarren und Mandolinen. Nur das Gesicht ist ganz
weich und licht, mit dünner Farbe gemalt; der fest in die Ferne
gerichtete Blick der dunklen Augen drückt die ruhige Wonne
der wogenden Bewegung des Galopps aus. Die tiefe Stille der
Natur und die vorübersausende, metallklirrende Gestalt giebt
einen zweiten Kontrast. Als hätte der Schlag eines Magierstabs
in der Einsamkeit und Stille der weiten Wildniss das Kind auf
dem Ross aus der Erde hervorgezaubert.
Diess Gemälde ist wol das vollkommenste Beispiel des mitt-
lern Stils, mehr als irgend eines geeignet einen Maasstab dessen
zu geben, was er auf der Höhe seiner Kraft wollte und
konnte. Patriotische Glorifikationen, die ihn als Coloristen über
Rubens und Tizian stellen, werden hier verständlich. Sehr
zum Vortheil hat es dem Gemälde gereicht, dass es aus
einem Guss und mit grösster Sicherheit und Leichtigkeit ohne
Schwanken gearbeitet und ganz, auch von ihm selbst, unberührt
geblieben ist. Mit Neid wird jeder Maler die Dauer seiner
Farben betrachten. Man wünschte sich Maler zu sein, um
diess feine und dünne Gewebe auflösen zu können, wo auf
hellem Grunde (?) lange breite Züge des Borstenpinsels die
grossen Flächen für den Einschlag mannichfaltiger, meist halb-
deckender Uebermalungen anzetteln, welche in allen Graden des
Durchscheinenden bis zu den opaken toques die Lokalfarbe bald
dämpfen und kühlen, bald entzünden, bald mit Glanzpunkten be-
streuen1).
[110]Fünftes Buch.
Olivares,
der alle jene Kriege ausgebrütet hatte, wollte sich nun auch
hoch zu Ross gemalt sehn, als Cavalleriegeneral, — obwol er nie
Pulver gerochen hatte.
Das in Spanien von jeher berühmte, von Dichtern besungene
Reiterbild des „grossen Protektors und Mäcenas“ des Malers
(hechura suya), wie ihn Palomino bei dieser Gelegenheit nennt,
befand sich im vorigen Jahrhundert bei dem Marques von Ense-
nada, und wurde erst spät von Carl III für den Neuen Palast
erworben. Durch eine freilich schwache Radirung von Goya
(1778) wurde es allgemein bekannt. Cean Bermudez meint, der
Maler habe sich hier besonders zusammengenommen (se esmeró);
er hatte ein schwer zu übertreffendes Vorbild in dem Bildniss des
Vorgängers des Conde Duque, des Herzogs von Lerma, den
Rubens im Jahre 1603 ebenfalls in voller Rüstung zu Pferd ge-
malt hatte.
Der hochfahrende Minister wollte in der Aktion des Feld-
herrn, der Tausende zum Angriff führt und ihnen den Weg der
Ehre mit Gefährdung des eignen Lebens zeigt, dargestellt sein.
In reicher, mit Gold damascirter Rüstung, in breitem Hut mit
Federbusch, rother goldgestickter Schärpe, so sprengt er, augen-
blicklich in korrekter Pesade sich haltend, auf seinem andalusischen
Rothschimmel, in diagonaler Richtung nach dem Hintergrunde zu.
Er scheint aus dem Wald gekommen zu sein an einem Punkte, wo
sich der Blick über eine sehr weite Ebene öffnet, in welcher Reiter-
schaaren bereits engagirt sind. Er wendet sich zurück nach den Sei-
nigen, die er auffordert, nun in diesen Kampf einzugreifen, in dessen
Richtung der Kommandostab weist. Aus der Ortschaft hinter dem
Schlachtfeld steigen Rauchsäulen auf. Später galten sie als
Symbol der Feuersbrunst, die er zum Unheil Spaniens entfacht
hatte, und Quevedo sah ihn wie Nero über dem Brande Roms1).
Diess sieht aus wie eine bestimmte Aktion, es erinnert an
die Schlachtstücke des Salon grande im Buen Retiro; ja José
Leonardo hatte den Herzog von Feria fast in derselben Wendung
dargestellt, nur ist sie hier begründet durch eine Mittheilung
[111]Olivares.
welche dem General der Offizier hinter ihm macht. Olivares,
obwol er nie im Felde mitgewesen, vielleicht gerade deshalb,
schwärmte für den Krieg, er bekannte, nicht leben könne er
ohne Krieg1). Nicht ohne Neid mag er jene von ihm selbst ent-
worfene Feldherrngalerie betrachtet haben, in der er sich ver-
misste. Jedenfalls war er der leidenschaftlichste militärische
Dilettant, den Spanien gesehen hat. Schon beim Einfall der
englischen Flotte in Cadiz (1626) hatte ihm der König den Titel
eines Generals der Cavallerie von Spanien verliehen2). Am Vor-
abend des Kriegs mit Frankreich hatte er durch den Basken
Otayza vierhundert auserwählte Soldaten zusammengebracht,
meist abgedankte Offiziere, die unter die etwas junge Armee
vertheilt werden sollten. Bei deren Musterung an der Puerta
del Sol sah man ein Banner mit Farben und Wappen der
Guzman flattern. Diese Soldateska des Ministers behandelte die
Residenz wie eine eroberte Stadt, also dass der Corregidor das
Verbot des Waffentragens aufzuheben sich genöthigt sah. Im
Jahre 1640 veranstaltete er zu Ehren eines wallonischen Regi-
ments ein Soldatenbankett in Buen Retiro. Als zur Bekämpfung
des katalonischen Aufstands von den Grossen des Hofs das Kron-
prinzenregiment geschaffen wurde, mobilisirte auch Olivares ein
Bataillon und eine Schwadron hidalgos von seinem Anhang, die
in der Schlacht bei Las Horcas am 7. Oktober 1642 „Wunder
der Tapferkeit“ verrichtete, freilich war ihr Hauptmann weit
vom Schuss. Der Hofhistoriograph Virgilio Malvezzi, ein glatter
Bologneser, hatte bereits geschrieben, „dass ihm keine von den
Eigenschaften eines grossen Generals fehle, ausgenommen die,
dass er im Feld gewesen“3).
Diese akademische Generalschaft und Theaterschlacht kann
gegen das Bild verstimmen, und der Carl V Tizians, dessen
einsame Figur aus einer wirklichen Schlacht herausgenommen
war, ist eine fatale Nachbarschaft (obwol Mr. Beulé das Umge-
kehrte behauptet). Dieser General ist ein humbug, wie seine
braunen Haare. Die Gewohnheiten des alternden Mannes waren
[112]Fünftes Buch.
nichts weniger als soldatisch. Seine Feinde spotteten über solch
„heroischen Minister und grossen Mann“, der so zärtlich war,
dass er sich (wie in Barcelona 1632) versagen musste, ein Schiff
zu besteigen, weil er die Seekrankheit bekam1). Als sein Bild-
niss 1635 in der Calle mayor zum Verkauf ausgestellt war, wurde
Olivares.
es am hellen Tage
von den mozos mit
Steinen beworfen2),
dasselbe geschah in
Zaragoza im Jahre
1642.
Indess diess sind
von aussen hereinge-
tragene Vorstellun-
gen: die Figur, muss
man gestehn, passt
ganz gut zu der
Rolle, und wüsste
man nicht wer es ist,
man würde vielleicht
einen General des
grossen Kriegs, ei-
nen Führer schwerer
Eisencentauren in
ihm vermuthen. Ty-
pen erhalten sich ja
in Familien wie Namen, wenn Geist und Kraft längst dahin sind.
In der That ist das Porträt von einem Franzosen als Bild eines
Helden geschildert worden3).
Das Bild ist dem des Königs sehr ähnlich gemalt, mit wel-
chem man es in Kopien zusammengestellt sieht. Die silberige Pap-
pel ist um keine Note tiefer als Ferne und Himmel. Weisse Glanz-
[113]Olivares.
lichter sind auf Wolken, Weissdornblüten, Brand und Kragen
ausgetheilt.
Die Attitude von Pferd und Reiter war nicht Erfindung
des Künstlers. Sie stammt wahrscheinlich aus Rubens’ Schule,
liegt übrigens für ein Feldherrnbildniss sehr nahe. Ich erinnere
an das Bildniss des Grafen Albert von Arenbergh, der den Kom-
mandostab aber in dem zurückgebognen Arm hält; an die Skizze
von Esaias van de Velde im Museum zu Rotterdam (217); beide
sitzen besser zurückgelehnt. Denn nicht zu läugnen ist, dass
unser Reiter keinen leichten Eindruck macht, das kommt ausser
dem krummen Rücken, der dem Sitz etwas Hockendes giebt,
von dem stark verkürzten Vordertheil des Pferdes, das gegen
den Reiter zu sehr zurücktritt. Ueber den Akten und in
den Hofintriguen war aus dem elegantesten Reiter Spaniens
eine andere Gestalt geworden. Schmeichler nannten diese ge-
wölbten Schultern, die nach dem Gil Blas wie ein Buckel aus-
sahen, „Schultern des Atlas der Monarchie“1). Der Sattel erscheint
zu nahe am Pferdehals. Auch dieser Zug findet sich wieder in
dem merkwürdig übereinstimmenden Reiterbildniss des Francesco
Maria Balbi, im Palast Balbi zu Genua, von van Dyck. Velaz-
quez kann das Werk bei seinem Besuch in Genua im Jahre
1629 gesehen und skizzirt haben.
Von unsrem Reiterbild giebt es zwei kleinere Wiederholun-
gen, in halber Lebensgrösse. Das eine befindet sich im Besitz
des schottischen Lord Elgin, in Broomhall, in der Grafschaft
Fifeshire, das andere in der Galerie zu Schleissheim. Beide sind
keineswegs Copien, sondern sehr original, das erste vielleicht von
vorzüglicherer Arbeit als das grosse; wahrscheinlich sind sie
früher als dieses. Gewiss ist, dass die Umgebung einen ursprüng-
licheren Zustand zeigt, während in der Gruppe selbst wenig
Unterschied ist, nur dass das Pferd in beiden ein Schimmel ist.
Der Abfall des Bergrückens, auf den der Reiter heraustritt,
erscheint hier ziemlich steil, also dass der Prospect der Ebene
unten unmittelbar an die Kante des Hügels ansetzt. Der dichte
weisse Pulverqualm, der von dort aufsteigt, giebt den Grund ab
für die Vorderhand des Pferds.
Diese Anordnung war auch auf dem grossen Bilde zuerst
II. 8
[114]Fünftes Buch.
beabsichtigt und angelegt. Man erkennt unter der gegenwärtigen
Oberfläche noch die von rechts nach links absteigende Contour
des Bergrands. Dann aber hat es dem Maler beliebt, einen Mittel-
grund zu schaffen, indem er den Abfall des Hügels sanfter und
vom Standpunkt des Betrachters aus übersichtlich machte, wol in
der Absicht, zwischen dem kommandirenden General und dem
Gefecht einen Zusammenhang herzustellen. Auf der Mitte des
Pfads abwärts sieht man den Cadaver eines Pferds, und weiter
einen galoppirenden, blasenden Trompeter; die kämpfenden Trup-
penmassen sind bedeutender.
Auch sonst sind einige Veränderungen bemerkbar. Statt
der schweren Wolkenhaufen dort, welche hier und da Sonnen-
blitze durchdringen, erscheint das Himmelsblau von streifigen
Schichten unterbrochen, die mit Flocken und Knäueln wechseln.
An die Stelle der zwei hellen Pappelstämme zur rechten, mit
spärlich belaubten Sprossen, sind Eichen getreten, welche dichte
Zweige hervorstrecken, daneben ein blaugrüner Busch.
Für das ältere Exemplar möchte ich das schottische anspre-
chen, weil es das dunklere ist: der Schritt vom dunklen zum
hellen ist wahrscheinlicher als der umgekehrte. Diess herrliche
Bild steht vielleicht wie kein andres jenem Farbengefühl nahe,
in dem die Venezianer allen Zeiten unerreichte Vorbilder geliefert
haben. Alle die es gesehn haben, sprachen sich begeistert aus
über das wunderbare bewegte Leben, die erstaunliche Meister-
schaft der Farbe und des Helldunkels, die Kenntniss in der Zeich-
nung des Rosses. „Was die Einzelausführung betrifft, so dürfte
eine so glänzende Offenbarung künstlerischer Macht in so kleinem
Raum schwerlich zu übertreffen sein“1). Selten ist der dem Velaz-
quez eigene, so unnachahmliche Lichtschimmer entzückender her-
ausgekommen. Der tiefblaue Azur, von weissen lichtglänzenden
Wolken durchschnitten, giebt den Grund für die von einem Sonnen-
blick beleuchtete Gestalt. Das Gold der damascirten Zieraten der
Rüstung, des Geschirrs, die Brokatstickerei an Satteldecke und
Beinkleidern, die Blitze der Musketen, das alles funkelt wie ein
Geschmeide von Gold, Diamanten und Edelsteinen.
Das dritte Exemplar befand sich als Gaspar de Crayer in
der Galerie zu Schleissheim und wanderte von da, seit es Otto
[115]Olivares.
Mündler im Jahre 1865 als Velazquez erkannt hatte, in die Pina-
kothek zu München, wo es fast allein unsren Meister repräsen-
tirte. Neuerdings ist es wieder an die alte Wand des verödeten
Schlosses zurückversetzt worden. Es erfreut sich, wie es scheint,
nicht des Beifalls der Kenner, obwol es in Ton, Palette und
Lockerheit des Strichs bei voller Sicherheit der Zeichnung un-
verkennbar die Signatur des Meisters trägt.
In der Richtung auf Ausschliessung der Schatten und Ent-
behrlichmachung der Kontraste ist er kaum je weiter gegangen
als in diesem Bilde. Er wollte einmal Ernst machen mit dem
Licht der vollen erbarmungslosen Sonne eines spanischen Sommer-
tags. Er häuft soviel als möglich reines Weiss: der Pulver-
dampf, der Schimmel, eine die Farbe tötende Mittagsbeleuchtung.
Die dunkelste Partie ist der das Licht im Metallreflex aus-
strahlende polirte Harnisch. Aber der Kopf hat dabei ge-
wonnen: wer sich den Conde Duque nach dumpf gewordenen
Schulbildern auch in der Farbe finster vorgestellt hatte, fand sich
hier überrascht durch die blauen Augen, die röthliche Gesichts-
farbe und den blonden Bart eines wahren Gothmann. —
Man kann sich denken, wie oft das Madrider Bild zur Zeit
seiner ministeriellen Allmacht auch in kleinem Maassstabe für
seine Verehrer kopiert worden ist, zuweilen als Pendant des
Königs. Solche Kopien, Skizzen genannt, finden sich z. B. in
der Galerie von Sir R. Wallace, wo die Farbe des Originals gut
getroffen ist1), eine geringere in der Galerie von San Telmo,
wo man von der Landschaft an beiden Seiten etwas mehr sieht
als im Original.
Für die Zeitbestimmung des grossen Bildes giebt das Alter
des Mannes und der Stil Anhaltspunkte. Nach dem Madrider
Katalog gilt der Zeitraum von 1639—42 für sicher, — Gründe
sind nicht angegeben. Indess hat der Kopf noch nicht den ge-
dunsenen Alterstypus, der schon in dem von Panneels nach Ve-
lazquez gestochenem Blatt (1638) auftritt, und dürfte kaum nach
1637 gemalt sein. Nach Ton und Helldunkel könnte man das
Gemälde sogar noch früher setzen als den um 1636 gemalten
Prinzen, der klarer und heller in der Haltung ist, und nicht allzu-
weit von der Feldherrngalerie in Buen Retiro.
[116]Fünftes Buch.
Die Bildnisse Philipp III und der Margaretha
von Oesterreich.
Es scheint, dass man an solchen Reiterbildern gar nicht
genug haben konnte; und da es unter den Lebenden Niemanden
mehr gab, der in eine so hohe Gesellschaft aufgenommen werden
konnte, so griff man zu den Vorfahren. Von Carl V und seinem
Sohn hatte man solche Bildnisse von Tizians und Rubens Hand;
die Lücke zu ergänzen, wurde nun Velazquez aufgefordert. Im
„Saal der Reiche“ kommen unter seinem Namen die Reiter-
bildnisse der Eltern des Königs vor, in Goldrahmen.
Velazquez hat beide nie gesehn; hat er also die Reiter we-
nigstens nach irgend welchen Bildnissen eines frühern Hofmalers
kopirt? Allein diese Figuren haben nichts von seiner Weise zu
irgendwelcher Zeit. Liess er sie von Gehülfen arbeiten? Aber
in den vierziger Jahren, wo diess geschehen sein müsste, malte Nie-
mand mehr so in Madrid: auch machen sie nicht den Eindruck
von Kopien. Jedermann würde die Köpfe für sich allein
ohne weiteres einem Pantoja de la Cruz oder Bartolomé Gonzalez
zuschreiben. Sie müssen vor 1611 gemalt sein, wo Margaretha
starb.
Es werden also alte Reiterbilder dagewesen sein. Bei der
Einrichtung des neuen Lustschlosses von Buen Retiro waren sie
sehr willkommene Dekorationsstücke; nur schienen sie etwas
altfränkisch, und da man sie ohnehin breiter haben musste, so
beschloss man sie einer gründlichen Umgestaltung zu unterwerfen.
Die Köpfe und das Kostüm, die Satteldecken liess man unver-
ändert, Pferde und Landschaft die nicht mehr gefielen, wurden
ganz neugemalt, und zwar so gründlich, dass man in dem einen
gar nicht mehr angeben kann, was früher dagestanden hat.
Philipp III (Prado 1064, 3,00 × 3,14) reitet einen schweren
Schimmel, der sich in der Pesade erhebt und in der Diagonale
von links nach rechts steht. Dabei wirbelt Staub auf; Mähne
und Schweif wallen in der frischen Meeresbrise bis auf die Knö-
chel herab. Hier hat er auch etwas an der Figur korrigirt; der
rechte Arm mit dem Kommandostab wurde weiter vorgerückt;
der alte Arm aber nur locker zugedeckt, und die veränderten
Panzerringe bloss flüchtig skizzirt, auch die Hinterhand des Pfer-
des wurde anders gestellt. Die breiten angesetzten Streifen rechts
[117]Die Bildnisse Philipp III und der Margaretha von Oesterreich.
und links sind dunkler, weil das deckende Weiss fehlt, welches
der Neumalung in den alten Theilen als Grundlage diente.
Der Ort ist eine breite Meeresbucht. Das Ufer jenseits der
unruhig gekräuselten Wasserfläche zeigt blaue Hügel und einen
barettförmig geformten Gipfel.
Alles, die Farbe des Pferds, das Meer, die Wolken, die
Berge sind in einem weissen Ton retouchirt, der dem Bild ein
etwas weichliches Wesen gibt, das übrigens zu dem Kopf
stimmt, in dem der Grad der Abwesenheit von Intelligenz,
Initiative und Ausdruck merkwürdig ist.
Das Gemälde der Königin (Nr. 1065; 2,97 × 3,09) ist viel
dunkler und schwerer in der Farbe. Sie erscheint gealtert, die
Züge härter, als in dem schönen zarten Bildniss von Pantoja de la
Cruz im Museum (Nr. 926). Ihr Gesicht mit der Habichtsnase,
dem kleinen eingezogenen Mund hat etwas kakaduartiges bekom-
men, wozu auch das hohe Hütchen mit dem weissen Federbusch
zufällig passt.
Sie reitet einen prächtigen hochgestiefelten Goldfuchs mit
Blässe und gemischter Mähne, der ebenfalls schräg von Rechts
nach Links im Schritt geht, sodass also beide Gatten aufein-
ander zuzureiten scheinen.
Die Landschaft ist hier gebirgig, mit hart aneinander ge-
schobenen Hügeln und dichtem Unterholz in den Schluchten. Aber
man entdeckt unter dem Abhang und Wäldchen links noch einen
früher dagestandenen Park und Prunkgarten, darin von hohen
Bäumen umgeben ein sechseckiges Parterre mit Beeten und
einem prächtigen Springbrunnen, drei Schalen übereinander,
Statuen am Schaft; wahrscheinlich Aranjuez. Diese alte Umge-
bung muss besser gestimmt haben zu der Gala der Dame als
die jetzige, in der man sie eher im Jägerkostüm erwartete. Die
Ferne ist in dunklem trübem Grün, der Abendhimmel von roth-
gelben Wolkenschichten durchzogen. —
Um die vom Künstler beabsichtigte Wirkung aller dieser
Reiterbilder zu empfangen, müsste man sie freilich anders als
in ihrer gegenwärtigen Unterbringung sehen. R. Cumberland
schildert in beredten Worten ihren Eindruck in dem grossen
Speisesaal des neuen Palasts, wo die beiden Königspaare, Olivares,
Philipp II von Rubens und Vanloo’s Philipp V zusammenhingen.
Grösse, Kraft der Farbe, Glanz des reichen Costüms, das so fühlbar
nahetretende Wesen altspanischer Majestät, vor allem die pracht-
vollen Rosse, machten eine unvergleichliche Gesammtwirkung.
[118]Fünftes Buch.
Letzte Bildnisse des Conde Duque.
Von Bildnissen des Olivares aus den letzten Jahren seiner
Macht sind mindestens drei bekannt, an welchem Velazquez mehr
oder weniger Antheil hat; dazu kommen drei bis vier Kupfer-
stiche, von welchen zwei sogar ihm selbst zugeschrieben worden
sind, und mehrere Kopien.
Bei allen ist die Entstehung nach dem Sturz des Ministers
(Januar 1643) ausgeschlossen. Bei dem allgemeinen und dauern-
den Abscheu, dem sein Andenken verfiel, wird Nachfrage und
Angebot der keineswegs einnehmenden Gestalt aufgehört haben.
Da er aber schwerlich andern als seinem Günstling gesessen hat
und bei seinem drangvoll vielbeschäftigten Leben nicht allzu
oft, so werden bis dahin die mehr oder weniger aufrichtigen
Verehrer sich an diesen gewandt haben, und ebenso er selbst,
wenn er Jemanden sein Bild schenken wollte. Dann wird eine
Wiederholung nach einem im Schloss aufbewahrten Original oder
einer Skizze veranstaltet worden sein.
Dies wird nun auch durch die Beschaffenheit der Bildnisse
bestätigt. Es sind darin Nüancen im Ausdruck, im Ton, je nach-
dem mehr oder weniger Farben auf die Palette genommen wur-
den, man sieht ihn ganz oder halb oder als Büste: aber Umrisse,
Züge, Modellirung, Einzelheiten stimmen so überein, wie bei me-
chanischer Vervielfältigung kaum mehr der Fall sein könnte. Alle
gehen also auf ein Vorbild zurück, es sind Atelierbilder mit mehr
oder weniger Antheil des Meisters. Aber dieses Vorbild wüsste
ich unter den vorhandenen Exemplaren nicht zu bezeichnen.
Auch das Original des Stichs von Hermann Panneels ist nicht
bekannt1). Dagegen haben wir in Deutschland eine gut gemalte
Replik in dem aus Modena stammenden Bildniss der Dresdener
Galerie (622). Der Minister, Halbfigur, mit dem grossen grünen
Alcántarakreuz auf Rock und Mantel, steht an der rechten Seite
des Rahmens und empfängt oder überreicht einen Brief. Aus
den schwach geröteten Zügen ist der Situation angemessen alles
Finstere weggeglättet. Im Gürtel ist der goldene Schlüssel an-
[119]Letzte Bildnisse des Conde Duque.
gedeutet. Ein pentimento an der zuerst breiter und tiefer gezeich-
neten Perrücke spricht nicht für eine Kopie. Die ausgestreckte
Hand mit den röthlichen Reflexen ist für diese Zeit sehr ausge-
führt. In Uebereinstimmung mit jenem falschen Haar (das die
Ohren völlig bedeckt), hat das Gesicht einen röthlichen Ton be-
kommen, der durch den weisslichen Grund noch betont wird;
auch das Fehlen der hohen Lichter schwächt den plastischen Ein-
druck. Daher die Zweifel an dem Bild, obwol Pinselstrich und
Modellirung der innern Züge im Lichte echt aussehn. Das Auge
erhält ein glasiges Aussehn durch den breiten Glanz der Horn-
haut, der mit dem Weiss der Lederhaut verschmilzt. Die Kon-
tour des Mantels ist an beiden Seiten durch breite Linien wie
nachzitternd wiederholt, offenbar zum Behuf der stereoskopischen
Wirkung.
Nach demselben Original, breit, markig, feurig ist das Brust-
bild in der Ermitage (aus der Sammlung Coesvelt) gemalt; aber
wie oft bei eiligen Arbeiten fast monochrom in einem fahlen
erdigen Ton, der den Eindruck eines Fieberkranken macht1).
Das Kreuz ist nur grau angegeben, die Iris braun. Nahe be-
sehn, besteht das Gesicht bloss aus scharfbegrenzten, mit breitem
Pinsel hingesetzten Werthen von Hell und Dunkel. Der Aus-
druck ist abstossend.
Ebenda befindet sich noch ein Bildniss in ganzer Figur, in
schwarzsammtner Hoftracht, das aus der Sammlung des Königs
Wilhelm von Holland mit dem Pendant Philipp IV für den Preis
von 38850 Gulden erworben wurde, allein aber auf der Auktion
Lapeyrière in Paris, 1825, nur 11520 Francs erreicht hatte2). Dieses
etwas überschätzte Gemälde kann nur für Schularbeit mit des
Meisters Correkturen gelten. Stellung und Umgebung stimmen
ganz mit dem Bildniss aus den zwanziger Jahren (I, 212 f.); nur
der Kopf ist der des Fünfzigers; der Teint ähnlich dem Dresdener,
aber mit Glanzlichtern. Der Blick ist nervös, weinerlich zerrüttet.
Von dem „Dreicharakter des hochgeborenen Edelmanns, des
glatten Günstlings und des gewandten Politikers“ (Stirling) ist
er nur noch eine Ruine.
Welch ein unheimliches Wesen hat der Kopf angenommen!
Das anklopfende Alter, die aufreibende Arbeit, noch mehr die
den offenbar psychopathischen Mann zerwühlenden Aufregungen
[120]Fünftes Buch.
haben ihn so verändert, dass man glauben könnte, ein feindseliger
Geist habe diess Bild ersonnen, um alles Böse, was man ihm
nachsagte, glaublich zu machen. Seit dem Unglücksjahr 1640,
besonders aber seit den hochverräterischen Anwandlungen seines
Vetters Medina Sidonia bemerkte man eine Veränderung seiner
Züge und Gesichtsfarbe, in Verbindung mit Spuren geistiger
Störung1). Die Granden nannten ihn nur noch El hombre triste.
Die heroischen Linien, welche einst den österreichischen Ge-
sandten an einen Imperator erinnerten, haben verquollenen, ge-
dunsenen Zügen Platz gemacht; der Mund ist in Folge des Ver-
lusts der Zähne zusammengefallen, das Kinn biegt sich nun mehr
nach oben, dadurch hat das Antlitz etwas gedrücktes, tückisches
bekommen. Auch die Augen erscheinen eingesunken, durch die
umgebenden Falten wie gekniffen; der Blick ist lauernd, wo er
verbindlich sein soll falsch, ja grausam. Der wolgepflegte Schnurr-
bart, das einzige worauf er noch eitel zu sein scheint, geht fast
bis ans Ohr und dehnt sich hier um zu einem runden Büschel.
Nimmt man nun noch als Rahmen dieses Antlitzes die dicke
fuchsige Perrücke (adoptiva cabellera2), so erhält man ein wahr-
haft sinistres Ganze3). Man würde jetzt eher in ihm einen jener
schlimmsten Anhängsel der Höfe vermuthen, den unter einer in
zweifelhaftem Theatergeschmack erfundenen Maske des brutalen
Haudegens umherschleichenden Kuppler, Spieler und Bravo.
Nur weil sie von namhaften Stimmen gepriesen worden sind,
mögen hier einige unserm Meister ganz fremde Kopien genannt
werden. Das Brustbild, welches in der Sammlung des Friedens-
fürsten war, von Buchanan nach England gebracht und 1814
Lord Lansdowne verkauft wurde, nennt Waagen (Kunstwerke II,
S. 77) „von grosser Energie der Auffassung und meisterhaft be-
handelt“; ein Kritiker im Athenæum (1877, 27. Januar) erkennt
darin sogar „das echte Original zahlloser Wiederholungen“; ob-
wol die richtige Schilderung, die er hinzufügt4), jeden Kenner
[121]Letzte Bildnisse des Conde Duque.
des Velazquez eigentlich der Mühe eigner Prüfung überhebt.
Es ist ein düster und roh gemaltes, im Fleische rotes Machwerk.
Das Bildniss, welches General Meade mitbrachte und Richard
Ford besass ist besser, aber auch in jenem schweren braunen
Ton, der dem Meister fremd ist. Dagegen war das in dem Es-
corial aufbewahrte miniaturartige Bildchen vertrauenerweckend.
Es ist dem Stich des Panneels sehr ähnlich, ganz hübsch gemalt
in einem warmen Ton, fein und doch leicht tokkirend, ursprüng-
lich elliptisch, dann in ein Viereck eingesetzt. Es befindet sich
jetzt im Palast zu Madrid, im Saal des Gasparini.
Von Interesse sind zwei kleine Kupferstiche, die beide nur
in einem Exemplar bekannt sind. Die Velazquez’sche Auffassung
der Züge des Ministers ist in beiden auf kleinem Raum sorgfältig
(obwol nicht so fein wie von Panneels) und so treffend wieder-
gegeben, dass man sie dem Maler selbst zugeschrieben hat, der
sich doch gewiss der Nadel bedient haben würde.
Das erste Blatt in der Nationalbibliothek zu Madrid stellt
eine plastische Büste dar, ruhend auf einem schmalen viereckigen
Untersatz, er trägt eine Rüstung und den Mantel in römischer
Art um die Schultern geknüpft. Es ist in Linienmanier gearbeitet,
im Gesicht mit harten, spröden Kreuzschraffirungen, offenbar von
einem sehr mittelmässigen Stecher, aber doch einem Mann vom
Metier1).
Das zweite Blatt stammt aus dem Besitz von Cean Bermudez,
der auf die Rückseite eine Notiz geschrieben hat2). Nur der Kopf
ist ausgeführt, und zwar in Punktirmanier mit der Punze, die
Perrücke ist mit langen parallelen Schlangenlinien wiedergegeben.
Die Arbeit des Gesichts verräth noch mehr als in dem ersten einen
geübten, und zwar niederländischen Stecher. Der Ausdruck, in
dem Madrider Blättchen argwöhnisch und hinterhaltig, ist unbe-
fangener. Den unvollendeten Zustand mag man aus dem plötz-
lichen Sturz des Staatsmanns erklären. Dieses Blättchen wurde
von Herrn von Werther für das Kupferstichcabinet in Berlin er-
worben.
[122]Fünftes Buch.
Julianillo.
Von einem Ereigniss, welches dem Sturz des Ministers vor-
herging und ihn vielleicht beschleunigte, ist auch in dem Werk
des Velazquez ein Andenken zurückgeblieben. Es ist das Bild-
niss eines etwa dreissigjährigen Cavaliers — seines natürlichen
Sohnes. Noch in diesem Jahrhundert sah es Lord Francis Egerton
in der Sammlung Altamira, der es später (1827) in London für
den Spottpreiss von 37 £ 16 sh. erstanden hat. Jetzt ist es in
Bridgewater House.
Don Gaspar hatte in seinen leichtsinnigen Jahren mit einer
berühmten Schönheit Doña Isabel de Anversa verkehrt, einer
damals von Francisco de Valcarcel unterhaltenen (amancebada)
Dame von Stand, und besagten Edelmann bestimmt, die Frucht
des Verhältnisses, die dieser sich zuschrieb, anzuerkennen. Er
war Alcalde de casa y corte, also einer der höchsten Justizbe-
amten am Hofe, und verheirathet. Den Sohn Julian aber
hatte er dann seinem Schicksal überlassen. Dessen Laufbahn
war ein erlebter Schelmenroman. Er hatte in Madrid auf der
Strasse gesungen, war Page beim Erzbischof von Sevilla ge-
wesen, mit der Flotte nach Mexico gekommen, hatte dort ge-
bettelt, als Bauernknecht gedient, war knapp dem Galgen ent-
wischt, als Soldat in den Feldzügen Flanderns und Italiens
mitgewesen. Jetzt war er zurückgekommen und hatte sich mit
einer Dama publica de la corte, Leonor de Unzueta verheirathet.
Olivares, der im Jahre 1626 seine einzige Tochter, die
Herzogin Medina de las Torres verloren hatte, verfiel im Sommer
1640 plötzlich auf die Idee, dieses Hurensöhnchen könne ihm
doch noch zur Erfüllung seines heissesten schon aufgegebenen
Wunsches verhelfen, nämlich seine Titel und sein grosses Ver-
mögen einem Erben seines Namens zu hinterlassen. Anwand-
lungen väterlichen Instinkts mögen auch dabei im Spiel gewesen
sein; manche wollten eine gewisse Aehnlichkeit entdecken. Er
adoptirte ihn und meldete den Akt den Höfen. Er beschloss
ihm das Majorat von Olivares und das Herzogthum von S. Lucar
zu vermachen; er wollte in dieser prenda de yerros pasados, wie
er ihn nannte, nach den Worten des Venezianers N. Sagredo
„ein Zeugniss seiner eignen Grösse hinterlassen“. Seine alte
Herzogin war ganz damit einverstanden; der König um so leichter
zu überreden, da er damals selbst mit der Anerkennung seines
[123]Julianillo.
Bastards Don Juan umging. Julianillo wurde im Buen Retiro
einquartiert, erhielt einen Hofstaat, wurde Gentilhombre de la
Cámara und — Gesellschafter des Kronprinzen! Olivares liess ihn
den in Spanien ominösen, mit Judas gleichbedeutenden Namen
Julian mit dem besser klingenden Enrique Felipe de Guzman
vertauschen, „weil ich wünsche, dass er würdig das Andenken
meines grossen Vaters (!) erhalte, und meine Verirrungen und
mein wenig würdiges Andenken versöhne“. Der Zufall wollte,
dass der Held des in aller Händen befindlichen Schelmenromans
des Mateo Aleman auch Guzman (de Alfarache) hiess, weil dessen
Grossmutter unter ihren schwer zu übersehenden Verehrern einen
dieses altadeligen Namens als den wahrscheinlichsten Vater ihrer
Tochter bezeichnet hatte. Die Satire fand sich also schon fertig
vor1). In demselben Alfarache bei Sevilla hatte Olivares eine
Kirche und Kloster bauen lassen, wo er begraben sein wollte.
Nachdem die Frau, welche man nach Sevilla verwiesen, zur
passenden Zeit gestorben war, vermählte er ihn mit der ersten
Dame des Palasts, Doña Juana Fernandez de Velasco, Tochter
des Condestabile von Castilien, Herzog von Frias, wobei der
Vater in den Contrakt setzen liess, es sei des Königs Wunsch
gewesen2). Am 28. Mai 1642 war die Hochzeit. Das Königs-
paar war Trauungszeuge; die Königin schenkte zum Hochzeits-
bett das auf 20,000 Dukaten geschätzte Prachtstück, in dem sie
den Prinzen geboren hatte. Das Ehrgefühl und der Stolz des
castilischen Adels zeigte sich in seltsamem Licht: am Tage nach
der Erklärung der Heirat machten Granden und Cardinäle in
Buen Retiro dem jüngsten Guzman ihre Aufwartung. Als er dem
toscanischen Gesandten Pucci seinen Gegenbesuch machte, er-
schienen in seinem Gefolge der Condestabile, der Graf von
Peñaranda und ein Dutzend Titulados. Was konnte da ein
armer Maler machen3)!
[124]Fünftes Buch.
Velazquez malte den Erben der Guzman in seinem neuen
Kleid, die Hand spielend mit dem Schildchen von Alcántara. Aber
er war zu stolz um sich Mühe zu geben; er malte nur mit der
„Hälfte seines Geistes“, ja er zieht etwas den Mantel vors Ge-
sicht. Die prachtvolle neue Garderobe machte ein Schüler. Der
Parvenu-Geschmack verräth sich in den von dem Meister sonst
gemiedenen bunten Farben; nur bei schärferem Zusehn erkennt
man doch auch in der widerwilligen Nachlässigkeit die Hand-
schrift.
Es ist ein ganz netter schlanker Junge; man ahnt die
Schönheit der Mutter: starke gerade Brauen, gutmüthige braune
Augen, der Nasenabgang breit, rothe dicke vorstehende Ober-
lippe, eine Physiognomie wie man sie an jenen tauben Nüsschen
findet, deren Verhängniss ererbter Reichthum ist. Die leere
Stirn ist hoch und schmal, der hohe Hinterkopf erinnert an den
Alten. Er trägt ein Lederkoller, weite weisse Leinenärmel mit
breiten Spitzenmanschetten quellen aus den geschlitzten Aermeln
des Wams hervor; rothe Schärpe und Beinkleider, Stulpstiefel
mit Kantenbesatz. In der Linken hält er den Hut mit weissen
und blauen Straussenfedern. Obwol man von ihm rühmte, dass
er das wozu ihn der Zufall erhoben, von Haus aus zu sein ge-
schienen, merkt man ihm hier doch das neue Kleid an. Seine
Mienen sowenig wie sein Ausdruck sind die des Edelmanns: er
blickt halb vergnügt, halb verlegen. Ihn beschattet ein schwerer,
blauer und goldgestickter Vorhang.
Waagen fand das Gemälde, wol voreingenommen durch den
Namen des Malers, „in wunderbar klarem, warm-bräunlichem Ton
meisterhaft und sehr fleissig impastirt“. Die schweren braunen
Schatten im Gesicht sind ungewöhnlich; die kleinen Hände sind
vernachlässigt, die gekrümmte mit dem Ordenszeichen sieht aus
wie eine Vogelklaue; die linke ist nur ein Embryo. —
Jene Bildnisse der Dresdener Galerie und der Ermitage
vergegenwärtigten uns den Beherrscher der grossen Monarchie
in einem bereits umdüsterten Zustand. In einer bei ihm übrigens
nicht seltenen Anwandlung von Offenheit sagte er selbst (wie
König Richard III There is no creature loves me): „Weder in den
Gemächern des Königs noch draussen habe ich irgend Jemanden,
3)
[125]Julianillo.
der mich liebt“. Das Kriegsunglück und ein Versuch den
Staat zu strafferer Einheit zusammenzufassen, bereiteten seinen
Sturz vor. Im Jahre 1640 kam der Zusammenbruch: der Auf-
stand in Catalonien und der Einfall der Franzosen, der Abfall
Portugals und die Erhebung des Hauses Braganza. Er war
„fast wahnsinnig“ (quasi impazzisce) in diesen Tagen; er sagte
selbst zum Venezianischen Gesandten, als Tarragona in Gefahr
schwebte sei es ihm gewesen wie Jemand, der sein Todesurtheil
erwartet. Den Fall von Perpignan im August 1642 nennt der-
selbe Nicolò Sagredo den „tödlichen Schlag“. Er hatte immer
geahnt, dass die Königin Isabella seine Esther sein werde. Die
unausbleibliche Endkatastrophe aller Günstlinge (privados) war
ein beliebtes Thema der Dichter; sie hat Calderon, Tirso, Alarcon
einige ihrer gedankenvollsten Schöpfungen eingegeben, und wie
oft mögen ihm in den Corrales von Madrid ihre Schicksalsworte
wie seine Todtenglocke ins Ohr geklungen haben1). Endlich am
15. Januar 1643 kam die Stunde, wo das „Glas“ seiner Gunst
zerbrach2), ein königliches Billet wurde ihm übergeben, welches
wörtlich begann: „Graf, Ihr wisst die Jahre, in welchen Ihr
meine Monarchie regiert mit dem Schaden, der mir jetzt offen-
bar geworden ist“ Als er in der nächsten Audienz eine halbe
Stunde lang für sich gesprochen, antwortete der König, der ihn
nicht angesehn: No es mas tiempo, Conde. Er zog sich nach der
Stadt Loeches zurück. Dort in der von ihm prächtig ausge-
statteten Kirche der Dominikaner-Nonnen mag er oft unter den
grossen Gemälden des Rubens über das Thema nachgedacht
haben, das er in Calderon’s „Schisma von England“ aus dem
Munde Wolsey’s vernommen:
Er wollte keine Besucher vorlassen, denn „mit Freunden möge
er nicht weich werden, noch ihnen Anlass zu Verdruss geben,
andern gegenüber aber fürchte er die Fassung zu verlieren“.
Als er aber eine heftige Vertheidigungsschrift erscheinen liess,
beschloss man ihn aus der Nähe des Hofs zu entfernen. Sein
[126]Fünftes Buch.
Neffe Haro überbrachte ihm diese Botschaft. Nach Sevilla wollte
er nicht, und wählte die kleine kastilische Stadt Toro. Auf dem
Weg dahin berührte er noch einmal Madrid und hörte in der
Atocha die Messe: er speiste in Pozuelo de Alarcon; hier und in
Torre besuchten ihn officiell Haro mit mehreren Herren vom
Hofe und seinem Bastard, ausserdem aber viele Cavaliere. Er
sah sehr verfallen und leidend aus und war ganz ergraut. Unter
jenen Cavalieren war auch Velazquez. Gefährlich war ein solcher
Besuch nicht; denn der König behandelte ihn mit Schonung, ja
man war überzeugt, er sei ihm im Herzen noch immer gewogen.
In der Sitzung des Staatsrats, wo er sich über die Aenderung
in der Regierung aussprach, lobte er seinen guten Willen ihm
zu dienen, und begründete die Entlassung aus dem Entschluss,
dem Wunsch seines Volkes zu willfahren, er möge ohne privado
regieren. Olivares starb am 20. Juni 1643. Der Mann, an dem er
sich am schwersten versündigt, sandte ihm, ohne die Bestätigung
des Gerüchts abzuwarten, eine Nänie nach, in seiner Art. Der
verewigte Minister klopft an den Thoren der drei Reiche an,
probiert an St. Peters Pforte seinen goldenen Schlüssel, findet
aber erst am dritten und letzten Ort einen Souverän, der geneigt
ist ihm das Amt eines privado zu übertragen, und einen Unglücks-
mann seines gleichen, den Grafen Julian, der ihn begrüsst.
Don Enrique wurde vom Hofe entfernt und endete noch in
demselben Jahrzehnt, Doña Juana trat ins Kloster, ihr Sohn starb
als kleines Kind.
Man kann sich denken, dass der Nachfolger des Conde
Duque, sein Neffe D. Luis de Haro, von dem Grundsatz nicht
bloss heutiger Premierminister, in allen Stücken das Gegen-
theil von dem zu thun was ihre Vorgänger gethan, nicht abge-
gangen ist. Wie es scheint, hat er sich nicht ein einziges mal
von Velazquez porträtiren lassen, obwol dieser siebzehn Jahre
lang Zeit dazu hatte. Aber nein, es giebt ja ein Reiterbild von
D. Luis, es war eine Perle der Northwickgalerie, deren sach-
kundiger Beschreiber es für „den bestgemalten Kopf erklärt, den
er von Velazquez gesehn, und den selbst van Dyck nicht über-
troffen habe; in Farbe, Licht und Schatten, Ton die allervoll-
kommenste Geschicklichkeit entfaltend“. Demgemäss erreichte
es die Summe von £ 966, die der Baron James Rothschild zahlte
(1859). Er bestimmte es für den Prachtraum seines Jagdschlosses
[127]Der Prinz Balthasar Carlos.
Ferrières, das Pendant ist ein Bildniss der Gräfin della Rocca
(della Rovere? es ist ein Susterman) gegenübersteht, angeblich
von demselben Meister. Jenes Reiterbild wird auch in dem
Buche „Graf Bismarck und seine Leute“ erwähnt, es ist das
einzige Gemälde das darin vorkommt.
Man sagt, diese Halle sei allein eine Reise nach Ferrières
werth. Es ist das „Triumphgemach des Hauses“, tout y parle
de triomphe, sagte Jemand; die Weisheit der Pariser Gemälde-
kenner hat indess hier keinen Triumph gefeiert. Unter allen
die das Werk anführen, hat sich wenigstens keiner erlaubt, den
Rothschild’schen Velazquez anzuzweifeln. Die Wahrheit ist, dass
hier unter so vielen unzweifelhaften und unbezahlbaren bibelots der
grösste Name spanischer Malerei die Schöpfung eines Nieder-
länders ziert, gearbeitet nach der Schablone van Dycks, die
weder Velazquez noch Haro, weder die spanische Schule noch
die spanische Nation etwas angeht. Ein Bild, das auch dem
unwissendsten Visionär keinen Vorwand geben konnte auf solche
Namen zu verfallen: getauft also wohl von irgend einem dunklen
Ehrenmann, der Lord Northwick die Freude machen wollte,
Thirlestane House mit einem jener seltenen Werke zu bereichern,
für die bisher das Museum des Prado das Monopol zu haben
schien.
Der Prinz Balthasar Carlos.
Zu den Gestalten dieser Zeit, die bloss noch durch die
Malerei über dem dunklen Strom des Vergessens schweben, ge-
hört auch der Knabe Balthasar, Sohn Philipp IV und der Elisa-
beth von Bourbon, Enkel des grossen Heinrich von Navarra.
Velazquez war noch in Rom, als die Nachricht von der lang-
ersehnten Geburt eines Prinzen von Spanien (17. Oktober 1629)
eintraf. Bisher hatte die Königin nur meist nicht lebensfähige (vier)
Töchter geboren. „Der König, schreibt Khevenhiller (XI, 583)
hat sich darüber so freundlich und content erzeigt, dass er alle
Thüren öffnen, und Jedermann hinein dergestalt gelassen, dass
auch die gemeinen Sesselträger und Küchen-Buben Ihro Majestät
in ihren innersten Gemächern Glück gewünscht und die Hand zu
küssen begehrt, und solches allergnädigst erlangt.“ Ein Koch
kam mit beschmiertem Gesicht und Löffel unter dem Arm herein-
gestürzt, und rief: alegria, Philipete! Den Römern verkündigten
viertägige Festlichkeiten, dass der Krone und dem Thron beider
[128]Fünftes Buch.
Welten nach zehn Jahren ein Erbe geschenkt sei. Feuerwerk
und Mörsergeknall, Comödien und Concerte, Almosen an die Ge-
fängnisse und Bettelklöster, Gold und Silber unter das Volk
ausgestreut, dreifaches Rennen von Berberhengsten und Büffeln
von der Porta del popolo durch die Via del Babuino nach dem
Palast Monaldeschi.
Der Maler, welcher vielleicht von einem Balkon des letzte-
ren zusah, sollte diesen Prinzen nun bald von Jahr zu Jahr mit
der Palette begleiten. Eine lange Reihe aufsteigender Figuren
vom zweiten bis zum sechszehnten Jahre; ein Idyll von Eltern-
glück und Hoffnung, aber wie umflort durch die Erinnerung an
sein Loos, diesen Lebensmorgen ohne Tag. Es war ein muntrer,
anstelliger, aufgeweckter Knabe, eine Erquickung fürs Auge
unter so vielen blutarmen, trüben Masken. Was für eine Uner-
schöpflichkeit wechselnder Erscheinung liegt doch in einem Men-
schen, auch dem unbedeutendsten, wenn der Zauberstab der Kunst
sie entfesselt! Künstler, denen eine Welt bedeutender Mensch-
heit als Stoff gegeben war, haben nur eintönige Wiederho-
lungen daraus gemacht: hier ist aus dem Einförmigen eine kleine
Welt immer neuer, immer fesselnder Gestalten gezogen worden.
Don Balthasar war ein kräftiges, anfangs rasch sich ent-
wickelndes Kind. „Schreiben Sie Ihren Hoheiten, sagte seine
Hofmeisterin, die Gräfin Olivares zehn Tage nach der Geburt zu
dem savoyischen Minister, dass dieselben hier einen sehr hitzigen
und tapfern Vetter bekommen haben.“1) —
Das Kind. Als am 7. März 1632 in S. Geronimo del Prado
dem Prinzen von den Infanten, dem Clerus, Adel und den Städ-
ten Castiliens gehuldigt wurde, hatte er vier Stunden lang in
seinem geschlossenen Stühlchen fest und grade gestanden, ohne
zu weinen, ohne einzuschlafen oder eine unpassende Geberde zu
machen. Von diesem frühen Beweis althispanischer Haltung be-
richteten Diplomaten und stellten die besten Prognostika. Diese
Ceremonie schildert Calderon in seiner Komödie La banda y
la flor.
Nach Cean malte Velazquez das Kind im Jahr nach seiner
Rückkehr aus Rom, und in einem Aktenstück von 1634 wird ihm
ein solches Bildniss in Rechnung geschrieben2). Aus derselben
[129]Der Prinz Balthasar Carlos.
Zeit stammt das Gemälde in Castle Howard, früher „der Prinz
von Parma“ genannt und Correggio zugeschrieben. Vielleicht
kam es aus Parma in die Orleansgalerie. Waagen’s gutes Auge
hat es zuerst als Velazquez erkannt1).
Es ist ein Einfall kindisch glücklicher Eltern, an deren Freude
der Kammermaler gerne theilnahm. Wie denn der Knabe ihm
sehr zugethan gewesen sein soll. Er steht etwas rückwärts, in
seinem langen, kegelförmigen, dunkelgrünen, goldgestickten Kin-
derröckchen. Ein blondes Köpfchen mit dünnem Flachshaar, an den
Schläfen leicht gelockt; das Gesicht eine ovale Fläche in weichem
Licht, nur die braunen Kugeln der Augen, die er von der Mutter
hatte, bringen etwas Kraft und Leben in das zarte Eirund, obwol
ein Blick noch nicht darin ist. Dieser Embryo eines Menschen-
gesichts sitzt auf einem gestickten Kragen, darunter sieht als
erster Keim der Rüstung, statt des Geiferlätzchens, ein stählernes
Brustplättchen hervor. Die Linke ruht am Kinderdegen, aber
die Rechte packt den Kommandostab mit dem Griff eines Thron-
erben, wenn er ihm auch vorläufig erst als Gehstock dient;
seine erste königliche Leistung war ja strammes Stehen.
Diess blonde, schimmernde Püppchen schwimmt in einer
Fluth prächtigsten Königsroths: oben Purpurvorhang, dahinter die
dunklere Note der Tapete, Scharlachteppich mit schwarzen Blu-
men; darauf das rothe Kissen für den schwarzen Sammthut mit
Goldstoffband und weisser Straussenfeder. An ihm selbst ist
roth nur die Schärpe.
Zwei Schritt weiter vorwärts marschirt ein Zwerg, in eben-
falls dunkelgrünem Rock mit grosser weisser Schürze. Er er-
muntert den Gebieter zum Nachfolgen durch eine silberne Schelle,
die er wie einen Heroldstab vorträgt in der einen, den Apfel
in der andern Hand. Wie eine treue Dogge wendet er jetzt den
dicken Kopf zurück, denn Seine Hoheit hat zu überhören geruht,
wenigstens behauptet Hochdieselbe der Verlockung der Musik
gegenüber ihre apathische Würde, auch weilt ihr Sinn in der
Ferne. Dieser Leibhund in Menschengestalt trägt einen ausge-
arteten Kinderkopf, mit stierartig vordringender Stirn, Glotz-
augen, kurzer Stülpnase und wulstigen Lippen; braune Schatten
geben starkes Relief. So war der Geschmack in der Wahl
gleichaltrigen Umgangs. Wenn ihn die Olivares mit in ihren
II. 9
[130]Fünftes Buch.
Garten nahmen, so wurden Gassenjungen zu seiner Unterhal-
tung herbeigeholt.
Es ist wol das sorgfältigst durchgeführte von allen diesen
Kinderbildern und ein vortreffliches Beispiel des mittlern Stils.
Dieselbe Kindergestalt, aber in hellgrau seidenem, silber-
gestickten Kleidchen sieht man allein in einem Bild aus der
Standish Galerie (1853), jetzt mit noch zwei andern Bildnissen
des Prinzen in Hertford House (46″ × 37½″)1). Das Roth ist aus
der Umgebung weggenommen. Um der hellen Figur einen ganz
dunklen Grund zu verschaffen, ist die rechte Hälfte des bis auf
den Teppich herabfallenden Vorhangs aufgezogen. Dieser Vor-
hang, das grosse goldgestickte Kissen mit dem Federhut, all
der steife Pomp macht mit dem stupiden Wesen des kleinen
Manns ein drolliges Ganze2).
Der kleine Reiter. Olivares und seine Frau, besorgt in die
Modellirung dieses weichen Kinderthons fremde Hände sich ein-
mischen zu sehn, widmeten sich eifrig der standesgemässen Er-
ziehung. Abends unterhielt er das Kind in seinem Hühnerhaus,
aus dem Buen Retiro wurde. Man denke sich die gewichtige
Figur, mit den krummen Schultern, dem dicken unheimlichen Kopf
unter der fuchsigen Perrücke als Kinderspassmacher! Im fünften
Jahre konnte er bereits Gesandten in der Audienz die ihm von
der buckligen Dame gelehrten Antworten ohne Anstoss hersagen.
Der Enkel Heinrich IV zeigte eine selten frühe Leichtigkeit
für ritterliche Uebungen. Der Vater erkannte mit Wonne sein
Ebenbild. Er schrieb öfter dem Bruder Ferdinand von diesen
so schön aufkeimenden Gaben seines Erben, und der Oheim
sandte ermunternde Geschenke; z. B. 1633, aus der Lombardei,
eine Rüstung, zwei Zwergwindhunde (galguillos enanos), „die in
[131]Der Prinz Balthasar Carlos.
ihrer Livree in Feld und Salon sich famos machten“, und einen
Ponyhengst, der auch zur Züchtung dienen könne. „Es ist ein
kleiner Satan (diablillo), und man muss ihm die Zügel ordentlich
anziehn und vorher ein halb Dutzend Gertenhiebe geben, damit
er Angst bekommt, sonst wird er übel aufspielen (malos abrazos);
dann aber geht er wie ein Hündchen.“ Vielleicht ist diess der-
selbe Pony, auf dem wir den Prinzen in der folgenden Scene
seine ersten Probestücke in der hohen Schule ausführen sehn.
Kinder zu Pferd waren besonders in Andalusien etwas ganz
gewöhnliches. Im Guzman de Alfarache lesen wir, dass man
in Cordoba, Sevilla, Xeres die Kinder aus der Wiege aufs Pferd
bringt1).
Zwei Skizzen zeigen Don Balthasar als Elementarschüler
der gineta, in der Reitschule, beide in englischen Sammlungen.
Die erste, kleinere, aber figurenreichere und vorzüglichere ge-
hört Sir Richard Wallace. Sie ist wol als recuerdo seines
ersten Specimens im „Schulen über der Erde“ gemalt worden.
Im Grund der Bahn die kahle Wand eines Hauses, vielleicht des
Marstalls am Palastplatz mit thurmartiger Spitze, Taubenschlag,
Balkon; darauf zwei Damen und ein Zwerg. Unten an der Wand
stehen etwa zehn Figuren aufgereiht, zwei zu Pferd, in der Mitte
ein Ding wie eine grosse rothe Sänfte. Rechts eine schmale
Bahn zwischen Brettern mit Zuschauern, ein Reiter gefolgt von
seinem Staffier. Ganz vorn links, als Hauptfigur, und allein aus
dem Schattenhaften der Uebrigen zu voller Körperlichkeit geführt,
der vierjährige Prinz auf dem dicken Ponyrappen, im besten
Anschluss, eine richtige Pesade ausführend. In schwarzem Wäms-
chen und Hut mit grossem weissen Federbusch, Stirn und Augen
beschattend, rother Schärpe, den Arm in der Hüfte, wendet er
sich triumphirend um. Très-crânement, sagt W. Burger, ganz
wie ein sehr grosser Mann: calme sur un cheval fougueux. Vor
ihm, zur Linken, steht der alte hagere Stallmeister und ein dünner
Zwerg mit der langen Reitpeitsche (?), hinter dem Pferd noch
ein dicker von derselben Statur; sie haben diesem die Hülfen
und Winke zu geben. Zur Erweiterung des Raums nach
vorn steht rechts in der Ecke noch ein Kavalier dem Grund
[132]Fünftes Buch.
zugewandt. Ueber dem Zwerg linker Hand eine Kutsche, auf
deren Deckel ein Mensch sich lehnt.
Alle diese und noch mehr Figuren sind in durchsichtigem
Grau, wie Schatten, mit wenigen Strichen hingesetzt, mit schwarz
und weiss ist alles fast allein bestritten. Mit weniger Körper
kann ein Maler seine Intention nicht in Farbe übertragen. Wand,
Boden, Himmel sind nicht viel unterschieden. Es ist wie ein
Blick in die Dunkelkammer und deren bewegliche Schatten, oder
Scene in der Reitbahn.
wie bei photographischen
Ansichten Passanten her-
auskommen. Der Reiter
löst sich in dieser luftigen
Gesellschaft desto massiver
ab. Man wähnt sich in
den inneren Raum des Sen-
soriums unsres Malers ver-
setzt, wie er den flüchtigen
Vorgang auffasst und als
Ganzes festzuhalten sucht.
„Es drückt auf wunderbare
Weise des Meisters Talent
aus“1).
Diese Composition ist
einige Jahre später wieder
aufgenommen und in grös-
serem Massstab (57″ × 83″),
mit Veränderungen noch
einmal skizzirt worden.
Der Prinz reitet einen
Schecken. Diessmal sind beide Eltern auf den Balkon der
[133]Der Prinz Balthasar Carlos.
rothen caballerizas mit grauem Ziegeldach herausgetreten; man
unterscheidet deutlich die Züge und das Kostüm Philipps in
schwarzem Wams, Federhut und Lederstiefeln, Isabella in Be-
gleitung der kleinen Infantin, in der Mitte hinter ihnen zwei
Damen, eine in Klostertracht. Neben dem alten Stallmeister
steht jetzt Olivares, den Hut in der Linken, mit weisser Schärpe,
Hose, Strümpfen und Schuhen: er fungirt hier als cavallerizo
mayor des Prinzen; der Walter der Reitbahn tritt auf ihn zu
und überreicht ihm eine Lanze; dahinter ein Kahlkopf mit
grossen abstehenden Ohren, weisser Halskrause, in unterwürfiger
Stellung. Alle wieder schemenhaft und doch kenntlich hinge-
haucht; in mehreren Entfernungen nach der Tiefe ganz deutlich
abgetönt. Hätte doch Velazquez mehr solche Bildchen erdacht
und ausgeführt, die spanische Schule würde Cabinetstücke haben,
die den Vergleich mit Niemanden zu scheuen brauchten.
Diess Bild kam aus der Sammlung Welbore Ellis Agar
1806 an den Earl Grosvenor. Ist es das zu Palomino’s Zeit im
Besitz des Neffen, des Conde Duque, Marques de Heliche be-
findliche, hochgeschätzte Gemälde? Nach seinen Worten würde
man an eine viel grössere Leinwand denken1). In der That
wäre aus diesem Embryo ein herrliches Bild zu machen gewesen.
Es ist ein Vorspiel der Meninas und ein Gegenstück in freier
Luft zu jenem Zimmerstück.
Das grosse Reiterbild des galoppirenden Knaben (S. 107)
führt uns das Resultat der Erziehung des Herzog-Stallmeisters vor.
Der kleine Waidmann. Schon bei früherer Gelegenheit ist
berichtet worden, wie der sechsjährige Prinz es schon dahin
gebracht hatte, neben Vater und Oheim in stilgemässem Jäger-
kostüm und keckem Jägeranstand gemalt zu werden, zwischen
seinen Jagdhunden (I, 389)2). Aus dem zarten runden Kindskopf
ist bereits ein frischer derber Knabe geworden, die Züge sehr
zu ihrem Vortheil verändert durch die stählende Aufregung des
Reviers mit den wilden Schluchten, dem scharfen Luftzug von
der Sierra. Wer diess trotzig muthige Männlein sah, musste
der Meinung sein, der alte Stamm habe sich verjüngt. Die Mi-
[134]Fünftes Buch.
schung mit französischem Blut hatte schon bei dem Grossvater
bessere Resultate gegeben, als die mit dem naheverwandten.
Dass die Jägerei diessmal kein blosser Maskenscherz war, dafür
liefert die Hofchronik Beweise. In seinem neunten Jahr hat der
Prinz Probestücke abgelegt auf die sich ein Erwachsener etwas
hätte einbilden können. Im Januar 1638 erlegte er mit wohlge-
zieltem Flintenschuss an der wildesten Stelle des Gebirgs eine
Sau; die Kugel war durch und durch gegangen. In demselben
Jahr traf er bei einer Corrida de novillos von seinem Balkon aus
den Stier in die Stirn, auf der Schulter eines Jägers anlegend.
Zum Gedächtniss dieser beiden Meisterschüsse ist 1642 ein Kupfer
gestochen worden, von Cornelius Galle in Brüssel, wo er dem
Alonso Martinez sein Feuerrohr reicht, und die erlegten Thiere
vor ihm ausgestreckt zu sehen sind1).
Der Oheim Ferdinand schrieb darauf aus Brüssel (6. April
1638): „Es wundert mich nicht, dass E. M. ganz hin ist (caduco),
wie Ihr mir zu sagen geruht, über die Schüsse des Prinzen;
denn schon bei der blossen Erzählung habe ich geweint vor
Freude, als ich von so viel Geistesgegenwart und Geschick
(desembarazo y buen maña) las; auch Prinz Thomas (von Savoyen)
war erstaunt, wie er in so zarter Jugend sich erdreisten konnte,
auf einen Keiler zu feuern.“
Grade um diese Zeit muss das andere Bildniss in der Prado-
galerie aufgenommen sein (Nr. 1118, 1,58 × 1,13). Der Prinz
steht in einem Saal des Pardoschlosses neben einem grossen
offenen Balkonfenster, er stützt zwar wieder die Rechte auf seine
kleine Büchse, trägt aber einen schwarzen Hofanzug, ähnlich dem
im Reiterbild, und die Linke ruht an der Degenkoppel. Dieses
Gemälde ist bezweifelt und im Katalog von 1872 sogar unter
die Schulbilder gesetzt worden. Dürftigkeit der Erfindung in
den Sachen der Umgebung, magere skizzenhafte Impastirung,
Befangenheit in der Handschrift der Züge sollen Schülerhand
verrathen. Dennoch scheint es mit der Originalität nicht so
verzweifelt zu stehen. Die Malführung, den Ton hat keiner
der sonst bekannten Maler der Zeit, von Kopistenhand ist
keine Spur. Die dünne flache Modellirung findet sich ähnlich
[135]Der Prinz Balthasar Carlos.
im Kopf des Reiterbilds; die Landschaft trägt den unzweifel-
haften Stempel seiner Hand. Das plumpe Kissen mit dem
Federhut, die wunderlich hässliche Silhouette des hellrosa Vor-
hangs mit dem in den Himmel einschneidenden spitzen Zipfel
ist freilich mehr im Geschmack eines Kammerdieners als
eines Künstlers; aber Vernachlässigung malerischer Redaction bei
etikettemässigen Stellungen und Arrangements im Vertrauen
auf die Macht des Pinsels und der Wahrheit ist bei Velazquez
nicht selten. Wenn das Jägerbild des sechsjährigen ganz anders
aussieht, so hat das seinen guten Grund. Dieses war eine
ganz freie Composition, wie die herrliche Hochgebirgslandschaft
allein schon ankündigt, unseres ein Gelegenheitsbild, im Pardo
vielleicht an einem der grossen Tage des Prinzen befohlen und
ausgeführt. Daher die Magerkeit der Farbe, die seinen Skizzen
eigen ist; und die vermisste Freiheit der Hand, weil er sich in
jedem Detail an Oertlichkeit und Wirklichkeit halten sollte.
Die Landschaft ist mehr als sonst Vedute: die Aussicht auf
die Jagdgründe des Pardo mit dem gelben Hügel, dem Unter-
holz von Steineichen vorn und dem blauen Höhenzug, ist eine
sorgfältige Naturstudie.
Man könnte sich den Anlass so vorstellen. Nach dem
Schluss der Jagd hat er sich für eine Festlichkeit umkleiden
lassen und ist im Begriff eine kleine Ovation zu erwarten. Daher
die Verbindung von Salon- und Jägerbildniss. Diese kann aber
auch gewählt sein, weil man das Gemälde zum Geschenke be-
stimmt hatte.
Es giebt eine Wiederholung der Figur, die das für seinen
Verehrer, den Onkel in Flandern gemalte Bildniss sein
könnte. Es ist das Porträt in der Sammlung des Duke of
Abercorn, 1837 von Sir George Warrender für £ 410 ge-
kauft (62½″ × 52½″). Hier hat er den schwarzen gestickten
Federhut aufgesetzt, und sich mit einem Gefolge von drei
Jagdhunden umgeben. Zwei sind wiederholt aus dem Ma-
drider Jägerbildniss, aber der braune Windhund hat einen
Kameraden bekommen. Sollten diess die beiden vom Onkel
geschenkten galguillos sein? Im Frühjahr 1639 läuft aus
Brüssel ein Dankbrief ein für ein übersandtes Gemälde des
Velazquez. „Das Bildniss des Prinzen, den Gott behüte, ist
herrlich, ich war ganz toll (loco) vor Vergnügen und küsse E. M.
die Hand für diess Andenken und die durch solche Sendung
mir erwiesene Gunst. Gott schütze ihn, er ist ein holder Knabe,
[136]Fünftes Buch.
(lindo muchacho)“1). Das Londoner Gemälde ist freilich in einem
Zustand, der ein Urtheil schwer macht. Die Figur hat gelitten,
noch mehr der Himmel: über dem Bergkamm liegt eine schwere
dunkelgrüne Schicht, wie von Uebermalung2); der hellblaue Tages-
himmel darüber ist unverändert3).
Der kleine Freiersmann. Wo die Hoffnung der Erbfolge
auf zwei Augen steht, denkt man seit dem Tage der Geburt an
die Wahl der Braut. Als D. Balthasar dem Alter sich näherte,
in welchem einst sein Vater sich mit Isabella von Bourbon ver-
mählte, dem zehnten Jahre, wurde sein Bildniss bereits befreun-
deten Höfen zugesandt. Dann erschien er theils in festlich
schwarzer Hofgala, theils in kriegerischer Tracht. Merkwürdig
ist die Verschiedenheit des Ausdrucks. Augenscheinlich waren
seine Züge nach den Umständen sehr wechselnd. Wenn die
Uebungen der gineta, die Abenteuer in dem Revier des Pardo,
der ritterliche Staat ihn zu einem kleinen Heldenkind umge-
wandelt hatten, also dass ein Funke vom Geist des grossen
Heinrich in ihm aufzuflammen schien, so sank er, wenn man ihn
[137]Der Prinz Balthasar Carlos.
in Sammt und Seide steckte, zu einem gewöhnlichen phlegma-
tischen, gelangweilten Bürschchen herab. Die Luft des Palasts,
die Erziehung unter Hofdamen, das geisterstickende Cerimoniell
liegt wie Mehlthau auf diesen Zügen ohne Intelligenz und jugend-
liche Lebenslust.
Bis in sein vierzehntes Jahr hatte er zu seinem Verdruss
unter Weibern und Mönchen gelebt. Ueberall, auch im Ausland
wurde davon gesprochen; in Hiob Ludolf’s Schaubühne der
Weltgeschichte ist eine Illustration dieser Erziehung, wo er mit
Hoffräulein tanzt, in Kupfer gestochen1). Doch war in sein
Erziehungsprogramm auch ein Paragraph für Humaniora aufge-
nommen; der Lehrer D. Juan de Isassi Idiaquez rühmte seine
rasche Auffassung; er liess im Jahre 1641 einen Bericht „Füll-
horn“ betitelt drucken über die Prüfung, welche er vor seinem
Vater, Olivares und andern Herren des Hofs bestanden hatte:
und einige Monate später folgte ein zweites Examen im Beisein
des Nuntius, der aus der Rhetorik fragte, und des dänischen
Gesandten, dem er über Geographie Dänemarks Auskunft gab.
Der ernste Vater, der bei jenen Proben im Sport vor Rührung
verging, fand diese Leistungen seines Sohnes und Erben in
Latein und physikalischer Weltbeschreibung äusserst drollig,
er hörte nicht auf zu lachen2). Als aber der Lehrer dem Könige
vorzustellen wagte, dass es Zeit sei, ihn in die Geschäfte einzu-
weihen, lehnte jener dankend ab: „er wolle sich nicht in Dinge
mischen, in die sich seine Vorfahren nicht gemischt hätten“.
Schon hörte man Stimmen, die mit Besorgniss von der Zukunft
sprachen.
Zu den als Geschenk gemalten Bildnissen in Hoftracht ge-
hört das in ganzer Figur im Belvedere (Nr. 614. 128″ × 100″).
Seine Verlobung mit Marianne, der Tochter seiner Tante Maria
und Kaiser Ferdinand III war lange geplant, obwol sie erst im
Jahre 1646 förmlich entschieden und verkündigt wurde. Eine
Figur in schwarz auf reichem Purpurgrund: schwarzes Sammt-
wams mit silbergestickten Schnüren, die Linke am Degen, Bande-
[138]Fünftes Buch.
lier von Silberstoff, kurzer schwarzer Mantel. Die rechte Hand
an der Lehne des rothbezogenen Sessels, rothe Tischdecke und
Vorhang. Auf dem Tisch liegt ein breitkrämpiger Hut. Ueber
der steifen golilla ein gleichgültiges, fast verdriessliches Gesicht.
Dieselbe Aufnahme ist wiederholt als Brustbild in dem durch die
Manchester Ausstellung bekannt gewordenen Gemälde, das dem
Colonel Hugh Baillie gehörte, und in der sehr gepriesenen Figur
der Hertford-Galerie, die aus der Sammlung Wells stammt.
Letzteres Bild, wo das Wams von dunkelgrünem Stoff ist, auffal-
lend durch eine Sättigung der Farbe, die man tizianisch genannt
hat1), macht keinen glaubwürdigen Eindruck. Der Farbenkörper
ist besonders im Braun von Boden und Himmel in breiten
Rissen, ja Klümpchen auseinander gegangen und überdiess durch
den Goldton des Firnisses verändert; wahrscheinlich in Folge
einer englischen Uebermalung. Hinter dem Knaben steht eine
rothsammt überzogene Schatulle, die Stirling ganz übereinstim-
mend fand mit dem von Philipp IV dem Prinzen von Wales ver-
ehrten Toilettenkästchen.
Viel sympathischer nimmt sich der zukünftige Bräutigam
aus in zwei Figuren, wo er ähnlich dem Reiterbild als geborner
Heerführer, aber in prachtvoller, goldglänzender Rüstung auf-
tritt, wie der Urgrossvater in dem herrlichen Porträt Tizians im
Prado, Vater und Grossvater in den Statuen Pietro Tacca’s. So
erschien er mit seiner Mutter bei Musterungen während des
catalonischen Krieges, zum Entzücken der Madrider.
Am 31. December 1639 schreibt der toskanische Gesandte:
„Ein Bildniss des Grossfürsten ist gemacht worden, in Harnisch
und voller Gala, und nach England geschickt, gleich als wäre die
Vermählung Seiner Hoheit mit der dortigen Prinzessin nahe bevor-
stehend. Viele glauben indess, dass man es nur gethan, um den
König bei Laune und Hoffnung zu erhalten“2). In der That
kommt in dem bekannten Katalog der Sammlungen Carl I (S. 170,
Nr. 14) vor: The picture of the now Prince of Spain, und dasselbe
steht auch in den Papieren der Versteigerung unter der Repu-
blik3). Nun ist neuerdings ein jener Beschreibung Serrano’s ent-
[139]Der Prinz Balthasar Carlos.
sprechendes Porträt in Windsor, wie man hörte, zusammengerollt
zum Vorschein gekommen und in einem Zimmer des Buckingham
Palastes aufgehängt worden (39″ × 22½″).
Diessmal ist es ein munterer, gesunder, aufgeweckter Knabe,
voll vom Stolz seiner Ritterrüstung und der goldenen Sporen;
die Stellung, mit weit vorgesetztem rechten Bein ist keck, unter-
nehmend; in der Rechten hält er den Kommandostab, die Linke,
im Stahlhandschuh, ruht an der Degenkoppel. Der breite, weisse,
gestickte Kragen, die grosse goldgestickte, rothe Schärpe, der
Metallglanz wirken prächtig auf dunklem Grund zwischen dem
Karmesin von Sessel, Vorhang und Tisch. Ein Gegenstück zu dem
Reiterbildniss, dort der kühle, gleichmässig verbreitete Schimmer
der freien Luft, hier der warme gesättigte Ton des Innenraums,
mit dem Spiel breiter, silberner und goldener Reflexlichter der
Metalle und Stickereien.
Eine Wiederholung vertritt den Meister in der Galerie des
Haag, sie stammt aus der Sammlung König Wilhelm II und
lässt sich bis zum Cabinet Rainer zurückverfolgen (1821). Ueber
das Verhältniss beider gleichzeitig aus dem Obrador des Velaz-
quez hervorgegangenen Werke lässt sich ohne Konfrontirung
kaum ein sicheres Urtheil geben; besonders da in dem eng-
lischen Exemplar der Firniss in Abzug gebracht werden muss.
In dem holländischen Exemplar verstimmt eine gewisse Härte und
Trockenheit, auch im Antlitz. Der Grund ist hellgrau mit Stich
in grün. Die Figur hat viel Platz um sich; sie steht in der Mitte
einer Diagonale, die von dem Sessel hinten links nach dem Tisch
vorn rechts geht, dessen rothe Decke über die Bildfläche hinaus-
zureichen scheint; der kleine General will Elnbogenraum haben.
Der Maler hat den Vorhang dicht an den Rand geschoben, oben
wieder der dreieckige Zipfel.
Endlich, in seinem fünfzehnten Jahre, schien man sich zu
erinnern, dass der einstige „grösste König der Welt“ auch eine
Vorstellung davon bekommen müsse, dass es Regierungsgeschäfte
gebe: man liess ihn an den Consulten theilnehmen. Und um
ihm ein begeisterndes Bild von dem Sinn seines staatsklugen
Grossvaters (el prudente) zu geben, nahm ihn der Vater zum
erstenmal mit nach dem Escorial, und zeigte ihm an einem Tage
das „einzige Wunder der Welt“. Er erhielt nun seinen Hof-
staat (familia), und lebte auf, frei von der „Clausur des Palastes“.
Als bald darauf im Juni 1646 seine Vermählung mit Marianne
von Oesterreich veröffentlicht wurde und der Bräutigam seinen
[140]Fünftes Buch.
Vater nach dem Kriegsschauplatz begleitete, schilderte ein
Hofpoet „den neuen Adonis einer deutschen Venus, wie er mit
der Pike in der Hand einherziehe, so kühn wie schön (arrisgado
como bello)“. In diesem Alter, nach der Unterschrift vierzehn-
jährig, sieht man ihn in dem Stich des Juan de Noort in dem
mehrerwähnten ihm gewidmeten Jagdwerk. Es ist ein feiner,
sympathischer Kopf, nur der Mund hat den hässlichen Familien-
typus, wie in keinem Bilde vor- und nachher.
Wahrscheinlich im letzten Jahre seines Lebens vergegen-
wärtigt ihn das Bildniss im Prado (1083, 2,09 × 1,44). Es reiht
sich ganz an die seines Vaters und Oheims vor zwanzig Jahren.
Er steht nach rechts gewandt in ernster schwarzer Hoftracht
mit kurzem Mantel, die Linke an der rothen Stuhllehne, über die
theilweise der Vorhang fällt; die herabhängende Rechte hält
den Hut, in dem der andere Handschuh liegt. Die wolgewach-
sene Figur, auf dunkelgrauem Grund, ist fest gestellt, die Stirn
klar, die Farbe sonnengebräunt, die braunen Augen glanzlos, die
Schatten im Antlitz etwas dumpf. Von dieser letzten Figur kann
man weder gutes noch schlimmes sagen. Es ist eins der wenigen
gleichgültigen Bilder des Malers, das einzige in der Galerie,
an dem man in Gefahr ist, vorbeizugehen. Das blinkende Reiter-
chen, der kecke Waidmann scheint im Begriff, ein mittelmässiger
Thronfolger zu werden.
Kurz nach jener Verlobung, am Tag der zweijährigen Todten-
feier seiner Mutter (5. Oktober) in der Seo von Saragossa, er-
kältete er sich beim Pelotaspiel, und schon am neunten hatte
das Fieber, unter Beistand der spanischen Sangredos, seinem
jungen Leben ein Ende gemacht. Als der Kranke die verzwei-
felten Gesichter um sich sah, fragte er ob Lerida verloren sei?
Auf die beruhigende Antwort sagte er: Dann muss es mit mir
sehr schlimm stehn. Sein Herz ist dort beigesetzt, an der Evan-
gelienseite des Altars. Als der Sekretär die Nachricht an die
Statthalter aufsetzen wollte, versagte ihm die Hand, Thränen
stürzten aufs Papier. Da nahm ihm der Vater, es war eine Stunde
nach dem Tode des Prinzen, die Feder aus der Hand und schrieb
selbst die Depesche an Leganés. Er hätte, meint Giustiniani,
wol passendere Anlässe gehabt, seine Herrschaft über die Affekte
zu beweisen. Er schrieb: „Marques: wir alle müssen uns in den
Willen Gottes ergeben, und ich noch mehr als alle andern. Ihm
hat es gefallen mir meinen Sohn zu nehmen, vor einer Stunde
etwa. Mein ist nun der Schmerz, den Ihr ermessen könnt über
[141]Der Prinz Balthasar Carlos.
solchen Verlust; aber auch die volle Ergebung in die Hand
Gottes, und der Muth und Wille, für die Vertheidigung meiner
Länder zu sorgen, denn auch sie sind ja meine Kinder, und wenn
wir eines verloren haben, müssen wir die übrigen erhalten, und
so ersuche ich Euch in den Unternehmungen dieses Feldzugs
nicht zu ermatten bis der Entsatz von Lerida erreicht ist, wie
ich zum Herrn hoffe: von hier wird man Euch nach Kräften bei-
stehn.“
Mit diesem Tod war das Loos über Dynastie und Monar-
chie gefallen. Fünfzehn Jahre später wurde dem von Alter und
Siechthum gebrochenen Herrscher noch ein Spätgeborner bescheert,
der auch auf den Namen Carlos getauft ward. Seine schwäch-
liche, müde Gestalt, ebenso oft von Malern dargestellt, ist ein
niederschlagendes Gegenstück zu jenem lebensfrohen Knaben.
Die Rollen, die dieser mit soviel Geschick und Vergnügen gespielt,
haben ihn erdrückt, auf dessen armen Kopf die Krone schon
im vierten Jahr gesetzt wurde, für den Tonsur und Kapuze
besser gepasst hätte. Eine vom Wurm zerstörte Blüthe der eine,
eine im Kern taube Frucht der andere.
[142]Fünftes Buch.
Städteansichten und Figurengruppen.
Die Ansicht von Saragossa.
Im Jahre 1645 hatte der König den Kronprinzen mit nach
dem Norden genommen um die übliche Huldigung der Stände
von Navarra und Aragon entgegenzunehmen, der die Verlobung
folgen sollte. Im August beschwor er in der Seo von Zaragoza
die Privilegien von Aragon, in Gegenwart der drei Brazos, der
König sah heimlich zu.
Als sein Vater zur Erinnerung an diese Tage eine Ansicht
der Stadt nebst seinem Hofgefolge als Staffage mitnehmen
wollte und den in solchen Veduten besonders glücklichen Mazo,
den Schwiegersohn des Velazquez damit beauftragte, soll der
Prinz den günstigsten Ansichtspunkt selbst angegeben haben.
Dieser Punkt befindet sich am linken Ufer des Ebro, unterhalb
der steinernen Brücke, in der Vorstadt Altabás und nach der
Ueberlieferung in dem damals reichen und schöngebauten Merce-
narierkloster S. Lazaro, einer Stiftung König Jakob des Eroberers.
Das Kloster ist im Unabhängigkeitskrieg zerstört worden. Der
Standpunkt ist unweit des Bahnhofs. (Grösse 1,80 × 3,31.)
Diese Ansicht von Saragossa ist das beste landschaftliche
Gemälde, welches man von Mazo besitzt — gemalt mit einer bei
ihm beispiellosen Klarheit und Gewissenhaftigkeit; Stirling
dachte an Canaletto. Sie giebt uns nicht nur ein treues Bild der
alten Hauptstadt Aragons, dieses unverfälschten altspanischen
Städtetypus, sondern auch ein Augenblicksbild der mannich-
fachen Gesellschaft, welche sich dort um den Monarchen be-
wegte. Obwol Mazo nur seinen eignen Namen in die lateinische
Aufschrift gesetzt hat1), so hat man doch aus stärkeren inneren
[143]Die Ansicht von Saragossa.
Gründen annehmen zu müssen geglaubt, dass die zahlreichen
Figuren von seinem Meister herrühren. Sie schienen für ihn zu
gut. Doch dürfte sich vielleicht bei schärferer Vergleichung er-
geben, dass der eigenthümliche Strich und die Farbe des Velaz-
quez nicht mit voller Ueberzeugungskraft darin wiederzuerken-
nen ist.
Unter einem tiefblauen Himmel, den dünne Wolkenstreifen
und oben einige lichte Cumuli durchziehen, wälzt sich der
mächtige dunkelgrüne Strom, der jetzt seinen sommerlichen
Tiefstand hat, belebt von Barken mit violetten Zeltdächern und
Segeln, aber ein Denkmal seiner Zerstörungsanwandlungen hat
er zurückgelassen an der siebenbogigen alten Brücke, einem
Bau des fünfzehnten Jahrhunderts (1437). Der gewaltige Mittel-
bogen, 39 Meter Spannweite, war nämlich in der durch Thau-
wetter veranlassten Ueberschwemmung vom 3. März 1643 zu-
sammengebrochen, und die mit grossen Kosten vorgenommene
Reparatur im Februar dieses Jahres von neuem zerstört worden.
An die ins Leere starrenden Pfeiler der herabgestürzten Bogen
lehnen sich Thurmbauten. Viele Häuser und Klöster waren
verwüstet worden; die kahlen zerrissenen Ufer zeigen noch die
Spuren. Diese Brücke ist der stärkste Accent in dem Bilde.
Jenseits des Stroms breitet die Stadt sich aus, vom west-
lichen bis zum östlichen Ende, mit ihren schlanken Nadeln,
wuchtigen Palästen mit hohen Galerien und Aussichtsthürmen,
und den wie grosse Segler aus dem Häusermeer ragenden
Kirchen; sehr verwandt mittelalterlich italienischen Städtebildern.
Auch noch in dieser Zeit des Verfalls, deren Symbol der zer-
brochene Brückenbogen, führt noch in den Steinen der Geist
jener einst mächtigen, politisch begabtesten Rasse der Halbinsel,
der Eroberer Neapels und Siciliens, eine beredte Sprache. Starr-
sinnige Kraft und träge Vernachlässigung.
Die Brücke (puente de piedra), welche die Heerstrasse von
Madrid nach Barcelona aufnimmt, führt auf die puerta del angel,
eine von zwei Erkerthürmen flankirte Thorburg; zwischen zwei
Balkonfenstern sieht man ein Gemälde des Engels. Auf sie zu
bewegt sich eine sechsspännige Kutsche, der ein langer Zug
Fussgänger folgt: der König, wie immer nur in der Ferne er-
scheinend, kehrt in den Palast zurück. Dieser sieht hervor in
jener Mauer mit Balkons und Tapisserien, und dem hohen mit
azulejos gedeckten Dach links vom Thor. Es ist die alte Resi-
denz der aragonesischen Könige, jetzt Palast des Erzbischofs
[144]Fünftes Buch.
Dahinter ragt die Seo mit dem durch hölzerne Aufsätze verun-
stalteten Cimborio. Auf der anderen Seite des Thors erblickt
man das städtische Consistorium und die damit verbundene
grossartige 1551 vollendete Börse (Lonja), kenntlich an den vier
Eckthürmchen. Zu dem heiteren barocken Bau der Pilar ist erst
1686 der Grundstein gelegt worden: an ihrer Stelle steht noch
die bescheidene einschiffige Sa. Maria la Mayor, von deren weitem
Claustro und Kapelle man die äussere Schaale sieht. Weiter
nach Osten erhebt sich neben S. Felipe mit seinen drei Fas-
sadenthürmen der gewaltige schiefe Uhrthurm, die Torre nueva,
312 castilische Fuss hoch, dessen wunderliche Ornamentik
daran erinnert, dass bei dem Bau Christen, Juden und Mauren,
fünf Baumeister, zusammenwirkten. Es folgt S. Pablo mit dem
schlanken gothischen Campanile; endlich ausserhalb der Stadt-
mauer der massige Würfel des maurischen Schlosses Aljafería,
wo Elisabeth die Heilige von Portugal 1271 geboren wurde. —
Da hier nur mit Ziegeln gebaut wird, so hat alles einen
fahlen staubigen Ton, nüchtern, aber in Uebereinstimmung
mit dem Grundton des Ernstes. Nichts wüsteres, unwirthlicheres
als diese Ebrogestade. Kein Baum, keine Quaimauern ver-
hüllen die lehmige Kahlheit. Aber hier, wo Bivouaks wüster
Lanzknechte hinpassten, ist eine fremde bunte Gesellschaft her-
gezaubert, deren malerische Trachten, höfische und bäurisch-
nationale, den Blumenflor ersetzen. Ein Theil hält sich unten
am Wasser auf; die Hauptpersonen aber oben, wahrscheinlich
im Garten des Klosters, den eine Mauer mit verfallener Brüstung
von dem Paseo abgrenzt. Sie stehen in Gruppen beisammen,
oder sitzen, die Damen alle, auf Teppichen, im Gras; oder be-
wegen sich langsam nach der Anlände herab. Alle die ihr Ge-
sicht zeigen sind Bildnisse; einige erinnern an Figuren der
Jagden und der Louvrestudie. Links bemerkt man einen hohen
Geistlichen. Sehr in die Augen fallend steht ein junger, blonder
Kavalier in starrem rothem Mantel, in die Ferne sehend, isolirt,
neben ihm Pferd und Stallmeister. Der Kopf war offenbar ab-
sichtlich beschädigt, ausgekratzt worden, und musste neugemalt
werden. Zu vorderst in der Ecke links sitzt eine schmucke
Hökersfrau in Provincialtracht, weiten weissen Aermeln, blauem
Rock und eine Rose am Busen, sie verkauft Pfirsiche. Von
Personen „ohne Geburt“ und Rang geniessen nur Bettler das
Vorrecht sich hier sehen zu lassen. Da ist der esprit Callots,
die Wahrheit und Mannigfaltigkeit Hogarths und die vornehmen
[145]Das Castell von Pamplona.
Manieren van Dycks. — Das Gemälde besteht also aus vier
horizontalen Schichten: der ruhige, lichte Tageshimmel, das
graue Häusermeer, der dunkelgrüne durchsichtige Strom und die
mit den bunten Menschen bedeckten Ufer. Zu dieser Ruhe und
Heiterkeit tritt ein Kontrast, der aber hinter der Schwelle des
Gesehenen steht, in den aufsteigenden Erinnerungen: der zer-
störenden Ueberfluthung der vorhergegangenen Jahre, des ge-
genwärtigen Kriegtobens im Süden, und der einstigen Macht
der Kapitale des nordspanischen Reichs. Die verfallende alte
Stadt und ihr moderner Besuch, die frivole thatlose Hofgesell-
schaft Philipp IV bilden uns die Zeiten ab, wo Reiche ge-
gründet, und die wo sie verloren werden.
Diese Vedute, die ein Andenken vom Ehrentage des Kron-
prinzen sein sollte, konnte später nur peinliche Empfindungen
wecken. Nach seinem Tode vollendet, ist sie nie in die könig-
lichen Wohnzimmer aufgenommen worden. Sie wurde in die
Gänge (tránsitos) über dem Schatzhaus verwiesen; zu Palomino’s
Zeit war sie in dem Gang nach der Encarnacion.
Das Castell von Pamplona.
Ein bisher räthselhaftes Gemälde, welches sicher derselben
Reise des Hofs nach dem Norden seinen Ursprung verdankt,
befindet sich in Apsley House (Curtis 61, Landschaft mit Fort;
etwa 18″ × 24″). Auch hier haben wir eine Vedute, diesmal ein
Castell umgeben von gewaltigen Bergen; eine königliche Einfahrt
im Mittelgrund, und vorn sich verlustigende Gesellschaft bunt
vermischt mit provinziellen Kostümfiguren. W. Burger nennt
sie ein Meisterstück, die Hand ist jedoch nicht die des Meisters,
wol aber seiner Schule. Das Bild ist auf grobe Leinwand gemalt,
trotz des derben Farbenauftrags ist das bunte figürliche und land-
schaftliche Detail charakteristisch bestimmt und erkennbar.
Nun hing zur Zeit Carl II im Durchgang über dem Schatz-
haus eine Ansicht „des Castells von Pamplona, mit Landschaft
und vielem Volk jener Gegenden, dem Einzug König Philipp IV
zusehend, mit dem Wappen von Navarra1).“ Cean Bermudez sah
es noch im neuen Palast im Cuarto del Rey. Vielleicht steckt es
II. 10
[146]Fünftes Buch.
noch in den für gewöhnliche Sterbliche unzugänglichen Magazinen
der Pradogalerie. Diess Gemälde war nun freilich vier Ellen
breit und fast ebenso hoch; kann also das unsrige nicht sein.
Statt des Wappens von Navarra sieht man oben, in einem schwe-
ren Kranz von Blumen und Früchten, gehalten von zwei Flügel-
kindern, ein Schild mit Rad. Das Wellington’sche Stück kann
also nur der erste Entwurf oder eine kleine Wiederholung sein.
Die Veranlassung zu dem Bild war folgende. Im Frühling 1646
hatte sich der König nach Pamplona begeben, um die Cortes von
Navarra abzuhalten, dem Prinzen nach Beschwörung der Statuten
des Reichs huldigen zu lassen und eine Beisteuer von dreihundert
Mann nebst Geld zu erlangen. Da ihm die hartköpfigen Navarrer
das letztere abschlugen, so war er, wie der venezianische Ge-
sandte erzählt, der am 22. Mai in Pamplona eingetroffen war,
am Tag nach der Huldigung zornig nach Saragossa abgereist.
Zur Erinnerung an einen der letzten Momente aus dem Leben
seines einzigen Sohnes wurde auch diess Bild gemalt. Wir er-
fahren noch aus einem Dokument des Palastarchivs (Catalog des
Museums 443), dass D. Francisco de Borja dem König den Maler
Mazo hierzu empfohlen hatte, der mit zweihundert Escudos
Reiseunterstützung dorthin gesandt werden sollte, die Ansicht
von Stadt und Kastell zu malen (á pintar la descripcion de aquella
ciudad y castillo). Auf unserm Gemälde sieht man indess nur
das Castell. Diess stand im Südosten vor dem S. Nicolasthor, an
der Stelle wo im Jahre 1694 die Basilica des heil. Ignaz einge-
weiht wurde. Denn hier war der Punkt, wo im Jahre 1521 die
welthistorisch gewordene Verwundung des guipuzcoaner Hidalgo
D. Iñigo Lopez de Recalde stattgefunden hatte. Wir befinden uns
in einem weiten Thalbecken von sieben Meilen Umfang, mit drei-
facher Krone hoher Berge, die steil abfallen, links in abgespül-
tem zerrissenen Absturz, rechts bewaldet; in meilenweiter Ferne,
über einem Sattel ragt noch ein blauer Bergzug hervor.
Das Fort ist von starken Mauern und Wassergräben um-
geben, im Innern sieht man Gartenanlagen und zerstreute Häuser.
Dicht am Graben von links her führt ein Pfad nach dem
Hauptthor in der Mitte. Auf diess fahren zu zwei Karossen,
1)
[147]Die Conversation.
eine sechs- und eine vierspännige, zwischen dichten Spalieren von
Zuschauern.
Im Vordergrund bewegt sich die farbenreiche Menge. Be-
sonders fällt auf zur Linken ein Kreis von achtzehn Damen und
Herren, die statt an den Händen, an Taschentüchern sich fassend
einen Ringeltanz aufführen. Die spanischen Damen tanzten ge-
wöhnlich mit Handschuhen, nur mit dem König ohne solche, In-
fantinnen mit Granden auf die hier dargestellte Art.
Weiter vorn hat ein Herr in rothem Wams und Federhut
ein curbettirendes Ross bestiegen, umringt von sieben Herren in
schwarzer Hoftracht, darunter vier baarhaupt, vielleicht der Prinz.
In der Mitte des Vordergrunds sitzen drei Damen im Gras, umher
stehen Frauen in navarresischer Tracht, mit weissen tocas ähn-
lich den der römischen Campagnolen. Auch die schmucke
Bäuerin links fehlt nicht.
Die Conversation.
Dass die köstliche Kollektion von dreizehn Bildnissen spa-
nischer Cavaliere in ganzer Figur, im Louvre, nicht spanische
Maler vorstelle, darüber ist kein Wort zu verlieren1). Das
Stück kann überhaupt kaum als selbständiges Bild oder als Skizze
eines Pendants zu holländischen Schützenstücken etwa, betrachtet
werden. Es ist eine Vereinigung von Studien für Zuschauergrup-
pen zu solchen Bildern, wie Saragossa und die Hofjagden, wo
nicht das Fragment eines grossen, verlorengegangnen Gemäldes.
Deutlich sieht man ein Paar dem Hintergrund sich zuwen-
den; einer, der einzige von allen der sich zu einer Aeusse-
rung seiner Gefühle hinreissen lässt, schwenkt den Hut hoch.
Ein andrer (links), der zu den beiden vornehmen Herren eben
hinzugetreten ist, wobei ihm einer vertraulich die Hand auf die
Schulter legt, wird von jenen orientirt. Die Mehrzahl allerdings,
sieben bis acht, kehren wieder dem Schauspiel den Rücken; sie
benutzen die Gelegenheit sich Neuigkeiten, Glossen über die
Personen in der Arena zuzuflüstern: man wendet, auch wenn man
ausser Hörweite ist, dem nicht gern das Gesicht zu, auf dessen
Kosten die Unterhaltung geführt wird.
Die Anordnung dieser müssigen Gesellschaft ist wol ab-
[148]Fünftes Buch.
gewogen, obwol die Verbindung der fünf Ringe die lockerste
ist; keiner bekümmert sich um die Nachbarn in den andern
Gruppen, die in verschiedenen wenn auch geringen Entfernungen
nach der Tiefe zu aufgestellt sind. Man bemerkt von links
nach rechts eine Abstufung des Rangs; dort haben sie meist
den Hut auf dem Kopf und benehmen sich apathischer, sind
auch älter. Das Bild ist eine Urkunde für Anstand und Be-
nehmen des vornehmen Spaniers bei solchen Gelegenheiten, wo
jeder sich als Zielscheibe aller, auch der allerhöchsten Augen
betrachtete. Scheinbare Gleichgültigkeit, welche die andern
Gruppe von Cavalieren.
ignorirt, auf welche doch Haltung, Bewegung, Blick wolberechnet
sind. Der vierte hat die Stellung angenommen, in der der König
öfter sich malen liess1).
Ganz ähnliche Gruppen von Hofgesellschaften, die aber nicht
blosse Studien zu grösseren Gemälden sein können, begegnen
uns auf zwei Bildchen, die aus dem Palast zu Madrid stam-
men sollen, und mit andern zur französischen Zeit von dem
dänischen Gesandten Bourke mitgebracht wurden, wo sie Lord
Stuart de Rothsay im vorigen Jahrhundert sah2). Sie befinden
[149]Gruppen.
sich gegenwärtig in Bowood, dem Landsitz des Marquis of Lans-
downe (Curtis 53 und 54; Waagen, Treasures III, 164).
Die Scenerie dieser Bildchen ist kein Park, sondern Gegend,
obwol die Personen statt in Jagd- oder Reiseanzug, in farbenpräch-
tiger Hoftracht erscheinen. Es sind lauter Bildnisse, und offenbar
in sehr bestimmten Situationen; wie sehr würde ihr Reiz sich er-
höhen, wenn man den Schlüssel zu der Novelle besässe.
Das erste Stück versetzt uns in eine weite Schlucht. Links
ein Abhang, durch Abspülung des Erdreichs entstanden, hier sitzt
eine Frau mit Kind im Gras. In der Ferne ein majestätischer
Gipfel, in gebrochenen Linien, rechts läuft die Landschaft hinter
dunklem Gebüsch in eine Ebene aus, wie eine Meeresfläche. Im
grünen Thal begegnen sich zwei Reiter. Ein Cavalier in hoch-
rothem Wams und Hose, mit weiten gelben geschlitzten Aer-
meln, kommt auf wohlgenährtem gestiefeltem Rappen grad
aus dem Grund zugeritten auf einen zweiten, der ihm gegenüber
hält, dieser mit gezogenem Hut. Er trägt ein hellblaues Wams
und reitet einen Braunschecken. Ein dritter zu Fuss, rechts vorn,
in weitem Lederwams, Reiterstiefeln, hat seinen Federhut auf
einen grossen Stein vor sich gelegt.
In dem zweiten, reicheren Bild sieht man hinter der Wiese
ein schattiges Thal mit glänzendem Wasserstreifen; in der Mitte
ein Bergzug mit tiefem Sattel, an dessen Fuss eine Stadt, in der
Ferne blauer Berg.
Mitten auf der Wiese sitzt eine vornehme Dame im Gras.
Sie trägt einen graugrünen groben Überwurf, welcher die Bestim-
mung unsrer Staubmäntel hat, denn darunter sieht man ein Stück-
chen von dem brennend rothen Kleid mit breiten Goldborten. Ihr
Kopf ist in eine schwarze Mantille gehüllt, in der Rechten hält
sie einen geschlossenen Fächer; die Linke zieht kokett die Man-
tille von einem Auge weg, wobei ein Lichtstrahl auf dieses Eckchen
des Gesichts fällt. Der Blick gilt dem zur Rechten stehenden
Cavalier, der sie anredet. Er trägt ein blassrothes Wams, breiten
fallenden Spitzenkragen; die Linke mit ein paar langen gelben
Handschuhen ruht an der Degenkoppel. Neben dieser Haupt-
person steht etwas abseits und aus dem Bild heraussehend, ein
zweiter junger Herr in blauem starrem Mantel, Stulpstiefeln, den
Hut mit Straussenfeder an der Brust haltend. Nach hinten zu
sitzt neben der jungen Dame eine ältliche, in dunkler Tracht,
eine Dueña, der ein grosser ältlicher Mann mit stark gefaltetem,
interessant hässlichem, olivenfarbigem Gesicht, die weite braune
[150]Fünftes Buch.
capa umgeschlagen, die Hand reicht. Dass die Dame zum Hof
gehört, beweisen die Figuren zweier Hofzwerge in schreiend bunter
Gala zu ihrer Linken. Der Niño de Coria zeigt seine plumpe
Gestalt von hinten; er trägt einen blauen Rock mit breiten
Silbergarnituren, geschlitzte feuerrothe Pumphosen und eben-
solche Aermel; den Kopf dreht er stark nach der Dame um,
auf die er spöttisch hinweist. Neben ihm steht sein College,
nicht grösser, aber wolproportionirt, der dünne Wicht legt
jenem gnädig die Hand auf die Schulter. Wams und Hosen sind
von gelbem Brokatstoff. Im Mittelgrund sieht man noch eine
leicht skizzirte Gruppe.
Die Entstehung dieser Scenen am Hof Philipp IV ist
zweifellos; Jedermann wird Velazquez einfallen, doch zunächst
nur weil die Figuren den von ihm dargestellten Typen ange-
hören. Die Prüfung aus der Nähe zeigt manches Bedenk-
liche. Der durchsichtig graue Ton der Landschaft, die Berg-
formen, der etwas leere Baumschlag sind verdächtig. Die zier-
lichen bunten Figuren vor der hell duftigen, lasirend behandel-
ten Landschaft bringen den Namen Wouwerman in den Sinn; Je-
mand hat an einen berühmten Holländer gedacht, der in Madrid
gewesen ist und am Hof gemalt hat, obwol noch nie etwas von
ihm dort aufgetaucht ist. Beide Bilder sind an allen Seiten, am
meisten oben, erweitert worden; die Linien der alten Vierecke,
knapp um die Gruppen herumlaufend, sind noch deutlich zu
sehen. Die Malerei ist indessen homogen und von Kommarissen
durchzogen. Wohl in Folge einer Uebermalung von fremder,
später Hand, die bestimmt war aus leichten Skizzen galeriefähige
Tableaus zu machen1).
[[151]]
SECHSTES BUCH.
DIE ZWEITE ROMFAHRT.
(1649—1651.)
Veranlassung der Reise — Gemäldehandel in Venedig — In Neapel —
Rom im Jahre des Jubiläums — Beziehungen zur römischen Künstler-
schaft — Der Sclave Pareja — Innocenz X — Die Abgüsse nach
Antiken — Metelli und Colonna.
[[152]][[153]]
Veranlassung der Reise.
Rom hinterlässt nach dem ersten Besuch immer ein Ver-
langen des Wiedersehens, wenigstens bei denen die verdienen
die heilige Stadt zu betreten. Der zweite Aufenthalt ist dann
oft der genussreichste, glücklichste. Dieses Verlangen, die Ahnung
vielleicht, dass ihm hier noch einige der ruhm- und inhaltreichsten
Tage seines Lebens bevorständen, trieb den fünfzigjährigen Maler
noch einmal nach dem Lande, wo er als dreissigjähriger einst zu-
erst dies Glück kennen gelernt hatte, welches kontemplativen Ge-
müthern in Kunst und Alterthum Roms, in der Freiheit eines
Orts wo alles in grossem Stil ist, aufgeht.
Jene erste Fahrt war eine Studienreise gewesen; die zweite
war wenigstens officiell eine Geschäftsreise, der verschwiegene
Beweggrund aber war gewiss, das ihm damals liebgewordene
wiederzusehn; vielleicht auch, bei dem verbesserten Verhält-
nisse Spaniens zum Pabste, Hof und Gesellschaft näher zu
treten, und sich in jener grossen Arena aller Talente als
Künstler zu zeigen.
Der Auftrag, welcher den Vorwand abgab für den langen
Urlaub, hing zusammen mit seiner nunmehrigen amtlichen Stel-
lung als Leiter der theilweisen Umgestaltung des Schlosses zu
Madrid. In den letzten Jahren waren alte Säle neu ausgestattet
und neue Prachträume geschaffen worden. Ihre Ausmalung konnte
oder mochte man Einheimischen nicht anvertrauen, zumal da die
Namen zweier in Italien damals sehr gesuchten Dekorationsmaler
nach Madrid gedrungen waren; auch für das Mobiliar dachte
man dortige Bronzearbeiter in Anspruch zu nehmen. Die neuen
Räume hatten zu einer veränderten Aufstellung des Gemälde-
vorraths Gelegenheit gegeben, einige Säle hatten sich schon
damals in eine wahre Pinakothek verwandelt. Aber der vor-
handene Besitz reichte nicht hin, die dem König vorschwebenden
[154]Sechstes Buch.
oder ihm eingegebenen Pläne auszuführen. „In dieser Stadt,
schreibt Sir Arthur Hopton am 20. Juli 1638, ist kein Stück von
irgend welchem Werth das der König nicht nimmt und sehr gut
bezahlt“; aber man wusste dort wohl, dass Madrid ein sehr be-
scheidener Markt war im Vergleich mit Venedig und Rom. Hier
knüpfte Velazquez an.
„Seine Majestät, schreibt Jusepe Martinez1), eröffnete ihm
eines Tages, dass sie eine Galerie mit Gemälden zu gründen
gedenke, für die er Meister suchen und die besten auswählen
solle“. — Ew. Majestät, erwiderte er, darf keine Bilder haben, die
Jedermann haben kann. — „Wie wäre das anzufangen?“ — Ich
erdreiste mich, o Herr, wenn E. M. mir Urlaub gewährt, nach
Rom und Venedig zu gehn, und alldort die besten Bilder zu
suchen und zu erhandeln, von Tizian, Paolo Veronese, Bassano,
Raphael Urbinas, Parmesano und ähnlichen. Denn es giebt wenig
Fürsten, welche Gemälde dieser Meister besitzen, und am wenig-
sten in solcher Zahl, wie sie E. M. durch meinen Eifer bekommen
wird“.
Um aber jene königlichen Gemächer zu wahren Kunst-
tempeln nach italienischen Mustern umzuschaffen, dazu gehörten
auch Statuen. „Es werde nötig sein, die unteren Zimmer (piezas
bajas) mit antiken Bildwerken zu schmücken. Die welche man
nicht haben könne, werde man abformen und (die Formen) nach
Spanien bringen, um sie dann so vollkommen als möglich aus-
zugiessen.“
Bis dahin hatte das Schloss nur weniges der Art aufzu-
weisen; das Inventar von 1636 giebt am Schluss die Zahl von
58 Statuen, von denen nur ein Theil namhaft gemacht wird: die
im „Garten der Kaiser“ nebst Gang und Gewölbe aufgestellten;
zwölf Bronzestatuetten von Kaisern mit silbernen Lorbeer-
kränzen; drei Pferde im Bibliotheksthurm. Das Inventar Philipp II
enthält 117 plastische Werke, darunter 32 sicher moderne; die
übrigen waren meist Porträtbüsten, nur vier Statuen2); sie sind
zum Theil für die Gärten von Aranjuez und Buen Retiro ver-
wandt worden, wo Ponz noch viele sah (Viage VI, 133).
Am zweiten März 1647 hatte Velazquez den Posten eines
Inspectors und Zahlmeisters des Baus des achteckigen Saals
erhalten. Dieser Saal lag über dem Hauptthor und der neuen
[155]Veranlassung der Reise.
Treppe; man hatte den hier befindlichen „alten Thurm“ abge-
rissen. Sein Vorbild war die Tribune von Florenz, welche dem
Könige aus Erzählungen florentinischer Herrn und Maler wol-
bekannt war. Die Verbindung von Plastik und Malerei war
auch hier der leitende Gesichtspunkt. Philipp IV nannte ihn
selbst seine Tribuna. Als Ferdinand II dem Minister Haro
eine Broncestatuette seines Herrn nebst einem Consoltisch von
florentinischer Mosaik sandte, fand der König soviel Geschmack
daran, dass Don Luis sie ihm verehrte. „Er liess sie, schreibt
der florentinische Gesandte Lodovico Incontri am 30. August 1651,
im Salone ottagono zwischen den beiden Galerien aufstellen, der
gleichsam die Tribune Seiner Hoheit ist (è come la Tribuna di
S. A.). Hier hat der König seine besten Sachen, die Wände
sind bekleidet mit Pilastern und Nischen von Jaspis mit den
besten Statuen“. Als die 16 jährige Königin und die Infantin
Marie Therese ihm die Gewährung einer Expektanz auf diess
Werk abschmeicheln wollten, die erste für die Geburt des Erben,
die zweite für die Vermählung mit Louis XIV, sagte er lachend:
„Ihr macht die Rechnung falsch, denn da das Pferd schon in die
Tribune gestellt ist, bin ich nicht mehr Herr darüber: alles
was hierher kommt, das ist confiscirt für die Krone“1). Die
Gemälde bestanden in mythologischen und Jagdstücken von
Rubens und Snyders, freilich nur Kopien, und zwei verlorenen
Originalen von van Dyck, Bacchus mit Nymphen, Mercur und
Saturn. An der Decke einige musicirende Nymphen von Tintoretto.
Augenscheinlich war der Saal noch für andre Kostbarkeiten als
malerische bestimmt. Unter den Statuen sah man den Dorn-
auszieher, den schon Philipp II besass, und die sieben Planeten
von Bronze, die Ferdinand in den Niederlanden erbeutet hatte.
Da nicht zu hoffen war, dass sich Gelegenheiten zum Er-
werb griechischer Originale finden würden, so beschloss man, sich
Abformungen der gefeiertsten, gerade damals durch Kupferwerke
[156]Sechstes Buch.
in weite Kreise getragenen Meisterwerke römischer Museen zu
verschaffen, und davon Abgüsse in Bronze nehmen zu lassen.
Mit einem ähnlichen Auftrage war ein Jahrhundert früher
der Maler Primaticcio von Franz I nach Italien gesandt worden
(1543). Er hatte dort in kurzer Zeit 125 Statuen, Torsen und
Büsten zusammengebracht und die besten Antiken Roms von
Jacopo Barozzi da Vignola und Franz Libon abformen lassen.
Ausser dem Marc Aurel und der Trajanssäule, werden der Lao-
coon, der Apollo, die Venus, die Cleopatra, Nil und Tiber ge-
nannt. Die von diesen Meistern in Paris ausgeführten Bronze-
abgüsse zeichneten sich durch Leichtigkeit und Reinheit aus.
Möglich dass Vasari’s Nachricht von dieser ältesten für Fon-
tainebleau bestimmten Kopiensammlung (Vite XIII, 3 ff. IX, 80)
die Anregung zu unserm Plan gegeben hat.
Dass Velazquez eine Sammlung von Abformungen antiker
Werke beantragt und zum Zwecke ihrer Herstellung nach Rom
gegangen ist, ein Vorläufer also seines 120 Jahre später gekom-
menen Nachfolgers Raphael Mengs, das wird viele seiner Ver-
ehrer und Anfechter befremden. Die am Ende dieses Jahrhun-
derts allerwärts auftauchenden Gypsmuseen stehen im Zusammen-
hang mit dem Sinken des malerischen Sinnes, mit dem zweifelhaften
Geschmack der Gérard de Lairesse und van der Werff. Rumohr
fand, „dass nach dem Aufkommen der Antikensäle zu Antwerpen
(1680) und Amsterdam (1700) in den dortigen Schulen von jener
Feinheit des Gesichtssinnes, welche ihre frühern Arbeiten so
ungemein auszeichnete, in Kurzem jegliche Spur verschwindet“
(Drei Reisen S. 59). In Spanien war diese Gefahr kein Geheim-
niss; eben jener Martinez bemerkt (a. a. O. 4), „die Zeichnung
werde durch solche Studien hart, trocken und höchst unerfreu-
lich für’s Auge.“ Indess dürften diese der jetzigen Zeit so fatal
gewordenen afterklassischen und antimalerischen Manieren des
folgenden Jahrhunderts doch weniger eine Wirkung der eifriger
studirten Antike sein als des schon eingetretenen Marasmus, der
von solchen Transfusionen Verjüngung der Säfte erhoffte. Die na-
türliche Widerstandskraft der gebornen Maler früherer Jahrhun-
derte brauchte solche Ablenkungen nicht zu fürchten.
Man findet die Behauptung ausgesprochen, der Zweck dieser
Anschaffungen und der Reise sei die Herstellung des Apparats
für eine projektirte Malerakademie gewesen. Allein dies ist nichts
als eine Vermuthung, wahrscheinlich darauf gebaut, dass in der
Folge Ausgüsse nach Velazquez’ Abformungen in die unter Phi-
[157]Veranlassung der Reise.
lipp V gegründete Akademie übergingen. Ein solches Institut
war bereits unter Philipp III angeregt worden, nach Jusepe Mar-
tinez von Vicencio Carducho, auf dessen Antrieb im Jahre 1619
die Maler der Hauptstadt ein Memorial mit Statuten einreichten.
Der Plan wurde bald nach dem Regierungsantritt seines Sohnes
wieder zur Sprache gebracht und von Olivares begünstigt; man
hatte ein Programm entworfen, mit Lehrvorträgen, Preisen,
Graden, in öffentlichen Akten zu ertheilen; die Ausführung, der
auch die Cortes von Castilien sich günstig zeigten, scheiterte an
den „Sondermeinungen“ der Maler.
Unser Maler verliess Madrid im November 1648. Da in
Catalonien noch der Krieg tobte, Barcelona in den Händen der
Franzosen war, in Alicante, Valencia und Sevilla aber die Pest
wüthete, so geschah die Einschiffung in Malaga, am 2. Januar 1649.
Auch der venezianische Gesandte Basadonna musste ein Jahr
vorher diesen Weg nehmen, um von Venedig nach Madrid zu
kommen, er brauchte 68 Tage. Die Seefahrt war nicht ohne
Gefahr. Im Frühjahr 1650 erbeuteten französische Piraten ein
spanisches Schiff mit dem Secretär Don Juans und Depeschen
des Nuntius, auf der Fahrt von Alicante nach Genua. Der Bastard
Philipp IV rüstete in Neapel eine Flotte mit der Absicht, die
Franzosen aus Elba zu vertreiben, Longone und Piombino zu
nehmen.
Velazquez schloss sich dem spanischen Botschafter an, wel-
cher nach Trient wollte, um dort die neue Königin Marianne
von Oesterreich zu empfangen. Es war Don Jayme Manuel
de Cardenas, Herzog von Náxera y Maqueda. In Folge widriger
Winde konnte man erst am 11. Februar in Genua landen.
Auch diessmal verweilte Velazquez nur als Durchreisender
in Genua. Ueber Mailand und Padua eilte er nach der Lagunen-
stadt. Nicht einmal der bevorstehende festliche Empfang seiner
jungen Königin in Mailand, in dessen Zurüstungen er hineinkam,
konnte ihn bewegen, in der Hauptstadt der Lombardei länger zu
bleiben als hinreichte, dem Abendmahl Leonardo’s und den
Kirchen einen Blick zu schenken. So überliess er die Gunst, ihr
erstes Bildniss als Spaniens Königin zu malen, einem Fremden,
Justus Sustermans, dem florentinischen Hofmaler, der mit dem
Cardinal Joh. Carl von Medici nach dem Grenzort Finale ge-
kommen war. Diess Bildniss nahm sie mit nach Madrid.
[158]Sechstes Buch.
Gemäldehandel in Venedig.
Unter den Hochgeborenen aller Nationen, welche damals
Venedig als einen der ersten europäischen Vergnügungsorte
aufsuchten, gab es nicht wenige, die für Gemälde Geld aus-
gaben. In diesem Artikel war die Königin der Meere der erste
Platz, auch weil die venezianische Schule im siebzehnten Jahr-
hundert in der allgemeinen Werthschätzung oben an stand. Den
Malern Italiens und des Auslands folgten die Potentaten: Carl I
von England, Philipp IV, Ferdinand II von Toscana, Christine
von Schweden, der Erzherzog Leopold Wilhelm, sie alle waren
am begierigsten nach venezianischen Gemälden. Um diese Zeit
erschienen dort persönlich der Herzog Franz II von Modena
(1648); der 23 jährige Anton Ulrich von Braunschweig (1656), der
Marchese Carl II von Mantua (1660), Schwager Ferdinand III.
Der holländische Maler Daniel Beck kam als Agent der schwe-
dischen Königin, er gab zu verstehn, sie habe hochfliegende
Pläne (concetti grandi). Man hörte von zwei Malern die der
Kaiser senden werde. „Von allen Seiten, sagt Marco Boschini,
dessen Gedicht dem Erzherzog Leopold gewidmet ist, kommen
die Jäger und spannen ihre Netze aus, ohne Maass das Gold
ausstreuend, unsre Kleinodien zu entführen:
Wenn jedoch Velazquez geglaubt hatte, dass man dort nur
mit vollem Beutel auf dem Platz zu erscheinen brauche, um An-
gebote von Tizians und Paolos zu bekommen, so täuschte er
sich. Die Sachen warteten nicht auf die Käufer; diese mussten
mit viel Geduld auf die Sachen warten. Von Tizian kam kaum
eine Historie mehr vor; ein Bildniss tauchte zuweilen auf und
erzielte, wenn mit Händen, 100 Dublonen, 200 Silberdukaten.
Ein solcher Doge (vielleicht Landi † 1545) war der Hauptmagnet
im Studio des Senators Landi, welches die Widman 1656 für
3200 Dukaten kauften.
Man musste dort leben, oder einen Agenten haben, halb
Liebhaber halb Kaufmann, von ungeheurer Erfahrung, der auf
der Wacht stand, die Finanzklemme eines Nobile, die Säcu-
larisirung eines Klosters, die Anwandlungen einer Aebtissin oder
[159]Gemäldehandel in Venedig.
eines Pfarrers abpasste, zu dem die Bildershylocks Vertrauen
hatten und der sich nicht zierte, ihnen maskirt in einen alten
Palast zu folgen. Von den ungezählten Kennern, welche dort
apokryphe Leonardos, Correggios, Holbeins, Giorgiones ent-
deckten, erzählt die Chronik nur gelegentlich. Der grosse Peter
von Cortona selbst kaufte damals einen falschen Paolo für den
Cardinal Bichi1). Wer aber einen solchen geriebenen Agenten
hatte, der konnte wol in zwanzig Jahren mit fürstlichem Geld
eine fürstliche Collektion zusammenbringen. Ein solcher war
Niccolò Rinieri, der schöne Paolos und Bassanos besass; und
Paolo del Sera, ein reicher Kaufmann und Sammler, der ein
Haus am Canal grande bewohnte, und vordem bei dem Prete
Genovese malen gelernt hatte. Er war der Agent Ferdinand II
von Toscana, und erhielt stets die allerersten geheimsten Offer-
ten. Aber selten kamen Fremde, welche die Preise dieser Herrn
bezahlen mochten, Sera wollte wie er selbst sagte, eine offerta
da Rè für sein Studio. Der Erzherzog Leopold hat sie ihm ge-
macht. Kurz vor der Ankunft des Velazquez (1647) verkauft einer
der drei Söhne und Erben des Vincenzo Grimani Calerge eine
Tapisserie nach raphaelschen Zeichnungen einem Genuesen, für
die früher Graf Arundel zehntausend Dukaten geboten hatte.
Von den Erwerbungen des spanischen Malers nennt Palo-
mino vier Gemälde; das beste ist wol ein Paolo, Venus und
Adonis (Prado 526), ein öfters von ihm gemalter Gegenstand;
zwei Temperabilder aus dem Leben Christi, das eine, die Heilung
des Blinden, „ein Wunder der Kunst“, wagte er nicht der Ge-
fahr des Transports auszusetzen. Von Tintoretto brachte er mit
die Bekehrung des Paulus(?), ein Deckengemälde aus der Ge-
schichte Mosis, die Reinigung der Töchter der Midianiter (415),
endlich eine figurenreiche Glorie (428), die ausgeführte Skizze
seines Hauptwerks im Gran Consiglio. Boschini, der ihn damals
kennen lernte und in der Carta del navegar pitoresco als Spiegel
eines vornehmen, einnehmenden Cavaliers schildert:
(S. 56 f.)
bemerkt, dass ihm diese das liebste gewesen sei; er traf
[160]Sechstes Buch.
ihn eines Tags im Dogenpalast vor dem Bilde, in Bewun-
derung der kunstvollen Anordnung, der Lebendigkeit der zahl-
losen Figuren des Riesenwerks verloren. „Dieses Gemälde all-
ein, sagte er, reichte hin jeden Maler unsterblich zu machen;
es scheine das Werk eines Menschenalters“.
Der schwärmerische Glasperlenhändler berichtet ferner,
dass er im Ganzen für fünf Gemälde 12000 Scudi ausgegeben
habe; aber er nennt ausser dem „Paradies“ zwei Tizians und
zwei Paolos. Die Ernte scheint ihm etwas dürftig; aber — no
se trova de comprar più niente.
Dass Velazquez indess bei jener Versicherung dem Könige
gegenüber einen richtigen Instinkt gehabt hatte, geht aus den
Ereignissen des Bildermarktes der nächsten Jahre hervor; er kam
leider etwas zu früh.
Als nämlich die Serenissima im Jahre 1657 zur Bestreitung
des Türkenkriegs die Authebung der beiden Orden der Kreuz-
träger und des heil. Geistes nebst Einziehung ihres Vermö-
gens beschlossen und auch von Alexander VII erlangt hatte,
schienen ganz unerwartet einige der ersten Meisterwerke frei zu
werden.
Die Canonici von S. Spirito besassen zwei Altarbilder Ti-
zians, die späte Ausgiessung des h. Geistes über dem Hochaltar,
das unschätzbare Jugendwerk des hl. Marcus mit den vier Hei-
ligen, und an der Decke drei alttestamentliche Mordgeschichten.
Die Crociferi hatten im Refectorium die Hochzeit zu Cana von
Tintoretto (1561), ein Wunder von goldnem Licht, voll der
liebreizendsten blonden Frauenköpfe. Noch vor der Veröffent-
lichung der Authebungsbulle hatte der Provinzial und Prior des
letztern Ordens, Pater Barbaro, dem Paolo del Sera durch den
gemeinschaftlichen Barbier und Gemäldesensal dieses Cenacolo
für Florenz zum heimlichen Verkauf angeboten (März 1656).
Freilich verlangte er 4000 Silberscudi, während der Grossherzog
nur 1500 Piaster ausgeben mochte. Darüber kam die Bulle aus,
und die Regierung inventarisirte die sämmtliche Habe. Die fünf
Bilder Tizians wurden der Kirche und Sakristei der Salute be-
stimmt, wo sie sich noch jetzt befinden. Der Kampf um die
Hochzeit des Tintoretto war hartnäckiger. Der Nuntius Carlo
Caraffa selbst legte ein Wort ein bei den Prokuratoren von
S. Marco, die Paolo del Sera auf 2500 Dukaten oder 1666⅔ Pia-
ster herunterbrachte. Aber der Patriotismus war bereits auf-
gestört; die Prokuratoren Pesaro und Bragadin wollten bis zu
[161]In Neapel.
3000 Dukaten gehn; die Maler erhoben das Bild, es sei 10000
werth; so kam auch dieses in die Salute.
Da that sich die glänzendste Aussicht von allen auf. Im
Oktober 1618 erschien der Hebräer Ventura Salomon als Makler
des Padre Maestro der Serviten, mit dem Angebot der grössten
Leinwand des Paolo, des Gastmahls des Pharisäers im Refek-
torium des Ordens. Man verlangte 10000 Dukaten, vielleicht
wäre man auf 8000 heruntergegangen; der Jude erhielt fünf Pro-
cent. Die Regierung werde wol ein Auge zudrücken. Paolo
del Sera hielt es für unmöglich, dass die Stadt ein solches Werk
fortlassen werde. Auch dieser Ankauf scheiterte wahrscheinlich
an der Knickerigkeit der Florentiner; die Serenissima schenkte
das Bild sieben Jahre später Ludwig XIV.
In Neapel (1649).
Kaum in Rom eingetroffen, musste sich Velazquez nach
Neapel begeben, um seine Empfehlungsbriefe an den Vicekönig,
Grafen Oñate abzugeben. Sie enthielten die königliche Weisung,
ihn mit allem nöthigen für seine Zwecke in der freigebigsten
Weise zu unterstützen1). Was mit diesen Zwecken gemeint sei,
darüber giebt uns einen Wink die Notiz Passeri’s2), wonach ein
neapolitaner Bildhauer mit den in Aussicht genommenen pla-
stischen Arbeiten beauftragt worden ist. Julian Finelli aus Carrara
sei in der Folge von dem Herzog von Terranova (das ist Oñate)
nach Rom geschickt worden, um die Abformung der Antiken
in Gyps, sowie den Bronzeguss eines Theils derselben, nebst
denen einiger seiner eigenen Modelle und der zwölf vergoldeten
Bronzelöwen zu besorgen. Letztere waren bestimmt für Marmor-
tische; man begegnet ihnen oft auf Bildnissen der Folgezeit,
z. B. Carl II von Carreño. Diese Sendung sei allerdings erst im
Jahre 1652 erfolgt; Velazquez hätte also diese Antiken nur aus-
zuwählen gehabt. Finelli war derselbe, welcher die Statuen Mon-
terey’s und seiner Gemahlin für Salamanca gearbeitet hatte;
seine Gunst bei dem Grafen war ihm nach Passeri in der
Folge von grossem Nutzen3). Monterey wird ihn Velazquez
II. 11
[162]Sechstes Buch.
empfohlen und überhaupt letztern über dortige Verhältnisse
orientirt haben.
Neapel war damals die ausgiebigste Fundgrube der Spanier
für italienische Kunstwerke. Noch giebt es spanische Kirchen,
wo man sich nach Neapel versetzt glaubt, z. B. die Colegiata
von Osuna, die Kirche der barfüssigen Augustinerinnen zu
Salamanca; auch im königlichen Schloss war von den italienischen
Schulen der Gegenwart diese fast allein vertreten. Für jene
Stiftung des ehemaligen Vicekönigs Monterey in der alten
Universitätsstadt haben ziemlich alle hervorragenden Maler
Neapels (und auch das Kunstgewerbe) beigetragen; ein grosser
Theil der Gemälde war freilich in der Clausur, und das Beste
hiervon ist vor einigen Jahren nach Paris entführt worden.
Bei dieser Gelegenheit besuchte er zum zweitenmale Joseph
Ribera. Zwanzig Jahre waren seit der ersten Begegnung ver-
flossen, für beide die grössere und wichtigere Hälfte ihrer Künst-
lerlaufbahn. Nur Ribera war an der Staffelei noch unwandelbar
derselbe wie damals. Welche Reihe von Schöpfungen waren
in diesen zwei Jahrzehnten aus dem Hause gegenüber S. Fran-
cesco in ferne Länder gesandt worden. Da war die grosse
Concepcion, gemalt für denselben Monterey im Jahre 1635, die
Lieblingsdarstellung der katholischen Spanier, ein Gegenstand,
der zu den landläufigen Vorstellungen von seinem Talent so wenig
stimmte. Auf diese Apotheose der heiligen Jungfrau folgte (1637)
das unerreichte Bild tiefsten Seelenleidens in der Pietà von
San Martino, einem Werk, neben dessen Ernst und Majestät des
Schmerzes alle Darstellungen des Jahrhunderts zu Schauspielerei
verblassen. Dann waren die aufregenden Jahre gefolgt, wo
Domenichino dort erschienen war, um den Neapolitanern zu lehren
was monumentale Malerei sei. Ribera hat ihm seinen Auftrag
nicht streitig gemacht, denn er war kein Frescomaler. Aber er
wollte doch zeigen, dass ihm das, was jene Norditaliener als
Monopol ihres vornehmen Stils betrachteten, ebenso zu Gebote
stand, wenn er wollte. Damals malte er die heilige Familie mit
der hl. Katharina für Genua (1643), jetzt in Stratton Park in Eng-
land. Es ist eine trauliche Familiengruppe, die beiden Frauen
von einer Feinheit und Adel der Linien, einer Hoheit, Anmuth
und gehaltenen Innigkeit, die es schwer macht sich von dem
Bild zu trennen. Im folgenden Jahre wurde ihm das Kreuz des
päbstlichen Christusordens verliehen. Das Jahr 1646 brachte ihm
eine künstlerische Genugthuung. Er erhielt eine der Altartafeln
[163]In Neapel.
der vielumstrittenen Kapelle des Tesoro, die Marter des heil.
Januarius; sie steht hier wie ein Dokument, vielsagend ge-
genüber den schwachen Machwerken des Domenichino darüber
in den Zwickeln der Kuppel. Hier, wo die Gegner ein finstres
Henkerstück erwartet hatten, gab er eine verklärte, ruhig trium-
phirende Gestalt, ein lichtes Farbengedicht.
Aber dann hatte das Schicksal, nachdem es ihm fast ein
Menschenalter lang treu geblieben, einen niederschmetternden
Schlag für ihn in Bereitschaft. Er hatte zwei liebliche Töchter,
deren Züge uns so oft in seinen heiligen Frauen begegnen. Die
jüngere, Maria Rosa, blühte damals in vollster Jugendschönheit.
Noch im Jahre 1646 hatte er ihr Gesicht für ein sehr grosses Ge-
mälde der Purisima als Modell benutzt. Hier hatte er den Ver-
such in schatten- und farblosem Licht zu malen, bis zur Ueber-
spannung getrieben. Diess Bild war bestimmt für Madrid, für
den Hochaltar des Klosters der h. Isabella, dessen neue grosse
Kirche seit sieben Jahren im Bau begriffen war.
Im Jahr darauf brach der Aufstand des Masaniello aus, und
der natürliche Sohn des Königs, Don Juan de Austria II wurde
nach Italien gesandt. Während seines bewegten Lebens in Neapel
wurde er auch mit dem Hofmaler bekannt, der sein Reiterbild-
niss aufnahm und durch eine Radirung vervielfältigte (1648). Diese
erste und einzige Berührung mit einem Mitglied des Herrscher-
hauses wurde für Ribera verhängnissvoll. Er hatte von Spanien,
seinem Heimathland, nie Gutes für sich erwartet und so schon
vor Jahren sich ausgesprochen. „Spanien, pflegte er zu sagen,
ist eine zärtliche Mutter für Fremde, und eine harte Stiefmutter
der eignen Kinder.“ Deshalb wollte er nie Neapel verlassen:
„Wer sich wol befindet, der rühre sich nicht vom Fleck“1).
Maria Rosa fiel den Verführungskünsten des jungen Prinzen zum
Opfer. Dieser brachte sie in ein Kloster zu Palermo. Der
Schmerz des strengen Vaters soll an Verzweiflung gegrenzt ha-
ben. Er verfluchte sich selbst, denn seine Eitelkeit war die Ver-
anlassung gewesen, dass der Bastard seine Tochter kennen lernte;
er hatte sich die Freiheit genommen, ihn zu einer Abendunter-
haltung eingeladen. Die Ueberlieferung sagt, er habe sich in
ein Landhaus am Posilipp zurückgezogen, und sei bald darauf
[164]Sechstes Buch.
verschwunden. Allein seine Gemälde, noch bis 1652 signirt, und
dieser Besuch des Velazquez bezeugen, dass er den Fall seines
Glücks um einige Jahre überlebte. Die Werke aus diesen
Jahren sind von einer Reife der Durchbildung und Tiefe der
Empfindung, die beweisen, dass der Kummer seine Geisteskraft
nicht gelähmt hatte. Der heil. Sebastian im Museum zu Neapel
ist die letzte und geläutertste Wiederholung dieses von ihm oft
dargestellten Stoffs, hier aber wird der Tod zur Verklärung.
In den Hirten des Louvre scheint er einen Trost darin gesucht
zu haben, die Züge der für ihn Verlorenen in der nach oben
blickenden Maria sich noch einmal hervorzurufen. Dann aber
wurde die grosse Kommunion der Apostel in San Martino sein
Schwanengesang. Diess ist seine gestaltenreichste und kunst-
vollste Komposition, ein Werk, in dem die Eindrücke seiner
Jugend von tizianscher Farbenherrlichkeit noch einmal aufleuchten:
ein Ausdruck der nationalen sakramentalen Devotion, in Wahr-
heit und Tiefe der Empfindung, in Würde und Feierlichkeit der
Geberden unerreicht1). ---
Dem unseligen Verhältniss entspross eine Tochter, welcher
der Vater in der Folge durch Vermittlung des Pater Nithard den
Eintritt in das königliche Barfüsserinnenkloster in Madrid ver-
schaffte, wo so viele Damen des habsburgischen Hauses lebten
und starben2).
In jenem Altargemälde von S. Isabel zu Madrid wird Jedem
mit Ribera’s Art Vertrauten die Fremdartigkeit des banalen Ge-
sichts der Maria auffallen. Wir wissen aus Palomino (III, 312),
dass es Claudio Coello übermalt hat, weil die Nonnen an der
Porträtähnlichkeit mit des Malers Tochter Aergerniss nahmen.
Nun wird der uns ja auch in Deutschland aus der Dresdener
Magdalena bekannte Kopf der Maria Rosa gewiss keinem Un-
befangenen ein unpassend gewähltes Modell einer Heiligen schei-
nen, ja kaum den Eindruck des Porträtartigen machen. Wie
sollte man also in Madrid nach so vielen Jahren daran Anstoss
[165]Rom im Jahre 1650.
genommen haben, wo das längst verstorbene Mädchen ganz un-
bekannt war. Dieses Aergerniss erklärt sich nur, wenn den
Nonnen der Ursprung der Excelentisima Señora in den Descalzas
reales verrathen, wenn ihre Aehnlichkeit mit diesem Marienbilde
bemerkt worden war, zu der Maria Rosa gesessen hatte.
Rom im Jahre 1650.
Velazquez traf in der ewigen Stadt ein am Vorabend des
grossen Jubiläums, das in Folge der endlich zu Stande gebrach-
ten Auslöschung des Kriegsbrands ungewöhnlich zahlreich be-
sucht wurde. Wir wissen nicht, ob diese Pilgerschaaren es als
ein Friedensfest empfunden haben; der Pabst hatte den Welt-
friedensschluss mit der Bulle vom 23. November 1648, der Decla-
ratio nullitatis beantwortet. Aber von allen Ländern waren die
Bruderschaften herbeigeströmt; auch die Prinzen Leopold und
Matthias von Toscana, Marie von Savoyen, Tochter der Catha-
rina von Oesterreich, waren erschienen. Neben ihnen bemerkte
man viele finstre Gestalten aus dem südlichen Reiche, die nach
der Niederwerfung des Aufruhrs in den Kirchenstaat überge-
treten waren, und zuweilen Raubeinfälle ins Neapolitanische ver-
anstalteten. Im Colosseum hauste längere Zeit eine Bande. In
Rom fanden sie Schutz im Palast des französischen Gesandten;
denn diese Herren dehnten ihr Asylrecht auch auf die Nachbar-
häuser, ja auf die ganze Strasseninsel aus. Dort standen solche
„Masanielli“, wie man sie nannte, zu hunderten. Der Cardinal
Barberini, der 1648 die erste französische Perrücke nach Rom
brachte, hiess nun il prencipe di Casa Masaniello. Den Zorn des
römischen Volkes entfachten die spanischen Werber, welche mit
Erlaubniss der Regierung auf gewaltthätige Weise ihr Geschäft
betrieben. Sie vergriffen sich sogar an den Pilgern; allein die
Bauern, mit ihren silberbeschlagenen Stöcken, waren handfeste
Leute, und als einmal ein Trupp dieser Frommen mitten auf dem
Petersplatz angegriffen wurde, überwältigten sie mit Hülfe von
Volkshaufen des Borgo die Werbeoffiziere und schleppten sie
ins Gefängniss. Pasquin drohte: Auch in Rom werden Masanielli
geboren. — Kurz, das heilige Rom war ein klassischer Platz für
Studien von Soldatenstücken. Die Katastrophe von Neapel hatte
überhaupt das italienische Nationalgefühl tief aufgeregt. Die
Stellung der Spanier in Rom war nicht angenehm. Der Pabst
[166]Sechstes Buch.
selbst war von Herzen ein guter Italiener. Bei Gelegenheit des
venezianischen Kirchenstreits hatte er einmal ausgerufen: „Es ist
unmöglich, dass Geistliche je den Dienst ihres Vaterlands ver-
gessen; die Stimme der Natur ist zu stark. Wir selbst haben
es erfahren, als wir von Spanien zurückkehrend bei Nacht in
dieser Stadt ankamen: wir eilten das Fenster unsers Palasts
zu öffnen, um uns im Anblick der Piazza Navona und des Pas-
quino der Wiederkehr ins Vaterland zu freuen“1). Er hatte die
blutige Härte des Don Juan de Austria als unpolitisch und un-
menschlich getadelt. Die Macht der Dinge drängte ihn von den
Spaniern ab. Mit Ingrimm sahen die letztern den Boten des
Klerus von Portugal, bald auch den des „Tyrannen“ (so nannten
sie Johann IV) über den Corso fahren; es kam zu blutigen Zu-
sammenstössen. Auch am Hofe war man ihnen gram. Als der
spanische Agent Ameyden, von den während der ersten Audienz
des Herzogs von Arcos im Vorsaal versammelten Prälaten und
Cavalieren nach dessen Charakter befragt, ihn „rein von Händen,
streng (justiciero, so hiess beim Volke Peter der Grausame)
und höflich“ genannt hatte, bekam er zu hören: die beiden ersten
Eigenschaften habe man wohl bisweilen an den Spaniern be-
merkt, die dritte aber noch nie2).
Uns liegt ein Kupferstich des Dominique Barrière aus Mar-
seille im Geschmack Callot’s vor, der aufs treuste eine Scene
dieses Jahres vergegenwärtigt, bei der man sich auch Velazquez
als einen der Haupttheilnehmer denken darf. Es ist eine Dar-
stellung des Festes, welches am 17. April in der Morgenröthe
des Ostertags, die 1579 gestiftete Cofradia de la gloriosa resur-
reccion veranstaltete. Oder eigentlich die spanische Colonie, an
ihrer Spitze der Gesandte und Ferdinand Brandano, oficial mayor
der päbstlichen Secretaria, den Velazquez auch porträtirte. Die
Perspective zeigt die ganze Piazza Navona, von der südöstlichen
Ecke aus gesehn. Dieser volksthümlichste Platz Roms, seit 1477
Marktplatz, verdankt seine jetzige Gestalt dem Pabst Innocenz X,
hier war sein Geburtshaus. Zur Linken fällt am breitesten ins
Auge ein moderner Palast; er hatte, wie Sandrart (S. 200) er-
zählt, „sein gewesenes Wohnhaus, sammt vielen andern noch
daneben, bis alla Madonna della Pace abbrechen und dahin den
[167]Rom im Jahre 1650.
majestätischen Bau, genannt Palazzo Pamfilio mitsammt der
Kirche bauen lassen.“ Zur Kirche S. Agnese wurde indess erst
zwei Jahre später der Grundstein gelegt. Der Obelisk, auf dessen
Inschrift 1651 steht, ist bereits aufgerichtet. Der alte Circus
agonalis war von dem Römer Carlo Rainaldi, dem Sohne des
Erbauers des Palasts, zu einem Peristyl von laubumwundenen Pfo-
sten mit Spitzgiebeln umgeschaffen worden, in dem zweitausend
Lichter brannten. Den Obelisken umschloss ein vierthürmiges
Castell, auf dem die Musikchöre standen; andre vier befanden sich
auf den Bühnen in der Peripherie. In der Längenachse flankirten
diese guglia zwei nachgeahmte Nadeln, die Feuergarben empor-
strahlten; die Thürme des Collegio Romano und der Anima antwor-
teten. Diese zahllosen Lichter gewährten im Glanz des Morgens
ein eigenes Schauspiel: die Luft schien mit aufgelöstem Gold ge-
sättigt. Da wo später der von Bernini modellirte Brunnen des
„Tritone pesce“ oder Neptun hinkam, und am gegenüberliegenden
Ende erhoben sich zwei Triumphbogen, gestiftet von den Ca-
stiliern und Aragonesen, bekrönt mit Obelisken und Kuppeln,
die an die spanische Königskrone erinnerten; in dem einen stand
eine Statue des Auferstandenen, in dem andern die der Maria,
der er am Ostermorgen erscheint.
Links an der Stelle, wo sich bald darauf die Fassade von
S. Agnese, ein Werk jenes Rainaldi und des Borromini erhob,
hatten drei treugebliebene Portugiesen einen Altar mit dem
Wappen ihres Landes errichtet. Zur Rechten sieht man die
Renaissancefassade der einstigen spanischen Nationalkirche von
S. Jago und Ildefonso. Aus ihr tritt die Procession, eröffnet
durch den Gesandten, Herzog von Infantado, und bewegt sich in
der Umrisslinie des alten Cirkus an den Häusern her. Die An-
dacht wird sie nicht verhindern, die Blicke nach den Balkons
des Palasts Pamfili zu wenden, die man von dichten Reihen
Damen besetzt sieht. Unter ihnen befindet sich die grösste
Merkwürdigkeit Roms, die Schwägerin Seiner Heiligkeit, die
Papessa (wie sie Pasquin nannte): Donna Olimpia Maidalchini1).
Das Jubiläum hatte Bewegung auch in die Künstlerwelt
gebracht. In den letzten Zeiten war angestrengt für Eröffnun-
gen und Enthüllungen gearbeitet worden. Obenan stand die
Modernisirung des Innern der Laterankirche durch Borromini;
man rühmte, dass er ohne an Mauern und Grundriss zu rühren,
[168]Sechstes Buch.
und heilige Alterthümer schonend, diese Halle so viel lichter,
reicher, gefälliger gemacht habe. Auch den Bau von S. Ignazio
mit der Fassade von Algardi gelang dem Fürsten Ludovisi
zu vollenden. S. Peter hatte den Marmorfussboden und die
Marmorbekleidung der Seitenschiffe mit den Pamfili’schen Tau-
ben und das Attilarelief erhalten. Endlich wurde das Kapito-
linische Museum eröffnet, womit der vor fast einem Jahrhundert
von Michel Angelo gemachte Entwurf des neuen Kapitols end-
lich zur Ausführung kam.
Sonst waren die sparsamen Zeiten der Pamfili eher magere
Jahre für die Künstler, welche die Barberini und ihre freigebige,
auch persönlich wolwollende Protektion vermissten. Der gegen-
wärtige Neffe, Camillo, ein Jahr Cardinal, dann durch seine Ver-
mählung mit der reichsten Erbin Roms, Olimpia Aldobrandini, wie-
der der einzige Stammhalter des Hauses, gab zwar mehr als alle
Malern und Bildhauern zu thun, aber er war in Geldsachen peinlich;
er hat mit Mola über ein Honorar processirt. Die Eingebungen
kamen überall von seiner Mutter, welche die Schnüre des päbst-
lichen Säckels in festen Händen hielt. Deshalb stand oben an
was dem Glanz des Hauses diente; die Piazza Navona mit Palast,
Kirche und Brunnen, und die Villa Bel Respiro auf dem Jani-
culus, die gleich nach der Thronbesteigung unter Oberleitung
Algardi’s begonnen wurde: diess war der schönste und grösste
Garten des Jahrhunderts. Den Palast alldort überliess Algardi
seinem Landsmann Gio. Francesco Grimaldi.
Der Pabst zeigte zwar gelegentlich lebhafte Empfindung
und zutreffendes Urtheil in Kunstsachen; allein er machte sich
aus Malern sowenig als aus Schöngeistern; er lasse sich nicht
gern ein mit den Malern, sagte er, er habe immer nur Verdruss
und Täuschungen mit ihnen erlebt.
Beziehungen zu Roms Künstlern.
In der römischen Künstlergemeinde waren auch damals alle
erdenklichen Typen vertreten, — Zigeuner, Cavaliere, Idealisten
und Sonderlinge. In Passeri’s Buch1) sieht man sie nicht nur
[169]Beziehungen zu Roms Künstlern.
malen, sondern auch gehn und hört sie sprechen. Unter den
erstern gab es solche menschenscheue Melancholiker wie den
armen Pietro Testa (aus Lucca, geb. 1617), il Lucchesino, dessen
Leiche am Aschermittwoch des Jubeljahres im Tiber gefunden
wurde; ein geistreicher Radirer und Ideenmaler, der nicht malen
konnte1). Ferner der ungebildete und durch seinen Geiz sprich-
wörtlich gewordene Bataillen- und Genremaler Michelangelo
Cerquozzi (geb. 1602), der die von Peter van Laer aufgebrachten
Bambocciaden kultivirte; und der Römer Angelo Caroselli, der
den Caravaggio und andere täuschend nachahmte, sich wie ein
Lazzarone trug und seine glattvollendeten Stücke in Gesellschaft
lustiger Dirnen malte. Guercino, der eigentlich auch zu dieser
Klasse gehörte, hatte sich längst in sein Nest Cento zurückgezo-
gen, wo ihn Aufträge aus allen Ländern zu finden wussten. Den
Uebergang zu der zweiten Klasse bilden die Renommisten und
Eisenfresser, wie der Bildhauer Francesco Baratta aus Massa, der
mit der Bravour der Söhne Carrara’s den Marmor traktirte. Er
arbeitete damals mit dem Franzosen Claude Adam (dem ältesten
dieser Bildhauerfamilie) und zwei Italienern an den vier kolossalen
Flussgöttern für den Brunnen der Piazza Navona.
Dann die Hofkünstler und Ritter, die wie Algardi mit dem
Ordenskreuz auf Wams und Mantel, Degen an der Seite durch
die Gassen stolzirten oder ritten; Matthias Preti, Lorenzo Bernini,
und die grossen Freskisten und Schnellmaler. Diese sahen mit
Verachtung auf die Kleinmaler, deren Stücke in den Buden der
rigattieri cirkuliren und besprochen werden, blosse dilettanti
seien das, Maler für Herbergstuben.
Dazwischen standen noch einsam einige Hohepriester des
Kultus der Schönheit und des klassischen Alterthums, wie Poussin
und der treffliche Franz du Quesnoy, dessen heilige Susanna trotz
Winckelmann ein anmuthenderes Beispiel von „Nachahmung der
griechischen Werke“ ist, als viele die nach den Vorschriften
dieses grossen Kunstlehrers gemacht worden sind. Von allen
diesen drei Klassen ist etwas in Salvator Rosa.
Der königlich spanische Kammermaler und Agent hat sich
schwerlich mit andern als jenen Welt- und Hofförmigen einge-
lassen. Palomino nennt die, mit welchen Velazquez verkehrte,
[170]Sechstes Buch.
sie sind sämmtlich Vertreter des modernen Stils der Bewegung
und Bravour.
Den Cavalier Calabrese kann er schon in Madrid gesehen
haben. Dieser grösste Abenteurer und Reisende unter den
Malern seiner Zeit hatte bereits, obwol kaum ein Dreissiger,
Spanien, Paris und die Niederlande besucht, Rubens kennen
gelernt, und war seit 1642 Ritter des Maltheserordens. Als er
in Venedig den Tod Lanfranco’s (1647) erfuhr, eilte er nach Rom,
sich um die von jenem unausgeführt zurückgelassenen Fresko-
malereien in S. Andrea della Valle zu bewerben. Er erhielt den
ersten Preis beim Wettmalen der Akademie von S. Luca, zu
deren Mitglied er bald darauf gewählt wurde. Seine Arbeit in
jener Kirche misslang jedoch, weil er, übel berathen von Cortona,
die Domenichinos in Grösse zu überbieten suchte; er wünschte
später noch einmal nach Rom zu kommen, nur um sie aus der
Welt zu schaffen. Das Madrider Schloss besass von ihm das
„Wasser aus dem Felsen“ und die „Kindheit des Täufers“.
(Prado 343 f.)
Rom mit seiner grossräumigen Architektur war der Aus-
gangspunkt jener rüstigen und feurigen „Maler der grossen
Maschinen“; dort galt die Bologneser Manier für trocken und
pedantisch. Pietro Berettini von Cortona hat auch zwei Säle
im Palast Pamfili mit Scenen aus der Aeneide geschmückt, die
viel besungen und sogar in flandrische Tapisserien übertragen
wurden. Er war der erfolgreichste dieser Schaar, er ist auch
der gewandtste in der Anordnung, sinnlich gefällig in Formen
und Bewegungen, heiter und glänzend in der Farbe, von weichem,
leichtem Pinsel. „Corona de’pittori“ hiess er nach einem Anagramm
seines Namens, der grösste Maler den Toscana hervorgebracht
hat (d’Argenville). Von ihm befand sich zu Carl II Zeit in
Buen Retiro ein Gladiatorenkampf im Amphitheater, das Museum
besitzt noch ein Lupercalienfest (Nr. 141 f.).
Velazquez fand auch den alten Nicolaus Poussin noch, der
seit dem 5. November 1642 nach Rom, seiner wahren Heimath,
diesmal für immer zurückgekehrt war. In der Zwischenzeit
waren auch von ihm Gemälde nach Madrid gekommen; Philipp IV
besass eine Tempelreinigung Christi und einen heil. Lorenz, die
verloren zu sein scheinen. Alle die anderen zahlreichen Poussins
des Museums sind erst unter den Bourbonen dorthin gelangt.
Der Maler von Andelys arbeitete damals an einer Heilung des
Blindgeborenen (Louvre 426) und an jenem herrlichen Selbst-
[171]Beziehungen zu Roms Künstlern.
bildniss, das ihn zwei Jahre lang beschäftigt hat. Im Sommer
1650 sandte er es seinem Gönner, Mr. de Chantelou, und eine
selbstverfertigte Copie an Pointel. Er malte es, „weil ihm wie-
derstrebte, zehn Pistolen für einen Kopf in der Art des M. Mig-
nard auszugeben, der sie am besten macht, obwol sie frostig,
geschminkt, kraft- und saftlos sind“.
Der Hof- und Hausbildhauer der Pamfili war Alessandro
Algardi (geb. 1602), ein Bolgneser von stattlichem Aeussern (bella
presenza), liebenswürdig und geschmeidig, jovial und schlagfertig.
Niemand, sagt Passeri, machte seine Bekanntschaft, der nicht
seinen Umgang gewünscht hätte. Das Jahr 1650 war der
Höhepunkt seines Lebens. Die Bronzestatue Innocenz X auf
dem Kapitol, die er dem armen Mocchi aus den Händen ge-
wunden hatte, das Bildniss im Speisesaal der Trinità de’ pelle-
grini, gestiftet zur Erinnerung an die Fusswaschung der Jubi-
läumspilger, dasjenige in der Loggia des Gonfalonierepalastes in
Bologna, die Büsten des Bruders Benedetto und der Olympia
in der Galerie Doria sind von Algardi’s Hand. Der Pabst
weinte bei seinem frühen Tode (1654). Er gab auch die Modelle
für den Reliefschmuck des Erdgeschosses der Villa und für die
Gruppen der Springbrunnen, und ergänzte die Antiken der
Aussenwände.
Seine bewundertste Leistung aber war das grösste Relief
der neueren Sculptur, Leo I und Attila für den Altar Leo I in
S. Peter, an dessen Ausführung in Marmor sein Gehülfe Dome-
nico Guidi, der Neffe des oben erwähnten Finelli, welcher in
Folge des Aufstands aus Neapel entflohen war, grossen An-
theil hatte. Einen Abguss nach dem Originalmodell in Silber
erhielt Philipp IV; er war eingefasst von einer architektonischen
Verzierung aus vergoldeter Bronze und Lapis lazuli, und ruhte
auf einem Löwen 1).
Die Rolle des Velazquez bei diesen und anderen von Algardi
für den Madrider Hof gelieferten Arbeiten lässt sich nur ver-
muthen. Möglich dass der bologneser Bildhauer, der soviel mit der
Restauration der Antiken Roms, z. B. der Villa Ludovisi, zu thun
gehabt hat, sein Berather bei der Auswahl der zum Abguss be-
stimmten Stücke gewesen ist. Dem Spanier mögen in dem
Atelier manche für die neuen Prachtsäle des Alcazar geeignete
Stücke eingeleuchtet haben. Dort tauchen wenigstens bald nach
[172]Sechstes Buch.
dieser Zeit auf: eine Madonna mit dem Kinde von Bronze; der-
selbe Gegenstand in einem ovalen Silberrelief, u. a. 1). Sein
letztes Werk, von dem er noch die Wachsmodelle vollendete,
gegossen von jenem Guidi und Ercole Ferrata, waren vier
Kaminbekrönungen (Capofocolari) für den König. Die vier
Elemente sollten durch vier Gottheiten symbolisirt werden, Jupiter
auf dem Adler die Giganten niederschmetternd, Juno auf dem
Pfau mit den Winden, Neptun im Muschelwagen und Cybele von
Löwen gezogen. Nach Bellori im Leben des Meisters (Le Vite
de’ pittori. Rom 1672, S. 399) hätte sie Diego di Velasco giessen
lassen, Passeri jedoch nennt Juan de Cordoba, den Agenten des
Königs für Italien. Sie sollen bei Genua in einem Schiffbruch
untergegangen sein; allein der Guss konnte ja wiederholt werden;
die Wachsmodelle sah man oft in römischen Ateliers. Nun fin-
den wir in der That in den sieben Gruppen des Neptunsbrunnens
des Gartens von Aranjuez algardische Bronzen, deren Gegen-
stand ganz mit den Beschreibungen jener Capofochi stimmt. Drei
sind doppelt da. Wahrscheinlich wurde dieser 1621 von Philipp III
errichtete „Ganymedesbrunnen“ von Philipp IV 1662 umgebaut,
um jene Bronzen anzubringen 2). Auch der Marmorbrunnen des
Herkules mit der Hydra, umgeben von Nymphen, Satyrn und
Najaden wird Algardi zugeschrieben; er ist 1664 aufgestellt
worden. —
Aber das Ereigniss dieser Kreise war das Wiederaufstei-
gen Lorenz Bernini’s in die Gunst des Palastes. Der Tod seines
Gönners Urban war das Signal gewesen zur Entfesslung des
Sturms auch auf den Architekten von Sankt Peter. Den An-
griffspunkt hatte der eine, fast fertige Glockenthurm der Fassade
geboten, an dem sich Risse gezeigt; man hatte dem Pabst schliess-
lich den Befehl zur Demolirung abgerungen. Ein andrer wäre
durch eine solche Schande gebrochen worden: Bernini’s elastische
Natur überdauerte den Stoss ohne Schädigung. Schweigsam
hatte er das Vorübergehen des päbstlichen Zorns abgewartet
und fleissig gearbeitet. Er tröstete sich mit dem Bilde der
„Wahrheit“, seiner schönsten weiblichen Figur, wie ein Rubens
in Marmor, die jetzt in dem Hause Corso 151 aufgestellt ist.
Da that sich eine Gelegenheit auf, mit den reinen Waffen
[173]Beziehungen zu Roms Künstlern.
des Künstlers über seine Gegner zu siegen. Bei Capo di Bove
(der Cäcilia Metella) lag seit einem Jahrtausend der Obelisk des
Caracallacirkus von rothem Granit, in vier Stücke zerbrochen.
Der hochgesinnteste und weiseste Kunstfreund seiner Zeit, Sir
Thomas Arundel, hatte schon den Plan gehabt, ihn nach Eng-
land zu schaffen. Jetzt beschloss Innocenz, ihn auf seine Piazza
Navona zu versetzen und zum Mittelpunkt eines grossen Brunnen-
baus zu machen. Im August 1648 war er von Büffeln an Ort
und Stelle gezogen worden. Eine Wettbewerbung fand statt;
Bernini wurde übergangen. Aber Niccolò Ludovisi, der Gemahl
der Nichte des Pabstes Constanza, beredete den Bildhauer,
dennoch ein Modell anzufertigen. Am Tag der Verkündigung
Mariä, wo Innocenz X nach der grossen Cavalcade zur Kirche
der Minerva sich in den Familienpalast begab, wurde es in einem
Zimmer aufgestellt. Dort fand er es beim Durchgehn, in Be-
gleitung der Da. Olimpia und des Cardinalnepoten. Er blieb be-
troffen stehn, besah es von allen Seiten, und verharrte einige
Zeit in streitenden Gedanken. In diesem Augenblick entschied
sich Bernini’s Schicksal. Er rief: „Das ist ein Streich vom Fürsten
Ludovisi! Ja diesen Bernini muss man wol gebrauchen, man mag
wollen oder nicht. Man darf eben seine Sachen nicht sehen,
wenn man sie nicht ausführen lassen will.“ Er liess den Bild-
hauer zu sich rufen, schüttete sein Herz aus, entschuldigte sich
fast. Er sollte nun jede Woche einmal zu ihm kommen; seine
Unterhaltung, sagte er einmal, sei für Fürsten. Vollends eroberte
er sich des alten Mannes Herz bei der Enthüllung (1651). Er
hatte das Werk mit Wolgefallen betrachtet, schliesslich aber
doch das Wasser vermisst. Schon im Begriff hinauszugehn,
dringt ein Tosen und Brausen zu seinem Ohr. Sich umdrehend,
sieht er die Wassermassen der Acqua Vergine hervorstürzen.
Ganz erschüttert rief er aus: „Mit dieser unverhofften Freude
habt Ihr zehn Jahre meinem Leben zugelegt!“
Zur vollen Wirkung des Werks gehörte eigentlich eines
jener Schauspiele des frühern Rom, wenn im Augustmond der
Platz in eine Naumachie verwandelt wurde, und die Karossen des
Adels im Wasser cirkulirten. Zwischen dem starren Steinpfeiler
vorweltlicher Kunst und der einfachen Linie des alten Cirkus
(die damals durch Correktur der Häuserflucht wieder rein her-
gestellt wurde), diesen Emblemen des Unveränderlichen, Ewigen,
hatte Bernini den mächtigsten Kontrast gesetzt in seinen vier
Flussgöttern, den Personifikationen der ewigen Bewegung der
Gewässer und des Lebens.
[174]Sechstes Buch.
Nach dem Originalmodell wurde eine vergoldete Bronze-
gruppe gegossen, die Philipp IV, nachdem man das spanische
Wappen draufgesetzt, zum Geschenk erhielt. Auch das Jugend-
werk des David in der Villa Borghese kam in einem solchen
Modellabguss nach Madrid, ferner eine seiner Studien nach der
Antike: der Kopf Seneca’s. Für die Kapelle des Alcazar lieferte
er das grosse Krucifix von Bronze. —
Seitdem war kein Streit mehr darüber, dass Pabstthum und
Bernini unzertrennliche Dinge seien. Wie viel man an seiner
Formensprache aussetzen mag: der Schöpfer der Kolonnaden von
S. Peter hatte jenen Sinn für das räumlich Gewaltige, welches alt-
und neurömischer Geschmack ist; er war der Mann, die ar-
chitektonischen Dekorationen zu erdenken, welche nach dem
Maasse päbstlicher Cerimonien und Repräsentationen zugeschnit-
ten sind.
Bernini war auch der bewundertste Porträtist unter den Bild-
hauern seiner Zeit. Wie gern wüsste man etwas über seine
Begegnung mit Velazquez. Zwei grundverschiedene Naturen,
und doch Kinder derselben Zeit, begrüssten — und bekompli-
mentirten sich natürlich: der feurige, ehrgeizige Neapolitaner, der
phlegmatische, abgemessene Spanier; dieser ein kühler Beobach-
ter, ablehnend gegen alles was um Beifall buhlt, jener ein Mensch
von glühender Phantasie und ruhelosem Schaffenstrieb, nach
immer neuen unerhörten Effekten trachtend. Man kann sich
vorstellen, wie Bernini jenes Bildniss im Doriapalast in neapoli-
tanischen Hyperbeln erhoben hat, und wie Velazquez zugegeben,
dass das was er vom Porträt sagte, ihm aus der Seele ge-
sprochen sei.
Bernini glaubte nicht, dass es eine Grazie gebe die der
Natur fehle und von der Kunst hinzugethan werden müsse: die
Natur wisse ihren Theilen alle Schönheit zu geben, die ihnen
zukommt: die Frage sei, sie im gegebenen Fall zu erkennen. Er
suchte die jedem eigenthümlichen Eigenschaften herauszufinden,
welche die Natur keinem andern geschenkt hat. Er veran-
lasste sein Modell sich zu bewegen, weil in der Bewegung die
Individualität hervortrete, und weil ein stillstehender sich selbst
nie so ähnlich ist, wie ein wandelnder. Deshalb machte er
mehrere Modelle nach dem Leben; aber wenn er den Marmor
angriff, that er sie beiseite. Sie dienten ihm der Züge Herr zu
werden; bei der Ausführung dünkten sie ihm hinderlich, weil das
Kunstwerk der Wahrheit, nicht dem Modell ähnlich sehn darf.
[175]Beziehungen zu Roms Künstlern.
So schuf er jene bewundernswürdigen Pabstköpfe, in denen
wir eine Geistesverwandtschaft mit dem letzten Stil des Velaz-
quez zu erkennen glauben. Die Aehnlichkeit liegt in der spie-
lenden Herrschaft über das Material ihrer Kunst, in der Lebendig-
keit und Breite der Behandlung; in der nachdrücklich individualisi-
renden und doch grossartig freien Charakteristik — Eigenschaften,
die später der Porträtplastik immer mehr abhanden kamen, und
ammeisten in der Zeit der sogenannten Wiederherstellung dieser
Kunst, wie nirgends demüthigender zu Tage tritt als in der
Peterskirche. —
Salvator Rosa gehörte damals zu den ersten Merkwürdig-
keiten Roms; er war ohne Zweifel die romanhafteste Figur der
damaligen Kunstwelt. In seinem Hause auf Trinità de’ monti
verkehrten Prälaten und Prinzen, und kein Mitglied des heiligen
Kollegs gab es, das nicht einmal dort sich gezeigt hätte. Wenn
er seinen Abendspaziergang machte, sah man ihn umgeben von
einem Gefolge Verehrer, Poeten, Musiker und Sänger erster
Ordnung; alle wollten sagen können: Nos quoque. Allerdings
war es kein Geheimniss, dass er auf die Nachricht vom Auf-
stand nach Neapel geeilt war; seine Gesinnung hat er, wie die
vierte Satire beweist, nie verhehlt. Dieser Umstand könnte
den spanischen Hofmaler bestimmt haben, sich ihm fern zu halten;
auffallend ist dass sich in den Madrider Inventaren des siebzehnten
Jahrhunderts unter so vielen Neapolitanern kein einziges Ge-
mälde Salvators findet. Die Landschaften und Schlachtstücke
mussten Velazquez ja in hohem Grade fesseln, wenn er auch
gelächelt haben wird über seine Einbildung, ein grosser Historien-
maler zu sein, und jene als untergeordnete Spielerei zu behandeln.
Der Spanier, der „lieber der erste unter den vulgären Malern
sein wollte, als der zweite unter den vornehmen“, hat nie etwas
unternommen, dem er nicht gewachsen war; der Neapolitaner,
von Eitelkeit getäuscht, zog sich gerechten Spott zu durch
Historien, deren Römer und Heilige meist tückische Unholde
sind, die sich wie schlechte Schauspieler geberden und gemalt
sind wie Strohpuppen.
Ihre gegenseitige Bekanntschaft scheint sicher erwiesen durch
die Erzählung des schon angeführten Venezianers Boschini (a. a. O. 56)
von einem Gespräch, das, wenn auch schon wegen der Dialekt-
verse nicht wörtlich, doch dem Inhalt nach wahrscheinlich ist.
„Velazquez, heisst es da, der Urheber des Bildnisses In-
nocenz X, fato col vero colpo venetian, wurde einst in Rom von
[176]Sechstes Buch.
Salvator gefragt: „Was sagt Ihr von unserm Raphael? Haltet
Ihr ihn nicht auch für den Besten, jetzt wo Ihr das Gute und
Schöne in Italien gesehen habt?“ Jener aber wiegte etwas
cerimoniös das Haupt und erwiderte: „Raphael (um Euch die
Wahrheit zu sagen, denn ich bin gern freimüthig und offen)
muss ich gestehn, gefällt mir gar nicht (stago per dir, che nol
me piase niente)“. „Dann also, bemerkte hierauf Salvator, ist in
Italien wol keiner nach Eurem Geschmack, denn ihm geben wir
die Krone.“ D. Diego aber rief: „In Venedig findet man das
Gute und Schöne: ihrem Pinsel gebe ich den ersten Platz; Tizian
ists der das Banner trägt“ 1).
Diese Aeusserung steht in Einklang mit des Malers zwei-
maligem Aufenthalt in Venedig, seinen Studien, Ankäufen und
seiner Verwandtschaft mit dieser Schule. Er und Raphael
waren in gewisser Weise Antipoden. Bei Raphael liegt der
Schwerpunkt so sehr in der Zeichnung, dass man glauben konnte,
ihn aus seinen Zeichnungen hinreichend und besser kennen zu
lernen als aus seinen Gemälden; von Velazquez giebt es äusserst
wenige, flüchtige Zeichnungen; bei kaum einem Maler geht so
viel wie bei Raphael, bei keinem so wenig wie bei Velazquez
in eine farblose Wiedergabe ihrer Gemälde über.
Man kann indess Raphael nach Gebühr schätzen und sogar
lieben, auch wenn man ihn sich nicht zum Vorbild nimmt. Ein
Maler kann der Meinung sein, dass es Aufgaben seiner Kunst
giebt, die Raphael sich nicht gestellt hat, Malerisches in der
sichtbaren Erscheinung, das erst nach ihm aufgeschlossen worden
ist; er folgt der Richtung seiner Zeit, wenn er auch von dem
Werth ihrer Ziele, verglichen mit denen der Vergangenheit,
seine eignen Ansichten haben kann. In diesem Sinne sprach sich
Ribera aus, der dem Raphael nicht näher stand als Velazquez.
Hier nun aber scheint Velazquez mit dürren Worten zu
sagen, dass er sich aus Raphael nichts mache. Wäre es wahr,
es thäte uns leid um Velazquez. Vielleicht aber hat er etwas
[177]Beziehungen zu Roms Künstlern.
andere Worte gebraucht, und Salvator, dem er ganz aus der
Seele sprach, ihn zu sehr in seinem Sinne verstanden. Die
Worte könnte nämlich ganz wohl dieser selbst gesprochen haben.
„Er redete, sagt sein langjähriger Bekannter Passeri (S. 434),
von Paul Veronese mehr als von allen andern und überhaupt
war der Stil Venedigs nach seinem Herzen. Dagegen mit Ra-
phael waren seine Beziehungen nicht besonders freundschaftlich,
wie überhaupt die Neapolitaner ihn steinern und trocken nennen 1).“
Uebrigens spricht Velazquez nicht von Raphaels Anmuth
und Ausdruck, von seinen Linien, sondern von der Technik: dem
Juan de Pareja.
penelo Venedigs giebt er
den Vorzug. Die Schärfe
seiner Worte scheint von
Widerspruchsgeist beein-
flusst, gegen die damalige
Raphaelschwärmerei viel-
leicht. Der Urbinate ist
wol zu keiner Zeit, ob-
wohl man es den Gemäl-
den nicht immer ansieht,
mehr studirt und ver-
herrlicht worden, als im
siebzehnten Jahrhundert
und in Rom, denn im
sechzehnten verdunkelte
ihn Michel Angelo, im
achtzehnten die Antike,
und heutzutage beschäf-
tigt er nur die Kunstgelehrten und das geniessende Publikum.
Zu jener Zeit hiessen die Stanzen „die Akademie der Maler“,
und das Gartenhaus des Chigi war nicht bloss von Tou-
risten belagert. Wie viele Malerleben hallen diese Stimmung
wieder: nicht nur die der Poussin, Lesueur und Sassoferrato,
auch Bernini’s, Maratta’s und Andrea Sacchi’s, den der Anblick
II. 12
[178]Sechstes Buch.
einer Zeichnung Raphaels in Ekstase versetzte, der ihn „einen
Engel, keinen Menschen“ nannte und seine spätere Unthätigkeit
durch die „Furcht“ vor ihm begründete.
Der Sklave Pareja.
Als Seine Heiligkeit sich dahin erklärt hatte, dem Spanier
eine Sitzung gewähren zu wollen, empfand dieser das Bedürfniss,
sich etwas vorzubereiten (prevenirse, sagt Palomino), seine Finger
wieder gelenk zu machen. Wahrscheinlich hatte er seit Madrid
den Pinsel nicht angerührt. Sein Leben war zerstreuter als im
Jahr 1630; wie viel war mit Gemäldebesitzern und Maklern,
Prinzen und Custoden, Gypsgiessern und Bildhauern zu verhan-
deln, er konnte sich der Gesellschaft weniger entziehen als das
erstemal. Nichts ist dem Schaffen nachtheiliger, als das viele
Sehen und Sprechen über Kunst. Kurz er wollte ein Experiment
vorher machen, und das Corpus dazu fand er bei der Hand, in
seinem Diener und Farbenreiber, dem Mauren Juan de Pareja.
Ein Experiment vielleicht auch besonders dafür, wie der Maler
einem hässlichen Kopf gegenüber sich zu verhalten hat. Die
Italiener bezeichnen sogar die Farbe des Pabstes und die jenes
Bildnisses mit demselben Wort: olivastro1).
Er liess letzteres einigen Freunden durch das Original selbst
bringen, um ihre Meinung zu hören. „Mit Staunen betrachteten
sie Urbild und Abbild, zweifelnd welches von beiden sie anreden
sollten, welches ihnen antworten würde.“ Der Maler Andreas
Schmidt, der damals in Rom war, erzählte später in Madrid:
Da es üblich (estilo) war, dass man am S. Josephstag (19. März 1650)
den Kreuzgang der Rotunde mit vortrefflichen alten und neuen
Gemälden schmückte: so stellte man das Bildniss an diesem Orte
aus, mit so allgemeinem Beifall, dass nach dem Urtheil aller
Maler verschiedener Nationen, alles andere Malerei schien, diess
allein Wahrheit. In Anerkennung dessen wurde Velazquez im
Jahre 1650 römischer Akademiker.“
Solche Ausstellungen (mostra ed apparato di quadri) fanden
bei Gelegenheit von Festen ausser im Pantheon auch im Chiostro
von S. Giovanni decollato, und im Cortile von S. Bartolomeo dei
[179]Der Sklave Pareja.
Bergamaschi statt. Bedeutendern Stücken wurden gedruckte
Reime und elogj angeheftet, gelegentlich auch Spottverse, die
zu lebhaften Erwiderungen und mehr Veranlassung gaben. Der
berühmte Marino hat einen Band Gedichte veröffentlicht, die sich
auf Bilder seiner eigenen Gallerie und andere, die ihn besonders
interessirt hatten, beziehn 1). Salvators Erfolg mit einem Prome-
theus auf einer solchen Ausstellung hatte seine Uebersiedlung
nach Rom zur Folge. Zu derselben Zeit, in die jene Ausstellung
fiel, beschreibt Ameyden ein Fest der Confraternità della Rotonda,
einer Laienbruderschaft, dessen Unternehmer ein gewisser Antonio
war. „Dieser Tempel, dessen Form die Macht Roms darstellt,
war geschmückt mit vielgepriesenen Gemälden, die dafür an-
gefertigt waren, und rings erhellt von viel tausend Kerzen.“
Ist diess unser Fest? Passeri im Leben Salvator Rosa’s nennt
den Verein congregazione de’ virtuosi.
Im vorigen Jahrhundert glaubte der damalige Direktor der
spanischen Akademie in Rom, Francisco Preciado, unser Bild-
niss bei dem Cardinal Trajano d’Acquaviva wiedergefunden zu
haben. Diess ist wahrscheinlich eins von den fast gleichen Exem-
plaren, die jetzt in englischen Galerien sind: eins im Besitz des
Grafen von Carlisle in Castle Howard, das andere in Longford
Castle, dem Landsitz des Grafen Radnor. (Grösse 30″ × 25″.)
Auf hellgrauem Grund springt die Halbfigur des Mischlings
hervor, mit breitem festem Pinsel und dünnem Impasto über die
Leinwand gestrichen. So stand er vor seinem Herrn, nach rechts
gewandt, die Hand mit etwas plebejischem Griff den Mantel
fassend, den Kopf zurückgeworfen. Das blitzende schwarze
Auge blickt fast hoffärtig, den Betrachter messend, als fühle er
sich stolz gehoben von seinem Herrn gemalt zu werden und vor
den virtuosi Roms erscheinen zu sollen. Ein gewisser schlauer
Zug scheint ein geheimes, dem Meister selbst noch verborgenes
anch’ io son pittore zu verrathen. Die widerspenstigen krausen
Haare sind so gut es gehn wollte, nach spanischer Mode frisirt;
Brauen und Bart dünn; sonst hat er die kurze unten vor-
quellende Stirn, das starke Jochbein, die am Abgang einge-
drückte Nase, die aufgeworfenen rothen Lippen und die kupfrig-
braun glänzende Haut des Afrikaners; ein Bild der ungebroch-
nen Naturkraft seines Erdtheils.
[180]Sechstes Buch.
Dass es wirklich jener Pareja ist, zeigt die Uebereinstim-
mung mit dessen Selbstporträt in der „Berufung des Matthäus“
im Museum zu Madrid. Nur, während Velazquez das Rassenhafte
betont, hat er selbst sich in begreiflicher Eitelkeit europäisirt;
beide verhalten sich zueinander etwa wie die Köpfe des älteren
und jüngern Dumas.
Er trägt ein schmutzig dunkelgrünes zugeknöpftes Wams
und einen breiten weissen Kragen mit Spitzensaum, der zu der
dunklen Figur gut passt.
Der Eindruck des Bildes in Castle Howard (das in Lord
Gower’s historischen Galerien veröffentlicht ist) stimmt ganz zu
der Schilderung Schmidt’s. Auch in jenen an guten Bildnissen
reichen Sälen fällt es auf durch Lebendigkeit. Um über das
Verhältniss der beiden ganz übereinstimmenden Exemplare des
Bildes zu urtheilen, müsste man sie nebeneinander sehn.
Innocenz X
war noch immer eine hohe, majestätische Erscheinung; ein 75er,
hatte er nach Ameyden „die Stimme, die Farbe und den Gang
eines Jünglings“, Dank seiner unverwüstlich robusten Natur. In
seiner Jugend hatte er diese durch Studiren nicht geschädigt, viel-
mehr an den Vergnügungen und Händeln seiner Standesgenossen
sich betheiligt; noch jetzt war er sehr beweglich, ein rüstiger
Fussgänger und verlachte die Warnungen seiner Aerzte (voi
avete sempre paura). In Mignard’s Bildniss hatte man bewundert,
wie glücklich er diess Greisenalter ohne Greisenhaftigkeit wieder-
gegeben habe 1). Nach der vornehmen Abgeschlossenheit seines
Vorgängers Urban, eines feinen Florentiners mit schöngeistigen
Bedürfnissen, erfreute sich Rom wieder eines Pontifex, dessen
Erholung war Audienzen, oft (im Quirinalsgarten) in Masse zu
geben; er beschreibt dem Gesandten in froher Aufregung die
Pilgerschaar, die ihn am 27. Mai aus der Chiesa nuova mit be-
täubenden Zurufen nach Hause geleitete. Obwol von satur-
nischem Temperament und oft grüblerischem Brüten verfallend,
war er mit Personen seines Vertrauens aufgeräumt, expansiv,
[181]Innocenz X.
voll scherzhaft sarkastischer Wortspiele. Den Weg zum Thron
hatte er durch die Diplomatie und Nuntiatur gemacht, bei der
ihm sein schweigsames Wesen den Schein der Tiefe gab 1). Er
war misstrauisch-skeptisch in der Beurtheilung der Menschen,
nicht schnell im Begreifen, aber zähe und bis zuletzt nicht zu
ermüden im Traktiren der Geschäfte. In den grossen öffent-
lichen Fragen signalisirt seine Regierung das Einlenken von der
aggressiven Politik seiner Vorgänger zur Anpassung an den Um-
schwung der
Verhältnisse.
Er machte sich
gar nichts aus
Soldaten, aber
die Ironie des
Schicksals hat-
te ihn bestimmt,
von den barbe-
rinischen Kano-
nen Gebrauch
zu machen. Sein
Temperament
zeigte sich in
jenem der kraft-
vollsten Zeital-
ter würdigen
Ausbruch
päbstlichen
Zorns im „Krie-
ge von Castro“
(1649). Dieser
Feldzug war
Innocenz X.
veranlasst durch den Meuchelmord eines von ihm gegen den
Willen des Herzogs von Parma dort eingesetzten Bischofs.
Innocenz ergriff die Gelegenheit, die den päbstlichen Staaten
sehr unbequem gelegene Festung dem Erdboden gleich zu ma-
chen. Auf der Stätte ward eine Säule errichtet mit der Auf-
schrift: Qui fu Castro.
Das Bild seines Charakters vollendet der starke Familien-
[182]Sechstes Buch.
sinn des Vollblutitalieners. Aber hier traf es sich, dass die
einzige Person, die zu dem damals noch für unentbehrlich gel-
tenden Cardinalnepoten das Zeug hatte, eine Frau war, die
Wittwe seines Bruders, Olimpia Maidalchini, während die drei
nacheinander creirten Neffen alle bald als unbrauchbar bei Seite
geschoben werden mussten. Donna Olimpia war eine Frau von
männlichem Willen und Verstand (wenn auch ihre politische
Weisheit nur in den Conversationen aufgefangen war); sie
besass von weiblichen Eigenschaften nichts als die Unersättlich-
keit in Habsucht und Herrschsucht. Sie war dem etwas unent-
schlossenen Schwager in seiner aufsteigenden Bahn Sporn und
Leiter gewesen: Dankbarkeit und Gewohnheit ketteten ihn an diese
Frau, um derenwillen eine Flut von Spott über ihn gekommen ist.
Diess ist der Fürst, dessen Züge jedem der Rom gesehen
hat, durch das Bildniss des Velazquez bekannt und unvergesslich
sind.
Die Zeitgenossen überbieten sich in Beschreibungen seiner
Hässlichkeit. Grobe Formen, breite schwere Stirn, ein lau-
ernder fast unheimlicher Blick des tiefliegenden Auges, un-
edle Nase, gemeiner Mund, feiste, wüst zerbrochene Gesichts-
flächen von rother Farbe, dünner Bart: etwas von Haus aus
Rohes, durch das Alter noch Abstossenderes. Als Guido in
S. Peter die Geschichte Attila’s malen sollte, und der damalige
Cardinal Pamfili in der Congregation seine Saumseligkeit ge-
rügt hatte, sollte jener aus Rache dem Satanskopf unter den
Füssen seines heil. Michael in der Kapuzinerkirche die Züge
Seiner Eminenz gegeben haben. Nach Malvasia war jedoch
Guido über dieses Gerede sehr aufgebracht und betheuerte
seine Unschuld. Wenn der grosse Herr den Leuten bei jener
Teufelsfratze einfalle, so sei das nicht Schuld seines Pinsels 1).
Im Conclave von 1645 soll dieses dämonische Aeussere gegen
seine Qualification zu einem Vater der Christenheit geltend ge-
macht worden sein 2). Wunderlicher Weise war Velazquez, dem
[183]Innocenz X.
zu Hause der unheimlichste aller Ministerköpfe, der uninteres-
santeste aller Fürstentypen beschieden war, auch hier zu Rom
der abstossendste Kopf unter den Nachfolgern des Menschen-
fischers zugefallen.
Wenige Bildnisse, ja wenige Gemälde giebt es gleichwol,
die Davortretende aller Art von jeher so augenblicklich erobert
haben. Man braucht nur eine Viertelstunde in der Nähe des
Bildes zu sitzen, um davon Ohrenzeuge zu sein. Aus den häss-
lichen Zügen dringt ein Blick des blaugrauen Auges zu uns,
der mächtiger ist als der leuchtende Purpur und das gleissende
Gold. Jemand meinte, wenn er den Kopf noch länger betrachte
der Mann werde ihn im Traum verfolgen.
Der innere Winkel der Augen ist gleichsam der Magnetpol
des Kopfs. Hier ist der tiefste Schattenpunkt, hier schneidet
die Denkfalte der Stirn ein und drängt die Augenbrauen nach
unten, und dicht daneben glänzt der feuchte Spiegel des Auges.
Hier liegt der Zug von Lebhaftigkeit, der jugendlich geblie-
bene Kern des Greises; der psychische Contakt mit dem Be-
schauer; vor allem aber der bei dem alten Herrscher mächtigste
Trieb der Menschenbeobachtung, der Wille durch den Schein
zugeflüsterter Eingebungen und für ihn präparirter Thatsachen
die Dinge selbst zu sehen. So blickt ein Mensch, der Jeden
der vor ihn tritt durchschauen, sich für immer einprägen will,
weil man von ihm untrügliche Entscheidungen erwartet. Dieser
Blick, tief aus dem Charakter des argwöhnischen und ver-
schlossenen alten Staatsmanns geschöpft, — „der stets uner-
klärlich war“ 1), führt in der That den ganzen Menschen mit sich;
dieser Blick hat wie der Stil des Porträts, zugleich etwas eminent
Päbstliches.
Malern ist es unmöglich, vor diesem Bilde gleichgültig zu
bleiben. Come esce fuori quella mano! — Pittor molto moderno!
— Es sind aber nicht die aufgebotenen Künste und Handgriffe
des gewiegten Praktikers, die ihnen imponiren, sondern die Ab-
wesenheit dieser Künste, nicht die Harmonie der Farben, sondern
die mit den ungünstigsten Zusammenstellungen gewonnene Wir-
kung; die Planlosigkeit, mit der hier die eifrig erstrebten Ziele
des Bildnissmalers erreicht scheinen. Pare sporcato così a caso.
„Mit Nichts ist’s gemacht und da stehts!“.
[184]Sechstes Buch.
Die Ursachen dieses Eindrucks sind nicht bloss die allge-
meinen Eigenschaften des spanischen Malers, welche hier auf
die Meisten mit dem Reiz der Neuheit wirken. Das Bildniss
war, mit den sonstigen Arbeiten des Velazquez verglichen,
Stegreifmalerei. Die Personen, welche ihm zu sitzen pflegten
waren Angehörige seines Hofs, denen er alle Tage begegnete.
Hier aber war eine Ausnahme: der Maler konnte den Pabst
höchstens kurz bei der Audienz oder von Ferne gesehn haben;
das Studium der Züge musste in der knappen Zeit gemacht
werden, wo ihm vergönnt war, vor Seiner Heiligkeit an der
Staffelei zu stehn. Wie viel günstiger waren hier andere Maler
berühmter Pabstbildnisse gestellt.
Daraus haben sich Schwankungen ergeben, Disharmonien,
technische Solöcismen; man sieht dem Bilde das Ringen mit den
optischen Schwierigkeiten an. Zuweilen ist über die Lasuren
impastirt. Das Spitzentuch schwebt auf dem ganz gleichfarbigen
weissen Chorhemd. Pentimenti zeigen sich in den Händen. Die
Rechte mit dem Siegelring, welche über der Thronlehne herab-
hängt, war erst mehr gekrümmt, man sieht noch die Reste der
alten Finger; diese sind nur zum Theil mit weiss zugedeckt,
zum Theil geben sie den Halbton für die neuen, die mit einer
lichten Fleischfarbe aufgesetzt sind. Diese Hand wirkt so ausser-
ordentlich plastisch durch den blendendweissen Grund, vielleicht
auch durch die schwankenden Kontouren, welche das Auge
stereoskopisch deutet. Die Linke mit dem Brief 1) ist ausge-
führter, doch auch sie scheint nachträglich korrigirt, sie ist etwas
allgemein in den Formen.
Dieser Eile verdankt das Bildniss doch zum Theil seine
mächtige Wirkung; es hat den Reiz der Unmittelbarkeit. Es
ist die Zusammendrängung aller Kräfte der Beobachtung und
Darstellung in wenige Stunden. Wie die Marmorwerke jener
Bildhauer, die ohne Modell den Stein angreifen, anders aussehen,
als die wo kein Schritt ohne die Führung des Zirkels gewagt
[185]Innocenz X.
wurde. Sie mögen zuweilen straucheln, aber sie gewinnen dafür
auch Züge, die nur in Feuer und Gefahr kommen 1).
Zur Beurtheilung der Aehnlichkeit besitzt man selten gutes
Material in ausgezeichneten plastischen Werken römischer Bild-
hauer, die in ihrer theils ruhig sichern, theils kühn realistischen
Ausführung die Gewähr der Zuverlässigkeit enthalten. Die schon
genannte Bronzestatue Algardi’s im Conservatorenpalast, galt im
vorigen Jahrhundert für die beste Pabststatue 2). Ferner die
Marmorbüste und der vergoldete Bronzekopf Bernini’s mit
Porphyrbüste in der Galerie Doria, die Bronze im South Ken-
sington Museum; die Marmorstatue auf seinem Denkmal in
S. Agnese, der kolossale Terracottakopf im Museum zu Bologna.
Die Büste im Hospital von S. Trinità de’ Pellegrini, welche in
demselben Jahre 1650 gearbeitet worden war, ist in den Revo-
lutionszeiten eingeschmolzen worden.
Hier nun drängt sich eine merkwürdige Beobachtung auf.
Wer zuerst durch Velazquez die Person des alten Pabstes kennen
gelernt hat, wird finden, dass diese Büsten keineswegs zu der
Vorstellung passen, die er sich von des Mannes Erscheinung
gebildet hatte. Von der Plastik des Kopfs wie von Temperament
und Ausdruck, und zwar in den Grundzügen wie in manchen
Einzelheiten.
In dem Gemälde glauben wir einen Kopf von derbem
Knochenbau und ziemlich völliger Fleischdecke zu erken-
nen; der Unterkiefer scheint etwas vorgeschoben und gibt dem
Untergesicht einen Zug von Trotz und Härte, der mit dem
forschenden Blick und dem stark gerötheten, wie erhitzten
Gesichtston ein keineswegs anmuthendes Ganze macht. Der Ein-
druck eines ungezügelten Temperaments überwiegt die intellek-
tuellen Eigenschaften. Man könnte sich diesen Kopf recht wol
denken unter einem breiten Federhut, mit Lederkoller und
Schwertgehänge, als Wachtmeister aus dem deutschen Kriege.
Auch der neueste Biopraph in seiner Musterung der Bildnisse
glaubt in dem Gemälde „etwas Rohes, Materielles, Triviales“
[186]Sechstes Buch.
zu erkennen; „einen Anflug von Leidenschaften des sanguinischen
Temperaments“ 1).
Bronze und Marmor hingegen geben den Eindruck eher
eines Phlegmatikers von vorwiegendem Verstand; des gewiegten
Politikers und Kanonisten. Der Blick dieses mageren Greisen-
kopfs ist ruhig, aufmerksam, in einigen Exemplaren glaubt man
die skeptische Kälte und Menschenverachtung zu erkennen, in
andern einen Zug von Bonhomie. Innocenz war ein in den
Congregationen und der Curialarbeit ergrauter Herr als er den
Thron bestieg. Dazu stimmt diese über den buschigen Brauen
stark vortretende Stirn, welche die kleinen Augen mit falten-
durchwühlter Umgebung beschattet, die ausgeprägten Wangen-
knochen. Die Unterlippe tritt etwas zurück: das Umgekehrte
im Gemälde war eine Täuschung des Auges, verursacht durch
das Licht auf jener. Vornehmlich aber kommt der veränderte
Eindruck auf Rechnung der Farbe — so sehr kann die Farbe
den Charakter eines Antlitzes ändern: eine hoch geröthete Ge-
sichtshaut vermuthet man nicht in dem mageren Greisenkopf.
Pabstbildnisse lassen der Farbenauswahl wenig Spielraum.
Mütze (camauro), Mäntelchen (mozzetta), Sessel, Portiera haben
sämmtlich leuchtendes Karmoisin, mit unbedeutenden Nüancen,
nur unterbrochen, aber auch gehoben durch das schneeweisse
Chorhemd. Hier hiess es, inmitten einer prächtigen, quantitativ
übermächtigen Farbe, die sich durch die Reflexe noch entzündet,
das Antlitz zur Geltung zu bringen, auch das sinnliche Auge
darauf zu lenken.
Diese Aufgabe wurde hier noch erschwert durch den Um-
stand, dass die Gesichtsfarbe des Pabstes ebenfalls roth war
(tinta accesa). Dadurch kam nun wohl eine ungewöhnliche Ein-
heit in das Bild, das fast isochromisch ist, und darauf beruht ohne
Zweifel ein Theil seiner unmittelbaren, übermächtigen Wirkung
fürs Auge. Aber da das Gesichtsroth an Sättigung und Rein-
heit jenen ihm homogenen Purpurtönen erheblich untergeordnet
ist, so erscheint dieser Haupttheil als die unscheinbarste Partie
des Ganzen.
[187]Innocenz X.
Warum ist Velazquez von den ihm so geläufigen licht-
schwachen Nuancen des Roth hier abgegangen? Vielleicht war
das der Geschmack des alten Herrn, und der Herzogin von San
Martino, die ja auch der Garderobe des Schwagers, bis auf
die monatliche Wäsche (nicht umsonst) sich annahm.
Der Maler hätte diese Wirkung durch ein kräftiges Hell-
dunkel bekämpfen können; aber er malte die Gestalt fast ganz
schattenlos. Neutrales tiefes Dunkelbraun wäre in diesem Unisono
der Farbe ein willkommener Ruhepunkt gewesen; das Roth
der Stoffe, durch schwärzliche Schatten eingeschränkt und nur
in den Lichtern rein hervorkommend, hätte den gewünschten
prächtigen Eindruck nicht herabgesetzt. Auch schwarze Augen,
Brauen und Bart hätten in jenen Gesichtston einige kräftige
Accente gebracht. Aber der 76jährige Mann war längst ergraut.
Hoffte er durch diese bei ihm ungewöhnlichen Sättigungs-
grade der Umgebung das Roth des Gesichts zu mildern? Darin
hätte er sich verrechnet; eher ist das Umgekehrte der Fall.
Auch das blendende Weiss des camice ist dem Gesicht und dessen
Lichtern auf Stirn, Nase, Wange nachtheilig, die mehr Glanz als
Relief geben. Dass es vom Gesicht ablenkt, hat schon Richardson
bemerkt. Er tadelt, dass die Leinwand des Chorhemds nicht
durchsichtig gemalt sei 1).
Auch Rubens hat wohl, z. B. in dem Bildnisse des Prämonstra-
tenserabts Matthäus Irselius (Galerie zu Kopenhagen 304), das
Antlitz auf dem rothen Grund des Tuchs fast ausschliesslich mit
demselben leuchtenden Roth modellirt. Allein offenbar nur, um
in diesem nach der Leiche aufgenommenen Bildniss die Todten-
farbe durch die Reflexe zu verdrängen.
Es ist interessant zu vergleichen, wie andere Pabstmaler
sich in demselben Falle geholfen haben. Raphael war wie Ve-
lazquez der hässlichste Pabst seines Jahrhunderts zugefallen.
Sein Bildniss Leo X gilt als klassisches Beispiel, wie man, ohne
unwahr zu sein, Hässlichkeit verschleiern und durch Würde und
Majestät aufheben kann. Aber ihm war in einem Punkt die
Aufgabe leichter gemacht. Bei dem gelbbräunlichen Teint, den
schwarzen Haaren und Augen des Mediceers wirkte das tiefe
[188]Sechstes Buch.
Roth der Umgebung günstig; er brauchte nur den Purpurstoffen
starke Schatten zu geben und überhaupt das Ganze mit Schwarz
zu stimmen, so hatte er die richtige Umgebung für seinen Kopf
und die Grundlage zu einem coloristischen Meisterwerk. Dazu
gab Raphael der Figur des Pabstes als Hintergrund die graue
Wand des Zimmers; ebenso wie van Dyck in seinem Bentivoglio
die Farbenflut des Cardinalkostüms, der Decke, des Vorhangs
durch die Oeffnung mit den Säulenstellungen unterbrach.
Einen andern Weg schlug Maratta ein in dem Bildniss Cle-
mens IX in der Ermitage (Nr. 307). Diess übertrifft im Prunk
der Umgebung noch das unsrige, aber mit raffinirter Kunst ist
alles auf das Hervorspringen des Gesichts berechnet. Der Pabst
Rospigliosi hatte ein blasses, gefurchtes, nervöses Gesicht, helle
grosse lebhafte Augen, grauen Bart. Maratta hat die Farbe
demgemäss verändert: Der Vorhang z. B. ist grauviolett, ein
Ton der zu dem bleichen Gesicht sehr gut passt, der Purpur
der mozzetta ist ebenfalls stark in Grau gebrochen, das Roth hat
seinen Platz mit dem Gold zu theilen.
Wir können das Experiment machen, wie der Kopf Inno-
cenz X in anders gestimmter Umgebung gewirkt hätte, und
zwar mit einem eigenhändigen Exemplar desselben Porträts —
dem im Apsley House. Hier ist der Grund ein schwärzliches
Braun, und das päbstliche Mäntelchen hat einen stumpfrosa Ton.
Wie überrascht war ich, als ich beim Licht einer den Londoner
Nebel durchbrechenden morgendlichen Märzsonne von dem Bildniss
einen so ganz verschiedenen Eindruck erhielt! Die drei naheste-
henden Noten: das leuchtend rothe Käppchen, der fahle Kragen,
das Incarnat, der gefärbte Stoff und die lebendige frische Haut
des gesunden Alten, statt sich zu schaden, hoben sich gegen-
seitig. Obwol dieses Incarnat dasselbe war wie im Doriabild,
so war hier durch Wegnahme des rothen Vorhanges nicht nur
die schädliche Blendung beseitigt, es hatten sich sogar Kontraste
gebildet. Die Hautfarbe erschien vor dem dunklen Grund hell
und klar, unter dem gleissenden Roth der Mütze dagegen zart
und milde, und neben dem Stich ins Violett des Kragens warm,
ja in die pastosen Lichter, die hellgrauen Halbtöne und Re-
flexe kam ein Goldton. Der weisse Leinenkragen wirkte glück-
lich trennend. Die Plastik des Kopfes kam ganz anders zur
Geltung.
Der Pabst schenkte dem Maler, als Zeichen seines Beifalls,
eine goldene Kette und Medaille mit seinem Bildnisse. Diese Aus-
[189]Innocenz X.
zeichnung wurde in der Grabschrift ausführlich erwähnt 1). Sie
ist sonst meines Wissens nur Algardi zu Theil geworden, als
er seine Statue gegossen hatte; hier hing an der Kette das Kreuz
des Christusordens.
Es wird auch erzählt 2), der Maler habe das ihm durch einen
Kämmerling überbrachte Geldgeschenk abgelehnt, „weil der König
sein Herr es ihm eigenhändig auszahle“, worüber der Pabst ge-
lächelt habe. Es galt allerdings für korrekt, dass er als adeliger
Kammermaler des Königs nur von diesem Honorare annehme.
Grade am Hof von Rom hat er gewiss gern alles vermieden, was
dem spanisch-edelmännischen pundonor nicht entsprach und ge-
legentlich zu seinem Nachtheil gebraucht werden konnte.
Das Bildniss kam beim Erlöschen des Hauses Pamfili (1760)
mit der Primogenitur an die Doria Landi. Lange Zeit hatte es
den Ehrenplatz in der tribunetta der Galerie des Palasts am Corso,
gegenüber dem Andreas Doria von Sebastian del Piombo, der
hier dem Tizian ganz nahe gekommen ist. In den letzten Jahren
ist es unter einen Baldachin im grossen Eingangssaal versetzt
worden.
Grossen Anklang fand es schon damals auch in den Künstler-
kreisen Roms, wo ja die Eifersucht gegen Fremde sich weniger als
sonstwo bemerklich machte 3). Palomino spielt darauf an: „Unser
Velazquez kam nach Italien; doch nicht um zu lernen, sondern
um zu lehren: denn das Bildniss des Pabstes Innocenz X war
das Staunen (el pasmo) Roms, alle kopirten es zum Studium und
betrachteten es wie ein Wunder“ 4). Manche Zeugnisse hierfür
aus italienischen Federn liessen sich anführen. Selbst zur Zeit
der Mengs-David’schen Schule schrieb Salvatore Tonci (1794):
„Das Bildniss ist ein Unglück für alle seine Nachbarn; der herr-
liche Guido darunter (Maria das Kind anbetend) scheint neben
ihm von Pergament“ 5). Reynolds nannte es das schönste Gemälde
in Rom und kopirte es 6).
[190]Sechstes Buch.
Der amerikanische Katalog kennt sechszehn solcher Kopien
und Repliken, die alle für Originalwiederholungen oder Skiz-
zen ausgegeben worden sind. Aber schon die Auktionspreise
lassen erkennen, dass der Glaube an ihre Echtheit von jeher
schwach gewesen ist. Der frühste Velazquez, dem Curtis in
Versteigerungskatalogen begegnet ist, war ein solcher Innocenz
(London 1725).
An sich ist indess nicht unwahrscheinlich, dass der Maler
das Bildniss wenigstens für seinen König wiederholt, und eine
Studie zu solchem Zweck aufbewahrt hat. In der That erzählt
Palomino, dass er eine (eigenhändige) Kopie nach Spanien mit-
gebracht. Eine Halbfigur von drei Fuss Höhe kommt in den
Inventaren des neuen Bourbonenpalasts vor, wo sie Cean Ber-
mudez (Diccion. V, 179) sah 1). Sie ist wahrscheinlich in den
Kriegszeiten verschwunden. Das grosse Gemälde im königlichen
Palast von S. Lorenzo ist von andrer Hand, obwol die Gestalt
völlig mit dem Doriabild stimmt. Der Pabst, hier in ganzer
Figur, bis auf die rothen Pantoffeln, sitzt in seinem Arbeits-
cabinet, neben ihm steht ein alter Prälat mit grämlich strengem
Blick, kahler Stirn und starkgebogner Nase. An der Wand sieht
man einen Schrank von Ebenholz mit sechs Schiebfächern, darauf
eine goldne Standuhr unter Glasglocke; darüber hängt das Bild
eines Mönchs mit krummem Rücken, Rosenkranz und Kreuz in
der Hand, der heil. Felix? Es wird dort Peter Berettini zuge-
schrieben 2).
Die einzige unter den mir bekannten Wiederholungen,
welche sicher vom Meister selbst herrührt, ist jenes Brustbild
in Apsley House. Da auch die Maasse ungeführ stimmen, so
könnte man es für die von Palomino erwähnte Selbstcopie
halten, obwol es vielmehr eine ausgeführte Studie scheint. Allein
die Genealogie spricht dagegen. Es stimmt nämlich ganz über-
ein mit dem von Le Brun in seinem Recueil mitgetheilten Umriss-
6)
[191]Innocenz X.
stich. Dieser hatte in Madrid den grössten Theil der Sammlung
des Ritters d’Azara von den Erben gekauft; nun aber weiss man
aus Ponz, dass dieser Kunstfreund einen Kopf des Pabstes in Rom
entdeckt hatte, den er für eine Studie zum Doriabildniss hielt1).
Die Büste sei von Camail oder einem andern hinzugemalt worden.
In seiner Versteigerung (1810) erreichte es 1050 Francs.
Vor dieser Leinwand bekommt man erst einen Begriff, mit
welcher Gewissenhaftigkeit und Sicherheit das merkwürdige Ant-
litz durchstudirt und durchgearbeitet ist. Die Flächen sind in
der hellen Note des Incarnats pastos hergestellt und dann ein
Carminton mit Freilassung der hohen Lichter darüber lasirt;
auch die kleinen braunen Schatten sind später aufgesetzt.
Ausserdem dürfte die sogenannte Skizze der kaiserlichen
Ermitage2) mit einiger Wahrscheinlichkeit Velazquez selbst zu-
geschrieben werden. Nur wäre es dann keine Skizze, sondern
eine geistreiche eigenhändige Wiederholung. Für eine Skizze
würde er sich, wie Tizian und Rubens, vorbereitender, heller und
gebrochener Farben bedient haben, mosaikartig aneinanderge-
setzt; hier aber hat er, mit dreistem, fettem Pinsel sogleich auf
den letzten Effekt losgearbeitet. Die Skizze ist das erste, der
Auftrag und die Vereinigung der Farben das zweite, die letzten
Retouchen, welche Geist, Physiognomie und Charakter geben,
das letzte. Der Künstler, wenn er sich selbst wiederholt kann,
seines Gegenstandes spielend mächtig, die Vorbereitungen über-
springen; aber wenn man eine solche Arbeit Skizze nennt, so
macht man das letzte zum ersten3).
Eine vortreffliche Kopie von fremder Hand, die beste mir
bekannte des ganzen Doriaporträts, ist die in der Galerie von
Lord Bute in London4). Sie giebt den leuchtenden Purpur, den
Glanz, die Haltung gut wieder, hat ab er nichts von der Hand
und Manier des Velazquez. Die Verlegenheit des Kopisten ver-
räth sich in den Händen, wo er den aphoristischen Dithyrambus
des Spaniers in seine breite Prosa üb ertragen musste. Mit viel
[192]Sechstes Buch.
mehr sagt er da viel weniger. Diese mühsamen Hände sind
unbestimmter und unplastischer als jene mit Nichts gemalten.
Eine andere im Anfang dieses Jahrhunderts zu Rom für
die Gordon Galerie erworbene Copie wollte Wilkie im Ton des
Gesichts und der Hände dem Original vorziehen; wenn aber
diese Theile ausgeführter (more complete) genannt werden, so
ahnt man, dass sie in der Art der Bute’schen gemacht waren; der
Preis (£ 19 19 s.) stimmt sonderbar zu dem warmen Lob. Der
Kopf in Lansdowne House ist geringe und plumpe Fabrikwaare,
der im Palast Corsini zu Rom eine Uebersetzung in die Technik
der damaligen römischen Schule.
Einem wunderlichen und abstossenden Manieristen verdankt
das Bildniss in Chiswick House, dem Landsitz des Herzogs von
Devonshire seine Entstehung. Seine Heiligkeit thront, gehüllt
in einen weiten Purpurmantel, und erhebt die sehr grosse Hand
zum Segen. Das bleiche Gesicht mit dem gläsernen Blick ist in
die Länge gezogen. Auf bösesten rothbraunen Okergrund sind
zähe dicke Farbenklumpen geschleudert, mit denen aber keine
Wirkung und Haltung erreicht ist. Mir ist kein ähnlich ge-
maltes Bildniss aus der spanischen oder italienischen Schule er-
innerlich; der Verdacht liegt nahe, dass ein Fälscher die fun-
kelnde Pracht und geistreiche Touche des Velazquez, wie er sie
verstand, nachgeäfft habe. —
Nach diesem Erfolg an höchster Stelle wollte alles im
Palazzo von dem Spanier gemalt sein. Palomino nennt Donna
Olimpia, den Cardinal Pamfili, Monsignor Camillo Massimi, Käm-
merer S. Heiligkeit (den er mit dem Maler Massimo Stanzioni
zu verwechseln scheint, er nennt ihn insigne pintor), den Käm-
merer Abate Hippolyt, den Majordomus, den Barbier des Pabstes
Michelangelo, Ferdinand Brandano, Geronimo Bibaldo und die
Malerin Flaminia Triunfi.
Und das waren noch nicht alle, denn die, welche bloss
wohlgetroffene Skizzen geblieben waren, übergeht er. Diese
waren mit langgestielten Pinseln und in der kühnen (valiente)
Manier Tizians gemalt.
Von ihnen allen ist bis jetzt noch keins nachzuweisen ge-
wesen1).
[193]Die Antiken.
Die Antiken.
Während dem allen hatte Velazquez seine eigentliche Kom-
mission nicht aus den Augen verloren: die Auswahl und Abfor-
mung der Antiken, welche für die Ausstattung der neuen Säle
des Alcazar in Madrid bestimmt waren. Hier nun traf es sich,
dass grade in dem Jahre, wo der Abgesandte Philipp IV mit der
Vorbereitung dieser Statuensammlung für Spaniens Hauptstadt
beschäftigt war, das Antikenmuseum der Stadt Rom eröffnet
wurde. Am 9. März machte Innocenz X seinen ersten solennen
Besuch auf dem Kapitol, um den fast vollendeten Palast des
kapitolinischen Museums zu besichtigen.
In diesem Wendepunkt der Zeiten, als durch den west-
phälischen Frieden die Abwendung der europäischen Cabinete
von den kirchenpolitischen Tendenzen besiegelt wurde, traten
zuerst auch am päbstlichen Hof Bestrebungen hervor, welche
Rom noch in anderer Beziehung zu einem Anziehungs- und
Sammelpunkt der gebildeten Welt machen sollten. Während im
Zeitalter der Gegenreformation so oft ein feindseliger Geist gegen
das heidnische Alterthum sich geregt hatte, wandte sich von nun
an die Munificenz der Päbste immer mehr der Erhaltung und
Aufstellung dieser ihnen anvertrauten Reste zu.
Der Gedanke, auf dem Kapitol, wo seit dem fünfzehnten
Jahrhundert eine städtische Statuensammlung, gleichsam das Re-
liquiarium des alten Rom bestand, ein Antikenmuseum zu errich-
ten, war nicht neu. Er reicht zurück in die Zeit Paul III Farnese,
als Michelangelo in der Mitte des Platzes die Reiterstatue Marc
Aurels aufstellte (1538). Sein Plan war, dem mittelalterlichen
Palast der Conservatoren, der sich an den Hügel des kapitolini-
schen Jupitertempels anlehnte, einen gleichen Bau an dem Abhang
von Ara Coeli gegenüber zu stellen. Beide Paläste kamen in
etwas schräger Richtung auf den alten Palast des Senators über
dem Tabularium zu stehn; durch Modernisirung des Aeussern
1)
II. 13
[194]Sechstes Buch.
der beiden mittelalterlichen Bauwerke sollte das Ganze in Ein-
klang gebracht werden. Der Conservatorenpalast war bereits
unter Clemens VIII von Tommaso de’ Cavalieri und Giacomo
del Duca erneuert worden; ebenso die Fassade des Palasts des
Senators, letztere durch denselben Girolamo Rainaldi, dem jetzt
Innocenz X den Bau des Museums unter Ara Coeli übertrug1).
Bis dahin war man nicht über die Ebnung des Abhangs und die
Fundamentirung hinausgekommen2). Es war eine der ersten Re-
gierungshandlungen des neuen Pabstes, den Bau des zweiten Pa-
lasts in Angriff zu nehmen. Man nannte das Gebäude damals
la fabbrica nuova del popolo romano. Die Stadt beschloss (1645)
ihm zum Dank eine Bronzestatue schon bei Lebzeiten zu errich-
ten, gegenüber der Urban VIII, und da diese Arbeit Algardi’s viele
Jahre erforderte, so wurde vorläufig die einst vom römischen
Volk niedergeworfene Statue Paul IV Caraffa aus den Souterrains
des Senatorenpalasts hervorgeholt, und Kopf nebst Händen ent-
sprechend ergänzt3).
Die Räume scheinen vorläufig noch ziemlich leer geblieben
zu sein; denn die Pamfili und die übrigen grossen Familien
hatten die Antiken selbst zum Schmuck ihrer geräumigen Villen
nöthig; dennoch war ein grosser Schritt geschehn; ein Asyl
geschaffen, das von den hochgebildeten Päbsten des 18. Jahr-
hunderts bevölkert wurde. Der Begründer der jetzigen Sammlung
war Clemens XII Corsini.
Nach dem Verzeichniss bei Palomino (Museo III, 337—40)
hätte Velazquez 32 Statuen, und ausserdem viele römische Bild-
nisse in ganzer Figur und Büste, nebst dem Kopf des Moses von
Michelangelo abformen lassen.
Oben an stehn die Statuen des Belvedere; Laokoon, Apollo,
der sogenannte Antinous (Meleager), die sogenannte Cleopatra
(Ariadne), die Venus und der Nil.
Der Herkules und die Flora im Palast Farnese, jetzt in Neapel.
Eine Niobide und die Ringergruppe der Villa Medici, jetzt
in den Uffizien.
[195]Die Antiken.
Der sogenannte Gladiator, der stehende Mars, der Herma-
phrodit, der Herkules (Germanicus) und der Satyr mit dem Bacchus-
kind der Villa Borghese, jetzt im Louvre.
Der sterbende Fechter, der sitzende Mars und der Mercur
der Villa Ludovisi.
Der Dornauszieher des Kapitols.
Die Mehrzahl dieser Statuen hatte damals bereits die all-
gemeine Stimme als die ersten festgestellt; war doch das Studium
der Antike das populärste in Rom, und ihr Einfluss auf die
Künstler noch nie so gross gewesen als jetzt. Man brauchte
nur eins der kürzlich erschienenen Kupferwerke zur Hand zu
nehmen, wie J. J. de Rubeis Icones (1645), oder Perier’s Seg-
menta und Icones (Rom und Paris 1638 und 1645), mit denen unser
Verzeichniss in den meisten Nummern übereinstimmt. Von vielen
dieser Statuen müssen auch längst Formen vorhanden gewesen
sein; so fand Evelyn bereits (1645) Kopien des sterbenden Fech-
ters in Stein und Metall „durch ganz Europa zerstreut“.
An einflussreichen und kompetenten Berathern und Ver-
mittlern konnte es Velazquez auch nicht fehlen. Unter den Per-
sonen des Hofs, die er portraitirte, war auch der gelehrte Mon-
signor Camillo Massimi (geb. 1620 † 1677), später Nuntius in Ma-
drid und Cardinal. Sein Glück war eine Sammlung von Alter-
thümern und Münzen, Inschriften und Handschriften, die er in
dem Palast an den Quattro Fontane aufgestellt hatte. Diese
Gemächer waren der Sammelplatz einheimischer und fremder
Gelehrten und Künstler.
Bereits persönlich am spanischen Hofe bekannt war der
Cavaliere Cassiano del Pozzo, der in Begleitung des Cardinal
Barberini im Jahre 1626 dorthin gekommen war. Sein Museum
von Zeichnungen, Münzen, Reliefs und Gemälden war eine der
Merkwürdigkeiten Roms. Hier machte Poussin seine Studien
nach der Antike, aus Dankbarkeit malte er dem Cavaliere die
sieben Sakramente. Die Reliefs und Statuen Roms hatte er
sich von P. Testa zeichnen lassen.
Endlich der Antiquar und päbstliche Bibliothekar Hippolyt
Vitelleschi, der selbst im Neapolitanischen ein Terrain angekauft
hatte zum Zwecke von Ausgrabungen. Ein Enthusiast vom Tem-
perament Winckelmanns, spricht er mit seinen Statuen wie mit
lebenden Wesen, Sentenzen, Verse, Reden recitirend.
Diese drei waren sämmtlich Freunde und Gönner Poussin’s
und François du Quesnoy’s, die zuerst ihren Stil in bewusstem
[196]Sechstes Buch.
Gegensatz zum Zeitgeschmack auf das Studium des Alterthums
zu gründen suchten.
Aus dem Cardinalscolleg stand keiner in engeren Bezie-
hungen zum spanischen Hof wie Girolamo Colonna (1604 † 1666;
seine Büste in der Galerie Colonna zu Rom). Von Philipp IV
war er als junger Abate an den Hof gezogen worden und
hatte sich in Alcalá den Magistergrad erworben. Später
berief ihn der König noch einmal nach Spanien, um die mit
Kaiser Leopold vermählte Infantin Margarita nach Deutschland
zu geleiten, er starb als er die Küste Spaniens betrat. Man
weiss nicht, ob er bei dieser letzten Gelegenheit oder jetzt
Philipp IV die berühmte bisher im Palast Colonna aufbewahrte
„Apotheose des Claudius“ verehrt hat, das Hauptoriginal, welches
dieser Monarch von Antiken besass. —
Wie weit Velazquez selbst seine Kommission in Rom ge-
fördert hat, darüber gehn die Nachrichten auseinander. Nach
Bellori (Vita di A. Algardi S. 399) hätte er nicht nur die Ab-
formungen, sondern auch die Abgüsse in Bronze und Gyps in
Rom besorgt, Malvasia giebt auch die Kosten an: 30,000 Scudi
(Felsina II, 409); nach Palomino nur die ersteren, während die
letzteren erst in Madrid gemacht wurden, und zwar durch die
aus Rom mitgekommenen Gerónimo Ferrer und Domingo de
la Rioja. Dazu passt theilweise auch Passeri’s Angabe (S. 161).
Die besten wurden in den neugeschaffenen Sälen des
Schlosses aufgestellt, dem achteckigen Saal und dem Salon
grande; andere auf der Treppe des Rubinejo, durch welche die
Majestäten nach der neuen Einrichtung bequemer und direkter
als bisher zu den Wagen gelangten. Mehrere kamen in die
Bóbeda del tigre und in die untere Nordgalerie (galeria baja del
cierzo). Der am Ende dieser Galerie gelegene Nordwestthurm
hiess der Thurm des „Hermaphroditen“. Auf dem Bildniss der
Königin Witwe Marianne in Castle Howard sieht man die Statue
des tanzenden Satyr. Näheres über die Aufstellung ist nicht
bekannt.
Das Palastinventar von 1686 weist, freilich ohne nähere
Bezeichnung 26 Statuen und 12 Köpfe von Bronze auf, elf Statuen
und zehn Köpfe von Marmor, 31 Reliefs; 31 Statuen und 34 Köpfe
von Gyps und Thon, 18 Statuen und Historien von Bacchanten
und Planeten von Thon, und die zwölf Löwen. Die Bronzen
der beiden Leoni befanden sich damals wol grossentheils in
Buen Retiro.
[197]Metelli und Colonna.
Im neuen Palast sah Ponz von Bronzen den Hermaphroditen,
die Venus, den Dornauszieher und die Antinousbüste des Kapitols,
den Laokoon, und die neun überlebensgrossen Planeten. Die
vier ersten sind in das Museum des Prado gekommen; ausser-
dem die sitzende Nymphe mit der Muschel.
Die Gypsformen kamen später in den Besitz der unter
Philipp V gegründeten Kunstakademie von S. Fernando, wo
derselbe Ponz (Viage V, 261) noch viele (Herkules, Flora, Venus,
Gladiator) in beschädigtem und ausgebessertem Zustand vorfand.
Raphael Mengs muss diese Formen aber unbrauchbar gefunden
haben, und ebenso jene alten Abgüsse. Denn er erwähnt sie mit
keinem Wort, zu einer Zeit, wo es sein angelegentlichster Wunsch
war, ja wie er sagte „seine einzige Freude unter einem Volk von
Feinden“1), solche Abformungen der Statuen des Belvedere, der
Villa Borghese und Ludovisi zu bekommen. Die in Madrid von
ihm mit Hülfe seines Freundes Raimondo Ghelli gemachte
Collektion liess er bei seiner Abreise der Akademie als Ge-
schenk zurück, und später verehrte er auch eine zweite, in Rom
angelegte, weit bedeutendere Sammlung seinem Gönner, dem
Könige.
Metelli und Colonna.
Ausser den Gemäldeankäufen war eine Hauptsorge des Ve-
lazquez die Anwerbung italienischer Decorationsmaler für Ar-
beiten im königlichen Palast.
Schon seit den dreissiger Jahren hatte der König Umbauten
im Alcazar vornehmen lassen. Der alte Bau, dessen dunkle Ge-
mächer allen fremden Besuchern auffielen, im äussern noch halb
mittelalterlich, sollte dem heitern Leben der Gegenwart und
dem Geschmack der Residenzen des Jahrhunderts angepasst
werden. Grossräumigkeit wollte man, Helligkeit und Oeffnung
nach aussen, nach den Gärten.
An Ingenieuren fehlte es nicht; die Verlegenheit begann,
als es sich um die malerische Ausstattung handelte.
[198]Sechstes Buch.
Es gab keine Decorationsmalerei in Spanien. Weder Stil
noch Künstler. Selbst die Frescomalerei war mit dem sechs-
zehnten Jahrhundert verloren gegangen. Kreuzgänge, Gewölbe,
Kuppeln pflegte man mit angenagelten Leinwandhistorien, fast
immer in Oelfarben, zu bedecken. Ein Nothbehelf, der freilich den
Mönchsgeschichten des Zurbaran und Murillo in den Stürmen
der Neuzeit zu statten gekommen ist: die Beweglichkeit der
Leinwand hat hier die Unverwüstlichkeit des Fresko geschlagen.
Der kunstliebende Monarch sah keinen andern Weg, als
seinen Palast zu einer Gemäldegalerie zu machen. So lange
der Schatz von Venezianern reichte, so lange er einen Rubens
hatte, der ihm in wenigen Jahren ein ganzes Jagdschloss voll
Mythologien malte, durfte er nun zwar mit dem Erfolg zufrieden
sein. Und doch, man konnte sich nicht verbergen, dass selbst
eine Pinakothek von Meisterwerken nicht die einzige, und viel-
leicht nicht eben die behaglichste Form malerischer Ausstattung
ist, besonders für Räume, wo man täglich verkehrt. — Aber
wieviel Platz blieb noch übrig, als die guten Sachen unterge-
bracht waren. Da wurde nun alles was man in Madrid von Ma-
lern auftreiben konnte durch Velazquez in Bewegung gesetzt.
Die Akten enthalten Namen, die man in den Künstlerlexicis
vergebens sucht, obwol in Cean Bermudez an Mittelmässigkeiten
kein Mangel ist. Für seine eignen Gemächer hatte der König
allerdings vier der besten ausgewählt: Alonso Cano, Antonio
Arias, Francisco Camilo, Francisco Polo. 240 Ducaten erhält
jeder für zwei bis zum Ende des Monats fertigzustellende Ge-
mälde, mit dreissig Conventionsstrafe bei Nichteinhaltung des
Termins1). Wir haben über diese untergegangenen Bilder kein
Urtheil; allein es will uns bedünken, dass die phantasielos realis-
tische Richtung der damaligen spanischen Schule, die nur auf
die conventionellen kirchlichen Stoffe eingeübt war, sich schwer
in die freie poetische Malerei, die hier gewünscht wurde, gefun-
den haben werde. Ihre griechischen Fabeln haben immer etwas
wunderlich triviales. Niemand fand diess schneller heraus als
der König. Als jener Camilo für die Westgalerie von Buen
Retiro die Metamorphosen Ovid’s gemalt hatte, bezeigte er sich
nicht sehr zufrieden, er sagte, Jupiter sehe Jesus Christus ähn-
[199]Metelli und Colonna.
lich, und Juno der heiligen Jungfrau (Palomino III, 378). Zu
spanisch und finster waren die Physiognomien dieser Götter
Griechenlands (con semblantes adustos, y fieros.) Und was mussten
dergleichen Arbeiten, eilfertig für die allerhöchste Ungeduld
hingeworfen und schlecht oder gar nicht bezahlt, neben jenen
venezianischen Sälen für eine Figur machen! Der lebenslustige
Enkel mochte oft in seinen durch Oelgemälde in schwarzen Rah-
men verdüsterten Gemächern Vergleiche anstellen mit jenen hei-
teren, gestalt- und farbenbunten Gebilden, die der strenge Gross-
vater in der Westgalerie hatte ausführen lassen (I. 187).
Die wenigen Italiener, die noch in Madrid lebten, und die
welchen wenigstens italienisches Blut in den Adern floss (wie
eben jener Camilo, Felix Castello u. a.), erwiesen sich auch jetzt
am geeignetsten. Angelo Nardi lieferte allerhand phantastische
Sachen für Schlaf-, Speise- und Studierzimmer des Königs.
Francisco Rizi malte mit Pedro Nuñez das neue Theater aus
für den Geburtstag der jungen Königin, der letztere lieferte
die Bildnisse der Könige Spaniens. Auch Julius Cäsar Semin,
der schwache Sprössling einer genuesischen Malerfamilie1) be-
malte die Westgalerie über den Gärten und das Boudoir des
Königs „mit Blumen, Guirlanden, Kindern“, aber in Oel- und
Wasserfarben.
So erklären sich die fortgesetzten Versuche des spanischen
Hofs, berufene, leistungsfähige Frescomaler aus Italien zu be-
kommen2); durch die persönlichen Bemühungen des künstlerischen
Leiters aller dieser Arbeiten hoffte man endlich zum Ziel zu
kommen.
Es scheint, dass Velazquez diessmal den Wandmalereien
besondere Aufmerksamkeit schenkte, obwol er sich aus dem
Fresko nichts machte3). Palomino erwähnt (III, 336), dass er in
[200]Sechstes Buch.
Genua den Werken des Lazzaro Calvi, wenn auch nur flüchtig
(de passo) nachgegangen sei. Dieser Genueser (1502 † 1595) war
ein Nachahmer des Perin del Vaga. Man begegnete seinen und
seines Bruders Pantaleo Fassaden- und Saalmalereien auf Schritt
und Tritt; und noch heute kann man sich von der prächtigen
Wirkung genuesischer Paläste von damals eine Vorstellung auf-
bauen vor dem alten Palast Doria, später Spinola (der jetzigen
Präfektur), wo er für Antonio Doria in mächtigen und bewegten
Gestalten genuesische Grossthaten geschildert hatte1).
Man hatte schon lange zwei bolognesische Freskomaler ins
Auge gefasst, welche die allgemeine Stimme als die Erfinder
oder Vollender eines von ihnen mit vertheilten Rollen ausgeübten
Systems des Wandschmucks bezeichnete, Agostino Metelli aus
Bologna (geb. 1609) und Angelo Michele Colonna aus Ravenna
bei Como (geb. 1600). Mehrere der dem Hofe nahestehenden
Fürstlichkeiten gehörten zu ihren Gönnern. Der Herzog Franz I
von Modena hatte ihnen mehrere Gemächer seines Palasts, vor
allem aber den grossen Hof und den Hauptsaal seines Lust-
schlosses Sassuolo anvertraut; er wird bei seinem Besuch im
Jahre 1638 von ihnen gesprochen haben; auch die Farnese hatten
sie in Parma beschäftigt (S. Alessandro); und noch heute kann
man mit den besten Eindruck von ihnen bekommen in den drei
grossen Sälen des Palasts Pitti (nach dem Saal des Giovanni di
S. Giovanni), die sie in den Jahren 1638—44 für Ferdinand aus-
führten. Man hatte durch Bologneser mit ihnen verhandeln
lassen. Zuerst durch den Marchese Virgilio Malvezzi (1595 † 1653),
einen Gelehrten und Diplomaten, den der Herzog von Feria, unter
dem er in Oberitalien gedient, mit nach Madrid genommen hatte
(1636), den Freund des Olivares, Mitglied des Staatsraths, und
auch nach jenes Sturz in hoher Gunst bei dem König, dessen
officielle Geschichte er schrieb. Nach seiner Rückkehr bekleidete
er in Bologna das Amt des Gonfaloniere (1646). Dort hatten sie
ein Zimmer für ihn ausgemalt. Dann durch Monsignor Girolamo
Boncompagni (seit 1651 Erzbischof von Bologna); beidemale
vergeblich. Der florentinische Piaster hatte ja keinen stumpfern
Klang als die spanischen Dublonen; als Metelli 1644 nach Bo-
logna zurückkehrte, sagte er: Mit einem Sack voll farbiger Erde
sind wir gegangen, mit einem Sack voll Piaster kommen wir
zurück.
[201]Metelli und Colonna.
Velazquez’ Reiseroute gab ihm Gelegenheit, fast alle ihre
Hauptarbeiten kennen zu lernen. In Genua im Palast Balbi (jetzt
Palazzo Reale); in Modena, wo er in der Commedia wohnte, und
wo ihm der Herzog unter den Kunstschätzen seines Palasts auch
das Bildniss zeigte, das er vor elf Jahren in Madrid gemalt
hatte. In Bologna soll er nach Palomino beide Maler bereits be-
sucht haben; hier waren ihre meisten „Galerien“ und Säle zu
sehn; eins ihrer schönsten Werke, das Oratorio di S. Giuseppe
ist vor wenigen Jahren zerstört worden. Ihr letztes Meisterwerk
in Italien aber, die Capelle des Rosenkranzes in S. Domenico, ist
erst nach der Abreise des Velazquez (1656) entstanden. Endlich,
auch in Rom sah er eine ihrer feinsten Arbeiten im Palast Capo
di ferro, den der Cardinal Belardino Spada vor kurzem gekauft
und neu ausgestattet hatte; für den grossen Saal wusste er nach
vielen Ueberlegungen keine bessern als unsere beiden Bolognesen,
die er als Legat alldort kennen gelernt hatte (1635).
Da manche Leser wol von diesen Malern zum ersten-
male hören (enthält doch unser „Geschmacksvormund“ nur
den Namen des einen unter den barocken Decorationsmalern,
und diesen als Zeitgenossen des Pater Pozzi, der mehr als ein
Menschenalter später kam, den des eigentlichen Erfinders aber
gar nicht), so wird wol eine kurze Charakteristik hier nicht un-
willkommen sein.
Den Malern der Verfallzeit wird u. a. auch Ueberladung
mit Figurenmalerei besonders an den Decken und Gewölben zum
Vorwurf gemacht, obwol ja die ärgsten Misshandlungen der Ar-
chitektur durch malerische Anmassungen viel älter als der Barock-
stil sind, man denke an den Jammer der Kuppel von Florenz!
Das System Metelli’s und Colonna’s kann als eine Gegenbe-
wegung betrachtet werden. Sie gaben dem Geschmack die Rich-
tung auf Architekturmalerei, indem sie den gegebenen Raum,
Wände und Decke, nach einem Plan poetisch-perspektivisch
umschufen. Den Figuren fiel dabei nur eine Nebenrolle zu. Der
Beifall, die zahlreichen (freilich ihnen erheblich untergeordneten)
Nachfolger beweisen, dass sie zur rechten Stunde gekommen
waren, man war das Historiengedränge satt, in dem die Italiener
seit dem 14. Jahrhundert das Mögliche geleistet hatten.
Die Quadratura-Malerei war zwar nie in Italien ganz aus-
gestorben, aber ein wenig geachtetes Fach gewesen, bis Girolamo
[202]Sechstes Buch.
Curtis, genannt il Dentone, sie zur Kunst erhob. Als seine Ge-
hülfen haben sich Metelli und Colonna gebildet. Der Stamm-
baum einzelner Motive lässt sich natürlich weiter zurückverfol-
gen: auf die Galerie Farnese Annibale’s, der für den Ersten galt
in gemalter Plastik, auf die Decke der sixtinischen Kapelle
(z. B. die aufgehängten Medaillons), ja auf Mantegna’s Camera
de’ sposi in Mantua. Das Ganze war indess neu. Der Grund-
gedanke dieser Malerei, die Metelli selbst nur veduta nennen
wollte, weil er von der Einheit des Augenpunktes absah, ist eine
discrete Oeffnung der Wände und der Decke durch Schein-
architektur, in der aber die Glieder der wirklichen wie oscillirend
fortklingen. Es sind schmale, mehr andeutende als offenbarende
Durchblicke in helle Zimmerräume, Säulenhallen, Treppenhäuser,
Höfe, alles in Marmorfarben, meist schräg gestellt auf die
Wandfläche. Darüber niedrige bedeckte Galerien. So gleichen
die vier Wände einem Cortile, nach dem sich Prunkgemächer
öffnen; die Decke aber wird, nach Vorbereitung durch reiches,
starkprofilirtes Simswerk, in eine hoch über dem Raume schwe-
bende Kuppel verwandelt, mit weiter, elliptischer Oeffnung, wie
im Pantheon. Die Scheinarchitektur der Wände schmücken
Nischen mit Marmor- und Bronzetafeln, Medaillons mit Reliefs,
in welchen Dentone die Lichter mit Gold aufzusetzen gelehrt
hatte. Die Erfordernisse des Quadraturmalers waren Beherr-
schung der Vignola’schen Ordnungen (Metelli wurde selbst von
Architekten um Zeichnungen angegangen), der Perspektive
und des Reliefs (l’anima della quadratura, Lanzi). Der Ein-
druck dieser Flächen hätte indess den Betrachter schwerlich
erwärmt ohne die reichliche und doch fein abgetönte Spendung
des Lichts. Dafür schuf sich Metelli eine höchst solide, pastose
und dauerhafte Freskotechnik, wobei z. B. Selenitpulver (wie in
Pompeji) unter den Kalk gemischt wurde. Er galt in Bologna
und sonst für den ersten Freskomaler seiner Zeit1).
Zur Belebung und selbst zur Vollendung der (selbstver-
ständlich poetischen) Illusion konnte man lebendige Figuren nicht
ganz entbehren; sie wurden sparsam an ausgewählte Stellen ver-
theilt. Auch darin treffen sie mit dem System der Zimmermalerei
römischer Kaiserzeit zusammen. Ein Page der die Treppe
hinabeilt, eine Dame die aus dem mächtigen Strauss der Vase
[203]Metelli und Colonna.
auf der Galerie einige Rosen nimmt, ein Mohr der den Teppich
über die Balustrade hängt; solche Figuren, etwa verknüpft durch
eine alltägliche Veranlassung: z. B. die Blicke von verschiedenen
Punkten des Saals konvergirend auf einen entflohenen Papagei.
In der Galerie Musikchöre. In einem Saal des Pitti erscheint
am Fuss der Treppe der Hofpoet und Hofnarr Fagioli. Also die
eigentliche Gesellschaft ist abwesend, in den Räumen dahinter.
Oder ideale Figuren über dem Karnies, Putten mit Blumen- und
Fruchtgehängen, allegorische Frauen an ihre grossen Goldrelief-
tafeln gelehnt. In S. Alessandro zu Parma verwandelt sich der
hier auf das Gewölbe beschränkte Prachtbau in einen himmlischen
Tempel, und man entdeckt in einer Loggia hier Mose mit den
Tafeln, dort Herodias mit des Täufers Haupt, die heil. Jungfrau
bei dem Besuch des Engels. Nur für das grosse blaue Auge der
Decke wurde eine Gruppe schwebender Figuren im Stil der
Kuppeln Correggio’s bestimmt. So in der Rosenkranzkapelle
die Asunta, im Alexandersaal zu Florenz die Apotheose des
grossen Macedoniers, in Sassuolo die Gottheiten des Este’schen
Musenhofs. Sie drücken die Idee des jedesmaligen Raums aus, und
erklären die vereinzelten Anspielungen in den Reliefs und Bild-
säulen unten. Vielleicht ist die Horizontalperspective für Figuren
nirgends so glücklich verwendet worden wie hier. Statt die Ge-
sammtfläche des architektonischen Abschlusses zu vernichten, sind
die Gruppen für die kleine Oeffnung im Zenith aufgespart; hier wirkt
die Fülle bewegter Gestalten als willkommenes Gegengewicht zu
der Leere der Quadratur, und die Phantasie, durch alles übrige
in eine gewisse geheimnissvolle Spannung versetzt, begrüsst in
den dem Raum entschwebenden Wesen den Genius des Orts,
den Schlüssel des Ganzen.
Jene Staffagefiguren vollenden auch die malerische Gesammt-
wirkung, sparsam ausgestreut stehn sie mit ihren lebhaften
Farben in glücklichem Contrast zu dem herrschenden farblosen
Ton des Marmors, der Bronze, des Goldes. Dieser Gesammt-
eindruck ist ein vornehmer.
Obwol jeder von beiden Künstlern die perspectivische und
die Figurenmalerei beherrschte, so hatten sie doch seit ihrer Ver-
einigung beide unter sich vertheilt. Metelli malte nur Architektur,
Colonna nur Figuren, Statuen, Blumen, aber nach dem von
jenem vorgezeichneten Entwurf. Obwol Angelo Michele ein
geschickter und fruchtbarer Historienmaler war, wie seine Ar-
beiten in bolognesischen Kirchen und Palästen beweisen, so
[204]Sechstes Buch.
besass er doch die Selbstverläugnung, sich ganz auf solche
schmückende Accessorien zu beschränken. „In einer 24jährigen
Gemeinschaft theilten sie Ruhm und Gewinn“, Niemand würde
hier zwei Hände vermuthen.
Es wäre verfehlt, diese Quadraturmalerei schlechtweg dem
Barockstil unterzuordnen. Die Formen des Einzelnen sind zu
rein, im Gegensatz zu fesselloser Willkür ist die Strenge mathe-
matischer Projection zuweilen sogar auffällig. Nicht der Zug
nach dem Starken und Bewegten herrscht, nicht Phantastik,
sondern Schönheit und Poesie athmen diese schimmernden
Flächen, welche Jedermann die Strophen italienischer Dichter
von Zauberpalästen der Sage ins Gedächtniss rufen. „Ihre Per-
spectiven, sagt Malvasia, blendeten das Auge und schienen durch-
sichtig, also dass man darin die Sonne sah.“ Man athmete auf
in solchen Räumen, wo die Einbildungskraft statt durch das
Ablesen theils verbrauchter, theils dunkler Stoffe gelangweilt
oder durch Allegorien gequält zu werden, sich zugleich angeregt
und freigelassen fühlte. Es war ein Wiederaufleben des wahren
Gefühls dekorativer Kunst. —
Velazquez scheint die Verhandlungen mit den beiden Fresko-
malern, man sieht nicht ob in Florenz oder Bologna, zum Ab-
schluss gebracht zu haben, wenigstens nach seiner Meinung.
Diess geht aus dem Brief eines Modenesischen Hofbeamten an
den Herzog Franz I hervor. Gennaro Poggi schreibt am 12. De-
cember 1650:
„Serenissimo Principe. Heute morgen ist hier der Signor
Don Giovanni Vellaschi Maler Seiner Katholischen Majestät ein-
getroffen, der von Rom kommt um nach Spanien zurückzukehren.
Er hat mich sofort in meinem Hause aufgesucht und mir seine
Absicht eröffnet, hier zu bleiben bis zur Wiederkehr Ew. Hoheit,
zur Erfüllung seiner schuldigen Absicht Euch seine unterthänige
Aufwartung zu machen, und des Ew. Hoheit gegebenen Ver-
sprechens, die Ehre Eurer Befehle entgegenzunehmen. Ich habe
nicht verfehlt noch werde verfehlen ihm in jeder besten mir mög-
lichen Weise zu dienen; ich habe mich sofort zum Sr. Marchese
Boschetti begeben, dem ich vorstellte, dass der genannte Sr. Vel-
laschi schon einmal in der Commedia logirt wurde, um zu verneh-
men, ob es ihm passend dünke jetzt ebenso zu verfahren, wie er
auch gethan hat. Denn es sind schon die Befehle ertheilt wor-
den, da er ja erklärt hat, hier zu verweilen bis zur Zurückkunft
Ew. Hoheit.
[205]Metelli und Colonna.
„Ich zweifle, dass diess sein Verweilen bloss Höflichkeit zum
Grund hat, und deshalb hat mir diese seine grosse Förmlichkeit
(puntualità) nicht gefallen, obwol ich ja dafür vielleicht Ew. Hoheit
Tadel verdiene. Allein da es sich um Gemälde handelt, so geht
mir die Besorgniss zu nahe, dass Ew. Hoheit um eins ihrer besten
kommen könnte. Er hat mich sofort ersucht, ihn alle Gemälde sehn
zu lassen, aber ich habe ihm erwidert, zu meinem Bedauern könne
ich das nicht, da Niemand als Ew. Hoheit die Schlüssel zu den
Zimmern habe. Wenn er aber inzwischen Lust habe, den Palast
von Sassuolo zu sehn, so stünde ich zu seinen Diensten, was er
denn auch sofort angenommen hat. In Betreff der Freskomalerei
hat er mir gesagt, er nehme den Sr. Michele Colonna und Agostino
mit nach Spanien, um im Dienst Seiner Majestät zu malen, und
in wenigen Tagen würden sie sich in Genua treffen. Diese Nach-
richt hat mir ebenso missfallen, wie sie mir unerwartet kam, und
wahrhaftig man darf wol fürchten, dass Colonna mehr Gefahr
laufen wird, sein Leben zu verlieren, als [Aussicht haben] Reich-
thümer zu erwerben.“
Sassuolo war ganz eine Schöpfung des Herzogs Franz II,
und ist noch im jetzigen Verfall und Kahlheit ein Zeugniss seines
Geschmacks. In den beiden vornehmsten Räumen, dem grossen
Saal und der Bacchusgalerie kann auch der Decorationsmaler der
Gegenwart lernen; unter anderen wie sorgfältig und gründlich
man damals selbst solche Sachen behandelte.
Velazquez traf in der Galerie eine ganze Malergesellschaft
am Werk. Jean Boulanger aus Troyes, ein Schüler Guido’s, seit
1638 Maler des Herzogs, malte hier Scenen aus der Geschichte
des Bacchus. Da etwas ganz exquisites beabsichtigt war, so
wurde die Vertheilung der Fächer noch weiter getrieben als bei
jenen Bolognesen: die Architektur besorgten Monti und Bianchi,
die üppigen Fruchtgehänge und Blumensträusse Cittadini, die
wilden italienischen Berglandschaften für die Mythengeschichten
der Wand Olivier Dauphin. Da für diese Feinheit reichen Details
und solche satte Farben das Fresco sich nicht hergegeben hätte,
so zog man die Malerei al secco vor. Die Fülle der Bilder auf
kleinem Raum ist eine erstaunliche, sechs Wolkenscenen in der
Mitte der Decke, vierzehn imitirte Gobelins an den Wänden;
zwischen beiden sechszehn Blumenrahmen (scudi) von Satyrn ge-
halten. Diese Scenen Boulanger’s, beiläufig von achtungswer-
ther mythologischer Belesenheit, zeichnen sich aus durch Ab-
wesenheit des Banalen: figurenreich und doch nicht verworren,
[206]Sechstes Buch.
höchst eigen und doch nicht gesucht, elegant, immer unerwartet:
trotz der italienischen Schule merkt man, dass er ein Landsmann
des Jacques Callot ist. Es giebt nichts heitreres, reicheres als
diese gestalten- und geschichtentrunkene Bacchusgalerie.
Metelli und Colonna konnte Velazquez hier in der Be-
handlung eines grossen Hofs und eines Prachtsaals kennen
lernen. Die vier Backsteinmauern des Cortile hatten sie
mit einer hellen Architektur von drei Ordnungen beklei-
det, ohne lebende Figuren, bloss mit Trophäen und Bronze-
statuen. Der grosse Saal, jetzt barbarisch übermalt, strahlte
noch in der ursprünglichen Schönheit und Helligkeit. Er war
dem Ruhm des Hauses gewidmet, als des Horts geistiger
Bildung jeder Art. Man sieht die Statuen der vier Künste,
Büsten, vier Musikchöre; hier und da Jemand vom Palastge-
sinde. In der mittlern und Hauptöffnung der Decke thront Diana
auf Wolken, umgeben von den neun Musen, jede mit einem
Buch dichterischen oder wissenschaftlichen Inhalts, das unter der
Sonne Este’scher Gunst gereift war:
Commedie dell’ Ariosto
Torrismondo del Tasso
Opere del Cav. Guarino
Furioso Goffredo
Madrigali del Pocaterra.
Theorica di Lod. Fogliani
Ant. Montecatino de Coelo
Storie del Pigna
Rettorica del Castelvetro
Der Besuch von Sassuolo mag den Wunsch des Spaniers
die beiden Bolognesen zu gewinnen, noch lebhafter gemacht
haben; um so ärgerlicher musste es ihn überraschen, als sie
ihn in Genua im Stiche liessen. Ueber die Ursache habe ich
nichts finden können. Indessen wir lesen bei Malvasia, dass der
Cardinal Johann Carl von Medici sie im Jahre 1650 wieder in
Florenz beschäftigte; sie bemalten das Haus seines Gartens in
der Via della Scala, ein Cabinet im Pitti, und für den Marchese
Niccolini seine Villa zu Camugliano. Wahrscheinlich hat dann
später der Cardinal, um den spanischen Hof, mit dem er in engen
Beziehungen stand, zu besänftigen, seinen Einfluss mit Erfolg
bei den Künstlern verwandt; denn im Jahre 1658 sind sie, durch
seinen und des Senators Marchese Cospi, „Ministers und Gross-
kreuz“ Vermittlung wirklich gekommen. Freilich waren damals
für sie besonders schlechte Zeiten. Billige Concurrenten ver-
bitterten ihnen das Leben in der Vaterstadt. Beim Abschied (es
war für immer) sagte Metelli zu Malvasia: der Beweggrund der
[207]Metelli und Colonna.
Reise sei: die hohe Ehre des Auftrags und der Mangel an Be-
stellungen (Felsina II, 406).
Diese Tage in Genua, in der Erwartung der Abfahrt —
Velazquez’ letzte Tage auf Italiens Boden — waren wol die ver-
driesslichsten, die er erlebt hat. Er ging ungern, aber er musste
gehorchen. Dort wurde ihm auch die Gewissheit, dass noch in
einem andern Punkt, der dem König sehr am Herzen gelegen
zu haben scheint, seine Bemühungen aussichtslos waren. Es
handelte sich um die Correggios in Modena, besonders die
Heilige Nacht. Ottonelli schreibt am 13. Januar 1652 von Madrid:
„Mir sagte vor einigen Tagen der Maler Diego Velasco,
aiutante di camera des Königs, dass S. M. sich ausnehmend freuen
würde, wenn derselben Ew. Hoheit ein hübsches Stück von
Correggio senden wollte. Er fügte noch hinzu, dass Sr. Don Luigi
d’Haro mit ihm in eben dem Sinn gesprochen habe, man
könne gegenwärtig S. M. keinen grössern Gefallen erweisen, als
mit Geschenken ausgezeichneter Gemälde, denn die Neigung
S. M. zur Malerei sei jetzt lebhafter denn je. Derselbe Diego
nannte dann die „Nacht“, und bemerkte, auch ein Geschenk
dieser Art an denselbigen Sr. Don Luigi d’Haro sei sehr zeit-
gemäss, da auch er ein grosser Liebhaber geworden sei. Ich
erwiderte, er werde selbst sich dessen erinnern, was ich ihm in
Genua in diesem Betreff gesagt, als wir die Einschiffung erwar-
teten, nachdem er mir ebenfalls hiervon gesprochen hatte; nämlich,
ich würde an Ew. Hoheit darüber schreiben, die wie man mir
versichre, das brennende Verlangen hege den Wünschen S. M.
und des Sigr. Don Luigi entgegenzukommen. Nur von der
Nacht könnte keine Rede sein, da Ew. Hohheit sie gewisser-
massen in Depot habe, und mit dem festen Versprechen, dass
sie niemals aus ihrem Hause herauskommen solle. So schloss ich
also die Unterhandlung in Bezug auf das die Nacht betreffende;
und Diego schien sich hierbei zu beruhigen.“
Im Jahre 1658 trafen die langersehnten Bologneser endlich
ein. Die Sorge für ihren Empfang, die Auszahlung ihres Ge-
halts, der Gnadengeschenke, des Kostgelds u. s. w., die Einquar-
tirung (in der Casa del Tesoro), vor allem die Anweisung der
Arbeiten fiel Velazquez zu, „dem der König alles überliess“1).
[208]Sechstes Buch.
Alles was sie dort in rastlos rascher Thätigkeit von fast
vier Jahren geschaffen haben, ist mit den Gebäuden untergegan-
gen; allein wer die italienischen Sachen kennt, wird sich aus den
Beschreibungen eine ziemlich anschauliche Vorstellung ihrer Ma-
lereien im Alcazar bilden können. Malvasia, Passeri und Palomino
geben davon unabhängige Berichte1).
Nachdem sie als Probe zwei Perspectiven in Buen Retiro
gemalt, wurden ihnen drei aneinanderstossende kleine Zimmer
anvertraut, die zu der königlichen Sommerwohnung (cuarto bajo)
im Schloss gehörten. Die Deckenbilder stellten den Fall Phaetons,
Aurora und die Nacht vor. Man ging also mit Vorsicht zu
Werke. Darauf gab man ihnen eine Galerie in demselben cuarto
mit den Fenstern auf den Garten der Königin. Hier malte Co-
lonna in die von seinem Gefährten hergestellte Scheinarchitektur
Marmorstatuen, vergoldete Bronzetafeln, Kinder und Delphine
an Brunnen, Figuren des Hofgesindes, (der die Treppe herab-
eilende Negerknabe), Blumen- und Fruchtgehänge. Palomino
fand dieses Werk aber bereits vierzig Jahre vor Abfassung seines
Buchs, also etwa zwanzig Jahre nach der Fertigstellung in Folge
von Baureparaturen zerstört.
Die Künstler hatten nun des Königs Beifall und Vertrauen
gewonnen, und man entschloss sich, ihnen den vornehmsten
Raum des Palasts, den Spiegelsaal zu übergeben, im April 1659.
Velazquez entwarf den Plan zu einem Ganzen von fünf
Deckengemälden mit der Geschichte der Pandora. Metelli malte
ein Gesims von Jaspis, darüber Putten und Frauen, Schilde und
Trophäen, einen umherlaufenden goldnen Lorbeerkranz. Colonna
lieferte das grosse elliptische Mittelbild, Jupiter in der Götter-
versammlung; die vier übrigen wurden den Spaniern Carreño
und Rizi überwiesen. Während der Arbeit kam Philipp täglich,
oft zweimal, ihnen zuzusehn, legte den Malern hundert Fra-
gen vor, stieg selbst aufs Gerüste. „Man müsse, sagte er,
italienische Virtuosi höflich und liebenswürdig behandeln“2). Auch
die junge Königin und die Infantinnen Maria Theresia und Mar-
garita kamen zuweilen, um solche Zaubermeister am Werk zu sehn.
[209]Metelli und Colonna.
Malvasia erzählt die Geschichte dieser Hauptleistung seiner
Landsleute mit vielen Einzelheiten, die bei dem spanischen Bio-
graphen fehlen. Nach ihm hätte Velazquez dem Colonna einen
Plan des Königs dargelegt, den Saal, dessen obere Wände von
der Mitte an mit Gemälden Tizians behängt waren, in der untern
Hälfte statt mit Quadraturmalerei, mit einer Scheinpinakothek
(finti cuadri) auszustatten, und zwar weil eine Architekturmalerei
unten zu den eingerahmten Bildern oben nicht wohl stimmen
würde1). Dagegen aber habe Colonna sich entschieden gewehrt.
Dergleichen sei nicht sein Fach und sein Kamerad würde dabei
unbeschäftigt bleiben. Zudem werde Jedermann einen Künstler
tollkühn (un gran temerario) nennen, der seine Sachen neben
einen so hohen Meister wie Tizian zu setzen sich erdreiste. Ve-
lazquez sei bedenklich geworden; habe versprochen die Ange-
legenheit in Erwägung zu ziehen. Der König aber sei auf
dem Plan bestanden, zu dessen Ausführung sich übrigens einhei-
mische Künstler schon bereit erklärt hätten. Letzteres habe nun
Colonna Hoffnung gegeben, sich ganz losmachen zu können, er habe
also jene Maler, Carreño, Rizi, gern in der ihnen unbekannten Tech-
nik des Fresko unterwiesen, auch gelegentlich einen Kopf hinzu-
gemalt. Die Spanier, denen die Schnelligkeit dieses Verfahrens
als Arbeitsverkürzung einleuchtete, seien von seinem Unterricht
so entzückt gewesen, dass sie ihn „ihre Zuflucht, ihr Glück, ihren
Vater“ nannten. Freilich erfuhren sie zu ihrem Verdruss, dass
Freskomalen sich zwar einfach und rasch ansieht, aber nicht so
einfach und rasch erlernt. Sie hatten die Veränderung der
Farben beim Trocknen nicht bedacht, sie vermochten sich von
den aus der Oelmalerei angewöhnten Wiederholungen und Ueber-
malungen nicht loszumachen. Der König habe über ihre Ar-
beiten gelacht. — Der Leser merkt hier auf einmal, dass nicht
mehr von den finti cuadri der untern Hälfte der Wände die Rede
ist, sondern von jenen fünf Plafondgemälden der Pandora. Diese
haben sie mühsam in Oel begonnen, der Entwurf hat dem König
missfallen; er kommt mit dem Marques de Heliche eines Tages
herein, und erklärt: Miguel, Ihr müsst das Mittelbild der Pandora
machen. (Miguel, es menester que aze la fabula de medio della
Pandora). Colonna, alt, kränklich und bequem, war nicht ge-
II. 14
[210]Sechstes Buch.
sonnen aus dem Bereich seines bewährten Systems herauszugehn;
er betrachtete diese Deckengemälde als kontraktwidrig; musste
aber endlich nachgeben, da man versprach ihn dann freizugeben.
Er vollendete das Bild in fünfzig Tagen, es enthielt vierzig
Figuren und war 35 Fuss lang. Da in Madrid keine weiblichen
Modelle zu haben waren, so bediente er sich eines aus Rom ge-
kommenen Abgusses der Venus des Belvedere. —
Dieser Bericht ist selbst für einen Schriftsteller von der
Verworrenheit und Unbehülflichkeit des Conte Malvasia eine
ungewöhnliche Leistung. Zuerst verwechselt er zwei verschiedene
Säle. Nach Palomino befand sich die Deckenmalerei der Pan-
dora im grossen Saal über dem Palastthor, dem Spiegelsaal.
Der Saal der Tiziane oder die venezianische Galerie aber war
die südlich gelegene Galerie der Königin.
Eine solche Scheinpinakothek unterhalb der Originalgalerie
scheint uns eine völlig barbarische Idee, die man Velazquez nicht
zutrauen kann.
Nun aber lesen wir, dass Colonna nach dem Tode Mitelli’s
für das Gartenhaus des Marques de Heliche an der Pradostrasse
in der That einen Saal gemalt hatte, in dem die besten Stücke
Raphael’s, Tizians’, van Dyck’s, Rubens’ und Velazquez’, von
denen man Vorbilder bekommen konnte, nebst den Goldrahmen
und den Tapeten imitirt waren. Diese Arbeit stand unter der
Leitung der obengenannten Carreño und Rizi, und der Marques
bat Colonna ihnen dabei zu helfen. Als Scherz in einem Land-
haus kann man dergleichen einem reichen Sonderling zu gute
halten. Colonna hatte wahrscheinlich, wenn er in Bologna auf
das Kapitel der Cosas de España kam, beide Unternehmungen
zusammen erzählt, und die wiederkehrenden Namen jener Maler
veranlassten die Vermengung bei dem mehr mit Scheere und
Kleister als mit dem Kopf arbeitenden fleissigen Kunsthistoriker.
Später malten sie noch in der Einsiedelei S. Pablo in Buen
Retiro einen Saal mit der Fabel des Narciss; und für den ge-
nannten Marques ein zweites Gartenhaus bei S. Joachim. Me-
telli’s letzte Arbeit war die Kuppel der Kirche der Mercenarier,
die er aber nur begann; im Hochsommer zog er sich ein hitziges
Fieber zu, das ihn schnell dahinraffte (2. August 1660). Er starb
während Velazquez selbst im Sterben lag. Colonna vollendete
die Kuppel und blieb noch bis zum Jahre 1662. —
[[211]]
SIEBENTES BUCH.
LETZTES JAHRZEHNT.
Das Schlossmarschallamt — Der Ritter von Santiago — Die Gemälde-
aufstellungen im Palast — Die Vollendung des Escorial — Die Memoria —
Die Schüler — Der dritte Stil — Die Königin Marianne — Die bei-
den Infantinnen — Das Gemälde der Familie — Die Spinnerinnen —
Fabelfiguren — Hofnarren und Hofzwerge — Letzte Kirchenbilder —
Pyrenäenreise und Tod.
[[212]][[213]]
Das letzte Jahrzehnt.
Auch diessmal zog Velazquez den Entschluss zum Aufbruch
hin, er ahnte wol, dass es ein Abschied von Italien fürs Leben
sein werde. Wiederholt sollen Erinnerungen gekommen sein,
zuletzt notificirte der Sekretär, D. Fernando Ruiz de Contreras
einen Befehl des Königs. Er dachte eine Zeitlang über Frank-
reich zu reisen, hatte sich auch bereits den Pass auf der Gesandt-
schaft ausstellen lassen; zuletzt verlor er, verstimmt durch die
Kriegszeitungen, den Muth.
Die Seefahrt von Genua nach Barcelona war sehr stürmisch.
Im Juni 1651 lief das Schiff im Hafen der katalonischen Haupt-
stadt ein. In Madrid stellte er sich zuerst dem Könige vor, der
seinem Vergnügen über die Rückkehr und über die neuen Bilder
in einem gerade auszufertigenden Brief an D. Luis de Haro Aus-
druck gab: „Der Herr Velazquez ist angekommen und hat einige
Gemälde mitgebracht“. Am 29. November wurde ihm sein Ge-
halt als Kammermaler und Inspector des achteckigen Saals für
die Jahre der Abwesenheit ausgezahlt.
Neun Jahre stand er nun noch seinem königlichen Gönner zur
Seite, in engeren Beziehungen denn je, geehrt, vielbeschäftigt, ge-
liebt selbst. Seine letzte dienstliche Arbeit war die Organisation der
königlichen Pyrenäenreise zur Vermählung der ältesten Tochter
Philipps. Merkwürdiges Zusammentreffen: seine Einführung am
Hofe fiel ungefähr zusammen mit der Wiederentfachung des
Kriegs; jetzt nachdem er noch Zeuge gewesen war von der
Besiegelung des Friedensschlusses mit Frankreich, war sein
Leben am Ziele. Während dieser sieben und dreissig Jahre
ununterbrochener, erschöpfender Kriege, wachsender Theurung
politischer und militärischer Talente, immer bedrohlicher wer-
dender Finanznoth, hat er, am Heerde all dieses Unheils, seine
Kunst gepflegt; wie ein Baum, der an sturmumtobter Klippe
aus Steingerölle emporwächst.
[214]Siebentes Buch.
Er gehörte zu denen, die noch in der aufsteigenden Bewegung
des Lebens weggenommen werden; obwol er das 61. Jahr voll-
endet hat, die Schwelle des Verfalls hat er nicht überschritten.
Denn erst in diesem Jahrzent schuf er sich die Sprache des Pinsels,
durch welche er Künstler und Laien am meisten berückt. Daneben
wurde ihm auch das zu Theil, was Menschen seines Standes und
seiner Erziehung beglückt: ehren- und einflussreiche Aemter, das
Ritterkreuz. Freilich, während sonst der den idealen Mächten
des Lebens dienende Mensch mit den Jahrzehnten das Recht zu
erwerben glaubt, störende und aufreibende Nebenbeschäftigungen
abzuwälzen, hat er solche sich nun erst aufgeladen, also dass
ihm eigentlich nur Mussestunden für seine Kunst übrig blieben.
Aus seinen Werken allein würde man diese Verhältnisse wol kaum
schliessen: seine Malweise wird freilich noch abgekürzter, noch
eiliger als bisher, aber Niemand hat es verstanden wie er, aus
der Noth eine Tugend zu machen. Während er weniger als je
sich selbst angehörte, hat er sich selbst eigentlich erst ganz ge-
funden, Werke geschaffen, in welchen er am wenigsten andern
gleicht. Dieser sein dritter und letzter Stil begegnet uns in Ge-
mälden, welche noch einmal sein ganzes, so mannigfaltiges Stoff-
gebiet umfassen: Mythologien, Nachklänge römischer Anregun-
gen; groteske Figuren aus Stadt und Hof, christliche Bilder,
königliche Personen, besonders die am Horizont des Hofs neu
aufgegangnen Damengestirne: die junge Königin, die während
seiner Reise eingetroffen war, ihr Töchterchen, das wenige
Wochen nach seiner Heimkehr geboren wurde. Alles aber er-
scheint wie gelegentliche Abfälle neben zwei Schöpfungen
ohne Gleichen, dem malerisch Tiefsten was von ihm ausgegan-
gen ist.
Das Schlossmarschallamt.
(Aposentador de palacio.)
Nach dem Urtheil competenter Zeitgenossen war Velazquez
der Spiegel eines spanischen Edelmanns und Hofmanns. Seit den
Tagen des „majestätischen“ Anton Mor wusste man sich in Madrid
keines Cavaliers von der Malerzunft gleich ihm zu erinnern. Der
Cicerone findet sein Bildniss in den Uffizien „fast etwas gesucht
nobel“. Diess Bild entspricht ganz den Schilderungen derer die
ihn kannten. Bei seiner Bewerbung um das Ritterkreuz waren
viele Herren von Hof und aus der Stadt aufgefordert worden,
[215]Das Schlossmarschallamt.
sich hierüber auszusprechen. Ein Maler, Burgos Mantilla, der ihn
seit 34 Jahren kennt, bemerkt, er unterscheide sich erheblich von
den übrigen aus der „Fakultät“ durch mehr Gewähltheit und
Würde (mayor punto y gravedad). Unbestritten nennt der Grefier
Fuensalida, der über ein Menschenalter mit ihm verkehrt hatte,
seinen feinen Takt und das Achtunggebietende seines Wesens
(decente y autorizado). Drei Zeugen, der Maler Alonso Cano, Pedro
de la Torre und der Portugiese Francisco de Meneses erklären fast
mit denselben Worten, er sei stets mit dem Prunk und der Hal-
tung (lucimiento oder lustre, y porte) des Edelmanns aufgetreten1).
Francisco Gutierrez Cabella endlich nennt ihn „einen der herr-
lichsten (primorosos) Männer seiner Zeit“.
Velazquez, Spross eines alten portugiesischen Hauses, der
als Jüngling früher bedacht gewesen war, bei Hof festen Fuss
zu fassen, als die Künstlertour nach Italien zu machen, theilte
ganz die Werthbegriffe seines Standes. Die kleinen Nebenämter
eines ugier, eines ayuda de cámara, waren ihm keineswegs gleich-
gültig; er stand in der Reihe derer, welche sich auf der breiten
Leiter der Hofchargen emporarbeiteten. Bekannt ist, dass damals
diese Aemter das höchste, ja einzige Ziel adligen Ergeizes
waren. Der immer tiefer in eitlen Müssiggang versinkende Adel
Castiliens machte sich bereits nichts mehr aus den Kommandos,
die ihn von der Bequemlichkeit und den Lüsten Madrids ent-
fernten. „Das einzige Amt, sagt Gramont, von dem ich be-
merkt habe, dass die Granden etwas Werth darauf legen, ist das
des gentilhombre de cámara en ejercicio, weil sie bei Tafel, beim
An- und Auskleiden während des Wochendienstes das Privileg
geniessen, Seine Majestät zu sehen.“
Velazquez kam nun von Rom zurück, hatte Ehre eingelegt
am Hof Seiner Heiligkeit und in der Künstlerrepublik. Aber
jetzt als ihn die Mauern des Alcazar wieder umfingen, kam auch
der Ehrgeiz des Hofschranzen von neuem über ihn. In den Per-
spectiven seiner Corridore und Zimmerfluchten verschwand das
menschlich und ideal Grosse zu Nichts, und der hohle Pomp,
den die Nachwelt belächelt, wurde höchstes Ziel des Daseins.
Und nun, wo er auf der Höhe des Könnens stand, wo er Werke
hätte schaffen können, die noch heute nach zweihundert Jahren
das Ziel der Pilgerfahrten gewesen wären, bewirbt er sich um
die Stelle des Schlossmarschalls!
[216]Siebentes Buch.
Wie er dazu kam? Längst war er zu den Berathschlagun-
gen über Aufstellung und Umstellung von Gemälden und Statuen,
über Ausstattung der Palastzimmer und Neubauten zugezogen wor-
den; das sind Dinge bei welchen man einen Maler nicht entbehren
kann. So lange er aber dienstlich nicht mitzureden hatte, mag ihm
seine Einmischung, gegenüber nicht sachverständigen Vorgesetz-
ten, oft Unannehmlichkeiten bereitet haben. Er wünschte diese ihm
liebgewordene Thätigkeit mit amtlichem Ansehn auszuüben. Ein
solches wurde ihm, jedoch nur in beschränktem Umfang, bereits
vor Jahren gewährt, als ihn der König zum Direktorialassistenten
seiner ausserordentlichen Bauten (1643) und zum Inspector des
Baus der Tribuna ernannte (1647). Jetzt nun eröffnete sich ihm
die Aussicht auf ein Hofamt, welches ihm jene Autorität in der
für ihn überhaupt erreichbaren Ausdehnung und Unabhängigkeit
geben konnte. Das schlimme war freilich, dass er nun eine Un-
zahl von kleinlichen Geschäften mit in den Kauf nehmen
musste, welche ihm die Zeit nicht nur, sondern auch die Stim-
mung für edlere Dinge raubten. Und dadurch unterschied sich
diese Stelle von frühern, bei denen wohl mehr die Absicht gewesen
war, sein Einkommen zu verbessern und ihm am Hof Respekt
zu verschaffen.
Die Stelle des Palastmarschalls des Königs wurde ein Jahr
nach seiner Rückkehr aus Italien erledigt. Der Posten, obwol
kein Amt des hohen Adels, galt für sehr ehrenvoll1). Velaz-
quez beschloss sich darum zu bewerben, gewiss mit stillschwei-
gender Zustimmung wo nicht Ermunterung des Königs. Er be-
gründet das Gesuch u. a. damit, dass diess Amt zu seiner Eigen-
thümlichkeit, Neigung (genio) und Beschäftigung passe. Der Ge-
halt betrug dreitausend Dukaten. Seine Amtswohnung befand
sich in der Casa del Tesoro.
Das Amt des aposentador (italienisch foriere maggiore, Hofmar-
schall) gehörte im Haushalt der kastilischen Könige zum Ressort
des Mayordomo mayor, des Chefs des Palasts. Der Venezianer Vin-
cenzo Quirini in seiner Relation von 1505 führt drei Aposentadori
maggiori auf, welche die Befugniss haben, allen welche dem Hofe
folgen, nach Gutdünken Quartier zu geben; sie haben zehn apo-
sentadori (oder camerini di corte) unter sich. Das hier in Frage
stehende Amt des Aposentador mayor de palacio de S. M. oder
[217]Das Schlossmarschallamt.
Schlossmarschalls des Königs (denn auch die Königin und die
Infanten hatten ihre Hausmarschälle) ist wol zu unterscheiden
von dem hohen Hofamt des Aposentador mayor oder Oberhof-
marschalls; beide aber hatten am spanischen Hof eine besondere
Bedeutung. Letzteres durch den Umstand, dass dem Könige
das zweite Stockwerk eines jeden Hauses seiner Hauptstadt ge-
hörte; der Oberhofmarschall verlieh allen Hofbeamten und frem-
den Gesandten ihre Wohnung, ganz nach seinem Belieben, mit
Ausnahme der Minister und Räthe, bei denen er bloss Vorschlags-
recht hatte. Er hatte also Gelegenheit genug seine Gunst oder
Kälte fühlbar zu machen.
Dem Palastmarschall war das Innere der königlichen Woh-
nung unterstellt; jenes Theils des Alcazar also, welcher um den
zweiten Hof lag, und die Organisation der königlichen Reisen.
Nach Gil Gonzalez Dávila und officiellen Dokumenten1) musste
er allezeit im Mantel, ohne Hut und Degen in des Königs Woh-
nung gegenwärtig sein, deren Thüren und Fenster er öffnet.
Zu seiner Kompetenz gehörte vor allem die Einrichtung (com-
posicion), die Ordnung und Ausschmückung (el aliño y adorno)
des Palasts, Reinigung und Heizung einbegriffen. Der Schlüssel
den er im Gürtel trug (llave de furiera) öffnete sämmtliche
Thüren; er überreichte im Namen des Königs die Kammerherrn-
schlüssel. Er wies den Palastdamen ihr Quartier an. Wenn
der König öffentlich speiste, so setzte er ihm den Stuhl und
hob die Tafel auf. Wurde dem Prinzen in Castilien und den
übrigen Reichen der Huldigungseid geleistet, so hatte er auch
dessen Stuhl aufzustellen, ebenso bei Audienzen von Kardinälen,
bei Eidesleistungen der Vicekönige und Präsidenten. Er ordnete
die Zurüstung der öffentlichen Feste; bei Maskeraden, Komödien,
Tournieren und Bällen berieth er mit Seiner Majestät das Pro-
gramm und wies den Personen des Hofs ihre Fenstersitze an.
Bei Reisen (jornadas) hatte er die königlichen Personen und
die Hausämter einzuquartieren; Praxis hierin wurde bei den
Bewerbern vorausgesetzt. In einer Urkunde Alfons des Weisen
heisst es: der Aposentador ertheilt des Königs Gefolge Quartier,
schlichtet die Streitigkeiten zwischen Gästen und Hausbesitzern;
am Tag vor der Ankunft steckt er ein Fähnlein aus als sein
Zeichen, damit man weiss wo der König wohnen wird. Schon
[218]Siebentes Buch.
damals war sein Amt, bei einer so förmlichen Nation, nicht ohne
Dornen. Erwägt man, dass Feste und Reisen einen grossen
Theil der Einkünfte verschlangen, so wird klar, dass der Palast-
marschall auch im Finanzfach kein Dilettant sein durfte. Man
liest, dass in den Jahren 1654—56 die blossen Reisen des Hofs
in Castilien über 400,000 pezze gekostet hatten1).
Die Bewerbungen richteten sich an den Verwaltungsrath
des Königlichen Hauses (bureo), sechs Herren unter Vorsitz des
Mayordomo mayor. Nach dem Bericht (16. Februar 1652) hätte
Velazquez wenig Aussicht gehabt. Nur einen Bewerber em-
pfehlen sie einstimmig: Gaspar de Fuensalida, damals Chef des
Wachszimmers (Cerería), seit 1627 im Amt, der älteste unter den
jefes de los oficios. Er kannte unsern Maler seit seiner Ankunft
in Madrid, und hat sich bei einer späteren Gelegenheit sehr
freundschaftlich über ihn ausgesprochen. Der Marques de Ariza
nennt Velazquez gar nicht. Der nächstbegünstigte ist Francisco
de Roxas, Jahre lang Juwelenbewahrer des Cardinalinfanten und
Hausmarschall des Prinzen; er ist Velazquez’ Nachfolger geworden.
Dem Grafen Puñonrrostro zu Folge hat er stets mit viel Wahr-
heit, Pünktlichkeit und Zufriedenheit gedient. Die andern sind
Simon Rodriguez und Alonso Carbonel, einmal wird Joseph Nieto,
Hausmarschall der Königin und Guardadamas genannt, den
Velazquez im Gemälde der Meninas angebracht hat. Fünf der
Herrn empfehlen zwar unsern Maler, aber keiner an erster Stelle;
doch bestätigt der Graf von Ysinguien, der ihn an letzter Stelle
aufführt, den von ihm selbst für sich geltend gemachten Empfeh-
lungsgrund, „dass er viele Jahre für Ausschmückung und Ord-
nung der Wohnung S. M. mit der Gewissenhaftigkeit und dem
Erfolg (acierto) gewirkt habe, der S. M. bekannt sei“.
Der König schrieb an den Rand: Nombro á Velazquez (Ich
ernenne Velazquez).
Aus den Akten des Amtes im Palastarchiv geht nun hervor,
dass der Schlossmarschall mit einer Reihe zum Theil recht
niedriger Dinge sich zu befassen hatte, wobei er überdiess bald
den Erinnerungen und Befehlen vorgesetzter Hofbeamten nach-
zukommen, bald gegen Anklagen der untersten Dienerschaft
sich vor dem Könige zu verantworten hatte2).
[219]Das Schlossmarschallamt.
Auch die monatlichen Rechnungen sind erhalten; sie zer-
fallen in ordentliche und ausserordentliche. Die ordentlichen Aus-
gaben bestanden in der Auszahlung der Gehalte der ihm unter-
stellten niedern Beamten, der Kehrer der Kammern, der Höfe,
Küchen, Gänge (2½ Realen täglich), des Anbläsers (sollinador)
der Kamine, des Dreckkarrenführers (chirrionero); ferner der
Gehalte ihrer Witwen u. a.; in den Zahlungen der Holzfuhrleute,
den Ausgaben für die Kohlen der Wachen und Thürhüter, für
die Besen zum Abkehren der Möbel und Reinigung der Zimmer,
für das Anzünden der Lampen, die Gläser und Dochte, für die
Betten und Nachttöpfe und das Waschen der Tücher zum Ab-
wischen dieser Möbel des königlichen retrete. Diese ordentlichen
Ausgaben beliefen sich im ersten Monat seiner Amtsführung, dem
März 1652 auf 101,705½ maravedís.
Die ausserordentlichen Ausgaben waren viel beträchtlicher,
sie betrugen in demselben Monat 690,945 m. Das meiste kam
auf die königlichen Reisen und Jagdausflüge; ausserdem Palmen
für den Palmsonntag u. dgl.
Der Mayordomo mayor, Graf von Montalban, der sein
Hauptquälgeist gewesen zu sein scheint, sorgte dafür, dass er
über dem Stolz seiner neuen Würde deren bescheidene Pflichten
nicht vergass. Das erste uns vorliegende Schriftstück (3. März
1653) bezieht sich auf die Reinlichkeit des Palasts. Danach
hätte das Haus Seiner Majestät in diesem Punkt der Stadt
Madrid (die eines europäischen Rufes genoss) wenig vorzuwerfen
gehabt. Höfe, Hausflur (zaguan), Gänge waren voll Unrath,
und die allerhöchste Nase hatte es beim täglichen Gang zur
Frühmesse zu erfahren. Die dem Nachtdienst obliegenden Sol-
daten verunreinigten alle Corridore und den Gang hinter der
Kapelle. Der Schlossmarschall entfernt in Folge davon den
bisherigen, nachlässigen Guardamea (Pisswart) Vicuña und be-
ruft einen Velasco, der seine Kräfte ausschliesslich diesem Beruf
zu widmen hat. Was die Wache betrifft, so sollten die Kor-
porale avisirt werden; in der Folge wird beschlossen, dass die
Fähndriche (alferez) Strafen ansetzen.
Ein halbes Jahr später kommt von derselben Stelle folgende
Erinnerung. Das Kettenthor (genannt von einer an Pfosten
befestigten Sperrkette), durch welches die Räthe in ihre Bureaus
im Erdgeschoss gehn, führt auch zur Hofküche. In Folge da-
von halten sich hier die Pferde und Maulesel der Schaffner
(procuradores) und Wasserträger des Schenkamts und der Küche
[220]Siebentes Buch.
auf. Ihre Anwesenheit giebt Aergerniss, weil das Essen und
der Becher Ihrer Majestät täglich an diesen Vierfüsslern vor-
beigetragen werden muss. Zugleich ist aber eine Competenz-
überschreitung zu rügen. Das Haus der Königin hat hier einen
Neger als Thürhüter eingesetzt, da doch für das Kettenthor die
dreizehn porteros de cadena des Königs da sind.
Auch die Gelder für den Wald von Holz, den der Palast
im strengen Winter des Tafellands von Madrid verschlang, zahlte
der Schlossmarschall. Von Mitte November bis zum 24. Mai
wurden die Kamine geheizt. Die Holzfuhren wurden den Bauern
von Colmenar, las Rosas, Galapagar, Fuencarral, Alcobendas u. a.
täglich ausgezahlt, die arroba zu 28 maravedis. Die Rechnungen
für die ausserordentlichen Ausgaben des ersten Monats seiner
Amtsführung enthalten Zahlungen an diese Fuhrleute für elf Tage
vom 8. bis 30. März; geliefert wurden 1481 arrobas (à 25 Pfund),
und 40024 maravedis oder 1177 Realen dafür verausgabt. Einmal
beklagt er sich, dass nicht ein Real in der Kasse ist, um das
Holz für die Kamine der königlichen Wohnung zu bezahlen.
Die Bühnen für das Hofpersonal bei den Stiergefechten auf
der Plaza mayor (sie befanden sich vor der Bäckerei, panadería)
kosteten für jede Vorstellung fünfhundert Realen.
Zur Winterszeit wurden im Palast Schilfmatten gelegt; diese
hatte er zu verwahren, flicken und erneuern zu lassen. Am
8. März lässt der Majordomus auf des Palastmarschalls Rech-
nung und in seinem Namen dem Mattenflechter (esterero) Francisco
Gonzalez 400 Realen auszahlen, damit er im Chor von S. Geró-
nimo solche legen lasse, weil der König am Sonntag hinkommen
will. Am 27. Oktober 1653 befiehlt er, statt die schadhaften zu
flicken, neue zu kaufen. Am 30. März 1654 handelt es sich um
Ausbesserung und Erneuerung der königlichen Betttücher. Am
22. November 1655 macht Velazquez Zahlungen für Instandsetzung
der zerrissenen Strohsäcke (gergones), auf denen die Wachen
schlafen. Er unterschreibt Rechnungen von 18 Realen für zwei Ellen
Barchent und ebensoviel Fries zur Reinigung der Tische, Stühle,
Thüren, Fenster und Gemälde der königlichen Zimmer, und für die
Palmenbesen zum Fegen der Fussböden und der Kapelle. Er
zahlt dem Schlosser Pedro Sanchez am 27. März 1660 104 Realen
für 150 Haken zum Aufhängen der Bilder. Er hat der niedern
Dienerschaft der Küche, sowie gewisser Anstalten der Reinlichkeit
und Bequemlichkeit, bei der grossen Reise des Hofs an die
Grenze ihren Reisezuschuss zu zahlen, z. B. den acht Küchen-
[221]Das Schlossmarschallamt.
jungen und sechs galopines anderthalb Realen für die Betten,
zusammen 518 Realen, ebenso den sotoayudas oder mozos de la
furriera, die aus fünf Auskehrern (barrenderos) und zwei mozos
de retrete (Cabinetburschen) bestehn. Von diesen sieben ist
er auch einmal beim König verklagt worden, wie er behauptet
„ungerecht und ohne Grund“, weil sie sich beeinträchtigt glaub-
ten durch seine Einsetzung eines nicht beeidigten barrendero der
königlichen Gemächer. Er hatte hierfür nämlich einen sachkun-
digen und zuverlässigen Zimmermann nöthig. — Ein anderes Ge-
such von Seiten der mozos de retrete an den König wurde dadurch
veranlasst, dass der Aposentador vor jener Abreise unterlassen
hatte, ihnen die Kissen und Felleisen (zur Verpackung) für die
allerhöchsten Bettschüsseln (sillitas) sowie ein neues Bettgestell
zu liefern (ein Gegenstand von 6000 Realen), und sie an den Con-
tralor verwiesen hatte, der Schwierigkeiten machte. Hierbei
muss man sich jedoch in die Zeit versetzen; bekannt ist, dass es
z. B. am französischen Hofe für ein eifersüchtig bewachtes, weil
einflussreiches Privileg galt, S. M. auch auf diesem Thron zu
umstehen, ein Privileg das u. a. Frau von Maintenon wol zu
schätzen wusste. Am 17. September 1655 hat er über eine Klage
der Witwen der Furiera zu berichten, die seit achtzehn Monaten
nichts bekommen haben. Darauf wird ihm aufgegeben sie zu be-
zahlen von dem Ersten besten was da sei (de lo primero que
hubiere).
Am meisten Zeit verlor Velazquez wol auf den periodischen
Reisen des Hofs nach den Lustschlössern, zu den Cortes in
den Provinzen und an den Kriegsschauplatz. Das Schicksal
wollte, dass in seine Amtsjahre eine jener ungeheuern Jornadas
an die Grenze fiel, diese hat ihm denn auch das Leben gekostet.
Er machte diese Reisen zu Maulthier. Was eine Tour in Spa-
nien bedeutete, davon kann sich heute nur der eine Vorstellung
machen, wer etwa auf der Balkanhalbinsel gereist ist. „Man
findet, sagt Sagredo, nichts als ein Dach über dem nackten Bo-
den.“ Speisekammer, Küche, Betten, Stühle und Tische, Bedie-
nung musste man mitnehmen; keine Flüsse und Kanäle gab es
zum Transport; die Strassen waren in völlig vernachlässigtem
Zustand, das Land glich oft meilenweit einer Wüste1). Man lese
die Klagen der fremden Gesandten, welchen die stärksten Aus-
drücke für die überstandnen Strapazen kaum genügen. Sie kom-
[222]Siebentes Buch.
men meist krank in Saragossa und Madrid an, und selbst Spanier
bedürfen einiger Tage Ruhe, ehe sie an Besuche und Geschäfte
denken können. Giustiniani hatte fünfzig Tage im November
und December von Toulouse bis Madrid gebraucht, er starb bald
nach seiner Ankunft (3. Februar 1660). Keine Privatbörse, sagt
ein Venezianer, ist im Stande dem Könige in die Campagne zu
folgen. Kein Stück des Lebensunterhalts das nicht drei bis
viermal soviel kostet als in Italien. Die blosse Reise nach Ma-
drid verschlingt die Provision eines Jahres (1624). Im Winter
blieben die Wagen oft die Nacht über mitten im Feld im Schnee
stecken.
„Wer seine Geduld üben will, sagt jener Venezianer, der
komme hierher; er wird mehr Förderung finden, als im Orden
des heil. Franciscus.“
Das schlimmste dünken uns für einen Künstler die unauf-
hörlichen, aufreibenden Verdriesslichkeiten, die mit der finanziellen
Zerrüttung der Hofhaltung zusammenhingen. Wie oft versiegt
das Geld in den Kassen, da werden die Gehaltszahlungen ein-
gestellt, die kleinen Leute versagen Lieferungen und Arbeiten;
man friert in den königlichen Gemächern, die Hofdamen müssen, um
nicht zu fasten, das Essen aus der Stadt holen lassen, man geht
in abgetragenen Anzügen; Flickschneider müssen am Hof S. Ka-
tholischen Majestät ein blühendes Gewerbe gewesen sein. Die
Folge waren Schulden; einmal beklagt er sich, dass ihm 60000
Realen Jahrgehalt nicht ausgezahlt seien, und bloss für 1653, 30000.
Diese Art Sorgen möchte man sich als chronischen Druck auf
den Gemüthszustand des Maler-Hofmarschalls vorstellen. Da
muss indess der Leichtsinn des Spaniers in finanziellen Dingen
in Anschlag gebracht werden. Bei dem Tode des Velazquez
ergab sich, dass er seinen Fond um eine erhebliche Summe über-
schritten hatte: das Palastmarschallamt war mit einer Schuld
von 1220770 maravedis (35905 Realen oder 3264 Dukaten) bela-
stet. In Folge davon wurde über des Malers Nachlass der ge-
richtliche Verschluss verhängt. Nach den geschilderten Zuständen
wird man wissen, wie das zu beurtheilen ist. Im Lauf der fünf
Jahre dauernden Untersuchung stellte sich heraus, dass auch er
sehr hohe Forderungen an den Fiscus hatte; und das Urtheil
lautete dahin, dass die Hälfte der Schulden durch sein persön-
liches Guthaben als getilgt angesehen werden solle, die andere
Hälfte musste freilich der Schwiegersohn und Testamentsvoll-
strecker Juan Bautista del Mazo, Vater vieler Kinder, ersetzen
[223]Das Schlossmarschallamt.
(3. März 1665). In Folge davon wurde der Sequester aufgeho-
ben (11. Aprril 1666).
Palomino bemerkt richtig, dies Amt nehme einen Mann
ganz in Anspruch und spricht sich über diesen Punkt mit einer
Freimüthigkeit aus, die er sich wol unter der alten Dynastie
nicht erlaubt hätte (S. 340 f.).
„Eine grosse Ehre war es für Velazquez; dennoch hat es
nicht an Stimmen gefehlt, die eine Behandlung dieser Sache nach
höhern Gesichtspunkten für passend erachtet hätten. Belohnung
von Künstlern sei wol zu unterscheiden von der anderer Ver-
dienste. Bei Leuten ohne bestimmte Thätigkeit wird durch Ueber-
tragung eines solchen Amts ihr Verdienst erhöht; bei Künstlern
heisst es vielmehr sie durch die Belohnung um ihr Verdienst be-
trügen. Gründete sich das Verdienst auf die Ausübung ihrer
Kunst, wie kann diess Verdienst erhalten bleiben, wenn die Mög-
lichkeit entzogen wird sie auszuüben? Deshalb sollten Beloh-
nungen der Künstler nur in Ehre und Geld bestehen. In Ehre,
als Sporn und Anerkennung ihrer Leistungen, in Geld, weil es
ihnen Musse verschafft, bloss um des Nachruhms willen, durch
ihre Studien verborgene Schönheiten der Kunst hervorzulocken.
Das sind also die Belohnungen, durch die der Künstlergrösse
Anerkennung und Ansehn zu Theil werden kann. — Das Schaffen,
sagt er anderswo (Museo II, 108), ist weit das grösste Glück des
Künstlers, das mit dem Gewinn, ja selbst mit dem Ruhm und
dem befriedigten Selbstgefühl nicht zu vergleichen ist. — Allein
die Ausübung der Kunst unterbrechen, sei es auch durch ein
Ehrenamt, das ist eine Art Belohnung, die wie eine verkleidete
Strafe aussieht. Wer gefehlt hat, wird vom Amte suspendirt.
Was nun für den eine Züchtigung ist, wie kann das für
den andern eine Belohnung sein? Freilich, das Köstlichste bei
solchen Ehren ist, Seiner Majestät zu dienen. Nun, dann mögen
sie dienen in der Sphäre, durch die sie zur Gnade des Souveräns
emporgestiegen sind, und nicht auf Wegen, die ihrem Genius
fremd sind. Sonst verscherzen sie mit all ihren Diensten den
eigenartigen Werth des Dienstes wie des Verdienstes. Für Hof-
ämter ist abgesehn von der Routine jedes gewöhnliche Talent
geeignet, für höhere Geschicklichkeiten keineswegs. Die Natur
selbst lehrt, wieviel es kostet hervorragende Geister über die
Menge emporzuheben, wo die meisten am Fuss des Berges zu-
rückbleiben. Viele werden sich finden, die es dem grössten
Künstler im Hofdienst gleich, ja zuvorthun werden; aber für
[224]Siebentes Buch.
Originalwerke finden sich wenige, oft Niemand. Und deshalb
soll man einen Mann allemal gebrauchen darin wo er einzig,
und nicht darin wo er nicht mehr als gewöhnlich ist.“
Palomino vergisst hierbei nur, dass Velazquez sich um das
Amt beworben hat, es sogar seinem „Genius“ zusagend ge-
nannt. Der herbe Tadel traf also eigentlich diesen. Er zahlte
hier seiner adligen Geburt ihren Zoll1).
Um in grössere Nähe des Königs zu kommen, dazu hatte
er es wol kaum nöthig. Er wurde oft stundenlangen vertrau-
lichen Zwiegesprächs über wichtige (arduos) Dinge, nach Ent-
fernung der Höflinge gewürdigt. Und das gab ihm grosses An-
sehn. Als einst das „Söhnchen eines grossen Herrn“ ihm wegen
einer amtlichen Erinnerung unhöflich begegnet war, belehrte
es der Vater: „Mit einem Mann, den der König so hoch
schätzt, und der ganze Stunden der Unterhaltung mit Seiner
Majestät hat, erlaubst du dir eine solche Unart? Geh, und ohne
ihm volle Genugthuung geleistet und dich seiner Freundschaft
versichert zu haben, komme mir nicht wieder vor die Augen“.
Palomino scheint auch zu wissen, dass der König ihm noch
höhere Ehren als die des Schlossmarschallamts und selbst des
Ritterkreuzes bestimmt hatte (S. 341. 350).
Galerieverwaltung.
„Velasquez Sorge, sagt der Prior Francisco de los Santos im
Jahre 1681 in seiner Beschreibung des Escorial2), ist es zu ver-
danken, dass der königliche Palast, was die Ausstattung mit
Gemälden betrifft, einer der grössten unter den Monarchenpalästen
der Welt geworden ist“. Wir bemerkten dass er schon vor
seiner Ernennung zum Palastmarschall die öfteren Veränder-
ungen des Wandschmucks geleitet hat. Der alte Alcazar, wie
er im Jahre 1660 aussah, war ein Denkmal seiner langjäh-
rigen, vielverzweigten Thätigkeit. Die Inventare des Palast-
archivs geben Aufschlüsse über die Aufstellungen in den Anfängen
[225]Galerieverwaltung.
und des Endes der Regierung Philipp IV. Das von 1636 ver-
gegenwärtigt noch einen Theil der Gemächer in dem Zustand
wie sie Philipp III hinterlassen hatte, nebst den bereits begon-
nenen, deutlich erkennbaren Umgestaltungen; das von 1666, wel-
ches aus dem von 1686 ergänzt werden muss, enthält das End-
ergebniss des fünfundvierzigjährigen Waltens des kunstliebenden
Monarchen. Wenig war am Platz geblieben; was zu Philipp II
Zeit im Schatzhaus, in der Guardaropa verwahrt wurde, hielt
jetzt seinen Einzug in den vom Kaiser neugebauten Südflügel.
Manche Klassen von Bildern waren fast ganz verschwunden;
die überwiegende Mehrzahl der künstlerisch werthvollen Stücke
ist erst im Lauf seiner Regierung hinzugekommen. Tizian und
die Venezianer wurden noch bedeutend vermehrt; fast ganz neu
hinzu kamen Rubens (mit 62 Stücken) und van Dyck (19), Brueghel
(38), Snyders (26), ferner Spagnoletto, Guido (12); die Zahl der
Spanier ist klein, abgesehen von den Werken des Kammer-
malers selbst. Das Inventar von 1686 nennt 614 Originale,
210 Copien; mehr Originale, bemerkt der Verfasser, Bernardo
Ochoa, als irgend ein Souverän damals sich rühmen konnte
zu besitzen.
Die Verwaltungsthätigkeit bestand zum Theil auch in An-
käufen. Velazquez galt bei solchen als der erste Sachverständige
in Madrid. Er wurde auch von italienischen Diplomaten konsul-
tirt; der modenesische Gesandte Guidi vertraut sich ihm bei
einem Handel um vierzehn Jagdstücke des Paul de Vos aus dem
Nachlass des Herzogs von Aerschot ganz an (conforme al suo
giudicio, e parere mi governarò, Brief vom 26. November 1641).
Schon in den zwanziger Jahren liess der König Umbauten
im Schloss vornehmen. Es sind: der grosse Saal über dem
Hauptthor an der Südseite, später der Spiegelsaal genannt, an
ihn schloss sich dann der achteckige Saal. Ferner wurden im
Erdgeschoss ganz neue Wohngemächer geschaffen. Diese
Räume waren bisher wie meist in diesen festungsartigen Adels-
häusern und Palästen dunkel, fast fensterlos und unbewohnbar
gewesen. Der Mangel tiefgelegener Zimmer nach Norden ver-
trieb den Hof in den heissen Monaten aus Palast und Haupt-
stadt. Jetzt nun wurden unter Leitung des Baumeisters Juan
Gomez de Mora unter dem alten Sommerquartier kühne Durch-
brechungen der Grundmauern, Unterfangungen durch Bogen vor-
genommen, und eine Reihe kühler gewölbter Räume geschaffen,
die Bóvedas.
II. 15
[226]Siebentes Buch.
Diese „Gewölbe“ schlossen sich an die bereits von Philipp II
angelegten „Tiziangewölbe“, nach dem Kaisergarten zu. Sie
waren zum Theil recht klein (piezas pequeñas) und öffneten sich nur
durch ein Balkonfenster oder eine Thür nach dem Palastplatz oder
den Gärten an der Ost- und Nordseite. Hier speiste der König in der
Zeit der grossen Hitze, oder sah Aufführungen, Thierkämpfen für
den engsten Kreis in dem kleinen Amphitheater unter der Nord-
galerie zu. Ihre Ausstattung bestand hauptsächlich in Bildnissen
der Familie und berühmter Personen, welche aus den für die
Meisterwerke der Kunst umgeschaffenen Sälen des Hauptge-
schosses hierhergebracht wurden.
Auch die Wohnräume des cuarto bajo de verano (der Som-
merresidenz) wurden ganz neu eingerichtet und mit einer auf
höhere Ansprüche berechneten Auswahl von Gemälden ausge-
stattet. Und hier ist es zum erstenmale Rubens, der uns überall
begegnet: er war für Philipp IV dasselbe, was Tizian für seinen
Grossvater gewesen ist. Folgende Aufstellungen scheinen die
bemerkenswerthesten im Inventar von 1636.
Im grossen Speisesaal (gran comedor) hing sein erstes und
grösstes Stück das in den Palast kam: die Anbetung der Könige,
welche der hingerichtete D. Rodrigo Calderon besessen hatte.
Im Saal für das Abendessen herrschte er mit Snyders und
Brueghel durchaus; hierher liess der König die 25, kürzlich aus
Brüssel der Königin Isabella geschickten Stücke bringen, die
bisher in der Torre nueva aufgehängt waren, darunter die Dianen-
jagd und die Ceres, Scenen aus dem Landleben seiner Tante in
Brüssel; hier athmete man ganz flandrische Luft.
Die Bilder wurden überall für diese Zimmer zusammen-
gesucht, z. B. aus dem was im Pardo nach dem grossen Brand
gerettet worden war; die Grossen beeiferten sich S. M. zu be-
schenken: die berühmten „fünf Sinne“ von Brueghel und Rubens,
die dem Herzog von Pfalz-Neuburg gehört, schenkte für das
Lesezimmer Medina de las Torres; einige Snyders, darunter das
Vogelconcert, Leganés; D. Luis de Haro meist landschaftliche
Stücke. Der Bologneser Virgilio Malvezzi verehrte ein eigen-
händiges Bildchen der heiligen Familie in Elfenbeinrahmen.
Im Geschäftszimmer (Fieza en que S. M. negocia) liess sich
der König Bildnisse von Tizian zusammenstellen: Carl V in der
Rüstung mit blossem Degen, dessen Hofzwerg Stanislaus, Phi-
lipp II in schwarz als Bräutigam der englischen Maria, ein Doge,
jene Bildnisse des Churfürsten Johann Friedrich des Grossmüthi-
[227]Galerieverwaltung.
gen von Sachsen und des Landgrafen Philipp des Grossmüthigen
von Hessen, die Venezianerin mit dem Palmenfächer.
Im Schlafzimmer umgab er sich mit Bildern der grossen
Ahnen: hier war die Begegnung Rudolfs von Habsburg mit dem
Priester von Rubens, der christliche Glaube von Spanien be-
schirmt von Tizian (aus dem Pardo), das Kaiserpaar ebendaher,
seine Tante Isabella, die Königin Isabella, die blutige Maria,
sein Vater in einer Allegorie von Justus Tiles, er selbst und
sein Bruder in jugendlichem Alter. Also Werke, bestimmt den
erhabenen Beruf des Hauses zu vergegenwärtigen. Dass man
indess noch andere Götter neben jenen hatte, veranschaulichte der
Bacchus des Velazquez.
Auch in dem Oratorium taucht Rubens auf, von ihm war
die Concepcion über dem Altar, ein Geschenk des Leganés. —
In den dreissiger Jahren nahm die Ausstattung von Buen
Retiro alle künstlerischen Kräfte in Anspruch. Dann kam die
Torre im Pardo, welche das meiste was Rubens lieferte, ver-
schlang. Endlich, bei Gelegenheit der Vollendung des Pantheon
im Escorial, erschien es als königliche Pflicht, dieses seit dem
Tode des Gründers sich selbst überlassenen „Weltwunders“
wieder zu gedenken, und alles was man von kostbaren kirch-
lichen Bildern italienischer Schule bekommen hatte, wurde von
Velazquez dorthin gebracht und aufgestellt. Seit 1656 nahm nun
die Sacristei von S. Lorenzo unter allen Gemäldesälen des Königs
von Spanien den ersten Platz ein.
In Folge davon ist von den Werken des ersten Malers Spa-
niens nicht mehr viel in dem Schlosse aufgestellt worden, obwol
er fast alles dort gemalt hat. Zwar hat das Inventar von 1686
nicht weniger als 43 Velazquez, allein es sind darunter viele Un-
bedeutendheiten, z. B. Hirschgeweihe; vier Pferdestücke, Paare,
darunter zwei bloss skizzirte mit Cavalieren, Pendants zu vier
Darstellungen gleichen Inhalts von Ribera. Alle die Reiter-
bildnisse der dreissiger Jahre, die Uebergabe von Breda, die
Vulcanschmiede, der Wasserträger, die fünf grossen Truhanes-
figuren u. a. wurden in den Palast von Buen Retiro gebracht.
Von den damals im Süden des Reichs blühenden Andalusiern,
an welche die Nachwelt fast allein denkt, wenn von spanischer
Schule die Rede ist, war wenig am Hof bekannt geworden. Die
Namen Zurbaran und Murillo kommen in den Inventaren des Alca-
zars Philipp IV nicht vor. Nur Spagnoletto scheint sich sofort
sein Herz erobert zu haben, 36 Stück zählte man zuletzt und fünf
[228]Siebentes Buch.
befanden sich in seinem Schlaf- und Sterbezimmer. Ein Mann
wie Philipp IV musste mehr Geschmack an mythologischen Ma-
lereien finden als an religiöser Kunst, für die er wenig Empfin-
dung besessen zu haben scheint.
In Bezug auf Tizian behauptete der Alcazar sein Privileg;
von diesem grössten unter den Malern, welche auf Spaniens
Schlösser ihren Glanz geworfen haben, hatte man den Takt,
alles mit Ausnahme einiger Kirchenbilder, dem Schlosse Carl V
vorzubehalten. Philipp IV war so glücklich das Erbe seines
Grossvaters in den „Bóvedas de Ticiano“ mit den alles noch über-
strahlenden Jugendbildern, den beiden ferraresischen Bacchanalien
des Fürsten Ludovisi vermehren zu können; er stellte diesen alten,
mythologischen Tiziangemächern ein neues, einen Bildnissaal an
die Seite. Zu diesem wurde die grosse Südgalerie, auch Galerie
der Königin genannt, umgewandelt. Sie lag über jenem Kaiser-
garten und den Tiziangewölben1). Noch im Jahre 1636 zeigt
dieser Raum die Ausstattung in dem veralteten, künstlerischer
Gesichtspunkte baaren Kuriositätengeschmack des sechszehnten
Jahrhunderts. Im Jahre 1665 erscheint er völlig umgeschaffen;
man sah dort die zwölf Imperatoren aus der Galerie von Mantua,
in Carl I Versteigerung erworben; Carl V mit der irischen
Dogge, seine Gemahlin die Kaiserin Isabella, Kaiser Ferdinand,
Philipp II im Harnisch, die Herzogin von Alba, die Frau des
Secretärs Cobos, den Herzog Alphons von Ferrara, den Herzog
von Urbino, den Landgrafen, die heil. Margaretha, das Mädchen
im Pelz, endlich Tizians eignes Bildniss, zusammen 35 Stück.
Sie waren umgeben von einer homogenen Gesellschaft zahlreicher
Tintorettos und Paolos.
Und damit waren die Vorräthe noch nicht erschöpft. In
dem Gang, welcher aus diesem Saal nach der Tribuna führte
(pasillo de la Madonna), waren neben Correggio’s Christus in
Gethsemane (auf 4000 Ducaten geschätzt) und einer heiligen Fa-
milie, die Herodias Tizians, das Bildniss des Sekretärs Cobos u. a.,
nebst zehn Bildnissen Tintoretto’s.
Das Inventar von 1686 weist 79 Originale Tizians auf und
[229]Galerieverwaltung.
28 Copien, 43 Tintorettos, 29 Paolos und 26 Bassanos. Die
Zahl der seitdem ausser Land gekommenen oder verschollenen
Tizians mag etwa vierzig betragen. Zu ihnen gehören: die Ruhe
auf der Flucht mit der h. Catharina und der Zinsgroschen (National
Gallery), von dem Noli me tangere ist ein Fragment im Prado.
Von Mythologien: die zwei Dianenbäder, Europa, Venus mit
dem Spiegel, eine Bacchusfigur, die vier Tartarusstrafen: Prome-
theus und Sisyphus, Tantalus und Ixion; Perseus und Andromeda,
Orpheus, Tarquin und Lucrezia. Von Bildnissen: die elf Cäsaren,
Pabst Alexander VI mit dem Admiral Pesaro (Antwerpen),
Carl V im Harnisch, derselbe mit der Kaiserin auf einem Bilde,
König Ludwig von Ungarn, die Herzogin von Alba, der Sekretär
de los Cobos und seine Frau, der Churfürst von Sachsen im Pelz-
mantel, der Landgraf, Francesco Sforza, der Herzog von Urbino
die Hand auf einer Kanone, der Doge Gritti, der Maler „Juan
Albin“, der Zwerg Stanislaus.
Der Spiegelsaal war von Anfang an bestimmt eine Auswahl
von Meisterwerken zu vereinigen; bis zum Ende der Regierung
ist die Zusammenstellung veredelt und bereichert worden: Grössen
wie Carducho und Caxesi, die anfangs noch neben den Venezianern
standen, sind in der Folge entfernt worden. Auf Gleichartigkeit
der Stoffe wurde gesehn: grosse Reiterbilder und Mythologien.
Hierher wurde aus dem Pardo Tizians Carl V bei Mühlberg ge-
holt, Philipp II mit dem Kinde Diego (1574), daneben hing Ve-
lazquez’ Philipp III und die Moriscos, Rubens’ untergegangenes
Reiterbild des regierenden Königs, Ferdinand in Halbfigur von
van Dyck, die Schlacht bei Nördlingen.
Noch interessanter war die mythologische Abtheilung: wol
nirgends hat man so verschiedenartige Geister wie Tizian, Tin-
toretto und Paolo, Rubens und van Dyck, Velazquez, Ribera und
Artemisia Gentileschi in ihrer Behandlung der klassischen Stoffe
vergleichen können. Spagnoletto’s verloren gegangene Jael und
Delila scheinen die ersten Stücke gewesen zu sein, die von ihm
in den Palast gekommen sind.
Im Atelier der Kammermaler war noch 1694 eine Skizze
des Salon dorado von Velazquez Hand1).
[230]Siebentes Buch.
Das Ritterkreuz des Santiagoordens.
Der Gedanke seinen Hofmaler zum Ordensritter zu erheben,
ist Philipp IV erst sehr spät gekommen, nachdem jener ihm
bereits 35 Jahre gedient hatte. So hat er sich des Mantels mit
dem rothen Kreuz wenig über ein Jahr zu erfreuen gehabt. Viel-
leicht war diese Auszeichnung Diego’s langgehegter Wunsch,
für spanische Maler gab es keine höhere Ehre, aber auch keine
seltnere. Wie viel besser hatten es da die Italiener! Pacheco,
Palomino zählen die wenigen Glücklichen auf. Nur ein Beispiel
war überliefert, wo einem spanischen Maler von seinem Könige ein
Ordenskreuz gewährt worden war: Antonio Rincon, den Fer-
dinand zum Santiagoritter gemacht hatte. Philipp II, obwol ein
Freund der Maler, hat keinem die merced del hábito gewährt;
Philipp III aus Gefälligkeit gegen den Pabst mehren Italienern.
Velazquez war vor dreissig Jahren in Rom diesen Baglione,
Joseph Cesari oft begegnet; er hatte vielleicht seinem Schwieger-
vater davon erzählt1), wie jenem eitlen Cavalier d’Arpino sein
Sanktjacobshabit noch nicht gut genug gewesen sei, weil es
andere auch hatten, und wie er es „verbesserte“, d. h. ver-
tauschte mit der goldnen Kette und dem Degen S. Michaels, den
ihm Ludwig XIII schickte. Wie viel war im Jahre 1625 davon
gesprochen worden, dass Romulo Cincinnato, als ihm sein Gönner,
der Herzog von Alcalá die Ehre verschaffte, Urban VIII zu malen,
von diesem mit dem Christusorden von Portugal beschenkt wor-
den war. Velazquez hatte nun ebenfalls einen Pabst gemalt,
aber er hatte bloss die goldne Kette mit dem Medaillon bekom-
men. Es gab nur einen spanischen Malercavalier damals, Joseph
Ribera, auch er hatte den päbstlichen Christusorden.
Vielleicht war dieser Mangel an Präcedenzfällen die Ur-
sache, weshalb Philipp IV so spät sich entschloss. Da fiel ihm
ein, dass Tizian sich Eques Caesareus unterzeichnete; er war
zum Comes Palatinus geadelt worden vom Kaiser Carl; es
war also eine Gelegenheit, zu thun wie Carl V gethan. Die
Analogie konnte nicht schlagender sein. Auch von Velazquez
hatte Olivares gesagt, dass kein anderer den König malen dürfe,
auch von ihm konnte man facilitas und felicitas im Treffen rüh-
men; da hingen im Alcazar seine Reiterbilder dem stupenden
[231]Das Ritterkreuz des Santiagoordens.
des Tizian zur Seite, ohne solche Nähe fürchten zu müssen. In
der That, sagt der Marques de Malpica, unter den Zeugen als
Mayordomo mayor hierin der kompetenteste, Seine Majestät sei
dem Beispiel (er sagt irrig) Philipp II gefolgt, der Tizian das Habit
gegeben.
Ueber die nächste Veranlassung sind wir nicht sicher unter-
richtet. Nach Palomino war es im Escorial und in der Char-
woche 1658, dass der König ihm eröffnete, er wolle seine Be-
gabung, Geschicklichkeit und verschiedenartigen Dienste auf diese
Weise ehren; er überlasse ihm die Wahl des Ordens. Der König
von Spanien war Administrador perpetuo der Orden von Alcán-
tara, Calatrava und Santiago. Velazquez wählte Santiago, und
der König ertheilte ihm die Merced am 12. Juni. Bevor aber
das Habit übergeben werden konnte und die nómina erfolgen,
waren zwei Bedingungen zu erfüllen: die Adelsprobe und die
Einholung des päbstlichen Dispens, letzterer, weil der Prätendent
verheiratheter Laie war.
Der Beweis des Adels wurde vor einem Ritter und einem
Chorherrn des Ordens geführt; wenn er von dem Ordensrath
(Präsident war der Marques von Tabara) für gültig erkannt wor-
den war, dann erst erfolgte die Bestätigung des Königs und
der Befehl dem neuen Ritter das Kleid zu geben.
Nach den Ordensstatuten war durch Zeugen zu erhärten,
dass der Prätendent und seine Vorfahren bis ins vierte Glied
von rechtmässiger Geburt seien, ihr Blut rein, d. h. dass sie
„alte Christen“ seien, ohne jede Mischung mit Mauren, Juden
und conversos auch in noch so entfernten Graden. Sie müssen
hidalgos, d. h. von Adel gewesen sein, und für solche gegolten
haben; bis zum Grossvater weder Handel, noch Wechselgeschäfte
oder ein gemeines Handwerk (oficio vil) betrieben haben. Auch
soll festgestellt werden, dass er reiten könne und ein Pferd be-
sitze; ob er einen Zweikampf gehabt und wie er daraus hervor-
gegangen, oder in einen Ehrenfall verwickelt gewesen. Endlich,
ob er oder seine Vorfahren einmal von der Inquisition bestraft
worden seien. In den kompromittirenden Punkten genügte schon
der Nachweis eines blossen Gerüchts oder Hörensagens zur
Verwerfung. Bis zum Jahre 1653 war die Ahnenprobe nur für
die väterliche Seite erforderlich gewesen; in einem General-
kapitel dieses Jahres wurde sie auch auf die mütterliche Ascen-
denz ausgedehnt. Die Kosten waren beträchtlich: der Präten-
dent hatte das Einkommen eines Jahres (200 Dukaten) zu zahlen,
[232]Siebentes Buch.
dem Könige sofort 200 Escudos, dem Sekretariat 50—60 Ge-
bühren, ferner die Proben, wo man nicht unter tausend wegkam,
endlich die Gebühren der Kanzler und Notare.
Die Akten dieses Processes sind erhalten und aus dem
Ordensschloss von Uclés in das national-historische Archiv zu
Madrid gekommen, aus dem sie Villaamil mitgetheilt hat 1).
Die Zeugenverhöre währten vom 1. November 1658 bis zum
16. Februar 1659. Die Prüfung war eine peinliche, viele hundert
Zeugen sind in diesen Tagen zu Protokoll vernommen worden; eine
Kommission wurde in die Orte Monterrey und Tuy an der por-
tugiesischen Grenze geschickt, um über die Silvas in Oporto Infor-
mationen zu sammeln; eine andere nach Sevilla. Fünf portugie-
sische Edelleute gaben über diese Familie Auskunft; in Betreff
der übrigen Punkte hohe Hofbeamte und Maler seiner persön-
lichen Bekanntschaft.
Die Protokolle enthalten nur Aussagen zu Gunsten des
Prätendenten und zur Entkräftung der etwa erhobenen Einwände;
welcher Art diese waren, kann man nur aus jenen schliessen.
Sie scheinen sich hauptsächlich an seine Profession als Maler
geheftet zu haben. Jede mit Gelderwerb verbundene Beschäfti-
gung galt für ein oficio vil; zu diesen rechnete man Silber-
schmiede und Maler, sofern sie ihre Kunst als Geldquelle be-
trieben, Sticker, Steinmetzen, Gastwirthe, Schreiber, ausgenommen
die Sekretäre des Königs und königlicher Personen, öffentliche
Anwälte, alle die von ihrer Hände Arbeit leben.
In Betreff dieses Punkts versichern mehrere Zeugen von
Stand und von der Kunst aufs bestimmteste, dass Velazquez nie
und in keiner Weise die Malerei als Geschäft betrieben, oder Be-
zahlung, selbst mittelbar für Gemälde erhalten, jederzeit dagegen
wie ein Edelmann gelebt und sich aufgeführt habe. „Die Malerei,
sagt der Santiagoritter Fernando de Madrid, war bei ihm eine
Geschicklichkeit und Gabe (gracia), kein Handwerk („es muss
nicht alles zum Handwerk werden was unserm Dasein zur Zierde
gereichen kann“, meinte Goethe). Weder eine Prüfung (für die
Gilde) hat er bestanden, noch Werkstatt oder Kaufladen (apara-
dor, tienda) gehabt; weder in Sevilla noch Madrid.“ Nie hat er
seine Werke verkauft, versichern Alonso Cano, Zurbaran und
der Ritter Gerónimo Nuñez. Nur für das Vergnügen Seiner
Majestät hat er gemalt. Gleichwohl scheinen die Herren vom
[233]Das Ritterkreuz des Santiagoordens.
Rath anfangs nicht recht überzeugt gewesen zu sein. Wenigstens
findet der Marques de Malpica, Mayordomo mayor, passend,
ihnen die Unschicklichkeit ihrer Zweifel zu verstehn zu geben:
Wie würde S. M. ihm die merced gewährt haben, wenn dieselbe
über diesen Punkt einen Verdacht gehegt hätte 1).
Dass trotzdem dieser Einwand nicht ganz unbegründet war,
geht aus zufälligen Angaben hervor, die uns in unanfechtbaren
Dokumenten aufgestossen sind. Wir lasen in dem Schreiben
des modenesischen Ministers Fulvio Testi (S. 68), dass der Preis
des Bildnisses seines Herzogs auf hundert Doble (oder 1400
Realen) vereinbart worden sei, und dass er ihm 150 Realen als
Abschlagszahlung gegeben habe. „Er ist theurer“, setzt er hinzu,
als ob er sogar eine Art Tarif habe. Als der venezianische
Gesandte Quirini für seinen Kollegen Sagredo in Paris ein
Bildniss der Infantin Marie Therese erbittet und Haro nach
einigem Widerstreben seine Zusage ertheilt, heisst es: „das Ge-
mälde wird von Velazquez gemacht werden und mit der gewöhn-
lichen Zahlung von fünfzig Realen nach Paris geschickt wer-
den“ 2). Diese Summe kann aber natürlich nicht das Honorar be-
zeichnen; Bildnisse königlicher Personen konnten nur als Geschenk
des Königs weggegeben werden; es wird eine bei solchen Ge-
legenheiten herkömmliche Höflichkeit gewesen sein.
Wie dem auch sei, der Ordensrath scheint diesen Einwand
für erledigt angesehn zu haben; denn zuletzt ist nur ein Punkt
übrig geblieben, in Betreff dessen aber die Beweise förmlich für
unzureichend erklärt werden. Diess ist der Adel der mütter-
lichen Familie in Sevilla. Dort gründete man den Beweis auf
die Steuerfreiheit, die aber auch den Geistlichen und andern
Privilegirten zukam, und über die das Domkapitel Buch führte.
Die nach Sevilla geschickte Kommission stellte letzterm die Zu-
muthung, ihr das Urkundenbuch 3) nach Madrid mitzugeben, wel-
[234]Siebentes Buch.
ches doch am Ort beständig konsultirt werden musste. Kurz vor
ihrer Rückkehr beschloss der Ordensrath (am 26. Februar 1659),
„dass zwar die Reinheit (limpieza) des Bluts und Stamms er-
wiesen sei, nicht aber der Adel der mütterlichen Vorfahren, und
die Proben der Grossmutter von väterlicher Seite (D. Maria
Rodriguez) sowie der mütterlichen Grosseltern nicht gültig befun-
den werden könnten. Er solle nun den Adel seiner Baronie
im Weg des Processes verfechten und seinen Adelsbrief (carta
ejecutoria) dem Rath einliefern.“
War denn also der Beweis nicht gelungen, „die Schmach der
Verzögerung und die Kosten eines neuen Verfahrens“ (Palomino)
unvermeidlich? … Welch ein Schauspiel für romantische Ge-
müther! Diese ängstliche Sorge, dass der blanke Schild durch
keinen Hauch von Zweifel getrübt werde, diese Gewissenhaftig-
keit, dem advocatus diaboli jeden Vorwand zum Gemurmel zu
entziehen, diese charaktervolle Unabhängigkeit, denn war die
Ertheilung des Habits nicht der Wille Seiner Majestät?
Wie passt aber hierzu, wenn man liest, wie ungezwungen
es sonst in jener Zeit bei solchen Ordensverleihungen herzugehn
pflegte? wie lax die Praxis, wie gesunken das Ansehn dieser
Ritterkreuze war, wenn auch nicht — ihr Preis. Als im Jahre
1621 dreissig Habits nach Flandern geschickt wurden für mili-
tärische Verdienste, lobte Quevedo diesen Entschluss des jungen
Königs, „der das Kreuz an denen sehn wolle, die es mit ihrem
Blut roth färben, statt mit dem Erröthen der Schande; in To-
desgefahr, nicht zwischen Mantillen“!
Beim Beginn des französischen Kriegs hatte die allgemeine
Kriegsjunta einen Beschluss gefasst, der die Orden ebenso feil
machte wie alles in Spanien. Wer sich um ein Habit bewarb,
hatte sich an den Grafen Castrillo zu wenden, der sie förmlich ver-
kaufte und sich die Gebühren der Proben in Madrid schwer bezah-
len liess. Man hoffte hierdurch binnen kurzem die 300,000 Scudi
herauszuschlagen, von denen die neugeformte Kavallerie be-
stritten werden sollte. In Folge dieses Schachers und der Um-
gehung der Proben, sagt der modenesische Gesandte Guidi, sind
die hábitos so gemein geworden in Madrid, dass z. B. ein früherer
Page, dann Kämmerer des Grafen Fulvio Testi, dort mit dem
Sant Jagokreuz umhergeht, zum Verdruss des Adels 1).
[235]Das Ritterkreuz des Santiagoordens.
Diese Adelsbündnisse, geschaffen in dem heissen Rassen-
kampf vergangener Zeiten, bestimmt die Selbstverläugnung des
Soldaten mit der des Mönchs zu legiren und durch sie zu härten,
sie waren nur noch eine Finanzquelle durch Besteuerung der
Eitelkeit.
Da ist wohl der Verdacht berechtigt, dass jenem Rigorismus
nicht bloss Adelsstolz oder Pedanterie zu Grunde lag. Und
Palomino weiss auch, dass „grosse Rivalität“ die Ausfertigung
der Proben verzögert habe. —
Jetzt aber habe der König die Geduld verloren und dem
Präsidenten befohlen, ihm die Information zu bringen, da er
etwas über des Velazquez Proben zu sagen habe. „Legt sie da
hin, sagte er, denn mir steht die edle Abkunft (calidad) des
Velazquez fest“. Diese Erzählung ist bezweifelt worden. Gewiss
aber ist dass der Rath sich in einer neuen Sitzung (am zweiten
April 1659) anders besonnen hat. Er fand jetzt die von der
inzwischen aus Sevilla zurückgekehrten Kommission vorgelegten
Akten und Zeugnisse über die Zurückzahlung der Steuer an
die mütterlichen Ascendenten für deren Adelsbeweis genügend 1).
Nach dem Eintreffen des päbstlichen Breve am 29. Juli 1659
wurde nach unsern Akten das Habit sofort ertheilt. Damit fällt
die Angabe Palomino’s, wonach der despacho am 27. Novem-
ber 1658 erfolgt sei, und die Uebergabe am folgenden Tag, dem
Namenstag des Prinzen Prosper. „Er erhielt das Habit von
D. Gaspar Juan Alfonso Perez de Guzman el Bueno, Grafen von
Niebla, sein Pathe war der Comthur Marques de Malpica; da-
nach war Empfang im Palast.“ In demselben Jahre widmete ihm
Diaz del Valle ein „Elogium und Nomenclatur“ der Maler die
mit einem der Militärorden beehrt worden sind.
Die Vollendung des Escorial.
Im März des Jahres 1654 wurden Hof und Provinz durch
eine Feier ungewöhnlicher Art in Bewegung gesetzt. Es war die
Einweihung der Gruftkirche des Escorial und die Ueberführung
der Reste der Vorfahren in dieses „Pantheon“.
[236]Siebentes Buch.
Die Errichtung eines solchen Mausoleums war eine der we-
sentlichen, eigentlich die älteste Bestimmung des Riesenbaus
Philipp II. Carl V hatte letztwillig seine und der Kaiserin Reste
in eine gemeinschaftliche Grabstätte des Hauses beizusetzen ver-
fügt. Und grade diese Gruftkirche war der einzige Theil des
Escorial, der bei dem Tode des Erbauers unvollendet war und
so über ein halbes Jahrhundert geblieben ist.
Philipp II hatte schon im Jahre 1594 die Leichen aller ver-
storbenen Glieder seiner Familie, von der wahnsinnigen Johanna
an, nach S. Lorenzo überführen und vorläufig in der alten Kirche
beisetzen lassen. Zu ihrer letzten Ruhestätte war ein achteckiger
Rundbau bestimmt, „nach dem Vorbild der Katakomben der
alten Christen und ihres Märtyrkultus“ in der Tiefe der Fun-
damente, unter dem Hochaltar. Uebelstände, die man weder
vorausgesehn, noch zu bewältigen vermochte, verhinderten die
Vollendung: doch drückt es die Denkweise des alten Königs aus,
wenn er sagte: „Er habe Gott ein Haus gebaut, sein Sohn möge
eins bauen, wenn er wolle, für seine Knochen und die seiner
Eltern.“ Jedenfalls war die Kapelle „abgelegen, traurig, dunkel
und schwer zugänglich.“ Er liess deshalb zwischen ihr und dem
Boden des Altarhauses eine zweite vorläufige Gruft in drei Stollen
(callejones) wölben, wo die Särge bis zum Jahre 1654 blieben 1).
Philipp III besann sich erst einige Jahre vor seinem Ende
auf den Wunsch des Vaters. Der Cardinal Zapata hatte in Rom
einen jungen päbstlichen Hofarchitekten kennen gelernt, den er
bewog ihm nach Madrid zu folgen (1617). Gio. Battista Cres-
cenzi wurde der Erbauer des Pantheon in seiner jetzigen Gestalt.
Nach dessen Plan sollten die Wände, nach einer Vertiefung des
Bodens um 5½ Fuss, von Granit neu aufgemauert und mit Marmor,
Jaspis und Bronze reich inkrustirt werden; er machte eine Reise
nach Italien, um eine Anzahl von Fachleuten dafür anzuwerben.
Die Arbeit gedieh bis zur Kuppel; auch diese wurde im Anfang
der Regierung Philipp IV geschlossen.
Da zeigte sich zwischen den Steinfugen eine Quelle, deren
man nicht Herr werden konnte. Der Bau stand still; es wurde
vorgeschlagen, das Pantheon abzubrechen und an eine andere
Stelle zu versetzen. Erst im Jahre 1645 gelang es der Findig-
keit des dortigen Vicars, P. Fray Nicolas de Madrid, die Quelle
[237]Die Vollendung des Escorial.
abzulenken, durch ein Fenster in der Kirchenwand Licht nach
den Lunetten zu leiten und eine bequeme Treppe zu construiren.
Die noch fehlenden Ornamente der Kuppel wurden ebenfalls
von zwei Brüdern des Hauses ausgeführt, und so war, zum grossen
Trost des Königs die Frage des Pantheon endlich aus der Welt
geschafft. Der Bruder Nicolas wurde dafür zum Prior und Bi-
schof von Astorga gemacht. Das bronzene Crucifix für den
Altar wurde in Italien bestellt; der Herzog von Terranova liess
es durch Domenico Guidi anfertigen; es kam im November 1659
in Madrid an und wurde von Velazquez hingebracht und auf-
gestellt.
Vor der Ueberführung wurden die Särge der Vorfahren ge-
öffnet. Man fand die Leiche des Kaisers fast unverändert. Am
15. März kam der König und stieg in jenes Gewölbe herab.
Beim Anblick seines Urgrossvaters sagte er zu Haro: „Don Luis,
honrado cuerpo“, worauf jener erwiderte: Si señor, muy honrado.
Der venezianische Gesandte Quirini, der die Mumie Carl V genau
untersuchte, schreibt: „Man erkennt sehr gut die Aehnlichkeit
mit seinem Bildnisse. Er hatte einen ziemlich grossen blonden
Bart; der Körper war unter gewöhnlicher Grösse, die Knochen
dünn (minute), das Fleisch mager und vertrocknet (adusta). Nase
und Lippen, Finger und Zehen waren entstellt von der Gicht,
die auch die Todten nicht verschont; nach einem Jahrhundert
sah man noch die Zeichen der erlittenen Schmerzen“ 1).
In der Mitte der Kirche wurden fünf Katafalke errichtet,
ausgeschlagen mit goldgesticktem Sammet und Kronen darauf;
in der ersten Reihe Philipp II und III, dann erhöht der Kaiser,
endlich nach dem Altar zu die vier Königinnen, Elisabeth von
Portugal und Margaretha von Oesterreich, Elisabeth von Bourbon
und Anna von Oesterreich. Die Beisetzung der Urnen (bei der
des Kaisers legte Philipp IV selbst Hand an) geschah am
16. März 1654. —
Dieser Akt hatte auf den fünfzigjährigen Monarchen tiefen
Eindruck gemacht. Die Vorstellung, dass auch er in nicht gar
langer Frist eine Nische dieses Pantheon beziehen werde (er soll
sich selbst einmal hineingelegt haben), das Wort seiner Hof-
theologen, dass er dem Wunderwerk Philipp II erst die Krone
aufgesetzt habe 2), erweckte den Wunsch, in noch anderer Weise
[238]Siebentes Buch.
für S. Lorenzo el Real Sorge zu tragen. Er beschloss der Kirche
41 ausgewählte Gemälde, die in den letzten Jahren, meist durch
Geschenke, in seinen Besitz gekommen waren, zu verehren. Ge-
mälde der ersten italienischen Meister: Raphael, Tizian, Paul
Veronese und Tintoretto. Nichts gab es, das geeigneter gewesen
wäre, den Glanz des Klosters zu erhöhen.
„Seine Majestät bemerkte (nach de los Santos Worten),
dass mehrere Räume, insonderheit die Sakristei, arm an Gemälden
seien, und er schritt sofort zur Abhülfe, indem er eine Anzahl
heiliger Bilder aus denen seines Palasts wählte. Indem er sich
von ihnen trennt, gibt er ein neues und besondres Zeugniss
seiner Liebe zu diesem heiligen Hause, und wie er, um es pracht-
voll auszustatten, nie sich bedenken wird (wenn es nöthig ist),
das von ihm bewohnte des werthvollsten zu berauben.“
Es dürften indess noch andere Beweggründe mit im Spiel
gewesen sein.
Zu den vorzüglichsten dieser Gemälde gehörten die vier,
welche D. Luis de Haro bei der Versteigerung des Nachlasses
Carl I Stuart erworben hatte. Es waren die sogenannte Perle
Raphaels (für die der Commissär Major Edward Bass am 23. Ok-
tober 1651 2000 Pfund zahlte), die heilige Familie des Andrea
del Sarto (Prado 385, £ 230), Paolo’s Hochzeit zu Cana (534) und
Tintoretto’s Fusswaschung (im Kapitelsaal des Escorial, £ 250).
Als das Parlament am 23. März 1648 die Inventarisirung
und Veräusserung des Nachlasses des gemordeten Königs be-
schloss, hatte Spanien das Glück, einen Diplomaten in London
zu besitzen, der sich von Anfang an mit den Parlamentariern auf
besten Fuss zu stellen verstanden, D. Alonso de Cárdenas. „Der
spanische Gesandte, heisst es in einem gleichzeitigen Tagebuch 1),
war der erste, der diese Sachen kaufte. Er hat von dem Holz-
händler Harison dergleichen bis zu £ 500 an Werth erworben;
vom Schneider Murray und andern zwei Gemälde Tizians, eine
Venus, Halbfigur, und die Juweliere für £ 50 [Galerie des Bel-
vedere Nr. 508]. Ein Cardinal sitzend und zwei Alte hinter
ihm, von Tintoretto, £ 800. Der Staat gab ihm die elf Kaiser
Tizian’s, sammt dem zwölften, gemalt von van Dyck. Diese
kosteten den König hundert £ das Stück, und 12000 (?) sind ihm
dafür geboten worden. [Nach Walpole’s Anecdotes II, 116 kaufte
sie D. Alonso für £ 1200]. Er besitzt die berühmte Venus des
[239]Die Vollendung des Escorial.
Tizian, für welche dem König £ 2500 geboten wurden.“ [Die
Venus mit dem Orgelspieler, Prado 1651].
Hierzu kommt noch das Bildniss Carl V. mit dem grossen
Hunde, das Sir Balthasar Gerbier am 21. Juni 1651 für £ 150
erstand; Tizian’s Ruhe auf der Flucht (Prado 472), Palma’s Be-
kehrung des Paulus (£ 100, Prado 325), David mit dem Haupte
Goliaths (£ 100, Prado 324); das frühe Bild Tizian’s, der Admiral
Pesaro vor Alexander VI (im Museum zu Antwerpen). Der
florentinische Gesandte nennt noch eine „Porzia Romana“, d. h.
Lucrezia. Diese sei mit zwei Madonnen und den zwölf Kaisern,
zusammen fünfzehn Tizians, im September 1652 in Madrid ange-
kommen 1).
Man kann sich denken, dass Philipp IV, der trotz allem ein
Mann von Gefühl war, über diese Sachen des unglücklichen Für-
sten, der einst Gast des Palasts gewesen war, seine eignen Gedan-
ken hatte. Es war das Eigenthum der rechtmässigen Erben, das er
hier bekam. Die Anhänger Carl Stuarts und seines Sohnes
sprachen von der Beeiferung der europäischen Fürsten, sich ihren
Antheil an dieser Beute zu sichern, mit Bitterkeit. Durch den
Verkauf ausser Landes ging die Hoffnung späterer Restitution
verloren. Im Hinblick auf diese hatten Freunde des Königs viele
der werthvollsten Stücke an sich gebracht. In der That wird in
den spanischen Berichten jeder Antheil Philipp IV an dem Geschäft
ferngehalten. Haro hat sie auf eigne Hand gekauft; bei ihrer
Ankunft in Madrid entdeckt man, dass sie werth sind dem König
gezeigt zu werden, und Haro legt sie ihm zu Füssen. Dass
man kein reines Gewissen hatte geht auch aus einer Erzählung
Sir Edward Hyde’s hervor, der mit dem 76jährigen Cottington
als Gesandter Carl II in Madrid war, als das Schiff aus England
in Coruña ankam. Im Januar 1651 erhielten sie plötzlich ihre
Pässe. Sie erfuhren später den wahren Grund: sie sollten nicht
Zeugen sein, wie das Eigenthum ihres Königs ins Schloss zu
[240]Siebentes Buch.
Madrid gebracht wurde. — Der Transport geschah auf acht-
zehn Maulthieren 1).
Wir verstehen also jene Stimmung, die Philipp IV antrieb,
von den englischen Gemälden die welche sich dazu eigneten
aus seinem Hause zu entfernen; sie die in so erschütternder
Weise an die Wechsel des Schicksals erinnerten, an jenen ernsten,
zur Einprägung des desengaño bestimmten Ort zu versetzen.
In der unmittelbar nach der Aufstellung verfassten Beschrei-
bung des P. de los Santos wird in der That Carl Stuarts und
seines Schicksals gedacht, seine Liebe zu den Künsten gepriesen,
und wie „bei seinem tragischen Tod die Sorge und Arbeit vieler
Tage an einem in den Staub sank“. Auch die spanischen Geber
werden überall namhaft gemacht.
Von D. Luis de Haro erhielt der König ausserdem noch
(abgesehn von jenen 28 Stücken von Paul Bril und Bassano für
sein Lesezimmer nach dem Garten der Priora zu): ein Ecce Homo
von Paul Veronese, und eine Gefangennehmung Christi von
Luca Cambiaso. Dem Minister schlossen sich an vier Granden,
sämmtlich Vicekönige von Neapel. Die Reihe beginnt mit
Monterey (seit 1635) und schliesst mit dem Grafen von Castrillo
(seit 1653). Grade um die Mitte der dreissiger hatte ja die
Sammellust Philipp IV begonnen. Auch lesen wir in den In-
ventaren des Palasts wenig von Geschenken aus früherer Zeit;
von Alba wird nur eine Ansicht Neapels mit dem Posilipp er-
wähnt; ein heiliger Sebastian Tizians, der dem Vicekönig Grafen
von Benavente gehört hatte, stammte wol aus dessen Nachlass. —
D. Emanuel de Guzman, Fonseca y Zúñiga, Graf von Mon-
terey, Präsident des Raths von Italien, war durch Länge der
Geschäftspraxis die massgebende Person in italienischen Fragen,
obwol er, wenn man Camillo Guidi glauben darf, ein Erzfeind
dieser Nation war. Er war eine Null als Staatsmann, Regent
und Feldherr; aber sein winziger Körper umschloss die Habgier,
Prunk- und Genusssucht eines Riesen. Die hervorragendsten
Eigenschaften damaliger spanischer Gewalthaber waren in ihm
am vollständigsten beisammen. Hochfahrend, „ein Verächter
Aller“, falsch, rachsüchtig, interessirt, nörgelnd, vermochte er
selbst im Felde keinen Tag ohne seinen Stab von Comödianten
und Courtisanen zu existiren. Die Beute, welche dieser uner-
sättliche moderne Verres aus Italien mitbrachte, war die um-
[241]Die Vollendung des Escorial.
fangreichste, die je am Molo zu Neapel eingeschifft worden ist,
über zweitausend Ballen. Im Jahre 1633 sah der florentinische
Gesandte zwölf Wagenladungen mit Gemälden in Madrid einfahren.
Die Silbersachen, Tapisserien, Gemälde, Juwelen und die Millionen
erlaubten ihm sein Haus auf einem Fuss zu führen, der das
königliche in Schatten stellte. Er war es, der die ferraresischen
Jugendwerke Tizian’s Philipp IV mitbrachte.
Von ihm kamen in den Escorial: Sebastian del Piombo’s
kreuztragender Heiland (Prado 395); die Himmelfahrt Mariae
von Annibal Carracci (90) und ein Tizian zugeschriebenes Ecce
Homo (48). Das Meiste liess er in sein Kloster zu Salamanca
bringen, aus dem er selbst eine Art Escorial machen wollte.
Sein Nachfolger, D. Ramiro Felipe de Guzman, war ein
armer Ritter als Olivares ans Ruder kam. Der Vetterschaft
verdankte er die Verbindung mit dessen einziger Tochter und
den Herzogtitel von Medina de las Torres. Man rühmte seine
Redegewandtheit; sonst war er ein eitler, charakterloser, bequemer
Lebemann. In zweiter Ehe verband er sich mit der reichsten
Erbin von Neapel, Anna Colonna. In Erpressungskünsten blieb
er hinter Don Emanuel kaum zurück. Die dem Escorial bestimm-
ten Stücke sollen nur wenige von den zahlreichen sein, die er
S. Majestät verehrte.
Der köstlichste Raphael, den Spanien je besessen hat und
der noch jetzt die wahre Perle der Madrider Sammlung ist,
die Madonna mit Tobias, die letzte die er eigenhändig ausge-
führt, hatte Medina mit Hülfe des gefälligen Dominikanergenerals
Ridolfi aus der Capelle der h. Rosa in S. Domenico zu Neapel
weggenommen, worüber sich dieser in Rom zu verantworten
hatte; den Prior, der sich widersetzt, hatte er aus der Stadt
wegschleppen lassen.
Von ihm stammen Correggio’s Noli me tangere (Prado 132);
die Pordenone genannte Madonna mit den hh. Antonius und
Rochus (ein Giorgione 341); die Ruhe auf der Flucht mit der
h. Catharina, jetzt das lieblichste Bild des Meisters in der National-
galerie zu London, und die (verschollene) Reinigung der Maria
von Paul Veronese. — Unter den Stücken die der König für
sich behielt, waren P. Brueghels fünf Sinne, die D. Ramiro von
dem Herzog von Neuburg bekommen hatte, ein Geschenk des
Cardinalinfanten an diesen letztern.
D. Juan Alfonso Enriquez de Cabrera, Admiral von Ca-
stilien (1644—46) gab die beiden Paolos: Christus in der Vorhölle
II. 16
[242]Siebentes Buch.
und die Marter des h. Ginés (Prado 530); ferner ein verlornes
Bild Caravaggio’s, S. Margaretha einen Todten erweckend.
Endlich hatte der noch in Neapel (1653) regierende D. Garcia
de Avellanada y Haro, Graf von Castrillo, bereits einen dritten
Raphael geschickt; den Besuch der Maria bei Elisabeth (Prado
368), das für S. Silvestro zu Aquila in den Abruzzen gemalte
und dort mehr als ein Jahrhundert lang eifersüchtig bewahrte
anmuthige Bild. —
Diese italienischen Gemälde waren selbst nach ihrem heutigen
Geldwerth nur ein kleiner Theil des Raubs, welchen die immer nur
sehr kurze Zeit regierenden Vicekönige dem ihnen anvertrauten
Reiche abpressten, allerdings aber das einzige was nicht rasch
in alle Winde zerstob. Ihre stolzklingenden Namen:
Scaurus und Fabius heisst ihr wie sonst, doch erröthen der Ahnen
Bilder im Vorsaal euch;(A. W. Schlegel)
erinnern an der einst in Europa so hochangesehenen spanischen
Staats- und Regierungskunst Entartung zu wüster Paschawirth-
schaft. Unter diesen Gebern sind drei Guzmans 1), der Neffe,
der Schwager und der Schwiegersohn des Olivares. Die neapoli-
tanische Revolte, deren Zusammentreffen mit der Freigebung
Hollands wie eine Schicksalswarnung aussah, war in sich selbst
zerfallen; dennoch hatte man sichs nicht versagen können, mit
blutiger Härte zu strafen. Angesichts dieser vier Namen aus der
Schaar der gierigsten und unfähigsten Blutsauger, die je der
Fluch eines Volkes und Landes gewesen sind, deren Aussaat
noch jetzt geerntet wird, nachdem ihre Tyrannei längst in Nichts
zerfallen ist, kann man nicht umhin, selbst der Bornirtheit
spanischer Hoffart zuzutrauen, dass der Gedanke einer Art Sühne
des Raubs vorgeschwebt habe, als Philipp sich dieser Kunstwerke
entäusserte und sie in jenes heilige Haus stiftete, das sich über
dem Staub seiner Ahnen (und bald dem eignen) erhob.
Die Aufstellung der 41 Gemälde wurde also Velazquez über-
tragen. Der bevorzugte Raum sollte die schöne Sakristei sein,
ein 108 Fuss langer und 30 breiter Saal mit flachem Tonnen-
gewölbe, der sein Licht durch neun hohe Fenster über dem Ge-
sims der linken Langseite empfängt. Sie war dort der günstigste
Aufstellungsraum für Gemälde. Sigüenza sagt, beim Eintritt
scheine sich immer sein Herz zu erweitern. Schon Philipp II
[243]Die Vollendung des Escorial.
hatte hier einige seiner Tizians hingebracht: den Zinsgroschen,
die büssende Magdalena, Ecce Homo und Dolorosa, die heil. Catha-
rina und eine Maria mit dem Kinde. Das Altarbild war bisher ein
Roger van der Weyden, der Gekreuzigte, lebensgross, zwischen
Maria und Johannes (jetzt hinter dem hohen Chor), aus der Kar-
thause von Brüssel. Dreissig Gemälde wurden für diese Sakristei
bestimmt, die übrigen für die Antesakristei und andere Räume;
nur für fünf fand man ihres Umfangs wegen noch keine passende
Verwendung.
Den Hauptplatz über dem Hochaltar, wo seit Carl II das
Wunder der heil. Forma von Claudio Coello steht, erhielt die
„Perle“ Raphaels. An die lange Wand gegenüber den Fenstern
kamen sechzehn Bilder, in zwei Reihen übereinander, sieben über
den Schränken, neun über dem Gesims. Den Ehrenplatz in der
Mitte erhielt die Fusswaschung des Tintoretto, sie verdrängte
die Kreuzabnahme desselben Roger van der Weyden. Ihr zur
Seite rechts stand die heilige Familie des Andrea del Sarto, ein
Ecce Homo Paolo’s, zwei Passionsbilder des Cambiaso. Links
Tizians Gebet im Garten, Raphaels Visitation und die Gefangen-
nehmung von Tizian. — In der obern Reihe hing über der Fuss-
waschung die Magdalena Tizian’s; zur Rechten ein Caravaggio,
Tizians Zinsgroschen, Annibale’s Asunta, Paolo’s Opfer Abra-
hams; links Christus mit dem Kreuz von Sebastian, Correggio’s
Noli me tangere, zwei Guidos.
An der Eingangswand war der sogenannte Giorgione (Prado
236, ein Palma vecchio), Tizian’s Christus dem Volk gezeigt;
desselben Ruhe auf der Flucht mit der heil. Catharina und der
Pordenone genannte Giorgione.
Zwischen den Fenstern der früher einzige Raphael: Maria
mit dem Kinde und Johannes; Tizian’s heiliger Sebastian, die
Kreuzigung, der Täufer und eine Halbfigur der h. Margaretha
mit dem Drachen; von Tintoretto zwei h. Magdalenen, Sebastian’s
Christus in der Vorhölle, Schiavone’s Geburt des Heilands,
van Dyck’s heil. Hieronymus.
In den Vorsaal kamen: Tizian’s Flucht nach Aegypten und
Grablegung, Paolo’s Könige aus Morgenland und Predigt des
Täufers, Rubens’ Emaus, van Dyck’s Madonna mit der h. Mag-
dalena, Ribera’s Peter und Paul.
Obwol man das beste für die Sakristei ausgesucht hatte, so
gab es doch einen Raum, der sie noch an Kostbarkeit der Aus-
stattung übertraf. Diess war die Aula de S. Escritura, ein Saal
[244]Siebentes Buch.
für den theologischen Unterricht der Mönche, der freilich nur
durch ein grosses Fenster im Osten Licht empfängt. Hier sah
man bereits: die berühmte Glorie, die Tizian für Carl V gemalt;
die beiden grossen Stücke, welche Paolo und Tintoretto für den
Hochaltar der Hauptkirche gemalt hatten: die Verkündigung und
die Geburt; die grosse heil. Margaretha mit dem Drachen und
den büssenden Hieronymus von Tizian; El Mudo’s letztes Werk: die
Bestattung des heil. Laurentius. Dazu kamen jetzt als Geschenke
des Königs: die Madonna mit dem Tobias von Raphael, eine
Grablegung und ein Ecce Homo Tizians, Christus in der Vor-
hölle und die Marter des h. Ginés von Paolo. —
Die Mehrzahl aller dieser Gemälde wanderte in unserm Jahr-
hundert in das Museum von Madrid, nur wenige blieben im
Escorial, einige sind verschollen oder ins Ausland entführt wor-
den. Die leeren Plätze sind mit einer ziemlich kläglichen Samm-
lung zusammengelesener Bilder ausgefüllt worden.
Die Memoria.
Längst war bekannt, dass Velazquez auch die Feder geführt
hatte. Zwar besitzt man von ihm keine Briefe, keinen Vers;
aber er hatte Beschreibungen von Bildern alter Meister aufge-
setzt. Palomino nachdem er (Museo III, 343) erzählt, dass der
König ihm im Jahre 1656 die Aufstellung der dem Escorial über-
wiesenen Gemälde übertrug, fährt fort: „Von diesen verfasste
Velazquez eine Beschreibung oder Denkschrift, in welcher er Be-
richt erstattet über ihre Vorzüge, Historien, Urheber, und über
den Platz wo sie aufgestellt wurden, um dieselben Seiner Maje-
stät vorzuführen (manifestar); und zwar so vollendet in der Form
und so sachgemäss (con tanta elegancia y propiedad), dass sie
ein Beweis ist seines Wissens und seiner grossen Kennerschaft;
denn so bedeutend sind diese Gemälde, dass sie eigentlich nur
durch ihn das verdiente Lob empfangen konnten.“
Obwol keine Aeusserung von irgend Jemand sonst bekannt
war, der das Aktenstück gesehn hatte, so war doch nichts
wahrscheinlicher, als dass es noch in irgend einem Archiv ver-
borgen sein möchte, welche Vermuthung auch Stirling ausge-
sprochen hat. Und wirklich wurde man im Jahre 1871 durch die
Nachricht überrascht, dass es Sr. Adolfo de Castro in Cadiz ge-
lungen sei, die Memoria zu entdecken, aber merkwürdiger Weise
[245]Die Memoria.
in einem Druckstück, einem Unicum. Nach diesem ist sie in den
Memorias der Academia Española, August 1872 von Cañete, und
später 1874 zu Paris von Ch. Davillier mit französischer Ueber-
setzung und Noten herausgegeben worden, nebst einem radirten
Bildniss des Malers von Fortuny 1).
Die Memoria besteht aus zwei Theilen. In dem ersten wer-
den die neuen Bilder beschrieben, nach der Ordnung der Geber;
im zweiten Theil wird ihre Aufstellung beschrieben.
Der Jubel der Freunde des Velazquez über ein solches Ge-
schenk — 32 Druckseiten von seiner Hand und mit Auslassungen
über die grössten Meister Italiens — wurde indess sofort etwas er-
mässigt durch die Wahrnehmung, dass das Werkchen nach Inhalt
und Form so gut als nichts Neues enthielt. Alles war seit mehr
als zweihundert Jahren bereits gedruckt, mehrmals aufgelegt
worden, aus einem Werk in das andere übergegangen und von
Tausenden zu Hause und dort gegenüber den Bildern gelesen
worden.
Der Pater Fray Francisco de los Santos nämlich, Lector
der Heil. Schrift im Kolleg des Escorial, hatte in seiner 1657 er-
schienenen „Kurzen Beschreibung des Klosters von S. Lorenzo
el Real“, ohne seine Quelle anzuführen, den ganzen Inhalt der
Memoria, und bis auf wenige unbedeutende Weglassungen,
Aenderungen der Ausdrucksweise und Einschaltungen, vollkom-
men wörtlich seinem Werke einverleibt, so gewandt zwar, dass
bisher Niemand die Spuren einer fremden Hand darin bemerkt
hatte. —
Der uns nun vorliegende Druck der Memoria mit dem
Namen des wahren Verfassers auf dem Titel war jedoch nicht von
diesem selbst veranstaltet worden. Ein Schüler und Verehrer,
der achtzehnjährige D. Juan de Alfaro, ein Cordobese von vor-
nehmer Familie, wurde durch das Erscheinen der Descripcion des
Paters in solche Entrüstung versetzt, dass er, eifersüchtiger auf
den Schriftstellerruhm seines Meisters als dieser selbst, dessen
Rettung vor der Nachwelt unternahm, vielleicht auch, den
[246]Siebentes Buch.
59jährigen mitfortreissend, seine Erlaubniss zur Veröffentlichung
der kleinen Denkschrift erhielt. In jugendlicher Ungeduld, um
den zeitraubenden Weg durch die Censur zu ersparen, kam
er auf den Gedanken, den Druckort Rom und eine dortige
Officin zu fälschen; auch hierzu drückte der Schlossmarschall ein
Auge zu.
Alfaro’s Absicht wurde freilich so gut wie gar nicht erreicht,
wenigstens nicht für die Nachwelt der nächsten zwei Jahrhunderte.
Das Büchlein ist rasch verschollen, ja bis jetzt hat man nirgends
eine Erwähnung oder Anspielung auf seine Existenz gefunden.
Selbst der Herausgeber scheint sich kein Exemplar aufgehoben
zu haben. Wenigstens hat es Palomino in dessen Nachlass, der
ihm für seine Forschungen über Velazquez zur Verfügung stand,
nicht gefunden. Alfaro kann auch in seiner ausführlichen Er-
zählung der letzten Lebensjahre seines Meisters, einer Haupt-
quelle der Biographie Palomino’s, dieses für ihn so aufregenden
Vorfalls nicht gedacht haben. Denn letzterer, der die spanischen
Kunstbücher sorgfältig gesammelt und verzeichnet hat und im
Citiren mit einem Catedrático von Salamanca wetteifert, würde
diesen raren Druck gewiss nicht vergessen haben, wenn er ihn
je gesehn, oder davon gelesen und gehört hätte.
Der glückliche Entdecker spricht in seinem Bericht an die
spanische Akademie 1) von dem Schweigen sämmtlicher Schrift-
steller über die Denkschrift des Velazquez. „Dieses tiefe
Schweigen von fast zwei Jahrhunderten hat der Ilmo. Sr. Don
Pedro Madrazo gebrochen, in seinem vortrefflichen Discurs über
Velazquez.“ Dieser Herr erwähnt nämlich darin die Notiz des
Palomino, um hinzuzufügen, „dass wir die Memoria zu unsrem Leid-
wesen für verloren achten“ (que creemos lastimosamente perdida).
Dieses schöne Wort vom profundo silencio zweier Jahrhunderte
bis auf den Excmo. Sr. Madrazo (1870) ist indess nicht ganz genau.
Sir W. Stirling hatte bereits im Jahre 1848 in seinen Annalen
der Künstler Spaniens und in der daraus entnommenen Biographie
des Velazquez nicht nur die Memoria erwähnt, sondern sogar
die Vermuthung hinzugefügt, dass de los Santos sie in seiner
Beschreibung des Escorial benutzt haben möge 2). Dem berühmten
[247]Die Memoria.
Bibliophilen von Cadiz ist also dieses Hauptwerk über spanische
Maler und die auch ins Französische übersetzte Biographie des
Velazquez unbekannt geblieben. Die Vergleichung beider Texte
zeigt jetzt in überraschender Weise, wie der schottische Edel-
mann den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Hätte dieser
geistvolle und gelehrte Mann seine Vermuthung weiter ver-
folgt, hätte er den Versuch gemacht, die Bestandtheile der ver-
lorenen Denkschrift in dem Escorialwerk aufzustöbern: er brauchte
bloss die auf jene 41 Gemälde bezüglichen Stellen abzuschreiben,
einige theologische Sätze zu streichen und das Ganze in seine
natürlichste Ordnung zu bringen: so hätte er die Memoria des
Velazquez ungefähr so vor sich gehabt, wie sie nun Sr. de Castro
entdeckt hat. —
Die Arbeit des Malers hat also lediglich dazu gedient, den
Glanz des Namens des Pater de los Santos als Schriftstellers und
Kunstverständigen zu erhöhen, der dann freilich durch die Ent-
deckung des Originals das er abgeschrieben, zu jähem Fall ge-
kommen ist. In jener Zuschrift an die spanische Akademie ist
Don Adolfo mit dem Prior von S. Lorenzo nicht sanft umge-
gangen. Als dieselbe Akademie im Jahre 1729, im zweiten Bande
ihres Diccionario, diesen auf Grund seiner Descripcion unter die
Auktoritäten der Sprache aufnahm, meinte sie (ihm zufolge)
eigentlich den Velazquez. Sie hatte die fünf Blätter (soviel
sind es im Ganzen) unter den 163 der Descripcion von 1682 im
Auge, welche aus seiner Memoria entlehnt waren, ohne dass ihr
der gewaltige Abstand alles übrigen von diesen fünf Blättern
aufgefallen war. „Wo wäre der gelehrte Kenner (wie ein Eng-
länder im Jahre 1746 Santos genannt hatte) geblieben, ohne
Sigüenza und Velazquez!“ ruft er aus. Die Akademiker haben
auch sofort jenes von ihren Vorfahren begangene Versehen wie-
der gut gemacht, gleichsam den „Usurpator“ von seinem Ehren-
platz heruntergestossen. Die Vorlesung der Memoria versetzte
diese Körperschaft in solche Aufregung, dass sie den Maler sofort
jenen testi di lingua zugesellte, — „weil man in seiner exakten
und lakonischen Beschreibung und in seinen kritischen Urtheilen
über die Gemälde, Wörter und technische Redewendungen auf
die Kunst bezüglich findet, deren er sich mit Meisterschaft be-
dient hat“. Unstreitig ein Beweis, dass bis dahin Keiner von
diesen Unsterblichen die Descripcion des Escorial gelesen hatte;
wie hätten sie sonst durch das Vorgelesene so überrascht wer-
den können? —
[248]Siebentes Buch.
Versuchen wir uns das Nähere dieser Abenteuer einer
Schrift zu vergegenwärtigen.
Francisco de los Santos hatte sein auf Wunsch des Königs
unternommenes Buch über die „Vollendung des Escorial durch
Philipp IV“, d. h. über das Pantheon und die Ueberführung der
königlichen Reste in dasselbe (1654) bereits unter der Feder, als
das Geschenk der einundvierzig Bilder ankam. Velazquez brachte
dieselben im Jahre 1656 an Ort und Stelle, liess sie aufhängen
und erstattete dann Bericht an S. M. Nun aber datirt das Pri-
vileg der Descripcion bereits vom 15. Oktober desselben Jahres
1656, sie hatte also damals schon einige Zeit dem Censor vorge-
legen, und auch der Druck war vor dem 20. März 1657 beendigt,
denn an diesem Tage wird die Uebereinstimmung desselben mit
dem Originalmanuscript von der Censur bescheinigt. Einen
Folianten von 184 folios schüttelt man nicht aus dem Aermel;
zu der Zeit folglich, wo dem Verfasser die Memoria von dem
Könige mitgetheilt worden sein kann, muss er sein Buch in der
Hauptsache bereits fertig gehabt haben. Er hat also deren In-
halt noch in der letzten Stunde vor der Einsendung des Manu-
scripts an die Censurbehörde an den betreffenden Stellen nach-
tragen müssen; wobei er sich noch die Zeit nahm durch jene
theologischen Glossen im eignen Geschmack den Text des Ma-
lers zu verzieren. Mit solchem Geschick wie gesagt, dass seine
Arbeit völlig aus einem Guss scheint. Ja er hat in der Ge-
schwindigkeit auch noch von dem Maler gelernt: denn in mehreren
schon damals aus eignen Mitteln hinzugefügten Beschreibungen
ahmt er dessen Manier nach und bedient sich derselben Kunst-
ausdrücke.
Dass der Pater, der in der Kunst Laie war, bei einer sol-
chen Arbeit fremde Hülfe suchte, z. B. in den architektonischen
Abschnitten, verstand sich ja eigentlich von selbst. Er hat aber
auch daraus gar kein Hehl gemacht. Er gesteht im Prolog
(auch diese Stelle hat Sr. de Castro übersehen), dass er nicht
einen, sondern mehrere für solche Dinge besser ausgerüstete
Männer getroffen habe, die ihm ihren Beistand gewährt. Wie
hätte er sonst ein solches Werk in so kurzer Frist zu schreiben
gewagt! 1) Man hat ihm auch die Benutzung seines Vorgängers
[249]Die Memoria.
Sigüenza zum Vorwurf gemacht und daraus geschlossen, dass
das Plagiat so zu sagen in seinem Charakter gewesen sei.
Allein er hat im Prolog offen erklärt, dass er für das alte, vor
seiner Zeit vorhandene nur einen Auszug der „Geschichte des
Ordens des heil. Hieronymus“ geben werde. Diese Entlehnun-
gen aus Sigüenza gehören also zu dem seinem eignen Berichte
behufs Abrundung hinzugefügten allgemeinen Theil.
Anders verhält es sich freilich mit denen aus der Memoria.
Die Abschnitte über die Geschenke des regierenden Monarchen
gehörten dem Theil des Buchs an, den er als eigne, neue Arbeit
gab; seine Quelle war nicht durch den Druck bekannt, wie
dort, er hat nicht bloss benutzt, sondern abgeschrieben; und
doch hat er den Namen verschwiegen. Ein etwas naives Ver-
fahren, selbst für jenes Zeitalter der Compilatoren und seiner viel
lockrern Etikette bei Benutzung fremden Eigenthums!
Vielleicht aber fand nicht blos die Benutzung (was sich von
selbst versteht, denn die Denkschrift konnte er nur zu diesem
Zwecke erhalten haben), sondern auch die Verschweigung des
Namens mit Wissen und Willen des Velazquez statt. Vielleicht
legte dieser, als Künstler und Bewerber um ein Ritterkreuz, auf
diess Erzeugniss seiner Feder keinen sonderlichen Werth, er
wollte, zufrieden mit seinem Künstlerruhm, nicht gern als Bücher-
schreiber erscheinen. Man kennt die Begriffe des damaligen
spanischen Adels von gelehrtem und literarischem Verdienst. Es
ist ja kaum denkbar, dass der Hofkaplan etwas gethan haben
sollte, was seinem Herrn und dessen hochbegünstigtem Schloss-
marschall hätte missfallen können. Ihnen konnte ja der Diebstahl
keinen Augenblick verborgen bleiben. Aber wie mochte Ve-
lazquez dann gleich darauf dem Alfaro die Erlaubniss zur
Herausgabe der Schrift unter seinem Namen und damit zur
öffentlichen Blossstellung des Paters geben?
Nun gar, nachdem ein Jahr darauf seine Quelle im Druck
erschienen war, Jedermann den Beweis des Plagiats in der
Hand hatte: wie konnte der Prior in den spätern Auflagen eine
Erklärung oder Beschönigung seines frühern Schweigens umgehn?
Dazu bot sich eine gute Gelegenheit, als er in der Auflage von
1681 ein Gemälde des Velazquez, den bunten Rock des Joseph,
zu beschreiben hatte, welches Philipp IV noch vor seinem Ableben
für den Escorial bestimmt hatte (S. 67).
„Philipp IV, heisst es hier, ehrte den Velazquez wegen
seiner Vorzüge und treuen Dienste. Wie der königliche Palast,
[250]Siebentes Buch.
so verdankt auch der Escorial seinen Bemühungen, dass er in
der Malerei so merkwürdig ist wie als Bauwerk. Er hat die
Sacristei, die Aulilla und das Kapitel des Priors eingerichtet,
ja die Gemälde, mit welchen er sie schmückte, hat er selbst in
verschiedenen Theilen Europa’s zusammengebracht. Er war ein
Mann von vielgepriesenem Geschmack und Urtheil (de famoso
gusto y eleccion), vorzüglich in Bildnissen; aber an diesem Gemälde
sieht man, dass er es nicht weniger war in allem was er angriff.“
Hier meint man müsse ihm die Hand gezuckt haben hinzuzu-
setzen: vorzüglich sogar, wenn er den Pinsel mit der Feder ver-
tauschte, denn wir verdanken ihm schätzbare Winke für diess
Buch u. s. w. —
Gewiss ist kaum je eine Entdeckung im Bereich der Kunst-
literatur mit mehr Spannung aufgeschlagen worden, wie diese
Blätter des Velazquez über italienische Gemälde. Sie haben ein
höheres Interesse als das einer Reliquie oder Kuriosität. Wir
sollen hören, wie in einem solchen Malerkopfe Tizian und Cor-
reggio, Raphael und Andrea sich spiegelten. Ein Künstler der
eine fast vierzigjährige Praxis, Verwaltung eines Gemälde-
schatzes wie der königliche von Spanien, zwei Reisen in Italien
zum Zwecke von Studium und Ankäufen hinter sich hatte.
Schenken wir jedoch zuerst der Form der Schrift einen Blick.
Sie war nach Palomino ein Bericht an den König, der
amtliche Bericht seines Schlossmarschalls über die Erledigung
eines gewissermassen in seine Kompetenz fallenden Auftrags.
Dieser Schlossmarschall scheint sich indess aus bureaukra-
tischen Formalitäten wenig zu machen. Er beginnt seine Rede
etwas cavalièrement, sogar ohne Anrede seines hohen Auftrag-
gebers an den er schreibt, ohne Bezeichnung des Befehls, den
zu erledigen er sich anschickt. Er fällt mit der Thür ins Haus.
Statt des Namens Philipp IV, den man erwartet, finden wir den
Namen Carlos Estuardo, des vor acht Jahren hingerichteten Kö-
nigs von England. Also ganz im Geschmack eines modernen
Essay, der gleich in medias res geht und des Lesers Aufmerk-
samkeit durch ein sensationelles Motiv zu fesseln trachtet.
Erst auf der Schlusseite kommt was eigentlich in den An-
fang gehörte. Es heisst da: „S. M. bemerkte, dass einige Räume
(des Escorial) zu dürftig mit Gemälden ausgestattet wären und
sie verschob die Abstellung dieses Mangels keinen Augenblick.
Eine Fürsorge (providencia) ohne Zweifel seines erhabenen Ahn-
herrn: denn wenn letztrer seiner grossen Frömmigkeit die Errich-
[251]Die Memoria.
tung dieses heiligen Wunderwerks vorwegnahm: so liess er doch
noch hinlänglich Platz übrig, damit der königliche Geist des
Enkels durch dessen Ausschmückung und Bereicherung bewirke,
dass seine Mönche in geziemender Dankbarkeit unablässig Gott
bitten um Segnung und Verlängerung eines Lebens das so
wichtig ist.“
Hier sorgt also Philipp II in prophetischer Voraussicht für
das Munificenzbedürfniss seines Enkels, dessen Geburt er nicht
erlebte, indem er ihm, der eigentlich selbst gern einen Escorial
gebaut hätte, wenigstens einige leere Plätze übrig lässt, welche
dieser jedoch erst entdeckt, nachdem er bereits 33 Jahre regiert
hat. Es mag hofmännischer Stil von damals sein, aber der Pater
de los Santos fand es passend, die Stelle mit dem Takt des ge-
sunden Menschenverstands zu vereinfachen1). Hofkaplan und
Maler scheinen hier ihre Rollen vertauscht zu haben: jener
schreibt schlicht und sachlich, dieser im schwülstig-absurden Stil
byzantinischer proskynesis. Wir werden noch eine zweite Stelle
der Art kennen lernen.
Gegenstand der Denkschrift war: das Inventar der 41 Ge-
mälde und deren Aufstellung in den neuen Räumen. Aber wir
erfahren weder vollständig noch deutlich, welches die 41 Gemälde
waren. Im ersten und Haupttheil werden 24 Stücke besprochen,
zum grössten Theil in der Reihenfolge der Geber, welche sie
dem Könige verehrt hatten; dann wird die Anordnung derselben
nachgeholt, im Zusammenhang mit den übrigen und einigen schon
früher dort befindlichen; man sieht hier nicht immer, welches
nun die neuen sind; fünf der kostbarsten, die noch nicht auf-
gehängt waren, werden gar nicht angegeben.
Betrachten wir nun den für uns allein interessanten Haupt-
theil: die Beschreibungen. Die 24 Artikel von ungleicher Länge
(3—25 Zeilen) bestehn aus knappen, ganz anschaulichen Skizzirun-
gen der Composition, durchflochten mit noch kürzern Bemer-
kungen über ihre Schönheit. Der Ton dieser Artikelchen ist
lobend, ja begeistert, festlich. Kurze, bewegte Sätze, oft ohne
copula. Die Terminologie, deren sich der Maler zur künst-
lerischen Charakteristik bedient, ist mehr ästhetisch als künst-
lerisch; sie giebt mehr den Eindruck, besonders den auf das an-
[252]Siebentes Buch.
dächtige Gemüth, als dass sie über bestimmte Eigenschaften der
Darstellung belehrte. Ich gebe eine vollständige Uebersicht.
Die Erfindung und das Motiv loben Ausdrücke wie: invencion
rara, capricho nuevo (XI), excelentisimo capricho (II). Einmal kommt,
bei dem heil. Sebastian (XVII) vor: lindamente plantado (hübsch gestellt).
Die Composition ist bei Paolo sogar über alles Lob: el concierto
y armonia del historiado superior al encarecimiento (XI); er sagt auch:
disposicion rara. Die Landschaft in der „Perle“ heisst pais bien aplicado
á las figuras.
Die Schönheit des Heilands und der Maria Raphaels, Paolo’s,
Correggio’s wird gepriesen: Christus ist hermosisimo (XI), bellísimo (XV);
Mariens Antlitz divino, hermosisimo y modesto (VII), hermoso y grave
(beim Tobias Raphaels V); die Magdalena Correggio’s bellisima (VI).
Der Ausdruck des Angesichts der Mutter Gottes gegenüber dem
Auferstandenen ist de grande afecto (XI): das jener Magdalena de ternisimo
afecto; von Tobias und dem Engel heisst es: es notable la devocion,
reverencia y afecto.
Das Colorit wird oft gelobt, und zwar bei den Meistern der
römischen wie der venezianischen Schule, z. B. pintado lindamente (XV),
excelentemente (XI), colorido milagrosamente (XX), divinamente (XVII).
Paolo malt con singular gracia y lindo gusto (XII), er hat nobleza y
manera grande; Sebastian grandeza y fuerza, Pordenone’s (d. h. Gior-
gione’s) Madonna ist gemalt con muy buen gusto (X). Caravaggio’s Art
wird als bekannt vorausgesetzt: de aquella su manera.
Hier begegnen uns auch einige Bemerkungen bestimmter, mehr fach-
männischer Art. In der Landschaft bei Andrea (III) stimmen die Farben
gut zur Composition (bien á proposito). Zweimal wird auf die Bedeutung
gewisser Nebenfiguren aufmerksam gemacht. In der Hochzeit Paolo’s
und in der Purification sieht man eine Figur in gelbem, gestreiften Ge-
wand (das einemal ein Negerknabe) in Verbindung mit einer weissen
Fläche, das einemal einem Altartuch, das andremal ebenfalls einer Figur.
Von diesen heisst es: compone lo historiado maravillosamente (VII); sus
manchas hacen gran harmonia á la composicion (IV).
Sehr oft wird die Lebendigkeit und illusorische Naturwahrheit,
zum Theil in hyperbolischen Ausdrücken gerühmt. „Wirklichkeit, nicht
Gemälde“ (verdad, no pintura II) ist das Schlagwort. Das Jesuskind
Paolo’s mas parece vivo y de carne que pintado (VII). Tienen vida;
vivisima aptitud; rara viveza hat die Armbewegung des Kindes bei
Andrea; die Köpfe in der Hochzeit, der Henker Sebastians scheinen
Bildnisse. Die Landschaft im Noli me tangere Correggio’s täuscht und
erheitert das Auge (engaña la vista y la alegra igualmente (VI).
[253]Die Memoria.
Bemerkungen, wie die, dass ein Bild in der besten Manier des
Meisters sei, zu seinen besten Sachen gehöre, weisen auf den weiten
Erfahrungskreis des Kenners hin. Diess wird z. B. gesagt von Tizians
Flucht nach Aegypten (VIII), von dem heil. Sebastian Tintoretto’s (XII);
von der Asunta Annibale’s, „die in der Farbe grosse Aehnlichkeit mit
Tintoretto zeige“. Das ebenfalls gerühmte Ecce Homo Tizians (XIV) gilt
indess heute für Leandro Bassano.
Von einem Gemälde heisst es, hier habe sein grosser Meister sich
selbst überboten: es ist die Fusswaschung Tintoretto’s, aus S. Marcola
in Venedig, wo der Verfasser eine Kopie gesehen hat, die man kaum
als solche erkennt. Dieser Artikel, der längste von allen, ist zugleich
der lebhafteste; und hier glaubt man in der That Velazquez sprechen
zu hören (I S. 275). „Die Leichtigkeit und Eleganz (gala) wird auch
den fertigsten und geübtesten (el mas despejado y práctico) Maler ver-
blüffen“. Das Auseinandergehn des Raumes in die Tiefe ist so illu-
sorisch durch die Darstellung der Luft (aire ambiente), dass man in dem
Bilde herumspazieren zu können glaubt. „Jedes Werk wird neben ihm
als Malerei erscheinen, diess allein als Wahrheit“. Das sind Worte,
die des Malers eigenes Ideal auszudrücken scheinen; sie sind seinen
Meninas und Hilanderas, und diesen noch mehr als dem Tintoretto,
wie auf den Leib geschnitten. Sonderbar ist nur, dass ein solches
Non plus ultra, das „an zweiter Stelle, aber nicht untergeordnet, der
Perle Raphaels folgt“, so leicht zu kopiren war! — Die Vorliebe des
Verfassers für die Venezianer tritt übrigens überall zu Tage. — Es
kommen indess auch Stellen vor, wo die Worte des Künstlers nicht im
Einklang zu stehen scheinen mit seinen Werken.
Die Memoria billigt es, dass Paul Veronese in der Hochzeit zu
Cana unter so viel Bildnissen allein der Mutter Gottes keinen Bildniss-
kopf gegeben habe, wie es sich für ihre Göttlichkeit gezieme (porque
tiene mayor decoro y divinidad). Ferner, dass ihre Jahre denen ihres Sohnes
entsprechend erscheinen (d. h. in der Mitte der vierzig). Denn Viele
haben sie neben ihrem Sohne als Mann wie ein Mädchen dargestellt.
Er beschreibt in erhobenem Ton die schöne Nacktheit des Kindes (todo
él desnudo, bellísimo, tan tierno etc. (VII). — Nun aber hat er selbst in
seinen Hirten, in der Epiphanie und der Krönung, der Maria einen unver-
kennbaren Modellkopf gegeben; er hat sie in der mit der Denkschrift
ziemlich gleichzeitigen Krönung ganz jung gemalt (nach der Vorschrift
Pacheco’s); endlich finden wir in den beiden erstern ein Wickelkind.
Nach der oben (S. 176) berichteten Unterhaltung mit Salvator Rosa
stand Velazquez den Werken des Raphael Santi etwas kühl gegenüber.
In der Beschreibung der Perle, spricht er im Ton eines Raphaelschwärmers.
[254]Siebentes Buch.
„Es fehlt ihm an Worten, die viele Grazie der heiligen Jungfrau zu be-
zeichnen, ihr Antlitz ist mehr als menschlich.“ Ausdrücke die mehr in den
Mund eines theologischen Dilettanten, als in den eines Fachgenossen, am
wenigsten aber auf diess kalte Bild passen dürften. Die Bemerkung,
dass selbiges ebenso vorzüglich sei in der Zeichnung wie im Kolorit,
klingt wie gerichtet an die Adresse von Malern seiner eigenen Richtung,
welche den Urbinaten nur als Zeichner gelten lassen wollten. Aber auch
diese Bemerkung gehörte grade hier weniger hin. Denn die Perle ist mit
den schwarzen Schatten und der kühlen Glätte des Julio Romano ge-
malt, eine Manier, die von keiner weiter ablag als von der, nach welcher
sich Velazquez längst durchgerungen hatte. Er sagt auch, dass man etwas
ihr ebenbürtiges bisher in Spanien nicht gesehen habe: er hätte nur
auf die von ihm ebenfalls dort aufgestellte Madonna mit dem Fisch
hinzusehen brauchen, um ein erheblich höherstehendes und von Raphael
eigenhändig gemaltes Werk zu erkennen.
Vielleicht aber beweisen diese Stellen, dass unser Maler, so scharf
und fest von Charakter in seinen Werken, im übrigen ein Mann von
Welt und kein Sektirer war, ein Mann, der in seinem Kopf noch für
mehr Dinge Platz hatte, als für das was er selbst machte. —
Wenige, dünkt mich doch, werden diese Beschreibungen lesen, ohne
den Eindruck zu gewinnen, dass man von Velazquez nicht grade diess
erwartete. Mehr Nüchternheit vielleicht, mehr Sprache und Urtheil des
Mannes vom Metier. Wer einen Vergleich anstellen will, wie letztere
sich auszudrücken pflegen, der lese die Beschreibungen des P. Sigüenza,
der in vieljährigem Umgang mit der Malerkolonie des Escorial zur Zeit
Philipp II Auge und Sprache gebildet hatte.
Er preist Schönheit, zärtlichen und frommen Ausdruck, Adel und
grosse Manier, Fleiss (I), aparte Motive — lauter Dinge, in denen gewiss
nicht der Schwerpunkt der Kunst des Velazquez lag. Dagegen vermisst
man Bemerkungen über Helldunkel, dessen Name, ebenso wie relieve
gar nicht vorkommt. Man könnte einwenden, er habe nicht für Fach-
leute geschrieben; aber auch so erscheint seine Sprache zu wenig eigen
und bedeutend. Wunderbar, ausgezeichnet, reizend gemalt; ein schönstes,
göttliches und sittig demüthiges Mariabild: das sind Worte die jeder
señorita geläufig sind, die zum erstenmale in eine Gemäldegalerie ge-
führt wird. Das grüne Hemdchen des Engels (III) „göttlich gemalt“ zu
nennen, klingt wirklich frauenzimmerlich. „Das ist Leben und Fleisch
aber keine Malerei“, sind Phrasen, die seit den hellenistischen Sophisten
und Epigrammatikern stets wiederkehren bei denen, die über ein Bild
absolut nichts anderes zu sagen wissen. Solche Phrasen haben hier
gar wenig Bedeutung, da sie nicht nur von Tintoretto, sondern auch
[255]Die Memoria.
von einem Schulbild Raphaels gebraucht werden (los paños son verdad I),
sie finden sich schon in Sigüenza’s Buch1), und es ist zu gefällig, sie
als, „Kriterium des feurigsten Realismus“ zu bezeichnen (Menendez
Pelayo a. a. O. II, 640).
Ein grosser Theil und gerade die besten Bilder waren zugleich
Geschenke einiger der ersten Grossen und Würdenträger des Hofs an
S. M., auch diese Herren durften nicht vergessen werden. Deshalb wur-
den die Gemälde nicht in der Folge der Aufstellung, oder nach den
Meistern, sondern nach den Gebern aufgeführt. Obenan musste der
Minister D. Luis de Haro stehn, dessen Stücke überdies aus der ersten
fürstlichen Sammlung der Zeit stammten und auch in dieser, in London
für die besten gegolten hatten. Diese Schätzung, heisst es, bestätigte
sich als sie in Madrid ankamen. „Sie wurden für würdig erkannt, den
Anblick des Königs, unseres Herrn (der als Kenner so hochsteht) zu
verdienen, und so legte sie ihm Haro zu Füssen, und sie erhielten den
ihnen gebührenden Ehrenplatz im königlichen Palast, dieser alten Schatz-
kammer und nobeln Schaustellung wo, folgsam Jupiters Geheiss, die Künste
das wunderbarste und köstlichste ihres Besitzes, ihrer Arbeit und der
Ehre von vielen Jahrhunderten aufgespeichert haben“2).
Wenn die Aufeinanderfolge und Anordnung der Stücke in der Denk-
schrift hiernach im allgemeinen auch der Abstufung des Werthes ent-
sprach, wie denn mit den beiden nach des Autors Meinung vorzüglichsten
begonnen wurde: so konnte der Schein entstehn, als ob auch die ein-
zelnen Nummern, wie die Plätze der Schulbuben, genau den Stufen des
Verdienstes entsprächen. Gegen die Unterschiebung einer solchen Ge-
schmacklosigkeit ist folgende bei Santos fehlende Bemerkung gerichtet:
„Sintemal die Gemälde sich selbst ihren Rang geben (se graduan)
durch ihre Vorzüglichkeit und offenkundige Beschaffenheit (noloriedad),
(und die der hier aufgeführten ist ja so gross): so wird wol gewiss
Niemand sich einbilden, dass durch diese Schrift ihnen Stufe und Vor-
rang angewiesen werden soll“. Eine Warnung, die auch heute noch nicht
überflüssig ist: Ranglisten waren ja zu allen Zeiten ein Hauptvergnügen
philosophischer und unphilosophischer Pedanten. —
Wie man sieht, fehlt es nicht an Sonderbarkeiten in der
[256]Siebentes Buch.
kleinen Schrift und in ihrer Entstehungsgeschichte, so dass wol
der Verdacht sich regen kann, ob sie nicht vielleicht zu jener
Zahl von wiedergefundenen Verlorenen gehöre, die als falsche
Prätendenten entlarvt worden sind.
Wie? wenn Jemand durch jenen Wink Sir W. Stirling’s
angeregt worden wäre, den Spuren von Velazquez Hand in dem
Folianten des Priors nachzugehn, und dadurch auf den Versuch
geführt, die Memoria des Malers aus der Descripcion des
Francisco de los Santos herauszupräpariren? Und sodann der
Versuchung unterlegen wäre, seine gelehrten Landsleute mit dem
Ergebniss seines Scharfsinns auf die Probe zu stellen? Die Her-
richtung eines kleinen alten Schmökers, mittelst einiger Bogen
echten alten Papiers und der Reste einer alten Officin ist ja
keine Hexerei für die Technik künstlicher Alterthümer von heut-
zutage. Vieles lässt sich leicht erklären unter dieser Voraus-
setzung. Den Maler seine Denkschrift selbst herausgeben zu
lassen, war nicht räthlich, denn wie hätte der Druck eines Man-
nes von seinem Namen und seiner Stellung so aus der Menschen
Angedenken verschwinden können? Um diess zu erklären kam
der findige Entdecker auf die Idee eines Winkeldrucks durch
andere Hand, in Rom bei Lodovico Grignano, wobei er dann
noch die Herstellung der Madrider Censuratteste ersparte. Die
Person des Herausgebers Alfaro gab die weitläufige Grabschrift
an die Hand, welche dieser und sein Bruder Heinrich zwei Jahre
später dem verehrten Meister setzten; statt Posteritati sacrum im
Lapidarstil dort, heisst es hier in moderner Breite, ofrece,
dedica y consagra á la posteridad.
Sr. Adolfo de Castro hat uns nicht verrathen, wo er sein
Unicum gefunden hat, in welcher unzugänglichen Bibliothek
ein Buch, auf dessen Titel der Name Diego de Sylva Velazquez
in grossen Buchstaben dem Auge entgegentritt, sich verbergen
konnte. Der glückliche Finder hat schon vor Jahren durch seine
Entdeckung einer verlornen Schrift des Cervantes, des Buscapié
Aufsehn gemacht. Diese fand er in einer Abschrift, deren Ge-
nealogie er bis zum Jahre 1606 nachzuweisen vermochte. Der
Buscapié erwies sich freilich, wie bei Ticknor (History of spanish
literature III, 404 ff.) nachzulesen, als eine Mystification. Timeo
Danaos1).
Das misstrauisch gemachte Auge sieht nun noch andre Auf-
[257]Die Memoria.
fälligkeiten. Der Fälscher (nach dieser Hypothese) hätte allerdings
die Gefahr sich Blössen zu geben, geschickt vermieden, indem
er seiner Zusammenstellung aus de los Santos sehr weniges aus
eignen Mitteln hinzufügte. Zu diesem wenigen gehörte das
Titelblatt.
Hier sind dem Namen des Velazquez von seinem begei-
sterten jungen Freunde sämmtliche Titel und Würden beigesetzt,
obenan der des Ordensritters von Santiago. Nun aber geht aus
den Ordensakten hervor, dass die in Folge seiner Bewerbung
und der Ertheilung der Merced, am 17. September 1658 vom
Könige befohlenen Adelsproben erst am 2. April 1659 zum Schluss
kamen, worauf nach Eintreffen des päbstlichen Dispens am
29. Juli die feierliche Ertheilung des hábito, nach Palomino
am 28. November erfolgte. Ist es glaublich, dass der Candidat
(pretendiente) während der im Gange befindlichen Information
(wobei noch am 28. Januar 1659 der Ordensrath die pruebas
de hidalguía für ungenügend erklärt hatte) es zugelassen habe,
den Rittertitel in spe in einer Druckschrift von 1658 hinter seinen
Namen zu setzen?
In der Liste der Hofämter sind auch jene niedern, den An-
fängen seines Hofdienstes angehörigen nicht vergessen. Unter
ihnen befindet sich selbst das ihm 1627 ertheilte eines Ugier de
cámara, welches er im Jahre 1634 an seinen Schwiegersohn J. B. del
Mazo abgetreten hatte. Hatte er im Jahre 1658 noch das Recht
sich diesen Titel, nach Flavio Atti etwas mehr als Portier und
weniger als ayuda de cámara, beizulegen? —
Wäre der Verdacht begründet, so müssten die so hoch ge-
priesenen 24 Beschreibungen die eigene Arbeit des Doctors der
heil. Schrift in S. Lorenzo sein, wobei jedoch die Benutzung von
Winken, die er Gesprächen mit dem behufs der Aufstellung dort
anwesenden Velazquez verdankte, ja der Denkschrift selbst, nicht
ausgeschlossen wäre. Diese geistlichen Herren des Escorial hatten
ja seit den Tagen des P. Sigüenza oftmals Gelegenheit, hervor-
ragende, in der Kunst wolbewanderte Besucher zu begleiten,
anzuhören, auszufragen: so floss bei ihnen, wie bei intelligenten
Kastellanen und Galeriedirectoren alles zusammen was zur Zeit
über diese Dinge gesagt werden konnte; diess ward dann in ihr
Buch eingeschmolzen. Dagegen aber scheint ein schwer zu be-
seitigender Einwand erhoben werden zu können. Seit die Me-
moria bekannt geworden ist, hat man die Entdeckung gemacht,
dass der Abstand (discordancia) zwischen jenen dem Velazquez
II. 17
[258]Siebentes Buch.
entlehnten und den von dem Pater aus eignen Mitteln hergestell-
ten, sehr zahlreichen Gemäldebeschreibungen seines Buchs ein
ganz ausserordentlicher ist. In jenen ist nach Adolfo de Castro
eine höhere Kraft des Geists und der Rede, die dem Pater ganz
fremd war und sich in seinen eignen Arbeiten verbirgt. Neben
jenem gedankenschweren, graphischen, schwungvollen Lakonismus
sei sein Stil „matt und weitschweifig“. Diese Schilderung scheint
mir etwas stark gefärbt. Es sollte ja allerdings der Unterschied
der Schreibweise des in einem Colleg oder Seminar erzo-
genen Mönchs und Theologen von derjenigen des Malers, Hof-
manns und Naturalisten ohne gelehrte Bildung, nach Form und
Inhalt so gross wie nur möglich sein; aber das unbefangene
Auge vermag diesen Grad des Abstands nicht zu finden. Die
Beschreibungen, welche Fray Francisco in den späteren Auflagen
seines Buchs hinzufügte, sind allerdings meist ausführlicher, was
sich aber daraus erklärt, dass er sie mit aller Musse ausarbeiten
konnte, indem er die Bilder Jahre lang täglich vor Augen hatte;
während die Beschreibungen jener 24 in der Eile, gleich nach
Aufstellung der Bilder, niedergeschrieben wurden. Es kommen
aber auch in der ersten Auflage Beschreibungen von Bildern
vor, die nicht zu den 41 gehörten, und diese sind in denselben
kurzen Sätzen und ebenso lebhaft geschrieben.
In Betreff des Stils wäre es von einem Ausländer gewiss
kühn, den Auktoritäten der Academia Española zu widersprechen.
Das aber kann Jedermann sehen, dass die Terminologie in den
Artikeln beider Autoren ganz dieselbe ist. Man findet in den
eigenhändigen des Paters theils gleichlautende, theils verwandte
Bezeichnungen für Idealschönheit der Marien- und Christusköpfe,
für Ausdruck, Composition und Anordnung (wobei auch mehr-
mals auf den Werth einzelner Nebenfiguren für die Totalhar-
monie hingewiesen wird); dasselbe Lob des landschaftlichen
Hintergrunds, dieselben Kennerausdrücke „in der besten Manier
des Meisters“. Am häufigsten begegnet der angeblich für den
„Patriarchen des spanischen Naturalismus“ so bezeichnende hyper-
bolische Preis täuschender Naturwahrheit. Die Gestalten er-
scheinen „nicht gemalt, sondern die Wahrheit selbst“; man kann
sie mit Händen fassen, umarmen (abrazar); man hört das Rau-
schen des Wassers; kurz „es ist gar kein Unterschied zwischen
dem wirklichen und dem gemalten Vorgang“.
Man wird sagen, der Pater habe in den paar Monaten, die zwischen
seiner Bekanntschaft mit der Memorie und der Abfassung seines Buchs
[259]Die Memoria.
fallen, dem Maler dessen Kunstsprache und Art der Beschreibung ge-
schwinde abgelernt; aber er hat doch auch eigene Ausdrücke. Für
Haltung und Luftperspective gebraucht er el arte de los terminos y distancias
(S. 53); das Auseinandergehn in die Tiefe bezeichnet er mit desahogo
(S. 62. 65); eine volle bewegte Composition heisst de mucha introduccion,
ruido, posiciones y movimiento; gute Gruppirung consonancia; glückliche
Mimik movimiento muy del caso; ausdrucksvolle Köpfe „athmen und
sprechen“, tienen alma, Farbenharmonie heisst admirable diferencia en las
tintas, eleccion del colorido; von der Gestalt des Heilands im Centurio
des Paolo sagt er: la planta de airoso y grave movimiento (S. 61); dem
Colorit des Ribera schreibt er llaneza zu, u. a. Bisweilen bemerkt
man freilich auch laienhafte Unsicherheit im Gebrauch der Kunstwörter.
Gegen den Sprachgebrauch ist es z. B., wenn er das Wort colorido
mindenstens fünfmal in der Mehrzahl statt colores gebraucht: son de muy
lindos coloridos. Brutescos statt Grutescos findet sich indess auch sonst
oft, bei Cervantes und Quevedo.
Santos schreibt von der Fusswaschung: es de excelentisimo capricho
en la invencion y ejecucion. Capricho bezeichnet was wir Motiv und die
Spanier sonst auch concepto nennen, man kann das Wort wol auf die
Erfindung, aber nicht auf die Ausführung anwenden. Der Wiederher-
steller der velazquez’schen Memoria glaubte verbessern zu müssen: es
de excelentisimo capricho, y en la invencion y ejecucion admirable. Warum
sollte der sonst so wörtliche Abschreiber Santos gerade hier den Text
verbalhornt haben?
Ferner von Sebastian del Piombo’s Kreuzträger: de este original
andan muchas copias, y aqui hay dos del mismo autor. Obwol nun ja ein
Maler Selbstkopien machen kann, so schienen dem Wiederhersteller doch
zwei an demselben Ort zuviel; er verbesserte, y ay dos en S. Lorenzo
que parecen de la mesma mano.
Nur eine und zwar historische Notiz enthält die Memoria,
welche bei Santos fehlt; und man muss gestehn, dass der Ver-
fasser diese ganz gut ausgewählt hat. Aus dem Nachlass Carl I
kamen, heisst es, auch die zwölf Cäsaren Tizians und das Bild-
niss Kaiser Carl V mit dem Hatzhund. Eine Quelle der letztern
Angabe ist mir nicht bekannt; sie ist selbst dem in solchen
Dingen wohlunterrichteten Catalog des Pradomuseums entgangen.
Die Richtigkeit derselben kann aber durch Schlüsse erwiesen
werden. Dies Bildniss kommt nämlich im Inventar Philipp II
vor, fehlt im Inventar von 1636 und erscheint wieder in dem
von 1665. Dagegen befindet sich ein Bild derselben Beschrei-
bung in der Galerie Carl I zu London, mit dem Zusatz, dass es
[260]Siebentes Buch.
der König aus Spanien mitgebracht habe1); es wird also wohl
von Philipp IV dem Prinzen von Wales im Jahre 1623 zum Ge-
schenk gemacht sein. In dem Verzeichniss der von Cárdenas ge-
kauften Gemälde fehlt es. —
Das vorgelegte, für jeden Unbefangenen erdrückende Be-
weismaterial gegen die Echtheit der Memoria reicht gleichwol zu
einem Endurtheil nicht hin. Dazu fehlt der Nachweis, dass jenes
Unicum des alten Druckes eine moderne Fälschung ist. Leider
ist es mir nicht vergönnt gewesen, das Büchlein zu sehen. Die
Möglichkeit besteht, dass kompetente Fachmänner, unparteiische
und unbestochene natürlich, seine Echtheit konstatirten. Ist aber
der Druck wirklich alt, von 1658, so kann natürlich der Text
nur von Velazquez herrühren.
Sollte sich aber die Echtheit wirklich herausstellen, in wel-
chem Lichte würden dann die ausgesprochenen Zweifel erschei-
nen? Würde der Kritiker sich nicht etwas schämen müssen? Ich
glaube nicht. Wie es unbedeutende Künstler gegeben hat, die
sehr gut über ihre Kunst zu sprechen und zu schreiben wussten,
so hat es auch bedeutende gegeben, die wenig Glück hatten,
wenn sie den Pinsel mit der Feder vertauschten. Manchen hat
es nicht beliebt, das mitzutheilen, worüber wir am liebsten von
ihnen belehrt werden möchten und nur von ihnen belehrt werden
konnten. Einige gefielen sich in ästhetisch-metaphysischem Wust,
der nicht einmal dem eignen Garten entsprossenes Kraut war.
Dieselben, die unter ihres gleichen kernige Sprüche von sich
gaben, wurden banal, wo sie populär schreiben wollten.
Man kann also überzeugt sein, dass Velazquez noch in an-
dern Ausdrücken von Gemälden zu sprechen pflegte. Aber diese
41 Stücke waren ein Geschenk, ein Geschenk von unschätz-
barem Werth, mehr werth als die hunderte Quadratmeter, welche
Philipp II mit Fresko- und Oelfarben hatte bedecken lassen.
„Diess heilige Haus majestätisch auszustatten, hat der König sich
nicht bedacht, das Haus, welches er selbst bewohnt, seiner köst-
lichsten Habe zu berauben.“ Einem solchen Geschenk gegen-
über kann man nicht nüchtern bleiben. Unter dem Eindruck
dieser hochherzigen That wäre die Denkschrift aufgesetzt worden.
Ihr Stil ist der einer Festrede bei einer Eröffnungsfeier. Der
[261]Die Schüler.
königliche Geber sollte Dank vernehmen, empfinden dass seine
Gabe vollkommen gewürdigt werde. Die Bilder waren ferner
religiösen Inhalts: kein Spanier jener Zeit wäre im Stande ge-
wesen, ein Madonnenbild bloss als Kunstwerk zu beurtheilen;
der Weg zur Ueberzeugung ging durch die Empfindung, und
diese wurde durch warme allgemeine Worte entzündet; durch
sie und nicht durch Analyse und Beweis gab man ihnen eine Vor-
stellung von dem Werth des Kunstwerks. Wie sehr er den Ge-
schmack auch seiner heutigen Landsleute getroffen, würde auch
aus Urtheilen hervorgehen, wie das Adolfo de Castro’s, freilich
eines nicht unparteiischen Zeugen: „Der Stil ist attisch, er
hat dieselben Eigenschaften wie seine Gemälde: feurige Phan-
tasie, scharfen hohen Verstand, unermessliches und tiefes Urtheil,
harmonische und glänzende Farbe, gefälligen, kühnen und zu-
gleich sichern Pinsel. (!)“
Diese Umstände hätten also den Verfasser in jenen pane-
gyrischen Ton gebracht, der noch nie einem Schriftsteller zum
Vortheil gereicht hat, auch abgesehen von dem Ermüdenden un-
unterbrochner Superlative. Lobsprüche, besonders ästhetische
sind in einem Katalog immer taktlos; besonders aber von Seiten
eines Beamten, der dann pro domo zu reden scheint und eher
zum Widerspruch reizt.
Der Beschauer erwartet von seinem Catalog Information
über den Gegenstand, über die Person des Künstlers, auch wol
über die Technik; aber nicht Bevormundung seines Geschmacks.
Seine Empfindungen lässt sich Niemand vorschreiben, und wenn
man dem Führer Ueberlegenheit der Gelehrsamkeit und Kenner-
schaft zutraut, so stehen diese schätzbaren Eigenschaften ja nicht
nothwendig in gleichem Verhältniss mit Ueberlegenheit und Fein-
heit des Kunstgefühls.
Die Schüler.
Ein Blick auf die Schüler gehört mit zum Bilde eines Künst-
lers. Die Schule erzählt uns von seiner Lehrgabe und Lehrlust,
von dem Umfang, in welchem er neben dem Künstler auch Unter-
nehmer und Geschäftsmann war, sie veranschaulicht das Verhältniss
dessen was abgesehn und in kursirende Münze umgesetzt wer-
den kann, zu dem Persönlichen und Unübertragbaren. Das
letztere ist immer das Werthvollere: Leonardo fand den Adel
der Malerei in ihrer Unübertragbarkeit. Alle grossen Maler haben
[262]Siebentes Buch.
eine Schule gehabt, nicht blos die, welche zur Ausführung ihrer
Entwürfe viele Hände nöthig hatten; auch die, welche von der
Skizze bis zum letzten Strich alles nur allein, zuweilen sogar nur
einsam machen konnten, auch die, welche ihre Proceduren mit
Geheimniss umhüllten.
Man sollte denken, alle Maler Madrids müssten sich um Ve-
lazquez gedrängt haben. So oft hatte er Arbeiten zu vergeben.
Bei der Ausstattung neuer und alter Schlösser wandte man sich
an ihn, die geeigneten Hände zu suchen, aufzutreiben, vorzu-
schlagen; selbst bei Bewerbungen um Titel wurde er gefragt
(II, 101). Seine unwandelbare Gunst bei Hofe schien zu lehren,
wie ein Maler nach dem Herzen der Könige beschaffen sein
muss. Keiner hatte so den Geschmack des Hofs wie der Nation
getroffen, von der Pinselführung bis auf Haltung und Miene
seiner Bildnisse.
Künstler zu fördern hatte er ebensoviel Gelegenheit wie
Geneigtheit. Mancher hatte ihm sein Fortkommen, ja seine Exi-
stenz zu verdanken; die ersten Namen der Zeit haben sich seines
Raths, seines Beistands zu erfreuen gehabt. Seine letzte That war
die Berufung eines flüchtigen Bildhauers italienischer Herkunft,
dessen Ankunft er aber nicht mehr erlebt hat. Es war der bis dahin
am Hofe von Frankreich beschäftigte Gio. Ba. Morelli, ein Schü-
ler Algardi’s. Von seinen Terracotten sagt Palomino, Tintoretto
scheine ihnen Geist und Leben eingehaucht zu haben. Er war
als Flüchtling in Valencia erschienen, von wo er Velazquez
als bekanntem „Protektor dieser Kunst“ eine Probe seiner
Geschicklichkeit, das Relief von Engelkindern mit den Insignien
der Passion sandte. Der König, für den es in der Tribuna aus-
gestellt wurde, lobte und kaufte es. Nachdem er noch einige
grosse runde Arbeiten in demselben Material geschickt, darunter
eine Engelklage um den todten Heiland, eine Halbfigur des heil.
Philipp Neri, entschloss sich Velazquez ihn kommen zu lassen,
er traf aber erst im Jahre 1661 ein. Der König hat ihn bis zu
seinem Tode beschäftigt.
Den von ihm berufenen Zurbaran nannte der König pintor
del Rey y Rey de los pintores; wer wäre da nicht eifersüchtig
geworden! Aber derartige Leidenschaften waren ihm fremd.
Freilich war er ganz frei von dem Ehrgeiz der Tintoretto, Ru-
bens, Giordano, alle Unternehmungen von denen sie hörten, für
sich zu bekommen. Wenn der König unter seiner Leitung einen
Saal, ein Jagdschloss ausmalen liess, so war er zufrieden, eins
[263]Die Schüler.
oder zwei Stücke von sich zwischen die fremde Arbeit zu setzen.
So bedurfte er weniger der Gehülfenschaft (aus der die Schule
hervorgeht) als andere.
Die Biographen nennen eine ziemliche Anzahl Schüler,
aber es sind kaum drei darunter, welche seine Malweise ange-
nommen haben, von einigen ist gar nichts mehr nachzuweisen.
Bei seinem zeitraubenden Dienst wird er wenig Zeit zum Unter-
richt übrig gehabt haben. Da Seine Majestät sehr oft im Atelier
erschien, so werden dort wol nur Leute von Stand und gewandt in
der Unterhaltung gern gesehn worden sein. Ein solcher witziger
Kopf (de dichos muy agudos y sentenciosos) war Benito Manuel
de Agüero, ein Schüler seines Schwiegersohns. Mehrere waren
Adlige, wie D. Nicolas de Villacis aus Murcia, D. Juan de Alfaro
y Gamez aus Cordoba, der Andalusier Diego de Lucena, „Ca-
ballero de ilustre sangre“. Diese vielseitigen jungen Herren
übten die Kunst zu ihrem Vergnügen; sie hatten wol gar die
Schwachheit (wie Alfaro), den Namen Maler abzulehnen.
Des Meisters Lehrthätigkeit mag sich also auf Winke,
Empfehlung von Vorbildern beschränkt haben. Und letztere
können nur die Venezianer und Niederländer im Palast gewesen
sein, welche ohnehin jenen für Farbe und Helldunkel empfäng-
lichen Südländern am meisten zusagen mussten. Aber von den
Wegen des Meisters führten sie ab.
Diess zeigt auch ein Blick auf die zahlreiche und glänzende
Malerschaar, welche sich zu seiner Zeit und unter seinen Augen
in Madrid gebildet hat, — die Cerezo, Escalante, Francisco Rizi,
Diego Polo, Carreño und Claudio Coello.
In Studien und Auffassung haben sie mit Velazquez nicht
viel gemein. Die Kontraposte Tintoretto’s, die Gruppirungen
Bassano’s, die vornehmen Posen Paolo’s bestreiten die Kosten
der Komposition. Die Ankunft der römischen Abgüsse verräth
sich sofort in klassischen Masken; weibliche Modelle waren ja
so schwer zu haben. Die grossen Maschinen der Visionen und
Glorien, die Kargheit des Lohnes, die angeborne Bequemlichkeit
drängte zur maniera; zu feineren Naturbeobachtungen hatten sie
keine Zeit.
Einige fühlten sich von dem blühenden Colorit der Nieder-
länder angezogen, Cerezo’s mystische Vermählung der heil. Ca-
tharina im Kapitelsaal zu Palencia würde sich neben dem farben-
glühendsten Rubens behaupten. Die meisten aber wandten sich
Tizian zu, dessen spätere Manier auf sie einen solchen Eindruck
[264]Siebentes Buch.
machte, dass man diese Madrider Schule als die letzten Epigonen
des Tizian’schen Zeitalters ansehen könnte. Aber diese azurnen,
von orangegelben Wölkchen durchwobenen Nachmittagshimmel
mit den glühenden Abendrothstreifen, diese in heiter farbige Ge-
wänder gehüllten, von goldnen Reflexen und Randlichtern schim-
mernden Gestalten, das visionäre Halblicht, gibt ihnen einen un-
läugbaren Reiz fürs Auge, mehr als den damaligen Italienern,
denen sie in Stoffen und Auffassung nahestehn, während sie in
Zeichnung und Wissen weit hinter ihnen zurückbleiben.
Selbst im Bildniss scheint ihnen die vornehme aber nüch-
terne Wahrhaftigkeit des Velazquez weniger zugesagt zu haben,
als die Eleganz und malerische Grazie des van Dyck.
Nur mit seiner berückenden Freiheit und Leichtigkeit der
Handschrift hatte er es allen angethan, und diese Eigenschaft
gefiel ihm auch an Andern. Seine lebhafte Belobung des „Mannah
in der Wüste“ von Diego Polo war aufgefallen und notirt wor-
den. Diess Bild befand sich nebst andern in der Galerie Don Se-
bastians zu Pau (Nr. 887). Durch Wärme des Tons, durch die feurig
unverschmolzene, wild und doch mit koloristischem Takt verwo-
benen Striche fesselte es das Auge bei aller Dürftigkeit der Er-
findung und Plattheit der Hauptfigur. —
Derjenige unter seinen Schülern, welcher Velazquez in minde-
stens sechsundzwanzigjähriger Verbindung am meisten abgesehn
hat, der einzige unter allen, der ihm ganz ähnlich gemalt hat,
war Juan Bautista del Mazo, gebürtig aus Madrid, seit 1634 sein
Schwiegersohn.
Mazo gehörte zu den Talenten von vorwiegender An-
passungs- und Aneignungsfähigkeit. Seine Kopien nach Velaz-
quez waren, wie Palomino versichert, von den Originalen nicht
zu unterscheiden, und die nach Tizian, Tintoretto und Paolo
sollten selbst Italiener getäuscht haben. Wirklich haben die zwei
Dianenbäder im Prado (482 f.) bis auf unsre Tage für Originale
gegolten und würden es vielleicht noch heute, wenn das Alibi
der echten Tizians nicht bekannt wäre. Als der König sich
sehnte, die ihm für sein Jagdschloss gemalten Rubensbilder auch
in Madrid geniessen zu können, hat ihm Mazo nicht weniger als
42 Historien und Jagdstücke wiederholt, alle übrigens in kleinem
Maasstab.
Im Bildniss (dem einzigen Fach wo er sich an lebensgrosse
Figuren gewagt hat) war er, wie W. Burger sagt, nur ein Reflex
seines Lehrers, wie er dessen Nachfolger als Kammermaler ge-
[265]Die Schüler.
worden ist. Ihm fielen die traurigen Gestalten dieser dunkelsten
Zeit der spanischen Geschichte zu: der alte König, gebrochen
und verdüstert, das Antlitz abgemagert und verfallen; seine
Witwe im Nonnenkleid, die Infantin Margaretha im frühzeitigen
Verfall ihrer Schönheit1).
Näher besehn fallen diese Arbeiten doch merklich ab von
ihren Vorbildern; man sieht, er hat eine ihm fertig entgegen-
gebrachte Manier gelernt, ohne die Vorstudien, durch welche ihr
Urheber sie gefunden hatte. Das verräth sich an der unsichern
und nachlässigen Zeichnung, den misslungenen Verkürzungen,
dem Mangel an Haltung, den perspektivischen Fehlern, der
Nachdunklung in Folge unsolider Technik. Deshalb hat sich
Mazo nie auf Historienmalerei eingelassen.
Nur wo er bloss mit der Farbe operiren kann, in Mobiliar,
Blumensträussen, Figurenstaffage und Landschaften zeigt er
unverkennbare Begabung, gebildet durch das Studium der gros-
sen Coloristen. Sein Pinsel ist hier blühender und pastoser,
freilich auch hastiger und fleckiger als der des Meisters, dem der
Strich oft täuschend ähnelt. Der Ton fällt ins grüngelbliche.
Zu seinen vorzüglichsten Werken gehören ausser dem Fa-
milienbild, die Infantin Margaretha in Wien (Nr. 620), das Kind
in Kardinalstracht in der Galerie Harrach. Diess ist ein nicht
ohne Humor gemalter vierjähriger Knabe mit braunen Eulen-
augen, kleinen Hängebäckchen, voll vom Behagen strotzender
Gesundheit und dem Vergnügen seines purpurnen Masken-
kleids; ganz ähnlich den Kindern in jenem Familienbilde. Der
Blick aus dem Balkonfenster zeigt die Ufer des Mansanares an
der Westseite des Schlosses, mit einer Gesellschaft im Grünen.
Der Kopf hat nichts von dem Typus der königlichen Familie,
auch gab es damals keinen Cardinal in kindlichem Alter; viel-
leicht ist es das Söhnchen eines grossen Herrn, wo nicht des
Malers selbst, das dem geistlichen Stand bestimmt war.
Eigenthümlich und sehr abweichend vom Stil des Meisters
war Mazo in Landschaften. Sie sind zahlreich: Veduten, wie
die von Saragossa, sieben Ansichten des Escorial, Lust-
schlösser und Parks, Jagden; besonders aber sehr umfang-
reiche Stücke mit epischer und mythologischer Staffage. Wären
sie nicht stark nachgedunkelt, so würde Mazo’s Name viel
[266]Siebentes Buch.
bekannter sein, denn er war ohne Zweifel der beste spanische
Landschaftsmaler. Von der Klarheit und Weite, der Dünnheit
der Bodenbekleidung und dem kühlen Silber- oder Staubton des
Velazquez sind sie weit entfernt; sie gravitiren mehr nach den
Flamändern, wie Jacques d’Arthois, als nach der heroischen Land-
schaft der Franzosen und Italiener, der romantische Zug des
Spaniers verläugnet sich auch hier nicht. Die Figürchen zeigen
Erzählungstalent und Leichtigkeit der Erfindung.
Mazo hatte wahrscheinlich grossen Antheil an mehreren
landschaftlichen Bildern, Parkansichten u. a., die in den Inven-
taren und auch noch im Katalog des Museums seinem Lehrer zuge-
schrieben werden (S. Band I, 351 ff.). Ihre Uebereinstimmung mit
seinen sichern Arbeiten in Formen, Farben und Staffage ist ebenso
auffallend wie ihre Verschiedenheit von den Hintergründen in
den Reiterbildern. Es ist der Mühe werth die Aufmerksamkeit
auf diese Frage zu lenken, da man oft den Landschaftsstil des
Velazquez ganz unzutreffend nach Mazo’s Werken beschrieben
hat1). Trübe, braune Laubmassen, gelbe Sonnenblicke durch die
Zweige, undeutlich skizzirte Figuren verrathen die Hand des
Schülers.
Einige Landschaftsbilder sind dem Velazquez wol nur zu-
geschrieben worden, weil sie klassische Ruinen enthielten, obwol
sie noch im vorigen Jahrhundert für Mazo galten2).
Das Ruinenstück Nr. 1114 lässt in einen schmalen und hohen
gewölbten Gang blicken, dessen Kreislinie, sowie eine mächtige
Schale aus Travertinquadern an das Colosseum erinnern. Wahr-
scheinlich liegt dem Gemälde ein Prospekt des Hieronymus
Cock zu Grunde (Collosei. ro. prospectus).
Das Gegenstück (Nr. 1113) zeigt die Fassade eines mäch-
tigen Baus, auf dessen verfallenem, von Gras und Gesträuch
überwuchertem Gesims noch eine Bildsäule aufrecht steht. In
dem von zwei Säulenpaaren flankirten Thor steht eine Priesterin,
der sich von allen Seiten Paare mit Geschenken nähern, eine
Knieende überreicht ihr ein goldnes Gefäss. Den Schlüssel
[267]Die Schüler.
giebt Mercur, der sich hoch oben aus den Wolken herabstürzt.
An dem Tage, wo die geweihten Jungfrauen die Heiligthümer
der Pallas in bekränzten Körben in den Tempel tragen, ist der
Gott durch den Anblick der schönen Herse, der Zierde des Fest-
zugs, von seinem luftigen Pfade abgelenkt worden —
(Ovid, Metamorph. II.)’
Nur einen Schüler hat Velazquez noch gehabt, der sich mit
seinem Schwiegersohn messen konnte, aber das war ein Schüler
wider sein Wissen und Wollen, — der Sklave Juan de Pareja,
dessen Bekanntschaft wir im heiligen Rom machten. Ein Men-
schenalter lang hatte er ihn wie sein Schatten begleitet, die
Leinwand grundirt, die Farben gerieben, Pinsel und Palette ge-
reicht, aber nie hatte er seinen Drang verrathen auch ein Maler
zu werden. Denn Velazquez gestattete ihm nicht, sich mit irgend
etwas das Malen oder Zeichnen hiess zu befassen, wegen der
Ehre der Kunst. Ein Sklave der malte, war eine Beschimpfung
der Künstler. Ihre Empfindlichkeit kannte keine Grenzen, wenn
die Frage des Rangs der Malerei berührt wurde. So übte er sich
denn in einsamen Stunden und nächtlicher Stille.
Als er sich das Zeugniss der Reife ausstellen zu können
glaubte, dachte er, wie er wol durch die unvermeidliche Ent-
hüllungsscene, vor der er namenlose Angst hatte, hindurch-
kommen könne. Keines geringern als Seiner Majestät Inter-
cession, glaubte er, werde ihn retten können. Er kannte deren
Güte und Nachsicht gegen jedes Talent, er hatte den Künstler-
einfall, einem Gemälde die stumme Fürsprache anzuvertrauen.
Die Leinwand, welche ihm als morceau de réception dienen sollte,
stellte er unbemerkt im Atelier gegen die Wand. Der König,
dachte er, wird bei seinem Besuch die Rahmen herumdrehen:
auf nichts konnte man unfehlbarere Berechnungen gründen als auf
die Gewohnheiten S. M. — Als hochdieselben in der That das
Bild umdrehten und fragend nach dem Kammermaler blickten,
fiel der Krauskopf auf die Knie, bekannte und bat, ihn gegen
seinen Herrn zu schützen (amparar). Der König sagte: „Nicht
allein sollt Ihr ihm hierüber nichts weiter sagen: erwägt auch,
dass wer eine solche Geschicklichkeit besitzt, kein Sklave bleiben
kann.“ In Folge davon stellte ihm sein Herr den Freiheitsbrief
aus. Aber Pareja fuhr fort ihm zu dienen wie bisher, ja er ver-
erbte sich noch freiwillig auf jenes Tochter, die Frau Mazo’s.
Er hatte also in jenen Jahren der Zurückhaltung keinen Groll
[268]Siebentes Buch.
eingesogen. Der Ausdruck lo que sobrevivió á este caso scheint
anzudeuten, dass dieser Vorfall kurz vor Velazquez’ Ableben
stattfand.
Pareja war vornehmlich Maler von Bildnissen, auch seine
Köpfe wurden nach Palomino mit denen seines Herrn verwech-
selt. Keins ist mit Sicherheit bekannt; vielleicht ist das schöne
Porträt in der Galerie zu Lille (Nr. 651, 1,03 × 1,80), dort Murillo
zugeschrieben, das gerühmte Bildniss des Baumeisters José Ratés.
Dass er aber selbst grossen Historien gewachsen war, beweist
sein Meisterwerk im Pradomuseum, zugleich sein einziges Werk
dort, das Zollhaus (el telonio) genannt, vom Jahre 1661; im
vorigen Jahrhundert in San Ildefonso und Aranjuez; damals auf
viertausend Realen geschätzt. Unter dem Fenster im Schatten
links sieht man auch die Figur des Malers mit einem Zettel, auf
dem sein Name steht. Die Scene, die Berufung des Matthäus,
war bei den Naturalisten beliebt, und ein ähnlich beschriebenes
Nachtstück dieses Inhalts im Schloss (schon 1636 angeführt) kann
Pareja die Anregung gegeben haben.
Das Zollhaus verräth einen in jeder Beziehung so durchge-
bildeten Maler, wie man es nach jenen seltsamen Lehrjahren
nicht erwartet hätte; ebenso überrascht die bei aller Lebendig-
keit der Erzählung gewahrte Noblesse der Aktion. Der Zufall
hatte Velazquez augenscheinlich einen geborenen Maler als
Sklaven zugeführt. Das wunderlichste aber ist, dass das Ge-
mälde gar nicht einmal Nachahmung des Meisters zeigt; höchstens
im Schema der Komposition und in dem Doppellicht von Fen-
ster und Vorsaal könnte man einen Anklang finden; im übrigen
aber hat ihm eher die reiche Farbe und die Opulenz der
Ausstattung eines Rubens und Paul Veronese vorgeschwebt,
was auch zu seinem afrikanischen Blut passt.
Auf dieser Höhe aber scheint er sich nicht gehalten zu
haben. Sechs Jahre später malte er für die Trinitarier zu Toledo
eine Taufe Christi, die kürzlich aus dem Nationalmuseum in die
städtische Galerie von Huesca gewandert ist. Hier hat er
sich in dem altbeliebten Kirchenstil versucht: Glorie, viel Land-
schaft, Nebenscenen im Grund. Aber der Ton ist fahl, gelb und
kalt, die Zeichnung manierirt, der Strich aufgelöst locker, die
Hauptgestalt unedel. Gewohnt sich anzulehnen hat er sich in
Toledo den Greco zum Vorbild genommen. Noch von einer
dritten Seite zeigte ihn ein tumultuarisches Reitergefecht des
ehemaligen Nationalmuseums (Nr. 414) im Geschmack Salvators. —
[269]Die Schüler.
Wenn vor einem etwas bedenklichen Velazquez das un-
kritische Argument gehört wird: Wer anders könnte dieses
Bild gemalt haben? so darf man meist auf Mazo und Pareja
weisen. Ja es melden sich noch andre: wir finden in einem
Schreiben des modenesischen Gesandten Camillo Guidi, dass
Antonio Puga und Juan de la Corte in Madrid und selbst von
Philipp IV geschätzt waren als Lieferanten der oft verlangten
oder für Geschenke bestellten Reiterbildnisse des Hauses1). Ein
solches Stück wurde mit hundertachtzig Dukaten bezahlt. Juan
de la Corte machte die Figuren, Puga die Landschaften. Noch
beliebter als in diesem Fach war letzterer im Sittenbild, er ahmte
die bodegones des Meisters vortrefflich (perfectamente) nach.
Diese Nachricht wird bestätigt durch das einzige von ihm be-
kannte Gemälde in der Ermitage, einen Schwertfeger bei der
Arbeit, mit zusehenden Kunden, in einem etwas dintigen doch
nicht unangenehmen Ton gemalt, — wenn es nicht lediglich auf
Grund der Aehnlichkeit mit jenen sevillaner Jugendwerken so
benannt worden ist.
Sein Gefährte Juan de la Corte (1597 † 1660) soll sich in
der Farbe bei dem Meister vervollkommt haben. Sein Name
begegnete uns schon bei den Feldherrnbildern in Buen Retiro;
seine Specialität aber waren kleine Sachen, Bataillen, Perspecti-
ven, Landschaften mit Fabeln, geschichtlichen Scenen, Legenden.
Im Jagdschloss Riofrio bei Segovia sind noch einige dieser einst
sehr zahlreichen Cabinetstücke zu sehn, die aber in nichts dem
Velazquez ähneln.
Bartolomé Roman (1596 † 1659), der beste Schüler des Vin-
cenz Carducho, dem er bei den Karthäuserbildern von Paular
half, vervollkommnete sich unter Anleitung des Velazquez in der
Farbe, sodass Carreño seine Unterweisung suchte. Er hatte
aber wenig zu thun, da er Bestellungen nicht suchte. Nur ein
grosses Gemälde ist noch in der Sakristei der einst in enger Be-
ziehung zum Hof stehenden Kirche der Encarnacion zu sehn.
Es stellt die Parabel von dem Gast dar, der kein hochzeitlich
Gewand angelegt hatte — ein Ausstattungsstück, dessen bunter
[270]Siebentes Buch.
Synkretismus von Kostümen im Hoftheatergeschmack für jene
Zeit bezeichnend ist.
In den letzten Lebensjahren unsres Malers findet man mehrere
vornehme Jünglinge aus der Provinz in seiner Nähe. Juan de
Alfaro y Gamez (1640 † 1680) war der Sohn eines kunstliebenden
Edelmanns in Cordoba, der seinen Jungen bei Antonio del Castillo
malen lernen liess und dann wohlempfohlen an den Hofmaler
adressirte. Er wurde dessen begeisterter Verehrer und Kopist.
Palomino, den er überredete von Cordoba nach Madrid überzu-
siedeln, macht von ihm ebensoviel Rühmens, wie Cean gering-
schätzig über ihn abspricht; Martinez nennt ihn unter denen, die
sich ausländischer Kupferstiche für ihre Kompositionen bedienten.
Als er bald hernach sich wieder in der Vaterstadt zeigte, machte
er Aufsehn durch die neue flotte Manier, missfiel aber durch An-
massung; und als er seine Gemälde im Kreuzgang von S. Fran-
cisco sämmtlich mit dem Namen versehen hatte, machte ihn sein
alter Lehrer Castillo zum Sprichwort, indem er unter ein von
ihm selbst hinzugefügtes setzte: Non pinxit Alfarus. Seine Bild-
nisse der Erzbischöfe Francisco Alarcon und Alfonso de Salizares
zeigen, dass er wenig von Velazquez gelernt hat: auf röthlichem
Grund scharfer Lichteinfall und schwere braune Schatten. Später
war er eine ständige Erscheinung im Hause des Regidors von
Madrid, Pedro de Arce, wo er Gelegenheit hatte, die Dichter und
Schriftsteller aufzunehmen. Bekannt ist sein Bildniss Calderons,
einst in der Kapelle des Friedhofs von S. Nicolas, jetzt im Hos-
pital de presbiteros seculares in der Nähe des Platzes Antonio
Martin. In der rohen und nachlässigen Malerei dieses grämlich
bittern Greisenkopfs ist keine Spur von dem Geist des heitern
und gedankenreichen Dichters; man möchte wünschen, dass es
eine untergeschobene Kopie sei. Am glücklichsten war er in
kleinen Bildnissen, in der Art van Dyck’s, sie waren „von so
ausserordentlichem Reiz (primor), dass er nicht zu übertreffen
war“. Solche kleine Bildnisse waren damals sehr gefragt; gute
Beispiele sind die Murillo zugeschriebenen Büsten des Herzogs
von Osuna und eines Unbekannten in der Galerie La Caze.
Nicolas de Villacis († 1690), ein Sohn vornehmer und reicher
Eltern in Murcia, trat Velazquez ebenfalls nahe; er unternahm
dann eine Reise nach Italien, wo er, dem Hofgeschmack folgend, die
Quadraturmalerei studirte. Nach der Rückkehr hat er in seiner
Vaterstadt, in S. Trinidad und S. Domingo, die Murcianer mit solchen
poetischen Architekturen entzückt. Velazquez hätte ihn gern am
[271]Die Schüler.
Hof gehabt; seine Witwe bewahrte noch lange die Briefe, welche
er ihm geschrieben, sie sollen später nach Mailand gekommen sein.
Da jene Fresken untergegangen sind, so würde man sich kaum
eine Vorstellung von seiner Malerei machen können, wenn nicht
ein sichres Bild von ihm in der Esterhazygalerie zu Pest sich er-
halten hätte, die heil. Therese knieend vor der Mutter Gottes.
Diess Gemälde fesselt durch dreiste Unmittelbarkeit und sinnlich
berückende wenn auch verworrene Orchestrirung der Farbe; mit
der Zeichnung hat er sich abgefunden wie ein hidalgo.
Sonst nennt man noch Francisco Palacios (1640 † 76), der
aber nach dem Tode des Meisters verkam; Tomas de Aguiar,
der kleine Porträts malte und von dem man nur weiss durch
ein Sonett des Dichters Antonio de Solis auf sein Bildniss; und
den Porträtmaler Francisco de Burgos Mantilla aus Burgos,
den Cean nicht einmal aus Diaz del Valle aufzunehmen der
Mühe werth fand. Er kam neunjährig nach Madrid und stand
dem Meister 34 Jahre lang nahe.
Das ist die Gefolgschaft armer Ritter auf dem Wege des
Velazquez zur Nachwelt. Sie waren zu unbedeutend um von
ihm lernen zu können. Das wenige was der Zufall von ihnen
gerettet hat genügt festzustellen, dass sie sich von der breiten
namenlosen Mittelmässigkeit ihrer Zeit kaum unterschieden haben.
Diess wird die für Velazquez nicht einnehmen, welche
glauben, das Recht der Künstler auf einen Platz in der Ge-
schichte gründe sich auf den Nachweis ihrer Einflüsse und ansehn-
liche Descendenz. Aber der Werth eines grossen Dichters und
Künstlers wird um kein Gramm leichter, selbst wenn von seiner
Nachfolge nichts besseres zu sagen wäre, als das römische
Heroum filii nequam. Kein Künstler und Kunstfreund wird
diesen Werth in etwas anderem suchen als dem was er vor
Augen sieht, und jemehr man diesen Werth, der unvergleichbar
ist und von allen zeitlichen Zusammenhängen unabhängig, an-
schauend fasst, desto ferner rücken jene Nebenvorstellungen, wäh-
rend freilich wir Geschichts- und Büchermacher, auf Ueberzeugung
durch die blosse Rede angewiesen, dergleichen dem Gegenstand
fremde Gedankenverbindungen nicht entbehren können.
[[272]]
Die Infantin Margarita.
Die Gemälde der letzten Jahre.
Der dritte Stil.
Von den Gemälden dieses letzten Jahrzehnts ist die Vor-
stellung des sogenannten dritten Stils hergenommen, den man
oft allein meint, wenn man vom Velazquezstil spricht. Und
nicht ganz mit Unrecht; denn er ist gewissermassen nur die
letzte Wandlung, der Punkt der Reife einer im Grunde sich
stets gleichen Kunst, in Folge wachsender Beherrschung der
Darstellungsmittel und Erfahrung des Auges. Leichtigkeit, Ele-
ganz, Geist sind nicht gerade Eigenschaften jugendlicher Kraft
und Feuers. Doch ist Velazquez bereits in seinen frühsten
Werken ein resoluter, breiter Darsteller gewesen, und schon
der Infant Ferdinand, der im Jahre 1632 Spanien verliess, rühmt
als besondere Eigenschaft seine Raschheit.
Was ist aber dieser dritte Stil? Man könnte sagen, seine
Maxime sei, mit dem geringsten Aufwand von Mitteln und Zeit
die grösste Wirkung zu erzielen; oder, es sei hier Ernst gemacht
mit der Grundregel der zeichnenden Künste: zu malen was man
wirklich sieht, nicht was man zu sehen glaubt oder erschliesst;
farbige Lichterscheinungen, bis zu den optischen Täuschungen.
Je weniger messbar und fassbar aber diess eigentliche Objekt der
[273]Der dritte Stil.
Malerei ist, desto feinfühliger und fixer muss die Hand sein,
welche das innere Bild niederschlägt und festmacht. Daher
die Breite des Vortrags, weil man aus der Uebersicht des
Totaleindrucks arbeitet, die Unberechenbarkeit der vom subtil-
sten optischen Gefühl des Augenblicks eingegebenen Manipu-
lationen.
Von allen Eigenschaften seiner Gemälde ist keine so früh
und so oft geschildert worden als der lockere, unverschmolzene
Pinselstrich. Schon der Venezianer Boschini bemerkte an dem
Pabstporträt el vero colpo venetian, und Richardson la grande
variété de teintes couchées séparément sans être noyées ensemble.
Mengs meinte dies, wenn er von einem Bilde sagte, es scheine
mit dem blossen Willen gemalt, Lehninger im Abrégé der Dres-
dener Galerie 1) nannte es die touche fière, Yriarte deren noblesse2).
Uebertreibend hat man gesagt, die Pinselstriche liessen sich
zählen, und nicht ganz zutreffend, in der Nähe sei es ein Chaos,
Formen, Körper und Pläne kämen erst in der Entfernung hervor.
Man nennt es auch den Geist seines Pinsels. Was ist aber Geist
in der Malerei? Geist fehlt in den bildenden Künsten denen
meist ganz und gar, welche den Geist in Worten und Ideen
haben. Ideen in jenem Sinn, wo Allegorien und Karikaturen,
oder Programmmalereien vorzugsweise Ideen hätten 3). „Traut
denen nicht, sagt Diderot 4), die den Sack voll Geist haben
und ihn bei jedem Anlass ausstreuen. Sie haben den Dämon
nicht“. Rembrandt, Correggio, Tizian, Murillo sind geistreiche
Maler gewesen, nicht weil sie geistreiche Einfälle gehabt haben
und Literaten Stoff zu Deklamationen und Abhandlungen
gaben, sondern weil sie Geist in Blick und Fingern hatten. Geist
ist prägnanter und überraschender Ausdruck, von dem auch der
Meister gesteht, dass ihm das nicht eingefallen wäre, Geist haben
die, welche sehn was wir andern nicht sehn, die bei denen man
nicht vorhersagen kann, wie sie einen Stoff behandeln werden,
die also, wie Kant sagt, Dinge machen, die nicht auf Regeln
zurückzuführen sind. Geistlos langweilig pflegen Maler zu sein,
welchen die Sichtbarkeit bloss als Sprache Werth hat, zu
der sich die Idee, wenn auch noch so gefällig, herablässt. In
II. 18
[274]Siebentes Buch.
diesem Sinne ist Geist nicht, wie in jenem andern, dem Genie
entgegengesetzt.
Wenn diese Bilder oft unfertig oder improvisirt aussehn,
(wie die Comödie seines Zeitgenossen Calderon) 1), so würde man
sich doch sehr täuschen, wollte man sie für weniger durchdacht
halten, bevor sie rasch ausgeführt wurden, als andre vollendetere;
oder als sei das Gewollte mit diesen abgekürzten und zufälligen
Mitteln nicht bis in die letzten Accente verwirklicht. Grade aus
der Klarheit der Intention, der Deutlichkeit des inneren Schauens
fliesst ja die Sicherheit der Hand, die mittelst scheinbar regel-
loser Proceduren so rasch und endgültig sagt was sie meint 2).
Nur fade Phrasenhaftigkeit konnte behaupten, dass diese
Gemälde nur Skizzen seien, ja blosse Decorationsbilder (lienzos
de mera decoracion), und dass demzufolge Velazquez „der erste
Theatermaler seiner Zeit gewesen sei“ (!) „Sein Stil, sagt eine
vielgerühmte Autorität, war das höchste in Anmassung ver-
wegener Licenz eines selbstbewussten Künstlers, der seines
blinden, gedankenlosen Erfolgs gewiss war“ 3). So wird also hier
auf das was sonst als besondere, unnachahmliche Qualität des Mei-
sters galt, seine Herabsetzung begründet. Als ob Breite und
Berechnung auf Fernansicht ein Gemälde zur Decoration machte,
als ob das Merkmal der letzteren nicht in der Erfindung läge!
Skizze ist vorbereitende Malerei, sei es im Kleinen zur Fest-
haltung und Erprobung der Motive, sei es als Untermalung, als
vorläufige Anlage der Werthe und Lokalfarben. Aber einen
Franz Hals würde man mit nicht mehr Recht Skizze nennen,
wie einen Holbein etwa. Worauf es ankommt ist, dass er mit
so flüchtigen Strichen seinen Gestalten Leben und Charakter,
Haltung und Körper verliehen hat. „Wo ein andrer ange-
fangen zu haben glaubt, sagt Charles Blanc, da meint Velazquez
die letzte Hand angelegt zu haben; kaum hat er die Natur ge-
streift (effleuré), so greift er sie bereits, besitzt sie, stellt sie dar,
[275]Der dritte Stil.
und indem er sie darstellt, giebt er ihr zum zweitenmale das
Leben“.
Richtig aber ist, dass Niemand besser die seltene Kunst
verstanden hat, „die Skizze zu bewahren“. D. h. die erste,
maassgebende, belebende, in der Skizze fixirte Anschauung, am
Schluss der langwierigen, zerstückelnden Ausführung ohne Ver-
lust wieder zum Vorschein zu bringen. Was also dem Laien
das leichteste dünkt, ist in der That das schwerste, wie Lemoine
(nach Diderot) sagte, qu’il fallait trente années de métier pour
savoir conserver son esquisse.
Ebensowenig zutreffend ist Velazquez ein Virtuose ge-
nannt worden 1). Wenn nämlich Virtuosität Fertigkeit und Eleganz
der Ausübung hiesse, mit einem Beigeschmack von Prahlen mit
technischen, künstlerisch geringwerthigen Schwierigkeiten, und
deren Ausbeutung in Wiederholungen. Mit mehr Recht könnte
man diejenigen Maler Virtuosen nennen, welchen der Gegen-
stand nur Veranlassung zu sein scheint, ihre fertigen Dar-
stellungsmittel in mehr oder weniger neuen Variationen zu pro-
duciren. In diesem Sinn ist der Virtuose ein Widerpart des
wahren Künstlers. Velazquez war eine vornehme Natur. Selbst
seine technische Verfahrungsweise hat er nach den Gegenstän-
den verändert. Manche seiner am beifälligsten aufgenommenen
Vorwürfe hat er nur einmal behandelt. So wenig hat er vom
Aplomb des Virtuosen, dass es kaum ein Gemälde von ihm giebt,
in dem nicht pentimenti vorkommen; glatte Eleganz war ihm so
gleichgültig, dass er jene kaum zudeckt. Alles was Effekt heisst,
dem die habitués und Feinschmecker zuwiehern, hat er so völlig
verachtet, dass er zuweilen mehr abzustossen, als entgegen-
kommen zu wollen scheint.
Gewiss ist diese Manier nicht ohne Einfluss des südlän-
dischen, besonders des spanischen, langwieriger Arbeit abge-
neigten Temperaments entstanden, diesmal unterstützt von der
Leichtigkeit einer durch strenge Erziehung geschulten Hand:
„Oftmals zeichnet der Meister der Kunst mit wenigen Strichen“
u. s. w. 2). Seine Werthschätzung von Totaleindruck und Haltung
führte ihn auf gelegentliche Anwendung jener langstieligen Bor-
stenpinsel (Palomino), welche gestatten aus der Entfernung zu
malen, in der das Bild gesehn werden soll. Auch seine be-
[276]Siebentes Buch.
schränkte Zeit in spätern Jahren ist nicht zu vergessen. Aber
die tiefere Ursache und der künstlerische Werth der manera
golpeada liegt doch in optischen Beobachtungen. Bekannt ist,
dass ein Kreis von Erscheinungen besser und klarer auf der ge-
malten Fläche herauskommt, wenn man die Mischung der Striche
und Farben dem Auge, der Netzhaut überlässt. Brücke zeigt,
wie bei dem Grenzübergang zwischen dem Sehen der einzelnen
Linien und Punkte und dem Verschwimmen in einen völlig
gleichmässigen Ton, und der dadurch hervorgerufenen Ungewiss-
heit der Eindruck der Fläche gegen den des Reliefs zurücktritt
(Die Physiologie der Farben, 285). Eben darauf beruht der
eigenthümliche Schimmer und Glanz, welcher den Werken des
Meisters eigenthümlich ist und für unnachahmlich gilt 1). Von
besonderer Bedeutung ist diese Malführung bei Darstellungen in
diffusem Tageslicht, mit Gleichheit der Werthe. Die Erhaltung
des graphisch scharfen, mosaikartigen Nebeneinander, welches
sonst Skizze und Untermalung kennzeichnet, ist hier unentbehr-
lich. John Burnet weist nach, dass hier nichts übler angebracht
wäre, als jene verschmelzende Abtönung, wie sie z. B. durch ein
Lasurenbad erzielt wird. Kein Maler macht von solch harmoni-
sirendem Uebergehen so wenig Gebrauch als Velazquez. Eher
hat er verschmolzen modellirte Flächen nach der Hand mit ein-
zelnem, gleichsam schwebenden Strichen übersät, wie auch El
Greco that und Franz Hals, der diese letzten Pinselstriche sein
Malerzeichen nannte. Auch die Täuschung stereoskopischen
Sehens kann durch solche Mittel unterstützt werden. Man be-
merkt zuweilen eine Verdoppelung der Kontour, wo ein paralleler,
wie ausfahrender Strich neben dem Rand der Figur herläuft. Ja
bei gewissen beweglichen Theilen, z. B. Händen, nehmen sich
diese schwankenden Umrisse wie verschobene Nebenbilder aus.
Durch derartige Mittel erreicht er, dass sich die Gestalten zu-
weilen nicht nur ablösen, sondern zu bewegen, leicht zu drehen
scheinen.
Dies führt auf seine Technik, die von Vielen, auch Malern
für unergründlich erklärt worden ist 2). Die Schwierigkeit der
[277]Der dritte Stil.
Analyse wird gesteigert durch die Wechsel seines Verfahrens,
nicht bloss in der Folge sogenannter Perioden, sondern selbst
in Arbeiten derselben Zeit, ja in ganz gleichartigen Aufgaben,
wie den Reiterbildnissen.
Man kann sagen, dass alle grossen Maler, nicht nur Jan
van Eyck und die Italiener der goldenen Zeit, sondern auch die
kühnen niederländischen Koloristen des siebzehnten Jahrhunderts
eine sehr solide, der Veränderung und Zersetzung widerstehende
Technik gehabt haben. Die ersten die darin gefehlt haben,
die Carracci, waren auch in höhern Dingen, z. B. der Erfindung,
sekundäre Grössen. —
Alles führt darauf, dass Velazquez schon der Imprimirung
besondere Aufmerksamkeit zugewendet hat, indem er darauf hielt
dass sie von der Leinwand möglichst aufgesogen wurde. Wenn
Palomino sagt, je dünner die Imprimirung, jemehr das Gewebe
der Leinwand zu sehen ist, desto sichrer, fester und dauerhafter
ist das Gemälde (Museo II, 31), so scheint er hier auf Velaz-
quez’scher Ueberlieferung zu fussen; denn andere spanische Maler,
wie Murillo und Ribera liebten dicke Imprimirungen, letzterer
zum Schaden seiner Werke. Die Mehrzahl der Gemälde unsres
Meisters fallen auf durch die Dünne der Farbendecke. Die
Ungetrübtheit und Widerstandskraft der Farbe scheint in der
That damit zusammenzuhängen; das zeigen grade die bewun-
dertsten Stücke, wie der Prinz zu Pferde, die Meninas, die Ein-
siedler.
Eine zweite Ursache ihrer Dauerhaftigkeit liegt in der Ver-
meidung dunkler Untermalung (besonders mit Oker), welche so
oft beim Austrocknen der daraufgesetzten Farben widerwärtig
zu Tage tritt. Nur in den frühsten Bildern kommen zuweilen jene
breiten, stumpfen, rothbraunen Flächen vor, welche die Werke der
Bologneser entstellen. Später aber scheint er sich meist eines
weisslichen Grundes bedient zu haben, dem ja auch die alten Nie-
derländer ihre Leuchtkraft verdanken. Auf diesen hellen Grund hat
er die Umrisse, in kleinen Stücken wohl mit dem Stift (Skizze der
Meninas) 1), sonst mit dem Pinsel und brauner Farbe entworfen.
Die Schatten, der dunkle Hintergrund eines Bildnisses wurden
ebenfalls braun untertuscht. In einigen Gemälden, meist nicht
[278]Siebentes Buch.
ganz vollendeten, ist dieses warme durchsichtige Braun in der
schattigen Seite des Grunds, an der verkürzten Hälfte des Ge-
sichts ohne weitere Uebermalung stehn geblieben. Die eigent-
liche Untermalung (bosquejo) erfolgte dann mit hellen grauen,
gelben, braunen Mitteltönen, sehr dünn, sehr breit und mosaik-
artig; auch die Lokalfarben wurden in schwachem, schmutzigem
Ton oft mit einem Hauch angedeutet. Theile, die zum Hervor-
treten bestimmt waren, wurden sofort mit Weiss, Schwarz und
Lokalfarben accentuirt. Dann begann die Uebermalung (retocar,
acabar), indem die grossen Flächen der Carnation und Draperie,
sehr solide, absolut deckend und widerstandsfähig, verschmolzen
und ohne Rücksicht auf Nüancen des Lichts impastirt wurden.
Modellirende Halbtöne und Nebentinten wurden später einge-
tragen. Man sieht also, in dem allmählichen Aufbau der Farbe
schliesst auch Velazquez sich ganz an das herkömmliche Ver-
fahren.
Ueberall hier spielt das Weiss eine wichtige Rolle. Selten
kommt es rein vor, aber oft ist es Basis der Mischung. Darauf
beruht sein vielbewundertes feines Grau, auf dem auch ein
Hauch von Farbe klar und bestimmt wirkt; und sein Schwarz, das,
wie Charles Blanc sagt, nie schwer und matt, stets leicht und
durchsichtig ist. Diese mit Weiss gebrochnen Farben bringen
über den dunklern und gesättigtern und über der Braununter-
malung den kühlen Silberton hervor.
Zuletzt wurden stark körperliche Flecke darüber gesät, um
die höchsten Lichter, den Glanz hervorzubringen, nur äusserst
selten aber eine Lokalfarbe durch Lasiren betont, endlich der
Rundung durch braune Retouchen, Drucker und Randschatten
Relief gegeben.
Wie in der Grundirung ist auch in der Färbung Oekonomie
im quantitativen Stoffverbrauch die Regel. Er hat sich offenbar
bemüht, mit möglichst wenig Farben und Farbenmischungen
alle vorkommenden Nüancen zu bestreiten. Wahrscheinlich hat
er die Töne seiner Bilder bereits auf der Palette gehabt, be-
ziehungsweise gemischt, so dass er der Durcharbeitung auf
der Leinwand überhoben war. Sonst wäre auch eine so weit-
gehende Durchführung des unverschmolznen Stichs nicht möglich
gewesen.
Das ist der dritte Punkt, der seinen Werken Segen gebracht
hat. Seine Farben sind weder nachgedunkelt noch zersprungen
noch sonst anders geworden, wie gequälte Farben pflegen.
[279]Der dritte Stil.
Uebrigens war die manera golpeada bei Velazquez keines-
wegs eine unveränderlich gleiche Handschrift. Es ist immer ein
Mehr oder Weniger (poco più e poco meno) darin, der Stoffmalerei
gemäss, und hier und da verschwindet sie ganz. Diess unter-
scheidet seine Art von der Altersmanier Tizians und von Franz
Hals, bei denen die tokkirende Behandlung durch alle Arten der
Textur hindurchgeht. Er hat die grossen Flächen des Nackten
stets verschmolzen gemalt, ja kleinliche Theilung ist ihm so
zuwider, dass er oft die Trennung und Artikulation der Extremi-
täten nur andeutet. Ebenso hat er die Falten der Draperie selbst
in flüchtigen Bildern (z. B. dem Barbarossa) sorgsam modellirend
vollendet. Des skizzenhaften Strichs bedient er sich in allem
was glänzt und leuchtet — in Harnischen und Halsketten, in
Spitzenbesatz und Brokat, in Locken und Wolken. Ja die borrones
wirken erst recht durch den Kontrast mit jenen ebnen Flächen,
in welche sie als Einschlag geworfen sind.
Diess unvermischte Nebeneinander von Flächen und Punk-
ten, selbst bei ganz nahestehenden Tönen, erzeugt den Schein
des Hintereinander, gleich als sähe man durch das Bild hindurch,
obwohl die Farben nicht durchsichtig sind. Man denkt an die
gläsernen Uhren, mit welchen Goethe Shakespeare’s Charaktere
verglich. —
Diess Kommando über den Pinsel hat man wohl im Auge
gehabt, wenn man Velazquez den grössten Koloristen nannte 1).
Versteht man indess unter diesem Ausdruck einen Maler, der
das Hauptgewicht auf Kraft, Schönheit und Harmonie der Farbe
legt, m. a. W. einen Idealisten der Farbe, wie es Tizian, Paolo
und Rubens waren, so kann man ihn nicht wohl einen Koloristen
nennen. Oft wird freilich diese Qualifikation Malern gegeben,
die bloss keine Kontourzeichner waren und mit wenig gesättigten
Farben arbeiteten. Auch ein Tonmaler im strengen Sinne des
Worts ist er nicht gewesen, wenn er auch die Tonart immer
streng durchführte. Schon der Umstand, dass er fast nur mit
Deckfarben arbeitet, beweist dass die höchste Leuchtkraft der
Farbe für ihn keinen Reiz hatte, vielleicht ihm antipathisch war.
Velazquez hat allerdings ein sehr bestimmtes Farbengefühl
besessen. Gewisse Farbentöne und Farbenzusammenstellungen
gehen durch seine Werke von den frühsten bis zu den letzten.
[280]Siebentes Buch.
Diess Farbengefühl war ernst, fast düster, und insofern national-
spanisch, obwol die Schriftsteller im siebzehnten Jahrhundert ihren
Landsleuten eine Vorliebe für schöne Farben zuschreiben 1). Unter
seinen Lieblingstönen findet sich kaum eine heitre, reine Farbe.
Sie sind meist kalt und gebrochen. Die einzige warme Farbe,
die er zuweilen in gesättigter Brillanz angewandt hat und in
einem Bilde (des Pabstes) zur dominirenden gemacht, ist karmesin-
roth, das wenigstens den Charakter vornehmer Pracht hat. Roth
nimmt in seinen Bildnissen wohl die grössten Flächen ein, aber
fast immer in den ernsten Uebergängen nach blau hin, von küh-
len Rosa- bis zu tiefen Purpurtönen. Sein Kobaltblau hat in
Himmel, Fernen und Gewandstoffen einen Stich ins Grüne, reines
helles Blau kennt er kaum. Ebensowenig helles Grün: sein blatt-
grün hat einen staubigen Ton, wie die Blätter des Oelbaums.
Für Braun wählt er gern ein lichtschwaches Orange; dagegen
kommt jener leuchtende Ton, der in Rembrandts Schatten eine
so grosse Rolle spielt, kaum in kleinen Dosen vor.
Gewiss ist es ganz in seinem Sinn, wenn Palomino (II, 44)
sagt: „Die Farbe ist die rechtmässige und wahre, welche die
beabsichtigte Wirkung macht, und wenn sie aus Gassenstaub be-
stünde; wie der Hieb gut ist welcher sitzt, wie er auch geführt
sein mag.“
Nur in Werken der ersten Zeit hat er zuweilen reiche Far-
benzusammenstellungen, obwol sie wegen der dunklen Haltung
kaum zur Wirkung kommen, in einigen Beispielen nicht zum
Schaden des Bilds. In der Epiphanie trägt der vorderste König
über dem grünen Rock einen dunkelgelben Mantel; ein Farben-
paar das nur erträglich wird, wenn man es durch Hinzunahme des
Karmin bei dem Mohren dahinter zu einer Trias macht. Auch die
Verbindung von Orangebraun mit Dunkelcarmesin (Christus an der
Säule) ist ungefällig. Ja einmal hat er durch Violett, Blau und
Purpur aus einer himmlischen Scene eine wahre Trauerfeier ge-
macht. Obwol er die Venezianer so gründlich studirte, hat er ihre
Art, den warmen Ton der Haut durch das Weiss des Kragens
und die satten Farben der Umgebung zu betonen nicht nachge-
ahmt. Auf solche Beobachtungen gründet Charles Blanc das vor-
eilige Urtheil, dass er die Orchestrirung der Farbe nicht verstehe,
[281]Der dritte Stil.
eine Neigung zur Monochromie habe 1). Auch Wilkie nennt
die Farbe seinen schwachen Punkt 2). Treffender hat man gesagt,
er habe den Reiz eines Koloristen (und das sei sein seltenes
Verdienst) mit der äussersten Nüchternheit der Farbe vereinigt.
Das Richtige, dass der Schwerpunkt seiner Malerei anderswo
liegt, hat Mengs bestimmt ausgesprochen: „Wenn ihm Tizian
überlegen ist im Kolorit, sagt er, so hat er den Venezianer
übertroffen im Verständniss von Licht und Schatten und in der
Luftperspective“3). Raumverhältnisse und Haltung, Rundung und
Modellirung waren ihm unter allen Wechseln des Stils die Haupt-
sache. Deshalb stellt er die Farbe zurück, denn die Farbe
trennt, das Chiaroscuro vereinigt, und wer stets das räumliche
Ganze im Auge hat, muss letzteres zum herrschenden Darstel-
lungsmittel machen.
Ein Blick auf die Reihen der Bilder, die an uns vorüber-
gegangen sind, giebt für diesen Satz hinreichende Belege, — von
jenen ersten plastisch behandelten Figuren an, mit ihren scharfen
Umrissen, einseitigem Lichteinfall, leerem Grund. In der Folge hat
er die verschiedenartigsten Probleme der Beleuchtung versucht.
Schon von Mengs ist seine Meisterschaft in der Wiedergabe der
„Luft zwischen den Dingen“ bemerkt worden. Der berühmte Gas-
par de Jovellanos bezeichnet in seiner kurzen und treffenden Cha-
rakteristik als die zwei Grundpfeiler seiner Kunst: die Ertheilung
jenes eigenthümlich nationalen Wesens (aire), dessen Zauber
kein Auge und Herz widerstehn kann; und die Wirkungen des
Lichts in der Luft und der erleuchteten Luft an den Körpern und
in deren Zwischenräumen 4). In seinen letzten Meisterwerken be-
schäftigen ihn Lichtwirkungen in geschlossnem Raum. Aber die
Beleuchtungsart, welche ihm mehr als irgend etwas die Aufmerk-
samkeit und Achtung der modernen Maler verdient hat, die,
worin er keine Nebenbuhler hat, ist die Darstellung im allver-
breiteten reflektirten Tageslicht mit dem Gegensatz warmer und
[282]Siebentes Buch.
kalter Massen. Er hat mit Tizian die Modellirung in vollem
Licht gemein; aber sein Ton ist von dem der Venezianer sehr
verschieden; diese malten Antlitz und Nacktes in einem warmen
Mittelton mit Unterdrückung der grauen Reflextöne und weissen
Lichter. Der Spanier geht von der Beobachtung aus, dass die
kühlen grauen Tinten in der Haut überwiegen; sein Incarnat ist
wahrer, obwol es weniger zu den Sinnen spricht als das vene-
zianische, oder die feurigen Farben des Rubens mit ihren leuch-
tenden Reflexen; eher ist es Franz Hals verwandt. Die grossen
Reiterbildnisse, Breda, die Einsiedler, meist also Werke der
mittleren Zeit, sind die Hauptbeispiele der alten Zeit für jene
Malerei des diffusen Lichts, welche neuerdings mit Leidenschaft
und Erfolg aufs Tapet gebracht worden ist und, was nicht nöthig
war, nach der Sitte dieses Jahrhunderts der Nervosität, zu Partei-
sache und fanatischem Sektenbekenntniss gemacht worden ist.
Man kann sagen, sie sei von allen Arten der Beleuchtung die
schwierigste und ungefälligste — vom Gesichtspunkt der Schön-
farbigkeit und der Farbenharmonie, aber doch die natürlichste,
und schliesslich schlage sie alle übrigen.
Wenn ich nicht irre, waren es W. Burger und Charles Blanc,
die zuerst diess Malen mit Gleichheit der Werthe bei Velazquez
bemerkt haben. „Alles modellirt sich in freier Luft, hell hebt
sich ab auf hell, blonde Farben stehn auf silbrigem Himmel,
zwischen dem Braun in der Ecke des Vordergrunds und der
Ferne ist kein Unterschied der valeurs“. Er erhält die vollkom-
menste Modellirung und das Relief ohne Hülfe starker Schatten-
kontraste 1).
Wenn nun auch keiner der früheren Maler in diesem Punkt
ihm an die Seite gesetzt werden kann, so stand er doch auch
nicht ganz ausserhalb der Zeitströmung, wenigstens einer kurz
nach ihm eintretenden. Helle Haltung lag in der Richtung
des späteren siebzehnten Jahrhunderts. Nicht bloss bei den der
Farblosigkeit zuneigenden Tonmalern Hollands und seinen Vir-
tuosen des Sonnenlichts, oder später bei den französischen Malern
des Rococozeitalters. Auch in Italien war auf die Ueberspannung
[283]Der dritte Stil.
des Chiaroscuro bei den Naturalisten und Bolognesern eine
Rückbewegung zum Einfachwahren gefolgt, und das Ergebniss
würde noch erfreulicher gewesen sein, wenn dieser Umschwung
nicht in die Zeit der Schnellmalerei und des sinkenden Ernstes
gefallen wäre. Luca Giordano, Francesco de Mura, Tiepolo wird
man öfters auf diesen Wegen antreffen.
Eigentlich war ja das Neuste hier wieder eine Rückkehr
zum Aeltesten. Die italienischen Tempera- und Freskomaler des
fünfzehnten Jahrhunderts hat nicht bloss die Natur ihrer Farben
oft auf die natürlichste Art der Beleuchtung geführt (z. B. Pier
della Francesca); und die altflandrische und niederrheinische
Malerei würde ihr noch öfter nahe gekommen sein, wenn nicht
die Liebe zu schönen und leuchtenden Farben, wie die neue Tech-
nik sie ermöglichte, davon abgelenkt hätte, jene Beleuchtung auch
in der Farbenabtönung folgerichtig durchzuführen. Aber die Ita-
liener der grossen Zeit seit Leonardo haben sich unter dem Ein-
fluss der Oelmalerei den starken Gegensätzen zugewendet: diese
kamen dem Streben nach Vereinfachung des Vortrags, frappanten
Wirkungen, Sammlung des Interesses entgegen. —
Eine Technik wie die des Velazquez, welche auf der Fein-
heit und Schärfe malerischen Sehens beruht, sich den Gegen-
ständen wechselnd anpasst und mit einfachen Mitteln durch eine
vom optischen Gefühl geleitete Hand ihre Wirkungen erzielt,
ist nicht gemacht für Nachahmer. Dennoch sind Kenner oft
mit Schulbildern und Kopien getäuscht worden. Man sah zu
sehr auf das Aeussere, den Ton und Strich: aber das Un-
nachahmliche liegt nie im Aeusserlichen, sondern im Umfang und
der Tiefe des Wissens, Sehens und Könnens. Es giebt Merk-
male, die sich bei den echten Stücken immer finden und nie bei
den Schülern. Dazu gehört die Unveränderlichkeit der Farbe
und die damit zusammenhängende Klarheit des Auseinander-
gehens im Raum, ferner die Frische des Incarnats, die Zartheit
der durchsichtigen Haut und ihr feiner Schimmer, den Mengs
an dem Reiterkopf Philipp IV bewunderte (sembra rilucervi la
cute) und Waagen an den Bettelphilosophen, „wo jeder Versuch
mit Worten eine Vorstellung von dieser Wahrheit der Fleisch-
töne zu geben umsonst sei“. Getrost aberkennen kann man ihm
alle stumpfen, trüben Gesichter; alle noch so bravourmässigen
borrones, wo dieser flüchtige und skizzenhafte Schein nicht der
meisterhaften Festigkeit und Feinheit der Zeichnung und Modelli-
rung dient, und der Vollkommenheit des Verständnisses von Form
und Textur.
[284]Siebentes Buch.
So wenig es nun leicht und selbst rathsam ist Velazquez
nachzuahmen, so stark reizt er zur Nachahmung. Doch hat er
enthusiastische Jünger weniger zu seiner Zeit als viel später, in
unserm Jahrhundert gefunden. Seine Manier wirkt auf den
Mann von Metier aufregend; man nennt sie amusant. Sprezzatura
scheint Ueberlegenheit, sie schmeichelt der Eitelkeit; Leichtig-
keit und Prägnanz ist das Siegel der Meisterschaft, Unvollen-
dung giebt den Eindruck, dass man weniger gesagt hat als man
gekonnt hätte.
Aber wo hinter diesen (nicht immer) geistreichen Manipula-
tionen keine Werthe der Darstellung zu entdecken sind, da sind
sie eben ohne Werth. Mit chafarrinadas, manchado-malen,
colpeggiare, ist es nicht gethan. Man sollte nicht vergessen, dass
feurige Hand, flotte Mache, bravura di tocco, verve und brio
des Pinsels in keiner engern Beziehung zum Genie stehn als
Gründlichkeit und Phlegma der Vollendung. Denjenigen welche
hysterisch fiebernde und sprungweise Gedankenbildung für genial
halten, muss gesagt werden, dass ebensoviel Wahrheit der Satz
hat: genius is patience. Hat es nicht Zeiten gegeben, z. B. die
des Barockstils, wo Jedermann diese Furie, diese Bravour in
sich fand? Und auch heute noch begegnen uns unter ihren
Adepten sehr langsame und mechanische Talente, die keinen
Schritt thun können, den sie nicht andern abgelernt haben.
Sie ist eben Sache der Mode und Uebung. Waren Albrecht
Dürer und Jan van Eyck weniger Maler, als Tintoretto und
Franz Hals, weniger genial, weil sie malten wie Goldschmiede
ciseliren? Man braucht ja nur etwas Kohlensäure in die Flasche
zu pressen, und sie wird ebenso aufschäumen, mag der Wein in
der Champagne oder im Laboratorium gewachsen sein, im letz-
teren Fall folgt nur ein augenblickliches Prickeln und ein ver-
dorbener Magen.
Achtungswerthe, ja glänzende Namen giebt es in der neuesten
Malerei, in Frankreich, Spanien und Deutschland, die Velazquez mit
Glück studirt haben; sie sind meinen Lesern zu bekannt, als dass
ich sie hier zu nennen brauchte. Aber für Andere ist seine Ver-
ehrung verhängnissvoll gewesen. Ohne sein feines Auge, ohne
sein methodisches Wissen, ohne darüber im Klaren zu sein, was
er eigentlich gewollt hat, hielt man das was ihm bloss Mittel
war, für Kern und Geist seiner Malerei. Man glaubte, es sei
gethan mit brutaler Breite, wildem Pinselfuchteln, affektirtem
Nichtfertigmachen, immer natürlich im grössten Format und
[285]Die Königin Marianne.
nach den niederträchtigsten Modellen. Man glaubte das Anrecht
auf den Namen Künstler zu verscherzen, in Spanien insonderheit
einen Verrath am Nationalgeist zu begehn, wenn man zeichnete
und ausführte. Man berief sich auf das Sehen aus der Entfer-
nung, aber diese Sachen sind aus der Ferne noch unverständ-
licher als aus der Nähe.
Grässliches Gelichter:
Niemand will ein Schuster sein,
Jedermann ein Dichter. (Goethe.)’
Die Königin Marianne.
Nach dem Abschluss des erschöpfenden Kampfs mit den
Niederlanden glaubte der seit dem Jahre 1640 durch wieder-
holte Schicksalsschläge in Familie und Staat schwergeprüfte
König noch einmal bessere Tage hoffen zu können. Und in
seinem Hause ging ihm auch ein neues Leben auf. Er hatte in
diesem Jahrzehnt seine Königin, seinen Sohn, seinen Bruder Fer-
dinand und die Schwester Maria verloren; er stand einen Augen-
blick fast ganz einsam da. Nun sah er sich, auf der Schwelle des
Alters, wieder an der Seite einer jungen Königin, eines lieb-
lichen Töchterchens, und sogar Söhne wurden ihm bescheert, die
Hoffnung der grossen Monarchie.
Das Bild Mariannens von Oesterreich verfolgen wir fast ein
halbes Jahrhundert lang stetig im spanischen Ahnensaal; zuerst
als Neuvermählte, noch halb Kind, zuletzt im Witwenschleier;
in dieser Gestalt ist sie Velazquez’ Amtsnachfolgern Mazo, Car-
reño und Coello vererbt worden.
Maria Anna, geboren 1635, war die Tochter Kaiser Ferdi-
nand III und der Maria, der vielgeliebten Schwester Philipp IV,
die vor zwanzig Jahren nach Wien vermählt worden war.
Dieses Geschenk wurde nun, nach Calderons Worten, von
Deutschland an Spanien zurückerstattet.
Nach dem plötzlichen Tod ihres Verlobten, des Erben der
Krone, wurde der Monarch von den Cortes bestürmt sich wieder
zu vermählen; er entschloss sich rasch an die Stelle seines
Sohnes einzutreten. Es fehlte nicht an solchen, welche diese
Ehe für sehr unschicklich hielten und keinen guten Ausgang
[286]Sechstes Buch.
prophezeiten 1). Auch in Spanien wusste man, dass Ehen zwischen
so nahen Verwandten keine guten Aussichten haben 2).
Keine sechs Monde waren nach jenem Todesfall (9. Okto-
ber 1646) verflossen, als bereits die Kapitulationen in Pressburg
unterzeichnet wurden (2. April 1647). Die Vermählung durch
Stellvertretung fand im folgenden Jahr in Wien statt. In Trient
musste sie vom November 1648 bis zum Frühjahr warten, weil
der Oberhofmeister, der Herzog von Nájera y Maqueda, erst im
April mit ihrem Hofstaat in Mailand ankam. Der Graf von
Lumiares übergab ihr den Schmuck (joya); er bestand aus
22 Diamanten, deren grösster auf 25000 Escudos geschätzt wurde,
das Ganze auf 80000. Keine Reise einer spanischen Königin
war je mit soviel Hindernissen, sogar finanziellen verbunden ge-
wesen. Zwei und ein halbes Jahr waren seit der Verlobung ver-
flossen, als die nunmehr vierzehnjährige von ihrem dreissig Jahre
ältern Gemahl in Navalcarnero empfangen wurde, wo der Erz-
bischof von Toledo die Trauung vollzog:
Aber der Empfang in der Hauptstadt sollte ihr und der Welt
noch einmal zeigen, was dies alte Spanien war. „Der Hof, sagt
Basadonna, wollte beweisen, dass er noch Wunder thun könne,
jetzt wo Jedermann glaubte, dass man am Boden liege.“ Freilich
war es die Stadt die alles zu bezahlen und durch Steuern aufzu-
bringen hatte. Und dieser gute Wille, die noch immer stand-
haltende Liebe zum Königshaus erschien dem Venezianer als
der Wunder grösstes. „Die nationale Eitelkeit nicht zu ver-
gessen, die sich so gern am Schein satt isst.“
Die Ausschmückung der Stadt von Buen Retiro bis zum
Alcazar war wohl das beste was dort jemals in dieser Art ge-
leistet worden ist. Noch nie hatte Madrid eine so zahlreiche,
tüchtige Malergemeinde besessen. Das Theater von Buen Retiro
war ihre Schule im decorativen Fach gewesen. Sie wirkten im
Bunde mit den Bildhauern, Architekten und Dichtern, wie denn
Calderon, der die Feier in der Comödie Guárdate de la agua
mansa geschildert hat, die Ideen zu den Triumphbögen angab.
[287]Die Königin Marianne.
Dieser Einzug war ein über Wunden und Bettlerlumpen gewor-
fener Purpurmantel. Wenn die einzelnen Künste mit ihren reinen
Darstellungsformen vor der Hand zu Ende sind, so gelingen ihnen
durch solche Bündnisse und Anpassungen zuweilen noch neue,
oft die stärksten Wirkungen.
An einem klaren windstillen Novembertag (den 15.), bei
einer „Sonne von Krystall“, fand der Einzug statt. Der Weg
von San Ildefonso zum Escorial war erleuchtet, in den Portiken
des letztern glänzten 2300 Lampen. In Buen Retiro sass die
Königin auf. Voran zogen die deutschen, vlämischen und spa-
nischen Wachen, 350 Mann, in Sammtlivreen; dann die Herolde;
zweihundert Reiter; die Granden mit zahlreichen Pagen und
Staffieren. Ihr folgten die Damen, zwölf berittene, die übrigen
in Kutschen.
Die Strassen bis zum Schloss waren von den Dächern herab
mit Teppichen, Tapisserien, bemalten sargas und Gemälden be-
deckt, ein Augenzeuge vergleicht sie mit einem festlich ge-
schmückten Kirchenschiff. Von fünf Triumphbogen, strahlend von
Gold, stellten vier die Idee der spanischen Weltherrschaft dar,
ethnographische Statuen und Gemälde vergegenwärtigten die
Besitzungen in den vier Welttheilen; sie standen am Guadalajara-
thor, im Prado, in der Carrera de S. Gerónimo, an der Puerta
del Sol und auf Plaza S. Maria. Der Architekt war Sebastian
de Herrera Barnuevo, den der König dafür zum Maestro mayor
der Palastbauten ernannte. Jeder kostete 25000 Escudos. Der
florentinische Gesandte rühmt die Grösse und den edlen Stil;
der im Prado wird Alonso Cano zugeschrieben. Hier erhob sich
der Parnass, in natürlichem und künstlichem Blumenschmuck,
Herkules und das Flügelross mit der Hippokrene von Wein auf
seinen beiden Gipfeln, im Thal Apoll mit den Musen, und zu
deren Seiten die Statuen der grossen spanischen Dichter des
Alterthums: Seneca, Martial, Lucan; der Renaissance: Juan
de Mena, Garcilaso und Camoens; die jüngstverstorbenen endlich:
Quevedo, Góngora, Lope. An den Parnass schlossen sich die
elyseischen Felder, deren Abschluss der Bogen an der Carrera
d. S. Jerónimo bildete. Am Thor wurde die Königin von
den 52 Regidoren Madrids in goldbrokatnen Togen empfan-
gen, der Besamanos vollzogen und vom Corregidor die Stadt-
schlüssel überreicht. Der König stand auf einem Balkon
des Palasts Lerma. Sie setzte ihren Ritt nun unter dem Bal-
dachin fort.
[288]Siebentes Buch.
Zwanzig Bühnen waren an den Strassenmündungen errichtet
für Nationaltänze und Possen. Die Brunnen der Puerta del Sol
und des Stadthauses spielten. Vor San Felipe sah man in Nischen
die vergoldeten Statuen der Ahnen, von Carl V und Ferdinand I
an, nebst ihren Thaten in Malereien; auch die polychromirten und
bekleideten Statuen des Herrscherpaars fehlten nicht. Von dem
Platz S. Maria aus betrat sie die Kirche, empfangen von dem
Patriarchen beider Indien. Auf dem Palastplatz standen zwei Tri-
umphwagen mit der Statue des Mercur, der Hymen sein Amt abtrat,
umgeben von Fackelträgern und Musikanten. Diese nahmen sie in
die Mitte und brachten sie zum Thor, wo der König ihr entgegen-
trat. Clarendon fand ihn sehr kräftig und von Farbe, obwol
nicht ohne die Spuren seiner frühern Lebensführung. Beim
grossen Maskenrennen verdiente er sich noch einmal den lauten
Applaus der hierin kompetenten Zuschauer; er war noch immer
der erste Reiter seines Reichs. —
Der Gegenstand dieser Feste war eine kleine, kindische,
unwissende und eigensinnige Person. Das platte Gesichtchen,
in dem der Verstand noch schlummerte, zeigte keine schönen
Linien, das einzige was man behielt, war der Familienzug
um den Mund. Allein Dank ihren vierzehn Jahren bemerkte
man hauptsächlich die frische Farbe, die blonden Haare und die
klaren blauen Augen.
Die Camarera mayor hatten viel Arbeit, ihr das formlose
deutsche Wesen abzugewöhnen (il costume sincero d’ Allemagna):
für eine Königin von Spanien schicke es sich nicht über die
Spässe des Hofzwergs so laut zu lachen. Sie meinte, dann solle
man ihr diesen unwiderstehlichen Humoristen ganz wegnehmen;
sie hätte auch sagen können: Warum es sich dann für die Ma-
jestät schicke, vom Hanswurst unzertrennlich zu sein? Ihre Unter-
haltungen waren überhaupt nicht geistreich: beim Carneval von
1651 wurde eine Schaar Mäuse unter die Hofdamen losgelassen;
die Erfinderin dieses Scherzes wurde reich belohnt.
Philipp IV, der einst die liebenswürdige, kluge, charak-
tervolle, graziöse und sogar hübschere Isabella vernachläs-
sigt hatte, machte der in jeder Beziehung unbedeutendern Ma-
rianne mit der zärtlichen Beharrlichkeit des alternden Mannes
den Hof; er wurde sogar ein guter Ehemann, denn jetzt
musste alles an die Erlangung eines Thronerben gesetzt werden.
Dieser königlichen Verliebtheit verdanken wir ihre zahlreichen
Bildnisse.
[289]Die Königin Marianne.
Die Ungeduld des Königs konnte die Rückkehr des Hof-
malers nicht erwarten, und so trat der Schwiegersohn für ihn
ein. Juan Bautista del Mazo nahm sich zusammen, und das
sehr ähnliche Bildniss machte sein Glück, man wurde auf ihn
aufmerksam. Palomino, der es bei einem Fronleichnamsfest
am Guadalajarathor ausgestellt sah, nennt es ein Wunder des
Pinsels (III, 372).
Die drei Bildnisse im Madrider Museum sind nicht aus
dieser ersten Zeit, es scheint, man hat die welche Velazquez
gleich nach seiner Ankunft malte, nach Wien geschickt. Das
Kind hatte sich seit der
Abfahrt aus der Hofburg
auf der langen Reise gün-
stig entwickelt, vor allem
wollte sie sich nun dort
in der erstaunlichen Mode
ihres jetzigen Hofs prä-
sentiren.
Das schönste und
ansprechendste Bildniss
von ihr ist neuerdings in
Wien zum Vorschein ge-
kommen 1), es stimmt mit
dem seit 1824 im Bel-
vedere befindlichen fast
ganz überein. Der Glanz
der blauen Augen ist ent-
zückend. Diess andere
Exemplar (Nr. 617) hat
einiges störende. Die
Die Königin Marianne.
Augen sind trüber, die Modellirung in sehr hellen Fleischtönen
weniger rein und sicher. — Wie doch ein von Grazien und Musen
wenig begünstigtes Wesen durch Jugend und Gesundheit dem
II. 19
[290]Siebentes Buch.
Auge Freude macht! Sie scheint zu strahlen in der ersten
Wonne jener Feste, die ihr zu Ehren ohne Unterbrechung sich
folgten.
Die erste Empfindung vor diesen Bildnissen ist wol das
Erstaunen über Haarputz und Anzug. In der zweiten Hälfte
der vierziger war eine neue Damenmode in Aufnahme gekommen.
Das bisher noch wirksame Motiv der Erhöhung wurde gänzlich
verdrängt von dem der Breite. Die Horizontallinie wurde mit
einer Consequenz durchgeführt, welche den guten Geschmack
mit nie gesehener Kühnheit herausforderte. Hier ist es der Mühe
werth einen Augenblick zu verweilen, um von dem Märtyrthum
eine Vorstellung zu geben, das einem spanischen Damenmaler
dieser Zeit beschieden war.
Der hohe Schopf und die traubenförmigen in die Wangen
vorgedrängten Seitenlocken verschwanden; aber wenn schon bei
diesen gelegentlich die Perrücke eintreten musste, so war jetzt
an eine Herstellung des Gebäudes bloss durch das natürliche Haar
nicht mehr zu denken. Die künstlichen Haare, von Seide oder
Wolle (cabellos postizos, monos) sind glatt herabgestrichen, und
zu beiden Seiten in fünf bis sechs senkrechten, symmetrisch an-
einandergereihten Locken tressirt, mit erschütternder Regel-
mässigkeit durch Bänder, Rosen, Juwelen geschmückt und in
der Höhe des Kinns horizontal abgeschnitten. Eine Reihe von
Edelsteingehängen nahm sich wie eine Versechsfachung der Ohr-
ringe aus. Hinten legten sich als Abschluss noch grosse Straus-
senfedern über diese mit einem geöffneten Altarschrein vergleich-
bare Haarzier. Unter der blonden Perrücke sehen die An-
fänge des natürlichen Haares hervor, z. B. die breite Querlocke
der Stirn. Wenn das Kleid ausgeschnitten ist, läuft dessen
Saum ebenfalls waagerecht um Brust und Schulter, wie die
Linie der Wasserfläche bei einer Badenden; ebenso die Hals-
ketten.
Das schmale gradlinige Leibchen setzt mit seiner keilförmi-
gen Schneppe in den ungeheuren Reifrock ein, der immer mehr
von der Kegel- in die Walzenform überging. Auf die gänz-
liche Unterdrückung der natürlichen Rundung folgte hier eine
erstaunliche Anschwellung. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts
gebrauchten die Damen einen Reif am untern Ende der Kleider.
Jetzt wurden noch zwei bis vier Reifen von Spartgras, später Mes-
singdraht, mit Leinwand überzogen, an den obern Theil gelegt. Der
Rock ging nun aus der Gestalt einer Glocke in die eines Kleider-
[291]Die Königin Marianne.
trockners (asciugapanni) an. Man nannte diese Reifröcke guar-
dainfantes, die Damen behaupteten, sie sähen interessant und
kokett darin aus (curiose e galanti); diese Röcke seien luftig
und bequem, da die Unterkleider weit und fliegend gemacht
werden könnten. Der guardainfante gewinnt also gleich unter
der Taille seine volle Breite, gleich als stände die Figur in einer
Tonne; nur war er nicht rund, sondern vorn abgeplattet. Er
stieg und sank beim Gehen; die Hände ruhten darauf wie auf
einer Logenbrüstung, und wie hier Zettel und Handschuhe, so
hängte man darauf Uhren, Spiegel, Porträts. Eine solche Dame
füllte die Seite eines Wagens ganz aus. Sie hatte Mühe durch
die Hausthür zu kommen, und die Komödianten verlangten
doppelte Eintrittspreise. Demgemäss nahmen auch die andern
Toilettenstücke einen imposanten Umfang an: Das Taschentuch
sah aus wie ein Tafeltuch, der Spitzenkragen von Tüll ging fast
bis über die Mitte der Brust, die Halskette, selbst die Gold-
fassung der Juwelen wird dick und schwer. Die Füsse blieben
natürlich ganz unsichtbar 1).
Was noch von der Arbeit des Schöpfers der Eva übrig
blieb wurde mit schreienden Farben bemalt, nicht blos das Ge-
sicht bis auf Augenlieder und Ohrläppchen, auch Schultern und
Hände. Aber es war mehr Maske als Zier.
Den Fremden (wie den Damen vom Hofe Ludwig XIV)
erschien diese Mode lächerlich, ja empörend, und bei sonst
sympathischen Personen wehethuend. Als sie zum erstenmale
in Rom auftauchte, bei der Ankunft des Vicekönigs von Neapel,
Duca de Arcos, erregte sie Anstoss und Spott 2).
Es wäre verlorene Mühe gewesen, eine solche Gestalt durch
gefällige Anmuth veredeln, diess barbarische Kostüm malerisch
gestalten zu wollen. Velazquez blieb auch hier dem spani-
schen Geschmack treu, der nichts vertuscht und vor keinen
Schrecken der Wirklichkeit zurückbebt. Dafür wirkte er durch
[292]Siebentes Buch.
den Reiz einer schattenlosen, silberschimmernden, überaus geist-
reichen Behandlung. Zur hellen Hautfarbe, noch erhöht durch
künstliche Mittel, passt die weisse Seide, die Brillanten und
Perlen, die jene noch zu überstrahlen scheint; das blonde Weiss
und Roth der Wangen, mit lila Halbtönen, klingt wieder in den
Rosen und Diamanten der Haare, und alles gewinnt noch durch
den Kontrast des dunkelgrünen Vorhangs. Weiss und schwarz
(in den Spitzen), Goldglanz, Zinnober stehen da nebeneinander
in fast schrillen borrones, ohne dass ein Ton sich mildernd,
ausgleichend darüber legte, oder ein Schatten Ruhe gewährte.
Wie ins Kerzenmeer eines Festsaals eingetauchte Gestalten das
Auge blenden, sollten so hier durch das in reinster Kraft wirkende
Licht- und Farbenspiel die Sinne berückt werden, ehe der Ge-
schmack zu einem Urtheil sich sammelte 1)?
Unter Leitung ihrer Camarera mayor fand sich die Wienerin
bald in ihre Rolle. Der Zwang spanischer Etikette drückte nun
ihrem Gesicht jenen stolz-gelangweilten Zug spanischer Majestät
auf, nur gesellte sich bei ihr noch eine mürrische Verziehung des
Mundes hinzu, die ihren Charakter verrieth: man nannte sie
schon die „eigensinnige und starrköpfige Deutsche“ (ostinata e
pertinace Allemana). Die Miene verdriesslicher Blasirtheit macht
alt; in den beiden Bildnissen, wo sie dem König gegenüber
steht, fällt der Unterschied der dreissig Jahre nicht mehr auf.
[293]Die Königin Marianne.
Auch die Farbenzusammenstellung der Bilder wird ernster,
dunkler.
So sieht man sie in den drei grossen Gemälden des Museums
des Prado, welche den letzten Jahren des Meisters angehören
müssen; sie zählte fünfundzwanzig Jahre, als er starb. Diess
sind wohl die reizlosesten Bilder die er hat malen müssen.
Das beste scheint ein Einzelbild (1078), in ganzer Figur; es
ist bis auf die Nebensachen (z. B. die Umrisse des Taschentuchs)
genau wiederholt in dem Gegenstück zu ihrem Gemahl in Rü-
stung (1079). Sie trägt ein schwarzes Kleid, mit breiten silber-
gestickten Borten an Leibchen, Schooss und unterm Rand.
Rosa Vorhang, Sessel, Tisch (mit vergoldeter Standuhr) auf grün-
lich grauem Grund, sind durch bräunliche Halbtöne gedämpft.
Einen Unterschied des Pinsels kann man nicht entdecken; nur
sind in Nr. 1078 die Hände weicher modellirt und die Harmonie
um eine Idee besser. Dieselbe Aufnahme liegt der Halbfigur zu
Grunde, welche in Manchester war, und aus der Sammlung Hugh
Baillie an Hercules B. Brabazon kam. In dem Bild des Prado
(1082), wo sie dem König gegenüber vor einem breiten Betpult
kniet, scheint sie älter, die Augen wie leidend. Diese Gestalt
steht auf tiefrothem Grund, den ein schwerer Vorhang um-
rahmt. Er ist von demselben Stoff wie die weit sich ausbreitende
Decke des reclinatorio: orange- und perlfarbiger Silberbrokat
mit orientalischen Mustern. Die das Brevier fassenden Hände
sind etwas unglücklich gekrümmt. — Das letztere Paar ist
für den Escorial gemalt worden.
Neuerdings ist ein merkwürdiges Bildniss in Wien (Nr. 618)
zum Vorschein gekommen. Es muss nicht lange vor dem Tod
des Königs gemalt sein und nach dem Tode des Velazquez, von
dessen Auffassung und Farbengefühl es ganz abweicht, aber
diessmal nicht zu seinem Nachtheil. Aus dem Gesicht ist die
Schminke, aus den Haaren die brennendrothe Bänderzier ver-
schwunden; der feine schwarze Spitzenbesatz der Säume macht
sich gut auf dem hellrothen gesteppten Kleid, das wieder zur
Glockenform zurückgekehrt ist. Das warme, bernsteinartige Re-
flexlicht, hier im Einklang mit den Formen der vollen, noch an-
ziehenden Gestalt, stimmt vortrefflich zu dem dämmerigen gold-
brochirten rothen Vorhang dahinter. Ueber den Augen liegt ein
zarter Goldton wie ein Schleier, und dazu stimmt ein Zug
von Melancholie. Sie trägt einen überaus reichen Perlenschmuck,
zwei Hauptexemplare über den Schläfen und an der Brust,
[294]Siebentes Buch.
die letztern als Mittelpunkt von sechs Perlenrosetten. Zur Linken
dringen durch die Thür Licht und Luft eines Parks, man sieht
Treppenbaluster, eine rothe Wand mit Nische und Büste, Pap-
peln. An den Sessel ist ein Kapuzineräffchen gebunden. —
Als Philipp IV starb, war sein einziges Söhnchen kaum vier
Jahre alt. So fiel der unberufensten aller spanischen Königinnen
die Regentschaft zu, und ihr Name verwebte sich mit den Tagen
tiefster Erniedrigung des Staats, dem sie auch noch etwas vom
Regiment des Unterrocks und der Kutte zu kosten gegeben
hat. Und da sie auch nach vorübergehender Beseitigung bald
wieder als einflussreiche Königin Mutter auftauchte, so fehlt es
nicht an zahlreichen Bildnissen in der ernsten klösterlichen Tracht
der königlichen Witwen. Diese Bildnisse vergegenwärtigen uns
auch das Innere des untergegangnen alten Schlosses, mit seinen
halbdunklen Zimmern, dem Lichteinfall durch Nebenräume und
Korridore, den hohen Spiegeln in schweren adlerumspannten
Goldrahmen, den dichtgehängten Oelgemälden in schwarzen Eben-
holzrahmen, den Marmortischen mit den vergoldeten Bronzelöwen,
die noch immer die Tatze auf die Erdkugel legen und den an-
tiken Statuen, — also die von Velazquez herrührende Ausstattung.
Marianne ist fast immer sitzend dargestellt, im Lehnsessel,
in schwarz und weiss wie eine Aebtissin. So in dem Gemälde
Juan Bautista del Mazo’s in Castle Howard, als dreiunddreissig-
jährige Regentin. Der aufgeblähte Kleidertand ist gefallen,
die Juwelen und Perlen im Schrein geborgen, die künstlichen
„Nelken“ abgewaschen, das blonde Haar und der feine Hals
unter dem enganschliessenden Witwenkopftuch und schweren
schwarzen Schleier für immer begraben. Auch aus der Um-
gebung sind die Farben entwichen; ein trübes Gelb und Braun
bestreitet alle Kosten dieses monoton gemalten Bildes, die Blu-
men des gelben Vorhangs sind schwarz. Sie hält einen Brief,
auf welchen man den Namen Juan Bapta. de Mazo (nicht Maino)
und das Jahr 1668 liest. Aber was will da der tanzende Faun
der Tribuna, dessen grinsender Kopf hinter dem Vorhang ver-
borgen ist?! Links öffnet sich ein helles Zimmer, darin eine
Gruppe, ähnlich den Meninas. Derjenige, für welchen sie zur
Zeit das Steuer der Monarchie hält, steht hier umgeben von
Zwergen und Nonnen, deren eine ihn am Gängelband hält. Eine
Dame überreicht ihm das rothe Schälchen (bucaro).
Auf Mazo folgte Carreño. Von ihm ist das Bildniss in
der Galerie Harrach zu Wien, ein Geschenk an den kaiser-
[295]Die Königin Marianne.
lichen Gesandten Ferdinand Bonaventura von Harrach bei
seiner Abreise von Madrid im Jahre 1677. Die Augen sind
trist, der Mund wie zum Weinen verzogen. Der Physiog-
nomiker würde darin ein Bild trüber, jede Freude und Sympathie
abweisender Entsagung finden; die Chronik zeigt uns diese
Devote als eine böse, ungeschickte Frau, in welcher die welt-
lichen Lüste keineswegs erloschen waren. Der einzige Luxus-
gegenstand ist die grosse goldne Pendeluhr mit der schlanken
Treppenpyramide: Tyrann und Symbol ihres Daseins. Der Inhalt
ihres Lebens ist ja nur die Form der Zeiteintheilung, ein Nichts
zwischen ihren Zahlen: Wiederholung von Förmlichkeiten,
die längst begrabene Menschen festgesetzt haben. Härter, kälter
ist das Madrider Exemplar, wo sie vor einem Sekretär sitzt, die
rechte auf einem Schriftstück. Der Blick ist sinnend. Auch die
ehemalige Nationalgalerie im Fomento besass ein solches Porträt,
mit dem Ausdruck sanfter Schwermuth.
So sieht man sie in der Beschreibung der Madame d’Aulnoy,
während ihrer Verbannung zu Toledo, im Fenster des für sie
eilig in Stand gesetzten Alcazar, an den Balkon gelehnt; bleich
und zart, mit sanftem Blick, eine kleine magere Hand zum
Handkuss reichend. Dort blickt man von dem hochragenden
Schloss Carl V hinunter nach der grünlichen Flutenschlange des
Tajo, der sich zwischen steilen, zerrissenen und wüsten Granit-
felsen und Geröll hindurchwindet; einst umduftet von blühenden
Gärten, umsummt vom Schwirren der Seidenwebstühle, jetzt
Klagemelodien rauschend über den Verfall. Als sie hörte, dass
die Damen von Madrid kamen, da erinnerte sie sich eines Bild-
nisses im Zimmer des Hochseligen, das ihm einst von Wien ge-
sandt war, das Werk eines Hofkünstlers. Sie könnte, sagte
sie, den Augenblick bis heute nicht vergessen, als beim Eintritt
in das Gemach ihre Augen auf diess Gemälde fielen, das sie
sein sollte: „ich versuchte umsonst es zu glauben, es wollte mir
nicht gelingen.“ So blüht auch in der Wüste des leersten, ent-
täuschten Daseins noch die Blume der Eitelkeit.
Endlich hat auch der letzte Maler der alten Zeit, Claudio
Coello, noch seine Kunst an der Königin-Witwe versucht. We-
nigstens scheint mir das Bild der Münchener Pinakothek (Nr. 1302)
besser für ihn als für Carreño zu passen, dem es seit einem Be-
such des D. Francisco de Asis, Gemahl Isabella II, zugeschrieben
wird. Der Kopf ist der abstossendste, das Gemälde das interes-
santeste von allen. Die Fürstin wird man in dieser alten Dame
[296]Siebentes Buch.
mit dem Brevier und den auf den Lehnen ruhenden Armen
schwerlich verkennen; aber in den gedunsenen Zügen, dem zahn-
losen Mund, dem brutalen Kinn, dem lauernden Seitenblick liegt
ein Zug greisenhafter Ruhelosigkeit und Tücke. Es ist ein Bild
der Oede und Schädlichkeit eines nur noch vom Lebensreiz
quälender und übelwollender Leidenschaften angeregten, von der
Migräne (jaqueca) gemarterten Daseins. Ihre Gedanken weilen
wahrscheinlich bei den Kabalen, die sich um das fatale Testa-
ment spannen. Die Umgebung athmet ernste Pracht. Zur Lin-
ken öffnet sich ein von gedämpftem Licht erfüllter Raum, vor
dem eine hohe vom Adler getragene Pendeluhr ragt, ähnlich
einer Monstranz. Die Goldstickereien und Franzen am blauen
Vorhang, der weisse Teppich mit den gelben und braunen Schnör-
keln, das Tischtuch mit den grünlichen Goldblumen, das alles ist
aufs feinste gestimmt, wie in Metallstaub schwebend, der gleich
Weihrauchbrodem die scheinheilige, ins Gewand der Entsagung
gehüllte Hexe umspielt.
Maria Theresia.
Nach dem Tode des Prinzen Balthasar (1646) war Philipp IV
als einziges Kind noch eine Tochter geblieben, Maria Theresia,
geboren am 20. September 1638. Sie war nun die Erbin des
spanischen Throns, und es wurden Vorbereitungen für die
Huldigungsfeier getroffen. Bei der Wiedervermählung ihres
Vaters mit der nur drei Jahre ältern Marianne zählte sie elf
Jahre. Zwölf Jahre lang lebten die beiden jungen Damen, Enke-
linnen Ferdinand II und Heinrich IV, an demselben Hof; man
sah sie oft, bei Festen, bei Audienzen nebeneinander, und die
Infantin verdunkelte ihre Stiefmutter durch Anmuth und Ver-
stand. Bei einer Feier des Geburtstags der künftigen Königin
im December 1647 führte sie den Reigen der Damen, „mit so-
viel Lebhaftigkeit und Grazie“, dass sie sich aller Herzen er-
oberte. „Der König war mit zärtlicher Aufmerksamkeit Zu-
schauer des Festes, das ihm seine einzige Tochter gab“ 1). Sie
hatte sich so gewöhnt die erste Rolle zu spielen, dass sie die
Geburt eines Bruders fürchtete. Bei der kleinen Margarethe
[297]Maria Theresia.
vertrat sie Pathenstelle; der modenesische Gesandte sah sie
bei der Taufe, sie war noch sehr klein, aber regelmässig gebaut,
und von den edelsten Lineamenten 1). „Ich glaube nicht, sagt er,
dass die Christenheit heute eine anmuthigere und schönere Prin-
zessin besitzt.“ Als sie zur Kapelle ging, glitt ihr beim Aus-
ziehen des Handschuhs ein kostbarer Ring vom Finger; einer
armen Frau, die ihn ihr zurückgab, sagte sie: „Behaltet ihn,
Gott hat ihn Euch
geschickt“.
Ihre Verbindung
mit dem jungen Lud-
wig XIV war eine
Idee Mazarin’s, der
den Bourbonen die
spanische Erbfolge
verschaffen wollte.
Schon im Todesjahre
des Prinzen hatte er
dem Gesandten für
Münster diesen Plan
eröffnet. Aber die
Politiker hielten das
nur für ein Manöver
zur Durchkreuzung
der Wiener Projek-
te. Kein spanischer
Staatsrath könne
diese Heirath ernst-
lich in Erwägung
ziehen, solange der
männliche Erbe fehle.
Aber lange bevor
das Project ins ernst-
Maria Theresia.
hafte Stadium getreten war, hatte die Infantin selbst sich ihrem
Vetter in Paris bestimmt. Hier sprach ihr französisches Blut. Lud-
wig war auch in demselben Jahre wie sie geboren, nur fünfzehn
Tage älter. Als im Jahre 1653 der kaiserliche Gesandte für den Kö-
nig der Römer warb, und ihre Bildnisse nach Flandern und Deutsch-
land geschickt wurden, erhielt (im August) der venezianische Ge-
[298]Siebentes Buch.
sandte in Madrid, Giacomo Quirini, einen ebendahin lautenden
Auftrag seines Kollegen Sagredo in Paris (s. Anhang). Brienne
hatte es für ihre Tante, die Königin Anna verlangt. „Ich habe,
schreibt Quirini, Don Luigi (Haro) überredet es mir zu schenken;
nach viel Hin- und Herreden sagte er, er könne diese Gunst
einem Gesandten der Republik nicht abschlagen; er wolle nicht
wissen, wer es von mir erbeten habe. Das Gemälde wird von
Velasco, dem Maler des Königs, angefertigt werden, und mit
der üblichen Zahlung von fünfzig Realen nach Paris geschickt
werden.“ Der Kourier nach Flandern überbrachte es. Quirini
ist aber überzeugt, das Gemälde werde nur zum Schmuck einer
Galerie oder eines Zimmers dienen; es würde Schwachheit sein
sich einzubilden, dass die Erbin der Monarchie sich in einem
andern Lande als in Spanien vermählen werde. Freilich, setzt
er später hinzu, „das Original würde wol gern statt des Bild-
nisses nach Frankreich wandern“. Das Original suchte sich Vor-
wände zu Spaziergängen im Palast, um an einem Bildniss des
jungen Louis vorbeizukommen, „der mit ritterlichem Anstand und
in Soldatentracht ohne Kampf siegt; und ich besorge, er hat
das Herz dieser schönsten Prinzessin bereits besiegt“ (16. Oktober
1655). Nach der Verlobung setzte sie diese Besuche offener
fort, und sich vor dem Bilde verbeugend sagte sie zu ihren
Damen: „Das ist der Gruss an meinen Bräutigam“.
Im März 1654 kam ein neuer Auftrag Sagredo’s, Quirini
sollte in besondrer Audienz von dem Könige fünfzehn Bildnisse
aus dem Hause Oesterreich erbitten; das Maass wurde geschickt;
im Oktober folgt noch eine Nachschrift wegen vier anderer.
Der König nahm es als Zeichen dort noch lebendigen Familien-
sinns. Die Königin Anna hatte sich ihrer Familie ganz ent-
fremdet; beim Tode Balthasars hatte sie kaum ihre Freude ver-
bergen können, dass zwischen ihr und dem Thron Spaniens nun
bloss noch die Nichte stand. Bei dem Tod der Kaiserin Maria
hatte Philipp gerufen: Sie war meine einzige Schwester. Jetzt
sagte er: „Sehr befriedigt bin ich durch das was Ihr mir von
meiner Schwester mittheilt; es freut mich, dass sie dessen was
bei uns vorgeht noch gedenkt: so könnt Ihr denn nach Frank-
reich schreiben, dass ich befohlen habe, die Bildnisse sofort in
Angriff zu nehmen.“
Diess alles geschah noch während des Kriegs. Im Septem-
ber erbittet sich der König ein Gegengeschenk. „Ich glaube,
sagte er bei einer Audienz nach den Exequien des römischen
[299]Maria Theresie.
Königs in der Palastkapelle, dass meine Schwester die Höflich-
keit der Bildnisse erwidern wird, die durch Eure Hand nach
Paris gesandt wurden; denn auch ich wünsche diejenigen des
königlichen Hauses, und zu dem Zweck werde ich Euch das Ver-
zeichniss und die Maasse geben, auf dass Ihr sie mir verschafft“.
Im Oktober 1655 überreichte der Gesandte bereits diese zehn
Bildnisse dem hocherfreuten Monarchen. „Es habe ihm sehr
wolgethan (consolato), Schwester und Neffen zu sehn; denn wenn
auch jetzt diese Wirren und Bitterkeiten des Kriegs sich ab-
spielen, so muss man doch stets gedenken, dass wir Geschwister
sind.“
Was ist aus diesen Gemälden geworden? Bildnisse Maria The-
resiens kommen sehr häufig vor, aber sie sind fast alle aus ihrer
französischen Zeit; auch in Madrid ist keins mehr aus ihren spa-
nischen Jugendjahren, obwohl noch die Inventare des vorigen
Jahrhunderts mehrere aufführen; z. B. ein „Original des Velaz-
quez“ in Buen Retiro 1); sie scheinen ins Ausland gekommen zu
sein, eine Spur weist nach Parma 2).
Das Museum des Prado besitzt allerdings das Bildniss einer
Infantin, welches für Maria Theresia ausgegeben wird (Nr. 1084).
Es ist ein Kind von etwa zwölf Jahren, in der Mode um 1660
und im letzten Stil des Malers, stellt aber ihre Stiefschwester
Margaretha vor, wie später gezeigt werden wird.
Dagegen war ein echtes Jugendporträt in der Sammlung
Morny, es kam später in den Besitz von Mrs. Lyne Stephens; man
sah es 1874 bei der Ausstellung im Palais Bourbon (1,49 × 1,02).
Dasselbe war ganz im Stil der vierziger Jahre. Auf leerer dunkel-
grauer Fläche, ohne Bezeichnung der Grenze von Fussboden und
Wand, ist ein rothbrauner Vorhang durchgezogen, der für die
in schwarze Seide gekleidete Infantin den Grund abgiebt. Sie
steht neben dem Profil eines hohen Sessels, auf dessen mit Gold-
franzen besetztem Kissen ein sehr vornehmer Bologneser mit
der seinem Stamm eignen Impertinenz sichs bequem gemacht
hat; er gestattet der Freundin indess sein langes zottiges
Ohr zwischen zwei Finger zu nehmen. Ihr Kleid ist mit silber-
gestickten, schachbrettartigen Borten an Leibchen und Rand
[300]Siebentes Buch.
besetzt; breiter fallender Spitzenkragen; kreuzweise rothe Busen-
schleife mit der üblichen Riesenperle. Nach den ausgeprägten
und klugen Zügen ist sie älter, als man nach der kleinen Statur
annehmen würde.
Unverkennbar ist die Aehnlichkeit mit ihrer Mutter Isabella
von Bourbon, bis auf den Zug der unten etwas aufgetrie-
benen Wange. Sie hat auch deren Haarputz. Das starke
runde Kinn, der kleine aber energisch modellirte Mund, der
Blick sprechen von Charakter. — Obwol Maria Theresia später,
schon durch die ungleich gefälligere französische Tracht und
Frisur sehr verschieden aussieht, so ist doch dies Kindergesicht
auch in Mignards Gemälden noch wiedererkennbar.
Das Bild stimmt auch mit den Beschreibungen, die Mad.
de Motteville und ihr Bruder während der Begegnung in Madrid
(1659) und am Fuss der Pyrenäen (1660) entworfen haben. „Ihre
Stirn war gross und das silberblonde Haar frei lassend, die nicht
grossen blauen Augen bezauberten durch Glanz und Sanftmuth;
die Wange war nach unten etwas dick; der Teint von glänzender
Weisse; der Mund schön und roth“. Man würde sie nach dem
Morny’schen Bild kaum schön nennen; aber die Französin fand,
dass sie weit hübscher sei als alle Porträts, die man nach Frank-
reich geschickt hatte.
Erst im Jahre 1659, als Marianne von Oesterreich inzwischen
Spanien zwei Prinzen geschenkt hatte, hat Mazarin die Verwirk-
lichung seines vierzehn Jahre lang verfolgten Projekts erlebt,
Dank dem Geschick des spanischen Gesandten Antonio Pimentel.
Die feierliche Brautwerbung wurde dem Marschall von Gram-
mont aufgetragen. Sein ritterlich glänzender Einzug in Madrid
am 16. Oktober, wo er, „als Courier eines jungen, galanten, ver-
liebten Königs“, den Weg vom Alcaláthor bis zum Alcazar mit
seinem grossen Gefolge im Galopp zurücklegte, war in hohem
Grad nach dem Geschmack der Spanier. Philipp IV empfing
ihn im „Spiegelsaal“, stehend vor einem Thron „von unschätz-
barem Werth“; der Saal war für die Ceremonie von Velazquez
in Stand gesetzt worden. Dem Franzosen fiel das gewaltige
Reiterbild Carl V von Tizian auf, das über dem Thron hing,
„so natürlich, schreibt der Sohn des Marschalls, dass man glaubte,
Mann und Pferd lebten“.
Philipp befahl Velazquez, dem Gesandten und seinen Söh-
nen den Palast zu zeigen, was am 20. Oktober geschah (Palo-
mino III, 348); auch die Paläste des Admirals von Castilien, des
[301]Maria Theresia.
Ministers Haro, des Medina de las Torres, Oñate’s, die damals
werthvolle Gemälde enthielten, wurden besichtigt. Bei der Ab-
reise liess der Herzog unsrem Maler durch D. Christóbal de Ga-
viria eine reiche goldne Uhr überreichen.
Dabei mögen die Herren, wenn es gestattet ist auch in
Memoiren noch zwischen den Zeilen zu lesen, an die Vergangen-
heit und an die Zukunft gedacht haben. An die Vergangenheit
vor jenem gewaltigen Ahnenbild Carl V, der einst im Nordwest-
thurm dieses Alcazar ihren König gefangen gehalten hatte; an
die Zukunft beim Anblick der beiden welken Sprossen des Hauses,
auf dessen Erbschaft sie durch diese Heirath die Hand gelegt
hatten.
Unsre Infantin machte auch auf die Damen einen günstigen
Eindruck; dem Botschafter fiel auf, dass seine Beredsamkeit ihr
nichts als einige stereotype „sacramentale“ Höflichkeitsformeln
entlocken konnte 1). Bei der Zusammenkunft im Saal der Fasanen-
insel des Bidasoa sah sie, von der Thür aus, zum erstenmale,
incognito, der zweiundzwanzigjährige König. Er entsetzte sich
über ihren Anzug, fand aber dann „dass sie doch viel Schönheit
besitze und dass es ihm leicht fallen werde, sie zu lieben.“ Phi-
lipp war entzückt über seinen hübschen Schwiegersohn (lindo
yerno).
Maria Theresia bewahrte ihrem Gemahl die Hingebung,
welche sie ihm längst aus weiter Ferne gewidmet; sie hatte
„keinen Willen als den seinigen, keinen Wunsch als den, ihm
zu gefallen“. Allein die Spanierin vermochte Ludwig neben
den lebhaften und geistreichen Damen jenes Hofs (wie
der Nichte Mazarin’s) nicht zu fesseln. Ihr Geist war zu be-
schränkt, zu wenig beweglich; ihre Bildung erhob sich nicht
über das Niveau der gemeinen Spanierin. Ihre klösterliche
Devotion, ihre kindisch einfältige Empfindlichkeit erregte dort
Lächeln, und da ihr Wesen so sanft und rein war, Mitleid. Sie
hat Ludwig XIV von Anfang an gelangweilt, obwol er bei ihrem
Tod gesagt hat, das sei der erste Schmerz, den sie ihm ver-
ursacht.
Die Infantin Margarita.
Der Verbindung Philipp IV mit seiner Nichte Marianna
entspross ein liebliches Töchterchen, Margaretha (geb. 12. Juli
[302]Siebentes Buch.
1651). In jenen Jahren unaufhaltsamen Niedergangs und schmach-
voller Katastrophen war sie dem für die Sünden seiner Jugend
gestraften König ein letzter Sonnenblick seines umdunkelten
Lebensabends. Das Kind war von seltenem Reiz, und selbst
der stolze und spöttische Grammont, der ein groteskes Bild der
Hofgesellschaft jener Tage entwirft (1659), nennt sie in seinem
Brief an die Königin Anna „einen kleinen Engel“, und an Lud-
wig XIV: „so lebhaft und hübsch wie nur möglich“. Auch heute
noch fühlt man vor ihrem Bild die siegreiche Macht des immerdar
sich verjüngenden Lebens, das stets so frisch und hoffnungsreich
wieder beginnt, wie der Morgen. Solange noch der Saft in
einen letzten Zweig emporsteigt, solange wird er auch an dem
morschen Baum eine Blüte erzeugen können den duftigsten des
Frühlings gleich.
Und Dank der Magie der Kunst, steht sie noch so thaufrisch
und lebenathmend vor uns, wie vor zweihundertdreissig Jahren.
Wir begleiten ihr Emporblühen durch sechs Jahre. Mindestens
sieben Originalporträts sind uns zu Gesicht gekommen. Wie hat
doch der fünfzigjährige Mann, der sonst nur für den Reiz der
dunkelaugigen Kinder des Südens empfängliche Spanier die Mi-
schungen gefunden für diess Wesen von fremdem, nordischen Ge-
blüt und Farbe, — Mischungen, die ihm noch keiner abgesehn hat.
Er triumphirt sogar über die groteske Mode, sie berührt uns
hier wie ein Maskenscherz; die Kleine schüttelt sich und schwebt
empor, um den Wagen der Eos zu umflattern.
Von allen Bildnissen dieses Kindes sind nur zwei im
elterlichen Hause zu Madrid geblieben, eines in der Mitte
des grossen Familienbildes. Aber da sie schon in der Wiege
einem österreichischen Vetter bestimmt war, so wurden von Zeit
zu Zeit Bildnisse nach Wien gesandt, und die kaiserliche Galerie
bewahrt deren drei oder vier, darunter das erste und das letzte.
Das früheste (Nr. 615) zeigt sie im Alter von drei bis vier
Jahren 1). Es ist ein feines Kind, die Farben zart und blass,
die Augen etwas matt und noch ausdruckslos, das Oval kindlich
gedunsen, der Ton kühl und silberig. Von allen ist diess Bild
wol das heiterste, schimmerndste, farbigste. Das sparsam ver-
tretene Schwarz der Spitzen und der dunklen Edelsteine scheint
[303]Die Infantin Margarita.
nur da zu sein, um die ganz aus glänzenden, lichtzurückstrah-
lenden Stoffen bestehende Gestalt noch blendender zu machen.
Seide und durchschimmernde weisse Kinderhaut; Silber und
seidenweiches blondes Kinderhaar; funkelnde Juwelen und
blauglänzende Kinderiris. Das alles berührt das Auge so
echt wie die Natur. Die Figur, in glockenförmigem silberge-
sticktem Rosakleid, steht auf einem Grund von tiefgesättigten
warmen Farben: dunkelgrüner Vorhang, grünblaues Tischtuch,
dunkelroter Smyrnateppich mit schwarzen Blumen. Gemalt ist
es mit dem lockersten Pinsel. Um das Händchen ist nachträglich
noch Weiss, um den Kopf Dunkelroth gesetzt. Wie soll man
diess Bild beschreiben? Der Strauss auf dem Tisch daneben mit
den blassrothen Rosen, Chrysanthem und Lilien wäre die beste
Definition. Es ist ein Blumenbeet in Morgenthau und Morgen-
sonne. Warum bringt doch dieser gemalte Strauss, wie das
Wort Rose in Saadi’s Dichtungen, den Zauber der lebenden
Blumen näher als manche Wunderwerke eines de Heem und
Huysum? Das ist das Geheimniss malerischer Behandlung.
Das Kind steht selbst dem Blumendasein nahe, seine einzige
psychische Thätigkeit ist festzustehn einige Augenblicke, den
Fächer zu fassen, die Hand auf den Tischrand zu legen. Aber
etwas Entschiedenes, Korrektes ist in dieser Pose: die kaiser-
liche Dame als Knöspchen 1).
Nun folgt das Bild im Louvre 2), wahrscheinlich ein Geschenk
für die Königin Anna, LINFANTE MARGVERITE steht oben
in Gold; es war schon in der alten französischen Galerie. Das
Gesichtchen ist zierlicher geworden, aber die Augen mit ihren
grossen blauen Kreisen sind noch starr und ohne Gedanken.
Diess Gebilde wie von anderm als gewöhnlichem, durchsichtigerm
Menschenthon, ist auf die grobe Leinwand gefesselt mit einer
Farbe so dünn und einem Pinsel so leicht und schwebend, dass es
[304]Siebentes Buch.
die Verzweiflung nicht bloss von Dilettanten (wie Prosper Mé-
rimée von sich sagte) ist, a bone of contention to the copists (Stirling).
Wer indess mit diesem Kreis von Arbeiten vertraut ist, wird
den grünlich gelben Ton bemerken, der die Farben modificirt
und von dem kühlen Silberton der echten Kinderbilder abweicht.
Er ist dem Mazo eigen, dessen Antheil an der Ausführung mir
auch aus andern Gründen wahrscheinlich ist.
Nun folgen mehrere Figuren des Prinzesschens um ihr
sechstes Lebensjahr, wo sie am schönsten war, denn ihr war nur
eine vergängliche Kinderschönheit beschieden. In dem neuer-
dings aus dem Schloss zu Prag geholten Wiener Bild (619), wo
sie dasselbe Kleid trägt wie in den Meninas, ist das Gesichtchen
feiner. Ihr Schutzengel hat inzwischen Grazie in die kleine Ge-
stalt, Verstand in das glänzende Kinderauge gehaucht. Diess
Werk trägt ganz den Stempel des Meisters. Von dem farben-
jubelnden ersten unterscheidet es sich durch die Einfachheit der
Tinten, auf dunklem Grund. Mit sehr wenigen breiten, vollen
Pinselzügen ist Form und Leben hingezaubert. Die Bänder, der
Vorhang (der den Umrissen der Figur folgt), haben nur eine
Idee von Rosa. Die weichen, seidenartig glänzenden, ins asch-
blonde fallenden Locken sind so fein und lose, als ob ein Luft-
hauch sie auseinanderblasen müsste. Das schwellende Mündchen,
die etwas aufgetriebenen Nüstern, bringen rascheren Athemzug
und Puls in das bisher puppenhafte Wesen.
Aehnlich ist das noch viel kräftiger modellirte, aber weniger
sichere Exemplar in Hertford House, aus der Sammlung Higgin-
son. Man bemerkt den feinen Gegensatz des goldigen Gesichts-
tons und des silbrigen der Figur, die weichvertriebnen grauen
Schatten und den Glanz des Incarnats.
Das Frankfurter Bild (aus den Sammlungen Urquais und
Pereire, für 10700 Francs erworben), ist eine flüchtige, dünnge-
malte Wiederholung; aufgetragen wie mit weichen Pastell-
stiften aus Silber- und Goldpulver. Es ist übrigens etwas mit-
genommen.
Merkwürdig ist das dritte Wiener Bild (620), in welchem
das lange Zeit verschollene, von Palomino (Museo III, 349) be-
schriebene und im Jahre 1659 dem Kaiser gesandte Werk neuer-
dings wiedergefunden worden ist. Es wäre also im Jahr vor
dem Tod des Malers gemalt und stellte Margaretha im achten
Lebensjahr dar. Dem blonden Köpfchen ist durch die Wandtasche
eine viereckige rothe Fläche als Grund gegeben. Man glaubt
[305]Die Infantin Margarita.
erste Spuren einer unschönen Veränderung der Züge zu erkennen.
Zur Linken steht ein Putztischchen (bufetillo) mit schwerer zu-
sammengenestelter bis zum Boden herabgleitender Decke; darauf
eine Standuhr von Ebenholz, ruhend auf vergoldeten Bronze-
löwen, flankirt von schwarz und rothen Balustersäulen. In der
Mitte ist ein rundes Gemälde eingelassen, welches auf blauem
Grund den Sonnenwagen vorstellt, nebst einem Zifferblatt. Ihre
Hände ruhen auf dem Guardainfante, die Linke hält einen riesigen
Muff. Die Farbe des Anzugs, der Bänder im Haar, der Busen-
schleife, ist dunkles Olivengrün.
Obwol dieses Bildniss das bestbezeugte ist, so kann man
es doch nach wiederholter Betrachtung nur für ein Werk
des Mazo unter Leitung des Velazquez halten. Eine Ver-
gleichung mit dem vorigen (619) lässt darüber keinen Zweifel.
Die dunkle stumpfe Farbe, die nachlässige Zeichnung, das üble
Zusammengehn der Züge (die Augen stehn nicht in einer Linie),
das leblose Auge, die Verwischung der eigenthümlichen Form
von Näschen und Mündchen, das kreidige Weiss im Gesicht, die
unvollkommene Modellirung, die Haare ohne Glanz, die nicht
überzeugende Verkürzung des linken Arms — verrathen den
Schüler, der indess bei aller nicht nachzuholenden Ungründlich-
keit der Schulung die bravura del tocco seinem Schwiegervater
gut abgesehn hat.
Im Saal Isabella II (Nr. 1084) pflegt ein ikonographisch
räthselhaftes Kniestück die erstaunten und zugleich aufgeheiter-
ten Blicke der Besucher anzuziehen, dessen ungeheuerlichem
Kostüm man wohl die erste Nummer der Geschmacklosigkeit
selbst unter den Damen jener Zeit zuerkennen kann. Wer indess
ein Auge hat für Farbe, wird sich dadurch nicht stören lassen
im Genuss der erstaunlichen Wahrheit des in vollem Licht
schimmernden weissen und silbergestickten Seidenkleids mit dem
funkelnden Brillanten- und Goldschmucke und den oben brennend
rothen, unten zart rosa Schleifen und Bändern, auf dem Grund
eines wie drohende Felsenmassen überhangenden, karmesinrothen
Brokatvorhangs.
Die Figur heisst in Madrid Maria Theresia. Diese Be-
nennung ist aber aus mehreren Gründen unhaltbar. Was kann
man dafür anführen? In dem Inventar des Schlosses von 1772
wird ein in den Maassen übereinstimmendes Gemälde so genannt;
aber zur Zeit Philipp V hiess ja auch die Infantin der Meninas
Maria Theresia. Wer aber ihre beglaubigten Bildnisse von Mig-
II. 20
[306]Siebentes Buch.
nard (es giebt deren mehrere im Prado) sich angesehn hat, wird
eine solche Verwandlung der Züge nicht für möglich halten.
Auch vermisst man jede Aehnlichkeit mit ihrer Mutter Isabella.
Es ist ein rein habsburgisches Gesicht. Ihr Kopf fällt auf durch
grosse, sehr offene runde Augen; Maria Theresia hat eher ver-
schleierte, mandelförmige; jene blicken lebhaft, die ihrigen sanft
und phlegmatisch, jene erbte den hässlichen Mund ihres Vaters,
diese hat kleine, aber gut gezeichnete Lippen.
Das Kostüm gehört der Mode, die Malweise dem Stil der
fünfziger Jahre an; das Gesicht aber ist nach dem Madrider
Katalog sogar das eines zehnjährigen (?) Kinds; sie müsste also
um 1648 vor der italienischen Reise gemalt sein. Derselbe Ka-
talog erklärt deshalb den Kopf für den Rest einer früheren Auf-
nahme, zu diesem Kinderkopf wären später kurz vor den franzö-
sischen Heirathsverhandlungen Körper, Anzug, Frisur, Hände hin-
zugemalt worden. Man versuche sich das auszudenken! Zu einer
Zeit wo sie auf der Schwelle der Reife jungfräulicher Schön-
heit steht und Braut des Königs von Frankreich werden soll,
richtet man aus einem alten Kinderkopf ein prunkvolles Kostüm-
stück her. Man hat hinreichend Zeit einen umständlichen reich-
geschmückten Anzug nebst Haarputz und Umgebung nach der
Natur neu zu malen, nicht aber das Gesicht! Ein zehnjähriger
Kinderkopf auf der Figur einer zwanzigjährigen Dame!
Man sagt, das Gesicht sei in einem ältern, auffällig von dem
des übrigen abweichenden Stil gemalt. In einem andern Stil
wohl, aber nicht in einem ältern, am wenigsten des Velazquez.
Das Gesicht ist in grauem Ton, glatt und hart gemalt und ohne
Reflexe; man wird vergebens einen ähnlichen Kopf aus den
vierziger Jahren suchen. Zudem ist keine Spur einer früheren
Figur unter der jetzigen zu entdecken. Endlich ist neuerdings
ein bis auf Kürzungen oben und an den Seiten völlig überein-
stimmendes Gemälde in Wien zum Vorschein gekommen, wo
das Verhältniss des Gesichts zum Uebrigen genau wiederkehrt.
Auch hier war E. v. Engerth die verschiedene Behandlung des
Kopfes aufgefallen, der fleissiger, aber schwerer, in einem stein-
grauen Ton gemalt sei. Hat es in Madrid zwei grosse Leinwand-
rahmen gegeben, in deren Mitte nur ein Kopf stand und hat man
zweimal nach zehn Jahren das übrige hinzugemalt?
Nun aber stimmt das Gesicht ganz gut zu den Bildnissen
der Infantin Margaretha. Die Züge haben sich allerdings etwas
verändert, die Formen ihrer Mutter sind stärker hervorgetreten,
[307]Der Prinz Philipp Prosper.
sie ist auf dem Weg ihre liebliche Kinderschönheit zu verlieren.
Diesen Process frühzeitiger Verhässlichung sehn wir vollendet in
ihrem Bildniss von Mazo (Prado 790). Der seitliche Scheitel
mit der über die Stirn waagrecht fallenden Querlocke, unter der
Perrücke, findet sich bei ihr noch als Kaiserin. Auf der Wiener
Replik trägt sie als Busenschmuck den österreichischen Doppel-
adler auf brennendrothem Band. Wenn nun auch schon sehr
früh für die Vermählung Maria Theresiens mit Kaiser Leopold
gearbeitet worden ist, so würde man ihr doch schwerlich vor der
förmlichen Verlobung das kaiserliche Wappen als hervorragendstes
Schmuckstück gegeben haben. Zudem waren seit lange die
Verhandlungen mit dem französischen Hof in Gang, und die In-
fantin hatte eine entschiedene Neigung für die Lilien.
Die Verlobung Margarethens mit dem Kaiser fand 1664 statt,
als sie dreizehn Jahre alt war; der Wiener Catalog schätzt das
Alter unsres Bildnisses auf beiläufig zwölf Jahre. Da aber im
Jahre 1664 Velazquez nicht mehr unter den Lebenden war, so
würde man annehmen müssen, dass entweder das Bild von einem
seiner Schüler nach dem Vorbild ähnlicher Infantenbildnisse ge-
malt sei, oder was wahrscheinlicher ist, auf einem Bild seiner
Hand ist das Gesicht retouchirt worden, um den in drei oder
vier Jahren eingetretenen Veränderungen Rechnung zu tragen.
Die vergnügte Miene der Dame, das hübsche Sträusschen passt
übrigens zu der glücklichen Braut.
Der Prinz Philipp Prosper.
Das oben erwähnte Bild der kleinen Margaretha, gemalt
für den Kaiser, war begleitet von dem Porträt ihres Brüderchens,
des zweijährigen Philipp Prosper. Es ist derselbe, bei dessen
Geburt (28. November 1657) Calderon den „Lorbeer des Apollo“
schrieb, wo der Refrain gesungen wurde:
Man darf wol vermuthen, dass diess Geschenk zweier mit be-
sondrer Liebe komponirter reizender Kinderbilder in Madrid
nicht ohne tiefere Absichten ausgedacht worden war. Sie sollten
vielleicht ein Pflaster sein für die durch Don Luis de Haro’s
bourbonische Verlobung der Wiener Empfindlichkeit geschlagene
Wunde. Das eine war die in die Augen leuchtende Garantie
[308]Siebentes Buch.
gegen die fremde Succession. Das andre eine Hindeutung auf
das in Gestalt eines rasch zur Braut emporblühenden Kindes in
wenigen Jahren wiederkehrende österreichische Heirathsglück.
In diesem Prosper war in der That, nach elf Jahren, der
ersehnte, von Eltern und Nation mit den kräftigsten Gründen den
Heiligen Spaniens ans Herz gelegte Thronerbe wieder da.
Grammont sah ihn im Oktober 1660 und nennt ihn schön; neben
ihm zeigte man noch ein zehnmonatliches Brüderchen, Ferdinand
Thomas (geboren am 21. December 1658); dieses sah aber so fahl
aus: „dass es wohl nicht lange anstehn wird, bis es der andern
Welt angehört“. Wirklich starb es wenige Tage darauf (den 23.
Oktober). Auch Prosper war ein ängstliches Kind, fallsüchtig,
Quirini beschreibt es als „von zärtlicher Komplexion, träg in der
Bewegung, farblos in österreichischer Weise, mit offnem Mund,
blauen Augen und grossem Kopf, aber wenig Kraft in den Knien,
um nicht zu sagen ein Schwächling.“ Es wollte nur von dem
vierundsiebenzigjährigen Franciskaner Antonio de Castilla ge-
tragen werden, was nicht ungefährlich war. „Aber Ihre Majestä-
ten, die mit unvergleichlichem Eifer und Ehrerbietung das heilige
Kleid verehren, ertragen diesen Unfug mit merkwürdiger Nach-
sicht“ 1).
Das Bild befand sich fast ein Jahrhundert lang auf der kaiser-
lichen Burg zu Gratz, in der Schatz- und Kunstkammer, von
wo es 1765 nach Wien gebracht wurde 2); im Belvedere hiess es
früher Maria Theresia. Stirling erkannte zuerst die Ueberein-
stimmung mit der Beschreibung Palomino’s (S. 349): der Hut mit
der weissen Feder auf dem Kissen des Tabourets, der rothe
Kindersessel mit dem Hündchen 3); die durch Thür und Fenster
sich öffnende Wand.
[309]Letzte Bildnisse Philipp IV.
Aus dem blassen Gesicht mit viel Blau um Auge und Mund
strahlt keine kindliche Munterkeit, diese Verheissung der Lebens-
dauer. Warum aber ist das hübsche bis auf den Boden rei-
chende hellrosa Kleid mit Silberborten (ausser den geschlitzten
Aermeln) durch die schneeweisse Schürze mit Latz verdeckt? an
deren Gürtelband allerlei Spielzeug, ein Pfeifchen, ein Glöckchen,
eine Schelle herabhängt. An dem schräg über die Brust gehenden
Goldkettchen sind zwei Schmuckstücke aus schwarzen Perlen und
Brillanten befestigt. Die Händchen gleichen matten Lilienkelchen.
Und diess weisse Figürchen schwimmt dann in einer Flut von
tiefgesättigtem Roth verschiedenen Tons des schweren Vor-
hangs, des Teppichs u. s. w. Als sollte Kraft und Feuer auf
den Wegen der Farbe in die seichten Canäle des bleichen
zerbrechlichen Gefässes einströmen. Dieses schwache Lebens-
flämmchen erlosch am 1. November 1661 1).
Letzte Bildnisse Philipp IV.
Diese zweite Ehe gab die Veranlassung zu neuen Auf-
nahmen des alternden Monarchen in ganzer Figur mit Mariannen
als Pendant. Zwei solcher Paare vermehren die Zahl der Ve-
lazquez im Prado. Das eine, frühere, wo er kniet, gehört zu dem
schon geschilderten der Königin und stammt aus dem Escorial;
dort war früher auch eine kleine Skizze dazu.
Zu den letzten Arbeiten des Meisters gehört der Alterskopf
Philipp IV, der so oft in den Galerien vorkommt. Die besten
Exemplare sind das nicht ganz intakte des Prado (1080), und
das der Nationalgalerie zu London, auch der Wiener Kopf, einst
im Schloss Ambras, dürfte ein Original sein (612). Das erstge-
nannte steht dem Kopf der Figur in voller Rüstung nahe (1077).
Nur macht dieser durch die energischere Modellirung einen
martialischeren Eindruck. Nach dem datirten Stich des Villa-
franca in der Beschreibung des Escorial von de los Santos, dem
dieselbe Aufnahme zu Grunde liegt, lässt sich die Entstehungs-
zeit bestimmen — um 1657.
[310]Siebentes Buch.
Dieser leicht sich einprägende Kopf vergegenwärtigt also
den Fürsten zu der Zeit, wo er mit Frankreich Frieden schloss,
ehe er die so demüthigend fehlschlagenden Versuche machte, Por-
tugal wiederzugewinnen. In dieser letzten dunkelsten Zeit seiner
Regierung schien das Unglück die menschlichen Seiten seines
Wesens hervorzuziehen, die ursprüngliche Güte und Harmlosig-
keit seines Charakters. Nach dem Tode seines einzigen Sohnes
hatte er sich vorgenommen, der Vater seiner Völker zu sein;
die Hoffnung noch einen Erben zu bekommen, machte ihn zum
guten Gatten; Madame de Motteville fand, er habe „eine Phy-
siognomie voll Güte“. Als er nach 35jähriger Trennung seine
Schwester Anna wiedersah, und der langen Kriege gedacht
wurde, rief er, Ay Señora, es el diablo que lo ha hecho. Er weinte
bittere Thränen beim Abschied von Maria Theresia und Louis,
„als er beide Kinder an seinem Halse hängen sah.“
Das Gesicht ist kräftiger, fetter geworden, aber die Züge
sind zugleich stark durchgearbeitet, man sieht wol Ernst und
Resignation, aber noch nicht Verfall und Krankheit. Die weichen
blonden Locken fallen noch ungebleicht bis auf die golilla herab.
Diese langen Haare, die sich unter Carl II weit und schlicht bis
über die Schultern ausbreiten, kamen im fünften Jahrzehnt auf;
in einer Pragmatik vom Jahr 1646 verbot der König noch, in
seiner Gegenwart mit langen Haaren zu erscheinen. Der statt-
liche Schnurrbart vollendet das Ansehn eines alten Kapitäns, in
dessen Gesicht die Strapazen eines langen Dienstes eingeschrie-
ben stehn, der aber noch dicht hält und „im Geschirr sterben
will“. Das mächtige Kinn kommt jetzt erst recht zur Geltung.
Ja man kann sagen, dass er nie so gut ausgesehn hat; wie denn
auch das breit und pastos gemalte Bild überall viel studirt und
kopirt wird. Die Gravität erscheint natürlicher als früher.
Nur die helle weisse Hautfarbe giebt dem Gemälde etwas wei-
ches. So sehr sich der vor einem Menschenalter von Velazquez
gemalte schmale, harte Kopf des Jünglings verändert hat, einige
Grundzüge, der Blick, die Haltung, auch die Frisur der Stirn
sind geblieben, unveränderlich durch den Wechsel der Jahre
und Schicksale.
Der Kopf ist von Carreño kopirt worden (Academie von
S. Fernando); auch die Exemplare im Louvre (Galerie La Caze),
in der Ermitage, in Bath House, bei Lord Clarendon sind Ko-
pien. Der Kopf in der Galerie von Turin ist verfallener. Auch
der Kopf des Reiterbildes in den Uffizien ist nicht viel früher.
[311]Das Gemälde der Familie Philipp IV.
Nach diesen Tagen begannen seine Kräfte zu sinken; in Aranjuez
holte er sich 1659 eine Erkältung, die eine Lähmung im Gefolge
hatte. Die verlornen Schlachten an der Westgrenze waren selbst
seinem Stoicismus zu viel. Tiefe Furchen gruben sich ein, der
Blick wird hohl, der Ausdruck erschöpft und bitter. Die Er-
scheinung dieser letzten Jahre nach Velazquez’ Tod ist in der
Figur seines Schwiegersohns aufbehalten (Prado 1117, und in der
Sammlung H. Huth): das Bild eines gebrochnen Mannes. Der
Kopf ist gestochen von demselben Villafranca in Monforte’s Be-
schreibung seiner Exequien, wo auch der frühere wiederholt ist 1).
So endigte dieser im Grunde edle, milde, begabte Herrscher,
dem die wichtigste Eigenschaft für seinen Beruf, der Wille fehlte.
„Nun nach dem endlichen Schluss furchtbarer Kriege und be-
festigtem Frieden, erhoffte er noch einen langen Lebensabend
im Genuss der Ruhe, aber gepeinigt von Seitenschmerzen, nieder-
gedrückt von Krankheiten, der Geschäfte müde, unglücklich
durch den jammervollen Zustand der Monarchie, empfing er mit
vollkommener Ergebung den letzten Schlag“ (Zorzi).
Das Gemälde der Familie Philipp IV
(Las Meninas 3,18 × 2,76)
von jeher sein gefeiertstes Werk (la mas ilustre obra), und am
schärfsten von allen mit dem Stempel seines Genius bezeichnet,
ist eigentlich ein Bildniss der Infantin Margarita als Mittelpunkt
einer der wiederkehrenden Scenen ihres Palastlebens. Die
Figur stimmt ganz mit der Wiener (619), sie ist noch feurig
rascher gemalt; das Blond wirkt vortheilhafter in der mit viel
Dunkelblau ausgestatteten Umgebung. Aehnlich war ihr vor
zehn Jahren verstorbener Stiefbruder als Schüler der Reitbahn
porträtirt worden; da nun solche Scenen, einst als Andenken
für glückliche Eltern festgehalten, später traurige Empfindun-
gen weckten, so freute man sich, Dank dem neuen emporblü-
henden Geschlecht Ersatz schaffen zu können.
Freilich bot das Leben einer Infantin keine so dankbaren
Scenen wie das jenes Elementarschülers der gineta und der Jagd-
gründe. Ihr Dasein spielte sich ab in unzugänglichen Ge-
[312]Siebentes Buch.
mächern des Cuarto de la Reina, in den Schranken unerbittlichen
Cerimoniells. Die Memoiren der Mad. de Motteville schildern
einen Besuch an der Schwelle des Zimmers der Infantin Maria
Theresia. „Sie wird mit grosser Ehrerbietung bedient, wenige
haben Zutritt, und es war eine besondre Vergünstigung, dass
wir in der Thür ihres Gemachs verweilen durften. Wenn sie
trinken will, so bringt eine Page (menin) das Glas einer Dame,
welche niederkniet, ebenso wie der Page; und auf der andern
Seite ist ebenfalls eine Knieende, die ihr die Serviette reicht,
gegenüber steht eine Ehrendame“. Liest sich diese Stelle nicht
wie eine Beschreibung unsers Gemäldes? Hier ist das damals
fünf Jahre zählende, stets von dienenden Elfen, getreuen Eckarts,
unterwürfigen Gnomen umringte kleine Idol als Centrum, als
Sonne seiner Sphäre dargestellt, wo dann Licht und Schatten,
Schönheit und Ungestalt einträchtig zusammenwirken ihm zu
dienen.
Das Gemälde führt in Spanien den Namen Las Meninas.
Und nicht ohne Grund. Diese Edelfräulein waren jedenfalls für
den Spanier die anziehendsten Figuren des Ganzen, denn es sind
dunkelaugige Kinder seiner Rasse, schöne jugendliche Blüten
altcastilischer Stammbäume. Schönheiten wurden überhaupt für
dieses Amt ausgesucht. Mad. d’Aulnoy, die sie im Jahre 1680
sah, nennt sie plus belles que l’on ne peint l’amour. In ihren
Verbeugungen, Kniebeugungen, liegt eine angeborene Grazie,
die selbst über die unförmliche Tracht siegt.
Das Bild war so angesehen, dass die Namen des sämmtlichen
Personals aufbewahrt wurden. Die Kniende im Profil ist Doña
Maria Agostina, Tochter des Don Diego Sarmiento; sie reicht der
Infantin auf goldner Schale Wasser in einem rothen Schälchen
von bucaro, einem feinen wolriechenden Thon, der aus Ostindien
kam. Die andre, welche leicht knixend ihr gegenüber steht, ist
Doña Isabel de Velasco, Tochter des Don Bernardino Lopez de
Ayala y Velasco, Grafen von Fuensalida. Sie blühte auf zu
seltener Schönheit, starb aber schon nach drei Jahren.
Diese Meninas warteten der Königin und den Infantinnen
auf vom Kindesalter ab bis zur Zeit des Frauenpantoffels (chapin);
sie trugen niedrige Schuhe und eine Art Sandalen mit hohem
Absatz, in die man den beschuhten Fuss steckte; weder im Pa-
last noch aussen Mantel und Hut.
Zur Rechten dieses zierlichen Kleeblatts, weiter vorn, stehn
zwei ganz andre Gespielen, mit dem monumentalen, würdevoll
[]
Die Familie Philipp IV.
(Las Meninas.)
[][313]Das Gemälde der Familie Philipp IV.
am Rand gelagerten, halbeingeschlafenen Bullenbeisser zu einer
Vordergruppe vereinigt. Sind sie doch selbst Hausthiere in
Menschengestalt. Zu dem gebürendermassen als repoussoir be-
handelten Wächter der Schwelle gesellen sich gleich den Erd-
geistern, Sneewittchens Hütern, zwei groteske Gestalten, ein
dünner Wicht, der es unpassend von dem Köter findet, in Ge-
genwart seines Königs einzuschlafen, und der weibliche Unhold
mit dem Leib gleich einer Tonne und breitgedrücktem brutalen
Gesicht: Mari Barbola und Nicolasico Pertusato, beides Ver-
vollständigungen der Galerie der Hofzwerge. Diese Gesellschaft
ist in einem längstvergangenen Geschmack 1)!
Weiter hinten, im Dämmerlicht der geschlossenen Läden,
flüstern zwei Hofbedienteste — die Señora de honor Da. Marcela
de Ulloa in Klostertracht, und ein Guardadamas, der neben
den Kutschen der Hofdamen ritt und die Audienzen leitete.
Endlich, zu hinterst in der offenen Thür steht Josef Nieto, Haus-
marschall der Königin, den Vorhang zurückschlagend 2).
Eine Zusammenstellung wie diese kann nur vom Zufall an
die Hand gegeben sein. Solche alltägliche Scenen, selbst wenn
sie malerisch dankbar sind, werden, weil sie immer gesehn wer-
den, gar nicht gesehn, der Künstler müsste denn ein Fremder
sein. Nur der Zufall, so oft ein glücklicher Erfinder (nach Leonardo),
konnte das Bild darin entdecken. Als einst beide Majestäten
ihrem Maler im Atelier (Obrador de los pintores de cámara in der
kronprinzlichen Wohnung) eine Sitzung schenkten, wurde die
Infantin zur Milderung der königlichen Langeweile hereinbe-
fohlen. Das Licht, welches nach Verschluss der übrigen Läden
aus dem Fenster rechts für die aufzunehmenden arrangirt worden
war, ergoss sich auch auf das vor ihnen stehende Töchterchen.
Der Maler hat den Nieto ersucht, die hintere Thür zu öffnen,
um zu versuchen ob auch Licht von vorn passend wäre. Der
König sass also da, väterlichen Empfindungen im Kreis der
Seinigen sich überlassend, fern von Räthen und Akten. Da fiel
[314]Siebentes Buch.
ihm, der selbst ein halber Künstler war, auf, dass vor seinen
Augen sich etwas wie ein Bild zusammengefunden hatte. Er
murmelte: Das ist ein Bild; im folgenden Augenblick entstand
der Wunsch, das Bild festgehalten zu sehn, und im dritten war
der Maler schon mit der Skizze des Recuerdo beschäftigt. Bei
einem Recuerdo musste alles treu festgehalten werden, wie es
der Zufall zusammengebracht hatte.
Daher die eigenartige Komposition, die als Erfindung un-
erklärlich wäre. Es ist wie ein gestelltes Tableau. Natürlicher,
malerischer würden sich die Personen im Halbkreis vor die
Leinwand auf der Staffelei gruppirt haben. Aber sie waren ja
nicht untereinander: in nächster Nähe befindet sich, wenn auch
uns unsichtbar, die allerhöchste Gegenwart. So sieht die In-
fantin bei Entgegennahme des bucaro nach der Mutter; Doña
Isabel sich verneigend, schielt ebendahin; Mari Barbola hängt
mit dem Auge einer braven Dogge am Auge ihrer Herrin;
der Vorreiter, den Eröffnungen der Ulloa horchend, behält den
König im Auge; der Hausmarschall dreht sich in der Thür um,
mit fragendem Blick. Kurz wir sehn die Anwesenden, wie man
von der Bühne aus das Parterre sieht, und zwar genau vom
Standpunkt des Königs aus; denn im Spiegel an der Wand er-
scheint er an der Seite der Königin. Er hatte diesem Spiegel ge-
genüber Platz genommen, um seine Stellung beurtheilen zu
können. Beiläufig bemerkt, ist von einem Bilde, wo er mit
Marianne auf einer Leinwand vereinigt ist, nichts bekannt.
In diess Augenblicksbild musste natürlich auch der Maler
aufgenommen werden. Er steht hinter seiner Staffelei, nur
wenig verdeckt durch die Knieende; sein Haupt überragt alle.
In der Rechten hält er den langen Pinsel, in der Linken Palette
und Malerstock. Köstlich ist die Hand (wie überhaupt die Hände
dieses Bilds): durch vier helle Pinselstriche ist der Bewegung
der Finger volle Bestimmtheit gegeben.
Auf der Brust trägt er das rothe Kreuz des Santiagoordens.
Die Legende erzählt, Philipp IV habe nach Vollendung des
Gemäldes dessen Schöpfer königlich zu überraschen beschlossen.
„Er vermisse noch etwas“, bemerkte er, ergriff den Pinsel und
malte diess rothe Kreuz auf. Die Anekdote ist bezweifelt wor-
den, weil die der Ertheilung des hábito vorangehenden Förmlich-
keiten erst zwei Jahre später datiren. Palomino lässt es nach
des Meisters Tode auf allerhöchsten Befehl daraufsetzen. Ein
Zusammenhang mit dem Bilde wäre doch möglich. Es war ja
[315]Das Gemälde der Familie Philipp IV.
noch nicht dagewesen, dass die Figur eines Malers (freilich eines
Schlossmarschalls!) in ein Bild des intimsten Familienkreises auf-
nommen worden. Da schien es passend, dass er noch etwas
höher geadelt werde.
Das wäre also die wahrscheinliche Entstehung der Meninas.
Hier ist, was paradox scheint, eine der originellsten Schöpfun-
gen der neueren Malerei mehr als irgendwo das Facsimile eines
Zufallsmoments. Es ist das Bild der Herstellung eines Bildes.
Die Originale dieses letztern stehn ausserhalb des Bildes, sie
würden, ins Bild aufgenommen uns den Rücken zukehren;
aber sie verrathen sich durch den Spiegel. Wir sehn was
diese, nicht was der Maler sah, der seine Meninas sehn würde
in einem ihm gegenüber hängenden Spiegel. Vielleicht hat
er sich in der That eines Spiegels bedient. Auch sonst noch
ist ein Ueberfluss von Rahmen in dem Bilde: viele, sämmtlich
schwarze Rahmen von Oelgemälden 1), Rahmen des Spiegels, der
Thür, der Staffelei. Und doch ist kein Bild geeigneter, das
Bild vergessen zu machen. Où est donc le tableau? fragte Théo-
phile Gautier.
Natürlich wurde jener Augenblick zunächst in einer Skizze
festgehalten; diese noch vorhandene Skizze ist die einzige uns
bekannte zweifellose zu einem im grossen ausgeführten Gemälde.
Und auch diese verdankt ihre Existenz vielleicht nur dem Um-
stand, dass man zuerst eine Ausführung in bescheidenem Umfang
beabsichtigte.
Die Skizze besass zu Cean Bermudez’ Zeit Don Gaspar
de Jovellanos; sie ist ohne Zweifel dieselbe, welche jetzt Mr.
Banks in Kingston Lacy gehört (56″ × 48″). Die Uebereinstim-
mung mit der grossen Leinwand ist fast vollkommen. Man sieht
unter der Farbe die feinen und bestimmten Linien des Ovals der
Infantin, der Augen, der aufgelösten Haare, mit einem Stift ge-
zeichnet. Das Paar im Spiegel fehlt noch, doch ist der rothe
Vorhang schon darin.
Ueber diese Skizze sind die verschiedensten Meinungen ver-
lautet. Leichtsinn und Neid wollten sie für eine Kopie erklären.
Waagen (Treasures IV, 581) fand unglaublich, dass ein Gemälde
von so geistreicher Behandlung (zartem Silberton und klarem,
[316]Siebentes Buch.
tiefem Helldunkel), eine Kopie, und gar eine sehr verkleinerte
Kopie sein könne. Bei der Ausstellung in Burlington House
(1864) hat sich das Urtheil für eine Originalskizze entschieden.
Damals wurde die Ansicht geäussert (Athenæum I, 811), Velaz-
quez habe diese Skizze in der Absicht gemacht, sich des Königs
Beifall zu versichern und dadurch dessen Sanktion zu erlangen
für eine Ausführung im Grossen, als etwas Unerhörtes im Por-
trätfach. Sie hat die Farben einer Untermalung, also eine
erheblich hellere Haltung als das grosse Bild (S. S. 278). Run-
dung und Auseinandergehen der Flächen ist gleichwohl voll-
kommen erreicht. Der Lichteinfall erscheint weniger schroff;
die schwarze Figur des Malers, der bereits mit dem Orden ge-
schmückt ist, tritt auffallender zwischen den hellen und farbigen
Gestalten hervor; ebenso der graugrünliche Ton der Decke,
der gelbe des Fussbodens.
Dass man dem Einfall eines Augenblicks ein solches Bild
verdankt kommt natürlich daher, dass der dem Maler zufällig
entgegengeworfene Stoff vorzüglich geeignet war, seine eigenste
Kraft aufzureizen, Motive seiner Lieblingsbilder in der Erinne-
rung weckte, wie Tintoretto’s Hochzeit zu Cana in der Salute
mit dem Seitenfall des Sonnenlichts auf blonde Köpfe, die Fuss-
waschung desselben mit dem bewunderten Auseinandergehen in
die Tiefe (I, 275).
Wahrlich, wol nie ist jenes Dogma des Leonardo la Vinci,
dass der Rilievo „die Seele der Malerei“ sei, dass in dem Schein
des erhabenen, von der Fläche losgelösten Körpers „die Schön-
heit und das erste Wunder“ dieser Kunst liege, mit soviel
Ueberzeugung verstanden, mit solcher Macht des Könnens be-
folgt und durch die Bewunderung der Künstler und Laien in
seiner Richtigkeit bewährt worden. Waagen sagte, man glaube
hier die Natur in einer Camera obscura zu beobachten, Stirling
erschien es wie „eine Anticipation der Erfindung Daguerre’s“,
Mengs nennt es „den Beweis, dass die vollendete Nachahmung
der Natur etwas ist, das alle Arten von Betrachtern in gleicher
Weise befriedigt“.
Die neun Figuren, von welchen kaum zwei denselben Punkt
der Tiefe einnehmen, sind demgemäss abgetönt, und in stets
wechselnden Zufälligkeiten der Beleuchtung modellirt. Am vollsten
fällt das Licht auf das Kind, zurückgestrahlt von weissem Atlas,
goldnem Blond. Andre Gestalten sind zwischen Licht und Dunkel
getheilt, wieder andre tauchen ganz in die Dämmerung ein, und
[317]Das Gemälde der Familie Philipp IV.
wie im Anfang eine lichte Figur auf dunklem Grund, so steht
am Ende eine fast silhouettenartig dunkle auf sonnenhellem.
Die starkverkürzte Fensterwand mit den drei Reihen Tableaus
übereinander hilft den Raum messen; die vorstossende lang-
weilige Rückseite der grossen Leinwand stört passend das schein-
bar Arrangirte der Composition und begünstigt die Illusion. Der
dämmerig-leere Raum über den Gruppen, der weit mehr als die
Hälfte der Leinwand beansprucht, belebt jene durch den Kon-
trast. Uebrigens sieht man hier, wo er freie Hand hatte, wie
Velazquez zuletzt das Verhältniss der Höhe der Figuren zu der
der Bildfläche wünschte.
Damit die Fläche des Grunds nicht stumpf abschliesse und
das Auge einschränke, wurde die dunkle Wand gegenüber auf
zweierlei Weise durchbrochen. In diesem Motiv berührten sich
Velazquez und seine Schüler, Murillo eingeschlossen, mit dem
gleichzeitigen grössten Maler des Sonnenlichts, Peter de Hooghe.
Die Thür lässt das Tageslicht ein und in den Sonnenschein hinaus-
sehn; der Spiegel bringt zur Tiefe nach vorwärts gewisser-
maassen auch die Tiefe nach rückwärts in die Scene. Der
Spiegel kommt in dieser Rolle auch bei dem Holländer vor,
z. B. in dem Clavierspieler des Museums van der Hoop. Man
übersehe nicht die blinde Stelle links unten im Spiegelglas.
Licht und Dunkel helfen sich gegenseitig. Ein Sonnen-
licht wie das durch die Thür fallende wirkt blendend, dieser vier-
eckige weisse Fleck ruft seinen Eindruck so überzeugend hervor,
dass wir die Unbestimmtheit der Gegenstände auf der Wand,
z. B. jener unergründlichen Oelgemälde (Copien Rubens’scher My-
thologien, u. a. wie es scheint Apollo und Marsyas) als Wirkung
der Blendung nehmen und nun die Intensität jenes Lichts weit
stärker schätzen als sie die Farbe ausdrücken könnte. Hier sind
nicht bloss die Gegenstände gemalt, sondern auch die Mühe des
Auges sie zu erfassen im Kampf mit der Dämmerung. Bei guter
Beleuchtung erscheinen die Gruppen wie mit einem spinnweben-
artig zarten Lichtschleier umzogen: es ist jene Verstreuung der
Lichtstrahlen, welche die Nähe starken Lichts über einen licht-
schwachen Raum verursacht.
Das alles entdeckt das Auge nur allmählich. Wenige Bilder
verlangen eine so anhaltende Betrachtung, besonders da die
wunderlichen Figuren anfangs die Aufmerksamkeit zu sehr be-
schäftigen 1). Wie bei Rembrandt öfters, glaubt man anfangs
[318]Siebentes Buch.
nur farblose Dämmerung zu sehn, mit einzelnen Lichtoasen.
Beim Verweilen scheint in der Fläche ein geheimnissvolles Leben
sich zu regen; das Unbestimmte klärt sich auf, geht auseinander;
die Farben kommen hervor; eine Gestalt nach der andern rundet
sich, ja einige scheinen sich zu drehen, die Züge, die Augen
sich zu bewegen; der goldne Rahmen wird zur Einfassung eines
Zauberspiegels, der die Jahrhunderte vernichtet, ein Teleskop für
die Zeitferne, das uns das gespensterhafte Treiben der Insassen
des alten Schlosses enthüllt. Das Ideal des Historikers ist in
diesem Bild That und Wahrheit geworden.
Und mit was für Mitteln ist das alles erreicht? Bringt man
das Auge dicht vor die Fläche, so erstaunt man, mit wie ein-
fachen. Das Bild ist auf grober Leinwand, mit langen Borsten-
pinseln, breit, wie mit wilder Hast angelegt, — obwol es im Ein-
druck von allen das ruhigste und mildeste ist. Bei keinem liegen
die Proceduren so offen zu Tage. Man unterscheidet in den
Schatten die braunen eingeriebenen Partien der Untermalung;
die in Mischungen mit weiss darüber gelegten grauen Flächen,
die bald auf einen Wurf, fett, eckig, formlos aufgesetzten, bald
weich vertriebenen Lokalfarben und Lichter. Wie immer ist das
System: ruhige, gleichmässige, mehr neutrale Massen mit einzelnen
farbigen und lichtstarken Erhöhungen oder Durchbrechungen.
In solchen breiten, grauen Zügen sind die Gestalten geschaffen,
und dann ihrem noch dämmerhaften Dasein, oft mit wenigen
scharfen Strichen, volle körperliche Wirklichkeit und Lebenspuls
verliehen. Die Lokalfarbe ist zurückgestellt: es wird hauptsäch-
lich mit Hell und Dunkel gearbeitet; ein gedämpftes grünliches
Blau, Dunkelgrün, Weiss legt sich leicht darüber, hier und da
springen kleine rothe Stücke hervor. Das Geheimniss liegt in
jenen dünnen Farbenschichten, dunkel auf hell, hell auf dunkel,
unverschmolzen stehen sie, schweben übereinander, die Umrisse
erhalten durch breite, braune, wie punktirte Pinselzüge einen Schein
vibrirender Bewegung. — Das ist bald gesagt — die Hauptsache
sind die Nüancen, welche der Augenblick, das Feuer der mit den
1)
[319]Das Gemälde der Familie Philipp IV.
Eindrücken des Auges ringenden Hand improvisirt. Velazquez’
Genie war diese Feinheit des Blicks für die Unterschiede des
Helldunkels und die Mittel, mit welchen die Natur modellirt; er
sah was bisher Niemand gesehn hatte; aber für das Geschaute
findet der wahre Künstler stets auch die Farben, worin bestände
sonst das Genie? Wer alle Pinselgewohnheiten Tizians und Rem-
brandts auf Recepte gebracht besässe, er würde doch nichts
damit machen ohne ihr Auge. —
Die frühste bekannte Bemerkung über das Bild stammt von
einem Italiener. Luca Giordano soll zu Carl II gesagt haben:
Señor, das ist die Theologie der Malerei. Was soll das heissen?
Dass er das Bild „als das erste der Welt bezeichnen wollte, wie
die Theologie die oberste unter den Wissenschaften ist,“ diese
Plattheit eines Spaniers dürfen wir dem alten Neapolitaner wol
nicht zutrauen. Ein Franzose hatte den Einfall, der Verglei-
chungspunkt liege in der „Subtilität“ 1). Man könnte meinen, er
habe das Bild als Kanon für die Malerei des Reliefs und Hell-
dunkels bezeichnen wollen, wie es der Speerträger des Polyklet
für die Proportionen war. Aber warum sagte er dann nicht
Philosophie der Malerei, wie Lawrence 2)? Theologie ist Wissen-
schaft geoffenbarter Wahrheit, im Unterschied von der durch
die natürlichen Kräfte des Verstands erworbenen. Der Ver-
gleichungspunkt liegt also wol in der Unmittelbarkeit. Die Kunst
hat auch sonst wol in ihren höchsten Schöpfungen diesen Eindruck
des Ungewordenen, Inspirirten gemacht, da wo in der Vollkom-
menheit des Daseins das endliche Werden verschwindet. Es
wäre also dasselbe, was Mengs von einem andern Werk des
Velazquez sagte, „die Hand scheine an seiner Ausführung keinen
Antheil gehabt zu haben, sondern der blosse Wille“.
Das Bild wurde aufgehängt in dem Geschäftszimmer des
untern Stocks (pieza de despacho), wo ein Deckengemälde mit
Apollo war: in dem Inventar von 1686, wo es zuerst vorkommt,
wird es auf 10000 Doblonen taxirt. Unter den Bourbonen (1747),
wo die Infantin Maria Theresia genannt wird, steigt es auf 25000.
Goya hat es radirt, aber die beim Nachätzen verdorbene Platte
zerstört; nur fünf Abdrücke sind nachzuweisen. Bei dem Brand
[320]Siebentes Buch.
des Alcazar (1734) soll es gelitten haben und von Juan de Miranda
restaurirt worden sein; die Haltung ist dadurch vielleicht etwas
dunkler geworden.
Die Familie des Malers.
Wir sind so glücklich, auch ein Familienbild des Malers zu
besitzen, das zugleich in sein Atelier im Schloss einen Blick ge-
stattet. Das Gemälde hat bis in die letzten Jahre für ein Haupt-
werk des Velazquez gegolten. Stirling nannte es eines der
wichtigsten Werke des Meisters ausserhalb Spaniens; Viardot
fast so umfassend (vaste) und vorzüglich wie das, welches Luca
Giordano die Theologie der Malerei nannte. Auch die welche
seine Originale in Madrid seit Jahren kannten, haben es nicht
beanstandet. Clément de Ris jedoch erinnerte sich „wenige
gesehn zu haben, die so schwach seien, bei einem Maler, der
sonst wie kaum ein andrer sich stets gleich bleibt.“
Die Entstehungszeit und Wandergeschichte dieses merkwür-
digen Bildes ist völlig dunkel; in spanischen Papieren fand sich
bis jetzt keine Spur. Im Jahre 1800 taucht es zuerst auf unter
einer Collection von 41 sonst werthlosen Bildern, die aus Italien,
über Ferrara, dem K. K. Galeriedirector Rossi zugeschickt wur-
den 1). Es hiess schon damals, wohl nach alter Ueberlieferung,
die Familie des Velazquez.
Im Vordergrund stehn, in einer von links nach rechts
herabsteigenden Linie neun Personen, darunter fünf Kinder,
diese wie sie folgen nach Alter und Grösse, wie Orgelpfeifen;
die Scheitellinie der Gruppen beschreibt also eine Diago-
nale. Zuerst, noch im Schatten eines grünen Thürvorhangs, als
eintretender Besuch, zwei junge Männer, der eine den breiten
Hut in der Hand, mit einer jungen Dame in hellgrauem, waage-
recht ausgeschnittenem Kleid und runder Mütze mit rother Feder.
Neben ihr steht ein mitgekommner Knabe von etwa zehn Jahren,
in schwarzer Gala mit golilla, seine edlen Züge, die an Velaz-
quez erinnern, von schwermüthigem Ernst.
Darauf folgen vier Knaben gruppirt um eine sitzende Frau.
Dem ersten, in hohen hellen Lederstiefeln, grauem Wams und
[321]Die Familie des Malers.
hellrother gestickter Jacke, Spitzenmanschetten und -Kragen legt
die eintretende Dame, freundlich grüssend, die Hand auf den
Scheitel; er sieht aber nach dem ihn mehr interessirenden grossen
Knaben, dessen cavaliermässige Tracht und Pose mit scheu-
voller Bewunderung studirend. Dem Jüngeren, einem Profil,
die Haare an der Schläfe in Zöpfchen mit blauem Band geflochten,
hat er brüderlich die Hand auf die Schulter gelegt. Dieser gute
Knabe, des Grossvaters grossen Krückstock in der Linken,
bietet in einer Anwandlung heroischen Edelmuths dem Eintre-
tenden eine Apfelsine 1). Er steht angelehnt an die dicke Frau;
ist es die Mutter oder die Aya? Sie sitzt abgewandt von dem
Besuch, und scheint dem Mädchen, das sie um die Schulter
und am Händchen fasst, etwas zuzuflüstern; diese Blaue dürfte
nach ihrer trotzigen Miene eine Erinnerung an die Pflich-
ten gegen Gäste nöthig haben. Das letzte patzige Männchen
in rothen Höschen und gelber Jacke, Degen an der Seite,
glotzt mit runden Eulenaugen abwesend aber zufrieden ins
Leere; er hält ein Vögelchen. Die Frau trägt ein rothes
Kleid mit Silberborten, braunem Ueberwurf und schwarzer
Sammtjacke mit Spangen an der Brust. Also ein farbenrei-
ches Bild. Kastilische Kinderköpfe mit grossen dunkelbraunen
Augen, „funkelnd wie Edelsteine“. Sie sind vielleicht für eine
festliche Gelegenheit (des Vaters Namenstag?) in ihren Sonntags-
staat gesteckt und gehörig einexercirt worden. Von dem ge-
setzten Stolz jenes caballerito bis zu dem stupor der letzten
Puppe hat der Maler mit Beobachtung und Humor die Kinder-
eigenheit den kleinen Altersunterschieden angepasst.
Die Diagonale dieser Gruppe lässt eine Hälfte Hintergrund
ganz frei für das Atelier und den davor befindlichen grossen
Raum. An der gegenüberliegenden Wand des letzteren steht
ein Tisch mit bis zum Estrich reichender dunkler Sammtdecke,
darauf die Marmorbüste einer Frau, Zeichnungen, ein Glas mit
Blumenstrauss, und darüber, genau in der Mittelaxe der Lein-
wand, in schwarzem Rahmen die Halbfigur des alten Königs und
eine Landschaft. Rechts, über ein Drittel der Breite einnehmend,
öffnet sich der um einige Stufen erhöhte Obrador. Durch das
eine hohe Fenster mit für die Zeit sehr grossen Scheiben, sieht
II. 21
[322]Siebentes Buch.
man die Bäume des Parks. Eine Kinderfrau mit noch einem
sechsten Spross dieser gesegneten Ehe hat sich hinaufgeschlichen,
und der Wurm steht im Begriff, von ihr angestiftet, auf den
schwarzen Mann zuzuwackeln, mit ausgebreiteten Aermchen und
wahrscheinlich lautem Gequieke. Dieser, abgewandt, hat sich bis
jetzt das Gesumme des Besuchs, dem er den Rücken zudreht,
nicht anfechten lassen. Die Leinwand steht vor ihm auf dem
Boden, die Figur im guardainfante ist theilweise bedeckt von
seiner schwarzen Sihouette. —
Wer sind diese zwölf Personen? Bisher hielt man den
Maler für Velazquez, die Kinder für seine Söhne, die Dame auf
dem Sessel für seine Frau Joana, die stehende für seine Tochter
Francisca, von ihrem Gatten gefolgt. Allein wenn in der Hei-
rathsurkunde von 1634 diese seine einzige Tochter heisst, und
von Söhnen nichts bekannt ist, so können die Kinder nicht die
seinigen sein, vielleicht aber Enkel, denn nach Palomino hatte
Mazo viele Kinder. Zwei Söhne, Balthasar und Gaspar, trifft
man später in guten Hofämtern. In der Ecke links oben ist ein
Wappen angebracht, welches auf rothem Grunde einen erhobenen
gewappneten Arm mit einem Klöpfel (mazo) im Schilde führt.
Ist nun der Maler an der Staffelei der Vater oder der Gross-
vater? Im letzten Fall wäre Velazquez ein ungewöhnlich stram-
mer Grossvater gewesen. Kein Grossvatersessel: zwei leere Klapp-
stühle. Auch arbeitet er nicht in bequemem Kittel, sondern in
knapper schwarzer Hoftracht, noch weniger hält er saloppe Re-
kelei für den richtigen Anstand eines Künstlerselbstporträts. Und
wie kahl ist sein Atelier, verglichen mit dem was man heute
nöthig hat! — Bei dieser Annahme könnte der Schwiegersohn
der zweite Herr vorn sein, der zur Noth mit dem Bildniss von
Estéban March (Prado 779) zu vereinigen wäre. Eine Aehn-
lichkeit der fetten Frau mit der feinen Profilbüste der Sibylle 1)
und der sogenannten Joana de Miranda, die beide ohne hinrei-
chenden Grund für Bildnisse der Frau des Velazquez gegolten
haben, vermag ich nicht zu finden.
Mazo war nach dem Tod seiner ersten Frau (gegen 1658?)
zum zweiten mal mit Ana de la Vega verheirathet.
Alle diese Fragen könnten eher beantwortet werden, wenn
man über die Zeit des Bildes etwas wüsste.
Die Schülerhand in diesem Gemälde hat zuerst J. C. Robin-
[323]Bildnisse des Velazquez.
son erkannt, der an Juan de Pareja dachte 1). Schreiber dieses
glaubte im Jahre 1874 die Hand des Mazo zu erkennen, und auf
diese Ansicht ist auch Curtis unabhängig gekommen.
Bei allem Ungestüm des unverarbeiteten, oft wie stossweisen
Strichs, bei aller Wahrheit zarter Kinderhaut, Seiden- und
Silberglanzes, vermisst man Velazquez’ allverbreitete Klarheit
auch im Dämmerlicht, die Zurückhaltung in der Farbe, die Sicher-
heit der Zeichnung. Statt der leichten, schwebenden toques ein
dicker zäher Auftrag, dunkelbraune, hart in die Züge einschnei-
dende Schatten. Nimmt man das lebensgrosse Brustbild des Kö-
nigs als Massstab, so sind die ein paar Schritt tiefer stehenden Fi-
guren im Alkoven viel zu klein gerathen. Auch die Komposition
ist sehr befremdlich. Velazquez hat zu allen Zeiten mit umsich-
tiger Raumabwägung und sogar mit Eleganz gruppirt, auf Rundung
und Abstufung nach der Tiefe Werth gelegt. Damit vergleiche
man nun diese steife Diagonale, diese zusammengedrängte, unge-
schickte Aneinanderreihung der im Einzelnen gut gedachten
Figuren.
Der Maler hat die Meninas vor Augen gehabt, aber er war
darauf bedacht Reminiscenzen zu vermeiden, daraus erklären
sich manche Sonderbarkeiten. Es ist wieder eine Reihe von
Kindern, dem Betrachter zugewandt, auch hier steht der Maler
vor einem grossen Rahmen mit der Figur derselben Marianne
vielleicht, auch das Bildniss Philipp IV zeigt sich an der Wand
gegenüber, wie dort im Spiegel.
Bildnisse des Velazquez.
Die Figur vor der Staffelei in den Meninas ist das einzige
ganz sicher eigenhändige Selbstporträt des Malers. Die Figur
erscheint schmal und mittel, der Gesichtsumriss hat etwas
vom Oblongum: ziemlich hohe steile Stirn mit ausgeprägten
Höckern über den starken schwarzen Brauen, hohle Nase mit
vortretender Spitze, breiter Unterkiefer, starkes Kinn. Dieser
Kopf gehört einem in Spanien nicht seltenen Typus an. Die
Haare, auf dem Schädeldach anliegend, in der Mitte gescheitelt,
fallen in kegelförmigen leicht gewellten Massen, nach der Mode
dieser Jahre, bis auf den Kragen herab 2).
[324]Siebentes Buch.
Alle sonst vorhandenen Bildnisse, mit Ausnahme des kapito-
linischen Brustbilds, in welchen ich das aus Pacheco bekannte
Gemälde von 1630 vermuthete (B. I 295), zeigen ihn ebenfalls in
vorgerückten Jahren, aber mit ganz andrer Stellung des Kopfs
und Wendung des Auges. Von jenem Jugendporträt unterschei-
den sie sich, bei Aehnlichkeit der bleibenden Formen von Stirn,
Nase, Kinn und Mund, durch stärkere Ausprägung der Züge
und durch den Blick. Dort ist er offen, fast träumerisch, echt
künstlerisch, hier mehr verschleiert. Nach dem einen möchte
man sich ihn vorstellen als Mann des ersten Eindrucks und An-
triebs, bei dem Liebe und Hass rasch hervortritt, nach dem andern
als verschlossenen, schweigsamen Beobachter. So sah der Jüng-
ling in das vor seinem Malerauge sich ausbreitende alterthüm-
lich-künstlerische Schauspiel des ewigen Rom: so schritt der
alternde Mann mit den Abzeichen seines Rangs und Amts durch
die Gemächer des Alcazar von Madrid, Befehle ertheilend und
empfangend.
Von den übrigen Bildnissen sind die bekanntesten und oft
graphisch wiedergegebenen die beiden in dem Malersaal der Uffi-
zien. Nach dem Ordensmedaillon von Santiago (1658) auf dem
einen, können sie erst in seinen letzten Jahren, vielleicht erst nach
seinem Tode gemacht sein. Dieses, fast Kniestück (Nr. 217)
zeigt die elegante Figur des Maler Cavaliers. Die Haare, eben-
falls in der Mitte gescheitelt, statt wie im Familienbild die vier-
eckige Stirn freizulassen, sind tief und schräg darüber gestrichen,
wodurch das Oval des Dreiviertelkopfes schmaler erscheint.
Der ernste, stolze Blick, fast leidend, ist zurück nach dem Be-
trachter gewandt. Nichts von Attributen des Metiers ist darin,
kein Malergeräth, nicht einmal der Malerblick. Vielleicht dachte
er wie Congreve, der von der Welt nur als gentleman, nicht als
Poet angesehen sein wollte. Diess bleiche Antlitz ist wie die
ganze Figur jetzt durch den Firniss mit einem weichen dunkel-
gelben Schleier bedeckt. Hinter der mit dem Rücken an die
Seite gestemmten Rechten ragt der Schlüssel der Furriera her-
vor, die Linke berührt den Hut auf dem Tisch, am Elnbogen
zeichnet sich das Degengefäss ab. Die Hände stecken in langen
Lederhandschuhen 1). Die Malweise steht dem Meister nahe.
[325]Bildnisse des Velazquez.
Nach einem nicht bekannten Vorbild ist ein andrer, ähnlich
gestellter und coiffirter Kopf von mehr Fülle des Fleisches öfters
kopirt worden, und nach der übereinstimmend schweren, fast rohen
Malerei, dem finstern Aussehn und röthlichen Ton wahrscheinlich
in derselben Fabrik. Das Exemplar im Museum zu Valencia
(Nr. 684) ist von dem Maler Fortuny für Davillier’s Memoria
(1874) geätzt worden. Sr. José Goyena in Sevilla besitzt da-
von interessante Probedrucke, sie zeigen wie dieser geistreiche
Naturalist nicht leicht mit sich zufrieden war. Das Münchener
Bild (Nr. 366) war schon in der Düsseldorfer Galerie. Das in
Bridgewater House, von H. Farrar stammend, mit der Figur von
Nr. 217, ist eine geringe Kopie, noch schlechter soll die Wieder-
holung in der spanischen Galerie des Louvre gewesen sein.
Das zweite Bildniss der Uffizien (216) ist weniger an-
sprechend als das erste, die Breite der alternden Formen tritt
stark hervor, der Ausdruck ist kalt und phlegmatisch. Die
Haare fallen zur linken in einer schräg herabgehenden Wellen-
linie, rechts sind sie waagrecht über die Stirn gestrichen. Die
grellen rothen Reflexe, die schwarzen Schatten, der breite
fallende Kragen berühren fremdartig 1).
Die Herkunft dieser Bildnisse ist nicht bekannt. In dem
florentinischen Porträtwerk ist das zweite gestochen worden.
Sollte es aus der römischen Akademie von S. Luca stammen,
der die Mitglieder ihr Bildniss stifteten? Ein Porträt des Mon-
sieur Velasco war 1685 in der Sammlung des Prinzen Ignazio
d’Este, die Hände bloss skizzirt 2).
Auch die beiden schönen, und in der Art der mittlern Zeit
des Meisters gemalten Bildnisse unbekannter spanischer Cavaliere
1)
[326]Siebentes Buch.
in Apsley House (S. 76) und in Lansdowne House (aus der Sammlung
des Friedensfürsten) sind früher für Selbstbildnisse gehalten wor-
den. Das letztere Bild eines jugendlichen Mannes hat eine gewisse
Aehnlichkeit mit ihm, die aber mehr im Blick als in den Formen
liegt. Man vermisst die steile Stirn und den breiten Unterkiefer.
In der Miniatur Sir W. Stirling’s, nach der auch der Holzschnitt
in Edwin Stowe’s Biographie (1881), hat der Maler mindestens
stark phantasirt.
Endlich sei noch als Kuriosität eine Figur erwähnt, die den
Aposentador mayor bei der Zusammenkunft der Monarchen und
ihrer Minister auf der Fasaneninsel des Bidasoa im Jahre 1660
darstellen soll. Im Saal Louis XIII des Schlosses zu Versailles,
hängt eine Kopie Matthieu’s nach dem Original von Le Brun
und van der Meulen (2059). Der Hofmaler Ludwig XIV soll
hier seinen spanischen Kollegen in unmittelbarer Nähe hinter
seinem Gebieter angebracht haben. Aber vergeblich sucht man
nach einem Kopf von entfernter Aehnlichkeit mit dem seinigen.
Die Beschreibung welche den Maler alt, erschöpft, verdüstert
nennt 1), verräth dass man den Don Luis de Haro für Velazquez
genommen hat, in dessen eckigen hagern Zügen man den ge-
alterten, den Keim des Tods bereits in sich bergenden Maler zu
erkennen glaubte.
Die Spinnerinnen
(las hilanderas 2,20 × 2,89)
in der Tapetenfabrik sind vielleicht die letzte grosse Arbeit, zu
der der Schlossmarschall Zeit gefunden hat. Der Gegenstand
stand in gewisser Beziehung zu seinem Amt. Bei Kirchen-
festen und Siegesfeiern, an Familientagen und bei Aufführungen
zu Ehren fremder Gäste, wo nie toros und cañas auf dem Palast-
platz fehlten, wird er dem Oberhoftapezier die aus dem reichen
Vorrath der Guardaropa auszuwählenden Tapisserien angegeben
haben, und wenn sie der Restauration bedürftig waren, auch mit
diesem Beamten in die Fabrik gegangen sein. Man liest wie
der Spiegelsaal, in welchem Philipp IV Grammont empfing, von
Velazquez und diesem tapicero mayor zurecht gemacht wurde
(Palomino III, 348). Eines Tages, als er einer Partie von Hof-
[327]Die Spinnerinnen.
damen dahin das Geleit gegeben, und den Ablauf ihres Mei-
nungsaustausches über eine ausgestellte Arbeit abzuwarten sich
zurückgezogen hatte, bemerkte er von der Thür aus malerische
Motive in den vor ihm sich bewegenden Gruppen, und so ent-
standen die hilanderas. —
Auch in Madrid gab es damals eine Tapetenweberei. Im
kastilischen Mittelalter waren mehr die bemalten Tücher für den
Wandschmuck üblich, Dokumente über spanische Webereien
sind nur für Navarra und Barcelona aufgefunden worden 1). Je-
denfalls haben seit dem fünfzehnten Jahrhundert die flandrischen
Fabriken die einheimische Industrie gänzlich aus dem Felde ge-
schlagen. Aber schon Philipp II, der auf alle Talente und
Industrien seiner Reiche ein Auge hatte, entdeckte in Sala-
manca einen tapicero, Pedro Gutierrez, den er sofort in Dienst
nahm (1572) 2).
Die erheblichen Summen, welche auf diese Weise ins Aus-
land flossen, mussten den Wunsch erwecken, auch in diesem
Artikel Spanien unabhängig zu machen. Der Herzog von Pas-
trana hatte in dem Städtchen dieses Namens, „in Nacheiferung
der Chinesen und Flamländer“ eine Werkstatt (obrage) gegründet,
natürlich mit Hülfe fremder Arbeiter, von deren bei der Fron-
leichnamsprocession des Jahres 1623 ausgestellten Leistungen
Niederländer gesagt hatten, „kein Pinsel der Welt könne sie
übertreffen“ 3). Und im Jahre 1625 erscheint jene salmantinische
Fabrik nach der Hauptstadt übergesiedelt. Ein Nachfolger des
Gutierrez, Antonio Ceron hat seit drei Jahren ein Atelier in
Santa Isabel mit vier Webstühlen auf seine Kosten errichtet,
betreibt diese mit acht aus Salamanca mitgebrachten Arbeitern,
und hat acht Lehrlinge gebildet. Sein Gesuch um einen Geld-
zuschuss wird indess abschläglich beschieden, vermuthlich weil
man bereits einem Flamländer Unterstützung gewährt hatte,
Franz Tons in Pastrana.
Wahrscheinlich spielt unsre Scene in einem Raum dieser
Tapetenfabrik von Santa Isabel. Die Anstalt wird als Anfang
einer nationalen Betheiligung an dieser Art Kunstgewerbe in
Madrid beliebt gewesen sein. War doch der Besitz einer Folge
von tapices der Ehrgeiz jedes vornehmen und reichen Hauses.
[328]Siebentes Buch.
Der Raum hat Aehnlichkeit mit einer Kapelle; an ein Arbeits-
zimmer schliesst sich eine kleine durch zwei Stufen erhöhte,
überwölbte Zelle, eine Art viereckiger Apsis. Hier, im Hin-
tergrund ist eine Tapisserie an zwei Wänden gegenüber dem
Eingang und dem Fenster aufgehängt, zu ihr haben sich drei
Damen hinaufbemüht. Den Haupttheil des Gemäldes bildet je-
doch der Vordersaal mit fünf Weibern, welche mit der Zuberei-
tung der Wolle beschäftigt sind.
Die „Spinnerinnen“ sind eigentlich ein Doppelbild. Jeder
Theil würde ein Gemälde für sich geben können. Ein breiter,
halbdunkler plebejischer Theil, und ein stralender, erhöhter,
aristokratischer, wie Parterre und Bühne. Auf den ersten Blick
könnte man das Hintergrundsbild für eine Theaterscene halten.
Die Tapete würde dann die Episode eines mythologischen Dra-
mas vorstellen, die Damen das ausgewählte Publikum, welches
auf der Bühne Platz genommen hat; auch die Instrumentalmusik
der Zwischenakte fehlt nicht ganz; man sieht einen Contrebass
als Abschieber dastehn, angelehnt an einen barocken Sessel.
In der Anordnung glaubt man freie Nachklänge venezia-
nischer Studien zu erkennen. Die kreuzweis gestellten Contra-
poste der vor- und zurückgelehnten Figuren mit ihren starkver-
kürzten Köpfen; das Sonnenlicht von der Fensterseite auf die
Frauenköpfe fallend; selbst die Art wie die zweite kleine Scene
in einem abgeschlossenen Raum hinter der Hauptscene angebracht
ist, das sind dem Freunde Tintoretto’s wolbekannte Motive.
Sonst wüsste ich für die Erfindung keine Analogie; man
sieht aber bald, dass sie in demselben Kopfe sich zusammen-
gefunden hat, der die Meninas erdachte. Auch hier ist ein Bild
im Bilde, um das sich die Handlung dreht, mittelbar und un-
mittelbar. Nur wenn das Gemälde dort, wo alle Personen
hintereinander vor den unsichtbaren Majestäten Front machen,
etwas vom Tableau bekam, so scheint der Maler hier darauf
ausgewesen zu versuchen, wie weit wohl der Schein des Zu-
fälligen, der Schein der Beseitigung des Apparats der Kunst
gehen könne. Hier ahnt keine der handelnden Personen, dass ein
Künstler ihr auflauert. Die Gruppen könnten in einer Augen-
blicksphotographie nicht zufälliger aussehn; auch sind es, wie
meist im Leben, lauter Nebenpersonen ohne Hauptperson (a novel
without a hero).
Der Schwerpunkt aber liegt in der Darstellung des Lichts.
Der eigentliche Gegenstand dieses Gemäldes ist das Licht; die
[]
Die Spinnerinnen.
[][329]Die Spinnerinnen.
Figuren sind nur da um des Lichts willen, das mit ihnen sein
Wesen treibt. Dies Werk verräth noch deutlicher als alle
übrigen, wie sehr den Velazquez optisch-malerische Probleme
interessirten; es ist etwas darin von Kunst um der Kunst willen.
Aus zwei grossen Fenstern, einem im Hintergrund oben,
diesen durchbrechend, dem andern in der Werkstatt, dringt
das Sonnenlicht ein, also in zwei getrennten parallelen Strahlen,
dort ein volles, hier ein beschränktes. Ein lustiger Sonnen-
strahl, das Fetzchen eines Madrider Sommertags, hat sich in
den kleinen Ausstellungsraum ergossen, wie ein Katarakt der
stäubend aus Felsspalt stürzt; in der That verdankt er der
staubaufwirbelnden Arbeit seine Pracht. Dieser Strahl wirkt
derart auf das Gewebe, dessen farbige Seiden-, Woll- und Gold-
fäden entzündend, und auf die geputzten Damen, Schatten und
damit Körperlichkeit tilgend, dass das Auge zweifeln kann, ob
die gewebten Figuren nicht doch Komödianten seien; oder ob die
so passend an den Ecken aufgestellten Señoras nicht zu dem
Arazzo als Vordergruppe gehören.
Den eigentlichen Gegenstand des Interesses, das Tapetenbild,
möchte man gern deuten, besonders da das Auge durch die An-
ordnung beständig darauf hingelenkt wird, und die Sonne selbst
wie mit dem Finger darauf zeigt. Man sieht einen Mann mit
Helm und Schild, abgewandt, die Rechte erhoben, wie zum Hand-
schlag oder emporzeigend. Vor ihm steht eine Frau, zu ihm
aufsehend, die Linke im Mantel, die Rechte ausgestreckt, wie in
Bewunderung jener Heldengestalt. Eine Dritte, den Arm schüt-
zend über das emporgewandte Gesicht haltend, scheint durch
zwei Flügelkinder fortgescheucht zu werden. Wahrscheinlich
sind die drei davorstehenden Damen ebenso rathlos wie wir,
denn eine dreht ihr hübsches Köpfchen um nach dem Atelier
unten, vielleicht nach dem Schlossmarschall, von dessen Belesen-
heit sie Auskunft erwartet. Die zwei andern wollen uns nur die
Ansicht ihres aristokratischen Nackens und der geschmackvollen
Frisur darüber vergönnen, deren Verheissungen die Vorderseite
vielleicht nicht hält. Nur ein Meisterwerk wie das, welches er
vielleicht eben zu skizziren im Begriff war, entschuldigt dass er,
ein Hofmann und Spanier, die Damen allein gelassen hat.
Zwischen diess farben- und lichtgetränkte Bild und die
Vorderscene schiebt sich das neutrale Dunkelgrau der leeren
Wand. In diesem Hauptraum aber vermag das Licht das Dunkel
nur halb zu besiegen, weil das Fenster wegen des heissen Tags
[330]Siebentes Buch.
durch einen schweren rothen Vorhang grösstentheils verhängt ist.
Die volle Ladung empfangen nur die weissen Arme, der aus den
weichen Schultern aufsteigende feine Hals des zurückgelehnten
jungen Mädchens, welches ein Gebinde Garn vom Haspel ab zu
Knäueln wickelt. Man hat in ihr das Modell seiner Venus wieder-
erkennen wollen; auch diese dreht uns den Rücken zu. Den
schönen Fuss nicht zu übersehen! Aus der dunklen Thür hinter
ihr ist eine andere Dirne eingetreten, einen Korb auf den Boden
setzend. Die Alte mit dem Rücken am Spinnrad gegenüber,
sowie das Mädchen, welches wie es scheint auf ihre Bitten den
Vorhang etwas zurückschlägt, empfangen nur ein starkes, durch
die Stoffe in der Nähe roth gefärbtes Reflexlicht. Endlich
die Kleine in der Mitte, welche halbkniend mit dem Wollkamm
arbeitet, ist ebenfalls durch den hohen Haufen Rohwolle von
dem Fensterlicht links getrennt und bloss vom Wiederschein
erhellt; aber wir sehn ihr Gesicht und ihre Figur, in Folge der
Blendung durch das hinter ihr ausgebreitete Sonnenlicht, fast nur
als Silhouette: die inneren Züge sind bis zur Unkenntlichkeit
verschwommen. Durch Wiedergabe dieser optischen Täuschung,
die nur das wirkliche, nicht das gemalte Licht hervorzubringen
vermag, hat der Maler die scheinbare Intensität des Sonnenlichts
noch verstärkt. Alle diese helldunkeln Köpfe erscheinen in
Folge des Lichts aus dem Hintergrund von hellen Lichtkontouren
umgeben.
Während in den Meninas das allmähliche Versinken des
Lichts nach dem Hintergrund zu der Hauptzug ist, so haben
wir hier den Triumph des die spanischen und niederländischen
Maler jener Zeit beschäftigenden Motivs der Durchbrechung des
Grunds durch die höchste Lichtpotenz, mit Zerstreuung und Ab-
schwächung nach vorn. Nur wurde zur Milderung des Gegen-
satzes, dort im dunklen Hintergrund, hier im dämmrigen Vorder-
grund, ein begrenzter Punkt für das volle, reine Licht reservirt.
Es sollten also in diesem Gemälde verschiedene Arten der
Beleuchtung vereinigt, schwer darstellbare und bisher noch nie
dargestellte Lichtphänomene zu malen versucht werden. Das
direkte, von hellen Körpern abprallende Sonnenlicht; das durch-
scheinende (in einem gerötheten Ohr); das indirekte farbige Reflex-
licht im Schatten; die Unklarheit durch Strahlenzerstreuung oder
Irradiation; der durch Brechung an den in der Luft schwebenden
Staubkörperchen sichtbar werdende Strahl; die zu concentrischen
Kreisen zusammengeronnenen Speichen des schwingenden Rads;
[331]Die Spinnerinnen.
das Geflimmer bunter Gewebe. Mit feinem Sinn für Harmonie
ist der Gegensatz der sonnerhellten Zelle und des verhängten
Arbeitsraums ausgeglichen durch die Betonung des kühlen Blau
in jener und des warmen Roth in den Schatten von diesem: Blau
hat auch der Sonnenmaler van der Meer im Licht. Die Sonne,
die mit ihren verschiedenartigen Strahlen Gemälde vor uns webt,
wer hat sie je so in ihrem Thun belauscht! Sie selbst scheint
hier ihre Zaubereien zu treiben, zittert auf seidenen Stoffen,
liebkost einen blendenden Nacken, versinkt in kohlschwarze
kastilische Locken; macht diess plastisch deutlich, jenes malerisch
nebelhaft, löst Körperlichkeit auf in Imponderabilien und gibt
Flächen die Rundung des Lebens, macht das Wirkliche zum
Bild und das Bild zur Vision. Man fühlt hier, dass Licht Be-
wegung ist, und jedem schwebt das Wort auf der Zunge: Musik
der Farben.
Wendet man sich von dieser letzten Historie zurück nach
seiner ersten, auch einem Volksstück, dem Bacchus, so hat man
dort eine Scene unter freiem Himmel in der Beleuchtung eines
geschlossenen Raumes, hier den Triumph von Licht und Farbe
in einem Gewölbe.
Es ist auch des Meisters bewegtestes Bild: weiter kann
wol die Darstellung der Bewegung im Unbeweglichen nicht ge-
trieben werden. Dieser Eindruck wird selbst durch Linien
und Formen unterstützt. An die Stelle jenes Netzwerks von
starren parallelen Linien in den Meninas treten Kreislinien:
in dem Schema der Gruppen, in Bogen und Rundfenster der
Zelle, in den Geräthen der Arbeiterinnen. Und da Bewegung
von einem gewissen Punkt an hörbar wird, so füllt sich das Bild
mit dem wunderlichsten Concert: des sausenden Spinnrads, des
knurrenden Haspels, des gedämpft herabdringenden Geschnatters
durcheinanderredender Señoras und des schnurrenden Katers. —
Bei den ausserordentlichen Wechseln der Malweise in
diesen dreissig Jahren welche zwischen den Borrachos und den
Hilanderas liegen, bemerkt man Gleichförmigkeit in den Grund-
sätzen der Komposition. Ueberall hat er sich der Kreis- oder
eliptischen Form bedient, bei der man ohne Zwang mit den ver-
schiedensten Ansichtsweisen der Figuren und Arten der Be-
leuchtung wechseln kann. Im Bacchus und Vulkan steht dem
geöffneten Kreise eine Hauptfigur gegenüber, zugleich als Con-
vergenzpunkt des Interesses und zum Theil der Blicke. In Breda
öffnen sich zwei Massen, Halbkreise bildend, aus dem die Pro-
[332]Siebentes Buch.
tagonisten aufeinander zutreten; in den Spinnerinnen sind zwei
unabhängige Kreise. Selbst in der „Familie“ ist der Kreis
wenigstens angedeutet; er ist sogar geschlossen, aber durch das
Königspaar, das sich vor der Bildfläche befindet. Man sieht wie
diejenigen sich irren, welche Velazquez zu der Klasse Realisten
zählen, welche auch die Ueberlieferungen der alten Schulen in
der Kunst der Komposition zum akademischen Plunder werfen.
Mit wieviel Vorbedacht der Maler an das Bild gegangen
ist, beweist die von seiner üblichen ganz verschiedene Behand-
lung der Farbe. Statt der ihm sonst geläufigen kühlen und
blassen Tinten wählte er warme, reine, gesättigte; Jemand hat
den Eindruck etwas lyrisch mit einer blumigen Wiese verglichen.
Ferner, wie Peter de Hooghe und Jan van der Meer, die ähn-
liche Effekte darstellten, unter den Cabinetmalern ihres Jahr-
hunderts fast allein dastehen mit ihrem starken Farbenkörper, so
hat Velazquez ebenfalls gegen seine sonstige Gewohnheit auf
dicker weisser Grundirung reichliches Impasto verwandt1). Ist
es in Folge hiervon, oder angewandter starker Sekkative oder
eines äussern Zufalls, wie Brand, genug die Oberfläche zeigt
einen sonst nirgends bemerkten Zustand. Sie ist durchzogen von
einem gleichmässigen Netzwerk von Rissen, oder vielmehr, und
das ist das seltsame, erhöhten Dämmen, als sei die Imprimirung
aus den Rissen hervorgequollen. Endlich ist das Bild mit einem
nur in den Meninas ähnlich vorkommenden Feuer der Hand ge-
malt, offenbar im Drang die optischen Wirkungen ohne Zeitverlust
endgültig zu fixiren. Mengs sagte, „es sei in einer Weise ge-
arbeitet, dass die Hand an der Ausführung gar keinen Antheil
gehabt zu haben scheine, sondern der blosse Wille“; er nennt es
„ein in seiner Art ausserordentliches (singolare) Werk“. Er hat
es eigentlich entdeckt: Palomino erwähnt es nicht. Es befand
sich zuerst in Buen Retiro, im Palast Carl III (1789) war es in
dem Billardzimmer (pieza de trucos).
Die Spinnerinnen sind wol das älteste Arbeiter- oder Fabrik-
stück. Diess Wagniss hat also der Schlossmarschall Philipp IV
unternommen. Der Beifall, den das Bild zu allen Zeiten gefun-
den hat, beweist, dass der Griff ein glücklicher war. Besonders
[333]Die Spinnerinnen.
Frauenarbeit eignet sich mehr als Männerarbeit zu malerischen
Darstellungen. Wie hübsch hat Pinturicchio die Penelope am
Webstuhl, umgeben von ihren Mägden, in dem Gemälde der
Nationalgalerie (Nr. 911) in seiner zierlichen Weise dargestellt.
Mancher der z. B. die grosse Fábrica de tabacos in Sevilla ge-
sehen hat, wird sich gefragt haben, warum man früher nicht öfter
aus solchen Quellen geschöpft hat. Man denke an die Beliebtheit
von Scenen wie die Zimmermannswerkstätte des h. Joseph, Guido’s
Kind Maria im Tempel inmitten einer Gesellschaft von Nähte-
rinnen, die Schmiede Vulcan’s. Allein von den italienischen
Naturalisten des Jahrhunderts ist keiner auf ein Arbeiterbild ver-
fallen. Die Holländer malten das Volk nur in seinen Erholungen.
Ohne Zweifel, weil gerade Realisten oft stark auf den Reiz der
Ideenverbindungen des Stoffs rechnen. Fabrikarbeit ist ohne
Humor, prosaisch, ernst, ja sauer; dabei staubig und farblos.
Hogarth hat eine Weberwerkstatt radirt, und selbst er in einem
Cyklus moralischer Tendenz, einem gemalten Traktätchen.
Arme Tagelöhnerinnen zum Gegenstand eines grossen Ge-
mäldes machen, die Durchbrechung des die Gegenstände der
Kunst so eng umschliessenden Konventionalismus gerade nach
dieser Seite hin, das ist gewiss etwas Auffallendes bei einem
Spanier und Kammermaler. Bettler waren dort Respects-
personen, Banditen Volkshelden, Gauner Romanfiguren, aber am
Handwerk haftete das gothische Vorurtheil. —
Neuheit in Erfindung bemerkt man übrigens nicht bloss bei
diesen beiden letzten Meisterwerken; sie ist allen Historien des
Velazquez in ungewöhnlichem Grad eigen. Er muss ein grosser
Verächter des Banalen, der Wiederholung andrer und seiner
selbst gewesen sein. Dafür hat er freilich auch wenig Historien
zu Stande gebracht. Sein kühles Temperament konnte, scheint
es, durch nichts geringeres als eine mit allem Vorhandenem un-
vergleichbare Idee zum Schaffen aufgeregt werden. Der Gegen-
stand musste Veranlassung geben zur Einführung besondrer,
noch ungebrauchter Modelle, zu neuen Problemen der Beleuch-
tung und Experimenten des Malerischen. Das Bild musste so
ausschliesslich ihm gehören, wie seine Nase und seine Frau.
Nicht als wenn er Originalität gesucht hätte. Er hat über-
haupt seine Erfindungen nicht gesucht, sie haben ihn überrascht,
der Zufall hat sie ihm in die Hand gespielt. Wenn der Zufall
auf sich warten liess, so hatte er Geduld, er liess Jahre ver-
streichen, ohne anderes als seine Hofbildnisse zu machen. Dabei
[334]Siebentes Buch.
ist es ganz dasselbe, mag der Stoff neu oder alt sein. Im letztern
Fall entfernt er sich von seinen Vorgängern so weit, dass eigent-
lich nur die Unterschrift dieselbe ist, wie bei den Mythologien.
Als die Feldherrnbilder für Buen Retiro ausgetheilt wurden, hatte
er nicht daran gedacht, die Uebergabe von Breda zu übernehmen;
als er sich später aus unbekannten Gründen dazu entschloss,
scheint er sich vorgesetzt zu haben zu versuchen, wie weit die
Unähnlichkeit zweier Darstellungen desselben geschichtlichen
Augenblicks gehen könne, obwol seine Auffassung so einfach
und natürlich ist wie die Skizze eines Augenzeugen. Ein Mann
von ruhigem Selbstgefühl tritt uns hier entgegen. Er bringt die
Sache auf die Leinwand wie es ihm beliebt, ohne sich zu beden-
ken, wie sie zu den Vorstellungen der Leute und den Ge-
pflogenheiten der Schule passe. Darin ist er ganz Spanier.
Wenn man dort auf etwas ganz Unerhörtes und wie es scheint
Absurdes trifft, so pflegt auf die triftigsten Gründe und die Be-
rufung, dass es ja die ganze civilisirte Welt, und selbst das ganze
übrige Spanien anders mache, die ruhige Antwort zu ergehen:
Und hier macht man es so!
Die lustigen Personen.
Schon den Italienern des sechzehnten Jahrhunderts fiel die
Neigung der Spanier zum Narrenwesen auf1). Ein Sammler
zur Geschichte des Komischen hatte den Eindruck, „dass die
Spanier wegen ihrer ausschweifenden und erhitzten Einbildungs-
kraft im Grotesk-Komischen alle Völker Europa’s übertroffen
haben“2). Vielleicht grade wegen ihres Ernstes. „Wie der ernste
geistliche Stand, sagt Jean Paul, die meisten Komiker hat: so
haben die gravitätischen Spanier mehr Lustspiele als irgend ein
Volk, und oft zwei Harlekine in einem Stück“. Die Bande, welche
den spanischen Geist einschnürten, der Geschmack am trivialen
Detail, das Nebeneinander des noch ganz anders als sonstwo
lebendig gebliebenen Mittelalters mit den Zuständen moderner
Kultur, das gab Reibungen, denen der Funke der Komik ent-
sprühte. Dieser Hang ist nie auffallender hervorgetreten als in
unserm Jahrhundert, an dessen Eingang das Buch erschien, dessen
Held „ein mit Verstand gespickter Narr mit lichten Augenblicken
[335]Die lustigen Personen.
ist“ (Don Quixote II, 18). „Sein Zwillingsgestirn der Thorheit
steht über dem ganzen Menschengeschlecht“ (Jean Paul). Alte
Formen, an denen sonst der Geschmack sich verlor, erfuhren
damals eine Wiederbelebung. Die Verknüpfung des Ernsten und
Burlesken, des Erhabenen und Gemeinen, der Schwärmerei und
Blasphemie ist nirgends in Dichtung, Kunst und Kultus so un-
befangen gepflegt worden. Paul Tiepolo (in der Relation von 1563)
fand mit Erstaunen die Carnevalsgebräuche Italiens als Bestand-
theile der feierlichsten spanischen Kirchenfeste wieder: Masken,
Tanz, Moresken, Comödien, Liebschaft machen und Narrens-
possen. „Die Autos des Calderon, sagt Flögel, übertreffen an
ungeheurer Vermischung von Heiligem und Profanem fast alles,
was man je Ausschweifendes im Fach der Comödie erdacht hat.“
Wie nun die platten Spässe der graciosos im pathetischen
Drama, wie die fratzenhaften Ungeheuer in jeder Fronleichnams-
procession unentbehrlich waren, so fand sich auch unter den Auf-
gaben der Maler Seiner Majestät das Narrenporträt, es war eine
herkömmliche Ausstattung gewisser Räume der königlichen
Schlösser. In der Galerie des Prado sind sie jetzt von ihren
Treppenwänden und aus den Landhäusern emporgestiegen neben
die stolzen und kalten Gestalten ihrer früheren Herren, von denen
sie ja freilich im Leben unzertrennlich gewesen waren. Rechnet
man die angestellten lustigen Personen (hombres de placer), die
Zwerge und Idioten, die Narren auf eigne Hand und die in
andern Bildern als Nebenfiguren angebrachten zusammen, so
kommt mehr als ein Dutzend erhaltener (mehrere sind verschol-
len) Originalporträts dieser Art von Velazquez Hand heraus, eine
in ihrer Art einzige Sammlung — die unterste Staffel der Pyramide
der alten spanischen Gesellschaft.
Zu Leo X Zeit — der goldnen Zeit auch der Hofnarren —
wurde von ihnen, wie im Mittelalter, noch dichterische Fertig-
keit verlangt. Durch sie empfahl sich jener Erzdichter Camillo
Querno, der zur Poetenkrönung im Kapitol auf dem Elephant
ritt, und mit dem der Pabst selbst improvisirte Verse wechselte.
In unserm Zeitalter war hier längst Trennung der Arbeit einge-
treten. Nur in prompter Improvisation nach allerhöchsten Win-
ken erinnern die Hofdichter noch an die Jongleurs. Da die
Dichter einmal in diesem Zusammenhang genannt sind, so muss
man doch bedauern, dass nicht irgendwo im Alcazar auch eine
Escalera oder eine Bóbeda als Poetenwinkel geweiht war. Peter
Aretino warf die Frage auf, ob Leo X die virtû de’ dotti, oder
[336]Siebentes Buch.
die ciancie de’ buffoni lieber gewesen wären, und Boileau klagt,
dass am Hofe —
N’y parviendra jamais au sort de l’Angely
(des Bouffonen Ludwig XIV).’
Nun aber hat diese Zeit bei all ihrer Regsamkeit der Erfin-
Don Juan de Austria.
dung doch nur
wenig hervorge-
bracht, was nicht
auf Präcedenz-
fälle, oder Vorbil-
der der Vergan-
genheit sich stütz-
te; und auf diese
möchte ich mir er-
lauben, die Auf-
merksamkeit des
Lesers zuerst zu
lenken.
KarlV soll ein-
mal gesagt haben,
die Spanier schei-
nen weise und sind
Narren; die Ita-
liener scheinen und
sind weise; die
Franzosen schei-
nen Narren und
sind weise, die
Deutschen schei-
nen und sind Nar-
ren. Es lag im Geist
der Zeit, mensch-
liche Dinge als
Funktion dieses
Gegensatzes zu
betrachten. Wie viel die Narren bei ihm galten, geht schon
aus den Namen der Künstler hervor, die sich bequemen
mussten sie ihm zu malen. Ein Zwerg, den ihm Sigmund von
Polen geschenkt hatte und der als gewandt, wohlgebildet und
klug geschildert wird, ist wahrscheinlich das Närrchen (trua-
[337]Die lustigen Personen.
nillo) Stanislaus, den Tizian gemalt hatte. In dessen Figur im
grossen Bildnissaal des Pardo (noch 1614 erwähnt1) trug er
einen Anzug von rothem pelzverbrämtem Damast, in der Rechten
hielt er eine Lanze, in der Linken eine rothe (polnische?) Mütze
mit Hermelinbesatz. Das Bild war noch in den dreissiger Jahren
im Palast zu Madrid2). Noch erhalten sind zwei Bildnisse dieser
Klasse von A. Mor.
Das eine ist Pejeron,
ein Buffo des Grafen
von Benavente, der
am Hof sehr beliebt
gewesen sein muss;
das Bild findet sich
bereits im Inventar
Philipp II, in der
Casa del Tesoro,
zweites Zimmer, und
wird auf zwölf Du-
katen geschätzt (Pra-
do Nr. 1483). Es ist
ein ältlicher Mann
von ungeschlachtem
Oberkörper und kur-
zen krummen Beinen,
in weisser Hoftracht,
in der Hand Spiel-
karten; die Züge
bäuerisch grob und
mürrisch, der Blick
aufgeregt, verwor-
ren gekreuzte Stirn-
falten. Das zweite
Stück ist das schöne
Bildniss im Louvre,
des Zwergs mit dem
Der Truhan Pablillos.
II. 22
[338]Siebentes Buch.
grossen Hund, der das kaiserliche Wappen am Halsband
trägt; dieses Männchen hat die boshaften Züge eines hässlichen
Buckligen. Es trägt ein dunkelgrünes goldgesticktes Wams und
sehr langen Mantel, spitze Mütze, goldene Kette, Degen und
Narrenkolben. Ein ähnliches Bildniss befand sich im Schloss zu
Madrid1) neben dem Bildniss des Kaisers.
Wer sich von dem Witz dieser Pritschmeister eine Vorstel-
lung machen will, findet in Melchor de la Cruz’ Blütenlese zahl-
reiche ihrer Aussprüche gesammelt2).
Der trockene Philipp II fand, wie seine Vorliebe für die
Phantasiestücke des Hieronymus van Aeken aus Herzogenbusch
beweist, Geschmack am Grotesken. Er hörte gern Spässe, und bei
Tafel (wahrscheinlich zur Beförderung der Verdauung) mussten
die Buffonen erscheinen; er nahm eine grosse Zahl auf seiner
englischen Reise mit; im übrigen hielt er sie knapp. Die Narren
und Närrinnen, die ihm sein Hofmaler Alonso Sanchez Coello
gemalt, befanden sich noch am Ende des siebzehnten Jahrhun-
derts auf der Treppe zur Nordgalerie des Alcazar. Damals
umgab die Narrheit noch ein mystisches Halbdunkel im Sinn der
Alten; man hielt sie gelegentlich für inspirirt. Als der Car-
dinal Hugo Buoncompagni in Sachen des eingekerkerten Erz-
bischofs Carranza an den Hof kam, in Begleitung der Prälaten
Felice Peretti und Nic. Sfondrati, und die drei einst an der
königlichen Tafel sassen, soll ein Truhan zu Philipp gesagt
haben: Weisst du auch, dass drei Päbste bei dir speisen? worauf
er den dreien auf die Schulter klopfte. Sie wurden Gregor XIII,
Sixtus V und Gregor XIV. Cervantes erzählt im Prolog zu den
Dramen, dass Lope de Rueda der Dichter-Schauspieler in Cor-
doba zwischen den zwei Chören begraben wurde, neben dem
Buffo Luis Lopez. Von letzterem befand sich ein kleines Oel-
blildniss im Guardajoyas Philipp II.
[339]Die lustigen Personen.
Der alte Herr war selbst bei seinem schweren Leiden so
empfänglich für taktvolle chistes, dass Fürsten in delikaten
Sachen sich für einen Agenten unter dieser Maske besseres Ge-
hör versprechen durften, als für beglaubigte Diplomaten. So
erzählt der Venezianer Agostino Nani, dass im Jahre 1598 bei
Gelegenheit der für die Hochzeit Alberts und Isabellens über-
sandten Geschenke ein angeblicher Buffo des Grossherzogs Fer-
dinand I an den Hof gekommen war, dessen florentinischer Witz
ihm nicht nur die Zimmer Seiner Majestät sofort öffnete, sondern
auch mit goldnen Ketten, Wagen und Pferden zum Besuch der
Lustschlösser belohnt wurde. Man erkannte bald in ihm einen
sehr schlauen (accortissimo) Unterhändler oder Kundschafter in
Heirathssachen der schönen Nichte Seiner Hoheit1).
Das Inventar Philipp II weist eine grosse Zahl von Narren-
bildern auf. Von Sanchez Coello war der alte Morata, im Freien
sitzend, die Brille auf der Nase und in ein Buch vertieft, mit
andern Bänden am Boden zerstreut; — vielleicht das Vorbild
des Primo. Ferner Martin de Aguas, einmal im bäurischen
Filzmantel (gaban) mit weiss-roth-grünnen Streifen, gelben
Strümpfen, die Narrenmütze in der Hand; das andremal in Blau,
die Hand auf ein Kind gelegt, und umgeben von einem Neger,
einem närrischen Knaben und Mädchen. Ein kleiner dicker Truhan
Rollizo (d. h. walzenförmig) in orangegelber geschlitzter Tracht
steht neben dem riesenhaften katalonischen Bauer Juan Biladon (?),
dessen Gürtel fassend; letzterer hält in der Linken seine Pflug-
schaar. Auch einen Zwerg des Don Carlos’ Christóbal Cornelio,
in rothem Kleid, sah man dort.
Mehremale begegnet man der Magdalena Ruiz, einmal in
schwarzer Hoftracht mit Spitzenmantille, weissen Aermeln, Fächer
und Handschuhen. Sie gehörte der Prinzessin Juana von Por-
tugal und scheint von ihr an die Infantin Isabel übergegangen
zu sein. Auf einem Bildnisse der letztern steht sie neben dieser,
die ihr die Hand auf den Kopf legt, einen grossen, hässlichen
Altweiberkopf. Wer aber ist das niedliche Persönchen, wel-
ches man auf dem Pourbus zugeschriebenen Bildniss der Tochter
Philipp II in Hamptoncourt (343), wahrscheinlich von der Hand
Pantoja’s de la Cruz, erblickt?
Auch die Komik Neapels scheint vertreten gewesen zu sein,
[340]Siebentes Buch.
man findet die Halbfigur „des Calabresen“, in schwarz, mit goldner
Kette, die Hand im Gürtel.
Endlich Catalina die Portugiesin, Halbfigur in weissem Wit-
wenkopftuch, ein Schellenbecken schlagend; sie steht im Guarda-
joyas zwischen Philipp II und D. Juan von Oesterreich. An die
Narren schliessen sich Naturspiele; Brigida del Rio, genannt „das
bärtige Weib von Peñaranda“, die sich 1590 in Madrid zeigte, und
„das krauslockige Mädchen“ (la niña encrespada), beide im Pardo.
Der Kopf, der unter Don Phelipe el prudente die erste
Geige gespielt hatte, war bei seinem Sohne Philipp III der
Sebastian de Morra.
schwächste Theil, und so
stieg das Ansehn der Narr-
heit. Bei seinen Hoch-
zeitfestlichkeiten im Jahre
1599 erschien Lope de
Vega in der Rolle eines
Narren. Aus einer Re-
lation über seinen Hof
vom Jahre 1611 (auf der
Berliner königl. Biblio-
thek) erfährt man, dass die
unverheiratheten Gran-
den, besonders die aus
der Provinz, allezeit offene
Tafel hielten, zu der sie
die einflussreichen Höf-
linge einluden. Da sei es
denn rathsam gewesen,
des Königs Buffonen aus-
zuzeichnen, „weil sie die Trompeten und Augen alles dessen
sind, was sie sehen und hören“. Im Pardo war von Pantoja
de la Cruz das Bildniss des Bonamic und Don Antonio mit dem
Hund Baylan (Vaillant).
Charakteristisch für den Ton sind die Briefe eines ita-
lienischen Hanswurst, ein Unicum, das sich im Archiv zu
Mantua erhalten hat. Im Jahre 1604 kam von dort Don
Gerónimo Fonati nach Valladolid, wo er von den Grossen
des Hofs, dem Grafen von Miranda, den Herzögen von Cea
und Sessa gut aufgenommen, und dem Könige vorgestellt
wurde, der ihn sogleich mit einem Anzug für fünfhundert Scudi
beschenkte. Da er ein Spieler war, so verstand sein Erfolg
[341]Die lustigen Personen.
sich von selbst. Dieser Edle schreibt seinem Herzog Vincenzo
Gonzaga, an den er sich unterzeichnet Vostro affizionato como
padre: „Ich habe mich mit Rittern meines Gewerbes hier ge-
messen, und habe ihnen die Palme der Schandbarkeit (infamia)
abgewonnen. Aber mit den Kavalieren wird mir, fürchte ich,
der Sieg unmöglich werden, denn statt mir Geld zu geben, be-
zahlen sie mich mit Gravität.“ Der Gevatter könne seiner Treue
und Rückkehr gewiss sein, und wenn ihm der König von Spanien
alles gebe was er habe. Der Gesandte empfiehlt ihn bei der Ab-
reise dem Herzog, „er werde ihm volle Auskunft geben können
vom spanischen Hof, da er in kurzer Zeit alles günstige
und widrige Glück durch-
gemacht habe“.
Aber nie hatte das
Narrenwesen soviel zu
bedeuten gehabt wie unter
Philipp IV, der zugleich
schwermüthig und frivol
war. Die Langeweile eines
Königs kann kolossaler
und gefährlicher werden
als die gewöhnlicher
Sterblichen, für Minister,
Lakaien und Unterthanen
und für den Frieden der
Welt. Calderon, im „Arzt
seiner Ehre“, bringt einen
König auf die Bühne, der
seinem Narren hundert
Scudi bietet für jedes mal,
wenn er ihn zum Lachen
El Primo.
bringt, gelingt ihm diess einen Monat lang nicht, so wird ihm ein
Zahn ausgebrochen. Philipp IV gehörte zu den grossen Herrn,
von denen Erasmus im Lob der Narrheit sagt, dass sie ohne
ihre Narren weder essen noch trinken, ja überhaupt keine Stunde
ausfüllen können. Sie erscheinen im Theater, bei Festen, und
Audienzen an seiner Seite, sie haben überall freien Eintritt:
Debe de haberse tomado
Licencia de entrar aqui.
(Afectos de odio y amor II.)’
[342]Siebentes Buch.
Bei dem Stiergefechte zu Ehren des Herzogs von Modena (1638)
sassen sie um das Königspaar am Fuss des Throns, in der Tracht
altkastilischer Könige.
Es kam auch vor, dass kluge Leute mit der Maske der
Schalkheit spielten, um sich mehr Freiheit und Einfluss zu ver-
schaffen. In der spätern Zeit Philipp IV war ein Ayuda de
Cámara durch sein Talent eine der einflussreichsten Personen am
Hof geworden, Emanuel Gomez. Er war in Italien und Florenz
gewesen und galt bei den Diplomaten sogar für einen profunden
Politiker und Menschenkenner, man weihte ihn ein in hohe
Heiratsprojecte, um Fühler auszustrecken, wie damals als der
Herzog von Modena sich um die Tochter D. Luis de Haro’s be-
werben wollte. Seine besondre Gabe war eine ergötzliche, zu-
weilen verwegene Nachahmung von Stimmen und Gesten (reme-
dar); damit unterhielt er des Königs melancholische Majestät,
sogar auf deren eigene Kosten; ja er kopirte den päbstlichen
Nuntius wie er in der Palastkapelle funktionirte in dessen Ge-
genwart. Dem König erzählte er was in der Stadt vorging
und bei Hofe geredet wurde; die Grossen, die pretendientes und
die Gesandten bewarben sich um die Gunst ihn an ihrer Tafel
zu sehn, weil er leicht ein Wörtchen zur rechten Zeit fallen
lassen konnte, wofür er sich dann nicht bloss mit Banketten be-
lohnen liess1). Der toskanische Gesandte Vieri Castiglione zahlte
ihm im Jahre 1661 bei einer Audienz sechs pezzi da otto.
Da nie soviel Grund zu allgemeiner und privater Unzufrie-
denheit gewesen war, so fehlte es nicht an Stoff zu Bosheiten.
Tirso hält ein neues burgundisches Hofamt für zweckmässig,
für das Schimpfen über Missbräuche; er schlägt den Titel Mur-
muratiel vor. Lope schildert im Peregrino en su patria, wie
dem philosophischen Beobachter dieser Cosas de España zuletzt
die Grenzen beider Reiche sich verwirren. Er bringt seine
Liebenden in das Irrenhospital zu Valencia, und nimmt dann
Anlass, bald in einem Poem die Narrheiten zu sammeln, die von
uns, die frei herumgehn, begangen werden; bald die Tiefen des
Wissens vom Empyreum, von Jagd und natürlich Musik aus dem
Munde der Patienten zu lehren, sodass Jemand meint, wenn alle
Narren in Spanien so gelehrt seien, so wolle er seine Kinder
Ignoranten werden lassen.
Aber damals schon fehlte es nicht an Stimmen, welche das
[343]Die lustigen Personen.
Urtheil der Nachwelt vorausnahmen, der es schwer wird, diese
Sitte der Vergangenheit zu verstehn. Denn nirgends wol fühlt
man so lebhaft den Umschwung der Denkart. Calderon (im
Schisma von England) ruft aus:
Und Quevedo in den Träumen, als er in der Hölle plötzlich auf
eine kalte Stelle trifft, hört, das sei der Platz für die Narren,
die hier zusammengehalten werden, weil die Frostigkeit ihrer
Spässe sonst die Glut ermässigen würde. In der That, wenn
man nach der spanischen Blütenlese des Melchor de la Cruz
urtheilen darf, so war bei andern Ständen, z. B. bei den Mönchen,
mehr guter Witz zu Haus als bei den Truhanes. Sie hatten für
sich eben nur die Infamia.
Das Zeitalter Ludwig XIV hat diesen Geschmack erschüt-
tert, dem das achtzehnte Jahrhundert ein Ende machte. Früher
waren sie ein Ventil in dem Zwang und der Verknöcherung des
Verkehrs. Mitten am Hof hatte man in ihrer Unterhaltung ein
Stück Gasse, das Rothwelsch der Taberne und des Lupanar,
die Lästerzungen des „Mentidero“ (wie Calderon ein Strassen-
kreuz in Madrid nennt1). Seit in Rom Pressfreiheit eingeführt
ist, hat der Witz des Marforio und Pasquin ausgespielt. Die
Narrenfreiheit ist auf ganz andere Gewerbe und Körperschaften
übergegangen. Die Hofnarren waren die Redefreiheit in ihrer
tiefsten Erniedrigung.
Die hierher gehörigen Bildnisse des Velazquez liegen der
Zeit nach weit auseinander, sie gehen von der Mitte der dreissiger
bis zum Ende der fünfziger Jahre. Allein da eine Biographie
keine chronologische Tabelle ist und die Mehrzahl der letzten
Zeit angehört, so mögen sie sich hier als Colleg präsentiren,
besonders da vielleicht mehr System darin ist als man glaubt.
Haben wir nicht den trocknen, den melancholischen und den
cholerischen Hanswurst, die finstere und die heitere Verstim-
[344]Siebentes Buch.
mung, das kindisch weich gebliebene Gehirn und das mara-
stische des Sonderlings, die menschenverachtende Grübelei, den
händelsüchtigen Stolz und die unheimliche Tücke, endlich den
lachenden und den weinenden Philosophen?
Menippus.
Sie befanden sich
an drei verschiede-
nen Orten, für die
sie auch gemalt wor-
den waren. Die lu-
stigen Personen (tru-
hanes, hombres de
placer), normal ja
stattlich gebildete
Männer, waren be-
stimmt für Buen Re-
tiro; die Zwerge und
Idioten wurden ihren
Vorgängern auf der
Treppe zur Nord-
galerie des Palastes
zugesellt; an sie
schliessen sich zwei
Lumpen mit classi-
schen Namen in der
Torre de la parada,
deren malerische
Ausstattung fast
ganz antiken Stoffen
entlehnt war.
Damals wurden
Zwerge auch in die
Bildnisse ihrer Her-
ren mit aufgenom-
men, wie Lieblings-
hunde. Van Dyck
hat die Königin Hen-
riette Maria mit dem
Zwerg Jeffrey Hudson gemalt, so sieht man sie in der Northbrook
Galerie und in Petworth. In dem schönen Rubensporträt der
Marchesa Maria Grimaldi in Kingston Lacy steht neben der
feinen Genueserin ein Zwerg mit mächtigem alten Kopf von
[345]Die lustigen Personen.
brutal boshaften Zügen. Der Maler hat ihn in der gleichzeiti-
gen „Ehebrecherin vor Christus“ für einen Pfaffenunhold benutzt.
Auch heute zeigen sich ja Schönen gern an der Seite unansehn-
licher Freundinnen. Velazquez hat diese Scheusale nur könig-
lichen Kindern zur
Gesellschaft gege-
ben: in den „Ehren-
fräulein“ und in jenem
Prinzenporträt.
1. Truhanes. Pa-
lomino (S. 335) sah
noch in Buen Retiro
auf der Treppe die
zum „Garten der Rei-
che“ führte, Bildnisse
der Truhanes (auch
Sabandijas genannt)
Philipp IV. Man
musste auch hier, wie
im Alcazar, eine Nar-
rentreppe haben.
Das beim Ableben
des letzten Habsbur-
gers aufgestellte In-
ventar enthält auch
ihre Namen, und eine
kurze aber genügen-
de Kennzeichnung.
Es waren drei grös-
sere (2⅓ × 2½ El-
len), „Pablillos el de
Valladolid mit dem
Kragen“ (golilla);
Pernia oder Barba-
roja in türkischer
Tracht, Don Juan de
Austria, dessen ei-
Aesop.
gentlicher Name nicht bekannt ist, mit Rüstungsstücken am Boden.
Letztere beide scheinen Pendants zu sein. Dazu kamen noch
drei kleinere (1½ varas im Quadrat): Cárdenas der Stierkämpfer
mit dem Hut in der Hand, in der ersten Manier; Ochoa der
[346]Siebentes Buch.
Hof-Thürsteher, und Calabaças oder Calabacillas mit einem Bild-
niss in der einen und einem Billet in der andern Hand. Diese
letztern sind verschollen. Jedes der drei Bildnisse wird auf 25 Dub-
lonen geschätzt.
Die Personalkenntniss dieser einst in Madrid (wie heute die
espadas) mehr als Generale und Schriftsteller wolbekannten und
viel umworbenen Gecken ging natürlich bald verloren, und in
den Inventaren des Hauses Bourbon heisst Don Juan der
Artillero, Barbaroja ein Mohr, Pablillos dagegen ist im Katalog
von 1845 zu einem berühmten Schauspieler der Zeit befördert
worden. Dadurch ging die Komik dieser Figuren verloren, die
zum Theil in dem Kontrast ihrer Maske mit ihrem Jedermann
wolbekannten Berufe lag. Alle drei sind echte dort oft vor-
kommende Rassentypen.
Sie gehörten zu dem niedern Palastgesinde; sie fordern
z. B. bei Audienzen Trinkgelder. Sie waren ein immer zur
Hand befindliches Personal für Unterhaltung niedrigster Art;
beim Carneval von 1636 z. B. lud man sie alle zusammen und
machte sie besoffen, um ihr Talent zu wecken1). Obwol sie
förmlich angestellt und besoldet waren, so sind sie doch nicht
immer in Tracht oder Geberden gekennzeichnet, und deshalb hat
man später Namen wie Barbarossa ernst nehmen können. So
verbreitet war das Halten auf Würde selbst bis in ein eigentlich
ehrloses Gewerbe hinab. Diess erinnert an jenen Spanier, der
durch eine Gasse gepeitscht werden sollte, und als ihm der Büttel
zuraunte rascher zu gehn um schneller loszukommen, erwiderte:
Um hundert Streiche mehr oder weniger werde ich doch meiner
Ehre nichts vergeben.
Zu seiner Zeit war der angesehnste, ja nach dem toskani-
schen Gesandten der Erste seines Standes, Cristóbal de Pernia
(Prado 1093). Er bezog doppeltes Gehalt, und bekam von den
Höflingen was er wollte. Aber er war ein Verschwender und
Schuldenmacher und einmal wurde er nach Sevilla verbannt
(1634); wie man später erfuhr, weil er den Zorn des Ministers
gereizt hatte. Als der König auf der Jagd in Balsain Oliven
[347]Die lustigen Personen.
verlangte und der Despensero sagte, er habe keine, rief Pernia,
ni olivas ni Olivares! — Und über diesen mildesten Kalauer
war der grosse Mann in Zorn gerathen!
Don Cristóbal (hier ein Vierziger) war ein Mann von an-
sehnlicher Figur, wolbeleibt, von strammer Haltung, mit rollen-
den Augen, unten vortretender Stirn, Schnurrbart, ganz geeignet
für die Rolle des miles gloriosus. Wie eine der Hauptleistungen
dieser truhanes war, hervorragende Leute durch Nachäffung zu
verhöhnen, so waren sie auch geschickt stehende Parodien
historischer Personen vorzustellen. Und so hatte man diesem
den Namen Barbarossa gegeben, jenes Schreckens der spanischen
Küsten im sechszehnten Jahrhundert, dessen Erscheinung damals
noch wolbekannt war. Im Schlosse, in dem gewölbten Saal „wo
S. M. in der Zeit der Hitze speiste“, war er zu sehn in Turban
und Brokat, nebst andern Grössen der muhammedanischen Welt.
An Festen erschien er in türkischer Tracht, so stellt ihn
der Maler theilweise dar: in rothem Rock und weissem Mantel
nach maurischem Schnitt, doch in der rothen weissbesäumten
Kegel- und Zipfelmütze des Narren. Bei dem Stiergefecht von
1633 trat er auf in grossem Turban, mit krummem Säbel, gefolgt
von Trabanten; er verneigte sich vor dem königlichen Balkon
mit fratzenhaften Geberden. Der erste Stier sah ihn von
mehreren Seiten an, entschloss sich aber zum Rückzug; der
zweite nahm ihn, gereizt durch das rothe Tuch, mit sammt dem
Gaul auf die Hörner. Vielleicht ist er hier als toreador dargestellt,
wozu freilich der lange Rock nicht passt1). Er hat den zusammen-
gefalteten Mantel kunstgerecht über die linke Schulter gehängt
(doblado), so dass der Körper frei bleibt, und hält den Degen
wie in Erwartung eines Angriffs, die Scheide in der Linken. Sein
Blick ist drohend, als ob er das Auge des Stiers verfolge.
Das Bild ist, wie das folgende, nur theilweis ausgeführt,
vielleicht absichtlich; das war genug für den Hanswurst. Auf
die braune Untermalung, die für die Schatten einfach stehn ge-
lassen ist, sind einige helle und rothe Töne leicht aufgetragen.
Der schmutzig dunkle Grund ist ohne helle Lagen geblieben.
Nur der Mantel ist aufs sorgfältigste modellirt, wie eine Studie.
Goya hat dieses Bild geätzt.
[348]Siebentes Buch.
Dem sarazenischen Corsar steht ein hispanischer Seeheld
gegenüber, der nur unter diesem seinem Kriegsnamen bekannt
ist: Don Juan de Austria (Prado 1094). Dass man den Hu-
moristen mit dem Namen des Siegers von Lepanto rief, des
Grossoheims Seiner Majestät, den dieselbe auch ihrem meistver-
sprechenden natürlichen Sohn beilegte, ist ein Beweis, wie un-
befangen man hierin war, selbst auf Kosten der grossen Todten
der königlichen Familie. In neuerer Zeit ist er auch unter dem
Namen des Ferdinand Cortez herumgegangen (in Stichen von
Lingée, P. Adam, 1824).
Es ist eine lange, hagere, durch ihre sechzig Jahre schon
gebeugte Gestalt; ein Hungerleidergesicht, dicke schwarze
Brauen die kleinen tiefliegenden Augen überschattend, der zahn-
lückige Mund bedeckt von dem struppigen Schnurrbart, dürre nach
auswärts gebogene Beine. So stellt man sich jene Capitäne vor,
die Nerven straffer castilischer Mannszucht, welche aus zusammen-
geworbenem Gesindel die eisernen Phalangen spanischer Infan-
terie schmiedeten. Männer von hartem Stoff, unverwüstlicher
Laune, empfindlichem pundonor, pflichttreu, frugal, grausam,
fatalistisch, die oft, nachdem sie ihre guten Jahre, ihre Kräfte und
Habe dem Dienst des Königs geopfert (vielleicht wie jener
D. Anibal Chinchilla ein Auge in Neapel, einen Arm in der Lom-
bardei, ein Bein in Holland zurückgelassen hatten), nie bezahlt
worden waren, endlich heimkehrten, um bei verschlossenen Thüren
mit Knoblauch und Zwiebeln Tafel zu halten, und von Zeit zu
Zeit im Vorzimmer des secretario de guerra zu erscheinen, ein
schreckhafter Anblick durch Narben, Alter, Hunger und grimmige
Mienen:
en fuego indiano, y en flamenco frio. (Lope.)’
Sein forschend unsichrer Blick scheint der Oeffnung der Thür
durch den Portier Seiner Excellenz zu harren, der ihn damit
trösten wird, dass Ehre der Sold des Spaniers ist. —
Dieser Ritter von der traurigen Gestalt erscheint aber hier
in der reichen Tracht eines Prinzen von Geblüt. Wams und
Mantel von schwarzem Sammt, letzterer mit rother Seide ge-
füttert und gesäumt, geschlitzte karmesinrothe Aermel und Knie-
hosen, rosa Strümpfe mit grossen Knierosen, dergleichen an den
Schuhen; unförmlich breiter Hut mit rothem Band und mächtigem
Federbusch; die knochige Linke am Degengefäss, in der Rechten
ein grosser Stab mit rother Franse. Im Gürtel steckt der
[349]Die lustigen Personen.
eiserne Schlüssel. Am Marmorboden liegt Kriegsgeräth ver-
streut: Helm, Büchse, Bombe, Kanonenkugel, Harnisch; durchs
offene Fenster sieht man das Meer mit einer wild hingehauenen
Seeschlacht, wie in Tizian’s Bild Philipp II mit seinem Kind
Ferdinand. Es ist die Capitana des Grossveziers, die er in den
Grund bohrte. Er hat jene Rüstung eilig abgeworfen und steht
nun da in festlicher Gala, um die Glückwünsche der Farnese,
Colonna, Venier entgegenzunehmen.
Der dritte Truhan, Pablillos de Valladolid (Prado 1092) erscheint
auf einem ganz leeren (mit Ausnahme des Schattens der Beine)
hellgrauen Grund, in schwarzer Hoftracht, nur mit schwarz,
weiss, braun gemalt. Er ist der einzige, in dessen Geberden der
Mime wenigstens unverkennbar ist. Er scheint auf die vorderste
Bühne getreten zu sein, da steht er mit gespreizten Beinen, den
Mantel straff um den Leib gezogen und über die linke Schulter
geworfen (capa terciada). Die halbgeöffnete Rechte streckt er aus,
etwas nach unten, wie verstohlen, als raune er dem Publicum einen
Einfall zu, vielleicht auf Kosten einer in dieser Richtung stehen-
den Respectsperson. Positur, Geberde, Gesicht stimmen wun-
derbar zu dem ohne Zweifel explodirenden Erfolg, den ein aus
dem trocknen, einfältig aussehenden Gesicht kommendes groteskes
Wort hervorgebracht hat. Es ist ein Lachen herausfordernder
Kopf, mit zurückliegender schmaler Stirn, starken Backenkno-
chen, breiter Lippe kurzem zurückweichendem Kinn; die dicken
Augenbrauen, Wimpern, der kurze Vollbart wie von Motten ange-
fressen. Die Hände, mit denen er spricht, sind ungewöhnlich
sorgfältig und eingehend modellirt. — In der Galerie Leganés
waren 1665 ebenfalls Bildnisse dieses Pablillos und des Pernia.
Die drei übrigen Truhanes haben sich auf dem Wege von
Buen Retiro nach dem Palast verirrt. In einer schottischen
Galerie, Rossie Priory, existirt das Bildniss eines Thürstehers,
das dort Velazquez heisst, in ihm könnte man beim ersten An-
blick jenen Portier Ochoa vermuthen. Ein ältlicher Mann in
schwarz schlägt einen Thürvorhang zurück und überreicht, nach
links sich vorbeugend, einen Brief (auf dem nicht der Name
des Malers steht). Es ist ein Kopf von edlen scharfen Formen,
gutgebildeter hoher Stirn, aus dessen Mienen Verstand und Er-
gebenheit spricht. Die Figur, auf schwarzem Grund, ist aber
nur skizzirt, von den Händen kaum die Umrisse zu sehen, das
Gesicht schwärzlich grün untermalt und stark mitgenommen.
Mit um so grösserer Farbenverschwendung und Sorgfalt ist der
[350]Siebentes Buch.
schwere Thürvorhang behandelt, ein prächtiges Smyrna-Muster,
mäandrische schwarze Gebilde auf rothem, breite Einfassung
ebenso auf weissem Grund. Dieses Prachtstück nimmt gut die
Hälfte der Bildfläche ein, es ist offenbar auf Täuschung be-
rechnet. Wahrscheinlich diente das Bild als Portiera einer Hinter-
thür, und war bestimmt die Besucher zu foppen. Leider fehlen,
näher besehn, bestimmte Merkmale der grade in skizzenhafter
Ausführung so kenntlichen Handschrift unsres Malers.
Der Marchese del Borro.
Seit dem Jahre 1873 sieht man im Berliner Museum einen
angeblichen Velazquez, über den die Akten noch nicht geschlos-
sen sind. Das Bildniss stammt aus der Villa Passerini bei Cor-
tona und ist in Arezzo angekauft worden. Ueberlassen wir uns
dem Eindruck der dargestellten Persönlichkeit.
Unser Prätendent, eine Falstaffsfigur, misst, indem er auf
eine Fahne tritt, mit einem herausfordernden Blick, der Hoffart
und Bosheit zugleich, eine Versammlung von Zuschauern, viel-
leicht die Besiegten. Der Blick scheint zu sagen: So trete ich
Euch auf den Nacken! Dabei hebt er den Saum des Mantels
auf, während sich die Linke auf die Koppel des langen Degens
legt. Man könnte sich Sir John wol so vorstellen, wie er über
den todten Percy triumphirt. In der Geberde, in dem schnöden
Blinzeln, scheint noch etwas mehr als moralische Benebelung
zu liegen. Ja man möchte am Wohlbefinden seines Kopfs zwei-
feln, wenigstens erinnere ich mich, einen Incurablen gesehn zu
haben, der unbeweglich in der Mitte seiner Zelle aufgerichtet,
die Besucher mit einem ähnlichen Blick unaussprechlicher Ver-
achtung zermalmte. Sollte es einen General damals gegeben
haben, der den Anstand des Siegers so verstand, dass er eine
in redlicher Fehde gewonnene Fahne mit Füssen trat, und gar
so sich verewigen liess? Indess was man selbst nicht thun mag,
stellt man zuweilen einem Schranzen mittelst eines stummen
Winks anheim. Hätte man den Charakter aus der Leinwand zu
errathen, man würde ihn unbedenklich jenen Schalksnarren an-
schliessen, ja ihm, mit Don Geronimo Fonati zu reden, die Palme
der Infamia ertheilen. Und deshalb mag er auf alle Fälle hier
stehn, wo er sich selbst hingestellt hat1).
[351]Der Marchese del Borro.
Nun aber scheint es doch ein General zu sein; denn in der
Bildnissammlung der Uffizien (jetzt im Durchgang zum Pitti,
Nr. 252) existirt ein ähnlicher Kopf jenes toskanischen Marchese
Alexander del Borro, Luogotenente des Prinzen Matthias, des
strengen und grausamen Heerführers Ferdinand II im Krieg mit
Pabst Urban VIII, dessen Wappen, die goldnen Bienen, auf die
getretene weiss-rothe Fahne gestickt sind. Das Bildniss müsste
also bald nach jenem Einfall in den Kirchenstaat (1643) gemalt
sein, wo Borro gegen überlegene Truppen die Städte Città della
pieve und Castiglion del lago wegnahm. Man liest z. B., dass das
Wappen der Barberini in Pieve abgerissen wurde, doch liess man
den leeren päbstlichen Schild stehn, als Protest des Grossherzogs,
dass er die Stadt nicht zu behalten gedenke. Was wir sonst
von ihm wissen, widerspricht auch dem Bildniss nicht. Seine
spätere Bewerbung um venezianische Dienste (1652) gab dem
Gesandten Basadonna in Madrid Veranlassung zu einem Gut-
achten; da schildert er ihn als einen „sehr grossen Soldaten und
Kapitän, obwol sein wunderliches und abspringendes Wesen,
und eine überspannte Peinlichkeit in der Behandlung der Dinge
den Toskaner nicht verläugne“1).
Sehr eigen ist die Beleuchtung, sie verräth vielleicht die
Entstehung des Bildes. Das Licht fällt von unten, links, als
trete der Mann vor die Lampen einer Bühne, oder auf die oberste
Stufe einer Treppe, um eine Ovation entgegenzunehmen. Es
streift über das Vollmondsgesicht, auf der Halbkugel von Wan-
ge und Hals, der aufgestülpten Nase heiteren Glanz entzün-
dend. Hatte sich Ferdinand II mit seinem dicken Condottiere
einen Spass machen wollen? Eine ähnliche Beleuchtung findet
man auch sonst bei Decorationsfiguren an Triumphbögen, z. B.
von Rubens im Belvedere. Auch die Säule würde dazu stimmen.
Das Werk sieht aus wie eine Improvisation beim Siegesfest,
dessen Rausch uns aus ihm gleichsam entgegendampft; daher
die stupende Lebendigkeit die es als Bildniss zu einem Unicum
macht. Die verblüffende Offenheit, mit der diese cynische Per-
sönlichkeit auf die Leinwand gebracht ist, wird gewürzt durch
den Kontrast mit der bei Bildnissen in solcher Grösse und Gala
erwarteten Würde.
Diess wunderliche Werk nun gehört zu denen die man in
[352]Siebentes Buch.
einer Reproduktion, z. B. einer Photographie, wol für Velazquez
halten könnte, während man vor dem Original zweifelhaft wird,
und endlich mit entschiedenem Unglauben fortgeht.
Die Silhouette des schwarzen Mannes auf dem leeren hellen
Grund, die hauptsächlich durch den weiten über die Schulter ge-
worfenen Mantel zu Stande kommt, die massive Gestalt balan-
cirt auf dem dünnen Postament der sich theilweis deckenden
Beine: eine umgekehrte Pyramide, der Griff der Linken am
Mantel, die vortreffliche Malerei des schwarzen Wams von ge-
blümtem Sammt, u. a., das sind Einzelheiten die sich ähnlich bei
dem Meister finden. Die Zweifel gründen sich auf das Fehlen
der ihm eigenthümlichen Handschrift, Palette und selbst Grun-
dirung.
Aber auch die Chronologie stellt der Benennung Schwierig-
keiten entgegen. Dem Stil nach würde man es recht früh
setzen, aber vor der Mitte des Jahrhunderts könnte der Maler
dem Condottiere nur auf der ersten italienischen Reise begegnet
sein, die jedoch vor den Barberinischen Krieg fällt. Eine passende
Gelegenheit böte sich später in Madrid.
Als man nach dem Abschluss des westphälischen Friedens
wieder etwas Zug in den unglücklichen Catalonischen Krieg
bringen wollte, bewarb sich Borro von Wien aus um einen
Führerposten. Er stellte die guten Dienste vor, die ein
deutsches Regiment thun könne, und da er des doppelten
Rufs von Bravour und Glück sich erfreute, so beeilte man
sich auf seine Anträge einzugehen. Er erschien am 15. Sep-
tember 1649 in Madrid, wo er beim kaiserlichen Gesandten ab-
stieg, und am Hof „mit aussergewöhnlicher Höflichkeit“ aufge-
nommen wurde. Er erhielt den Rang eines „Maestre de Campo
und Generals einer der Flotten von Spanien“ mit hohem Gehalt.
Im Mai 1650 begab er sich auf den Kriegsschauplatz, und seine
Erfolge in dem sehr verfahrenen Feldzug waren der Art, dass
es in Madrid „wie ein Wunder erschien“. Aber er überwarf
sich mit dem Oberkommandeur und kam im Sommer 1651 nach
der Hauptstadt zurück, entschlossen die spanischen Dienste auf-
zugeben1). Grade zu dieser Zeit war Velazquez aus Italien zu-
rückgekehrt. Aber wie passte nach den Lorbern des katalo-
nischen Feldzugs die Erinnerung an die Thaten im kleinen Krieg
[353]Die Zwerge.
gegen die Barberini? Sollte der Hofmaler und Spanier einem
italienischen Bandenführer zu Gefallen die Fahne einer Familie
beschimpft haben, von der er mancherlei Gunst erfahren? das
Wappen eines Pabstes, der ihm eine Wohnung im eignen Hause
gegeben hatte? Und wie lässt sich das Gemälde mit dem dama-
ligen Stil des Meisters vereinigen, der ein Jahr vorher das Pabst-
bildniss im Doriapalast gemalt hätte? —
2. Die Zwerge. Die Sitte Zwerge am Hof zu halten war
vom Orient auf den römischen Kaiserhof, von da auf das Mittel-
alter übergegangen und bestand bis zur Zeit der Revolution.
Man suchte sie in ganz Europa zusammen. Sie wurden in kost-
bare Stoffe gekleidet und mit Gold und Geschmeide behängt.
Vigenerus beschreibt ein Fest des Cardinal Vitelli in Rom, wo
man von vierundreissig hässlichen und verwachsenen Zwergen
bedient wurde1). Buckingham machte den Zwerg Jeffrey Hudson,
der damals nur 76 oder gar 45 Zoll hoch war, in einer Pastete
der Königin zum Geschenk. Sein lebensgrosses Bildniss von
Mytens ist in Hamptoncourt. Das blonde Männchen mit den
grossen, aufgeregten blauen Augen und langer Oberlippe, steht in
scharlachrothem Cavaliersrock und Mantel in einer saftiggrünen
Waldlandschaft von Janssens.
Oft waren sie von ihren fürstlichen Herrn unzertrennlich, wie
Hunde, sie wurden ebenso geliebt und behandelt. Wie die Ge-
sellschaft des Hundes dem Menschen schmeichelt durch das Gefühl
schlechthiniger Abhängigkeit und Ergebenheit, so empfindet der
normale Mensch neben dem Zwerge seine Grösse und Kraft, und
das entsprach der Sinnesweise jener aristokratischen Jahrhunderte.
Man schätzte Exemplare von seltener Hässlichkeit: für das zarte
Gebilde eines fürstlichen Knaben oder Mädchens diente der sie
begleitende Kobold als Folie. Vollkommene Hässlichkeit ist
seltener als man glaubt, unter allen Narren des Prado ist keiner
der sich z. B. mit Claus Narr in der Augsburger Galerie (Nr. 665)
messen könnte. Endlich der komische Kontrast: ein alter gräm-
licher Mannskopf auf einem Kinderleibchen; eine Kindergestalt
mit Altersstimme, Altersregungen und -Einfällen, die Komik der
unschädlichen Bosheit.
Nicht weniger als fünf solcher Zwerge von der Hand des
Velazquez bewahrt noch die Galerie des Prado, drei anscheinend
vernünftige, zwei Idioten. Sie erhielten ihren Platz neben denen
II. 23
[354]Siebentes Buch.
Philipp II von Sanchez Coello, auf der Treppe der Nordgalerie.
Ihre Namen sind im Inventar zwar zum Theil angegeben, Seba-
stian de Morra (seit 1643), El Primo, Velazquillo el bufon, noch
1794 in Buen Retiro1), aber man weiss nicht welche Bilder damit
gemeint sind. Das Stück wurde 1700 zu 40 Dublonen taxirt.
Einer (Prado 1097) ist, nach dem Vorbild des Zwergs
Carl V von A. Mor, in ganzer Figur stehend gemalt, mit einem
Hunde am rothen Band, den er wol für eine königliche Jagd-
partie bereit hält (B. I. S. 384). Jener Vorgänger mit dem
trocknen alten Mopsgesicht war mehr kalt boshaft, dieser scheint
aufbrausend. Ein nicht übel gebauter Wicht, nach den drohend
rollenden Augen und der erhitzten Farbe von zornigem Tem-
perament. Er ist in beständiger Alarmirung und Aufwallung über
die Grossen, besonders über ihre vornehm stattlichen Nasen,
denn die seinige ist äusserst niedlich, wie die seines Kollegen
am Hofe Ludwig XIV, des berühmten Duc de Roquelaure.
Drollig ist der Kontrast des stürmischen kleinen Manns zu der
stillen Grösse der mächtigen schwarzen Hündin mit der weissen
Stirn, Schnauze und Brust, ähnlich dem Jagdhund in der Hirschjagd.
Das Recht zu diesem Stolz giebt ihm der Anzug, — tanto
la gala te hinchó (Moreto). — Es ist der eines vlämischen Grand-
seigneur, wahrscheinlich parodirt er irgend einen. Lange blonde
Perrücke mit rother Schleife; breiter Spitzenkragen und -man-
schette, goldgesticktes Wams und Hose; in der Hand hält er
den breiten Hut mit einer Lawine von Straussenfedern u. s. w.
Das Bildniss ist das bestgemalte der Serie, und zwar in
seiner letzten Manier, in einem goldnen Ton. Der Katalog
nennt ihn Don Antonio den Engländer; anderen schien der Typus
spanisch; auf den sogenannten Malern im Louvre ist ein ähn-
licher Kopf (der achte).2) (1,42 × 1,07.)
Das sinistre Wesen der Zwerge ist zu trotziger Tücke
gesteigert in dem schwarzen an der Erde sitzenden Pessi-
misten, auf gut Glück Sebastian de Morra getauft (Prado 1096).
[355]Die Zwerge.
Ein viereckiger, bärtiger Kopf, von bräunlicher Hautfarbe, stier-
artiger Stirn, mit ausgeprägtem Zerstörungstrieb. Breit von
vorn gesehn, blickt er gradaus und streckt auch die Beine
vorwärts, parallel, die Hände ebenfalls parallel und einwärtsge-
kehrt auf die Schenkel stützend. Alles an ihm ist kubisch,
rechtwinklich. Wie könnt ihr euch unterstehn ihn anzusehn?
eine Salve von drohenden Fluchworten wird euch dafür züchtigen.
Ein Glaubensrichter würde einen reichen judaizante nicht furcht-
barer mit den Augen durchbohren. Sein Anzug ist indessen bunt:
über grünem Wams, Hose ein rother mit Gold besetzter Mantel
und breiter Spitzenkragen. Nach der Malweise gehört das Bild
in die vierziger Jahre. Ursprünglich schloss der Rahmen im Halb-
kreis; er sass da wie ein Kettenhund in seiner Hütte. Eine
leidliche alte Kopie war in der Galerie Salamanca; Goya hat
ihn geätzt (1778, 1,06 × 0,81).
In denselben Tagen wo Velazquez in Fraga (1644) den Kö-
nig aufnahm, malte er auch den Zwerg El Primo. Ein Doku-
mentensucher hat entdeckt, dass der so geheissene Zwerg ein
Kleid von schwarzem Sammt (rizo) um eben diese Zeit zum
Geschenk erhielt; nun aber ist unser Kleiner (Prado 1095) der
einzige Zwerg in Schwarz. Dieser Pygmäe begleitete den Hof
auf den jährlichen Reisen nach Saragossa zur Zeit des kataloni-
schen Aufstands. Olivares, der immer düstrer wurde, nahm ihn oft
im Wagen mit; bei der Heerschau in Molina ging eine Muskete
los und die Kugel schlug in die Kutsche, ein Splitter verwundete
den Secretär Carnero und El Primo.
Auf dünnem Körperchen, dem ein korrekter schwarzer Hof-
anzug trefflich angepasst ist, sitzt der alte ernste Kopf,
überragt von einer mächtigen Stirn, die der schief sitzende
Hut offen lässt. Auf dem Schenkel liegt ein Foliant, in
dem er ein Blatt umzuschlagen im Begriff ist. An ihm soll
man seine Grösse messen. Durch das Geräusch eines Vorüber-
gehenden gestört, sieht er verdriesslich auf; Verachtung der
Profanen, Abspannung liegt in seinem Blick. Die Resultate seiner
Forschungen scheint er in das aufgeschlagene Heft am Boden,
auf dem ein Tintenfass steht, einzutragen. Er sitzt mitten auf
dem Felde, eine Berglandschaft in der Art der Reiterporträts
bildet den Hintergrund. Am Ende ist der Foliant ein genealo-
gisches Werk. Da ihn der König Vetter (el primo) nennt, so studirt
er wahrscheinlich den verwandtschaftlichen Zusammenhang. Oder
ist es ein Grundbuch, und will er Rechte auf jene Einöde gel-
[356]Siebentes Buch.
tend machen? Vielleicht gab es unter den Nachkommen der Hau-
degen der Reconquista Herrn, die auf dieses Maass herabgekom-
men waren; und Köpfe, die noch eine Familienähnlichkeit mit jenen
Matamoros bewahrten, sassen auf Körpern von Gnomen. Sie wur-
den aber um so höher getragen. In El Primo’s Blick ist der Stolz
des ältesten Adels. Man sieht über der Landschaft noch Spuren
unregelmässig senkrechter brauner Linien, die man wohl für über-
malte Baumstämmchen oder Falten eines Vorhangs gehalten hat.
Es sind aber nichts weiter als Pinselstriche die bestimmt waren,
einen frühern Hintergrund zu kassiren. Die mit dem Borsten-
pinsel breit drüberhin gelegte Landschaft hat diese Striche nicht
ganz zugedeckt. Jener Hintergrund scheint zuerst als Zimmer-
raum beabsichtigt gewesen zu sein, wozu die Bücher und auch
die Schatten besser passen (1,07 × 0,82).
Endlich aus dem letzten Jahrzehnt die Narren in unfigür-
lichem Sinn, zwei Knaben, el Bobo de Coria (1099) und el Niño de
Vallecas (1098), mit denen wirklich die unterste Stufe der Mensch-
heit erreicht ist. Denn auch Idioten gehörten zu den lustigen
Personen des Palasts. Bekannt ist ja, dass solche Unglückliche
oft zu possirlichen Geberden und Einfällen neigen, ja gewisse
einseitige (technische) Talente zeigen. Mancher Leser wird
diese Beobachtung in Cretindörfern gemacht haben. In Lope’s
Roman „der Pilger“ erscheint ein italienischer Graf im Irrenhause
zu Valencia und bittet sich gegen ein Almosen von hundert
Scudi einen Narren aus, den er zu seiner Unterhaltung mitnehmen
will (Obras sueltas V, 303 ff.). Heutzutage kann man sich schwer
in einen Zustand der Herzens-, Verstandes- und Geschmacks-
bildung versetzen, welche die tägliche Gesellschaft solcher „Halb-
menschen“ zu ertragen vermag. Man betrachtet sie mit Schauder
und Mitleiden. Indess sollte man nicht immer unter moralische
Kriterien stellen, was nur auf der Härte früheren Menschenstoffs
beruht; Vieles was man heute Humanität nennt, stammt nur
von der Krankheit des Jahrhunderts. Eben jenes Irrenhaus
(hospital dels folls) in Valencia war vielleicht die erste Anstalt,
in welcher Geisteskranken eine verhältnissmässig humane und
sogar vernünftige Behandlung zu Theil wurde1). Melancholiker
z. B. wurden nicht eingeschlossen, ja gelegentlich zu Festen mit-
genommen, sie bekamen Wein, wenn sie es wünschten. Diess
[357]Aesop und Menipp.
Hospital wurde im Jahre 1409 von Bernardo Andreu gegründet,
in Folge einer Fastenpredigt des ehrwürdigen Bruders Gilaberto
Jofré in der Kathedrale, um die zahlreichen in der Stadt umher-
schweifenden Wahnsinnigen aufzunehmen. Er erlangte auch eine
Bulle Benedict XIII. Nach Lope’s Schilderung in der Comödie
Los locos de Valencia galt es damals für eine Art Weltwunder
und wurde von vielen Fremden besucht. Bei dem allen mag
man sich erinnern, dass tobsüchtige Narren in Spanien ebenso
selten sind1), wie z. B. in Frankreich häufig.
Der Bobo von Coria (1099) ist ein grausiges Bild des Blöd-
sinns und seines leeren Gelächters. Er kauert am Boden, das
linke angezogene Bein auf dem herabfallenden Mantel ruhend;
das rechte Knie ist aufgerichtet, darauf liegt die linke Hand, in
deren Fläche er mit der Faust schlägt, als Aeusserung seines Jubels
(complosis manibus Petron.), weil er porträtirt wird. Zu beiden
Seiten liegen Kürbisse, vor ihm steht ein Becher. Das schielende,
grinsende Gesicht, vorgestreckt, sitzt in einem breiten Spitzen-
kragen. Man sieht, dass er sich nicht selbst anziehen kann.
Auf dieses erregliche Nervensystem folgt ein schweres,
dumpfes. Das Kind von Vallecas ist ein geborner Wasserkopf.
Nach der Unterschrift in dem Stich von B. Vazquez (1792) war
er mit Zähnen und in ungewöhnlicher Grösse auf die Welt ge-
kommen. Vallecas ist ein Ort vier Meilen von Madrid, in einem
tiefen Thal, mit Bergen im Norden und Nordwesten; das ist
die Lage der Cretinorte. In gelber Flanelljacke und langem
grünem Ueberrock sitzt er an einer dunklen überhangenden
Felswand, dem Bild der Last die auf sein armes Gehirn drückt
und jeden Anlauf zu einer Gedankenverbindung lähmt. Den Kopf
lässt er in den Nacken sinken, die Augen sind wie schlaftrunken
halb geschlossen und blicklos, die Oberlippe in die Höhe ge-
zogen; mit beiden Händen hat er einen Gegenstand gefasst,
scheint ihn aber schon vergessen zu haben. Unter dem Stich
dieser unheimlichen Gestalt steht: está en el cuarto del Rey nuestro
señor — d. h. in den Zimmern Carl IV (1,06 × 0,83).
3. Die Philosophen. An diese Narren en titre d’office, wie sie
am französischen Hofe hiessen, schliessen sich ungezwungen zwei
Genies, die der Maler auf klassische Namen getauft hat. Ihr dürftiger
Anzug schliesst sie vom Hofalmanach aus: aber sie ergänzen dessen
[358]Siebentes Buch.
humoristische Abtheilung: es sind die Narren der absoluten Frei-
heit, erhaben über Rücksichten der Eitelkeit und Pflichten des Amts,
oder wie Lichtenberg sagte, „frei herumgehende Philosophen“.
Diese Specialität scheint Jusepe Ribera aufgebracht zu
haben; er entdeckte sie in dem frühern Paradies der Bedürf-
nisslosigkeit, Neapel. Die seinigen sind Candidaten der Galere
und des presidio, aufgegriffen in den Vicoli des Mercato und
der Porta Capuana, und zur Ergötzung eines Gelages von Werbe-
officieren als Philosophen und Mathematiker kostümirt. Aber
die Komik kommt kaum auf unter dem Druck der Rohheit.
Dennoch müssen diese mächtig gebauten, harten, finstern, übel-
duftenden Rüpel grossen Beifall gefunden haben, denn sie be-
gegnen uns sehr oft in Galerien, und sind in Italien von Gior-
dano, in Spanien von Estéban March nachgeahmt worden. —
Hier steht ein grauer Mann mit seltsam eingetrocknetem
breitem Gesicht und trübseliger Miene. Die niedrige enge Stirn,
die platte Nase, die kleinen geschwollenen Augen, der saure
Mund mit der hängenden Unterlippe geben eine sonderbare,
fast äffische Hässlichkeit. Er verachtet den Luxus des Leinens;
den weiten Schlafrock hält etwas, das vielleicht der Rest des
letzten Hemdes ist, zusammen, und dient zugleich der unter
jenem Kittel verborgnen Hand als Stützpunkt. In der Linken hat
er einen Schweinslederband. Da steht ein Zuber, über den ein
schwarzer Lappen heraushängt, rechts ein Geräth, in dem man
das Geschirr des Esels erkennen will, auf dem er seine Aus-
gänge macht. Alle sonstigen Möbel sind beim Pfandverleiher.
Den Sinn dieser Gestalt würde man schwerlich errathen, wenn
der Maler nicht das Wort des Räthsels darüber geschrieben
hätte. Hinter diesem trocknen Gesicht lauert der Witz, dieses
winzige schläfrige Auge verbirgt den Sinn der Beobachtung,
diese Hässlichkeit ist ein verständnissvermittelnder Zug der Ver-
wandtschaft mit unsern unvollkommenen Brüdern; das Buch ist
das Fabelbuch, in dem die graue Weisheit zu den Kindern her-
absteigt; denn oben steht ÆSOPVS. Ein in Spanien wolbe-
kannter Autor; wusste doch sogar Sancho Panza, dass zur Zeit
Guisopete’s die Thiere redeten (D. Quixote I, 25). Vielleicht hatte
Velazquez im Ariost gelesen, dass Aesop durch erschütternde
Hässlichkeit und Unreinlichkeit hervorragte1). Aber warum hat
[359]Aesop und Menipp.
er, dem es doch an Modellen für Verwachsene nicht fehlte, ver-
gessen, dass Aesop ein Buckliger war? Vielleicht bezeichnen die
kurzgeschnittenen grauen Haare und die Bartlosigkeit den Sklaven
des Alterthums (1,79 × 0,94).
Ein bärtiger Mann von ähnlichem Alter steht in einer Zelle,
deren einziges Geräth der Wasserkrug ist, ruhend auf einem über
zwei abgerundeten Kieseln balancirten Brett, vielleicht eine
statische Leistung, auf die der Besitzer stolz ist. Dagegen
liegen zu seinen Füssen einige Werthgegenstände möglicher
Weise: ein aufgeschlagener Foliant, eine Rolle und angelehnt
ein Oktavbändchen in Pergament. Mit der Würde des spa-
nischen Bettlers hat er den schwarzen Mantel über die Schulter
geworfen; um das Gesicht hängt ein völlig schlapper Filzhut,
dessen Krempe über der Stirn aufgesteckt ist. Er steht fast im
Profil, wendet sich aber mit einem halb cynisch-vertraulichen,
halb kriechenden, vielleicht auch höhnischen Blick nach vorn.
Ist es ein rothäugiger Trödler, dem hinausgehenden Licenciaten
nachsehend, welchem er eine falsche Kaisermünze verkauft hat?
Oder selbst ein Liebhaber, dem ein Canonicus vergebens Gold
für eine Incunabel bot? Nein, die Bände an der Erde sind Com-
pendien der von ihm verachteten Schulweisheit, die er liest wie
Swift schlechte Bücher zur Nahrung seiner satirischen Galle;
denn oben lesen wir: MOENIPPVS. Velazquez ist also wol ein-
mal eine Uebersetzung des Lucian in die Hände gefallen, dieses
klassischen Vorläufers des Cervantes. Der Cyniker der Todten-
gespräche, der einzige Lacher in Charon’s Nachen, dessen Dürf-
tigkeit nicht einmal den Obolus erübrigt hatte, der dem Pytha-
goras zum Trotz von Bohnen lebte, dieser freche Verhöhner der
Götter und Helden blieb ihm im Gedächtniss haften, er glaubte
ihn wiederzuerkennen in einem Trödler des rastro von Madrid.
Beide Philosophen befanden sich früher in der Torre de la pa-
rada, wo sie im Inventar von 1703 erwähnt werden. Wahrschein-
lich war der Künstler angeregt worden durch die ebenda aufge-
hängten Figuren des Heraklit und Demokrit, welche Rubens im
Jahre 1603 aus Mantua mitgebracht hatte. Der alte Gegensatz also
der beiden pessimistischen Narren, dessen der die menschliche
Narrheit beweint, und dessen der sie belacht. In der That ist
ein durchgeführter Kontrast beabsichtigt: Würde und Vernach-
lässigung; Appetit (er sucht im Sack nach seinen Bohnen) und
Magenkatarrh; kurze krause Borstenhaare und lange weich ge-
wellte Mähne; das unruhig leuchtende Auge des aufdringlichen
[360]Siebentes Buch.
Spötters, das erloschene des einsamen Grüblers; die lange,
krumme, überhängende Nase und die breite, gepletschte. Beide
aber haben es offenbar in der Philosophie der Vollkommnen
gleich weit gebracht: ganze Bände von Paradoxen der Stoa sind
hier zu That und Wahrheit geworden. Nur der Süden bringt
den „nackten Weisen“, den philosophischen Lump hervor, im
Alterthum hiess er Diogenes und Menipp, später Derwisch und
Bettelmönch.
Die heutigen Landsleute der Quevedo und Cervantes schei-
nen zu trocken und pathetisch, um diesen bald tiefsinnigen, bald
tollen Humor ihrer Vorfahren zu empfinden. „Der Scherz,
sagt Jean Paul, fehlt uns bloss aus Mangel an Ernst“. So liest
man in einem Artikel aus Madrid in der Revue L’Art, diese
Figur solle „die moralische Hässlichkeit des Cynikers“ dar-
stellen: „der adelige Maler des eleganten Hofs Philipp IV, er-
zogen in den Maximen des Aristoteles, Plato und Seneca (!) habe
auf diese Art sich rächen wollen an der unsaubern Philosophie,
welche den Luxus verdammte, die Künste verachtete und den
giftigen Zahn in den edlen Glanz der Mächtigen der Erde ein-
schlug.“ Nun, wenn er moralische Hässlichkeit hinter den elegan-
ten Figuren jenes „glänzenden Hofs“ gesucht hätte, die bei
Juanillo antichambrirten und aus Säulen der Monarchie Säulen
unnennbarer Oerter geworden waren: so würde er wol auf dem
richtigern Weg gewesen sein.
Beide Figuren sind schöne Proben des letzten Stils, gemalt
mit breitem Pinsel und unerreichter Wahrheit der schimmernden
Oberfläche ihrer alten vergilbten und gebräunten Gesichtshaut.
Diese Galerie von Hanswursten, Zwergen, Idioten und
Lumpen gehört im Gesammtbild des Velazquez zu der Schatten-
partie. In einer Abhandlung über die Aesthetik des Hässlichen
würde der spanische Meister nicht fehlen dürfen.
In seiner Begabung stand der Charakteristiker so sehr im
Vordergrund, dass das Glück in der Darstellung fast in umge-
kehrtem Verhältniss stand zum ästhetischen Werth des Gegen-
stands. Seine Bildnissgalerie zeigt, wie ihm der Zufall selbst
in den Persönlichkeiten auf dem Thron mit besonders abstossen-
den Exemplaren und in der Mode mit ungeheuerlichen Verirrun-
gen entgegenkam. Ihm waren Männer geläufiger als Frauen, und
unerreicht ist er in Auffassung der Thiere. Die morpholo-
gischen Launen der Natur interessirten ihn mehr als das Normale;
und da er Besonderheiten stärker betonte als die Harmonie des
[361]Das Hässliche.
Ganzen, mögen Schönheiten sich oft bei ihm am wenigsten zu
bedanken gehabt haben. So ist es ihm beschieden gewesen, auch
Abnormitäten und pathologische Erscheinungen zu einem Haupt-
bestandtheil seines Werks zu machen.
Hässlichkeit, dieser Augenschmerz, kann an sich kein Ge-
genstand schöner Kunst sein. Auch Charakteristik ist nicht die
vornehmste Aufgabe des Malers, sie allein, selbst wenn man
Sprache der Leidenschaften und Lebhaftigkeit der Erzählung hin-
zunimmt, würde nur erst einen guten Illustrator machen, und
Dilettanten hatten in diesen Stücken oft mehr Glück als grosse
Künstler. Hogarth enthält mehr Mannichfaltigkeit der Charak-
teristik und des Ausdrucks als alle Holländer zusammen, und
doch war er nur ein mittelmässiger Maler.
Das alles ist freilich die Schrift, durch welche dem Laien
die Werke der Kunst lesbar werden; und die Naivetät halb-
barbarischer Zeiten, wo die Kunst Ersatz der Schrift war, hat
sich auf diesen Wegen oft mit Erfolg versucht.
Wo die Kunstformen eines Zeitalters sich ausgelebt und
verbraucht haben, da treten umstürzende Bewegungen auf, die
mit der Ueberlieferung aufräumen. Dann sieht man sich der
unendlichen Natur ohne Medium gegenüber, und das Hässliche,
die vielgestaltige Welt der menschlichen Thierheit, das Chaos
der Affekte tritt, unter dem Einfluss des Widerspruchsgeists,
vor die Lichter der Bühne. So lebendig es dabei hergehn mag,
so sind diese Dinge doch an sich noch kein neues Lebens-
element der Kunst, aber sie haben ihre Bedeutung als Ingre-
dienzien; Hässlichkeit z. B. als Bestandtheil des komischen und
humoristischen Fachs.
Ohne Zweifel wirken Figuren wie Aesop und Menipp, Scenen
wie die Borrachos und der Vulkan komisch. Ja wenn man sich
vorstellte, dass Jemand die ganze Gesellschaft des Velazquez in
einem poetischen Kunstwerk zusammenladen wollte, er würde
sich kaum eines andern Stils, als desjenigen eines Thackeray
etwa bedienen dürfen. Der humoristische Stil, sagt Jean Paul,
individualisirt bis ins Kleinste.
Man hat an den Holländern getadelt, dass sie für ihre Volks-
und Gesellschaftsbilder fast nie schöne und edle Gestalten wähl-
ten, dass einzelne ihrer Maler sich absichtlich in einen engen
Kreis plumpster Hässlichkeit einschlossen. Es sei eine Be-
schimpfung der wolgebildeten niederländischen Rasse, zu glau-
ben dass die Figuren eines Ostade und Rembrandt eine Vor-
[362]Siebentes Buch.
stellung vom holländischem Nationaltypus geben. Auch das hat
man ihnen zum Vorwurf gemacht, dass ihre Sittenbilder nicht
nur platt und trivial, sondern auch wenig sittlich rein und erfreu-
lich sind, selten schöne menschliche Züge enthalten, die doch, wie
die Kunst zu allen Zeiten bewiesen hat, auch in der Sphäre der
Armuth und Niedrigkeit wol zu finden sind. Ist es also nur der
Geschmack einer in sinnlichem Wolleben versumpfenden Gesell-
schaft, welchem diese Vorliebe für Scenen der Ausgelassenheit und
Corruption, des Tavernen- und Courtisanenlebens entsprungen ist?
Die Antwort ist längst gegeben: es ist das Geheimniss des
Pinsels, was in der Wirklichkeit unbedeutend und abstossend wäre,
bedeutend und erfreulich zu machen. Der Kontrast des Gemeinen
und Hässlichen mit der daran gewandten Feinheit einer höchst
ausgebildeten Kunst — die sich doch verbirgt — m. a. W. die
malerische Behandlung, das ist es was diesen Schöpfungen Recht
auf Existenz giebt. David Hume meinte1), die Ueberwindung
des Widerstands des an sich Abstossenden verstärke den Reiz
des Schönen, der hier allein in der Darstellung liegt, wie ein
beissendes Gewürz, wie die Fäulnisszugabe den Wolgeschmack
eines Gerichts. Die Probe der Richtigkeit dieser Erklärung
liegt darin, dass die, welche das Sittenbild durch Einführung
des Reinerfreulichen in Form und Gestalt zu veredeln suchten,
keineswegs den Erfolg gehabt haben, den man hätte erwarten
sollen.
Mythologien.
Auch die letzten Stücke dieser Klasse scheinen auf beson-
dern Wunsch des Königs gemalt zu sein; wenigstens waren sie
für zwei von ihm selbst geschaffene oder neu eingerichtete Räum-
lichkeiten bestimmt: die Torre de la parada und den Spiegelsaal
des Schlosses. Dort befand sich neben Aesop und Menippus ein
Bild des Kriegsgotts Mars; hier vier Scenen mit Venus und
Mercur. Der Saal führte seinen Namen von acht gleichen Spie-
geln, deren Grösse indess nach unsern Begriffen eine bescheidene
war, mit Rahmen von Ebenholz und einer Bekrönung von ver-
goldeter Bronze in Gestalt eines Adlers, der den Spiegel mit
seinen Fittigen umfängt. Man sieht solche Spiegel auf Carreño’s
Bildnissen Carl II und der Königin-Witwe. Den Rang dieses
[363]Mars.
Saals bezeichnen die grossen Bildnisse der fünf Habsburger:
Carl V, Philipp II mit dem Kind Ferdinand nach der Schlacht
bei Lepanto von Tizian, Philipp III auf der „Vertreibung der Mo-
riscos“ von Velazquez, Philipp IV Jugendbild von Rubens. Zu
ihnen ist später auch noch der letzte gekommen: Carl II von
Carreño. Ueber und zwischen den Fenstern und über den Spie-
geln gruppirten sich mythologische nebst einigen alttestament-
lichen Scenen. Da sah man die sogenannten vier Furien (Sisy-
phus und Genossen) von Tizian; vier Stücke Tintoretto’s: Judith
und Holofernes, Venus und Adonis, den Raub der Helena, Py-
ramus und Thisbe. Drei biblische Geschichten von Paul Vero-
nese: Jakob und Rahel, Mose im Nil, der Knabe Jesus im Tempel;
Bassano’s Schmiede Vulcans. Rubens letzte Gemälde waren für
diesen Saal bestellt worden: Andromeda, Herkules und Antäus,
der Raub und der Frieden der Sabinerinnen. Ausserdem sah
man von ihm Scævola, Achill und Deidamia, Jakob und Esau,
die Nymphen mit dem Füllhorn, den Satyr einen Löwen trän-
kend. Zu diesen fremden Künstlern gesellten sich zwei Spanier:
Ribera mit Jael und Sisera, Samson und Delila (über den Fen-
stern), und an dem bescheidenen Platz zwischen letztern Velazquez.
Gewiss eine seltene Kollektion: antike Stoffe von der Hand
der ersten Naturalisten des Jahrhunderts. Die alttestamentlichen
Geschichten wurden mit jenen auf gleiche Linie gestellt und nach
denselben novellistisch-allegorischen Gesichtspunkten ausgewählt
und behandelt.
Von diesen fünf Stücken des Meisters sind noch erhalten
der Mars, die Venus mit dem Spiegel und der Mercur mit
Argos. Apollo und Marsyas, Venus mit Adonis sind verloren.
Mars.
Für die Ansicht, dass die mythologischen Scenen Velaz-
quez kein Glück gebracht, (ein Spanier meint, dass er die
Göttergesellschaft so schlecht behandelt habe, weil er ein so
guter Katholik gewesen sei) ist besonders der Mars ins Feld
geführt worden. R. Ford nennt seine Formen die eines gemeinen
galizischen Lastträgers, ein Bildhauer die eines abgestandenen
Cirkusherkules, ein dritter findet darin eine gleichgültige Modell-
studie (Quarterly Review 1872), selbst W. Burger dachte an die
Flamländer der Verfallzeit.
[364]Siebentes Buch.
Man kann sich ungefähr denken, wie der Maler auf diese
Darstellung gekommen ist.
Er hatte in Rom bei der Auswahl der Abgüsse mehrere
Darstellungen des Ares sich angesehn, aus solchen Anregungen
ist das Gemälde hervorgegangen. Es ist ein entkleideter Mann
mit glänzendem Helm auf dem Kopf: so sah er den Gott in der
Villa Medici, in der Gruppe mit Venus; eine solche Marmor-
statue in der Villa Borghese (jetzt im Louvre) hat er abformen
lassen. Er stellt den wilden Kriegsgott, den homerischen
Stürmer ruhend dar: so war er zu sehn in der Villa Ludovisi
in einer Statue, die man auf Skopas zurückgeführt hat; das
linke Bein ist da ähnlich in die Höhe gezogen. Auch dieses
sonst als Gladiator bezeichnete Werk brachte er im Abguss mit.
Das Motiv der Ruhe ist das dominirende in dem Gemälde.
Er hat Rüstung und Kleider abgeworfen und sich auf den Rand
eines Feldbetts niedergesetzt. Grade in der Nachlässigkeit der
Haltung erhält man vielleicht besser als in der Spannung des
Kampfs den Eindruck des gewaltigen Gefüges dieses Baus und
der in ihm schlummernden Kräfte. Sogar die Rechte, mit dem
Stock (einer Streitaxt?) steckt unter dem Mantel, wer könnte die
Rechte des Mars ohne Beunruhigung sehn? Dieser rothe Mantel
fliesst zu beiden Seiten des Lagers herab und spiegelt sich im
Schilde: eine Anspielung auf den „blutbefleckten Menschenver-
tilger“ Homers.
Was die Formen betrifft, so wird Niemand von Velazquez er-
warten, dass er eine Statue kopire, er konnte auch den Mars nur
malen, wenn er irgendwo einen Menschen ausfindig machte, der
ihm zu dem was er von dem griechischen „Menschenmörder“
gelesen, zu passen schien. Ares wird von dem Dichter als ein
rohes Wesen geschildert; die Alten gaben ihm eine derbe
Muskulatur, starken Nacken, kurzgelockte und gesträubte Haare.
Sollen wir ihn tadeln, dass er das Musterbild des „Rasenden,
der kein Gesetz kennt“ in einer Gestalt aus den Horden der
Tilly und Marradas fand? Es ist ein „eherner“ (Ilias 5, 866)
Körper, von mächtigem aber ebenmässigem Knochengerüste, wie
bei dem farnesischen Herkules erscheint die Brust zwischen den
gewaltigen Oberarmen wie eingeengt: ein Körper von merkwür-
diger Festigkeit des Fleisches, der neben der allzu gleichmässig
gespannten Muskulatur Bonarroti’s und der gedunsenen der
Schule des Rubens den Vorzug voller Wahrheit der Fett- und
Hautdecke hat.
[365]Mars.
Hiernach dürfte sowol Motiv wie Formsprache mehr im
Sinn der Antike sein, als man sich einbildet. Das Aergerniss
bleibt auf dem Gesicht haften und dessen von dem Idealismus
antiker Götterbilder abweichendem Bildnisscharakter. Zwar
„kleine Augen und stärker geöffnete Nase“ gehörten auch zum
Signalement des Ares; und so kommen wir schliesslich auf den
Schnauzbart, der frei-
lich unwiderstehlich
parodistisch wirkt.
Man erkennt darin
wieder seine Sorg-
losigkeit in der Aus-
merzung störender
Details des Modells.
Ein Grieche würde
ihn wahrscheinlich
für einen Ares der
Barbaren erklärt ha-
ben.
Der tiefgehende
Helm bechattet die
Züge, sein Goldglanz
kontrastirt mit den
glanzlosen Augen;
man sieht nicht recht,
blicken sie Ueber-
muth oder Drohung?
Sollte dadurch das
Unheimliche dieses
unberechenbaren
Dämons angedeutet
werden? Die Ver-
dunkelung des Ge-
sichts durch den
Helm, der aufs Knie
Mars.
gestützte Arm mit der Hand an der Wange, die herabhän-
gende Rechte, findet sich ähnlich in Michelangelo’s düsterm Pen-
sieroso. —
Die klassischen Stoffe sind eben heute in einer schlimmen
Lage. Im siebzehnten Jahrhundert der Pedanterie, als selbst
in Madrid „der Lakai latinisirte“ (Quevedo), arbeiteten schon
[366]Siebentes Buch.
die antiken Namen für ein Bild, heute entstrahlt ihnen ein Frost
von Langeweile. Wo der Künstler sie durch Griffe in die Natur
zu beleben sucht, da ergiesst die unfruchtbare Gelehrsamkeit
ihren Spott. Die antiken Figuren des Velazquez sind eigentlich
nicht mehr Parodie als die des Rubens und der Renaissance.
Farbe und Ton kommen auch in andern Arbeiten dieses
Jahrzehnts vor. Das Karminroth des Mantels mit seinen weiss-
lichen Lichtern stimmt nicht gut zu dem gleichartigen Fleischton
und dem Blau des Schurzes. Das wird man gemeint haben
mit „Monotonie“, oder „Freskoton“ (Beulé); während W. Burger
das einzig Löbliche des Bilds in „gewissen Qualitäten des Tons“
fand. Es würde etwas flau erscheinen, wenn der Maler nicht
die dunklen, polirten, goldschimmernden Stahlstücke ober- und
unterhalb der nackten Gestalt dazwischen geworfen hätte.
Der Mars wird zuerst erwähnt in dem beim Tode Carl II
aufgestellten Inventar der Torre de la parada, im achten Zimmer
neben der Rubens’schen Hochzeit der Thetis und des Peleus,
und zwischen Aesop und Menipp, jedes zu fünfzig Dublonen
geschätzt. Es ist kein Grund abzusehn, warum er nicht für dieses
Jagdschloss gemalt sein sollte. Der wilde Kriegsmann sass hier
zwischen den zwei friedlichen Lumpengelehrten, Aesop und
Menipp, ein Bild des Looses der Wissenschaft in Kriegszeit-
altern. —
Das Institut von Gijon besitzt eine sorgfältig gearbeitete
Röthelzeichnung von zweifelloser Echtheit, die eine Studie zum
Mars nach demselben Modell ist1). Die Stellung ist jedoch
etwas verändert. Das linke Bein, auf das er den Elnbogen stützt,
ist über das andre geschlagen; der Kopf, stark auf die Seite
gesunken, ruht begraben in der Handfläche, die Augen sind ge-
schlossen. Das geplagte Modell war eingenickt; der Maler
zeichnete es in dieser Position, die ihn interessirte, weil man
darin ohne Gefahr für den Schwerpunkt einschlafen kann.
Während so der Kopf im Profil erscheint, zeigt sich der Rumpf
ganz von vorn; und die Brust drängt sich in ihrer mächtigen
Breite hervor.
[367]Mercur und Argos.
Mercur und Argos.
Zwischen den Fenstern des Spiegelsaals befand sich diess
Bild als Pendant zu Apollo und Marsyas 1). Beides beliebte
Stoffe, als klassische Mordgeschichten, und wegen der allego-
rischen Ausgiebigkeit. Lope im „Pilger“ führt uns im Kerker
von Barcelona zu einem vornehmen Gefangenen, der sich damit
tröstet, die Wände der Zelle mit Sinnbildern seiner Schicksale
(hieroglyphicos) zu bedecken. Neben Orpheus und Sisyphus sieht
man auch unsre Scene, sie bedeutet nach dem Epigramm des
Vespasiano Estroza:
Amor sutil al mas zeloso engaña.
Im ersten Zimmer der königlichen Sommerwohnung war
der Apoll mit Marsyas von Spagnoletto, gemalt im Jahr
seiner Aufnahme in die römische Akademie (1630). Dieses
Henkerstück war von jeher (Dante und Raphael!) Poeten und
Malern theuer als Emblem der Intoleranz aller wahren Diener
der Kunst gegen Mittelmässigkeit und Plattheit.
In der Torre de la parada war auch ein Rubens, eine schöne
abendliche Waldlandschaft, wo der Wächter, sitzend entschlum-
mert, den Hals recht bequem der Operation darbietet, — eine
banale Anpassung vielgebrauchter Attituden. Velazquez hat
auch bei diesem leichten Füllbild gedacht und nicht eher zum
Pinsel gegriffen, bis er die Geschichte geschaut hatte. So ent-
stand ein unheimliches Dämmerungsstück: der Abendhimmel, von
schweren eisengrauen Wolken bedeckt, sendet noch einige Streif-
lichter auf die silhouettenartig aus dunklem Boden hervorragen-
den Gestalten. Wie der Indianer der Prärie schleicht Mercur
auf Knien und Händen heran, in der aufgestützten Rechten
das blosse Schwert, sein Opfer umkreisend; soeben den Kopf
nach links wendend, bekommt er den Hüter der Io zu Gesicht,
ein Bild plötzlich-unwiderstehlicher Ueberwältigung durch den
Schlaf. Es scheint fast, dass ihm die Statue des sterbenden
Fechters in der Villa Ludovisi vorgeschwebt hat, welche er
dort für den Palast hatte abformen lassen. Die Figur des Kuh-
diebs mit dem Flügelhut zeichnet sich ab auf dem weissen Schein
[368]Siebentes Buch.
des Himmels, dahinter ragt der gehörnte Kopf der Kuh hervor.
Das Linienmotiv liegt in dem Gegensatz der in sich zusammen-
gekrümmten, nach oben geöffneten Schläfergestalt, und des über
den Boden gebeugten Meuchelmörders; die Gesichter sind ver-
kürzt und im Schatten; in der Verschwommenheit des Halb-
dunkels mit den scharfen Reflexen fühlt man doch die sichere
Modellirung dieser mächtigen Formen heraus.
Die Venus mit dem Spiegel.
„Die Toilette der Venus“, bedient von Nymphen, kommt
schon auf antiken Denkmälern vor; es gab Statuen wo sich die
Göttin in dem Schild des Ares spiegelte; auch der Gebrauch
eines wirklichen Spiegels findet sich bereits. Die von Tizian für
Philipp II gemalte Venus mit dem Spiegel, welche im vorigen
Jahrhundert aus Madrid verschwand, befand sich im Jahre 1636
im königlichen Sommerschlafzimmer, später in der Galerie über
dem Kaisergarten. Es gehörte etwas Kühnheit dazu, durch Wahl
eines solchen Gegenstands zum Vergleich mit dem Venezianer
herauszufordern; wahrscheinlich verdanken wir es dem Könige,
dass Velazquez sich auch einmal in dieser bei allen echten Künst-
lern als eine der schwersten und höchsten Aufgaben geschätzten
Darstellung eines jugendlich schönen weiblichen Körpers versucht
hat. Um Reminiscenzen auszuweichen, hat der Hofmaler eine
möglichst verschiedene Stellung gewählt: die ausgestreckte Lage
auf dem Ruhebett und die Rückenansicht. Tizian hatte letztere
in der Venus mit Adonis angewandt, um ein Pendant zu der
Danae zu liefern; vielleicht hatte sie Velazquez in seinem (verlo-
renen) Adonis von der Vorderseite gezeigt. Er mag auch ange-
regt worden sein durch die Statue des Borghesischen Herma-
phroditen, die er in Rom hatte abformen lassen. Der malerische
Werth der Umrisse und Modulationen eines jugendlichen Rückens
war ihm hier entgegengetreten.
Auch in seinem Gemälde hält ihr Amor einen Spiegel in
schwarzem Ebenholzrahmen vor, sie richtet den Kopf, der auf
dem eingezogenen Arm ruhte, etwas in die Höhe, nach links.
Der Knabe hat sichs bequemer gemacht, er kniet und stützt die
übereinandergelegten Hände auf den Rahmen. In seiner kind-
lich weichen Gelenkigkeit gleicht er dem kleinen ABC Schützen
in Correggio’s „Schule des Amor“, die unserm Bild im Palast
[369]Die Venus mit dem Spiegel.
Alba lange Zeit Gesellschaft geleistet hat. Da man von dem
Gesicht der Göttin nur etwas verlorenes Profil zu sehen bekam,
so hat der Maler uns im Spiegel entschädigt. Da sieht man
einen etwas breiten, vergnügten Mädchenkopf, ganz von vorn,
von dichtem, ungekünsteltem Haar umrahmt, etwas zerflossen ge-
malt, mit grauen Schatten, die von der dunklen Wand gegen-
über kommen. Spiegelgläser waren dort wohl selten untadelhaft,
vielleicht wollte auch die Schöne nicht erkannt werden. Man
muss gestehn, dass diess Spiegelbild nicht ganz hält, was der
hübsche Umriss mit dem braunen zusammengewundenen Haar
des Scheitels versprach.
Venus.
Also der Körper ist die Hauptsache. Es ist ein spanischer
Typus; man hat das Modell in dem Mädchen der „Spinnerinnen“
wiederkennen wollen. Keine mächtigen „zur Bildhauerei erschaf-
fenen“ Formen griechischer oder lateinischer Rasse; auch ihre
venezianischen Namensverwandten sind ungleich stärker gebaut.
Aber es ist eine feine Gestalt, für andalusische Tänze geschaffen.
Man sieht ihr an, dass sie nicht nur mit den Beinen, sondern
mit dem ganzen Körper Musik machen kann. Die beiden Linien,
die obere mit den starken Hervorragungen der Schulter und des
Beckens (wodurch die Dünne der Taille bemerklich wird), die
untere mit der langen flach bewegten Kurve, die Wirbellinie
II. 24
[370]Siebentes Buch.
dazwischen, ausklingend in dem Köpfchen und in dem ausge-
streckten, nur skizzirten Fuss: dieser Kontour giebt einen unver-
gleichlichen Eindruck von Schlankheit, Geschmeidigkeit und anmu-
thiger Beweglichkeit. Es ist ein orientalischer Hauch darin, wie
aus dem westöstlichen Divan:
Der Bau dieser zierlichen Gestalt weicht von veneziani-
schem Geschmack ab, nicht aber die Modellirung in vollem
Licht, — nur einige schmale Randschatten mit leuchtenden
Reflexen finden sich an den Einbiegungen der untern Kon-
tour. Ja in dem Einklang von Zartheit und Bestimmtheit der
Undulationen innerer Flächen ist sie jenen überlegen. Nur ist
der Ton erheblich kühler, an die Stelle der gelblich warmen
Hautfarbe tritt ein helles Karmin. Dieser Ton ist wahrer als
jener, aber die Farben der Umgebung: der gesättigte Purpur
des Vorhangs, das hellrosa Band des Spiegels, die blaue
Schärpe des Knaben stimmen nicht recht dazu. Kein Vene-
zianer würde in die Nachbarschaft des Nackten jenes schwarze
Tuch gebracht haben, das die untere Linie entlang in einer
flachen Kreislinie herabhängt. Es sollte wohl die Helle des
Incarnats kontrastlich heben und von dem weissen Leinentuch
trennen. Es ist daher nicht ganz zutreffend, wenn W. Burger,
der übrigens das Gemälde in Manchester (aus Prüderie) sehr
hoch gehängt sah, behauptet, in Qualität der Farbe und Har-
monie könnten wenige so distinguirte Velazquez genannt werden.
Dieses Gemälde würde seinem damals verstorbenen Lehrer
Pacheco wenig Freude gemacht haben, der rieth, weibliche Mo-
delle nur für Antlitz und Hände zu benutzen und für das übrige
sich mit plastischen und zeichnenden Quellen zweiten Rangs zu
behelfen (El Arte I, 354 f.). Velazquez ist ja auch der einzige
unter den frühern Spaniern, welcher sich an die Teufelin Venus
gewagt hat, obwol auch die dortigen Maler seit Vargas ge-
wusst haben, dass ihr Können sich eigentlich im Nackten, diesem
„Depositum aller körperlichen Vollkommenheiten“ zu zeigen
habe, und dazu fast nur in Mythologien Gelegenheit gegeben
sei. Ribera hat einmal den Tod des Adonis gemalt, aber seine
ganz bekleidete Göttin könnte ebensogut eine Magdalena vor-
stellen 1). Ihre zahlreichen Darstellungen in den königlichen
[371]Die Venus mit dem Spiegel.
Schlössern stammen alle von Fremden. Die Inquisition bestrafte
die Einführung und Ausstellung lasciver Bilder mit Excommuni-
cation, 500 Dukaten und einem Jahr Verbannung; indess Palomino
erinnert daran, dass das Nackte noch nicht das Unanständige
(deshonesto) sei, und letzteres wol zu unterscheiden vom Lasciven
(Museo II, 95). Aber auch er empfiehlt den Malern den Ovid
und das Theatro des los Dioses nur, damit sie die Bilder in den
Palästen besser verstehen, nicht wegen der paar Aufgaben, die
sich ihnen bieten könnten. Die Proscription solcher Darstellun-
gen ist natürlich mehr auf Rechnung inquisitorischer Etikette
und der durch sie grossgezognen nationalen Heuchelei zu setzen,
als auf angebliche christliche Sittenstrenge. Wer viele spanische
Kirchen des sechszehnten und siebzehnten Jahrhunderts gesehen
hat, erinnert sich, dass selbst über Altären billige Ansprüche an
Erbauung auch der Sinnlichkeit keineswegs unberücksichtigt ge-
blieben sind. Denn seit den Tagen der Phönicier hat dort neben
der Purisima auch die andre Himmelskönigin (Jeremias 7, 18)
allezeit ihren, oft von denselben Devoten wohlbedienten Kultus
gehabt. Wir wissen also was davon zu halten ist, wenn heutzu-
tage einige Heissporne, vor denen auch Alba und Philipp II als
Heiden und Zöllner geachtet werden, bedauern, dass Velazquez
solche „seinem männlichen und christlichen Geist eigentlich wider-
strebende Stoffe behandelt habe“ 1). Freilich gewährt man ihm
mildernde Umstände, da er sich doch vor dem Heidenwahn be-
hütet habe, unsre erbärmliche Leibesnatur (nuestro miserable fisico,
Genesis I, 31?) zu vergöttlichen, wie es jene kunstgewaltigen
Sünder (valientes pecadores), genannt Julio Romano, Tizian, Ru-
bens verübt haben 2). Zum Beweis, dass der spanische Maler
sich gänzlich losgesagt habe „von den schmählichen Buhlreizen
(torpes hálagos) der erotischen Muse, welche den Geist der italie-
nischen und vlämischen Künstler tyrannisch knechtete“ (dueña
tirana de la inteligencia de los artistas etc.) wird dem Advocatus
diaboli — die Hintenansicht dieser Venus vorgehalten. Ja selbst
[372]Siebentes Buch.
den Spiegel hat der „keusche und strenge Velazquez“ so gestellt,
dass man nur das Gesicht sieht, und die Göttin uns den Busen
verbirgt (nos oculta el seno1). Heilige Celestina, was würdest
du zu solchen Spaniern gesagt haben!
Die Venus kommt im Inventar von 1686 unter dem Namen
Psyche und Cupido im Spiegelsaal vor 2) und verschwindet nach
dem Brande (1734); vielleicht verletzte sie das bourbonische Zart-
gefühl. Um die Mitte des Jahrhunderts taucht das Bild wieder
auf im Palast Alba, wo es Ponz sah (Viage V, 303), der es ein
gefeiertes Werk nennt. Von da wandert es in die Galerie des
Friedensfürsten Godoy und wurde bei dem Verkauf (1808) nebst
Tizians „schlummernder Nymphe“ von Mr. Wallis erworben.
Buchanan schätzte beide auf 4000 Guineen. Auf den Rath Sir
Joshua’s kaufte die Venus Mr. Morritt, der Oheim des jetzigen
Besitzers, dem ich eine Photographie verdanke, für £ 500. Dort
im fernen Yorkshire, auf dem Landsitz Rokeby, dem Walter
Scott dichterische Weihe gegeben, ist die arme Göttin vorläufig
sicher vor Akten des Glaubens, wie sie der „keusche und strenge
Sinn“ des Herzogs Louis von Chartres über die Io und Danae
verhängte. Zweimal, 1879 und 1885, war es mir vergönnt sie dort
zu sehn und mich von ihrer tadellosen Erhaltung und der ursprüng-
lichen Helle und Frische der Farbe zu überzeugen.
[[373]]
Kirchenbilder der letzten Zeit.
Die Krönung der Maria.
In diesen Jahren hat sich der Hofmaler noch einmal Dar-
stellungen religiösen Inhalts zugewandt. Die dritte und letzte
Gruppe seiner Kirchenbilder besteht aus zwei sehr eigenthüm-
lichen Stücken.
Die Krönung U. L. F., unternommen wohl auf höhere Ver-
anlassung, war bestimmt für das Oratorium der Wohnung seiner
neuen Herrin, der Königin Marianne, der er sich hier mit einer
Arbeit seiner Hand vorstellen sollte 1). Es war diess ein Stoff
halb symbolischen, halb musikalischen Stils, für dessen Behand-
lung die mittelalterliche Kunst mit ihren typischen Formen,
feierlich prächtigen Kultusgewändern, Thronen und Mandorlen
mehr Beruf hatte, als die realistische Malerei des siebzehnten
Jahrhunderts, welche sich mit richtigem Takt für das ihr Erreich-
bare an die volksthümlichen Bethlehemscenen, die Passion, die
Mönchsgeschichten zu halten pflegte. Nur die Meister der Bewe-
gung, der Ekstase und des Helldunkels verstanden auch aus
diesem Mysterium in ihrer Art Grosses zu machen, — wie Cor-
reggio in der Tribune von S. Giovanni. Merkwürdiger Weise
hat Murillo die Krönung der Maria nie gemalt.
Unser Künstler hat die Bedingungen der Darstellung
gewiss reiflich überlegt und ist nicht ohne ein durchgearbeitetes.
Programm zur Ausführung geschritten. Ihm konnte nicht ent-
gehn, dass in einer solchen Wolkencerimonie Erinnerungen an
die Wirklichkeit störend sein mussten, dass man den Gläubigen
die althergebrachten Scenen vorführen müsse, neu belebt weniger
durch Naturstudien, als durch Adel der Formen, Erhabenheit
[374]Siebentes Buch.
der Empfindung und Würde, Einfalt und Ebenmass, ernste Musik
der Farbe.
Er verfuhr daher wie Raphael, der in der Verklärung die
malerisch-dramatische Kompositionsweise der Cartons verliess
und die strenge Symmetrie des Byzantinismus in die Bergscene
aufnahm. Die Himmelskönigin thront in der Mitte; höher auf etwas
zurückliegendem Plan, Christus und der ewige Vater. Eine un-
malerische, der Bühne entlehnte Aufstellung also, wo die Ge-
feierte, um der Andacht ganz sichtbar zu sein, den himmlischen
Majestäten den Rücken wendet. Alle mittelalterliche Kirchen-
garderobe hat er jedoch beseitigt: die Gewänder sind von dunklem
schmucklosem Zeug, statt der Goldkrone wird ihr ein Kranz von
Röschen aufgesetzt.
Adel der Frauenerscheinung hat er in dieser Madonna sicht-
lich erstrebt. Sie ist von vornehmeren Zügen als in den Jugend-
bildern der Hirten und Magier, ihr Blick stolz, ihre Gesten von
vornehmer Grazie. Freilich vermisst man selige Freude, Ueber-
raschung, Dankbarkeit. Aber so würde sich eine Castilierin
in dieser Lage benehmen; standesgemässe Miene und Haltung
wäre ihr Hauptgedanke: sie nimmt den Stolz ihrer neuen Würde
an. Die gesenkten beschattenden Wimpern erinnern wol an
Holdseligkeiten früherer Zeiten, aber sie erinnern nur daran, um
ihre Abwesenheit fühlbar zu machen. Näher besehn hat sie so-
gar etwas von Porträtcharakter, aber keinen italienischen, wie
Jemand gesagt hat. Die starken Brauen und die grossen Augen,
das Stumpfnäschen, der schmollende Mund, die schwarzen locker
gewellten Haare, die so tief über die Schläfen gezogen sind
und das Oval halbmondförmig einrahmen, geben dem Kopf doch
einen Modellgeschmack. Aber kein Italiener oder Germane
würde das für ein Madonnenmodell erklären. Ihr fehlt jenes
Etwas, das auch die hausbacknen und hässlichen Typen des fünf-
zehnten Jahrhunderts z. B. zu Madonnen geweiht hat, dies Zu-
trauen erweckende Weibliche, dem sie ja ihre Mitregentschaft
von Volkes Gnaden verdankt. Denkt man an Tizians Asunta
etwa, wie deutlich erscheint hier der Abstand des italienischen
und spanischen Kunstgeists, der die frostige Etikette selbst mit
hinauf in den Himmel nimmt.
Der Ausdruck ist ausschliesslich den Händen überlassen.
Die Rechte berührt die Brust, die Linke ist waagerecht ausge-
streckt, in der Erwartung des grossen Augenblicks. Uns würde
diese Mimik bei aller Anmuth kalt und melodramatisch erschei-
[375]Die Krönung der Maria.
nen; indess sind grade solche Handbewegungen unter dem spani-
schen Volk verbreitet, und oft auch im gewöhnlichsten Gespräch
zu beobachten. Die Hände sind ferner vollkommen schön, von
reizender Linienbiegung und zarter Beweglichkeit. Man findet sie
ebenso bei jenem geistvollen Darsteller spanischen Wesens, Do-
menico Greco. Sieht man sich nun noch einmal um, so wird man
Anklänge an diesen Maler auch in Gruppirung und Draperie,
in Colorit und Lichtern erkennen.
Der Christus erinnert an den des Krucifix von S. Placido;
wieder fallen die langen dunklen Locken, rechts hinters Ohr ge-
strichen, an der linken Seite über das Gesicht herab, als Grund
für die edle Profillinie. Der Blick ist schwermüthig ernst. Man
könnte die vorgebeugte Gestalt ohne weiteres in ein Verhör vor
dem Hohenpriester versetzen.
In dem „Alten der Tage“, wie Jehova im Buch Daniel
heisst, hat er seinem realistischen Sinn keine Schranken auferlegt.
Während Pacheco hier einen ernsten schönen Alten, keinen Kahl-
kopf (Arte II, 178) forderte, wählte er ein greisenhaftes Modell,
dasselbe welches er passender hernach für Paul den Eremiten
verwandte. Geröthete Augenlider, zahnloser Mund, kein seelischer
Hauch in den verknöcherten Zügen.
Am wunderlichsten hat der Maler experimentirt in Gewan-
dung und Farbe. In Gemälden der Dreifaltigkeit pflegte man
sonst (z. B. im Prado 990) die erste Person in hohepriester-
lichem Mantel, Christus als Auferstandenen darzustellen, halb-
nackt, mit sichtbarer Seitenwunde. Hier haben beide lange und
weite Tuniken und Mäntel angelegt, die aber zu schwere und
faltenreiche Massen geben, mit zu sehr gehäuften Motiven für die
beabsichtigte feierliche Wirkung. Man glaubt die mühsamen
Versuche am Gliedermann zu sehn; denn solche Mäntel gab es
in Spanien nicht und die Aehnlichkeit mit der straffen Capa
musste als profan vermieden werden. Die Gewandung der Ma-
donna ist besser.
Diese ungeheuren Tuchmassen haben drei Noten: die langen
Röcke der Männer violett, ihre Mäntel purpurartiges Karmin,
die Frauenkleider wie herkömmlich Roth und Blau. Violett
ist durch blaue Lasuren über dem Karmin gewonnen. Eine
Triade die wohl ohne Beispiel in der neuern Malerei dasteht.
Velazquez bevorzugte diese in der kalten und dunklen Seite des
Spectrums liegenden Farben ohne Zweifel, um den Grundton feier-
lichen Ernstes zu bekommen; die kirchliche Symbolik würde sie
[376]Siebentes Buch.
eher für eine Todtenfeier als für ein Krönungsfest gewählt
haben. Dazu gaben violett, blau und purpurroth in Folge ihrer
Nähe, die stärksten Farbenmissklänge. Violett und blau, violett
und roth gehören zu den Beispielen des schädlichen Kontrasts.
Auch die in der alten Kunst beliebte Zusammenstellung Blau
und Roth ist wenigstens nicht glücklich abgetönt. Und kein
neutraler Schatten unterbricht diese unruhigen Töne, vergebens
Die Krönung Mariä.
sucht das Auge Erholung in einer warmen Kontrastfarbe; ja das
grelle Weiss der Wolken macht den Eindruck noch düsterer und
vollendet die kalte Wirkung 1).
[]
[][377]Die Einsiedler.
Die Einsiedler.
Glücklicher war der Maler in seinem wahrscheinlich letzten
kirchlichen Bild — dem einzigen Mönchsstück unter seinen
Werken: dem Besuch Antonius des Abts bei Paulus dem Ein-
siedler. Diess Gemälde war bestimmt für den Altar des Orato-
riums in der S. Antonius-Einsiedelei am Westende des Parks
von Buen Retiro, einer Gründung der Portugiesen; es wurde im
Jahre 1659 aufgestellt.
Das Bild hatte einen reichen Goldrahmen, damals eine
seltenere Auszeichnung, mit flachem Bogenabschluss, später hat
man ihn entfernt, und die Zwickel mit dem Pinsel ausgefüllt.
Eine Skizze führt der Catalog der spanischen Louvresammlung
auf (Nr. 286), sie war nichts als eine verkleinerte Kopie, und ist
jetzt in England 1).
Greise Einsiedler der Wüste waren ein Lieblingsthema der
Epigonenzeit, von Tintoretto und dem jüngern Palma bis auf
Guido und Rubens. Diesen Urvätern des asketischen Spiritualis-
mus wurde damals eine sehr materielle Wirklichkeit gegeben; es
waren Bravourstücke in Darstellung des Verfalls der sterblichen
Hülle. Ihre mächtigen Skelette, bekleidet mit dem faltenreichen
Leder des Alters, versinnlichten zugleich die Ertödtung des
Fleisches und die Rüstigkeit gegenüber den Schrecken der
Wüste, dem Teufel und den asketischen Paroxysmen. Um die
heil. Hieronymus, Antonius und Franciscus, die damals aus der
Manufaktur Spagnoletto’s in Neapel hervorgingen, stritten sich
die Kabinette aller Länder.
Velazquez hat ähnliche Modelle benutzt, sonst aber einen
eigenen Weg eingeschlagen. Er wollte die Patriarchen des Mönchs-
thums, gegen seine Gewohnheit, der Landschaft unterordnen.
Er glaubte mindestens ebenso beredt durch den Schauplatz als
durch Gestalten und Geberden sprechen zu sollen. Durch jene
Natur, in welcher die Askese der Essener und Anachoreten,
diese Anpassung der Religion an die Wüste, erwachsen ist;
durch eine Landschaft, in deren Mitte uns die erhabenen Extra-
vaganzen dieser Heroen der Weltflucht natürlich erscheinen.
[378]Siebentes Buch.
Dargestellt ist der Besuch, welchen der neunzigjährige
Antonius dem 113 jährigen, ihm bis dahin unbekannten Kollegen
Paulus auf höheren Wink abstattete. „In der herrlichen Arm-
seligkeit dieses Lebens wurde ihm offenbart, wo einer lebe voll-
kommener als er. Paulus von Theben hatte seit der Verfolgung
Diokletians in einer Höhle gewohnt; eine Palme gab ihm Nahrung,
Schatten und Kleidung. Neunzig Jahre waren vergangen ohne dass
die Menschen von ihm wussten … Antonius kam nur zu seinem
Tode“ 1). — Beide sitzen vor der Höhle auf Steinblöcken, in der
Nähe der Quelle. Ihr Seelenaustausch wird eben unterbrochen
durch die Erscheinung des Raben, mit dem Brot im Schnabel, das
er seit sechzig Jahren täglich dem Heiligen zu Füssen legte;
diessmal war es ein doppeltes. Dieser Rabe stammte von dem
des Elias ab. In der verknöcherten Gestalt des heil. Paulus liest
man das höhere Alter und die verwildernde Einsamkeit; der
h. Antonius ist, wie auch sein Kostüm zeigt, der Civilisation
näher geblieben; er ist auch der weniger Begnadigte. Aus den
mühsam erhobenen müden Armen und zusammengeschlossenen
Händen, dem Glanz der Augen spricht Dankbarkeit und zu-
gleich Hunger; der andre breitet erstaunt die Hände aus.
Velazquez bleibt immer der Meister sachgemässer Geberden-
sprache, die nie zu wenig noch zu viel giebt; Spagnoletto’s heftige
wenn auch malerische Attituden im Geist Michelangelo’s er-
scheinen neben ihm konventionell. Nur im Kostüm ist er nicht
korrekt. Paulus, der hier in weissem ärmellosem Kittel mit Strick
gegürtet sitzt, trug ein Kleid von Palmblättern (was Don Quixote
wusste, II, 24), Antonius, hier in braunem Rock und schwarzem
Mantel, besass ein Hemd von Schafpelz und eine dunkle Kutte
von rauhem Zeug.
In Mittel- und Hintergrund ist nach der Weise des Mittel-
alters (auch ein Beweis wie wenig Velazquez Pedant war) die
Wanderung des letztern zu der heiligen Höhle und das Ende der
Geschichte über die Landschaft verstreut. Er begegnete auf dieser
pfadlosen Reise Geschöpfen der Wüste, Halbmenschen, welche
die blinde Heidenwelt als Halbgötter verehrt hatte. Zuerst
einem Centauren, den er um den Weg fragte; sodann einem
Männchen mit Ziegenfüssen, Geiernase und Hörnern, das sich ihm
als Faun vorstellte und eine Mission für seinen Stamm erbat.
Darauf sieht man ihn vor der Lattenthür der Höhle stehn und
[379]Die Einsiedler.
um Einlass flehen. Als der Heilige endlich seinen Thränen nach-
gebend herauskam und den Mann erkannte, dessen Besuch
ihm vor seinem Ende (das also nun gekommen) der Herr ver-
heissen, bat er ihm den Mantel des heil. Athanasius zu holen.
Als Antonius mit diesem zurückkam, fand er ihn kniend ent-
schlafen, er trug ihn hinaus und zog der Leiche den Mantel an.
Während er die üblichen Psalmen und Hymnen sang, erschienen
fromme Löwen, welche das Grab gruben und dafür den erbetenen
Segen des Heiligen empfingen 1).
Die Legende der Erzväter des Mönchthums wie die der Pro-
pheten ihrer Urbilder hat von jeher zu landschaftlicher Behand-
lung Anlass gegeben. Legten doch die Mönche selbst bei der
Wahl ihrer Wohnsitze stets Werth auf grossartige Natur; sie
waren in diesem Punkt der Geschmacksbildung den Weltkindern
um ein Jahrtausend vorangeeilt.
Nicht unter jedem Himmelsstrich aber kann man Studien
für Einsiedlerscenerie sammeln. In S. Peter zu Gent sieht man
dieselbe Visite in vlämischem Geschmack: da ist ein üppiger
Wald, Thürme, ein Schloss dahinter, ein Fluss mit lachender
Ebne, eine thurmreiche Stadt endlich: wozu brauchte da der
Rabe bemüht zu werden? In Mirou’s Bild (Ermitage 529) sind
alle möglichen, wenn auch nur Vegetarianer-Delikatessen auf dem
Rasen ausgebreitet. Selbst die ernsten, einsamen Waldstücke
eines Ruisdael würden hier nicht passen: es fehlt der weite
Horizont und die Poesie der Oede.
Die baumlosen Gebirgsthäler des Südens, mit ihren grossen
wilden Linien, wo die Natur des Menschen und seiner Kultur
wieder Herr geworden ist, geben allein die Stimmung für die
Legende der Pioniere der Weltflucht. Kaum eine erhabenere
Epopöe der Landschaftsmalerei ist gedichtet worden, als die Ge-
schichten des Elias und Elisa von Gaspard Dughet in der Kirche
S. Martino ai Monti zu Rom. Aus diesen den Bergen der
Sabina entstammenden Scenerien weht uns der Geist entgegen,
dessen Sprache jene Seher vernahmen, dort fielen die Ban-
de von ihrem Sinn, sie sogen die Prophetenkraft ein, vor
Könige und Nationen hinzutreten. Ueber diesen wilden Thälern,
hochragenden Gipfeln und stillen durch die Malaria verödeten
[380]Siebentes Buch.
Ebenen liegt eine Weihe und Feier, in welcher die Natur ihre
Göttlichkeit wieder an sich genommen hat, ohne der bunten Ge-
staltenwelt zu bedürfen, deren Niedergang Schiller beredt be-
klagte.
Noch wilder, noch verwandter der Thebais sind die Des-
poblados Castiliens und Estremaduras. Ueberragt von der Sierra,
welche den Ort vor der Welt draussen hütet, liegt ein enges
Thal, das ein Quell zur Oase umgeschaffen hat. Diess grüne
Thal mit dem Gebüsch und den aromatischen Kräutern seiner
Abhänge mündet in eine enge, von überhangenden Kalkstein-
massen beschattete Schlucht, wie ein Engpass, der aus der
sonnigen Welt draussen in die unzugängliche Burg der Ent-
sagung führt, von der ein Ausgang nur ins Jenseits offen steht.
Die vorderste Masse, wie ein Stück Cyklopenmauer, raubt uns
zwei Drittel der Landschaft. In ihr liegt die Höhle des Heiligen,
die herabsickernde Feuchtigkeit hat dem Fels einen grünlichen
Ueberzug gegeben. Der Maler wollte, ohne sich um den orien-
talischen Charakter Sorge zu machen, wie immer der Leben-
digkeit zu Liebe Motive einer ihm bekannten Gegend benutzen.
In den meilenlangen Kalksteinwänden des Thals, durch das er
oft von den Forsten Balsain’s nach Segovia geritten, finden sich
oft weiche Sand- und Thonschichten, die das Wasser ausspült
und in Höhlen verwandelt. Sie umgeben das blühende Thal des
Flüsschens Eresma, in das der Bach Clamores mündet. In einer
solchen Höhle war es, wohin S. Fruto, der Patron von Segovia,
nachdem er alle seine Habe den Armen gegeben, sich zurück-
zog, dort beschloss er sein Leben, hierher sollten sich in der
maurischen Zeit die mozarabischen Christen geflüchtet haben.
Die Palme mit deren Blättern Paulus sich kleidete und die
eigentlich beide Greise beschatten sollte, ist hoch oben in
der Ecke angebracht, wie ein Emblem. Ihre Stelle vertritt eine
schlanke, dünnbelaubte Erle, von Schlingpflanzen umrankt und
von Brombeersträuchern umgeben, die alle Pfade im Norden
Spaniens säumen. Darüber wölkt sich ein hoher, von leichtem
Gewölk durchzogener Himmel, von dem eine Gras und Gehirn
versengende Sonne ihre Strahlen sendet. Ein Wüstenhimmel,
der die Vorstellung des Unendlichen, das Endliche zu Nichts er-
drückend, in den Menschengeist pflanzt. Diess übermächtige
Firmament giebt den Raumverhältnissen des Bilds den Charakter.
Die Malweise ist von unsäglichem Reiz. So schreibt nur eine
Hand die vierzig Jahre den Pinsel geführt. Es ist das dünnst-
[381]Die Reise nach den Pyrenäen.
gemalte aller seiner Bilder, ganz im ersten Anlauf beendet und
dann nicht mehr berührt. Alle Wirkungen sind erreicht mit
einem kleinsten von Kraft- und Stoffaufwand. Auf feiner Lein-
wand, über gelblich-weissen Grund sind einige, hauptsächlich
blaue und braune Tinten, dünn gelegt; damit ist erreicht, was
man heute durch unendliche Lasuren oder Auftrag mit dem
Spatel kaum fertig bringt. Das merkwürdige aber ist, in dieser
Körperlosigkeit, die Formenbestimmtheit, von den Figuren und
Draperien bis auf die Sträucher. Die Zeichnung schwebt hinter
der wie hingeblasenen Farbe, als sähe man ins Weite durch eine
dünne Gaze.
Die Reise nach den Pyrenäen.
Die letzte Leistung des Velazquez war keine Arbeit des
pintor de cámara, sondern des Schlossmarschalls. Die Zusammen-
kunft der spanischen und französischen Königsfamilien nach dem
Abschluss des Pyrenäenfriedens auf dem Inselchen des Grenz-
flusses Bidasoa, die Begegnung des abwärtsneigenden Philipp
mit dem aufsteigenden Ludwig XIV, der einst soviel Unheil
über sein Reich bringen sollte, und mit seiner Schwester Anna,
die er seit 45 Jahren nicht gesehn, ist von französischen Federn
mit bekannter Meisterschaft beschrieben und auch von französi-
schen Malern dargestellt worden. Von spanischer Seite haben
wir nichts als eine jener Reiserelationen (Viage) 1), die beson-
ders geographischen Werth haben. Dort sieht man mit den
Augen der Eingeweihten und hört was die höchsten Personen
in intimen Momenten gesagt und geflüstert haben; hier be-
wegt man sich durchaus im Gesichtskreis eines Hoffouriers.
Doch wenn Spanien keine Memoirenschreiber besass, so war
dafür ein Maler mit dabei, dem die Nachwelt mehr zutraut als
Charles Lebrun. Aber seinem Herrn scheint nicht eingefallen
zu sein (wie dessen Gesandten Peñaranda vor zwölf Jahren, als
er Terburg den Schwur der holländischen Unabhängigkeit malen
liess), dass hier ein Monument der Historienmalerei von einem
Wort seines Mundes abhänge. Don Diego hatte es sich selbst
zuzuschreiben, wenn ihm nun die Rolle zufiel, statt hier Skizzen
zu sammeln, als Reisemarschall mit seinen Untergebenen voran-
[382]Siebentes Buch.
zureisen, Quartier zu machen, und endlich mit dem rothen Ordens-
kreuz und der goldnen Kette vor Majestäten und Grossen sich
zeigen zu dürfen. —
Die Abfahrt war auf den 15. April festgesetzt; Velazquez
reiste indess einige Tage früher, begleitet von drei Quartier-
meistern (ayudas de furriera): seinem Schwiegersohn Mazo,
Damian Goetens und Joseph de Villareal.
Eine königliche Reise, mit solchem Tross, auf solchen
Wegen, muss man sich vorstellen, um für den Aposentador Angst
zu empfinden, wenn ihm auch die Instandsetzung der Wege von
zwei andern hohen Hofbeamten abgenommen wurde. Obwol
Seine Majestät á la ligera reisen wollte und sich auf die unent-
behrliche Begleitung beschränkte (darunter waren u. a. vier
Leibärzte, vier Wundärzte, zwei Aderlasser, und der Leibbarbier
mit drei Gehülfen), so kamen dazu doch noch die Granden mit
ihrer unentbehrlichen Dienerschaft, Haro mit einem Haushalt
von über zweihundert Köpfen, die Wagen mit den Geschenken
und den täglich zu erneuernden Livreen. Der Vortrab war vor
Alcalá’s Thoren, als das Ende des Zugs das Alcaláthor in Madrid
verliess. Man legte den Weg von der Hauptstadt bis S. Sebastian
in einundzwanzig Stationen zurück. Die Route folgt erst der heu-
tigen Bahnlinie nach Saragossa, verlässt diese bei Jadraque, über-
schreitet von da aus die Sierra und stösst bei Berlanga auf den
Duero, den sie begleitet bis Aranda, geht dann auf Burgos los,
wo sie mit der Linie der Nordbahn zusammentrifft. Bei ebener
Strasse wurden etwa sechs spanische Meilen täglich zurückge-
legt, in den Bergen von Alava und Guipuzcoa jedoch viel
weniger; immer traf man um sechs Uhr im Nachtquartier ein.
Es fehlte nicht an Abwechslung. Der alte König hatte Ge-
legenheit, in verödeten Palästen die Magnificenz grosser Vasallen
von ehemals kennen zu lernen, sich uralte nun ganz verfallene
iberische Ortschaften, wie Osma anzusehn, über den noch un-
verminderten Schatz leicht entzündbarer Loyalität seiner schwer-
geprüften Kastilier gerührt zu sein, und über den Niedergang
einstiger reicher Handelsplätze unter seiner glorreichen Regierung
Betrachtungen anzustellen. Zu letztern wurde ihm indess wenig
Zeit gelassen; denn bei jedem Einzug erwarteten ihn Chöre
und Maskeraden, Stiergefechte und Feuerwerk. In Borgo de
Osma „beurkundeten die Bauern in Tänzen ohne Takt, durch
wenig Kunst ihre grosse Ergebenheit“. In Guipuzcoa führten
Basken und Baskinnen ihren Schwerttanz auf, Volk und Adel
[383]Die Reise nach den Pyrenäen.
durcheinander zum Klang der Querpfeife und Handtrommel,
„Männer und Frauen wechselweise, in Ringen und Reihen“.
In beiden Castilien fand man zwar keine Gasthäuser, wohl
aber geräumige Adelssitze. Nirgends war mehr Platz zur
Verfügung, als in dem unermesslichen Palast des Cardinals zu
Alcalá, mit seinen plateresken Patios von Alonso de Covar-
rúbias, einem Bau des Alonso de Fonseca. Konnte sich hier
das Auge berauschen an der phantastisch-polychromen Pracht
des Conciliensaals, der reichsten und letzten Schöpfung gothisch-
mudejarer Ornamentik, so sah man sich gleich darauf in Guada-
lajara, im Palast Infantado (erbaut von Diego Hurtado de Men-
doza seit 1461) versetzt in Räume, die Rumulo Cincinnato mit
antiken Grotesken im heitern Loggienstil bemalt hatte. Der
Park des Palasts der Herzöge von Frias zu Berlanga gewährte
bei nächtlicher Beleuchtung einen seltenen Anblick: er war am-
phitheatralisch in drei Terassen angelegt, mit Aussichtsthürmchen,
Springbrunnen und Statuen. Dieser Palast, sowie der modernere
der Lerma am gleichnamigen Ort, sind von den Franzosen ver-
brannt worden. Letzterer war eine Schöpfung des Cardinals
dieses Namens und im Herrerastil von Francisco de Mora 1614
gebaut, die Bronzestatue des Erzbischof Sandoval von Pompeo
Leoni steht noch heute in der Kirche. Da befand sich also
Philipp im Hause der Lerma, unter seinem Vater den Herrschern
der Monarchie, die er selbst einst vom Gipfel der Macht herab-
gestürzt hatte, bis nahe ans Nichts! Der Mann der ihn dazu
verleitet und der Erbe ihrer Gunst geworden war, hatte nun
auch schon längst im Dunkel der Verbannung geendet.
Dazwischen erwies man alten Gnadenbildern und berühmten
Klöstern seine Ehrerbietung. In der Benediktinerabtei Sopetran,
in reizender Landschaft gelegen, bei Hita, kniete S. M. vor dem
wunderthätigen Bild U. L. F., das vor sechshundert Jahren dort
auf einem Feigenbaum erschienen war. In Atienza kam der
Bischof von Sigüenza, Antonio de Luna, mit Reliquien. Im Prä-
monstratenserkloster La Vid am Dueroufer, gestiftet vom Cardinal
Iñigo Lopez de Mendoza, erbaute man sich an den Spuren des
heiligen Norbert. In Aguilera (bei Aranda) verweilte man am
Grabe des h. Pedro Regalado; die Alabasterurne hatte Isabella
die katholische (1442) gestiftet; der einst prächtige Bau ist jetzt
kläglich ausgeplündert und in vollem Verfall.
So erreichte man am 24. April die alte Hauptstadt Casti-
liens. In Burgos gedachte der König zu verweilen; Velazquez
[384]Siebentes Buch.
hatte den Fourier Villareal hier zurückgelassen. Vor 45 Jahren
hatte da seine Vermählung durch Vollmacht mit Isabella von
Bourbon stattgefunden, deren Tochter er nun nach Frankreich
zurückbrachte. Er bewohnte die Casa del Cordon, erbaut von
Pedro Fernandez de Velasco, dem Gründer der Condestabile-Ca-
pelle des Doms. Der erste Besuch galt natürlich jenem schauer-
lichen Crucifix, dem Santo Christo de Burgos in San Agostin,
der zweite dem vornehmsten Damenkloster Spaniens, Las Huelgas;
der dritte der weltberühmten Kathedrale. Nirgends fiel schroffer
auf der Gegensatz einstigen Glanzes und gegenwärtigen Elends:
seine Wideraufnahme des niederländischen Kriegs hatte den
Ruin von Burgos vollendet. Bis hierher war das Wetter günstig.
In Bribiesca stand wieder ein Palast der Velasco zur Ver-
fügung; er war eingeschlossen in das Kloster S. Clara, einer
Stiftung der Doña Mencia (1523). Grosses Interesse erweckte der
figurenüberfüllte, bis zum Gewölbe aufgethürmte Retablo mit
seinen unbemalten Statuen von Nussbaumholz. Man bewunderte
„die Geschicklichkeit und Schönheit der Arbeit in der nackten
Materie, wo die Kunst Gold und Farbe verschmähte.“ Dieser
Retablo war von Diego Guillen im Jahre 1523 begonnen und
von Pedro Lopez de Gamiz aus Miranda vollendet worden.
Dann verliess man die Wüste der altcastilischen Hochebene,
und trat nach Passirung des Felsspalts von Pancorbo, eines fünfzig
Fuss breiten Engpasses, in das Land der Basken. Von nun an behalf
sich Seine Majestät in den Häusern der kleinen aber stolzen hidal-
gos von Alava und Guipuzcoa, die wol noch lange Zeit die Nach-
wehen dieses Besuchs, wenn auch mit Stolz, empfunden haben
mögen. Ueber Vitoria, Mondragon, Oñate, Villafranca ging es
nach Tolosa; und hier war unter den Sehenswürdigkeiten auch
einmal eine Fabrik, natürlich eine Waffenfabrik. So erreichte
die königliche Karawane endlich, am 11. Mai, S. Sebastian, das
mit einer dreiwöchentlichen Anwesenheit beehrt wurde. Es war
damals ein sehr starker Platz, vor 22 Jahren vom grossen Condé
ohne Erfolg berannt; die braven Guipuzcoaner hatten kürzlich
die Befestigungswerke auf eigene Hand, und auch die Armen
mit Verzicht auf Lohn, neu hergestellt. Inzwischen liess Velaz-
quez den alten Palast der Könige von Navarra in Fuenterrabia,
jetzt „Palast Carl V“ genannt (von der neuen Façade) in Stand
setzen. Das aufregendste Schauspiel für den König aber war wol
die Fahrt in dem Hafen von Pasages. Als die mit gelbem Tuch
ausgeschlagene und überspannte gabarra, von zwei Schaluppen
[385]Die Reise nach den Pyrenäen.
mit roth gekleideten Ruderknechten geschleppt, unter Kanonen-
donner und Musketengeknatter, in den Hafen einlief, erschollen
von den Tausenden, welche die Ufer so dicht bedeckten, dass
man den Erdboden nicht sah, vielsprachige betäubende Victor-
rufe, während deren man das mächtige Admiralschiff Ronces-
valles bestieg. —
Der Gegenstand dieses Jubels war ein kränklicher, durch
Missgeschick aller Art verdüsterter, alternder Mann, der nur mit
Schmerz und Reue an die Vergangenheit zurückdachte; jetzt im
Begriff sich zu trennen von der Tochter, dem einzigen Pfand
das ihm von der Gattin seiner Jugend geblieben war, „die mit
Thränen sich verabschiedet hatte von den Mauern wo sie geboren
war“, um in ein Land zu gehn, dem sie immer fremd blieb, und zu
einem Gatten, der sie nicht liebte; als eine Bürgschaft des Frie-
dens wie man meinte, in der That aber als Ursache künftigen
Bürgerkriegs und der Theilung der Monarchie.
In S. Sebastian bestieg Velazquez mit dem Gouverneur der
Festung, Baron von Vatteville, eine Gabarra, und begab sich
nach der Fasaneninsel, um das vor einigen Monaten dort er-
richtete Konferenzhaus zu besichtigen. Die Insel des Grenz-
flüsschens war damals 500 Fuss lang und 60 breit1).
Der Hauptraum des ephemeren Inselpalasts war der beiden
Nationen gemeinschaftliche Saal in der Mitte, 56 Fuss lang,
28 breit und 22 hoch. Zu seinen Seiten befanden sich eine gleiche
Anzahl besondrer Gemächer für Spanien und Frankreich; nämlich
je eine lange Galerie, zu welcher man auf Schiffbrücken gelangte,
drei Säle, und ein schmaler Gang der zu einem Cabinet führte.
Alle diese Räume waren mit kostbaren Tapisserien geschmückt.
Man hatte aus dem überreichen Vorrath niederländischer Arbeiten
im Alcazar zu Madrid eine Auswahl der besten mitgenommen,
sämmtlich biblischen, moralischen und mythologischen Inhalts.
II. 25
[386]Siebentes Buch.
Sie sind noch alle erhalten. Die meisten sind nach Cartons
italianisirender Niederländer des sechzehnten Jahrhunderts ge-
arbeitet. In der grossen Galerie (102 Fuss Länge) sah man „die
Triumphe der Tugenden, in der Eitelkeit und Scheusslichkeit
der Sünden“ (Laurent Nr. 511—520) und die Geschichte Noah’s
(Nr. 476—479); im ersten Saal die Geschichte des Apostels Paulus
(Nr. 447—451), im folgenden nach ferraresischen Kartons die
„Poesien“: Fall des Icarus, Perseus und Andromeda, Raub des
Ganymed, Achilles der die Polyxene opfert, und Marsyas’
Strafe (Nr. 480—483), im dritten die kostbare Tapisserie der
Sphären, die aus Portugal kam (Nr. 465—467). In dem schmalen
Corridor die Geschichte des Romulus und Remus (Nr. 493—498),
in dem geheimen Kabinet die Passion (Nr. 488—492); endlich
im grossen Saal die Gesichte der Offenbarung S. Johannis
(Nr. 429—437) — Bilder grausiger Strafgerichte zum Theil, hier
an die Adresse derer gerichtet, durch die Gottes Zorn sie über
die Völker zu verhängen pflegte.
Am 7. Juni fand die Uebergabe (Entrega) der Infantin statt.
„Velazquez, sagt Palomino, war bei allen Funktionen zugegen“.
Die Geschenke des königlichen Bräutigams an seinen Schwieger-
vater, ein Vliess von Diamanten und eine mit solchen geschmückte
goldene Uhr wurden dem Schlossmarschall eingehändigt, um sie
in den Palast Carl V zu Fuenterrabia zu bringen.
„D. Diego Velazquez, lesen wir, war nicht der letzte, der
an jenem Tage seine loyale Freude (afecto) an den Tag legte
in der Eleganz, der Noblesse und dem Staat seiner Person:
seine Kunst und sein feiner Takt (gentileza) (welcher der eines
Hofmanns war, abgesehen von natürlicher Anmuth und Haltung)
zeigte sich in Anordnung der zahlreichen Diamanten und Edel-
steine; auch in der Farbe der Stoffe erschien er vortheilhafter
als viele, natürlich, ragte er doch in dieser Kenntniss hervor,
und bewies darin stets besondern Geschmack. Sein Anzug war
durchaus besetzt mit mailänder Silberspitzen, nach dem Stil
jener Zeit (welche die golilla selbst bei farbiger Tracht und auf
der Reise beibehielt); auf dem Mantel das rothe Ordenskreuz;
ein sehr schöner kurzer Staatsdegen, Stichblatt und Ortband
von Silber, mit vorzüglichen Reliefs italienischer Arbeit; an
der schweren goldnen Halskette hing das Schildchen, eingefasst
von vielen Diamanten, mit dem Abito von Santiago in Email;
die übrigen Stücke entsprachen dem kostbaren Anzug.“ So be-
richtet in erhobener Stimmung Palomino von diesem Triumph,
[387]Tod.
der dem Malerstand hier in der Person seines Vorfahren im
Amt widerfahren war.
Am 8. Juni wurde die Rückreise angetreten und die Galere
des Aposentador begann von Neuem. In Burgos verliess man
die frühere Linie, um über Palencia Valladolid zu erreichen, wo
Philipp einige Tage in dem Palast wohnte, wo er geboren war.
Und wieder folgten dreitägige Feste und wir staunen, wie man
auch nach solchen ergreifenden Erlebnissen das leere Geräusch
dieser ungezählten Wiederholung der alten Posse ertragen
mochte. Am 26. Juni traf man in Madrid wieder ein. „Als Ve-
lazquez in sein Haus eintrat, empfingen ihn die Seinigen, Frau
und Freunde, mit mehr Entsetzen als Freude, es hatte sich
nämlich in der Residenz die Nachricht von seinem Tode ver-
breitet, also dass sie ihren Augen nicht trauten: das war wie es
scheint eine Vorbedeutung der kurzen Zeit die ihm noch zu
leben beschieden war.“
Die Arbeit, der er in diesen 72 Tagen obgelegen, hätte
sich besser gepasst für einen in den flandrischen Kriegen ge-
härteten pensionirten Hauptmann. Wie Murillo sich in Cadiz den
Tod geholt, Dürer sein Wechselfieber an der Scheldemündung,
so brachte wohl auch er vom Gestade der See den Keim der
Krankheit mit, die seinem Leben vor der Zeit ein Ende machte.
Am letzten Juli, nachdem er noch den ganzen Morgen über im
Dienst bei Seiner Majestät gewesen, fühlte er sich fiebernd und
eilte durch den pasadizo nach seiner Wohnung. Ein bösartiges
Wechselfieber brach aus, das die Aerzte gleich als tödtlich er-
kannten.
„Er fühlte grosse Beklemmungen und Schmerzen im Magen
und Herzen; der Doctor Vicencio Moles, Arzt des Hofgesindes,
besuchte ihn, und Seine Majestät, besorgt um sein Leben, sandte
ihm die Doctoren Miguel de Alva und Pedro de Chavarri, Ihre
Kammerärzte. Sie erkannten die Gefahr und erklärten es
für den Beginn von terciana sincopal minuta sutil, d. h. ein mit
Ohnmachten verbundenes Tertianfieber, ein höchst gefährliches
Leiden wegen der collapsus der Lebensgeister; der Durst den
er beständig fühlte, sei ein Anzeichen der offenbaren Gefahr.
Ihn besuchte auch auf Befehl S. M. Don Alonso Perez de Guz-
man el Bueno, Erzbischof von Tyrus und Patriarch beider Indien,
er hielt ihm eine lange Predigt zu seiner geistlichen Tröstung.
Und am Freitag, den 6. August, im Jahr nach der Geburt des
Heilands 1660, am Tag der Verklärung des Herrn, nach Empfang
[388]Siebentes Buch.
der heiligen Sacramente und Vollmachtertheilung zum Testiren
an seinen vertrauten Freund D. Gaspar de Fuensalida, Hofzahl-
meister S. M., gab er um zwei Uhr Nachmittags, im 61 sten Jahre
seines Lebens, seine Seele dem der sie zu solcher Bewunderung
der Welt geschaffen hatte, alle in grosser Trauer zurücklassend,
und nicht am wenigsten Seine Majestät, die, als das Leben in
Gefahr schwebte, zu verstehen gegeben hatte, wie sehr sie ihn
lieb und werth hielt.
„Sie hüllten den Leichnam in das bescheidene Todtenkleid,
und dann kleideten sie ihn an wie im Leben, nach Gebrauch der
Ritterorden: mit dem Kapitelsmantel und dem rothen Ordens-
zeichen auf der Brust, Hut, Degen, Stiefel und Sporen: und so
lag er in jener Nacht auf seinem Sterbebett in einem schwarz
ausgeschlagenen Saal; zur Seite einige Leuchter mit Wachs-
fackeln und andere Kerzen auf dem Altar, wo ein Crucifix stand,
bis zum Sonnabend. Darauf legten sie die Leiche in den Sarg,
der mit schwarzem Sammt und goldnen Nägeln und Tressen
ausgeschlagen war, und oben darauf ein Kreuz mit derselben
Einfassung; mit vergoldeten Beschlägen an den Ecken und zwei
Schlüsseln; bis dass die Nacht kam, deren Finsterniss alle in
Trauer kleidete, da brachten sie ihn zu seiner letzten Ruhe in
der Pfarrei S. Johannis des Täufers. Dort empfingen ihn die Ca-
valiere der Kammer S. M. und trugen ihn zum Trauergerüst,
welches in der Mitte des Chors (Capilla mayor) errichtet war;
auf die Tumba wurde der Leichnam gelegt; zu beiden Seiten
standen zwölf silberne Leuchter mit Wachsfackeln und viele
Kerzen. Das Todtenamt wurde mit grosser Feierlichkeit abge-
halten, unter trefflicher Musik der königlichen Kapelle, mit
jenem Ausdruck und Takt, mit den Instrumenten und Stimmen,
die bei solchen ernsten Handlungen üblich sind. Viele Edelleute
und Kammerherrn waren zugegen. Dann holten sie die Lade
herunter und übergaben sie D. Joseph de Salinas vom Cala-
travaorden, Ayuda de Camara S. M., und andern Rittern der
Kammer, die zugegen waren. Diese trugen ihn auf ihren Schul-
tern in die Gruft und Grabstätte des D. Gaspar de Fuensalida,
der ihm als Beweis seiner Liebe diesen Platz zur Beisetzung ge-
währte.“
Dem König ging der unerwartete Verlust seines Lieblings-
malers sehr nahe. Als die Junta de obras y bosques am 15. August
darum einkam, dass der erledigte Gehalt von tausend Ducaten nicht
wieder gewährt werden, sondern an die Junta zurückfallen solle,
[389]Juan Carreño.
fühlte er sich nicht im Stande zu resolviren; er schrieb mit stark
zitternder Hand an den Rand: quedo adbatido („Ich bin nieder-
geschlagen“). Dieses Aktenstück sah ich im Archiv zu Simancas.
So hat ihm wahrscheinlich sein vielbeneidetes Hofamt ausser
Verlust viel kostbarer Zeit endlich auch den frühzeitigen Tod
gebracht. Der grösste Theil seines Lebenswerks war Hofdienst,
den Launen seines Herrn gewidmet. Es giebt kaum eins, das
so hofmässig, etikettenhaft, traditionell umschrieben ist. Der
Kreis der Gegenstände und zum Theil selbst die Darstellung
war vererbt. Diess Werk ist vergleichbar einem fürstlichen
Lustgarten des Jahrhunderts. Da ist alles durch architektonisch-
geometrische Linien bestimmt, selbst dem Wachsthum sind Maasse
und Umrisse vorgeschrieben. Da findet man die mythologischen
Gruppen mit allegorischem Sinn, die burlesken Figuren der
Zwerge, eine Fürstenstatue; auch fehlt die Einsiedelei und Ka-
pelle nicht, und ein Blick wird uns vergönnt durch ein grosses
Fenster in unzugängliche Gemächer, wo sich die Majestäten im
Kreis der Familie zuweilen dem Blick der getreuen Vasallen
zeigen. Auf dem Kupferstich nimmt sich ein solcher Garten
etwas steif und leblos aus. Aber wenn man am Fuss der Sierra
von Balsain wie ein Werk des Geists von Aladin’s Lampe den
Park von San Ildefonso vor sich sieht, so hält das Vorurtheil
nicht Stand. Denn die Quelle und Offenbarung alles Lebens:
Licht, Wasser, Farbe, ist hier in vollem Maasse; die Pracht der
Blumen, die spiegelklaren Flächen und das Rauschen der Kas-
kaden, die ahnungsvollen Durchblicke und die überraschenden
Oeffnungen, alles umstrickt uns, inmitten jener Wildniss, wie
ein Heiligthum verschollener Götter. In das Leben der Natur,
das hier die von der Kunst vorgeschriebnen Formen durch-
strömt, scheint sich noch ein eigenes Leben anderen Ursprungs
niedergelassen zu haben. Und wenn wir wieder in den Strom
der Alltäglichkeit eingetaucht sind, bleibt eine lange tiefe Spur
von jenen Augenblicken in der Erinnerung zurück.
Velazquez hat, wie keine Vorläufer und Vorbilder, so auch
keine Nachfolger gehabt, — ausser in seinen Aemtern und Titeln.
Aber die Unveränderlichkeit des Hofs giebt ihnen oft einen Schein
von Aehnlichkeit. So sehn wir es bei Juan Carreño de Miranda
(1614 † 1685), Kammermaler und Assessor des Schlossmarschall-
amts, und wenn er danach gestrebt hätte auch Ordensritter von
[390]Siebentes Buch.
Santiago. Aber er lehnte ab: er bedürfe kein Kleid als die
Ehre eines Dieners S. M., und als die Freunde meinten, er müsse
es um der Ehre der Kunst willen annehmen, sagte er: „die Malerei
bedarf nicht dass ihr Jemand Ehre erweist, sie ist im Stande
der ganzen Welt Ehre zu gewähren“. Seine Historien weisen
mehr auf die Niederländer und Italiener, seine Bildnisse mehr
auf van Dyck, als auf seinen Amtsvorgänger. Aber wir bleiben
in derselben Familie und im selben Atelier, in den Räumen des
Alcazar, wo dieselben Oelbilder und Spiegel hängen, die Velaz-
quez aufgestellt; und die Personen nehmen dieselben Posituren
ein und fassen die Lehne derselben Sessel. Der Geist des Orts
ist so mächtig, dass seine Bildnisse oft selbst im Schloss für
Velazquez gehalten worden sind.
Doch besass dieser edelgeborene Asturier etwas von der
Wahrhaftigkeit seines Vorgängers, und das Bild des Hofs ist
nicht geschmeichelt bei dem „ehrlichen Chronisten“. Zum Theil
sind es dieselben Personen, zum Theil neue, aber kein neues
Leben; alles ist matter, trüber; verkommen und verdüstert wie
durch einen Schatten des Orcus. Aus der munteren Marianne ist
eine trübe Witwe in Nonnentracht geworden. Der zweite Juan
d’Austria, die Frucht der Anwandlung eines Wollüstlings, der
Mann, in dem man einen Doppelgänger des genialen Bastards
Carl V zu haben hoffte, er sollte nur emporsteigen zum Staats-
mann und Feldherrn, um bei Mit- und Nachwelt als ein grosses
Fiasco fortzuleben. Der Hofnarr Bazan tritt nicht auf als trotziger
Torero oder verwetterter Capitän, sondern als verzagter Suppli-
kant. Selbst das Geschlecht der Zwerge scheint neben jenen
fünf Typen puppenhaft in dem kleinen Misso mit seinen
Papageien und Schosshündchen1). Mitten unter diesen matten
und verlebten Gestalten taucht ein frisches keckes Gesicht und
eine trotzige Gestalt auf in asiatischer Tracht, Peter Ivanowitsch
Potemkin (1682 in Madrid), als sollte dem sinkenden Geschlecht,
dessen kraftlosen Armen die Zügel der europäischen Hegemonie
entfielen, das im fernen Osten aufgehende Gestirn signalisirt
werden, noch unverbraucht in Culturarbeit, aber mit desto uner-
sättlicherem Länderhunger, damals im Begriff das Geschenk
westlicher Bildung entgegenzunehmen und sein Dasein Europa
fühlbar zu machen.
[391]Carl II.
Der letzte Schattenkönig, welcher aus dem Halbschlaf, in den
weibisch-pfäffische Erziehung seinen schwachen Geist gebannt
hatte, nie ganz erwachte, ein genio anonimo (Foscarini), willenlos,
unfähig sich auf irgend einen Gegenstand, nicht einmal auf
Liebhabereien, zu sammeln, stets überall und nirgends, misstrauisch
gegen sich selbst und andere, finster und versteckt und doch nicht
im Stande seine Geheimnisse bei sich zu behalten, zweizüngig
aus Furchtsamkeit, dieser arme Altersspross, der seinen Vater
hätte hassen können, dass er ihm ein halbes Dasein gegeben,
und das Schicksal, dass es ihn zum Könige und Gatten gemacht,
da er keins sein konnte, der nur gelangweilt und gequält wurde
von Geschäften und Cerimonien, auf den die Nation hoffend
blickte als auf den Erhalter des angestammten Hauses, und der
fünfundzwanzig Jahre lang auf dem Thron die Schmach seiner
Unfähigkeit trug; dieser unselige Carlos II hatte, wenn er je
einen Anflug von Willen spürte, den Trieb der Schatten seiner
Vorfahren zu sein. Darin blieb er der Ueberlieferung treu.
Auch er wünschte als Kind in Africa die alten Glaubenskämpfe
fortzusetzen, auch er hasste die Gallier (gavachos), denen er zu-
letzt sein Reich vererben musste, auch er war der devote Augen-
zeuge der Autodafé’s auf der Plaza mayor, deren eins er von Rizi
malen liess. Wie die Nation fest im Glauben an die Unverbesser-
lichkeit alles Spanischen an ihren Einrichtungen und Vorurtheilen,
den Lehren der Erfahrung zum Trotz, festhielt, so waren auch
die Herscher in Gestalt, Charakter, Lebensgewohnheiten immer
schwächer werdende Kopien ihrer Vorfahren. Die Natur selbst
schien Carl II darauf hinzuweisen: in seinem bleichen, ausge-
löschten Antlitz, dem vorgeschobenen Unterkiefer, den blonden
Haaren und blauen Augen, der Melancholie, sind die Züge des
Ahnherrn Carl in schauerlicher Degeneration noch erkennbar.
Sein nächstes Vorbild aber war der Vater; als er die Lust an
der Jagd verlor, blieb noch bis zuletzt die Freude den Malern
zuzusehn: dann ging er aus seinem trägen, leeren, brütenden
Schweigen heraus, und wurde sogar scherzhaft; hatte er doch
selbst gemalt und musicirt.
Wol das beste unter seinen Bildnissen von der Hand Car-
reño’s ist das in Wien, im Palais an der Freiung, welches jener Graf
Harrach im Jahre 1677 mitbrachte, der 1697, als die Testament-
frage brennend geworden war, vom Wiener Cabinet zum zweiten-
male nach Madrid geschickt wurde. Eine Gestalt, die den Betrach-
ter wider seinen Willen, wie das Grauenhafte, festhält. Er ist auf-
[392]Siebentes Buch.
genommen im Ordenskleid des goldnen Vliess, im alten Prunk
von Burgund also; ganz eingetaucht steht er in das verschie-
denartige Prachtroth des Mantels, des Vorhangs, der Decke.
Die Krone liegt auf dem Löwentisch. Ein Spiegel zeigt die
hintere Seite der Gestalt, durch die Thür öffnen sich andre Ge-
mächer des Labyrinths des Alcazar. Umringt von diesem Pomp,
der für Leute ganz anderer Statur erfunden war, steht der welke
Jüngling da, die schwere Stirn hat die rundlichen Formen der
Kindheit behalten, trübe, hoffnungslos blicken die blauen Augen
mit gerötheten Rändern ins Leere; der unförmliche Mund macht
den Eindruck, als wolle der Organismus aus den Fugen gehn. Der
schwere goldgestickte Mantel scheint ihn niederzuziehen; die
Krone, wenn er sie aufsetzte, den weichen Schädel eindrücken
zu müssen, der leuchtende Purpur seine Augen zu schmerzen:
er macht das blasse Antlitz noch fahler; die langen blonden
Haare erinnern an Childerich III, mit dem Unterschied dass sie
falsch sind. —
Der Nachfolger Carreño’s war Claudio Coello (23. Au-
gust 1684). Dieser letzte nationale Bildnissmaler der Dynastie
war von Stamm ein Portugiese, wie der erste, Sanchez Coello.
Er starb aus Gram, nach der Ankunft Luca Giordano’s. Wir
sind in einer Zeit angelangt, wo uns öfter „Letzte“ begegnen,
letzte Fürsten eines Hauses, letzte Maler einer Schule.
Claudio Coello war ein Meister in der Farbe und noch mehr
in Lichtwirkungen der verschiedensten Art. Die heilige Conver-
sation im Pradomuseum (Nr. 702) mit Sankt Ludwig, wird als
Frucht seiner Studien in den königlichen Schlössern bezeichnet.
Hier ist nichts von Todesmattigkeit, Todesdunkel: es ist ein Bild
wie Rubens’ Maria in der Rosenlaube, voll festlicher Bewegung,
strahlendem Sonnenlicht, Azurblau und wonniger Dämmerung.
Anders beschaffen ist das Werk, dem hier ganz eigens ein Platz
gebührt. Es ist die letzte grosse Hervorbringung der alten
spanischen Schule, die auch im Escorial zu Grabe geht; in ihm
leuchtet die Ueberlieferung, der Geist des Velazquez noch ein-
mal auf. Der König hatte hier für eine in den niederländischen
Religionskriegen profanirte und im Reliquienschatz seit 1592 auf-
bewahrte Hostie einen Retablo aus kostbaren Steinen für den
Altar der Sakristei gestiftet, ihm sollte das Gemälde als Vorhang
dienen. Der Augenblick ist gewählt, wo der Prior de los Santos
dem an der Spitze der Procession seines Hofs vor ihm knieen-
den Könige mit der Monstranz den Segen ertheilt. — Wie das
[393]Ende.
Gemälde der Meninas, ist auch das der Sacra Forma das Fac-
simile eines Augenblicks. Auch es besteht aus lauter wolge-
troffenen Bildnissen, man hat deren fünfzig gezählt. Es giebt
ein treues perspektivisches Bild desselben Raums für den es be-
stimmt war und wo wir es noch heute sehen, mit dem Blick durch
die offene Thür; die Personen ordnen sich, treten hintereinander
zurück, wie dort; nur herrscht das eigenthümliche Licht eines von
zwanzig Kerzen erhellten Raums, in den zugleich durch Seiten-
fenster das Tageslicht einbricht, von reichen Priestergewändern
zurückgestrahlt. Die strenge Gebundenheit, welche die Darstellung
einer solchen Kirchen- und Hofcerimonie der Phantasie des
Malers auferlegte, die völlige Enthaltung von den ihm geläu-
figen Compositionsformen (sie ist so gross, dass man ihn in
dem Bilde kaum wiedererkennt), diese Selbstverläugnung hat
ihm keineswegs geschadet. Drei Jahre hat er damit zuge-
bracht. Die Wirkung ist wie in jenem Meisterwerk des Velaz-
quez: es ist als sähe man durch ein Fernrohr der Zeiten.
Aber was für eine Zeit war das, in welcher diese Perrücken-
köpfe und Priester den Letzten der alten Dynastie umstan-
den? Das Reich war auf einen Grad der Ohnmacht herabge-
sunken, der verglichen mit seiner Grösse noch vor einem Jahr-
hundert, beispiellos ist in der neuern Geschichte. Tief ge-
fallen war das einst übermächtige Volk, früher der Schrecken
Europa’s, „dessen blosser Name siegreich stritt“, war es nun
dessen Spott geworden. Wo waren seine grossen Capitäne,
seine herrschgewaltigen Kardinäle, seine Conquistadoren, seine
Dichter? Das Reich, in dem die Sonne nicht unterging, eilte
selbst seinem Untergang entgegen. An der Spitze des morschen
Baus stand die Gestalt, die hier im Gemälde Coello’s kniet,
ihr schwacher Lebensfaden hielt allein noch die Reiche zusammen.
Da kniet er noch heute an derselben Stelle, wie im Jahre 1684,
sechzehn Jahre ehe er in das Pantheon seiner Ahnen hinabstieg.
Auch bei Lebzeiten hat er sich wie sein Vater hinunterbegeben,
angezogen von der Verwesung, um sich die Gesellschaft anzu-
sehn, die ihn bald in ihre Mitte aufnehmen sollte:
Zweihundert Jahre sind vergangen, aber dieser Staat hat sich
aus seiner Ohnmacht nicht wieder erhoben. Nur neue Zerstö-
rungskräfte sind in seinen Körper eingedrungen. Die Klöster
[394]Siebentes Buch.
und so manche der Kirchen, für welche die Künstler Spaniens
und der Fremde gemeisselt, geschnitzt und gemalt haben, sie sind
geschlossen, verödet, zerstört, ihr Inventar in alle Winde zer-
streut. Aber ein neues Leben, das aus der Zerstörung keimte,
ist noch nicht deutlich wahrzunehmen. Gewiss, ein Beweis der
Macht der Kunst, dass sie selbst Bildern solcher Jahrhunderte
wie das geschilderte, Anziehungskraft zu verleihen vermag, ja
es möglich macht, Jahre lang forschend bei ihnen zu verweilen.
Aber in ihr ist ein unvergängliches Licht festgebannt, wie ein
Strahl schon erloschener Sonnen durch die Nacht des Weltraums
in unser Auge dringt. Nur sie ist es, welche die Menschheit
noch aufhält, solche Geschlechter und Zeiten dem endlichen
Vergessen zu übergeben.
[[395]]
ANHANG.
I.
Mittheilungen über Velazquez aus Briefen italienischer
Gesandten in Madrid.
1.
Depesche des Gesandten von Parma Flavio Atti an die Herzogin.
Questo istesso giorno hò scritto al Duca mio Sr. acompagnando Diego Velasquez
Vscero et Pintore di Camra. di S. Mta: che se ne uiene a Italia (dice egli) ꝑ migliorare
nella sua professne. di Pintore, porta lr̃e del Nuntio ꝓ Roma et di tutti gti altri
Ambas r . . [Von nun an chiffrirt: Dico io, che uiene per spiare, come pure Carlo
Pug . hin, ch’ è pur creato del Rè, e se ne ua à Milano, la professione di questo
è ueramte di spirare] et partono col Marchese Spinola Domca. prossa. Il Biglietto,
che scrisse il s. Conte d’Olivares al Sr. D. Gio: di Vilela perche procuri lr̃e da
tutti ministri di Potentati a favore di do. Diego Velasquez io l’ hò visto [Da basso
di questo artificio credo ui hà anche per far fare un’ poco di uendemia à questo
pintore acciò ogn’uno gli doni, egli però è vero, che] pinta nel quarto di S. Mtà
et io uelo ho visto pintar molte uolte et la sua professne partre è di retrattar.
Vscero di Camra. uuol dire un poco più di portiere, et meno di agiutante di camra.
(che questo egli non lo è ne egli entra in questo officio), ua auanti la coppa del
Re quando uuol magnare o cenare et S. Mta molte uolte stà uedendolo pintare,
questa è la informatne che posso dare ꝓche si sappia come trattarlo. Io non so
se il Pintor Amidano lo conosce se la potra intendere seco gia che sono di una
meda. professne. [auuertendo all’ Amidano che uadda destro in parlare] et a V.
A. S. faccio rivera. huma.
D. V. A. S. Di Madrid 26 di Luglio 1629
Perpetuo Serre
Flavio Atti.
A la Serma. Madoma Sra pron͠a mia perpetua Madama Duchessa di Parma
e Piacza.
[396]Anhang.
[Aus der Depesche des venezianischen Gesandten Alvise Mocenigo an den
Rath der Zehn.
Mi hà fatto sapere Don Giouanni di Vegliella, ch’ è il Secrio: di Stato; et ha anco
titolo di consigliero, che il Sor: Conte di Olivares, per ordine del Re, le ha commandato
di procurare passaporti, et lr̃e di raccomandatione per Diego Velasquez, Pitore di
Camera di .S. Mtà., il quale se ne passa con lo Spinolla à Milano, poi da se in
altre città d’ Italia, et particolarmte: in cotesta di Venetia per tratteneruisi, uedere et
aprendere le cose della sua professione; l’ istesso ufficio è stato fatto appresso li
Nuntii, e qualche altro Ambr: ancora: Io per corrispondere al desiderio di .S. E.
in riguardo delle commissioni di .S. Mtà: e per complire all’ ufficio della creanza,
le ho fatto il passaporto, e le ho dato lr̃e per il Sor: Giorgio Contarini fù de ¿
Marco; per il Sor: Vicenzo Grimani fù de ¿ Pro: et in Terra ferma per il Sor: Capo:
di Verona, et per il Commrio: mio fratello.
Questo pittore è giouane, e, ꝑ quello che à me pare, non può esser di sos-
petto questo suo passaggio costi; solo mi persuado, che ꝑ acquistare maggior peritia
nella sua proffessione habbi procurato questa licenza dal Re di vedere le città
prli. d’ Italia, et le cose notabili dell’ arte sua: Con tutto ciò, ꝑche questo è ꝑ fer-
marsi, come mi ha detto, in Vtia: ho giudicato espediente darne questo raguaglio
all’ EE: VV:, le quali con la loro prudenza potranno fare osservare ciò. che le
parerà espediente intorno à questa persona, che douerà capitare con l’ indrizzo delle
pde: lr̃e costi, et nello stato. Alvise Mocenigo.]
2.
Depesche des Florentiners Averardo de’ Medici.
Son più giorni che hò dato lettere dí raccomańdazione à un pittore fauorito
del Rè e del Conte di Oliuares, chiamato Diego Velasches il quale è passato in
Italia col marchese Spinola, et prima uuol ueder Lombardia e Venetia, e poi pas-
serà à Firenze, e a Roma: quando cõparirà non uorrei chesele facesse ne troppo
ne poco; bisognerebbe che qualche pittore lo hospitasse come da sè; S. S. A. A.
et i Prñpi lo fauorissino; et se bene al Sr Conte e superfluo il ricordar cosa al-
cuna, uorrei non dimeno, che tutte le persone de Principi lo chiamassero di un Voi
muy redondo, ꝑche egli come dico è fauorito dal Rè et dal Conte, et oltre all’ es-
sere uscier di camera, pratica molto adẽtro in corte, et nõ uorrei che egli si potessi
uantar con i cortigiani di quà. et cõ le mt̃a medme. d’hauer hauuto del V. S. da’
nostri prñpi ò cortesia maggiore di quel che conuenga ad un Pittore; io consiglierei
che il GDuca si facesse fare un ritratto dà lui; et poi li donasse unn collana con la
sua medaglia; mostrandosili con grauità di Rè, e trattandolo bene nel genere della
[397]Anhang.
sua professione; perchè con gli Spagnuoli bassi tãto si perde in stimarli poco,
quanto in stimarli troppo, et à V. S. I. bacio le mani
Di Madrid li 22 di Settre 1629.
Di V. S. Illma. e Reuma.
Monsr. Arciuo. di Pisa.
Obbligmo. frell͠o e Serure.
Auerardo Medici.
Auszüge aus Depeschen des Modenesischen Gesandten Fulvio Testi in Madrid.
Im Archivio di Stato zu Modena (Vgl. Band II 69).
3.
Il Re aveva fatto dono al Duca Francesco Io d’ una Gioia di diamante del
valore di 33/m Ducatoni d’ argento. Nel rovescio dell’ Aquila aveva un piccolissimo
ritratto del Rè fatto dal Velaschez tanto simile e tanto bello che certo è una
cosa di stupore.
4.
Se il ritratto a cavallo che costi [a Madrid] si fa di Noi riesce buono, vogliamo
che ce ne mandiate una copia, mà di mano del Pittore che faceva l’ originale.
5.
Il Velasco fà il Ritratto di V. A. che sarà mirabile. Hà però egli ancora
il difetto degli altri Valenthuomini, ciò è di non finirla mai, e di non dir mai la
verità. Gli hò dato centocinquanta pezze da otto a buon conto, e dal Marche Vir-
gilio [Malvezzi] il prezzo s’ è aggiustato in cento doble. Eglí è caro; mà fà bene;
e certo i suoi Ritratti io non gli stimo inferiori a quelli d’alcun’ altro de’ più rinomati
trà gli Antichi. o trà Moderni. Jo l’ anderò sollecitando; e intanto profondissime;
a V. A. m’ inchino. Di Madrid
D. V. A. Serma.
li 12 Marzo 1639
Vmilissmo. e Fedmo servo e Vassalo
D. Fulvio Testi.
6.
Brief des Gennaro Poggi an den Herzog Franz von Modena.
Questa mattina è capitato quì il Sr. D. Gio. Vellaschi Pittore di Sua Mà
Cattca: che uiene di Roma per ritornare in Ispagna: Egli è stato subo. à ritro-
uarmi alla mia casa per significarmi il pensiero che tiene di fermarsi qui sino al
ritorno di V. A. Serma per soddisfare al propo. debito di humilmte. riuerirla, et
alla promessa già fatta a V. A. Serma per ricevere l’ honore de suoi comandamti:
Io non hò lasciato, ne lascierò di seruirlo in ogni miglior modo à me possibile,
e sono ito subo. dal Sr. marche. Boschetti rappresentandogli che altra volta il do.
Sr. Vellaschi fù allogiato alla Comedia, per intendere se gli par bene di fare hora
[398]Anhang.
lo stesso, come hà fatto, essendosi dati gli ordini d’ all’ hora già ch’ egli s’ è di-
chiarato di uoler fermarsi sino al ritorno di V. A. Serma.
Io dubito, che la dimora secondo il suo pensiero non sia per lo semplice
fine di complimto. e però non mi è piacciuta la sua molta puntualità, se bene di
ciò meriterei riprensione da V. A. Serma mà trattandosi di pitture mi tocca troppo
sul vivo il dubio che V. A. S. se ne lascia uscire dalle mani qualchedo. delle mi-
gliori. Egli subo. m’ hà fatta instanza di uedere tutte le pitture, et io gli ho risposto,
che mi spiace di non potere non tenendo le chiavi delle camere altri che V. A.
Serma \& che intanto se hauessi gusto di uedere il Palazzo di Sassuolo sarei à ser-
uirlo, il che prontamte hà accettato: Mi hà detto in proposito del dipingere à fresco,
che conduce seco in Ispagna il Sr. Michele Colonna, et Agostino per dipingere colà
in seruo. di S. Mtà. e che frà pochi giorni saranno insieme à Genoua: La nuoua
mi è altrettanto dispiaciuta quanto mi è giunta improvisisste: e uaglia il uero si
può dubitare, che il Colonna aurà più rischio di perdere la uita, che di acquistare
richezze. \& senza più a VA Serma con profondma. humiltà m’ inchino.
Di Modna. Li 12. Xbre 1650.
Di VA Serma.
Humilisso. e diuotissimo seruo
Genn. Poggi.
7.
Depesche Francesco Ottonelli’s an den Herzog Franz von Modena.
Mi disse Diego Velasco pittore, et aiutante di camera del Re, alcuni giorni
sono, che SMta. riceueria grandmo gusto se SA gli mandasse qualche bel pezzo
di quadro del Correggio, et mi soggiunse che il Sr. Don Luigi d’ Haro gl haueua
di ciò anco motiuato, dicendogli, che nō si potria ne tempi presenti fare cosa più
grata à S. M. che regalarla di ottimi quadri, stante l’inclinatione, che ora più che
mai, hà la Mtà. sua alla pittura; mi tocchò esso Diego della Notte, et mi soggiunse,
che il donare anco alcuna cosa in questa materia al medo. Sr. Don Luigi d’ Haro
saria opportunissmo, essendosene anch’ egli inuaghito grandemente. Risposi che esso
stesso sapeua quello, che in Genoua quando stavamo aspettando l’ imbarco, gl’ haueuo
detto in questo proposito: che ne scriuerei à VA, la quale m’ assicurano, che con-
serua ardentissimo desiderio d’ incontrare le satisfattioni di S. Mtà, et del Sigr. don
Luigi; ma che della Notte non occorreua parlare perche VA l’ hà quasi come in
deposito, et con certa promissione, che non sii mai per partirsi di sua casa; onde
esclusi la pratica per quello, che tocca alla medma. notte, et Diego mostrò di re-
stare appagato. Circa altri quadri à VA stà il risoluere sentendo le instanze, che
vengono fatte; certo è bene, et di questo io l’ assicuro, che quando l’ A. V. si ri-
solua d’ inuiare alcuno, procuraro prima di presentarlo, che facci strada alla buona
conclusione delle propositioni, et instanze fatte à S. Mtà per gl’ interessi dell’ AV.
Parmi di douere mettere in consideratione à VA, che mandando quadri, resti
seruita di commandare à chi li condurrà, che giungendo in Spagna, non esalti il
valore d’ essi, perche quei della dogana regolana la tassa del datio dal valore delle
cose; nè il Rè medmo. è esento dal pagarlo; Al Velasco, che porto d’ Italia alcune
pitture per S. Mtà, costò la gabella di Alicante assaissmo perche s’immaginarono
quei uffitiali della dogana, che essendo cosa venuta per la Mtà sua fussi di grande
importanza.
[399]Anhang.
Auszüge aus den Depeschen des venezianischen Gesandten Giacomo Quirini, die
nach Paris geschickten Bildnisse der Infantin Maria Theresia und andrer Mit-
glieder des Hauses betreffend.
8.
Riceuo precisi comandi dall’ Eccmo: Sigr Ambascre Sagredo in Francia
per un Ritratto della Sigra: Infanta, dimandatole da Brienne per nome della Re-
gina Christianissima. Io hò persuaso il Sigre. D. Luigi ad honorarmene, quale
doppo molte reppliche disse, che non si poteua negare questo fauore ad un Am-
bascre della Republica, mentre non voleua sapere, chi me l’ hauesse ricercato. Il
Quadro si farà per mano dl Velasco pittore del Rè, et con l’ordinaria paga di 50
Reali, si manderà in Parigi.
9.
Aggionsi in ultimo l’ obligo, che tenevo di Francia per il Ritratto della Siga:
Infanta, ancorche Eccmi. SSri: questo sarà un Quadro, che non servirà ad altro, che
ad abbellire una Galleria, et adornare una stanza, mentre vanità grande è quella di
meditare, che l’ herede della Monarchia possa casarsi in altri paesi, che nelle Spagne.
Io ringratio poi con tutta vera humiltà l’ EE. VV. che non mi vogliano aggravare
di questa spesa, non potendo certe sopportare l’ estraorde.
17. December.
Sono stati per ordine di Palazzo inviati i Ritratti di Sua Altezza in Germa-
nia, et Fiandra, com’ io esseguirò d’ ispedire il terzo in Francia, subito che mi sia
dato un poco di scanso da questi accuti dolori di gotta.
10.
Per non tenere migliori occasioni, hò consignato al corriere di Fiandra il
Ritratto della Signora Infanta, in luogo del quale andarebbe di tutta voglia in
Francia l’ originale; mantenendosi nell’ Altezza sua quell’ affetto, che naturalmente
li proviene dal sangue, e dà una particolare propensione, che professa alla Maestà
del Rè suo Germano; mà continuandosi nell’ incertezza d’ altra posterità, le ragioni
di stato vinceranno quelle d’una generosa inclinatione.
11.
Non credo già, che siano per alterarsi le commissioni di cotest’ Eccmo. Se-
nato, impartitemi in più Ducali, sopra la beneficatione delle spese de’ concieri di
casa, e ritratto della Sigra. Infanta mandato già mesi sono in Francia, mentre pre-
sente, che gl’ Eccmi. Signori Regolatori alla Scrittura non lasciano levar i mandati
nelle spese predette, si che in tal forma li decretti della Sertà: Vrã restano inosser-
vati con notabile descapito degl’ Ambascri. Anche l’ Eccmo. Sigre: Ambascre: Sa-
gredo nuovamte mi commanda da parte della Regina Christianissma: che in audienza
espressa dimandi al Rè Quindici Ritratti di Casa d’ Austria conforme ad una mi-
sura inviatami. Io l’ ho prontamente obbedito, et il Rè con faccia allegra dimostrò
il gradimento per questa instanza, et mi rispose le formali parole: Godo molto di
[400]Anhang.
quello mi rappresentate per parte di mia sorella, e ricevo contento, che tenga me-
moria di queste cose, che passano per di quà; però potrette scrivere in Francia,
ch’ hò dato l’ ordine, acciò che subito siano principiati. Ancora il Sigr: D. Luigi
m’ obbligò di far rifferire alla Maestà della Regina, che lui sommamte: si rallegrava
di quest’ incontro, per maggiormente confermare la sua vera devotione, et ossequio.
12.
Nell’ atto poi del partire m’ aggiunse [il Rè]: Credo, che la Regina di Francia
mia sorella vorrà ripigliare la cortesia delli Ritratti, mandati per vostra mano in
Parigi, desiderando ancor io gl’ altri della Casa Reale, et per quest’ effetto vi
farò tener la memoria, et le misure per chiederli da mia parte. Io repplicai,
che di molto buona voglia mi vedevo honorato delli comandi di S. M., che col
primo dispaccio n’ haverei fatta l’ apertura con il Sig Ambre.
13.
L’Eccmo: Sigre: Ambasre: Sagredo mi scrive da Parigi, de la Regina Christma:
l’ haveva ricercato per altri quattro Ritratti di casa d’ Austria, io li hò dimandati
al Sig. D. Luigi, quale m’ ha permesso di mandarli a copiare in Palazzo, et verte
habbiamo trovato d’ accordo un bel trattenimto. per divertire l’ Ambascre., et ac-
crescere la spesa, senza profitto all’ Eccze: Vre:
14.
Hò presentato questa settimana alla Maestà del Rè li dieci Ritratti, che dalla
diligenza dell’ Eccmo: Sigre: Ambascre: Sagredo mi furono spediti di Francia. Il
Rè hà mostrato di gradirli in estremo, dicendomi, che s’ haveva consolato molto
in vedere la sorella, e nipoti, et che se bene passavano questi torbidi, et amarezze
di guerre, tutta volta bisognava sapere, ch’ erano Fratelli. Io gli risposi, che assai
contento mi ritrovava per la soavità di così dolce espressione; et che le stesse pa-
role l’ haverei scritte al mio Collega in Francia, si come faccio all’ Eccmo. Giusti-
niani; mentre con la sua prudente desterità, anderà instillando nel cuore di questi
gran Prencipi una ben necessaria corrispondenza.
15.
La Signora Infante va mendicando pretesti, e passeggiando per le stanze di
Palazzo per solo vedere il Ritratto del Rè di Francia, che in attitudine bizzarra,
et in habito di Soldato vince senza combattere, e dubito che habbia di già superato
il cuore di questa bellissima Principessa.
16.
[Monsù di Liona] Le hà però la generosità del Rè inviato à Parigi il suo
Ritratto circondato tutto di diamanti molto grandi, ascendente, per quello divulgano,
sopra 12m Scudi.
[401]Anhang.
II.
Auszüge aus den Briefen des Cardinal-Infanten Don Fernando,
Statthalters von Flandern, an Philipp IV.
(1636—1641.)
Nebst einem Briefe des Conde Duque an den Infanten1).
1636.
1.
Las pinturas que me manda V. M. para la Torre que se hagan, está ya
Rubens encargado dellas y me avisa se han comenzado algunas. En llegando
á Bruselas daré cuenta mas particular á V. M. del estado en que esto está, y
Dios si es servido, en pasando pascua iré yo mismo á Amberes para verlo todo y
dar priesa. La obra de la Torre2) es famosa, y si no espanta la caza no hay mas
que ver. Yo temo esto, estando tan medio de todas las querencias, si bien acabada
la obra de todo se sosegará Dios.
2.
En las pinturas se va trabajando, y Rubens está muy encargado de la obra.
Diceme las tiene ya muy repartidas á los mejores pintores, pero que él las quiere
dibujar todas menos las de Esneire3). Hele dicho lo de los payses, y dice que
se ejecutará. Díle licencia para mudar algo desta manera: que en algunos cuatro
pequeños piden fabulas de pocas figuras, que querria trocar esto. Yo le he dicho
no mude nada hasta que V. M. sepa lo que le parece á Rubens y mande lo que
se ha de hacer, pues no se perderá tiempo dejando estos cuadros para lo último.
Tambien suplico á V. M. me diga si gusta que vaya enviando las pinturas como
se fueren acabando, ó si aguardare á que lo estén todas para que vayan juntas.
Aun no ha dicho Rubens el tiempo en que se acabará la obra, pero yo creo sará
con poca deferencia al que V. M. manda, y por priesa y solicitud no quedará hasta ir
yo mismo á verlas y dar la priesa.
II. 26
[402]Anhang.
1637.
3.
Las memorias de las pinturas, que V. M. manda se hagan de nuevo, he re-
cibido, y lo que nos toca á nosotros decir en los dibujos se hace cada dia. Pero
son unas bestias estos pintores, y así temo si saldrán como V. M. manda ello. Se
hará toda la diligencia. En las de Amberes se trabaja con toda priesa, si bien los ye-
los no han dado lugar estos dias. En el tiempo temo mucho se ha da alargar
mas, porque Rubens no quiere decir cosa de cierto; solo asegura trabajará él y
todos los demás pintores sin perder una ora de tiempo. De acá les damos harta
priesa; y en estando la obra mas adelante, iré yo mismo á verla y darles priesa,
que es todo lo que está en mi mano.
4.
Mucha paciencia es menester para estar casi tres meses sin carta de V. M.
y nuevas de su salud.
5.
De Madrid á 20 de marzo.
Lo primero es besar á V. A. los piés como cavallerizo mayor por los tiros
de caballos, que sin duda de frisones no es posible verse cosa mas hermosa. Hi-
cieron su entrada en la plaza de Buen Retiro á los ojos de Su Magd. D. le g.,
quo se holgó infinito, entrando el señor Joseph Gomez, con su gran talento, y enten-
dimiento governandolo y autorizandolo todo. Entraron los caballos con sus cami-
sillas, que sin duda es la mejor cavalleriza que se ha visto.
La tapiceria tambien se presentó al mismo dia, es sin duda riquísima lo mas
que he visto y grandísima, y aun dicen que falta un paño que tiene Su Eminencia
en Francia.
Los demás presentes hizo en persona el Señor Joseph, y es cosa rara la
oratoria (?). El Principe nuestro señor está muy contento y agradecidísimo á su
presente y á la memoria de V. A., que vive en él, como si ayer hubiera sido la
ida de V. A.
Las estatuas y tiendas se esperan con ansia, porque la relacion es grande.
Yo beso los piés de V. A. como alcaide por las estatuas, y se pondrán en Buen
Retiro en memoria de lo que V. A. le honra y su alcaide con tal alhaja1).
Quando creí que la cuaresma nos descansare, se han continuado las lanzas
y estas dobladas, porque el principe nuestro señor las corre con los meninos, á los
dos, y corremos á pié los que vamos asidos a él, porque no caiga]2).
[403]Anhang.
7.
Ayer tuve carta de mi hermana, está muy buena, y por el preñado no puede
asistir á las honras, que me dice lo sintió mucho. Aqui las haremos en pasando
la semana de Pascua, si Dios es servido, y luego iré á Amberes á dar priesa
á las pinturas que tengo nuevas. Se encamina con toda priesa, y espero se aca-
barán ántes de lo que he escrito á V. M., aunque hasta verlo yo mismo, no lo
aseguro. Las de las cazas se hacen aquí de mano de un pintor que deste genero
es famoso. Harto trabajo ha costado á Velada darle á entender como ha de ser,
pero espero saldrán bien, aunque en la del Oyo de Valdelatas1) temo mucho mi
memoria, y como no la vió Velada, en todo se remite á mí.
8.
La Jornada de Amberes hice para dar priesa á las pinturas; algunas hallé
muy adelante y otras al principio, pero son estas las de Rubens, que como V. M.
sabe es tan diligente que acabará primero que todos, y asi me dijo que lo podia
escribir á V. M. En el tiempo no fué posible ajustar nada de cierto, porque todos
me dijeron que no soltarian la obra de las manos; con todo estará acabado para
Todos Santos, si no es la obra de Esneyre, que me dijo habia menester un año,
porque tiene 60 pinturas, y las ha de hacer todas de su mano. Es un poco flemá-
tico, pero le daremos toda la priesa posible.
9.
Aseguro á V. M., que todo lo de acá es risa así en materia de caza como
en fiestas; qué la menor de España es sin comparacion mejor que todas las de
aquí. La relacion de las máscaras deseo mucho ver, porque es muchísimo lo que
todos escriben.
10.
Gran lástima ha sido se malograse el tiempo de Aranjuez, siendo tan caloroso
como V. M. me dice. Acá tambien nos hemos pensado abrasar estos dias, no pu-
diendo hacer mas calor en España. Ne se hizo poca caza, saliendo tan tarde al
campo, y faltando dos personas tan importantes como Juan Mateo y Alonso2). Al-
gunos venados he muerto esta primavera, que se salen á desmogar á unos bosques
pequeños divididos del grande, y embatiéndolos vuelven por pasos bien ciertos. La
caza es algo flemática, porque estamos tres o cuatro horas en el puesto, y con tan
buena ventana, que se puede jugar y rezar el oficio mayor sin riesgo de que falte
tiempo para dejarlo y tomar el arcabuz sin peligro de ser visto. [AV. M.] suplico
de un recaudo de mi parte al Principe, y le diga, me huelgo mucho de que está
ya tan grande estudiante.
11.
La relacion de las fiestas he leido toda, y no niega en el estilo á su dueño.
[404]Anhang.
Cierto, señor, debia de ser cosa rara la máscara, y que no es poca mortificacion no
haber visto. El nombrar á todos me ha entretenido mucho, porque son conocidos
los mas, si bien confieso á V. M., estoy ya muy viejo, pues muchachos que andaban
vestidos de frayles, cuando yo salí de ahí, entran ya en fiestas. Cierto todos fueron
de su genero lo mejor que se pudo ver, y se vee bien el cuidado que tiene el
Conde de entretener á A. M., que para poder vivir con salud en lo que V. M.
trabaja, todo es menester. El certámen1) tuvo sus objeciones de Herrera, que no
le perdonan á nadie estos señores poetas, pero de Luis Velez no hubo que decir,
porque su buen gusto es de manera que todos pueden callar.
Las pinturas caminan bien; á estas últimas de las cazas se da mucha pricsa,
como V. M. me lo manda, y el pintor dice que hasta fin de agosto es imposible
acabarlos, por haber comenzado tan tarde. Ello no quedará por priesa y cuidado,
siendo cosa del gusto de V. M.
Las damas de la Reina hicieron el otro dia una Comedia; mandóme la fuese
á ver, y cierto salieron muy bien vestidas y algunas muy hermosas, que hay dos
lo son mucho. Pero lo demás no fue cosa rara, porque la tal comedia era en
prosa y sin ningun genero de traza, ni entremeses, ni bailes, en fin ello es todo
burla sino las Comedias de España, y esto lo digo sin pasion ninguna.
12.
En Amberes dí gran priesa á las pinturas, todas estarán hechas á mediado
el mes que viene, sino con las de Esneyre, que es muy flemático y tiene mucho
mas obra que todos juntos. No dudo que los hombres de negocios aprietan mucho
allá viendo lo que hacen aquí, pero espero que con el cuidado y trabajo de los
ministros, particularmente del Conde, se ajustará todo como conviene. Parece se
pasarían buenos dias en el Retiro, y las noches de San Juan y San Pedro serian
famosas; confieso á V. M. es gran mortificacion acordarse destos ratos y no tener
envidia dellos, quando los que aquí se pasan son de todas maneras tan diferentes.
13.
Mucho siento dar tan malas nuevas á V. M. como las que lleva este correo,
pero es fuerza sepa V. M. el estado con que estamos, para que mande se remedie
para el año que viene, pues ya este no tiene remedio, y aseguro V. M. que, si no
se pone todo muy en tiempo, que como tengo escrito á V. M. se puede temer será
la última campaña; y yo haré cumplido con representarlo á V. M. tantas veces, y
con dar mi vida para su servicio, como lo haré con muchísimo gusto siempre que
será menester, queriendo mas morir mil veces, que perder estas provincias á V. M.
Breda se perdió á mi juicio mal, porque no ha resistido mas de 56 dias, siendo
la plaza mas fuerte de Europa, digo de las que no tienen mar y pais caudaloso.
El governador se disculpa con la mucha gente, que le han muerto, y haber ga-
stado la polvora, que siendo 156 mil libras y 20 de salitre segun la cuenta que
hacen todos y particularmente el Baron de Balanzon (que es á quien toca esto), tenia
harta para seis meses. Y habiendo salido rendidos 1500 hombres con las armas
en la mano, no será tan poco numero, que no pudiese aguardar algun asalto á la
[405]Anhang.
Villa, qué las fortificaciones de afuera se han defendido muy bien, pero rendir á una
plaza como Breda sin asalto, y aun sin volar las minas, es terrible cosa. Y así,
aunque el coronel Furdin es muy acreditado soldado, será fuerza proceder contra
él, qué es muy mal ejemplo para los ejércitos de V. M. ver rendir así las plazas.
14.
Las pinturas están todas acabadas, menos las de Esneyre, que hasta fin del
año no hay remedio.
Con este ordinario envio á Paris por el pasaporte, como V. M. me lo manda,
y espero me no le negarán; y al punto que llegue, partirán, pues no será razon
que, estando ya la obra de la Torre tan adelante, dejen de llegar á tiempo.
1638.
15.
Aunque Herrera hace falta para estas cosas, si bien hay aqui bravmos. mon-
teros con el perro de trailla y saben el monte á dedos, que para tener 15 leguas
no es poco. Y prometo a V. M. que estoy tan nuevo en él, habiendo estado tres
años aquí, que sin uno destos monteros no se puede dar paso, porque es la tierra
tan llana y el monte tan espeso, que no se vee sino cielo y árboles. — —
Yo soy uno solo que sino tengo quien me ayude y aconseje, fuerza haga
muchos yerros con harto sentimiento mio, pues por el servicio de V. M. daré
siempre la vida con mucho gusto, y si no me faltan los medios, espero en Dios hacer
muchos servicios á V. M. Esta campaña si faltare, V. M. lo tema todo, que con
morir yo el primero habráse cumplido con Dios, con V. M. y conmigo mismo.
16.
Se hizo muy buena caza, y sin duda hubo de haber mas puercos que cuando
yo esté á los pies de V. M., y á mi gusto es la mayor caza de cuantos hay aquí.
Andamos á pléito con un gran jabalí que nos trae locos con las bellaquerias que
hace, pero con la nieve que ha caido estos dos dias de nuevo, me parece nos lo
pagará. El otro dia maté un lobo muy grande, y otros dos rompieron una manga,
que fue la caza muy acomodada, porque se hizo en hora y media, no siendo mas
de un cuarto de legua de aquí el monte. Estavan bien; creo entretendrá á V. M.
Herrera con la relacion de las cazas que hemos hecho; lo cierto es que él es
gran montero, y me hace falta, que suplico á V. M. le mande despachar para que
pueda volver.
El pasaporte para las pinturas tenemos ya aquí y muy amplio, con que irán
con toda seguridad, pero he reñido un poco con Rubens, porque dice ahora, que
aunque están acabadas todas, es menester aguardar que se secuen bien, porque si
se arrollasen, se echarian á perder, y que juzga será menester veinte dias ó un
mes de tiempo, porque ahora como no se ve el sol aquí sino por milagro, no podrá
ser en menos tiempo. Yo lo he pleitado con él todo lo posible, pero como lo en-
tiende mejor que yo, ha sido fuerza rendirme.
17.
Las pinturas no pudieron partir anteayer como lo habia escrito á V. M., pero
haránlo mañana sin falta ninguna.
[406]Anhang.
18.
Las pinturas llegarán ahí poco despues que este correo, pues tengo ya aviso
de que han pasado de Paris, que no ha sido poca virtud de los Franceses tener
tanto respeto al pasaporte del Rey. Aquí vuelvo á V. M. la memoria original
que vino de ahí con los nombres de los pintores que han hecho las pinturas de
mano de Rubens, que en lo limpio que está se echará bien de ver las manos en
que han andado. Tambien va la que tiene márgenes de mano de V. M. Dios
quiera se haya acertado en toda la obra, que aseguro á V. M. nos ha costado á
todos mucho trabajo el darles á entender algunas cosas; y el mio suplico á V. M.
con todo encarecimiento me le mande pagar enviándome un retrato de V. M. muy
bueno, que seis años de faltar de los pies de V. M. quien se ha criado á ellos, no
puede tener otro consuelo, ya que el principal me falta. No me espanta Sr. de que
V. M. esté caduco (como se sirve de decirme) con los tiros del Principe pues con
sola la relacion dellos he llorado yo de ternura, oyendo su desembarazo y buena
maña, Dios le bendiga y gde., que cierto es cosa rara en sus años. A Velada y
Mirabel leí el capitulo de la carta de S. M. y quedaron locos, y el principe Tho-
mas estrañó mucho que de tan pocos años se atreviese á tirar al jabalí.
19.
È arrivato quà un Aiutante di Cama. dell’ Infante di Fiandra con un carro
di 112. quadri di paesi e pitture boschereccie, che S. A. manda alla Mtà. S. per il
Ritiro, et per la nuova casa della Parada, che si fabbrica nei Boschi del Pardo.
È venuto per terra per la Francia con passaporto del Cristmo. et di passo portò anche
un presente di S. A. a quella Regina Regnante sua sorella.]
(Schreiben Serrano’s im Archivio Mediceo.)
20.
La memoria de las pinturas que V. M. manda se hagan nuevas, he dado yo
mismo á Rubens, quien las hace todas de su mano por ganar tiempo, y yo me he
conformado con él por la mejoria. Ha estado muy trabajado de la gota y asi no
ha podido acabar la del Juicio de Paris, pero está ya muy adelante, y ahora le
daremos brava priesa, los dias que yo estuviere aquí, y V. M. me honra de ma-
nera dándose por servido de mi cuidado, que cierto es confusion mia. Con todo
acuerdo á V. M. me paga mandando á Velazquez se de priesa al retrato, que le
estimaré como devo y es razon.
21.
En Amberes ví todas las pinturas ya comenzadas que hasta ahora no ha podido
trabajar Rubens por la gota, pero ya se da gran priesa, y yo iba los mas dias á
su casa, y cuando vuelva allá, haré lo mismo porque no se descuide.
22.
Y para lo último he dejado el dar la norabuena á V. M. del nuevo sobrino1)
[407]Anhang.
que cierto parece milagro despues de tantos años. Escriben de Paris están locos
de contento con el delfin y con la razon. Dios quier sea medio este suceso para
tener una buena paz.
23.
A las pinturas doy toda la priesa posible. Rubens ha estado muy malo, y
esto ha sido la causa de la detencion, pero yo le doy toda la priesa posible, y en
llegando á Bruselas será m̃. m̃.
24.
Confieso á V. M. que he tenido envidia á los tiros que tiró [el Duque
Francisco de Modena] en su Aranjuez y Balsain, porque fueron muchos. Sin duda
le parecieron lindos estos bosques, pues todo lo que yo ví en Italia y oí decir, no
hay cosa en el mundo como ellos. De San Lorenzo no me espanta quedase admi-
rado, porque es lo que V. M. sabe, en fin todos los estrangeros no acaban de decir
de tal obra. Tambien la fiesta de los toros, por solo de España, es muy celebrada
por acá fuera, y á ninguno he oido que la haya visto, que no le haga gran novedad,
y la celebre mucho. Si las cañas no se erraren, no hay mas que desear, pues lo
lucido y el ser tambien fiesta nueva para el Duque, le seria de mucho gusto.
A Rubens hemos tenido oleado, con que las pinturas que él hace están muy
atrás, si bien el otro dia me envió á decir que pasada Pascua comenzaria á traba-
jar, por ser cosa del gusto de V. M. Las de Esneyre van con este ordino, que
como son pequeñas, se han podido acomodar. V. M. se asegure que sino fuera
por este accidente de Rubens, estuvieran ya allá todas las pinturas; pero yo le daré
mucha priesa para que gane el tiempo que ha perdido; que sabe Dios lo que yo
lo siento por ver el gusto que V. M. tiene de que se acaben presto.
1639.
25.
Las pinturas de Rubens van con este correo, harto le he encargado ajuste
bien las medidas, porque no suceda lo que con las de Esneyre. Espero han de ser
del gusto de V. M. porque el danzante jamás las ha hecho mejores. Tambien está
acabada la del Juicio de Paris, que se olvidó en la memoria pasada, no la lleva el
correo, porque es muy grande, pero el ordinario haremos que se encargue della.
Sin duda ninguna por dho de todos los pintores es la mejor que ha hecho Rubens;
solo tiene una falta que no ha sido posible que la quiera enmendar, y es estar de-
masiado desnudas las tres Diosas, pero dice que es menester para que se vea la valentia
de la pintnra. La Venus que está de enmedio es retrato muy parecido de su misma
muger que sin duda es lo mejor de lo que ahora hay aquí. El retrato del Prin-
cipe suplico á V. M. mande se envie luego, que lo espero con grande alborozo.
26.
Olvidávaseme decir á V. M. como lleva este ordinario la pintura del Juicio
de Paris, que por ser muy grande ha costado mucho trabajo acomodarla bien. De-
seare llegue bien tratada y á gusto de V. M.
[408]Anhang.
27.
El retrato del Principe Dios le gde. es famoso, y yo quedo loco de contento
con él, y B. L. M. á V. M. por la memoria y el favor que me ha hecho de en-
viármele. Dios le gde. que está lindo muchacho. El mio está ya acabado, pero
los Pintores deste pais son mas flemáticos que el Sr. Velazquez, y así dudo mucho
pueda llevarle este ordinario porque ha pedido quince dios de termino pare vestirle.
28.
Las pinturas para la Bóveda de Palacio se harán luego, como V. M. manda,
y yo B. S. M. con el respeto y sumision que devo por el favor que me hace de
darse por servido de mí, y procuraré se acaben muy a tiempo y que se hagan con
todo cuidado.
29.
Muy buen remate tuvo la estancia del Buen Retiro con la comedia que V. M.
se sirve de decir que hubo en el estanque grande, que solo la relacion della es
fiesta grande, y como V. M. se entretuviese, podemos consolarnos con esto los que
no la hemos visto.
30.
A las pinturas que V. M. me manda se hiciesen doy toda la priesa posible,
y ya están hechos todos los dibujos de mano de Rubens, y se repartirán como á
él y á Esneyre pareciere. Mi retrato lleva este ordinario, que no ha sido poco
tenga fin segun la flema desta gente.
31.
Las pinturas están muy adelante, y ahora que estoy aquí les doy gran priesa.
Sin duda se acabarán para cuando V. M. tiene mandado, como no le dé gota á
Rubens. Todas son de su mano y de Esneyre, del uno las figuras y paises y
del otro los animales.
Ayer fué la fiesta mayor deste lugar que llaman la caramesa, es una pro-
cesion bien larga con muchos carros triunfales, á mi parecer mejor que en Bruselas,
y despues que ha pasado todo, se van á comer y á bever y para todo en embor-
racharse, que sin esto no hay fiesta en este pais. Cierto que viven como bestias
en esta parte.
32.
En las cuatro Pinturas que V. M. manda, está ya trabajando Rubens con
grande animo de hacellas lindisimas. En el termino de acabarlas no ha querido
obligarse á hacer mas de lo que pudiere, teniendo por muy dificil sea para cuando
V. M. manda, y tambien dice se atrasarán algo las que estaban haciendo entre él y
Esneyre, pero V. M. se asegure que por priesa y cuidado no quedará.
33.
Las Pinturas caminan muy bien, y yo les doy toda la priesa posible.
[409]Anhang.
34.
Por la carta que ha escrito Rubens verá V. M. el estado de todas las pin-
turas, y yo aseguro á V. M. no me descuidaré en facilitarle y darle toda la
priesa posible.
35.
El de S. Aberto [Huberto], que es aquí el Patron de los cazadores fue muy
bueno de caza, porque tuvimos una monteria en que matamos un jabalí razonable que
pesó casi diez arrobas, pero no envestia de buena gana con los caballos; con la
gente de aquí sí, pero la desta pays tiene mucho cuidado de ponerse en salvo.
Creo cierto que si envisten de veras, siendo del tamaño que son, han de derribar y
herir muchos caballos. Tambien se corrió una puerca bravisima que mataron los
perros sin que la pudiesemos socorrer. Y despues maté con el arcabuz un venado
que si le yerro, nos atropella á Herrera y á mi, porque venia envestiéndonos como
si fuera un toro. Todo la caza es aquí mucho mas brava que en España, y cierto
no sé la razon, porque siendo la tierra allá mas caliente hará de ser al contrario.
36.
Beso la mano á V. M. por el favor que me hace en las pinturas, que le
estimo como devo. A las de acá se da toda la priesa posible, y con el primer cor-
reo avisaré á V. M., como me manda las historias que ha cogido Rubens, que no
se descuida en trabajar lindamente, y le he enviado á decir todo lo que V. M.
escribe, con que espero han de ser famosas. La planta desta casa con su parque
y jardines se queda haciendo y estando acabada la enviaré á V. M. con todas las
particularidades.
1640.
37.
A las pinturas doy toda la priesa posible, pero ha estado malo de la gota
Rubens; y así no ha podido trabajar. Con todo hemos pedido ya pasaporte para
las grandes, pues los correos no las pueden llevar. Con el primero que partiere
por tierra irán ocho que están ya acabadas y secas, y muy presto seguirán las otras
diez, y á las grandes daré toda la priesa posible, por ser cosa del gusto de V. M.
38.
Envio á V. M. copia de la carta de Rubens, en que dice el estado de las Pin-
turas. Yo le doy toda la priesa posible y no me descuidaré por ser gusto de V. M.
que es lo á que no deseo faltar jamás.
39.
En las Pinturas que V. M. me manda vayan luego ha sucedido un gran tra-
bajo, y es estar Rubens gafo de las manos mas ha de un mes y con poca esperanza
de volver á pintar. Con todo trata de curarse, y con el calor puede ser mejore,
que si no, seria gran lastima se quedasen así estas tres Pinturas. De mi parte se
asegure V. M. se hará todo lo posible, y las diez pequeñas estan casi acabadas.
[410]Anhang.
40.
Rubens está mejor de sus achaques y me ha ofrecido que estarán acabadas
las Pinturas grandes y las diez pequeñas que faltan para la Pascua. Yo le daré
toda la priesa posible ya que está en estado de trabajar, y procuraré abrevie mas
los terminos, porque estando ya acabada la obra de la pieza nueva, harán gran
falta estas Pinturas.
41.
Las pinturas están en el estado que he dho a V. M. Dáseles toda la priesa
posible, y espero que para S. Juan podrán partir, aunque Rubens no lo quiere ase-
gurar. Las 10 que faltan para cumplimiento de las 18 están ya en mi aposento,
pero por ser algunas grandes no pueden ir con el correo, que así irán todas juntas.
42.
Rubens murió habrá diez dias, que aseguro á V. M. lo he sentido muchi-
simo por el estado en que están las pinturas, que una de las dos grandes está casi
acabada, la otra bosquejada, y las dos menores muy adelante. Conforme esto sírvase
V. M. de mandarme lo que gusta que se haga; si las enviare así o si se acabarán
acá de otra mano. Dos solos hay aquí que se puede fiar dellos, si bien muy inferiores
á Rubens. El uno su primer oficial, que hacia las mas de las obras de su amo,
pero como estaba siempre delante, no le dejaba errar, y solo no sé lo que hará,
que en fin no es mas que un oficial. El otro es Cray, un maestro de gran opi-
nion y particularmente de figuras grandes, que es él que hizo el retrato mio que
envié á V. M. el año pasado. Era poco amigo de Rubens, y así no le encargé nin-
gana de las pinturas que se enviaron para la Torre de la Parada, y no sé si en
España habrá algunas suyas. El que hay aquí de provecho es este, y hasta tener
respuesta no se hará nada por no errallo.
43.
Despues que escribí á V. M. sobre las pinturas de Rubens he tenido aviso
que Vandeycken ha de llegar á Amberes para S. Lucas, y siendo tan gran pintor,
y tambien su discípulo, me ha parecido suspender el entregárselas á otro hasta hablar
con Vandeicke, y ver si él las quiere acabar. que no hay duda lo hará mejor que
nadie. Pero tiene humor, y así no puedo asegurar nada á V. M. Las que están
acabadas irán con los correos, como V. M. me manda, aunque algunas son de tamaño
de no las poder llevar, así esperan á ir con las demás y el pasaporte. Las que
tiene Rubens en su casa son muchas y muy buenas, y por no errar y acertar mejor
et gusto de V. M. le envio esta memoria de todas, para que me mande lo que fuere
servido, que no hay peligro en esperar la respuesta de V. M., porque quieren im-
primir esta memoria y enviarla por toda Europa, y no sé cual partido les estará
mejor, y así suplico á V. M. me ordene lo que gustare que se haga, que al punto
lo ejecutaré.
44.
En las pinturas se trabaja con gran priesa y espero se acabarán las tres muy
[411]Anhang.
á priesa. La cuarta estaba solo dibujada de Rubens, y así no ha querido Van-
deicken proseguirla, ni tampoco acabar las otras por mas diligencias que se han
hecho, que es loco rematado, y así ajustamos que del mismo tamaño y de la
misma historia hiciese él una á su capricho, con que quedó muy contento y se vol-
vió á Inglaterra para traer su casa de asiento. No sé si se arrepentirá, que como
dije á V. M. no tiene juicio ninguno, yo no me descuidaré en solecitarle con todo
cuidado.
1641.
45.
Todas las pinturas están ya en mi aposento, que cierto son lindisimas, y
espero serán del gusto de V. M. Solo aguardo el pasaporte y segun escribió el em-
bajador de Venecia vendrá le semana que viene, con que me parece podrán partir
de aquí á quince dias. Solo falta una de las dos grandes. Aqui daré toda la
priesa posible, y el pintor que la hace ha ofrecido acabarla en un mes, que no será
poca diligencia.
46.
Las pinturas parten pasada mañana, que no ha sido posible abreviar mas el
tiempo, pero espero han de ser del gusto de V. M. y con el ordinario de mañana
si Dios es servido enviaré á V. M. la relacion.
á 9 de marzo.
Las pinturas parten mañana, siendo Dios servido, y envio á V. M. la relacion
de todas las que van, deseando infinito sean del gusto de V. M. Una falta por
acabar. Aquí daré toda la priesa posible.
47.
Huelgo mucho que las pinturas hayan sido del gusto de V. M. Y en las
que faltan se da toda la priesa posible, que es terrible la flema destos oficiales.
48.
La pintura está muy adelante, pero con todo no podrá estar acabada este fin de
agosto, por mas priesa que se da al pintor, pero espero ha de estar muy buena,
porque como nuevo procura ganar reputacion, y mas habiendo de estar allá de las de
Rubens. V. M. se asegure no me descuidaré en remitirla cuanto antes pudiere.
[412]Anhang.
III.
Aktenstücke des Palastarchivs in Madrid über das in Fraga
gemalte Bildniss Philipp IV1).
(Casa Real, Cuentas de Furriera 1644. Legaje 124. Jornada de Aragon.)
1644 Mayo.
Mas mandó su magd. que en la cassa, que tenia de apossto. Diego Velazquez
en Fraga se le adereçase y echase una bentana que no la tenia, para que pudiese
trauajar y pintar, costó todo, yeso í manos diez Reales.
A primero de Junio 1644 en Fraga mandó su magd. que se adereçase el re-
trete para retratarse por estar muy mal parado. y sin suelos, y cayendose las paredes,
que todo el aposento era una campana de chimenea, costó todo y de apuntalarlo,
madera, manos y yesso y abrir une ventana vinte y quatro Rs.
Mas se pagaron al dicho carpintero [Pedro Colomo] seis Reales por la echura
de un caballo que hiço para que Diego Velazquez hiçiesse un retrato de su magestad,
q̃ asi lo mandó.
Mas al dicho otros seis Reales por dos marcos que hizo para poner en dos
Ventanas de el aposento de su magd., para retratarse.
Mas tarde en hacerse el retrato tres dias en diferentes veçes se compró cada
dia vna carga da espadañas para el suelo, costó cada carga quatro Reales y en
todas doze Rs.
Mas mandó su magl. que se hiçiese una Caja de madera para imbiar un re-
trato del Primo enano q̃ auia echo Diego Velazquez, con dos anjeos vno por dentro,
y otro por de fuera, costó diez y seis Reales.
Jullio.
En Io. de Jullio mandó su magd. que porque la cassa en que viuia Diego
Velazquez estaba sin puerta, y mal parada, que no podia entrar en ella, se bolviesse
aderezar, y echar una puerta, hiçose y costó todo 42 R.
Mas se hiço ma caja de madera para llevar el Retrato que hiço su magd. Dios
le gde. á la Reyna nuestra señora, y se embolvio en dos anjeos costo todo 16 R.
Appendix A NAMENREGISTER.
- A.1
- Aarsens, Fr., van Sommelsdyck, Voyage
II 8. 347. - Acebal y Escalera II 366. Vgl. Gijon.
- Acquaviva, Card. Trajano d’ II 178.
- Adam, Claude II 169.
- Adam, P., St. II 348.
- Adlard, H., St. II 325.
- Admiral v. Castilien, s. Enriquez.
- Aeken, Hieronymus van, s. Bosch.
- Aerschot, Herzog v. II 225.
- Aertsen, Peter I 127.
- Aesop II 358.
- Agostino Veneziano I 45.
- Aguado Galerie I 137. II 25.
- Aguas, Martin de, Bufon II 339.
- Agüero, Benito Manuel de, M. II 263.
- Aguiar, Tomas de, M. II 271.
- Aguila, Graf del I 148.
- Aguilera, S. Pietro Regalado II 354. 383.
- Akademie von Madrid I 234. II 157.
- Alarcon, Juan Ruiz de I 23 f. 169. 208.
II 125. - Alba, Ferdinand v. Toledo I 239. 255.
355. 371. - Alba, Herzogin v., von Tizian gem.
II 228 f. - Alba, Antonio, Vicekönig I 90. 240.
- Alba, Herzogin (18. Jhd.) II 147.
- Alba u. Berwick Galerie II 41. 303 Palast
Alba 369. - Albano, Francesco I 225. 283 f. 286.
- Albelda, Codex v. I 110.
- Alberti, G. B. degl’ I 43. 69. 100.
- Albornoz, Cardinal I 281. II 59.
- Albrecht, Erzherzog I 206356. 390.
- Alcabala I 69. 224.
- Alcalá, Fernando, III. Herzog v. I 64.
66. 88 ff. 101. 121. 324. II 230. - Alcalá, Perafan, I. Herzog, s. Ribera.
- Alcalá de Henares, Colegiata I 219.
Bernardas 219. - Alcalá de Guadaira, Hospital I 65.
- Alcázar, Baltasar del I 31 f. 161. 256.
- Alcázar, Luis del I 161. 423.
- Alcázar, Melchor del I 161.
- Aleman, Mateo (Guzman de Alfarache)
I 127. 159. 257. II 123. 131. - Alesio, Mateo Perez de, M. I. 49.
- Alexander VI I 280. II 54. 239.
- Alexander VII II 160.
- Alfaro, Baltasar de I 348.
- Alfaro, Juan de. M. I 14. II 245 ff. 256.
263. 270. seine Grabschrift auf Ve-
lazquez 189. 256. - Alfonso VI I 108.
- Alfonso X der Weise I 36. II 217.
- Alfonso XI (Jagdbuch) I 32. 371. II 217.
- Alfonso XII I 18.
- Alfonso v. Ferrara (Tizian) II 228.
- Algardi, Alessandro II 168 ff. 171. 185.
- Alhambra, Justiciasaal I 7. Tocador 187.
- Alizeri, Federigo II 200.
- Allori, Cristofano I 218.
- Almanso y Mendoza, Andrés, Cartas
I 355. II 327. - Altamira Galerie I 202. II 74. 122.
- Alton Towers I 204.
- Alumbrados in Sevilla I 29.
- Amadeo I (Duca d’Aosta) II 42.
- Ametller, Blas I 129 (Illustr. nach s. Stich).
II 325. - Ameyden, Römisches Tagebuch I 391.
II 59. 79. 166 ff. 179. 194. 291. - Amidano G. C., M. I 271. 395.
- Amsterdam, Rijksmuseum. D. Baltasar
II 130. J. Steen 313. P. de Hooghe
317. Antikensaal 156. - Amulio, Anton, Cardinal I 289.
- Angely, d’, Bouffon II 336.
- Anguisciola, Sofonisbe I 166.
- Anne d’Autriche I 293. 311. 318. II 30.
237. 381. 399 f. - Annibali, Domenico, Sänger II 4.
- Anton Ulrich v. Braunschweig II 158.
- Antonius der Abt II 378.
- Antonio, Bastard von Portugal I 363.
- Antonio, Nicolas I 74.
- Antonio el Ingles, Zwerg II 340. 354.
- Antwerpen, Kîrmess II 408.
- Apelles I 6. 197.
- Aprile, Ant. Ma. d’, genues. Bildhauer
I 87. - Aquila in den Abruzzen II 242.
- Aquilés, Julio, M. I 187.
- Aragonesen II 143.
- Arana de Varflora I 74.
- Aranjuez I 373. 386. II 117. 154. 172.
407. - Arbasia, Cesar de, M. I 49.
- Arce, Pedro de II 270.
- Arcos, Duque de, Rodrigo Ponz de Leon,
Vicekönig II 71. 166. 291. - Archive Italiens I 19.
- Arenbergh, Baron v. Balançon I 357.
363. II 113. 404. - Aretino, Pietro I 17. II 5. 336.
- Arfe, Juan de, Silberschmied I 43.
- Argensola, Bartolomé I 91. 196. 209.
- Argenville, d’, Abrégé I 14. II 170. 325.
- Argote de Molina I 32. 170. 372. 386.
II 337. - Arguijo, Juan de, Dichter I 30. 256.
- Argaiz, Francisco II 324.
- Arias, Antonio, M. II 198.
- Ariost II 206. 358.
- Aristoteles I 102.
- Ariza, Marques de II 218.
- Arnao de Flándes, Glasmaler I 44.
- Arnao de Vergara, desgl. I 44.
- Arpino, Cav. Joseph d’, I 287. 293. II 230.
- Arte en España, Revista de B. A. s. Vil-
laamil. - Arthois, Jacques d’ II 266.
- Arundel, Thomas Graf I 176. II 159. 173.
- Asensio, Francisco I 18. 65. 74.
- Aston Hall (Admiral Pulido) II 74.
- Atienza II 383.
- Atti, Flavio, Gesandter v. Parma I 208.
270. 331. 391. 395. - Augsburger Galerie (Tintoretto) I 277.
II 353. - August III Churfürst v. Sachsen II 4.
- Aulnoy, Mad. d’, Mémoires I 130. 256.
II 33. 35 f. 295. 312. - Ayala, Pictor Christianus eruditus I 423.
- Ayala, Perico de, Bufon II 338.
- Azara, Cav. d’ (Innocenz X) II 191.
- Azevedo, Fern. d’, Erzbischof v. Burgos
I 177. - Azzolini, Dezio, Cardinal II 83.
- B.
- Bacon, Lord Francis I 409.
- Badoer, Alberto, venez. Gesandter II 88.
334. - Baglione, Gio., Vite I 233. 365. II 230.
- Baglioni, Michelangelo, toscan. Gesandter
I 311. 313. - Balançon s. Arenbergh.
- Balbi, Franc Ma. II 113.
- Balduin, Carlos, Conserge I 216.
- Balsain, Jagdrevier I 370373. 407.
- Balthasar Carlos, Prinz I 389. II 34.
39. 127 ff. 146. 402—408. - Bankes, Walter Rudolph, Gemälde-Gale-
rie, s. Kingston Lacy, Dorset. - Barajas, Graf v. I 130.
- Baratta, Francesco II 169.
- Barbaro, Pater II 160.
- Barberini, Cardinal Francesco I 279 ff.
284 f. II 165. - Barbola, Mari, Zwergin II 313.
- Barcelona, Dalmau I 38. Museum 65. 286.
- Barocci, Fed. I 76. 125. 289.
- Barozzi s. Vignola.
- Barrière, Dominique St. II 166.
- Basadonna, Piero, venez. Gesandter I 26.
192. 194. II 94. 157. 286. 351. - Bass, Major Edward II 238.
- Bassano I 76. 81. 98. 344. II 229. 240.
- Baya de Todos Santos I 348.
- Bazan, Alvar de I 32. 270. 348. 358.
II 69. - Bazan, Bufon II 390.
- Beaumont, Sir George II 12.
- Becerra, Gaspar I 43 f. 50. 187. 370.
Soledad 403 II 20. - Beck, Daniel II 158.
- Beckford, W. I 309.
- Beer, Maria Eugenia de, Kupferstecherin
I 82. - Bellini, Gian I 4.
- Bellori, G. P. I 73.
- Benavente, J. Alf. Pimentel Graf v. I 173.
II 74. 240. - Benavente, Antonio Alonso Pimentel
II 74 ff. - Benavides, Luis de, span. Gesandter in
Venedig I 273. - Berchem, Nic. I 149.
- Berettini, Pietro, da Cortona II 170. 190.
- Bergamasco s. Castelo.
- Berghe, Graf van den I 363.
- Berlanga II 383.
- Berlin, königl. Gemäldegalerie. Roelas
I, 54. Zurbaran 154. Al. Cano 156.
Inf. Maria 311 ff. 393. Damenbildniss
II 29 ff. Ordensritter 87 f. Cardinal 83.
Borro 350 f. Zwerg 354. - Bermudez, Cean I 13. 52 f. 57. 413. 426.
II 50. 93. 110. 121. 146. 274. - Bernini, Lorenzo I 107. 286. 254. II 48.
167 f. 172 f. Arbeiten für Madrid und
Porträts 174. - Bernini, Pietro I 288.
- Berruguete, Alonso I 43 f. 50 f. 96 f. 268.
- Beuckelaer, Joachim I 127.
- Beulé, Ch. E. I 4. II 111. 279. 366.
- Bianchi, Baldassare, M. II 205.
- Bianco, Baccio del I 342 f.
- Bibaldo, Gerónimo II 192.
- Bichi, Alessandro, Cardinal II 159.
- Bidasoa, Fasaneninsel II 385 f.
- Blanc, Charles I 4. 9. 10. 16. 112. 402.
413. II 112. 132. 274. 278. 280. 282.
326. - Blenheim Galerie I 318.
- Bobo de Coria, El II 356.
- Bocanegra, Fray Athanasio I 405. II 20.
- Bocangel, Gabriel II 32.
- Bockhorst, Jan van (Langejan) I 398.
- Bode, W. I 203. 263.
- Bodegones (Küchenstücke) I 60 ff. 126 ff.
- Boerne, Ludwig I 18.
- Boileau II 336
- Boisel, Voyage d’Espagne I 179. 353.
- Bologna, Gian (Mercur) I 296.
- Bologna, Palast des Gonfaloniere u. Mu-
seum II 171. S. Domenico; Oratorio
di S. Giuseppe 201. - Bolognesische Schule I 230.
- Bolognus, Franc., St. II 38.
- Bonarroti, Lodovico I 111.
- Bonarroti, Michelangelo I 42. 47. 58
68. 74—77. 96 ff. 118. 123. 224. 226.
253. 426 f. Kapitol II 168. 193.
Moses 194. - Bonatti, Celiero, mantuan. Gesandter I 159.
208. II 33. - Bonelli, Legat Pius IV I 190.
- Bononi, Carlo, M. I 151.
- Bonzi, Po. Po., il Gobbo II 84.
- Borgoña, Felipe de I 40. 44
- Borja, San Francisco II 34. 146.
- Borja, Melchor, Cardinal II 54 ff. 66.
- Borja, Rodrigo s. Alexander VI II 54.
- Borro, Alessandro del I 341. II 350 f.
- Borromeo, Carlo II 62.
- Borromino, Franc. II 167.
- Borrones I 99. II 273 ff.
- Boscano, Juan I 30.
- Bosch, Hieronymus van Aeken gen. H.
I 188. - Boschini, Marco I 274 f. II 158 ff. 175.
273. - Bossaert, Th. Willeborts I 398.
- Bossuet I 365. II 33. 35.
- Bottari, Gio. II 178.
- Bouchardon, Edmé II 103.
- Boulanger, Jean, M. I 65. II 205.
- Bouts, Dierik I 38.
- Bouttats, Balthasar, St. II 43.
- Bowood; Marquis of Lansdowne II 20.
148 f. - Boydell, John II 109.
- Bragadin, Procurator II 160.
- Bramante I 43. 289.
- Brandano, Ferd. II 166. 192.
- Branden, F. Jos. van den I 398.
- Braunschweig, Galerie (Spinola) I 361.
- Bravo, Pedro, Musiker I 104.
- Brend’amour, R. I 21.
- Bribiesca; S. Clara II 384.
- Brigida del Rio II 340.
- Bril, Paul II 12. 240.
- Bronzino, Angelo I 218.
- Broomhall, Schottland (Lord Elgin) II 113.
309. - Brücke, E. II 276.
- Brueghel, Peter I 127. II 13. 225 f. 241.
- Bruna, Franc. Sammlung in Sevilla II 44.
- Buchanan, W. II 120.
- Buckingham, Duke of I 235. 312. Galerie
77. II 353. - Buen Retiro I 334 ff. 368. 401. II 109.
154. 169. 208. 210. 286. 344. 346.
377. - Buenrostro, Andrés de I 107.
- Buoncompagni, Girolamo II 200.
- Burckhardt, Jakob, Cicerone I 295. 301.
II 201. - Burger, W. I 4. 16. 57117. 119. 123.
138. 203234. 313. 332. 354. 415 f.
418. II 4 f. 6. 12. 25. 73. 103. 115.
131 f. 150. 264276. 282. 319. 363.
366. 370. - Burgos Mantilla, Franc. de, M. II. 215.
271. - Burgos II 383 f.
- Burgundische Hofhaltung I 179.
- Burleigh House (Marq. of Exeter) II 82.
- Burnet, John I 13. 204. II 106. 276.
- Butron, Juan de I 225.
- C.
- Caballero, D. Pedro, el Mariscal I 46.
- Cabella, Franc. Gutierrez II 215.
- Caderita, Marques de I 348.
- Cagliari, Joseph I 273. Paul C., s. Paul
Veronese. - Caimo, Norberto (Il vago italiano) I 129.
- Calabaças el Bufon, II 346.
- Calderon de la Barca, D. Pedro I 6.
171 f. 178. 193. 198. 226. 256. 334.
Circe 341 f. Perseus 342. Breda 345.
362. 364. Wallenstein 345. Ueber
Frauen II 18 f. 21. 23. 27 f. 33. 42. 74
88. 95. 99. 113. 125. 128. 137. Bild-
niss 270. 274. 285 f. 307. Autos 335.
341. 343. - Calderon, Rodrigo I 237. II 226.
- Callot, Jacques I 340. 357. 379. II 144.
206. - Calvi, Lazzaro, M. II 200.
- Camaron, Lithograph II 45.
- Cambiaso, Luca II 233 ff. 243.
- Cambridge (Murillo) I 406.
- Camilo, Francisco, M. II 190.
- Camoens, Luis de I 226. II 287.
- Campaña, Pedro (Kempeneer) I 44. 45.
94. 103. 111. 114. - Campori, Graf, Giuseppe I 77. 395. II 67.
299. 325. - Cancellieri, Francesco II 167.
- Candolfi, Franc. I 341.
- Cano, Alonso I 107. 118. 155. 195.
401 ff. 417. 419. 422. II 20. 43. 48.
50. 198. 215. 232. 287. - Canovas del Castillo II 8.
- Cantelmo, Andrea II 91.
- Cantoral, Lomes de I 30.
- Cañete, M. II 245.
- Caracci I 283. II 277.
- Caracci, Agostino I 273. 322.
- Caracci, Annibale II 202. 241.
- Caraffa, Carlo, Nuntius II 160.
- Caravaggio, M. A. da, I 60. 75. 82 f.
120 f. 137. 145. 228. 287. 302. 305.
322. 410. - Carbonell, Alonso, Architekt I 339.
II 218. - Cárdenas, Alonso de, Gesandter in Lon-
don I 197. II 238. - Cárdenas, Jáime de, s. Nájera.
- Cárdenas der Stierkämpfer II 345.
- Carderera, Valentin I 13. 28. 35. 107.
109. 127. 394 f. II 60. 101. - Cardona, Lusigniano, D. Nic. de II 77.
- Carducho, Bartolomé I 220.
- Carducho, Vicente I 13. 17. 67. 173.
187. 216. 217 ff. Diálogos 223 ff. 331.
415. II 12. 157. 229. - Carignan, Marie, Prinzessin von I 378.
II 31. - Carl V I 30 f. 45. 50. 87. 169. 181.
205. 370. 372. 376. 380. Bildniss
II 228 f. 236. Leiche 237. 239. 336 f. - D. Carlos, Sohn Philipp II I 167. 180.
189. - D. Carlos, Sohn Philipp III I 205 ff. 390.
- Carl II I 167. 180. 372. II 141. 363.
391 ff. - Carl IV II 357.
- Carl II von Mantua II 158.
- Carl I Stuart (Prinz von Wales) I 176 f.
215 f. 312. II 65 f. 75. 138. 158. 238 ff.
250. 259 f. - Carl II von England II 239.
- Carl Emanuel von Savoyen I 269. Rei-
terstatuette II 90. - Carleton, Sir Dudley I 240.
- Carlisle, Earl of, s. Castle Howard.
- Carmona, Salvator, St. I 261. 421. II 43.
- Carmona in Andalusien I 41. 47.
- Carnero, Antonio, königl. Secretär II 355.
- Caro, Rodrigo I 26. 28. 30. 33. 68. 73.
- Caroselli, Angelo, röm. Maler II 169.
- Carpi, Girolamo da I 64.
- Carpio, Marqués del I 381.
- Carranza, Erzbischof v. Toledo I 49.
- Carreno, Juan de I 164. 167. 216. 241 f.
II 83. 209 f. 263. 294. 310. 362 f.
389 ff. - Casale, Belagerung I 360.
- Casolari II 66.
- Casseler Galerie I 121. Löwenburg II 90.
- Castel Gandolfo I 202.
- Castel Rodrigo, Cristobal, Marques v.
II 80. - Castel Rodrigo, Manuel I 214. II 78 ff.
- Castelo, Juan Bautista I 187.
- Castelo, Felix I 348.
- Castelvetro, Lodovico, Dichter II 206.
- Castiglion del Lago II 351.
- Castiglione, Balthasar II 19.
- Castiglione, Vieri, tosc. Gesandter II 342.
- Castillo Antonio del I 140. II 250. 270.
408. - Castillo, Juan del I 118. 155. 406.
- Castillo. Leonardo del (Viage) II 381.
- Castle Howard I 150. Baltasar II 129.
Pareja 179. Marianne 196. 265. 294. 309. - Castrillo, Graf v. II 234. 242.
- Castro, Adolfo de I 7. II 244 ff.
- Castro, D. Pedro de, Erzbischof v. Se-
villa I 33. 142. - Catalina Tochter Phil. II I 372.
- Catalina die Portugiesin II 340.
- Cavalieri, Tommaso de’ II 194.
- Cavazza, Cesare I 395.
- Cavendish, William, Duke of Newcastle
II 88. - Caxesi, Eugenio I 165. 187. 219 f. 230.
252 ff. 347 f. 359. II 229. - Cea, Herzog v. II 340.
- Cecchini, Franc., St. II 324.
- Celestina, La, Tragicomedia I 6. II 372.
- Celio, Gasparo, M. I 287.
- Cepero, Lopez, Canonicus I 142. Galerie
Herrera I 60. Pacheco 68. V. II 292. - Cerezo, Mateo I 412. 416. II 263.
- Ceron, Antonio II 327.
- Cerquozzi, M. A. II 169.
- Cervantes, Juan de, Erzbischof v. Se-
villa I 36. - Cervantes, Miguel I 6 f. 28. 32. Bild-
niss? 65. 96. 371. Buscapié II 256.
338. 358. 360. - Cesare Ignazio d’Este, I 395. II 325.
- Céspedes, Gonzalo de I 199.
- Céspedes, Pablo de I 33. 42. 44. 49 ff.
66 f. 99 ff. 102. 114. 414. 419. II 87. - Cetina, Gutierrez de I 31 f.
- Chamfort I 254.
- Chartres, Herzog Louis v. II 372.
- Châlons, Simon von, M. I 45.
- Chantelou, M. de II 171.
- Chevreuse, Duchesse de I 378. 385.
II 30. 38. - Chinchilla, Anibal (Gil Blas) II 348.
- Chinchon, Condesa de I 421.
- Christine von Schweden II 98. 158.
- Churton, Edward I 163.
- Cid, Miguel de I 68. 142. 144.
- Cincinato, Diego I 88. 187. 285.
- Cincinato, Romulo I 88. 219. II 230.
383. - Cioli, Balì I 194.
- Cisneros s. Ximenes.
- Cittadini, Pierfrancesco, Blumenmaler
II 205. - Clam-Gallas, Gräfin II 84.
- Clare, Earl of I 136.
- Clarendon, Earl of (Sir Edward Hyde)
II 239. 288. - Claude le Lorrain I 284.
- Claudius, Apotheose des Kaisers II 196.
- Clemens VII Medici I 280.
- Clemens VIII Aldobrandini II 194.
- Clemens XII Corsini II 194.
- Clouwet, Peter, St. II 44. Albert 83.
- Clovio, Giulio I 77. 91.
- Cobos, Franc. de los, I 38. 229. 239.
- Cobos, Frau des vorigen II 228 f.
- Cock, Heinrich I 335.
- Cock, Hieronymus I 300. II 266.
- Cocxcyen, Michel I 45.
- Coello, Antonio, Dichter I 345.
- Coello, Claudio I 250. II 164. 263. 295.
383 f. 392. - Coesvelt-Galerie I 119.
- Colalto, General I 269.
- Colares, Marques de I 108.
- Collantes, Francisco I 344.
- Colnaghi, P. II 48.
- Coloma, Carlos I 348. 363. II 69.
- Colombini, C., St. II 325.
- Colon, Cristóbal I 23. 86.
- Colon, Hernan I 28. 34.
- Colonna, Anna I 241.
- Colonna, Filippo I 281.
- Colonna, Cardinal Girolamo I 162. II 196.
- Colonna, Angelo Michele, Bolognes. De-
corationsmaler II 197 ff. 398. - Colvin, Sidney I 406.
- Colyns de Nole, Adrian, Bildhauer I 53.
- Comte, Le, Charles Philippe I 363.
- Condé I 350. II 70.
- Conde Lucanor I 32.
- Congreve, William II 324.
- Constable, John II 12.
- Contarini, Alvise, Gesandter I 194. II 111.
- Contarini, Giorgio I 194. 396.
- Contreras, F. Ruiz de II 77. 213.
- Coques, Gonzalez I 203.
- Cordoba, Fernando de I 423.
- Cordova, Juan de, M. I 38.
- Cordoba I 38. Cathedrale 47. 49. II 338.
S. Marta 39. Museum I 141. 423.
S. Miguel 308. - Cornaro, Giovanni, Doge, I 272.
- Cornaro, Lodovico I 79.
- Cornelio, Cristobal, Bufon II 339.
- Corner, Alvise, Gesandter I 333. 336 f.
358. - Corner, Juan, Gesandter I 206. 210.
256. - Corral, Cristobal del I 81; dessen Frau 40.
- Correggio, I 44. 46. 49. 101. 130. 150.
176. 322. 403. II 38. 64 f. 119. 203.
207. 228. 241. 252. 368. 372 f. 398. - Cort, Cornelius, St. I 75. 91. 279. 302.
- Corte, Juan de la, M. I 344. 348. II 269.
- Corte Real, Marques de II 79.
- Cortés, Ferdinand II 348.
- Cortona, Pietro di I 293. II 159.
- Cospi, Marchese II 206.
- Cossiers, Jan, M. I 398.
- Cotan, Fray Juan Sanchez, M. I 222.
- Cottington, Sir Francis I 177. 216.
- Coustou, Nicole I 53.
- Covarrúbias, Alonso de, Architekt I 43.
181. II 383. - Crayer, Gaspar de I 390. II 97. 114. 410.
- Crescenzi, Gio. Ba., auch Marques de
la Torre I 173. 177. 232. 287. 338.
II 236. - Crespi, Daniel I 122. II 206.
- Crivelli, Carlo I 40.
- Cross, Michel, M. I 216.
- Cruz, Manuel de la, Costümwerk I 131.
338. 343. - Cruz, Melchor de la, Floresta de apo-
ftegmas II 338. 343. - Cuelbis, Diego, Reise I 24. 29. 189.
- Cuenca II 101.
- Cueva, Juan de la, Dichter I 32. 88.
- Cuevas, Pedro de las, M. I 118.
- Cumberland, Richard I 14. 119. 307.
415. II 117. - Cunningham, Allan II 281.
- Curtis, Charles B. I 18. 258. II 180.
322. u. passim. - Curtis, Girolamo, gen. il Dentone II 201.
- Czernin, Graf, Galerie I 68.
- D.
- Dalay, Mauro I 133.
- Dalmau, Luis de, I 38.
- Danchart, Maestre, Bildschnitzer I 37.
- Dante I 4. II 367.
- Dauphin, Olivier II 205.
- Dávila, Gil Gonzalez II 217. 228.
- Davillier, Baron Charles II 245.
- Delacroix, Eugène I 57. 65.
- Delahante-Auction II 119.
- Delboete, St. II 325.
- Deriksen, Philipp, M. I 408.
- Desolle. General II 106.
- Despuig, Juan II 324.
- Detmold II 273.
- Dialog über die Malerei I 85 ff.
- Diaz del Valle, Lazaro I 14. II 235.
271. - Dickens, Charles I 197.
- S. Diego I 410.
- Dietrichstein, Cardinal II 84.
- Diderot, D. I 153. II 273.
- Does, Anton van der II 46.
- Dolce, Carlo I 5. 69. 97.
- Domenichino I 54. 283. 293. 319. 322.
II 24. 162. - Domenico Alessandro Florentino I 37.
- Doria, Andreas II 189.
- Doria, Antonio II 200.
- Dornauszieher I 190. II 195. 197.
- Dossi, Dosso II 64.
- Dow, Gerhard I 3.
- Dozy, R. I 7.
- Dresden, Galerie I 13. Roelas 53. Greco
76. Zurbaran 154. Rubens 246. V. 395.
II V. 77. V. 118. - Duca, Giacomo del I 194.
- Duck, A. le I 140.
- Dürer, Albrecht I 8. 69. 72. 103. 117.
415. 419. II 284. - Dughet, Anne-Marie I 284.
- Dughet, Gaspard II 380.
- Duparc, Sammlung II 85.
- Dupuy, M., Rubens’ Freund I 237.
- Dyck, A. van I 107. 203. 240. 250.
361. 407. 416. II 7. 12. 53. 113. 155.
188. 225. 229. 239. 264. 345. 410 f. - E.
- Earlom, Richard I 109.
- Ebro I 143.
- Ecija in Andalusien I 41. 47.
- Edinburgh, Galerie (Carducho) I 221.
- Egerton, Lord Francis II 123.
- Elisabeth von England I 256.
- Elisabeth Farnese II 299.
- S. Elisabeth von Portugal II 144.
- Emanuel, König von Portugal I 189.
- Emanuel, Prinz von Portugal I 363.
- Encina, Juan de I 86.
- Engelbert v. Nassau I 355.
- Engerth, Eduard v. II 306. 308.
- Enriquez, J. Alf. de Cabrera, Admiral v.
Castilien II 174. 241 f. 301. - Erasmus v. Rotterdam II 341.
- Ercilla, La Araucana I 6.
- Erfurt, Museum I 293.
- Ermitage, s. St. Petersburg.
- Escalante, Juan Ant. I 109. II 263.
- Escalona, Jagdrevier I 273.
- Escorial I 75. 187. 326. 373. II 139.
190. 227. 407. Pantheon 235 ff. Sa-
cristei 242 ff. Altar S. Forma 392. - Espina, Juan de I 174. 176.
- Espinel, Vicente I 127.
- Espinosa, Juan de, Prediger I 33.
- Este, s. Franz II.
- Estofado-Sculptur I 64.
- Estroza, s. Strozzi.
- Evangeliarium, Syrisches I 419.
- Evelyn, Diary I 280. 297 f. II 195.
- Exeter, Marquis of, s. Burleigh House.
- Eyck, Jan van I 38. 42. 103. 159. 188.
331. 398. II 277. 284. - Eynden, Hubert van der, Bildhauer II 53.
- Eyssenhardt, Franz I 420.
- F.
- Falk, Jeremias I 302.
- Farrar, H. I 32 f.
- Febvre, A., II 292.
- Feria, Herzog von I 348. II 69. 200.
- Fernan Nuñez, Herzog v. II 109.
- Ferdinand I der Grosse I 108.
- Ferdinand III I 36.
- Ferdinand VII I 14. 130. 421. II 292.
- Ferdinand I, Kaiser I 189. II 228.
- Ferdinand II, Kaiser I 269. 283. II 57.
90. - Ferdinand III, Kaiser I 314. 368.
- Ferdinand I, Grossherzog von Toscana
I 278. 311. 317. II 65. 155. 158. 160.
351. - Ferdinand, Cardinal-Infant I 164. 252.
344. 346, 350. 368 f. 376. 379. Bild-
niss 389 f. 394. 397. II 97. 130 f. 229.
272. Auszüge aus s. Correspondenz
401 ff. - Ferdinand Thomas, Infant II 308.
- Fernandez, Alejo, M. I 39 f. 42 f. 423.
- Fernandez, Pedro Aleman, Bildschnitzer
I 37. 39. - Fernandez, Luis, M. I 57. 63. 117.
- Fernandez de Guadalupe, Pedro, M I 41.
- Fernandez Navarrete, gen. el Mudo
I 44. 75 ff. 96. II 323. - S. Fernando, Herzog v. I 421.
- Ferrata, Ercole, Bildhauer II 172.
- Ferrer, Gerónimo, Bildhauer II 196.
- Ferrer, S. Vicente II 54.
- Ferrières II 41. 126 f.
- Fiammingo, s. Quesnoy.
- Fiesole, Fra Angelico da I 4.
- Figueroa, Juan de Fonseca y I 162 f.
- Finelli, Julian II 161.
- Flandes, Juan de I 38.
- Flandrische Malerei I 42. 102
- Flögel II 334 f. 353.
- Florentia, Pater S. J. I 160. 189.
- Florenz: Biblioteca Magliabech. I 179.
Gemäldegalerie der Uffizien und des
Pitti, Philipp IV I 241. II 37. (84.)
90. 97. Bildniss Leo X 187. v. Dyck
188. Velazquez 324 ff. Pitti, Säle;
Ariadne I 298. Decorative Malerei
II 200. 206. - Flores Dávila, Marques de I 215.
- Fogliani, Lodovico, II 206.
- Fonati, D. Gerónimo, Buffo II 340. 350.
- Fonseca, Alonso de II 383.
- Fontainebleau II 156.
- Fontana, Jul. Cesar I 312.
- Ford, Richard I 15. 19. 112 f. 149. 258.
306. II 22. 37. 121. 130. 273. 363. - Fortuny, Mariano II 245. 325.
- Foscarini, P. II 391.
- Foucard, Cesare II 69.
- Fraga II 91. 412.
- Frances, El, Narr II 338.
- Francisco de Asis I 136. II 295. 368.
- Francisco de Hollanda I 255.
- Frangipani I 299.
- Frankfurter Galerie I 12. 294. II 60. 304.
- Franz, der heilige I 407.
- Franz I von Frankreich I 180. 184.
II 155. - Franz II von Este II 62. 158. 200. 205.
342. 397. 407. - S. Franz Xaver I 64.
- Frias, Herzog v. II 123. 383.
- Friedrich der Grosse I 194.
- Frizzoni, Gustavo II 9. 78.
- Fruella, König I 108.
- Frutet, Francisco I 45.
- S. Fruto II 380.
- Fuensaldaña, Kloster (Rubens) I 238.
- Fuensalida, Gaspar de I 246. II 215.
218. 388. - Fuenterabia I 69 ff. II 384. 386.
- Fures y Muñoz, Gerónimo I 177.
- G.
- Gabriel, Infant D. II 147.
- Gachard, H. I 235.
- Gainsborough, Thomas I 384.
- Galilei, G. I 282. 342.
- Galindo, D. Beatriz (la Latina) I 168.
- Galle, Cornelius, St. I 214. 315. II 314.
- Gallegos, Fernan I 38.
- Gambazo, der blinde Bildhauer I 324.
- Gandia, Francisco, Herzog v., s. Borja.
- Gandia, Palast Borgia II 60.
- Garay, Juan II 75.
- Garcia, Cristóbal I 101.
- Garcilaso de la Vega I 30. 32. 96.
II 287. - Gato de Lema, Nicolas II 292.
- Gaultier, L. St. II 36.
- Gautier, Théophile I 16. 368. II 315.
- Gaviria, Cristóbal de II 301.
- Gaxi, Rutilio, Bildhauer I 173. 331.
- Gazini, Pace, genues. Bildhauer I 86 f.
- Gelvez, Gräfin Leonor I 30.
- Genter Altarwerk I 188. S. Peter II 379.
- Gentileschi, Artemisia I 101. 162. II 229.
- Gentileschi, Orazio I 293.
- Genua I 157. II 207. 398. Renaissance-
sculptur I 86 f. - Genua: Pal. Balbi I 361. II 113. 201.
Pal. Balbi Senarega II 85. Pal. An-
drea Doria I 242. Pal. Doria Spinola
II 200. Durazzo I 242. 361. Serra
I 367. - S. Georg, Legende I 92.
- Georg, Prinz von Wales I 254.
- Gerbier, Balthasar I 215. 235. 245. 314.
II 239. - Germonio, Anastasio, savoy. Gesandter
I 312. - Ghelli, Raimondo II 197.
- Ghisi, Kupferstecher I 48. 91.
- Gian Bologna, Reiterstatuen II 90.
- Gijon, Instituto Asturiano, Handzeich-
nungen I 13. 382. 426. II 366. - Gil Blas II 113. 348.
- Giordano, Luca I 339. II 262. 283. 319.
358. - Giorgione I 95. 152. II 241.
- Giron, D. Fernando I 347.
- Giustiniani, Girolamo, Relation u. De-
peschen I 333. 373. II 55. 79. 125.
166. 222. 296. 400. - Giustiniani, Marchese Vicenzo I 287.
- Godoy, Manuel (Friedensfürst) II 120.
326. 372. - Goetens, Damian II 382.
- Goethe I 128. 250. II 232. 279. 285.
370. - Goltzius, H. I 125.
- Gomez, Emanuel, Bufon II 342.
- Gomez, Joseph, Stallmeister II 402.
- Gomez de Mora, Architekt I 404.
- Gondomar, Graf v. I 161.
- Góngora, Luis de I 109. 162. 171. 196.
226. 313. - Gonzaga, Vincenzo, Herzog I 269. II 341.
- Gonzalez, Bartolomé, M. I 56. 165. 167.
II 116. - Gonzalez, Francisco, Mattenflechter I 220.
- Gonzalez, Joseph, Sammlung I 175. 314.
- Gonzalez de Leon, Feliz I 68.
- Gonzalez de Villanueva, Jerónimo, Dich-
ter I 164. - Gonzalo de Cordoba I 269. 348. 358.
363. - Gordon Gallery, Edinburgh II 192.
- Gotha, Galerie II 136.
- Gouwi, Jakob Peter, Rubensschüler
I 398. - Gower, Lord Ronald I 314. II 180.
- Goya I 133. 261. 383. II 54. 83. 110.
355. - Goyena, José II 325.
- Grammont, Herzog v. I 186. 353. II 215.
300. 308. 326. - Granada, Cathedrale I 38. 222. 400. 403.
- Grantham, Lord I 384.
- Granvella, Cardinal I 173. 419. II 56.
- Gratz, Kais. Burg II 308.
- Greco, El (Domenico Theotokópuli) I 67
76 ff. 79. 100 f. 103. 112. 118. 224.
II 20. 53. 268. 375. - Gregorovius, Ferd. II 55.
- Grignano, Lodovico II 245 f.
- Grimaldi, G. Franc. II 168.
- Grimaldi, Maria II 344.
- Grimani Calerge, Vicenzo I 272. II 159.
396. - Gripsholm, Schloss bei Stockholm II 98.
- Gritti, Andrea, Doge I 239.
- Guadalupe, Kloster I 156. 218. 221. 411.
- Guardia, La, Kapelle I 220.
- Guarini, Battista II 206.
- Guëmes Willame, José de I 180. 412.
- Guercino da Cento I 283. 293322.
II 64. 169. - Guerra y Orbe, Aureliano II 43.
- Guerrero, El Maestro Francisco, Musiker
I 33. 104. - Guevara, Felipe de I 51. 128. 152.
- Guevara, Velez de I 196.
- Guicciardini, Francesco I 193.
- Guidi, Camillo, Modenes. Resident II 8.
21. 120. 123. 225. 234. 240. 269. - Guidi, Domenico, Bildhauer II 171 f. 237.
- Guillen, Diego, Bildhauer II 384.
- Gustav Adolf v. Schweden I 282.
- Gutierrez, Pedro, Tapicero II 327.
- Gutierrez de la Vega I 371.
- Guzman el Bueno I 212.
- Guzman el Bueno, Alonso Perez de, Pa-
triarch beider Indien II 387. - Guzman de Alfarache, s. Aleman.
- H.
- Haag, Galerie (D. Balthasar) II 139. 150.
- Hals, Franz I 122. 401. II 279.
- Hamann, Joh. Georg II 46.
- Hamen, van der I 331.
- Hamilton, Sir William I 163.
- Hamilton Gallery I 79. II 105.
- Hamptoncourt: Pantoja I 316. Phil. IV
u. Isabella II 37. 104. Zwerge 339. 353. - Harison, Holzhändler II 238.
- Haro, D. Luis de I 197. 381. II 126 f.
155. 207. 213. 226. 233. 239. 255.
298. 301. 307. 326. 347. 398. 400. - Haro, Da. Antonia de II 21. 40. 342.
- Harrach, Graf Ferd. Bonaventura, Tage-
buch I 175. 187. 216 f. 371. 410.
Galerie II 265. 295. 391. - Hautepenne II 355.
- Hawthorne, Nathaniel II 21.
- Hazan, Architekt I 168.
- Heemskerk, Martin I 45.
- Heinrich IV v. Castilien I 182. 335.
- Heinrich VIII v. England II 5.
- Heinrich IV v. Frankreich II 32. Sta-
tue 90. - Heinrich Friedrich v. Oranien II 356.
- Heinze, Theodor II 94.
- Heliche, Marques de II 133. 209 f.
- Henriette Marie v. England II 31. 344.
353. - Herrera, Fernando de I 30—34. 94. 96.
127. - Herrera, Francisco de I 56 ff. 103. 111 f.
155. 401. - Herrera, Francisco de, d. J. I 58. 127.
- Herrera el Rubio I 127.
- Herrera, Juan de, Architekt I 27.
- Herrera, Sebastian de I 220.
- Herrera Barnuevo, Sebastian de II 287.
- Herrera der Jäger I 391. 404—9.
- Heytesbury, Lord I 262. II 20.
- Hofman, E. T. A. II 177.
- Hogarth, W. II 144. 333. 359.
- Holbein II 46.
- Holach, Graf v. I 355.
- Hollar, Wenzel I 240.
- Honthorst, Gerhard I 157.
- Hooghe, Peter de II 317. 332.
- Hopton, Sir A. I 397. II 37. 154.
- Houbraken, Arnold I 398.
- Houghton Gallery, s. Walpole.
- Hozes, Hernando de I 34.
- Hudson, Jeffrey, Sir, Zwerg II 344. 353.
- Hübner, Emil I 303. II 8. 154.
- Huesca, Galerie II 268.
- Hugo, H., S. J. II 356.
- Hume, David II 362.
- I.
- S. Ignatius v. Loyola, Bildniss I 64.
323 f. II 146. - S. Ildefonso, Park u. Schloss II 23. 389.
- Illescas I 224.
- Imbert, P. L., Voyage, I 362. II 96.
108. 318. - Incontri, Lodovico II 155.
- Infantado, Herzog v. I 181. II 85. 167.
- Ingres II 5.
- Innocenz III (Tor de’ Conti) I 280.
- Innocenz X Pamfili I 4. 281. 165 ff.
180 ff. - Irigoyen, Fr. de I 110.
- Irselius, Matthias, Bildniss von Rubens
II 187. - Irun II 385.
- Isabella die Katholische I 38. 181. 188.
372. II 383. - Isabella, Gem. Karl V II 228 f. 237.
- Isabella von Valois II 38.
- Isabella Clara Eugenia, T. Philipp II
I 235 f. 357 f. 372. 391. II 339. - Isabella von Bourbon I 208. 251. 312.
314. 382. 387. II 31. 32 ff. 226 f. 237.
300. - Isabella II I 17. II 97. 385.
- Isassi Idiaquez, Lehrer D. Balthasars
II 137. - J.
- Jakob der Eroberer II 142.
- Jakob I v. England I 312.
- Jaen, Bernhardinerinnen-Kirche I 219.
- Jagd, spanische I 370 ff.
- Jamesson, Mrs. I 144. II 37. 106.
- Janér, Florencio II 44.
- Janssens, Corn., M. II 353.
- Jauregui, Juan de I 34. 88. 225.
- João IV v. Portugal II 166.
- Jode, Peter de I 214. 361.
- Johann Friedrich, Churfürst v. Sachsen
I 239. 376. II 226. 229. - Joseph Bonaparte I 130. 388.
- Jovellanos, Gaspar de II 281. 315.
- Jovius, Paul, Elogia I 75.
- Juan I von Aragon I 372.
- Juan II von Kastilien I 181. II 105.
- Juan d’Austria I 190.
- Juan d’Austria, Sohn Philipp IV II 123.
157. 163. 166. 280. 390. - Juan Manuel, Prinz I 372.
- Juana, T. Karl V I 181. II 105.
- Juanes Macip I 30. 45. 72. 96. II 20.
- Julianillo (Valcarcel) II 122 f. 126.
- Julio Romano I 67. 75. 91. II 371.
- Juni, Juan de I 51.
- Justin von Nassau I 357.
- K.
- Kant, Immanuel II 7. 273.
- Kaunitz, Fürst I 240.
- Khevenhiller, Annales Ferdinandei I 29.
160. 162. 177. 207. 212. 314. 355.
II 54. 111. 127. - Kilian, Lucas I 49. Wolfgang 315.
- Kingsley, H. I 12.
- Kingston Lacy, Galerie; Philipp IV I 202
Borja II 6083. Meninas II 315. 344. - Knaus, Ludwig II 303.
- Knight, Sir W. II 136.
- Koloff, Eduard I 8.
- Kopenhagen, Galerie; Isabella II 38. Ru-
bens 187. - L.
- Labruyère II 224.
- Lafuente, Modesto II 60.
- Laire, Siegmund, Maler I 286.
- Lairesse, Gérard de II 156.
- Lambardi, Carlo, Achitekt I 300.
- Lamotte, General II 100.
- Lampsonius, Dominicus I 161.
- Lance, George, Maler I 383.
- Landi, Senator II 158.
- Landseer, Sir Edwin I 383.
- Laneuville, Ferd. II 147.
- Lanfranco, Gio. I 293. 319. 344. II 170.
- Langle de, Voyage en Espagne II 46.
357. - Lanzi, Luigi II 202.
- Lapeyrière, Sammlung II 119. 136.
- Lapilla, Marques de II 76.
- Largillière, Nic. de II 53.
- Lauterio, Fray I 407.
- Lavallée, Museumsinspector II 85.
- Lavater, J. C. I 325.
- Lawrence, Sir Thomas II 319.
- Lebrija, Antonio v. I 29.
- Lebrun, Charles II 325. 381.
- Lebrun, Recueil de gravures I 420. II 136.
190. - Lecce s. Alesio.
- Lefort, Paul I 16. 138 f. II 51. 164.
282. - Leganés, Marqués de I 173. 202. 239.
269. 343. 347. 358. 360. 368. II 63.
69. 74. 140. 161. 226 f. 349. - Lehninger II 273.
- Leibnitz I 235.
- Leigh Court II 97.
- Lely, Sir Peter II 23.
- Lemoine, François II 275.
- Leo X II 187. 335.
- Leon, Luis de I 27. 33.
- Leonardo, José, M. I 347 f. 359. II 110.
- Leonardo da Vinci I69. 100. 176.
257. II 15. 261. 313. 316. - Leoni, Leone I 166. 343.
- Leoni, Ottavio I 73. 287.
- Leoni, Pompeo I 79. 173. 176. 190.
II 53. 196. 383. - Leopold, Kaiser II 196. 307.
- Leopold Wilhelm, Erzherzog II 158.
280. 289. - Leopold v. Toscana II 165.
- Lerida II 91.
- Lerma, Herzog v. I 159. 163. 208. 213.
237. Garten 335. Palast in L. 383.
II 54. 89. Verse an Quevedo II 46. - Lesueur, Eustache I 222 II 177.
- Leti, Gregorio II 182 f.
- Lewin, Theodor II 83.
- Libanius I 161.
- Libon, Franz St. II 156.
- Lichtenberg, G. Chr. II 358.
- Lille, Museum (Span. Porträt) II 268.
- Lingée, St. II 348.
- Lippi, Annibale I 296.
- Lissabon, Tapisserien I 29. 342. II 80 f.
- Litta, Graf II 69.
- Llanos y Valdés, Sebastian de, M. I 156 f.
- Locchis, Galerie in Bergamo II 81.
- Loeches II 125.
- Loehneisen, G. E. v. II 88.
- London, Galerien.
- Abercorn, Duke of II 84. D. Balthasar
135. - Apsley House I 12. Aguador 130 ff.
Quevedo II 44—76. Pamplona 145.
Innoc. X 180. 190. 326. - Ashburton Honble. Louisa; Carreño
II 390. - Baillie, Hugh II 138. 293.
- Bath House, Hirschjagd I 388.
- Bedford, Duke of I 140. S. Woburn.
- Berwick, Lord II 133.
- Brabazon, H. W. II 293.
- Abercorn, Duke of II 84. D. Balthasar
- London, Galerien. Bridgewater House
I 203. II 41. Julianillo 122 f. 325.- Buckingham Palace. D. Balthasar
II 139. - Bute, Earl of. Innocenz X II 191.
- Chiswick House (Duke of Devonshire).
Dame II 26. Innoc. X 192. - Clarendon, Earl of. Herrera I 61. Ala-
meda 130. Snayers 377. - Cook, Francis (Richmond). Greco
I 77. V. Alte 133. 151. Murillo
423. Marianne II 292. - Cowper, Earl. Jagdgruppe I 384.
- Dorchester House, s. Holford.
- Dudley Gallery, Dame II 27.
- Dulwich College. Phil. IV II 92 f.
99 f. Balthasar 109. Kinderkopf 321. - Ford, Francis Clare. Isabella II 37.
Marianne 292. - Frere, Sir Bartle, V. Johannes und
Maria I 142 f. - Grosvenor House II 84. D. Balthasar
131. 133. - Hertford Gallery s. Wallace.
- Higginson, E., Margarethe II 304.
- Holford, R. S. Phil. und Olivares
I 204. 212. II 84. - Huth, Mrs. Henry; Olivares I 213.
Isabel II 37. Phil. IV 265. 311. - Lansdowne, Marquis of II 84. Olivares
120. Innoc. X 192. Velazquez 326.
S. Bowood. - Leatham, E. A. I 140. II 83.
- Listowel, Earl of I 138.
- National Gallery I 13. Greco 79.
V. Hirten 148. V. Jagd 379 ff.
V. Christus 421. Roland II 85 f.
Phil. IV 105. 309. - Northbrook Gallery : Murillo, Andrade
II 72 Phil. IV 97. van Dyck 344.
Ribera 162 (jetzt in Stratton Park). - Reeve, Henry; V. Gongora I 163.
- Robinson, J. C. I 9. 136. II 83.
- Rogers, Samuel II 97. D. Balthasar
132. - Salting, G. I 136.
- South Kensington Museum, Büste In-
nocenz X II 185. - Stafford House, Duke of Sutherland
II 20. 54. 62. - Stanhope, Lord II 81 f.
- Wallace, Sir Richard: V. Saujagd
I 384. Dame II 25. Phil. IV 96.
Olivares 115. D. Balthasar 130 f.
138. Margaretha 304. - Westminster, Duke of, s. Grosvenor
House. - Yarborough, Countess of, Greco I 77.
- Buckingham Palace. D. Balthasar
- Longford Castle (Earl of Radnor) Ad-
miral Pulido II 69 ff. Pareja 178 ff.
Escorialbild I 246. - Longin II 185.
- Lope de Rueda I 31. II 338.
- Lope de Vega I 6. 25. 27. 54. 91. 96.
161. 163176. 186. 209. 225 f. 231.
276. 298. 336 f. 346. II 19. 21. 24.
287. 340. 342. 348. 356 f. 367. - Lopez, Luis, Bufon II 338.
- Lopez de Gamiz, Pedro, Bildhauer
II 384. - Lorenzotti, Graf Cassoli II 68.
- Lotto, Lorenzo I 198.
- Lotti, Cosimo I 167. 338. 341.
- Louis XIII I 283. II 30. 99. 230.
- Louis XIV II 297 ff. 406.
- Luis XV I 194. 381
- Louys, I., St. I 242. 315.
- Lucan II 287.
- Lucena, Diego de, M. II. 263.
- Lucian II 359.
- Lucian Bonaparte II 25.
- Ludolf, Hiob II 137.
- Ludovisi, Cardinal Lud. I 278. Fürst
II 168. 173. S. Gemahlin Constanza
Pamfili ebenda. - Ludwig, König v. Ungarn II 224.
- Ludwig, Heinrich, M. I 9.
- Lützow, Carl v. I 399. Belvedere Galerie
II 303. 308. - Luini, Bernardino I 424.
- Luini, Tommaso, Venezianer I 288.
- Luisa, Sor II 75.
- Lumiares, Graf v. II 285.
- Lumley, Sir John Savile I 421.
- Luna, Graf v. (Pimentel) II 74.
- Luther, Martin I 72.
- Lynford Hall II Phil. IV. 103. Maria
Theresia 299. - M.
- Machuca, Pedro I 44. 50.
- Madoz, Pascual, Diccionario geográfico
II 172. 354. - Madrazo, José de I 17. 308. II 41. 45.
83. 132. - Madrazo, Pedro de I 17. 56. 70. 119.
141. 378. II 132. 134. 246. 274. 306 f.
322. 360. 371 f. - Madrid, Fernando de II 232.
- Madrid, Fray Nicolas de II 236.
- Madrid. Stadt, Beschreibung I 168 ff.
Plan 339.- Akademie von S. Fernando. Céspedes
I 49. Herrera 62. Tristan 83. Car-
ducho 221. Cano 403 f. - Antikensammlung I 193. 313. 315.
II 193 ff. - S. Antonio de los Portugueses I 219.
- Armeria I 182.
- Biblioteca Nacional, Handzeichnungen
I 13. 66. 82. 367. II 44. 50. Büste
Quevedo’s 48. - Calle mayor I 169 II 26.
- Akademie von S. Fernando. Céspedes
- Madrid. Campo del Moro I 180. 190.
- Casa del Campo I 190.
- Casa del Tesoro I 303. 337.
- Concepcion Gerónima I 168.
- Descalzas Reales I 180.
- Encarnacion und Pasadizo de la E.
I 189. 222. II 269. - S. Felipe I 90.
- S. Gerónimo del Prado I 171. 335.
338. II 128. - S. Gil I 182.
- S. Ginés I 404 (Cano).
- Hospital de presbíteros (Calderon)
II 270. - S. Isabel II 163. Tapetenfa brik 327.
- S. Isidro I 402. 423.
- S. Jago (Rizi) I 54.
- Jardines del Alcazar I 190.
- S. Miguel de la Sagra I 182.
- Museo nacional (del fomento). Car-
ducho I 221. Pareja II 268. Ma-
rianne 295. - Museo del Prado I 11. Roelas 56.
Pacheco 66. Maino 81. Tristan 83.
Ant. del Castillo 141. 408. Caxesi
219. Rubens 240. Ribera 325. No-
velli 326. Snayers 376 f. Brueghel
II 13. Pantoja 117. M. Preti 170.
Mazo 307. 311 f. Die Gemälde des
Velazquez s. unter dessen Namen. - Osuna, Palast I 399.
- Palast, Königl. oder Alcazar I 180 ff.
Malerische Ausstattung 185 ff. 379.
389. 401 f. Neue Ausstattung, Anti-
ken II 153 f. Bourbonenpalast 190.
196 f. Metelli und Colonna 208 ff.
Umbauten Philipp IV 225 f. Tizian
226 ff. Spiegelsaal II 362. - Pastrana, Palast I 399.
- S. Plácido I 420.
- Prado I 169. 335.
- Puerta del Sol I 169.
- Rastro II 359.
- Salamanca Galerie I 418.
- Vitoria, Parochie II 26.
- Maea, Antonio II 325.
- Maidalchini, Da. Olimpia I 181 ff. 192.
- Maino, J. B. de I 81 f. 232 f. 347. 348.
- Mailand, Brera II 63. 83. S. Maurizio
I 424. Princ. Pio di Savoia II 78. - Mainz, Museum II 83.
- Malaga, Cathedrale, Mohedano I 49.
Manrique 400. Cano 403. II 157. - Malagon, Marques de I 153.
- Malara, Juan de, Dichter I 30. 31.
- Malatesta, Adeodato, M. II 67.
- Malpica, Marques de II 231—235.
- Malvasia, Conte II 204. 208 ff.
- Malvezzi, Virgilio II 68. 111. 200. 226.
397. - Manchester Ausstellung (1857) I 13.
II 370. - Mander, Karel van I 42. 69.
- Manfrin, Galerie; Greco I 77.
- Manieristen (buena manera) I 42 ff. 50.
72. - Manrique, Miguel de I 400.
- Mantegna, Capelle im Vatican I 289 f.
Mantua II 202. - Mantua, Plünderung, I 284. Galerie I 225.
II 228. - Manzano, Juan I 219.
- Maratta, Carlo II 83. 177. 188.
- March, Estéban II 322. 358.
- Marchena, S. Juan I 38. 41.
- Margaretha, Gem. Philipp III I 189.
- Margaretha, Sor I 238. 242. II 35.
- Margaretha, Infantin II 39. 194. 301 ff.
- Maria, Schwester Carl V I 184.
- Maria T. Philipp IV, Königin v. Ungarn
I 90. 311 f. II 285. - Maria Louise Gem. Carl IV I 333.
- Maria Tudor I 35.
- Maria Anna, Gem. Philipp IV (Triumph-
bogen) I 402. II 137 f. 155. 157. 196.
208. 285 ff. 373. - Maria Josepha von Sachsen II 23.
- Maria v. Medici II 32.
- Maria Theresa, Tochter Phil. IV I 281.
285. II 66. 155. 208. 296 ff. 312. 399. - Marlborough, Herzog von s. Blenheim.
- Martial II 287.
- Martinez, Alonso, de Espinar, Jäger
I 371—393. II 134. 403. - Martinez, Jusepe, Discursos de la pintura
I 14. 53. 59. 82. 168. 230. 320 f.
II 101. 154. 163. 199. 216. 280 f. - Martinez, Sebastian, Galerie in Cadiz
I 139. - Massimi, Cardinal Camillo I 192. II 195.
- Massimi, Vinc., Alchymist I 340.
- Mata, Fernando de I 54.
- Mateos, Juan, Jäger, I 361. 374—9. 381.
Porträt 393. - Mateos, Alonso I 396.
- Mattei, Marchese II 289.
- Matthias, Prinz v. Toscana II 165. 351.
- Maximilian II I 242.
- Mazarin II 297. Nichte 301.
- Mazo, Juan Ba del I 167. 299. 332.
388. 393. II 142. 145 f. 222. 257. 264 ff.
289. 295. 299. 304 f. 320 ff. 322. 382. - Meade, Consul I 121. II 292.
- Medici, Averardo de’, toscan. Gesandter
I 207. 278. 396 - Medici, Cardinal Ferdinand I 296.
- Medici, Giovanni de’, General I 355.
- Medici, Gio. Carlo, Prinz II 157. 206.
- Medina, Fray Bartolomé de, Theologe
I 102. - Medina, M. Francisco de I 31. 33 f. 65.
94. II 198 f. - Medina, Pedro de I 26. 169 f.
- Medina Sidonia, Herzog, I 56. II 120.
- Medina de las Torres, Herzog I 197.
323. II 122. 226. 241. 301. - Medrano, Fernando, Dichter I 33.
- Meer, Jan van der II 331 f.
- Meléndez, Diego I 69.
- Melozzo da Forli I, 125.
- Memlinc, Hans I 144.
- Mena, Juan de II 287.
- Mendoza, Alvar de, Commandant von
S. Elmo II 56. - Mendoza, Antonio de, Dichter I 337.
- Mendoza Diego Hurtado de, Erzb. von
Sevilla I 42. - Mendoza, Diego Hurtado de, II 383.
- Mendoza, Diego Hurtado, Verf. des La-
zarillo I 127. - Mendoza, Iñigo de, Marq. de Mondejar,
Vicekönig II 56. - Mendoza, Iñigo Lopez, Cardinal II 383.
- Mendoza, Pedro Gonzalez de, Erzb. von
Toledo II 59. - Menendez y Pelayo I 70. 117. II 255. 371.
- Meneses, Francisco de II 215.
- Mengs, Anton Raphael I 3. 129. 150.
248. 365. 412. II 4. 23. 96. 197.
(Antiken) 281. 283. 316. 319. 332. - Menippus II 359.
- Mercadante, Lorenzo, Bildhauer I 36.
- Mercado, Tomas I 25.
- Merian, Matthäus I 22. 214. 315.
- Mérimée, Prosper I 15. II 304.
- Messa, Pedro de I 335.
- Metelli, Agostino, bolognes. Decorations-
maler II 197 ff. 398. - Metsys, Quinten I 55. 161.
- Meulen, van der II 326.
- Mexia, Pedro de I 30.
- Meyer, Hans, Kupferstecher II 303.
- Michel Flamenco, Maler Isab. d. Kathol.
I 38. - Michele Fiorentino, Bildhauer I 37. 42.
- Michiels, Alfred I 247.
- Mierevelt, Michel de I 127. 361.
- Mignard, Pierre II 23. 171. 180. 300.
- Miles, Sir W., Galerie II 97.
- Millan, Pedro, Bildhauer I 37.
- Milton I 4.
- Mirabel, Marques de II 69. 406.
- Miranda, Graf von II 340.
- Miranda, Juana de I 158. II 320.
- Mirou, Anton II 379.
- Misso, Zwerg II 390.
- Mochi, Francesco, Bildhauer II 171.
- Mocenigo, Alvise I 206. 272. II 396.
- Modena, La Commedia II 201. 204.
Galerie 67. 326. - Mohedano, Antonio I 65.
- Mohn, Ernst, St. I 395.
- Molière, Le Tartuffe II 372.
- Moncada, Franc. de II 69.
- Monconys, Voyage en Espagne I 237.
254. II 80. - Monegro, Juan Bautista I 219.
- Monserrat I 313.
- Montalban, Graf v., Mayordomo mayor
I 319. - Montano, Benito Arias I 33. 94.
- Montaña, J. Fernandez I 110.
- Montañes, Martinez, Bildhauer I 51. 64.
97. 155. 419. II 20. - Monte Casino, Roelas I 53.
- Montecatino, Antonio II 206.
- Monterey Conde de I 90. 173. 197. 281 f.
284. II 75. 161. 240 f. - Monterey, Gräfin Eleonor de Guzman
I 284 II 41. - Monti, Gio. Giacomo, Architecturmaler
II 205. - Monza, II 101.
- Moor, Anton I 159. 186. 188. 198. 203.
396. II 22. 214. 336 ff. 354. - More, Sir Thomas II 190.
- Mora, Francisco de II 383.
- Mora, Gomez de, Architekt I 339. 404.
II 225. - Morales, Luis de, I 51.
- Morata, Zwerg II 339.
- Moratin, Nicolas F. de I 372.
- Morel-Fatio II 404. L’Espagne I 335.
- Morelli, Giovanni (Lermolieff) II 262.
- Morelli, G. B., Bildhauer II 262.
- Moret, Joseph, S. J. II 69.
- Moretto I 198. II 354.
- Moriz von Oranien I 355 ff.
- Morizburg in Sachsen I 376.
- Morny, Duc. de II 299 f.
- Moroni, Gio. Ba. I 198.
- Morosini, Gio. Franc., Venez. Gesandter
I 224. II 88. - Morra, Sebastían de, Zwerg II 354.
- Morritt, R. II 372.
- Moscoso de Altamira, Pedro II 82.
- Motteville, Mad. de I 318. II 82. 299 f.
310. 312. - Moura de, s. Castel Rodrigo.
- Moya, Pedro de I 118. 250. 407.
- Mudejar Stil I 27. 87.
- München, Pinakothek I 13. 63. Ru-
bens 240. 242. II 76. V. 83. Oli-
vares I 13. II 114 f. Marianne 295.
Margarita 303. - Mündler, Otto I 293. 295. II 114.
- Müntz, Eugène II 194.
- Mura, Francesco de II 283.
- Murcia II 270.
- Murillo I4. 13. 20. 68. 71. 118. 125.
156. 250. 323. 382. In Madrid 406 ff.
427. II 20. 38. 45. 72. 156. 198. 227.
273. 277. - Musso y Valiente, Madrider Galeriewerk
369. 417. - Muzzioli, M. II 69.
- Myron I 259.
- Mytens, Daniel II 353.
- N.
- Nájera y Maqueda, Duque de (Jaime de
Cárdenas) I 239. II 157. 286. - Nani, Agostino, Venezianer II 339.
- Napoleon I 131.
- Napoleon III II 385.
- Narbona, Diego, Bildniss I 82.
- Nardi, Angelo I 218 f. II 82. 199.
- Naturalisten, Polemik gegen I 225 ff.
- Navagero, Andrea, Venez. Gesandter
I 23. 28. - Navarrete, s. Fernandez.
- Neapel. Erste Reise I 311 ff. Zweite
Reise II 161 ff.- S. Francisco Xaverio I 319.
- S. Martino I 323. II 162 f.
- Museum I 77. Borrachos 261. II 164.
- Parthenope Statue I 88.
- Tesoro, Kapelle des I 319.
- S. Trinità maggiore I 323.
- Neeld, Sir John II 82.
- Negron, Lucian I 89.
- Nero I 196.
- Neuburg, Herzog v. Pfalz II 241.
- Nevers, Duc de I 269. 283.
- Niccolini, Marchese II 206.
- Niculoso Pisano I 37.
- Niebla, Graf von II 235.
- Nieto, Joseph II 218. 313.
- Niño de Guevara, J., M. I 400.
- Nis, Daniel I 273.
- Nithard P., S. J. II 164.
- Nördlingen, Schlacht (Quevedo) I 345.
II 229. - Noort, Adam van I 118.
- Noort, Juan de I 394. II 43 f. 140.
- Norgate, Edward I 246.
- Novelli, Pietro, Sicil. M. I 326.
- Novoa, Matias de, Geschichte Philipp III
u. IV I 173 f. 342. II 242. - Nuñez, Cav. Gerónimo II 232.
- Nuñez, Juan, M. I 39.
- Nuñez, Pedro, M. II 199.
- O.
- Ochoa, Bernardo II 225.
- Ochoa, Thürsteher u. Bufon II 345. 349.
- Ojeda, Pablo de, Pathe des V. I 107.
- Olimpia, s. Maidalchini.
- Olivares I, Graf v., Pedro I 207.
- II, Graf v., Enrique I 207.
- III, Graf v., Gaspar I 90 f. 160. 163 f.
197. 206 ff. 239. 270. 326. Buen
Retiro 336 ff. 346. 380 f. 387. 391.
II 31. 33. 63. 79. 89. 110 ff. 133.
157. 230. 347. 355. 402.
- Olivares, Gräfin I 33. 65. 128.
- Olivares, Stadt I 53.
- Oliver, Peter, M. I 216.
- Oñate, Iñigo Velez de Guevara, Graf v.
II 161. 227. 301. - Orleans Galerie I 150. II 129.
- Orley, Bernhard van I 46.
- Orrente, Pedro I 80 f. 98.
- Ostade, Adrian van II 361.
- Osuna, Juan Tellez, I. Herzog v. I 45.
- Osuna, Pedro, III. Herzog I 100. 121.
272. 323. II 55. - Osuna, Gaspar, V. Herzog II 270. 139.
- Osuna, Colegiata von I 45. 121.
II 47. 162. - Otayza II 111.
- Ottley, W. I 163.
- Ottonelli, Graf, Modenes. Gesandter I 342.
II 21. 289. 342. 398. - Overbeck, Friedrich I 68.
- Ovid, Metamorph. I 92. II 267. 371.
- P.
- Pablillos de Valladolid, Bufon II 349.
- Pacheco, Francisco, Canonikus I 33. 64.
- Pacheco, Francisco, M. I 14. 17 f. 30 bis
34. 49. 51. 55. 58. 63 ff. Malerkunst
69 ff. Bildnisswerk 72 ff. 78. 91. Lehr-
methode 113 ff. Bildnissmalerei 116.
161 f. 164. 197. 223. 230. 238. 274.
295. 319. 419. II 3. 20. 45. 370. 375 f. - Padavino, Marc Ant., Venez. Agent I 312.
- Palacios, Francisco, M. II 271.
- Palafox y Mendoza II 70.
- Palencia, Kapitelsaal II 263.
- Palermo, Museum I 140.
- Palestrina I 282.
- Palma Vecchio I 152. II 243.
- Palma Giovine II 239. 377.
- Palomino, Museo pictórico I 10. 14. 59.
191. 268. 405. 410. II 5 f. 13. 15. 22.
32. 36. 43 f. 189. 202. 223. 244. 277.
280. 308. 371. 376. 386. - Pamfili, Cardinal Camillo II 192.
- Pamplona, Castell II 145 f.
- Panneels, H., St., I 240. II 118.
- Pantoja de la Cruz I 166. 198. 316.
II 116 f. 339 f. - Pardo, Jagdschloss I 180. 187. 217. 370.
II 337. 340. - Pareja, Juan de I 3. II 178. 267 f. 323.
- Paris. Ecole des Beaux-Arts; Bildhauer-
porträts II 53.- Louvre I 13. Herrera 62. Ribera 149.
Zurbaran 154. V. Philipp IV 393.
Nardi (?) II 82. Crayer 98. V. Gruppe
147. Poussin 170 f. V. Margarita
303. A. Moor 337 f. - Louvre, ehemalige Galerie Louis Phi-
lipps oder spanische Galerie I 148.
II 37. 50. 265. 325. 377. - Louvre, Galerie La Caze; Quevedo (?)
II 45. 270. Margaretha 265. Phi-
lipp IV 310.
- Louvre I 13. Herrera 62. Ribera 149.
- Paris. Ausstellung im Palais Bourbon,
Philipp IV II 103. Maria Theresia
292. 299. - Parma, Schule von I 74. S. Alessandro
II 200. 203. S. Andrea II 322. S. Maria
la Blanca 322. Galerie I 41. 84.
S. Giovanni II 373. Greco I 76. - Parone, Francesco, M. I 287.
- Parro, S. R. (Toledo en la mano) II 59.
- Pasages II 384.
- Passavant, J. D. I 19.
- Passe, Crispin de I 315.
- Passeri, G. Ba. II 161 ff.
- Pastrana, Duque de, Tapisseriefabrik
II 327. S. Madrid. - Pau, s. D. Sebastian.
- Paular, Cartuja v. I 221.
- Paulus der Apostel I 71.
- Paul III Farnese I 87. 98. II 72. 193.
- Paul IV Caraffa II 194.
- Paul V Borghese I 142. 232. 287.
- Paul Veronese I 75 f. 98. 204. 403.
II 159. 229. 240—244. 252 f. - Paz, Sancho de, Comödiant I 284.
- Pedro, D., el Cruel I 372.
- Peiresc, N. C. Fabri de, Freund v. Ru-
bens I 237 f. - Pejeron, Bufon II 337 f.
- Peleguer, Vicente, M. I 133.
- Polidor da Caravaggio I 99.
- Pellicer de Salas y Tobar, José I 374.
- Peña de Aracena I 34.
- Peñaranda, Gaspar de Bragamonte, Graf v.
I 164. 175. 204. 381. - Peraza, Francisco, Musiker I 104.
- Pereda, Antonio I 348. 368.
- Pereira, Manuel (S. Bruno) I 195.
- Pereyra, Cab. de Cristo II 77.
- Perez, Antonio (Händel) I 193.
- Perez, Miguel, Commandant v. Fuen-
terabia II 70. - Perez de Leon (Picara Justina) I 24.
- Pernia, Bufon II 346 f.
- Perpignan I 100.
- Perret, Pedro, St. I 215. 393.
- Perrier, François (Segmenta) II 195.
- Pertusato, Nicolasico, Zwerg II 313.
- Perugino, P. I 4.
- Pesaro, Giovanni, Admiral II 239.
- Pesaro, Procurator v. S. Marco II 160.
- Pesaro, Juan, Gesandter I 281 f. 294.
- Pesquera, Diego de, St. I 97.
- Pest, (Esterhazy-) Galerie. Cano I 403.
Villacis II 271. - S. Petersburg, Ermitage I 13. Olivares
150. Isabella 213. Paolo 242. II 51.
Philipp IV 107. 109. Olivares 119.
Innoc. X 191. Maratta 188. Puga 269.
Mirou 374. - Petrarca I 70.
- Petworth Galerie II 344.
- Pferde, spanische II 87 f. 131.
- Philipp der Grossmüthige v. Hessen I 239.
II 228 f. - Philipp II31. 33. Tumulus 51. 65. 75 f.
98. 166—170. 175. 182. 189. 193.
196 f. 268. 335. 342. 355. 366. II 199.
226—230. 236. 250 f. 260. - Philipp III I 29. 141. 159. 167. 182. 199.
216. 231 f. 235. II 90. 236. 340. - Philipp IV I 28. 159. 164. 167. 191 ff.
Bildnisse 242. 333. 373. 397. 402.
II 12. 47 f. Reiterbildnisse 89 ff. 99.
126. 248. 267. Bildnisse 309 ff. 338.
341. 346. 389. - Philipp V I 186. II 48.
- Philipp Prosper, Infant II 307 ff.
- Picaros Romane I 6. 24.
- Pigna, Gio. Ba. II 206.
- Piles, Roger de II 191.
- Pimentel, Antonio, Gesandter II 98. 300.
- Pimentel, Alonso, Diego, Garcia, Jeró-
nimo, Vicente I 358 II 74. S. Bena-
vente. - Pinelo, Ant. de Leon, Chronik v. Madrid
I 334. - Pini, Paolo I 69.
- Pinturicchio, Bernardino II 333.
- Pio di Savoia, Cardinal I 340.
- Pio di Savoia, Prencipe, Mailand II 78.
- Piombo, Sebastian del I 44. 48. II 241.
- Pisa, De, Beschreibung von Toledo II 58.
- Pius V I 87. 93. 190.
- Pizarro, Francisco I 80.
- Plasencia I 148.
- Platen, A. v. II 393.
- Plateresker Stil I 42 f.
- Pocaterra (?) II 206.
- Poggi, Gennaro (Modena) II 204. 397.
- Pointel, Mr. II 170.
- Polo, Diego II 198. 263 f.
- Pomarancie delle, Cristofano Roncalli
I 232. - Ponfredi, G. B. II 178.
- Pontius, Paul I 213. 242. II 80.
- Ponz, Antonio, Viage en España I 3. 14.
II 171 f. 190. 197. 372. - Porta, Guglielmo della I 285.
- Porträtmalerei I 198 ff. 229. II 3 ff.
- Potemkin, Peter Iwanowitsch II 390.
- Pourbus, Peter I 396. II 339.
- Pourtalès Galerie II 85.
- Poussin, Nicolas I 259. 284. 290 f. 322.
II 38. 169 f. 195. - Pozzi, Pater II 201.
- Pozzo, Cassiano del II 195.
- Pradilla, Francisco I 229.
- Prag I 47. Nostizgalerie 361. II 304.
- Preciado, Francisco de I 292. II 178 f.
- Preti, Mattia I 157. 401. II 86. 170.
- Primaticcio, Nicc. II 156.
- Primo, El, Zwerg II 101. 355. 412.
- Prior, Joseph (Cambridge) I 406.
- Provenzale, Marco I 286.
- Prudentius I 95.
- Pucci, Ottavio II 123.
- Puga, Antonio II 268.
- Puñonrostro, Graf v. II 218.
- Q.
- Quadratur-Malerei II 201 ff.
- Quellyn, Erasmus I 398.
- Querno, Camillo, Erzdichter II 335.
- Quevedo, Francisco I 6. 73. 176. 196.
206. 336 f. II 42 ff. 45. 110. 126. 234.
287. 344. 361. 365. - Quesnoy, François du I 38. 81. 169.
195. - Quilliet, F., Dictionnaire I 420.
- Quintana, Gerónimo de I 184.
- Quiroga, Gaspar de, Erzbischof v. To-
ledo I 79. II 58. - Quirós, Pedro de, Dichter I 30.
- Quirini, Vincenzo, Relation von 1506
II 216. - Quirini, Giacomo, venez. Gesandter I 333.
II 233. 237. 298 f. 345. 360. 380.
399 ff. - R.
- Raczynski Galerie I 136. II 308.
- Radnor, Earl of, s. Longford Castle.
- Raeburn, Sir Henry II 106.
- Raimondi, M. A. I 48.
- Rainaldi, Carlo u. Girolamo, Architekten
II 167. 194. - Rainer, Sammlung II 139.
- Ramirez, Francisco I 168.
- Ramon, S. Nonato I 65.
- Ranke, Leopold I 5. II 120.
- Raphael Santi I 23. 44. 46 f. 66. 74.
96 f. 124. 175. 187. Spasimo 194.
321. II 19. 80. Velazquez über R.
175 f. Leo X 187 f. 241. f. 252 ff. 367.
374. - Ratés, Joseph, Architekt II 268.
- Recco, Gio. Ba., M. I 344.
- Receswinth II 75.
- Rehfues, Ph. J. v. I 348.
- Rembrandt I 3. 9. 20. 56. 233. 249.
366. II 280. 317. 361. - Reynolds, Joshua II 189. 372.
- De Reynst, Cabinet I 302.
- Riaño, Diego de I 42.
- Ribalta, Francisco I 74. 322.
- Ribas, Francisco de II 83.
- Ribera, Herzöge von Alcalá I 24. —
Catalina de Ribera I 26. 86. — Diego
Gomez I 24. — Fadrique I 26 f. 42.
55. 83. 85 ff. — Fernando s. Alcalá —
Juana Cortes, Herzogin I 96. — Pedro
Enriquez I 86. — Perafan I 24. 86 ff. - Ribera, Juan, Erzbischof von Valencia
I 231. - Ribera, Jusepe I 20. 65. 74. 100. 120 f.
145. 148 ff. 154. 259. 288. 304. 306 f.
319 ff. 403. 409. 412. 419. 427. II 86.
162 f. 225. 227. 259. 277. 358. 363.
367. 377. - Ricci, Card. Gio., v. Montepulciano I 190.
296. - Richardson II 187. 273.
- Richelieu, Cardinal I 282. 291. II 30 f.
- Richter, Jean Paul II 191.
- Richter, Jean Paul Friedrich II 334.
360 f. - Ridolfi, Dominicaner-General II 241.
- Rigaud, Hyacinthe II 53.
- Rincon, Antonio II 230.
- Rinieri, Nicolò II 159.
- Rinuccini, Ottavio I 341.
- Riofrio, Jagdschloss I 344. II 269.
- Rioja, Francisco de, Dichter I 30. 93.
158. 160. - Rioja, Domingo de la, Bildhauer II 196.
- Riquelme, Maria, Comödiantin I 337.
- Ris, Clément de I 135. 415. II 98. 320.
- Rizi, Francisco I 54. II 199. 209. 263.
- Robinson, J. C. I 9. 119. 133. 136. II 83.
322. - Rocroy, Schlacht bei I 364.
- Rodriguez, Simon II 218.
- Roelas, Juan de las I 52 ff. 58 f. 62. 71.
111. 122. 152. - Roger van der Weyden I 186. II 243.
- Rojas, Francisco de I 195. II 218.
- Rojas, Simon de II 76.
- Rokeby in Yorkshire II 372.
- Rollizo, Zwerg II 339.
- Rom. Erste Reise I 267 ff. Zweite
Reise II 165 ff.- Aldobrandinische Hochzeit I 89.
- S. Andrea della Valle II 170.
- Anima, S. M. dell’ I 286.
- Belvedere I 87. 289.
- Barberini, Pal. I 294.
- Borghese, Pal. I 294. Villa 298. 364.
- Campidoglio I 87. Statue Innocenz X
II 171. - Capitolin. Museum I 293. II 168. 193 ff.
- Campo Vaccino I 300.
- Capo di Bove (Cæcilia Metella) II 172.
- Cappuccini II 182.
- Colonna, Galerie I 277.
- Corsini, Galerie I 326. II 20. 63. 192.
370. - Doria, Galerie II 180. 185.
- S. Francesco Romana I 299.
- S. Giacomo degli Spagnuoli I 286.
- S. Ignazio II 167.
- Laterankirche II 167.
- Ludovisi, Villa I 283. 307. II 171.
364. 367. - S. Martino ai Monti II 380.
- Medici, Villa I 296 ff. II 364.
- Monserrat, S. Maria del I 284.
- Rom. Navona, Piazza I 286. 288.
II 166 ff.- Pace, S. M. della I 286.
- Pamfili, Villa II 168.
- Pantheon, Decke I 89. 280. Ausstel-
lung II 178. - S. Peter I 285 f. Attila II 171. Ber-
nini 175. - Quattro Fontane, Pal. an II 195.
- Sacchetti, Pal. I 293.
- Spada, Pal. I 293. II 201.
- Spagna, Piazza di I 288.
- Titusbogen I 298.
- Tor de’ Conti I 280.
- Trajanssäule I 87 f.
- S. Trinità de’ pellegrini II 185.
- Turris Cartularia I 299.
- Vatican I 288.
- Roma, Carlo I 358.
- Roman, Bartolomé, M. II 269.
- Ronchi, G. B. I 210.
- Ronquillo, Alcalde II 83.
- Rooses, Max I 398.
- Roquelaure, Duc de, Bouffon II 354.
- Rosa, Salvator II 86. 169. 175 f.
- Rosell y Torres, Isidoro II 121.
- Rospigliosi, Cardinal Giulio II 83.
- Rosselli, Matteo I 218.
- Rossi Fiorentino I 177. 218.
- Rossi, Gio Giacomo de’, St. II 195.
- Rossi, Girolamo, St., II 325.
- Rossi, Wiener Galeriedirector II 320.
- Rossie Priory II 349 f.
- Rotari, Graf Pietro I 150.
- Rothschild, James II 41. 126.
- Rotterdam, Museum II 115.
- Rouen, Museum I 135.
- Rousseau, J. J. I 247.
- Rozmital, Leo v., Reise I 169.
- Rubens, P. P. I 8. 16. 71. 118. 122.
125. 205. 233. in Madrid 235 ff. im
Escorial 245. Anne d’Autriche 318.
Spinola 361. 367 f. 376. 390 f. 397.
413. II 12. 15. 19. 80. 84. 89. 93.
97. 155. 187. 225 f. 262. 264. 344.
351. 359. 363—67. 371. Briefe des
Cardinal-Infanten Ferdinand über ihn
401 ff. Sein Tod 410. - Rudolf II II 90.
- Rueda, Lope de I 31.
- Rugier, Felipe I 104.
- Ruiz, Magdalene, Zwergin II 339.
- Rumohr, Carl v. II 156.
- Ruoppoli, Gio. Ba. I 344.
- Russell, Lord John II 190.
- Rubiales, Pedro de, M. I 35.
- Ruy Gomez de Silva I 213. 312.
- S.
- Sacchetti, J. B. Architekt I 180.
- Sacchetti, Cardinal Legat Giulio I 278.
- Sacchi, Andrea I 293. II 83. 177.
- Sadeler, Egidius I 49. II 90. Johannes
I 144. - Sagredo, Nicolò, venez. Gesandter II 35.
91. 122. 221. 233. 298. 399 f. - Sainsbury, Noël, Rubens I 216. 240. 397.
II 37. - St. Victor, Paul de I 139.
- Sagunt, Ruinen I 195.
- Salamanca: Gallegos I 38. Montereykloster
II 161. 323. - Salamanca Galerie I18. 139 f. 324.
II 28. 40. 60. 97. 103. 109. 192. 355. - Salazar, Gregorio de, Pfarrer I 107.
- Saldaña, Diego Gomez Graf v. II 85.
- Salesa, Bonaventura, Maler II 324.
- Salinas, Joseph de II 388.
- Saluzzi, G. B. I 270.
- Sanchez, Nufro I 37.
- Sanchez, Pedro II 220.
- Sanchez de Castro, Juan I 38 f. 111.
- Sanchez, Pedro, dessen Bruder? I 39.
- Sanchez Coello, Alonso I 33. 96. 99.
122. 159. 166. II 354. - Sancho der Weise v. Navarra II 371.
- Sandoval y Rojas, Bernardo, Cardinal
I 83. 219. II 383. - Sandoval, Baltasar, Cardinal I 281.
- Sandrart, Joachim von I 292 ff. 319 ff.
II 166. - Sanlucar de Barrameda I 47. 53. 56.
424. - Santafede, Fabrizio I 100.
- Santiago, Fernando de, Prediger I 33.
- Santiponce bei Sevilla I 41. 64.
- Santos, Francisco de los I 274. 308.
II 224. 236 ff. 245 ff. 309. 392. - Saragossa, Beschreibung II 91 f. 142 bis
144. - Sarmiento, Maria Agostina de II 312.
- Sarto, Andrea del II 238. 343.
- Sassoferrato, G. B. Salvi, il I 5. II 177.
- Sassuolo, Lustschloss bei Modena II 100.
205. 398. - Scaglia, Cäsar Alexander, Abate I 270.
312. - Scaramuccia, Luigi I 322.
- Schack, Adolf Friedrich Graf v. I 87.
- Scharf, George II 9. 130.
- Schepeler, Oberst v. I 314.
- Schiller II 53. 380.
- Schleissheim-Galerie I 13. II 130.
- Schidone, Bartolomeo I 53. 65.
- Schmidt, Andreas, Maler I 4. II 178.
- Scorel, Jan van I 46.
- Scott, Sir Walter II 372.
- Scotti, Marchese Annibale II 299.
- Sebastian von Portugal I 189.
- Sebastian Don, Infant. Galerie I 78. 82.
221. II 264. - San Sebastian II 384.
- Sebastiani, General I 233.
- Segovia II 380.
- Semin, Julius Cäsar, Maler II 199.
- Seneca II 287.
- Sentenach, Narciso I 57. 112.
- Sepúlveda, Martin de II 70.
- Sera, Paolo del I 65. 317. II 159 ff.
- Serodine, Giovanni I 288.
- Serrano, Commandatore, toscan. Gesandter
I 23. 29. 334—8. 341. 377. II 90. - Sessa Herzog von II 340.
- Sevilla. Die Stadt I 22. Die literarische Ge-
sellschaft und die Dichter 29. Mittel-
alterliche Malerei 35. Manieristen 42.- Alameda 28. 31. 130.
- S. Alberto 68.
- Alcazar 23. Garten 28.
- S. Ana in Triana 36. 39. 46.
- S. Benito de Calatrava 40.
- S. Bernardo 58.
- S. Bonaventura 61. 411.
- Bruna, Francisco, Gemälde II 44.
- Caridad 86. 410.
- Carmen calzado 142.
- Cartuja 28. 86. (Mr. Pickman’s Por-
zellanfabrik.) - Cathedrale 23.
- La Antigua 26. — S. Bartolomé,
Altar 39. — Capitelsaal 49. — Evange-
listen-Capelle 45. — S. Jago-Capelle
54. — Mariscal-Capelle 46. — Mo-
nument der hl. Woche 27. — Oran-
genhof 23. — S. Pedro-Capelle 153.
— Sagrestia mayor 61. 64. — Sa-
grestia de los calices 68. — Tauf-
Capelle 54. - S. Clemente 64.
- S. Cruz 46.
- Colombina, Biblioteca 57.
- Erzbischöfl. Palast 62.
- S. Estéban 87.
- Fina y Calvo, Sammlung I 42.
- S. Francisco 410.
- Giralda 23. 36.
- Hospital S. Cosmas und Damian 45.
- Hospital de la Sangre 54 f.
- S. Isabel 68.
- S. Isidoro 54.
- S. Ildefonso 36.
- S. Jerónimo 28.
- S. Juan de Alfarache 406. II 123.
- S. Julian 38.
- Lonja 26.
- S. Lorenzo 48.
- [Madonnenbilder] des Mittelalters 36.
- Maese Rodrigo, Colleg 41.
- S. Magdalena 158.
- Mercenarios descalzos 411.
- Merced calzada 65. 411.
- S. Miguel 158.
- Misericordia, Casa de 47.
- Museo de pinturas: Roelas I 53—55.
Herrera 61. 64. II 20.
- Sevilla. S. Pablo 46.
- S. Paula 37. 155.
- S. Peter 55.
- Pilatos, Casa de 27. 66. 85 ff.
- Regina Coelorum 406.
- Santelmo Palast 97. II 115.
- S. Thomas 54. 411.
- Torre de oro 24.
- Triana 28.
- Universidad (Jesuitenkirche) 55. 59.
67. 87. 156. - S. Vicente 45.
- Shakespeare I 23. 256 f. 415 f. II 124.
279. - Sigmund von Polen II 336.
- Sigüenza, José de, Prior des Escorial
II 236. 242. 249. 255. - Siloe, Diego de I 34. 43.
- Silva, De, väterl. Familie des Velazquez
I 107 ff. - Silva, Felipe de, General II 91.
- Silva, Guterre Alderete I 108.
- Silva, Teresa de I 420.
- Silvestre, Israel I 341.
- Simon de Châlons I 45.
- Simson, William I 106.
- Siret, Adolphe I 119.
- Sixtus V II 338.
- Snayers, Peter I 122. 175. 359. 365.
376 f. 379. 388. 401 ff. - Snyders, Franz I 376. 397. II 155. 225 f.
- Solimena, Francesco II 76.
- Solis, Antonio del I 196.
- Solvay, Lucien I 362. 365.
- Sopetran II 383.
- Soprani, Raffaello II 199.
- Sourdis, Erzbischof v. Bordeaux II 70.
- Soutman, Peter I 315.
- Spada, Cardinal Belardino I 278. II 201.
- Spadafora, Adrian I 88.
- Spanische Malerei I 4.
- Spinelli, Gaspar, venez. Agent I 56.
- Spinola, Ambrogio, I 269. 347. 355 ff.
II 74. - Spinola, Polixena I 269.
- Spinola, Erzb. Cardinal I 281. II 182.
- Standish-Galerie II 130.
- Stanislaus, Zwerg Carl V I 226. 337.
- Stanzioni, Massimo I 162. 259. 293. 321.
344. - Steen, Jan II 313. 350.
- Stephens, Mrs. Lyne II 103. 299.
- Stiergefechte I 378. II 407.
- Stirling, Sir William I 15. 82. 120. 149.
194. 221 f. 230. 290. 306. 383. 415.
417. II 14. 41. 93. 119. 244. 246.
308. 316. 320. 325. - Stockholm, Galerie II 84. 98.
- Stowe, Edwin II 256. 326.
- Strozzi, Bernardo I 122. 151. II 159.
- Strozzi, Vespasiano II 367.
- Stuers, Chev. de I 308.
- Sturm, Ferdinand I 45.
- Suarez, Diego I 340.
- Suermondt-Galerie I 313 f. 393.
- Susterman, Justus I 107. 122. 285. 288.
II 127. 157. - Swift, Jonathan II 43. 359.
- Swinburne, Henry I 354.
- T.
- Tabara, Marques de II 231.
- Tablas Alfonsinas I 36.
- Tacca, Pietro I 340. 370. II 89 f. 138.
- Tacitus II 8.
- Talavera Waare I 340.
- Tapia y Robles II 93. 118.
- Tapisserien im Palast zu Madrid I 185 ff.
II 326 ff. auf der Bidasoa-Insel 385 f. - Tassis, Graf, s. Villamediana.
- Tasso, Torquato, Aminta I 34. 300.
II 206. - Tejada, Francisco de, Auditor I 339. 343.
- Tejada, Juan de, Architekt I 339.
- Tempesta, Antonio I 287.
- Tenorio, D. Juan I 28.
- Terborch I 121. 203. II 150. 381.
- Testa, Pietro I 169. 195.
- Testi, Fulvio, Modenes. Gesandter I 215.
II 63 ff. 233 f. 397. - Texeira, Pedro, Plan von Madrid II 339.
- Thausing, Moritz I 358.
- Thierry, Jean, Bildhauer II 53.
- Thirlestane House (Northwick Gallery)
I 348. II 126 f. - Thode, Henry II 292.
- Thomas v. Aquino I 407.
- Thomas v. Savoyen I 350. II 134. 406.
- Thomassin, Philipp, St. I 48.
- Tibães, Benedictiner-Kloster I 108.
- Tibaldi, Pellegrino I 92.
- Ticknor, George II 256.
- Tiel, Justus (auch Tiles) II 227.
- Tiepolo, Gio. B. II 238.
- Tiepolo, Paolo, Gesandter II 88. 335.
- Tilmans, Peter I 398.
- Tintoretto I 273—277. II 5. 22. 155.
159 ff. 229. 238. Escorial 244. 253.
262. 316. 328. 377. - Tirso de Molina I 28. 79 f. 90. 169 bis
172. 257. 279. 336. II 18 f. 21. 24.
26 f. 120. 125. 286. 342. - Titi, Filippo II 185.
- Tizian Vecellio I 3 f. 8. Furias 31. 184.
(II 363.) 75—77. Asunta 78. II 374.
I 98 f. 102. 152. 165. 188. Mytholo-
gien 190. Prinz v. Wales; Antiope
215 f. Bildnisse Carl V u. Philipp II
229. 233. 239. 244. 259. 300. von
Rubens kopirt 239. 243 ff. Cyclopen
302. 395. Paul III 324. Bacchanalien
397 (II 241.) II 5. Landschaft 11.
Lavinia 22. 38. Kinderfest 38. 53. 72.
76. 96. 138. 158. Salute 160 f. 192.
Tiziansäle im Schloss 226 f. Verlorene
Stücke 229. 230. 238. Lepanto 349.
363. Elf Kaiser 238 f. Ruhe 241.
Escorial 243. Glorie 244. 264. Alters-
manier 279. (I 99.) Narren 336 f. Le-
panto 349. 363. Venus mit dem Spiegel
368. 371. - Toledo, D. Fadrique de I 343.
- Toledo I 78. Alcazar II 95. — Carmen
descalzo I 83. — Cathedrale 58. 78.
81. 83. 120. 218. — S. Clara 83. 120.
S. Domingo de Silos 78. — Frauen
80 (II 18). — Jagd in den Bergen
373. — S. Pedro Martir 81. — Schule
von T.80 ff. — S. Tomé 79 f. - Tolosa, Waffenfabrik II 384.
- Tonci, Salvatore II 189.
- Tons, Franz, Tapicero II 327.
- Toro, Bernardo de I 142.
- Toro, Stadt II 126.
- Torre, Pedro de la I 215.
- Torre de la Parada I 370 f. 379. II 66.
332. 344. 359. 366. 401. - Toscana, Villa di Camugliano II 206.
- Trautson, Graf I 371.
- Trezzo, Jacome I 173.
- Trichter, Valentin II 88.
- Tristan, Luis I 82 f. 119 f. 418.
- Triunfi, Flaminia II 192.
- Tronchin, Sammlung II 103.
- Tulden, Theodor van I 368. 398.
- Turin, Galerie II 310.
- Twiss, Richard, Travels II 44.
- U.
- Ubeda, S. Salvador I 38.
- Ubilla, Miguel de II 70.
- Uceda, Juan de I 71.
- Uceda, Herzog v. I 159. 208.
- Udine, Joh. v. I 187.
- Ulloa, Marcela de II 313.
- Unger, Martin II 7. 83.
- Unger, William II 303. 308.
- Urban VIII I 88 f. 165. 279. 280 ff.
297. II 51. 172. 230. 351. - Urbino, Herzog v. II 228 f.
- Urquais \& Pereire, Galerie II 304.
- V.
- Vaca de Alfaro, Enrique I 42.
- Vaccaro, Andrea I 326.
- Vaga, Pierin del II 200.
- Valdelatas, Jagdrevier II 403.
- Valderrama, Pedro de I 33.
- Valdes Leal, Juan de II 86.
- Valencia, Cathedrale I 149. Retablo 195.
Irrenhospital II 342. 356. Museum
II 325. - Valentin, Monsù I 288. 293.
- Valentini, Graf II 69.
- Valladolid, Cathedrale I 79. Museum
138. 221. 237 f. II 387. - Vallecas, el niño de II 356.
- Valvelada, Jagdrevier I 386.
- Valverde, Juan de I 44.
- Vanloo, J. B. I 153. II 273.
- Varela, Francisco II 51.
- Vargas, Luis de I 44. 46—49. 72. 89.
97. 114. 414. II 20. 370. - Vasari, Giorgio I 42. 48. 301. II 156.
- Vasco, Grão I 109
- Vassilacchi, Antonio (L’Aliense) I 76.
- Vazquez, Alfonso I 51. 65. 91.
- Vazquez, J. B. I 97.
- Vazquez de Leca, Mateo I 142.
- Veen, Otto van I 118.
- Veit, Philipp I 41.
- Vega, Ana de la II 322.
- Vega, Luis de I 181.
- Vela, Bischof unter Wamba I 110.
- Velada, Marq. de, Antonio Sancho d’Avila
II 46. 406. - Velasco, Juan Fernandez de II 123 f.
- Velasco, Da. Isabel de, Tochter des Conde
de Fuensalida II 312. - Velasco, Pedro Fernandez de II 384.
- Velasco Da. Mencia de II 384.
- Velasco (Belasco scriba) I 110 s. II 434.
- Velazquez, Andrés, Liebhaber I 176.
- Velazquez, Diego, Gründer des Calatrava-
Ordens I 109. - Velazquez, Diego, Gouverneur v. Cuba
I 109. - Diego de Silva Velazquez.
- Lebensereignisse: Geburt u. Familie 107.
Lehrjahre bei Herrera u. Pacheco 110 ff.
Tristan 119. Thätigkeit in Sevilla;
Sittenbilder 126. Kirchenbilder 141.
Erste Reise nach Madrid 158. Zweite
Reise u. Anstellung 163 ff. Wohnung
168. Olivares 207. Bildnisse der ersten
Periode 197 ff. Anfeindungen von Kunst-
kollegen 229 ff. Concurrenzbild 250.
Besuch des Rubens 246. Erste Reise
nach Italien 267. Venezianische Stu-
dien 273 ff. Rom 279. Angebliche Be-
stellung von zwölf Gemälden 291 ff. In
der Villa Medici 296. Reise nach
Neapel 311. Ribera 319, Rückkehr,
Aemter u. Gehalt 329. Heirath seiner
Tochter 331. Gründung von Buen Re-
tiro 234. Besuch Murillo’s 406. Por-
träts der mittleren Zeit II 3. Zweite
Reise nach Italien 153. Gemäldeankäufe
in Venedig 159. Beziehungen zu Roms
Künstlern 168. Antiken 193. Metelli
u. Colonna angeworben 197. Rückkehr.
Wird Schlossmarschall 214. Gemälde-
aufstellung im Palast 224. Ritter von
Santiago 230. Im Escorial 242. Die
Memoria 244. Schüler 261 ff. Letzte Ge-
mälde 285 ff Pyrenäenreise 381. Tod 387. - Seine Kunst. Allgemeine Bedeutung
I 3 ff. Einflüsse 121 ff. Erster Bildniss-
stil 198 ff. Abwendung von den Tene-
brosi 303. Seine Porträtkunst II 3 ff.
408. Hände I 202. Aesthetik des
Hässlichen II 361. Dritter Stil 272 ff.
Uebermalungen u. Pentimenti 13 ff.
Landschaft 10 ff. Literatur I 13 ff. - Urtheile über Velazquez von Künst-
lern und Schriftstellern. Beulé I 4.
II 279. — Blanc I 4. 10. II 274. 281.
— Boschini II 175. — Burger I 4.
II 276. 282. — Cumberland II 117. —
Ferdinand, Cardinalinfant II 136. 408.
— Ford II 274 f. — Giordano Luca
II 319. — Imbert II 217 f. — Jovel-
lanos II 281. — Koloff I 8. — Leh-
ninger II 273. — Landseer I 383. —
Lawrence II 319 — Madrazo II 274.
— Mengs I 3. II 281. 332. — Pa-
checo I 121. — Quevedo II 45. —
Richardson II 273. — Robinson I 9.
— Rubens I 246. 253. — Testi II 397.
— Tonci II 189. — Waagen I 4.
— Wilkie II 275 f. 281. — Yriarte
II 273. - Seine Werke. (Wo keine besondere
Ortsangabe, im Prado-Museum. L. be-
zeichnet London.) - I. Religiöse Darstellungen. Der bunte
Rock Josephs (Escorial) I 308 ff. —
Die Anbetung der Hirten (L.) 148 ff.
— Die Anbetung der Könige 145 ff.
II 16. — Christus an der Säule (L.)
I 12. 421 ff. — Christus am Kreuz
415 ff. II 375. — Krönung Mariä II 373 ff.
— Johannes auf Patmos und die un-
befleckte Empfängniss (L) I 141 ff.
— Paulus der Einsiedler u. Antonius
II 377 ff. (Apokryphen I 150 f.). - II. Mythologien. Venus mit dem Spiegel
(Rokeby) I 12. II 330. 368 ff. — Vul-
canschmiede I 301 ff. II 331. — Mars
363 ff. — Mercur u. Argos 367 f. —
Bacchus (Borrachos) I 139 ff. 248.
255 ff. II 227. 331. - III. Historische Stücke. Moriscos (verlo-
ren) I 217. 230 ff. II 363. — Die Ueber-
gabe von Breda I 354 ff. II 331. 334.
— Die Meninas I 295 ff. II 16. 133.
311 ff. 323. 328. — (Familie des Ma-
lers (Wien) 320 ff.) — Scene in der
Reitbahn (L.) II 131 ff. - IV. Sittenbilder. Die Spinnerinnen II 16 f.
326 ff. — Der Wasserträger (L.) I 12.
128 ff. — Die Alte mit der tortilla
(Richmond) 133 ff. — Verschiedenes
135. — (Apokryphen 136 ff.) - V. Jagdstücke. Die Saujagd. (L.) I 12.
379. 383. — Die Hirschjagd (L.)
[432]Namenregister.
386 ff. — Verlorene Stücke 385. 389.
— Thierstücke 378. II 308 f. 381. - VI. Städte-, Ruinen- und Parkansich-
ten, Figurenstaffagen. Saragossa II 142.
— Villa Medici I 297. — Titusbogen
299. — Bilder mit antiken Ruinen
II 266 f. — Aranjuez u. Buen Retiro
I 351 ff. — Saalansicht II 229. —
Gruppe von Kavalieren (Paris) II 147.
(L.) I 354. II 148 ff. - VII. Reiterbildnisse. Philipp III und
Margaretha II 17 ff. — Philipp IV v.
1623 (verloren) I 164 f. — Derselbe
(auch Florenz) II 14. 17. 89 ff 370. —
Isabella v. Bourbon 35 ff. — D. Bal-
thasar I 369. II 17. 107 ff. Olivares
(auch München u. Schottland) II 13.
16. 110 ff. - VIII. Bildnisse in ganzer Figur. Phi-
lipp IV I 202. (L.) 99. 103. Als Jäger
I 389. 393. II 16. — D. Ferdinand
I 389 ff. — D. Carlos 205 f. — D. Maria
(auch Berlin) 311 ff. — Isabella (L. u.
Wien) II 32 ff. — D. Balthasar (auch L.)
389 ff. — Marianne II 23. 289 ff. —
Olivares (L.) I 211 ff. II 188 ff. —
Julianillo (L.) 122 f. — Admiral Pu-
lido (England) II 74 ff. — Castel Ro-
drigo II 78 ff. (Marchese del Borro
II 350 ff.) - IX. Büsten, Halbfiguren, Kniestücke.
Philipp IV I 201. II 16. Alt II 309.
— Balthasar 389 ff. — Innocenz X
(Rom, L.) I 4. 12. 15. II 180 ff. — Car-
dinal Borja (Frankfurt) I 12. II 54 ff.
— Franz v. Este (Modena) II 62 ff.
— Olivares (Dresden etc.) II 188 ff.
— Benavente 74 ff. — Quevedo (L.)
44 ff. — Montañes 49 ff. — Gongora
I 162. — Selbstbildniss (Rom) I 295 f.
(Florenz) II 323 ff. — Pareja (England)
II 178. — Unbekannte I 394 ff. II 76 ff.
Miniaturen II 66. - X. Damenbildnisse II 18 ff. Sibylle
23 ff. 322. — Joana de Miranda
(Berlin) 25 ff. — Dame mit d. Fächer
(L.) 25. — (Verschiedenes u. Apo-
kryphen 30 ff.) Vgl. VII \& VIII. - XI. Kinderbildnisse. D. Balthasar
II 389 ff. — Maria Theresia (England)
II 299 f. 305 f. — Margaretha (Wien, L.)
272. 285 ff. 307 ff. — Philipp Prosper
(Wien) 307 f. — Zwei Mädchen 38 ff. - XI. Hofnarren und Hofzwerge. II 334 ff.
— Aesop u. Menipp 357 ff. - Velazquez, Francisca I 158. II 267. 322.
- Velazquez, Juan (Vater) I 107. 165.
Adel 233 f. - Velazquillo, Bufon II 354.
- Velde, Esajas van de II 113.
- Velez, Marques de los I 175. II 31.
- Velez, Luis II 404.
- Vendramin, Francesco, Gesandter I 358.
- Venedig I 273 ff. II 158 ff. S. Spirito.
Crociferi. Salute. 160. Venez. Schule
in Spanien I 74 ff. 227. - Venier, Admiral Sebastian II 349.
- Ventosilla del Tago I 373.
- Venturi, Adolfo II 69.
- Venturini, Gio. Ba., Reise in Spanien
I 170. 172. 185 f. 335. - Vera, Melchor de I 219.
- Verhulst, Peter, M. I 246.
- Versailles II 326.
- Viardot, Louis I 119. II 93. 320.
- Vicuña II 219.
- Vid, La II 383.
- Vigila scriba I 110.
- Vignola I 27. 300. II 156. 202.
- Villa, Rodriguez I 331. II 216.
- Villaamil, Gregorio Cruzada I 17. 107.
216. 236. 247. 255. II 14. 227. 332.
412. - Villaandrando, Porträtist I 314.
- Villacis, Nicolas de I 16. II 263. 270 f.
- Villafranca, Pedro de, St. II 38. 309.
311. - Villahermosa, Duque de I 202. II 40. 81.
- Villamediana, Graf v. (Tassis) I 137.
173. 177. 312. 397. II 33. - Villanueva, Protonotar I 420.
- Villasante de Montija, Sammlung II 292.
- Villaviciosa, Schloss II 309.
- Villareal, Joseph de II 382.
- Villegas Marmolejo I 48. 94.
- Villegas, Alonso de, Flos Sanctorum
I 422. - Villela, Juan de, Sekretär I 270. 272.
- Vilmar, A. F. Chr. I 259.
- Viñas, Jorge de las (Wyngaerde) I 189.
- Vitelleschi, Hippolyt II 195.
- Vitoria, Stadt (Ribera) I 419.
- Vittoria della Rovere, Grossherzogin von
Toscana II 41. 127. - Vives, Luis I 31.
- Voet, Ferdinand I 122. II 83.
- Vorstermans, Lucas I 361.
- Vos, Cornelis de I 385.
- Vos, Paul de I 376. 398. II 225.
- W.
- Waagen, G. F. I 4. 19. 262. 367. II 73.
97. 107. 114. 120. 124. 129 f. 283.
315 f. 332. - Wallenstein I 280. 342. 345.
- Wallis, H. II 250. 372.
- Walpole, Horace II 191. 238.
- Walter v. d. Vogelweide I 419.
- Watteville, Baron v. II 385.
- Weber, Consul Carl I 325.
- Wellesley, Sir Henry (Lord Cowley)
I 383. - Wellington, s. London, Apsley-House.
- Wells, W. (Balthasar) II 138.
- Werff, Adrian van der II 156.
- Wesendonck, Sammlung, Berlin I 384.
- West, Benjamin I 368.
- Widman, Sammlung I 65. II 158.
- Wien. Akademie der Künste II 41. Phi-
lipp IV. 97.- Belvedere, K. K. Gemälde-Galerie
I 12 f. V. 137. Rubens 368. Fa-
milienbild II 23. 29. 320. Isa-
bella 37. Philipp IV 107. 309. Bal-
thasar 137. Marianne 302 ff. Marga-
retha 272. 302 ff. Prosper 307. - Czernin Galerie, Herrera (?) I 60.
- Dietrichstein, Palast, Clam-Gallas (Ru-
bens) II 88.
- Belvedere, K. K. Gemälde-Galerie
- Wierx I 49. 316.
- Wilhelm, König v. Holland, Galerie
(Philipp IV und Olivares) I 213.
II 119. 139. - Wilhelm v. Oranien I 355.
- Wilkie, David I 13. 204. 258. II 83. 132.
192. 275 f. 281. - Windsor II 139.
- Winckelmann, J. J. II 18. 195.
- Wladislaus v. Polen I 356.
- Woburn Abbey (Admiral Pulido)
II 73. - Wolfgang, Herzog v. Pfalz-Neuburg
I 356. 363. - Woodburn, Samuel II 106. 132.
- Wouwerman, Philipp II 150.
- Wyngaerde, Franz van den I 240. Georg
s. Viñas. - Wytvel, Gerhard, von Utrecht I 45.
- X.
- Xeres, Cathedrale I 15. 401. 411.
- Ximenes, Cardinal I 197.
- Ximenes de Haro I 138.
Y.
- Yebenes, Pedro de I 94.
- Yepes (Tristan) I 82 f.
- Yglano, Don I 86.
- Ysinguien, Graf. v. II 218.
- Yriarte, Charles II 273.
- Yriarte-Galerie II 44.
- Yta, Pedro de I 168.
Z.
- Zafra in Andalusien (Zurbaran) I 411.
- Zamora (Gallegos) I 38.
- Zane, Domenico, Venez. Gesandter I 27.
179. 193. 195. II 218. - Zapata, Cardinal Antonio I 233. 390.
II 55. 236. - Zarco del Valle I 16. II 218. 390. 396.
- Zarzuela I 359.
- Zayas, Catalina de I 107.
- Zola, Emile I 42.
- Zorzi, Marino, Venez. Gesandter II 311.
- Zuccaro, Federigo I 75. 97. 279. 289.
- Zúñiga, Balthasar de I 208.
- Zúñiga, Diego Ortiz de, Annalist I 25 f.
130. 141 II 233. - Zurbaran, Francisco I 13. 52. 54. 107.
144. 151 ff. 339. 401. 411. II 20. 198.
227. 232. 262. - Zwerge II 101. 129. 150. 313. 353 ff.
[]
Appendix B BERICHTIGUNGEN.
Im ersten Band: S. 6 Z. 4 l. einzige. — S. 33 Z. 19 und S. 104 Z. 19 l.
Guerrero. — S. 110. In dem zwölf Jahre jüngern Codex Emilianus, ebenfalls im
Escorial, nennt sich der Schreiber Belasco, was dieselbe Person und dann eine Hi-
spanisirung des Namens Vigila sein könnte. — S. 156 Z. 2 v. u. Llanos. — S. 232
Z. 6 v. u. Roncalli delle Pomarancie. Z. 1Baglione — S. 289 Z. 11 v. u. l.
Cardinal Amulio. — S. 300 Z. 1 l. Lambardo — S. 311 Anm. l. Padavino. —
S. 348 Z. 4 l. über die protestantische Union. — S. 353 Z. 4 v. u. l. Boisel.
Im zweiten Band: S. 82. Die Mittheilung, auf welche ich die Benennung
Nardi gründete, war nach dem mir inzwischen bekannt gewordenen Monogramm eine
willkürliche Vermuthung.
S. 101. Z. 15. Im Mai muss der Zimmermeister Pedro Colomo ein Fenster in
das fensterlose Gemach des Hofmalers einsetzen, dann eine Staffelei herrichten, später,
im Juli, eine Thür brechen, „denn man konnte nicht hineinkommen“. Das Cabinet
(retrete) der königlichen Wohnung, wo die Aufnahme stattfand, war. wie sich die
Akten ausdrücken, nicht viel mehr als ein Schlotmantel (campana de chimenea)
ohne Fussboden, die Fenster ohne Rahmen, die baufälligen Wände mussten gestützt
werden. — S. 171 Z. 13 l. Mochi.
Appendix C
Universitäts-Buchdruckerei von Carl Georgi in Bonn.
[][][][][]
Principe, y que este hablara conmigo largo rato de nuestro Museo del Prado. El
Principe está entusiasmado con Velazquez, que le ha gustado extraordinariamente,
y ha tomado apuntes de algunos de sus cuadros.
représentent des hommes si profondément compris, qu’on ne saurait les confondre
avec d’autres hommes. W. Burger a. a. O.
S. 426.
arbre brun“. Constable ouvrit la fenêtre de l’atelier donnant sur un parc et dit: —
„Où diable voyez-vous là votre arbre brun?“ W. Burger, Salons I, 208.
1269 vom Jahre 1603): bräunlich lasirter Vordergrund, helle weissliche Mittelhügel,
grüne Tiefe des duftigen Thals, tiefblauer Himmel, unterbrochen durch eine glühe
Lichtöffnung.
NIARVM REX, | INDIAR. MAXIM. IMP. | ANNO CHRIST. XXV. SÆCVLI
XVII. | ERA XX. A. Die Annahme Stirlings, dass er ein früheres Porträt kopirt
habe, ist unwahrscheinlich.
tímido en cortar lo que daña . . . . No le duela el cortar. añadir, ó mudar, lo que
mas convenga.
Materials I, 90.
des Bildes;
- in der Epiphanie und dem Vulcan ¾
- in Breda ⅔
- in den Spinnerinnen 7/12
- in den Meninas ½
- in den Einsiedlern ⅜.
De Toledo, no lo fueran,
Si el donaire no tuvieran.
Tirso, No hay peor sordo I, 5.
en la sangre delicada.
Tirso, El amor médico II, 8.
Cejas grandes, ojos negros,
que sobre la blanca tez
muestra, que la oposicion
es hermosura tambien.
Calderon, Lances de amor y fortuna. I.
Lope, Las flores de don Juan III.
¿Alcanzó jamas la ciencia
del pincel mas singular
la mezcla de aquel carmin,
que con la nieve se enlaza,
y en las mejillas abraza
el clavel con el jasmin?
Tirso, la Villana de Vallecas II, 3.
Porque, cómo su poder
tuvo en ella (belleza) mas que hacer,
da en ella mas que imitar. a. a. O.
Mas cuando es tan eccelente (un rostro),
que no hay termino en sus partes,
que desigualado deje
especies á la memoria,
no se imita facilmente.
Calderon, Darlo todo y no dar nada II.
persecuzioni che senza risparmio patiscono in questa corte le donne di acclamata
bellezza. (1643.)
Ministers Haro, sie sei hinter den Mauern des väterlichen Palastes erzogen worden
con maggior riserva che in un monasterio. (1653.)
Penny Cyclopædia 1843.
sind. El precepto la hermosura no aumenta. Er rühmt die aufgelösten Haare, in
der „Tochter der Luft“: Son hermosos sin obediencia.
con una tabla en la mano 1794. Taxirt 300 Realen.
— Una mano hermosa, Blanda, poblada y perfeta, Que tiene acciones por alma,
Y bien dedos por lenguas Hará enamorar un marmol. Tirso, la celosa de sí misma.
its refinement, its freedom from affectation, appear in the absence of anything like
self-consciousness on the part of the sitter, so that we infer the perfect mastery and
consummate ease with which the artist worked. Athenæum 1871, I, 118.
16. Januar 1638. Memorial histórico español. Tom. XIV. Ebenda heisst es: Es
de muy linda presencia y alindada persona, muy airosa y despejada, blanca y el
pelo rubio.
Documentos inéd. 424.
la mas pura, mas fragrante
flor, la flor de lis, la reina
de las flores.
Calderon, Casa con dos puertas I.
apenas le pueda hablar un religioso. Novoa in Docum. inéd. 69, 113. — Ihr
Beichtvater, ein Dominikaner, tröstete sie einmal nach einer Hiobspost mit den Worten,
„che non sene pigliasse fastidio, perchè non ostante tutti questi successi, il Rè di
Spagna non stimava quel di Francia con tutti i Francesi quanto un paio di scarpe
vecchie“. Die Königin schwieg; der Pfaffe wandte sich an eine ihrer Damen: Che
le pare, non ho io detto bene? — „Padre mio, no, perchè S. M. della Regina è
sorella del Re di Francia“. — Oh, è vero, et certo che io non me n’ero ricordato.
Bacio á V. S. le mani, e le prego dal Signor ogni contento!
Elle a un petit chapeau garni de pierreries, avec des plumes et une aigrette. Elle
était grasse, blanche et très-agréable: les yeux beaux, l’air doux et spirituel.
A. Hopeton am 26. Juli 1638; Sainsbury, Rubens 353. Am 29. October 1651 unter
dem Commonwealth verkauft: „The now Queen of Spain at length“, mit dem Por-
trät des Königs, für £ 40. Mrs. Jameson nennt es „a very intelligent face, with an
expression of consideration and decision“. Companion to the private galleries of
art in London. L. 1844 p. 307. Hamptoncourt, Nr. 90. 99 × 58. Stirling besass
eine Miniatur; ein Stich danach auf dem Titel seiner Biographie des Velazquez.
cus Bolognus F. In den letzten Jahren zeigt sie der Stich von Villafranca (1645).
275 (1637).
wenigstens interessante Originale von gleichzeitigen Malern der Madrider Schule.
Die alte Dame in ganzer Figur mit dem dreijährigen Knäblein (die Gattin des
D. Cristóbal de Corral) im Palast des Herzogs von Villahermosa in Madrid, ist
hart und unsolid gemalt, sie dürfte nach der Frisur dem vierten Jahrzehnt des
Jahrhunderts angehören. Eine jugendliche vornehme Dame mit schwarzen Augen
und Haaren, in der Mode der Mitte des Jahrhunderts, befand sich in der Leganés-
galerie und wurde auf der zweiten Salamanca-Versteigerung zu Paris 1875 für
17000 Francs verkauft. Ein sehr merkwürdiges, amazonenhaftes Costümbild war
das Bildniss der schönen achtzehnjährigen Tochter des Ministers D. Luis de Haro,
(1653). Unter einem Hut mit Gebirge von Straussenfedern bricht eine Mähne von
schweren Locken hervor (oder ist es eine Perücke?) bis herab zu den ebenso
monumentalen Puffärmeln von Gaze, unter dem offenstehenden Ueberrock (casacón)
das kegelförmig fallende rothe Kleid mit breiten horizontalen Goldborten, die Rechte
stützt sie auf eine Jagdflinte. Dieses Bildniss, schon nach der Photogravüre zwei-
felhaft, erreichte beim Verkauf der Sammlung Berwick und Alba im Jahre 1877
nur 7200 Francs. Wohin die Gräfin Monterey, welche aus der Altamira-Sammlung in
die Galerie José de Madrazo’s kam, verschlagen wurde, ist mir nicht bekannt. —
In Sir W. Stirling’s Hause in London habe ich nur zwei Damenbildnisse des
Greco gesehen. (Curtis 274 ?).
Andere Bildnisse gehören nicht einmal der spanischen Schule an, stellen
auch keine Spanierinnen vor; z. B. die Dame in der Galerie der Akademie zu Wien,
die auch in England (Bridgewater Galerie) vorkommt; die angebliche Infantin des
Baron James de Rothschild in Ferrières, welche Vittoria della Rovere, Grossherzogin
von Toscana ist; das Bildniss in der Galerie zu Parma; und die alte Dame mit
dem Gebetbuch im Pradomuseum (Nr. 1089).
sejos de Quevedo que debe tener muy presente para su gobierno el Duque de Aosta.
muchas fuerzas y de otras tantas flaquezas; … es de buen entendimiento, pero
de no buena memoria; es corto de vista, como de ventura; hombre dado al
diablo, prestado al mundo, y encomendado á la carne; rasgado de ojos y de con-
ciencia, negro de cabello y de dicha, largo de frente y de razones.
Guerra, Obras de Quevedo I, LXXIX. Einen Künstler Pedro Balta giebt es nicht.
Die Unterschrift des antwerpener Stichs lautet: Petrus Balthas. Bouttats.
fuese obra de Cano ó de Velazquez? Si hubo original, al óleo, de algun famoso
pintor; adonde habrá ido á parar? fragt Florencio Janér, Ilustr. esp. 1876. II, 323.
A fine engraving, by Carmona, of this picture is inserted in the 4th vol. of the
Spanish Parnassus. Twiss, Travels in Spain 308.
agudeza, frente — larga y blanca, con algunas viejas heridas, testimonio de valiente.
yeux sont devenus le partage de la canaille. M. de Langle, Mon vogage en Es-
pagne. Neuchatel 1785 II. 93. Generale liessen sich im Galopp, mit ungeheurem
Kneifer malen. Z. B. der Marques de Velada, in einem Stich von Ant. van der Does.
Don Francisco, conservad,
Ya que vuestros ojos son
Tan claros como un cristal. Palomino a. a. O.
valiente asombro!“
der toskanische Gesandte bei seiner Gefangennehmung, era di buonissima conver-
sazione, pero piccante, e dicono ingrato. Depesche vom 17. Dec. 1639.
provecho.
nahme der dunklen Decke möglicher Weise eine ganz andre Hand zum Vorschein
kommen könne.
bibliothek. Das in Stirling’s Annals II, 780 gestochene (aus der Galerie espagnole
celui de M. M. Gazette des B.-A. 1882 II. 409.
total verschieden. In den Españoles illustres ist ein Stich zon J. Bazquez.
dieser Art, z. B. Jacques Buiret 1661; Corn. van Cleve 1681; René Fremin 1701;
J. B. Lemoine 1738; Louis Claude Vassé 1751 u. a. Jean Thierry im Gemälde von
Largillière legt dem Kopf die Hand mit der Reissfeder auf den Scheitel. In
Coustou’s Porträt von Le Gros ruht die Hand mit dem Hammer auf der Stirn eines
grossen antiken Frauenkopfs.
sein Empfang durch den Ordensstifter an der Schwelle des Jesuitencollegs in Rom,
hat mit Velazquez nichts zu thun; es ist ein recht gleichgültiges Bild in der breiten,
dunklen, wolligstumpfen Art der späteren spanischen Schule.
stimato per i caratteri di sangue e della porpora, non men per i talenti e rettitudine
d’ intentione. Giustiniani, disp. di Madrid 25. Jan. und 30. Dec. 1645.
apostolisches Schreiben, welches königlichen Rechten zu nahe trat, notificiren
wollte, das Blatt aus der Hand genommen und dabei zerrissen; als ihn der Pabst
nach Rom zur Verantwortung forderte, schützte ihn Philipp II und belohnte ihn
zuletzt mit dem Primat von Spanien. De Pisa, Descripcion de Toledo. Toledo
1619. I, 267 f.
contento per haver veduto prima la rovina degli Barbarini. Diario de Ameyden
15. Sept. 1646.
kräftige Kreidezeichnung des Kopfs vom Kinn bis zum Ansatz der Mütze, 9½ c.
hoch, bezeichnet: Facsimile del estudio que hizo Velazquez para el retrato q̃ pintó,
y posehia Cean Bermudez. Grösse des Frankfurter Bilds: 62″ × 49″.
con rios de sangre. Lafuente, Historia de España.
Corsini zu Rom.
26. Dec. 1649.
Duque entre las cosas memorables que habia visto en Italia y en las otras partes
de Europa que habia andado. Novoa in den Documentos inéd. 77, 622.
del valore di 33 m. Ducatoni d’argento. Nel rovescio dell’ Aquila aveva un pic-
è una cosa di stupore. 14. 9bre 1638. Wo mag dieser Schmuck hingekommen sein?
cora il difetto degli altri Valenthuomini, ciò è di non finirla mai, e di non dir
mai la verità. Gli hò date centocinquanta pezze da otto a buon conto, e dal Marche.
Virgilio Malvezzi il prezzo s’ è aggiustato in cento doble. Egli è caro; mà fà
bene; e certo i suoi Ritratti io non gli stimo inferiori a quelli d’ alcun’ altro de’
più rinomati trà gli Antichì, o trà Moderni. Jo l’anderò sollecitando; e intanto
profondissime. a VA. m’ inchino. Di Madrid
D. V. A. Serma. li 12 Marzo 1639
Vmilissmo. e Fedmo. Servo e Vassallo D. Fulvio Testi.
zu Modena hatte ich längst vermuthet und bei meiner Anwesenheit dort, im April
1875, dieselben auch durchforscht und kopirt, Dank der noch bei anderen Gelegenhei-
ten mir gewährten freundlichen Unterstützung des Sig. Cesare Foucard, Directors des
Archivs. Im Jahre 1881 erschien in der Nuova Antologia ein lesenswerther Artikel
von Prof. Adolfo Venturi, der auf diese Dokumente gegründet ist. Der Vermitt-
lung dieses verdienstvollen Kunstforschers verdanke ich auch eine schöne Zeichnung
des Porträts von Sig. Muzzioli, nach welcher der Holzschnítt gearbeitet ist.
terrabía por D. J. Palafox y Mendoza, Madrid 1639 und oft.
Moriscos stand auf einem Pergamentblatt an der unteren Stufe und lautete:
Didacus Velazquez Hispalensis. Philip. IV. Regis Hispan. Pictor
ipsiusque iusu, fecit, anno 1627. A. a. O. S. 327.
Flota de nueua | España | Falleció en la Ciudad de la nueua Vera | Cruz | 1660.
Die Maasse des ersten sind 81″ × 44″, die des zweiten 77¼″ × 42¼″ nach Curtis
und G. Scharf.
que cien flinflones Un Español Pimentel.
de la frontera de Portugal. Memorial histórico XVI, 316. 5. April 1642. Vgl.
XIII, 154.
Minister den der König hat, und gilt für christlich und uninteressirt; in der Unter-
haltung klar und aufrichtig, obwol staatsklug und besonnen; in allen Stücken han-
delt er mit Mässigung und ohne Ostentation. Der König sieht ihn gern und schätzt
ihn hoch, weil er freimüthig redet.“ Und Ameyden bemerkt von ihm in seinem römi-
schen Tagebuch (3. Februar 1641): „Er hinterlässt ein sehr gutes Andenken bei allen,
von Güte, Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit“ (valore).
Hall im Jahre 1876 in der Akademie ausstellte, habe ich nicht gesehn.
ersten, D *** bezeichnet, heisst es: Pour jeter une fleur sur la tombe de l’ancien
secrétaire-général du Musée, M. Lavallée, nous dirons, qu’ami des arts et des
amateurs, il vint nous voir peu de temps avant sa mort; après avoir admiré cette
production, il dit en nous quittant: „Que n’ai-je vu cette belle chose lorsque j’avais
quelque pouvoir!“
por estudio mas alto ennobleciera
London 1743 fol. 21; zuerst Antwerpen 1658.
Proporcionado y bien hecho,
dilatado de anca y pecho,
de cabeza y cuello es
corto, de brazo y pies
fuerte, á uno y otro elemento
les dá en sí lugar y asiento,
siendo el bruto de la palma
tierra el cuerpo, fuego el alma,
mar la espuma, y todo viento. El médico de su honra I.
berg 1729. fol0.
explica el artificio y la manera:
Solo el caballo les dará renombre
y gloria en la presente y venidera
edad, pasando del debujo esquivo
á descubrirnos quanto muestra el vivo. Pacheco a. a. O. I, 361.
(papel sellado), daher man sofort S. Maj. el grande tributador nannte.
Statuette Carl Emanuels in der Löwenburg bei Cassel, ebenda 1886.
banda colorada. Depesche vom 24. August 1644.
encarnado bordado de oro, jubon y calzon, coleto de ante liso etc.
Philipo. a. a. O.
principio, grandeza, y etimologia 49. Madrid 1638. Von Hermann Panneels „Ex
archetypo Velazquez.“
mustacchi. Basadonna, Relazione di 1653.
theils … mit eingezogenen Gliedmaassen, wobei das Hintertheil in seinen stark und
wol gebogenen Gelenken auf einer Stelle einige Augenblicke, wie eine Statue be-
wegungslos, die ganze Schwere des Körpers allein zu tragen hat.“ Heinze, Pferd
und Reiter. Leipzig 1877. S. 526.
Deteniéndose en el aire
con brincos y con corbetas . . . .
le hizo danzar al compas
del freno que espuma engendra . . . .
diré, que eran de sola una pieza
el caballo y caballero?
Calderon, la banda y la flor.
che sembra rilucervi la cute. Mengs, Opere. Milano 1856. II, 149. 164. La tête
blanche est de finesse merveilleuse. Imbert, Voyage.
hellen, klaren und doch satten Ton, weich und zugleich frei mit flüssigem Pinsel
vorgetragen“. Waagen, Künstler und Kunstwerke, II, 357.
pinturas que se embiaron para la Torre de la Parada (die Rubens entwarf). Schrei-
ben des Infanten an Philipp IV vom 10. Juni 1640.
menteli gifrit till Drott. Christina.
certain que, faute de pouvoir l’étudier de près, tout expert attribuera ce portrait au
grand maître de Seville. C’est sa couleur, c’est son type bien connus. Gazette
des B.-A. 1874 II, 221. Diesem Experten würde ich mehr verkaufsbedürftigen als
kauflustigen Liebhabern rathen sich anzuvertrauen. Abgesehen von der dem Velaz-
quez ganz fremdartigen vlämischen Malweise, ist die Auffassung des Königs von
der seinigen so abweichend, dass man ihm für eine andere Person halten könnte.
cruz III. Das Volk rief als er ausfuhr zur Wolfsjagd: Señor, cazad franceses, que
son los lobos que tenemos.
tient beaucoup de van Dyck. Il est peint avec une naiveté, une légèreté et une
fraîcheur de couleur admirable. La vérité et l’effet y sont au plus haut point. Il
vient du célèbre Bouchardon.
et de distinction.
den französischen Gesandten im Jahre 1434 auf dem Thron mit einer solchen
Bestie zu Füssen empfing.
in Buen Retiro über dem Eingang, zu dessen Seiten sich die Reiterbilder der
Eltern befanden (III, 332). Das kleine Bild in Dulwich College ist keine Skizze,
sondern eine trübe alte Kopie, ohne Spur der Farben- und Lichtwirkung des Ur-
bilds. Die beste Reproduction (die gemalten eingeschlossen) ist das Schwarzkunst-
blatt von Richard Earlom, 1784 von Boydell herausgegeben. Eine grössere eben-
falls geringe Kopie war in der Salamanca-Sammlung und ist jetzt im Palast des
Herzogs von Fernan Nuñez. Das Reiterbild in der Ermitage (426) stellt nicht
D. Balthasar, vielleicht Carl II. dar.
El que sobre ser la causa
se gozó en ver nuestras penas,
como á Roma cuando ardía
vió Neron sobre Tarpeyo.
(Obras III, 485.)
falta, y para que le confiesen todos que le vean, General, le falta soltanto no
pelear en los ejércitos. Le excluye del nombre del gran soldado, mas el mandar
en ellos le da el de Gran General. V. Malvezzi, Sucesos principales de la
monarquia española en 1639. Madrid 1640.
¡ Y que piense ser heróico ministro y hombre grande quien no sabe sino de
cosas muelles y flojas. Novoa in Docum. inéd. 69, 170.
maggiore per vendere, fusser tirati sassi da ragazzi. Florent. Dep. v. 4. Aug.
1635.
même qu’il va se battre franchement, sans rodomontade et sans emphase, de même
l’artiste le peint sans déclamation etc. Charles Blanc.
con quien el peso reparte
de tanta máquina, bien
como Alcides con Atlante.
animation of conception, admirable in keeping, and broad and masterly in execution.
Grösse 49″ × 40″. Schleissheimer Bild 1,35 × 1,14. Pradobild 3,13 × 2,39.
maître a prodigué ses qualités les plus fougueuses, en conservant sur ces touches
brusques une singulière finesse de coloris.
cion del Re nombre de grande. Madrid 1638. Die Büste befindet sich in einem
ovalen Rahmen mit gerollten Verzierungen, Wappen und Oelzweigen. Oben steht:
Sicut oliva fructifera. Psalm 51. Unten: Ex Archetypo Velazquez — Herman
Panneels f. Matriti 1638. In Linienmanier mit Punkten.
oltre alla mutazione del sembiante, e del colore si è da molti osservato che in
qualche tempo la mente non è stata senz’ alcun segno di lesione. Chiffr. Dep.
Guidi’s vom 24. Sept. 1641.
von 1644 bei Ranke.
half tones.
Kopie des Malers nach seinem Gemälde.
mismo de quien hablo en mi Diccionario histórico de los mas ilustres profesores
de las bellas artes en España. — Madrid 22 de Septe. de 1813. — Cean Bermudez.
Vuestra Maestad despache
al segundo don Julian (der erste war der Verräter Spaniens),
que es el segundo Guzman,
que ayer lo fue de Alfarache.
Soy la casa de Velasco,
que de nada me da asco.
Grandi della corte, e tutti i Titoli, e Signori furono dargli il Parabien à D. Enrico,
wol mehr Vergnügungssucht und Leichtsinn als Gemeinheit. Wo ein glänzendes
Haus gemacht wird, muss diese Klasse um jeden Preis dabei sein.
Calderon, Saber del mal y del bien, wo der Gestürzte zu dem Erhobenen sagt:
Como tu te ves, me ví,
veráste, como me miro.
Girol. Giustiniani. 7. März 1648.
y bizarro. 27. Nov. 1629.
príncipe nuestro señor.
admirable picture by Velazquez. Treasures III, 323. Waagen war damals noch
nicht in Spanien gewesen.
possessor will have added to his gallery a specimen such as the Queen of Spain
only can furnish the means of rivalling when she shall break up the Museum at
Madrid. Ford im Athenæum 1853. I, 710.
animated, the delicate flesh-tones positively luminous, and the careful execution of
every part unusually sustained. Treasures, IV, 80 f. There is a quaintness about
the whole picture, from the discrepancy between the age of the child, and the
costume which is pleasantly old-fashioned. George Scharf, Manchester Exhibition 81.
— Der kleine Kopf im Rijksmuseum zu Amsterdam (Nr. 541. 31 × 24), 1828 für
31 Gulden ersteigert, mit gelber Farbe und fettem Pinsel skizzirt, scheint eine
Studie nach dem Leben, aber schwerlich von Velazquez.
tera, sacan los niños (como dicen) de las cunas á los caballos, de manera que se acostum-
bra en otras partes á dárselos de caña; y es cosa de admiracion ver en tan tiernas
edades tan duros aceros y tanta destreza, porque hacerles mal tienen por su ordi-
nario ejercicio. I, 1,8.
solches Bild im Jahre 1828 bei José Madrazo, dem Direktor der Galerie, der aber
auch Geschäfte mache. Signor Madrazo, another painter who deals — which Lopez
does not, has in his house three fine specimens . . . . a duplicate of the Velaz-
quez of Earl Grosvenor’s of the little Infante Don Balthasar on horseback in
court-yard etc. Cunningham, Life of Wilkie II, 496. 28. Jan. 1828. Woodburn
kaufte es dann auf seine Empfehlung für Samuel Rogers, den Dichter, aus dessen
Sammlung es Lord Hertford für £ 1270, 10 sh. erwarb. Grösse 51″ × 40″. Der
Verfasser des Madrider Katalogs, der beide Skizzen nach der unrichtigen Angabe
von Ch. Blanc für Wiederholungen des grossen Reiterbilds hält, also nicht einmal
eine Beschreibung derselben gelesen hat, weiss dennoch ganz gewiss (de seguro
S. 610), dass es Kopien sind.
à quien enseñaba à andar à Cavallo Don Gaspar de Guzman, su Cavallerizo
Mayor … Esta Pintura tiene oy la Casa del Señor Marques de Liche, su sobrino,
con singular aprecio, y estimacion. Palomino, Museo III, 332.
von 1886, Lord Berwick gehörig.
MUS PRINCEPS BALTHASAR CAROLUS etc. 18 × 12.8, beschrieben von
Curtis, S. 59. Mató el Principe un dia un jabali á la puntería, con la escopeta,
en lo mas breñoso del monte, con tanto acierto que las balas le pasaron las en-
trañas. Memorial XIV, 21. Januar 1638 und S. 329.
als Gegengeschenk ist in Arbeit, aber er fürchtet, dass die dortigen Maler ihn nicht
so prompt bedienen werden wie Velazquez: los Pintores deste Pays son mas flemá-
ticos que el Sr. Velazquez.
1878. I. 56. Das Bildchen in der Galerie zu Gotha (473) ist eine ungenaue kleine
Kopie des Pradobilds, nicht aus der Schule, wollig gemalt, die Züge völlig verändert.
Solcher „Skizzen“ sind im Pradomuseum tausende gemacht worden.
gravures au trait. Paris 1809 II. Nr. 131 sieht man den Knaben Balthasar im
Begriff seine Jagdflinte zu laden. Diess Gemälde erreichte auf der Versteigerung
Lapeyrière (1825) tausend Francs. Es kam an Sir W. Knight, Leibarzt Georg IV.
Im Mai 1885 sah ich es auf einer Versteigerung von Christie \& Manson, wo es
auf nur 150 Guineen kam; und im Februar 1888 in der Exhibition of the Old
Masters in der Akademie, ausgestellt von S. H. Fraser (56″ × 42½″). An dieser
Leinwand ist kein Strich von Velazquez; es ist sogar zweifelhaft ob es eine Kopie,
und nicht eine moderne Fälschung ist. Das Motiv der Figur des Knaben, der den
Ladstock aus dem Gürtel zieht, ist nicht übel. Aber der Kopf stimmt wenig mit
den sonst bekannten; Ton der Ferne und des Himmels, die nichtssagenden
Wellencontouren der Berge sind fremdartig; ebenso das flaue Traktament von Ge-
sicht und Händen, mit rothen Reflexen. Die sinnlos über alle Theile des Kostüms,
sogar die falschen Aermel und den Schoss geklecksten weissen Schlitze verrathen,
dass der Maler dergleichen höchstens auf der Bühne gesehn hat. Das beste waren
noch die Bäume und Pflanzen des Vordergrunds: der Oelbaum, der Ahorn, von
blühendem Gesträuch umwunden.
flores Mas que de caballos y armas? Calderon, las blancas manos II.
de sus estudios el Ser. S. Pr. Baltasar Carlos delante de la Mag. del Rey, en
20. de agosto 1641. Dedicada al excmo S. Conde Duque. Er sagt Verse des
Martial her, construirt Justin, und erklärt die Geographie der fünf Welttheile, von
dem fünften, der tierra austral oder Magallania kenne man nur Küsten.
serves much admiration. Manchester Exhibition, p. 81.
mandato in Inghilterra, come se fusse molto vicino l’accasamento di S. A. con-
quella Principessa. Medic. Archiv.
1. 100. Hunter’s Certificates. British Museum.
IVSSV | PHILIPPI. MAX. HISP. REGIS | IOANNES BAPTISTA MAZO
VRBI CAESAR. AVG. VLTIMVM PENICILLVM IMP …
ANNO. MDCXLVII.
Pamplona con un pais y mucha gente de aquellos trajes mirando la entrada del
Rey Nro Sr Don Phelipe IV con las Armas Reales de Navarra, Original de J. B.
del Mazo. Taxirt zu 400 doblones, hundert mehr als Zaragoza. Transitos angostos
trägen Cean’s zu seinem Diccionario (Akademie S. Fernando) findet sich eine
Notiz aus D. Juan Francisco Andres, Obelisco histórico; danach waren im Vor-
dergrund „varias figuras de hombres y mugeres en la variedad de los trages
vizcainos guipuzcoanos roncaletes y provincianos“.
von Alba; nachdem es durch mehrere Hände gegangen, wurde es im Jahre 1851
von Laneuville für den Louvre erworben (6500 Fr.).
timide et hésitante, une certaine curiosité des teintes claires, gaies, même fleuries
etc. Von Furchtsamkeit finde ich nichts in diesen mit Leichtigkeit und Aplomp ge-
malten Figürchen.
de Hollande, 308) mit Unrecht Velazquez zugeschrieben worden. Drei Eichen im
Vordergrund, der belebt ist durch Fischer- und Jägergruppen, weiterhin Berge,
schroffabfallende Klippen, Stadt am Fuss, endlich das Meer. Nur der Baumschlag
konnte an Velazquez erinnern; der graue Duft der Berge und die rothbraunen
Töne der Untermalung und die Figuren sind ganz abweichend. Wenn ich sagte,
dass Burger den Nagel stets auf den Kopf getroffen habe (I, 16), so bezog sich
das auf sein Geschmacksurtheil; in Attributionen hat es noch keinen Unfehl-
baren gegeben.
et è come la Tribuna di S. A., nel quale il Re tiene le cose più preziose, essendo
le pareti ornate di pilastre, et nicchie di diaspro con statue bellissime. La Mtà del-
la Regina e la Sra Infanta, in presenza del Rè, stavano facendo i conti a chi di
loro haveva a toccare, pretendendolo la Regina al primo figlio maschio, et la Sa.
Infanta quando si partirà della Mtà Sua et anderà a marito; et il Rè ridendo disse
a De. Sre., che facevano male i conti, poichè essendo il cavallo et il tavolino posti
nella Tribuna, egli non n’era più Padrone, poichè tutto quello che entrava in da.
Stanza, s’intendeva incamarato per la corona.
pratica, bemerkt dazu Paolo del Sera. Seine Correspondenz mit Ferdinand II be-
findet sich im Archiv der Uffizien.
Palomino 340.
madre piadosa de forasteros y cruelísima madrastra de los propios naturales.“ Dis-
cursos, 34.
innere Aehnlichkeiten bei der chronologischen Aneinanderreihung der Werke eines
Meisters Verlass ist, als Ribera. Man würde sicher diese venezianisch und lom-
bardisch inspirirten Werke zeitlich zusammenrücken, wenn er nicht die Jahreszahlen
draufgesetzt hätte.
der Nationalbibliothek zu Madrid, entdeckt und von P. Lefort in der Gazette des
Beaux-Arts 1882, I. S. 42 f. mitgetheilt worden.
ma cortesi mai. Diario di Ameyden 25. Januar 1646.
Roma. Roma 1772. 40. Passeri’s Buch giebt ein sehr gutes Bild der damaligen
Künstlergemeinde Roms; wegen der vielen offenen Urtheile ist es erst ein Jahr-
hundert nach seinem Tode, und auch dann nicht ohne Kürzungen gedruckt worden.
Gemälde: ein Opfer der Flora (28 Dukaten taxirt), eine Europa (50) und ein rö-
misches Reiterstück (35). Inventar Carl II.
437: El Rey N. S. D. Felipe III mandó hacer esta fuente, . . . . año de 1621: se
reedificó en 1662. Seitdem wurde der Name in „Neptunsbrunnen“ verändert.
p. 145, und Martinez (Discursos 108) weiss von einem geflügelten Wort Paolo
Veronese’s in Rom: Buena la habemos hecho en venir acá á ver cosa tan poca,
das er auch in seiner authentischen, abgeschwächten Fassung giebt.
anders aus. „Ihr versteht den Raphael, Ihr werdet mir nicht antworten wie der
Velazquez, den ich neulich fragte, was er von dem Sanzio halte. Tizian, erwiderte
er mir, sei der grösste Maler, Raphael wisse nichts von der Carnation. — In
diesem Spanier ist das Fleisch, aber nicht das Wort; und doch erheben sie ihn
in S. Luca bis in den Himmel, weil er einmal Kirschen gemalt, welche die Spatzen
angepickt“ (!).
olivastra, l’aveva di mano del Velazquez l’emin. Traiano d’Acquaviva. Brief Preciado’s
an G. B. Ponfredi 20. Okt. 1765 in Bottari’s Raccolta VI, 230.
1620. Vgl. Ign. Ciampi, Innocenzo X. Rom 1878. S. 283 f.
faite, dans les traits du Pontife, le caractère de cette vieillesse forte et vigoureuse
qui n’a p. a. d. rien de vieux. La Vie de Mignard, par l’abbé de Monville. Am-
sterdam 1731. 21.
Moro aus Madrid 21. Juni 1626. Ameyden, Diario 27. Mai 1649.
satira in Roma, massime contro sì gran soggetto, quale, se per la sua defformità
incontrava in quel zeffo diabolico, non era colpa del pennello. Malvasia, Felsina
pittrice II, 35. Passeri (Vite 75) erzählt dagegen, dass das Original dieses Teufels
der Cardinal Spinola gewesen, der Guido wegen der erhaltenen 400 Scudi ge-
scholten habe.
per non dir tra Romani … quel suo aspetto satirico, saturnale, ruvido, e bruttis-
era bene di creare un Padre universale etc. Leti, Vita di d. Olimpia p. 24. 66.
Alla Santtà di Nro Sigre:
Innocencio Xo.
Per
Diego de Silva
Velazquez de la Ca
mera di S. Mtà Cattca.
Darunter sind einige Worte getilgt. — Grösse: 1,40 × 1,20.
den durch eine einzige erhabene Stelle vergütet — die Werke und Worte der
Begeisterung enthalten eine Panacee aller Verwegenheiten der Rede — in der
Grösse muss etwas von Nachlässigkeit sein — die grossen Genies sind am wenig-
sten korrekt“. Longin, Vom Erhabenen.
notarvi non so che di rozzo, di materiale, di triviale e un’ aura di passioni prove-
nienti da complessione sanguigna. Ciampi, Vita di Innoc. X. 200 f. Aehnlich
Edwin Stowe, Velazquez p. 61 But the portrait in metal is suggestive of dignity
and high intellectual faculties, qualities which we fail to discover in the more truth-
ful canvass.
non-seulement naturel, mais aussi qui l’unit par-là au reste: au-lieu que dans
celui-ci ce n’est qu’une tache choquante, qui détourne nécessairement la vue de
dessus le visage. Traité de la peinture III, 562. Amsterdam 1724.
expresserit, aurea catena pretij supra ordinarij eum remuneratus est, numismate
gemmis caelato cum ipsius Pontif. effigie, insculpta, ex ipsa ex annullo appenso.
Palomino III, 353.
poco menos de ancho, original de Velazquez. Inventar von 1792. In dem von
1789 hängt es in der Pieza del Oratorio.
nannt. Auf dem Brief steht wie in der Bute’schen Copie Alla Stà di No. Signore |
Por | Pietro Martire Neri.
they say, the only ones he condescended to copy. Diary of Th. Moore, ed. by
Lord John Russell. London 1853. III, 62.
pintó Velazquez para el célebre cuadro etc. Ponz, Viage XIV, 56. 1788. Le Brun,
Recueil de gravures au trait. Paris 1809. II, 21. 26″ × 21″.
kunst von Valentin Green 1770.
des Stück, das bei der zweiten Versteigerung der Galerie Salamanca (Nr. 135) im
Januar 1875, als incontesté et incontestable, wie ein Experte erklärte, für 19,300 frs.
losgeschlagen wurde. In dem grossen schönen Kopf mit dem lebhaften Blick der
schilderten ganz verschiedene, sehr umständliche Malweise, die schwachen und
confusen Hände, die grellen Farben liessen keinen Zweifel, dass die Original-
aufnahme, wenn eine dahinter steckte, durch Ueberarbeitung vollkommen zugedeckt
worden war. Die Adresse auf dem Brief, den er in der Hand hält lautet: Alla
Santta. di Nro̅ Sigre. | Innocentio Xo. | Monsre. Maggiordomo | ne parli à S. Sta. |
Per | Diego de Silua y Velasq̅ | e Pietro Martire Neri.
dopo desinare andò in Campidoglio, à veder la fabrica nuova del Popolo Romano.
Wenn dieser Bau schon auf Ansichten des 16. Jahrhunderts vorkommt, so war
hier die Ausführung des bekannten Projects Michelangelos anticipirt. Vgl. E. Müntz,
Les Antiquités de la Ville de Rome. Paris 1886. p. 151 ff.
heisst es: Le assicuro, come avanti Dio che tutto vede, che mai nel mondo ho
visuto più humegliato e più aflitto … vivo privo d’ogni sorte di piacere for di
quello di sentire da V. S. che ha aquistato qualche giesso bello … La gioventu
mia passa, senza che io possi meritare fra un Popolo di enemici. An Ghelli
14. Nov. 1768.
Journal L’Art 1878. IV. 169, und in der Calderon-Festnummer der Zeitung El Dia
vom 25. Mai 1881, in Form eines Briefes vom 25. Mai 1641.
due figli, Cesare, ed Alessandro, che alla Pittura attesero, e vi riusciron mediocre-
mente . . . . Costoro padri furono di figli similmente pittori; i quali pero si poco
nell’ arte paterna s’avanzarono che non avendo in essa nè avventori, nè stima,
dovettero per disperazione abbandonarla (oder auswandern, dürfen wir wol hinzusetzen).
stellten Notizen. Les peintres d’histoire . . . . et Velazquez à la tête de toute
cette brillante cohorte, complétaient, chacun avec son contingent de peinture et de
tableaux historiques, profanes ou religieuses, l’œuvre qui devrait faire, non seulement
des appartemens de Philipp IV . . . . de véritables trésors d’art. L’Art a. a. O.
(Martinez, Discursos p. 119).
Museo I, 40.
Reisekosten, 50 Dublonen bei der Ankunft, 125 piezze da otto Monatsgehalt, ein
Palomino a. a. O. 344 ff.
italiani. Passeri a. a. O.
möblirte Wohnung, und 29 doppie für monatliche Beköstigung.
dalla dissonanza, che con le storie superiori potesse cagionare la quadratura in-
feriore, diceva Diego Velasco pittore del Rè. Malvasia 408.
cursos 119.
Rodriguez Villa, Etiquetes de la casa de Austria. Madrid s. a. 45 f. (1876).
1870, S. 405 ff. Im folgenden sind auch ungedruckte Dokumente des Archivs be-
nutzt worden.
Bénigne d’être cardinal? La Bruyère, du mérite personnel.
das, y lealtad con que le sirvió, y por el cuydado que puso en que su Real Palacio
fuesse, como es en materia de los adornos de la pintura, de los mayores que ay
entre los Monarchas del Mundo. Descripcion de S. Lorenzo 1681. S. 67.
y estatuas de Emperadores Romanos, y la del gran Carlos Quinto. En el ay unas
quadras, acompañadas de pinturas a diferentes fabulas, de mano del gran Ticiano,
y mesas de jaspes de diferentes colores. Gil Gonçalez Davila, Teatro de las Gran-
dezas de Madrid. 1623. p. 310.
de vara y media de alto y dos y media de ancho, maltratada y sin marco, de
mano de Velazquez. Zarco del Valle, Documentos inéditos S. 439.
hecho la merced deste avito. A. a. o. 275.
paga di 50 Reali, si manderà in Parigi. Depesche vom 20. August 1653.
hijos dalgo. Im Jahre 1515 wurde die persönliche Repartirung der Steuern aufge-
hoben, und statt dessen in den Schlächtereien für jedes Pfund Fleisch eine blanca
(eine Münze, deren Werth von 3 auf ½ maravedi sank) erhoben. Diese blanca
wurde den Adeligen, der Geistlichkeit und anderen Privilegirten zurückgezahlt, und
die Zurückzahlung galt als Beweis des Adels. Aber Zúñiga (Anales ecles. de Sevilla,
de hidalguia.
se le havia buelta la blanca de la carne en la Ziudad de Sevilla, dijeron los tenian
por bastantes para abrir este juicio y lo rubricaron.
9. Mai 1643.
Madrid 1657. S. 113 ff.
comprati da S: Ecca: scudi 16.ma e sono li 12 Cesari, che già furono delli Sigri:
Duchi di Mantoua, due Madonne, et una Porzia Romana. Li 12. Cesari il Sigr: Don
Luigi d’Haro li à donati à S. Mta, et anno un poco patito, e dicono, che uno è
quasi guasto affatto, vi è la copia, di mano di Van Dich, che molto ben rimedia al
male, et sono stati graditi dal Re, come meritano opere tanto insignie. Depesche
des florentinischen Residenten vom 9. September 1652. Die zwölf Kaiser befanden
sich bis zum Ende des Jahrhunderts in der Galeria de mediodia des Palasts. Eine
Lucrezia war noch im Jahre 1772 in Buen Retiro.
Docum. inéd. 69, 112.
1874. Der Titel des Originals lautet: Memoria | de las pinturas, | que la magestad
Catho- lica del Rey nuestro Señor Don Philipe | IV. embia al Monasterio . . . .
del Escurial, este año de M. D. C. LVI. | descriptas, y colocadas, | por Diego de
Sylva Velazquez, — — la ofreece, dedica, y consagra | a la Posteridad, | D. Juan
de Alfaro. | Impresa en Roma, en la Oficina de Ludouico | Grignano, año de
M. D. C. LVIII. 16 Bl. 80.
and merits of each picture, a paper which probably guided Fray Francisco de los
Santos in his description of the Escorial, and may perhaps still exist in the royal
archives. Annals of the artists of Spain II, 654 f. London 1848.
mano para conseguir la empresa, nunca intentara en pocos dias el trabajo de muchos
tiempos.
staunlichen Schöpfung seiner Frömmigkeit ihm noch Platz frei gelassen, dessen
Ausschmückung und Bereicherung sich zum Ziel setzte: so verschob er die Ab-
stellung dieses Mangels keinen Augenblick.“
Im Refectorium, vor dem Abendmahl Tizian’s, erscheinen dessen Apostel „leben-
dig“, und die unten schmausenden lebenden Mönche „pintados“.
in Madrid ihre Vortrefflichkeit aus der Nähe erkannte, so legte D. Luis sie dem
Könige zu Füssen, der nach seiner hohen Kennerschaft sie werth achtete dieses
Wunderwerks und dieses Orts“.
geäussert: But did he really write the catalogue we here have before us? 66 f.
done at length, with a big white Irish dog, — in a curved gilded frame. Titian.
(6 ½″, 4'). Catalog der Sammlung Carl I, S. 86.
Marianne in Castle Howard; Margarethe im Prado 790 Gal. La Caze 89.
kühnen brutalen Borstenpinseln, hartem Strich, rohen Zusammenstellungen, von
Entwirrung und Harmonisirung bei Fernsicht, während in der Nähe die Massen
von Boden, Baumschlag, Himmel ineinander fliessen.
Ruinas de templo con columnas con una figura á la puerta de él, otra de rodillas
ofreciendo, y varias en distintas aptitudes. 800 Realen. Inventar von 1789.
della Corte, e ciascun quadro è ornato di paesi di mano d’Antonio Puga, che sono
i più stimati di questa Corte, e da S. M. in questi generi, e ne dimandano cento
ottanta ducati l’uno. (Brief C. I. Guidi’s vom 20. November 1641 an den Herzog
von Modena).
l’exécution. Yriarte, Goya 70.
cionario IV, 203.
que peut s’arroger, en fait de licence hardie, un artiste confiant de son génie, et
sûr du succès aveugle et irréfléchi réservé à l’œuvre de ses pinceaux … Toutes
ces œuvres exécutées entre les années 1652 et 60, sont purement et simplement
des ébauches. P. Madrazo in L’Art 1878. IV. und in den Joyas.
softness, while V. is all sparkle and vivacity. 12. November 1827. Hierin liegt
der augenfälligste Unterschied einer V.’schen Leinwand von Tizian.
apparence, mais après de mystérieuses conjurations dont personne n’a le secret.
W. Burger.
strengen Sinn des Worts. Denn in den Scenen der Reitbahn ist doch die Haupt-
figur für den letzten Eindruck hergestellt.
mondes 1861. Juli.
Brüssel einige ausgeschiedene Gemälde sieht und nach deren Bestimmung fragt,
wird ihm gesagt, die gingen nach Spanien, wo die meisten Herrn gustan mas de
las bellas colores, que no del arte. J. Martinez, Discursos 196.
Charakteristik die mir bekannt ist.
his weak point, being most frequently cold, black, and without transparency.
Wilkie, in his Life by Cunningham, Briefe vom 14. Februar 1828 und 29. Okt. 1827.
Veneziano nell’ intelligenza della luce e delle ombre, come anche nella prospettiva
aerea. Opere di Mengs II, 148.
le modelé le plus parfait el le relief le plus réel, sans la ressource des contrastes
au moyen d’ombres prononcées. Oh l’incompréhensible! W. Burger, Trésors d’An-
gleterre p. 116. Tout se modèle en plein-air, sans sacrifice apparent, sans artifices,
sans repoussoir. Gazette des Beaux-Arts XV, 65 f. 1863. P. Lefort, Velazquez.
Paris 1888. 101 f.
improprio.
Esto sí que es negociar. III, 8.
heissen dort Maria Theresia, welche nun die Stieftochter Mariannens geworden war.
Noch sind keine Angaben, wie die Bildnisse nach Wien gekommen sind, gefunden
worden. Doch erzählt der modenesische Graf Ottonelli, dass im Februar 1653
der Marchese Mattei, Gesandter des Erzherzogs, nach Flandern reiste, um die Bild-
nisse des Königspaars und der Infantin zu überbringen, „credo per fomentargli la
speranza del matrimonio con la detta Serenissima Infanta“. Depesche vom
22. Februar 1653 in Modena.
Gewerbfleisses, u. a. seidene Strümpfe überreichte, warf der Majordomus die letzteren
dem Geber in’s Gesicht, mit den Worten: „Ihr sollt wissen, dass spanische
Königinnen keine Füsse haben“ (Abeis de saber que las reinas de España no
tienen piernas). Sie mag schon von den cosas de España einen Geschmack gehabt
haben, denn sie glaubte wirklich in Madrid würden ihr die Füsse amputirt werden,
und brach in Thränen aus.
atteso massime à tempi passati ch’era tenuto honesto. Ameyden, Diario 31. März 1646.
nisse der jungen Königin waren. Das einzige mir bekannte, welches auf
jenes Wiener Bildniss zurückgeht, dürfte die Wiederholung in der Galerie La
Caze im Louvre (Nr. 37) sein, ihm stand die sehr kindliche Büste nahe, welche
auf der Ausstellung im Palais Bourbon (1874, Mr. Ledieu) erschien. Das viel-
gelobte Exemplar, welches Ferdinand VII vom Canonikus Cepero in Sevilla für
zwei Zurbarans eintauschte, und das in der Versteigerung des General Meade (1847)
von R. Ford für dreizehn Guineen erstanden wurde, ist mit hastigem, breitem,
aber flauem und eintönigem Pinsel gemacht, fast nur mit schwarz und gelb. So
stumpfe dunkle Farben kommen am wenigsten in dieser Zeit bei dem Meister vor.
Die Perrücke ist hier statt in lothrechten Locken, in bogenförmigen Wülsten tressirt.
Aehnlich wie in dem Brustbild bei Nicolas Gato de Lema in Madrid (Laurent
1293), mit welchem das Exemplar der Galerie Villasante de Montija ziemlich über-
einstimmt. Diess kam aus A. Febvre’s Versteigerung für 3000 Francs in eine Berliner
Sammlung und ist in H. Thode’s Kunstfreund (1885, S. 186) vortrefflich beschrieben.
Aber eine äussere Aehnlichkeit mit den lebhaften, pastosen toques des Meisters
kann über die mangelhafte Haltung, die rohe und dürftige Modellirung nicht
täuschen. Auch das Exemplar in der Cook’chen Galerie zu Richmond ist ein
Schulbild.
cità. Depesche Giustiniani’s, 28. Dec. 1647.
accompagnata, che comparisce a maraviglia bene. Depesche vom 27. Juli 1651.
Im Bourbonenpalast 1772 als Infantin 2½ v. × 7/4 v.
begleitet hatte und dort 1752 starb, besass ihr Bildniss von fünf Palmen Höhe, von
Diego Velazquez. Campori, Raccolta di cataloghi. Modena 1870, p. 519.
muy rendida á su voluntad.
Jahre ältern Stiefschwester eben so fremd, wie ihren beglaubigten Bildnissen ähnlich;
überdiess ist der Stil der der fünfziger Jahre, und nicht des Jahres 1641 etwa.
Eine Schulkopie in der Münchener Pinakothek (1311), mit dem falschen Namen
Maria Anna, Tochter Philipp IV. — Eine gute Wiederholung war im Palast Alba,
und wurde aus der Versteigerung in Paris (1877) mit 48000 Francs zurückgezogen.
Die Haare fallen bis über die Schulter, die Finger sind bestimmter, der Blumen-
strauss fehlt. Für den Katalog radirt.
Katalog angiebt, welcher letzteres mit dem gleich zu nennenden, von Palomino
beschriebenen (620) für identisch hält. — Gestochen von Hans Meyer nach Knaus’
Zeichnung, radirt von Wattner.
E. von Engerth, beschreibendes Verzeichniss etc. S. 442.
(Palomino 349), der mit diesen Damenspielzeugen ebenso viel Glück hatte wie mit
den Helden der Jagdreviere. Cean Bermudez sah in Buen Retiro „einen Hund
auf einem Kissen“, den man wiedererkennen könnte in dem drolligen Bologneser
der Raczynski Galerie (Nr. 16). Diesen hatte D. Francisco d’Assis dem Grafen,
der irgend eine Vertretung des Velazquez für seine Galerie wünschte, nebst jenem
Kopf der Blinden, zum Geschenk gemacht. Hinter dem Hündchen funkeln in der
Dämmerung die grünen Auge einer Katze. Diess meisterhaft mit reliefartiger Farbe
gemalte Bildchen ist indess von jenen Thieren auf königlichen Sesseln abweichend
Wasserkopf viel mehr auffällt.
den Köter in Castle Howard werden dem Meister ohne Grund zugeschrieben. Ponz
sah im Schloss zu Villa Viciosa bei Chinchon das Bild eines Schuhu’s.
caduta di paralisia che gli leva la grazia del movimento di tutta la parte diritta,
essendo la sua carne come livida a macchie nere.
Jan Steen ein holländisches Gegenstück geliefert. Auch ein hübsches Kind, seinem
Lämmchen Milch reichend, steht da in der Mitte, zwischen einem krummnasigen
Scheusal von Zwerg, der mit teuflischem Hohn Hahn und Täubchen in die Küche
schleppt, und einem freundlich grinsenden alten Eiermann, während durchs Thor
hinten eine Menge Geflügel, Adel und roture, wie die Gäste beim Läuten der
Speiseglocke hereinstürzen.
Werke aufgehängt, Heraklit und Demokrit, Saturn und Diana, über den Fenstern
Thierstücke und Landschaften.
par le ridicule de ses personnages; ou n’étudie jamais la qualité de ses tons, de
son harmonie générale, de l’air ambiant qui y circule, la manière dont les gris sont
maniés; en un mot, la qualité de la peinture, l’audace, la verve et la grande science
de l’exécution. Au premier abord, les mains paraissent parfaites; mais pour obtenir
un pareil résultat à si peu de frais, il faut être un peintre de premier ordre.
P. L. Imbert, L’Espagne. Paris 1875. 213.
bien que lui-même touche et enveloppe tout. W. Burger, Salons I. 225.
art — the selection of essentials — of all which, first and last, strikes the eye and
senses of the spectator. Lawrence an Wilkie, 27. Nov. 1827.
E. v. Engerth, Katalog S. 443 f. Die Farbe war hier und da abgesprungen, sonst
hat das Bild wenig gelitten.
lazquez bald Pareja genannten Bildniss in Dulwich College (Nr. 222; 1' 2⅜″ × 10⅜″)
im Jahre 1879 zuerst wiedererkannt worden.
Der klarste, vollständigste ist der nach der Zeichnung des Bonav. Salesa von
Cecchini, im Auftrag zweier jungen Spanier, Franc. Argaiz und Juan Despuig ge-
rirten Stich in d’Argenville’s Abrégé (II, 241) scheint dieselbe Aufnahme zu Grunde
zu liegen, wenigstens sieht man die kleine schwarze Mütze auf dem Hinterhaupt.
hin, mit einem jetzt in der Galerie von Modena befindlichen Malerporträt identificirt.
Der Mann trägt eine Mütze, aufliegenden Kragen und hält sein Malergeräth. Weder
die Züge, noch die familiäre Auffassung passen zu Velazquez: es ist weder spanische
Arbeit, noch stellt es einen Spanier dar.
modelten Züge besser wieder. In dem Blatt der Españoles ilustres von Blas Ametller
hat der Zeichner Maea dem Maler Pinsel und Palette in die Hand gegeben. Von
diesem ist der Stich in Stirling’s Annals (von H. Adlard) eine Kopie, ebenso der
Holzschnitt in Blanc’s Histoire des peintres.
portrait — Scott.
eminente Kritiker in dem Gemälde zu sehn geglaubt. Waagen findet darin „eine
Harmonie gebrochener, meist kühler Farben“, und Beulé meint, à peine si la brosse
a effleuré la toile. — Eine Wiederholung in der Pereire Galerie war ein modernes
Machwerk.
Argote de Molina, Libro de la Monteria. Sevilla 1582. Sie entgingen dem Brand.
Inventar v. 1614, Retrete del Rey: Enano Estanislao, pequeño, hecho por Ticiano,
tiene una lanza en la mano, vestido de damasco colorado.
arminos, en la mano derecha una asta y en la izquierda un bonete colorado aforrado
de cadena de oro, quitandose la gorra, y con palillo con caecillo de plata. ½ vara hoch,
Inventar von 1636. Pieza nueva del cuarto bajo delante del dormitorio de S. M.
im Sterben liegt, bittet ihn sein Kollege Perico de Ayala im Himmel ein gutes
Wort für ihn einzulegen. „Binde mir einen Faden um diesen kleinen Finger,
flüstert jener, damit ichs nicht vergesse“. Und damit starb er.
pincel al ollio de estebanillo tudesco con un bonetillo forrado en marta. Inv.
Philipp II. Guardajoyas, 2a pieza. Ist wol derselbe.
facile ingresso nelle stanze di Sua Maestà. Depesche vom 19. Mai 1598.
de la calle del Lobo, y la del Prado,
á quien por nombre ha dado
una discreta dama: mentidero
de varones ilustres. El Astrólogo fingido II.
correr tori privatamente, caccie di altri animali nel serraglio, qualche commedia di
notte, e pratiche di buffoni, che col farli bere più dell’ ordinario, si rendevano
maggiormente atti a burlare et essere burlati; endlich Vocal- und Instrumentalmusik,
wobei der König selbst eine Arie componirt. Florent. Depesche v. 9. Februar 1636.
sah, war der Buffo des D. Luis de Haro der einzige der zu Pferd kämpfte. Voyage
d’Espagne Paris 1665, p. 107.
nothing more humorous in Jan Steen, and in portraiture it is certainly unique.
H. Wallis im Athenæum 1877. Dec. 8.
alcune volte nel soverchio asotigliar delle cose, non si riconosca per di natione
toscano. Depesche aus Madrid vom 10. Januar 1652.
diesen Jahren.
Kloster des S. Pedro Regalado bei Aguilera; es stammte aus der Zeit der Reise
Philipp IV im Jahre 1660. Madoz, Diccion. geográf. Art. Aguilera.
entdeckt von einem Maler, ist eine geringe alte Kopie, ohne Haltung, Modellirung
und den so charakteristischen Ausdruck des Gesichts, das nur ein stumpfer fuchsiger
Fleck ist. Sollte es jenes Gemälde des Velazquillo aus Aguilera sein? Er ist der-
jenige unter den fünfen, welcher einen Ehemann am besten vorstellen könnte.
con gran limpieza y celo cuidadoso. Lope, Los locos de Valencia II.
de Langle, Mon voyage en Espagne, Neuchatel 1785, I, 137.
D’ attristar, se vi fosse, il paradiso;
Bisunto e sporco, e d’ abito mendico. Ariost, Orlando furioso 43, 135.
de Jovellanos. Gijon 1878. Er hat auch den Schnauzbart und dünne Kopfhaare.
Grösse des Gemäldes 1,79 × 0,95.
vara de alto de dos fabulas, la una de Apolo desollando á un Satiro; y la otra de
Mercurio y Argos con una Baca; ambos originales de Belazquez, tasados á cien
doblones cada uno. Inventar von 1666. Grösse 1,27 × 2,48.
in der Galerie Corsini zu Rom befindliche Gemälde.
Pelayo, Historia de las ideas estéticas II, 631 nennt solche Grimassen eine „pudi-
bundez, no ya de pintor cristiano, sino de cofrade ó congregado“.
durch ewige Reclusion in einem gabinete reservado (für die Starken) oder durch
noch glaubenskräftigere Mittel unschädlich machen? statt sich durch graphische Ver-
vielfältigung und ausführliche Beschreibung Mitschuld am Aergerniss aufzuladen, zum
Schaden der eigenen und fremder Seelen.
par de pareils objets les âmes sont blessées,
et cela fait venir de coupables pensées.
Molière, Le Tartuffe III, 2 (1667).
uno de Adonis y Venus; y el otro de Siquis y Cupido, Originales de mano de
Belazquez. 150 und 100 doblones.
mälde La Trinidad ist unser Bild gemeint (Band I, S. 151 Anmerkung).
kannt, Palomino führt grade Roth und Violett als Beispiel der mala vezindad an
(II, 135). Ein Kritiker im Quarterly Review (1872) nennt dagegen den Ton unsers
Bilds wärmer als sonst, Stirling „brighter in hue“ als gewöhnlich. Pacheco in dem
Kapitel über die Trinität (II, 178 f.) empfiehlt für die erste Person eine Alba mit
Louis Philipp’s (Nr. 286) und erzielte £ 25.
Farbe; hellblaue Tunica und hellvioletten Mantel; Christus hat den rothen Mantel.
glaubte darin eine Vision der Zukunft zu erkennen: der letzte Tag Spaniens, wo der
letzte Carlist und der letzte Republikaner sich sterbend die Hand reichen. Glück-
licher Weise scheint er doch zu schwarz gesehen zu haben.
p. D. Leonardo del Castillo. Madrid 1667. 40.
zurückgehalten wurde, machte ich am 14. März einen Gang nach dem welthistorischen
Platz. Die Insel war noch da. Man hatte sie durch Terrassen gegen den Strom ge-
schützt und mit Akazien, Cypressen, Rosen, Camelien und Syrenen bepflanzt. Ein
Denkmal war zur Erinnerung an den Besuch Isabella II und Napoleon III (1861)
errichtet worden. Die Umgebung bot einen ganz andern Anblick als bei jener Frie-
densheirath. Der eben über das Land hingegangene Kriegssturm hatte überall aus-
gebrannte Ruinen zurückgelassen. Die durch frevelhaften Ehrgeiz verführten Kinder
von Guipuzcoa, meist Jünglinge, kehrten in Folge der Amnestie unter dem Jubel
und Tücherschwenken baskischer Mädchen in die heimathlichen Berge zurück.
Honble. Louisa Ashburton in London. Inventarisirt 1694: Docum. inéditos, p. Zarco
del Valle, 440.
bei, obwohl sie schon von Zarco del Valle in den Documentos inéditos mitgetheilt
worden ist. Tomo LV, 400 f. Zarco macht aus dem Namen des Gesandten Alvise
Mocenigo einen Adressaten Vicemocenigo im Rath der Zehn!
infanten gemacht, welche ich in einer grossen Sammlung von Kopien politischer
Schriftstücke in der Provinzialbibliothek zu Toledo fand. Die Sammlung stammt
aus dem früheren Archiv der Orden von Calatrava und Alcántara, welches sich in
einem Saal bei der Kirche El Tránsito, der in eine Ordenskomthurei verwandelten
Synagoge befand. Ueber diese Briefe, soweit sie Rubens betreffen, habe ich in
einem Artikel der „Zeitschrift für bildende Kunst“ 1881 berichtet. Da in dem
Buche oft auf ihren Inhalt Bezug genommen wird, der freilich mehr für die Rubens-
forschung von Interesse ist, so theile ich die Stellen aus der Abschrift hier mit,
obwohl die Originale gewiss im Archiv von Simancas noch vorhanden sein
werden. Leider fehlte mir die Zeit sie dort aufzusuchen.
liches Bildniss: El retrato he visto, y pues está acabado, digo que si tiene cual-
quier espíritu, cuanto mas el que V. A. dice, es menester metella en la letania
del Libera nos Domine, porque no he visto cosa mas bella. El retrato le adel-
gaça un poco de garganta, mas parece que lo demás ha credito, que es falta del
pintor y no de la muger.
des Studiums der alten Gemäldeinventare bin ich dem Direktor des Palastarchivs,
Señor D. José de Guëmes Willame zu Dank verpflichtet. Für die dort zur Zeit
fehlenden Inventare Philipp IV von 1636 und 1666 konnte ich die mir von dem
verewigten Cruzada Villaamil geliehenen Abschriften benutzen.
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- TextGrid Repository (2025). Justi, Carl. Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bp73.0